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N. T. M. 14 (2006) 77–92 0036-6978/06/020077–16 DOI 10.1007/s00048-006-0236-8 © 2006 Birkhäuser Verlag, Basel
„… die Biologie als die Krone oder der höchste Strebepunct aller Wissenschaften.“ Zur Rezeption des Biologiebegriffs in der romantischen Naturforschung (Lorenz Oken, Ernst Bartels, Carl Gustav Carus) Kai Torsten Kanz
During the first decade after the publication of the first volume of Treviranus’ fundamental work Biologie oder Philosophie der lebenden Natur (6 vols, 1802–1822), three German naturalists and physicians – Oken, Bartels, and Carus, all inspired by the natural philosophy of Schelling –, used the term “biology” in the titles of some of their books. An analysis of these works shows, that their objective was somewhat different from what Treviranus himself had intended. In contrast to Treviranus’ idea of a “doctrine of life”, which should be separated as a discipline from the physical sciences, they generated the conception that also the universe is a living thing. This preoccupation of the term biology by the Naturphilosophen was just a short interplay in what may be called the period of “romantic biology”. Yet it is not improbable that this romantic notion of “biology” may have been an major obstacle to the formation of the academic discipline biology.
Die Erfindung der Biologie um 1800 und die „romantische Biologie“ Die Historiografie der Naturwissenschaften hat schon früh eine Linie gezogen von der bekanntlich multiplen Einführung des Terminus „Biologie“ in das wissenschaftliche Vokabular um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert zu der damals viele Lebensbereiche und Wissensfelder kulturell prägenden Epoche der Romantik, die ihrerseits von der idealistischen Naturphilosophie Friedrich Wilhelm Joseph Schellings (1775–1854) beeinflusst war.Vielen Interpretatoren erschien die Benutzung dieses neuen Begriffes durch die von Schelling inspirierten romantischen Naturforscher der Inbegriff einer neuen Lebenswissenschaft zu sein. Als Hauptbeleg dienten dabei die (damals nur zwei) bekannten deutschen „Begriffserfinder“ Karl Friedrich Burdach (1776–1848) und Gottfried Reinhold Treviranus (1776– 1837), die beide eine gewisse Affinität mit Positionen der romantischen Naturphilosophie erkennen ließen. Dagegen fügte sich Jean-Baptiste de Lamarck (1744– 1829), der französische Erstverwender des Wortes, nicht in dieses Schema; er prägte den Terminus unabhängig von dieser Strömung und „in abweichender Bedeutung“ [Engelhardt, 1982, S. 31]. Treviranus hatte 1802 den ersten Band seines umfangreichen Werkes Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Aerzte vorgelegt, in dem er programmatisch das Konzept einer „Biologie oder Lebenslehre“ vertrat [Treviranus, 1802, S. 4], die sich aus den bestehenden Teildisziplinen der theoretischen Medizin und der Naturgeschichte neu konstituieren sollte. Burdach hingegen hatte bereits zwei Jahre zuvor in einer Anleitung zum Medizin-
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studium Biologie mit der „Lebenslehre des Menschen“ gleichgesetzt, unter die er die Kenntnisse der Lebenserscheinungen am Menschen, die sich „auf seinen Körper oder auf seinen Geist, die ersteren auf seine Form, oder seine Mischung, oder seine eigenthümlichen Kräfte“ beziehen, rubrizierte [Burdach, 1800, S. 62; vgl. Schmid 1935, S. 605]. Nachdem bekannt geworden war, dass bereits der Braunschweiger Arzt Theodor Georg August Roose (1771–1803) in der Vorrede zu der Schrift Grundzüge der Lehre von der Lebenskraft aus dem Jahr 1797 diese als „Entwurf einer Biologie“ angekündet hatte [Roose, 1797, S. III; vgl. Dittrich, 1974, S. 81], fand diese Hypothese sogar vermehrt Zuspruch. Nahezu alle Biologiehistoriker sahen die mehrfache Einführung des Begriffs um 1800 als „nicht zufällig“ [Warnke, 1998, S. 207] an, ja sie konstatierten ein „verbreitete[s] Bedürfnis“ [Jahn, 1985, S. 319] nach solch einem neuen vereinheitlichenden Terminus an der Jahrhundertwende. Ihnen schien die „Sattelzeit“ um 1800, in der tatsächlich manch inhaltliche und disziplinäre Umbrüche im Gefüge der Wissenschaften erfolgten, die auch Fächer wie Naturgeschichte und Physiologie tangierten, eine neue begriffliche Orientierung geradezu zu erfordern, die in der terminologischen Neuschöpfung „Biologie“ ihren vermeintlichen Kristallisationspunkt fand. Selbst wenn mittlerweile mehrere weit frühere Belege für das Wort Biologie aufgetaucht sind, das sich nun mit durchaus divergierenden Bedeutungen bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen lässt (vgl. [Kanz, 2002, S. 11–19]), bleibt die vierfache Verwendung um das Jahr 1800 besonders bedeutsam. Eine kausale Beziehung zwischen romantischer Naturphilosophie und der Entstehung der Biologie an der Wende zum 19. Jahrhundert ist zuerst von Werner Lindenbein vertreten worden. Er erkannte im „Streben der romantisch-naturphilosophischen Naturwissenschaft“ nach „Abkehr von der nackten Tatsachenforschung und die Gewinnung ‘allgemeiner und höherer Standpunkte’“ die treibende Kraft hinter einer neuen Lebenslehre. Entsprechend sei es der „Geist der deutschen Naturphilosophie“ gewesen, der „die allgemeine Biologie als selbständige Wissenschaft“ habe entstehen lassen [Lindenbein, 1937, S. 97]. Später hat Emil Ungerer [1942/1965, S. 43] das Argument inhaltlich präzisiert, indem er formulierte: „Aus vorausgesetzten und ausgedeuteten ,Polaritäten‘ oder inneren Kräftegegensätzen innerhalb einer ursprünglichen Einheit des Seins und Wirkens konstruierte man den in einer ,Steigerung‘ verschiedene ,Stufen‘ durchlaufenden, rein gedanklich aufgebauten ,Naturprozeß‘. In diesem naturphilosophischen Kreise erwuchs Tatsache und Wort einer umfassenden ,Biologie‘ oder Lebenslehre“. Auch für Ulrich Sucker [1981, S. 110 f.] kam es „während der Zeit naturphilosophischen Denkens und sicher durch dieses wesentlich angeregt“ zur „Fixierung des Terminus ‘Biologie’“, und er sieht die Genese der neuen Lebenslehre klar „als Abgrenzung zu den Wissenschaften, die die mechanischen Bewegungsformen beinhalteten“. Ferner wurde aus der bemerkenswerten zeitlichen Koinzidenz der Publikation von Rooses Grundzügen [1797] und Schellings Frühschrift Ideen zu einer Philosophie der Natur [1797], die den Auftakt der Naturphilosophie des deutschen Idealismus bildet, sogar der Schluss gezogen, „daß diese sich erst konstituierende Disziplin der Biologie und die idealistische Naturphilosophie von verschiedenen Seiten aus demselben Sachverhalt thematisieren bzw. auf dieselben Ereignisse reagieren“ würden. In ihrer antimechanistischen Stoßrichtung seien „Biologie und Naturphilosophie zwei komplementäre Betrachtungsweisen ein und desselben Problems“ [Bach, 2001a, S. 2].
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Diese historiografische Denkfigur, sei es im Sinne einer direkten Kausalität oder eher abgeschwächt einer Komplementarität beider Strömungen, wirft jedoch eine Reihe von Fragen auf. Sofern die Verwendung dieses neuen Begriffs gewissermaßen der terminologische Kern einer „romantischen Biologie“ war, müsste sich in den ersten Jahrzehnten bei ihren führenden Vertretern gewiss eine breite Aufnahme des Wortes belegen lassen. In vorliegendem Aufsatz möchte ich dieser Problemstellung genauer nachgehen, und der Rezeption des Biologiebegriffs bei den romantischen Naturforschern nachspüren. Die Verwendung des Wortes ist freilich nur eine Facette der „romantischen Biologie“ und es ist erstaunlich, dass sich – ungeachtet von der möglichen Verbindung zwischen romantischer Naturphilosophie und der Einführung des Biologiebegriffs – die Geschichtsschreibung in vergleichsweise geringem Maße dieser griffigen Formel bedient hat. Obwohl Bruno Wehnelt bereits früh davon gesprochen hat, dass „die romantische Biologie und Biosophie […] das Phänomen des Lebens zum einzigen aller Probleme krönten“ [Wehnelt, 1944, S. 194], lässt sich für diesen Ausdruck ein ähnlich prägender Einfluss auf die Historiographie wie der Epochenterminus „Medizin der Romantik“ (oder einfach „romantische Medizin“) nicht belegen, für den eine substanzielle Literatur vorliegt (vgl. [D’Orazio, 1997]). Explizit aufgegriffen wird die Formel von der „Biologie der Romantik“ (oder „romantischen Biologie“) nur von wenigen Autoren [Ungerer 1942/1965, S. 42; Kühn, 1948; Hoppe, 1967; Engelhardt, 1982, S. 31; Köchy, 1997, S. 104]. Dabei zog die idealistische Naturphilosophie eine ganze Generation von Biologen in ihren Bann: „Die Welt wird vom Organismus aus gesehen, und der Organismus erwächst in stufenweiser Steigerung aus den Potenzen des Universums“ [Kühn, 1948, S. 216]. Schlüter [1985, S. 3] spricht von „der Biologie in der Zeit der deutschen romantischen Naturphilosophie“, deren zeitliche Eckpunkte „zwischen dem Erscheinen der Kritik der Urteilskraft 1790 und Hermann Lotzes Artikel über Leben und Lebenskraft 1843 am weitesten, zwischen 1797 als dem ersten Erscheinen der Schellingschen Schriften zur Naturphilosophie und 1826 als dem Beginn der literarischen Produktion von Johannes Müller am engsten angesetzt werden können“. Treviranus’ Biologie und die romantische Naturphilosophie Gottfried Reinhold Treviranus hatte den ersten Band seiner Biologie mit der Feststellung eröffnet: „Wir finden die sichtbare Natur in zwey große Reiche geschieden, in die leblose und in die lebende. Die erstere wurde schon sehr früh zum Gegenstande einer eigenen Wissenschaft gemacht, die man mit dem zu viel umfassenden Namen Physik oder Naturlehre belegte. Die letztere blieb dagegen immer verwaiset, und nur einzelne Theile von ihr wurden in andern Wissenschaften, wo man ihrer nicht entbehren konnte, als Gegenstände beyläufiger Untersuchungen behandelt.“ [Treviranus, 1, 1802, S. 3]
Erst seit den „neuesten Zeiten“ habe man geahnt, „daß die Lehre von der lebenden Natur mit eben dem Rechte, wie die von der leblosen, zum Range einer eigenen Wissenschaft erhoben zu werden verdiene.“ So kam er abschließend zur berühmten Definition des Gegenstandsbereichs einer neuen Disziplin Biologie, die sich ihre Materialien aus der Naturgeschichte und „theoretischen Heilkunde“ nehmen solle, wo diese bislang zerstreut lägen:
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„Die Gegenstände unserer Nachforschungen werden die verschiedenen Formen und Erscheinungen des Lebens seyn, die Bedingungen und Gesetze, unter welchen dieser Zustand statt findet, und die Ursachen, wodurch derselbe bewirkt wird. Die Wissenschaft, die sich mit diesen Gegenständen beschäftigt, werden wir mit dem Namen der Biologie oder Lebenslehre bezeichnen.“ [Treviranus, 1, 1802, S. 4]
Die Assoziation des Biologiebegriffs mit Positionen der romantischen Naturphilosophie lässt sich insbesondere an seinem Hauptprotagonisten belegen. Besonders Treviranus, dessen Credo lautete „Der Weg der Erfahrung, erleuchtet durch Philosophie der Natur, ist also der einzige, den wir gehen dürfen, wenn sich die Biologie, und mit ihr andere der wichtigsten Fächer des menschlichen Wissens ihrer Vollendung nähern sollen.“ [Treviranus, 1, 1802, S. 117 f.], geriet deswegen, aber auch aufgrund des zweideutigen Buchtitels Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur unter den Verdacht, selbst der spekulativen romantischen Naturphilosophie anzuhängen. „Philosophie“ im Kontext eines naturwissenschaftlichen Werkes wurde von vielen Zeitgenossen mit Spekulation im Sinne Schellings gleich gesetzt, wobei damit eher eine „,allgemeine‘ oder ,theoretische‘ Biologie nach heutigem Sprachgebrauch“ [Jahn 31998, S. 285] intendiert war. Im Übrigen hat Treviranus sich bereits im ersten Band der Biologie unter Bezug auf Schellings Schriften pointiert gegen dessen Vorstellung von einer „Weltseele“ ausgesprochen [Treviranus, 1, 1802, S. 33]. Gewiss lassen sich in seinem Werk auch einzelne Anklänge an dessen Denkströmung finden, wie die Vorstellung vom Weltorganismus oder universellen Leben, die zu den zentralen Ideen Schellings zählt [Küppers, 1992; Mischer, 1997, S. 158–164;Warnke, 1998]. Denn laut Treviranus fand „in den frühesten Zeiten der Erde [...] noch keine Trennung zwischen dem Lebendigen und Leblosen statt“ und es sei „der Gegensatz des Lebendigen und des Leblosen nur für unsern Gesichtspunkt, nicht aber für die Natur vorhanden“. Entsprechend kommt er zum Schluss: „Alles, das Universum selber, besitzt Leben“ [Treviranus, 3, 1805, S. 39 f.]. Angesichts dieser Ambivalenzen ist es nicht verwunderlich, wenn die Einordnung der Person und des Werks von Treviranus in die wissenschaftlichen Systeme des 19. Jahrhunderts sehr unterschiedlich ausfällt, wobei die Autoren ihre Rubrizierung je „nach eigenem Wissenschaftsverständnis“ [Nitzsche, 1991, S. 9] vornehmen. Bereits zu Lebzeiten gilt Treviranus seinen Zeitgenossen als „Naturphilosoph im ächten Sinne des Wortes“ [Leuckart, 1832, S. 24], wodurch er gegenüber den negativ besetzten Romantikern abgegrenzt wird.Während die Urteile zunächst sehr positiv lauten, etwa dass Treviranus „in seiner Biologie die Physiologie aus den Irrgärten der Speculation auf die gerade Straße der Erfahrung zurückführte“ [Gräße, 1858, S. 1352], haben ihn die Historiker des frühen 20. Jahrhunderts überwiegend in die naturphilosophische Ecke gestellt und abwertend einen „Schelling-Schüler“ genannt, der die Wissenschaft sachlich „wenig gefördert“ habe [Bryk, 1909, S. 443]. Erst neuere kritische Studien zur romantischen Naturforschung haben Treviranus als Kantianer identifiziert, „der eine transzendentale Biologie nach kantischen Prinzipien durchzuführen versuchte“ [Löw, 1980, S. 234], und konstatiert, er sei „cautiously critical [...] to romantische Naturphilosophie“ [Lenoir, 1982, S. 6]. Treviranus’ Definition von „Biologie oder Lebenslehre“ aus dem Jahre 1802 und das grandiose Forschungsprogramm, das er im Einleitungskapitel „Ueber die Interpretation der lebenden Natur“ [Treviranus, 1, 1802, S. 1–152] entfaltete und das seinem sechsbändigen Werk zugrunde lag [Hoppe, 1971; Nitzsche, 1990], lassen zunächst
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vermuten, dass gerade seine konzeptuellen Ideen bald und nachhaltig von den Zeitgenossen rezipiert wurden. In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts griff tatsächlich eine ganze Reihe von den „Naturforscher[n] und Aerzte[n]“, für die Treviranus sein Werk Biologie bestimmt hatte, den von ihm geprägten Begriff auf. Es sind allerdings nur wenige Autoren, die ihn im Titel eines Buches verwenden, und die ersten drei, die entsprechende Werke vorgelegt haben, lassen sich alle der Strömung der von der idealistischen Naturphilosophie Schellings beeinflussten Gruppe von Ärzten und Naturforschern zuordnen, insbesondere Lorenz Oken (1779–1851) und Carl Gustav Carus (1789–1869), die noch heute als „Hauptvertreter der romantischen Naturphilosophie“ gelten [Schlüter, 1985, S. 98]. Diese drei Autoren in der Nachfolge von Treviranus benutzen allesamt Biologie im Titel eines ihrer Werke. Oken publiziert 1805 einen Abriß des Systems der Biologie, der Helmstedter Medizinprofessor Ernst Bartels (1778–1838) legt 1808 einen Systematischen Entwurf einer allgemeinen Biologie vor, und wiederum drei Jahre später (1811) erscheint das Specimen biologiae generalis von Carus. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten lässt die Verwendung des Begriffs eher nach. Einige weitere deutschsprachige Autoren aus dem Umfeld der romantischen Naturphilosophie, darunter Burdach [vgl. Schmid, 1935, S. 605, 607], verwenden „Biologie“ in sehr speziellen Kontexten oder auch nur im Untertitel oder für einen einzelnen Band eines größeren Werkes. Dies zeigt, insbesondere in Relation zu den Dutzenden im frühen 19. Jahrhundert entstandenen Werken über Naturgeschichte und Physiologie, dass dieser Neologismus zunächst keine allzu große Resonanz gefunden hat. Diese Einschätzung wird noch auf eine ganz andere Weise bestätigt, wenn wir einen Blick auf die Verwendung des Terminus bei den genannten Autoren werfen, die ihn explizit in die Titel ihrer Werke aufnahmen und dadurch bezeugt haben, dass sie dem Wort Biologie eine erhebliche Bedeutung beimessen. Lorenz Oken Oken definierte in seinem Abriß des Systems der Biologie, den er noch während seiner Jahre als Privatdozent in Göttingen im Jahre 1805 abschloss, die neue Wissenschaft vom Leben wie folgt: „Die Biologie ist eigentlich nur die Naturphilosophie der organisirten Leiber, da aber die organische Welt durchaus das Abbild der unorganischen ist, so müssen die Hauptfunctionen und Hauptmaterien dieser aufgezählt und geordnet werden, um die Eingeweide des Organischen schon in dieser Welt zu erkennen, und sie daher mit Bestimmtheit aufzufinden zu wissen. Dieses zwang mich, nicht geradezu bei dem Ursprunge der organischen Welt zu beginnen, sondern bis auf die erste Regung des Alls zurückzugehen, und von dieser aus stuffenweise die ganze Natur entstehen zu lassen; aber doch habe ich das, was eigentlich bloss Naturphilosophie des Unorganischen ist, nur kurz berührt, ihre Theile nur an ihre Stellen gesezt, um das ganze Skelet des Universums vor Augen zu haben, dagegen das, was der Naturphilosophie des Organischen eigen ist, was Biologie ist, total herausgehoben.“ [Oken, 1805, S. IX–X]
Zwar verabschiedet sich Oken nicht grundsätzlich davon, die Biologie als Begriff für eine Wissenschaft (oder Naturphilosophie) vom Organischen vorzubehalten, doch führte die Integration des Unorganischen in sein Werk eher zum Gegenteil. Der Abriß des Systems der Biologie selbst enthält allerdings keine Gesamtdarstellung dieser „Naturphilosophie der organisirten Leiber“, ja der Begriff Biologie kommt im wei-
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teren Text an keiner Stelle mehr vor. Seine Schrift berücksichtigt, wie es in einer zeitgenössischen Übersicht heißt, „die formale Seite der Natur vorzüglich“ und enthält einen Versuch „die Natur mathematisch zu deuten“ [Blasche, 1819, Sp. 1486]. Ferner entwickelt Oken hierin seine „Theorie der Sinne“ bzw. seinen „Versuch zu einem System der Physiologie der Thiere“, wie er in der Selbstanzeige seiner Schrift in den Göttingischen gelehrten Anzeigen anmerkt [Oken, 1806, S. 1401; Bach, 2001b, S. 80]. Die Frage, warum Oken im Titel seines Werks das Wort Biologie verwendet, wenn er es im Weiteren gar nicht mehr anführt, ist nicht einfach zu erklären. Mit Treviranus’ Biologie, von der zwei Bände erschienen waren, war er schon länger vertraut, denn bereits in Freiburg, im Januar 1804, wird das Buch in einem Brief erwähnt [Ecker, 1880, S. 176]. Zu diesem Zeitpunkt liegt ein Entwurf von Okens Schrift im Manuskript vor unter dem Titel „Grundriß der Naturphilosophie, der Theorie der Sinne und der darauf gegründeten Klassifikation der Tiere“ [BräuningOktavio, 1959, S. 13]. Laut einem Brief vom 23.2.1805 will er sein Werk „nun Zoophilosophie nennen“ [Bräuning-Oktavio, 1959, S. 14]. Erst im Sommer 1805, nun in Göttingen, übernimmt Oken das Wort vermutlich zunächst in den Untertitel des Abriß der Naturphilosophie. Bestimmt zur Grundlage seiner Vorlesungen über Biologie, von dem dann auch eine ansonsten inhaltsgleiche Version mit dem Titel Abriß des Systems der Biologie erschienen ist. Die Titeländerung mag mit den von Oken brieflich erwähnten Schwierigkeiten, innerhalb der Medizinischen Fakultät eine Vorlesung über „Naturphilosophie“ anzukündigen, in Verbindung stehen [Ecker, 1880, S. 185]. Diese Vorlesungen hielt Oken im Wintersemester 1805/06 über „Biologie, gegründet auf den Gesammt-Organismus der Natur“.Am 24.10.1805 schreibt Oken deshalb an Schelling: „Zu meinen Vorlesungen über Biologie habe ich wirklich etwas ausgearbeitet, einige Bogen sind schon davon gedruckt, es geht aber so langsam, daß es nicht mehr vor dem Anfang der Vorlesungen herauskommt[…]“ [Ecker, 1880, S. 187]. Erst am 7.1.1806 konnte er ein Exemplar des Bändchens an Schelling senden [Ecker, 1880, S. 191], und im Sommersemester kündigte Oken die Vorlesung mit leicht verändertem Titel erneut an: „Die Biologie und vergleichende Physiologie, Hr. Dr. Oken, nach seinem Abriß des Systems der Biologie (Göttingen 1805).“ [Bach, 2001b, S. 85] In Okens weiteren Werken taucht der Terminus Biologie nur noch sporadisch auf. Gemäß Okens Lehrbuch der Naturphilosophie in der zweiten Auflage von 1831 (und dann auch in der dritten von 1843 sowie in der englischen Übersetzung 1847), zerfällt die Naturphilosophie in erstens die Mathesis (die Lehre vom Ganzen), zweitens die Ontologie (die Lehre vom Einzelnen) und drittens die Biologie. Diese wird als „die Lehre vom Ganzen im Einzelnen (de Toto in Entibus)“ verstanden. Für Oken ist das Ganze im Einzelnen „das Lebendige oder Organische, welches wieder in Pflanzen und Thiere zerfällt.“ Die Lehre hiervon, also die Biologie, ist für ihn entsprechend dreigeteilt in „Organogenie, Phytosophie und Zoosophie“ [Oken, 1831, S. 2–3; 1843, S. 2–3; 1847, S. 2–3]. Doch abgesehen von der zugehörigen Kapitelüberschrift „Biologie. Vom Ganzen im Einzelnen.“ [Oken, 1831, S. 141; 1843, S. 146; 1847, S. 178: „Biology-Of the whole in singulars.“] gebraucht er den Terminus in seinem ganzen Lehrbuch nicht. Im neuen „Vorwort“ zur dritten Auflage, in dem Oken die meisten seiner früheren Schriften in chronologischer Folge kurz referiert, um daraus folgern zu können, er „habe also durch eine lange Reihe von Jahren ein-
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erley Princip verfolgt und es nach allen Seiten auszubilden versucht“ [Oken, 1843, S. VI; Oken, 1847, S. xiv], fehlt bemerkenswerter Weise jeder Bezug auf den Abriß des Systems der Biologie von 1805. Okens Zurückhaltung wird vielleicht verständlicher, wenn man berücksichtigt, dass gerade beim Gebrauch von „Biologie“ die von ihm postulierte Kontinuität nicht vorhanden war. Zwar ist der Schritt von Biologie als „Naturphilosophie des Organischen“ [Oken, 1805, S. X] hin zum Oberbegriff für „das Lebendige oder Organische“ [Oken, 1831, S. 3] nicht allzu weit. Doch dazwischen lagen 26 Jahre, in denen er in der ersten Auflage seines Lehrbuchs der Naturphilosophie eine nahezu identische Gliederung vorgelegt hatte, doch statt „Biologie“ legte er damals der Lehre vom Ganzen im Einzelnen zunächst den Namen „Pneumatologie“ bei [Oken, 1, 1809, S.VIII]. Es verwundert, dass die nicht geringe bisherige Forschungsliteratur zu Oken diese bemerkenswerte terminologische Verschiebung in seinem naturphilosophischen Zentralwerk fast gar nicht zur Kenntnis genommen hat; nur wenige Autoren verweisen nebenbei auf diesen Wechsel, ohne ihn näher zu interpretieren [Proß, 1991, S. 57; Fritscher, 1999, S. 65; Fritscher, 2002, S. 120]. Bei diesem Gebrauch des Wortes Biologie im Rahmen seines Lehrbuchs der Naturphilosophie blieb es jedoch, und eine weitergehende systematische Funktion nimmt der Terminus im Oeuvre von Oken nicht ein. Oken verfasste vielmehr in eher traditioneller Weise diverse naturhistorische Schriften und ist bis heute noch als der Verfasser der vielbändigen Naturgeschichte für alle Stände im Bewusstsein geblieben, und nicht etwa als der maßgebliche Autor zum Biologiebegriff. Eine Wissenschaft vom Leben im Sinne von Treviranus lag ihm fern; sein primäres Ziel war es, „ein Prinzip aufzufinden, das alle drei Reiche der Natur zu einer geschlossenen Einheit verbindet und das verwandtschaftliche Band und die enge Beziehung von anorganischer und organischer Welt hervorzukehren.“ [Hübner, 1909, S. 133] Ernst Bartels Der zweite Autor, der sich in erwähnenswerter Weise des Biologiebegriffs annimmt, ist der „Professor der Anatomie und Entbindungskunst“ an der Universität Helmstedt, Ernst Bartels. Schon der Titel seines 1808 publizierten Werkes Systematischer Entwurf einer allgemeinen Biologie. Ein Beitrag zur Vervollkommnung der Naturwissenschaft überhaupt und der Erregungstheorie insbesondere weckt große Erwartungen, zumal er – analog zu Treviranus – sein Werk Für Aerzte, und für Naturforscher jedes Faches geschrieben hatte. Bartels Systematischer Entwurf ist, wie er in der Vorrede auseinandersetzt, von mehreren Vorgängern beeinflusst.Auf Schellings Werke habe er „oft hingewiesen“, sie hätten ihn aber auch zum „offenen Widerspruch“ gereizt [Bartels, 1808, S. 8]. Sein Werk war, obwohl es stark von Schelling beeinflusst ist, dessen Konzept gerade entgegengesetzt, wie Bartels knapp, „ohne meinen wissenschaftlichen Standpunkt überhaupt noch umständlicher zu bezeichnen“, in seinem „Plan gegenwärtiger Biologie“ darlegte: „Wenn ich sage, daß er, im Ganzen genommen, dem von Schellings Entwurfe der Naturphilosophie gerade entgegengesetzt ist, daß er ein realistisicher ist, wie dieser ein idealistischer: so habe ich damit seinen allgemeinen Charakter schon angegeben. Zwar stelle ich ebenfalls die Idee des Universums (und, ihr gegenüber, den Erfahrungsbegriff des Lebens) an die Spitze; fasse aber damit, ohne sie erst subjectiv zu entwickeln, sogleich das Object auf. Ich weiß wohl,
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daß man zunächst Subject seyn muß, um vom Objecte etwas zu wissen. Aber, so wie wir Menschen leben, so habe ich auch über das Leben gedacht; was, da Biologie und Philosophie nicht einerlei ist, wohl keinen Tadel verdient.“ [Bartels, 1808, S. 12 f.]
Explizit genannt werden ferner der Philosoph Immanuel Kant (1724–1804), ungeachtet „es scheinen könnte, als habe Kant gerade am wenigsten biologisch speculirt“, sowie der große Reichtum „vortrefflicher empirischer Darstellungen und scharfsinniger Bemerkungen“ [Bartels, 1808, S. 9] von Treviranus, und einige andere medizinische Schriftsteller. Gerade Treviranus’ Biologie ist eine, wie Bartels selbst betont, „oft genannte Schrift“ [Bartels, 1808, S. 241], auch wenn er ihrem Verfasser nur im Empirischen gefolgt sei und im Theoretischen „oft von seinen Aeußerungen abweichen“ musste [Bartels, 1808, S. 231]. Bartels Buch ähnelt vielfach dem Okens, da er die erste Hälfte seiner Darstellung dem „Leben überhaupt, und das Leben der Weltkörper im Allgemeinen“ widmet, die für ihn Teil der Biologie waren. In der Vorrede rechtfertigte er dieses Vorgehen: „Erst das zweite Buch enthält die Untersuchung über eine Welt, deren Existenz die im ersten Buche betrachteten Arten des Seyns schon voraussetzt. Mit der Erklärung organischer Individuen, und insbesondere der Pflanzen und Thiere, wird gewöhnlich in Physiologieen und Biologieen gleich der Anfang gemacht. Daraus kann aber, weil die eigentliche Basis der Erklärungen fehlt, nichts anders entstehen, als ein schwankendes Umhertappen; […] Der Leser wird nun finden, daß das zweite Buch dieser Biologie gänzlich auf das erste fußet; und ohne jenes erste eben so wenig geschrieben seyn könnte, als organische Geschöpfe ohne Weltkörper existiren würden. –“ [Bartels, 1808, S. 14]
Im ersten Buch formuliert Bartels als „Kern der Biologie“ die Idee der Identität von Natur und Leben: „In der Natur ist also Nichts, das nicht lebendig wäre; sie ist ganz Leben, weil sie das einzige Leben ist.“ [Bartels, 1808, S. 14] Im zweiten Buch, „Das Leben individueller Organisationen, das Pflanzenleben und das Thierleben im Allgemeinen“ betitelt [Bartels, 1808, S. 113], führt Bartels dieses Konzept noch weiter aus: „Alles Leben gründet sich darauf, daß die Weltkörper leben; wären sie blosse Massen, so gäbe es nichts Lebendiges in der ganzen Natur. Jeder Weltkörper ist in sich selbst auf eigenthümliche Weise organisch und lebendig, und alle zusammen bilden Einen großen Organismus, dessen Umfang keine Creatur zu fassen vermag.“ [Bartels, 1808, S. 126] Bartels verwendet den Begriff Biologie in seinem Systematischen Entwurf dennoch nur sporadisch, in der Vorrede auch gerne adjektivisch. In seinem ein Jahr später erschienenen Lehrbuch Physiologie der menschlichen Lebensthätigkeit differenziert er zwischen der „vermittelst der Speculation dargestellte[n] Naturlehre lebender Geschöpfe“, die „vorzugsweise Biologie“ heißt, während er den Namen Physiologie für „die empirische Naturlehre derselben“ beibehalten möchte [Bartels, 1809, S. 3]. In seinen späteren Werken, die gleichfalls in der naturphilosophischen Tradition stehen, taucht der Terminus offenbar gar nicht mehr auf, obwohl Bartels die Grundgedanken seines Lebenskonzepts weiterhin vertritt, indem er beispielsweise formuliert: „Von dem Leben überhaupt und im weiteren Sinne des Worts ist folglich kein existirender Gegenstand eigentlich ausgeschlossen, […] und kein Naturding kann ganz oder dauernd von diesem allgemeinen Leben der Natur […] ausgeschlossen sein.“ [Bartels, 1821, S. 28 f.]
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Carl Gustav Carus Der dritte Romantiker, der den Biologiebegriff übernimmt, ist der junge Carl Gustav Carus. Sein Specimen biologiae generalis, das er im Alter von 22 Jahren zum Zwecke der Habilitation an der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig am 5.10.1811 verfasst (noch bevor er zum Doktor der Medizin kreiert wird), steht in einer ähnlichen Tradition wie seine Vorgänger Oken und Bartels, deren Biologie-Schriften er aber nicht zitiert. Dieser „Entwurf einer allgemeinen Lebenslehre“ beginnt mit einer Übersicht über die seit der Antike gegebenen Definitionen von Leben. In seiner eigenen Biologiedefinition und -systematik (Biologiae notio ac divisio) definiert Carus dann „Biologia est scientia vitae“ und fährt fort „vivere est esse atque agere inter terminos certos, ad finem constitutum certumque, per semet ipsum.“ [Carus, 1811, S. 13; Hervorhebung im Original]. Carus unterscheidet ferner zwischen einer „Biologia generalis“, die die Idee des Lebens behandelt, wo er sich explizit an der Lebensdefinition von Philipp Franz von Walther (1782–1849) orientiert, der freilich den Biologiebegriff selbst nicht verwendet. Die „Biologia specialis“ hingegen beschreibt die einzelnen Lebensformen im Universum genau. Beide Teilbereiche seiner Biologie sind jeweils noch weiter untergliedert und daraus wird klar, dass neben dem, was Treviranus als Gegenstandsbereich der Biologie definiert hatte, es für Carus noch jeweils eine „Macrocosmologia (generalis/specialis)“ gibt, die die Uranologia, die Geologia, die Astronomia, und die Kosmogenia umfassen. Den Abschluss seiner Schrift bildet ein Appendix über die Lehre vom Tod („Thanatologia“) [Carus, 1811, S. 36–38]. Carus’ Konzeption einer Biologie findet in den folgenden Jahrzehnten eine weitere Verbreitung, da seine Grundideen in mehrere Lexika übernommen werden. Im Anatomisch-physiologischen Realwörterbuch von 1816 steht ein vom Herausgeber Johann Friedrich Pierer (1767–1832) herrührender Artikel „Biologie“ (der erste Lexikonartikel zu dem Begriff überhaupt), der die zeitgenössischen Biologiedefinitionen referiert und am ausführlichsten Carus’ Konzeption darlegt: „In einer solchen universellen Uebersicht, nach welcher eben so, wie das Leben als das höchste Product der Naturkräfte, gleichermaßen auch die Biologie als die Krone oder der höchste Strebepunct, (eben so aber auch als die erste Grundlage,) aller Wissenschaften erscheint, hat unter andern Carus folgendes Schema davon aufgestellt. A. Allgemeine Biologie. Ihr Gegenstand ist die Idee des Lebens, oder das Leben im allgemeinen, mit besonderer Berücksichtigung seiner ersten Formen: 1) Allgemeine Macrocosmologie; a) Allgemeine Uranologie; b) Allgemeine Geologie; 2) Allgemeine Microcosmologie; a) Allgemeine Zoologie; b) Allgemeine Phytologie. B. Specielle Biologie. Sie hat die einzelnen Formen des allgemeinen Weltlebens zum Gegenstand: 1) Specielle Macrocosmologie; a) Specielle Uranologie; α) Astronomie; β) Kosmogenie; b) Specielle Geologie. α) Geognosie; β) Geographie; γ) Athmospherologie. 2) Specielle Microcosmologie. a) Organologie, Darstellung der innern und äußern Formen der organisirten Individuen, wie auch der constituirenden Theile derselben und ihrer Mischung: α) Naturgeschichte; aa) Phytographie; bb) Zoographie; β) Anatomie; aa) Phytotomie; bb) Zootomie; γ) Organische Chemie. aa) Phytochemie; bb) Zoochemie; b) Dynamologie, Darstellung der verschiedenen materiellen und immateriellen Actionen der individuellen Organismen: α) Phytologie, oder Pflanzenphysiologie; β) Zoologie; aa) Physiologie; bb) Psychologie.“ [Pierer 1816, S. 772–773]
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Dieses Schema wird dann nahezu unverändert in das Encyclopädische Wörterbuch von Heinrich August Pierer (1794–1850) übernommen [Pierer, 1825, S. 543 f.], das noch in der vierten Auflage von 1857 die Begriffsbestimmung von Carus als erste von drei möglichen Bedeutungen anführt: „Biologie (v. gr.), Lebenslehre, 1) nach der naturphilosophischen Ansicht, daß Alles in der Welt lebt, nur in höheren od. niederen Kreisen, zerfällt sie (nach Carus): in allgemeine B., welche die Idee des Lebens zum Gegenstand hat, u. in specielle B., in Berücksichtigung der einzelnen Formen des allgemeinen Weltlebens“ [Pierer, 1857, S. 803]. Carus hat später in zwei seiner medizinischen Lehrbücher, in den Grundzügen der vergleichenden Anatomie und Physiologie von 1828 und im System der Physiologie von 1838, den Terminus erneut aufgegriffen. In beiden Werken wird „Biologie“ nur in den programmatischen Einleitungskapiteln knapp erwähnt, jedes Mal mehr oder weniger synonym zu Physiologie. 1828 spricht Carus von der „Lehre vom Leben (Biologie, von bios, Leben, oder auch Physiologie, von physis, Natur, genannt, eben in der oft unbewußten Voraussetzung, daß die Natur das eigentlich Lebendige sey)“ [Carus, 1828, S. 2]. Damit war eine bloße Kompromissformel gefunden, die verdeckte, dass Carus im Grunde einen doppelten Lebensbegriff vertrat: Einerseits passte er sich dem allgemeinen Sprachgebrauch von Physiologie als medizinischer Teildisziplin an (für die auch andere als besseren Ersatz den Terminus Biologie vorgeschlagen hatten (vgl. [Schiller, 1980, S. 85–94]), um unter diesem Disziplinbegriff ein Lehrbuch publizieren zu können. Zum anderen kritisierte er zugleich diese ihm natürlich viel zu „enge“ Definition für eine Lebenslehre und offenbarte damit, dass er noch immer der Idee von einer belebten Natur oder einem Weltorganismus anhing. Zehn Jahre später dreht Carus seine Begriffsbestimmung um: „Eben weil die Betrachtung des Lebens Hauptaufgabe der Physiologie ist, kann letztere auch sehr wohl Lebenslehre (Biologie) genannt werden.“ [Carus, 1838, S. 4] Auch hiermit passte er sich der zu dieser Zeit üblichsten Begriffverwendung an, zugleich hält sein System der Physiologie weiter an der Vorstellung fest, dass die „organische Natur“ vier Bereiche „Weltkörper, Pflanze,Thier, Mensch“ umfasse [Carus, 1838, S. 30] und der „Unterschied zwischen organischen und physicalischen Vorgängen und Formen“ in sich „nichtig“ sei [Carus, 1838, S. 35]. Die Idee eines „Lebens der Erde“ hingegen hat Carus später noch ausführlich in seinen Zwölf Briefe[n] über das Erdleben [Carus, 1841] ausgearbeitet. In seiner Habilitationsschrift von 1811 hatte er den Grundgedanken dieser Schrift „schon vorweg“ genommen [Kern, 1926, S. 28], dreißig Jahre später jedoch ohne hierfür noch „Biologie“ als Oberbegriff heranziehen zu müssen. Das naturphilosophische Hauptwerk von Carus, Natur und Idee oder das Werdende und sein Gesetz, das genau fünfzig Jahre nach dem Specimen biologiae generalis erscheint und mit dem er „eine späte Fassung der romantischen Naturphilosophie vorlegt“ [Mocek, 1989, S. 15], enthält nur periphere Bezüge zum Terminus Biologie [Carus, 1861, S. 228, 231]. Kurz vor seinem Tod und nachdem mit der Evolutionstheorie von Charles Darwin (1809–1882) eine neue Epoche biologischer Forschung eingetreten war, reflektierte Carus über seine Frühschrift in seinen Lebenserinnerungen: „Die großen allgemeinen Betrachtungen, zu denen die Naturphilosophie die meisten jungen und strebenden Geister damals hindrängte, sie waren es, die auch mich vielfach beschäftigten, und aus ihnen griff ich alsbald das heraus, was mir selbst insbesondere neu und bedeutend erschienen war, nämlich den Gedanken eines einzigen, allverbreiteten, nur in unendlich ver-
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schiedenen Formen sich offenbarenden Lebens. Daß die Bewegung der Weltkörper, der Umschwung der Planeten und Kometen und Monde, in ebendem Maße eine Verkündigung eigenthümlichen Lebens sei, wie die Verwandlungen der Pflanzen und das Umkreisen der Blutkörperchen in den Säften der Thiere: in dieser Erkenntniß hatte ich eine besondere Befreiung meines Geistes aus dunkeln beengenden Vorstellungen eines todten Mechanismus längst empfunden, und den Triumph dieser Erkenntniß öffentlich auszusprechen und zur Anerkennung zu bringen, drängte es mich denn vor allen Dingen. – Bei diesem Stoff also blieb ich stehen, unbeachtet dessen, daß in mir selbst noch lange nicht Reife genug vorhanden war, um einer so großen, aber noch vielfach angefochtenen Wahrheit allgemeinere Geltung verschaffen zu können, ja auch nicht beachtend, daß mir, gleich der Fülle des Materials, selbst der Reichthum der Sprache für solchen Gegenstand keineswegs hinlänglich zu Gebote stand, ging ich unmittelbar auf die Sache zu und schrieb unter dem Titel „Specimen Biologiae generalis“ eine kleine Abhandlung, der es freilich an vielen Unvollkommenheiten und Irrthümern nicht fehlte, welche aber doch, ihrer innersten Gesinnung nach, noch heute vor meinem Wahrheitsgewissen durchaus gerechtfertigt ist.“ [Carus 1, 1865, S. 64; zum Werk vgl. Engelhardt, 2001]
Es ist bemerkenswert, dass hier der Begriff „Biologie“ gar nicht auftaucht, außer im lateinischen Titel der Habilitationsschrift. Carus maß ihm offenbar, mehr als fünfzig Jahre nach der Publikation seiner Frühschrift, keine größere Bedeutung mehr zu, obwohl es um diese Zeit bereits eine viel breitere Diskussion um den Begriff und Umfang von „Biologie“ gab [Kanz, 2002, S. 22–24]. Fazit Die Einführung der Begriffs „Biologie“ in die wissenschaftliche Literatur um 1800 korreliert mit dem Bemühen, das Lebendige als gesonderten Wissensbereich zu erkennen und zu benennen. Dies wird exemplarisch deutlich an Treviranus, dessen Ziel eine neu zu errichtende Wissenschaft oder Lehre vom Leben war in bewusster Abgrenzung gegenüber einer bereits länger bestehenden Naturlehre. Sein beeindruckendes sechsbändiges Hauptwerk Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur war weit verbreitet und viel zitiert, doch sein zentrales Anliegen wurde eher verhalten aufgenommen. In den beiden ersten Jahrzehnten nach Erscheinen des ersten Bandes seines Werks ist die Übernahme des Wortes Biologie durch die romantischen Naturforscher die einzige Rezeptionslinie von nennenswerter Bedeutung. Eine breite internationale Aufnahme des Terminus setzte erst nach Jahrzehnten ein; der im Verlaufe des 19. Jahrhunderts zu beobachtende facettenreiche Gebrauch des Begriffs führte erst gegen sein Ende zur Herausbildung einer neuen Wissenschaftsdisziplin Biologie, die dann auch als Lehrgebiet in Erscheinung trat [vgl. Kanz, 2002]. Eine überzeugende Erklärung für die erhebliche Verzögerung der Durchsetzung des Begriffes Biologie in der von Treviranus gegebenen Definition konnte bislang nicht gegeben werden. Eine mögliche Antwort darauf – ohne damit andere Interpretationen auszuschließen – gibt die dargelegte Rezeptionsgeschichte nach Erscheinen der ersten Bände von Treviranus Biologie durch die romantischen Naturforscher. Zwar schmücken sie die Titel ihrer Schriften mit dem neuen Wort, doch in vergleichender Perspektive ist Okens und Bartels Wortgebrauch ebenso „beiläufig“, wie dies etwa für Rooses und Burdachs Verwendungen bereits konstatiert wurde [Jahn, 31998, S. 285]. Letztlich entwarf nur Carus ein in sich schlüssiges System der Biologie, das er in der Folge nicht weiter ausgeführt hat. Bei allen Unterschieden im Umfang und Gehalt ihrer drei Frühschriften lässt sich als Fazit festhalten, dass
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es bei ihnen allen zu einer inhaltlichen Ausweitung des Biologiebegriffs kommt.Vielleicht ist dies auch der Grund dafür, dass sie es nicht für notwendig erachten, die erste moderne Biologiedefiniton wörtlich zu zitieren. Sie rezipieren zwar alle das Wort „Biologie“ von Treviranus, seine konkrete Definition als „Lebenslehre“ wird von ihnen jedoch gerade nicht übernommen.Vielmehr sehen sie, und damit greifen sie eine Zentralidee der Naturphilosophie Schellings auf, das gesamte Universum als belebt an. Die Natur ist für sie ein einziger großer Organismus, und sie betonen gerade nicht die Unterschiede zwischen belebter und unbelebter Natur, sondern die strukturelle Analogie zwischen den einzelnen Organismen und dem „Organismus Natur“ [Mischer, 1997, S. 158]. Damit können sie „Biologie“ als „Wissenschaft vom Leben überhaupt und seinem Offenbarwerden an jenem großen Organismus, den wir Natur nennen“, definieren, wie es prägnant der romantische Physiologe Friedrich Ludwig Augustin (1776–1854) formuliert hat [Augustin, 1809, S. 5]. Was die Rezeptionsgeschichte von Treviranus betrifft, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass gerade durch die Art und Weise, wie die romantischen Naturforscher den Begriff „Biologie“ ausweiteten und umdeuteten, der Blick auf sein wesentliches Anliegen, eine eigenständige Wissenschaft vom Lebendigen zu etablieren, vollständig diskreditiert wurde. Diejenigen Autoren, die dies unter dem Titel „Biologie“ getan haben, konterkarierten damit quasi seine Grundidee, eine Wissenschaft vom Lebendigen als Gegenpol zu der bereits seit längerem bestehenden Wissenschaft vom Unbelebten zu begründen, so dass man kaum wagt, von einer positiven Rezeption der Biologie von Treviranus zu sprechen. Die Art und Weise, wie diese Autoren das neue Wort aufgegriffen haben unter Missachtung der gegebenen Definition, zeigt hinlänglich, dass ihr Ziel von dem Anliegen der ersten Neuerfinder des Wortes, „eine disziplinäre Abgrenzung einer Biologie gegen die anorganischen Wissenschaften“ [Jahn, 31998, S. 285] zu vollziehen, weit entfernt war. Somit lässt sich gerade an der Aufnahme des Wortes Biologie von Treviranus durch drei der führenden romantischen Naturforscher zeigen, dass der Ursprung des modernen Biologiebegriffs gewiss nicht im naturphilosophischen Gedankengut um 1800 zu suchen ist.Vielleicht liegt in diesem Rezeptionsstrang aber der Grund darin, dass viele Historiographen den Ursprung des Biologiebegriffs in der romantischen Naturphilosophie verortet haben, zumal diejenigen, die bislang Oken oder Carus als frühe Verwender erwähnten, um an ihrem Beispiel zu belegen, wie „schnell der Begriff ,Biologie‘ sich durchsetzt“ [Lepenies, 1976, S. 29], sich offenbar auf den bloßen Gebrauch des Wortes im Titel verlassen haben. Umgekehrt haben allerdings auch die Romantiker kein größeres Kapital aus ihrer inhaltlichen Besetzung und damit Vereinnahmung des Biologiebegriffs gezogen. Keiner von ihnen, weder Oken, Bartels und Carus, noch irgendein anderer romantischer Naturforscher hat in der Folge nennenswerten Gebrauch von diesem Terminus gemacht. „Biologie“ spielt in ihren naturphilosophischen Systemen, die sie bis an ihr Lebensende weiter propagierten und deren Inhalte sich insgesamt erstaunlich wenig über die Jahrzehnte hinweg verändert haben, später allenfalls noch eine Nebenrolle. Für einen Erfolg ihrer quasi als Gegenmodell entworfenen Vorstellungen vom Leben des Weltalls, der Erde und der Organismen unter dem Titel „Biologie“ wäre aber die systematische Fortführung dieses Wortgebrauchs notwendig gewesen. Dies ist unterblieben, und die zahlreichen anderen Vertreter der romantischen Naturphilosophie, die solchen Ideen anhingen, wie etwa Franz Joseph Schelver (1778–
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1832), Joseph von Görres (1776–1848) oder Gotthilf Heinrich Schubert (1780–1860), haben selbst gar keinen Gebrauch vom Begriff „Biologie“ gemacht. Insofern war „Biologie“ nur für eine sehr kurze Zeit die „Krone oder der höchste Strebepunct […] aller Wissenschaften“ [Pierer, 1816, S. 772], wie Pierer ihre Rolle im Wissenschaftssystem der Romantiker gekennzeichnet hatte, zumal das Epitheton von der „Krone und Blüte der Naturwissenschaften“ ja eigentlich bereits von Schelling [1806, S. V; vgl. Wiesing, 1995, S. 200] an die „Arzneiwissenschaft“ (also die Medizin) vergeben worden war. Soweit es den Terminus betrifft, blieb es bei einem sehr kurzen „romantischen Zwischenspiel“ in der Biologie, während das „Leben“ der eigentliche „romantische Zentralbegriff“ war, wie schon der Botaniker Karl Friedrich Philipp von Martius (1794–1868) erkannt hatte [zit. nach Dittrich, 1987, S. 100], sofern man nicht im „Organismus“ den „romantischen Oberbegriff“ sieht [Hirschfeld, 1930, S. 27]. Danksagung Dietrich von Engelhardt zum 65. Geburtstag am 5. Mai 2006 gewidmet. – Eine frühere Fassung des Manuskripts wurde auf der 13. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Geschichte und Theorie der Biologie in Neuburg/Donau am 25.6.2004 und im Kolloquium des Instituts für Geschichte der Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen am 28.6.2004 vorgetragen. Ich danke den Diskutanten für Hinweise sowie Thomas Bach (Jena) für die kritische Durchsicht des Manuskripts. Bibliografie Augustin, Fr[iedrich] Ludw[ig]: Lehrbuch der Physiologie des Menschen mit vorzüglicher Rücksicht auf neuere Naturphilosophie und comparative Physiologie. Erster Band: Allgemeine Physiologie und Assimilation. Christian Gottfried Schöne: Berlin 1809. Bach, Thomas: Biologie und Philosophie bei C. F. Kielmeyer und F. W. J. Schelling (Schellingiana, 12). Frommann-Holzboog: Stuttgart 2001a. Bach, Thomas: „,Was ist das Thierreich anders als der anatomirte Mensch…?‘ Oken in Göttingen (1805–1807)“. Lorenz Oken (1779–1851). Ein politischer Naturphilosoph, hrsg. v. Olaf Breidbach, Hans-Joachim Fliedner und Klaus Ries. Böhlau: Weimar 2001b, S. 73–91. Bartels, Ernst: Systematischer Entwurf einer allgemeinen Biologie. Ein Beitrag zur Vervollkommnung der Naturwissenschaft überhaupt und der Erregungstheorie insbesondere. Für Aerzte, und für Naturforscher jedes Faches. Friedrich Wilmans: Frankfurt am Mayn 1808. Bartels, Ernst: Physiologie der menschlichen Lebensthätigkeit. Ein Lehrbuch für akademische Vorlesungen. Craz und Gerlach: Freyberg 1809. Bartels, E[rnst] D.A.: Anfangsgründe der Naturwissenschaft. Erster Band. Johann Ambrosius Barth: Leipzig 1821. Blasche, B[ernhard] H.: „Critik der vorzüglichsten, auf die Wiederherstellung und Fortbildung der Naturphilosophie einflußreichsten, seit 1801 erschienenen Werke.“ Isis oder Encyklopädische Zeitung 9 (1819), Sp. 1420–1488. Bräuning-Oktavio, Hermann: Oken und Goethe im Lichte neuer Quellen. Arion: Weimar 1959. Bryk, Otto: Entwicklungsgeschichte der reinen und angewandten Naturwissenschaft im XIX. Jahrhundert. I. Band: Die Naturphilosophie und ihre Überwindung durch die erfahrungsgemässe Denkweise (1800–1850). Johann Ambrosius Barth: Leipzig 1909. Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Ein Leitfaden akademischer Vorlesungen. Breitkopf & Härtel: Leipzig 1800. Carus, Carl Gustav: Dissertatio sistens Specimen biologiae generalis.Tauchnitz: Lipsiae 1811 (Reprint Erika Michael Verlag Geist und Natur: Mittenwald 1989).
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Anschrift des Verfassers: Dr. Kai Torsten Kanz Universität zu Lübeck Institut für Medizin- und Wissenschaftsgeschichte Königstrasse 42 D-23552 Lübeck e-mail:
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