Nr. 2501
Christian Montillon
Die FrequenzMonarchie Einladung nach Markanu – es geht in die Endlose Stadt Auf der Erde und den zahlreichen Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrech nung – das entspricht dem Jahr 5050 christli cher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht in der Galaxis weitestgehend Frieden: Die Sternenreiche arbeiten zusammen daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Die Kon flikte der Vergangenheit scheinen verschwun den zu sein. Vor allem die Liga Freier Terraner, in der Perry Rhodan das Amt eines Terranischen Residenten trägt, hat sich auf Forschung und Wissenschaft konzentriert. Mithilfe uralter Transmitter will
man die riesigen Entfernungen zwischen Son nensystemen und gar Galaxien überwinden. Zudem hofft man auf einen Technologietransfer aus bisher unbekannten Bereichen. Dazu dient unter anderem die mysteriöse Raumstation, die zwischen den Ringen des Planeten Saturn schwebt. Terranische Wissenschaftler und Techniker arbeiten daran, der Station ihre uralten Geheimnisse zu entlocken. Doch die Menschen sind nicht die Einzigen, die sich für das Objekt interessieren. Denn unverse hens taucht ein neuer, gefährlicher Feind aus den Transport-Kaminen des »Polyport-Hofes« auf: Es ist DIE FREQUENZ-MONARCHIE ...
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Christian Montillon
Ich will dir eine Geschichte erzählen. dings weit entfernt. Zwar ermöglichte es Hör gut zu, Perry Rhodan, und ihr anden Transport von Gütern und Passagie deren ebenso. ren, doch nur in geringem Umfang und Es war vor – ich rechne es in eure Zeitnur über wenige Strecken des Netzes. einheiten um – etwa 80.000 Jahren. DaDennoch glich allein die Möglichkeit mals stießen die Andury erstmals nahe einer absoluten Sensation. Es weckte ihrem Heimatstern auf einen PolyportTräume in ihnen, Phantasien ... Sie malHof. ten sich aus, wie es einst sein könnte. Sie stellten schnell fest, dass niemand Wenn ich dich so anschaue, kommt es den Hof als Eigentum beanspruchte. mir vor, als könntest du genau verstehen, Vielleicht deshalb, weil er große Beschäwas ich meine. Es ist noch nicht lange digungen aufwies. Woher die Zerstörunher, da ging es dir ebenso. GALILEO gen rührten und welche Katastrophe nennst du den Hof, von dem aus du ge dort einst vorgefallen sein mochte, konnkommen bist, nicht wahr? ten sie niemals reDu stehst ganz am konstruieren. Anfang, die Wunder Die Andury ... Du des Netzes zu entdeDie Hauptpersonen des Romans: hast gewiss von ihnen cken. Allerdings hast gehört, Perry Rhodan? du dir dafür eine Ariel Motrifis – Der Halbspur-Changeur stellt die auserkorenen Retter seines Volkes vor. Weit in der Vergandunkle und gefähr genheit waren sie ein liche Zeit ausgesucht. Icho Tolot – Endlich befindet sich der Haluter in Augenhöhe mit dem Gegner. wichtiges Hilfsvolk Die dunkelste Zeit, an der Superintelligenz die ich mich erinnern Kharonis – Der Frequenzfolger nimmt die Spur eines Verschollenen Hofes auf. ESTARTU, doch sie kann. Etwas Böses baten darum, aus dezieht herauf. Mondra Diamond – Die Liga-Staatssekretärin besucht die Endlose Stadt und verliert ein ren Dienst entlassen Wie machst du das Kind. zu werden. ESTARTU nur? Du hast etwas an Perry Rhodan – Der Terraner ist zu Gast bei den gewährte ihnen den dir, was mich dir Halbspur-Changeuren. Wunsch, denn sie wamehr erzählen lässt, ren erschöpft und ausals ich eigentlich woll gelaugt, wie es bisweite. Aber ich schweife len bei Hilfsvölkern schon wieder ab. Es von Superintelligenzen und Hohen bleibt nicht mehr viel Zeit. Mächten der Fall ist. Vor allem, wenn sie Damals, vor 80.000 Jahren, reparierten auf die eine oder andere Weise eine wichdie Andury in einer Kraftanstrengung tige Rolle einnehmen. sondergleichen den Polyport-Hof. Es Aber zurück zum eigentlichen Thema: nahm Jahrzehnte in Anspruch, doch sie der Polyport-Hof. konnten ihn trotz aller Mühen und ErDie Forscher fanden ein faszinierendes fahrungen im Dienste ESTARTUS nicht Stück Hochtechnologie vor, das ihnen in Betrieb nehmen. intergalaktische Transporte in erstaunBis sie eines Tages in einem Lager lich kurzer Zeit gestattete. Du kannst dir raum einen Container entdeckten, in vorstellen, welche Aufregung die Entdedem sich 150 Controller der Klasse A und ckung des Polyport-Netzes hervorrief – ein Controller der Klasse B befanden. intergalaktische Transporte, BeweDieser Fund änderte alles. Er war mehr gungen über die Abgründe von Galaxien wert als alles andere, denn nun waren die hinweg, und das mithilfe einer TechnoloAndury endlich dazu in der Lage, das gie, die die Andury nicht verstanden. Polyport-Netz in größerem Umfang zu Es weckte ihren Ehrgeiz. Sie wollten erkunden. mehr, wollten das Netz in seiner GesamtUnd so wurden sie zu den Halbspur heit beherrschen. Davon waren sie allerChangeuren.
Die Frequenz-Monarchie
Oder lass es mich anders sagen: Da mals wurden wir zu den Halbspur-Chan geuren. 1. Perry Rhodan:
Changeur zu Gast
Der Fremde roch nach Orangenöl und einer frisch geschmierten Maschine; der Duft, den wohl auch die Motorhaube eines auf Hochglanz polierten und frisch gereinigten Oldtimers des zwanzigsten Jahrhunderts verströmt hatte. Vor einer halben Ewigkeit, dachte Per ry Rhodan, als ich noch nicht ahnte, dass es mich einmal von einem Artefakt in der Nähe des Saturn aus zu einem WeltraumBahnhof knapp 40.000 Lichtjahre ent fernt verschlagen würde. »Mein Name ist Ariel Motrifis«, sagte der Neuankömmling in der Sprache der Mächtigen. »Ich bin Transfer-Operator. Ihr habt der Frequenz-Monarchie erfolg reich Widerstand geleistet.« Er senkte den Kopf, was ihn noch einige Zentime ter kleiner wirken ließ; er reichte Rhodan ohnehin nur bis zur Brust. »Wir erbitten eure Hilfe.« Rhodan ließ die Worte auf sich wir ken. Sie entsprachen nicht dem, was er erwartet hätte, wenn ein HalbspurChangeur aus dem Transferkamin des Zentralen Verladeplatzes von ITHA FOR-5 trat. Ganz und gar nicht. Rhodan hätte sich sogar gerade umgekehrt von ihnen Hilfe erhofft. Schließlich kannten die Changeure das Polyport-Netz besser als er. Der Terraner streckte der kleinen, dunkelhäutigen Gestalt die rechte Hand entgegen. Motrifis zögerte einen Augen blick, überlegte wohl, was diese Geste bedeutete. Dann ergriff er die ihm darge botene Hand. Licht blitzte auf dem wei ßen Material seines Anzugs, das so grell war, dass die goldenen Verzierungen an den Ärmeln und den Beinteilen matt und stumpf wirkten. »Sei willkommen, Ariel Motrifis. Ich
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heiße Perry Rhodan. Du hast uns offen sichtlich ... beobachtet?« »Lass mich dir später davon berichten. Ihr habt die Truppen der Frequenz-Mon archie vollständig vertrieben? Seid ihr sicher, dass ITHAFOR in eurer Hand ist?« Der Halbspur-Changeur schaute sich um; sein Blick blieb an Mondra Diamond und dem Mausbiber Gucky hängen. Die Geschützbatterie und die Soldaten, die den Transferkamin sicher ten, beachtete er jedoch nicht. Oder doch? Hatte sich sein Gesicht nicht einen Augenblick lang verdüstert? »ITHAFORS acht Polyport-Höfe wer den von unseren Truppen ständig be wacht. Die Transferkamine sind abge schirmt. Es kann zu keiner weiteren Invasion kommen. Wenn du nach deiner Ankunft Feindseligkeiten gezeigt hättest oder bewaffnet gewesen wärst, hätten wir dich längst ...« »Getötet?« Motrifis wandte sich zur Seite und streckte ungewöhnlich lang sam die rechte Hand aus. Er hob sie in Kopfhöhe, damit Mondra sie leicht er greifen konnte. »Wenn dies eure Geste der Höflichkeit ist, so will ich ihr Genüge tun.« Erst in diesem Moment bemerkte Rho dan, dass Mondra bei ihm stand. Sie war ihm also gefolgt, als er den dreifach ge staffelten HÜ-Schirm passiert hatte und dem Neuankömmling entgegengegangen war. Immer musste sie an erster Stelle dabei sein. Vielleicht hatte sie auch nur bereitgestanden, um Perry Rhodan im Fall eines Überraschungsangriffs zu ver teidigen. Der Changeur wirkte misstrauisch, als rechne er jederzeit damit, dass riesige Klonsoldaten aus dem Transferkamin traten und sich auf ihn stürzten. Eine wohl nicht völlig ungerechtfertigte Be fürchtung. Rhodan musterte Motrifis genauer. Bis zu diesem Moment hatte er den seltsamen Glanz auf dem Anzug des HalbspurChangeurs für eine Wechselwirkung des Lichts mit dem Material gehalten, doch es ging auch von seiner Haut aus.
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Besonders von seiner Haut, dachte Rhodan. Motrifis erweckte den Eindruck eines halbmateriellen Wesens, das teil weise in einem anderen Kontinuum exis tierte. Es war, als bestrahle ihn die Sonne einer fernen Welt und verleihe ihm da durch einen unwirklichen Glanz. Dieses fremdartige Licht schien durch ihn hin durch und ließ ihn von innen her unwirk lich leuchten. Rhodan kannte dieses Phä nomen von seiner ersten Begegnung mit Halbraum-Changeuren auf der LemurerPlattform ZEUT, die für sie der Trans porthof BLEU RIMBER gewesen war. Vielleicht ist er gar nicht hier. Ist er nur eine materielle Projektion, ein künst liches Abbild, das von einer Positronik gesteuert wird? Andererseits war Ariel Motrifis so völ lig anders als das holografische Pro gramm, das Rhodan und die terranischen Forscher auf dem Polyport-Hof GA LILEO begrüßt und sich als Ters Richar ge vorgestellt hatte – ebenfalls ein Halb spur-Changeur, aber so viel unwirklicher als Motrifis. Nein, es gab keinen Zweifel: Ihr Gast war echt. Motrifis lebte, und er hatte ITHAFOR tatsächlich durch den Transferkamin betreten, genau wie es den Anschein erweckte. Gucky materialisierte plötzlich direkt vor dem Halbspur-Changeur. »Du bist mir doppelt willkommen«, sagte der Mausbiber. »Erstens, weil du keiner von diesen Clown-Soldaten der Frequenz-Monarchie bist ... und zwei tens, weil mich nun niemand mehr Klei ner nennen wird.« Rhodan musste schmunzeln. Motrifis jedoch zeigte keine Reaktion. Wie sollte er auch verstehen, worauf Gucky an spielte? Du bist auch nur größer als er, wenn du die Pelzhaare auf deinem Kopf aufrich test, Kleiner, dachte Rhodan intensiv und hoffte, dass sein alter Freund die Worte telepathisch empfing. »Selbstverständlich«, sagte Gucky, »sind wir als freundliche und friedlie bende Zivilisation bereit, eure Bitte um Hilfe zu erfüllen.«
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»Das sind wir«, bestätigte Rhodan. »Wir werden den Halbspur-Changeuren gerne beistehen. Zuvor aber benötigen wir Informationen.« Motrifis wandte sich seinem offenen weißen Schlitten zu, auf dem er aus dem Transferkamin geflogen war. Die etwa sechs Meter lange und zwei Meter breite Konstruktion besaß zwei Sitzbänke auf einem flachen Unterbau. An der Stirn seite ragte ein geschwungener Stab auf, der an einen archaischen Fahrradlenker erinnerte. An dieser Stange hielt er sich fest. »Es wird sich zeigen, ob ich sie dir geben kann.« Wohl eher, ob du willst. Rhodan trat bewusst forsch auf. Er hasste es, die offensichtliche Not des an deren auszunutzen, aber Informationen konnten nicht nur für ihn, sondern für Terra und die gesamte Menschheit von entscheidender Bedeutung sein; selbst für den Teil der Menschheit, der vor Jah ren in die Fernen Stätten ausgewandert war. Die Stardust-Menschheit ... Zum ers ten Mal hatte er wieder ein Lebenszei chen von ihr empfangen, an Bord des Polyport-Hofes GALILEO. Es war ein Hilferuf gewesen, einer von Dutzenden oder gar Hunderten, die aus zahllosen Höfen über das Funknetz gesendet wor den waren. Nun ist es wieder so weit wie schon so oft. Mehr als einmal hat sich seit meinem Aufbruch ins All gezeigt, dass Wissen mehr Macht besitzt als selbst die stärks ten Waffen. »Wie ist das Polyport-Netz aufge baut?«, fragte er. »Welche Rolle spielt ihr Halbspur-Changeure in diesem Netz? Was ist ein Transfer-Operator? Wie wer den die Polyport-Höfe gesteuert?« »Ist das alles?«, entgegnete Ariel Motrifis, als Rhodan Atem holte. »Nicht ganz«, sagte Mondra. »Wie las sen sich die Transferkamine abschalten? Es wäre äußerst nützlich, den Soldaten der Monarchie den Weg abzuschnei den.« Gucky watschelte heran. »Wer oder
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was ist diese Monarchie überhaupt? Was ist ein Verlorener Hof?« Rhodan hob die Hände, gebot seinen Freunden zu schweigen. »Du siehst, die Liste ist lang, und wir könnten sie belie big ergänzen.« Motrifis zog sich an der Stange auf sei nen Gleiter. »Informationen gegen Hilfe. Ein interessantes Konzept. Lasst euch jedoch gesagt sein, dass ...« In diesem Moment schlug der Signal geber von Rhodans SERUN an. Der Ter raner blickte auf das Armband-Display. Im selben Moment heulte ein durchdrin gender Signalton durch die Halle. »Alarm aus ITHAFOR-1«, sagte Rho dan. * Perry Rhodan spürte die Berührung einer kleinen Hand am Arm. Im nächsten Moment löste sich die Umgebung auf. Gucky teleportierte mit ihm. Das Erste, was er sah, als sich ein neues Bild formte, gefiel ihm gar nicht: ein violett geperlter Schweber der Fre quenz-Monarchie, der soeben unter Be schuss explodierte. Nicht schon wieder, dachte er. Feuer schlug in alle Richtungen, schwarzer Rauch wölkte in die Höhe und verpuffte, ehe er die Decke erreichte. Bruchstücke des Schwebers prasselten auf den Boden. Ein scharfkantiges, me tallisches Etwas schlitterte in Rhodans Richtung, blieb jedoch weit vor ihm lie gen. Keine Gefahr. Er entspannte sich, ohne dabei leichtsinnig zu werden. Wahrschein lich war es noch lange nicht vorbei. Guckys Sprung hatte sie nach ITHA FOR-1 geführt, dem ersten der acht Höfe des Distribut-Depots. Ein Geschützba taillon bewachte den Ausgang aus den Transferkaminen und hatte soeben beste Arbeit geleistet. Der Terraner und der Ilt standen am Rand des weiten Bahnhofsdecks, in des sen Zentrum die Transferkamine auf ragten. Der Anblick der riesigen, bläu
lich schimmernden Röhren, deren Enden weit über ihm in einem anderen Konti nuum verschwanden, war für den Terra ner nach wie vor ungewohnt. Wer versuchte, das Ende einer solchen Röhre zu fixieren – falls ein solches Ende überhaupt existierte –, bekam nur un wirkliches Flimmern zu sehen. Der Raum waberte dort, und irgendwo verschwand das bläuliche Material im Nichts, ohne dass man diese Stelle konkret erkennen oder auch anmessen konnte. Ein Phänomen, das gewisse Ähnlich keit mit dem seltsamen Effekt bei Ariel Motrifis aufweist. Ehe Rhodan diese Überlegungen vertiefen konnte, gab es weitere unerwünschte Besucher. Aus den Transferkaminen traten drei Schweber aus. Sie maßen mindestens zehn Meter. An den Seiten standen sie offen bis auf etliche Streben, über denen sich ein Dach wölbte. In ihrem Inneren saßen kantige Gestalten, die mattschwarz glänzten. Rhodan konnte sie nicht genauer er kennen. Einer der Schweber explodierte unter dem Beschuss der Einheit, die diesen Transferkamin bewachte, noch ehe er den Bereich der zentralen Verladefläche verlassen konnte. Flammenzungen leckten über den bernsteinfarbenen Boden der Halle. Ei ner der allgegenwärtigen blaugrauen Aufbauten stand zu nahe am Zentrum der Detonation und wurde von den to benden Gewalten ebenfalls zerrissen. Ein blauer Blitz jagte aus den Trümmern und verästelte sich, ehe er in die Decke der Halle krachte, die mehr als hundert Meter über ihnen lag. Dort blieb nicht einmal ein Kratzer zurück. Die beiden anderen Gleiter beschleu nigten. Sie waren mit der Standardge schwindigkeit von etwa dreißig Stun denkilometern angekommen. Inzwischen rasten sie auf die Verteidiger zu und feu erten unablässig in deren Schutzschirme. Salve um Salve jagte ihnen entgegen, aber noch hielten sie den Treffern stand.
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»Jetzt, Perry.« Ohne ein weiteres Wort teleportierte der Mausbiber mit Rho dan. Sie materialisierten nur wenige Meter neben dem Schweber und schossen so fort auf ihn. Ihr Feuer vereinigte sich mit dem der Verteidiger. Unter dem konzentrierten Beschuss aus mehreren Richtungen zerplatzte der Schutzschirm. Die kleine Einheit der Frequenz-Monarchie glühte unter wei teren Salven und explodierte Sekunden später. Inzwischen war der Schweber durch seine Geschwindigkeit schon zu weit entfernt, als dass die Detonation die Schützen in Gefahr gebracht hätte. Rhodan hörte, wie Gucky teleportierte, und sah den Ilt auf dem Dach des dritten Schwebegleiters auftauchen: eine kleine Gestalt, die vom Fahrtwind fast herun tergerissen wurde. Ehe es so weit kam, bückte sich Gucky, neigte sich vor die seitlichen Streben – und stand wieder bei Rhodan. Der Multimutant ließ seinen Nagezahn blitzen. »... Achtung!« Guckys Bombe detonierte im Gleiter und zerfetzte ihn. Rhodan kannte den Mausbiber lange genug, um zu wissen, dass dieser Kampfeinsatz für ihn trotz dieses locke ren Spruchs mehr war als nur ein Spiel. Gucky übertünchte lediglich seine wah ren Gefühle; seine Scherze hatten schon mehr als einmal für Erleichterung in an gespannten Situationen gesorgt. Rhodan nannte dies für sich den menschlichen Faktor – dass Gucky kein Mensch, son dern ein Mausbiber war, änderte nichts an der tieferen Wahrheit dieser Bezeich nung. Weitere Einheiten der Frequenz-Mon archie tauchten nicht auf. Der Anführer der terranischen Ein satztruppe, die diesen Transferkamin bewachte, gab über Funk Entwarnung. »Ich sehe mir gerade die automatischen Aufzeichnungen an«, teilte er mit. »Kei ner der Schweber war bemannt. Die Fre quenz-Monarchie hat uns nur Kampfro boter geschickt.«
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»Wahrscheinlich wollen sie unsere Verteidigungsmöglichkeiten prüfen.« Rhodan warf einen Blick auf das Chro nometer seines SERUNS. Es hatte nur Sekunden gedauert, die Gleiter zu zer stören; keiner der Kampfroboter hatte die Schweber verlassen können. »In diesem Fall hat unsere Verteidi gung wohl gut funktioniert! Die Fre quenz-Monarchie wird umsonst auf die Rückkehr ihrer Roboter warten.« Rhodan wies den Truppenleiter an, weiter aufmerksam zu bleiben; eine blo ße Floskel, weil der Soldat auch so genau wusste, was zu tun war. Dann beendete der Terraner die Funkverbindung. Gucky watschelte zu einem der Trüm merhaufen, die von den Gleitern geblie ben waren. »Ich habe einen der Roboter gesehen, als ich auf den Gleiter gesprun gen bin.« Er hob telekinetisch ein glühendes Bruchstück an und schleuderte es zur Seite. Es hinterließ eine leuchtende Spur in der Luft. Ein Metallfragment kam zum Vor schein, das Ähnlichkeit mit dem Schädel einer irdischen Muräne aufwies. Eine weiße Rußschicht bedeckte es. Der Ilt wischte mit der Hand darüber. Mattschwarze Farbe kam zum Vorschein. »Der Roboter erinnerte mich sofort an einen Darturka.« Rhodan musterte den nur leicht defor mierten Schädel der Kampfmaschine. In der Tat glich er dem eines Klonsoldaten der Monarchie, wie sie sie letztlich aus ITHAFOR vertrieben hatten. »Dein Ein druck hat dich offenbar nicht getäuscht. Sogar die vorspringende Schnauze ist angedeutet.« »Es ist Wahnsinn, Perry«, sagte Gucky. »Wir sitzen hier in dieser uns fremden Station und haben insgesamt acht offene Tore, durch die jederzeit statt dieser drei auch gute dreitausend Gleiter quellen könnten. Vielleicht verfügt die Monar chie über Millionen Kampfroboter, die sie gerade bereit machen, um sie uns auf den Hals zu hetzen. Ganz davon abgese hen, dass sie mit den Darturka über eine
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vielleicht unerschöpfliche Quelle von Klonsoldaten verfügen.« »Wahnsinn?« Der Terraner hatte über diesen Punkt schon lange nachgedacht. »Da magst du recht haben, aber wir kön nen nichts daran ändern.« Was, wenn als Nächstes ein mit Sprengstoff gefüllter Gleiter aus dem Transferkamin drang, der das gesamte Deck in Schutt und Asche legen würde? Wahrscheinlich schützte sie vor allem die Tatsache vor der Vernichtung, dass die Monarchie ITHAFOR als unersetzlichen Stützpunkt betrachtete. Ihre Angriffe durften keine größeren Schäden hinter lassen. »Wie sieht unsere Alternative aus?«, fragte er den Mausbiber. »ITHAFOR auf geben? Das ist undenkbar. Dieses Depot bildet unsere einzige Möglichkeit, in das Polyport-Netz vorzudringen. ES hat mich wissen lassen, dass dies notwendig ist, um Terra vor der Unterdrückung durch übelwollende Kräfte zu retten. Das Netz kann außerdem unseren Weg zur Stardust-Galaxis bilden. Die Menschheit dort wird ebenso von der Monarchie bedrängt wie ein Dutzend oder hundert oder tausend Völker an den anderen Höfen. Ganz zu schweigen da von, dass die Monarchie über ITHAFOR ganz leicht zum Verlorenen Hof GA LILEO vordringen könnte. Und damit ins Solsystem. Wie würde es dir gefallen, wenn eine Armee Darturka vom Saturn aus gegen Terra anstürmt?« »Du musst mir keinen Vortrag halten. Ich weiß das alles, Perry. Und du weißt, wie wir etwas daran ändern können, ständig von der Monarchie bedroht zu werden.« Der Terraner ergriff die Hand des Kleinen und stellte damit den für eine Teleportation notwendigen Körperkon takt her. »Ariel Motrifis.« »Genau so ist es. Der Halbspur-Chan geur kann uns lehren, wie wir die Ka mine abschalten. Ich finde, uns wurde genügend eingeheizt.« »Deine Sprüche waren auch schon einmal besser.«
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»Ach Perry ...« Gucky teleportier te nicht. »Willst du zu Fuß zurückge hen?« * Gucky sprang mit ihm nach ITHA FOR-5 zurück. Der weiße Schlitten des HalbspurChangeurs stand nach wie vor nahe beim Transferkamin; Ariel Motrifis selbst je doch entdeckte Rhodan nicht. »Perry!« Das war Mondras Stimme. Sie kam aus dem Funkempfänger seines SERUNS. »Hinter dir.« Er drehte sich um und sah sie etwa hundert Meter entfernt bei der erst we nige Stunden alten Beobachtungsstation stehen. Ein dickes Kabelbündel führte zu einem zwei Meter hohen Maschinen block, der wohltuend terranisch aussah inmitten der zahllosen blaugrauen oder silbernen Blöcke, die die Technologie des Hofs beinhalteten. Die ehemalige Zirkusartistin winkte wie ein übermütiges Mädchen, das end lich seine Eltern wiedersah. Mondra überraschte ihn immer wieder. Einer der vielen Gründe, weshalb er sie liebte. Neben ihr stand Ariel Motrifis. Aus der Ferne schien der Effekt, scheinbar von einer zweiten, fernen Sonne beleuch tet zu werden, noch unwirklicher. Alles um ihn herum warf normale Schatten, er jedoch wirkte wie ein schlecht ins Bild montierter Fremdkörper. »Gehen wir zu Fuß«, schlug Gucky vor. »Ich muss meine Parakräfte schonen. Auch als Überall-zugleich-Töter und Retter des Universums strengt mich all das ganz schön an.« »Es gibt keinen Grund zu teleportie ren«, antwortete Rhodan. »Du bist es, der gerne unnütze Sprünge vollführt.« »Unnütz? Perry, wie soll ich es dir nur erklären? Es ist wie Schmecken oder Hö ren. Denkst du etwa immer darüber nach, was du hörst, oder nicht? Könntest du es überhaupt ändern? Es geht ganz automatisch.« »Ich kann mir sehr wohl überlegen,
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was ich esse und damit auch schme cke.« »Wir sollten auf der Universität von Terrania eine Gastvorlesung halten, wenn wir zurück sind. Philosophie der Paragaben. Die Studenten würden uns die Bude einrennen.« »Bei diesem Thema?« Gucky grinste breit. »Bei diesen Do zenten.« Sie erreichten die Beobachtungsstati on, an der Mondra und Motrifis den kurzen Kampf an Bord von ITHAFOR-1 über das Kamerasystem beobachtet hat ten. Der Halbspur-Changeur wandte sich ihnen zu. Einige Zeit bewegte er den Mund, ohne etwas zu sagen. Träumt er?, fragte sich Rhodan. Oder hat es etwas damit zu tun, dass er tat sächlich halb in einer anderen Welt exis tiert und auch Eindrücke von dort verar beitet? »Euer Kampf gegen die Gleiter war ... beeindruckend«, sagte Ariel Motrifis schließlich. »Aber es schockiert mich, diese dauernden Gewalttätigkeiten zu beobachten. Mein Volk hat zu viel Tod gesehen in der Endlosen Stadt.« »Die Endlose Stadt?« Motrifis reagierte nicht auf Mondras Frage. »Militär und Kampfhandlungen entsprechen nicht unserer Lebensart. Der Angriff der Monarchie ist auch für unser Volk ein Albtraum. Für uns ganz besonders.« Rhodan schaltete den Holoschirm aus, der die Aufräumarbeiten auf dem Bahn hofsdeck von ITHAFOR-1 zeigte. »Bist du bereit, uns die Antworten zu geben, die wir benötigen, um diesen Albtraum zu beenden?« Täuschte er sich, oder wurde das Leuchten um Ariel Motrifis tatsächlich intensiver, als der Halbspur-Changeur antwortete? »Ich möchte dir einen Vor schlag unterbreiten. Begleite mich ins System Andury-Aphanur, zu meiner Heimatwelt Markanu. Dort ist es leich ter, dir alles zu erklären und vorzufüh ren.«
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Eine Einladung zur Heimatwelt der Halbspur-Changeure?, dachte Rhodan. Darauf konnte es nur eine Antwort ge ben. »Wann soll es losgehen?« Motrifis deutete an Gucky vorbei in Richtung seines weißen Schlittens. »So fort. Es gibt keinen Grund, noch länger zu warten. Der Transferkamin ist noch auf Direktverbindung geschaltet.« »Für wen genau gilt diese Einla dung?« »Diese Entscheidung überlasse ich dir. Allerdings kann nur ein kleines Kom mando mit mir nach Markanu reisen. Genauer gesagt müssen alle neben mir auf dem Schlitten Platz finden.« Also nicht mehr als zwei Leute außer mir. Das ist in der Tat ein kleines Kom mando, dachte der Terrarner. »Du wirst verstehen, dass ich gerne mehr Begleiter bei mir hätte.« Der Halbspur-Changeur lief bereits in seinem typisch gebeugten Gang in Rich tung seines Schlittens. Am Rücken saß seine sonst strahlend weiße Uniform lose und wies einige Verschmutzungen auf. »Es ist das erste Mal seit Jahrhunderten, dass Fremde Markanu betreten. Glaub mir, es war schwierig genug, im Konzil von Maran durchzusetzen, dass ich diese Einladung überhaupt aussprechen darf. Viele stimmten dafür, mich nicht einmal gehen zu lassen.« Rhodan folgte ihrem Gast. Ohne dass er sie dazu auffordern musste, begleite ten ihn Mondra und Gucky. Waren die beiden die Richtigen, um ihn zu beglei ten? Mondra schon. Es ist gut, sie an meiner Seite zu wissen, und sie wird mich eben so blind verstehen, wie Gucky es würde. Aber er wird hier gebraucht. »Wenn du keine Einwände hast, wird Mondra Diamond mit uns gehen.« »Ich sagte es bereits – die Entschei dung liegt bei dir.« Das sagtest du. Ich wusste nur nicht, ob du es tatsächlich so meintest. »Außerdem gehe ich mit«, sagte Gucky. »Du nicht«, widersprach Rhodan. »Aber ...«
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»Icho Tolot wird uns begleiten.« Gucky eilte weiter. Sein buschiger Schwanz strich bei jedem Schritt über den bernsteinfarbenen Boden. »Wenn der halutische Koloss mit euch geht, wird es im Schlitten ganz schön eng. Ob ich mich dann zusätzlich auf seine Schultern setze, macht auch keinen Unterschied mehr.« »Du wirst hier gebraucht. Für die Ver teidigung des Distribut-Depots bist du unentbehrlich. Wenn den Klonsoldaten der Durchbruch gelingt, sind deine Pa rakräfte unermesslich wertvoll. Das ist mein letztes Wort.« Der Ilt blieb stehen. »Wir werden in ITHAFOR auf euch warten. Aber jam mere nicht, wenn du auf Markana einen Multimutanten vermisst.« »Markanu«, korrigierte Motrifis. »Und nun bringt diesen Icho Tolot her. Es drängt mich zum Aufbruch.« »Ich habe ihm bereits eine Nachricht geschickt«, sagte Perry Rhodan. »Viel leicht ist dir Icho Tolot bereits aufgefal len. Er ist ...« »Der Koloss«, unterbrach Motrifis. »Die Beschreibung deines pelzigen Be gleiters war absolut zutreffend.« * Rhodan und Mondra Diamond über prüften ihre SERUNS; das Warrior-IIIStandardmodell, ein schwerer Kom binations-Schutz- und -Kampfanzug, meldete volle Einsatzbereitschaft. Die Ausrüstung war intakt, die Mikropositro niken befanden sich auf dem neuesten Stand und enthielten alle relevanten Da ten. »Ich bin bereit, Rhodanos!« Obwohl sich Icho Tolot sichtlich bemühte, leise zu sprechen, donnerte seine Stimme weit durch die Halle. Der dreieinhalb Meter große und zwei Tonnen schwere Haluter trug seinen roten Kampfanzug. Die schwarze Haut des halbkugelförmigen Kopfes glänzte. Er hob mit den Laufarmen Mondra wie eine Feder und setzte sie in den weißen Schlitten.
Rhodan nahm neben Mondra Platz, Tolot stellte sich vor die hintere Sitzrei he. Setzen konnte er sich nicht; für einen Haluter gab es keinen ausreichenden Raum. Ariel Motrifis stellte sich an die Fahr radlenker-Stange und zog ein handtel lergroßes, elfenbeinweißes Gerät hervor. Neugierig versuchte Rhodan mehr zu erkennen. Ein auf Berührungen reagie rendes Eingabefeld reflektierte das Licht und zeigte fremdartige Symbole. Einige glaubte er in den Polyport-Höfen schon gesehen zu haben, war sich jedoch auf die Schnelle nicht sicher. Nicht zum ers ten Mal wünschte er sich ein fotogra fisches Gedächtnis wie das seines alten Freundes Atlan. Der Halbspur-Changeur bemerkte of fenbar seinen Blick. »Dies ist ein Con troller der Klasse A. Nur mithilfe dieses Geräts kann ich meine Tätigkeit als Transfer-Operator ausüben. Ich habe üb rigens ein ... Geschenk für euch vorberei tet.« Seine Fingerspitzen huschten über Sensorfelder, mit einer Geschwindigkeit, die keinen Zweifel daran ließ, dass er den Controller seit vielen Jahren bediente und die Funktionen in- und auswendig kannte. Virtuelle Schaltfelder klappten holografisch auf und verschwanden wie der. »Ich schaltete ITHAFORS Transfer kamine inaktiv. So seid ihr zumindest eine Zeit vor weiteren Übergriffen der Frequenz-Monarchie geschützt.« »Aber du darfst nicht unsere ...« »Ich weiß.« Der Changeur zeigte keine Spur jener Unsicherheit und Verloren heit, mit denen er die militärischen Übergriffe beobachtet hatte. »Ich lasse die Verbindung zum Polyport-Hof in eu rem Heimatsystem ebenso offen wie die jenige nach Markanu. Eure Verteidigung darf allerdings nicht nachlassen – auch die Frequenzfolger der Monarchie besit zen Controller und können daher die Verbindung öffnen. Immerhin werden sie dafür etwas Zeit benötigen.« Auf dem Controller leuchteten einige Signale auf.
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»Die Schaltung ist perfekt«, sagte Motrifis. »Die Spur unseres Transferkamins ist nun auf den Transporthof von Marka nu geroutet. Die Reise kann beginnen.« Der Schlitten hob ab und näherte sich der fünfzig Meter breiten, bläulich schimmernden Energieröhre des Trans ferkamins. »30 Stundenkilometer«, flüsterte Mondra neben Rhodan. Ihre Hand be rührte kurz die seine; eine flüchtige Ges te, die ihm ihre innere Anspannung zeigte. »Das heißt wohl, es geht tatsäch lich los.« Der Schlitten erreichte die Öffnung des Kamins, ein kaum merklicher Ruck durchlief ihn. »Ein Zugstrahl hat uns übernommen«, informierte Motrifis. Rhodan warf einen letzten Blick zu rück, sah Gucky, der den rechten Arm erhoben hatte und winkte, dann tauch ten sie in den Transferkamin ein und wurden Teil der energetisch glimmenden, scheinbar unendlich langen Röhre. Ein Funken knisterte auf Rhodans Hand. Mondras Haare schienen einen Augenblick lang wie elektrisiert. Alles um sie lud sich statisch auf. Sie rasten durch die Röhre, in der win zige Elmsfeuer tanzten. Es gab weder einen Entzerrungsschmerz, noch deutete sonst etwas auf eine Entstofflichung hin. »Die Reise geht durch einen Bereich, der oberhalb des Hyperraums angesie delt ist, wie er euch bekannt sein dürfte«, sagte der Halbspur-Changeur gelassen. »Wir werden den Bereich des eigent lichen Transferkamins bald verlassen.« Es ist nicht unsere erste Reise im Po lyport-Netz, dachte Rhodan, sah aber keine Veranlassung, es auszusprechen. Icho Tolot schien weniger Hemmungen zu besitzen. »Wir sind bereits von GA LILEO nach ITHAFOR gereist. Die Be gleiterscheinungen sind uns also be kannt. Du könntest uns aber mehr über dieses Medium oberhalb des Hyperraums berichten.« Motrifis’ Gestalt straffte sich, sein
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Brustkorb hob sich, als atme er tief ein. Er blühte förmlich auf – dies war seine Welt. »Ich setze es auf die Liste der Fra gen, Tolotos.« Rhodan war gespannt, wie der Haluter auf diese vertrauliche Form der Anrede reagieren würde; nur die wenigsten durf ten die freundschaftliche Endung des Namens verwenden. Wahrscheinlich hatte der Halbspur-Changeur gehört, wie Rhodan den Namen so ausgespro chen hatte. Zu seiner Überraschung schwieg Icho Tolot. Plötzlich klarte die energetische Um gebung auf. Die Elmsfeuer lösten sich auf oder weiteten sich in die Unendlich keit. Die Reisenden blickten in einen Kos mos, in dem Galaxien in erstaunlicher Klarheit trieben. Sterne zündeten und vergingen in Supernovae; gewaltige Ne bel dehnten sich in der Ewigkeit. Irrlich terndes Leben herrschte im gleißend hellen Universum. Sämtliche Planeten systeme und auch alle anderen kos mischen Phänomene existierten nur se kundenlang, ehe sie erloschen und an anderer Stelle neu entstanden. Schwarze Löcher dehnten sich aus, verschlangen alles und verpufften. Rhodan fühlte sich sofort an eine an dere Form der Fortbewegung erinnert: die Brücke in die Unendlichkeit, seiner zeit von den Algorrian geschaffen. Aber ob dies nur eine optische Ähnlichkeit war oder das Verfahren strukturell ver gleichbar war, wusste er nicht. War das, was er zu sehen bekam, eine Facette der Zukunft, die sich aus einem Verwirrspiel aus Sternen und Galaxien formte? Oder blickten sie parallel in viele Zeiten, in Vergangenheiten ebenso wie in die Ge genwart und zahllose mögliche Zukünf te? Ein Momentausschnitt der Schöpfung, blitzte es in Rhodan auf. Vielleicht hat so alles begonnen, und wir treiben hindurch, unserem Ziel entgegen ... über dem Hy perraum, auf einer fremden Ebene aus Raum, Zeit und Materie, die vom Geist beseelt wird.
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Ariel Motrifis schien dies alles merk lich nüchterner zu beurteilen. »Die Spur, auf der wir reisen, führt in die Kleinga laxis Kyon Megas. Der Weg nach Marka nu wird nach eurer Zeitrechnung noch etwa 65 Minuten in Anspruch nehmen. Wir werden den Transporthof Markanu direkt erreichen, es existiert in unserer Heimat kein galaktischer Verteiler wie ITHAFOR. Kyon Megas beherbergt nur zwei Höfe, sodass ein Distribut-Hof un nötig wäre. In eurer Galaxis, der Milch straße, wie ihr sie nennt, ist dies anders. ITHAFOR ist dort als Knotenpunkt un umgänglich.« Rhodan fiel es schwer, sich auf die Worte zu konzentrieren, während sich, scheinbar zum Greifen nah, in der glei ßenden Helligkeit Galaxien um ihn formten, Sternennebel wirbelten und wieder verschlungen wurden. Dennoch rief er sich selbst zur Ordnung. »Es bleibt uns also mehr als eine Stunde. Höchste Zeit für einige Erklärungen.« Der Halbspur-Changeur ließ die Lenkstange los. »Du hast recht. Doch lass mich nicht damit beginnen, eure Fragen direkt zu beantworten. Ich will dir eine Geschichte erzählen. Hör gut zu, Perry Rhodan, und ihr anderen ebenso. Es war vor – ich rechne es in eure Zeit einheiten um – etwa 80.000 Jahren. Da mals stießen die Andury erstmals nahe ihrem Heimatstern auf einen PolyportHof.« 2. Frequenzfolger Kharonis:
Träumen von PARALOX
»Sieh es dir an.« Ptoriss umtänzelte den Frequenzfolger. Und wie immer stank er. Kharonis hatte sich schon längst dar an gewöhnt. Dennoch sehnte er sich hin und wieder danach – wie etwa in diesem Augenblick –, die kleine Gestalt am Hals zu packen, ihr die halbtransparente Haut vom Leib zu schälen und die Muskeln und Adern, die ohnehin immer zu sehen
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waren, gemächlich zu entnehmen und in Stücke zu reißen. Natürlich tat er es nicht. Immerhin war Ptoriss seine Kriegsor donnanz und damit sein ständiger Be gleiter. Er gehörte nun einmal zu ihm. Es war sein Schicksal, nahezu ständig diese kleine Kreatur an seiner Seite zu wissen. Er reflektierte es hin und wieder und nahm es an. Andere Frequenzfolger hat ten sich dem Lauf der Dinge längst in so großem Maß ergeben, dass sie nicht ein mal mehr in der Lage waren, darüber nachzudenken. Sie hatten jede Distanz verloren und hinterfragten ihr Leben nicht einmal. In dieser Hinsicht unterschied sich Kharonis merklich von allen Gleichran gigen in der Frequenz-Monarchie. Schon das machte ihn zu etwas Besonderem. »Was soll ich mir ansehen?«, fragte er. »Ein weiteres Protokoll?« Ptoriss antwortete nicht, sondern ging zur Steuerkonsole, die am Rand der Transferplattform aufragte. Dahinter glitten die Transferkamine in die Unend lichkeit. Er aktivierte ein Hologramm. Für kurze Zeit spiegelten sich beide Gestalten in der glatten Fläche des Ho logramms: Der Frequenzfolger und seine Kriegsordonnanz. Der zwei Meter große, spindeldürre Vatrox mit schwarzer, per gamentartiger Haut und orangerot leuchtenden Augen ... und sein nur halb so großer Nachfolger, dessen Gehirn un ter der Schädeldecke deutlich sichtbar pulsierte. Und der roch nach fauligem Tang und einem Darturka im Stadium fortgeschrittener Verwesung. Dann flimmerte das Hologramm und zeigte genau die Szenerie, die Kharonis erwartet hatte. Schon hundertmal hatte er Vergleichbares gesehen. Eine unförmige Gestalt hing im Wür gegriff eines Darturka. Der Klonsoldat war mindestens doppelt so breit und dreimal so groß wie das sackartige Et was, dessen Leib an einen halb mit Was ser gefüllten Sack erinnerte. Einige Pseudopodien hingen schlaff nach unten. Blassrote Flecken trieben im Zentralleib
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– Glupschaugen und hastig sich weiten de Kiemen. Sie veränderten ständig ihre Position, als würden sie nach festem Halt suchen. Ptoriss’ kleine Hand deutete auf die Kreatur. »Er ist ein Conerx’i. Sein Volk leistete nicht viel Widerstand, als unsere Truppen deren Polyport-Hof eroberten. Sie hausten dort in großen Wohnaquari en, hatten weite Bereiche des Hofs sogar geflutet. Unglücklicherweise können sie für wenige Minuten auch außerhalb von Wasser atmen.« »Unglücklicherweise?« »Unglücklicherweise für sie. Es war für die Darturka besonders leicht, sie zu foltern und ihnen Antworten zu entlo cken.« Erst nach diesen Worten begriff Fre quenzfolger Kharonis, welche Art Szene er gerade beobachtete. Dies war nicht etwa nur die Vorbereitung – die Folte rung hatte längst begonnen. Die quallen artige Gestalt wand sich im Griff des Klonsoldaten. Der schwammige Leib plusterte sich auf und zuckte. Die roten Flecken wurden blasser und blasser. »Der Darturka simulierte das Ersti cken an der Luft. Erst im allerletzten Moment übergoss er den Conerx’i mit Wasser, was diesem das weitere Überle ben ermöglichte. Es ging schon einige Zeit so. Um dir zu ersparen, es lange mit ansehen zu müssen, habe ich die Wieder gabe der Aufzeichnung erst kurz vor En de gestartet. Jetzt erst wird es interes sant.« Im Hologramm stampfte der Darturka in Richtung eines weitläufigen geschwun genen Beckens, das in den bernsteinfar benen Boden eingelassen war. Er streck te den Arm und ließ den Conerx’i einfach fallen. Kaum tauchte er unter, ging mit dem Quallenartigen eine erstaunliche Ver wandlung vor sich. Die Pseudopodien streckten und strafften sich, peitschten elegant durch das Wasser. Nicht nur die verblassten Flecken gewannen ihre Far be zurück, sondern der gesamte Leib schillerte mit einem Mal bunt. Aus dem
Christian Montillon
unansehnlichen, schlaffen Etwas ent wickelte sich in Sekundenschnelle eine prächtige Gestalt voller Leben und Kraft. Dies sah schon eher nach dem Angehöri gen eines Volkes aus, das einen PolyportHof beherrschte. »Bist du nun bereit zu reden?«, fragte der Klonsoldat. Ein Tentakel hob sich aus dem Wasser. Der flache Leib nahm inzwischen mehr als zwei Quadratmeter ein und schillerte dicht unter der Oberfläche des Beckens. Während Kharonis ihn beobachtete, wuchs der Conerx’i noch weiter. Ein roter Fleck wanderte über den Tentakel an die Spitze, dann öffnete sich dort ein kleiner Mund. Ein grüner Faden schlingerte von ihm aus über den gesam ten Tentakel. »Ich weiß nichts über die Halbspur-Changeure. Es heißt jedoch, dass sie ...« Mit einem abschätzigen Laut ließ Kharonis die Faust auf den Sensor kra chen, der das Hologramm abschaltete. Das Bild löste sich auf. »Wieder diese al te Geschichte, Ptoriss?« »Exakt. Genau das, was viele andere auf vielen anderen Polyport-Höfen eben falls aussagten.« Der Frequenzfolger ließ den Blick über die Ebene schweifen. »Wie viele Dartur ka sind inzwischen versammelt?« »Etwas mehr als achttausend«, ant worte die Kriegsordonnanz. Das Heer war beachtlich. Noch stan den die drei Meter großen Kriegskolosse aufrecht; sobald Kharonis jedoch den Befehl gab, würden sie sich auf alle viere herablassen und losrennen, um ihre Glei ter und Schweber zu bemannen. Noch gab es allerdings keinen Grund dazu, denn die Verbindung zum Ziel war blockiert. Blockiert! Wie war dies nur möglich? Kharonis ging an der ersten Reihe der Klonsoldaten vorüber und nahm ihre Huldigungen entgegen, bis er schließlich die drei Okrivar erreichte, die unablässig an der Lösung des Problems arbeiteten. Die zierlichen Geschöpfe trugen dun
Die Frequenz-Monarchie
kelgrüne, rundum geschlossene Anzüge. Als Wasserstoffatmer waren sie auf die sen Schutz angewiesen, solange sie sich nicht in ihren Spezialunterkünften auf hielten. Ihre Arme teilten sich unterhalb des Ellenbogengelenks und liefen in je weils zwei Händen aus, die sich unabläs sig bewegten. Die Techniker nahmen Schaltungen und Messungen vor und bedienten Ge räte, deren Zweck Kharonis nicht einmal erahnte. Die Technologie der PolyportHöfe war ihm stets ein Rätsel gewesen. »Wann wird die Verbindung endlich wieder offen stehen?«, fragte er. Einer der Techniker drehte seinen La ternenkopf und starrte Kharonis aus drei runden Augen an. Eine der rechten Hän de hielt ihm ein handtellergroßes Gerät hin, während die andere Befehle eintipp te. Leuchtsignale blinkten in rascher Folge. »Eigentlich sollten längst die ge wünschten Ergebnisse erzielt sein, Fre quenzfolger. Allerdings ...« »Allerdings ist es nicht so!« »Du hast recht. Wir arbeiten daran, das Problem zu lösen. Gib uns noch et was Zeit.« Zeit! Welch ein törichter Wunsch. Ge nau die stand nicht zur Verfügung. Das PARALOX-ARSENAL wartete. Es musste endlich wieder in die Gewalt der Frequenz-Monarchie fallen. Kharonis hatte seinen Teil der großen Gesamtaufgabe zu erfüllen. Genau das war ihm jedoch versagt, solange seine Techniker ihre Arbeit nicht erledigten. »Du tust gut daran, dich zu beeilen.« Mehr musste er nicht sagen. Die Dro hung war überdeutlich. Mit langsamen, gemessenen Schritten ging er zurück zur Steuerkonsole. Auf dem Weg kam ihm erneut das PA RALOX-ARSENAL in den Sinn. Schon der bloße Gedanke erhob ihn. Konnte es etwas Bedeutsameres und zugleich Schö neres geben? Das Zeitalter der Vierten Hyperdepression war angebrochen, und es würde für die Frequenz-Monarchie ein Zeitalter der Herrlichkeit werden. Und er, Frequenzfolger Kharonis, war
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mehr als ein bedeutungsloser Teil der Monarchie – nein, er fühlte es, er wusste es, er hörte es in jedem einzelnen seiner Atemzüge, dass er zu etwas Höherem be rufen war. Zuvor allerdings musste er seine aktu elle Aufgabe erfüllen. Dies bedeutete den ersten Schritt auf einem langen Weg. Was am Ende dieses Weges stand, hatte er oft gesehen, in ruhigen Momenten, in denen er die Kontrolle über sich selbst vernachlässigte und seine Gedanken ihre eigenen Wege gingen, wild und ungezü gelt. Da war etwas von eminenter Bedeu tung gewesen, reine Herrlichkeit, etwas, das er weder sehen noch ergreifen konn te. Etwas, das jeden Frequenzfolger er schüttern und erschauern lassen muss te. Das ARSENAL? Kharonis wusste es nicht. Das Bild war noch nicht klar, aber jeder Abschnitt seines Weges würde es deutlicher hervor treten lassen. Darum mussten die Okrivar endlich Erfolg haben! Darum musste der Weg endlich geöff net werden! Darum musste ... »Du gehst zurück?« Es hätte dieser Worte nicht bedurft, um zu wissen, dass Ptoriss wieder an sei ne Seite zurückgekehrt war. Der Gestank war seiner Kriegsordonnanz vorausge eilt. »Diese Aufnahme – zeig mir das En de.« »Du willst hören, was der Conerx’i sagte?« »Ich will sehen!« Er musste es nicht genauer erklären. Ptoriss verstand auch so. Nicht umsonst folgte er Kharonis schon seit vielen Jah ren wie ein Schatten. Wenn jemand ihn kannte, verstand, was er empfand und seine Gedankengänge nachvollziehen konnte, dann war es seine Kriegsordon nanz. Ptoriss schaltete die Holo-Wiedergabe erneut ein. »Zeitindex 0703/64-9.« Schon diese Worte ließen Kharonis merklich ruhiger werden. Ptoriss hatte
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seinen Wunsch also vorausgesehen und bereits alles genau vorbereitet. Unmög lich hätte er sonst den exakten Zeitpunkt wissen können, an dem der Conerx’i starb. Das Hologramm flimmerte, dann bau te sich ein Bild auf. Der Darturka stand vor dem Wasser becken. Noch immer ragte der Tentakel über die Oberfläche, aber der Mund be wegte sich nicht. »Das war alles?«, fragte der Klonsol dat. »Mehr weiß ich nicht. Niemand weiß mehr über die Changeure.« Eine Klaue packte den Tentakel. Der Darturka riss das Quallenwesen aus dem Wasser. Tropfen stoben von dem schil lernden Leib. Dann biss die vorsprin gende Schnauze des Soldaten zu. Es kam kein Blut, sondern nur wässriger Schleim. Der Hauptleib klatschte auf den Boden, der Tentakel folgte Sekunden später. Im nächsten Augenblick verdampfte der bunte Leib unter einem Thermostrahl. Der Anblick besänftigte Kharonis und schenkte ihm innere Ruhe. Es würde al les seinen Weg gehen. Ganz sicher. Er tippte mit einem Finger auf die Sensorfläche, und das Hologramm er losch. * Lass mich weiter erzählen, Perry Rho dan, solange unsere Reise noch andauert. Viele Fragen werden sich für dich klä ren. Damals wurden wir also zu den Halb spur-Changeuren. Nur wenige Details sind überliefert. 80.000 Jahre sind eine lange Zeit. Versuch dir nur einmal die Anzahl der Generationen vorzustellen. Viele Sternenvölker können noch nicht einmal annähernd auf eine solch um fangreiche Phase der Zivilisation zu rückblicken. Mein Volk hingegen hatte schon vor her eine unendlich lange Entwicklung hinter sich. ESTARTU begann damals zu einer bloßen Erinnerung zu verblassen.
Die ehemaligen Andury und jetzigen Halbspur-Changeure widmeten sich mit Hingabe der Erforschung des PolyportNetzes. Soweit wir wissen, haben sie im Laufe ihrer Tätigkeit etwa 250 Polyport-Höfe und Distribut-Depots in vielen Galaxien erkundet. Zweihundertundfünfzig! Das Netz erstreckt sich über mindes tens elf Galaxien. Manche, wie meine Heimatgalaxis Kyon Megas, sind nur mit zwei oder drei Höfen erschlossen. Stets dient aber ein Distribut-Depot als inter galaktischer Knotenpunkt, in größeren galaktischen Netzen gibt es sogar mehre re Depots. Die Milchstraße? Du fragst dich, wie deine heimatliche Milchstraße einzuordnen ist? Sie ist kaum erschlossen. Andere Ga laxien weisen sehr viel mehr PolyportHöfe auf. Etwa eure Nachbargalaxie Ha thorjan. Du dürftest sie kennen. Wie? Du bezeichnest sie als Andromeda? Nun gut, dann will ich in Zukunft auch diesen Namen verwenden. In Andromeda entdeckten die Halbspur-Changeure ins gesamt 22 Polyport-Höfe. Wie groß das Netz als Ganzes ist, dar über haben wir bis heute keine Kenntnis. Damals wie heute existierte ein großes Hindernis für unseren Forscherdrang – die Beschädigung des ersten Hofes, auf den mein Volk stieß, erwies sich keines wegs als die Ausnahme, sondern als die Regel. Zahllose Routen lassen sich mit un seren Mitteln nicht mehr in Betrieb neh men, andere stellen Sackgassen dar. Zu mindest finden wir von den Endpunkten aus keine weiteren Wege. Es gab eine Katastrophe im PolyportNetz, lange bevor wir es entdeckten, dar an kann kein Zweifel bestehen. Die Hin tergründe dieser Katastrophe konnten wir nie ermitteln. Sämtliche Spuren aus der Vergangenheit sind längst erlo schen. Wir wissen nur, dass es eine glorreiche Vergangenheit gegeben haben muss. Das
Die Frequenz-Monarchie
gesamte Netz ist ein Artefakt, ein Relikt aus längst vergessenen Zeiten. Geschaf fen wurde es von dem wahrscheinlich seit Ewigkeiten ausgestorbenen Volk der Anthurianer. Wir kennen nur diesen Namen, wissen sonst nichts über sie. 80.000 Jahre sind genug Zeit, um Kul turen entstehen und versinken zu sehen. Wir Halbspur-Changeure haben eine Menge beobachtet. Und so vieles davon hatten wir niemals sehen wollen, glaub mir, Perry Rhodan. Wir haben Entwicklungen beobachtet, die ... Ich ... Wir ... 3. Perry Rhodan:
Die Endlose Stadt
»Wir haben Entwicklungen beobach tet, die ...« Der Halbspur-Changeur stockte. »Ich ... Wir ...« Mitleid überflutete Perry Rhodan. Es nahm Ariel Motrifis sichtlich mit, von der Vergangenheit zu berichten, obwohl er sie nicht einmal persönlich miterlebt hatte. Er sprach von Ereignissen, die sei nen fernen Vorfahren widerfahren wa ren. »Du musst nicht weiterreden.« Das fremde Licht auf den Gesichtszü gen des Halbspur-Changeurs warf einen dunklen Schatten auf die Augen. »Wir blieben über all die Jahrtausende zwar dieselben, aber unsere innere Kraft nahm von Generation zu Generation ab. Unse re Lebensmotivation versiegte in immer stärkerem Maß.« Der Schlitten glitt weiter durch das leuchtende Weiß, in dem Sterne, Gala xien und kosmische Phänomene entstan den, um sofort wieder zu vergehen. Wie der stieg in Perry Rhodan unwillkürlich die Vorstellung an den Augenblick der Schöpfung herauf, der sämtliche Ent wicklungen im Kosmos bereits in sich trug und alle Welten und Zeiten in un fassbarer Dichte enthielt. Dehnte sich dieser Augenblick aus und nahm schließlich im Moralischen Kode
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des Universums Gestalt an, indem er sich in Hyperenergie und Materie manifes tierte? Nie zuvor war ihm ein solcher Gedan ke gekommen. Es war ein Vergleich von wahrhaft epochaler Bedeutung; und doch nichts weiter als eine Assoziation, ausgelöst durch den Anblick, den das seltsame Reisemedium zwischen den Transporthöfen bot. Es gab keinerlei An haltspunkte dafür, dass diese Überlegung tatsächlich der Wahrheit entsprach. Es war ein Erklärungsmodell, nicht mehr, eine Art philosophische Brücke zum Ver stand eines einfachen Lebewesens, das auf einer niederen Stufe der kosmolo gischen Entwicklung stand. Icho Tolots Stimme dröhnte vom hin teren Ende des Schlittens. »Ihr erforscht das Netz also seit 80.000 Jahren. Wie kommt es, dass ...« »Ich muss dich unterbrechen!« Ariel Motrifis schien mit einem Mal neue Kraft gefunden zu haben. Die Frage des Ha luters zielte in eine Richtung, die ihm wieder sicheres Terrain bot. »Ich sagte zuletzt, dass unsere innere Kraft mit je der Generation weiter versiegte. Das schlug sich auf viele Bereiche nieder. Wir Halbspur-Changeure sind in diesen Ta gen nur noch ein zahlenmäßig geringes Volk, das zurückgezogen lebt. Die Erfor schung des Polyport-Netzes stockte und kam bald zum Erliegen. Von Expansion kann schon lange keine Rede mehr sein. Wir widmeten uns anderen Zielen mit dem Erbe des Netzes.« Zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch meldete sich Mondra Diamond zu Wort. »Ihr haltet also den Status lediglich auf recht?« Rhodan riss sich vom Anblick der Ga laxien los und schaute in ihr Gesicht. Es war ebenso Ausdruck des Phänomens Leben wie die kosmischen Entwicklun gen, die die Reisenden aus einem höher dimensionalen Bereich heraus beobach teten. Was sich dort in Lichtjahrmillionen zeigte, konzentrierte sich hier in einer kleinen Fläche. Und doch war es nicht minder faszinierend.
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Ihre grünen Augen. Klar wie ein Ster nennebel und die Pupillen ein Schwarzes Loch, das mich schon immer anzieht und zu verschlingen droht. Einen Augenblick stach es in seinem Herzen, als er an ihren gemeinsamen Sohn Delorian dachte, eines der zahl losen Opfer, die das Universum durch seine zahllosen Entwicklungen und In trigen gefordert hatte. »Den Status halten«, wiederholte Motrifis nachdenklich. »So könnte man es wohl nennen. Wir bewahren das Erbe unserer Vorfahren. Doch dieses Erbe ist zum ersten Mal seit 80.000 Jahren be droht.« »Wie viele Höfe sind euch bekannt?« »Ich muss dir zunächst erklären, dass es nur mithilfe eines Controllers möglich ist, die Transferkamine zu aktivieren oder auf neue Ziele auszurichten. Die Controller wiederum wurden schon vor Langem an die Transfer-Operatoren übergeben, die von da an die Verantwor tung für alle Vorgänge im Polyport-Netz trugen.« »Operatoren wie dir«, sagte Mondra. Rhodan konnte ihr Lächeln hören, auch wenn er den Blick längst auf Ariel Mo trifis richtete. »Operatoren wie ich. Wir sind aus schließlich dem Konzil von Maran ver antwortlich. Aber zurück zum Thema. Die Controller der Klasse A gewähren nur begrenzten Zugriff auf die Poly port-Höfe. Ich kann jederzeit ein neues Ziel programmieren – einen der uns be kannten und funktionsfähigen Höfe. Eine Verwaltung des Netzes ist drin gend notwendig, um der Willkür durch fehlgeleitete Benutzer entgegenzuwir ken.« Hinter Rhodan bewegte sich Icho To lot; sein gewaltiges Gewicht von zwei Tonnen schüttelte den Schlitten durch. Einen bizarren Augenblick lang fragte sich Rhodan, was wohl geschah, wenn er abstürzte und in das gleißende Weiß des Universums fiel. Würde sein Leib verge hen und wiedererstehen wie all die Son nen auch? Würden seine Materie und sein
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Geist in den Kreislauf kosmischer Ent wicklung eingehen? Tolot murmelte eine Entschuldigung. »Du sprichst von begrenztem Zugriff auf die Transporthöfe, Ariel. Was genau be deutet das? Für mich sah es bislang so aus, als würdet ihr die Höfe sehr gut be herrschen.« Der Changeur legte den Kopf in den Nacken, um Tolot in die glühenden Au gen sehen zu können. »Leider liegst du vollkommen falsch. Es ist in der Grund konstruktion des Polyport-Netzes vorge sehen, dass Höfe verlegt werden können. Dass es möglich ist, sie technologisch zu verändern und zu erweitern. Das ist uns seit jeher unmöglich, ebenso können wir die Steuerrechner der einzelnen Höfe nicht ansprechen oder neu programmie ren.« »Könnt ihr einen Kontakt zur Star dust-Menschheit herstellen?«, fragte Rhodan. Der Halbspur-Changeur sah ihn einen Moment lang nachdenklich an. »Womög lich später«, sagte er dann vage. »Wir haben auf GALILEO lange nach Steuerzentralen gesucht«, versuchte Rhodan einen anderen Weg. »Scheinbar existieren sie nicht.« »Wir sind davon überzeugt, dass sie dezentral über die Decks verteilt wur den. Sie bestehen aus Formenergie und bilden erst dann die gesamte Hardware aus, wenn diese benötigt wird. Wieder muss ich erwähnen, dass es sich dabei lediglich um eine Vermutung handelt. Wir waren nie in der Lage, diese Über zeugung durch Fakten zu bestätigen. Was wir jedoch wissen, ist, dass Control ler der Klassen B und C existieren.« »Du sagtest, ihr habt damals einen Controller der Klasse B gefunden.« »Mit ihm gelang es meinen Vorfahren, beschädigte Polyport-Höfe zu bewegen und an ungefährliche Orte zu versetzen. Einige Male haben sie auch Transferka mine samt der notwendigen technischen Basis aus völligen Wracks getrennt und auf die Oberfläche naher Planeten ver legt.«
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Vor ihnen tauchte ein winziger blauer Punkt auf, dem sie entgegenrasten. Er wuchs und wuchs, bis er sie verschlang. Wieder knisterten Mondras Haare. Kleine Elmsfeuer loderten überall und tanzten auf dem Schlitten. Eines sprang über Rhodans Füße und kletterte am Bein empor, ehe es sich Funken sprühend auflöste. Rhodan griff danach; ein letzter Fun ken verglühte über seinem Handrücken auf dem Schutzanzug. Ein Blick auf die Anzeige seines Multifunktionsarmbands ergab, dass sie tatsächlich exakt 65 Mi nuten unterwegs gewesen waren. Der Empfangs-Transferkamin spuck te sie aus. Sie hatten ihr Ziel erreicht. * »Die Atmosphäre ist atembar in ak zeptabler Schwankungsbreite«, meldete sein SERUN über den internen Helm funk. »Wünschst du genauere Daten?« Rhodan tippte beiläufig den entspre chenden Befehl in sein Armband, wäh rend der Schlitten stoppte. Ariel Motrifis stieg aus. Am bräunlichen Himmel stand eine rote Sonne im Zenit. Eine Protuberanz war mit bloßem Auge sichtbar; sie ragte wie ein sich windender Tentakel ins All. Sie standen inmitten eines Zentralen Verladeplatzes, einer gewaltigen bern steinfarbenen Plattform, der Farbe, die alle Transporthöfe dominierte. »Die Schwerkraft liegt bei 0,88 Gra vos. Temperatur aktuell bei 15 Grad. We nig Sauerstoff, aber du wärst auf Dauer auch ohne SERUN überlebensfähig.« Über ihnen ragten die gewaltigen Transferkamine in die Unendlichkeit; das wabernde Ende war von seinem Standort aus nicht zu sehen, doch er be zweifelte nicht, dass es denselben An blick bieten würde wie auf GALILEO oder ITHAFOR. Sonst umgab sie nur Leere über der riesigen Ebene. Die gesamte Infrastruk tur, wie Rhodan sie von den anderen Po
lyport-Höfen kannte, fehlte oder war in den Boden verlagert worden. So weit das Auge reichte, erstreckte sich die Platt form als gewaltige, ebene Fläche. »Die Messung ist abgeschlossen«, hörte er die künstliche Stimme des SERUNS. »Der Durchmesser der Plattform beträgt sieben Kilometer. Rundum liegt ein Meer. Die Messwerte sind allerdings nicht ein deutig. Es könnten Landmassen vorhan den sein. Es gibt einige seltsame Unstim migkeiten.« Ein Halbspur-Changeur kam auf Ariel Motrifis zu. Beide senkten den Kopf und führten die Hand über die Schläfe; offen bar eine Begrüßungsgeste. Rhodan musterte ihren Führer. Ihm war aufgefallen, dass etwas an ihm an ders war als zuvor, doch er konnte es nicht benennen. »Das erklärt einiges«, sagte Mondra. »Worauf willst du hinaus?« »Das Licht über den Halbspur-Chan geuren.« Nun erkannte er es auch. Das seltsame optische Phänomen, das Motrifis jene fremdartige Aura verliehen hatte und ihn wirken ließ, als entstamme er einer anderen Sphäre – es war verschwunden. Zum ersten Mal war der Halbspur-Chan geuer deckungsgleich mit seiner Umge bung und wirkte nicht mehr wie ein mit wenig Geschick in das Gesamtbild ein gefügter Fremdkörper. »Er ist tatsächlich die ganze Zeit über von einer weit entfernten Sonne ange strahlt worden.« Mondra sah nach oben, zum roten Stern, der seine Strahlen über die Plattform schickte und damit Licht und Schatten schuf. »Von dieser Son ne.« Ein unerklärliches Band verknüpfte Motrifis stets mit seiner Heimatwelt, wo auch immer er sich befand. Wie dies möglich war, stellte Rhodan vor ein Rät sel. Er fügte es gedanklich der Liste der Geheimnisse um dieses Volk hinzu. Der zweite Changeur erreichte den Schlitten und blieb vor Ariel Motrifis stehen. Sie waren nahe genug, dass Rho dan jedes Wort verstehen konnte. Sie be
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dienten sich der Sprache der Mäch tigen. »Ich habe den Kamin wieder in inak tiven Zustand geschaltet. Niemand kann dir folgen. Die Spur stand nur für die Dauer deiner Ankunft offen.« »Hervorragend, Operator Burnikos.« »Deine – Gäste sind ...« »Du kennst den Beschluss des Kon zils.« »Selbstverständlich.« Der zweite Halbspur-Changeur entfernte sich. Ariel Motrifis kletterte wieder in den Schlitten und legte seine Hand um die Steuerstange. Das Fluggefährt hob sich einige Zentimeter und schwebte mit zu nehmender Geschwindigkeit über die Plattform. Die Transferkamine blieben hinter ih nen zurück, wurden kleiner und kleiner. Rundum sah Rhodan nichts als das be kannte bernsteinfarbenes Metall. Ohne die Messungen seines SERUNS hätte er sich fragen müssen, ob es diese ganze Welt umfasste, ob dieser Planet eine ein zige, ewige, tote Kunstwüste ohne Leben und Hoffnung bildete. Weder Verunreini gungen noch Anzeichen von Zerstörung oder auch nur der kleinste Kratzer be einträchtigten das Gesamtbild, es gab nicht den geringsten Orientierungs punkt. Er hoffte, dass sich Motrifis auch wei terhin in solch auskunftsfreudiger Stim mung befinden würde. Bislang hatte der Halbspur-Changeur tatsächlich Wort ge halten und teilte sein Wissen mit seinen Gästen. »Wo genau befinden wir uns, Ariel?« »Dies ist Markanu. Du wirst verste hen, dass ich dir die kosmonautische Po sition des Planeten nicht mitteilen kann. Das Konzil hat es mir strengstens verbo ten – was allerdings nicht nötig war. Ich würde sie dir ohnehin nicht mitteilen, selbst wenn ich den Auftrag dazu erhal ten hätte. Seit 80.000 Jahren halten wir die Position unserer Heimat geheim und sorgen dafür, dass wir auf konventio nellem Weg von niemandem aufgespürt werden können. Unser Transferkamin
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bildet für alle angeschlossenen Höfe einen blinden Fleck, der nur von uns freigeschaltet werden kann. Für jeden anderen wären äußerst komplizierte Ma nipulationen nötig. Und nun, da der Krieg gegen die Frequenz-Monarchie seit zehn Tagen tobt, müssen wir vorsich tiger als je zuvor sein.« Rhodan begann zu verstehen, wie schwierig es für Motrifis gewesen sein musste, vor dem Konzil durchzusetzen, eine Delegation der Terraner auf diese Welt führen zu dürfen. Offenbar war er nicht mehr und nicht weniger als ein Re volutionär innerhalb dieses zurückgezo genen Volkes, auch wenn sein Entsetzen und seine Schwäche gegenüber jeder Ge walttätigkeit diese Grundhaltung nicht hatten erahnen lassen. »Dieses Geheimnis magst du wahren«, sagte Icho Tolot. »Wir Haluter sind eben falls ein Volk, das Gesellschaft nur be dingt zu schätzen weiß. Nur wenige von uns leben und arbeiten mit anderen Völ kern zusammen. In meinem Fall hat sich Rhodanos dieses Vertrauens als würdig erwiesen. Wir sind uns ähnlich, Ariel Motrifis, ähnlicher, als wir uns zu sein scheinen.« »Rhodanos? Wieso nennst du ihn so?« »Die Nachsilbe bildet einen Beweis meiner Verbundenheit mit ihm.« »Ich nutzte sie, als ich dich während unserer Reise ansprach. Verzeih mir.« Der Haluter streckte eine seiner mäch tigen Hände aus; er könnte den gesamten Oberkörper des Halbspur-Changeurs mit Leichtigkeit umschließen. Der dicke Säulenarm ragte zwischen Rhodan und Mondra in den vorderen Teil des Schlit tens. Ein Finger legte sich vorsichtig auf die Schulter der kleinen Gestalt. »Es sei dir vergeben, Ariel Montrifis. Wer weiß, vielleicht wirst du mich bald wieder so nennen.« Diese Vertraulichkeit seines alten Weggefährten überraschte Rhodan. Of fenbar hatte Icho an dem HalbspurChangeur einen Narren gefressen. Motrifis sah zu, wie sich die Hand wie der zurückzog. »Markanu bildet einen
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Ort des Friedens, wenn dies auch nicht immer so war. So muss es bleiben, denn mein kleines Volk kann sich weitere Aus fälle nicht leisten. Wir würden es nicht verkraften, wenn die Frequenz-Monar chie den Krieg bis hierher trägt. Wir müssten zum letzten Mittel greifen.« Der Schlitten sauste weiter; ewiges Bernstein zog unter ihnen hinweg. Längst hatte Perry Rhodan die Orien tierung verloren. Zu Fuß, ohne tech nische Hilfsmittel, die ihm die Richtung wiesen, hätte ein Mensch wohl sein Le ben lang über diese Ebene marschieren können, ohne den wenige Kilometer weit entfernten Rand jemals zu erreichen. Es gab keinen Orientierungspunkt in der ewigen Metallfläche, der die Richtung weisen könnte. Der Terraner erinnerte sich an die alte Geschichte eines Volkes, das vierzig Jahre benötigt hatte, um eine kleine Wüste zu durchqueren, weil es im mer und immer wieder im Kreis gelaufen war. Es wurde Zeit, das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken. »Ihr nennt eu re Sonne Andury-Aphanur.« »Wie kommst du darauf?« »Du erwähntest den Namen des Sys tems. Wieso scheinst du immer im Licht deiner Sonne zu stehen, selbst als du diese Welt verlassen hattest und auf ITHARFOR möglicherweise Millionen Lichtjahre weit entfernt warst?« Ariels Hand klammerte sich fester um die Lenkstange. Ein Ruck durchlief den Schlitten, dann beschleunigte er. »Ich bringe euch in die Endlose Stadt.« Mondra rutschte unruhig auf ihrem Platz, streckte die Beine und drückte den Rücken in die Lehne. »Du schuldest uns eine Antwort.« »Nicht eine Antwort, sondern viele«, widersprach der Halbspur-Changeur. »Einige werde ich euch geben. Aber nicht diese.« Mondra warf Rhodan einen vielsa genden Blick zu. Ein Tabu, dachte er. Über dieses The ma darf er nicht sprechen, weil es an das ureigenste Wesen seines Volkes rührt. Es
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gibt ein Geheimnis, das er mit nieman dem teilen will oder darf. Der Terraner war bereit, dieses Tabu zu akzeptieren – zumindest, solange es sich nicht als notwendig erwies, es zu brechen. Wenn die Hintergründe ursächlich mit dem Wesen des Polyport-Netzes zusam menhingen, konnte schon bald eine ande re Entscheidung notwendig werden. In Mondras Gesicht sah er ohnehin, dass sie völlig anders dachte. Sie würde sich nicht zurückhalten, sobald sie eine Möglichkeit sah, den Schleier dieses Ge heimnisses zu lüften. So war sie schon immer gewesen, manchmal zu ungestüm in Rhodans Augen. Einige Male hatte sie mit ihrer Art für gewaltige Probleme ge sorgt; ebenso oft hatte sie jedoch am En de Lösungen präsentiert, die nur sie auf ihre ganz spezielle Weise hatte finden können. Plötzlich bewegte sich der Horizont. Diesem ersten, verwirrenden Eindruck folgte ein zweiter. Das Bernstein ihrer Umgebung wich weit vor ihnen einem tiefen, dunklen Grün. Dieses Grün war es, das sich bewegte: die Fluten eines wogenden Meeres. Je näher sie dem Rand der Plattform kamen, umso mehr füllte diese Wasser fläche ihr Blickfeld. Sie besaß die Farbe einer terranischen Tanne, die ins Zwie licht einer nahenden Dämmerung tauch te, und bildete einen eigenartigen Kon trast zu dem bräunlichen Himmel. Gischt, hellgrün wie junge Grashalme, sprühte über den Kämmen der Wellen, die sich gewaltig aufbäumten. Schließlich stoppte Ariel Motrifis den Schlitten. Der Rand der Plattform lag wenige Meter vor ihnen. Die Wellen en deten nicht etwa unterhalb, sondern ne ben der Ebene – sie schlugen gegen eine unsichtbare, energetische Wand und flos sen an ihr herab, um sich mit den ewigen Wassern wiederzuvereinigen. Von dem Sturm, der offenbar über dem Meer toste, war auf der Plattform des Transporthofs nicht das Geringste zu spüren. Kein Lufthauch schlug Rhodan entgegen.
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Motrifis verließ erneut den Schlitten. »Steigt aus. Ich will euch etwas zeigen.« Gerade wollte Rhodan die Beine aus dem Fluggefährt schwingen, als Mondra ihn an der Schulter antippte. Es wäre nicht nötig gewesen – diesmal war ihm sofort aufgefallen, worauf sie ihn offen bar hinweisen wollte. Der Halbspur-Changeur stand im Schatten, den der Schlitten im Licht der roten Sonne warf. Und jener Anschein der Normalität, den Ariel Motrifis seit seiner Ankunft auf Markanu gewonnen hatte, verschwand sogleich wieder. Ob wohl das reale Sonnenlicht ihn nicht mehr in alter Stärke traf, galt dies für das fremde Licht nicht. Andury-Aphanurs Strahlen tauchten ihn in eine Aura aus warmem Sonnen licht, die es im Schatten so nicht geben konnte. Auch hier, auf seiner Heimatwelt, hielt sich Motrifis offenbar in zwei Sphären gleichzeitig auf – und in einer davon existierte der Schlitten nicht, der ihn von seiner Sonne trennte. * Ariel deutete auf ein eigenartiges Schimmern jenseits der hoch aufpeit schenden Wellen. Zunächst hielt Rhodan es für ein na türliches Phänomen, etwa eine Untiefe, die die Farbe der aufgepeitschten Ober fläche veränderte. Doch es war alles an dere als das. Es handelte sich auch nicht um ein goldenes Schiff, das über das Meer reiste, oder einen Flugkörper, der ihnen entgegenkam. Es schien ungleich größer zu sein. Der Sturm ließ unvermutet nach. Mit einem Mal lag das grüne Meer flach und ruhig. Nun erst erkannte Rhodan, was sich wirklich dort inmitten der Fluten befand. Oder über den Fluten. Riesige Schollen trieben scheinbar schwerelos im Wasser. Eine Unzahl von meergrünen und goldenen Gebäuden stand darauf. Es verschlug dem Terraner den Atem. Die Schollen erstreckten sich
zu beiden Seiten bis zum Horizont. Das Ausmaß und die wahre Größe konnte er nicht einmal erahnen. Die Endlose Stadt, dachte er. Einen passenderen Namen konnte es kaum ge ben. Motrifis starrte lange Zeit in Richtung der Stadt, als wolle er den Anblick der fremdartigen, teils bizarren Gebäude auf den gewaltigen Schollen genießen. Die erste Reihe bildete eine nahezu geschlos sene Wand aus Mauern und filigranen Türmchen, zwischen deren Spitzen sich ein kompliziertes Netz aus Brücken spannte. Rhodan ließ den Anzugsorter eine Messung vornehmen. Quadratkilometer um Quadratkilometer des Meeres war bedeckt. Das Meer verschwand unter den Schollen, so weit die Ortung reichte. Es war, als ragten sie über den gesamten Planeten. »Der Transporthof ankert in einer der wenigen freien Meeresflächen«, sagte Motrifis. Mondra beschirmte die Augen mit der flachen Hand, um nicht im Sonnenlicht blinzeln zu müssen. »Welche Ausmaße besitzt die Stadt?« »Sie umspannt einen sehr umfang reichen Bereich des Planeten.« In die Stimme des Halbspur-Changeurs zog et was Melancholisches ein. »Lassen wir es dabei bewenden. Wenn ihr nichts dage gen habt, suchen wir die Stadt Maran zu Fuß auf. Ich genieße es, über die Brücke zu gehen. Den Schlitten können wir zu rücklassen, in der Stadt stehen genügend andere bereit. Eines solltet ihr allerdings noch wissen.« Er wandte sich um, mar schierte am Rand der Plattform entlang. »Die Stadt ist schon lange tot.«. 4. Frequenzfolger Kharonis:
Licht in Traum und Wirklichkeit
Das Ziel war unerreichbar.
Und es strahlte.
So hell, dass alles andere um es ver
Die Frequenz-Monarchie
blasste und unter Schatten zu verschwin den schien. Frequenzfolger Kharonis konnte des wegen den Weg nicht klar erkennen, den er zurücklegen musste, um sich letztend lich seinem Ziel zu nähern. Vielleicht führte dieser Umstand zu einigen Um wegen, zu Irrungen im Labyrinth ... aber konnte er deswegen dem Ziel seine Erha benheit vorwerfen? War es nicht töricht, wenn der Weg, der nur existierte, um zum Ziel zu füh ren, dieses dafür schalt, dass es zu hell leuchtete? Wäre dies nicht ebenso unsinnig wie der Vorwurf eines Klonsoldaten gegen seinen Schöpfer, dass er nicht auf ande re Weise erschaffen worden war? Ein Darturka war nun einmal ein Darturka, und ein Genetiker der Frequenz-Monar chie ein Genetiker der Frequenz-Monar chie. Genauso bildete der Weg nur das Mit tel zum Zweck, und er, Kharonis, musste diesen Weg beschreiten, auch wenn er in Dunkelheit lag und er ihn deshalb nicht klar erkennen konnte. Es lohnte sich, denn wenn er eines Tages seinen Lauf vollendet haben würde, wartete das Ziel auf ihn. Die Herrlichkeit. Die Belohnung. Das PARALOX-ARSENAL? Wieder hob er den inneren Blick und versuchte, mehr zu erkennen, aber das grelle Licht überstrahlte alles. Doch in der gleißenden Helligkeit existierte et was von so unfasslicher Klarheit und Wahrheit, dass Kharonis noch nicht be reit war, es zu sehen. Dies begriff er so deutlich wie nie zu vor. Deshalb also blieb es ihm bislang verborgen. Es lag nicht etwa am Ziel – sondern an ihm selbst, an seiner eigenen Unzulänglichkeit. Kharonis akzeptierte das mit großer Demut, einem Gefühl, das er im wahren Leben niemals zeigen würde. In seiner eigenen spirituellen Welt jedoch konnte niemand ihm etwas befehlen. In sie wür de er niemals jemanden außer sich selbst
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blicken lassen, denn niemand war dazu bereit. Kein anderer Frequenzfolger hätte auch nur ansatzweise verstanden, was sie für Kharonis bedeutete. Er war in dieser Hinsicht anders als alle anderen; sie hätten ihn als Fehlentwicklung be zeichnet, ihn womöglich seines Amtes enthoben. Deshalb gehörte seine geistige Welt ihm allein, und so würde es immer bleiben. Schlimm genug, dass Ptoriss zumin dest etwas davon ahnte. Seine Kriegsor donnanz war klüger, als sie bisweilen vorgab. Der Frequenzfolger schüttelte die Ge danken ab und war von einer Sekunde auf die andere wieder ganz derjenige, der er zu sein hatte: ein Kriegsherr der Mon archie, der darauf wartete, endlich eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Die Techniker konnten nur hoffen, dass ihnen inzwischen ein Durchbruch gelungen war. Denn wenn sie keine ech ten Forschritte vorweisen konnten, wür den sie die Konsequenzen für ihr Versa gen tragen müssen. Schon von Weitem sah er die dunkel grünen Schutzanzüge der zierlichen Wasserstoffatmer. Die Okrivar kauerten noch immer am Boden, über der Techno logie, die dort unter dem Boden versenkt worden war. Offenbar bemerkten sie seine Annähe rung. Einer der Okrivar erhob sich, reckte ihm kurz die vier Hände entgegen und ließ sie dann wieder sinken. Die Finger bewegten sich auch weiterhin unablässig, tippten mit den Spitzen an einander. Der schmale, dünnlippige Mund zuck te. Erst mit kurzer Zeitverzögerung übertrug das Außenmikrofon seines An zugs die Worte. »Es gibt gute Nachrich ten zu vermelden. Soeben ist uns der Durchbruch gelungen. Der Transferka min zum blockierten Ziel kann nun je derzeit geöffnet werden.« »Ihr habt gute Arbeit geleistet.« Kha ronis war zufrieden, auch wenn er keine Bestrafung vornehmen konnte, was seine
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innere Unruhe besänftigt hätte. »Pto riss!« Die Kriegsordonnanz war sofort zur Stelle. »Es stehen volle zwölf Vao-Regi menter bereit.« Zwölf Regimenter ... insgesamt also 10.200 Darturka-Zuchtsoldaten. Das dürfte reichen, zumal auf der anderen Seite niemand mit einem Angriff rech nen konnte. Zwölf Regimenter Darturka und das Überraschungsmoment hatten noch immer für einen schnellen Sieg ge sorgt. Er trat vor die versammelten Klonsol daten, die in perfekten, schier unend lichen Reihen bereitstanden und war teten. Die Darturka füllten einen großen Teil des Transferdecks. Kein einziger je doch stand auf dem Zentralen Verlade platz, auf dem mehr als tausend Gleiter warteten. »Darturka!«, brüllte Kharonis. »Die Zeit ist gekommen! Die Verbindung wird in diesen Minuten geöffnet. Nichts kann uns mehr aufhalten. Füllt nun die Gleiter und zieht in den Sieg!« Einige der Kampfkolosse stießen dumpfe Jubelschreie aus; die meisten schwiegen. Ausnahmslos alle ließen sich auf ihre Vorderbeine nieder und eilten los. Jeder wollte der Erste sein, der ein Fluggefährt bemannte. Es hätte geordneter ablaufen können, militärisch korrekter, doch das besaß für Frequenzfolger Kharonis keine Priorität. Die entscheidende militärische Regel würden die Darturka befolgen: Sie wa ren ihrer Obrigkeit hörig – ihm. »Sieh es dir an, Ptoriss, und lerne. Be geisterung und Kampflust in ihnen zu wecken ist wichtiger als manche starre Regel. Oft genügen die einfachsten Me thoden.« »Ganz sicher«, sagte der kleine Huma noide vor ihm. »Sie werden funktionie ren und sich opfern, wenn es nötig ist. Wie immer. Die Kriege der Monarchie gründen schon lange auf dem geklonten Fußvolk.« Der donnernde Lärm von zehntausend marschierenden Darturka ließ nach. Die
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Gleiter positionierten sich, nun ordent lich und in Reihe, wie es für die Passage durch die Transferkamine notwendig war. »Ich werde sie persönlich anführen«, setzte Kharonis seine Kriegsordonnanz in Kenntnis. »Ein wichtiger Sieg liegt vor uns.« Die Okrivar öffneten die Verbindung. Der Zugstrahl aus dem Transferkamin stabilisierte sich. Die Invasion konnte beginnen. * Ich habe die Controller der Klasse C erwähnt. Bis wir die Endlose Stadt errei chen, will ich dir noch etwas darüber berichten, Perry Rhodan. Selbst wir können über diese höchsten Controller nur spekulieren. Wir vermu ten, dass sie den Zugang zu den legen dären Handelssternen ermöglichen. Handelssterne gehören zum PolyportNetz, zumindest theoretisch. Es ist uns nie gelungen, einen von ihnen zu betre ten. Sie stellen die dritte Stufe der unter schiedlichen Stationen dar. Die einzelnen Transporthöfe bilden hingegen die un terste Ebene. Distribut-Depots wie IT HAFOR verknüpfen die Höfe, und ihnen übergeordnet, sehr viel größer und be deutender, gibt es die Handelssterne. Seit 80.000 Jahren ist es unser Traum, einen dieser Handelssterne zu betreten. In früheren Generationen war dieser Traum voller Brisanz, doch von Jahrhun dert zu Jahrhundert flachte seine Bedeu tung ab. Viele halten die Handelssterne inzwischen für einen reinen Mythos. Diejenigen, die mehr wissen als ande re, glauben, dass die Handelssterne das Verschicken sehr viel größerer Waren er möglichen. Womöglich können sogar ganze Raumschiffe transportiert werden. Mehr kann ich dazu leider nicht erklä ren, denn auch für uns bilden die Han delssterne ein einziges Rätsel. Und ehe du wieder fragst, Mondra Diamond – ja, ich gehöre zu denjenigen, die mehr wissen. Ich bin ein Transfer
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Operator. Dennoch bin auch ich nicht sicher, ob wir die wenigen Hinweise nicht völlig falsch interpretiert haben. Stell es dir wie ein Rätselspiel vor, wie eine Gleichung, von der du nur wenige Ziffern kennst. Füllt man die Leerstellen auf ganz bestimmte Weise, ergeben sich als notwendige Lösung die Handelsster ne. Andere Völker, die Anthurianer etwa, mögen jedoch völlig anders gedacht ha ben als wir. Irgendwann waren meine Vorfahren so weit, dass sie das Polyport-Netz seinem eigentlichen Zweck zuführen konnten. Zumindest dem Zweck, den sie aufgrund ihrer Moral und Ethik als richtig und gut einschätzten. Ich kann mich dieser Beur teilung nur anschließen. Die Halbspur-Changeure suchten in der Umgebung der jeweiligen Höfe und stellten das Netz geeigneten Völkern zur Verfügung. Ihr wollt wissen, was das Maß dieser Eignung bestimmte? Meine Vorfahren beurteilten, wie moralisch hochstehend die jeweiligen Völker waren. Nur fried liebende Existenzen dürfen das Poly port-Netz und seine Möglichkeiten nut zen. Es dient der Kommunikation und der Begegnung über die Abgründe von Gala xien hinweg. Es ermöglicht Forschung und den Austausch von Technologie und Gütern. Völkern, die sonst jahre- oder jahrzehntelange Reisen benötigen wür den, um einander zu begegnen, wird ein direkter Kontakt ermöglicht. Diesen Gesamtprozess steuerten die Halbspur-Changeure für eine sehr lange Zeit, und stets blieben wir im Verbor genen. Der Transporthof Markanu war mehr als nur ein Tabu für die Reisenden – er existierte offiziell gar nicht. 80.000 Jahre lang blieb das Netz aktiv, stets gut verborgen, unauffällig und im Geheimen, um nicht die falschen Völker anzulocken. Für die Eingeweihten je doch besaß es den größten denkbaren Nutzen. Für uns Changeure bildete es sogar die einzige Handelsroute, die einzige Verbin
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dung nach außen, die einzige externe Quelle für neue Technologien und Ent wicklungen. Es klingt für euch wie eine Utopie? Dem muss ich leider widersprechen. Denn es gab auch Schattenseiten. 5. Perry Rhodan:
Das Konzil
Ariel Motrifis ging am Rand der Platt form entlang. In einiger Entfernung glaubte Rhodan etwas zu sehen, was von der bernstein farbenen Ebene aus ins Meer ragte, in Richtung der Endlosen Stadt. Eine Brü cke? Ein Steg, der die Plattform mit den Gebäuden auf den treibenden Schollen verband? Auf die Frage, warum er die Stadt als tot bezeichnet hatte, war der HalbspurChangeur nicht eingegangen. Stattdes sen hatte er von den Handelssternen be richtet, wohl um damit von einem Thema abzulenken, das ihn zu sehr schmerzte. Er hatte es nicht ertragen, ausgerechnet an diesen Aspekt der Vergangenheit er innert zu werden. Nun jedoch stockte er. »Immer wieder komme ich auf die Schattenseiten und das Dunkle in unserer Vergangenheit zu sprechen. In meinem ganzen Leben habe ich nie zuvor so viel über Tod und Ver nichtung nachgedacht.« Mondra ging schneller, bis sie an sei ner Seite stand. Sie war zuvor zurückge fallen, weil sie mit Icho Tolot diskutiert hatte. Worüber die beiden gesprochen hatten, wusste Rhodan nicht; er war zu weit entfernt gewesen und hatte außer dem kein Wort des Halbspur-Changeurs versäumen wollen. »In Zeiten des Krieges«, sagte sie, »lässt es sich nicht vermeiden, über den Tod nachzudenken, Ariel. Alles andere wäre Illusion. Die Angriffe der Fre quenz-Monarchie spülen gerade diese Aspekte aus der Historie deines Volkes an die Oberfläche. Wir müssen darüber
Die Frequenz-Monarchie
reden. Sie totzuschweigen ist keine Lö sung.« »So muss es wohl sein. Mir fehlen in dieser Hinsicht die Erfahrungswerte. Unsere Philosophie kennt den richtigen Umgang mit Kriegszeiten nicht. Aber selbst hier in der Heimat entdecke ich weitaus weniger von der Herrlichkeit der Endlosen Stadt als sonst. Vielmehr sehe ich das Verderben, für das sie steht.« Mit einer umfassenden Bewegung deutete er auf die zahllosen im Wasser treibenden Schollen. »Die Endlose Stadt bildet ein einziges Museum, eine konser vierte Megalopolis. Sie spiegelt einen Zustand, der vor sehr langer Zeit an die sem Ort herrschte. Seit Ewigkeiten ist sie verlassen. Heute stellt sie im Grunde ge nommen nicht mehr dar als eine ausge plünderte Kulisse. Solltet ihr durch ihre Straßen streifen, würdet ihr nichts von Wert entdecken.« Rhodan blickte auf die unendliche Ge bäudereihe, die sich von einem Ende des Horizonts zum anderen erstreckte. Ver schiedenste Farben und Formen wech selten sich ab. Die Baustile hatten kaum etwas miteinander gemein. Wenige Me ter neben wuchtigen, quadratischen Klötzen standen ätherische, sphärenhaft wirkende Schlösser. »Das kann ich mir kaum vorstellen. Wie viele Räume, Hal len und Fabriken muss es dort geben? Wie viele Zeugen der Vergangenheit, auch wenn sie schon lange verstummt sind?« »Die Endlose Stadt ist nichts weiter als eine Hülle«, sagte der HalbspurChangeur. »Sie wurde ein Dutzend Mal ausgeplündert, ehe wir sie vorfanden und bezogen.« »Ihr habt sie nicht selbst errichtet?« »Als wir vor 80.000 Jahren auf diesen Planeten kamen, stand sie bereits leer und verlassen. Viele Zivilisationen hat ten in ihr gelebt und ihre Spuren hinter lassen. Jede neue Besiedelung hatte die Grenzen der Stadt erweitert und sie wei ter über das Meer getrieben. Doch immer und immer wieder kam es zu Kriegen.
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Jedes Volk, das in ihr lebte, wurde früher oder später ausgerottet.« Motrifis fuhr mit der linken Hand die goldenen Linien in seinem Anzug nach. »Unsere Kleingalaxis bildete stets den Schauplatz entsetzlicher Sternenkriege, ehe wir vor 80.000 Jahren hier ankamen. Die Bewohner der Endlosen Stadt waren reich und sonnten sich im Ruhm ihrer Stadt, die den Planeten zu einem Kno tenpunkt werden ließ. Viele pilgerten hierher, um Handel zu treiben oder das Wunder einfach nur mit eigenen Augen zu sehen. Aber jede dieser Glanzzeiten führte dazu, dass auch Plünderer und Sternenpiraten den Weg auf diesen Pla neten fanden und ihn überfielen. Manch mal leisteten die Bewohner jahre- oder gar jahrzehntelang Widerstand. Aber am Ende siegte stets der Tod, und wenn er in Form eines zweiten Aggressors kam, der die ausgebluteten, schwachen Bewohner der Endlosen Stadt überfiel und leichte Beute einfuhr.« Diese Worte riefen Übelkeit in Perry Rhodan hervor. Es erinnerte ihn auf fa tale Weise an das, was er schon seit so langer Zeit am eigenen Leib erlebte. Wie viele Kriegszeiten lagen bereits hinter Terra, seit er die Menschheit zu den Ster nen geführt hatte? Und wie viele Epo chen des Friedens standen diesen entge gen? Wie viele Tote standen den lachenden Kindern friedlicher Generationen gegen über? Dennoch war er nicht bereit, dieselbe Konsequenz aus seinen Erfahrungen zu ziehen wie die Halbspur-Changeure. Re signation war die falsche Antwort auf die Gefahren und Unbilden des Lebens. Er würde seine Vision einer positiven, geeinten Völkergemeinschaft niemals aufgeben. Der Frieden existierte, davon war er überzeugt. Es gab die Zeit des Auf schwungs, der Ruhe und der Begegnung zwischen Fremden, die ihre Gemeinsam keiten betonten, damit sie einen Weg fanden, der sie in eine geeinte Zukunft führte. Wo es nötig war, musste man Wider
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stand leisten und sich gegen Invasoren verteidigen. Manchmal bedeutete es auch, zurückzuschlagen und selbst in die Offensive zu gehen, um Aggressoren oder kosmischen Bedrohungen entschlossen entgegenzutreten. »Alle Zivilisationen, die in der End losen Stadt lebten, wurden in Kriegen ausgelöscht«, wiederholte Motrifis. »Mei ne Vorfahren haben daraus ihre Lehre gezogen und diese Welt systematisch iso liert. Niemand außerhalb kennt mehr die einstige Bedeutung dieses Planeten. Das Polyport-Netz bildet unsere einzige Ver bindung in die Galaxis und in fernere Bereiche des Kosmos. Wir haben uns zu rückgezogen. Nur deswegen leben wir noch, obwohl wir ein schwaches Volk sind, das es nicht versteht, Krieg zu füh ren.« Icho Tolot beugte sich zu der kleinen Gestalt und sprach überraschend sanft zu ihr. »Ich beginne zu ahnen, was die Attacke der Monarchie für dein Volk be deutet und wie unvorbereitet sie euch getroffen hat. Es war mutig von dir, in deinem Konzil aufzustehen und Hilfe zu holen.« »Dies war die einzig richtige Entschei dung«, stimmte Rhodan zu. »Wir werden für euren Schutz sorgen.« »Auf Maran sind wir in Sicherheit«, gab sich der Changeur überzeugt. »Doch das Polyport-Netz ist in Gefahr, und mit ihm all die Völker, die wir selbst aus wählten, damit sie die Höfe besetzen und nutzen.« Moralisch und ethisch hochstehende und reife Völkergemeinschaften, dachte Rhodan bitter. Leider wird das in vielen Fällen gleichbedeutend damit sein, dass sie über wenig militärische Erfahrung verfügen und der Frequenz-Monarchie nur unzulänglichen Widerstand entge genbringen können. Nun erst verstand Rhodan, was der Krieg, den die Frequenz-Monarchie brachte, für die Halbspur-Changeure wirklich bedeutete. »Ihr wolltet Frieden und Verständigung an viele Orte des Universums tragen. Jetzt pervertiert die
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Monarchie das Werk, das ihr seit 80.000 Jahren vollbringt.« »Genau das ist der entscheidende Punkt. Ich sehe, wir verstehen uns. Nun lasst uns nicht mehr länger zögern. Die Brücke nach Maran ist nah.« * Die Brücke maß weniger als zwei Me ter in der Breite und wölbte sich in einem sanft geschwungenen Bogen in die Höhe. Ihre Gesamtlänge schätzte Rhodan auf einige hundert Meter. Sie ragte über das fast völlig ruhig da liegende Meer und wirkte, als müsse sie jeden Augenblick einstürzen. Über die gesamte Länge gab es keine Stützpfeiler; das Material sah aus wie morsches Holz. Ariel Motrifis hatte sie bereits betre ten, als Icho Tolot direkt davor stehen blieb. »Die Brücke macht auf mich kei nen besonders vertrauenerweckenden Eindruck. Du hast wohl vergessen, dass ich vielleicht das Hundertfache eines Changeurs wiege.« »Solche Details vergesse ich nie«, ver sicherte Motrifis. »Die Brücke ist nicht das, was sie zu sein scheint. Sonst wäre sie bei dem schwächsten Sturm schon längst eingestürzt.« Der Haluter winkte Rhodan und Mondra dennoch an sich vorbei. »Ihr solltet vorgehen.« »Vertrau ihm«, riet die ehemalige Zir kusartistin. Je weiter die Plattform hinter ihnen zurückblieb, umso mehr wunderte sich Rhodan über die Konstruktion. An bei den Seiten gab es kein Geländer, das die Passanten vor einem Absturz schützte. Sie erreichten die Mitte der Brücke, wo sie – wie eine rasche Messung ergab – mehr als 15 Meter über dem Wasser aufragte. Der Wind drohte Rhodan zur Seite zu drücken. Mondra ging mit traumwandlerischer Sicherheit an ihm vorbei. »Es erinnert mich ein wenig an einen Hochseiltanz. Nur dass zu beiden Seiten verschwende
Die Frequenz-Monarchie
risch viel Platz bleibt.« Sie lächelte Rho dan an. »Findest du nicht?« »Sagen wir es so, Mondra – nur wegen meines SERUNS bin ich nach wie vor gelassen.« »Verschwenderisch viel Platz würde ich es nicht nennen«, dröhnte Icho Tolots Stimme aus dem Hintergrund. Rhodan warf einen Blick über die Schulter. Der Koloss im roten Kampfanzug fand kaum genügend Raum, um geradeaus zu laufen. Immerhin besaß er eine Schulter breite von zweieinhalb Metern – und ragte damit zu beiden Seiten einige Zen timeter über die Brücke hinaus. Die Säu lenbeine konnte er nicht wie gewohnt aufsetzen; jeder Schritt wirkte auf bi zarre Weise tänzerisch. »Das nächste Mal werde ich ganz sicher mein Flugaggregat nutzen!« »Was hindert dich daran, den Rest der Strecke ...« »Das energetische Prallfeld auf beiden Seiten!« Prüfend streckte Rhodan den rechten Arm aus und stieß tatsächlich gegen eine unsichtbare Wand. »Dachtest du, die Brücke sei ungesi chert?«, fragte Motrifis. Das Ende der Brücke kam nun merk lich näher. Dahinter schwamm eine kar ge graue Scholle mit schlichten Gebäuden auf dem Wasser. Der düstere Anblick war nicht einmal annähernd vergleichbar mit der Pracht und Verspieltheit, wie sie die übrigen Teile der Endlosen Stadt aufwiesen. Dies passte exakt zu dem Bild, das Rhodan bislang von der Lebensweise der Halb spur-Changeure gewonnen hatte. Für sie zählte Unauffälligkeit um jeden Preis, selbst hier, wo sie seit Jahrzehntausen den in Sicherheit lebten. »Wir verbinden nichts mit äußerem Glanz«, sagte Motrifis, als wisse er ge nau, worüber Rhodan nachdachte. »Du musst dich weder entschuldigen noch rechtfertigen«, versicherte Mon dra. »Dennoch hast du dich gefragt, warum
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die Stadt Maran so viel unscheinbarer ist als all die anderen Schollen. Leugne es nicht. Ich weiß, wie du denkst. Bis wir die Brücke passiert haben, will ich die Zeit nutzen, meinen Bericht aus der Ver gangenheit fortzuführen. Wie gesagt, das Polyport-Netz unter der Aufsicht meines Volkes war tatsächlich keine reine Uto pie. Es gab Schattenseiten. Von den Kor rosiden ist etwa bekannt, dass sie ...« * »Wir sind da«, beendete Motrifis seine Erzählung einige Minuten später. Rhodan blieb keine Zeit, über das neu Erfahrene nachzudenken; er würde es nachholen, sobald sich die Gelegenheit dafür bot. Er hoffte, sich mit Mondra und Icho darüber austauschen zu können. Die Stadt der Halbspur-Changeure, die von der Mitte der Brücke aus noch trist und düster ausgesehen hatte, ent puppte sich aus der Nähe als durchaus einladend und gemütlich. Die einzelnen Gebäude besaßen nur wenige Stockwerke und bestanden aus einem beigebraunen Material. Breite, abgerundete Fenster schufen im Inneren zweifellos lichtdurchflutete Wohnein heiten. Knorrige Bäume mit großflächigen grünblauen Blättern wuchsen in großer Zahl zwischen den Häusern. Auf den fla chen Dächern ringelten sich breite Strän ge von Kletterpflanzen. Kniehohe Büsche trugen weiß leuchtende Beerenfrüchte. Wie eine Waldsiedlung, dachte Rho dan unwillkürlich. Als ob sich die Halb spur-Changeure unbewusst ein Gegen gewicht zu der technologischen Welt des Polyport-Netzes schaffen wollten. Fehlt nur noch, dass es auf den Straßen Ein gänge in unterirdische Wohnhöhlen gibt. Ariel Motrifis wies auf eine Lücke zwi schen den Häusern. »Der Palast liegt ganz in der Nähe. Dort werden wir er wartet.« »Im Palast, von dem du redest, resi diert das Konzil?«, fragte Mondra.
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Seit sie in der Stadt angekommen wa ren, wirkten die Bewegungen des Halb spur-Changeurs fließender und eleganter. »Unsere Ankunft im Polyport-Hof ist na türlich nicht unbemerkt geblieben. Jeder Angehörige des Konzils wird inzwischen den Palast erreicht haben. Sorgt euch nicht, sie werden euch freundlich emp fangen.« Icho Tolot stampfte los. »Auch diejeni gen, die dagegen waren, dass du uns zu Hilfe holst?« »Niemand war dagegen. Es stand le diglich zur Debatte, ob alle dafür sind. Die letztendliche Entscheidung basierte auf Vernunft. Wir benötigen Hilfe gegen die Frequenz-Monarchie. Ihr seid die Einzigen, die erfolgreich Widerstand ge leistet haben, also bildetet ihr die lo gische Wahl.« Sie passierten die erste Häuserreihe. Auf der Rückseite der Fassaden ragte unter jedem Fenster ein Balkon hervor, von dem aus Treppen auf eine kleine Wiesenfläche führten. Die Balkone wa ren verwaist, auch sonst tauchte nirgends ein Bewohner dieser Stadt auf. Eine abschüssige Fläche von blassgel ber Farbe war in die Wiese eingelassen. Braune Linien durchzogen sie in einem komplizierten Muster. Rhodan fiel nirgends sonst in der Um gebung etwas Vergleichbares auf. Motrifis bemerkte offenbar seinen fra genden Blick. »Dies ist ein Spielgerät für unsere Kinder. Wenn sie im richtigen Rhythmus die einzelnen Springflächen betreten und so den Mittelpunkt errei chen, füllt sich der Kreisel mit Meerwas ser. Mit etwas Glück findet sogar ein Fisch den Weg hinein.« Mondra eilte zu dem Spielfeld, bückte sich am Rand und legte die Hand auf die gelbe Fläche. »Du sagtest, dein Volk wer de von Generation zu Generation gerin ger. Wie viele Kinder leben in Maran?« »Weniger, als wir es gerne hätten. Mir selbst war es nie vergönnt, Nachkommen zu gebären.« Mondra hakte ebenso wenig wie die anderen nach. Zwar hatten sie Ariel bis
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lang für einen männlichen Vertreter sei nes Volkes gehalten, aber über die Fort pflanzung der Halbspur-Changeure war ihnen nichts bekannt. Vielleicht waren sie ein eingeschlechtliches Volk? Sie durchschritten ein Wohngebiet, in dem unregelmäßig verteilt weitere Häu ser standen. Teils wirkten sie, als seien sie meterweit in den Boden eingesunken. Aus einem Fenster blickte ihnen eine Ge stalt entgegen, bei der es sich zweifellos um einen Changeur handelte; sein Ge sicht war eingefallen und von einer gel ben, pulvrigen Schicht überzogen. Um nicht indiskret zu sein, überging Rhodan diese Beobachtung. Bald tauchte vor ihnen eine von dicken Säulen gestützte Balustrade auf, unter der Icho Tolot aufrecht knapp hindurch gehen konnte; für die Halbspur-Chan geure war sie dreifach mannshoch. Sie umrahmte in großzügigem Abstand ein verhältnismäßig prunkvolles Gebäude, bei dem es sich zweifellos um den Palast handelte, den Ariel erwähnt hatte. Es ragte einige Stockwerke höher auf als alle anderen Gebäude. Aus den Fens tern fielen glänzend rote Lichtbahnen, die sich erst nach einigen Metern im Himmel verloren. Von den Dächern hin gen in engem Abstand breite Stoffwim pel. Sie flatterten im leichten Wind. Acht steinerne Gebilde, in denen mit etwas Phantasie die Nachbildungen von Transferkaminen zu erkennen waren, säumten die Eckpunkte einer breiten Terrasse. Sie endete vor einem breiten Tor, das in den Palast führte. Auf dieser Terrasse warteten zwanzig Changeure auf die Neuankömmlinge. Wie Motrifis trugen sie weiße Anzüge. Sie verstrahlten eine Aura tiefer Würde, die keinen Zweifel daran ließ, dass sie sich ihrer Bedeutung bewusst waren, was jedoch nicht darüber hinwegtäu schen konnte, dass sie eine Versammlung uralter Wesen bildeten, hinfällig und sichtlich bemüht, Haltung zu wahren. Wahrscheinlich saugte ihnen die aktuelle Entwicklung um die Frequenz-Monar chie auch noch die letzten Lebensgeister
Die Frequenz-Monarchie
aus den Körpern, indem sie sie vor Ent setzen halb lähmte. Einer der Changeure trat vor und hieß die Gäste mit lauter Stimme willkom men. Auf der Balustrade wurde aufgeregtes Gemurmel laut. Nun erst bemerkte Rho dan, dass dort eine große Menge Zu schauer versammelt waren, von denen nur wenige Kinder auf den Armen tru gen. Die meisten der Kleinen hielten sich mit den Händen an einem Geländer fest und starrten aus großen Augen in die Tiefe. Wahrscheinlich hatten sie nie zu vor den Angehörigen eines fremden Ster nenvolkes gesehen. Zu Rhodans Erstau nen rief nicht einmal der martialisch aussehende Icho Tolot bei ihnen Angst oder auch nur Ehrfurcht hervor. Die Kin der deuteten mit ausgestreckten Armen sichtlich begeistert auf ihn. In diesem Moment bedauerte Rhodan fast, dass er Gucky nicht mitgenommen hatte. Der Kleine hätte zweifellos für den einen oder anderen unvergesslichen Mo ment gesorgt. Obwohl einige der zwanzig Mitglieder des Konzils im Schatten standen, wur den sie auf dieselbe befremdliche Weise von der Sonne ihrer Heimatwelt ange strahlt, wie es auch bei Motrifis der Fall war. Welches Geheimnis verbergen sie?, dachte Rhodan. Was hat es mit diesem seltsamen Effekt auf sich? Ist es ein hy perphysikalisches Phänomen? Der Changeur, der sie bereits begrüßt hatte, kam auf sie zu. »Ich bin Gaschu mon Ata, Oberster Konfis des Konzils von Maran.« Ariel Motrifis stellte seine Gäste vor. Der Oberste Konfis sah jedem lange ins Gesicht. »Noch einmal heiße ich euch in der Stadt Maran willkommen. Der Krieg um das Polyport-Netz zwang uns leider zu dem Schritt, Hilfe von euch zu erbitten.« Er klang zaudernd und ließ jede Selbstsicherheit vermissen. Der Tonfall bewies noch mehr als die Wortwahl, dass dieses Volk dem Krieg
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gegen die Monarchie keinesfalls gewach sen war. Sie mochten zwar großes tech nologisches Verständnis besitzen, einst in ESTARTUS Diensten gestanden ha ben und seit Ewigkeiten über Wohl und Wehe des Netzes und seiner Transport höfe bestimmen – aber sie waren keine Soldaten. Militärisches oder strate gisches Denken war ihnen fremd. Wahr scheinlich besaßen sie nicht einmal Waf fen, um sich zu verteidigen. Die anderen traten näher und nannten ebenfalls ihre Namen, die an Rhodan vorbeirauschten. In Hinsicht auf dieses Volk waren seine Augen ungeschult. Es fiel ihm schwer, die einzelnen Changeure voneinander zu unterscheiden. Mit Motrifis war er lange genug unterwegs, um ihn wiederzuerkennen; Gaschumon Ata besaß ein auffällig hellrot gefärbtes linkes Auge; doch bei den anderen konn te er auf die Schnelle keine individuellen Merkmale erkennen. Die Mitglieder des Konzils führten ih re Gäste ins Innere des Palastes. Gleich hinter dem Eingangstor ent deckte Rhodan eine Reihe von Stühlen. Vier waren größer als die übrigen; auf den kleineren nahmen die HalbspurChangeure Platz. Offenbar hatte man mit Gästen gerechnet, die etwa die dop pelte Körpergröße besaßen wie die Chan geure selbst. Icho Tolot jedoch hätte den Stuhl mit seinem Gewicht glatt zertrüm mert. Als Haluter war er daran gewöhnt, dass es meist keine passende Sitzmög lichkeit für ihn gab; er stand ohnehin die meiste Zeit. Auf seinem Platz konnte Rhodan von der Balustrade aus gesehen werden. Ver mutlich legte das Konzil keinen großen Wert auf Diskretion und Abgeschieden heit. Nicht notgedrungen die schlechtes te Eigenschaft, dachte Rhodan. »Lasst uns mit der Besprechung be ginnen«, sagte Gaschumon Ata. Die anderen murmelten als Bestäti gung einige Worte, denen Rhodan keine Bedeutung zuordnen konnte, obwohl er die Sprache der Mächtigen, derer sich alle bedienten, normalerweise problem
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los verstand. Wahrscheinlich handelte es sich um eine rituelle Formel, die fremdes Sprachmaterial aufgenommen hatte. »Wir wissen nicht, weshalb die Fre quenz-Monarchie so plötzlich und auf so blutige Weise an vielen Stellen zuschlägt. Einen Großteil der Polyport-Höfe haben die Klonsoldaten bereits erobert und die jeweiligen Nutzer ...« Der Oberste Konfis brach ab und setzte nach einer kurzen Pause neu an. Wenn Rhodan noch einen weiteren Beweis dafür benötigt hätte, wie hilflos die Halbspur-Changeure dem Krieg gegenüberstanden, dies wäre er gewesen. »Sie haben alle getötet, die nicht aus den Transporthöfen geflohen sind. Wenn es so weitergeht, werden sich in Kürze sämtliche Höfe in der Hand der Monarchie befinden.« »Viele der Nutzer verlassen die Poly port-Höfe?«, fragte Rhodan nach. »Welchen Sinn hätte es für sie, ihr Le ben im Kampf gegen die Klonsoldaten zu riskieren und es am Ende zu verlieren? Diese Bestien sind unüberwindlich.« »Nicht ganz«, widersprach Ariel Motrifis. »Unsere Gäste haben den Beweis dafür gebracht, indem sie das DistributDepot ITHAFOR erfolgreich in ihre Hand gebracht haben.« Gaschumon Ata stimmte zu. »Dennoch ändert das nichts an der Tatsache, dass für viele das Polyport-Netz nicht lebens notwendig ist. Sie nutzen es, aber sie sind nicht bereit, dafür zu sterben. Das Konzil hat sich lange mit dieser Frage beschäftigt. Die Entscheidung für unser eigenes Volk ist einstimmig ausgefal len.« Der alte Changeur ließ seinen Blick über die Menge der Versammelten schwei fen. »Auch unser Leben hängt nicht vom Netz ab. Wir sind nicht gezwungen, dafür zu kämpfen. Es stellt unseren einzigen Kontakt zur Außenwelt dar, aber nicht mehr. Auf Markanu finden wir alles, was wir zum Leben benötigen. Wenn wir das Polyport-Netz aufgeben und die Monar chie es erobert, wird das zwar unser Le benswerk zerstören und die Bemühungen unseres Volkes mit Füßen treten, die wir
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seit 80.000 Jahren im Dienste der Ver ständigung und des friedlichen Austau sches führen ... aber wir werden überle ben. Das hat oberste Priorität. Wenn wir dazu gezwungen sein werden, räumen wir der Monarchie das Feld und zerstören unseren Transporthof.« Gaschumon Ata schwieg, und auch sonst ergriff niemand das Wort. Ariel Motrifis saß ruhig auf seinem Stuhl und ließ sich nicht anmerken, ob ihn diese Entscheidung überraschte. Das gab Rhodan Gelegenheit nachzu denken. Das Netz aufgeben, um das eigene Überleben zu sichern ... Noch vor wenigen Tagen hatte ihm Mondra exakt dasselbe geraten, im Hof GALILEO in der Nähe des Saturn. Sie hatte Rhodan davor gewarnt, eine Ver bindung offen zu halten, durch die jeder zeit Horden von Feinden mitten ins Herz der terranischen Macht strömen konn ten. Ein Einfallstor ins Solsystem barg zu große Gefahr in sich. Mit dieser Prognose hatte sie auf bit tere Weise recht behalten, und doch be urteilte sie genau wie Rhodan die Lage inzwischen anders. Es ging dabei nicht nur um die Tatsa che, dass das Polyport-Netz die einzige Chance blieb, jemals Kontakt zum Star dust-System aufzunehmen. Schwerer wog noch, dass die Superintelligenz ES durch ihren Boten Homunk eindeutig hatte erklären lassen, dass das Netz in den Händen der Monarchie eine Gefahr darstellte und dass es allein an Perry Rhodan lag, das Netz unter seine Kon trolle zu bringen. Nur dadurch wäre auch die Stardust-Menschheit sicher ... Er durfte nicht zulassen, dass die Changeure resignierten. Er brauchte dieses Volk an seiner Seite, um von des sen Erfahrung und Wissen profitieren zu können, wenn es auch begrenzt war. Die Halbspur-Changeure, so schwach und hinfällig sie sein mochten, wussten mehr über die Technik des Netzes als jeder an dere. »Ihr habt uns durch Ariel Motrifis um
Clubnachrichten
Vor wor t Guten Tag,
wir haben einen Jubiläumsband hinter uns, wenn ihr
das hier lest, und den Clubnachrichten wurde ein neu-
es Layout geschenkt. Ansonsten: wie immer. Fanzines,
ein paar Ankündigungen, ein paar Neuheiten.
Ich hoffe, es gefällt – natürlich meine ich Inhalt und
Layout.
Euer Hermann Ritter
Nachrichten Cons Nur wer weiß, was das taktische Simulationsspiel »Armageddon« ist und wer zusätzlich mit Begriffen wie »Hagelsturm« und »Onager« etwas anfangen kann, der könnte Interesse daran haben, sich über die »Armageddon-Übungsplatte Magora« zu informie ren. Vom 29. Oktober bis 1. November wird in Rosenheim zum 100. Mal auf dieser Übungsplatte gespielt. Zu diesem Jubiläum gibt es eine kleine Veranstaltung. Wer aus der Gegend kommt, sich für solche Spiele interessiert und an freundlichen Treffen Spaß hat, der möge sich am besten mit Ludwig Rehle (E-Mail Lud
[email protected]) in Verbindung setzen. Empfehlung des Monats: Earth Rocks Dass es einen Verein zur Förderung phantastischer Literatur in Österreich gibt, war mir neu. Ebenso neu war mir das Earth Rocks 9. Ein Heft mit buntem Cover und über 50 Seiten Inhalt präsentiert sich. Enthalten sind so unterschiedliche Werke wie ein mit Fotos illustrierter Bericht zur Pla nung der Mars-Reise auf der Erde, ein Artikel von Friedhelm Schneidewind über einige von Tolkiens Wer ken samt mehrerer Seiten Literaturliste von ihm zu »Mythologie und Phantastik«.
Vierwöchentliche Beilage zur PERRY RHODAN-Serie. Ausgabe 433.
Clubnachrichten
Außerdem gibt es Kurzgeschichten, Illustrationen (die vier bunten Zeichnungen von Alexander Preuss im Mittelteil sind gigantisch!), einen Rückblick auf den Jugend-Science-Fiction-Autor Robert Brenner (da werden Erinnerungen an die alten Boje-Bücher wach) und eine CD, auf der drei exklusiv für Earth Rocks pro duzierte Hörspiele enthalten sind. Kaufen! Keine weiteren Fragen. Herausgeber ist der Verein zur Förderung phantas tischer Literatur in Österreich, Amselweg 2, A 4910 Ried im Innkreis (E-Mail redaktion@earth rocks.at). Auf dem Cover ist ein Preis von 5,40 Euro angegeben.
Arcana 11 widmet sich weiterhin der klassischen und modernen Phantastik. Es finden sich Geschichten, aber ebenso ein Interview mit Phantastik-Altmeister Franz Rottensteiner und Hinweise auf Bücher, die am normalen Buchmarkt vorbeigehen. Interessant für den, der sich für das Thema interessiert – so wie ich.
Herausgeber ist der Verlag Lindenstruth, Nelken
weg 12, 35396 Gießen (per E-Mail unter arcana@
verlag-lindenstruth.de). Der Preis ist mit vier Euro
angegeben.
Online
Eine Katze, die ein Elfenschrift-Tagebuch ausfüllt, ziert das farbige Cover der Elfenschrift 22. Keine Sonder ausgabe, aber trotzdem eine wunderschöne Aufma chung. Enthalten sind Porträts zu verschiedenen Künstlern; besonders gefreut hat mich die Darstellung meines alten Freundes Erik Schreiber, der diese Wür digung sicher verdient hat. Dazu kommen dann Kurz geschichten, Informationen über Literaturwettbewerbe und einige News. Sehr schön! Das Heft kostet 2,50 Euro. Herausgeberin ist Ulrike Stegemann, Stichstraße 6, 31028 Gronau/Leine (im Internet unter www.elfenschrift.de oder per E-Mail unter
[email protected] zu finden).
Roman und Dokumentation des Seminars der Bundes akademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel – unter dem Motto »Sie hatten 44 Stunden« – sind das Haupt thema des zweiseitigen Capricornus 78. Sehr schön die Rezension zu »Mark Powers« 31, der sich (ganz aktuell) mit der Varus-Schlacht beschäftigt hat. Herunterladen kann man sich das Heft unter http:// sfbooks.here.de; den Herausgeber erreicht man un ter
[email protected] per E-Mail. Abenteuer & Phantastik Dass der neue »Star Trek«-Film die Szene überschat ten würde, sieht man besonders an der aktuellen Abenteuer & Phantastik 63, die mit diesem Thema ein wenig überfrachtet ist. Wirklich unterhaltsam fand ich nur »Joscha Sauers Erfolgsgeschichte« über »Nicht lustig – Vom Webcomic zum Trickfilm«. Die Rezensi onen sind weiterhin gut und fundiert, aber auch die »Gratis-Leseprobe« zu Monika Feltens »Das Vermächt nis der Feuerelfen« reißt es dieses Mal nicht raus. Mäßig. Das Heft kostet im Handel 4,50 Euro. Erhältlich ist es über den Abenteuer Medien Verlag, Rostocker Straße 1, 20099 Hamburg (im Internet unter www. abenteuermedien.de).
Elfenschrift
Fandom Observer Da wird das Magazin Starlog eingestellt, und der erste längere, vernünftige Artikel darüber erscheint im fan dom observer 240. Ansonsten: Rezensionen, sehr aktuelle Con-Termine und die Termine von Stamm tischen. Also alles, was der Fan braucht. Herausgeber ist Martin Kempf, Märkerstraße 27, 63755 Alzenau. Eine Ausgabe kostet zwei Euro inklu sive Porto. FOLLOW
Arcana Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel moderne Phantastik noch erscheint. Ebenso erstaunlich, wie viel an Phantastik in den Jahren seit dem Zweiten Welt krieg aus dem Bewusstsein verschwunden ist.
Eine echte Jubelnummer ist FOLLOW 400 geworden, wenn man sich das Heft von außen anschaut. Über 400 Seiten, stabiler Einband, buntes Cover – whow! Drinnen enthalten sind über 30 Beiträge unterschied licher »Clans«, die auf der Fantasy-Welt Magira unter
Clubnachrichten
schiedlichste Kulturen simulieren. Da geht es von mystischen Träumern über mächtige Zauberer bis hin zu einfachen Wüstenbewohnern, die versuchen, um geben von fremden Besatzern ihr Leben zu fristen. FOLLOW als Gruppierung gibt es schon über 40 Jahre; in den letzten Jahren wurde der FantasyClub e.V. als Organisationsbasis des Vereins geschaffen und aus gebaut. Was mir bei den Berichten und Bildern auffällt, ist, dass hier sehr wenig junge Menschen zu sehen sind. Viele Jüngere wandern in das Live-Rollenspiel ab und haben wenig Interesse an dem – doch schon in die Jahre gekommenen – FOLLOW. Wenn hier in den nächsten Jahren nicht eine Eintrittswelle erfolgt, dann ist das mit diesem Verein (auch) aus. Dazu kommt, dass von diesem Fanzine keine Exemp lare »überproduziert« worden sind, sodass man es nicht bestellen kann, um einen ersten Blick auf Magi ra zu werfen. Mehrexemplare gibt es aber von der Folgenummer FOLLOW 402 (die Nummer 401 ist vor der Jubiläums nummer erschienen). Auf über 300 Seiten stellen sich hier die verschiedenen Kulturen – Clans genannt – selbst vor, es gibt Fotos, Conberichte, Gedichte und nette Illustrationen. Das Magazin erscheint drei- bis viermal jährlich, sein Bezug ist in der Jahresmitglied schaft enthalten. Wer sich für den Verein und eine schöne Fantasywelt interessiert, der kann sich trotzdem bei der Kontakt adresse melden und erhält Infomaterial zugeschickt. Kontakt über ... Hermann Ritter, Soderstraße 67, 64287 Darmstadt (E-Mail: hermann.ritter@ho momagi.de). Future Magic Mit einem coolen farbigen Cover von Franz Miklis star tet Future Magic 65 durch. Von den meist guten Storys sei besonders »Golconda« von Susanne Stahr hervor gehoben, das literarische Rätsel von Fred H. Schütz hat mir Spaß gemacht (nein, ich verrate die Lösung nicht), und der Artikel über Edgar Allan Poe von Mar kus K. Korb trägt den schönen Titel »Die Ästhetik der moribunden Schönheit«. Dazu kommen Nachrufe auf Philip Jose Farmer und Johannes Mario Simmel, Letzterer mit einer umfang reichen Literaturliste. Grandios ist aber der Verriss von »Kampfbastion 333« durch Hermann Urbenek, der
hier die »military SF« in Bausch und Bogen in diesem
Buch zunichte macht.
Sehr schön!
Das Fanzine ist im Jahresabo von 18 Euro enthalten
oder kann für fünf Euro bestellt werden. Kontakterin
für den SFC Stardragons ist Eva Kalvoda, Kundrat
straße 20/8/25, A-1100 Wien (E-Mail kalvoda@
call-and-more.at).
Intravenös Neben Beiträgen der Mitglieder des Atlan Club Deutschland liefert Intravenös 184 noch einen schö nen Rückblick auf die Fernsehserie »Twin Peaks«, ei nen großartigen Rückblick auf die Kurd-LasswitzPreisträger der letzten Jahre (unter dem Titel »Von Alpers bis Zilling«), und »Wissen, das keiner braucht« (so der Untertitel) informiert über Zusammenhänge zwischen dem Film »Der Zauberer von Oz« und dem Pink Floyd-Album »The Dark Side of the Moon«. Ein schönes Heft. Herausgeber ist der Atlan Club Deutschland, Kon takt über Rüdiger Schäfer, Kolberger Straße 96, 51381 Leverkusen (E-Mail kontakter@atlan-club deutschland.de). Mephisto Nach der Ausgliederung des TableTop-Teils (siehe nächste Seite) ist Mephisto 44 schlanker und billiger geworden. Wieder sind sehr gute Rezensionen zu fin den, dazu ein schnuckelig bebildertes »Shadowrun« Abenteuer und ein Abenteuer für die »Welt der Dun kelheit«. Zwei Beilagen finden sich dazu im Heft. Das eine ist ein Abenteuer namens »Falkengrunds letzte Hoff nung«, das andere ist eine Einführung in das LiveRollenspiel namens »Larp: Rollenspiel hautnah«. Auch hier findet sich – in den letzten Wochen bin ich ein paar Mal darüber gestolpert – ein Artikel über die »Waldrit ter« als pädagogische Gruppe für Jugendliche im Wald mit Mittelalter-Elementen. Mich als Pädagogen freut es natürlich, wenn die Päd agogik inzwischen Elemente des Rollenspiels inte griert. Insgesamt: schöne Hefte. Das Heft kostet 5,95 Euro. Herausgeber ist Martin Ellermeier, An der Lehmkaute 30, 64625 Bens heim (E-Mail
[email protected]).
Clubnachrichten
News
Tabletop Insider
Lobend erwähnt sei, dass mit PERRY RHODAN News 165 dieses Infoblatt der PERRY RHODAN FanZentra le e.V. weiter erscheint. Neuheiten in Kurzform für je ne, die nicht alle Internet-Foren und E-Mail-Informati onen lesen wollen ... Herausgeber ist Achim Havemann, Harlingen 119, 29456 Hitzacker. Im Inland kostet ein Jahresabo 10,80 Euro. Die Redaktion ist per E-Mail unter sol@ prfz.de zu erreichen.
Aus dem Hause der Herausgeber des Magazins Me phisto kommt der Tabletop Insider 1, das »Magazin für Tabletop-Spiele und Miniaturen«. Ich kann praktisch überhaupt keine Figuren bemalen; bei mir sehen sie nachher immer aus, als wären die Miniaturen in einen Farbtopf gefallen. Umso größer ist mein Neid, wenn ich sehe, wie hier Figuren bemalt aussehen. Fantastisch ist schon, was einem hier geboten wird. Eine gute Op tik mit sehr guten Fotoreproduktionen. Einen einzigen Artikel habe ich dann begeistert ganz durchgelesen, nämlich die Kurzübersicht über »Histo rische Tabletops« von Marcus Pohlmann. Sachkennt nis und schöner Schreibstil treffen hier prachtvoll aufeinander – danke! Ein schönes Heft. Nicht mein Thema, aber ein schönes Heft. Das Heft kostet 4,95 Euro. Herausgeber ist Martin Ellermeier, An der Lehmkaute 30, 64625 Bensheim (E-Mail
[email protected]).
Retro Alles was »retro« ist, ist immer auch ein wenig »hip«. Das Magazin Retro 11 nennt sich im Untertitel »Das Kulturmagazin für Computer, Videospiele und mehr«. Der Untertitel verspricht, was im Inhalt umgesetzt wird. So findet sich eine prächtig mit Fotos verzierte Reportage »Auf Ataris Spuren«, ich habe etwas über die Chipmusik-Szene gelernt (von der ich nicht einmal wusste, dass es sie gibt), amüsant war der Artikel über »James Bond und die Q-Agentur«, und die ersten Beispiele zur Ego-Perspektive in Computerspielen kommen mir alle sehr bekannt vor. Ich gebe zu, dass der Originalantrag auf Indizierung für »Super Mario Land« aus heutiger Sicht völlig unverständlich er scheint – amüsieren kann man sich im Nachhinein darüber. Das Heft ist großartig. Die beiliegende CD mit Spielen habe ich nicht getestet, damit ich nicht weitere Stun den rettungslos in den 80ern versinke. Im Laden kostet das Heft 6,95 Euro. Näheres über das Magazin findet man im Internet unter www.retroma gazin.eu. Herausgeber ist der CSW-Verlag, Schef felstraße 18, 70197 Stuttgart.
Trodox Ganz im Zeichen des Rollenspiels »Private Eye« steht der Trodox 32–33. Einige Jahre ist es her, dass dieses Heft erschien – umso mehr erfreut es mich, mal wieder ein Rollenspiel-Fanzine in den Fingern zu halten. »Private Eye« ist ein »Sherlock Holmes«-Rollenspiel im viktorianischen England. Die beiden hier abgedruckten Abenteuer beruhen aber eher auf den »Pater Brown« Geschichten von G. K. Chesterton. Die Illustrationen sind fanisch, aber sie passen gut zu den ausgespro chen unterhaltsamen Abenteuern. Schön. Herausgeber ist Nils Rehm, Dielinger Weg 8, 32361 Preußisch Oldendorf (E-Mail
[email protected]). Das Doppelheft kostet 3,40 Euro, ein Einzelheft bekommt man für 1,80 Euro.
Impressum Die PERRY RHODAN-Clubnachrichten erscheinen alle vier Wochen als Beilage zur PERRY RHODAN-Serie in der 1. Auflage. Anschrift der Redaktion: PERRY RHODAN-Clubnachrichten, Pabel-Moewig Verlag KG, Postfach 2352, 76413 Rastatt. Bei allen Beiträgen und Leserzuschriften behält sich die Redaktion das Recht auf Bearbeitung und gegebenenfalls auch Kürzung vor; es besteht kein Anspruch auf Veröffentlichung. Für unverlangte Einsendungen wird keine Gewähr übernommen.
Die Frequenz-Monarchie
Hilfe gebeten. Diese Hilfe werden wir euch gerne gewähren. Unsere militä rische Stärke kann und wird euch vor der Frequenz-Monarchie beschützen. Im Kampf gegen die Darturka und ihre Herren werden wir nicht bloß an eurer Seite stehen, sondern, wenn ihr es wünscht, auch vorangehen.« Er ließ seine Worte einige Augenblicke lang wirken, ehe er die Forderung wie derholte, die er bereits Ariel Motrifis ge genüber gestellt und die dieser inzwi schen zu einem Großteil erfüllt hatte. Noch gab es jedoch viele Dinge, die un klar blieben. Das musste sich ändern. »Allerdings gibt es eine Bedingung für unsere Hilfe. Meine Begleiter und ich er halten von euch rückhaltlos Einblick in die Geheimnisse des Polyport-Netzes. Ariel Motrifis hat uns bereits einiges be richtet, vermutlich exakt das, was er uns eurer Meinung nach berichten darf. Das genügt uns allerdings nicht. Wir benöti gen dieselben Kenntnisse, über die auch die Transfer-Operatoren verfügen, denn wir werden nicht als eure Helfer in den Krieg ziehen, sondern als gleichberech tigte Partner.« »Dazu gehört«, ergänzte Mondra, »dass ihr uns einige Controller übergebt. Der beste Zeitpunkt, damit zu beginnen und euren guten Willen zu demonstrie ren, wäre jetzt.« Diese Forderungen ließen Gaschumon Ata und die anderen Angehörigen des Konzils offenbar sprachlos zurück. Ein derart forsches Auftreten hatten sie wohl nie zuvor erlebt, schon gar nicht während einer Vollversammlung ihres Konzils. Noch ehe der Oberste Konfis die Kraft zu einer Antwort fand, wurde er vom Donner einer fernen Explosion unter brochen. 6. Frequenzfolger Kharonis:
Das andere Kontinuum
Im irrlichternden Treiben von kos mischen Gasen verfestigten sich Proto
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sterne, die nach Sekundenbruchteilen wieder vergingen und ihre Energie in die Ewigkeit schleuderten. Der Gleiter passierte Sonnen und Schwarze Löcher, Planeten und Gala xien. Alldem widmete Frequenzfolger Kharonis keinen Blick. Was gingen ihn hyperenergetische Phänomene und Blicke aus höherdimen sionalen Bereichen in eine unbestimmte Raumzeit des Universums an? Er ver stand nicht, was sich ihm darbot; ändern konnte er ohnehin nichts daran. Die Ok rivar hatten Tausende, wenn nicht Mil lionen Messungen angestellt, ohne zu einem Ergebnis zu gelangen – welchen Unterschied brachte da sein eigenes Er leben? Er saß im ersten von mehr als tausend mit bis in den letzten Winkel von Dartur ka bemannten Gleitern. Zwölf schwer bewaffnete Vao-Regimenter warteten ungeduldig darauf, dass der Kampf end lich begann. Die Klonsoldaten dürsteten danach, den Feinden gegenüberzutreten und sie dafür zu bestrafen, dass sie sich das angeeignet hatten, was der Fre quenz-Monarchie zustand. Wo genau das Ziel lag, dem sie schein bar so langsam und doch mit unfassbarer Geschwindigkeit entgegenrasten, wusste Kharonis nicht. Die Techniker hatten vor einem Tag eine blinde Stelle im Poly port-Netz entdeckt, die mehrfach für wenige Minuten geöffnet und danach wieder als unzugänglich markiert wor den war. Es hatte sie viel Mühe gekostet, bis sie exakt diese Stelle lokalisieren und schließlich die Verbindung zu dem unbe kannten Hof öffnen konnten. Ein unbekanntes Ziel – ein Transport hof, den die Frequenz-Monarchie bislang nicht hatte ansteuern können ... Kharo nis war vom ersten Augenblick an wie elektrisiert gewesen. Dies stellte einen Teil seines Weges dar, der bisher im Dun keln gelegen hatte. Nun endlich konnte er Licht dorthin bringen und seinem großen Ziel einen Schritt näher kom men. Kharonis konnte es kaum erwarten,
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bis die Fahrt ein Ende fand. Die Okrivar hatten vor dem Aufbruch keine Reise dauer prognostizieren können, sondern nur etwas von komplizierten n-dimen sionalen Steuervorgängen mit Gegen rechnern, die über unbekannte Verbin dungen kommunizieren, gemurmelt. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten. Er hatte genügend Rei sen durch das Polyport-Netz unternom men, um zu wissen, dass früher oder spä ter die diffuse kosmische Umgebung unvermittelt wieder dem Inneren eines Transferkamins weichen würde. Dann blieben noch etwa zwei Minuten, bis sie das eigentliche Ziel erreicht haben wür den, wo auch immer es sich befand. Ptoriss richtete sich von seinem Sitz platz auf. Das Hirn pulsierte unter der halbtransparenten Schädeldecke. »Zwölf Regimenter sind viel, wenn es um einen Kampf gegen einen Polyport-Hof oder ein Distribut-Depot geht.« Bei jedem Wort drang aus seinem Mund der Ge stank, der in diesem Moment mehr denn je an einen verwesenden Klonkrieger er innerte. »Insofern bin ich mit der Vorbe reitung sehr zufrieden. Aber wir müssen damit rechnen, dass uns etwas anderes erwartet, weil ...« »Schweig, Ptoriss! Glaubst du etwa, ich wüsste das nicht ebenso gut wie du? Mir ist das Missgeschick des Frequenz folgers Bliarkkur bekannt.« Bliarkkur war mit einer kleinen Ein satztruppe durch das Polyport-Netz ge reist, doch ihn hatte nicht etwa ein Transporthof erwartet, sondern das Zen trum einer fremden Stadt, das von einem Militärstützpunkt umgeben war. Die Transferkamine hatten dort als Emp fangspol gestanden, losgelöst von aller übrigen Infrastruktur eines Hofes. Bli arkkurs Zuchtsoldaten waren ausge löscht worden, der Frequenzfolger selbst hatte tödlich verletzt fliehen können, um vor seinem Ende noch Bericht zu erstat ten. Die Frequenz-Monarchie hatte dar aufhin weitaus stärkere Geschütze auf fahren müssen, um jenen Planeten zu erobern.
Christian Montillon
Ptoriss blieb hartnäckig. »Unsere Si tuation weist große Ähnlichkeit mit der jenigen Bliarkkurs auf!« »Ich stehe bereit, den sofortigen Rück zug zu befehlen, wenn es sich als not wendig erweisen sollte.« Kharonis war zutiefst überzeugt, dass es niemals so weit kommen würde. Sein Weg war noch lange nicht zu Ende, und dieser Vorstoß ins Unbekannte würde ihn seinem Ziel ein gewaltiges Stück näher bringen. »Notfalls werde ich diesen Einsatz als Aufklärungsmission deklarieren, die da zu dient, eine spätere Invasion vorzube reiten.« »Sehr gut durchdacht«, sagte Ptoriss, und Kharonis hörte am Tonfall bereits das Aber. Tatsächlich ließ es nicht lange auf sich warten: »Aber sollten wir auf gut vorbereitete planetare Truppen oder sogar Raumflotten treffen, könnten wir trotz deiner Vorkehrungen in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.« Kharonis spannte die Muskeln, dass sich seine grüne Kombinationsuniform über den Unterarmen dehnte. Ein deut liches Zeichen dafür, dass dieses Thema für ihn nun erledigt war. »Wir werden sehen.« Selbst Ptoriss, der als überaus stör rische und eigensinnige Kriegsordon nanz galt, wagte nun nicht mehr, weitere Einwände vorzubringen. Jeder einzelne Transporthof, den die Truppen der Monarchie unter Kontrolle brachten, konnte endlich die dringend gesuchte Spur zum PARALOX-ARSE NAL bringen. Die Monarchie benötigte diese Ultimate Waffe, die verloren ge gangen war, ohne dass Kharonis die ge naueren Umstände kannte. Nur mithilfe des ARSENALS war es möglich, in allen Sternensektoren ent lang der Polyport-Höfe endgültig und unwiderruflich die umfassende Macht zu übernehmen. Wer sich ihnen in den Weg stellte, würde ausgelöscht werden. Denn nichts und niemand konnte der Fre quenz-Monarchie widerstehen, wenn sie endlich wieder besaß, was ihr von jeher gehörte!
Die Frequenz-Monarchie
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In diesem Zeitalter der Vierten Hyper depression war es die Bestimmung der Monarchie, die Herrschaft anzutreten – Kharonis fühlte es. Er wusste es mit je ner unerschütterlichen Gewissheit, die nur die Kraft einer inneren Vision verlei hen konnte. Der nächste Abschnitt des Weges, der vor ihm lag, gewann exakt in diesem Au genblick Kontur. Der Gleiter wurde in eine neue Umgebung gezogen; er trat in den Empfangs-Transferkamin ein. Kharonis machte sich bereit. Was auch immer ihn erwartete, er würde siegen. Denn er war ein Frequenzfolger der Monarchie. * Ein letztes Elmsfeuer tanzte vor ihm, dann formte sich die Umgebung neu. Das energetische Etwas rund um sie wich dem Anblick einer weiten, vollkommen leeren Plattform – der isolierten Kernan lage eines Polyport-Hofes! Kharonis riss eine Waffe heraus. Sollte Ptoriss mit seinen düsteren Pro phezeiungen etwa doch recht behalten haben? Dieser Zentrale Verladeplatz lag nicht in seiner gewohnten Umgebung. Er konnte sich überall befinden. Auf einem Planeten verankert. Frei im All trei bend, durch eine energetische Kuppel vor dem Vakuum geschützt. Auf dem Weg in eine Sonne, weil diese Station eine gigantische Falle darstellte, in die er sich und all die Darturka geführt hatte. Ein nadelfeiner Strahl jagte an ihm vorbei und raste auf einen der Kamine zu. Ein Angriff? In der nächsten Sekunde sah er, wer geschossen hatte. Ptoriss hielt in der noch immer ausge streckten rechten Hand eine Waffe. Sein kleines Gesicht entspannte sich, und die Zufriedenheit ließ ihn noch mehr stinken als jemals zuvor. »Wir wurden beobach tet.« Er steckte den Strahler wieder weg.
»Sonst hält sich niemand in unserer Nä he auf.« Die Darturka in den Gleitern, die die Transferkamine inzwischen in schöner Regelmäßigkeit ausspuckten, zählte er offenbar nicht mit. Er stieg aus und eilte auf seinen kleinen Beinen zu der Gestalt, die reglos zusammengesunken auf dem Boden lag. Offenbar hatte Ptoriss gut gezielt – wie immer. Kharonis konnte sich nicht daran erinnern, dass seine Kriegsordonnanz je mals ein Ziel verfehlt hätte. »Sichert die Umgebung!«, befahl der Frequenzfolger über Funk, dann machte auch er sich auf den Weg zu der einsamen Leiche. Er erreichte Ptoriss, als dieser sich über den Toten beugte, der genauso mickrig war wie er selbst. Auch waren beide humanoid, doch damit endete die Liste der Ähnlichkeiten schon. Die Leiche trug einen strahlend wei ßen Anzug, über dessen Arm- und Bein teile sich goldene Streifen zogen. Von dem kleinen Hals war nach Ptoriss’ At tacke nichts als ein verschmortes und durchlöchertes Etwas übrig geblieben. Über die pulvrigen Wundränder rann träge eine zähe Flüssigkeit. Gesicht und Hände wiesen eine dunkle Hautfarbe auf. Der Tote hinterließ einen unwirklichen Eindruck – als sei er nur zur Hälfte ma teriell, weil sich ein Teil seines Körpers in einem anderen Kontinuum befand. »Das ist ein Halbspur-Changeur«, sagte Ptoriss. Das Seltsamste an dieser Erscheinung war das Licht, das sie beschien, obwohl eine Quelle für diese Helligkeit nicht vorhanden war. Der Tote lag im Schatten des Transferkamins, und doch schien er direkt von einer Sonne angestrahlt zu werden. Kharonis erblickte zum ersten Mal ei nen der legendären Halbspur-Changeure, die als Herren des Polyport-Netzes gal ten. Die Monarchie hatte auf vielen er oberten Höfen und Depots Befragungen durchgeführt und immer wieder Hinwei
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se auf dieses Volk erhalten. Stets waren fremdartige Wesen beschrieben worden, die in mehr als nur einem Kontinuum existierten und stets im Licht zweier Sonnen standen. Kharonis hatte diesen Aussagen nie Glauben geschenkt, nun sah er es mit ei genen Augen. Die Halbspur-Changeure waren offensichtlich mehr als ein My thos, der die wahren Hintergründe der aktuellen Herren des Polyport-Netzes verschleiern sollte. Sie existierten tat sächlich. Der Frequenzfolger bückte sich und zerfetzte den weißen Anzug über der Brust der Leiche. Darunter kam genau das zum Vorschein, was er gehofft hatte. An einer Kette baumelte ein weißes, flaches Gerät. Ein Controller der Klasse A, die Voraussetzung, um Poly port-Höfe in Betrieb nehmen und Ver bindungen zwischen einzelnen Transfer kaminen schalten zu können. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, nahm Kharonis den Controller an sich. Zwei dieser Geräte zu besitzen konnte kein Schaden sein. Erstmals blieb Zeit, die Umgebung ge nauer in Augenschein zu nehmen. Eine Messung ergab, dass der erste op tische Eindruck nicht täuschte. Die Transferkamine waren tatsächlich von ihrem ursprünglichen Standort isoliert worden. Sie standen völlig verwaist auf einer sieben Kilometer durchmessenden Plattform. Ausgebaut und an einem bislang unbe kannten Ort neu installiert – das hieß nichts anders, als dass diese Anlage ei nen der Verlorenen Höfe bildete, die von der Monarchie dringend gesucht wur den. Kharonis blickte in einen bräunlich gefärbten Himmel mit einer kleinen ro ten Sonne, während die letzten Gleiter aus den Transferkaminen austraten. »Wir stehen auf einem Verlorenen Transporthof«, sagte er zu seiner Kriegs ordonnanz. »Wir müssen sofort handeln. Die Chance, hier auf eine Spur des PA RALOX-ARSENALS zu stoßen, ist noch
Christian Montillon
weitaus größer, als wir bisher vermutet haben.« Zumindest größer, als ich es in meinen offiziellen Berichten darstellte, ergänzte er in Gedanken. Ich wusste von Anfang an, dass diese Mission mich an einen be sonderen Ort führen wird. »Ich habe inzwischen Ortungen vorge nommen«, sagte Ptoriss. »Der Hof wurde auf einem Planeten verankert, der keine eigentlichen Landmassen enthält.« »Was soll das bedeuten, keine eigent lichen Landmassen?« »Keine Kontinente, Frequenzfolger. Aber das allumfassende Meer ist ... be deckt.« Darum würde sich Kharonis später kümmern. Zunächst galt es, wichtigere Dinge in die Wege zu leiten. Er zog den Controller, den er der Leiche entwendet hatte. Genau wie vermutet enthielt er tatsächlich Daten über das hiesige Son nensystem und den Planeten. Kharonis übertrug diese Informationen auf einen Speicherkristall und rief einen Dartur ka-Unterführer zu sich. Der Klonsoldat nahm den Kristall in Empfang. »Du wirst mit deinem Trupp zurück kehren und die Daten an einen Okrivar weiterleiten!«, befahl Kharonis. »Mithil fe des Kristalls müssen sie die genaue kosmonautische Position dieses Planeten bestimmen. Die Monarchie soll eine an gemessene Zahl von Schlachtlichtern aller Größenklassen hierher schicken.« Der Darturka bestätigte und stampfte in Richtung eines Gleiters. Kharonis hörte noch, wie er Funkkontakt mit sei nen Untergebenen aufnahm. Er wusste, dass dieser Auftrag zuverlässig erfüllt werden würde. Wenn es verlässliche Die ner gab, waren es die Klonsoldaten. Ei gener Wille in großem Umfang, wie ihn etwa Ptoriss besaß, konnte unter Um ständen äußerst lästig sein. »Ein plantenumspannendes Meer um gibt diese Plattform«, nahm die Kriegs ordonnanz den Faden wieder auf. »Aller dings schwimmen im Abstand von wenigen hundert Metern riesige Schollen
Die Frequenz-Monarchie
auf dem Wasser, die augenscheinlich von einer Vielzahl von Völkern bewohnt sind.« Kharonis entriss ihm das kleine Or tungsinstrument, über dem ein Holo gramm die Messwerte visualisierte. Durch die rasche Bewegung flackerte die Wiedergabe, stabilisierte sich aber rasch wieder. Der Frequenzfolger sah den schmalen Abschnitt eines dunkelgrünen Meeres, hinter dem eine geradezu unendliche Reihe von Gebäuden aufragte. Er blickte auf weitläufige metallene Hallen, aus de nen sich die Spitzen von Fertigungsanla gen erhoben; auf verschwenderisch ver spielt erbaute Paläste aus Kristall, die im Sonnenlicht funkelten; auf prunkvolle Fassaden in allen nur denkbaren Farb nuancen; auf riesige Gebäude ebenso wie auf winzige, deren Bewohner kaum ei nen halben Meter messen konnten. Tür me schwebten auf filigranen Brücken, andere Gebäude ragten tief ins Innere der Schollen, die auf dem Meer schwam men. Eine Kuppel versank tief im Wasser und ließ den Blick auf verwilderte Natur hinter Glas zu. Doch all das konnte eins nicht verber gen: Diese Stadt war tot und verlassen. Nirgends gab es auch nur die gerings te energetische Aktivität. Zumindest nicht in dem prunkvollen Teil. Inmitten dieser ewigen Stadt jedoch prangte wie eine Geschwulst ein un scheinbarer grauer Fleck, in dem die Or ter Energie anmaßen. Kharonis zoomte den entsprechenden Teilausschnitt des Hologramms näher heran. Die braungrauen, öden Fassaden schienen ihm geradezu entgegenzusprin gen. »Dort«, sagte er mit kalter Stimme und instruierte seine Klonsoldaten. Wenige Minuten später verdunkelte sich das Meer unter der schieren Masse an Gleitern, die der grauen Scholle ent gegenrasten. Kharonis selbst zündete die erste Bombe, die die Eroberung der Stadt und
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die Auslöschung der Bevölkerung vorbe reitete. * Bis wir die Brücke passiert haben, will ich die Zeit nutzen, um meinen Bericht aus der Vergangenheit fortzuführen. Wie gesagt, das Polyport-Netz unter der Aufsicht meines Volkes war tatsäch lich keine reine Utopie. Es gab Schatten seiten. Von den Korrosiden ist etwa bekannt, dass sie den hohen ethischen Ansprüchen meiner Vorfahren nur wenige Genera tionen lang genügten. Aus den fried lichen Händlern, dem Volk der Philo sophen und Denker, wie die alten Aufzeichnungen sie bezeichnen, wurden skrupellose Piraten. Stell dir das Entsetzen der HalbspurChangeure vor, als sie entdecken muss ten, dass die Korrosiden nicht mehr nur ihre übliche Ware durch das PolyportNetz transportierten, sondern ein florie rendes Sklaven-Imperium aufbauten. Intelligenzwesen! Sie verschickten In telligenzen auf fremde Welten! Männer als Arbeitskräfte, Frauen als Huren ... und Kinder – Kinder! Ich möchte mir nicht ausmalen, wer diese Sklaven kauf te und zu welchem Zweck. Wenn ihr mit mir die Stadt Maran erreicht, werdet ihr sehen, wie wertvoll unsere Kinder für uns sind. Sie sind ein größerer Schatz, als es das Polyport-Netz je sein kann, und jedes einzelne ist so wertvoll wie das ge samte Universum. Die Korrosiden warben für ihr schänd liches Tun, indem sie propagierten, exo tische Ware zur Verfügung zu stellen. Schließlich hatten sie Zugriff auf Völker in fremden Galaxien, so weit entfernt, dass sie sie mithilfe von normaler Raum fahrt niemals erreicht hätten. Aber wie nutzten sie diese einmalige Möglichkeit, die sich nur wenigen Ster nenvölker bietet! Wie sehr pervertierten sie das Ethos, für das das Polyport-Netz stand! Es gab nur eine angemessene Art, auf
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Zwischenfälle wie diesen zu reagieren. Die Korrosiden erhielten die Strafe für ihre Taten von den damaligen TransferOperatoren. Wir Halbspur-Changeure besaßen als Einzige Zugang zu den Controllern, die das Netz schalteten. Meine Vorfahren zö gerten nicht, die Korrosiden aus der großen Gemeinschaft auszuschließen und zu verbannen, ehe sie andere Völker durch ihr Gedankengut vergifteten. Es war nicht nötig, Krieg gegen sie zu führen. Es gibt elegantere Lösungen. Die Operatoren mussten lediglich die Trans ferkamine des Hofes der Korrosiden ab schalten und auf diese Weise dafür sor gen, dass der Zentrale Verladeplatz verwaiste. Die Verbannten fluchten und sprachen über POLYPORT-Funk schreckliche Drohungen aus, doch was konnten sie schon tun? Es dauerte nur wenige Jahrzehnte, dann räumten sie den Polyport-Hof frei willig. Einige Generationen später war er als nutzloses Artefakt völlig in Verges senheit geraten. Meine Vorfahren verga ben ihn ein weiteres Mal, an ein anderes Volk, das sich letztendlich als würdiger erwies. Leider sind dies nicht alle nötigen Vor gehensweisen. Meist hängt es nicht ein mal an den Völkern, die die Höfe betrei ben. Transporthöfe, die in interstellaren Krisen- oder gar Kriegsgebieten liegen, werden darüber hinaus vorsorglich ge schlossen, damit die Kriege nicht über das Polyport-Netz verbreitet werden können. Damals begannen die Changeure, auf jedem Hof ihr Zeichen der Moral zu in stallieren, ein Schaltpult in grellem Orange, das in der bernsteinfarbenen Umgebung jedem sofort auffallen muss. Wer es betritt, dem werden von einem idealisierten Hologramm, das auf der Basis eines Gehirnscans des Benutzers gebildet wird, mithilfe einer mentalen Vision die Hintergründe des PolyportNetzes erläutert. Auf dass sie niemals in Vergessenheit geraten!
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So funktionierte es bis heute. Genauer gesagt bis vor zehn Tagen nach deiner Zeitrechnung, Perry Rho dan. Denn was nützt ein solches Zeichen der Moral schon, wenn Klonsoldaten auf den Plan treten, die weder Ethik noch Moral kennen. Die Frequenz-Monarchie zerstört alles, was wir über Jahrzehntau sende aufgebaut haben. Nun tobt der Krieg, und Markanu ist einer der letzten Häfen des Friedens ent lang des Netzes. An diesen Ort werden die Soldaten niemals vordringen können. Wir haben unseren Transferkamin zu gut gesichert. Nur wir wissen, wie wir ihn öffnen kön nen. Für jeden anderen bildet er einen blinden Fleck, dessen Existenz die Mon archie niemals wahrnehmen wird. Sie müssten sich im Netz und mit der Tech nologie schon sehr gut auskennen. Wir werden nun bald die Stadt Maran erreichen. Das Ende der Brücke naht. Ich bin gespannt, was uns dort erwartet, in diesem vielleicht letzten Hort des Frie dens im Netz der Polyport-Höfe. 7. Perry Rhodan:
Flucht und Flüchtigkeit
Durch das offene Tor drang ein viel stimmiger Aufschrei, als der Donner der Explosion die Halle erzittern ließ. Neben Gaschumon Ata sprang einer der Halbspur-Changeure des Konzils auf. In der Hand hielt er ein flaches Ge rät und streckte dem Obersten Konfis ein Display entgegen, auf dem ein grell gelbes Symbol in schnellem Rhythmus blinkte. Was er sagte, ging im Lärm einer wei teren Detonation unter, der ein Knir schen folgte, als würden Felsen aufein ander mahlen. Die Steinsäulen, die die Balustrade stützen! Rhodan sprang auf und akti vierte den Schutzschirm seines SE RUNS. Der Stuhl hinter ihm stürzte um.
Die Frequenz-Monarchie
Der Terraner rannte zum offen stehen den Tor. »Ein Angriff«, hörte er Motrifis’ Stim me neben sich – ungläubig, entsetzt und grabeskalt. Kaum stand Rhodan draußen auf der Terrasse, jagte eine grelle Lichtbahn auf ihn zu. Er warf sich automatisch zur Sei te, riss trotz des geschlossenen SERUNS die Arme vors Gesicht ... und erkannte seinen Irrtum. Er bildete nicht das Ziel dieser Atta cke. Ein Feuerball loderte einige Meter vor ihm auf. Strahlend grelles Licht explo dierte in seinem Zentrum, als blicke Rhodan ins Zentrum einer Supernova. Der SERUN verdunkelte automatisch die Sichtscheibe des Helms, um seine Augen zu schützen. Die Flammen erloschen. Schwarzer Rauch wölkte auf. Steine prasselten auf den Boden, manche faustgroß, andere winzig wie Splitt und feiner Kies. Das Material der Balustrade schien protes tierend zu kreischen, als sich die gesamte Konstruktion nach vorne neigte. Der Energiestrahl hatte eine der Stütz säulen pulverisiert. Mindestens zehn Halbspur-Changeure rannten auf der Balustrade, schrien und versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Das Geländer splitterte. Der Boden brach. Splitter spritzten in die Höhe. Wild um sich schlagende Gestalten stürz ten in die Tiefe. Rhodan rannte los, um Hilfe zu leis ten. Drei Meter. Sie können es überleben. Noch ehe er sein Ziel erreichte, fiel der gesamte Abschnitt der Balustrade don nernd in sich zusammen. Die Trümmer begruben die Abgestürzten unter sich. Staubpartikel verglühten in Rhodans Schutzschirm, als würden winzige Glüh würmchen vor ihm tanzen. Rhodan stoppte, versuchte den eige nen Schwung abzufangen. Er durfte sich nicht mitten in das Chaos stürzen. Mondra war plötzlich neben ihm. Sie sprang, drehte sich in der Luft und fing
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mit einer unglaublich geschmeidigen Be wegung ein abstürzendes Kind. Noch ehe sie aufschlug, gab sie Schub auf das Flugaggregat; taumelnd schraubte sie sich in die Höhe, ehe sie den Flug stabi lisieren konnte. Genau in dem Moment, als sie neben ihm landete, erkannte Rhodan das wah re Ausmaß der Katastrophe. Alles war so schnell gegangen, dass nicht einmal er als Sofortumschalter darüber hatte nachdenken können, wer den Schuss auf die Stützsäule abgegeben hatte. Die Fassade des Hauses jenseits der einstürzenden Balustrade glühte. Risse durchzogen die Mauer. Sie glühte in düs terem Rot, zerbarst und schleuderte Bruchstücke in alle Richtungen. Ein schwarzes, gezacktes Metallfrag ment raste auf Rhodan zu, so groß, dass es ihm die Sicht auf das einstürzende Ge bäude raubte. Weit vor ihm krachte es auf den Boden, schlitterte weiter und zerschmetterte einen Changeur, der in der letzten Sekunde seines Lebens mit einer lächerlichen Abwehrbewegung beide Hände von sich streckte. Aus dem Trümmerfeld erhob sich eine gewaltige Silhouette, die Rhodan bis ins Mark entsetzte. Der violett schimmernde Gleiter eines Darturka-Einsatzkomman dos. Und dahinter, überall in der kleinen grauen Stadt Maran brannten Feuer. * Rhodan nahm den Gleiter sofort unter Dauerbeschuss. Dicht neben ihm feuerte ebenfalls jemand – Mondra! –, und in der nächsten Sekunde schloss sich auch Icho Tolot an. Der Schutzschirm zerplatzte, der Glei ter explodierte und stürzte krachend in die Trümmerwüste, die er hinterlassen hatte. Irgendwo in dem Schutt der Balustra de schrie jemand. Kleine Gestalten in ehemals weißen Anzügen eilten über das Schuttfeld. Icho Tolots gewaltige schwarz-rote
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Gestalt stampfte von der Seite näher. Der Haluter schob mit Urgewalt Trümmer beiseite und befreite einen Changeur, dessen rechter Arm unterhalb des Ge lenks in einer blutigen Masse endete. Auf der Terrasse eilten ein Dutzend hilflose Gestalten umher. Rhodan warf einen Blick durch das Tor ins Innere des Palastes. Die Mitglieder des Konzils standen noch immer darin. Einige saßen sogar nach wie vor auf ihren Stühlen. Gelähmt – sie sind wie gelähmt. Sie können nicht glauben, was geschieht. Diese Stadt, dieser Palast, war ihr Hort des Friedens. Bange fragte er sich, ob es überhaupt irgendwo in der Stadt Gegenwehr gab. Er rannte los, zu Gaschumon Ata, ins In nere des Palastes. Der Oberste Konfis stand inmitten wild gestikulierender Halbspur-Chan geure. Keiner hielt eine Waffe in der Hand. Sie redeten. Einen größeren Feh ler konnte es in dieser Situation nicht geben. Sie mussten endlich aktiv werden und handeln! »Evakuiere den Palast und die ganze Stadt!«, rief Rhodan. »Gibt es Verteidi gungsposten?« »Schutzschirme«, sagte Gaschumon leise. »Keine ... keine Geschütze. Kein Militär.« Kein Abwehrfeuer, dachte Rhodan. Kein Widerstand. Die Klonsoldaten wer den sie abschlachten. Er packte den Konfis bei der Schulter wie ein abwesendes Kind, das er auf sich aufmerksam machen musste. »Du musst sofort han deln. Evakuiere das Konzil! Wohin kön nen die Bewohner der Stadt flüchten? Wir werden euren Rückzug decken, aber wo gibt es einen halbwegs sicheren Platz? Und lass endlich diese Schutzschirme aktivieren, die du erwähnt hast.« Jede gewonnene Sekunde konnte eini gen Halbspur-Changeuren das Leben retten. Endlich handelte Gaschumon, sprach in ein Funkgerät und gab Befehle weiter. Auch in die anderen Konzilsmitglieder kam Bewegung.
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Perry Rhodan warf einen Blick nach draußen. Das Bild hatte sich grundle gend geändert, und es könnte nicht schlimmer sein. So weit er die Stadt überblicken konnte, schwebten Gleiter über den Gebäuden. Strahlerschüsse jagten in die Gassen, Bomben fielen, ganze Häuserreihen de tonierten. Selbst dort, wo Rhodan stand, bebte der Boden. Eine ganze Armee von Gleitern schien zum Palast unterwegs zu sein. Natürlich – dies ist die einzige Stelle, von der es Gegenwehr gab. Als wir den Gleiter zerstörten, wiesen wir den Trup pen den Weg hierher. Die Erkenntnis war bitter, aber sie änderte nichts an den nüchternen Tatsachen. Sie mussten von hier verschwinden. Ausnahmslos jeder, der sich in wenigen Sekunden oder bes tenfalls Minuten noch an diesem Ort auf hielt, würde sterben. Plötzlich stand Ariel Motrifis neben ihm. »Wir müssen in die Katakomben! Folge mir!« Dann explodierte die Welt hinter ihm. * Die erste Bombe zerfetzte den hinteren Teil des Raumes. Der Boden verwandelte sich in ein klaffendes Loch. Die Druck welle erwischte einen Halbspur-Chan geur, der dem Zentrum der Detonation zu nahe stand. Er wurde von den Füßen gerissen und schmetterte gegen eine Wand. Sein Kopf hing schon vorher zur Seite. Viel zu weit. Als es eine zweite Explosion gab, hat te Rhodan Ariel Motrifis bereits gepackt und das Flugaggregat seines SERUNS auf Vollschub geschaltet. Sie rasten durch das Tor ins Freie. Die Ausläufer der Detonation erwischten ihn noch, doch der Schutzschirm hielt. Rhodan umklammerten Ariel Motrifis und presste ihn dicht an sich, um den Schutzschirm über ihn auszudehnen. Der Changeur schrie. Überlastung des Schirms bedenklich,
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meldete der SERUN. Wert bei 140 Pro zent. Rhodan flog mit seiner Last in die Hö he. Der Palast verwandelte sich unter ihm in eine wirbelnde Hölle. Eine schwarze Wolke puffte zur Seite, dann blieb nichts als ein breiter Krater, neben dem bren nende Bruchstücke zu Boden fielen. Keiner der Changeure im Raum konn te diese Gewalten überlebt haben. War damit das gesamte Konzil von Maran ausgelöscht? Oder hatten die Ersten noch rechtzeitig den Palast verlassen? Rhodan konnte es nicht sagen. Echte Überlebens chancen hatten in diesem Chaos nur Mondra und Icho Tolot dank ihrer Schutzanzüge. Nicht weit neben dem Trümmerfeld explodierte ein Gleiter. Der Haluter meldete sich über Funk. »Uns bleibt höchstens eine Minute. Ich habe den Gleiter vernichtet, doch es sind mindestens zwanzig weitere unter wegs.« »Gibt es Überlebende?« »Unmöglich.« »Die Katakomben«, sagte Motrifis. »Deine Begleiter sollen zu dir kommen. Ich werde euch führen.« Noch immer schwebte Rhodan in eini gen Metern Höhe. Aus diesem Blickwin kel konnte er nur zu gut beobachten, wie die Gleiter die Stadt in Schutt und Asche legten. Er durfte nicht darüber nachden ken, wie viele Unschuldige in diesen Se kunden starben, ohne dass er etwas dar an ändern konnte. Sie waren nur zu dritt. Viel zu wenige, um eine ganze Armee der Darturka aufzuhalten. Wehmütig dachte er daran, wie Gucky ihm gesagt hatte, er solle während seiner Reise nur keinen Multimutanten vermis sen; doch nicht einmal der Mausbiber hätte gegen diese Überzahl an Feinden etwas ausrichten können. Einzelne Gebiete der Stadt lagen un ter flackernden Schutzschirmen. Noch konzentrierte sich das Feuer der Klon soldaten nicht auf sie, doch das würde sich schon bald ändern. Die Darturka
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würden so lange feuern, bis die Schirme überlastet zusammenbrachen. »Gaschumon hat Befehl gegeben, alle Bewohner zu evakuieren«, sagte Ariel Motrifis, der offenbar Rhodans Blicke bemerkt hatte. »Unter den Schirmen lie gen die größten Zugänge zu den Kata komben, die mit der Endlosen Stadt ver bunden sind.« Die Worte weckten einen Funken Hoffnung in dem Terraner, dass einigen Changeuren die Flucht gelingen könnte. Doch die Klonsoldaten würden die Ein stiege früher oder später ebenfalls entde cken und den Flüchtlingen folgen. Plötzlich waren Mondra und Icho ne ben ihm. In Mondras Armen lag ein winziges Kind, ein junger Halbspur-Changeur, dessen dunkles Gesicht voller Staub war. Sie trug das Kind, wie er selbst noch im mer Ariel Motrifis umklammerte, damit dieser nicht abstürzte; nur dass Motrifis immerhin einen Meter maß, das Kind je doch nur etwa dreißig Zentimeter. So winzig. Es ist so winzig. Mondras Augen waren verquollen, ei ne feuchte Spur zog sich durch ihr Ge sicht. Sie schaute Rhodan an. »Ich konn te es retten.« Ihm schnürte es die Kehle zusammen. Weit unter ihnen brannte die Stadt. Sie schwebten darüber als kaum wahr nehmbare Punkte in der ewigen Weite des braunen Himmels. Dank ihrer Schutzanzüge jedoch bildeten sie zu gleich ein leuchtendes energetisches Fa nal für ihre Feinde. Ihnen blieb keine Wahl. Die Darturka durften sie nicht orten. Sie mussten landen. * Sie gingen neben einem brennenden Gebäude nieder. Bis auf das Prasseln der Flammen herrschte völlige Stille. Der Krieg war an diesem Ort bereits vorüber gezogen ... »Es war meine Schuld.« Ariel Motrifis zog die Arme dicht an den Leib. Über der
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rechten Schulter verschmierte frisches Blut den weißen Anzug. Er musste sich noch im Palast verletzt haben, ehe Rho dan ihn packte. »Die Frequenz-Monar chie hat uns nur gefunden, weil ich den Transferkamin für meine Reisen geöffnet habe.« »Das kann nicht sein!« Mondra wiegte das winzige Kind auf ihren Armen, ob wohl sie nicht wissen konnte, ob dies bei Halbspur-Changeuren ebenso verbreitet war wie bei Terranern. Dem Kind schien es zu gefallen. Es zeigte keine Zeichen von Unruhe. »Hörst du, Ariel, es kann nicht sein! Du bist erst vor kurzer Zeit zu uns nach ITHAFOR gekommen. Es ist noch nicht lange genug her, so schnell können die Darturka nicht ...« »Ich war nicht nur bei euch. Seit Be ginn des Krieges habe ich einige Distri but-Depots aufgesucht, solange sie noch als sicher galten. Meine Mission bestand darin, zu beobachten. So bin ich auch auf euch aufmerksam geworden und darauf, dass ihr der Monarchie erfolgreich Wi derstand geleistet habt. Danach kehrte ich zum Konzil zurück und holte mir die Erlaubnis ein, euch nach Maran zu brin gen. Damit habe ich das Todesurteil für mein Volk unterzeichnet.« Die Bitterkeit und Verzweiflung in den Worten des Changeurs schmerzten Rhodan, doch er fand keine Worte des Trostes. Nichts besaß angesichts des Grauens, das in dieser Stadt tobte, ge nügend Substanz. Der Terraner konnte nur versichern, dass Motrifis richtig gehandelt hatte, dass er unmöglich hatte wissen können, welche Konsequenzen sein Handeln nach sich ziehen würde. Diese Beteuerung schien an Ariel ab zuprallen. »Dennoch war es ein unnöti ges Risiko.« »Ein Risiko, das das gesamte Konzil mit dir trug.« »Alle könnten noch leben.« »Nun kommt es darauf an, diejenigen zu schützen, die noch nicht tot sind! Du sagtest, sie werden die Katakomben auf suchen. Führ uns dorthin. Wir müssen
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die Flüchtlinge sammeln und gemeinsam an einen sicheren Ort führen.« »Es gibt keine Zuflucht mehr«, sagte Motrifis. Wie um seine Worte zu bestätigen, don nerte in der Nähe eine weitere Explosion. Die Druckwelle trieb Schutt und Asche vor sich her. Lodernde Blätter peitschten durch die Luft; die Flammen zeichneten bizarre Muster. Im brennenden Haus ne ben der kleinen Gruppe knarrte es, und im nächsten Augenblick stürzte das obe re Geschoss in sich zusammen. Die vier rannten los, um sich in Si cherheit zu bringen. Ihre Schutzschirme standen auf Minimalwirkung, um mög lichst wenig Streuenergie abzugeben. Mondra hielt das Kind dicht an ihrem Oberkörper, um den Schirm über ihm auszuweiten. Der Haluter packte Motrifis, der mit seinen kurzen Beinen zu langsam voran kam, und setzte ihn sich auf die Schulter. Der Changeur hielt sich an Icho Tolots breitem Hinterkopf fest. Sein weißer An zug starrte längst vor Schmutz. »Tolot – der kahle Baum vor uns! Siehst du ihn? Du musst rechts an ihm vorbei. Wende dich in Richtung des zerstörten Palas tes.« »Du führst uns in die Katakomben?« »Es mag keine Zuflucht mehr geben auf dieser Welt, aber die Katakomben bieten wenigstens einen Ort, an den wir fliehen können. Vielleicht treffen wir an dere.« »Ganz sicher«, sagte Mondra. »Sie sind nicht alle tot.« »Tot oder ...« Der Changeur brach ab. »Oder was?« »Wir besitzen andere Möglichkeiten«, wich Motrifis aus. Sie setzten den Weg fort. Ariel blieb auf Tolots Schulter; Mondra und Perry versuchten, sich dicht bei dem Haluter zu halten. Das Kind regte sich auf Mon dras Armen, winzig wie ein terranisches Neugeborenes. Motrifis erwähnte beiläu fig, dass der Junge etwa acht Jahre alt sein musste. Das Kind selbst sprach kein Wort.
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In rascher Folge passierten sie zerstör te Plätze und Krater. Eine flache Scheibe von einigen Metern Durchmesser lag als verkohltes Etwas inmitten schwarz ver brannter Erde, über der die Luft vor Hit ze waberte. Eine Spielscheibe, dachte Rhodan. Ge nau wie die, die wir nach unserer An kunft in der Stadt Maran gesehen haben. Vor wenigen Stunden. Als dies noch ein Ort des 80.000-jährigen Friedens war. Er erinnerte sich daran, mit welcher Begeisterung Ariel Motrifis während ih res Weges über die Brücke die Kinder erwähnt hatte. Jedes einzelne hatte er als so wertvoll wie das ganze Universum be zeichnet. Eines von ihnen hatte Mondra gerettet. Ein einziges. Dann trafen sie auf den Trupp Dar turka. * Sie standen zu weit entfernt, als dass sie von den Klonsoldaten bemerkt wer den konnten. Vier Darturka drangen weit vor ihnen in ein Haus ein, indem sie einen Teil der Wand zerschossen, sich auf alle viere niederließen, losstürmten die Reste der Tür zertrümmerten. Icho Tolot setzte den Changeur ab und rannte los. »Du bleibst bei Ariel und dem Kind!« Rhodan folgte dem Haluter. Ihm war gleichgültig, ob Mondra hinterher pro testieren würde – Motrifis und der Junge benötigten tatsächlich Schutz. Es musste für die Klonsoldaten einen guten Grund geben, in das Haus einzu dringen. Wahrscheinlich hielten sich dort einige Bewohner der Stadt versteckt. Icho Tolot war merklich schneller als der Terraner; Haluter konnten sich in wahre Kampfmaschinen verwandeln. Er ließ sich auf die Laufarme nieder, ohne anzuhalten. Auf diese Weise konnte er eine Geschwindigkeit von 120 Stunden kilometern erreichen. Mit beiden Hand lungsarmen zog er gleichzeitig Waffen. In der nächsten Sekunde brach er
durch die Hauswand, indem er das Loch, das die Darturka hinterlassen hatten, mit brachialer Gewalt erweiterte. Viel leicht hatte er seinen Körper für diesen Moment kurzzeitig strukturgewandelt und ihm größere Festigkeit verliehen. Als Rhodan das Haus erreichte, tobte darin bereits ein Kampf. Glühende Energiebahnen jagten durch den Raum, dessen hintere Hälfte in Flammen stand. Zwei Darturka lagen tot am Boden. Ihre fleckig braune Panzerhaut war über der Brust ver brannt. Ein weiterer Klonsoldat schleuderte Tolot soeben den hilflos zappelnden Kör per eines Halbspur-Changeurs entgegen. Der Haluter fing ihn mit einem der Laufarme, während er unablässig wei terfeuerte. Der letzte Darturka feuerte auf Perry Rhodan. Der Koloss überragte den Ter raner um mehr als einen Meter. Hunder te streichholzdünne Zähne blitzten in der vorspringenden Schnauze des Murä nenschädels. Längst hatte Rhodan den Wirkungsgrad des Schutzschirms hoch geschaltet; ein siedend heißer Strahl fuhr hinein und wurde abgeleitet. Rhodan sprang auf den Darturka zu. Ihre Schutzschirme kollidierten; die Energien stießen sich gegenseitig ab. Ei ne knisternde Entladung stieß beide Gegner zurück. Irrlichternde blaue Blitze verbanden sie für einen Moment über Meter hinweg miteinander. Der Terraner taumelte rückwärts und feuerte, während der Darturka von Rhodans kühner Aktion völlig über rascht wurde und stürzte. Er krachte auf den Boden. Sekunden später versagte sein Schirm unter der Dauerbelastung. Der nächste Schuss tötete den Klonsol daten. Die tief in den Höhlen liegenden Augen brachen. Es war still geworden im Raum, der Kampflärm verebbte. Das konnte nur bedeuten, dass Icho Tolot auch bei sei nem letzten Gegner siegreich geblieben war. Rhodan wandte sich um – und er starrte.
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In der Tat lag der vierte Klonsoldat tot am Boden. Neben ihm war ein Teil der Decke eingestürzt. Icho Tolot lag unter einem Trümmerberg begraben und kämpfte sich ins Freie. Offenbar war er zumindest nicht schwer verletzt. Vier Halbspur-Changeure kauerten zwischen zwei breiten Möbelstücken. Sie waren von einem dichten Ring aus Flam men eingeschlossen. Eines der Möbelstü cke brannte. Die Hitze musste unerträg lich sein. »Ich hole euch raus«, rief Rhodan. Dank seines SERUNS konnte er die Flammen durchqueren, ohne selbst in Gefahr zu geraten. Doch er kam nicht mehr dazu, sein Versprechen in die Tat umzusetzen. Die Umrisse der Changeure ver schwammen. Der mysteriöse Lichteffekt verstärkte sich, es schien, als würde ih nen jene Sonne, die sie stets beleuchtete, näher stehen als je zuvor. Die vier Ge stalten verloren an körperlicher Kontur und wurden durchscheinend. Wie in Zeitlupe erhoben sie sich und schritten durch die Flammen, die sie of fenbar nicht mehr versengen konnten. Ihre Gesichtszüge waren entspannt und verflüchtigten sich immer mehr. »Was ist das?« Es war Mondras Stimme. Mit Ariel Motrifis und dem Kind auf ihrem Arm stand sie inmitten der zerstörten Haus wand. Wie immer war das Kind völlig still; nur die winzigen schwarzen Augen bewegten sich unablässig. Die vier Changeure schienen inzwi schen wie Gespenster. Durch ihre Kör per waren deutlich die Flammen und das brennende Möbelstück zu sehen. Rho dan hob den rechten Arm und aktivierte den Miniorter seines Multifunktions armbands. Das Ergebnis kam sofort, und es überraschte ihn nicht. Es war, als würde niemand in den Flammen ste hen. Im nächsten Augenblick lösten sich die Changeure völlig auf. »Sie sind gegangen«, sagte Ariel Mo trifis.
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8. Frequenzfolger Kharonis:
Der Oberste Konfis
Der Geruch des Todes war so allgegen wärtig, dass nicht einmal der Gestank der Kriegsordonnanz ihn vertreiben konnte. Staub lag in der Luft, vermählt mit einem Heer aus Rußpartikeln, die sich nach der Vielzahl an Explosionen erst in Stunden wieder absetzen und doch von jedem Schritt aufs Neue aufge wirbelt werden würden. »Deine Truppen nehmen die Stadt in Eilgeschwindigkeit ein«, sagte Ptoriss. »Die Eroberung verläuft mehr als zufrie denstellend. Ich muss gestehen, dass meine Einwände im Vorfeld unnötig wa ren. Die Vorbereitungen erweisen sich als absolut ausreichend. Die HalbspurChangeure leisten keinen nennenswerten Widerstand. Es gibt nur minimale Aus fälle.« »Ausfälle?« Kharonis wies angewidert auf einen der toten Winzlinge zu seinen Füßen. Kharonis hatte ihn in einer Häu serruine am Stadtrand zur Strecke ge bracht, nahe dem Rand der Scholle. Wenn er genau lauschte, konnte er das Rauschen der Wellen auf dem Meer hö ren. »Wegen dieser Kreaturen? Ich habe bis jetzt keinen Einzigen von ihnen mit einer Waffe in der Hand gesehen.« Ptoriss wand sich. Kharonis wusste, dass er es nicht mochte, schlechte Nach richten zu überbringen, selbst wenn sie so unbedeutend waren wie diese. »Es gibt einige Fremde in der Stadt, die ins gesamt drei Gleiter zerstört haben. Lei der konnten wir sie nicht stellen.« »Um wie viele handelt es sich?« »Die Berichte der überlebenden Dar turka, die sie gesehen haben, stimmen nicht überein. Drei, möglicherweise vier oder gar fünf Personen. Die Klonsol daten konnten sie außerdem nicht mit Sicherheit einem bekannten Volk zuord nen. Sie gehören jedoch definitiv ver schiedenen Rassen an, allerdings wohl vorwiegend Zweibeiner.« Der Frequenzfolger ließ die Toten hin
Die Frequenz-Monarchie
ter sich und ging zurück zu seinem Glei ter. Er passierte einen verkrüppelten, umgestürzten Baum, dessen kahles Ge äst brannte. Fremde? Woher? Andererseits ... was vermochten sie auszurichten, die Frie densengel, die alle Völker der Höfe der zeit waren? »Sie sind nicht wert, dass wir auch nur über sie reden«, entschied er. »Eine solch kleine Gruppe kann uns nicht gefährlich werden.« »Dennoch sollten wir versuchen, sie zu töten.« »Tu das, Ptoriss, wenn du es für not wendig hältst. Ich werde dich nicht dar an hindern.« Die Kriegsordonnanz um tänzelte ihn und sprang gleichzeitig mit ihm in den Gleiter. »Allerdings stelle ich mir ganz andere Fragen.« »Frequenzfolger?« »Wie können solch große Narren wie die Halbspur-Changeure in eine solch bedeutende Position vorrücken? Sie gel ten auf allen Transporthöfen als die Herren des Polyport-Netzes, doch sie sind nicht dazu fähig, auch nur den kleinsten Kampf auszufechten. Sie weh ren sich nicht, wenn wir ihre Stadt zer stören und ihnen ihren Hof rauben. Was ist dies für eine Welt? Keine Kampfrobo ter greifen uns an. Keine Raumfahrzeuge stoßen aus dem Orbit. Es gibt nur diese lächerlich schwachen Schutzschirme, deren passive Natur nicht zu übersehen ist. Keinerlei Verteidigung? Die Bewoh ner dieser Stadt rufen nicht einmal um Hilfe! Keine einzige Hyperfunknachricht hat den Planeten verlassen. Wie soll ich mir das erklären, Ptoriss?« Die Zähne seines ständigen Begleiters mahlten aufeinander und schabten dann über die Zunge. Kharonis konnte die Be wegung durch das halbtransparente Fleisch des Mundes sehen. Es widerte ihn an. In der Stille, die sie nun umgab, war das Rauschen der nicht allzu fernen Wel len deutlicher als zuvor zu hören. Der Wind über der grauen Stadt der Halb spur-Changeure nahm zu.
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»Vielleicht müssen wir uns die Frage andersherum stellen«, meinte Ptoriss schließlich. »Warum haben die Halb spur-Changeure diese Stadt aufgegeben? Sind sie tatsächlich nicht in der Lage, sie zu verteidigen? Oder handelt es sich bei dieser Welt nur um einen bedeutungs losen Außenposten, dessen Bewohner sich opfern, um die Aufmerksamkeit nicht auf die wirklich bedeutenden Welten zu lenken? Lauert ein Imperium im Hintergrund, das uns einen völlig falschen Eindruck vermitteln will?« »Das ist eine gute Überlegung«, gab Kharonis zu. »Die Halbspur-Changeure sind für uns von zentraler Bedeutung. In diesem Zeitalter weiß außerhalb der Fre quenz-Monarchie niemand mehr über das Netz als sie. Wir werden also einige Gefangene nehmen und sie verhören. Teil den Darturka mit, sie sollen nach hoch rangigen Changeuren suchen und sie zu mir bringen.« Er würde sie nach dem PARALOX ARSENAL befragen. Als Herren des Netzes wussten sie mit einiger Wahr scheinlichkeit mehr über die Ultimate Waffe. Auch wenn sie dieses Wissen zweifellos nicht freiwillig preisgeben wollten, würde Kharonis sie mit Sicher heit zum Reden bringen. Er war ein Meister darin, anderen Wesen Geheim nisse zu entlocken. Auf die eine oder andere Weise. * Er musste nicht lange warten, bis zwei Dartuka einen Halbspur-Changeur zu ihm schleppten. Jeder umklammerte ei nen Arm des Gefangenen, der sich nicht im Geringsten wehrte. Wozu auch? Der Gedanke, dass diese kleine Gestalt ent kommen könnte, war geradezu lächer lich. Der Frequenzfolger hielt sich wieder in seinem provisorischen Hauptquartier auf der Plattform des Verlorenen Hofs auf. Wenige hundert Meter hinter ihm ragten die Transferkamine in die Unend lichkeit.
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Unter seiner Anleitung verwandelten die Klonsoldaten diesen Bereich in eine Festung, denn nach wie vor rechnete Kharonis damit, dass Kampfraumschiffe aus dem Nichts auftauchen konnten. Doch egal, mit welchen Überraschungen die Halbspur-Changeure aufwarten mochten, sie würden diesen ausgelager ten Polyport-Hof niemals zurückerobern können. Eine Hundertschaft Klonsoldaten schleppte schwere Aggregate; die not wendigen Bauteile waren in den kleinen Laderäumen der Gleiter verstaut gewe sen. Bald würde sich der erste Schutz schirm über der Anlage aufspannen. Die Darturka ließen die kleine Gestalt ihres Gefangenen in respektablem Ab stand vor Kharonis fallen. Einer trat vor und erwies dem Fre quenzfolger seine Ehrerbietung. »Wir fanden diesen Bewohner der Stadt in der Nähe des einzigen Ortes, an dem uns Wi derstand entgegengebracht wurde. An dere scharten sich um ihn und lauschten seinen Worten, als wäre er ihr Anführer. Wir ließen nur ihn am Leben.« Der weiße Anzug des Gefangenen war mit Schmutz verschmiert. Der Frequenz folger kannte dieses Volk noch nicht lange genug, um einen Changeur nach seinem Äußeren beurteilen zu können – dieser jedoch war zweifelsohne alt. Jede seiner Bewegungen verriet es. Kharonis schickte die Klonsoldaten fort. »Wie lautet dein Name?« Die kleine Gestalt drehte sich zur Sei te, stützte die Arme auf den Boden und stand auf. Die Beine zitterten, als könnten sie das Gewicht des Körpers kaum tra gen. Die Darturka waren mit ihm offen bar alles andere als sanft umgegangen. »Ich bin Gaschumon Ata«, sagte der Halbspur-Changeur. »Oberster Konfis des Konzils von Maran.« In den Worten klang keinerlei Angst auf. »Fürchtest du dich?«, fragte der Fre quenzfolger. »Warum sollte ich?« In diesem Moment erkannte Kharonis, weshalb der Gefangene so ruhig blieb.
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Sein Handeln wurde nicht etwa von Mut bestimmt oder von Zuversicht, dieser Lage irgendwie zu entkommen – Ga schumon Ata wurde von tiefem Fatalis mus beherrscht. Er hatte sich seinem Schicksal ergeben, sah keinen Sinn mehr im Leben. »Wir löschen deine Stadt aus«, sagte Kharonis. Ata zeigte keine Reaktion. Er zog den weißen Anzug über den Armen zurecht. »Es gibt eine Möglichkeit, wie du das verhindern kannst.« Der Changeur starrte ins Leere. »Willst du die Überlebenden retten, ehe sie meinen Soldaten zum Opfer fal len?« Der Gefangene schaute seinem Feind stumm und mit leeren Augen ins Gesicht. Noch immer regte sich offenbar kein Ge fühl in ihm, auch nicht die wilde Hoff nung, die der Frequenzfolger mit seinen Fragen zu wecken versuchte. »Rede, oder ich zünde eine weitere Bombe.« »Ich kann dich ohnehin nicht daran hindern.« Kharonis hielt sich mühsam zurück, diesem Winzling einen Schuss in den Kopf zu jagen. Endlich gab er eine Ant wort und dann diese. Er ließ jeglichen Respekt vermissen. Auf welche Folter methoden er wohl ansprach? »Was weißt du über das PARALOX-ARSENAL?« Genau wie erwartet schwieg der Ge fangene wieder. »Ich verfüge über Mittel und Wege, dich zum Sprechen zu bringen. Je eher du redest, umso leichter wird es für dich.« Zu seiner Überraschung setzte sich Gaschumon Ata unvermittelt auf den Boden. Sein Rücken war gebeugt, die Schultern hingen weit hinab. »Es hat be gonnen. Ich habe den Befehl gegeben, und er wird von Ohr zu Ohr getragen. Nach mir wirst du keine Gefangenen mehr machen können. Ich bin nur hier, um dir diese Nachricht zu überbringen. Jeder von uns, der in Bedrängnis gerät, wird gehen.«
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Gehen? Was sollte das bedeuten? Die Antwort auf diese Frage erhielt der Frequenzfolger einen Augenblick später. Der Gefangene verlor seine körper liche Kontur. Er flimmerte wie ein Sche men, die Luft um ihn waberte, und das eigenartige Licht, das den HalbspurChangeur umgab, verstärkte sich. Einen Augenblick lang schien Ga schumon Ata zu leuchten, dann verliefen seine Umrisse wie eine frische blutige Spur im Regen. Der Gefangene zog die Arme an den Körper. Die Bewegung wirkte unendlich langsam und träge. Einen Atemzug später war er fort. * Wie hat es nur so weit kommen kön nen? Als der Krieg ausbrach, war ich einer der wenigen, die noch Hoffnung hatten. Ich war ein Narr, denn gerade diese Hoffnung führte letztendlich zu un serem Untergang. Sie trieb mich hinaus aus unserer Stadt, ließ mich das Ge schehen im Polyport-Netz beobachten und schließlich die Terraner entdecken. Jene Terraner, denen mein Volk schon einmal begegnet war, ehe die FrequenzMonarchie auftauchte und alles verän derte.
Perry Rhodan und seine Begleiter weckten noch weitere Hoffnung in mir. Ich entwickelte eine Zuversicht, wie mein Volk sie schon seit Jahrtausenden nicht mehr kennt. Angesichts des Todes und der Zerstörung glaubte ich, ein Bündnis mit einem militärisch starken Partner könnte alles ändern. Damit habe ich all die Erfahrungswerte meiner Vor fahren verleugnet. Und nun? Markanu wurde entdeckt. Unsere sichere Enklave ist zerstört. Unsere Heimat brennt. Gaschumon Ata hat den letzten Befehl erteilt. Einige meines Volkes sind bereits gegangen. Viel zu vielen blieb keine Zeit dazu, weil sie zu schnell starben, im Feu er der Klonsoldaten. Ich frage mich, wie ich mit der Schuld weiterleben kann, die ich auf mich gela den habe. Warum hat Perry Rhodan aus gerechnet mich gerettet? Wenn er mich nicht aus dem Palast gezogen hätte, wä re ich dort im Feuer der Explosionen ver gangen. Wahrscheinlich hätte ich nicht einmal gespürt, wie meine Existenz ihr Ende findet. Mit etwas Glück wäre ich einfach verglüht, in einem Zwinkern, oh ne dass meinem Körper die nötige Zeit geblieben wäre, Schmerzen zu empfinden. Für mich wäre nun alles vorüber. Ich
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müsste nicht sehen, welches Unheil über uns hereinbricht. Aber das ist mir nicht vergönnt. Offen bar habe ich eine Strafe zu erleiden für die Schuld, die ich auf mich geladen ha be. Nun irre ich durch die Stadt, auf dem Weg in die Unterwelt der Katakomben, um mich mit den Überlebenden zu tref fen, die noch nicht gegangen sind, weil keine Not dazu bestand. Ich müsste mich über jeden freuen, der das Massaker bis zu diesem Zeitpunkt überstanden hat. Aber werde ich mich nicht bei jedem Einzelnen nur daran er innern, dass er ausschließlich deshalb auf der Flucht ist, weil ich solch ein Narr war, Hoffnung zu empfinden? 9. Perry Rhodan:
In den Katakomben von Maran
Perry Rhodan blickte noch immer auf die Stelle, an der die vier HalbspurChangeure soeben verschwunden waren. Oder gegangen waren, wie Ariel Motrifis es bezeichnet hatte. Die Flammen loderten von Sekunde zu Sekunde höher und leckten bereits über die Decke. Icho Tolot hatte sich inzwi schen aus den Trümmern des Teileinstur zes befreit. Die Leichen der Klonkrieger verbreiteten einen Übelkeit erregenden Gestank. Mondra schrie plötzlich erstickt auf. Rhodan kannte sie gut genug, um zu wis sen, dass dies kein Laut des Schmerzes oder der Panik war – sie war überrascht. Auch ein wenig Entsetzen schwang dar in mit. Und Müdigkeit. Er mochte gar nicht daran denken, wie wenig Schlaf sie sich in den letzten Tagen wohl gegönnt hatte, und das, ohne dass sie einen Zell aktivatorchip trug, der ihr ständig bele bende Impulse sandte. Sie streckte die Arme aus, auf denen noch immer das Kind lag, das sie aus dem Chaos gerettet hatte. Sie hielt die winzige Gestalt in ihren flach aneinan dergelegten Händen. Der kleine Kopf
ruhte auf ihren Fingerspitzen. Er wurde genauso durchscheinend wie der restli che Körper. »Lass ihn«, sagte Motrifis. »Es ist das Beste für den Jungen.« Dabei klang er, als verspüre er selbst Sehnsucht danach, ebenfalls zu verschwinden. Wenige Augenblicke später waren Mondras Hände leer. Ein kleiner Schweiß tropfen rann über ihren Mittelfinger. »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Rhodan. »Wohin ist das Kind gegangen, wie du es nennst?« »Ich kann über dieses Thema nicht re den. Wir müssen unseren Weg in die Ka takomben fortsetzen. Es eilt.« Motrifis wandte sich um und trat wieder ins Freie. »Wir dürfen uns nicht mehr aufhalten lassen.« »Auch nicht, wenn wir Überlebenden Hilfe leisten können?« »Du siehst, dass wir diese Hilfe nicht nötig haben. Der Befehl des Obersten Konfis dürfte inzwischen jedem in der Stadt bekannt sein.« Rhodan und Icho Tolot folgten ihm nach draußen. Die Flammen im Raum breiteten sich aus, leckten gierig über al les, auf das sie zugreifen konnten. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis das Haus völlig in sich zusammenstürzen würde. Das Feuer zu löschen ergab ange sichts der allgemeinen Zerstörungen kei nen Sinn – die ganze Stadt lag in Schutt und Asche, nur wenige Gebäude waren noch intakt. Mondra stand noch immer mit leicht ausgestreckten Händen vor der zerstör ten Wand. Ihre Fingerspitzen zitterten. Perry griff danach, drückte sie, glaubte zu wissen, was Mondra empfand. Sie hatte das Kind nicht lange gekannt, das sie vor dem Tod gerettet hatte – aber es war ihr wieder entrissen worden. Nicht vom Tod, aber von einem Vorgang, für den sie ebenso wenig wie Rhodan eine Erklärung finden konnte. Sie schaute ihn an, aus grünen, trau rigen Augen. »Die ganze Zeit über, in der ich es trug, hat es nur ein einziges Wort gesprochen.«
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»Du hast nichts davon erwähnt.« »Es war eben erst. Direkt bevor es ... sich verflüchtigte. Es suchte meinen Blick, ehe es mich ansprach.« Ihr kurzes Zögern entging ihm nicht. »Was hat es gesagt?« »Danke!« * Das beigefarbene Gebäude war etwa drei Meter hoch und gut doppelt so lang. Es besaß keine Fenster, und auf dem fla chen Dach wuchsen verkrüppelte Büsche. Das auffälligste Merkmal war jedoch ein völlig anderes: Es war während der At tacken der Zuchtsoldaten nicht zerstört worden. Zu beiden Seiten standen die noch im mer rauchenden Ruinen von Gebäuden. Auf einer Länge von einigen Metern war der Boden aufgewühlt. Rhodan erkannte die typischen Zeichen verdampfter Erde, weil Strahlerschüsse in sie gejagt worden waren. In einem Graben lag eine Leiche, die noch im Tod von ihrer Sonne ange strahlt wurde, obwohl die Strahlen sie eigentlich nicht erreichen konnten. Ariel Motrifis öffnete einen Zugang auf der Längsseite des beigefarbenen Hauses und hielt die breite Tür offen. Rhodan und Mondra gingen ins Innere; Icho Tolot konnte ihnen nur folgen, in dem er sich mit Mühe durch die Öffnung zwängte. Der Halbspur-Changeur ging als Letzter und schloss die Eingangstür wieder. Der Haluter musste sich auf alle viere niederlassen und reichte dennoch bis an die Decke des Raumes, der bis auf eine Säule in seiner Mitte völlig leer war und offenbar über die gesamte Grundfläche des Gebäudes reichte. In die Wände wa ren rundum Regale eingelassen, gefüllt mit einer Unzahl von Kisten. Beiläufig nahm Rhodan fremdartige Symbole auf ihnen wahr. »Dies ist eine Kontrollstation«, erklär te Motrifis. »Sie regelt den energetischen Fluss der Hauptladeverbindungen un serer Stadt. Wichtiger für uns ist jedoch,
dass diese Kabel über einen unterir dischen Zugang mit den Speicheradern der Endlosen Stadt verbunden sind.« »Was bedeutet, dass es hier einen Zu gang zu den Katakomben gibt?«, vermu tete Rhodan. Der Changeur lief zu der Säule im Zentrum des Raumes. »Als wir unsere Stadt bezogen, haben wir Maran von den Anlagen der Endlosen Stadt isoliert, aber die offen stehenden Verbindungs tunnel der einzelnen Schollen wurden nie geschlossen. Es gab keinen Grund dafür. Nun kommt es uns möglicherwei se zugute.« Motrifis erreichte die Säule, verlang samte seinen Schritt jedoch nicht. Seine ausgestreckte Hand glitt einfach durch sie hindurch. Die Säule flackerte und lös te sich Funken sprühend auf. Stattdes sen kamen dicke Kabelstränge zum Vor schein. Einzelne Sektionen waren mit verschiedenen Farben gekennzeichnet. »Die Säule bildet eine holografische Zierde«, erklärte der Changeur beiläufig. »Direkter Körperkontakt löst die Projek tion auf, um Wartungsarbeiten zu verein fachen. Es müssen keine komplizierten Schaltungen vorgenommen werden. In einigen Minuten bildet sich das Holo gramm selbsttätig wieder, wenn sich nie mand mehr im inneren Bereich aufhält. Das wird unsere Flucht gleichzeitig tar nen, falls es den Darturka gelingen sollte, unseren Weg hierher zu verfolgen.« Wenn das tatsächlich der Fall sein soll te, dachte Rhodan, werden sie sich von einem einfachen Hologramm gewiss nicht länger als einige Sekunden täu schen lassen. Er setzte seine Hoffnung jedoch darauf, dass sie nicht beobachtet worden waren. Die Kabel hingen von der Decke her ab, wo sie sich in alle Richtungen ver zweigten und unter der Oberfläche ver schwanden. Im Boden, und darauf kam es dem Halbspur-Changeur offensicht lich an, liefen sie durch eine verschwen derisch breite Öffnung, die auch dem Haluter noch den Durchgang ermöglich te.
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Rhodan trat näher heran. Ein Schacht führte etwa drei Meter senkrecht in die Tiefe, in der düsteres Zwielicht herrschte. Trittleisten in den Wänden ermöglichten einen einigermaßen bequemen und si cheren Abstieg. »Ich werde springen«, kündigte Icho Tolot an. Die anderen kletterten vor. Unten an gekommen, schloss sich ein in düsteren Erdfarben gekachelter Korridor an. Da er nur in eine Richtung führte, musste die kleine Gruppe nicht lange nachden ken. Motrifis übernahm die Führung; Icho Tolot ging zuletzt. Da der Korridor nur einen Durchmesser von drei Metern auf wies, zwang es den halutischen Giganten dieses Mal gar auf alle sechse nieder. Hin und wieder hörte Rhodan ein Schaben, wenn Tolot an die Wände stieß und dar überrieb. »Der Korridor führt unter der gesam ten Stadt entlang«, erklärte der Halb spur-Changeur. »Es gibt viele Zugangs möglichkeiten im Abstand von nur wenigen hundert Metern. Die meisten sind wahrscheinlich zerstört worden. Ich kann nur hoffen, dass einige aus meinem Volk rechtzeitig intakte Einstiege gefun den haben. Bis zur nächsten Kaverne müssen wir einige Kilometer zurückle gen.« Der Haluter gab ein undefinierbares Grollen von sich. Wo für den Changeur geradezu verschwenderisch viel Raum blieb und die beiden Terraner immerhin bequem gehen konnten, musste sich Icho Tolot zusammenkauern und in unbe quemer Haltung vorwärts schieben. Einige Meter vor ihnen war in die Sei tenwand eine spiegelnde Fläche einge lassen, deren Zentrum leuchtete. Als Motrifis diese Position erreichte, öffnete sich die Spiegelfläche, und ein kleines Posi tronikterminal schob sich heraus. »Be nötigst du Hilfe?«, fragte eine angenehm modulierte Stimme. Der Halbspur-Changeur ignorierte es und ging weiter. Auf Rhodans Gegenwart oder die seiner Begleiter reagierte die
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Automatik nicht. Die Spiegelfläche schloss sich wieder. Rhodan nutzte die Gelegenheit, Ariel eine Frage zu stellen, die ihm schon lan ge auf der Seele brannte. »Du hast uns vom ausgestorbenen Volk der Anthuria ner berichtet, das eures Wissens einst das Polyport-Netz erbaute. Können wir uns sicher sein, dass hinter der FrequenzMonarchie nicht ebendiese Anthurianer stecken, die mit diesem Krieg nichts an deres bezwecken, als sich ihr Eigentum zurückzuholen?« »Ich kann es nicht ausschließen«, räumte Motrifis ein. »Andererseits gibt es auch nichts, was für diese Annahme spricht.« »Wie gelangten deine Vorfahren zu der Überzeugung, dass die Anthurianer aus gestorben seien?« »Das ist nicht überliefert. Fest steht nur, dass es deutliche Hinweise darauf gegeben haben muss. Natürlich könnten diese Hinweise falsch interpretiert wor den sein.« Eine weitere der spiegelnden Flächen tauchte vor ihnen auf. »Ignoriert sie«, empfahl Motrifis. Dazu war Rhodan gern bereit. Ihm war ohnehin wichtiger, weitere Details von ihrem Führer durch diese Unterwelt in Erfahrung zu bringen. »Du hast er wähnt, dass es in der Milchstraße, meiner Heimatgalaxis, einige Polyport-Höfe gibt. Ist außer GALILEO keiner von ih nen in Gebrauch?« Mit seiner Antwort bewies sich Motri fis als ausgezeichneter Kenner des Poly port-Netzes und seiner Geschichte. Wahrscheinlich war es eine Vorausset zung dafür, als Transfer-Operator arbei ten zu können. »Den alten Aufzeichnungen zufolge wurde das Distribut-Depot ITHAFOR damals schnell entdeckt und als Dreh scheibe zu deiner Galaxis in Betrieb ge nommen. Zwei der drei Transporthöfe allerdings wurden nie gefunden, darun ter jener, den ihr inzwischen als Wrack entdeckt und auf den Namen GALILEO getauft habt. Der dritte Hof, BLEU RIM
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BER, wurde damals lokalisiert und konnte per Transferkamin auch erreicht werden. Allerdings war BLEU RIMBER stark beschädigt und lag außerdem in einem Sternengebiet von eminenter kos mischer Aktivität und Gefährlichkeit.« »Ich ahne, worauf du hinauswillst«, sagte Rhodan. »Die Operatoren beschlossen damals, BLEU RIMBER zu schließen und die Transferkamine auszubauen. Sie wurden mithilfe des einzigen Controllers der Klasse B, der uns damals zur Verfügung stand, an einen anderen Ort verlegt.« »Auf die Plattform ZEUT-80, die vor mehr als hundert Jahren von uns ent deckt wurde.« »Genau so war es. Der Versuch mit ZEUT-80 gelang, sodass BLEU RIMBER wieder in Betrieb ging und für einige zehntausend Jahre als Durchgangs station zu anderen Galaxien auch eine gewisse Bedeutung erlangte. Die Milch straße selbst konnte jedoch nie erschlos sen werden. Wann immer meine Vorfah ren es in Angriff nahmen, herrschte dort Krieg oder braute sich eine Auseinan dersetzung zusammen, sodass wir nie größeres Interesse an dieser Galaxis ent wickelten. Als wir vor fast 117 Jahren deiner Zeitrechnung BLEU RIMBER auf ZEUT-80 auch für den Transfer endgül tig geschlossen haben, gaben wir die Milchstraße schließlich vollständig auf. Wir glaubten, nie wieder von ihr zu hö ren. Ein Irrtum, wie sich herausstellte.« Der Korridor weitete sich vor ihnen zu einer breiten Kammer, die sich kuppel artig über ihnen wölbte. Eine Handvoll Sitzbänke luden zu einer Pause ein. In einem kleinen Becken im Boden plät scherte Wasser. Ein kleiner, verschlos sener Schrank stand daneben. Motrifis passierte die Kammer, ohne ihr mehr als einen beiläufigen Blick zu widmen. »Wir hörten erst wieder von der Milchstraße, als uns die Frequenz-Mon archie den Krieg brachte und euer Hof GALILEO seine Bereitschaft meldete. Ihr habt rasend schnell eine gewisse Be rühmtheit in den Kreisen der Frequenz-
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Monarchie erlangt, wenn man bedenkt, seit wann ihr damit überhaupt konfron tiert seid.« »Zwei Tage, würde ich schätzen. Auf gerundet«, sagte Mondra mit sarkasti schem Unterton. Eine Ehre, auf die ich gerne verzichten würde, dachte Rhodan. »Wir fanden den Hof viele Jahre zuvor und versuchten un ablässig, ihn betriebsbereit zu machen. Obwohl unsere besten Techniker mit vollem Einsatz daran arbeiteten und wir vieles in dieses Forschungsprojekt inves tierten, gelang es uns nie. Bis ausgerech net zu dem Zeitpunkt, als im PolyportNetz der Krieg ausbrach. Ich frage dich, Ariel – kann es einen solchen Zufall ge ben?« Mondra, die bislang schweigend an seiner Seite zugehört hatte, schüttelte den Kopf. »Ich habe nie daran geglaubt, dass es eine zufällige Übereinstimmung sein könnte.« »Ich ebenso wenig«, meinte auch der Halbspur-Changeur. »Wahrscheinlich hatten eure Techniker den Hof schon lange zuvor in einen einigermaßen be triebsbereiten Zustand gebracht. Er stand sozusagen auf Stand-by und wur de in dem Moment aktiviert, als er per Polyport-Funk ITHAFORS Suchimpulse auffing.« »Suchimpulse?« »Die Frequenzfolger der Monarchie sandten diese Impulse aus, um nach den Polyport-Höfen der Milchstraße zu for
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schen. Sie aktivierten die Selbstrepara tur-Routinen des Hofes GALILEO. Mit all den bekannten Konsequenzen.« Der Überfall, dachte Rhodan. Die Hil ferufe. Unser Vordringen zu ITHAFOR. Die Kämpfe. Und letztlich der Besuch eines Halbspur-Changeurs, der uns auf diese Welt und in diesen unterirdischen Korridor geführt hat. »Ohne die Suchimpulse«, fuhr Motrifis fort, »hätte es wohl keine derart rasche Aktivierung des Verlorenen Hofs gege ben.« »Wie genau definierst du einen Verlo renen Hof?«, fragte Rhodan. »Schon als wir vor 80.000 Jahren auf das Netz stießen, waren viele Transport höfe beschädigt, teils in einem Maß, das sie völlig unbrauchbar werden ließ. Wie es zu diesen Zerstörungen kam, haben wir bis heute nicht herausgefunden. Ha ben die Erbauer die Höfe selbst demon tiert, als sie sie verließen? Ist es eine Fol ge von Vandalismus späterer Benutzer? Oder war ein Krieg dafür verantwort lich? Solche zerstörten Höfe bezeichnen die Soldaten der Frequenz-Monarchie als Verlorene Höfe, die sie aus ir gendeinem Grund mit besonderer Inten sität zu suchen scheinen.« Dies war in der Tat ein Rätsel – warum sollten für die Monarchie ausgerechnet die oft unbrauchbaren Höfe besonderen Wert besitzen? Was wusste sie, das den Halbspur-Changeuren unbekannt war? »Auf diesem Weg wurde ich auf euch aufmerksam«, sagte der Changeur. »Ges tern filterte ich aus dem Polyport-Funk eine Nachricht der Monarchie, die be sagte, dass in der Galaxis Milchstraße ein Verlorener Hof entdeckt wurde, der sich in der Hand eines Sternenvolkes na mens Terraner befinden sollte. So erfuhr ich auch von eurem Widerstand und da von, dass ihr GALILEO nicht nur gehal ten, sondern darüber hinaus ITHAFOR erobert habt.« So schließt sich der Kreis, dachte Rho dan. Deshalb kam Motrifis zu uns, weil sein Volk, wie die letzten Stunden trau rig bewiesen haben, keinesfalls selbst ge
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gen die Monarchie kämpfen kann. Weil sie aufgrund ihrer eigenen Friedensphi losophie niemals militärische Einrich tungen in den Polyport-Höfen geduldet und damit ungewollt den Einheiten der Monarchie zahllose leichte Opfer präsen tiert haben. In unserem Fall war das an ders. Einige Meter vor ihnen sah Rhodan im Zwielicht ein hellblaues, energetisches Flackern. Schutt lag auf dem aufgewor fenen Boden. Die Decke war eingebro chen, ein gezacktes Loch gähnte in der rechten Seitenwand. Vorsichtig passierten sie die einge stürzte Stelle. Erst als Rhodan unter dem Loch in der Decke des Korridors stand, sah er, dass dies ursprünglich ein Ein stieg gewesen war. Offenbar war das Ge bäude darüber eingestürzt und hatte für weitere Zerstörungen gesorgt. Über das obere Ende des Einstiegtunnels ragten zerborstene Bruchstücke. Nur wenig Ta geslicht schien durch den Einsturz in den Korridor; Staubwolken flimmerten in den Lichtstrahlen. »Wir werden bald die erste Kaverne erreichen«, kündigte der HalbspurChangeur an. »Hast du bis dahin noch eine letzte Frage?« Es gab tatsächlich eine Frage, die Rhodan wichtig war. Wichtiger als man ches andere Detail, das Motrifis aus eige nem Antrieb berichtet hatte. »Was weißt du über den Hof NEO-OLYMP, der in der Stardust-Galaxis liegt? Wir haben von dort einen Hilferuf empfangen.« »Einen von vielen.« »Einen, der uns besonders wichtig ist.« Rhodan spielte seinem Begleiter mithilfe der Aufzeichnungseinheit seines SE RUNS Stuart Lexas Botschaft aus der Stardust-Galaxis vor, indem er auf Au diowiedergabe schaltete. Die Nachricht aus dem Zufluchtsort berührte ihn im mer wieder, obwohl er sie inzwischen wohl hundertmal gehört hatte. Die Superintelligenz ES hatte in der zweiten Hälfte des Jahres 1346, vor in zwischen beinahe 117 Jahren, 804 Mil lionen Terraner über die Teletrans-Wei
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che in die Fernen Stätten des Stardust-Systems geführt. Seitdem war jeder Kontakt zu dieser ausgewanderten Menschheit abgebrochen, die sich ent schieden hatte, der Belagerung Terras durch die Terminale Kolonne TRAITOR auf diesem Weg zu entfliehen. »Ich muss dich enttäuschen«, sagte Motrifis. »Über diesen Hof ist mir nichts bekannt, auch wenn ich selbstverständ lich von seiner Existenz wusste. Man muss wohl davon ausgehen, dass er ge nau wie viele andere von den Darturka überrannt worden ist.« Diese erste Enttäuschung bewog Perry Rhodan noch nicht dazu aufzugeben. »Dann sag mir lediglich, wo er sich be findet. In welcher Galaxis? In welcher Entfernung?« »Ich weiß nichts darüber«, behauptete der Changeur. »Die Terraner haben von ihrem Hof NEO-OLYMP aus eigenstän dig Funkkontakt zum Netz aufgenom men. Nach meiner Erinnerung ist dies etwa fünfzig Jahre her. Damals wurde der Hof NEO-OLYMP als voll funktions fähig angezeigt, obwohl sich trotz Con
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trollern keine Transferkamin-Verbin dung herstellen ließ. Wir hatten zu jener Zeit versucht, den Terranern eine Anlei tung über Polyport-Funk zukommen zu lassen, wie sie ihren Hof in Betrieb neh men können. Leider scheiterte die Kon taktaufnahme.« »Wieso?« Darauf konnte Motrifis keine Antwort geben. »Wir wollten mehr über diesen fernen Hof erfahren, doch es kam nie ei ne Verbindung von unserer Seite aus zu stande. Ich kann es mir nicht erklären, eigentlich hätte es funktionieren müssen. Das Nächste, was wir von NEO-OLYMP hörten, war der Hilferuf, den du mir so eben vorgespielt hast.« Der Changeur stellte klar, dass es zu diesem Thema nichts mehr zu sagen gab. »Wir sollten uns nun wieder der Gegenwart zuwen den. Die Kaverne liegt direkt vor uns.« Er blieb stehen. Perry Rhodan stellte sich neben ihn. Der Korridor fand ein Ende. Direkt vor ihnen führte eine Trep pe hinab in eine gewaltige Halle. »Lasst uns gehen«, sagte Motrifis. »Wie ihr seht, werden wir erwartet.«
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10. Frequenzfolger Kharonis:
Die Fremden
Wind wehte und fing sich heulend ir gendwo rundum in den Ruinen der Häu ser, dass es klang wie ein verletztes Tier. Kharonis war in der zerstörten Stadt unterwegs. Seine Funkverbindung zu Ptoriss stand ständig offen. Jeden Au genblick rechnete er mit einer schlech ten Nachricht, damit, dass eine Raum flotte der Changeure eintraf und versuchte, den Verlorenen Hof zurück zuerobern. Aber nichts dergleichen geschah. Die einzigen schlechten Nachrichten überbrachten ihm ohne Unterlass die Darturka-Unterführer. Es gelang ihnen nicht, Gefangene zu machen. Die Dro hung, die der Oberste Konfis Gaschumon Ata ausgestoßen hatte, bewahrheitete sich. Wann immer die Darturka Überleben de stellten und zusammentrieben, ver flüchtigten sich diese ins Nichts. Hatte der Prozess einmal begonnen, war er nicht mehr zu stoppen. Schoss man auf sie, glitt der Strahl durch sie, ohne auf Widerstand zu treffen. Klonsoldaten, die versuchten, einen entschwindenden Halbspur-Changeur zu packen, berich teten, dass ihre Hände durch sie hin durchglitten wie durch zähen Sirup. Sie waren nur noch zu einem geringen Teil in diesem Kontinuum materiell anwe send. Doch damit gab sich Frequenzfolger Kharonis nicht zufrieden. Er war nicht bereit zu akzeptieren, dass er in dieser Hinsicht verloren hatte. Er trug drei Handstrahler bei sich, und alle waren auf Paralyse gestellt. Er würde einen Changeur ausschalten, ehe dieser auch nur bemerkte, dass sich ihm jemand nä herte. Zumindest falls er einen der Bewohner dieser Stadt fand. An vielen Plätzen la gen Leichen, doch nirgends schien mehr jemand am Leben zu sein. Schon seit
zwei Stunden durchsuchte der Frequenz folger vergeblich die Stadt. Die Fremden, von denen ihm Ptoriss berichtet hatte, kamen ihm in den Sinn, jene, die als Einzige Widerstand geleistet hatten. Vielleicht gelang es, sie aufzu spüren. Sie konnten nicht auf jene un aufhaltsame Weise fliehen. Und sie wuss ten etwas. Sonst wären sie nicht auf diesem Planeten, als Einzige, die nicht dem Volk der Halbspur-Changeure ange hörten. Die Plattform des Verlorenen Hofes war inzwischen mehr als ausreichend ge sichert. Die Darturka verwandelten sie in eine Festung, die sogar unter widrigs ten Umständen verteidigt werden konn te. Und auf den Hof kam es letztendlich an, darauf, dass die Changeure von ihm aus nie wieder Einfluss auf das PolyportNetz nehmen konnten. Kharonis war es gelungen, der Fre quenz-Monarchie einen unschätzbar wertvollen Dienst zu erweisen. Das Volk, das sich ungerechtfertigt zu den angeb lichen Herren des Netzes aufgeschwun gen hatte, war dank ihm aus dem Spiel genommen worden. Nun kam es nur noch darauf an, dass ... Seine Gedanken stockten. Er blieb stehen, als sei er von einem Augenblick auf den anderen versteinert. Dort! Eine Bewegung. Inmitten der verkohl ten Überreste der Bäume. Kharonis glitt in den Schatten des Ge bäudes. Zum ersten Mal, seit er diesen Planeten betreten hatte, hielt er es für nötig, seine Fähigkeit des Paraschlei chens anzuwenden. Wie jeder Frequenzfolger war er in der Lage, mit seiner Umgebung zu ver schmelzen, sodass die meisten Lebewe sen ihn nicht mehr wahrnahmen. Es kos tete ihn einige Mühe, diese paranormalen Kräfte zu aktivieren, aber es würde sich auszahlen. Die Gefangennahme eines HalbspurChangeurs stand dicht bevor. Kharonis würde ihn untersuchen, solange er para lysiert war und sich nicht verflüchtigen
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konnte. So musste ihm dieser Gefangene Antworten geben, auch wenn er kein einziges Wort redete. Womöglich fand Kharonis über ihn sogar einen Weg zu den
Fremden, die sich irgendwo in den Trüm-
mern der Stadt verkrochen.
Im Schutz seiner Parafähigkeit ging er
unsichtbar weiter und hob den Strahler.
ENDE
Die Pläne der Frequenz-Monarchie gedeihen schneller, als Perry Rhodan da gegen vorgehen kann. Um mehr über die Motive des Feindes und über die Mittel der Verbündeten herauszubekommen, muss der Terraner all seine Fin digkeit beweisen. Im PERRY RHODAN-Roman der nächsten Woche beschäftigt sich Christian Montillon mit weiteren Rätseln und Hintergründen, die die Frequenz-Monar chie und das Polyport-Netz betreffen. Band 2502 erscheint überall im Zeit schriftenhandel unter dem Titel: IM MUSEUMSRAUMER
PERRY RHODAN – Erbe des Universums – erscheint wöchentlich in der Pabel-Moewig Verlag KG, 76437 Rastatt. Internet:
www.vpm.de. Chefredaktion: Klaus N. Frick, Postfach 2352, 76413 Rastatt. Titelillustration: Dirk Schulz. Innenillustration:
Dirk Schulz/Horst Gotta. Druck: VPM Druck KG, 76437 Rastatt, www.vpm-druck.de. Vertrieb: VU Verlagsunion KG, 65396
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Kommentar Eine folgenreiche Entdeckung Lashu-12 ist mit seinen Komponenten a und b ein planetenloser Doppelstern aus einem Roten Riesen und einem Weißen Zwerg. Die Doppelsonne gehört zu insgesamt rund 200 dicht gedrängt stehenden Ster nen des offenen Sternhaufens Lashu, der sich 69 Lichtjahre oberhalb der galaktischen Hauptebene be findet – 28.223 Lichtjahre vom Solsystem und 14.762 Lichtjahre vom galaktischen Zentrum entfernt im Be reich der bis heute wenig erforschten Southside der Galaxis. Im Ortungsschatten-Orbit um Lashu-12a wurde am 29. Mai 1403 NGZ von Explorern der LFT ein »ziemliches Wrack« entdeckt, das von den Fach leuten schließlich als Transporthof der Halbspur-Chan geure identifiziert werden konnte, obwohl es stark von den seinerzeit an Bord von ZEUT-80 gesehenen Anla gen abwich. Das erste Exemplar eines solchen »Transporthofs« namens BLEU RIMBER wurde von Terranern bereits im März 1346 NGZ entdeckt, während ihrer Aktivi täten im Kugelsternhaufen Omega Centauri. Damals jedoch war es keine vollständige Station, sondern eine nachträglich eingebaute Einrichtung an Bord der le murischen Stoßimpuls-Generator-Plattform (PR 2397). ZEUT-80 hat einen zwölfeckigen Grundriss, durch misst 120 Kilometer, ist 40 Kilometer hoch und trägt riesige, zehn Kilometer hohe Pyramiden-Sechseckan lagen auf der Ober- und der Unterseite. Zusammen mit den übrigen Plattform-Aggregaten handelt es sich um die Kernanlagen eines uralten lemurischen Situations transmitters, der durch plattformgestützte Sonnen zapfung mit gewaltigen Mengen Energie versorgt werden kann. Die Plattform gehörte zu jenen »Werk zeugen« der Lemurer, um – unterstützt durch die Sonneningenieure – Sonnentransmitter und sonstige Kunstsysteme zu bauen ... Icho Tolot fand damals heraus, dass sich die Plattform zur Verfügung halten und jeglichem Kontakt aus dem Weg gehen sollte – ein Befehl, der von den rätsel haften Halbspur-Changeuren stammte und vor etwa 47.000 Jahren erteilt wurde, also rund 42.000 vor Christus. Die auch Herren der Halbspur genannten Wesen, die man 1346 NGZ kennenlernte, nutzten die Plattform als »Bahnhof« für Passagier- und Güterver kehr in einem von ihnen als Halbspur-Domäne um schriebenen Bereich von unbekannter Ausdehnung. Transporte durch »energetische Röhren« erfolgten ausschließlich für zivile Reisende, es gab allerdings in
kleinerem Maßstab auch Warencontainer – gewiss aber keinen Massenverkehr oder Transporte für mili tärische Zwecke. Laut den Aussagen der HalbspurChangeure ließ sich BLEU RIMBER mit den Mitteln der Changeur-Technik auf große Distanzen gut einpeilen und lokalisieren – wobei damals offenblieb, ob hier intergalaktische oder möglicherweise sogar interuni verselle Distanzen gemeint waren. Die Fremden waren kleine dunkelhäutige Humanoide von knapp einem Meter Größe. Allerdings waren es halbmaterielle Wesen, die permanent so aussahen, als würden sie von einer (unsichtbaren) Sonne ange strahlt – und zwar alle von der gleichen Seite, wie bei einer echten Sonne –, die aber nicht vorhanden war. Es hieß, sie würden in zwei Kontinua gleichzeitig exis tieren. Sie legten Wert auf ein anonymes, nicht behel ligtes Dasein in ihrer (nicht näher erklärten) HalbspurDomäne, abseits der Interessen und Kriege, die andernorts das Leben dominierten. Aus der Beleuchtung und den Schatten der Chan geure, hieß es weiter, könne problemlos der jeweilige Umlauf des imaginären Gestirns bestimmt werden. Weiterhin wurde ausgesagt, diese Sonne sei AnduryAphanur, ihr geheimnisvoller Heimatstern. Was zu der Frage führte, ob hier eine Verbindung zu den AnduryAhnen der Telomon bestand (PR 2385, 2386). Konnte es sein, dass mit den Halbspur-Changeuren eine Spur der Andury-Ahnen entdeckt wurde? Eine Antwort lie fert der vorliegende Roman und soll an dieser Stelle nicht vorweggenommen werden. Der mit einem PONTON-Tender ins Solsystem ge schaffte Transporthof, so stellten die Experten an hand dürftig übersetzter Splitter einer unbekannten Sprache fest, die überall an Bord aufgefunden wurden, wird eigentlich als Polyport-Hof bezeichnet. Er gehört zu einem ganzen System von Höfen, das Polyport-Netz genannt wird. Beides haben die Terraner als Aus drucksweise übernommen. Der GALILEO getaufte Polyport-Hof ist das Produkt einer völlig unbekannten, faszinierenden Hochtechnologie. Weite Teile der Sta tion sind auf der Basis von Ultra-Hightech konstruiert, die das Wissen und die Fähigkeiten terranischer Tech nologie (noch) weit übersteigt. Was die Terraner na türlich nicht bewogen hat, die Flinte ins Korn zu wer fen, sondern zu eher noch größeren Anstrengungen führte – wie Menschen eben sind ... Rainer Castor
Leserkontaktseite Liebe Perry Rhodan-Freunde, ein herzlicher Willkommensgruß geht von dieser Stel le an unsere Neuleser. Wir wünschen euch viel Spaß und Spannung mit PERRY RHODAN. Informationen und aktuelle News gibt es auf unserer Homepage www. perry-rhodan.net. Dort findet ihr auch den Zugang zum Galaktischen Forum.. Die größte Überraschung dieses Sommers ist zweifel los die Rückkehr der PERRY RHODAN-Planetenromane. Seit dem 26. Juni 2009 ist der erste Band im Handel erhältlich. Der Titel lautet »Agent für Terra«, Autor ist Hubert Haensel. Zum Inhalt:Anfang des 24. Jahrhunderts nach Christus – das Solare Imperium der Menschheit unter der Lei tung des Großadministrators Perry Rhodan gehört zu den wichtigsten Sternenreichen der Milchstraße. Doch zwischen den Sternen ringen mächtige Interessen gruppen um Einfluss. Die Galaktische Abwehr schickt ihre besten Männer in den Einsatz, um die Menschheit zu schützen. Zu diesen Agenten gehört Arthur Konstantin. Er wird auf den un bedeutenden Planeten Charisma geschickt, um dort gegen interstellare Drogenhändler vorzugehen. Recht schnell merkt der junge Agent, dass er in ein gefähr liches Wespennest gestochen hat. Die Nachdrucke der Planetenromane erscheinen als 160 Seiten starke Taschenhefte zum unglaublichen Preis von 3,90 Euro (Österreich: 4,50 Euro, Schweiz: 7,60 sfr). Weitere Bände sollen im Abstand von zwei Monaten folgen. Auf der hinteren Umschlagseite dieses Heftes könnt ihr sehen, wie das Taschenheft aussieht. Kommen wir zu dem Thema, das uns alle seit letzter Woche am brennendsten interessiert: das StardustSystem und die 804 Millionen dorthin ausgewanderten Menschen. Sie spielten schon im vergangenen Zyklus eine Rolle und waren Inhalt der Romane 2436 bis 2439 sowie der PERRY RHODAN-Extras 7 und 8. Das hat euch stark beschäftigt, wie man am Feedback auf der LKS und im Neuen Galaktischen Forum NGF sieht. Ein paar der Postings und E-Mails habe ich für euch zusammengestellt.
Stardust, bitte melden! Ellert Haben die Terraner eigentlich die Koordinaten des Star dust-Systems? Könnten sie diese vielleicht aus den bereits vorhandenen Daten errechnen? Und wie weit ist Stardust eigentlich von der Milchstraße entfernt? Erzkoenig Vielleicht gar nicht, nur in einer anderen Zeit. Negasphäre Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine mich zu erin nern, dass Lotho Keraete gesagt hat, dass es sich nicht um eine andere Zeit handelt. Allerdings kann es sich dabei auch um eine Lüge von ES handeln. Sakoda Mal ’ne Theorie ... ES hat während der Zeit seiner Ab wesenheit eine geniale Technik zur Mentalmaterialisa tion entwickelt. Ergo befindet sich das Stardust-Sys tem nirgendwo beziehungsweise in der Gedankenwelt von ES. Das erklärt auch, warum Perry zu den Fernen Stätten muss, um ES – und damit auch seine Schäfchen – vor der Vernichtung durch DAS DING zu schützen ... cedy1at Der Nuckel (Nukleus) oder ES haben in der Milchstraße bestimmt Hinweise auf Stardust hinterlassen. Ansons ten wäre die Suche nach Stardust ein Schuss ins Blaue. Trefferwahrscheinlichkeit gleich null. Tekin Ich denke, die Fernen Stätten sind in der Nähe von Sporteph-Algir zu finden, und ES hat die besonderen hyperphysikalischen Umstände des »Super-TryortanSchlunds«, der den Orellana-Sternhaufen zum GulverDuo »gebeamt« hat, ausgenutzt, um einen weiteren stabilen Schlund dort in der Nähe aufzubauen. Ich gehe davon aus, dass die Andury und ihre Trans porthöfe im nächsten Zyklus eine große Rolle spielen werden. Da diese ja »damals« nach Sporteph-Algir »ausgewandert« sind, würde es gut in den Plot pas sen. tare_scharm Mir ist in Band 2488 »Hinter dem Kernwall« eine Text stelle aufgefallen. Auf Seite 60 denkt Rhodan darüber
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nach, ob die Menschheit ihm auf neuen Wegen in die Zukunft weiter folgen wird. Er kommt zu dem Schluss, dass die Menschen »nicht mehr weitergehen woll ten«. Vielleicht lese ich zu viel hinein.Vielleicht ist das nur ein Anflug von Resignation vor der großen Konfrontation mit KOLTOROC. Ich spekuliere mal: Es ist ein Hinweis auf die Zukunft der Menschheit nach Band 2499. Es klingt so, als ob sie ihm bald (oder wieder einmal) die Gefolgschaft ver weigert. Macht sich Rhodan daher mit der JULES VERNE auf die Suche nach dem Stardust-System? Bietet die Mensch heit keine Perspektive mehr für ihn? Ich weiß, es wäre nicht die erste Sinnkrise.Andererseits ist eine Mensch heit, bei der alles paletti ist, ja auch langweilig. Es mag einen Grund geben, warum ES so auffällig auf die Stardust-Menschheit setzt. Es muss nicht Eigennutz sein. Schon x-mal war die Menschheit in großer Gefahr – nie hat ES einen derartigen Ausweg angeboten. Ich frage mich, ob ab 2500 nicht eine Schwerpunktver lagerung einsetzt. Es dürfte rund 10 Hefte her sein, da stand Perry Rhodan gedankenverloren herum, und je mand (Bully war es wohl) fragte ihn, ob er eine Vision habe. Rhodan bejahte. Ich glaube, die Szene spielte sich bei der Rückkehr der JULES VERNE nach Terra ab. Rätsel über Rätsel. Für mich spricht vieles für große Veränderungen in der Milchstraße. Mentor Denkbar wäre ein anderer Ansatz: Das Neue Galakti kum stellt Rhodan die Aufgabe, Informationen über Stardust zu beschaffen. Als Gegenleistung wollen die Menschen ihm wieder folgen. Denn natürlich wollen die Terra-Menschen wissen, wie es den Ausgewanderten geht und ob die Fernen Stätten wirklich so ein Paradies sind, wie ES das verheißen hat. Somit hat Perry einen Grund aufzubrechen. Lordy Mit der Kosmischen Hanse hatten wir schon mal einen Aufbruch in die »unendlichen Weiten«. Alles Spätere war eher ein Rückschritt in der Erforschung des Univer sums, vor allem jetzt nach der Hyperimpedanz. Die Frage ist also, ob die Handlungsebene um die Mensch
heit – und da ist jetzt die Stardust-Bevölkerung mal außen vor gelassen – eher in der Milchstraße liegt, oder ob es doch wieder einen Aufbruch geben wird, wie er ungefähr mit dem Beginn des Bardioc-Zyklus statt fand. Falko2 Mich beschäftigt vor allem der Titel des neuen Zyklus. Bislang konnte ich mich nicht mit dem Namen »Star dust« anfreunden. Der hat irgendwie so gar nichts. Ich fände »Die Fernen Stätten« besser. Es klingt mehr nach Sense of Wonder, so wie »Die Kosmischen Burgen«. Kemoauc Ob der Zyklus nun »Stardust« oder »Die Fernen Stätten« heißt, ist meines Erachtens Jacke wie Hose. Ich ver mute mal, dass man den Namen gewählt hat, um einen gewissen Bogen zu den Anfängen der Serie zu schla gen. Von daher finde ich die Namenswahl absolut ge lungen. Nun hoffe ich nur noch, dass auch die Qualität der Handlung ähnlich gut sein wird, wie es die ersten vier Stardust-Hefte in den 2430ern angedeutet haben. Mentor Stardust wäre eine Möglichkeit, einen Neuanfang zu wagen. Stardust könnte die erste Galaxie von vielen im Universum sein, die eine Art blinder Fleck ist, ein Sektor, in dem keine Kosmokraten und keine Chaotarchen Zu griff haben, wo das Leben seine ganz normale Entwick lung nimmt, meinetwegen mit seinen Mentoren, den Superintelligenzen. Da würde endlich das Massenster ben der Völker aufhören. Frank Chmorl Pamo Befriedigend wäre das nicht im Mindesten, wenn nur in den Fernen Stätten dem Metzeln und Meucheln an Trilliarden Intelligenzen und anderen Lebewesen Ein halt geboten würde. Ünver Hornung,
[email protected] Ich hatte ein bisschen Sorge mit einem Stardust-Sys tem, in dem nur Whistler & Co. den Ton angeben. Wenn jedoch unsere Protagonisten dort auftauchen, sehe ich gute Möglichkeiten. Dirk Schierbaum,
[email protected] Zurzeit habe ich das aktuelle PR-Extra in der Hand und bin begeistert. Man lernt wieder etwas zum Stardust
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System. Erst waren es die Rokinger und dann die In dochimi.Toll! Besonders die Hauptfiguren Whistler und Echnaton gefallen mir. Echnaton erinnert mich an Adams und Whistler an Perry. Ich denke, die beiden haben ein Anrecht auf die Zellak tivatoren. Andreas Schindel,
[email protected] Zum Thema Stardust-System: Da beim Durchgang durch die Teletrans-Weiche doch einige Strangeness effekte aufgetreten sind, vermute ich, dass das Star dust-System mehrere Milliarden Lichtjahre von Terra entfernt ist.Wenn man realistisch annimmt (ausgehend von 250 Millionen + Überlichtfaktor), dass der Trafit ron-Antrieb auf der Langstrecke eine Durchschnittsge schwindigkeit (inklusive Orientierungsstopps, War tungspausen etc.) von zirka 280 bis 350 Millionen schaffen könnte, dann könnte es zwei bis drei Jahr zehnte dauern, bis die JULES VERNE im Stardust-Sys tem eingetroffen ist. Einen interessanten Hinweis habe ich in diesem Zu sammenhang. Frank Borsch, der den Jubiläumsband 2500 geschrieben hat, gewährt in seinem Internet-Ta gebuch Einblicke in seinen Alltag als Science-FictionAutor, weist auf seine Romane hin, erzählt von seinen schriftstellerischen Arbeiten und meldet sich zu all den Dingen zu Wort, die ihn bewegen. Auf www.blosse-worte.de berichtet er auch über den Roman »Das Stardust-Attentat«, seinen aktuellen Bei trag für PERRY RHODAN-Extra. Und er schwärmt von den neu gewonnenen Freiheiten, die ihm das StardustSystem als Autor gestattet, und vom Pioniergeist seiner Protagonisten, die sich in einer völlig neuen Welt zu rechtfinden müssen ... Erinnerungen an 2500 Wochen von Arndt Ellmer Als 1961 der Band 1 der PERRY RHODAN-Serie er schien, drückte ich eine Bank in der ersten Klasse der örtlichen Grundschule. Ein Jahr später – längst war ich zum Fan der Comic-Großbände »Nick der Weltraum fahrer« sowie der Piccolos über diesen Helden gewor den – hielt ich beim Tauschen mein erstes PERRY
RHODAN-Heft in Händen. Da im Innern aber fast keine Bilder waren, dafür aber umso mehr Text, wanderte das Heft schnell weiter. Ab vierzehn begleitete ich einen Schulkameraden jeden Freitag zum Kiosk, wo er PR in der 1. und 2. Auf lage sowie ATLAN 1. Auflage erwarb. Nach dem Wo chenende kamen die Hefte dann zu mir, und ich las sie mit glühenden Wangen. Ich erinnere mich an Romane mit den Meistern der Insel, der Zeitpolizei, den Cappins und dem Schwarm. Dieses kostenfreie Partizipieren dauerte bis ein Jahr vor dem Abitur. Dann stellten wir unseren Lesekonsum ein, um für die Prüfungen zu büffeln. Meine Pause dauerte eineinhalb Jahre. Im Herbst nach dem Abi erwarb ich mehrere Stapel aus einem Regal bei Hertie, das waren die Romane ab Nummer 650. Und das Fieber packte mich wieder. Von da an las und sammelte ich in insgesamt vier Auf lagen und komplettierte in sechs, sieben Jahren meine Sammlung. Und irgendwann tauchten meine ersten Storys auf den Leserseiten von RHODAN IV und ATLAN II auf. In all den Jahren bis dahin hat die Menschheit Teile der Milchstraßen-Westside besiedelt, ist sie nach Andro meda, M 87 und Gruelfin vorgestoßen, kämpfte sie gegen die Verdummung, die PAD-Seuche und schließ lich gegen die globale Bedrohung durch das Konzil der Sieben. Terra floh in den Mahlstrom der Sterne und bewegte sich nach dem Sturz durch den Schlund zum ersten Mal seit Jahrmillionen um eine fremde Sonne. Rhodan und seine Gefährten begegneten den ersten Superintelligenzen und den Sieben Mächtigen in ihren Kosmischen Burgen. Und sie erfuhren wichtige Zusammenhänge und Ge heimnisse unseres Universums. Von mir ahnten sie zu diesem Zeitpunkt wohl noch nichts. Meine ersten Schreibversuche unternahm ich mit 17. Damals versuchte ich mich an einer Story. Sie blieb Fragment, wurde nie vollendet. Mein Schulkamerad meinte mit einem Augenzwinkern: »Wenn du so wei termachst, wirst du noch PERRY RHODAN-Autor.« Er hat es nicht mehr erfahren. Ein bösartiges Schicksal hat es so gewollt, dass er Monate vor dem Erscheinen meines ersten Romans mit dem Motorrad tödlich ver unglückte. Den ersten Weltcon erlebte ich 1980 im Mannheimer
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»Rosengarten«. Dort begegnete ich zum ersten Mal dem unvergessenen William Voltz. Damals ahnte ich nicht, dass ich drei Jahre später als Autor zu PR stoßen würde. Inzwischen sind mehr als 25 Jahre daraus ge worden. Im Zyklus »Die Endlose Armada« schrieb ich mit Band 1155 »Der Erwecker« meinen ersten Roman für die Serie. Kurz danach erlebten die Völker der Galaxis im Zusammenhang mit der Aktivierung der Chronofos silien die erste Begegnung mit den Mächten des Chaos, den Dritten Weg im Reich ESTARTU und bekamen mit Hangay eine neue Galaxis in die Lokale Gruppe. Rhodan geriet ins Universum Tarkan, befuhr im Cantaro-Zyklus zum ersten Mal Schwarze Sternenstraßen, verlor etli che Gefährten, die Aktivatoren trugen, und musste schließlich zusammen mit den übrigen Aktivatorträgern sein Ei bei ES abliefern. Nach dem Linguidenzyklus lernte Rhodan die andere Seite des Moebiusbands ebenso kennen wie Ennox, Arcoana und Ayindi.Ab Band 1800 strebte die Handlung im Thoregon-Großzyklus dem nächsten Jubiläum zu: Band 2000. Seither sind weitere 10 Jahre vergangen. Perry Rhodan, seine Terraner und die Galaktiker lernen das Universum immer besser kennen, und die Menschheit unternimmt erste Schritte, sich darin auszubreiten. Früher stand vorn auf dem Heftumschlag zu lesen: »Perry Rhodan, der Erbe des Universums«. Wenn Rho dan und seine Menschheit dieses Universum eines Tages erben sollen, dann bedeutet das auch, dass sie es bewohnen und sich darin auskennen. Dafür arbeiten wir auch in Zukunft.
Ausblicke In der 5. Auflage startet in der kommenden Woche der Cantaro-Zyklus, das sind die Romane 1400 bis 1499. Perry Rhodan kehrt zur Milchstraße zurück und findet sie hinter einem undurchdringlichen Wall. In unregel mäßigen Abständen werde ich hier ein wenig aus dem Nähkästchen der damaligen Zeit plaudern. Stammtisch-Info Am 31. Juli findet in der »Porzer Pinte« ab 11.30 Uhr ein Stammtischtreffen statt. Informationen bei Wolf gang Spengler, Tel.: 0 22 03 / 5 43 32, Mail: arn
[email protected]. Der PERRY RHODAN-Stammtisch Köln-Porz sucht noch Mitglieder. Zu den Sternen Euer Arndt Ellmer VPM Postfach 2352 76413 Rastatt
[email protected]
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Glossar Andury Bis etwa 105.000 v. Chr. stellten die in der estartischen Ga laxis Siom Som beheimateten humanoiden Andury ein wich tiges Hilfsvolk der Superintelligenz ESTARTU dar. Etwa um diese Zeit baten sie aus deren Dienst ausscheiden zu dürfen, u. a. weil sie sich davon erschöpft und ausgelaugt fühlten. Nachdem ESTARTU ihnen diese Bitte gewährte, begaben sie sich in eine weit entfernte Zone des Kosmos und installierten in einem letzten technischen Großakt im Orellana-Sternhau fen im Halo der Galaxis Sporteph-Algir die Diskreten Domä nen und das Mesoport-Netz, um ihren »Kindern«, den Telo mon, jenes »kleine Glück« zu gönnen, das ihnen selbst bislang verwehrt war. Danach verschwanden die Andury mit unbekanntem Ziel aus Sporteph-Algir. Darturka Bei den Darturka handelt es sich um äußerst kampfkräftige, widerstandsfähige In-vitro-Züchtungen der Frequenz-Mon archie. Sie bilden das Fußvolk der Monarchie-Truppen und sind bereits von ihrer Zucht her extrem opferbereit angelegt, wobei sie jedem Vertreter der Frequenz-Monarchie gegen über vollkommen gehorsam sind. Untereinander ist das Verhalten der Darturka jedoch äußerst ruppig. Fast alle Darturka lieben Musik und umgeben sich (außer zu Einsatzzeiten) damit. Optisch erinnern die drei Meter großen und eine Tonne schweren Darturka im Schädelbereich entfernt an irdische Muränen. Ihre vorspringenden Schnauzen haben Hunderte streichholzdünne Zähne, deren Stabilität jedoch nicht an die von Raubtieren, sondern eher an fragile Kämme erinnert. Die Augen der Darturka liegen tief in den Höhlen, ihre klobigen Fäuste eignen sich definitiv mehr für Prügeleien als für Mi krotechnik. Für gewöhnlich laufen die Krieger auf ihren beiden Beinen, aber um zu sprinten, lassen sie sich auch auf ihre beiden Arme herab und können in dieser vierbeinigen Fortbewe gung beträchtlich an Tempo zulegen. Die Panzerhaut der Darturka ist normalerweise fleckig braun und von oben nach unten mit rillenartigen, millimeterfeinen Strukturen versehen. Unter Lebensgefahr-Stress entfaltet sie einen Chamäleon-Effekt: Binnen einer halben Sekunde ist jede Schattierung (außer Schwarz, das lediglich grau wird) darstellbar, abhängig von der sinnlichen Wahrnehmung der Darturka von ihrer Umgebung. Dieser Mechanismus läuft absolut unbewusst ab und kann nicht gezielt beeinflusst werden. Die Kombinationen und Schutzanzüge der Darturka sind perlend violett gemustert; doch können die Anzüge so ein gestellt werden, dass sich deren Farbe perfekt an die Kör perfärbung anpasst. Anders als im Fall der eigenen Körper farbe können Darturka die Farbe ihrer Kombinationen oder Schutzanzüge im Einsatz frei wählen, falls ihnen dies gera tener erscheint als die Bindung an die eigene Körperfarbe.
Darturka sind parataub – d. h., man kann ihre Gedanken nicht lesen, kann sie telekinetisch nicht fassen etc. Anderer seits hat kein Darturka je selbst Paragaben entwickelt. Frequenz-Monarchie; Sprache Innerhalb der Frequenz-Monarchie wird das Handelsidiom als Verkehrssprache benutzt. Frequenz-Monarchie; Rangsystem Innerhalb der Darturka kann man deren Rang an der Klei dung erkennen: Je dunkler das Violett ihrer Einsatzanzüge wird, desto mächtiger ist der Träger. Die unterste Offiziers stufe, mit blassem Violett, ist der Vaofor-Drei, über ihm steht der einem Hauptmann vergleichbare Vaofor-Zwei und über ihnen der in fast schwarzes Violett gewandete Vaofor-Eins, der Kommandantenrang bedeutet. Frequenz-Monarchie; Truppenstärke Die Darturka-Truppen der Frequenz-Monarchie werden in Vao-Regimenter eingeteilt, wobei jedes Regiment 850 Zuchtsoldaten umfasst. Halbspur-Changeure; erste Begegnung Im März 1346 NGZ begegnen Perry Rhodan, Icho Tolot und Gucky einigen Halbspur-Changeuren auf der lemurischen Station ZEUT-80, die dort seit 47.000 Jahren den Transport hof BLEU RIMER betreiben. Es kommt zum friedlichen Kon takt, bei dem die Terraner allerdings als »Rechtsnachfolger« der Lemurer die Station zurückverlangen. Die HalbspurChangeure beugen sich dieser Forderung klaglos und räu men den Polyport-Hof innerhalb von zwei Tagen, woraufhin sie spurlos verschwinden. Halbspur-Changeure Halbspur-Changeure (auch: »Herren der Halbspur«) sind kleine dunkelhäutige Humanoide von knapp einem Meter Größe. Von den zahllosen anderen Völkern ähnlichen Ausse hens unterscheidet sie der Umstand, dass es sich offenbar um halbmaterielle Wesen handelt, die permanent so ausse hen, als würden sie von einer unsichtbaren Sonne ange strahlt – und zwar alle von der gleichen Seite wie bei einer echten Sonne; diese Sonne ist aber nicht vorhanden! Die Changeure legen Wert auf ein anonymes, nicht behel ligtes Dasein, abseits der Interessen und Kriege, die an dernorts das Leben dominieren. Ihr Heimatsystem sei an geblich das der Sonne Andury-Aphanur. Bei ihrer ersten Begegnung bemerkte Rhodan bereits eine Art »mentale Ausstrahlung« um die Halbspur-Changeure, die nicht feindselig, nicht unsympathisch, sondern undefinierbar war.