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IN JEDES HAUS GEHÖRT DIESES WERK das ist das überzeugende Urteil von Presse und Rundfunk über die große, spannend geschriebene Weltgeschichte „Bild der Jahrhunderte" des Münchner Historikers Otto Zierer. Von ungeheurer Dramatik sind die Bände dieses neuartigen, erregenden Geschichtswerkes erfüllt. Hier sind nicht, wie in Lehrbüchern alter Art, die historischen Ereignisse mit trockener Sachlichkeif aneinandergereiht: die Vergangenheit wird vor dem Auge des Lesers in kulturgeschichtlichen Bildern zu neuem Leben erweckt. Menschen wie Du und ich schreiten über die wechselnde Bühne der Geschichte und lassen den Ablauf der Jahrhunderte, das Schauspiel vom Schicksal der Menschheit, ergriffen miterleben. Zierers „Bild der Jahrhunderte" ist ein Werk für die Mensdien unserer Zeit, für die Erwachsenen wie für die Jugend. DER
KAUF
LEICHT
G E M A C H T . . .
„Schüler, deren Eltern das Bild der Jahrhunderte zu Hause haben, sind die besten Geschichtskenner in meinen Klassen", schreibt ein bekannter Erzieher, Der Verlag hat die Beschaffung der Bücherreihe leicht gemacht. Um jeder Familie den Kauf dieses prächtig ausgestatteten Standardwerkes zu ermöglichen, werden günstige Zahlungserleichterungen eingeräumt. Das „Bild der Jahrhunderte" kann auf Wunsch bei sofortiger Lieferung ohne Anzahlung gegen zwanzig Monatsraten erworben werden: DM10,90 für die RotleinenAusgabe, DM 13,75 für die Lux-Luxus-Ausgabe. Das Werk besteht aus zwanzig Doppeibänden, dem Band 41/44 und dem Historischen Lexikon; es umfaßt rund 8000 Seiten. 189 ausgewählte Kunstdrucktafeln, 500 Lexikonbilder und 124 historische Karten ergänzen den Text. Jeder Band enthält Anmerkungen, ausführliche Begriffserklärungen und Zeittafeln.
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V E R L A G S E B A S T I A N LUX MURNAU • M Ö N C H E N • INNSBRUCK • ÖLTEN (SCHWEIZ)
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SEBASTIAN
LUX
MURNAU • M Ü N C H E N • I N N S B R U C K • ÖLTEN
Der „Erdapfel" VV ir wissen, daß unsere Erde eine Kugel ist, auf deren Außenseite wir leben. Dieses Wissen hat sich, obwohl schon im Altertum die Kugelgestalt der Erde für möglich gehalten worden ist, erst im Laufe einer recht langen Entwicklung durchgesetzt. Viel weiter verbreitet war einst die Vorstellung, daß alle Länder und alle Meere sich über eine riesige Scheibe ausbreiteten, die außen von den unermeßlichen Wassern des „Okeanosflusses" umspült sei. Die großen Entdeckungen zu Beginn der Neuzeit, als man den „Okeanos" als einen zwar gewaltigen aber doch nicht unermeßlichen Ozean bis zur gegenüberliegenden Küste (Amerika) durchquerte, als man den Erdball rings umsegelte, haben dann den Glauben an die Erde als eine Kugel für immer gefestigt. Für immer? Es blieb einigen Phantasten unserer Zeit vorbehalten, der Erde ihre Kugelform wieder abzusprechen und sie in eine Hohlkugel umzuwandeln: Der Mensch klebe sozusagen an der Innenseite dieses hohlen Erdgebildes, so wollen sie uns weismachen. Aber seitdem im Herbst 1946 mit Hilfe einer Rakete ein Teil der Erdkugel aus hundert Kilometer Höhe Photographien werden konnte und auf der Aufnahme deutlich die nach außen gekrümmte „Haut" der Erde, die sich unter der grellen Beleuchtung durch das Sonnenlicht hell gegen den schwarzen Hintergrund des Weltalls abhebt, zu erkennen ist, müssen auch die letzten Zweifler verstummen (s. Bild S. 4). Die vielgestaltige Landschaft, die uns umgibt, Ebenen, Berge, Meere, alles befindet sich auf der kugelförmig gekrümmten Außenhaut der Erde. Nun ist es für viele Zwecke sehr erwünscht, sich eine kleine Nachbildung der Erde zu schaffen, die möglichst getreu alle Einzelheiten der Landschaft, die Grenzen der Staaten, die Gebirgszüge, Flüsse, die Art der Bodenbedeckung, die Meere und ihre Strömungen wiedergibt. Eine solche Nachbildung der Erde ist der Globus (lat. „Kugel"), dessen berühmtester der „Erdapfel" des Martin Behaim aus Nürnberg ist (1492) und dessen größter um die Jahrhundertwende der Riesenglobus der Pariser Weltausstellung mit einem Durchmesser von fast 50 Meter war.
Je größer nun ein Globus ist, um so mehr Einzelheiten kann man erkennen, um so weniger Gebiete können wir aber gleichzeitig mit einem Blick überschauen. Nur auf einem ganz kleinen Globus kann man eine Hälfte der Weltkugel in ihrer Gesamtheit betraditen, ohne daß man die Augen ständig hin und her gehen lassen müßte. Trotzdem ist natürlich ein großer Globus vorzuziehen, wenn er auch nicht gleich ein solcher Riese wie der Erdball jener Weltausstellung zu sein braucht. Eine gewalttätige Handlung Man kann sich nun mit Recht fragen, ob man denn für alle geographisdien Studien im Zimmer unbedingt gleich immer einen Globus braucht. Für vergleichende Betrachtungen unserer engeren Heimat ist es ja gar nicht notwendig, die Lage sämtlicher übrigen Erdteile und der Weltmeere aufgezeichnet zu haben. Man könnte sich also mit einem recht kleinen Stück aus dem Globus begnügen, das man aus der gesamten Erdkugel herauslöst, wie man einen Apfelschnitz aus einem Apfel schneidet. Aber auch dieses Stück trüge noch die der Erdoberfläche eigene Krümmung und wäre deshalb recht unbequem zu handhaben. Wie kann man diesem Übel abhelfen? Wer für schnelles Zupacken ist, würde gewiß gleich darangehen, diesen Ausschnitt aus dem Globus einfach plattzudrücken oder auszuwalzen. Mit einem solchen Gewaltstreich kämen wir aber nicht weiter; denn jeder Mathematiker beweist uns sofort, daß man ein Stück einer Kugeloberfläche nicht flach in einer Ebene abrollen kann. Wenn wir es trotzdem versuchen, dann muß der Versuch im günstigsten Falle mit einer Verbiegung und Verbeulung unseres „Erdschnitzels" enden, im ungünstigsten Falle aber würde das Versuchsobjekt in viele Teile zerreißen. Gegen die Gesetze der Mathematik kann man nicht mit Gewaltmethoden ankommen. Immerhin haben wir die Möglichkeit offen gelassen, daß wir unser „Erdsdinitzel" bei entsprechender Mißhandlung in eine zwar verbeulte, doch einigermaßen ebene Form zwingen können. Es stellt dann zwar nur mehr ein Zerrbild des betreffenden Teiles der Erdhaut dar, ist aber wenigstens annähernd eben geworden. Und diese ebene Fläche kann man leicht abzeichnen, in der Druckerei vervielfältigen lassen und dann als Landkarte nach Hause tragen. Auf diese Weise entstehen alle die Landkarten, die wir als große Wand3
tafeln kennen, oder die wir im Atlas finden. Aber auch jene Karten, die den Seefahrer und Flugzeugführer ihren Weg finden lassen und die der Kraftfahrer braucht, wenn er weite oder ihm fremde Straßen befährt, sind so zustande gekommen; denn ein geordneter Verkehr kann sich nur mit Hilfe genauer und guter Landkarten entwickeln.
Die Erde ist eine Kugel. Es gibt dafür viele Beweise. Der jüngste Beweis ist diese Aufnahme, die 1946 aus 100 km Höhe gemacht wurde. Eine Rakete führte das Fotogerät mit sich. Der Erdrand erscheint deutlich nach außen gekrümmt.
Dabei wollen wir den Ausdruck „Land"-Karte nicht engherzig fassen, als ob es sich nur um die Wiedergabe von Land und Landstrichen handle. Wir wollen vielmehr zulassen, daß auf dieser „Land"-Karte Meerestiefen oder Meeresströmungen eingetragen sind, ohne daß wir sie hier deswegen eigens als eine Seekarte von . der Landkarte unterscheiden. Für uns ist eine Landkarte allgemein eine verebnete und verkleinerte Wiedergabe eines Stückes der' Erdhaut.
Die Geschichte der Landkarte Das Bedürfnis nach Landkarten ist uralt. Schon in der Zeit des alten Babylon finden wir Karten mit Stadtplänen. Derartige Landkarten über ganz kleine Gebiete sind, uns auch aus anderen Städten des Altertums, z. B. aus Rom und Jerusalem, erhalten. Griechischphönizisehen Ursprungs sind Hafenskizzen für die Seefahrer, die bis ins 13. und 14. Jahrhundert benutzt wurden. Man nannte sie, da sie für die Häfen (lat. „portus") bestimmt waren, „Portulankarten". Sie hießen auch „Rumbenkarten", da auf ihnen die Rumben, die Strahlen der Windrose, eingezeichnet waren. Berühmt waren unter ihnen jene Karten, die Petrus Vesconte um 1320 und Hieronymus Girava um 1560 gezeichnet hatten. In die römische Zeit geht jene Landkarte zurück, die man als die „Peutingersche Tafel" bezeichnet, auf der die ganze dem Altertum bekannte Welt bis zum Indischen Ozean abgebildet war. Sie war im Mittelalter nachgezeichnet worden und diese Nachzeichnung war dem Augsburger Altertumsforscher Konrad Peutinger (1465—1547) in die Hände gekommen. Seitdem trägt diese berühmte Karte, die auf Pergament niedergelegt ist, den Namen Konrad Peutingers. Wahrscheinlich ist das Original in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts n. Chr. entworfen worden. Die recht unbeholfene Darstellung dieser Karte deutet Ortschaften einfach durch Knicke in den sonst als geradlinig angenommenen Wegen an. Aber unzählige Kauffahrer und Pilger, Kaiser, Könige und Heerführer haben sich auf ihren Zügen hin und her durch die Welt des Abendlandes nach diesem Kartenwerk gerichtet. Erst zum Beginn der Neuzeit erfährt das Kartenwesen wieder einen Auftrieb. In Nürnberg lebte damals der Kartenzeichner und Kompaßmacher Erhard Etzlaub, der 1492 einen Stadtplan dieser alten Reichsstadt herausgab und sich seit 1511 um die Herstellung von Reiseplänen bemühte, auf denen die Straßen nach Rom eingetragen waren. Auf seinen Karten deutete er die Wege zur Ewigen Stadt durch punktierte Linien an, aus deren Punktzahl man auf die Entfernungen schließen konnte. Etzlaubs Wirken wurde aber schon bald durch das Werk eines noch größeren Wissenschaftlers in den Schatten gestellt. Es war Philipp Apianus, der für das südliche Deutschland in 24 Blättern die ersten halbwegs brauchbaren Landkarten, die „Bayerischen Landtafeln", anlegte. Apianus war Professor der Mathematik und lehrte an den Hochschulen von Ingolstadt und Tübingen. Ihn überstrahlt Gerhard Mercator, der eigent5
lieh Gerhard Kremer hieß, nach dem Brauch der damaligen Zeit aber seinen Bürgersnamen ins Lateinische übersetzt hatte (mercator. lat. = Kaufmann, Krämer). Er stammte aus dem flandrischen Städtchen Rupelmonde, wo er im Jahre 1512 geboren wurde. Mit seiner großen Karte von Europa begründete Mercator seinen Ruf unter den Zeitgenossen, die er erstmals über die wirklichen geographischen Verhältnisse des Abendlandes aufklärte. In Duisburg erschien dann seine Weltkarte, die noch größeres Aufsehen erregte, da in ihr auch die neu entdeckten Länder jenseits des Ozeans verzeichnet waren. Sie war in einer neuartigen Darstellung der kugeligen Erdoberfläche, der sog. Mercator-Projektion, gearbeitet worden (s. Seite 8). Mit dieser Weltkarte ist Mercator zum Schöpfer der modernen Lehre von der Herstellung der Kartenbilder geworden, der Kartographie. Mercator ist im Jahre 1574 in Duisburg gestorben. Die Landkarten, die wir heute benützen, verdanken ihre Entstehung leider meist recht unschönen Umständen: Man brauchte sie zum Kriegführen. Nicht umsonst spricht man von einer Generalstabskarte, wenn man eine besonders sorgfältige und genaue Landkarte bezeichnen will. Erst der Aufschwung des modernen Verkehrs brachte es dann so weit, daß man sich auch abseits der militärischen Bedürfnisse nach guten Landkarten umsehen mußte. Trotz aller inzwischen erzielten Fortschritte und Verbesserungen bei der Herstellung von Landkarten ist das Gesamtergebnis durchaus nicht so überwältigend, wie man bei der Betrachtung eines großen Kartenwerkes vielleicht annehmen könnte. Verläßliche Karten bestehen in Europa für etwa sieben Millionen Quadratkilometer Landfläche, in Asien, Afrika und Nordamerika für je sechs Millionen, in Südamerika und Australien dagegen nur für ein Landgebiet von je einer Million Quadratkilometer. Von der gesamten Landoberfläche der Erde, die 149 Millionen Quadratkilometer umfaßt, waren also vor dem letzten Krieg nur 20 Prozent kartenmäßig genau festgelegt. Man kann aber annehmen, daß die grausigen Bedürfnisse des letzten Krieges in erhöhtem Maße zur Herstellung von Landkarten über viele Gebiete gedrängt haben, die bis dahin noch nicht mit genügender Genauigkeit erfaßt worden waren. Die moderne Landkarte Die Grundlage jeder modernen Landkarte ist das Gradnetz der Längen- und Breitenkreise. Durch jeden Punkt der Erdoberfläche läuft genau ein Längenkreis und ein Breitenkreis. Diese Kreise R
sind nach einer bestimmten Ordnung fortlaufend numeriert und jeder Punkt der Erde kann daher durch Angabe dieser Laufzahlen eindeutig beschrieben und festgelegt werden. Früher mußte man sich bei Geländebeschreibungen auf die hervorstechendsten natürlichen Geländemerkmale beschränken, etwa einen Gebirgszug, einen auffallenden Hügel in der Ebene, eine charakteristische Flußwindung. Später kamen dann die künstlichen Geländemerkmale in zunehmender Anzahl hinzu. Man konnte sich dann bei der Wegbeschreibung auf größere Ortschaften berufen, auf Wasserleitungen, auf Kreuzungen mit bekannten Straßen, auf auffällige einzelne Bauwerke, Kirchen oder Schornsteine, auf Kanäle und viele andere Punkte. In der neuesten Zeit hat der Mensch durch den Verlauf der Hochspannungsleitungen der Überlandwerke und durch die Autobahnen der Landschaft wieder neue und recht auffällige künstliche Geländemerkmale eingeprägt. In ausgedehnten Landstrichen aber, in denen sich solche Anhaltspunkte nicht finden, versagen diese Methoden. In dem Einerlei der Wüste, in der Undurchschaubarkeit des Urwaldes und in der unendlichen Weite der polaren Zonen gibt es zu wenig natürliche oder künstliche Geländemerkmale; dieser Mangel an Anhaltspunkten für die Orientierung hat in der Unwegsamkeit der Wüsten, des ewigen Eises und der Urwälder schon Tausenden und aber Tausenden von Menschen das Leben gekostet. Ganz aussichtslos wird natürlich eine Geländebeschreibung auf dem Meere. Solange man sich in der Nähe der Küste bewegt, kann man deren Verlauf verfolgen, und wenn man eine Beschreibung des Küstenverlaufs zur Hand hat, selbst seinen Weg kontrollieren oder einem Nachfolger seine eigenen Erfahrungen in Form einer Wegbeschreibung und Fahrtskizze mitteilen. Aber auf offener See, fern von allen Küsten und Inseln, hat man nur noch die endlose Wasserwüste vor sich, aus der wir keinen festen Punkt mehr herausgreifen können. Die gegenseitige Lage der Längen- und Breitenkreise auf den Landkarten entspricht zwar nicht ganz den wirklichen Verhältnissen auf der Kugelfläche des Erdballs. Aber wir nehmen diese unvermeidlichen Änderungen gern in Kauf: denn nun brauchen wir nicht immer einen Globus oder einen Globusausschnitt mit uns herumzutragen, wenn wir uns unterwegs oder auch am Schreibtisch über eine Landschaft unterrichten wollen. Die ebene Karte, die wir falten oder zusammenrollen können, ist viel bequemer und handlicher als der kugelige Globus, und besonders erfreulich ist es, daß sie nicht nur bequem ist, sondern auch die genauesten Vermes-
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Eine Landkarte mit Längen- und Breitenkreisen, die nach dem von M e r c a t o r a n g e g e b e n e n Verfahren von der Erdkugel auf d i e Papierebene ü b e r t r a g e n w u r d e n . Die Längenkreise w e r d e n von dem Längenkreis aus, der durch d i e einstige Sternwarte von Greenwich läuft, nach b e i d e n Seiten numeriert, die Breitenkreise d a g e g e n vom Erdäquator aus.
sungen ermöglicht. So sehr hat man es verstanden, die durch die „Einebnung" entstandenen Verzerrungen zu beherrschen.
Orientierung im Gelände Wie können wir uns nun mit einer Landkarte im Gelände zurechtfinden? Unterwegs auf unseren Wanderungen haben wir uns bestimmt schon oft mit Hilfe einer Karte orientiert. Nach den Längenkreisen (Meridianen) wird die Karte in die Nordrichtung gedreht. Dann suchen wir uns einen auffälligen Punkt im Gelände aus, den 8
wir auf der Karte leicht wiedererkennen können und stellen auf diese Weise die Verbindung zwischen Karte und Landschaft her; das ist die Voraussetzung für weitere Aufgaben, z. B. die Festlegung des eigenen Standpunktes oder der Richtung, die bei unserem weiteren Weg eingehalten werden soll. Der Seemann hat es nicht so einfach, weil sich ihm auf dem offenen Meere keine feststehenden Anhaltspunkte bieten. Er muß also immer wieder den Kurs seines Schiffes möglichst vollständig in die Seekarte eintragen, so daß er zu jedem Zeitpunkt über seinen augenblicklichen Standort unterrichtet ist. Von Zeit zu Zeit kontrolliert und verbessert er diese Aufzeichnungen dann durch das Anmessen von Gestirnen oder durch Radiopeilungen. Der Sextant, ein Winkelmeßinstrument, mit dem man die Höhe der Sterne feststellen kann, das Chronometer, ein äußerst genau gehendes Uhrwerk, und das Nautische Jahrbuch mit den wichtigsten Angaben über die Himmelserscheinungen des jeweiligen Jahres, sind die unentbehrlichen Hilfsmittel des Seemanns, wenn er nach den Gestirnen den Standort oder den Kurs seines Schiffes bestimmen will. Zu den Funkpeilungen dient den Schiffen der Peilrahmen, mit dessen Hilfe sie den Schiffsort gegenüber dem Standort bestimmter Funksender an Land oder auf den Inseln genau ermitteln können. Für den Piloten eines Flugzeugs ist das alles noch viel schwieriger. Er kann selten wie ein Wandersmann sich in seiner Umgebung einen hervorstechenden Geländepunkt aussuchen, da die Umgebung meist viel zu schnell wechselt, noch kann er wie ein Seemann in aller Ruhe Kursberichtigungen vornehmen, da bei der großen Geschwindigkeit eines modernen Flugzeuges schon kleine Kursfehler erhebliche Wegabweichungen zur Folge haben. Besonders ungünstig wird die Lage eines Flugzeugführers aber dann, wenn die einbrechende Nacht alle Geländeeinzelheiten überhaupt verschwinden läßt oder wenn unter dicken Regenwolken oder grauen Nebelbänken die ganze überflogene Landschaft verborgen bleibt. In einem solchen Falle wird natürlich das Vergleichen der Karte und des Bodenuntergrundes unmöglich sein. Wollte man hier Abhilfe schaffen und das Gespenst von Nacht und Nebel bannen, so müßte man durch ein künstliches Mittel die Wolken durchdringen oder die Nacht erhellen können. Die moderne Technik hat uns zwar schon viel Überraschungen bereitet, hat die Vorstellungen von phantastischen Zukunftserzählungen der Vergangenheit oft in überraschend kurzer Zeit Wirklichkeit werden lassen, aber sie hat es noch nicht vermocht, uns künstlich die Gabe der freien Sicht unab-
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Im Kartenhaus eines Ozeandampfers. Die Offiziere auf der Brücke bestimmen mit Hilfe des Sextanten die Höhe der Sonne über dem Horizont. Mit Hilfe des sehr genau gehenden Chronometers (an der Rückwand) und der Nautischen Jahrbücher läßt sich dann der Standort des Schiffes errechnen, der fortlaufend in die große Karte eingetragen w i r d . Unter dem Chronometer ein Echolot zur akustischen Bestimmung der Meerestiefe.
hängig von Wetter und Tageslicht zu verleihen. Immerhin sind wir aber diesem Ziele schon sehr nahe gekommen. Es genügt einem Flugzeugführer ja, wenn er ein Gerät hat, auf dem zwar nicht ein wirklichkeitsgetreues optisches Abbild der gerade überflogenen Landschaft, sondern nur ein grobes Kartenbild dieser Landschaft zu sehen wäre. Ideal wäre es, wenn die Piloten auf dieser Karte auch gleich ihren augenblicklichen Standort erkennen und wenn sie außerdem die Richtung ablesen könnten, in der sich das Flugzeug bewegt. 10
Eine Landkarte einmal nach Wunsch Diese Wunschträume der Piloten konnten in den letzten Jahren verwirklicht werden. Zuerst brachten die Engländer entsprechende Einrichtungen in ihren Flugzeugen an, dann folgten die Amerikaner und schließlich begann man nach den ausländischen Mustern auch in Deutschland mit dem Bau dieser erstaunlichen Geräte. W e n n wir die Wirkungsweise und die Vorteile dieser Erfindung ganz verstehen wollen, müssen wir uns einmal die Entstehung einer ganz besonderen Landkarte überlegen, die von den bisher geschilderten Karten abweicht. Nehmen wir einmal an, wir hätten einen sehr vielseitigen Kartenzeichner zur Verfügung, der mit allen wissenschaftlichen Grundsätzen der Kartenherstellung aufs beste vertraut ist, selbst vorzüglich zeichnen kann und schließlich auch die Gesetze der Flugsteuerung hervorragend beherrscht. Diesem Manne also geben wir eine Landkarte in Auftrag, auf der nur die wichtigsten Einzelheiten einer Gegend dargestellt werden sollen. Denn nur mit den auffälligsten Merkmalen können wir uns beim Fluge überhaupt befassen. Der Kartenzeichner braucht bei der Anlage seiner Karte keine Rücksicht darauf zu nehmen, ob ein bestimmter Landstrich mit Laubwald oder Nadelwald bedeckt ist; er kann sich vielmehr mit einer Darstellung der Tatsache zufrieden geben, daß dort überhaupt eine bewaldete Gegend ist. Ferner wird es uns gleichgültig sein, ob wir es mit Wiesen, Feldern oder Weiden zu tun haben. Diese Bodenbedeckungsarten wechseln ohnehin meist so rasch, daß es genügt zu wissen, in einer bestimmten Gegend ist vorwiegend eine einfache, natürliche Bodenbedeckung ohne Kunstbauten des Menschen vorhanden. Wichtig scheint uns dagegen die Eintragung der Flußläufe und der Gewässer. Man kann sie meist auf große Entfernungen erkennen und an ihren oft charakteristischen Formen sich sehr leicht und schnell orientieren. Auf die Darstellung der Ortschaften, die in ihrer Folge ja aufs beste unterrichten und in allen Fällen Endstationen unseres Fluges sind, werden wilden größten Wert legen. Sie sollten möglichst nach ihrer Größe und ihren wirklichen Umrissen auf der Karte in Erscheinung treten. Da aber die Ortschaften ihrer Ausdehnung nach im allgemeinen hinter dem unbebauten Gelände zurücktreten, werden wir nichts dagegen haben, wenn aus Gründen der Deutlichkeit die Ortschaften übertrieben groß auf der Karte erscheinen. Unser Kartenzeichner wird sich nun an die Arbeit machen und sich zunächst einmal die Landschaft bei Sonnenlicht anschauen. Das II
Bild, das er dann empfindet, kommt auf recht verwickelte Weise zustande. Die von der Sonne ausgehenden Lichtwellen verschiedener Farbe treffen auf die Erdoberfläche. Je nachdem, auf welche Gegenstände und Geländeteile und auf welche Bodenbedeckungsarten sie dabei treffen, werden die einzelnen Farben in verschiedener Stärke zurückgestrahlt und kommen auf diesem Umwege in das Auge unseres Kartenzeichners. Auf der Netzhaut des Auges werden die lichtempfindlichen Teile von den einzelnen Farben in verschiedener Weise gereizt und diese Reize laufen weiter in das Gehirn. Erst dort sehen wir das Bild wirklich. Und so sieht auch unser Kartenzeichner die Landschaft mit all ihren Feinheiten der Beleuchtung und mit ihren Stimmungen, lachend im strahlenden Sonnenschein oder zu anderen Zeiten öde im trostlosen Regenschauer, einmal vom Sturmwind gepeitscht, ein anderes Mal von einem leisen Abendlüftchen überstrichen. Er sieht sie im frischen Grün des Frühlings, sieht die goldgelben Felder im Hochsommer und die Farbenpracht des Herbstes, bis sich die weiße Decke des Winters über die Landschaft legt. Doch von diesem ewigen Wechsel der Natur soll auf der Karte nichts zu merken sein. Im Gegenteil! Gerade die festen, unveränderlichen Merkmale sollen allein zum Ausdruck kommen. Der Kartenzeichner wird sich jetzt an die Arbeit machen, eine genaue, durch zahllose Einzelvermessungen entstandene Karte zur Hand nehmen und an ihr zu vereinfachen beginnen. Es verschwinden die vielgestaltigen Zeichen für die einzelnen Bodenbedeckungsarten für Laub-, Nadel- oder Mischwälder, für Felder und Weideflächen, wie wir sie von unseren Wanderkarten für die heimische LTmgebung kennen. Es verschwinden auch die kleinen Waldweglein und die Feldkreuze. Alles wird ausgeglichen. Doch heben sich Gegenden mit natürlicher Bodenbedeckung klar von den Ortschaften ab, und vom Boden und den Dörfern und Städten werden wieder die Gewässer deutlich unterschieden. Weil wir nun schon beim Vereinfachen sind, wollen wir auch auf eine Mehrfarbigkeit der neuen Landkarte verzichten und sie nur in einer einzigen Farbe herstellen lassen. Dafür sind wir in anderer Hinsicht entgegenkommend und überlassen die Wahl der Farbe dem Geschmack jedes einzelnen Benutzers. Er kann die Karte nach Wunsch mit gelbem, blauem, grünem oder einem anderen Untergrunde erhalten. Das Ergebnis der Bemühungen unseres Kartenzeichners wird nur noch wenig Ähnlichkeit haben mit dem Schaubild der betreffenden Landschaft, wie es von einem unvoreingenommenen Beob12
achter wahrgenommen würde. Es soll sich hier ja auch nicht um ein wirkliches Abbild handeln, wir haben deshalb auch nur von einer sehr vereinfachten Landkarte gesprochen. Bei schönem Wetter wird man durch einen Vergleich zwischen der überflogenen Landschaft und dieser Landkarte sich ohne weiteres flink orientieren können. Wie im Film gleitet die Landschaft unter uns hinweg und
So w ü r d e das G e b i e t um den Zuider-See (Holland) auf einer stark vereinfachten Landkarte aussehen. Die besonders auffallenden schwarzen Flächen sind die Städte Amsterdam (Mitte) und Rotterdam (links unten). Ohne Schwierigkeiten kann man in den nächstgrößeren schwarzen Flekken die entsprechenden Ortschaften erkennen. Es sind d i e Städte den Haag (links), Utrecht (rechts), H a a r l e m (Mitte) und Helder (oben).
wenn man es sich besonders einfach machen will, dann wickelt man die ganze Landkarte auf eine Trommel auf, von der sie durch ein Uhrwerk, das nach der Fluggeschwindigkeit läuft, wieder abgespult wird. So werden wir bei einem Blick auf die Karte ständig die gerade überflogene Landschaft ins Auge bekommen, und da die Karte sehr übersichtlich geworden ist, wird das Zurechtfinden keine Schwierigkeiten machen. Leider geht das nur dann so einfach, wenn uns das Wetter keinen Strich durch die Rechnung macht. Auch bei Nacht wird die ganze Angelegenheit recht schwierig. Man könnte zwar nach den beleuchteten Orten Ausschau halten, doch 13
hat der Krieg bewiesen, daß diese Anhaltspunkte nicht immer gegeben sind. Aus diesem Grunde kam man auf den Gedanken, den ganzen Vorgang grundlegend umzugestalten; nun wurde unsere vereinfachte Landkarte nidit mehr mit dem tatsächlich sichtbaren Landschaftsbild verglichen, sondern — und diese Änderung bedeutet einen ganz gewaltigen technischen Fortschritt — mit jener gläsernen Landkarte, die von einem noch näher zu besprechenden Gerät auch bei Nacht und Nebel von der gerade überflogenen Landschaft wiedergegeben wird. Diese Geräte spielten im letzten Kriege eine große Rolle unter dem Namen RADAR, der von der amerikanischen Abkürzung RADIO DETECTING AND RANGING stammt (Funk-, Sudi- und Meßgerät). In Deutschland nannte man die Anlagen zur Herstellung der gläsernen Landkarten die Panorama-, Funksehoder Bodenbetrachtungsgeräte. Teilweise wurden sie auch unter dem Namen Rotterdam- und Berlin-Gerät bekannt. Mit den Eigenschaften dieser Geräte werden wir uns jetzt beschäftigen müssen, wenn wir die Entstehung der eigenartigen gläsernen Landkarten begreifen wollen.
Das „quasioptische" Auge Die Bodenbetrachtungsgeräte, die wir als gläserne Landkarten bezeichnen, arbeiten mit einer besonderen Art von Wellen, für die erst in den letzten Jahren entsprechend leistungsfähige Sender gebaut werden konnten. Diese Wellen haben eine Reihe von Eigenschaften, in denen sie den Lichtwellen, mit denen sich die Optik befaßt, weitgehend ähnlich sind. Wegen dieser Ähnlichkeit mit den optischen Wellen tragen sie nach dem lateinischen Wort für ähnlich (= quasi) den Namen quasioptische Wellen. In mancherlei Hinsidit weichen diese Wellen jedoch von den Lichtwellen erheblich ab und deshalb kann man sie für eine Reihe von Aufgaben verwenden, bei denen die optischen Wellen versagen. Nach dem Sprachgebrauch der Wellenlehre haben die quasioptischen Wellen eine Wellenlänge von etwa zehn Meter bis herab zu einem Zentimeter. Die entsprechenden Schwingungszahlen betragen dann 30 Millionen bis 30 000 Millionen Schwingungen in der Sekunde. Nach landläufigen Begriffen geht es hier also unwahrscheinlidi sdinell zu. Die quasioptischen Wellen haben mit den Lichtwellen z. B. die Eigenschaft gemeinsam, daß sie sich außerordentlich rasch aus14
breiten. Jede dieser beiden Wellen legt in einer Sekunde einen Weg von rund 300 000 Kilometer zurück. Für eine Strecke von 300 Kilometer, für die wir mit dem Zuge einen halben Tag unterwegs sind, brauchen diese Wellen nur eine tausendstel Sekunde. Solche Zeitspannen kann man heute mit Elektronenuhren einfach und genau messen. Für uns wird diese Geschwindigkeit aus einem ganz anderen Grunde wichtig werden. — Eine weitere gemeinsame Eigenschaft beider Wellen ist ihre gradlinige Ausbreitung. Die Lichtwellen nennen wir auch Lichtstrahlen und wollen damit sagen, daß die Lichtwellen, die von einer Lichtquelle ausgehen, längs einer schnurgeraden, wie mit einem Lineal gezogenen Strahllinie, in unser Auge treffen. Bei der Erklärung einfacher optischer Vorgänge, z. B. der Spiegelung, Brechung und Schattenbildung, und bei der grundlegenden Besprechung von optischen Instrumenten wie Brillen, Mikroskopen und Fernrohren, macht man von der Vorstellung des Licht„strahls" gern Gebrauch. Auch die quasioptischen Wellen breiten sich strahlenförmig aus, verhalten sich aber, wenn sie auf ihrem Wege auf ein Hindernis treffen, anders als die Lichtwellen. Nehmen wir einmal folgendes an: von unseren beiden Augen sei nur eines für Lichtwellen empfindlich, während das andere auf quasioptische Wellen anspreche und dabei einen dem gewöhnlichen Sehvorgang entsprechenden Reiz an das Gehirn weiterleite. Wir könnten dann mit beiden Wellenarten „sehen". Doch dabei ergäben sich merkwürdige Unterschiede. Schwämmen wir beispielsweise auf einem See und öffneten nun unter Wasser das für Licht empfindliche Auge, so würden wir erfahrungsgemäß unsere Umgebung ganz gut erkennen können, öffneten wir jetzt unser gedachtes Auge für quasioptische Wellen, so ereignete sich gar nichts. Die Umgebung bliebe, quasioptisch „gesehen", dunkel; und zwar deshalb, weil diese Wellen das Phantasieauge gar nicht erreichen, da sie nicht in eine Wasseroberfläche eindringen können. Sie werden vielmehr von der Wasseroberfläche weggespiegelt; die Spiegelung ist dabei viel stärker als bei Lichtwellen. Oberhalb der Wasserfläche würde also unser zweites Auge arg geblendet, wenn es von dem gespiegelten quasioptischen Strahl getroffen würde. Ganz anders verliefe dieser Versuch vor einer Holz- oder Steinwand. Diese Wand ist für Lichtwellen vollkommen undurchlässig und damit auch undurchsichtig. Auch werden Lichtwellen an ihr nicht merklich reflektiert. Mit quasioptischen Wellen können wir dagegen eine starke Reflektion erreichen und außerdem die Wand mühelos durchdringen. Unser Phantasieauge könnte also durch die Wand hindurchsehen. 15
Bei der Betrachtung einer mit quasioptischen Wellen „beleuchteten" Landschaft müßten sich also ganz merkwürdige Unterschiede bei beiden Augen ergeben: Das Auge für quasioptische Wellen sähe manche Gegenstände wegen der stärkeren Spiegelung viel heller und andere wieder dunkler als das richtige Auge, es sähe alle Gegenstände aber auch nur in einer Farbe. Es ist eine nutzlose Spielerei, darüber nachzugrübeln, welche Farbe das nun wohl sein könnte. Denn alle diese Ausführungen stellen eine zwar sehr lehrreiche, aber sonst weiter nicht begründete Abschweifung in das Reich der Phantasie dar, da es Augen der genannten quasioptischen Art ja nicht gibt. Was uns bei Annahme solcher unterschiedlichen Augenarten noch auffallen würde, wäre die Feststellung, daß das richtige Auge viel genauer und besser sähe als das Phantasieauge, das eine Reihe von kleineren Objekten gar nicht mehr bemerkte. Die Vögel in der Luft, die Blumen auf der Wiese und die Steine am Wege würden von ihm nicht wahrgenommen werden. Die genannte Wellenlänge der quasioptischen Wellen ist in diesem Falle nämlich zu groß, als daß von den erwähnten kleinen Gegenständen noch eine Rückstrahlung ausgehen könnte. Sie wären also für unser quasioptisches Auge unsichtbar. Mit diesem Auge könnten wir jedoch die Sonne auch durch die dicksten Wolkenschichten hindurch sehen. Audi beim strömenden Regen und beim dichtesten Schneesturm wäre unser quasioptisdies Auge von lachender Sonne angestrahlt. Denn die Sonne strahlt neben ihren Licht- und Wärmewellen zu jeder Zeit auch quasioptisdie Wellen aus. Wir erkennen daraus eine der wichtigsten Eigenschaften dieser Wellen: Sie werden in ihrer Ausbreitung von den Wetterverhältnissen nicht behindert. Der menschlidie Körper besitzt leider von Natur aus kein Organ, mit dem er diese Wellen ausnutzen könnte. Hier ist es wieder die Technik, die die Unzulänglichkeit unserer Sinne ausgeglichen hat. Wir wollen uns nun nach diesem kleinen Abstecher ins unwirkliche Reich der Phantasie den Geräten zuwenden, die von der Technik zur Beherrschung der quasioptisdien Wellen zur Verfügung gestellt worden sind. Die Technik gab dem Menschen die Mittel in die Hand, quasioptische Wellen zu erzeugen, abzustrahlen und wieder zu empfangen. 16
Sender, Empfänger und Antennen Vom Rundfunk her sind uns die Begriffe Sender, Empfänger und Antenne geläufig. Diese Apparate werden in zweckentsprechenden Abwandlungen, auf die wir uns hier nicht einlassen können, auch für quasioptische Wellen gebaut. Das äußerlich auffallendste Kennzeichen einer Sende- oder Empfangsanlage für diese Wellen sind die sehr kleinen Maße der Antennen. Die Antennen, wie sie uns von der Hochantenne unseres Rundfunkempfängers oder vom Anblick des Turms eines Großsenders bekannt sind, schrumpfen bei den quasioptischen Wellen bis auf fingerlange Metallstücke zusammen. Man kann diese Zwergantennen in Hohlspiegel einbauen und mit dieser Anordnung die quasioptischen Wellen in einem scharf gebündelten Strahl genau so in eine ganz bestimmte Richtung lenken, wie es bei den Lichtstrahlen eines Scheinwerfers möglich ist. Eine solche in einem Richtspiegel sitzende Antenne nennt man auch eine Richtantenne. Sie ist für die Darstellung der gläsernen Landkarte eine wichtige Voraussetzung. — Der Empfänger, den wir für quasioptische Wellen benützen, unterscheidet sich äußerlich von einem der üblichen Empfänger nur durch sein schlichteres Gehäuse und die größere Anzahl von Bedienungsknöpfen. Einen eingebauten Lautsprecher würden wir allerdings vergeblich daran suchen. Er ist bei einem Empfänger, der keine Musik und keine Laute wiedergeben soll, ganz überflüssig und wird daher auch gar nicht eingebaut.
Die Braunsdie Röhre An Stelle des Lautsprechers wird vielmehr an den Empfänger für quasioptische Wellen in den Geräten, die für die gläsernen Landkarten verwendet werden, die Braunsdie Röhre angeschlossen**). Sie trägt ihren Namen nach dem deutschen Nobelpreisträger Prof. Braun, der viele Versuche mit ihr durchgeführt hat, allerdings ohne dabei an die gläsernen Landkarten zu denken. Sie besteht aus einem dünnwandigen Glasgefäß, das von einem zylindrischen Teil aus sieh kolbenförmig erweitert und am Ende mit einem großen, leicht gewölbten Glasboden abgeschlossen ist. Im Innern dieser Röhre wird ähnlich wie bei den Radioröhren *) Die Braunsdie Röhre lernten die Leser des Heftes 20 der Lux-Lesebogen bei der Erklärung des Fernsehens kennen.
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der Rundfunkempfänger ein Strahl von Elektronen erzeugt, jenen kleinsten Teilchen der Elektrizität, die beim Bau der Atome eine solch große Rolle spielen. Diese Elektronen werden dann durch elektrische Spannungen von einigen tausend Volt auf eine Geschwindigkeit von mehreren zehntausend Kilometern in der Sekunde gebracht. Sie sind also außerordentlich schnell und können die Braunsehe Röhre in unvorstellbar kurzer Zeit durchfliegen. Am Ende der Röhre prasseln diese Elektronen nun nicht direkt auf die Glaswand des Kolbens. Dort ist vielmehr eine ganz besondere Schicht auf den Glasboden aufgetragen, die wir die Leuchtschicht oder den Leuchtschirm nennen wollen. Diese Schicht hat die Eigenschaft, an der Stelle, an der sie von dem Elektronenstrahl getroffen wird, in einem eigenartigen grünlichen oder bläulichen Lichte aufzuleuchten, und zwar um so heller, je mehr Elektronen in der Sekunde auf diese Stelle des Leuchtschirms treffen. Bei manchen Schirmen hält das Leuchten auch dann noch an, wenn der Elektronenstrahl schon abgeschaltet ist. Sie können also wie das Zifferblatt einer nach- oder nachtleuchtenden Uhr im Dunkeln weiterleuchten, allerdings nur für einige Sekunden. Durch den gläsernen Kolbenboden der Braunschen Röhre kann man das Leuchten auf dem Leuchtschirm sehr gut und ganz bequem verfolgen. Vielleicht kennen wir das „magische Auge" an einem modernen Rundfunkempfänger; der Leuchtvorgang ist hier ganz ähnlich. Der Leuchtschirm einer Braunschen Röhre ist aber gewöhnlich viel größer und kann bis auf einen halben Meter Durchmesser anwachsen. Man kann nun durch Verändern der an die Braunsche Röhre angeschlossenen Spannungen den Elektronenstrahl auf jede als notwendig erachtete Stelle des Leuchtschirms treffen lassen. Jedesmal wird dann an der Auftreffstelle der Leuchtfleck erscheinen. Nun wissen wir aus dem Kino, daß unser Auge nicht in der Lage ist, in jeder Sekunde allzuviel getrennte Lichtreize aufzunehmen. Wenn man also den Elektronenstrahl so schnell auf dem Leuchtschirm umherführt, daß das Auge der Bewegung nicht mehr zu folgen vermag, dann verschwimmen die einzelnen Punkte für unseren Gesichtssinn zu einer scheinbar gleichzeitig vorhandenen zusammenhängenden Leuchtlinie. Je nachdem, was für Spannungen an die Braunsche Röhre angeschlossen sind, kann diese Leuchtlinie ein gerader Strich, ein Kreis, eine Ellipse oder sonst eine Kurve sein. Man kann den Elektronenstrahl aber auch ein stern- oder strahlenförmiges Muster auf den Leuchtschirm schreiben lassen. Wenn die einzelnen Strahlen dabei ganz dicht aneinanderrücken und schnell genug geschrieben werden, verschwimmt das ganze Sternmuster vor unseren Augen zu 18
einer einheitlichen, grünlich oder bläulich leuchtenden Fläche. Die Helligkeit der gesamten Leuchtfläche kann man in einfacher Weise dadurch regeln, daß man die Stärke des auftreffenden Elektronenstrahls durch das Drehen eines Knopfes oder automatisch reguliert. Man kann das Leuchten dann so stark einstellen, daß es auch bei hellem Tageslicht auffällt und kann es so weit abdämpfen, daß es nur mehr in einem ganz verdunkelten Raum oder bei Verwendung einer das Tageslicht abhaltenden Blende über dem Leuchtschirm wahrgenommen werden kann. Die gläserne Landkarfe entsteht Aus diesem gleichmäßig schwach leuchtenden Untergrund wächst bei richtiger Anordnung von Sender, Antenne und Empfänger eine Landkarte heraus, die weitgehend unserer auf das wichtigste vereinfachten Wunschlandkarte auf Seite 13 gleicht. Sie ist nicht greifbar und zusammenlegbar wie unsere Atlaskarte, ja, sie existiert genau genommen immer nur für Bruchteile von Sekunden. Ständig verschwindet sie und wird vom Elektronenstrahl wieder neu auf den Leuchtschirm gezeichnet, und wir können sie dabei durch den gläsernen Röhrenboden gut betrachten. Es ist also eine für unsere bisherigen Vorstellungen von einer Landkarte ganz ungewöhnliche Abart, mit der wir es hier zu tun haben. Es ist eine wirkliche gläserne Landkarte, die sich unserem Auge zeigt. Natürlich kann man diese Karte auch photographieren, und in diesem Heft ist eine solche Photographie auf Seite 26 wiedergegeben. Doch kann die Photographie nicht den seltsamen Farbeindruck und das Gefühl des fortlaufenden Wechsels dieser Karte, der sich in einem ständigen, mehr oder weniger starken Flimmern, einem Hinweghuschen von geisterhaften Lichtblitzen und gelegentlich auch in einem stärkeren Flackern anzeigt, wiedergeben. Die Photographie ist nur ein Augenblicksbild aus dem fließenden Ablauf der gläsernen Landkarte, während diese selbst ohne Pause so lange gezeichnet wird, wie das Gerät in Betrieb ist. Und dieses Gerät wollen wir nun kennenlernen. Nehmen wir einmal an, in einem Fesselballon befände sich mehrere tausend Meter hoch über dem Erdboden ein starker Sender für quasioptische Wellen, der mit Hilfe einer Richtantenne oder eines Richtspiegels nur einen ganz schmalen Abschnitt der Erdoberfläche anstrahlt. Die Wellen laufen dann von der Antenne 19
zum Erdboden hinab und werden vom Boden in verschiedener Weise reflektiert. Wasserflächen werden die Wellen ganz staric widerspiegeln, wenn das Wasser sich senkrecht unter dem Ballon befindet, beim schrägen Auftreffen aber werden die quasioptischen i Wellen von Wasserflächen in der entgegengesetzten Richtung weggespiegelt- Häuser reflektieren stark, aber nicht wie der Wasserspiegel in einer ganz bestimmten Richtung, sondern nach allen : Richtungen überhaupt. Von Feldern, Wiesen und Wäldern ist die Reflexion nur schwach, aber sie erfolgt wie bei Kunstbauten nach allen Richtungen. Die so verschieden stark und in verschiedenen ' Richtungen reflektierten Wellen laufen nun vom Erdboden wieder in die Höhe und werden dabei zu einem ganz kleinen Teil auch in die Nähe des Fesselballons kommen, also an die Stelle, von der sie ursprünglich alle ausgegangen sind. Wenn die Richtantenne ihre j Stellung in der Zwischenzeit nicht geändert hat, kann man diese j zurückgestrahlten Wellen wieder auffangen und einem Empfänger für quasioptische Wellen zuführen. Und am Ende des Empfängers kann man feststellen, in welchem Stärkegrad die Reflexion am Boden erfolgt ist und kann daraus auf den wahrscheinlichen Bodenuntergrund (Wasser, Felder, Häuser usw.) schließen. Aber man kann noch mehr. Die Wellen haben eine Geschwindigkeit von 300 000 Kilometern in der Stunde. Sie brauchen also für einen län- I geren Weg auch eine längere Zeit, selbst wenn dieser Mehrbedarf an Zeit auch nur wenige Millionstel Sekunden beträgt. Nun haben aber die Wellen, die vom Fesselballon senkrecht zum Erdboden j und senkrecht wieder herauflaufen, bestimmt einen kürzeren W e g j zurückzulegen als die Wellen, die in schräger Richtung auf die Erde j zulaufen und auch in schräger Richtung wieder zurückkommen. Diese Wellen werden demnach etwas länger brauchen, bis sie an der Empfangsantenne wieder angekommen sind. Man kann also aus dem Zeitunterschied, mit dem die Wellen wieder zurückkommen, i ohne weiteres Schlüsse ziehen auf den Winkel, unter dem sie zur i Erde gelaufen sind und, wenn die Höhe des Fesselballons bekannt , ist, auch auf ihre Entfernung zur Erdoberfläche. Als letzter Schritt bleibt nunmehr noch eine geschickte Anordnung, bei der mit Hilfe •; des Elektronenstrahls in der Braunschen Röhre die verschiedene Laufzeit und die verschiedene Stärke der einzelnen Wellen auf dem Leuchtschirm gleich so registriert werden, daß man eine Landkarte des Untergrundes vorliegen hat. Das Leuchten des Elektro- i nenstrahls auf dem Leuchtschirm wird dabei um so stärker sein, je stärker die vom Boden reflektierte Welle ist. Es wird deshalb ein 20
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heller Lichtfleck erscheinen, wenn eine starke Welle vom Boden zurückkommt (wenn also Häuser, Orte, Fabrikanlagen angestrahlt! sind). Der Lichtfleck wird jedoch zu einem matten Lichtschimmer werden, wenn eine schwache Welle zurückgestrahlt worden ist, die von einer Wiesen-, Felder- oder Waldlandschaft reflektiert wurde. Erfolgt gar keine Rückstrahlung, wie bei schräg angestrahltem Wasser, so wird es auf dem Leuchtschirm dunkel bleiben. Diese Leuchtunterschiede sind das eine, was wir auf unserem Leuchtschirm beobachten wollen. Das andere ist die Wiedergabe der Entfernung der angestrahlten Landschaftsstriche. Wir werden also den Elektronenstrahl so über den Leuchtschirm wandern lassen, daß er gerade in der Mitte des Schirms ist, wenn die senkrecht zum Boden laufenden Wellen ankommen und daß er am Rande ist, wenn die letzten, für den Empfang noch ausreichend starken Wellen aus der am weitesten von der Senkrechten abliegenden Richtung zurückkommen. Und nun lassen wir schließlich die Sende- und Empfangsantenne sich drehen und gleichzeitig auch den Elektronenstrahl auf dem Schirm mitwandern. Er wird dann ein sternförmiges Muster von Linien wechselnder Helligkeit schreiben. Liegen die einzelnen Linien nahe genug beieinander und erfolgt die Schreibung rasch genug, dann werden sich verschiedene Stellen deutlich heller herausheben, während andere wieder merklich dunkler sind. Die hellen Stellen müssen Gebieten starker Reflexion entsprechen, also vornehmlich durch die Rückstrahlung von Ortschaften bedingt sein. Die dunklen Stellen dagegen kommen von den schräg angestrahlten Wasserflächen, von denen wegen der wegspiegelnden Reflexion ja keine Welle in die Antenne zurückkommen kann. Somit ist genau das erreicht, was wir bei dem Entwurf unserer Wunschlandkarte vorhatten: eine einfache Landkarte, auf der nur die auffälligsten Geländeeigenschaften verzeichnet sind. Und der ganz große Vorteil dieser gläsernen Landkarte: Die quasioptischen Wellen kümmern sich nicht um Wolken oder Nebel. Sie tasten den Bodenuntergrund also bei jeder Witterung mit gleicher Zuverlässigkeit ab. Die Tageszeit spielt überhaupt keine Rolle, denn für den geschilderten Vorgang bleibt es vollkommen gleichgültig, ob wir Tag oder Nacht haben. Mit der gläsernen Landkarte hat uns die Technik also in gewissem Umfang dafür entschädigt, daß wir kein quasioptisches Auge haben. Wir erkennen freilich auch, daß diese Geräte ein Auge im eigentlichen Sinne des Wortes nicht ersetzen können, wenngleich dieser irreführende Ausdruck vielfach gebraucht wird. Da die gläserne Landkarte des Bodenuntergrundes 22
von den Elektronen innerhalb der Braunschen Röhre gezeichnet wird, können wir sie mit gutem Recht auch eine Elektronenkarte nennen.
Bei der Abtastung der Erdoberfläche mit quasioptischen W e l l e n geht von der Richtantenne des Flugzeuges ein unsichtbarer Strahlenkegel auf den Boden hinab. (In der Abbildung ist er sichtbar gemacht.) W e g e n der Drehung der Richtantenne kreist dieser „Sektor" (Ausschnitt) auf dem Erdboden; wegen der Fortbewegung des Flugzeuges wandert er außerdem in der Flugrichtung am Boden entlang. Der Kegelsektor der quesioptischen W e l l e n schiebt sich ohne Schwierigkeiten auch durch die dicksten Wolkenschichten und Nebelbänke hindurch, so daß die gläserne Landkarte bei jeder Witterung und zu jeder beliebigen Tages- oder Nachtzeit betrachtet werden kann.
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Die Landkarte wandert Wir wollen nun einmal unsere ganze Anordnung, die aus Sender, Antenne und dem Empfänger mit der Braunschen Röhre besteht, statt in einen Fesselballon in ein Flugzeug einbauen. Die Apparaturen sind ziemlich schwer und umfangreich, wir müssen also schon ein modernes, viermotoriges Großflugzeug wählen. Darin ist so viel Platz, daß wir uns eine eigene Kabine für unsere Geräte geben lassen können. Wir brauchen uns also nicht beim Piloten aufzuhalten, in dessen Nähe es uns wegen der verwirrenden Fülle von Hebeln, Druckknöpfen und Zeigern an sich schon nicht ganz geheuer ist. Wir brauchen aber auch den Bordfunker nicht zu belästigen, der durch die Durchgabe von Telegrammen, durch die Aufnahme von Wetterberichten und ähnliche Obliegenheiten ohnehin stark in Anspruch genommen ist. Nein, wir lassen uns eine eigene kleine Kabine einbauen, die wir* lichtdicht verschließen können oder nur ganz matt beleuchten. Über das Bordtelephon sind wir mit den übrigen Mitgliedern der Flugzeugbesatzung verbunden; in unserer verdunkelten Zelle haben wir selber über die Vorgänge draußen ja keinen Überblick mehr. Aber nun schalten wir unsere Geräte ein. In kürzester Zeit beginnt der Leuchtsehirm der Braunschen Röhre grünlich aufzuleuchten, unbestimmte und verschwommene Lichtstrahlen geistern ü b e den Leuchtschirm u n d dann beruhigt sich das Bild, und durch die Glaswand des Kolbenbodens hindurch sehen wir die Landkarte der gerade überflogenen Landschaft. Wir sehen nun auch, wie diese Landkarte ein recht unbeständiges Gebilde ist, das sein Aussehen ständig verändert. Denn genau so wie die Landschaft unter dem Flugzeug hinweggleitet, muß ja auch die gläserne Landkarte ihre Gestalt wechseln. Die Stelle, die eben noch senkrecht von den quasioptischen Wellen angestrahlt wurde, wird jetzt bereits unter einem kleinen Winkel getroffen und wenige Minuten später schon sehr schräg angestrahlt. In der gleichen Zeit muß natürlich der entsprechende Lichtfleck auf dem Leuchtschirm von der Schirmmitte bis zum Rande gewandert sein. Wir können uns leicht vorstellen, daß eine Unmenge technischer Einzelfragen gelöst werden mußte, bis es gelang, das Zusammenspiel zwischen Sender, Empfänger und Elektronenstrahl auf der einen und der Laufzeit und Stärke der Wellen auf der anderen Seite so zu sichern, daß man die gläsernen Landkarten tatsächlich mit genügender Deutlichkeit sehen konnte 2!
Es würde ein dickes Buch füllen, wollte man alle diese Einzelheiten auch nur erwähnen. Einige Feinheiten wollen wir aber zum Abschluß noch besprechen: Wie jede Landkarte gibt auch die Elektronenkarte nur ein verzerrtes Bild der Erdoberfläche wieder. Durch klug ausgedachte Vorrichtungen hat man aber erreicht, daß dort, wo es notwendig erscheint, eine elektrische Entzerrung vorgenommen werden kann. Ein elektrisches Gerät hilft auch mit, die gläserne Landkarte immer auf die Nordrichtung zu beziehen. Der obere Rand der runden Karte entspricht elektroautomatisch immer Norden. Sehr angenehm ist es für den Piloten auch, daß die jeweilige Stellung der Flugzeugachse elektrisch in die Karte eingezeichnet wird. Als heller Strich ist die Flugrichtung deutlich abgehoben. Man kann sie daher auch bei Nacht und Nebel sehr leicht kontrollieren und gelegentliche Abweichungen durch den Winddruck gleich bemerken. Weiter kann man elektrisch auch Entfernungskreise einzeichnen, die angeben, wie weit es vom Flugzeug zu einem bestimmten Punkte ist. Gleichzeitig läßt sich mit diesen Entfernungskreisen sehr einfach feststellen, welche Geschwindigkeit man hat; daraus ist dann leicht auch die Stärke eines Rücken- oder Gegenwindes zu erkennen. Sehr vorteilhaft ist es, daß sich der Maßstab auf der gläsernen Landkarte nach Wunsch verändern läßt. Man kann also eine in weiten Grenzen veränderliche Vergrößerung oder Verkleinerung der Landkarte erreichen. Selbstverständlich läßt sich bei starker Vergrößerung auf dem begrenzten Leuchtschirm nur mehr ein kleiner Teil der überflogenen Landkarte darstellen. Gewöhnlich baut man die Geräte so, daß die am Kartenrande liegenden Punkte eine Entfernung von 50 Kilometer haben. Bei starker Vergrößerung läßt man diese Entfernung auf 5 Kilometer schrumpfen. Auf einer solchen kleinen Karte sind viele Einzelheiten deutlich zu erkennen, besonders wenn man sich über einer Stadt befindet. Wenn aber einer uns glaubhaft machen wollte, daß auf der gläsernen Landkarte ein genauer Stadtplan mit allen Straßen und Häusern wiedergegeben werden könnte, dann glauben wir ihm diese Geschichte nicht. Es laufen zwar viele solche Märchenerzähler durch die Lande, aber dadurch werden ihre Phantastereien auch nicht wahrer. Vielleicht gelingt das einmal später, heute sind wir noch weit davon entfernt. Trotzdem bleibt die gläserne Landkarte eine technische Meisterleistung von höchstem Range, die man nicht genug bestaunen kann.
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Durch Abtastung mit quasioptischen W e l l e n entstand durch dichte N e b e l w ä n d e und für das A u g e undurchdringliche W o l k e n hindurch diese Elektronen karte von N e w York. Die Kreisform des Stadtbildes entspricht der Kreisform der „ g l ä s e r n e n L a n d k a r t e " auf dem K o l b e n b o d e n der Braunschen Röhre. Die hellen Punkte sind nicht einzelne W o l k e n k r a t z e r , sondern bebaute Häuserviertel überhaupt. M a n erkennt zum Teil auch d i e Schienenstränge der Eisenbahn. G a n z deutlich hebt sich d i e Wasserfläche des Hudson (Bildmitte) mit seinen z a h l reichen K a i a n l a g e n a b ; ebenso d i e des East River, d i e d i e langgestreckte W e l f a r e - I n s e ! umschließt und von z w e i Brücken überspannt w i r d . Der Z e n t r a l Park erscheint als dunkles Rechteck,
Hier d i e geographische Karte zu d e r auf der nebenstehenden Seite w i e d e r g e g e b e n e n Elektronenkarte von N e w York. So würde sich d i e Stadt b e i klarer Sicht dem A u g e eines Flugzeugführers aus großer Höhe d a r b i e t e n . Die „ g l ä serne L a n d k a r t e " ermöglicht es, e i n Stadt- und Landschaftsbild in g r o ß e n Umrissen auch d a n n w i e d e r z u g e b e n , wenn d i e Sicht v o l l s t ä n d i g b e h i n d e r t ist. Auf der Elektronenkarte kann man heute schon G e b i e t e bis zu 50 km im Umkreis d a r s t e l l e n .
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Ferngeleitefe Flugzeuge Zum Schluß noch ein kurzer Besuch auf einem modernen Flugplatz. Er scheint gerade ziemlich verlassen zu sein. Wir glauben, ungestört eine der neuen Maschinen bewundern zu können, die dort stehen. Sie haben keine Propeller, sondern Düsen und sind beinahe so schnell wie der Schall. Aber plötzlich durchfährt uns ein ungeheurer Schreck. Mit donnerndem Krach jagen aus sechs Düsen der Maschine qualmende Gase heraus. Das Flugzeug hebt sich in die Lüfte und entschwindet mit einem heulenden Getöse blitzschnell unseren Blicken. Aber während wir uns von unserem Erschrecken noch nicht recht erholt haben, fliegt die Maschine schon wieder über uns hinweg, zieht am Ende des Platzes eine wundervolle Kurve, setzt zur Landung an und rollt aus. Gespannt warten wir auf den Piloten, der vorhin unbemerkt eingestiegen sein muß. Aber wir warten vergebens. Die Tür zur Kabine bleibt verschlossen. Unsicher lassen wir unsere Blicke in der Gegend umherschweifen und entdecken endlich ein kleines Häuschen, dessen Dach kaum aus dem Boden herausragt. Neugierig bitten wir um Einlaß, der uns gerne gewährt wird. Und nun finden wir des Rätsels Lösung. Längst vertraute Apparaturen sind hier aufgebaut. Eine Braunsche Röhre mit einem Kolbenboden von einem halben Meter Durchmesser strahlt in unwahrscheinlichem Glänze. Daneben ein Schaltpult mit zahlreichen Hebeln und Knöpfen. Und eben sehen wir, wie einer dieser Knöpfe gedrückt wird. Da erhebt sich draußen wieder das Getöse des startenden Flugzeuges, auf dem Leuchtschirm der Braunschen Röhre wandert ein heller Leuchtfleck von der Sdiirmmitte langsam zum Rande. Nun wird am Schaltpult ein kleines Stäbchen gedreht und gehorsam zieht der helle Leuchtfleck über den Schirm eine Kurve. Wir ahnen bereits, daß dieser kurvende Leuchtfleck dem Flugzeug entspricht, das wir vorhin beobachtet haben und das nun, von geheimnisvollen Kräften bewegt und gesteuert, wieder aufgestiegen ist. Wir wissen nun, daß wir hier auf einen Leitstand für die Fernlenkung von Flugzeugen geraten sind. Was uns die Elektronenkarte dieser Station zeigt, ist diesmal nicht die Erdoberfläche mit ihren vielerlei Auffälligkeiten. Statt der Erde ist hier der Luftraum angestrahlt, in dem es allerdings fast gar keine Anhaltspunkte für eine „Luftkarte" gibt, da Wolken und Nebel veränderlich und für die quasioptischen Wellen ja gleichsam ein Nichts sind. Um so mehr aber heben sich in diesem Luftraum Flugzeuge ab, gleichgültig, aus welchem Stoff sie bestehen. Ihre Zahl und ihre gegenseitige Lage kann man hier be28
Im Innern eines Leitstandes für ferngelenkte Flugzeuge. Der Kurs der f e r n gelenkten Verkehrsmaschinen w i r d an dem W a n d e r n des hellen Leuchtfleckes auf d e r gläsernen Landkarte v e r f o l g t . In solchen Leitständen v e r w e n d e t man Braunsche Röhren mit einem Kolbendurchmesser von einem h a l b e n Meter. W e n n das Bild d a n n noch zu klein ist, kann man es mit Hilfe eines Projektionsapparates (Bildwerfers! weiter v e r g r ö ß e r n .
quem verfolgen; man kann die Kurse dieser Flugzeuge durch Funksignale der Leitstelle ändern und verschiedene Manöver durchführen. Am wichtigsten ist die radargelenkte Landung bei schlechter Sicht, die GCA-Landung, die in der zivilen und vor allem militärischen Luftfahrt von allergrößter Bedeutung ist. Eine Leitstelle spricht dem Piloten dabei laufend seine Positionswerte hinauf, so daß er in den schwierigen Landeaugenblicken immer bestens informiert ist. 29
Zur Betrachtung der Vorgänge auf den leuchtenden Kolbenböden von kleineren Braunschen Röhren blickt man gern durch ein einfaches Schutzrohr. Dadurch wird das störende Tageslicht abgeblendet, so daß auch geringe Helligkeitsänderungen leicht erkannt werden können.
Radar in der Seeschiffahrt Natürlich läßt sich auch die Schiffahrt die Vorzüge der neuartigen Karten nicht entgehen. Der Kapitän eines Schiffes muß ja jederzeit seinen genauen Standort wissen, er muß seine Lage gegenüber dem Festland kennen und auch über die Standorte anderer Schiffe in seiner Nähe informiert sein. Schiffsradargeräte können ihm diese Unterlagen schnell, genau und sogar unabhängig von Wetter- und Tageszeit liefern. Zu der Ausrüstung eines Kartenhauses, wie wir es auf Seite 10 gesehen haben, gehört heute schon bei vielen hundert größeren Passagier- und Frachtschiffen das sog. Sichtgerät der Radaranlage, auf dem die Echos der Umgebung erscheinen. Der Sender wird mit der Stromversorgung an einer geeigneten Stelle untergebracht, wo er möglichst wenig stört. Die Antenne montiert man möglichst hoch auf einem Mast. Sie ist an ihrem charakteristischen Aussehen leicht zu erkennen, besonders wenn sie bei der Abtastung der Umgebung langsam rotiert. 30
Da das vom Radargerät gelieferte Bild nicht mit dem Bild gleichgesetzt werden kann, welches das menschliche Auge bei gutem Wetter von seiner Umgebung wahrnimmt, sind für die richtige Auslegung und Deutung eingehende Schulung und große Sorgfalt erforderlich. Manche allzu große Hoffnungen, die sich auf die Einführung der Schiffsradargeräte stützten, mußten enttäuscht werden, denn auch unter den mit Radargeräten ausgestatteten Schiffen ereigneten sich durch menschliches Versagen schwere Zusammenstöße. Vergessen wir aber über diesem ernsten Seitenblick nicht die großen Zukunftsmöglichkeiten, die in dieser noch immer jungen Technik stecken. Schon bedient sich ihrer auch die Meteorologie, die Wetterkunde, um Gewitterfronten und Wirbelstürme auf dem Schirmbild verfolgen zu können. Manches Fahrzeug konnte durch rechtzeitige Warnung schweren Beschädigungen entgehen. Die Astronomen verfolgen die Spuren von Meteoren auf dem Leuchtschirm und können die Sternschnuppen dadurch auch bei Tageslicht beobachten. Phantasiereiche Techniker träumen schon davon, daß es einmal möglich werden könnte, auch unsere Nachbarn im Weltenraum auf der gläsernen Landkarte erscheinen zu lassen. Sie malen sich schon aus, wie die quasioptischen Wellen in die Tiefen der Mondkrater dringen, wie sie uns in die Sonnenkorona mit ihrem geheimnisvollen Strahlenkranz auf den Leuchtschirm bannen werden und wie sie in noch ferneren Zeiten vielleicht sogar helfen können, das rätselvolle Gefüge der Marsoberfläche oder die noch gänzlich unergründete Venusoberfläche zu entschleiern. Bis dahin ist freilich noch ein weiter Weg zurückzulegen. Aber das Ziel winkt bereits aus der Ferne. Schon ist die quasioptische Strahlung der Sonne das Ziel eingehender Studien der Wissenschaft, schon haben die Wellen irdischer Sender die Mondoberfläche erreichen und von dort wieder zurückkehren können. Wir wissen noch nicht, welches die nächste Überraschung sein wird, die wir mit der gläsernen Landkarte, diesem Wunder des zwanzigsten Jahrhunderts, noch erleben werden.
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