Arme reiche Lara
Carole Mortimer
JULIA, 832 - 15-2/89
Gescannt von Awern
Korrigiert von briseis
1. KAPITEL „Ke...
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Arme reiche Lara
Carole Mortimer
JULIA, 832 - 15-2/89
Gescannt von Awern
Korrigiert von briseis
1. KAPITEL „Kennst du den Mann, Dad?" „Welchen Mann?" Laras Vater schien immer noch verärgert darüber zu sein, dass sie ihn gerade in seinem Lieblingssport geschlagen hatte. Der exklusive Golfclub im Süden Englands und das Clubhaus, in dem sie gerade saßen, gehörten ihrem Vater. Während er seinen Kummer über das verlorene Spiel mit einem Whisky zu betäuben versuchte, feierte Lara ihren Sieg mit einem Glas Weißwein. Sie spielten oft zusammen Golf, aber dies war das erste Mal, dass sie ihren Vater besiegt hatte, und sie war stolz darauf. „Den an der Bar, neben Gary Ridgeway." Lara sah extra nicht zu den beiden Männern hinüber, die sich angeregt unterhielten. Ihr Vater war jedoch weniger taktvoll. „Er sieht gut aus", meinte er leise. „Irgendwie kommt er mir bekannt vor, aber ich glaube nicht, dass ich ihn kenne." Lara seufzte enttäuscht, woraufhin ihr Vater sie warnend ansah. „Hast du denn nichts gelernt? Der Skandal wegen Rex Maynard ist noch nicht ganz vergessen." Dieser Hinweis ließ sie schuldbewusst erröten. Ihr Vater hatte recht. Sie hatte sich zum Gespött der Leute gemacht. Rex war nur ihres Schmuckes wege n mit ihr ausgegangen und hatte hinter ihrem Rücken zusammen mit ihrem Hausmädchen einen Plan geschmiedet, um die wertvollsten Stücke zu stehlen. Und sie, Lara, hatte nichts davon bemerkt! Sie war ihm auf einer Party in der Stadt begegnet, und er schien ihr sehr nett zu sein, ein amüsanter und aufmerksamer Begleiter. Doch als sie ihr Hausmädchen dabei ertappte, wie diese den Schmuck stehlen wollte, war sie sich so naiv vorgekommen. Sie würde das niemals vergessen können, zumal sich auch noch herausstellte, dass ihr Hausmädchen mit Rex verheiratet war! Die Zeitungen hatten sich wochenlang über sie lustig gemacht, und in den Klatschspalten war immer noch von ihrer Beziehung zu dem „Ehemann ihres Hausmädchens" zu lesen. „Dieser Mann sieht nicht wie ein Dieb aus, Dad", wandte Lara ein. Der Mann, dem ihre Aufmerksamkeit galt, schien nicht arm zu sein. Seine Kleidung war leger, aber teuer. Die perfekt sitzende blassblaue Hose und der dunkelblaue Kaschmirpullover bildeten einen interessanten Kontrast zu dem etwas längeren silberblonden Haar des Fremden. Eine ungewöhnliche Haarfarbe für einen Mann. Bei einer Frau hätte Lara sofort gesagt, das Haar sei gefärbt. Doch zu diesem Mann passte es. Seine sonnengebräunte Haut und die blauen Augen kamen dadurch erst richtig zur Geltung. Seine Nase hatte einen leicht arroganten Schwung, sein Mund ließ auf einen festen Willen und sein leicht hervorspringendes Kinn auf Selbstvertrauen schließen. Außerdem war er sehr groß, schlank, muskulös. Lara schätzte ihn auf Mitte Dreißig, trotzdem konnte sie an seinem Körper kein überflüssiges Gramm Fett feststellen. Als sie vor fünfzehn Minuten zusammen mit ihrem Vater das Clubhaus betreten hatte, war er ihr sofort aufgefallen. Lara selbst trug einen grauen Pullover und eine schwarze Hose, die ihre schlanke Figur betonte. Ihr glattes schwarzes Haar reichte bis über ihre Schultern und hatte einen ebenholzfarbenen Schimmer. Der Pony fiel locker in die Stirn. Lange seidige Wimpern umrahmten Laras hellgraue Augen, die durch den ungewöhnlichen schwarzen Ring um die Iris einen besonderen Glanz erhielten. Ihr Make- up war dezent. Die Augen waren mit dunkelblauen Lidschatten betont, die Wangenknochen mit dunklem Rouge und die Lippen mit fliederfarbenem Lipgloss. Ihre Nase war kurz und gerade. Sie wusste, dass sie eine attraktive Frau war. Doch als sie zusammen mit ihrem Vater das Clubhaus betreten und Gary Ridgeway an der Bar begrüßt hatte, hatte der Mann neben ihm sie buchstäblich ignoriert. Mit seinen dunkelblauen Augen hatte er sie einige Sekunden interesselos gemustert und sich dann einfach umgedreht. Lara war eine derartige Missachtung nicht gewohnt. Schon mit fünfzehn Jahren hatte sie es verstanden, Männer, die sie reizten, auf sich aufmerksam zu machen. Und in den letzten fünf Jahren hatte es kein Mann gewagt, sie so zu behandeln wie dieser Fremde. „Ich werde mich mal ein bisschen mit Gary unterhalten", sagte sie zu ihrem Vater. „Lara!" Sie war bereits aufgestanden und blickte nun fragend auf ihren Vater hinab. „Bitte?"
„Du kannst nicht einfach hinübergehen und die beiden bei ihrer Unterhaltung stören", erwiderte er verärgert. „Warum denn nicht?" Sie lächelte ihn an und ging hinüber zur Bar. Ihr war bewusst, dass sie dabei die Blicke aller anwesenden Männer auf sich zog. Nur der Mann mit den dunkelblauen Augen zeigte kein Interesse. Gary Ridgeway jedoch hatte sich schon den ganzen letzten Monat um sie bemüht. Es konnte also nicht schaden, ihn ein wenig zu ermutigen, während sie den anderen Mann kennenlernte. „Hallo, Gary! Ich hoffe, ich störe euch nic ht", sagte Lara, als sie sich zu den beiden Männern gesellte. Ihr Lächeln deutete an, dass sie ganz sicher war, nicht zu stören. „Unsere Unterhaltung war rein privater Natur", bemerkte der Mann mit dem silberblonden Haar kurz angebunden. Laras Selbstvertrauen schwand, aber nur für einen Moment. „Ich werde Sie nicht lange aufhalten", erwiderte sie und schenkte ihm ein umwerfendes Lächeln. Er war größer, als sie zuerst gedacht hatte. Trotz ihrer hohen Absätze reichte sie ihm nur bis zum Kinn. Er nickte nur und wandte sich wieder an Gary: „Ich bin sofort zurück. Da ist jemand, mit dem ich gern sprechen möchte. Entschuldigen Sie mich bitte." Die letzten Worte galten Lara, dann entfernte er sich. „Oh, aber..." Lara beobachtete enttäuscht, wie er zu zwei Paaren hinüberging und die ältere der beiden Frauen charmant anlächelte. „Dein Freund ist nicht gerade sehr gesellig", bemerkte sie. Gary war groß, dunkelhaarig und die Verkörperung dessen, was man sich unter attraktiv vorstellte. Und er wusste es. Jetzt, wo ihr Plan fehlgeschlagen war, wünschte Lara, sie könnte auch gehen. Sie hatte keine Lust, wieder eine von Garys unerwünschten Einladungen ausschlagen zu müssen. „John?" Gary betrachtete den anderen Mann nachdenklich. „Ich finde, er ist ein sehr geselliger Mensch. " Er warf ihr einen neckenden Blick zu. „Aber ich bin froh, dass er sich in diesem Fall zurückgezogen hat." Lara seufzte insgeheim. Garys Schmeicheleien waren wirklich nicht sehr originell. Außerdem hatte sie im letzten Monat zu viele davon zu hören bekommen, um noch beeindruckt zu sein. Doch wie konnte sie ihm entkommen? Sie musste ihn ablenken. „John?" „John Sinclair. Er ist im Immobiliengeschäft tätig." „Tatsächlich? Ich habe ihn bisher noch nie hier im Club gesehen." Ihr Interesse an diesem Mann wuchs. „Er ist mein Gast, kein Mitglied. Aber er hofft, bald in den Club eintreten zu können. Ich werde ihn vorschlagen." „Tatsächlich?" fragte sie wieder. „Lebt er hier in der Gegend oder in London?" „Bist du eigentlich nur hierhergekommen, um über John zu sprechen?" fuhr Gary auf. „Und ich glaubte, mein Charme hätte dich angezogen." Lara hätte ihm jetzt sagen können, dass er keinen besaß, sondern lediglich gut aussah. Doch dieser Mann war Geschäftspartner ihres Vaters, und sie kannte ihn nur zu gut. Durch ihren Vater traf sie öfter mit ihm zusammen, und obwohl Gary zwanzig Jahre älter war als sie, ließ er keine Gelegenheit aus, seinen Charme an ihr auszuprobieren. Immer darauf bedacht, dass ihr Vater nichts davon merkte. Sie musste sich vor ihm in acht nehmen. „Ich war bloß neugierig. Hast du das Spiel gewonnen?" lenkte sie ab, denn Gary sprach am liebsten von sich selbst. „John hat gewonnen", gab er widerwillig zu. Lara konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. „Bist du sicher, dass du ihn als neues Mitglied vorschlagen willst?" Gary reagierte jedoch nicht auf ihren Scherz. Er gehörte zu den Menschen, die nicht über sich selbst lachen konnten. „Ich hatte eben einen schlechten Tag. Wie wäre es, wenn wir heute abend zusammen essen?" Dieser Frage wäre sie gern ausgewichen. Doch weil er ein Geschäftsfreund ihres Vaters war, konnte sie nicht unhöflich sein. „Tut mir leid, aber heute abend geht es nicht", lehnte sie ab. „Dad gibt heute eine Dinnerparty und erwartet, dass ich die Gastgeberin spiele. Ein andermal, Gary", fügte sie schnell hinzu, als sie seinen verärgerten Blick bemerkte. „Ich muss jetzt gehen, Dad
wird schon ungeduldig." Sie konnte Gary ansehen, dass er sich über die Absage ärgerte, aber bevor er etwas erwidern konnte, war Lara schon verschwunden. „Nun?" fragte Joseph Schofield leicht spottend, als Lara sich wieder zu ihm setzte und an ihrem Weißwein nippte. „Sein Name ist John Sinclair, und er ist im Immobiliengeschäft tätig", antwortete sie. „Das hat er dir aber nicht selbst erzählt. Er schien nicht sehr beeindruckt von dir zu sein, Lara." Sie beobachtete, wie John Sinclair wieder zu Gary zurückkehrte und wenige Sekunden später mit ihm zusammen das Clubhaus verließ. Er hatte sie nicht einmal angesehen, nachdem er sie mit Gary allein gelassen hatte. „Noch nicht", antwortete sie, „aber das kommt." „Lara!" „Ja, Dad?" fragte sie unschuldig. Er seufzte, als er die Entschlossenheit in ihren grauen Augen sah. „Bitte lass dich nicht auf etwas ein, womit du nachher nicht fertig wirst." Die vielen Sorgen um seine Tochter wären der Grund für seine grauen Haare, behauptete Joseph Schofield stets. Mit seinen fünfundfünfzig Jahren war er immer noch ein attraktiver Mann. Und immer, wenn er sich beschwerte, antwortete Lara einfach, dass graue Schläfen einen Mann doch erst interessant machten. „John Sinclair sieht nicht so aus, als würde er sich von einer Frau manipulieren lassen." Lara "Sah ihren Vater herausfordernd an. „Nein?" „Ich denke, wir sollten jetzt gehen", sagte Joseph Schofield und trank seinen Whisky aus. Er wusste aus Erfahrung, dass Lara nur um so entschlossener sein würde, je mehr man versuchte, sie von etwas abzubringen. „Wir haben heute abend Gäste, falls du das nicht vergessen hast." „Ich weiß", erwiderte sie geistesabwesend. Ihre Gedanken überschlugen sich. Eine Dinnerparty, wo sonst könnte man jemanden kennenlernen? „Lara?" Ihr Vater war bereits aufgestanden. Er war groß, schlank und besaß eine erstaunliche Energie, mit der er sein Hotelimperium leitete. „Entschuldige bitte", Lara erhob sich ebenfalls. „Ich habe bloß nachgedacht." „Das hatte ich befürchtet", seufzte er. „Lass diesen Mann in Ruhe, okay?" Lara zog die Augenbrauen hoch. „Wenn man dich so hört, könnte man glauben, ich sei ein männermordender Vamp!" „Falls du damit ausdrücken willst, dass kein Mann vor dir sicher ist, dann bist du genau das. Lara, dieser Mann ist eine Nummer zu groß für dich." „Sei nicht albern, Dad. Männer sind nur entweder frei oder gebunden. Und Gary hat nicht gesagt, dass John Sinclair gebunden ist." Sie lächelte zufrieden. Ihr Vater schüttelte lediglich den Kopf. Er gab die Hoffnung auf, Lara von John Sinclair ablenken zu können, und konzentrierte sich lieber darauf, den Jaguar sicher über die Autobahn zu steuern. Doch er würde diesen silberblonden Mann, der seine Tochter so faszinierte, überprüfen lassen. Mochte Lara glauben, dass sie ein sehr freies und unabhängiges Leben führte, aber nach dem Skandal mit Rex Maynard hatte Joseph Schofield ihre Freunde genau beobachtet. Er wollte verhindern, dass sie noch einmal so gedemütigt wurde. Nur gut, dass er nicht ahnte, was seine Tochter eine halbe Stunde später tun würde. Sie waren in ihr Stadthaus in London zurückgekehrt, das sie seit dem Tod von Laras Stiefmutter vor fünf Jahren allein bewohnten. Lara hatte das neue Telefonverzeichnis aufgeschlagen und suchte unter den vielen J. Sinclairs nach der Adresse, die am ehesten zu dem Mann aus dem Golfclub passen würde. Schließlich rief sie alle aufgeführten Namen der Reihe nach an, bekam jedoch nur irritierte Antworten. Die heisere Stimme des Mannes mit den dunkelblauen Augen war nicht dabei. Nach vierzig Minuten gab Lara auf. John Sinclair musste wirklich noch sehr neu in der Stadt sein, wenn er nicht einmal im Telefonbuch stand. Und sie hatte jetzt keine Zeit mehr. Die Dinnerparty sollte in einer Stunde beginnen, und sie musste zusammen mit ihrem Vater die Gäste empfangen. Seit sie vor zwei Jahren die Schule verlassen hatte, übernahm sie bei solchen Gelegenheiten immer die Rolle der Gastgeberin. Wenig später, Lara hatte schon fast alle Gäste begrüßt und lachte gerade über eine Bemerkung von Paul Davis, da fiel ihr Blick zufällig auf einen verspätet eintreffenden Gast. John Sinclair!
Und er kam zusammen mit Cathy Thomas, einer reichen, geschiedenen Frau. Aus der Art, wie sich diese bei ihm eingehakt hatte, schloss Lara, dass sie eine enge Beziehung zueinander hatten. Das gefiel ihr überhaupt nicht. Lara entschuldigte sich bei Paul und ging hinüber zu ihrem Vater, der die beiden späten Gäste begrüßte. Das königsblaue tief ausgeschnittene Kleid betonte ihre schmalen Hüften. Beim Gehen umspielte der Stoff sanft ihren Körper. Ihr Abend-Make-up war etwas auffälliger. Dunkles Lipgloss gab ihren Lippen einen provozierenden Glanz. Ihr Parfüm duftete verführerisch. „Cathy! Wie nett, dich wiederzusehen", begrüßte sie die andere Frau. Cathy war fünfzehn Jahre älter als sie, eine kleine, etwas füllige Rothaarige, die keinen Hehl daraus machte, dass sie dank der Unterhaltszahlungen ihres Exmannes ein angenehmes Leben führte und keineswegs die Absicht hatte, dieses Geld durch eine erneute Heirat aufs Spiel zu setzen. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, zahlreiche Affären zu haben. John Sinclair war offensichtlich ihre neueste Eroberung. Verdammt! „Ich freue mich auch, dich zu sehen, Lara!" erwiderte Cathy etwas kühler, denn die beiden Frauen hatten so gut wie nichts gemeinsam - bis John auftauchte. „Ich glaube, du kennst John noch nicht." Besitzergreifend legte Cathy die Hand auf seinen Arm. Laras graue Augen blickten in John Sinclairs, die sie kühl musterten. Sie war sich nicht sicher, ob ihr eigener Blick ebenso kühl war. Der schwarze Abendanzug ließ Johns Haar eher silbern als blond erscheinen, das schneeweiße Hemd unterstrich die Bräune seiner Haut. Er sah umwerfend gut aus, und Laras Herzschlag setzte einen Moment aus. Lächelnd antwortete sie Cathy: „Falsch, John und ich haben uns bereits heute nachmittag kennengelernt, nicht wahr?" Sie hatte die Augen niedergeschlagen und sah ihn unter den Wimpern hinweg an. Schon mit fünfzehn Jahren hatte sie diese Pose unablässig vor dem Spiegel geübt. Mit der Zeit fand sie heraus, wie dieser Blick auf Männer wirkte. „Im Golfclub", erinnerte sie ihn, als weder ihre Worte noch ihr provozierender Blick irgendeine Wirkung zeigten. Mit seinen dunkelblauen Augen musterte John sie gleichgültig, fragend zog er die Augenbrauen hoch: „Wirklich?" Lara war enttäuscht und zu überrascht, um sich nichts anmerken zu lassen. „Zusammen mit Gary. Im Clubhaus." Er schien noch einmal nachzudenken und nickte schließlich. „Ich erinnere mich. Da war ein junges Mädchen, das mit ihm sprechen wollte ... Doch ich würde nicht sagen, dass wir uns dabei kennengelernt hätten", sagte er spottend. „Wenn ich mich recht erinnere, habe ich mit einem Bekannten gesprochen, während Sie sich mit Gary unterhielten." „Gary Ridgeway?" warf Cathy ein. „Ich hätte nie geglaubt, dass er dein Typ ist, Darling!" Lara hatte Mühe, Haltung zu bewahren. Sie selbst sah sich ganz und gar nicht als "junges Mädchen". Und von dem Mann, der sie so faszinierte, als solches bezeichnet zu werden, war ein Schlag für ihr Selbstbewusstsein. „Vor einigen Monaten war er noch dein Typ", hörte sie sich sagen und ärgerte sich gleichzeitig über sich selbst. Auch wenn Cathys Beziehung zu John ihr missfiel, durfte sie doch nicht die Gäste ihres Vaters beleidigen. Als sie den strengen Blick ihres Vaters sah, wusste sie, dass das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen war. „Nun ja ..." Cathy strich über ihr perfekt frisiertes Haar. „Aber ist er nicht zu alt für dich? Oder du zu jung für ihn?" Dann lachte sie und meinte, dass es ohnehin nicht wichtig sei. Dieses junge Mädchen war keine Konkurrenz für sie. „Wie war das Spiel?" wandte sie sich wieder an John. „Es ging so", antwortete er und lächelte die andere Frau zärtlich an. „Aber Gary sagte, dass Sie gewonnen hätten", warf Lara ein, denn sie wollte nicht von der Unterhaltung ausgeschlossen werden. John blickte sie kühl an. „Das stimmt." „Aber..." „Gary hatte einen schlechten Tag. Das ist alles." „Vielleicht können wir einmal gegeneina nder spielen. Gary erzählte mir, dass Sie Mitglied werden wollen." „Vielleicht, Miss ...?" fragend zog er eine Augenbraue hoch. „Schofield, Lara Schofield." Es ärgerte sie, dass er ihren Namen noch nicht wusste.
„Meine Tochter", erklärte ihr Vater, der in diesem Augenblick zu ihnen getreten war. „Und was das Golfspiel betrifft, so nehmen Sie die Herausforderung besser nicht an. Lara hat ein gutes Handicap." „Meins liegt bei eins zu fünf, erwiderte John. „Wirklich?" Joseph Schofields Interesse wuchs. „Dann sollten wir einmal gegeneinander spielen." John nickte. „Das würde ich gern tun." Dann ging er mit Cathy zu einer anderen Gruppe von Gästen. Lara kochte vor Wut. Mit ihrem Vater würde er „gern" Golf spielen, aber bei ihr sagte er nur „vielleicht". Sie hatte noch nie einem Mann nachlaufen müssen und hatte es auch nicht vor. Doch John Sinclair machte es ihr nicht gerade leicht. Nun lachte er über etwas, das Cathy gesagt hatte. Von der Kälte, die er ihr, Lara, gegenüber an den Tag legte, war nichts mehr zu spür en. Mag er mich wirklich nicht leiden? fragte sie sich. „Nicht so einfach, nicht wahr, Lara?" bemerkte ihr Vater und sah den jüngeren Mann bewundernd an. „Cathy wird ihn nicht so leicht freigeben. Und er sieht auch gar nicht so aus, als wollte er das", fuhr er lachend fort, als John sich herunterbeugte und Cathy einen Kuss gab. „Sie ist viel zu alt für ihn", antwortete Lara wütend. Aus der Nähe betrachtet, kam ihr John jünger vor, als sie zunächst gedacht hatte. Er war höchstens dreißig. „Das scheint ihn aber nicht zu stören." Ihr Vater lächelte und fügte nachdenklich hinzu: „Du warst ziemlich überrascht, ihn heute abend hier zu sehen." „Ja." Laras Mund umspielte ein bitterer Zug, als sie die Zärtlichkeiten zwischen Cathy und John weiter beobachtete. Ihr Vater lachte leise, als er ihrem Blick folgte. Lara sah ihn wütend an. „Ich finde das nicht komisch." „Als du heute nachmittag so viel Interesse an dem gutaussehenden Fremden gezeigt hast, fand ich das auch nicht komisch. Doch wie ich sehe, habe ich von John Sinclair nichts zu befürchten. Offensichtlich bist du nicht sein Typ, Kleines." Mit dem Finger fuhr er ihr sanft über die Nasenspitze. „Männer haben keinen Typ", erwiderte sie heftig. „Und Frauen auch nicht. Außerdem habe ich Mr. Sinclair noch nicht aufgegeben." Noch lange nicht, schwor sie sich in Gedanken. Ihr Vater zuckte lediglich die Schultern. „Wie ich bereits sagte, glaube ich nicht, dass John Sinclair eine Gefahr für dich bedeutet. Und solltest du die Absicht haben, diesen Mann zu erobern", fügte er streng hinzu, „dann bitte ohne dabei meine Gäste zu beleidigen." „Tut mir leid, Dad. Aber sie waren beide so ... so überheblich!" „Der Mann ist zu alt für dich, Darling. Wenn nicht an Jahren, dann doch in seinem Auftreten. Warum kümmerst du dich nicht ein bisschen um den armen Norman? Seit er angekommen ist, hat er dich regelrecht mit den Augen verschlungen." Norman Wentworth war mit seinen zweiundzwanzig Jahren zwei Jahre älter als Lara. Er war groß, blond, gutaussehend und Erbe einer Ladenkette für Männerbekleidung. Ihrem Vater gefiel er, denn er war genauso reich wie sie selbst und würde eines Tages die Geschäfte seines Vaters übernehmen. Lara wusste, dass er seit Monaten in sie verliebt war und wahrscheinlich irgendwann um ihre Hand anhalten würde. Was sie betraf, so war er nützlich, wenn sie einen Begleiter für eine Party oder einen Theaterbesuch brauchte. Ansonsten ging sie ihm lieber aus dem Weg. Der Eifer, mit dem er sie umwarb, war erdrückend. Und der Gedanke, den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen zu müssen, erschien ihr einfach unerträglich. Heute abend kam er jedoch gerade recht, um ihr etwas angeknackstes Selbstbewusstsein wiederaufzurichten. Daher stimmte sie zur großen Überraschung ihres Vaters bereitwillig zu. „Lara?" Aufmerksam sah Joseph Schofield sie an, denn sie hatte Norman stets als dummen Jungen bezeichnet. Aus großen grauen Augen blickte sie ihn unschuldig an: „Ja, Dad?" Er seufzte und schüttelte den Kopf. „Ich wünschte nur, Marion wäre hier. Sie könnte dich wieder zur Vernunft bringen." Einen Moment dachten beide daran, wie sehr sie Marion Schofield, Laras Stiefmutter und Josephs geliebte zweite Frau, vermissten.
Laras leibliche Mutter war bei der Geburt ihrer Tochter gestorben. Zwei Jahre später hatte Laras Vater die dreißigjährige Marion Saunders, eine kinderlose Witwe, geheiratet. Die Ehe war sehr harmonisch gewesen. Im Alter von nur zwei Jahren hatte Lara die große blonde Frau schnell als Mutter akzeptiert. Sie hatten sich sehr nahe gestanden, bis Marion kurz nach Laras fünfzehntem Geburtstag auf tragische Weise bei einem Reitunfall ums Leben kam. Kurz danach hatten sie das Landhaus verschlossen, und Lara war zusammen mit ihrem Vater in das Londoner Stadthaus gezo gen. Das Landhaus wurde auch heute noch für sie bereitgehalten. Doch Lara konnte an fünf Fingern abzählen, wie oft sie in den letzten fünf Jahren dort waren. Keiner von ihnen konnte es lange an dem Ort aushalten, an dem sie dreizehn Jahre lang so glücklich gewesen waren und wo die Ställe nun leerstanden. Eine Erinnerung daran, dass ihr Vater nach dem Tod seiner Frau alle Pferde verkauft hatte. In seinem Zorn und seinem Schmerz befahl er sogar, das Pferd, das Marion bei dem Unfall geritten hatte, zu töten. Lara, die ebensoviel Schmerz und Trauer empfand, konnte ihn jedoch überzeugen, dass das Pferd keine Schuld an dem Unfall hatte und es nicht in Marions Sinn wäre, wenn er den wunderschönen kastanienbraunen Hengst töten ließ. Daraufhin hatte er ihn ebenfalls verkauft. Die letzten fünf Jahre hatten die Liebe ihres Vaters zu seiner verstorbenen Frau nicht schmälern können. Nach ihrem Tod wurden die Hotels, die Laras Vater überall auf der Welt besaß, zu seinem Lebensinhalt. Wäre Lara nicht gewesen, dann wäre er wahrscheinlich verzweifelt. „Ich vermisse sie auch immer noch, Dad", sagte Lara leise und nahm seine Hand. „Ich weiß", erwiderte er langsam, so als würde er aus einem Traum erwachen. „Wir sollten uns besser um unsere Gäste kümmern, Darling. Unser Benehmen als Gastgeber lässt zu wünschen übrig." Sie nickte. „Dann gehe ich jetzt zu Norman." Ihr Vater berührte leicht ihren Arm. „Und halte dich von Cathy und John fern, in Ordnung?" „Aber, Dad, wie könnte ich? Sie sind doch unsere Gäste!" „Dann benimm dich wenigstens." „Natürlich!" antwortete Lara empört. „Tue ich das nicht immer?" Der Blick, den ihr Vater ihr zuwarf, sprach Bände! Armer Dad, er hatte nie so richtig gewusst, wie er sie behandeln sollte, seit Marion sie verlassen hatte. Und jetzt konnte er sie nicht mehr kontrollieren. Sie zu bitten, sich von John Sinclair fernzuhalten, war, als würde man einer Biene verbieten, Honig zu sammeln. Er faszinierte sie mehr als jeder andere Mann, den sie kannte. Und sie würde es nicht zulassen, dass er sie wie ein dummes Schulmädchen behandelte.
2. KAPITEL
orman war wie immer eifrig bemüht, ein guter Gesellschafter zu sein. Er sprach schnell, um Laras Aufmerksamkeit zu fesseln, und befürchtete ständig, er könne sie langweilen und sie würde ihn stehenlassen. Was das betraf, war seine Selbsteinschätzung durchaus richtig: er langweilte sie immer. Seine Stimme hörte sie nur von fern, und von Zeit zu Zeit warf sie an den richtigen Stellen eine Bemerkung ein. Ihre Aufmerksamkeit jedoch galt Cathy Thomas und ihrem attraktiven Begleiter. Lara war sich fast sicher, dass die beiden ein Liebespaar waren. Jede Geste, jede Bewegung deutete darauf hin. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Lara leicht kontrollierbare Männer bevorzugt. Meistens brauchte sie nur den Eindruck zu erwecken, eine Affäre beginnen zu wollen, um das Interesse und die Aufmerksamkeit eines Mannes auf sich zu ziehen und zu fesseln. Doch bei John Sinclair würde das nicht funktionieren. Der sinnliche Zug um seinen Mund deutete an, dass körperliche Liebe für ihn sehr wichtig war. Ihre Gefühle für einen Mann waren noch nie so tief gewesen, dass sie sich einem vollständig hingegeben hätte, aber Sehnsucht danach, es zu tun, hatte sie schon. Und jetzt wollte sie John Sinclair, um jeden Preis. „Was hältst du davon, Lara?" „Mm?" Lara horchte auf, denn aus Normans Stimme konnte sie schließen, dass sie etwas Wichtiges verpasst hatte. „Was hast du gesagt?" „Ich sagte, dass meine Eltern dich gern kennenlernen würden", wiederholte er und sah Lara hoffnungsvoll an. „Gefällt dir die Idee?" Lara hatte bereits von Carolyn und Seymour Wentworth gehört. Carolyn ordnete sich ihrem Mann völlig unter. Der Gedanke, ihnen als Normans zukünftige Frau vorgestellt zu werden, gefiel Lara überhaupt nicht. Norman war ein Freund, und sie war ein paarmal mit ihm ausgegangen, aber sie hatte ihm nie Hoffnungen gemacht. „Nein", antwortete sie ohne Umschweife. „Aber..." „Norman, sei doch nicht so stur", sagte sie abwehrend. „Den Eltern vorgestellt zu werden ist so altmodisch", fügte sie hinzu, um die Abfuhr etwas zu mildern. „Das ist doch wirklich nicht nötig, oder?" Sie hakte sich bei ihm ein und lächelte ihn an. „Baines wird in wenigen Sekunden das Dinner servieren." „Aber..." „Komm schon, Norman. Ich bin hungrig!" Sie wollte dieses Thema unbedingt vermeiden. In den nächsten Wochen werde ich ihm wohl aus dem Weg gehen müssen, dachte Lara. Wenn ich Glück habe, ist es ihm dann nicht mehr so ernst. Als sie noch in Gedanken versunken aufsah, blickte sie direkt in John Sinclairs dunkelblaue Augen und wusste im ersten Moment nicht, wie sie reagieren sollte. Sie war zu überrascht, dass er sie beobachtete, wo er sie doch sonst gar nicht wahrzunehmen schien. Dann lächelte sie, ein verführerisches Lächeln, doch er drehte ihr daraufhin den Rücken zu. Oh, dieser Mann! Was hatte sie ihm nur getan, dass er sie derart verabscheute? Normalerweise reagierten die Männer anders. Lara konnte sich nicht erinnern, jemals so behandelt worden zu sein. Sie war sich ihrer Anziehungskraft immer sicher gewesen. Während des Dinners nahm John Sinclair ebenfalls keinerlei Notiz von Lara. Seine beiden Tischnachbarinnen, Cathy und Pamela Grierson, letztere ebenfalls eine alleinstehende Frau, beanspruchten seine gesamte Aufmerksamkeit. Doch es schien ihn nicht zu stören. Er genoss offensichtlich sowohl das Essen als auch die Gesellschaft, und Cathy war sichtlich stolz, dass dieser attraktive Mann ihr gehörte. Aber das musste nicht unbedingt so bleiben. John war ein Mann, der Frauen offensichtlich gern hatte, und er genoss auch Pamelas Interesse. Soweit Lara es beurteilen konnte, hätte er nichts dagegen, zur gleiche n Zeit mit mehr als einer Frau befreundet zu sein. Als Pamela ins Bad ging, um ihr Make- up aufzufrischen, und Cathy ihr einige Minuten später folgte, wusste Lara, dass die beiden sich nicht nur über das Wetter unterhalten würden. Doch Cathy und Pamela interessierten sie nur insofern, als durch ihre zeitweilige Abwesenheit John für sie, Lara, frei war.
„Entschuldige mich bitte, Norman", sagte sie lächelnd. Sie hatte ihn auch nach dem Dinner nicht abschütteln können und war daher noch entschlossener, ihm in den nächsten Wochen aus dem Weg zu gehen. „Da ist jemand, mit dem ich sprechen muss." „Aber..." „Neue Leute kennenlernen, Norman", ermutigte sie ihn. „Das ist der Sinn einer Party." Er ergriff ihre Hand. „Aber ich bin doch nur gekommen, um dich zu sehen." „Das hast du doch auch", beruhigte sie ihn. „Aber ich habe auch noch andere Gäste und kann mich nicht den ganzen Abend nur um dich kümmern." „Lara..." „Geh und sprich mit meinem Vater", schlug sie ihm etwas hinterhältig vor. Auch wenn ihr Vater in Norman einen geeigneten Schwiegersohn sah, so fand er ihn doch genauso langweilig wie sie, denn Norman redete immer nur von sich selbst. Normans Miene hellte sich auf. „Na gut, dann sehe ich dich später." „Vielleicht", erwiderte Lara unverbindlich, denn sie wollte bei John Sinclair sein, bevor Cathy oder Pamela zurückkamen. Er stand allein neben dem großen Klavier im Wohnzimmer, doch er sah nicht so aus, als würde ihm das etwas ausmachen. Ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen, während er langsam seinen Brand y trank. „Hallo!" Lara sah ihn unter leicht gesenkten Wimpern hinweg an. Schon seine bloße Nähe wirkte erregend. Er nickte nur kurz und sah in die Richtung, wo ihr Vater sich mit Norman unterhielt. „Ihr Verlobter?" „Um Himmels willen, nein!" erwiderte sie. „Er ist lediglich ein guter Freund. Spielen Sie?" fragte sie und deutete aufs Klavier. „Nein", antwortete er kurz. In Gedanken suchte sie verzweifelt nach einem anderen Gesprächsthema. Sich mit John Sinclair zu unterhalten war nicht so einfach! „Sie?" fragte er. „Oh, nein", antwortete Lara, froh, dass er von sich aus das Gespräch fortsetzte. „Das Klavier gehörte meiner Stiefmutter. Sie konnte sehr gut spielen." „Konnte?" hakte er nach. Lara nickte. „Sie ist tot. Dad bringt es nicht über sich, es zu verkaufen, obwohl niemand mehr darauf spielt." „Ich wusste nicht, dass Ihr Vater verwitwet ist." „Bereits zum zweitenmal", sagte Lara. „Aber Marion vermisst er am meisten. Mir geht es ebenso. Sie war mir eine wundervolle Mutter. Als sie meinen Vater heiratete, war ich gerade zwei Jahre alt. Sie hat mich immer wie ihr eigenes Kind handelt. Ich ... ich bin froh, dass Sie heute abend gekommen sind." Wieder blickte sie ihn verführerisch an. Doch er schien immun dagegen zu sein, und ihre Enttäuschung wuchs. Dieser Mann war einfach nicht normal! „So?" fragte er. „Ja. Nachdem ich Sie im Club kennengelernt hatte ... nachdem ich Sie gesehen hatte", verbesserte sie sich, als sie seinen spottenden Blick bemerkte, „habe ich versucht, Sie anzurufen." Fragend kniff er die Augen zusammen. „Ach, wirklich? Und warum bitte?" Lara hob die Schultern. Eine Bewegung, die ihren hübschen Busen in dem tief ausgeschnittenen Kleid betonte. „Ich dachte, Sie würden vielleicht gern auf eine Party gehen." Er machte eine leicht arrogante Verbeugung. „Wie Sie sehen, tue ich das gern." „Mit Cathy." Er verzog leicht den Mund. „Ja, mit Cathy." „Ich hatte Ihnen eine andere Begleitung zugedacht", flüsterte Lara rau. „Aber ich konnte Ihre Nummer nicht im Telefonbuch finden." „Cathy hätte das aber nicht ge fallen, Miss Schofield, und mir auch nicht." In seiner Stimme klang eisige Verachtung. „Ich suche mir meine Frauen lieber selbst aus. Das ist auch einer der Gründe, warum meine Nummer nicht im Telefonbuch steht. So kann ich bestimmen, wem ich sie gebe. Habe ich mich deutlich ausgedrückt, Miss Schofield?"
Niemand hatte ihren Namen bisher mit einer derartigen Mischung aus Verachtung und Abscheu ausgesprochen. Er blickte sie kühl an. Lara fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen. „Bedeutet das, dass Sie sie mir nicht geben würden?" „Nicht einmal, wenn Sie mich darum bitten", erwiderte er. Wütend sah sie ihn an. „Ich hatte nicht die Absicht!" „Nein?" fragte er höhnisch. Ihr Stolz kam ihr zu Hilfe. „Nein. Ich habe es nicht nötig, einem Mann nachzulaufen, Mr. Sinclair. Norman mag nur ein guter Freund sein, aber es gibt Männer, die mehr als das sind und sein werden. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen." Lara drehte sich um und ging mit hoch erhobenem Kinn davon. Hoffentlich würde niemand die Tränen in ihren Augen bemerken. Seit der Dinnerparty waren ungefähr drei Wochen vergangen, als Joseph Schofield seine Tochter Lara beim Abendessen fragte: „Hast du John Sinclair inzwischen schon einmal wiedergesehen?" Einmal? Lara war ständig mit ihm zusammengetroffen. Ob sie nun ins Theater oder auf Partys ging, John Sinclair war auch dort, immer in Cathy Thomas' Begleitung. Ihm aus dem Weg zu gehen, war praktisch unmöglich. Dabei gehörte er zu den wenigen Menschen, denen sie um jeden Preis nicht begegnen wollte. Noch nie hatte jemand sie so beleidigt. Mochte er auch der faszinierendste Mann sein, den sie in letzter Zeit getroffen hatte. Auf seine Beleidigungen konnte sie gern verzichten. Ihr Selbstbewusstsein hatte auf der Dinnerparty ihres Vaters einige schwere Schläge einstecken müssen. Aber dank ihrer vielen Verehrer glaubte sie allmählich wieder an ihre Anziehungskraft. Norman hatte sie allerdings - wie beschlossen - gemieden. „Und du?" Fragend zog Lara die Augenbrauen hoch. In dem cremefarbenen Abendkleid sah sie sehr attraktiv aus. Das lange schwarze Haar war im Nacken zusammengefasst, was sie sehr weiblich und zierlich wirken ließ. Ihr Vater trank genießerisch einen Schluck Brandy. „Ich habe heute mit ihm Golf gespielt." „Ach ja?" Unwillkürlich hielt sie den Atem an. „Er hat gewonnen", antwortete er und verzog das Gesicht. Das überraschte sie nicht. John Sinclair war ein Mann, der immer aufs Ganze ging. „Vielleicht hat er mehr Zeit zum Üben als du", tröstete sie. „Das glaube ich nicht." „Wo ist er bloß hergekommen? Bis er vor einem Monat hier auftauchte, habe ich ihn nie gesehen." „Er ist erst letzten Monat nach London gekommen." „Wenn das so ist, dann hat Cathy sich aber sehr beeilt", bemerkte Lara trocken. „Oder John", erwiderte ihr Vater genauso trocken. Lara senkte den Blick. „Natürlich." „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet." Aufmerksam beobachtete Joseph Schofield seine Tochter. „Hast du ihn in der letzten Zeit gesehen?" „Nur ab und zu auf Partys. Und immer zusammen mit Cathy.Warum fragst du?" Sein Interesse war ihr unangenehm. „Oh, ich war bloß neugierig." „Du denkst immer noch an die Geschichte mit Rex Maynard", erwiderte sie ärgerlich. „Wirklich, Daddy, ich kann mich nicht ständig für diesen einen Fehler entschuldigen. Ich wollte nur ..." „Okay, okay!" Ihr Vater lächelte und hob abwehrend die Hände. Doch er wurde sofort wieder ernst. „Ich dachte nur, dass ich dir einiges über John Sinclair sagen sollte. Er ist ein harter Mann. Im Alter von vierzehn Jahren wurde er von den Sinclairs adoptiert. Niemand weiß, bei wem oder wo er bis dahin gelebt hat. Jedenfalls zeigte er sich gegenüber seinen Adoptiveltern nicht sehr dankbar, sondern lief einige Male davon. Das letzte Mal, als er achtzehn war. Er ist nie zurückgekehrt. Was er auch immer in den letzten zwölf Jahren gemacht hat, er hat das Kapital und das Wissen erworben, sich ein Immobiliengeschäft aufzubauen." Ihr Vater machte ein böses Gesicht. „Er gehört zu den Männern, die über Leichen gehen, um ein Ziel
zu erreichen. Es wäre mir lieber, du hieltest dich von ihm fern. Du denkst vielleicht, dass Rex Maynard ein gemeiner Kerl war. Aber glaube mir, verglichen mit dem, was ich über John Sinclair gehört habe, war Rex noch harmlos!" Lara kannte Johns Grausamkeit, hatte sie am eigenen Leib erfahren. Doch jetzt, wo sie mehr über ihn wusste und sich vorstellen konnte, was er alles in seiner Kindheit durchgemacht haben musste, da konnte sie sein Verhalten besser verstehen. Auf der Dinnerparty war er grausam und gemein zu ihr gewesen, nachdem sie ihm von ihrer glücklichen Kindheit erzählt hatte. „Lara?" Ihr Vater sah sie besorgt an. „Entschuldige bitte", sagte sie und lächelte. „Was du mir erzählt hast, ist sehr interessant", fuhr sie fort. „Doch woher hast du all diese Informationen?" Es sprach für Laras Vater, dass ihm diese Frage unangenehm war. „Ich habe meine Quellen." „Aber natürlich", neckte sie ihn. Sie wusste genau, von welcher Detektei ihr Vater seine Informationen über ihre Bekannten hatte. Als sie herausfand, dass er ihr nachspionierte, war sie zunächst sehr wütend gewesen und wollte ihn zur Rede stellen. Doch dann hatte sie erkannt, dass er sie nur vor Männern wie Rex schützen wollte. Den ersten Bericht hatte sie schon vor sechs Monaten zwischen den Papieren ihres Vaters gefunden. Aber sie hatte ihm nie gesagt, dass sie alles wusste. Es gab in ihrem Leben nichts, was sie geheimhalten musste, weder vor ihrem Vater noch vor anderen. Und sollte jemand anders etwas zu verbergen haben, konnte sie sicher sein, dass ihr Vater es erfahren würde. Was er ihr jedoch über John erzählt hatte, weckte ihr fast schon erloschenes Interesse nur wieder. Bisher hatte sie geglaubt, John habe sie als Zielscheibe für seine Grausamkeit auserkoren. Jetzt sah sie die Dinge jedoch in einem anderen Licht. Und da sie nun den Grund für sein Verhalten kannte, konnte sie es leichter akzeptieren. Jeder hatte schließlich einen schwachen Punkt. „Haben dir deine Informanten denn nicht erzählt, dass John immer noch mit Cathy zusammen ist und dass ..." „ ... du dich in der letzten Zeit mit zahlreichen Männern getroffen hast, die dir allesamt nichts bedeuten", unterbrach er sie und seufzte. „Du bist fast einundzwanzig, Lara. Es wird Zeit, dass du erwachsen wirst. An deinem Geburtstag wirst du zwanzig Prozent der Anteile an den SchofieldHotels erhalten." „Die du weiterhin für mich verwalten wirst", erwiderte sie gelangweilt. „So wie du es schon immer getan hast. Ich verstehe nichts von den Geschäften." „Aber du könntest es lernen." „Nein, das könnte ich nicht", unterbrach sie ihn und lachte, „denn ich will nicht. Ich genieße mein Leben viel zu sehr, als dass ich es komplizieren wollte!" „In diesem Fall solltest du dir einen Mann suchen, der die Geschäftsabwicklungen für dich übernimmt." „Den habe ich doch schon." Lara stand auf und lächelte ihn an. „Dich!" „Geschieht mir recht!" Joseph Schofield beobachtete, wie Lara die kurze Samtjacke überzog, die die gleiche Farbe hatte wie das Abendkleid. „Du siehst sehr schön aus, Darling", sagte er bewundernd. „Vielen Dank!" erwiderte sie lächelnd. „Wer ist denn heute abend der Glückliche?" „Das weiß ich noch nicht." Als sie seinen besorgten Blick sah, lachte sie leise. „Ich gehe zu einer Party, Dad. Ich denke, dass die üblichen Leute da sein werden." „Einschließlich John?" Lara sah noch einmal prüfend in den Spiegel. „Soweit ich weiß, ist er immer noch mit Cathy zusammen." „Was bedeutet, dass er auch da sein wird." „Wahrscheinlich. Möchtest du mitkommen? Die Party findet bei Peter statt." Joseph Schofield verzog das Gesicht. Peter Jones war ein Exzentriker ersten Grades, und seine Partys waren meistens ziemlich wild. „Pass auf dich auf, Darling", warnte er leise. „Peter hat es schon seit Monaten auf dich abgesehen." Lara lachte heiter. „Er wird mich aber nicht bekommen!" „Dutzende von Frauen auf der ganzen Welt haben dasselbe behauptet - bevor sie ihm begegneten."
„Ich werde mit ihm schon fertig." Inzwischen hatte sie schon Übung darin, den eindeutigen Annäherungsversuchen von Londons größtem Frauenheld auszuweichen. Peter Jones war auch nicht sehr viel anders als Gary Ridgeway, er hatte höchstens mehr Stil. Aber mit seinen knapp vierzig Jahren war er für ihren Geschmack viel zu alt. Lara hielt nichts von den sogenannten lebenserfahrenen Männern, die sich schon einen Monat, nachdem sie mit einer Frau das Bett geteilt hatten, weder an deren Gesicht noch Namen erinnerten. Und bis jetzt hatte Peter Laras höfliche Absagen zu privaten Treffen offenbar akzeptiert. „Das bezweifle ich nicht", spottete ihr Vater. „Du gehst also allein auf die Party?" Sie lächelte ihn neckend an. „Das ist in unserer aufgeklärten Zeit nichts Besonderes." „Leider", sagte er kopfschüttelnd. „Nun, dann wünsche ich dir viel Spaß." An der Tür zögerte Lara einen Moment. Ihr Vater sah auf einmal so einsam aus. „Bist du sicher, dass du nicht mitkommen möchtest?" fragte sie leise und blickte ihn besorgt an. „Ganz sicher. Aus irgendeinem Grund habe ich in der letzten Zeit sehr oft an Marion gedacht", erklärte er, als Lara ihn weiterhin besorgt betrachtete. „Ich werde bei dir bleiben." „Das wirst du nicht tun", entgegnete er und erhob sich. „Ich habe heute abend ohnehin noch zu arbeiten." Lara sagte nichts, denn sie spürte, dass er allein sein wollte. Sie respektierte die tiefe Trauer, die er bei dem Gedanken an Marion empfand, und wusste, dass er morgen früh wahrscheinlich schon wieder der alte sein würde. Als Lara kurz nach zehn Uhr bei Peter eintraf, war die Party schon in vollem Gang. Peter überschüttete sie sofort mit Komplimenten. „Du bist die schönste Frau von London", sagte er und küsste ihre Fingerspitzen. Sein Blick verweilte über Gebühr lange auf ihren glänzenden, mit dunkelrotem Lipgloss betonten Lippen. „Wunderschön, Darling", flüsterte er ihr ins Ohr, während er ihr aus der Jacke half. Dabei schaute er unverschämt direkt auf Laras Dekollete. Der Stoff des trägerlosen Abendkleids war so fein, dass Lara darunter keinen BH tragen konnte. „Vielen Dank, Peter", sagte sie unbeeindruckt und sah sich suchend um, denn der dunkelhaarige Mann neben ihr interessierte sie nicht das mindeste. „Sind schon alle da?" fragte sie Peter, als sie John nicht entdecken konnte. „Wer weiß, Süße?" Er war fast einen Meter neunzig groß und hatte einen dunklen Teint, den er - wie er sagte - einem seiner verwegenen spanischen Vorfahren verdankte. Laras Meinung nach musste dieser Vorfahr während der Inquisition gelebt haben und einer ihrer Anhänger gewesen sein! Peter umfasste Laras Handgelenk. „Suchst du einen Bestimmten?" fragte er. „Eigentlich nicht", antwortete sie und wandte sich von ihm ab. „Diese Party scheint nur nicht ganz deinem Stil zu entsprechen." „Wir können ja später eine kleine Privatparty starten, Darling", erwiderte Peter vielsagend. „Das bezweifle ich", antwortete sie leichthin. „Ist Cathy schon hier? Ich muss sie etwas fragen." Er schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Aber es ist ja noch früh. Nimm dir einen Drink, Süße", sagte er, als ein Ober ihr ein Glas Champagner anbot. „Ich komme später noch zu dir. Das ist ein Versprechen", fügte er zweideutig hinzu. Laura empfand das mehr als Drohung. Sie gesellte sich zu einer Gruppe von Freunden, hielt dabei ständig nach Cathy und John Ausschau. Als Cathy endlich kurz vor Mitternacht eintraf, kam sie jedoch nicht in Johns Begleitung. Lara verschluckte sich fast an ihrem Champagner, als sie den jungen Adonis an Cathys Seite sah, den diese anhimmelte, als wäre er ein griechischer Gott. John war schon einige Jahre jünger als Cathy, aber dieser Junge war nicht viel älter als Lara! Und wo war John? Seine Affäre mit Cathy war offenbar endlich vorbei, aber würde das bedeuten, dass er aus der Londoner Gesellschaftsszene genauso schnell verschwinden würde, wie er dort aufgetaucht war? Hoffentlich nicht - sie, Lara, wusste ja nicht einmal seine Telefonnummer! „Das ist Derek", stellte Cathy vor, als Lara sie begrüßte. „Er spielt in dem wundervollen neuen Musical im Nationaltheater mit."
Er spielt mit. Lara bezweifelte jedoch, dass er eine bedeutende Rolle hatte. Während der darauffolgenden Unterhaltung erkannte sie, dass Derek zwar den Körper eines Apollo hatte, aber den Verstand eines Kleinkindes. Was Cathy an diesem Jungen fand, war Lara schleierhaft. „Ganz ohne John heute abend?" fragte sie beiläufig, als Cathy mit der Aufzählung von Dereks Qualitäten fertig war - die zusammengenommen lediglich besagten, dass er ein guter Liebhaber war. Lara hatte schon von Schauspielerinnen gehört, deren Weg nach oben durch verschiedene Betten geführt hatte, aber diese Situation war einfach lächerlich! Cathy verzog den Mund. „Sei nicht dumm, Darling. John und ich sind nicht mehr zusammen", sagte sie und sah Derek verliebt an. Lara befeuchtete ihre Lippen. „Aber er ist doch noch in London?" „Wie soll ich das wissen", entgegnete die andere Frau irritiert. „Ja, ich glaube schon. Aber warum interessiert dich das?" fragte sie scharf. „Es interessiert mich nicht", erwiderte Lara kühl, „aber mein Vater hat heute mit ihm Golf gespielt, und John hat seine Brieftasche im Club vergessen. Hast du vielleicht seine Telefonnummer?" „Die habe ich, aber - warum sprichst du nicht persönlich mit ihm? Er ist gerade aufgetaucht." Lara drehte sich langsam um. Zu ihrer Enttäuschung war John nicht allein gekommen, sondern wurde von einer zierlichen Blondine begleitet. Er hatte ebenfalls keine Zeit verschwendet, einen Ersatz für Cathy zu finden. Lara hatte nicht einmal eine Chance gehabt, deren Platz einzunehmen! „Danke", sagte sie zu Cathy, die nur noch Augen für Derek hatte, und ging geradewegs auf John zu. Seine neue Freundin hatte sicherlich noch keine Zeit gehabt, ihren Platz in seinem Leben zu festigen. Immerhin war er bis vor zwei Tagen noch mit Cathy zusammengewesen. „Darling!" empfing Peter Lara erfreut, als sie sich zu der Gruppe an der Tür gesellte. „Wie schön, dass du zu mir kommst." Lara war zu sehr von Johns umwerfendem Aussehen eingenommen, um Peters zärtliche Umarmung und sein intimes Lächeln zu bemerken. Der dunkle Anzug unterstrich Johns breite Schultern, und das weiße Hemd ließ seine Haut noch dunkler erscheinen. Er sah atemberaubend gut aus, und sie musste ihn dauernd ansehen. „John", begrüßte sie ihn heiser. Er zog die Brauen leicht hoch und musterte sie kühl. „Miss Schofield." Sie lächelte ihn verführerisch an. „Ich glaube nicht, dass wir noch so formell sein müssen, oder?" „Nein?" „Nein." Sie sah ihn herausfordernd an. „Mein Vater hat das Golfspiel heute mit Ihnen sehr genossen." „Er spielt gut", erwiderte er. „Sie anscheinend auch." Lara war sich noch immer nicht richtig bewusst, dass Peter einen Arm um ihre Taille gelegt hatte und dass sich seine Hand gefährlich nahe an ihrer Brust befand. Sie konzentrierte sich nur auf John und auf ihre Unterhaltung mit ihm. „Spielt Miss... spielen Sie Golf?" fragte sie die zarte blonde Frau leicht arrogant. „Ich heiße Jeannie Wright", antwortete die Frau kühl, sie war mindestens Ende Zwanzig. „Und ich interessiere mich nicht besonders für Golf." Lara konnte sich gut vorstellen, wo die Interessen der Blondine lagen. Wie es schien, interessierte sich John vornehmlich für reifere, zarte Frauen. Das war sicher kein gutes Omen für Lara. Vielleicht mochte er wirklich keine großen schwarzhaarigen Frauen von zwanzig Jahren. „Wenn Sie uns jetzt entschuldigen würden..." unterbrach John das Gespräch. „Aber..." „Ich bin ja so froh, dass du nach mir gesucht hast." Peter betrachtete Lara anzüglich, als das andere Paar sich entfernte. Erst jetzt merkte Lara, wie fest er sie umschlungen hielt. „Vielleicht könnten wir jetzt unsere Privatparty starten?" flüsterte er ihr ins Ohr. „Es scheint, als wäre jeder gut versorgt." „Ich bin nicht deiner Meinung." Diesmal hatte Lara Schwierigkeiten, sich aus seiner Umarmung zu befreien. „Lass mich los, Peter", befahl sie.
Mit seinen dunkelbraunen Augen sah er sie wütend an. „Jetzt hör endlich auf, dich so zu zieren, Darling! Larry Havers hat mir versichert, dass das alles nur Schauspielerei ist." „Er hat was?" fuhr sie auf und stand auf einmal ganz still. Sie war nur ein einziges Mal mit Larry Havers ausgegangen. Das war jetzt über eine Woche her, und sie hatte ihn genauso kühl behandelt wie jeden anderen Mann. „Komm schon, Lara." Peter lächelte sie aufmunternd an. „Das ist doch kein Grund, sich so aufzuregen. Larry hat das nicht böse gemeint, und du weißt ja, wie Männer untereinander reden." „Reden, das ist alles, jedenfalls was mich betrifft", entgegnete sie spitz. „Was genau hat er dir erzählt?" „Oh, keine Einzelheiten, Süße. Aber er hat gesagt, dass du gut bist", flüsterte er ihr ins Ohr. „Sehr gut. Aber das wusste ich schon, es ist ja nicht gerade ein Geheimnis, oder?" „Scheint so." Lara biss die Zähne zusammen, sie konnte sich nicht erinnern, jemals so wütend gewesen zu sein. Wie falsch, wie arrogant Männer doch waren! Ging eine Frau nur ein- oder zweimal mit einem Mann aus, dann behauptete er schon, eine Affäre mit ihr zu haben. Nun, Peter würde das morgen jedenfalls nicht behaupten können. „Lass mich sofort los, Peter", fuhr sie ihn aufgebracht an. Seine Augen weiteten sich vor Zorn. Lara hätte nie geglaubt, dass er so wütend werden könnte. Und dass er ihr den Arm hinter dem Rücken umdrehte, war auch keine Einbildung! Das durfte doch einfach nicht wahr sein! „Peter!" Lara schnappte nach Luft. Sie konnte nicht glauben, dass gerade ihr dies passierte. „Hör bitte sofort auf damit! Du tust mir weh!" „Geh!" befahl er knapp. „Die Tür dort führt in mein Schlafzimmer." Er wies auf eine leicht angelehnte Tür. „Ich komme nicht mit." „Bitte, mach es mir nicht unnötig schwer, Darling." Seine Stimme klang sanft. Aber ein Blick in seine Augen genügte, um Lara erkennen zu lassen, wie ernst er es meinte. „Fast jeder hier ist in einer Art Rausch", warnte er. „Es wird niemanden stören, wenn wir uns für eine Stunde oder zwei in mein Schlafzimmer zurückziehen." Aber mich stört es, dachte Lara. Sie hatte sich noch nie in ihrem Leben so gefürchtet. Peter hatte recht. Keiner der anderen Gäste schien ihr stummes Flehen um Hilfe zu bemerken. Sie schienen sich alle wirklich in einer Art Rausch zu befinden. Und Peter auch. Normalerweise war er viel zu bequem, um sich irgendwie anzustrengen, und körperliche Gewalt schien auch nicht zu seinen Charaktereigenschaften zu gehören. Sie hatte eben Pech, dass er sich gerade heute abend in dieser Stimmung befand!
3. KAPITEL
Peters Schlafzimmer war die reinste Lasterhöhle. Spiegel befanden sich an drei Wänden und an der Decke. Das große runde Bett mit dunkelbraunen seidenen Laken beherrschte den Raum. Als Peter endlich Laras Arm losließ, drehte sie sich um und sah ihn an. „Das ist doch lächerlich ..." „Ganz meiner Meinung, Darling", erwiderte er und nahm seine Krawatte ab. „Aber wenn du unbedingt Spielchen spielen willst, bitte." Er zuckte die Schultern. „Spielchen?" fragte sie irritiert. „Du spielst die Unnahbare, Süße." Er lächelte und warf sein Jackett über einen Stuhl. „Normalerweise finde ich diese Spielchen ja langweilig, aber bei einem so hübschen jungen Mädchen wie dir mache ich gern eine Ausnahme." „Aber, Peter, ich will nicht..." „Halt, das Spiel hat noch nicht begonnen", unterbrach er sie lachend. Auf seinem Gesicht spiegelte sich die Vorfreude. „Ich will erst duschen. Wenn du Lust hast, können wir mit dem Spiel ja unter der Dusche beginnen?" „Nein." „Bin gleich wieder da, Darling. Warum mixt du uns nicht ein paar Drinks, während du auf mich wartest?" schlug er vor und knöpfte dabei sein Hemd auf. „Die Bar befindet sich hier." Er öffnete einen Schrank. „Für mich bitte einen Whisky mit Soda", fügte er hinzu und verschwand im angrenzenden Badezimmer. Einen Moment starrte Lara wie betäubt auf die geschlossene Badezimmertür. Sie hörte, wie Peter das Wasser andrehte und leise vor sich hin sang. Er glaubte tatsächlich, sie würde einfach hierbleiben und auf ihn warten! Rückwärts floh sie aus dem Schlafzimmer und - rannte prompt gegen eine harte, muskulöse Brust. „Tut mir leid! Ich ... John!" Sie seufzte erleichtert auf und klammerte sich hilfesuchend an ihn. „Oh, John, ich ..." „Was ist denn, Miss Schofield?" Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete er das ganz auf Verführung ausgerichtete Zimmer, aus dem sie gekommen war. Beim Anblick der mehr oder weniger offensichtlichen Effekte - Drinks, weiche, intime Beleuchtung, leise Musik in dem fast schalldichten Raum -, die nur dazu dienten, eine Frau in das große Bett zu locken, verzog er spöttisch die Mundwinkel. „Haben Sie in diesem Fall Ihre Meinung geändert?" Verächtlich musterte er sie. „Sie verstehen das falsch." „Ich glaube, ich verstehe sehr gut. So wie Peter Sie vorhin berührt hat, war es ganz offensichtlich, was Sie beide heute abend geplant hatten. Peter hat eben noch mehr Erfahrung als Sie", sagte er höhnisch. „Ich bin sicher, dass Sie viel voneinander lernen können." Lara war blass geworden, als sie merkte, wie sehr er sie verachtete. „Ich bin doch nur gekommen, um Sie zu sehen." „Mich?" Erstaunt zog er die Augenbrauen hoch. „Warum denn in aller Welt ausgerechnet mich?" Lara fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. „Sie wissen, warum", flüsterte sie und wich seinem Blick aus. „Vielleicht", erwiderte er voller Verachtung. „Feinfühligkeit gehört nicht zu Ihren Stärken", fügte er spottend hinzu. „Such dir einen Mann aus, und dann hol ihn dir! Das scheint Ihr Wahlspruch zu sein. Dieser Mann ist aber leider nicht interessiert und wird es niemals sein." Über ihren Kopf hinweg sah er wieder ins Schlafzimmer und sagte: „Peter scheint jetzt bereit zu sein." Als Lara sich umdrehte, sah sie, wie Peter nur mit einem dunklen Bademantel bekleidet aus dem Badezimmer kam. Er schien ziemlich wütend darüber zu sein, dass sie zusammen mit einem anderen Mann in der offenen Tür stand. „Ich hatte keine Ahnung, dass diese Party nicht nur auf uns allein beschränkt sein sollte, Lara", spottete er, als er sich zu den beiden gesellte. „Niemand hat mir gesagt, dass du ..." „Peter, ich glaube, du verstehst das nicht richtig." Unwillkürlich krallte sie die Finger in Johns Jackett. Ihre Augen waren angstvoll geweitet. „Aber natürlich verstehe ich, Süße", erwiderte er und lächelte anzüglich. „Es tut mir nur leid, dass ich so schwer von Begriff bin."
„Nein!" Sie wich seiner Hand aus, als er nach ihr greifen wollte. „Bitte ..." Überraschenderweise kam John ihr zu Hilfe. „Ich glaube, Lara will damit sagen, dass sie ihre Meinung geändert hat." Auf Peters Gesicht spiegelte sich Wut wider, als er die beiden betrachtete und erkannte, dass sein Opfer ihm entkommen würde. „Sie kommt mit mir" bestätigte John Peters Verdacht und hielt Lara besitzergreifend am Arm fest. „Nicht wahr?" fragte er kurz und sah auf Lara hinab. „Ja... allerdings." Lara schluckte schwer. Nach all den Beleidigungen, die John ihr noch vor wenigen Minuten bezüglich ihrer Moral an den Kopf geworfen hatte, hätte sie niemals erwartet, dass er ihr helfen würde. „Ich gehe mit John", wiederholte sie. Peter fluchte leise und schlug ihnen die Tür vor der Nase zu. „Stets ein guter Gastgeber", spottete John. „Diese Party wird langsam zu einer Orgie", fuhr er leise fort, als ein Pärchen an ihnen vorbeihuschte und in dem an Peters Schlafzimmer angrenzenden Raum verschwand. „Wollen Sie wirklich gehen?" fragte er und blickte auf Lara hinab. „Ja." Sie nickte eifrig. „Ich werde nur kurz nach Jeannie suchen." Mit zusammengekniffenen Augen suchte er die Menge nach der kleinen blonden Frau ab, mit der er gekommen war. „Oh." Spottend blickte er Lara an. „Wie ich bereits sagte, Feinfühligkeit ist eine Charaktereigenschaft, die mir bei dem Gedanken an Sie nicht in den Sinn kommt." „Und denken Sie oft an mich?" fragte sie heiser. „Nicht sehr oft", entgegnete er kühl. „Ah, da ist Jeannie ja." Ein Lächeln glitt über sein Gesicht. „Wenn Sie mit uns nach Hause fahren möchten, dann warten Sie bitte draußen auf uns." „Ich bin selbst mit dem Wagen hier", gab Lara gezwungenermaßen zu. „Dann hindert Sie also nichts daran, diese Party zu verlassen, nicht wahr?" „John..." „Ja?" fragte er ungeduldig. Sie runzelte die Stirn. „Warum mögen Sie mich nicht?" „Ich mag Sie nicht?" spottete er. Lara wurde heiß. „Geben Sie es doch zu." „Sie irren sich", fuhr er sanft fort. „Hat Ihnen denn niemand gesagt, dass ein Mann eine Frau erobern möchte?" „Ich werde eine alte Frau sein, bevor Sie mich überhaupt wahrnehmen!" erwiderte sie ärgerlich. Zu ihrer Überraschung - und Freude - fing er leise an zu lachen. Seine Augen schimmerten tief blau, und seine weißen Zähne blitzten. „Haben Sie es denn noch nicht gemerkt? Ich bevorzuge ältere Frauen." „So lange kann ich nicht warten", sagte sie bedrückt. „Sie werden es wohl müssen." Mit ihren grauen Augen blickte sie ihn ärgerlich an. „Sie genießen das auch noch, Sie gemeiner Kerl! Vielleicht werde ich doch noch zu Peter gehen", fügte sie rebellisch hinzu. John zuckte lediglich die Schultern. „Nur zu." Lara sah zu ihm auf. In ihren Augen glitzerten Tränen. „Ist es Ihnen denn wirklich egal?" „Und Ihnen?" fragte er. „Hören Sie, Lara, es ist Ihr Körper. Bisher schien es Ihnen ziemlich egal zu sein, an wen Sie sich verschenken." „Was meinen Sie damit?" Lara war blass geworden. „Nachdem ein Mann mit Ihnen ins Bett gegangen ist, nur um besser an Ihren Schmuck heranzukommen, hätten Sie aus diesem Fehler lernen sollen und Ihre Liebhaber in Zukunft sorgfältiger auswählen sollen", spottete er. „Danach zu urteilen, wie Sie sich mir, einem Ihnen völlig Fremden, an den Hals werfen, haben Sie überhaupt nichts gelernt!" Lara war entsetzt, dass er so viel über sie wusste. Er war erst seit einem Monat in der Stadt und kannte bereits die Sache mit Rex Maynard! Aber er hatte kein Recht, so verachtungsvoll über sie zu sprechen, denn die Wahrheit konnte er unmöglich wissen. Und von ihr würde er sie nach allem, was er ihr heute an den Kopf geworfen hatte, auch nicht erfahren!
„Ich weiß mehr über Sie, als Sie denken", erwiderte sie trotzig. Aus zusammengekniffenen Augen blickte er sie an. „So?" „Seit der Sache mit Rex" - wenn sie seinen Namen nur nannte, wurde sie schon wütend - „hat mein Vater alle Personen, mit denen wir in Kontakt kamen, überprüfen lassen." Bildete sie es sich nur ein, oder schien John plötzlich wirklich sehr angespannt zu sein? Gab es ein Geheimnis in seinem Leben, das er nicht preisgeben wollte, vor dessen Enthüllung er sich fürchtete? Vielleicht schämte er sich seiner Kindheit, seiner Adoption? „Ich bin sicher, dass Sie die Detektive mit Ihren zahlreichen Liebhabern ganz schön auf Trab gehalten haben", höhnte er und ließ Lara einfach stehen. Lara beobachtete bestürzt, wie er sich zu Jeannie gesellte und einen Arm um ihre Hüfte legte. Wenige Sekunden später verließen die beiden die Party. Nun, das war gründlich schiefgegangen. Sie hatten sich nur gegenseitig beleidigt. Und Lara hatte so verständnisvoll sein wollen, um John trotz seiner Feindseligkeit für sich zu gewinnen. Heute nacht hatte sie ihn nur noch mehr verschreckt. Der Gedanke, von ihrem Vater überprüft worden zu sein, schien ihm gar nicht gefallen zu haben. Er war offensichtlich verärgert darüber. Nach dem, was ihr Vater über ihn herausgefunden hatte, waren Johns Kindheit und frühe Jugend sehr wechselvoll verlaufen. Doch das war schließlich nicht allein seine Schuld gewesen, und er war trotzdem ein erfolgreicher Mann geworden. „Hast du deine Meinung wieder geändert, Lara?" flüsterte ihr plötzlich jemand ins Ohr. Die Stimme war ihr nur zu gut bekannt. Sie drehte sich um und sah Peter, jetzt wieder vollständig angekleidet. „Gibst du eigentlich niemals auf?" fragte sie spitz. „Niemals, Süße." Seine gute Laune schien wieder die Oberhand zu haben. „Hast du deine Meinung geändert?" wiederholte er hoffnungsvoll seine Frage. „Nein!" erwiderte sie wütend. „Schade! Dann sollte ich mich wohl besser nach einer Frau umsehen, die mir keinen Korb gibt. Es würde ein schlechtes Licht auf mich als Gastgeber werfen, wenn ich heute nacht nicht wenigstens eine Frau glücklich machen könnte." Lara wandte sich angewidert ab und ging auf den Ausgang zu, während Peter auf eine langbeinige Rothaarige zueilte. Lara war diese ständigen Partys langsam leid und auch die bedeutungslosen Bekanntschaften. Sie hatte bisher nur noch nichts Besseres gefunden. Während der nächsten zwei Wochen blieb Lara freiwillig öfter zu Hause als üblich. Ihre Empörung über Peter und die Leute, mit denen sie normalerweise zusammen war, hielt an. Sie fühlte sich unter ihnen nicht mehr wohl. Und während sie früher gern mit ihnen über andere Menschen hergezogen hatte, fragte sie sich nun, was sie wohl über sie, Lara, sagen würden, wenn sie nicht dabei war. Peter hatte ihr die Augen darüber geöffnet, wie die Männer über sie redeten, und sie konnte sich sehr gut vorstellen, wie die Frauen über sie herzogen. John Sinclair hatte sie nicht wiedergesehen. Wenn sie ausging, dann in Begleitung des ruhigen und respektvollen Norman. Diese Abende bestätigen ihr jedoch, dass Norman nicht der Richtige für sie war. Der andere Mann mit dem silberblonden Haar und den dunkelblauen Augen spukte immer noch in ihren Träumen herum, genausowenig greifbar wie in Wirklichkeit. „Möchtest du mit in den Club kommen?" fragte ihr Vater an einem Samstagnachmittag, als sie sich zu Hause langweilte. „Ich würde gern eine Runde Golf spielen, und die frische Luft wird dir sicher guttun." Besorgt blickte er in ihr blasses Gesicht. „Ich habe mir in letzter Zeit Sorgen um dich gemacht." „Weil ich öfter zu Hause bleibe", fragte Lara leicht spottend. „Die meisten Eltern würden sich Sorgen machen, weil ich zu oft ausgegangen bin." „Darüber war ich auch besorgt", erwiderte Joseph Schofield. „Aber jetzt mache ich mir Sorgen, weil es für dich ungewöhnlich ist, dass du so oft zu Hause bist. Ist auf Peters Party etwas vorgefallen, das ich wissen sollte?" „Nein, überhaupt nichts", erwiderte Lara, bemüht, unbeschwert zu klingen. „Wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich heute lieber nicht Golf spielen. Norman kommt später noch vorbei. Hast du jemand anders, mit dem du spielen könntest?" „Irgend jemand im Club hat immer Lust auf eine Runde Golf."
„Hat John Sinclair dich in der letzten Zeit mal wieder besiegt?" fragte Lara beiläufig und hoffte, ihr Vater würde nicht merken, wie sehr die Antwort sie interessierte. Joseph Schofield schüttelte den Kopf. „Nicht in der letzten Zeit. Er ist seit einigen Wochen nicht mehr im Club gewesen." Das gefiel Lara überhaupt nicht. Zumindest sich selbst gegenüber musste sie zugeben, dass einer der Gründe, warum sie nicht mehr an den üblichen Partys teilnahm, darin lag, dass sie hoffte, John würde sie vermissen. Ihr war bekannt, dass er vor zwei Wochen mit ihrem Vater Golf gespielt hatte und nun Mitglied im Club war. Doch wenn er geschäftlich verreist war, dann hatte er sie ja gar nicht vermissen können. Zu dumm! „Bis später, Liebes", verabschiedete sich ihr Vater und strich ihr liebevoll übers Haar. Während sich Lara auf ihre Verabredung mit Norman vorbereitete, war sie mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache. Norman bestand inzwischen immer eindringlicher darauf, dass sie seine Eltern kennenlernen sollte. Und je öfter sie ihn sah, desto weniger gefiel ihr diese Idee. Sie war sich nicht sicher, wie lange sie Normans ungeteilte Aufmerksamkeit noch würde ertragen können. Er beschwerte sich nicht, als sie ihn später durch zahllose Geschäfte schleppte und Stunden damit verbrachte, sich alles mögliche anzusehen, ohne etwas zu kaufen. Er wird bestimmt einmal ein fügsamer Ehemann werden, dachte Lara, aber nicht meiner. Sie hatte versucht, den Rat ihres Vaters zu befolgen und sich mit Norman zu arrangieren, aber wenn sie sich nur noch etwas mehr langweilte, dann würde sie in seiner Gesellschaft einschlafen. Sie bedauerte jetzt, ihm schon versprochen zu haben, mit ihm heute abend essen zu gehen. Nach dem heutigen Abend würde sie ihn aber bestimmt nicht wiedersehen. Laras Vater war noch nicht aus dem Club zurückgekehrt, als sie nach Hause kam, um sich für das Dinner umzuziehen. Er würde wahrscheinlich selbst auswärts essen. Lara entschied sich für ein knielanges schwarzes Kleid mit Spitze, das leicht durchsichtig war und nur wenig der Phantasie überließ. Sie sah wunderschön und verführerisch aus, das wusste sie. Es war schade, dass sie ihre Schönheit an Norman verschwenden musste. Er schien jedoch ganz anderer Meinung zu sein, als er kurz nach sieben eintraf. Er wartete lediglich, bis das Dienstmädchen gegangen war, und nahm Lara dann in die Arme. „Darling, du siehst phantastisch aus!" flüsterte er rau. Lara drehte den Kopf zur Seite, als Norman sie küssen wollte. „Mein Lippenstift!" erinnerte sie ihn barsch. Er lachte leise. „Du kannst doch wieder neuen auflegen." Er küsste sie leicht auf die Lippen und genoss den Moment. „Mm, Darling, du schmeckst wunderbar." Bevor Lara auch nur ahnen konnte, was er vorhatte, verschloss er ihren Mund mit einem fordernden Kuss. Nie hätte sie geglaubt, dass der liebe, zuverlässige Norman dazu fähig wäre. Sie legte den Kopf in den Nacken und lag hilflos in seinen Armen. „Darling, Lara", stöhnte er und liebkoste ihren Körper mit den Händen. „Oh, Darling!" Das Zittern, das durch seinen Körper lief, verriet Lara, dass er kurz davor war, die Kontrolle über sich zu verlieren. „Norman ..." „Lass uns hierbleiben", bat er erregt und drängte sie zurück auf das Sofa. „Dein Vater ist nicht da, und niemand wird uns stören. Oh, Lara!" Wieder begann er sie zu küssen. „... und wie ich schon sagte — Lara!" Der empörte Ausruf ihres Vaters brachte Norman endlich zur Besinnung, und er gab Lara frei. „Ich ... ich ... o Gott!" stotterte er verstört. Lara warf Norman einen bitterbösen Blick zu und drehte sich um, um ihrem Vater die Situation zu erklären. Jetzt erst bemerkte sie, dass er nicht allein gekommen war. Hinter ihm stand John Sinclair. Sein Blick drückte grenzenlose Verachtung aus. Das war bereits das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit, dass John Sinclair sie, Lara, in einer kompromittierenden Situation überraschte. Lara wusste, dass sie seine Verachtung verdiente. Ihrem Vater war die Situation äußerst peinlich. Lara erhob sich und strich ihr Kleid glatt. „Ich ... Es tut mir leid, Mr. Schofield." Erstaunlicherweise fand Norman zuerst die Sprache wieder. Er hatte sich ebenfalls erhoben und stand nun neben Lara. „Ihre Tochter sieht so schön
aus, dass... Nun, ich bin sicher, Sie verstehen, was ich sagen will", fuhr er fort und lächelte verlegen. Laras Vater fasste sich schnell. „Lara ist eine erwachsene Frau", sagte er. „Und ihr habt sicher gedacht, dass ihr allein seid." „Danke", Norman lächelte erleichtert, weil seine Entschuldigung so schnell akzeptiert wurde. Lara hingegen war sich der stillen Verachtung in John Sinclairs Blick bewusst. Die ganze Angelegenheit war ihrem Vater um so peinlicher, da dieser Mann Zeuge der kleinen leidenschaftlichen Szene geworden war. Lara wünschte inständig, dass ihr Vater nicht gerade in Begleitung von John Sinclair gekommen wäre. Die meisten Freunde ihres Vaters hätten mit ihr zusammen darüber gelacht. Doch in Johns Augen sprach auch die Szene mit Peter gegen sie, und so konnte Lara nichts tun, um ihn zu überzeugen, dass sie nicht das kleine Biest war, für das er sie hielt. Da er außerdem schon von dem Skandal mit Rex erfahren hatte, würde er auch die angeberischen Lügen jener Männer gehört haben, mit denen sie in letzter Zeit ausgegangen war. „Entschuldige, Darling", sagte ihr Vater und küsste sie leicht auf die Wange. Sein Blick drückte Bedauern aus. „Ich habe John zum Dinner eingeladen", fuhr er mit gezwungener Heiterkeit fort. „Das sehe ich", erwiderte sie ebenso heiter. „Haben Sie meinen Vater wieder beim Golf geschlagen, Mr. Sinclair?" fragte sie kühl, bemüht, sich trotz ihres etwas derangierten Aussehens in seiner Gegenwart gelassen zu geben. Es schien ihn zu amüsieren, dass sie heute die förmliche Anrede benutzte. „Heute hat Ihr Vater gewonnen", erwiderte er. „Wirklich?" Erstaunt hob sie die Augenbrauen. „Sehr gut, Daddy", lobte sie und lächelte ihren Vater an. Damit wandte sie den Blick von John ab, dessen männliche Figur durch den schwarzen Rollkragenpullover und die graue Kordhose betont wurde. Sein silberblondes Haar war vom Wind zerzaust, was ihm ein verwegenes Aussehen gab, dessen er sich jedoch nicht bewusst zu sein schien. Lara jedoch war sich jedes Details seiner Erscheinung nur allzu bewusst. Sie war wütend auf sich selbst, dass sie ihn noch immer so anziehend fand, obwohl er sie bei ihrem letzten Zusammentreffen so grob behandelt hatte. Joseph Schofield freute sich über das Lob seiner Tochter. „Ich glaube, John war noch etwas erschöpft von seiner Geschäftsreise nach Deutschland." Lara blickte John kühl an. „Sie waren verreist?" Er nickte kurz. „Ja. Doch wenn es stimmt, was Ihr Vater mir erzählt hat, dann habe ich nicht viel verpaßt. Eine Party, auf der die reizende Lara Schofield nicht erscheint, kann kein Erfolg sein!" Lara hakte sich absichtlich bei Norman ein. Offensichtlich hatte ihr Vater John gesagt, dass sie nicht mehr so oft ausgegangen war. John seinerseits schien ihm nichts von der peinlichen Szene auf Peters Party berichtet zu haben. Dafür war sie ihm dankbar. Doch es änderte nichts an ihrer Haltung ihm gegenüber. „Norman und ich sind dabei, uns näher kennenzulernen", erklärte sie. „Auf Partys ist das etwas schwierig." „Da stimme ich Ihnen zu." Für einige endlos scheinende Sekunden hielt John ihren Blick gefangen. „Ich hoffe, dass wir durch unser Erscheinen dieses ,Näherkennenlernen' nicht gerade unterbrochen haben?" Lara errötete und wusste, dass er genau das bezweckt hatte. „Aber nein", antwortete sie schnell. „Norman und ich wollten gerade gehen. Wir haben einen Tisch reserviert." „Dann will ich Sie nicht länger aufhalten", sagte er und verfolgte mit spottendem Blick, wie sie ihrem Vater einen Abschiedskuss gab. Lara war wütend und enttäuscht, dass John bei ihrem Vater zu Gast war und sie den ganzen Abend mit Norman verbringen musste. Ihre Wut wurde von Stunde zu Stunde größer. Norman ging ihr immer mehr auf die Nerven, und schließlich fuhr sie ihn aufgebracht an. „Darling ...?" Ihr verändertes Benehmen schien ihn völlig zu verwirren. „Nenn mich nicht so!" Ärgerlich sah sie ihn an. „Aber es ist doch nur ein Ausdruck der Zuneigung ..." „Eben!" unterbrach sie ihn. „Niemand hat dich gebeten, Zuneigung für mich zu empfinden!" Ihre ganze Wut auf John Sinclair ließ sie nun an dem völlig überraschten Norman aus. „Lara..."
„Wir sind ein paarmal miteinander ausgegangen, und du benimmst dich, als würde ich dir gehören!" Sie warf ihre Serviette auf den Tisch und nahm ihre Handtasche. „Ich möchte dich heiraten." „Aber ich dich nicht!" Sie erhob sich aufgebracht. „Ich möchte jetzt gehen." „Aber.. ." „Jetzt, Norman!" Wütend presste sie die Lippen zusammen und sah ihn an. Während Norman die Rechnung für ihr gemeinsames Dinner beglich, blickte er Lara immer wieder bestürzt an. Nachdem sie das Lokal verlassen hatte, schämte sich Lara ihres Verhaltens. Sie war noch niemals so grausam zu einem anderen Menschen gewesen. Norman sah so tief verletzt aus. Sie wünschte, sie könnte ihm sagen, dass alles ein Irrtum war und sie ihn, Norman, wirklich liebte. Aber so grausam ihre Worte auch gewesen waren, es war die Wahrheit: Sie wollte seine Liebe nicht. Sie war so gemein gewesen, hatte ihn absichtlich verletzt. Doch wenn sie sich jetzt entschuldigte, ihm sagte, dass alles nicht so gemeint gewesen sei, dann würde er sie wieder genauso unterwürfig umwerben wie vorher. Und das hasste sie. Daher sagte sie auf der Heimfahrt kein Wort, obwohl sie den Schmerz und die Bestürzung in seinen braunen Augen bemerkte. „Sag jetzt nichts, Norman", warnte sie ihn, als sie aus dem Auto stieg. „Aber.. ." „Es ist aus", erwiderte sie heftig, beachtete ihn nicht weiter, sondern drehte sich um und schloss die Haustür auf. Ihr war scheußlich zumute, weil sie Norman so gemein behandelte. Wie sagte man so schön: Der Zweck heiligt die Mittel? Vielleicht. Norman hatte sie seit Monaten verfolgt. Und bis vor zwei Wochen hatte sie ihn nie ermutigt zu glauben, dass er ihr etwas bedeutete. Nur die Wahrheit konnte ihn abschrecken, das wusste sie.
4. KAPITEL
Bis Lara ins Wohnzimmer kam und John auf dem Sofa sitzen sah, hatte sie völlig vergessen, dass er heute abend bei ihrem Vater zu Gast war. In der rechten Hand hielt er ein Glas Brandy. Lara bemerkte sofort, dass die Gardinen vor dem Fenster nicht zugezogen waren und man somit alles beobachten konnte, was vor dem Haus geschah. Hatte er gesehen ...? „Ja", sagte er leise, als sie ihn aus weit aufgerissenen Augen ansah, „ich habe alles mit angesehen. Was haben Sie bloß mit dem armen Jungen gemacht? Er sah ziemlich iedergeschlagen aus", fuhr er spottend fort. Herausfordernd warf Lara den Kopf zurück. „Wo ist mein Vater?" „In seinem Büro, er führt ein Ferngespräch", antwortete John. „Sie haben mir noch nicht erzählt, was Sie dem armen Norman angetan haben?" „Es geht Sie auch nichts an!" „Nein?" Fragend hob er die Augenbrauen. „Nein!" Sie ging hinüber zur Bar und goss sich einen doppelten Gin mit nur wenig Tonic ein. Als sie sich umdrehte, stand John gefährlich nahe vor ihr, so dass sie vor Schreck etwas von ihrem Drink verschüttete. „Ich glaube nicht, dass Ihr Vater das gern sieht", sagte er um deutete auf das volle Glas in ihrer Hand. „Er scheint sich um Sie sorgen." „Ich kann mir nicht vorstellen, warum er das sollte." „Wirklich nicht?" fragte er spottend. „Nein", erwiderte sie fest. „Ist Norman jetzt aus dem Rennen?" „Ich denke nicht, dass ..." „Ist er aus dem Rennen?" wiederholte John eindringlich. „Ich hoffe es", gab sie widerwillig zu. „Und Peter?" „Hat nie eine Rolle gespielt." „Gary?" „Ebenfalls nicht. Hören Sie, Mr. Sinclair ..." „Machen Sie sich nicht lächerlich, Lara", spottete er. „Seit unserem ersten Zusammentreffen haben Sie mich in Gedanken nie mit Mr. Sinclair bezeichnet." Seine Stimme hatte einen verführerischen Klang bekommen, und Lara blickte fragend zu ihm auf. „Bin ich plötzlich älter geworden?" fragte sie leise. John lachte amüsiert auf. „So könnte man es nennen." Liebevoll sah er sie an. „Ich wollte nur sichergehen, dass all Ihre anderen Liebhaber keine Rolle mehr spielen." Er wurde plötzlich wieder ernst. „Ich gehöre zu den Männern, die eine Frau für sich allein haben wollen. Ihr Vater hat mir die Erlaubnis gegeben, Sie morgen abend zum Essen einzuladen. Werden Sie kommen?" Er sah sie herausfordernd an. „Sie haben meinen Vater gefragt?" fragte sie erstaunt. Er nickte. „Ich hatte den Eindruck, dass er mir nicht ganz vertraute, was sein einziges Kind betraf. Sie sind doch sein einziges Kind, oder?" "Ja. " „Ja.“ „Dem Himmel sei Dank. Zwei von Ihrer Sorte wären wirklich zuviel des Guten." Lara ignorierte seinen Spott und runzelte die Stirn. „Lassen Sie mich das erst mal verarbeiten", sagte sie langsam. „Sie haben meinen Vater gefragt, ob Sie mit mir ausgehen dürfen, und er hat ja gesagt?" „Das stimmt", erwiderte John. „Überrascht?" „Sehr", entgegnete sie trocken, „Ich glaube, er hat sich gefreut, dass ich ihn gefragt habe." „Warum haben Sie ihn gefragt?" Lara sah John prüfend an. „Wollen Sie nicht mit mir essen gehe n?" Lara errötete. „Darum geht es nicht. Und nein, ich bin nicht sicher, ob ich das möchte", sagte sie bedrückt. „Ich verstehe auch nicht, warum mein Vater sein Einverständnis gegeben hat. Ich
hätte schwören können, dass Sie auf seiner Liste der gefährlichen jungen Männer die Nummer eins sind." John hob die Schultern. „Offensichtlich hat er seine Meinung über mich geändert." „Und Sie Ihre über mich", sagte sie nachdenklich. „Es sei denn, Sie haben dieselben dummen Gerüchte über mich gehört wie Peter." Ärgerlich sah sie John an. „Im Gegensatz zu dem, was er und jeder andere denkt, schlafe ich nicht mit jedem. Und wenn Sie mich nur einladen, um mit mir ins Bett zu gehen, dann werden Sie genauso enttäuscht werden wie all die anderen MöchtegernLiebhaber", fügte sie verächtlich hinzu. Mit dem Finger strich er sanft über ihre Wange. „Wirklich?" Diese Berührung brachte ihre Gefühle in Aufruhr, und unwillkürlich beugte sie sich ihm entgegen. John neigte den Kopf und küsste sie kurz auf den Mund. Das genügte bereits, um jeglichen Protest von Laras Seite im Keim zu ersticken. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie überhaupt hatte protestieren wollen! „Ich werde Sie morgen um halb acht abholen." Er lächelte triumphierend und trat etwas zurück. „Entschuldigen Sie bitte, dass ... Lara! Du bist aber früh zurück." Ihr Vater stutzte, als er aus seinem Büro zurückkam und bemerkte, dass John einen Arm um Laras Taille gelegt hatte. „Wo ist Norman?" fragte er sofort. „Zu meinem Glück hatten sie - eine kleine Auseinandersetzung", sprang John ein, als er bemerkte, dass Lara zu keiner Antwort fähig war. „Wirklich?" Joseph Schofield runzelte die Stirn. „Ich sollte jetzt gehen", warf John ein. „Es war ein wirklich netter Abend, Joseph. Wir sollten das irgendwann einmal wiederholen. Bringen Sie mich zur Tür, Lara?" „Ich ... oh, ja." Sie warf ihrem Vater einen unsicheren Blick zu, ging dann voraus in die geräumige Halle, und ehe es ihr richtig bewusst wurde, küsste John sie schon wieder. Und diesmal war es kein sanfter Kuss. Lara wurde schwindelig. Sie klammerte sich an John, fühlte seine Stärke und Kraft. Als er sie schließlich auf Armeslänge von sich hielt, schaute sie ihn aus großen Augen an. „Halb acht", erinnerte er sie sanft, bevor er das Haus verließ. Lara brauchte einige Minuten, bevor sie sich wieder so weit unter Kontrolle hatte, dass sie zu ihrem Vater ins Wohnzimmer zurückkehren konnte. Warum John seine Meinung über sie geändert hatte, wusste sie nicht. Sie wusste nur, dass sie darüber sehr froh war. Mehr denn je war sie davon überzeugt, dass sie noch niemals einen Mann wie ihn getroffen hatte. „Daddy?" Ihr Vater hatte einen finsteren Gesichtsausdruck, als sie wieder ins Wohnzimmer kam. „Ist etwas nicht in Ordnung?" fragte sie besorgt. „Warum hast du mir nichts von dem Vorfall mit Peter erzählt?" fragte er und warf ihr einen missbilligenden Blick zu. Lara wurde heiß. Es gab nur einen Menschen, der ihrem Vater darüber berichtet haben könnte. „Ja, John hat es mir gesagt", sagte und trank seinen Whisky in einem Zug aus. „Ich bin mir wie ein Idiot vorgekommen, nachdem ich wütend reagiert habe, als du Norman geküsst hast. Ich habe John erzählt, wie froh ich bin, dass du dich endlich auf einen Mann beschränkt hast, und wie besorgt ich war wegen der Leute, mit denen du dich getroffen hast." Er sah ihr ins Gesicht. Seine Augen waren genauso grau wie ihre. Die Ähnlichkeit zwischen Vater und Tochter war in diesem Moment sehr deutlich. „Du kannst dir wohl nicht vorstellen, wie ich mich fühlte, als er mir daraufhin erzählte, dass er dich in Peters Schlafzimmer angetroffen hätte." „Das war doch nur ... Ich wollte nicht..." „Du wolltest dein Spielchen nicht so weit treiben", half ihr Vater ihr ärgerlich weiter. „Nein!" „Ich habe beobachtet, wie du die Männer reizt, Lara." Er verzog den Mund. „Und wenn Peter aufs Ganze gegangen wäre, dann hätte ich ihn nicht einmal dafür verurteilen können." „Aber so war es doch gar nicht", erwiderte sie heftig. Ihre Wut galt jedoch mehr John Sinclair. Wie konnte er es wagen, ihrem Vater die Geschichte zu erzählen! „Ich hatte keine Ahnung, dass er mit mir ins Bett gehen wollte."
„Sei doch nicht so naiv, Lara. Mit deiner Flirterei machst du mir seit Jahren Sorgen, aber ich hatte angenommen, du hättest genug Verstand, dich nicht in eine solche Situation zu bringen. Ich nehme doch an, dass du den Mann nicht wirklich attraktiv findest?" lenkte er ab. „Peter? Natürlich nicht", entgegnete sie empört. „Und Norman?" Lara errötete. „Jetzt klingst du schon wie John", sagte sie vorwurfsvoll. Sie konnte sich nicht erinnern, wann ihr Vater das letzte Mal so mit ihr gesprochen hatte - wenn er es überhaupt je hatte! Sie kannte ihn nur als nachsichtigen und liebevollen Vater und konnte sich nicht daran erinnern, dass er jemals so ärgerlich gewesen war, noch nicht einmal wegen dem Skandal mit Rex Maynard. „Ich bin John sehr dankbar für seine Hilfe. Wenn er sich nicht..." „... eingemischt hätte, meinst du wohl", warf sie ein. „Ich hatte die Sache mit Peter unter Kontrolle. John hätte sich nicht darum kümmern brauchen." Ihr Vater kniff die Lippen zusammen. „So, wie ich das sehe, hat John viel dazu getan, Peter unter Kontrolle zu halten!" „Ich wäre auch ohne seine Hilfe zurechtgekommen." „Es hätte gar nicht erst dazu kommen dürfen", entgegnete ihr Vater laut. „Und worüber hast du dich heute mit Norman gestritten?" Lara wandte das Gesicht ab. „Wir haben uns nicht gestritten - jedenfalls nicht richtig. Ich will einfach nicht mehr mit ihm ausgehen." „Nachdem du ihn monatelang an der Nase herumgeführt hast! Das war grausam, Lara. Vielleicht habe ich es einfach noch nie vorher bemerkt", sagte er kopfschüttelnd, „vielleicht warst du aber auch nicht immer so - das hoffe ich jedenfalls -, aber ich glaube, du bist ein verwöhntes kleines Biest. Männer sind kein Spielzeug, das man einfach wegwerfen kann, wenn man genug davon hat. Ich bezweifle jedenfalls, dass du mit John auch so umspringen kannst. Er ist ein ... Was hast du gesagt?" fragte er, als Lara leise etwas zu sich selbst sagte. „Lara?" wiederholte er scharf. „Ich sagte, dass ich meine Meinung geändert habe. Ich werde morgen nicht mit ihm ausgehen", antwortete sie zögernd. Ihre Augen glitzerten vor Wut. „Ich habe nicht die Absicht, mit einem solchen ...! „Du wirst gehen!" brauste ihr Vater auf - ihr lieber, netter Vater, der nie die Beherrschung verlor. „Mir scheint, ich habe ein verzogenes kleines Frauenzimmer großgezogen", fuhr er ärgerlich fort. „Aber wenn du zugesagt hast, mit ihm auszugehen, dann wirst du es auch tun!" Lara atmete tief durch und ging zu ihrem Vater hinüber. „Jetzt sei doch nicht böse, Dad", sagte sie schmollend. „Ich war vielleicht ein bisschen ungezogen, aber ..." „Als du noch ein junges Mädchen warst, konntest du mich auf diese Weise wohl besänftigen, Lara", warf ihr Vater trocken ein „aber jetzt funktioniert das nicht mehr. Du hast John gesagt, dass du mit ihm ausgehen wirst. Und obwohl er weiß, was für ein verzogenes kleines Biest du bist, will er dich trotzdem treffen. Also wirst du gehen", sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. „Ich dachte, du magst ihn nicht", flüsterte Lara bedrückt. „Das habe ich nie gesagt. Ich habe gesagt, er könnte dir gefährlich werden, und das kann er bestimmt. Aber mir scheint, du magst die Gefahr, sie scheint dich anzuziehen. Jedenfalls ist John Manns genug, um dich zu beschützen." „Und wer wird mich vor ihm beschützen?" Ihr Vater verzog den Mund. „Ich dachte nicht, dass du vor ihm beschützt werden möchtest. Wenigstens ist er ein Mann, Lara, besser als all die anderen affektierten Mannsbilder, mit denen du dich sonst umgibst. Und wenigstens hat er mich um Erlaubnis gebeten, bevor er dich eingeladen hat. Das ist mehr, als jeder andere deiner Begleiter jemals getan hat." „Wir leben im zwanzigsten Jahrhundert!" „Und das bedeutet, dass man vor der älteren Generation keinen Respekt mehr haben muss, nehme ich an?" warf Joseph Schofield tadelnd ein. „Marion hätte das niemals geduldet. Herrje, warum denke ich in letzter Zeit nur so oft an sie?" Er betrachtete das Bild seiner Frau, das auf dem Kaminsims stand. „Ich habe sie geliebt und immer gefühlt, sie ist bei mir, aber in letzter Zeit..." Verwirrt schüttelte er den Kopf. „In den unmöglichsten Augenblicken denke ich an sie."
Er machte eine ungeduldige Geste. „Sie hätte deine wilden Freunde und die noch wilderen Partys nicht gern gesehen, Lara." Seine Stimme klang jetzt sanfter. „Es tut mir leid, dass ich dich angeschrien habe, Darling", fügte er leise hinzu, „aber die Sache mit Peter war wirklich zu viel für mich. Ich weiß, dass du dich gern erfahren gibst, Darling, aber du bist nicht so freizügig wie die Menschen, mit denen du dich umgibst. Und irgendwann wird einer dieser Männer dein Nein nicht akzeptieren." „Und wenn dieser Mann John Sinclair ist?" Joseph Schofield schüttelte den Kopf. „John ist mit Sicherheit ein Mann, der nicht die Kontrolle über sich verliert. Wenn eine Frau nein sagt, dann wird er das akzeptieren." Lara fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Und wenn ich nicht nein sagen will?" Ihr Vater begegnete ruhig ihrem Blick. „Dann ist das deine Entscheidung. Ich bin nicht prüde, Lara, und du auch nicht. Wenn du einen Mann findest, bei dem du bleiben willst, dann bin ich damit einverstanden. Aber ich will nicht, dass du dein Bett ständig mit anderen Männern teilst. Ich habe genug Vertrauen zu dir, um zu wissen, dass du nur mit einem Mann schlafen wirst, wenn es dir wirklich ernst ist." Als Lara sich später in ihr Zimmer zurückzog, fühlte sie sich erschöpft. Sie hatte sich mit ihrem Vater wieder vertragen. Doch etwas anderes bedrückte sie. Obwohl sie auf John wütend war, weil er den Streit mit ihrem Vater verursacht hatte, wollte sie ihn am folgenden Tag doch wiedersehen. Und das hatte nichts damit zu tun, dass ihr Vater es ihr befohlen hatte. Für ihre Verabredung am nächsten Abend kleidete sie sich besonders verführerisch. Sie hatte den Nachmittag beim Friseur verbracht, der ihr das Haar streng aus dem Gesicht gekämmt und hochgesteckt hatte. Die Frisur unterstrich ihre klaren Gesichtszüge, fein geschwungene Augenbrauen, strahlendgraue Augen, hohe Wangenknochen und eine kecke Stupsnase. Ihre Lippen hatte sie mittels eines kupferfarbenen Lippenstifts betont. Das Kleid war neu, in jungfräulichem Weiß. Es war über einer Schulter zusammengefasst und hatte eine tiefangesetzte Taille, die Laras Kurven eher betonte als verdeckte. Der Rocksaum bedeckte gerade noch die Knie. Dazu trug Lara zierliche weiße Abendsandaletten. Sie sah wunderbar aus und fühlte sich auch so. Und sie war pünktlich um halb acht fertig, ließ John aber absichtlich warten, als er zehn Minuten später eintraf. Er hatte sie warten lassen wollen, also würde sie das gleiche tun. John erhob sich, als sie den Raum betrat. In dem dunklen Abendanzug wirkte er groß und geschmeidig. „Ist Ihnen klar, dass es bereits acht Uhr ist?" fragte er verärgert. Lara zog die schwarzen Augenbrauen hoch und schaute demonstrativ auf ihre zierliche goldene Armbanduhr. „Tatsächlich." Sie lächelte, doch ihr Blick blieb ernst. „Muss ich jetzt bezahlen?" „Wofür?" fragte sie leise. „Für meine Verspätung!" Er verzog den Mund. „Wenn Sie kindische Spiele spielen wollen, dann setzen Sie bitte eine Strafe für eine dringende Geschäftsangelegenheit fest, um die ich mich kümmern musste und durch die ich erst um sieben Uhr in meine Wohnung zurückkehren konnte, um mich umzuziehen." „Sind Sie deshalb zu spät gekommen?" Er seufzte ärgerlich. „Genaugenommen, ja. Sie haben es wahrscheinlich als eine Missachtung Ihrer Person betrachtet", meinte er ironisch. „Sie wissen verdammt gut, dass Ihre Verspätung nicht der Grund für meine Wut ist! Nun ja ... nicht der Hauptgrund", gab sie zu, als er sie spöttisch ansah. „Ich nehme an, es war Ihnen nicht möglich, mich anzurufen und zu sagen, dass Sie sich verspäten würden", fuhr sie mit zuckersüßer Stimme fort. „In diesem Fall war es mir wirklich nicht möglich." Er kniff die Lippen zusammen. Sie warf ihm einen zornigen Blick zu. „Worüber ich wirklich wütend bin, ist die Tatsache, dass Sie sich in mein Leben eingemischt und meinem Vater von dem Vorfall mit Peter erzählt haben. Das war nicht fair." „Hat Daddy mit seinem kleinen Mädche n geschimpft?" „Kümmern Sie sich gefälligst um Ihre eigenen Angelegenheiten."
„Er hat geschimpft", sagte John mehr zu sich selbst. „Aber jemand musste Sie aufhalten. Sie waren auf dem besten Weg, Ihr Leben zu zerstören. Für die Leute, mit denen Sie verkehr ten, waren Drogen und Sex alltägliche Genussmittel." „Sie haben mit denselben Leuten verkehrt", erinnerte sie ihn heftig und fühlte sich dabei wie eine Zehnjährige! „Ich bin dreißig Jahre alt", erklärte er. „Ich bin schon wesentlich länger auf der Welt als Sie und habe ein weitaus härteres Leben hinter mir, als Sie es sich jemals vorstellen können. Drogen interessieren mich nicht, und Sex nehme ich mir, wann ich will." Er zuckte die Schultern. „Das habe ich bemerkt!" Seine dunkelblauen Augen blitzten. „Sie lieben die Herausforderung, und eines Tages würden Sie sowohl Drogen als auch Sex ausprobieren." „Doch Sie werden mich vor alledem bewahren, nicht wahr?" entgegnete sie. „Ich dachte, wir würden zum Essen fahren und nicht zu unserer Hochzeit!" John warf ihr einen zornigen Blick zu. „Der Mann, der dumm genug ist, Sie zu heiraten, müsste einen noch stärkeren Willen haben als Sie." „So wie Sie?" „Ja", antwortete er grimmig. Lara war empört. „Nur weil mein Vater Sie nun für den Retter in der Not hält, heißt das nicht, dass ich genauso denke." Zu ihrer Enttäuschung lächelte John. Ihr beleidigendes Benehmen hatte ihn offensichtlich überhaupt nicht verärgert. „Männer handeln nun einmal so, wenn man ihre einzige Tochter vor einem gemeinen Verführer beschützt und sie am gleichen Tag beim Golf gewinnen. Erstes spricht für sich selbst und letzteres - nun ja, sie haben Mitleid mit einem, so als ob sie dessen Stolz verletzt haben. Und dann wollen sie es wieder gutmachen. In meinem Fall hielt Ihr Vater es für eine wundervolle Idee, dass ich Sie zum Essen einladen wollte." „Sie haben ihn gewinnen lassen", sagte Lara empört, als sie langsam zu verstehen begann. „Sie haben meinen Vater absichtlich beim Golf gewinnen lassen!" „Fühlen Sie sich jetzt besser?" spottete er. „Ich habe eine wunderbare Runde Golf verloren, nur um Sie zum Essen einladen zu können. Was Ihren Vater betrifft, so war die Sache entschieden, als ich ihm über den Vorfall mit Peter berichtete." „Sie sind gemein." „Hinterhältig, arrogant", fuhr er fort, so als hätte er diese Anschuldigungen schon öfter gehört. „Aber es funktioniert, oder nicht?" Fragend zog er die Augenbrauen hoch. Lara sah ihn einen Moment sprachlos an. Dann begann sie zu lachen und amüsierte sich darüber, wie John die Menschen nach seinem Willen manipulierte. So ein Mann war bestimmt ein interessanter Gesellschafter. Zuerst schien ihr Lachen ihn zu überraschen, aber dann schmunzelte er. „Wir sollten jetzt losfahren", schlug er nachsichtig vor. „Ich habe das Gefühl, dass dies ein interessanter Abend wird!" Ein Zusammensein mit John war nicht nur interessant, sondern auch aufregend, ein Nervenkitzel. „Was ist mit Jeannie?" Unter ihren schwarzen Wimpern hinweg sah Lara ihn fragend an, als sie nach dem Abendessen noch eine Weile im Restaurant saßen. „Jeannie?" fragte er stirnrunzelnd. „Die Frau, mit der Sie auf Peters Party waren", erinnerte sie ihn verwirrt und fragte sich, ob er die Frauen in seinem Leben immer so schnell vergaß. „Ach, die Jeannie", sagte er. „Ich habe mich nur ein bisschen um sie gekümmert, ein Freundschaftsdienst. Ich wollte nur nicht, dass sie sich einsam fühlt, während ihr Mann geschäftlich verreist war. Ben Wright ist zufällig ein alter Freund von mir, und Jeannie ist seine Frau. Verheiratete Frauen interessieren mich im übrigen nicht." Letzteres sagte er mit so viel Nachdruck, dass Lara ihn mit großen Augen ansah. Dieses Thema schien ihn sehr zu berühren. „Waren Sie jemals verheiratet?" fragte sie neugierig. Er musterte sie nachdenklich. „Warum wollen Sie das wissen?" „Ach ... nur so." Sie hob die Schultern. John verzog den Mund. „Nein. Ich war noch nie verheiratet."
„Und haben auch nicht die Absicht, sich zu binden", fügte sie spottend hinzu. „Wahrscheinlich haben Sie recht. Die Ehe reizt mich nur wenig." Auch Lara war die Ehe bisher wenig reizvoll erschienen, bis sie John getroffen hatte. Sie fand ihn weitaus aufregender als alle anderen Männer, die sie gekannt hatte. Er besaß einen so tiefgründigen Charakter, dass sie sich in seiner Gesellschaft niemals langweilen würde. Darüb er hinaus stellte er die größte Herausforderung für sie dar, mit der sie in ihrem jungen Leben jemals konfrontiert worden war. Er war ein Mann, den sie gern ihrem Willen unterworfen hätte, obwohl sie wusste, dass ihr das nie gelingen würde. John würde sich ihr nie völlig öffnen. Sie wünschte sich sehnlichst, die Frau zu sein, der er sich ganz offenbarte, der er seine geheimsten Gedanken verriet. Für eine junge Frau, die wie sie in ihrem Leben meistens ihre eigenen Interessen in den Vordergrund gestellt hatte, war dieser Gedanke etwas Besonderes.
5. KAPITEL
„Es war ein sehr schöner Abend", sagte Lara, als John wenig später den Wagen vor ihrem Haus parkte. Bisher hatte er weder versucht, den Arm um ihre Schultern zu legen, noch sie zu küssen - und Lara würde nicht eher gehen, bis er es tat. „Freut mich", erwiderte er kurz angebunden. „Das Restaurant war sehr nett." Spöttisch verzog er den Mund. „Ich bin sicher, Sie sind schon einmal dort gewesen." Es war eines der vornehmsten Restaurants in der Stadt, und natürlich war Lara schon mehrmals dort gewesen. „Ja, das stimmt. Aber niemals in so wunderbarer Begleitung." „Danke sehr." Er deutete eine leicht arrogante Verbeugung an, sagte aber mit keinem Wort, ob er den Abend ebenfalls genossen hatte oder nicht, und La ra fühlte sich ziemlich frustriert. Würde dieser Mann denn niemals versuchen, sie zu küssen? „Möchten Sie noch auf einen Kaffee mit hineinkommen?" bot sie an. „Daddys Wagen steht noch nicht vor dem Haus, also scheint er noch beim Major zu sein." „Beim Major?" fragte John. „Ich dachte, Ihr Vater würde den Abend mit einer Frau verbringen." „O nein", entgegnete sie lachend. „Daddy verabredet sich nicht mehr mit Frauen. Es müsste schon jemand Besonderes sein, der Marions Platz einnehmen könnte. Sie war eine einzigartige Frau." „Ich verstehe." Johns Stimme klang plötzlich rau. „In diesem Fall nehme ich die Einladung gern an." Da das Dienstmädchen schon vor Stunden schlafen gegangen war, schloss Lara selbst die Tür auf. „Kaffee und Sandwiches stehen immer in der Küche für uns bereit. Es wird nicht lange dauern", sagte sie, als John ihr den Mantel abnahm. „Ich bin nicht hungrig", erwiderte er, warf den Mantel achtlos auf einen Stuhl und umfasste Laras Taille. Lara blickte ihn aus großen Augen an und fragte sich, welcher Schmerz und welche Enttäuschungen wohl für die Falten um seinen Mund verantwortlich waren, die ihn wesentlich älter erscheinen ließen. Mit dem Finger fuhr sie sanft über diese Linien. „Oh, John", flüsterte sie und hob ihr Gesicht. Er beugte sich zu ihr herunter und küsste sie leidenschaftlich. Dabei hielt er sie so fest umschlungen, dass Lara seine muskulöse Brust durch den dünnen Stoff ihres Kleides spürte. Sie legte die Arme um seinen Nacken und fuhr mit den Fingern durch sein dichtes Haar. Als er ihre nackte Schulter küsste und sie liebevoll biss, erschauerte sie. „Müssen wir uns unbedingt im Flur küssen?" fragte er sanft spottend. Lara errötete. „Nein, natürlich nicht." John führte sie zum Sofa im Wohnzimmer. Während er sie leicht darauf niederdrückte, hielt er ihren Blick mit seinen Augen gefangen. „John..." „Ja?" Nun öffnete er den Schulterverschluss des Kleides und zog den Stoff herunter, bis Laras bloße Brüste seinem Blick preisgegeben waren. Als sie Johns Lippen auf ihren Brüsten spürte, stöhnte sie wohlig. Sie spürte, wie sich die zarten Knospen aufrichteten. John ließ sich Zeit, langsam küsste er jeden Zentimeter von Laras zarter Haut. Als er mit seiner Zunge erst die eine, dann die andere Brustspitze liebkoste, erschauerte Lara. Sie hatte die Kontrolle über sich verloren, fühlte nur noch, wie seine starken Hände über ihre Taille und ihre Hüften strichen und ihr Kleid immer weiter herunterschoben. Sanft biss er in ihre empfindliche Brustspitze. Als sie Johns Lippen auf ihrem Mund spürte, wuchs ihre Erregung ins Unermessliche. Sie stöhnte auf, als seine Hand das Zentrum ihrer Leidenschaft erreichte und es mit sanften Bewegungen streichelte und reizte, bis sich ihr Körper aufbäumte und sich ihm entgegenbog. Noch nie hatte Lara es einem Mann gestattet, sie so zu berühren. Doch das Zittern ihres Körpers und ihre wachsende Leidenschaft sagten ihr, dass sie ihn jetzt nicht aufhalten konnte, es auch nicht wollte. Sie wollte dieses neue Gefühl ganz auskosten. Lara blinzelte verwirrt, als John sich schließlich von ihr löste. »John ...?" fragte sie enttäuscht.
„Nicht hier, Lara." Er strich die Strähnen zurück, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatten. „Dein Vater kann jeden Moment nach Hause kommen, und wir wollen die Szene von gestern doch nicht: wiederholen, oder?" Sie hatte keine Sekunde an ihren Vater gedacht, als John sie berührte. Sie hatte nur gewünscht, dass er nie aufhören möge, sie zu streicheln. „Ich war egoistisch", bemerkte sie und fühlte sich irgendwie schuldig. „Ich habe deine Zärtlichkeiten nic ht erwidert." „Vielleicht beim nächsten Mal." Er erhob sich und strich sein Jackett glatt. Sein Haar war zerzaust. Lara setzte sich ebenfalls auf. Sie war immer noch erfüllt von einem Verlangen, das nicht gestillt worden war. „Wird es ein nächstes Mal geben?" fragte sie und befeuchtete nervös ihre Lippen. Sie wollte ihn so gern wiedersehen, ihr Körper schmerztefast vor Sehnsucht nach ihm. John blickte auf sie herab. Ihre Augen leuchteten noch von Leidenschaft, und überall, wo er sie geküsst hatte, war ihre Haut leicht gerötet. „Morgen abend, zum Essen?" schlug er vor. „Bei mir?" Lara schluckte. „Das ... das wäre schön", antwortete sie und akzeptierte damit sowohl die Einladung zum Essen als auch das andere nicht ausgesprochene, aber von ihr wohl verstandene! Versprechen. Johns Apartment sah genauso aus, wie Lara es sich vorgestellt hatte. Das Wohnzimmer war supermodern eingerichtet, die Möbel waren sehr breit und hatten klare Linien. Alles war in Weiß und Brauntönen gehalten, die Küche mit allen modernen Haus haltsgeraten ausgestattet. Hier hatte der Koch das Essen vorbereitet. Im angrenzenden Esszimmer war ein Tisch für ein intimes Dinner bei Kerzenlicht gedeckt. Als sie John gegenüberstand, war Lara sofort wieder von ihm gefangen. Alle Zweifel und die Überraschung über ihr Benehmen am vorangegangenen Abend waren vergessen, als sie in John warme Augen blickte. Die intime Atmosphäre in dem Apartment passte genau zu ihrer Stimmung. Sie unterhielten sich leise. Lara fühlte sich wie ein Kind, das zum erstenmal verliebt war. Ich bin zwar schon lange kein Kind mehr, dachte sie, aber drauf und dran mich in diesen Mann zu verlieben! Es gab keine andere Erklärung dafür, warum sie gestern wie auf Wolken gegangen war, tief und gut geschlafen hatte und mit einem Lächeln auf den Lippen erwacht war. Den ganzen Tag überwar sie von einem tiefen Gefühl der Erwartung erfüllt gewesen. Ihr Puls beschleunigte sich, als John dann endlich eintraf. Sie konnte nicht aufhören, ihn anzulächeln, während er sich einige Minuten mit ihrem Vater unterhielt. Es hatte ihr nicht einmal etwas ausgemacht, dass er sie den ganzen Abend lang nicht geküsst hatte - obwohl sie es sich jetzt sehr wünschte, denn sie erinnerte sich an das mit dieser Einladung verbundene Versprechen. Doch auch nach dem Essen schien er keine Eile zu haben, sondern goss jedem von ihnen einen Drink ein und setzte sich dann ihr gegenüber in einen Sessel, statt, wie sie gehofft hatte, neben ihr auf dem Sofa Platz zu nehmen. Er sah umwerfend gut aus in dem schwarzen Abendanzug. Zum erstenmal an diesem Abend war Lara wirklich sprachlos. Sie sehnte sich so sehr danach, dass er sie in die Arme nahm, fühlte aber, dass er sich noch etwas Zeit lassen wollte. Vielleicht hat er meine Gesellschaft nicht so genossen wie ich seine? Oh, hoffentlich doch, ich wünsche mir so sehr, seine Aufmerksamkeit fesseln zu können, dachte sie. Er schien sich in ihrer Gesellschaft wohl zu fühlen, jedenfalls warf er sie nicht hinaus, sondern trank genießerisch seinen Drink. Im Hintergrund erklang leise Musik - romantische Lieder von Barbra Streisand. Wartet vielleicht John auf ein Zeichen von mir? fragte Lara sich. Vorsichtig setzte sie ihr Glas ab. Sie war noch lange nicht betrunken, spürte aber schon die Wirkung des Weins, den sie während des Essens getrunken ha tte. Dann erhob sie sich und ging zu John hinüber. In dem kirschroten schulterfreien Kleid im Zigeunerlook wirkte sie sehr zierlich. Um ihren Hals lag eine schmale Goldkette als einziger Schmuck. Ihr Haar fiel lose und lockig über die Schultern. Sie sah wirklich wie eine Zigeunerin aus. Als John sie vorhin abholte, hatte er sie anerkennend angeblickt. Abgesehen davon hatte er jedoch keine Bemerkung über ihr Aussehen gemacht.
„Komm und tanz mit mir", bat sie mit heiserer Stimme, nahm ihm das Glas aus der Hand und versuchte, ihn aus dem Sessel zu ziehen. „Bitte", fügte sie hinzu, als er keine Anstalten machte, sich zu erheben, sich sogar ein bisschen sträubte. Schließlich stand er doch auf. „Ich habe dich gefragt, ob du nach dem Essen tanzen gehen willst", erinnerte er sie. „Und ich habe nein gesagt. Ich möchte nicht tanzen gehen, ich möchte mit dir allein sein." John verzog den Mund. „So wie du angezogen bist, solltest du zusammen mit anderen Zigeunern um ein Lagerfeuer tanzen!" „Ich möchte aber viel lieber mit dir tanzen." „Es gibt keine blonden Zigeuner", spottete er. „In meinem Lager schon." Sie hielt noch immer seine Hand und sah ihn verführerisch unter den Wimpern hinweg an. Ihre Augen leuchteten. John schien jetzt nicht mehr so immun gegen diesen Blick zu sein wie sonst. Sein Blick wurde von ihrem gefangengehalten. „Du hast die sonderbarsten Augen, die ich je gesehen habe", flüsterte er schließlich. „Wenn du nicht aufpasst, dann werde ich dich verzaubern." Er legte die Arme um sie und zog sie sanft zu sich heran. „Und welche Art Zauber wäre das?" Lara legte die Arme um Johns Nacken, warf den Kopf zurück und sah John an. „Ein Zauber, der dich völlig in meine Gewalt bringt." „Dazu brauchst du keinen Zauber ..." Sie zog die Augenbrauen hoch. „Nein?" fragte sie heiser. „Nein. Lass uns tanzen, hm?" Sie tanzten nicht richtig, sondern wiegten sich vielmehr in sanfter Harmonie zum Rhythmus der Musik und tauschten dabei Zärtlichkeiten aus. Lara ließ die Hände unter Johns Jackett; gleiten und streichelte seinen muskulösen Rücken. Ihr Kopf ruhte an Johns Schulter, die Augen hatte sie geschlossen. Langsam bewegten sie sich weiter zur Musik. „Warum hast du deine Meinung über mich geändert?" flüsterte sie. „Das habe ich nicht." Sie blickte verwirrt auf. „Nein?" Er lächelte. „Nein." „Aber du mochtest mich doch nicht!" „Falsch! Du hast es gedacht. Ich habe dich sofort bemerkt, als du damals zusammen mit deinem Vater das Clubhaus betreten hast. Aber normalerweise halte ich mich von Kindern fern, auch wenn sie noch so erwachsen wirken. Sie bedrängen einen meistens zu sehr." „Oh." Lara biss auf ihre Unterlippe, den Blick gesenkt, während sie sich fragte, ob sie genau das getan hatte. Er lachte, als er ihren abwesenden Gesichtsausdruck bemerkte. „Was allerdings nicht heißen soll, dass ich nicht auch mal eine Ausnahme mache." „Wie oft?" Er gab ihr einen Kuss aufs Ohrläppchen. „Ehrlich gesagt ist dies das erste Mal", gab er zu und küsste sie dann sanft auf den Mund. „Wirklich?" flüsterte sie und blickte ihn an. Er konnte offenbar Gedanken lesen. All ihre Vorsätze, erfahren zu wirken und ihre Gefühle zu verbergen, waren vergessen, wenn dieser Mann sie berührte. Sie hatte keine Ahnung, was mit ihr, der kühlen Lara Schofield, geschah - und sie wollte es auch gar nicht wissen! Es gefiel ihr viel besser, das Mädchen zu sein, das sich in John verliebt hatte und nicht fürchtete, Gefühle zu zeigen. Oder würde sie ihn damit schon zu sehr bedrängen? Er hielt ihren Blick gefangen und sagte: „Nein." Sie hörten auf zu tanzen, sahen sich an und gingen dann in stillschweigendem Einvernehmen auf die Tür zu, die in Johns Schlafzimmer führte. „Ist es wirklich schon so spät?" rief er plötzlich aus, noch bevor sie die Tür erreicht hatten, und schaute erstaunt auf seine Armbanduhr. Lara sah ihn verwirrt an. „Es ist erst kurz nach ein Uhr." „Aber ich muss um sechs Uhr schon im Flugzeug nach Deutschland sitzen. Würde es dir etwas ausmachen, wenn wir das hier verschieben?" fragte er sanft. „Ich möchte nicht, dass unser
erstes Zusammensein mit einem übereilten Abschied endet, nur weil ich nach Deutschland fliegen muss." „Wirst du lange weg sein?" fragte sie traurig. „Vielleicht bis Ende der Woche. Ich weiß es nicht genau." „So lange?" Lara seufzte enttäuscht und dachte mit Schrecken an die langen, leeren Tage, die vor ihr lagen. „Kann ich nicht einfach heute nacht bei dir bleiben, John? Ich werde dich so sehr vermissen." Bei dem Gedanken, eine ganze Woche lang von ihm getrennt zu sein, vergaß sie ihren Stolz. „Ich werde dich auch vermissen", entgegnete er und strich ihr sanft über die Wange. „Und ich werde dich anrufen, sobald ich zurück bin. Das nächste Mal werde ich dich nicht nach Hause schicken." „So wie jetzt", bemerkte sie traurig. „So wie jetzt." Er nickte. „Es ist besser, wenn wir warten, bis ich zurück bin, Lara. Wenn ich diese Nacht mit dir verbringe, dann werde ich mich auf meiner Reise nicht mehr auf das Geschäft konzentrieren können." „Aber..." „ ... und werde noch länger in Deutschland bleiben müssen", beendete er seinen Satz. „Oh! Aber du wirst mich ganz bestimmt anrufen, wenn du zurück bist?" Zweifelnd sah sie ihn an. „Das habe ich doch gesagt. Und jetzt bringe ich dich besser nach Hause, bevor dein Vater eine Suchmannschaft losschickt." „Ich glaube nicht, dass er das tun würde." Lara lächelte John an, als er ihr in den Mantel half. „Nein?" „Nein", sagte sie lachend, „er weiß, was ich für dich empfinde.“ John kniff die Lippen zusammen, als er ihr die Tür aufhielt. „Und es ist ihm egal, wenn du eine Nacht nicht zu Hause verbringst?" Laras Lächeln verschwand, als sie die Verachtung in Johns Augen sah. „Ich bin noch nie eine Nacht lang von zu Hause fortgeblieben." Leise schloss sie die Tür wieder. „John, ich möchte nicht, dass du glaubst, ich ginge leichtfertig mit dir ins Bett", fuhr sie fort und blickte ihn beschwörend an. „Ich weiß, ich bin eigenwillig und verwöhnt, aber ich gehe nicht wahllos mit Männern ins Bett." Er neigte den Kopf und küsste sie hart auf den Mund. „Ich bringe dich jetzt lieber nach Hause", sagte er heiser. „John ...?" Wieder einmal hatte sie das Gefühl, als ob ihr diesen Mann völlig fremd war und er auch nicht wollte, dass sie aus ihm schlau wurde. „Wir werden am Wochenende weiter darüber reden, Lara." Sie schluckte und folgte ihm dann hinunter zum Wagen. Ihre Liebe zu ihm wuchs, und das machte sie ihm gegenüber verwundbar. Vielleicht sollte ich ihm meine Gefühle nicht zeigen, dachte sie. „Es tut mir leid", sagte sie leise, als er sie schweigend nach Hause brachte. „Vielleicht neigen Kinder wirklich dazu, andere zu sehr zu bedrängen." Er umfasste kurz ihre Hand, bevor er wieder mit beiden Händen das Steuer hielt. „Ich brauche Zeit, um nachzudenken, Lara"! erwiderte er rau. „Zeit, um herauszufinden, was mit uns geschieht. Aber ich werde dich anrufen, das verspreche ich." Aber wann? Das war die Frage, die sich Lara stellte. Lara war nicht gerade ein sehr geduldiger Mensch, und die nächste Woche erschien ihr endlos lang. Die meiste Zeit blieb sie zu Hause und wartete auf das Klingeln des Telefons. Es läutete oft, und meistens war es für sie, aber John rief nicht an. Falls ihr Vater ahnte, warum sie lieber zu Hause blieb, so ließ er es sich nicht anmerken. Am Freitagmorgen wurde Lara das Warten jedoch zu langweilig. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so viel Zeit zu Hause verbracht zu haben. Schließlich rief sie eine ihrer alten Schulfreundinnen an und lud sie zum Mittagessen ein. Sie war unendlich erleichtert, als Melanie die Einladung annahm.
„Ich eigne mich nun mal nicht zur Nesthockerin", gestand sie ihrem Vater beim Frühstück wehmütig ein. „Bis später dann." Sie erhob sich und gab ihrem Vater einen Kuss auf die Wange. Vor dem Mittagessen wollte sie noch einkaufen. „Viel Spaß!" Joseph Schofield sah von seiner Zeitung auf. „Und laß noch etwas in den Läden für all die anderen armen, gelangweilten Angehörigen der oberen Zehntausend", neckte er sie. „Sehr komisch!" erwiderte sie, bevor sie das Zimmer verließ. Seit Lara und Melanie Dain zusammen die Schule verlassen hatten, trafen sie sich ungefähr einmal im Monat. Heute jedoch ging Lara das dumme Geschwätz der Freundin über ihre neuesten Erfolge beim männlichen Geschlecht unheimlich auf die Nerven. All die Männer, von denen Melanie erzählte, schienen genauso eitel zu sein wie Peter und Gary. „Triffst du dich zur Zeit mit jemandem?" fragte Melanie wenig später neugierig. Lara überlegte, ob sie ihr von John erzählen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Sie war sich über diese Beziehung doch selbst noch nicht klar. Vielleicht würde John ja überhaupt nicht mehr anrufen! Daran darfst du gar nicht denken, rief sie sich zur Ordnung. Natürlich wird er anrufen! Lara hätte zwei Kleider gekauft, eine grünseidene Hose, dazu eine passende Bluse und einen etwas frivolen Hut mit Schleier und Spitzenbesatz, von dem sie noch nicht einmal wusste, wann sie ihn tragen sollte. Eigentlich mochte sie keine Hüte, und diesen hatte sie nur aus Langeweile gekauft. „Wie ich sehe, hast du mich beim Wort genommen und dich gut amüsiert", sagte ihr Vater lachend, als sie rechtzeitig zum Tee nach Hause kam. Die Pakete hatte sie in ihrem Schlafzimmer gelassen, damit das Dienstmädchen sie auspacken konnte. Lara zuckte nur gelangweilt die Schultern. „Ich habe es versucht. Irgendwelche Anrufe für mich?" Sie versuchte gleichgültig zu klingen, aber ihre Augen verrieten, wie gespannt sie auf die Antwort war. „Nicht dass ich wüsste." Ihr Vater schüttelte den Kopf. „Falls jemand angerufen hat, so hat er jedenfalls keine Nachricht hinterlassen." Lara seufzte und goss sich Tee ein. „Warum bist du eigentlich um diese Zeit zu Hause?" fragte sie und machte es sich im Sessel bequem. „Bist du heute nicht zur Arbeit gegangen?" Er lächelte wie ein kleiner Junge, der etwas ausgefressen hat. „Ich habe mir heute freigegeben." „Das sieht dir aber gar nicht ähnlich", erwiderte sie nachdenklich. „Nicht dass ich etwas dagegen hätte", fügte sie hinzu, als ihr Vater sie erstaunt ansah. „Meiner Meinung nach arbeitest du sowieso viel zu viel." „Vielen Dank, Darling. Ich habe im Club gesessen und dann eine Runde Golf gespielt." „Hast du gewonnen?" „Gegen John?" fragte er bitter. „Ich glaube, als ich ihn das letzte Mal besiegt habe, hat er gemogelt. Er hat das Zeug zu einem Champion. Er ..." „John?" wiederholte sie scharf, einige Sekunden lang zu überrascht, um zu reagieren. „War John Sinclair heute im Club?" „Er hat angerufen, und ich ..." „Aber du hast doch gesagt, es hätte niemand für mich angerufen", unterbrach sie ihren Vater ärgerlich. „John hat mich angerufen, Lara", erwiderte Joseph Schofield sanft. „Ist er etwa der Grund, warum du hier Trübsal bläst?" fragte er, erstaunt, dass er das nicht früher erkannt hatte. „Du hast ihn seit dem letzten Wochenende nicht mehr gesehen, und ich habe angenommen, dass jemand anders der Grund für deine Niedergeschlagenheit ist. Tut mir leid, Darling, das habe ich nicht gewußt." Er schüttelte den Kopf, als er die Tränen in ihren Augen bemerkte. „Wann..." Laras Unterlippe zitterte. „Wann ist er zurückgekommen?" „Er hat nicht gesagt, dass er verreist war..." Ihr Vater verstummte, als sie aufschluchzte. Mitleidig sah er sie an. „Lara ...!" rief er ihr nach, als sie aus dem Zimmer stürzte. Obwohl die beiden fast den ganzen Tag verbracht haben, hat John meinem Vater offensichtlich nichts von seiner Reise nach Deutschland gesagt! dachte Lara. Ist es möglich, dass er gar nicht verreist war?
Oh, verdammt! Sie ballte die Hände zu Fäusten und starrte wie blind aus ihrem Schlafzimmerfenster. Die vor ihr liegende Londoner City nahm sie überhaupt nicht wahr. Ich werde John Sinclair schon zeigen, dass er mich, Lara Schofield, nicht zum Narren halten kann. Kein Mann kann das! Wenn er glaubt, dass er derjenige ist, der unsere Beziehung beendet, dann hat er sich geirrt. Es gibt genug Männer, die mir nur allzugern helfen würden, John Sinclair zu vergessen. „Lara ...?" Ihr Vater zog überrascht die Augenbrauen hoch, als sie abends ausgehfertig ins Wohnzimmer kam. „Ich dachte, du wärst verärgert, dass..." „Ich gehe auf Garys Party", erwiderte sie gereizt und fügte mit einem bedeutungsvollen Lächeln hinzu: „Warte nicht auf mich." „Lara, übereile nichts." Er stand auf. „Ich bin sicher, dass John. .." „Ich muss jetzt gehen, Daddy", unterbrach sie ihn fröhlich. Sie trug ein leichtes graues Strickkleid, das sie an diesem Vormittag gekauft hatte. Das Gewebe schmiegte sich eng an ihren Körper an und verriet, dass sie darunter nur wenig anhatte. „Ich möchte nichts verpassen", fügte sie noch hinzu. „Darling, bitte nicht..." „Bis später!" Lara eilte aus dem Raum. Sie wollte nicht von ihrem Vater überzeugt werden, dass sie einen Fehler beging, wenn sie in dieser Stimmung eine Party besuchte. Sie wusste, dass sie leichtsinnig handelte, aber es war ihr egal! Ihre Unbekümmertheit verschwand jedoch, als sie in das wartende Taxi stieg, und ihre Wut gewann wieder die Oberhand. Sie war noch nie zuvor verliebt gewesen, hatte sich noch nie so nach der Liebe und dem Respekt eines Mannes gesehnt wie bei John. Aber sein Interesse an ihr war schon nach zwei Tagen erloschen.
6. KAPITEL
Die Party war schon in vollem Gang, als Lara ankam. Die Musik war so laut, dass eine Unterhaltung nicht möglich war. Aber Lara wollte sich auch nicht unterhalten. Der Wein schmeckte ihr heute besonders gut, und Gary Ridgeway schien der attraktivste Mann zu sein, den sie je getroffen hatte. „Warum gerade heute nacht, Lara?" fragte Gary und blickte, frustriert auf die vielen Leute in seinem Haus. Während sie langsam zu einer wenig melodischen Musik tanzten, hielt er sie eng an sich gepresst. „Wirst du bleiben, bis alle anderen gegangen sind?" Gespannt sah er sie an. Nun, wenigstens wird er nicht wie Peter versuchen, mich während der Party in seinem Schlafzimmer zu verführen, dachte sie. Vielleicht besaß er ja doch ein gewisses erotisches Feingefühl, die meisten ihrer Freunde schienen davon jedenfalls überzeugt zu sein. „Warum nicht?" antwortete sie und schaute verträumt zu ihm auf. Die Arme hielt sie um seinen Nacken geschlungen. Er lächelte triumphierend. „Wirklich?" „Dürfte ich jetzt mit der Dame tanzen?" hörte sie in diesem Augenblick eine eisige Stimme fragen. „Ridgeway?" fragte John als er keine Antwort bekam. „Sie können Lara nicht die ganze Nacht für sich allein beanspruchen." „Warum denn nicht?" fragte Gary hinterhältig und hielt Laras Taille fest umschlungen. „Ja, warum denn nicht?" hörte Lara sich fragen und schmiegte sich demonstrativ an Gary. „Wer hat Sie überhaupt hereingelassen, Sinclair?" Inmitten der vielen Gäste fühlte Gary sich stark. „Ich kann mich nicht erinnern, Sie eingeladen zu haben." „Ich habe mich selbst hereingelassen", erwiderte John kühl. „Ich bin gekommen, um Lara zu holen." Mit seinen blauen Augen musterte er sie kalt und registrierte jede Kleinigkeit, von ihren glänzenden Augen bis zu dem vom Küssen verschmierten Lippenstift. „Dein Vater möchte, dass du nach Hause kommst. Sofort." Sie errötete angesichts der Verachtung in seiner Stimme. Langsam überwand sie den Schock, ihn hier zu sehen, und ihre Wut siegte wieder. Was glaubte er denn, wer er war? Kam einfach hierher, um sie nach Hause zu holen, als wäre sie ein unartiges kleines Mädchen, das bestraft werden musste! „Daddy weiß, wo ich bin", erwiderte sie so bestimmt wie möglich, obwohl ihr die Knie zitterten. John nickte kühl. „Ich glaube, das ist genau der Grund, warum du nach Hause kommen sollst." „Oh, du ..." „Verschwinden Sie, Sinclair", mischte sich Gary ein. „Die Dame bleibt lieber bei mir." „Ach, wirklich?" erwiderte John, wandte jedoch nicht den Blick von Laras Gesicht. „Lara, ich bin hierfür nicht in Stimmung", sagte er plötzlich drohend. „Ich hatte nicht erwartet, halb London nach dir absuchen zu müssen." „Was hast du denn erwartet?" fragte sie böse und schwankte leicht. „Dass ich brav zu Hause auf dich warten würde?" „Ist das zuviel verlangt? Musstest du unbedingt ausgehen und dich dem erstbesten Mann an den Hals werfen?" Er betrachtete Gary voller Verachtung. „Hättest du nicht wenigstens auf meinen Anruf warten können?" „Aber du hast doch angerufen, John", höhnte sie. „Meinen Vater. Er sagte, dass du ihm gegenüber nichts von deiner Reise nach Deutschland erwähnt hast. War sie erfolgreich?" Ihr Sarkasmus war nicht zu überhören. „Entweder kommst du jetzt mit mir, Lara, oder du bleibst bei Ridgeway." Er sah sie sekundenlang ruhig an und machte dann auf dem Absatz kehrt. Plötzlich kam wieder Leben in Lara. Sie wusste, dass sie ihn nie wiedersehen würde, wenn sie ihn jetzt gehen ließ. Schnell rannte sie ihm nach und hielt ihn am Arm fest. „Bitte sag mir, bist du wirklich in Deutschland gewesen?" Ihre Augen flehten, er möge ja sagen. Er blickte auf Lara herab und nickte. „Warum hast du mich dann nicht angerufen, als du zurückgekommen bist?" „Ich habe dich angerufen", antwortete er. „Wann?" Sie blinzelte verwirrt. „John, ich habe die ganze Woche gewartet!"
„Lara, was geht hier vor?" Gary hatte es offensichtlich leid, dass sie ihn auf einmal einfach ignorierte. „Was ist eigentlich los zwischen euch beiden?" „Lara?" fragte John sanft. Sie schluckte und wandte sich dann an Gary. „Ich glaube, ich gehe jetzt besser mit John. Es ... es tut mir leid", fügte sie rau hinzu. „Du verdammtes kleines Biest!" fuhr Gary auf. „Eines Tages... !" „Dieser Tag ist bereits gekommen, mein Freund", erwiderte John grimmig und fasste Laras Arm. „Glauben Sie mir, er ist gekommen!" Im Wagen sagte John kein Wort, und Lara beobachtete ihn nervös. Der ärgerliche Zug um seinen Mund gefiel ihr überhaupt nicht. Schließlich konnte sie es nicht länger aushalten. Sie musste wenigstens versuchen, sich zu verteidigen. „Ich habe die ganze Woche auf deinen Anruf gewartet", wiederholte sie. „Und dann erzählte mir Daddy heute nachmittag, dass ihr beide zusammen Go lf gespielt habt." Nervös presste sie die Hände gegeneinander. „Du hattest Zeit, mit ihm Golf zu spielen, aber du hattest keine Zeit, mich anzurufen!" sagte sie vorwurfsvoll. Er blickte sie kühl an. „Du bist betrunken." „Nein." „Du glaubst, ich hätte dich betrogen, also wolltest du dich rächen." Sein Sarkasmus war nicht zu überhören. „Du bist ein verzogenes kleines Mädchen, ganz bestimmt keine Frau. Und ich glaube, es wird Zeit, dass du eine Frau wirst." Er parkte den Wagen vor seiner Wohnung. „Aber ich will dich nicht betrunken. Du sollst nüchtern sein, wenn ich dich liebe, damit du genau weißt, wer der Mann ist, dem du dich hingibst." Er stieg aus, ging um den Wagen und öffnete die Beifahrertür. „Und jetzt geh!" befahl er grob und zog Lara hoch. „Aber es regnet!" „Geh, verdammt noch mal!" Wütend blickte er sie an, bis sie schließlich auf unsicheren Beinen neben ihm herstolperte. Der sanfte Regen hatte sie beide bald durchnässt. „Und hör gut zu", fuhr er fort. Er hatte die Hände in die Hosentaschen seines Abendanzugs gesteckt. „Ich habe heute morgen bei dir angerufen. Doch bevor ich nach dir fragen konnte, erzählte mir dein Vater, dass du mit einer Schulfreundin unterwegs bist. Dann lud er mich zu einer Runde Golf ein. Ich bin gestern abend erst sehr spät aus Deutschland zurückgekommen und brauchte dringend eine Ablenkung, also nahm ich seine Einladung an. Als ich heute abend wieder bei dir anrief, erzählte mir dein Vater, dass du zu Ridgeways Party gegangen bist - und in welchem Zustand du warst. Er machte sich große Sorgen um dich, und ich weiß jetzt auch warum." Voller Verachtung blickte er sie an. Der kalte Regen und der schnelle Spaziergang ernüchterten Lara schnell, und sie verabscheute sich selbst nun ebenso wie John sie. Sie hatte wirklich nur mit Gary ins Bett gehen wollen, um John zu verletzen, und er wusste das. „Es tut mir leid", sagte sie traurig. Der Regen lief ihr übers Gesicht und tropfte aus ihrem Haar. „Und damit ist alles wieder in Ordnung, hm?" Er fasste sie bei den Schultern und schüttelte sie grob. „Ich muss dich wieder einmal aus einer gefährlichen Situation befreien, und du sagst nur, es täte dir leid! Himmel, du bist wirklich dumm! Oder vielleicht ist es dir ja egal", fuhr er böse fort. „Wie oft hast du schon mit Ridgeway geschlafen?" Lara schüttelte den Kopf. „Ich habe nicht mit ihm geschlafen." „Jetzt erzähl mir bloß nicht, dass du ausgerechnet ihn ausgelassen hast", unterbrach er sie voller Verachtung. „Hast du so wenig Selbstwertgefühl, dass es dir gleichgültig ist, mit wem du ins Bett gehst?" „Aber so war es doch gar nicht, John", erwiderte sie mit erstickter Stimme. „Ich war verletzt, und ich ..." „Und du wolltest mich ebenfalls verletzen", fiel er ihr ins Wort. „Mit einem anderen Mann ins Bett zu gehen ist aber nicht unbedingt das richtige Mittel. In deiner Vergangenheit gab es so viele Männer, dass es auf einen mehr wirklich nicht ankommt!" Lara war blass geworden, noch nie hatte jemand so voller Verachtung mit ihr gesprochen. Der Regen drang durch das Kleid, und sie fing an zu zittern. Sie sah bestimmt scheußlich aus. Das Haar hing ihr ins Gesicht, ihr Make-up war verschmiert, und das Kleid klebte nass an ihrem Körper.
„Verdammt!" fluchte John leise. Erst jetzt schien er zu bemerken, wie sie aussah. Er zog sein schwarzes Jackett aus und legte es ihr um die Schultern. Schnell durchnässte der Regen sein Hemd. „Nein, danke." „Nimm es", sagte er finster und hielt das Jackett fest über ihrer Brust zusammen. „Bist du jetzt wieder nüchtern?" fragte er höhnisch. „Ja", antwortete sie mit kläglicher Stimme. Sein Zorn hatte ihr so zugesetzt, dass sie sich nicht einmal mehr verteidigen konnte. Soll er doch glauben, was er will, dachte sie. Ich werde ihn nach dieser Nacht sowieso nicht wiedersehen. „Dann gehen wir jetzt besser hinein." Er nahm ihren Arm und führte sie über die Straße zu seiner Wohnung. Lara folgte ihm willig. Sie war so sehr in ihrem Selbstmitleid gefangen, dass sie sich nicht wehrte, als er sie in sein Schlafzimmer führte, ihr die nassen Kleider auszog, bis sie nackt vor ihm stand. John runzelte die Stirn angesichts ihrer Gleichgültigkeit. „Ab unter die Dusche mit dir", sagte er und schob sie in das angrenzende Badezimmer. Dort drehte er das Wasser auf und stellte die richtige Temperatur ein. „Kommst du jetzt allein zurecht?" fragte er sanft, als sie sich noch immer nicht bewegte. Sie bemerkte erst jetzt, dass sein Hemd und seine Hose nass an seinem Körper klebten. „Willst du denn nicht duschen, du bist ja noch nasser als ich?" „Ich werde das andere Badezimmer benutzen", erwiderte er und schaute sie nachdenklich an. „Bist du in Ordnung, Lara?" „Mir geht es gut", antwortete sie und nickte. Er schien zu zögern, doch dann nahm er ein trockenes Hemd und eine trockene Hose aus dem Schrank und verließ das Zimmer. Lara zitterte vor Kälte. Auch die Wärme in der Wohnung hatte die eisige Kälte nicht aus ihrem Körper vertreiben können. Die warme Dusche half etwas, aber Lara fühlte sich immer noch wie erstarrt. Sie war jetzt völlig nüchtern und schämte sich entsetzlich für ihr Verhalten. Als Lara wieder ins Schlafzimmer kam, brach sie vor lauter Scham in Tränen aus. „Lara ...?" Überrascht blickte sie auf. Sie hatte John überhaupt nicht zurückkommen hören. Er hatte ebenfalls geduscht und trug jetzt Jeans und ein Freizeithemd. Mit dem Handrücken wischte sie schnell die Tränen fort und stand dann auf, um ihr Haar zu bürsten. „Ich bin gleich fertig ... Oh!" Erschrocken schaute sie ihn an, als er sie grob zu sich herumdrehte. „Warum weinst du?" „Wahrscheinlich eine ganz normale Reaktion", erwiderte sie und bemühte sich, unbefangen zu klingen. „Hast du noch nicht gehört, dass Betrunkene leicht zu weinen anfangen?" Er ließ sie los. „Brauchst du Hilfe?" „Nein - danke", fügte sie höflich hinzu. „Es dauert nicht mehr lange. Ich muss mir nur noch die Haare kämmen." Ihr Haar war noch feucht, als sie zehn Minuten später zu John ins Wohnzimmer ging. Das Make-up hatte sie ganz entfernt. Sie wusste, dass sie so sehr jung wirkte. John hatte zwei Gläser mit Brandy gefüllt und blickte Lara aus zusammengekniffenen Augen an. „Geht es dir jetzt besser?" fragte er und reichte ihr eines der Gläser. „Ja, danke, und was den Brandy betrifft, nein danke." John musterte sie. „Du siehst sehr blass aus." „Ich habe kein Make-up aufgelegt", entgegnete sie angespannt. „Sind meine Sachen trocken? Ich sollte jetzt wohl lieber gehen." „Gehen?" fragte er und zog die Augenbrauen hoch. „Wer hat gesagt, dass du gehen sollst?" „Mein Vater ..." „... weiß, dass du bei mir bist. Ich habe ihn angerufen, als du unter der Dusche warst." „Hat er - etwas gesagt?" „Weil du bei mir bist?" fragte John. „Nein. Er schien lediglich erleichtert zu sein, dass ich dich gefunden habe. Hast du ihm immer so viele Sorgen bereitet?"
„Ich weiß nicht - wahrscheinlich." Seine Frage regte sie auf. „Sind meine Sachen trocken?" wiederholte sie. „Nein." Um seinen Mund lag jetzt ein harter Zug. Der Brandy schien keine besondere Wirkung auf ihn zu haben, er trank das Glas in einem Zug aus. „Oh." Lara wurde von Minute zu Minute nervöser. Johns Stimmung behagte ihr ganz und gar nicht. Er konnte die Drohung, die er ihr gegenüber auf Garys Party und draußen im Regen geäußert hatte, doch nicht ernst meinen? Er würde doch nicht nur mit ihr schlafen wollen, um sie zu bestrafen? „Könnte ich für den Heimweg ein paar von deinen Sachen borgen?" fragte sie zögernd. John blickte sie an und deutete auf ihre unterschiedliche Größe und Körperbau. Sein Blick verweilte sekundenlang auf dem Ansatz ihrer Brüste, den der Bademantel, den Lara jetzt trug, nicht verdeckte. „Wohl kaum", antwortete John. Lara befeuchtete nervös ihre Lippen. „Vielleicht..." „Nein!" unterbrach er sie heftig. Überrascht schaute sie ihn an. Angst lag in ihrem Blick. „Nein?" wiederholte sie mit zitternder Stimme. „Nein." Er setzte sein Glas ab und ging auf sie zu. „Du bist zu weit gegangen mit deinen Spielchen, Lara", sagte er und packte sie hart bei den Schultern. Sie schüttelte den Kopf. „Seitdem wir uns kennen, hast du nichts anderes getan, als mit mir gespielt. Und du hast gleichzeitig auch noch ein halbes Dutzend anderer Männer glücklich gemacht. Aber jetzt bin ich dran. An diese Nacht werden wir uns beide noch lange erinnern." Lara hatte sich noch nie so verwundbar gefühlt wie jetzt. Von dieser Seite kannte sie John nicht - eigentlich kannte sie ihn überhaupt nicht! Sie hatte sich in ihn verliebt, aber sie wusste nicht mehr über ihn, als was ihr Vater herausgefunden hatte, und das war nicht gerade viel. „Es ist schon spät." „Gerade erst halb elf", erwiderte er höhnisch. „John, ich habe das hier noch nie zuvor getan!" „Bitte nicht", wehrte er ihren schwachen Einwand ab. „Es ist so leicht, das Gegenteil zu beweisen." „Ja, dir!" fuhr sie ihn an. Einen Moment schien er zu zögern, doch dann sah sie wieder die Entschlossenheit in seinem Gesicht. Er drängte sie aufs Schlafzimmer zu. „John, bitte!" Sie musste noch einmal versuchen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. „Ich habe mich für mein abscheuliches Benehmen vorhin entschuldigt. Bitte, tu mir das nicht an!" flehte sie, als er unerbittlich blieb. Er öffnete die Schlafzimmertür. Der Raum war dunkel. Nur der Mond schien durch das Fenster. „Ich verspreche, dass ich nichts tun werde, was du nicht magst oder willst", sagte John und streifte ihr den Bademantel ab. „Ich will das alles hier nicht!" Ihre Stimme zitterte vor Angst. „Du wirst es wollen", erwiderte er heiser und küsste sie auf den Hals. Mit einer Hand streichelte er ihre Hüfte, mit der anderen umschloss er ihre Brust. „O ja, du wirst", versprach er und drängte sie sanft aufs Bett. Dann zog er sich aus und legte sich zu ihr. „Liebst du mich, John?" fragte sie und sah ihn ängstlich und gleichzeitig erwartungsvoll an. „Liebe?" Das Wort schien ihn zu erschrecken, dann lächelte er kalt. „Mussten alle deine Männer dir sagen, dass sie dich lieben, bevor du mit ihnen ins Bett gegange n bist?" spottete er. „Gehört das zu deinem Spiel?" Er beugte sich über sie und hielt ihre Arme fest. „Wenn es dich glücklich macht, okay, ich liebe dich", sagte er, als ob es ihm egal war, was er sagen musste, damit sie mit ihm schlief. Lara wusste, dass es nur Worte waren, dass er es nicht ernst meinte. Und das schmerzte sie. Das alles hatte keinerlei Bedeutung für John. Für ihn war sie nur ein weiblicher Körper, mit dem er sich eine Zeitlang vergnügen konnte. Und das schlimmste war, dass sie diese Behand lung verdiente. Seit sie sich kennengelernt hatten, war sie nur egoistisch und eigenwillig gewesen. „Ist es dir so recht?" Sie schluckte schwer. „Nein."
„Gut", höhnte er. „Denn Worte allein bedeuten gar nichts." „Wie heißt es doch so schön: Taten sagen mehr als Worte!" „Das wirst du gleich herausfinden!" erwiderte er und küsste sie hart auf den Mund. Danach sprachen beide lange Zeit kein Wort mehr. Ihre erste Nacht mit einem Mann hatte Lara sich ganz anders vorgestellt! John gebärdete sich wie ein Wilder. Seine Hände und Lippen waren überall. Dass Lara nicht reagierte, schien ihn nur noch mehr anzustacheln. Aber wie sollte sie etwas empfinden, wenn er überhaupt nicht zärtlich war, wenn er lediglich darauf aus war, ihren Willen zu brechen? Schließlich sah er wütend in ihr blasses, teilnahmsloses Gesicht und drang in sie ein. Lara schrie laut auf vor Schmerz. Danach lag sie leblos unter ihm, während sich seine Leidenschaft weiter steigerte. Lara empfand nichts als Schmerzen und war erleichtert, als er erschauerte und dann ruhig neben ihr lag. Sein Atem beruhigte sich langsam wieder. Während der ganzen Zeit hatten beide kein Wort gewechselt. Als John sich ihr wieder näherte, stand sie schwankend auf. Ihr ganzer Körper schmerzte, und sie wollte nur weg von John, wollte allein sein in ihrem Schmerz. Sie stürzte fast ins Badezimmer, verriegelte die Tür hinter sich und lehnte sich zitternd an den Türrahmen. Dann fing sie an zu weinen. Heiße Tränen strömten über ihr Gesicht, als ihr klar wurde, dass John sie gegen ihren Willen genommen hatte! Vielleicht war sie selbst schuld. Vielleicht hatte sie die Männer wirklich nur gereizt, um ihnen dann einen Korb zu geben. Aber bei John hatte sie nie nein gesagt. Bis zu dieser Nacht! Heute hatte er ihr angst gemacht, hatte ihr eine brutale Seite seines Charakters gezeigt. Sie hatte zwar vermutet, dass er brutal sein konnte, aber nie geglaubt, dass sie es selbst erleben würde. „Lara?" Sie erstarrte, als sie seine Stimme durch die Tür hörte. Da er keine Antwort bekam, klopfte er. Doch sie hatte viel zuviel Angst, um wieder mit ihm zu sprechen! „Deine Sachen sind trocken und liegen hier im Schlafzimmer, falls du dich anziehen möchtest. Ich werde im Wohnzimmer warten und dich dann nach Hause bringen." Lara hörte, wie er die Schlafzimmertür schloss, wartete aber noch einige Minuten, um sicherzugehen, dass er den Raum wirklich verlassen hatte. Dann öffnete sie die Tür. Ihre Kleider lagen ordentlich zusammengefaltet auf dem Bett. Schnell zog sie sich an. John hatte die Kleider wahrscheinlich in einem Trockner getrocknet. Das Wollkleid war dabei stark eingelaufen und lag jetzt noch enger an ihrem Körper an. Doch Lara achtete nicht darauf. Normalerweise wäre sie darüber sehr wütend gewesen, aber in dieser Nacht war sie zu keinerlei Reaktion mehr fähig. John trank gerade einen Whisky, als sie endlich das Wohnzimmer betrat. Bei ihrem Anblick kniff er die Lippen zusammen. Der Blick aus seinen Augen war eiskalt. Lara fühlte sich noch elender. „Ich bringe dich jetzt besser nach Hause", sagte er und trank sein Glas leer. Sie antwortete nicht, sondern folgte ihm einfach zum Wagen. Sie wollte sich nur noch irgendwo verkriechen, damit niemand die Erniedrigung und den Schmerz bemerken würde, die sie in dieser Nacht erfahren hatte. Während der Fahrt sagte keiner von beiden ein Wort. Lara starrte auf ihre Hände. Sie wünschte nur, dass alles schon vorbei wäre und dass sie John Sinclair niemals gesehen hätte. Nachdem er den Wagen vor ihrer Haustür geparkt hatte, drehte John sich zu ihr um. Er seufzte ärgerlich, als sie unter seiner Berührung zusammenzuckte. „Lara..." Sie öffnete die Tür und wollte ins Haus laufen, aber John hielt sie am Arm fest. Gequält blickte sie ihn an. Seine Miene war ernst. „Ich glaube, wir müssen miteinander reden..." „Das glaube ich nicht!" erwiderte sie und zog den Arm weg. „Du hast niemals mit mir reden wollen. Und keine Angst, John, dein Wunsch wurde erfüllt", fügte sie bitter hinzu. „An diese Nacht werde ich mich noch sehr lange erinnern!" Mit einem erstickten Schluchzen stieg sie aus und rannte ohne einen Blick zurück ins Haus.
7. KAPITEL
Lara starrte blicklos an die Decke. Dunkle Schatten lagen unter ihren Augen. Wenn sie nicht bald aufstand, würde ihr Vater kommen und nach ihr sehen. Sie hatte ihm nur kurz gute Nacht gesagt, nachdem John sie nach Hause gebracht hatte, und sich dann in ihr Schlafzimmer zurückgezogen. Doch sie hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan. Joseph Schofield wäre schockiert, wenn er wüsste, dass der Mann, dem er seine Tochter anvertraute, ihr sowohl körperlich als auch seelisch großen Schmerz zugefügt hatte. Johns grobe Zärtlichkeiten hatten auf ihrem Körper Spuren hinterlassen. Ihre Gefühle waren ihm völlig gleichgültig gewesen. Was letzte Nacht geschehen war, konnte nicht unbedingt als Vergewaltigung bezeichnet werden. Das wusste Lara, denn bis zu diesem Zeitpunkt hätte sie nur zu gern eingewilligt. Doch John hatte sie genommen, als sie es nicht wollte. „Lara?" Sie erstarrte, als sie ihren Vater an die Tür klopfen hörte. „Ja?" antwortete sie müde. „Kann ich hereinkommen?" „Natürlich." Er war überrascht, sie noch im Bett vorzufinden. „Faulpelz!" schimpfte er liebevoll. „Es ist schon nach elf Uhr." „Ich habe verschlafen", antwortete sie, obwohl die dunklen Ringe unter ihren Augen sie Lügen straften. „Das sehe ich. Bist du mir böse, Kleines?" Laras Augen wurden vor Überraschung ganz groß. „Warum sollte ich dir denn böse sein?" „Ich habe letzte Nacht übereilt gehandelt und John hinter dir hergeschickt." Er lächelte schuldbewusst. „Ich glaube, er war nicht gerade sehr sanft mit dir." Bei dieser Untertreibung hätte Lara beinahe laut gelacht. Ihr Vater konnte ja nicht wissen, was wirklich vorgefallen war. „Er - er hat mir seine Meinung sehr deutlich gemacht." „Aha, ihr seid also nicht als Freunde auseinandergegange n?" „Nein!" Nur mit Mühe konnte sie ein Zittern unterdrücken. Ihr Vater schüttelte den Kopf. „Es würde mich nicht wundern, wenn ihr beide heiratet", sagte er lachend. „Ihr streitet euch schon wie ein altes Ehepaar!" Sie presste wütend die Lippen zusammen. „Ich würde ihn nicht einmal heiraten, wenn er der einzige Mann auf der Welt wäre!" „Das ist nicht gerade originell, Darling." „Willst du damit sagen, dass du mit ihm als Schwiegersohn einverstanden wärst?" fragte sie entsetzt. „Nun, du könntest es schlechter treffen. Außerdem dachte ich, dass du mit ihm einverstanden bist?" „Jetzt nicht mehr. John Sinclair ist der abscheulichste Mann, den ich kenne." Joseph Schofield strich Lara liebevoll durchs Haar. „John ist nicht abscheulich. Er lässt sich nur nicht gern an der Nase herumführen. Du hast in der letzten Zeit sehr impulsiv gehandelt. Du musst noch sehr viel lernen, um erwachsen zu werden." Oh, wenn er wüsste! Sie war letzte Nacht vollkommen erwachsen geworden. Ihr Selbstbewusstsein hatte einen starken Dämpfer erhalten. Sie hatte sich John gegenüber so hilflos gefühlt, so machtlos. „Vielleicht", antwortete sie gepresst. „Aber nicht heute, hm?" neckte ihr Vater. „Nein." Er lächelte. „Wie wäre es mit einer Runde Golf?" Sie wollte nirgendwo hingehen, wo sie John begegnen konnte. „Ich wollte eigentlich zum Landhaus hinausfahren." Dieser Gedanke war ihr erst jetzt gekommen, aber er gefiel ihr. Dort konnte sie allein sein und hatte Zeit zum Nachdenken. Ihr Vater betrachtete sie nachdenklich. „Ist letzte Nacht etwas passiert, was ich wissen sollte?" „Nein. Ich möchte nur mal wieder das alte Haus sehen." „Willst du John aus dem Weg gehen?" fragte er neckend.
Sie sah ihn scharf an. „Warum sollte ich?" „Wenn ihr beide euch wieder einmal gestritten habt, dann wird er wahrscheinlich kommen, um sich mit dir auszusprechen." „Das bezweifle ich." Doch er konnte recht haben, und sie wollte auf keinen Fall zu Haus sein, wenn John kam. Joseph Schofield verzog spottend den Mund. „Sollte er aber doch kommen, dann willst du nicht hier sein?" Offenbar glaubte er, dass sie und John einen kleinen Streit unter Liebenden gehabt hätten. Unter diesen Umständen war es besser, ihn in diesem Glauben zu lassen. „Genau." „Na gut." Er ging zur Tür. „Bis später dann, Darling." Ja später, dachte Lara. Vielleicht fühle ich mich dann wieder stark genug, um mich der Welt zu stellen. Vielleicht hat dann alles wieder einen Sinn, wenn überhaupt! Warum war sie nur so durcheinander deswegen? Sie war bestimmt nicht die erste Frau, die dafür zahlen musste, dass sie einen Mann zu sehr gereizt hatte. Besonders einen Mann wie John, der aus seinem Verlangen nach körperlicher Liebe kein Geheimnis machte. Aber nie hätte sie gedacht, dass er so grausam und brutal sein konnte! Als Lara den roten Ferrari im Rückspiegel sah, der ihren Porsche schnell einholte, wusste sie sofort, wer hinter dem Steuer dieses schnellen Autos saß, und trat aufs Gaspedal. Aber sie war kein so sicherer Fahrer wie John, besonders nicht bei hohen Geschwindigkeiten. Nachdem sie beinahe ein entgegenkommendes Fahrzeug gerammt hatte, verringerte sie das Tempo und akzeptierte, dass John ihr aus irgendeinem Grund folgte. Er fuhr bis zum Landhaus hinter ihr her und parkte seinen Wagen hinter ihrem. Lara beobachtete im Rückspiegel, wie er ausstieg, die Tür zuwarf und dann auf ihren Wagen zukam. Sie biss die Zähne zusammen und sah ihn durch das offene Fenster an. Falls John ebenfalls eine schlaflose Nacht hinter sich hatte, so war ihm das jedenfalls nicht anzusehen. Sein silberblondes Haar war vom Wind zerzaust. Der schwarze Pullover und die schwarze Hose betonten seinen männlichen Körper. Er sah genauso selbstsicher aus wie immer. Sie fragte sich, ob sie sich letzte Nacht das hasserfüllte Glitzern in seinen Augen nur eingebildet hatte. „John", grüßte sie kurz. Sie wollte nicht aussteigen. Ihr Gesicht war immer noch blass. Das Haar hatte sie locker zusammengebunden. „Warum bist du mir hierher gefolgt?" Er musterte sie eingehend. „Ich glaube immer noch, dass wir miteinander reden müssen." Fragend hob sie die Augenbrauen. „Worüber denn?" „Letzte Nacht. Oder hast du sie schon vergessen?" Lara schnappte nach Luft. Wie konnte er es wagen, sie verfolgen und so mit ihr zu sprechen! „Offensichtlich nicht", sagte er. „Und ich auch nicht." „Ist das nun ein Kompliment oder eine Beleidigung?" „Das kannst du dir aussuchen", erwiderte er gepresst. „Dann betrachte ich es als Beleidigung!" „Ganz wie du willst. Deine Abneigung ändert aber nichts daran, dass wir miteinander reden müssen." „Und worüber bitte?" fiel sie ihm ärgerlich ins Wort. Sie hatte Bedauern erwartet, vielleic ht eine Entschuldigung, aber bestimmt nicht, dass er auf sie wütend war! „Letzte Nacht hast du ein frühreifes Kind mit in dein Bett genommen, und ich habe es als Frau wieder verlassen. Was gibt es da noch zu reden?" Sie stieg nun doch aus, denn sie fühlte sich im Nachteil, wenn sie zu ihm aufsehen musste. „Die Tatsache, dass du noch ..." „Jungfrau warst", sagte sie bitter und sah ihn wütend an. „Genau darüber müssen wir sprechen." „Ach, wirklich? Willst du mich jetzt fragen, wie es kommt, dass ein frühreifes, kleines Biest wie ich noch Jungfrau ist?" Sie überlegte einen Moment. „Oder willst du wissen, ob mein Vater dich zwingen wird, mich zu heiraten? Die Antwort auf die erste Frage ist, es geht dich nichts an. Die Antwort auf die zweite Frage lautet, er müsste erst mal mich zwingen!" Voller Abscheu blickte sie ihn an. „Bitte, ich habe alle wichtigen Fragen gestellt und auch beantwortet. Jetzt gibt es nichts mehr, worüber wir reden müssen. Zufrieden?"
„Nein", erwiderte er kurz angebunden. „Aber ich. Und ich will nichts mehr hören." „Du wirst mich anhören!" John hielt sie grob am Arm fest, ließ aber sofort los, als sie blass wurde. „Was ist?" fragte er scharf. „Habe ich dir letzte Nacht so viel Angst eingejagt ?" Lara lächelte kalt. „Ich zucke nicht aus Angst zusammen", antwortete sie und schob dabei den Ärmel ihrer Bluse hoch. „Ich kann auf diesen Stellen nur keinen Druck ertragen." Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete John sie. „Bin ich daran schuld?" „Natürlich nicht", spottete sie. „Ich bin gegen eine Tür gelaufen! Das sagt eine Frau doch, wenn ein Mann ein bisschen grob zu ihr war, nicht wahr?" Sie zog den Arm weg, um den Ärmel wieder herunterzuschieben. Sie seufzte. „Woher hast du gewusst, wo ich bin?" „Dein Vater hat mir einmal von einem Haus hier in der Nähe erzählt. Als das Dienstmädchen sagte, du wärst aufs Land gefahren, bin ich hierhergefahren. Dass ich dich auf der Straße eingeholt habe, machte es einfacher. Wie heißt das hier?" „Stapleton Manor", erwiderte sie. „John ..." „Sehr beeindruckend", unterbrach er sie und betrachtete das dreistöckige, aus grauen Steinen gebaute Haus. Lara wusste, dass es beeindruckend war. Das Haus war von vierzig Morgen Land umgeben. Drei Gärtner wurden ständig beschäftigt, um den Garten in Ordnung zu halten. Nur die Haushälterin lebte im Haus. Wenn Lara mit ihrem Vater hierherkam, was selten geschah, wurden zusätzlich Leute aus dem Dorf eingestellt. Lara ging zu den leeren Ställen. Die Erinnerungen an ihre glückliche Kindheit waren heute besonders stark. Vielleicht weil sie gestern ihre Kindheit endgültig hinter sich gelassen hatte und nie wieder so sorglos sein würde wie früher. John war ihr gefolgt und lehnte sich an eine der leeren Boxen. „Reitest du?" „Früher habe ich es einmal sehr begeistert getan. Aber nach Marions Tod hat mein Vater mir verboten, je wieder ein Pferd zu besteigen." „Sie ist - hier gestorben?" Er schien schockiert zu sein. Lara nickte. Sie bemerkte nicht, dass er blass geworden war, sondern hing ihren eigenen schmerzlichen Erinnerungen nach. „Dort drüben im Wald", antwortete sie. „Ihr Pferd hat aus irgendeinem Grund gescheut", fuhr sie leise fort, mehr zu sich selbst. Ihr Vater und sie hatten damals furchtbare Angst gehabt, als Säble ohne Marion zur ückgekehrt war. Sie hatten sofort ihre Pferde gesattelt und nach ihr gesucht. Ihr Vater fand sie schließlich, sie hatte sich das Genick gebrochen. „Sie wurde getötet", sagte sie zu John. „Wir sind wieder nach London gezogen und kommen nur ganz selten hierher. Es überrascht mich, dass mein Vater dir von diesem Haus erzählt hat." John hob die Schultern. „Ich erzählte ihm von meinem Haus in Yorkshire, da hat er diesen Besitz erwähnt. Ich hatte keine Ahnung, dass deine Stiefmutter hier gestorben ist." Interessiert sah er sich um. „Es ist schade, dass der Besitz nicht länger benutzt wird. Bist du hier aufgewachsen?" „Seit Daddys und Marions Hochzeit." Schnell ging sie zur Tür, der Stall barg zu viele Erinnerungen. „Mrs. Edwards wird uns einen Tee machen, bevor du zurückfährst." Die Haushälterin war höchst erfreut, Lara zu sehen, und gern bereit, ihr und John einen Tee zu machen. Lara ging voraus ins Wohnzimmer. Es war ein langgestreckter Raum mit einer gemütlichen Sitzgruppe in der einen und einem Flügel in der anderen Ecke. Auf diesen ging Lara zu und strich sanft über die Tasten. John war ihr gefolgt. „Gehörte er deiner Stiefmutter?" Lara wandte sich abrupt ab. Es war ein Fehler, hierherzukommen. Ein Fehler, John nicht sofort zum Gehen aufgefordert zu haben. Er hatte immer noch nicht gesagt, was er eigentlich wollte! „Du solltest jetzt lieber gehen." „Ich habe meinen Tee noch nicht bekommen. Und ich würde mir gern das Haus ansehen." „Nein!" Er stand plötzlich sehr dicht vor ihr. Seine Nähe machte sie nervös, und sie trat einen Schritt zurück. „Wie ich höre, bringt Mrs. Edwards uns jetzt den Tee", sagte sie erleichtert. „Dann eben später." Er gab nicht auf.
Lara warf ihm einen irritierten Blick zu, als die Haushälterin den Tee hereinbrachte. „Wenn es dich so interessiert." „Das tut es", erwiderte John. Sie dankte der Haushälterin, die daraufhin leise den Raum verließ. „Willst du es etwa kaufen?" fragte Lara spitz. Interessiert blickte er sie an. „Ist es denn zu verkaufen?" Lara presste die Lippen zusammen. „Ganz bestimmt nicht!" Sie ging zu dem Tisch, wo das Tablett mit dem Tee stand, und füllte zwei Tassen. Merkte John nicht, dass er unerwünscht war? Wahrscheinlich war es ihm egal. Er saß ihr gegenüber gemütlich im Sessel und verhielt sich, als wäre nichts passiert! Mit zitternden Händen setzte sie ihre noch halbvolle Tasse ab. „Ich werde dir jetzt das Haus zeigen." Ihre Stimme klang brüchig.„Und ich möchte, dass du dann gehst." Er stand sofort auf und folgte ihr gelassen. Ihre kurzen Erklärungen zu jedem Raum schiene n ihn nicht zu interessieren. Lara zögerte, ihm die oberen Räume zu zeigen. Aber als er spöttisch den Mund verzog, erwachte ihr Trotz. Ihr eigenes Zimmer würde sie ihm zuletzt zeigen. Zunächst führte sie ihn zu den Gästezimmern und dann in das Schlafzimmer ihrer Eltern. Seit Marions Tod hatte sie diesen Raum nicht mehr betreten. Hier hatten sie oft zusammen gesessen, während Marion sich für eine Verabredung mit Laras Vater zurechtmachte. Es war ein wunderschöner Raum, in Zartlila und Cremefarben gehalten, der Marions Persönlichkeit widerspiegelte. John sah Lara an. „Es ist ein sehr schöner Raum." „Ja." Demonstrativ hielt sie die Tür auf. „Deine Stiefmutter hatte einen guten Geschmack." „Ja", antwortete sie wieder und verließ das Zimmer. John sah sich noch einmal um und folgte ihr dann. „Ich habe dein Zimmer noch nicht gesehen." „Solltest du jetzt nicht gehen?" „Ich möchte zuerst dein Zimmer sehen", erwiderte er mit fester Stimme und berührte leicht ihren Arm. Sie wollte sich abwenden, konnte es aber nicht. Fand sie ihn immer noch anziehend, nach allem, was er ihr angetan hatte? „Ist es das?" Er öffnete die Tür hinter ihr und sah in den jugendlich- feminin eingerichteten Raum. In dem Bücherregal standen noch die alten Kinderbücher, von denen sie sich nicht hatte trennen können. „Sieht ganz so aus", sagte John, als sie zusammen den Raum betraten. Lara bekam Angst, als John die Tür schloss. „John ..." „Ich war letzte Nacht nicht sehr nett zu dir." Er umfasste ihr Gesicht sanft. „Hätte ich gewusst, dass du noch unberührt warst, dann wäre ich vielleicht sanfter gewesen - vielleicht aber auch nicht", gab er reumütig zu. „Weißt du, was du mir angetan hast?" Finster sah er sie an. Lara verwirrte sein plötzlicher Stimmungswechsel. „Für mich war Ridgeway der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Während ich fort war, konnte ich nur an dich denken. Und als ich zurückkam, fand ich dich bei Gary. Ich habe die Beherrschung verloren", gab er zu. „Ich glaube, als ich dich letzte Nacht geliebt habe, habe ich dich gehasst." Lara schluckte schwer. „Da bin ic h mir ganz sicher." Sie erinnerte sich nur zu gut an seinen hasserfüllten Blick, als er sie genommen hatte. „John, geh jetzt bitte." Sie wollte sich aus seinem Griff befreien, aber er ließ nicht los. Sein Blick ruhte auf ihrem Mund. „Lass mich dich noch einmal lieben, Lara", sagte er rau. „Lass mich dir zeigen, wie schön es wirklich mit uns beiden sein kann." „Nein!" Ihre Augen waren angstvoll geweitet. „Bitte, Lara", bat er sanft. „Bitte!" Dann küsste er sie sanft und verführerisch auf den Mund. Statt sich aber zu wehren, legte sie die Arme um seinen Nacken und erwiderte seinen Kuss. Ihr Körper schien einen eigenen Willen zu haben. Unwillkürlich schmiegte sie sich an John mit der stillen Bitte, sein Versprechen zu halten und zärtlich zu sein. Er öffnete ihre Bluse und bedeckte ihre Brüste mit vielen kleinen Küssen.
Unsicher stand sie vor ihm, als er sie weiter entkleidete. „John, ich werde nicht zulassen, dass du wieder über mich herfällst wie letzte Nacht", sagte sie bestimmt. „Ich werde mich nie wieder so benutzen lassen." Statt einer Antwort verschloss er ihre Lippen mit einem leidenschaftlichen Kuss. Er ermutigte sie, ihn ebenfalls zu entkleiden und die Zärtlichkeiten zu erwidern. Als sie zögerte, zog er sich den Pullover selbst aus und presste sie gegen seine nackte Brust. „Mrs. Edwards!" erinnerte Lara ihn. „Weiß genau, dass sie uns nicht stören darf." Lara machte keine weiteren Einwände. Sie spürte ein Verlangen nach dem, was John ihr letzte Nacht versagt hatte. Aufgrund des leidenschaftlichen Abschieds nach ihrer ersten Verabredung zum Dinner wusste Lara, dass John ihr viel mehr geben konnte, wenn er nur wollte. Mit jedem Kuss, mit jeder Liebkosung steigerte er jetzt ihre Leidenschaft. Diesmal leistete Lara keinen Widerstand und verspürte keine Schmerzen. Johns erregter Körper weckte ein nie gekanntes Verlangen in ihr und führte sie zum Gipfel der Lust. Sie spürte Johns heftigen Atem auf ihrer Schulter. „Willst du mich heiraten, Lara?" „Was?" Sie glaubte zu träumen. Verwirrt sah sie ihn an. „Heirate mich." Er stützte sich auf die Ellenbogen und blickte auf Lara hinab. „Bitte?" „Aber..." Sie schluckte. Sein unerwarteter Antrag so kurz nach diesem berauschenden Erlebnis machte sie sprachlos. „Ich meine es ernst, Lara. Heirate mich." Sanft strich er die feuchten Strähnen aus ihrem Gesicht, die sich während ihrer heftigen Umarmung aus ihrer Frisur gelöst hatten. „Warum?" fragte sie, ohne richtig nachzudenken. Er lächelte. Es war das erste Mal, dass er sie so entspannt anläche lte. „Damit ich dich jede Nacht lieben kann. Ich glaube, ohne das bin ich nicht mehr in der Lage zu leben." Lara errötete vor Freude. „Es war schön, nicht wahr?" Ohne den Blick von ihr zu wenden, rutschte er neben sie. „Besser als letzte Nacht?" Ihr Gesicht verschloss sich, als sie an dieses schmerzliche Erlebnis erinnert wurde. „Ja." Ihre Stimme klang heiser. John strich die Sorgenfalten auf ihrer Stirn fort. „Es tut mir leid, dass das erste Mal für dich kein schönes Erlebnis war. Ich wusste nicht, dass ... Du wirktest immer so erwachsen. Ich habe nicht gemerkt, dass du nur ein kleines Mädchen bist, das gern mit dem Feuer spielt. Hoffentlich habe ich dir diesmal nicht weh getan?" „Nein." Ihr wurde heiß, als sie sich an seine sanften, intimen Zärtlichkeiten erinnerte. „Und deine Antwort?" „Du musst mich nicht heiraten, nur weil wir ..." „Aber du musst mich heiraten", erwiderte er lachend. „Warum?" fragte sie mit rauer Stimme. „Das habe ich dir doch gerade gesagt. Ich will dich jede Nacht lieben können." Er wurde plötzlich ernst. „Liebst du mich denn nicht?" „O doch! Es ist nur ..." Hilflos brach sie ab. Sie konnte seinem prüfenden Blick nicht standhalten. „Ich habe dir letzte Nacht Angst eingejagt", sagte er und sah sie schuldbewusst an. „Glaub mir, so etwas habe ich noch nie vorher getan. Der Gedanke, dass Ridgeway dich berührte, war für mich einfach unerträglich." Lara freute sich über seine Eifersucht, ließ es sich aber nicht anmerken. Wenn es zwischen John und ihr immer so sein würde wie jetzt, dann würde sie ihn nie verlassen. Unsicher sah sie ihn an. „Heirate mich, Lara, und ich schwöre, dass ich dir nie wieder so etwas antun werde." An dem Ausdruck seiner blauen Augen sah sie, wie ernst es ihm war. Sie wusste, dass sie ihm glauben musste - glauben wollte! „Ich liebe dich, John!" Sie hielten sich eng umschlungen, bis Lara in einen tiefen, erholsamen Schlaf fiel. Sie merkte nicht, wie John leise aufstand, sich schnell ankleidete und dann das Zimmer verließ. Lara streckte sich, als sie erwachte. Sie fühlte sich so ganz anders als am Morgen, so lebendig und geliebt. Sie war nun ein Teil von einem anderen Menschen. Sie gehörte John und wollte den Rest ihres Lebens mit ihm glücklich sein.
Aber wo war er? Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie über eine Stunde geschlafen hatte. John hatte sich wahrscheinlich gelangweilt und war nach unten gegangen. Lara fragte sich, wie er wohl Mrs. Edwards ihre Abwesenheit erklärt hatte. Als sie endlich nach unten kam, war er jedoch weder im Wohnnoch im Esszimmer. Das Haar fiel locker über ihre Schultern. Ihre Augen leuchteten vor Glück. Nichts erinnerte mehr an die Frau mit dem gequälten Blick, die am Morgen London verlassen hatte. Sie ging nach draußen und entdeckte John auf dem Feld, das an den Wald grenzte. Sie rannte zu ihm, warf sich in seine Arme und gab ihm einen Kuss auf den Mund. „Bedeutet das, dass du mich liebst?" spottete er sanft. Strahlend schaute sie zu ihm auf. „Ja. Wo warst du?" Er legte den Arm um ihre Schulter, und sie gingen gemeinsam zurück zum Haus. „Ich war spazieren. Die Landschaft ist so schön hier. Glaubst du, dein Vater würde uns erlauben, hier unsere Flitterwochen zu verbringen?" „Bestimmt. Er würde sich darüber sogar freuen. Aber werden wir denn nicht verreisen in unseren Flitterwochen?" „Ich habe keine Zeit", erwiderte er. „Ich stecke mitten in schwierigen Verhandlungen, die sich noch einige Monate hinziehen werden. Oder willst du so lange warten?" „Nein", erwiderte sie schnell. „Und du?" „Nein. Dein Vater sagte, dass du nächsten Monat Geburtstag hast. Würde es dir etwas ausmachen, an dem Tag zu heiraten? Nur noch drei Wochen, dann würde sie Johns Frau sein! Das klang wunderbar. „Nein, überhaupt nicht", entgegnete sie. „Gut. Der Landsitz ist nicht zu weit von London entfernt, falls ich doch einmal ins Büro fahren muss." „Wird das wirklich nötig sein?" Lara seufzte enttäuscht. „Ich hoffe nicht, aber es könnte sein." „Ich will gar nicht daran denken. Wir werden wundervolle Flitterwochen verleben, viele, viele Wochen ..." „Zwei", warf er ein. „Okay, okay, zwei. Zwei Wochen nur du und ich. Das klingt wunderbar, nicht wahr?" Sie lächelte verträumt. „Ist das dieselbe Frau, die meinte, wir hätten einander nichts mehr zu sagen?" fragte er spottend. Lara lachte glücklich. „Da wusste ich noch nicht, dass Liebe nicht nur Schmerzen bedeutet." Bedrückt sah er sie an. „Ich war doch nicht grob zu dir?" „Nein." Sie legte beruhigend eine Hand auf seinen Arm. „Wir sollten jetzt besser zurückfahren", meinte er dann. Sie verzog das Gesicht. „Muss das sein? Ich möchte viel lieber hier mit dir das Wochenende verbringen." Johns Gesichtsausdruck war verschlossen, als er sich umsah. „Es ist wirklich ein wunderschöner Besitz." „Genau richtig, um Kinder großzuziehen", entgegnete sie und lächelte schelmisch. Er erstarrte. „Kinder?" „Unsere natürlich." Sie lachte. „Du willst doch Kinder, oder?" Besorgt sah sie ihn an, als er keine Reaktion zeigte. „Darüber habe ich noch nie nachgedacht." Lara hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Wie konnte sie nur so dumm sein? John und sie liebten sich und würden bald heiraten, aber sie wusste so wenig über seine Vergangenheit, seine Kindheit. Die harten Linien um seinen Mund deuteten daraufhin, dass er es nicht leicht gehabt hatte. Vielleicht hatte das seinen Wunsch nach einer eigenen Familie beeinflusst. Sie musste in Zukunft vorsichtiger sein. „Das ist jetzt nicht wichtig. Wir haben noch viel Zeit." „Ja. Aber wir sollten jetzt nach London zurückfahren. Ich werde heute abend zu euch kommen, und dann können wir deinem Vater die Neuigkeit erzählen." Lara lächelte. „Er wird sich freuen." „Glaubst du?"
„Natürlich." Sie blickte John in die Augen. „Mach dir keine Sorgen wegen Daddy." Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab John einen Kuss auf den Mund. Sofort erwachte in ihr wieder das Verlangen. „Können wir nicht noch eine Stunde bleiben?" Mit einer energischen Geste löste er sich aus ihrer Umarmung. „Es war schon unangenehm genug, als Mrs. Edwards mich vorhin fragte, wo du seist." „Was hast du ihr gesagt?" „Nichts", erwiderte er arrogant. „Es geht sie nichts an." „John!" Sie lachte. Da sie mit zwei Wagen gekommen waren, mussten sie auch getrennt zurückfahren. Erst als Lara zu Hause ausstieg und glücklich lächelnd den Wagen abschloss, fiel ihr ein, dass John nicht ein einziges Mal gesagt hatte, dass er sie liebte. Natürlich liebt er dich, rief sie sich zur Ordnung. Warum würde er dich sonst wohl heiraten wollen?
8. KAPITEL
Lara konnte es kaum erwarten, ihrem Vater die gute Nachricht zu überbringen. Aber sie hatte John versprechen müssen, auf ihn zu warten. Ihrem Vater würde das gefallen. Nachdem John Lara mehrmals vor Unheil bewahrt hatte, würde Joseph Schofield gegen ihn als Schwiegersohn nichts einzuwenden haben. Doch obwohl sie ihren Vater sehr liebte, würde sie John auch ohne seine Einwilligung heiraten. Lara hätte nie geglaubt, dass ihr einmal jemand wichtiger sein könnte als ihr Vater. Sie stand vor dem Spiegel in ihrem Schlafzimmer. Eine verliebte, glückliche Frau lächelte ihr entgegen. Lara wusste nun, wie wunderbar die Liebe sein konnte. Sie durfte John nur nie wieder so reizen. Da ihr Interesse an anderen Männern der Auslöser für seine Wut zu sein schien, war das nicht weiter schwierig. Er war von jetzt ab der einzige Mann in ihrem Leben. An diesem Abend trug sie einen orangefarbenen, hochgeschlossenen Seidenoverall mit langen Ärmeln. Während sie auf Johns Ankunft wartete, konnte sie ihre Aufregung kaum verbergen. Immer wieder schaute sie aus dem Fenster. Ihr Vater beobachtete sie und bemerkte spottend: „Wen darf ich denn heute abend erwarten, Peter, Norman oder ..." „John", erwiderte sie fest. Er hob die Augenbrauen. „Habt ihr euch wieder vertragen?" Lara lächelte zufrieden. „Ja, wir ..." In diesem Moment hörte sie den Ferrari vorfahren. „John wird es dir erklären", sagte sie und ging hinaus, um ihren Verlobten zu begrüßen. Doch ihr Herzschlag setzte einen Moment aus, als sie John sah. Sein silberblondes Haar war vom Wind zerzaust. Ruhig blickte er sie an. Ein spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen, als sie sich in seine Arme warf und verliebt zu ihm aufschaute. Aber er küsste sie nur kurz. „Später, Lara. Ich möchte erst mit deinem Vater sprechen." „Er wartet im Wohnzimmer auf uns." „Ich möchte allein mit ihm sprechen, Lara." „Aber warum?" Sie hatte die Arme immer noch um seine Taille geschlungen und schmiegte sich provozierend an ihn. „Ich glaube, Daddy ahnt schon, dass wir heiraten werden." John kniff die Augen zusammen. „Hast du es ihm erzählt?" „Nein", erwiderte sie lächelnd. „Er hat es schon gewusst, bevor wir es auch nur ahnten. Erst heute morgen hat er zu mir gesagt, dass wir uns genauso streiten würden wie ein Ehepaar." „Wirklich?" Er blickte auf die geschlossene Wohnzimmertür. „Nun, dann sollten wir ihn nicht enttäuschen." „John? Wir werden doch glücklich sein, oder?" „Wenn du Zweifel hast, Lara ..." sagte er kühl. „Oh, nein, bestimmt nicht." Ich bin eine Närrin, dachte sie. Natürlich werden wir glücklich. Jeder Bräutigam ist nervös, das ist alles. „Ich werde im Nebenzimmer warten, wenn du allein mit Daddy sprechen willst." „Ja, das möchte ich." „Und später haben wir dann - etwas Zeit für uns?" Hoffnungsvoll blickte sie ihn an. „Ja", erwiderte er angespannt. Lara erbettelte noch einen Kuss und ging dann ins Nebenzimmer. Sie konnte hören, wie die beiden leise miteinander sprachen. Als John sie endlich hereinbat, nahm ihr Vater sie erfreut in die Arme. „Ich hätte nie gedacht, dass du so klug bist", neckte er sie. „Er ist doch wesentlich besser als Norman, oder?" Ihr Vater lachte. „Weißt du, John, ich hatte für Lara einen Mann ausgesucht, den sie für völlig unpassend hielt." „Norman Wentworth?" fragte John. „Den armen Jungen hätte sie ganz schön an der Nase herumgeführt." Lara sah John empört an. „Ach, und du kannst mich bändigen?" Er begegnete ruhig ihrem Blick. „Was denkst du? "
Bei der Erinnerung, wie er sie gebändigt hatte, errötete sie. Entschuldigend blickte sie ihren Vater an. Er lächelte. Ahnte er, wie nahe sie und John sich gekommen waren? Lara hätte ihre Verlobung lieber in einem netten, exklusiven Restaurant gefeiert statt in diesem lauten Club, wo sie viele Bekannte trafen. Leider war auch Cathy Thomas da, diesmal ohne ihren Adonis. Und sie machte keinen Hehl daraus, dass sie gern wieder mit John zusammen wäre. „Musst du so eng mit ihr tanzen?" fragte Lara spitz, als John nach einem Tanz mit Cathy wieder an den Tisch zurückkam. Er hob die Schultern. „Ich bin nur gesellig." „Und sie benimmt sich unmöglich!" Wütend sah sie Cathy an. John musterte Lara kühl. „Du benimmst dich unmöglich, Lara! Ich mag keine besitzergreifenden Frauen, verstanden?" Seine Wut verletzte sie. „Wir werden heiraten!" „Ach, und deshalb darf ich andere schöne Frauen nicht mehr wahrnehmen? Werde endlich erwachsen, Lara. Cathy ist für mich genauso begehrenswert wie immer." „Du - du willst sie immer noch?" Lara war blass geworden. Einen Moment war sie sprachlos. „John ...?" Er seufzte ungeduldig und wandte sich Lara ganz zu. „Ja?" „Ich dachte, wir wollen heiraten", wiederholte sie. „Das beweist lediglich, dass ich mehr Verlangen nach dir habe als nach Cathy!" „Verlangen? Ist das alles, was du für mich empfindest?" Er preßte die Lippen zusammen. „Dies ist kaum der richtige Ort für eine solche Diskussion." „Du hattest gesagt, wir würden allein sein", erinnerte sie ihn. „Ja, später", korrigierte er sie scharf. „Lara, werde jetzt nicht zu einer Klette. Ich lasse mich nicht anbinden." Er bestellte noch einmal eine Runde Sekt für alle und forderte dann wieder eine Frau zum Tanz auf, diesmal aber nicht Cathy. So war Lara noch nie von einem Mann behandelt worden. Sie fühlte sich hilflos in ihrer Liebe zu John. Aber sie war sich ihrer eigenen Macht über ihn noch nicht sicher genug, um sich zu wehren. Er hatte bereits deutlich gesagt, dass er keine besitzergreifenden Frauen mochte. Aber gab ihr Verlöbnis ihr nicht das Recht, besitzergreifend zu sein? John war offensichtlich nicht der Meinung. Er war ganz anders als alle anderen Männer, aber deshalb liebte sie ihn ja. Sie musste vorsichtig sein, bis sie seine Stimmungen besser kannte. Es war schon sehr spät, als Lara und John den Club verließen. Zu ihrer großen Enttäuschung brachte er sie direkt nach Hause. „Entschuldige", sagte sie bedrückt. „Wofür?" „Ich ... ich weiß nicht." „Warum entschuldigst du dich dann?" fragte er, ohne den Blick von der Straße zu wenden. „Weil du mir offenbar böse bist." Bittend sah sie ihn an. „Ich liebe dich so sehr, John. Ich kann es nicht ändern, dass ich eifersüchtig bin." Er gab keine Antwort, sondern fuhr ruhig weiter. Das Haus war schon dunkel, als er den Wagen davor parkte. Plötzlich drehte er sich zu ihr um und zog sie an sich. Leidenschaftlich küsste er sie auf den Mund. Mit einer Hand umschloss er ihre Brust und reizte mit dem Daumen die empfindsame Spitze. Als er schließlich den Kopf hob, lächelte er. „Nur Kinder sind eifersüchtig, Lara. Dass ich mit anderen Frauen spreche und tanze, bedeutet nicht, dass ich mit ihnen schlafen will. Meine Affäre mit Cathy ist schon sehr lange vorbei." „Aber du hast gesagt..." „Dass ich sie immer noch begehrenswert finde", beendete er Laras Satz grimmig. „Das stimmt. Aber sie wollte mehr, als ich zu geben bereit war. Deshalb musste ich mich von ihr trennen." Cathy hatte zwar angedeutet, dass sie die Beziehung beendet hatte, aber Lara zweifelte keine Sekunde an Johns Worten. Dieser Mann, der bald ihr Ehe mann sein würde, war ihr ein Rätsel. „Möchtest du noch mit hineinkommen — auf einen Kaffee?"
Er lächelte angesichts ihres unausgesprochenen, aber eindeutigen Angebots. „Nicht heute abend", sagte er und löste sich von ihr. „Ich muss morgen früh nach Deutschland fliegen." „Schon wieder?" Lara seufzte enttäuscht. „Ich stecke mitten in schwierigen Verhandlungen." „Wirst du lange fort sein?" „Wahrscheinlich bis zum nächsten Wochenende." „Aber John ..." Sie sprach jedoch nicht weiter, als sie seinen verärgerten Gesichtsausdruck bemerkte. „Freitag oder Sonnabend?" fragte sie betont beiläufig, obwohl sie furchtbar enttäuscht war, dass er sie schon wieder so lange allein ließ. „Freitag", erwiderte er kurz angebunden. „Ich werde eine Verlobungsfeier arrangieren." „In Ordnung." Er nickte abwesend. „Eine sehr kleine", fügte sie mit rauer Stimme hinzu und blickte ihn verführerisch an. „Nur für uns zwei." John lächelte spöttisch. „Wenn du es wünschst." Er stieg aus, ging um den Wagen und öffnete ihr die Tür. „Ich rufe dich an, sobald ich zurück bin." Lara sah ihn an. „Diesmal werde ich bestimmt zu Hause sein", erwiderte sie scherzhaft, um die gespannte Atmosphäre zwischen ihnen zu überspielen. „Du musst nicht zu Hause bleiben, Lara", sagte er barsch. „Bedenke nur, dass ich nicht dasein werde, um dich aus unangenehmen Situationen zu retten." Sie ging sehr nachdenklich ins Haus. John benahm sich nicht gerade, wie man es von einem Verlobten erwartete. Sie wusste, dass er es war, der ihre Beziehung kontrollierte, auch wenn sie die ganzen Laufereien zu erledigen hatte. Und das gefiel ihr überhaupt nicht. Die nächste Woche erschien Laura wieder sehr lang. Doch trotz Johns Ermutigung ging sie nicht ein einziges Mal aus dem Haus. Sie hoffte, dass er von unterwegs anrufen würde, vermisste ihn sehr und bedauerte, dass an ihrem letzten Abend eine so gespannte Atmosphäre zwischen ihnen geherrscht hatte. Am Freitag morgen sagte sie zu ihrem Vater: „Ich habe über ein Hochzeitsgeschenk für John nachgedacht und hoffe, du bist mit meiner Idee einverstanden." Gespannt sah sie ihn an. Ihr Vater erwiderte ihren Blick. „Warum solltest du meine Erlaubnis brauchen, um John ein Hochzeitsgeschenk zu kaufen? Du hast doch genügend eigenes Geld." „Ich will ihm nichts kaufen, Daddy, ich will ihm etwas geben." Ruhig blickte sie ihn an. „Ich möchte ihm meine Anteile an den Schofield-Hotels übertragen, die zwanzig Prozent." Ihr Vater runzelte die Stirn, stand langsam auf und ging hinüber zum Fenster. Er schien in Gedanken versunken zu sein. Schließlich drehte er sich um und schaute Lara an. „Wir sollten in meinem Büro weiter darüber sprechen", erklärte er. Bedrückt folgte sie ihm. Sie hatte nicht erwartet, dass er so reagieren würde. Schließlich hatte er selbst vorgeschlagen, dass sie einen Mann heiraten sollte, der ihre Interessen vertreten würde. Dies sagte sie ihm auch, als sie sich an seinem Schreibtisch gegenübersaßen. Joseph Schofield nickte. „Ja, das habe ich gesagt. Lara, bitte versteh mich nicht falsch", fügte er hinzu, „ich habe persönlich nichts gegen John. Aber als ich sagte, du solltest einen Mann finden, der deine Geschäftsinteressen vertritt, dann meinte ich auch vertreten." „Aber..." „Darling, diese Anteile sind dein Erbe", fuhr er fort. „Oh, du wirst reich genug sein, wenn ich einmal sterbe, aber ..." „Daddy, bitte!" protestierte Lara. „So ist das Leben, Lara." Er lächelte, wurde aber sofort wieder ernst. „Was aber deine Anteile betrifft..." Seine Unsicherheit beunruhigte sie. „Was ist, Daddy?" „Darling, ich bin durchaus dafür, dass John deine geschäftliche Angelegenheiten übernimmt. Du könntest keinen besseren Mann dafür finden. Aber ihm deine Anteile zu übergeben ..." Er schüttelte den Kopf. „Das gefällt mir nicht." „Warum nicht?" „Sobald du sie John überschrieben hast, gehören sie ihm. Und was auch passiert, sie werden in seinem Besitz bleiben."
„Was auch passiert? Du sprichst doch wohl nicht von einer Scheidung, Dad? Wir sind noch nicht einmal verheiratet!" „Ich weiß, Lara, bitte beruhige dich. Ich halte es einfach nicht für ratsam, John die Anteile zu überschreiben." „Sie sind alles, was ich habe", erklärte sie. „Alles, was ich ihm geben kann und was wirklich mir gehört." „Genau", erwiderte ihr Vater zufrieden. „Sie werden dich einmal zu einer sehr reichen jungen Frau machen." „Aber ich muss doch nicht reich sein, wenn ich ihn heirate!" „Du bist fest entschlossen, nicht wahr?" „Ja. " „Das dachte ich mir. Na gut, Lara, wenn du es willst, dann werde ich mit den anderen Aktionären sprechen." Er lächelte. „Sie werden sicherlich nichts dagegen haben, dass John deine Anteile übernimmt. Besonders wenn ich andeute, dass ich es so wünsche." Ihre Augen leuchteten vor Freude. „Das würdest du tun?" „Wenn du willst." „Oh, ja." Sie warf sich in seine Arme. „Ich möchte John etwas geben, das er wirklich zu schätzen weiß." „Bist du ihm nicht genug?" neckte er. Lara lachte glücklich. „Oh, natürlich. Die Anteile sind nur ein Extrabonus." „Manschettenknöpfe wären nicht ausreichend, hm?" „Nein", sagte sie. „Wirst du George, David und Sam überzeugen können?" „Da bin ich ganz sicher, Darling. Hast du es John schon erzählt?" „Das werde ich heute abend tun", erwiderte sie. „Ich wollte ihm nichts sagen, bevor ich mit dir gesprochen hatte. Wird bis zur Hochzeit alles erledigt sein?" „Ich werde mich darum kümmern", versprach ihr Vater. Sie wusste, dass auf ihn Verlass war, und konnte es kaum noch abwarten, John endlich von ihrem Geschenk zu erzählen. Als er kurz vor neun eintraf, warf Lara sich in seine Arme. „Ich habe dich vermisst", flüsterte sie zwischen zwei Küssen. „Ich habe dich so sehr vermisst", wiederholte sie, als er ihren fordernden Kuss erwiderte. „Du mich auch, Darling?" Gespannt sah sie ihn an. Wie gut er aussah! Das silberblonde Haar fiel ihm locker in die Stirn. Seine Augen wirkten fast dunkelblau. „Bitte sag mir doch, dass du mich auch vermisst hast." Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss, auf den er jedoch nicht reagierte. „Darling?" „Natürlich habe ich dich vermisst, Lara. Was soll die Frage?" Er löste sich von ihr und rückte seine Krawatte zurecht. „Hattest du eine schöne Woche?" „Scheußlich", erwiderte sie. „Ich habe dich vermisst." „Das sagtest du bereits", entgegnete er knapp. „Kann ich bitte einen Drink haben? Meine Woche war auch nicht leicht." Sie goss ihm schnell einen Whisky ein. Als sie ihm das Glas reichte, bemerkte sie die tiefen Linien um Johns Mund. „Du siehst müde aus." Sie setzte sich zu ihm. „Gibt es immer noch Probleme in Deutschland?" „Ja", antwortete er kurz angebunden. „Möchtest du - mit mir darüber reden?" John warf ihr einen spottenden Blick zu. „Würdest du es denn verstehen?" Sie errötete. „Nein, aber ..." „Dann lasse ich es lieber." Er hielt ihr das leere Glas entgegen. „Könnte ich bitte noch einen haben?" „Natürlich." Sie stand auf und ging zur Bar hinüber. Er war heute wieder in einer sonderbaren Stimmung. Vielleicht würde es besser, wenn er sich von seiner Geschäftsreise erholt hatte. Er war einfach nur abgespannt. „Hungrig?" fragte sie, als sie sich wieder zu ihm setzte. „Ein bisschen." „Dann lasse ich jetzt das Essen servieren." „Gut", antwortete er kurz angebunden.
Während des Essens war John tief in Gedanken versunken. Lara störte ihn nicht, denn ihr Vater verhielt sich genauso, wenn er ein geschäftliches Problem hatte. Doch sobald sie ihr Essen beendet hatten, konnte sie nicht länger warten. „Ich möchte dir von meinem Hochzeitsgeschenk für dich erzählen." Er runzelte die Stirn. „Ich hatte noch nicht einmal Zeit, über ein Geschenk für dich nachzudenken. Hast du schon ein paar Hochzeitsvorbereitungen getroffen?" „Ich habe Erkundigungen eingeholt. Aber ich wollte nichts festmachen, bevor ich nicht mit dir gesprochen habe." „Warum nicht?" Mit zusammengekniffenen Augen sah er sie an, als sie zusammen auf dem Sofa saßen. „An unserem letzten Abend warst du... Ich war nicht sicher, ob du deine Meinung nicht geändert hast", gab sie leise zu. Laras Puls beschleunigte sich, als John sie plötzlich in die Arme nahm und ihr einen leidenschaftlichen Kuss gab, der ihr sein Verlangen deutlich zeigte. Als er sich schließlich von ihr löste, sah sie ihn mit leuchtenden Augen an. „Nun, habe ich meine Meinung wohl geändert?" „Nein." Sie lachte glücklich. „Stimmt. Jetzt, wo ich zurück bin, können wir uns ernsthaft an die Hochzeitsvorbereitungen machen. Also, was willst du mir nun als Hochzeitsgeschenk geben?" fragte er nachsichtig. Er schien jetzt besserer Laune zu sein und legte den Arm um sie. „Aber ich warne dich, ich trage keine Pyjamas." „Welche Braut schenkt ihrem Bräutigam denn einen Pyjama?" erwiderte sie verächtlich und strich ihm liebevoll eine Strähne aus der Stirn. „Ich habe mit Dad gesprochen, und er ist sicher, dass die anderen Aktionäre einverstanden sein werden. Ich möchte dir meine zwanzig Prozent an den Schofield-Hotels geben." Gespannt wartete sie auf seine Reaktion. John schien zu erstarren und sah ihr in die Augen. „Aber sie sind dein Geburtstagsgeschenk von deinem Vater." „Und er ist damit einverstanden, dass ich sie dir gebe." „Das kann ich nicht annehmen." Er schüttelte den Kopf. „Warum nicht?" fragte sie enttäuscht. „Weil sie dir gehören." „Oh, John, bitte", flehte sie. „Nimm mein Geschenk an." Sie war überrascht - und auch ein wenig verärgert -, dass die beiden wichtigsten Männer in ihrem Leben sich gegen etwas so sehr sträubten, was ihr so wichtig war. John schien einen inneren Kampf auszufechten. Dann nickte er. Trotz seiner Sonnenbräune wirkte er blass. „In Ordnung", sagte er gepresst. „Wenn du es so willst." Wie erwartet, hatte Joseph Schoneid seine alten Freunde überzeugen können, John als neuen Aktionär zu akzeptieren. Als ihr Hochzeitstag näher rückte, hätte Lara nicht glücklicher sein können. Alles schien nach Wunsch zu verlaufen. Nur etwas trübte ihr Glück, und das war Johns Beschluss, erst nach ihrer Hochzeit wieder miteinander zu schlafen. Sie sehnte sich so sehr nach ihm, und er schloss sie aus. Aber er hatte darauf bestanden, dass es so besser wäre. Und da er in den Wochen vor der Hochzeit immer wieder nach Deutschland fliegen musste, stimmte sie ihm innerlich zu. Sie hätte ihn nur noch mehr vermisst, wenn sie sich öfter geliebt hätten. Die Hochzeit war genau so, wie Lara sie sich gewünscht hatte. John sah in seinem grauen Anzug sehr elegant aus, als er vor dem Altar auf sie wartete. Leise gab sie ihr Jawort, während John seines mit fester Stimme gab, was sie mit Vorfreude erfüllte. Sie sehnte sich danach, mit ihm allein zu sein. Im Landhaus war schon alles vorbereitet. Mrs. Edwards hatte noch zusätzliche Hilfskräfte eingestellt. Das Wohnzimmer sah wunderschön aus, als sie kurz nach sieben Uhr eintrafen. Die Rosen in der Vase verströmten einen schweren, sinnlichen Duft. Laras Vater hatte darauf bestanden, dass sie während ihrer Flitterwochen das große Schlafzimmer benutzten. „Möchtest du dich erst mal umziehen?" fragte John steif. „Wie wäre es, wenn wir uns zusammen umziehen?"
„Mrs. Edwards macht Tee für uns", wehrte er ab. „Wenigstens einer von uns muss ihn trinken." Er zog das Jackett aus und verließ das Schlafzimmer. Lara ließ sich aufs Bett fallen. John hatte sich in den letzten zwei Wochen so sonderbar benommen. Sie hatte gedacht, es läge an dem Stress, unter dem sie wegen der Hochzeitsvorbereitungen standen, und an ihrem Entschluss, sich bis dahin nicht zu lieben. Aber die Hochzeit und das Warten darauf waren jetzt vorüber, warum hielt er sie immer noch auf Distanz? Brauchte er Zeit? Als Lara nach unten kam, stand er vor einem der großen Fenster im Wohnzimmer und starrte hinaus aufs Feld, das sich bis zu den dichten Wäldern erstreckte. „John?" Sofort drehte er sich um. Beim Anblick des silberfarbenen Hausanzugs, der sich provozierend an ihren Körper schmiegte, wurden seine Augen dunkel. „Ich habe dir noch keinen Tee eingegossen", sagte er und ging an ihr vorbei zur Tür. Dabei vermied er jeden körperlichen Kontakt mit ihr. „Ich werde mich später zu dir setzen. Jetzt muss ich erst mal duschen." Lara versuchte gar nicht erst, ihn aufzuhalten, sondern setzte sich und trank ihren Tee. Langsam wich die Anspannung des Tages von ihr. Sie hatte nicht geglaubt, dass so viele Vorbereitungen erforderlich sein würden, damit eine Hochzeit ein Erfolg wird. Und sie war ein Erfolg gewesen. Über diese Hochzeit würde man noch lange sprechen. Natürlich war das alles ein bisschen viel für einen Mann, aber John hatte seine Ungeduld die meiste Zeit unter Kontrolle gehabt. Auch wenn er im Verlauf des Tages immer wortkarger wurde. Eine heiße Dusche würde ihn jetzt entspannen. Dann konnten sie zu Abend essen. Und später ... Der Gedanke daran erfüllte Lara mit einem solchen Verlangen, dass es sie erschreckte. Es war schon so lange her, dass er sie in die Arme genommen hatte. Als John zum Abendessen herunterkam, wirkte er noch genauso grimmig wie vorher. In dem schwarzen Seidenhemd, das nur halb zugeknöpft war, und den schwarzen Jeans sah er umwerfend gut aus. Lara konnte gar nicht aufhören, ihn anzusehen. „Ist das Abendessen fertig?" fragte John. „Von dem Hochzeitsbüfett hätte ja ein Spatz nicht satt werden können." Lara biss sich bei seiner schroffen Bemerkung auf die Unterlippe. „Tut mir leid, dass es dir nicht gefallen hat." „Das habe ich nicht gesagt. Ich bin jetzt nur hungrig." „Mrs. Edwards wartet sicher nur auf ein Wort von uns, um das Essen zu servieren." „Warum sagst du ihr dann nicht Bescheid?" Spottend verzog er das Gesicht. „Bevor ich verhungert bin." Lara läutete nach Mrs. Edwards. Wahrscheinlich würde sich Johns Laune bessern, sobald er gegessen hatte. Das Hochzeitsbüfett war wirklich nicht sehr sättigend gewesen, besonders nicht für einen Mann. Lara hätte wohl weiterhin geglaubt, dass Hunger der Grund für sein schroffes Verhalten war, wenn er Mrs. Edwards herrliches Essen genossen hätte. Aber er aß nur wenig. Etwas anderes schien ihn zu stören. „Was hatte Wentworth mit dir zu besprechen?" Lara sah ihren Mann erstaunt an. Sie saßen wieder im Wohnzimmer und tranken Whisky. Mrs. Edwards hatten sie für diesen Abend entlassen. „Wie bitte?" „Wentworth", wiederholte John mit eisiger Stimme. „Ihr beide habt beim Empfang allein miteinander gesprochen. Wollte er dich überzeugen, dass es ein Fehler ist, mich zu heiraten?" Sie lächelte erleichtert, jedenfalls wusste sie jetzt den Grund für Johns Ärger. Er war eifersüchtig, weil sie einige Minuten mit Norman verbracht hatte. „Sagen wir, er war etwas enttäuscht." „Darauf wette ich!" John trank von seinem Whisky. „Deine Freunde waren wohl etwas überrascht, dass du mich als Ehemann gewählt hast, den rohen Diamanten aus Yorkshire!" Lara mochte es nicht, wie er das Wort Freunde aussprach, fast wie ein Schimpfwort. Aber heute war ihr Hochzeitstag. Jetzt begann ihre Hochzeitsnacht, und die wollte sie sich nicht verderben lassen. Sie stand auf, stellte sich hinter seinen Stuhl und legte die Arme um seinen Nacken. Ihre Hände ruhten dabei auf seiner Brust. Lara legte ihre Wange an seinen Kopf und atmete den Duft seines Haars ein. „Du hast mein Shampoo benutzt."
„Es war das einzige, das ich finden konnte." Sie lächelte. „Habe ich dir schon gesagt, wie schön ich den Anhänger finde, den du mir zur Hochzeit geschenkt hast?" Sie berührte den tropfenförmigen Diamanten an ihrer Kette und erinnerte sich daran, wie erfreut sie gewesen war, als er vor der Trauung geliefert wurde. Sie hatte ihn sofort umgelegt. „Es ist wenig im Vergleich zu deinem Geschenk", erwiderte John rau. Lara kam um den Stuhl herum und setzte sich auf Johns Schoß. „Ich habe dir noch etwas geschenkt - mich", sagte sie mit rauer Stimme und sah ihn erwartungsvoll an. Es dauerte einige Sekunden, bis John reagierte. Schließlich zog er Lara an sich. Mit einem Aufstöhnen presste er den Mund auf ihre Lippen. Lara legte all ihre Liebe in diesen Kuss. Sie schmiegte sich an John und strich mit den Fingern durch sein Haar. Ihr Mund öffnete sich unter dem fordernden Drängen seiner Zunge. Dann legte er eine Hand auf ihre Brust und reizte mit dem Daumen die empfindliche Spitze. Lara stöhnte vor Erregung. „Sollten wir nicht besser nach oben gehen?" fragte sie und bedeckte seinen Hals mit kleinen Küssen. „Wir sind jetzt verheiratet, erinnerst du dich?" neckte sie ihn. John blickte ausdruckslos auf sie herab, dann blinzelte er. „Ich habe nichts vergessen", erwiderte er barsch. Liebevoll fuhr sie mit den Fingern über seine Wange. „Ich werde dich nicht anbinden, John", versprach sie ernsthaft. „Wirklich nicht?" Das Zweifeln in seiner Stimme verletzte sie. Es war nicht leicht, einen Mann wie John zu lieben. Sie würde seinen Zynismus, was Liebe und Treue betraf, einfach ertragen müssen. „Nein. Wollen wir jetzt ins Bett gehen?" Ihre Stimme zitterte. Er sollte nicht merken, wie sehr sie, Lara, sich danach sehnte. John sah sie nur kurz an und stellte dann den Fernseher an. „Geh nur, ich komme gleich nach", sagte er knapp. Seine Rücksichtnahme wärmte sie. „Ich bin in ungefähr fünfzehn Minuten fertig." Er nickte und konzentrierte sich dann aufs Fernsehprogramm. Lara brauchte nur zehn Minuten im Bad. Sie duschte kurz und rieb ihren Körper mit einem duftenden Öl ein. Dann zog sie ihr weißes Nachthemd an. Sie würde es wahrscheinlich nur in dieser Nacht tragen. Johns Männlichkeit und ihr eigenes Verlangen würden dazu führen, dass sie in Zukunft auch nackt schlief. Ihre Augen le uchteten vor Erwartung, als sie sich im Spiegel betrachtete. Bald würden die Spannungen und die Sorgen der letzten Wochen vergessen sein. Doch als die Zeit verging und John nicht kam, ging Lara hinunter. Er saß immer noch vor dem Fernseher, ganz auf das Programm konzentriert. „Darling?" fragte sie enttäuscht. Er drehte sich um. Beim Anblick ihrer jugendlichen Schönheit wurden seine Augen ganz dunkel vor Verlangen. „Es ist schon eine halbe Stunde vergangen", fuhr sie fort, als er nicht antwortete. „Entschuld ige. Ich war völlig in den Film versunken. Ich mache hier nur noch alles aus und komme dann zu dir." Lara lächelte ihn glücklich an. „Bis gleich dann." „Ja", erwiderte er und nickte. Wieder verging eine halbe Stunde. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus und ging hinunter. John starrte immer noch auf den Bildschirm. Mit einem erstickten Schluchzen lief Lara zurück ins Schlafzimmer. In ihrer Hochzeitsnacht sah John sich lieber einen uralten Schwarzweiß-Film an!
9. KAPITEL
Lara ordnete sorgfältig die Rosen in der Vase. Die Schönheit der Blumen nahm sie jedoch nicht wahr. „Das sind wunderschöne Blumen", sagte Mrs. Knight, die Haushälterin, die sie nach ihrer Rückkehr nach London eingestellt hatten. „Mr. Sinclair muss den ganzen Blumenladen leergekauft haben." Laras Gesicht verschloss sich. „Die Blumen sind von meinem Vater als Dankeschön für das gestrige Abendessen." Die andere Frau fühlte sich offensichtlich unbehaglich. „Nun, sie sind wunderschön, von wem sie auch sind." Lara stellte die Vase auf den Esstisch im Wohnzimmer. Die drei Dutzend gelben und weißen Rosen ließen den eher unpersönlichen Raum gleich viel freundlicher wirken. John würde die Blumen wohl kaum bemerken. Er nahm nur sehr wenig Notiz von ihrem Eheleben und noch weniger von ihrem Heim. Bei dem Gedanken an ihre Flitterwochen kamen Lara die Tränen. Doch sie hatte im Landhaus bereits genug geweint und war fest entschlossen, niemanden merken zu lassen, wie es wirklich um ihre Ehe stand. Nur Mrs. Knight ahnte vielleicht, dass John und sie nicht so glücklich verheiratet waren, wie alle glaubten. Selbst ihr Vater hatte nichts gemerkt. Wer hätte ihr auch geglaubt, dass John sie während der Flitterwochen nicht angerührt hatte. Sie konnte es ja selbst kaum glauben! Die Flitterwochen waren nach dem gleichen Schema verlaufen wie die Hochzeitsnacht. Lara ging zuerst ins Bett, und John blieb noch auf, sah fern oder hörte Musik, bis er sie, Lara, eingeschlafen glaubte. Die meisten Nächte war sie jedoch hellwach gewesen, als er neben ihr ins Bett schlüpfte. Sie hatte schnell gelernt, sich schlafend zu stellen, wenn er ins Bett kam. Eines Abends hatte sie noch im Bett gesessen und gelesen. Daraufhin hatte John sich nur kühl entschuldigt, war wieder nach unten gegangen und verbrachte die Nacht auf dem Sofa. Am nächsten Morgen war er für zwei Tage geschäftlich nach London gefahren. In London hatten sie sogar getrennte Schlafzimmer! Lara hatte keine Ahnung, was schiefgelaufen war. Ihre Ehe war zu Ende, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Lara blieb nur in Johns Apartment, weil er sie nicht gebeten hatte zu gehen. Verschiedene Male hatte sie versucht, eine Erklärung von ihm zu bekommen, ohne Erfolg. John wollte sie nicht mehr. Und sie konnte nichts weiter tun, als zu warten, bis er sie um die Scheidung bat. Dabei liebte sie ihn mehr als je zuvor. Sie war in diesen letzten drei Wochen erwachsen geworden. Von dem verzogenen und eigensinnigen Mädchen war nicht mehr viel übrig. Und trotzdem wollte John sie nicht. Ihre Versuche, ihm näherzukommen, waren so kalt abgewiesen worden, dass sie es gar nicht mehr versuchte. Als es an der Tür läutete, drehte sie sich um. „Ich gehe schon, Mrs. Knight", rief sie der Haushälterin zu, die aus der Küche kam. „Daddy!" begrüßte sie ihren Vater erfreut. Sie hakte sich bei ihm ein und führte ihn ins Wohnzimmer. „Vielen Dank für die Blumen." Sie lächelte. „Gern geschehen, Darling." Ihr Vater umarmte sie liebevoll und setzte sich in einen Sessel. „Ganz allein?" fragte er beiläufig. „Bis auf Mrs. Knight." Lara faltete die Hände im Schoß. Als Schmuck trug sie nur den goldenen Ehering. „John ist im Büro", sagte sie, weil ihr Vater noch auf etwas zu warten schien. Joseph Schofield runzelte die Stirn. „Ja, ich weiß. Keine Einkäufe heute?" neckte er und spielte auf ihre ausgedehnten Stadtbummel an. „Ich bin jetzt eine verheiratete Frau, Daddy. Ich habe keine Zeit mehr, meine Nachmittage mit Einkäufen zu verbringen." „Aber Mrs. Knight kümmert sich doch um die Wohnung?" Nachdenklich sah sie ihn an. „Willst du auf etwas Bestimmtes hinaus, Daddy?" fragt e sie langsam. Er lehnte sich im Sessel zurück und knöpfte das Jackett auf. „Mir ist gestern abend aufgefallen, dass du etwas blass bist. Ist alles in Ordnung, Darling? Zwischen John und dir, meine ich."
Lara lachte und war froh, dass es so natürlich klang. „Was sollte denn sein? Wir sind doch erst drei Wochen verheiratet!" Und zwei Tage und sechsundvierzig Minuten, fügte sie in Gedanken hinzu, so lange dauert diese Hölle schon für mich. „Manchmal hat man gerade am Anfang einer Ehe Probleme." „Wir nicht." Sie schüttelte den Kopf. „Möchtest du Tee?" „Nein, danke." Er ignorierte ihren Versuch, das Thema zu wechseln. „Hat John Probleme?" „Nicht dass ich wüsste." Sie wurde langsam nervös. „Warum hat er dann jeden Vorschlag, den ich heute auf der Aktionärssitzung gemacht habe, abgelehnt?" Lara sah ihren Vater bedrückt an. „Hat er das?" Die beiden Männer hatten die heutige Sitzung gestern abend beim Essen besprochen und schienen sich einig gewesen zu sein. „Und ob", erwiderte ihr Vater barsch. „Er hat nicht nur den Kauf von Hotels in Übersee blockiert, er hat auch den Verkauf der hiesigen Hotels verzögert." „Kann er das denn?" fragte sie erschrocken. „Mit Davids Hilfe, ja." Joseph Schofield seufzte. „Und David war schon immer dagegen, eines unserer Hotels zu verkaufen. George und Sam haben sich enthalten, also heißt es unentschieden bis zur nächsten Sitzung. Warum hat John mir nicht schon gestern abend gesagt, dass er dagegen ist?" Er lächelte entschuldigend. „Ich wusste nicht, ob ihr zwei euch vielleicht gestritten habt und er nun auch auf mich böse ist." Den letzten Satz hatte er zwar eher neckend gesagt, aber sie wusste, dass es ihm ernst war. „So handelt John nicht in Geschäftsangelegenheiten", erwiderte Lara und schüttelte bestimmt den Kopf. „Heißt das nun, dass ihr euch gestritten habt oder nicht?" Die höfliche Unterhaltung zwischen John und ihr konnte man kaum als Streit bezeichnen, zumal sie nie über persönliche Dinge sprachen. Ihre Versuche herauszufinden, warum sich ihr Mann ihr gegenüber wie ein Fremder verhielt, hatten damit geendet, dass John das Zimmer verließ. Das schien im Moment seine einzige Antwort auf ihre Fragen zu sein. Und da sie ihn nicht verlieren wollte, drang sie nicht weiter in ihn. „Wir haben uns nicht gestritten", antwortete sie ehrlich. „Was ist los mit ihm?" fuhr ihr Vater auf. „Als ich ihn nach der Sitzung sprechen wollte, sagte er nur, er habe keine Zeit!" Laras Gedanken überschlugen sich. Warum hatte John ihrem Vater widersprochen? Sicher nicht, um sich an ihr zu rächen. In Geschäftsdingen behielt er immer einen klaren Kopf. Vielleicht glaubte er wirklich, dass es nicht gut war, Hotels in Übersee zu kaufen und hier zu verkaufen. Nur warum hatte er dann gestern abend nichts gesagt? „Er muss auch noch sein eigenes Geschäft führen, Daddy", beruhigte sie ihren Vater. „Die Schofield-Anteile sind für ihn nur zweitrangig." „Das weiß ich. Ich sollte dich damit nicht belasten. Es geht ums Geschäft, und das kann man nicht beim Tee besprechen." „Du wolltest keinen Tee", erinnerte sie ihn lächelnd. „Ich habe meine Meinung geändert." Er lächelte beruhigend. „Ich bin sicher, dass bei der nächsten Sitzung in zwei Wochen alles geklärt wird. Denk nicht mehr daran, Kleines." Damit ließ er das Thema fallen, und Lara akzeptierte das. Sie spürte, dass es ihm bereits leid tat, es ihr gegenüber erwähnt zu haben. Doch dieses Problem würde sie beschäftigen. Als ihr Vater eine Stunde später ging, schien er die Angelegenheit vergessen zu haben. Aber sie wußte, dass es nicht der Fall war. Seit Marions Tod waren die Schofield-Hotels sein Lebensinhalt gewesen, und er würde sich die Kontrolle über sein Unternehmen nicht so leicht aus der Hand nehmen lassen. Jetzt fing sie an zu verstehen, welche Probleme sie heraufbeschworen hatte, indem sie John ihre Anteile übertragen hatte. Als John endlich nach Hause kam, genügte ein Blick in sein Gesicht, und Lara versagte sich sämtliche Fragen. Er stürmte in die Wohnung und ging geradewegs in sein Schlafzimmer. Das Jackett hatte er bereits ausgezogen. Als Lara ins Zimmer kam, zog er gerade sein Hemd aus. Sie hatte ihn schon seit Wochen nicht mehr so gesehen und konnte kaum den Blick von ihm wenden. Ihr Puls beschleunigte sich, und eine zarte Röte überzog ihre Wangen. Als John aufblickte und ihr Verlangen bemerkte, verzog er nur den Mund.
„Du brauchst dich nicht zu beeilen", sagte sie, um die peinliche Situation zu überbrücken. Ihre Stimme zitterte. „Das Essen wird erst in einer halben Stunde fertig sein." John warf sein Hemd aufs Bett. Lara beobachtete fasziniert das Spiel seiner Muskeln, als er saubere Sachen aus dem Schrank nahm. „Ich esse heute abend auswärts", erwiderte er. Lara blickte ihn verwirrt an. „Du gehst aus?" Er warf ihr einen ungeduldigen Blick zu. „Erraten." Sie zwang sich, ruhig zu bleiben. In ihrer Ehe hatte sie gelernt, ihre Gefühle zu verbergen. „Ein Geschäftsessen?" „Ja." Er ging ins Bad, um sich zu rasieren. War es die Art, wie er lächelte, als er ihr antwortete? Oder der mitleidige Blick, den er ihr zuwarf? Aus irgendeinem Grund wusste Lara, dass er nicht zu einem Geschäftsessen ging. Einen Moment wollte sie das Thema fallenlassen. Aber dann richtete sie sich auf, und etwas von der stolzen, widerspenstigen Lara kam zum Vorschein. „Wer ist sie, John?" Zuerst wurden seine Augen vor Wut ganz dunkel. Doch dann rasierte er sich ruhig weiter. „Sie?" fragte er wie nebenbei. „Habe ich gesagt, dass ich mit einer Frau essen gehe?" Lara holte tief Luft. „Das war nicht nötig. Wer ist sie?" „Du kennst sie ja doch nicht." Lara schluckte. Er gab also einfach zu, dass er sich mit einer anderen Frau traf. „Es ist kein Geschäftsessen, nicht wahr?" John kam ins Schlafzimmer zurück und zog die restlichen Sachen aus, ohne sich durch Laras Gegenwart stören zu lassen. „John?" fragte Lara gepresst. Sie wünschte, dass sein männlicher Körper keine Wirkung mehr auf sie hätte. Aber sie sehnte sich so sehr nach ihm! Er musterte sie kalt. „Warum gehst du nicht auch aus, Lara?" schlug er vor und zog den schwarzen Bademantel an. „Einer deiner alten Freunde würde dich bestimmt gern wiedersehen." Seit ihrer Hochzeit waren sie nie zusammen ausgegangen, und dies war das erste Mal, dass John abends allein ausging. „Belastet dich deine Affäre weniger, wenn ich auch eine habe?" Er warf ihr einen mitleidigen Blick zu. „Wenn ich eine Affäre haben will, Lara, fange ich eine an. Dazu brauche ich weder deine mündliche noch moralische Erlaubnis. Hast du vergessen, was du mir in den Flitterwochen versprochen hast?" Drei Wochen lang hatte sie ihre Gefühle unterdrückt, aber jetzt verlor sie die Beherrschung. „Flitterwochen? Du bezeichnest dieses - Fiasko wirklich als Flitterwochen?" Arrogant zog er die Augenbrauen hoch. „Falls du mit unserer Ehe nicht zufrieden bist, Lara, dann kannst du ja gehen." Ihr Ärger verschwand so schnell, wie er gekommen war. „John, du weißt, dass ich es nicht so gemeint habe", sagte sie mit bittender Stimme. „Ich ... Was ist schiefgegangen?" „Ich wüsste nicht, dass etwas schiefgegangen ist", erwiderte er ruhig. „Du wolltest meine Frau sein, Lara. Was ist? Macht es nicht so viel Spaß, wie du ge glaubt hattest?" „John, bitte..." „Ich muss mich jetzt fertig machen", unterbrach er sie. „Ich will nicht zu spät kommen." „Zu deiner Geliebten", sagte sie spitz. „Das ist sie noch nicht, aber hoffentlich bald." „Welche Frau könnte dir schon widerstehen?" „Es gab ein paar", erwiderte er nachdenklich. „Aber dir hätte das nie passieren können, oder?" Lara wurde blass. „Du gemeiner Kerl!" Er verzog den Mund. „Es gibt sie also doch noch, die alte Lara Schofield", spottete er. „Ich hatte so meine Zweifel." „Du brauchst nicht mehr zu zweifeln", erwiderte sie wütend. „Ich lebe noch, wenn auch in der Hülle von Lara Sinclair." „Arme, kleine Lara", sagte er leise und kam näher. „Hast du meine Küsse vermisst, Darling?" Er strich ihr sanft über die Wange. „Meine Zärtlichkeiten?" fragte er heiser. „John!" Unwillkürlich stöhnte sie auf und neigte sich ihm entgegen. Mit den Händen berührte sie seine muskulöse Brust. „Oh, John ..." Voller Verlangen schaute sie ihn an. Einen Moment sah er sie still an, dann zog er seine Hand zurück. „Tut mir leid, Lara, aber ich habe jetzt keine Zeit."
Röte überzog ihre Wangen. „Du mieser Kerl! Ich könnte leicht eine Scheidung beantragen, wegen seelischer Grausamkeit. Eine Annullierung!" fügte sie herausfordernd hinzu. „Warum tust du es dann nicht?" fragte er ruhig. Ungläubig starrte sie ihn an. „Ist es das, was du willst?" „Was ich will, scheint dir doch egal zu sein. Du wirst wie immer genau das tun, was du willst." Lara wünschte, sie könnte wieder etwas von der Zärtlichkeit zurückbringen, die sie im Landhaus geteilt hatten. Aber hatte sie nicht schon damals gespürt, dass es nur eine rein körperliche Zärtlichkeit war? John hatte nie gesagt, dass er sie liebte. Und an ihrem Körper war er auch nicht mehr interessiert. „John, warum hast du mich geheiratet?" fragte sie müde. „Bist du es schon leid, meine Frau zu sein?" spottete er. Ich bin es leid, nicht deine Frau zu sein, dachte sie. Was war los? Was hatte sich an ihr geändert seit dem Nachmittag, an dem er sagte, er könne ohne ihre Liebe nicht mehr leben? John bemerkte Laras Verwirrung, missverstand aber den Grund. „Ich muss also damit rechnen, dass ich eines Abends nach Hause komme und meine kleine Frau zu ihrem Daddy geflüchtet ist?" „Das könnte schon heute geschehen, wenn du wirklich zu deiner Geliebten gehst!" Er hob die Augenbrauen und verzog die Lippen zu einem kalten Lächeln. Dann ging er ins Badezimmer. „Ich werde ausgehen, wann ich will und mit wem ich will. Du solltest das auch tun." „Mir einen Geliebten anschaffen?" Er zuckte nur die Schultern. „Wenn du das möchtest!" „Nein", schrie sie. „John, du warst mein erster und einziger Mann. Du weißt, dass ich nicht leichtfertig bin." „Worin besteht dann der Zweck dieser Unterhaltung? Ich muss jetzt gehen, Lara. Sheila wartet nicht gern." Mit diesen Worten schloss er die Badezimmertür hinter sich. Jetzt kannte sie den Namen ihrer Rivalin - Sheila. Doch das änderte nichts. Sie würde John nicht verlassen, und es würde auch keine Annullierung geben, denn sie erwartete ein Kind. „Er hat es schon wieder getan!" platzte Laras Vater heraus, nachdem Mrs. Knight ihn ins Wohnzimmer geführt hatte. Lara hatte ihn nicht mehr gesehen, seit er sie zum Mittagessen eingeladen hatte. Das war eine schöne Abwechslung, denn sie war fast immer allein. John verbrachte auch die Abende nicht mehr zu Hause. Seine Beziehung zu Sheila entwickelte sich offensichtlich wunschgemäß. „Setz dich, Daddy." Sie stand auf. „Du wirst noch einen Herzanfall haben, wenn du so herumrennst." „Dafür sorgt dein Mann schon", erwiderte er wütend. „Ich habe erst heute morgen mit ihm telefoniert, und er sagte, dass er viel über meine Vorschläge nachgedacht hätte." Lara seufzte und setzte sich wieder auf das Sofa. „Und wie lautete seine Entscheidung, nachdem er nachgedacht hatte?" „Sich gegen mich zu stellen natürlich." Ihr Vater runzelte die Stirn. „Ich weiß wirklich nicht, was mit ihm los ist." „Weil er nicht mit dir übereinstimmt?" neckte sie. Doch sie wusste, dass mehr dahintersteckte. „Ich dachte, es gefällt dir, dass er unabhängig ist und sich von keinem herumschubsen lässt." „Deshalb darf er mich aber noch lange nicht ruinieren ... Oh, es ist nicht ganz so schlimm", fügte er hinzu, als er ihren erschrockenen Blick sah. „Daddy, ist John wirklich in der Lage, dich zu ruinieren?" „Nein..." „Die Wahrheit bitte", sagte sie gepresst. „Ich bin kein Kind mehr, das du vor dem Leben beschützen musst." „Nein." Zum erstenmal seit seiner Ankunft sah Joseph Schofield seine Tochter aufmerksam an. „Du siehst nicht gut aus, Darling", bemerkte er besorgt. „Mir geht es gut. Ich habe nur eine leichte Erkältung." Er war nicht überzeugt. „Du siehst urlaubsreif aus. Wann werdet ihr beide, John und du, richtig auf Hochzeitsreise gehen?"
Sie wandte sich ab. „John hat im Moment keine Zeit." „Das weiß ich", sagte er grimmig. „Also, kann er dir mit seinem Widerspruch wirklich schaden?" Sie hielt den Blick ihres Vaters fest. Er holte tief Luft. „In diesen paar Punkten nein. Aber wenn er so weitermacht, dann kann er mir sehr schaden." Lara befeuchtete ihre Lippen. „Weiß er das?" „Wenn nicht, dann wäre er kein guter Geschäftsmann!" erwiderte Joseph Schofield. „Er weiß genau, was er tut. Aber warum?" Darauf wußte sie auch keine Antwort. John handelte offensichtlich ganz bewusst. Wenn er doch nur mit ihr sprechen würde! Sie konnte jedoch an einer Hand abzählen, wie oft sie ihn in der letzten Wochen allein gesehen hatte. Seine Abende und teilweise auch die Nächte verbrachte er mit Sheila. Mehrmals war sie versucht gewesen, seinen Rat zu befolgen und auch auszugehe n. Die alte Lara hätte sicher nicht lange gezögert. Aber sie erwartet Johns Kind und wollte, dass dieses Kind seinen Vater kannte. Ihr Stolz verbot ihr jedoch, John davon zu erzählen. Vielleicht würde er ihr wieder mehr Aufmerksamkeit schenken, sobald ihr Zustand sichtbar wurde. „Hast du ihn gefragt?" Sie runzelte die Stirn. Ihr Vater nickte. „Er wollte nicht darüber reden." „Vielleicht hat er seine Gründe, Daddy ..." „Warum will er dann nicht mit mir darüber sprechen?" fiel er ihr ins Wort. „Ich verstehe den Mann einfach nicht, Lara." Sie verstand ihn auch nicht. Aber um ihres Vaters willen musste sie herausfinden, was los war. Sie hatte John nie richtig verstanden. Sie wusste nur, dass sie ihn liebte. Aber jetzt war es höchste Zeit, dass sie miteinander sprachen. John kam an diesem Abend spät nach Hause. Seine Miene war nicht gerade ermutigend, aber Lara folgte ihm dennoch in sein Schlafzimmer. Als er sie bemerkte, warf er ihr einen kalten Blick zu. „Ich muss mit dir sprechen", sagte sie leise. „Schon wieder?" spottete er. „W ie kommt es nur, dass du immer nach einer Sitzung der Schofield-Aktionäre mit mir reden musst?" „Mein Vater macht sich Sorgen." „War er hier?" John kniff die Augen zusammen. Lara seufzte. „Ja. Er ..." „Wollte von dir einen Rat, wie man mit deinem Mann umge ht? Du hast ihm doch hoffentlich gesagt, dass du keine Ahnung hast." Er nahm seinen schwarzen Abendanzug aus dem Schrank. Laras Blick fiel auf den Anzug. „Du gehst wieder aus?" John musterte sie herausfordernd. „Und wenn ja?" „Mit Sheila?" Er verzog den Mund. „Ehrlich gesagt, nein. Mein Interesse an ihr hielt auch nicht länger an als bei anderen Frauen." Lara zuckte zusammen, sein Interesse an ihr hatte auch nicht lange angehalten. „Und wer ist es diesmal, John?" „Erinnerst du dich an Cathy?" fragte er spottend. „Cathy Thomas?" Sie presste die Lippen zusammen. „Du triffst dich wieder mit ihr?" fragte sie empört. „Ich sagte doch, dass ich sie noch immer anziehend finde." Lara setzte sich auf den Stuhl im Schlafzimmer. „John, warum tust du das?" Sie starrte auf den Teppich. „Warum willst du mir weh tun?" Als sie endlich den Blick hob, schimmerten Tränen in ihren Augen. „Warum willst du meinem Vater weh tun?" „Ich habe deinen Vater nicht angerührt", erwiderte er knapp. „Du weißt, was ich meine. Du versuchst, ihm geschäftlich zu schaden. Dafür habe ich dir die Anteile nicht geschenkt!" „Aber du hast sie mir geschenkt", erinnerte er sie drohend. „Und jetzt kann ich damit tun, was ich für richtig halte." „Aber das kann meinen Vater ruinieren!"
„Ja", erwiderte er und sah sie böse an. Lara riss erschreckt die Augen auf. „Das ist es, was du willst, nicht wahr? Das war dein Ziel." Plötzlich war ihr alles klar. „Aber warum? Was hat Daddy dir denn getan? Was habe ich dir getan", fragte sie verwirrt, „dass du mich so hasst?" „Ich hasse dich nicht, Lara", entgegnete er ungeduldig. „Also meinen Vater?" „Ja, ich hasse ihn!" sagte er wütend. „Ich hasse ihn für das, was er - was ihr beide mir weggenommen habt!" Lara schluckte, als sie John so sah: Einen Mann, der von dem Wunsch nach Rache erfüllt war, der sie und ihren Vater leiden sehen wollte. Aber warum? „Bis vor ein paar Monaten haben wir dich nicht einmal gekannt. Wie kannst du Daddy hassen, wenn er nicht einmal wusste, dass es dich gibt?" John atmete heftig. „Gerade darum hasse ich ihn", stieß er hervor. „Er wusste, dass es mich gibt, aber es war ihm egal. Er nahm sich, was er wollte, wir anderen waren ihm gleichgültig!" Ihr Kopf begann zu schmerzen, und mit zitternden Fingern massierte sie ihre Schläfen. „Ich verstehe nicht. Hat Daddy dich aus einem Geschäft gedrängt? Falls das der Fall ist, hat er es sicherlich nicht gewusst. Mein Vater ist sehr fair." „Wirklich? Dann kennst du ihn aber schlecht. Er leidet jetzt, und er wird noch mehr leiden", fügte er kalt hinzu. „Genauso wie ich all die Jahre gelitten habe. Weißt du noch immer nicht, worum es hier geht, Lara?" Sie schüttelte den Kopf. „Nein." Er lachte bitter. „Sieh mich an, Lara, sieh mich genau an. Kannst du keine Ähnlichkeit feststellen? Mein Vater sagte immer, dass ich meiner Mutter sehr ähnlich sehe." Sie zog die Augenbrauen zusammen. „Deiner - Mutter?" „Ja, meiner Mutter. Marion", sagte er, als Lara ihn immer noch verwirrt ansah. „Ich bin Marions Sohn, der Sohn, den sie hatte, bevor dein Vater sie zu seiner Geliebten machte!" Lara starrte John entsetzt an. Marion war Witwe, als sie Joseph Schofield traf, eine kinderlose Witwe. John befand sich in einem furchtbaren Irrtum, er ließ sie, Lara, für nichts leiden. Sie schüttelte den Kopf. „Marion hatte keinen Sohn." „Sieh mich an, Lara", wiederholte er gepresst. „Sieh mich an und wiederhole, was du eben gesagt hast." Sie musterte ihn und wurde blass. Johns Haar war eher silber- als goldblond, seine Augen eher dunkelblau als himmelblau, seine Züge hart und unnachgiebig statt klar und schön. Und trotzdem konnte man eine Ähnlichkeit entdecken, die Gesichtsform, die breite Stirn und die Augen, die so einfühlsam blicken konnten. „Vielleicht wird dich das überzeugen." Er nahm ein altes und abgegriffenes Foto aus seiner Brieftasche und zeigte es ihr. Mit zitternder Hand nahm Lara das Foto entgegen. Es war wahrscheinlich schon mehr als dreißig Jahre alt, aber die Braut auf dem Foto war Marion. Der Mann an ihrer Seite musste Johns Vater sein. Er hatte denselben harten Zug um den Mund, dasselbe hervorspringende Kinn und war ebenso groß und muskulös. John sagte die Wahrheit. Lara starrte auf das Foto. Kein Wunder, dass ihr Vater in letzter Zeit so oft an Marion denken musste, nachdem er John getroffen hatte! Dieser Mann war ihr Sohn! Sie blickte John traurig an. „Das wussten wir nicht." Er nahm das Foto und steckte es vorsichtig in seine Brieftasche. „Du vielleicht nicht, aber dein Vater wusste es! Ich habe ihn sogar einmal kurz getroffen. Meine Mutter hat allerdings darauf geachtet, dass es nie wieder vorkam", spottete er. „Sie hatte wohl Angst, dass ich es meinem Vater erzählen würde. Und dein Vater wollte nichts mit mir zu tun haben. Er hatte keine Lust, sich um das Kind eines anderen zu kümmern. Er wollte nur meine Mutter", fügte er bitter hinzu. „Das kann ich nicht glauben!" Lara war entsetzt. „Warum nicht?" höhnte er. „Sie kam zu euch, wurde deine Mutter. Hast du etwa einen zehnjährigen Jungen bei ihr bemerkt?"
Lara hätte weinen mögen aus Mitleid mit John, aber er irrte sich. Ihr Vater wäre niemals so grausam gewesen, Marion den Sohn zu nehmen. Und Marion hätte ihren Sohn niemals verlassen. „Ich kann nicht glauben, dass sie dich allein gelassen hat." „Sie hat mich bei meinem Vater gelassen!" unterbrach er sie. „Nun, das passiert manchmal bei einer Scheidung." „Es gab keine Scheidung." Lara starrte ihn mit großen Augen an. „Keine Scheidung?" „Nein. Meine Mutter hat uns verlassen, um die Geliebte deines Vaters zu werden, und das ist sie auch geblieben." Fünfzehn Jahre lang hatten Marion und ihr Vater im März ihren Hochzeitstag gefeiert. Das konnte doch nicht alles gelogen sein, oder? John schien davon überzeugt zu sein. Aber er musste sich irren! Lara konnte sich an die Hochzeit nicht erinnern, aber Marion und ihr Vater hatten sich immer wie Eheleute verhalten. Verhalten? Jetzt begann sie selbst zu zweifeln. „Mein Vater wollte keine Scheidung", fuhr John bitter fort. „Er hat immer gehofft, dass sie zu ihm zurückkehren würde." John musterte Lara kalt. „Er starb, als ich vierzehn war. Wir waren damals gerade in Hongkong. Seine Schwester und ihr Mann haben mich nach England zurückgeholt und adoptiert, und von ihnen erfuhr ich die Wahrheit über meine Mutter. Bis dahin, hatte ich geglaubt, sie sei tot", erklärte er. „Meine Tante hat es genossen, mir die Wahrheit zu sagen." Lara schluckte schwer. Sie war nur eine Schachfigur in einer grausamen Rache gewesen. Für John hatte ihre Ehe nie existiert. „Durch die Adoption bekam ich den Namen Sinclair", fügte er grimmig hinzu. „Das hat mir aber nichts ausge macht, denn ich brauchte die Tarnung, um den Mann zu finden, der mir meine Mutter genommen hatte." „Marion und mein Vater haben sich geliebt!" Er warf ihr einen eisigen Blick zu. „Das ist keine Entschuldigung für ihren Egoismus. Ich habe meine Mutter nie wieder gesehen. Meine Tante sagte mir den Namen des Mannes, der meine Mutter verführt hatte. Er war leicht zu finden", fügte er spottend hinzu. „Aber warum hast du mit deiner Rache bis jetzt gewartet?" rief Lara verwirrt aus. „Marions Tod ist erst fünf Jahre her. Du hättest sie besuchen können. Sie hätte dir gesagt, was wirklich passiert ist." „Ich weiß, was passiert ist!" unterbrach er sie heftig. „Der Schmerz darüber, dass Marion uns verlassen hat, hätte meinen Vater beinahe getötet! Wir haben England verlassen und die Erinnerungen daran verdrängt und sind in der Welt herumgereist!" Endlich erzählte er von seiner Kindheit, und sie war viel schlimmer, als Lara angenommen hatte. „Wir blieben nie lange an einem Ort. Mein Vater fing an zu trinken, und das hat ihn dann auch umgebracht." „O nein!" sagte Lara bestürzt. „O doch", erwiderte er böse. „Als meine Tante mir von Joseph Schofield erzählte, beschloss ich, mich an ihm zu rächen. Aber als armer Jugendlicher fehlten mir die Möglichkeiten. Ich musste erst die Mittel für eine passende Rache haben. Ich musste ein ebenbürtiger Gegner für deinen Vater sein." „Aber warum hast du nie versucht, deine Mutter zu treffen?" „Weil ich nicht wusste, wo sie war!" Verächtlich schaute er Lara an. „Nachdem ich die Wahrheit erfahren hatte, versuchte ich sie mit Hilfe von Privatdetektiven zu finden. Die einzige Spur war dein Vater. Es schien, als hätte meine Mutter ihn schon vor langer Zeit verlassen, als hätte er ein zweites Mal geheiratet. Bis ich zu euch zum Dinner kam, hatte ic h keine Ahnung, dass meine Mutter diese zweite Frau gewesen war." Wie sehr musste er gelitten haben, als sie ihm erzählte, dass Marion sie wie ihr eigenes Kind großgezogen hatte. Jetzt verstand sie, warum seine Stimmungen so wechselhaft waren. Aber sie konnte nicht glauben, dass seine Mutter ihn einfach verlassen hatte. Dazu kannte sie ihre Stiefmutter zu gut. „Ich war überrascht, dass die Affäre so lange gedauert hatte und sie nun sogar vortäuschten, verheiratet zu sein." „Was habe ich mit alldem zu tun?" fragte Lara ruhig und richtete sich auf, während sie auf seine Antwort wartete. Eine Antwort, die ihr sicher sehr weh tun würde.
John musterte sie voller Verachtung. „Nichts. Bis ich herausfand, dass du das beste Mittel für meine Rache warst." Ihr ersticktes Schluchzen schien er nicht wahrzunehmen. „Ich wusste, dass da eine Tochter war", sagte er mehr zu sich selbst. „Ich hatte auch von ihrer Schönheit gehört und konnte mich an dem Nachmittag im Golfclub selbst davon überzeugen. Sie war genau so, wie ich mir Joseph Schofields Tochter vorgestellt hatte. Ein verzogenes Biest, das die Männer an der Nase herumführte. Und sie lagen dir alle zu Füßen", fügte er spottend hinzu. „Außer dir", entgegnete sie gepresst. „Auch nach diesem ersten Treffen habe ich keinen weiteren Gedanken an dich verschwend et", sagte er mit grausamer Ehr lichkeit. „Dein Interesse an mir war etwas, das ich vermeiden wollte. Und es wäre dabei geblieben, hättest du mir nicht so schön in die Hände gespielt." Lara hielt den Atem an. „Ich glaube, das reicht jetzt." „Du wirst dir alles anhören!" fuhr er sie an. „Ist deine Rache - vorbei?" Sie sah ihn mit großen Augen an. „Bald. Dein Vater kann mich jetzt nicht mehr aufhalten." „Nein", erwiderte sie matt. Sie hatte John unwissentlich geholfen, ihren Vater zu ruinieren. Und sie selbst. Ihre Ehe war nun zu Ende. Darum sagte John ihr die Wahrheit. „In London erfuhr ich, dass es im Leben deines Vaters nur zwei wichtige Dinge gab - seine Hotels und dich", fuhr er fort. „Allerdings nicht in dieser Reihenfolge. Dein Vater hat dir schon immer alles gegeben, was du wolltest. Und nach dem ersten Abend war mir klar, dass du mich wolltest. Sehr sogar." „Nur weiter", sagte sie matt. „Du warst all das, was ich verabscheue. Deine Arroganz musste bestraft werden", sagte er kalt. „Allerdings hätte ich dich auch dann nicht in meine Pläne eingeschlossen, wenn dein Vater mir nicht von deinem Geburtstagsgeschenk erzählt hätte." „Die Aktien ..." „Genau. Die Heirat mit dir gab mir die Möglichkeit, mich endlich an ihm und auch an dir zu rächen." Lara schaute ihn mitleidig an. Wie viel Hass hatte er zwanzig Jahre mit sich herumgetragen. Doch hinter dem rachsüchtigen Mann sah sie auch den verletzten kleinen Jungen. „Ich glaube, der Gedanke, dass meine Mutter mich verlassen hatte, um die Mutter von Joseph Schofields Tochter zu werden, trieb mich dazu. Also beschloss ich, dass Lara Schofield wieder einmal ihren Willen bekommen würde." Er verzog den Mund. „Jedenfalls für eine gewisse Zeit. Als du zu Gary gingst, um mich zu verletzen, bist du zu weit gegangen. Ich musste dir eine Lektion erteilen." „Was du brutal getan hast", sagte sie kurz. John hob die Schultern. „Es hätte nicht so sein müssen. Lara Schofield eine Jungfrau - wer hätte das geglaubt." „Ich habe die Lügen über meine Moral nicht verbreitet", erwiderte sie. „Das habe ich solch selbstherrlichen Männern wie dir überlassen." „Nur, dass ich bekommen habe, was ich wollte. Nicht wahr?" „Du hast mich brutal genommen!" fuhr sie ihn an. „Vielleicht beim ersten Mal", gab er unbekümmert zu. „Aber am nächsten Tag konntest du nicht genug von mir bekommen." Lara errötete. „Du hast mich verführt, dich zu heiraten." „Warum auch nicht?" spottete er. „Ich war doch nur ein neues Spielzeug für dich. Bist du das Spiel schon leid?" „Unsere Ehe war für mich kein Spiel." Wütend sah sie ihn an. „Wie auch immer", sagte er böse. „Du warst noch naiver, als ich dachte. Ich hatte schon befürchtet, monatelang den aufmerksamen Ehemann mimen zu müssen. Aber du hast mir deine Anteile auf einem silbernen Tablett serviert. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als du mir von deinem Hochzeitsgeschenk erzähltest." Er lächelte kalt. „Ich habe dich geliebt! Ich wollte dir alles geben!" Voller Abscheu blickte er sie an. „Ich wollte nicht alles, und schon gar nicht eine Ehefrau."
Sie atmete heftig und versuchte die Tränen zu unterdrücken. Er hatte sich nur rächen wollen. Sie war für ihn nur ein Mittel zum Zweck gewesen. Und das Kind, das durch seinen Hass und ihre Liebe entstanden war? Unwillkürlich legte sie schützend eine Hand auf ihren schon leicht gerundeten Bauch. John liebte sie nicht, aber sie würde sein Kind sehr lieben. „Es ist vorbei, nicht wahr?" fragte sie mit zitternder Stimme. „Wie weit willst du mit deiner Rache an meinem Vater gehen?" „Bis er nichts mehr ohne meine Zustimmung tun kann." Sie schluckte. „Du solltest mit ihm sprechen. Es gibt sicher eine logische Erklärung für Marions Verhalten." „Es gibt keine Erklärung dafür, dass eine Mutter ihr Kind verlässt", erwiderte er zornig. Das wusste Lara. Und obwo hl John sie hasste, sie nie geliebt hatte, wollte sie sein Kind auf jeden Fall behalten. „Ich kann nicht glauben, dass Marion das getan hat." „Darum habe ich dich auch nicht gebeten! Ich habe es erlebt, Lara. Ich weiß genau, was passiert ist." Lara sah ihn furchtlos an. Er konnte ihr nicht noch mehr weh tun. „Würde es dir etwas ausmachen, mit meinem Vater zu sprechen, ihn zu fragen..." „Diese Genugtuung werde ich ihm nicht geben!" „Armer John", sagte sie traurig. „Aus dir spricht der Stolz. In Wirklichkeit hast du Angst, du könntest dich geirrt haben, dass es doch eine logische Erklärung gibt." „Männer wie dein Vater haben für alles eine Erklärung", höhnte er. „Sonst wäre meine Mutter nie mit ihm gegangen." Lara konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. John hatte seine Mutter offensichtlich sehr geliebt. Wie entsetzt musste er als Zehnjähriger gewesen sein, als seine Mutter ihn einfach verließ. Lara konnte sich vorstellen, wie sein Schmerz langsam in Zorn umgeschlagen war. Und wie dieser Zorn mit den Jahren immer größer wurde, bis John sich schließlich an dem Mann rächen wollte, der ihm seine Mutter genommen hatte. Lara konnte sogar seine kalte Wut verstehen, als er herausfand, dass seine Mutter das Kind dieses Mannes großgezogen und geliebt hatte. Aber sie verstand nicht, dass er nicht mit ihrem Vater reden wollte. Es sei denn, dass er so lange mit diesem Hass gelebt hatte, dass er ohne ihn nicht mehr zu leben vermochte! „Was verlierst du denn, wenn du mit ihm sprichst, John?", versuchte sie zu argumentieren. „Du hast selbst gesagt, dass dich jetzt niemand mehr aufhalten kann." „Ich bin dir keine Erklärungen schuldig, Lara. Ich habe dir die Wahrheit gesagt, weil ich unsere Ehe leid bin." Er sah auf seine Armbanduhr. „Ich muss jetzt zu Cathy. Du wirst wohl schon fort sein, wenn ich zurückkomme." Lara war so tief verletzt, dass sie nicht noch mehr ertragen konnte. Egal, was John dachte, sie würde nicht „zu Daddy laufen"! Sie war erwachsen, wurde bald Mutter, und sie musste allein damit fertig werden. Aber sie wo llte ihren Vater anrufen. Er hatte das Recht, John seine Version zu erzählen. Lara wollte nur nicht dabeisein. Diese Unterredung würde sie zu sehr belasten, da sie beide Männer liebte. Ja, sie liebte John noch immer. Wie anders wäre alles verlaufen, hätte Marion ihn damals vor neunzehn Jahren mitgebracht. Sicher hätte sie, Lara, sich auch dann in ihn verliebt und er sich vielleicht auch in sie. Er sah sehr attraktiv aus, als er später ins Wohnzimmer kam. Aber völlig unnahbar. Lara hatte auf ihn gewartet und stand nun auf. „Auf Wiedersehen, John", sagte sie und hielt ihm die Hand entgegen. Diese Geste hatte er offensichtlich nicht erwartet. Misstrauisch blickte er Lara an. „Keine Angst, ich neige nicht zu hysterischen Anfällen." Es kostete sie viel Kraft, gelassen zu wirken. Er nahm ihre Hand nur kurz. „Bist du wirklich okay?" Sie nickte. „Ein paar gute Eigenschaften habe ich doch. Ich neige nicht zur Hysterie und bin sehr widerstandsfähig. Vielleicht bin ich in einem Jahr auch nicht mehr das kleine, reiche Biest. Wenn du mit deiner Rache Erfolg hast, werde ich auf jeden Fall nicht mehr vermögend sein", fügte sie trocken hinzu. „Du bist immer noch meine Frau, Lara. Du wirst keine finanzielle Not leiden", sagte er leise.
„Jetzt mach doch nicht alles kaputt, John", spottete sie und war über ihre Beherrschung erstaunt. John musste wirklich glauben, dass ihr alles egal war. „Du wolltest meinen Vater und mich in deiner Gewalt. Warte einfach ab, und dein Wunsch wird erfüllt." „Lara..." „Ich glaube, Cathy erwartet dich schon ungeduldig." Sein Gesicht verschloss sich. „Hast du mich jemals geliebt?" „Ich weiß nicht", erwiderte sie nachdenklich. „Am Anfang vielleicht, aber jetzt habe ich unsere Ehe genauso satt wie du." „Du Biest!" fuhr er auf, machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Apartment.
10. KAPITEL
Im Landhaus fühlte Lara sich sicher und so entspannt wie schon lange nicht mehr. Endlich hatte sie eine Erklärung für Johns Verhalten. Ihr Vater war sehr überrascht gewesen, als sie ihn an diesem Morgen angerufen hatte. Er verstand nicht, warum sie ihn bat, mit John zu sprechen. Da sie ihm keine Einzelheiten erzählte, war seine Verwirrung verständlich. Aber schließlich war es Johns Rache, sollte er doch ihrem Vater die Wahrheit sagen. Sie wusste auch so, dass John sich irrte. Es musste eine andere Erklärung dafür geben, dass Marion ihr Kind verlassen hatte. Als ihr Vater sie am Nachmittag aufsuchte, überraschte sie das nicht. Sie hatte geahnt, dass er nach dem Gespräch mit John zu ihr kommen würde. Er sah sehr erschöpft aus, und Lara goss ihm wortlos einen Whisky ein, den er in einem Zug austrank. „Mehr?" fragte sie sanft. „Ja, bitte." Während sie ihm nachschenkte, beobachtete sie ihn besorgt. Offensichtlich war nicht alles gut verlaufen, sonst wäre er jetzt nicht in diesem Zustand. „Hast du mit John gesprochen?" „Ja", erwiderte er böse. „Alles umsonst." Sie sah ihn überrascht an. „Hat er dir nichts gesagt?" „Oh, doch! Er hat mir erzählt, dass ihr euch scheiden lassen wollt." Wütend schaute er sie an. „Kannst du mir bitte sagen, was zwischen euch vorgefallen ist?" Lara war zu überrascht, um gleich zu antworten. John wollte also die Scheidung. Sie fühlte sich elend. Scheidung! Das klang so kalt, so endgültig, fast wie der Tod. „Lara?" Joseph Schofield sah seine Tochter besorgt an. „Ist das alles, was er dir gesagt hat?" fragte sie gepresst. „Hat er dir nicht den Grund gesagt?" „Er sagte, ihr würdet nicht zueinander passen", erwiderte er ärgerlich. „Wie will er das nach fünf Wochen wissen?" Sie unterdrückte ein Zittern. „Wir wissen es!" Er ging unruhig auf und ab. „In jeder Ehe gibt es am Anfang Probleme. Irgendwann hört die romantische Verliebtheit auf, und die Realität zieht ein." Lara setzte sich und war erleichtert, als ihr Vater ebenfalls Platz nahm. „Unsere Ehe ist am Ende, Dad. Wir hätten niemals heiraten dürfen." „Liebst du ihn nicht mehr?" Gespannt beobachtete er sie. „Darum geht es nicht." „Liebst du ihn, Lara?" „Ja, ich liebe ihn", gab sie zu. „Aber das ändert nichts. John hat mich nie geliebt. Bevor du mich jetzt fragst, warum er mich geheiratet hat, muss ich dir etwas sagen", fügte sie hinzu. „Eigentlich nahm ich an, dass John es liebend gern getan hätte. Denn damit wäre seine Rache vollkommen." Ihr Vater richtete sich auf. „Rache? Hat das alles hier etwas mit Johns Verhalten bei den Aktionärssitzungen zu tun?" „Sehr viel sogar, Dad. Dass du in letzter Zeit so oft an Marion denken musstest, war kein Zufall." Lara setzte sich zu seinen Füßen auf den Teppich. „Daddy, John ist Marions Sohn." Ihr Vater sah sie ungläubig an. Er war ganz blass geworden. Lara berichtete ihm von Johns Wunsch nach Rache. „Aber so war es doch gar nicht", sagte ihr Vater bestürzt. Lara sah ihn voller Vertrauen an. „Das weiß ich, Dad." „Es ist so lange her. John Marions Sohn .. . Ich kann es nicht fassen", sagte er kopfschüttelnd. Lara konnte seine Verwirrung verstehen. „Ich würde gern erfahren, was wirklich geschehen ist. Willst du es mir erzählen?" Er nickte. „Lara, ich habe deine Mutter sehr geliebt. Als ich Marion das erste Mal sah, wusste ich, dass sie die Frau war, nach der ich mein ganzes Leben lang gesucht hatte. Sie fühlte wie ich." Er lächelte, wurde aber gleich wieder ernst. „Ich war schon über ein Jahr Witwer, als ich meine Schwester besuchte und zufällig zu einer Sitzung ihres Frauenverbandes hinzukam. Sie bestand darauf, dass ich blieb und eine der Damen nach Hause fuhr." Ihr Vater seufzte. „Du kennst deine Tante, man kann ihr schlecht widersprechen." Lara lächelte. Ihre Tante hatte einen starken Willen.
„Diesmal hatte sie mir aber einen Gefallen getan", fuhr er fort. „Marion Saunders war die schönste Frau, die ich je gesehen hatte. Ich verliebte mich sofort in sie. Als ich sie zu Hause absetzte, lud sie mich noch zu einer Tasse Tee ein. Es war ein Schock für mich, als einige Minuten später ein neun Jahre alter Junge ins Haus stürmte." „Hatte sie dir denn nicht gesagt, dass sie verheiratet war?" „Ich hätte es merken müssen. Ihr Ehering, die Fotos auf dem Klavier, eines von dem Jungen und eines von einer Hochzeit." „Das Hochzeitsfoto hat John", fiel ihm Lara ins Wort. Ihr Vater sah sie scharf an. „Hat er es dir gezeigt?" „Ja, aber bitte erzähl weiter. Von mir sprechen wir später. Ich muss die Wahrheit wissen", sagte sie, als er zögerte. „In Ordnung, aber dann musst du auch zu mir ehrlich sein." „Das verspreche ich. Ich habe nichts zu verbergen." Er blickte sie noch einmal prüfend an und fuhr dann fort: „Das Auftauchen von Marions Sohn brachte mich völlig durcheinander, und ich bin schnell gegangen. Von deiner Tante erfuhr ich dann, dass Marion von ihren Eltern zu der Ehe mit Richard Saunders gezwungen worden war, weil sie ein Kind von ihm erwartete. Damals war es undenkbar, ledige Mutter zu sein", fügte er hinzu. „Aber dann wurde ihr Leben zur Hölle. Richard wollte eigentlich nicht verheiratet sein und verbrachte die meisten Abende und manchmal auch die Nächte außer Haus. Ich hörte mir damals alles ruhig an und gab vor, nicht interessiert zu sein." Er lachte bitter. „Ich hatte endlich die Frau meines Lebens gefunden, aber sie war bereits mit einem anderen verheiratet. Bei der nächsten Sitzung des Frauenverbandes rief deine Tante mich an. Ich wollte nicht hingehen, bin dann aber doch rechtzeitig dort gewesen, um Marion nach Hause zu bringen." „Ich wusste gar nicht, dass die liebe Tante einen Sinn für Romantik hat", spottete Lara und setzte sich auf einen Stuhl. Ihr Vater lächelte. „Hat sie auch nicht, aber sie manipuliert andere gern. Sie hatte beschlossen, dass Marion etwas Besseres verdiente. Und ich wollte Marion glücklich machen, besonders nachdem ich ihren Mann gesehen hatte." „Du hast ihn getroffen?" Lara sah ihren Vater ungläubig an. „Ja, als ich Marion einmal nach Hause brachte, war er früher von der Arbeit gekommen. Er war betrunken und behandelte Marion wie ein Dienstmädchen. Ich hätte mich beinahe mit ihm geschlagen. Von da an habe ich Marion jede Woche nach Hause gefahren. Und während der nächsten sechs Monate blieb es so. Erst viel später hat sie mir gestanden, dass sie sich auch schon bei unserem ersten Treffen in mich verliebt hatte. Aber sie war verheiratet, und wir beide mussten das respektieren." Er stockte und sah plötzlich böse aus. „Als Marion einmal nicht zu der Sitzung erschien, bin ich zu ihr gefahren. Ihr Mann war betrunken gewesen und hatte die Beherrschung verloren. Ich hoffe, dass ich nie wieder eine Frau in einem solchen Zustand, wie ich sie antraf, sehen muss. Ich habe sie angefleht, ihn zu verlassen, und ihr versprochen, dass ich mich um sie und ihren Sohn kümmern werde." „Das habe ich nicht gewusst", sagte Lara bestürzt. „Marion schien so glücklich zu sein." „Sie wollte nicht, dass du es erfährst", erwiderte er sanft. „Hat sie ihren Mann an dem Tag verlassen?" Joseph Schofield kniff die Lippen zusammen. „Nein. Er sagte ihr, dass es ihm leid täte und dass er es nie wieder tun würde. Marion nahm die Ehe ernst. Sie sagte, dass ihr Sohn seinen Vater braucht. Dann passierte es wieder, und diesmal kam Marion zu mir, sobald Richard das Haus verlassen hatte. Er hatte sie wieder furchtbar zugerichtet. Ich beschwor sie, ihn zu verlassen. Schließlich stimmte sie zu. Wir wollten John von der Schule abholen und ihm gemeinsam die Wahrheit sage n." Laras Vater schüttelte traurig den Kopf. „Er war nicht da. Der Direktor sagte, dass sein Vater ihn entschuldigt hätte. Es gäbe Probleme in der Familie, und John würde zu Hause gebraucht. Marion hat ihren Sohn nie mehr gesehen." Lara schluckte. „Niemals?"
Er schüttelte den Kopf. „Wir gingen zur Polizei, und ich habe Privatdetektive beauftragt, nach ihm zu suchen. Die beiden hatten das Land noch an dem Nachmittag in Richtung Südamerika verlassen. Als die Polizei ihre Nachforschungen einstellte, habe ich die Detektive weitersuchen lassen. Zwei Jahre lang." „Zwei Jahre?" „Der Mann und das Kind blieben nie mehr als ein paar Wochen an einem Ort. Dann verloren wir ihre Spur und mussten die Suche aufgeben." „John erzählte mir, dass er als Kind sehr viel gereist sei. Aber warum hat sein Vater ihn überhaupt mitgenommen?" Laras Vater hob die Schultern. „Ich weiß es nicht. Vielleicht wollte er Marion bestrafen. Vielleicht hat er seinen Sohn ja auch geliebt. Aber Marion liebte ihr Kind auch, und die Ungewissheit, ob es noch lebte oder nicht, hat sie fast umgebracht." Lara dachte an das Kind, das sie erwartete. Sie konnte sich vorstellen, wie hart alles für Marion gewesen sein musste. „John sagte, dass ihr gar nicht miteinander verheiratet gewesen seid. Seine Eltern wären nie geschieden worden." Ihr Vater verzog den Mund. „Das stimmt nicht. Wir haben ihn und seinen Sohn zwar nie gefunden, aber Richard hatte eine Schwester. Sie wusste, wo er sich aufhielt, auch wenn sie es uns gegenüber leugnete. Wir schickten die Scheidungspapiere an ihre Adresse. Und sie kamen unterschrieben und von einem Rechtsanwalt beglaubigt zurück. Zwei Jahre danach stand fest, dass Richard John nie zurückgeben würde, und ich musste Marion davon überzeugen, die Suche nach ihrem Sohn aufzugeben. Sie ging langsam, aber sicher daran zugrunde, und ihr Mann genoss ihr Leid." „Aber wie konnte er wissen ..." „Auf demselben Weg, wie er die Scheidungspapiere bekommen hatte!" erklärte ihr Vater wütend. „Marion schrieb Richard jede Woche an die Adresse seiner Schwester. Die ersten Briefe kamen zurück, nachdem sie jemand geöffnet hatte. Alle anderen wurden ungeöffnet zurückgeschickt. Alle Briefe, Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke für John ebenfalls. Die Schwester handelte offensichtlich auf Richards Anweisung. Jahrelang habe ich beobachtet, wie Marion litt. Schließlich verbot ich ihr, weiterhin zu schreiben. Aber sie hat John immer zu Weihnachten und zum Geburtstag Geschenke geschickt. Davon war sie nicht abzubringen." Richard Saunders Verhalten Marion gegenüber war sehr grausam gewesen. Doch was er seinem Sohn angetan hatte, war noch viel schlimmer. Durch seine Lügen und Täuschungen hatte er Johns Leben zerstört. John blieb nur der Wunsch nach Rache. „Armer John", sagte Lara erstickt. Sie hatte Mitleid mit ihm. „Er hat nie etwas davon erfahren." „Aber seine Tante wusste, was geschehen war." Laras Vater stöhnte auf. „Ich hatte den Beweis für Johns Identität vor Augen und habe es nicht bemerkt. Ich habe ihn — überprüfen lassen, Lara", gab er zu. „Nach der Sache mit Rex Maynard ..." „Das weiß ich längst", unterbrach sie ihn ungeduldig. „Wirklich?" Sie lächelte. „Ja. Jetzt sag mir aber, woraus du hättest schließen sollen, wer er wirklich ist", forderte sie ihn auf. „Der Name seiner Adoptiveltern, Joan und Arthur Sinclair. Ich hätte mich erinnern sollen, aber es ist immerhin schon zwanzig Jahre her." „Hat sie alle Geschenke und Briefe zurückgeschickt?" „Richard hatte nur die eine Schwester", erwiderte ihr Vater böse. „Sie war eine rachsüchtige Frau. Sie glaubte, dass ihr Bruder ein guter Mann wäre. Hätte sie gesehen, wie er Marion zugerichtet ..." „Jede Familie hält zusammen, Dad", warf Lara ein. „Aber wenn du die Wahrheit sagst, dann hat sie John auch nach dem Tod seines Vaters weiter belogen. Sie hat ihm gesagt, dass seine Mutter noch lebt, aber die Geschenke und Briefe hat sie nicht erwähnt. Sie ließ ihn glauben, dass eure Beziehung schon lange vorbei sei und Marion nicht mehr hier lebte. Dabei wusste sie doch durch den Absender auf den Paketen, dass es nicht stimmte. Wie konnte sie nur so grausam sein?" Lara schüttelte traurig den Kopf.
„Wer weiß?" meinte Joseph Schofield grimmig. „Vielleicht glaubte sie ja die Lügen ihres Bruders und wollte Marion bestrafen." „Aber sie hat damit auch John bestraft!" „Offensichtlich war er nicht glücklich bei ihnen, sonst wäre er nicht weggelaufen. Er muss jetzt die Wahrheit erfahren." „Er wird dir nicht glauben, Daddy", sagte sie. „Er muss. Außerdem kann er die Beweise schlecht leugnen." „Beweise?" Sie sah ihren Vater verwirrt an. „John wird dir nicht glauben, auch wenn du ihm dein Wort gibst. Er hasst uns. Er hat mich nur geheiratet, um an die Aktien zu kommen." „Dieser Narr!" fuhr ihr Vater auf. „Ich könnte ihn umbringen für das, was er dir angetan hat!" „Mir?" Erstaunt sah sie ihn an. „Dich will er mit Hilfe der Aktien treffen." Er schüttelte den Kopf. „John hat mir die Aktien heute morgen zurückgegeben. Es ist alles legal und endgültig." „Aber - das verstehe ich nicht", flüsterte sie. „John sagte, dass er dich kontrollieren wollte und dass er es genießen würde." „Vielleicht glaubt John, dass es mich mehr schmerzt zu sehen, was er dir angetan hat." „Oh, Daddy!" Lara schlug die Hände vors Gesicht. Er nahm ihre Hände und blickte in ihr tränenüberströmtes Gesicht. „Du liebst ihn noch immer, trotz allem, nicht wahr?" „Ja, aber er hasst mich", schluchzte sie. Ihr Vater verzog den Mund. „Ich glaube nicht, dass ein Mann eine Frau heiraten und mit ihr schlafen kann, wenn er nicht etwas anderes für sie empfindet als Hass. Er - Lara?" Er sah sie aufmerksam an. „Du hast mir nicht alles erzählt, oder?" Sie schüttelte den Kopf und kämpfte gegen die Tränen. „John hat mich während unserer Ehe nicht angerührt. Das bedeutet aber nicht, dass er es nicht vorher getan hat." „Ich verstehe." Laras Vater machte ein böses Gesicht. „Nein, das glaube ich nicht." Sie lächelte schwach. „Du wirst in sieben Monaten Großvater." Das war ganz offensichtlich ein neuer Schock für ihn. „Weiß John es?" „Er wäre an meinem Kind nicht interessiert." „Es ist auch seins! Es ist höchste Zeit, dass ich mit ihm spreche." Ihr Vater fluchte leise. „Er soll von dem Baby nichts wissen", warnte Lara ihn. „Hast du Angst, dass er es doch will?" Lara senkte den Blick. „Ich glaube, dass er uns so sehr hasst, dass er es mir wegnehmen würde, um uns zu verletzen." „Das würde ich niemals zulassen", schwor ihr Vater. „Danke, Daddy", sagte sie leise. „Ich glaube jedoch, dass er die Chance haben muss, alles wieder gutzumachen. Hör mich an, Lara", sagte er, als sie protestieren wollte. „Die Beweise, die ich vorhin erwähnt habe, habe ich wirklich." Er zog Lara vom Stuhl hoch, legte den Arm um ihre Taille und führte Lara nach oben in Marions ehemaliges Näh- und Schreibzimmer. Dort ging er auf einen großen Schrank zu, der fast die ganze Wand einnahm. Lara hielt den Atem an, als sie all die ungeöffneten Briefe und Päckchen sah. „Marions Briefe und Geschenke an John!" „Alle, sie konnte sich nicht davon trennen." Lara nahm einige der Briefe heraus. „Die Poststempel..." „Genau", bestätigte ihr Vater. „John kann nicht abstreiten, dass sie echt sind, und auch nicht, dass die Briefe von seiner Tante zurückgeschickt wurden." Lara sah ihren Vater an. „Wirst du sie ihm zeigen?" „Du mußt sie ihm zeigen, Lara", erwiderte er, „dann wirst du auch herausfinden, was er wirklich für dich empfindet." Sie senkte den Blick. „Das weiß ich schon. Er wollte die Aktien, dazu brauchte er mich." „Warum hat er sie mir dann zurückgegeben?" fragte ihr Vater. „Ich kann nicht glauben, dass ich mich irre. Manchmal habe ich etwas in Johns Augen gesehen, wenn er dich ansah. Würde es dir sehr viel ausmachen, ihn noch einmal zu sehen, Lara?" fragte er sanft. „John muss die Wahrheit über seine Eltern erfahren. Das ist vielleicht eure einzige Chance."
Es war eine große Versuchung. Damit hätte sie, Lara, einen guten Grund, sich mit John zu treffen. Das oberste Päckchen war aus dem Jahr, als Marion gestorben war. Sogar nach fünfzehn Jahren hatte sie immer noch versucht, Kontakt mit ihrem Sohn aufzunehmen. John musste das einfach glauben. „Ich werde zu ihm gehen", sagte Lara schließlich. Als Lara und ihr Vater in London ankamen, war John nicht da. Mrs. Knight konnte ihnen nur sagen, dass er am späten Nachmittag fortgefahren war. Lara ging in sein Schlafzimmer und sah in die Schränke. Die meisten seiner Sachen fehlten. „Was jetzt?" fragte sie ihren Vater. „Du darfst auf keinen Fall aufgeben", erwiderte er entschieden. „Könnte er nach Deutschland geflogen sein?" „Die Geschäfte dort hat er letzten Monat abgeschlossen." „Hm." Ihr Vater dachte nach. „Und das Haus in Yorkshire?" Lara überlegte. Könnte er dorthin gefahren sein? Aber sie hatte ja nicht einmal die Adresse. „Sieh doch in dem Buch auf seinem Schreibtisch nach." Lara fühlte sich wie ein Eindringling, als sie Johns privates Adressbuch studierte. Schließlich fand sie den Namen eines Hauses - Highgrove. Und dabei stand die Vorwahl von Yorkshire. „Ruf ihn an", sagte Joseph Schofield, der in der Tür stand. „Nur um sicherzugehen, dass er auch da ist." Eine Frau mit deutlichem Yorkshire-Akzent meldete sich. Laras Mut sank. Wenn diese Frau nun eine seiner vielen Freundinnen war, was dann? „Ist Mr. Sinclair zu sprechen?" fragte Lara steif. „Tut mir leid", antwortete die Frau. „Aber wenn Sie mir Ihren Namen und Ihre Nummer sagen, dann kann er zurückrufen." Laras Puls beschleunigte sich. Es war Johns Haus, und er war dort. „Ich rufe später noch einmal an", sagte sie schnell, legte auf und sah ihren Vater an. „Ich habe Angst." „Ich habe doch keinen Feigling großgezogen, Lara", erwiderte er. „Was immer auch passiert, du wirst es ertragen." „Glaubst du das wirklich?" fragte sie bitter. „Ja. Du musst auch an dein Kind denken." „Ich werde deswegen aber keine Ehe ohne Liebe führen so wie Marion." Sie erschauerte bei dem Gedanken, John die Verantwortung für ein Kind aufzudrängen, das er bestimmt nicht wollte, ihr Kind. „Er hasst alle Schofields, das Baby eingeschlossen." „Er hasst dich nicht, Lara." Ihr Vater schüttelte den Kopf. „Das wird er merken, wenn du ihm die Wahrheit gesagt hast." Auf der Fahrt nach Yorkshire klammerte Lara sich an diese Hoffnung. Sie fluchte leise, als es zu regnen begann. Ihr Vater hatte gewollt, dass sie erst am nächsten Morgen losfuhr. Aber sie hätte diese Nacht sowieso nicht schlafen können. Der Regen wurde immer stärker. Die Scheibenwischer konnten die Wassermassen kaum noch bewältigen. Wenn es so weiterging, würde sie irgendwo übernachten müssen. Als sie noch ungefähr eine Stunde Fahrt vor sich hatte, ließ der Regen nach. Aber die Straße war so nass, dass sie nur langsam fahren konnte. Die Fahrt würde doppelt so lange dauern. Als sie sich Highgrove immer mehr näherte, begann sie zu zweifeln. Wenn John nun nicht allein war? Sie konnte es nicht ertragen, ihn zusammen mit einer anderen Frau anzutreffen. Sie entdeckte eine Telefonzelle und hielt an, um John anzurufen. Der Wind war kalt, und der Regen durchnässte Lara, bevor sie die Telefonzelle erreichte. Nachdem Lara gewählt hatte, meldete sich dieselbe Frau. „Ich habe schon einmal angerufen", erklärte Lara. „Ist Mr. Sinclair jetzt zu sprechen?" „Einen Moment bitte." Die Frau schien die Hand über die Sprechmuschel zu halten, dann meldete sie sich wieder: „Mr. Sinclair möchte nicht gestört werden." Lara wurde wütend. „Wer sind Sie?" fragte sie mit arrogantem Unterton und war in diesem Moment ganz Lara Schofield. „Wie? - Ich bin Mrs. Howarth, Mr. Sinclairs Haushälterin."
„Und ich bin seine Frau. Würden Sie Mr. Sinclair bitte sagen, dass ich in einer halben Stunde bei ihm sein werde und dass er mich empfangen muss, auch wenn er nicht gestört werden will. Werden Sie ihm das ausrichten, Mrs. Howarth?" fragte Lara kühl. „Ich . „. natürlich. Aber ..." „Danke." Lara legte auf, sie hatte im Moment nichts mehr zu sagen. Sollte John eine Frau bei sich haben, dann würde er nun wissen, dass sie, Lara, keinen Wert darauf legte, diese bei ihm anzutreffen. Sie rannte zum Wagen zurück. Der Regen war wieder stärker geworden. Im Spiegel sah sie, dass ihr Haar nass herunterhing und ihr Make-up verwischt war. So wollte sie keineswegs vor John erscheinen. Sie wollte genauso kühl und selbstsicher wirken wie bei ihrem letzten Treffen. Nachdem sie ihr Make-up in Ordnung gebracht und das Haar aus der Stirn gebürstet hatte, fühlte sie sich besser. Die Straßenverhältnisse waren noch schlechter geworden. Sie würde länger als eine halbe Stunde brauchen. Lara kniff die Lippen zusammen und trat aufs Gaspedal. In genau diesem Moment bemerkte sie den großen Lastwagen. Er kam geradewegs auf ihren Porsche zu. Instinktiv lenkte sie den Wagen nach links und fuhr die Böschung zum Fluss hinunter. Im Scheinwerferlicht sah sie noch kurz das schmutzige Wasser des Flusses. Als ihr Kopf gegen die Tür schlug, galt Laras letzter Gedanke den Briefe n und Geschenken, die sich in dem Karton auf dem Rücksitz befanden. Das Wasser würde sie zerstören. Dann hatte sie nichts mehr, was sie John zeigen konnte. Wenn sie überhaupt überlebte.
11. KAPITEL
Die Welt schien zu schwanken. Lara fühlte, wie ihr übel wurde. Sie wimmerte leise, als ihr Magen sich krampfhaft zusammenzog. Jemand säuberte ihr Gesicht und sprach beruhigend auf sie ein. Aus irgendeinem Grund konnte sie die Augen nicht öffnen, und ihr war furchtbar kalt. Sie seufzte dankbar, als jemand sie in eine warme Decke hüllte. „Was ist passiert?" hörte sie eine barsche Stimme fragen. Bevor Lara auch nur versuchen konnte zu antworten, sprach ein anderer Mann. „Sie kam direkt auf mich zu. Dann hat sie den Wagen herumgerissen und ist die Uferböschung hinunter in den Fluss gefahren. Als ich endlich bei ihr war ..." „Ja, ja", unterbrach der erste Mann ungeduldig. „Haben Sie einen Krankenwagen gerufen?" „Ja." „Warum sind die dann noch nicht hier? Sie könnte sterben — Lara?" Angst schwang in der Stimme mit, als Lara sich bewegte. „Alles wird gut, Lara. Es ist schon Hilfe unterwegs." „Nein", hörte sie sich mit krächzender Stimme antworten. „Auf dem Rücksitz. Die Briefe ..." „Sie sind hier, Lara", antwortete die Stimme sanft. „Nein", krächzte sie wieder. „John ... Sagen Sie John ..." „Ich bin hier, Lara. Ich bin bei dir." Hatte die barsche Stimme eben wirklich gesagt „ich bin hier"? Merkwürdig. Aber es konnte nicht sein. John war in Highgrove und wartete wahrscheinlich schon auf sie. Würde er erleichtert sein, wenn sie nicht kam, oder nur noch wütender? Ein Krankenhauszimmer ist nie sehr gemütlich. Lara kam es vor wie eine Gefängniszelle. Sie wollte viel lieber zu Hause sein. Als sie endlich aus ihrer Ohnmacht aufgewacht war, galt ihre erste Sorge dem Kind. Aber man hatte sie beruhigt, dass ihm nichts geschehen war, und sie war zufrieden wieder eingeschlafen. Ihr Kind war gesund! Und jetzt, drei Tage später, sollte sie entlassen werden. Ihr Vater war bei seinen Besuchen nie darauf zu sprechen gekommen, was John auf der Straße gemacht hatte, aber Lara hatte sich diese Frage selbst beantwortet. John war am Unfallort gewesen, weil er auf dem Weg nach London gewesen war, fort von ihr. Er wollte sie nicht mehr sehen. Aber warum war er so wütend gewesen? Es konnte ihm doch egal sein, ob die Frau, von der er sich scheiden lassen wollte, beinahe ertrunken wäre! „Wollen wir jetzt nach Hause fahren, Lara?" Sie wandte sich lächelnd zu ihrem Vater um. Nach Hause. Sie war nur wenige Wochen mit John verheiratet, und doch war jetzt sein Apartment ihr Zuhause. „Ich bin soweit", sagte sie leise, und reichte Joseph Schofiel den kleinen Koffer mit ihren Sachen. Die blauen Flecke an ihrem Körper waren noch nicht verschwunden, die Beule auf der Stirn auch nicht. Obwohl der Jaguar ihres Vaters gut gefedert war, war die lange Reise nach London nicht sehr angenehm. „Geht es dir gut?" Laras Vater lächelte, als sie sich London näherten, und nahm beruhigend ihre Hand. Lara lächelte schwach. Die Reise hatte sie mehr erschöpft, als sie zugeben wollte. „Ja", erwiderte sie. „Lara", begann ihr Vater leise, „John wartet im Haus." „John? Hast du ihm etwa von dem Baby erzählt?" „Nein, aber ich habe ihm die Wahrheit über mich und Marion gesagt. Er möchte mit dir sprechen." Sie war unendlich erleichtert, dass John nichts von dem Kind wusste. Aber warum wollte er dann mit ihr sprechen? „Lara, was ich ihm erzählt habe", sagte ihr Vater leise, „als ich ihm die Briefe und die Päckchen zeigte, hat ihn sehr mitgenommen. Er hat sich verändert." „Inwiefern?" fragte sie scharf. „Es ist schwer zu sagen. Er hat mich vom Krankenhaus aus angerufen. Als ich kam, saß er an deinem Bett. Die Ärzte haben uns nach Hause geschickt. Es würde noch einige Stunden dauern, bis du aufwachst. Wir sind zu Johns Haus gefahren. Er hatte die Kiste mit den Briefen dabei, und daher habe ich ihm alles erklärt. Er war bestürzt, völlig verwirrt." Joseph Schofield holte tief
Luft.
„Er bot mir an, ich sollte in seinem Haus wohnen, bis du aus dem Krankenhaus entlassen wirst.
Dann ist er fortgegangen. Ich habe keine Ahnung, wohin oder was er gemacht hat, aber heute
morgen kam er zurück und sagte, dass er mit dir sprechen will. Er ist schon früh nach London
gefahren, um dort auf uns zu warten."
„Ist er krank?" fragte sie stirnrunzelnd. „Nein, das ist es nicht. Er hat seine Arroganz verloren. Es ist fast, als hätte er den Sinn seines Lebens verloren." Lara wandte sich ab. „Das ist auch so. Seit seinem zehnten Lebensjahr hat ihn der Wunsch nach Rache vorangetrieben." „Ja, ich glaube, du hast recht", erwiderte ihr Vater. „Aber sprich mit ihm, Lara, hör ihn an." Sie antwortete nicht. Sich John ohne seine Arroganz vorzustellen, fiel ihr schwer. Ebensowenig konnte sie sich vorstellen, was sie einander noch zu sagen hätten. Dass er die Wahrheit kannte, hatte seine Gefühle ihr gegenüber offensichtlich nicht verändert. Warum auch? Sie war mit falschen Hoffnungen nach Yorkshire gefahren. Ihn jetzt wiederzusehen, würde ihr nur noch mehr Schmerz zufügen. Aber es war ihre letzte Chance. Sie musste es riskieren! „Wirst du mit hineinkommen?" bat sie ihren Vater, als sie nervös vor der Wohnzimmertür stand, hinter der John wartete. „Nein." Entschieden schüttelte er den Kopf. „John hat mich ausdrücklich gebeten, mit dir allein sprechen zu können." „Und was ist mit mir?" fragte sie bitter. Ihr Vater strich ihr sanft über die Wange. „Er wird dir nicht weh tun, Lara. Sein Hass ist verschwunden. Ich bin nebenan, falls du mich brauchst", fügte er hinzu, weil sie ihn immer noch ängstlich ansah, „aber ich glaube, das wird nicht der Fall sein." Als Lara John einen Moment später im Wohnzimmer gegenüberstand, wusste sie, dass ihr Vater recht hatte. John hatte sich verändert. Er sah verstört aus, sein Gesicht war blass und eingefallen, und er hatte abgenommen. Das Leuchten in seinen wunderschönen dunkelblauen Augen war verschwunden. Bei seinem Anblick zog sich ihr Herz zusammen. Sie vergaß ihre Zurückhaltung und rannte auf ihn zu, um ihn zu umarmen. „Lara?" Er bewegte sich nicht, seine Stimme klang heiser. Doch sie würde sich nicht abweisen lassen. Auch wenn er ihre Liebe nicht wollte und nicht erwiderte, sollte er wissen, dass jemand an seinem Schmerz Anteil nahm. „Du musst die Vergangenheit vergessen, John." Tränen glänzten in ihren Augen, als sie zu ihm aufsah. „Du musst vergessen und vergeben." „Meine Tante ..." „Du musst es vergessen!" Sie umschloss sein Gesicht mit den Händen. Sie hasste den Schmerz in seinen Augen. „Es ist vorbei. Du kannst nichts mehr ändern oder ungeschehen machen!" Verwirrt sah er sie an. „Warum bist du so verständnisvoll, Lara? Du musst mich doch hassen! Und dein Mitleid kann ich nicht ertragen", fügte er grimmig hinzu. Er hasst mich immer noch, dachte sie. Sie nahm die Hände von seinem Gesicht und kehrte John den Rücken zu. Doch er fasste sie grob bei den Schultern und drehte sie wieder zu sich. Er wurde blass, als sie vor Schmerz zusammenzuckte. „Ich habe dir wieder weh getan", stöhnte er auf. „Warum tue ich dir immer weh?" „Ist schon gut", erwiderte sie mit zitternder Stimme. Er wandte sich ab und schlug die Hände vors Gesicht. „Ich hasse mich selbst für das, was ich dir angetan habe und was ich deinem Vater antun wollte", sagte er erstickt. „Wie sehr musst du mich erst hassen! Ich bin gekommen, um mich bei dir zu entschuldigen." Als er sie ansah, bemerkte sie Tränen in seinen Augen. „Aber damit kann ich nicht wiedergutmachen, was ich dir angetan habe, niemals." Sie hatte nie erwartet, ihn jemals so gedemütigt zu sehen - und sie wollte es auch nicht! „John ..."
„Ich werde dich jetzt in Ruhe lassen." Langsam ging er auf die Tür zu. „Du kannst die Scheidung beantragen. Ich werde einwilligen", fügte er hinzu. „Wie du schon sagtest, werden seelische und körperliche Grausamkeit wohl als Begründung ausreichen." „Ich würde dir das nicht antun, John", sagte sie leise. Er sah sie verwirrt an. „Du hast doch nichts getan, sondern ich. Ich bin mir selbst fremd. Nur eins hat sich nie geändert." „Ja?" Er holte tief Luft und senkte den Blick. „Was ich auch geglaubt habe, ich habe mich trotzdem in dich verliebt." Lara erstarrte. Sie musste sich verhört haben. Oder hatte John wirklich gerade gesagt, dass er sie liebte? Er sah auf, und da waren wieder Tränen in seinen Augen. „Du bist alles, was ich mir immer gewünscht habe. Wenn ich alles ändern könnte, wenn ich dich nur behalten könnte ... Es tut mir leid." Er schloss die Augen. „Ich habe dir schon genug Schmerz zugefügt. Ich will dich nicht auch noch mit einer Liebe belasten, die du bestimmt nicht willst. Ich werde dich nie wieder belästigen. Du sollst nur wissen, dass es mir leid tut." Tränen strömten über Laras Gesicht. „Oh, John ..." schluchzte sie. „Wie konntest du das alles tun, wenn du mich liebst?" „Manchmal dachte ich, ich könnte es nicht. Aber dann hast du etwas über meine Mutter gesagt, und der Hass war wieder da." Lara setzte sich, ihr zitterten die Knie. „Erzähl mir alles", bat sie. Sie wollte ihm sagen, wie sehr sie ihn liebte, hatte aber noch zuviel Angst, wieder verletzt zu werden. Er ging rastlos auf und ab. „Obwohl ich das Gefühl hatte, meinen Vater zu verraten, habe ich dich vom ersten Augenblick an gewollt. Ich habe mich dagegen gewehrt, aber meine Gefühle für dich wurden immer stärker." „Du hast gesagt, du hasst mich. Du hast dich mit anderen Frauen getroffen", erinnerte sie ihn. John schüttelte den Kopf. „Ich wollte keine andere nach dir. Und das machte mich wütend. Als ich aus Deutschland zurückkam und du bei Gary warst, habe ich geglaubt, es sei alles nur ein Spiel für dich gewesen. Ich wollte dich verletzen, dich dafür bestrafen, dass ich mich in dich verliebt hatte." Er konnte ihr nicht in die Augen sehen. „Aber nicht so, wie ich es dann getan habe. Ich war bestürzt, dass ich der erste Mann in deinem Leben war. Nach einer schlaflosen Nacht wusste ich, dass ich dich nie wiedersehen könnte. Ich wollte mich entschuldigen und dich dann in Ruhe lassen. Mit dieser Absicht bin ich dir zum Landhaus gefolgt. Aber der Hass war wieder da, als du mir sagtest, dass meine Mutter an diesem Ort gestorben sei, und als ich das Schlafzimmer sah, das sie mit deinem Vater geteilt hatte. Ich - Lara, was ist?" fragte er, weil sie blass geworden war. „Nichts. Kann ich bitte ein Glas Wasser haben?" Sie sah zum Tisch, auf dem ein Krug mit Wasser und einige Gläser standen. „Natürlich." Er goss ihr ein Glas Wasser ein und beobachtete sie, während sie trank. „Bist du in Ordnung? Ist das alles zuviel für dich nach dem Unfall?" „Nein, mir geht es gut." Sie befeuchtete ihre Lippen. „Bitte, erzähl weiter, John", forderte sie ihn auf und lehnte sich im Sessel zurück. Sie sah sehr blass und zerbrechlich aus. „Sag mir, was du gefühlt hast." Er richtete sich auf. „Ich war wieder wütend. Du hast recht, ich habe dich absichtlich verführt. Aber ich habe mich nur noch mehr in dich verliebt. Da wusste ich, dass ich nicht mehr mit dir schlafen durfte, wenn ich meinen Plan durchführen wollte. Vor unserer Ehe war das schon sehr schwierig für mich. Aber nach der Hochzeit wurde es zur Qual, dich nicht lieben zu dürfen. Ich wollte, dass du mich verlässt und wurde immer grausamer, und schließlich ..." „Hast du Sheila und Cathy benutzt, um mich zu verletzen." „Das war ebenfalls gelogen, Lara", gab er zu. „Dass ich nicht angebunden werden wollte, war auch eine Lüge. Ich war wie durch unsichtbare Fäden schon so fest an dich gebunden, dass ich sie nicht durchtrennen konnte, ohne mich selbst zu verletzen. Als ich dir die Wahrheit sagte, wusste ich, dass ich dich so sehr verletzt hatte, dass es für uns keine Zukunft mehr gab. Obwohl ich dich liebte, hatte ich deine Liebe zu mir zerstört." Er kniff die Lippen zusammen. „Du warst
zum Schluss so kühl, dass ich nur wieder Wut empfinden konnte. Wut darüber, dass ich mich selbst mehr verletzt hatte als dich." „Warum hast du meinem Vater die Schofield-Aktien zurückgegeben? Das war doch alles, was du wolltest." „Ich hatte schon genug angerichtet und - meine Liebe zu dir hat den Wunsch nach Rache ausgelöscht. Was immer in der Vergangenheit geschehen ist, ist geschehen. Ich habe schließlich gemerkt, dass ich daran nichts mehr ändern kann." „Und die Scheidung?" Er atmete hörbar ein. „Wann immer du sie willst." Lara schüttelte den Kopf. „John, warum bin ich wohl nach Yorkshire gefahren mit den Briefen deiner Mutter?" Er zuckte die Schultern. „Du dachtest, dass ich die Wahrheit erfahren muss. Die Wahrheit, die du auch ohne Beweise geglaubt hast", fügte er bitter hinzu. „Meine einzige Entschuldigung ist, dass ich alles mit den Augen eines verletzten Kindes gesehen habe. Meine Eltern waren meine Welt. Mir war, als würde man mir den Boden unter den Füßen wegziehen." „Man hat dich belogen, John." Mitleidig sah sie ihn an. „Erst dein Vater, dann deine Tante. Und ich bin nicht nach Yorkshire gekommen, um zu triumphieren." „Das habe ich nie gedacht", erwiderte er heftig. „Als Mrs. Howarth mir sagte, dass du durch diesen dichten Regen zu mir unterwegs seist, bin ich fast gestorben! Die Straßen waren gefährlich, und trotzdem wolltest du zu mir kommen. Ich bin dir sofort entgegengefahren." „Was?" Jetzt wusste sie, warum er am Unfallort gewesen war. Er war nicht vor ihr davongefahren. „Als ich den Stau sah und hörte, dass ein Auto in den Fluss gefahren war, ist mir fast das Herz stehengeblieben. Bis ich wusste, dass du lebst. Warum hast du wegen dieser Briefe dein Leben riskiert, Lara?" Sie begegnete ruhig seinem Blick. Jetzt war es Zeit, ihm zu sagen, dass ihre Liebe zu ihm nie aufgehört hatte, nicht einmal für einen Moment. „Weil es unsere einzige Chance war", sagte sie leise. „Ich dachte, wenn ich dich davon überzeugen könnte, dass du dich in bezug auf Marion und meinen Vater geirrt hast, dann würdest du mich nicht mehr so sehr hassen." „Warum war dir das so wichtig?" fragte er gepresst. Lara lächelte. „Ich glaube, ich war nie so egoistisch und verzogen, wie wir alle gedacht haben. Wie sehr du auch versucht hast, mich zu verletzen, ich liebe dich. Ich werde dich immer lieben, John, egal, was du tust." Er schluckte schwer und suchte nach Worten. „Ich habe dich bisher noch nie sprachlos gesehen, John." Sie stand auf und ging lächelnd auf ihn zu. „Ich weiß nicht, ob nun der richtige Zeitpunk t ist, um dir die anderen Neuigkeiten zu verraten", neckte sie ihn, als er sie in die Arme nahm, und schmiegte ihren Kopf an seine Brust. „Andere Neuigkeiten?" fragte er und presste sie fest an sich. „Vorsichtig, Darling", sagte sie, „du willst doch nicht unser Baby zerdrücken!" Er stand plötzlich ganz still. Lara hörte, wie sich Johns Herzschlag beschleunigte. „Was ist? Frag mich jetzt bloß nicht, wie das passieren konnte", neckte sie ihn und blickte ihn an. Er schluckte. „Wir bekommen ein Kind?" „In ungefähr sieben Monaten." „Wirklich?" Er schien es immer noch nicht zu glauben. „Ja." Sie lachte glücklich. „Darling, nun sieh doch nicht so erschrocken aus!" Plötzlich wurde sie ernst. „Oder weißt du wirklich nicht genau, ob du Kinder haben willst?" Unsicher sah sie ihn an. Er schüttelte den Kopf. „Selbstverständlich will ich, und es macht mich sehr glücklich, mit dir ein Baby zu haben." Sie war sichtlich erleichtert. „Und wie geht es dir jetzt?" „Ich bin immer noch erstaunt." Er lächelte unsicher. „Das geht vorüber, sobald es geboren ist", versicherte sie. „Kommst du zu mir zurück?" fragte John. „Als meine Frau?" Lara strich ihm sanft über die Stirn. „Ich wollte nie etwas anderes. Ich liebe dich, John."
„Ich liebe dich auch!" Er küsste sie mit all der aufgestauten Leidenschaft der letzten Monate. „Glaubst du, dein Vater hätte etwas dagegen, wenn ich dich nach Hause bringe - in unser Zuhause?" fragte er heiser. „Ich glaube, du musst ins Bett. Um dich auszuruhen, natürlich", fügte er scherzhaft hinzu. „Natürlich! " erwiderte Lara lachend. „Lara ..." Mit zitternden Fingern strich er ihr über die Wangen. „Ich verspreche dir, dich immer zu lieben und dich nie wieder absichtlich zu verletzen." Lara wusste, dass er dieses Versprechen halten würde. Und sie gab sich selbst auch das Versprechen, diesen Mann so sehr zu lieben, dass er nie wieder daran zweifeln würde, geliebt zu werden. Sie hatten den Schmerz und die Bitterkeit der Vergangenheit überwunden. Jetzt lag die Zukunft vor ihnen, eine gemeinsame Zukunft. Und als sieben Monate später ihre Tochter Josephine Marion, benannt nach ihren Großeltern, geboren wurde, war ihr Glück vollkommen.
- ENDE