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ATLAN 139 – Die Abenteuer der SOL
Nr. 638
Das Arsenal
von Peter Griese Die Verwirklichung von Atlans Ziel, in den Sektor Varnhagher-Ghynnst zu gelangen, um dort den Auftrag der Kosmokraten zu erfüllen, scheint außerhalb der Möglichkeiten des Arkoniden zu liegen. Denn beim entscheidenden Kampf gegen Hidden-X wurde Atlan die Grundlage zur Erfüllung seines Auftrages entzogen: das Wissen um die Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst. Doch Atlan gibt nicht auf! Um sich die verlorenen Koordinaten wieder zu besorgen, folgt der Arkonide zuerst einer Spur, die in die Galaxis Xiinx-Markant führt, wo die SOL in erbitterte Kämpfe verwickelt wird. Schließlich, gegen Ende des Jahres 3807 Terrazeit, muß die SOL den Sturz ins Nichts wagen, und sie gelangt dabei nach Bars-2-Bars, der aus zwei ineinander verschmolzenen Galaxien bestehenden Sterneninsel. Die Verhältnisse dort sind mehr als verwirrend, wie die Solaner bald erkennen müssen. Doch sie tun ihr Bestes, die Verhältnisse zu ordnen, indem sie die Völker der künstlich geschaffenen Doppelgalaxis, die einander erbittert bekämpfen, zum Frieden zu bewegen versuchen. Anti-ES ist natürlich über die jüngsten Aktivitäten der Solaner in Bars-2-Bars informiert. Die in der Namenlosen Zone festgehaltene Superintelligenz beschließt daher Gegenmaßnahmen. Um die SOL zu vernichten, stellt sie eine unbesiegbare Truppe zusammen – DAS ARSENAL ...
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Die Hauptpersonen des Romans:
Die Penetranz - Ein Ableger von Anti-ES.
Sanny und Kik - Sie bilden die Urzelle des Arsenals.
Tyari und Mjailam - Die Geschöpfe der galaktischen Intelligenzen werden umfunktioniert.
Twoxl - Die Sehnsucht nach der SOL leitet den Siebenteiler.
Mata St. Felix - Kommandantin der MTK-9.
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Anti-ES: Was mich von allen anderen Wesen unterscheidet, die diesen Kosmos erfüllen, ist die unabänderbare Tatsache, daß ich weiß, was ich will. Alle anderen lassen sich von momentanen Einfällen leiten, reagieren impulsiv und ohne Verstand oder versuchen, ihre persönlichen Probleme zum Mittelpunkt des Geschehens zu machen. Ich bin anders, denn ich weiß, was ich will. Die Fäden, die ich ziehe, durchschauen nicht einmal die schweigenden Hohen Mächte, die sich hochtrabend »Kosmokraten« nennen lassen, geschweige denn jene Unnahbaren, die in einer ständigen Defensive dahinvegetieren und als »Schlafende Mächte« zu bezeichnen sind. Unbemerkt von allen habe ich meine Geschicke trotz der Verbannung wieder in meine Hände genommen und die Weichen für eine Zukunft gestellt. Ich bin bestens vorbereitet, denn ich habe die Phase der relativen Freiheit gut genutzt. Die Hohen Mächte werde ich nie verstehen. Was mag sie bewogen haben, mich, der ich gegen ihre Gesetze im Kampf mit ES vorsätzlich verstoßen habe, einer so lächerlichen Verbannung zu unterziehen? Die Relativ-Einheiten, zehn sollten es an der Zahl werden, sind so relativ, daß ich teilweise schalten und walten konnte, wie es mir beliebte. War das die Relativität dieser unbestimmten Zeitspannen, deren Anfang und Ende ich nicht bestimmen kann? Es ist gleichgültig, denn der Plan der Hohen Mächte hat sich längst als ein Machwerk der Lächerlichkeit entpuppt, als ein Versuch, den Narren in die Szene gesetzt haben. Der einzige Faktor, der meine schnelle Befreiung verhinderte, war Atlan. Dadurch, daß er ein winziges Stück aus mir entfernte, war ich nicht mehr komplett. Zunächst hatte ich diesem Umstand wenig Bedeutung beigemessen, aber bald war mir klar geworden, daß ich ohne mein vollständiges Ich zu schwach war, mein Vorhaben zu verwirklichen. Auf unbegreifliche Weise war es ihm sogar gelungen, in das richtige Universum zu entkommen und dort an Größe und Macht zu gewinnen. Heute weiß ich, daß dieser Umweg hätte vermieden werden können. Das Problem ist aber von geringer Natur, denn Born oder Nar’Bon oder Wöbbeking – oder wie immer sich dieses Fragment nennt – wird bald wieder in mir sein. Es ist alles vorbereitet. Die wenigen Schritte, die ich noch zu veranlassen habe, sind bald getan. Bars-2-Bars, diese wundervolle Kombination aus kosmischen Kräften, strahlt etwas aus, dem sich auch der Flüchtling nicht entziehen kann. Ich habe dort einen sensiblen Stoff ausgebreitet, der ihn anlocken und aus seiner Verborgenheit hervorholen wird. Das ist unabänderlich, und er weiß das. Er wird in dem Strudel landen und sich mir zeigen müssen. Dann schlage ich zu, und der erste große Schritt in die neue Zukunft ist getan. Zuerst gilt es aber noch, die vorbereitende Phase zu bewältigen und alle Störfaktoren auszuschalten. Der Zeitpunkt der Wiedervereinigung bestimmt sich nicht von selbst. Ich muß einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, denn die Momente, in denen ich Teilfreiheiten genieße, kann ich nicht beliebig wählen. Die Hohen Mächte sind zwar immer großzügiger mit mir geworden, was eigentlich unverständlich ist, aber eine völlige Freiheit haben sie mir noch nie eingeräumt. Es zeichnet sich allerdings ein Augenblick ab, da dies geschehen könnte. Auf diesen Moment arbeite ich hin. Und über das widersinnige Verhalten der Hohen Mächte mache ich mir keine Gedanken. Sollen sie zusehen, wie Anti-ES der Namenlosen Zone entflieht und stärker denn je seine Bestimmung dort sucht, wo es einmal entstanden ist, in der Nähe der Menschheit. Diese braucht eine harte Hand, die zu neuen Taten führt. Sie braucht mich, meinen Willen, meine Befehle!
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Ich konzentriere mich auf die Störfaktoren. An erster Stelle ist das seltsame Wesen Atlan zu nennen. Dem Arkoniden ist es immer wieder gelungen, sich meinem Zugriff zu entziehen. Ich gestehe mir auch ein, daß er mir Niederlagen zugefügt hat. Wirklich schaden konnte er mir jedoch nie. Er war stets froh, mit heiler Haut davongekommen zu sein. Mein ursprünglicher Plan, mit Hilfe Atlans die Hohen Mächte zu zwingen, mich aus der Namenlosen Zone zu entlassen, scheiterte. Ich nehme heute an, daß die fehlende Reaktion aus dem Jenseits einen ganz einfachen Grund hatte. Atlan war zu bedeutungslos für das gesamte Geschehen. Es interessierte die sogenannten Kosmokraten jenseits der Materiequellen nicht, was mit ihm geschah. Ich hätte ihn töten können. Die Hoffnung, daß die Hohen Mächte doch noch einlenken, hatte mich davon abgehalten. Der Arkonide hatte danach seine Schläue bewiesen, denn es war ihm gelungen, meine durch die Verbannung hervorgerufenen Schwäche- und Ruheperioden zu nutzen und sich immer weiter von mir zu entfernen. Selbst die verhängte Erinnerungslöschung hatte er überwinden können. Mir hatte das bewiesen, daß er auch jetzt noch so umsichtig, mutig und konsequent handeln konnte wie damals, als ich Perry Rhodans Gehirn nach Naupaum hatte entführen lassen und er der Menschheit erfolgreich vorgaukelte, Rhodan sei noch in der Milchstraße. Unterschätzt hatte ich Atlan nicht, aber dennoch hatte er mich überrascht. Dadurch wurde er aber noch wertvoller für mich, denn dies war der Beweis, daß ich kaum einen besseren Vasallen finden konnte als ihn. Ich änderte meine Pläne und versuchte, ihn in meinen neuen Anti-Homunk zu integrieren, aber es gelang ihm wieder, sich diesem Zugriff zu entziehen. So blieb das auch in der Folgezeit, bis er auf unbegreifliche Weise aus der Namenlosen Zone verschwand. Nun ist er wieder da! In Xiinx-Markant hat er Anti-Homunk besiegen können. Und prompt hatte ihn sein weiterer Weg in die Doppelgalaxis der Nabel zur Namenlosen Zone geführt. Das war eine Entwicklung gewesen, die ich zunächst begrüßt hatte, denn es war klar, daß Wöbbeking-Nar’Bon nun erst recht hier erscheinen würde. Sehr bald hatte ich jedoch merken müssen, daß Atlan auch in Bars-2-Bars begann, meine Pläne zu stören. Er stürzte sich schon nach den ersten bruchstückhaften Erkenntnissen über diese wichtige Sternenkonstellation auf das Kernproblem, nämlich die Verzahnung von Bars und Farynt. Irgendwie muß er davon erfahren haben, daß er mir damit einen schweren Schaden zufügen konnte. Die beginnende Versöhnung zwischen den Völkern von Bars und Farynt, die Wiederbelebung der Evolution und der Entwicklung, sind mir ein Dorn im Auge. Die Zeit beginnt gegen mich zu arbeiten, wenn ich nicht schnell handle. Atlan als persönlichen Helfer zu besitzen, diesen verlockenden Gedanken habe ich noch nicht aufgegeben. Die einzelnen Schritte zu diesem Ziel liegen fest. Das Ziel selbst ist identisch mit der Beseitigung des wichtigsten Störfaktors, egal wie ich mich im Endeffekt entscheiden muß. Als Knecht wäre mir Atlan jedenfalls lieber, denn als kosmischer Staub nützt er mir nichts. Ich werde zunächst die Helfer von seiner Seite entfernen, die ihm bei seinem Werk zur Seite standen. Gleichzeitig werde ich ihm vor Augen führen, daß diese nun meine Diener sind. Er wird seine Waffen gegen sich selbst gerichtet sehen und so in die Falle rennen, die auch ihn zu meinem Vasallen macht. Auf die Gyranter ist zwar großen Verlaß, aber ihnen fehlt die Intuition, die sie zu wirklichen Kämpfern
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machen würde. Daher werde ich die Führungsspitze meiner neuen Truppe aus dem Kreis der Wesen um Atlan rekrutieren. Er wird einen Schock erleben! Das Arsenal! So werde ich diese Kerntruppe nennen, die die Vorbereitungen für die Wiederaufnahme des verlorenen Teils trifft und das kosmische Feld in Bars-2-Bars ebnet. Das Arsenal wird unbesiegbar sein, den ich werde dafür das opfern, was ich mit viel Mühe der Lichtquelle abgegaunert habe, meine Jenseitsmaterie. Doch damit ist es noch nicht genug. Das Arsenal allein würde isoliert von mir kämpfen, und dieses Risiko werde ich nicht eingehen. Ich brauche eine durchdringende und ständige Präsenz meines Willens im unmittelbaren Kreis des Arsenals. Ein Teil meines Ichs muß in irgendeiner Form dort gegenwärtig sein, damit der Plan in keiner Phase gefährdet wird. Ich werde etwas erschaffen, das diese Lücke füllt, die Penetranz. Nach dem Vorbild, das Atlan mir bei der Entstehung des untergegangenen Bastards Chybrain geliefert hat, werde ich die Penetranz erzeugen. Sie soll nur meine Interessen vertreten, weiter nichts. Als Führer des Arsenals werde ich nach einem Wesen aus dem Kreis der Rekrutierten suchen lassen, der dieses Amt verdient hat. Da ich schnell reagieren muß und das ausgewählte Raumschiff des Arsenals noch nicht zur Verfügung steht, werde ich auch eine ARSENALJYK I besorgen, die aus dem Kreis meiner Gegner kommt. Später kann die ARSENALJYK II sie ersetzen, sofern das überhaupt noch notwendig sein sollte. Das Arsenal wird Atlan in sich aufnehmen und zu meinem Knecht machen. Das Arsenal und die ARSENALJYK werden den zweiten Störfaktor vernichten, das Volk der Solaner und ihren brüchigen alten Kahn, die SOL. Dann werden sich die Völker von Bars-2-Bars wieder besinnen und den alten Zustand des ewigen Konflikts herstellen, der allein die Ruhe der Nabel garantiert. EGEN wird wieder aktiv werden und den Beneterlogen sagen, was sie zu tun haben. Dann ist auch der dritte Störfaktor eliminiert, und ich kann warten, bis der kosmische Strudel von Bars-2-Bars Wöbbeking-Nar’Bon, diesen Narren, dazu zwingt, sein wahres Gesicht zu zeigen und seine Verstecke aufzugeben. Er wird in mich hineinfallen und sein eigenes Ich für immer vergessen. Dann bin ich so stark, daß ich den Hohen Mächten trotzen kann. Die Namenlose Zone wird zu meinem Schutz da sein, aus dem heraus ich mich voll entfalten werde – über die Nabel von Bars-2-Bars. Ich überprüfe alle Einzelheiten meines Planes und stelle fest, daß es ein guter und sicherer Plan ist. Die Erfolgsgarantie ist vorhanden. Ich strecke einen Fühler aus und taste die Urzelle des Arsenals ab. Sie besteht aus zwei relativ kleinen Wesen, aber was besagt die Größe einer Schöpfung schon. Und es sind zwei alte Bekannte aus dem früheren Geschehen, Sanny und Kik. * Turkmenion: Wir waren die perfekteste Harmonie, die wohl in der Geschichte unseres Volkes je entstanden war,
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Myliny und ich. Er hörte gern meine lieben Komplimente, aber meine Ansicht über unsere innere Bindung teilte er nicht. Das erschien ihm immer etwas zu überzogen, denn er wußte, daß es in der Vergangenheit unzählige Paare gegeben hatte, die eine bestimmt nicht weniger harmonische Bindung eingegangen waren, und daß es sie auch jetzt gab und in alle Ewigkeit. Wir streiften entlang der unsichtbaren Fäden des immerwährenden Lebens und hielten nach einem Platz Ausschau, an dem wir eine Weile verharren konnten. »Turkmenion!« Seine Fühler berührten mich sanft zur Unterstreichung seiner Gedanken. »Was ist, wenn wir keinen Ort finden, der unseren Vorstellungen entspricht? Wirst du mich dann wieder verlassen?« Ich lachte glucksend. »Unsere Harmonie kann durch nichts zerstört werden, Myliny. Wir haben uns getroffen und gefunden – für immer.« »Ich bewundere dich, Liebes. Woher nimmst du diese Sicherheit?« »Ist das alles, was du an mir magst?« Ich spielte die Enttäuschte. »Bei den Gedanken der Ahnen!« Mylinys Worte klangen eine Spur zu hart. Ich spürte, daß er mich nicht ernst nahm. »Du bist das schönste Geschöpf, daß der Allgeist je erzeugt hat.« »Und ich dachte«, neckte ich ihn weiter, »daß meine Eltern mich gemacht haben.« »So etwas Herrliches, wie du es bist, Turkmenion, kann nur der Allgeist selbst gewollt haben.« Wieder strichen seine Fühler über meinen Körper. »Ich liebe alles an dir! Deine strahlende Augenreihe, deine zarten Fühler, deinen geknoteten Leib und das sanfte Leuchten der Düsen.« »Dann«, gab ich gedanklich zurück, »bin ich zufrieden. Nun kann ich dir auch sagen, woher ich die Sicherheit nehme. An der Seite eines Partners, wie du ihn darstellst, und unter den Gefühlen, die ich von dir empfange, wächst die innere Sicherheit. Das ist ganz natürlich für ein Paar, das in der perfekten Harmonie lebt.« Er schwieg, aber ich spürte seine Zustimmung. Ruhig glitten wir weiter durch das schier endlose Vakuum. Die fernen Sterne schickten ihren matten Glanz zu uns und spiegelten sich bisweilen auf Mylinys Rücken. Ich vernahm die unsichtbaren Fäden des immerwährenden Lebens von Augenblick zu Augenblick immer deutlicher. Das war ein sicheres Zeichen, daß wir uns unserem selbstgewählten Ziel näherten. Die Kraft in uns wuchs durch uns selbst, aber auch durch die Energien des Kosmos, an deren Linien wir emporglitten.
»Spürst du es?« wollte Myliny unvermittelt wissen. »Was?« Ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt, als daß sich meine Sinne vollständig nach außen hätten öffnen können. »Es wird stärker«, entgegnete er nur. Unwillig unterbrach ich meine Meditationen. Dann klappte ich die vorderen Panzerplatten nach oben und machte die Sensorschicht transparent. Nun
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drangen alle Strömungen in voller Stärke auf mich ein. Die goldenen Fäden des immerwährenden Lebens verblaßten zunächst etwas unter den vielfältigen Eindrücken. Milliarden von Einzelgedanken mußten voneinander getrennt werden, um das zu entdecken, was Myliny gemeint hatte. Selbst seine Ausstrahlung schwächte sich unter der Flut von mentalen Worten ab. Dann entdeckte ich den Gedankenlosen. Er strahlte stärker als jeder andere Impuls – obwohl er nichts dachte. »Etwas Unnahbares, Turkmenion«, sagte mein Partner. Seine Gedanken klangen unsicher. »Es ist stark, aber es ist doch nicht da. Ich kann es nicht lokalisieren.« »Müssen wir uns um diese Erscheinung kümmern?« Ich legte meine ganze Gelassenheit und Überzeugungskraft in diese Worte. »Wir haben uns ein klares Ziel gesetzt. Der Gedankenlose hat damit nichts zu tun.« »Der Gedankenlose?« Ich spürte seine Beklemmung. »Sicher eine treffende Bezeichnung, Liebes. Mich beunruhigt diese Erscheinung, denn nach meinem Wissen gibt es nichts, was inhaltslos denkt.« »Vergiß deine Forscherambitionen, bis wir unsere Nachkommen in das Vakuum geschickt haben.« Zur Besänftigung seiner in Unordnung geratenen Gefühle legte ich meine ganze Überzeugungskraft in diese Gedanken und verpackte sie mit einem innigen Hauch meiner Liebe zu ihm. »Danach habe ich nichts dagegen, wenn du dich um diesen kranken Geist kümmerst und ihm den Pfad zu den Wonnen des Daseins weist.« »Kranker Geist?« Mylinys inneres Zittern war stärker geworden, ganz entgegen meinen Hoffnungen und Wünschen. »Vielleicht hast du recht. Es stört mich, mit dir Nachkommen zu zeugen, wenn ein kranker Geist in der Nähe ist. Er strahlt so stark. Er muß unweit von uns sein.« »Vor uns? Oder hinter uns?« fragte ich zurück. »Ich weiß es nicht, Turkmenion. Ich weiß es nicht. Andernfalls hätte ich dich längst gebeten, die Richtung zu ändern.« »Wir können die Richtung auch ohne Grund ändern. Eine ist so gut wie die andere. Irgendwann werden wir den Fleck finden, der unseren Bedürfnissen entspricht. Auf eine Ruhepause mehr oder weniger kommt es doch nicht an.« »Ich kann meine Ungeduld nicht so leicht zügeln«, gab er überraschend offen zu, und das entsprach nicht den Gepflogenheiten unseres Volkes. »Nun kommt diese Unsicherheit hinzu.« »Ich mache dir einen Vorschlag, Liebster.« Beruhigend hüllten meine Fühler seine kräftigen Panzerplatten ein. »Wir kehren zurück nach der Heimstatt der Gedanken der Ahnen. Dort war der leere Geist nie zu spüren. Dann beginnen wir erneut und suchen in der entgegengesetzten Richtung nach einer Heimat für
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unsere Ungeborenen.« »Du sprichst wie Urz, der Versager«, warf er mir so ungehalten vor, daß ein innerer Schauer meine Gedanken lähmte. »Du willst aufgeben!« Seine Anschuldigung war absolut lächerlich. Er empfand eine unbegründete Furcht, nicht ich! Ärger nahm von mir Besitz, und ich brauchte einige labende Züge, in denen ich neuen kosmischen Staub in meine Kiemen füllte, um mich zu beruhigen. Dann erkannte ich, daß es sich bei Myliny eher um Ungeduld handelte. »Es war ein Vorschlag, mehr nicht«, strahlte ich an ihn ab und unterdrückte meine Verwunderung und den Ärger. »Wenn du es willst, können wir unsere Nachkommen jetzt und hier zeugen.« Er schwieg verblüfft. Seine Fühler zuckten nervös ins Leere. Dann sagte er leise: »Das wäre wohl der am wenigsten geeignete Ort, Turkmenion. Die Überlebenschancen wären zu gering. Wir würden verantwortungslos handeln. Und außerdem befinden wir uns hier im Einflußbereich des Gedankenlosen.« Ideal, erklärte eine fremde Stimme. »Wer oder was war das?« Nun griff auch das Unbehagen nach mir. »Es klang wie die Gedanken der Ahnen.« »Es war der Gedankenlose«, behauptete Myliny. Er drängte sich noch näher an mich heran, als könne ich ihm Schutz bieten. »Vielleicht«, räumte ich ein. »Ich habe den Augenblick verpaßt. Meine Sensoren waren nicht voll aktiviert. Was hat dieses Wort zu bedeuten?« »Ich weiß es nicht.« Mylinys Gedanken waren jetzt ruhiger und sachlicher. »Vielleicht hat er uns gemeint. Vielleicht etwas ganz anderes.« »Ich hoffe, wir brauchen das nie zu ergründen, Liebster. Kehren wir nun um? Oder ändern wir die Richtung? Die Aufladung meiner Düsenkammern verlangt, daß ich mich bewege.« »Ich habe ihn bei diesem einen Wort orten können, Turkmenion.« Er streckte einen Fühler weit von sich in eine Richtung, die fast genau unserer Flugbahn entsprach. Ich untersuchte diesen Abschnitt, aber ich entdeckte auf die überschaubare Distanz keinen Stern. »Dort irgendwo ist der Gedankenlose.« »Komm!« Meine Fühler packten nach ihm, und ich beschleunigte wieder. Gleichzeitig schwenkte ich seitlich ab. Er schwieg und schloß sich dem Flug durch den dünnen Staub an. »Schließe deine Sensoren, Myliny«, bat ich ihn. »Ich wache.« Ich sah, daß er meiner Bitte sofort nachkam. So entging ihm das leise Lachen, das ich wenig später vernahm. Es kam direkt aus der Richtung, in die wir jetzt steuerten. Vielleicht eine Überreizung meiner Sinne, sagte ich zu mir und achtete darauf, daß kein Gedanke meinen Körper verließ. Als ich vernahm, daß Myliny mit der neuen Entwicklung zufrieden war und auch seine Ungeduld sich in Grenzen hielt, öffnete ich mich wieder für ihn und ließ ihn meine Liebe spüren und die Überzeugung, daß wir die
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perfekteste Harmonie des Universums darstellten. Er antwortete mit fast gleichen Gefühlen und mit Dankbarkeit. Dabei war er so mit sich beschäftigt, daß er den kleinen Himmelskörper erst bemerkte, als ich ihn längst geortet und untersucht hatte. Es handelte sich um einen unförmigen und löchrigen Planetoiden. Komisch daran war, daß er aus unserem Blickfeld eine große Ähnlichkeit mit dem Körper des Versagers Urz besaß. Damit stand auch schon fest, daß er kaum zu wenig mehr als einer kurzen Rast auf unserer Reise durch das Vakuum des kosmischen Staubes geeignet war. Ich lauschte auf die Strömungen des Gedankenlosen, aber diese waren verschwunden. »Wollen wir landen und rasten?« fragte ich Myliny. Gleichzeitig drosselte ich den Ausstoß meiner Düsen und setzte die Aktivität der Kammern herab. Er brauchte eine Weile, um die Veränderungen zu erfassen und auf meine Fragen zu antworten. »Gern«, erwiderte er schließlich. »Der schäbige Brocken ist zwar nicht besonders einladend, aber eine Pause kann uns nicht schaden. Außerdem haben wir so die Möglichkeit, größere Mengen Stoff aufzunehmen, um den Weiterflug schneller fortzusetzen.« »Du und deine Ungeduld, Liebster!« Ich lachte wieder einmal glucksend und freute mich, daß er die Verwirrung von vorhin überwunden hatte. »Du wirst das Ziel deiner Wünsche noch früh genug erreichen.« Glaubst du! sagte die Stimme des Gedankenlosen, und im gleichen Augenblick schlug er zu. Ich erkannte in der Zeitspanne weniger Gedanken, daß wir getäuscht worden waren. Wir hatten genau die Richtung gewählt, die der kranke Geist gewollt hatte! Unfaßbare Barrieren türmten sich um uns herum auf. Ich verlor jeden Kontakt zu Myliny. Meine Sinne versagten, oder sie erlagen dem Ansturm des Unbekannten. Etwas zerrte uns auf den Planetoiden zu. Ich sah mit weit geöffneter Frontplatte Myliny neben mir, wie er sich überschlug und zusammenkrümmte. Seine Fühler verknoteten sich wie die Gedanken der Ahnen, wenn sie an den Punkt der Erschöpfung gekommen waren. Ich sah ihm an, daß er schrie, aber ich hörte ihn nicht. Die Barrieren nahmen Farben an, die mich an das Leuchten des Morgentaus der Heimstatt erinnerten oder an die Freudenstrahlen meiner Eltern beim Abschied mit Myliny. Daß die Kluft zwischen meinem Geliebten und mir ständig wuchs und etwas anderes, etwas Fremdes, nach mir griff und mit gierigen geistigen Fingern an mir leckte, spürte ich wohl, aber ich besaß nicht den Willen und die Kraft, mich dagegen zu wehren. Der Planetoid glühte auf. Das Lachen erklang wieder. Es klang fremd, aber zufrieden, und es durchdrang meine Panzerplatten, als wären diese aus jenem Stroh, mit dem die Gedanken der Ahnen so oft versucht hatten, Löcher in unsere Seelen zu brennen. Die Materie des Planetoiden hüllte mich ein. Ich fühlte eine unbeschreibliche Enge und die Nähe des Gedankenlosen. »Du hast uns getäuscht!« stieß ich hervor. Nicht getäuscht, vernahm ich. Gewollt! Ich versuchte, mich zu drehen, um meine nähere Umgebung zu erfassen. Irgendwo mußte der Gedankenlose sein, aber ich
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erfaßte nichts. Dann sah ich Myliny. Er hing in einem Ding, das ich aus den Sagen kannte, die meine Eltern mir so oft erzählt hatten. Was ich bisher für die Ausgeburt der Phantasie gehalten hatte, war hier Wirklichkeit. Myliny war in einem schimmernden Käfig gefangen, der aus reiner Energie bestand. Seine Augenreihen richteten sich auf mich, und seine Blicke verrieten Panik. Die Barriere zwischen ihm und mir war perfekt. Kein Hauch eines Gedankens erreichte mich noch, und ich zweifelte nicht daran, daß es umgekehrt genauso war. Niedergeschlagenheit befiel mich. Ich fühlte plötzlich, wie der Gedankenlose sich mir zuwandte, und ich erkannte, was er wollte. Seine Seele brannte in mir, als wollte er die Gedanken der Ahnen in glühende Kohlen verwandeln. Mein Geist begann zu schlafen, aus einer natürlichen Schutzreaktion heraus. Ich mußte mich beugen, aber mein Ich erreichte der Gedankenlose auch jetzt nicht. Es wäre alles weniger schlimm gewesen, wenn Myliny seine Frontplatte heruntergeklappt hätte und damit auf das grausame Schauspiel hätte verzichten können, das ich ihm nun bieten mußte. »Ich liebe dich, Myliny!« schrie ich ihm zu, und dieser Gedanke durchbrach auch die energetischen Barrieren, die zwischen ihm und mir von dem Gedankenlosen aufgebaut worden waren. Ein Leuchten des tiefen Verständnisses zuckte über seine Augenbänder. Mehr konnte ich in diesem Moment nicht erreichen. Ich tat etwas, was in meinem Volk seit Äonen nicht mehr geschehen war. Noch während der Gedankenlose sein schändliches Werk begann, tötete ich mich. Der letzte Gedankenhauch war die Erkenntnis, daß etwas Schändliches entstehen würde. Dazu paarte sich der eiserne Wille, daß jemand kommen würde, um mich zu weniger zu verwandeln, als es der kosmische Staub darstellte, der Myliny und mich an diesen Ort getragen hatte. * Die Penetranz: Ich erwachte mit einem unvollständigen Willen. Das Gefühl, nicht komplett zu sein, beunruhigte mich nicht, denn aus dem anderen Teil meines Ichs, aus dem, der reales Wissen darstellte, wußte ich, daß ich bald die Lücke würde schließen können. Was mein Wille mir sagte, verlangte ein sofortiges Handeln, noch bevor ich mir über meine Existenz Gedanken machen konnte. Ich mußte den, der mich erzeugt hatte, vernichten. Nein, korrigierte ich sogleich, nur einen der zwei, denen ich meine Existenz zu verdanken hatte. Brav! ertönte eine wohltuende Stimme. Sie gehörte ihm, den ich weder töten wollte noch konnte. Und das andere Wesen lebte schon nicht mehr. Also entfiel diese Aufgabe. Gut erkannt! wurde ich gelobt. Nun hast du Zeit für dich, Penetranz.
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Ich tastete mich und meine Umgebung ab. Da war eine Ansammlung von toter Materie, ein löchriger Brocken ohne Sinn und Bedeutung. In ihm und um ihn schwebte es, dem ich mein Dasein zu verdanken hatte. An ihn band sich alles in mir. Nenne mich Anti-ES! befahl es mir. »Mit Freuden«, entgegnete ich unterwürfig. Dann entdeckte ich das Wesen und sondierte seine Gedanken. Es hieß Myliny, so wie ich die Penetranz war. Sofort begann ich gemäß dem Sinn meiner Zeugung, mir seinen Willen zu unterjochen. Es gab keinen nennenswerten Widerstand. Brav, sagte Anti-ES zufrieden, und diese Impulse belebten mich. Diesem Schöpfer wollte ich dienen, mußte ich gehorchen und dienen, denn es erfüllte mich mit einem tiefen Glücksgefühl. Ich sehe deine Fähigkeiten. Du bist gelungen, meine Penetranz. Aber laß von diesem Nichts ab, denn er ist ohne jede Bedeutung für dich. Ich brauche ihn noch. Auf dich warten andere Aufgaben, meine Penetranz. Es war mir ein inneres Bedürfnis, den Anweisungen von Anti-ES zu folgen. »Ich warte auf deine Befehle«, teilte ich ihm mit, als Myliny wieder frei war. Zähme deine Ungeduld, Penetranz. Große Aufgaben warten auf dich. Du darfst aber nichts überstürzen. Ich habe dich nicht um deinetwillen erzeugt. »Ich weiß, aber mein Wille ist unvollständig.« Ich werde dein Wissen und deinen Willen auffüllen. Warte ab! Das Verständnis war großartig. Ich lebte auf. Beseitige die Reste Turkmenions! befahl Anti-ES, und ich tat es. Lerne dich kennen! Betrachte dich! Erkenne deine Befähigung! Sei treu! »Ich bin treu, Anti-ES. Ich kann gar nicht anders sein.« Betrachte dich! verlangte mein Herr und Schöpfer erneut. Ich folgte der Anordnung. Da ich alle wichtigen Grundbegriffe bei meiner Geburt mitbekommen hatte, fiel mir das nicht schwer. Meine äußere Form war die eines Eies. Gut erkannt, lobte mich Anti-ES. Ich habe dieses äußere Bild gewählt, weil unsere Feinde es auch verwendet haben. Es gab einmal ein Wesen, das wurde Chybrain genannt. Ein lächerlicher kleiner Teil von mir hat es zusammen mit einem abscheulichen Fremdkörper erzeugt. Es konnte nicht viel mehr dabei entstehen als ein schäbiger Bastard. Seine äußere Form entsprach jedoch einem kosmischen Ideal, dem Ei. Das ist der eine Grund, weswegen ich dir diese Form gegeben habe. Der andere Grund ist, daß zwar alles dafür spricht, daß dieser Chybrain nicht mehr
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existiert. Wenn er aber dennoch am Leben sein sollte, so habe ich in dir ein persönliches Produkt, das ihm überlegen sein sollte. Du bist etwa fünfmal so groß wie er. Und dein Schöpfer ist fünfmal so mächtig wie der Urheber dieses unerlaubten Produkts! Ich nahm diese Informationen begierig in mich auf, aber ich wußte, daß sie mit meiner eigentlichen Berufung nur am Rand etwas zu tun haben konnten. Dafür waren noch zu viele Wissensspeicher in mir vollkommen leer. Anti-ES würde sie füllen, und so konzentrierte ich mich auf seine Anweisungen, mich zu betrachten. Ich war schön! Mein Gefühl für ein Oben und Unten verriet mir, daß ich oben etwas spitzer war als unten. Das war zunächst die ganze Erkenntnis. Dann lernte ich aber schnell, daß ich meine Sinne nicht nur nach außen, sondern auch auf mich selbst anwenden konnte. So erfuhr ich mehr über mich. Meine Außenfläche war von einer wundervollen Ebenheit und Glätte. Vor allem fehlten die häßlichen Extremitäten, die Turkmenion besessen hatte und die Myliny jetzt in Krämpfen schüttelte. Ganz besonders reizvoll empfand ich die kurzen, flaumartigen Haare, die mich überall überzogen. In harmonischen Wellen glitten Lichtbewegungen darüber hinweg und formten Muster voller Harmonie, die dunkelblaue bis violette Töne enthielten. Die Haare leuchteten ebenso wie die ganze Außenfläche aus sich selbst heraus. Es war eine wahrhaft ergötzliche Feststellung! Ich war schön! Künstliches Licht brauchte ich nicht. Ich war Licht, Stärke, Willen. Und ich stand treu zu meinem Schöpfer Anti-ES. Die tote Materie, die mich umgab, übte einen sanften Sog auf mich aus. Gravitation – das Wort gab mir der Wissensspeicher zur Kenntnis, der bei meiner Geburt bereits gefüllt gewesen war. Ich stemmte mich gegen diesen Sog und erkannte, daß ich auch ein Vielfaches davon mit spielerischer Leichtigkeit überwinden konnte. Ich war nicht nur schön. Ich war stark! Deine wahre Stärke liegt in deiner Treue und in deinen mentalen Kräften, belehrte mich Anti-ES. Es hatte recht. Ich spürte die Gedanken des verwirrten Myliny und auch die von Anti-ES. Bei dem Erschaffer war es allerdings so, daß ich nur das auffassen konnte, was er wollte. Ich betrachtete noch einmal die Haare meines Leibes. Jedes davon war eine winzige Mentalantenne meines Willens. Jedes einzelne Haar reichte aus, um ein Wesen, wie es Myliny war, zu unterjochen und zu steuern. Ich war stark! Mein mitgebrachtes Wissen verriet mir, daß eine solche Fähigkeit ungewöhnlich war. Ich würde hunderttausend und mehr Wesen gleichzeitig lenken können! Spürst du deinen Willen? fragte Anti-ES. Ich antwortete mit einem zustimmenden Gedanken.
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Die Wesen, gegen die du zu bestehen haben wirst, erklärte es mir, würden oder werden dich als biologischen Roboter bezeichnen. Du bist mein verlängerter Arm. Du wirst nur in meinem Sinn und damit als ich selbst sprechen. Du hast nur meinen Willen, auch wenn dir dieser bisweilen als dein eigener Wille erscheinen wird. Die Harmonie zwischen dir und mir ist perfekt. Sie ist stärker als alles, was es je gegeben hat oder geben wird. »Ich habe dich verstanden, und es klang vernünftig, was du sagtest. Fülle mein Wissen auf! Sage mir, was ich zu tun habe!« Erst mußt du dich noch besser selbst kennenlernen. Du wirst schon sehr bald diesen Existenzraum verlassen, den man die Namenlose Zone nennt. Dann wirst du auf starke Feinde stoßen. Gegen sie kannst du nur bestehen, wenn du alles über dich weißt. »Was verlangst du, Anti-ES?« Begib dich auf die andere Seite des Planetoiden, über dem du jetzt schwebst! Ich setzte mich in Bewegung und umrundete das tote Gestein. Falsch, Penetranz! Mein Schöpfer war ungehalten. Du sollst dich auf dem direkten Weg an das Ziel bewegen. Plötzlich befand ich mich wieder an dem Entstehungsort, wie ich an Myliny erkannte, der noch immer in einem Sperrfeld gefangen war und sich unter Krämpfen wand. Los jetzt! verlangte Anti-ES. Wieder startete ich, aber diesmal hielt ich genau auf den löchrigen Materiebrocken zu. Als ich die undurchsichtige Substanz berührte, war mir, als sei diese gar nicht mehr vorhanden. Ich drang problemlos in sie ein, und auch jetzt ließ mein Wahrnehmungsvermögen nicht nach. Ich wurde schneller und erreichte bald das angegebene Ziel. Gut! lobte mich Anti-ES. Du siehst, daß Materie für dich kein Hindernis im eigentlichen Sinn darstellt. Nun fasse nach Myliny und beförderte ihn hierher! »Wie soll ich das machen?« Mich beschlichen Zweifel. Tu es! Du kannst es! Der unnachgiebige Zwang seiner mentalen Worte ließ mich schnell handeln. Über die geringe Entfernung zu dem Fremdwesen strahlte ich meinen Willen ab. Sofort verfiel Myliny in Starre. Dann befahl ich ihm, zu mir zu kommen. Irgendwie funktionierte das nicht. Myliny beschleunigte zwar seinen Leib, aber er kam nicht von der Stelle. Ich prüfte die Randbedingungen und kam zu der Feststellung, daß das Energiefeld, das ihn fesselte, ihn behinderte. »Es geht nicht, Anti-ES«, beschwerte ich mich. »Du hältst ihn ja so fest, daß er sich kaum bewegen kann.«
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Du verwendest die falschen Kräfte, Penetranz! Ich durchforschte mein Inneres und entdeckte ein neues Aktivitätszentrum. Es besagte, daß ich Myliny bewegen konnte – ohne ihm etwas aufzuzwingen. Als ich das Verfahren verstanden hatte, genügte ein kurzer gedanklicher Befehl, und der Fremde schwebte neben mir. Ausgezeichnet. Merke dir, jedes Wesen, das du an dich gebunden hast, kannst du unter normalen Bedingungen an Orte befördern, die du kennst oder siehst. Aber hüte dich vor Energiefeldern, die stärker sind als das, in das ich Myliny gesperrt hatte. Sie können deine Kräfte schwächen oder zum Erliegen bringen. Ich versprach, immer wachsam zu sein, und schickte Myliny in sein Gefängnis zurück. So wie du Materie durchqueren kannst, erklärte mir Anti-ES weiter, so kannst du dich auch von ihr durchqueren lassen. Aber auch dabei mußt du stets aufmerksam sein, damit dir kein Fehler unterläuft, der deine Existenz vorzeitig beenden könnte. »Ich verstehe dich nicht.« Es könnte geschehen, daß man auf dich schießt, sei es mit Materiebrocken oder mit Energieimpulsen. Wenn du wachsam bist, kannst du sie durch dich hindurch passieren lassen, ohne daß sie dir etwas anhaben. Danach schwieg Anti-ES. Ich lernte es schnell, meine Fähigkeiten zu kontrollieren und zu steuern, auch wenn mir hier die geeigneten Objekte fehlten. Du funktionierst zufriedenstellend, verkündigte mein unsichtbarer Schöpfer schließlich. Es ist Zeit, daß du deine Aufgabe übernimmst. Folge mir zu einem aktivierten Nabel, durch den du nach Bars-2-Bars gelangen wirst. Dort sollst du für mich das Arsenal aufbauen. Unterwegs erhältst du die noch fehlenden Informationen. Willig folgte ich der Anweisung. Sie erfüllte mich mit Zufriedenheit und gab mir das Gefühl, alles zu bewältigen, was Anti-ES von mir verlangen würde. * Der Arsenalplanet: Unsere Erinnerung reicht weit zurück. Die Anzahl der Monde, die seit dem ersten Empfinden verstrichen sind, können wir nicht nennen. Aber wir wissen, daß auf unserer Welt immer Frieden und Eintracht herrschten. Damit meinen wir natürlich nicht den täglichen Existenzkampf, der unerbittlich von allen Pflanzen und Tieren ausgetragen wird. Wir betrachten diese Auseinandersetzung als natürlich und notwendig, denn durch sie wird ja unsere Existenz erst begründet. Nur einmal gab es eine Störung, aber das liegt auch schon viele Monde zurück. Wir sind fraglos ein schöner Planet und ein Ort der Geborgenheit. Wir haben keinen Namen, aber es schickt sich jemand an, uns eine Bezeichnung zu geben.
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Für uns sind das die ersten Anzeichen dafür, daß es eine erneute Störung geben wird. Wir werden wachsam sein. Unsere Pflanzen und Tiere werden jedes Signal an uns übermitteln, so daß wir richtig reagieren. Bei der einen Störung in der fernen Vergangenheit haben wir falsch reagiert, denn wir blieben stumm und untätig. Immerhin wissen wir durch die damaligen Ereignisse, daß es außer uns noch sehr viel mehr gibt und daß wir ein Planet sind. Die damaligen Besucher verfügten über ein umfangreiches Wissen, das wir zu einem großen Teil in uns aufnehmen konnten. Dadurch gewannen wir ein Weltbild, das sicher unvollständig ist, uns aber dennoch sehr hilft. Es gibt unzählige Planeten und Sonnen, größere und kleinere als wir es sind oder unser Stern. Viele davon tragen intelligentes Leben. Das ist etwas Ähnliches, wie wir es besitzen, nur befindet sich dort die Intelligenz verteilt in vielen Einzelwesen, und jedes davon kann selbständig denken und handeln. Wir haben damals einen Schock erlebt, als wir davon erfuhren. Vielleicht war das der Grund, weswegen wir so schlecht reagierten. Als wir die ganze Tragweite des Geschehens erfaßt hatten und uns wehren wollten, zogen die Fremdwesen bereits wieder ab. Diejenigen, die uns einen Namen geben wollen, nennen uns nun den Arsenalplaneten. Wir wissen nicht, was das zu bedeuten hat. Die damaligen Besucher haben einen solchen Begriff nicht benutzt. Es hat in uns zu rumoren begonnen. Ungezählte Monde herrschte Stille. Die merkwürdigen Maschinen, die damals in unseren Leib eingebaut wurden, erwachen nun zu einem beängstigenden Leben. Unsere Sonne schickt ungewollt ihre Energien, um die stählernen Ungeheuer mit Lebenssaft zu füllen. Wir empfinden Beklemmung, denn die Anzeichen weisen darauf hin, daß das Böse von früher erneut seine Pranken nach uns ausstreckt. Es hat uns damals weder bemerkt noch beachtet. Es kam einfach mit einer großen Zahl künstlicher Planeten, die sie Raumschiffe nannten. So seltsam es uns damals erschien, es war tatsächlich so, daß die intelligenten Wesen im Innern dieser Raumschiffe lebten. Sie rissen gewaltige Wunden in unseren Leib, schufen tiefe Löcher, in die sie die riesigen Klötze versenkten, die sie Maschinen nannten. Wir erlitten damals unsägliche Schmerzen, aber da wir nicht schreien können, verhallte unser Leid ohne Echo und Reaktion. Wir brauchten danach viele Monde, um die Wunden in unserer Oberfläche wieder zu schließen. Wir schufen eine neue Pflanzenart, die besonders schnell wuchs und sehr tiefe Wurzeln entwickeln konnte. Die Blätter und Stämme wälzten sich über die geschundenen Flächen, und die Wurzeln tasteten nach den widerlichen Maschinen. Tatsächlich erreichten sie in der Tiefe unseres Leibes die fremde Materie, aber unsere Hoffnungen zerschlugen sich schnell. Die Maschinen widerstanden allen Versuchen unserer Pflanzen, sie zu zerstören. Wir mußten diesen Plan wieder aufgeben. Da wir das Fremde in uns aber nicht dulden wollten, versuchten wir etwas anderes. Jedes Tier und jede Pflanze reagiert in irgendeiner Weise auf uns. So dachten wir, daß dies auch mit den Maschinen gelingen müßte. Wir boten ihnen Partnerschaft an, wir flehten sie an, am Wohl und Wehe unserer Welt mitzuwirken, wir drohten, aber nie erhielten wir eine Antwort. Wir wissen nicht, warum das so war. Entweder sind wir den Maschinen zu fremd, oder sie besitzen tatsächlich keinen Hauch des verbundenen Lebens.
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Es blieb uns damals nichts anderes übrig, als uns mit dem veränderten Zustand abzufinden. Da die Tiere und Pflanzen nicht unter der Anwesenheit der Maschinen litten und nur wir sie in dem Verbund spürten, war dieser Weg gangbar. Wir isolierten uns in jeder Hinsicht von dem Fremden und hofften, daß es nie zu einem Leben erwachen würde. Heute wissen wir, daß uns diese Hoffnung betrogen hat. Die Maschinen sind erwacht, und erste geistige Impulse besetzen uns. Sie kommen scheinbar aus dem Nichts, denn noch haben wir kein Lebewesen feststellen können. Eine Menge neuer Gedanken strömt auf uns ein, Begriffe, deren Sinn wir erst durch Beobachtung klären müssen: Arsenalplanet, geheimer Stützpunkt, Aktivierung der Nabelstation, Aufbau des Arsenals. Die unbekannten Worte erschrecken uns weniger als die Hintergrundgedanken, die verzerrt in uns sickern. Dort ist nämlich etwas von dem Bösen zu spüren, das wir in ähnlicher Form aus der Vergangenheit kennen. Rücksichtslosigkeit und Egoismus schwingen da mit. Und die Form, in der das geschieht, unterscheidet sich so sehr von dem Willen unserer Tiere und Pflanzen, die ihren natürlichen Existenzkampf bestehen müssen. Die Hintergrundgedanken sprechen von Vernichten und Zerstören. Und wir, der Planet, sollen die Ausgangsbasis für dieses schändliche Treiben sein. Es ist unser Glück, daß wir aus der Vergangenheit gelernt haben. Das hilft uns, neue Erkenntnisse schneller zu verwerten und uns vielleicht richtig zu wehren. Gegen die mächtigen Maschinen und die Raumschiffe können wir wenig erreichen. Wir werden also beobachten und abwarten und hoffen. Vielleicht wird es eine Möglichkeit geben, die zu warnen oder zu unterstützen, die vernichtet und zerstört werden sollen. Zunächst werden wir uns gegen alles stellen, um unsere Möglichkeiten zu überprüfen. Es ist ja so, da wir noch nie in unserer Geschichte aktiv in ein Geschehen eingegriffen haben, weil wir einen solchen Schritt als unnatürlich und verwerflich empfinden. Die Aktivität der Maschinen in unserem Innern steigt an. Wir glauben, daß sie jetzt richtig geboren werden. Wieder versuchen wir, mit ihnen einen gemeinschaftlichen Kontakt herzustellen, aber sie reagieren nicht auf uns. Sie leben zwar, aber dennoch sind sie tot. Das ist ein merkwürdiger und unerklärlicher Zustand, aber er ist vorhanden. Wir werden geschüttelt von den Stößen, die durch unseren Leib peitschen. Viele Tiere spüren sie nicht, aber die sensiblen Pflanzen verbreiten Unsicherheit und Erregung. Irgendwo in den Bergen wird ein Adler geboren. Wir registrieren dieses Ereignis mit der gewohnten Routine, aber diesmal greifen wir in das Geschehen ein. Wir haben gelernt. Der junge Vogel muß erst wachsen, aber mit unserer Hilfe kann das schnell geschehen. Wir geben ihm einen Namen, denn die Fremden benutzen auch Namen für jedes Individuum. Er soll Ticker heißen, und das Positive wird das erkennen. Wir werden alle Kraft, die wir in unseren Pflanzen und Tieren haben, aufsammeln und in Ticker einfließen lassen. Natürlich wird das einige Monde brauchen, und auch Teile von uns werden dadurch geschwächt werden. Auch wird Ticker nicht annähernd intelligent werden, denn er ist und bleibt eins unserer Tiere. Wir können auch nicht absehen, wie sich diese gezielte Maßnahme auswirken wird, aber wir müssen es versuchen. Unsere Fauna und Flora reagiert auf uns, auch wenn die Einzelwesen daraus den Sinn der Sache nicht erfassen können. Tickers Eltern werden viel zu tun haben, denn die Neugeborene wird in wenigen Monden die Größe seines Vaters erreicht haben. Da heißt es, Fressen herbeizuschaffen. Wir werden es Tickers Eltern leichter als üblich machen, die Nahrung zu finden. Unsere Tiere hören auf uns, denn wir sind sie, und sie sind wir. Der Raum reißt über uns auf, als die Maschinen in den wildesten Tönen stampfen. Etwas Widerwärtiges schwebt aus dem Nichts zu uns herab. Es hat die Form eines riesigen, behaarten Eies, und es leuchtet in den Farben unserer dunkelsten Meere. Es ist intelligent, und
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doch spüren wir, daß es nicht selbst denkt. Es denkt für einen anderen, der nicht hier sein kann. Nun wird uns klar, woher die Ahnungen des Bösen kamen. Dieses Wesen – es nennt sich »die Penetranz«, und wir empfinden es als penetrant – verkörpert das Böse ebenso wie der, der es geschickt hat. Wir denken die Penetranz an, aber wir bekommen keine Reaktion zu spüren. Sie kann uns nicht wahrnehmen. Wir sind für sie nur ein unintelligenter Himmelskörper, der – so denkt sie – eine wichtige Nabelstation für Anti-ES enthält. Und sie denkt, daß sie hier das Arsenal aufbauen will. Ihre Erwartungshaltung ist sehr groß. Was wir in den jungen Ticker investiert haben, verblaßt dagegen zu einem Hauch von Verzweiflung. Wir kapseln uns in Trauer ab. Viele Tiere und Pflanzen spüren das, und wir werden aggressiver als gewohnt. Wir akzeptieren das, denn die Penetranz und das, was ihr zweifellos folgen wird, sollen spüren, daß hier niemand willkommen ist, der das Böse verkörpert. Wieder heulen die ekligen Maschinen in unserem Leib auf. Diesmal spuckt der Raum eine riesige Kugel aus. Es muß sich um ein Raumschiff handeln, auch wenn es eine gänzlich andere Form besitzt als jene, die uns in der Vergangenheit die Wunden zugefügt haben. Wir empfangen viele Gedanken. Sie gehören zweibeinigen Wesen, die eine Intelligenz im Einzelindividuum besitzen. Sie nennen sich Gyranter, und sie wollen Anti-ES und der Penetranz (die ein Teil dieses Unbekannten zu sein scheint) helfen, das Arsenal aufzubauen. Sie haben auch gleich zwei Wesen mitgebracht, die die Kernzelle dieses Arsenals sind. Die Gedanken dieser Wesen sind verwirrt. Wir können nicht erkennen, ob sie gut oder böse sind, denn sie besitzen keinen eigenen Willen mehr. Die Penetranz hat sich auf unsere Oberfläche gelegt und wartet. Ihre Fühler berühren die Wesen im Raumschiff und zwingen ihnen einen Willen auf. Die Unfreiheit der Gedanken ist erschreckend, aber niemand kann sich gegen diesen Zwang wehren. Die Gyranter wollen das auch gar nicht. Sie stehen freiwillig zu dem, was Anti-ES ihnen aufgetragen hat. Wir bemühen uns um die beiden Andersartigen, die den Kern des Arsenals bilden sollen. Sie sind viel kleiner als die Gyranter. Eins der Wesen hat fünf Beine und gar keinen richtigen Leib. Das andere hat zwei Beine und ähnelt in der Form den Gyrantern. Mit viel Mühe können wir ihren Namen erfassen. (Sie haben natürlich Namen, denn das ist bei allen intelligenten Einzelwesen so). Der Fünfbeinige heißt Kik, und er ist ein Vlahreser. Er besitzt kein Geschlecht. Das andere Arsenalwesen ist weiblich. Sie nennt sich Sanny, und sie entstammt einem Volk mit der Bezeichnung Molaaten. Unsere Gedanken erreichen auch sie nicht. Wir werden beobachten, was weiter geschieht. Und wir werden Ticker zum stärksten Wesen machen, das wir je hervorgebracht haben. Damit verstoßen wir zwar gegen die Naturgesetze, aber in dieser Lage halten wir das für notwendig. *
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Sanny: Kik und ich hatten schreckliche Dinge begangen. Wir hatten uns gegen unseren gemeinsamen Freund Atlan gestellt und diesem geschadet. Meine Erinnerung war ein wenig getrübt, wenn ich an die vergangenen Tage dachte. Meine paramathematischen Fähigkeiten funktionierten nicht mehr richtig. Der Mentaleinfluß von Anti-ES war zu stark gewesen. Er hatte die Grenzen unserer Immunität gesprengt und uns zu willenlosen Sklaven werden lassen. Es war eine merkwürdige Art von Zwang, der da auf mich ausgeübt wurde. Ich handelte wie eine Marionette, und doch war ich mir in jeder Phase bewußt, daß es so war. Nur fehlte mir die Möglichkeit, etwas gegen diesen Zwang zu tun. Daran hatte sich auch nichts geändert, als Anti-ES uns durch die Gyranter wieder in unser Universum geschickt hatte. Die Penetranz, ein direkter Ableger der Superintelligenz, kontrollierte nun Kik und mich. Gesehen hatten wir dieses Produkt noch nicht, aber es hatte uns wissen lassen, daß es auf dem Planeten wartete, den das Gyranterschiff nun ansteuerte. Kik war sehr schweigsam. Ich konnte mir ausmalen, daß er seelische Höllenqualen durchmachte, denn ihm erging es mit seiner Erinnerung nicht anders als mir. Die Gyranter setzten uns auf einer Lichtung ab. Sie waren schweigsame Typen, und sie kümmerten sich nur sehr wenig um uns. Ich erkannte, daß sie sich ihrer Sache ganz sicher waren. Wir würden keinen Fluchtversuch unternehmen können. Die Gegenwart des Zwanges war zu deutlich. Ich hockte mich neben Kik ins hohe Gras und stützte meinen Kopf in die Hände. Aufmerksam studierte ich die menschengleichen Gyranter und versuchte, sie paramathematisch zu erfassen. Im gleichen Augenblick wurde der Mentaldruck der Penetranz stärker. Ich zweifelte nicht daran, daß dieses Wesen sich hier irgendwo in der Nähe befand. Erblickt hatte ich es allerdings noch nicht, und daher war eine genaue Berechnung für mich nicht möglich. Die Gyranter errichteten mit Hilfe von Robotern ein paar einfache Wellblechhütten. Das würde unsere zukünftige Behausung sein. Die Wohnung des Arsenals, sagte die Stimme der Penetranz in mir. Damit stand fest, daß der Ableger von Anti-ES jeden meiner Gedanken verfolgen konnte. Kik sah mich an. Aus seinem Blick las ich, daß auch er die Stimme gehört hatte. »Unsere Lage ist mehr als bescheiden«, wandte ich mich an ihn. »Ich sehe schreckliche Dinge auf uns zukommen. Wir werden noch weiter in die üblen Machenschaften verwickelt werden, die Anti-ES plant. Und ich erkenne keinen Ausweg.« »Atlan saß damals auf der Basis des Ersten Zählers noch tiefer in der Patsche«, antwortete der Vlahreser. »Er entkam Anti-ES trotzdem.«
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»Es ist erstaunlich«, überlegte ich laut, »daß wir frei denken, aber nicht frei handeln können.« »Es ist nicht nur erstaunlich.« Kik seufzte. »Es macht alles noch schwerer. Wenn ich nicht wüßte, was wir getan haben, und wenn ich nicht in Zukunft merken würde, was ich gegen unsere Freunde tun würde, wären wenigstens die seelischen Qualen nicht vorhanden.« »Das würde an den Tatsachen aber nichts ändern.« Da mein fünfbeiniger Freund wieder schwieg, konzentrierte ich mich erneut auf die Gyranter. Sie stellten zweifellos ein Hilfsvolk von Anti-ES dar. Als zwei von ihnen in meine Nähe kamen, ließ der Druck der Penetranz wohl zufällig kurz nach. Ich berechnete blitzschnell, was die beiden darstellten. Freiwillige Helfer der negativen Superintelligenz, die nicht von Bars oder Farynt stammen, lautete das Ergebnis. Aus dem sturen Verhalten der Fremden konnte ich ohne Paramathematik entnehmen, daß sie dennoch auch von der Penetranz gelenkt wurden. Anti-ES schien nun nicht einmal das kleinste Risiko eingehen zu wollen. Das wiederum wertete ich als ein sicheres Zeichen, daß eine entscheidende Phase in der Auseinandersetzung bevorstand. Wenn die Gyranter weder aus Bars noch aus Farynt stammten, so blieb nur noch eine Möglichkeit. Anti-ES mußte sie in der Namenlosen Zone angeheuert haben. Dafür sprachen auch die Beobachtungen, die die Prezzarerhalter in ihrem Mydonium gemacht hatten. Die Gyranter beendeten ihre Arbeiten und kehrten zu ihren Landegleitern zurück. Auch jetzt ließ man uns noch völlig unbeachtet. Daran änderte sich auch nichts, als die Beiboote starteten. »Wir sind allein«, stellte Kik fest. »Nicht ganz«, widersprach ich. »Da ist noch die Penetranz. Ich rechne damit, daß sie sich uns bald zeigen wird.« Prompt meldete sich die Mentalstimme. Sanny und Kik! Ihr seid die beiden ersten Wesen, die das Arsenal bilden. Weitere werden euch folgen, bis die unbesiegbare Truppe komplett ist und der Arsenalführer sie übernimmt. Doch noch ist es nicht soweit. Es ist eine große Ehre für euch, Anti-ES als Arsenalmitglieder dienen zu dürfen. Doch stellt euch das nicht so einfach vor, denn erst müßt ihr euch bewähren. Wenn ihr versagt, werdet ihr sterben. Dann werden andere eure Plätze einnehmen. Bereitet euch darauf vor, daß die Phase der Bewährung nun beginnt. »Man hat uns aller Hilfsmittel beraubt«, schrie ich verärgert. »Wie sollen wir da gegen irgendwelche Gefahren eine Chance haben?« Anti-ES hat beschlossen, daß es so ist. Weiter gibt es nichts zu sagen. Zu meiner Überraschung zog sich die Penetranz nun vollkommen zurück. Ich spürte nicht einmal mehr den Hauch ihrer geistigen Gegenwart. Immerhin konnte ich so meine paramathematischen Fähigkeiten voll entfalten. Eine kurze Verständigung mit Kik ergab, daß dieser die gleichen Wahrnehmungen hatte. »Welche Gefahren oder Feinde wird die Penetranz auf uns hetzen?« wollte Kik wissen.
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»Keine Ahnung.« Ich erhob mich. »Aber jetzt fühle ich mich wieder normal. Weißt du, was das bedeutet? Die Gefahren der angeblichen Bewährung interessieren mich nicht. Ich will die Penetranz sehen, denn sie ist die einzige Gefahr, die uns wirklich droht.« »Einverstanden.« Auch Kik schöpfte neuen Mut. »Suchen wir sie und sprengen wir sie in die Luft.« »So einfach wird das nicht sein.« Ich lachte leise, während ich meine Parasinne voll öffnete. Kik untersuchte die Wellblechhütten, während ich die ganze Umgebung auf mich wirken ließ. Der Planet machte einen urwüchsigen Eindruck auf mich. Die Pflanzenwelt war ungewöhnlich reichhaltig. Sie erinnerte mich an einen Dschungelpflanzenplaneten, den ich einmal besucht hatte. Es gab zahlreiche Spuren von großen und kleinen Tieren. Alles machte einen friedfertigen und unberührten Eindruck. Die primitiven Unterkünfte bildeten einen krassen Gegensatz zu der Landschaft. Intelligente Wesen gab es hier mit Sicherheit nicht. Und doch stimmte etwas an diesem Bild nicht. So sehr ich mich auch bemühte, ich fand den Grund nicht heraus. Manchmal hatte ich das Gefühl, daß sich die Zweige der Bäume entgegen der Richtung des leichten Windes bewegten. Oder daß aus dem Dunkel des nahen Dickichts Augenpaare auf mich starrten. Beim näheren Hinsehen erwies sich jede dieser Beobachtungen als falsch. Meine überreizten Sinne mußten mir einen Streich spielen. Das bedeutete aber auch, daß ich mich auf meinen Parasinn nicht unbedingt verlassen konnte, denn er arbeitete eng mit meinen Gefühlen zusammen. Kik kam wieder aus der Hütte. »Eine Robotküche und ein paar primitive Liegen«, berichtete er. »Es ist keine davon für mich geeignet.« »Wie viele Liegen?« wollte ich wissen. Vielleicht bekamen wir so einen Hinweis auf die Anzahl der Arsenalmitglieder, die Anti-ES oder die Penetranz geplant hatten. »Etwa 50«, meinte der Fünfbeiner. Ich war überrascht. Anti-ES beabsichtigte offensichtlich, eine größere Streitmacht aufzustellen, als ich es vermutet hatte. »Hast du die Penetranz aufspüren können?« fragte Kik. »Nein.« Ich schüttelte den Kopf und rückte meinen einteiligen Umhang zurecht. Die Beutelchen an meinem Gürtel waren leer, von ein paar Nahrungsreserven einmal abgesehen. »Sie hat sich vollkommen zurückgezogen.« »Was bedeutet das, Sanny?« »Daß sie irgendeine Hinterhältigkeit ausheckt. Wir müssen wachsam sein.« Meine Ahnung sollte mich nicht trügen. Kik bekam plötzlich große Augen. Er stieß einen spitzen Schrei aus, und zwei seiner Extremitäten zuckten nach vorn. Im gleichen Moment, da ich den Boden unter den Füßen verlor, packte er nach mir und riß mich nach vorn. Rasch erholte ich mich von der Überraschung. Wenige Schritte hinter mir gähnte ein tiefes Loch im Boden. Wenn Kik nicht so aufmerksam gewesen wäre, wäre ich in die Öffnung gestürzt, die sich so plötzlich aufgetan hatte.
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»Von daher droht also die Gefahr«, sagte ich. Nun betrachtete ich den Boden genauer. Mein Parasinn sprach unvermutet an, und ich entdeckte weitere Fallgruben. Kik stand nur wenigen Zentimeter neben einem getarnten Loch. »Vorsicht!« Ich nahm ihn an einer Hand und zog ihn fort. »Du kannst etwas berechnen, nicht wahr?« staunte er. »Wenn die Penetranz mich nicht einnebelt, geht es wieder ganz gut. Ich vermute, daß sie etwas von dieser Fähigkeit weiß, und daß sie sie testen will. Bleib dicht neben mir, dann kann dir nichts passieren.« Behutsam bewegten wir uns aus dem gefährlichen Streifen hinaus. Eine wenig bewachsene Schneise bot sich als Weg fort von den Hütten an. Andere Gefahren verspürte ich hier nicht, aber meine Sinne arbeiteten nun auf Hochtouren. Wir kamen nicht sehr weit. Zu allen Seiten erklangen schwere Explosionen. Mächtige Baumriesen wurden aus den Wurzeln gerissen und in die Höhe geschleudert. Vor uns, hinter uns und seitlich stürzten die gewaltigen Gewächse übereinander. Kik schrie auf, denn er konnte den Stämmen nicht mehr ausweichen. Auch mich würden sie unweigerlich zermalmen, wenn ich nicht unwahrscheinliches Glück hatte. Auf einen solchen Zufall wollte ich mich aber nicht verlassen. In ein oder zwei Sekunden würde alles vorüber sein. Die winzige Zeitspanne genügte mir, um parainstinktiv zu erfassen, wo unter den niederstürzenden Bäumen Hohlräume bleiben würden. Ein solcher Fleck, der Rettung versprach, befand sich in unserer unmittelbaren Nähe. Ich riß Kik dorthin. »Bücken!« rief ich gleichzeitig, und er gehorchte. Die Bäume krachten mit Getöse über uns zusammen, aber wir wurden verschont. Allerdings konnten wir uns nun kaum noch bewegen. »Ein Wunder!« stammelte mein Freund. »Nicht wahr?« »Nein, eine schnelle Berechnung, Kik. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr.« »Wer hat die Explosion ausgelöst? Die Penetranz?« »Natürlich. Die Gyranter müssen unbemerkt von uns diese Fallen aufgebaut haben. Vielleicht waren sie auch schon einmal vor uns hier. Die Frage ist, wie kommst du hier heraus?« »Gar nicht«, sagte Kik. »Ich bin zu groß, aber du müßtest es schaffen. Für dich liegen die Äste und
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Stämme nicht dicht genug.« Er hatte recht, und so beschloß ich, mich zunächst allein nach draußen zu begeben. »Ich finde einen Weg«, versprach ich dem Vlahreser, »dich herauszuholen.« Dann zwängte ich mich mühsam durch das Gewirr aus Blättern, Ästen und Stämmen. Ich kam nur langsam voran. Schließlich stand ich aber auf dem gut zehn Meter hohen Berg aus Holztrümmern. Ich blickte mich um. Sofort zog ich den Kopf wieder ein, denn ich entdeckte unweit von mir einen Roboter, der mit der Untersuchung der gesprengten Bäume beschäftigt war. Es handelte sich um ein Modell, wie ich es an Bord des Gyranterschiffs gesehen hatte. Also war meine Berechnung richtig gewesen, daß die Helfer von Anti-ES diese Falle aufgebaut hatten. Vorsichtig bewegte ich mich zur Seite, so daß ich nicht in den Blickwinkel der Maschine kam. Gleichzeitig hielt ich nach weiteren Robotern Ausschau, stellte jedoch fest, daß offensichtlich nur dieser eine am Werk war. Dank der nun völligen Freiheit meines paramathematischen Sinnes entwickelte ich schnell einen Plan, der vernünftige Erfolgsaussichten versprach. Es kam zunächst nur darauf an, unbemerkt in die unmittelbare Nähe des Roboters zu kommen. Ich kletterte über die Äste und Stämme, bis ich nur noch wenige Meter von dem Stahlkoloß entfernt war. Dann nahm ich einen Trümmerbrocken in beide Hände, der so groß war, daß ich ihn gerade noch hochheben konnte. Das Stück schleuderte ich über den Roboter hinweg, als dieser gerade zur Seite blickte. Sofort ruckte beim Aufprall der Sensorkopf der Maschine herum und damit aus der Richtung, in der ich mich befand. Nun mußte ich blitzschnell handeln. Mit drei Sätzen stand ich neben dem Roboter, der mindestens dreimal so groß war wie ich. Ich schnellte in die Höhe und berührte gleichzeitig mehrere Sensortasten. Es mußte beim ersten Versuch klappen, den Koloß zu desaktivieren, denn eine zweite Chance würde er mir wohl kaum einräumen. Als ich wieder auf den Boden fiel, erstarrte der Roboter in seinen Bewegungen. Es war gelungen. Nun konnte ich ihn in aller Ruhe neu programmieren. Dabei verließ ich mich ganz auf meine Paramathematik, denn die Symbole der Gyranter konnte ich nicht verstehen, Ich dachte dabei an das Flekto-Yn des Hidden-X, wo es mir auch gelungen war, völlig fremde Zeichen richtig zu interpretieren. Als diese Arbeit beendet war, gab ich dem Roboter seine Handlungsfreiheit zurück. »Du heißt jetzt Oserfan«, sagte ich zu ihm, »und du führst genau das aus, was dein neues Programm vorschreibt.« Dann zeigte ich ihm, wo Kik unter den Trümmern lag. Oserfan machte sich sofort an die Arbeit. Es dauerte nicht lange, da war der Vlahreser aus seinem Gefängnis befreit. Er bedankte sich überschwenglich und mit vielen Worten, bis ich ihn unterbrach. »Es wird bald Nacht, Kik. Wir sollten zu den Unterkünften gehen, denn sie bieten uns in der Dunkelheit
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Schutz.« »Einverstanden, Sanny. Was geschieht mit dem Roboter?« »Nichts, Kik!« sagte ich scharf. »Ich möchte nicht, daß du ihn noch mit einem Wort erwähnst. Ist das klar?« »Ja, natürlich«, stammelte er, aber ich sah ihm an, daß er nichts verstand. Da ich mich aus gutem Grund nicht einmal gedanklich mit Oserfan beschäftigen wollte, begann ich auf dem Rückweg zu den Wellblechhütten ein belangloses Gespräch. Die Sonne des Arsenalplaneten stand schon tief über dem Horizont. In wenig mehr als einer halben Stunde würde die Nacht beginnen. »Nicht umdrehen«, zischte ich, als Kik sich anschickte, einen Blick zurückzuwerfen. »Denk an die Mahlzeit, die wir uns gleich zubereiten werden.« Er gehorchte auch jetzt. Als wir zwischen die Hütten traten, blieb er abrupt stehen. Was ich erwartet hatte, war eingetroffen. Vor uns schwebte in wenigen Metern über dem Boden ein etwa ein Meter großes Ei von tiefblauer Farbe. Ich wußte sofort, daß dies die Penetranz war. Berechnen ließ sich das Produkt von Anti-ES nicht vollständig, aber ich erkannte den Versuch, etwas nach dem Vorbild Chybrains entstehen zu lassen, was aber zugleich stärker und besser war. Auch machten sich nun die mentalen Gedanken der Penetranz wieder bemerkbar. Sie tasteten sich in unsere Gehirne. Ihr habt euch gut geschlagen, erklärte sie. Damit habt ihr die Prüfung schon fast bestanden. Deine Versuche, Sanny, deine Gedanken vor mir zu verbergen, werden dir nichts nützen. Ich spüre schon, daß du etwas ausgeheckt hast, und gleich werde ich es wissen. »Erdbeertorte, Sahnequark, Sauerkraut«, brabbelte ich gezielt vor mich hin, um ja keinen verräterischen Gedanken von mir zu geben. Kik sah mich an, als sei ich verrückt geworden. Dann war Oserfan zur Stelle. Er stürzte auf die Penetranz zu und glitt zu ihr hoch. Noch bevor er sie berührte, löste er gemäß meinem Programm seine Selbstvernichtungsanlage aus. Eine gewaltige Explosion zerriß die Stille der Abenddämmerung. Kik und ich wurden von der Druckwelle gegen eine Wellblechhütte geschleudert, aber wir überstanden den Aufprall ohne größeren Schaden. Als die Rauchwolken sich verzogen hatten, blickte ich auf die Stelle, an der sich die Penetranz befunden hatte. Ich war enttäuscht, denn der Ableger von Anti-ES war unversehrt.
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Eine gute Leistung, teilte mir die Penetranz mit. Damit habt ihr eure Prüfung und Bewährung endgültig bestanden. Und für die Zukunft merkt euch, daß man mich nicht ausschalten kann. Der Mentaldruck nahm schlagartig zu, und ich verlor jeglichen Willen, etwas gegen dieses Wesen zu unternehmen. * Tyari: Ich fühlte mich sehr unbehaglich, was aber nichts mit der Anwesenheit meiner augenblicklichen Gefährten zu tun hatte. Wir waren ein wahrlich merkwürdiges Gespann, Mjailam, Asgard und ich. Uns verband etwas, denn mehr oder weniger waren wir zwar intelligente Wesen, aber dennoch nicht auf ganz natürliche Weise entstanden. Ich selbst fühlte mich noch am ehesten als normal. Woher ich diese Sicherheit nahm, war mir nur teilweise bewußt, und so hatte ich sogar gegenüber Atlan darüber stets geschwiegen. Er sah in mir ohnehin nur die Frau und nur ganz selten das, als was ich mich jetzt fühlen mußte, nämlich als Gesandte Tyars, der übergreifenden Intelligenz unserer Heimatgalaxis Bars. Gerade dieser Widerspruch zwischen dieser Aufgabe und den Gefühlen, die ich für Atlan hegte, bewirkte mein Unwohlsein. Meine Aufgabe verlangte, daß ich mich von ihm trennte; meine Gefühle schrieben mir jedoch vor, in seiner Nähe zu bleiben. Ich war mir sicher, daß es einen tieferen Grund für diese Gefühle geben mußte, und es mußte einen Grund dafür geben, daß ich ihm so sehr ähnelte. Eigentlich war es zwingend logisch, daß all diese Dinge im Zusammenhang standen. Der Auftrag verlangte, daß ich mich jetzt nicht um diese Dinge kümmerte. Ich mußte das Geheimnis des Verschwindens von Tyar, der Verzahnung von Bars und Farynt und des Nabels in die Namenlose Zone aufklären, denn dort irgendwo hockte auf unbegreifliche Weise die mächtige Wesenheit Anti-ES und trieb mit uns allen ihr grausames Spiel. Neben mir stand stumm der mächtige Mjailam. Er überragte mich um fast zwei Köpfe. Mit ihm verband mich, daß er – ähnlich wie ich von Tyar – auch von einer übergreifenden geistigen Struktur abstammte, nämlich von dem galaktischen Instinkt der Sterneninsel Farynt. Es hatte einige Mühen gekostet, sich mit ihm zu verständigen, aber jetzt wußten wir, daß wir beide das gleiche Ziel verfolgten, nämlich die zu befreien, die für unsere Existenz verantwortlich waren. Auf den ersten Blick ähnelte Mjailam einem aufrecht gehenden Tier. Auch sein urwüchsiges Verhalten, das wohl dem ausgeprägten Instinkt Prezzars entsprach, unterstrich diesen Eindruck. Was mich an ihm störte, war das Fehlen jeglicher mentaler Impulse. Und Asgard, das seltsame Wesen aus der Namenlosen Zone, das uns als Raumschiff diente? Seine Geschichte kannte ich durch Atlan. Das Plasmawesen fühlte sich ganz offensichtlich dem Arkoniden gegenüber für immer verpflichtet, so daß es bedenkenlos dessen Freunden half. Mjailam und mir war es gelungen, Asgard aus dem Zwang zu befreien, den Anti-ES ihm durch ein kleines Gerät aufgezwungen hatte. Das und meine Ähnlichkeit mit Atlan waren die ausschlaggebenden Punkte für seine Bereitschaft, unsere Aktionen zu unterstützen.
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Die letzte Spur, die uns zu einem der Nabel von Bars-2-Bars führen sollte oder zu Sanny und Kik, hatten wir durch die Explosion des Planeten Zwielicht verloren. Nun warteten wir sehnsüchtig auf ein neues Zeichen, das uns den Weg zeigen sollte. Mich beseelte der unbändige Wille, unabhängig von Atlan etwas zur Klärung der verfahrenen Situation beizutragen. »Nichts zu spüren?« fragte ich Asgard. Das Plasmawesen hatte bei der Ankunft in Bars-2-Bars seine Sensibilität für besondere Situationen bewiesen, als es Sanny und Kik in der Nähe des Prezzar-Mydoniums geführt hatte. So setzte ich auch jetzt meine Hoffnungen auf es. Asgard antwortete mit einem verneinenden Gedanken. »Will suchen gehen«, grollte Mjailam. Manchmal wirkte er schrecklich unbeholfen. Ich wußte, daß er mit diesem Satz auf seine Fähigkeiten anspielte, sich zeitverzugslos an fast jeden beliebigen Ort von Farynt versetzen zu können. Das war eine Art Teleportation, obwohl Atlans Mutanten das verneint hatten. Es war wohl mehr so, daß Mjailam sich an beliebigen Orten des Bereichs seines Herrn Prezzar entstehen lassen konnte. »Die Suche einem einzelnen wäre sinnlos«, widersprach ich. »Du hast vielleicht keine rechte Vorstellung von der Größe unserer Galaxien. Du könntest eine Ewigkeit suchen, und du würdest doch nichts finden.« »Etwas tun ist besser als nichts tun.« Er blickte mich durchdringend aus seinen ausdrucksvollen Augen an. Es war fast wie ein Flehen, und so tat es mir leid, daß ich ihm erneut widersprechen mußte. »Nichts tun und abwarten, Mjailam«, erklärte ich sanft, »das ist besser, als seine Kräfte und seine Zeit sinnlos zu vergeuden.« Er schwieg und wandte sich wieder dem Fenster zu, das Asgard in seinem Körper erzeugt hatte und uns ein direktes Beobachten der Sterne erlaubte. »Ich könnte etwas sagen«, meinte das Plasmawesen wenig später geheimnisvoll. Gleichzeitig spürte ich, wie es seinen Flug abbremste. »Dann sprich«, bat ich. »Zu uns kannst du volles Vertrauen haben.« »Ich empfange etwas, was das sein könnte, was ihr sucht. Ich möchte euch aber nicht sagen, wo das ist.«
Statt einer Frage versuchte ich, mit meinen starken telepathischen Fähigkeiten etwas von Asgards Bewußtsein zu empfangen. Es mißlang. »Du redest besser«, brummte Mjailam mit seinem dunklen Baß. »Es gibt keinen Grund, uns Informationen zu verweigern.« »Vielleicht doch.« Asgard stand inzwischen reglos im Leerraum. »Das Signal, das ich aufnehme, ist zu stark. Daher glaube ich, daß es ganz bewußt abgestrahlt wird, um uns in eine Falle zu locken.«
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»Wir sind stark!« Mjailam ballte seine Fäuste. »Nichts kann mich halten. Von wo kommt das Signal?« Als Asgard schwieg, sagte ich: »Du solltest wirklich reden, sonst irren wir weiter durch Bars und Farynt.« »Ich habe euch gewarnt.« Die Gedanken des Plasmawesens klangen unsicher. »Wenn ihr darauf besteht, führe ich euch an den Ort, von dem die Impulse kommen.« Mit einem leichten Ruck, den er nicht ganz durch seine Antigravorgane ausglich, setzte sich Asgard wieder in Bewegung. Wir beschleunigten mit den höchsten Werten, zu denen die Plasmakugel in der Lage war. Zwei Tage später empfing ich den Gedanken eines Wesens, das in höchster Gefahr war. Asgard drosselte seine Geschwindigkeit und schwenkte in eine Umlaufbahn um einen Planeten ein. Eindeutig kamen die mentalen Hilferufe von dort unten. Ich teilte meine Beobachtungen Mjailam und Asgard mit. »Das ist ein Teil der Falle«, behauptete das Plasmawesen. Und Mjailam wollte am liebsten sofort nachsehen, was dort war. »Vorsicht ist geboten«, gab ich zu bedenken. »Nicht nur wegen Asgards Warnungen. Wir nähern uns gemeinsam der Stelle, von der ich den Hilferuf empfange.« Im gleichen Moment erlosch der Ruf, und Asgard teilte uns mit, daß das Energieecho, das ihn geführt hatte, aus dem Planeten gekommen sei und nun auch nicht mehr existiere. Diese Übereinstimmung war in der Tat verdächtig, aber ich dachte nicht daran, jetzt umzukehren. »Laß mich nachsehen«, bat Mjailam erneut. Er erkannte mich als Führerin an. »Gut«, entschied ich. »Aber geh bitte kein Risiko ein.« Übergangslos verschwand er. Eine telepathische Verfolgung war ja leider unmöglich, und so mußte ich warten, was weiter geschah. Als Mjailam eine Stunde später immer noch nicht wieder erschienen war, entschloß ich mich, dort unten einmal nachzusehen. Es war der größte Fehler, den ich überhaupt machen konnte. * Mjailam: Die wirren Geister, die meinen Herrn umnebelt haben – ich meine den, der nach Tyaris Aussage Prezzar heißt – sollen alles verdammen und verfluchen, was auf diesem widerwärtigen Planeten wirkt. Ich habe einige Atemzüge benötigt, um zu erkennen, daß diese Welt nicht zu Farynt gehört. Meine alten Vorurteile brechen wieder durch, aber ich unterdrücke sie, denn ich vertraue Tyari. Mein Reaktionsvermögen läßt sich ohnehin nicht mit dem der anderen Wesen vergleichen. Ich kann entstehen, wo ich will. Aber die anderen können denken und fühlen und empfinden, wie sie wollen. Das kann ich nicht. Für sie bin ich vielleicht ein Wüstling, ein Primitiver.
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Ich bin auf diesem fremden Planeten gelandet, aber ich habe keinen Willen mehr. Es könnte sein, daß das so sein muß, aber meine Instinkte widersprechen mir. Etwas packt mich, es unterjocht mich, es gibt mir Befehle, die Prezzar – wenn er mein Erzeuger war – niemals gegeben hätte. Das Fremde will, daß ich töte – nicht daß ich befreie! Diese Widerwärtigkeit weckt nur einen Wunsch in mir, nämlich den zu fliehen. Aber das geht nicht. Ich kann mich nicht mehr an einem anderen Ort entstehen lassen. Es geht einfach nicht, weil etwas mir sagt, daß ich es nicht will. Nun bin ich verwirrt, aber ich besinne mich auf meine Kraft. Ich beginne, mich zu wehren. Die Folgen sind schlimm, denn ich empfinde Schmerzen. Du mußt dich bewähren! schreit etwas in mir. In mir brüllt es: »Ich muß Tyari und Asgard informieren. Ohne sie erreiche ich nichts!« Mein innerer Wille funktioniert nicht mehr. Da ist etwas, was an Mächtigkeit meine Herkunft übertrifft. Es lähmt mich. Der Boden unter meinen Füßen ist weich und voller Pflanzen. Sie senden ihre Instinkte aus, aber ich kann diese nicht verstehen, denn ich werde behindert, gelähmt, fast vernichtet. Da ist etwas anderes. Es ist die Ursache dafür, daß Mjailam nicht mehr handeln kann. Du mußt dich bewähren! brüllt es in mir. Du bist nicht hier, um etwas zu verändern, Mjailam. Du bist hier, um zu gehorchen. Das Arsenal braucht dich. Ich zucke unter diesen Worten zusammen. Ich denke an Tyari und Asgard, und an die, die an meiner Seite kämpfen. Es ist erschreckend, aber ich habe zu wenig gelernt. Ich wurde zu schnell gemacht. Ich beginne, mich zu wehren. Ich schlage um mich. Ich vergesse alles, denn ich will frei existieren. Lächerlich, sagt die Stimme. Du mußt wissen, Mjailam, daß du einer der Anwärter auf den Posten des Arsenalführers bist. Deine Kraft imponiert mir. Aber das ist nicht genug. Anti-ES verlangt mehr von dir. Und ich, die Penetranz, kann penetrieren. Meiner mentalen Gewalt gegenüber mußt auch du Ungetüm aus den Freveltaten Prezzars resignieren und gehorchen. Durch mich spricht Anti-ES, auch wenn ich nur ein Ableger in dieser schäbigen Existenzebene bin. Und ich sage dir, daß du mit deiner Kraft aus Prezzar nur ein Wicht für mich bist. Ich glaube, daß selbst Sanny oder Kik dich besiegen würden. Sie sind mir aber zu schade für dich. Deshalb mußt du dich anders bewähren. Deine Versetzungsmöglichkeit gebe ich dir zurück, aber nur in dem Rahmen, der dich hindert, den Arsenalplaneten zu verlassen. Kämpfe! Ich verstehe die Worte, aber den Sinn nicht. Meine weiteren Fluchtversuche zu Asgard scheitern, so daß ich diese Bemühungen schließlich aufgebe. Der Zwang, der sich die Penetranz nennt, ist zu stark. Warum hilft mir Tyari nicht? Wo ist Asgard? Gibt es Prezzar wirklich, der mich erschaffen haben soll? Ich überwinde meinen Tiefpunkt. Kämpfen, das ist die Devise. Nur Aktivität wird mir aus dieser Misere helfen. Also sehe ich mich um. Da sind ein paar einfache Hütten. Davor stehen zwei Wesen, eines mit fünf oder sechs Beinen, eines mit zwei oder drei Extremitäten. Kämpfe! kreischt die Stimme der Penetranz wieder in mir. Gehorche Anti-ES. Mein bescheidener Verstand klärt sich – trotz des Zwanges. Ich weiß wieder, was ich will. Ich habe in
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den letzten Tagen viele Informationen sammeln können. Ich weiß, daß Sanny und Kik nicht meine Gegner sind. Es geht nur um Bars-2-Bars, um einen unbefriedigenden Zustand, der meinen Schöpfer und alle betroffenen Völker vergewaltigt. Ich weiß, daß der wahre Feind allein Anti-ES ist. Als ich mich umblicke, sehe ich Sanny und Kik nicht mehr. Meine Gedanken sind frei. Ich versuche, erneut an Bord Asgards zu gelangen, aber ich taumele nur ein paar Schritte über die Oberfläche des Planeten. Meine Fäuste ballen sich voller Wut, als ich die Absichten der Penetranz durchschaue. Sie hat mir einen Teil meiner Freiheit gegeben, gerade soviel, daß ich erkennen muß, daß ich nicht fliehen kann. Ich will nicht fliehen. Ich will dieses Ungeheuer vernichten. »Zeig dich, Penetranz!« brülle ich. »Ich werde dich zerquetschen.« Ein fernes Lachen ist alles, was ich höre. Da ich kein anderes Wesen erblicke, lasse ich meine ungezügelte Wut an den Blechhütten aus, die auf der Lichtung stehen. In Sekunden ist das erste Haus zertrümmert. Befriedigen kann mich diese Tat jedoch nicht. Du wirst das alles wieder aufbauen, erklärt die Stimme der Penetranz aus der Ferne. Allerdings nur, wenn du nachher noch lebst. Das ist eine deutliche Warnung. Schon unmittelbar nach meinem Verharren erkenne ich die neue Gefahr. Riesige Felsbrocken fliegen aus dem nahen Wald auf mich zu. Sie sind teilweise größer als ich. Den ersten Geschossen kann ich ausweichen. Zwei weitere blocke ich mit meinen Kräften ab, aber dann streift eins meinen Schädel und wirft mich zu Boden. Bevor ich von dem folgenden Trümmerstück zerquetscht werde, besinne ich mich auf meine Fähigkeiten und die Freiheiten, die mir die Penetranz eingeräumt hat. Ich versetze mich an einen Ort hinter einer der Hütten, so daß diese eine Deckung für mich bedeutet. Ganz gelingt das nicht, weil selbst auf kürzeste Entfernungen mein Können gestört verläuft. Immerhin entkomme ich den tödlichen Geschossen. Die restliche Strecke zu dem angepeilten Ziel lege ich in kurzen Sprüngen zurück. Wo steckt diese verfluchte Penetranz? Wenn ich sie nicht ausschalten kann, werde ich hier nichts erreichen. Du wirst mich erst sehen, wenn du dich bewährt hast, Mjailam, teilt die fremde Stimme mir mit. Daher ist es für dich besser, wenn du dich auf deinen Kampf konzentrierst. Ich merke, daß auch jetzt, wo ich mich relativ frei fühle, dieses böse Wesen jede meiner Überlegungen verfolgt. Daher schalte ich jeglichen Gedanken ab. Im letzten Moment höre ich das Fauchen in meinem Rücken. Ich schnelle herum und erfasse die Bestie, die sich vom Dach der Blechhütte herab auf mich stürzt. Für ein Ausweichen ist es zu spät. Ich reiße die Arme hoch, um mein Gesicht vor dem aufgerissenen Maul zu schützen.
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Der Aufprall wirft mich zu Boden. Der Leib des Tieres lastet schwer auf mir. Mein Rücken schmerzt. Ich ziehe die Knie an und stemme sie in das Fell. Dann schnelle ich wie eine Feder auseinander. Die Bestie wird von mir geschleudert. Sofort bin ich wieder auf den Beinen und erwarte den erneuten Angriff.
Das Tier ist nun vorsichtiger geworden. Es kauert sich lauernd zu Boden und spannt seine mächtigen Muskeln. Seine Augen funkeln böse. Der heiße Atem peitscht bis zu mir herüber. Es ist größer als ich, aber seine Pranken können es mit meinen Armen nicht aufnehmen. Furcht ist mir zudem jetzt unbekannt. Als es losspringt, springe auch ich. In der Luft prallen wir zusammen. Mit einer Faust schlage ich ihm zwischen die Augen, mit der anderen kralle ich mich am Hals fest. Unmittelbar danach umklammern meine Beine den Leib. Nach dem folgenden Sturz zu Boden liege ich diesmal über der Bestie. Bevor deren Kopf nach mir schlägt, umklammern meine Hände ihren Hals und drücken zu. Das Tier windet sich und schlägt mit aller Kraft um sich, aber ich lasse nicht los, bis seine Kräfte erlahmen. Dann schleppe ich den Leib zu dem nahen Abgrund und werfe ihn hinab. Recht ordentlich, Mjailam, lobt mich die Stimme der Penetranz. Überstehst du auch das? Der vielbeinige Kik steht plötzlich wenige Schritte neben mir. Er hält eine Waffe in der Hand. Als er feuert, springe ich. Wieder komme ich nur wenige Schritte weit, aber so entgehe ich dem Feuerstoß. Auch die beiden nächsten Schüsse verpuffen wirkungslos. »Bist du von Sinnen?« brülle ich den kleinen Kerl an. »Wir sind doch keine Feinde!« »Stimmt«, antwortet Kik ungerührt. »Aber ich muß tun, was die Penetranz befiehlt.« Wieder feuert er, und diesmal springe ich direkt zu ihm hin und reiße ihm die Waffe aus der Hand. Als ich den Burschen dann packen will, eilt er flink davon. Du bist schnell und stark, sagt die Penetranz. Du entsprichst den Erwartungen. Aber noch bin ich nicht überzeugt. Ich gebe keine Antwort und renne einfach los. Dieser Ort ist zu erschreckend für mich. Der Wald nimmt mich auf. Ich blicke mich um. Niemand folgt mir. Plötzlich steht Tyari vor mir. »Jetzt!« schreit sie. Im gleichen Augenblick fällt er von oben auf mich herab. Es ist Asgard. Er verformt seinen Körper und schließt mich ein. Gegen seine Kraft kann ich kaum bestehen. So versuche ich, mich an einem anderen Ort entstehen zu lassen, aber ich bin zu geschwächt oder zu sehr von der Penetranz gelähmt. Meine Arme und Beine stemmen sich gegen das Zellplasma, das sich total verhärtet hat. Es bewegt sich kein Stück mehr. Da ich weiß, daß ich so nichts erreichen kann, versuche ich, neue Energien aus der Substanz meiner
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Heimatgalaxis in mich aufzunehmen. Es wird ein Wettlauf mit dem Tod, denn Asgard schnürt mich immer fester ein, und die Energien stehen mir nicht sofort zur Verfügung. Töte ihn! schreit die Stimme der Penetranz. Meint sie mich oder Asgard? Für ein paar Gedanken zögert das Plasmawesen. Diese Zeitspanne genügte mir, denn jetzt steht mir wieder alle Kraft zur Verfügung. Ich sprenge die Fesseln und höre Tyaris entsetzten Schrei. Asgard zerfließt zu einer breiartigen Substanz, die sich in einer Bodenmulde sammelt. »Habe ich ihn getötet?« frage ich Tyari entsetzt. »Nein, Mjailam. Ich verspüre seine Impulse. Er ist geschwächt, aber er wird sich erholen. Für ihn war dieser Kampf auch nichts anderes als für dich. Er mußte sich bewähren und überleben. Du mußtest siegen. So wollte es Anti-ES als Bestätigung.« »Und du?« »Ich habe meine Tauglichkeit bereits bewiesen, denn meine telepathischen Kräfte haben die Penetranz und damit Anti-ES bereits überzeugt. Aber auch ich kann mich dem Bann nicht entziehen.« Keiner kann das! Plötzlich schwebt die Penetranz zwischen uns. Ich sehe ein Wesen, das so scheußlich auf mich wirkt, daß ich erschaudere. Im gleichen Moment verliere ich den letzten Willen, mich gegen dieses blaue und leuchtende Riesenei aufzulehnen. Geht zurück zu den Hütten! befiehlt die Penetranz. Die anderen warten auf euch, aber das Arsenal ist noch nicht vollständig. Ich gehorche widerspruchslos, obwohl ich das gar nicht will. * Anti-ES: Die ersten Berichte meines Ablegers erfüllen mich mit Zufriedenheit. Der Aufbau des Arsenals schreitet voran. Wichtige Mitglieder der Führungsspitze wurden bereits rekrutiert, und es gab keine Ausfälle. Zudem besteht das Arsenal bis jetzt ausschließlich aus Wesen, die bislang zu meinen Gegnern und zu Atlans Helfern und Freunden zählten. Allerdings werde ich in diesem Punkt auch eine Ausnahme machen, um meine weitreichenden Pläne nicht zu gefährden. Die fast hundertprozentige biologische Gleichheit zwischen dem Gros der Solaner und den
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Willigen muß ausgenutzt werden, denn der Nachbau von den Solanern gleichen Wesen wäre zu aufwendig. Auch würde das wahrscheinlich nicht zur Gänze gelingen. Atlans Helfer würden solche Nachbildungen womöglich schnell durchschauen und damit den ganzen Plan gefährden. Auch für die Auswahl des Arsenalführers ist meine Entscheidung schon endgültig. Sie wird nur noch geändert, wenn das ausgesuchte Wesen sich im Bewährungskampf als zu schwach erweisen würde. Doch damit ist eigentlich nicht zu rechnen. Die Penetranz hat gut gearbeitet – auch in meiner Phase der geringen Aktivität. Nun spüre ich, daß die Einflüsse der Verbannung erneut nachlassen. Es wird Zeit, mich um die ARSENALJYK zu kümmern. Gleichzeitig muß ich meinen Plan mit dem Gefangenen Myliny fortsetzen, denn ihn brauche ich noch. Die Gyranter werden das ausführen. Als weitere parallele Maßnahmen muß ich Ausschau halten, um zwei aus dem Kreis der Willigen zu finden, die in das Arsenal gehen werden. Die Penetranz meldet sich wieder. Sie ist ungeduldig, weil es im Augenblick nichts zu tun gibt. Ich antworte ihr durch den Nabel des Arsenalplaneten und erteile ihr Anweisungen für das weitere Geschehen. * Twoxl: Matas Nachforschungen nach dem Verbleib der SOL hatten auch heute kein Ergebnis erbracht. Unsere Korvette MT-K-9 mit dem Eigennamen BANANE stand nur wenige Lichtminuten von der kritischen Grenze des Schwarzen Loches entfernt. Näher heran wagte die Buhrlofrau sich auch jetzt nicht, denn dann wäre eine Rückkehr aus dem gewaltigen Gravitationssog unmöglich gewesen. Dort irgendwo im Zentrum von Xiinx-Markant lag das Geheimnis der SOL verborgen. An Bord der BANANE herrschte die Meinung vor, daß das Heimatschiff mit Mann und Maus in dem Black Hole untergegangen sei. Daran änderten auch die Aussagen der Bordpositronik und der Wissenschaftler nicht viel, die behaupteten, die SOL sei aus Xiinx-Markant verschwunden, bevor sich das Schwarze Loch als Folge eines Zusammenbruchs der eng beieinanderstehenden Sterne gebildet hatte. Wir wußten nichts Genaues über die Ereignisse, die sich um die Trutzburg Anti-Homunks herum abgespielt hatten. Die BANANE war mit dem Problem des Struktors und der Rückverwandlung der Dunkelzone so beschäftigt gewesen, daß sich niemand um das Schicksal der SOL hatte kümmern können. Wir hatten einen vollen Erfolg gehabt, doch was war im Zentrum meiner Heimatgalaxis geschehen? Die nun schon Wochen andauernden Nachforschungen hatten ergeben, daß es von der SOL kein Lebenszeichen mehr gab. Auch fehlte jeder genaue Hinweis darauf, ob sie noch existierte oder nicht. Das waren die Hiobsbotschaften, mit denen die rund 50 Solaner leben mußten.
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Demgegenüber verblaßten die guten Informationen fast zur Bedeutungslosigkeit. Die Trutzburg Anti-Homunks war vernichtet worden, und damit Anti-Homunk wohl ebenfalls. Auch gab es keine Anzeichen mehr für ein direktes Einwirken in Xiinx-Markant durch Anti-ES. Hier herrschte Ruhe, während der Struktor seine noch viele Jahre andauernde Tätigkeit zur Normalisierung der Dunkelzone fortsetzen würde. Ich glaubte, daß sich Anti-ES für immer von dieser Szene zurückgezogen hatte. Die Bordpositronik der BANANE war zu dem gleichen Schluß gekommen. Auch hatte sie behauptet, daß dies gleichbedeutend mit einer Niederlage für Anti-ES sei. Wenn dem wirklich so war, und wenn die SOL dabei untergegangen war, dann wäre das alles für Atlan jedoch kein Sieg gewesen. An diesen Widerspruch klammerten sich die Hoffnungen einiger unentwegter Solaner, die den Verlust ihres Heimatschiffs nicht wahrhaben wollten. Die Versuche der Schiffsbesatzung, Funkkontakt zur SOL herzustellen, waren ausnahmslos ohne greifbares Ergebnis geblieben. Bei der Reichweite des Hypersenders bedeutete das auf jeden Fall, daß die SOL nicht mehr in Xiinx-Markant war – immer vorausgesetzt, daß sie überhaupt noch existierte! Die nächste Galaxis war die, die als Bars-2-Bars bezeichnet worden war. Auch von dort empfingen wir keine Hyperfunksendungen, was aber nach Meinung der Wissenschaftler an der Besonderheit dieser kosmischen Konstellation liegen sollte. Ich konnte das nicht beurteilen. Es sprach einiges dafür, daß man die Suche in Xiinx-Markant abbrechen sollte, um die BANANE nach Bars-2-Bars zu bringen. Für die Korvette war das eine beachtliche Entfernung, und ohne einen Hinweis auf einen Erfolg wollte Mata St. Felix diesen Befehl noch nicht erteilen. Das Schwarze Loch im Kern von Xiinx-Markant war nicht sonderlich groß. Es stellte daher für diese Galaxis einen Faktor der Stabilität dar, der sogar indirekt die Auflösung der Dunkelzone beschleunigte. Natürlich durfte sich kein Raumschiff zu nahe an den sogenannten Ereignishorizont wagen, denn ein Überschreiten dieser Grenze bedeutete den Untergang. Wir hatten die Völker von Xiinx-Markant gewarnt, als sie durch die ersten Lücken in der Dunkelzone vorgestoßen waren. Sie waren mit friedlichen Absichten gekommen, teils neugierig, teils verschämt, denn die Erinnerung an die ewigen und sinnlosen Kämpfe waren noch nicht verblaßt. Sie hatten der Korvette für die Informationen gedankt und auch unsere Bitte angenommen, sich zu melden, wenn sich irgendwo eine Spur des verschwundenen Hantelschiffs zeigen sollte. Auch diese Spur war im Staub der Sterne verlaufen. Eine andere Hoffnung, wenigstens Klarheit zu gewinnen, sahen die Leute der BANANE auch jetzt noch in dem Schwarzen Loch. Aus Gründen, die letztlich ungeklärt blieben, arbeitete diese Gravitationsfalle bisweilen unregelmäßig. Der Ereignishorizont blieb zwar stabil, aber von Zeit zu Zeit stieß diese Raumzone – entgegen der vorherrschenden Gravitation – kleinere Materiestücke ab. Sie taumelten hinaus in den Raum und suchten sich dort einen neuen Ort für einen stabilen Aufenthalt. Etwas störte also die Aktivitäten des Black Holes. Nun meinten einige Optimisten, das könne am Ende gar die SOL selbst sein, was die Bordpositronik der MT-K-9 jedoch als ein Hirngespinst verleugnete. Auch die
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Wissenschaftler glaubten nicht an eine solche Möglichkeit, so gern sie sie gesehen hätten. Dennoch ließ Mata St. Felix jeden ausgeworfenen Brocken genau untersuchen. Ich wußte, warum sie das tat, obwohl sie es nie erwähnte. Sollte man unter diesen Trümmern ein Bruchstück der SOL finden, so besäße man die Gewißheit, daß das Schiff untergegangen war. Aber dieser Negativbeweis hatte bis heute auch noch kein Ergebnis erbracht, was insofern tröstlich war, weil die Solaner dadurch nicht aller Hoffnungen beraubt worden waren. Ich bewunderte diesen kleinen Haufen Menschen, der davon überzeugt sein mußte, die Heimat verloren zu haben, sich aber trotz allem Pessimismus weiter an einen Strohhalm klammerte. Für mich gab es ein weiteres Zeichen, daß die Geschehnisse im Zentrum von Xiinx-Markant mit einer weitgreifenden Katastrophe geendet waren. Wöbbeking-Nar’Bon, der eindeutig dort in den entscheidenden Stunden geortet und beobachtet worden war, war verschwunden. Wir hatten auch von ihm kein Lebenszeichen mehr aufgenommen. Zwar wußte ich, daß sich das mächtige Riesenei glänzend verbergen konnte, aber bei den energetischen Vorgängen, die wir angemessen hatten, hätten wir auch von ihm etwas spüren müssen. Die Lage der BANANE war also in jeder Hinsicht trostlos. Ich allein sah einen schwachen Lichtschimmer, aber der betraf nur mich. Wenn ich es gewollt hätte, hätte ich problemlos zu meiner Heimatwelt zurückkehren können. Das hätte bedeutet, daß ich Mata und ihre Solaner im Stich gelassen hätte, aber was zählte das? Es gab ja nichts mehr, wovor ich sie im Stich gelassen hätte, außer sie selber. In meinen persönlichen Gedanken machte ich jedoch kein Geheimnis daraus, warum ich nicht daran dachte, die Korvette zu verlassen. Aber das waren meine persönlichen Probleme. Sie hingen mit meinem Lebensweg zusammen, der mehr als schicksalhaft gewesen war. Als Cpt’Carch war ich an Bord der SOL gelangt, ohne etwas von meiner Bestimmung zu wissen. Nun war ich ein Cpt’ Kul, der auch Siebenteiler oder Siebenheit genannt wurde. Manche Solaner bezeichneten mich auch als einen »Haufen aus sieben Riesenkartoffeln«. Sie mochten mich, diese Zweibeiner, die ich schon als Cpt’ Carch lieben gelernt hatte. Sie wußten aber nichts, was in meinem Innern geschah, denn durch mein Aussehen war ich für sie so fremdartig, daß sie gar nicht daran dachten, mich könnten auch Gefühle bewegen. Es hatte eigentlich alles damals begonnen, als die SOL auf Oggar, den Pers-Oggaren, gestoßen war. Dieses Wesen aus Pers-Mohandot hatte mit seinen Kräften zwei fremde Bewußtseinsinhalte aus der SOL entführt und in sich aufgenommen, nur weil er sich stärken wollte und weil diese beiden Körper eine hohe Verwandtschaft zu ihm selbst besaßen. Kaum jemand hatte dabei gedacht, daß dies auch bedeutete, daß es zwischen den entführten Bewußtseinsinhalten selbst eine enge Bindung geben mußte. Auch ich – als damaliger Cpt’Carch – hatte das erst spät mit aller Deutlichkeit erkannt. Der eine Entführte war ich gewesen, der andere die Solanerin Sternfeuer. Durch die Ereignisse war mir bewußt geworden, warum und wie sehr ich an dieser Frau hing. Offen zugeben konnte ich das wohl schlecht, denn die körperlichen und biologischen Unterschiede zwischen ihrem Volk und meinem waren so tiefgreifend, daß meine Zuneigung eigentlich absurd war. Diese Erkenntnis änderte jedoch nichts daran, daß sie existierte. Mit meiner Wandlung zum Cpt’Kul und zu Twoxl war dieses Gefühl nicht etwa verschwunden. Im Gegenteil, ich glaubte auch jetzt, da Sternfeuer vielleicht schon tot war, daß diese Zuneigung noch stärker geworden war. Sie quälte mich regelrecht. Insbesondere Twoxl-7, der gern allein unterwegs war, litt unter dem Fehlen der gefühlsverwandten Solanerin.
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Und in meiner Gesamtheit gestand ich mir ein, daß ich auf der BANANE bleiben mußte, weil ich nur so eine Chance sah, noch einmal in die Nähe Sternfeuers zu gelangen. Ich bewohnte eine kleine Kabine in der Nähe der Zentrale der Korvette. Viel Raum brauchte ich ja nicht. Eigentlich konnte ich schwebend an jedem beliebigen Ort verharren. Über Bordinterkom hörte ich die Kommandantin sprechen. Sie teilte der Besatzung mit, daß die Suche abgebrochen werden würde, weil man schon seit zwei Tagen keine Trümmer mehr geortet hatte, die den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlassen hatten. Es sollte eine Konferenz zur Festlegung weiterer Schritte stattfinden. Das war ein weiteres Eingeständnis, daß man nichts erreicht hatte und auch nicht wußte, was geschehen sollte. Das werde ich ändern, wenn du es wünschst! Diese Worte entstanden so plötzlich und intensiv in mir, daß ich zunächst glaubte, mich selbst zu hören. Oder sprach da ein Teil von mir in ungewohnter und eigentlich unmöglicher Deutlichkeit zu mir? Erkennst du mich nicht? Nun klang die Stimme so, als käme sie aus weiter Ferne. Sie hatte – nach den Maßstäben der Solaner – einen männlichen Beiklang, also handelte es sich keinesfalls um Sternfeuer. Und alles andere interessierte mich im Augenblick sehr wenig. Frage auch die anderen, ob sie mich hören wollen. Atlan kann ich zur Zeit nicht erreichen, also muß ich mich an dich wenden, denn du bist der einzige aus seinem Team, der noch in Xiinx-Markant ist. Erst jetzt wurde mir so richtig bewußt, daß jemand Kontakt mit mir suchte. Ich hatte mich abweisend verhalten, und das tat mir nun leid. Die Frage, wer der unbekannte Sprecher war, war leicht zu beantworten. Es konnte sich nur um Wöbbeking-Nar’Bon handeln, das bewiesen die gehörten Worte. Sternfeuer lebt noch! Diese Information war Labsal für meine einsame Seele. Ich schnellte in die Höhe und verlor dabei um ein Haar zwei meiner Komponenten. »Sprich weiter!« stieß ich hervor. »Hörst du mich, Wöbbeking-Nar’Bon? Ich will wissen, wo sie ist!« Ich höre dich, Ungeduldiger. Ich rate dir aber, mit Mata St. Felix zu sprechen, denn meine Informationen sind nicht nur für dich wichtig. Es geht um mehr, nämlich um Atlan und die SOL. Wenn sie einwilligt,
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werde ich euch allen mehr sagen. »Warum sollte sie nicht einwilligen?« Ich komplettierte mich wieder, was Twoxl-7 nicht sonderlich zu gefallen schien. Er wäre wohl am liebsten sofort losgestürmt, um Sternfeuer zu finden. Du mußt sie fragen. Das verlangen die Gesetze, denen ich gehorchen muß. »Ich bin schon auf dem Weg zu ihr.« Sofort glitt ich auf die Schiebetür zu, die sich bei meiner Annäherung automatisch öffnete. »Bleibe mit deinen Gedanken bei mir, Wöbbeking-Nar’Bon!« Ich werde dir folgen, bis du den Weg für einen gemeinsamen Kontakt geebnet hast. Mit höchster Geschwindigkeit schoß ich durch den Korridor zu dem Konferenzraum, in dem Mata die Besprechung durchführen wollte. Zwei Solaner sprangen entsetzt zur Seite, als ich – zu einer siebenteiligen Kette geformt – an ihnen vorbeijagte. »Wenn du dich immer so beeilst«, hörte ich hinter mit einen Mann lachen, »erzeugst du soviel Reibungshitze, daß du bald nur noch aus Bratkartoffeln bestehen wirst.« Ich hatte jetzt keine Zeit für diese dummen Scherze, denn es ging ja um Sternfeuer. Nur mit wenigen Gedanken dachte ich auch an Atlan und die SOL. Das lange Fehlen Sternfeuers in meiner Nähe hatte mich ganz krank gemacht. Mata St. Felix, die Buhrlofrau und Kommandantin der MT-K-9, stand am Eingang zu dem Besprechungsraum. Sie wich erschrocken zur Seite, als ich vor ihr abbremste. Die Luft heulte auf. Für einen Moment war ich unaufmerksam. Twoxl-7 löste sich aus dem Verbund und hockte sich Mata auf die Schulter. »Ich habe eine Spur von Sternfeuer gefunden«, quäkte er ihr ins Ohr. »Wir müssen sofort starten.« »Was hast du?« fragte Mata verwirrt. Ich schicke die Komponenten 2 und 5 los, die im Gegensatz zu Twoxl-7 nicht zu Alleingängen neigten, um den Entwischten einzufangen und zu mir zu bringen. »Er redet wirres Zeug«, erklärte ich unterdessen mit meinem Restkörper. »Aber etwas Wahres ist doch daran. Wöbbeking-Nar’Bon hat sich bei mir gemeldet. Er wäre bereit, dir und mir und allen Informationen über Atlan und die SOL zu geben. Allerdings braucht er dazu dein Einverständnis.« Weitere Solaner waren zu uns getreten. Sie hatten die letzten Worte gehört und gerieten sogleich in eine heftige Diskussion. »Kommt alle mit!« Mata St. Felix deutete auf den Eingang zum Konferenzraum. Ich folgte ihr, wobei Twoxl-2 und Twoxl-5 wieder an mir anflanschten. Twoxl-7 hatten sie nicht bewegen können, ihnen zu folgen. Er blieb auf Matas Schulter sitzen, als wir uns in den Raum begaben. Die Neuigkeit, die ich verkündet hatte, griff wie ein Lauffeuer um sich. Dementsprechend war die folgende Hektik. Mata St. Felix hatte alle Mühe, die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen. Schließlich
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kehrte aber Ruhe ein. Die Solaner nahmen an dem langen Tisch Platz. Wer auf seinem Posten im Schiff bleiben mußte, konnte über Bordinterkom das Gespräch mitverfolgen. »Aus aktuellem Anlaß wird die vorgesehene Tagesordnung geändert.« Mit diesen Worten eröffnete die Kommandantin die Besprechung. »Ich bitte unseren Freund Twoxl, noch einmal für alle Ohren zu berichten, was er erfahren hat.« »Ich berichte«, quäkte Twoxl-7, der sich irgendwo zwischen den Zuhörern versteckt hatte. Meiner Aufforderung, zu mir zurückzukehren, folgte er auch jetzt nicht. »Es geht schließlich um wesentliche ...« Auf ein Zeichen Matas schaltete jemand das Mikrofon in seiner Nähe ab. Seine eigene Stimme war zu leise, als daß er sich jetzt noch bemerkbar machen konnte. So bekam ich endlich Gelegenheit, sachlich und knapp vorzutragen, was ich von Wöbbeking-Nar’Bon gehört hatte. Meinen Wunsch, wieder einmal in die Nähe Sternfeuers zu gelangen, verschwieg ich. Daß ich aber Sehnsucht nach der SOL hatte, teilte ich offen mit. Und das stimmte schließlich auch. Für Wöbbeking-Nar’Bons Gehabe mit der offiziellen Zustimmung durch die Schiffsführung zeigte man Verständnis, denn das mächtige Wesen hatte uns seine Eigenwilligkeit schon oft genug gezeigt. Es bedurfte keiner Abstimmung, um Mata dazu zu bewegen, mir zu sagen, daß man nach Informationen durch Wöbbeking-Nar’Bon geradezu hungerte. »Bitte teile ihm das mit«, bat mich die Buhrlofrau, »wenn du das jetzt kannst.« »Ich werde es versuchen«, antwortete ich und registrierte nebenbei, daß Twoxl-7 reumütig zu mir zurückgekehrt war. Dann rief ich gedanklich nach dem Riesenei. Ich höre dich, Twoxl. Und nun höre ich auch die anderen Solaner, denn du hast ihr Einverständnis vermittelt, und sie alle hören mich. Vieles hat sich ereignet, seit die Festung Anti-Homunks durch die SOL vernichtet wurde. Im entscheidenden Kampf war auch ich zugegen, als Anti-ES die SOL zerstören wollte. Es gelang mir, euer Heimatschiff in einer sicheren Dimensionsblase zu verbergen. Das kostete aber viel Kraft, so daß ich nicht mehr in der Lage war, mich früher bei euch zu melden. Nun habe ich mich erholt, und ich konnte auch den Nachstellungen von Anti-ES entkommen. Die SOL wurde wieder in den normalen Raum entlassen. Sie landete allerdings fern von Xiinx-Markant in der euch auch schon bekannten Galaxis Bars-2-Bars. Durch äußere Einflüsse wurde sie stark beschädigt, aber sie wird bald wieder voll einsatzbereit sein. Für die durchzuführenden Arbeiten und zur Abwehr dortiger Feinde ist nun jedes Beiboot erforderlich. Daher solltet ihr baldmöglichst nach Bars-2-Bars starten. Vielleicht wundert ihr euch, daß ihr noch immer keinen Hyperfunkruf von der SOL empfangen habt. Das liegt, wie einige von euch schon erkannt haben, an der Struktur dieser Doppelgalaxis, die keine Hyperwellen nach draußen dringen läßt. Damit ihr den Ort findet, an dem die SOL steht, werde ich ein gedankliches Peilsignal errichten, das Twoxl orten kann. Kümmert euch also nicht um andere Wahrnehmungen, sonst rennt ihr den Feinden der SOL in die Fänge. Zögert nicht lange, denn Atlan und Breckcrown Hayes warten auf euch. Sie wissen, daß ich euch informiere. Jubelstürme brachen aus, als Wöbbeking-Nar’Bon schwieg. Es gab zwar berechtigte Bedenken wegen der großen Entfernung von 2,4 Millionen Lichtjahren bis nach Bars-2-Bars, denn für eine Korvette bedeutete das ein gewagtes Unternehmen. Jeder war jedoch bereit, dieses Risiko auf sich zu nehmen. Auf meine Dankesworte an Wöbbeking-Nar’Bon meldete sich dieser schon nicht mehr. Dafür empfing ich aber einen leisen Ton, dessen Lautstärke davon abhängig war, in
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welche Richtungen ich meine Hörmenbranen drehte. Mit Hilfe der Bordpositronik stellten wir eine genaue Richtung fest. In aller Eile wurden die notwendigen Vorbereitungen für den Fernflug getroffen. Ich zog mich in meine kleine Kabine zurück. In das sichere Gefühl, bald wieder Sternfeuer zu sehen, mischte sich leise Wehmut, denn nun verließ ich meine Heimatgalaxis Xiinx-Markant erneut. Es gab hier zwar nichts mehr für mich zu tun, was der eigentlichen Carch-Mission entsprach, aber diesmal erlebte ich den Abschied bewußt, wohingegen ich den als Cpt’Carch nicht unmittelbar in meinem Bewußtsein erlebt hatte. Da war aber noch etwa anderes. Ich wagte nicht, mit einem der Solaner darüber zu sprechen. Die Informationen, die uns Atlans mächtiger Freund hatte zukommen lassen, waren zwar wunderbar, aber irgendwie war die Wende nach den vielen Tagen der Suche und des Alleinseins zu plötzlich eingetreten. Es fiel mir tatsächlich schwer zu glauben, daß nun alle Probleme gelöst waren. * Die folgenden Tage verbrachte ich hauptsächlich in der Zentrale, wo ich immer wieder erklären mußte, daß ich nach wie vor das Peilsignal empfing. Die BANANE legte die lange Strecke nach Bars-2-Bars in insgesamt achtzehn Etappen von je etwa 135.000 Lichtjahren zurück. Nach jedem Teilflug wurden die Antriebe überprüft. Kleinere Schäden wurden dann sofort behoben. Es gab nach jeder Etappe ein großes Aufatmen, wenn die Klarmeldungen zum Weiterflug vorlagen. Schließlich fielen wir dicht vor Bars-2-Bars in den Einsteinraum zurück. Die Sterne standen nun zum Greifen nah. Mir war bei jedem Flugstück etwas unwohler geworden. Eine Erklärung dafür fand ich nicht. Anfangs hatte ich geglaubt, daß es sich um eine Art Heimweh handeln könnte, das sich bald wieder legen würde. Da sich meine schlechten Gefühle jedoch verstärkten, mußten sie eine andere Ursache haben. Den Solanern erging es genau gegenteilig. Nach jeder Etappe wurden sie euphorischer. Auch das behagte mir nicht. »Du müßtest noch eine weitere Peilung vornehmen«, wandte sich Mata St. Felix an mich, »damit wir nicht nur die Richtung, sondern auch in etwa die Entfernung zur SOL bestimmen können.« Ich war einverstanden, obwohl ich mich hundeelend fühlte. Die BANANE führte eine kurze Querbewegung zur eigentlichen Flugrichtung durch. Die Linearetappe betrug nur zwölf Lichtjahre, aber das würde genügen, um eine hinreichend genaue Winkelpeilung durchführen zu können. Die Bordpositronik hatte inzwischen ein Verfahren mit Hilfe der Wissenschaftler entwickelt, aus der der »organische Peiler Twoxl« eine exakte Winkelbestimmung ermöglichte. Noch während der Linearetappe teilte ich Mata erstmals mit, daß mich ungute Gefühle beschlichen hatten. Nun stellte sich heraus, daß auch ein paar Solaner aus der Stammbesatzung ähnlich empfanden, aus falscher Scham jedoch nichts gesagt hatten. Allerdings waren wir in der Minderzahl, und insbesondere die Kommandantin zeigte kein Verständnis für uns.
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»Ich werde euch beweisen«, sagte Mata St. Felix, »daß euer Mißtrauen völlig unberechtigt ist. Von hier müßten wir nämlich die SOL auch über Hyperfunk erreichen.« Sie setzte sich selbst an das Funkerpult und programmierte eine Reihe von automatischen Anrufen. Inzwischen war die Linearetappe beendet. Die Anrufe wurden abgestrahlt, während die Bordpositronik mit mir eine neue Peilung durchführte. »Der Zielpunkt liegt weit jenseits des Mittelpunkts von Bars-2-Bars«, meldete die Positronik nach Abschluß der Berechnungen. »Bei den energetischen Verhältnissen ist nicht damit zu rechnen, daß wir schon von hier direkt Kontakt zur SOL bekommen.« »Dann führen wir eine letzte große Etappe durch«, entschied die Buhrlofrau, »die uns in die Nähe der SOL bringt.« Die Bordpositronik lieferte die Daten, und wenig später drangen wir in die fremde Galaxis ein. Die Spannung an Bord wuchs, und mit ihr die Begeisterung. Mein Unwohlsein legte sich wieder etwas, aber zwei Solaner ließen sich ablösen, weil sich in ihnen alles sträubte. Als wir diesmal in den Normalraum zurückkehrten, standen drei helle Sterne in größerer Nähe. Die Entfernungen betrugen zwischen acht und zwölf Lichtjahren. Ich wußte auf Anhieb, aus welchem System der seltsame Peilton kam, mit dem uns Wöbbeking-Nar’Bon lotste. Als ich es Mata sagte, richtete sie die Antennen danach aus und strahlte erneut die Hyperfunkrufe aus. Sekunden später erhellte sich ein Bildschirm. Meine Bedenken waren nun plötzlich wie weggewischt, denn ich erkannte Sanny auf dem Schirm. Hinter ihr lächelte uns Tyari zu. »Willkommen«, strahlte die kleine Molaatin. »Hier sind genug Koordinaten für den Ort, an dem ihr uns findet. Wir haben augenblicklich alle Hände voll zu tun, so daß es besser ist, wenn ihr euren Flug direkt fortsetzt.« Der Jubel an Bord der BANANE kannte nun keine Grenzen mehr. Die letzte Linearetappe dauerte keine halbe Stunde, dann schwenkten wir in eine Umlaufbahn um den Planeten ein, der uns durch die Koordinaten genannt worden war. Wöbbeking-Nar’Bons Peilsignal verstummte, aber die Orter nahmen einen Peilstrahl von dem Planeten auf, der die Kodes der SOL enthielt. »Landen!« Mata St. Felix strahlte. »Es ist eine Falle«, sagte ich. »Wir müssen sofort umkehren.« »Woher willst du das wissen?« Die Kommandantin starrte mich durchdringend an. Ich konnte diese Frage nicht beantworten. Inzwischen raste die MT-K-9 durch die Atmosphäre auf dem Leitstrahl nach unten. Noch bevor die Landebeine ausgefahren waren, meldete sich die Stimme Wöbbeking-Nar’Bons wieder bei uns.
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Willkommen auf dem Arsenalplaneten! Ihr werdet bereits sehnsüchtig von meiner Penetranz und ihren Helfern erwartet. Ein Umkehren ist für euch jetzt schon nicht mehr möglich. Und gleich übernimmt euch mein Ableger. Ich erkannte sofort, wer da in Wirklichkeit zu mir sprach: Es war Anti-ES! * Die Penetranz: Als ich die Gedankensignale der vielen Ankömmlinge spüre, merke ich, mit welcher Umsicht mein Herr geplant hat. So kann ich dem Arsenal nun eine große Zahl von neuen Mitgliedern zuführen. Besondere Geschöpfe, die auf ihre Eignung getestet werden müssen, entdecke ich auf Anhieb nicht. Es handelt sich durchweg um normale Solaner, abgesehen von einigen wenigen, die einen Sonderstatus als sogenannte Buhrlos haben. Diese Menschen, die im freien Weltall existieren können, stellen eine Bereicherung für das Arsenal dar. Alle anderen zähle ich zum gemeinen Volk. Sie müssen sich auch gemeinschaftlich bewähren, und das hat Zeit. Zuerst muß ich mich um die Vakuumangepaßten kümmern, die einen seltsamen Metabolismus aufweisen. Ich beginne, für sie ein geeignetes Testobjekt zu schaffen. Inzwischen lasse ich das Schiff landen und lähme jegliche Aktivität der Mannschaft. Mitteilungen können warten, bis die Prüfungen abgeschlossen sind. »Ich werde die Buhrlos gemeinsam in die Bewährung schicken«, teile ich Anti-ES mit, das gerade sehr nah ist. Ich überlasse dir die Entscheidung, antwortet mein Herr, denn wenn du handelst, handle auch ich. Aber hast du nicht etwas übersehen? Ich wage nicht zu antworten und überprüfe noch einmal jedes Wesen, das mit dem Raumschiff angekommen ist. »Das Schiff ist für eine besondere Aufgabe vorgesehen«, entgegne ich schließlich. »Es darf nicht vernichtet werden.« Wenn die ARSENALJYK II fertig ist, kann ich auf dieses Schiff hier verzichten. Bis dahin wäre es angebracht, es zu behalten. Aber das ist es nicht, was ich meine. Betrachte die Angekommenen noch einmal. Einer verbirgt sich vor dir. Jetzt entdecke ich das Wesen, das aus sieben unförmigen Klumpen besteht, die wie Steine aussehen. Es
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schirmt seine Gedanken ab, aber als ich zustoße, kann es sich nicht weiter widersetzen. Mein Ärger ist groß, weil ich von Twoxl getäuscht wurde. Anti-ES spürt das, aber es bemerkt nichts dazu. »Ich werde an ihm ein Exempel statuieren«, teile ich ihm mit. »Auf ein Arsenalmitglied mehr oder weniger kommt es nicht an.« Tu das, was du für richtig hältst. »Es wird eine Warnung für die anderen sein. Sie sollen sehen, wie ich die bestrafe, die mich hintergehen wollen.« Anti-ES antwortet nicht mehr. Ich werte das als ein Zeichen seines Einverständnisses. Meine Anweisung geht hinaus. Die Solaner sollen aussteigen, und die anderen, die bereits rekrutierten Arsenalmitglieder müssen die Unterkünfte verlassen. Sie alle stellen sich in einem großen Kreis zwischen dem Raumschiff und den Hütten auf. Nur Twoxl fehlt noch. Ich verfolge seine Gedanken, und er merkt nicht, daß ich ihn überwache. Noch fühlt er sich relativ frei und sicher, denn er weiß nicht, daß sein Tod eine beschlossene Sache ist. Die aufgereihten Arsenalmitglieder bekommen soviel Freiheit zurück, daß sie eigenständig denken, aber dennoch nicht gegen mich handeln können. Dann fassen meine Gedanken gleichzeitig nach Twoxl und der Kommandantin der zukünftigen ARSENALJYK. * Mata St. Felix: Ich war noch vollkommen benommen und verstand nicht, was geschehen war. Ich sah Sanny und Tyari, ferner zwei Wesen, die sehr wahrscheinlich mit Kik und Asgard aus Atlans Vergangenheitserlebnissen identisch waren, sowie einen riesigen behaarten und unbekleideten Wilden, der eine entfernte Ähnlichkeit mit einem Menschen besaß. Meine Mannschaft blickte nicht weniger ratlos in die Runde. Ich sah den Leuten an, daß sie einen schweren Schock erlitten hatten. Statt der heiß ersehnten SOL waren wir einem unbekannten Feind in die Hände gefallen, der unseren Willen beeinflußte und zudem Freunde Atlans auf seiner Seite oder in seiner Gewalt hatte. Mir war klar, daß Twoxl nie und nimmer Wöbbeking-Nar’Bon gehört haben konnte. Viel wahrscheinlicher war es, daß Anti-ES auch hier der Drahtzieher allen Geschehens war. Ich zuckte zusammen, als eine Stimme in mir erklang. Hier spricht die Penetranz. Für die Neuankömmlinge sei nur gesagt, daß ich ein direkter Ableger von Anti-ES bin. Und daß ihr alle euch noch in Testkämpfen bewähren müßt, bevor ihr als Mitglieder des
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Arsenals akzeptiert werdet. Unter den Neuen befindet sich ein Wesen, das sich von Anfang an hartnäckig gegen mich gestellt hat. Es versucht, mich zu täuschen. Es spiegelt seine Abwesenheit vor. Es ist schlecht. Daher scheidet es als Arsenalmitglied aus, denn ich werde es töten lassen. An diesem Beispiel sollt ihr sehen, daß ich nicht mit mir spaßen lasse. Es soll allen als Warnung dienen, kleine Freiheiten, die ich gelegentlich einräume, nicht zu schändlichem Verrat zu benutzen. Die Stimme verklang, und ich wußte plötzlich genau, was ich tun mußte. Ohne die anderen zu beachten, drehte ich mich um und ging zurück zu meiner Korvette. Als ich die Stufe des ausgefahrenen Antigravlifts betrat, kam mir Twoxl entgegen. Er schwebte in seiner üblichen Manier dicht über dem Boden. Auch ihn beachtete ich nicht. Der Lift brachte mich in die unteren Decks, wo neben dem Hangar auch die Vorratslager waren. Als Kommandantin hatte ich Zutritt zu allen Räumen. Auch kannte ich die Kombinationen aller Schlösser der BANANE. Zielsicher öffnete ich das Waffenlager. Ein Roboter kam mir entgegen und fragte, was ich wollte. Ich sagte ihm, er solle sich zum Teufel scheren, und er tat das auch. Dann nahm ich zwei kleine Pakete aus einem Regal und untersuchte sie. Es war das, was ich suchte. Ohne Zögern machte ich mich auf den Rückweg. Draußen hatte sich fast nichts verändert. Der Kreis der Versammelten stand wie zuvor. Nur in der Mitte der Versammelten schwebte Twoxl in wenigen Zentimetern Höhe über dem Erdboden. Dorthin begab ich mich. Unterwegs entfernte ich die Verpackung von den Paketen und schärfte die Zünder. Dann stellte ich mit einer Minute die Zündzeit ein und legte die Hochenergiesprengsätze dicht unter Twoxl ab. Zufrieden betrachtete ich mein Werk. Alles war in bester Ordnung. Dann ging ich zurück an den Platz in dem Kreis der Versammelten, an dem ich zuvor gestanden war. »Bist du von Sinnen?« fauchte der neben mir stehende Solaner mich an. »Was hast du nur getan?« Ich verstand ihn nicht. Meine Augen richteten sich auf die Sprengsätze, die in wenigen Sekunden zünden mußten. Im gleichen Moment fiel etwas von mir ab. Meine Gedanken wurden wieder frei, aber ich konnte mich nicht bewegen. Jetzt erst erkannte ich, daß ich unter einem Zwang gehandelt hatte. Entsetzen befiel mich. Ich wollte Twoxl zurufen, daß er verschwinden sollte, aber ich war nicht imstande etwas zu tun, was den einmal begonnenen Ablauf der Dinge änderte. Es mußte dieses Wesen gewesen sein, das sich Penetranz nannte. Das erkannte ich, aber diese Erkenntnis änderte nichts. So blieb mir nur die Hoffnung, daß Twoxl sich noch selbst helfen konnte. Aber die Zusammenballung aus den sieben Klumpen verharrte unbeweglich dicht über dem doppelten Sprengsatz, bis dieser detonierte. Die Druckwelle riß uns alle von den Füßen. Nur der behaarte Riese trotzte dem Ansturm. Verletzungen konnten wir kaum erleiden, denn dafür waren wir alle zu weit vom Ort der Sprengung entfernt – der
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Siebenteiler Twoxl natürlich ausgenommen. Ich kam wieder auf die Beine und blickte mich um. Dort wo Twoxl sich befunden hatte, zeugte ein gewaltiger Krater von der Wucht der Detonation. Von dem Cpt’Kul selbst war nichts zu sehen, aber das besagte noch nichts, denn ich wußte von seiner unheimlichen Fähigkeit, auf Energien zu reagieren. Die Frage war nur, ob er diese Fähigkeit hatte anwenden können, denn die Penetranz hatte ihn ja zumindest teilweise gelähmt. Bevor ich eine Antwort auf dieses Problem bekam, erblickte ich das leuchtende Ei. Trotz des Größenunterschieds ähnelte es in gewisser Hinsicht Chybrain, den ich einige Male erlebt hatte. Das mußte die Penetranz, der Ableger von Anti-ES sein. Sie kam direkt aus dem Erdboden und schob sich in die Höhe, nur wenige Schritte von mir entfernt. Dann steuerte sie den Krater an. Du hast versagt, Mata St. Felix, hörte ich direkt in meinem Kopf. Du wußtest, daß Twoxl Energien neutralisieren kann, und trotzdem hast du nur eine relativ schwache Ladung gewählt. Ich müßte dich töten. Aber ich werde dir noch eine Chance geben. Die weiteren Befehle empfing ich nur verschwommen, aber wieder wußte ich, was ich zu tun hatte. Die Order der Penetranz ließ sich ganz einfach auf einen Nenner bringen: Töte Twoxl, egal, welche Mittel du dazu verwendest. Diesmal blieb mir ein Teil meines eigenen Willens, so daß ich erkannte, welche Schandtat von mir verlangt wurde. Aber das änderte nichts daran, daß ich gehorchen mußte. Der Siebenteiler setzte sich unterdessen in Bewegung. Also räumte ihm die Penetranz auch größere Freiheiten ein. »Alles an Bord!« befahl ich. »Und dich Sanny, möchte ich bitten, mich zu begleiten.« Die paramathematisch begabte Molaatin zögerte einen Augenblick. Sie mußte sich wohl erst die Genehmigung der Penetranz einholen. Dann schloß sie sich aber meinen Leuten an. Ich begab mich in ihre Nähe. »Sanny!« stieß ich hervor. »Ich muß Twoxl töten, obwohl ich es nicht will. Es ist, als ob mein Verstand mir bliebe, ich aber doch ein ganz anderer Mensch bin.« »Ich weiß das, Mata.« Sanny blickte traurig zu mir in die Höhe. »Es geht uns allen so. Wenn wir keinen direkten Auftrag haben, können wir sogar frei über das untereinander sprechen, was wir wissen und was uns bewegt. Nur gegen den Willen der Penetranz können wir nichts unternehmen. Das ist eine besonders grausame Art der Unterjochung.« Während wir in die Kommandozentrale eilten, berichtete sie mir über die wichtigsten Dinge, die ihr widerfahren waren. Immerhin erfuhr ich so, daß Anti-ES uns nicht nur belogen hatte, als es von der SOL in Bars-2-Bars berichtet hatte. Unsere Heimat existierte tatsächlich noch, und Atlan war drauf und dran, Anti-ES zumindest in Bedrängnis zu bringen. Genug geschwätzt! donnerte die Penetranz dazwischen. An die Arbeit! Tötet die Siebenheit! »Können wir wirklich nichts dagegen tun?« fragte ich Sanny. »Kennt deine Paramathematik denn keinen Ausweg?« Die Kleine schüttelte den Kopf. »Meine Fähigkeiten sind so sehr gelähmt, daß ich zu fast nichts mehr tauge. Nur ganz gelegentlich habe ich ein paar freie Sekundenbruchteile, aber die reichen kaum aus, um
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die eigene Lage zu durchschauen.« Ich gab die Startbefehle und ließ die Feuerleitstände der Waffentürme besetzen. Die Klarmeldungen gingen schneller als gewohnt ein. Die Lenkung meiner Mannschaft durch das blaue Riesenei bewirkte auch hier Wunder. Rasch gewann die BANANE an Höhe. Die Ortungszentrale übermittelte Bilder von Außenaufnahmen. Es dauerte keine zwei Minuten, da hatte die Bordpositronik Twoxl identifiziert. »Auch unsere Positronik?« fragte ich Sanny, und sie verstand, was ich meinte. »Ich weiß, daß die Penetranz zuerst die Plasmazusätze unterjocht, damit sich kein Schiff selbst vernichten kann. Wen sie einmal in ihrem geistigen Griff hat, der kommt nicht mehr los.« Die Molaatin schüttelte traurig den Kopf. Schon Sekunden später berechnete sie jedoch genau, welchen weiteren Weg Twoxl nehmen würde und wo wir ihn am besten mit einem Feuerschlag überraschen konnten. Mir lief es eiskalt über den Rücken, als ich diese Informationen in Befehle an den Piloten und an die Geschütze umsetzte. Keiner meiner Mannschaft protestierte. Jeder unterlag dem Zwang dieses bösen Wesens. »Feuer!« Die Feuerstrahlen rasten auf den Planeten hinab. Mit donnerndem Getöse schlugen sie in den Boden, warfen diesen mit seinem Bewuchs in die Höhe und setzten Wälder in Brand. Da meinen Leuten so die Sicht genommen wurde, befahl ich eine kurze Feuerpause. Die BANANE stoppte. Ich sah schwarzes, schlackeartiges Material im weiten Umkreis auf dem Planeten liegen, ein sicheres Zeichen dafür, daß Twoxl die Energien umgewandelt hatte. Bei dem Ausstoß meiner Geschütze konnte das aber nicht allein alles sein. »Außentemperatur ist auf 480 Kelvingrad gestiegen«, meldete ein Beobachter. »Hyperenergieanmessung«, teilte die Ortungszentrale mit. »Twoxl hat die nicht neutralisierte Energie in die Umgebung und in den Hyperraum abgestrahlt.« Also lebte er noch! Wenig später hatte sich der Sturm unter uns gelichtet, so daß wir ihn auch direkt sehen konnten. Er floh mit höchster Geschwindigkeit in ein dichtes Waldgebiet, das noch nicht in Brand geraten war. Seine Absicht war klar. Er wollte sich unseren optischen Beobachtungsmöglichkeiten entziehen. »Ich habe einen lichten Moment.« Sanny boxte mir gegen das Knie. »Hast du eine Arkonbombe an Bord? Wenn ja, dann setze sie sofort ein. Es wird die Penetranz überzeugen ...« Mit einem Schrei sank die Molaatin neben mir zu Boden.
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»Arkonbombe raus!« brüllte ich. Direkt danach widerrief ich den Befehl. Gut reagiert, Mata St. Felix, hörte ich den Ableger von Anti-ES in mir. Sanny hat mich mit ihrer Berechnung überzeugt. Sie hat mir deutlich gemacht, wie wertvoll Twoxl für uns sein könnte. Durch seine Fähigkeit, auch stärkste Energien zu absorbieren oder abzulenken, ist er unersetzlich für das Arsenal. Ich schenke ihm sein Leben und bewerte die Geschehnisse als bestandene Prüfung für ihn. Innerlich atmete ich bei diesen Worten auf. Ganz verstand ich zwar noch nicht, wie Sanny das erreicht hatte, aber zumindest war Twoxl erst einmal gerettet. Die Molaatin kam auch wieder auf die Beine. Ich berichtete ihr, was ich von der Penetranz gehört hatte. »Vielleicht wäre es für Twoxl und uns alle besser gewesen«, sagte sie matt, »wenn er und dieser verdammte Arsenalplanet untergegangen wären.« Meine Piloten lenkten die BANANE zum alten Landeplatz zurück, und ich war nicht in der Lage, etwas Gegenteiliges zu befehlen. »Die Penetranz wollte ihren Planeten schützen«, vermutete ich. »Ja«, meinte die Molaatin. »Durch die entfesselten Energien wäre der Energieneutralisator wahrscheinlich nicht vernichtet worden. Das zeigte der Penetranz, wie wertvoll er ist. Und das wiederum rettete sein Leben.« Ich dachte nicht weiter über diese Ereignisse nach, denn mich beschäftigten weiter nur Fluchtgedanken. Ich wollte weg von diesem unseligen Ort. Noch bevor wir den Landeplatz bei den Blechhütten wieder erreichten, tauchte das Wesen Asgard auf und holte Sanny von Bord. Auch Twoxl verschwand im Leib der Plasmakugel, wie meine Beobachter mir mitteilten. Welche Prüfungen standen uns jetzt noch bevor? Diese Frage beschäftigte mich nun mehr denn je, denn einen Ausweg aus den geistigen Klauen der Penetranz sah ich noch nicht. Wir besaßen ein automatisiertes Fluchtprogramm mit einer anschließenden Linearetappe über einige Dutzend Lichtjahre. Daran mußte ich nun denken, auch wenn ich mir bewußt war, daß die Penetranz jeden meiner Gedanken verfolgen konnte. Die Auslösung dieser Schaltung war kompliziert, aber wenn sie einmal erfolgt war, konnte sie durch nichts, auch nicht durch die Bordpositronik, rückgängig gemacht werden. Ich öffnete eine kleine Klappe an dem Kommandopult. Die Eingabetastatur wurde sichtbar. In Sekunden tippte ich die Kombination ein und aktivierte so den eigentlichen Auslöser. Als ich diesen jedoch berühren wollte, war meine Hand wie gelähmt. Keine Kraft brachte mich dazu, sie noch einen Millimeter zu bewegen. »Notstoppen!« schrie ich laut. »Auch wenn wir durcheinanderpoltern.« Meine beiden Piloten gehorchten blind und wie Automaten. Sie brachten die BANANE aus dem schnellen Flug über die Planetenoberfläche schlagartig zum Anhalten. Das ging so schnell, daß selbst die Andruckneutralisatoren für einen Sekundenbruchteil den Stoß nicht abfangen konnten.
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Dieser winzige Ruck genügte, damit ich nach vorn kippte und den Auslöser des Notfluchtschalters berührte. Sofort reagierte die Automatik. Die Korvette beschleunigte in den Weltraum hinaus. Ich fühlte, wie der Zwang der Penetranz langsam nachließ. Auch die Frauen und Männer in der Zentrale machten wieder befreite Gesichter. In den oberen Schichten der Atmosphäre des Arsenalplaneten erfolgte bereits die Einleitung der Linearetappe. Der Zwischenraum nahm uns auf, und ich fühlte, daß wir trotz des Verlusts von Twoxl zumindest einen Teilsieg errungen hatten. Der Linearflug dauerte nur wenige Minuten, dann fielen wir wieder in den Einsteinraum zurück. Die Orter stellten einen einsamen Planetoiden, der in sehr großer Entfernung einen Stern umkreiste, in geringer Entfernung fest. »Wir machen dort erst einmal Halt und orientieren uns«, entschied ich. »Dann müssen wir versuchen, die SOL oder den Planeten Anterf zu finden, von dem uns Sanny berichtet hat. Der Penetranz sind wir erst einmal entkommen.« Das glaubt ihr Narren, sagte die widerliche Stimme. Ihr haltet euch immer noch für besonders klug, dabei müßtet ihr längst gemerkt haben, daß ihr nicht die kleinste Chance gegen Anti-ES habt. Ich zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Vor euch liegt ein Teil eines ehemaligen Planeten. Dort befinden sich noch zwei Wesen, die ich für das Arsenal benötige. Es ist eure Bewährungsaufgabe, sie zu befreien und sie unversehrt zum Arsenalplaneten zu bringen. Als Warnung sei euch gesagt, daß ihr den harmlos aussehenden Brocken nicht einfach anfliegen dürft. Das wäre euer schneller Tod. Ich sah, wie meine Leute starre Gesichter bekamen, und ich fühlte, wie der Zwang der Penetranz wieder in mir erwachte. Erschöpft und niedergeschlagen sank ich in meinen Kommandantensessel. * Vessel Moora: Ich wußte nicht, wie lange Ryta und ich schon in diesem Gefängnis saßen. Unsere Nahrungsmittel neigten sich dem Ende zu. Wir hatten in guter Übereinstimmung die wenigen Reste, die wir nach der Katastrophe besessen hatten, streng rationiert. Der Hungertod war absehbar, wenn nicht vorher die ohnehin schon unregelmäßig arbeitende Klima- und Luftversorgungsanlage versagte. Ryta Bolanc lag auf ihrer Decke
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und schlief. Ich starrte durch das kleine Fenster hinaus auf die Schwärze des Alls und überlegte noch einmal, wie alles gekommen war. Unser Achtteilerschiff hatte im Auftrag der Regierung ein geheimes Kommando übernommen. Immerhin war es mir dadurch erstmals möglich gewesen, die unüberschreitbare Enge unseres Planeten zu verlassen. Schließlich war jeder Gyranter von der Idee in irgendeiner Weise beseelt, einmal zu erfahren, was es außerhalb unserer Welt noch gab. Auf geheimnisvolle Weise hatten wir ein Raumgebiet erreicht, in dem man mit dem bloßen Auge Milliarden von anderen Sternen sehen konnte. Zu Hause war es ein einziger gewesen, unsere Sonne. Hier schien es vor Leben nur so zu sprühen. Daß dem wirklich so war, erfuhren wir schneller, als es uns lieb gewesen war. Die Schiffe, auf die wir stießen, waren nicht nur stärker und schneller gewesen, sie hatten auch die klügere Taktik besessen. So waren wir in Gefangenschaft geraten, ohne dabei auch nur einmal die zu sehen, die das erreicht hatten. Unser Auftrag war gescheitert. Und wenn kein Wunder geschah, würden wir Gyrant nie wiedersehen. Dann war die Katastrophe über den Planeten hereingebrochen, auf dem unser Gefängnis war. Ryta und ich wußten nicht, was wirklich geschehen war und warum gerade wir beide in unserer Zelle überleben konnten, denn von nirgendwoanders hörten wir noch ein Lebenszeichen. Draußen gab es keine Atmosphäre mehr, wie das klare Licht der Sterne bewies. Niemand kam mehr, um nach uns zu sehen. Verlassen durften wir die Zelle auch nicht, denn wir hatten festgestellt, daß bereits der anschließende Gang luftleer war. Unser Tod stand fest, aber wir wollten nicht aufgeben. Vielleicht geschah doch noch ein Wunder. Ryta räkelte sich und schob die Decke zur Seite. Sie befand sich im mittleren Alter und war ein wahres Muskelpaket und fast einen Kopf größer als ich. Ihre breite Figur mit den roten Haaren entsprach nicht meinen Vorstellungen von einer Gyranterin, aber was besagte das in dieser Lage schon. Andererseits war ich auch keine Schönheit, obwohl ich einige Jahre jünger war. Ich war zu hager und knochig, mir wuchs nicht einmal ein Bart, und auf dem Kopf sprossen nur kurze blonde Stoppelhaare. »Etwas entdeckt?« fragte sie schlaftrunken und erschöpft. Ich schüttelte den Kopf und warf wieder einen Blick aus dem kleinen Zellenfenster, das aus dickem, eisenbewehrten Panzerglas bestand. Ryta ging unterdessen in die Naßzelle, um sich zu erfrischen. Erstaunlicherweise hatte auch die Wasserversorgung noch nicht versagt. »Geht deine Uhr wieder?« rief sie von nebenan. »Nein. Sei sparsam mit dem Wasser. Ich glaube, daß die Luft allmählich stickig wird.« »Das sagst du schon seit Tagen. Und daß die Beleuchtung flackert und daß das Wasser schal schmeckt. Dabei ist alles unverändert«, tönte sie zurück. Es waren immer die gleichen Gespräche, denn alles Wesentliche war längst mehrfach gesagt worden.
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»Aber unsere Rationen neigen sich dem Ende zu«, entgegnete ich ärgerlich, weil ich sie nie überzeugen konnte. »Da hast du ausnahmsweise einmal recht.« Ich hatte genau gewußt, daß sie diese Antwort geben würde. »Es muß etwas geschehen, Ryta«, erklärte ich ihr, als sie wieder in die Zelle kam. »Sonst sterben wir in wenigen Tagen.« »Es ist etwas geschehen, Vessel.« Sie packte mich so fest am Oberarm und drückte zu, daß ich mich vor Schmerzen krümmte. »Sieh hinaus!« Ich schob ihre Hand weg und folgte ihrem Blick. »Da!« schrie sie wie ein kleines Kind, dem man zum erstenmal erzählt, daß es außerhalb von Gyrant noch viele andere Welten geben soll. Ein großes kugelförmiges Raumschiff schob sich in einigen hundert Fuß vor unseren Blicken vorbei. »Wir müssen ein Zeichen geben, Vessel«, drängte mich die Frau. Wieder faßte sie mich dabei an, als wollte sie mich zerdrücken. »Laß mich los«, quetschte ich hervor. »Dann gebe ich ein Signal. Ich habe es ja vorbereitet.« Es handelt sich um eine Leuchtbombe, die ich aus dem Stroh unserer Matratzen und etwas Speiseöl gebastelt hatte. Vorsichtig legte ich den kleinen Ballen auf das Fenstersims. Dann kramte ich mein Feuerzeug hervor und entzündete das Stroh. Die Flamme war heller, als ich es mir gedacht hatte, aber das bedeutete auch, daß sie mehr Sauerstoff verbrauchte, als mir recht war. Die Luft war ohnehin stickig genug. Die Hitze zwang uns, vom Zellenfenster zu verschwinden. Wir traten auf die gegenüberliegende Seite und warteten, bis der primitive Leuchtsatz erloschen war. Als wir wieder an das Fenster eilen konnten, war das Raumschiff verschwunden. »Es ähnelte sehr einem unserer Schiffe«, sagte Ryta optimistisch. »Es war ein Achtteiler«, wehrte ich ab. »Also waren es Fremde. Vielleicht haben sie uns nicht bemerkt. Vielleicht interessiert sie dieser planetare Trümmerbrocken gar nicht.« »Warum sind sie dann hier, Vessel Moora? Sie suchen etwas. Also müssen sie uns finden.« Ich kam gar nicht zu einer Antwort, denn eine heftige Erschütterung lief durch den Boden.
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»Sie schießen auf uns!« schrie Ryta entsetzt. »Bei allen Göttern und Hütern der Schlafenden Mächte! Das müssen Wahnsinnige sein.« Ich beobachtete den Flammenstrahl, der von uns weg in den leeren Raum zischte. Also schossen nicht die Fremden auf uns. Es mußte sich um die Geschütze der Gefängnisfestung handeln, die plötzlich aktiv geworden waren. Ich teilte Ryta meine Beobachtungen mit, aber sie bemerkte nichts dazu. Ihr Optimismus war schnell wieder geschwunden. Wieder sah ich das kugelförmige Schiff. Es war in leuchtende Schutzschirme gehüllt und unversehrt. Diesmal blieb es in scheinbar sicherer Distanz von uns. »Diese Untätigkeit macht mich krank«, jammerte die Frau. »Wir sitzen hier und warten, bis entweder wir in Stücke geschossen werden oder das Raumschiff, das uns herausholen könnte.« Erneut sprachen die für uns unsichtbaren Waffen der Gefängnisfestung. Ein kleines Beiboot oder eine Sonde, jedenfalls etwas, was das fremde Schiff ausgestoßen haben mußte, verging in der Flammenglut. Ein weiterer Treffer aus mehreren Geschützen landete in den Schutzschirmen des Hauptschiffs und richtete dort verheerende Wirkungen an. »Sie lassen sich abknallen, diese Narren!« schimpfte Ryta aufgeregt. »Sie wissen nichts von der Taktik der ... der ...« Sie brach ab, weil wir nicht einmal wußten, wie die sich nannten, die uns damals aufgerieben und gefangen hatten. »Wenn wir uns mit ihnen verständigen könnten«, klagte ich, »dann könnten wir ihnen mitteilen, daß die Waffen unseres gemeinsamen Gegners auf alles reagieren, was nicht biologischen Ursprungs ist. Wo hast du dein Funkgerät?« »Schon lange zerlegt. Mit irgendwas mußte ich mich ja beschäftigen.« »Bau es zusammen! Vielleicht hören sie uns.« Sie holte die Teile unter ihrer Matratze hervor. Gemeinsam machten wir uns an die Arbeit, während draußen immer wieder Feuerstöße durch das Dunkel des Weltraums geschickt wurden. »Selbst wenn die Kiste noch funktionieren sollte«, meinte meine Gefährtin brummig, »wie sollen wir uns verstehen?« »Wir müssen es einfach versuchen. Der Empfänger ist defekt, aber der Sender könnte noch funktionieren.« Schließlich waren wir fertig. Ob das kleine Normalfunkgerät tatsächlich noch arbeitete, konnte ich nicht feststellen. Ich ging damit ans Fenster und streckte die Antenne in Richtung der Öffnung. Viel Energie würde nicht ins Freie gelangen.
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»Hier sind zwei gefangene Gyranter in Not«, sprach ich in das Gerät. »Die Abwehrvorrichtungen reagieren auf alles Nichtnatürliche und Nichtbiologische.« Ich wiederholte diese Sätze mehrmals, bis das Gerät mit einem dumpfen Knall auseinanderfiel und eine feine Rauchwolke signalisierte, daß es endgültig seinen Geist aufgegeben hatte. »Nun können wir nur noch hoffen«, sagte Ryta und starrte nach draußen, wo die Waffen inzwischen schwiegen. »Nicht einmal das«, entgegnete ich. »Wenn die Fremden keinen Weg finden, die Abwehrforts auszuschalten, sind wir verloren.« Wir warteten schweigend und wechselten uns am Fenster ab. Als ich wieder an der Reihe war, glaubte ich zu träumen. Ich sah mehrmals hin, bis ich mir ganz sicher war. Tatsächlich näherten sich ganz langsam drei Gestalten, die in der äußeren Form uns Gyrantern sehr glichen. Ihre dunklen Körper glänzten matt im Licht der fernen fremden Sonne. Ich erkannte keinerlei Bekleidung oder Ausrüstung an ihren Körpern. Nun holte ich Ryta ans Fenster. »Das gibt es doch nicht«, sagte sie verblüfft. »Wie können sich Gyranter ohne Hilfsmittel und Atemluft durch den leeren Raum bewegen?« »Ganz einfach.« Ich lachte befreit auf, denn jetzt stiegen unsere Überlebenschancen wieder. »Es sind keine Gyranter! Sie sehen so aus wie wir, aber sie müssen einen ganz anderen Metabolismus haben. Auch glaube ich, daß unsere Funkbotschaft etwas bewirkt hat.« Unsere Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, denn die fremden Gestalten verschwanden bald wieder aus unserem Blickwinkel. Dafür drangen aber schon bald Geräusche aus der Nähe des Planetenfragments an unsere Ohren. »Sie versuchen die Abwehrforts zu desaktivieren«, vermutete ich laut. Ryta schwieg nur und lauschte auf die fremden Klänge. Es waren die ersten Geräusche aus unserer Nähe, die wir seit einer Ewigkeit zu hören bekamen. »Da!« rief sie und deutete auf das Zellenfenster. Ganz dicht davor wurde der Kopf eines Fremden sichtbar und dazu eine Hand, die uns zuwinkte. Die Geste wirkte beruhigend. Ich winkte in der gleichen Form zurück. Wenig später sahen wir, wie sich das Raumschiff der Fremden näherte. Diesmal schwiegen die Geschütze des Gefängnisses, und das bestätigte meine Vermutung, daß es den Weltraumwanderern (wie ich die Fremden genannt hatte) gelungen war, die Automatik abzuschalten. Sie legten ein Energiefeld um unsere Zelle und verband diese mit der ihres Raumschiffs. Der Rest war Routinearbeit. Die Wände wurden von außen durchbrochen.
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Wir erblickten neben zwei Weltraumwanderern auch normale Gyranter. Lachend und voller Freude liefen wir auf sie zu. Einer von ihnen sagte etwas in einer fremden Sprache, und daran erkannte ich, daß es doch keine Gyranter waren. Ein Gerät übersetzte holprig das Gehörte in unser Idiom. »Willkommen, Fremde. Wir retteten euch, aber ob ihr uns das danken werdet, ist fraglich.« Ich verstand nicht, was das zu bedeuten hatte. Ryta und ich starrten uns verblüfft an. Die Aufgabe ist erfüllt, hörte ich plötzlich ganz klar und deutlich in meinem Kopf. Die Buhrlos haben ihre Bewährung bestanden. Vessel Moora und Ryta Bolanc. Ich untersage euch, denen, die euch gleichen oder denen, die ihr die Weltraumwanderer genannt habt, irgendwelche Auskünfte zu geben. Ihr werdet bald erkennen, daß ihr eure Vergangenheit nicht wirklich erlebt habt. Ihr wart Mittel zum Zweck, und ihr seid es auch weiterhin. Geht an Bord des Raumschiffs. Es wird nun zum Arsenalplaneten zurückkehren. Ich faßte mir an den Kopf. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die Erinnerung verblaßte, und eine andere trat an ihre Stelle. Die Penetranz hatte uns geschickt. So war es gewesen. Und jetzt waren wir auf dem Weg zu ihr zurück. »Komm, Ryta!« Ich winkte meiner Gefährtin zu und schritt, ohne die Fremden zu beachten oder ihnen zu danken, durch die Schleuse in das Raumschiff. * Die Jenseitsmaterie: Auf undurchschaubare Weise wurde ich meinem Mutterleib entrissen, um einem anderen Wesen zu dienen. Ich mußte gehorchen, so befahl es die Quelle, der ich entstamme. Das Opfer, das ich bringen mußte, war von Anfang an unverständlich. Erst wenn ich es erkenne – und ich weiß nicht einmal, ob das je der Fall sein wird –, werde ich vielleicht ohne den inneren Zwang handeln können. Lange Zeit ließ mich mein neuer Herr in Ruhe. Nun hat er mich auf eine Reise geschickt, die mich in einen fremden Raum bringen soll. Mein Auftrag ist mir bewußt. Ich werde mich nicht dagegen wehren, sondern der Weisung der Quelle Folge leisten, bis ich vielleicht den Sinn dieses Opfers durchschaue. Die Öffnung verschluckt mich und spuckt mich auf der anderen Seite wieder aus. Die letzten Bande zur Mutterquelle reißen damit ab. Ich bin allein, allein mit meinem bißchen Wissen und meiner Unfreiheit. Dieser Raum ist ganz anders als meine Heimat. Er ist von einer Vielzahl von hektischen Impulsen durchflutet, die ich nicht identifizieren kann. Der Raum gefällt mir nicht, aber ich weiß, daß ich wohl für immer hier bleiben muß. Ich gleite langsam auf den nahen Planeten zu. Dort, so spüre ich, befindet sich ein Teil meines Herrn. Auch das Raumschiff, dem ich dienen soll, stelle ich schon aus der Ferne fest. Es ist beschädigt, aber die Leute dort sind dabei, es mit Hilfe ihrer Roboter zu reparieren.
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Die Penetranz tastet nach mir. Sie hat keine Gewalt über mich. Die braucht sie auch nicht zu haben, denn sie weiß, daß ich freiwillig gehorchen werde. Auch kann ich mich ihr nicht mitteilen, und sie kann meine bescheidenen Wahrnehmungen nicht interpretieren. Ich bin zu anders für sie, denn ich stamme aus der Quelle der Jenseitsmaterie. Ich lasse mich in ihrer Nähe nieder und verhalte mich dabei so, daß mich niemand sehen kann. In meiner jetzigen Form bin ich eine Kugel, die etwa so groß ist wie einer der Köpfe der Wesen, die dort an dem Raumschiff arbeiten. Meine Größe hat jedoch keine wirkliche Bedeutung für meine Aufgabe, denn ich bin echte Jenseitsmaterie. Die Penetranz lenkt ihre Vasallen und treibt sie zu höchsten Leistungen an. Ich nehme die Strömungen der Umgebung in mich auf, um meinen Informationsstand zu erweitern. Insgeheim habe ich noch immer die Hoffnung, den Sinn dieses Treibens und den Sinn meines Opfers zu verstehen. Es ist aber alles so anders und so fremdartig, daß ich auch dann, wenn ich die Wahrnehmungen aneinanderreihe, keinen Sinn erkennen kann. Das Raumschiff heißt in den Köpfen der Reparaturmannschaft BANANE oder MT-K9. Die Penetranz bezeichnet es aber als ARSENALJYK oder als ARSENALJYK I, und sie weiß, daß es noch eine ARSENALJYK II geben wird. Für mich ist das alles unsinnig, aber ich erkenne, daß meine Aufgabe etwas mit der ARSENALJYK zu tun hat. Zwei aus dem Kreis der Wesen dort unten sind anders. Sie denken fast nichts, und sie schweigen. Auch läßt man sie nicht an den Reparaturarbeiten teilnehmen. Es stört die anderen, daß diese beiden ohne Bewährung in das Arsenal aufgenommen wurden, aber keiner kann etwas dagegen sagen oder gar aktiv tun. Die Namen dieser beiden Zweibeiner sind Vessel Moora und Ryta Bolanc. Ein weibliches Wesen aus dem Raumschiff, wohl die Chefin des Unternehmens, bezeichnet Vessel Moora und Ryta Bolanc als geheimnisvoll und undurchschaubar. Damit hat sie recht, denn die beiden wissen nichts über ihre wirkliche Herkunft oder ihre Vergangenheit. Die Penetranz läßt solche Gedanken bei diesen beiden auch nicht zu, denn sie verfolgt andere Pläne mit ihnen. Dafür unterzieht sie sie aber einer intensiven Schulung. Vessel und Ryta sind der Sprache der anderen Zweibeiner nicht mächtig. Jetzt müssen sie diese lernen. Interkosmo wird diese Sprache genannt. Die Pläne der Penetranz in bezug auf die beiden Gyranter erkenne ich jedoch nicht. Sie sind wohl noch nicht ausgereift. Es dauert längere Zeit, bis der eiförmige Ableger meines neuen Herrn mit den Reparaturarbeiten zufrieden ist. Er lobt nochmals die Arbeit der Buhrlos, die die beiden Gyranter befreit haben und erwähnt nun erstmals, welche Absichten er mit mir vorhat. Die Menschen (das sind die Solaner und die Buhrlos nach der Meinung der Penetranz, obwohl die Buhrlos auch Solaner sind) hören staunend zu. Ihr Schiff hieße jetzt ARSENALJYK, und ich, die Jenseitsmaterie, werde erscheinen, um mich über die Außenhülle zu legen. Damit soll die ARSENALJYK unverwundbar und unbesiegbar gemacht werden. Ich verlasse mein Versteck und tue das, was mir aufgetragen worden ist. Als rot und grün schillernder Ball, der immer mehr an Größe gewinnt, schwebe ich über die Arsenalmitglieder hinweg. Die fremde Materie fühlt sich tot und stumpf an, aber das ist nicht unangenehm für mich. Ich verbinde mich intensiv mit ihr, wobei mein Leuchten etwas nachläßt. Die Penetranz ist zufrieden, und sie teilt das ihrem Haupt-Ich, also meinem Herrn Anti-ES, mit. Auch von dort kommt ein Impuls der Zufriedenheit.
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Die Erfüllung meines Auftrags hat damit begonnen. Automatisch damit verbunden ist ein Eindämmern meines schwachen Eigenbewußtseins. Ich werde dieses Schiff gegen alle Gefahren schützen, das steht fest. Bevor ich dahindämmre, um nur noch diesem Schutz zu dienen, nehme ich wahr, daß die Penetranz die ARSENALJYK einer Prüfung unterziehen will, bei der das gesamte Arsenal beteiligt sein soll. Mir soll das nur recht sein, denn dann wird man sehen, daß ich die Unantastbarkeit des Raumschiffs garantieren kann. Und noch ein letzter Gedanke erreicht mich. Die Penetranz wartet noch auf ein Wesen, dessen Namen sie nicht weiß. Es soll der Arsenalführer sein. Da das Eintreffen dieses Wesens noch nicht in nächster Zeit erfolgen kann, soll ein vorläufiger Stellvertreter für dieses ermittelt werden. Der Auslesekampf soll zuerst stattfinden. Danach darf auch ich mich bewähren ... * Kik: Mein ganzes Leben schien aus einer Aneinanderreihung von Verrücktheiten zu bestehen. Die Hoffnung, einmal als normaler Vlahreser existieren zu können, hatte ich längst aufgegeben. Es mußte wohl in der Absicht meines einen Elternteils Annymon gelegen haben, daß ich diesen Weg gehen mußte, der so gravierende Stationen wie die Geburt in der Fremde, die Entführung aus dem heimatlichen Universum, den Aufenthalt bei den Grenzwächtern der Namenlosen Zone und auf der Basis des Ersten Zählers Janv-Zount oder die Rückkehr in das eigentliche Universum mit Asgard enthielt. Danach war ich auf Sanny gestoßen, mit ihr auf merkwürdige Weise nach Bars-2-Bars gelangt. Ich hatte Atlan wiedergesehen, aber ich konnte nicht bei ihm bleiben, denn Sanny und ich wollten selbst Schicksal spielen, um den Sinn unseres außergewöhnlichen Daseins zu begreifen. Es war ein böser Fehler gewesen, Atlan und die Solaner wieder zu verlassen, denn wir waren prompt in die Fänge von Anti-ES gelangt. Für dieses böse Wesen mußten wir auch noch jetzt als Arsenalmitglieder gegen meine eigentlichen Freunde kämpfen. Die Penetranz, so interessant sie auch sein mochte, war für mich die Ausgeburt der Scheußlichkeit. Jede Übeltat, die wir begangen hatten und begehen würden, erlebte ich bewußt in der Erkenntnis, falsch zu handeln. Und doch konnte ich nichts dagegen unternehmen. Das violette Ei hatte sich eine neue Maßnahme ausgedacht und diese soeben mitgeteilt. Ich stand mit Sanny vor einer der Wellblechhütten und diskutierte mit ihr die Ankündigung. Die Penetranz wollte den Stärksten aus unserem Kreis durch einen Auslesekampf ermitteln. Dieser sollte dann der Stellvertreter des noch zu erwartenden Arsenalführers werden.
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»Einen Trost haben wir«, meinte Sanny müde. »Der Auswahlkampf soll nicht mit tödlichen Waffen geführt werden. Wenn ich daran denke, wie ich mitgeholfen habe, Twoxl zu töten, dann wird mir jetzt noch übel.« »Mata sagte, daß du es aber auch gewesen bist, der ihm letztlich das Leben rettete«, versuchte ich ihre Niedergeschlagenheit zu beseitigen. »Das schon. Mir half der Zufall, weil die Penetranz mich für eine winzige Zeitspanne aus ihren Klauen ließ. Tröstlicher ist es schon, daß Twoxl mir verziehen hat.« »Das müssen wir ja wohl, und es fällt uns leicht. Schließlich erlebt jeder von uns, wie er in der Abhängigkeit gegen seine eigenen Interessen handeln muß. Nach dem Kampf ›Jeder gegen jeden‹ wird das auch nicht anders sein.« »Es kämpft nicht jeder gegen jeden.« Sanny hob drohend ihre kleinen Fäuste in die Höhe, als die Penetranz unweit von uns durch das Gelände auf die ARSENALJYK zuschwebte. Der Ableger von Anti-ES reagierte nicht darauf, aber ich war mir sicher, daß er es bemerkt hatte und daß er auch weiterhin jeden unserer Gedanken verfolgte. »Wer verliert, scheidet als Anwärter auf den Stellvertreter des unbekannten Chefs des Arsenals aus.« Die Penetranz wählte die ersten Paare selbst aus. Ich traf auf einen bulligen Solaner aus der Crew der ARSENALJYK. Obwohl der Mann fast die doppelte Größe besaß wie ich, hatte ich keine Schwierigkeiten, ihn zu überwältigen. Er unterschätzte wohl, welche Kräfte in meinen fünf Extremitäten ruhten, die ich wahlweise als Arme oder Beine verwenden konnte. Da ich außerdem keinen großen Körper besaß, bekam er mich auch gar nicht zu fassen. Es lag mir nicht, mich körperlich auseinanderzusetzen, aber ich mußte dem Druck der Penetranz gehorchen. So machte ich kurzen Prozeß. Als der Mann mit dem Rücken auf dem Boden lag und ich seinen Hals zuschnüren konnte, befahl mir die Penetranz, von ihm abzulassen. Nach der ersten Runde zeigte sich, daß die normalen Solaner, die mit Mata St. Felix gekommen waren, nur eine Siegeschance besaßen, wenn sie untereinander kämpfen mußten. Die Penetranz verringerte daher den Kreis der Teilnehmer drastisch. Ich erhielt den Befehl, gegen Ryta Bolanc, die merkwürdige Person, die wie eine Solanerin aussah und doch keine sein konnte, zu kämpfen. Die Frau wirkte wie eine Dampfwalze auf mich, und ich mußte vorsichtig sein. Sanny, die in der ersten Runde gegen Tyari ausgeschieden war, wollte mir noch einen guten Ratschlag geben, aber da war die kräftige Frau schon heran. Ich sprang zur Seite, aber sie erwischte ein Bein und zerrte mich damit fort.
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Nun wurde es gefährlich, denn bei einer zu großen Beanspruchung würde dieses Glied aus meinem Körper gerissen werden. Ich hatte keine Lust, den Rest meines Daseins als Vierbeiner zu verbringen. So rollte ich mich an der einen Extremität ein, wodurch ich in die Nähe von Rytas Kopf kam. Dort schnellte ein Arm nach vorn und legte sich über ihre Augen. Mit zwei weiteren Armen packte ich nach ihrem Hals. Irgendwie brachte es die Frau dann aber doch fertig, mich von sich zu schleudern. Ich war schnell wieder auf den Beinen und rannte erst einmal ein Stück zur Seite. Du darfst nicht fliehen, drohte mir die Penetranz, sonst werde ich dich disqualifizieren! Mir schien das die ideale Lösung zu sein, denn ich hatte weder Lust zu kämpfen, noch wollte ich der stellvertretende Führer dieser gegängelten Schar werden, die sich pausenlos selbst verraten mußte. Als ich jedoch kehrtmachte, um endgültig abzuhauen, versagten meine Muskeln. Die Bedeutung der Aussage der Penetranz wurde mir schmerzlich bewußt. Ich konnte nicht fliehen! Zu allem Überdruß nutzte Ryta Bolanc diese verlorenen Sekunden aus. Sie warf sich von hinten über mich und drückte mich zu Boden. Dabei umklammerte sie geschickt vier Arme gleichzeitig und schnürte mir das Blut in den Adern ab. Jeden Augenblick konnte das Schlußsignal von der Penetranz kommen. Ich sehnte es förmlich herbei, aber der Zwang verleitete mich auch jetzt noch, mich zu wehren. Ich ringelte den einen noch halbwegs freien Arm in die Höhe und stieß ohne Überlegung mit einem Finger zu. Ryta zucke mit einem Schmerzschrei zurück, und sofort versuchte ich es noch einmal. Ich schien eine empfindliche Partie an ihrem Kopf erwischt zu haben. Nun löste sie die Umklammerung. Ich kam wieder frei und sah, daß sie sich ein Ohr hielt. Bevor sie mich wieder angreifen konnte, schnellten drei Extremitäten nach vorn und legten sich um ihre Beine. Mit den beiden anderen krallte ich mich am Boden fest und zog mich ruckartig zusammen. Die schwere Frau stürzte hinterrücks auf einen Felsbrocken und rührte sich nicht mehr. Ich atmete tief durch und vernahm dazu die lobenden Worte der Penetranz. Daß ich unwahrscheinliches Glück bei diesem Kampf gehabt hatte, zählte für sie offensichtlich nicht. Wahrscheinlich kam es diesem bösen Wesen nur darauf an, einen psychologischen Effekt auszunutzen. Der am Ende Unbesiegte sollte von den anderen anerkannt werden. Ihr bekommt eine kleine Erholungspause, tönte die Gedankenstimme. Dann entscheide ich, wer weiter gegen wen kämpfen muß. Ich schlich noch benommen zur Mitte des Platzes zurück. Die Unterbrechung gab mir Gelegenheit, mich bei Sanny zu informieren, was inzwischen geschehen war. Zu meiner Überraschung waren nur noch vier Anwärter auf den Sieg vorhanden, nämlich Asgard, Twoxl, Mjailam und ich. »Ich habe gegen keinen der drei eine Chance«, erklärte ich Sanny. »Es spielt keine Rolle, Kik«, versuchte sie mich zu beruhigen. »Der ganze Kampf ist sowieso sinnlos. Mich würde interessieren, wer der wirkliche Führer des Arsenals sein soll. Ich vermute fast, daß er oder sie auch aus dem Kreis der Freunde Atlans oder der SOL kommen wird.«
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»Vielleicht ist alles auch nur ein Trick der Penetranz«, überlegte ich laut, »um uns anzustacheln. In jedem von uns gibt es das Gefühl, Macht über andere ausüben zu wollen. Das nutzt die Penetranz aus.« »Es mag stimmen, Kik. Hier übt jedoch nur einer wirklich Macht aus, und das ist Anti-ES durch seinen Ableger.« Die Pause war viel zu kurz für meinen Geschmack. Ich mußte nun gegen Twoxl antreten. Danach sollte Mjailam gegen Asgard kämpfen. Für mich stand damit schon fest, daß der urwüchsige Mjailam einer der beiden Endkämpfer war, denn er hatte das Plasmawesen schon einmal besiegt. Es war mir ein Rätsel, warum die Penetranz diese Auseinandersetzung noch einmal erleben wollte. Eigentlich war auch klar, daß ich gegen Twoxl keine Chance hatte. Ich wußte zwar nichts über seine Kampftaktik, denn ich hatte keine Gelegenheit gehabt, ihn bei den Vorkämpfen zu beobachten. Und auch sonst wußte ich über den Siebenteiler nur, daß er Energien neutralisieren oder ableiten konnte. Zeit, um Sanny zu fragen, hatte ich auch nicht mehr, denn schon jagte mich die Penetranz los. Twoxl wartete unbeweglich wenige Zentimeter über dem Boden. Er hatte seine sieben Komponenten zu einer Kette geformt, die einen Halbkreis mit der Öffnung zu mir bildete. Es sah aus, als wolle der Siebenteiler mich damit umzingeln. Ich ging langsam auf ihn zu, und in mir erwachte wieder der Drang, auch diesen Kampf zu meinen Gunsten zu entscheiden. Die Teile Twoxls sahen zwar aus wie Steine, aber sie mußten doch organische Masse sein. Als ich noch etwa zehn Meter von ihm entfernt war, löste sich ein Fragment aus dem Ende der Kette und schoß auf mich zu. Ich konnte mich gerade noch ducken, um diesem lebenden Geschoß auszuweichen. Als ich wieder nach vorn blickte, war der zweite Brocken schon da. Ich sprang zur Seite. Der dritte Teil-Twoxl streifte meinen Kopf und pflügte eine Spur in die langen Haare. Ich kam gar nicht zu einer Gegenwehr, denn Sekundenbruchteile später war das vierte Geschoß zur Stelle. Es klatschte mir zwischen die Augen und warf mich um. Ich lag auf dem Boden und konnte mich nicht mehr bewegen. Auf jedem meiner Arme oder Beine thronte ein Twoxl und drückte mich gegen den Boden. Und eine Doppelkugel schwebte direkt über mir und quetschte mich nun in den Boden. Ich konnte nicht mehr atmen und sank schlaff zusammen. Es war wie eine Erlösung für mich, als die Penetranz Twoxl zum Sieger erklärte und dieser von mir abließ. »Tut mir leid«, murmelte er, als sich seine Komponenten wieder vereinigten. »Du weißt ja, daß es sein mußte.« Ich gab ihm keine Antwort, denn mein Körper schmerzte stark. So lehnte ich mich an eine Hüttenwand und verfolgte, wie Asgard und Mjailam ihren Kampf austrugen. Die Geschichte ihrer ersten Begegnung kannte ich aus den Erzählungen der anderen.
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Asgard ging diesmal vorsichtiger an die Sache. Er breitete sein Zellplasma flach auf dem Boden aus und hielt nur einen langen Arm zurück, mit dem er versuchte, Mjailam zu packen. Der schien sich jedoch ganz sicher zu fühlen, denn er ließ das Plasmawesen gewähren. Kaum hatte der Pseudoarm ihn erreicht, da griff Mjailam zu und bewies erneut seine gewaltigen Körperkräfte. Er schleuderte Asgard in die Höhe. Wie er das bei dem bestimmt nicht geringen Gewicht und Asgards Fähigkeiten, Gravitationsfelder zu erzeugen, machte, war mir ein Rätsel. »Er tankt Energien aus der galaktischen Umgebung«, erklärte mir Sanny. »Er ist der Körper aus Prezzars Instinkt. Da ist selbst Asgard unterlegen.« Nun stürzte sich Mjailam in die wogende Masse, die keine regelmäßige Form mehr besaß. Es sah für mich aus, als würde er mit einem riesigen Brei ringen, der ihn jeden Moment verschlingen konnte. Darin sah ich mich jedoch getäuscht. Wenn Mjailam einmal völlig bedeckt war, nutzte er seine Fähigkeit, sich an einem Ort in der Nähe neu entstehen zu lassen. Der Kampf wogte so eine Weile hin und her, bis Mjailam einen Baum aus dem Boden riß und mit dem Stamm auf das Plasmawesen eindrosch, daß Teile von diesem in alle Richtungen flogen. Als sich das Ende Asgards abzeichnete, brach die Penetranz das sinnlose Gerangel ab. Das Plasmawesen sammelte seine verlorengegangenen Teile auf und verkroch sich dann in einer Felsspalte. Mjailam aber stand auf der Lichtung, trommelte sich auf die behaarte Brust und stieß einen Siegesschrei aus. Mir wurde der urwüchsige Bursche langsam unheimlich, und ich zweifelte nicht daran, daß er auch Twoxl besiegen würde. Er war die Figur, die die Penetranz suchte. Wenn er sich noch ungehindert seiner Möglichkeit der Ortsveränderung bedienen konnte, war er ohne technische Hilfsmittel wirklich unbesiegbar. Sanny schien ähnliche Gedanken zu haben, denn sie meinte sinnend: »Über welche natürlichen Kräfte soll dann erst der Arsenalführer verfügen?« Ich wußte das auch nicht. Twoxl wandte sich unterdessen an die Penetranz. Er erklärte, daß er keine Chance für einen eigenen Sieg sähe, aber der Ableger von Anti-ES trieb den grausamen Kampf weiter. So standen sich nun die beiden letzten Wesen in dieser Auseinandersetzung gegenüber. Ich wollte nicht hinsehen, und auch anderen schien es so zu ergehen. Die Penetranz zwang uns jedoch, auch den Schlußakt zu verfolgen. Der ungestüme, körperlich gewordene Instinkt Prezzars verharrte in gebückter Haltung, als Twoxl sein erstes Geschoß abfeuerte. Im Gegensatz zu mir wich Mjailam der Twoxl-Komponente nicht aus. Er versuchte sogar, den kopfgroßen Ball zu fangen, was ihm aber nicht gelang. Der prallte von ihm ab wie eine Gummikugel von einer Stahlwand. In rascher Folge feuerte Twoxl drei weitere Teile seines Körpers ab, die ja ein eigenes Beschleunigungsvermögen besaßen. Sie donnerten mit voller Wucht gegen den Behaarten, aber der wankte nicht. Einen Teil-Twoxl schlug er mit der blanken Faust aus seiner Flugbahn, die beiden anderen fing er mit seinen Pranken ab und schleuderte sie zu Boden, wo sie reglos liegenblieben.
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Dann stand Mjailam plötzlich da, wo der Hauptkörper des Siebenteilers war. Seine Arme schlugen blitzschnell nach den restlichen drei Fragmenten und schmetterten sie auseinander. Da Twoxl mindestens zwei zusammengefügte Komponenten benötigte, um noch gezielt zu handeln, war der Kampf damit schnell entschieden. Mjailam verharrte. Die Penetranz ernannte ihn zum stellvertretenden Arsenalführer. Mjailam, von dem der Zwang zum Kämpfen jetzt gewichen war, verzichtete auf jegliche Äußerung. Er blickte fast betreten oder gar traurig drein, und ich empfand Mitleid mit ihm. Ein weiterer Schritt zur Vervollkommnung des Arsenals ist getan, teilte die Penetranz uns allen mit. Nun muß sich zeigen, ob die Truppe etwas für die zukünftige große Aufgabe taugt. Begebt euch an Bord der ARSENALJYK! Eure letzte gemeinsame Bewährung steht bevor. Sie kann auch eure Vernichtung sein, denn diesmal ist der Feind absolut real und nicht von mir gelenkt oder beeinflußt. Ihr werdet alle Freiheiten haben, die zum Bestehen dieses Härtetests erforderlich sind, aber ihr werdet euch meinem Zugriff nie entziehen können. * Myliny: Ich wußte nicht, woher ich nach den vielen Atemzügen der Trauer noch die Kraft nahm, den Tod Turkmenions zu überstehen. Mehrmals war ich nahe dran gewesen, mir das Leben zu nehmen. Wahrscheinlich waren es ihre letzten Worte, die mir immer neuen Mut machten. Ihre Gedanken kurz vor dem Freitod waren so klar und rein gewesen wie ihre Liebe. Das Ungeheuer, in dessen Fänge wir geraten waren, hatte mit einem Schlag alle meine Träume von einer glücklichen Zukunft zerstört. Statt mir die Qualen der Trauer und Verzweiflung zu ersparen, ließ es mich weiter leiden. Es war schon schlimm genug gewesen zu erleben, daß das gedankenlose Ungetüm aus dem Leib Turkmenions etwas geformt hatte, was die perfekte Scheußlichkeit war. Dieses künstliche Wesen, die Penetranz, war nun seit langem verschwunden. Ich zweifelte nicht daran, daß es an anderen Orten Freveltaten im Auftrag seines Schöpfers beging. Ein Teil dieser Penetranz war aus dem Leib meiner Turkmenion erschaffen worden. Ich trug daher noch eine schwache Hoffnung in mir. Wenn die Penetranz irgendwann auf wahre Liebe stoßen würde, würden diese kleinen Reste sich vielleicht bemerkbar machen und ihre Schandtaten und ihre Frevel anprangern. Die Hoffnung war gering, aber sie stellte den einzigen Gedanken dar, den ich noch für denkenswert halten konnte. Ich saß noch immer in dem unfaßbaren Gefängnis, dessen Wände durchsichtig waren, mir aber doch keine Bewegung erlaubten. Der Allgeist mußte mich vergessen haben. Oder selbst er kam gegen diese böse Macht nicht an. Meine Panzerplatten waren längst brüchig geworden, und die Fühler hingen schlaff an meinem Körper herab. Auch war ich nicht mehr in der Lage, meinen Leib zu knoten. Für wen hätte ich es auch tun sollen? Oft dachte ich an Urz, den Versager, der in der Geschichte meines Volkes immer wieder erwähnt worden war. War ich auch ein Urz? Eher kam mir dieser löchrige Materiebrocken wie ein Urz vor. Ich wünschte es sehnlichst, denn es könnte bedeuten, daß der böse Frevler einmal ein Versager sein würde. Meine strahlende Augenreihe besaß nur noch einen matten Glanz, und der kosmische Staub in meinen Kiemen war aufgebraucht. Ich ernährte mich ab und zu von etwas Gestein, das ich mit meinen Krallen vom Felsboden scheuerte. Da die Gedanken der Ahnen aber von mir gewichen waren, bekam mir diese Art der Energieaufnahme nicht sonderlich. Ich fühlte mich sehr schwach und sehnte den Moment herbei, in dem mein Geist aufhören würde zu denken.
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Durch ein Loch in der Decke konnte ich in den schwarzen Raum blicken, der meine Heimat gewesen war. Manchmal versuchte ich, dort einen der unsichtbaren goldenen Fäden des ewigen Lebens zu entdecken, aber das gelang mir nicht. In dieser Zone des Bösen gab es keine goldenen Fäden. Der Gedankenlose ließ lange Zeit nichts von sich hören, nachdem die Penetranz verschwunden war. Manchmal spürte ich seine Nähe, aber er teilte sich mir nie mit. Dann war er ganz plötzlich da. Obwohl er seiner Stimme einen unscheinbaren Klang gab, erkannte ich ihn sofort wieder. »Was willst du von mir?« schrie ich ihn an. »Töte mich endlich, Gedankenloser, so wie du Turkmenion getötet hast.« Er lachte. »Du spottest über den Kosmos, Myliny, wenn du mich einen Gedankenlosen nennst. Ich denke mehr als alle Wesen zusammen, von denen du je etwas gehört hast. Die dir so heiligen Gedanken deiner Ahnen sind ein Staubkorn gegenüber meinen Überlegungen.« »Deine Kränkungen treffen mich nicht, du Ungeheuer!« »Du wirst mir zuhören, Myliny, denn ich werde dir eine Chance geben, Turkmenion zu rächen. Freunde von mir haben zwölf mächtige Raumschiffe in Marsch gesetzt, die sich zu fast einhundert starken Kampfeinheiten aufteilen können. Ich beabsichtige, diese Streitkraft dir zu unterstellen, damit du deine Rache erfüllen kannst. Du wirst mit dieser Flotte auf die Penetranz und ihre neuen Helfer, das Arsenal und die ARSENALJYK, stoßen. Dann ist es dir überlassen, was du tust.« Diese Eröffnungen waren so überraschend, daß ich sie für eine Lüge halten mußte. Raumschiffe kannte ich zwar aus den Sagen der Ahnen, aber ich war in keiner Weise im Umgang mit solchen Dingen geübt. Das sagte ich dem Gedankenlosen. »Ich werde dir das erforderliche Wissen und die Macht über diese unbesiegbare Flotte geben, Myliny.« Meine Gedanken überschlugen sich. Wenn ich die Penetranz beseitigen würde, wäre ein Teil meiner Wünsche erfüllt. Dann aber müßte ich noch den Gedankenlosen aus dem Universum fegen. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß er diese Absicht nicht erkannte. »Natürlich weiß ich das«, meldete er sich sogleich. »Deine Überlegungen sind von absoluter Klarheit. Ich würde dieses Risiko eingehen. Die Frage ist, ob du das auch willst.« »Ich will es«, entschied ich mich, denn jedes Handeln war sinnvoller als das Dahinsiechen in diesem Gefängnis. Auch wenn der Gedankenlose meine Überlegungen lesen konnte, so gab es vielleicht später doch noch einen Weg, um ihm eins auszuwischen. »Dann beginne ich jetzt mit der Schulung, Myliny. Zuvor sollst du aber wissen, wie mein richtiger Name ist, damit du mich nicht mehr Gedankenloser zu nennen brauchst. Ich heiße Anti-ES.« »Es ist mir gleichgültig, wie du dich nennst«, antwortete ich und sammelte neue Aktivkräfte aus den schlafenden Reserven. »Beginne mit der Schulung! Und dann laß mich hier heraus!« »Es handelt sich um zwölf Schiffe aus dem Volk der Gyranter, das mir treu ergeben ist. Wenn ich diesen Wesen sage, daß sie dir gehorchen sollen, werden sie das bedingungslos tun. Und nun zu den Einzelheiten ...«
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* Wir glitten in der Form eines Breitkeils durch den Nabel in das andere Universum. Die Ortungsanlagen nahmen die Umgebung auf und verglichen die eingehenden Daten mit den früheren Werten der Doppelgalaxis Bars2-Bars. »Keine Unterschiede«, meldete mir Hustor, der frühere Kommandant des Flaggschiffs. Ich hatte ihn um eine Stufe degradiert, um so gleichzeitig das Schiff und die ganze Flotte befehligen zu können. Nun gab ich die Zielkoordinaten bekannt, die Anti-ES mir genannt hatte. Nach einer geschlossenen Überraumetappe von kurzer Dauer würden wir in die Zone kommen, in der ich die Penetranz treffen sollte. Mir waren alle Umstände, die zu meiner so plötzlich veränderten Lage geführt hatten, ziemlich gleichgültig. Ich kannte nur ein Ziel: alles vernichten, was etwas mit der Penetranz zu tun hatte, auch sie selbst und danach Anti-ES. Die Koordinaten des Nabels, durch den die Gyranterflotte nach Bars-2-Bars gelangt war, waren in den Speichern der Bordrechner abgelegt worden. Anti-ES sollte erfahren, was es bedeutete, Myliny Macht zu übertragen! Wir tauchten in den Überraum und erreichten wenig später das Zielgebiet. Mit meinen Zangen und Greifarmen schob ich Hustor zur Seite, damit ich die Bildschirme genauer betrachten konnte. Zunächst war ich enttäuscht, denn ich entdeckte den Reflex eines einzigen Echos. Sterne und Planeten waren hier überhaupt erst in weiter Ferne auszumachen. »Was sollen wir hier?« fragte Hustor unwirsch. »Siehst du das Echo, Gyranter?« herrschte ich ihn an. »Das muß die ARSENALJYK sein. Wenn wir Glück haben, ist die Penetranz an Bord. Dann können wir zwei Feinde mit einem Schlag vernichten. Vergrößere das Bild! Schnell!« Der Gyranter befolgte wortlos meine Anweisungen. »Es ist ein Raumschiff«, erläuterte ein Mann des Ortungspersonals eifrig. »Aber es stellt für uns keine Gefahr dar, denn es ist kleiner als ein Achtel unserer Schiffe.« »Anfunken!« befahl ich. »Identifizierung verlangen!« Das kleine Schiff antwortete tatsächlich. Es verlangte eine Identifizierung von uns. Noch während mich die Gyranter fragend anstarrten, erkannte ich auf dem Bildschirm des Überraumfunks das Symbol der Fremden. Der eiförmige Körper in einem rot-grünen Kranz glich absolut dem Bild, das ich von der Penetranz besaß. »Angreifen!« bellte ich Hustor an. »Das ist der erste gesuchte Gegner.«
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»Wie viele Schiffe soll ich einsetzen?« fragte der Gyranter unsicher. »Ich überlasse es dir, den Kampf zu führen, denn ich will ihn in Ruhe beobachten.« Nun wurde Hustor aktiv. Es sprach für seine Umsicht, daß er zwei Einheiten gleichzeitig losschickte und die anderen zehn mit meinem Flaggschiff in Reserve hielt. Mit Genugtuung beobachtete ich, wie das Schiff der Penetranz von meinen angeflogen wurde. Beide Gyranter flogen eine Schleife, so daß der Feind zwischen sie geriet. Dann jagten Flammenbahnen durch das All. Für mehrere Gedanken sah ich nichts. Dafür hörte ich aber aus den Lautsprechern die Hilferufe meiner beiden Schiffe. Voller Entsetzen sprang ich aus der Liegeschale, die extra für mich angefertigt worden war. »Ihr habt geträumt«, schrie ich wütend. »Die Schutzschirme wurden vergessen.« Hustor wirkte für einen Moment wie gelähmt, dann faßte er sich wieder und gab neue Anweisungen. Inzwischen war das Panoramabild wieder klarer geworden. Der Fremde war unversehrt, und er war uns ein gutes Stück näher gekommen. Meine beiden Einheiten torkelten angeschlagen durch den Raum. Zwei weitere Achtteilerschiffe warfen sich dem kleinen Raumschiff entgegen. Diesmal waren die Schutzschirme bis zur Belastungsgrenze hochgefahren. Wieder entbrannte der Kampf. »Schutzschirm des Feindes ausgefallen!« meldete die Energieortung. »Dann ist er geliefert!« Zufrieden lehnte ich mich wieder in meine Schale zurück. Im selben Moment explodierte eins meiner angreifenden Schiffe ohne erkennbares Feuer des Gegners. Da andere Schiff teilte sich blitzschnell in seine acht Segmente und raste mit flammenden Geschützen auf das Schiff der Penetranz zu. Aber dort geschah trotz der fehlenden Schutzschirme etwas höchst Merkwürdiges. Die Außenhülle glühte in roten und grünen Farben auf und warf die geballten Energien zurück. Nun feuerte der Feind zurück. Der Reihe nach wurden die Segmente getroffen. Mit Wahnsinnswerten beschleunigte die ARSENALJYK. Sie rammte zwei meiner Einheiten, während zwei andere kurz hintereinander wiederum ohne erkennbare Trefferwirkung explodierten. Ich bekam Angst, und zum erstenmal wurde mir bewußt, daß Anti-ES mich bewußt in eine Falle gelockt haben könnte. Ich mußte selbst eingreifen. »Alle Schiffe aufspalten!« ordnete ich an. »Und dann von allen Seiten auf den Feind!« Die Gyranter führten auch diese Befehle sofort aus. »Wir verfügen noch über 62 Teilschiffe«, meldete der Bordrechner. »Damit müßten wir es schaffen.«
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Die Zuversicht des Gehirns gab mir neuen Mut. Ich dachte an Turkmenion und an meine Rache. Die Richtigkeit der Aufteilung zeigte sich sogleich, denn nun gelang es nicht mehr, mit einem Schlag einen kompletten Achtteiler zu vernichten. Unser Feuer hüllte das leuchtende Schiff so sehr ein, daß es nur noch auf den Ortern erkennbar war. Für die Feuerleitung genügten aber diese Werte. Dann geschah etwas, was alles auf den Kopf stellte. Plötzlich standen zwei Gestalten neben mir. Beide glichen entfernt den Gyrantern, aber an ihren Ausstrahlungen spürte ich, daß sie keine waren. Der Mann war unbekleidet und von einem dichten Fell bedeckt. Die Frau trug lange weiße Haare und eine enge Kombination. Sie sagte etwas zu mir. Ihre Sprache verstand ich nicht, aber ihre Gedanken drangen schwach bis zu mir: »Myliny, der Urheber dieses heimtückischen Angriffs!« Ich war unfähig, mich mitzuteilen oder zu reagieren. Meine Gyranter zögerten jedoch nicht und eröffneten das Feuer. Der Behaarte verschwand stets dort, wo die Flammen einschlugen. Und um die Frau herum schwebten sieben seltsam dunkle Brocken, die alle Energien verschlangen, die in ihre Nähe kamen. Als der Behaarte in meine Nähe kam, sprang ich auf. Meine sechs Zangen und die beiden anderen Extremitäten schlangen sich um seinen Leib. Wenn dies das Ende war, dann wollte ich möglichst viele mit in den Tod nehmen. Obwohl ich größer und schwerer war als mein Gegner, gelang es diesem fast spielerisch, sich aus der Umklammerung zu lösen, noch bevor ich ihm Schaden zufügen konnte. Dann hörte ich meine Panzerplatten krachen, bevor der tödliche Schmerz einsetzte. Die Dunkelheit, die mich aufnahm, erinnerte mich an Turkmenion. Ich erwachte noch einmal kurz und sah mich um. Die Gyranter lagen bewegungslos auf dem Boden. Die fremden Helfer der Penetranz waren verschwunden. Auf dem Panoramaschirm erblickte ich die unversehrte ARSENALJYK und viele meiner Teileinheiten, die sich fluchtartig in alle Richtungen bewegten. Das Leben in mir war nur noch schwach. Ich fiel halb betäubt in meine Schale zurück und schloß die Augenreihe.
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So bemerkte ich kaum noch den grellen Lichtblitz, der mich endgültig zu den Gedanken der Ahnen führte.
* Anti-ES: Dein Bericht, meine Penetranz, erfüllt mich mit Zufriedenheit. Es war richtig, daß du auf dem Arsenalplaneten geblieben bist und dich keinem Risiko ausgesetzt hast. So soll es auch in Zukunft bleiben, denn ich denke, ich kann diesen Stützpunkt über lange Zeit geheimhalten. Er soll als Ausgangspunkt für die entscheidenden Operationen gegen Atlan und die SOL gelten. Gönne dem Arsenal eine Ruhepause, denn ich brauche starke und ausgeruhte Krieger. Wache über sie, damit sie sich nicht gegen dich stellen. Wache auch über deine Umgebung und die Natur des Arsenalplaneten. Man kann nie wissen, woher neue Gefahren drohen oder Überraschungen kommen. Mein Plan muß sorgfältig reifen. Es wird einen Zeitpunkt geben, an dem sich alles zu meinen Gunsten entscheidet. Dieser Moment ist sehr nah. Dann muß das Arsenal zur Stelle sein, egal ob mit der jetzigen ARSENALJYK oder mit der ARSENALJYK II. Ich lege großen Wert darauf, daß Bars-2-Bars so bleibt, wie es jetzt ist. Jede Veränderung in den wichtigen Punkten könnte eine unvertretbare Verschiebung meines Ziels bedeuten. Deine Aufgaben beim Aufbau des Arsenals sind vorläufig abgeschlossen. Noch fehlt dir der Arsenalführer, den ich selbst rekrutieren und dir zuführen werde, wenn ich meine nächste große Phase der Freiheit habe. Auch für diese Schritte werde ich das Arsenal brauchen. Halte es also stets einsatzbereit. Die Jenseitsmaterie hat gehalten, was ihre Quelle mir versprechen mußte. Die ARSENALJYK ist unverwundbar, und sie kann es sogar mit der mächtigen SOL aufnehmen. Mjailam und Twoxl könnten es jetzt mit Atlan und seinen verbliebenen Helfern aufnehmen, aber ich will kein Risiko eingehen und erst jenes Wesen voll in deiner Gewalt haben, das stärker ist als Mjailam. Ich spüre deine Zweifel, denn Mjailam hat dich überzeugt. Nun gut, meine Penetranz. Ich weiß auch nicht mit letzter Sicherheit, wer stärker sein wird. Ich überlasse es dir, Mjailam, den Arsenalführer im Kampf zu prüfen. Und du darfst entscheiden, wer dann die Einsätze kommandiert. (Die Penetranz ist beruhigt, und ich kann den Kontakt abbrechen. Alle Nabel sind geschlossen. Nur die kleine Öffnung über dem Arsenalplaneten bleibt, damit ich meinen Ableger jederzeit spüren und hören kann). Es hat sich alles sehr gut entwickelt, sage ich zu mir. Die Reserven sind groß, und die Macht des Arsenals ist gewaltig. Der galaktische Strudel wird Wöbbeking-Nar’Bon anlocken, spätestens dann, wenn Atlan ein kleines und unbedeutendes Mitglied des Arsenals geworden ist.
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Du hast gute Zukunftsaussichten, Anti-ES! ENDE
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Weiter geht es in Band 140 der Abenteuer der SOL mit: Der Arsenalführer von Arndt Ellmer Impressum: © Copyright der Originalausgabe by Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt Chefredaktion: Klaus N. Frick © Copyright der eBook-Ausgabe by readersplanet GmbH, Passau, 2008, eine Lizenzausgabe mit Genehmigung der Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
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