Alan G. Kermit Star-Ship Band 03
Die unheimliche Raumstation
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Alan G. Kermit Star-Ship Band 03
Die unheimliche Raumstation
Leider keine Beschreibung verfügbar. ISBN: 3 505 08108 6 Schneider 1981
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Inhalt Der unheimliche Schatten................................................... 3 Die pfeifenden Kugeln ...................................................... 14 Das Fischwesen................................................................. 24 Auf dem Sumpfplaneten ................................................... 34 Die Heimat der Mumpinos................................................ 45 Gefahr im Raumschif ........................................................ 57 Die Roboterhaie ................................................................ 66 Der Kampf gegen die Ungeheuer...................................... 75
Der unheimliche Schatten Von einer Sekunde auf die andere wurde es stockfinster. Wo eben noch das Licht einer riesigen Sonne gewesen war, herrschte jetzt abgrundtiefe Dunkelheit. Der Schatten eines gigantischen Flugkörpers hatte sich vor die Sonne geschoben. „Was ist das?" rief Laura. Sie stand vor der kuppelförmigen Panoramascheibe der Shark B-12 und starrte ins All hinaus. Jerry zuckte hilflos mit den Schultern. Er war ein hochgewachsener Mann mit sandblonden Haaren und den silbernen Sternen eines Captains auf den Schulterklappen seines Overalls. Auf der Erdkolonie Luna IV war er Colonel gewesen, aber die Space Force hatte ihn degradiert, weil er für einen dauerhaften Frieden im Universum eingetreten war. Damit hatte er sich gegen die Interessen der mächtigen Industriekonzerne gestellt, die nur dann viel Geld verdienen, wenn Krieg geführt wird. Er hatte diesen Unsinn nie verstanden und war mit seiner Freundin ins All geflohen, um irgendwo eine neue Heimat zu finden. Jerry rieb sich ungläubig die Augen. „Eine Raumstation!" staunte er. „Mein Gott! Das ist eine Raumstation!"
Lauras grüne Augen hingen wie gebannt an dem Schatten, der noch schwärzer als das endlose Dunkel des Alls zu sein schien. Sie hatte ihr Examen auf derselben Raumfahrt-Akademie gemacht wie ihr Partner, und auf ihren Reisen durch das All schon viele Raumschiffe und Raumstationen gesehen, ein Schiff -3-
dieser Größe war ihr aber noch nicht begegnet. „Das ist riesig!" flüsterte sie ehrfurchtsvoll. „Meinst du wirklich, daß es ein Raumschiff ist?" „Sieht so aus! Bekommst du Kontakt?" Laura ließ ihre Finger über einige Sensortasten gleiten und schüttelte den Kopf. „Nichts." „Hast du auf Empfang geschaltet?" Laura überprüfte einige Digitalanzeigen. „Auch nichts! Wenn es Lebewesen auf dem komischen Ding gibt, wollen sie keinen Kontakt mit uns! Sie lassen jedenfalls nichts hören!" „Seltsam", meinte Jerry. Die Sensoren der Shark B-12 waren so konstruiert, daß sie jeden Laut aufnehmen konnten, der in einem fremden Schiff von sich gegeben wurde, das sich in Sichtweite befand. „Was sagt der Computer, Orloff?" Orloff hatte sich in einen Kreisel verwandelt und schwebte violett durch den Raum. Sein Körper bestand aus Licht und Energie und wechselte je nach Stimmung und Temperament die Farbe. Jerry und Laura hatten das Lichtwesen auf dem Planeten Osram aufgelesen, wo es wegen seiner politischen Ansichten verfolgt worden war. Seitdem war es für die Navigation und alle elektrischen und energiebetriebenen Einrichtungen des Schiffes verantwortlich. „Nicht viel", schnarrte das Lichtwesen. „Dann kitzle die Antwort aus ihm raus!" Orloff gab einen schnarrenden Laut von sich und nahm eine gelbe Färbung an. Er verwandelte sich in eine Spirale und schoß in den großen Bordcomputer, der eine ganze Wand des Kommandoraums einnahm. Der Computer gehörte zu den älteren Modellen der Erdkolonien und konnte nicht sprechen, aber auch die Schreibanlagen funktionierten höchst selten. Nach einer Weile kam Orloff wieder heraus. Seine blaßgrüne -4-
Farbe zeigte an, daß er keinen Erfolg gehabt hatte. „Tut mir leid", schnarrte er in der Erdensprache, die er von Jerry und Laura gelernt hatte, „der Computer hat keine Daten." „Überhaupt keine?" rief Jerry. „Wozu haben wir das verflixte Ding, wenn es keine Antworten geben kann?" „Es hat seinen schlechten Tag", entschuldigte Orloff die Maschine, „das passiert dem besten Computer mal..." „Mal...", höhnte Jerry. „Diesem komischen Kasten, den du auch noch in Schutz nimmst, passiert es jeden Tag... „Er hat unseren Kurs berechnet!" „Du siehst ja, wohin uns das geführt hat!" Orloff wurde hellrot. „Woher sollte er denn wissen, daß dieser riesige Kasten die Sonne verdunkelt?" Jerry seufzte enttäuscht. „Hat der Computer denn gar nichts herausgefunden?" fragte er. „Das verflixte Ding wird doch in der Lage sein, die Größe und Beschaffenheit eines fremden Körpers auszurechnen, oder ist das zuviel verlangt?" Orloff funkelte blaßgrün. „Was ist mit dem Kurs? Weiß er wenigstens, in welche Richtung das fremde Raumschiff fliegt?" „Keine Ahnung", antwortete Orloff. Es war ihm sichtlich peinlich, daß der Computer keine Antwort wußte. „Er kann nicht mal sagen, ob es sich bei dem Ding um ein Raumschiff handelt!" „Um was denn sonst?" Orloff blieb blaßgrün. „Um ein Lebewesen, eine Raumstation, den Einfall irgendeines verrückten Zauberers... Wir haben doch schon die tollsten Sachen erlebt..." Auf diese Idee waren Jerry und Laura noch gar nicht gekommen. Sie sahen sich betroffen an. „Orloff hat recht", sagte Laura nach einer Weile. Ihre Augen -5-
waren wieder auf das schwarze Etwas gerichtet, das vor ihnen im All schwebte und die Sonne verdunkelte. „Das Ding muß nicht unbedingt ein Raumschiff sein..." „Es sieht aber so aus." „Es sieht so aus, wie wir uns ein Raumschiff vorstellen", verbesserte Laura ihn. „Das heißt noch lange nicht, daß es sich auch tatsächlich um ein Raumschiff handelt!" Jerry nickte. „Du hast recht." Er betätigte die Handsteuerung und bremste die Shark B-12 ab, bis sie nur noch mit minimaler Geschwindigkeit durch das All schwebte. „Wir machen uns lieber noch ein paar Gedanken, bevor wir uns näher an das Ding heranwagen." Er sprach ins Mikrofon. „Wudel?" „Was gibt's? Warum hältst du an?" Wudel war ein beinahe zwei Meter großes Wesen mit lustigen Äuglein und einem breiten Entenschnabel. Sein molliger Körper wurde von einem flauschigen Fell bedeckt, das Laura immer an die Stofftiere erinnerte, die sie auf Luna IV besessen hatte. Er hatte in der Armee des Planeten Wusch als General gedient, war aber wegen seines friedlichen Aussehens von seinem Posten verjagt worden und hatte sich auf die Sha rk gerettet. Dort war er für die gefährlichen Lasergeschütze verantwortlich, die er allerdings zu seiner großen Freude noch nie benutzen mußte. „Siehst du nichts?" fragte Jerry. „Du stellst vielleicht Fragen!" kam Wudels dunkle Stimme aus dem Bordlautsprecher. „Merkst du denn nicht, daß es stockdunkel ist? Wie soll ich da was sehen?" „Das ist es ja gerade!" klärte Jerry ihn auf. „Eben war es noch taghell, und jetzt ist es finster. Schau mal genau hin, dann siehst du, warum die Sonne nicht mehr scheint!" Ein paar Sekunden lang war es still, dann erschallte Wudels erstaunte Stimme. „Ein Raumschiff!" rief er. „Ein riesiges -6-
Raumschiff hat sich vor die Sonne geschoben!" „Wir wissen nicht, was es ist", sagte Laura. „Hast du schon mal so ein Ding gesehen?" fragte Jerry. Wudel schaute aus dem Fenster und betrachtete den geheimnisvollen Flugkörper. Beim Anblick des riesigen schwarzen Etwas lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Er schloß rasch die Augen. „Nein", sagte er, nachdem er sich von seinem Schrecken erholt hatte, „aber ich hab beim Unterricht in der Militärschule nie besonders gut aufgepaßt..." „Für was hältst du das Ding?" Wudel öffnete die Augen und schloß sie schnell wieder. Die Nackenhaare seines Fells sträubten sich. „Sieht wie ein Schiff oder eine Raumstation aus", meinte er. „Nur komisch, daß keine Lichter brennen! Habt ihr Kontakt?" „Kein bißchen", antwortete Jerry, „sieht so aus, als wäre das Ding verlassen!" Er blickte eine Zeitlang ins Leere und sagte dann: „Das erinnert mich an ein Buch, das ich als Junge besonders gern gelesen habe. Es hieß Das Geisterschiff und handelte von einem geheimnisvollen Segelschiff, das vor ein paar hundert Jahren auf den Ozeanen unseres Heimatplaneten kreuzte. Die Seeleute hatten große Angst vor dem Schiff, weil es schwarze Segel trug und von den Geistern verstorbener Piraten gesteuert wurde. Wer dem Schiff zu nahe kam, wurde von den unsichtbaren Seelen getötet ,und dazu verdammt, selbst auf dem Geisterschiff Dienst zu tun - bis in alle Ewigkeit..." Wudel schüttelte sich, aber auch Laura und Orloff erschraken und zeigten ihre Angst. Orloff wurde dunkelviolett. „Das ist ja furchtbar!" flüsterte Wudel ins Mikrofon. Er blickte vorsichtig ins All hinaus. „Meinst du, das Ding ist auch ein Geisterschiff?" „Wer weiß?" meinte Jerry, dem ebenfalls angst und bange geworden war. „Wie Orloff sagt..., wir haben schon die tollsten Sachen auf unserer Reise erlebt..." -7-
Wudel dachte einen Augenblick nach. „Soll ich dem verflixten Ding eins vor den Latz knallen?" fragte er dann. Den lockeren Erdenton hatte ihm Jerry einmal während eines Umtrunks im Partyraum der Shark B-12 beigebracht. „Laß bloß die Lasergeschütze in Frieden!" „Ich bin ja gar nicht scharf drauf', sagte Wudel. Laura ließ ihre Finger noch einmal über einige Sensortasten gleiten und schüttelte enttäuscht den Kopf. „Ich bekomme keinen Kontakt", sagte sie. „Was sollen wir jetzt tun?" „Wir schauen uns die Sache aus der Nähe an." „Mit den Beibooten?" „Hast du eine bessere Idee?" „Seid ihr verrückt?" kam Wudels Stimme aus dem Bordlautsprecher. „Ihr könnt doch nicht in die Beiboote steigen und diesem verflixten Ding vor der Nase rumfliegen?" „Warum denn nicht?" „Das ist viel zu gefährlich!" sagte Wudel. „Denk an deine Geschichte von dem Geisterschiff... Wenn auf dem Dingsda nun auch Gespenster wohnen, was macht ihr dann?" „So leicht lasse ich mich nicht übers Ohr hauen", sagte Jerry, obwohl er selbst Angst hatte. „Und dann seid ihr ja noch mit der Shark da, wenn was schiefgeht!" Er wandte sich an Laura. „Wir bleiben über Funk in Verbindung." Laura schüttelte den Kopf. „Wo denkst du hin? Meinst du, ich lasse dich allein fahren? Ich komme natürlich mit!" „Und wer steuert das Schiff?" „Orloff und Wudel! Die beiden haben doch oft genug bewiesen, daß sie allein mit der Shark fertig werden..." „Hin", meinte Jerry. Orloff wurde blau und schwebte zu dem Teil des Bordcomputers, in dem die automatische Steuerung -8-
untergebracht war. „Keine Bange!" schnarrte er. „Ich mach das schon!" „Na, meinetwegen!" ließ sich Jerry breitschlagen. „Aber unternehmt nichts ohne meinen ausdrücklichen Befehl!" „Geht klar", schnarrte Orloff. „Hast du verstanden, Wudel?" „Zu Befehl, großer Boß!" kam es aus dem Lautsprecher. Jerry nickte zufrieden und ging mit Laura zur Tür, die sich selbsttätig öffnete, als sie eine Lichtschranke passierten. Sie gingen zum Aufzug und schwebten in die untersten Kammern der Shark hinab, in der die flachen Raumgleiter standen. Grünes Licht flammte auf, als sie den Raum betraten. Das bedeutete, daß die Beiboote startklar waren. Eine Sicherhe itsmaßnahme, die in den Tagen des großen Krieges entwickelt worden war, damit man im Augenblick der Gefahr gleich starten konnte und nicht erst endlose Kontrollen durchführen mußte. „Wir nehmen den ersten Gleiter", sagte Jerry und deutete auf das weiße Gefährt, das zwei Personen Platz bot und in der Form einem Rennboot ähnelte, wie es sie immer noch auf den Seen des Heimatplaneten Erde gab. Sie stiegen in den Gleiter und schlossen die Kuppel aus durchsichtigem Kunststoff. Sofort flammten die Digitalanzeigen und Leuchttasten auf der Armaturentafel auf. „Geh auf Kanal 7/5", sagte Jerry, nachdem sie ihre Helme aufgesetzt hatten, in denen auch die Sender und Mikrofone für den internen Funkverkehr untergebracht waren. „Kannst du mich hören, Laura?" „Alles klar", sagte die Kommandantin. „Wie ist es mit euch? Wudel?" „Ich höre dich", kam es aus dem Lautsprecher. „Orloff? Alles in Ordnung?" „Positiv", schnarrte das Lichtwesen. Jerry nickte zufrieden und schob den Geschwindigkeitsregler -9-
des Raumgleiters nach vorn. Das Beiboot schoß nach vorn und jagte durch einen flachen Schacht ins All hinaus. Lautlos schwebte es unter der vorderen Kugel der Shark B-12 hinweg. Dann waren Jerry und Laura allein. Normalerweise genossen sie es, mit einem der kleinen Beiboote im All unterwegs zu sein. In dem Gleiter hatte man noch dieses aufregende Gefühl des schwerelosen Fliegens, das die Pioniere der Raumfahrt begleitet haben mußte, und das man in einem großen Schiff wie der Shark B-12 so vermißte. Aber dieses Mal ging ihnen dieses Gefühl in dem kleinen Gleiter ab. Das dunkle Etwas, das vor der Sonne schwebte, hatte ihnen einen solchen Schrecken eingejagt, daß sie beide gegen eine aufkommende Panik ankämpfen mußten. Um sich zu beruhigen, überprüfte Jerry die Funktionstüchtigkeit der beiden Laserkanonen, obwohl ihm das grüne Licht auf der Shark längst angezeigt hatte, daß alles in Ordnung war. „Hast du Angst?" fragte Laura. „Du nicht?" fragte Jerry zurück. Das waren die einzigen Worte, die sie während des Fluges sprachen, denn als sie sich dem dunklen Etwas bis auf wenige hundert Meter genähert hatten, verschlug es ihnen buchstäblich die Sprache. Mit immer größer werdenden Augen starrten sie auf den gigantischen Flugkörper, der die Sonne verdunkelte. „Was ist?" kam Wudels sorgenvolle Stimme aus dem Helmlautsprecher. „Warum meldet ihr euch nicht?" Jerry zuckte zusammen. „Kein Grund zur Besorgnis, Wudel!" erwiderte er. „Hier ist alles okay!" Es gelang ihm nur mühsam, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. Zu gewaltig war der Eindruck, den das riesige Etwas auf ihn machte. Er konnte sich nicht erinnern, jemals etwas so Gigantisches gesehen zu haben - nicht einmal auf dem -10-
Planeten Kamasa, den sie vor ein paar Monaten besucht hatten, und dort war alles ein bißchen größer als anderswo gewesen. Das riesige Ding war tatsächlich ein Raumschiff oder zumindest eine Raumstation - das erkannte Jerry an den Antennen und Sensoren, die außen angebracht waren, aber es unterschied sich von allen Raumfahrzeugen, die er bisher gesehen hatte. Ungläubig starrte er auf den gewaltigen Körper, der seine Unterseite der Sonne zugewandt hatte und auf der Stelle zu schweben schien. Aber Jerry und Laura erkannten bald, daß er mit geringer Geschwindigkeit um die leuchtende Sonne kreiste. Jerry näherte sich dem Raumschiff auf der dunklen Seite und drosselte die Geschwindigkeit seines Gleiters. Mit einer entschlossenen Bewegung schaltete er die Schweinwerfer an. „Mein Gott!" staunte Laura. „Was ist denn?" fragte Wudel aufgeregt. Er konnte alles mithören, weil Jerry eine Konferenzschaltung eingerichtet hatte. „Das Raumschiff!" rief Laura. „Es ist dunkelgrün und aus einem Material, das mit Metall nichts zu tun hat... sieht aus wie Gelee... ein bißchen durchsichtig mit Fäden drin..." „Igittigitt!" Jerry ließ den Gleiter in einer Entfernung von ungefähr hundert Metern an dem fremden Raumschiff entlangschweben. „Orloff, kannst du mich hören?" „Was gibt's?" kam es schnarrend aus dem Lautsprecher. „Ich fahre jetzt die Sensoren des Raumgleiters raus! Gib mir die Daten durch, sobald dein Computer aufgewacht ist!" Orloff überhörte die Anspielung. „Okay." Jerry berührte eine Sensortaste und beobachtete zufrieden, wie die beiden Richtstrahler aus dem Bug des Raumgleiters fuhren. Er stellte sie auf höchstmögliche Leistung und wartete ungeduldig darauf, daß Orloff sich meldete. Nach ein paar Minuten war es soweit. ,;Jerry? Ich hab die -11-
Daten." „Na endlich! Schieß los!" „Es handelt sich tatsächlich um ein Raumschiff', berichtete das Lichtwesen. „Gesamtlänge: 5000 Meter." „Fünf Kilometer?" „Breite: 2000 Meter", fuhr Orloff ungerührt fort. Er war jetzt ganz in seinem Element. „Höhe: 200 Meter. Acht Sensoren und fünfzehn Antennen, alle abgeschaltet." „Abgeschaltet?" wunderte Jerry sich. „Abgeschaltet", wiederholte Orloff. „Geschwindigkeit 36/14, Kurs 18/66. Das Ding kreist um die Sonne..." „Das haben wir auch schon festgestellt", erwiderte Jerry. „Möchte wissen, warum. Woher kommt das Schiff?" „Negativ", antwortete Orloff, „der Computer hat das Modell nicht gespeichert. Muß von weither kommen..." „Aus welchem Material ist die Außenhaut?" „Negativ." Jerry fluchte unterdrückt. „Okay", meinte er nach einer ganzen Weile, „wir gehen mal ein bißchen näher ran..." „Seid ihr wahnsinnig?" rief Wudel. „Keine Angst! Wir passen schon auf!" Jerry schob den Regler nach vorn und ließ den Gleiter bis auf dreißig Meter an das Raumschiff heranschweben. Im Licht der Scheinwerfer konnte man jetzt deutlich erkennen, daß die Außenhaut des Schiffes aus einem elastischen Material bestand, das tatsächlich wie Gelee aussah. Anscheinend kannten die Wesen, die dieses Schiff gebaut hatten, kein Metall. „Bekommst du Kontakt?" fragte Jerry. Laura hatte während der letzten Minuten ständig die Sensortasten berührt. Sie schüttelte den Kopf. „Es gibt keine Lebewesen an Bord", sagte sie. „Oder sie wollen uns nicht antworten." -12-
Jerry lenkte den Gleiter an der dunklen Seite des Raumschiffes entlang und steuerte die im Vergleich zu der außerordentlichen Größe des Schiffes schmale Breitseite an. Die ersten Sonnenstrahlen trafen den Gleiter und blendeten ihn. „Komisch", meinte Laura, als sie wieder einen Blick auf das unheimliche Schiff warf, „es hat gar keine Fenster." Das war Jerry noch gar nicht aufgefallen. „Luken oder Türen hab ich auch noch nicht gesehen", sagte er. Er lenkte den Raumgleiter auf die andere Seite des Schiffes und kniff die Augen gegen die grelle Sonne zusammen. Wudel hatte dieser Sonne vor ein paar Tagen den Namen Wuschka gegeben. Der Bordcomputer führte sie unter der Bezeichnung 543/98726 und rechnete sie zum Sonnensystem 543/98000. Sie war beinahe zweimal so groß wie die Sonne des heimatlichen Systems. Nachdem sich die Augen der beiden Kommandanten an ihr grelles Licht gewöhnt hatten, betrachteten sie wieder das fremde Raumschiff, das in der Sonne grün schillerte. „Da!" erschrak Laura. Sie deutete auf den grünen Rauch, der aus einer gewaltigen Luke wehte und von schwachen Lichtern gefiltert wurde. „Der Landeschacht!" Im selben Augenblick ging ein Rucken durch den Raumgleiter, und das Boot trudelte hilflos auf die Öffnung zu.
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Die pfeifenden Kugeln Jerry stieß einen lauten Fluch aus und riß am Steuerhebel. Keine Reaktion. Das Boot blieb in den Händen der unsichtbaren Kraft, die es mit aller Macht auf den Schacht zuzog. „Jerry! Laura! Was ist passiert?" kam Wudels aufgeregte Stimme durch den Helmlautsprecher. „Wir haben keine Kontrolle mehr über den Gleiter!" antwortete Jerry schnell. „Irgendeine verdammte Kraft zieht uns in das fremde Raumschiff!" „Was sollen wir tun?" „Bleibt auf Sendung! Wir halten so lange Verbindung zu euch, wie es geht! Wenn die Verbindung abreißt, wartet eine halbe Stunde und macht euch dann aus dem Staub!" „Bist du verrückt?" rief Wudel. Er gehörte nicht gerade zu den Mutigsten, aber er wollte Jerry und Laura auch nicht im Stich lassen. „Wir knallen den verflixten Kerlen eine Breitseite vor den Latz, daß ihnen Hören und Sehen vergeht! Wollen doch mal sehen, ob sie euch dann nicht wieder freigeben!" „Kommt nicht in Frage!" „Warum nicht? Wir haben starke Geschütze... „Das weiß ich selber", sagte Jerry, „aber gegen dieses riesige Schiff kommst du mit den Dingern nicht an!" Das Beiboot war schneller geworden. Es war dem unsichtbaren Sog hilflos ausgeliefert und schlingerte auf den Schacht zu, als wäre es von einem Laserstrahl getroffen worden. Jerry und Laura wurden hin und her gerissen. Sie blickten abwechselnd in das grelle Licht der Sonne und in den trüben Lichtschein, der aus dem Schacht kam, und warteten darauf, daß die unsichtbare Macht ein Einsehen mit ihnen hatte. Als sie bis auf zwanzig Meter an den Schacht -14-
herangekommen waren, wurden sie endlich erlöst. Für den Augenblick jedenfalls. Das Beiboot wurde langsamer und kippte in seine Normallage zurück. Auf einer unsichtbaren Schiene glitt es in den Schacht.
„Jerry! Laura! Wo seid ihr jetzt?" Jerry zwang sich zur Ruhe, um Wudel so genau wie möglich berichten zu können. „Wir gleiten gerade in den Schacht..., auch hier sehen die Wände wie Apfelmarmelade aus... , nur fester, viel fester..., scheint ein ziemlich stabiles Zeug zu sein!" Jerry blickte sich um und war so fasziniert von der fremden Umgebung, daß er sogar seine Angst vergaß. „In den Wänden glühen schwache Lichter..., sie schimmern grün und flackern unruhig, als bekämen sie nicht genug Energie..., aus der Dunkelheit vor uns kommen Nebelschwaden..., der Nebel hüllt -15-
uns ein..., he, Orloff! Kann der Computer feststellen, ob man in der Suppe atmen kann?" Eine Weile blieb es still, dann kam es knisternd aus dem Helmlautsprecher: „Positiv! Ein bißchen modrig, aber positiv!" Das Beiboot glitt in eine grüne Pfütze, schlidderte noch ein bißchen und blieb endlich stehen. Hinter dem Boot schloß sich der Schacht. „Verdammt!" fluchte Jerry, als er merkte, daß sie in der Falle saßen. „He, Orloff! Wudel! Könnt ihr mich hören?" Keine Antwort. „Wudel! Orloff!" Niemand meldete sich. Aus dem Helmlautsprecher kam lediglich ein leises Knacken, und das konnte nur bedeuten, daß die Verbindung unterbrochen war. „Das habe ich befürchtet", seufzte Jerry, „unsere Funksignale werden von der Außenhaut des Raumschiffes abgeblockt." „Dann bleibt uns nur noch eine halbe Stunde", flüsterte Laura. Sie war blaß geworden und blickte ängstlich in den grünen Nebel. „Vielleicht ein bißchen mehr, wenn Orloff und Wudel ein Einsehen mit uns haben und noch ein paar Minuten dranhängen..." Jerry überprüfte seinen Strahler. „Das wird nicht nötig sein", meinte er zuversichtlich, obwohl er alles andere als sicher war. „Was hast du vor?" „Wir stellen uns den Wesen vor, die uns diese Suppe eingebrockt haben, was sonst? Vielleicht sind sie ja gar nicht so böse, wie es den Anschein hat..." „Und warum zwingen sie uns dann zur Landung?" „Könnte eine Vorsichtsmaßnahme sein", überlegte Jerry. „Sie haben Angst und tasten uns erst mal von allen Seiten ab, bevor sie mit uns Kontakt aufnehmen." „Sie haben die Funkmeldungen mißachtet und uns in diesem verdammten Kasten hier eingesperrt!" schimpfte Laura. „Das ist -16-
gegen die internationalen Raumfahrtgesetze!" „Und wenn sie aus einem Sonnensystem kommen, in dem noch niemand etwas von diesen Abmachungen gehört hat?" wandte Jerry ein. „Das Universum ist groß, und wir kennen nur einen Bruchteil davon. Der Computer hat ja nicht mal das Schiff identifiziert!" „Unser Computer kann vieles nicht!" „Da hast du auch wieder recht`., meinte Jerry mit einem leichten Grinsen. Er wurde aber sofort wieder ernst und klappte entschlossen die Kuppel des Gleiters zurück. Nachdem er den Helm abgenommen hatte, atmete er vorsichtig die stickige Luft ein. „Alles klar", sagte er zu seiner Partnerin. Laura nickte, nahm den Helm ab und kletterte ebenfalls aus dem Gleiter. Der Boden gab etwas nach, war aber ansonsten fest - so wie der Spezialboden der Turnhalle, die sie im Basislager auf Luna IV gehabt hatten. „Nimm die Lampe mit!" sagte Jerry. Er wartete, bis Laura den Handscheinwerfer aus der Halterung im Gleiter genommen hatte und tastete sich in dem hellen Licht voran. Sie befanden sich in einer Kammer, ungefähr so groß wie der Kommandoraum der Shark. Es gab keine Fenster und keine technische Einrichtung, und nichts wies darauf hin, daß sie sich in dem Raumschiff einer intelligenten Rasse befanden. Der Raum ähnelte eher einer muffigen Höhle, wie es sie in manchen Gegenden des Heimatplaneten Erde und auf der Venus gab. Aus kleinen und versteckten Öffnungen im Boden strömte grüner Nebel. „Muffiges Zeug!" schimpfte Laura. „Wie in der Geisterbahn!" Laura war nicht nach Lachen zumute. Sie hatte wahnsinnige Angst vor der Begegnung mit den Außerirdischen, obwo hl sie sich nicht zum erstenmal im Raumschiff eines fremden Sternenvolkes befand. Mehr als einmal hatten sie sich gegen unheimliche Wesen aus den Tiefen des Alls wehren müssen, -17-
und genausooft waren sie auf freundliche und friedliebende Wesen gestoßen. Aber die düstere Umgebung und der muffige Nebel in diesem Schiff und das beharrliche Schweigen der Fremden ließen Böses vermuten. „Vielleicht können sie nicht reden", sagte Laura. „Sie hätten auch knurren oder bellen oder seufzen können", erwiderte Jerry, „unser Computer hätte doch alles übersetzt!" „Der hatte Ladehemmung, das weißt du doch." „Dann hätten die Translatoren an unseren Overalls funktioniert", sagte Jerry. Er deutete auf den kleinen Apparat an seinem Gürtel. „Ich hatte meinen eingeschaltet." Sie tasteten sich weiter voran und erreichten das Ende des Raumes. Erst jetzt sahen sie, daß es dort keine Wand, sondern nur eine Art Vorhang gab. Er bestand aus einem weichen und beinahe durchsichtigen Material, das im Licht des Handscheinwerfers bunt schillerte. Der Nebel war etwas schwächer geworden. Jerry und Laura sahen sich an. Beide hielten ihre Strahler in den Händen und waren auf alles gefaßt. Hinter dem seltsamen Vorhang konnte die Rettung warten - oder das Verderben lauern. Vorsichtig schob Jerry die freie Hand nach vorn. Er berührte den Vorhang und wollte ihn gerade zu Seite ziehen, als ein dünnes Pfeifen erklang. Erschrocken zog er die Hand zurück. „Ob das die Fremden sind?" flüsterte Laura. Jerry schluckte nur. Auf seinem Gesicht standen Schweißtropfen, und seine Augen flackerten unruhig. Obwohl er ein erfahrener Raumfahrer war und schon viele gefährliche Situationen gemeistert hatte, befiel ihn schreckliche Angst. Er bekämpfte die aufkommende Panik und streckte wieder die Hand aus. Entschlossen schob er den Vorhang zur Seite. Er trat -18-
in den nächsten Raum, suchte mit entsichertem Strahler nach einem möglichen Feind - und atmete erleichtert auf, als niemand zu sehen war. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Ist die Luft rein?" fragte Laura. „Sieht so aus", meinte Jerry. „Halt mal die Lampe hoch!" Laura folgte ihrem Partner zögernd in den angrenzenden Raum und blieb neben ihm stehen. Mit großen Augen starrte sie in den riesigen Raum, der sich vor ihnen erstreckte. So etwas hatte sie in einem Raumschiff noch nie gesehen. Im Licht der grünen Lampen, die auch hier unruhig flackerten, wuchsen Hunderte von Farnen und Schlingpflanzen. Sie ragten aus einer brackigen Brühe, rankten sich an den Wänden hoch und vereinten sich mit riesigen Blüten, die von der Decke herunterhingen und wie altmodische Lampen aussahen. „Ein Sumpf!" rief Laura erstaunt. Jerry nickte geistesabwesend. Er war überwältigt von diesem gewaltigen Urwald, dessen Ende in dem Halbdunkel gar nicht abzusehen war. Grüne Nebelschwaden hingen zwischen den Pflanzen und hüllten die bunten Blumenkelche ein. Zwischen den Farnen und Schlingpflanzen, die noch dichter wuchsen als in den feuchten Urwäldern der Venus, ragten schlanke Bäume mit kugelförmigen Früchten und klobige Felsen aus dem Wasser. „Komisch", meinte Jerry nach einer ganzen Weile, „ich kann nirgendwo eine Spur von Leben entdecken. Keine Fische, keine Wasservögel, nicht mal Insekten!" Das war Laura auch schon aufgefallen. „Vielleicht sind wir doch auf einem Geisterschiff gelandet", sagte sie leise. In diesem Augenblick war wieder das Pfeifen zu hören. Die beiden zuckten zusammen. „Wir müssen hier raus!" flüsterte Laura in aufkommender -19-
Panik. „Wer weiß, was dieses verflixte Pfeifen bedeutet!" Jerry legte einen Arm um die Schultern seiner Partnerin. „Nicht durchdrehen!" beruhigte er sie. „Wir haben noch zwanzig Minuten Zeit, um eine Lösung zu finden!" „Und das Pfeifen?" „Wir sind bis jetzt noch hinter jedes Geheimnis gekommen", meinte Jerry zuversichtlich. „Weißt du noch, als wir mit der Shark im Planeten des Zauberers steckengeblieben sind? Damals dachten wir auch, es wäre zu Ende..." „Das war was anderes", sagte Laura. „Damals hatten wir Wudel und Orloff dabei, und jetzt sind wir ganz allein!" „Wir schaffen es", erwiderte Jerry, „irgendwo auf diesem komischen Schiff gibt es sicher einen Kommandoraum. Von dort aus können wir Wudel und Orloff ein Zeichen geben." „Das Schiff ist fünf Kilometer lang", sagte Laura. „Hast du das vergessen? Bis wir den Kommandoraum gefunden haben, kann es längst zu spät sein!" „Irgendwo muß es doch einen Funkraum oder so etwas geben, von dem aus man sich bemerkbar machen kann!" „In diesem Sumpf?" „Warum nicht?" „Und die fremden Wesen?" Darauf gab Jerry keine Antwort. Mit einem Schulterzucken schob er einige Schlingpflanzen zur Seite und watete in das knöcheltiefe Wasser hinein. Das Plätschern der aufgeworfenen Wellen klang überlaut in der unheimlichen Stille. Laura folgte ihm mit sehr gemischten Gefühlen. Plötzlich stieß sie einen spitzen Schrei aus. Jerry fuhr herum. „Was ist denn?" „Da hat sich was bewegt!" „Wo?" „Da drüben! Bei den Felsen!" Jerry blickte zu den mannshohen Felsen hinüber, die zwischen einigen Farnen aus dem Wasser ragten, und schüttelte den Kopf. „Ich sehe nichts! Bildest du dir auch nichts ein?" -20-
„Nein, bestimmt nicht! Ich habe deutlich gesehen, wie sich etwas neben den Felsen bewegt hat!" Jerry umklammerte den Strahler. Mit langsamen Schritten näherte er sich den Felsen, die grün schillerten und von dünnen Nebelschwaden eingehüllt waren. Er sah noch immer keine Bewegung, aber er war auf alles gefaßt. Wenn es in diesem Sumpf Lebewesen gab, dann waren sie bestimmt gefährlich. Er dachte an die Schlangen und Kröten, die es auf der Erde gab, und schüttelte sich. Laura blieb dicht hinter ihm. Sie hielt den Handscheinwerfer auf die Felsen gerichtet und stellte sich alle möglichen Wesen vor, die in diesem Sumpf leben konnten. Vielleicht gehörte das Raumschiff einem Volk von intelligenten Schlangen oder Fröschen oder riesigen Drachen, die modriges Wasser spuckten. Ein dünnes Pfeifen unterbrach ihre Gedanken und ließ sie zusammenzucken. Ihr Blick fiel auf zwei der kugelförmigen Früchte, die von einem Baum gefallen waren und im Wasser schwammen. „Das Pfeifen kommt aus den Kugeln!" sagte sie erschrocken. Jerry blieb stehen und blickte auf die Kugeln. Sie waren so groß wie Fußbälle und hatten eine dunkelgrüne Haut, die mit zentimeterlangen Haaren bewachsen war. „Da! Hörst du es?" Das Pfeifen kam tatsächlich aus den Kugeln. Ein dünner und schwacher Laut, als käme er aus einem Kinderspielzeug, dessen Batterie fast leer war. „Das sind doch keine Früchte!" sagte Laura leise. „Das sind Lebewesen..., Tiere oder so..." „Oder Roboter!" „Roboter?" Jerry zuckte mit den Schultern. „Warum nicht? In diesem komischen Schiff würde mich überhaupt nichts wundern!" Er machte einen großen Bogen um die Kugeln und stapfte weiter. „Wo willst du hin?" „Zu den Felsen", meinte Jerry überrascht. -21-
Laura deutete auf die Kugeln. „Ich habe bestimmt gesehen, wie eines dieser Dinger vom Baum gefallen ist!" „Bist du sicher?" „Nein!" „Dann laß uns lieber nachschauen!" Jerry drehte sich um und bahnte sich einen Weg durch die Farne und Schlingpflanzen. Nebelfetzen trieben vor ihm über den Sumpf. Vor den Felsen zögerte er einen Augenblick. Er verfluchte sich jetzt dafür, daß er Orloff nicht mitgenommen hatte. Das Lichtwesen hätte über den Sumpf wirbeln können, ohne sich in Gefahr zu bringen und ihm sagen können, welche Gefahr hinter dem schillernden Felsen lauerte. Aber Orloff schwirrte im Computer der Shark herum und versuchte Kontakt mit ihm aufzunehmen. Noch fünfzehn Minuten! Vielleicht auch zwanzig oder fünfundzwanzig, aber wenn sie sich dann nicht bei der Shark meldeten, würden Orloff und Wudel annehmen, daß sie tot waren und verschwinden. Jerry verdrängte die quälenden Gedanken. Entschlossen trat er hinter den Felsen und ging sofort in die Hocke, um besser gegen einen möglichen Feind gewappnet zu sein. Aber es war niemand da! Jerry?" rief Laura ängstlich. „Nichts", antwortete er. „Niemand da!" „Dann habe ich mich wohl doch geirrt", meinte Laura erleichtert. „Wieviel Zeit bleibt uns noch?" „Fünfzehn Minuten." Laura seufzte leise. „Meinst du, wir kommen hier je wieder raus?" Sie deutete in den Nebel, der in kleinen Fetzen über den Sumpf trieb und an den großen Blumenkelchen hängenblieb. Jerry gab keine Antwort. „Irgendwo müssen diese komischen Wesen doch sein!" schimpfte sie. „He, wo seid ihr? Warum schlagt ihr uns die Tür vor der Nase zu, wenn ihr euch doch nicht meldet?" -22-
Wieder bekam sie keine Antwort. Sie stieß einen Fluch aus und stapfte wütend weiter. „Mistkerle!" stieß sie hervor, als sie einen zwei Meter hohen Farn zur Seite bog und über eine Wurzel im Wasser stieg. Sie war so aufgebracht, daß sie sogar ihre Angst vergaß. Sie war jetzt ungefähr fünf Meter vor Jerry. Das Licht des Handscheinwerfers geisterte über die dunkelgrünen Pflanzen, die in allen Richtungen aus dem Wasser wucherten. Man hätte eine Machete oder ein großes Messer gebraucht - wie in den Urwäldern Südamerikas und auf der Venus - um sich einen Weg durch dieses Wirrwarr von Farnen und Schlingpflanzen zu bahnen. Nach einer Weile blieb Laura schnaufend stehen. Sie lehnte sich an einen knorrigen Baumstamm, um Luft zu holen, und ließ den Scheinwerfer über die Büsche vor ihr wandern. Plötzlich erstarrte sie. Das Licht des Handscheinwerfers hatte etwas Lebendiges erfaßt, etwas Riesiges und Glitschiges, das keine zehn Meter vor ihr im Wasser lag und sich bewegte. „Nein!" schrie sie in panischer Angst. Sie drehte sich um und rannte davon und dachte gar nicht daran, den Strahler zu benutzen. Dazu war sie viel zu aufgeregt. Der Anblick des glitschigen Etwas war so furchtbar gewesen, daß sie nur noch weg wollte. Weg von dem Sumpf, raus aus diesem Schiff. Aber sie kam nicht weit! Schon nach wenigen Metern blieb sie mit dem Fuß an einer Wurzel hängen und stürzte der Länge nach in das brackige Wasser. Der Scheinwerfer entglitt ihren Händen, prallte gegen einen Baumstamm und polterte auf eine der Kugeln. Im selben Augenblick wurde es taghell.
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Das Fischwesen Die grünen Lichter, die bisher nur geglommen hatten, schickten plötzlich flammende Blitze in den Sumpf. Aus den riesigen Blumenkelchen, die von der Decke herabhingen, ergossen sich Strahlenbündel in allen Farben. Die Haare an den Kugeln brannten wie Glühwürmchen und wechselten von Grün zu Gelb. Jerry und Laura trauten ihren Augen nicht. Sie waren so geschockt, daß sie wie versteinert auf der Stelle verharrten und mit großen Augen in die plötzliche Helligkeit starrten. Dann fiel Lauras Blick auf den Vorhang, der den Sumpf von dem Raum trennte, durch den sie gekommen waren. „Jerry!" rief sie. „Der Vorhang ist weg! Der Weg ist frei!" Jerry kam von einem Staunen ins andere. „Tatsächlich!" stieß er hervor. Wo eben noch der Vorhang gewesen war, befand sich jetzt nur noch dünner Nebel. In den Schwaden war das Beiboot der Shark zu erkennen, und dahinter klaffte ein großes Loch und gab den Blick auf das All frei. Der Schacht war offen! Der Weg war frei! „Nichts wie weg hier!" rief Jerry. „Wer weiß, wie lange es so bleibt!" Er stapfte zu Laura, half ihr auf und schlug in fieberhafter Eile die Pflanzen zur Seite. Durch die Farne sah er einen Augenblick lang etwas Großes und Glitschiges, das sich langsam bewegte, aber er schaute nicht genauer hin und hatte nur den einen Wunsch, so schnell wie möglich aus dem unheimlichen Raumschiff zu kommen. Laura blieb dicht hinter ihm. Sie hatte in der Eile vergessen, den Scheinwerfer aufzuheben, aber sie hielt immer noch den entsicherten Strahler in der Hand. Noch stand sie unter dem Schock, den sie vor einer Weile bei den Büschen erlitten hatte. Sie hatte sogar das Gefühl, daß sie verfolgt wurde. Von einem -24-
unheimlichen Wesen mit glitschigen Füßen. „Schneller!" feuerte Jerry seine Partnerin an. Das Licht wurde wieder schwächer, und er hatte das unheimliche Gefühl, daß der Fluchtweg wieder versperrt sein würde, sobald es erlosch. Nach ein paar Minuten erreichten sie endlich die Öffnung, wo noch vor kurzer Zeit der Vorhang gewesen war. Sie rannten in den angrenzenden Raum, sprangen in den Gleiter und legten so schnell es ging die Helme an. Jerry schloß die Kuppel. „Festhalten!" rief er. Er startete den Gleiter und lenkte ihn in eine waghalsige Kurve. Das Beiboot kam in Sekundenschnelle auf volle Geschwindigkeit, durchbrach den durchsichtigen Nebel, der das All von dem Schacht trennte und brauste in den Weltraum hinaus. Nur um den Bruchteil einer Sekunde, nachdem der Gleiter den Schacht verlassen hatte, erlosch das gleißende Licht, und hinter Jerry und Laura schloß sich der flache Schacht. Laura schüttelte sich. „Mann!" stöhnte sie. „Eine Sekunde später, und wir wären im Schiff geblieben!" „Wir hatten verdammtes Glück!" gab Jerry zu. Er bremste den Raumgleiter ab und brachte ihn auf normale Geschwindigkeit. Lautlos glitt das kleine Boot im hellen Licht der Sonne dahin. Die Entfernung zu dem riesigen Raumschiff betrug fast fünfhundert Meter, aber Jerry und Laura konnten weder den Anfang noch das Ende des Schiffes sehen. „Warum hast du denn so geschrien?" fragte Jerry, nachdem er sich von dem Schrecken erholt hatte. Laura stand immer noch unter dem Eindruck des Schocks. „Es war so furchtbar!" antwortete sie. „Ein fremdes Wesen?" Sie nickte schwach. „Das Ding war mindestens zwei Meter groß, ein glitschiges Ungeheuer mit breiten Füßen und kurzen Stummelarmen! Es hatte einen großen Fischkopf mit -25-
Glotzaugen und einen breiten Schmollmund, aus dem grünes Wasser floß! Oh, es war so schrecklich! Das Ding kam auf mich zu. Es streckte seine nassen Schuppenhände nach mir aus und blieb erst stehen, als mir der Scheinwerfer aus der Hand fiel..." „Wollte es angreifen?" „Ja! Ich glaube schon. Ich spürte seine Wut! Wir haben das Fischwesen gestört." Jerry nickte nachdenklich. „Möchte wissen, ob das Ding wirklich ein intelligentes Wesen ist..." „Besonders klug sah es nicht aus", sagte Laura und versuchte ein schwaches Grinsen. Aber sie wußte natürlich genausogut wie ihr Partner, daß Intelligenz und Klugheit keine Frage des Aussehens sind. Sie waren schon auf fremde Wesen gestoßen, die so häßlich ausgesehen hatten, daß man bei ihrem Anblick eine Gänsehaut bekommen hatte. Und doch waren gerade diese Wesen besonders schlau. Es hatte auch andere Wesen gegeben, die besonders putzig und lieb ausgesehen hatten und trotzdem böse gewesen waren. Im Helmlautsprecher erklang ein Knacken. „Jerry! Laura! Bitte melden! Wo zum Teufel steckt ihr?" „Wir sind im Gleiter!" antwortete Jerry. „Jerry!" rief das Entenwesen erfreut. Im Hintergrund hörte man Orloffs erleichtertes Knacken. „Wo wart ihr denn die ganze Zeit? Wir hatten keine Verbindung zu euch, und sehen konnten wir euch auch nicht! Noch ein paar Minuten, und wir hätten uns langsam Gedanken darüber machen können, wie wir ohne euch zurecht kommen!" Wieder schnarrte Orloff. „Wärt ihr wirklich ohne uns gefahren?" fragte Laura. Wudel schnaubte wütend. „Jerry hat es befohlen!" rief er ins Mikrofon. „Er hat extra gesagt, daß wir auf jeden Fall verschwinden sollten, wenn eine halbe Stunde vergangen ist und wir keine Verbindung zu euch bekommen könnten..." -26-
„Schon gut!" beruhigte Jerry das Entenwesen. „Wäre ja auch vollkommen richtig gewesen..." „Wo wart ihr denn?" schnarrte Orloff. „In dem fremden Raumschiff!" „Ihr wart wirklich drin?" „Uns blieb gar nichts anderes übrig", berichtete Jerry. „Nachdem wir in dem Schacht verschwunden waren, fiel die Tür hinter uns ins Schloß..." „Ins Schloß?" wunderte sich Wudel. „Das Wort der Erdensprache hatte er noch nicht gehört. Kein Wunder, auf der ganzen Shark B-12 gab es nicht ein einziges Schloß. Alle Türen und Klappen schlossen magnetisch oder elektrisch. „Na, der Schacht fiel zu", erklärte Jerry. „Wir wurden in eine grüne Pfütze gezogen und standen plötzlich mitten in einem riesigen Sumpf! Irre, kann ich euch sagen!" „In einem Sumpf?" fragte Wudel ungläubig. „Sag ich doch", meinte Jerry, „überall Schlingpflanzen und Farne und so 'n Zeug! Ich dachte, ich träume!" „Seid ihr den fremden Wesen begegnet?" „Ich hab eins von ihnen gesehen", meinte Laura. Bei der Erinnerung an die Begegnung mit dem fischähnlichen Ungeheuer erschauderte sie unwillkürlich. „Es lag im Wasser und grabschte mit den Händen nach mir..., oh, es war so schrecklich..." „Wie sah es denn aus?" schnarrte Orloff. Laura beschrieb das Schuppenwesen. „Wenn es nicht hell geworden wäre, hätte es mich wahrscheinlich getötet!" „Es wurde hell?" „Ganz plötzlich", erinnerte sich Laura. Sie erzählte, wie sie durch den Sumpf geflüchtet und gerade noch aus dem Schiff entkommen waren. „Dann schloß sich der Schacht wieder..." -27-
Orloff schnarrte etwas Unverständliches. „Seltsam", meinte er. „Und wann ging das Licht an, sagst du?" „Als ich gestolpert bin." „Bist du auf irgend etwas gefallen?" „Na, auf den Farn und die Schlingpflanzen!" „Ich meine doch einen Kontakt oder so was!" „Keine Ahnung", erwiderte Laura. „Ich weiß nur noch, daß mir der Scheinwerfer aus der Hand fiel, und ich zwischen den Farnen und Schlingpflanzen im Wasser verschwand." „Der Handscheinwerfer?" „Genau", antwortete Jerry für seine Partnerin, „er krachte auf eine dieser seltsamen Kugeln, die im Wasser schwammen... he! Meinst du, das hat was zu bedeuten?" „Vielleicht. Was für Kugeln?" „Die Dinger wuchsen an den Bäumen", erklärte Jerry. „Dunkelgrüne Kugeln mit Haaren dran. Etwa so groß wie Bowlingkugeln." „Bowlingkugeln?" „Etwa zwanzig Zentimeter im Durchmesser", wurde Jerry genauer. „Aus den Dingern kam ein seltsamer Pfeifton..." „Ein Pfeifton? Hmm... „He!" rief Jerry nach einer längeren Pause, während der er angestrengt nachgedacht hatte. „Die Kugeln könnten Generatoren oder so was Ähnliches sein! Sie waren leer und wurden durch die plötzliche Berührung mit dem Scheinwerfer wieder aufgeladen... Das Licht, verstehst du? Das Licht hat die Kugeln wieder aktiviert und einen Teil der elektrischen Einrichtung des Schiffes eingeschaltet..., das Licht und die Schachttür..." „Daran habe ich auch gerade gedacht", schnarrte Orloff aufgeregt. „Und als ihr mit dem Scheinwerfer verschwandet, nahm die Energie wieder ab, und das Tor schloß sich..." „Ihr spinnt ja!" schaltete sich Wudel ein. „Seltsame Kugeln, -28-
die pfeifen und Lichter anknipsen? Verrückt..." „Im Weltall ist manches verrückt", sagte Jerry. „Du zum Beispiel!" meinte Orloff zu Wudel. „Du hast es gerade nötig!" wehrte sich das Entenwesen. „Schau dich doch mal selber an! Ein Haufen Licht und nichts dahinter! Nennst du das vielleicht normal?" „Halt bloß die Klappe, du... " „Immer mit der Ruhe!" unterbrach Jerry die beiden Streithähne. „Macht lieber mal die Schotten auf und stellt 'ne Flasche Cola bereit. Wir sind gleich bei euch!" „Schon wieder Cola?" „Warum nicht?" Jerry trank Cola für sein Leben gern und hielt die braune Limonade für eine der aufsehenerregendsten Erfindungen des zweiten Jahrtausends. Er war froh, daß es an Bord der Shark B-12 einen Automaten gab, der ständig für Nachschub sorgte und den kostbaren Saft sogar in Flaschen abfüllte. „Okay, Boß!" schnarrte Orloff. Jerry nickte zufrieden und berührte ein paar Sensortasten auf seinem Instrumentenpult. Er lenkte den Gleiter auf die dunkle Seite des unheimlichen Raumschiffes und nahm Kurs auf die Shark. Es tat gut, das heimatliche Schiff so nahe vor sich zu sehen - besonders nach einem Ausflug wie diesem. Lautlos glitt das Beiboot in den Schacht zurück. Jerry seufzte erleichtert und nahm den Helm ab. Nachdem sich der Schacht geschlossen hatte und die Lichter angegangen waren, öffnete er die Kuppel. Zusammen kehrten sie in den Kommandoraum zurück. „Willkommen daheim!" rief Wudel. Er nahm die beiden in die Arme und erdrückte sie fast. „Seid ihr noch heil?" ,jetzt nicht mehr", lachte Jerry. Er ging an seinen Platz zurück und erschrak heftig, als ein schillerndes Libellenwesen über die -29-
Instrumente zischte und einen bunten Kreis in die Luft malte. „Schmöpp! Wo kommst du denn her?" Schmöpp hatte sich auf einem namenlosen Planeten an Bord der Shark geschmuggelt. Er hatte keine eigentliche Aufgabe auf dem Raumschiff und deshalb nur Unsinn im Sinn. Meistens begnügte er sich damit, dem dicken Wudel auf der Nase herumzutanzen und bunte Figuren in die Luft zu malen. Schmöpp konnte als einziges Besatzungsmitglied nicht sprechen und machte sich durch seine luftigen Bilder verständlich. Wenn er einen bunten Kreis malte wie jetzt, dann bedeutete das: „Herrje, geht's mir heute wieder gut!" „Er piesakt mich schon den ganzen Morgen", beklagte sich Wudel, „am liebsten würde ich ihn einsperren!" Schmöpp drehte eine waghalsige Kurve und raste im Sturzflug auf das arme Entenwesen zu. Um Haaresbreite sauste er am Schnabel von Wudel vorbei. Als Wudel vor Schreck stolperte und sich auf sein dickes Hinterteil setzte, malte Schmöpp ein lachendes Gesicht in die Luft. Er schlug einen Salto. „Du verflixtes Biest!" schimpfte Wudel. Orloff wurde dunkelblau vor Schadenfreude. „Geh wieder auf Station!" befahl Jerry, um einen aufkommenden Streit gleich im Keim zu ersticken. „Und du, Schmöpp, fliegst am besten gleich mit!" „Damit mir der Kerl da oben auf der Nase rumtanzt!" Jerry konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Er drehte sich um, damit die anderen es nicht sehen konnten. „Du hast es gehört, Schmöpp!" sagte er mit gespieltem Ernst zu dem Libellenwesen, das zwar nicht sprechen, aber dafür um so besser hören konnte. „Benimm dich zur Abwechslung mal!" Schmöpp flog eine Ehrenrunde, malte ein rotes OKAY in die Luft und folgte dem Entenwesen nach draußen. „Diese beiden!" sagte Laura lachend. -30-
Jerry nahm einen Schluck von dem Cola, das Wudel bereitgestellt hatte. „Bist du soweit?" fragte er. „Alles klar, Jerry!" „Orloff?" „Auf Posten!" schnarrte das Lichtwesen. „Okay", brummte Jerry. Er berührte ein paar Sensortasten und überprüfte eine Leuchtanzeige am Instrumentenpult. „Gewünschter Kurs?" fragte Laura. „Ich bleibe auf Handsteuerung." „Geschwindigkeit?" „M 2", antwortete Jerry. Laura blickte ihn verwundert an. „So langsam?" „Ich will mir noch ein bißchen die Gegend anschauen", erwiderte Jerry. „Es muß doch irgendeinen Grund geben, warum sich diese unheimliche Raumstation gerade hier rumtreibt und ihren ganzen gigantischen Dschungelsumpf mitschleppt." „Ich wüßte einen", schnarrte Orloff. „Wie bitte?" „Ich kann mir denken, warum das Raumschiff gerade in diesem Sonnensystem herumfährt", wurde Orloff deutlicher. „Und warum?" Jerry hatte keine Ahnung. Orloff war blau vor Stolz. Es kam selten vor, daß er mehr als die Erdenmenschen wußte. „Das liegt doch auf der Hand", schnarrte er. „Denk doch mal daran, was passierte, als der Scheinwerfer auf die Kugel fiel..." Jerry überlegte eine Weile. Das Licht des Scheinwerfers hatte möglicherweise die elektrische Anlage des riesigen Raumschiffes für kurze Zeit wieder in Betrieb gesetzt. Vielleicht war das Schiff so programmiert, daß es immer zu einer gewaltigen Lichtquelle fuhr, wenn es keine Energie mehr an Bord gab. In der Shark B-12 wurde aus verbrauchter Kraft neue Energie gewonnen, aber es konnte ja sein, daß man diese Methode dort nicht kannte. Lichtquelle... „He!" rief Jerry plötzlich. „Du hast recht! Es muß was mit -31-
dem verflixten Licht zu tun haben!" „Von was redet ihr eigentlich?" kam Wudels Stimme durch den Lautsprecher. „Scheinwerfer? Lichtquelle? Meint ihr, dieses unheimliche Schiff treibt sich nur in diesem Sonnensystem herum, weil es Licht braucht?" „So ist es", sagte Jerry. „Aber hier gibt's doch gar kein Licht!" „Und was ist das?" fragte Jerry, als Shark das unheimliche Raumschiff hinter sich gelassen hatte und vor ihnen eine riesige Sonne glühte. „Natürlich!" rief Laura. „Die Fischwesen haben ihr Schiff der Sonne entgegengesteuert, damit sich die Generatoren - oder was immer das für Kugeln sind - wieder aufladen!" „Es kann gar nicht anders sein", schnarrte Orloff. „Pah!" erklang Wudels dunkle Stimme. „Dann ist dieses riesige Raumschiff nichts weiter als ein vorsintflutlicher Kasten! Zum Energietanken schleppt man doch nicht den ganzen Planeten mit. Und überhaupt. Wo kämen wir denn hin, wenn wir immer zu einer Sonne fliegen müßten, um neue Energie zu tanken?" „War's denn auf Wusch anders?" lästerte Orloff. Wusch war der Name des Planeten, auf dem Wudel gelebt hatte; bevor er auf die Shark B-12 geflüchtet war. „Das kann ich dir sagen!" brauste das Entenwesen auf. „Wir hatten hochmoderne Raumschiffe auf Wusch..., mit Photonenantrieb und allen Schikanen! Von so etwas habt ihr auf Osram nur geträumt." Orloff wurde zu einer Spirale und leuchtete in allen Farben des Regenbogens - wie immer, wenn er sich maßlos ärgerte. „Daß ich nicht lache!" schnarrte er. „Willst du mir vielleicht weismachen, daß ihr mehr von Energie versteht als wir?" „Nun..." -32-
„Du spinnst ja!" „Hört auf zu streiten!" unterbrach Jerry die beiden Streithähne. „Schaut lieber mal nach draußen!" Im hellen Licht der Sonne war ein Planet aufgetaucht. Eine blaue Kugel, die etwas größer als die heimatliche Erde war und aus der Ferne auch genauso aussah. Sie war noch viele tausend Kilometer entfernt, aber man konnte schon deutlich die blauen Meere und grünen Erdteile unterscheiden. „Mann!" staunte Wudel. „Ein Planet! Ein richtiger Planet! Ob's da auch was zu futtern gibt? Ich hab schon 'ne halbe Ewigkeit kein frisches Gemüse mehr gegessen!" „Das werden wir bald wissen!" Jerry betätigte die Handsteuerung und nahm Kurs auf den fremden Planeten.
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Auf dem Sumpfplaneten Als der Planet nur noch fünfzigtausend Kilometer entfernt war, drosselte Jerry die Geschwindigkeit auf ein Mindestmaß. Er zog den Hebel der Handsteuerung zurück, bis das Schiff nur noch so schnell war wie eine altmodische Rakete aus dem Atomzeitalter, und stellte die Automatik ein. Er wandte sich an Orloff, der als gelber Kreisel in einer Ecke schwebte. „Was meint der Computer?" fragte er. „Hat er schon die Daten des Planeten? Oder hat er wieder keine Lust?" Orloff flammte hellrot auf, wurde dann wieder gelb und sauste als brennender Pfeil in den Computer. Er tummelte sich fast eine Minute lang in den endlosen Leitungen und kam dann als blaues Strahlenbündel wieder nach draußen geschossen. „Nun?" fragte Jerry. „Ich habe die gewünschten Informationen", antwortete Orloff stolz. „Durchmesser des Planeten: Zwanzigtausend Kilometer. Beschaffenheit der Oberfläche: Tropisches Sumpfland. Alter des Planeten: 1 Million Erdenjahre. Atmosphäre: Dünner, mit Sauerstoff durchsetzter Nebel. Temperatur: Plus 45 Grad Celsius." Jerry starrte das Lichtwesen an, als hätte es soeben eine neue mathematische Formel erfunden. Auch Laura blickte erstaunt zu Orloff hinüber. „Was glotzt ihr denn so?" fragte Orloff. Jerry grinste verschmitzt. „Wir wundern uns nur darüber, daß der Computer auf einmal so viel weiß! Ist er krank?" „Im Gegenteil! Er ist in Höchstform!" „Hoffentlich bleibt es dabei!" meinte Jerry hoffnungsvoll. Laura war plötzlich ernst geworden. „Was hat der Computer über die Beschaffenheit der Oberfläche gesagt?" fragte sie. „Tropisches Sumpfland", wiederho lte Orloff. Er schoß noch -34-
einmal in den Computer, kam aber schon nach wenigen Sekunden wieder heraus. „Das ist ja ein tolles Ding!" schnarrte er. „Was gibt's denn?" fragte Jerry. „Ich hab gerade die neuen Angaben mit den gespeicherten Daten anderer Objekte verglichen", berichtete er, „und wißt ihr, was der Computer herausgefunden hat? Es muß da unten so ähnlich aussehen wie auf der Venus - oder in dem Raumschiff!" „In dem unheimlichen Raumschiff?" Jerry war von seinem Sitz gesprungen. „Bist du sicher, daß sich der Computer nicht irrt?" „Ganz sicher!" meinte Orloff im Brustton der Überzeugung. Jerry fiel es wie Schuppen von den Augen. „Dann weiß ich, warum das verflixte Ding ausgerechnet hier herumkreuzt!" „Ich denke wegen der Sonne?" meldete sich Wudel. „Auch", erwiderte Jerry aufgeregt, „die fremden Wesen brauchen das Licht zum Überleben! Aber sie brauchen auch einen Planeten! Ich bin sicher, sie wollen den Planeten da unten besiedeln!" „Warum das denn?" wollte Laura wissen. „Was weiß ich?" erwiderte Jerry. „Vielleicht wurde ihr Heimatplanet von einer feindlichen Rasse zerstört. Oder er fiel einer Naturkatastrophe zum Opfer. Könnte auch sein, daß es sich bei diesen Fischwesen um die letzten Überlebenden eines großen Krieges handelt. Ich bin sicher, daß sie nach einer neuen Heimat suchen!" „Das tun wir auch!" „Aber wir greifen niemanden an! Du hast doch selbst gesagt, daß dich das Fischwesen töten wollte!" Laura erschauderte. „Das stimmt", sagte sie, „es kann sich natürlich um einen Reflex gehandelt haben, aber das... das Ding sah nicht gerade so aus, als wäre es uns freundlich gesinnt!" -35-
„Schöne Aussichten!" meinte Wudel. Orloff war violett geworden und schwebte als spitzer Kreisel in der hintersten Ecke des Kommandoraumes. „Was hast du vor?" schnarrte er. „Willst du wirklich da unten landen?" „Hast du eine bessere Idee?" fragte Jerry. „Wenn es auf dem Planeten Lebewesen gibt, müssen wir sie doch vor der Invasion der Fischmenschen warnen!" Jetzt bekam es auch Wudel mit der Angst zu tun. „Aber da unten ist ein Sumpf!" kam es aus dem Lautsprecher. „Wer weiß, was da für Gefahren lauern. Es kann Schlangen geben und dicke, fette Kröten, und wenn es wirklich intelligente Lebewesen gibt, verhalten sie sich vielleicht genauso feindlich wie diese verflixten Fischmenschen! Warum fahren wir nicht weiter?" „Wir springen ja nicht gleich in den Sumpf!" beruhigte Jerry das Entenwesen. „Zuerst schauen wir uns den Urwald mal aus sicherer Entfernung an. Wozu haben wir Kameras an Bord?" Laura berührte ein paar gelbe Sensortasten. „Achtung!" rief sie. „Wir tauchen jetzt in die Atmosphäre!" Die Wände des Kommandoraums flammten gelb auf, als das Raumschiff in den rötlichen Nebel brauste, der in dünnen Fetzen über der Oberfläche des Planeten hing. Ein kräftiges Heulen zeigte an, daß die Automatik das Schiff abbremste, bis es nur noch mit M 10 durch die Luft glitt. Das entsprach ungefähr einer Geschwindigkeit von tausend Kilometern pro Stunde. Jerry schaltete auf Handsteuerung und bremste das Schiff weiter ab. Die Shark B-12 konnte sich bei jeder Geschwindigkeit in der Luft halten und sogar auf der Stelle stehen. Dabei machte sie außer einem leisen Pfeifen keinen Lärm. Nur bei Abbremsungen und Beschleunigungen heulten die mächtigen Triebwerke auf. Nur noch zweihundert Meter trennten die Shark von der Oberfläche des Planeten. Das Wasser eines riesigen Meeres lag -36-
unter dem Raumschiff. Die Besatzungsmitglieder der Shark konnten die Wellen auf den Bildschirmen beobachten, die im Kommandoraum und in Wudels Kuppel angebracht waren. Als die Bäume und Büsche eines dichten Urwaldes auf dem Bildschirm auftauchten, ging Jerry mit der Geschwindigkeit bis auf M 25 herunter. Das waren etwas mehr als hundert Kilometer pro Stunde. Die Stabilisatoren hielten das Schiff in der Luft. „Urwald!" rief Wudel. „Nichts als Urwald!" „Vielleicht gibt es da unten gar keine Lebewesen", meinte Laura, „dann könnten wir uns eine Landung sparen und gleich weiterfliegen!" Ihr steckte immer noch die Angst in den Knochen. Auch Jerry hoffte, daß sie nicht auf dem Planeten zu landen brauchten. Er hatte ohnehin nicht viel für tropische Urwälder übrig und nach den Erlebnissen in dem unheimlichen Raumschiff erst recht genug davon. Er schaltete wieder auf Automatik, damit er sich ganz auf den Bildschirm konzentrieren konnte. Angestrengt beobachtete er die dunkelgrünen Pflanzen des Waldes. Sie sahen so ähnlich aus wie die Farne und Schlingpflanzen in dem unheimlichen Raumschiff, standen aber viel dichter beisammen. „Geh mal ein bißchen näher ran", sagte er. Laura bewegte einen Schieberegler und fuhr näher mit der Kamera an den Urwald heran. Jetzt konnte man sogar die einzelnen Blätter an den Bäumen unterscheiden. Von den Blättern mancher Bäume hingen dünne Fäden auf den Boden herab. „Nichts", sagte Jerry. „Nicht mal grüne Kugeln!" scherzte Wudel. „Mach bloß keine dummen Witze!" schimpfte Laura. An manchen Stellen des Urwaldes standen die Bäume so dicht beisammen, daß nicht einmal das Licht hindurchkam. Bei einer Kamera, wie sie die Fernsehanstalten des 20. Jahrhunderts -37-
benutzt hatten, hätte man wahrscheinlich nur eine grüne Wand auf dem Bildschirm wahrnehmen können, aber die technischen Geräte der Shark waren so gut, daß man jede Einzelheit erkennen konnte. Jedes Blatt, jeden Ast, jede Abweichung in der Farbe. „Verdammt!" fluchte Jerry plötzlich. Laura erschrak. „Was ist denn jetzt los?" „Ich hab was gesehen!" „Ein Lebewesen?" „Es sah jedenfalls so aus", antwortete Jerry. Er schaltete wieder auf Handsteuerung und bremste die Shark ab. Dann schaltete er den Rückwärtsgang ein. Als das Lebewesen - oder was immer es war - wieder auf dem Schirm erschien, hielt er das Schiff an. „Da!" rief er aufgeregt. „Tatsächlich!" meinte Laura, nachdem sie genauer hingesehen hatte. Zwischen den Asten eines gewaltigen Baumes war ein brauner Knäuel zu erkennen, aus dem vier kurze Beine mit scharfen Krallen und zwei spitze Ohren ragten. In dem braunen Fell waren zwei runde Augen zu erkennen. „Was ist das?" rief Wudel. „Sieht wie ein Tier aus", meinte Jerry. Plötzlich kam Bewegung in das Bild. Die Äste, die das runde Wesen umklammert hielten, schleuderten es in ein Netz, das die klebrigen Fäden an den Blättern gebildet hatten. In diesem Netz löste sich das Wesen langsam in seine Bestandteile auf. Dann fielen die Fäden wieder auseinander, und es war alles wieder so ruhig wie vor ein paar Minuten. Nichts wies darauf hin, daß eben ein Leben vernichtet worden war. Laura war so entsetzt, daß sie keinen Ton hervorbrachte. Orloff war violett geworden. „Ein Dschungel aus fleischfressenden Bäumen!" flüsterte Jerry entsetzt. Er starrte immer noch auf den Bildschirm, obwohl es dort längst nichts Aufregendes mehr zu sehen gab. „Willst du -38-
immer noch landen?" fragte Wudel leise.
Jerry gab keine Antwort. Er betätigte die Handsteuerung und ließ die Shark B-12 weiter über den Urwald gleiten. Auf den Bildschirmen war das tiefe Grün der fleischfressenden Bäume und der Schling- und Kletterpflanzen zu sehen. Dann erschien ein breiter Fluß, und er hielt die Shark erneut an, um das Wasser genauer betrachten zu können. Es war erstaunlich klar für einen Urwaldfluß und leuchtete silbern im Licht der riesigen Sonne. „Seht ihr was?" kam Wudels Stimme aus dem Lautsprecher. „Nichts", antwortete Jerry. Er schob den Hebel der Handsteuerung nach vorn und blieb mit der Shark über dem Fluß. Wenn es intelligente Lebewesen auf dem Planeten gab, dann mußten sie dort zu finden sein. Ein Fluß war die Lebensader jedes Urwalds, so war es auf der Erde und auf anderen Pla neten gewesen. Aber nach zehn Minuten hatte er noch immer keine Bewegung auf dem Wasser entdeckt. Der Fluß lag ruhig unter der brennenden Sonne, und auch an den Ufern war es still. Nicht einmal eines der runden Lebewesen war zu entdecken. „Es hat keinen Zweck mehr", sagte Laura, „wenn es intelligente Lebewesen auf dem Planeten gäbe, hätten sie sich längst gemeldet. Unser Schiff ist doch nicht zu übersehen!" -39-
Jerry war derselben Meinung, obwohl es natürlich auch möglich war, daß sich die Bewohner des fremden Planeten sofern es welche gab - vor den Fremden aus dem All fürchteten und deshalb nichts von sich hören oder sehen ließen. Aber Jerry glaubte nicht daran. Die Shark sandte ständig intergalaktische Friedenssignale aus und zeigte sich so offen, daß auch die mißtrauischsten Wesen einsehen mußten, daß ihre Besatzungsmitglieder in guter Absicht kamen. „Du hast recht", sagte Jerry. Er wollte gerade abdrehen und die Shark auf volle Geschwindigkeit bringen, als er ein Licht am linken Ufer des Flusses aufblitzen sah. Oder bildete er sich etwas ein? Nein, da war es wieder! Ein helles Licht, wie von einem Scheinwerfer, das einmal aufblitzte, dann noch einmal. Jerry nahm die Hand vom Hebel. „Hast du das gesehen?" rief Laura aufgeregt. Sie hatte das Blinken auch bemerkt. „Da gibt jemand ein Signal! Am Ufer!" „Ich hab's auch gesehen!" rief Wudel. „Geh mit der Kamera ran!" sagte Jerry. Laura fuhr bis auf wenige Meter mit der Kamera an das Ufer heran, ohne daß man erkennen konnte, ob das Licht von einem Scheinwerfer oder einem Spiegel kam, der das Sonnenlicht reflektierte. Auch von einem Lebewesen war nichts zu sehen. Alles was die Besatzungsmitglieder der Shark auf dem Bildschirm ausmachen konnten, waren der Fluß, der Urwald und das Licht, das in rhythmischen Abständen grell aufflackerte. „Was sagt der Computer?" fragte Jerry. Orloff verformte sich zu einem dunkelgelben Pfeil und schoß in den Computer hinein. Nach einer ganzen Weile, die den anderen wie eine halbe Ewigkeit vorkam, erschien er wieder. „Wo bleibst du denn so lange?" fragte Laura. -40-
„Der Computer gibt keine Antwort!" schnarrte Orloff. „Da haben wir es!" lästerte Wudel. „Kaum weiß der verflixte Kasten mal etwas, muß er sich beim nächstenmal von der ungeheuren Anstrengung erholen! Energie... pah!" „Werd nicht frech! " erwiderte Orloff vorwurfsvoll. „Wie kann der Computer etwas wissen, wenn es nicht gespeichert ist?" „Er hat das Signal noch nie gesehen?" fragte Jerry verwundert. In den Computer der Shark B-12 waren alle möglichen Signal- und Code-Kombinationen eingegeben worden, und es war bisher noch nie vorgekommen, daß er ein Signal oder einen Ruf nicht identifiziert hatte. „Seltsam..." „Das Morsealphabet ist es nicht", meinte Wudel. „Das haben wir auch schon gemerkt, du Schlauberger!" spottete Orloff. „Stell dir mal vor!" „Stell dir mal vor!" äffte Wudel ihn nach. „Hört auf mit dem Quatsch!" wies Jerry die beiden unverbesserlichen Streithähne zurecht. Er schaltete auf Automatik und berührte einige grüne Sensortasten. Einige Lichter flackerten auf. „Bereitet euch lieber auf die Landung vor!" „Du willst runtergehen?" fragte Wudel erschrocken. „Was denn sonst?" meinte Jerry. Er wandte sich an Laura, die bereits mit den Vorbereitungen zur Landung begann. „Wollen wir auf dem Fluß aufsetzen?" „Wird wohl das beste sein", antwortete sie, „dann können wir gleich auf das Schiff flüchten, wenn die Wesen da unten nicht so freundlich sind, wie wir annehmen!" Jerry nickte. Er berührte die Sensortaste für die Landeautomatik und nahm einige andere Schaltungen vor, die für den richtigen Bremsschub sorgen sollten. Dann lehnte er sich in seinen Sitz zurück und beobachtete die kleinen Bildschirme auf dem Instrumentenpult, die alle Phasen -41-
der Landung in Ausschnitten zeigten. Auf diese Weise konnte er gleich erkennen, wenn irgend etwas defekt war. Automatisch schalteten sich die Bremstriebwerke des Schiffes ein. Ein mächtiges Heulen brandete auf, als die Kraft der Stabilisatoren nachließ, und die Shark B-12 zu sinken begann. Obwohl der Landevorgang längst zur Routine für Jerry und Laura geworden war, verspürten sie immer noch ein aufregendes Prickeln in der Magengegend, wenn das Schiff landete. So eine Landung war einer der wenigen Augenblicke, in denen man die ganze Kraft der Shark zu spüren glaubte. „Bodenkontakt!" meldete Laura vorschriftsmäßig, als die Shark auf dem Wasser aufsetzte. Sofort setzte der Gegenschub ein, und die Sensoren an der Außenhaut schalteten die Stabilisatoren wieder ein. Die Shark kam zur Ruhe. „Landevorgang abgeschlossen!" meldete Laura, als ein grünes Lämpchen am Instrumentenpult aufflackerte. Laura und Jerry erhoben sich. „Orloff, du bleibst hier und hältst die Automatik in Gang", sagte Jerry. „Falls wir auf feindliche Wesen stoßen und zum Schiff fliehen müssen, drehst du sofort auf volle Geschwindigkeit, wenn wir an Bord sind, verstanden?" „Geht klar", schnarrte Orloff. Er freute sich immer, wenn er den Befehl über die Shark übertragen bekam, wenn er auch ein bißchen traurig darüber war, daß er nicht mitdurfte. ,;Wudel?" „Ja, Boß?" „Du kommst mit!" „Muß das sein?" „Ich denke, du magst Wasser!" „Es geht", meinte das Entenwesen, obwohl er einen großen Teil seines Lebens am Meer zugebracht hatte. Jerry und Laura trafen Wudel im Aufzug, der lautlos zum -42-
Hauptdeck hinabschwebte. Sie waren nicht schlecht erstaunt, als sie Schmöpp auf seinem Schnabel sitzen sahen. „Willst du auch mitkommen?" wunderte sich Jerry. „Du hast doch sonst immer so große Angst vor fremden Planeten!" Schmöpp schlug einen Salto und flog in alle Richtungen, was soviel bedeuten sollte wie: „Das war einmal! Heute bin ich guter Laune, und da kann mir gar nichts passieren!" „Meinetwegen", gab Jerry lächelnd nach. Er wollte dem munteren Libellenwesen auf keinen Fall die Laune verderben. Auch wenn Wudel alles andere als einverstanden damit war. Auf dem Hauptdeck kam der Aufzug mit einem leisen Rauschen zum Stehen. Die weiße Tür glitt zur Seite, und Jerry und Laura und Wudel traten nach draußen. Schmöpp folgte ihnen in einem waghalsigen Kunstflug. Sein schillernder Körper spiegelte sich im blitzblanken Boden des Hauptdecks, das ständig von ferngesteuerten Besen und Lappen geputzt wurde. „Warum putzen die eigentlich dauernd?" fragte Laura. „Keine Ahnung", erwiderte Jerry, „wahrscheinlich sind sie vom Bordcomputer falsch programmiert worden!" „Gut, daß Orloff das nic ht hört!" Jerry ging lachend zu den beiden großen Einstiegsluken, die dem Aufzug genau gegenüberlagen und durch eine grüne Sensortaste zwischen den beiden Türen zu öffnen waren. Bevor er die Taste berührte, überprüfte er noch einmal seinen Overall. Der Laserstrahler steckte im Gürtel und war geladen, und auch der Translator war an seinem Platz. Er schaltete den roten Sender an seiner Brust ein. „Kannst du mich hören, Orloff?" „Ich höre dich gut", kam die schnarrende Antwort. „Mich auch?" fragte Laura, die ebenfalls ihren Anzug überprüft hatte. „Alles klar", schnarrte Orloff. „Viel Glück, und bleibt nicht so -43-
lange weg! Auf bald!" „Auf bald", sagte Jerry und berührte die Sensortaste.
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Die Heimat der Mumpinos Die Türen schoben sich auseinander und gaben den Blick auf den Fluß und das mit vielen Schling- und Kletterpflanzen bewachsene Ufer frei. Bullige Hitze schlug den Besatzungsmitgliedern der Shark entgegen. In der Luft hingen dünne Schleier aus einem durchsichtigen Material - der „Nebel", den sie vom Schiff aus gesehen hatten. Jerry atmete vorsichtig die heiße Luft ein. Er war froh, daß sein Overall klimatisiert war und die Hitze nicht an seinen Körper kam. Aber es reichte schon, daß ihre Gesichter im Freien waren und von den Sonnenstrahlen getroffen wurden. „Puh, ist das eine Hitze!" schnaufte Wudel, der überhaupt nicht gegen die Sonne geschützt war. „Hoffentlich haben die fremden Wesen was zu trinken für mich!" Ein Blinken am Ufer erinnerte die Freunde daran, daß die Wesen immer noch in der Nähe waren. „Okay, dann wollen wir mal", sagte Jerry. Er sprang in den Fluß, stellte fest, daß er nur knietief war und watete in Richtung Ufer. Laura folgte ihm. „He, wartet doch!" rief Wudel. Er stand immer noch in der Luke und schnitt eine ängstliche Grimasse. Laura lachte. „Worauf wartest du noch?" rief sie. „Hast du Angst vor dem Wasser? Ich denke, du schwitzt so!" „Ist es kalt?" „Pottwarm!" beruhigte Jerry den ängstlichen Wudel. „Und jetzt komm! Oder willst du, daß Orloff dich auslacht?" Das gab den Ausschlag. Mit einem eleganten Sprung landete Wudel im Wasser und watete hinter Jerry und Laura her. Am Ufer schüttelte er sich wie ein nasser Hund. -45-
Jerry und Laura stiegen hinter ihm aus dem Fluß und blickten sich aufmerksam um. Sie waren so trocken wie vor ein paar Minuten auf der Shark. Ihre Anzüge waren wasserdicht, und ihre Waffen und Instrumente waren so konstruiert, daß ihnen das Wasser nichts ausmachte. „Da drüben!" rief Laura. Sie deutete auf einen großen Baum mit rosafarbenen Blüten, dessen Äste bis auf den Boden hingen. Dazwischen blinkte es hell. Jerry nickte. Er überprüfte mit einem schnellen Blick den Laserstrahler und sagte: „Laß den Strahler stecken, Laura! Wir wollen den Fremden nicht unbedingt Angst einjagen." „Und wenn sie gar keine Angst haben?" Daran hatte Jerry natürlich auch gedacht. Es konnte sich bei den fremden Wesen auch um eine intelligente Rasse handeln, die den Erdenmenschen weit überlegen war. Aber es war nicht wahrscheinlich. Intelligente Wesen, die über eine moderne Technik verfügten, hatten andere Mittel, um mit einer anderen Rasse Kontakt aufzunehmen. Die brauchten keine Lampen. Jerry, Laura und Wudel marschierten los. Schmöpp schwirrte hinter ihnen herum und fühlte sich in der heißen Luft anscheinend pudelwohl. Er kam ja auch von einem Planeten, dessen Klima diesem hier sehr ähnlich war. Als sie noch ungefähr zwanzig Meter von dem Licht entfernt waren, blieben sie stehen. Das Ufer war sehr schmal, und sie hatten kaum Platz auf dem Sandstreifen. „Wir kommen in Frieden!" rief Jerry, obwohl der Translator an seinem Gürtel die Sprache der fremden Wesen noch nicht kannte und deshalb auch nicht übersetzen konnte. Um ihre friedliche Absicht zu unterstreichen, hoben die Besatzungsmitglieder der Shark die Hände. Das sollte den Fremden zeigen, daß sie nicht die Absicht hatten, zu ihren Waffen zu greifen. Schmöpp hatte auf dem Kopf seines besonderen Freundes Wudel Platz genommen, um niemanden -46-
nervös zu machen.
Die Freunde warteten aufgeregt. Plötzlich drangen hohe Pfeif- und Zischlaute aus dem Baum. Der Translator begann sofort zu arbeiten, zerlegte die fremde Sprache in ihre Bestandteile und übersetzte. „Wer seid ihr?" kam es aus dem Apparat. „Wir heißen Laura und Jerry und kommen vom Planeten Erde, der viele hunderttausend Lichtjahre von hier entfernt liegt", sagte Jerry, und der Translator übersetzte seine Worte in die Sprache der Fremden, die sich noch immer nicht zeigten. Er deutete auf das Entenwesen. „Das ist Wudel vom Planeten Wusch, und der Wirbelwind auf seinem Kopf...", er zeigte mit dem Daumen auf das Libellenwesen...... ist Schmöpp von einem namenlosen Stern." „Ihr kommt in Frieden?" „Wir kommen in Frieden!" wiederholte Jerry. „Dann habt ihr unsere Signale gesehen", erwiderte der Fremde. „Wir danken euch, liebe Freunde! Herzlich willkommen auf dem Planeten Mumpitz, der Heimat aller -47-
Mumpinos!" „Vielen Dank", sagte Jerry. In die Zweige des Baumes kam Bewegung, und eine ganze Schar kupferfarbener Zwerge kam aus den Blättern gehüpft. Sie waren alle ungefähr einen Meter groß und hatten menschliche Gestalt, wenn auch ihre Arme und Beine etwas kürzer als bei Erdenmenschen waren. Sie waren mit kurzen grünen Hosen und flachen Schuhen bekleidet. Ihr Oberkörper war nackt. Ihre Gesichter wurden von runden Knopfaugen und Stupsnasen beherrscht und wirkten putzig und freundlich. Das Auffallendste an ihnen aber waren die kupferfarbenen Haare, die, sorgfältig gekämmt, bis auf den Boden reichten. Bei einem Erdenmenschen hatten Jerry und Laura noch nie so schönes Haar gesehen. Das Sonnenlicht spiegelte sich in den glatten Strähnen, und helle Blitze schossen von den Köpfen der Zwerge empor. „Sie haben uns die Signale mit den Haaren gegeben!" staunte Jerry. „Sie besitzen gar keine Lampen!" „Toll!" meinte Laura. Die Mumpinos kletterten über die Schlingpflanzen und Äste auf den Sandstrand und blieben in respektvoller Entfernung stehen. Sie verbeugten sich lächelnd. Dann löste sich ein Zwerg mit besonders langem und glänzendem Haar aus der Schar und trat auf Jerry, Laura und Wudel zu. Er verbeugte sich noch einmal und streckte beide Hände aus. „Seid gegrüßt!" sagte er mit seiner hohen Piepsstimme. „Ich bin Mumpinello, der oberste König des Planeten Mumpitz und Anführer meines Volkes." Jerry ergriff die Hände des Königs und schüttelte sie herzlich. „Wir freuen uns, dich zu sehen!" sagte er ehrlich. „Können wir dir und deinem Volk irgendwie helfen?" -48-
„Laß uns im Dorf darüber sprechen", erwiderte Mumpinello, „ihr seid herzlich zum Mittagessen eingeladen!" „Ein vernünftiges Wort!" freute sich Wudel, der bereits ein leichtes Knurren im Magen verspürte. „Was gibt's denn?" „Yocca-Wurzeln mit Chattawucca-Früchten", antwortete Mumpinello, und man sah seinem Gesicht an, daß es sich um eine sehr schmackhafte Speise handeln mußte. „Okay, gehen wir!" sagte Wudel ungeduldig. „Wenn ihr uns bitte folgen wollt!" sagte der Mumpino freundlich. Er gesellte sich wieder zu den anderen Zwergen und führte seine neuen Freunde zu einem schmalen Pfad, der mitten in den Urwald führte. Der Weg war so gut getarnt, daß er erst aus zwei oder drei Metern Entfernung zu erkennen war. „Hütet euch vor den Krawallo-Bäumen!" warnte Mumpinello. Er deutete auf die Bäume mit den klebrigen Fäden. „Sie haben es auf alles abgesehen, was sich bewegt!" „Das haben wir schon gemerkt", erwiderte Laura. „Wir haben gesehen, wie einer der Bäume ein kleines, rundes Wesen gefangen und in einem klebrigen Netz verschlungen hat." Mumpinello nickte. „Echos mögen sie am liebsten!" „Echos?" „So heißen die runden Tiere, die zu Tausenden unseren Wald bevölkern", erklärte Mumpinello. „Sie sind nicht besonders intelligent und gehen den Krawallos immer wieder in die Falle!" Laura blickte mißtrauisch zu den Bäumen empor. Die klebrigen Fäden hingen so hoch, daß sie ihnen nicht gefährlich werden konnten, aber sie wollte kein Risiko eingehen und duckte sich immer dann, wenn sie unter einem Krawallo-Baum hergingen. Auch die Zwerge duckten sich. Sie waren seit vielen Jahren an die Gefahr gewöhnt und wurden von klein auf dazu erzogen, den klebrigen Fäden auszuweichen. Vor vier oder fünf Jahren war ein junger Mumpino so unvorsichtig gewesen, sich in die -49-
Nähe eines klebrigen Fadens zu wagen, und war von dem Krawallo-Baum gepackt und verschlungen worden.
Nach einem Marsch von ungefähr zehn Minuten erreichten sie das Dorf. Es bestand aus fünf kastenförmigen Holzhütten und einem größeren Gemeinschaftshaus. Alle Häuser besaßen offene Fenster und Türen und waren mit großen Blättern bedeckt. Die Siedlung lag an einem kleinen Fluß, der sich in vielen Windungen durch den dichten Urwald schlängelte. Zwischen den Häusern lagen Gemüsegärten und bunte Blumenanlagen. Kleine Mumpinos saßen zwischen den roten, gelben, grünen und blauen Pflanzen und spielten mit Holzkugeln. Als die Mumpinos mit ihren Freunden von der Shark die Lichtung betraten, kamen einige Zwergenfrauen aus dem Gemeinschaftshaus. Sie sahen genauso aus wie ihre Männer und waren nur an den gelben Hosen zu erkennen. Sie hielten Stöcke in den Händen. Beim Anblick der Fremden begannen sie wild zu zwitschern. Mumpinello stellte die Besatzungsmitglieder der Shark vor -50-
und bat sie in das Gemeinschaftshaus. Es war karg eingerichtet. An den Wänden zogen sich niedrige Bänke entlang, die mit weichen Matten aus einem bastähnlichen Material bedeckt waren. Auf dem Boden lagen große Blätter. In der Mitte des Raumes brannte ein Feuer, und darüber hing ein großer Kessel aus Holz. Vier Frauen rührten mit Kochlöffeln darin herum. „Nehmt Platz!" bat Mumpinello seine Gäste. Er ließ drei Schalen mit einem bunten Eintopf füllen und reichte sie den Freunden. „Laßt es euch schmecken!" Das Essen schmeckte herrlich. Die blauen Yocca-Wurzeln waren but terweich und zergingen fast auf der Zunge, und die regenbogenfarbenen Chattawucca-Früchte waren so saftig, daß sie bei jeder kleinen Frucht mehrmals schlucken mußten. Nach der Mahlzeit ging Mumpinello mit Jerry und Laura nach draußen. Der hungrige Wudel blieb noch in dem Gemeinschaftshaus und faßte noch einmal nach. „Wir brauchen eure Hilfe!" Mumpinello kam gleich zur Sache. „Ein großer Schatten ist auf unseren Planeten gefallen und bedroht unser Volk, und nur freundliche Himmelsleute sind in der Lage, den bösen Schatten zu vertreiben!" Mit Himmelsleuten meinte der Zwergenkönig die Besatzung der Shark. Die Mumpinos lebten noch in der Steinzeit und wußten nicht viel über technische Dinge, aber sie hatten schon öfter fliegende Kästen wie die Shark am Himmel gesehen. Sie waren über den Urwald geflogen und nach einiger Zeit immer wieder verschwunden. Nur die Leute aus der Shark waren ausgestiegen. Mumpinello deutete in die Sonne, die hoch am Himmel stand und zum Teil von einem kleinen Etwas verdunkelt wurde. „Seht ihr den Schatten?" fragte er. „Seit mehr als drei Tagen verdunkeln böse Geister die Sonne! Mein Volk hat Angst davor, daß es immer so bleiben wird. Es braucht die Sonne!" Laura.und Jerry blickten sich an. Beide überlegten, ob sie -51-
ehrlich zu den Zwergen sein sollten. Sie wollten nicht, daß die Mumpinos zu Tode erschraken oder in Panik gerieten. Jerry zögerte ein bißchen und entschied sich dann dafür, zu dem Zwergenkönig offen zu sein. „Wir haben die bösen Geister gesehen", sagte er, „sie sind mit einem großen Raumschiff gekommen und tanken neue Sonnenkraft. Dann... dann wollen sie vermutlich euren Planeten erobern..." Mumpinello schluckte ein paarmal, blieb aber gefaßt. „Sage meinem Volk nichts davon!" bat er. „Ich möchte nicht, daß die Kinder Angst bekommen. Was für Wesen sind das?" „Ich weiß nicht, wie sie heißen", antwortete Jerry. „Wir haben sie Fischwesen getauft, weil sie im Sumpf leben und den Wassertieren unseres Heimatplaneten ähneln." „Könnt ihr sie vertreiben?" „Ich weiß nicht", gab Jerry zu, „sie sind sehr stark und gefährlich und haben ein riesiges Raumschiff! Aber wir werden es auf jeden Fall versuchen!" „Das wollt ihr tun?" „Auch wir wollen nicht, daß eure Kinder Angst bekommen", sagte Jerry. Er reichte dem Zwerg die Hand. „Wir versuchen es!" Im selben Augenblick kam Wudel aufgeregt aus dem Holzhaus gerannt. Er fuchtelte wild mit den Armen herum und rief in panischer Angst: „Schmöpp ist verschwunden!" „Das gibt's doch nicht." Laura schüttelte den Kopf. „Er schwirrt bestimmt irgendwo in der Nähe herum. Du kennst doch Schmöpp! Der Wirbelwind kann doch keine Minute stillsitzen!" „Aber er war die ganze Zeit auf meinem Kopf!" „Das wurde ihm wahrscheinlich zu langweilig", beruhigte Laura das Entenwesen. „Du wirst sehen, er fliegt irgendwo im Dorf herum und kommt gleich wieder zurück!" Mumpinello hatte die Unterhaltung der beiden aufmerksam -52-
verfolgt. „Hoffentlich ist er nicht zum Fluß geflogen!" sagte er jetzt. In seinem Piepsen schwang Sorge mit. „Warum?" „In dem Fluß leben Konowkos, das sind kugelrunde Wesen mit langen Hälsen und noch längeren Zungen, die es auf Waldtiere abgesehen haben, die so ähnlich aussehen wie euer Schmöpp!" „Auch das noch!" jammerte Wudel. Obwohl er sich dauernd mit Schmöpp zankte, mochte er ihn über alle Maßen gern. Er watschelt e so schnell es ging zum Ufer, gefolgt von Jerry und Laura und dem kleinen König der Mumpinos. Als sie das Ufer erreicht hatten und auf den Fluß blickten, stockte ihnen fast der Atem. Ein großer Konowko sprang aus dem Wasser, platschte wieder zurück, schoß heraus, reckte den Hals und ließ eine ungefähr zehn Meter lange Zunge aus dem winzigen Kopf schlabbern. Haarscharf schoß die klebrige Zunge an dem armen Schmöpp vorbei, der schon müde war und nur noch langsam flatterte. „Durchhalten, Schmöpp!" schrie Wudel. „Ich helfe dir!" Mit einem gewaltigen Satz hechtete das Entenwesen ins Wasser. Es kraulte mit mächtigen Schlägen zur Flußmitte, wo der Konowko gerade wieder aus dem Wasser sprang und seine klebrige Zunge durch die Luft schießen ließ. Schmöpp gelang es gerade noch rechtzeitig, sich fallen zu lassen und unter der Zunge hinwegzutauchen. Er flog einen Salto, kam beinahe ins Trudeln und fing sich wieder. Aber der Konowko war ihm dicht auf den Fersen. Das rosafarbene Tier, das Jerry und Laura entfernt an eine Giraffe erinnerte, sprang immer wieder aus dem Wasser, reckte seinen Hals und ließ die Zunge durch die Luft schlabbern. „Durchhalten, Schmöpp!" rief Wudel wieder. Er war bis auf zwanzig Meter an den Konowko herangekommen, verlor aber -53-
wieder einige Meter, als das Tier einen Satz machte. Wudel wurde wütend. „Verflixtes Biest!" schimpfte er. „Bist du zu feige, um mit einem gleichwertigen Gegner zu kämpfen?" Der Konowko beachtete ihn gar nicht. „Na warte!" tobte Wudel. ,;Jetzt reicht's mir aber!" Er legte alle Kraft in seine Kraulbewegungen und erreichte den Konowko, als der gerade wieder springen wollte. Das Tier stieß einen wütenden Brummton aus, als der dicke Wudel auf seinen Rücken sprang und sich wie an einer Kletterstange an seinem Hals hinaufhangelte. „Jetzt hab ich dich!" triumphierte Wudel. Er hatte den Kopf des Konowkos erreicht und hing jetzt zehn Meter über dem Wasser. Der Hals schwankte wie eine Gummilaterne im Zirkus.
Noch einmal schoß die lange Zunge aus dem Maul des Tieres. Sie flog genau auf den armen Schmöpp zu, der viel zu müde war, um noch einmal auszuweichen. Hilflos flatterte das -54-
Libellenwesen über dem Fluß und wartete auf seinen Tod. Aber der mutige Wudel war schneller. Er packte die klebrige Zunge, schlang sie um den kleinen Kopf des Tieres und machte einen Seemannsknoten hinein, den er von Jerry gelernt hatte. Dann sprang er in den Fluß zurück. Der Konowko brummte wütend, schlug mit den kurzen Beinen aus und sprang wie ein bockendes Pferd im Fluß herum. Als er merkte, daß er von dem dicken Entenwesen besiegt worden war, tauchte er ins Wasser zurück und trollte sich. Wudel stieß einen Jubelschrei aus und watete ans Ufer zurück. „Das nächste Mal bleibst du gleich bei mir!" sagte er. „Dann kann dir nichts passieren!" Schmöpp flatterte erschöpft zu ihm und ließ sich auf seinem Kopf nieder. Triefend vor Nässe stieg Wudel mit dem vollkommen erledigten Schmöpp an Land. „Na, wie hab ich das gemacht?" rief er. Jerry und Laura kicherten vor Vergnügen. „Einfach großartig!" lobte Jerry. Und zu Schmöpp sagte er ernst: „Bleib immer in unserer Nähe, wenn wir auf einem fremden Planeten sind. Auch wenn du gute Laune hast! Du hast ja gesehen, was man für böse Überraschungen erleben kann!" Schmöpp stand immer noch unter einem Schock und war zu müde, um seinen Freunden ein Bild in die Luft zu malen. Er würde ihnen später klarmachen, daß er nie mehr auf eigene Faust auf einem fremden Planeten herumfliegen würde. „Das ging ja gerade noch mal gut", sagte Mumpinello. Er war sehr beeindruckt von der Leistung des Entenwesens. „Du bist mächtig stark!" lobte er Wudel. Wudel lächelte stolz. „War halb so schlimm", untertrieb er. „Wenn's sein muß, kann ich noch ganz anders!" „Jetzt bin ich fest davon überzeugt, daß wir die Fischwesen vertreiben werden", sagte Mumpinello. -55-
„Die Fischwesen?" erschrak Wudel. „Wir haben beschlossen, die feindlichen Ungeheuer zu verjagen", berichtete Jerry. „Wir fahren gleich los und versuchen in das Schiff zu kommen, solange es noch nicht genug Energie hat. Vielleicht können wir die Wesen im Schlaf überraschen..." „Soll ich auch mit?" fragte Wudel. „Bei einem solchen Unternehmen können wir auf einen starken Partner wie dich nicht verzichten", bestimmte Jerry. Dagegen konnte Wudel schlecht etwas sagen. „Orloff kommt auch mit", beruhigte Jerry das Entenwesen. „Ich habe ihn schon über Funk verständigt. Zu viert werden wir mit den verflixten Ungeheuern schon fertig!" „Zu fünft." „Wie bitte?" „Zu fünft", wiederholte Mumpinello. „Ich komme auch mit! Ich kann euch nicht allein gegen unsere Feinde kämpfen lassen!" „Aber... „Ich komme mit!" bekräftigte Mumpinello. „Na schön", willigte Jerry ein, obwohl er lieber ohne den Zwergenkönig aufgebrochen wäre. Auf ein kleines und schwaches Wesen wie ihn lauerten besonders viele Gefahren in dem unheimlichen Raumschiff. Aber er verstand den Wunsch des Mumpinos. „Gehen wir", forderte er seine Freunde auf.
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Gefahr im Raumschiff Im Kommandoraum der Shark kam Mumpinello aus dem Staunen nicht heraus. Er lief aufgeregt zwischen den Instrumenten herum und betrachtete mit großen Augen die Leuchtanzeigen. „Toll!" staunte er. „So etwas habe ich nicht mal im Traum gesehen!" „Halb so wild", schnarrte Orloff belustigt. Er schwebte als blauer Kreisel vor dem Computer herum. „Das ist Orloff vom Planeten Osram", stellte Jerry das Lichtwesen vor. „Er ist für den großen Kasten mit den vielen bunten Lämpchen verantwortlich." Er deutete auf den Computer. „Freut mich, dich kennenzulernen", piepste Mumpinello. „Wir wollen keine Zeit verlieren", entschied Jerry. „Wer weiß, wie lange das unheimliche Raumschiff noch dunkel bleibt! Schmöpp! Du bleibst hier und hältst die Stellung" Das Libellenwesen war immer noch zu erschöpft, um seine Dankbarkeit durch einen Salto auszudrücken. „Ihr anderen - kommt mit!" Die Freunde verabschiedeten sich von Schmöpp und fuhren mit dem Aufzug zu den Raumgleitern hinunter. Jerry und Wudel nahmen das erste Beiboot, das zweite teilten sich Laura, Orloff und Mumpinello. Jerry und Laura setzten die Helme auf. Nachdem die Kuppeln geschlossen waren, schossen die Gleiter - einer nach dem anderen - durch den flachen Schacht ins All hinaus. Die beiden Kommandanten lenkten die Boote unter der vorderen Kuppel der Shark hinweg und nahmen Kurs auf das riesige Raumschiff, das unheilvoll im All hing. Während des Fluges sprach niemand ein Wort. Zu groß war die Ehrfurcht vor dem gewaltigen Raumschiff und seinen unheimlichen Bewohnern. Wie gebannt starrten Jerry, Laura, Wudel und Orloff auf den riesigen Schatten. Nur der -57-
Zwergenkönig wurde hin und her gerissen zwischen seiner Angst vor den Fischwesen und seiner Begeisterung für die wendigen Raumgleiter. Jerry und Laura waren sich im klaren darüber, daß es sehr schwer sein würde, die Fischwesen zu besiegen. Die Ungeheuer waren in ihrem Raumschiff zu Hause und hatten dort alle Vorteile auf ihrer Seite. Sie waren viel wendiger in dem feuchten Sumpf als die Besatzungsmitglieder der Shark. Lautlos glitten die Beiboote um das fremde Raumschiff herum. Die Sonnenstrahlen fielen auf das weiße Metall und blendeten die Passagiere der kleinen Gleiter. Vor den Fahrzeugen tauchte der Einflugschacht des riesigen Schiffes auf. „Seltsam!" meinte Jerry. „Beim letzten Mal wurden wir von einem Sog erfaßt und in das Schiff gezogen!" „Vielleicht hat die Automatik des Schiffes was gegen uns!" meinte Wudel. Er sprach ins Bordmikrofon, damit ihn auch Laura, Orloff und der Zwergenkönig hören konnten. „Oder sie hat keinen Saft mehr", sagte Orloff. Er hatte kaum ausgesproche n, als die beiden Raumgleiter ins Trudeln gerieten und von einer unsichtbaren Kraft angezogen wurden. Die Steuerung setzte aus, und die Boote verschwanden in einem starken Sog, der sie unaufhaltsam zum Schacht zog. Mumpinello bekam Angst und piepste laut. „Keine Bange!" beruhigte Laura den Zwerg. „Das war beim letztenmal auch schon so. Gleich landen wir in dem Schiff!" Die beiden Beiboote tauchten in den grünen Nebel, glitten auf die unsichtbare Luftschiene und kamen in der muffigen Landehöhle zum Stehen. Unheimliche Stille umgab die Freunde, als sie aus den Booten stiegen. „Bleib auf schwacher Energie!" sagte Jerry zu dem Lichtwesen. „Sonst bringst du die Kiste noch auf Touren!" Orloff nahm etwas Energie weg und flackerte als -58-
schwachgelber Kreisel vor den anderen her. Sein Licht war jetzt sogar noch etwas schwächer als die Leuchtkraft eines Handscheinwerfers, auf den Jerry und Laura somit verzichten konnten. „Bleibt dicht beisammen!" warnte Jerry. Wudel schüttelte sich vor Unbehagen. „Wir hätten das verflixte Raumschiff in die Luft jagen sollen!" sagte er. „Das wäre einfacher gewesen!" „Du weißt doch, daß unsere Feuerkraft für ein so riesiges Schiff nicht ausreicht", erinnerte ihn Jerry. „Ja! Leider!" Wudel nickte. Vorsichtig tasteten sich die Freunde voran. In dem schwachen Licht, das Orloff jetzt verbreitete, stapften sie zu dem durchsichtigen Vorhang, der die Landekammer von dem Sumpf trennte. Jerry zog ihn zur Seite und ließ die anderen eintreten. Mumpinello blieb stehen und starrte mit großen Augen in den dichten Sumpf. „Ungeheuer!" staunte er. „Das sieht ja fast wie bei uns zu Hause aus! Seht mal die bunten Blumen da! So sehen die Blüten der Chattawucca-Pflanze aus!" „Deshalb wollen die Fischwesen euren Planeten ja erobern", erinnerte Jerry den Zwerg. ,;S ie finden auf Mumpitz fast die gleichen Bedingungen vor wie hier!" „Miese Gegend!" lästerte Wudel, der sich noch immer nicht mit der Expedition befreundet hatte. „Da gefiel es mir auf Mumpitz aber viel besser!" „Trotz der Konowkos?" „Trotz der Konowkos!" bestätigte Wudel. „Mit den Biestern auf diesem Schiff werden wir etwas mehr Schwierigkeiten haben", meinte Jerry, „denen kannst du nicht so einfach einen Knoten in die Zunge machen..." „Möchte wissen, wo sie stecken", sagte Laura. Sie hatte den -59-
Strahler gezogen und blickte sich aufmerksam nach allen Seiten um. „Ob das eine Ding noch bei den Felsen liegt?" „Uns bleibt nichts anderes übrig als nachzuschauen", sagte Jerry. „Irgendwo müssen sie ja sein!" „Und wenn wir sie gefunden haben?" „Knallen wir sie über den Haufen!" „Du willst sie erschießen?" „Nur betäuben", sagte Jerry, „aber so heftig, daß sie für alle Zeiten die Nase voll von uns haben und schleunigst aus diesem Sonnensystem verschwinden!" „Und was tue ich?" fragte Wudel. „Ich hab keine Pistole!" Jerry brachte ein Lächeln fertig. „Du versetzt den Biestern einen Kinnhaken und schickst sie ins Land der Träume!" „Hoffentlich sind's nicht zu viele!" Darüber hatte Jerry noch nicht nachgedacht, aber er konnte sich an fünf Fingern abzählen, wie viele Wesen auf einem fünf Kilometer langen und zwei Kilometer breiten Raumschiff leben mußten. Er hoffte nur, daß sie nicht alle auf einmal auftauchten... Er gab sich einen Ruck und stapfte in den Sumpf hinein. Nebelfetzen wehten über die Farne und Schlingpflanzen und hüllten ihn und seine Freunde ein. Plötzlich vernahm er ein lautes Piepsen. Er wirbelte herum und sah den Zwergenkönig bis zum Hals im brackigen Wasser stehen. „Hilfe! Ich ertrinke!" rief der Zwerg. Jerry mußte grinsen. „Nimm ihn auf den Rücken, Wudel!" sagte er zu dem Entenwesen. „Ist ein bißchen tief für ihn." Wudel hob den kleinen Mumpino auf seinen breiten Rücken und stapfte hinter den anderen her. „Merkst du was?" sagte Laura leise zu ihrem Partner. „Es liegen viel mehr Kugeln als letztes Mal im Wasser..." Das war Jerry noch gar nicht aufgefallen. „Auch das noch", -60-
seufzte er, „das bedeutet bestimmt nichts Gutes!" Als ob eine unsichtbare Kraft seine Worte bestätigen wollte, begann im selben Augenblick ein lautes Pfeifkonzert. Es war dasselbe Pfeifen wie am frühen Morgen, als Jerry und Laura die dunkelgrünen Kugeln zum erstenmal gesehen hatten, nur viel lauter und intensiver. „Was ist denn das?" fragte Wudel erschrocken. Laura deutete auf die Kugeln. „Das kommt aus den grünen Dingern da", rief sie laut, um das Pfeifen zu übertönen. Jerry forderte seine Freunde auf, weiterzumarschieren. „Paß bloß auf, daß du nicht zu nahe an die Kugeln kommst!" warnte er das Lichtwesen. „Wir wollen versuchen, die Fischwesen zu finden, bevor sie wieder Energie bekommen!" Orloff schimmerte in einem dunklen Violett. „Da drüben bei den Felsen hat mich das Biest angefallen!" klärte Laura die anderen auf. „Es schoß aus dem Wasser und grabschte mit den glitschigen Händen nach mir!"
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Wudel überlief ein Frösteln, aber er riß sich zusammen, damit Mumpinello auf seinem Rücken nicht merkte, daß er Angst hatte. „Meinst du, es ist noch dort?" fragte er. „Das werden wir gleich wissen", sagte Jerry. Er drückte einige Farne und Schlingpflanzen zur Seite und ging entschlossen auf die Stelle zu, an der Laura dem Ungeheuer begegnet war. Seine rechte Hand umklammerte den Laserstrahler. „Sei vorsichtig!" rief Laura mit gedämpfter Stimme. Sie hielt ebenfalls den Strahler umklammert und war bereit, sofort abzudrücken, wenn eines der Ungeheuer auftauchte. Nichts geschah. Jerry erreichte die Stelle, ohne daß ein Fischwesen aus dem Sumpf schoß. Das Wasser blieb ruhig. Nur das laute Pfeifen zerrte an den Nerven der Freunde. „Gib mal etwas Licht!" sagte Jerry zu Orloff. Das Lichtwesen schwirrte heran und blieb als violetter Kreisel über der Stelle stehen. Er beschleunigte die Drehung, bis er so hell wie ein Handscheinwerfer war. Nichts geschah. „Komisch", sagte Jerry. Das Pfeifen war wieder etwas leiser geworden, tat aber noch immer in den Ohren weh. Es kam in verschiedenen Tonlagen aus den grünen Kugeln und hörte sich wie das Hupkonzert von vielen hundert Autos an, wie es vor vielen hundert Jahren auf den Straßen des Heimatplaneten Erde üblich gewesen war. „Vielleicht hat sich das Biest hinter den Felsen verkrochen", überlegte Jerry laut. Er ging zu den verwitterten Steinen und blickte entschlossen dahinter, aber auch dort war nichts von den unheimlichen Fischwesen zu sehen. „Soll ich die Kugeln aufladen?" fragte Orloff. „Nein", wehrte Jerry entschlossen ab, „irgendwo müssen die Biester ja stecken! Wir müssen sie einfach finden, bevor die -62-
Kugeln wieder Saft bekommen! Ich möchte keinen Kampf heraufbeschwören, wenn er nicht unbedingt nötig ist!" „Kein Kampf?" fragte Wudel hoffnungsvoll. „Wenn wir Glück haben, nicht", antwortete Jerry. Die Freunde stapften tiefer in den Sumpf hinein. Die Pflanzen wurden höher und höher und standen so eng, daß sie nur mühsam vorankamen. Das Wasser reichte ihnen bis zum Bauch. Plötzlich wurde das Pfeifen wieder lauter. „Ich spüre Energie!" rief Orloff in den Lärm. Vor lauter Panik sprühte er violette Funken. „Viel Energie! Sie nimmt zu..., wird immer stärker..., verflixt, ich glaube, es ist soweit..." „Was ist soweit?" rief Wudel. „Die Kugeln haben genug Saft, um das Schiff mit Energie zu versorgen! Mann, steckt da eine Kraft dahinter! Ich spüre sie in jeder Faser! Paßt bloß auf! Gleich ist es soweit!" Das Pfeifen wurde noch lauter, schwoll zu einem schrillen Kreischen an, das so laut war, daß sich Jerry, Laura, Wudel und Mumpinello die Ohren zuhalten mußten. Fast drei Minuten lang wurde der Sumpf mit Lärm überschüttet - dann hörte das Pfeifen plötzlich auf! Die Freunde blickten sich verwundert an. „Was ist denn jetzt los?" rief Wudel. Jerry und Laura waren sprachlos. Orloff versprühte immer noch violette Blitze und taumelte zwischen den Blättern der Schlingpflanzen umher. „Die Energie!" schnarrte er in panischer Angst. „Sie wird stärker!" Mumpinello pfiff ängstlich. „Da!" rief Wudel plötzlich. „Die Kugeln!" In einige der Kugeln war Bewegung gekommen. Sie blähten sich auf wie Luftballons, in die man Luft hineinpumpte. Fassungslos beobachteten die Freunde, wie die Kugeln immer dicker wurden, und die Fäden auf ihrer Haut zu glühen -63-
begannen. „In Deckung!" erkannte Jerry die Gefahr. „Sie zerplatzen!" Die Freunde wateten hinter einen Felsen und duckten sich. Im selben Augenblick zerplatzten die Kugeln. Sie spuckten eine feurige Masse aus, die wie flüssige Lava aussah. Das Licht ging an! Die grünen Lämpchen in den Wänden des Raumschiffes wurden zu grellen Scheinwerfern, und aus den Blumenkelchen an der Decke floß helles Licht in allen Farben. Das Wasser begann zu brodeln und warf Wellen auf. Sie wurden so stark, daß Jerry, Laura und Wudel große Mühe hatten, auf den Beinen zu bleiben. Kleine bunte Vögel flatterten auf und schwirrten zwischen den Farnen herum. Ein leichter Wind kam auf. Er raschelte in den Zweigen der Bäume und bewegte die riesigen Farne. Unheimliche Geräusche wurden laut. „Das hat uns gerade noch gefehlt!" stöhnte Jerry. Er hielt sich an dem Felsen fest und beobachtete angestrengt das brackige Wasser. Jeden Augenblick konnte eines der fremden Wesen auftauchen und zum Angriff übergehen. Doch die Ungeheuer ließen sich nicht blicken. „Wenn ihr umkehren wollt, bin ich euch nicht böse", piepste Mumpinello auf dem Rücken des Entenwesens. „Warum sollt ihr euer Leben für ein Volk opfern, das ihr kaum kennt!" „Wir lassen euch nicht im Stich!" sagte Jerry. Er ließ den Felsen los und watete durch den Sumpf davon. „Kommt mit!" „Wo willst du denn hin?" rief Laura. „Irgendwohin!" antwortete Jerry wahrheitsgemäß. „Wir müssen die Fischwesen aus ihren Verstecken locken!" „Aber das ist gefährlich!" jammerte Wudel. „Das ganze Unternehmen ist gefährlich!" meinte Jerry. Orloff begleitete seine Freunde in der Luft. Er hatte wieder -64-
auf volle Energie geschaltet und schwebte als wirbelnder Kreisel über ihnen. Sein Körper leuchtete violett. „Schaut euch das an!" sagte Jerry, nachdem sie sich durch einen dichten Wald von Farnen gekämpft hatten. „Da vorn ist eine riesige Felsenburg!" Er deutete in die Ferne, wo gewaltige Felsen in allen Farben aus dem Wasser ragten und bis zu den Blumenkelchen an der Decke reichten. Sie lagen übereinander, wurden von spitzen Keilen gestützt und bildeten ein riesiges Bauwerk, das tatsächlich wie eine Burg oder ein Schloß aussah. Schmale Pfade und Treppen führten zu den Türmen hinauf. Aus den großen Bausteinen ragten dünne Nadeln und Steine in allen Farben und Formen, die dem Bauwerk ein abenteuerliches Aussehen gaben. „Toll!" staunte Laura. Sie war so beeindruckt von dem gigantischen Bauwerk, daß sie für einen Augenblick ihre Angst vergaß. Dann ertönte ein schrilles Geräusch; und ihr wurde auf schmerzliche Weise klar, daß sie sich in höchster Gefahr befanden.
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Die Roboterhaie Die Freunde wirbelten herum. Entsetzt beobachteten sie, wie vier Roboter durch das Wasser rasten und Kurs auf sie nahmen. Im grellen Licht der Scheinwerfer waren deutlich ihre torpedoförmigen Körper zu erkennen, die von Propellern angetrieben wurden, die sich am Bug der Maschinen drehten. „Altmodische Dinger!" meinte Wudel. „Und brandgefährlich!" ergänzte Jerry. Er hob den Strahler und gab einen gezielten Schuß auf den vordersten Roboter ab. Die Maschine zeigte keine Wirkung. „Verdammt! Sie reagieren nicht!" schimpfte Jerry. „Versuch's mit voller Leistung!" rief Laura. Jerry schob einen kleinen Regler an seinem Strahler nach vorn und schoß ein zweites Mal. Dann ein drittes Mal. Die Roboter sausten unbeirrt weiter. Sie pflügten mit ihren schlanken Körpern durch das Wasser und kamen immer näher heran. Nur noch hundert Meter trennten sie von den Freunden. „Verdammt!" fluchte.Jerry wieder. „Nichts wie weg hier! Die Biester sind völlig unempfindlich." Er blickte sich mit wachsender Angst um. „Zu den Felsen! Schnell!" Die Freunde ergriffen die Flucht. Hals über Kopf rannten sie durch das Wasser davon. Immer wieder stellten sich ihnen Schlingpflanzen und Farne in den Weg, die sie erst mühsam zur Seite drücken mußten. Dadurch verloren sie viel Zeit. Die Roboter hatten es einfacher und mähten alles mit ihren messerscharfen Propellern nieder. Allein die Vorstellung, von diesen Propellern zerfetzt zu werden, trieb den Freunden Schweiß tropfen auf die Stirn. „Tu doch was!" rief Wudel dem Lichtwesen zu.
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Orloff brauchte als einziger keine Angst vor den schwimmenden Robotern zu haben, war aber so geschockt, daß er als violetter Kreisel über den Freunden wirbelte. „Was ist denn mit dir los?" keuchte Wudel. Er stapfte wie ein riesiger Menschenaffe durch das Wasser und trat wütend gegen die Pflanzen, die ihm im Weg standen. Obwohl er schneller als Jerry und Laura vorankam, war er immer noch zu langsam für die lärmenden Roboter. „Orloff! Wach auf, verdammt!" Orloff blieb verdutzt stehen und verfärbte sich. Er kapierte anscheinend langsam, daß seine Freunde in höchster Gefahr schwebten, und nur er ihnen helfen konnte. Er wurde hellrot - ein Zeichen dafür, daß er ärgerlich wurde und eine ungeheure Wut bekam. Je näher die schwimmenden Roboter kamen, desto aufgebrachter wurde er. „Euch werde ich's zeigen!" schnarrte er giftig. „Ich mache euch zu Altmetall, darauf könnt ihr euch verlassen!" „So ist's recht!" feuerte Wudel ihn an. Orloff verformte sich zu einem glühenden Keil und wirbelte immer schneller um seine eigene Achse. Hellrote Funken spritzten aus seinem Flammenkörper. Als er sich so schnell drehte, daß sein Körper nur noch aus -67-
einer glühenden Masse bestand, ging er zum Angriff über. Mit einem lauten Schnarren schoß er auf die lärmenden Maschinen zu. Wutentbrannt stürzte er sich auf sie. „Ich zerlege euch in eure Bestandteile!" schnarrte er, als er zu einem glühenden Pfeil wurde und auf den ersten Roboter traf. Erst beim Aufprall merkte er, daß die Maschine nicht aus Metall, sondern aus demselben Material wie das Schiff bestand. Aber da war es schon zu spät. Er prallte gegen eine undurchdringliche Wand und schnarrte vor Schmerz, als sich sein glühender Körper verformte. Als violettes Bündel taumelte er davon. „Verflixt!" fluchte Wudel laut. „Ich hab alles verpatzt!" jammerte Orloff. „Ich hätte mir was anderes einfallen lassen müssen, um die elenden Biester aufzuhalten! Jetzt töten sie meine Freunde, und ich bin schuld! Zum Teufel mit euch, ihr verdammten Maschinen!" Orloff wußte nicht, daß sein Angriff alles andere als umsonst gewesen war. Sein wütendes Benehmen und die hellroten Blitze hatten die Roboter so erschreckt, daß sie sekundenlang auf der Stelle verharrt und erst dann wieder die Verfolgung aufgenommen hatten. Diese Zeitspanne hatte genügt. Jerry, Laura, Wudel und Mumpinello hatten die Felsenburg erreicht und waren auf einen der großen Steine geklettert. Sie waren so hoch, daß sie von den schwimmenden Ungeheuern nicht mehr erreicht werden konnten. Orloff hatte keine Ahnung und blickte in die andere Richtung, um nicht mitansehen zu müssen, wie seine Freunde von den Ungeheuern zermalmt wurden. „Orloff! Du hast es geschafft!" War das nicht Wudels Stimme? Nein, das konnte nicht sein! Sein Freund wurde doch von den Robotern zermalmt! Warum -68-
schrie er nicht um Hilfe? Oder war es schon vorbei? „Orloff! Wir sind in Sicherheit!" Es war doch Wudels Stimme! Er hatte sich nicht getäuscht! Es war dem Entenwesen auf irgendeine Weise gelungen, den Robotern zu entkommen. Aber wo waren Jerry und Laura?" Orloff wirbelte herum und sah, daß alle Freunde auf einem Felsen standen und in Sicherheit waren. Vorerst jedenfalls. Die Roboter schwammen wie aufgeregte Haie um die Felsen herum und suchten nach ihren Opfern - vergeblich. Vor lauter Freude sprühte Orloff blaue Funken. Er wurde wieder zu einem Kreisel und wirbelte zu seinen Freunden zurück. „Und ich dachte schon, ihr wärt ein Opfer dieser verdammten Biester geworden! Mann! Seid ihr es wirklich?" „Mit Haut und Haar!" freute sich Wudel. „Du hast den Robotern solche Angst eingejagt, daß sie eine kleine Kunstpause eingelegt haben! Das hat gereicht!" „Die Biester haben ein verflixt hartes Fell!" schnarrte Orloff. „Fühlt sich wie eine organische Substanz an!" „Was Lebendes?" fragte Orloff. Laura strich das Wasser aus ihren langen Haaren. „Möchte wissen, wo die eigentlichen Herren des Schiffes sind", sagte sie. „Warum zeigen sie sich nicht?" „Vielleicht haben sie Angst", vermutete Wudel. „Das glaube ich nicht", sagte die Kommandantin. „Ich glaube eher, sie wollen sich nicht die Hände schmutzig machen! Lassen ihre Roboter oder Maschinen die Dreckarbeit verrichten!" „Ihr habt ja gesehen, wie weit sie damit kommen!" tönte Wudel. Er deutete auf die Maschinen, die ziellos im Wasser herumschwammen und nicht wußten, was , sie tun sollten. „Nee, wer was von uns will, muß sich schon selber herbemühen!" Jerry war sich seiner Sache nicht so sicher. „Noch sind wir nicht in Sicherheit!" warnte er. „Sonst wären die Biester doch -69-
längst verschwunden! Sie hecken irgend etwas aus!" „Das nützt ihnen nicht viel!" war Wudel überzeugt. „Wenn sie fliegen könnten, wären sie längst aus dem Wasser gestiegen! Und im Wasser können sie uns nicht mehr gefährlich werden!" Er hatte kaum ausgesprochen, als die Roboter eine Formation bildeten und erneut zum Angriff übergingen. Ihre Propeller drehten sich wieder mit voller Leistung und machten einen Höllenlärm. Wudel wurde blaß. „Verdammt! Was haben die vor?" „Keine Ahnung", erwiderte Jerry. Mumpinello piepste ängstlich. „Mann! Die tun ja gerade so, als gäbe es keine Felsen!" wunderte sich Wudel. „Ob sie falsch programmiert sind?" „Das glaube ich nicht", meinte Jerry. „Aber was wollen sie?" Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Die Roboter pflügten mit kreischenden Motoren durch das Wasser, mähten einige Farne und Schlingpflanzen nieder und trafen auf den Felsbrocken, auf dem die Freunde Zuflucht gesucht hatten. „Sind die verrückt?" rief Wudel. „Die zerstören sich selbst!" erschrak Orloff. Das Gegenteil war der Fall. Die schwimmenden Ungeheuer bohrten sich mit ihren Propellern in den Felsen, fraßen sich gierig durch den Stein und kamen auf der anderen Seite wieder heraus. Dann wiederholten sie das Spiel. Immer rascher fraßen sie sich durch den harten Fels. „Was haben die vor?" fragte Laura ängstlich. „Warum durchlöchern sie den Felsen wie einen Schweizer Käse?" „Sie wollen uns ins Wasser zurückholen!" „Ins Wasser? Wie denn?" „Indem sie den Felsen zum Einsturz bringen", sagte Jerry. „Es -70-
wird höchste Zeit, daß wir von hier verschwinden!" Er wandte sich an die anderen. „Los! Nichts wie weg hier!" „Warum denn?" fragte Wudel. Eine Sekunde später wurde ihm sein Zögern zum Verhängnis. Die Roboter hatten den Felsen so durchlöchert, daß er zu bröckeln und zu wanken begann. Jerry und Laura hatten sich bereits über eine Treppe auf den nächsten Felsen gerettet, aber das Entenwesen und der kleine Mumpinello waren noch auf ihrem alten Platz und flohen erst, als es schon zu spät war. „Wudel!" schnarrte Orloff erschrocken. „Beeil dich!" rief Jerry. „Du schaffst es noch!" Aber der Felsen stürzte bereits ein und zog das Entenwesen und den Zwergenkönig mit sich in die Tiefe. In einer Lawine aus zerberstenden Steinen rutschten sie ins Wasser. Orloff reagierte augenblicklich. Er wurde zu einem hellroten Pfeil und schoß erneut auf die Roboter hinab. Er wußte natürlich, daß er sich wieder die Nase einrennen würde, aber er nahm keine Rücksicht darauf. Seine einzige Hoffnung bestand darin, die Roboter erneut für ein paar Sekunden abzulenken. Vielleicht gelang es Wudel und Mumpinello in dieser Zeit, an einem anderen Felsen emporzuklettern. Doch Wudel hatte einen Stein auf den Kopf bekommen und war viel zu benommen, um sofort zu reagieren. Nur langsam erholte er sich von dem Schlag. Als er wieder klar denken konnte, mußte er feststellen, daß Mumpinello nicht mehr auf seinem Rücken war. Die Roboter gingen zum Angriff über. „Wudel!" schrie Jerry. Das Entenwesen sah die Höllenmaschinen kommen und tauchte blitzartig unter. Zu seinem großen Glück war das Wasser an dieser Stelle fast zwei Meter tief. Er preßte sich flach auf den Grund und konnte hören, wie die Roboter über ihn hinwegschwammen. -71-
Prustend tauchte er wieder auf. „Hierher!" rief Jerry. Er war bis zum Rand des Felsens geklettert und streckte eine Hand aus. „Mumpinello ist verschwunden!" „Du kannst nichts mehr für ihn tun!" „Ich muß ihn retten, verdammt!" Wudel blickte sich verzweifelt nach allen Seiten um. Er suchte nach dem kleinen König, konnte ihn aber nirgendwo entdecken. „Mumpinello!" rief er in panischer Angst. „Du mußt ihn zurücklassen!" schnarrte Orloff. „Denk an dein eigenes Leben! Bring dich in Sicherheit!" „Ich muß ihn finden!" Wudel blieb störrisch. „Aber die Roboter! Sie greifen wieder an!" Wudel stellte mit einem schnellen Seitenblick fest, aus welcher Richtung die Roboter kamen und tauchte erneut unter. Diesmal gingen auch die Maschinen in die Tiefe, und er mußte einen schnellen Haken schlagen, um den Propellern zu entgehen. Zum Glück waren die Roboter ziemlich schwerfällig und brauchten immer eine ganze Weile, um eine neue Richtung einzuschlagen. Wudel tauchte auf und rieb sich das Wasser aus den Augen. Wieder blickte er sich nach allen Seiten um, aber er konnte den Zwergenkönig noch immer nicht entdecken. „Hierher!" schrie Jerry. „Komm raus!" rief Laura. Wudel kümmerte sich nicht um die verzweifelten Rufe seiner Freunde. Er holte tief Luft, tauchte in das brackige Wasser und suchte unter der Oberfläche nach dem Mumpino. Diesmal hatte er Glück. Er sah den kleinen König zwischen den Blättern einer Schlingpflanze hängen. Da seit dem Sturz höchstens zwei oder drei Minuten vergangen waren, mußte er noch am Leben sein. Wudel kümmerte sich nicht um die Roboter, die ihn erneut -72-
um wenige Zentimeter verfehlten, und tauchte zu dem bewußtlosen Zwerg. Er befreite ihn aus dem Griff der Schlingpflanze und schwamm mit ihm an die Wasseroberfläche. Die Roboter wendeten gerade und formierten sich zu einem neuen Angriff. Ihre Propeller drehten sich kreischend. „Orloff! Halt sie mir vom Leib!" rief das Entenwesen. Orloff hatte keine Ahnung, ob die Roboter auch ein drittes Mal auf sein Störmanöver hereinfielen, aber er mußte es auf jeden Fall versuchen. Mit dem bewußtlosen Mumpinello unter dem Arm konnte Wudel den Maschinen nicht mehr ausweichen. Er versuchte es diesmal mit einer anderen Taktik. Nachdem er sich in einen glühenden Ball verwandelt hatte, stürzte er sich nicht blindlings auf einen der Roboter, sondern flog dicht über sie hinweg. Dabei flackerte er nervös, wechselte ständig die Farbe und ließ ein furchtbares Schnarren vernehmen. Die Roboter reagierten so, wie er gehofft hatte. Ihre Sensoren wurden durch das Flackern und die vielen Farben verwirrt und setzten so lange aus, daß die Maschinen stoppten und die Roboter sekundenlang zum Stehen brachten. Wudel nützte diese kurze Zeit, um den bewußtlosen Mumpinello zu den Felsen zu schleppen. Er reichte ihn zu Jerry hinauf und zog sich dann selbst auf den Felsen empor. Keuchend hetzte er hinter Laura und Jerry her, die so weit hinaufkletterten, daß ihnen die Roboter nichts mehr anhaben konnten. Auf einem Treppenabsatz hielten sie an. Wudel brach zusammen und blieb keuchend liegen. Er hörte, wie die Motoren der Roboter leiser wurden und vernahm dann Orloffs triumphierendes Schnarren. „Sie ziehen ab!" freute sich das Lichtwesen. „Mann, denen haben wir's aber mächtig gegeben!" Er versprühte wieder blaue Funken und kehrte zu den anderen zurück. „Müde?" zog er den erschöpften Wudel auf. „Pah! Und -73-
wegen so einer Schlafmütze renne ich mir die Nase ein!" Dann sah er den bewußtlosen Zwerg auf den Steinen liegen, und sein leuchtender Körper wurde wieder violett. „Was ist mit ihm?" schnarrte er ängstlich. „Ist er... tot?" „Nein", Jerry schüttelte den Kopf. „Unser dicker Freund hat ihn gerade noch rechtzeitig aus dem Wasser gefischt. Orloff schwirrte über den Zwerg. „Warte, ich wärme den armen Kerl ein bißchen!" Er wirbelte schnell um die eigene Achse, bis er so vie l Energie ausstrahlte, daß Mumpinello warm wurde. Jerry und Laura leisteten inzwischen erste Hilfe. Nach einigen Minuten, die den Freunden wie eine endlose Zeit vorgekommen waren, öffnete der Zwerg endlich die Augen. Er schaute etwas verwirrt in die Gegend, lächelte dann und sagte: „Vielen Dank! Ihr habt mich aus dem Wasser geholt, was?" „Wudel hat es getan!" antwortete Jerry ehrlich. „Wir hatten dich schon aufgegeben!" „Und die bösen Maschinen?" „Sind verschwunden", meinte Jerry. Der kleine Wicht nickte dankbar und wandte den Kopf in die Richtung, in der er das Entenwesen vermutete. „Vielen Dank, Wudel!" sagte er. „Das werde ich dir nicht vergessen!" Aber Wudel war eingenickt und schlief bereits so fest, daß er die Worte des Zwergenkönigs nicht mehr hörte.
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Der Kampf gegen die Ungeheuer Nach einer halbstündigen Rast kletterten die Freunde weiter. Wudel hatte sich gut erholt, und auch der Zwergenkönig war wieder bei Kräften und turnte übermütig auf dem Rücken des Entenwesens herum. Er pfiff eine lustige Melodie. Ein aufregendes Abenteuer lag hinter ihm, und er glaubte nicht, daß ihm noch einmal so etwas Schlimmes passieren konnte. Jerry und Laura waren da ganz anderer Meinung. Sie wußten, daß die Fischwesen irgendwo in der Nähe lauern mußten. Irgendwann würden die Ungeheuer selbst zum Angriff übergehen, und dann würde es wirklich gefährlich werden. Jerry wagte gar nicht daran zu denken, was passierte, wenn die Laserstrahlen auch bei den lebendigen Wesen keine Wirkung zeigten. „Ich wollte, wir hätten den ganzen Schlamassel schon hinter uns!" stöhnte Laura. „Ich auch!" meinte Jerry. Er führte die Freunde weiter in die Felsenburg hinauf, ohne zu wissen, wohin der schmale Pfad führte. Aber irgendwohin mußten sie ja gehen, wenn sie zu einer Entscheidung kommen wollten, und dieses riesige Felsmassiv sah ganz so aus, als diente es den Fischwesen als Unterschlupf Vor einer schmalen Brücke blieb Jerry stehen. Er hielt die anderen zurück und deutete auf die spindeldürre Felsnadel, die in ungefähr hundert Meter Höhe über den Sumpf führte. Auf der anderen Seite gähnte die Öffnung einer großen Höhle. Es gab keine andere Möglichkeit, auf die andere Seite zu kommen. „Wir gehen einer nach dem anderen!" bestimmte Jerry. Er setzte vorsichtig einen Fuß auf die dünne Felsnadel und zo g langsam den anderen nach. Bis zur anderen Seite waren es fast drei Meter, und man mußte höllisch aufpassen, daß man nicht das Gleichgewicht verlor und in die Tiefe stürzte. -75-
Jerry schaffte es. Erleichtert sprang er auf die breite Plattform, die sich vor der Höhle erstreckte. „Jetzt du, Laura!" Laura folgte ihrem Partner und hatte ebenfalls keine Schwierigkeiten, die andere Seite zu erreichen. Dann kamen Wudel und Mumpinello. Sie schafften es bis zur Mitte, aber dann begann die Felsnadel unter dem großen Gewicht des Entenwesens zu zerbrechen. Kleine Brocken lösten sich aus der Brücke, ein ganzer Schwall von Kieseln rieselte in die Tiefe, und die leidgeprüften Freunde drohten erneut in den Sumpf zu fallen. „Die Brücke!" schnarrte Orloff. Er hatte als einziger überhaupt keine Probleme, auf die andere Seite zu kommen. Diesmal erkannte Wudel die Gefahr rechtzeitig. Er machte einen gewaltigen Satz und erreichte mit Hängen und Würgen die andere Seite. Auch Mumpinello hatte aus dem Fehler gelernt und sich fest an den Hals des Entenwesens geklammert. Die beiden standen gerade auf der Plattform, als hinter ihnen die Brücke zu Bruch ging. Die Felsnadel zerbrach, und Hunderte von kleinen Steinen sausten in die Tiefe. Wudel wurde blaß. „Mann!" sagte er. ,jetzt sind wir dem Teufel noch mal von der Schippe gesprungen! Ausgerechnet mir müssen immer solche Sachen passieren!" „Weil du so schwer bist", schnarrte Orloff, „ich würde halt mal 'ne Diät einlegen! Schau mich an!" „Du hast gut reden!" lästerte Wudel. „Du lebst von Strom und Energie! Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke!" Die Freunde traten in die Höhle. Jerry und Laura hielten die Laserstrahler fest umklammert, um notfalls gleich schießen zu können. „Orloff! Leuchte mal ein bißchen!" forderte Jerry das Lichtwesen auf. „Man sieht ja die Hand vor Augen nicht!" Orloff wurde gelb und wirbelte als glühender Kreisel über die -76-
Freunde hinweg. Als er in die Höhle tauchte und sein flackerndes Licht verbreitete, erkannten die anderen, daß sie in einem riesigen Lagerraum gelandet waren. An den grün schimmernden Wänden standen große Kisten aus einem rötlichen Material, das nur entfernt an Holz oder Plastik erinnerte. „Was mag da wohl drin sein?" wollte Wudel wissen. „Essen, Ausrüstung und so 'n Zeug", meinte Laura. Jerry ging zu einer der Kisten, die eine Aufschrift trug, die 'er nicht entziffern konnte. Die Buchstaben oder Ziffern waren mit Kreide oder einem ähnlichen Material auf den Deckel gemalt worden und erinnerten die beiden Erdenmenschen an indianische Schriftzeichen. „Sei vorsichtig!" mahnte Laura. „Hoffentlich sind keine Waffen drin!" meinte Wudel. Jerry berührte den Deckel mit der freien Hand und hob ihn langsam an. Die anderen standen neben ihm und starrten wie gebannt in die sich öffnende Kiste. „Pfui Teufel!" rief Laura, als ihr Partner die Kiste ganz geöffnet hatte, und Orloffs Licht auf den Inhalt fiel. In der schimmernden Folie, mit der die Kiste ausgelegt war, schwamm eine grüne und klebrige Masse, die wie zerkauter Kaugummi aussah, der in Spülwasser gefallen war. Jerry ließ den Deckel fallen. „Erinnert mich an den Haferbrei, den ich als Kind immer bekam", sagte er. „Ob die das Zeug fressen?" „Traue ich ihnen glatt zu", antwortete Laura. Sie wandte sich an Jerry. „Meinst du, in den anderen Kisten ist dasselbe?" Jerry verglich die Schriftzeichen und fand eine Kiste, deren Aufschrift sich von den anderen unterschied. „Da muß was anderes drin sein", meinte er. Er öffnete die Kiste - den Laserstrahler schußbereit in der -77-
rechten Hand - und fuhr erschrocken zurück. „Mann!" staunte er. „Schaut euch das an! Das sind Schwimmroboter!" In der Kiste lagen zwei schimmernde Maschinen. Sie waren in einer gelben Masse gelagert, die fast so ekelhaft aussah wie der grüne Brei. Die Propeller waren abgenommen worden und schwammen in zwei durchsichtigen Schachteln. „Mach zu!" sagte Wudel. „Ich kann die Dinger nicht mehr sehen!" Er wurde blaß im Gesicht und wandte sich ab. Jerry ließ den Deckel zuklappen. „He, da hinten ist eine Treppe!" schnarrte Orloff plötzlich. Er war davongeschwirrt und hatte durch reinen Zufall eine Wendeltreppe entdeckt, die hinter einem Felsvorsprung lag und hinter grünen Nebelschwaden verschwand. Die Freunde folgten ihm und blickten staunend die Stufen hinauf. Sie bestanden aus demselben Material wie die Außenhaut des Raumschiffes und schimmerten genauso grün. Am Geländer wucherten Kletterpflanzen empor. „Willst du etwa da hinauf?" fragte Wudel. Jerry zuckte mit den Schultern und betrat die erste Stufe. „Uns bleibt ja gar nichts anderes übrig", antwortete er. „Die Höhle hört da hinten auf!" „Aber da oben liegt vielleicht der Kommandoraum..." „Ich weiß", meinte Jerry. Er überprüfte zum wiederholten Mal den Laserstrahler und kletterte weiter nach oben. Die anderen folgten ihm zögernd. „Mann, ist das unheimlich hier!" sagte Wudel etwas später. Sie hatten schon mehr als hundert Stufen hinter sich und befanden sich in einem nebligen Schacht, dessen Ende noch nicht abzusehen war. Ihre Schritte hallten durch das Halbdunkel. Orloff schwirrte voraus und kam nach ein paar Sekunden wieder. „Gleich habt ihr's geschafft!" schnarrte er leise. „Was gibt's da oben?" „Eine große Kugel!" „Wie bitte?" -78-
„Sieht aus wie 'n Aufzug!" Die Kugel sah tatsächlich wie ein Aufzug aus, allerdings wie ein altmodisches Ding aus einem Gruselkabinett. Sie hatte einen Durchmesser von ungefähr vier Meter und lag auf einer Lichtung, von der sechs helle Kanäle ausgingen. Die Wände der Kugel bestanden aus dem grünen Material und leuchteten. Mumpinello piepste vor lauter Angst. „Du willst doch nicht da rein?" rief Wudel. Er hatte es längst aufgegeben, seine Angst vor dem Zwerg zu verbergen. Er zitterte am ganzen Körper. „Hast du eine bessere Idee?" Jerry trat durch eine kreisrunde Öffnung in den Aufzug und forderte die anderen auf, ihm zu folgen. „Wir müssen es wagen!" sagte er. Als alle in der grünen Kammer waren, suchte er nach Knöpfen oder Tasten. „Verflixt!" schimpfte er, als er nicht mal etwas Ähnliches entdeckte. „Wie bringt man das Ding in Gang?" „Ich hab's!" schnarrte Orloff. Er hatte die Wände nach Energiequellen abgesucht und vier Tasten in Bodennähe gefunden. Sie waren so in die Wand eingearbeitet worden, daß man sie kaum erkannte, und hatten auch dieselbe Farbe. Jerry duckte sich und erkannte die Tasten. Jetzt sah er auch die Schriftzeichen. „Lesen müßte man können!" murmelte er. Dann berührte er auf gut Glück eine Taste und stand auf. Die runde Öffnung schloß sich. Mit einem Rattern, das in ein altmodisches Fahrzeug aus dem 20. Jahrhundert erinnerte, setzte sich der Aufzug in Bewegung. Da es keine Fenster gab, konnten die Freunde nicht sehen, wohin es ging, aber es war ja auch egal, durch welchen der hellen Kanäle die grüne Kugel brauste. Nach einer ungefähr fünfminütigen Fahrt kam das Ding zum Stehen. Die Tür ging auf, und die Freunde stiegen aus. Helles -79-
Licht blendete sie, und ihre Augen brauchten einige Zeit, um sich daran zu gewöhnen. Als sie endlich wieder klar sehen konnten, wären sie am liebsten im Boden versunken. Sie waren genau in der Mitte des Kommandoraums gelandet. Er war so groß wie eine Turnhalle und kreisrund. An den grün schimmernden Felswänden standen klobige Apparate mit flackernden Lichtern und altmodischen Hebeln. Der Boden war mit brackigem Wasser bedeckt. Über dem Raum schwebte eine gläserne Kuppel, die den Blick ins All freigab. Aber das war noch nicht alles! In dem Wasser standen zwölf unheimliche Fischwesen und hantierten an den Apparaten. Sie waren so in ihre Arbeit vertieft, daß sie die Fremdlinge gar nicht wahrnahmen und unterhielten sich ungestört weiter. Jerry schaltete den Translator ein. „Triebwerke?" „Arbeiten normal." „Energie?" „Ausreichend." „Start?" „In fünf Minuten!" Jerry erstarrte. „Sie wollen starten!" flüsterte er seinen Freunden zu, da er den Translator so leise gestellt hatte, daß nur er die Übersetzung hören konnte. „In fünf Minuten!" „Waas?" erschrak Wudel. In diesem Augenblick blickte sich eines der Fischwesen um. Es entdeckte die Freunde und erstarrte. Mit einem schrillen Ruf alarmierte es die anderen Ungeheuer. Jerry reagierte augenblicklich. Er zielte auf das Fischwesen und jagte ihm eine volle Ladung in den Bauch. Das Ungeheuer taumelte nicht einmal. Er stellte den Strahler auf volle Leistung und versuchte es mit drei, vier Schüssen auf den Kopf. Wieder zeigte das Ungeheuer keinerlei Reaktion. „Verdammt!" fluchte Jerry. Er streckte den Strahler hinter den Gürtel zurück. Mit einem -80-
heiseren Aufschrei sprang er dorthin, wo er die Öffnung des Aufzugs vermutete, aber die Kugel war ein paar Meter zurückgerollt, und er landete in dem brackigen Wasser. Auch die anderen sprangen daneben. Als sie endlich merkten, wo sich der Aufzug befand, war es längst zu spät. Die Fischwesen waren heran und versperrten den einzigen Fluchtweg, den sie hatten. Laura schrie in panischer Angst auf. Jerry wurde kreidebleich. Mumpinello piepste ängstlich. Nur Orloff schaltete schnell genug und brachte sich durch ein gewagtes Flugmanöver in Sicherheit. Mit einem leisen Knacken nahm er alle Energie aus seinem Körper, was zur Folge hatte, daß er unsichtbar wurde, selbst aber sehen konnte. Die Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen, hatte ihm schon so manches Mal aus der Patsche geholfen, und er hoffte, daß es auch diesmal so war. Er durfte seine Freunde nicht im Stich lassen.
Jerry, Laura und Wudel standen wie erstarrt. Mit großen Augen blickten sie auf die glitschigen Ungeheuer, die einen Kreis um sie gebildet hatten und langsam näherkamen. „Sie töten uns!" piepste Mumpinello. „Das wollen wir doch mal sehen!" Wudel fand seinen Mut wieder. Er setzte den Zwergenkönig ab und stürzte sich mit -81-
einem raubtierhaften Brüllen auf die Fischwesen. Er packte eines der überraschten Ungeheuer und versetzte ihm einen solchen Fausthieb, daß es zwanzig Meter durch den Raum segelte und bewußtlos in das brackige Wasser schlidderte. Dasselbe stellte er mit einem zweiten Fischwesen an. „Da waren's nur noch zehn!" triumphierte er. Aber dann hatten sich die Ungeheuer von ihrem Schrecken erholt und gingen ihrerseits zum Angriff über. Wudel bekam eine schallende Ohrfeige, stürzte zu Boden und entging nur durch eine schnelle Bewegung dem heftigen Fußtritt des glitschigen Ungeheuers. Keuchend kam er wieder vom Boden hoch. Er duckte sich unter einer zweiten Ohrfeige weg und rammte dem angreifenden Fischwesen eine Faust in den schmierigen Bauch. „Verdammte Biester!" schrie er. „Euch werde ich das Fürchten beibringen!" Das Ungeheuer taumelte nach hinten und stieß gegen die Aufzugkugel. Mit einem häßlichen Schmatzen stieß es sich ab und stapfte erneut auf das arme Entenwesen zu. Wudel versuchte es mit einer List. Er täuschte einen rechten Haken an, ließ dann die Linke vorschnellen und schickte eine knallharte Rechte hinterher. Das Fischwesen wußte nicht, wie ihm geschah. Es wurde hin und her gerissen und bekam zu guter Letzt noch einen kernigen Aufwärtshaken zu spüren, der es endgültig von den Platschfüßen riß und in einem hohen Bogen ins Wasser beförderte. „Da waren's nur noch neun!" jubelte Wudel. Er blickte sich nach einem neuen Opfer um und sah, daß Jerry und Laura von drei Ungeheuern bedrängt wurden. Beide schrien laut um Hilfe, als die Fischwesen mit ihren glitschigen Händen nach ihnen griffen und ihnen die Luft abschnürten. „Elendes Pack!" schimpfte Wudel. Er versetzte dem Fischwesen, das Laura umklammert hielt, einen heftigen Tritt -82-
gegen das Schienbein und gab ihm mit einem kräftigen Doppelhieb auf den Kopf den Rest. „Da waren's nur noch acht!" Aber sofort war ein neues Fischwesen da, und diesmal hatte Wudel weniger Glück. Er wurde von zwei schallenden Ohrfeigen getroffen und fiel benommen ins Wasser. „Wudel! Hilf mir!" schrie Mumpinello neben ihm. Ein Ungeheuer hatte ihn gepackt und hielt ihn am Hals umklammert. Sein kupferfarbenes Gesicht war schon ganz blaß. Wudel kämpfte sich hoch und versetzte dem Fischwesen einen Fausthieb, doch seine Kraft ließ allmählich nach, und er brachte das Ungeheuer nicht von den Beinen. „Mist!" brummte er wütend. Er versuchte es noch einmal, aber auch diesmal lag zuwenig Kraft in seinem Fausthieb. „Hilfe!" schrien jetzt auch Jerry und Laura wieder. Orloff hörte die Hilferufe seiner Freunde und schaltete sich wieder ein. Er brauste flackernd heran und brachte die Fischwesen durch ein buntes Blitzgewitter aus der Fassung. Die Ungeheuer ließen ihre Opfer los, und es gelang Wudel, ein weiteres Fischwesen ins Land der Träume zu schicken. „Da waren's nur noch sieben!" jubelte er. Orloff versprühte ein paar blaue Blitze und schwirrte wieder davon. „Durchhalten!" munterte er seine Freunde auf. „Ich brauche nur ein paar Minuten!" „Was hat er vor?" staunte Wudel. Orloff verwandelte sich in einen glühenden Pfeil und schoß in einen der altmodischen Computer. Er sauste in Windeseile durch die kilometerlangen Leitungen und suchte nach der Schaltung, welche die Temperatur regelte. Endlich fand er sie. Er stellte auf größte Hitze und fand zu seinem großen Glück eine weitere Schaltung, die den Wasserspiegel im Kommandoraum regelte. Ohne das Wasser -83-
können diese Biester bestimmt nicht existieren, dachte er und ließ es abfließen. Dann brachte er alle anderen Schaltungen so in Unordnung, daß es ein wahres Gewitter von Kurzschlüssen gab. Im Kommandoraum ging das Licht aus. „Das muß reichen", schnarrte Orloff. Er schwirrte wieder ins Freie und schaltete auf volle Energie. In dem hellen Licht, das er verbreitete, sah er seine kühnsten Hoffnungen bestätigt. Das Wasser war abgelaufen, und die Fischwesen wälzten sich stöhnend auf dem Boden. Es war heiß wie in einem Backofen.
„Orloff!" jubelte Wudel. Er hätte das Lichtwesen am liebsten umarmt und hielt sich gerade noch rechtzeitig zurück. „Prima!" pfiff der Zwergenkönig. „Die haben für alle Zeiten genug", schnarrte Orloff. „Ich habe ihren Computer so in Unordnung gebracht, daß ihn niemand mehr reparieren kann!" „Dafür gebührt dir ein Orden!" sagte Jerry. „Und wohin soll er den stecken?" lachte Wudel. Orloff versprühte blaue Blitze und schwirrte in den Aufzug. „He", schnarrte er nach einer Weile, „schaut mal her, was ich -84-
entdeckt habe!" Die Freunde gingen in den Aufzug und blickten auf Orloff, der als blauer Kreisel vor einer der Tasten stand. „Wir können uns den Marsch durch den Sumpf sparen", schnarrte er, „der Aufzug bringt uns direkt zu unserem Gleiter!" „Bist du sicher?" „Nicht ganz!" „Dann laß es uns doch mal ausprobieren", meinte Jerry. Er drückte auf die Taste und blickte gespannt in die Runde. Nach einer unruhigen Fahrt öffnete sich die Tür wieder. „Tatsächlich!" staunte Laura, als sie nach draußen gestiegen waren. „Wenn wir das gewußt hätten, hätten wir uns den langen Marsch und den Kampf mit den Robotern sparen können!" Die Freunde stiegen erleichtert in die Raumgleiter und verließen das unheimliche Raumschiff. In ihren Gesichtern stand immer noch die Anspannung der letzten Stunden. „Mann, bin ich erledigt!" schnaufte Wudel. „Du hast ja auch schwer geschuftet!" lobte Jerry. Plötzlich schossen helle Blitze nach allen Seiten. Die Freunde blickten sich um und beobachteten mit immer größer werdenden Augen, wie das unheimliche Raumschiff explodierte. In einem Meer grüner Blitze zerbrach das Schiff in seine Einzelteile. Farne und Schlingpflanzen zerstoben ins Nichts. „Dein Kurzschluß war wohl allzu feurig!" meinte Jerry grinsend. „Hast du das mit Absicht gemacht?" „Nicht die Bohne!" schnarrte Orloff. Laura deutete auf vier kugelförmige Beiboote, die sich mit rasender Geschwindigkeit aus dem Sonnensystem entfernten. „Sie verschwinden!" jubelte sie. „Die Fischmenschen geben Fersengeld!" „Die kommen nicht mehr wieder?" freute sich Wudel. Mumpinello piepste vor Vergnügen und kletterte Laura auf die Schultern. „He, wißt ihr, was wir jetzt machen? Wir kehren ins -85-
Dorf zurück und feiern ein großes Fest!" „Eine tolle Idee!" rief Wudel. „Gibt es wieder Yocca-Wurzeln und Chattawucca-Früchte zu essen?" „Wenn du willst?" „Und ob ich will!" rief Wudel.
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