Alarmstufe Null auf Terra Kurt Brand
Ren Dhark Band Nr. 89 Version 1.0
Die POINT OF scheint rettungslos verloren zu s...
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Alarmstufe Null auf Terra Kurt Brand
Ren Dhark Band Nr. 89 Version 1.0
Die POINT OF scheint rettungslos verloren zu sein, als Ren Dhark mit dem schwarzen Weißen Wer Dro Cimc an Bord des durch das Vario aufgeheizten Flaggschiffes zurückkommt. Die einzige Rettung liegt für Dhark im Karmin-Universum, das er mittels des Hy-Konverfahrens erreichen will. Durch eine Fehlschaltung wird die Zeitverschiebung mit dem Hy-Kon gekoppelt, und die POINT OF sowie die Ringraumer B 100 Und B 101 mit Szardak und Larsen rematerialisieren in einem unbekannten Kontinuum. Die drei Raumer werden durch die ZV voneinander getrennt und haben keine Verbindung mehr miteinander. Das Aggregat für die ZV vergeht durch die Überbelastung in einer atomaren Explosion. Das Vario verliert plötzlich seine Energien, und die Temperaturen in der POINT OF sinken wieder. Die Zeitlosen, in deren Universum sich die Terraner befinden, bieten Ren Dhark alle Macht und Unsterblichkeit an, wenn er ihnen einige Terraner zurückläßt, deren Energien die Zeitlosen brauchen, u den Kampf gegen das Dunkel zu gewinnen. Der Commander lehnt ab. Als er zum letzten Mittel greift — Abschaltung der Intervallfelder—, um wieder Verbindung mit den anderen Ringraumem zu erhalten, hat er endlich Erfolg. Doch noch wissen die Männer nicht, wie sie dieses unheimliche Kontinuum verlassen können.
Sternenbrücke! Transmitter-Straßen! Kolonisierung erdähnlicher Planeten! Wer und was waren die schwarzen Weißen? Terraner gingen den Weg ins Weltall! Manchmal hunderttausend an einem Tag, manchmal -waren es ein paar tausend weniger, aber immer mehr Menschen gingen den neuen Weg, und Terra verschwand als blaue Kugel hinter ihnen in der Schwärze des Alls. Fast alle sahen das kalte Funkeln der fernen Sonnen zum erstenmal, und sie erlebten auch erstmalig, daß es etwas anderes war, einen Raumflug zu erleben, als sich ihn über TV-Schirm in die Wohnung tragen zu lassen. Zeus, Blue-Star, Wellington und Inka-Planeten, die den Charakter der Erde hatten, aber dennoch fremde Welten waren, lie nahmen aber Millionen Siedler auf wie ein ausgetrockneter Schwamm das Wasser. Ein Frachter der 500-Meter-Kugelklasse landete auf der einzigen Plastikbetonpiste von Blue Star. Seine großen und kleinen Schleusen waren geöffnet und alle seine Rampen ausgefahren. Menschenmassen schoben sich darüber nach draußen, Materialien auf Schwebeplatten wurden ausgeladen. Zu Bergen stapelte sich alles. Die Techniker kamen kaum noch mit, wetterfeste Schutzanlagen zu erstellen, denn Blue Star war wie die Erde. Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet, und es goß. Auf der Piste standen große Wasserlachen, und vom Kugelrumpf des Frachters gingen rauschend Sturzbäche herunter. Die Menschen, von der Erde her gewohnt, daß die Großraum-Wetterlagen künstlich erzeugt wurden, bekamen ein unverfälschtes Bild von der neuen Wirklichkeit, die für immer ihre Heimatwelt sein sollte. Regen. Grauer Himmel! In der Ferne die Silhouetten der ersten Hochbauten. Der erste Schwerpunkt auf Blue Star: Marco, das einmal die Hauptstadt dieser Welt werden sollte. Ein schmales Plastikband führte zur Stadt. Keine sensorisch gesteuerte Schnellstraße. Nur Plastikbeton, der über den Boden gegossen war, knapp zwanzig Meter breit. Viel zu schmal, um den
bodengebundenen Verkehr bewältigen zu können. Wohin die Siedler auch sahen: Improvisation. Alles, buchstäblich alles fehlte, was ihnen auf der Erde zum Alltäglichen geworden war. Die Kapazität des Transmitters nach Marco war nicht groß genug, diesen Ansturm an Kolonisten zu bewältigen. Es goß ununterbrochen, und die Menschen standen im Regen und warteten und warteten, um endlich durch die Ringantenne nach der Stadt befördert zu werden, Männer begannen zu schimpfen, Frauen sorgten sich um ihre Kinder, Kinder weinten, weil sie durchnäßt waren und froren. Der Wind, der zum Regen gehörte, war kalt. Über MagnetfeldLautsprecher wurden alle zur Ordnung gerufen. Die Stimme klang hart, gebieterisch. Wiederum eine psychologische Fehlleistung des SiedlerKommandos. Viele Männer empörten sich über den Ton und die Art, wie man mit ihnen sprach. Plötzlich kam Bewegung in die Menge. Erst waren es hundert, in einigen Minuten schon Tausende, die über den aufgeweichten Boden auf die Leitstelle des Siedler-Kommandos zustürmten. Die Leitstelle alarmierte den Siedler-Schutz. „Wie stellen Sie sich' das vor?" brüllte Yoma, der Chef der Sicherungsgruppe. „Sollen wir die Kolonisten mit Schocker und Blaster empfangen? Jetzt zahlen sich die Zinsen für die Riesenschlamperei aus, über die wir schon seit Tagen meckern. Zur Hölle, wir können Ihnen nicht helfen. Sehen Sie zu, wie Sie die Männer beruhigen." Die Männer wollten gar nicht beruhigt werden. Sie wollten für ihre Familien nur ein Dach über dem Kopf haben. Auf der Erde hatte man ihnen den Himmel versprochen. Blue Star hatte sie mit einem Wolkenbruch empfangen. Und jetzt im Regen standen sie alle schon seit mehr als einer Stunde, und aus dem Riesenbauch des Frachters schoben sich ununterbrochen Menschen ins Freie. D. Brown, Chef der Leitstelle, mußte das Allerschlimmste befürchten, als er die aufgebrachten Männer heranstürmen sah. Er schaltete sein Vipho um und rief die Haupt-Planungsstelle in Marco an.
Auch dort wollte man ihm die Schuld zuschieben. Brown explodierte. „Haben wir den Plan entwickelt oder die Planungsstelle? Wir denken nicht daran, für Sie die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Wenn nicht binnen einer Minute für unseren Schutz gesorgt wird, jage ich einen To-Funkspruch nach Alamo Gordo, direkt an Trawisheim. Darauf können Sie sich verlassen." Brown sah durch die Plastikscheibe die Männer im Dauerlauf herankommen. Keine fünfhundert Meter waren sie mehr von der Leitstelle entfernt, die in einem leichten Plastikgebäude untergebracht war. Der Mann in der Haupt-Planungsstelle in Marco schwieg etwas lang. Brown drängte. „Schicken Sie den Siedlerschutz oder legen Sie die Hände in den Schoß? Ich verlange jetzt sofort eine bin-dende Zusage." Schweres Atmen war zu hören, und auf der Bildscheibe des Gerätes sah Brown, wie sich der verantwortliche Mann in der Planungsstelle über die Stirn wischte.„Wir schicken Ihnen Jetts, die die Leitstelle abriegeln und ..." Brown explodierte ein zweites Mal. „Habe ich es denn nur mit Idioten zu tun? Durch Jetts die Leitstelle abriegeln? Ja, wollen Sie denn die Frauen und Kinder auch noch auf die Barrikaden bringen? Verschaffen Sie uns Schutz, aber nicht in Form von hochbrisantem Sprengstoff und eine Lösung, daß zigtausend Frauen und Kinder nicht stundenlang im Regen stehen müssen. Warum hat man uns den Befehl gegeben, sie von Bord gehen zu lassen? Auf dem Frachter hätten sie lange gut und trocken gesessen! Also? Da! Sehen Sie sich das an!" Er hielt die Erfassung des Viphos in Richtung der heranstürmenden Männer. „Genügt das? Oder soll es auf Blue Star jetzt schon die ersten Toten geben?" Die Situation spitzte sich zu. Draußen war der Regen stärker geworden. Der Himmel wurde immer dunkler. Ein Unwetter kündigte sich an. Und natürlich fehlten auf Blue Star noch die metereologischen Stationen, die eine exakte Wettervoraussage ermöglichten. Die Schlamperei hatte ihren Anfang auf Terra. Hier auf Blue Star sollten ein paar Männer dafür büßen. Ater Brown dachte nicht daran, sich zum Sündenbock stempeln zu lassen.
„Ich rufe Terra an, Henner Trawisheim! " kündigte Brown an. „Nein! Nicht nötig. Wir fliegen sofort achtzehn Schirmfeld-Werfer zur Piste. Sie reichen aus, um ein halbkugeliges Prallfeld zwischen Frachter und Transmitter zu erzeugen. In zehn Minuten stehen die Siedler im Trockenen." „Nur sind sie dabei hundenaß. War das nötig?" Jetzt wurde der Leiter der Haupt-Planungsstelle grob. »Sparen Sie sich Ihre Bemerkungen, und stören Sie mich nicht beim BlitzEinsatz, Brown!" Es wurde ein Blitz-Einsatz! Drei moderne Jetts jagten heran und blieben über den aufgebrachten Siedlern stehen. Es waren Spezialfahrzeuge, die die Polizei Terras benutzte, wenn Menschenansammlungen unter Kontrolle gebracht werden sollten. Aus superphonstarken Lautsprechern wurden die Männer zur Besonnenheit ermahnt. „Im Augenblick fliegen wir achtzehn Schirmfeld-Werfer an, die zwischen dem Frachter und der Transmitter-Anlage für eine regensichere und wetterfeste Zone sorgen. Bitte, verkennen Sie nicht, daß wir alles tun werden, um Sie so schnell wie möglich nach Marco in Ihre Unterkünfte zu schaffen, Bleiben Sie besonnen. Begehen Sie keine Übergriffe. Schauen Sie sich die Projektion unter der Wolkendecke an!" Im gleichen Moment flammte ein Bild in 3-D auf. Ein Film, der den abgelenkten Männern beweisen sollte, daß man in Marco alles Erforderliche für sie tat. D. Brown stand mit seinen Mitarbeitern am Fenster. Sie beobachteten, daß der Sturmtrupp sich nicht mehr bewegte, sondern zur Wolkendecke hochstarrte. „Das hätte auch anders ausgehen können." Plötzlich verstummte er und nahm in einer Geste, die Hilflosigkeit ausdrückte, beide Hände hoch. „Großer Himmel, in zehn Minuten landet ja schon das zweite Raumschiff. Mein Vipho! Schnell, mein Vipho, der Frachter darf jetzt noch nicht landen. Unter keinen Umständen, sonst ist die Katastrophe komplett" Brown verdiente sich einen Orden. Er war der erste auf Blue Star, der damit dekoriert wurde. Aber erst drei Tage später, nachdem auf dem, Kolonialplaneten die schlimmsten Pannen beseitigt worden
waren. Zu diesem Zeitpunkt jedoch zählte Marco schon -mehr als siebenhunderttausend Einwohner. Dann. wurden die ersten Familien zu den nächsten drei Schwerpunkten der neuen Heimatwelt geflogen, die nichts anderes als eine einzige riesige Baustelle waren. Terras Bevölkerungsventil hatte sich geöffnet. Die übervölkerte Erde ließ aber Millionen Menschen den Weg ins Weltall gehen. Doch war der Zeitpunkt richtig gewählt worden? Wollte man die Gefahr aus der Galaxis einfach nicht sehen? * Im Brana-Tal gab es einen Pol, der unverändert Ruhe ausstrahlte: Echri Ezbal, der Wissenschaftler der zu legendären Figur geworden war. Der Zauberer im Brana-Tal, der Wissenschaftler, dem man das Unmögliche auch zutraute. Aber auch einem Echri Ezbal waren Grenzen gesetzt. Enge Grenzen. Er hatte sie schon immer gesehen, die anderen wollten sie nicht sehen. Darum, konnten die anderen ihn mit ihren Vorwürfen auch nicht treffen. Ihre unsachlichen Angriffe gingen nicht ins Ziel. Einundneunzig Humanoide ließen jede Untersuchung über sich ergehen, sie aßen und tranken und schliefen, aber alle Versuche, mit ihnen ein Gespräch zu eröffnen, waren fehlgeschlagen. Auch die beiden Experimente, die bis hart an die Grenze des Lebens gingen. Als Echri Ezbal davon erfuhr, ließ er die verantwortlichen Ärzte in seine einfache Unterkunft kommen, in der er zusammen mit seinem Hund und seiner Katze lebte. „Wir sind Ärzte und keine Mörder! Wir haben Achtung zu bewahren vor jedem intelligenten Leben, auch wenn dieses Leben den gnadenlosesten Feinden Terras gehört." Niemand hatte gewagt zu widersprechen. Niemand hatte darauf hingewiesen, daß sie mit den schwarzen Weißen keinen Schritt weitergekommen waren. Ezbal berichtete persönlich Trawisheim über den erfolglosen Ausgang ihrer Versuche. „Wir kämen vielleicht einen Schritt weiter, wenn einer der vier Cyborgs uns mit seinen Erfahrungen helfen würde." „Ezbal, wir haben ihre Spur verloren, wie wir ebensowenig wissen, wo wir Shanton und Jos suchen sollen. Auf dem Planeten der Giants, auf dem es plötzlich keinen einzigen von ihnen mehr gibt, sind sie
verschwunden. Manu Tschobe hat die Suche nach ihnen einstellen lassen. So sieht es in diesem Punkt aus. Nun etwas anderes, Ezbal: Wann können wir mit den nächsten Cyborgs rechnen?« Der Pol der Ruhe, der vor seinem großen Standvipho saß, schüttelte den Kopf. Ruhig blickten seine ausdrucksvollen Augen Rea Dharks Stellvertreter in Alamo Gordo an. „Vor zehn Tagen nicht, Trawisheim. Machen Sie nicht auch den Fehler und denken, im Brana-Tal gäbe es eine Cyborg-Fabrik. Jeder, der meine Station als Cyborg verläßt, ist ein Wunder, und wenn ich die Phrase benutzen darf: Wunder dauern auch bei uns etwas länger als die Erledigung der anderen Aufträge." „Machen denn wenigstens Ihre Untersuchungen über die Mentcaps der Mysterious Fortschritte?" Es hörte sich so an, als ob Henner Trawisheim unbedingt eine gute Nachricht erhalten wollte. „Wir kommen seit einem Monat keinen Schritt weiter. Wundern Sie sich darüber, Trawisheim? Ich nicht, und meine Mitarbeiter auch nicht. Man muß sich nur hin und wieder vor Augen halten, was eine Mentcap Ist. Eine kleine, winzige Kugel, die sich im Magensaft auflöst und gleichzeitig das in ihr enthaltene Wissen an das Gehirn freigibt. Ein Wissen, das manchmal den Inhalt von drei bis fünf wissenschaftlichen Werken darstellt, und dazu uns bisher unbekanntes Wissen war. Ja, Trawisheim, wir haben inzwischen herausgefunden, was die Geheimnisvollen mit den einzelnen komplizierten Molekülketten gemacht haben, aber wie sie es fertigbrachten, sie so zu verändern, daß sie dadurch Wissen speichern konnten, ist uns nach wie vor ein Rätsel. Wir haben eine Kette nachverändert und uns bei diesem Versuch genau an das Mysterious-Modell gehalten, doch bei dem Groß-Test gab es keinen Erfolg. Keiner, der unsere Pille schluckte, erhielt dadurch neues Wissen. Die Mysterious müssen .mit ihren Mentcaps noch zusätzlich etwas ganz anderes vorgenommen haben, und damit kommt die neue Frage: Was haben sie damit gemacht? Und das wiederum wissen wir nicht. Es kann Jahre, ja, es kann Jahrzehnte dauern, bis wir das Geheimnis der Mentcaps entschleiert haben. Und es wird einige Millionen kosten." „Sprechen Sie jetzt nicht von Geld, Ezbal", wehrte Trawisheim ab. dem jedesmal der Schweiß ausbrach, wenn er daran dachte, aus welchen Quellen das bezahlt werden sollte, was Terra sieb in einem
gewaltigen Kraftakt vorgenommen hatte zu tun. „Aber ich lege Ihnen die schwarzen Weißen noch einmal ans Herz. Ihnen darf nichts passieren. Sie dürfen nicht einmal die Möglichkeit erhalten, sich selbst umzubringen. Ich rufe Sie in den nächsten Tagen wieder an." * Planet Dockyard hatte 'den Planeten Hope an Bedeutung überrundet. Jeder glaubte es, auch Manu Tschobe, der gar nicht schnell genug nach Dockyard hatte kommen können, als ihn die unwahrscheinliche Nachricht erreichte, man habe noch zwei weitere unterseeisch angelegte Raumschiff-Werften entdeckt. Die Werften lagen auf der anderen Seite des Planeten, und eine Wasserschicht von mehr als 7 000 Metern darüber. Nur über den Transmitter-Weg waren sie zu erreichen. Sie glichen der ersten Anlage wie ein Ei dem anderen. Auch in der Produktionskapazität: hundertfünf und vierzig Raumschiffe pro Woche. Mal drei, hieß es, daß Terra jede Woche 435 neue Ringraumer in den Dienst stellen konnte. Der Stab der TF, der durch eine To-Funksendung davon unterrichtet wurde, reagierte ausgesprochen lustlos darauf, und diese Lustlosigkeit war auch zu erklären, weil es zur Zeit einfach unmöglich war, jede Woche 435 Mannschaften auszubilden und mit ihnen die Ringraumer zu bemannen. Tschobe kam vom Besuch der dritten Werft zurück. Unterwegs zum Planungsstab machte er sich über einen Punkt Gedanken: Woher bezogen die drei Werften das Unitall? Keine einzige Transmitter-Straße, über die nur Materialien oder Aggregate angeliefert wurden, hatte bisher einen Zipfel dieses Geheimnisses gelüftet. Mit weniger als ein Prozent war der Industrie-Dom auf dem Planeten Hope als Lieferant beteiligt. Mit anderen Worten: Auf noch unbekannten Planeten mußte es ebenso große, wenn nicht viel größere Industrieanlagen geben, wie man sie im Höhlensystem von Deluge kennengelernt hatte. Manu Tschobe suchte im Planungsstab, einem zehnstöckigen Plastikbetongebäude, das innerhalb von drei Tagen schlüsselfertig errichtet worden war, die Funk-Zentrale auf. Sein Gespräch mit Terra bekam er sofort, nur auf den Gesprächspartner Trawisheim
mußte er ein wenig warten. Als Ren Dharks Stellvertreter sich meldete, kam der Afrikaner sofort zur Sache. „Meiner Ansicht nach ist es von lebenswichtiger Bedeutung, daß wir herausfinden, auf welchen Planeten sich die Zulieferbetriebe der drei Werften befinden. Um dieses Problem zu lösen, benötige ich sofort hundert bis hundertfünfzig Experten der verschiedensten Wissensgebiete." Trawisheim, dem man nachsagte, er würde nie die Übersicht verlieren, bestätigte seit Tagen diese Gerüchte. Er winkte ab, kaum daß Tschobe seinen Wunsch vorgetragen hatte. „Experten sind noch knapper als Geld geworden. Tschobe, wir können längst nicht mehr wahllos Fachkräfte der Industrie und Forschung entziehen. Auf Terra beginnen sich die ersten Schwierigkeiten abzuzeichnen. Wir haben ein paar tausend Mann auf Zwitt, nicht viel weniger auf dem Planeten l, auf Dockyard mehr als genug, auf Hope und nicht zuletzt auf den Planeten, die wir so schnell wie möglich kolonisieren und autark machen wollen, damit sie im Extremfall von Terra unabhängig sind. Sie müssen mit den Spitzenkräften, die Ihnen dort zur Verfügung stehen, versuchen, das Problem zu lösen." „Ich mußte die Leute hier auf drei Werften verteilen, Trawisheim, und wir haben die Arbeitszeit auf elf Stunden pro Tag heraufgesetzt. Hoffentlich wissen Sie, was das bedeutet?" »Ich arbeite manchmal achtzehn, zwanzig Stunden!" hielt Dharks Stellvertreter ihm vor. „Sie — wir —' ja, aber die anderen sind nicht wir. Die sehen in ihrer Arbeit einen Job, der Geld einbringen muß, aber niemand will sich dabei totschuften. Lassen Sie nur nicht die Gewerkschaften daran riechen, daß wir auf Dockyard alle Verträge gebrochen haben, dann ist hier bald der Teufel los." »Er wird nicht los sein, Tschobe", sagte Trawisheim, und flüchtiges Lachen zeigt« sich auf seinem Gesicht. »Vor zwei Stunden habe ich mit den wichtigsten Bossen der Welt-Gewerkschaften gesprochen. An Hand von eindeutigen Unterlagen konnten wir ihnen beweisen, in welcher prekären Lage wir alle stecken. Sie werden übermorgen nicht einmal protestieren, wenn die Regierung eine Art Notstand ausruft und aus diesem Grund die tägliche Arbeitszeit von sechseinhalb Stunden auf neun erhöht. Und für diese zweieinhalb
Stunden gibt es keine Bezahlung, gibt es keinen Gewinn, weil all« Firmen diese Löhne und die Gewinne aus diesen Stunden Mehrarbeit an die Regierung bis auf den letzten Cent abzuführen haben. Andernfalls bricht innerhalb von drei Monaten die Weltwährung zusammen, und wir erleben eine Inflation unvorstellbaren Ausmaßes. Auf dem Sektor Fachkräfte, wie auf dem Sektor Geld sind wir noch nie so schwach gewesen wie in dieser Phase der Entwicklung. Tschobe, wir haben uns einfach übernommen, und weil wir jetzt nicht mehr zurückkönnen, gibt es nur die Flucht nach vorn, wenn alle uns dabei unterstützen." Tschobes Gesicht drückte Unzufriedenheit aus. „Trawisheim, mir brauchen Sie keine Wahlrede zu halten. Kurz gesagt: Wir sind pleite, ja?" „Wären wir nur das!" lachte Trawisheim bitter auf. „Wir alle haben Angst, zum falschen Moment alles riskiert zu haben. Di« letzten Nachrichten von weit vorgestoßenen Forschungsraumern lassen vermuten, daß irgendeine raumfahrende Macht einen Angriff auf die Erde vorbereitet." „Deutlicher können Sie über To-Funk nicht werden, Trawisheim?" »Ist das nicht deutlich genug?" „Hm." »Und aus diesem Grund gibt es für uns nur eine Flucht nach vorn. Erfolgt ein Angriff auf Terra, und wird die Erde dabei vernichtet, dann müssen Menschen mit allen Mitteln unserer Technik schon auf anderen Planeten leben, damit unsere Rasse wenigstens eine kleine Überlebenschance hat. Na, Ihnen scheint unser Plan, der keine Alternative kennt, nicht besonders gut zu gefallen." „Überhaupt nicht. Warum hat man uns, die Praktiker, nicht zu Rate gezogen? Pläne vom grünen Tisch sind meistens keinen Schuß Pulver wert gewesen! Warum hat man Planet 1 im Zwitt-Systern nicht besiedelt? Wir hätten uns das ganze Strahlgeschütz-Theater ersparen können. In der Sternenbrücke wäre . . ." Trawisheim unterbrach ihn. „Wir haben daran gedacht und ..." Sein Gesicht war nicht mehr auf dem Schirm zu sehen, aber Tschobe konnte Dharks Stellvertreter noch hören. Bei ihm lief gerade eine Meldung über ein anderes Gerät ein, doch sie war nicht zu verstehen. Als das Gesicht des Gyborgs wieder auftauchte, des einzigen, der auf geistiger Basis sein Können
einsetzte, war es grau. „Tschobe, die Utaren strahlen seit einer Minute SOS ab. Planet Esmaladan wird von unsichtbaren Stationen unter schwerstes Strahlfeuer genommen. Die Weisheit hat um den Einsatz unserer gesamten Flotte gebeten, weil die PyramidenGeschwader bald nicht mehr in der Lage sind, anzugreifen. Die Utaren müssen fürchterliche Schiffsverluste erlitten haben. Verstehen Sie, daß ich fetzt Schluß mache?" Die große To-Funkstation in Cent Field schaltete ab. Der Schirm vor Tschobe wurde grau. Gefahr für Terra! Esmaladan im Kampf mit einem unsichtbaren Gegner. In Gedanken versunken schob sich Manu Tschobe eine Zigarette zwischen die wulstigen Lippen, drehte da» Mundstück und inhalierte tief. Sah die Zukunft der Menschheit nicht ebenso grau aus wie der Bildschirm? * Ein Weltall spielte mit Raumschiffen aus einem anderen Universum! Aber die Menschen in diesen Raumschiffen gaben nicht auf, sie wollten nach Hause, sie wollten wieder die Sterne ihrer Galaxis sehen,, sie hatten genug von diesem nicht ausgereiften Gefüge, das tintenblau war und ein silberhelles Strahlenfeld besaß, in dem die Zeitlosen lebten. Die Zeitlosen, die den Commander von Bord der POINT OF geholt hatten, um ihm, die gesamte Macht ihres Universums anzubieten, wenn er ein paar Freiwillige bei ihnen zurücklassen würde. Er war auf ihren Vorschlag nicht eingegangen. Sie hatten ihn an Bord zurückgeschickt und. seit diesem Moment von ihrer Existenz kein Zeichen mehr gegeben. Aber spielten sie nun ihre Macht aus, in dem sie verhinderten, daß das Flaggschiff und die B-101 sich trafen? Larsen meldete sieh wieder von seinem S-Kreuzer. „Dhark, Sie haben bisher mit keinem Wort das Vario erwähnt. Daraus darf ich wohl schließen, daß es. auf Ihrem Schiff ebenso verschwunden ist wie auf .meinem Kahn?" ,, ,.=...' Bild und Tonverständigung 'waren, gut, seitdem die Schiffe ihre Intervalle abgeschaltet hatten.
„Das Vario?" echote Ren Dhark und nickte. Er hatte wirklich nicht mehr daran gedacht, auch nicht an die Tatsache, daß auch auf den beiden S-Kreuzern gewütet hatte. „Ja, Larsen, bei uns ist es verschwunden." „Hoffentlich auf der B-IOC auch. Dieses Universum ist ihm wohl nicht bekommen." Dhark horchte auf. Von dieser Seite her hätte er den Fall noch gar nicht betrachtet. Dem Vario sollte das tintenblaue Universum nicht bekommen sein? „Ren, knobelst du auch?" kam die Frage von Riker. „Hat das Verschwinden des Vario nichts mit dem Ausbruch in T-675 zu tun?" Colonel Larsen wunderte sich, daß Ren Dhark ohne jede Ankündigung die Funkverbindung mit seinem Schiff abbrach. „Dan, woher soll ich es wissen, wenn unsere Experten keinen Hinweis liefern können?" Er betrachtete "die Bildkugel und zerbrach sich wieder den Kopf, wie es möglich war, daß sich ein Universum in seinem Aussehen verändern konnte. Eigenartigerweise hatte das Tintenblaue aber keine versteckte Drohung zum Inhalt, und das immer noch in seinem Strahlen kräftiger werdende Feld gab dem Ganzen einen romantischen Anstrich. Unverändert aber blieb die Tatsache, daß sich die POINT OF und B-l01 um keinen Meter näher kamen, obwohl Sie wie Sternensog einwandfrei arbeiten sollten. Gezielte Transitionen waren nicht möglich, weil der Checkmaster in diesem physikalischen Bereich keine Sprungkoordinaten erstellte. Eine Blindtransition wagte der Commander nicht durchzuführen, weil ihm niemand sagen konnte, un welchem Platz der Ririgraumer wieder rematerialisieren würde. Plötzlich hörte er sich sagen: „Ich glaube es nicht." Die Bemerkung war vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen. Auch Dan verstand den Freund nicht. „Was glaubst du nicht, Ren?" „Daß man mit uns ein übles Spiel spielt. Ich habe bei den Zeitlosen keine Gehässigkeit bemerkt. Wahrscheinlich ist sie ihnen so unbekannt wie die Lüge. Demnach liegt es dann nur noch an uns, diesen nicht ausgereiften Weltraum wieder zu verlassen." „Aber nur mit der B-100!" Die Männer sahen sich an. Ren Dhark lächelte schwach. Dan Rikers Augen glühten. Er dachte an seine Frau, die sich auf, der B-
100 befand, und von diesem S-Kreuzer hatte man kein Lebenszeichen mehr gehört. War die Besatzung durch das Vario der Tels vernichtet worden? Über die Bordverständigung meldete sich die physikalische Abteilung. Der Kontinuum-Experte Fedorewitsch verlangte dringend den Commander zu sprechen. Ivan Fedorewitsch, ein etwas schmalbrüstiger Mittvierziger mit schütterem Haar, der leichtgefärbte biologische Kontaktlinsen trug, zeigte rotleu.chende Augen. „Commander, Sie haben von Umpolung gesprochen und diese Bemerkung auf die POINT OF bezogen. Ihr Verdacht läßt sich nicht beweisen. Aber von diesem Gedanken ausgehend, habe ich eine Untersuchungsreihe anlaufen lassen. Meine Kollegen und ich sind damit noch nicht zum Ende gekommen, doch jetzt schon zeichnet sich eindeutig ab, daß im Tintenblauen umgepolte Verhältnisse herrschen." Der gute Ivan Fedorewitsch sprach etwas langatmig, und Ren Dhark war noch nie ein Freund von langatmigen Reden gewesen. „Bitte, Fedorewitsch, kommet» Sie zur Sache! Wie haben wir die Umpolung zu verstehen?" „Wir haben bis jetzt erst einen Testzweig abschließen können. Aus dem Resultat ergibt sich, daß sich die POINT OF nur durch Transition bewegen läßt. Darunter aber ist zu verstehen, daß es hier die Transition nicht gibt." In Dharks Augen blitzte es verärgert auf. Sein Bedarf an Halbwahrheiten war gedeckt, und noch weniger wollte er Unsinn hören. „Fedorewitsch, darf ich Sie daran erinnern, daß wir..." Er wurde unterbrochen. „Ich weiß, was Sie sagen wollen, Commander, und gerade darum bitte ich Sie, sagen Sie es nicht. Die einzige Möglichkeit in diesem nicht ausgereiften Universum, sich von der Stelle zu bewegen, ist das Verfahren, das wir in unserem Raum-Zeitgefüge als Transitionstechnik bezeichnen. Sie und Sternensog, auch wenn sie scheinbar einwandfrei arbeiten, heben sich in ihrer Wirkung auf, weil die durch die Flächenprojektoren abgestrahlte Energie ohne jeden Verlust augenblicklich zur POINT OF
zurückfließt. Dieser Kreislauf erzeugt keine Wirkung, weil es ein in sich vollkommen geschlossener Kreis ist. Allein die Sprungenergie kommt zum Tragen, doch wiederum auch nur stoßweise." Ivan Fedorewitsch, der Kontinuum-Experte, redete noch zehn Minuten eindringlich auf den Commander ein. Manchmal fiel es ihm schwer, sich so auszudrücken, daß er auch verstanden werden konnte. Mehrfach hatte Dhark Fragen gestellt, weil er dem Wissenschaftler nicht hatte folgen können. „Wann sind Sie mit Ihrer Untersuchungsreihe fertig, Fedorewitsch?" Schulterzucken und eine hilflose Geste mit den Händen. „Das kann ich nicht sagen, Commander. Sechs bis acht Stunden benötigen wir bestimmt noch, wenn nicht mehr." Jeder andere hätte gedrängt, schneller zu einem Gesamtresultat zu kommen, aber Dhark drängte nicht. Er wußte, daß man auch von Experten keine Wunder erzwingen konnte, und daß es nichts Schlimmeres für einen Wissenschaftler gab, als unter Zeitdruck zu stehen. Meistens war unter solchen Verhältnissen nicht viel dabei herausgekommen. „Gut, Fedorewitsch, schließen Sie mit Ihren Kollegen die Untersuchungsreihe ab, und informieren Sie mich dann." Er gab das Kommando über das Flaggschiff an Falluta ab, und Leon Bebir nahm Rikers Platz ein. Vorläufig gab es in der Kommando-Zentrale nichts Wichtiges zu tun. Es war auch höchste Zeit, die Messe aufzusuchen, um das quälende Hungergefühl zu stillen. Eins der vielen Rätsel in der POINT OF: Es gab im Schiff keine Kantine, wie man sie im Höhlen-System von Deluge kennen und schätzen gelernt hatte. Man war hier nicht in der Lage, intensiv an ein herrliches Steak mit Pommes frites zu denken, um es Sekunden später vor sich auf dem Tisch stehen zu haben, weil auch das konzentrierteste Denken keinen Erfolg hatte. Aber warum war von den Mysterious diese lebenswichtige Einrichtung nicht eingebaut worden? Dan Riker, schon immer ein guter Esser, hatte keinen Appetit. Die halbe Portion ließ er auf dem Plastikteller stehen. Den Courvoisier trank er nicht. Seine Gedanken waren bei seiner Frau, die sich auf der vermißten B-100 befand, und Ren Dhark tat gar nichts, um ihn in
seinen Gedanken zu stören. Er aß langsam sein Cordon bleu, nahm den Nachtisch zu sich und spülte dann mit Kognak nach. Eine Zigarette beschloß das Mittagessen, das beide um sieben Stunden zu spät einnahmen. „Dan, haben wir der Tatsache zu wenig Bedeutung beigelegt, daß sich die beiden S-Kreuzer gegen ihren Willen von der POINT OF entfernten?" Riker wurde durch Dharks Frage aus den Gedanken gerissen. „Ich ahne, was du damit sagen willst, aber ist dieses Auseinandertreiben nicht auf einen Eingriff der Zeitlosen zurückzuführen? Wir entfernen uns doch jetzt nicht mehr von der B-101, aber wir müßten uns ununterbrochen entfernen, wenn hier alles in einem uns unerklärlichen Fluß wäre." Es war unheimlich schwierig, sich auf das tintenblaue, nicht ausgereifte Universum einzustellen. Hier mußten physikalische Gesetze herrschen, die buchstäblich vieles auf den Kopf stellen. Ivan Fedorewitsch hatte es mit seiner Behauptung deutlich gemacht, daß die Schiffe nur durch die Transitionstechnik zu bewegen seien, aber dann dürfe man sich unter Transition nicht das Gewohnte vorstellen. Was denn? Darauf wußte der Wissenschaftler noch keine Antwort. Er hatte sich hinter seine Untersuchungsreihe verschanzt, die noch nicht zu Ende geführt worden war. „Ren, hast du, den Tel hin und wieder beobachtet?" Überrascht blickte Ren seinen Freund an. „Nein! Warum diese Frage?" „Ich konnte ihn mehrfach unauffällig beobachten. Cimc scheint etwas zu wissen, aber er wagt nicht, mit seinem Wissen herauszurücken. Möglich, daß er die Verständigungsschwierigkeit scheut." „Dem kann schnell durch den ratekischen Translator abgeholfen werden, nur kann ich mir schlecht vorstellen, was er wissen sollte." „Sei nicht so überheblich, mein Lieber", mahnte ihn Riker. „Die Tels kreuzen schon ein paar Jahrhunderte durch den Sternenraum. Daran gemessen halten wir uns erst ein paar Sekunden zwischen den Sonnen auf. Ihre Erfahrungen sind größer, und es wäre noch ein Wunder, wenn es ihnen in all diesen Jahren kein einziges Mal gelungen wäre, in ein fremdes Universum einzubrechen und wieder
zurückzukommen." Die Bordverständigung in der Messe brüllte: „Commander Dhark, Commander Dhark, sofort melden! Sofort melden." „Ja, hier Dhark. Ich höre." Gespannt lauschte auch Dan Riker. Beide hatten sich zum Bildschirm umgedreht, der leicht flackerte und nun Walt Bruggs Gesicht zeigte. »Dhark, wir haben Kontakt mit der B-100, aber der S-Kreuzer befindet sich nicht mehr hier. Er steht im Halo vor Spiralarm l/A und ruft mit Hilfe eines Nogkschen Senders durch! Ich stelle um!" Das war nicht zu fassen! Der S-Kreuzer E-100 hatte das tintenblaue Universum verlassen und stand im sternenarmen Raum vor der Galaxis und funkte mit einem Sender der Nogks? Janos Szardaks Gesicht war auf dem Schirm sehr gut zu sehen. Die Sendung kam mit Güteklasse l herein! Auch das war unverständlich! Oder sollten die Nogks auch einen Materie-Sender besitzen? Hätten sie mit seiner Hilfe einen doppelten Strukturbruch erzeugt, um durch die labile Zone einen Hyperfunkspruch zu schicken? „Szardak, wie haben Sie es geschafft?" Das war Dharks erste Frage. „Wir sind geschafft worden, Dhark. Tut mir leid, daß ich Ihnen nichts anderes erzählen kann. Wir wurden bewußtlos, und als wir wieder zu uns kamen, standen wir vor l/A ..." „Und das Vario, Szardak?" Dhark ließ sich seine Enttäuschung nicht anmerken. »Ist an Bord nicht mehr festzustellen, nachdem es uns dep Kahn gut angeheizt hatte. Ist Riker greifbar? Seine Frau möchte mit ihm sprechen. Und was sollen wir tun? Auf Ihr Schiff und die B-101 warten?" Dan konnte sich noch nicht melden. „Seit wann befinden Sie sich wieder im heimatlichen Kontinuum, Janos?" „Seit gut einer Stunde." „Wie schaffen Sie es, mit uns zu sprechen?" „Darüber haben die Nogks uns keine Auskunft gegeben, aber sie scheinen das Universum zu kennen, in dem Sie stecken.
Anschließend an unser Gespräch wollen Sie mit Ihnen reden." „Geben Sie mir die Nogks, Szardak." Der Bildschirm flackerte. Colonel Szardaks Gesicht verschwand. Sekundenlang blieb die Scheibe leer, doch plötzlich war ein Nogk zu sehen, das Wesen mit dem Libellenkopf und den Fühlern. Der Nogk sprach über Translator. So ging keine Zeit verloren. „Commander, der Rat des Imperiums grüßt dich, und er ist erfreut, daß er ein wenig tun kann, um seinen Dank an Terra abzustatten. Durch Janos Szardak haben wir erfahren, wo ihr euch aufhaltet. Darum bittet der Rat das Imperiums, keinen Versuch zu machen, dieses Universum zu verlassen. Wir bereiten einen Weg vor, der es euch ermöglicht, leicht ins heimatliche Kontinuum zurückzukehren. Aber hütet euch vor den Zeitlosen, denn sie sind schlimmer als diejenigen, die ihr die Grakos nennt. Geht unter keinen Umständen auf eins ihrer Angebote ein, oder Terra ist in weniger als einem Jahrzehnt eurer Zeitrechnung ein menschenleerer Planet." Bestürzt sahen sich Ren Dhark und sein Freund an. Der Nogk hatte diese Kopfbewegung verstanden. Etwas hastiger als von einem Liebellenwesen gewohnt, fragte er: „Es ist doch nicht schon mit den Zeitlosen verhandelt worden?" „Doch!" sagte Dhark. „Sie haben mich Zu sich geholt, aber ich habe ihr Angebot abgeschlagen. Doch warum sollen sie so gefährlich sein? Ich habe festgestellt, daß sie rieht einmal zu einer Lüge fähig sind." Die Augen des Nogk funkelten sie an. „Sie lügen auch nicht. Sie halten immer ihr Wort. Sie verschenken alle Macht, die sie besitzen. Aber kennst du diese Macht, Dhark? Kannst du dir vorstellen, daß die Zeitlosen sich ihr Universum allein geschaffen haben? Mit ihren paramentalen Kräften! Und daß sie ununterbrochen Nachschub benötigen, aus anderen Universen — Nachschub in Form von intelligenten Rassen? Die in den, fremden Rassen schlummernden Kräfte benötigen sie, um ihr Universum, existent zu halten, und diese fremden Rassen kommen freiwillig zu ihnen. Freiwillig gezwungen, denn die Macht, Ren Dhark, die sie dir geschenkt hätten, wärest du auf ihr Angebot eingegangen, hätte aus einer suggestiven Ballung bestanden, mit der du alle Menschen Terras in das Universum der Zeitlosen geführt hättest, und niemand wäre auf den Gedanken gekommen, sich gegen diese Evakuierung zu
sträuben. Hat dir der Rat des Imperiums damit ein Bild über die Zeitlosen gegeben?" Noch konnte Ren Dhark .logisch denken, und uodi war auch ein Nogk nicht an der Lage, ihm mit einer unglaublichen Story Angst einzujagen. „Wenn die Zeitlosen über solche Suggestivkräfte verfügen, warum zwangen sie mich denn nicht kraft ihrer Macht, ihr Angebot anzunehmen? In den Angaben deines Rates des Imperiums liegt ein Widerspruch." „Und was für einer", murmelte Dan Riker, der in den Informationen nichts arideres als ein Greuelmärchen sah. „Sie konnten dich nicht zwingen, ihr Angebot anzunehmen, Dhark, weil noch Spuren deines Ich in dir existierten. Erst wenn deine IchSpuren nicht mehr bestanden hätten, wenn du dich selbst unbewußt aufgegeben hättest und eins mit ihnen geworden wärest, dann wärest du der ihre geworden, mit ihrer Macht. Ein Zeitloser im Körper eines Terraners, und ein Zeitloser, der nur wie ein Zeitloser handeln könnte und alle Terraner zu ihnen geführt hätte." Erschreckend genau waren die Angaben der Nogk. „Ihr kennt die Zeitlosen?" „Nein, und sie kennen uns nicht. Das ist auch nicht ausschlaggebend, dehn sie sind niemals aggressiv. Sie greifen stets über die Verführung an. Und dann mit vollem Erfolg. Der Rat des Imperiums hat alle Informationen über die Zeitlosen von den Letzten einer intelligenten Rasse, die sich; vor Jahrtausenden eurer Zeitrechnung anschickten, sich zu ihnen auf den Weg zu machen. Seit dieser Zeit gibt es zwischen den Sternen keinen einzigen mehr von ihnen." „Ich bin mit den Auskünften des Rates des Imperiums noch nicht ganz zufrieden. Warum haben die Zeitlosen die B-100 unter Janos Szardak in ihr heimatlichen Kontinuum zurückgeworfen?" Der Libellenkopf des Nogks bewegte sich nicht. Leicht war das Funkeln der Facettenaugen. „Dhark, du wolltest fragen, warum der Rat des Imperiums Szardaks Schiff aus dem Universum der Zeitlosen holte?" Das war wiederum eine Überraschung. Nicht die Zeitlosen hatten die B-l00 hinausgeworfen, sondern der S-Kreuzer war von den
Nogks in Sicherheit gebracht worden. „Wir holen euch in wenigen Minuten eurer Zeitrechnung zurück. Ich habe meinen Auftrag erfüllt." „Stop!" rief Dhark. „Mit wem habe ich gesprochen?" Doch der Bildschirm war leer. Der Nogk war verschwunden. Walt Brugg. meldete sich. „Die Funk-Verbindung sowohl mit der B-l00 wie mit den Nogks ist abgerissen, auch zur B-101 wird sie zusehends schlechter." Eine halbe Minute darauf brach sie vollkommen zusammen. Die POINT OF und der S-Kreuzer waren wieder getrennt.' Dhark und Riker hasteten in die Kommando-Zentrale zurück. Wenn in wenigen Minuten das eintrat, was der Nogk als Sprecher des Rates des Imperiums ihnen mitgeteilt hatte, dann wollten sie an verantwortlicher Stelle im Schiff sitzen. Das Schott zur Zentrale sprang krachend auf. Ren Dhark sah Falluta und Bebir in den beiden Steuersesseln sitzen und drei Offiziere am Checkmaster stehen. Wer Dro Cimc, der Tel, drehte sich nach ihnen um, Gleichzeitig ertönte von allen Seiten ein Brausen, das heranraste und dabei lauter wurde. Das Brausen wurde von klirrender Kälte begleitet. Beides fraß Licht, denn unaufhörlich wurde es dunkler. Dharks einziger Wunsch war, seine Augen weit aufzureißen, weil er in der Zentrale kaum noch etwas erkennen konnte. Schwankte er oder schwankte der Leitstand? Unwillkürlich streckte er die Arme aus. Mit den Händen wollte er sich festhalten, doch seine Hände griffen ins Leere. Er verlor das Gleichgewicht. Daß die anderen bereits am Boden lagen und sich nicht mehr rührten, nahmen seine Sinne nicht mehr auf. Ich falle! dachte er, aber das Fallen löste kein Erschrecken in ihm aus. Er nahm es all etwas Selbstverständliches hin. JDen Aufprall bemerkte er nicht mehr. Er lag neben Dan auf dem Boden, wie jeder in der POINT OF und in der B-101. * Die Tels gaben das Raumschiff ZGUTH auf. Sie mußten es aufgeben, denn im Schiff war es auch in den
Raumanzügen nicht mehr auszuhalten. Das Ree hatte die Temperatur auf mehr als siebzig Grad getrieben, und sie stieg unaufhörlich an. Sie waren auf Perta gelandet, eine unbedeutende Sauerstoffwelt im Bereich des Interessengebietes der Tels, Aber auch ein Planet, der für alle Schiffe gesperrt war. Barodin! Mehr war im Sternenkatalog nicht zu lesen. Mehr brauchte kein Tel zu lesen, denn Barodih war noch schlimmer als das Ree. Barodin war nichts anderes als feinstkörniger Staub. Jedes Staubteilchen, war so winzig in seinem Durchmesser, daß es ohne Hilfsmittel nicht zu sehen war. Es löste nicht einmal eine Reizung des Auges aus, wenn es gleich zu einem Dutzend hineinflog. Barodin störte in keiner Beziehung, denn einmal war dieser Staub nicht belästigend, und zweitens gab es auf einen Kubikmeter Luft höchstens acht bis zehn Staubteilchen. Es hatte nur einen Fehler: Es war ein Toxikum, wenn es die Blutbahn eines Tels erreicht hatte. Und es tötete innerhalb von drei bis fünf Wochen. Dabei ließ es sich Zeit, weil es wußte, daß ihm keine Medizin etwas anhaben konnte. Barodin gab es nur auf Perta! Und nun gab es auf Perta .auch noch das Ree! Die Tels taumelten von Bord, die Roboter, die ihren Herren bis auf die Augen glichen, verließen das Schiff, genauso wie sie es betreten hatten. Der Kewir Dfasl verließ neben dem Vankko die ZGUTH. Die Doppelkugel warf einen mächtigen Schatten, der die Hälfte der Talsenke bedeckte. An ihnen vorbei schafften Roboter auf leistungsstarken Schweberplatten Ausrüstungsgegenstände von Bord. Die Tels achteten kaum darauf. Sie stiefelten durch das hohe Gras, hatten den Raumhelm ihres Anzuges geöffnet und atmeten die kühle, würzige Luft des Planeten. Jeder atmete tief und anhaltend lang, obwohl jeder wußte, daß mit jedem Atemzug der Tod zu ihm kam. Das Barodin empfing sie! Das Ree hatten sie mitgebracht! Das eine wie das andere war tödlich. Bald würde es im Sternenkatalog nicht mehr heißen: Perta, gesperrter Planet — Barodin! Stattdessen würde zu lesen sein: Perta, gesperrter Planet — Ree!
Ein Planet der durch das Ree bis zum Glühen angeheizt werden würde! Die ZGUTH war nahe des Äquators gelandet. Hier waren die Temperaturen ausgeglichen, und nachts sanken sie nicht unter achtzehn Grad. Zwei breite Bäche, die aus dem niedrigen Gebirge im Osten kamen, stauten sich zu einem kleinen See. Eine leichte Erhebung an der rechten Seite sollte der Platz für das feste Lager werden. Selbst der Vankko war froh, dem Raumschiff mit seinen Höllentemperaturen entkommen zu sein. Über einen kleinen Kluis wurde der Einsatz der Roboter gesteuert. Drei Offiziere und sechs Rut waren mit dieser Aufgabe betraut worden. Alle andern kümmerten sich um die eigene Ausrüstung. Vankko und Kewir sahen zu, wie drei Sender zu einer Einheit zusammengebaut wurden. In einer halben Zeit-Einheit konnten sie dann den Vank und die Flotte unterrichten. Wie der Kluis ihre Botschaft auswertete, war ihnen egal. Perta wurde ihr Grab, und nach ihnen würden die Roboter verrotten oder in der Hitze verbrennen. Am Himmel stand eine kleine, weiße Sonne. Die Wolken hatten einen leichten Stich ins Grüne, aber sie wirkten nicht fremd. Ihre bauschigen Ränder erinnerten die Tels an ihre Heimatwelten. Dort war der Himmel selten wolkenlos, und meistens war es kein gutes Zeichen. Oft konnten die Projektoren, die die Großraum-Wetterlage schufen, mit den Naturgewalten nicht fertig werden, und meist geschah es, wenn der Himmel stundenlang ohne Wolkenbildung gewesen war. Wie ein Riese stand die Doppelkugel auf ihren mächtigen Teleskopbeinen. Man hatte A-Grav abgeschaltet, und es war zu sehen, wie sich die breiten Auslegerplatten unaufhaltsam tiefer in den Boden drückten, kein Wunder bei den aber Millionen Tonnen, die auf ihnen lagen. Nach Norden hin stand das Raumschiff schon tiefer, und immer auffälliger drängte es über. In Richtung Norden gab es die wellige Ebene, die von einigen Waldstreifen durchzogen war. Vankko und Kewir hatten auf einem geleerten Metallbehälter Platz genommen. »Vankko, warum ist Dro Cimc mit dem Fremden geflogen?"
Der schwarze Weiße, der in allem so menschlich wirkte, winkte ab. »Mich interessiert Cimc nicht mehr. Nur die eine Frage hat Berechtigung: Wie lange haben wir zu leben, Dfasl? Im Schiff gab es keine Unterlagen über das Barodin, wie es ja auch keine über das Ree gab. Unsere Chem-Mediziner sind auch rat- und wissenlos. Eine Kontrolle der Medikamente ergab, daß nicht ein Präparat vorhanden ist, das gegen Barodin wirken soll. Ich glaube, der Terraner hat sich nicht auf einen Planeten geflüchtet. Er und seine Mannschaften werden sich wahrscheinlich an Bord zu Tode braten lassen. Sie haben den Terraner doch auch erlebt, Dfasl. Wie hat er auf Sie gewirkt?" „Der weiße Affe..." Dfasl verbesserte sich, „dieser Terraner war wie der Kluis. Eiskalt, beherrscht, ohne jede Emotion." Der Vankko schüttelte den Kopf. „In meinen Augen war er ein Blender. Ein terranischer Kewir, der das Glück hatte, drei Raumschiffe zu kommandieren." Verwundert musterte Dfasl seinen hohen Vorgesetzten. Hatte der Vankko schon alles vergessen, oder wollte er alles vergessen? Dachte er nicht mehr an die vielen tausend Raumschiffe, die sich durch eine Hypno-Waffe der Terraner gegenseitig selbst vernichtet hatten? . Hatte der Vankko die Riesenanstrengung vergessen, die man unternommen hatte, um das verhaßte Schiff zu vernichten? Ein Schiff, wie es früher die Rakes geflogen hatten? Um sie herum war es nicht leise. Schwere und schwerste Aggregate wurden zu Boden gelassen. Überall war ein Kommen und Gehen von Schwebeplatten. Überall arbeiteten Roboter, wahrend die Tels sich langweilten und darauf warteten, bis die ersten Bauten zusammengesetzt waren. Im Schiff befand sich niemand mehr. Dort war es für sie, trotz der geöffneten Schleusen, vor Hitze nicht mehr auszuhalten. Nur den Robs machte das Ree nichts aus. Da schüttelte sich der Boden. Aus den Tiefen kam Brüllen. Ein Knirschen breitete sich aus, ein gemeines, widerlich anzuhörendes Knirschen. Erschreckt drehten sich die Tels herum. Vankko und Kewir waren aufgesprungen. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. Eine Nachlässigkeit, die unverzeihlich war, wurde zur Katastrophe!
Im Sektor Ost waren die Teleskopbeine in einen Hohlraum dicht unter der Oberfläche eingebrochen, und die Stützen an den Rändern rasten nun regelrecht in die Tiefe. Die riesige Doppelkugel neigte sich ihnen gefährlich schnell zu. Die ZGUTH drohte umzustürzen! In Richtung auf das Lager, auf den kleinen See und die beiden Bäche, in Richtung der unersetzlichen Geräte, die von Bord geschafft worden waren! Tels brüllten unter panischem Entsetzen auf. Vankko und Kewir kamen mit ihren Kommandostimmen nicht mehr durch. Und plötzlich verstummten sie. Die ZGUTH kenterte! Vorn brach sie immer tiefer ein! Im Sektor West rissen die Teleskopbeine mit den schweren Auslegern aus dem Boden! Das Unglück war nicht mehr aufzuhalten. Flucht war die einzige Rettung, und' das bedeutete, alles liegenund stehenlassen. Da kippte der Doppelkugelriese um! Nicht lautlos, sondern unter einer unbeschreiblichen Geräuschorgie! Ausgefahren« Rampen wurden wie weiches Metall verbogen. Turmdicke Teleskopbeine knickten wie Streichhölzer zusammen. Tonnenschwere Erdbrocken flogen durch die Luft. Vorn krachte der linke Kugelrumpf gegen den Boden. Der rechte befand sich mit der Polseite noch in zehn Meter Höhe. Nach allen Seiten rasten die Tels davon. Nur die Robs blieben. Sie kannten keine Gefühle. Sie kannten nur ihr Programm, und dem gehorchten sie. Nicht einer von ihnen drehte sich nach der ZGUTH urn. Nicht einer wunderte sich, daß die Rampen zum Teil verbogen waren, zum Teil sinnlos hoch in die Luft ragten. Die Robs steuerten die Schweberplatten an das Raumschiff heran oder verließen es durch die großen Schleusentore. Da war das Schicksal des gigantischen Raumschiffes entschieden! _ Seine Kippbewegung, die für eine kurze Bruch-Einheit verhalten zögernd gewesen war, bekam plötzlich Schwung. Die Luft stieß einen eigenartigen, wehleidigen Laut aus. Dann kam ein Fauchen, das in der Tonlage immer höher ging, und dann kam der Doppelrumpf des telschen Schiffes. Der Planet Perta zitterte, als aber Millionen Tonnen Schwermetall aufschlugen. .
Pertas Oberfläche gab nach. Ein paar tausend Tonnen Geräte und Aggregate verschwanden. Der kleine Stausee war nicht mehr, und zwei breite Bäche hatten kein Bachbett. Roboter waren in den Boden gestampft worden. Die kleine Kluis hatte aufgehört Kommandoimpulse auszustrahlen, aber auch mehr als dreißig Tels waren der Katastrophe nicht entkommen. Sie hatten es überstanden — das Barodin und das Ree. .Langsam, näherten sich Vankko und Kewir .dem Wrack. Die anderen standen schon herum, Dfasl setzte einen Fuß auf die Kugel einer Strahlantenne, die sich zu Neunzehntel in den Boden gebohrt hatte. „Die Götter strafen grausam." Vankko war Atheist. „Hören Sie mir mit diesem alten Knaben auf, Dfasl. Die beiden Idioten, die bestraft werden müßten, sind Sie und ich. Und sehen Sie sich einmal das Schrottlager an." . Mit der Hand deutete er in die Runde. Wohin sie sahen, lagen zerstörte Roboter. Nur ein paar irrten ziellos herum. Kein einziger Impuls, sagte, ihnen, was sie zu tun hatten. Der umgestürzte Schiffsriese zitterte. Grollen kam erneut aus der Tiefe. Entsetzt jagten Vankko und Kewir davon. Keinen Augenblick zu früh. Sie hatten mit dem Landeplatz ihres Schiffes ausgesprochenes Pech, Die ZGUTH war am Rand eines unterirdischen Hohlraumes gelandet, der an einer Stelle dem Druck von aber Millionen Tonnen plötzlich nachgegeben hatte. Als Resultat war das Raumschiff gekentert, doch dann hatte der Aufprall eine zweite Katastrophe eingeleitet. Die Decke des Hohlraumes mußte an vielen Stellen gerissen sein. In einem Vorgang brach sie zusammen, und mit ihr stürzte die ZGUTH in die Tiefe. Perta schüttelte sich, als ob der Planet auseinanderreißen wollte, .und zum .Beben kam ein unheimlicher Ton aus der Tief«. Ein langgezogener Schrei, der in ein Wimmern überging. Die ZGUTH ertrank! Die ZGUTH lief voll Wasser! Die ZGUTH war in einen unterirdischen See gestürzt! Von dem Raumschiff war keine Spur mehr zu sehen! Über Perta stand eine kleine weiße Sonne, und in ein riesengroßes,
dunkles Loch flossen die Wasser von zwei breiten Bächen. Tonlos sagte Vankko, nachdem sich sein schnelles Atmen wieder gelegt hatte: „Jetzt brauchen wir uns weder um das Ree, noch um das Barodin Sorgen zu machen. Jetzt wird der Hunger an ihre Stelle treten, und ich glaube, daß es damit schneller geht." Der Kewir starrte auf das riesige schwarze Loch, in das sein stolzes Schiff verschwunden war. Er wagte sich nicht bis an den Rand heran. Der Boden zitterte hier und da noch, und in gespenstischer Lautlosigkeit lösten sich an vielen Stellen überhängende Brocken, die dann in die Tiefe stümen. Doch das Aufklatschen auf der Oberfläche des unterirdischen Sees kam nicht zu ihnen herauf. „Wo —wo sind.. .?" Wortlos deutete der Vankko in die Tiefe. Es war ein Wunder, daß sie nicht auch dort unten lagen. „Oder ist es die Strafe der Götter?" brachte der Kewir über die Lippen. Der Vankko hütete sich, jetzt die Götter mit alten Knaben zu vergleichen. Er zuckte mit den Schultern und atmete dabei laut und tief. Drei bauschige, schwach grünlich aussehende Wolken trieben lautlos am Himmel dahin. Ihnen machte das große schwarze Loch im Boden nichts aus. Langsam verschwanden sie in der Ferne, und mit ihrem Verschwinden ging auch die Hoffnung der beiden letzten Tels dahin. Perta, der gesperrte Planet. * 8:34 Uhr Norm-Zeit. Weisheit an Ren Dhark, Terra! Unsichtbare Stationen haben alle Raumhäfen Esmaladans zerstört. Die Weisheit bittet Terra um schnellste Hilfe. Die utarische Flotte ist schon zu Zweidrittel vernichtet, und es ist ihr in diesem Kampf nicht gelungen, eine unsichtbare Station zu zerstören. Unser planetarischer Schutzschirm besteht nicht mehr. Alle Städte sind dem unbekannten Gegner schutzlos preisgegeben. Wenn Terra uns nicht hilft, gibt es morgen keine Utaren mehr. Weisheit.
* 8:36 Uhr Norm-Zeit. Funkspruch von Ast-108 an Stab der Tf. Seit dreißig Sekunden keinen Funkkontakt mehr mit Ganymed, Pluto und allen Ast-Stationen des Saturn und Neptun: Starke Störungen im Bereich der Ortungen. Physikalische Phänomene sind nicht zu entschlüsseln. Ast-108, Kajus, Major * Er sah nicht nur wie ein Azteke aus, er war einer: Ember To Yukan. Goldbraun seine Haut; das hagere, langgestreckte Gesicht mit der Hakennase und dem schmallippigen Mund war voller Falten. Ganz kurz war sein blauschwarze Haar geschnitten, das scharfen Kontrast zu seinen grauen Augen hatte, deren Pupillen einen Stich ins Rötliche aufwiesen. Ember To Yukan, der Spezial-Ausbilder für alle Männer im BranaTal, die sich freiwillig gemeldet hatten, um Cyborgs zu werden. Er machte sie körperlich fit, Hochleistungen zu erbringen. Er war ihr Trainer. Er war der Mann, der oft verflucht worden war, aber auch der Mann, dem viele nach abgeschlossener Ausbildung ehrlich die Hand drückten, sich bei ihm bedankten. Der achtundzwanzig Jahre alte Mann, der über Transmitter nach Alamo Gordo gekommen war, um im wissenschaftlichen Forschungszentrum einige unaufschiebbare Dinge zu erledigen, hatte einen Jett benutzt und war zum Raumhaufen hinausgeflogen. Er mußte sich noch einmal Gent Field, das ins Riesenhafte gewachsen war, ansehen, und er wollte die TERRA, den ersten To-Raumer der Erde, mit eigenen Augen betrachten. Dieses rotfunkelnde Raumschiff, von dem man sich Wunderdinge erzählte; diesen Riesen, gegenüber dem die POINT OF wie ein Zwerg wirken sollte. Ember To Yukan zog den Jett hoch, schaltete auf maximale Leistung und lehnte sich zurück. Der Kurs stand auf Ende des Platzes. Vor zwei Jahren konnte man noch von einem Ende zum anderen sehen, inzwischen mußte man einen Jett zur Verfügung haben, um ihn wenigstens in einer Stunde zu umrunden, und dennoch war Cent Field, der Haupthafen der Erde, immer noch zu klein.
In der Ferne tauchte rötliches Funkeln auf. Die TERRA! »Jett 34-TT-5, fliegen Sie höher. Drei-' hundertzehn Meter sind vorgeschrieben, und dabei auf Schneise Lombard 65 bleiben!" Die Stimme aus dem Empfang quäkte. Der Tower hatte bemerkt, daß To Yukan mit seinem Jett die Schneise verlassen hatte. Er zog ihn wieder hoch, regulierte den Kurs und raste in gut drei Kilometer Entfernung an dem neuen Raumer vorbei. Das Ende des Hafens tauchte auf. To Yukan landete im Schatten eines 300-Meter-Kugelriesen, stieg aus und sah sich um. Die Rampe des Schiffes war ausgefahren. Zwei Mann schoben davor Wache. Den Jett-Fahrer beachteten sie nicht, weil er eine Uniform des Wissenschaftlichen Kommandos trug, und jeder in solcher Uniform war für Sie ein Eierkopf, und mit dem sprach kein Mann der TF. Ember hatte es nicht weit zur Terra. Im letzten Landemanöver hatte er dicht über dem Plastikbeton eine scharfe Kurve gezogen und war dadurch bis auf achthundert Meter an den Tofirit-Raumer herangekommen. Er warf einen Blick auf sein Chrono. Um 9:45 Uhr Norm-Zeit war er mit Czallcekow verabredet; jetzt war es 8:37 Uhr. Viel Zeit blieb ihm nicht, sich die TERRA auch von innen anzusehen — wenn man ihn an Bord ließ. To Yukan, der im Brana-Tal in 3200 Metern Höhe andere junge Leute fit machte, spurtete los. Zwischen die schweren Teleskopbeine der 3-034 hindurch, vorbei an den Wachen, die ihm interessiert nachsahen, weil er dieses unwahrscheinlich schnelle Tempo lief. Kaum hatte er den Schatten des Ringraumers verlassen, als er den Kopf in den Nacken legte. . Über ihm war doch etwas?! Im gleichen Moment riß er sein Vipho hoch, hatte es mit Tastendruck eingeschaltet und brüllte: „Alarm! Angriff aus dem Raum über.. ." Aus dem Nichts kam der Kampfstrahl, Dort, wo nichts war, und dennoch hatte Ember To Yukan dort etwas gesehen. Etwas Riesengroßes mit verschwommenen Umrissen. So groß, daß er daran gezweifelt hätte, wäre der mörderische Kampfstrahl nicht gewesen. Cent Field wurde angegriffen!
Die Erde! Die Luft brüllte und dröhnte! Zwei S-Kreuzer gingen im vernichtenden Strahlfeuer unter. Der Plastikbeton wurde an vielen Stellen flüssig, und schwarze Wolken stiegen in den klaren Morgen. Für Sekunden sah Ember To Yukan weit im Hintergrund die einmalige Silhouette von Alamo Gordo. Nirgendwo gab es eine zweite Skyline. Und davor standen die beiden Hochbauten von Cent Field, die dem Hafen sein charakteristisches Merkmal gaben. Die Erde wird angegriffen! dachte To Yukan entsetzt und verstand nicht, weshalb die schweren terranischen Strahlgeschütze die Station hoch am Himmel nicht angriffen. „Hier To Yukan! Hier To Yukan!" brüllte er in sein Vipho. „Warum greift man die Station über dem Hafen nicht an? Warum wird kein einziger Schuß abgestrahlt? Warum, in drei Teufels Namen ..." „To Yukan, Sie? Hier Rok Nassis!" Ein Cyborg, der sich in seinen Ruf eingeschaltet hatte. Einer von denen, die durch ihn im Brana-Tal in Hochform gebracht worden waren. „Nassis, warum wird nicht gefeuert?" Rok Nassis hatte auf sein zweites System geschaltet. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, als er fragte: „Sehen Sie denn die Station? Unsere Ortungen können nichts erfassen." Ember To Yukan wurde sich seines Könnens gar nicht bewußt. Er sah nur die Gefahr. Er töne das Brüllen der zur Seite gedrängten Luftmassen, die kaum noch zu ertragenden krachenden Einschläge der Strahlbahnen und dazwischen das Donnern und Schreien auseinanderfliegender ungeschützter Raumschiffe. Auf Cent Field war die Hölle los! „To Yukan, Ihre Positionsangabe, und dann versuchen Sie zu beschreiben, wo Sie das unsichtbare Ding sehen! Schnell, es geht um Sekunden!" Aber trotz aller Eile hatte die Stimme des Cyborgs unbeeindruckt geklungen. Innerhalb des zweiten Systems kannte er keine Emotionen. Die TERRA startetet Das rotfunkelnde Schiff sprang regelrecht in den Himmel. To Yukan dankte dem Schicksal, daß er noch nicht so nah heran war. Aber dann besann er sich auf seine Aufgabe.
Positionsangabe! Er beschrieb, wo er sich aufhielt, stieß die Namen der umliegenden Raumschiffe über seine Lippen. Und dann lag er langgestreckt auf dem Rücken. „Ich versuche nun, die Station so genau wie möglich zu lokalisieren . . ." Sie mußten im Stab der TF und in der. Waffensteuerung mit seinen unsicheren An gaben fertig werden. Keinen Kilometer entfernt schlug eine Strahlbahn ein. „To Yukan, rennen Sie um Ihr Leben. Denken Sie an r-Strahlung! Los, ins nächste Schiff, wenn es noch geht!" Es ging nicht mehr. Plötzlich hatte er es auch noch mit den innenliegenden AsOnentriebwerken der Kugelraumer zu tun, die hochgeschaltet worden waren. Er rannte um sein Leben! Und noch nie waren ihm zwei Kilometer bis zum Rand des Hafens so weit vorgekommen wie nun. Hinter ihm versanken stolze Raumschiffe, in Flammenorgien oder gingen in wilden Explosionen unter. Ember To Yukans Beine stampften wie die Kolben einer antiken Benzinmaschine. Sie schleuderten seinen Leib vorwärts, aber in diesen Sekunden wäre er gern ein Cyborg gewesen, die zehnmal schneller laufen konnten, wenn sie auf ihr zweites System geschaltet hatten. Da griffen endlich die planetarischen Forts ein! Terra schlug zurück! Und eine rotfunkelnde TERRA griff in den Kampf ein. Ihr Kommandant hieß Will Pennstick, und Will Pennstick hatte nicht nur Colonel Clarks Bericht über seinen Kampf mit unsichtbaren Stationen gelesen, er hatte sich auch mit Clark lange darüber unterhalten. Und Will Pennstick griff mit Clarks Taktik an! ' TERRA — der erste To-Raumer der TF! TERRA flog ohne Angriffsorder! Und TERRA hatte auch von der Waffensteuerung der TF die Position der unsichtbaren Starion erhalten. Überlichtschnell in der Atmosphäre der Erde zu fliegen, war verboten. Major Pennstick kannte plötzlich diese Verbote nicht mehr Alle drei Triebwerke schaltete er hoch.
Zwischen 135 000 und 145 000 Kilometern Höhe sollte sich der unsichtbare Feind befinden, wenn auf die Angaben eines Ember To Yukans Verlaß war. „To Yukan, Major? Haben Sie den Namen schon einmal gehört?" rief ihm der Erste zu. „Ja, aber ich-weiß nicht mehr, in welchem Zusammenhang. Da, die schweren Strahlgeschütze schießen!" Sie waren heller als die Sonne, diese Strahlbahnen, die vom Boden kamen; sie waren auch tödlicher als Sol! Aber sie trafen nichts! Sie rasten ins Leere. Sie trafen nicht einmal einen superstarken Schutz- und Deflektorschirm! Ember To Yükans Angaben konnten nicht stimmen! Die Terra hatte Sternensog erreicht. Der Suprasensor in der Zentrale steuerte ihn. Nur er war in der Lage, ihn für den Bruchteil einer Sekunde wirksam werden zu lassen. Da; wurde der To-Raumer von der unsichtbaren Station angegriffen! Intervalle! Belastung 83 Prozent! Major Will Pennstick ging nicht aus dem Kurs! Wohl machte er sich Clarks Taktik zunutze, aber er hatte sie leicht verändert! Er wollte nicht durch die Hintertür hereinkommen. Er wollte den Haupteingang bei dem mörderischen Fremden benutzen! Er verfügte über drei Triebwerke! Die Intervalle seiner Terra waren stabiler als die der POINT OF. In der Dauerbelastung waren sie dem Flaggschiff sogar um 54 Prozent überlegen. Darauf hatte Pennstick seinen Plan gebaut. Und dazu kam das Tofirit, aus dem die Zelle des neuen Kreuzers bestand! Volltreffer im unteren Mini-Bereich! Die TERRA schüttelte sich nicht einmal. „Waffensteuerung!" brüllte er über die Verständigung seinem Offizier zu. Alle Antennen waren auf Nadel geschaltet worden, bis auf drei, die die TERRA unbedingt benötigte, um den Kontakt mit dem Stab der TF nicht abreißen zu lassen. „Ist klar!" brüllte es aus der Waffensteuerung zurück. »Alles auf Nadel!"
Er war überlichtschnell und rosarot. Jede Materie setzte er in Energie um, und selbst die meisten Prallschirme waren Nadelstrahlen kein Hindernis. Schwierigkeiten gab es nur beim Beschuß von Unitall und- Tofirit. Sie widerstanden viel länger als jedes andere Material diesem erzwungenen Umwandlungsprozeß. Sie war da! Die Andrucksabsorber heulten auf. Ein paar Gravos brachen durch, kamen: aber nicht zum Tragen. Ein Zeichen, daß auf diesem Gebiet die Terra doch nicht so gut wie die POINT OF war. „Feuer!" stieß Will Pennstick über seine Lippen. Von Energiekaskaden wurden die beiden Intervallfeider der TERRA eingehüllt. Die Belastungsanzeige schnellte auf 99,2 Prozent. Der Major kniff die Augen zusammen. Über die Bildschirmanlage konnte er kaum noch etwas sehen. Sein Schiff wurde von Energien umtost, aber sein Schiff flog auf dem vorgeschriebenen Kurs weiter. Da gab es vor der Ringröhre eine Sonne! Die unsichtbare Station brannte! Sie wurde sichtbar! Ein Raumungeheuer von acht oder neun Kilometern Durchmesser! Ein Ungetüm, das aber Tausende Poren zu haben schien, und aus jeder Pore stießen grelle Energiebahnen nach allen Richtungen! Licht! Das war die Station! Ein Lichtzentrum! Aber es gab keine Umrisse preis! Es glühte heller und heller. Es schoß längst nicht mehr. Mit dem Aufleuchten war das mörderische Feuer eingestellt worden! Licht. ..! Und in diese Orgie flog die TERRA, immer noch nach allen Seiten Nadel abstrahlend, hinein. Das obere Intervallfeld brach zusammen. Der Suprasensor in der Zentrale schaltete den Sie auf Maximum. Die TERRA sollte in beinahe Nullzeit durch diese Strahlungshölle jagen. Da gab es auch den unteren Mini-Weltraum nicht mehr. Feuerprobe für das Tofirit! Dauerbeschuß der TERRA! Das Schiff in einem Inferno hochenergetischer, wildester Zerfallserscheinungen! Und der Umwandlungsprozeß wurde durch Nadel noch mehr beschleunigt.
Major Pennsticks Fingerkuppen lagen auf den Steuerschaltern. Seine Augen waren zu Schlitzen geworden. Viel zuviel Licht kam über die Bildschirme in die Zentrale! Da war die TERRA durch! Hinter ihr lag die Hölle, in der die Station eines unmenschlichen Gegners unterging! Sie stieß das große Ringschiff immer weiter von der Erde fort. Der Raumer jagte auf die Mondbahn zu. Die Erfassung der Bildschirme schaltete sich um. Im letzten Moment! Die unbekannte Station flog auseinander! Aber Tausende Trümmer rasten durch den leeren Raum und erhellten ihn mit ihrem grellen Glühen. Menschen, die ahnungslos auf der Erde waren, mußten glauben, am hellen Tag Sternschnuppen zu sehen. Major Will Pennstick fiel leicht zusammen. Die Anspannung, der Start, der Anflug und der Angriff, alles hatte Kraft gekostet. Wieviel? Das bemerkte er nun. Aber es gab für ihn keine Pause. Er hatte dem Stab der TF zu berichten. „Hier Raumer TERRA! Vollzug! Station vernichtet. Gehen auf Heimatkurs. Pennstik, Major." Bulton sah seinen Adjutanten an. „Ist Pennstick ein Roboter?" „Aber Marschall...?" Der grinste kurz. Ordensverleihung sofort nach der Landung, Das ganze Brimborium über alle TV-Stationen. Und möglichst großartig. Stopp! Ember To Tukan darf natürlich nicht fehlen. Arrangieren Sie alles!" Der Adjutant erledigte alles „über; sein Standvipho. Im stillen dachte er nur, wie schnell böse Beispiele gute Sitten verderben konnten. Major Pennstick hatte mv Telegrammstil gesprochen, und kaum gehört, hatte der Marschall ihn sich auch schon zugelegt. Die TV-Zentrale meldete sich. „Hier Stab der TF! Ab 9:39 Uhr stehen uns sämtliche Staats-Sender zur Verfügung. Vollzug an die Koordinations-Abteilung des Stabes der TF!" Er rief die Einsatzbereitschaft der Flotte an, aber obwohl Adjutant des Marschalls, er hatte zu warten, weil alle Phasen besetzt waren. Da bemerkte er Bultons strafenden Blick. Verwundert sah er seinen Chef an. „Mein Lieber", sagte der Marschall", „müssen Sie denn genau wie
Pennstick in diesem scheußlichen Telegrammstil sprechen? Freundlich sein kostet nichts! Nächstens freundlicher! Verstanden?" Es war das Glück des Adjutanten, daß der Marschall seine Gedanken nicht lesen konnte: Freundlich sein kostet nichts — bumms! Nächstens freundlicher — bumms! Verstanden T- bumms! und das nennt der Alte nun keinen Telegrammstil! Aber für eine Panne war der Adjutant nicht verantwortlich zu machen. Ember To Yukan meldete sich nicht. „Gefallen?" Kurz daruf stellte sich heraus, daß er mit seinem leichtbeschädigten Jett nach Alamo Gordo zurückgeflogen sei. . „Dann muß er doch aufzutreiben sein!" Bulton trieb seinen Adjutanten wie einen Sklaven an, dennoch meldete sich Ember To Yukan nicht. Er saß bei Czallcekow in der wissenschaftlichen Forschung, 1230 Meter unter Alamo Gordo, und dachte nicht daran,, sich von der TF einen Orden schenken zu lassen. Das Theater, dasman mit Major Pennstick machte, war ihm schon zuwider und dieser Major mit dem verdatterten Gesicht tat ihm leid. Aber schlimmer noch als diese pompöse Ordensverleihung War die Tatsache, daß die wichtigsten TV-Stationen diesen Zirkus abstrahlten. Für ein paar Stunden war Pennstick das Idol der terrani,schen Jugend. „Raffinierte Burschen!" sagte To Yukan, teils abwertend, teils anerkennend und wollte sich wieder ihrer gemeinsamen Arbeit zuwenden, doch Czallcekow bat um Erklärung. „Diese Ordensverleihung mit allem Drum und Dran, mit TV und dem Marschall, der wie ein Pfingstochse dekoriert ist, das tut man alles nur, um die Menschen möglichst schnell vergessen zu lassen, daß Terra angegriffen wurde. Das arme Schwein ist dieser Major, und ich — nein, ich bin dafür nicht zu haben. Aber wie bewerten Sie nun meine Idee, Czallcekow? Haben Sie als Mediziner keine Bedenken, wenn ich in dieser Form meine Männer trainiere?" Czallcekow, ein Mann, der auf die fünfzig zuging, lehnte sich zurück. „Warum haben Sie meine Kollegen im Brana-Tal nicht befragt? Warum haben Sie den Weg nach Alamo Gordo gemacht? Man hätte Ihnen drüben doch auch verbindliche Auskunft geben
können." „Meinen Sie?" fragte To Yukan. Sie wurden unterbrochen. Der Bildschirm des Viphos flammte auf, und bevor sich Ember To Yukan verstecken konnte, donnerte es schon über die Phase: „To Yukan, zum Teufel, war es wirklich nötig, daß die TF die GSO alarmieren mußte, um Sie aufzutreiben? Beeilen Sie sich. Ein Spezial-Jett fliegt Sie zum Raumhafen. Ob Sie wollen oder nicht, auch Sie kriegen einen Orden. Noch eins, To Yukan, machen Sie mich nicht ärgerlich. Ich habe wirklich Sorgen genug." Der Bildschirm wurde wieder grau. „Wer war denn das, der in dieser Form mit Ihnen gesprochen hat, To Yukan?" Der stand schon an der Tür. „Ob Sie es glauben oder nicht, Doc, das war der Chef der GSO persönlich, Bernd Eylers. Verdammter Mist, jetzt krieg' ich das Blech, doch angedreht!" Und das sagte er im breitesten Slang. Schön hörte es sich nicht an, aber es klang einmalig ehrlich. * Nacheinander wurden die Menschen in der POINT OF und der B101 wach. Das breite Band der Milchstraße funkelte in der Schwärze des Alls. Ein paar Milliarden Sonnen — wieviel es nun tatsächlich waren, wußte immer noch kein Mensch, auch, die Nogks und Utaren nicht — schienen das gesamte Universum zu füllen, und doch war diese Galaxis nur eine von aber Millionen und dazu auch noch eine kleine. „Da wären wir wieder " sagte Dan Riker, der wie alle anderen eine belebende Kapsel geschluckt hatte und nun auf die Wirkung wartete. Dro Cimc starrte die Bildkugel wie ein Weltwunder an. Sein Blick tastete einen Spiralarm nach dem anderen ab. Ren Dhark beobachtete den schwarzen Weißen. Er hatte vor, ihn trotz der Verständigungsschwierigkeiten anzusprechen, als die Funk-Z ein Gespräch durchstellte. Janos Szardak dränge darauf, mit Dhark zu sprechen. „Was ist mit der POINT OF los, Dhark? Wir stehen 45 Lichtjahre entfernt vom Ringraumer und können ihn ausmachen, als ob das Schiff mit maximaler Sendeleistung seinen Standort hinausschreien würde."
Ren Dhark verstand kein Wort. „Ja, es ist eine Kleinigkeit, das Schiff zu orten!" behauptete Janos Szardak abermals energisch. „Doorn hat uns darauf gebracht. Er hat es entdeckt. Uris Normalsterblichen wäre es wahrscheinlich gar nicht aufgefallen." Es wurde wieder unheimlich. Kaum aus dem nicht ausgereiften Universum dank der Hilfe der Nogks zurückgekommen, behauptete Szardak, der Ringraumer sei eine stellare Heulboje, die ununterbrochen ihren Standort bekanntgeben würde. „Kann ich mir Doorn sprechen?" verlangte Ren Dhark, der aus den Angaben seines Colonels nicht klug wurde. Das Boxergesicht des Sibiriers tauchte auf dem Bildschirm auf. „Dhark, es ist so, wie Szardak sagte. Die POINT OF zieht eine Spur hinter sich her..." Er verstummte, denn auf seinem Bildschirm hatte er Rikers Rippenstoß bemerkt, der dem Commander galt, und dann hörte er auch schon sagen: „Ren, erinnere dich daran, daß wir ans den Kopf zerbrochen haben, wieso die schwarzen Weißen uns immer wieder aufspürten. Sag mal, hat das alles nicht...?" Um Haaresbreite hätte er' von Erron-3 gesprochen, doch Erron-3 war durch die Einnahme einer bestimmten Mentcap nicht mehr in der Erinnerung der Menschen auf der POINT OF enthalten. Nur Congollon, Dhark und er wußten um das Haupt-Archiv der Mysterious im blaßblauen Universum. Hinter Dharks Stirn rasten die Gedanken. Seine POINT OF hinterließ eine Spur? Sein Erron-Wissen wurde aktiv. Wissen aus einem Weltraum, in dem es scheinbar nur vorbeirasende Lichtbahnen gegeben hatte, bis es ihnen gelungen war, sich der dort herrschenden Zeit anzupassen. Von dieser Überlegung ging er aus. Flüsternd informierte er seinen Freund Dan. Die anderen durften durch ihre Bemerkungen nicht in Unruhe versetzt werden. Da fragte Are Doorn von der B-100 ahnungslos: „Ob diese Spur, die die POINT OF hinterläßt, nicht durch die Benutzung des Materie-Senders auf Planet l entstanden ist?" Er konnte nicht verstehen, warum Dhark abgeschaltet hatte. Fragend blickte er Anja Riker an und dann den Colonel. „Ist Dhark
in der letzten Zeit nicht schon ein paarmal recht eigenartig gewesen?" „So kann man es auch nennen, Doorn." Szardak nahm kein Blatt vor den Mund. Auch er hatte sich über die Trennung des Gespräches geärgert, und es lag doch wirklich kein Grund vor, auf diese Weise ein Gespräch zu beenden. Vor allen Dingen wußte der Commander doch immer noch nicht, wie Arc Doorn zu seiner bestürzenden Entdeckung gekommen war. Mit den normal arbeitenden Ortungen konnte die Spur nicht erfaßt werden. Anja Riker war wieder in den Hintergrund der Zentrale getreten. Seit sie mit Dan verheiratet war, hatte sie das Warten gelernt, aber auch gelernt, daß es manchmal nutzlose Kraftvergeudung war, ihren Mann unbedingt zu sprechen. Und wenn er nicht anrief, dann konnte sie es hundertmal versuchen, um dann zum Schluß doch nichts erreicht zu haben. Zwei Stunden später sagte Dhark zu seinem Freund, nachdem auch der letzte Techniker und Ingenieur im Schiff auf eine Aufgabe angesetzt worden war: „Wir müssen Dzardak anrufen. Er und Doorn werden inzwischen nicht gerade herzlich über uns gesprochen haben ..." „Und darf ich dich so nebenher daran erinnern, daß sich Anja ah Bord der B-100 befindet, lieber Ren?!" Im Ton etwas scharf gestellt, nahm Dhark seinem Freund die Anspielung nicht übel, aber hatten sie denn in den letzten beiden Stunden eine einzige freie Minute gehabt? Sie waren von einem Deck zum anderen gerast, hatten hier kontrolliert und dort Messungen vorgenommen, sie hatten Ingenieuren Anweisungen erteilt, daß lie den Mund nicht mehr schließen konnten, und mehrmals zehnmal waren sie gefragt worden: Großer Himmel, woher haben Sie denn dieses Wissen? Und so oft man sie gefragt hatte, so oft hatten sie darauf ausweichend geantwortet. Auch die, Männer in der Zentrale waren beruhigt worden. Sie hatten recht leichtgläubig Dharks Deutung aufgenommen. Doorn, der auf Planet I zurückblieb, hat auch als einziger die Tatsache nicht vergessen, daß die POINT OF einen Materie-Sender benutzte. Jetzt endlich ist mir auch erklärlich, wie wir auf einmal so weit hinter dem Zentrum der Milchstraße stehen konnten. Ich werde mir, wenn mit der B-100 wieder gesprochen wird, darüber Gewißheit
holen." Er dachte nicht daran, es zu tun; vielmehr hoffte er im stillen, daß ihn keiner seiner Offiziere an das halbe Versprechen erinnern würde. Noch stärker hoffte er, daß Doorn keine weiteren Bemerkungen darüber machen würde. Und dann hatten sie eine Spur entdeckt, die von ihrem Schiff erzeugt wurde. Sie hatten sie aus dem blaßblauen Universum mitgebracht. Die POINT OF erzeugte, ob gelandet, beim Sie, Sternensog oder im freien Fall mit ihren beiden Intervallfeldern semistabile Schwingungen, die sowohl den Normal- als auch den Hyperbereich belasteten. Das wäre nicht von großer Bedeutung gewesen, wenn dieses Semistabile nicht durch die Hochwerte des elektromagnetischen Feldes in der Galaxis einen Langzeiteffekt mitbekommen hätte. Die Spur der POINT OF verging erst nach 19:35 Stunden NormZeit. Der Translator, ein Erzeugnis der Rateken, wurde eingesetzt. Nach zehn Minuten war er in der Lage, einfache Sätze zu dolmetschen. Dro Cimc wurde mit der ter-anischen Zeiteinteilung vertraut gemacht, und dann richtete man an ihn die Frage, welche Dauer die Spur des Ringraumers gehabt habe, als er von Tel-Schiffen verfolgt worden war. Der Wer benötigte knapp eine Minute, um mit der neuen Zeitrechnung fertig zu werden und die Frist zu bestimmen. „19:35 Stunden!" übersetzte der Translator seine Angaben. Weder Dhark noch Riker sagten ein Won. Beide hielten sich mit ihren Händen den Kopf fest. Kleine Ursachen — unheimlich große Auswirkungen. Allein wegen dieser Spur hatten die Tels mehrere tausend Raumschiffe verloren. Allein wegen dieser Spur hatten siebzehn Sonnen den Untergang gefunden. Im Blaßblauen waren die Intervalle verändert worden. Niemand im Schiff hatte es bemerkt, weil die Aggregate für den oberen und unteren Mini-Bereich bisher wartungsfrei gearbeitet hatten. Nun, nach der Überprüfung, stellte sich heraus, daß sich beide durch die Dauerbelastung im blaßblauen Universum im Bereich der SidinReter nach minus 3 verschoben hatten. Neu auf plus minus Null
justiert, zeigten die Intervalle keine Spur mehr, die erst nach rund zwanzig Stunden verging. Die Funk-Z stellte Kontakt zur B-100 her. „Na?" fragte Dhark und seine Augen glänzten vor diebischer Freude. „Hinterlassen wir immer noch eine Spur, und darf man die POINT OF jetzt auch noch eine stellare Heulboje nennen?" „Gratuliere!" sagte Doorn spontan. „Ich bin sprachlos. Woran hat es denn gelegen? An den Intervallen?" Gut ein Dutzend Männer in der Zentrale der POINT OF schnappten nach Luft, denn einmal hatte der Sibirier einen Beweis seines unerklärlichen Könnens geliefert. Kontakt zu technischen Problemen war chmal so bestürzend eng, daß man Versucht war zu behaupten, er würde mit seelenlosen Aggregaten leben. „Ja, es lag an den Aggregaten, die die Intervalle erstellen. Bei beiden war der Sidin-Reter um drei Werte verschoben . .." In der Zentrale des S-Kreuzers B-100 sagte ein Mann mit breitflächigem Gesicht und einer Boxernase: „Sidin-Reter . . .?" Wenigstens ein halbes Dutzend Fragezeichen setzte er dahinter. In seinen Augen stand Mißtrauen. Unverwandt starrte er —den Commander an. „Ich habe inzwischen von Mix l, 2- und 3 gehört. Von Gringer und Bifer, und jetzt..." Das Thema durfte nicht weiter behandelt werden. Unter keinen Umständen. „Doorn, später mehr darüber. Wir haben uns schon per Funk von den Nogks verabschiedet und für ihre Hilfe bedankt. Der Checkmaster berechnet gerade für alle drei Schiffe die Sprungdaten. Jeder Raumer transistiert für sich allein. Kurs bekannt — Terra. Anja, ich verspreche dir, daß Dan dann mit dir einen Monat Urlaub macht, und niemand wird euch stören. Und ich halte diesmal mein Versprechen. Ganz bestimmt. Auf Wiedersehn auf Cent Field!" Der Schirm wurde grau, die Tonphase lag still. Aber Dan Riker neben ihm war nicht ruhig. „War es wieder einmal nicht möglich, daß ich mit Anja ein paar Worte wechseln konnte?" Ruhig erwiderte Dhark: „Dan, X-Zeit läuft für uns schon!" Und dann kam die erste Transition, die die POINT OF in Richtung Terra in das Sternenmeer hineintrug.
* Achthundertzweiundzwanzig Raumer waren nach Esmaladan unterwegs. Der Notruf der Utaren war auf Terra nicht verhallt, aber der Stab der TF konnte nicht mehr Schiffe zu den Humanoiden mit den großen Knopfaugen entsenden, denn Terra befand sich selbst in akuter Gefahr, wie der Angriff durch die Station des unbekannten Gegners bewiesen hatte. Wieder wurde der große Schiffsverband von Colonel Huxley und Clark befehligt, und abermals hatte Huxley darauf zu verzichten, sein FO-Schiff zu benutzen. Er hatte nicht einmal den Antrag gestellt, weil er einsah, daß seine FO ein Fremdkörper im Gesamtverband war. Drei Stunden nach Eingang des utarischen Notrufes jagten die SKreuzer Terras in Richtung Esmaladan davon. * Corporal Nasuba drückte die Alarmtaste, als dicht vor der Ast-87 ein Raumschiff rematerialisierte und mit hoher Unterlichtfahrt in Richtung Erde weiter jagte. Alarm über To-Funk! Alarm an alle Ast-Stationen und an die Erde! Da maß er die zweite Struktur-Erschütterung an, und keine Sekunde später die dritte! Groß-Alarm! Angriff aus dem Raum duch einen unbekannen Schiffsverband! Sensorische Automatik gemischt mit der Technik der Mysterious wurde aktiv. Ein paar tausend Männer wurden auf ihre Stationen gerufen. Mehrere hundert Ortungen griffen nach den drei Schiffen, die Terra anflogen. Auch die Ortungen der Erde; auch die von Cent Field, Energie-Ortung! Werte an den großen Suprasensorl Kaum hatte er sie erhalten, als er den Groß-Alarm abstellte. Drei Offiziere und fünf Mannschaftsgrade starrten sich verblüfft an. Einer kam auf den Gedanken, endlich die ausgestoßene Folie zu lesen. »Himmel und Sterne! Wir haben es mit der POINT OF zu tun! Der
Commander kommt zurück! Der Commander..." Corporal Nasuba auf der Ast-87 bekam für seinen Alarm keinen Tadel. Der Kommandant der Station klopfte ihm auf die Schulter und meinte nur: „Okay, es hätte viel schlimmer kommen können, aber daß der Commander mit Groß-Alarm empfangen wird, das hat er verdient. Mit ihm möchte ich auch einmal quer durch das Sternenmeer segeln." * Die Trümmer lagen noch auf dem Raumhafen, als die POINT OF mit den beiden S-Kreuzern aufsetzte. Die Trümmer und die tiefen Schmelzspurrinnen im Plastikbeton waren nicht zu übersehen, und jeder im Schiff fragte sich, was während ihrer Abwesenheit auf der Erde geschehen war. „Schöner Urlaub!" sagte Dan Riker ahnungsvoll. Drei Stunden später, nach dem ersten umfassenden Bericht durch Henner Trawisheim, rief Riker seine Frau an. „Anja", begann er behutsam, „ich glaube, aus unserem Urlaub wird vorläufig nichts ..." „Meinst du, ich hätte noch daran gedacht, seit ich die zerstörten Raumer gesehen habe, Dan? Und Dark kannst du sagen, daß ich ihn nicht beim Wort nehme. Nur, dich soll er beim nächsten Einsatz endlich einmal zu Hause lassen. Darauf bestehe ich." „Anja?! " Hatte sie immer noch nicht begriffen, daß sein Platz auf der POINT OF war, wenn sie den Sternen zu jagte? „Nichts, Anja!" unterbrach sie ihn. „Entweder ich oder die POINT OF, Dan! Entscheide dich. Ich möchte doch einmal im Jahr für ein paar Tage das Gefühl haben; verheiratet zu sein. Bitte, es ist mein voller Ernst!"' Er glaubte es, wenn auch nicht gern. Er wußte, wie es um sie stand, wenn sie derart energisch sprach. Er kehrte in den Konferenzraum zurück und nahm wieder neben Ren Dhark Platz. Der warf ihm nur einen Blick zu und hatte alles verstanden. Bei Dan drohte der Haussegen schief zu hängen. „Es bleibt bei deinem Monatsurlaub . .." Das Stanvipho unterbrach. Echri Ezbal aus dem Brana-Tal. Dort hielt sich Dro Cimc auf. Er sollte versuchen, die einundneunzig Tels zum Sprechen zu bewegen. „Dro Cimc ist schwer verletzt. Wir haben ihn im letzten Moment
retten können. Wie auf ein Kommando fielen die anderen schwarzen Weißen über ihn her. Man hatte sich eine unfeine Todesart für ihn ausgedacht. Sie wollten ihn tottrampeln. Um ein Haar wäre es ihnen auch geglückt." Dro Cimc schwer verletzt. Ren Dhark hatte große Pläne mit diesem schwarzen Weißen, der sich in einer hoffnungslosen Situation für die Terraner entschieden hatte, obwohl er einmal der erbittertste Feind der POINT OF gewesen war. Henner Trawisheim fuhr in einem Bericht fort. Er kam auf die Transmitter-Straßen zu sprechen, auf die unterseeischen Werften auf Dockyard, und auf die Welt der Giants, auf denen nun vier Cyborgs, Chris Shanton und Jos Aachten van Haag verschwunden waren. Aber auch kein einziger Giant war auf diesem Planeten mehr anzutreffen. »Wir haben die Zentrale, in der vorher von Giants die TransmitterStraßen übergeht wurden, besetzt, doch mit der Technik kommen wir nicht klar .. ." Ren Dhark nahm zu allem keine Stellung. Er schwieg auch, als Marschall Buhon vorgetragen hatte. „... Die Berichte aus dem Raum um Esmaladan lassen hoffen, daß es unseren S-Kreuzern ohne große Verluste gelingt, mit den unbekannten Stationen fertig zu werden. Clark wie Huxley haben den Befehl, unter allen Umständen zu versuchen, eine Station zu erobern, damit wir endlich erfahren, mit wem wir es zu tun haben." Manu Tschobe trat ein. Er war von Dhark angefordert worden und hatte erst von Dockyard, via Transmitter Hope, per Raumschiff nach Terra kommen können. „Sie haben mit den Cyborgs gesprochen. Auf zwei Planeten, die jeweils am Ende von Transmitter-Straßen lagen, sind sie auf den Goldenen Menschen gestoßen?!" Tschobe berichtigte. „Im letzten Fall lag der Planet Goldenen Menschen, der auf einem Felsvorsprung unter einem Wasserfall stand, nicht am Ende einer Transmitter-Straße, sondern von dort aus führte der Weg weiter. Die Gegenanlage jedoch ist durch Carrell zerstört worden. Wo beide Planeten zu suchen sind, haben wir noch nicht feststellen können. Der Mangel an Experten macht sich überall bemerkbar." Trawisheim und Bulton warfen sich vielsagende Blicke zu.
Sie waren vom Commander enttäuscht. Um die Alltagssorgen kümmerte er sich auffallend wenig; er hatte auch keine Kritik an ihren Entscheidungen getroffen, aber auch nicht gelobt. Doch über die Standbilder des Goldenen Menschen konnte er nicht genug erfahren. Bulton mischte sich ein. „Commander, wir haben den ersten Tofirit-Ringraumer in Dienst gestellt und mit drei Triebwerken aus der Fertigung der Mysterious bestückt. Der Durchmesser der Ringröhre beträgt vierhundert Meter bei einer Höhe von neunzig Metern." „Ich möchte morgen darüber unterrichtet werden, Bulton. Warum haben Sie die Suche nach den vermißten Männern abgebrochen, Tschobe?" „Sie befinden sich nicht mehr auf dem Planeten der Giants, oder sie sind tot. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht." Tschobe sah an dem Commander vorbei. Er würde es nie lernen, seinem Gesprächspartner in die Augen zu sehen. Nur wenn er vor Wut beinahe barst, dann war er dazu in der Lage. Dhark wandte sich an Trawisheim. „Wieviel Cyborgs sind frei?" „Kein einziger. Wir haben viel zu wenig. Im Brana-Tal befindet sich eine Serie in Entwicklung, die darauf spezialisiert ist, Raumschiffbesatzungen auszubilden. Denn zum erstenmal haben wir mehr Schiffe als Mannschaften." „Trawisheim . . .!" Mehr sagte der Commander nicht, aber sein Kopfschütteln sprach Bände „Bitte?!" Dharks Stellvertreter war verwirrt, ihm war bewußt geworden, daß ihm bei all seinem Cyborg-Können nun ein gravierender Fehler unterlaufen war, aber er konnte ihn nicht entdecken „Sind die Männer, dit als Besatzungsmitglieder der MysteriousRingraurner in Frage kommen, durch alle Untersuchungen gelaufen und haben sie alle Tests hinter sich gebracht?" „Ja, wir haben doch mehr als 28 000,Bewerber, von denen ein Teil jedoch mit den Siedlern schon ausgewandert ist." „Diesen Teil holen wir sofort zurück, und alle anderen werden zum nächsten Raumhafen beordert. Für anständige Unterkunft sorgen wir.
Wenn die 28 000 Mann zusammen sind, werden sie auf mehrere Schiffe Verteilt nach Hope geflogen und im Archiv mit Memcaps gefüttert. Vierzehn Tage später, nach entsprechender Schulung, haben wir Besatzungen genug. Ich nehme an, Trawisheim, daß Sie das Archiv auf dem Planeten Hope übersehen haben." Seine Worte enthielten keinen Vorwurf, denn während er sprach, erinnerte er sich, daß er in der letzten Zeit mehr als einmal Lebenswichtiges übersehen oder sogar vergessen hatte, aber er bedauerte nicht, Trawisheim bei einem Fehler ertappt zu haben. Denn dieser Mann mit seinem Dyborg-Gedächtnis und seinem Können, nie etwas zu vergessen, was er einmal erfahren hatte, hatte das Archiv auf Hope vergessen, und damit war ihm Trawisheim wieder etwas menschlicher geworden. „Was hat sich Wichtiges in der Zeit unserer Abwesenheit noch ereignet?" Trawisheim und Bulton überprüften noch einmal ihre Aufzeichnungen. »Die einzelnen Minister hätten vielleicht noch einiges vorzutragen." Dhark winkte ab und lächelte Trawisheim an. „Dafür habe ich Sie. Damit möchte ich mich nicht belasten, und vor allen Dingen, ich verstehe nicht viel davon. Nun darf ich Ihnen in kurzen Zügen von unserem Forschungsflug Bericht erstatten. Ein Teil des Berichtes ist so geheim, daß ich Sie, Tschobe, bitten muß, uns allein zu lassen." Der Afrikaner nahm es dem Commander nicht übel. Er erhob sich wortlos und verließ den Raum. Zwitt und Planet l mit dem Materie-Sender waren bekannt, aber niemand wußte, wohin der Versuch mit dem Sender die POINT OF gebracht hatte. Erron-3, das Hauptarchiv der Mysterious kam zur Sprache. „... Wir haben es mit einer Schatzkammer des Wissens zu tun, die soviel enthält, daß sie eine unheimliche Verführung für jeden Menschen darstellt. Würden wir das Wissen rigoros ausbeuten und uns nutzbar machen, dann könnten wir von heute auf morgen unsere Technik auf den Schrotthaufen werfen, und uns den Errungenschaften der Geheimnisvollen bedienen. Welche Folgen es haben müßte, liegt auf der Hand. Wir hätten in wenigen Monaten ein paar starke Interessengruppen auf der Erde, die alles einsetzen würden, um die anderen zu überflügeln. Die
auch vor einem globalen Krieg nicht zurückscheuten. Darum darf das Mentcap-Wissen von Erron-3 nur dosiert zur Erde gelangen, und es darf bis auf einen engen Kreis Vertrauter nicht bekannt werden, wo Erron-3 liegt. In jedem Fall möchte ich darüber entscheiden, ob Erron-3 im blaßblauen Universum angeflogen wird oder nicht..." Als er von den Zeitlosen sprach und ihrem Angebot, zeichnete die Spannung ihre Gesichter. „Ich habe abgelehnt. Die Gründe brauche ich wohl nicht anzuführen. Aber erst durch die Nogks, die uns aus dem tintenblauen Universum herausholten, erfuhren wir, welche Gefahr die Zeitlosen für jede intelligente Rasse im All darstellen . . ." Er schloß seinen Bericht mit der Ankündigung, sich in dieser Nacht auszuschlafen. „Morgen möchte ich dann mit Ihnen besprechen, welche Wege einzuschlagen sind, um mit den Tels zu einem Bündnis zu kommen. Leider fällt Dro Cimc durch den unvorhergesehenen Zwischenfall im Brana-Tal aus." Die Konferenz war beendet. Gemeinsam verließen Dhark und Riker den Raum und fuhren mit dem A-Gravlift zwei Etagen höher. Sie hatten sich nichts mehr zu sagen. Mit einem gemurmelten ,Gute Nacht' verabschiedeten sie sieh. Sie hörten nicht mehr und sahen nichts davon, wie alle wichtigen TV-Stationen in Wort und Bild über die Rückkehr des Com-manders berichteten. Der Mann, der den Menschen den' We gins Weltall gezeigt hatte, lag in seinem Bett und schlief traumlas und tief. Die nie endenden Geräusche in und über Alamo Gordo hörte er nicht. * Cif Choff in schob Wache. Hundert Meter weiter auf der breiten Galerie im Überwachungsraum der Transmitter-Straßen stand Yubo Sambesi, dessen Vater noch Medizinmänner und Zauberer erlebt hatte. Yubo Sambesi fand dieses Wachesehieben ebenso langweilig wie sein Kamerad Choffin. An den im Raum stehenden Leuchtbahnen hatten sie sich schnell satt gesehen. Cif Choffin sah auf sein Chrono. 23:45 Uhr Norm-Zeit. In fünfundvierzig Minuten wurde er
abgelöst. Er holte .eine Zigarette hervor, schob das Mundstück zwischen die Lippen, drehte es und rauchte. Seine schwere Blasterwaffe steckte im Halfter, und der Abstrahlpol schlug hin und wieder gegen seinen Oberschenkel, wenn er dösend hin und her ging. Wenn man ihnen wenigstens ein TV erlaubt hätte, aber die Station mit dem gespeicherten Programm war nur für die vorhanden, die auf der Oberfläche zu tun hatten. Ihnen, den Maulwürfen, hatte man einfach alles untersagt, sogar Alkohol in der Freizeit. Cif Choffin war sauer. So hatte er sich seinen Dienst bei der TF wirklich nicht vorgestellt. Da war die miserabelste Arbeit am Band doch abwechslungsreicher. Cif zertrat den Zigarettenrest. Überall lagen welche herum. Jeder, der Wache schob, langweilte sich hier. Kein Wunder, denn außer den Schritten der Wache war in diesem großen Raum nichts zu hören. Er blieb am Rand der breiten Galerie stehen. Man hatte ihnen erklärt, was die einzelnen Bahnen mit ihren Knoten zu bedeuten hatten. Er hatte es gelernt, aber die Hälfte davon schon wieder vergessen. „Der Teufel soll diese All-Hüter holen!" knurrte Cif und wollte zur nächsten Zigarette greifen, als seine Hand in der Tasche blieb. Nein! wollte er hinaussehreien, aber über seine Lippen kahl kein Ton. Die Strahlbahnen erloschen! Eine nach der anderen! Die Knoten verschwanden! Im gewaltigen Kuppelraum wurde es immerdunkler. Yubo Sambesi rief ihm etwas zu, das er nicht verstand. Der Afrikaner bekam es auch mit der Angst. Großer Himmel, was war denn plötzlich hier los? Cif riß sein Vipho hoch. „Hauptwache! Hauptwache, bitte, kommen. Hier Corporal Choffin! Hier Choffin ..." „Ja, was gibt's denn?" klang eine gemütliche Stimme auf, bevor der kleine Bildschirm stabil wurde. Dann war es mit aller Gemütlichkeit vorbei. Cif hatte die Erfassung seines Viphos auf den Teil des Kuppelraumes gerichtet der vor Minuten noch voller leuchtender Bahnen gewesen war. Alarm-Meldung zur Wissenschaft. Mitten in der Nacht.
Unersetzbare Minuten gingen verloren. Als die ersten Wissenschaftler in den Überwachungsraum kamen, gab es keine einzige Strahlbahn mehr, nur noch einen gewaltigen, aber leeren Kuppelbau. Zwei Stunden später begann sich eine Katastrophe abzuzeichnen. Es gab keine Verbindung mehr zum Planeten Dockyard. Der Transmitter hatte seine schwarze Kugel mit dem roten Leuchten darin verloren. Über To-Funk wurde Dockyard unterrichtet. „Glauben Sie, hier sähe es anders aus?" knurrte ein Mann, dessen Ratlosigkeit Lichtjahre weit reichte. „Alle Bänder liegen still. Kein einziges Raumschiff wird produziert. Wir haben Hope schon angerufen, aber außer nichtssagenden Worten hatten die auch keinen Rat. Deren Transmitter mit der Ringantenne arbeitet nach wie vor. Alle anderen aber nicht. Es bleibt euch auf Dockyard nichts anderes übrig, als abzuwarten." Das waren auch billige Worte. Cif Choffin erlebte ratlose Experten aus nächster Nähe. Sie benahmen sich nicht anders als er, wenn auch er nicht weiter wußte. „Das ist lebenswichtig!" hörte er einen Mann sagen, den die anderen mit Professor ansprachen. „Wir müssen herausfinden, warum die Überwachung der Straßen nicht mehr arbeitet. He, Sie, haben Sie vielleicht doch an den Schaltpulten herumgespielt?" Damit war Choffin gemeint. „Nein! Aus zwei Gründen nicht: Erstens, weil ich nichts davon verstehe und mich nicht eigenhändig in die Luft jagen will, und zweitens, weil ich an diesem Zeug kein Interesse gehabt habe. Ist das klar ausgedrückt?" Ein Offizier wollte ihm sagen, mit wem er sprach, aber der Professor winkte ab. Er betrachtet mich wie ein Versuchskaninchen, dachte Cif Choffin verärgert und kehrte dem Experten demonstrativ den Rücken. Dabei schwang sein Blaster im leichten Bogen mit. „Stopp! Noch einmal umdrehen. Genauso schnell!" hörte Cif Choffin die Aufforderung. Er war gemeint. Er tat diesem Professor den Gefallen. Wieder schwang die Waffe im weichen Bogen mit und Watschte
dann erbeut gegen den Oberschenkel. „Wo haben Sie gestanden, als die Strahlbahnen erloschen?" „Da!" sagte Cif ohne langes Überlegen. „Genau da, und an keinem anderen Platz." Was wollte dieser Eierkopf nur mit seiner Fragerei? Sein Platz war dicht neben dem Schaltpult gewesen. Die Zigarettenreste auf dem Boden sprachen eine unmißverständlich« Sprache. Aber warum kniete jetzt dieser Professor mit drei Mitarbeitern vor dem Schaltpult? Was suchten sie denn? Der Professor drehte den Kopf. „Kommen Sie mal her. Wir benötigen jetzt Ihre liebenswürdige Hilfe." Cif Choffin konnte sich nicht erinnern, auch nur einen Moment lang liebenswürdig gewesen zu sein, und er machte auch kein freundliches Gesicht, als er der Aufforderung nachkam. Der Wissenschaftler griff ihm etwas zu hastig nach seinem Blaster, ohne ihm aus dem Futteral zu ziehen. „Passen Sie auf, daß das Ding nicht abstrahlt!" warnte Corporal Choffin. Der Experte achtete nicht darauf. Der Abstrahlpol war ihm von größter Wichtigkeit. Großer Himmel! Cif weitete seine Augen. Eine Hand legte sich um seinen Arm und zog ihn langsam um das Schaltpult. Auf den Knien rutschend und den Abstrahlpol gegen die Verkleidung des Schaltpultes drückend, folgte ihnen der Professor. Und da machte es laut klick! So laut, als ob dürres Reisig unter einem Tritt zerbrochen sei. „Was war das?" Der Professor sah Corporal Choffin an. Der Corporal war immer noch nicht liebenswürdig. Diese Eierköpfe mit ihrem wichtigtuerischen Gehabe regten ihn langsam auf. „Weiß ich doch nicht!" erwiderte Choffin brummig. „Vorhin, als die Strahlbahnen verschwanden, haben Sie dieses Geräusch nicht gehört?" Nein, hatte er nicht. „Wir,. ." Niemand sagte ein Wort. Niemand bewegte sich.
Auch nicht Cif Choffin. Die Strahlenbahnen kamen wieder. Die Knoten auch. Es wurde immer heller im Leerraum der Kuppel, je mehr Strahlbahnen aus dem Nichts auftauchten. „Mann, verdammt noch mal. . .", und der fluchende Professor schlug ihm die Hand auf die Schulter, daß Choffin bei jedem Schlag in die Knie ging. Dabei war er der Ansicht gewesen, Eierköpfe wären von Geburt aus schwach auf der Brust, aber dieser hier machte aus seiner Schulter einen einzigen blauen Flecken, wenn er nicht bald seiner Begeisterung auf andere Weise Luft machte. »Mann, Sie sind mit Gold nicht zu bezahlen und ihr Blaster auch nicht! Sterne und Boliden, diese Entdeckung ist mir die Aufregung wert. Malleine, rufen Sie Dockyard an, ob dort alles beim alten geblieben ist, aber schnell!!" Malleine bekam die Verbindung, mußte aber warten. Der Professor konnte immer noch nicht fassen, was durch Cif Choffin entdeckt worden war. „Mit Ihrem Blaster . .. mit dem Abstrahlpol Ihres Blasters haben sie alle Transmitter-Straßen lahmgelegt. Mann, etwas Schöneres konnte uns gar nicht passieren ..." „Was habe ich?" Choffin war sich keiner Schuld bewußt, und er versuchte, sich wieder als knurrendes Rauhbein zu zeigen. „Uns einen Gefallen getan", beendete der Professor das Gespräch, denn Dockyard war in der To-Funkverbindung. Und er hörte dem Gespräch zwischen Malleine und dem anderen auf dem fernen Planeten zu. „Die Bandstraßen arbeiten wieder, die Kugeltransmitter auch. Aber was ist eigentlich die Ursache dieses Ausfalls gewesen? Haben Sie eine Ahnung darüber?" Der Professor legte die Hand auf die Lippen. Mochten sich einige hundert oder tausend Menschen den Kopf zerbrechen, doch unter keinen Umständen durfte bekannt werden, wie einfach alle Transmitter-Straßen der Mysterious zu überwachen und auszuschalten waren, nur mußte man wissen, an welchem Schaltpult sich der Steuerknopf befand, und vor allen Dingen, wo! Als Cif Choffin seine nächste Wache schob, hatte er allen Grund, sich zu wundern. Das Schaltpult, vor dem ein Professor auf den Knien herumgekrochen war, lag hinter einer energetischen Sperre
und war wohl zu sehen, aber nicht zu erreichen. Immer wieder fiel Choffins Blick darauf. Immer wieder fragte er sich, warum dieses Pult, das sich von den vielen anderen am Rand der Galerie kaum unterschied, diese immense Bedeutung hatte, und dann benutzte er die erste beste Gelegenheit, diesen Professor darüber zu befragen. „Choffin, wie meinen Sie das? Ich verstehe Ihre Frage nicht?" „Wie ich es meine. . . ganz einfach. Das Schaltpult hinter der energetischen Sperre steht nicht einmal in der Mitte der Galerie, deshalb muß man sich doch einiges beim Bau gedacht haben, als man gerade diesem den Schalter einbaute, über den alle Straßen abzuschalten sind, oder?" Nachdenklich sah der Professor zwischen der Sperre und dem Corporal hin und her. Choffin hatte recht. Warum besaß nur dieses Schaltpult diesen Schalter, und warum war er in versteckter Postition nicht auch bei allen anderen zu finden? „Ich werde mir Gedanken darüber machen, Choffin", sagte er, ohne zu ahnen, daß er mit seinem Team allein damit die nächsten vier Wochen voll beschäl tigt wurde, aber eine Antwort auf Cboflins Frage trotzdem nicht finden würde. Man unterrichtete Terra. In Alamo Gordo wurde die Bedeutung der Entdeckung in ihrer ganzen Folge erkannt. Schlagartig war der Überwachungsraum für Transmitter-Straßen noch wichtiger als bisher geworden, doch wohin hatten sich die Giants zurückgezogen? Warum stellten sie sich selbst nicht mehr her? Und wo waren die Männer mit dem Robothund geblieben? Konnte die eine von beiden Möglichkeiten eingetreten sein und sie alle nicht mehr leben? Dahinter aber stand dann schon die nächste Frage: Warum waren dann die All-Hüter plötzlich den Menschen feindlich gesinnt, und wo hatte man die vermißten Männer umgebracht? * Die Schlacht um Esmaladan ging ihrem Ende entgegen. Terra hatte siebzehn S-Kreuzer verloren. Totalverluste! Einunddreißig Schiffe waren in Nottransitionen dem Vernichtungsfeuer der unsichtbaren Stationen im letzten Moment
entkommen und warteten zwischen Hoffen und Bangen, daß sie aufgefunden und nach der Erde abgeschleppt wurden. Mörderisch hatte der heimtückische, feige Angreifer unter den Flottenverbänden der Utaren gewütet. Die Pyramidenraumer, die es in mancher Beziehung mit den Ringschiffen der Terraner aufnahmen, hatten weder mit ihrem Blauen Feld, noch mit dem Weißen Strom viel ausrichten können. Sie waren über Abschnitte des Kampfes hinweg zu Spielbällen geworden, die der Gegner nach Belieben vernichtete oder schwer beschädigt davontreiben ließ. Doch in einem Punkt hatte er den kleinen menschlichen Wesen mit den großen Knopfaugen nichts anhaben können: Sie ließen sich den Schneid nicht abkaufen, und immer wieder griffen sie mit ihren dezimierten Verbänden jene Stellen im Raum an, wo man die unsichtbaren Riesenstationen vermuten konnte. P. S. Clarks Taktik bewährte sich nur zu Beginn des Kampfes. Plötzlich hatte sich der Gegner darauf eingestellt. Er verzichtete darauf, einen fiktiven Kampfstrahl einzusetzen, um damit den Standort der Station zu verschleiern. Scheinbar kostete es ihn kaum Anstrengungen, plötzlich nach allen Seiten seine turmdicken, gebündelten Energiefinger in den Raum zu stoßen, aber um den Angriff noch schwieriger zu machen, veränderten sich alle Standorte so schnell, und manchmal lagen so große Distanzen dazwischen, das beiden terranischen Kommandanten der Verdacht nach Kurztransitionen aufkam. Mit dem Eintreffen der S-Kreuzer war Esmaladan nicht mehr angegriffen worden, aber die Gefahr für den Planeten der Utaren bestand nach wie vor, denn die gewaltigen unterirdischen Anlagen, die den planetarischen Schutzschirm erzeugten, waren in einem einzigen Feuerschlag vernichtet worden. Die Weisheit, die Exekutive und Legislative der Utaren, hatte kein einziges Mal versucht, den Menschen Vorschriften zu machen. Die hoheitsyolle Distanz der kleinen Wesen, die sie den Terranern bei jeder Begegnung immer wieder demonstriert hatten, war einer ebenso demonstrativen Zurückhaltung gewichen. Die Reste der manschen Verbände hatten sich widerspruchslos dem Kommandanten der S-Kreuzer unterstellt. „Rückendeckung! — Rückendeckung! Feuerschutz!" Nichts anderes bekamen die Utaren zu hören. Plötzlich spielten sie, deren
Flotte zahlenmäßig den Einheiten Terras überlegen gewesen waren, nur noch eine zweitrangige Rolle. Die Situation wurde aber in keinem Fall von einem Kommandanten der S-Kreuzer ausgenutzt. Innerhalb einer kurzen Stunde wurden vier unsichtbare Stationen vernichtet, doch plötzlich änderte sich das Bild. Die Fremden setzten Raumschiffe ein, die ebenfalls weder geortet, noch gesehen werden konnten. Huxley erinnerte sich seines Kampfes gegen ähnliche Schiffe im Bereich der Nogks, doch bevor er sich mit P. S. Clark in Verbindung setzen konnte, brach der To-Funk zusammen. Abermals hatte der Gegner eine gefährliche Waffe zum Einsatz gebracht. Weder mit Terra noch Esmaladan war Verbindung zu bekommen, und S-Verbände, die mehr als drei Lichtjahre entfernt standen, konnten auch nicht mehr erreicht werden. P. S. Clark, der einen Augenblick gestutzt hatte, nachdem die Verbindung mit Huxley abgebrochen war, handelte unverzüglich. Auf Nahdistanz arbeitete To-Funk noch. Er informierte die Kommandanten seines Pulks, der nur seinen Befehlen unterstand. „Colonel Huxleys Koordinaten sind bekannt. Kumransition so schnell wie möglich durchführen!" Aus dem Unsichtbaren heraus wurden sie von allen Seiten angegriffen. Der Gegner mußte auf unerklärliche Weise Verstärkung durch leichtbewegliche Raumschiffe herangeführt haben. Er wollte den Ausgang dieses Kampfes als Pluspunkt auf seiner Seite verbuchen. Der schwarze Raum riß wieder auf. Strahlbahnen zerfetzten sich an stabilen Intervallen, und Energiekaskaden wirbelten in alle Richtungen davon. Die Utaren nahmen den Auftrag sehr trnst, den Terranern Rückendeckung zu geben. Todesmutig, beinahe mit einer Wut, die Lebensmüden eigen ist, rasten,die Pyramidenschiffe jenen Stellen zu, von denen aus dem Nichts heraus Strahlbahnen abgingen^ und sie überschütteten die einzelnen Sektoren mit Abermilliarden weißer Materiekugeln, die die Deflektorschirme der Unsichtbaren überladen und sichtbar machen sollten. Wie bei jedem Versuch, auch jetzt wieder ohne merkbares Resultat. Der hyperenergetische Magnetstrahl, als Blaues Feld besser
bekannt, schien auch wirkungslos zu sein, aber drei S-Kreuzer, die in seinen Bereich gerieten, bekamen die Wirkung des Blauen Feldes zu spüren. Clarks Pulk, der aus zweiundfünfzig Schiffen bestand, fand keine Gelegenheit zur Kurztransition, weil hochbelastete Intervalle oft kurz vor dem Zusammenbruch standen, oder Kommandanten ihr Schiff in riskanten Ausweichmanövern aus der Feuerlinie herausbringen mußten. Eiskalte Wut bestimmte auf einmal das Handeln des Colonels. Der To-Funk auf kurze Distanz klappte erstklassig. Über Funk rief er den anderen Kommandanten die Position des unsichtbaren Schiffes zu, das aus Rot aus allen Antennen feuerte. „. . . X-Zeit in zehn Sekunden. Konzentrischer Angriff auf Koordinatenbereich. Fächerstellung!" X-Zeit kam. Zweiundfünfzig Ringraumer rasten los, kümmerten sich um die anderen unsichtbaren Schiffe nicht mehr, sondern griffen mit der geballten Kraft ihrer Strahlantennen einen einzigen Punkt im Raum an. Sternensog riß die Schiffe vorwärts. Abermillionen Kilometer wurden in Sekundenbruchteilen zurückgelegt. Die Andruckausgleicher in den Raumern wurden bis zur maximalen Leistung belastet. Sie heulten und kreischten, aber auch die Konverter, Transformer und Speicherbänke waren nicht leise. Kaum noch war das eigene Wort zu verstehen. In diesem Stadium kein Hindernis, denn alle erforderlichen Befehle waren längst erteilt worden. P. S. Clark verfolgte über die Bildschirme die Manöver seiner Schiffe. Exakt nahmen sie Fächerposition ein. Sie rasten durch die turmdicken Strahlbahnen und achteten der gierigen Energiefinger nicht, die ihnen verwehren wollten, eine neue Kampfformation einzunehmen. Ziel in Schußweite! Ein Ziel im Nichts! Ein Ziel, von dem niemand wußte, ob es auch dort zu treffen war, woher die titanischen Kampf strahlen kamen. Nadel! Nur Nadelstrahlen! Nadel, das jede Materie in Energie umsetzte
und die meisten Prallschirme einfach durchschlug! Zweiundfünfzig Ringraumer, die einmal Robotschiffe gewesen waren, übersättigten einen relativ kleinen Sektor im Raum mit Nadelstrahl-Energie! Die Sekunden vergingen. Das angegriffene Unsichtbare wehrte sich mit verzweifeltem Beschuß. Ein Ringraumer verschwand in Nottransition mit einem großen Loch in Deck l und 2. Alle anderen hielten ihre Stellung. Plötzlich zerriß weiter vor ihnen etwas. Die Televergrößerung auf Maximum geschaltet, zeigte dem Kommandanten über die Bildschirme ein schwarzes, langgestrecktes Etwas, doch was sie sahen, konnte nicht alles sein. Vorn und hinten fehlten Teile. Und dieses Fehlen gab dem Fremden ein bizarres, beinahe unglaubwürdiges Aussehen. Und das alles dauerte nur ein, zwei Sekunden. Danach gab es nur noch eine winzige, aber grelle Sonne, die sich in turbulenten Reaktionen nach allen Seiten ausbreitete. „Ziel Nummer zwo!" bellte P. S. Clark über To-Funk. Die Rückendeckung der Utaren machte sich bemerkbar. Sie band die anderen unsichtbaren Schiffe und nahm ihnen einen Teil ihrer Beweglichkeit. Ziel Nummer zwei wurde in der gleichen Form angegriffen, und diesmal waren Teile des fremden Raumschiffes weniger als eine Sekunde lang sichtbar. Es wurde zu keiner Sonne, sondern flog in einer einzigen Explosion auseinander und zerfetzte, verbogene Bruchstücke wirbelten nach allen Seiten durch den Raum. „Ziel Nummer drei..." Colonel Clarks Pulk spielte sich auf diesen Kampf immer besser ein. Wurde der unsichtbare Gegner nervös? Seine Strahltreffer kamen nicht mehr so genau an! Nummer fünf bestand nicht mehr, als es plötzlich in diesem Bereich keine unsichtbaren Hornissen mehr gab, die nur das eine Ziel kannten, jedes fremde Schiff zu vernichten. Sie hatten sich abgesetzt! Ohne Struktur-Erschütterung! Sie kamen und gingen so unauffällig wie die unsichtbaren Riesenstationen. Diese Intelligenzen mußten das Transitionsverfahren meisterhaft beherrschen und in der Lage
sein, die verräterischen Gefüge-Erschütterungen vollkommen zu unterdrücken. „Transition zu Huxlys Standort!" befahl P. S. Clark. Er traf mit einundfünfzig S-Kreuzern ein. Gerade zur rechten Zeit. Sieben Ringraumer waren von Schiffen der Unsichtbaren von allen Seiten unter Feuer genommen worden und befanden sich in einer hoffnungslosen Lage! „Angriff!" bellte Clark über To-Funk. Seine Kommandanten waren sicherer geworden. Sie schlössen sich zu je sieben Schiffen zusammen und griffen in der Art an, wie sie es an anderen Stellen um Esmaladau geübt hatten. An drei verschiedenen Stellen gab es gleichzeitig Sonnen. Eine von ihnen war hundertmal größer als die beiden anderen. Wieder einmal war eine Riesenstation vernichtet worden und zwei Schiffe der Unsichtbaren untergegangen. Von diesem Zeitpunkt an war Fortuna bei den terranischen Schiffen. Drei S-Kreuzer mit ihren Besatzungen gingen noch verloren, und elf Schiffe verschwanden nach schweren Treffern in Nottransition, aber dann war der weite Raum um Esmaladan plötzlich ohne turmdicke Strahlbahnen, die aus dem Unsichtbaren kamen. Der heimtückische-Angreifer hatte sich unbemerkt abgesetzt. Golonel Huxley hatte längst Bestandsaufnahme gemacht. Vierzig Schiffe setzte er in Marsch, die nur die Aufgabe hatten, die schwerbeschädigten Raumer zu bergen und mit Hilfe des Intervalls nach Terra zu schleppen! Da kam der erste verzweifelte Funkspruch durch. To-Funk arbeitete wieder, nachdem die Unbekannten verschwunden waren. Werden von unsichtbaren Schiffen angegriffen! „Diese Leichenfledderer! Diese Aasgeier!" Auf allen terranischen Schiffen breitete sich Empörung, maßlose Wut und Haß aus. Es gab keinen diffamierenden Ausdruck, der nicht diesen Unsichtbaren galt, die sich einen Spaß daraus machten, schwerangeschlagene Schiffe, die sich nicht mehr wehren konnten, wie waidwundes Wild abzuschießen! Innerhalb weniger Sekunden hatten sich Huxley und Clark bezüglich ihrer Aufgabe abgestimmt. Alle verfügbaren Kreuzer
rasten los. Das Raum-Zeit-Kontinuum zitterte unter den vielen Struktur-Erschütterungen. Bis auf dreihundert Lichtjahre hinter Esmaladan sprangen die terranischen Schiffe. Unbarmherzig schlugen sie zu, wo sie auf die Unsichtbaren trafen, aber die Vernichtung von sechs S-Schiffen konnten auch si« nicht mehr verhindern. Dann hatte sich der unheimliche und mörderische Gegner endgültig abgesetzt. Auch die Pyramidenraumer der Utaren meldeten keine Feindberührung mehr. Über Esmaladan sammelten sich die einzelnen Verbände bis auf die Raumer, die beschädigte S-Schiffe nach Terra zu schleppen hatten. Fürchterlich waren die Verluste der Ütaren an Leben und Einheiten. Die stolze Flotte war auf ein Fünftel ihrer Stärke zusammengeschrumpft, und von diesen Schiffen wären mehr als zwanzig Prozent stark beschädigt. Raumhäfen besaß Esmaladan nicht mehr; Sie glichen umgegrabenen. Trümmerfeldern und besaßen Trichter, die über hundert Meter tief reichten. Es war ein Wunder, daß der Gegnner die Städte verschont hatte. Die Ütaren glaubten dieses Wunder erklären, zu können: Die Ankunft der terranischen Schiffe hatte die anderen daran gehindert, ihr blutiges Werk zu beenden. Die Weisheit bat die beiden Colonels, auf Esmaladan zu landen. Doch Huxley lehnte aus dem Grund ab, seine Schiffe nicht ohne Kommandant lassen zu können. P. S. Clark landete neben Morn, der Hauptstadt des Planeten. AGrav machte, es möglich, auf freiem Feld seinen Ringraumer aufzusetzen. Als er durch Schleuse 2 nach draußen trat, erwartete ihn die Weisheit. Vierundfünfzig Utaren begrüßten ihn. Die Weisheit empfing einen Terraner mit größter Achtung — ein beispiellose? Geschehen in der Geschichte dieses humanoiden Volkes, dessen durchschnittliche Größe unter einem Meter lag. Die politische Spitze der Utaren war für Menschen ein fremdartiges Gebilde. Die Kleine Weisheit, die aus acht Utaren bestehen mußte, herrschte über ein genau begrenztes Gebiet, während die Große Weisheit, die achtzehnköpfig war und aus Mitgliedern von achtzehn verschiedenen
Kleinen Weisheiten bestand, die Gesamtkontrolle über ein achtzehnfaches Gebiet ausübte. Über allem aber stand eine Weisheit! Aus drei Gruppen zu achtzehn Mann aus der Großen Weisheit formiert, stellte sie die Regierung dar. Sie waren einheitlich gekleidet. Ihre Schockfarben glichen Rangabzeichen. Colonel Neep, der sie schon oft aufgesucht hatte, kannte sich darin am besten von allen Terranern aus. Er hatte ein Verzeichnis angelegt, das Auskunft über die meisten Kasten-Zeichen gab. Aber P. S. Clark waren sie fremd. Ti Tira trat vor. Mit mehr als einem Meter Größe überragte er alle anderen. Clark, der nach langem Büffeln die utarische Sprache gelernt hatte, verstand ihn gut. „. . . Wir verdanken den Terranern unsere Existenz, und wir wissen nicht, wie wir unseren Dank zeigen sollen. Nehmen Sie als Zeichen unserer Beschämung die Worte der Weisheit, in Ihnen unsere Retter zu sehen. Wir haben heute unseren Stolz abgelegt und stehen als Bettler vor dem Vertreter eines Volkes, das wir als gleichberechtigt nicht anerkennen wollten. Wir hoffen, daß Terra unseren Hochmut eines Tages vergessen kann, und wir hoffen, daß wir ebenso eines Tages unseren Dank unter Beweis stellen können. Darf die Weisheit auch hoffen, daß Terras Schiffe uns noch einmal helfen, wenn die Gefahr aus dem Raum wieder über unserer Welt stehen sollte?" In der vokalreichen, angenehm klingenden Sprache hatte Ti Tira, der blauhäutige Utaie mit den ausdrucksvollen Knopfaugen, für alle den Kniefall getan. P. S. Clark war diese Szene nicht angenehm. Viel leber hätte er an seiner Stelle den Commander gesehen, doch nun blieb ihm nichts anderes übrig als Terra gut und würdig zu vertreten. Er winkelte den rechten Arm an, tippte mit dem Zeigefinger der ausgestreckten Hand knapp an seinen Kopf und erwiderte: „Terra freut sich über jeden ehrlichen Freund, und ein Freund läßt den anderen nie im Stich. Mehr habe ich nicht zu sagen, aber jeder von uns hat jetzt seine Arbeit zu tun, Sie auf Esmaladan und wir auf Terra. Damit möchte Ich mich von der Weisheit und allen Utaren verabschieden." Er ließ ihnen keine Zeit, ihn aufzuhalten. Noch einmal grüßte er sie nach terranischer Sitte, machte kehrt und ging über die Rampe ins
Schiff zurück. Die Schleuse schloß sich hinter ihm. A-Qrav hob den Ringraumer ab. Langsam stieg das Schiff höher, erreichte die Wolkendecke und verschwand dahinter. Als P. S. Clark die Kommando-Zentrale betrat, wurde gerade Sie eingeschaltet. Die Flächenprojektoren emittierten Energieren zum Brennkreis, und der Ringraumer wurde mit wachsender Beschleunigung dem freien Raum zugestoßen Der Hirnmel nahm langsam ein anderes Aussehen an, wechselte über Blau zum Schwarz und mit einemmal hörte das Funkeln der nahen und fernen Sonnen auf, und sie waren nur noch als kalte, scharf begrenzte Punkte zu sehen. In diesem Augenblick befand sich der S-Kreuzer schon mehr als 150 Kilometer über Esmaladan. Sie ging auf maximale Leistung. Der Suprasensor legte den Kurs fest und berechnete die Sprungdaten. Ober To-Funk meldete sich die Erde. Cent Field fragte an, wann mit der Rückkehr des Schiffes zu rechnen sei. Colonel Clark warf einen kurzen Blick auf sein Chrono, dann drehte er sich um und sagte zum Funk-Offizier, der sich zufällig im Leitstand aufhielt: »Melden Sie dem Stab, daß wir um 14 Uhr NormZeit landen." Die X-Zeit für den Sprung lief. Clark hatte ein wenig Zeit, nachzudenken. An die Utaren dachte er kaum, aber an die Unsichtbaren. Sie würden wiederkommen, mit stärkerer Macht als bisher, und sie würden versuchen, Terra zu vernichten wie Esmaladan. Warum nur? Darauf gab es noch keine Antwort. Und woher kamen Sie? Warum waren sie so bösartig, so unmenschlich in ihrem Handeln? Waren sie es von Natur aus, oder waren sie durch ein unvergeßliches Geschehen so verändert worden? Warum machten sie kein einziges Mal den Versuch, sich auf friedlichem Weg mit einer anderen intelligenen' Rasse in Verbindung zu setzen? Dann kam die Transition, und mitten im Sol-System rematerialisierte Clarks Schiff.
Terra stand als blaue Kugel im nachtschwarzen Raum. Amerika war deutlich zu erkennen, das Ziel des S-Kreuzers. Terra sah vom Raum her wunderbar aus — eine Sternenkugel, die Sehnsucht auslöste. Und P. S. Clark freute sich, die Erde wiederzusehen! * Commander Ren Dhark war von Europa zurückgekommen und immer noch stark von dem beeindruckt, was man ihm gezeigt hatte. In mehrjähriger stiller Arbeit war der Grundtyp eines Roboters entwickelt worden, der den härtesten Anforderungen gerecht wurde und zudem in der Konstruktion so einfach war, daß jeder SensorTechniker ihn reparieren konnte. Auf hundert Meter konnte man den Roboter erkennen, Terra war nicht den Weg der Tels gegangen, die ihre Robs nach ihrem Ebenbild gebaut hatten und nur im Aussehen der Augen einen Unterschied machten. Dennoch war der terranische Roboter keine plumpe .Figur aus nacktem Metall, sondern nach zeitlosem Stil geformt und mit einer stoßfesten braunen Schicht bedeckt. Der Grundtyp konnte für jeden Wirtschaftsbereich leicht verändert werden. Das wirkte sich in bezug auf die Herstellungskosten stark aus. Die Industrie, die von dieser Entwicklung in den letzten Monaten erfahren hatte, forderte Lizenzrechte, aber die terranische Regierung mit ihrer Schuldenlast dachte in diesem Fall nicht daran, sie zu vergeben. Der Roboter sollte in eigenen Werken vom Band laufen und durch den Verkauf Geld in die leeren Kassen bringen. Auf derti Rückflug nach Cent Field ging Ren Dhark der Goldene Mensch nicht mehr aus dem Kopf. Auf dem Planeten Mirac im Spiralarm II/a war man ihm zum erstenmal begegnet. Eine gewaltige Plastik, die im Goldton schimmerte, aber ohne Kopf und Arme. Weit im Hintergrund hatte ein zerstörter Ringraumer gelegen. Dann hatten vier Cyborgs bei den Barrans das Standbild des Goldenen Menschen erblickt, und zum Schluß, unter einem Wasserfall, die dritte Ausfertigung. Nummer zwei und drei besaßen an Stelle des Gesichtes eine leicht gewölbte, aber ausdruckslose Fläche, während alles andere so erstklassig herausgearbeitet war, wie
man es von den . wunderbaren Kunstwerken der Antike her kannte. Der Goldene Mensch ohne Gesicht! Wen stellte er dar?' Einen Mysterious oder einen Grako, oder wen? Dhark war unzufrieden. Mit seiner Jagd auf die Mysterious hatte er nicht viel erreicht. Auf ihre Spuren waren sie gestoßen, aber sie selbst hatten nichts hinterlassen, das Angaben über ihr Aussehen machte. Einmal hatte er von den Mysterious geträumt, und noch heute schüttelte er sich, wenn er an diesen Traum und an das Aussehen der Geheimnisvollen dachte. So durften sie einfach nicht aussehen, aber warum hatten sie alles getan, um sich vor ihrer Nachwelt zu verstecken? Warum gab es nirgendwo das Abbild eines Geheimnisvollen und nirgendwo ein Hinweis auf ihre Lebensgestaltung? Sie hatten oben auf dem Kopf, ein Auge, wahrscheinlich ein drittes. Die Anlage der Projektion in den Flash war schlüssiger Beweis für diese Behauptung. Aber nicht einmal Erron-3 hatte ihnen verraten, wie die Mysterious ausgesehen hatten. Erron-3 im blaßblauen Universum, aus dem so schwer herauszukommen war. Dharks Gedanken wurden abgelenkt. Der Raumer setzte über Cent Field zur Landung an. Er hätte es einfacher gehabt, einen Transmitter nach Europa zu benutzen, aber dann wäre aus diesem Besuch wieder eine Hetzjagd geworden. Plötzlich merkte er auf. Eine junge Frau sah ihn unauffällig an. Sie saß drei Schritte neben ihm und gab sich den Anschein, zu lesen. Und nun, da er sie ansah, las sie tatsächlich. Eine dunkelblonde Frau mit herbem Gesichtsausdruck. Ihre Wimpern und Augenbrauen waren natürlich und der Glanz ihrer grünen Augen nicht durch Tropfen gesteigert. Sie trug leichtes Make-up, aber nicht auf der Nase, die griechisches Profil hatte. Ihre schlanken Hände waren ohne Schmuck; Natur der Fingerlack, aber der Verall nach dem Dernier cri. Tausend Dollar reichten nicht, um den Verall zu erwerben. Im linken Ohrläppchen trug sie eine kleine Perle; im rechten nichts. Sie las und rauchte, und nun hob sie ihre Augenlider, und ihr Blick
streifte ihn. Sie lächelte nicht; sie sah ihn nur an, ein paar Augenblicke lang, und dann las sie wieder. In diesem Moment setzte das Raumschiff auf. Um den Commander erhoben sich fünf unauffällig gekleidete Männer. Seine Leibwache, auf die die Regierung bestand, wenn er seine POINT OF nicht benutzte. Er bedauerte die Landung. Sie trennte ihn von der schönen Unbekannten, deren Gesicht leicht slawische Züge aufwies. Vor ihm verließ sie die Kabine, und vor ihm ging sie über die Rampe auf den Jett zu, der sie zum Empfangsgebäude bringen sollte. Er sah ihre Beine, ihre Fesseln, den Schwung der Hüften. Alles strahlte ein undefinierbares Etwas aus, eine Mischung aus Charme, Lockung und Versprechen. Stellen Sie fest, wer diese Frau ist! wollte er einem seiner Leibwächter sagen, aber die Frage kam nicht über seine Lippen.' Sie stieg in den Jett und drehte sich nicht mehr um. Ren Dhark hätte es auch nicht erwartet. Er ging nach links, dort stand sein Spezial-Jett. Darin verschwand er. Zwei Jetts starteten in verschiedenen Richtungen. Zehn Minuten später gaben die größten TV-Stationen bekannt, daß der Commander einen normalen Passagier-Raumer benutzt hatte, um in Europa den Grundtyp eines Roboters zu besichtigen. Eine junge, dunkelblonde Frau saß im Kasino des Hafens und blickte mit träumenden Augen auf die Bildscheibe, die Ren Dharks markantes Gesicht zeigte. Sie brauchte es auf dem Schirm nicht zu sehen. Sie sah dieses Gesicht ununterbrochen vor sich, ein Gesicht, das viel ausdrucksvoller war als es eine beste Wiedergabe zeigen konnte. Der Mokka vor ihr wurde kalt. * Manu Tschobe hatte es satt, über Transmitter von einem Planeten zum anderen zu jagen und überall zu improvisieren. Linie mußte in den stürmischen Aufbau kommen; Experten, Meister ihres Arbeitsbereiches, hatten die Entwicklung m die Hand zu nehmen und zu lenken. Er fühlte sich überfordert. Er war Arzt und Hyperfunkspezialist, and er hatte entdeckt, daß die Giants nichts anderes als Roboter waren. Damit war sein Können umgrenzt. Was
man nun von ihm verlangte, überstieg sein Vermögen. Darum suchte er die POINT OF auf. Er gehörte zu ihr. Offiziell war er der Chef der Medo-Station, aber wie selten konnte man ihn hier antreffen. Es wurde rein Schiff gemacht. Mit den modernsten Methoden desinfizierte man das Flaggschiff der TF. Man arbeitete mit Hochdruck- und Vakuumverfahren. Auf Deck 3 traf er nur Techniker und Ingenieure an. Die Anlagen der POINT OF wurden überprüft. Das Schott zum Raum T-765 stand offen. Als er daran vorbeiging, wart er einen Blick hinein. Wie angewurzelt blieb er stehen. Was war denn hier passiert? Wieso konnte Unitall schmelzen? Als er eintrat, erkannte er in dem Mann, der ihm den Rücken zukehrte, Are Doorn, der diesen geschmolzenen Haufen Metall studierte. Er hörte die Schritte und drehte sich um. „Ach, Sie, Tschobe ..." Dann erfuhr der Afrikaner, vor welchem Aggregat er stand. Er bedauerte nicht, daß es nun unmöglich war, mit der POINT OF noch eine einzige Zeit-Verschiebung vorzunehmen. Sie war ihm von Anfang an unheimlich gewesen. „Hier ist nichts mehr zu erkennen. Schade!" Der Sibirier richtete sich wieder auf, „Bleiben Sie nun wieder an Bord, Tschobe?" „Ich hoffe es. Leider war Dhark nicht da, als ich ihn sprechen wollte. Übrigens, Doorn, haben Sie auch den Eindruck, daß er sieb auffallend verändert hat?" Der Mann mit dem grobporigen Gesicht nickte. „Aber ich kann's verstehen. Na ..." Er winkte nur ab. „Und?" drängte Tsdiobe, der nicht vergessen hatte, daß er als einziger aufgefordert worden war, die Konferenz zu verlassen. „Nichts, Manu. Ich darf nicht darüber sprechen. Schade, denn bisher sind wir ohne Geheimniskrämerei ausgekommen. Das scheint jetzt leider zu Ende zu sein. Doch eine andere Frage: Haben Sie tatsächlich den Dicken mit seinem Miststück abgeschrieben, und die anderen alle auch?" Er sprach von den vermißten Männern, die mit den Giants verschwunden waren. „Wenn sie sich in den nächsten Tagen nicht melden, habe ich keine
Hoffnung mehr, Doorn. Wir haben sie wie Stecknadeln gesucht. . ." „Aber vielleicht am falschen Platz. Sind alle Transmitter-Straßen bekannt?" Der Afrikaner stieß ein Lachen aus. „Bekannt? Wir kennen nicht einmal ein Zehntel der Straßen. Wir wissen bis heute nur, daß man über den Oberwachungsraum die Hauptverbindungen kontrollieren kann. Die Nebenwege aber sind nirgendwo festgehalten. Das macht ja die Erkundung der Transmitter-Wege so außerordentlich schwer." „Und wenn Shanton und die anderen über solch eine Straße verschwunden sind und nun keine Möglichkeit zur Rückkehr haben, weil irgendein Idiot die Gegenstation blockiert hat? Müßte man in diesem Fall nicht noch einmal etwas tun, Tschobe'" „Zeigen Sie mir einen Weg, Dooru, und ich bin mit von der Partie. Glauben Sie mir doch, daß wir alles Erdenkliche getan haben. Wir wissen nicht mehr weiter. Das Transmitter-Problem ist eins der kompliziertesten und schwierigsten. Wissen wir bis heute, wie viele Transmitter-Anlagen es allein auf der POINT OF gibt?" Doorns Vipho meldete sich. Er nahm das Gerät hoch. Bultons Gesicht erschien auf der kleinen Bildscheibe. „In zwei Stunden muß die POINT OF startklar sein. Doorn, Sie sind für den Triebwerksteil verantwortlich. Ende!" Are Doorn verzog sein Gesicht. Er dachte an seine Frau Doris. „Drei Tage Liegezeit. Unwahrscheinlich lange, und jetzt geht's schon wieder los ..." * Die FO-IX stand 38 560 Lichtjahre vom Sol-System entfernt über einem Sauerstoffplaneten. Die Analysen liefen. Major Benk wappnete sich mit Geduld. Ihm war das alles schon zur Routine geworden, und der Reiz des Neuen war längt verflogen. „1,1 Gravos." Viel mehr hatte er nicht erwartet. Sauerstoffwelten mit höheren Gravoswerten als 2 waren selten. „Durchmesser 11 325 Kilometer. Starke Abplattung der Pole. Durchschnittstemperatur 19,3 Grad Celsius." Eine Durchsage kam nach der anderen. Die FO-IX ging auf Landekurs. Die Teleoptik lief mit maximaler
Leistung. Niemand an Bord erwartete etwas Besonderes. Die Sonne ein GO-Typ, also sol-ähnlich. Sieben Planeten, davon einer eine Sauerstoffwelt. Ohne Mond. Die zwei winzigen Asteroiden konnte man nicht als Trabanten ansehen. Hussein Benk schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen, ließ aber dabei die Instrumente nicht aus den Augen. Sie brachte sein Schiff herunter. Die Wolkenschicht behinderte kaum die Sicht. Vier kleinere Kontinente waren zu sehen. Zwei mit hohen Gebirgen, die beiden anderen im Gegensatz dazu auffallend flach. Der Ringraumer brach in die unteren Luftschichten ein. Der Höhenmesser schaltete automatisch auf Meterangaben um. A-Grav wurde wirksam. Alle Ortungen liefen, aber von den Ortungen kam keine Meldung. Das war bei jedem Anflug auf einen unbekannten Planeten beruhigend. Neben Hussein Benk gähnte sein Erster hinter vorgehaltener Hand. Auch ihn machte die Routine müde. „Wo bleibt die Luftanalyse?" fragte Benk über die Verständigung die Wissenschaft. „Major, wir möchten empfehlen, noch etwas mit der Landung zu warten. Wir haben frische r-Strahlung entdeckt. Nicht besonders stark, aber keine zwei Stunden alt." „Da waren wir doch schon im System, Doc!" hielt der Major ihm vor. „Keine zwei Stunden alt, Major, mehr können wir noch nicht sagen ..." Das war auch nicht mehr nötig. Tele hatte eine zerstörte Stadt erfaßt. Die Stadt brannte an allen Ecken und Enden. Von einer Stadt konnte man eigentlich nicht mehr sprechen, denn sie lag in Trümmern. Riesige Hochbauten waren zusammengebrochen. Breite Straßen waren teilweise mit Schuttmassen übersät. Kein Wunder, daß sie diesen Punkt erst jetzt entdeckt hatten. Er lag in einem tiefen, engen Tal, und die Berge, die die Trümmerstätte umgaben, waren über fünftausend Meter hoch. Unwahrscheinlich hell glitzerten die Gletscher, und der Firn leuchtete wie tausend Diamanten.
Doch im Tal wütete das Inferno. Eine Stadt war vor knapp zwei Stunden vernichtet worden. „Alarmbereitschaft eins!" hatte Benk befohlen und dann zu den Ortungen hin gefragt: „Immer noch nichts?" „Nein, Major." Benk mußte sich damit zufriedengeben. Sen Schiff stand in 13 560 Metern Höhe. Es machte die Drehung des Planeten mit. Ein Wissenschaftler meldete sich. „Die Stadt ist vor knapp zwei Stunden durch einen atomaren Angriff zerstört worden. Man hat Mittel verwandt, die eine Verseuchung der Atmosphäre verhindern." Damit kann ich viel anfangen, dachte der Major unzufrieden. Im gleichen Moment meldete sich die Funk-Z. „Major, wir empfangen, können aber flicht verstehen, was man sendet. Einwandfrei ein Funkspruch. Koordinaten . .." Er hatte die Wahl, sich die zerstörte Stadt aus der Nähe anzusehen, oder auf die Koordinaten zuzufliegen, die ihm von der Funk-Z mitgeteilt worden waren. Major Hussein Benk entschied sich für das letztere. Seine FO-IX nahm Fahrt auf. Die brennenden Trümmer blieben hinter dem Schiff zurück. Er überquerte den Ozean und flog einen der beiden flachen Kontinente an. Aber eine Stadt darauf war nicht zu entdecken. „Major, wir stehen genau über der Funk-Quelle!" behauptete der Offizier in der Funk-Z. „Stimmt!" bestätigte der Sergeant hinter den Ortungen. „Jetzt erfasse ich sie auch, aber mit der Materie-Ortung stoße ich ins Leere." Major Hussin Benk war ein vorsichtiger Mann. „Funk-Z, bereiten Sie einen Spruch für Terra vor. Position des Systems, Daten über diesen Planeten und so weiter, und vergessen Sie nicht, unsere letzten Beobachtungen zu erwähnen. Gerafft und zerhackt nach Befehl, dann abstrahlen. " Der Major beschloß, eine Landung vorzunehmen. An Bord knisterte die Spannung. Die Teleskopbeine des Schiffes fuhren schon aus, als der Sergeant hinter den Ortungen ausrief: „Major, die Funk-Quelle verändert ihren Standort!" Endlich hatte er sie mit der Materie-Ortung auch erfaßt.
Ein winziges, fliegendes Etwas, das sich in knapp dreitausend Metern Höhe in östlicher Richtung bewegte. Ein graubrauner flacher Körper, der sich vom Boden kaum abhob. Drei dünne Antennenstäbe streckten sich über zwanzig Meter weit aus. Die Funkanlage hatte einen Durchmesser von zwei Metern und war dafür nur ein paar Zentimeter dick. „Major, Funkspruch hat .sich verändert. Man scheint einen neuen Text gewählt zu haben. Können Sie noch näher heran, damit wir uns das Ding etwas besser ansehen?" Benk zögerte. Neugier. war nicht seine Stärke. Über die Bildschirme betrachtete er das fliegende Objekt, das ihm zu zahm, zu harmlos aussah. Seine FO-IX stand wieder im freien Fall, nur von A-Grav gehalten. Der Sie lief im Leerlauf. Die Distanz zur fliegenden Funkstation betrug unverändert sechs Kilometer. „Stoppt das Ding, oder was ist damit los?" Benks Frage klang ungeduldig. „Es hat den Kurs' verändert und scheint zurückzukommen", erwiderte der Sergeant, aber in einem Ton, als wolle er seinen eigenen Worten keinen! Glauben schenken. Benk beugte sich zu den Sprechrillen vor. „Waffensteuerung, haben Sie das Objekt In der Zielerfassung?" „Ganz genau. Sollen wir es ab ..." Der Offizier in der Waffensteuerung kann nicht mehr dazu, das letzte Wort vollständig auszusprechen. „Angriff aus dem Raum!" brüllte der Sergeant hinter den Ortungen, und dann rasselte er Koordinaten herunter. Benk stieß einen Fluch über die Lippen. Etwas Ähnliches hatte er befürchtet, aber leider auf die innere Stimme wieder einmal nicht gehört. Seine Fingerspitzen brachten Steuerschalter in andere Positionn. Die Stützen fuhren wieder ein, und Sie wurde auf Vollast geschaltet. Um die FO-IX brüllten die Luftmassen auf. „Drei Raumer aus Rot 45:94,23!" rief der Sergeant. „Distanz 23.000 Kilometer!" Das war doch die Höhe einer Asteroidenbahn! Im gleichen Moment hatte der Major seinen Fehler erkannt. „Spruch nach Terra 'raus!" rief er über die Bordverständigung.
Jetzt ging es um Sekunden. Seine FO-IX war kein S-Kreuzer. Das Schiff war speziell auf Sternenforschung umgebaut worden, und man hatte einfach einen Teil der kriegswichtigen Geräte ausbauen müssen. Flucht über Grün aus dem System heraus. Benk versuchte seine FO-IX hinter den sechsten Planeten zu bringen, aber ob ihm das bei diesem minimalen Abstand zu den drei Doppelkugelraumern gelang, die mit Höchstfahrt herunterstießen, während er sein Schiff gerade auf 0,1 Licht gebracht hatte? Nadel! wollte er schreien, als er schon die rosaroten Kampfbahnen erkannte. Sein Warfenoffizier hatte aus eigener Verantwortung das Feuer eröffnet und setzte dem ersten Schiff sieben Strahlbahnen entgegen. „Sprungdaten!" schrie ihm der Leutnant vom Suprasensor zu. Nottransition! Und wenn es Wahnsinn war, bei dieser niedrigen Geschwindigkeit einen Sprung zu riskieren. Blitzschnell schaltete Benk auf das Bordgehirn um, drückte den linken Steuerschalter weit nach rechts bis zum Anschlag — und im gleichen Moment sah von den Bildschirmen her alles anders aus. Die Transtition war gelungen! Das Schiff befand sich im Leerraum zwischen fernen Sonnen. Irgendwo lag das System, in dem gerade noch drei Schiffe der schwarzen Weißen versucht hatten, sie abzuschießen. Benk wischte sich den Schweiß von der Stirn. Schwer nickend blickte er seinen Ersten an. „Das war knapp, mein Bester." Er drehte sich mit seinem Sessel zum Suprasensor um. „Können wir feststellen, wo wir herausgekommen sind?" Er nutzte die Zeit, bis man ihm Antwort geben konnte. „Funk-Z, setzen Sie den nächsten Spruch nach Terra ab. Bericht, daß Schiffe der schwarzen Weißen versuchten, uns zu vernichten. Sofort abstrahlen. To-Funk klappt noch nicht, weil wir . .. Moment, kommt!" Er erfuhr die Position seines Schiffes. Die Koordinaten wurden automatisch auch der Funk-Z mitgeteilt. „Major, wenn Sie uns drei Minuten Zeit lassen, senden wir mit ToFunk!" „Auch Fünf, wenn es sein . . ." Der Sergeant von den Ortungen unterbrach. „Auf Gelb 22:94,27,
Distanz 3,3 Lichtjahre, Struktur-Erschütterung. Scheint größerer Schiffsverband zu sein." Man jagte die FO-IX! Aber Benk wollte sich nicht jagen lassen. „Transitions-Daten in Richtung auf Terra!" befahl er dem Leutnant am Bordgehirn. Sternensog schleuderte das Schiff mit Überlicht durch den Raum. Die Funk-Z jagte ihren gebündelten und durch Tofirit-Kristalle verstärkten Spruch zur Erde, die Irgendwo im Sternenmeer lag. Die nachte Transition erfolgte. 18 000 Lichtjahre näher zur Erde. Der blaue Planet war nur noch 11 560 Lj von ihnen entfernt. Im eigenen Spiralarm fühlten Benk und seine Besatzung sich sicher. „Major, die TF ruft..." Colonel Rykhus, verantwortlich für den Einsatz der FO-Raumer, wollte genauen Bericht haben. Der Major konnte ihm mit Details dienen. „Nehmen Sie sofort Kurs auf Terra und..." Colonel Rykhus hörte noch donnerndes Krachen, den Anfang eines gellenden Schreies, und dann gab es mit der FO-IX keine Verbindung mehr. Nach weiteren zehn Minuten gab der Colonel auf. Es fiel ihm schwer, seinen Verdacht zu melden. Marschall Bulton nahm die Meldung selbst an. „Das ist der dritte Forschungsraumer, den wir in den letzten zehn Tagen verloren haben. Jetzt komme ich nicht mehr umhin, dem Commander zu berichten." Er. erreichte Ren Dhark in seiner Wohnung, die er so selten bewohnte. Und Dhark dachte an eine Junge Frau, die dunkelbraunes Haar und grüne Augen hatte. »Ja?« Wortlos hörte er zu. Das Bild einer Unbekannten verschwand. Der Alltag war wieder da. Marschall Bulton bekam keinen Vorwurf zu hören. „Veranlassen Sie, daß die POINT OF in zwei Stunden startklar ist." Der Commander machte sich erneut auf, die Erde zu verlassen.
* Drei Flash der POINT OF flogen wieder ins Depot ein. Dhark stieg aus, öffnete den Klarsichthelm und ging über das Deck zum Leitstand zurück. Dan Riker hatte das Schiff übernommen. Er behielt die Führung. „Dan, wir fliegen den Planeten an, auf dem Benk die zerstörte Stadt entdeckt hatte." Die Koordinaten waren dank des Spruches von der FO-IX bekannt. Der Checkmaster übernahm die Transition.. Das unbekannte System mit der GO-Sonne tauchte auf. Dann standen sie über dem Planeten. Vor achrunddreißig Stunden? Norm-Zeit hatte sich der Forschungsraumer noch über dieser Welt bewegt. R-Strahlung war auch jetzt noch festzustellen, aber sie war so unbedeutend, daß sie selbst im Entstehungsstadium keine Gefahr gewesen war. Langsam tastete sich das Schiff seinem Ziel näher. . . Dann stand die POINT OF in 8500 Metern Höhe über der noch immer brennenden Stadt. Ren Dhark ging in der Zentrale unruhig hin und her. Vor dem Start hatte er sich über Major Hussain Benk informiert. Der Offizier war ihm als ein außergewöhnlich vorsichtiger, aber auch als außergewöhnlich befähigter Forschungs-Kommandant geschildert worden. „Commander, er kann nur in eine raffiniert getarnte Falle geraten sein", hatte man ihm im Stab der TF gesagt. „Anden ist der Untergang des Schiffes nicht zu erklären." Diese Falle, fragte sich Dhark, als er sich der beiden kleinen Asteroiden erinnerte, denen sie keine Achtung geschenkt hatten, weil nur .Materie- und Massen-Ortung darauf angesprochen hatten. „Grappa!" Der zuckte nicht einmal zusammen. Seit der Commander ruhelos durch die Zentrale ging, war er auf alles Mögliche vorbereitet. „Tasten Sie noch einmal beide Asteroiden!" Über die Gedankensteuerung schaltete er die Wiedergabe der Bildkugel um. Das gesamte System tauchte darin auf, auch die Position der POINT OF. „Dan, wir gehen noch einmal in den Raum!" Er gab keinen Kommentar zu seinem Befehl.
Die POINT OF stieß in den Raum vor. Lauernd saß Grappa hinter den Ortungen. Erst in 11 600 Kilometern Höhe konnte er beide Asteroiden direkt erfassen. Der auf der niedrigen Bahn hatte einen Durchmesser von 1,6 Kilometern und bewegte sich in einem Abstand von 23 000 Kilometern sehr nah um den Planeten. Der zweite stand in 118 000 Kilometer» Höhe und hatte einen Durchmesser von 3,01 Kilometern. Auf des-ersten hielt die POINT OF zu. Alle verfügbaren Antennen waren darauf gerichtet. „Nichts", sagte Grappa lakonisch. „Die Materie-Ortung gibt Gestein an und Spuren von Metall. Demgegenüber schweigt sich die Energie-Ortung aus." Dhark überzeugte sich selbst, wart der Bildkugel wieder einen Blick zu, betrachtete den formlosen Gesteinsbrocken, erkundigte sich noch einmal nach der Distanz und meinte dazu: „Bud Clifton soll daran seine Schießübungen machen." Unter Lachen kam die Antwort: „ Dhark, davon bleibt nichts übrig, okay " Drei Nadelstrahlen standen plötzlich im Raum und prallten mit aller Kraft gegen das tote Gestein, das unter diesem Beschuß sofort in Energie umgewandelt wurde. Clifton ging sparsam mit dem Einsatz lim. Da riß sich Tino Grappa nach vorn. „Energie-Ortung! Großer Himmel, wenn das keine Raumschiffe sind!" Dhark sah ihn nur an. Er handelte nicht. Er griff in den Beschuß nicht ein. Wenn Grappas Behauptung stimmte, so räucherten sie jetzt die Falle aus, die der FO-IX zum Schluß doch zum Verhängnis geworden war. „Es müssen zwei oder drei Raumschiffe sein!" Alle in der Zentrale hörten es. Einige wunderten sich über den Commander, der doch sonst jedem Vernichtungsangriff aus dem Weg ging. Nach wie vor wandelten drei hochenergetische Nadelstrahlen das tote Gestein des Asteroiden um. Grelle Fontänen stoben nach allen Seiten. Die feurige Lohe wurde immer heller, und immer tiefer fraßen sich die Energien in den Brocken. „Sie starten!"
Keine Reaktion von Dhark. Walt Bruggs Stimme, aus der Funk-Z: „Vom Asteroiden ist gerade ein Hyper-funkspruch abgegangen." Ren Dhark hörte sich alles an. Glifton sah keinen Grund den Beschuß einzustellen. Mit höchster Konzentration stand er hinter der Zielsteuerung. Da jagte ein Schatten in den Raum!.. Dicht dahinter ein zweiter und ein dritter. Die Nadelstrahlen waren schneller..... Die POINT OF feuerte plötzlich nicht mehr aus drei Antennen, sondern aus .neun. Je zwei Strahlbahnen wurden durch einen Doppelkugelraumer aufgehalten! Schiffe, die ihre Prallschirme noch nicht erstellt hatten! Schiffe der schwarzen Weißen, die den Nadelstrahlen nichts entgegensetzen konnten! Drei Volltreffer innerhalb einer Sekunde." Nur noch drei Nadelbahnen, die einen Asteroiden in eine energetische Gaswolke verwandelten. In der Zentrale sagte Ren Dhark leise: „Gut gemacht, Clifton," Wieder Walt Bruggs Stimme: „Eins der Schiffe sendet mit stärkster Leistung. Ununterbrochen geht derselbe Spruch hinaus." Dhark stand vor den Sprechrillen der Verständigung. „Clifton, wir fliegen jetzt die drei Schiffe an. Wagt auch nur eins einen Angriff, dann gehen Sie mit allen Mitteln dagegen vor, aber nur Angriff auf den angreifenden Raumer!" „Verstanden!" Riker hatte auch verstanden. Die POINT OF ging auf neuen Kurs. Sie folgten den drei Doppelkugelraumern, die scheinbar nicht mehr in der Lage waren, ihre Geschwindigkeit zu erhöhen. Innerhalb weniger Minuten war das Flaggschiff bis auf einige tausend Meter heran. Die Flash-Piloten warteten auf ihren Einsatz und saßen schon startklar in den Blitzen. „Einfliegen?" Es ging zu wie bei einem Manöver. „ Wir haben Ihnen den Schneid abgekauft!": behauptete Dan, der die Bildkugel nicht aus den Augen ließ und die sechs Flash verfolgte, die paarweise ihr Ziel
anflogen. „Hoffentlich", murmelte Ren Dhark, dem es leid tat, daß er den Einsatz der Flash nicht mitgemacht hatte. Da blitzte es grell beim mittleren Schiff »uf. Zwei Flash waren im Grellen und Rosaroten verschwunden und nicht mehr zu sehen. Clifton schoß aus zwölf Antennen auf den Kugelriesen, der zwei kleine Beiboote vernichten wollte. Das Schiff der schwarzen Weißen hielt den Beschuß nicht aus. In einer gewaltigen Stichflamme, die kilometerweit in den Raum schoß, flog der Tel-Raumer auseinander. Für Sekunden zeigte die Bildkugel aufgerissene Decks und schwarze Weiße, die in den freien Raum hinauswirbelten, dann brach an vielen Stellen der energetische Umwandlungsprozeß aus, der den riesengroßen Trümmern den Rest gab. Aber was; war aus den beiden Flash geworden, die urplötzlich in dieses Strahlinferno geraten waren? „Sie sind noch da. Sie verteilen sich auf die beiden anderen Paare!". Grappa hatte sie mit seinen Ortungen erfaßt, und er hatte wie ein kleiner Junge gejubelt, der sich, über ein unerwartetes Geschenk riesig freut. Dann waren die Flash in die wracken Raumer der Tels eingeflogen, und in der Kommando-Zentrale begann das lange Warten. Wonzeff meldete sich zuerst. „Ich komme mit dem Kommandanten zurück. Er hat endlich begriffen, was ich von ihm verlangte. Kartek und Dressler halten die Stellung, bis ich wieder zurück bin, Ende." Die 004 jagte zur POINT OF. Im Depot nahmen zwei Serganten den Tel in Empfang. Sie durchsuchten seine Uniform nach Waffen und deuteten dann durch Handbe-wegung an, vorauszugehen. In der Kommando-Zentrale war der ratekische Translator angefahren worden, den der Singu der Rateken als unfreiwilliges Geschenk auf der Erde zurückgelassen hatte, nachdem Flash in einem Angriff auf Cent Field sein Raumschiff stark beschädigt hatten. Im Moment, als der Tel die Zentrale betrat, meldete sich Doraner vom anderen Doppelkugelraumer. Auch er kam mit dem Kommandanten des Schiffes zurück. Auch auf diesem Raumer hielten zwei weitere Flash-Piloten die Stellung. Rul Warren und Vultejus hatten mit Para gearbeitet und diese
humane Waffe ziemlich rigoros eingesetzt. Nur bei den Robotern hatten sie keinen Erfolg gehabt und deshalb Blaster benutzen müssen. Beide Piloten dachten nicht daran, ihren Blitz zu verlassen, obwohl sich in der Zentrale des Riesenschiffes nichts mehr rührte. Sie hielten Wache, und sie waren bereit, wortwörtlich ihren Auftrag auszuführen, wenn der Commander anordnet«. „Wir müssen damit rechnen, daß die Schiffe um Hilfe gefunkt haben, und in dem Fall, daß neue Einheiten der Tels auftauchen, sind die Kommando-Zentralen der beiden Doppelkugelraumer so zu zerstören, daß man mit den Schiffen nichts mehr anfangen kann." Der Tel-Kommandant trat Dhark furchtlos gegenüber. Dem ratekischen Translator schenkte er keinen Blick. „Sie werden Ihr Tun noch bereuen!" hatte er die Stirn zu sagen. „Natürlich, nur scheint Ihnen nicht bekannt zu sein, daß ich der Kommandant jenes Schiffes bin, das von einigen tausend Raumern Ihrer Flotte vernichtet werden sollte." Der Translator übersetzte schnell und gut. Er fand sich immer besser in die Sprache der Tels hinein. Der Tel zuckte mit keiner Wimper. Die Worte Dharks hatten auf ihn keinen Eindruck gemacht, oder wußte er nichts von der Vernichtung der Tel-Schiffe? Zwei Persönlichkeiten standen sich gegenüber. „Kennen Sie Wer Dro Cimc?" Zum erstenmal zeigte der schwarze Weiße Reaktion — menschliches Erstaunen. „Wer Dro . . .?" „Projektion!" ordnete Dhark an. Die Zentrale wurde leicht verdunkelt, und an der freien Wand flammte die Projektion auf. Ein Film lief ab. von dem auch Dro Cimc nichts wußte. Dhark beobachtete den Tel. Seine Reaktionen zu studieren war ihm wichtiger, als den Film zu betrachten, den er auch noch nicht gesehen hatte. Er zeigte Wer Dro Cimc auf Terra, kurz .nach seiner Ankunft im Stab der TF. „Cimc — Wer Cimc!" Der Film war zu Ende und der telsche Kommandant sah Dhark fräsend, beinahe furchtvoll an. Diese starke Reaktion hatte der Commander nicht erwartet. Zugleich bewies sie ihm aber auch, daß Dro Cimc eine bedeutend
wichtigere Persönlichkeit unter den Tels sein mußte, als er bisher selbst angegeben hatte. „Kennen Sie Kewir Dfasl? Kennen Sie den Vankko, der verschwunden ist?" Mit der letzten Frage hatte er geblufft, aber um diesen Bluff noch zu untermauern, fügte er hinzu: „Der mit der ZGUTH verschwunden ist?" Seine Fragen hatten die Wirkung eines zermürbenden Kreuzverhörs. Die Selbstsicherheit des Tels war nicht mehr vorhanden. Voller Entsetzen sah er den Fremden an, der ihm bekannte Namen aus seinem Reich genannt hatte. Das Schott öffnete sich und der zweite telsche Kommandant wurde hereingeführt. „Sie können sich ungestört in Ihrer Sprache unterhalten", stellte ihnen Dhark frei. Er ließ sie für kurze Zeit unbeobachtet, ging zu Grappa und flüsterte mit ihm. „Darauf warte ich schon die ganze Zeit, aber scheinbar haben die schwarzen Weißen keinen Schiffsverband in der Nähe stehen." Die beiden Kommandanten der Tel-Raumer verzichteten darauf, miteinander zu sprechen. „Wer von Ihnen hat um Hilfe gefunkt?" Dhark stellte noch drei Fragen und wartete dreimal vergeblich auf eine Antwort. „Ist Ihnen bekannt, daß wir das Ree an Bord hatten?" Kaum hatte der Translator übersetzt, als der Kommandant, der zuletzt in die Zentrale geführt worden war, erregt fragte: „Woher kennen Sie das Ree?" „Woher kenne ich Wer Dro Gimc? Den Vankko? Den Kewir Dfasl? Die ZGUTH?" „Dann sind Sie der weiße Affe,' dessen Schiff nicht zu vernichten ist?" "Auf diese Weise erfuhren die Menschen endlich, wie sie von den schwarzen Weißen genannt wurden: Weiße Affen! Und kein einziger der weißen Affen fand diese Bezeichnung treffend oder originell, im Gegenteil, man bedankte sich bei dem Tel mit bösen Blicken. Dhark amüsierte sich über den Ausdruck. Er schmunzelte sogar, als er antwortete: „Ja, ich bin dieser weiße Affe, und Sie befinden sich
auf dem Schiff, das nicht einmal durch das Ree zu vernichten war. Wir hatten es im Raumer, aber es ist nicht mehr an Bord. Aber es wird sich wahrscheinlich immer noch an Bord der ZGUTH befinden, wohin ich es brachte." „Und darauf sind Sie stolz, ja?" Der Tel, der zuerst die POINT OF betreten hatte, fragte mit starkem Spott in der Stimme. „Nun, behalten Sie Ihren Stolz. Ich frage mich nur, wie lange noch." Er hatte nicht zu warten. Der Flottenverband, den die drei angeschossenen Schiffe per Notspruch gerufen hatten, war ins System eingebrochen. „Brugg, Spruch absetzen!" rief Dhark durch die Verständigung zur Funk-Z. „Spruch läuft!" Vierundzwanzig heranrasende Doppelkugelraumer nahmen zur gleichen Zeit eine fremde Sendung in ihrer Sprache auf. Wollen Sie es wagen, mein Schiff anzugreifen, wie es der Vankko und Wer Dro Cimc gewagt haben? Sollen Ihre Schiffe das Schicksal der ZGUTH erleiden, das unter Kewir Dfasl verschollen ist? Der Kommandant des Ringranmers fragt sie, den selbst die Flotte der Tels nicht vernichten konnte. Ein zweiter Spruch war ebenfalls vorbereitet, aber zuerst hatte man abzuwarten, ob dieser grandiose Bluff bei den Tels Wirkung zeigte. Der Dauerfunkspruch, der im gleichbleibenden Wortlaut nun schon zum zehntenmal abgestrahlt wurde, schien keine Wirkung zu haben, denn die vierundzwanzig Doppelkugelraumer rasten mit gleichbleibender Geschwindigkeit ins System hinein. Ihr Ziel war unverkennbar der Sektor, in dem sich die beiden wracken Raumer um die POINT OF befanden. Wieder meldete sich Brugg aus der Funk-Zentrale. „Toller Verkehr auf Hyperfrequenzen. Jeder scheint mit jedem zu sprechen. Sender befinden sich einwandfrei auf den anfliegenden Räumern." Doch eine Wirkung? Blicke flogen in der Zentrale hin und her. Niemand hatte an einen Erfolg geglaubt. Auch Riker hatte Dhark abgeraten, diesen Bluff zu versuchen, aber der Commander hatte darauf bestanden, das Experiment zu machen. „In ihrer Mentalität unterscheiden sich die schwarzen Weißen nicht sonderlich von uns Terranern!" hatte er ihnen entgegengehalten, und
nun schien es, als ob er recht behalten würde. „Dhark, Sie bremsen ab! Sie bremsen ab!" Wieder freute sich Grappa wie ein Kind. „Zweiter Spruch 'raus, Brugg!" Wir werden auf einen Angriff verzichten, wenn Ihre Schiffe binnen einer Zeit-Einheit dieses System wieder verlassen. Wir verpflichten uns, die Besatzungen Ihrer beiden beschädigten Schiffe auf dem Planeten abzusetzen. Weiterhin verpflichten wir uns, Sie auf demselben Weg wie diesem zu benachrichtigen, daß Sie Ihre Besatzung abholen können, wenn auch wir das System verlassen haben. Wir erwarten umgehend Ihre Entscheidung, andernfalls werden wir zum Angriff übersehen. Der Kommandant des Ringraumers, den selbst die Flotte der Tels nicht vernichten konnte. Die beiden telschen Kommandanten ahnten nicht, was sich zur Zeit abspielte. Sie sahen nur in der Bildkugel ihren Flottenverband, der aber plötzlich abgebremst hatte und einwandfrei im freien Fall trieb. Doch daß sich in dieser Schiffs-Zentrale die Spannung immer stärker breitmachte, fühlten auch sie, und dieses Gefühl trug nicht zu ihrer Sicherheit bei. Sie, die in diesen Wesen weiße Affen sahen, erkannten, mit fast schmerzhafter Deutlichkeit, daß sie einer gleichwertigen Rasse gegenüberstanden, doch woher sollten sie ahnen, daß einer aus dieser Rasse mit seinem sicheren Auftreten und durch einen Funkspruch vierundzwanzig Riesenschiffe zum Stoppen gebracht hatte? "Was unter einer Zeit-Einheit zu verstehen war, hatte Dro Cimc ihnen beigebracht. Nahmen die Tels diese Frist voll in Anspruch, dann hatten sie lange auf eine Entscheidung zu warten. In der Funk-Z liefen alle Ortungen. Jeder wußte, was in dieser entscheidenden Phase davon abhing. Elis Yogan bemerkte den Hyperfunkvefkehr, der über Abertausende von Lichtjahren ging, und unterrichtete den Commander. „Man scheint nicht klarzukommen, darum hatt man sich jetzt wohl Rat beim Vankr" Automatisch übersetzte der Translator, aber die Tels verstanden den Satz nicht, weil sie die Zusammenhänge nicht kannten. „Sie haben unsere Schiffe gezwungen zu stoppen?" Der zweite Kommandant konnte seine Neugier nicht länger beherrschen, obwohl
ihm sein gesunder Verstand sagen mußte, daß er aller Wahrscheinlichkeit nach keine wahrheitsgemäße Antwort erhalten würde. „Nein", sagte Dhark der Wahrheit entsprechend, „ich habe Ihre Schiffe, die Sie durch einen Notruf herbeiholten, nicht gezwungen zu stoppen! Ich habe nur angefragt, ob sie das gleiche Schicksal wie die verschollene ZGUTH erleiden wollten. Fragen darf man einen Tel doch, oder nicht?" Der Translator überetzte als seelenlose Maschine. „Dhark, Antwort kommt." „Festhalten, nicht durchgeben. Ich komme rüber." Er rannte aus dem K.ommandostand seines Schiffes zur Funk-Z. Wir geben auf die Vereinbarung ein: Wer Fre Sarnr. „Gewonnen!" stieß Glenn Morris aus, der mit diesem Erfolg auch nicht gerechnet hatte. „Ja, Zeit gewonnen. Ob wir den Tels trauen dürfen, wird die nahe Zukunft zei^-gen. Ich muß zur Zentrale zurück und gebe von dort meine Antwort an den Wer durch." Sie war kurz. Wir vertrauen der Zusicherung des Wer Sarnr. Kein einziges Schiff des Flottenverbandes antwortete darauf. Sie setzten sich ab. Das war die bessere Antwort. Sie schienen die Vereinbarung zu halten. Zwei Tels an Bord der POINT OF zweifelten an allem. Die Bildkugel zeigte ihnen, wie der Verband, den sie zu ihrer Hilfe gerufen hatten, das System verließ. Plötzlich sahen sie den Mann, diesen weißen Affen, der ihnen so sicher gegenüberstand, mit anderen Augen an. Die Wirklichkeit zwang sie zu erkennen, daß er nicht nur selbstsicher, sondern auch gefährlich war Der Translator wurde abgeschaltet. Ein Offizier erhielt den Auftrag, die beiden Tels in die Messe zu führen und sie zu bewirten. Nehmen Sie aber zwei Männer mit Zu Ihrem Schutz. Diesen Kommandanten traue ich alles zu." Kaum hatten sie die Zentrale verlassen, als die Flash-Piloten im Leitstand der beiden beschädigten Doppelkugelraumer unterrichtet wurden.
„Wir bringen erst den Raumer herunter, der dicht vor der POINT OF steht. Funkkontakt nicht abreißen lassen." „Hoffentlich bleibt es im Schiff ruhig, Dhark", warnte Wonzeff, der nach dem Transport des Kommandanten wieder zurückgeflogen war. „Wenn man während des Transportes einen Angriff auf den Ringraumer startet ..." „Wir werden aufpassen, Wonzeff. " Die POINT OF näherte sich dem großen Doppelkugelraumer mit abgeschaltetem unteren Intervall. Bei einem Intervall-Durchmesser von 3000 Metern wurde es auch mit diesem Koloß fertig. Dan Riker steuerte das Schiff genau, stoppte es einige hundert Meter über dem wracken Raumkahn ab und schaltete den Mini-Weltraum ein. Das Abschleppmanöver konnte beginnen. Vier Stunden und zehn Minuten später lag auch das zweite Schiff der Tels auf dem Sauerstoffplaneten. Der Translator mußte wieder einspringen. Über Funk wurde die Besatzung aufgefordert, ohne Roboter das Schiff zu verlassen. Zwei Besatzungen, die vollkommen demoralisiert waren, traten über die riesigen Rampen ins Freie. Im Licht der Scheinwerfer, die an der POINT OF aufgeflammt waren, konnten sie die schweren Beschädigungen an ihren Raumern erkennen. „Benötigen Sie ärztliche Hilfe?" wurde die Frage an die ChemMediziner der Tels gerichtet, als die Verletzten ins Freie geschafft wurden. Man wollte sich nicht helfen lassen. Ren Dhark drängte darauf, daß auch die Roboter die beiden Schiffe verließen. Er ließ die Kommandanten in die Zentrale kommen und stellte sein Ansinnen an sie. „Der Kluis ist zerstört, und ohne den Kluis kann niemand den Robotern Befehle erteilen." Vier Fragen und vier Antworten waren erforderlich, um zu erklären, was unter einem Kluis zu verstehen war. Ein Rechengehirn und Impulsgeber, ein Aggregat mit einer Doppelfunktion. Dhark glaubte den Tels kein Wort, aber was hatten sie vor, und was konnten sie mit den an Bord verbliebenen Robotern erreichen? Einen Angriff auf die POINT OF? Unwahrscheinlich! ...
Unglaublicher Verdacht wurde in Ren Dhark wach. Flüsternd machte er seinem Freund davon Mitteilung. Der glaubte gar nicht an diese Möglichkeit. „Ruf doch einen unserer Flash-Piloten an. Sie können sich doch in den Schiffen umsehen und sich überzeugen." „Gut, wenn du meinst." Die Funk-Z rief durch. In der Zentrale wurde man stutzig. Kein einziger Flash-Pilot meldete sich? Immer noch nicht? „Commander, wir bekommen keine Verbindung, obwohl alle Sender der Flash eingeschaltet sind. Wir verstehen das nicht.* Aber Ren Dhark verstand plötzlich alles. Die Besatzungen der beiden zwangsgelandeten Raumer hatten sie hereingelegt! Gleich auf zweifache Weise! „Jetzt kann ich auch begreifen, warum die telschen Ärzte unsere Hilfe abgelehnt haben. Wir sollten Ihren Bluff nicht bemerken." Der Alarm heulte durch die POINT OF. Beide Waffensteuerungen waren feuerbereit. Doorn, Congollon und Tschobe eilten zu den FlashDepots. Dort warteten sie auf ihren Einsatzbefehl. »Großer Himmel, Ren, was ist denn eigentlich los? Was hast du entdeckt?" fragte ihn Riker bestürzt, der nicht begreifen konnte, warum sein Freund das Schiff in Alarmzustand versetzt hatte. „Erinnerst du dich, was ich dir erzählte, wie man mich auf der ZGUTH empfing? Mit Vibration, die mich fast den Verstand gekostet hat. Und durch Vibration hat man unsere Flash-Piloten ausgeschaltet. Aber nicht nur das! Draußen, vor den beschädigten Schiffen, treiben sich Roboter herum. In den Kähnen halten sich nach wie vor die Tels auf, und die Tels bereiten etwas vor. Was? Das möchte ich auch wissen. Aber ist dir klar, was es bedeutet, wenn man uns zwingt, radikal durchzugreifen? Dan, dann brechen wir die Vereinbarung mit diesem Wer, der den Flottenverband befehligte. Dann sind wir für alle Zeiten als Verräter gebrandmarkt. Und das darf nicht passieren. Unter keinen Umständen, oder wir bekommen nie mehr eine Chance, zu den schwarzen Weißen ein gutes Verhältnis zu finden."
„Siehst du nicht zu schwarz, Ren! Bis jetzt ist noch nicht einmal der Beweis erbracht worden, daß nur die Roboter die Schiffe verlassen haben und ..." „Und an unsere Flash-Piloten denkst du gar nicht? Sie müßten sich melden. Wenigstens einer, aber alle sechs schweigen sich aus. Dan, das geht nicht mit rechten Dingen zu!" Jetzt wollte auch Riker Gewißheit haben. „Doorn, hören Sie mich?" „Wie immer gut." „Fliegen Sie sofort aus, aber jn keinen Raumer hinein. Schauen Sie sich die Tels vor den Schiffen an. Dhark vermutet, daß öur die Roboter die Doppelkugelraumer verlassen haben und man uns eine Falle stellen will." „Das haben wir gleich. Ich bleibe auf Sendung." Die 012 schoß durch die Unitallwandung der POINT OF und jagte auf die Stelle zu, an der sich die meisten Tels aufhielten. Dicht vor ihnen bremste Arc Doorn ab und schaltete seine Scheinwerfer hoch. Ein russischer Fluch kam über seine Lippen. Er sah nur grellglühende Augen. Uberall! Sogar die Tels, die vorgaben, Mediziner zu sein, sahen nicht anders aus. „Riker, man hat uns hübsch hereingelegt. Ich kann keinen einzigen Tel entdecken, nur Robs. Was soll ich nur mit diesen Kameraden machen? Am liebsten würde ich diese Automatenrasse zerstrahlen." „Reden Sie keinen Unsinn, Doorn, und kommen Sie sofort wieder zurück." „Okay, ich komme." Er konnte verstehen, daß Ren Dhark etwas aufgeregt war. Es ging schließlich darum, eine wichtige Vereinbarung zu halten, aber einige Tels wollten allem Anschein nach das Gegenteil erzwingen. Seine 012 flog wieder ins Depot, und Doorn wartete auf den nächsten Einsatz. * Marsehall Bulton verglich die Funkmeldungen. Acht, die in den letzten Stunden aus verschiedenen Sektoren des Halos eingelaufen waren. Alle acht hatten etwas Gemeinsames, aber er war nicht in der Lage, es herauszufinden. Nur sein Gefühl sagte es ihm, nicht der Verstand.
Der Suprasensor mußte helfen. Er schickte die Funkmeldungen zur Auswertung und hatte sie kurz darauf schon vergessen, weil ihm der Minister für Kolonialplaneten in den Ohren lag und darauf bestand, daß man seinem Ministerium dreißig Prozent mehr Raumschiffe zur Verfügung stellte. „Wir kommen mit unserem Zeitplan in größte Schwierigkeiten, Marschall. Schon jetzt warten an den Auffangstellen über 3,2 Millionen Männer, Frauen und Kinder auf den Abtransport. Wir wissen nicht mehr, wo wir witterungsanfällige Güter wettersicher unterbringen können. Marschall, es muß etwas geschehen, und zwar sofort. Geben Sie auch mir einen abschlägigen Bescheid, dann bleibt mir der Weg nach Trawisheim nicht erspart." Mit ihm drohten sie alle. Aber dem Marschall konnte man damit nicht mehr drohen. Er hatte die Raumer nicht zur Verfügung, und er konnte die angeforderten Schiffe auch nicht aus dem Ärmel schütteln. Aber er konnte den Minister für Kolonialplaneten vertrösten. Bis zum Abend. „Länger kann ich unter keinen Umständen warten." Bulton sah auf. Neben ihm stand eine Ordonnanz. „Was wollen Sie denn?" Er überbrachte ihm die ausgewerteten acht Funkmeldungen. »Geben Sie her!" sagte er ahnungslos. Er interessierte sich nur für das Auswertungsresultat. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 8,6 Prozent werden im Bereich des Halo umfangreiche Vorbereitungen für einen Angriff getroffen. Das Ziel des Angriffes ist nicht zu erkennen. Vor zwanzig bis fünfundzwanzig Tagen ist mit einem Angriff nicht zu rechnen, denn nach diesem Zeitpunkt sind sämtliche Vorbereitungen erst beendet. Bulton glaubte zu träumen. Aber das Schlüsselzeichen auf der Folie bewies ihm, daß niemand versuchte, einen schlechten Scherz mit ihm zu machen. Aus den acht Meldungen, die er zur Aus-. Wertung gegeben hatte, ging hervor, dass ein großangelegter Angriff geplant war? Vom Halo aus? Vom Rand der Milchstraße? Ein Angriff gegen wen? Gegen Terra? Ihm wurde heiß, als er sich des Angriffs einer einzelnen unsichtbaren Station erinnerte. Acht Raumschiffe waren dabei am
Boden zerstört worden und 163 Menschen hatten ihr Leben lassen müssen, die Verletzten dabei nicht mitgezählt. Und sein Unterbewußtsein, das ihn bei der Lektüre der Funkmeldungen so sehr beunruhigt hatte, wollte etwas Ähnliche« aus diesen Nachrichten herausgelesen haben? „Zwanzig Tage, knapp drei Wochen," Das Landungsgeräusch eines Ringraumers lenkte ihn ab. Die B-100 landete. Sie war Janos Szardaks Schiff, und in diesem Moment traf Marschall Bulton seinen Entschluß. Drei Stunden später war die B-100 zum Halo unterwegs — als Kundschafter Terras. Janos Szardak sollte sich in der sternenarmen Randzone der Milchstraße Gewißheit verschaffen, ob man dort wirklich Vorbereitungen für einen großangelegten Angriff traf und wer hinter diesem- Angriff steckte. * Die POINT OF flog mit Strich-Punktstrahlen Angriff auf die beiden beschädigten Doppelkugelraumer. Ohne Ankündigung war sie gestartet und hatte im gleichen Moment das Feuer aus allen Antennen eröffnet, kaum daß die großen Auflegerplatten sich vom Boden gelöst hatten. Strich-Punkt war bei Tageslicht kaum zu sehen, aber in der dunklen Nacht leuchtete er schwarzblau. Er war nicht schneller als das Licht, aber er konnte in seiner paralysierenden Wirkung tödlich sein, wenn die Dosierung eine bestimmte Grenze überschritt. Gommander Dhark war keine andere Möglichkeit geblieben, wollte er nicht derjenige sein, der den Vertrag mit Wer Sarnr brach. Die Scheinwerfer des Ringraumers prallten gegen die dunklen Kugelzellen. Das grelle Licht ließ die Strich-Punktstrahlen mit ihrem schwachen Leuchten beinahe verschwinden. Drauf! sagte sich Dhark immer wieder in Gedanken, der beobachtete, wie sein Freund Dan die POINT OF zwischen die beiden Kugelriesen hindurchmanövrierte und dabei sehr langsam steigen ließ. Keines der vielen Decks in den beiden Riesenschiffen sollte vom Strich-Punkt verschont bleiben. Kein einziger Tel durfte noch in der Lage sein, einen Finger zu rühren. Daß dabei auch die eigenen Piloten, die sich mit ihren Flash in den Schiffen befanden,
auch geschockt wurden, war nicht zu umgehen. Knapp dreißig Minuten dauerte der Einsatz, dann landete der Ringraumer wieder. Are Doorn, Miles Congollon und Manu Tsehobe flogen Kontrolle. Daß der Sie beim Durchflug durch die Decks und Wände der Tel-Schiffe Schrnelzspuren hinterließ, spielte bei diesen schwerbeschädigten Raumern keine Rolle mehr. „Alles geschockt!" hieß es immer wieder. Tsehobe als Arzt machte hier und da stichprobenartige Untersuchungen. „Dhark,: ich weiß nicht, wie Tels auf Strich-Punkt reagieren, aber ich möchte behaupten, daß sie in den nächsten zehn Stunden nicht wach werden." Dann fanden sie die Flash-Piloten. Niedergeschlagen und gefesselt lagen sie in der Ecke des Leitstandes. Die Zusatzausrüstung der Blitze fehlte. Tschobe, der die Piloten untersuchte, machte ein bedenkliches Gesicht. „Unsere Männer müssen sofort in der MedoStation behandelt werden. Hoffentlich haben Sie durch den Vibrationssturm keine Schäden erlitten." Congollon und Doorn schafften sie in einem Blitzeinsatz zur POINT OF, wo die Ärzte schon vorbereitet waren. Nach der ersten flüchtigen Untersuchung durch ein Kontrollgerät der Mysterious sah man überall bedenkliche Mienen. Man sprach davon, die Gehirne der Piloten auszutauschen. Der Vorrat der Gehirnbank war groß genug. Die Nachricht erreichte auch die Kommando-Zentrale. Ren Dhark glaubte in ein Eisbad zu stürzen. Er rief Manu Tschobe an, der sich noch auf einem Schiff der Tels befand. „Man will unseren Flash-Piloten neue Gehirne einsetzen, weil die eigenen zu sehr beschädigt sein sollen." „Das habe ich befürchtet, und ich befürchte daß es sich nicht umgehen läßt." „Mein Gott", stieß Dhark aus, «.wissen Sie, was das bedeutet? Wonzeff, Doraner und alle anderen werden uns wildfremde Menschen sein und sich immer wieder, wenn sie alte Bekannte treffen, als Menschen zweiter Klasse vorkommen. Tschobe, gibt es tatsächlich keinen anderen Ausweg?" Schweigen, Und dann kam es schwer über die Lippen des Afrikaners: „Dhark, Sie müssen sich mit diesem Gedanken vertraut machen. Der
Vibrationsangriff muß sehr lange angehalten haben. Wahrscheinlich haben die Tels die Absicht gehabt, sie zu Vollidioten zu machen." „Keine Spekulationen, Tsehobe. Wie lange können die Piloten noch auf einen operativen Eingriff warten?" „Da muß ich erst zur Medo-Station rufen. Ich kenne den Befund nicht." „Tun Sie das! Ich warte."..... In .der Zentrale wagte ihn niemand zu fragen. Die Stille lastete gleich Zentner auf jedem. Endlich meldete sich Tsehobe wieder. „Höchstens zwanzig Stunden, aber keine einzige mehr. Bei Rul Warren ist der Zustand besonders besorgniserregend. Für ihn gilt eine Frist von fünfzehn Stunden." „Die mir genügt. Tschobe, kommen Sie mit Doorn und Congollon sofort zurück. Die POINT OF startet gleich!" Wohin? Was hatte Ren Dhark vor, dessen Augen glühten und dessen Gesicht plötzlich eingefallen wirkte. „Wohin fliegen wir?" wagte Dan seinen Freund zu fragen, aber er erhielt keine Antwort. Die drei Flash waren zurückgekehrt. „Ich übernehme! „sagte Dhark mit heiserer Stimme, winkte dann aber ab und trat an den Checkmaster. Sekundenlang schloß er die Augen. Es kostete ihn Kraft, sich zu konzentrieren. Verstanden! hörte er plötzlich in seinem Köpf die Stimme, und er wurde sich nicht bewußt, wie lange es schon her war, daß er mit dem rätselhaften Bordgehirn der POINT OF diese direkte Verbindung erhalten hatte. Grün leuchtete die Hauptkontrolle. Der Checkmaster führte seine Berechnungen durch. Nicht eine einzige Taste war bewegt worden. Er hatte verstanden, und das genügte. Er wußte, was ein verzweifelter Ren Dhark wollte, der nur noch einen Ausweg kannte; aber ob et diesen Ausweg noch gab, das wußte er auch nicht. Di« ersten Sprungkoordinaten kamen. „Dan, bitte. " Der räumte den Pilotsnsitz. Was die Roboter der Tels draußen anstellten, kümmerte ihn nicht.
Sle! A-Grav dazu. Die POINT OF sprang regelrecht in den Himmel hinein. Das Schiff durchtieß die äußeren Luftschichten und wurde plötzlich immer schneller. 0,3 Licht! — 0,4 Licht! X-Zeit lief. In zehn Sekunden erfolgte die Transition. Der Sprung schleuderte den Ringraumer in Null-Zeit über eine riesige Distanz. Niemand hatte auf das durchdringende Pfeifen geachtet. Niemand der Bildkugel einen Blick zugeworfen. „Position." Eine Routinekontrolle. Das Schiff mußte an der vorausberechneten Stelle herausgekommen sein. Abweichung auf der Koordinate Grün um 1,2 Sekunden. Unbedeutend. Neue X-Zeit. Durchruf von der Medo-Station, Manu Tschobes Gesicht auf dem Bildschirm. „Dhark, es ist aussichtslos, und wir müßten eigentlich mit der Verpflanzung sofort beginnen." „Unter keinen Umständen!" unterbrach ihn Dhark scharf. „Ich verbiete es! Ich lasse es nicht zu. Tschobe, ich hoffe, daß wir uns verstanden haben." Für ihn als Arzt war es schwer, sich von einem Laien Anordnungen geben zu lassen. „Ich weiß nicht, was Sie vorhaben, aber, Commander, wenn wir durch Ihre Schuld die Männer nicht mehr retten können, dann haben wir beide uns zum letztenmal gesehen!" „Tschobe! Manu Tsechobe!" Ein Ruf, eine Bitte, ein Flehen! Alles, aber auch alles lag in diesem Namen, so wie ihn Dhark ausgesprochen hatte. Der Afrikaner sah ihn starr an, als wollte er mit seinem Blick Dharks Gedanken offenlegen. „Gut, wir warten. Ende." Das Pfeifen setzte ein. Die beiden Intervalle verschwanden wieder, die Bildkugel zeigte nichts mehr, und dann erfolgte der zweite Sprung. Unter ihnen drehte sich ein Planet. Das Schiff jagte darauf zu. Die Bordverständigung knackte. Jens Lionels Gesicht war zu sehen. „Commander, ist das nicht Hide out? Ist die POINT OF nicht
schon einmal auf diesem Planeten gewesen? Alle Daten dieser Welt kommen mir so bekannt vor. Schwerkraft, 1,08 Gravos, die Rotationszeit, die Umlaufzeit." „Ja! Ja! Lionel, wir waren schon einmal hier. Hier ist einmal ein Wunder geschehen, und hier soll sich ein zweites Wunder erfüllen, wenn es erfüllbar ist. Aber jetzt lassen Sie mich bitte in Ruhe. Bitte." Der Commander war nicht wiederzuerkennen. Hide out? Auf dieser Welt war die POINT OF schon einmal gewesen? „Großer Himmel", neben ihm stöhnte Dan Riker, und er lachte sofort hinterher. „Ren, Ren, wenn du das schaffst! Wenn du das schaffst." Die anderen verstanden ihn nicht. Sie hatten alle noch nie ihren Fuß auf diese fremde Welt gesetzt, aber Dhark und Riker mußten wissen, welche Bewandtnis es mit diesem. Planeten hatte. Der Ringraumer raste über die Sternkugel, kam aus der Nacht in den Tag. Über die Gedankensteuerung hatte der Commander sein Schiff an den Checkmaster abgegeben. Der war viel besser in der Lage, ihren alten Landeplatz wiederzufinden als er. „Medo-Station?" „Ja?" Tschobe meldete sich. „Treffen Sie alle Vorbereitungen, damit wir die Männer gleich nach der Landung nach draußen schaffen können. Ende." Er wollte kein Gespräch führen. Sein Schiff flog eine Hügelkette an. Darin gab es einen tiefen Einschnitt und dahinter einen Talkessel von zehn Kilometer Länge und drei Kilometer Breite. Doch die Hälfte des Kessels wurde von einem See eingenommen. Am Uferrand stand dichtes Buschwerk, das nur knapp Mannshöhe erreichte. „Wie damals", sagte Dan Riker. Das Schiff setzte auf. Die Schleusen Öffneten sich, die Rampen fuhren aus. „Die Männer sind bis ans Ufer zu schaffen und dann allein zu lassen!" Dhark mußte den Befehl noch einmal wiederholen, bis man ihm Folge leistete. „Und nun lassen wir sie allein!" „Ja", sagte Dan Riker, „wir lassen sie allein." Aber sie kamen alle nicht mehr ins Schiff. Glenn Morris hielt sie
auf. Der Mann keuchte, so schnell war er gelaufen. „Commander! Commander, daß ich nicht daran gedacht habe. Ich nicht! Ich nicht!" Und er sah verklärt zum Seeufer hinunter, und plötzlich streckte er den Arm aus. „Da! Da kommt es schon! Da! Es holt sie. Mein Gott, es ist noch da! Es ist noch da." Er war nicht verrückt geworden. Der beste Beweis für seine psychische Gesundheit waren Ren Dhark und Dan Riker. Sie lachten, sie nickten ihm zu, und sie betrachteten die grüne Gallertmasse, die aus dem See wuchs, das Ufer erreichte und auf die Männer zukroch, die am Ufer aufgebahrt lagen. „Nicht bewegen!" rief Dhark den Ärzten zu. „Nicht stören!" Und plötzlich hielt er einen Blaster schußbereit in der Hand. „Wer einen Schritt tut, ist verloren." Die grüne Gallertmasse schob sich höher und höher, sie umschloß alle kranken Männer, und plötzlich schwappte sie hoch, brach über sie zusammen und raste im nächsten Moment dem See wieder zu. „Keinen Schritt!" drohte Dhark mit der tödlichen Waffe in der Hand. „Sie kommen wieder. Alle!" behauptete Glenn Morris und strahlte. „Der ist doch auch verrückt!" stieß da Maitskill aus. Ihm widersprach Tschobe. Er hatte endlich begriffen. „Mike Doraner ist schon einmal unten auf dem Grund des Sees gewesen, zusammen mit diesem Mann hier!" Und er deutete auf Glenn Morris. „Beide waren an harter Strahlung so verseucht und der Zerfall ihrer Zellen so weit fortgeschritten, daß es keine Rettung mehr geben konnte. Es, im See, das Gallert, holte sie zu sich. Und das Gallert brachte sie wieder an die Oberfläche. Als gesunde Menschen kamen sie zurück. Sehen Sie sich doch Glenn Morris an. Aber am besten in der Medo-Station. Ich glaube, wir haben nun nichts anderes zu tun, als zu warten." Das Warten wurde ihnen nicht lang. Einmal erzählte Ren Dhark von dem Gallertwesen, dann Riker, und zum Schluß der Mann, der durch es gerettet worden war. An der Schleuse, von der aus man den Seerand beobachten konnte, stand ein Posten. Als die dritte Ablösung gerade aufgezogen war, gab sie Alarm. „Sie kommen! Sie kommen!" Sie kamen. Alle Flash-Piloten. Sie kamen über eine grüne schimmernde
Gallertschicht, die bis an das Ufer reichte, und sie gingen hintereinander, als ob sie es gar nicht eilig hätten. Mike Doraner sprang als erster ans Land. Er drehte sich um und blickte auf die grüne Schicht, die mit sanfter Steigung aus dem Wasser kam. Er reichte Wonzeff die Hand und zog ihn auf den festen Boden. Als der letzte ihn erreicht hatte, klatschte das Wasser auf und für Sekunden war die Oberfläche des Sees unruhig, doch von der grünen Gallertmasse konnte man keine Spur mehr sehen. „Es ist wieder untergetaucht", sagte da Glenn Morris einfach, „dieses phantastische Superwesen, das uns immer noch dankbar ist." Die Flash-Piloten kamen heran. Gesund sahen sie aus und zufrieden. Mike Doraner sah Glenn Morris neben dem Commander stehen. „Bist du auf den Gedanken gekommen, uns hierherzuschaffen, Glenn?" „Leider nicht. Der hat euch nach Hide out gebracht." Und er deutete auf den Commander. „Er hat verhindert, daß ihr ein neues Gehirn eingepflanzt erhieltet." Die Ärzte umringten sie und bestürmten sie mit Fragen. Sie drängten darauf, die Männer zu untersuchen, aber Mike Doraner wehrte ab. „Nicht nötig, wenn es uns behandelt hat. Wir sind gesund. Uns fehlt nichts mehr, bestimmt nicht. Doch wie wir gesund wurden, das weiß ich jetzt nach dem zweiten Mal immer noch nicht, und ich glaube, daß es, darüber befragt, auch keine Auskunft gibt. Muß man denn auch immer alles wissen?" Das Wunder, an das Ren Dhark geglaubt hatte, war auf Hide out zum zweitenmal durch das Gallertwesen Wirklichkeit geworden. Plötzlich sah er um zehn Jahre jünger aus, und viel frischer klang auch seine Stimme, als er sagte: „Wir müssen uns beeilen, wenn wir noch vor dem Erwachen der Tels wieder zurück sein wollen ..." —ENDE—