Die dunklen Seiten ...
des Alltags
Political correctness eine hübsche Bezeichnung für all die Sachen, die unglaublich ...
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Die dunklen Seiten ...
des Alltags
Political correctness eine hübsche Bezeichnung für all die Sachen, die unglaublich Spaß machen, es aber eigentlich nicht sollen. Witze, die mit den Worten beginnen „Kommt eine Blondine zum Arzt..." - unkorrekt. Wer nach der Pointe auch noch bis zum Einnässen ablacht - noch viel unkorrekter. Bemerkungen über Aussehen und Größe sekundärer Geschlechtsorgane anderer unkorrekt. Bemerkungen über Aussehen und Größe der eigenen - oh oh oh.
Vermeiden Sie Worte, deren Bedeutung doppelt belegt ist, wie beispielsweise Gummi, Laster, Autonummer oder Kohl. Umgehen Sie prinzipiell alle Themen, die anzüglich sein könnten, wie Sex, Religion, Politik, Steuern, Fußball oder Geschichten über die Mutter ihres Ehepartners. Trinken Sie kein Bier oder gar Alkohol ! Rauchen Sie nicht ! Verzichten Sie auf Fleisch - auf dem Teller ebenso, wie unter der Bett-decke ! Gehen Sie nicht über Los, ziehen Sie keine 5000 Mark ein !
Kurzum: political correctness bietet auch dem Unbedarften jederzeit und an jedem Ort ein Füllhorn an Gelegenheiten, sich zum Deppen zu machen. Blamieren geht jetzt ohne großen Aufwand und langes Nachdenken. Beispielsweise, wenn sie einen/eine Unbekannte(n) fragen: „Darf ich Sie zu einem Drink einladen ?" Im Sinne der political correctness impliziert die Fragestellung etwa folgendes: „Sollen wir uns nicht sofort alle Kleider vom Leib reißen, uns auf den Boden wälzen, um all das zu tun, vor dem unsere Eltern und Lebensabschnittsgefährten nie etwas erfahren dürfen ?"
Bleiben Sie politisch korrekt und sterben vor Langeweile.
Bestellen sie auch niemals ein Zigeunerschnitzel. Sagen Sie statt dessen Sinti- oder Romabratling. Von Negerküssen soll hier gar nicht die die Rede sein.
Political correctness ist eine Erfindung von Leuten, die ihre Unfähigkeit zu Spontanität, Gefühl und Meinung zur Tugend machen. Sie ist etwas für Menschen, die in Taucherausrüstung aufs Matterhorn klettern, damit sie beim Aufstieg nicht von einer Sintflut überrascht werden können. Geradeaus ist allemal besser, als über Eck korrekt. Wenn Ihnen ein Tischnachbar permanent übers Essen rülpst sagen Sie nicht distinguiert: „Noch einmal, und in Deiner Spülmaschine stapeln sich ab morgen die Schnabeltassen." Damit's mit dem Nachbarn oder der Nachbarin endlich klappt, reden Sie mit ihm/ihr nicht über saubere Gläser, sondern über die unterschiedlichen Arten, auf die man sie schmutzig machen kann. Kurzum: Bleiben Sie unkorrekt. Ist zwar stressiger, macht aber viel mehr Spaß.
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Wissen Sie, warum die Mode bei Frauen viel größere Bedeutung erlangte als bei Männern? Ich sag es Ihnen: Ygigp" fgt" Pcfgnp" kp Jgttgp/Qdgtjgofgp. Sie verleiden dem sich rasierenden Teil der Menschheit nämlich den Spaß am Ankleiden. Die Verkaufsverpackung eines normalen Herren-Oberhemdes besteht aus einem Preisschild, einem Anhänger, auf dem Größe und Material vermerkt sind, einer Schutzfolie, einem äußeren Kragenschutz aus Plastik, einem inneren Kragenschutz aus Pappe und einem Bogen Karton, mit dem der Stoff in Form gehalten wird. Auf jenem Karton ist das Hemd mit etwa 20 Stecknadeln fixiert. Von diesen entdeckt der künftige Träger des Bekleidungsstückes ungefähr 18 bis 19, entfernt sie unter Verlust mehrerer Fingernägel und Hinterlassung einiger Einrißlöcher im neuen Hemd. Eine bis zwei Nadeln allerdings bleiben stets unentdeckt. Wenigstens bis zu dem Augen-blick, in dem sich der Frischeingekleidete bei der Geschäftsbesprechung oder in der Oper in die Rückenlehne seiner Sitzgelegenheit fallen läßt. Eine durchschnittliche Hemdnadel dringt etwa zwei Zentimeter tief unter die Rückenhaut des Trottels, der sie beim Auspacken übersehen hat. Sie sind ausgesprochene Wachmacher und ein nie versiegender Quell der Heiterkeitkeit - für alle Anwesenden mit Ausnahme desjenigen, dessen Schmerznerven gerade
vom spitzen Stahl auf Maximalleistung gebracht werden. Akupunktur ohne Ansagen ist halt nicht jedermanns Sache, außerdem hinterläßt sie häßliche kleine Blutflecken und Spuren von Rost im neuen Zwirn. Den kann man, da verschmutzt, gleich wegwerfen (sobald die Rückenverletzung eine Bewegung wieder zuläßt). Ein neues Hemd muß her und damit beginnt der Leidensweg von vorn. Entweder hat die Textilindustrie die Stecknadeln im Hemd befestigt, um ihre Absatzmöglichkeiten auf ewige Zeit zu sichern, oder aber der Erfinder des Hemdes war Fakir. Es macht nicht sehr viel Spaß, als Mann mit dem Wissen herumzulaufen, jede Sekunde vom Outfit angestochen werden zu können. Oder gar in der Befürchtung zu leben, in der Nähe eines Magneten plötzlich entblößt dazustehen, weil's die vergessenen Metallteile im Hemd seitwärts drängt. Damit also ist das Geheimnis gelüftet, warum Männer unmodischer als Frauen sind und außerdem lieber T-Shirts und Pullover trägen. Die Phobie gegenüber Nadeln ist bei ihnen soweit ausgeprägt, daß selbst koordinativ anspruchsvolle Aufgaben wie das Annähen von Knöpfen oder das Stopfen von Löchern in Socken weitestgehend eine weibliche Domäne wurden. Das allerdings empfindet man(n) anders als neue Hemden - als ganz angenehm.
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Gute Vorsätze für das neue Jahr haben die Halbwertszeit einer Eintagsfliege. Nichts ist schneller verderblich als der gute Wille. Versuchen Sie erst gar nicht abzunehmen, das Rauchen aufzuhören oder morgens dem Nachbarn nicht mehr die Zeitung aus dem Briefkasten zu stehlen - warum sollte man auch auf die wenigen Dinge des Lebens verzichten, die wirklich Spaß machen ? Wenn Sie wirklich etwas an Ihrem Dasein ändern möchten, unternehmen Sie etwas Sinnvolles. Das bedeutet nicht, daß Sie sich gleich vor den nächsten Zug werfen sollen und vorher an den Gleisen ein Schild mit der Aufschrift postieren: „Unser Dorf soll schöner werden!" Nein, beginnen Sie mit den kleinen Dingen des Alltags, den Sie für Ihre Mitmenschen erheblich erfreulicher gestalten können, wenn Sie beispielsweise die Tischmanieren beim Frühstück ändern. Konkret: Essen Sie keine weich gekochten Eier mehr. Es ist eine unglaubliche Sauerei, wenn der gelbdurchwirkte Glibber an Eierbechern und Tischplatten festpappt und selbst die Spülmaschine keine Chance mehr sieht, daß es mit dem Nachbarn klappt. Das Problem ist nicht das halbrohe Ei an sich. Es sind unsere vorsintflutlichen Öffnungsmethoden, mit denen wir dem Hühnernachwuchs ein leicht gesalzenes Ende bereiten. Da gibt es beispielsweise die guiolotineske Variante: der kalte Stahl des Messers beendet jäh jegliches Leben der tierischen Keimzelle. Daß aus dem Hühnerprodukt je einmal ein flugfähiges Lebewesen hätte werden können, erahnt meist nur der Gegenüber des Eiessers, wenn der Dotter, vom Schwung des Stahls getrieben, den Luftweg zur Oberbekleidung einschlägt.
Bekannt durch Christoph Kolumbus, der als erster Mensch nachwies, daß das Ei im Prinzip rund ist, wurde eine andere Methode der Schalenentfernung: mit dem Ei auf die Tischkante oder gegen die Stirn schlagen und abpellen (das Ei, nicht die Stirn). Klingt vernünftig, wenn das Nahrungsmittel zuvor mindestens fünf Minuten in sprudelndem Wasser verbrachte. Wehe aber, es war weniger ! Dann vermengen sich tropfenweise und nacheinander Wasser, Eiweiß und Dotter zum unansehnlich klebrigen Dekor der Frühstückstafel. Im Laufe der Evolution haben wir gelernt, Austern zu öffnen, Bratwurst auf Brötchen zu essen, daß das Fett nicht auf das Hemd spritzt, oder die Bierflaschen mit den Zähnen zu öffnen. Warum erfindet niemand eine praktikable, gesellschaftsfähige Methode, ein Drei-Minuten-Ei im kultivierten Rahmen dem Verzehr zuzuführen ? Was treibt uns zur morgendlichen Barbarei mit dem Ei ? Sind wir alle Cholesterin-Junkies - die erste Droge schon zum Kaffee ? Bevor diese Fragen nicht beantwortet sind, gehören Eier mit einer Kochzeit unterhalb der Fünf-Minuten-Grenze verboten. Oder besser noch: Das ganze Frühstück wird unter Strafe gestellt. Weil wir mit leerem Magen aber nicht arbeiten können, müssen wir erst zum Mittagessen aufstehen, leiden dabei aber an Cholesterinmangel, so daß wir krankgeschrieben sind und doch nicht arbeiten müssen. So gesehen, sind Weicheier doch zu etwas nütze.
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Natürlich weiß ich, daß es ihn nicht gibt, auch wenn ich ihn sehe. Selbstredend ist mir klar, daß kein klar denkender Mensch mehr mit einem Vollbart, wie man ihn jetzt bei der Parteigründungsversammlung der GRÜNEN zu sehen bekam, herumläuft. Ich weiß, daß rote Herrenmäntel mega-out sind und das der Einsatz von Schlaginstrumenten als Argumentationsmittel gegenüber Minderjährigen rechtlich und moralisch zumindest sehr bedenklich erscheint. Warum bekomme ich trotzdem Schuldkomplexe, wenn ich Nikoläuse oder Weihnachtsmänner sehe ? Eigentlich müßte es umgekehrt sein, denn eigendlich bin nicht ich der alternde Stiefelund Strumpffetischist, der nachts um die Häuser streift, einen antiquierten Zwirn trägt und zum Zwecke der Fortbewegung ebenso flinke wie schmackhafte Nutztiere aus dem Norden Europas zweckentfremdet. Trotzdem habe ich noch nie einen Nikolaus getroffen, der sich deswegen schämt oder gar Angst vor mir hätte - immer nur umgekehrt. Was auch immer in meiner Kindheit schief gelaufen sein mag - ich leide angesichts der Männer in ihrer kirschfarbenen Dienstkleidung. Die Zeit scheint still zu stehen wie ein Rennwagen von Ferrari, die Verfehlungen eines ganzen Jahres ziehen an meinem geistigen Auge vorbei. Ja, ich habe der Politesse hinterrücks die Zunge herausgestreckt, mehr Pommes als Gemüse gesessen, Color-
Waschmittel für meine weißen Hemden benutzt, der Freundin erzählt, ich hätte noch im Büro zu tun und Bayern München in der Bundesliga heimlich die Daumen gedrückt. Na und ? Muß ich mich deswegen vor maskierten Männern mit Mützen fürchten ? Ich muß nicht - aber ich mach's trotzdem. Ich meine, vielleicht ist ja mal der echte Nikolaus oder Weihnachtsmann dabei. Es soll ja auch Yetis geben, die an Reinhold Messner glauben, ohne ihn je gesehen zu haben. Die Furcht vor dem Heiligen Mann ist eine Urangst. Vergleichbar mit dem Gefühl, in einen dunklen Keller zu gehen oder vor der verschlossenen Tür der Stammkneipe zu stehen. Sie löst einen Reflex aus: kaum siehst du ältere Männer mit weißen Barten, schon macht das schlechte Gewissen Überstunden. Dabei ist es völlig egal, ob man nun als Professor Atomphysik lehrt oder nur soviel Hirn besitzt wie ein Spatz Knorpel unter der Kniescheibe Nikolaus schockt jede(n). Schön ist, daß das Engagement des männlichen Pendants zum Rotkäppchen zeitlich auf die Vorweihnachtszeit beschränkt ist. So haben die moralischen Beklemmungen den größten Teil des Jahres Ruhe. Bis der Osterhase kommt, vergehen noch vier Monate, außerdem machen mir Möhrenkonsumenten kein schlechtes Gewissen.
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Sie glauben Kastanie ist das, was man zu Weihnachten in eine Gans stopft ? Sie sind der Meinung, Aubergine sei zum Verzehr bestimmt oder ein arabisches Zauberwort ? Bei Mahagoni erinnern Sie sich an Opas Eßzimmertisch ?
Sie denken etwas Falsches ! In Realität werden Kastanie, Avocado und Mahagoni auf dem Kopf getragen. Das klingt zwar so, als gäbe es reichlich Arbeit für die Psychiatrie, ist in Wirklichkeit aber Mode. Wenn mir jemand sagte „Hey, Du hast ja Rost auf dem Kopf, liefe er in Gefahr, daß seine Zahnbürste am nächsten Morgen ins Leere greift. Wenn schon blond, schwarz, braun, brünett und grau zur Klassifizierung des Haupthaares nicht mehr ausreichen, warum dann ausgerechnet so abstrakte Namen für Farben ? Wenn mir jemand „Cognac" sagt, denke ich an Dröhnung und nicht an Tönung. Wie soll ich noch das ansehnliche Haupt meiner Lebensabschnittspartnerin von einer Flasche Weinbrand unterscheiden ? Stellen Sie sich vor, Udo Jürgens (die ganz alten Herren und die ganz jungen Mädchen werden sich an ihn erinnern) hätte weiland beim Grand prix de la chansons „17 Jahr, Auberginen-Haar" gesungen ? Dagegen wirkt „Piep, piep, piep, ich hab 'Euch lieb" ja geradezu seriös-traurig. Natürlich war früher sowieso alles besser, aber die Haarfarben im Besonderen. Jede Täterbeschreibung für ein polizeiliches
Fahndungsfoto ließ sich damals noch halbwegs durch die exakte Angabe der natürlichen Kopfbedeckung präzisieren. Und heute: „Ja, Herr Kommissar, das Aussehen der Verbrecherin, die mir in betrügerischer Absicht ein Darmrelaxans anstelle von Viagra verkaufte, kann ich schildern. Ihre Haare waren Pflaume mit einem Schuß Henna und seitlicher Azurro-Applikation." Was waren das Zeiten, als es zur Änderung der Kopfschmucks lediglich Wasserstoffsuperoxyd gab: Ein Schuß ins Shampoo bleichte jeden Roberto Blanco zum Heino. Hätte der übrigens nicht von der „schwarzen" sondern von der „Cognac-Barbara" gesungen wäre diese Frau in ein völlig falsches (Kneipen-) Licht gerückt worden. Sicher: den Designern neuer Färbungen und Tönungen eroffnen sich für die Nomenklatur ihrer Kreationen unglaubliche Spektren. Irgendwann wird es als Trendfrisuren auch Nuancen wie Jägermeister, Bacardi Cola, Doppelkorn oder dunkles Hefeweizen geben und jeder Friseur darf erst dann an die Schere, wenn er erfolgreich eine Ausbildung zum Anstreicher und Trinker hinter sich gebracht hat. Aussichten bei dem jedem Kamm doch die Zähne ausfallen. Gesegnet seinen die Kahlköpfigen, die sich über dererlei Unbill nicht die Haare raufen müssen... und können. Sagt man eigentlich noch Glatze oder heißt das jetzt „transparent" ?