Schriften des Institutum Judaicum Delitzschianum herausgegeben von Hermann Lichteoberger
Band 2
Göttingen · Vandenhoe...
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Schriften des Institutum Judaicum Delitzschianum herausgegeben von Hermann Lichteoberger
Band 2
Göttingen · Vandenhoeck & Ruprecht · 1994
Der Gesalbte und sein Volk Untersuchungen zum Konzeptualisierungsprozeß der messianischen Erwartungen von den Makkabäern bis Bar Koziba
von
Gerbern S. Oegema
Göttingen · Vandenhoeck & Ruprecht · 1994
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Oegema, Gerbern S.: Der Gesalbe und sein Volk: Untersuchungen zum Konzeptualisierungsprozess der messianischen Erwartungen von den Makkabäern bis Bar Koziba/von Gerbern S. Oegema. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1994 (Schriften des Institutum ludaicum Delitzschianum; Bd. 2) Zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss., 1989/90 ISBN 3-525-54201-1 NE: Institutum Iudaicum Delitzschianum <Münster, Westfalen>: Schriften des lnstitutum ... © 1994 Vandenhoeck & Ruprecht, 37070 Göttingen. Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Text & Form, Hannover Druck und Bindearbeiten: Hubert & Co., Göttingen
Professor Hermann Lichtenherger zum 50. Geburtstag
Vorwort
Die vorliegende Arbeit ist die durchgesehene und ergänzte Fassung meiner Dissertation, die im Wintersemester 1989/90 vom Institut für Judaistik der Freien Universität Berlin angenommen worden ist. Das Promotionsstudium und seine Vollendung wurden ermöglicht durch Stipendien der Nederlandse Hervormde Kerk in Amsterdam und der Haak Bastiaanse Kuneman Stichting der Vrije Universiteit Amsterdam sowie durch die Lehrer der Vrije Universiteit. Zwei Jahre lang wurde mir ein Promotionsstipendium von der Kommission zur Vergabe von Promotionsstipendien des Präsidenten der Freien Universität Berlin gewährt. Diese Großzügigkeit sowie die Unterstützung meiner Großeltern, Eltern und Brüder ermöglichte es mir, ununterbrochen zu arbeiten. Alle stärkten mich in meinem Bewußtsein, daß Wissenschaft immer im Dienst der Gesellschaft zu stehen hat. Anregung und Förderung verdanke ich vor allem meinem DoktorVater Herrn Professor P. Schäfer, der mich in allen Phasen des Studiums unterstützt hat, sowie Herrn Professor C. Colpe und Herrn Professor M. Brocke, die mich auf wichtige Erkenntnisse stoßen ließen. Mein Dank gilt ebenfalls den Mitarbeitern und Studenten des Institutes für Judaistik in Berlin, deren Gastfreundschaft und Offenheit ich seit 1986 erleben durfte, insbesondere von Frau Priv. Doz. Dr. M. Schlüter, Frau S. Eiert und Herrn Dr. G. Reeg. Die Herren Professoren H. Lichtenberger, F.-W. Marquardt, P. von der Osten-Sacken und A. S. van der Woude haben mich in unterschiedlichen Phasen mit weiteren Anregungen unterstützt. Auch meinen Kollegen im Institutum Judaicum zu Münster sei hier Dank gesagt. Der Haak Bastiaanse Kuneman Stichting der Vrije Universiteit Amsterdam sowie einem Spender der katholischen Kirche in Münster danke ich für die großzügigen Druckkostenzuschüsse. Herrn Professor H. Lichtenberger und Herrn Dr. A. Ruprecht bin ich zu großen Dank verpflichtet für die Aufnahme des Buches in die Reihe Schriften des lnstitutum ]udaicum Delitzschianum in Münster und für die Veröffentlichung im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. Münster, Dezember 1992
Gerbern S. Oegema
Abkürzungen, Umschreibungen und Übersetzungen
Für die Abkürzungen wird von Schwertner, S., Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete. Zeitschriften, Serien, Lexica, Quellenwerke mit bibliographischen Angaben (IATG), Berlin 1974 ausgegangen. Quellen, Hilfsmittel und Sekundärliteratur werden wie folgt zitiert: Nachname, V(orname)., Titel, Zusatz zum Titel, Ort, Jahr und Seite(n), und bei wiederholtem Hinweis abgekürzt: Nachname, erstes Substantiv bzw. Adjektiv im Titel, Seite(n). Bei der Umschreibung der griechischen und hebräischen Namen sowie für die Abkürzungen und die Schreibung der Namen der biblischen, apokryphen, pseudepigraphischen, neutestamentlichen und apokalyptischen Schriften folge ich grundsätzlich der Reihe Kümmel, W.G.; Lichtenberger, H. (Hrsg.), Jüdische Schriften aus Hellenistisch-Römischer Zeit (]SHRZ), 1976ff.; für die rabbinischen Schriften sowie für die hebräischen Namen und Begriffe gelten die Anweisungen der Frankfurter Judaistischen Beiträge 2 (1974). Für die Werke Philos gilt R. Arnaldez (Hrsg.), Les oeuvres de Phiion d'Alexandrie, Paris 19841 • Aus der Verschiedenheit der benutzten Hilfsmittel ergeben sich an manchen Stellen gewisse Inkonsequenzen bei der Transkription. Die Übersetzungen habe ich im allgemeinen selbst angefertigt; jedoch handelt es sich in bezug auf die von mir untersuchten Texte um eine Vielzahl von Sprachen, so daß ich auch des öfteren fremde Übersetzungen habe heranziehen müssen.
Weiter werden folgende Abkürzungen verwendet: APOT: Charles, R.H., The Apocrypha and Pseudepigrapha of the 0/d Testament in English, Oxford 1913; ANRW: Temporini, H.; Haase, W. (Hrsg.), Aufstieg und Niedergang der römischen Welt 11.19.1-2, Berlin 1979; OTP: Charlesworth, j.H. (Hrsg.), The Old Testament Pseudepigrapha 1-II, New York 1983-1985. 1
Inhalt
Kapitel I. Einführung und Fragestellung Zur Methode .......................................................................................... 15 Text und Geschichte ............................................................................... 16 Das Verhältnis zwischen Text und Geschichte ........................................ 17 Traditionelle Methoden .......................................................................... 18 Historische Methoden ............................................................................ 19 Strukturelle Methoden ............................................................................ 20 Systematische Methoden ........................................................................ 21 Das Untersuchen nicht miteinander verwandter Texte ............................ 22 1. Das Definieren der »messianischen« Texte ........................................ 24 2. Das Analysieren der »messianischen« Texte ...................................... 28 3. Das Vergleichen der »messianischen« Texte ...................................... 30
Exkurs A: Die messianischen Erwartungen in der Bibel Merkmale und Übersicht ..................................................................... 32 Exkurs B: Die Geschichtsdarstellung von den Makkabäern bis Bar Koziba ..................................................................................... 37 Über diese Arbeit .................................................................................... 39 Kapitel II. Die messianischen Erwartungen in der Zeit bis zu den Makkabäern 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Einführung ..................................................................................... 41 Sacharja 4,14 ................................................................................. 42 Die Septuaginta ............................................................................. 44 Die biblischen Psalmen .................................................................. 48 Jesus Sirach ................................................................................... 50 Daniel ............................................................................................ 56 Daniel 1-2 und 1 Sam 16-17 ................................................................. 59 Daniel 7 .................................................................................................. 61 Daniel 8-12 ............................................................................................ 65
7. Henoch(äth) 83-90 ........................................................................ 67 8. Vorläufige Ergebnisse .................................................................... 70
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Inhalt
Kapitel 111. Die messianischen Erwartungen von Judas Makkabäus bis Pompeius 1. Einführung ..................................................................................... 74 2. Die ,, Urform« der Testamente der XII Patriarchen ........................ 74 Testament Levi 17-18 ............................................................................. 76 3. Das 111. Sibyllinische Orakelbuch ................................................... 82 Sib 111 652-656 und 767-795 ................................................................. 83 4. Die Qumran-Schriften ................................................................... 86 Habakuk-Kommentar 1QpHab .............................................................. 89 Kommentar zu Psalm 37 4QpPs 37 ........................................................ 90 Gemeinderegel 1QS 8,15b-9,11 ............................................................. 92 Gemeinschaftsregel 1QSa 2,11-20 ......................................................... 9 3 Segenssprüche lQSb 2,22-5,29 .............................................................. 93 4QTestimonia ......................................................................................... 94 Damaskusschrift CD ............................................................................... 95 5. Vorläufige Ergebnisse .................................................................... 99
Kapitel IY. Die messianischen Erwartungen von Pompeius bis Titus 1. Einführung ................................................................................... 103 2. Die Psalmen Salomos ................................................................... 104 3. Die Qumran-Schriften ................................................................. 108 Kriegsrolle 1QM ................................................................................... 108 1QM 5,1-2 ........................................................................................... 108 1QM 11,6-7 ......................................................................................... 109 Pesharim 4QPatr, 4QFlor und 4Qpjes .................................................. 110 Patriarchensegen 4QPatr ...................................................................... 111 Florilegium 4QFlor 1,1-2,4 .................................................................. 112 Pesher zu Jesaja (A) 4QpJes 11-21 ....................................................... 113 4. Philo von Alexandrien ................................................................. 115 Mos. I§§ 289-291 und Praem. §§ 91-97: Num 24,7 .......................... 116 Praem. § 95 .......................................................................................... 117 5. Flavius josephus .......................................................................... 122 »Messias-Prätendenten« ....................................................................... 123 Orakel .................................................................................................. 125 Historische Berichte .............................................................................. 12 7 6. Henoch(äth) 37-71 ...................................................................... 129 Henoch(äth) 45-57 ............................................................................... 131 Hen(äth) 46,3-5 ................................................................................... 133
Inhalt
11
Hen(äth) 48,2-7 ................................................................................... 133 Hen(äth) 49,1-4 ................................................................................... 134 Hen(äth) 51,3 ....................................................................................... 134
7. Logienquelle »Q« und die synoptische Redaktion ........................ 136 Logienquelle »Q« ................................................................................. 139 Die Prophetensprüche des Johannes des Täufers .................................. 140 Das Selbstverständnis Jesu .................................................................... 145 8. Paulus und die Anfänge einer christologischen Messianologie ..... 148 1 und 2 Thessalonicher-Briefe ............................................................... 149 1 Korinther 15,22-24 ........................................................................... 150 Römer 5-6 ............................................................................................ 153 »Q« und Paulus .................................................................................... 157 9. Die Markus-Apokalypse .............................................................. 159 Die matthäisehe Redaktion der Apokalypse ......................................... 165 Die lukanische Redaktion der Apokalypse ........................................... 169 Zusammenfassung und These ............................................................... 172 10. Pseudo-Philos Liber Antiquitatum Biblicarum ............................. 183 AntBibl 48 ............................................................................................ 184 AntBibl 51 ............................................................................................ 185 11. Vorläufige Ergebnisse .................................................................. 186
Kapitel V. Die messianischen Erwartungen von Titus bis Bar Koziba 1. Einführung ................................................................................... 195 2. Die nichtpaulinischen Briefe des Neuen Testaments ..................... 197 Der Hebräerbrief .................................................................................. 200 3. Die johannes-Apokalypse ............................................................ 201 Apc 5,6-14; 7,4-17 und 14,1-13 ......................................................... 201 Apc 14,14-16 ....................................................................................... 203 Apc 19,11-16 ....................................................................................... 204 Apc 22,12-17 ....................................................................................... 204 4. Die hellenistisch-jüdische Bearbeitung der Testamente der XII Patriarchen ............................................................................ 208 Testament Judas 24,1-6 ........................................................................ 208 Testament Josephs 19,1.8-12 ............................................................... 209 Testament Naphtalis 8,1-3 ................................................................... 210 5. Die Apokalypse Abrahams .......................................................... 211 6. Die Esra-Apokalypse (Iv. Esra-Buch) ........................................... 215 ApoEsr 11,1-12,3 ................................................................................. 216
12
Inhalt
ApoEsr 13,2-13 .................................................................................... 218 7. Die 2. (syrische) Baruch-Apokalypse ........................................... 219 ApoBar 53,1-74,4 ................................................................................ 220 ApoBar 35,1-46,6 ................................................................................ 223 8. Das V. Sibyllinische Orakelbuch .................................................. 225 Sib V, 414-433 ..................................................................................... 225 9. Die Bar-Koziba-Dokumente ......................................................... 227 10. Vorläufige Ergebnisse .................................................................. 229
Kapitel VI. Die messianischen Erwartungen nach Bar Koziba 1. Einführung ................................................................................... 233 2. Die Christlichen Apologeten ........................................................ 234 Didache ................................................................................................ 234 Ignatius ................................................................................................. 235 Polykarp ............................................................................................... 235 Barnabas ............................................................................................... 236 Justin .................................................................................................... 236 3. Die Himmelfahrt Jesajas .............................................................. 238 4. Die Offenbarung des Petrus ......................................................... 240 5. Das Buch des Elchasai ................................................................. 243 • 6. Die samaritanischen Schriften ..................................................... 245 7. Die gnostischen Schriften ............................................................. 246 Die Adam-Apokalypse .......................................................................... 246 Die Paulus-Apokalypse ......................................................................... 248 Die 1. und die 2. Jakobus-Apokalypse .................................................. 249 8. Die Oden Salomos ....................................................................... 250 OdSal 9,6-11 ........................................................................................ 251 OdSal 39,9-13 ...................................................................................... 252 9. Die Elia-Apokalypse .................................................................... 252 ApcEI 25,1-44,2 ................................................................................... 253 Der Messias .......................................................................................... 254 Die Engel Gabriet und Uriel ................................................................. 255 Elia und Henoch ................................................................................... 25 6 Exkurs C. Die rabbinischen Schriften ................................................ 257 Einführung ............................................................................................ 257 Die rabbinische Literatur ...................................................................... 258 Die Targumim zum Pentateuch ............................................................. 260
Inhalt
13
Tg zu Genesis 49,10-12 ....................................................................... 262 Tg zu Exodus 12,42 .............................................................................. 264 Tg zu Exodus 40,9-11 .......................................................................... 266 Tg zu Numeri 24,17-24 ....................................................................... 267 Tg zu Deuteronomium 30,4-9 .............................................................. 269 Tg zu Deuteronomium 33 .................................................................... 269 Der Sitz im Leben der messianischen Erwartungen in den Targumim zum Pentateuch .................................................................................... 270 Die Mishna ........................................................................................... 272 Mishna Sota 9,14-15 ........................................................................... 273 Die messianischen Erwartungen des rabbinischen Judentums in der tannaitischen Periode .................................................................. 2 79 10. Vorläufige Ergebnisse .................................................................. 283
Kapitel VII. Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses 1. Einführung ................................................................................... 287 2. Methodische lmplikationen ......................................................... 289 3. Die messianischen Erwartungen entstanden im Spannungsfeld zwischen Text und Geschichte: zwischen literarischer Tradition und historischen Ereignissen ........................................................ 291 4. Messianische Auslegungen ........................................................... 297 5. Unbeantwortete Fragen ............................................................... 302 6. These ........................................................................................... 303
Literaturverzeichnis ........................................................................... 306 1. Quellen und Hilfsmittel ........................................................................ 306 2. Sekundärliteratur .................................................................................. 310
Autorenverzeichnis ............................................................................ 330 Stellenregister .................................................................................... 335
KAPITEL
I
Einführung und Fragestellung
Zur Methode Wir reden über Texte, und wir reden über Geschichte, aber wie stellt sich das Verhältnis zwischen beiden dar? Wie definieren wir Texte, und was ist Geschichte? Wir versuchen, sie mit Hilfe von Metaphern zu umschreiben. So ist ein Text wie ein Kleid mit verschiedenen Fäden, Farben und Materialien. Beschreibt man die Beziehungen zwischen den verschiedenen Teilen, dann ergibt sich sogleich seine »Bedeutung« für uns. Weiß man, wer den Text produziert hat und in welchem Kontext er entstanden ist, dann kann man solcherart das Verhältnis zwischen »Text<< und »Geschichte« definieren. Seit den letzten Jahrzehnten ist der Forscher selbst auch ein Teil dieser hermeneutischen Diskussion geworden. Das Vorverständnis des Forschers ist mit seinem historischen Kontext verbunden. So ist eine Analyse eines Textes zum Teil auch von einem konkreten Vorverständnis bestimmt. Was sind nun die Konsequenzen dieserneuen Einsicht für die Metapher des Verhältnisses zwischen Text und Geschichte? In dieser Arbeit über die messianischen Erwartungen von den Makkabäern bis Bar Koziba versuche ich, Texte zu analysieren, deren einzige Verbindung darin besteht, daß ich sie danach befrage, ob sie messianische Erwartungen enthalten. Dieses Thema wurde von mir bzw. meiner Tradition gewählt. Aber eine »thematische<< Arbeit kann die Probleme des Verhältnisses zwischen Text und Geschichte nicht ohne weiteres lösen. Deswegen will ich erst prüfen, was andere Gelehrte über dasselbe Thema gesagt haben. Danach werde ich ein methodisches Modell formulieren, mit dessen Hilfe das Problem des Verhältnisses zwischen Text und Geschichte in einer thematischen Arbeit beschrieben und gegebenenfalls gelöst werden kann.
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Einführung und Fragestellung
Text und Geschichte Das Problem des Verhältnisses zwischen Text und Geschichte ist unlängst von zwei Wissenschaftlern, jeweils von ihrem eigenen Forschungsgebiet aus, besprochen worden. Peter Schäfer1 unterscheidet zwischen sechs Methoden, mit denen man die rabbinische Literatur untersuchen kann. Die ersten vier Methoden sind 1. die traditionell-halachische, 2. die verwertend-apologetische, 3. die thematische und 4. die biographische Methode2• Die 5. Methode ist die von Arnold Goldberg vertretene: Er versteht die rabbinische Literatur als >Literatur< mit einem Regelsystem, das gemäß seiner Form ~nd seiner Funktion beschrieben und analysiert werden kann. Diese Methode ist grundsätzlich synchronisch, so daß historische Fragen kaum beantwortbar sind. Die 6. Methode ist die von jacob Neusner: Die Literatur wird als Ganzes, als literarisches System auf der Redaktionsebene analysiert. Für Schäfer selbst liegt das Grundproblem der Analyse bzw. der Methode im Verhältnis zwischen Text und Zeit. Es gibt kein feststehendes Referenzsystem für die rabbinische Literatur. Die historischen Fragen stehen der komparatistischen Forschung noch immer gegenüberl. Schäfer, P., »Research into Rabbinie Literature: An Attempt to Define the Status Questionis•, ]]S 37 (1986), 139-152. Mein Kapitel »Zur Methode« ist zum Teil bereits in meinen folgenden zwei Vorträgen präsentiert worden: »Ün Defining the ·Messiah•: Methodological Problems of Comparing Non-Related Texts«, SBL International Meeting Heidelberg 1987 und »The •Messiah• in the Pseudepigrapha and Qumran Literature•, SBL Annual Meeting Boston 1987. 2 Diese Methoden werden zwar nicht alle so häufig in bezug auf die hellenistischrömische Zeit verwendet (Schäfer bezieht sich auf die Forschung zur rabbinischen Literatur), jedoch sind in der zu untersuchenden Periode zu 2) die christlich-theologische Methode, z.B. Strack, H.L.; Billerbeck, P., Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, München 1922ff., Nachdruck 1982; zu 3) Schäfer, P., Die Vorstellungen vom Heiligen Geist in der rabbinischen Literatur, München 1972 und zu 4) Lenhardt, P.; Von der Osten-Sacken, P., Rabbi Akiva: Texte und Interpretationen zum rabbinischen Judentum und zum Neuen Testament, Berlin 1987 sowie Neusner, j., Development of a Legend. Studies on the Traditions Concerning Jochanan b. Zakkai, Leiden 1970 und dazu Green, W.S., ,. What's in a Name? The Problemarie of Rabbinie ·Biography•; in: ders. (Hrsg.), Approaches to Ancient Judaism. Theory and Practice I, Missoula 1978, 77-96 zu nennen. 1 Die aussichtsreichsten methodischen Lösungen für Schäfer sind die von Arnold Goldberg (zu Goldberg, s. Schäfer, •Research•, 145) und die Forschung auf der Ebene der Handschriften und Handschrift-Traditionen einer •Schrift•. Für das Letztere seien 1
Einführung und Fragestellung
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Johann Figl4 behandelt das Problem des Verhältnisses zwischen Text und Geschichte von einem anderen Standpunkt aus. Was die religionsgeschichtliche Forschung betrifft, unterscheidet er zwischen zwei Methoden: der historischen und der phänomenologischen. Er bespricht weiterhin das Verhältnis zwischen Geschichte und Systematik und schlägt eine Synthese aus beiden vor. Gemeinsam sei beiden Methoden das Bedürfnis des Verstehens. Von dieser Gemeinsamkeit aus erklärt er, daß die phänomenologische Methode historische lmplikationen mit sich bringt und daß die historische Methode in den letzten Jahrzehnten zu einer typifizierenden und strukturellen Annäherung tendiert. Die Lücke zwischen den beiden Methoden, die Schäfers Problem des Verhältnisses zwischen Text und Zeit einschließt, wird weiter in Paul Ricoeurs Verständnis eines Textes überbrückt: Ein Text, der einmal eine »gegenwärtige« Situation deutete, wird später ein autonomes Objekt, das in einer »historischen« Weise verstanden werden kann 5•
Das Verhältnis zwischen Text und Geschichte Wichtige Schlüsselworte in den modernen Geisteswissenschaften, ob theologisch, historisch oder literarisch, sind »Hermeneutik« und »Kontextualität«. Beide Worte beziehen sich auf die oben genannte Metapher des Textes als eines Kleides mit einem »Hersteller«. Die philosophische Forschung hat jedoch in den letzten Jahrzehnten die Bedeutung der beiden Schlüsselworte radikalisiert. Der Kontext des Forschers, sein Selbstverständnis und sein Verständnis der Beziehung zwischen Text und Geschichte
kritische Textausgaben notwendig. Daß die genannten Methoden nicht bei jeder Schrift anwendbar sind, zeigt uns z.B. die von Schäfer selbst untersuchte Hekhalot-Literatur, innerhalb deren die Grenzen der verschiedenen »Schriften« fließend sind. Siehe dazu Schäfer, P., ,. The Aim and Purpose of Early Jewish Mysticism«, in: ders., HekhalotStudien, Tübingen 1988, 277-295. 4 Figl, J., »Zur Methode der Religionswissenschaft. Versuch einer Vereinheitlichung des religionsphänomenologischen und religionsgeschichtlichen Ansatzes«, Kairos 1985, 173-191. 5 Figl, »Methode«, 184ff. Zu Paul Ricoeur s. weiter: Ricoeur, P., ,.Der Text als Modell: hermeneutisches Verstehen«, in: Bühl, W.L. (Hrsg.), Verstehende Soziologie, München 1972, 252ff., und Ricoeur, P., »Stellung und Funktion der Metapher in der biblischen Sprache«, in: Ricoeur, P.; Jüngel, E., Metapher. Zur Hermeneutik religiöser Sprache, München 1974, 45-70.
18
Einführung und Fragestellung
sind so radikal Teil unserer Fragestellung geworden, daß einige Verfasser von einer »dekonstruktiven« Wissenschaft reden 6 • So stellt sich unser Problem als ein doppeltes dar. Wir wollen nicht nur das Verhältnis zwischen Text und Geschichte in der Vergangenheit, sondern auch das Verhältnis zwischen dem Forscher und seinem Kontext in der Gegenwart untersuchen. Um diese doppelte Beziehung aufzuzeigen, werde ich die gängigsten Methoden bei der Erforschung von religiösen Texten der Antike besprechen. Ich teile sie in »traditionell«, ••historisch«, ••strukturell<< und ••systematisch« ein und bespreche sie mit Bezug auf die oben genannte Fragestellung'.
Traditionelle Methoden Als traditionelle Methoden stufe ich die drei ersten in Schäfers Aufsatz genannten ein: die traditionell-halachische, die verwertend-apologetische und die thematische Methode; weiter die von Neusner so genannte •• historistische Methode« 8, jede Methode, die unter den Begriff ••Parallelomania« fällt 9, der von Lachs kritisierte Mißbrauch der Sprachen, Wörterbücher, ' S. z.B. für eine dekonstruktive Quellenanalyse: Schäfer, P., Der Bar KokhbaAufstand. Studien zum zweiten jüdischen Krieg gegen Rom, Tübingen 1981; vor allem S. 1-9 und: •Das Ziel dieses Beitrags ist daher zunächst und ganz bewußt destruktiv, zunächst, weil keine Geschichtsdarstellung sich in der Destruktion erschöpfen kann und die Vorläufigkeit und Begrenztheit eines solchen Unternehmens in Kauf genommen wird; und ganz bewußt, weil ich der Ansicht bin, daß die hier gemeinte Destruktion gängiger Klischees und naiver Vorurteile eine unabdingbare Voraussetzung für die Rekonstruktion der Geschichte des Bar Kokhba-Aufstandes sein muß• (S. 4-5). 1 Die Einteilung hat in diesem Zusammenhang eine nur formale Bedeutung und ihre Besprechung soll keineswegs als eine systematische Wissenschaftskritik verstanden werden. Einen wichtigen wissenschaftskritischen Beitrag findet man z.B. in Neusner, j., The Rabbinie Traditions about the Pharisees before 70, 1-III, Leiden 1971, vor allem 111, 320ff und in den Beiträgen in Kraft, R.A.; Nickelsburg, G.W.E., Early ]udaism and Its Modern Interpreters, Atlanta 1986. 8 S. z.B. Neusner, j., ·Beyond Historicism, After Structuralism. Story as History in Ancient judaism•, in: ders., Method and Meaning in Ancient ]udaism 3, Chico 1981, 217-238. 9 Die Bewertung von Parallelen wird oft zu leichtsinnig vorgenommen. StrackBillerbeck, Kommentar nennt rabbinische Parallelen zu den meisten neutestamentlichen Stellen ohne den historischen Zusammenhang darzustellen und ohne eine methodische Begründung zu geben. Dieses Problem spielt in dieser Arbeit ebenfalls eine große Rolle. Der Begriff •Parallele« ist m.E. jedoch nur dann eine sinnvolle Bezeichnung, wenn eine historische oder literarische Abhängigkeit nachgewiesen werden kann; s. auch mein Kapitel VII.
Einführung und Fragestellung
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Quellen und der Geschichte 10 und die von Kraus und Noth verwendete theologische und christozentrische Methode 11 . Diese Methoden sind alle durch einen bestimmten Standpunkt der Fragestellung gekennzeichnet, ob jüdisch, christlich, historizistisch oder auf andere Weise prä-modern: ein bestimmter Gedanke oder eine bestimmte Tradition, die ihre Wurzeln im neunzehnten oder in früheren Jahrhunderten haben, suchen ihren wissenschaftlichen Gehilfen. Ein Text ist »Beweis-Text« eines im voraus festgelegten Referenzsystems. So ist die »Bedeutung« eines Textes bekannt, bevor die Methode appliziert wird. Die Geschichte wird im hegelianischen Sinn, d.h. mit einem Ursprung, einer Entwicklung und einem Ziel oder Ideal verstanden12.
Historische Methoden Als historische Methoden bezeichne ich die historisch-kritische Methode und jede andere Einordnung eines antiken Textes in einen historischen Rahmen, entweder nach Form, Redaktion, Genre, Tradition, historischem Ereignis oder auch nach der Biographie einer Person 13 • Die Diskussion über 10
Lachs, S.T., »Rabbinic Sources for New Testament Studies- Use and Misue•,
JQR 74 (1983), 159-173. 11 S. die Übersicht »Kommentare und Hermeneutik« in: Kraus, H.-J., Geschichte der historisch-kritischen Erforschung des Alten Testaments, Neukirchen-Vluyn 1982, 493-503: »Dazu gehören nicht nur die nun einmal unentbehrlichen sprachlichen und geschichtlichen Erklärungen alttestamentlicher Texte (... ), sondern vor allem die Untersuchungen über die jeweils besondere Art, die konkrete Veranlassung und das wesentliche Anliegen der alttestamentlichen Abschnitte und zwar im Rahmen einer Gesamtanschauung vom Alten Testament, die der Tatsache gerecht zu werden sich bemüht, daß das Neue Testament Jesus Christus als das Ziel des alttestamentlichen Gotteshandeins verkündet« (M. Noth, Einleitung zum Biblischen Kommentar zitiert in: Kraus, Geschichte, 503 ). 12 Was die hegelianische Geschichtsphilosophie anbelangt, so ist sie nicht nur mit Hege! zu verbinden, sondern eine allgemeine Erscheinung in jeder Wissenschaft, die eine kontinuierliche, kausale und sich positiv entwickelnde Geschichte als Erklärungsmodell eines historischen Bewußtseins und der damit verbundenen historischen Erscheinungsformen annimmt. u Für eine Einführung und Übersicht, s. Kraus, Geschichte. Diese Methode spielt in den letzten Jahren eine große Rolle in der Definition der Gattung oder des Genres der für unsere Untersuchung sehr wichtigen apokalyptischen Literatur. S. dazu die Beiträge von L. Hartman, K. Koch, E.P. Sanders, W. Harnisch, H. Stegemann, J.J. Collins, U.B. Müller und M. Krause in: Hellholm, D., Apocalypticism in the Mediterranean World and the Near East. Proceedings of the International Colloquium on Apocalypticism, Uppsala, August 12-17 1979, 2. Aufl., Tübingen 1989, 329-640.
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Einführung und Fragestellung
die Frage, ob es eine kontinuierliche Linie von den Pharisäern vor dem Jahre 70 n. d. Z. zu den Rabbinen nach 135 n. d. Z. zu entdecken gibt, gehört auch zu dieser Fragestellung. Wesentlich für die historische Methode ist die cartesianische Voraussetzung, daß es eine Beziehung zwischen Ursache und Folge gibt, zwischen historischen Ereignissen, archäologischen Daten usw. und der Herstellung eines Textes. Darauf stützt sich die Behauptung, es könne von einem Text geschlossen werden, daß er von einem historisch definierbaren Kontext bestimmt worden sei. Jeder Text bekommt so seinen Platz in einem historischen Orientierungssystem, das oft von traditionellen Vorverständnissen wie etwa der »Heilsgeschichte« geprägt worden ist14 • Die thematische Methode, wenn sie in einer diachronischen statt in einer synchronischen Weise verwendet, also als eine »Ideengeschichte« dargestellt wird, gehört zu der historischen Methode. Dasselbe gilt für die soziologische Methode15 • Der Text wird als Kombination aus verschiedenen historisch fixierbaren Daten verstanden. Die »Bedeutung« eines Textes ist die Auslegung dieser Daten. Dabei werden oft komplexe historische Referenzsysteme auf schmaler Beweisbasis aufgebaut. 16
Strukturelle Methoden Als strukturelle Methoden bezeichne ich die Formanalyse, die Analyse und den Vergleich der Vorstellungen und Motive, die strukturalistische Metho-
14 S. weiter Neusner, Traditions; und Neusner, J., History of the Mishnaic Laws, Leiden 1974ff. So auch Saldarini, A.J., »Reconstructions of Rabbinie Judaism«, in: Krah; Nickelsburg, ]udaism, 437-477 und Cohen, S.J.D., »The Political and Social History of the Jews in Greco-Roman Antiquity. The State of the Question•, in: Krah; Nickelsburg, ]udaism, 33-56. 15 Was die soziologische Methode in bezug auf die Apokalypsen betrifh, s. die Beiträge von G.W.E. Nickelsburg, M. Hengel, L. Schottroff und A.Y. Collins in: Hellholm, Apocalypticism, 641-770; für eine soziologische Untersuchung in bezugauf die messianischen Erwartungen, s. Horsley, P.A.; Hanson, J .S., Bandits, Prophets, and Messiahs. Popular Movements in the Time of ]esus, Minneapolis 1985. 16 Das große Problem der historischen Methoden sowie der »Ideengeschichte« ist, daß aufgrund der von uns interpretierten historischen Daten ein Geschichtsbild konstruiert wird, das vor allem eine Funktion als ,. Ursprung« unseres Selbstverständnisses erfüllt und sich beliebig ändern kann, je nachdem wie unser Selbstverständnis sich ändert. Dasselbe war schon bei den antiken Autoren der Fall; so beschreiben z.B. Lukas und Josephus keine »objektive Geschichte«, sondern ihr historisches Verständnis aufgrund dessen, was sie sahen und wie sie dies interpretierten.
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de sowie die Analyse und den Vergleich der Religionsmuster 17• Charakteristisch für diese Methoden ist, daß man Formen, Vorstellungen, Motive, Strukturen und Muster in den antiken religiösen Texten »entdeckt«. Ein Text wird als »Textilie« verstanden, und die »Bedeutung« eines Textes wird nach dem Verhältnis der verschiedenen »verwebten« Elemente, Fäden, Farben, Substanzen und Strukturen bestimmt. Diese Methode ist meistens ahistorisch und konzentriert sich nur auf das literarische Werk selbst. Der Text spricht sozusagen zu sich selbst. Aber was hat er zu sagen, wenn er von seinem traditionell oder historisch festgelegten Referenzsystem getrennt wird?
Systematische Methoden Als systematische Methoden stufe ich alle Methoden ein, die nicht nur einen Text untersuchen, sondern ganze literarische Systeme und Traditionen oder Religionen als Kombinationen von literarischen Systemen. Diese Methode ist meistens »all-inclusive«, und sie bezieht intra- und extratextueile Daten sowie Vorstellungen und historische Ereignisse aufeinander. Sie ist deswegen oft auch interdisziplinär18 • Neusners poststrukturalistische und historische Annäherung an die rabbinische Literatur ist eine dieser Methoden, wie auch Sanders' und Kippenbergs Studien 19 • Ein Text ist ein multifunktionelles Element in einem multidimensionalen Kontext. Die Bedeutung eines Textes ist abhängig von seinem Platz im größeren System und ist somit relativ.
S. dazu Sanders, E.P., Paul and Palestinian ]udaism. A Comparison of Patterns of Religion, London 1977; Patte, D., Early ]ewish Hermeneutic in Palestine, Missaula 1975; Goldberg, A., »Form-Analysis of Midrashic Literature as a Method of Description•, ]]S 36 (1985), 159-174, u.a. 11 Dabei schließe ich mich in meiner Untersuchung programmatisch an Vermes, G., »Methodology in the Study of jewish Literature in the Greco-Roman Period•, ]]S 36 (1985), 145-158 und Vermes, G., »jewish Literature and New Testament Exegesis. Reflections on Methodology«, in: ders.,]esus and the World ofjudaism, London 1983, 74-88 und 173-175, vor allem 81 an. Die Aufgabe eines Projektes, das •all-inlusive• ist und auf .. a Schürer-type religious history of the jews• zielt, ist jedoch immens, obwohl ich dazu mit meiner Untersuchung einen Beitrag liefern möchte. 19 S. Sanders, Paul, 12ff.; Kippenberg, H.G., Religion und Klassenbildung im antiken ]udäa. Eine religionssoziologische Studie zum Verhältnis von Tradition und gesellschaftlicher Entwicklung, Göttingen 1978. Weiter v.a. Volz, P., Die Eschatologie der jüdischen Gemeinde im Neutestamentlichen Zeitalter, Hildesheim 1934. 17
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Einführung und Fragestellung
Das Untersuchen nicht miteinander verwandter Texte Unser Problem ist folgendes: Wir haben Texte, Teile eines Puzzles, von denen wir behaupten, daß sie zusammenpassen. Aber diese Texte sind grundsätzlich nicht miteinander verwandt. Wenn wir sie miteinander in Verbindung bringen wollen, dann bemühen wir unser Vorverständnis, ein philosophisches Konzept oder ein hermeneutisches Modell. Können wir die Texte dann überhaupt unvoreingenommen lesen? Eine solche Frage ist falsch gestellt, denn der Text selbst ist auch von einem Vorverständnis, von einem philosophischen Konzept oder von einem hermeneutischen Prinzip - und zwar seiner eigenen Zeit und seines eigenen Kontextes- bestimmt worden. Der Text »ist« wie wir selbst und auch ein »Gegenüber«, obwohl wir in unserem Vorverständnis glauben, der Text sei »Urtext«, »locus« der Offenbarung und »Ursprung« unserer religiösen Gedanken. Die Konsequenz aus den modernen Begriffen »Hermeneutik« und »Kontextualität« ist, daß der Text ist, wie wir selbst sind, und daß seine Auslegung unserem Selbstverständnis entspricht. Unsere eigene Kontextualität zwingt uns jedoch, die antiken Texte in ihrem eigenen Kontext zu untersuchen, wobei wir uns gleichzeitig unseres Vorverständnisses bewußt bleiben sollten. Dies bedeutet, daß die tradionellen Methoden meistens unserem Selbstverständnis dienen, aber nicht der historisch bewußten Analyse eines Textes. Dies bedeutet auch, daß die historischen Methoden mit Vorsicht verwendet werden sollten, denn auf welches historische Referenzsystem gründen wir unsere Auslegungen? Mit den strukturellen Methoden können wir wiederum keine historischen Fragen beantworten. So bliebe die systematische Methode übrig. Ausgehend von dieser Methode und diese kombiniert mit den positiven Ergebnissen der traditionellen, historischen und strukturellen Methoden, werde ich versuchen, meine eigene Fragestellung und Methode bei der Untersuchung der messianischen Texte, die wie gesagt, grundsätzlich nicht miteinander verwandt oder verbunden sind, zu entwickeln. Es versteht sich dabei von selbst, daß ich nicht nur von meiner Methode im »technischen« Sinne, sondern vor allem im »hermeneutischen« Sinne ausgehe. Auf welche Weise man jedoch die hellenistisch-römische Periode auch untersucht, ob traditionsgebunden, historisch, strukturell oder systematisch, das von uns bestimmte Problem bleibt bestehen: Wir bringen die Texte in unserem eigenen hermeneutischen Rahmen miteinander in Verbindung, obwohl die Texte selbst verschiedenen Traditionen und Epochen entstammen und oft sogar sehr schwierig zu charakterisieren oder zu datieren sind.
Einführung und Fragestellung
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Dieses Problem wird noch verschärft in einer thematischen Untersuchung wie der unseren. Meine methodische Lösung, die von ihrem Wesen her nur beschränkt sein kann, liegt zum einen Teil dann auch in der Bewußtmachung unseres Vorverständnissses und zum anderen in der methodischen Verfeinerung der Analyse und des Vergleichs relevanter Texte. Diese Bewußtmachung besteht darin, daß ich bei meinem Vorgehen zwischen den Untersuchungen der einzelnen Texte einerseits (Kapitel li bis VI) sowie meinen methodischen Erörtungen (Kapitel I) und meinem Erklärungsmodell (Kapitel VII) andererseits eine starke Trennung vornehme. Die Untersuchung der messianischen Texte erfolgt in drei Schritten. Sie umfaßt: 1. das Definieren, 2. das Analysieren und 3. das Vergleichen der Texte. In den sich anschließenden Erläuterungen der mit diesen Arbeitsschritten verbunden Probleme wird der Inhalt meiner Fragestellung und Methode umrissen. Das Hauptanliegen ist dabei stets der Versuch, die messianischen Texte in ihrem historischen Kontext zu verstehen. Praktisch gesehen bedeutet dies, daß ich auf verschiedenen Ebenen arbeiten werde. Das Definieren der ))messianischen« Texte findet bereits im I. Kapitel statt, da es die Voraussetzung bildet für die Auswahl der zu untersuchenden Texte. Mit meiner hier aufgestellten flexiblen Definition wende ich mich bewußt gegen die gängige, traditionelle Definition des Messias als »davidischer Endzeitkönig« oder »Jesus« sowie gegen die Umschreibung des Messianischen als allgemein-eschatologisch. Das Analysieren der relevanten Texte erfolgt aufgrund einer Fragestellung, die unter Applikation der historischen, literarischen und strukturellen Methoden im besonderen auf das Verhältnis zwischen Text und Geschichte zielt. Das Vergleichen der Texte, ihrer Messias-Konzepte und der historischen Umstände, in denen sie entstanden sind, steht am Ende der Untersuchungen, wobei auf systematische und hermeneutische Weise der Versuch unternommen werden soll, der Dynamik eines Konzeptualisierungsprozesses näherzukommen. Der Begriff »Konzept« wurde bewußt gewählt, einerseits um deutlich zu machen, daß es sich um Entwürfe handelt, andererseits um den Unterschied zu ausgearbeiteten Konzeptionen zu signalisieren.
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Einführung und Fragestellung
1. Das Definieren der »messianischen« Texte Wenn wir einen »fundamentalistischen« Christen bäten, uns die »messianischen« Texte des Alten Testaments zu zeigen, dann hätte er keine Probleme damit und erklärte uns, die messianischen Erwartungen des >>Alten Testaments« seien in Jesus von Nazareth erfülltl0 • Wie uns jedoch das Beispiel des hebräischen Wortes.=.=,.= zeigt, ist die Sache kompliziertet. Das Wort bedeutet in allen semitischen Sprachen »Stern« oder »Planet« und hat normalerweise in der antiken mediterranen Welt eine physische, astronomische oder mythologische Bedeutungl 1• Nur an sehr wenigen Stellen wird das Wort.=.=,.= metaphorisch verwendet, wie z.B. in Jdc 5,20, Dan 12,3 und Num 24,17. In Num 24,15-19, dem BileamOrakel: »Es wird ein Stern aus Jakob hervorgehen«, wird kein gesalbter König oder Messias genannt. Aber in den Qumranschriften (1QM 11,6; CD 7,18-19 und 1QH 1,12), bei Philo (Praem. § 95), im Targum Onqelos zu Num 24,17, im Neuen Testament (Apc 22,16) und in der rabbinischen Literatur (yTaan 4,7 fol68d), um nur einige Beispiele zu nennen 22 , wird der Stern von Num 24,17 als der davidische oder messianische König ausgelegt. Mit dieser Beobachtung können wir jetzt einen »messianischen« Text als einen Text definieren, der von einer bestimmten Tradition auf den »Messias« bezogen worden ist. Es wird dabei deutlich werden, daß eine Tradition die Möglichkeit hat, einen Text »messianisch« oder nicht »messianisch« zu deuten, und daß ein Text »an sich« nicht »messianisch« sein muß23 • Das Problem, wie man »messianisch« bestimmt, ist damit auf das Problem, wie man »Messias(( definiert, verschoben worden. Hierbei gibt Diese Behauptung ist natürlich die Grundlage der christlichen Kirchen. Meine Arbeit sollte aber keineswegs als Angriff auf diese Grundlage verstanden werden. 21 S. Gesenius, W., Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, Nachdruck der 17. Aufl., Berlin 1962,336 und Botterweck, G.J.; Ringgren, H., (Hrsg.), Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament (= ThWAn, Stuttgart 1977ff., IV, 79-91. 22 S. für die Wirkungsgeschichte von Num 24,17 z.B. Schäfer. Aufstand, 55ff. 21 Ich gehe davon aus, daß das •messianische• Moment in einem Text bei dem Interpreten, Autor oder Subjekt eines Textes liegt und daß es nicht so etwas wie das »Messianische an sich• ohne Kontext, oder einen Text ohne Sitz im Leben gibt. Wenn Ietteres der Fall wäre, dann wäre auch das •Messianische" in einem Text objektivierbar. Das setzt eine Trennung zwischen Objekt und Subjekt voraus. Ich gehe jedoch von einer stets dynamischen Wechselwirkung zwischen Bestimmung und Auslegung eines •messianischen• Momentes aus; dabei beeinflussen Definition und Interpretation des ·Messianischen• einander gegenseitig. s. weiter mein Kapitel VII. 20
Einführung und Fragestellung
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es einige Möglichkeiten. Man kann vom hebräischen Begriff M"'Z'C 24 oder von den ))messianischen Erwartungen« ausgehen 25 , oder man kann den Begriff ))Messias« umschreiben bzw. definieren 26 • Je nachdem, wie man )) Messias« definiert, wird man feststellen können, welche Texte als )) messianisch« zu bezeichnen sind und für unsere Untersuchung in Betracht kommen. Dabei macht es einen großen Unterschied, ob man eine Wortstudie des Begriffes M"'fC anstellt, eine Untersuchung des Phänomens ))Messias« vornimmt, indem man ihn als ))universellen Endzeiterlöser« definiert, oder ein Buch über die messianisch-eschatologischen Erwartungen der Antike schreibr2 7 • Als Vorbereitung auf meine eigene Untersuchung habe ich alle biblischen Texte, die das Wort M"'fC (oder sein Äquivalent in einer anderen Sprache als der des Bibel-Hebräischen) enthalten, und alle Texte, die in ihrer Wirkungsgeschichte als ))messianisch« oder als ))auf den Messias bezogen« gedeutet worden sind28 , analysiert und versucht, den gemeinsaSo z.B. in Charlesworth, J.H., ,. The Concept of the Messiah in the Pseudepigrapha«, ANRW 11.19.1, 188-218, wobei er sich auf die Begriffe •the Messiah•, •the Anointed One• und •the Christ• (S. 217-218) konzentriert. 25 So z.B. in Schäfer, P., ·Die messianischen Hoffnungen des rabbinischen Judentums zwischen Naherwartung und religiösem Pragmatismus•, in: ders., Studien, 214243. 26 So z.B. in Mack, B.L., ,. The Christ and jewish Wisdom•, in: Charlesworth, j.H. (Hrsg.), The Messiah. Developments in Earliest ]udaism and Christianity, Minneapolis 1992, 192-221. Mack definiert Messiasse (Plural) als ideale Figuren, die soziale Konfigurationen oder soziale Anthropologien symbolisieren; die Aufgabe der Forschung besteht darin, die Schnittlinie der literarischen und sozialen Geschichte zu suchen, auf der diese Idealisierung erscheint. So fragt auch Mendels, D., •PseudoPhilo's Biblical Antiquities, the •Fourth Philosophy•, and the Political Messianism of the First Century C.E.•, in: Charlesworth, Messiah, 261-275 und 264: 1) •Can these attitudes be related to particular classes in Jewish society?• und 2) ,. What was the spiritual origin of messianism for people who had messianic expectations?•. 27 S.o. und z.B. Neusner, J., Messiah in Context. lsrael's History and Destiny in Formative ]udaism, Philadelphia 1984. Methodisch gesehen enttäuscht Neusner in seiner Einführung (S. 1-17); vgl. Schäfer, P., »Rezension: J. Neusner, Messiah in Context• in: ThLZ 112 (1987), 658-663. S. auch Colpe, C., •Der Begriff •Menschensohn• und die Methode der Erforschung messianischer Prototypen•, Kairos 11 (1969), 241-263; 12 (1970), 81-112; 13 (1971), 1-17 und 14 (1972), 241-257. 21 Für eine Übersicht, s. Grundmann, Hesse u.a. zu xpiw, in: Kittel, G.; Friedrich, G. (Hrsg.), Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament(= ThWNn, Stuttgart 1933-1969, IX, 482-576 und Seybold, K. zu M"-I'C, in: ThWAT V, 46-59 . S. für die methodischen Probleme beim Begriff •Messias• als Ausgangspunkt einer Untersuchung Roberts, J., .. The Old Testament's Contribution to Messianic Expectations•, in: Charlesworth, Messiah, 39-51. Der Punkt ist, daß der Begriff •Messias• oft nicht mit einer Definition des •Messianischen• übereinstimmt. 24
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men Nenner »Messias« zu fixieren. Dabei kam eine Umschreibung des Begriffs heraus, die so allgemein, umfassend und abstrakt erschien, daß sie nicht auf die relevanten Texte rückführbar war, und die als Definition, mit deren Hilfe man auch einen nachbiblischen Text als ))messianisch« hätte bezeichen können, nicht zu gebrauchen war. Meine Definition sah so aus: »Messianisch ist die Erwartung des Israel verheißenen davidischen und geistbegabten Priesters und/oder Königs, der in der Endzeit das Volk Gottes von den Völkern der Welt befreien wird und gerecht und in Frieden über es regieren wird«. Es sind hierbei noch eine Reihe anderer Definitionen zu erwähnen, so z.B. die von Hühn 29, Königl 0 , Gressmann 31 , MowinckeP2, Bousserl 3 , Klausnerl\ Volz35 und anderen 36 • 29 Hühn, E., Die messianischen Weissagungen des israelitisch-iüdischen Volkes bis zu den Targumim, historisch-kritisch untersucht und erläutert, Freiburg 1899, der alle biblischen, •messianischen• Stellen bespricht, definiert folgendermaßen: •Die messianischen Weissagungen sind demnach der Ausdruck der auf eine vollkommene Endzeit gerichteten prophetischen Erwartungen • (S. 1), wobei historisch-kritisch zwischen echten und unechten Weissagungen zu unterscheiden ist: »Echte messianische Weissagungen sind bloss diejenigen prophetischen Aussprüche, welche wirklich nach der Absicht ihrer Urheber auf eine selige Endzeit hindeuten• (S. 3). 30 König, E., Die messianischen Weissagungen des Alten Testaments, vergleichend, geschichtlich und exegetisch behandelt, Stuttgart 1925, 6 sagt: »Doch kommt der Ausdruck Meschiach Jahwe noch nicht in den kanonischen Schriften des A.T. in bezug auf den vollkommenen König der Zukunft, den irdischen Vermittler beim Eintritt der Vollendungsperiode, vor. Erst im NACHKANONISCHEN Schrifttum wird der gehoffte Retter kurz als •der Gesalbte• bezeichnet«. 31 Gressmann, H., Der Messias, Göttingen 1929, der meint, daß das Problem der messianischen Weissagungen •in der Hauptsache auf eine UNTERSUCHUNG DER PROPHETISCHEN ESCHATOLOGIE• (... ) •oder der Prophetie überhaupt• hinausläuft (S. 13•), definiert den Messias als den •König der idealen Zukunft oder der im Sinne endzeitlicher Hoffnungen idealisierten Gegenwart, obwohl aus dem politischen später mehr und mehr der religiös-sittliche Führer wird• (S. 2). 32 Mowinckel, S., He That Cometh, Oxford 1959, der sich zu einem christozentrischen Interesse bekennt (S. 3), definiert den Messias (»not the centrat and dominaring figure in the future hope of later judaism, and even less so in that of the Old Testament•; S. 4) folgendermaßen: ·The Messiah is he who shall restore Israel as a people, free her from her enemies, rufe over her as King, and bring other nations under her political and religious sway. This conception of the future king as a thiswordly political figure is clearly and explicitly present in most if not all of the passages of the Old Testament which refer to him• (S. 7). 33 Bousset, W., Die Religion des Judentums im neutestamentlichen Zeitalter, Berlin 1903 sagt, daß der Messias, der an vielen eschatologischen Stellen nicht oder nur nebenbei vorkommt (S. 209-210) und an den Stellen, wo er vorkommt (s. für eine ÜbersichtS. 211ff.), definiert werden kann als .. der geistbegabte, gewaltige und starke Herrscher der Endzeit« (S. 218).
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Die beiden wichtigsten Beiträge der letzten Jahren sind: Neusner, J.; Green, W.S.; Frerichs, E. (Hrsg.), ]udaisms and their Messiahs at the Turn of the Christian Era, und Charlesworth, J.H. (Hrsg.), dessen Sammelband verschiedener Beiträge der ••Messias-Konferenz« im September 1987 unter dem Titel The Messiah. Developments in Barliest ]udaism and Christianity 1992 erschienen istl 7 • So war mein nächster Schritt, eine Arbeitsdefinition zu finden, die, bezogen auf die Texte der nachbiblischen und spätantiken Zeit, so genau war, daß man mit ihrer Hilfe bestimmte Texte als •• messianisch« bezeichnen konnte, doch gleichzeitig flexibel genug, daß sie nicht andere - sonst nicht in den Blick genommene, aber trotzdem wichtige- Texte ausschließen würde, und die im Laufe der Untersuchung auch geändert werden konnte, wenn sich dies als notwendig erweisen sollte38 •
Klausner, J., Die messianischen Vorstellungen des iüdischen Volkes im Zeitalter der Tannaiten, kritisch untersucht und im Rahmen der Zeitgeschichte dargestellt, Berlin 1904 betont: »Die jüdische Messiasidee verwob im Laufe der Jahrhunderte zwei nicht von einander zu trennende Vorstellungen: die POLmSCH-NATIONALE ERLÖSUNG und die GEISTIG-RELIGIÖSE LÄUTERUNG gehen hier Hand in Hand. Der Messias soll zugleich König und Heiland sein« (S. 2). 35 Volz, Eschatologie, 1 definiert »Eschatologie« als »die Lehre von den letzten Dingen, sofern sie als einheitliche Akte oder Zustände die Gemeinschaft betreffen, Volk oder Welt«. Er bietet eine systematische Darstellung der Eschatologie, ohne auf religionsgeschichtliche Zusammenhänge einzugehen. 36 In ThWNT IX, 494 sagt Hesse: »Ein ausgesprochenen »messianisches•, dh eschatologisches Verständnis ist dort, wo der König als l"TT'T" M"I'C bezeichnet wird, nicht vorauszusetzen; sie [die messianischen Stellen] sind alle auf den gegenwärtigen oder auf einen König der Vergangenheit bezogen. Pointiert ausgedrückt: KEINE DER MESSIASSTELLEN DES ALTEN TESTAMENTS KANN MESSIANISCH GEDEUTET WERDEN«. S. dazu auch: Strauss, H., Messianisch ohne Messias. Zur Oberlieferungsgeschichte und Interpretation der sogenannten messianischen Texte im Alten Testament, Frankfurt/M 1984. S. weiter Ringgren, H., The Messiah in the Old Testament, London 1956 und Müller, H.-P., Ursprünge und Strukturen aluestamentlicher Eschatologie, Berlin 1969; für allgemeine Übersichten s. z.B. RGG IV, 895-908 und Encyclopedia ]udaica XI, 1407ff. Für Studien, die über die jüdischen, messianischen Erwartungen der hellenistisch-römischen und früh-rabbinischen Zeit hinausgehen, s. z.B.: Schalem, G., ,.zum Verständnis der messianischen Idee im Judentum•, in: ders., Ober einige Grundbegriffe des Judentums, Frankfurt/M 1970, 121-170 und Sierksma, F., »Messianisme en Christendom•, in: ders., Een nieuwe hemel en een nieuwe aarde. Messianistische en eschatologische bewegingen en voorstellingen bii primitieve volkeren, Groningen 1978, 271-290. 37 Charlesworth, J.H. (Hrsg.), The Messiah. Developments in Earliest ]udaism and Christianity, Minneapolis 1992. 38 Nach meinem Verständnis eines dynamischen Verhältnisses zwischen Text und Geschichte kann eine Begriffsdefinition nur arbiträr und vorläufig sein und bleiben. 34
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Diese Arbeitsdefinition für die zu untersuchende Periode lautet folgendermaßen: »Ein Messias ist eine priesterliche, königliche oder andersartige Gestalt, die eine befreiende Rolle in der Endzeit spielt« 39 • Dabei liegen für mich die zwei Hauptaspekte der Definition einerseits im Bereich des Eschatologischen und andererseits in dem Konzept und damit in der Konzeptualisierung des eschatologischen Befreiers. Diese zwei Hauptaspekte sind die der folgenden Untersuchungen zugrundeliegenden Auswahlkriterien der )) messianischen Stellen« geworden.
2. Das Analysieren der »messianischen« Texte
Aus den jüngsten Einsichten über Hermeneutik und Kontextualität ergibt sich, daß die »messianischen« Texte als kontextuell bedingt zu betrachten und daß bei der Untersuchung dieser Texte diese in ihrem kontextuell bedingten Rahmen zu analysieren und miteinander zu vergleichen sind. Deswegen brauchen wir nicht nur eine flexible Arbeitsdefinition, sondern auch eine verfeinerte Methode zur Analysierung der Texte und ein darauf abgestimmtes Modell zur Deutung der Ergebnisse. Damit ist meine Arbeit als ein Versuch zu verstehen, frühere Studien über den »Messias« zu überprüfen und zu ergänzen40 • Wenn wir die messianischen Texte mit Hilfe einer der oben genannten traditionellen, historischen, strukturellen oder systematischen Methoden analysieren würden, dann ließen wir uns zu sehr von einem Vorverständnis, unserer eigenen Kontextualität, beeinflussen. Um dieses Problem bewußt einzuschränken, werde ich versuchen, die relevanten Texte mit Hilfe einer vielseitigen und neu zu formulierenden Fragestellung zu lesen, 39 Dabei sind die Teilbegriffe dieser Arbeitsdefinition vorläufig offenzulassen, da sie sich erst von den jeweiligen zu untersuchenden Schriften und Stellen •ausfüllen« lassen. Meine Arbeitsdefinition läßt also auch die Untersuchung derjenigen Stellen zu, die entweder keinen •Messias« nennen oder auch von einem endzeitliehen •Propheten•, •Mensch(ensohn)•, ·Richter• oder auch »Lehrer der Gerechtigkeit« usw. sprechen. 40 S. die oben genannten Untersuchungen. Keine dieser Studien hat alle »messianischen« Stellen der hellenistisch-römischen Periode untersucht, weil z.B. das Interesse nur auf bestimmte, vor allem biblische Stellen beschränkt war. Dies als Folge eines deutlich christlich-theologischen Interesses wie unlängst noch in Den Heyer, C.J., De messiaanse weg 1: Messiaanse verwachtingen in het 0. T. en in de vroeg-joodse traditie, Kampen 1983 (ibid 2, Kampen 1986), oder weil die Schriften von Qumran, einige der pseudepigraphischen Schriften, bestimmte Textausgaben, Übersetzungen und methodische Einsichten, wie wir sie erst in den letzten Jahrzehnten kennengelernt haben, noch nicht verwendet werden konnten.
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die sowohl die Kontextualität der Texte als auch unsere eigenen hermeneutischen Prinzipien mit einbezieht und hervorhebt. Diese Fragestellung oder Methode soll so flexibel sein, daß sie Texte, die auf verschiedene Weise geprägt sind und verschiedenen Traditionen und Perioden entstammen, jeweils zu ihrem Recht kommen läßt, und sie soll so genau sein, daß sie es uns ermöglicht, die analysierten Texte zu vergleichen und nach unserem eigenen Verständnis zu erfassen. Es ist hierbei meine Absicht, die messianischen Texte systematisch auf der literarischen und der historischen Ebene zu untersuchen. Dabei sind verschiedene Aspekte zu unterscheiden. Ich nenne diese (fünf) Aspekte: 1) biblisch oder traditionell: welches ))traditionelle«, d.h. biblische oder klassisch-jüdische Material wird in einem bestimmten Text benutzt? 2) hermeneutisch oder exegetisch: wie wird dieses Material ))messianisch« ausgelegt, d.h. auf einen Messias bezogen? 3) politisch: auf welche politische Situation wird eine ))messianische« Deutung bezogen, und im Rahmen welcher politischen Lage ist sie zu verstehen? 4) sozial: in welchem sozial-wirtschaftlichen Kontext findet die ))messianische« Deutung statt, und wie ist sie darin zu verstehen? 5) religiös: was ist der religiöse ))Sitz im Leben« der gefundenen >>messianischen« Deutung, und wie ist die Theologie bzw. Ideologie einer »messianischen« Auslegung in einer bestimmten Schrift zu umschreiben 41 ? In meiner Fragestellung spielt die Wechselwirkung zwischen Text und Geschichte, obwohl sie nach verschiedenen Aspekten zu unterscheiden ist, eine bestimmende Rolle. Ein Beispiel möge diesen vorgeschlagenen Weg verdeutlichen: »R. Schimon b. Jochai lehrte: Mein Lehrer Aqiba legte [den Vers): Ein Stern
tritt hervor aus Jakob (Nu 24, 17) (folgendermaßen) aus: Koziba tritt hervor aus Jakob. Als R. Aqiba den Bar Koziba sah, sagte er: Dieser ist der König Messias! Da sagte R. Yohanan b. Torta zu ihm: Aqiba, Gras wird aus deinen
41 Es wird hierbei nicht von einer bestimmten Schule oder Methode ausgegangen, sondern die im Rahmen meiner Untersuchung als wichtig erscheinenden Aspekte einer »messianischen• Stelle werden so einigermaßen klassifiziert. Die Texte bestimmen jeweils selbst, auf welcher Ebene, d.h. mit welcher spezifizierten Fragestellung sie untersucht werden. Dabei können bestimmte Aspekte nicht gefunden werden und andere, sogar hier nichtgenannte, können als wichtig erscheinen. Meine Fragestellung ist methodisch gesehen als grundsätzlich flexibel aufzufassen, wobei sie sich jedoch auch von den in der Sekundärliteratur dargestellten Ergebnissen anderer Studien beeinflussen lassen wird.
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Kinnbacken sprossen, und der Sohn Davids wird immer noch nicht erschienen sein•'42 • Anhand dieses Beispiels können wir aufgrund unserer Fragestellung folgende Aspekte in ihrem gegenseitigen Verhältnis zueinander erkennen: das biblische Material, Num 24,17, wie auch die Tradition der messianischen Deutung dieser Bibelstelle (Stelle und Auslegung sind nicht immer voneinander zu trennen) werden von der religiösen Autorität des R. 'Aqiba mit der politischen Figur des Bar Koziba auf eine hermeneutische Weise (Stern - Koziba ergibt Bar Kokhba) verbunden. Die Deutung R. 'Aqibas, die auf die Zeit während des 2. jüdischen Krieges zu beziehen ist, wird im Rahmen der späteren Redaktion des Yerushalmi von der religiösen Autorität des Shim'on ben Yo~ai als Diktum (»Er ist der König Messias«) vermittelt. R. Yo~anan ben Torta, der als literarischer Gegner des R. 'Aqiba fungiert, deutet aber das Diktum um, indem er ihm sagt, daß der Sohn Davids (dies ist seine Auslegung der messianischen Gestalt) nach 'Aqibas Tode noch immer nicht erschienen sein werde. Die Umdeutung hat einen theologischen bzw. ideologischen Charakter. R. 'Aqibas politische Deutung von Num 24,17 auf Bar Koziba wird entkräftet und im Kontext des talmudischen Judentums, das jeder (pseudo- )-messianischen Bewegung widerstrebte, neu gedeutet. Nicht jeder Text wird jedoch wie diese berühmte Stelle zu analysieren sein; nicht alle »messianischen« Texte sind auf diese Weise zu untersuchen. So gibt es viele Texte, bei denen über bestimmte Aspekte nur einiges und über andere Aspekte fast nichts zu sagen ist; dies ist von den Texten und der Forschungslage vorgegeben.
3. Das Vergleichen der »messianischen« Texte
Wenn wir die Nachteile der am Anfang genannten Methoden vermeiden wollen -und was unsere Untersuchung anbelangt, so handelt es sich dabei insbesondere um die thematische und die ideengeschichtliche Methode dann sollten wir die Ergebnisse unserer Analysen nicht in einem im voraus bestimmten Rahmen deuten, sondern ein Erklärungsmodell entwickeln, das sich vor allem auf das Verhältnis zwischen Text und Geschichte bezieht. Dabei soll auch die gegenseitige Beeinflussung zwischen den yTaan 4,7 fol 68d zitiert in der Übersetzung von Schäfer, P., •Hoffnungen•, in: ders., Studien, 220. S. weiter die Analyse in Lenhardt; v.d. Osten-Sacken, Rabbi Akiva, 307 ff. 42
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Texten und unserer Erklärung zum Ausdruck kommen, denn wir selbst interpretieren die Texte in einem historischen Rahmen, und wir selbst gründen die Geschichtsdarstellung auf die Analyse sowie auf die Gruppierung der Texte. Wenn wir die messianischen Texte aufgrund ihrer unterschiedlichen Aspekte analysiert haben, dann können wir sie auf den jeweiligen Ebenen gemäß folgendem Erklärungsmodell miteinander vergleichen (wobei >A< und >B< für zwei willkürliche Messias-Erwartungen oder -Konzepte stehen): 1) A beeinflußte B; B beeinflußte A, oder die Beinflussung ist gegenseitig; 2) A und B haben denselben Ursprung; 3) A und B haben denselben Vermittler; 4) A und B entstammen demselben Kontext, haben jedoch keine direkte Beziehung zueinander43 • So hoffe ich, daß die von mir hergestellten hermeneutischen Verbindungen zwischen den unterschiedlichen »messianischen« Texten, die an sich keineswegs eine »messianische Theologie des antiken Judentums<< darstellen, als ein Versuch aufgefaßt werden, eine - wenn auch nur sehr lückenhafte - Geschichte der messianischen Auslegungen, Erwartungen und Bewegungen der hellenistisch-römischen Periode zu schreiben. Der Vergleich der messianischen Texte findet erst am Ende meiner Untersuchungen statt, da ich mich bemühe, zwei auf den ersten Blick entgegengesetzten Prämissen gerecht zu werden: einerseits gehe ich von der Prämisse aus, daß die Texte als nicht miteinander verwandt, ja fast atomistisch zu behandeln sind; andererseits behaupte ich, daß die Texte nur in einem größeren, von mir bzw. uns herzustellenden Zusammenhang zu verstehen sind. Darin manifestiert sich eine als Spannung empfundene Beziehung zwischen Text und Forschung, die insbesondere eine »thematische« Arbeit mit sich bringt.
Bei der Formulierung meines (theoretischen) Erklärungsmodells, womit solche Parallelen gedeutet werden können, habe ich mich an Alexander, P.S., •Comparing Merkavah Mysticism and Gnosticism: An Essay in Method•, ]]S 35 (1984), 1-17 orientiert. Ausgangspunkt meines Erklärungsmodells ist die Frage, wie man die sogenannten •Parallelen« bewertet: Wenn in zwei verschiedenen, auch verschiedenen Traditionen und Perioden entstammenden Texten vergleichbare Begriffe oder Konzepte gefunden werden, sollte meiner Meinung nach zunächst nachgeprüft werden, ob eine literarische oder historische Abhängigkeit besteht, damit festgestellt werden kann, ob es sich wirklich um •Parallelen• handelt. 41
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Exkurs A: Die messianischen Erwartungen in der Bibel - Merkmale und Übersicht Als Vorbereitung auf meine Untersuchung der messianischen Erwartungen der hellenistisch-römischen Periode dient notwendigerweise die folgende Übersicht der »Messias«-Stellen der hebräischen Bibel. Dabei wird nicht nur vom technischen BegriffM"''fC (»Gesalbter«), sondern auch von einer in der Wirkungsgeschichte der »messianischen« Stellen allgemein als >>Endzeitbefreier« umschriebenen Gestalt sowie von meiner Definition ausgegangen. Dabei genügt m.E. eine tabellarische Übersicht ohne weitläufige Analyse der jeweiligen biblischen Stellen, denn dieser Überblick soll nur als literarischer Hintergrund dienen. Das hier genannte »biblische« oder »traditionelle« Material wird mit einem darauf folgenden historischen Rahmen (Exkurs B) in Beziehung gesetzt. Beide ergeben die zwei Orientierungspunkte für meine Untersuchung der messianischen Auslegungen, Erwartungen und Bewegungen in der Zeit von den Makkabäern bis Bar Koziba. Ausgangspunkt dieser Übersicht der biblischen »messianischen« Stellen ist die »umfassende« Definition, die als Vorbereitung auf die »Arbeitsdefinition« gilr44 • Es handelt sich bei dieser »umfassenden« Definition um dreizehn verschiedene Elemente, die in beliebigen Kombinationen jeweils das spezifisch »Messianische« der jeweiligen Bibelstellen darstellen. Diese Elemente sind: 1) Erwartung; 2) Israel; 3) Verheißung; 4) davidische Herkunft; 5) Geistbegabung; 6) Priester- oder Königtum; 7) Endzeit; 8) Gottesvolk; 9) Befreiung bzw. Erlösung; 10) Völker der Welt; 11) Gerechtigkeit; 12) Frieden und 13) Regierung45 • Bei den meisten der hier genannten Aspekte fällt auf, daß sie eine theologische Herkunft haben. Dies hat darin seinen Grund, daß die »mes44 Mit der »umfassenden• Definition (S. 26) verfolge ich den Zweck, die »messianischen• Stellen in der Bibel so umfassend wie möglich zu erfassen, da sie sozusagen das »messianische Vorverständnis• der nach-biblischen Zeit bilden. Die Arbeitsdefinition hat jedoch den Zweck, die messianischen Auslegungen, Erwartungen und Bewegungen von ca. 200 v. d. Z. bis 200 n. d. Z. zu bestimmen und zu analysieren. 45 In meiner »Arbeitsdefinition• (S. 28) habe ich dann aus diesen dreizehn Elementen (s. die Tabelle auf der nächsten Seiten) der umfassenden Definition die zwei wichtigsten Elemente (das Eschatologische Moment und die Art der Darstellung des Messias) herausgenommen, um sie als bestimmend für die Messias-Definition und als die Suchkriterien für die messianischen Texte verwenden zu können.
Einführung und Fragestellung
33
sianischen« Stellen der hebräischen Bibel in ihrer Forschungsgeschichte im großen und ganzen theologisch definiert und daher auch so verstanden worden sind46 • Dennoch dienen sie als Vorbereitung auf unsere Untersuchung, da eine meiner Fragen lautet, welches »biblische« oder »traditionelle« Material in der Antike benutzt werden konnte, welche Stellen besonders häufig verwendet wurden, wie sie umgedeutet wurden und wie sie »gewirktcc haben mögen, oder anders gesagt: was das »messianische Vorverständniscc der hellenistisch-römischen Zeit war. Die Übersicht ist folgendermaßen gegliedert: die oben genannten dreizehn Aspekte sind mit den Ziffern 1 bis 13 in der Tabelle angegeben, so daß bei jeder Stelle herauszufinden ist, welches »Messias-Verständnis« sie verkörpert. Dabei ist ein »Messias-Verständnis« als eine an sich willkürliche, jedoch vom Kontext der Stelle her bestimmte Kombination einzelner Aspekte zu verstehen. Wir finden z.B. in der Tabelle für Gen 49,10 folgendes Messias-Verständnis: die Erwartung einer Israel bzw. Juda verheißenen königlichen Gestalt, die die Völker der Welt bekämpfen wird. Im allgemeinen ist aber von einer Endzeitbefreiergestalt gemäß meiner Definition in der hebräischen Bibel selbst nicht die Rede47 •
46 Vgl. jedoch auch Mowinckel, He That Cometh, 10: .. To understand the Messianic faith of the Old Testament and of later judaism we must approach it historically; and every historical inquiry must begin with a critical investigation of the sources: their dates, their relation to each other, and their reliability must first be established. Only in this way is it possible to reconstruct the true historical background of an idea and of its origin, and the historical development through which it has passed•. 47 So auch Hesse, zu xplw in Th WNT IX, 494.
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messia- 1 nisch?
Stelle
Gen
Lev Num
Dm 1 Sam
2 Sam
1 Kön 2 Kön 1 Chr 2 Chr jes
3,15 4,1 9,25-27 12,3 49,10 4,3.5.16 6,15 24,7.17 25,13 18,15 18,18 33,8-11 2,10.28 29.35 12,3.5 16,6 24,7.11 26,9.11. 16.23 1,14.16 7,11-16 19,22 22,51-23, 7 2,27 5,19 (=2 Sam 7,13) 23,3 16,22 (= Ps 105,15) 6,42 36,1 1,21-26 2,2 4,2 7,11-17 8,5-10 8,23-9,6 10,9.27 11,1-16
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Hos Joel Am Am
Mi Hab
messia- 1 nisch?
13,2-14.2314,25.29 -32 16,4-5 +I24-27 28,16 29,17-24 32,1-8. 15-20 +I34-35 45,1 52,13-53, 12 55,3-5 65,17-25 17,25 + 23,5-8 + 30,8-9. 18-21 +I31,31-34 33,14-26 + 4,20 4,4-6 17,22-24 + 21,30-32 +I34,23-24 + 36,25-28 37,15-28 + 44-46 47,1-12 3,4-5 +I3,1-2 4,13 5,18 6,2 9,8-15 +I4,1-4.8 +I5,1-5 + 3,13
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X X X X
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X
36 Stelle
Einführung und Fragestellung
messia- 1 nisch?
2,1-9. 20-23 Sach 2,5-17 3,1-10 4,1-14 +I6,9-15 9,1-10 +I12,7-12 + 13,1 Mal 3,1.23 Dan 2,1-44 7,13 +I9,24-27 +I2,2.6-9 Ps + 16,8-11 18,51 (=2 Sam 7,13) 20,7 28,8 45,7 +172,1-2. 11-14 + 74,9-12 84,10 89,39.52 105,15 (=2 Sam 7,13) 110,2-7 (=Gen 14,18-20) 132,9-18 + Hi 19,25-27 Cant 1,7
2
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Hag
Gesamt: 98
13+
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X X X
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22 28 13 9
X
57 29 7 21 30 17 26 12
Einführung und Fragestellung
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Exkurs B: Die Geschichtsdarstellung von den Makkabäern bis Bar Koziba Obwohl Emil Schürers Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter ]esu Christi auch in der Bearbeitung von Geza Vermes, Fergus Miliar und Matthew Black eine der besten Geschichtsdarstellungen der hellenistischrömischen Periode ist und auch wohl bleiben wird 48 und ich sie als Ausgangspunkt meiner Untersuchung verwenden werde, sei doch vorerst auf das Ziel und die Methode dieses Werks hingewiesen. Das Buch ist erstens für christliche Theologen gedacht49 , und es hat zweitens einen ))rabbinozentrischen« Ausgangspunkr-5°. Drittens ist es auf die traditions- und religionsgeschichtliche Ebene >> because of the nature of the sources« beschränkr-5 1, und viertens ist Schürers Ansicht über die Periode 175 v. d. Z.- 135 n. d. Z. theologisch geprägr-5 2• Was die Methode seiner Geschichtsschreibung anbelangt, geht Schürer hauptsächlich von den literarischen und historischen Werken dieser Periode aus. Dabei stellen das 1. und 2. Makkabäerbuch und die Bücher des Flavius josephus für ihn die Hauptquellen der Geschichtsschreibung 48 Schürer, E., The History of the ]ewish People in the Age ofjesus Christ (175 B.C. - A.D.135). A New English Version Revised and Edited by Geza Vermes and Fergus Miliar 1-ßl, Edinburgh 1973ff. (erste Ausgabe 1874). 49 So Schürer, History I, 1. so Unter »rabbinozentrisch« verstehe ich jede Darstellung der hellenistisch-römischen Periode, die davon ausgeht, daß die Pharisäer, als religiös-politische Vorgänger der Rabbinen, die wichtigste jüdische Strömung der Zeit vor 70 n. d. Z. verkörpern und daß man diese (auch »proto-rabbinisch« genannten) Pharisäer aufgrund der späteren rabbinischen Literatur beschreiben kann; dazu gehören Klischees wie z.B. ,. The chief characteristic of this period was the growing importance of Pharisaism. The legalistic orientation (... ) became the hall-mark of mainstream Judaism«; So Schürer, History I, 1. Für eine kritische Übersicht der verschiedenen modernen Historiographen des antiken Judentums, s. Sanders, Paul, 33-59. SI So Schürer, History I, 2. 52 Schürer, History I, 3 verbindet Geschichtsverständnis und Theologie miteinander, indem er die antike Periode folgendermaßen kennzeichnet: ,. But most important of all, the reward for a faithful and rigorous observance of the law was looked for in the future; zeal for the Torah during this time was inspired by a vivid Messianic and eschatological expectation« (vgl. dazu auch Schürer, History II, 488ff.). Cohen, (»History«, in: Kraft; Nickelsburg, ]udaism, 34), der einige der modernen Historiographen kritisiert, sagt über Schürers Abgrenzung der Periode von 175 v. d. Z. bis 135 n. d. Z.: "In Schürer's opinion the Maccabean triumph was the triumph of the legalism of the scribes and ultimately of the Pharisees; the failure of Bar Kokhba meant that Pharisaic legalism could dominate the people without the distraction of political adventures. It was this domination, of course, that jesus in good Lutheran fashion sought to destroy•.
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Einführung und Fragestellung
dieser Periode daL Die Werke der griechischen und der römischen Geschichtsschreiber, die rabbinische Literatur und die Dokumente aus Qumran und Masada dienen als »ergänzende« Literatur3; die für die messianischen Erwartungen wichtigen religiösen Werke sind kaum vertreten. Auf Seite 17-122 von Schürers History I findet man eine Übersicht der »ergänzenden« Schriften. Auf welche Weise er die Quellen benutzt und interpretiert, wird jedoch nicht '(auch nicht von Vermes, Miliar und Black) erklärr54. Schürer teilt die hellenistisch-römische Periode, die für ihn mit Judas Makkabäus beginnt55 und mit Bar Koziba ender5 6, in zwei Teile: von 175 bis 63 v. d. Z. (makkabäisch) und von 63 v. d. Z. bis 135 n. d. Z. (römischherodianisch). Meine Untersuchung beginnt mit dem dritten Jh. v. d. Z. und endet mit dem ausgehenden zweiten Jh.n. d. Z.; dabei teile ich die Zeit von 63 v. d. Z. bis 135 n. d. Z. in zwei Perioden ein: die herodianische Periode von 63 v. d. Z. bis 70 n. d. Z. und die römische Periode von 70 bis 135 n. d. Z., da ich der Meinung bin, daß auch das Jahr 70 n. d. Z. eine wichtige historische Zäsur darstellr5 7 • Die Geschichtsdarstellung teile ich deswegen in drei Hauptperioden (164-63-70-135) ein, weil ich vermute, daß die messianiSchürer, History I, 17ff. und 43ff. Als Beispiel sei hierbei auf Schürers Darstellung der rabbinischen Literatur hingewiesen. In History I, 68ff. lesen wir, daß er nach einer Übersicht der MishnaTraktate die Tannaim in Generationen aufteilt und dabei in seinen Anmerkungen 10 bis 20 (Seite 74-76) nur auf die Mishna, öfters auch auf Strack-Billerbeck und einmal jeweils auf Bacher und Albeck hinweist. Für eine allgemeinere Kritik zum Verhältnis zwischen benutzten Quellen und Geschichtsdarstellung, s. Cohen, •History•, in: Kraft; Nickelsburg, )udaism, 41ff. ss Vgl. Schürer, History I, 3. Ich fange auch bei den Makkbäern an, behandele aber zuerst in Kapitel II die nachexilische Zeit bis zum Anfang des 2. jh. v. d. Z. Die messianischen Erwartungen fangen klarerweise nicht plötzlich an, dennoch ist der früheste und wichtigste Anfang im ersten Drittel des 2. jh. v. d. Z. bei jesus Sirach und Daniel anzusetzen. Sie läuten eine neue Phase in der Entwicklung der vor allem eschatologischen, aber auch allmählich mehr und mehr messianischen Erwartungen ein; diese Zeit wird von Hengel, M., Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jh. v. Chr., Tübingen 1969, 319ff. als •erste Höhepunkt der jüdischen Apokalyptik• (S. 330) gekennzeichnet. 56 Mein Argument für das Vorgehen, die zu untersuchende Periode auch mit Bar Koziba, eigentlich etwas später, nämlich in der zweiten Hälfte des 2. Jh.n. d. Z., aufhören zu lassen, ist, daß dann die Verbindung zwischen einem Befreier und der Endzeit (die wichtigste Kombination für meine Arbeitsdefinition) langsam Platz macht für andere Verbindungen, z.B. zwischen Kosmologie und Erlösungslehre; vgl. dafür mein Kapitel VI. 57 S. weiter mein Kapitel V und VII. n
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Einführung und Fragestellung
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sehen Auslegungen, Erwartungen und Bewegungen sich mit den jeweiligen Zäsuren erheblich ändern werden. Ich nenne in den Kapiteln II, 111, IV, V und VI die jeweiligen Perioden: »Bis Judas Makkabäus« »Von Judas Makkabäus bis Pompeius«; »Von Pompeius bis Titus «, >>Von Titus bis Bar Koziba « und »Nach Bar Koziba «. Dadurch soll betont werden, daß meiner Meinung nach in der Geschichtsdarstellung vom Anfang des 2. Jh. v. d. Z. bis zum Ende des 2. Jh.n. d. Z., jedenfalls in bezug auf die messianischen Erwartungen, ein subjektives Moment vorhanden ist. Ich sehe es als Teil meiner Aufgabe an zu untersuchen, ob eine Verbindung zwischen den drei Hauptperioden, den drei Zäsuren und den messianischen Erwartungen, jedenfalls von unserem Geschichtsverständnis her, darzustellen ist. Im Gegensatz zu Schürer, der die religiösen, d.h. die nicht direkt historiographischen Schriften dieser Periode nicht als Geschichtsquellen benutzt, werde ich in meiner Untersuchung, bei der wir von einem dynamischen Verhältnis zwischen Text und Geschichte ausgehen- und wobei wir gerade auf die religiösen und vor allem apokalyptischen Schriften angewiesen sind - prüfen, ob und inwiefern auch die religiösen Schriften in bezug auf die messianischen Erwartungen imstande sind, unser Vorverständnis und Geschichtsbild jener Periode zu bestätigen oder zu kritisieren. Dabei verhält es sich allerdings so, daß vor allem die Apokalypsen als Schriften des öfteren herangezogen werden müssen, auf das Problem der Apokalyptik als Bewegung oder als Mentalität hier jedoch nicht eingegangen werden kann; dieses Thema wurde schon von anderen Forschern intensiv bearbeitet. Dasselbe gilt für viele der pseudepigraphischen Schriften. Einige bibliographische Hinweise sollen hier genügen 58 • Ober diese Arbeit
Wir haben unseren Fragenkomplex auf fünf Aspekte59 oder UntersuchungsHilgenfeld, A., Die jüdische Apokalyptik in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des Christentums nebst einem Anhange über das gnostische System des Basilides, Amsterdam 1966 (Nachdruck von Jena 1857); Rowley, H.H., Apokalyptik. Ihre Form und Bedeutung zur biblischen Zeit. Eine Studie über jüdische und christliche Apokalypsen vom Buche Daniel bis zur geheimen Offenbarung, Einsiedeln 1965; Collins, J.J. (Hrsg.), Ideal Figures in Ancient ]udaism. Profiles and Paradigms, Chico 1980; Gruenwald, 1., "jewish Apocalyptic Literature•, in: ANRW 11.19.1., 89-118; Koch, K.; Schmidt, J.M. (Hrsg.), Apokalyptik, Darmstadt 1982; Stone, M.E., •Apocalyptic Literature•, in: CRI 11.2, 383-442; Hellholm, Apocalypticism; Collins, J.J. The Apocalyptic Imagination. An lntroduction to the ]ewish Matrix of Christianity, New York 1984. 59 s. s. 29. 58
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Einführung und Fragestellung
ebenen verteilt und sind dabei, wie erklärt, bei der Untersuchung der jeweiligen Schriften zum Teil von früheren, sei es literarischen, theologischen, historischen oder systematischen Studien, wie auch von eigenen Einsichten und vor allem von den Schriften selbst abhängig. Jedoch werden wir immer auf das Verhältnis zwischen Text und Geschichte in bezug auf die messianischen Auslegungen, Erwartungen und Bewegungen, kurz gesagt, auf das Messias-Verständnis in der hellenistisch-römischen Periode abzielen. Ich habe in diesem ersten Kapitel mit der Fixierung einer Arbeitsdefinition, einer Fragestellung und der relevanten Orientierungspunkte begonnen. Die Orientierungspunkte werden von den verwendbaren biblischen ))messianischen« Stellen (Exkurs A) und von dem historischen Kontext der jeweiligen Schriften der hellenistisch-römischen Periode (Exkurs B) gebildet. Die relevante Periode habe ich in drei Zielgebiete unterteilt, deren weitere Erörterung in den jeweiligen Textanalysen in den Kapitel ß, m, IV und V folgen wird. Dabei wird zunächst einmal chronologisch vorgegangen, wobei ständig der Versuch unternommen wird, die jeweiligen messianischen Erwartungen in ihrem historischen Kontext zu verstehen. Die rabbinische Literatur sowie einige gnostische und christliche Schriften werden in Kapitel VI gesondert untersucht, da sie nicht oder nur schwer datierbar und so nur schwer auf die genannten Perioden zu beziehen sind; einige Stellen sind jedoch nachweisbar auf die Periode von Titus bis Bar Koziba beziehbar. Der problematische Charakter der rabbinischen Literatur macht einen Exkurs (C) notwendig. Die biblischen und die historischen Orientierungspunkte werden zusammen mit den vorläufigen Ergebnissen der Kapitel II-VI in dem abschließenden Kapitel VII zusammengefaßt und evaluiert. Ausgehend von meinem methodischen Ansatz, meiner Arbeitsdefinition und meinem Erklärungsmodell wird in diesem letzten Kapitel eine These formuliert, wie m.E. die messianischen Erwartungen im dynamischen Verhältnis zwischen Text und Geschichte zu verstehen sind. Spätestens dann sollte sich auch zeigen, daß sich der Gegenstand dieser Arbeit einer »thematischen« Untersuchung entziehr'0 • 60 Wenn mehrmals von einem ·Messias•, einer •Messias-Vorstellung•, einem ·Messias-Konzeption•, einem •Messias-Konzept•, einem •Endzeitbefreier•, •messianischen Erwartungen •, • messianischen Auslegungen", ,. messianischen Bewegungen • usw. die Rede ist, dann ist damit zwar gemeint, daß es sich jedesmal um unterschiedliche Begriffe handelt, die in jeder Schrift anders interpretiert sein können. Ich werde mich jedoch, rein terminologisch gesehen, auf die Begriffe •messianische Vorstellungen bzw. Konzeptionen• und •Messias-Konzept« zu beschränken versuchen. Dafür ist meine Arbeitsdefinition als eine erste Hilfe für das Verstehen gemeint.
KAPITEL
II
Die messianischen Erwartungen in der Zeit bis zu den Makkabäern
1. Einführung Bei der Untersuchung der messianischen Erwartungen in der Zeit bis zu den Makkabäern circa 164 v. d. Z., oder grob gesprochen, vom Anfang des 3. jh. bis zum ersten Drittel des 2. Jh. v. d. Z. finden wir >>messianische« Erwartungen oder als messianisch zu bezeichnende Erwartungen in der Septuaginta, in einigen Psalmen, bei jesus Sirach, in der Daniel-Apokalypse und im 1. Henoch-Buch Kapitel 83-90 1• Aufgrund der im 1. Kapitel, Exkurs A gegebenen Übersicht der biblischen »messianischen« Stellen, die zum Teil auf ihrer Auslegungsgeschichte basiert, sowie aufgrund meiner Arbeitsdefinition gehe ich hier nicht von einem historischen, sondern nur von einem methodischen Übergang von der biblischen in die nachbiblische und antike Zeit aus. Zwar ist es so, daß man von einem gewissen historischen »messianischen Vorverständnis« in der Zeit bis zu den Makkabäern sprechen kann, dennoch sind die Stellen, Definitionen und Erklärungen des biblischen >>Messianischen« nicht unmittelbar auf die Zeit der Antike bzw. auf unsere bevorstehende Untersuchung übertragbar2 • Deswegen werde ich hier von der genannten Arbeitsdefinition ausgehen müssen, da die folgenden Unterscheidungen, die Auswahlkriterien und die Bewertungen für die nachbiblische Zeit methodisch getrennt von der Bibel zu treffen sind 3 • Auch die Frage nach dem »Wie« und» Warum« dieses Übergangs vom biblischen ins (spät)antike Judentum wird daher hier nicht gestellt werden, da sie erst im Laufe der Untersuchung, wenn wir nach dem Einfluß des 1 Für eine Einführung und Datierung der genannten Schriften siehe die jeweiligen folgenden Paragraphen. 2 Genauso sind die Ergebnisse der jetzigen Untersuchung nicht unmittelbar auf die rabbinische Zeit oder auf die Zeit danach übertragbar; s. dafür mein Kapitel VII. 3 Vgl. dazu Exkurs A.
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Die messianischen Erwartungen in der Zeit bis zu den Makkabäern
biblischen Materials auf die späteren, messianischen Erwartungen fragen, relevant wird 4 • Als kurze Einführung in die Zeit des Überganges vom biblischen ins antike Judentum dienen die Paragraphen 11.2, 11.3 und 11.4 über Sacharja 4, 14, über die Septuaginta und über einige der biblischen Psalmen. Sie sind als exemplarisch für diesen Übergang, der m.E. bei jesus Sirach (11.5) und Daniel (11.6) sein Ende findet, zu betrachten.
2.Sacharja 4,14 Sehen wir bei der Textüberlieferung der älteren Propheten, daß ))messianische« oder aktualisierende Aussagen in späteren Zeiten hinzugefügt worden sind, so etwa in Ezekiel175, Hosea 36 , Micha 4 7 und Habakuk 3,13ff. 8 (sie weisen alle auf eine messianische Entwicklung hin, die erst in der nachexilischen Periode anzusetzen ist9 ), so sind auch die Stellen Haggai 2,23 und Sacharja 4,14 zeitlich bedingt. Sie dienen hier als Beispiele eines nicht nur ))königlichen«, sondern vielfältigen Messias-Konzeptes. Aus beiden Stellen geht ebenfalls hervor, daß es in vorhellenistischer Zeit eine ))doppelte« Messiasgestalt gegeben haben könnte. 10 Vgl. dazu auch Hengel, Judentum, 199ff. So Cooke, G.A., A Critical and Exegetical Commentary on The Book of Ezekiel, Edinburgh 1967, 190. 6 Zu Hosea 3,5 s. Harper, W.R., A Critical and Exegetical Commentary on Amos and Hosea, Edinburgh 1966, 233 und Wolff, H.W., Dodekapropheton 1: Hosea, Neukirchen-VIuyn 1961, 70ff.; vor allem 79: .. Oie Ergänzungen des Textes [... ) entstammen judäisch-messianischer Eschatologie•. 7 Vgl. Wolff, H.W., Dodekapropheton 4: Micha, Neukirchen-VIuyn 1982, 86-87 und 119. 8 So Ward in Smith, j.M.P.; Ward, W.H.; Bewer, j.A., A Critical and Exegetical Commentary on Micah, Zephaniah, Nahum, Habakuk, Obadiah and ]oe/, Edinburgh 1965, 24. 9 Vgl. Mowinckel, He That Cometh, 20. Zu Mowinckel, He That Cometh, 155159; s. auch Hesse, zu xpiw in Th WNT IX, 496, Anm 61. Es ist jedoch schwierig, auch was die oben erwähnten Stellen anbelangt, mehr zu behaupten als daß die messianischen Erwartungen in nachexilischer Zeit anfingen. Das Datieren der relevanten Stellen und vor allem der später hinzugefügten »Glossen• ist, auch von einem historischkritischen Standpunkt aus gesehen, für die Zeit von Kyros bis Alexander eine komplizierte Aufgabe. Bezüglich viele Fragen ist ein Konsensus noch nicht formuliert worden; dieses Problem finden wir verstärkt in der spätantiken Zeit vor. 10 Also nicht nur in den Qumran-Schriften und in der rabbinischen Literatur, wie im allgemeinen angenommen wird. 4
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Die messianischen Erwartungen in der Zeit bis zu den Makkabäern
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Sach 4,14: »Es sind die zwei Gesalbten, die vor dem He"n der ganzen Erde stehen«u.
Dazu Rudolph: »die >Ölsöhne< sind Gesalbte, was sich nur, wie heute mit Recht von den meisten gedeutet wird, auf Serubbabel und Josua beziehen kann. Da schon Haggai (2,23) den Serubbabel als Messias designatus verkündigt hat, ist es wohl selbstverständlich, daß ihn auch Sacharja als Gesalbten bezeichnet. Nicht so selbstverständlich ist die Anwendung des Titels auf den Hohepriester Josua« 12 • Sach 6,11-12: und kröne das Haupt ]osuas, des Sohnes ]ozadaks, des Hohenpriesters, (12) und sprich zu ihm, sagend: So spricht der Herr Zebaot, sagend: siehe, den Mann, dessen Name >Sproß< ist; denn unter ihm wird's >sprossen<, und er wird bauen den Tempel des Herrn« 13 • » ( ... )
Dazu Mitchell: »there is but one definite thing that the Shoot is expected to do, namely to build the Temple of Yahweh, to see that he must be a contemporary of the prophet, and when one again remembers that this is precisely the task which in 4,7.9 is assigned to Zerubbabel, it becomes clear that this passage is simply a recognition of him as the Messiah «14 • Im Gegensatz zu Mitchell hat Van der Woude argumentiert, daß es sich hier zwar um zwei Messiasse handele, einen Fürsten und einen Hohenpriester, aber im ersten Fall ist nicht Serubbabel gemeint, sondern ein künftiger Fürst 15 • InSach 3,8 sind wir der Bezeichnung des Endzeitbefreiers als »Sproß« (MCJ) schon begegnet; auch hier wird er mit der Gestalt Serubbabels verbunden 16, wobei, wie in Sach 9,9 und in anderen biblischen Stellen 17, die Übersetzung vom Autor. Text: Eiliger, K.; Rudolph, W. (Hrsg.), Biblia Hebraica Stuttgartensia, Stuttgart 1977. 12 Rudolph, W., Haggai- Sachar;a 1-8 - Sachar;a 9-14 - Maleachi, Gütersloh 1976, 108; vgl. Mitchell, H.G.; Smith, J.M.P.; Bewer, J.A., A Critical and Exegetical Commentary on Haggai, Zechariah, Malachi and ]onah, Edinburgh 1961, 168. 11 Übersetzung vom Autor. 14 Mitchell, Commentary, 187. 15 Van der Woude, A.S., »Serubbabel und die messianischen Erwartungen des Propheten Sacharja .. , ZAW 100 Suppl. (1988), 138-156. " Mitchell, Commentary, 156 sagt darüber: •A reader of a later time, feeling that it was incomplete, and not taking pains to examine the context, to see if he understood the drift of the passage, added, as a gloss, for (or that) I will bring my servant Shoot«. Dieser ist Serubbabel. Rudolph, Haggai, 99-100 sagt dazu: •Da der zunächst so seltsam anmutende Name nicht weiter erläutert wird, muß er den Hörern vertraut gewesen sein, und es ist nicht zweifelhaft, daß damit auf die messianisch verstandene 11
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Die messianischen Erwartungen in der Zeit bis zu den Makkabäern
Endzeitgestalt aufgrund von Begriffen wie »Sproß«, »König«, ))Helfer« oder »Gerechter« mit älteren Traditionen verbunden wird 18 • Was den Ursprung des Gedankens einer »doppelten« Messiasgestalt betrifft vermutet Mitchell: »lt was the difficulty of combining the two that finally led the Jews to accept the doctrine that there would be two Messiahs, a Son of David who would live and reign forever, and a son of Joseph who must precede the other« 19 •
3. Die Septuaginta Von den von Van der Woude und Lust erwähnten20 »Abweichungen« der Weissagung Jeremias Uer 23,5) angespielt ist, nach der jahwe dem David einen echten (oder: gerechten) Sproß erwecken wird. Wir haben also eine traditionell gewordene Bezeichnung des Messias aus dem Hause Davids vor uns (wie in 6,12), die durch die Hinzufügung von ".,.=v noch unterstrichen wird (vgl. dazu Hag 2,23 ). Aber war denn dieser Messias in der Gestalt Serubbabels nicht schon da? In der Tat( ... ). Deshalb kann V.8b nicht von Sacharja stammen (... ), sondern gehört der Zeit an, wo die Nichterfüllung der auf Serubbabel gesetzten Erwartungen offenkundig geworden war. Da hielt man sich an das Orakel jeremias, das auch weiterhin einen Messias aus Davids Haus verhieß, auch wenn die Hoffnung auf den Davididen Serubbabel betrogen hatte, und zugleich an die Vision Sacharjas von den zwei •Ölsöhnen• (Kap.4 ), die gleicherweise der göttlichen Fürsorge unterstanden•. 17 Vgl. Rudolph, Haggai, 180: .. Waren schon im Bisherigen mehrfach Anspielungen an die ältere Messias-Tradition festzustellen, so ist es ganz klar, daß hier auf Gn 49,11 Bezug genommen wird. Diese Art von Esel ist das 1ier des Messias, wie er auch sonst das Reittier der Vornehmen ist Udc 5,10; 10,4; 12,14; 2 Sam 19,27)•. 18 Für die Vorstellungen •Gerechter• (i"'.,J) und •Helfer• (Vi''U) in Sach 9,9, s. auch Dtn 33,29, jes 9,5-6; 33,16; 45,8; 49,4; 50,7-8; 53,11f.; 62,1 und Ps 20,6-7; 18,3.27-28; für •Sproß• s.o. Für •König• s. mein Kapitel I, Exkurs A. 19 Mitchell, Haggai, 273; er referiert hierbei Webers Altsynagogale palästinische Theologie, 346f. Seine Argumentation ist jedoch einigermaßen anachronistisch; dieses Problem finden wir verstärkt in der spätantiken Zeit vor. Interessant ist es jedoch darauf hinzuweisen, daß auch viel später z.B. der Autor des EkhaZ 1,16,51 die • beiden Gesalbten• von Sach 4,14 auf das König- und Priestertum, hier in den Gesalbten Aarons und Davids, bezieht. Wir werden aber noch viele Bibelstellen finden, die in der Antike und in späteren Zeiten immer wieder anders und neu gedeutet worden sind. S. weiter meine Kapitel IV und VI. 20 Van der Woude, A.S., ZU xpiw, in: ThWNT IX, 501-502; Lust, J., ·Messianism and Septuagint•, VTS 36 (1985), 174-191 (Lust geht in seiner Untersuchung nach dem Messianismus in der LXX von folgender Definition aus: •Messianism is the expectation of an individual human and yet transcendent saviour. He is to come in a final
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Septuaginta 21 (dies im Vergleich zum Masoretischen Text, dessen handschriftliche Überlieferung und Redaktion jedoch jünger als die der LXX sein mögen22 ), sind einige biblische Stellen, was ihre Messianität anbelangt, abgeschwächt, andere dagegen sind "messianisch übersetzt« worden. Dabei fällt auf, daß vor allem die messianische Bedeutung einiger Prophetenstellen abgeschwächt worden ist. Zur ersten Gruppe gehören 1 Sam 2,10.35; Jes 32,1-8.15-20; Jer 17,25; 23,5; 30,9.21; 33,15-16; Ez 34,23; 37,15-28; Hos 3,4-5; Am 9,815; Mi 4,1-4.8; 5,1-3; Sach 4,11-14; Ps 45,7; 72,1-2.11-14; 110,2.4.-7 und 132,1723 • Zur zweiten Gruppe gehören Gen 3,15; Jes 7,14; 11,4; 14,29-32; Thr 4,20; Ez 17,23; 43,3; Hos 8,10, Am 4,13 und LXX Ps 89,3 (=MT 90,3) 24 • Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Stellen Gen 49,10; Num 24,7.17; 2 Sam 7,16;Jes 9,5-6; Ez 21,30-32; Sach 9,10 und Dan 7,13. Im allgemeinen sollte man jedoch die ,, messianischen<< Stellen der LXX nicht überbewerten. Fast immer wird M"'iC mit XPtOT6c; übersetzt25• Dabei konnten "Lesefehler« entstehen (z.B. in Am 4,13), aber meistens ist die LXXeschatological period and will establish God's kingdom on earth. In a more strict sense, messianism is the expectation of a royal Davidic saviour at the end of time«; »Messianism«, 175)«; s. z.B. auch Bertram, G., »Praeparatio Evangelica in der Septuaginta•, VT 7 (1957), 225-249. 21 Die beste Übersicht der Handschriften-Überlieferung der LXX findet man in Septuaginta. Vetus Testamenturn Graecum. Auctoritate Academiae Scientiarum Gottingensis editum. Vol. I-XVI, Göttingen 1931ff. Für den von mir benutzten Text der LXX siehe Rahlfs, A. (Hrsg.), Septuaginta. ld est Vetus Testamenturn graece iuxta LXX interpretes edidit Alfred Rahlfs, Nachdruck Stuttgart 1982. 22 Obwohl eine große Diskrepanz zwischen einerseits den hypothetischen Urformen der hebräischen Bibel, die gewöhnlich im 5. - 3. jh.v.d.Z. datiert werden, und andererseits den Handschriften der LXX, die erst viele Jahrhunderte später zu datieren und z.T. einem christlichen Einfluß zuzurechnen sind, besteht, kann man behaupten, da Bibelhandschriften in Qumran gefunden wurden, daß die LXX-Handschriften und Übersetzung bessere Argumente für eine frühe Datierung als die Handschriften des Masoretischen Textes haben; siehe weiter die Beiträge in Wagner, S. (Hrsg.), Bibel und Qumran. Beiträge zur Erforschung der Beziehungen zwischen Bibel- und Qumranwissenschaft (Festschrift H. Bardtke), Berlin 1968. Mit »LXX« meine ich im allgemeinen: die meisten HSS der LXX; idem für "MT". Zur Entstehung und Geschichte der Septuaginta, s. Würthwein, E., Der Text des Alten Testaments, Stuttgart 1963, 53-54. 23 Diese Liste ist nur als Beispiel gemeint; s. weiter mein Kapitel I, Exkurs A; Van der Woude, zu xpiw, in: ThWNT IX, 501f. und die Bibliographie in Lust, »Messianism«, 174, Anm. 2. 24 Vgl. Lust, »Messianism«, 174. l.! S. Van der Woude, zu xpiw, 501. Lev 4,3 und 2 Sam 1,21 sind hierbei die Ausnahmen: »Mit diesen Ausdrücken ist in der LXX, entsprechend hbr M"'M~ ~;c, "n~;c, ",~;c usw (... ), immer eine königliche Gestalt gemeint•.
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Übersetzung der »messianischen« Stellen der hebräischen Bibel wörtlich, ohne daß eine messianische Auslegung hinzugefügt wurde 26 • Von den Stellen, die messianisch gedeutet wurden, werde ich einige Beispiele zeigen. Zu Gen 49,10 lautet die LXX: »Nicht wird weichen ein Herrscher aus Juda und die Herrschaft nicht von seinen Füßen, bis daß kommen wird, was bei ihm bewahrt ist; und dieser ist die Erwartung der Völker« 27 •
Hier wird die eschatologische Herrschaft in der Übersetzung des hebräischen Wortes für »Zepter aus Juda« deutlich betont. Die Herrschaft ist hier eher militärisch als königlich zu bezeichnen 28 • Dasselbe ist in Num 24,17 der Fall; hier übersetzen die Targumim analog zur LXX. Wo die Targumim jedoch »König« (M~C) lesen, lautet es in der LXX »Mensch« (liv&pw1ro~) 29 • Zu 2 Sam 7,16 lautet die LXX-Fassung, daß Davids Haus und sein Königtum für immer bestehen bleiben werden vor mir, d.h. vor Gottes Angesicht, statt vor dir, wie in MT. So wird das zukünftige davidische Königtum transzendiert. Während das Messianische in Ez 21,30-32 in MT mit dem Königtum verbunden ist, wird es in der LXX-Darstellung mehr priesterlich dargestellr-10. Lust hat bei den »messianischen (( Stellen in der LXX zwischen drei verschiedenen Arten unterschieden: 1) kollektivierende Auslegungen, wie etwa in Jes 13,1; 2) Stellen, an denen betont wird, daß Gott derjenige ist, der den Retter senden wird Ues 9,5-6), und 3) Stellen, wo die LXX die eschatologische Tendenz in eine aktualisierende Tendenz ändert, wie etwa in Dan 9,25-26 31 • Lust, •Messianism•, 175 sagt dazu: »Üne should not overlook the many passages in the Greek version where a •messianizing• translation might have been expected but where it is not given. lndeed, many Hebrew texts receiving a messianic interpretation in the Targumim are translated literally by the LXX without any added messianic exegesis•. N.B., daß Lust, •Messianism•, 175 dabei von der Definition »messianism is the expectation of a royal Davidic saviour at the end of time• ausgeht. 27 Übersetzung vom Autor:. 21 Die MT Wörter ·Zepter• (~I') und •Recht« (i'i'I"!C, von i'i'l"') findet man in der LXX mit •Herrscher• (6pxwv) und •Herrschaft• (~yOUJ.IEvoc;) übersetzt. Dabei ist das Königliche (der MT) in der LXX eher als militärisch zu kennzeichnen. 29 MT: •Es wird ein Stern aus Jakob ausgehen und es wird ein Zepter aus Israel kommen•; TJI: •Es wird ein König aus Jakob ausgehen und es wird ein Gesalbter aus Israel kommen•; LXX hat •Mensch• und der Samaritanische Pentateuch hat •Fürst• statt ,.Zepter•. 30 S. dazu unten. 31 Lust, •Messianism•, 176-177. 26
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Es sind aber oft die »messianischen« Stellen der Septuaginta wegen ihrer textkritischen Probleme bekannt, wie z.B. in Num 24,7.17; andere Stellen sind unter dem Einfluß der christlichen Überliefecer messianisiert worden, wie etwa Thr 4,20 32 • Wie wir auch bei Philo sehen können, hat die LXX im alexandrinischjüdischen Kontext, was einige Stellen anbelangt, den königlichen Charakter des erwarteten Erlösers abgeschwächt. Dies ist wahrscheinlich dem Hintergrund der politischen Lage im damaligen Ägypten zuzuschreiben. Lust sagt dazu: »In Israel, because of the political situation after 332 and especially after 167-164, the royal character of the expected messiah was probably put in a low key, at least by some Jewish factions. The Egyptian political situation, which is usually seen as the background of the origin of the LXX, may have strengthened such developments. Philo's behaviour confirms this «33 • In der LXX-Fassung von Ez 21,30-32 findet Lust, nach einer textkritischen Analyse, sogar eine priesterlich-messianische einer königlich-messianischen Erwartung entgegengestellr-H. Schlußfolgend sagt Lust mit Recht, daß jede LXX-Stelle für sich interpretiert werden sollte und daß die Messias-Erwartungen der Septuaginta nicht als Einheit behandelt werden können 35 • Dies trifft auch für viele andere Schriften zu. Ohne weiter auf die Septuaginta und die These von Lust eingehen zu wollen, sei hier festgehalten, daß wir in den zu untersuchenden Perioden auf vielseitige Messiasgestalten sowie auf ihre je unterschiedliche historische Verwurzdung gefaßt sein sollten.
Lust, »Messianism«, 179. Dazu Lust, »Messianism«, 179-180. 34 Diese Analyse wird von Lust, ,.Messianism«, 190 folgendermaßen zusammengefaßt: »1. The first drah of the Hebrew text had no messianic connotation. lt announced doom for jerusalem. 2. On a later redactional Ievel the oracle was reinterpreted. The new message foretold punishment for the reigning king and the coming of a messianic saviour. 3. According to the LXX version, the oracle reacts against the unification of the royal and the priestly functions. lt condemns the high priests who prefer the royal powers over the priestly ones and announces the coming of a new high priest who will be worthy of the priestly turban. One could call this a priestly messianic expectation opposed to a royal Davidic messianic expectation«. 35 Lust, »Messianism«, 191. 32 33
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4. Die biblischen Psalmen Von den biblischen Psalmen 36 werden die Psalmen 2, 45, 72, 110 und 132 oft als ))messianisch« betrachtet und dabei in die Zeit zwischen dem 3. und l.jh. v. d. Z. datierr-1 7 • Sie seien hier als Einführungsbeispiel zu verstehen, ohne daß dabei die Datierungsfrage dieser traditionell dem David, dem Salomo und dem Korach zugeschriebenen Psalmen behandelt wird. Im 2. Psalm werden zwei der möglichen Aspekte eines messianischen Textes betonrl 8: Die Völker der Erde leisten Widerstand gegen Gottes Gesalbten, und der Gesalbte wird ))Sohn Gottes« genannrl9 • Der Ursprung dieser spezifischen Bedeutung, die uns als solche im Vergleich mit den vorexilischen Büchern der hebräischen Bibel auffällt, verbindet Kraus mit der Königsideologie, wobei er eine Inthronisationsfeier als Sitz im Leben des Psalmes postulierr40. Mowinckel verbindet den Psalm jedoch mit der damaligen historischen Lage, wobei gerade das Königtum fehlte 41 • Wie dem auch sei, es scheinen die zwei am Anfang genannten ))messianischen« Elemente mit der Erwartung eines endzeitliehen Befreiers wenig zu tun zu haben. Der ideale König (in welcher Form der Messias oft erwartet wurde) wird in den Psalmen 20, 28 und 84 als ein schützender und stellvertretender Mittler zwischen Gott und seinem Volk dargestellt42 • In den Psalmen 45 und 72 wird die Gerechtigkeit des Königtums betont. In der Textausgabe von Eiliger; Rudolph, Biblia. Dies geschieht schon in den historisch-kritischen Untersuchungen von Hühn, Weissagungen, 79ff. und 152ff. Für einige der von mir erwähnten Psalmen s. auch Strauß, Messias, 17ff. (Ps 110) und 25ff. (Ps 2). 38 S. meine Tabelle in Kapitel I, Exkurs A für die Aspekte. 39 S. dazu Briggs, Ch.A., A Critical and Exegetical Commentary on the Books of Psalms 1-11, Edinburgh 1960, I, 11. 40 So Kraus, H.-J., Psalmen 1-11, Neukirchen-VIuyn 1978, vor allem I, 146. 41 Mowinckel, He That Cometh, 10-13 bezeichnet die Psalmen als nicht-messianisch und bezeichnet erst die nach-exilischenprophetischen "messianischen• Stellen als solche (S. 16-17). Er schlußfolgert über das Verhältnis zwischen Königs- und MessiasIdeologie folgendermaßen: "1. The conceptions of the king in the old royal ideology and in the doctrine of the Messiah are in all their main features identical. 2. The overwhelming majority of the Messianic passages belong to the post-exilic age, when the monarchy no Ionger existed. lt is therefore at least possible, and in fact very probable, that the few remaining pre-exilic sayings about the ideal king are concerned with the actual historical kingship, and not with the Messiah• (He That Cometh, 20). vgl. auch Hesse, zu xpiw, in: Th WNT IX, 496, Anm. 61. 41 Vgl. zu Ps 20: Kraus, Psalmen I, 307ff.; zu Ps 28: Briggs, Commentary I, 248249 und Kraus, Psalmen I, 371ff.; zu Ps 84: Briggs, Commentary II, 225 und Kraus, Psalmen II, 745ff. Diese Psalmen werden jedoch früher als auf das 3.Jh.v.d.Z. datiert. 36
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Wir stellen fest, daß die Königsideologie mehrere Aspekte, die dann in späteren Traditionen als »messianisch<< bezeichnet worden sind, an sich gezogen hat0 . In den Psalmen 18, 105 und 110 wird an frühere Traditionen, die dann später messianische Auslegungen nach sich gezogen haben, angeknüpft, indem 2 Sam 7,13 (in Ps 18,51 und 105,15) und Gen 14,18-20 (in Ps 110,2.4-7) zitiert werden. In Ps 105 wird die Unantastbarkeit des ••Gesalbten<< in einem historischen sowie eschatologischen Rahmen betont: Der rote Faden dabei sind die Verheißungen an die Erzväter, an David, an sein Volk und an die ganze Welt«. Auch in den Psalmen 89 und 132 finden wir früheres und späteres Material miteinander verbunden. Im zweiten Teil von Ps 8945 , worin an die davidischen Verheißungen erinnert wird 46 , ist ••ein Klagelied über den Niedergang des Königtums in 39-52 angehängt worden<< 47 • Noch deutlicher ist dies in Ps 132,10.17 der Fall, wo auf den ••Sproß<< (vgl. 2 Chr 6,42; Ez 29,21; Jer 23,5; Sach 3,8 und 6,12) Bezug genommen wird 48 • Die Entstehungszeit von Ps 132 könnte die Makkabäerzeit gewesen sein, so jedenfalls Briggs49, wobei das Königtum wieder mit dem Heiligtum in Jerusalem verbunden werden konnte 50 • Wie man einige der Psalmen auch auslegt, ob »messianisch<<, wie dies früher oft geschah, mit der israelitischen Königsideologie, oder mit den Erwartungen eines idealen davidischen Königs verbunden, bleibt ein The43 Es wären hier noch andere Aspekte zu erwähnen. Vgl. dazu Hesse, zu xpiw, in: ThWNT IX, 496, aber auch Ringgren, Messiah, 11-24; Ringgren, H., »König und Messias«, ZAW 64 (1952), 120-147 und Rehm, M., Der königliche Messias im Licht der lmmanuel- Weissagungen des Buches ]esaja, Kevelaer 1968, 313-333. 44 So Briggs, Commentary II, 339. 45 Briggs, Commentary II, 250 bezeichnet die Verse Ps 89,18-52 als zweite Teil, wobei die Verse 47-52 wie ,.an impatient Ionging for the interposition of Yahweh in behalf of His humilated people, and for the restoration of the monarchy• angehängt wurden. 46 S. dazu Briggs, Commentary II, 250 und Kraus, Psalmen II, 782 47 So Kraus, Psalmen II, 782. Die Verse 47-52 sollen später, d.h. in schwierigen Zeiten mit dem ganzen Ps 89 verbunden worden sein; so Briggs, Commentary II, 250. 48 S. dazu Briggs, Commentary II, 468: .. Ps. 132 agrees with 89,18-46 in citing and paraphrasing the Davidic covenant 2 S. 7,11sq. It represents, however, a much later date• und 472: ,.J will cause a horn to sprout for David]. The writer had in mind, in the use of horn, Ez. 29,21, the Branch of je. 23,5, Zc. 3,8; 6,12, and so the passage is Messianic, implying the absence of the Davidic king in the time of the writer•. 49 Briggs, Commentary II, 471, jedoch nicht ohne Widerspruch. Briggs Hypothese trifft erst für die Hasmonäerzeit zu. 50 Vgl. dazu Kraus, Psalmen II, 1066; Kraus bezeichnet Königtum und Kultus als die zentralen Größen des biblischen Glaubens, die wir auch in Ps 132 finden: .. Dieses Doppelthema bezeugt die Gegenwart Gottes in Israel•.
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ma für sich. Klar ist jedenfalls, daß sowohl der damalige König als auch der idealisierte König der Endzeitbeideals ,,Gesalbte Gottes« mit den Verheißungen über ein davidisches Königtum verbunden werden konnten. Ps 132 weist uns dann allenfalls wieder darauf hin, daß hier differenziert werden sollte, da in späteren Zeiten (die Makkabäerzeit?) auch andere Elemente (das des Heiligtums oder des Priestertums), sei es ,,aktualisiert«, »idealisiert« oder »messianisiert«, mit einbezogen wurden 5 1•
5. Jesus Sirach In den verschiedenen LXX-Handschriften der Bibel beobachteten wir bei der Übersetzung der »messianischen« Stellen v.a. der prophetischen Bücher eine geringe Abschwächung der königlichen Attribute eines Endzeitbefreiers. Dies fand wohl in einem alexandrinisch-jüdischen Kontext statt. Bei einigen der Psalmen sahen wir, daß der königliche Aspekt eines Gesalbten, der aber nicht immer als Endzeitbefreier dargestellt wurde, wie auch sein Verhältnis zum Volk und zu Gott samt einer Verbindung mit früheren Verheißungen betont wurden. Dies deutete auf einen palästinischjüdischen Kontext. In den griechischen und hebräischen Handschriften der Schrift des Jesus Sirach 52 wird vor allem in den Kapiteln 46-51 die ununterbrochene 51 Diese und ähnliche Begriffe werden im Verlauf meiner Untersuchung wiederkehren; sie weisen hier nur beiläufig darauf hin, daß Texte, die uns als ,.messianisch• überliefert worden sind, eine immer fließende Bedeutung haben und ihre Bedeutung jeweils von ihrem Kontext und dem Kontext des Auslegers bekommen; die Begriffe .. Ak.tualisierung•, ,.Idealisierung• und ,.Messianisierung• beschreiben verschiedene hermeneutische Prozesse in dieser Wechselwirkung zwischen Text und Geschichte. 52 Ich gehe von der griechischen Übersetzung des Enkels des jesus Sirach (Eieasar) aus, der im letzten Drittel des 2.Jh.v.d.Z. das Werk seines Großvaters übersetzt hat; vgl. dafür Sir, Prolog 27 und Hengel, Judentum, 241. Für dessen Text benutze ich Rahlfs, Septuaginta II, Stuttgart 1982. Für die textkritischen Problemes.: Uvi, 1., The Hebrew Text of the Book of Ecclesiasticus, Leiden 1951; Yadin, Y., The Ben Sira Scroll from Masada, jerusalem 1965; Schechter, S.; Taylor, C., The Wisdom of Ben Sira. Portions of the Book Ecclesiasticus, Cambridge 1899; Dilella, A.A., The Hebrew Text of Sirach: A Text-Critical and Historical Study, Glückstadt 1966; Rüger, H.P., Text und Textform im hebräischen Sirach. Untersuchungen zur Textgeschichte und Textkritik der hebräischen Sirachfragmente aus der Kairoer Geniza, Berlin 1970 und Ziegler, J., Die Münchener griechische Sirach-Handschrift 493, München 1962. Der hebräische Text geht bekanntlich von Kapitel 37,27 bis Kapitel 44,17c, was die Masada-Handschriften anbelangt, und enthält die für unsere Untersuchung relevanten Stellen 49,12-16; 50,1-29b und 51,1-30, was die Kairoer Geniza-Fragmente betrifft.
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Geschichte des jüdischen Volkes 53 in Verbindung mit der Tora als Weisheit dargestellt und mit dem Tempel als Zentrum 54 hervorgehoben. Jesus Sirach vertritt den Übergang vom biblischen und nach-exilischen ins hellenistisch-römische Zeitalter des Judentums. Im dritten und am Anfang des zweiten Jh. v. d. Z. wurde Palästina überwiegend von den Ptolemäern beherrschr5 5 • In judäa soll die politisch-religiöse Selbstverwaltung in den Händen der Hohenpriester und der sogenannten >> Gerousia « gelegen haben 56 • Der vormakkabäische Ben Sira (circa 190-175) 57 lebte in einer Periode, in der die Seleukiden das jüdische Gebiet zu ihrem Machtbereich gemacht hatten. Sie wurden dabei von ihren jüdischen Parteigängern unterstützt. Im Werk des ))Schriftgelehrten« Ben Sira 58 macht sich eine tiefe Abneigung gegen die Herrscher und ihre jüdischen Helfer bemerkbar59 • Einer der Hauptgedanken in seinem Werk, das in der Auseinandersetzung zwischen jüdischer Tradition und Hellenismus entstanden isr6°, besteht darin, daß die Weisheit mit der göttlichen Tora gleichzusetzen isr6 1• Die Offenbarung steht für ihn im Mittelpunkr6 2• So finden wir bei ihm den Messias als Gesalbten (historisch verstanden und als König dargestellt, wie meistens auch in der Bibel) kaum mit Zukunftserwartungen verbunden. Daher ist bei ihm von einem Endzeitbefreier nicht die Rede 63 • S. auch die Kapitel 44--49 und MacKenzie, R.A.F., Sirach, Wilmington 1983, 166-167; vgl. dazu die Geschichtsdarstellungen Jos 24,1-13; Dtn 26,5-9; Ps 78; 105 und 106; Ez 16; 20 und 23 und Neh 9,7-37; darüber MacKenzie, Sirach, 167: »All of these are religious histories, not political or social; they treat of the covenant relationship between the Lord and the people of Israel«. 54 So MacKenzie, Sirach, 16; vgl. dazu Mack, B.L., Wisdom and the Hebrew Epic. Ben Sira's Hymn in Praise ofthe Fathers, Chicago 1985. Zu Weisheit und Hellenismus s. Hengel, Judentum, 284ff. und Middendorp, Th., Die Stellung ]esus Ben Sira zwischen Judentum und Hellenismus, Leiden 1973. 55 S. weiter Schürer, History I, 137ff. 56 Vgl. Schürer, History I, 139; über die Reform von Esra (»fundamentally ritual•), die Schriftgelehrten und den hellenistischen Einfluß, s. Schürer, History I, 143f. 57 Vgl. weiter Hengel, Judentum, 242ff. sa Er ist noch nicht zu den tfasidim zu rechnen, denn die Unterscheidung zwischen tfasidim und Hellenisten wird erst später gemacht; vgl. Hengel, Judentum, 274f. Zu Sirach als Schriftgelehrter, s. Stadelmann, H., Ben Sira als Schriftgelehrter. Eine Untersuchung zum Berufsbild des vor-makkabäischen Sofer unter Berücksichtigung seines Verhältnisses zu Priester-, Propheten- und Weisheitslehrertum, Tübingen 1980. 59 So Hengel, Judentum, 274. 60 Hengel, Judentum, 252ff. 61 Vgl. dazu Hengel, Judentum, 288ff. 62 So Sauer, G., Jesus Sirach (Ben Sira), Gütersloh 1981, 491. Vgl. auch MacKenzie, Sirach, 13-18. 63 S. dazu auch De jonge, zu xpiw, in: Th WNT IX, 502. 53
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Es sind die »Männer Gottes«, die die Tora oder Gottes Weisheit in der Geschichte64 verkörpern, und obwohl sie alle gestorben sind, bleibt ihre Erinnerung für immer bestehen, wie wir in Sir 44,10-15 und 49,14-16 lesen können. Oft sind sie die gesalbten Priester (45,15.23-26; 49, 1-3; 50,1-21)65 , die Richter (46,1-12) 66 , die Propheten (46,13.19; 48,1-14.1725; 49,8-10) 67 und die Könige (47,1-25; 49,4-7.11-13) 68 von Israel. Dabei referiert Ben Sira häufig die Aussagen der hebräischen Bibel69, und zwar in der Form einer Nacherzählung der biblischen Geschichtsdarstellungen 70 • Die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk ist für ihn ungebrochen und steht noch völlig in der biblischen Tradition 71 • Sie gründet auf den biblischen Geschichten über die »Männer Gottes« und den Tempel; beide werden als Mittelpunkt der Weisheit oder Offenbarung Gottes dargestellt72. Messianische Erwartungen finden wir bei Sirach jedoch nicht73 , obS. dazu Sauer, Jesus Sirach, 492. Daß es sich in Sir 45,15 (Mose salbt Aaron mit dem heiligen Öl; dies ist ein ewiger Bund für seine Nachkommen, um Gott und sein Volk zu segnen.) nicht nur um eine Paraphrase von Ex 28,41; 29,9ff.; Lev 8,1-16; 6,22-27 und Dtn 10,8 handelt, zeigt die Auslegung von 45,16-17, wo gesagt wird, daß Gott Aaron und seine Nachkommen auserwählt hat, damit sie für den Herrn opfern und für ihr Volk Buße tun, und daß er ihnen die Autorität gegeben hat, seine Tora in Einzelbestimmungen auszulegen, das Volk zu unterrichten und über Gottes Tora aufzuklären. 66 Dabei lautet Sir 46,12: •Mögen ihre Knochen von ihrem Platz heraussprossen und möge der Name von denen, die geehrt worden sind, in ihren Söhnen weiterlebenoc. Hier wird auf die Auferstehung der Toten angespielt. Die Erinnerung an die Richter ist so stark, daß sie die Zeit überwinden wird. Nicht die Hoffnung auf einen Endzeitbefreier, sondern die Wiederherstellung der Vergangenheit Israels, idealisiert in ihren Führern, spielt hier eine große Rolle. 67 Der Prophet Samuel steht in Sir 46,13-20 im Mittelpunkt: Er ist den Königen übergeordnet (13.c; 16.b; 18.a-b; 20.b-d). Selbst steht er unmittelbar unter Gott (13.b; 14; 16.a; 17), um seinem Volk zu dienen (13.b-c; 14; 16-18; 20). 68 In Sir 47,1-11lesen wir über die Geschichte von Nathan und David, die mit der Verherrlichung des davidischen Königtums abgeschlossen wird: .. Der Herr nahm seine Sünden weg und erhöhte sein Horn für immer; er gab ihm den Bund der Könige und einen Thron der Herrlichkeit in Israel" (Sir 4 7,11 ); vgl. auch Sir 4 7,22. 69 S.o. 70 Es handelt sich hier um eine Interpretation der biblischen Erzählungen oder Geschichtsdarstellungen anstelle einer wörtlichen Nacherzählung. 71 Vgl. Sauer, Sirach, 493, der aufmerkt: ,. Wesentlich wirkungsvoller als in das Gedankengut des hebräischen Sir hat indessen hellenistischer Geist in die griechischen Textform von Sir eindringen können." Beispiele ebd. 72 S. auch Sauer, Sirach, 491~92. 73 S. dazu auch: Caquot, A., •Ben Sira et le Messianisme•, Semitica 16 (1966), 4368, vor allem 67-68. &4
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wohl die Hoffnung von ihm ausgesprochen wird, daß die Tora weiter im Volk existieren möge (46,12; 48,11). Was aber mit dem »Messianischen« in Verbindung gebracht werden könnte, ist die Bestätigung der religiösen und politischen Autorität der in der Regel »gesalbten« Könige und Priester, deren Geschichte ihren Endpunkt nicht in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit von Serubbabel, josua und Nehemia findet. Sie werden so als Endpunkt der biblischen Geschichte dargestellt. Es könnte sich hier um die Legitimierung der historischen Lage in Sirachs Zeit handeln, wobei Serubbabel für Antiochus 111, josua und Nehemia für den Hohenpriester Sirnon II (und vielleicht der hier auffallend nicht erwähnte Esra für Ben Sira selbst?) stünden. Denn für Ben Sira ist die Autorität eines Gesalbten (von ihm historisch und nicht eschatologischmessianisch verstanden) sowohl mit dem Königtum als auch mit dem Priestertum verbunden 74 • Dies steht im Gegensatz zu der Septuaginta und den Psalmen, die sich eher, sei es in Ablehnung, sei es in Zustimmung, auf das >>Königliche« eines Gesalbten konzentrieren. Ein zweites Argument für diese Interpretation liegt darin, daß bei Ben Sira der Anfang einer gewissen Hellenisierung zu erkennen isf5, die es ihm, was sein Geschichtsverständnis betrifft, ermöglichen könnte, Antiochus 111. als »Gesalbten« (allerdings historisch und nicht messianisch verstanden) zu akzeptieren. Die mit der Hellenisierung verbundenen Risiken wurden ja erst später erkannt. Ein weiteres Argument ist die Tatsache, daß, wenn Ben Sira die biblische Geschichte einfach nacherzählen wollte, er auf die biblischen Bücher hätte verweisen können. Sein Motiv wird jedoch schon im Prolog 3-7 deutlich: Er will das Volk unterweisen. Sir 49,11-13 ist dementsprechend nicht nur eine Nacherzählung des Anfangs der zweiten Tempel-Periode. Unsere Aufgabe liegt nun darin nachzuvollziehen, was genau Ben Sira mit diesen Versen »lehren« wollte. Jesus Sirach 49,11-13 ll.a. »Wie können wir Serubbabel verherrlichen? b. (Denn) er war wie ein Siegel an der rechten Hand, 12.a. so war (auch) Josua, Sohn des Jozadak; b. sie bauten in ihren Tagen das Haus c. und erhöhten den Tempel heilig für den Herrn, d. zubereitet in ewiger Herrlichkeit. 13.a. Auch die Erinnerung an Nehemia ist bleibend, b. denn er errichtete
S. dafür Sir 45,15; 46,13.19; 47,11; 48,10 und 49,11. S. dazu Hengel, Judentum, 289-291 und Mack, B.L.; Murphy, R.E., ,. Wisdom Literature«, in: Kraft; Nickelsburg, ]udaism, 371-341, vor allem 375. 74
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für uns die zerfallenen Mauern c. und stellte Tore und Riegel auf; d. er baute unsere zerstörten Häuser aufu/6
In Vers 11. b wird Hag 2,23 referiert, wo das Wort »Siegel« mppay{<; auch auf Serubbabel bezogen wird. In 12.a. wird indirekt auf Sach 3,8 (Josua ist ein »Zeichen«) und 6,11 (»kröne das Haupt josuas, des Hohenpriesters, des Sohnes Jozadaks«) Bezug genommen. In den Versen 12.a-d klingt zusätzlich die Bezeichnung »Sproß« für josua mit. Beide, Serubbabel und josua, die in 11.a-12.a durch die Worte »so war (auch)« miteinander verbunden und von Ben Sira verherrlicht werden, finden wir in ähnlicher Weise als die »zwei Gesalbten« in Sach 4,11-14 kombiniert. In Vers 12.b-d folgt die Nacherzählung der Geschichte über den Wiederaufbau des »Hauses des Herrn« (vgl. Esr 3,8ff.). Wenn in Vers 13.a-d über Nehemia gesprochen wird (vgl. Neh 3,1-6ff.), dann wird statt wie in der LXX »erbauen« (oiKoÖoJ,Jtw) das Verb »aufwecken/aufrichten« ((av)tyEipw) benutztn. Daraus läßt sich schließen, daß Sirachs Wiedergabe des Wiederaufbaus Jerusalems nicht nur geschichtlich, sondern auch theologisch gemeint ist. Der historische Kontext dieser Verse soll angeblich der Bau des Tempels unter Führung von Serubbabel und josua gewesen sein. Dessen Bedeutung steht für Sirach im Mittelpunkt seiner Gedanken: Sowohl die Erbauer des Tempels (so 11.a und 12.a) als auch der Tempel (so 12.d) wurden seitdem »für immercc verherrlichr78 • Mit dem nächsten Vers Sir 49,13 schließt Ben Sira die Beschreibung der Geschichte Israels endgültig ab79. Er selbst schreibt in einer Zeit, in der Antiochus III. über Palästina herrscht (223-187 v. d. Z.) und Sirnon Hoherpriester wird (201 v. d. Z.). Diesen Hohenpriester Sirnon preist er ausführlich im 50. Kapitel (Sir 50,121 ), wobei die Ähnlichkeit mit Sir 49,11-13 auffällt: Übersetzung aus dem Griechischen vom Autor; hebräisch lautet der Text (so Schechter, Wisdom, 19 und xlv-xlvi in seiner englischen Übersetzung): »And they erected the holy temple; which was prepared for everlasting glory. Nehemiah, glorious in his memory; who raised up our ruins: And healed our breaches; and set up gates and bars•. n S. Liddell, H.G.; Scott, R., A Greek-English Lexicon, Oxford 1961, 1204 und 469. 78 Auch die LXX-HSS 8, S und V (T) sind theologisch orientiert, indem sie statt ,. Tempel• ,. Volk« lesen; vgl. Vers 49, 12.c in Rahlfs, Septuaginta II, 466. Die GenizaFragmente lauten: .. und sie erhöhten (Hiphil von C'n) den heiligen Tempel, der für ewige Herrlichkeit zubereitet war•; vgl. Schechter, Wisdom, xlv und 19. 79 In 49,14-16 blickt er nochmal aufHenoch,joseph, Sem, Sethund Adam zurück; mit ihnen hatte er ja in 44,16 die biblischen Geschichten anfangen lassen, so daß die gesamte Passage Sir 44,16-49,16 eine abgerundete Geschichte enthält. 76
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50.1.a. »Simon, Sohn des Onias, der Hohepriester, b. er stellte in seinem Leben das Haus wieder her c. und man verstärkte in seinen Tagen den Tempel• 80 •
Auch wenn Josua und Sirnon für Ben Sira nicht miteinander vergleichbar wären oder nichts miteinander zu tun hätten (obwohl Ben Sira beider Geschichten ohne nennenswertes Intermezzo gleich nacheinander folgen läßt), bestätigt er in Kapitel 50 ohne Zweifel die religiöse Autorität des damaligen Hohenpriesters, und es steht am Anfang des 2. Jh. v. d. Z. für ihn der Tempel im Mittelpunkt. Diesen Sirnon vergleicht er mit der Sonne, mit dem Mond und mit dem Morgenstern, wenn er in vollem Ornat am Yom Kippur den Tempeldienst erfüllt. In Sir 50,24 wird von Sirach die Erwartung ausgesprochen, daß Gott für Sirnon das Bündnis mit Pinehas aufrechterhält und dieses Bündnis für ihn und seine Nachkommen >>für ewig<< bewahrt. Diese Erwartungen sind in der LXX-Version von Sir 50,24, d.h. in der Zeit nach circa 132 v. d. Z. verschwunden; statt dessen finden wir einen mehr allgemein gehaltenen Gebetstext. In der zweiten Hälfte des 2. Jh. v. d. Z. übernahmen die Hasmonäer das Amt des Priestertums von den Nachkommen des Pinehas. In dieser Periode scheinen breite Schichten der Bevölkerung Ägyptens und Palästinas (mit Ausnahme der Gemeinde von Qumran) für Endzeiterwartungen nicht mehr so empfänglich gewesen zu sein. Daraus läßt sich diese LXX-Version, eine klare Anpassung an die historische Situation, erklären. Eine gewisse Art Messianisierung ist jedoch im hebräischen Sir 50,24 spürbar: Sirnon wird mit den Himmelskörpern verglichen, und das Priestertum werde es auch in der Zukunft ())für ewig«) noch geben. Dabei handelt es sich bei Sirnon jedoch nicht um eine eschatologische, sondern um eine historische Person. Daher ist aus dieser Stelle nur zu schließen, daß in Sirachs Zeit das Priestertum gewissermaßen dem Königtum übergeordnet war und daß bei ihm von klar ausgesprochenen messianischen Erwartungen oder Messias-Konzeptionen nicht die Rede ist. Daß dabei Antiochus III. von Sirach nicht genannt wird, ist erklärbar. Sirach war sicherlich kein Anhänger des Hellenismus. Daß er in den zuerst zitierten Versen Serubbabel verherrlicht, könnte jedoch darauf hinweisen (wenn wir dies in Sirachs Zeit deuten), daß er jedenfalls die Herrschaft des Antiochus 111 akzeptiert hat, denn unter dem Schutz dieser Herrschaft lebte das Volk auf und war imstande, den Tempel zu verstärken. Daß Ben Sira in Sir 49,13 nur Nehemia und nicht auch, wie zu erwarten wäre, Esra erwähnt (vgl. Neh 8), ist weniger verständlich. Könnte es sein, 80 Übersetzung vom Autor; s. für Sirnon auch Hengel, Judentum, 241ff.; MacKenzie, Sirach, 190 und Sauer, Sirach, 492.
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daß Sirach sich selbst als eine Art »neuen Esra« verstanden hat und ihn deswegen nicht nennt? Dann würde es auch zu verstehen sein, daß Sirach den Hohenpriester Sirnon die Reihe der Könige und Priester abschließen läßt und sich selbst an das Ende der Propheten und Weisen stellrl 1 • Wennall diese Vermutungen stimmten, würden Josua und Simon, Serubbabel und Antiochus lll. wie auch Esra und Sirach miteinander korrespondieren, und es hätte für Sirach eine Analogie zwischen der Zeit des Wiederaufbaus des 2. Tempels und seiner eigenen Zeit gegeben.
6. Daniel Das Daniei-Buch oder die Daniei-Apokalypse82 ist ein kompositorisches Werk, wobei der älteste aramäische Teil Dan 2,4-7,2783 , geschrieben vor 168 v. d. Z. 84 , später von zwei Redaktoren ergänzt wurde85 • In späteren Jahrzehnten wurde die apokryphe Geschichte über Susanna, Bel und den Drachen hinzugefügt86 • Die Kapitel 7 bis 12 beschreiben die Ereignisse während der Regierung Antiochus' IV. Epiphanes, ohne dabei die makkabäische Tempeleinweihung zu erwähnen, so daß sie wohl vor 164 v. d. Z. zu datieren sind 87 •
Vgl. Hengel, Judentum, 247. Für eine andere Lösung s. Höffken, P., ,. Warum schwieg Jesus Sirach über Esra?«, ZAW 87 (1975), 184-202. 82 Ausgangspunkt dabei ist der Text in Eiliger; Rudolph, Biblia. Zwei von mir benutzte Kommentare sind: Hartman, L.F.; DiLella, A.A., The Book of DANIEL, New York 1978 und Lebram, J.-C., Das Buch Daniel, Zürich 1984. Eine Bibliographie der Sekundär-Literatur über Daniel ist natürlich unübersehbar; s. dafür z.B. Hartman, Book, 111-124. u Vgl. Lebram, Buch, 18. 84 Vgl. Hartman, Book, 13. 85 Lebram, Buch, 22ff. sieht in Dan 1,1-24a; 8,1-10.12b.l5.17.20-23.26b.27a die Zufügungen des Redaktors I und in Dan 8,8.11.12a.13.14.16.18.19.24-26a.27b und 9,1-12,13 die Zufügungen des Redaktors II. Hartman, Book, 13 nennt noch einen vierten Autor. 86 Dan 13-14 in der katholischen Bibelausgabe; vgl. Hartman, Book, 19ff. 87 So Hartman, Book, 38-42. Wir gründen die Chronologie der seleukidischen Periode, von dem syrischen Herrscher Antiochus IV. Epiphanes (175-164) bis Antiochus IX. Cyzicenus (113-95) und Antiochus VIII. Grypus (111-96 v.d.Z.) v.a. auf Eusebius' Chronicorum II und das 1. Makkabäerbuch; vgl. die Tabelle in: Schürer, History I, 126f. 81
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Die Autoren der Daniel-Apokalypse werden zu den Kreisen der .f;:lasidim gerechner88. Aus dem Konflikt zwischen den jüdischen und hellenistischen Bewegungen am Anfang des 2. Jh. v. d. Z. sollen zwei religiöse Parteien entstanden sein: die Hellenisten und die .f;:lasidim89 . Es soll unter Antiochus IV. Epiphanes zu schweren Auseinandersetzungen gekommen sein, als Jason, der Hohepriester, ein Gymnasium errichtete und deswegen viele Juden das Zeichen ihrer Beschneidung beseitigen ließen 90 • Sein Nachfolger Menelaos entweihte den Tempel, und als Jason mit Gewalt versuchte, wieder Hoherpriester zu werden, und Antiochus Jerusalem einnahm, wurde der Tempelschatz nach Antiochien gebracht91 . Im Jahre 168 v. d. Z. führte Antiochus eine Strafexpedition durch, und die jüdische Halakha wurde verboten. Nun sollten auch die heidnischen Götter verehrt werden92. Über diese Entweihung schreiben Daniel (vgl. Dan 11,31.39 und 12,11) und der Autor des 1. Makkabäerbuchs (vgl. 1 Makk 1,54.59). Für eine ausführliche Beschreibung dieser Jahre sei auf das 1. Makkabäerbuch verwiesen. In der Wirkungsgeschichte der Daniei-Apokalypse93 hat der Begriff »Sohn des Menschen« oder )) Menschenähnlicher(( eine sehr große Rolle gespielt94. Inwiefern der Begriff unter unsere Definition eines Endzeitbefreiers fällt, ist eine der Fragen, der wir uns zu stellen haben. Der »Menschenähnliche(( in Dan 7,13 95 tritt, genauso wie der zweite Adam in Hen(äth) 90,37 96 , am Ende einer periodisierten Geschichtsdarstellung auf und ent-
So Hengel, Judentum, 320ff.; Hartman, Book, 43ff. S. auch Lebram, J.C.H., "The Piety of the Jewish Apocalyptists«, in: Hellholm, Apocalypticism, 171-210, vor allem 187ff. und Nickelsburg, G.W.E., »Social Aspects of Palestinian jewish Apocalypticism«, in: Hellholm, Apocalypticism, 641-654. 90 Vgl. Schürer, History I, 148ff. 89 Vgl. Schürer, History I, 145ff. 91 Vgl. Schürer, History l, 150f. 92 Vgl. Schürer, History I, 152ff. 91 Sie wird übrigens in den späteren jüdischen Apokalypsen des Interbellums am häufigsten von allen »biblischen• »messianischen« Stellen zitiert und paraphrasiert. 9 ~ Um nur einige der vielen Studien zu erwähnen: Noth, M., ,. Die Heiligen des Höchsten«, in: ders., Gesammelte Studien zum Alten Testament, München 1966,274290; Müller, K., .. Der Menschensohn im Danielzyklus«, in: Pesch, R.; Schnackenburg, R. (Hrsg.), ]esus und der Menschensohn (Festschrift A. Vögtle), Freiburg 1975, 37-80; Colpe, »Begriff•. 9 s Die Übersetzung »Menschenähnlicher« ist hier anstelle des theologisch überladenen .. Sohn des Menschen• zu bevorzugen, auch weil sie dem Text von Dan 7,13 nähersteht; Lebram, Buch, 86 sagt über deren Bedeutung: »Menschensohn bedeutet im späten Aramäisch <Mensch>, im frühen Aramäisch wahrscheinlich einen sozial hochgestellten Mann, einen Prinz oder König•; vgl. auch Hartman, Book, 85ff. u.a. 96 Vgl. dazu Black, M., The Book of Enoch or 1 Enoch. A New English Edition. With Commentary and Textual Notes, Leiden 1985, 20. 88
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spricht so zum Teil unserer Definition des Endzeitbefreiers als einer Gestalt, »die eine befreiende Rolle in der Endzeit spielt<<, Dabei wird er jedoch nicht als »eine priesterliche oder königliche Figur«, sondern als eine »andersartige Figur« dargestellt. Der Begriff »Endzeit« definiert sich aus einem historischen Bewußtsein, in dem die Geschichte, wie die Apokalyptiker dies taten, periodisiert und dabei v.a. eschatologisch verstanden wird. Wir finden ein ähnliches Geschichtsverständnis auch im etwas später entstandenen Jub 31,15-2097, wo die Geschichte Israels nacherzählt und dabei vor allem Gottes Tora hervorgehoben wird 98 • So gehört Daniel zu einer größeren apokalyptischen »Bewegung« oder »Mentalität«, deren Hauptmerkmal darin besteht, daß sie die Geschichte periodisiert und determiniert darstellt und am Ende dieser Geschichte eine (hier menschliche) Gestalt die befreiende Rolle spielen läßt. Auffallend ist sicherlich, daß die messianischen Erwartungen in der Zeit bis zu den Makkabäern kein königliches (wie in der biblischen Zeit üblich) oder priesterliches (wie in späteren Zeiten üblich) Konzept aufweisen, sondern daß der Autor der Daniei-Apokalypse von einem »Menschenähnlichen<< spricht. Diese Figur des »Menschenähnlichen<< stellt eine der wichtigsten Messias-Vorstellungen der hellenistisch-römischen Zeit dar. Dan 2 weist in der Deutung des wahrscheinlich persisch beeinflußten Traumes von den vier Weltmonarchien auf eine anti-seleukidische Haltung der» Versammlung der Frommen<< 99 hin. Typisch ist dabei ein deterministisches Geschichtsbild, das die Gegenwart als Erfüllung früherer Weissagungen versteht 100 • 97 Das Jubiläenbuch wurde wahrscheinlich zwischen 161 und 152 v.d.Z. geschrieben; so jedenfalls die Auffassung von VanderKam, J.C., Textutti und Historical Studies in the Book of ]ubilees, Missaula 1977,214-285, vor allem 283. S. auch Nickelsburg, G.W.E., "The Bible Rewritten and Expanded•, in: CR/11.2, 97-104 (Das Jubiläenbuch wird jedoch oft später datiert) und Charles, R.H., The Book of Jubilees or Little Genesis, Nachdruck Jerusalem 1972, lxxxvii: ·Aithough our author is an upholder of the Maccabean dynasty he still clings like the author of Eth. Enoch lxxxiii.-xc. to the hope of a Messiah sprung from Judah. He makes, however, only once reference to this Messiah, and no röle of any importance is assigned to him•. 91 Und zwar aufgrundder Bücher Genesis bis Exodus 14; vgl. Charles, Jubilees, Ii und Nickelsburg, ·Bible«, 99-100. Zu Daniels Geschichtsverständnis siehe auch: Koch, K., •Spätisraelitisches Geschichtsdenken am Beispiel des Buches Daniel•, in: Koch; Schmidt, Apokalyptik, 276-310. 99 S. dazu Hengel,Judentum, 319ff.; s. für die •Versammlung der Frommen•, bzw. die l:fasidim auch 1 Makk 2,42. 100 Vgl. Dan 2 und 7-11, aber auch die Tier-Apokalypse Hen(äth) 85-90, die Zehnwochenapokalypse Hen(äth) 91.93 und Jub 23; s. weiter Hengel, Judentum, 342ff.: die Geschichte wird determiniert und periodisiert dargestellt. Zu Daniel und die
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Daniel 1-2 und 1 Sam 16-17 Bei unserer Untersuchung von Daniel, in der ich mich auf die Fragestellung, wie biblisches oder traditionelles Material in einem historischen Kontext verwendet und ausgelegt worden ist, konzentriere, sei auf eine auffallende Ähnlichkeit von Dan 1-2 mit der narrativen Struktur von 1 Sam 16-17 hingewiesen, was im folgenden paraphrasierenden Vergleich demonstriert werden soll: 1 Sam 16,1-13: Salbung Davids, des 8. Sohnes lsais. Dan 1,1-17: Erwählung Daniels und seiner drei Freunde. 1 Sam 16,7 : Der Herr sieht das Herz an. Dan 1,17: Gon gibt ihnen Einsicht. 1 Sam 16,13: David wird mit dem Geist des Herrn erfüllt. Dan 1,17: Gon gibt Daniel Einsicht in Gesichte und Träume. 1 Sam 16,13-23: David am Hof Sauls, der von einem bösen Geist geängstet wird. Dan 1,18-21: Daniel und seine Freunde am Hof Nebukadnezars. 1 Sam 16,23 : David dient und heilt Sau/. Dan 1,21 : Daniel und seine Freunde werden Nebukadnezars Diener. 1 Sam 17,1-10: Die Philister sammeln sich zum Kampf mit Israel. Dan 2,1-13: Nebukadnezar hat einen erschreckenden Traum. 1 Sam 17,4-7: Goliath ist ein Riese der Philister; er ist 6 Ellen und eine Handbreit lang und mit eisernen Waffen bewaffnet. Dan 2,31-35: Im Traum erscheint ein Bild von Gold, Silber, Kupfer, Eisen und Ton; es wird von einem Stein, der zum Berg wird, zerschlagen. 1 Sam 17,11-30: David folgt seinen drei ältesten Brüdern zum Lager und hört, daß derjenige, der den Gott verhöhnenden Philister erschlägt, belohnt wird (26-27). Dan 2,14-26. Daniel macht sich als Traumdeuter bekannt. 1 Sam 17,31-40: David spricht zu Sau/, daß er den Philister töten werde. Dan 2,27-45: Daniel spricht zu Nebukadnezar und erzählt ihm den Traum. 1 Sam 17,34-36: David erschlägt mit Gottes Hilfe einen Löwen und einen Bären. Dan 2,29-30: Gon hat Daniel die Geheimnisse offenbart.
1 Sam 17,41-51: David und Goliath begegnen sich.
Apokalyptik s. auch Hartman, Book, 62-71; Sanders, E.P., ,. The Genre of Palestinian Jewish Apocalypses•, in: Hellholm, Apocalypticism, 447-460; Hengel, Judentum, 319-381 und vor allem Flusser, D., ,. The four empires in the Fourth Sibyl and in the Book of Daniel•,lsrael Oriental Studies 2 (1972), 148-175. Für eine Forschungsübersicht, s. Collins, J.J., •Apocalyptic Literature•, in: Kraft; Nickelsburg, ]udaism, 345370.
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Dan 2,36-45: Der Traum wird gedeutet: Nebukadnezar, der König ist das goldene Haupt. 1 Sam 17,45-47: David spricht im Namen des Herrn Zebaoth. Dan 2,44: Gott wird ein Reich errichten. 1 Sam 17,48-51: David tötet Goliath mit einem Stein. Dan 2,44: Gott wird die vier Königreiche zerstören. 1 Sam 17,52-54: Israel überwindet die Philister. Dan 2,46-49: Der König erhöht Daniel und seine Freunde. 1 Sam 17,55-58: Sau/ fragt nach, wer David eigentlich sei. Dan 2,48: Daniel wird Fürst über Babel. 1 Sam 18-31: Geschichte von Sau/ und David. Dan 3-5: Geschichte von Nebukadnezar und Daniel.
Die Ähnlichkeiten zwischen den narrativen Strukturen von 1 Sam 16-17 und Dan 1-2 sind so hervorstechend, daß dies kein Zufall sein kann. Folgende Entsprechungen sind zu beobachten: Zwischen Davids »Salbung« (1 Sam 16,1-13) und Daniels »Erwählung« (Dan 1,1-17); zwischen Goliath als »Riese« der Philister (1 Sam 17,1-10) und Nebukadnezar als »König« der Babyionier (Dan 2,1-13); zwischen David, der sich als »Kämpfer« gegen Goliath vorstellt (1 Sam 17,11-30), und Daniel, der sich als>> Traumdeuter« ausgibt (Dan 2,14-26); zwischen David, der zu Saul sagt, er werde den Philister töten (1 Sam 17,31-40) und ihn dann tatsächlich tötet (1 Sam 17,41-51), und Daniel, der zu Nebukadnezar sagt, er werde den Traum erzählen und ihn dann deutet (Dan 2,27-45), und schließlich zwischen dem Anfang der Hervorhebung der »Inthronisation« Davids (1 Sam 17,55ff.) und der »Ernennung<< Daniels als Fürst über Babel (Dan 2,46-49). Es scheint mir, daß die narrative Struktur von 1 Sam 16-17 als Vorlage für die narrative Struktur von Dan 1-2 gedient haben könnte, obwohl die Begriffe und Themen beider Erzählungen verschiedenen Vorverständnissen entstammen und es auch Unterschiede zwischen den beiden Erzählungen gibt. Ein Unterschied ist sicherlich, daß die Beschreibung des Bildes in Dan 2,31-35, verglichen mit der Beschreibung Goliaths in 1 Sam 17,4-7, erst später folgt. Die Funktion des Bildes in der narrativen Struktur von Dan 12 ist jedoch klar, denn auf diese Weise wird Daniel (wie David in 1 Sam 17,11-30) hervorgehoben, indem von ihm gesagt wird, daß er nicht nur Träume deuten kann, sondern sie auch offenbart bekommt. Als zweiter Unterschied ist auf die Beschreibung Goliaths und die des Bildes in Nebukadnezars Traum hinzuweisen. Wo Goliath mit ehernen Waffen bekleidet ist, bilden vier Metalle das Bild in Nebukadnezars Traum. Sie korrespondieren in der Deutung mit vier Königreichen, deren
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Herkunft auf den im Hellenismus verbreiteten Mythos der vier Geschichtsperioden zurückzuführen ist 101 • Ganz biblisch ist dann der Stein in Dan 2,34.4$, der zu einem großen Berg wird und in Dan 2,44 als Gottes Reich gedeutet wird. Dieses Bild wäre auf 1 Sam 17,49, aber auch auf Jes 2,2 und Mi 4,1 zurückzufÜhren 102 • Meine These lautet daher, daß die biblische Geschichte von Davids ersten großen Erfolgen, wie in 1 Sam 16-17 erzählt, in »eine Art apokalyptischen Midrash« umgedeutet 103 und mit dem hellenistischen Mythos der vier Geschichtsperioden verbunden wird. Dabei ist eine periodisierte und aktualisierte (die vier Reiche werden ja bis hin zu Daniels eigener Zeit gedeutet) Auslegung dieser biblischen Geschichte entstanden. Am Ende folgt dann mit Hilfe von Jes 2,2 die eschatologische Auslegung des Steines von 1 Sam 17,49. Dennoch ist in Dan 1-2 nicht von einer messianischen Befreiergestalt die Rede, obwohl die Bedingungen für sein Auftreten erfüllt zu sein scheinen: die Geschichte ist periodisiert, determiniert und eschatologisiert; gewartet wird nur noch auf die Befreiung bzw. auf den Befreier der Endzeit.
Danie/7
In Dan 7 erfahren wir mehr über die eschatologische Befreiung, die auch hier (wie in Dan 2) am Ende einer in vier Weltreiche periodisierten Geschichte erwartet wird; es ist aber denkbar, daß dabei anderes mythologisches Material verwendet wurde 104 • Die Rolle, die der >>Stein« in Dan 2,35 erfüllt, übernimmt der »Menschenähnliche« in Dan 7,13-14; mit beiden korrespondieren die Traum101 S. dazu Flusser. •Empires«, 155ff.; Hartman, Book, 146 und Hengel, Judentum, 333f. 101 So Hartman, Book, 149. 101 Für diesen Begriff s. Dan 1,17-21. Als »midraschisch« bezeichne ich die Einordnung und Erweiterung von 1 Sam 16,23 in einen anderen Kontext, wobei Daniel wie David hervorgehoben, dennoch unterschiedlich gekennzeichnet wird; •apokalyptisch« ist die für die Erzählung wichtige »Hinzufügung«, daß Daniel die Fähigkeit zugeschrieben wird, Träume und Gesichte auslegen zu können. S. für die Begriffe meine Magister-Arbeit: Oegema, G.S., Die Bibel-Auslegung in den apokalyptischen Schriften zwischen den beiden jüdischen Kriegen (66- 135 n.Chr.), Berlin 1988. Vgl. für Dan 2 auch Hartman, Book, 9 und 142: »( ..• ) this story, like the others in the firsthalf of the Book of Daniel, is basically a Jewish adaptation of a type of tale that was widespread in the ancient Near East, the tale of the successful courtier. Moreover. the motif of the enigmatic dream and its interpretation was common in antiquity.« Hartman zieht übrigens einen Vergleich mit Gen 4~1 (über die Geschichte des Josef). 104 S. dafür Hengel, Judentum, 336 und Colpe, ·Begriff«, Kairos 12, 107.
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deutungen in Dan 2,44 und 7,27. Dabei fällt auf, daß das ewige Reich in Dan 2,35.44, das die Königreiche zerstören wird, in Dan 7,13-14.27 nicht mehr zurückkehrt. Im Gesicht Dan 7,2-14 wird einem »wie eines Menschen Sohn« vom »Uralten« ewige Macht gegeben (7,13-14), in der Deutung Dan 7,17-27 jedoch wird die Macht dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben (7,27)1°5• In beiden Fällen (Dan 7,10 und 26) wird es ein Gericht geben. In bezugauf den »Menschenähnlichen« lassen sich dann zwei Fragen stellen: die Frage nach seiner Bedeutung und Funktion innerhalb der Apokalypse und die Frage nach dem historischen Kontext der Apokalypse selbst. Dabei beziehe ich mich weiterhin auf den ältesten Teil Dan 2,47,27. Dan 8-12 wie die späteren redaktionellen Bearbeitungen bzw. Hinzufügungenbetrachte ich als entstanden in der Zeit zwischen 175 und 164 v. d. Z. und danach. Die )) Ur-Apokalypse« wäre demnach der älteste Teil. Dabei ist der »Gesalbte« in Dan 9,25 nicht identisch mit dem »Menschenähnlichen« in Dan 7,13-14. Diese Sichtweise ist mit meiner folgenden Beobachtung eines Zusammenhanges zwischen Dan 2 und 7 zu verbinden. Deuten der »Stein« in Dan 2,35 und seine Deutung in Dan 2,44 auf ein von Gott aufgerichtetes ewiges Reich, das die Königreiche der Erde zerstören wird, hin, so ist der »Menschenähnliche« in Dan 7,13-14 der von Gott Bevollmächtigte, dem die Völker dienen werden und dessen Reich kein Ende hat. In der Deutung Dan 7,26-27 finden das Endzeitgericht und die Machtübergabe an das Volk der Heiligen des Höchsten statt. In beiden Fällen, in Dan 2 und Dan 7, wird jedoch Gott selbst als der eigentliche ))Endzeitbefreier« dargestellt, und es werden verschiedene Konzeptionen bemüht, um diese göttliche Befreiung in der Endzeit zu gestalten. Ob es sich dabei um einen Stein, ein Reich, einen Menschenähnlichen oder um ein Volk handelt, allen Vorstellungen gemeinsam ist, daß sie von Gott bevollmächtigt und nur aus seinen Händen Macht und Herrschaft bekommen werden. So scheint das )) Prinzip« hinter diesen verschiedenen Konzeptionen die Bevollmächtigung Gottes zu sein. Diese Bevollmächtigung ist weiter zu definieren, und zwar in ihrer Bedeutung als einer Ausübung der Weltherrschaft. Daher ist auf der literarischen Ebene des ältesten Teiles der »Menschenähnliche« als »Symbol« für einen Bevollmächtigten zu interpretieren, und es läßt sich mit diesem Begriff auch seine Funktion am Ende der Zeiten beschreiben. Damit ist jedoch weder über den religionsgeschichtlichen Ursprung noch über dessen Wirkungsgeschichte etwas ausgesagt 106 • tos Vgl. dazu Hartman, Book, 218-219 und Lebram, Buch, 91.
Eine These über seinen Ursprung (es führt hier zu weit, alle Thesen zu erwähnen) deutet ihn als eine Engelgestalt. S. dazu Müller, •Menschensohn•, 46: der 106
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Obwohl man sich über den basidäischen und vormakkabäischen Ursprung des ältesten Teiles des Danielbuches völlig einig ist107, haben die verschiedenen Redaktionsstufen des Buches zu vielen Theorien geführt108 • Die redaktionellen Bearbeitungen und Erweiterungen der Apokalypse Dan 2,4-7,27 sollen zwischen 200 und 165 v. d. Z. stattgefunden haben 109 • Darauf weisen vor allem die verschiedenen Anspielungen auf die damaligen politischen Machthaber, wie Antiochus IV. in Dan 11,36-39, hin 110 • Diese Feststellung erschwert jedoch die Analyse der Apokalypse erheblich, solange man sich nicht entscheiden kann, ob das Buch text- und redaktionsgeschichtlich oder auf einer der Redaktionsebenen zu untersuchen sei. Ich folge dem von Lebram formulierten Konsensus: »Der Überfall des Antiochus IV. Epihanes auf Jerusalem bei seinem Rückzug aus Ägypten (168 v. Chr.) war für Red. II der Beweis, daß die Prophezeiungen aus Dan.? und 8 nun erfüllt wurden. Nicht Antiochus 111., sondern Antiochus IY. hatte sich für ihn nun als der »Antichrist« erwiesen. Damit war das Ende der Weltgeschichte und der Beginn des Gottesreiches in Kürze zu erwarten« 111 • Aber wie sind nun die Vorstellungen eines Endzeitbefreiers, wie auch das Prinzip der göttlichen Befreiung in der Endzeit, in ihrem historischen Kontext zu verstehen? Meiner Fragestellung und Verbindung von Dan 2 und 7 folgend sehe ich erstens die väterliche Tradition (Davids Erwählung in 1 Sam 16-17, wie in Dan 2 bearbeitet), zweitens das Volk Gottes (Dan 7,2 7) und drittens den von Gott bevollmächtigten Menschenähnlichen (Dan 7,13-14) den damaligen politisch-religiösen Verhältnissen gegenübergestellt. Menschensohn erfüllt •die Rolle eines bevollmächtigten Vermittlers himmlischer = göttlicher Strafgerichtsbarkeit«; vgl. weiter ibid, 78ff. Vgl. auch Collins, J.j., »Messianism in the Maccabean Period«, in: Neusner u.a., ]udaisms, 97-109. Über die Wirkungsgeschichte des •Menschenähnlichen• s. v.a. mein Kapitel V. Wenn wir von der Bedeutung, die er in der frühesten Auslegungsgeschichte erhalten hat, ausgehen, dann handelt es sich bei dem •Menschenähnlichen« hauptsächlich um einen »himmlischen Richter•. Dabei hat der Menschenähnliche am Anfang ein Konglomerat von Bedeutungen auf sich gezogen, die m.E. alle mit dem Begriff (himmlische) »Bevollmächtigung« zusammenhängen. Es sind aber unterschiedliche Vorstellungen möglich, um diese Bevollmächtigung in der historischen Realität zum Ausdruck zu bringen und um die Hauptfunktion dieser Symbolfigur, nämlich die Beteiligung am himmlischen Endzeitgericht, darzustellen. Dieses rezeptionsgeschichtliche Argument spielt jedenfalls im Rahmen meiner Arbeit eine größere Rolle als die Frage nach dem religionsgeschichtlichen Ursprung des Menschenähnlichen. 107 Vgl. Hengel, Judentum, 320-321 und Hartman, Book, 42-45. 108 S. dazu Hartman, Book, 11-18 und Lebram, Buch, 18-25. 109 Vgl. Lebram, Buch, 21 und Hartman, Book, 16. 110 S. auch Hartman, Book, 301. 111 Lebram, Buch, 23.
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Antiochus IV. Epiphanes verbot die jüdische Tora, verunreinigte den Tempel und wollte das Volk zwingen, zu einer heidnischen Religion überzugehen, für welche Aufgabe er Menelaos als Vollzieher beauhragte. Hier besteht eine gewisse Analogie zwischen dem ,, Wie es war« und »Wie es sein sollte«, d.h. zwischen den damaligen politischen Machtverhältnissen und den von Daniel formulierten erwarteten Machtverhältnissen in der Endzeit: 1. Die väterlichen Tradition wird dem Verbot der Tora gegenübergestellt; 2. das Volk Gottes wird dem Hellenismus gegenübergestellt, und 3. der von Gott bevollmächtigte Menschenähnliche wird dem von Antiochus IV. eingesetzten Menelaos gegenübergestellt. So ist die anti-seleukidische Daniei-Apokalypse auch in ihren eschatologischen Erwartungen anti-seleukidisch. Die göttliche Befreiung in der Endzeit und damit das Prinzip der Bevollmächtigung sind demzufolge als Kritik an den damaligen politischen Machtverhältnissen zu verstehen. Dabei ist der Menschenähnliche, verstanden als Symbol eines von Gott Bevollmächtigten, als Messias-Konzept gemäß unserer Definition zu verstehen, nicht als »königlich« oder ,, priesterlich«, sondern als ,, andersartig«. Dieser Begriff »andersartig« benötigt demzufolge eine weitere Spezifizierung112. Dasselbe gilt für das »Volk der Heiligen des Höchsten« (Dan 7,27)11J. Eine zu diesem letzten Problem gehörende Frage ist, wie dieses Volk der Heiligen des Höchsten als bevollmächtigtes Subjekt der göttlichen Befreiung in der Endzeit zu verstehen ist. In die Beantwortung miteinzubeziehen ist jedenfalls die allgemeinere Beobachtung des }:lasidäischen Sitzes im Leben der Apokalypse sowie die Beobachtung, daß im apokalyptischen Midrasch über 1 Sam 16-17 in Dan 1-2 Daniel die Stelle Davids einnimmt und Daniel zur Hauptperson der narrativen Struktur geworden zu sein scheint. Könnte es sein, daß der Autor bzw. die }:lasidäischen Redaktoren auch sich selbst als von Gott »Bevollmächtigte« und so als politisch engagierte Beteiligte an der Geschichte verstanden haben? Daniel bewirkt jedenfalls die Befreiung insofern, als er in seiner Traumdeutung die Geschichte interpretiert, periodisiert, aktualisiert und eschatologisiert und damit seiner als feindlich empfundenen Gegenwart Widerstand leistet 114 • S. jedoch Weiteres im Laufe der Untersuchung. S. dazu auch Hartman, Book, 208 und 214 in bezugauf v.a. Dan 7. 114 Vgl. dazu auch Hartman, Book, 214. Man könnte dabei sogar, vom Selbstverständnis des Autores aus gesehen, den Mensch(ensohn) Daniel und mit ihm die l:lasidim als »messianischen Prototyp• verstehen. S. auch Müller, »Menschensohn .. , 60f. 112 lll
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Danie/8-12 Der Widerstand gegen die Seleukiden, wie er in der Daniel-Apokalypse reflektiert ist, fand bald eine aktive Nachfolge in dem Priester Mattathias und seinen Söhnen, die sich weigerten, die heidnischen Opfer darzubringen. Der Widerstand wurde erfolgreicher, als sie sich mit Gleichgesinnten vereinigten und darin übereinkamen, sich auch am Shabbat zu verteidigen115. Nach Mattathias' Tod wurde sein Sohn Judas (der »Makkabäer«) Führer einer Widerstandsbewegung, die er zu militärischen Erfolgen führen konnte. Er organisierte die Rebellen in einer regulären Armee. Nach heftigen Kämpfen nahm er schließlich Jerusalem ein, und der Tempel wurde neu eingeweiht116 . Im Jahre 162-161 v. d. Z. versuchte die syrische Herrschaft in Antiochien, Judäa erneut anzugreifen, diesmal - wegen innersyrischer Probleme- ohne Erfolg. Man fand einen modus vivendi, der es den Juden erlaubte, ihre Religion auszuüben und zugleich eine militärische Macht zu bleiben 117 • Ein endgültiger Beweis für einen Zusammenhang zwischen dem Gedankengut der hasidäischen Autoren der Daniel-Apokalypse und den politischen Erfolgen der Makkabäer ist schwer zu erbringen, dennoch resultierten beide aus ein- und derselben antiseleukidischen, »frommen« Haltung (1 Makk 2,42). In den der Ur-Apokalypse Dan 2-7 hinzugefügten Kapiteln 8-12 finden wir eine zwar tendentiöse, aber an den äußeren Ereignissen festzumachende Geschichtsdarstellung. Dan 8,1-14 berichtet über die Seleukiden, die das Heiligtum entweiht haben (Dan 8,14). Danach folgt ein Gesicht über die Endzeit samt seiner Deutung (Dan 8,15-27): Die Geschichte wird in siebzig Jahrwochen eingeteilt, an deren Ende die Bestrafung folgt. Daniel erwägt das Geschaute und betet zu Gott (Dan 9,1-19). Während dieses Gebetes kommt der Engel Gabriet zu ihm (Dan 9,20-23), um ihm dieses Gesicht zu erklären: Siebzig Wochen sind Israel gegeben worden. Seit dem Zeitpunkt, da verkündigt wurde, daß Jerusalem wiederaufgebaut werden würde bis zur Zeit eines Fürsten, eines ))Gesalbten«, sind sieben Wochen verstrichen. Zweiundsechzig Wochen nach dieser Zeit wird ein >>Gesalbter« ausgerottet werden. In der letzten, siebzigsten Woche wird ein Greuelbild 1m Heiligtum errichtet werden (Dan 9,24-27). Vgl. 1 Makk 2,15-26 und 39-48; Jos, Ant XII SS 268-271 und 276-278. S. Schürer, History I, 158ff. Diese Einweihung wird seitdem jährlich gefeiert; s. ebd. Anm. 65. 117 S. Schürer, History I, 166f. und 1 Makk 6,55-62; 2 Makk 13,23-26 und jos, Ant XII SS 379-383. 115
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Es ist hier deutlich von einer Periode in der Geschichte Israels die Rede, die beim Bau des Zweiten Tempels begann und für den Autor von Dan 812 bei Antiochus IV. ihres Ende fand. Der Autor lebt in dem starken Bewußtsein, daß sich diese Ereignisse in der Endzeit abspielen werden. Nach der Tempelentweihung wird es Kriege geben (Dan 10,1-14), und der Engelfürst Michael wird mit den Engelfürsten von Griechenland und Persien kämpfen (Dan 10,15-21). Michael wird sich aufmachen, um sein Volk zu retten. Für diese Endzeit wird auch die Auferstehung der Toten geweissagt (Dan 12,1-3). Der Engel Gabriet beendet die Deutung des Gesichts eines Endzeitkampfes mit der Aufforderung an Daniel, hinzugehen und zu warten, bis das Ende kommt (Dan 12,4-13). Die Engelfürsten oder Völkerarchonten, die im Himmel den Kampf zwischen den Völkern führen und somit gleichzeitig den Kampf zwischen den Völkern symbolisieren, sind für einige Forscher 118 Anlaß gewesen, sie mit dem Menschensohn zu identifizieren. Dies wäre, sowohl traditionsgeschichtlich als auch auf der Ebene der Funktionen des Menschenähnlichen, denkbar 119 • Dann wäre der »längst mit eschatologischer Weltmacht ausgestatteten Menschensohn schließlich mit Michael, dem Völkerarchonten und Schutzengel Israelsec identifizierbar 120 • Auf traditionsgeschichtlicher Ebene mag der Prozeß folgendermaßen verlaufen sein: Das ursprüngliche Prinzip der göttlichen Befreiung in der Endzeit, das am Anfang (in Dan 2-7) die Vorstellungen des Menschenähnlichen oder des göttlich bevollmächtigten Endzeitrichters an sich gezogen hatte, nahm in der Zeit vom Beginn der Herrschaft des Antiochus IV. bis zum Ausbruch des makkabäischen Aufstands auch den Aspekt einer als militärisch dargestellten Endzeitgestalt sowie den Gedanken eines endzeitliehen Völkerkampfes auf. Diese Umdeutung ließe sich aus den damaligen historischen Umstände durchaus ableiten. Daß in Dan 8-12 die Hauptrolle innerhalb des endzeitliehen Geschehens von den Völkerarchonten übernommen wurde, bedeutete für den Autor oder die Redaktoren auch, daß die »Gesalbten« (d.h. ein GesalbterM~C -oder ein Fürst in Dan 9,25 und der Gesalbte- M"'I'C - nach 62 Wochen in Dan 9,26) der Vergangenheit angehörten. Damit hatte das Prinzip der göttlichen Befreiung in der Endzeit die traditionellen oder biblischen Vorstellungen eines Messias (eines Fürsten oder eines Gesalbten) verloren, und - in Dan 2-7 - das Konzept eines bevollmächtigten Endzeitrichters und dann - in Dan 8-12 -die Vorstellung eines Völkerarchonten an sich gezogen. 111 119 120
So z.B. Müller, »Menschensohn•, 56ff. und 70ff. Müller, .. Menschensohn•, 56ff. und 61ff. So Müller, ,.Menschensohn•, 76.
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Somit stünde die Daniel-Apokalypse in ihrer Konzipierung eines eschatologischen Befreiers am Ende der biblisch orientierten Periode bis zu den Makkabäern (wie wir dies vor allem in Sir und Dan 1-2 sehen) und gleichzeitig am Anfang einer ))modernen« (weil apokalyptischen) Periode, die in der Zeit der Makkabäer ein völlig neues Geschichtsverständnis und ein dementsprechendes Messiasverständnis einläutete. Merkmale dieser Periode sind eine aktivere Beteiligung an der Geschichte einerseits sowie eine ))revolutionärecc, d.h. von der biblischen Tradition unabhängige, Konzipierung der Endzeitgestalten andererseits (dies in Dan 8-12). Im Zentrum dieses Umdeutungs- und Umdenkungsprozesses stand der "Menschenähnliche« von Dan 7. In ihm sind sowohl die biblisch orientierten als auch die damals aktuellen, makkabäischen Aspekte erkennbar. Der Menschenähnliche vergegenwärtigt so am intensivsten die Spannung zwischen Text und Geschichte. Mit ihm beginnt eine neue Periode in der Geschichte der messianischen Erwartungen, wobei spätere Autoren und Apokalyptiker bis ins zweite Jahrhundert n. d. Z. immer wieder versuchen werden, diese Spannung zu erzeugen, ohne daß ihnen dies in gleichem Maße gelungen wäre. Dies wurde dadurch erschwert, daß sie den Menschenähnlichen aus Dan 7 als bearbeitbares traditionelles Material, nicht jedoch die Spannung selbst, als Ausgangspunkt ihrer Erwartungen nahmen 121 • Dennoch sollte klar sein, daß ich ihn wie all die anderen eschatologischen Gestalten als zeitgebundenen Ausdruck eines Konzeptualisierungsprozesses, und gerade in der ersten Hälfte des 2. Jh. v. d. Z. als eine Übergangsfigur von der biblisch orientierten in die makkabäische Zeit, verstehe.
7. Henoch(äth) 83-90
Der älteste Teil der äthiopischen Henoch-Apokalypse 83-90 122 ist wahrscheinlich vor 160 v. d. Z. verfaßt worden, denn die nacherzählte Ge121 S. dafür insbesondere mein Kapitel V. In der modernen Forschung wurde der »Menschenähnliche« ebenfalls zu einer der meistbesprochenen Endzeitgestalten. 122 Für bibliographische Hinweises. mein Kapitel Iv.6. und vor allem Milik, j.T., »Problemes de Ia Iitterature Henochique a Ia turniere des fragments arameens de Qumran•, HTR 64 (1971), 333-378; Milik, j.T.; Black, M., The Books of Enoch, Oxford 1976; vgl. auch Isaac, E., "1 (Ethiopic Apocalypse) of ENOCH. A New Translation and lntroduction•, in: OTP I, 5-89. Für eine ausführliche Beschreibung der Henoch-Bücher sei auf die Sekundärliteratur verwiesen.
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schichte Israels reicht bis in die Zeit der Makkabäer 123 • Wir finden im 1. Henoch-Buch eine zoomorphe und eschatologische Geschichtsdarstellung, die die Geschichte Israels von Noah bis in die messianische Zeit in neun Perioden einteilt. In Kapitel 85,3-89,9 wird die Schöpfung bis zur Sintflut thematisiert; ein weißer Stier symbolisiert hier Adam. Die Kapitel 89,10-27 behandeln die Periode von Noah bis zum Exodus; 89,28-40 die Wanderung des Volkes durch die Wüste, die Gesetzgebung und den Einzug in Palästina; 89,41-50 erwähnen die Richter bis zum ersten Tempel; 89,51-67 die Könige bis zur Zerstörung des Tempels; 89,68-72 die Zerstörung bis zur Rückkehr; 89,73-77 die Zeit von Kyros bis Alexander; 90,1-5 von Alexander bis zu den Seleukiden und die Verse 90,6-19 beschreiben zum Schluß den makkabäischen Aufstand. Nach dieser für uns nachvollziehbaren Geschichtsdarstellung wird der erwartete weitere Verlauf der Geschichte in 90,20-42 vorhergesagt 124• Dabei wird eine Endzeitgestalt dargestellt, die als Messias, als Michael oder als der zweite Adam gedeutet werden kann:
Hen(äth) 90,20-42 90,20: Eine als weiß bezeichnete Gestalt öffnet die geschlossenen Bücher vor dem Herrn der Schafe. 90,21: Der Herr ruh die sieben Oberhäupter der weißen Gestalten und sagt, daß sie alle Lebewesen zu ihm bringen sollen 125 • 90,22: Er sagt zu einem der sieben weißen Gestalten, daß er die siebzig Hirten zu ihn bringen soll. 90,23: Dieser tut, was ihm aufgetragen wird. 90,24-25: Es findet ein Gericht über die siebzig Hirten statt. 90,26-27: Es findet ein Gericht über die blinden Schafe statt. 90,28: Das »alte Haus« 126 wird in den Süden gebracht. 90,29: Ein neues Haus wird errichtet. 90,30: Die übrigen Schafe beten nun den Herrn an. 90,31-32: Henoch selbst wird von drei Wesen in die Mitte der unschuldigen Schafe gestellt. 90,33: Es findet eine Zusammenkunft in dem neuen Haus statt. 90,34: Das Schwert wird weggebracht. 90,35: Die Augen werden geöffnet. 90,36: Das neue Haus wird groß und voll. 90,37: Ein weißer Stier wird geboren und wird dann angebetet. m S. Black, Book, 19-21; Hengel, Judentum, 320f. und seine Anmerkung 444. 12 4
Vgl. Hengel, Judentum, 342ff.
m S. auch Hen(äth) 87,2; vgl. Black, Book, 271f. und 278. tu Damit ist wohl jerusalem gemeint; so Black, Book, 278.
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90,38: Alle Lebewesen verwandeln sich in weiße Stiere. 90,39: Henoch stellt sich in ihre Mitte. 90,40-42: Ende der Vision.
In diesen zwanzig Versen ist von drei verschiedenen Endzeitgestalten die Rede. Der ))Herr der Schafe« spricht das Gericht aus, ))einer der sieben weißen Gestalten« führt es aus, und am Ende des Gerichts wird ein ))weißer Stier<< geboren und danach von allen angebetet. Das Hauptthema dieses Abschnitts ist eindeutig das Endzeitgericht und der Anfang einer neuen Ära. Der Herr der Schafe und einer der sieben Weißen symbolisieren den Endzeit-Richter, der weiße Stier dagegen den neuen Adam 127 • Fragen wir nun, welche dieser drei Gestalten gemäß unserer Definition der Befreier der Endzeit ist, dann ist es m.E. nicht der weiße Stier oder Adam, wie meistens angenommen worden ist128 , sondern es sind m.E. der Herr und einer der sieben weißen Gestalten. Denn sie beide sprechen und führen das endzeitliche Gericht aus. Sie beide symbolisieren das Konzept eines Messias als Endzeit-Richter: Beide Gestalten sind insofern ))messianisch<<, als sie eine bestimmende Rolle in einer ))Endzeit« spielen, die eher den Charakter einer Übergangszeit trägt. Die Gestalt des Stieres/Adams ist jedoch im Zusammenhang mit der Endzeit als ))Heilszeit« zu verstehen und daher nur mit Hilfe einer anderen Definition als der meinigen als ))messianisch« zu bewerten. Von dem Weißen wird, wie dies auch für die Endzeitgestalt in der Daniel-Apokalypse gilt, angenommen, daß er auch für den Erzengel Michael steht129 • In dem Fall wäre er eine bevollmächtigte himmlische Figur oder ein Engel, deren Rolle hier die eines Richters ist, aber auch dann steht er noch immer für das Konzept eines Messias als Endzeit-Richter, wie oben erörtert. Der Stellenwert, den die Erwartung eines endzeitliehen Gerichts in der damaligen politischen Situation einnimmt, ist sicherlich vor dem Hintergrund der antiseleukidischen Haltung zu sehen. Die Rolle des EndzeitRichters in Hen(äth) 90,20-40 hat gewisse Ähnlichkeiten mit der Rolle des 127 S. z.B. Hengel, Judentum, 344: ,.so wird am Ende der Geschichte wieder restituiert, was Ben-Sira die unvergleichliche •Pracht• Adams und die Essener die •Herrlichkeit Adams• nannten. Die Apokalypse endet im Anschluß an die universalen Heilsaussagen der alttestamentlichen Prophetie - trotz aller durch die Kampfsituation der Makkabäerzeit bedingten zelotischen Züge - mit einer alle nationalen Schranken brechenden Darstellung des Heils für die gesamte Menschheit (vgl. l.Hen. 10,21) ... 128 S. Black, Book, 279-280. Vgl. Nickelsburg, G.W.E., •Salvation Without and With a Messiah: Developing Beliefs in Writings Ascribed to Henoch•, in: Neusner u.a., Judaisms, 55-56. 129 Black, Book, 271-272; Hengel, Judentum, 344 und 347.
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Erzengels Michael in Dan 8-12, der gemeinsam mit den anderen Völkerarchonten den Kampf zwischen Israel und seinen Feinden vor und während des Makkabäer-Aufstandes symbolisiert. Hen(äth) 83-90 steht jedenfalls in demselben Kontext, wobei der Autor allerdings auf seine Weise das Prinzip der göttlichen Befreiung in der Endzeit in zwei oder drei verschiedenen Endzeitgestalten konzeptualisiert hat.
8. Vorläufige Ergebnisse Aufgrund des als Ausgangspunkt dienenden Erklärungsrahmens eines dynamischen Verhältnisses zwischen Text und Geschichte und aufgrund der flexibel gehaltenen Arbeitsdefinition des »Messias«, wie auch aufgrund der verschiedenen Untersuchungen der relevanten Schriften wurde bisher festgestellt, daß nicht nur die messianischen Erwartungen an sich, sondern auch ihre Unterschiedlichkeit und die Tatsache, daß es diese Unterschiede überhaupt gibt, wie auch die Konstanten in dieser Verschiedenheit historisch bedingt und möglicherweise auch erklärbar sind. Dabei ließen sich weitere Fragen erschließen, woraus sich als unsere Aufgabe herausstellte, ein spezifisches Erklärungsmodell oder jedenfalls dessen Bedingungen in einer Auseinandersetzung mit anderen Erklärungen derselben Phänomene zu formulieren und in einer These zu konsolidieren. Betrachten wir nun die Zeit bis zu den Makkabäern, dann ist festzustellen, daß, obwohl schon messianische Erwartungen vorher und zwar in der hebräischen Bibel bei Sacharja, in der Septuaginta und in einigen der Psalmen wie auch bei Jesus Sirach gefunden wurden, die messianische Auslegung wie die Konzipierung der eschatologischen Befreiergestalten in der Daniel-Apokalypse und in ihren Erweiterungen ihren ersten Höhepunkt erreichen. Diese Beobachtungen sind auf dem Hintergrund der historischen Umstände zu verstehen. Der Befreier der Endzeit selbst wurde dabei in ein periodisiertes und eschatologisiertes Geschichtsverständnis aufgenommen. Überraschend dabei war allerdings, daß die im allgemeinen als gängig angenommenen Vorstellungen, der Messias sei der König oder Priester der Endzeit, hier nicht verwendet wurden und daß statt dessen eine der Bibel fremde Gestalt: der »Menschenähnliche« in Dan 7 konzipiert wurde, allerdings als eine für uns vielseitig zu interpretierende Gestalt, die wir mit der eschatologischen Auslegung der Geschichte von David in Dan 1-2 verbunden haben, obwohl hier auch andere Erklärungen möglich gewesen wären.
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Fragen wir nach dem Ursprung gerade dieser hermeneutischen Aktivität, dann ist die religiös-politische Krise während der Regierung von Antiochus IV. Epiphanes als Initiatorzweier (zusammenarbeitenden, so 1 Makk 2,42) Bewegungen aufzufassen, und zwar der eher politischen Richtung der Makkabäer und der sozial-religiösen Richtung der l:lasidim mit ihren konventikelbildenden und apokalyptischen Merkmalen. Fragen wir nach dem Ursprung des »Menschenähnlichen« als Konzept eines Endzeitbefreiers, dann sind verschiedene Wege zu betreten. Fassen wir, wie Kearns in seiner semasiologischen Studie vorgeht 130, das Bedeutungsfeld des Begriffes brns zusammen, dann handelt es sich um einen politischen und religiösen »Bevollmächtigen« oder »Stellvertreter«, der in Daniel 7 als »Symbol« einer spezifischen Bedeutung bewertet und von einer >>Überlieferung, die von dem heidnischen apokalyptischen Hoheitswesen berichtete«, übernommen wurde 131 • In meiner Untersuchung »symbolisiert« der Menschenähnliche (auch) »ein im judenturn sonst Bekanntes« 132 , und zwar den personifizierten Gedanken eines endzeitliehen und befreienden Eingreifens Gottes in die Geschichte, der als Symbol jedoch nicht unbedingt von einer heidnischen Überlieferung übernommen worden sein muß 133 , denn es gab sowohl in der Bibel als auch im historischen Kontext gleichwertige Ansatzpunkte. Nach Alexander dem Großen regierten die Ptolemäer und seit 200 v. d. Z. die Seleukiden als Herrscher und Kriegsführer über Palästina, wo sie Priester als »Philoi «, d.h. befreundete und privilegierte »Vasallenkönige «, einsetzten 134 • Gerade in dieser Machtverteilung und in diesem Machtverhältnis könnte m.E. eine Analogie zu dem von dem Allerhöchsten »bevollmächtigten« Menschenähnlichen in Daniel liegen, sowohl wenn er als apokalyptische Bearbeitung der David-Gestalt oder auch als Engelfürst gälte. Die Daniei-Apokalypse wurde einerseits im Rahmen der politischen Umstände geschrieben und dann im weiteren Verlauf dieser Geschichte redigiert und zielt andererseits auf diese politischen Umstände. Deshalb
° Kearns, R., Vorfragen zur Christologie 1: Morphologische und semasiologische Studien zur Vorgeschichte eines christologischen Hoheitstitels, Tübingen 1978, 120164; s. auch: Kearns, R., Vorfragen zur Christologie II: Oberlieferungsgeschichtliche und rezeptionsgeschichtliche Studien zur Vorgeschichte eines christologischen Hoheitstitels, Tübingen 1980; Kearns, R., Das Traditionsgefüge um den Menschensohn. Ursprünglicher Gehalt und älteste Veränderung im Urchristentum, Tübingen 1986, 580 und Colpe, C., •Neue Untersuchungen zum Menschensohn-Problem•, TR 77 (1981), 353ff., vor allem 375. m Colpe, •Untersuchungen", 358; Kearns, Vorfragen II, 151-159. 132 So Colpe, •Untersuchungen«, 358 und Anm. 15. m Obwohl es Argumente gibt, die auf mehrere Überlieferungen hinweisen. 134 Für die »Philoi« siehe zum Beispiel 1 Makk 10-11. 13
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liegt die Vermutung nahe, daß der Menschenähnliche in demselben Kontext konzipiert wurde, wo immer sein religionsgeschichtlicher Ursprung auch gelegen haben mag. Der Menschenähnliche und sein Verhältnis zu dem Allerhöchsten als Bevollmächtigter könnten so nach den damaligen religiös-politischen Machtverhältnissen modelliert worden sein, bei Daniel allerdings als kritischer Antipode zu diesen Machtverhältnissen. Das Machtverhältnis und die mit den verschiedenen Personen verbundenen Aspekte des Herrschens, des Kriegsruhrens und des Bevollmächtigtseins lagen m.E. dem Autor als Vorbild oder Spiegel einer sozial initiierten und religiös (basidäisch) inspirierten Umdeutung eines in die Endzeit projizierten »richtigen« Machtverhältnisses zwischen Gott und seinem Bevollmächtigter vor (siehe die polemischen Worte in Dan 7,14 und 27!). Der von den I:Iasidim angestrebte und später auch realisierte Wechsel der Machtverhältnisse nennt Kippenbergm die »Emanzipation der Aristokratie von der Hierokratie«: ))Neben dem Hohenpriester, dessen Vorrang nicht angetastet wurde, trat ein aristokratisches Gremium, das wie ein Magistrat der Stadt Jerusalem das Land nach den väterlichen Gesetzen regierte« 136 • Schematisch ergäbe die von den I:Iasidim angestrebte und in Daniel formulierte ))neue« Gesellschaftsordnung, im Vergleich mit der von den Syriern bestimmten ))alten« Gesellschaftsordnung folgendes Bild: Polis
Judäa als syrisches Ethnos, ))Gott« ist Ba'alsamem, Syrier als Herrscher, Hohepriester (Jason und Menelaos), Gerusia des Ethnos, Griechische Staatslehre. Reich Gottes
Judäa als Reich Gottes, Gott ist Adonai, Taragerechte als Herrscher, der ))Menschenähnliche«, »Volk der Heiligen des Höchsten« bzw. die f:lasidim/Makkabäer, Tora. Einige Jahrzehnte später hatte unter Führung der Makkabäer die Aristokratie sich tatsächlich von der von den Syriern beherrschten und am Anfang des 2. Jh. v. d. Z. noch verherrlichten (siehe Jesus Sirach) Hierokratie emanzipiert. Dabei stand die biblische Tradition von 1 Sam 16-17 (Gott erwählt David zum König und hilft ihm, die Philister niederzuwerfen) Pate. So m Kippenberg, Religion, 82 ff. 136 Kippenberg, Religion, 85.
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wäre die Hermeneutik der Daniei-Apokalypse und insbesondere die Vorstellung eines endzeitliehen Befreiers als ausgesprochen anti-seleukidisch zu bezeichnen, und es liegt die Bedeutung des ••Symboles« des Menschenähnlichen in dem sich entwickelnden jüdischen Messias-Konzept. Wenn nun die Hypothese, die besagt, daß Messias-Konzeptionen in einer Analogie zu und als Umdeutung der ••negativen« Vorbilder der politisch-religiösen Machtverhältnisse konzipiert werden können, richtig ist, dann müßte dies auch in den anderen Schriften nachweisbar sein.
KAPITEL
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Die messianischen Erwartungen von Judas Makkabäus bis Pompeius
1. Einführung In der Zeit von Judas Makkabäus bis Pompeius finden wir die wichtigsten messianischen Erwartungen im Testament Levi 17-18, im 3. Buch der Sibyllinischen Orakel und in den Qumran-Schriften 1QS, 1QSa, CD und 4QTest. Von den Hasmonäern sind verständlicherweise keine messianischen Erwartungen überliefert 1•
2. Die »Urform« der Testamente der XII Patriarchen Viele der in Kapitel I beschriebenen methodischen Probleme häufen sich bei der Untersuchung der Testamente der Zwölf Patriarchen 2• Wann sind 1 S. Goldstein, j.A., »How the Authors of 1 and 2 Maccabees Treated the ·Messianic• Promises•, in: Neusner, ]udaisms, 69-96. 2 Bibliographische Hinweise: De jonge, M., The Testaments of the Twelve Patriarchs. A Critical Edition of the Creek Text, Leiden 1978 (=Editio Maior); Hollander, H.W.; De Jonge, M., The Testaments of the Twelve Patriarchs. A Commentary, Leiden 1985, Becker, J., Die Testamente der zwölf Patriarchen, Gütersloh 1980, Charles, R.H., The Testaments of the 12 Patriarchs, London 1917; Kee, H.C., • Testaments of the Twelve Patriarchs (Second Century B.C.)•, in: OTP I, 775-828 ; Stone, M.E., The Testament of Levi. A First Study in the Armenian MSS of the Testament of the XII Patriarchs in the Convent of St.]ames, jerusalem 1969; Hultgärd, A., L'eschatologie des Testaments des Douzes Patriarchs I: Interpretation des Textes, Uppsala 1977; II: Composition de l'ouvrage, textes et traduction, Uppsala 1981; Becker,j., Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte der Testamente der Zwölf Patriarchen, Leiden 1970; jervell, J., »Ein lnterpolator interpretiert. Zu der christlichen Bearbeitung der Testa-
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sie entstanden\ wo und von wem sind sie geschrieben worden 4 ? Sind sie form- und redaktionsgeschichtlich 5 oder auf der christlichen Endredaktionsebene6 zu analysieren? Dies sind nur einige der einleitenden Fragen, die wir zu beantworten haben, bevor wir die messianischen Erwartungen mente der zwölf Patriarchen•, in: Burchard, C.; Jervell; J.; Thomas, J., Studien zu den Testamenten der zwölf Patriarchen, Berlin 1969, 30-61; Collins, J.J., • Testaments•, in: CRI 11.2, 325-356, v.a. 331-344; Collins, J.J., ,. The Testamentary Literature in Recent Scholarship•, in: Kraft; Nickelsburg, ]udaism, 268-285, v.a. 268-276; Schubert, K., ·Die Messiaslehre in den Testamenten der 12 Patriarchen im Lichte der Texte von Chirbet Qumran«; in: Akten des 24. internationalen Orientalisten-Kongresses München 28. August bis 4. September 1957, Wiesbaden 1959, 197-198; De Jonge, M., ·Christian influence in the Testaments of the twelve Patriarchs•, NT 4 (1960), 182235. 3 Collins, • Testaments•, 342 unterscheidet zwischen drei Theorien: 1. ,. The Test. 12 Patr. are Jewish documents interpolated by a Christian • (so Kautzsch, Charles, Becker, Hultgärd, Kee, Burchard-Jervell-Thomas und Rengstorf); 2. •the Test. 12 Patr. as Essene writings with very few Christian interpolations• (so Dupont-Sommer und Philonenko); 3. »The Test. 12 Patr. are Christian documents which drew on jewish sources« (so de Jonge u.a.); s. auch Becker, Untersuchungen, 146ff. und Collins, "Literature•, 269ff. 4 Collins, •Literature«, 274f.: •Most recent scholars who reconstruct a jewish stage of the Testaments emphasize contacts with Egyptian Judaism (Becker; Thomas; Rengstorf; Thomas differs from the others in suggesting that the original composition was produced in Palestine but addressed to the Diaspora)•. 5 Drei Theorien werden in diesem Zusammenhang von Collins, •Literature«, 275 erwähnt, aber: ,. There is no consensus on the Jewish stages. Since the article of E. J. Bickerman in 1950, a number of scholars have argued that the original Testaments were written before the Maccabean revolt (Becker; Thomas; Harrelson)• und weiter: •A similar redactional theory, different in its specific details, has been proposed by A. Hultgärd. He locates the original Testaments in Galilee in the early part of the first century B.C.E. The distinction of two messiahs was developed in opposition to the Hasmonean priest-kings. He then allows for one or more Jewish redactions, reflected in the translation into Greek and development of the priestly savior figure, which is dated about the turn of the era on the basis of parallels with Augustus (... ). H. C. Kee has argued for a date about 100 B.C.E. on the basis of parallels with middle Stoicism•. 6 Hier sei v.a. de Jonge genannt; so Collins, •Literature«, 272: •De Jonge (1953) also argued that it was incorrect to speak of interpolations - rather, a Christian compilation or composition that used much Jewish material. He dated this composition (... ) to the middle or second half of the second century C.E.•. Was meine eigene Stellungnahme betrifft, bin ich mir im Rahmen meiner methodischen Erwägungen der Komplexität des Datierungsproblems bewußt, dennoch bemerke ich, daß eine Untersuchung auf der christlichen Endredaktionsebene und eine form- und redaktionsgeschichtliche Untersuchung, die von einer jüdischen •Urform• ausgeht, einander nicht ausschließen müssen. Es sind meiner Meinung nach auch einige wichtige Argumente formuliert worden, um bestimmte Teile der TestXII zwischen dem Anfang des 2. und dem Anfang des 1. Jh. v. d. Z. zu datieren.
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der TestXII im Verhältnis zu ihren literarischen und historischen Erscheinungen untersuchen können. Generell wird davon ausgegangen, daß die christliche Form der TestXII in das 2. Jh.n. d. Z. zu datieren ist; über den jüdischen Ursprung und über die Frage, ob und wie dieser Ursprung oder die Urform örtlich und zeitlich anzusetzen wäre, ist bisher jedoch kein Konsens gefunden worden. In der Forschung wurden dabei zwei Möglichkeiten vorgeschlagen: Nord-Israel im 1. Jh. v. d. Z. und Ägypten am Anfang des 2. Jh. v. d. Z. 7 • An einer besonders interessanten Stelle soll verdeutlicht werden, wie kompliziert die Analyse der »messianischen« Aussagen der TestXII und vor allem ihre historische Einordnung ist:
Testament Levi 17-188: 17.1.a. »Einerseits habt ihr von den siebzig Wochen gehört, b. andererseits habt ihr vom Priestertum gehört; 2.a. Denn gemäß jedem Jubiläum wird ein Priestertum sein: b. Im ersten Jubiläum wird der erste, der zum Priestertum gesalbt ist, groß sein; c. er wird zu Gott reden wie zu einem Vater; d. und sein Priestertum wird mit dem Herrn vollkommen sein; e. (und am Tage seiner Freude wird er sich zur Rettung der Welt erheben.) 3.a. Im zweiten Jubiläum wird der Gesalbte von Trauer um die Geliebten befallen werden, b. und sein Priestertum wird kostbar sein, c. und er wird von allen verherrlicht werden; 4.a. der dritte Priester aber wird in Trauer empfangen werden; 5.a. und der vierte wird in Schmerz sein; b. denn ihm wird die Ungerechtigkeit in großer Menge hinzugefügt werden; c. und (in) ganz Israel wird jeder seinen Nächsten hassen; 6.a. der fünfte wird in Finsternis empfangen werden; 7.a. so auch der sechste und der siebte; 8.a. und im siebenten wird es eine Verunreinigung geben, b. worüber ich vor den Menschen nicht reden kann, c. denn die das tun, werden es wissen; 9.a. deswegen werden sie in Kriegsgefangenschaft geführt und eine Beute werden, b. ihre Erde und ihr Besitz wird zugrunde gehen; [lO.a. und in der fünften Woche werden sie ins Land ihrer Verwüstung zurückkehren, b. und sie werden das Haus des Herrn erneuern; ll.a. und in der siebten Woche werden die Priester kommen, b. (die) Götzendiener, Streitsüchtige, Liebhaber von Geld, c. Arrogante, Wollüstige, Gesetzlose, Zügellose, (und) Mißhandler von Kindern und Tieren (sind)]. 18.1.a. Und nachdem die Rache des Herrn über sie gekommen ist, b. wird das Priestertum versagen; 2.a. dann wird der Herr einen neuen Priester erwecken, b. dem alle Worte des Herrn offenbart werden, c. und dieser wird S. meine beiden letzten Anmerkungen, v.a. zu Becker und Hultgärd. Für Textform und Kommentar s. Oe Jonge, Testaments, 1978 und ders., Testaments, 1985; für die Datierungs. Becker, Untersuchungen, 287f. und 374f. 1 8
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ein Urteil der Wahrheit über die Erde in einer Fülle von Tagen aussprechen9; [3.a. und sein Stern wird sich im Himmel erheben wie (der) eines Königs, b. erleuchtend als Licht der Erkenntnis, wie die Sonne des Tages, c. und er wird in der ganzen Welt verherrlicht werden] 4.a. er wird wie die Sonne auf der Erde scheinen, b. und er wird alle Finsternis unter dem Himmel entfernen, c. und er wird Frieden auf der ganzen Erde geben; S.a. die Himmel werden in seinen Tagen jauchzen, b. (und die Erde sich freuen,) c. und die Wolken werden fröhlich sein, d. (und die Erkenntnis des Herrn wird über die Erde ausgegossen werden wie das Wasser des Meeres) e. und die Engel der Herrlichkeit (des Angesichts des Herrn) werden sich über ihn freuen; [6.a. die Himmel werden geöffnet werden, b. und aus dem Tempel der Herrlichkeit wird Heiligkeit über ihn kommen c. mit der Stimme eines Vaters, wie von Abraham, Isaaks Vater; 7.a. und die Herrlichkeit des Allerhöchsten wird über ihm ausgesprochen, b. und der Geist des Verständnisses und der Herrlichkeit wird im Wasser auf ihm ruhen] 8.a. er wird die Herrlichkeit des Herrn seinen Söhnen in Wahrheit für immer geben, b. und es wird keine Nachfolger für ihn für Generationen und Generationen für immer geben; 9.a. und während seines Priestertums werden die Völker von Erkenntnis auf der Erde erfüllt, b. und sie werden durch die Gnade des Herrn erleuchtet werden, c. (aber Israel wird durch Unwissenheit verringert werden und durch Kummer verdunkelt werden) d. während seines Priestertums wird alle Sünde aufhören, und die Gesetzlosen werden ruhen von ihrer Schlechtigkeit; e. (die Gerechten jedoch werden in ihm ruhen) lO.a. dann wird er die Tore des Paradieses öffnen, b. und er wird das drohende Schwert gegen Adam entfernen; ll.a. und er wird den Heiligen vom Baum des Lebens zu essen geben, b. und der Geist der Herrlichkeit wird auf ihnen ruhen; 12.a. und Beliar wird von ihm festgehalten werden, b. und er wird seinen Kindern die Macht geben, auf die schlechten Geister zu treten; 13.a. und der Herr wird sich über seine Kinder freuen, b. und der Herr wird Wohlgefallen an seinen Geliebten haben, für immer, 14.a. dann werden Abraham, Isaak und Jakob jauchzen; b. auch ich werde mich freuen, c. und alle Heiligen werden sich mit Freude bekleiden« 10 • Bevor ich diesen langen TestLevi-Abschnitt analysiere, werde ich erst kurz die historische Einordnung wie auch die Exegese von Becker, von Hultgärd und von Hollander/De Jonge besprechen. Becker unterscheidet zwischen drei Entwicklungsstufen der TestXII. Die erste Stufe ist an den Anfang des 2. Jh. v. d. Z., die zweite bis zum 1. Jh. n. d. Z. und die dritte, christliche Bearbeitung an den Anfang des 2. Jh. n. d. Z. zu datieren. Die ersten zwei Stufen rechnet er zum hellenistischen
Hier fügt HS e 57 Verse hinzu. Übersetzung vom Autor; s. zu seine Übersetzung. 9
10
•I•
und ,. )" Becker. Testamente, 59-61 und vgl.
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Judentum 11 • TestLevi 17,1-9 und 18,1-9 werden von ihm als jüdischer Nachtrag bewertet. Sie sind durch 18,10-14 (der Apokalypse) und durch eine christliche Bearbeitung (v.a. in 18,3 und 6f.) erweitert worden. So ist seiner Meinung nach der messianische Hymnus TestLevi 18,1-9 zwischen 168/63 v. d. Z. und dem Ende des 1. Jh. v. d. Z. zu datieren 12 • Der Entstehungsort soll angeblich das ägyptische Judentum gewesen sein. Das Vorhandensein apokalyptischen Materials widerspräche dem nicht, da sich dieses auch im ägyptischen Judentum findet 13 • Hultgärd sieht den Sitz im Leben der TestXII bei den ))levitischen Chachamim« in Galiläa und die Entstehungszeit zwischen 100 und 63 v. d. Z. 14 • TestLevi 18 ist jedoch für ihn nur auf der Endredaktionsebene zu analysieren 15 • Daher ist der zukünftige Hohepriester nicht mit Johannes Hyrkanus oder mit dem ))Lehrer der Gerechtigkeit«, wie oft vorgeschlagen wurde, sondern erst im Kontext der christlichen Gemeinde mit Jesus Christus zu identifizieren 16 • Dabei ist in TestLevi älteres Material verwendet worden, und zwar das aramäische Levi-Apokryphon. In der Bearbeitung von TestLevi sind dann die didaktischen anstelle der kultischen Aspekte des Ievitischen Priestertums betont worden 17• Hollanderund de Jonge stehen auf dem Standpunkt, daß die TestXII nur auf der christlichen Endredaktionsebene zu analysieren sind 18 • Sie untersuchen TestLevi 17-18 auf der literarischen Ebene, d.h. sie erörtern dessen Struktur und weisen in ihrem Kommentar auf eine Reihe von biblischen, zwischentestamentlichen, neutestamentlichen und frühchristlichen ))Parallelen« für die verschiedenen Ausdrücke des TestLevi hin 19• Der Sinn der von ihnen genannten Parallelen ist im allgemeinen nicht als traditionsgeschichtlich zu bewerten; dennoch dienen sie bei Hollander und de Jonge auch als Hinweise auf eine aramäische Vorlage20 • Becker, Untersuchungen, 373-377. Becker, Untersuchungen, 289-290.299-300; im allgemeinen 257-306. tJ Becker, Untersuchungen, 374.404-406. 14 So Hultgird, L'eschatologie II, 219-227. 15 Hultgird, L'eschatlogie J, 287-288; vgl. auch 268ff. 16 Hultgird, L'eschatologie J, 288-290. 17 Hultgird, L'eschatologie I, 45-49. 18 Hollander, Testaments (1985), 27-29.83-85 (gegen Hultgärd s. Hollander, Testaments, 25). " Vgl. Hollander, Testaments (1985), 175ff. 20 S. Hollander, Testaments ( 1985), 130: ,. lt is likely that the present T.L. was modelled upon a Levi-document resembling the Aramaie Levi-document we are able to reconstruct (however imperfectly). Comparison between the various fragments and the Greek text found in the Testaments allows us to have some idea as to what the author may have taken over from his •Vorlage•, how he adapted it and what he added or omitted •. S. weiter Hollander, Testaments (1985 ), 17ff. und 457ff. 11
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In der nun folgenden Analyse gehe ich von dem heute vor uns liegenden Text aus, versuche jedoch einige Gedanken des TestLevi 17-18 traditionsgeschichtlich einzuordnen. Die aramäischen und griechischen Fragmente eines Levi-Dokuments, das in das 2. Jh. v. d. Z. zu datieren istl 1, dienen dabei als historischer Orientierungspunkt. Was TestLevi 17 anbelangt, bezeichne ich TestLevi 17,2.a-11.b als Grundform22 • TestLevi behandelt die drei folgenden zusammenhängenden Themen: die in sieben Wochen bzw. Jubiläen periodisierte Geschichte, die Führung des Priestertums und die Hermeneutik desjenigen Abschnittes, der, stark eschatologisch geprägt, die zwei erstgenannten Themen miteinander verbindet und dann ihre Klimax im siebten Jubiläum mit seinen frevlerischen Priestern findet 23 • Gehen wir von der traditionsgeschichtlichen Herkunft eines periodisierten Geschichtsverständnisses sowie von der Dominierung des Priestertums aus, dann ist TestLevi 17,2ff. frühestens in der ersten Hälfte des 2. Jh. v. d. Z. entstanden und vom Geschichtsbild her gesehen mit der DanielApokalypse, dem äthiopischen Henoch-Buch 83-90 und dem Jubiläenbuch zu verbinden. Dabei sind jedoch die redaktionelle Bearbeitungen 17,1 (didaktisch) und 17,11.c. sowie die eschatologische Orientierung des ganzen Abschnittes viel später zu datieren. Ein wichtiges Argument für einen späteren Zeitpunkt der Redaktion ist allerdings, daß der Redaktor die sieben Jubiläen nicht mehr in einem aktuellen historischen Kontext verstanden zu haben scheint. Die Geschichtsdarstellung ist zum Teil so abstrakt, daß wir die verschiedenen Perioden nicht mehr alle erkennen können; dies im Gegensatz zu Dan 2 und 7, Hen(äth) 83-90 und z.B. ApoBar 53ff. und ApoEsr 11-1224 • Nach dem redaktionellen Kommentar in TestLevi 18,1 folgt als relative Einheit ein Abschnitt über den kommenden Priester-König, der mit Hilfe So Hollander, Testaments (1985), 22-23. Mit Becker, Untersuchungen, 257ff. 23 Dabei folge ich im großen und ganzen der Analyse von Becker, Untersuchungen, 287 und 289-290: •ln der Tat liegt ein versprengtes fragmentarisches Traditionsstück einer Sieben-Wochen-Apokalypse vor, die nach der Gerichtsschilderung in 17,9 eine unmögliche Stellung einnimmt, formal zu 17,1-8 gehört, hier aber inhaltlich nicht unterzubringen ist•. Was das Alter der in TestLevi 17,2ff. tradierten sieben Jubiläen anbelangt, ist, v.a. im Bezug auf die Verherrlichung des Levi auf 4QTestLevi I, 16-19 hinzuweisen; vgl. dazu Hollander, Testaments, 458-560. Für Parallelen vgl. auch noch Hollander, Testaments, 462.466.468-469. 24 Becker, Untersuchungen, 288 erklärt dies folgendermaßen: ·Die Absicht der V. 4-7liegt sicher nicht in der historisch eindeutigen Kennzeichnung der Priestergestalten. Es soll vielmehr eine theologisch bewußt intendierte, zunehmende Verschlechterung und Sündhaftigkeit für die V. 4-7 geschilderten Jubiläen ausgesagt werden«. 21
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von biblischen und hellenistischen Epitheta verherrlicht wird (18,2-9); auch hier ist der Einfluß eines späteren Redaktors bemerkbar. Unter christlichem Einfluß könnte auch Testl..evi 18,10-14 stehen 25 • Aufgrund der aramäischen und griechischen Parallelen eines Levi-Dokumentes aus dem 2. Jh. v. d. Z. liegt es jedoch nahe, eine »Urform<< TestLevi 18,2-9 zu postulieren, die sicherlich vor-christlich wäre, eine solche liegt uns jedoch nicht vor. Die von TestLevi formulierte Erwartung eines königlich ausgestatteten Priesters hat sowohl Parallelen zu ägyptischen (das Symbol der Sonne für eine eschatologische Gestalt in Sib 111,652) als auch zu palästinischen Messias-Vorstellungen (v.a. der Stern aus Num 24,17 als Ausdruck der königlichen Aspekte eines Endzeitbefreiers26 ). So sind m.E. bestimmte Gedanken bzw. Traditionen von TestLevi 1718 - die Periodisierung und Eschatologisierung der Geschichte wie die Erwartung einer priesterlich-königlichen Endzeitgestalt - vorchristlich und irgendwo in die Zeit zwischen der Mitte des 2. Jh. v. d. Z. und dem Ende des 1. jh. v. d. Z. in Palästina oder Ägypten zu datieren. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, lautet, warum wir, verglichen mit Daniel, dem äthiopischen Henoch-Buch 83-90 und dem Jubiläen buch, die Periodisierung und Eschatologisierung der Geschichte in der »Urform<< von TestLevi 17-18 zwar kontinuierlich vorfinden, was die Endzeitgestalt anbelangt jedoch ein völlig anderes Konzept vorfinden. Es ist nicht mehr der »Menschenähnliche<< oder der himmlische Richter, sondern der »neue Priester«, hier mit starken königlichen Aspekten (s.v.a. TestLevi 18,3-4: »Sein Stern wird sich im Himmel erheben wie ein König (... ),und es wird Frieden auf der ganzen Erde geben<<), der als Endzeitfigur erwartet wird. Genau dieses Verhältnis zwischen Priester und König wird in der hasmonäischen Zeit zu einem der wichtigsten politischen Probleme. KehVgl. dazu Becker, Untersuchungen, 292ff. und 299: ,. TL 18 hat also eine bewegte Geschichte hinter sich. Ein messianischer Hymnus, der den Grundstock des Kapitels abgibt, wurde (abgesehen von kleinen Zusätzen) zweimal erheblich erweitert, durch die Apokalypse 18,10-14 und durch die christliche Bearbeitung•. Für TestLevi 18,24.6-9 sind aramäische und griechische Parallelen eines Levi-Dokumentes aus dem 2. Jh.v.d.Z. nachweisbar; vgl. dazu Hollander, Testaments, 459466. Für die Verse TestLevi 18,10ff. gilt jedoch: •Nirgends in der jüdische Literatur ist einer messianischen Gestalt als Aufgabe die Öffnung des Paradieses zugewiesen worden•; so Becker, Untersuchungen, 297-298. 26 Vgl. Hultgärd, I:eschatologie I, 271-278. Sowohl Ägypten als auch Palästina werden als Entstehungsort der TestXII favorisiert. Becker, der sonst für Ägypten plädiert, sagt hier jedoch: ,.für 18,1-9 darf als Ort der eschatologischen Heilserwartung analog zu PsSal17; 18 Palästina angenommen werden• (Untersuchungen, 298). 25
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renwir deswegen zu der historischen Situation zurück. Im Jahre 153-152 v. d. Z. nimmt Jonathan Jerusalem ein und verstärkt die Besatzung der Stadt und des Tempelbergs. Er wird von Alexander Balas, einem Gegner von Demetrius, zum Hohenpriester eingesetzt. Demetrius versucht dann vergeblich, Jonathan für sich zu gewinnen, und wird 150 v. d. Z. von Alexander getötet. Jonathans Nachfolger Sirnon wird zum ))Hohenpriester, Strategen und Anführer der Juden« ernannt27 • Damals fing man auch an, mit einer eigenen Chronologie zu zählen; dies geschah im seleukidischen Jahr 170 (= 143/2 v. d. Z.). Das Jubiläenbuch, das in den sechziger Jahren entstanden sein könnte, zeigt ein ähnliches Interesse an kalendarischen (sowie halachischen) Fragen. Da Syrien nicht mehr in der Lage war, gegen die Juden vorzugehen, blühte Judäa in wirtschaftlicher und religiöser Hinsicht auf. Die makkabäischen Hoffnungen schienen erfüllt zu sein; die Herrschaft war jetzt unabhängig von ausländischen Mächten in die Hände einer nationalen Partei geraten: die der Hasmonäer28 • Die Priester, Fürsten und Ältesten des Volkes, die Sirnon zum >>Hohenpriester, Strategen und Ethnarchen « ernannt hatten, fügten jedoch hinzu: ))für immer, bis ein zuverlässiger Prophet aufstehen würde« 29 • So wurde die priesterliche und königliche Dynastie der Hasmonäer begründet, obwohl Endzeiterwartungen lebendig blieben. Gerade dieses Thema einer Verbindung der Ämter des Priester- und Königtums ist m.E. die historische Grundlage für das vergleichbare, hier aber eschatologische Interesse in TestLevi 18,2ff. Leider läßt sich hier nicht weiter argumentieren, da in bezug auf Datierung und Sitz im Leben der TestXIInoch zu viele Fragen offen bleiben mußten 30 •
S. 1 Makk 13,42. S. Schürer, History I, 192f. 29 1 Makk 14,41; s. auch 1 Makk 14,25-49 und Schürer, History I, 193 . .JO S. Hollander, Testaments, 21-23, Becker, Untersuchungen, 28 für die Textgeschichte und vgl. De Jonge zu xpiw, in: Th WNT IX, 503. Die anderen relevanten Stellen der TestXII werden im späteren Verlauf meiner Arbeit behandelt. 27
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3. Das 111. Sibyllinische Orakelbuch Im griechischen Texr-1 1 des m. Buches der Sibyllinischen Orakel 32 , geschrieben zwischen 163 und 145 v. d. Z. 33 , finden wir die Worte »Messias« oder »Gesalbter« nichr-1 4 • Dennoch werden Endzeiterwartungen formuliert, wobei in diesem dem ägyptischen Judentum entstammenden Orakelbuch eine biblische Zukunftserwartung Ues 11,6-9 in Sib 111,378-795 u.a.) übernommen und bearbeiter-1 5 worden ist. Im Gegensatz zum palästinischen und basidäischen Daniel-Buch, das wir als Widerstandsapokalypse gegen die Hellenisten bezeichnen konnten und das einen »Menschenähnlichen« als bevollmächtigte Endzeitgestalt
31 S. dazu Collins, J.J., ·Sibylline Oracles (Second Century B.C.-Seventh Century A.D.)•, in: OTP I, 317-326 (Bibliographie auf 325-326) und 354-361 über Sib ill; Collins, J.J., The Sibylline Oracles of Egyptian ]udaism, Missaula 1974; Nikiprowetzky, V., La Troisieme Sibylle, Paris 1970 (Einführung, Textausgabe und Übersetzung) und Geffcken, J., Die Oracula Sibylinna, Leipzig 1902 (Textausgabe, Apparat mit Parallelen). n Sibyllinische Orakel hat es seit dem 4.Jh. v.d.Z. in der ganzen antiken Welt gegeben. Meistens handelt es sich um Äußerungen einer alten Frau, die ekstatische Prophezeiungen über die Menschheit verkündet. Neben ihrem religiösen Charakter haben die Orakel auch als politische Propaganda fungiert. Die hier behandelten Sibyllinischen Orakel bestehen aus 12 Büchern, die zwischen dem 2.Jh.v.d.Z. und dem 7.Jh.n.d.Z. datiert werden; die Bücher 3, 4 und 5 waren schon am Ende des 2.Jh.v.d.Z. bekannt. Sie sind Teil der apologetischen Literatur des hellenistischen Judentums. Kennzeichnend für sie ist eine politisch geprägte Eschatologie. Die Bücher 2, 7 und zum Teil auch 8 sind christlich. n So Collins, •Üracles•, in: OTP I, 355 und zwar aufgrundvon drei Hinweisen auf den 7. König von Ägypten in Sib 111, 193.318 und 608. Für eine Einteilung des III. Buches s. Geffcken, J., Komposition und Entstehungszeit der Oracula Sibyllina, Leipzig 1902 und Nikiprowetzky, Sibylle, 206-218; die endgültige Komposition dieses kompositorischen Werkes soll in 42 n.d.Z. stattgefunden haben. Über die acht Königreiche merkt Collins, •Üracles•, 354 an: "The Iist of world empires is, of course, a typical Sibylline feature. Sibylline Oracles 3.156-61 lists eight kingdoms, but we should assume that the kingdom of Cronos is presupposed as a first kingdom and that a tenth, final kingdom is expected. The passage therefore conforms to the typical Sibylline division of history into ten periods•. l4 So Oe Jonge, ZU xpiw, in: Tb WNT IX, 508. 35 Vgl. Collins, •Üracles•, 379 und 357: • The eschatology of Sibylline Oracles 3 finds its closest parallels in pre-exilic Jewish Iiterature such as Isaiah and the Psalms. The assault of the gentiles on Jerusalem is especially reminiscent of Psalms 2 and 48, while the tranformation of the earth inverses 785-95 is obviously dependent on Isaiah 11. The idea of the pilgrimage of the gentiles at the endtime to Jerusalem is found in Isaiah 2:1~, Micah 4:1~. and Zechariah 14:16-21«.
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erwartet36 , wird in Sib Ill ein zeitgenössischer König, und zwar Ptolemäus VI. oder VII., in einer eschatologisch geschilderten Zeit als Befreier dargestellrl7. Wie in der Daniei-Apokalypse, in der Motive hellenistischer und persischer Herkunft mit den jüdischen Konzeptionen für Endzeit und Gericht verbunden wurden, werden auch in Sib Ill nicht-jüdische, ägyptische Elemente mit biblischen und jüdisch-eschatologischen Befreiungsvorstellungen verbunden 38 • Ein König wird von der Sonne kommen (III,652) 39 , der die Kriege zu einem Ende bringen und gegenüber Gottes Weisung gehorsam sein wird (111,653-656) 40 • Auch in Sib III,767-795 finden wir biblische Parallelen 41 • In der Darstellung der Endzeit steht jedoch Gott im Mittelpunkt, denn er selber wird schließlich ein Königtum unter den Frommen aufrichten und sein Reich hervorbringen: dann werden die Propheten Richter und Könige sem.
Sib III 652-656 und 767-795 Im ältesten Teil von Sib Ill wird am Anfang der Schilderung der Endzeit, die am Ende einer periodisierten Geschichte stattfinden wird 42 , ein ptolemäischer König die erhoffte Befreiung bringen, dies jedenfalls nach Ansicht der ägyptischen juden43 • Nach einem Angriff auf den Tempel in
S. mein Kapitel 11.6. Vgl. Collins, »Üracles•, 356; s. v.a. Sib 111,652-656 und 601-701.796-808. JB Vgl. dazu Collins, »Üracles•, 358-359 und Hengel, Judentum, 391. J9 Beim »König von der Sonne• wird es sich wohl um einen nicht-jüdischen Einfluß handeln; so Collins, •Üracles•, 356: ,. The phrase •a king from the sun• is also found in the closely contemporary Egyptian Potter's Oracle, where it clearly refers to an Egyptian king. In Egyptian mythology the kingwas thought to be an incarnation of the sun-god. There is nothing to indicate that Sibylline Oracles 3 endorsed the Egyptian mythology, but in view of the frequency with which the Egyptian kings (including the Ptolemies) were associated with the sun, verse 652 must be taken as a reference to an Egyptian king•. 40 Vgl. jes 45,1. 41 S. auch Collins, •Üracles•, 357. 42 Hier in 10 Perioden; für die Endzeit s. das Sib Jll,635-808 insgesamt. 4 J S. dazu Collins, •Üracles•, 356: ,. The main historical interest of Sibylline Oracles 3 lies in its attestation of a Jewish community that could hail a Ptolemaic king as a savior figure or Messiah• und S. 355-356: ,. There is no doubt that Sibylline Oracles 3 was written in Egypt (... ) The hailing of a Ptolemaic king (... ) as a virtual messiah points also to the circles of Onias, who benefited most obviously from the patronage of Philometer, rather than to any academic circles in Alexandria•. J6
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Jerusalem (ill,657-686)44 wird Gott selbst mit seinem kosmischen Gericht kommen (ill,689-701), die Auserwählten retten (111,702-731) und die sündigen Heiden strafen (111,732-740) 45 • Am Gerichtstag wird die Erde voller Frieden und Fruchtbarkeit sein (111,741-761); danach wird Gottes Reich anbrechen (111,767-795). Die Weissagung über das eschatologische Gottesreich in Sib 111 gleicht m.E. der Grundstruktur von Jes 11,1-12, wobei in 111,788-795 Jes 11,6ff. unverändert übernommen worden zu sein scheint. In 111,767-787 (und 796-808) ist dann die Auslegung von Jes 11,1-5 (und 10-12) zu finden. Der folgende, paraphrasierende Vergleich zeigt dies: ]esaja 11,1-12 und Sib 111,767-808 jes 11,1. Ein Reis wird aus Isai hervorgehen und Frucht bringen. Sib III,767. Er wird ein Königtum unter den Frommen aufrichten, denen er die heilige Tora gab. 11,2. Auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn. III,769. Er verspricht ihnen die Erde, die Welt und die Tore der Gesegneten zu öffnen. 11,2. Weisheit, Rat, Stärke, Erkenntnis und Furcht des Herrn werden auf ihm ruhen. III,771. Es wird Freude, ewige Erkenntnis und Glück geben. 11,3. Er wird nicht selbst richten. III, 781. Propheten werden richten. 11,4. Er wird mit Gerechtigkeit richten. III, 782. Die Propheten werden wie gerechte Könige sein. 11 ,4. Die Armen, Elenden, Gewalttätigen und Gonlosen werden gerichtet. III,783. Wohlstand wird es unter den Menschen geben. 11,5. Er ist gerecht und treu. III,784. Denn so ist das Urteil und die Herrschah des großen Gottes. 11,6. Wölfe liegen bei den Lämmern. III,788. Wölfe und Lämmer fressen gemeinsam. 11,7. Wilde Tiere liegen friedlich beieinander. III,789. Wilde Tiere liegen friedlich beieinander. 11,8. Säuglinge werden bei Ouem und Nauem spielen. III,794. Säuglinge werden bei Schlangen schlafen. 11 ,9. Das Land ist dann ohne Sünde. III,795. Die Säuglinge werden nicht verletzt werden. Es handelt sich hier eher um den Tempel in Jerusalem als um den Tempel in Leontopolis; vgl. Collins, •Üracles•, 356. 45 Dazu Collins, •Oracles•, 357: ,. The main message of Sibylline Oracles 3 then would seem to lie in the denunciation of idolatry and sexual abuses and in the advocacy of the Temple.• 44
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11,9. Das Land ist dann voll Erkenntnis des Herrn. III,795. Gottes Hand ist dann über ihnen. 11,10. Das Reis ist dann ein Zeichen für die Völker. III, 796. Es wird ein Zeichen der Endzeit geben. 11,10. Die Heiden fragen nach dem Zeichen. III, 796. Nachts werden Schwerter am Himmel sichtbar sein. 11, 11. Der Herr wird den Rest seines Volkes freikaufen. III,800. Man wird die Sonne, den Mond und ein Zeichen mit Blut sehen. 11,12.Gott wird ein Zeichen aufrichten und die Zerstreuten sammeln. III,805 Man wird auch Heerscharen in den Wolken sehen; dies ist das Ende von Gottes Krieg.
Die Grundstruktur von jes 11,1-12 ist in Sib 10,767-808 nachvollziehbar, nur finden wir in 772-780 und 785-787 einiges hinzugefügr46 • Zwar ist die Sprache von jesaja 11 und dem fünf Jahrhunderte später geschriebenen Sib 111 sehr verschieden; dennoch fallen schon in den ersten Versen die Ähnlichkeiten auf. In jes 11 wird ein Reis aus lsai hervorgehen; in Sib 111 wird ein Königtum unter den Frommen aufgerichtet; beide haben eine eschatologische Bedeutung. Das Reis wird Frucht bringen; den Frommen ist die Tora gegeben (daß auch die Tora Frucht bringt, ist eine naheliegende Assoziation). Auf dem Reis werden sechs Qualitäten ruhen, und den Frommen wird versprochen, daß sie für sechs Segnungen geöffnet werden. jes 11,6ff. ist dabei fast wörtlich in Sib 111, 788ff. übernommen worden. Auf allegorische Weise findet nun eine Bedeutungsverschiebung zwischen jes 11 und Sib 111,767-808 statt: das Bild »Frucht bringen« wird in >>Welt öffnen« weitergeführt, und das Bild »auf ihm ruhen« wird in »ihnen geben« weitergeführt. Wichtig ist dabei, diese Verwendung und Umdeutung von jes 11,1-12 in Sib 111,767-808 näher zu definieren und den Sitz im Leben von Sib 111 festzustellen. Unter dem Schutz des ägyptischen Herrschers Ptolemäus VII. (oder VI.) vermittelt der Autor von Sib 111 seinen jüdischen Brüdern, wie er sich eine ideale Zukunft vorstellt. Dabei greift er auf die alte und auch ihnen bekannte Prophezeiung von jes 11,1-12 zurück und legt sie dann in seinem eigenen Kontext aus. Seiner Meinung nach werden unter einer theokratisch geführten Regierung die Frommen, die die Tora besitzen, ein friedliches, gerechtes und gesegnetes Leben führen können. Dabei spielt ein messianischer Befreier Diese Abschnitte sollen zu den •oracles authentiques de Ia Sibylle d'Erythrees retouches pardes Juifs entre 168 et 84 avant J.-c ... gehören (lli. 767-795), so Nikiprowetzky, Sibylle, 206 in Nachfolge von Geffcken. 46
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keine Rolle, solange ein ptolemäischer Herrscher die sozial-religiöse Existenz der Juden in Ägypten sicherstellt. So wurden auch ihre Brüder in Palästina zwischen 163 und 145 v. d. Z. aus der Sicht der ägyptischen Juden (so Sib 111) von »Frommen« und »Propheten« 47 regiert, während die syrischen Herrscher außerhalb ihres Landes in Anspruch genommen waren. Die Juden in Ägypten waren jedoch weniger militant als die l:lasidim in Palästina 48 • Sie wollten ein gesichertes Leben führen (111,781-787) und die Früchte ihrer Torafrömmigkeit ernten (III,767-772). So lautet jedenfalls ihre Deutung von Jes 11,1-12. Dabei ist noch anzumerken, daß eine solche Sichtweise nicht ungewöhnlich war. Auch für andere Juden stellte es kein Problem dar, einen politischen Herrscher als (Endzeit-)Befreier zu feiern, so schon Jesaja (Kyrus), danach Philo (Ciaudius) und Josephus (Vespasian). Daß der Autor des V. Sibyllinischen Orakelbuchs später seine Meinung radikal änderte, hat andere Gründe.
4. Die Qumran-Schriften Die drei Problembereiche biblische Tradition, historisches Engagement und eine religiös orientierte Selbstdarstellung, denen wir in den Schriften der ersten Hälfte des 2. Jh. v. d. Z. begegneten, finden wir verstärkt in den messianischen Erwartungen der Schriften von Qumran 49 • In vielen von den 47 Die Hasmonäer hatten sicherlich den Anspruch, .. Fromme« zu sein; daß auch Propheten als Richter und Könige dargestellt werden können, ist nicht so verwunderlich; s. dazu 1 Makk 14,41; Philo, Mos. II, lff. und jos, Ant XII S 299. 48 S. dazu mein Kapitel 11.6; v.a. meine Schlußfolgerung. Vgl. für eine ebenfalls politische Auslegung von Sib III, 608.615 und 652-656 auch: Kearns, Traditionsgefüge, 91-95 sowie 96-100 (in bezugauf der Elia-Apokalypse). 4 ' Bibliographische Hinweise: Banhelemy, D.; Milik, J.T., Qumran Cave I (DJD 1), Oxford 1964 für 1QSa und 1QSb; Allegro, J.M., Qumrän Cave 4, I (4Q158-4Q186) (DJD V), Oxford 1968 für 4QFior, 4QpPs 37 und 4Qpjes; Baillet, M., Qumran Grotte 4,111 (4Q482-4Q520) (DJD VII), Oxford 1982 für 1QM; Schechter, S., Documents of ]ewish Sectaries I. Fragmentsofa Zadokite Work, Nachdruck New York 1970 für CD; Charlesworth, J.H. (Hrsg.), Graphie Concordance to the Dead Sea Scrolls, TübingenLouisville 1991; Maier J., Die Texte vom Toten Meer 1: Übersetzung; 11: Anmerkungen, München 1960; Dupont-Sommer, A., The Essene Writings from Qumran. Translated by G. Vermes, Oxford 1961; Lohse, E., Die Texte aus Qumran. Hebräisch und Deutsch. Mit masoretischer Punktation. Übersetzung, Einführung und Anmerkungen, Darmstadt 1964; Vermes, G., The Dead Sea Serails in English, 5. Aufl., Middlesex 1970; Rabin, Ch., Qumran Studies, Oxford 1957; Ginzberg, L., An Unknown ]ewish
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Essenern (?) verfaßten 50 Schriften von Qumran finden wir »messianische« Erwartungen51 , wobei v.a. die Darstellung eines oft kombinierten priesterlichen und königlichen Messias auffällr5 2 • Sect, New York 1976; Wacholder, B.Z., The Dawn of Qumran. The Sectarian Torah and the Teacher of Righteousness, Cincinnati 1983; Kuhn, H.-W., Enderwartung und gegenwärtiges Heil. Untersuchungen zu den Gemeindeliedern von Qumran , Göttingen 1966; Dimant, D., •Qumran Sectarian Literature•, in: CRI 11.2, 483-550; Fitzmyer, J.A., The Dead Sea Scrolls. Major Publications and Tools for Study, Missoula 1975; Allegro, J., The Dead Sea Scrolls. A Reappraisal, Middlesex 1982. so S. dafür Dimant, •Literature•, 481ff. und Hengel, Judentum, 394ff. sl S. dafür die folgende Auswahl: Schubert, K., ·Die Messiaslehre in den Texten von Chirbet Qumran (1957)«, in: Grözinger, K.E. (Hrsg.), Qumran, Darmstadt 1981, 341-364; Van der Woude, A.S., Die messianischen Vorstellungen der Gemeinde von Qumran, Assen 1957; Schürer, E., •The Qumran Messiahs and Messianism•, in: ders., History II, 550-554; Starcky, J., •les quatres etapes du messianisme a Qumrän•, RB 70 (1963), 481-505; Brown, R.E., •J. Starcky's theory of Qumrän messianic development«, CBQ 28 (1966), 51-57; Laperrousaz, E.-M., •le classement chronologique des passages messianiques des •manuscrits de Ia Mer Morte••, in: La Iitterature intertestamentaire. Colloque de Strasbourg (17-19 octobre 1983), Paris 1985, 69-88; Strickert, F.M., »Damascus Document VII,l0-20 and Qumran Messianic Expectation•, RQ 47 (1986), 327-350; Kuhn, K.G., ·Die beiden Messias in den Qumrantexten und die Messiasvorstellung in der rabbinischen Literatur•, ZAW 70 (1958), 200-208; Brown, R.E., »The Messianism of Qumran«, CBQ 19 (1959), 53-82; Brooke, G.J., •The Amos-Numbers Midrash (CD 7:13b-8:la) and Messianic Expectation•, ZAW 92 (1980), 397-404; Van der Woude, A.S., •Melchisedek als himmlische Erlösergestalt in den neugefundenen eschatologischen Midrashim aus Qumran Höhle 11 "• in: ders., Oudtestamentische Studien 14 (1965), 354-373; Fitzmyer, j.A., "The Aramaie •Eiect of God• Text from Qumran Cave IV "'• CBQ 27 (1965), 348-372; De Jonge, M., "The use of the word •Anointed• in the time of Jesus•, NT 8 (1966), 301-326; Deichgräber, R., ,.zur Messiaserwartung der Damaskusschrift•, ZAW 78 (1966), 333-343; Higgins, A.J.B., "The Priestly Messiah«, NTSt 13 (1966/67), 211-239; Fitzmyer, J.A., • Further Light on Melchisedek from Qumran Cave 11•, JBL 86 (1967), 25-41; Brown, R.E., "The Teacher of Righteousness and the Messiah(s)«, in: Black, M. (Hrsg.), The Scrolls and Christianity, London 1969, 37-44; Ginzberg, L., •Messianic Doctrine«, in: ders., Sect, 209-256; Liver, J., ,. The Doctrine of the Two Messiahs in Sectarian Literature in the 1ime of the Second Commonwealth«, HThR 52 (1959), 149-185; Laperrousaz, E.M., L'attente du Messie en Palestine a Ia veille et au debut de l'ere chretienne, Paris 1982; Delcor, M., Qumran. Sa piete, sa theologie et son milieu, Leuven 1978; Caquot, A., •le messianisme qumränien«, in: Delcor, Qumran, 231-247; Starcky, J., •les maitres de Justice et Ia chronologie de Qumrän•, in: Delcor, Qumran, 249-256; Martinez, F. Garda; Van der Woude, A.S., .. A •Groningen• Hypothesis of Qumran Origins«, in: RQ 56 (1990), 521-541; Schiffman, L.H., The Eschatological Community of the Dead Sea Scrolls. A Study of the Rule of the Congregation, Atlanta 1989. S. weiter die Bibliographie in: Fitzmyer, Scrolls, 114ff. und v.a. Van der Woude, A.S., •Fünfzehn Jahre Qumranforschung (1974-1988), in: ThR 54 (1989), 221-261; ThR 55 (1990), 245-307; ThR 56 (1991) und ThR 57 (1992), 1-57. 52 S. dafür auch folgende Übersicht von Van der Woude, zu xplw, in: Tb WNT IX,
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Wie diese sogenannte »Zwei-Messias-Lehre« religionsgeschichtlich einzuordnen und zu bewerten ist, ist ein Problem für sich 53. Verschiedene Lösungen sind dabei vorgeschlagen worden54. Ich werde mich in bezug auf die Vielfalt der gebotenen Theorien beschränken müssen und mich dabei auf zwei Problembereiche konzentrieren: 1. Wie sind die Messias-Konzepte von Qumran im Vergleich mit den biblischen und zeitgenössischen >>Parallelen« zu bewerten, und 2. wie sind die messianischen Erwartungen historisch einzuordnen und zu verstehen? Ausgangspunkt meiner zweiten Fragestellung ist die Theorie von Starcky55 , die folgendermaßen zusammenzufassen ist: 1. In der Periode der Makkabäer (150-100 v. d. Z.) entstanden die Schriften 1QpHab, 4QpPs 37, 1QH und 1QS56 • 2. In der Periode der Hasmonäer (100-75 v. d. Z.) entstanden die Schriften 1QSa, 1QSb, 4QTest und die Verse 8,15b-9,11 von lQS. 3. In der Periode von Pompeius und Caesar (75-50 v. d. Z.) entstand CD. 4. In der Periode von Herodes dem Großen und danach (50 v. d. Z.- 68 n. d. Z.) entstanden die Schriften 1QM, 4QPatr, 4QFlor und 4Qpjes.
509: •Abgesehen von 11 Q Melchisedek 18, wo der als n,.,M M"I'C der mit dem Geist Gesalbte bezeichnete Freudenbote r'll ~C) der Endzeit eine prophetische Gestalt sein dürfte, bezeichnet M'TC im Sing oder Plur sonst überall den priesterlichen oder den königlichen Gesalbten der Zukunft. Die von Hause aus priesterliche Sekte von Qumran erwartete am Ende der Tage 1QSa 1,1 ZWEI MESSIASGESTALTEN 1QS 9,11; Damask 12,23f (15,4); 14,19 (18,8); 20,1 (9,29); 19,10f (9,10); vgl auch 7,18f (9,8ff); 4QTestimonia 9-13.14-20; 4QFiorilegium 1,11, uz einen Hohenpriester aus Levi 4QTestimonia 14, den Aaroniden 1QS 9,11; Damask 12,23f (15,4); 14,19 (18,8); 20,1 (9,29); J.9,10f (9,10), u einen König aus Juda 4QPatriarchensegen 1, den endzeitliehen Davididen 4QPatriarchensegen 2ff; 4QFiorilegium 1,11; 1QSb 5,20-29«. 51 S. dafür Dimant, •Literature•, 542ff. und Murphy-O'Connor, J., ,. The Judean Desert•, in: Kraft; Nickelsburg, ]udaism, 117-156, v.a. 139-143. 54 Für eine Übersicht dieser Lösungen, s. Murphy-o'Connor, •Desert•, 139ff.; vgl. auch Schürer, •Messiahs«, in: ders., History II, 551; Schubert, •Messiaslehre•, 341ff. und Ginzberg, Sect, 248ff. 55 Akzeptiert z.B. von Schürer, »Messiahs«, 551 und Strickert, »Document•, 327; s. jedoch auch Murphy-O'Connor, •Desert•, 139 und Laperrousaz, •classement•, 69ff. Obwohl Starckys Theorie einer historischen Entwicklung der messianischen Erwartungen in Qumran nicht von jedem akzeptiert worden ist, ist seine Theorie für mich deswegen interessant, weil er Argumente liefert, die mit meinen noch zu entwickelnden Argumenten dafür plädieren, die vielen und komplexen messianischen Erwartungen von Qumran sowohl in ihrem historischen Kontext zu verstehen als auch ihre Interpretation zu spezifizieren. 56 Für die Abkürzungen, s. Lohse, Texte, ix-xi.
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In der ersten Periode finden wir keine nennenswerten messianischen Erwartungen 57 •
Habakuk-Kommentar 1QpHab Eine der frühen Qumran-Schriften ist der Habakuk-Kommentar 1QpHab. Der Autor erwähnt häufig einen »Lehrer der Gerechtigkeit«, der in einem Konflikt mit einem »gottlosen Priester« steht. Am Ende der Zeiten erwartet er das göttliche Gericht. Dieser »Lehrer der Gerechtigkeit«, der wahrscheinlich der historische Anführer der Gemeinde war58 , ist der »Priester, in (dessen Herz) Gott (Einsicht) gegeben hat, um zu deuten alle Worte seiner Knechte, der Propheten, (durch) die Gott verkündigt hat alles, was kommen wird über sein Volk und (sein Land)« (1QpHab 2,8). Gemäß seiner Auslegung der Propheten wird ein Gericht stattfinden (1QpHab 5,3; 10,3 und 10,13; vgl. 7,1 und 8,1). Er ist als Ausleger der Propheten und Lehrer der Gerechtigkeit der eigentliche Lehrer der Gemeinde, der die Männer des Rates zurechtweist (1QpHab 5,10) und den Tätern des Gesetzes Rettung verspricht (1QpHab 8,1). Ihm gegenüber steht der gottlose Priester, der gegen Gottes Gesetz handelt und sich nur für Reichtum und Gewinn interessiert (1QpHab 8,8ff.; 9,4ff.; 11,12ff.; 12,2ff.). Ihr gegenseitiges Verhältnis wird - als Deutung von Hab 2,15- folgendermaßen in 1QpHab 11,4-8 dargestellt: »Seine Deutung bezieht sich auf den gonlosen Priester, der den Lehrer der Gerechtigkeit verfolgte, um ihn zu verschlingen in dem Zorn seines Grimms am Ort seiner Verbannung. Und zur Zeit des Festes der Ruhe, am Versöhnungstag, erschien er bei ihnen, um sie zu verschlingen und um sie zu Fall zu bringen am Tage des Fastens, dem Sabbat ihrer Ruhe. « 59
Mit dem gottlosen Priester dürfte wohl einer der makkabäischen PriesterKönige gemeint sein (Jonathan oder Simon), zu mal von ihm gesagt wird, er hätte als Priester angefangen, sich danach jedoch pervertiert (1 QpHab 8,8-13). Über den Lehrer der Gerechtigkeit erhalten wir keine genaueren historischen Angaben, obwohl 1 QpHab uns Einsicht verschafft in das SelbstverS. Starcky, »etapes•, 486-499 für eine Kennzeichnung der vier Perioden. Es werden hier auch einige Qumran-Schriften nicht genannt, weil sie entweder keine spezifischen messianischen Erwartungen enthalten oder weil ihre Publikation noch auf sich warten läßt. 58 S. Dimant, »Literature•, in: CRI 11.2, 508-10. 59 Übersetzung nach Lohse, Texte, 241. 57
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ständnis der Gemeinde. Der Lehrer der Gerechtigkeit, dem wir auch in CD 1,11 und 20,1.28 begegnen, spielt eine Schlüsselrolle in der Zeit nach den Propheten und vor dem Auftreten des Messias. Van der Woude sagt dazu: »Somit erscheint der historische Lehrer der Gerechtigkeit weder hier noch in den anderen erwähnten Stellen des Habakukpesers als eine messianische Gestalt (... ). Er ist vielmehr der Priester-Prophet, welchem >Gott kundgetan hat alle Geheimnisse der Worte seiner Knechte, der Propheten< (VII,4f), der zweite Mose, Wegbereiter der beiden Messias, selber aber kein Messias.« 60 Das Selbstverständnis der Gemeinde findet seinen Ausdruck vor allem in ihren exegetischen Aktivitäten - den eschatologischen und halachischen Auslegungen verschiedener Bibelstelle - 61 , des weiteren in der Deutung ihrer historischen Situation. Für letzteres ist auch auf 4QpPs 37 hinzuweisen.
Kommentar zu Psalm 37 4QpPs 37 Im Kommentar zu Psalm 37,23f. in 4QpPs 37: 3,15-16 wird die Funktion des Lehrers der Gerechtigkeit deutlich beschrieben: »Seine Deutung bezieht sich auf den Priester, den Lehrer der (Gerechtigkeit, dem) Gott (be)fohlen hat aufzutreten und (den) er bestellt hat, um ihm zu erbauen die Gemeinde (... ), (und) seinen (We)g lenkte er zu seiner Wahrheit.«62
Der historische Priester, der »Lehrer der Gerechtigkeit« genannt wird, ist der Anführer der Gemeinde. Die Gemeinde besteht aus denjenigen, die dem »Mann der Lüge« entflohen sind, um umzukehren zum Gesetz (4QpPs 37: 1,18 und 2,2-3); sie sind die >>Gemeinde der Auserwählten, die seinen Willen tun« (2,5), die »Gemeinde der Armen (... ), die gerettet werden aus allen Fallen Belials« (2,9). Ihnen wird die Rettung vorhergesagt: »die Umkehrenden der Wüste, die leben werden tausend Geschlechter in Rechtschaffenheit, und ihnen wird das ganze Erbteil des Menschen gehören und ihrem Samen in Ewigkeit« (3,1; vgl. 3,10-11). Das vom Autor entworfene Feindbild basiert auf Begriffen wie »Mann der Lüge« (1,18; vgl. 4,14-15), »Belial« (2,9), die »Gewalttätigen« (2,13-14) Van der Woude, Vorstellungen, 165. S.u. z.B. 1QS, 1QSa, 1QSb, 4QTest und CD. 61 4QpPs 37 oder 4Q171 in Allegro, Qumran, 42-50; Übersetzung nach Lohse, Texte, 273. 60 61
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und die »Gottlosen von Ephraim und Manasse« (2,17-18) 63 • Die Rolle der Gegner wird in 4QpPs 3 7: 2,13-15.17-19 folgendermaßen beschrieben: >>Seine Deutung bezieht sich auf die Gewalttätigen am Bunde, die dem Hause (J)uda angehören, die (14) danach trachten, die Täter des Gesetzes zu vernichten, die zum Rat der Gemeinschaft gehören; aber Gott überläßt sie nicht (15) ihrer Hand (... ). (17) Seine Deutung bezieht sich auf die Gottlosen von Ephraim und Manasse, die ihre Hand ausstrecken wollten (18) gegen den Priester und die Männer seines Rates zur Zeit der Läuterung, die über sie gekommen ist. Aber Gott hat sie erlö(s)t (19) aus ihrer Hand. Und dann( ... ) wurden sie gegeben in die Hand der Gewalthaber der Völker zum Gericht.« 64
Aus der Konfliktsituation, in der die Gemeinde von Qumran sich befand, entstanden ihre Vorstellungen eines Endzeitsgerichts und ihr Bedürfnis der Wiederherstellung der Gerechtigkeit im Land ihrer Väter. Dieses Gericht wird eine Zeit des Hungers, der Verwirrung und der Pest sein (3,3-4), die Gottlosen werden umkommen wie in einem Feuerbrand im Wind (3,7-8; vgl. 3,12). Gott wird sie richten, indem er die Machthaber der Völker das Gericht vollstrecken läßt (4,8-10). »Das Volk der Erwählten wird sich (jedoch) erfreuen am Erbteil der Wahrheit« (4,11-12). Die älteren Qumran-Schriften lassen somit erkennen, daß die Gemeinde anfänglich keinen Endzeitbefreier erwartet hat, obwohl für sie am Ende der Geschichte das göttliche Gericht stattfinden wird. Erst im 1. Jh. v. d. Z., nach dem Tode ihres Lehrers und nach der wahrscheinlichen Enttäuschung über das Ausbleiben eines Endzeitgerichtes sowie unter Einfluß der für sie unakzeptablen Situation im Tempelstaat Jerusalem, werden messianische Erwartungen konzipiert. Der Versuch, gerade die oft diskutierte Verschiedenheit dieser Gestalten zu deuten, ist das Anliegen folgender Untersuchungen 65 •
61 Vgl. 4QpNah 2,8; 3,5.9-12 und 4,1-6, wo Ephraim und Manasse als die Pharisäer und Sadduzäer identifiziert werden; so Dimant, .. titerature«, in: CRI 11.2, 511-12. S. auch Stegemann, H., Die Entstehung der Qumrangemeinde, Diss. Bonn 1971. 64 Übersetzung nach Lohse, Texte, 273ff. 65 Da es hier im Rahmen der gesamten Untersuchung nur um die Deutung der • Verschiedenheit• der Messias-Gestalten gehen kann, wird nicht jeder messianische Text für sich gründlich exegetisiert. Des weiteren muß es bei einem Versuch bleiben, weil erstens die Sekundarliteratur inzwischen unüberschaubar geworden ist und zweitens einige Texte aus den Höhlen von Qumran noch nicht herausgegeben worden sind.
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Gemeinderegel 1QS 8,15 b-9, 11
In den von Starcky zwischen 100 und 75 v. d. Z. datierten Versen 8,15b9,11 66 der Gemeinderegel 1QS67 stoßen wir auf »den Propheten und die Gesalbten Aarons und Israels«, einen Ausdruck, den wir in den QumranSchriften des 2. Jh. v. d. Z. nicht, danach jedoch häufig finden 68 • Es handelt sich hierbei um die Formulierung ~JM.,; .. , 'fMMM """~C, M".:~ M,.: .,V: •• bis daß der Prophet und die Gesalbten Aarons und Israels kommen« (9,11). Auch in anderen Stellen (z.B. CD) ist von den Gesalbten (Plural) aus Aaron und Israel oder von einem Gesalbten (Singular) aus Aaron und Israel (meistens ohne Verbindung mit einem Propheten) die Rede69 • Der Ausdruck »Gesalbter(( selbst ist jedoch nicht unbedingt als Bezeichnung eines Endzeitbefreiers zu verstehen, wie uns auch die Texte CD 2,12 und 6,1 zeigen 70 • Die Zusammenstellung »Aaron und Israel« kommt oft vor, aber auch hier nicht immer in einem eschatologischen Rahmen. So ist es m.E. zweifelhaft, ob der in 1 QS 8,15b-9,11 gefundene Ausdruck eine eschatologische oder messianische Bedeutung har7 1•
" S. Starcky, •etapes«, 487ff. und Dimant, •Literature«, 498; ausgegangen wird von der Textausgabe in Lohse, Texte, 31ff. 67 1QS ist allerdings paläographisch älter. 68 Über die Qumran-Schriften, die im 2.Jh.v.d.Z. datiert werden, stellt Starcky, •etapes«, 486f. folgendes fest: •En fait, sur ce point comrne Ia doctrine de Ia valeur redemptrice de Ia souffrance, du messianisme ou de l'universalite du salut, l'auteur des Hymnes et de Ia Regle se situe au niveau de Ben Sira, c'est-a-dire des sacerdotaux de l'epoque hellenistique (... ). La mission dont il s'est cru investi par Dieu a l'egard d'Israel se situe dans Ia ligne d'un prophete comrne Molse ou d'un reformateur commes Esdras, mais l'idee de Ia considerer comme proprement messianique n'a guere pu Je seduire, car il n'attendait pas de Messie«. 69 Van der Woude bezeichnet den •Propheten• als,. Vorläufer der Messias«; s. Van der Woude, Vorstellungen, 86. 70 CD 2,12 spricht über ·die Gesalbten seines heiligen Geistes« und 6,1 über ·die Gebote Gottes, die (er) durch Mose und durch die heiligen Gesalbten (gegeben hatte)«; es handelt sich in beiden Fällen um historische statt eschatologische Gestalten; in CD 6,1 ist wahrscheinlich von den Propheten die Rede. 71 Vgl. auch Van der Woude, Vorstellungen, 86-87 und Dimant, •Literature•, 502-503 und 497.
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Gemeinschaftsregel1QSa 2,11-20 In der Gemeinschaftsregel 1QSa, die mit den Worten anfängt: ''Und dies ist die Ordnung für die ganze Gemeinde Israels am Ende der Tage, wenn sie sich (gemeinsam) versammeln, (um zu wan)deln (2) entsprechend dem Urteil der Söhne Zadoqs, der Priester, und der Männer ihres Bundes, die sich abgewand(t haben vom Wandel auf) dem Weg (3) des Volkes. Sie sind die Männer seines Rates, die seinen Bund bewahrt haben inmitten der Gottlosigkeit, um Sühne zu (leisten für das Lan)d«n,
wird die Versammlung eines Gemeindeausschusses in der Endzeit beschrieben (2,11-17). Dabei wird zwischen zwei Gruppen unterschieden: 1) den Männern von Namen (11-14a), mit dem Hohenpriester (der Gesalbte Aarons) als Vorsitzendem, und 2) den Tausendschafren Israels (14b-16) mit dem Gesalbten Israels als Vorsitzendem. Gemeinsam an einem Tisch finden wir die beiden Gesalbten in ihrer Reihenfolge zusammengestellt:
1QSa 2,20 >>Und er[= der Messias Aarons] soll) zuerst seine Hand (ausstrecken) nach dem Brot, und dana(ch soll) der Messias Israels seine Hände (21) nach dem Brot ausstrecken« 73 •
Es ist hier, obwohl explizit nicht so formuliert, von den »Messiassen aus Aaron und Israel« die Rede'\ wobei der »priesterliche« dem »königlichen« (oder Laien-) Gesalbten übergeordnet ist.
Segenssprüche 1QSb 2,22-5,29 Während in 1QSb 1,tff. die Gläubigen, in 2,22ff. der Hohepriester und in 3,22ff. die Priester gesegnet werden, wird in 1QSb 5,20ff. der Fürst der Gemeinde gesegnet'5 • Bei diesem >>Fürsten der Gemeinde« handelt es sich um die Beschreibung eines königlichen Messias76 , und es fällt in 5,23-29 der anthologische Stil auf. Es werden dabei Assoziationen mit Gen 49,910, jes 11,2 und anderen biblischen Stellen aneinandergereiht: Übersetzung nach Lohse, Texte, 47. Übersetzung nach Lohse, Texte, 51. 74 So Van der Woude, Vorstellungen, 101-104. 75 So Lohse, Texte, 53. 76 Aufgrund eines Vergleichs mit CD 7,19ff.; 4QPatr; 4QTest und 1QSb 5,27 schlußfolgert Van der Woude, Vorstellungen, 114-115, daß es sich auch in 1QSb 5,20 um einen •königlichen Messias« handeln muß. 72
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1QSb 5,23.b. »Der Herr (er)he(be dich) zur ewigen Höhe c. und wie einen stark(en) Turm auf einer hohen Mauer (Jer 1,18) 24.a. und (du wirst die Völker schlagen) b. mit der Kraft deines (Mundes) (Jes 49,2/jer 5,14?) c. mit deinem Szepter wirst du die Erde verwüsten (Num 24,17?), d. und mit dem Hauch deiner Lippen (Jes 11,4) 25.a. wirst du die Gott(losen) töten b. (mit dem Geist des Ra)tes und mit ewiger Kraft (Jes 11,2), c. mit dem Geist der Erkenntnis und Furcht Gottes. Und es wird sein 26.a. Gerechtigkeit der Gürtel (deiner Lenden (Jes 11,5) b. und Treue) der Gürtel deiner Hüften. c. (Und) er mache deine Hörner aus Eisen und deine Hüften aus Erz. 27.a. Mögest du stoßen wie ein Jung(stier (Num 24,8?) b. und niedertreten die Völ)ker wie den Kot der Straßen. c. Denn Gott hat dich erhoben zum Szepter (Num 24,17/Gen 49,10) 28.a. über die Herrscher. b. Vor (dir werden sie sich erheben (Num 24,18) c. und sich niederwerfen, d. und alle Natio)nen werden dir dienen, e. und durch seinen heiligen Namen wird er dich stark machen. 29.a. Und du wirst sein wie ein Lö(we ... ) (Num 24,9/Gen 49,9) Raub, b. und niemand holt (zurück). c. Und deine (Sch)nellen werden sich verbreiten über (... )«77.
Wenn auch nicht jede Assoziation nachvollziehbar ist, fällt trotzdem auf, daß es sich in den von mir in Klammern genannten Bibelstellen meist um solche der oft als eschatologisch und messianisch bezeichneten Stellen handelt. Aus diesen Zitaten und Paraphrasen läßt sich schließen, daß sich die Vermutung, der >>Fürst der Gemeinde« sei als eine königliche Endzeitfigur verstanden worden, im literarischen Kontext von 1QSb 5,23-29 zweifellos rechtfertigen läßt.
4QTestimonia In den 30 Zeilen des Fragmentes 4QTest werden Dtn 5,28-29; 18,18-19; Num 24,15-17, Dtn 33,8-11 und Jos 6,26 zitiert78 und in der Auslegung auf den endzeitliehen Propheten und den Gesalbten aus Aaron und Israel bezogen 79 • Dabei werden ein »Prophet« und ein »Stern aus Jakob« erwartet. »Levi« ist die Bewahrung der Tora aufgetragen 80 • Das CharakteristiÜbersetzung nach Lohse, Texte, 59-60. Hinweise auf Bibelstellen vom Autor. S. Lohse, Texte, 249 . ." Vgl. dazu Patte, Hermeneutics, 295: »Despite M. Trevers, who sees in 4 Q Testimonia a panegyric of john Hyrcanus, it is safer to see here a collection of messianic texts referring on the one band, to the three messianic figures whose coming was expected (a prophet like Moses, a lay Messiah, and a priestly Messiah), and on the other band, the Covenanter's enemies•. 80 S. dazu auch Newson, C., .. The •Psalms of joshua• from Qumran Cave 4 ", J]S 39 (1988), 56-73. 77 78
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sehe von 4QTest liegt vor allem darin, daß hier biblische Stellen zusammengefügt worden sind, die aufgrund ihrer spezifischen Auswahl und Kombination messianische Erwartungen zum Ausdruck bringen. Es handelt sich um eine auch sonst in der hellenistisch-römischen Zeit nicht unübliche »thematische« Textsammlung. Darüber hinaus ist festzustellen, daß das ))Messianische« von 4QTest vor allem als eschatologisch zu bewerten ist: die Bibelstellen werden mit Drohungen für die Endzeit abgeschlossen. Des weiteren finden wir die Gestalt des endzeitliehen Propheten, dessen Ursprung meistens auf Dtn 18,18 zurückgeführt wird 81 •
Damaskusschrift CD Sagte ich oben, daß einige der messianischen Erwartungen, wie in der Formulierung »der Gesalbte aus Aaron und Israel« dargestellt, erst in den Qumran-Schriften aus dem 1. Jh. v. d. Z. gefunden werden können, so wies ich beiläufig auch auf die Verschiedenheit der verwendeten Ausdrücke für den historischen und den zukünftigen Anführer der Gemeinde oder Befreier hin. Dabei war es jedoch nicht möglich, das Aufkommen der besagten Begriffe in die Zeit vor 100 v. d. Z. zu datieren 82• Wir sind auch bei der Untersuchung der Damaskusschrift83 weniger am Ursprung der Qumran-Gemeinde interessiert84 als an einer eventuellen Entwicklung ihrer messianischen Erwartungen. Dabei ist, von meinem methodischen Ausgangspunkt aus gesehen, nicht anzunehmen, daß die messianischen Erwartungen plötzlich aufgetreten sind 85 • In CD 2,12 und 6,1 wird von den Propheten gesagt, daß sie Gesalbte seien. In CD 12,23; 14,19; 19,10-11 und 20,1 finden wir wieder den S. dazu auch mein Kapitel VI.6 S. weiter die Forschungsübersicht über die Geschichte der Gemeinde von Qumran in Murphy-O'Connor, .. oesen•, 139ff.: »Periodic effons to see •teacher of righteousness• as indicating a function carried out by different individuals (Rabinowitz, 1958; Buchanan; Starcky) have met little succes; it is generally understood as the title of a panicular personage. The majority of scholars go no funher than the position that he must be a contemporary of Jonathan, but a few are much more precise« (S. 140). 83 S. für den Text Schechter, Documents, 3ff.; Lohse, Texte, 63ff. und Dimant, ,. Literature•, 490ff. 84 S. dazu Murphy-O'Connor, »Desen•, 142. 85 So auch Stricken, ·Document•, 336, Anm. 20: »Conclusions such as the previous are made on the basis of dating both the Damascus Document as the Community Rule to the early first century B.C.E. Since Murphy-O'Connor has demonstrated that both works contain earlier material, the theme of messianic hope would also predate the actual composition of these works•; s. auch seine Anmerkungen 6, 8 und 15. 81
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Ausdruck »Gesalbte aus Aaron und Israel«. Zusätzlich ist in CD 7,4-21 von einem »Ausleger der Tora« und einem kriegsführenden »Fürsten<< die Rede. Damit wir das oben angebene Problem besser verstehen, folgt nun eine ausführliche Analyse von CD 7,14-21. In CD 7,8-9 86 wird Num 30,17 zitiert. In CD 7,11-12 wird Jes 7,17 zitiert. In der Auslegung von jes 7,17 wird betont, daß den Gottlosen vergolten wurde (CD 7,10), als Ephraim und Juda sich trennten (d.h. in der Zeit vor der babylonischen Gefangenschaft). Die Standhaften waren jedoch imstande, sich in das »Land des Nordens« zu retten (CD 7,13; vgl. Am 5,26f.).
CD 7,14-21 CD 7,14.b. »Und ich will verbannen Sikkut, euren König, 15.a. und Kijjun, euer Bild, fort über die Zelte von Damaskus hinaus (Am 5,26f.). b. Die Bücher des Gesetzes, sie sind die Hütte 16.a. des Königs, wie er gesagt hat: b. Und ich will aufrichten die zerfallene c. Hütte Davids (Am 9,11). Der König 17.a. das ist die Gemeinde b. und Kiijun der Bilder, c. das sind die Bücher der Propheten, 18.a. deren Worte Israel verachtet hat. b. Und der Stern, das ist derErforscherdes Gesetzes, 19.a. der nach Damaskus kommt, b. wie geschrieben steht. c. Es geht ein Stern auf aus Jakob, d. und ein Szepter hat sich erhoben 20.a. aus Israel (Num 24,17). b. Das Szepter, das ist der Fürst der ganzen Gemeinde; c. und wenn er auftritt, wird er niederwerfen 21.a. alle Söhne Seths. Diese entrannen b. zur Zeit der ersten Heimsuchung« 87• In diesem »exegetischen« 88 Text werden Am 9,11 und Num 24,17 verwendet, um Am 5,26 auszulegen. Dabei sind die »Sikkut« (= die Bücher des Gesetzes) die ))Hütte Davids<<, und ))euer König« ist die ))Gemeinde«. ))Kijjun euer Bild« sind die ))Bücher der Propheten<< (deren Worte Israel verachtet hat). Von »Damaskus« aus kommt89 »der Stern aus Jakob« (er ist der ))Erforscher des Gesetzes<<), und ))der Fürst der ganzen Gemeinde<< ist das »Zepter aus Israel« (der die Söhne Seths niederwerfen wird). Am 5,26 wird in das Selbstverständnis der Gemeinde von Qumran integriert, indem sie sich selbst in der Galuth und umringt von Toraverächtern versteht. Sie sieht es als ihre Aufgabe an, zu lernen und unterrichtet zu werden. Der Fürst wird gemäß ihren Zukunftserwartungen die Toraverächter, die ))Söhne Seths«, niederwerfen, und der Erforscher wird Tora Was die Handschriften A und B betrifft, s. weiter unten. Übersetzung nach Lohse, Texte, 81; Hervorhebung vom Autor. 88 So Patte, Hermeneutics, 237 und Anm. 5, der in Nachfolge von O.j.R. Schwarz in der Damaskusschrift zwischen erzählenden, exegetischen und juridischen Texten unterscheidet. 19 •Ist gekommen•, oder auch •wird kommen•? 86
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unterrichten, damit die »zerfallene Hütte Davids«, d.h. »die Bücher des Gesetzes« wieder aufgerichtet werden- ein Prozeß übrigens, der sich in der Zukunft wohl fortsetzen wird. So beziehen sich die- sonst oft »messianisch« ausgelegten- Zitate Am 9,11 und Num 24,17 hier auf die Gemeinde selbst sowie auf ihren Lehrer und ihren Fürsten. Daher bezieht sich das >>Messianische« in der Auslegung der »zerfallenen Hütte Davids« hier auf die Tora und auf den jetztigen und zukünftigen Lehrer der Tora, nicht aber auf einen (davidischen) Endzeitbefreier. Die zitierten Verse werden aber hauptsächlich in der halachisch und daher auch diesseitig orientierten Situation der Gemeinde, die hinter der Damaskusschrift steht, aktualisierend ausgelegt90 • CD 7,14-21 hat jedoch zu vielen verschiedenen Theorien geführt, auch weil es in CD 19-20 eine Wiederholung zu haben scheint, und deren dortige Exegese eine ganz unterschiedliche »Messiaslehre« bietet. Kürzlich hat F.M. Strickert sich darüber geäußert. Er hat versucht, die Unterschiede und die Entwicklungen der Damaskusschrift miteinander zu verbinden 91 : Im Gegensatz zu MS A in CD 7,5-8,1 bringt MS B in CD 19,1-34 aufgrund einer Exegese von Sach 13,7 und Ez 9,4 die Erwartung eines »Gesalbten aus Aaron und Israel« (CD 19,10-11 und 20,1). Strickert schlägt nun vor, MS Aals Original und MS B als Änderung des Originals zu betrachten 92 , wobei CD 7,10-20 später weggelassen wurde93 • Nach einem Vergleich mit TestLevi 18 schließt er, daß die Frage nach ein oder zwei Messiassen schon auf die Zeit vor dem 1. Jh v. d. Z. zurückgeht, daß aber erst später der Titel >>Messias aus Aaron und Israel« adoptiert wurde 94 • 90 Vgl. dazu auch Dimant, •Literature•, 493: •As was stressed above, at the very hean of the sectarian thought lay the belief that Israel at large is still living in sin and error, and is caught in •the three nets of Beliale (4:15). This results in a total condemnation of non-sectarian jews. Yet specific groups of adversaries are denounced; e.g. •those who search slippery things•, led by •the Spouter of Lies•. In this connection too, the community's attitude to the Second Temple should be seen: it is considered impure, defiled by its priests, and therefore members were not allowed to bring sacrifices there•; vgl. weiter die vielen Rechtsbestimmungen in CD 4,19-5,13 und 20,1-34. 91 Stricken, ·Document•, 327.329f. 92 Strickert, •Document•, 329. liJ Stricken, ·Document•, 335 und 345. 94 Stricken, .. oocument•, 336-338 und 338: ·In other words, the issue of one or two messiahs goes back to the very beginning of the community. lt would seem that the community was influenced in its messianic thought by the Testament of Levi. Thus it adopted the title •Messiah of Aaron and Israel«. On the basis of a literary interpretation of the poetic parallelism of Numbers 24, that messianic hope was expanded to include two figures, one priestly and one military. •
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Das Verhältnis zwischen der ältesten und der jüngeren »Zwei-MessiasLehre« beschreibt er folgendermaßen: Der historische Anführer der Gemeinde »is to the >age of wickedness< what the Messiah of Aaron will be to the Messianic Age. The former has served the community as priest, interpreter, and teacher; so will the latter. The result is the establishment of a continuity within the community from the time of the Teacher of Righteousness unril the appearance of the Messiah of Aaron« 95 • In CD 19-20, geschrieben zwischen 75 und 50 v. d. Z. 96 , finden wir dann die folgende »messianische« Auslegung. Ab CD 19,6 wird über die Endzeit gesprochen und darüber, was denen passieren wird, die die Gebote und Satzungen verachtet haben. Sie werden durch das Schwert fallen, wie schon Sach 13,7 vorhergesagt hat. Die Armen der Herde werden, wie bei der ersten Heimsuchung, von der Ez 9,4 schon gesprochen hat, gerettet werden, wenn der »Gesalbte aus Aaron und Israel« kommt (CD 19,1011). Die Zeit der Gottlosen, erörtert in CD 19,13ff., beschränkt sich auf die Zeit zwischen der Hinwegnahme des Lehrers der Gerechtigkeit und dem Auftritt des Gesalbten aus Aaron und Israel, wenn mit dem Schwert gestraft und das Gericht kommen wird (CD 19,35-20,1). Dabei ist anzunehmen, daß die Gemeinde, die hinter der Damaskusschrift steht, sich selbst als in dieser Zwischenzeit lebend verstanden hat97 • Schlußfolgerend läßt sich sagen, daß in der hasmonäischen Zeit, am Anfang des 1. Jh. v. d. Z. (traditionsgeschichtlich schon einige Jahrzehnte früher), in den Qumran-Schriften 4QpHab, 4QpPs 37, 1QS, 1QSa, 1QSb, 4QTest und CD 98 auf komplexe Weise dargestellte und dementsprechend vielseitig deutbare Endzeitgestalten greifbar werden. Was die Zeit vor 100 v. d. Z. anbelangt, spielt ein historischer Anführer der Gemeinde eine große Rolle. Für die Zeit danach, obwohl die eschatologischen und messianischen Erwartungen ihre Wurzeln schon im 2. jh. v. d. Z. haben könnten, wird eine eschatologische Gestalt als Prophet, vor allem aber als Priester und/oder König erwartet. In dieser Konzipierung wird die Priestergestalt betont und die Begriffskombination (")M"iC (, M"-":).2) M,.=I"'~V .,V 'JM.,J"(C), TMMM(C) häufig benutzt. Dieser Ausdruck erinnert uns an Num 24, 17; Hag 2,20-23; Sach 4,1114; Testjud 21,1-5 99 , und an andere biblische, zeitgenössische und spätere 95 Stricken, ·Document•, 344; grundlegend ist für ihn Murphy-O'Connor, J., •The Essenes and Their History«, RB 81 (1974), 215-245. " So Dimant, •Literature•, 490 und Starcky, »etapes«, 498f. 97 S. zu dieser Stelle auch Starcky, •Maitres•, 249-256. Er datiert CD wie auch 4QpNah einige Jahre vor 63 v.d.Z. 98 S. auch Starcky, •etapes•, 491 f.498f. und Laperrousaz, •classement•, 69ff. 99 S. weiter Schürer, ·Messiahs•, in: ders., History II, 551.
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»Parallelen« 100 • Auch 1 Makk 4,46 muß in diesem Zusammenhang genannt werden 101 •
5. Vorläufige Ergebnisse Wenn man bedenkt, daß wir in den anderen schon untersuchten Schriften des 2. Jh. v. d. Z. eine zwar nicht vergleichbare, jedoch ebenso vielseitige Erwartung eines oder mehrerer Endzeitgestalten fanden und daß diese Erwartungen in der Spannung zwischen Tradition und historischem Kontext als Ausdruck eines religiösen und politischen Selbstverständnisses zu verstehen waren, dann mag es nicht verwunderlich sein, daß wir sowohl diese Vielfalt als auch diese Spannung in den Qumran-Schriften wiederfinden. Zwar haben sich der historische Kontext und damit auch die religiösen Konzeptionen geändert (in einer Auseinandersetzung mit der biblischen Tradition oder mit dem Hellenismus sowie unter Einfluß der Apokalyptik und eines neuen Geschichtsverständnisses), aber ein dynamisches Verhältnis zwischen Text und Geschichte war auch in den QumranSchriften zu beobachten. Noch weniger verwunderlich wird diese Vielfalt der Erwartungen, wenn man sich vor Augen hält, wie vielseitig und verwirrend die politische Lage der makkabäischen und hasmonäischen Zeit selbst war und sicherlich auch empfunden wurde: Jeder strebte nach Einfluß, ob Seleukide, Ptolemäer, Priester, Sadduzäer, Chasidäer, Essener oder Pharisäer, von den hasmonäischen Herrschern ganz zu schweigen. Wichtig schien nur, ob man pro- oder anti-hellenistisch war und den existierenden modus vivendi zu bestätigen oder zu kritisieren bestrebt war. Im Brennpunkt jedes Interesses standen wohl die Ämter des Priesterund des Königtums: »bis ein zuverlässiger Prophet aufstehen würde<< (so der Autor des 1. Makkabäerbuches) oder »bis zum Auftreten des Gesalbten aus Aaron und Israel« (so der Autor der Damaskusschrift). Simon, Sohn des Judas Makkabäus, war der erste, der sich »Hohepriester, Stratege und Anführer der Juden« nennen ließ 102 • Sein Sohn Johannes Hyrkanus 100 So vergleicht Ginzberg vor allem die rabbinischen und die qumranischen Parallelen und schlußfolgert: • The messianology of our sect is much more congruent with the rabbinical doctrine of two distinct Messianic personages, two saviors and redeemers: Elijah and the Davidic Messiah« (Sect, 248f.). S. jedoch auch meine Kapitel VI und VII. 101 So Schürer, •Messiahs•, 553. Das 1. Makkabäerbuch wurde zwischen 135 und 104/90 v.d.Z. geschrieben. 102 1 Makk 14,41; Schürer, History I, 189ff. und 193ff.
100
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übernahm 135/4 diesen TiteP 03 und knüpfte feste Verbindungen mit den Sadduzäern an 104 . Dabei läßt sich zumindest feststellen, daß in der damaligen politisch-religiösen Lage der Gedanke, daß König- und Priestertum in einer Person vereinbar sind, sowohl in den messianischen Erwartungen formuliert werden konnte als auch politisch praktiziert worden ist. Dies muß keineswegs bedeuten, daß die Hasmonäer und die Autoren der Qumran-Schriften miteinander in Verbindung gestanden hätten (das Gegenteilließe sich wahrscheinlich eher beweisen), sondern daß die damalige historische Lage, sei es als negative Entsprechung einer Idealisierung105, sei es als rein pragmatischer Machtstreit aufgefaßt, eher zu einer vielseitigen Messias-Erwartung oder zu einer »Zwei-Messias-Lehre« als zu einer Erwartung eines (nur davidischen) König-Messias führen konnte 106 • Nach dem makkabäischen Aufstand, dessen Ziel es war, die Machtverhältnisse nach jüdisch-nationalen Kriterien zu korrigieren, konsolidierte das hasmonäische Haus allmählich seine Herrschaft mit Macht und Gewalt (hatten die Seleukiden dies nicht auch ebenso getan?), und es änderten sich die politischen Machtverhältnisse wegen ihrer religiösen Ansprüche. Dabei ist jedoch zwischen der Lage in Palästina und der politischen Situation in Ägypten zu unterscheiden, denn die Ptolemäer hatten ein anderes Verhältnis zu den Juden als die Seleukiden. Im Sib ßi wird Gott selbst zum Richter, und er wird die Auserwählten, d.h. die Frommen, die die Tora besitzen, retten. Ein Endzeitbefreier spielt dabei keine Rolle, solange ein ptolemäischer König das sozial-religiöse Leben der jüdischen Bewohner in Ägypten garantiert. Hier werden die politischen Verhältnisse nicht mit einem kritischen Messias-Konzept konfrontiert, sondern als theokratisch legitimierte Regierung ptolemäischer Herrscher verstanden, so daß auch hier von einer Analogie die Rede ist, und zwar in dem Sinn, daß die Machtverhältnisse als >>positives« Vorbild fungieren und dabei bestätigt werden. In den TestXII, und zwar in TestLevi 17-18, von dem wir angenommen haben, daß es zur »Urform« der TestXII gehört, wird der Niedergang des S. Jub 31,15. Vgl. Charles,]ubilees, 187, Anm. 15 und Schürer. History I, 200f. Jos, Ant Xlll SS 171-173; vgl. Schürer. History I, 211f. 105 So wäre der Sitz im Leben derjenigen Schriften, worin von einem Konflikt zwischen dem i"'IM l'rl'lC und dem V~.,n fo'TU die Rede ist, wohl zu verstehen; vgl. dazu 4QpPs 37, 3,15 und Schürer, History II, 551f. 106 Zu derselben Schlußfolgerung kommt, sei es in bezug auf die TestXII, Hultgärd, !:Eschatologie I, 68: »L'arriere-plan de Ia distinetion des Testaments entre le saeerdoce de Levi et Ia royaute de Juda n'est done pas a ehereher dans une idee post-exilique sur Ia separarion des deux pouvoirs, mais dans l'ursurpation de Ia royaute par les Hasmoneens. • 103 104
Die messianischen Erwartungen von Judas Makkabäus bis Pompeius
101
Priestertums beschrieben und die Errichtung eines gerechten Priestertums mit einzelnen königlichen Aspekten erwartet. Hier könnte m.E. eine Kritik an den hasmonäischen Priester-Königen ausgeprochen sein, wobei die Kritik an ihrer priesterlichen Führung dominiert. Jedoch waren die Ergebnisse unserer Untersuchung von TestLevi 17-18 zu unsicher, um weiteres daraus zu schließen. Eine Kritik an den hasmonäischen Priester-Königen fanden wir verstärkt in den Qumran-Schriften 1QS, 1QSa, 1QSb, 4QpHab, 4QpPs 37, 4QTest und CD. Die Endzeitgestalten in diesen Schriften werden als Priester, König, Feldherr, Prophet, öfter jedoch als eine Kombination mehrerer dieser Gestalten dargestellt. Die Hasmonäer waren dies auch, d.h. Priester, König und Feldherr, wobei Johannes Hyrkanus sogar drei Ämter in sich vereinigte 107 • Wir hatten schon festgestellt, daß die Vielseitigkeit der früheren messianischen Erwartungen in Qumran der politischen Lage entsprach und daß es eine Analogie zwischen den hasmonäischen Priester-Königen und den eschatologischen »Messiassen aus Aaron und Israel<< geben könnte. Schematisch betrachtet ergäbe sich dabei folgendes Bild:
Hasmonäer: Hegoumenos und Feldherr, Hohepriester und Prophet, Volk. Qumran: Messias aus Israel und kriegführender Priester, Messias aus Aaron und Lehrer der Gerechtigkeit, Gemeinde (Laien). Die von der Qumran-Gemeinde angestrebte und innerhalb der Gemeinde auch realisierte »neue« Gesellschaftsordnung spiegelt sich in den bestehenden, hasmonäischen ••alten« Gesellschaftsordnung, mit dem Unterschied, daß, wo der Autor des 1. Makkabäerbuches das Auftreten eines glaubhaften Propheten noch erwartet, dies in den Qumran-Schriften im Auftreten eines historischen Lehrers der Gerechtigkeit ansatzweise bereits stattgefunden hat und in der nahen Zukunft seine Vollendung haben wird 108 • Dabei wurden die Zukunftserwartung getragen von einer Gemeinde, die sich selbst als das »Volk Gottes« verstand und auch dementsprechend zu leben versuchte. Im Rahmen des hypothetischen Erklärungsmodells können wir zusätzlich annehmen, daß das Basismaterial der messianischen Auslegungen der genannten Qumran-Schriften zwar den biblischen Schriften entstammt (dabei spielt die exegetische Aktivität der Gemeinde eine große Rolle) und daß der Sitz im Leben der Gemeinde (in der Wüste, abgesondert von dem politischen und religiösen Zentrum in Jerusalem) die messianische Ausle-
107
Vgl. Charles, ]ubilees, 187, Anm. 15.
102
Die messianischen Erwartungen von Judas Makkabäus bis Pompeius
gung aktiviert hat, daß jedoch die Grundlinien der Endzeitbefreier-Konzepte in Analogie zu den politischen und religiösen, von den Hasmonäem bestimmten Machtverhältnissen zu verstehen sind. Denn nur diejenigen Messias-Konzepte sind entwickelt worden, die gemäß der Hermeneutik der Qumran-Gemeinde entweder als Spiegelbild der bestehenden Machtverhältnisse oder als Polemik gegen diese dienen konnten 109 • Wenn dies zutrifft, ist das auch der Grund, daß die messianischen Erwartungen sich im Laufe der Geschichte ständig ändern konnten. Denn die bestehenden Machtverhältnisse scheinen meistens, als das negative, gelegentlich aber auch als das positive Modell fungiert zu haben, mit dem die messianischen Erwartungen konzipiert worden sind und werden konnten. Wenn also die Machtverhältnisse sich ändern, mußten sich die messianischen Erwartungen zwangsläufig auch ändern. Dabei liefern die biblischen und die der hellenistisch-römischen Zeit entstammenden Traditionen das »Rohmaterial« (z.B. Num 24,17, das meistens mit der Erwartung eines König-Messias verbunden wird), und der Sitz im Leben zusammen mit der sozial-religiösen Lage (dies meistens in Verbindung mit der Apokalyptik) initiieren zwar die Messianisierung dieses Materials, die politischen Machtverhältnisse scheinen aber den wichtigsten Faktor bei der Entstehung der Messias-Konzepte darzustellen.
Vgl. auch Kippenberg, Religion, 106 ff. D.h., sie haben keine anderen Konzepte entwickelt, obwohl sie, wie wir in den späteren messianischen Erwartungen sehen werden, »theoretisch• die Möglichkeit gehabt hätten, Zugang zu anderen Konzepte zu bekommen. 101
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KAPITEL
IV
Die messianischen Erwartungen von Pompeius bis Titus
1. Einführung In der Zeit von Pompeius' Angriff auf Jerusalem bis Titus' Eroberung der Stadt stoßen wir auf eine Vielzahl unterschiedlicher messianischer Erwartungen, die in keiner direkten Kontinuität mit denen aus der vorangegangenen hasmonäischen Zeit zu stehen scheinen. Die wichtigsten Texte dazu finden sich in den Psalmen Salomos, den Qumran-Schriften, bei Philo und Josephus, in den synoptischen Evangelien, bei Paulus und Pseudo-Philo sowie in den Testamenten der XII Patriarchen. Erneut soll bei der Analyse der relevanten Stellen die Frage nach dem Zusammenhang zwischen den messianischen Erwartungen und ihrem historischen Kontext gestellt werden. Es ist eine Zeit, in der nicht nur messianische Erwartungen neu formuliert werden (und zwar auf eine Weise, die sich von derjenigen der Jahrzehnte davor erheblich unterscheidet), sondern in der auch, so die allgemeine Auffassung, der Messias von zelotischen, sikarischen und anderen Gruppen (die Jünger Jesu?) in der unmittelbaren Zukunft mit Spannung erwartet oder als bereits erschienen angesehen wird 1•
Vgl. dazu Hengel, M., Die Zeloten. Untersuchungen zur jüdischen Freiheitsbewegung in der Zeit von Herades I. bis 70 n.Chr., Leiden 1961; Farmer, W., Maccabees, Zealots, and ]osephus, Connecticut 1956; Horsley; Hanson, Bandits. 1
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Die messianischen Erwartungen von Pompeius bis litus
2. Die Psalmen Salomos Die Sadduzäer und Pharisäer werden zum erstenmal in der Zeit Johannes Hyrkans genannt, obwohl ihre Wurzeln wahrscheinlich ins frühe 2. Jh. v. d. Z. zurückreichen. Während der Regierungszeit von Salome Alexandra gewannen die Pharisäer mehr und mehr an Einfluß und Macht. Nach dem Tod von Alexander Jannäus ernannte Salome Hyrkanus zum Hohenpriester und ließ dann die Pharisäer de facto regieren. Als Salome 67 v. d. Z. starb, entbrannte ein Kampf zwischen Hyrkanus II. und seinem Bruder Aristobulus II. Der römische Anführer Pompeius, der 66 v. d. Z. in Asien verblieb, griff in diesen Konflikt ein. Die Mehrheit der Bewohner von Jerusalem übergaben ihm die Stadt. Unter seiner Regierung war der Tempeldienst weiterhin erlaubt, nur kam das ganze jüdische Gebiet unter römische Verwaltung, und Hyrkanus II. wurde zum Hohenpriester ernanntl. In dieser unruhigen Zeit entstanden die dem Salomo zugeschriebenen, jedoch von einem Autor, der pharisäischen Kreisen nahestand, verfaßten Psalmen Salomos. Sie sind uns auf Griechisch erhalten geblieben 3 und orientieren sich mit dem Begriff »Gesalbter des Herrn« am biblischen Messiasverständnis, wobei der Messias als davidischer Endzeitbefreier gesehen wird. Er wird als >>Knecht Gottes« das heilige Volk sammeln und hüten (PsSal 17,21-46); an ihm hat Gott seine Weisheit, Stärke und Gerechtigkeit erwiesen (PsSal 18,1-12)4 :
Schürer, History l, 267ff. Den Text finden wir in: Rahlfs, Septuaginta II, 471f. Siehe weiter: Wright, R.B., »Psalms of Solomon (First Century B.C.)•, in: OTP II, 639-670; Holm-Nielsen, S., Die Psalmen Salomos, Gütersloh 1977; De Jonge, M., De toekomstverwachting in de Psalmen van Salomo, Leiden 1965; jansen, H.L., Die spätjüdische Psalmendichtung. Ihr Entstehungskreis und ihr •Sitz im Leben•, Oslo 1937; Schüpphaus,j., Die Psalmen Salomos, Leiden 1977; Flusser, D., •Psalms, Hymns and Prayers•, in: CRI II.2, 551578 (vor allem 573-574); Franklyn, P.N., • The Cultic and Pious Climax of Eschatology in the Psalms of Solomon•, ]S] 18 (1987), 1-17 (Letzterer bietet eine kritische Forschungsübersicht.). 4 Holm-Nielsen, Psalmen, 101, Anm. 21 (über PsSal 17,21ff.) sagt dazu: ·Die folgende Schilderung des Messias beruht vor allem auf 2 Sam 7, entlehnt aber im übrigen die Ausdruckweise aus mehreren •messianischen• Passagen, namendich in der Prophetenliteratur•. Vgl. auch Psalmen, 97ff. und 108, sowie Schüpphaus, Psalmen, 64ff. 2
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PsSa/17,21 und 32 21.a. »Sieh zu, Herr, und richte ihnen auf ihren König, den Sohn Davids, b. zu der Zeit, die du [(auser)sehen], o Gott, über Israel, deinen Knecht, zu herrschen (... ). 32.a. Und er ist ein gerechter, von Gott gelehrter König über sie; b. und in seinen Tagen ist kein Unrecht unter ihnen, c. denn alle sind sie heilig, und ihr König ist der Gesalbte (des Herrn)«.
PsSa/18,5-7 5.a. »Gott reinige Israel für den Tag der Barmherzigkeit mit Segen b. für den Tag der Auswahl durch Herbeiführung seines Gesalbten. 6.a. Wohl denen, die leben in jenen Tagen, b. zu sehen die Wohltaten des Herrn, die er erweisen wird dem kommenden Geschlecht 7.a. unter dem züchtigenden Stab des Gesalbten des Herrn in seiner Gottesfurcht, b. in der Weisheit des Geistes und der Gerechtigkeit und der Stärke« 5 •
Das Verhältnis zwischen Gott und dem König-Messias prägt die Psalmen 17 und 18 6 • In den »älteren Psalmen« wird auf die Davidverheißung zurückgegriffen'. Pompeius' Angriff auf jerusalem im Jahre 63 v. d. Z. bildet den historischen Kontext dieser Psalmen 8• In den »jüngeren Psalmen« wird das Feindbild verallgemeinert. Gottes Gerechtigkeit wird eschatologisiert, und der davidische König wird als Führer und Erzieher Israels dargestellt9 • Schüpphaus, dem ich hier folge, unterscheidet in seiner formund lirerarkritischen Untersuchung zwischen den genannten älteren und jüngeren Psalmenreihen, die neben Unterschieden auch eine gemeinsame theologische Grundlinie zeigen. Als ältere Psalmen bezeichnet er PsSal 1/2; 8; 17 und 4; 5,5-7; 7; 9; 11 und 12 10• s Übersetzung nach Holm-Nielsen, Psalmen, 101.104 und 107-108. Hervorhebung vom Autor. 6 De Jonge, zu xpiw, in: Th WNT IX, 505: ,. Es wäre unzutreffend, hier nur- wie es öfters geschieht - von einem nationalen, politischen, irdischen Messias reden zu wollen. Dies bedeutet eine Verkennung anderer Akzente, die diese Zukunftserwartung ebenfalls trägt. Man beachte, daß vom gesalbten Hohenpriester in den PsSal nicht die Rede ist, desgleichen, daß der Ausdruck Messias hier nicht im abs Sinne verwendet wird. Vielmehr bezieht sich Gesalbter des Herrn auf das einzigartige Verhältnis zwischen König u Gott. Das Besondere, durch das er sich von den anderen Gesalbten aus dem Geschlecht Davids unterscheidet, besteht darin, daß er Gott u Menschen nicht enttäuschen wird•; vgl. auch Wright, Psalms, 645. ' Schüpphaus, Psalmen, 140. S. auch PsSal17,21; vgl. 2 Sam 7; Jes 37,35 u.a. 8 Schüpphaus, Psalmen, 142. S. PsSal 17,22-25; vgl. Franklyn, Climax, 1. 9 Schüpphaus, Psalmen, 124-130. S. PsSal18,5-9. 10 Schüpphaus, Psalmen, 139.
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Die älteren Psalmen sind vor allem auf die historischen Ereignisse um 63 v. d. Z. bezogen: »Den Abschluß der älteren Psalmenreihe bildete Ps 17. Er begann primär mit dem Rückgriff auf die Davidverheißung eines dauerhaften Königtums in V.4. Demgegenüber wurde dann in V.5f auf den in eigener Sünde begründeten räuberischen Ansturm der feindlichen Römer und deren übermütige Verwüstung des Thrones Davids verwiesen«, so Schüpphaus 11 • Jerusalem und der synagogale Gottesdienst der pharisäischen Kreise sind Sitz im Leben dieser Psalmen 12 • Ihr theologischer Grundgedanke ist die Gerechtigkeit Gottes, die in der älteren Psalmenreihe auf die Gegenwart bezogen ist, und später ergänzt und bearbeitet wird. Dabei wird sie in den jüngeren Psalmen mehr und mehr auf die Zukunft bezogen, und es wird das Feindbild der Römer im Jahre 63 v. d. Z. in das Feindbild der Hasmonäer umgedeutet 13 • In bezugauf die »messianischen Erwartungen« der PsSal sagt Schüpphaus, daß die älteren Psalmen das Eingreifen Gottes als »unmittelbare Reaktion auf eine gegenwärtige Notlage« verstehen und daß der jüngere Themenkreis es als eine »erst für die weitere Zukunft zu erwartende Maßnahme Gottes• bezeichnet 14 • Der theologische Grundgedanke wird so in den zwei Psalmenffhemenreihen in bezugauf die historischen Ereignisse modifiziert15 , wobei am Anfang der Messias als ein davidischer König dargestellt worden ist und er später als Führer und Erzieher Israels bezeichnet wird. In beiden Fällen ist der Messias aber dem Königtum Gottes untergeordnet 16 • Obwohl Franklyn Schüpphaus' Stellungnahme relativiert 17, ist die Fragestellung nach dem Verhältnis zwischen Text und Geschichte auch in den PsSal ein aktuelles Problem 18 • Im Vergleich zu den Qumran-Schriften am Schüpphaus, Psalmen, 140; auch die PsSal 1/2 und 8 blicken auf 63 v.d.Z. zurück (Psalmen, 141). 11 Schüpphaus, Psalmen, 142; vgl. Franklyn, Climax, 17: Essener? 11 Schüpphaus, Psalmen, 141ff. und 76-77. 14 Schüpphaus, Psalmen, 124-125. 15 Schüpphaus, Psalmen, 126-129. 16 Schüpphaus, Psalmen, 130. 17 Franklyn, ,.climax•, 5: was den synagogalen Sitz im Leben anbelangt; nicht jedoch, was die von Schüpphaus vorgeschlagenen verschiedenen Themenbereiche der PsSal betrifft (vgl. Schüpphaus, Psalmen, 8). 11 Vgl. auch Wright, •Psalms•, 646 (hier jedoch allgemeiner als nur im Bezug auf den PsSal): ,. The historical conditioning of apocalyptic is joined to an equally impelling crisis in theology. The failures of the old royal theology (the invincibility of the monarchy) and of the Deuteronomic theology (the inviolability of jerusalem) are visible in the corruption of king and priest, govemment and cult. When the collapse of history 11
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Anfang des 1. Jh. v. d. Z., in denen die Idee eines königlich-priesterlichen Messias erscheint, ist es auffällig, daß in den Psalmen Salomos das dort formulierte Messias-Konzept, das analog zu den priesterlichen und königlichen Ambitionen der Hasmonäer zu verstehen ist, völlig fehlt. Wenn wir auch in den PsSal 17-18 einen historischen Hintergrund ihres Messias-Verständnisses suchen wollen, dann ist sicherlich erstens darauf hinzuweisen, daß die historischen Umstände sich in den siebziger und sechziger Jahren des 1. Jh. v. d. Z. erheblich geändert haben. Während der Regierung von Salome Alexandra genossen die Pharisäer eine breite gesellschaftliche, aber vor allem politische Anerkennung 19• Nach ihrem Tod und dem Streit um ihre Nachfolge, wobei die Römer letztendlich die Verwaltung übernahmen20 , litt das Königtum, im Gegensatz zum Priestertum, unter schweren ideologischen und militärisch-politischen Angriffen; nach dem Jahre 63 v. d. Z. gerieten dessen Funktion und Amt sogar in nicht-jüdische Hände. In diesem Kontext ist es nicht verwunderlich, daß der Autor der Psalmen Salomos ein Messias-Konzept formulieren konnte, in denen gerade dasjenige erwartet und idealisiert wurde, was damals schon nicht mehr existierte: ein davidischer und gerechter Messias-König. Dabei deutet der Unterschied zwischen den älteren und den jüngeren Psalmen zum einen darauf hin, daß unter Pompeius' Herrschaft die Hoffnung auf einen Davididen allmählich aufgegeben worden war, zum anderen, daß statt dessen die erzieherischen Fähigkeiten eines in der theokratischen Endzeit auftretenden Führers Israels, der die Gerechtigkeit Gottes vertreten würde, betont werden mußte. Im letzten Fall entsprachen die messianischen Erwartungen den Idealen einer von Pharisäern beherrschten Gesellschaft.
as a viable vehicle for covenantal promises prompts the crisis in theology, when the hopelessness of the political expectations of the oppressed community brings forth the call for a divine interruption of history, apocalyptic eschatology provides relief. The oppressed community Iooks for the realization of present and ancient hopes, and the rescue of traditional theology•. 19 Schürer, History I, 231f.; vgl. auch bTaan 23a. 20 Schürer, History I, 232-242.
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3. Die Qumran-Schriften Vom Anfang der letzten (herodianischen) Periode der Qumran-Gemeinde bis zu ihrer Zerstörung 68 n. d. Z. 21 datiert Starcky die Schriften 1QM, 4QPatr, 4QFlor und 4Qpjes22 • Diese Periode wird von einer »Renaissance« davidisch-messianischer Erwartungen gekennzeichnetll, wie dies sich schon für die Psalmen Salomos nachweisen ließ. Wie die messianischen Erwartungen der hier angeführten Qumran-Schriften zu bewerten sind und ob sie traditionsgeschichtlich in die Periode von Pompeius bis Titus eingeordnet werden können, ist eine der Fragen, den wir uns hier zu stellen haben.
Kriegsrolle 1QM In der in einer vollständigen Handschrift und in verschiedenen Fragmenten überlieferten Kriegsrolle24 finden wir in den Stellen 1QM 15,4-6; 16,13; 18,5 und 19,11 einen »kriegführenden Hauptpriester« 25 • Zwei andere Stellen verdienen hier jedoch eine weitere Betrachtung: 1QM 5,1-2 und 11,6-7, sowie 1QM 15,4-6.
1QM 5,1-2 »Und auf den Sch(ild) des Fürsten der ganzen Gemeinde soll man seinen Namen (und) den Namen Israel und Levi und Aaron und die Namen der zwölf Stämme Israels nach ihren Geschle(ch)tern und die Namen der zwölf Führer ihrer Stämme schreiben« 26 •
Es handelt sich hier um die Beschreibung des Schildes, den der Fürst im eschatologischen Krieg tragen wird. Dieser »Fürst« wäre hier wohl mit einem königlich konzipierten Messias gleichzustellen27 •
Für bibliographische Hinweise und Datierung s. mein Kapitel 111.4. Starcky, •etapes•, 499-504. 23 Brown, •Theory•, 52; vgl. Caquot, A., ·Le Messianisme qumranien«, in: Delcor, Qumrän, 231-247. 24 1QM oder 4Q491-497 in Baillet, Qumran, 12-72; auch genannt ·Der Krieg der Söhne des Lichts gegen die Söhne der Finsternis«. s. weiter Dimant, •Literature•, 515. 25 S. Van der Woude, Vorstellungen, 116-143. 26 Übersetzung nach Lohse, Texte, 191. 27 So auch Van der Woude, Vorstellungen, 135: •Dass •Israel• hier dennoch als erster Name erscheint, muss wohl damit im Zusammenhang stehen, dass die Gestalt des Fürsten in erster Linie mit •Israel• verbunden werden soll. Damit wird jedoch gleich 21
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1QM 11,6-7
In 1QM 11 wird der eschatologische Krieg weiter beschrieben. Er wird, den biblischen Geschichten über David und Goliath und die Könige Israels nachgebildet (1QM 11,1-3), als >>Gottes Krieg« bezeichnet (11,4-5) und als ein in Num 24,17-19 (11,6-7) von den »gesalbten« Sehern der Zeiten (11,8) vorhergesehener Krieg dargestellt. Denn wie Gott damals an Pharao tat (11,9-10), so hat er in Jes 31,8 verkündigt, daß er auch die Kittäer, sprich: die Römer verzehren wird (11,11-12). Hierbei fällt auf, daß die oft als )) messianisch« interpretierte Stelle Num 24,17f.(MT) in 1QM 11 zwar in bezugauf die Endzeit, nicht aber bezogen auf einen Endzeitbefreier ausgelegt wird 28 • Auch im Zitat von Jes 31,8 in 11,11 wird ausdrücklich gesagt, daß Assur »durchs Schwert, nicht durch das eines Mannes, und ein Schwert, nicht das eines Menschen« fallen wird. Hieraus läßt sich schließen, daß in 1QM 11 nur Gott als Subjekt eines Endzeitkampfes gesehen wird. Dieser eschatologische Krieg wird auf ein Gericht hinauslaufen, bei dem die Feinde Israels in die Hände der Armen ausgeliefert werden und schließlich Gottes Heiligkeit und Macht erkennen werden (11,13-18). Dennoch ist der gesamte Abschnitt 1QM 9,17-14,15 zu sehr von dem Muster der biblischen Überlieferungen geprägt, als daß man ihn als einen rein eschatologischen Diskurs bezeichnen könnte29 • Für den Autor sagt die Geschichte Israels (die sich ständig als Kampf zwischen Gott, Israel und seinen Feinden bewegt) den siegreichen Endkampf voraus30 • Der erwartete Sieg mag sich jedoch genausogut aus der Erfahrung der Gegenwart der Gemeinde als an ihrer Erwartung der Zukunft erklären lassen.
das Ergebnis unserer früheren Untersuchungen bestätigt, haben wir doch den Fürsten der (ganzen) Gemeinde mit dem •Messias Israels• gleichgesetzt: gemeint ist, laut 1 Q Sb V,20ff., der Davidide der Endzeit, der König-Messias«. Vgl. auch mein KapitellilA zu 1QSb 5,20ff. Vgl. jedoch auch 1QM 15,4-6 über den ,.kriegsführenden Hauptpriester«. 21 Zu 1QM 11,6-7 s. auch Van der Woude, Vorstellungen, 123: ,.zusammenfassend ergibt sich, dass Num 24,17b-19 im vorliegenden Text mit Absicht teilweise umgestellt wurde, damit der Verfasser die Worte als prophetische Weissagung der aufeinanderfolgenden Ereignisse der Endzeit deuten konnte. Der Fürst der Gemeinde scheint hier das Mittel des göttlichen Heilshandeins zu sein, obgleich die Tatsache, dass er nicht mit ausdrücklichen Worten erwähnt wird, bekunden dürfte, dass eigentlich nur Gott die Ehre gebührt•. 29 S. die vielen Zitate in 1QM 9,17ff.: Dtn 7,21-22 (10,1-2); Dtn 20,2-5 (10,2-5); Num 10,9 (10,6-8); Num 24,17-19 (11,5-7) undjes 31,8 (11,11-12); vgl. auch Patte, Hermeneutics, 284-287. 30 So auch Patte, Hermeneutics, 286.
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Eine sehr auffallende Parallele zu 1QM 11 finden wir bei Philo in Praem. S 95. Philo zitiert nicht nur Num 24,7- hier in der LXX-Fassung, worin jedoch auch, im Gegensatz zu MT, von einem »Menschen« (wie in 1QM 11,11) die Rede ist- er legt den Vers auch eschatologisch statt messianisch aus und fügt Num 24,7 in einen größeren Rahmen, wobei Stellen aus Lev, Num und Dtn zitiert werden, ein. Dabei macht Philo wie der Autor der Kriegsrolle Gott zum eigentlichen und entscheidenden Faktor sowohl in dem biblischen als auch in dem eschatologischen Krieg zwischen Israel und seinen Feinden, und es liefert auch in seiner Auffassung Gott die Feinde an sein Volk aus 31 • Obwohl Philo in seinen Schriften den Essenern 32 eher positiv gegenüberstehrl3, sind direkte Kontakte zwischen ihm und der Qumran-Gemeinde nicht bekannt. Daher wäre diese Parallele nur mit einem gemeinsamen Hintergrund, z.B. einer palästinischen Tradition, von der auch Philo abhängig sein könnte, zu erklären 34 . Was die Datierung der Kriegsrolle anbelangt, so sei darauf hingewiesen, daß 1QM im allgemeinen, obwohl sie sehr kompositorisch von Charakter ist, zwischen 50 v. d. Z. und der Zeitenwende, also unmittelbar vor Philo, datiert wird 35 .
Pesharim 4QPatr, 4QF/or und 4Qp]es
Die nachfolgenden Texte und Fragmente gehören zu den sogenannten Pesharim, einer Art Midrashim 36 oder Traum/Prophetie-Auslegung37 • Oft Vgl. auch Philo in Mos. I S 290. Wenn die Essener mit der Qumran-Gemeinde zu identifizieren sind. 11 S. Goodenough, E.R., The Politics of Philo Judaeus. Practice and Theory, Hitdesheim 1967, 87. 34 S. mein Kapitel VII für ein ErklärungsmodelL Auch was das Priestertum anbelangt, ist auf Parallelen zwischen Philo und 1QM hinzuweisen: Mos. ISS 309ff. nennt Pinehas als General der israelitischen Armee (vgl. Num 25,7.11; 31,6 und Ps 106,30), und in 1QM 15,4.6; 16,13; 18,5 und 19,11 wird der Hauptpriester als Führer der israelitischen Armee im eschatologischen Endkampf dargestellt. Für die rabbinischen Parallelen zu Pinehas, s. Hengel, Zeloten, 165-167. JS Dimant, •Literature•, 515, Anm. 149. Mehr dazu in Davies, P.R., 1QM. The War Scroll from Qumran. lts Structure and History, Rome 1977. Teile von 1QM gehen jedoch schon auf die Mitte des 2.jh.v.d.Z. zurück; vergleiche Dimant, •Literature•, 540, Anm. 267. 36 Vgl. dazu auch Dimant, ,.Literatureoc, 506: •lt is significant that many of the hermeneutic rules employed by the rabbinie midrash occur also in the Pesharim. A particularly close similarity in structure and methods exists between the pesher and the rabbinie midrash of the petira type«. 17 S. dazu Dimant, •Literature•, 506. 31
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wird in den Pesharim ein bestimmter Bibeltext-18 historisch und/oder eschatologisch ausgelegt und aktualisiertl9 • In drei dieser Pesharim, 4QPatr, 4QFlor und 4Qpjes, werden m.E. messianische Erwartungen formulierr4°.
Patriarchensegen 4QPatr
Im kleinen Fragment 4QPatr 1-5 wird Gen 49,10 auf folgende Weise ausgelegt: 1. (Nicht) soll weichen ein Machthaber aus dem Stamm Juda. Solange Israel die Herrschaft hat, 2. wird (nicht aus)gerottet sein einer, der darin thront, der zum (Hause) David(s) gehört. Denn der Herrscherstab ist der Bund der Königsherrschaft; 3. (die Tausend)schaften Israels sind die Füße, bis daß kommt der Gesalbte der Gerechtigkeit, der Sproß 4. Davids; denn ihm und seinem Samen ist der Bund der Königsherrschaft über sein Volk gegeben für ewige Geschlechter, den 5. er bewahrt hat( ... ) das Gesetz mit den Männern der Gemeinschaft; denn( ... ) 6. (... )das ist die Versammlung der Männer (... ) 7. (... )hat gegebencc'41 •
Im Vergleich mit Gen 49,10 im MT ist der Text in 4QPatr 1-3 ein wenig geändert: das ))Zepter« wird zum ))Herrscher«. In 4QPatr 4 könnte auch auf ))und ihm werden die Völker anhangen« (Gen 49,10) hingewiesen sein. Sonst folgt ein Pesher auf die anderen Teile des Verses von Gen 49,10, und
38 Dabei unterscheidet Dimant, •Literature«, 504 zwischen 1) kontinuierlichen, 2) thematischen und 3) isolierten Pesharim. 39 So Dimant, •Literature«, 505: •Hermeneutical principles and techniques play an important role in the Pesharim due to their specific purpose: to read historical and eschatological events into the biblical prophecies«. Vgl. auch Dimant, •Literature•, 507 und Patte, Hermeneutics, 304. Ich kann hier jedoch nicht näher auf das sehr interessante Problem der Pesharim eingehen. S.u. für weitere bibliographische Hinweise. 4° Für andere Beispiele der Bibelauslegung in den Qumran-Schrihen, s.: Carmignac, J., .. six passages d'lsa"ie eclaires par Qumran (lsa"ie 14,11; 21,10; 22,5; 25,4; 26,3; 50,6)«, in: Wagner, Bibel, 37-46; Cross, EM.jr., The Ancient Library of Qumran and Modern Biblical Studies, London 1958; Cross, F.M.jr., Die antike Bibliothek von Qumran und die moderne biblische Wissenschaft, Neukrichen-Vluyn 1967; Conrad, j., .. Die Entstehung und Motivierung alttestamentlicher Paraschen im Licht der Qumranfunde•, in: Wagner, Bibel, 47-56; Brooke, G.j., Exegesis at Qumran. 4QFiorilegium in its ]ewish Context, Sheffield 1985; Betz, 0., ,.zungenreden und süßer Wein - Zur eschatologischen Exegese von jesaja 28 in Qumran und im Neuen Testament•, in: Wagner, Bibel, 20-36; Gabrion, H., •L'interpretation de I'Ecriture dans Ia Iitterature de Qumrän«, in: ANRW 11.19.1, 779-848; Patte, Hermeneutics, 209-314. 41 Übersetzung nach Lohse, Texte, 247. Hervorhebung vom Autor.
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es wird so ausgelegt, daß Juda solange eine militärisch geprägte (so sind die Tausendschafren Israels wohl auszulegen) Königsherrschaft in Israel besitzen wird, bis derjenige kommt, der diese Herrschaft übernehmen wird. Dieser, ein Davidide, wird der »Gesalbte der Gerechtigkeit« genannt; er wird die Tora bewahren. Dabei wird er nicht alleine stehen, denn er hat die Tora zusammen mit den Männern der Versammlung (hier mag sich wohl das Selbstverständnis der Gemeinde von Qumran zeigen) bewahn. Der »Bund der Königsherrschaft« ist dabei auch »an seinen Samen« gegeben worden. Daraus läßt sich schließen, daß hier nicht von einer Endzeitgestalt (MT liest: »Shilo«) die Rede ist, wie auch die Tora nicht nur von einer Person bewahn wird. In der näheren Zukunft wird erwanet, daß die Bewahrung der Tora nicht einer bestimmten Person, sondern einem erblichen »Königtum« aufgetragen werde42 • Der »Sproß Davids« ist zwar in diese Traditionskette aufgenommen worden, wurde aber nicht als unmittelbarer »Endzeitbefreier« bzw. Messias dargestellt.
Florilegium 4QFior 1,1-2,4 Im thematischen Pesher 4QFior 1,1-2,4 wird nach einer Auslegung von 2 Sam 7,10-lla und Ex 15,17- über drei nacheinanderfolgende Tempel, wobei der letzte Tempel die Qumran-Gemeinde in ihrer historischen Lage vorstellt (1,1-10) 43 - 2 Sam 7,11b-14 mit Hilfe von Am 9,11 ausgelegt. Anders als in CD 7,16, wo mit Hilfevon Am 9,11 und Num 24,17 Am 5,26 ausgelegt wird (CD 7,14-21) und Am 9,11 sich auf die Wiederherstellung der Tora durch die Gemeinde beziehr-44, wird die zerfallene Hütte Davids, die aufgerichtet wird (so Am 9,11), in 4QFior so ausgelegt, daß 2 Sam 7,14 bedeutet: «Das ist der Sproß45 Davids, der mit dem Erforscher des Gesetzes46 (... )auftreten wird in Zi(on am En)de der Tage« (4QFior 1,12)47 • Hier nun wird der Lehrer der Tora, der wohl historische Lehrer der GerechtigVgl. dazu auch Van der Woude, Vorstellungen, 169ff. Vgl. dazu Dimant, »Literature•, 520: •Hence, the Temple of Israel being the Temple of Solomon, and the Second Temple of the Maccabees being defiled and not worth mentioning, the Temple of Men appears tobe none other than the sect itself (... ). Yet it should be emphasized that the sect's identity with a temple does not necessarily imply that it replaces the actual temple service. Rather, it may indicate the priestly life of the sectarians, like servants in the sanctuary•. 44 Vgl. auch CD 7,16 und Dimant, .. Literature•, 518, Anm. 166. 45 Vgl. Jer 23,5; 33,15 und 4QPatr Jf. 44; Vgl. Schubert, •Messiaslehre•, 358ff. und s.u. 47 Übersetzung nach Lohse, Texte, 257. 42 41
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keit und Führer der Gemeinde (vgl. 4QpHab und 4QpPs 37) neben dem »Sproß Davids« zum eschatologischen Tora-Lehrer. In 4QFlor 1,14-2,5 wird dann die Endzeit an Hand eines Peshersauf Ps 1,1;Jes 8,11; Ez 37,23; Ps 2,2; Dan 12,10 und 11,32 gedeutet. Dabei wird der Schwerpunkt auf den Streit zwischen den gesetzlosen Söhnen Zadoks und den auserwählten Gerechten gelegt. In diesem Zusammenhang wird der Befreier der Endzeit als davidischer König-Messias dargestellt, zu dessen Aufgabe es gehört, um zusammen mit dem endzeitliehen Lehrer der Gerechtigkeit die Tora in Israel aufzurichten 48 • Zwei Argumente wären zu formulieren, 4QFlor spät zu datieren. Erstens wird das »Buch Daniels, des Propheten« (2,3) zitiert; zweitens setzt eine so detaillierte Reflektierung von Bibelstellen eine bestimmte, historische Distanz voraus 49 • Das historische Engagement in der Wiederherstellung der Tora durch die Gemeinde von Qumran tritt hier in den Schatten einer mehr literarischen Aktivität der eschatologischen Exegese von Am 9,11 und 2 Sam 7,14. Dabei wird der davidische Endzeitbefreier hervorgehoben, und das Konzept eines kombinierten Priester-König-Messias verliert im Vergleich mit den früheren messianischen Erwartungen der Qumran-Schriften an Bedeutung.
Pesher zu ]esaja (A) 4Qp]es 11-21
In 4Qpjes (A) 50 folgt nach einem Pesher zu Jes 10,20-34 ein Pesher zu Jes 11,1-5 (4Qpjes 11-21). In 11-16 wird Jes 11,1-5 zitiert, wonach die folgende Auslegung (,.,i C) folgt: der Sproß Davids wird am Ende der Tage aufstehen; Gon wird ihn mit der Tora, dem Thron der Herrlichkeit, einer heiligen Krone und mit bunten Kleidern stützen. Er wird über die Völker herrschen und mit seinem Schwert richten, so wie man ihn lehren wird. Als historischer Hintergrund dieser Auslegung wird wohl an die Zeit von Alexander Jannäus zu denken sein sowie an die der Invasion des Vgl. auch Dimant, »Literature«, 520-521: ,. The second section of the Florilegium expounds 2 Sam 7:14 as referring to the Plant of David, a messianic figurein the eschatological age. This is undoubtedly the Davidic Messiah referred to as •the Messiah of Justice, the Plant of David· in 4QPatr 3-4. He is mentioned tagether with •the Searcher of the Torah• (4QFior 1:11), who is referred to in CD 6:7 as a historical figure, but in CD 7:18-19 appears in an eschatological context. That means he is tobe identified with the priestly Messiah known from other sectarian writings«. Vgl. auch 1QS 9,11; CD 12,23; 14,19; 19,10; 20,1 und 1QSa 2,12-21. 49 Auch die Handschrift von 4QFior ist von •an old Herodian hand•, so Dimant, .. Literature•, 518, Anm. 170. so 4Qpjes (A) oder 4Q161 in Allegro, Qumran, 11-15. 41
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Ptolemäus Lathyrus von Akrenach Judäa 51 • In 4QpJes (A) fällt auf, daß jes 11,1-5, wo über den Geist Gottes und über die Gerechtigkeit gesprochen wird, diese Elemente sehr dezidiert auf die äußerlichen Merkmale eines königlichen Gesalbten bezogen werden, der als eschatologischer KriegsMessias gegen die Kittim (so 1-10) auftreten wird. Wir stellen nun fest, daß uns in 1QM und vor allem in 4QPatr; 4QFior und 4QpJes (A) ganz andere messianische Erwartungen als in den in Kapitel III besprochenen Qumran-Schriften vorliegen. Das Messias-Verständnis in den Schriften der herodianischen Periode ist besonders königlich und militärisch geprägt, wobei die Tora neben (dem Lehrer) der Gemeinde oder Gott selbst eine wichtige Rolle spielt. Dabei ist von einer vielseitigen (d.h. priesterlichen und königlichen) Messias-Gestalt nicht mehr die Rede. Gemäß unserer Fragestellung wenden wir uns dem historischen Hintergrund zu, vor dem diese spezifischen Erwartungen entstehen konnten. Im Jahre 43 v. d. Z. wird Herodes zum Strategen, später zum König über Judäa ernannt52 • Er läßt den von Serubbabel erbauten Tempel durch die Priester auf prachtvolle Weise erweitern und ausschmückenn. Nach dem Tod des Herodes 4 v. d. Z. kämpfen seine drei Söhne gegeneinander; und das Volk in Judäa und Galiläa rebelliert gegen die Römer". Bis zum Anfang der vierziger Jahren regieren Philippus, Herodes Antipas und Archelaos unter römischer Aufsicht über Judäa, Galiläa und Umgebung. Sie waren ihrem tyrannischen Vater sehr ähnlich. Judäa geriet schon um 6 n. d. Z. unter römische Herrschaft; das übrige Gebiet Palästinas erst seit 44 n. d. z.ss. Das Priestertum, obwohl auf seinen Einflußbereich beschränkt, baute bis 64 n. d. Z. am TempeJS 6 • In diesem Zusammenhang mag es kein Zufall sein, daß in Qumran, nur wenige Kilometer von Jerusalem entfernt, eine große Sensibilität für die politische und religiöse Lage in Judäa anzutreffen ist und daß die Qumran51 Dimant, •Literature•, 513 (Bezug nehmend auf: Amusin, j.D., •The Reflection of Historical Events of the First Century B.C.E. in Qumran Commentaries, (4Q 161; 169; 4Q 166)•, HUCA 48 (1977), 134-146). Vgl. Jos, Ant XIIISS 324ff.; BellISS 86f. 52 jos, Ant XIV SS 370-393; Bell I SS 271-285; vgl. Schürer, History I, 282ff. n Vgl. Schürer, History I, 308; für eine Beschreibung des Tempels s. jos, Ant XV SS 380-425; Bell V SS 184-247. Für die Tatsache, daß er bei der Bevölkerung trotzdem nicht besonders beliebt war, siehe Schürer, History I, 314f und Jos, Ant XV SS 368-372. Daß Herodes versucht hat, sich bei den Essenern beliebt zu machen, finden wir bei Jos, Ant XV SS 371-378: sie hatten ja vorhergesagt, daß er einmal König werden würde; s. auch Dimant, •Literature•, 543. 54 Vgl. Schürer, History I, 330ff. und Jos, Ant XVII SS 265-284; Bell II SS 54-65. 55 Schürer, History I, 357, Anm. 16. 56 Schürer, History I, 311ff.;Jos, Ant XV SS 410-423.
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Schriften der herodianischen Zeit nur solche messianische Erwartungen wiedergeben, die auf die Wiederherstellung des davidischen Königtums zielen. Auch der Autor der Psalmen Salomos betont ja die Erwartung eines da vidischen Endzeitbefreiers und die Parallele zwischen 1Q M 11 und Philos Praem. § 95 mag wohl kein Zufall sein. Dies alles findet nach dem Jahre 63 v. d. Z. statt. Daß dabei auch die militärischen Züge sowie die Ausübung der Tora-Gerechtigkeit neben den Gedanken über einen neuen Tempel, gebaut auf den Taten der Gemeindemitglieder selbst - die sich in einem Kampf mit den Kittim verstehen betont werden, könnte dabei als Ausdruck der revolutionären Stimmung im Land und als Kritik an der tyrannischen Marionetten-Regierung (und der von ihr veranlaßten Tempelrekonstruktion) zu verstehen sein. Dies waren jedenfalls damals die heiklen Themen, mit denen sich auch die Mitglieder der Gemeinde von Qumran auf ihre, d.h. eschatologische Weise beschäftigten57 • So bleibt für uns hier die allgemeinere Frage bestehen, warum gerade in dieser Zeit die sehr spezifischen Erwartungen eines davidischen und militärischen Endzeitbefreiers betont und die Messias-Konzepte in anderen Zeiten auf völlig andere Weise formuliert werden. Ist auch hier eine Analogie zwischen den Messias-Konzepten und den historischen Machtverhältnissen nachweisbar und zwar so, daß bestimmte Machtverhältnisse nur ganz spezifische Messias-Konzepte hervorbringen können?
4. Philo von Alexandrien In den meisten Schriften von Philo von Alexandrien (ca. 10 v. d. Z. bis 45 n. d. Z. 58 ), die hauptsächlich von einem exegetischen und philosophischen Interesse geprägt sind 59 , findet sich kein nennenswerter Hinweis auf messianische Erwartungen oder diesbezügliche Auslegungen. Die einzigen 57 Über die Datierung der hier genannten Qumran-Schriften ließe sich allerdings noch weiter streiten; s. auch Dimant, •Literature•, 505 und 543ff. 51 S. Borgen, P., .. Philo of Alexandria•, in: CRI 11.2, 233-282, vor allem 233 und Borgen, P., ,.,There Shall Come Forth A Man:• Reflections on Messianic Ideas in Philooc, in: Charlesworth, The Messiah, 341-361. 59 Eine Kennzeichnung von Philo in Kürze zu geben, ist wegen seiner umfangreichen Werke fast unmöglich; für eine Forschungsübersicht und bibliographische Hinweise s. Mack, B.L.; Murphy, R.E., •Literature«, in: Kraft; Nickelsburg, Judaism, 387ff. und 393f.
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Ausnahmen bilden die Stellen Spec. I § 260 und §§ 230-233; Praem. §§ 91-97 und§§ 163-172 und Mos. I§§ 289-291 60 • Diese wenigen Stellen haben jedoch zu vielen Deutungen geführt. Dabei hat die Frage, wie wichtig Philos Messias-Verständnis im Vergleich zu seinen philosophischen und exegetischen Gedanken war, eine große Rolle gespielt6 1• Die in der Forschung vernachlässigte Frage nach der historischen Verwurzdung seiner Messias-Konzepte bedarf dabei jedoch einer näheren Besprechung.
Mos. I
jJ 289-291 u11.d Praem. §§ 91-97: Num 24,7
Die häufig als messianisch verstandene Stelle Num 24,7 (LXX) 62 wird auch von Philo auf einen Endzeitbefreier hingedeutet. In seiner Wiedergabe von Num 24,7 weicht er von der Septuaginta-Version ab63 : Mos. I S290 lautet: a. »Dann wird ein Mensch aus euch hervorgehen, b. und er wird viele Völker in seiner Macht halten, c. und sein sich jeden Tag mehr ausbreitendes Königreich d. wird zur Höhe erhoben werden«. Num 24,7 (LXX) lautet: a. »Ein Mensch wird aus seinem Samen hervorgehen, b. und er wird viele Völker beherrschen, c. und sein Königreich wird mehr als Gog erhöht, d. und sein Königreich wird (ständig) wachsen« 64 •
Anders als in der LXX liest Philo »dann«, womit er das eschatologische Moment dieses Gesichtes (§ 289) betont. Wichtig sind auch folgende Änderungen: >>seinem Samen« wird zu »euch«, wodurch das Kollektive des hebräischen Volkes betont wird. Das zukünftige Königreich wird sich mehr und mehr ausbreiten, so Philo, sich dabei aber nicht mehr über Gog, den 60 Für den Text gehe ich aus von: Colson, F.H., Philo with an English Translation by G.H. Whitaker in 10 Volumes (and 2 Suppl. Vol.), London 1958-1962; vgl. auch Cohn, L.; Wendland, P., Philonis Alexandrini opera quae supersunt. Editio Maior 1-8, Berlin 1896-1930 sowie Mayer, G., Index Philoneus, Berlin 1974. Für Philos eschatologische Auffassungen (die nicht unbedingt auch messianisch sein müssen) s. Fischer, U., Eschatologie und Jenseitserwartung im hellenistischen Diasporajudentum, Berlin 1978, 184-213. 61 Vgl. dazu Borgen, •Philo•; Fischer, Eschatologie; Goodenough, Politics (enthält auch eine Bibliographie), und vor allem Volz, Eschatologie, 59ff.; Barraclough, R., •Philo's Politics, Roman Rule and Hellenistic Judaism•, in: ANRW 11.21.2, 417-553, vor allem 480ff. 62 Für eine Übersicht ihrer Auslegungs. z.B. Vermes, Scripture, 159ff. 63 Dazu sei bemerkt, daß die Septuaginta keine eindeutige Überlieferung von Num 24,7 bietet und daß sie erheblich vom MT abweicht. Welche Handschrift, und ob Philo eine uns bekannte Handschrift verwendet hat, wissen wir nicht. 64 Übersetzungen vom Autor.
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Feind erhöhen, wie in der LXX. In gewisser Weise dreht Philo auch die Reihenfolge Num 24,7.c-d um, denn erst kommt die Ausbreitung und danach die Erhöhung. In den beiden Büchern, die Philo über Mose geschrieben hat, behandelt er auf biographische Weise Mose als König und Führer (Mos. I) und als Gesetzgeber (Mos. II §§ 12-65), als Hohenpriester (Mos. II §§ 66-186) und als Prophet (Mos. II §§ 187-192) 65 • In Mos. I§§ 263-318 erzählt Philosehr ausführlich die Geschichte der Begegnung zwischen Balak und den Israeliten. Ohne Offenbarung und Prophetie war Balak nicht imstande, auch nur das Geringste zu tun (§§ 277ff.). Gott zwingt seinen Propheten(§§ 285ff.), Israel zu segnen(§ 288), wonach er, vom Geist erfüllt, Israel preist (§ 289) und eine Weissagung über Israel spricht (§ 290). Diese Weissagung fängt als leicht geänderte Wiedergabe von Num 24,7 an, wird dann erweitert (§ 291) in der Auslegung: Das Königreich wird viele Völker fressen, wie ein Löwe ausruhen und andere ängstigen. Danach folgt als Abschluß eine Paraphrase von Gen 27,29 (und Gen 12,3?) 66 • Weil es Balak nicht gelingt, Israel zu verfluchen, versucht er, Israel ethisch zu verführen(§§ 296ff.), bis es zu einem Krieg kommt(§§ 306ff.). Dabei gewinnt die von General Pinehas angeführte israelitische Armee(§§ 309ff.). Dieser Sieg ist im größeren Rahmen der Erfolge des Königs (!) Mose zu verstehen(§ 334). So ist Balaams Weissagung in Num 24,7 (LXX) über »einen Menschen« nach dem Vorbild von Mose als Kriegs-König zu verstehen. Mit dem »dann« (rrmi) ist zugleich das eschatologische Element im Krieg zwischen Israel und den Völkern angegeben 67 •
Praem. § 95
In Praem. § 9 5 wird Num 24,7 nur zum Teil zitiert (»denn ein Mensch wird hervorgehen«), dann als eine Weissagung (XPf'IOJJ6C:) bezeichnet und als Vorhersage ausgelegt: Die Völker werden von einer von Gott bewaffneten und seelisch wie körperlich mutigen Armee bedroht. Der hier dargestellte 65 Vgl. Borgen, •Philo•, 234. S. auch Umemoto, N., ·Die Königsherrschaft Gottes bei Philon•, in: Hengel, M.; Schwemer, A.M. (Hrsg.), Königherrschaft und himmlischer Kult im Judentum, Urchristentum und in der hellenistischen Welt, Tübingen 1991, 207-256, v.a. 243-245. 66 D.h. ein Text über Segen und Fluch, die wie in Lev 26 und 28 und Dtn 28 eine sehr große Rolle in Praem. spielen; vgl. auch Borgen, •Philo«, 241. 67 Vgl. Fischer, Eschatologie, 202.
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Endzeit-Krieg wird nicht nur als militärischer, sondern auch als ethischer Krieg geschildert. Denn die Alternative zum blutigen Krieg ist der ethische Sieg, der mit Ehrbarkeit, Ehrfurcht und Wohltun gewonnen wird, so Philo (§ 97). So werden Respekt, Furcht und Sympathie gewonnen (ein möglicher Hinweis auf jes 11,2?). In dieser Schrift Philos, die wohl später als Mos. II entstanden ist6 8 , ist Num 24,7 im Rahmen einer auf Lev 26; 28 und Dtn 28 basierten Ausführung über Segen und Fluch zu verstehen (siehe resp. §§ 79-126 und §§ 127-151).69 In dieser Ausführung wird betont, daß ein Krieg gar nicht stattfinden werde, denn der Feind wird durch das hohe ethische Verhalten Israels »abgeschreckt« sein(§ 93 mit einem Zitat von Lev 26,6). Wie dieses Verhalten zu erreichen ist, erklärt Philo am Anfang seiner Gedanken über den Segen: Wer die göttlichen Gebote hält, wird sicherlich über seine Feinde siegen(§ 79; vgl. Lev 26,7 und Dtn 28,1.7). Dabei macht er einen Unterscheid zwischen dem Tier und dem Menschen als Feind (§ 85). Denn wenn der natürliche und lebenslange Krieg mit den Tieren gewonnen werden kann (§ 91), müßte der Sieg über die Menschen mit schlechten Absichten auch möglich sein(§ 92). In diesem Zusammenhang wird klar, daß Philo in seiner Auslegung von Num 24,7 keinen eschatologischen Krieg, sondern einen gegenwärtigen und vor allem mit ethischen Waffen geführten »Krieg« meint. Diesen Krieg konnte er zum Teil jedoch auch als einen konkret militärischen Krieg zwischen Israel und den Völkern auffassen. Entscheidend für den Ausgang des Krieges ist jedoch, wer Gott folgt. Diese Auffassung läßt Philo unmittelbar nach dem Zitat »denn ein Mensch wird hervorgehencc folgen, woraus sich schließen läßt, daß Philo eigentlich Gott selbst als »Befreiecce sieht'0 • Im Anschluß an Praem. § 95 soll auch Praem. §§ 163-172 betrachtet werden, denn hier beschreibt Philo eine Endzeit, die auftreten wird, wenn jeder den Sinn des Segens und des Fluches (§ 162), der ja zur Bekehrung aufruft (§ 163), verstanden hat. Dann wird jeder, wo in der Welt er sich auch befindet, von seiner Gefangenschaft befreit werden und zurückkehren. Er wird von einer mehr »göttlichen als übermenschlichen Erscheinung« (§§ 164-165) geführt werden. Wenn die Menschen sich wirklich bekehrt haben, d.h. Milde und Nachsicht, Heiligkeit und Umkehr zeigen (§§ 166-167), dann wird das
Vgl. Borgen, ·Philo•, 241. Eine mögliche Entwicklung in Philos Gedanken scheint jedoch kein •topic• der Forschung zu sein; vgl. Mack; Murphy, »Literature•, 387ff. 69 Vgl. auch Borgen, ·Philo•, 241. 70 Vgl. auch 1 QM 11. 68
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Land wieder bewohnt und fruchtbar sein(§ 168); Gott selbst wird dann die Feinde richten (§ 169). Aber die Feinde selber, weil sie feierten, als Israel trauerte (§ 171 ), werden völlig zerstört werden (§ 172). So liegt m.E. in Praem. §§ 163ff. eine Beschreibung der Endzeit vor, wobei Israel von den Völkern der Welt befreit wird. Israel wird hier jedoch nicht von einer Endzeitgestalt wie dem Mose ähnlichen Kriegs-König in Mos. I § 290 befreit, sondern von Gott selbst - wie auch durch die neu gewonnene Einsicht, daß Gott derjenige ist, der letztendlich segnet, bestraft und befreit. So paßt diese Endzeiterwartung zu der Betonung des ethischen Aspektes in Praem. § 93 71 • Eine andere Seite von Philos Gedanken finden wir in Mos. II § § 66-186, wo Mose als Hohepriester und Gründer des Priestertums dargestellt wird. Philo sieht Mose als denjenigen, dem die Bewahrung und der Unterricht der Gebote Gottes aufgetragen sind. Diese (mehr philosophische) Ausführung beschließt er, indem er die Tugend mit einer Nuß vergleicht (Mos. II §§ 180ff.). Der Kern der Nuß ist fest und schwer erreichbar wie die Seele, die zur Tugend erzogen wird (§ 183) 72 • Danach vergleicht er das Priestertum mit einem Mandelbaum, denn der Mandelbaum blüht als erster und verliert seine Blätter als letzter(§ 186). So wird auch das Priestertum als Erstes und als Letztes des Menschentums blühen. Dies wird geschehen ))an jenem Tag, wann auch immer, wenn es Gott gefällt, unser Leben dem Frühlingswechsel gleichzumachen, indem er es von Neid und Habgier befreit, die die Quelle des Elends sind«, so Philo. Vor diesem Hintergrund ist auch Spec. I §§ 226ff. zu verstehen, denn hier wird das Priestertum vom Volk und von seinen Herrschern abgesondert wie eine Klasse (§ 226), wenn es das Sündopfer für sie darbringt (vgl. 71 Auf vergleichbare Weise, dabei jedoch im Rahmen von Philos Eschatologie relativiert, stellt Fischer, Eschatologie, 202 fest: •In dieser ethisierenden Umdeurung findet Philos Absicht ihren Ausdruck, den realen Gehalt der messianischen Erwartung abzuschwächen. Zwar eliminiert Philo aus seiner biblischen Vorlage nicht alle Aussagen, die auf eine endzeitliche militärische Auseinandersetzung hinweisen; auch schreibt er dem eschatologischen Heerführer nicht nur einen •allegorischen Sinn• zu, sondern sieht in ihm in der Tat eine menschliche Gestalt, aber die Art und Weise, wie Philo von dem eschatologischen Krieg und dem eschatologischen Heerführer spricht, verrät doch eine offenkundige innere Distanz gegenüber den messianischen Heilserwartungen seiner Zeit•. Vgl. auch Fischer, Eschatologie, 184f.; Mos. II S 44 und Borgen, •Man•. Eine Gegenposition vertritt Hengel, M., •Messianische Hoffnung und polirischer •Radikalismus• in der •jüdisch-hellenistischen Diaspora••, in: Hellholm, Apocalypticism, 655-686, v.a. 657f. 72 Auch die Tugenden spielen in Philos Idealisierung des irdischen und des göttlichen Königtums eine große Rolle; s. dazu Goodenough, Politics, 91.
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Lev 4,3.13.22 und 29). Das Priestertum hat dabei für Philo (wie auch Jerusalem, der Tempel und die Gebote dies haben) eine allegorische, universelle und kosmologische Bedeutung73 und steht für ihn neben dem Königtum und der göttlichen Führung. Wenn wir die hier besprochenen Stellen bewerten wollen, sind zwei Problemfelder zu berücksichtigen: erstens Philos politischen Ideale und zweitens seine politische Umwelt. Goodenough beschreibt Philos Ideale des Königtums als eine Art Demokratie7", für die die Regierungen von Augustus und Tiberius Modell gestanden haben 75 • Dennoch ist Gott selbst der eigentliche, ideale König 76 • Gaius, Tiberius' Nachfolger als Imperator über Rom 37 n. d. Z., ist für Philo das Gegenbeispiel, ja die Pervertierung des Idealbildes eines Königs 77 • Philo, der wie die Pythagoräer die Könige als göttliche Herrscher sah, konnte sie als Jude jedoch nicht anbeten 78 • Gerade dort, in seinem jüdischen Nationalismus und Monotheismus, liegt, so Goodenough, der Grund für Philos Messias-Erwartung79, die auf eine völlig göttliche Regierung hinausläuft, wobei die gegenwärtigen Verhältnisse radikal umgeworfen werden 80 • Zu Goodenoughs Bild von Philos politischen Idealen soll zusätzlich bemerkt werden, daß Philos Darstellung von Mose als dem idealen König, obwohl hellenistisch beeinflußt' 1, bei seinem Messias-Verständnis auch eine Rolle gespielt hat (siehe dazu Mos. I § 290). Barraclough relativiert Goodenoughs Standpunkt, indem er darauf hinweist, daß Philos Idealisierung von Augustus und Tiberius vor allem so zu verstehen sei, daß er damit die negative Schilderung von Gaius betonen wolle82 • Vgl. dafür Borgen, "Philo«, 269ff., vor allem 270. Goodenough, Politics, 87: .. Philo's ideal is, then, a state based fundamentally upon the cosmic virtue of la6Tflc;. He sketches an ideal state in describing the Essenes whose education brings the members to Iove of God, Iove of virtue, and Iove of man( ... ) That is, the Essenes are an ideal community in which every man is a philosopher. .. 75 Vgl. Goodenough, Politics, 88f. und 103. 76 Goodenough, Politics, 91 und 61; vgl. Plant. S 61. n Vgl. Smallwood, E.M., The ]ews under Roman Rufe. From Pompey to Diocletian, Leiden 1976, 236 und Flacc. SS 24; 124; 132, Legat. SS 75; 367f. und 373; Goodenough, Politics, 107ff. 78 Goodenough, Politics, 113f. 79 Goodenough, Politics, 115-118. 80 Goodenough, Politics, 119. 81 So Meeks, W.A., The Prophet-King. Moses Traditions and the ]ohannine Christology, Leiden 1967, 129-130. 12 Barraclough, •Politics«, 453-461. 71
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Es liegt m.E. eine Analogie vor zwischen Philos Messias-Konzept- d.h. dessen eigentlicher Abwesenheit - einerseits und seinem historischen Kontext und der Idealisierung des Königtums andererseits. Was nun die politische Lage in Alexandrien in den dreißiger Jahren des 1. Jh.n. d. Z. anbelangt, so bedeutete Gaius' Herrschaft eine große Bedrohung für die Juden in der ägyptischen Provinz, die für ihre Existenz und Rechte hart gekämpft hatten 83 . Als es dann 38 n. d. Z. zum Pogrom kommt und der Präfekt sich als schwacher Beschützer der jüdischen Rechte erweist84 , führt Philo bekanntlich eine Delegation nach Rom an; sie bleibt jedoch ohne Erfolg85 . Nach den Unruhen bei Gaius' Tod beruhigt sich die Lage unter Claudius' Regierung86 , und die Rechte werden wiederhergestellt87. Auch gegenüber Agrippa und Judäa erwies Claudius sich als judenfreundlicher Herrscher88. In dieser verworrenen Lage wirkte und engagierte sich Philo. Dabei lag sein Hauptinteresse darin, die besondere Stellung der Juden in Ägypten zu verteidigen, sowohl auf politische als auch auf literarische Weise. In diesem Zusammenhang sind m.E. dann auch seine Äußerungen über die messianischen und eschatologischen Erwartungen zu verstehen. Für Philo ist es selbstverständlich, daß das jüdische Volk auch in der Zukunft seine führende Position behalten wird (Mos.I § 290), denn, wenn es zum Krieg kommt, wird es von Mose und Gott selbst angeführt werden (§§ 309ff.; 334). In Praem. § 95, wo er dann Num 24,7 zum zweiten Mal zitiert, wird diese führende Stellung nicht mehr nur militärisch, sondern auch und vor allem ethisch begründet. Dem Volk ist das göttliche Gesetz gegeben (siehe § 79). Wenn wir Num 24,7 als Kriterium nehmen, dann ist Praem. § 95 als Zusatz zu und Korrektur von Mos. I § 290 zu verstehen. Dies setzt eine Entwicklung in Philos Gedanken voraus, die sich jedoch traditionsgeschichtlich nicht nachweisen läßt. Ziehen wir die politische Lage, in der Philo sich engagiert, in Betracht, so wäre die (spätere) Stelle Praem. § 95 ein Zeugnis dafür, daß er, verglichen mit seinem Standpunkt in Mos. I § 290, seine Hermeneutik und damit seine Zukunftserwartungen als Konsequenz der veränderten politischen Gegebenheiten geändert hätte. S. dafür Smallwood, ]ews, 226ff. Smallwood, ]ews, 239-242. 8 s Legat. SS 368-372; vgl. Smallwood, ]ews, 242-245. 86 S. Smallwood, ]ews, 246-248. 87 Smallwood, ]ews, 249-250. 88 Vgl. Schürer, History I, 395-398.
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Beide Argumente besagen, daß Philo, der am Anfang die militärische Kraft der Juden beschreibt, später die ethische Überlegenheit seines Volkes betont. Dann würde er auch später nicht mehr einen Mose ähnlichen Kriegs-Messias, sondern Gott selbst als Befreier erwarten. Dies heißt für ihn, daß Gott sich erst dann gegen die Feinde richten wird, wenn Israel sich bekehrt hat (vgl. auch Praem. §§ 166-169). So würden Philos messianische Erwartungen, formuliert in Mos. I § 290, historisch gesehen unter Gaius' Regierung und die in Praem. §§ 95 und 163ff. formulierten auf Claudius' Regierung zu beziehen sein 89. So ist auch der von ihm konzipierte Endzeitbefreier, obwohl er einen nur geringen Platz in seinen Werken einnimmt - erst der Mose ähnliche KriegsMessias, dann mehr und mehr Gott selbst - , in seinem historischen Kontext zu verstehen90.
5. Flavius josephus Flavius Josephus (ca. 37/38 bis 100 n. d. Z.), Autor des »Jüdischen Krieges«, der »Jüdischen Ältertümer«, von »Gegen Apion« und »Leben«91, ist nicht nur als reiner Geschichtsschreiber, sondern auch als 19 Eine andere Schlußfolgerung zieht jedoch Fischer, Eschatologie, 212: •Eine gewisse Ungeschichtlichkeit in seinem Denken und ein religiös-ethischer Universalismus: dies sind die zwei wesentlichen Faktoren, die bei Philo das völlige Zurücktreten spezifisch nationaler eschatologischer Hoffnungen verursacht und letztlich die Entwicklung einer nationalen Eschatologie im eigentlichen Sinne verhindert haben. Worauf Philo hofft, ist nicht das eschatologische Heil des jüdischen Volkes, sondern ist dies, daß das jüdische Gesetz und der jüdische Glaube an den einen Gott in ferner Zukunft universale Verbreitung und Anerkennung finden werden•. Fischer, der Volz' Definition von Eschatologie als Ausgangspunkt nimmt (s. S. 3) vertritt einen literarischsystematischen Standpunkt, zieht aber Philos politisches Engagement nicht in Betracht; s. dafür auch mein Kapitell. 90 S. weiter mein Kapitel VII; vgl. Borgen, •Man•. 91 Bibliographische Hinweise: Thackeray, H.St.J.,]osephus with an English Translation in Nine Volumes, London 1966ff.; Attridge, H.W., •Josephus and His Works•, in: CRJII.2., 185-232; Blenkinsopp, J ., ,. Prophecy and Priesthood in josephus•, ]]S 25 (1984), 239-262; Delling, G., ·Die biblische Prophetie beijosephus•, in: Betz, O.(Hrsg.), ]osephus-Studien. Untersuchungen zu ]osephus, dem antiken Judentum und dem Neuen Testament (Festschrift 0. Michel), Göttingen 1974, 109-121; Mayer, R.; Möller, C., ,. josephus - Politiker und Prophet•, in: Betz, Studien, 2 73-284; Yavetz, Z., •Reflections on Titus andjosephus•, GRBS 16 (1975), 441-432. Für josephus' Leben s. Attridge, ,. josephus•, 185ff.
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Ausleger der Geschichte zu verstehen 92 • Dabei ist zu bemerken, daß wir, was die Geschichtsdarstellung der hellenistisch-römischen Periode anbelangt, hauptsächlich von ihm abhängig sind. Diese zwei Tatsachen erschweren die Untersuchung über seine Berichte, den •• Messias-Prätendenten« und den messianisch inspirierten ••Freiheitskämpfer« betreffend, erheblich 93 • So ist auch bei der •• Hauptquelle« unseres Geschichtsverständnisses der Antike das Verhältnis zwischen Text und Geschichte ein aktuelles Problem 94 • Josephus gibt m.E. eine subjektive, d.h. profiavisehe Beschreibung seiner Zeit und übt aus seiner Sicht Kritik an seinen jüdischen Brüdern. Schon in der Einleitung zu seinem Buch über den jüdischen Krieg (Bell I §§ 10-11) bezeugt er seine Sympathie für Titus, wobei er die jüdischen Rebellen beschuldigt, den Fall von Jerusalem verursacht zu haben (Bell II §§ 394-396) 95 • Wir werden im folgenden seine Beschreibungen einiger •• MessiasPrätendenten«, zweierOrakelsowie zwei seiner Beschreibungen bestimmter Ereignisse während des ersten jüdischen Krieges untersuchen.
»Messias-Prätendenten« Josephus nennt vier sogenannte ••Messias-Prätendenten« 96 : Simon, Anthronges, Menahem und Sirnon bar Giora. Alle waren nach dem Tod des Herodes bis zum Ende des ersten jüdischen Krieges Führer verschiedener Aufstände. Sie werden von Josephus als Freiheitskämpfer, bekleidet mit königlichen Attributen, dargestellt97; im Rahmen von Josephus' ErzähS. dazu Attridge, .. Josephus«, 195f. und 217f.; vgl. Jos, BellISS 10-11. S. dafür auch Hengel, Zeloten, 16f. und 296-307. 94 Vgl. dazu mein Kapitell. 95 Vgl. auch Attridge, "Josephus•, 196f. und 200f. 96 So genannt von Hengel, Zeloten, 297ff., der Judas den Galiläer zusätzlich erwähnt; s. dafür Zeloten, 93-114 und 143-150. Ob Judas, Gründer der zelotischen Bewegung von Josephus auch als Messias-Prätendent dargestellt worden ist, ist fragwürdig. S. dafür auch Baumbach, G., .. Einheit und Vielfalt der jüdischen Freiheitsbewegung im l.Jh.n.Chr.•, EvTh 45 (1985), 93-107. S. weiter Schwartz, D.R., Studies in the ]ewish Background of Christianity, Tübingen 1992, 155ff. 97 S. dazu auch Hengel, Zeloten, 297ff. Am deutlichsten ist dies bei Menahem der Fall - jedenfalls unter Heranziehung rabbinischen Materiales - , so Hengel (S. 300): .. oa Josephus sich über die messianische Hoffnung seines Volkes fast völlig ausschweigt, darf man von ihm bei der Beschreibung messianischer Prätendenten kaum mehr erwarten als die Hervorhebung ihres Strebens nach königlicher Würde«. S. auch S. 16, Anm. 2. 92 93
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lung über den Fall der Stadt jedoch als Gegner der jüdischen Sache gedeutet98 • Hengel bezeichnet sie zusammen mit Judas dem Galiläer als »MessiasPrätendenten«, »denn ihr Ideal der Theokratie wandte sich gegen die heidnische Fremdherrschaft« 99 • Sie werden dagegen von Horsley und Hanson als charismatische Könige bezeichnet, die als Führer von Gruppen von Bauern, die gegen die römische Herrschaft kämpften, auftraten 100 • Ich würde dieselben Figuren eher als »Freiheitskämpfer mit königlichen Ansprüchen<< bezeichnen, da diese Definition an Josephus' Beschreibung anschließt. Ihre königlichen Ansprüchen führten zu ihrer Verurteilung als Pseudo-Messiasse durch J osephus, ein Grund für mich, sie auch als »Freiheitskämpfer mit messianischen Ansprüchen« zu bezeichnen 101 • Josephus nennt Sirnon »königlicher Sklave«, »stolz auf seine große und schöne Figur«, der ••glücklicherweise« von Gratus enthauptet wurde, nachdem er angefangen hatte, die königlichen Gebäude in Brand zu stecken (Bell II § § 57-59). Dies geschah nach zwei anderen Aufständen, die auf Herodes' Tod folgten(§§ 55-56). Nach Simons Auftreten wurde ein Aufstand von einem ••Hirten«, Anthronges genannt, geführt, ••der es bis zum Königtum wagte«. ••Er legte sich ein Diadem um« und überließ das Ermorden von Römern und Royalisten seinen vier Brüdern. Am Ende wurden sie alle niedergeschlagen. Josephus kommentiert dann: ••So war das Ende, wozu sie letztendlich kamen; aber damals füllte Kriegsräuberturn ganz Judäa« (Bell II §§ 60-65). Josephus ist mit diesen abschließenden Worten sehr deutlich in seiner Abweisung der genannten ••Freiheitskämpfer«, die er selbst ••Räuber« nennt. In der problematischen Stelle Ant XVIII§§ 63-64 102 spricht Josephus über Jos, Bell II SS 430ff. Hengel, Zeloten, 296; vgl. dort Anm. 3. 100 Horsley; Hanson, Bandits, lllff. Was die von beiden gefolgte Methode betrifft, s. S. xviii: •By means of the usual techniques of historical-critical analysis, we are attempting to delineate the social history of selected groups• und S. xxii: ,.ßecause of the limitations of evidence and method, we can attempt only to present a simple sociohistorical typology of movements and Ieaders among the common people in the late second temple period•. 101 Hierbei zeigt sich deutlich das Problem einer Definition: Die selben Personen, die von josephus vor allem als Räuber und Mörder dargestellt werden, von Hengel als ,.Messias-Prätendenten• und von Horsley und Hanson als •charismatische Könige• bewertet werden, werden von mir wieder anders bewertet. So nennt josephus Jesus •Messias•, ein Bezeichnung, die viele seiner Zeitgenossen nicht akzeptierten. 102 Für die Glaubwürdigkeit dieser Stelle s. die von Feldman in Thackeray, josephus IX, 49 genannten Lösungen; vgl. auch Attridge, H.W., •Jewish Historiography•, 98
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jesus, ))der >paradoxe< Dinge tat und ein Lehrer von Menschen war, die gerne die Wahrheit (davon) annehmen«. Ihn nennt er ))Messias« oder den ))sogenannten Messias« (Ant XX § 200)1°3 • Auch von der vom Neuen Testament her bekannten Verurteilung und Steinigung von Jakobus und anderen Christen berichtet josephus (Ant XX§§ 200-203). In den beiden letzten Fällen, in denen ich, von meiner Definition ausgehend, nicht von ))Messiassen« reden würde, übt josephus im Gegensatz zu den obengenannten )) Messias-Prätendenten« 104 keine Kritik an ihrer )) Pseudomessianität<< lOS.
Orakel Zu josephus' Auslegung der Geschichte soll auch sein Verständnis über das Schicksal oder die Fürsorge (1rp6v01a) und die Prophetie oder Vorsehung gerechnet werden. Die göttliche Vorsehung wirkt gerade in der Belohnung der Gerechten und in der Bestrafung der Übeltäter. Diese Vorsehung von josephus wird auf dramatische Weise in vielen Geschichten über die Führer Israels- sowohl in der Bibel als auch in der nachbiblischen Geschichtedargestellt. Was die Prophezeiungen anbelangt, betont josephus dabei nicht nur, daß sie seit biblischen Zeiten oft erfüllt worden seien (so z.B. Daniels Prophezeiung in Ant XII § 322), sondern auch, daß sie Gottes Interesse an der Menschheit zeigen. Zu josephus' zeitgenössischen Prophezeiungen gehört insbesondere die des Esseners Menahem, der Herodes' Thronbesteigung vorhergesagt hat (Ant XV§§ 375-376)1°6 • In Bell VI § § 310-315 nennt josephus zwei Orakel (XPI"JGJ.16<;), von denen das zweite lautet, daß zur Zeit der Zerstörung jerusalems einer aus ihrem eigenen (d.h. jüdischen) Land über die ganze Welt herrschen werde. Dieses Orakel bezieht sich m.E. auf eine messianische Erwartung. In josephus'
in: Kraft; Nickelsburg, ]udaism, 311-343, vor allem 328 und P. Winter in: Schürer, History I, 428ff. Ich gehe von der in der Textausgabe und Übersetzung nach Thackeray dargestellten Handschriftenüberlieferung aus, möchte die Problematik dieser Stelle jedoch nicht besprechen. 103 S. auch Thackeray, ]osephus, 50, Anm b. Ja.. Für Menahem s.u. 10 s Dies wäre ein Argument, die beiden Stellen als nicht von Josephus stammend zu bewerten. 106 Zur Bedeutung der Begriffe ,. Vorhersage«, .. Orakel«, .. Prophezeiung .. , usw. in josephus s. Attridge, •Josephus«, 218 und 223 und ders., ·Historiography«, 327.
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Erzählungrahmen und aus seinem Kommentar dazu erfahren wir seine Auffassung. Dabei fallen drei Aspekte auf. Erstens bezeichnet er es als ein Orakel, das >>in den heiligen Schriften gefunden werden kann<< (§ 312) und von den Juden so verstanden wurde, daß es sich um einen Herrscher aus ihrem eigenen Haus handeln werde. Viele Weisen hatten sich schon um seine Auslegung bemüht(§ 313). Es könnte sich hierbei um den damals sehr bekannten und oft messianisch gedeuteten Vers Num 24,7.17 handeln 107• Zweitens leitet Josephus das Orakel mit den Worten ein, daß Gott sich um die Menschen kümmere und ihnen mit vielen Zeichen den Weg der Erlösung gezeigt habe. Daher hatten sie ihren eigenen Untergang nur sich selbst zuzuschreiben (§ 310). Hierin ist m.E. Josephus' Prinzip der göttlichen Fürsorge formuliert. Drittens weist das Orakel für Josephus in Wirklichkeit auf Vespasian hin, denn Vespasian sei ja auf jüdischem Boden zum Imperator ernannt worden (§ 314). In seiner Auslegung dieses Orakels zeigt sich sein proflavisches Engagement, wobei Vespasian als ))Messias«, d.h. als prophezeiter Befreier gefeiert wird. Er schließt seine Deutung ab, indem er sagt, daß es für den Menschen unmöglich sei, seinem Schicksal zu entgehen, auch wenn das Schicksal vorhersehbar wäre. Einige Juden hätten jedoch das Orakel zu ihrem eigenen Nutzen ausgelegt. Daher hätten sie ihren Untergang dann auch ihrer eigenen Unvernunft zu verdanken(§ 315), so Josephus. In Ant XVII § 43 finden wir josephus' Bericht über die Vorhersage der Pharisäer ())denn sie glaubten an die Vorhersagung durch Gottes Erscheinung«), daß Gott die Herrschaft dem Herodes und seinen Nachfolgern nehmen werde, um sie danach Salome und Pheroras übergeben zu können. Als Herodes dies hörte, so Josephus, ließ er die Pharisäer und diejenigen, die ihnen glaubten, töten(§ 44). Josephus bewertet diese Ereignisse im Kontext der damaligen Zeit und sagt: Die Pharisäer hätten diese Vorhersage mit einer politischen Absicht getroffen. Salome habe damals die Buße für sie bezahlt, nachdem sie sich geweigert hatten, vor dem Kaiser zu schwören, was die meisten in Palästina bereits getan hatten (§ 42). josephus stellt es uns so dar, daß die Pharisäer sie gleichsam mit einer )) Vorhersage« )) belohnt« haben, derzufolge sie und Pheroras die Herrschaft von Herodes übernehmen würden. In der Einleitung (§ 41) zu seiner Erzählung kommentierte josephus schon, diese Gruppen von Juden, die stolz auf ihre alten Bräuche und das 107 So auch Hengel, Zeloten, 243-246 im Gegensatz zu der oft geäußerten Vermutung, es handele sich hier um Dan 7,13ff., welcher Vers zwar oft •messianisch•, aber nicht gerade auf einen Endzeit-Herrscher, sondern auf einen Richter ausgelegt wurde.
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Halten der göttlichen Gebote waren und Pharisäer genannt wurden, hätten dem König (Herodes) mit ihrer Gabe der Vorhersage dienen können, haben jedoch genau das Gegenteil getan: Sie bekämpften und schädigten ihn absichtlich. So läßt Josephus keinerlei Zweifel mehr an seiner politischen Meinung auch hinsichtlich der Auslegung der Orakel zu. Mit diesem Bericht macht er uns klar, daß für ihn bestimmte religiöse Motive wie auch eschatologische oder messianische Vorhersagen dem Gesetz einer politisch strukturierten Gesellschaft unterzuordnen sind 108 • Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß Josephus in Bell VI §§ 310-315 die übliche messianische Auslegung von Num 24,7.17 kritisiert und daß er in Ant XVII §§ 41-45 die Prophetie nach historischen und politischen Kategorien auslegt.
Historische Berichte
In Bell II §§ 44lff. beschreibt Josephus, wie der Hohepriester Ananias von den Rebellen ermordet wird (§ 441). Danach wird Menahem zu »einem unausstehbaren Tyrannen« (§ 442), der sich in königlichen Kleidern, umgeben von bewaffneten Zeloten, im Tempel hin und her bewegt(§ 444). Josephus beschreibt ihn hier also als »Königs-Prätendenten«. Er wird jedoch von Eleasar und seinen Partisanen auf brutale Weise ermordet (§ 448), wonach Eleasar die Römer betrügt, indem er behauptet, daß alle sich übergeben würden, wenn man sie nur am Leben ließe. Als diese dann zu ihnen kommen, nehmen sie jedoch ihre Waffen auf und töten die überraschten Römer(§§ 450-453). In diesem historischen Bericht stellt Josephus die rebellierenden Gruppen und ihre Führer als Mörder und Betrüger dar, nur um zu zeigen, daß die Juden den Untergang des Tempels und Vaterlandes sich selbst zuzuschreiben haben. In Bell III §§ 350ff. beschreibt Josephus seine eigene Übergabe an die Römer. Als er einsieht, daß Widerstand gegen den römischen Führer Nicanor, der ihn lebendig gefangen nehmen wollte, keinen Sinn mehr hat, versucht er, sich selbst und die von ihm angeführten Rebellen davon zu überzeugen, daß die Übergabe sinnvoller wäre als der Selbstmord. Er beschreibt seine ))Apologie« auf sehr engagierte Weise und stellt sich selbst
josephus ist sonst eigentlich den Pharisäern gegenüber positiv eingestellt; s. dafür Attridge, ,. josephus•, 226f. Daß josephus sie gerade hier negativer bewertet, soll angeblich an der von ihm benutzten Geschichtsquelle liegen; vgl. dazu Thackeray, ]osephus VIII, 391f. und Attridge, »Historiography .. , 326. 108
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als jemanden dar, der oft Träume über das Schicksal der Juden gehabt habe (§ 352) und der als ehemaliger Priester im Stande sei, sie auszulegen. Im Moment seiner Niederlage greift er dann auf diese Eigenschaft zurück (§ 353) und betet zu Gott, daß er sich freiwillig den Römern übergeben werde, »nicht als Verräter, sondern als Diener Gottes«, denn das Glück sei ja völlig zu den Römern übergegangen (§ 354 ). Die anderen Rebellen sind nicht mit ihm einverstanden und wollen ihn töten(§§ 355ff.). josephus hält dann eine glutvolle Rede, um sie von der Übergabe zu überzeugen, denn jetzt keine Rede zu halten, würde für ihn bedeuten, Gottes Gebote übertreten zu haben(§ 361). Die zwei Hauptargumente seiner Rede sind, daß der Mensch einen natürlichen Willen zum Leben habe(§ 370) und daß Gott ihm eine ewige Seele gegeben habe, mit der man sorgsam umgehen solle (§§ 371ff.). Diese Geschichte endet mit dem Selbstmord der Rebellen und mit josephus' Flucht(§ 378ff.). So wird klar, daß Josephus- in Bell II §§ 44ff. und UI §§ 350ff. -nichts von messianischen Bewegungen oder Leuten, die sich von Ähnlichem begeistern lassen, wissen will. Das einzige, was für ihn zählt, ist, gemäß dem Schicksal und Gottes Geboten zu leben. Wenn Gott es gewollt hat, daß die Römer den Krieg gewinnen, dann sollte man dies akzeptieren und daraus lernen. So sind seine »historischen<< Berichte als Apologie eines nachkriegszeitliehen modus vivendi zu bezeichnen. Seine negative Bewertung jeder messianischen oder besser eschatologisch-nationalistischen Prätention ist daher als tendenziös und als Ausdruck eines später einsetzenden Bewußtseins zu verstehen 109 • Diese Haltung ist zwischen 75-79 n. d. Z., als josephus den »jüdischen Krieg« und zwischen 93-94 n. d. Z., als er die »Jüdischen Ältertümer« schrieb, anzusetzen. Es ist eine Zeit, in der es vielen klar geworden war, daß die Römer unter Führung von Titus und Vespasian gewonnen und Israel unter Führung seiner »Tyrannen« (so Bell I § 10) verloren hatten. Das Schicksal hat diese Realität so bestimmt. Demgemäß sind für Josephus, wenn er auf diese Zeit zurückblickt, die sogenannten »Messias-Prätendenten« nur »Räuber«, »Mörder« und »Be109 S. auch Hengels Schlußfolgerung in Zeloten, 16: ,. josephus selbst hatte keinerlei Interesse daran, die Geschichte dieser Bewegung, ihre Lehren und die Schicksale ihrer Führer, den Tatsachen entsprechend zu schildern. Seine Auswahl war weithin willkürlich-tendenziös, d.h. es wurden, je nach Absicht, Tatsachen und Ereignisse übertrieben, umgebogen oder vertuscht. Dies erklärt sich aus seiner erbitterten Feindschaft gegenüber der jüdischen Freiheitsbewegung; sein ganzes Interesse zielt daraufhin, die Gegner als Gesetzlose (6VOJ.IOI), erklärte Verbrecher, für die keine Strafe groß genug war, oder als Wahnsinnige hinzustellen•; vgl. auch Attridge, •Historiography•, 327.
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trüger<< gewesen. Hinter dieser Bewertung dürften jedoch sehr wohl Freiheitskämpfer mit königlichen oder sogar »messianischen« Aspirationen gestanden haben.
6. Henoch(äth) 37-71 Die Similitudines bzw. Bilderreden oder Parabeln 110 des aus fünf Teilen bestehenden 1. oder äthiopischen Henoch-Buches 111 wurden lange Zeit in die erste Hälfte des 1. Jh. v. d. Z., neuerlich aber in das 1. Jh. n. d. Z. datiert 112 • Von besonderem Interesse für uns ist die Frage, ob die Begriffe »Messias«, »Menschensohn«, »Auserwählter« und »Gerechter« in den Kapiteln 37-71 mit einer Endzeitgestalt zu identifizieren sind 113, und die noch schwierigere Frage, in welchem Kontext die messianischen Erwartungen zu verstehen sind 114• S. vor allem Milik, j.T., •Problemes de Ia Iitterature Henochique a Ia lumiere des fragrnents arameens de Qumrän•, HTR 64 (1971), 333-378; Milik,j.T.; Black, M., The Books of Enoch, Oxford 1976, 4-135; vgl. auch Isaac, E., •1 (Ethiopic Apocalypse) of ENOCH. A New Translation and lntroduction•, in: OTP I, 5-89, vor allem 7. Auch sonst wurden die Similitudines als Einheit verstanden; so Charles, R.H., ,. The Book of Enoch", in: APOT II, 163-281, vor allem 170f. 111 Zu einigen der wichtigsten äthiopischen Handschriften und einer Übersicht der aramäischen, griechischen und lateinischen HSS, welche letzten jedoch ohne die Kapitel 37-71 bewahrt geblieben sind, s. Isaac, •Apocalypse•, 6. Übersetzungen: Charles, R.H., The Book of Enoch or 1 Enoch, Nachdruck Jerusalem 1973; Black, M., The Book of Enoch or 1 Enoch. A New English Translation With Commentary and Textual Notes, Leiden 1985; Vaillant, A., Le Iivre des secrets d'Henoch. Texte slave et traduction fran~ise, Paris 1952. 111 Isaac, •Apocalypse•, 7 und Charlesworth, J.H., •The SNTS Pseudepigrapha Seminars at Tübingen and Paris on the Books of Enoch«, NTS 25 (1979), 315-323; Knibb, M.A., • The Date of the Parables of Enoch:: A Critical Review•, NTS 25 (1979), 345-359 und Mearns, C.L., •Dating the Similitudes of Enoch•, NTS 25 (1979), 360369. 111 Wichtige Beiträge zu dieser Frage liefern Sjöberg, E., Der Menschensohn im äthiopischen Henochbuch, Lund 1946; Theisohn, j., Der auserwählte Richter, Göttingen 1975, Collins, J.J., ·The Heavenly Representative: The •Son of Man< Who Has Righteousness•, in: Collins, Figures, 111-133 und weiter Kearns, Vorfragen II. 114 Daß die Parabeln nicht in Qumran gefunden wurden, ist ein Argument für die spätere Datierung. Als Vorlage der äthiopischen Handschriften-Überlieferung ist sicherlich eine griechische, vielleicht auch eine aramäische anzunehmen; s. dazu Black, Book, 3f.9 und Isaac, •Apocalypse•, 6-7. Ganz anders jedoch noch bei Messel, N., Der Menschensohn in den Bilderreden des Henoch. Gießen 1922, 39ff. Dennoch bleibt m.E. die Frage nach der Datierung und dem Sitz im Leben offen. 110
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Im Hen(äth) 37-71, nur in der äthiopischen HSS-Überlieferung bewahrt, finden wir drei sehr apokalyptisch geprägte 115 Parabeln, und zwar in den Kapiteln 37-44, 45-57 und 58-69, mit einem abschließenden Epilog, worin Henoch, dem vorher die himmlischen und eschatologischen Geheimnisse offenbart worden sind, mit dem »Sohn des Menschen« identifiziert wird (71,14) 116 • Die drei Parabeln enthalten Aussagen über einen »Erwählten« (39,6; 40,5; 45,3-4; 49,2.4; 51,3.5; 52,6.9; 53,6; 55,4; 61,5.8.10 und 62,1), über einen >>Menschensohn« (46,2-4; 48,2; 62,5.7.9.14; 63, 11; 69,26-27.29 und 70,1 ), über einen »Gerechten« (53,6), über einen »Messias« (48,10 und 52,4) und über einen »Richter« (41,9). Theisohn 117 unterscheidet dabei folgende Funktionen der eschatologischen Gestalt im 1. Henoch-Buch: er ist erstens der Richter, der auf dem/ seinem Thron der Herrlichkeit sitzen wird, und zweitens wird er die Bösen bestrafen und die Gerechten belohnen. Diese Endzeitgestalt, die die Attribute der Gerechtigkeit, der Weisheit, der Herrlichkeit und der Macht trägt, spielt eine Rolle im Heilsplan des »Herrn der Geister« 118 • Damit entspricht diese Gestalt zum Teil unserer Definition des Messias als »einer Figur, die eine befreiende Rolle in der Endzeit spielt«, wobei ihre Hauptfunktion die des Richtens ist. Sie scheint jedoch weder als königlich noch als priesterlich dargestellt worden zu sein; so wird sie auch an keiner Stelle mit dem Begriff »Messias cc bezeichnet119 • Obwohl man die verschiedenen Bezeichnungen im Hinblick auf eine Endzeitgestalt quellenanalytisch untersuchen könnte und sie nie in Kombination miteinander genannt werden, sind sie auf der Ebene der Funktionen, Eigenschaften und der Rolle im Heilsplan, sowie in ihrem Verhältnis zu Gott, dennoch miteinander zu verknüpfen. Daher ist m.E. auf dieser Ebene von einer Endzeitgestalt oder von einem Messias-Konzept die Rede 120 • Die Frage nach dem Kontext der Erwartungen dieser einer, aber komplex dargestellten Endzeitgestalt ist in drei Nebenfragen zu unterscheiden. Es handelt sich erstens um die Frage nach der traditionsgeschichtlichen Herkunft der Aussagen bezüglich des Menschensohnes/Auserwählten, zweitens um die damit verbundene Frage nach der Hermeneutik 115 Zum Begriff •apokalyptisch« s. Oegema, »Auslegung« sowie z.B. Collins, »Literature«, in: Kraft; Nickelsburg, ]udaism, 345-370. 116 Für eine Kennzeichnungg der Parabel s. Black, Book, 181-188. 117 Theisohn, Richter, 36f. und 31f. 1 18 Theisohn, Richter, 41 f. 119 Vgl. Theisohn, Richter, 112f.; eine Ausnahme bilden die Stellen Hen(äth) 48,27 und 52,4, wo von »seinem (=Gottes) Gesalbten« die Rede ist. 120 So Theisohn, Richter, 46-49.
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der Auslegung des traditionellen Materials wie z.B. Dan 7,13 und zuletzt um die Frage nach dem Sitz im Leben der Parabeln. Aufgrund seiner Untersuchung der Herkunftzweier Themenbereiche: der Motive der Nutzlosigkeit des Lügenworts und des Sitzens des Erwählten auf dem Thron der Herrlichkeit- als zwei von mehreren Vorstellungen des endzeitliehen Richtens des Erwählten -, stellt Theisohn fest, daß beide Vorstellungen jüdisch und mit dem Königtum zu verbinden sind. Dies läßt sich aus der Affinität der Gestalt zu jes 11 (Motiv der Nutzlosigkeit des Lügenworts, verbunden mit dem Attribut der Gerechtigkeit, vielleicht auch der Weisheit und der Gegenüberstellung von Erwählten und Sündern) einerseits und zu Ps 110 (lnthronisationsvorstellung, verbunden mit der Gegenüberstellung von Erwählten und Königen sowie Mächtigen der Erde) andererseits ableiten 121 • Diese Schlußfolgerung von Theisohn soll den Ausgangspunkt einer genaueren Analyse der Kapitel45-57 darstellen.
Henoch(äth) 45-57
Bei der Betrachtung der Struktur der 2. Bilderrede Hen(äth) 45-57 wird der kompositorische Charakter dieses apokalyptischen Textes deutlich: 45,1-2 Anfang der 2. Parabel, diejenigen betreffend, die den Namen des Herrn der Geister leugnen. 45,3-4 Der Erwählte wird sie auf dem Thron der Herrlichkeit prüfen. 45,5-6 Gott wird dann den Himmel und die Erde transformieren. 46,1 Henoch sieht den Einen (vgl. Dan 7,9 und 13). 46,2 Der Engel, der ihn begleitet, zeigt ihm die Geheimnisse, den »Sohn des Menschen« betreffend. 46,3-5 Beschreibung des »Sohnes des Menschen«. 46,6-8 Die Könige der Erde werden von ihm niedergeschlagen. 47,1-2 Das Leiden der Gerechten wird aufhören. 47,3-4 Henoch sieht den Fürsten der Tage auf seinem Thron der Herrlichkeit; die Gerechten werden gerettet. 48,1 Henoch sieht die Quelle der Gerechtigkeit und der Weisheit. 48,2-7 Beschreibung des »Sohnes des Menschen« (vgl. jes 42,6; 49,6; 60,10). 48,8-10 Endkampf zwischen den Königen der Erde und Gottes Auserwählten. 49,1-4 Beschreibung des »Auserwählten« (vgl. jes 11,2-3). 50,1-3 Endzeitgericht über die Gerechten und die Heiden. 51,1-2 Die Auferstehung. 121
Theisohn, Richter, 53ff.
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51,3 Beschreibung des »Auserwählten«. 51,4-5 Beschreibung des Reiches Gottes. 52,1 Die Entrückung Henochs. 52,2 Gesicht der Berge aus Eisen, Kupfer, Silber, Gold, Leichtmetall und Blei (vgl. Dan 2,31f.39f.44f.). 52,3 Die Bitte um Deutung. 52,4-6 Deutung (vgl. Ps 97,5). 52,7-9 In der Endzeit werden die Metalle nicht retten können. 53,1-7 Die Bestrafung der Könige der Erde in der Endzeit. 54,1-10 Die Bestrafung der Könige der Erde mit Hilfe der Elemente. 55,1-4 Das Zeichen Noahs; die Drohung gegenüber den Königen der Erde. 56,1-8 Beschreibung des Endkampfes, wenn die Parther und die Meder kommen werden, um das Land der Auserwählten Gottes zu zerstören, dann jedoch getötet werden. 57,1-3 Die Erscheinung und die Anbetung des Herrn der Geister und das Ende der 2. Parabel. Wir finden in 45-57 eine Kombination von redaktionellem Kommentar (45,1-2; 57,3) und der Andeutung des folgenden, m.E. zentralen Themas: der Erwählte wird die Könige der Erde, die den Herrn der Geister leugnen, richten, wonach Gott selbst Himmel und Erde transformieren wird (45,36).
Darüber hinaus finden wir Gesichter oder Gottesschauungen (46,1 und 47,3-4), das Gesicht der sechs Berge (52,2), Deutungen (52,6-9) und Offenbarungen (über die Auferstehung: 51,1-2; das Zeichen Noahs: 55,14 und eine Theophanie: 57,1-3). Das zentrale Thema stellt erstens der Erwählte oder Sohn des Menschen (46,3-5; 48,2-7; 49,1-4 und 51,3) und zweitens der Endkampf da, bestehend aus der Bestrafung der Könige der Erde und der Belohnung der Gerechten (46,6-8; 47,1-2; 48,8-10; 50,1-3; 53,1-7; 54,1-10 und 56,18). Nach dem Endzeitgericht wird Gottes Reich hervorbrechen (45,4-6 und 51,4-5). So scheint mir die Parabel einerseits von einem sehr kompositorischen, wie auch apokalyptischen Charakter zu sein, andererseits ist sie jedoch thematisch sehr einheitlich, und das zentrale Thema der 2. Parabel ist leicht zusammenzufassen: der Erwählte bzw. Sohn des Menschen wird am Ende der Tage die Könige der Erde bestrafen und die Gerechten belohnen. In diesem Zusammenhang verdient das Konzept einer Endzeitgestalt als Erwählter/Menschensohn (= Endzeitrichter) eine genauere Betrachtung.
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Hen(äth) 46,3-5 Wenn Henoch den »Fürst der Tage« oder »Uralten« 122 sieht, erblickt er neben ihm einen ,,Menschenähnlichen« (46,1), der ihm von dem Engel, der ihn begleitet, wie folgt gedeutet wird (46,2): zu diesem Sohn des Menschen 123 gehört die Gerechtigkeit, und weil der Herr der Geister ihn erwählt hat, wird er die Geheimnisse offenbaren (46,3). Danach wird er die Könige und Mächtigen von ihren Thronen stoßen, da sie ihn nicht preisen und seine Autorität nicht anerkennen (46,4-5). Es folgt dann in 46,6-8 eine Beschreibung, wie diese Mächtigen niedergeschlagen werden. Ausgangspunkt dieses Abschnittes ist Dan 7,9 (der Uralte) und Dan 7,13 (der Menschenähnliche). Jedoch rechnet der Autor der HenochParabel dem Sohn des Menschen mehr Eigenschaften zu als in der DanielApokalypse beschrieben sind. In der Henoch-Apokalypse gehört zu dem Menschensohn außerdem die Gerechtigkeit (vgl. jes 9,6-11; 11,33f.; Jer 23,5; Sach 9,9; PsSal 17,21 u.a.), und er wird die Könige und Mächtigen aus dem Wege räumen (vgl. Jes 14,9) und niederschlagen (vgl. Am 4,11 und Sir 10,14). Die Gesichter der Mächtigen werden dann ihre Farbe ändern und mit Scham bedeckt werden (vgl. Jer 30,6 und LXX Jer 37,6). So wird mit vielen biblischen Anlehnungen der danielische Menschenähnliche umgedeutet zu einer Endzeitgestalt mit königlichen und richterlichen sowie militärischen Eigenschaften. Sie ist daher gemäß unserer Definition als Kriegs-Messias und Endzeitrichter zu bezeichnen.
Hen(äth) 48,2-7 In Hen(äth) 48,2 wird der Sohn des Menschen vor dem Angesicht des Herrn der Geister »genannt« (vgl. Jes 43,1; 45,3 und 49,1): sein Name ist präexistent (48,3 ). Er wird ein Stab sein, auf den sich die Gerechten stützen können (vgl. Ps 23,3), ein Licht für die Völker (vgl. jes 42,6 und 49,6) und eine Hoffnung für die Betrübten (vgl. Jes 61,1-2) (48,4). Alle werden ihm dienen und den Namen des »Herrn der Geister« verherrlichen und segnen (vgl. jes 49,7 und 60,10) (48,5). Aus diesen Gründen ist er verborgen gewesen und auserwählt worden (vgl. Jes 49,2) (48,6). Er wird sich den
Für diesen Begriff s. Black, Book, 192f. Black, Book, 206f. bezeichnet die meisten Ausdrücke in den Parabeln für den Sohn des Menschen als •messianisch•, wobei die Verschiedenheit der Formulierungen für den Sohn des Menschen auf eine ältere Tradition zurückzuführen seien, vor allem auf Dan 7,13. 122
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Gerechten offenbaren, in seinem Namen werden sie gerettet werden, und er wird der Rächer ihres Lebens sein (vgl. Jes 10,12; Jer 9,24 und Ps 8,3)1 24 • Auch in Hen(äth) 48,2-7 wird der Sohn des Menschen mit vielen biblischen und messianischen Epitheta bekleidet. Dennoch ist hier sein Charakter weniger königlich als in 46,3-5, denn Weisheit, Präexistenz und Gerechtigkeit dominieren in 48,2-7. Darüber hinaus wird in der Beschreibung des eschatologischen Kampfes in 48,8-10 von den bestraften Mächtigen gesagt, daß sie den Herrn der Geister und seinen Gesalbten geleugnet haben (vgl. Jes 11,1; 42 und 49). Diesen Ausdruck »Gesalbter« finden wir nur hier und in 52,4.
Hen(äth) 49,1-4 In Hen(äth) 49,1-2 wird zweimal vom Erwählten gesagt, seine Herrlichkeit sei für immer, seine Macht sei von Geschlecht zu Geschlecht und in ihm wohne der Geist der Weisheit. In 49,3 wird von diesem Geist der Weisheit in Anlehnung an Jes 11,2-3 erweiternd erklärt: er ist der Geist, der Einsicht, Verständnis und Macht gibt, er ist der Geist derjenigen, die Gerechtigkeit schaffen. Mit diesem Geist wird der Erwählte die Mächtigen richten und keiner wird dabei imstande sein zu lügen.
Hen(äth) 51,3 In Hen(äth) 51,3 wird beschrieben, daß der Erwählte am Ende der Tage auf seinem Thron sitzen und daß er alle Geheimnisse der Weisheit kennen wird, weil der Herr der Geister ihn bestellt und verherrlicht hat. Wie anband der Beispiele Hen(äth) 49,1-4 und 51,3 klar wird, finden wir also nicht für jede dem Erwählten bzw. Menschensohn zugeschriebene Eigenschaft einen biblischen Hintergrund, dennoch genügen die obengenannten Beispiele, um festzustellen, daß das Bild des auf Dan 7,13 basierenden Menschenähnlichen im Hen(äth) 45-57 mit anderem, vor allem biblischen Material erheblich erweitert worden ist. Diese Gestalt ist offensichtlich als ein Endzeitbefreier mit königlichen, richterlichen wie auch militärischen Zügen dargestellt. Dabei dominiert das Konzept eines weisen und gerechten Richters, und es ist wiederholt festzustellen, daß es sich bei den vielen verschiedenen Begriffen um eine Gestalt handelt.
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So Black, Book, 211.
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Zu der Frage, wie das biblische Material in Hen(äth) 45ff. verarbeitet und umgedeutet worden ist, hat Suter eine detaillierte Untersuchung vorgenommen125. Er bezeichnet die Stellen Hen(äth) 54,1-56,4 und 64,1-69,12 als Midrashim zujes 24,17-23 126, deren Einfluß auch in der zweiten und in der dritten Parabel erkennbar ist. Hinsichtlich der Datierung der Parabel argumentiert Suter überzeugend für die Periode zwischen 30 v. d. Z. und 70 n. d. Z. 127• Über den Sitz im Leben sagt er nicht mehr, als daß es sich um einen palästinischen, nichtsadduzäischen und öffentlichen - d.h. nicht direkt sektiererischen - Kontext der Bibel-Auslegung handelt 128 • Zusammenfassend und bezogen auf unsere Fragestellung ist festzuhalten, daß das Messias-Verständnis der Henoch-Bilderreden sich erstens mit unserer Definition eines Endzeitbefreiers verbinden läßt, und daß zweitens dieses spezifische Messias-Konzept verschiedene biblische Begriffe wie »Menschenähnlicher« und »Erwählter«, aber auch »gerechter und weiser Richter« an sich gezogen hat. Dazu liefern Daniel und Jesaja das wichtigste Material. Diese Endzeitgestalt stellt eine erhebliche Umdeutung des Menschenähnlichen von Dan 7,13 dar, da er eine Rolle als Richter in der Endzeit spielen und die Könige und Mächtigen der Erde bestrafen sowie die Gerechten richten wird 129 • Dabei ließ sich leider kein genauerer historischer Kontext dieser spezifischen Messiasgestalt feststellen, da auch die Datierung nicht unproblematisch ist. Dieser wäre vielleicht in einem größeren Rahmen, d.h. erst
125 Suter, D.W., Tradition and Composition in the Parab/es of Enoch, Missoula 1979, 39ff. und tOff. S. auch Stone, •Literature« in: CRI 11.2, 383-441; vor allem 395406; Hartman, L., Prophecy Interpreted. The Formation of Some ]ewish Apocalyptic Texts and the Eschatological Discourse of Mark 13 Par., Lund 1966, 62ff. und Nickelsburg, G.W.E., •Salvation without and with a Messiah: Developing Beliefs in Writings Ascribed to Enoch«, in: Neusner, ]udaisms, 49-68. 126 Suter, Tradition, 39-72. Er geht dabei formkritisch vor. 127 Diese Datierung bleibt jedoch unsicher; s. Suter, Tradition, 23-33. Seine wichtigsten Argumente beziehen sich 1. auf Hen(äth) 56,5-7, wo es sich um eine Invasion der Parther entweder 40 v.d.Z. oder 115-117 n.d.Z. handelt, 2. auf einen typologischen Vergleich zwischen Stellen mit dem ,.Sohn des Menschen« wie z.B. bei Matthäus, und 3. auf eine anti-royalistische Tendenz in den Parabeln, die sich auf den Widerstand gegen Galigulas Regierung beziehen ließe; s. dazu Hen(äth) 53,6; 56,4 und 46,4-8. 128 Suter, Tradition, 72. 129 Dieses rezeptionsgeschichtliche Argument weist m.E. zusätzlich darauf hin, daß der danielische •Menschenähnliche« damals als Endzeitrichter und weniger als Völkerarchont verstanden worden ist; s. dazu auch die Argumentation in meinem Kapitel 0.6.
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wenn wir auch andere Schriften des ersten Jahrhunderts n. d. Z. auf ihre Messias-Konzeptionen hin untersucht haben, näher zu bestimmen 130•
7. Logienquelle »Q« und die synoptische Redaktion Nachdem wir versucht haben, die verschiedenen Reaktionen auf die politischen Ereignisse in den Jahrzehnten vor und nach der Zeitenwende, insofern sie in den messianischen Erwartungen ihren Ausdruck fanden, zu untersuchen, werden wir auch die neutestamentlichen Schriften daraufhin analysieren 131 • Zu den hermeneutischen Grundgedanken des Neuen Testamentes 132, das nicht früher als Ende des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. kanonisiert wurde, bis dahin also eine heterogene Gruppe von Schriften darstellte, gehört, daß Jesus von Nazareth der »Messias« ist. Ich unterscheide in diesen Schriften allerdings zwischen christologischen, eschatologischen und messianischen Konzeptionen und Erwartungen133. Dabei ist es nicht einfach, sich einen Weg in den Hunderten von uo Ob nun die Similitudines überhaupt historisch zu deuten sind, ist eine Frage an sich; vgl. dazu Collins, Imagination, 153: ,. The Similitudes do not appear to envisage any acute historical crisis. They can apply to any situation where the rigtheous feel oppressed by the kings and the mighty«. lll Ich betrachte das Neue Testament dabei als Quelle der jüdischen Geschichte. Für die Geschichte dieser Zeit s. Schürer, History I, 357ff. Für das Neue Testament als Quelle der jüdischen Geschichte s. Baeck, L., Das Evangelium als Urkunde der jüdischen Glaubensgeschichte, Berlin 1938; Klausner, J., ]esus von Nazareth. Seine Zeit, sein Leben und seine Lehre, Berlin 1930. ll2 Bibliographische Hinweise: Nestle, E.; Aland, K. (Hrsg.), Novum Testamenturn Graece, 26. Aufl. Stuttgart 1981; Aland, K. (Hrsg.), Synopsis Quattuor Evangeliorum. Locis parallelis evangeliorum apocryphorum et patrum adhibitis edidit, Stuttgart 1985; Aland, K.; Aland, B., Der Text des Neuen Testaments. Einführung in die wissenschaftlichen Ausgaben und in Theorie wie Praxis der modernen Textkritik, Stuttgart 1989; Bauer, W., Griechisch-Deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der übrigen urchristlichen Literatur, Berlin 1971; Vielhauer, P., Geschichte der urchristlichen Literatur. Einleitung in das Neue Testament, die Apokryphen und die apostolischen Väter, Berlin 1975; Köster, H., Einführung in das Neue Testament im Rahmen der Religionsgeschichte und Kulturgeschichte der hellenistischen und römischen Zeit, Berlin 1980; Black, M., An Aramaie Approach to the Gospelsand Acts. Third Edition. With an Appendix on The Son of Man by Geza Vennes, Oxford 1979. m S. dafür auch juel, D., Messianic Exegesis. Christologicallnterpretation of the Old Testament in Early Christianity, Philadelphia 1988; Reiser, M., Die Gerichtspre-
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neutestamentlichen Stellen zu finden, in denen das Wort XPtOT6c;, das griechische Äquivalent des hebräischen M,.C, verwendet wird 134 • Es ist davon auszugehen, daß »Christus« nicht unbedingt »Messias« gemäß unserer Definition heißen muß 135 • Zuerst wurde untersucht, welche biblischen »messianischen« Stellen im Neuen Testament eigentlich vorkommen. Dabei 136 ist festzustellen, daß die biblischen Stellen mit dem Begriff »Messias« im N.T. zwar häufig paraphrasiert, jedoch nie zitiert werden. Im Gegensatz dazu werden die biblischen Stellen, die, ohne den Begriff »Messias« zu enthalten, in ihrer späteren Rezeptionsgeschichte als »messianisch<< gedeutet worden sind, sehr oft im Neuen Testament zitiert (und zwar 59 mal). Diese Beobachtung weist m.E. darauf hin, daß die neutestamentlichen Autoren eine bestimmte Hermeneutik hatten; sie schlugen nicht einfach die Bibel auf, um nach Stellen mit dem »Messias« zu suchen, sondern sie hatten schon ein gewisses messianisches Vorverständnis und haben zum Teil ihre Auslegung und ihre Theologie darauf aufbauen können 137 • Der Glaube an Jesu Messianität entstand erst nach seinem Tod und seiner Auferstehung, ohne die Jesus wohl eher das von den von Josephus digt ]esu. Eine Untersuchung zur eschatologischen Verkündigung ]esu und ihrem frühjüdischen Hintergrund, Münster 1990 und die Beiträge von MacRae, G., •Messiah and Gospel«, in: Neusner, ]udaisms, 169-185; Kee, J.H., •Christology in Mark's Gospel«, in: Neusner, ]udaisms, 187-208, und Charlesworth, J.H., •From Jewish Messianology to Christian Christology: Some Caveats and Perspectives .. , in: Neusner, ]udaisms, 225-264. 114 531lautAland. 135 Diese Beobachtung findet eine Bestätigung in der dicht belegten Studie von Karrer, M., Der Gesalbte. Die Grundlagen des Christustitels, Göttingen 1991. Er stellt fest, daß der Begriff ·Christus• nicht identisch sein muß mit dem damaligen jüdischen herrscherliehen und endzeitliehen Gesalbten, und wohl eher der Bedeutung des •Gesalbten« als •heilig für Gott• entspricht, aus der sich die christliche Verwendung von ·Christus• als Name oder litel entwickelt hat; s. Karrer, Gesalbte, 88-91 und 211212. 116 Vgl. die Tabelle in meinem Kapitel I. Appendix A und den Index in NestleAland, Testamentum, 739ff. 117 Am häufigsten finden wir solche Zitate in den Evangelien und in der Apostelgeschichte (36 mal). Für die eschatologischen Abschnitte in •Q• s. Edwards, Theology, 37f. MacRae, •Messiah•, 184f. stellt für die Evangelien im allgemeinen und mit Recht fest: ·Given the developments in Christianity after the New Testamentperiod and the common understandings of it that are still prevalent, one may be surprised to observe, not how centrat the messianic idea is to the Gospel, but how it is in a sense peripheral (... ). In all the Gospels the designation of jesus as Messiah is subsumed under the categories of Son of Man or Son of God or both understood in specific ways. These categories may be said to be Jewish messianic categories also, but they are not the centrat ones in the judaism of the period.•
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verurteilten •• Messias-Prätendenten« widerfahrene Schicksal zuteil geworden wäre. Dies bedeutet, daß Jesu Messianität und seine Auferstehung für seine Jünger untrennbar miteinander verbunden sind. Die Auferstehung selbst ist jedoch historisch nicht und literarisch kaum greifbar 138 • Obzwar also die Verbindung zwischen Auferstehung und Messianität Jesu 139 das Kernstück des christlichen Glaubens bildet, kann in der nachfolgenden Untersuchung nicht auf ein theologisches Verständnis der christologischen Aussagen im Neuen Testament eingegangen werden, auch wenn dies in einem religionsgeschichtlichen Rahmen stattfindet140• Nur die Texte werden herangezogen, die über das Kommen Jesu als eschatologische Befreierfigur (gemäß unserer Definition), d.h. meistens (aber nicht immer) über seine Wiederkunft, und zwar im Rahmen der von seinen Jüngern überlieferten Traditionen, Auskunft geben. Erst in diesem traditionsgeschichtlichen Kontext werden die mit Jesus verbundenen Messias-Vorstellungen für unsere Untersuchung relevant. In den synoptischen Evangelien kann von einer hypothetischen und historisch früher anzusetzenden Logienquelle »Q (( gesprochen werden 141 • Danach haben verschiedene »Schulen(( die Worte Jesu in ihrem spezifischen Kontext weiter redigiert 142 , wobei der Einfluß von Paulus immer mehr an Bedeutung gewann 143 • In diesem Paragraphen werden die Logienm S. z.B. Berger, K., Die Auferstehung des Propheten und die Erhöhung des Menschensohns. Traditionsgeschichtliche Untersuchungen zur Deutung des Geschickes fesu in frühchristlichen Texten, Göttingen 1976, vor allem 223 ff. 1351 S. Herkunft und Lebenslauf z.B. Lauenstein, D., Der Messias. Eine biblische Untersuchung, Stuttgart 1971. 140 So z.B. Hengel, M., Der Sohn Gottes. Die Entstehung der Christologie und die iüdisch-hellenistische Religionsgeschichte, Tübingen 1975. Vgl. auch die viel zu pauschalen Behauptungen in: Leivestad, R., ,. jesus-Messias-Menschensohn. Die jüdischen Heilandserwartungen zur Zeit der ersten römischen Kaiser und die Frage nach dem messianischen Selbstbewußtsein jesu•, in: ANRW II. 25.1, 220-264. 141 Zu .. Q .. s. Hoffmann, P., Studien zur Theologie der Logienquelle, Münster 1972, der von der Zwei-Quellen-Theorie ausgeht (Studien, 1 und Anm. 1 ). Für eine Übersicht von •Q• (von Lukas ausgehende) s. Studien, 4-5 und 361. Weiter: Edwards, R.A., A Theology of Q. Eschatology, Prophecy, and Wisdom, Philadelphia 1976; Lührmann, D., Die Redaktion der Logienquelle, Neukirchen 1969 und Miller, R.j., •The Rejections of the Prophets in Q•, JBL 107 (1988), 225-240. Zur Redaktions. Lambrecht, J., Die Redaktion der Markus-Apokalypse. Literarische Analyse und Strukturuntersuchung, Rom 1967 und Hartman, Prophecy. 142 S. z.B. Cullmann, 0., Der ;ohanneische Kreis. Zum Ursprung des Johannesevangeliums, Tübingen 1975; Dodd, C.H., The Interpretation of the Fourth Gospel, Cambridge 1978; Stendhal, K., The School of St. Matthew and its Use of the Old Testament, Uppsala 1954. 141 S. für die spezifische Einführungen Klijn, A.F.j., De wordingsgeschiedenis van
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quelle »Q« und die synoptische Redaktion der Apokalypse behandelt; im folgenden Paragraphen werden die paulinischen und andere neutestamentliche Briefe untersucht werden. Logienquelle » Q «
Als »messianische« Erwartung in ))Q« ist nur die Stelle Lk 3,16 zu bezeichnen 14\ d.h. wenn wir von einem königlichen oder priesterlichen Endzeitbefreier ausgehen. Betrachten wir auch die Stellen, wo ein )) Menschensohn« erwähnt wird, dann sind zusätzlich die Stellen Lk 6,22; 11,30; 12,8 und 17,24.26.30 heranzuziehen. In Lk 3,16 sagt Johannes der Täufer zum Volk, daß nicht er, sondern Jesus der Messias sei, denn Jesus werde sie mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen; danach folgt eine Prophezeiung (Lk 3,17)1 45 . In Lk 6,22 werden diejenigen, die dem Menschensohn folgen, selig gepriesen 146 . In Lk 11,30 folgt das »Zeichen des Jonas« für den Menschensohn147, und Lk 12,8 lautet: )) Jeder der sich bekennt für mich vor den Menschen, für ihn wird auch der Sohn des Menschen sich bekennen vor den Engeln Gottes«. In Lk 17,24.26.30 werden die Zeichen vor dem Kommen des Menschensohns genannt: wie der Blitz am Himmel, wie in den Tagen Noahs und Lots wird es sein, wenn der Sohn des Menschen kommt.
het Nieuwe Testament, Utrecht 1976; Köster, Einführung, und weiter: Goppelt, L., Typus. Die typologische Deutung des Alten Testament im Neuen, Nachdruck Darmstadt 1981; Oesterley, W.O.E. (Hrsg.),Judaism and Christianity. Volume 1: The Age of Transition, London 1937; Flusser, D., Die rabbinischen Gleichnisse und der Gleichniserzähler ]esus 1: Das Wesen der Gleichnisse, Bern 1981; Jeremias, J., Die Gleichnisse ]esu, Göttingen 1962; Von Campenhausen, H., Die Entstehung der christlichen Bibel, Tübingen 1968, Berger, K.; Colpe, C. (Hrsg.), Texte zum Neuen Testament 1: Religionsgeschichtliches Textbuch zum Neuen Testament, Göttingen 1987 und Theissen, G., Soziologie der ]esusbewegung. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Urchristentums, München 1977. 144 Hierbei gehe ich von .. Q.. gemäß dem Lukas-Evangelium aus. S. Hoffmann, Studien, 4-5 und 36tf. S. weiter: Neirynck, F., Q-Synopsis. The Double Tradition Passages in Creek, Leuven 1988; Sato, M., Q und Prophetie. Studien zur Gattungsund Traditionsgeschichte der Quelle Q, Tübingen 1988. 14 s Vgl. auch Black, Approach, 144f. 146 Zu der aramäischen Hintergrund von Lk 6,22 s. Black, Approach, 135f.; 158 und 191. In Lk 6,22 solljes 61 eine Rolle gespielt haben. 147 Vgi.Jon 3,5.
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So scheint mir, daß die Gemeinde von »Q«, ganz anders als in den synoptischen Apokalypsen, mit der unmittelbaren Erwartung des Kommens Jesu, d.h. seiner Wiederkunft als »Sohn des Menschen«, gelebt hat. Edwards, der die Q-Theologie untersucht hat, nennt diese eschatologische Orientierung der Parusia jesu als Sohn des Menschen das stärkste Kennzeichen ihrer Gemeinde-Theologie 148 • Sato bezeichnet die Q-Sammlung als »eine Art >Prophetenbuch<, hinter dessen Gestaltung ein traditionell-prophetisch bestimmter Nachfolger-Kreis Jesu stand« 149 • Die Redaktion von »Q<<- von der früher anzusetzenden Logien-Sammlung in der palästinischen Gemeinde zu unterscheiden- fand in der hellenistischen Gemeinde in den 50er und 60er Jahren des 1. Jh. n. d. Z. statt150 • Der hypothetische Charakter der Logienquelle »Q« verbietet einerseits zu weitreichenden Schlußfolgerungen zu kommen, andererseits bietet es uns die Möglichkeit, die Anfangszeit der JesusBewegung jedenfalls ansatzweise näher zu bestimmen 151 •
Die Prophetensprüche des ]ohannes des Täufers
Die oben genannten »Q<<-Stellen, Lk 3,16; 6,22; 11,30; 12,8 und 17,24.26.30 sind bei näherer Betrachtung als ursprüngliche Prophetensprüche Johannes des Täufers zu bezeichnen. Die Authentizität seiner Vermahnungen und Gerichtsandrohungen wird nicht nur von der Abwesenheit alttestamentlicher Zitate bezeugt, sondern auch vom Fehlen einer reflektierten oder überhaupt einer Christologie an sich 152 • Die Prophetie war eine in der frühesten christlichen Bewegung geläufige Erscheinung 153 ; die Propheten bildeten, neben den Aposteln und Lehrern, einen charismatischen Stand (1 Kor 11,5; 12,28; 14,23f.29ff. u.a.), wohl zu unterscheiden von den »falschen Propheten« (Mt 7,15; Apg 13,6; 2 Petr 2,1 u.a.), die die Gemeinden versuchten zu verführen (2 joh 7). Warnungen vor der Endzeit und Ermahnungen bestimmen die als »Herrenworte<< überlieferten oder ihnen angeglichenen Propheten- oder BotenEdwards, Theology, 43. Sato, Q, 409; s. auch 297ff. und 314ff. und Köster, Einführung, 583ff. 150 So Hoffmann, Studien, 6ff; vgl. Lührmann, Redaktion, 89. 151 Einen mutigen Beitrag zum •Ursprung« des Christentums findet man bei: Mack, B.L., A Myth of Innocence. Mark and Christian Origins, Philadelphia 1988. 152 Die ausführlichste Studie über Johannes, der hier nicht Gegenstand meiner Untersuchung sein kann, findet man bei: Ernst, J., )ohannes der Täufer. Interpretation, Geschichte, Wirkungsgeschichte, Berlin 1989. m Dazu Vielhauer, Ph., "Apokalyptik des Urchristentums•, in: Hennecke, Apokryphen II, 428-454. 141 149
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sprüche (vgl. Apc 2; 3; 16,15). Am Ende des 1. Jh. n. d. Z. fand die christliche Prophetie ein vorläufiges Ende. Für »Q« dürften sie jedoch bestimmend gewesen sein, wie uns die Untersuchung von Sato 154 und die folgenden Analysen zeigen.
Q Lk 3,16-17 "3, 16 Ich taufe euch mit Wasser; aber es kommt jemand, der stärker ist als ich(, und ich bin nicht genug, daß ich ihm die Riemen seiner Schuhe auflöse); der wird euch mit (dem heiligen Geist und mit) Feuer taufen. 3,17 In seiner Hand ist die Worfschaufel, und er wird seine Tenne fegen und wird den Weizen in seine Scheune sammeln, und die Spreu wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen« 155 • Die Wassertaufe des Johannes des Täufers ist die Vorstufe der Feuertaufe des »Stärkeren« (laxup6TEpoc;;), mit dem Jesus gemeint ist. Das Feuer der Feuertaufe kehrt wieder in der Gerichtsszene, obwohl hier die Spreu mit ))unauslöschlichem Feuer« verbrannt wird (1rupl ciaßtOT~). Ob die Taufe mit dem heiligen Geist und das »ich bin nicht genug, daß ich die Riemen seiner Schuhe auflöse«, auf Johannes zurückgehen oder bereits zu einer der redigierten Q-Fassungen gehören, muß hier unbeantwortet bleiben 156 • Sicher ist jedenfalls, daß die vorangehende paränetische Bußpredigt (Lk 3,7-9) vor dem kommenden Gericht warnt und daß in 16-17 eine apokalyptisch-dualistische Zukunftserwartung dominiert (die Bösen werden bestraft, die Guten werden belohnt), in der »jemand, der stärker ist als ich« das Gericht vollziehen wird. Daß hier Jesus gemeint ist, mag klar sein. Uns interessieren daher die Bezeichnungen für ihn in »Q«; sie konzentrieren sich überwiegend auf die Beschreibung von ihm als »mehr als seine Vorgänger« 157•
Lk 6,22 »Selig seid ihr, so euch die Menschen (hassen und euch ausstoßen und euch) schelten (und verwerfen euren Namen) als einen bösen (um des Menschensohnes willen). « Dieses Wort gehört zu den Seligpreisungen Q Lk 6,20b-23 und steht im Zusammenhang mit 6,24-26 (Weherufe); 6,27-35 (Feindesliebe); 6,36-42 Sato, Q und Prophetie. Übersetzung des Autors. 156 Gegen die Taufe mit dem •heiligen Geist• spricht die Parallelität Wasser Feuer; Sato, Q und Prophetie, 127 dazu: »Ich tilge mit vielen Forschern das Glied •in heiligem Geist• als christlichen Zusatz•. 157 S. weiter unter Q Lk 11,30. 154
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(Richtet nicht) und 6,43-49 (Gleichnisse des Baumes und des Hauses). Die Aussage des ganzen Abschnittes ist, daß man »jetzt« ausharren (und die Feinde lieben und nicht richten) soll, denn den Lohn wird es bestimmt (und im Himmel) geben (6,23), so sicher man die Früchte an dem Baum erkennt (6,43ff.). Auch hier wird ein apokalyptisches Endzeitgericht vorausgesetzt, obwohl eine Richterfigur fehlt. Dennoch liegt die Betonung in 6,22 auf einer »jetzigen« Situation, in der die jünger jesu gescholten werden. Es ist anzunehmen, daß hier auf eine historische Situation Bezug genommen wird, in der es sich wohl um Christenverfolgungen gehandelt haben wird. Dabei ist sowohl an die Verfolgungen der Gemeinde in Jerusalem zur Zeit Saulus' (Apg 8-9) als auch an die Verfolgungen der Christen in Rom zur Zeit Neros im Jahre 64 n. d. Z. zu denken. Es werden jedoch in Lk 6,22 keine geographischen oder zeitlichen Angaben gemacht158. Des weiteren treffen wir hier die Bezeichnung »Menschensohn« an, aber ohne eine eschatologische Konnotation. Die jünger jesu werden gescholten (und selig gepriesen) ~~um des Menschensohnes willen«; der Begriff ist eine Bezeichnung für den irdischen (und auferstandenen) jesus, ohne Verbindung zu seiner Parusia, die hier dann auch nicht vorkommt.
Q Lk 11,30 »Denn wie Jona (den Niniviten ein Zeichen war), so wird (es diesem Geschlecht auch) der Menschensohn sein.« Der Vers gehört zu Lk 11,29b-32, wo insgesamt zwei »Zeichen« gegeben werden: das Zeichen des jona und das Zeichen der Königin des Südens 159 • Die Schwierigkeit liegt in der Frage, was genau mit dem ~~Zeichen« (<JT)JJEiov) gemeint sein kann. jona warnte die Niniviten vor dem Untergang ihrer Stadt (jon 3,5) und damit wäre das Zeichen als eine Warnung aufzufassen. Ist dies ebenfalls mit den Worten »so wird es diesem Geschlecht auch der Menschensohn sein« gemeint? Dann wäre jesus ein Zeichen im Sinne einer Warnung vor dem Untergang jerusalems. Der Vers wäre dann, als redaktionelle Bearbeitung, relativ spät zu datieren, d.h. in den Jahren vor dem Ersten jüdischen Krieg, wenn wir eine Parallele ziehen dürfen mit den Propheten jesus ben Chananja, der von 62 bis 69 n. d. Z. mit Weherufen und Unheilsprophetien jerusalem aufschreckte (jos, Bell. VI §S 300ff.). m Sato, Q und Prophetie, 47ff. sieht in Lk 6,22 eine Bearbeitung durch Q-Lukas, d.h. es ist vor-lukanisch, aber geht nicht auf •Q• zurück: •Die Stelle reflektiert die später angewachsenen Verfolgungen gegen den gesamten Q-Kreis•. u' Zur schwierigen Stelle Lk 11,30ff. siehe Sato, Q und Prophetie, 150ff. und 281ff.
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Lk 11,29 sowie der »Einzelspruch« Lk 11,30160 werden in 11,31f. redaktionell bearbeitet und erklärt 161 • Das in 11,29 erbetene und in 11,30 gegebene Zeichen wird mit der in 11,31-32 gegebenen Erklärung jedoch nicht einleuchtender, sondern eher geheimnisvoller und apokalyptischer. Die Verse beziehen sich auf das kommende Gericht, wenn die Königin des Südens und die Einwohner von Ninive mit »diesem Geschlecht« im Gericht (Kpimc;) auftreten und es verurteilen werden. Es wird an Schriftversen referiert (1 Kön 10,1 und Jon 3,5) und der Redaktor nutzt die Chance, die Person Jesu zu deuten: er ist »mehr als Salomo« und »mehr als Jona«. Die Königin des Südens kam um die Weisheit Salomos zu hören, aber im (kommenden) Gericht wird sie dieses Geschlecht zum Tode verurteilen; so werden auch die Einwohner Ninives, die nach der Predigt Jonas Buße taten, dieses Geschlecht zum Tode verurteilen (K<XT<XKpivw). Das »mehr<< (1rAEiov) als Salomo und Jona kann sich entweder auf das, was die Königin des Südens und die Einwohner von Ninive taten oder auf das, was die Königin des Südens und Jona tun werden beziehen und somit das kommende Gericht »symbolisieren«. Das letztere ist wahrscheinlicher, denn 11,30 spricht über das, was der Menschensohn diesem Geschlecht »sein wird« (Futur). Was sein wird, ist die Verurteilung dieses Geschlechts, denn die Königin des Südens und die Einwohner Ninives treten als Zeugen gegen dieses Geschlecht auf; das Urteil wird auch schlimmer sein als das vorige, denn dieses Geschlecht scheint sich nicht zu bekehren. Damit enthält der Abschnitt nicht nur eine Warnung vor dem kommenden Unheil, sondern auch die Ankündigung des kommenden Gerichts, des Endzeitgerichts. Wir haben es hier mit einer eschatologischen und apokalyptischen Unheils- und Gerichtsankündigung zu tun. Das »mehr als Salomo<< und das »mehr als Jona<< bezieht sich auf Jesus als den (in einer Reihe früheren Propheten) letzten und endgültigen Propheten, der vor der Endzeit und dem kommenden Gericht warnt. Zugleich dürfte diese Auffassung des Propheten Jesus wohl die Vorstufe zum später bei den Synoptikern dominierenden Konzept des hier bereits ansatzweise konzipierten Menschensohnes als Endzeitrichter bilden.
Q Lk 12,8-9 »(Ich sage euch aber:) >Wer mich bekennet vor den Menschen, den wird (auch des Menschen Sohn) bekennen vor den Engeln Gottes. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, der wird verleugnet werden vor den Engeln Gottes<.«
160 161
So Sato, Q und Prophetie, 282. Vgl. Sato, Q und Prophetie, 150f.
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Sato 162 bezeichnet Lk 12,8f. par. in Q als »eine >bedingte Heils- und Unheilsankündigung< prophetischen Ursprungs«, die wahrscheinlich von jesus stammt. Zwei Aspekte fallen in 12,8-9 auf. Erstens, daß jesus der Fürsprecher im Himmel (»vor den Engeln Gottes«) ist; zweitens, daß hier eine individuelle Entscheidung der Hörer gefragt wird. Beides paßt durchaus zum Bild jesu als eines bzw. des endzeitliehen Propheten. Der >> Menschensohn« dürfte wohl ein Zusatz von Lukas sein, denn es fehlt in Mt 10,32 und stört den Vergleich zwischen »mich bekennen- vor den Engeln Gottes bekannt werden« und »mich verleugnen - vor den Engeln Gottes verleugnet werden«. Wie in Q Lk 6,22 wird der Lohn erst im Himmel erwartet. Der Unterschied ist aber, daß in 6,22 der Lohn denjenigen zukommt, die gescholten werden, wo in 12,9 diejenigen den himmlischen Lohn bekommen, die Jesus bekennen (OJ.IOAoytw). In dem »Bekennen« und »Verleugnen« wird wohl die Nachfolge oder die Nicht-Nachfolge jesu zum Ausdruck gebracht (vgl. Lk 6,22), die aber noch nicht das »Bekennen jesu als Messias« einschließt, sondern höchstens das Bekennen jesu als jemand, der »mehr« als johannes der Täufer, als Jonas und als Salomo ist, d.h. der Endzeit-Prophet ist.
Q Lk 17,24.26.30 »Denn wie der Blitz (oben vom Himmel blitzt und leuchtet über alles, das unter dem Himmel ist,) so wird der Menschensohn an seinem Tage sein. Und wie es geschah zu den Zeiten Noahs, so wird es auch geschehen (in den Tagen des Menschensohnes). Auf diese Weise wird es auch zugehen an dem Tage, wenn der Menschensohn offenbart werden wird.« Die Erklärung »wie der Blitz oben vom Himmel blitzt und alles erleuchtet« dürfte sekundär sein, denn sie fügt nichts Neues hinzu. Der Tag, an dem der Menschensohn offenbart werden wird, bezieht sich eindeutig auf die Parusia und könnte daher eine spätere, redaktionelle Bearbeitung sein (Mt 24,27c.37b.39b fügen tatsächlich das Wort 1rapouafa hinzu). Sato 163 bezeichnet die Verse als »einen >heilsgeschichtlichen< Vergleich, der im ausführlicheren zweiten Teil (Lk 17,27.30 par) einem jüdischen Midrasch über die Noah-Geschichte ähnlich ist. Die apokalyptische Vorstellung einer Entsprechung von Urzeit (Zeit des Noah) und Endzeit (Menschensohn) schimmert durch«. Es betrifft hier einen »heilsgeschichtlichen Vergleich«, eine prophetische Unheilsankündigung und sehr wahrscheinlich einen Jesusspruch, der zum Teil redaktionell bearbeitet wurde 164 • Der 162 161 164
Sato, Q und Prophetie, 274ff., vor allem 278. Sato, Q und Prophetie, 285. Sato, Q und Prophetie, 286f.
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»Menschensohn« gehört jedoch zu diesem Abschnitt, zumal er dreimal genannt wird und in dem eschatologisch sich steigernden Vergleich (Blitz, Tage Noahs, Tage des Menschensohnes) seinen fest verankerten Platz hat. Sowohl Matthäus (Mt 24,37ff.) als Lukas (Lk 17,22ff.) haben diese Unheilsankündigung als apokalyptisches Geheimnis aufgefaßt, denn sie wird nur den »Jüngern« offenbart und nicht den Pharisäern (Lk 17,20-21) oder den Schriftgelehrten und Pharisäern (Mt 23,29ff.). Auch bei Markus (Mk 13,1f) verläßt Jesus den Tempel, um alleine mit seinen Jüngern sein zu können. Die Q-Sammlung, insofern wir dies aufgrund der besprochenen Stellen feststellen können, wird so von prophetischen Unheilsankündigungen gekennzeichnet, die sowohl von Johannes dem Täufer als auch von Jesus stammen. Das »mehr<< des Jesu bezieht sich vor allem auf seine Autorität als letzter Prophet in einer Reihe von anderen Propheten, der mit einer Anzahl von Vergleichen auf das Endgültige seiner Warnungen aufmerksam macht, das »letzte« Gericht ankündigt und dabei nachdrücklich auf die Möglichkeit der Rettung hinweist. Auch unter seinen Jüngern ist seine Autorität unangefochten, was nicht nur aus der Rezeption seiner Worte hervorgeht, sondern auch aus der Tatsache, daß er Bescheid weiß über das was am Ende der Zeiten geschehen wird und wie man gerettet werden kann. Er selbst stellt sich dar als der Retter, d.h. der Fürsprecher im Himmel, und er selbst versteht sich als letzter Prophet. Vorerst blieb dies jedoch ein von ihm und seinen Jüngern geteiltes Geheimnis.
Das Selbstverständnis ]esu
Wenn sich in »Q« die Vorstellung eines Propheten und »Sohn des Menschen« und in den synoptischen Apokalypsen die Vorstellung eines »Sohn des Menschen« und Endzeitrichters als prägend für die messianischen Erwartungen der frühchristlichen Gemeinde feststellen läßt, wonach andere Messias-Konzepte wohl im Nachhinein hinzugefügt worden sind 165 , so ist auch die Frage nach dem Selbstverständnis Jesu gerechtfertigt 166 • Diese Frage ist hier und nicht bereitsamAnfang unserer Untersuchung zu stellen, denn erst durch die christliche Tradition stoßen wir auf die Person Jesu. Die Evangelien berichten als erste von der Einzigkeit der historischen Person 165 S. oben zu •Q« und unten zu den synoptischen Apokalypsen, zu Paulus und zur Offenbarung des Johannes. 166 Hier eine ·Christologie« jesu zu entwickeln, erscheint mir jedoch als ein zu schwieriges Unternehmen. S. den Versuch von: Witherington, B., The Christology of ]esus, Minneapolis 1990.
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Die messianischen Erwartungen von Pompeius bis litus
Jesu und werden darin auch wohl ihren Anfang gefunden haben 167 • Im Hinblick auf die Frage nach dem Selbstverständnis Jesu und im Rahmen der oben erörterten Betrachtung werden wir die Stellen Mk 14,62 par., Mt 12,41 par. und Lk 17,24.30 par. genauer betrachten 168 • Markus 14,62 par.:
In Mk 14,60-65 wird Jesus verurteilt, weil er auf die Frage des Hohepriesters implizit antwortet, er sei »der Christus, der Sohn des Hochgelobten« (61), und explizit: »Ihr werdet den Sohn des Menschen sehen sitzend zur rechten Hand der Kraft und kommend mit den Wolken des Himmels« (Dan 7,13 und Ps 110,1 in Mk 14,62). Mt 26,64liest »auf den Wolken«, und fügt hinzu »von nun an«, aber bietet sonst denselben Text wie Mk; Lk 22,69 fügt ebenfalls »von nun an« hinzu, ändert »wird sehen« in »wird geschehen«, fügt des weiteren hinzu »(die Kraft) Gottes«, aber läßt »kommend mit/auf den Wolken des Himmels« weg. So finden wir die Kombination von Dan 7,13 und Ps 110,1 in allen Synoptikern und zwar in der Version: »der Sohn des Menschen sitzend zur rechten (Hand) der Kraft«. Jesus wird hier als Sohn des Menschen-Endzeitrichter dargestellt. Matthäus 12,41 par.:
In Matthäus 12,38-42 antwortet jesus auf die Frage der Schriftgelehrten und Pharisäer nach einem Zeichen mit dem Zeichen Jonas (Jon 2,1): »so wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein« (vgl. Eph 4,9 und 1. Petr 3,19). Der Kontext ist die Ankündigung des bevorstehenden Gerichts nach der Auferstehung Jesu, das mit den Beispielen der bußfertigen Bevölkerung von Ninive und der Königin des Südens, die kam, um Salomos Weisheit zu hören (1. Kön 10,1-10) so gedeutet wird, Zum Selbstverständnis Jesu und die Leben-Jesu-Forschung s. vor allem die Bibliographie in: Charlesworth, J.H., ]esus Within ]udaism. New Light from Exciting Archeological Discoveries, London 1989, 223-243. Und weiter: Martin, R.P., •The New Quest of the Historical Jesus•, in: Henry, C.F.H. (Hrsg.), ]esus of Nazareth. Saviour and Lord, London 1966, 25-45, Maier, J., ]esus von Nazareth in der talmudischen Überlieferung, Darmstadt 1978; Flusser, D., ]ezus, Haarlern 1979 (= ]esus in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek bei Hamburg, 1968); Oe Jonge, M., ]ezus als Messias. Hoe Hij zijn zending zag, Boxtel1990 (= ]esus: the Servant-Messiah, New Haven 1990); Oe Jonge, M., Christology in Context. The Earliest Christian Response to ]esus, Philadelphia 1988; s. ebenfalls Hagner, D.A., The ]ewish Reclamation of ]esus. An Analysis and Critique of the Modem ]ewish Study of ]esus, Grand Rapids 1984; Vogler, W., Jüdische ]esusinterpretationen in christlicher Sicht, Weimar 1988. 161 Auswahl aufgrund von Black, Approach, 330. 167
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daß jesus »mehr als jona« und »mehr als Salomo« ist 16'. Auch wenn »Tod und Auferstehung« ein typisch christologisches Begriffspaar ist170, wird jesus hier im Rahmen des eschatologischen Weltgerichts dargestellt. Der Text über den Sohn des Menschen finden wir nicht in Markus; Lk 11,30 liest: »so wird auch der Sohn des Menschen (zu diesem Geschlecht sein)cc 171 • Der Passus ist daher entweder sekundär oder geht auf eine ältere und kürzere Überlieferung zurück. Matthäus' Anliegen ist eindeutig christologisch, Markus kennt das Wort nicht und Lukas bietet eine einfachere Version, in der jesu Warnung vor dem bevorstehenden Gericht ausschließlich mit den Beispielen von jona und der Königin des Südens verbunden wird und so den Charakter eines prophetischen Spruches bekommt. Lukas 17,24.30 par.:
In Lukas 17,22-30 wird das bevorstehende Endzeitgericht (die »Tage des Menschensohns« genannt; 22.24.26.29), das jedoch nicht bald kommen wird (22-23 ), mit dem Leiden jesu verbunden (25) und danach ausführlich beschrieben im Hinblick auf die Tage der Ungerechtigkeit vor dem Gerichtstag (26-29, mit Beispielen von den Tagen Noahs und Lots): »vor den Tagen des Menschensohnes« werden die Menschen essen, trinken, heiraten und kaufen, aber »in den Tagen des Menschensohnes« wird es blitzen, leuchten und Feuer und Schwefel wird vom Himmel regnen. Davor muß er »viel leiden und von diesem Geschlecht verworfen werden«. Lk 17,22-30 bezieht sich eher auf einen Propheten, der vor dem bevorstehenden Gericht warnt und dem nicht geglaubt wird, als auf Christus. Bei Markus finden wir einige Elemente dieser Tradition in der Markos-Apokalypse Mk 13,19-23 und 14-16. Auch Matthäus hat den Text in der MatthäusApokalypse Mt 24,23.26-27.37-39 aufgenommen. Der Text Lk 17,24.30 par. dürfte daher wohl ursprünglich zur synoptischen Apokalypse gehört haben. Dann bezieht sich der »Menschensohn« auf die Wiederkunft jesu als Sohn des Menschen-Endzeitrichters. Inwiefern wir nun tatsächlich auf Worte jesu oder gar auf das Selbstverständnis jesu gestoßen sind, ist fragwürdig, hinter »Q« scheinen wir wohl nicht blicken zu können. Dennoch fällt der Zusammenhang zwischen den Messias-Konzeptionen in »Q«, in einigen der dem jesus zugeschriebenen Im letzten Fall muß übrigens darauf hingewiesen werden, daß jesus damit sich als Exorzist versteht, denn Salomo war in der Antike bekannt als der König der Magie; s. Duling, D.C., ,. Testament of Solomon•, in: OTP 1, 935-987 und Smith, M.,]esus the Magician, San Francisco 1978. 170 S. unten zu Paulus. 171 S. Neirynck, Q-Synopsis, 34-35. 169
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Worte und in den synoptischen Apokalypsen auf: die früheste Überlieferung spricht sowohl von Jesus als Prophet, der vor dem bevorstehenden Gerichtstag gewarnt hat, als von ihm als dem Sohn des Menschen, der als Endzeitrichter wiederkommen wird. Die hermeneutische und zugleich christologische Verbindung liegt in dem Glauben an und der theologischen Reflexion seiner Verurteilung und Hinrichtung als >>Tod und Auferstehung« und Inthronisation als des Christus sitzend zur rechten Hand Gottes. Es ist aber der Begriff »Menschensohn«, der hier am Anfang steht und das hermeneutische Zentrum bildet. Die jahrelangen Forschungen von de Jonge, Flusser und Charlesworth (um nur einige zu nennen) lassen erkennen, daß Jesus sich wahrscheinlich als Messias verstanden hat. De Jonge betont die Kontinuität zwischen den Überzeugungen der Jünger Jesu vor und nach seinem Tod 172 und sieht die Verkündigung des in den Worten und Taten bereits gekommenen und des kommenden Reich Gottes als das Zentrum von Jesus Selbstverständnis 173 • In diesem Kontext dürfte er sich wohl als Messias, als Gottes Gesalbter aufgefaßt haben 174 • Auch Flusser nimmt an, daß Jesus sich als Erwählter Gottes, als Knecht und einziger Sohn gesehen hat, und daß er sich letztendlich mit dem Menschensohn, der im damaligen Judentum meistens eine messianische Gestalt war 175 , identifiziert hat. Auf gleich vorsichtige Weise betont Charlesworth diese» Wahrscheinlichkeit«: »As we have seen by looking at Jesus' symbolic act of choosing twelve disciples, he bad a clear intention to be involved in some way with helping to establish a new messianic age. Some messianic self-understanding may weil have been part of bis self-understanding« 176 •
8. Paulus und die Anfänge einer christologischen Messianologie Die meisten paulinischen Briefe wurden in den 50er Jahren in Griechenland oder Kleinasien geschrieben 177• In den meisten Briefen des Paulus m De jonge, ]ezus, 78ff. De Jonge, ]ezus, 86ff. 174 De Jonge, ]ezus, 98f. 17s Flusser, ]ezus, 116. S. auch Black, Approach, 328-330. 176 Charlesworth, ]esus, 155. 177 Zum Hintergrund s. Köster, Einführung, 528ff.; vgl. weiter zu Paulus: Davies, W.D., Paul and Rabbinie ]udaism. Some Rabbinie Elements in Pauline Theology, 171
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sowie in den ihm zugeschriebenen Briefen finden wir christologische statt eschatologische oder messianische Aussagen 178 • So zum Beispiel im Galaterbrief 3,13 und 4,4-5, im (nichtpaulinischen) Brief an die Epheser 4,8-10 (mit einem Zitat von Ps 68,19), in dem Brief an die Philipper 1,6.10 und im (nichtpaulinischen) Brief an die Kolosser 3,1, in den Briefen an die Korinther 1 Kor 3,19-23 (mit Zitaten aus Hi 5,13 und Ps 94,11); 4,1; 10,4; 2 Kor 1,21-22 und 5,10 und in dem Brief an die Römer 1,1-4. Relevant für unsere Untersuchung sind die Stellen 1 Thess 4,16 und 5,23; 2 Thess 2,1.14.16 (nichtpaulinisch); 1 Kor 15,22-24; 2 Kor 5,10 und Röm 15,12.
1 und 2 Thessalonicher-Briefe Vom Themenbereich her stehen der 1. und 2. (nichtpaulinische) Thessalonicher-Brief zwischen den Endzeiterwartungen der Jünger Jesu einerseits und der Christologie der frühen Kirche andererseits. Im ältesten Brief des Paulus und des Neuen Testaments überhaupt behandelt Paulus bereits die Parusie des Herrn, aber von einer Verzögerung der Wiederkunft, wie sie später in den synoptischen Apokalypsen thematisiert wird, ist dabei noch nicht die Rede 179 •
1 Thess 4,16-17 »Denn der Herr selbst wird, mit befehlendem Wort, mit der Stimme des Erzengels und mit der Posaune Gottes, herabkommen vom Himmel, und die Gestorbenen in Christus werden zuerst auferstehen. Danach werden wir, die leben und übriggeblieben sind, zusammen mit ihnen, in die Wolken entrückt werden, dem Herrn entgegen gehen in die Luft, und so werden wir mit dem Herrn sein für immer• 180 •
London 1948; Sanders, Paul; Von Campenhausen, Entstehung und Hengel, M., »Der vorchristliche Paulus•, in: Hengel, M.; Hecket, U. (Hrsg.), Paulus und das antike Judentum. Tübingen-Durham-Symposium im Gedenken an den 50. Todestag Adolf Schlatters (19. Mai 1938), Tübingen 1991,177-293. Zu unserem Themas. Schade, H.H., Apokalyptische Christologie bei Paulus. Studien zum Zusammenhang von Christologie und Eschatologie in den Paulusbriefen, Göttingen 1981; Chester, A., »jewish Messianic Expectations and Mediatorial Figures and Pauline Christology•, in: Hengel; Hecket, Paulus, 17-89. 178 Zu meiner Definition von "messianisch• s. Kapitel I und v.a. den Anfang von
IV.7. 1" Vgl. Köster, Einführung, 545ff. Zur Parusia s. Moore, A.L., The Parousia in the New Testament, Leiden 1966. 180 Meine Übersetzung. Vgl. auch ApcEsr 5,4lf. und 13,16-24; Berger; Colpe, Textbuch I, 29lff.
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Hier wird die Wiederkunft des Herrn mit der Auferstehung der Toten verbunden, nicht um die Wiederkunft selbst zu thematisieren, sondern um die Macht des Herrn über Leben und Tod hervorzuheben (vgl. auch 1 Kor 15,22-24). Dies ist jedoch nicht mehr im (pseudopaulinischen und späteren) 2. Thessalonicher-Brief der Fall. In 2 Thess 2,1-12 wird die Parusie selbst thematisiert, und zwar in einer Polemik gegen die in der 2. Hälfte des 1. Jh.n. d. Z. wachsende Apokalyptik 181 • Dabei wird zweierlei hervorgehoben: Erstens wird die Erscheinung des Anriebrists erwartet (2 Thess 2,310), den der Herr »mit dem Hauch seines Mundes umbringen wird« (2 Thess 2,8; vgl. Jes 11,4; Ps 32,6 und Apc 19,15). Zweitens wird das Endzeitgeschehen wohl deswegen beschrieben, damit deutlich wird, daß an der rechten Lehre festzuhalten sei (2 Thess 2,13ff.). Dies richtet sich gegen bestimmte Gegner, die radikalere, eschatologische Erwartungen vertreten (vgl. 2 Thess 2,1-2). Der Verfasser stellt dabei in Gottes Heilsplan die Gerechtigkeit sowohl in der Endzeit (2 Thess 1,4-10) als auch in der Gegenwart (2 Thess 2,13ff.) den apokalyptischen Zeitansagen seiner Gegner gegenüber (vgl. 2 Thess 2,3-12 und 1 Thess 5,5). Er betont dabei das rechte Verhalten in der Gegenwart 182 • Die genannte apokalyptische, radikal-eschatologische und von Paulus oder der frühchristlichen Gemeinde kritisierte Bewegung wurde, vor allem in Kleinasien, in den letzten Jahrzehnten des 1. Jh.n. d. Z. allmählich stärker 183 ; ein Ausdruck dessen finden wir in der noch zu behandelnden Johannes-Apokalypse 184 •
1 Korinther 15,22-24 Im 15. Kapitel des in der Mitte der fünfzigerJahrengeschriebenen Briefes an die Korinther behandelt Paulus die Frage nach der Auferstehung. Für das in 1 Kor 15,1-11 dargestellte und zusammengefaßte Evangelium, daß Christus gestorben, begraben und auferstanden ist, führt er zwei Beweise
Vgl. Köster, Einführung, 678ff. S. auch Köster, Einführung, 681f. 183 Vgl. Köster, Einführung, 684ff. und mein Kapitel V. Für den Zusammenhang zwischen Mk 13 und den beiden Thessalonicher-Briefen, s. auch Hartman, Prophecy, 178ff. 114 S.u. 111
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Die messianischen Erwartungen von Pompeius bis litus
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an, zum einen die Schrift 185 und zum anderen die Zeugen 186 • Dabei nennt Paulus sich selbst als letzten Zeugen, einen Zeugen durch Gones Gnade (1 Kor 15,10). Damit wird die Bedeutung, die Jesus von Nazareth für seine Jünger hatte, aufgenommen und weiterentwickelt im Spannungsfeld zwischen einer christologischen Bibelauslegung und den katechetischen Bedürfnissen der christlichen Gemeinde. Letzteres hängt existentiell vom Glauben an den auferstandenen Christus ab, wie Paulus auf rhetorisch geschickte Weise in 1 Kor 15,12-19 zu beweisen versucht. Der Sinn der Auferstehung ist ein eschatologischer und zielt nicht nur auf die Wiederherstellung der jüdischen Nation, sondern auf die Wiederherstellung der gesamten Schöpfung. Dies geht aus dem Vergleich zwischen Adam, durch den der Tod gekommen ist, und Christus, durch den die Auferstehung der Toten kommen wird, hervor (in 1 Kor 15,20ff.)l 87• Dann folgt eine Beschreibung der Endzeit (Vers 24 ): »Dann (kommt) das Ende, wenn er das Königreich von Gott und dem Vater übernimmt, nachdem er alle Herrschaft, und alle Macht und Gewalt vernichtet hat«.
Die Herrschaft Christi bezieht sich auf »alle Feinde(( 188 inklusive »den Tod« (dies aufgrundvon Ps 8,7). Die Auferstehung Christi- als Erstlingund seine Herrschaft über alles besagen auch, daß seine Gemeinde angesichts des nahen Endes ohne Sünde leben soll (1 Kor 15, 29-34), d.h. Paulus' eschatologisches Bewußtsein führt zu einer Betonung des ethischen Verhaltens in der Gegenwart. Zwei andere Fragen verdienen jedoch eine nähere Betrachtung: erstens die Frage nach der genauen Funktion Christi in der Endzeit, zweitens die Frage nach dem Verhältnis zur Apokalyptik.
18 ·1 S. dafür auch Ga I 3,6-14 und meine Doctoraalscriptie ,. The Use and Interpretation of Explicit Pentareuehai Quotations in Galatians 3:6-14 and Other Jewish and Christian Writings Between 1 and 150 of the Common Era•, Amsterdam 1985. 186 Zur unterschiedlichen Identität der Zeugen in den synoptischen Evangelien und bei Paulus siehe Merke!, H., Die Pluralität der Evangelien als theologisches und exegetisches Problem in der Alten Kirche, Bern 1978, Grass, H., Ostergeschehen und Osterberichte, 3. Aufl. Göttingen 1964; Baarda, Tj., ·Diaphonia- Symphonia: Factors in the Harmonization of the Gospels, Especialy in the Diatessaron of Tarian•, in: W.L.Petersen, Gospel Traditions in the Second Century. Origins, Recensions, Text, and Transmission, Notre Dame 1989, 133-154. Zur Schrift als Zeuge siehe Koch, D.-A., Die Schrift als Zeuge des Evangeliums, Tübingen 1986. 187 In 1 Kor 15,22ff. wird mit Hilfe von Ps 8,7 die Stelle Ps 110,1 so ausgelegt, daß der letzte zu überwindende Feind der Tod ist. 188 So das Zitat von Ps 110,1 in 1 Kor 15,25; s. dazu: Kreitzer, L.J., ]esus and God in Paul's Eschatology, Sheffield 1987, 149-154.
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Die messianischen Erwartungen von Pompeius bis litus
Christi eschatologische Rolle wird wichtig bei der »Wiederkunft des Herrn«. Die Verbindung zwischen Jesu irdischem Leben und seiner Parusia wird hergestellt mit der Vorstellung der Auferstehung der Toten, ein Gedanke, den wir bereits in Dan 12,1-3 vorfinden. Wie der Glaube an Christus die Wiedergeburt des Menschen bewirkt, bewirkt die Auferstehung am Ende der Zeiten die Wiederherstellung der Schöpfung. Davor wird das Gericht stattfinden und die Mächte dieser Welt werden vernichtet werden. Danach übergibt der Sohn (1 Kor 15,28) die Herrschaft dem Gott und Vater und auch er wird untertan sein. Die Parusia ist daher mit dem Endzeitgericht verbunden und es fällt die Kombination von Theozentrismus und Christozentrismus in Paulus' Eschatologie aufln. Die genauere Funktion Christi ist demzufolge die Vertretung Gottes auf dieser Erde, d.h. von Adam bis zur Endzeit, sowie die Wiederherstellung der göttlichen Ordnung durch das Gericht. Christus ist Stellvertreter Gottes und Richter in einer Person; damit fällt auch die Funktionsähnlichkeit mit dem »Menschensohn« in Daniel7 auf, ein Gedanke, der auch ohne Verwendung des Begriffes »Sohn des Menschen« in 1 Kor 15,28 zum Ausdruck gebracht wird. Somit fällt auch die konzeptuelle Ähnlichkeit dieser Christus-Figur mit den Endzeitgestalten in den anderen Apokalypsen des 1. Jh. n. d. Z., vor allem mit ApoEsr und ApoBar, auf, in denen ebenfalls der danielische Menschensohn adaptiert worden ist 190 • Dabei hat Paulus in 1 Kor 15,35-49 klare Vorstellungen über die Frage, wie die Auferstehung der Toten in der Endzeit aussehen wird, und er grenzt sich von bestimmten anderen apokalyptischen Vorstellungen ab: die Auferstehung ist »geistig« zu verstehen (siehe vor allem 1 Kor 15,50). Alles natürliche wird verschwinden, das Geistige aber wird bleiben, ein Kern des Menschen (1 Kor 15,37), das Bild des Himmlischen (1 Kor 15,49) bleibt übrig. Was auf der Erde gesät wurde, wird nicht zurückkehren, sondern in sein Gegenteil verkehrt auferstehen (1 Kor 15,42-44). Politisch inspirierte Vorstellungen oder apokalyptische Endzeitberechnungen sind für Paulus kein Thema, dennoch ist es für ihn klar, daß diese Welt ein Ende nehmen wird, und zwar die ganze Welt am Ende der Zeiten, wenn der Sohn nach dem Gericht die Herrschaft dem Vater übergeben wird; die an Christus glauben, werden jedoch schon in dieser Welt gerettet werden (1 Kor 15,51; vgl. 1 Thess 5,1 ff.). Die Kraft des paulinischen Gedankengangs liegt in der Vorstellung, daß die an Christus glauben, schon jetzt befreit sind: es betrifft hier eine
119 190
S. dazu ausführlicher Kreitzer, Eschatology, 93 ff. und 131 ff. S. meine Kapitel V.6 und 7 und bei Kreitzer, Eschatology, 154 ff.
Die messianischen Erwartungen von Pompeius bis litus
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partiell realisierte Eschatologie 191 • Dabei dürfte eine Rolle gespielt haben, daß Paulus das Ende und die Wiederkunft des Herrn bald erwartete (siehe 1 Thess 4, 17). Dies dürfte wiederum dazu geführt haben, daß in Paulus' Eschatologie kein großes Spannungsfeld zwischen Theozentrismus und Christozentrismus gefunden werden kann, sowie auch keine große Diskrepanz zwischen dem auferstandenen und dem wiederkehrenden Christus. Alle vier Vorstellungen bilden ein zusammenhängendes Gebilde bei Paulus, für den offensichtlich auch nicht die Notwendigkeit und das Bedürfnis bestanden haben, Christus als Träger detaillierter Endzeitbefreier-Konzepte darzustellen 192 •
Römer 5-6 Röm 5,1-5 »Da wir nun durch den Glauben gerecht geworden sind, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn jesus Christus, durch welchen wir den Zugang (im Glauben) zu dieser Gnade haben, in der wir stehen, und wir rühmen uns der Hoffnung der zukünhigen Herrlichkeit, die Gott geben wird. Wir rühmen uns aber nicht nur das, sondern auch der Trübsale, weil wir wissen, daß Trübsal Geduld bringt; Geduld aber bringt Bewährung; und Bewährung bringt Hoffnung; Hoffnung aber läßt nicht zuschanden werden, denn die Liebe Gottes ist in unser Herz durch den heiligen Geist, welcher uns gegeben ist, ausgegossen.cc 193 Durch Christus führt die Trübsal zur zukünftigen Herrlichkeit. Zweierlei wird hier impliziert. Erstens eine historisch-eschatologische Geschichtsauffassung, zweitens eine bestimmte Aussage über die Gegenwart. Was die Geschiehtsauffassung anbelangt, steht Adam, >>das Bild dessen, der kommen sollte«, am Anfang und Christus, der zweite Adam, am Ende (Röm 5,12-21). In diesem Rahmen betrachtet Paulus die Gegenwart als einen Zustand, der bestimmt ist von Sünde, Gesetz und Gnade Gottes: »Das Gesetz aber 191 S. dazu z.B. auch Aune, D.E., The Cultic Setting of Realized Eschatology in Early Christianity, Leiden 1972. 191 Von einer interessanten Parallele zu 1 Kor 15,24-26 in der iranischen Eschatologie berichtet noch Colpe, C., zu »Eschatologie«, in: Altiranische und zoroastrische Mythologie (Wörterbuch der Mythologie) IV, 1986, 333-340. Seiner Meinung nach handelt es sich sowohl bei Paulus als auch in der iranischen Apokalyptik um simultane Entwicklungen strukturell dualistischer Eschatologien. 191 Übersetzung vom Autor. Zu Röm 5,3-5 vgl. mSota 9,15 Ende.
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Die messianischen Erwanungen von Pompeius bis litus
ist neben eingekommen, auf daß die Sünde mächtiger würde. Wo aber die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden« (Röm 5,20)' 94 • Es betrifft hier ein apokalyptisches und dualistisches Geschichtsbild, wobei sogar die Periodisierung der Geschichte, so typisch für die Apokalypsen, vorkommt (Adam bis Moses, Moses bis Christus, Christus bis zur Endzeit), die jedoch nicht in weltpolitischen Perioden dargestellt wird. Als Konsequenz für das Verhalten in der Gegenwart gilt zu leben gemäß dem »Gesetz«, dem Gesetz der Liebe, aber nicht unter dem Gesetz (Röm 13,8-10) mit der Gewißheit, daß die Nacht geht und der Tag kommt (Röm 13,11-14). Römer 11 Die Gegenwart bei Paulus ist bestimmt von dem mit Christus angefangenen neuen Leben. Was die Beziehung zu den Juden anbelangt, so erfahren wir in Röm 11,1-10, daß Israel auserwählt war und ist (aufgrund der Zitate von 1 Kön 19,10.18;Jes 29,10 und Ps 69,23-24). Diejuden aber, die Christus nicht angenommen haben, bewirken durch ihren »Fall«, daß das Heil auch den Heidenvölkern widerfahren wird. Denn wenn die Wurzel heilig ist, sind auch die Zweige heilig (Röm 11,11-16). Israel ist der gute Ölbaum mit den natürlichen Zweigen, die Heidenvölker sind die wilden Zweige; dies sollte ihnen eine Warnung sein (Röm 11,17-24). In Christus hat die Erlösung der Welt einen Anfang genommen und am Ende wird auch ganz Israel gerettet werden, wie es in Jes 59,20 und Jer 31,33, zitiert in Röm 11,26-27 (vgl. Röm 11,25-32) heißt: •••Es wird kommen aus Zion der Erlöser, der da abwende das gottlose Wesen von Jakob. Und dies ist mein Bund mit ihnen<«, wonach Paulus hinzufügt: »wenn ich ihre Sünden wegnehme (Jes 27,9)«. Wie dies genau vor sich gehen wird, ist nur Gott bekannt (Jes 40,13 und Hiob 41,3 in Röm 11,3336). Für Paulus ist Christus also der neue Adam, der erste der Neuordnung der Schöpfung, der ein Ende gemacht hat mit dem Teufelskreis zwischen Sünde und Gesetz, für Juden und für die Heidenvölker. Der präexistente Christus ist ein Zeichen der Wiederherstellung der Schöpfung, die in ihm bereits angefangen hat. Paulus, obwohl vom damaligen apokalyptischen Geschichtsbild beeinflußt, kennt kein ausgeprägtes Endzeitgerichtskonzept, weil Christus das Ende der Geschichte ist und daher die ••Guten« (d.h. die, die Christus anerkennen) in ihm belohnt und die »Bösen« (d.h. die, die 194 Zum Gesetz bei Paulus siehe weiter Lichtenberge.; H., •Paulus und das Gesetz•, in: Hengel; Hecke!, Paulus, 361-378.
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Christus verleugnen) bestraft werden. Damit hebt er einen Teil der apokalyptischen Spannung in seinen Geschichtsverständnis auf, betont damit jedoch die Relevanz einer existentiellen Entscheidung (die über Leben und Tod) in der Gegenwart.
Römer 15,12 In Röm 15,8-13 verteidigt Paulus gegenüber den »Juden« (Röm 15,8) seine Heidenmission mit Zitaten aus Ps 18,50, Dtn 32,45 und Ps 117,1 (Röm 15,9-11), so auch mit Jes 11,10 in Röm 15,12 195 • Auch wenn Jes 11,10 von Paulus nicht ausgelegt wird (und wohl deswegen herangezogen wurde, weil in Jes 11,10 wie in den anderen Zitaten »die Völker« genannt werden), wird Christus mit der )) Wurzel Jesse«, d.h. mit dem Sohn Davids identifiziert. So fungiert Jes 11,10 im Rahmen von Röm 15,8-13 als apologetischer Beweistext für Paulus' Theologie, die sagt: das Heil ist aus den Juden gekommen und soll nun den Völker widerfahren (siehe auch Röm 11,11). Die Frage, ob in den Briefen des Paulus ein messianisches Interesse vorliegt, ist m.E. schwer zu beantworten. Es bleibt offen, wie Paulus' Theologie von Jesus von Nazareth als »Christus« historisch zu verstehen ist. Paulus, der von sich selbst behauptet, er sei Pharisäer gewesen (Phil 3; Gal 1-2)1 96 , hat der wachsenden apokalyptischen Bewegung in der 2. Hälfte des 1. Jh. n. d. Z. wohl kritisch gegenübergestanden. Er hat m.E. daher in seinen Briefen eine christologische Lehre entwickelt, ohne z.B. zu sehr auf die damaligen apokalyptischen Endzeitberechnungen Bezug zu nehmen 197• Der den Apokalyptikern oft nachgesagte Determinismus, zu dem das Konzept der seit Adam in der Geschichte wirksamen »Sünde« gehört, scheint allerdings durch die Konzeption des Christus als zweiten Adam, der die Sünde aufgehoben hat (Röm 5,12ff.; 1 Kor 15,22.45), insofern kritisiert worden zu sein, daß der Neuanfang nicht mit dem Ende der Weltherrscher zusammenfallen wird, sondern bereits in Christus angefangen hat. Auch sonst lassen sich in Paulus' Christologie apokalyptische und messianologische Züge erkennen und sie ist ein herausragendes Beispiel des eschatologischen Bewußtseins der frühchristlichen Gemeinde 198 • Die dialektische Einheit zwischen seiner Christologie und Theokratie, Paulus folgt hier fast vollständig den uns bekannten LXX-HSS. S. weiter Hengel, •Paulus«. 197 2 Thess 2, wo die Apokalyptik kritisiert wird, fasse ich als pseudopaulinisch auf. S. im allgemeinen Gunther, J.J, St. Paul's Opponents and Their Background. A Study of Apocalyptic and Jewish Sectarian Teachings, Leiden 1973. 191 S. dafür Bultmann, R., Theologie des Neuen Testaments, 8. Aufl., Tübingen 1980, 271 ff. 195
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die zum dynamischen Zentrum der paulinischen Geschiehtsauffassung gehört, macht aus Christus einen »Mediator«, eine präexistente, von Gott gesandte und erhöhte Figur, die mit angelologischen und Weisheits-Traditionen verbunden wurde, wie dies Chester im Rahmen der jüdischen messianischen Erwartungen und mediatorisehen Figuren ausgeführt hat 199 • Dies hat allerdings dazu geführt, daß die irdisch-messianischen Erwartungen von Paulus »neutralisiert« wurden 200 . Auch wenn also, rein schematisch betrachtet, in Paulus' Eschatologie durchaus apokalyptische Strukturen erkennbar gemacht werden könnten201, ist der entscheidende Unterschied zwischen dem Zeitablauf und Weltende in den zeitgenössischen Apokalypsen und dem des Paulus nicht nur das Fehlen einer kosmischen Krisentheorie wie in 1 Kor 15,20-28, sondern vor allem der hermeneutische Ausgangspunkt. Während die Apokalypsen die Geschichte von einem noch bevorstehenden Weltende aus interpretieren (auch wenn eine aktuelle Lage dazu Anlaß bot), liegt das Kriterium der Beurteilung der Geschichte bei Paulus in einem für ihn bereits geschehenen Ereignis, nämlich in der Auferstehung Christi, sowie in der Erlösung derjenigen, die an diese Auferstehung glauben, auch wenn die Befreiung der ganzen Schöpfung noch bevorsteht. Grundlegend für Paulus' eschatologische Vorstellungen ist daher seine Christologie, nicht aber bestimmte politische Ereignisse, die mit Hilfe der Propheten gedeutet werden könnten. Die Autorität Christi in allen Lebensbereichen, insbesondere in Paulus' Schriftauslegung, dem ethischen Leben der Gemeinde und wie bereits oben erwähnt in der Deutung des Endes der Geschichte als einer Erfüllung dessen, was bereits geschehen ist, muß wohl auf der historisch einmaligen Person Jesu gründen202 und seiner »charismatische(n) Usurpation der Heilsmittel « 203 . Nur eine Parallele könnte hier vielleicht gezogen werden, nämlich die zwischen der christlichen Gemeinde nach dem Tode Jesu und der Gemeinde von Qumran nach dem Tode des Propheten und Lehrers der Gerechtigkeit. In beiden Fällen liegt der Anfang eines Konzeptualisierungsprozesses -sowohl was Ethik, Weltverständnis als auch Eschatologie anbelangt- in 199 Chester, •Expectations•, vor allem 71ff., wo die Stellen 1 Kor 1,24.30; Röm 8,3-4; Gal 4,4; Kol 1,15-20; Phil 2,5-11 und 1 Kor 15,45-49, in denen Paulus verschiedene Aspekte des Christus als mediatorisehe Figur beschreibt, herangezogen werden. 200 Chester, •Expectations•, 68 und 77-78. 201 S. dazu die Übersicht in Goppelt, L., •Apokalyptik und Typologie bei Paulus•, ThL 89 (1964), 321-344. 202 Diese historische Einmaligkeit gilt übrigens auch für Paulus selbst. 201 S. dazu Ebertz, M.N., Das Charisma des Gekreuzigten. Zur Soziologie der jesusbewegung, Tübingen 1987, 249 ff.
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der existentiellen Spannung zwischen dem Tode des »Sektenführers« und der Entstehung einer durch ihn inspirierten Gemeinde, die sich ohne ihn weiterentwickelt hat und weiterentwickeln mußte204 • Dies geschah unter dem Eindruck eines charismatischen Führers und vor dem Hintergrund des vielseitigen palästinischen Judentums des 1. Jh., wo Paulus sich sowohl von hellenistisch-jüdischen, pharisäischen, apokalyptischen und essernsehen Gedanken hat beeinflussen lassen können205 • Nach der Christuserfahrung hat er als Theologe viele der ihm vertrauten jüdischen Vorstellungen umgedeutet oder gar rigoros umgewertet206 • Gerade diese vielseitige, komplexe, aber immer einheitlich wirkende Gedankenstruktur des Paulus und die darin zentrale historisch-eschatologische Heilslehre entsprechen dem komplexen Judentum seiner Tage am ehesten. Dies weiterzuführen hin zur Idee, Gott kommt zu den Menschen und diese Idee den Heidenvölkern zu vermitteln, hat er als Lebensaufgabe verstanden.
»Q« und Paulus Bevor die Synoptiker ihre großen katechetischen und heilsgeschichtlichen Werke schrieben, ist auf irgendeine Weise ein theologisch äußerst fruchtbarer Kontakt zwischen den Jüngern Jesu und Paulus- und damit zwischen den in den verschiedenen Q-Redaktionen und den in den Briefen des Paulus zum Ausdruck gebrachten Messias-Konzepten- zustande gekommen. Die äußeren Daten und ihre Reihenfolge von der Mitte der 20er bis zur Mitte des 60er Jahre n. d. Z. dürften bekannt sein: Aufteten Jesu, Bekehrung des Paulus, >> Apostelkonzil «, Briefe des Paulus, Q-Redaktion, Tod des Petrus und des Paulus. Die Verwandlung und Interpretation der mit Jesus von Nazareth verbundenen Messias-Konzepte in »Q« und in den Briefen des Paulus sowie seit der Mitte der sechziger Jahre in den Evangelien des Markus, Lukas und Matthäus ist jedoch viel schwieriger nachzuvollziehen. Dennoch liegt der Schlüssel zum Verständnis des Ursprungs des Konzeptes » Jesus ist der Christus«, d.h. der von Israel erwartete Messias, im Kontakt zwischen den Jünger Jesu und Paulus. S. dazu z.B. Black, M., The Scrolls and Christian Origins. Studies in the Jewish Background of the New Testament, Nachdruck Chico 1983, vor allem 118 ff.; Sandmel, S., A Jewish Understanding of the New Testament, New York 1974, 37 ff. und Mack, Myth, 129. 2os Vgl. Hengel, •Paulus«, 239ff. 206 So Hengel, .. Paulus•, 290. 204
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In »Q« ist jesus der letzte der Propheten, der mehr (ioxup6TEp6c; und 7rAEiov) ist als johannes, Jona und Salomo und der vor dem Endzeitgericht gewarnt hat; zugleich ist er der Menschensohn (6 ul6c; TOO av&pw7rou), der in dem zukünftigen Gericht eine entscheidende Rolle spielen wird. Bei Paulus ist» jesus« auch der »Christus« und der »Sohn Gottes« und es sind eben diese Namen, mit denen Paulus ihn bezeichnet. Bei Paulus' Bekehrung und in seiner Erinnerung daran handelt es sich nur um diese Bezeichnungen: Gal 1,15-16: Tov ulov mhoß; 1 Kor 15,3ff.: 6 xpurroc;; Apg 9,5: tyw EiJ,Jt 'lqooßc; (Apg 22,8 fügt hinzu: 6 Natwpaioc;) und Apg 9,20.22: 6 uloc; Toß &Eoß. Insgesamt handelt es sich bei ))Q« und Paulus um vier Bezeichnungen für jesus. Er ist Prophet, Menschensohn, Christus und Sohn Gottes. In 1 Thess 4,16-17 wird er zusätzlich »der Herr« (6 K6p10c;) genannt. Nur in einem anderen Fall sind uns so viele Bezeichnungen, sogar MessiasKonzepte für eine und dieselbe Gestalt bekannt, nämlich im äthiopischen Henochbuch. In Hen(äth) geht es um den »Messias« (48,10; 52,4), den »Gerechten<< (53,6), aber vor allem um den »Menschensohn« (46,2-4; 48,2 u.a.) und den ))Auserwählten<< (39,6; 40,5 u.a.). In Hen(äth) 37-71 handelt es um ein und dieselbe Person, den Menschensohn-Endzeitrichter. Wir wissen aber nichts über die genaue Datierung des Henochbuches oder gar über seinen Sitz im Leben, so daß der Vergleich nur formal aufgeht und uns nicht weiter bringt als zu konstatieren, daß die Konzeptualisierung einer Gestalt mit Hilfe mehrerer, auf den ersten Blick recht unterschiedlicher, Konzeptionen im ersten Jahrhundert n. d. Z. möglich war und statt fand. Ob, warum und wie dies auch in der Q-Gemeinde und bei Paulus stattfand, soll das Thema einer näheren Untersuchung sein. Auf dem sogenannten Apostelkonzil injerusalem (Gal1-2; Apg 9; 15) erfahren wir, daß die von Paulus geprägten Bezeichnungen überwiegen. jesus ist der »Sohn Gottes« (Gal 1,16; 2,20; Apg 9,19), der »Herr« (Gal 1,3; Apg 15,26.36), wird jedoch sonst meistens )) jesus Christus« oder )>Christus jesus« genannt (Gal 1,1.3; 2.4.16; Apg 15,26) oder einfach »Christus« (Gal 1,6.22; 2.4.17.20; Apg 9,22). Die von Paulus und der Q-Gemeinde geprägten Vorstellungen, daß jesus der Gesalbte und Sohn Gottes, d.h. der ))Geheiligte« und von Gott ))Erhöhte«, und der Prophet und Menschensohn ist, erhalten ihre endgültige christologische Prägung in den synoptischen Evangelien, wo sie zugleich unter völlig veränderten religiösen und politischen Umständen- der Zeit der verhängnisvollen und folgenschweren militärischen Auseindersetzung mit Rom, der Christenverfolgungen und des Konfliktes mit bestimmten pharisäischen Kreisen - aktualisiert werden.
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9. Die Markus-Apokalypse Das wahrscheinlich im östlichen Teil des römischen Reiches zwischen 60 und 65, jedenfalls vor 70 n. d. Z. geschriebene Markus-Evangelium207 wird neben »Q« als zweite Quelle von Lukas und Matthäus betrachtet2°8 • Johannes Markus war der Sohn der Maria, in deren Jerusalemer Haus die Christen sich trafen (Apg 12,12). Er wird als der Übersetzer des Petrus und Begleiter des Paulus auf einigen der Missionsreisen dargestellt (Apg 13,5 .13; vgl. Phil 24; Kol 4,10 und 2 Tim 4,11 ). Papias berichtet über das Mark us-Evangeli um 209 : ••Markus war der Übersetzer (tpJJf)VEun'jc;) des Petrus, hat die Worte und Taten über den Herrn (\nro Tou KOpiou), an die er sich erinnerte, genau, aber nicht in der richtigen Folge aufgeschrieben.«
Wir können hieraus, sowie auch aus der folgenden Untersuchung zu den im Markus-Evangelium benutzten Messias-Konzepten schließen, daß der Autor sowohl abhängig von den Überlieferungen der Q-Gemeinde als auch von denen des Paulus gewesen sein muß, und daß er die Überlieferungen auf seine eigene Weise geordnet hat. Sein Publikum bestand aus Christen, im allgemeinen aus Nicht-Juden (vgl. z.B. die Erläuterung des Reinheitsgebotes in Mk 7,3-4.11 ). Es enthält Aussagen über Jesus als »Sohn Gottes« (Mk 3,11; 5,7 und 13,32; vgl. 1,24), als »Gesalbter<< (Mk 1,1; 8,29; 12,35; 13,21 und 15,32), als ,,Sohn Davids« (Mk 12,35), als »König Israels« (Mk 15,32) und als »Sohn des Menschen« (Mk 13,26). Diese Aussagen sind miteinander zu verbinden, wie es in Mk 14,61-62 heißt: »Wieder fragte ihn der Hohepriester und sagte zu ihm: •Bist du der Christus, der Sohn des Allerhöchsten?< Jesus aber sagte: •Ich bin (es), und ihr werdet den Sohn des Menschen sehen, sitzend zur rechten Seite der Macht und kommend mit den Wolken des Himmels< (Dan 7,13)«.
207 S. Klijn, Wordingsgeschiedenis, 41. S. dagegen Hengel, M., ,. Entstehungszeit und Situation des Markusevangeliums«, in: Cancik, H. (Hrsg.), Markus-Philologie. Historische, literargeschichtliche und stilistische Untersuchungen zum zweiten Evangelium, Tübingen 1984, 1,-45, v.a. 38: »69 n.Chr.« und 44-45: •Rom•. 208 Klijn, Wordingsgeschiedenis, 26ff., s. auch Bultmann, R., Die Geschichte der synoptischen Tradition, Göttingen 19 31. 209 Laut Eusebius' H.E. III 39,15-16. Text in Lake, K., Eusebius. The Ecclesiastical History with an Eng/ish Translation 1-11, Cambridge 1965, I, 297. Übersetzung in Haeuser., P. Des Eusebius Pamphili Bischofs von Cäsarea Kirchengeschichte aus dem Griechischen übersetzt, München 1932, 153.
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Hierbei fällt auf, daß im Vergleich zu dem Menschensohn in »Q((, Jesus von Markus mit biblischen Epitheta, zum Beispiel als »Gesalbter«, bezeichnet wird 210 • An erster Stelle ist Jesus jedoch für Markus der »Sohn Gottes« und der »Sohn des Menschen«, wobei der letzte Begriff wahrscheinlich Dan 7,13 entnommen ist (s. Mk 13,26 und 14,62; s. aber auch Dan 11,31; 12,11 in Mk 13,14) 211 • Bei genauerer Betrachtung der markinischen Bezeichnungen für Jesus fällt dreierlei auf. Erstens folgt Markus überwiegend den von »Q« und Paulus vorgegebenen Bezeichnungen für Jesus als »Prophet«, »Menschensohn(( und »Sohn Gottes((, Zweitens werden diese Bezeichnungen immer in einem bestimmten Kontext Jesus zugeschrieben. Drittens werden die Bezeichnungen »Sohn Davids« und »König der Juden(( erst dann verwendet, wenn Jesus bereits in Jerusalem eingezogen ist (Mk 10-15). Was das Zweite betrifft ist es sehr auffällig, daß das »Volk«, die »Einwohner von Nazareth« oder die >>Leute«, aber auch Johannes in Jesus den Propheten sehen und ihn mit Johannes, Elia und den Propheten Israels vergleichen (Mk 1,1-8; 6,1-6.14-29; 8,27-30; 11,27-33). Die Bezeichnungen »Sohn Gottes«, »Sohn des Allerhöchsten/des Gepriesenen«, »Geliebter Sohn« und »Heiliger Gottes« werden fast ausschließlich durch Dämonen (im Rahmen Jesu Heilungen der Kranken und Besessenen) und von »einer Stimme aus dem Himmel(( ausgesprochen (Mk 1,11.23-28; 3,7-12; 5,7; 9,7; 14,61 ?; 15,38-39). Die Bezeichnung »Sohn des Menschen«, die im Markus-Evangelium überwiegt, kommt sowohl in den Auseinandersetzungen mit den Schriftgelehrten, Pharisäern und Hohenpriestern (Mk 2,1-12.23-28; 14,61) als auch in den Leidensankündigungen (Mk 8,31-9,1.9.30-32; 10,32-34.45; 14.21) vor. Die Bezeichnungen »Sohn Davids((, »König der Juden(( und »Gesalbter König Israels((, d.h. die eigentlichen jüdischen messianischen Titel, kommen ausschließlich in Jerusalem bei der Auseinandersetzung mit den römischen und jüdischen Führern vor 12 (Mk 11,1-11; 12,35-37 und Mk 15). Nur Petrus und der Jüngling am Grab nennen Jesus »Christus« (Mk 8,27-30) und »(gekreuzigter) Nazaräer« (Mk 16,6). Wir dürfen sicherlich annehmen, daß Markus die verschiedenen BeS. z.B. auch die Zitate von jes 40,3 in Mk 1,2-3 und von Ps 110,1 in Mk 12,36. Vgl. dazu Brandenburger, E., Markus 13 und die Apokalyptik, Göttingen 1984, 55-58 und S. 56: ·Diese genannten Menschensohnaussagen allein konstituieren nicht die Gesamtaussage der markinischen Vorlage. Die genannten frühjüdischen Texte haben jeweils nur wenige Berührungspunkte mit Mk 13,24-27•. Gemeint sind dabei Dan 7,13; Hen(äth) 62 und ApcEsr 13. 211 Mk 10,47-48, wo Jesus •Sohn Davids• genannt wird, bezieht sich eher auf dem Vergleich mit dem Magier Salomo. 110 111
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zeichnungen für Jesus den unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen bewußt in den Mund gelegt hat, wir werden uns aber nur die Stellen näher ansehen, wo im Vergleich mit »Q« und Paulus neue Bezeichnungen eingeführt werden, d.h. in Mk 11-15. Die Nachricht über den vom Volk und seinen Jüngern als letzten »Propheten« anerkannten, von ihm selbst als bevollmächtigten )) Sohn des Menschen« verstandenen und den später in der christlichen Gemeinde als vom Himmel inaugurierten ))Sohn Gottes« bezeichneten Jesus von Nazareth ruft, beim Erreichen der Stadt Jerusalem, nicht nur Begeisterung hervor, sondern löst auch das Erwachen messianischer Hoffnungen aus. Der Einzug in Jerusalem erfolgt auf einem Füllen (laut Mk 11, lff. die Erfüllung von Sach 9,9), die Umstehenden singen Ps 118,25.26 und sehen in Jesus den Ankündiger des davidischen Reiches. Als Jesus aber gleich anfängt, den Tempel zu reinigen (Mk 11,15ff.), gerät er in einen Konflikt mit den Hohenpriestern und Schriftgelehrten (sowie den Ältesten), die ihm nach seiner Vollmacht fragen (Mk 11,27ff.). Auch mit den Pharisäern und den Leuten des Herodes gerät er in eine Auseinandersetzung und zwar über die Frage nach dem Zahlen der Steuer (Mk 12,13ff.). Die Diskussionen mit den Sadduzäern über die Auferstehung (Mk 12,13ff.), mit einem der Schriftgelehrten über das größte Gebot (Mk 12,28ff.) und mit den Schriftgelehrten über die Frage, ob der Gesalbte Davids Sohn sei (Mk 12,35ff.), sind weniger konfliktvolL Die Offenbarung über das Ende der Zeiten und das Kommen des Menschensohnes (Mk 13 )213 sind nur den Jüngern vorbehalten. Jesus gerät also in Konflikt mit allen wichtigen Gruppierungen und den Machthabern in Jerusalem und erst in dieser Auseinandersetzung behandelt Markus die Frage nach Jesu Messianität. Es sind aber die römischen und jüdischen Führer, die in ihm jemand mit messianischen Ansprüchen sehen und deswegen versuchen, ihn zu verurteilen (Mk 14,1-2). Der Konflikt wird laut Markus von den Hohenpriestern, Schriftgelehrten und Ältesten verschärft und vor dem Hohen Rat ausgetragen (Mk 14,43-65), wo Jesus zwei Vorwürfe gemacht werden. Erstens, er hätte behauptet, den Tempel abbrechen und in drei Tagen wieder aufbauen zu wollen (Mk 14,57f.); zweitens, er hätte behauptet, Gottes Sohn zu sein (Mk 14,61f.). Die gegen ihn erhobenen Zeugnisse und die Antwort Jesu können diese Vorwürfe jedoch nicht bestätigen. Alsdann wird er dem Pilatus überantwortet (Mk 15,1ff.), von dem er schuldig gesprochen wird, wohl deswegen, weil er als »König der Juden« (Mk 15,9.12) eine Gefahr für die soziale und politische Ruhe in Jerusalem 213
Siehe unten.
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darstellte. Die Kriegsknechte behandeln ihn spöttisch als »König der Juden« (Mk 15,18.26), so auch die Hohenpriester und Schriftgelehrten (Mk 15,32). Als er nach seiner Kreuzigung stirbt, meinen einige in seinen letzten Worten gehört zu haben, Elia werde kommen (Mk 15,33-37), aber es ist ein Hauptmann, der das letzte Zeugnis über ihn ablegt: »Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen« (Mk 15,38-39). So wird die Frage nach Jesu Messianität von Markus erst dann behandelt, wenn es um die Auseinandersetzung mit den römischen und jüdischen Führern in Jerusalem geht; zugleich werden erst hier Jesus neue Titel gegeben und dürfte so die Bezeichnung, Jesus sei der »König der Juden«, im Rahmen der markinischen Theologie erst in Jerusalem - und historisch betrachtet wohl in der Auseinandersetzung der christlichen Gemeinde mit den Hohenpriestern, Schriftgelehrten, Pharisäern sowie den römischen Machthabern in Jerusalem in der Zeit bis zum Ende der Sechziger Jahre n. d. Z. - entstanden sein. So istJesus in den Augen des Herodesund Pilatus sowie der Hohenpriester, Schriftgelehrten und Pharisäer ein politisch gefährlicher MessiasPrätendent gewesen. Dennoch dürften das Volk und insbesondere seine Jünger ebenfalls in ihm mehr als den Propheten, Menschensohn und den von Gott Geheiligten und Erhöhten gesehen haben, und zwar den Menschensohn-Endzeitrichter, wie dies aus der Markus-Apokalypse Mk 13,52 7 hervorgeht:
Die Markus-Apokalypse Mk 13,5-27 )) 13,5. Jesus fing an, ihnen zu sagen: Seht zu, daß niemand euch verführe! 13,6. Es werden viele kommen unter meinem Namen und sagen: )Ich bin's<, und werden viele verführen. 13,7. Wenn ihr aber von Kriegen und Kriegsgeschrei hören werdet, dann habt keine Angst. Es muß so geschehen. Aber das Ende ist es noch nicht. 13,8. Denn es wird sich ein Volk wider das andere und ein Königreich wider das andere erheben. Und es werden überall Erdbeben geschehen, und es werden teure Zeiten kommen. Das ist der Anfang der Wehen. 13,9. Seht euch vor! Denn sie werden euch den Gerichten überantworten, und in den Synagogen werdet ihr geschlagen werden, und vor Fürsten und Könige werdet ihr geführt werden um meinetwillen, ihnen zum Zeugnis. 13,10. Denn das Evangelium muß zuvor allen Völkern verkündigt werden. 13, 11. Und wenn sie euch hinführen und überantworten werden, so sorgt nicht zuvor, was ihr reden sollt; sondern was euch zur Stunde gegeben wird, das sollt ihr reden. Denn ihr seid's nicht, die reden, sondern der heilige Geist. 13,12. Und es wird ein Bruder den anderen dem Tode überantworten, und der Vater den Sohn, und die Kinder werden sich wider die Eltern empören und ihnen zum Tode helfen. 13,13. Und ihr werdet von jedermann gehaßt
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sein um meines Namens willen. Wer aber bis zum Ende ausharrt, der wird selig. 13,14. Wenn ihr aber den Greuel der Verwüstung (vgl. Dan 11,31; 12,11) stehen seht, wo er nicht sein soll - wer es liest, der merke auf! -, alsdann, wer in Judäa ist, der fliehe ins Gebirge. 13,15. Wer auf dem Dache ist, der steige nicht hernieder und gehe nicht hinein, um etwas aus seinem Hause zu holen. 13,16. Und wer auf dem Felde ist, der wende sich nicht um, um seinen Mantel zu holen.
13,17. Weh aber den Schwangeren und Säugenden zu jener Zeit! 13,18. Und bittet, daß es nicht im Winter geschehe. 13,19. Denn in diesen Tagen wird solche Trübsal sein, wie es bisher- vom Anfang der Schöpfung, die Gott geschaffen hat - nie gewesen ist, und auch nicht wieder sein wird. 13,20. Und wenn der Herr diese Tage nicht verkürzt hätte, dann würde kein Mensch gerettet werden; aber um der Auserwählten willen, die er auserwählt hat, hat er diese Tage verkürzt. 13,21. Und wenn dann jemand zu euch sagt: Siehe hier ist der Gesalbte, da ist er!, so glaubt es nicht. 13,22. Denn manche Pseudogesalbten und Pseudopropheten werden sich erheben und Zeichen und Wunder tun, so daß sie auch die Auserwählten - wenn es möglich wäre - verführen würden. 13,23. Ihr aber, seht euch vor! Ich habe es alles zuvor gesagt. 13,24. Aber in jenen Tagen, nach dieser Trübsal, werden Sonne und Mond ihren Schein verlieren (Jes 13,10), 13,25. und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen (Jes 34,4). 13,26. Und dann werden sie den Sohn des Menschen kommen sehen in den Wolken mit großer Krah und He"lichkeit (Dan 7,13). 13,27. Und dann wird er seine Engel senden und er wird seine Auserwählten von den vier Winden sammeln, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels« 214 • Hartman, der eine traditionsgeschichtliche Untersuchung von Markus 13 und anderen jüdischen Apokalypsen bietet, beschreibt die Entwicklung des hier zugrundeliegenden »eschatologischen Diskurses« der Markus-Apokalypse folgendermaßen: Der »nucleus<< Mk 13,5b-8; 12-16; 19-22 und 2427 ist als Midrasch auf Daniel zu betrachten, wobei ••Üne pole of the apocalyptic and eschatological field consists of the activity of •Antichrist<, viz. the >I am<, the abomination of desolation and the false prophets giving signs and wonders« und: » The other pole (... ) consists of a description of the Parousia of the Son of Man, in order to gather the faithful into the eternal kingdom« 215 • 214 Übersetzung und Hervorhebung vom Autor. Vgl. auch ApcBar 7,1-8,5; 21,8; 48,34-37; ApcEsr 10,21-24; Hen(äth) 62,13-14; 80,2; Sib 111, 63ff. u.a.; s. dazu Berger; Colpe, Texte I, 74ff. m Vgl. Hartman, Prophecy, 145ff. und 235ff. Zitate von S. 235-236. Dazu sollen auch Hartmans einleitende Worte gelesen werden: "To be quit honest, I must first of all emphasize that what is presented here is only an attempt at such a reconstruction•.
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Zu dem »nucleus« wurden Aussagen Jesu sowie Verfolgungs-Logia (Mk 13,9 und 11), welche auf die Erfahrungen der frühen Kirche hinweisen könnten, hinzugefügt2 16 • Danach wurde die Parusie mit einer Reflexion über den Fall von Jerusalem (Mk 13,1-4 und 28-32) verbunden 217 • Mk 13,10 würde dann des weiteren die Missionstätigkeit der frühen Kirche reflektieren 218 • Ist in der» Vorlage« von Mk 13 einerseits auf den Einfluß der jüdischen Apokalyptik hinzuweisen219 , so ist andererseits auch der Unterschied zu ihr zu betonen, vor allem in der Hervorhebung der Theophanie des Menschensohnes Jesu 220 • Daß wir es mit einem Prozeß innerhalb des neutestamentlichen Kanons zu tun haben, in dem Messias-Vorstellungen mit Jesus verbunden werden, zeigt uns auch die Entwicklung der Bezeichnung »Sohn Davids« für Jesus. Wo in »Q« Jesus hauptsächlich der Prophet und Menschensohn ist (und der Begriff »Sohn Davids« fehlt), und wo Paulus von ihm als dem Christus, dem mit seinem Tod und seiner Auferstehung für uns Geheiligten, spricht, sind in den synoptischen Evangelien einige Begriffe, unter denen der Begriff »Sohn Davids«, hinzugekommen221 • Bei Markus (Mk 12,35-37a) ist die Davidssohnperikope in Streitgespräche eingebettet: »Sie dient so zur streitbaren Ablehnung der feindlichen Schrihgelehrten zugesprochenen These, man könne den Christus sachgemäß als Davidssohn verstehen« 222 • Ein möglicher Einfluß der historischen Ereignisse auf die traditionsgeschichtliche Entwicklung der Apokalypse wäre jedoch erst dann zu bestimmen, wenn wir mehr über den Ursprung und die Entwicklung des Begriffes »Menschensohn« wüßten. In Mk 13, wie auch in »Q«, wird ja ein ••Menschensohn« statt eines priesterlichen oder königlichen Endzeitbefreiers erwartet, der in dieser Form und in dieser Periode noch nicht vorkam. S. dafür Hartman, Prophecy, 236-238. Hartman, Prophecy, 239-241. S. weiter Gaston, L., No Stone on Another. Studies in the Significance of the Fall of Jerusalem in the Synoptic Gospels, Leiden 1970. 211 Hartman, Prophecy, 241 f. 219 So Hartman, Prophecy, 145ff.; vgl. auch Brandenburge~; Markus, 65f. 220 Brandenburge~; Markus, 69 sagt zusätzlich: •Außerdem ist zu bedenken, daß zumindest das von Markus aufgenommene Traditionsmaterial ein starkes Interesse hat, gegenüber Messiaserwartungen jüdischer Provenienz auf starke Distanz zu gehen (Vv.5b-6.21-23)•; s. weiterS. 70-72. 221 Vgl. Karre~; Gesalbte, 275, 279, 283-287, usw. 222 So Karre~; Gesalbte, 284. Insgesamt gilt für das Neue Testament, daß die Davidsohnfrage nicht für jesu Messianität, sondern für seine Herkunft aus dem Hause Davids in Anspruch genommen wird; ibid, 286-7, 293 f., 313 und 335. 216
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Ist dann die Erwartung der Parusie jesu als Menschensohn als eine ,,messianische Erwartung«, vergleichbar mit den anderen messianischen Erwartungen, zu bezeichnen, oder ist hier von einer »Wiederkunft« einer irdischen Person die Rede, die auf ein ganz anderes theologisches Anliegen als das einer messianischen Erwartung hinweist? Wenn wir in Erinnerung rufen, daß die messianischen Epitheta jesus erst während seines Auftretens in jerusalem beigelegt werden (vor allem Mk 11 und 15) und von Markus im Kontext einer Auseinandersetzung mit den römischen und jüdischen Führern konzipiert werden, ist vielleicht etwas näheres über den Sitz im Leben dieser Bezeichnungen zu erfahren223 • In der von L. Schottroff vorgenommenen Interpretation von Markus 13 224 wird die »Gegenwart« des Markus-Evangeliums als eine Zeit des Leidens und der Verfolgungen der christlichen Gemeinde gedeutet: »Die Weissagungen haben die Absicht, die Menschen in einer Leidenssituation zu stärken. Die Leiden der Gegenwart sind die Bedrückungen und Gefährdungen einer Verfolgung der Gemeinde [... ]. Die Religionspolitik und Machtdurchsetzung der Kaiser ist ihr Hintergrund. Aus der römischen Optik werden Unruhestifter verfolgt, aus der christlichen Optik handelt es sich um »Christenverfolgung« [... ] Der christliche Messianismus verstand sich selbst nicht als politische Bewegung, wurde aber vom Staat- zu Recht - als politische Gefahr eingeschätzt. Apokalyptische Weissagungen sind hier eine theologische Auseinandersetzung mit einer als drückend empfundenen Gegenwart.« 225 Wenn nun in einer von Verfolgungen geprägten »Gegenwart« der Ursprung einiger der wichtigsten messianischen Epitheta liegt, ist genau diese Auseinandersetzung der christlichen Gemeinde mit den römischen und jüdischen Behörden ebenfalls in den Evangelien des Matthäus und des Lukas eine genauere Untersuchung wert.
Die matthäisehe Redaktion der Apokalypse Das Matthäus-Evangelium 226 ist das ausführlichste der drei synoptischen Evangelien. Es wurde sehr wahrscheinlich in Antiochien nach dem Jahre 70 n. d. Z. geschrieben. Es orientiert sich sehr stark an dem Leben der
llJ
S. auch Mack, Myth, 124ff. und 325ff.
m Schottroff, L., ·Die Gegenwart in der Apokalyptik der synoptischen Evangeli-
en«, in: Hellholm, Apocalypticism, 707-728, vor allem 713ff. 2l5 Schottroff, •Gegenwart•, 720-721. 226 Zum Titel s. Hengel, M., Die Evangelienüberschriften, Heidelberg 1984.
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christlichen Gemeinde und enthält längere Abschnitte über den ethischen Unterricht jesu (Mt 5-7 u.a.). Auch außerhalb der Matthäus-Apokalypse erkennen wir die Hand der »matthäischen Schule«. 227 jesus wird als »Gesalbter« (Mt 1,1; 23,10 und 27,17), als »Sohn Davids« (Mt 1,1), als »Sohn Abrahams« (Mt 1,1), als »König der Juden« und als »Fürst« und »Hirt« (Mt 2,5-6), als »Kommender« (Mt 11,3), als »Christus« (Mt 16,16 und 26,63), als »Sohn Gottes« (Mt 16,16 und 26,63) und als »Menschensohn« (Mt 24,27.30.37.39 und 26,64) bezeichnet. Auch werden biblische »messianische« Stellen referiert, z.B. Mi 5,1.3; 2 Sam 5,2 und 1 Chr 11,2 in Mt 2,6; jes 29,18 und 35,5 in Mt 11,5228 • Jesus wird so im katechetischen Rahmen des MatthäusEvangeliums als davidischer und königlicher Messias dargestelltlli. Jedoch spielt im gesamten Matthäus-Evangelium die Verwerfung jesu durch Israel eine bestimmende Rolle 230, und der Zweck der Darstellung Jesu als Messias besteht in einer anti-pharisäischen Apologetik231 • Im Vergleich mit Markus und Lukas sind die Beschreibungen der Auseinandersetzungen mit den Pharisäern und Schriftgelehrten erheblich erweitert worden (Mt 12,1-50; 15,1-9; 23,1-39). Und es ist auch hier so, vor allem in Mt 12, daß neue messianische Bezeichnungen verwendet werden. In Mt 14,33; 16,13-20; 17,5 (»Sohn Gottes<<); 12,40 (~~Sohn des Menschen«); 17,12-13 (Johannes=Elia) und 21,11 (»Prophet«) werden die uns von Markus und Lukas bekannten Bezeichnungen für Jesus wiederholt und akzentuiert, aber in Mt 12 werden neue Epitheta benutzt: »Jesus ist größer als der Tempel«, er ist »der geistbegabte Knecht Gottes« und er ist - in den Augen der Pharisäer - ein »Diener Beelzebubs«. Zwar ist der Grundstoff von Mt 12 in Mk 2,23-3,1-12.22-30 und Lk 6,1-11.1719.43-35 und Lk 11,14-32 zu finden, aber dies gilt nicht für die hier verwendeten Bezeichnungen für jesus. Mt 12,1-21 behandelt die Frage, ob es erlaubt sei, am Sabbat Ähren auszuraufen und Kranke zu heilen. Die Frage ist in ein Streitgespräch mit Stendhal, School, 30ff.; vgl. Hartmann, Prophecy, 242, Anm. 29. Vgl. Mt 1,23 Ues 7,14); 2,6-7 (Mi 5,1).15 (Hos 11,1).17-18 Uer 31,15); 4,1416 Ues 8,23; 9,1); 8,17 Ues 53,4); 12,17-21 Ues 42,1-4); 13,35 (Ps 78,2); 21,4-5 (Sach 9,9) und 27,9-10 (Sach 11,12-13). S. dazu auch Gundry, R.H., The use of the Old Testament in St. Matthew's Gospel. With Special Reference to the Messianic Hope, Leiden 196 7 . 229 S. dazu Verseput, D., The Rejection of the Humble Messianic King. A Study of the Composition of Matthew 11-12, Frankfurt/M 1986. 210 Verseput, Rejection, 295-305. 2ll S. z.B. Mt 16,1-20 und 23,1-12. S. dazu Becker, H.-J., Auf der Kathedra des Mose. Rabbinisch-theologisches Denken und antirabbinische Polemik in Matthäus 23,1-12, Berlin 1990. 227
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den Pharisäern eingebettet. Jesus antwortet ihnen mit der Geschichte Davids, der die Schaubrote im Tempel aß, fügt aber in 12,6 im Vergleich mit Mk 2,23-28 und Lk 6,1-5 hinzu, daß er »etwas Größeres als der Tempel« ist (Toß lEpoß J..1Ei~6v t<mv), und zitiert danach Hos 6,6 (»Barmherzigkeit will ich und keine Opfer«; wohl gegen die Pharisäer gerichtet). Nach Jesu Heilung eines Kranken folgt das längere Zitat Jes 42,1-4 in 12, 15ff., »auf daß erfüllt würde« und wir dürfen annehmen, daß Matthäus im »erwählten und geliebten, geistbegabten und gerechten Knecht Gottes« Jesus erkannt hat. Es ist der Geist Gottes (Mt 12,28), der Jesus die Kraft gibt, Kranke zu heilen und so fragt sich das Volk: »Ist dieser nicht Davids Sohn« (Mt 12,22ff.). Aber die Pharisäer meinen in ihm einen Diener Beelzebubs, des Obersten der bösen Geister zu sehen. Auch hier antwortet Jesus mit der Autorität eines von Gott Bevollmächtigen. Die Geistbegabung, von der Jesaja spricht, ist dafür der Beweis (Mt 12,28), denn der Schriftvers Jes 42,1-4 ist in Erfüllung gegangen. In der Matthäus-Apokalypse Mt 24,5-41 spielt, wie in Mk 13, die Parusie des Menschensohnes die Hauptrolle232 • Die Apokalypse, die nach 70 n. d. Z. redigiert worden isr233 , zeigt durch die Bearbeitung des markinischen Materials ihren Sitz im Leben. Die Verse mit Warnungen vor Verfolgungen sowie vor Verführungen durch Pseudomessiasse werden erheblich erweitert (Mt 24,9b-14.24-28) 234 ; dasselbe gilt für die Verse über das Kommen des Menschensohnes (Mt 24,30-31). Auch in den Erweiterungen steht der Gemeinde-Unterricht im Vordergrund. Hartman stellt fest: »Also the Matthaean form of the eschatological discourse is obviously, so to speak, addressed to the Church. It came into existence in connection with the needs of Church teaching and so came to be a comprehensive teaching tract on the end and on the demands which the prospect of the end made on Christians. lt is >a pure Parousia discourse< «235 • In diesem Zusammenhang sind die messianischen Aussagen über Jesus, in denen nicht nur sein Königsein, sondern auch seine Demut (Mt 11 und 12) betont werden, apologetisch zu verstehen: »The expected messianic King, the very rumor of whom stirred rulers, was intended by God from of old to be a lowly messenger of salvation, preaching to the poor and delivering the afflicted. Thus, although the kingship of Jesus was an
Hartman, Prophecy, 242-244. Klijn, Wordingsgeschiedenis, 48; vgl. auch Mt 22,7. n 4 Vgl. Aland, Synopsis, 398ff. m Hartman, Prophecy, 244; vgl. auch Prophecy, 219, Anm. 55. 232 233
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undeniable right, in the purpose of God it was not yet a reality. His enthronement must await his return« 236 • Abschließend läßt sich feststellen, daß Matthäus einige der damals gängigen messianischen Erwartungen (vgl. auch Josephus' Berichte) innerhalb seines katechetischen Rahmens und unter Verwendung biblischen Materials auf Jesus, den kommenden Menschensohn, bezogen, auf eine Zeit der Verfolgungen aktualisiert und theologisch umgedeutet hat. Ganz neu im Vergleich mit Markus und Lukas ist allerdings die Erwartung des endzeitliehen Gerichtes in Mt 25,31-46: »25,31. Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit, 32. und werden vor ihm alle Völker versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, gleichwie ein Hirt (1TOlJ.I~V) die Schafe von den Böcken scheidet, 33. und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken. 34. Da wird dann der König (f}am>-Euc;) sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vater, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt! [... ] 41. Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel (l>taf}6>.~) und seinen Engeln. [... ] 46. Und sie werden in die ewige Pein gehen, aber die Gerechten in das ewige Leben.«
Abgesehen von den Bezeichnungen für Jesus als »Hirt« und »König« und für seinen eschatologischen Widersacher als >>Teufel«, haben wir es hier mit einer Darstellung der Endzeit zu tun, die erst in den späteren christlichen Schriften geläufiger wird. Entscheidend ist hier nicht die Beschreibung der Freuden im Paradies und der Qualen in der Hölle, sondern wie man sich in der Gegenwart verhält. Sowohl in Mt 25,35-39 als auch in 4244 basiert die Entscheidung im Endzeitgericht auf der Frage, ob man die Hungrigen gespeist, die Durstigen getränkt, die Fremdlinge beherbergt, die Nackten bekleidet und die Kranken und die Gefangenen besucht hat. Die Gerechten werden belohnt, weil sie dies den »geringsten Brüdern« und damit dem Herrn getan haben; die Ungerechten werden bestraft, weil sie dies nicht getan haben. Entscheidend für Leben oder Tod in der Zukunft ist also das ethische Verhalten in der Gegenwart (vgl. auch Mt 5-7 und 25,130).
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Verseput, Rejection, 305.
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Die lukanische Redaktion der Apokalypse
Das Lukas-Evangelium wurde (um 80 n. d. Z.?) laut Eusebius in Cäsarea oder Antiochien (vgl. H.E. III, 46) von einem »Lukas« geschrieben. Der Autor war laut Kol4, 14 und Philern 24 öfters mit Paulus zusammen und ist daher auch wohl von ihm beeinflußt worden. Zusammen mit der ebenfalls von ihm geschriebenen Apostelgeschichte und sieben Briefen des Paulus bildet es das Kernstück des Neuen Testaments, das in der Mitte des 2. jh.n. d. Z. der neutestamentliche Kanon des Markion war. Wie der Autor selbst im Prolog Lk 1,1-4 schreibt, hat er mehrere Quellen benutzt. Neben dem uns bekannten ~~Q« und Markus besteht es jedoch zu einem Drittel aus Material, das uns nicht aus anderen Evangelien bekannt ist. Das Lukas-Evangelium, das von einer bestimmten Historisierung und De-Eschatologisierung gekennzeichnet ist237, verwendet die Begriffe »Sohn Gottes« (Lk 1,32 und 22,70), »Auserwählter« (Lk 23,35), »Erlöser« (Lk 2,11 ), »Gesalbter (Gottes)« (Lk 2,11; 9,21; 23,35 und 24,26), ~~Sohn Davids« (Lk 1,32 und 20,41-44), »gesalbter König« (Lk 23,2), ~~Christus« (Lk 20,41) und »Menschensohn« (Lk 21,27.36). In einem Vergleich mit dem mit Markus vergleichbaren oder identischen Material (Mk 1,21-3,6/Lk 4,31-6,11; Mk 4,1-9,40/Lk 8,4-9,50; Mk 10,13-52/Lk 18,15-43 und Mk 11,1-14,16/Lk 19,28-22,13) übernimmt der Autor die ihm vorgegebenen Bezeichnungen für jesus, nimmt in einigen Stellen jedoch leichte Akzentuierungen vor. jesus ist der »Sohn Gottes« (Lk 4,3.9.41; vgl. Mk 1,12-13.32-34), auf dem der Geist des Herrn ruht (Lk 4,1.14.18-19 aufgrundvon jes 61,1-2, u.a.). Die Rolle des johannes wird ausführlich erläutert (Lk 7,18-35): johannes ist der Bote, von dem Mal3,1 gesprochen hat;jesus ist der Menschensohn. In Lk 9,1822 sagt Petrus, jesus sei der »Christus Gottes« (Mk 8,29 spricht nur von ~~Christus«). In Lk 9,23-27 (vgl. Mk 8,34-9,1) kommt jesus nicht nur in der Herrlichkeit seines Vaters und der Engel, sondern auch »in seiner [eigenen} Herrlichkeit«. In Lk 9,28-36 sagt eine Stimme aus der Wolke: ~~Dieser ist mein auserwählter Sohncc, wo Mk 9,7 von »meinem lieben Sohncc spricht. Zusammenfassend können wir, was diese Stellen anbelangt, sagen, daß Lukas die Gottessohnschaft jesu betont. Dazu kommt, daß in Lk 19,38, wo jesus in jerusalem einzieht, von ihm gesagt wird, er sei »der Königcc; dies fehlt in Mk 11,9. In der Lukas-Apokalypse Lk 21,5-36 wird, im Gegensatz zu der Markus-Apokalypse, betont, daß erfüllt werden wird, was vorhergesagt m S. dafür Kaestli, j.-0., L'eschatologie dans l'oeuvre de Luc. Ses caracteristiques et sa place dans le developpement du Christianisme primitif, Geneve 1969, 55-56 und 91-92.
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wurde. Lukas fügt dabei die Verse 21-22 hinzu (entfliehe der Stadt und judäa, denn so ist die Vergeltung, damit erfüllt wird, was geschrieben ist) 238 , Vers 24 Uerusalem und seine Bewohner werden fallen, bis daß die Zeit der Völker erfüllt ist), die Verse 25-26 (Zeichen werden geschehen, Menschen werden sich fürchten vor dem, was kommen wird), Vers 28 (wenn dies anfängt, naht sich die Erlösung), sowie die Verse 34-36 (seid wach und entflieht, was vor des Menschen Sohn geschehen soll). Diese Verse sind in der Hauptsache mit der Zerstörung jerusalems zu verbinden; sie sind m.E. ein Beispiel einer ex-eventu-Prophezeiung239 • Die Lukas zugrundeliegende Hermeneutik ist mit den Begriffen »Verheißung und Erfüllung« zu umschreiben, und sei es auch die Erfüllung des Negativen240 • Die Zeit der Redaktion dieser Apokalypse liegt wohl kurz vor oder nach dem Fall Jerusalems241 , so daß die Belagerung und Zerstörung der Stadt von Lukas als Erfüllung dessen, was geschrieben steht, verstanden sein könnte; damit zu verbinden wäre eine (daher?) auf eine längere Zeit eingestellte Erwartung der Parusie 242 • Schottroff, die sich ebenfalls bei der Lukas-Apokalypse die Frage gestellt hat, welche »Gegenwart« der Autor vor Augen gehabt haben könnte, betont die zwei folgenden Aspekte, aus denen hervorgeht, daß für Lukas die triumphale Geschichte der Kirche unter den Völkern sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft unumkehrbar ist: »Die Gegenwart ist auch für Lukas die Zeit der Verkündigung des Evangeliums von Christus vor den Heiden (21,24). jetzt sind die »Zeiten der Heiden«, in denen die Völker Israel niedertreten und in denen das Heil angeboten wird. Sie werden zu Ende gehen mit dem Gericht über Juden und Heiden, die nicht umgekehrt sind[ ... ]. Die Verfolgung der Gemeinde (v. 12-19) beschreibt Lukas so, daß eindeutig die Geschicke des Stephanus und Paulus, wie er sie in der Act beschreibt, in den Blick geraten. Juden Dabei ist es nicht ganz klar, worauf Lukas hinweist: auf jer 21,7, Ez 32,9, Sach 12,3 oder Dan 12, 7? 239 Dabei soll zusätzlich darauf hingewiesen werden, was Lukas im Vergleich mit Mk 13 nicht nennt bzw. wegläßt, und zwar: Mk 13,11-12.15-16.19.22.24.27.32, die alle zum Teil Aussagen über Verfolgungen und Pseudopropheten darstellen; vgl. z.B. Mk 13,32 (von diesem Tag weiß keiner, nur der Vater im Himmel) mit Lk 21,55f. S. dazu Aland, Synopsis, 402ff. 240 S. Kaestli, L:eschatologie, 55-56. Ausführlich in Nebe, G., Prophetische Züge im Bilde ]esu bei Lukas, Stuttgan 1989. 241 Hanman, Prophecy, 247. 242 Vgl. dazu auch Kaestli, L'eschatologie, 55-56. Auch in der von Lukas geschriebenen Apostelgeschichte spielt dieses Schema von ,. Verheißung und Erfüllung• eine große Rolle, vor allem in einer Christologie, die besagt, daß jesus der Gekreuzigte und Auferweckte sei (Apg 2,17-36; 3,18-26; 4,11; 17,21-31 und 26,23). 231
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liefern die Christen an die Behörden aus (v. 12). Die Auseinandersetzung mit den (jüdischen) Widersachern, die der Botschaft widersprechen (v. 14f.), nimmt eine zentrale Rolle in dem Verfolgungsgeschehen ein« 243 • Fragen wir abschließend, wie die messianischen Erwartungen sich erst in »Q« und dann später in den synoptischen Apokalypsen im Verhältnis zu ihrem historischen Kontext entwickelt haben, dann fällt zweierlei auf, wobei in beiden Fällen ein deutlich apologetisches Interesse zu beobachten ist: Erstens wird jesus auf verschiedene Weise antithetisch zu den Verfolgungen, Pseudogesalbten und Pseudopropheten, als verheißener »Gesalbter«, »Sohn des Menschen« usw. dargestellt244 • Die bestimmende historische Lage ist die politische Verwirrung in Palästina in der Zeit vor und nach dem ersten jüdischen Krieg. Offenbar unter Einfluß des apolegetischen Interesses, so scheint mir, haben »Q« und die Synoptiker- wie auch josephus dies tat -, die überlieferten messianischen Erwartungen ihrer jüdischen Brüder kritisiert. Dabei ist dann eine religiöse Bedeutung an die Stelle einer politischen Deutung getreten. Diese (kritisierte) politische Bedeutung hatte ja vor allem bei den von Josephus erwähnten »MessiasPrätendenten<< und bei den Aufständischen während des ersten jüdischen Krieges gegen Rom ihren beredtesten Ausdruck gefunden. Zweitens ist in ihrer Überlieferung von einer inner-christlichen Entwicklung die Rede, wobei in der Spannung zwischen der Verarbeitung jüdisch-apokalyptischen Materials einerseits und wachsenden hellenistischen Gedankenguts andererseits- wie dies in den Begriffen »Sohn Gottes<< und vielleicht auch »Sohn des Menschen<< konzeptualisiert wurde-, die Parusie jesu als Menschensohn immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dabei wird eine Verzögerung der erwarteten Parusie mit eingearbeitet, die als hermeneutische Konsequenz bedingt, daß die frühchristliche Gemeinde sich angeblich historisch und ethisch mit einer Verzögerung hat abfinden müssen. Inwiefern diese christliche »Geduld« historisch weiter deutbar ist, möchte ich dabei offen lassen 245 •
Schonroff, »Gegenwart .. , 724 und 725. Für eine Untersuchung über die Weise, worauf »messianisch ausgelegt« wurde, s. Juel, Exegesis, 77ff., 89ff., 119ff. und 135ff. 245 Eine soziologische Untersuchung über diese Geduld könnte Näheres bringen. S. weiter Köster, Einführung, 582ff. und 677ff. 241 244
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Zusammenfassung und These Fanden wir in den Briefen von Paulus nur wenige messianische Erwartungen, so zeigten die Logienquelle >>Q« und die synoptischen Apokalypsen ein anderes Ergebnis. In »Q« finden wir die unmittelbare Erwartung des Kommens Jesu als »Sohn des Menschen«. Dieses Messias-Konzept unterscheidet sich von den anderen bisher gefundenen Vorstellungen der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts n. d. Z., die gerade das Königliche und Militärische des Endzeitbefreiers hervorheben oder ablehnen. Das Konzept eines »Sohnes des Menschen« in »Q« scheint nicht direkt in einer Auseinandersetzung mit anderen Messias-Konzeptionen entstanden zu sein. Der »Bevollmächtige« Gottes - wenn wir Jesus bei seiner Wiederkunft als »Sohn des Menschen« so auffassen würden- wird in »Q« nicht als König oder Priester, wie in den Jahrzehnten davor üblich, dargestellt. In den etwas späteren synoptischen Apokalypsen hat sich die Lage geändert. Matthäus stellt Jesus als davidischen König-Messias dar, während Markus noch von einem Menschensohn ausgeht. Lukas betont die biblische Herkunft des Messias gerade durch sein Schema von Verheißung und Erfüllung. Bei allen drei Evangelien finden wir viele biblische Begriffe, die Jesu Wirken und seine erwartete Wiederkunft beschreiben. Von allen drei Verfassern wird Jesus antithetisch zu Verfolgungen, Pseudogesalbten und Pseudopropheten dargestellt, und es scheint im Konzeptualisierungsprozeß eine Auseinandersetzung mit jüdisch-apokalyptischem Material stattgefunden zu haben. Bei den Synoptici ist m.E. noch mehr als in »Q« die sozial-religiöse Lage der Jünger Jesu bestimmend für den Konzeptualisierungsprozeß einer Endzeitgestalt; die politischen Machtverhältnisse scheinen dabei zurückzutreten, weil es sich angeblich um »innerjüdische« Auseinandersetzungen gehandelt habe. Aus der Entwicklung der Messias-Vorstellungen und deren Verbindung mit der Person Jesu im neutestamentlichen Kanon ergibt sich nicht die Frage, ob eine jüdisch-messianische Erwartung »hellenisiert<< worden sei 246, son-
246 Karrer, Gesalbte, 408 dazu: ·Die jüdisch-eschatologischen Gesalbtenhoffnungen nimmt man christlich nur begrenzt auf. Keine Brücke beläßt das Neue Testament von Jesus, der in Konflikt zum Hohenpriestertum trat, zur Erwartung eines gesalbten Hohenpriesters nach der Ordnung Levis und Aarons. In der Vorstellung vom Gesalbten als eschatologischem Gotteskünder überbietet Jesus nach den urchristlichen Schriften jeden Propheten alter, neuer und erhoffter Zeit. Die Hoffnung auf einen eschatologischen Laienführer - Gesalbten Israels im Sinne Qumrans - ignoriert das Urchristentum•.
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dern ob nicht eher von Paulus und von »Q« sowie im Rahmen der hellenistisch-jüdischen Gemeinden der Begriff »Christus« als Name oder Titel eines von Gott »Geheiligten« mit der Person Jesu - hermeneutisch gesehen insbesondere nach seinem Tod und seiner Auferstehung- verbunden, wonach er in den synoptischen Apokalypsen - hier in einer Auseinandersetzung mit den damaligen jüdisch-messianischen Erwartungen und im Spannungsfeld der politischen Umstände- mit zusätzlichen messianischen Epitheta bekleidet worden sei. Denn wir müssen feststellen, daß Paulus fast ausschließlich von »Christus« spricht, »Q« von den »Propheten« und dem »Sohn des Menschen« und erst die Evangelien die Begriffskombinationen erheblich erweitern, zum Beispiel mit den Begriffen »Sohn Davids« und »Sohn Gones«, und zwar mit dem Schwerpunkt in der Erwartung der Parusia Jesu als des bevollmächtigten Endzei trichter-Menschensohns. Das Konzept des Richter-Menschensohnes wird erst in der synoptischen Apokalypse eine Ausdehnung im politischen Kontext des römischen Reiches finden. Pointiert ausgedrückt: der irdische Prophet Jesus, der Verkündiger des kommenden Reiches Gones, wurde von Paulus als der von Gott bestimmte Erlöser für die Völker dargestellt, wurde vorübergehend auch als Messias Israels designiert, bekam jedoch im letzten Drittel des 1. Jh.n. d. Z. mehr und mehr die Rolle eines universellen Endzeitherrschers und Richters, und zwar in der wachsenden Auseinandersetzung mit der Politik des Imperium Romanum. Was uns daher nun weiter beschäftigen wird, ist die Frage nach dem genauen Vorgang des »Messias-Werdens« Jesu in den Jahren vor, während und nach dem Ersten Jüdischen Krieg und dessen Sitz im Leben. Da der Begriff »Christus« nicht unbedingt (oder gar nicht) als messianischer Titel zu bezeichnen ist, sind wir angewiesen auf eine Untersuchung der literarischen Ausdrucksformen der in einer historischen Entwicklung mit Jesus von Nazareth verbundenen Messias-Titel. Aufgrund der Redaktion der synoptischen Evangelien liegt die Vermutung nahe (und wird im folgenden untersucht), daß die Frage nach Jesu Messianität, insofern es sich dabei um biblische und damalige jüdisch-messianische Epitheta handelt und nicht um die paulinisch geprägte Erlöser-Christologie, zwischen 60 und 80 n. d. Z. in der judenchristliehen Gemeinde Jerusalems, mehr noch in den judenund heidenchristliehen Gemeinden Galiläas und Syriens akut wurde. Da aber die Frage nach Jesu Messianität in den literarischen Rahmen der Evangelien erst bei seinem Einzug in Jerusalem »behandelt« wird, sind eben diese Passagen einer näheren Untersuchung zu unterziehen. Dabei geht es zuerst um Markus 11-16, vor allem 11 und 14-15. Die Schlußkapitel des markinischen »Leben Jesu« spielen sich ab in Jerusalem
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Die messianischen Erwanungen von Pompeius bis Titus
und dem Tempel (sowie auf dem Ölberg und in einigen Dörfern in der Umgebung). Sie behandeln die Konfrontation zwischen Jesus, seinen Jüngern und dem Volk auf der einen Seite und den Hohenpriestern, Schriftgelehrten und Ältesten (den im Hohen Rat oder Sanhedrin vertretenen Führern Israels), den Pharisäern, Sadduzäern und den Leuten des Herodes, sowie weiter dem Judas, dem Hohen Rat und seinen Dienern, Pilatus und seinen Knechten und einem Hauptmann auf der anderen Seite. Es ist die Konfrontation zwischen einem charismatischen Wanderlehrer und Propheten aus Galiläa mit seinem wachsenden Gefolge auf seinem Weg nach Jerusalem, denn dort muß der •• Menschensohn<< leiden, und den Machthabern dieser Stadt überantwortet werden. Diese Konfrontation ist zugleich der Zusammenstoß zweier Vorstellungswelten, wie sie anschaulich in den zur Sprache gebrachten Messias-Konzeptionen zum Ausdruck gebracht werden. In Mk 11-16 handelt es sich bei Jesus, den Jüngern und dem Volk um die folgenden Vorstellungen: der »Herr«, ••der da kommt im Namen des Herrn«, der »Rabbi«, der »Ankündiger des davidischen Reiches« (und als Name: Jesus von Nazareth). In der nach-österlichen Gemeinde kommen hinzu: der »Gekreuzigte« und der ••Auferstandene«. Die von den Römern, vom Hohen Rat und anderen verwendeten Begriffe sind das unbestimmte »ihn«, der »Christus, Sohn Gottes«, der ••König der Juden« und der ••Christus, König in Israel«. Nur dort, wo die vor- und nach-österliche Gemeinde und die jüdischen und römischen Führern sich begegnen, werden die Konzeptionen •• Prophet mit himmlischer Vollmacht« (Mk 11,27-33), ••Sohn Davids« (Mk 12,35-37) und der von Jesus selbst bevorzugten »Menschensohn« (Mk 14,53-65) 247 verwendet; in den anderen Fällen handelt es sich um Begriffe, die nur in einer der beiden Gruppen zur Sprache gebracht werden. Hinter den Begriffen verbergen sich eigenständige Vorstellungswelten, ja ganze religiös-politische Programme. Das von Jesus angekündigte Reich Gottes, dessen letzter Prophet er ist, von dem seine Lehre handelt und wofür er bereit ist zu leiden und zu sterben, wird von den jüdischen und römischen Führern aufgefaßt als das messianische Reich, das das römische Reich niederwerfen wird und auf theokratische Weise das davidische Reich wiederherstellen wird. Für sie ist Jesus jedoch einer der falschen Messiasse oder Königs-Prätendenten, der nicht nur eine Gefahr für die politische Stabilität darstellt, sondern der auch die jüdische Religion beleidigt, denn von ihm wird behauptet, er sei »Sohn Gottes<<. Die religiösen und politischen Vorwürfe fließen zusammen, wenn es darum geht, eine potentielle Gefahr zu beseitigen. Dabei geht es nicht um die Frage, ob dieser Mensch
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Zu Mk 13 s.o.
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die Rückkehr zu den ursprünglichen ethischen Prinzipien und einen von Gott gewollten Ordnung predigt, sondern darum, daß seine Jünger, wie jede Protestbewegung, eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Die vom Hohen Rat und Pilatus verwendeten Messias-Vorstellungen sind in diesem Zusammenhang als Feindbilder zu bewerten, Beschreibungen von Pseudo-Messiassen, zu denen Jesus gerechnet wird. Bei genauer Betrachtung müssen wir nämlich feststellen, daß diese Messias-Konzeptionen nicht von den Jüngern Jesu benutzt werden. Nirgendwo bei Markus behaupten die Jünger, Jesus sei der Messias, der politische Befreier Israels. Statt dessen werden die Begriffe »König der Juden<< und »Gesalbter, König in Israel<< auf ironische Weise verwendet und kritisiert. Darin zeichnet sich das alternative >>politische« Programm der ersten Christen ab: es ist ein sozial-ethisches Programm ohne weltpolitische Ansprüche. Ihre Kritik, die wir noch genauer analysieren werden, hat ihren Sitz im Leben in den christlichen Gemeinden Jerusalems vor dem Krieg und Galiläas und Syriens während und nach der militärischen Konfrontation zwischen Israel und Rom. Sie stellen, nach dem gescheiterten Aufstand und auch wohl in den Flüchtlingszentren der Küstenregion, eine Gruppe dar, die wie andere Gruppen einen alternativen Weg zwischen Israel und Rom zu finden versuchen. Für »Rom<< war der »Messias<< ein Aufstandsführer, ein MessiasPrätendent mit königlichen Attributen, wie dies von Josephus beschrieben wird, und eine Gefahr für den Frieden im Reich; zugleich wußten die römischen Statthalter in Palästina, wie empfindlich die Juden waren und wie labil die Situation war. Zusätzlich stellten die »Christen<< eine politisch gefährliche Bewegung dar, denn sie waren Juden, sie waren wegen ihrer schnell wachsenden Zahl unberechenbar, sie erkannten die göttliche Macht des Kaisers nicht an und sie erweckten den Anschein eine messianische, d.h. aufständische Bewegung zu sein oder bald zu werden. Für »Israel« war der Anspruch seiner Jünger, Jesus sei »Sohn Gottes<< eine Blasphemie, an der sich übrigens auch die römischen Kaiser schuldig machten. Der Begriff »Sohn Gottes«, insofern damit nicht der »Auserwählte<< oder ein »Mann Gottes« gemeint ist, findet man als messianische Titel nicht in der hebräischen Bibel, nicht in den jüdischen Schriften der Zeit des Zweiten Tempels und nicht im rabbinischen Judentum (vgl. 2 Sam 7; Ps 2; 89 u.a.). Die Frage des Hohenpriesters in Mk 14,61-62 kann sehr gut auch in Wirklichkeit gestellt worden sein und dürfte wohl auf die Auseindersetzungen zwischen Juden und Christen zurückgehen. Von solchen Auseinandersetzungen berichtet Lukas in Apg 4, 1-22; 5,17-41; 6,11-15.54-58; 8,1-4; 12,1-17; 21,27-40; 22,23-28,31 sehr ausführlich. Die Situation der Christenverfolgungen vonseitender jüdischen Machthaber, wobei immer wieder die Römer zu Hilfe gebeten wurden, war bestim-
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mend für die christlichen Gemeinden in den Jahren, in denen »Q(( und die Evangelien gesammelt und geschrieben wurden. Für die Juden, d.h. für bestimmte jüdische Machthaber, stellten die »Christen (( eine Gefahr dar, weil sie den immer mehr außer Kontrolle geratenden modus vivendi zwischen Palästina und Rom in Gefahr brachten (wie dies laut Josephus vorher und nachher auch andere jüdischen Gruppen gemacht hatten), weil sie die Glaubwürdigkeit der jüdischen Religion aufs Spiel setzten (hatten die Juden nicht bereits jahrhundertelang für den Erhalt der monotheistischen Prinzipien und der mosaischen Vorschriften gekämpft; nicht nur gegen heidnische Angriffe von außen, sondern auch gegen die eigenen Sekten?), und weil durch ihre schnell wachsende Zahl die bereits durch mehrere ideologische und wirtschaftliche Krisen sich auflösenden sozialen Zusammenhänge noch mehr auseinanderzufallen drohten. In dieser Situation versuchten die Christen sich zu behaupten und die Frage nach Jesu Messianität bekam eine entscheidende Bedeutung. Wenn nicht als Produkt der Konfrontation, dann doch zumindest entscheidend beeinflusst durch die Konfrontation zwischen Juden und Christen, wurde diese Frage beantwortet. Nicht die Frage nach Jesu prophetischem Auftrag als Ankündiger des Reiches Gottes, sondern die Frage, ob er »Sohn Gottes« und der »Messias Israels(( sei, wurde akut in den sechziger und siebziger Jahren. Verglichen mit dem Selbstverständnis Jesu als Prophet und Menschensohn und die darauf basierende Theologie der Q-Gemeinde, sind die in den synoptischen Evangelien formulierten »eigentlichen« (d.h. biblischen und jüdischen) Messias-Vorstellungen nur in dieser Situation zu verstehen und werden sie auch im Rahmen des Einzugs in Jerusalem von den Evangelisten konzipiert. Anders ausgedrückt: erst in der Auseinandersetzung mit den jüdischen und römischen Machthabern wird Jesus zum Messias Israels. Wie nun diese neu formulierten Messias-Konzepte zu verstehen sind, wird im folgenden erörtert, wobei festzuhalten ist, daß dieser Konzeptualisierungsprozeß auf der Basis der paulinischen Christologie und der frühesten Zeugnissen über Jesus als Prophet, Menschensohn und von Gott Geheiligter sich in der geänderten historischen Situation weiter entwickelt. Dabei beschränken wir uns auf die Stellen, in denen von jüdisch-römischchristlichen Konfrontationen die Rede ist, Mk 11,1-19 par.; Mk 11,27-33 par.; Mk 12,35-37 par. und Mk 14,53-65 par.
Mk 11,1-19 par.: der Einzug in ]erusalem Jesu Einzug in Jerusalem in Mk 11,1-19 par. ist gestaltet nach Sach 14. Sach 14 beschreibt allerdings den eschatologischen Krieg in Jerusalem: Der
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Herr wird, stehend auf dem Ölberg, und die Heiligen mit ihm, »König sein über alle Lande« (Sach 14,9) und die Völker schlagen. Die Übriggebliebenen werden den König, den Herrn Zebaoth, anbeten »und es wird keinen Händler mehr geben im Hause des Herrn Zebaoth zu der Zeit« (Sach 14,21). Markus folgt, nachdem er beschrieben hat, wie die Jünger Jesu ein Füllen für ihren »Herrn« holten (Mk 11,2-7), Sach 14 insofern, als er Jesus auf dem Ölberg anfangen, ihn den Herrn und das Reich Davids (im Munde derjenigen, die ihm folgen) ankündigen (Mk 11,8-10) und ihn den Tempel von den Händlern reinigen (Mk 11,15-17; vgl. Sach 14,21 und Jes 56,7) läßt. Gleich danach (Mk 11,18-19) folgt die Beschreibung der Hohenpriester und Schriftgelehrten, die ihn umbringen wollen. Was Markus jedoch wegläßt ist der Endzeitkrieg, worin der Herr die Völker schlagen und wonach Gott König sein wird. Bei Markus spielt sich der »Endkampf« zwischen Jesus, seinen Jüngern und den jüdischen und römischen Führern ab. P. Brooks Duff bezeichnet Mk 11,1 ff. als Kritik an dem Einzug des göttlichen Kriegers und des griechisch-römischen Königs 248 • Markus kritisiert die gängige, politische Interpretation von Sach 14 und stellt den jüdisch-messianischen Erwartungen einen »apolitischen Messias« gegenüber, der zwar den Tempel reinigt, nicht jedoch die Völker schlägt. Dies mag auch erklären, warum Markus den >>Endkampf« nicht wie Sach 14 unter den Völkern der Welt abspielen läßt, sondern unter den Jüngern Jesu und den jüdischen Führern. Matthäus 21,1-13 fügt im Vergleich mit Mk 11,1ff. hinzu: Jesu Einzug ist eine Erfüllung von Sach 9,9: »dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitend auf einem Esel« (Mt 21,4-5);Jesus wird als »sanftmütiger König« und als Davidide ( »Hosianna dem Sohn Davids<<) dargestellt; das Volk sieht in ihm »Jesus, den Propheten aus Nazareth in Galiläa«. Des weiteren wird der »verdorrte Feigenbaumcc hinter die Tempelreinigungsszene gestellt und die Hohenpriester und Schriftgelehrten planen nicht mehr, ihn zu töten, sondern wundern sich, daß er Wunder tut und als »Sohn Davids« bezeichnet wird (Mt 21,14-15), woraufhinJesus Ps 8,3 zitiert. Bei Matthäus scheint die Auseinandersetzung zwischen Jesus und den jüdischen Führern weniger von Konflikten geprägt zu sein als bei Markus; statt dessen wird Jesus eindeutig als sanftmütiger König und heilender Sohn Davids dargestellt. Lukas 19,28-40 nennt Jesus bei seinem Einzug den »König«, der »Frieden« ankündigt (Ps 118,26), läßt den »verdorrten Feigenbaumcc ganz Duff, P.B., "The March of the Divine Warrior and the Advent of the GrecoRoman King: Mark's Account of Jesus' Entry into Jerusalem•, ]BL 111 (1992), 55-71. 248
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weg, aber fügt jesu Weinen über Jerusalem hinzu, ein eindeutiger Hinweis darauf, daß das Evangelium nach der Zerstörung des Tempels geschrieben wurde (Lk 19,41-44). Die Tempelreinigung wird gemäß Markus beschrieben (die Hohenpriester und Schriftgelehrten versuchen ihn zu töten). Mk 11,27-33 par.: Die Frage nach ]esu Vollmacht Auch die Frage nach Jesu Vollmacht in Mk 11,27-33 wird im Rahmen einer Auseinandersetzung mit den jüdischen Führern, hier den Hohenpriestern, Schriftgelehrten und Ältesten, dargestellt. Jesus beantwortet die Frage der Führer mit einer Gegenfrage. Ihre Überlegung, die Frage nach Jesu Vollmacht zu stellen, ist eine politische und zielt auf die Bewahrung der sozial-politischen Ruhe. Die Antwort ist eine psychologische, aber der Machtkampf zwischen Jesus und den jüdischen Führern bleibt vorerst unentschieden. Mt 21,23-27 und Lk 20,11-18 ändern Mk 11,27-33 nur geringfügig; d.h. es gab angeblich keinen Anlaß, die Passage zu aktualisieren. Mk 12,35-37 par.: Davids Sohn und Herr In Mk 12,35-37 fragt Jesus, was die Schriftgelehrten meinen, wenn sie sagen, der Gesalbte sei Davids Sohn, steht doch in Ps 11,1 geschrieben, daß David Gott Herr nennt; wie kann er (= der Gesalbte oder David?) dann sein Sohn sein? Mit dieser recht komplizierten Argumentation dürfte Jesus, d.h. Markus, wohl meinen, der Gesalbte sei Gottes Sohn, nicht jedoch Davids Sohn. Dann würde Markus die gängigen messianischen Erwartungen (der Sohn Davids wird kommen) kritisieren und auf den letztendlich göttlichen Auftrag Jesu hinweisen. Mt 22,41-46 und Lk 20,41-44 ändern Mk 12,35-37 nur geringfügig. Matthäus fügt hier (in Mt 23,1-12) aber eine lange Rede wider die Pharisäer hinzu, die H.-J. Becker als eine Auseinandersetzung mit den »Chakhamim« der Zeit nach 70 n. d. Z. deutet249 und die von Matthäus wohl deswegen vergleichend herangezogen worden ist, um die Lehrautorität Jesu zu begründen 250 • Mt 23,10-12: ~~und ihr sollt euch nicht Lehrer nennen lassen; denn einer ist euer Lehrer, Christus. Der Größte unter euch soll euer Diener sein. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht«. Jesus wird als prophetischer Lehrer dargestellt: »Im Zusammenhang des matthäisehen Bemühens, Jesus als den Messias der von den Propheten angekündigten Heilszeit darzustellen, begründet der Vers die in V.11 folgende Weisung nicht nur 1 49 150
Becker, Kathedra, vor allem 219ff. Becker, Kathedra, 215ff. und 228.
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durch seine Betonung der Lehrautorität Christi, sondern auch spezifisch inhaltlich durch die mit der KCX3flY'lnic; - Titularion gegebene Anspielung auf die im Kontext der prophetischen Verheißung Ues 30,19-21) verstandene Demut Jesu «, so Becker251 •
Mk 14,53-65: Die Frage des Hohenpriesters In Mk 14,53-65 steht Jesus vor einem Rat von Hohenpriestern, Ältesten und Schriftgelehrten, der im hohenpriesterliehen Palast tagt. Keiner der gegen ihn aufgeführten Zeugen stimmt mit den anderen überein, bis der Hohepriester aufsteht und ihn fragt: »Bist du (der) Christus, der Sohn des Hochgelobten?«. Jesus antwortet: »Ich bin«, fügt aber gleich hinzu, daß der Menschensohn zur rechten Hand der Kraft sitzen und mit den Wolken des Himmels kommen wird. Daraufhin wird er wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt. Dennoch wird er nicht verurteilt, weil er der Messias Israels ist oder gesagt haben soll, er sei der Messias (dies spielt nur bei Pilatus die entscheidende Rolle), sondern weil seine Worte so verstanden werden, daß er behauptet haben soll, er sei der »Sohn Gottes«. Mt 26,57-68 übernimmt die Passage über die falschen Zeugen; dies im Gegensatz zu Lk 22,54-71 (67-71). Matthäus läßt den Hohenpriester Kaiphas sagen: »Bist du der Christus, der Sohn Gottes(( (statt bei Markus: »des Hochgelobten(() und Jesus antworten: ,,Du sagst es((. Lukas läßt den ganzen Rat sagen: »Bist du der Christus« und Jesus antworten: »Sage ich es euch, so glaubet ihr es nicht; frage ich aber, so antwortet ihr nicht((. Und weiter fragten alle: ,,Bist du Gottes Sohn?((' worauf Jesus antwortet: »Ihr sagt es, ich bin es«, nachdem er sich als Menschensohn dargestellt hat. So gesehen betrachtet Lukas den ,, Menschensohn (( als messianischen Titel, macht aber zugleich deutlich (und betont es zweimal), daß alle jüdischen Führern ihn nicht angenommen haben, wo Matthäus nur den Hohenpriester Kaiphas aufführt. Für Lukas ist die Frage nach Jesu Messianität beschlossene Sache. Jesus ist der Sohn Gottes, der zur rechten Hand Gottes sitzen wird (ohne hier jedoch mit/in den Wolken des Himmels zu kommen); bei Lukas kann man daher zu Recht von der Erhöhung des Menschensohnes sprechen. Er bezieht sich auf die Zeit nach der Zerstörung des Tempels, in der die Trennung zwischen Juden und Christen sich bereits vollzogen hat (,,alle« Juden haben ihn nicht angenommen); eine neue Ära hat angefangen, die Alte ist mit dem Tempel zu Ende gegangen. Für Matthäus ist das Gespräch zwischen Juden und Christen noch nicht zu Ende. Er fügt eine ausführliche Diskussion mit den Pharisäern ein. zsJ Becker, Kathedra, 228.
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Dies soll zeigen, wie die vielen biblischen Zitate und die Betonung der Ethik, daß er noch mit den Juden in Verbindung stand, vor allem mit den Pharisäern/Rabbinen (oder präziser, den »Chakhamim« nach Becker) der Zeit nach 70 n. d. Z. Er schreibt innerhalb der und für die christliche Gemeinde, die er wohl als das Erbe des jüdischen Volkes ansehen dürfte. Für Matthäus ist Jesus der sanftmütige König und Sohn Davids (Mt 21,113 ), der Prophet und eschatologische Lehrer und, gemäß der christlichen Tradition, der Sohn Gottes und Menschensohn-Endzeitrichter. Ihn anzunehmen traut er den Juden und ihren pharisäisch/rabbinischen Führern noch immer zu. Er versucht sie noch immer zu überzeugen, obwohl das Urteil eigentlich bereits vollzogen ist (Mt 8,12; 21,43; 27,45). Am Ende unserer Betrachtungen der synoptischen Darstellungen des Einzuges Jesu in Jerusalem bis hin zu seiner Verurteilung stellen wir fest: Die »Messianisierung« (d.h. der Konzeptualisierungsprozeß des Messias-Werdens) des Propheten und Menschensohnes Jesu fand zwischen 65 und 80 n. d. Z. in einer Auseinandersetzung mit den religiösen und politischen Führern Palästinas und Roms statt. Sie wäre allerdings nur schwer möglich gewesen ohne die apokalyptische Grundeinstellung der paulinischen Theologie und die Predigt vom kommenden Reich Gottes im Munde Johannes des Täufers und Jesu von Nazareth. Den Begriff »Sohn Gottes«, insofern er nicht »Auserwählter«, ~~Engel« oder ~~Mann Gottes« bedeutet, war im Judentum der Zeit des Zweiten Tempels nicht geläufig252 ; daher dürften wohl diejenigen, die Jesus als solchen bezeichneten, in der Zeit nach 70 n. d. Z. vom rabbinischen Judentum als Sektierer (Minim) behandelt worden sein. Für die römischen Behörden war der Begriff »Sohn Gottescc eher unwichtig, für sie war Jesus der angebliche »König der Judencc. Mit seinen Jüngern bildete er eine von vielen Gruppen, die die politische Stabilität Roms in Gefahr brachten. Für die christlichen Gemeinden, angefangen bei Paulus, war der Begriff »Sohn Gottes«, auch wenn er nicht direkt aus dem biblisch orientierten Kulturraum stammte, einer der zentralen Begriffe ihrer Christologie, der in einer Auseinandersetzung mit jüdischen, insbesondere mit pharisäischen Kreisen und in der Hoffnung, daß die Juden den »Messias« Jesus folgen würden, »messianisiert« oder zumindest mit zusätzlichen messianischen Titeln versehen wurde. Was aber wird, wenn wir hier die Frage nach den Sitz im Leben aufwerfen, mit dem zum »Messias Israels« konzipierten Propheten und Menschensohn Jesus zum Ausdruck gebracht? Oder anders formuliert: was bezwekken die verstärkt mit Jesus verknüpften messianischen Konnotationen 252
S. dazu jedoch weiter Hengel, Sohn Gottes.
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gerade in der Zeit zwischen 65 und 80 n. d. Z.? Im literarischen Rahmen der synoptischen Evangelien werden die mit Jesus verbundenen und mit ihm konfrontierten biblischen und jüdisch-messianischen Erwartungen fast nur in den Gesprächen zwischen Jesus und seinen Jüngern auf der einen Seite, und den jüdischen und römischen Führern auf der anderen Seite eingebettet. Es ist anzunehmen, daß die Schriften auf den historischen Umständen gründen, in denen die Evangelien geschrieben wurden. Aber welche soziale Vorstellungswelten bringen die (nur hier) formulierten Messias-Konzepte zum Ausdruck? Man kann dies nur im Hinblick auf die christlichen Gemeinden zwischen 65 und 80 n. d. Z. feststellen, da die Evangelien die Situation am Anfang des letzten Drittels des 1. Jh. als Referenzpunkt haben (was davor geschehen sein mag, ist bereits Tradition). Diese Gemeinden befinden sich eindeutig in einer Konfliktsituation, in einer Zeit der Verfolgungen, hauptsächlich außerhalb Jerusalems. Gegenüber ihren jüdischen und römischen (oder auch syrischen, kleinasiatischen und anderen) Zeitgenossen und Gegnern bemühen sie sich (d.h. ihre Geschichtsschreiber und Theologen) um eine alternative Gesellschaftsordnung, die gerade nach den Jahren 6670 mehr als notwendig war. Sie kämpften mit den Wahrheitsansprüchen jüdischer Kreise und römischer Behörden, sowohl in inneren als in äußeren Auseinandersetzungen oder gar gewalttätigen Konfrontationen. Damit bringen sie die allgemeine Situation nach 70 zum Ausdruck und sind so insbesondere mit bestimmten apokalyptischen, weniger aber mit pharisäisch-rabbinischen Kreisen am Ende des 1. Jh. n. d. Z. Parallelen aufzuzeigen: die Messianisierung des Menschensohn-Endzeitrichters im Rahmen der historisch-eschatologischen Umdeutung der Geschichte Israels innerhalb der politischen Weltgeschichte. Dieser Prozeß dauert bis in die 80er Jahre des 1. Jh., wird dann aber politisch entschärft. Insofern es um die christlichen Gemeinden geht, wandelt sich der Prozeß mit den verstärkt auftretenden ethischen und kultischen Interessen vieler Gemeindeglieder. Auch das in dieser Zeit sich konsolidierende pharisäisch-rabbinische Judentum entschärft seine apokalyptisch-politische Dynamik, obwohl dies in bestimmten zelotisch inspirierten Kreisen bis 115-117 und 132-135 n. d. Z. dauern wird. Die in Mk 11-16 par. entwickelten Messias-Konzeptionen sind somit nicht so sehr Ausdruck akut-messianischer Erwartungen, als viel mehr die christliche Reaktion auf eine für solche erwartungsschwangere historische Situation. Dabei wird einerseits die Parusia des Propheten und Menschensohnes Jesus erwartet, dargestellt in der Auseinandersetzung mit den jüdischen und römischen Führern als Messias Israels, andererseits zielt die Entwicklung der Christologie auf die Erhöhung des Menschensohns als den von Gott erwählten und in der Demut und Demütigung zum eigentli-
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chen Retter gewordenen »Jesus Christus, Sohn Gottescc. Dieser ist nicht gekommen und wird nicht kommen, um das römische Reich zu zerschlagen oder überhaupt Israel in den Endkampf zu führen, sondern um die jüdische Religion zu reformieren. Es werden alternative ethisch-soziale Modelle formuliert und geboten, und zwar zur seihen Zeit, aus derselben Notwendigkeit heraus und mit derselben Intensität wie vergleichbare Modelle von pharisäisch-rabbinischen Kreisen in Javne und Galiläa entwickelt wurden. Obwohl gerade im ethisch-sozialen Bereich viel Gemeinsames vorhanden war (die Lehre Jesu und seine Kritik an den gängigen Lehren sind fast deckungsgleich mit denen seiner Zeitgenossen) 253 , scheitern die Überzeugungsversuche an der theologischen Bewertung der Person Jesu. Seine Darstellung als »Sohn Gottes« wird kategorisch abgelehnt, die als »Messias Israels« findet unter den führenden pharisäisch-rabbinischen Kreisen des Judentums nach 70 n. d. Z. keine Akzeptanz254 • Eine Ausnahme bilden vielleicht die jüdischen Apokalypsen, insofern sie in ihren Messias-Vorstellungen parallele Entwicklungen erkennen lassen. Die prophetische Ausrichtung der »messianischen« Erwartungen in den synoptischen Evangelien ist restaurativ, sowohl in der Beschreibung der Predigt Johannes' des Täufers und Jesu von Nazareth -tut Buße, denn das Reich Gottes ist nahe - als in der Bewertung der Konfrontation zwischen den Nachfolgern Jesu und den jüdischen religiösen Führern. Sie zielt auf die Wiederherstellung der Theokratie, allerdings im sozial-ethischen, nicht aber im politischen Bereich. Eventuelle Hoffnungen auf einen Umsturz der politischen Machtverhältnisse, wenn solche überhaupt unter den ersten Christen im Umlauf, waren bereits in den sechziger Jahren aufgegeben worden (so daß auch keinerlei Versuche unternommen wurden, der belagerten Stadt Jerusalem zu helfen). Das »neuecc sozial-ethische Programm sollte innerhalb der bestehenden Machtverhältnissen ausgeführt werden. Nach dem gescheiterten Versuch, die Juden in die »alternative« Gesellschaftsordnung mit einzubeziehen, wird die Restauration als sozial-ethische Größe und auf beschränkt theokratische Weise (d.h. als »realized eschatology« mit »Christus« und dem »heiligen Geist« als Führungsprinzipien) innerhalb der sich entwicklenden christlichen Gemeinden vollzogen. Dem palästinischen Judentum war dies gleich, hatten sie doch mehrere Sekten bis hin zu Schismen in ihrer Mitte gehabt (Samaritaner, Essener, m Zu jesus und die Tora siehe Flusser, ]ezus, 47ff.
Jesus ist daher fast abwesend in der zeitgenössischen jüdischen und in der späteren rabbinischen Literatur; siehe dazu Maier, ]esus. Nur Josephus scheint ihn bemerkt zu haben; s.o. sowie: Pines, S., An Arabic Version of the Testimonium Flavianum and its lmplications, jerusalem 1971. 154
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Apokalyptiker). Für sie zählte das Festhalten am mosaischen Glauben als in seiner ständigen Erneuerungen bewährte sozial-ethische Größe; die »Minim« dürften selbst entscheiden, ob sie dazu gehörten oder nicht. Die jüdischen Führern hatten Jesus nicht ermordet, sondern sich einer Sekte, die behauptete, Jesus sei »Sohn Gottes«, widersetzt. Damit wurde die anfängliche Erneuerungsbewegung hinter dem Propheten und Menschensohn Jesus vorübergegendals potentiell gefährliche ••messianische« Bewegung bekämpft, bis sie sich als eine »neue« Religion konsolidieren konnte. Solange sie sich von der politischen Macht fernhielt, blieb sie auch ohne Gefahr für das Judentum.
10. Pseudo-Philos Liber Antiquitatum Biblicarum Pseudo-Philos Liber Antiquitatum Biblicarum255 , auf Lateinisch erhalten, auf eine griechische und wohl auch hebräische Vorlage zurückgehend256 , wurde wahrscheinlich zwischen 1 und 70 n. d. Z. in einem palästinischen Kontexr2 57 geschrieben 258 • Dabei ist es jedoch schwer, den genauen Sitz im Leben zu bestimmen 259 • Das Buch erzählt und interpretiert teilweise die biblische Geschichte von Adam bis David 260, wobei das eschatologische Interesse nicht politisch, sondern von einer Zwei-Äonen-Lehre geprägt ist. 155 Kisch, G., Pseudo-Philo's Liber Antiquitatum Biblicarum, Notre Dame 1949; Dietzfelbinger, C., Pseudo-Philo: Antiquitates Biblicae (Liber Antiquitatum Biblicarum), Gütersloh 1979; Nickelsburg, G.W.E., ,. The Book of Biblical Antiquities (•Pseudo-Philo•)•, in: Nickelsburg, G.W.E., ]ewish Literature Between the Bible and the Mishnah. A Historical and Literary lntroduction, Philadelphia 1981,265-275 ;james, M.R., The Biblical Antiquities of Philo, London 1917; Harrington, D.j., •Pseudo-Philo (First Century A.D.)•, in: OTP II, 297-377; Harrington, D.J., •The Biblical Text of Pseudo-Philo's Liber Antiquitatum Biblicarum•, CBQ 33 (1971), 1-17; Murphy, F.j., ,.Retelling the Bible: Idolatry in Pseudo-Philo•, ]BL 107 (1988), 275-287. 256 Harrington, •Pseudo-Philo•, 298f. 157 Harrington, •Pseudo-Philo•, 300. 258 Harrington, •Pseudo-Philo•, 299 sagt dazu: zwischen 135 v.d.Z. und 100 n.d.Z.; wahrscheinlich in der ersten Hälfte des l.jh.n.d.Z. m S. dazu Harrington, •Pseudo-Philo•, 300: ·Efforts to connect Pseudo-Philo with specific groups or sects in Palestine (... ) have not won general acceptance. Rather, Pseudo-Philo seems to reflect the milieu of the Palestinian synagogues at the turn of the common era. lt is the earliest witness for motifs frequently repeated in the jewish tradition• (... )wie z.B. •the equation of Phinehas and Elijah (48:1)«, 260 S. dazu Harrington, •Pseudo-Philo•, 297 und Nickelsburg, ·Book•, 266: ,. Two tendencies in the Antiquities are consonant with this concentration on the book of
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Nicht ein Messias, sondern Gott selbst wird diese Welt am Ende der Zeit heimsuchen und die Menschen auferwecken und richten 261 . Dennoch sind einige Stellen auch für unsere Untersuchung relevant.
AntBib/48 Pinehas, Aarons Enkel, wird in Num 25 als Eiferer für den Herrn genannt; deswegen ist ihm und seinen Nachkommen ein ewiges Priestertum zugeteilt worden (Num 25,10-13). Er hat einen heiligen Krieg geführt (Num 31) und den Bau des Altars während Josuas Regierung betreut Uos 22,30ff.). Dieser Pinehas262 steht in AntBibl 48 im Mittelpunkt. In Vers 1 wird über seinen Tod berichtet: Er wird in den Himmel aufgenommen, wo er sich bereits befand, bevor er aufstieg. Zu einer von Gott bestimmten Zeit wird er wieder herabsteigen und die Macht erhalten, den Himmel zu öffnen und zu schließen. In Vers 2 wird sein Leben beschrieben: Gott hat ihn zum Priester bestellt und in Silo gesalbt. Danach folgt eine Wiedererzählung von Jdc 21,16ff. und 25. Vers 5 schließt den Abschnitt mit den Worten ab: so war es in den Tagen der Richter, als Israel noch keinen König hatte. Daß AntBibl die biblische Geschichte nicht nur nacherzählt, sondern auch auslegrl63 und die Führer Israels in den Mittelpunkt stellt, so Nickelsburg26\ wird auch in AntBibl 48 deutlich. In der Nacherzählung der biblischen Geschichte über Pinehas wird er zusätzlich mit Elia identifiziert: Als Pinehas 120 Jahre alt geworden ist und sterben will, wird er von Gott nach Danaben geführt. Da wird er von dem Adler Gottes ernährt, bis die Judges. The first relates to the historical pattern of Judges: sin, divine punishment by means of an enemy, repentance, salvation through a divinely appointed Ieader (... ) A second tendency in the Antiquities relates to Judges' orientation of history around great Israelire Ieaders•. 261 S. dazu Harrington, •Pseudo-Philo•, 301 und AntBibl 3,10; 16,3; 19,7.13; 32,17 und 62,9 für die Zwei-Welten-Lehre; 3,9; 16,3; 19,12f.15; 23,13; 26,12 und 48,1 für Gottes Heimsuchung der Welt und 3,9f.; 19,12f. und 25,7 für die Auferstehung und das Gericht. 262 S. für Pinehas auch 1QM 11, Philo Mos.II SS 309ff. und Hengel, Zeloten, 165f. 26J Vgl. Nickelsburg, »Book•, 265f. 264 Nickelsburg, •Book•, 268: •The emphasis on the necessity of good Ieaders would be especially appropriate during or after the chaos of the years 66-70. If the Antiquities are dated to the earlier part of the first century their precise setring and function are less clear•. Vgl. auch Rhoads, D.M., Israel in Revolution: 6-74 C.E. A Political History based on the Writings of ]osephus, Philadelphia 1976.
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Zeit reif ist, daß er den Himmel öffnen und schließen darf. Danach wird er zu einem Platz gebracht, an dem er vor seinem Aufstieg war und wo er bleiben wird, bis Gott die Welt an ihn erinnern wird (48,1-2). Die Identifizierung von Pinehas mit Elia findet m.E. dadurch statt, daß Parallelen gezogen werden mit Elias Aufstieg (2 Kön 2,11ff.) sowie durch die Erzählung, daß Elia den Himmel öffnen und schließen kann (1 Kön 17,1ff.). In den Versen 3-5 werden Jdc 21,16ff. und 21,25 ohne eine bestimmte Auslegung wieder aufgegriffen, so daß die Verse 1-2 als eine Art Midrash über Pinehas' Tod verstanden werden können. Dabei wird eine Verbindung zwischen dem gesalbten Priester Pinehas und dem Aufstieg, der Wiederkunft (wie auch implizit der Präexistenz) und der Macht des Elia, den Himmel öffnen und schließen zu können, hergestellt. Diese Gestalt ist Gott untergeordnet, denn Gott hat ihn zum Priestertum gesalbt, ihn nach seinem Tod weggeführt und ihm die Macht gegeben. Ob dieser »Pinehas« als priesterlicher Endzeitbefreier verstanden werden kann, ist fraglich. Dennoch ist klar, daß er für den Autor der AntBibl übermenschliche und eschatologische Funktionen erfüllt. Letzteres würde - im Rahmen der Betonung seiner Rolle als eines der Führer Israels in der Zeit unmittelbar vor und nach dem ersten jüdischen Kriegl65 - darauf hinweisen, daß der Autor in seiner Wiedererzählung und Auslegung der biblischen Geschichte, wie dies auch die Autoren des 4. Esra-Buches und der 2. (syrischen) Baruch taten, historische Verhältnisse antizipiert. Dabei betont er gerade das, was in dem damaligen Kontext fehlte: eine starke priesterliche Führung Israels. Der Autor hat in AntBibl48, indem er bestimmte Pinehas-Traditionen mit bestimmten Elia-Traditionen kombiniert, auch das Prinzip des deus ex machina eingeführt, um das Eingreifen Gottes in die Geschichte hervorheben zu können.
AntBib/51
In AnrBibl51 wird die Geburt Samuels (vgl. 1 Sam 1,1ff.) nacherzählt. Die Verse 3-6 geben paraphrasierend und interpretierend Hannas Lobgesang wieder266 • Danach wird im 6. Vers nicht nur von 1 Sam 2,1ff. ausgegangen, sondern es folgt eine Kompilation verschiedener Verse: AntBib/51,6
•Sprich, sprich, Hanna, und sei nicht still. Sing ein Lied, Tochter von Batuel, über die Wunder, die Gott mit dir getan hat. Wer ist Hanna, daß ein Prophet 265 266
Vgl. dazu jedoch auch Nickelsburg, ,.ßook•, 266ff. Vgl. auch Lk 2,46-55.
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Die messianischen Erwanungen von Pompeius bis litus
aus dir geboren wurde? Oder wer ist die Tochter von Batuel, daß sie das Licht für die Menschen (vgl. Jes 51,4) tragen würde? Steh auf, auch du, Elkana, und gürte deine Lenden (vgl. Jer 1,17). Sing ein Lied über die Wunder des Herrn. Denn Asaph prophezeite in der Wildnis über deinen Sohn, sagend: » Mose und Aaron waren unter seinen Priestern, und Samuel war da unter ihnen« (vgl. Ps 99,6). Siehe, das Wort ist vollkommen geworden und die Prophezeiung erfüllt. Und diese Worte werden bleiben, bis sie das Horn seinem Gesalbten (vgl. 1 Sam 2,10f.) geben werden und Macht am Thron seines Königs (Num 24,17?) dasein wird. Und laß meinen Sohn hier stehen und dienen, bis er zu einem Licht für dieses Volk (vgl. Jes 49,6?) gemacht wird« 267 •
In dieser Bearbeitung der Geschichte über Samuels Geburt wird mit Hilfe prophetischer Stellen die Prophezeiung über Samuel sozusagen aktualisiert, denn sie wird nicht nur auf die frühere Geschichte bezogen, wie wir sie in 1 Sam 1,1ff. vorfinden, sondern die in der Vergangenheit verheißene Zukunft wird auch in der Zukunft des Autors der AntBibl weitergeführt. So bleibt die Prophezeiung über den gesalbten Propheten, der auf der Ebene der Priester und Könige steht und ein Licht für sein Volk sein wird, auch nach 70 n. d. Z. gültig. Daher können wir dasselbe wie in bezug auf Pinehas in AntBibl 48 feststellen, nämlich, daß in der Nacherzählung der biblischen Geschichte von den Führern Israels die von Gott und seinen Gesalbten übernommene Führung Israels auch im ersten Jahrhundert n. d. Z. hervorgehoben und mit Anspielungen auf oft eschatologisch und messianisch gedeutete Texte wie etwa 1 Sam 2,10f.; Jes 49,6 und 51,4 betont wird. Dennoch ist in AntBibl von einem Endzeitbefreier gemäß unserer Definition nicht die Redel68 •
11. Vorläufige Ergebnisse In den Psalmen Salomos haben wir ein deutliches Messias-Konzept, eine sichere Datierung und eine Unterscheidung zwischen älterem und jüngerem Material. In der älteren Psalmenreihe wird ein davidischer KönigMessias erwartet, in der jüngeren Psalmenreihe wird der Endzeitbefreier
261
Übersetzung und Hervorhebung vom Autor. Vgl. Dietzfelbinger, Pseudo-Philo,
238. 161
Vgl. auch Harrington, .. Pseudo-Philo•, 301.
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als Führer und Erzieher Israels dargestellt. In beiden Fällen ist der Messias Gottes Herrschaft untergeordnet. Betrachten wir jetzt die Machtverhältnisse in Palästina im ersten Jahrhundert v. d. Z. (vor allem nach 63 v. d. Z.), dann ist dreierlei festzustellen. Die Römer unter Führung von Pompeius haben die Herrschaft in Palästina übernommen. Als Vasallenkönige werden nach heftigem Streit die ldumäer anstelle der Hasmonäer eingesetzt, und die Pharisäer gewinnen mehr und mehr an Einfluß. So ist es m.E. verständlich, daß in den Psalmen Salomos nur die königliche Herrschaft über Palästina (als römischer Provinz; die römische Herrschaft wird von dem Psalmist nicht in Frage gestellt, solange sie theokratisch zu interpretieren ist) in den messianischen Erwartungen kritisiert wird. Am Anfang ist es für den Psalmisten wichtig, daß die Macht, besser die Vollmacht unter Gottes Regierung in davidischen Händen bleibt. Gerade um diese Frage, wer über Palästina regiert, geht es auch in dem Machtstreit zwischen den Hasmonäern und den Idumäern. Später, nachdem die Machtverhältnisse sich konsolidiert haben, wird es für den Autor wichtiger, daß in dem jetzt eingeschränkten religiösen Machtbereich die pharisäische Ideologie hervorgehoben wird; seiner Meinung nach braucht das Volk jetzt hauptsächlich Führung und Erziehung. Diese pharisäische Ideologie erkennen wir in der Messias-Vorstellung der jüngeren Psalmenreihe wieder. So läßt das hypothetische Erklärungsmodell es zu, daß wir in den Psalmen Salomos die Konzeptualisierung der messianischen Erwartungen in ihrem historischen Kontext und in einer Analogie zu den sich ständig ändernden Machtverhältnissen verstehen, und wir stellen nebenbei fest, daß bestimmte Messias-Konzepte anscheinend nur in einem bestimmten Kontext vorkommen. Eine interessante Parallele zu den PsSal17-18, die unser Erklärungsmodell noch unterstützen würde, ist die Damaskusschrift CD, die zum Teil in die Zeit von Pompeius bis Caesar datiert wird 269 • In CD 7,14-21 werden Amos 5,26; 9,11 und Num 24,17 so ausgelegt, daß die Verse sich sowohl auf einen Fürsten als auch auf den Erforscher der Tora beziehen. Vor allem Num 24, 17, ein Vers, der sonst meistens für einen König-Messias verwendet wird, wird hier exegetisch hervorgehoben, um die Rolle des ToraErforschers zu betonen. Dabei lassen wir es offen, nach welchem Vorbild der Erforscher der Tora konzipiert worden ist. Seine Betonung in CD 7,14-21 finden wir in der späteren Stelle CD 19-20 nicht mehr; hier ist von dem »Messias aus Aaron und Israel« die Rede. 269
S.o.
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Für die Qumran-Gemeinde blieben die religiöse Herrschaft im allgemeinen und das Priestertum in Jerusalem insbesondere auch nach dem Jahre 63 v. d. Z. noch weiterhin ein Problem, so daß bei dem »Erforscher der Torace nicht unbedingt eine Analogie zu der pharisäischen Bewegung anzunehmen ist. Dennoch bleibt die Parallele zwischen PsSal 17-18 und CD 7, sei es auch auf abstrakterer Ebene, bestehen: Es werden m.E. nämlich in der Mitte des ersten Jahrhunderts v. d. Z. in beiden Texten zwei Aspekte, nämlich das des Führensund das des Erziehens, in der Konzeptualisierung eines Endzeitbefreiers miteinander verbunden und betont. Diese Konzeptualisierung findet unabhängig von der biblischen Tradition (das Beispiel von den unterschiedenen Auslegungen von Num 24,17 spricht für sich) und unabhängig vom Sitz im Leben (die Pharisäer in Jerusalem oder die Gemeinde von Qumran in der Wüste) statt, und zwar weil m.E. die politisch-religiösen Machtverhältnisse die eigentlich dominierende Rolle im Konzeptualisierungsprozeß spielen. Wenn nun die Machtverhältnisse sich ändern, müßten sich parallel dazu auch die messianischen Erwartungen ändern. Wir haben dies für die veränderte Zeit der herodianischen Regierung und an Hand der späteren Qumran-Schriften 1QM, 4QPatr, 4QTest und 4QpJes nachgeprüft. Dabei ist von vornherein darauf hinzuweisen, daß in den genannten Schriften völlig andersartige messianische Vorstellungen als in den früheren Qumran-Schriften konzipiert worden sind. Fangen wir mit der Kriegsrolle 1QM an, dann sehen wir einen kriegführenden Hauptpriester und einen eschatologischen kriegführenden Fürsten. In 1QM 11 wird dabei Num 24,17 nicht auf eine messianische Weise, wie sonst üblich, ausgelegt, sondern in bezugauf Gottes Rolle in dem nach biblischem Muster gestalteten Endzeitkampf, der auf ein Gericht hinauslaufen wird, verstanden. Der Text von 1QM 11, der in die zweite Hälfte des ersten Jahrhunderts v. d. Z. zu datieren ist, hat eine auffallende Parallele zu Philo, Praem. § 95, worin auch Num 24,17 nicht auf eine messianische, sondern nur auf eine eschatologische Weise ausgelegt wird. Für Philo ist Gott - und nicht ein Messias - der entscheidende Faktor in dem sowohl biblischen als auch eschatologischen Krieg zwischen Israel und seinen Feinden. Im Jahre 47 v. d. Z. werden Hyrkanus als Hoherpriester und Ethnarch und Antipater als Prokurator über Palästina ernannt. Im Jahre 37 v. d. Z. wird dann Herodes als König eingesetzt und konsolidiert allmählich seine Macht. Während und nach seiner Regierung wird am Tempel gebaut. Das Priestertum bleibt erst noch in hasmonäischen Händen, und der Einfluß der Pharisäer ist groß. Über diesem Einflußbereich steht das mächtige Rom, das seine Provinzen für die Bürgerkriege in Rom (49-30 v. d. Z.) zahlen läßt.
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Obwohl wir in dieser Situation die Erwartung eines davidischen und königlichen, der Regierung Gottes untergeordneten Messias erwarten würden, ist dies in 1QM 11 (in 1QM 5,15-16 und 18-19 liegt dies wohl anders) und in Philo Praem § 95 nicht der Fall. Denn hier dominiert der biblische und eschatologische Krieg, und Gott ist der eigentliche >>Endzeitbefreier«, wie er dies auch in der biblischen Geschichte Israels war. Bei Philo ist dies erklärbar, denn bei ihm finden wir fast keine messianischen Erwartungen, da er von realpolitischen Verhältnissen und von einer Synthese zwischen Judentum und Hellenismus, sowohl philosophisch gesehen als auch in bezug auf die ägyptische Situation, ausgeht. Die bestehenden Machtverhältnisse verführen Philo nicht zu einer MessiasErwartung, im Gegenteil er führt eine Gesandschaft an, um mit Rom zu verhandeln. Bei 1QM 11 ist dies nicht erklärbar, solange wir den Sitz im Leben und die genaue Datierung dieser Schrift nicht feststellen können oder den gesamten Kontext von 1QM nicht in Betracht ziehen. Trotz der oben genannten Schriften müßte in der herodianischen Zeit eigentlich ein Messias-Konzept mit stärker ausgeprägten königlichen und militärischen Zügen zu finden sein, denn dies erforderte m.E. die Situation der politischen Machtverhältnisse (d.h., wenn unser Erklärungsmodell stimmte). Solch ein Messias-Konzept finden wir dann auch in den fragmentarisch überlieferten Schriften 4QPatr 1-5 (Pesher auf Gen 49,10: ein Davidide wird die Tora bewahren); 4QFlor (Pesher auf Amos 9,11 und 2 Sam 7,14 u.a.: der davidische König-Messias wird nach einem Endkampf die Tora in Israel wiederaufrichten) und 4Qpjes (A) 11-21 (Pesher auf jes 11,1-5 270 : der davidische Kriegs-Messias wird von Gott auferweckt werden, um zu herrschen und mit dem Schwert zu richten). So ist die Messias-Konzeption in diesen drei Schriften der herodianischen Zeit - im Gegensatz zu den früheren Qumran-Schriften - sogar sehr königlich und militärisch geprägt, wobei die Tora, der Lehrer, die Gemeinde und Gott selbst wichtige Nebenrollen erfüllen. Dies ist m.E. folgendermaßen zu erklären: Bevor judäa 6 n. d. Z. und der Rest von Palästina 44 n. d. Z. ganz unter römische Herrschaft gestellt wurden, wie auch in der Zeit danach, waren die Juden der Tyrannei des Herodesund seiner Söhne Philippus, Herodes Antipas und Archelaos ausgeliefert. Obwohl das Priestertum bis 64 n. d. Z. an dem Tempel bauen konnte, ist von einem tatsächlich regierenden davidischen Königtum schon lange keine Rede mehr. Aufständische, ob 270
Zu den Editionen s.o.
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messianisch inspiriert oder einfach antirömisch, durchzogen das Land. Parallel zu diesen Bewegungen werden in Qumran Gedanken über eine gerechte Zukunft formuliert, wobei in Analogie mit den bestehenden politischen Machtverhältnissen eine gerechte, in die Zukunft projizierte Regierung erhofft wird. Dabei spielen zwei Gestalten eine Hauptrolle: erstens ein König- und Kriegs-Messias und daneben der Lehrer der Gerechtigkeit. Ob beide sich ganz mit den Begriffen »Messias aus Israel« und »Messias aus Aaroncc aus dem 1. Jh. v. d. Z. bezeichnen lassen können, bleibt unsicher. Die Unsicherheit liegt in der Verlagerung des Feindbildes von den Hasmonäern auf die Römer. Sowohl in den früheren als den späteren messianischen Erwartungen widersprechen die Endzeitfiguren zwar den bestehenden Machtverhältnissen und werden sie am Ende der Zeiten auch umwälzen, der Schwerpunkt im Messias-Konzept hatte sich aber verlagert auf ein mehr militärisch geprägtes. Daß in der herodianischen und frührömischen Zeit neben den obengenannten auch andere politische Meinungen vertretbar waren, zeigen uns die Werke von Philo und Josephus. In den wenigen messianischen Erwartungen, die Philo formuliert hat, ist es klar, daß für ihn das jüdische Volk auch in der Zukunft seine führende Position behalten wird. Vergleichen wir die Stelle Mos. II § 290 mit der späteren Stelle Praem. § 95, dann erkennen wir, daß er die ethische Überlegenheit seines Volkes über dessen militärische Kraft stellt, und daß er Gott anstelle eines Mose ähnlichen Kriegs-Messias als Befreier Israels erwartet. Diese Änderung seiner Erwartungen findet eine Analogie in Philos Bewertungen der Regierungen von Gaius, der in seinen Augen das Idealbild eines Königs pervertierte, und von Claudius, der das Idealbild gerade personifizierte. Unter Gaius' Herrschaft konnte Philo dann noch einen Messias erwarten, und er hoffte, auf diplomatischen Wegen eine Verbesserung für sein Volk zu erreichen. Unter Claudius' Regierung, der ja nicht gegen Philos theokratische Ideale gerichtet war, brauchte ein Messias in seinen Augen nicht mehr aufzutreten. So wäre der Mose ähnliche KriegsMessias in Mos. II § 290 als Kritik an Gaius' Herrschaft aufzufassen, und das spätere Fehlen der messianischen Erwartungen bei Philo (Praem. § 95) ist der Zeit der »gerechten« Regierung von Claudius zuzuschreiben. Bei Josephus ist zwischen seinen historischen Berichten über die Aufständischen und seiner Hermeneutik oder Ideologie zu unterscheiden, denn in einer Mischung aus beiden bespricht er die sogenannten MessiasPrätendenten. Diese werden von ihm zwar als Freiheitskämpfer mit königlichen Aspirationen beschrieben, aber als Räuber und Mörder bewertet. Das Messias-Konzept, das hinter dieser Beschreibung steckt, würde, wenn wir ihm historisch näherkommen könnten, mit den Begriffen königlich und
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militärisch am besten zu bezeichnen sein. Diese zwei Aspekte passen, wenn wir unseren Vergleich zwischen den Machtverhältnissen und den MessiasKonzepten weiter verfolgen, sehr gut in die spät-herodianische und frührömische Zeit. Josephus' Auslegung der jüdischen »Orakel« dagegen ist nur in einem flavianischen Kontext zu verstehen, und sie ist Teil seiner nach dem ersten jüdischen Krieg entwickelten Ideologie, womit er die jüdische Haltung vor und während des Krieges kritisiert. Für ihn hat das Schicksal bestimmt, daß Rom gewinnen würde. Auf diesem Hintergrund kritisiert er die früheren messianischen (hier die jüdisch-nationale Auslegung von Num 24,17) Erwartungen seines Volkes, denn in Wirklichkeit hat Num 24,17 Vespasians Ernennung zum Imperator auf jüdischem Boden vorhergesagt. Seine historischen Berichte über den Krieg selbst unterstützen dabei seine Ideologie, die besagt, daß, wenn es in Gottes Absicht gelegen hat, die Feinde gewinnen zu lassen, die Juden dies zu akzeptieren haben. In diesem Kontext ist für ihn jede messianische Erwartung, und dies bedeutet für ihn die Erwartung eines König- und Kriegs-Messias, abzulehnen. Eine weitere Schrift aus dieser Zeit ist, obwohl ihre Datierung noch immer umstritten ist, 1. Henoch 3 7-71. In den sog. Bilderreden Henochs sind die Begriffe ••Messias«, »Menschensohn«, »Auserwählter« und »Gerechter« mit einer Endzeitgestalt zu identifizieren. Die Funktionen dieses Endzeitbefreiers sind die eines »Richters«, seine Attribute sind die eines gerechten ••Königs«. Er wird das Gottesvolk sammeln. Auch der »Sohn des Menschen« (Hen(äth) 46,3-5 u.a.) wird in eine Endzeitbefreiergestalt mit königlichen und auch militärischen Zügen umgedeutet. Dabei wird umfangreiches biblisches Material (Dan 7,Jes 11 und 24) verwendet. Im eschatologischen Kampf richtet diese komplexe Gestalt den Mächtigen und den Gerechten. Sich dabei einen historischen Kontext vorzustellen, ist jedoch sehr schwierig. Festzuhalten ist dennoch, daß in oder seit der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts n. d. Z. biblisches Material oft so umgedeutet wird, daß die Begriffe eines Richters, eines Königs und eines Menschensohns in einer Endzeitgestalt kombiniert werden. Der Autor der Bilderreden steht dabei nicht allein 271 • Die Frage, wie dieser spezifische Konzeptualisierungsprozeß eines Richter-König-Menschensohnes, der das Gottesvolk sammeln wird, historisch verwurzelt und deutbar sein kann, erweist sich insofern als besonders spannend. Fanden wir in den Briefen des Paulus nur wenige messianische Erwartungen, so ergaben die Logienquelle ••Q« und die synoptischen Apokalypsen ein anderes Ergebnis. In »Q<< finden wir die unmittelbare Erwartung des 271
S. weiter unten.
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Kommens Jesu als »Sohn des Menschen«. Dieses Messias-Konzept unterscheidet sich von den anderen bisher gefundenen Konzeptionen der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts n. d. Z., die gerade das Königliche und Militärische des Endzeitbefreiers hervorheben oder ablehnen. So wäre es denkbar, daß Messias-Vorstellungen nicht nur in einer Analogie mit den politischen Machtverhältnissen entstehen, sondern daß auch die sozial-religiösen Faktoren eine Rolle spielen. Wie dies genau zu verstehen ist, bleibt vorerst offen. Das Konzept eines »Sohnes des Menschen« in »Q« scheint nicht direkt in einer Auseinandersetzung mit anderen Messias-Konzeptionen entstanden zu sein. Der >>Bevollmächtige« Gottes- wenn wir Jesus bei seiner Wiederkunft als »Sohn des Menschen« so auffassen würden- wird in »Q« nicht als König oder Priester, wie in den Jahrzehnten davor üblich, dargestellt. In den etwas späteren synoptischen Apokalypsen (Mk, Mt und Lk) hat sich die Lage geändert. Matthäus stellt Jesus als davidischen König-Messias dar, während Markus noch von einem Menschensohn ausgeht. Lukas betont die biblische Herkunft des Messias gerade durch sein Schema von Verheißung und Erfüllung. Bei allen drei Evangelien finden wir viele biblische und auch hellenistische Begriffe, die Jesu Wirken und seine erwartete Wiederkunft beschreiben. Von allen drei Verfassern wird Jesus antithetisch zu Verfolgungen, Pseudogesalbten und Pseudopropheten dargestellt, und es scheint im Konzeptualisierungsprozeß eine Auseinandersetzung mit jüdisch-apokalyptischem Material und hellenistischem Gedankengut stattgefunden zu haben. Bei den Synoptikern ist m.E. noch mehr als in »Q« die sozial-religiöse Lage der Jünger Jesu bestimmend für den Konzeptualisierungsprozeß einer Endzeitgestalt; die politischen Machtverhältnisse scheinen dabei zurückzutreten, weil es sich angeblich um »innerjüdische« Auseinandersetzungen gehandelt hat. Insgesamt ergibt sich aus der Entwicklung der Messias-Vorstellungen und deren Verbindung mit der Person Jesu im neutestamentlichen Kanon nicht die Frage, ob eine jüdisch-messianische Erwartung »hellenisiert« worden sei 272 , sondern ob nicht eher von Paulus und von »Q« und im Rahmen der hellenistisch-jüdischen Gemeinden der Begriff »Christus« als Name oder Titel eines von Gott »Geheiligten« mit der Person Jesu, hermeneutisch gesehen insbesondere mit seinem Tod und seiner Auferstehung verbunden worden sei, wonach er in den synoptischen Apokalypsen- in einer Auseinandersetzung mit den jüdisch-messianischen Erwartungen und im Spannungsfeld mit den politischen Umständen- mit zusätzlichen messianischen Epitheta bekleidet worden sei. 272
Vgl. Karrer, Gesalbte, 408.
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Denn wir müssen feststellen, daß Paulus fast ausschließlich von »Christus<< spricht, »Q« von dem ~~Propheten« und dem »Sohn des Menschen« und erst die Evangelien die Begriffskombinationen erheblich erweitern, zum Beispiel mit den Begriffen »Sohn Davids« und »Sohn Gottes«, und zwar mit dem Schwerpunkt in der Erwartung der Parusia Jesu als des bevollmächtigen Endzeitrichter-Menschensohns. Das Konzept vom Richter-Menschensohn wird erst in der Apokalypse eine Ausdehnung im politischen Kontext des römischen Reiches finden. Pointiert ausgedrückt: der irdische Prophet Jesus, der Verkündiger des kommenden Reiches Gottes, wurde von Paulus als der von Gott geheiligte Erlöser für die Völker anerkannt und wurde vorübergehend auch als Messias Israels designiert, bekam jedoch im letzten Drittel des 1. Jh.n. d. Z. mehr und mehr die Rolle eines universalen Endzeitherrschers und Richters, und zwar in wachsender Auseinandersetzung mit der Politik des römischen Reiches. Im »Buch der Biblischen Altertümer« (AntBibl) finden wir den Niederschlag einer anderen jüdischen Strömung im Palästina des 1. Jahrhunderts n. d. Z. Hier werden zwar keine messianischen Erwartungen formuliert, dennoch werden in der Nacherzählung der Geschichte Israels ihre Führer und dabei insbesondere Pinehas, Elia und Samuel hervorgehoben. Wenn dabei auch Messias-Konzeptionen entwickelt worden wären, dann wären die prophetischen und priesterlichen Aspekte einer Endzeitgestalt betont worden. Ein starkes eschatologisches und messianisches Interesse finden wir in AntBibl jedoch nicht. Dabei bildet der Autor dieser Schrift, wie dies auch auf Josephus zutrifft, nach dem ersten jüdischen Krieg keine Ausnahme. Beider Haltung wäre eher als »konservativ« statt als »revolutionär« 273 wie in anderen zeitgenössischen Schriften einzustufen. Als Hintergrund ihrer Gedanken über die Führer Israels ist hierbei m.E. auch nicht an bestehende politische Machtverhältnisse, sondern eher an die sozial-religiöse Lage der Nachkriegszeit zu denken, in der ja eine starke Führung vonnöten war. Für die gesammte Periode von 63 v. d. Z. bis 70 n. d. Z. ergibt sich folgendes schematisches Bild, wobei den tatsächlichen Machtverhältnissen die von den verschiedenen Gruppierungen angestrebten und zum Teil auch realisierten neuen Gesellschaftsordnungen gegenübergestellt sind.
Rom: Kaiser, Herodianer/Prokuratoren, Hohepriester, Tributpflichtige Bauern.
judäa:Vater im Himmel, Davidischer König, Pharisäerffora-Lehrer, Widerstand leistende Zeloten, Sikarier und Priester. m Diese Begriffe sind allerdings in diesem Kontext problematisch.
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Die grundsätzliche Kritik der Autoren und Bewegungen, ob Philo und der Autor des Henoch-Buches, die Christen, die Gemeinde von Qumran oder die Zeloten, richtete sich gegen die Herrschaftsansprüche der römischen Kaiser und deren Vertreter. Dies geschah auf zwei Ebenen, nämlich der staatstheoretischen und der sozial-politischen. Die römische Staatstheorie gründete auf der philosophischen Tradition des Hellenismus, in der der König das Abbild Gottes ist, »der durch den Nous den Kosmos ordnet und bewahrt. Ebenso wie dieser Nous rettende Funktion gegenüber der Welt hat, so hat sie der König gegenüber seinen Untertanen. Und ebenso wie der König dem Staat die vernünftige Ordnung gibt, so muß ein jeder Bürger in seinem Leben dem Nous folgen. Der König ist in seiner Person die Verfassung seines Reiches und der Retter für seine Untertanen« 274 • Die göttlichen und heilbringenden Ansprüche der römischen Kaiser entsprachen jedoch in keinerlei Weise den von Moses und den Propheten geprägten theokratischen Vorstellungen der Juden. Nur Gott und seinem Gesalbten war zu »gehorchen«. Die prinzipielle Kritik fand eine Bestätigung in den von der römischen politischen Ordnung verursachten sozialen Problemen. Die tributpflichtigen Bauern bezahlten für das »Heil« des römischen Reiches, nicht jedoch für den Aufbau ihres Tempelstaates. Die von den Propheten und ihren späteren Interpreten befürwortete soziale Gerechtigkeit, die sich in einer jahrhundertelangen Tradition bewährt hatte, wurde von dem römischen Steuersystem mit Füßen getreten. Die messianischen Erwartungen, die im Grunde genommen die auferzwungene Staatstheorie und ein von den väterlichen Traditionen entfremdetes politisches System kritisierten, basierten auf den ungerechten sozialen Verhältnissen und konnten sich daher sowohl sehr wirksam als auch sehr unterschiedlich entwickeln 275 • Das Scheitern des Aufstandes fand jedoch nicht zuletzt darin seine Ursache, daß die großen Unterschiede der messianischen Ideale und politischen Strategien ein Ausdruck der Verwirrung und des Zerfalls der Einheit auf der staatstheoretischen Ebene waren. Die gemeinsame Front gegen Rom täuschte darüber hinweg, daß der Untergang des jüdischen Staates auch durch innerjüdische Streitereien und eingeschlichene fremde, d.h. hellenistische Gedanken und Sitten verursacht worden war. Des weiteren waren die pro- und anti-römischen Gruppierungen in der Gesellschaft ein Beweis für den Erfolg des römischen Prinzips »Teile und herrsche«.
274 275
Kippenberg, Religion, 122-123; vgl. 117 ff. Vgl. Kippenberg, Religion, 125 ff.
V Die messianischen Erwartungen von Titus bis Bar Koziba KAPITEL
1. Einführung Der Angriff des Prokurators Gessius Florus auf den Tempelschatz soll der Auslöser des ersten jüdischen Krieges (66-73 v. d. Z.) gewesen sein 1• Dennoch hatte das revolutionäre Feuer schon gewütet, seit Herodes an der Macht war, und zwar in mehreren Aufständen von Zeloten und Sikariern2 • In der Bildung vieler verschiedener religiöser Gruppen mit allen ihren eigenen politischen Vorstellungen zeigt sich, wie komplex und vielseitig das Judentum zur Zeit des Zweiten Tempels warl. Diese Verschiedenheit religiös-politischer Einsichten finden wir sowohl in den Ereignissen des Aufstandes als auch in den messianischen Erwartungen dieser Zeit widergespiegelt. Nicht nur gab es während des Krieges Auseinandersetzungen zwischen den Sadduzäern und den Pharisäern, sondern es rivalisierten auch zwei nationalistische Parteien miteinander: die Zeloten unter Führung von Johannes von Giskala und jene unter Führung von Sirnon bar Giora. Das führte bald zu einem Bruderkrieg mit einem katastrophalen Ende4 • Nachdem Titus Jerusalem erobert hatte und zu spät gekommen war, um den Tempel vor dem Feuer zu retten, so die Überlieferung, marschierte er mit 700 Gefangenen, darunter Sirnon und Johannes, mit dem goldenen Schaubrottisch und der Menorah in Rom ein5 • Lucilius Bassus und sein Schürer, History J, 485. Vgl. dafür Hengel, Zeloten, 319ff. 3 Von einem .. normativen Judentum• kann daher zum damaligen Zeitpunkt nicht die Rede sein. Auch die Versuche, das pharisäische Judentum als •proto-rabbinischcc zu bezeichnen, sind als problematisch zu bewerten. Siehe weiter die Forschungsübersicht von Saldarini, A.j., ,.Reconstructions of Rabbinie Judaism•, in: Kraft; Nickelsburg, Judaism, 437-477, vor allem 454ff. 4 Vgl. Schürer, History J, 496ff. 5 Schürer, History J, 509ff. Der genaue Vorgang ist jedoch umstritten. 1
2
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Nachfolger Flavius Silva wurden beauftragt, Masada wie auch Machaerus und das Herodium Eleasar ben Yair und den anderen Sikariern zu entreißen. Diese begingen dann bekanntlich 73/74 n. d. Z. Selbstmord. In den Jahrzehnten nach dem Krieg wurde Judäa von einem Mitglied des Senats regiert'; bis circa 120 n. d. Z. bleibt die » Legio X Fretensis« im Land 7 • 132135 n. d. Z. kommt es zum Bar-Koziba-Aufstand, nachdem 115-117 n. d. Z. die Juden in der Diaspora schon rebelliert hatten. Was die religiösen Entwicklungen anbelangt, liegt die Zeit zwischen den beiden jüdischen Kriegen für uns jedoch weitgehend im Dunkeln, und wir können nur einige Vermutungen aufstellen, so etwa daß der Tempel, der Sanhedrin und die Sadduzäer als Gruppe keine Rolle mehr gespielt haben, daß die Zeloten und die Sikarier zum größten Teil getötet worden waren, daß die Qumran-Gemeinde nach 68 n. d. Z. nicht mehr existierte, daß die Juden-Christen aus Jerusalem geflohen waren und daß, wie wir dies aus späteren Quellen erfahren, in dieser sogenannten » Jabne-Zeit« eine Neuorientierung des »rabbinischen« Judentums stattgefunden hat. Leider ist in diesem Zusammenhang in der Forschung bisher zu wenig auf die verschiedenen apokalyptischen Strömungen und Schriften dieser Zeit eingegangen worden8• Denn auch das Iv.Esra-Buch, Pseudo-Philo, die Abraham-Apokalypse und die 2. (syrische) Baruch-Apokalypse weisen auf ein stark von religiösen und politischen Problemen geprägtes Klima hin. Dabei dominierte in diesen Schriften eine bestimmte Geschichtsauffassung, während es sich im Judentum unter Führung von Yo}:tanan ben Zakkai und R. 'Aqiba wohl mehr um die halachischen Probleme gehandelt hat. In der mit Bar Koziba verbundenen Gruppe scheint eine Synthese von Nationalismus und Religiösität stattgefunden zu haben. Aufgrund der 1951 und 1960-1 entdeckten Bar-Koziba-Dokumente können wir uns ein Bild von dieser Gruppe und von dem Aufstand in den Jahren 132-135 n. d. Z. machen; über den Diaspora-Aufstand in Ägypten, Kyrene und Zypern wissen wir jedoch verhältnismäßig wenig9 • Mit dem litel ,.Jegatus Augusti pro praetore provinciae ludaeae•; s. Stern, M., ,. The Province of Judaea•, in: CRII.l., 308-376, vor allem 315. 7 Schürer, History I, 514 und s. auch Jos, Bell VII SS 216-218; Cohen, S.J.D., "Masada: Literary Tradition, Archeological Remains, and the Credibility of josephus•, ]JS 33 (1982), 385-405; lsaac, B., »judea after AD 70 .. , ]JS 35 (1984), 44-70. 8 Bibliographische Hinweise: Porton, G.G., ·Diversity in Postbiblical Judaism•, in: Kraft; Nickelsburg, Judaism, 57-80; Hengel, Zeloten, 319-383; Gafni, I.M., .. The Historical Background•, in: CRI 11.3.1, 1-34; Rosenthal, F., Vier apokryphische Bücher aus der Zeit und Schule R.Akiba's, Leipzig 1885 und meine Magister-Arbeit: Oegema, •Auslegung•. 9 Weitere bibliographische Hinweise: Schäfer, Aufstand; Cohen, •History•, in: 6
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Wie sich die messianischen Erwartungen in dieser Zeit entwickelt haben, ist das Thema der folgenden Untersuchung. Dabei werden einige der nichtpaulinischen Briefe des Neuen Testaments, die Offenbarung des johannes, die hellenistisch-jüdische Bearbeitung der Testamente der XII Patriarchen, die Apokalypsen des Abraham, Baruch und Esra, das V. Sibyllinische Orakel-Buch sowie die Bar-Koziba-Dokumente behandelt.
2. Die nichtpaulinischen Briefe des Neuen Testaments Auch in einigen der nicht-paulinischen Briefe des Neuen Testaments finden wir eschatologische und messianische Gedanken, insbesondere in 1 Petr 2,9-10; 2 Petr 3,10; jud 14-15 und auch in 1 Tim 6,14 und 2 Tim 3,1. Stellen wie 1 joh 1,7; 2,1 und 4,9, wo jesus als »Sohn Gottes«, »Paraklet«, »Gesalbter« und »Gerechter« bezeichnet wird, sind eher als christologisch zu bezeichnen. 1 Petrus 2,9-10
»Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das Volk des Eigentums Ues 43,21 ), damit ihr die Wohltaten desjenigen verkündigt, der euch von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat. Die einmal Nicht- Volk waren, ist jetzt Gottes Volk; die einmal NichtBegnadigte waren, sind jetzt begnadigt (vgl. Hos 1,6. 9; 2,25) « 10•
Kraft; Nickelsburg, ]udaism, 33-56, vor allem 37-41; Neusner, Traditions, 143-179; Harnisch, W., Verhängnis und Verheissung der Geschichte. Untersuchungen zum Zeitund Geschichtsverständnis im 4. Buch Esra und in der syr. Baruchapokalypse, Göttingen 1969; Avigad, N. u.a., »The Expedition to the judean Desert, 1960•, JE] 11 (1961 ), 13ff. und JE] 12 (1962), 167ff.; Benoit, P., Milik, j.T.; Oe Vaux, R., Les grottes de Murabba'at (DJD II), Oxford 1961; Saldarini, A.J., •The Uses of Apocalypric in Mishna and Tosephta•, CBQ 39 (1977), 396-409; Rowland, C., •Apocalyptic in Early Christianity•, in: Rowland, C., The Open Heaven. A Study of Apocalyptic in ]udaism and Early Christianity, London 1982,358-402; Vielhauer, P., •Apokalyptik des Urchristentums .. , in: Hennecke; Schneemelcher, Apokryphen II, 428-454; Schüssler Fiorenza, E., ,. The Phenomenon of Early Christian Apocalyptic. Some Reflections on Method«, in: Hellholm, Apocalypticism, 295-316; Gruenwald, 1., •Jewish Apocalyptic Literature•, ANRW 11.19.1., 89-118; Nickelsburg, ·Aspects•, in: Hellholm, Apocalyticism, 641-654. 10 Übersetzung vom Autor.
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In 1 Petr 2,9-10 ist zwar nicht von einem Endzeitbefreier die Rede, dennoch wird aufgrund von vier Bibelzitaten Ues 28,16; Ps 118,22 (Ps 117,22 LXX)/Jes 8,14;Jes 43,20 und Hos 1,6.9/2,25 in 1 Petr 2,1-10) eine Argumentation mit einer messianischen Tendenz formuliert. Das 2. Kapitel ist im Grunde als christologisch aufzufassen (Christus ist der Eckstein, und sein Volk ist das geistliche Haus), dennoch wird auch die eschatologische Heimsuchung der Glaubenden durch eine Endzeitgestalt erwähnt. Diese Heimsuchung eines »heiligen Restes« ist auch in anderen zeitgenössischen Apokalypsen ein Thema. In 1 Petr 2 fällt dann die Hervorhebung der Kombination der königlichen und der priesterlichen Aspekte in der Bearbeitung der Paraphrase von Jes 43,21 (unter Einfluß von Ex 19,6?) auf. 2 Petrus 3,10 »Der Tag des Herrn wird kommen wie ein Dieb; dann werden die Himmel mit großem Krachen vergehen; die Elemente werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und ihre Werke werden verbrennen« 11 •
Der 2. Petrus-Brief ist wie der 1. Petrus-Brief, der auch am Ende des 1. Jh.n. d. Z. geschrieben wurde, als Pseudepigraphen aufzufassen 12• Er ist vom Judas-Brief beeinflußt worden 13 • Das ganze 3. Kapitel ist als Apokalypse zu bezeichnen, der von einer neuen Erde und einen neuen Himmel spricht, hier jedoch ohne Endzeitgestalt. Es handelt sich ausdrücklich um »den Tag des Herrn« (3,10)1 4 und »den Tag Gottes«. Über diesen Tag weiß nur Gott Bescheid; für ihn ist ein Tag wie tausend Jahre (Ps 90,4 in 2 Petr 3,8). Vor diesem Tag haben jedoch schon die Propheten, Jesus und die Apostel (so 2 Petr 3,2) gewarnt. So wird Jesus hier nicht als Endzeitgestalt, sondern als Prophet, der vor dem Tag des Herrn gewarnt hat, dargestellt. Judas 14-15 »Auch der siebente von Adam an, nämlich Henoch, hat von ihnen geweissagt und gesagt: •Siehe, der He" kommt mit viel tausend Heiligen, um Gericht über alle zu halten und sie von dem ganzen Wandel ihrer Gonlosigkeit zu überführen, für alle gonlosen Werke, worin sie gonlos gewesen sind,
Übersetzung vom Autor. S. weiter Köster, Einführung, 489f.; 733ff. u Köster, Einführung, 489f. 14 Der Text von Vers lO.a.: Der Tag des Herrn wird wie ein Dieb kommen (vgl. 1 Thess 5,2-3) wird von vielen Textzeugen weggelassen; der Text von Vers lO.b-d.: der Himmel wird vergehen, die Elemente werden schmelzen und die Erde wird verbrennen, ist wahrscheinlich von Mt 24,29 (wo Jes 13,10 und 34,4 zitiert werden) abhängig. 11
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und für alle Frechheit, die die gottlosen Sünder wider ihn geredet haben (vgl. Hen(äth) 60,8; 93,3)« 15 •
In dem kurzen Brief von Judas, der in der 2. Hälfte des 1. Jh.n. d. Z. unter Einfluß der palästinischen Apokalyptik entstanden ist16, nennt der Autor nach einer Reihe biblischer Beispiele von Schandtaten und Bestrafungen in Ägypten, Sodom und Gomorra und bei Kain und Korah Uud 3-13) eine Weissagung von Henoch über das letzte Gericht17• Diejenigen, die an Gott und an jesus Christus glauben, werden aber ermahnt, während der Zeit des Endes, die durch das Auftreten von Spöttern und Gottlosen gekennzeichnet sein wird, an ihrem Glauben festzuhalten. Denn nur dem, der sie beschützen kann, jesus Christus, ist alle Macht und Herrlichkeit gegeben Uud 1725). Dennoch ist hier nicht von einem Endzeitbefreier die Rede, weil Gott selbst Richter sein wird. Christus wird nur der Aspekt der Behütung der Berufenen während der Endzeit zugeteilt. Aufgrund der als Zitat eingeführten Worte Henochs (vgl. Hen(äth) 60,8; 93,3 und 1,9 injud 14-15), wie auch aufgrundder Beschreibung der Endzeit, in der es Spötter und Gottlose geben wird, ist Genaueres über den Sitz im Leben dieses Briefes zu sagen. Die Gottlosen reden stolze Worte, sie murren, wandeln nach ihren Lüsten, achten andere Menschen nicht, spotten und verursachen Spaltungen. Es könnte sich m.E. hier um ein innerkirchliches, besser: innerjüdisches Problem handeln, das als religiös und unpolitisch zu bezeichnen ist. Wenn Palästina Entstehungsort und die 2. Hälfte des 1. jh.n. d. Z. Entstehungszeit dieses Briefes ist (die Verwendung von Zitaten von Hen(äth) und AssMos würde darauf hinweisen), sind der Autor und seine »Gemeinde« bestimmt nicht unter den Widerstandskämpfern in Galiläa oder in jerusalem zu finden, sondern eher unter den Christen, die während des Krieges aus jerusalem geflohen waren 18 • Daher ließe sich vermuten, daß der Autor die historischen Ereignisse seiner Zeit aufgenommen hat, indem er bestimmte Endzeiterwartungen auslegte, aber nicht in politischen Begriffen, wie die Aufständischen es Übersetzung vom Autor. S. Köster. Einführung, 489f. und Vielhauer. Geschichte, 594: •Da der Autor jüdische Apokryphen benutzt, wird er ein Judenchrist gewesen sein. Die Abfassungszeit läßt sich nicht genau bestimmen; terminus ad quem ist der 2Petr. der den Jud benutzt, aber auch nicht sicher datierbar ist. Man nimmt gerne die Wende vom 1. zum 2. Jh. an, ohne begründen zu können, warum«. 17 Vgl. auch die Parallele mit Henoch und mit der Himmelfahrt des Mose in den Versen 4, 6, 9 und 13. 18 S. dafür auch Schürer. History I, 498 und 523. 15
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taten, sondern (in Anlehnung an den Autor der Bilderreden) in Vorstellungen von einer »Heimsuchung der Heiligen in der Endzeit«, von »einer Bestrafung der Gottlosen« und von einem gerechten und göttlichen Endzeitgericht. Dabei läßt sich eine polemische Haltung gegenüber der Apokalyptik beobachten 19• Ein als politisch dargestellter Endzeitbefreier findet wohl deswegen keine Erwähnung, weil von dem Autor eine politische Lösung der Probleme schon unter den damaligen Umständen nicht (mehr) erwartet wurde. Nur Christus werde die Glaubenden beschützen können. Diese Behütung der Glaubenden könnte m.E. auf einen Entstehungsort außerhalb der gefährdeten Gebiete hinweisen; so würde die Entstehung des Briefes im Rahmen einer Neuorientierung von »Flüchtlingen«, die ihre Beschützung als erste Lebensbedingung sahen, zu verstehen sein.
Der Hebräerbrief In dem Brief an die Hebräer, geschrieben von einem wohl jüdisch-christlichen Autor der Generation nach Paulus circa 85 n. d. Z. an eine Gemeinde in Italien 20 , finden wir eine ausgeprägt allegorische und typologische Auslegung der Bibel und dabei vor allem der sogenannten »messianischen« oder christologischen Stellen 21 • Schon in Kapitel1,5-14 werden Ps 2,7; 2 Sam 7,14; Ps 97,7; 104,4; 45,7-8; 102,26-28 und 110,1 zitiert. Jesus Christus wird hier dargestellt als »Sohn Gottes«, dem die Engel dienen, dessen Thron für immer Bestand haben wird, dem das Zepter der Gerechtigkeit gehört und der zur rechten Seite Gottes sitzr22• In Kapitel 3,1-6 wird Jesus als derjenige dargestellt, der über Mose steht. In Kapitel 4,14-16 und 5,6ff. wird er der Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks genannt (mit einer Art Midrasch auf Melchisedek in 7,1-28). In Kapitel8,1-13 wird er als Mittler des Neuen Bundes, dessen Dienst im Himmel ist, dargestellt, und in Kapitel 9,1-10,18 folgt eine Erklärung der Bedeutung des Opfers Christi. So finden wir im Hebräerbrief wie in keiner anderen neutestamentlichen Schrift eine verstärkte Auslegung (die hier wohl als Predigt bezeichnet werden könnte) der sogenannten »messianischen« Stellen der Bibel. Es handelt sich hierbei jedoch um eine christologische Auslegung der Bibel, da die Bedeutung Jesu auf theologischem und ekklesiologischem Hintergrund reflektiert wird, ohne daß dabei messianische, eschatologische oder apokalyptische Erwartungen eine Rolle spielen. 1' 20 21 22
So Köster, Einführung, 682ff. Vgl. Vielhauer, Geschichte, 248-251. S. dafür Köster, Einführung, 71 Off. S. weiter juel, Exegesis, 77f.
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Diese christologische Tendenz finden wir in verstärktem Maße bei den christlichen Apologeten, wobei in der Mitte des 2. Jahrhunderts n. d. Z. Justinus sich vorläufig zum letzten Mal mit den »messianischen«, d.h. christologischen Auslegungen der Bibel auseinandersetzt. Bei der Feststellung, daß der Autor stark christologisch, aber nicht messianisch vorgeht, fällt allerdings auf, daß er viele verschiedene und unterschiedliche Begriffe auf Christus bezieht. Gerade diese Verschiedenheit der verwendeten Begriffe und Kombinationen unterschiedlicher Konzepte wird auch in bezug auf die messianischen Erwartungen in der Zeit von Titus bis Bar Koziba zu einem der dominierenden Kennzeichen dieser Erwartungen überhaupt. Dazu werden wir in den nächsten Paragraphen noch auf weitere Beispiele stoßen.
3. Die Johannes-Apokalypse In der sehr kompliziert aufgebauten Apokalypse des Johannes 23 finden wir unter den visionsreichen eschatologischen Erwartungen eine Vielzahl von Endzeitgestalten: das »Lamm« (5,6-14; 6,1ff. und 14,1ff.), der »Menschenähnliche auf der Wolke« (14,14-16), das »Wort Gottes auf dem weißen Pferd« (19,11-16) und »Christus«, der bald wiederkommen wird (22,1217). Dabei sind verschiedene Vorschläge gemacht worden, dem Hintergrund dieser Erwartungen näherzukommen24 •
Apc 5,6-14; 7,4-17 und 14,1-13 In Apc 5,6-7 wird beschrieben, wie ein Lamm zwischen einem Thron, vier Gestalten und vierundzwanzig Ältesten steht. Es hat sieben Hörner und sieben Augen, von denen gesagt wird, daß sie die sieben Geister Gottes, die u Bibliographische Hinweise: Hellholm, Apocalypticim; Hellholm, D., • The Problem of Apocalyptic Genre and the Apocalypse of John«, in: Collins, A.Y. (Hrsg.), Semeia 36: Early Christian Apocalypticism: Genre and Social Setting, Decatur 1986, 13-64; Aune, D.E., ,. The Apocalypse of John and the Problem of Genre«, in: Collins, Semeia 36, 65-96; Schüssler Fiorenza, E., ,. The Followers of the Lamb: Visionary Rhetoric and Social-Political Situation•, in: Collins, Semeia 36, 123-146; Thompson, L., •A Sociological Analysis of Tribulation in the Apocalypse of john«, in: Collins, Semeia 36, 147-174; Rowland, Heaven, vor allem 349ff. 24 S. dafür die Bibliographie in Collins, Semeia 36, vor allem die von Hellholm und Thompson.
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auf die Erde gesandt worden sind, darstellen. Dieses Lamm nimmt ein Buch aus der rechten Hand dessen, der auf dem Thron sitzt, wonach die vier Gestalten und die vierundzwanzig Ältesten sagen: •• Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel aufzutun(( (Apc 5,9). Dies geschieht dann im 6. Kapitel, wo wir die Vorzeichen der Endzeit offenbart finden. Eine zweite Funktion wird dem Lamm in 7,4-17 zugeschrieben: das Lamm, das inmitten des Throns ist, wird die 144.000 Versiegelten aus den Geschlechtern Israels und die große Schar aus allen Nationen «führen zu den lebendigen Wasserbrunnen« und «Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen« (]es 25,8) (7,17). Obwohl in der Beschreibung des Lammes einige biblische Anlehnungen zu erkennen sind (z.B. jes 53,7 in 5,6 und 1 Chr 29,11 in 5,11), basiert die Beschreibung, vor allem in 5,9-12, hauptsächlich auf dem neutestamentlichen Bericht über jesus: das Lamm hat mit seinem Blut die Menschen erkauft und zu Priestern und Königen für Gott gemacht. Das Bild eines Hirten in 7,17 entstammt jedoch eindeutig Ez 32,23 und Ps 23,1-2, und in Vers 17.c finden wir jes 25,8 zitiert. Nachdem der »Antichrist(( erschienen ist (Kapitel 13), sehen wir das Lamm zusammen mit den 144.000 Erkauften, die ohne Sünde sind (genauer: die ohne Lüge sind; so auch Zeph 3,13 und jes 53,9 in Apc 14,5), auf dem Berg Zion stehen (14,1ff.). Sie werden mit seinem Namen und dem Namen seines Vaters in der Drangsal der Endzeit beschützt. So erfüllt das Lamm, dessen Bild zwar in der hebräischen Bibel, dessen Bedeutung jedoch im Neuen Testament zu finden ist, nicht die Rolle eines Endzeitbefreiers, sondern es bricht nur die Versiegdung des endzeitliehen Geschehens und versiegelt in 7,17 (hier als Hirt dargestellt) mit seinem Namen die 144.000 Heiligen, damit sie in der Endzeit vor dem Antichrist geschützt sind 25 • 25 Darüber hinaus wäre auch auf Apc 5,5 hinzuweisen, wo das Lamm von 5,6ff. mit dem Löwen aus dem Geschlecht Judas, der Wurzel Davids (vgl. Gen 49,9-10 und Jes 11,1) identifiziert wird; sowie auf Apc 17,14, wo das Lamm mit den Königen des großen Babyions kämpft und sie überwindet, •denn er ist Herr aller Herren und König aller Könige•. Hier werden dem Lamm messianische Funktionen zugeschrieben; vgl. dazu auch Beale, G.K., The Use of Daniel in ]ewish Apocalyptic and in the Revelation of St.]ohn, Lanham 1984, 259-263, vor allem 261: ,. Thus, the messianic lamb is pictured in an ironic way, overcoming the forces of the horned beast, with the same language by which this beast is described in Daniel 7 (and Rev. 11:7; 13:7a) as overcoming the saints«. So differenzieren die Stellen Apc 5,5 und 17,14 das Bild des Lammes in 5,6-14; 7,4-17 und 14,1-3, und sind sie eher als •biblische Anlehnungen• einzustufen. In Apc 5,5 und 5,6-14 wird klar, wie biblische Aspekte einer messianischen Gestalt (der Löwe Judas und die Wurzel Davids) mit einer neutestamentlichen Christologie Uesus als Lamm und Wort Gottes) verbunden und umgedeutet werden; vgl. weiter noch Rowland, Heaven, 425ff.
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Apc 14,14-16
In Apc 14,14-16 begegnen wir dem »wie eines Menschen Sohn«, den wir auch von den anderen Apokalypsen des ersten Jahrhunderts her kennen, nämlich dem »Menschenähnlichen« (vgl. Dan 7,13 und Mt 24,30). Auf seinem Haupt trägt er eine goldene Krone und in seiner Hand eine scharfe Sichel. Mit dieser Sichel schlägt er auf die Erde und erntet. Ein Engel tut dasselbe mit einem scharfen Winzermesser und schneidet die reifen Trauben der Erde, um sie in die große Kelter des Zornes Gottes zu werfen (14,15-20) 26 • In Apc 14 erfüllt der erntende Menschensohn eindeutig die Rolle eines endzeitliehen Richters. Obwohl Jesus im N.T. oft mit dem Bild eines Menschensohnes verbunden wird (vgl. Mk 13,26), scheinen mir in Apc 14,14-16 zwei biblische Stellen, Dan 7,13 und Joel 4,13, mit der Endzeitgestalt in Apc verbunden zu sein27 • Eine ausführlichere Beschreibung des Menschensohnes finden wir vor in Apc 1,12-20, hier jedoch ohne direkte eschatologische Implikationen. Er wird als »der Erste und der Letzte« (vgl. auch Apc 1,8 und 22,13) beschrieben und ist mit königlichen und göttlichen Attributen bekleidet. Er trägt sieben Sterne in seiner Hand, und aus seinem Mund geht ein scharfes zweischneidiges Schwert hervor. Er beauftragt Johannes, die ihm offenbarten Geheimnisse der sieben Sterne, die Engel der sieben Gemeinden vorstellend, aufzuschreiben. Obwohl auch in Apc 1 der Menschensohn mit vielen Anlehnungen an Daniel 2; 7; 8 und 10 beschrieben wird 28 , wird er weniger als Richter dargestellt; lediglich das zweischneidige Schwert deutet auf eine Richterfunktion hin. Andere Aspekte einer Richtergestalt fehlen jedoch. Dabei fungiert der Menschensohn, der ja im narrativen Rahmen von Apc 1,1220 keine eschatologische Gestalt ist, hauptsächlich als Ankündiger und Bringer apokalyptischer Offenbarungen.
16 Das Thema der Ernte mit einer Sichel (14,15) finden wir auch in Joel 4,13 und Mk 4,29. 17 Beale, Use nimmt merkwürdigerweise keinen Bezug auf Apc 14,14-16. anders bei Müller, Messias, 190-197, vor allem 193ff. 11 S. dafür Beale, Use, 154ff. und 177: ,. Thus, the Vorbild of Daniel 7 and 10 has been employed in interpreting the fulfillment of the Daniel 7 kingdom prophecy which has been inaugurated in Christ's resurrection«.
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Apc 19,11-16
In Apc 19,11-16 scheinen der Menschensohn von 1,12-20 und der Menschensohn von 14,14-16 miteinander verbunden worden zu sein. Dabei werden die beiden Vorstellungen eines Offenbarungsbringers und eines endzeitliehen Richters zu einem neuen Konzept kombiniert. Wir sehen in Apc 19,1lff. eine Gestalt auf einem weißen Pferd, die »Treu und Wahrhaftig« heißt; sie richtet und streitet mit Gerechtigkeit (vgl. Jes 11,4f.). Ihre Augen sind eine Feuerflamme, auf ihrem Haupt befinden sich viele Kronen, sie trägt ein mit Blut besprengtes Kleid, und ihr Name lautet »Wort Gottes«. Aus ihrem Mund geht ein scharfes Schwert hervor (vgl. Apc 1,16), mit dem sie die Völker schlagen wird. Sie wird mit einem eisernen Stab regieren (vgl. Ps 2,9) und auf die Kelter voll vom Wein des Zornes des allmächtigen Gottes treten (vgl. Apc 14,15f.). Auf ihrem Kleid trägt sie den Namen »König aller Könige und Herrscher aller Herrscher« (vgl. Apc 1,5, wo dies über Jesus Christus gesagt wird). In Apc 19 wird eindeutig eine Endzeitgestalt beschrieben, die über die Völker der Erde herrschen und richten wird. Dabei ist sie, die mit einem eisernen Stab regieren wird (das Zitat von Ps 2,9 in Apc 19,15) mit dem ))Menschensohn« von Apc 1,12ff. und 14,14ff. zu verbinden. So finden wir in Apc 1; 14 und 19 ein modifiziertes Konzept eines Endzeitrichters vor. Es hat auffallende Ähnlichkeiten mit dem RichterMenschensohn in den Apokalypsen von Henoch, Esra und Baruch 29 • Zu seinen Funktionen gehört das Ankündigen der Offenbarungen, das Richten sowie das Herrschen.
Apc 22,12-17
In Apc 22,12-17 verspricht Jesus, der das ))A und 0<<, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende heißt (22, 13 ), der die Wurzel und das Geschlecht Davids und der helle Morgenstern ist (22, 16; vgl. jes 11,10 und Lk 1,78), daß er bald wiederkommen wird. Bis dahin soll keiner zu den Worten der Weissagung etwas dazutun oder wegnehmen (22,18-19; vgl. Dtn 4,2). Und wenn er wiederkommt, wird sein Lohn mit ihm sein, »um jedem gemäß seiner Werke zu geben<< (22,12). Hier erfüllt der beschriebene Jesus, wie der Menschensohn in Apc 1,12-20; 14,14-16 und 19,11-16 (in Apc 22,12-17 jedoch explizit am Ende der Zeiten auftretend) die Rolle des endzeitliehen Richters, und er bewacht unter Androhung von Strafe (daß 29
S. meine Kapitel IV.6; V.6 und V.7.
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Gott vom Baum des Lebens und von der heiligen Stadt etwas wegnehmen wird), ob die endzeitliche Offenbarung richtig aufgeschrieben wird. So schließt die Johannes-Offenbarung mit derselben Gestalt ab, mit der sie in Kapitel 1 angefangen hatte. Nun stehen wir vor der schwierigen Aufgabe, das vielfältige Konzept der johanneischen Endzeitgestalten in seinem historischen Kontext zu erklären. Dabei ist es uns schon aufgefallen, daß der Autor in großem Maße biblisches und anderes uns bekanntes traditionelles Material verwendet hat30 • Was die Konzepte der Endzeitgestalten anbelangt, scheint mit, daß wir in der Apokalypse eine gewisse Bearbeitung und Kritik der in der zweiten Hälfte des 1. Jh. n. d. Z. üblichen Konzeption einer Menschensohngestalt als Herrscher und Richtet, jedenfalls in Palästina, vor uns haben. Die Frage nach die Datierung und die Bestimmung des literarischen Charakters der Apokalypse sind allerdings zu beantworten, bevor wir der Natur ihrer messianischen Erwartungen näherkommen können. Aufgrund der Beschreibung des Tieres mit den zehn Hörnern, sieben Häuptern und zehn Kronen in Apc 13,lff. wird in Apc 17,9ff. der Sinn dieses Tieres entschlüsselt: die sieben Häupter sind sieben Berge, d.h. sie stellen Rom dar. Von den sieben Königen (die römischen Kaiser) sind fünf gefallen, einer ist noch am Leben und einer wird kommen. Die historische Deutung dieses Gesichtes kann sich jedoch sowohl auf die Zeit Neros als auch auf die Zeit Domitians beziehen, so daß die von Johannes erwähnten Verfolgungen (Apc 2,13) die Entscheidung bringen sollten. Dennoch bleiben auch im letzten Fall, da es mehrere Berichte über Verfolgungen unter den römischen Kaisern gibt, zwei Möglichkeiten zur Datierung bestehen 31 • Rowland schlägt nun vor, die Verfolgungen auf die Juden in Kleinasien zu beziehen, denn die Juden, von denen es damals in Kleinasien sehr viele gab (wie auch die Christen, die anfangs von der nichtjüdischen Bevölkerung auch als Juden betrachtet wurden), waren während des ersten jüdischen Krieges das Opfer des Hasses der heidnischen Bevölkerung geworden. Die Bevölkerung sah die kleinasiatischen Juden als Verursacher des Krieges gegen Rom an 32 • S. dazu auch Rowland, Heaven, 408-409: •lt is obvious that of all the New Testament writings Revelation is the one which is the product of its jewish background. Not only is the debt to Jewish apocalyptic great but the religious outlook in the document is still dominared by distinctively jewish practices (e.g. Rev. 2.14 and 20)•. 11 Vgl. Rowland, Heaven, 403-413, der die Berichte über Verfolgungen unter Domitian ziemlich tendentiös findet; noch kritischer ist Thompson, ,.Analysis•, 153ff. 12 So Rowland, Heaven, 412-413. 10
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Ein Argument, die Apokalypse während des ersten jüdischen Kriegs zu datieren, liegt m.E. darin, daß der Endzeitkampf sehr ausführlich beschrieben wird (so z.B. der Kampf zwischen dem Tier und dem Lamm in Apc 17,14) und daß Hinweise auf religiös-politische Machtverhälmisse (so z.B. in Apc 2,9 und ll,lff.) häufig vorkommen. Dies ist in bezug auf die eschatologischen und messianischen Erwartungen in den anderen neutestamentlichen und frühchristlichen Schriften viel weniger der Fall 33 • Wenn es also Argumente gibt, die Offenbarung auf die 60er Jahre n. d. Z. zu datieren, gewinnt auch die Frage, worauf sie sich in ihren MessiasVorstellungen bezieht, an Bedeutung. Wie ist dann jedoch ihre vielfach symbolische Sprache zu verstehen? Thompson, der dem Konsensus folgt, die Apokalypse sei unter Domitian geschrieben 3\ lehnt übrigens die These ab, es hätte unter Domitian mehr Verfolgungen gegen Christen als z.B. unter Nero gegeben 35 • Kleinasien war eine stabile römische Provinz, in der Juden eine wichtige soziale und wirtschaftliche Rolle spielten und nicht unter religiösen Verfolgungen zu leiden hatten36 • Während er die Krisen-Theorie (die besagt, daß Apokalypsen nur in einer sozial-historischen Krise entstehen können) ablehnt, schlägt er vor, das Motiv der johanneischen »Drangsal« als Produkt eines Konfliktes zwischen Johannes' symbolischer Welt und der Welt des römischen Reiches zu verstehen, die auch einen Anspruch auf Wahrheit erhob (vor allem in ihrem Kaiser-Kult)l 7 • Dieser Konflikt verstärkte die christliche Identität sowie den Appell, während der »Drangsal« auszuhalten und Christus zu folgen. Dies hatte eine gewisse soziale Isolierung zur Folge38 • Wenn wir nun, in der Nachfolge Thompsons, die Sprache und die symbolische Welt des Johannes als Reaktion auf einen hermeneutischen Konflikt verstehen, die Abfassung der Schrift jedoch früher datieren, dann wären die johanneischen Konzepte der Endzeitgestalten als Bearbeitung der eschatologischen und messianischen Erwartungen der palästinischen Juden zu verstehen, d.h. der Erwartungen der Apokalyptiker und der
In den eschatologischen und messianischen Erwartungen der Johannes-Apokalypse spielt älteres und biblisches Material auch eine verhältnismäßig größere Rolle als in den anderen nt-liehen Schriften; so auch Rowland, Heaven, 417 und 422-423. 14 Thompson, •Analysis•, 153; s. auch Köster, Einführung, 685f. 15 Thompson, •Analysis•, 158-159: •There is no indication, however, that Domitian modified the imperial cult by demanding greater divine honors than either his predecessors or successors«. Vgl. weiter Scott, K., The Imperial Cult under the Flavians, New York 1975. 36 Thompson, •Analysis«, 159ff. 17 Thompson, •Analysis•, 163ff. und 166ff. 11 Thompson, ·Analysis .. , 169f. H
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Aufständischen einerseits 39 sowie der christlichen Erwartung des baldigen Kommens des Menschensohnes Jesus andererseits. Dies würde die häufige Verwendung jüdischen Materials wie auch dessen starke christologische Umdeutung erklären können 40 • Es würde bedeuten, daß die »Lösung« eines christlichen Apokalyptikers (vgl. Apc ll,lff.) darin bestand, daßer-ausgehend von der jüdischen Apokalyptik und von der Umdeutung des •• Menschensohnes« im ersten Jahrhundert n. d. Z. 41 (der Menschensohn wird kommen, um Rom zu besiegen, um zu richten und zu herrschen) -diese Endzeitgestalt mit Christus identifizierte, der mit seinem Blut die Heiligen erkauft hat, und der (als ein Lamm) bald wiederkommen wird, um über die ganze Erde zu herrschen 42 • Für die Leser der Apokalypse liegt die »Befreiung<< darin, Johannes' Geschichtsverständnis nachzuvollziehen und Christus zu folgen. In diesem Kontext sind auch die Briefe an die sieben Gemeinden in Klein-Asien (Apc 2,1-3,22) als Unterricht und Kritik aufzufassen. Sie belehren die JudenChristen in Klein-Asien, wie sie (ähnlich wie ihre Brüder in Palästina) sich gegen Rom verhalten können, ohne sich dabei auf politische Gewalt verlassen zu müssen 43 : Sie sollen Christus folgen, auch in Zeiten der Drangsal, denn Christus wird am Ende siegen. Festzuhalten ist, daß die Datierung und der historische Kontext unsicher bleiben, dennoch ist anzunehmen, daß die christliche Umdeutung des eschatologischen Materials der jüdischen Apokalypsen auch als Kritik an der apokalyptischen Haltung im letzten Drittel des 1. Jh.n. d. Z. aufzufassen ist.
Köster, Einführung, 684f. faßt die Apc ebenfalls als Kritik an die »Erneuerung der Apokalyptik gegen Ende des l.jh.• auf, allerdings nur ,.im Umkreis der paulinischen Gemeinden Kleinasiens•. S. dazu auch 2 Thess und Jud. 40 S. dazu auch Müller, U.B., Zur frühchristlichen Theologiegeschichte. Judenchristentum und Paulinismus in Kleinasien an der Wende vom ersten zum zweiten Jahrhundert n.Chr., Gütersloh 1976,38-43. 41 Müller, Theologiegeschichte, 43ff. 42 Diese Auslegung trifft jedoch im Grunde genommen auch für die Zeit unter Domitian zu. 43 S. dazu Schüssler Fiorenza, ,.followers•, 137 und 139. 39
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4. Die hellenistisch-jüdische Bearbeitung der Testamente der XII Patriarchen Zwischen der »Urform« und der christlichen Endredaktion der Testamente der Xll Patriarchen'" stuft Becker eine hellenistisch-jüdische Schicht ein, die er als »Sammelbecken« bezeichnet, »in dem sehr verschiedene Bearbeitungsvorgänge vereint sind, die im einzelnen im geschichtlichen Dunkel liegen« 45 • Dabei denkt er geographisch an Ägypten und zeitlich an das erste Jahrhundert v. d. Z. bis zum Ende der Zeit des Zweiten Tempels46 • Was die messianischen Erwartungen der TestXII anbelangt, vertritt er eine deutliche These: »Nur die Levi-juda-Stücke weisen eindeutig messianische Klänge auf, bei denen christliche Hand am Werk gewesen ist. Sonst läßt sich kein Levi-juda-Stück messianisch auslegen, d.h. die Zwei-Messias-Lehre ist in diesen Stücken nicht verankert<< 47 • Es handelt sich um die Stellen Testlevi 8,11-15; Testjud 21,2-4; 24,1-6; TestRub 6,8 (b); TestSim 7,1-3; TestDan 5,10; TestNapht 4,5 und Testjos 8,3 48 • Wir werden einige davon besprechen und dabei davon ausgehen, daß sie, obwohl christlich bearbeitet, zur hellenistisch-jüdischen Stufe gehören und zwischen der »Urform<< und der »Endredaktion« der TestXII zu datieren sind.
Testament Judas 24,1-6 1.« [Und danach wird euch ein Stern aus Jakob in Frieden aufgehen und ein
Mensch aus meinem Samen wird aufstehen wie die Sonne der Gerechtigkeit, wandelnd mit den Menschen in Sanftmut und Gerechtigkeit. Und keine Sünde wird an ihm gefunden werden. 2. Und der Himmel wird über ihm geöffnet werden, um den Geist als Segen des heiligen Vaters auszugießen. Und der wird den Geist der Gnade über euch ausgießen. 3. Und ihr werdet ihm Söhne in Wahrheit sein und werdet in seinen ersten und letzten Geboten wandeln. 4. Dieser (ist) der Sproß des höchsten Gottes, und dies (ist) die Quelle zum Leben für alles Fleisch]. 5. Dann wird das Zepter meines Königtums aufleuchten und an eurer Wurzel wird ein Sproß entstehen. 6. Für bibliographische Hinweise s. mein Kapitel III.2. Becker, Untersuchungen, 373-374. Becker bringt natürlich eine der vielen möglichen Theorien. Ich lege seine Theorie zugrunde wegen seiner text- und traditionsgeschichtlichen Ergebnisse, bin mir jedoch klar, daß dabei andere Lösungen möglich sind. 46 Becker, Untersuchungen, 374. 47 Becker, Untersuchungen, 179. 48 Vgl. zu diesen Stellen Becker, Untersuchungen, 315; 318; 277; 197; 322; Hultgärd, L'eschatologie I, 74-77; Becker, Untersuchungen, 75, Anm. 6 und 354. 44
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Und durch ihn wird ein Zepter der Gerechtigkeit den Völkern heraufkommen, zu richten und zu retten alle, die den Herrn anrufen 49 • Abgesehen von dem Zitat von Num 24,17 in 24,1 sind die Verse 1-3( 4) als christliche Bearbeitung zu bewerten50, so daß nur in den Versen 5-6 eine jüdisch-messianische Erwartung vorliegt. Wenn wir die TestXII traditionsgeschichtlich betrachten und eine ihrer Stufen mit dem hellenistischen Judentum verbinden5 1, dann ist festzustellen, daß es sich in Testjud 24 (im Gegensatz zu TestLevi 17-18) um einen königlich dargestellten Endzeitbefreier handelt. Dabei wird auf Jes 11,1;Jer 23,5 und 33,15 angespielt. Es ist seine Funktion in der Endzeit, »ZU richten und zu retten alle, die den Herrn anrufen« 52 •
Testament ]osephs 19,1.8-12 1. »Hört, meine Kinder, über die Träume, die ich sah: 2. Zwölf Hirsche weideten. Und die neun wurden zerstreut über die ganze Erde. Ebenso auch die drei. 8. Und ich sah: [Aus Juda wurde eine Jungfrau geboren. Sie trug ein Gewand aus Byssus. Und aus ihr] ging hervor [ein unbeflecktes Lamm] und zu seiner Linken (war etwas) wie ein Löwe. Und alle wilden Tieren stürmten gegen ihn, aber [das Lamm] besiegte sie und vernichtete sie bis hin zur Zertretung. 9. Und über es freuten sich die Engel und Menschen und die ganze Erde. 10. Diese (Ereignisse) werden geschehen zu ihrer Zeit in den letzten Tagen. 11. Ihr nun, meine Kinder, beachtet die Gebote des Herrn und ehrt den Levi und den Juda, denn aus ihnen geht euch das Heil Israels auf. 12. Denn meine Herrschaft unter euch wird zu einem Ende kommen wie die Hütte eines Gartenwächters, die nach der Ernte nicht mehr da sein wird«n. 49 Übersetzung von Becker, Testamente, 76. Die HSS-Überlieferung ist jedoch nicht eindeutig; vgl. Testamente, 76, Anm. a. Betonung vom Autor. so S. Becker, Untersuchungen, 319ff., wo er die verschiedenen Hypothesen über Testjud 24 bespricht und sich dafür entscheidet, daß 24,1-3 eine christliche Bearbeitung sein muß, während 24,5f. von einem jüdischen Autor an Testjud 23 angehängt worden ist. So ist Testjud 24,1-3 •damit die einzige christliche Stelle in diesem Testament«; Untersuchungen, 323; anders jedoch bei Hultgird, I.:eschatologie, I, 204219. St Becker, Untersuchungen, 320-326. 52 Es handelt sich eigentlich um einen Endzeitbefreier, der mit den Aspekten eines Königs, des Richtens und der eschatologischen Befreiung dargestellt wird; eine Kombination, die wir häufiger in den jüdischen Apokalypsen der zweiten Hälfte des l.Jh.n.d.Z. finden. Dies würde ein Argument sein, die oben genannte traditionsgeschichtliche Stufe ebenfalls in die zweite Hälfte des l.Jh.n.d.Z. zu datieren. SJ Übersetzung nach Becker, Testamente 129; vgl. jedoch auch die Verse 2-7 in HS A und Hultgc\rd, I.:eschatologie, 213-227.
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Die Verse 8 und 11 von TestJos 19 sind christlich bearbeitet54 ; sonst scheint es als Ganzes zwischen die Kapitel 18 und 20 eingefügt zu sein 55, und es bringt nach der Darstellung eines eschatologischen Endkampfes (19,2. 8.10) (wonach auch die Herrschaft Josephs beendet sein wird; 19,12) eine Art von »Zwei-Messias-Lehre« (19,11), obwohl dies nicht mehr so deutlich ausgesprochen wird. Lesen wir die Verse 19,3-7 nach Handschrift A56 , dann findet sich dort bei der Darstellung eines eschatologischen Endkampfes auch eine Periodisierung der Geschichte samt der Hervorhebung Judas57; so wären auch die Verse 19,2-10, umrahmt von 1 und 11-12 (mit einer christlichen Bearbeitung in 8 und 11 ), als Apokalypse mit eschatologischem und messianischem Ausgang zu bezeichnen. In diesem Zusammenhang würde der Endzeiterlöser erst als »Löwe aus Juda«, später als »Lamm, aus einer Jungfrau geboren« dargestellt worden sein 58 • Eine hiermit vergleichbare traditionsgeschichtliche Umgestaltung einer Messias-Vorstellung, d.h. eine auf diese Weise bearbeitete christliche Umdeutung jüdischen Materials, finden wir auch in der Johannes-Apokalypse.
Testament Naphtalis 8,1-3 1. »Siehe, meine Kinder, ich habe euch die letzten Zeiten gezeigt, denn alles wird sich in Israel (so) ereignen. 2. Und ihr nun, befehlt euren Kindern, daß sie mit Levi und Juda einig sind: Denn durch (sie) wird das Heil Israels aufgehen, und durch (sie) wird Jakob gesegnet werden. 3. Durch (ihre Stämme) wird Gott [wohnend unter den Menschen] auf der Erde erscheinen, um das Geschlecht Israel zu retten, und um Gerechte aus den Völkern hinzuzuführen « 59 •
Über diesen Abschnitt sagt Becker: »Der Text ist jetzt eindeutig christlich, denn daß >Gott unter den Menschen wohnen wird< (8,3) ist im jetzigen Textzusammenhang als christliche Aussage zu bezeichnen. Daß außerdem in 8,2 b-3 nur noch Juda im Blick steht und von ihm ausschließlich das Heil erwartet wird, obwohl der Text in 8,2a mit Levi und Juda beginnt[ ... ] wird als christliche Redaktion gedeutet werden müssen« 60 • Dennoch ist auch hier, wie in TestJud 24 und Testjos 19, nicht mehr 54 56 58
55 ibid. Becker, Untersuchungen, 243. 57 Hultgärd, L'eschatologie, 223. Becker, Untersuchungen, 213ff. S. für eine textgeschichtliche Analyse von Testjos 19 Becker, Untersuchungen,
243. 59
60
Übersetzung nach Becker, Testamente, 104. Becker, Untersuchungen, 226.
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eindeutig von einer »Zwei-Messias-Lehre« die Rede, und Juda wird samt dem königlichen Aspekt eines Endzeitbefreiers, hier anders als in Testlevi 17-18, hervorgehoben61 • Diese Beobachtung ist vorläufig festzuhalten. Schwieriger ist jedoch die Frage, wie diese spezifisch messianischen Erwartungen traditionsgeschichtlich einzustufen sind. Daß sie nicht zur Urform gehören, mag klar sein; ob sie jedoch erst hellenistisch-jüdisch und danach christlich (so TestJud 24 und TestJos 19) bearbeitet worden sind; wann genau sie in der Periode der ersten zwei Jahrhunderte n. d. Z. bearbeitet und redigiert wurden, wie wir an den Sitz im Leben näher bestimmen können, sind Fragen, die wohl offen bleiben müssen62 •
5. Die Apokalypse Abrahams Die Abraham-Apokalypse (oder Apokalypse Abrahams) ist bisher in sechs vollständigen und vier fragmentarischen kirchenslawischen Handschriften, die nur die ersten acht Kapitel bieten, gefunden worden. Philonenko, dem ich hier folge, nimmt die älteste slawische Übersetzung im SilvesterKodex als Ausgangspunkr6 3 • Die Apokalypse wird zwischen 70 und 100/ 150 n. d. Z. datiecr6", wobei Palästina als Entstehungsort genannt wird65 • Über den Sitz im Leben ist wenig bekannt. Die Bedeutung der AbrahamApokalypse ist mit der des IV.Esra und des 2.Baruch vergleichbar, denn alle drei nehmen die Zerstörung von Jerusalem als Ausgangspunkt ihrer literarischen Reflexion 66 • Vgl. dazu auch Hultgärd, I.:eschatologie, 227. Vgl. dazu auch Becker, Untersuchungen, 373ff. 61 Philonenko-Sayar, B.; Philonenko, M., Die Apokalypse Abrahams, Gütersloh 1982, 416; ganz anders jedoch bei Rubinkiewicz, R., »Apocalypse of Abraham (First to Second Century A.D.)•, in: OTP I, 681-705. s. Rubinkiewicz, •Apocalypse•, 686, wo Rubinkiewicz, der Philonekos Übersetzung nicht erwähnt, über den Silvester-Kodex sagt: • The oldest copy, S, is unfonunately extremely faulty•. Er geht von HSS S, D und B aus und postuliert aufgrund dessen eine Vorlage. S. auch Bonwetsch, G.N., Die Apokalypse Abrahams. Das Testament der Vierzig Märtyrer, Leipzig 1897 und Philonenko, Apokalypse, 419-420 für weitere bibliographische Hinweise. So ist eine sichere Textbasis noch nicht vorhanden, wobei es zu erwanen ist, daß noch mehr HSS gefunden werden. 64 Rubinkiewicz, •Apocalypse•, 683 und Philonenko, Apokalypse, 419. 65 Rubinkiewicz, •Apocalypse«, 683~84. Kapitel 7, wie andere christliche und gnostische Glossen, sind dabei die Ausnahme. 66 S. dazu meine •Auslegung•, worin ich die drei Apokalypsen behandele. S. auch Rubinkiewicz, •Apocalypse•, 685~86. 61
62
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Bei den 31 Kapiteln der Apokalypse ist zwischen einer Haggada über Abrahams Bekehrung zum wahren Gott (Kapitell-S) und einem Midrash über Gen 15,9-11 (Kapitel9-31) zu unterscheiden67 • In ApoAbr 9,5 nimmt die Nacherzählung der Abraham-Legende eine apokalyptische Wende, wenn unter Hinweis auf Gen 15,17 Gott zu Abraham sagt: »In diesem Opfer werde ich die Äonen darbieten« (um sie dir zu erklären). Die Engel Jaoel und Asasel, das Gute und das Böse symbolisierend68 , offenbaren sich dem Abraham, wonach die Erfahrung seines Aufstieges in 10,1-16,4 folgt. Sodann werden ihm sieben Gesichte gezeigt, beginnend mit 1) dem Feuerthron Gottes (17,1-18,11; basierend auf Ez 1,6-11.15-25.26-28 und Dan 7,4-9), darauf folgen 2) die Sterne des Himmels (19,1-20,6; mit Hilfe von Gen 15,5 und 22,17), 3) die Schöpfung (21,1-22,6), 4) Adam und Eva (23,1-24,8) und schließlich die Gesichte 5) eines Götzenbildes (25,1-26,5), 6) der Heidenvölker (27,1-28,3) und 7) der Endzeit (29,131,3), wo die meisten Handschriften aufhören69 • Vor allem in den letzten Kapiteln zeigt der Autor sein eschatologisches Interesse, wobei er, hermeneutisch gesehen, von dem »Bild des Götzen der Eifersucht« in 25,1 ausgeht. Es gleicht »dem holzgeschnitzten Bild, das mein Vater gemacht hat« (25,1; vgl. 1,8-9), d.h. dem Bild von Thare, Abrahams Vater70 • Diesem Götzenbild wird der Tempel Gottes- das als »Vorstellung des Priestertums des Namens meiner Herrlichkeitc< (25,4) umschrieben wird -gegenübergestellt. Zu ihm werden auch die Könige und Priester aufsteigen. Das Ende des Götzenbildes und des Mannes, der Jünglinge opfert (25,1-2), d.h. das Ende des Mannes, der die Zeugen Gottes tötet (25,6), wird in Kapitel 26,1ff. angesagt, indem ein Vergleich mit Thares Götzenbild und dessen Ende durch das Feuer (vgl. 8,5-6) gezogen wird: Denn wie es damals dem Thare ging, so wird es auch in der kommenden Zeit gehen (26,6-7). Bevor das Ende kommt, folgt erst ein Endkampf, wobei eine Die Einteilung in 31 Kapitel geht auf Bonwetsch zurück; vgl. dazu auch Rubinkiewicz, •Apocalypse•, 687. Die beiden Teile der Apokalypse bilden eine Einheit; so Philonenko, Apokalypse, 416-417 und Rubinkiewicz, • Apocalypse•, 682. AbrahamLegenden finden wir auch in jub 11; jos, AntI S 154; Philo, Abr S 15; BerR 38,19 u.a. 68 S. dafür Philonenko, Apokalypse, 418 und Gruenwald, 1., Apocalyptic and Merkavah Mysticism, Leiden 1980, 55. 69 Die Einteilung in sieben Gesichter ist von mir; die Zahl Sieben sowie andere Zahlen finden Parallelen in den anderen zeitgenössischen Apokalypsen, v.a. ApoEsr und ApoBar. Für die Erweiterung der HSS S, P, A und K (nach Kapitel 31,3), s. Philonenko, Apokalypse, 415f. 70 Hierbei ist jedenfalls auch auf Ez 8,3 und 5 hinzuweisen; so Philonenko, Apokalypse, 447, der zusätzlich darauf hinweist, daß in den Versen 25,5-8 eine ·Abneigung gegen das Priestertum und gegen die Opfer zu betrachten• ist. 67
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Schar Heiden plündern, töten, den Tempel in Brand stecken und die heiligen Gegenstände rauben (27,1-2), die Gerechten jedoch eine Zeit der Gerechtigkeit erleben werden. Die Gerechten werden erst in der Gestalt von Königen und gerechten Richtern erscheinen, danach in der Gestalt von Männern, die aus ihnen hervorgehen werden, um sich um die Gerechten zu kümmern (27,6-8)1 1• Auf Abrahams Frage nach der Bedeutung der »vier Eingänge«, durch die die Heiden laufenn, gibt Gott die folgende geheimnisvolle Antwort: ,,Jn dem vierten Eingang sind hundert Jahre, und eine Stunde des Äons wird auch hundert Jahre sein im Bösen unter den Heiden« (28,5) und »daß zwölf Jahre (?) dieses göttlichen Äons über die Heiden und über deinen Samen herrschen werden« (29,2).
Die Bedeutung dieses Orakels ist leider unklar73 , weist jedoch auf die übliche Erscheinung der apokalyptischen Endzeitberechnungen hin und kann in die Zeit nach dem ersten jüdischen Krieg datiert werden74 • Im letzten Gesicht wird ein Mann beschrieben, der verhöhnt und geschlagen wird 75 • Dieser wird als »der, welcher dem Geschlecht, das aus dir hervorgehen wird, gegen die Heiden helfen wird in den letzten Tagen in dieser zwölften Stunde des Äons der Gottlosigkeit« gedeutet (29,7ff.). Seine wichtigste Funktion ist die des Richtens (29,13) und er ist als » Endzeitbefreier« zu bezeichnen, obwohl ihm außer der Gerechtigkeit eines Richters keine priesterlichen oder königlichen Attribute zugeschrieben werden. Diese Stelle ist m.E. ein klarer Hinweis darauf, daß die Apokalypse nach dem Jahre 70 n.d.Z. redigiert worden ist. S. auch Philonenko, Apokalypse, 449. 72 Über die •vier Eingänge« (Abstiege?, Ansammlungen?) s. Philonenko, Apokalypse, 449. 71 Sind die zwölf Jahre nach der Zerstörung des Tempels zu rechnen? Vgl. Rubinkiewicz, R., L'apocalypse d'Abraham (en slave). Edition critique du text, introduction, traduction et commentaire. (Diss. Institut Biblique Pontifical), Rome 1977, 1-11 (Exemplaires dactylographies) I, 201 und Rubinkiewicz, R., •La vision de l'histoire dans l'Apocalypse d'Abraham•, ANRW 11.19.1, 137-151: zwischen 79 und 81 n.d.Z. 7~ Vgl. auch die Endzeitberechnungen in ApoEsr 11-12 und in der ApoBar 53ff. und s. Collins, Imagination, 184: ,. The historical axis is divided into twelve hours, a form of periodization that is also found in 2 Baruch's vision of the cloud and waters and probably derives ultimatelly from Persian sources. The period of oppression by the Gentiles is specified as four >hours• of a hundred years each - a reflection of the four kingdoms of Daniel, which were also reflected in 2 Baruch and 4 Ezra. The destruction of the temple must be presumed to take place at the end of the fQur hours, and so at the end of the age. The periodization of history serves its usual purpose of showing that the course of events is predetermined and that the end is near•. 75 Es handelt sich hierbei wahrscheinlich um einen christlichen Einschub. S. dafür Philonenko, Apokalypse, 450. 71
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Nach ihm kommen das Gericht und die Strafe über die ganze irdische Schöpfung (29,12ff.), gefolgt von einigen der »zehn Plagen«, die wohl Ex 7,14-11,10 entnommen sind (30,2-5). In Kapitel31,1-3, nachdem Abraham wieder auf die Erde hinabgestiegen ist, wird der Endzeitbefreier Gottes »Auserwählter« genannt. Er wird kommen, begleitet von Posaunen, um Gottes Volk zu rufen. Die Heiden werden dann durch das Feuer verbrannt und der Strafe des kommenden Äons ausgeliefert werden. Obwohl die Beschreibung der Endzeit in Kapitel 29-31 (aber nur vom narrativen Standpunkt aus gesehen) sich ändert, ist anzunehmen, daß es sich hier (der »Auserwählte«) um dieselbe Endzeitgestalt wie in 29,13 (der ))Endzeitrichter«) handelt. Ihm wird neben der Funktion des Richtens auch die Sammlung des Gottesvolkes zugeschrieben. Dies ist in Verbindung zu bringen mit den Männern, die aus Königen und Richtern hervorgehen werden, um sich um die Gerechten zu kümmern (27,6-8). Versuchen wir den Sitz im Leben dieser Apokalypse zu beschreiben, dann wird deutlich, daß es dem Autor um das Schicksal eines gerechten Restes seines Volkes in der qualvollen Periode nach der Zerstörung des Tempels und der religiösen Unsicherheit geht. Er möchte sein Volk in dem Gedanken vereinigen, daß es sich von dem Götzendienst abkehren sollte, wie dies einst ihr Vater Abraham tat. Wenn wir diese Situation als Kontext der Apokalypse erkennen, dann müssen wir feststellen, daß der Autor den Schwerpunkt auf seine Sorge um das Volk legt. Dabei sind die messianischen Erwartungen nur ein Teil seiner Gedanken. Sie zielen aber eindeutig auf ein gerechtes Gericht und auf die Sammlung des Volkes ab. Sein Sitz im Leben ist weiter einzukreisen, weil es sich deutlich um einen Apokalyptiker handelt. Er geht von einer göttlichen Führung sowohl in den Gesichten und Deutungen als auch in der Geschichte Abrahams, seines Volkes und dessen Zukunft aus. Diese Neuorientierung auf die väterliche Tradition finden wir auch in den nicht-apokalyptischen Gruppierungen des Judentums des 1. Jh.n. d. Z. (so z.B. im AntBibl). Zum Abschluß sei hier noch einmal betont, daß ein Endzeitbefreier in der Abraham-Apokalypse keine dominierende Stelle einnimmt. Er mag vielleicht als Symbol des gerechten Gerichtes und der Sammlung des Gottesvolkes verstanden worden sein, aber im hermeneutischen Rahmen der Apokalypse stellt die Geschichte Abrahams - als Beispiel für die in die Endzeit projizierte Bestimmung der Gerechten 76 - eindeutig das im Vordergrund stehende Hauptthema dar. 76 Der apokalyptische Charakter der Abraham-Apokalypse ist viel deutlicher vorhanden als in der Baruch-Apokalypse: Gesichte, Deutungen, Erfahrungen und Aufträge überwiegen bei Abraham, während wir in der Baruch-Apokalypse viele Gespräche zwischen Gott und Baruch sowie Gebete finden. Vgl. auch Colhns, lmagina-
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6. Die Esra-Apokalypse (IY. Esra-Buch) In der verzweigten handschriftlichen Überlieferung der Esra-Apokalypsen ist die lateinische Übersetzung zu bevorzugen, vor allem da, wo sie von den syrischen, georgischen und armenischen Übersetzungen unterstützt wird 78 • Ich gehe bei meiner Untersuchung von Violets Arbeit aus, der neben einer kommentierten deutschen Übersetzung auch eine Synopse der verschiedenen orientalischen Übersetzungen bietef9 • Als Entstehungszeit der Apokalypse denkt man gewöhnlich an die Zeit zwischen 100 und 120 n. d. Z. Dafür gibt es zwei Argumente: Esra schrieb ,,im dreißigsten Jahr seit dem Fall unserer Stadt« (3,1), und die letzten drei Häupter der Adler-Vision werden meistens mit Vespasian, Titus und Domitian in Verbindung gebrachtB0 • Was den Entstehungsort betrifft, denkt man an Rom oder auch an Palästina; Esra soll dabei ein Schüler von R. Eliezer ben Hyrkanus und demnach mit den Schriftgelehrten in jabne eng verbunden gewesen sein 81 • tion, 183: •The Apocalypse of Abraham is evidently heir to a tradition of mystical speculation that goes beyond that associated with the Arebangel Michael or with the •Son of Man• in the Similitudes of Enoch•. Collins, Imagination, 186 fragt dann, ob es vielleicht nicht mehr Ähnlichkeiten mit den Qumran-Schriften als mit den palästinischen Apokalypsen gäbe. Vgl. weiter meine »Auslegung•. 77 Auch IV. Esra-Buch oder Esdras IV in der Zählung der Vulgata genannt. Bibliographische Hinweise: Schreiner, j., Das 4. Buch Esra, Gütersloh 1981; Violet, B., Die Esra-Apokalypse (IV.Esra) I, Leipzig 1910; Violet, B., Die Apokalypsen des Esra und des Baruch in Deutscher Gestalt II, Leipzig 1924; Bensly, R.L., The Fourth Book of Ezra, the Latin Version Edited from the MSS, Cambridge 1895; Metzger, B.M., »The Fourth Book of Ezra (l..ate First Century A.D.). With the Four Additional Chapters•, in: OTP I, 517-559. Keulers, j., Die eschatologische Lehre des vierten Esrabuches, Freiburg 1922, Harnisch, Verhängnis; Stone, •Literature•, in: CRI 11.2, 383-442. Für mehr bibliographische Hinweise s. Schreiner, Buch, 306-309. 78 So Schreiner, Buch, 297 und Violet, Apokalypsen, xxii. 79 Bensly geht zwar auch von der lateinischen Übersetzung aus, aber Violet ist mit seiner im Kommentar der Apokalypsen verarbeiteten Synopsis (der verschiedenen Übersetzungen in seiner Esra-Apokalypse) zusammen mit der moderneren Ausgabe von Schreiner zu bevorzugen. Dazu nennt Violet fast alle möglichen biblischen und außerbiblischen Parallleien zu den verschiedenen Stellen. 80 So Schreiner, Buch, 301; Metzger, »Book•, 520 und Violet, Apokalypsen, xlix. 81 Schreiner, Buch, 302; Metzger., »Book•, 520-523; Violet, Apokalypsen, 1-lii. Rosenthal, Bücher hat bei dieser These als Ausgangspunkt gewirkt (Violet, Apokalypsen, Ii zitiert übrigens Vier apokryphe Bücher ... statt Vier apokalyptische Bücher). Vgl. weiter Schäfer, P., Studien zur Geschichte und Theologie des rabbinischen Judentums, Leiden 1978, 244ff. und Lebram, »Piety•, in: Hellholm, Apocalypticism, 171-210.
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Violet hat die Apokalypse in sieben Visionen eingeteilt, wovon die letzten vier als reine Apokalypsen zu betrachten sind 82 • Wie in der BaruchApokalypse ist die Frage nach der Bedeutung des bösen Triebs im Menschen ein dominierendes Thema in der Esra-Apokalypse83 • Wie für Baruch spielt auch für Esra die Geschichte Israels eine weitere beherrschende Rolle8\ und wir finden in ApoEsr 11,1-12,3 und 13,2-13 zwei Gesichte, die die Endzeit explizit als Thema behandeln 85 •
ApoEsr 11,1-12,3 In Vision V (ApoEsr 11,1-12,3) beschreibt Esra den folgenden Traum, den er gehabt hat: Ein Adler steigt auf vom Meer; er hat zwölf Flügel und drei Häupter. Er fliegt über die Erde, und aus seinen Flügeln sprossen NebenflügeL Das mittlere Haupt ist größer als die anderen zwei Häupter. So herrscht er über die Erde, und alles unter dem Himmel ist ihm untertan. Insgesamt gibt es acht Nebenflügel, und eine Stimme kommt aus dem Leib des Adlers hervor. Die zwölf Flügel und zwei Nebenflügel herrschen nacheinander, bis die drei Häupter und sechs Nebenflügel übrigbleiben. Dann herrschen zwei Nebenflügel, aber die nächsten zwei Nebenflügel, die versuchen zu herrschen, werden vom mittleren Haupt aufgefressen. Dieses Haupt herrscht dann mit großer Gewalt über die Erde und verschwindet danach zusammen mit den Nebenflügeln, wonach das rechte Haupt das linke Haupt auffrißt. Ein Löwe kommt dann aus dem Wald und spricht mit einer Menschenstimme im Namen des Allerhöchsten zu dem Adler: >>Als Viertes bist du gekommen und hast alle Früheren besiegt; hast geknechtet die Welt mit großer Angst (... )«. Das Ende des Adlers wird von dem Löwen angesagt. Das übriggebliebene Haupt verschwindet, und die zwei Nebenflügel werden danach noch kurze Zeit herrschen, bis auch sie verschwinden. Wir haben es hier eindeutig mit einer Bearbeitung des Gesichtes der vier Tiere/Weltreiche von Daniel 7 zu tun (so z.B.: ))Als Viertes bist du gekom-
82 Vgl. Violets Neueinteilung im Vergleich mit der Vulgata und mit Bensly in EsraApokalypse, 44-446. Für eine genaue Einteilung und inhaltliche Beschreibung s. Schreiner, Buch, 297-306 und Metzger, •Book•, 520-521. 83 Violet, Apokalypsen, xl. 14 S. vor allem ApoEsr 3,4-28; 6,7-10.38-59; 7,106-115 und 14,3-6.27-41. 85 Zum Verhältnis zwischen ApoEsr und ApoBar s. Metzger, •Book•, 522f. und seine Anm. 20.
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men«) 86 • Esras Erweiterung besteht darin, daß er das Tier mit drei Häuptern, zwölf Flügeln und acht Nebenflügeln (statt mit nur elf (10 + 1) Hörnern wie in Dan 7,9-14) beschreibt und daß er das «Hervorbrechen eines elften Horns, und das Ausgerissenwerden von drei Hörnern« (Dan 7,8) als eine viellängere und komplexere Folge von verschiedenen Phasen der Häupter, Flügel und Nebenflügel darstellt. In der Deutung des Gesichtes (ApoEsr 12,10-12): »Der Adler, den du hast aus dem Meere aufsteigen sehen, ist das vierte Königreich, das im Gesichte deinem Bruder erschienen ist; aber es ist ihm nicht erklärt worden, wie ich es dir jetzt erkläre« werden die Flügel und die Nebenflügel mit Königen identifiziert, ebenso die drei Häupter87 • Violet deutet die zwei letzten Nebenflügel als die römischen Kaiser Nerva und Trajan 88 , traditionsgeschichtlich gesehen soll das Adlergesicht anfangs nur bis auf die Zeit Domitians gedeutet worden sein 89 • Der Löwe und seine Rede, die wir zusammen genommen weder in Daniel noch in einem anderen Buch der hebräischen Bibel finden 90, obwohl der Löwe an sich als Bild für Israels Stärke z.B. in Mi 5,7 eine Entsprechung findet 91 , wird dann in ApoEsr 12,31ff. mit den folgenden Worten auf den Messias gedeutet: Der Löwe ist »der Messias, den der Höchste aufbewahrt hat bis zum Ende der Tage; der hervorgehen wird aus dem Samen Davids« und der die Könige richten und das übriggebliebene Gottesvolk befreien Vgl. auch Beale, Use, 115 und 128-129, und Müller, Messias, 95. Müller nimmt im Anschluß an Westermann bei der Adlervision eine schriftliche Vorlage an; siehe Müller, Messias, 47-48 und 98-99 und ApoEsr 12,10-12. 87 Vgl. Beale, Use, 128: »A unique feature of this Daniel 7 midrash is that the primary O.T. texts drawn on to fill in the picture are only from other chapters of the book itself and not from elsewhere in the O.T. .. Violet, Apokalypsen, 167 weist darauf hin, daß die Erklärung des Adlergesichtes nach Form und Sinn den Sibyllinischen Orakeln ähnelt. 88 Violet, Apokalypsen, 160. 89 Schreiner, Buch, 389; Müller, Messias, 95ff.; Harnisch, Verhängnis, 252. 90 Müller, Messias, 98f weist darauf hin, daß die Löwenrede, die ursprünglich wohl nicht zum Adlergesicht gehört hat, die Grundstruktur der a.t.lichen prophetischen Gerichtsrede aufweist; vgl. auch Schreiner, Buch, 386-387. 91 Das Bild eines Löwens finden wir sogar häufig in der Bibel: Gen 49,9; Num 23,24; Prv 30,30; Jes 38,13; Jer 4,7; 12,8; 49,19 u.a. Beale, Use, 129 stellt jedoch fest: ,. The only clear exception is the messianic lion image, which we saw resulted from a combination of Isaiah 11, Genesis and Jeremiah. Because of the clear Daniel 7 framework in IV Esra 11-12, the lion image can be seen as substituted for the •son of man••. Zur symbolischen Bedeutung eines »Löwens« in den Qumran-Schriften andin anderen möglichen parallelen Traditionen, vor allem in den Targumim; ApoEsr 12,3132 und Apc 5,5 s. Vermes, G., .. uon-Damascus-Mehokek-Man-Symbolical Tradition in the Dead Sea Scrolls•, in: ders., Scripture,40-66. 86
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wird. In Esras Erweiterungen intensiviert und aktualisiert er so den eschatologischen Sinn des Daniei-Gesichtes. Dabei unterscheidet sich Esra von Daniel, indem er nicht das Bild eines Menschenähnlichen aufnimmt, sondern auf das ältere Bild eines Löwen, Israels Stärke symbolisierend, zurückgreih und auf zeitgerechte Weise eine neue Endzeitgestalt konzipiert92.
ApoEsr 13,2-13 Nach dem Adler- und Löwengesicht hat Esra folgende Vision: Etwas wie ein Mensch erhebt sich aus dem Meer und fliegt mit den Wolken des Himmels (13,2f.). Wenn er spricht, zerschmelzen alle, die in seiner Nähe sind, und es versammelt sich eine große Menge von Menschen, um ihn zu bekriegen. Er tötet sie dann mit dem Feuer seines Mundes, so daß nur Asche und Rauch übrigbleiben. Danach steigt der Mensch von dem Berg, worauf er gestanden hat, herab und ruh eine friedliche Schar von Menschen zu sich. Die Identifikation des Menschenähnlichen im Esra-Gesicht mit dem Menschenähnlichen im Daniel-Gesicht beruht m.E. auf den Worten er fliegt/kommt mit den Wolken des Himmels (Dan 7,13) 93 . Die Erweiterung der Danielgestalt findet dann v.a. aufgrund einer Kompilation verschiedener Elemente der prophetischen Literatur statt. Dabei ist die Verwendung des Bildes vom Feuer in Ps 68,3: Alle, die seine Stimme hörten, zerschmolzen wie Wachs in der Nähe des Feuersam deutlichsten erkennbar94 . Wie beim Adlergesicht wird auch hier ein Bild des Danielgesichtes (Dan 7,13-14) so modifiziert, daß eine detaillierte und aktualisierte Darstellung der Geschichte Israels bis zur Endzeit geboten wird. In der Deutung des Gesichtes (ApoEsr 13,2lff.) wird gesagt, daß »der Mensch aus dem Meer« derjenige ist, den der Höchste seit langem bewahrt hat95 , um seine Schöpfung zu befreien und die Übriggebliebenen heimzusuchen. Obwohl der Mensch weder Schwert noch Waffe trägt, wird er mit dem Feuer seines Mundes diejenigen vernichten, die sich gesammelt haben, um ihn zu bekämpfen. Dieser, der auch «mein Knecht« genannt wird, wird dann auf dem Berg Zion stehen und die friedliche Schar, das sind die in den 92 So auch Beale, Use, 122: "That the fourth kingdom is to be interpreted differendy than in Daniel shows the writer's motive to adopt the prophetic vision of Daniel 7 to the changing political invironment of his time•. 91 Vgl. auch Müller, Messias, 107-134 und Schreiner, Buch, 393. 94 S. jedoch auch Mi 1,4; Ps 18,9; Violet, Apokalypsen, 173ff. und Schreiner, Buch, 393ff. 95 Ist diesEsras Auslegung des .. uralten« in Dan 7,14 ?
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Tagen des Hosea von Salmanassar weggeführten 9 1/2 Stämme, zu sich rufen. Dieser Messias und Endzeitbefreier ist derjenige, der im Adler- und LöwenGesicht, aufgrund von Material aus Daniel, den Propheten und den Psalmen, konzipiert worden ist. Er stellt als solcher die Erwartung einer Gestalt dar, die den Rest des Volkes nach einer langen und detailliert beschriebenen Herrschaft der Mächtigen der Erde befreien und sammeln wird 96 • Dabei ist das Auftreten dieser Endzeitgestalt unmittelbar nach dem Sturz der letzten römischen Kaiser zu erwarten, so jedenfalls im Geschichtsverständnis des Autors und der Leser der Esra-Apokalypse 97 • Es ist als Ausdruck einer (mit der in der Baruch-Apokalypse und im 5. Sibyllinischen Orakelbuch vergleichbaren) messianischen Erwartung am Anfang des zweiten Jahrhunderts n. d. Z., also vor dem Ausbrechen des zweiten jüdischen Krieges, aufzufassen.
7. Die 2. (syrische) Baruch-Apokalypse Die 2. oder syrische Baruch-Apokalypse 98 ist hauptsächlich in syrischen Handschriften überliefert worden, wobei die HS Bibliotheca Ambrosiana B 21 Inf., fol275a-267a (auch Mailänder HS genannt) neben einer zweiten hypothetischen Familie von HSS die Hauptzeugen sind 99 • Die von mir benutzten Übersetzungen von Violet und Klijn gehen von der Mailänder Handschrift aus 100 • Was die Entstehungszeit betrifft, denkt man an die Zeit S. auch Hartman, Prophecy, 68ff. und Collins, Imagination, (164-)167: die Traditionen des davidischen Messias und des Sohnes des Menschen »have been fused so that both have been transformed«. 97 S. auch Harnisch, Verhängnis, 256. 98 Bibliographische Hinweise: Bogaert, P., Apocalypse de Baruch. Introduction, traduction du syriaque et commentaire 1-11, Paris 1969; Charles, R.H., The Apocalypse of Baruch. Translated from the Syriac, London 1896; Klijn, A.F.J., »2 (Syriac Apocalypse of) BARUCH (Early Second Century A.D.), in: OTP I, 615-652, Klijn, A.F.J., Die syrische Baruch-Apokalypse, Gütersloh 1976; Violet, Apokalypsen; Saylor, G.B., Have the Promises Failed? A Literary Analysis of 2 Baruch, Chico 1984; Murphy, F.J., The Structure and Meaning of Second Baruch, Atlanta 1985; Stone, »Literature•, in: CRI 11.2, 383-442. 99 Violet, Apokalypsen, lvi-lxii; Klijn, ·BARUCH•, 615-616 und Klijn, Apokalypse, 107-111; vgl. Bogaert, Apocalypse, 35-56. 100 Es gibt zwar eine große Zahl von syrischen und griechischen HSS und Fragmente, aber die meisten bringen nur den Brief an die 9 lh Stämmen (Kapitel VIII); die 96
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zwischen 100 und 130 n. d. Z., was den Sitz im Leben anbelangt, soll Baruch ein Schüler von Rabbi 'Aqiba gewesen sein und dem Am Ha-aretz angehört haben 101 • Nach dem Entstehen der Baruch-Apokalypse ist eine umfangreiche Baruch-Literatur entstanden 102 • Die Einteilung der Apokalypse in sieben Visionen mit einem Brief als Schluß ist von Violet 103 • Neben den apokalyptischen Gesichten finden wir viel Traditionsgut, das der Autor auf kompositorische Weise verarbeitet hat 104 • Dabei sind als die zwei wichtigsten Themen die Zerstörung der Stadt Jerusalem und die Geschichte Israels zu bezeichnen 105 • Mir scheinen vor allem die Kapitel 53,1-74,4 und 77,18-26 (in der Kapitel-Einteilung von Violet) Baruchs zentrale These zu beinhalten.
ApoBar 53,1-74,4 In ApoBar 53,1-74,4 finden wir das Gesicht der zwölf (oder vierzehn) Wasser, die abwechselnd hell und dunkel aus einer großen Wolke regnen 106, und dessen Deutung durch den Engel Ramael gegeben wird (56,1ff.). Dabei handelt es sich um die Geschichte Israels seit Adams Fall bis zum Weitende, die abwechselnd als eine Zeit der Gerechten (so z.B. die Zeit der Patriarchen in 57,1-3) und eine Zeit des Unrechts (so z.B. die Zeit der Zerstörung Jerusalems und der Wegführung nach Babel in 67,1-9) dargestellt und mit einer ))messianischen• Zeit abgeschlossen wird (72,1ff.). Nach der Beschreibung der Zerstörung des angeblich ersten Tempels führt der Autor den Geschiehtsahlauf im Futurischen weiter und erwartet den Mailänder HS ist als einzige HS vollständig. Violet bietet die meist vollständige, textkritische und kommentierte Übersetzung, die ich daher als Ausgangspunkt meiner Untersuchung nehme; dabei fungieren Klijn sowie Bogaert als Ergänzung. 101 Dies ist jedoch unsicher; vgl. Klijn, Apokalypse, 114 und Klijn, ·BARUCH•, 616-617; Violet, Apokalypsen, xci-xciii. Meistens wird dabei von der These von Rosenthal, Bücher, so schon Violet, Apokalypsen, xci, ausgegangen. Vgl. auch Collins, Imagination, 178f. 102 S. dafür Violet, Apokalypsen, xciii-xcv. 101 Über die Zahl .. sieben• s. Violet, Apokalypsen, lxxvi. Für eine literarische Analyse s. Saylor, Promises, 11-39. 104 Klijn, Apokalypse, 115 und Klijn, ·BARUCH•, 617-618. 105 Zu Jerusalem s. 1,1-8; 10,1-3; 12; 16,1-20,2; zu der Geschichte Israels bis zur Endzeit s. 26,1-82,2; 48,42-49,13 und 53,1-74,4. Für eine allgemeine Charakterisierung s. Klijn, Apokalypse, 115. 106 Die Wolke scheint mir Dan 7,13 entnommen zu sein; s. auch Violet, Apokalypsen, 281. Die anderen zwei Gesichter sind die vom Weinstock und Zeder (35,1-41,6) und die vom Adler (77,18-26). Violet, Apokalypsen, 281 nennt das genannte Gesicht "ein für die Erklärungen und nach ihnen ausgedachtes, nicht wirkliches Gesicht•.
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Wiederaufbau Zions (68,1ff.), die Endzeit (69,1ff.) und die messianische Zeit (72,1ff.). Dabei fällt es auf, daß ab Kapitel68 Hinweise auf biblisches Material, wie in den Kapiteln davor üblich, fast völlig fehlen 107• Daraus ließe sich m.E. schließen, daß die Zerstörung Jerusalems und des zweiten Tempels 70 n. d. Z. als aktueller Ausgangspunkt dient, weil der Engel Ramael erklärt: »Und das elfte, dunkle Wasser, das du gesehen hast, ist das Unheil, welches Zion jetzt begegnet« (67,1)1° 8• Um zu erfahren, wann dieses »jetzt« genau war, werden wir das 67. Kapitel genauer betrachten: ApoBar 67,2-3: Die Heiden rühmen sich, weil sieZionzertreten haben (Kommentar des Redaktors: Es tut den Engeln und dem Höchsten leid); 67,4-5: Israel wird bedrängt, ist unter die Heiden zerstreut und wohnt in Schande (Kommentar: Was wird aus Gottes Gerechten werden?); 67,6-9: Zion ist ausgeliefert, Jerusalem leer, die Götzen gedeihen in den Heiden-Städten. Statt Tora-Gerechtigkeit gibt es Frevel in Zion (Kommentar: Der König von Babel wird sich gegenüber Gott zwar rühmen wollen, aber am Ende wird er fallen). Als Entstehungszeit dieses Abschnittes ist an eine Zeit nach der Zerstörung Jerusalems 66-70 n. d. Z. und noch vor dem Diaspora- und Bar-KozibaAufstand zu denken, also circa 100-117 n. d. Z., auch wenn die Redaktion der Apokalypse wohl später abgeschlossen wurde. In diesem Kontext ist auch der Kommentar zu verstehen: alles sieht zwar hoffnungslos aus, dennoch wird es nicht mehr lange dauern können. Wenn wir die Beschreibung des Wiederaufbaus von Zion betrachten, fällt auf, daß der Autor hier von einer einst akut gewesenen Hoffnung auf Befreiung spricht: ApoBar 68,1-4: Es wird eine Zeit kommen, in der das Volk in Gefahr gerät, aber es wird dennoch befreit werden und eine Zeitlang Freude erleben. 68,5-7: Dann wird Zion binnen Kurzem wieder aufgebaut werden (Kommentar: Opfer werden dargebracht werden, Priester werden zu ihrem Dienst zurückkehren, Völker werden kommem, um sie zu ehren; »jedoch nicht so völlig wie am Anfang«). 68,8: Danach werden aber viele Völker fallen. Obwohl im Kommentar teilweise auf die Zeit Josias angespielt wird (vgl. 2 Kön 23,3ff. und 2 Chr 34,30ff. in 66,1ff.), wird deutlich betont, daß der Wiederaufbau Zions und des Tempels (so ist 68,5-7 wohl zu verstehen) auf eine kurze Zeit beschränkt sein wird. Dies ließe sich, historisch betrachtet, 107 108
S. meine •Auslegung•, 87. Violet, Apokalypsen, 305 und Klijn, Apokalypse, 168-169 nennen hier keine
biblische Parallele.
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mit den Gerüchten über einen Wiederaufbau des Tempels während Hadrians Regierungszeit verbinden, also circa 117 n. d. Z. 10'. Nach diesem kurzen Wiederaufbau Zions folgt das Hervortreten eines Endzeitbefreiers, der zwischen einer Periode der Verwirrung und dem Hervorbrechen von Gones Reich wirksam sein wird. Es werden Tage kommen (so 70,1ff.), in denen die Saat der Bösen und der Guten geerntet werden wird. Die Nichtigen werden über die Mächtigen herrschen, die Toren werden reden, und die Weisen werden schweigen. Viele Menschen werden durch Kriege, Drangsal und ihre eigenen Leute ausgerottet werden. Dann wird sich aber der Höchste offenbaren, und die Völker werden Krieg führen. Wer in dieser Zeit noch lebt, wird durch Erdbeben, Hunger und Feuer sterben. Die letzten Übriggebliebenen werden in die Hände des Messias, auch »Gones Knecht« genannt, fallen. Das heilige Land wird jedoch seine Bewohner beschützen (71,1) 110• In der Beschreibung des Endzeitbefreiers (70,10; 72,1-73,1) werden die Kriegs- und Richter-Funktionen des Gesalbten betont: Keiner, der gesiegt hat oder besiegt worden ist, wird ihm entrinnen (70,10). Er wird die Völker richten: Jedes Volk, das Israel nicht gekannt oder zertreten hat, wird leben. Jedes Volk, das Israel jedoch gekannt oder beherrscht hat, wird dem Schwert überliefert werden (72,2-6). In dieser Beschreibung sind Parallelen zu Jes 2,2-4; 11,4, PsSal17,32 u.a. zu erkennen 111 • Es mag wohl kein Zufall sein, daß Baruchs Darstellung des Endzeitbefreiers als Kriegsführer und Richter Ähnlichkeiten mit dem auch in der hadrianischen Zeit entstandenen Messias-Konzept des 5. Sibyllinischen Orakelbuches aufweist 112, sowie mit dem Bild des einige Jahre später 109 Bei diesen Gerüchten gibt es zwei Hypothesen: entweder erlaubte Hadrian es den Juden, den Tempel wieder aufzubauen, oder er hatte vor, Jerusalem als römische Kolonie neu zu errichten. Das Problem dabei ist jedoch, daß aus den Quellen nichts mit Sicherheit zu schließen ist. S. dazu Schäfer, Aufstand, 29-38. 110 Letzteres könnte darauf hinweisen, daß der Autor in seiner Beschreibung des eschatologischen Kampfes den Diaspora-Aufstand vor Augen hatte. Dies würde ein weiteres Argument sein, die Baruch-Apokalypse auf den Anfang der hadrianischen Zeit zu datieren. 111 S. dafür Klijn, .. BARUCH•, 645. 111 S. Hengel, M., »Messianische Hoffnung und politischer ·Radikalismus• in der •jüdisch-hellenistischen Diaspora•. Zur Frage der Voraussetzungen des jüdischen Aufstandes unter Trajan 115-117 n.Chr.•, in: Hellholm, Apocalypticism, 655-686 und »Hoffnung•, 678: »Aus diesem Grund• (nämlich, daß weite Teile des griechischsprechenden Diasporajudentums nicht weniger militär-politisch als die Juden im palästinischen Mutterland dachten), "werden auch die eschatologischen Erwartungen der Aufständischen zur Zeit Trajans gar nicht so weit von den Vorstellungen des Dichters der 5. Sibylle entfernt gewesen sein•.
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operierenden und von militärischen und politischen Hoffnungen geprägten Bar Koziba. Denn auch in der Baruch-Apokalypse ist ein Zusammenhang zu erkennen zwischen einem Messias-Konzept einerseits, bei dem auf traditionelles Material zurückgegriffen wird, und den historischen Umständen andererseits, die als negativer Hintergrund religiös-politischer Hoffnungen wirken.
ApoBar 35,1-46,6
Betrachten wir das Gesicht vom Weinstock und der Zeder, so sind zwei Stufen in Baruchs Gedanken, d.h. im Traditions- und Redaktions-Prozeß der Apokalypse nachzuvollziehen. In diesem Gesicht (35,1-46,6) sehen wir Baruch beim Heiligtum sitzen, wobei er über Zion und Jerusalem trauert und dann einen Traum hat: Gegenüber einem Wald von Bäumen steht ein Weinstock, unter dem eine Quelle entspringt. Diese Quelle wird zu einer großen Flut und überschwemmt den Wald und die Berge ringsherum. Nur eine Zeder bleibt übrig, bis auch sie niedergeworfen wird. Dann spricht der Weinstock zur liegenden Zeder: »Du hast mit deinem Reich das Böse gestärkt, aber jetzt eilt deine Zeit herbei, und du wirst zu Staub werden«. Die Zeder gerät in Brand und der Weinstock wächst in einem Tal voll nicht welkender Blumen (vgl. Ez 17,3-9) 113 • In der Deutung wird Dan 7,4-7.17 herangezogen, dadurch daß drei der vier Königreiche die böse Herrschaft darstellen (39,1ff.) 114 • Die Quelle und der Weinstock stehen in dieser Deutung des Engels für die Herrschaft des Gesalbten Gottes. Denn er wird die Letzten der Mächtigen (die letzte liegende Zeder des Waldes) richten und töten. Danach wird er den Rest des Gottesvolkes sammeln und in Ewigkeit herrschen (40,1-4) 115 • Obwohl im narrativen Rahmen der Apokalypse das 1. Gesicht vom Wald und Weinstock mit dem 2. Gesicht der zwölf Wasser nicht ganz vergleichbar ist (denn das erste Gesicht ist viel deutlicher eine als Traum dargestellte Das Bild eines Weinstockes findet man häufig in der hebräischen Bibel, so z.B. in jes 5,1ff. und Hos 10,1; dennoch finden wir ein Gesicht von einem Weinstock zusammen mit einer Zeder und einer Quelle nur in Ez 17,3-9 (hier ist ein Adler hinzugefügt, aber das Gesicht wird nicht zu einem heilsvollen Ende weitergeführt); dasselbe ist in Ps 80,9-12 der Fall. 114 Die bildhafte Beschreibung der vier Tiere finden wir zwar nicht in Baruchs Gesicht, dennoch entstammt die Deutung der vier Königreiche, die von Daniel mit den vier Tieren in Verbindung gebracht werden, nur Dan 7. m Vgl. das Gesicht vom Adler und Löwen in ApoEsr 11,1-12,3. 113
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Apokalypse, während das zweite Gesicht eigentlich eine periodisierte Geschichte mit einem eschatologischen Ende darstellt), scheint mir das zweite Gesicht eine Reflexion auf eine spätere Periode als die des ersten Gesichtes zu sein. Der Rahmen des ersten Gesichtes ist welthistorisch, wobei der Messias gegen den Letzten der Weltherrscher auftritt und den Rest seines Volkes sammelt (hierbei ist an die Zeit nach dem ersten jüdischen Krieg zu denken). Im zweiten Gesicht ist die Lage offensichtlich so beruhigt, daß das Volk sich über einen Wiederaufbau des Tempels freuen kann, obwohl sich bald danach die Stimmung radikalisiert und dann in einem Richter- und Kriegs-Messias ihren Ausdruck findet (hierbei ist an die Zeit während des Diaspora-Aufstandes und danach zu denken). Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, daß im ersten Gesicht biblisches Material umgedeutet wird, indem es auf Rom bezogen wird, dies jedoch im zweiten Gesicht kaum der Fall zu sein scheint. Es wird hier eine revolutionäre Stimmung zum Ausdruck gebracht, die unreflektiert ist, d.h. keinen Bezug auf prophetische Traditionen nimmt. Im Laufe des Tradierungsprozesses hätte dann eine Bedeutungsverschiebung des Endzeitbefreierkonzeptes stattgefunden. Am Ende des 1. Jh.n. d. Z. stünde eine reine Apokalypse mit messianischen Erwartungen, die noch stark an traditionelles Material anknüpfte; einige Jahrzehnte später wäre es das Anliegen eines Redaktors gewesen, einen historischeschatologischen Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen einerseits auf akut gewordene Endzeiterwartungen Bezug genommen, und andererseits das Konzept eines Richter- und Kriegs-Messias als geeigneter Ausdruck der radikalisierten Stimmung aufgefaßt werden konnte.
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8. Das V. Sibyllinische Orakelbuch Im 5. Sibyllinischen Orakelbuch 116, das vier Orakel umfaßt, kehrt der Autor sich gegen die Heidenvölke~; erwartet Nero als den eschatologischen Gegenspieler eines Endzeitbefreiers sowie die endgültige Zerstörung der Erde 117 . Das Buch ist wahrscheinlich zwischen 80 und 130 n. d. Z. zu datieren 118 und enthält in Sib V, 414-433 eine bedeutsame Aussage über einen Endzeitbefreier 119 • Das Buch findet seinen Sitz im Leben in den gelehrten Kreisen des ägyptischen Judentums und bewertet im Gegensatz zu Sib 111 die nicht-jüdische Umwelt sehr negativ, wobei es vor allem Bezug auf Rom und Nero nimmt 120 . Es teilt einige Züge mit der JohannesApokalypse121.
Sib V, 414-433 Nach einer Reihe von Prophezeiungen gegen die Völker (Sib V, 52-92; 111-136; 162-178; 179-213; 286-327 und 333-360), die mit Berichten über eine Rückkehr Neros (Sib V, 93-110; 137-154; 214-227 und 361385) und einer Erhöhung der Juden (Sib V, 237-285) abwechseln (wobei ein dualistisches Geschichtsbild und ein tiefer Haß gegen Rom auf schroffe Weise hertreten 122 ), folgt die Erscheinung eines »seligen Mannes vom Himmelsgewölbe« (Sib V, 414ff.). Diesem Mann hat Gott ein Zepter in die Hand gegeben, und die Macht, zu strafen und zu belohnen. Er wird die Städte mit Feuer vernichten und die 116 Bibliographische Hinweise: Geffcken, J., Die Oracula Sibyllina, Leipzig 1902; Collins, J.J., The Sibylline Oracles of Egyptian ]udaism, Missoula 1974, Fuchs, H., Der geistige Widerstand gegen Rom in der antiken Welt, Berlin 1938; Collins, J.J., .. sibylline Oracles (Second Century B.C. - Seventh Century A.D.)•, in: OTP I, 317472, vor allem 390-405; Hengel, »Hoffnung•, in: Hellholm, Apocalypticism, 655686; Bietenhard, H., »Die Freiheitskriege der Juden unter den Kaisern Trajan und Hadrian und der messianische Tempelbau•,Judaica 4 (1948), 57-77; 81-108 und 161185; Fischer, U., Eschatologie und Jenseitserwartung im hellenistischen Diaspora;udentum, Berlin 1978. 117 S. Collins, »Üracles•, 390 und Sib V, 52-110; 111-178; 179-285 und 286434. 118 Collins, •Üracles•, 390. 119 So auch in Sib V, 108f.; 155-161 und 256-259; vgl. Collins, »Üracles•, 392. 12° Collins, »Üracles•, 390-391. 121 So Collins, »Üracles•, 392. 122 So Hengel, »Hoffnung•, 668-674.
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Völker der Sterblichen, die Übel getan haben, verbrennen. Die von Gott erwählten Städte macht er jedoch schöner als die Sterne, als Sonne und Mond am Himmel. Er wird einen heiligen Tempel und einen Turm, der bis zum Himmel reicht, bauen, damit alle frommen und gerechten Menschen Gottes Herrlichkeit sehen können. Dann wird man Gott besingen, und Übeltaten werden den Menschen nicht mehr widerfahren, denn Gott selbst wird herrschen. Auch in Sib V, 256 finden wir einen »außergewöhnlichen Mann vom Himmel« kommend 123 ; in V, 108 wird er >>König von Gott, gegen Nero gesandt« genannt und in V, 158 ist von einem »großen Stern vom Himmel« die Rede, der Italien und Rom verbrennen wird 124 • Während im 3. Buch der Sibyllinischen Orakel ein Ptolemäer als Befreier gefeiert wird, wird im 5. Buch ein Mann vom Himmel, der einem historischen Herrscher entgegengestellt wird, genannt. Dabei sind zwei Fragen zu stellen: erstens die nach dem Ursprung und zweitens die nach dem historischen Kontext dieser spezifischen Erwartung. Daß der Endzeitbefreier, der hier als Kriegs-Messias und Richter dargestellt wird, Gott und seinem Heilsplan untergeordnet ist (Sib V, 432433) und als »gesegneter« und »außergewöhnlicher« »Mann, der vom Himmel(sgewölbe) kommt« (Sib V, 256 und 414), dargestellt wird, zeigt Ähnlichkeiten mit dem Menschenähnlichen in Dan 7,13 (obwohl in Dan der Menschenähnlichen zum Himmel aufsteigt). Das Konzept eines Endzeitbefreiers, der vom Himmel herabsteigt, ist im ersten Jahrhundert n. d. Z. weit verbreitet125 • Wir fanden auch die Kombination von König- und Richter-Attributen mit dem danielischen Menschenähnlichen in ApoEsr 13,2-13 und in Hen(äth) 46,3-5; 48,2-7; 49,1-4 und 51,3 126 • Dabei tarnt der Autor der 5. Sibylle seine Geschichtsinterpretation nicht mehr durch apokalyptische Gesichte. Er stellt besonders klar dar, daß Rom und der Nero redivivus die Gegner des Endzeitbefreiers sein werden und daß die Befreiung nicht mehr m Sib V, 257 ist jedoch eine christliche Glosse. Sterne wurden damals oft mit dem Endzeitbefreier in Verbindung gebracht; vgl. Collins, Oracles, 90-92 und Collins, •Üracles•, 392; Num 24,17; Testjud 24,1; 4QTest und auch Mt 2,2 Par. m Collins, Oracles, 88, Anm. 105-111 für Parallele; vgl. Hengel, •Hoffnung•, 675: ·Man wird diese beiden Aussagen nicht auseinanderreißen dürfen. Der von Gott gesandte ·König• und der •vom Himmelsgewölbe kommende selige Mann• meinen dieselbe Person, den •Messias-Menschensohn•, bei dem sich der irdisch-königliche und himmlisch-richterliche Aspekt (man könnte auch sagen Num 24,7.17 und Dan 7,13) verbinden". 126 S. Hengel, •Hoffnung•, 673-677. 124
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von einem ägyptischen Herrscher zu erwarten ist, wie dies der Autor der 3. Sibylle noch tun konnte 127 • Hengel hat sich mit dem historischen Kontext dieser messianischen Erwartung auseinandergesetzt. Er bringt sie mit den militärisch-politisch geprägten eschatologischen Erwartungen der Aufständischen in der Zeit Trajans in Verbindung 128 • Obwohl sich die Erwartung eines Menschenähnlichen/Sohnes des Menschen/Mannes vom Himmel mit Krieger- und Richterzügen als Endzeitbefreier durchaus als Bearbeitung von Dan 7,13; Jes 11,1-5 und anderen biblischen Stellen erklären ließe (wobei gerade im ersten Jahrhundert und am Anfang des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. die Bearbeitung eine große und traditionsgeschichtlich nachvollziehbare Verbreitung fand), läßt sich auch mehr im allgemeinen fragen, warum sich gerade diese Bilder eines himmlischen Richters und eines König- oder Kriegs-Messias (die auch beliebig mit anderen Konzepten verbunden werden konnten) in der Zeit von Titus bis Bar Koziba so häufig kombinieren ließen. Diese Frage gewinnt an Bedeutung, wenn wir feststellen, daß die Kombination eines himmlischen Richters und eines König- oder KriegsMessias in fast allen Apokalypsen der Zeit von Titus bis Bar Koziba vorkommt. Davor hatten wir doch feststellen müssen, daß gerade in der Zeit von den Makkabäern bis Pompeius die priesterlichen und die königlichen Aspekte eines Endzeitbefreiersam häufigsten kombiniert wurden und daß in der Zeit von Pompeius bis Titus der Endzeitbefreier vor allem als davidischer König-Messias konzipiert wurde. Die Frage, wie sich dies erklären läßt, stellt sich immer nachdrücklicherm.
9. Die Bar-Koziba-Dokumente Aufgrund von archäologischen und literarischen Entdeckungen in der judäischen Wüste können wir uns ein ungefähres Bild der Gruppe machen, die an dem Bar-Koziba-Aufstand 132-135 n. d. Z. beteiligt war 130 • Ihr S. Hengel, •Hoffnung•, 673. Hengel, »Hoffnung•, 680: Seit dem 2.Jhr.v.d.Z. ist sowohl in Palästina als auch in Ägypten »eine Intensivierung der messianisch-politischen Hoffnung zu beachten, die sich schließlich in Vernichtungskriegen entlud und die aufs ganze gesehen durch die Verschlechterung der politischen Situation unter römischer Herrschaft (... ] bedingt war«. Vgl. auch Kearns, Traditionsgefüge, 155-168 und Collins, Imagination, 191: .. s;b.Or.5 is quite probably representative of the feelings of jews who joined in the revolt in the time of Hadrian•. ll 9 S. dafür meine Kapitel V.11 und VII. 130 Bibliographische Hinweise: Benoit u.a., Grottes; Avigad, •Expedition•, IE] 11 127 128
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Führer Sirnon Bar Koziba wurde Nasi von Israel genannt und von vielen als der Messias gedeutet 131 • In der Zeit vor und während seines Auftretens glaubten viele, daß die Prophezeiungen erfüllt und Israel von Rom befreit werden sollte 132 • Dabei spielten die messianischen Erwartungen und die Endzeitberechnungen aufgrund einer aktualisierenden Bearbeitung der Gesichte von den vier Tieren bzw. Königreichen von Daniel in den Apokalypsen von Esra und Baruch wie auch die in diesen und in anderen Apokalypsen (wie z.B. Sib V) zum Ausdruck gebrachte radikalisierte Stimmung im Land eine bedeutende Rolle. Die Gruppe, die Bar Koziba um sich gesammelt hatte, war (so aufgrund der genannten Dokumente) einerseits religiös geprägt. Die mosaischen Vorschriften spielten eine wichtige Rolle: der Shabbat wurde geheiligt, Sukkot wurde gefeiert, der Zehnte wurde bezahlt, und das Shabbatjahr wurde gehalten 133 • Andererseits können wir in den gefundenen Dokumenten auch ihre sozial-politischen Gedanken ausmachen: es wurde mit einer neuen Jahreszählung begonnen, und zwar seit der angeblichen »Befreiung Israels«; Jerusalem, Herodium, Tekoa und En-Gedi scheinen den Römern entrissen worden zu sein 134 • Die verschiedenen eroberten Distrikte wurden von militärischen Führern regiert; die Verwaltung lag in den Händen von Gemeinde-Führern, die das Land, das dem Nasi gehörte, verpachteten. Die Zinsen oder Zehnten, die sie dafür bekamen, wurden in einer gemeinsamen Kasse deponiert 135 • Die Aufständischen waren jedoch nicht imstande, ihre Positionen gegen die römischen Anfgriffe zu halten. Im Jahre 135 n. d. Z. fiel Bethar als letzte Bastion. Was ihr Ende anbelangt, sind wir von Berichten in der rabbinischen Literatur abhängig 136 • Viele Rabbinen wurden getötet 137, das Land wurde verwüstet, die Beschneidung wurde verboten, und jerusalem, das zu einer römischen Kolonie gemacht wurde, war jetzt verbotenes Gebiet für die juden 138 • (1961), 13ff. und IEJ 12 (1962), 167ff.; Lewis, N.; Yadin, Y.; Greenfield, j.C., The Documents from the Bar Kokhba Period in the Cave of Letters, jerusalem 1989; Schäfer, Aufstand. m So z.B. von R. 'Aqiba in yTaan 4,7 fol 68d aufgrund von Num 24,17; vgl. Schäfer, Aufstand, Stf. und 67ff. und die Briefe von Bar Koziba in Benoit, Grottes, 124162. m So der Konsensus; s. Schürer, History I, 543ff. m S. Benoit, Grottes, 124ff. und Schäfer, Aufstand, 74-77. 114 Dafür fehlen uns aber die historischen Beweise. us S. Benoit, Discoveries ll, 124ff. 116 S. dafür Schäfer, Aufstand, 136ff. und 195ff. m Sie wurden seitdem als die ,.zehn Märtyrer• weiter geehn. m Von allen genannten Folgen des Aufstandes und der Niederlage ist das Beschnei-
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Im Gegensatz zu dem Bild des Bar Koziba in den historisch sicheren Dokumenten finden wir in den späteren, vor allem rabbinischen Berichten über ihn eine oft negativ-tendenziöse Bewertung seiner Persönlichkeit139 • Schäfer hat diese Berichte kritisch analysiert und kommt zu der Schlußfolgerung, daß der Bar-Koziba-Aufstand von seinen Zeitgenossen sehr wahrscheinlich als messianische Bewegung verstanden worden ist, obwohl die messianischen Ansprüche dann später von den meisten Juden abgewiesen wurden 140 • Die Ursachen des Aufstandes sucht Schäfer vor allem in den politischen und sozialen Verhältnissen des Judentums der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts n. d. Z., und weniger direkt in dem oft in diesem Zusammenhang genannten Tempelbau, dem Beschneidungsverbot und in der Gründung von Aelia Capitolina 141 • Meiner Meinung nach wurde die Fragestellung nach dem Zusammenhang zwischen den Apokalypsen des Interbellums einerseits sowie der radikalisierten Stimmung am Anfang des 2. Jh.n. d. Z. und Bar Koziba andererseits bisher zu wenig beachtet. Hier sollte lediglich auf einige Aspekte des komplexen Phänomens hingewiesen werden 142 •
10. Vorläufige Ergebnisse Das Messias-Konzept als Kombination eines Menschensohn-Richter-Königs (der das Gottesvolk sammeln wird) finden wir überwiegend in den fünf Apokalypsen aus der Zeit des Interbellums, den Apokalypsen des Abraham, Baruch, Esra, Johannes und Sib V. In ApoAbr 29 ist von einem Endzeitbefreier die Rede, der in der 12. Stunde des Äons der Gottlosigkeit die Rolle eines gerechten Richters erfüllen wird. Er, der auch »Auserwähltercc genannt wird, wird dann das Gottesvolk sammeln. Abrahams Abkehr vom Götzendienst steht dabei exemplarisch für die Bestimmung der Gerechten in der Endzeit. dungsverbot, das als Verbot der Taraerfüllung aufgefaßt wurde, historisch am sichersten; so Schäfer, Aufstand, 195ff. und 230-235. m Diese späteren Berichte haben wieder zu vielen Theorien geführt; s. dafür Schäfer, Aufstand, SOff. und 74-77. 140 Schäfer, Aufstand, 59-61; 73-74 usw. S. auch mein Kapitel VI. 141 Schäfer, Aufstand, 50. 142 S. weiter meinen Vortrag ,. The Apocalyptic Response to the Destruction of the Second Temple«, SBL lnt. Meeting Copenhagen August 1989.
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In ApoBar 35-41 werden Ez 17 und Dan 7 so ausgelegt, daß der Endzeitbefreier am Ende einer periodisierten Geschichte die letzten Anführer der Völker richten und töten wird, den Rest des Gottesvolkes sammeln und dann ewig herrschen wird. Der Endzeitgestalt in ApoBar 70-73 werden verstärkt Kriegs- und Richterfunktionen zugeschrieben. Er wird die Völker, die Israel beherrscht haben, richten und dem Schwert überliefern. Wir datierten diese Kapitel und die Hervorhebung des militärischen Charakters des Messias, zusammen mit der militanten Stimmung im Sib V sowie in den Briefen des Bar Koziba, auf die Zeit während des DiasporaAufstandes und danach. In den älteren Kapiteln ApoBar 35-41 spielt das biblische Material eine bestimmendere Rolle, obwohl auch hier von einem kontextbedingten Umdeutungsprozeß die Rede war. In ApoEsr 11-12 wird das Gesicht von Dan 7 erweitert, aktualisiert und auf Rom bezogen. Der Endzeitbefreier, den Gott bis zum Ende der Tage aufbewahrt hat, wird einem Löwen verglichen und ist so als davidischer König-Messias zu betrachten. Zusätzlich wird ihm zugeschrieben, daß er die Könige richten und den Rest des Gottesvolkes befreien wird. In Kapitel 13 wird der Messias als Menschenähnlicher dargestellt, der mit dem Feuer seines Mundes (aufgrund von Dan 7,13-14 und Ps 68,3) diejenigen töten wird, die ihn bekämpfen. Auch wird er die Schöpfung befreien und die 9 11 2 Stämme zu sich rufen. Sowohl in ApoBar als auch in ApoEsr spielen das römische Reich und die Reihenfolge seiner Kaiser im Geschichtsverständnis und so auch im Konzeptualisierungsprozeß eine große Rolle. In Apc finden wir eine Vielzahl von Begriffen für eine Endzeitgestalt, und zwar das Lamm, den Sohn des Menschen, das Wort Gottes und jesus Christus. Rom und die Zeit des Ersten Jüdischen Aufstandes bilden für den Autor und seine christlichen Zuhörer den Hintergrund eines Konzeptualisierungsprozesses. Dabei wird von der jüdischen Erwartung eines Menschensohnes, der kommen wird, um Rom zu besiegen, zu richten und zu herrschen, ausgegangen. Dieses Messias-Konzept mit stark militärischen, königlichen und richterlichen Zügen wird dann auf Christus umgedeutet. Er wird kommen, um zu herrschen und um die Heiligen zu sammeln. Eine gewisse Polemik gegen die Aufständischen und die Apokalyptiker in oder außerhalb Palästinas könnte dabei eine Rolle gespielt haben. Sib V ist keine Ausnahme, obwohl sein Entstehungsort nicht in Palästina oder Klein-Asien, sondern in Ägypten liegt und auch sein Sitz im Leben ein anderer ist als der der rabbinischen, apokalyptischen oder jüdischen und christlichen Kreise der obenerwähnten Schriften 143 • 143
Diejenigen Gruppen, die keine Schriften produziert haben oder deren Existenz
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Wurde in Sib 111 ein Ptolemäer als Endzeitbefreier gefeiert, so wird in Sib V, 414 und 526 ein Mann vom Himmel erwartet und der historischen Gestalt des Nero entgegengestellt. Er wird als Kriegs-König, Richter und Menschenähnlicher geschildert (dies aufgrund von Jes 11,1-5 und Dan 7,13) 1«. Die veränderten Machtverhältnisse in der Periode von 70 bis 135 n. d. Z. finden ihren Ausdruck vor allem in den veränderten Besitzverhältnissen. Dies findet nicht nur eine Bestätigung in den geänderten sozial-politischen Umständen, sondern auch in den messianischen Erwartungen, die nun auf eine >>Wiederherstellung« der früheren Situation aus sind. Die religionssoziologische Studie von Kippenberg eignet sich besonders als Erklärungsmodell gerade dieser Verhältnisse 145, mit dem die von Rom beherrschte Wirklichkeit dem in den Apokalypsen erwarteten endzeitliehen Zustand folgendermaßen gegenüber gestellt werden kann:
Rom Römisches Recht, Schuldgefangenschaft: Rückzahlung der Schulden m Form von Arbeitskraft, Grund und Boden an die Gläubiger. Apokalypsen Väterliche Tradition, Tilgung der Schulden: Bestrafungen der Gottlosen und Belohnung der Gerechten. Wie in den Augen der Bauern und anderer Schuldner der römische Kaiser zunehmend zum Heerführer wurde, der mit Gewalt seine Soldaten die »Schulden« sowie die Bewirtschaftung des Heeres eintreiben ließ, wurde auch das von den Apokalyptikern konzipierte Bild des Messias-Menschensohnes zunehmend zum Kriegs-Messias, wie insbesondere aus Sib V hervorgeht146. Wichtig ist es jedoch auch, darauf aufmerksam zu machen, was mit den sogenannten Endzeitberechnungen, die wir zunehmend in verdeckter oder unverdeckter Form in den Apokalypsen des Esra, Baruch und anderen, nach dem Jahre 70 n.d.Z. nicht mehr nachweisbar ist, und zwar die Sadduzäer, die Zeloten, die Täufer und die Beteiligten am zweiten jüdischen Krieg wären in diesem Zusammenhang erwähnenswert; wir wissen aber fast nichts über sie. Zu den Täufern siehe jetzt: Lichtenberger, H., •Synkrerische Züge in jüdischen und judenchristliehen Taufbewegungen•, in: Dunn, J.D.G. (Hrsg.), ]ews and Christians. The Partingof the Ways A.D. 70 to 135, Tübingen 1992, 85-97. 144 S. weiter die vorläufige Ergebnisse in meinem Kapitel Vl.1 0. 145 Vgl. Kippenberg, Religion, 136-172. 146 S. auch Kippenberg, Religion, 141-155.
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Die messianischen Erwartungen von Titus bis Bar Koziba
aber auch bei Bar Koziba vorfinden, bezweckt sein dürfte. Die Apokalyptiker und Bar Koziba erwarteten die Wiederherstellung Israels zu einem bestimmten Zeitpunkt, sowohl nachdem bestimmte (»die letzten (() römisehe Kaiser gefallen sein werden als auch im ersten, zweiten und dritten Jahr der Freiheit bzw. Wiederherstellung Zions. Diese Art von Berechnungen gab es bereits seit dem Jahre 66/67 n. d. Z. 147 Bekannter sind die Münzen des zweiten Aufstandes, die den Anfang der Wiederherstellung Israels mit dem Shabbatjahr 131/2 n. d. Z. verknüpfen. Selbstverständlich war mit der Wiederherstellung Israels nicht nur die endzeitliche Befreiung, sondern auch der Loskauf der Gefangenen und die Tilgung der Schulden gemeint148• Diese von den Apokalyptikern erwartete und von Bar Koziba für kurze Zeit realisierte »neue(( Gesellschaftsordnung weicht von der von den Römern beherrschten Lage folgendermaßen ab, und auch hier ist eine formelle Analogie erkennbar. Rom/Provinz ]udäa
Kaise.; Vertreter Roms bzw. Führer der Besetzungsmacht, Römisches Recht, Rückzahlung der Schulden, Schuldgefangenschaft, Weltherrschaft bzw. Unterordnung aller Nationen unter Rom und seinen Kaisern bzw. Vertretern, Belohnung der Nutznieße.; Gefangenschaft. Apokalypsen/Bar Koziba
Gott, Messias-Menschensohn/Nasi (+ Heer von Engeln), Göttliches Gericht, Wiederherstellung Israels, Bestrafung der Gottlosen, Gericht über die Könige der Erde, mit Gott und seinem Gesalbten als Subjekt, Belohnung der Gerechten, Freiheit. Zusammenfassend für die ganze untersuchte Periode sei noch einmal betont, daß, wo es sich um eine Analogie zwischen den bestehenden und den erhofften Machtverhältnissen handelt, letztere meistens, wenn auch nicht imme.; die ersteren nicht bestätigen, sondern zutiefst kritisieren. In diesem Sinne handelt es sich eigentlich nicht um eine »Widerspiegelung(( der sozialen Bedingungen 149, sondern um eine Gesellschaftskritik und die Zukunftserwartungen spiegeln die sozialen Interessen bestimmter Gruppierungen wider 150• Das Erstaunliche dabei ist jedoch, daß die formell-analogen Denkmuste.; von den bestehenden Verhältnissen nicht nur geprägt, sondern konzeptionell abhängig waren. 147 149
Vgl. Kippenberg, Religion, 163 ff. Vgl. dazu Kippenberg, Religion, 171.
148
150
Vgl. Kippenberg, Religion, 163 ff. Vgl. Kippenberg, Religion, 172.
KAPITEL
VI
Die messianischen Erwartungen nach Bar Koziba
1. Einführung In den zahlreichen Schriften, die im zweiten Jahrhundert n. d. Z. oder später entstanden sind, finden wir Traditionen, die aus der Zeit von Titus bis Bar Koziba stammen könnten. Es handelt sich dabei um christliche, gnostische, samaritanische und rabbinische Apokalypsen oder Schriften mit apokalyptischem Material. Da von werde ich die Ascensio Isaiae, die Offenbarung des Petrus, das Buch des Elchasai, die samaritanischen Schriften, die Apokalypsen des Adam, des Paulus, des 1. und des 2. jakobus, des Elia, die Oden Salomos, die Targumim zum Pentateuch und die Mishna behandeln. In den meisten Schriften ist des öfteren älteres jüdisches Materiafl übernommen und manchmal christlich umgedeutet worden. In der Umdeutung werden oft Jenseitsvorstellungen, vor allem die über Himmel und Hölle, anstelle historisch-eschatologischer Erwartungen formuliertl. Die Umdeutung von älterem, d.h. dem »Interbellum« entstammendem Material bringt jedoch vor allem in der rabbinischen Literatur große, oft unlösbare methodische Probleme mit sich 3 • 1 So zum Beispiel die Kapitel 1-6 der Didache: •Die Zwei Wege•; die Kapitel 1-5 der Himmelfahrt des jesaja und der Grundstock der Petrus-Offenbarung. 2 So zum Beispiel in der Petrus-Offenbarung; siehe dafür Hennecke, E., Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung, 4. Auflage, durchgesehener Nachdruck der 3. Auflage von W. Sehneerneicher 1: Evangelien , Tübingen 1968; ibid II: Apostolisches, Apokalypsen und Verwandtes, Tübingen 1971, 471. Vgl. auch die 5. Auflage, I, Tübingen 1987 und II, Tübingen 1989. In den gnostischen Apokalypsen spielen wiederum Himmelfahrten und mystische Erfahrungen eine große Rolle. So zum Beispiel in der Paulus-Apokalypse; siehe dazu MacRae, G.W.; Murdock, W.R., ·The Apocalypse of Paul (V,2)•, in: Robinson, j.M. (Hrsg.), The Nag Hammadi Library in English, Leiden 1977, 239-241 vor allem 239. Siehe auch Rudolph, K., Die Gnosis. Wesen und Geschichte einer spätantiken Religion, Göttingen 1980. 1 Siehe weiter meine Kapitel VI.Sff.
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Die messianischen Erwartungen nach Bar Koziba
2. Die Christlichen Apologeten Zu den diversen nichtkanonischen christlichen Schriften gehören die Apologeten4. Die meisten apologetischen Schriften sind entweder anonym oder von einem Bischof der frühen Kirche geschrieben worden und sind, wie dies z.B. in der Didache deutlich der Fall ist, als katechetische Schriften zu bezeichnen. Im Gegensatz zum Neuen Testament finden wir bei den Apologeten (mit Ausnahme von Justin) nur wenige Bibelstellen zitiert; dafür wird wieder öfters auf die neutestamentlichen Schriften Bezug genommen. Ihre Messianologie ist in den meisten Fällen als Christologie zu bewerten.
Didache In der Didache, auch »Unterricht der Zwölf Apostel« genannr5, finden wir in Kapitel 16,1-8 eine kleine Apokalypse, die, was Form und Inhalt anbelangt, Ähnlichkeiten mit den synoptischen Apokalypsen aufweist. Die Apokalypse schließt dieses Handbuch des christlichen Unterrichts ab6 • In dem eschatologischen Schema von Kapitel16 wird auf Mt 24 zurückgegriffen, obwohl gerade am Ende der Geschichte, wenn der Herr und alle Heiligen mit ihm kommen werden und die Welt «den Herrn, kommend auf den Wolken des Himmels« sehen wird, auch an Sach 14,5 und Dan 7,13 zu denken ist. Aus dem Umstand, daß in der Didache auf die frühen christlichen Zukunftserwartungen Bezug genommen wird, ließe sich schließen, daß das Engagement des Autors eher als christlicher Unterricht denn als eschatologisches Interesse zu bezeichnen ist.
Zur Kanonfrage des Neuen Testamentes siehe Campenhausen, Entstehung; vergleiche auch Kugel, j.L.; Greer, R.A., Early Biblicallnterpretation, Philadelphia 1986, 109: •lt is not until the time of Irenaeus, about 180 C.E., that we can speak with any confidence of a Christian Bible•. Die Unterscheidung in meiner Untersuchung zwischen Neuern Testament und christlichen Literatur ist für die behandelte Periode nur arbiträr und wegen der Textausgaben rein literarisch; sie hat daher keine theologische Bedeutung. Literatur in: Hennecke, Apokryphen I und II, vor allem II, 407-427; Lake, K., The Apostolic Fathers 1-11, Nachdruck Cambridge 1985; Von Campenhausen, H., Griechische Kirchenväter, Stuttgart 1981. s Sie wird oft in Verbindung mit dem ebenfalls um die erste jahrhundertwende entstandenen Barnabasbrief gebracht; s. Lake, Fathers I, 305ff. 6 Lake, Fathers I, 307: •a manual of Church instruction•. 4
Die messianischen Erwartungen nach Bar Koziba
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Als authentische Reflexion auf historische, wenn auch innerkirchliche Entwicklungen ist sie nicht zu bezeichnen. Die Verse 16,5-8, die Mt 24,2931 zusammenzufassen scheinen, fügen im Vergleich zu Mt 24 als Zeichen der Endzeit die Auferstehung der Toten hinzu. Dies ist womöglich unter Einfluß von 1 Thess 4,15-17 zu verstehen. Neue Gedanken zu einem Endzeitbefreier gibt es jedoch in Did 16,1-8 nicht.
lgnatius lgnatius, dritter Bischof von Antiochien, der zwischen 98 und 117 n. d. Z. in Rom als Märtyrer starb, betont in seinen Briefen die Autorität der Bischöfe und Presbyter, protestiert gegen den häretischen Doketismus wie auch gegen die jüdische Praxis und bittet, die Kirche in Antiochien zu unterstützen'. Bei ihm finden wir ein ausgesprochenes Desinteresse an den eschatologischen Vorstellungen seiner Zeit. Er betont dies auch sehr wortreich in seinem Brief an die Römer 6,1: »Mir werden weder die Enden der Erde noch die Königreiche dieses Äons etwas nützen. Es ist besser für mich, in Christus Jesus zu sterben als zu herrschen über die Enden der Erde. Diesen suche ich, den für uns Gestorbenen; diesen will ich, den für uns Auferstandenen; das Gebären ist mir auferlegt« 8 •
Sein Engagement ist hier religiös und dabei apolitisch geprägt.
Polykarp Polykarp, der in der Mitte der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. Bischof von Smyrna war und 155 n. d. Z. den Märtyrertod starb, hat mehrere Briefe geschrieben, wovon nur sein Brief an die Phitipper bewahrt geblieben ist. Gaius, ein Zeitgenosse von Irenäus, schrieb einen Bericht über seinen Märtyrertod 9 • In seinem Brief an die Phitipper verbindet er verschiedene neutestamentliche Elemente mit Jesus: Jesus sitzt auf einem Thron an Gottes rechter Seite (2,1; vgl. 1 Petr 1,21); ihm ist alles im Himmel und auf der Erde unterordnet (2,1; vgl. Phil2,10 und 3,21); er kommt als Richter der Lebenden und der Toten (2,1; vgl. Apg 10,42; 2 Tim 4,1 und 1 Petr 4,5). 7
1 9
S. weiter Lake, Fathers I, 166-171. Übersetzung vom Autor. S. Lake, Fathers I, 280f. und II, 309ff.
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Die messianischen Erwartungen nach Bar Koziba
Alle müssen vor dem Richterstuhl Christi stehen und Rechenschaft ablegen (6,2; vgl. Röm 14,10.12 und 2 Kor 5,10). Er wird »Sohn Gottes« und »ewiger Priester« genannt (12,2; vgl. Hebr 6,20 und 7,3). So wird Jesus zwar als himmlischer Richter dargestellt, dennoch fehlt hier die eschatologische Szene und der weltgeschichtliche Rahmen, so daß von einem Endzeitbefreier gemäß meiner Definition nicht die Rede sein kann. Polykarp verwendet hier Material, das in der Zeit bis Bar Koziba oft messianisch verstanden wurde - wie die Vorstellungen eines Richters, Priesters und Herrschers -; er gibt ihm jedoch eine rein christologische Bedeutung10•
Barnabas Der Brief des Barnabas ist ein anonym verfaßter Brief- entstanden am Anfang des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. -, der sich gegen die jüdische Auffassung des »Alten Testaments« richtet. Barnabas gibt eine symbolische Auslegung der Bibel 11 , wie wir am folgenden Beispiel sehen: In Barn 15,5 wird Gen 2,2: «Gott ruhteamsiebten Tag« folgendermaßen erklärt: Wenn Gottes Sohn kommt, wird er die Zeit der Gottlosen zerstören, sie richten, die Sonne, den Mond und die Sterne ändern und danach wahrhaftig ruhen. Gen 2,2 wird hier eschatologisch ausgelegt, wobei die Endzeit als Ruhezeit der Schöpfung verstanden wird. So wird auch im ganzen 15. Kapitel der Shabbat als eine Zeit nach einer Periode von 6000 Jahren der Ruhe, des Friedens und der Heiligkeit dargestellt. Gott selbst und nicht ein Endzeitbefreier spielt bei dem Übergang von dieser Welt in die zukünftige die entscheidende Rolle.
Justin Obwohl Justinus, der Bischof und Märtyrer, einerseits Apologet des christlichen Glaubens ist und sich daher hauptsächlich um eine christologische Auslegung des Alten Testaments bemüht, vermittelt er andererseits, vor allem in seinem Dialog mit dem Juden Trypho 12 , jüdische Traditionen, die Vgl. auch Mar 21,1. S. Lake, Fathers I, 337ff. 11 Bibliographische Hinweise: Otto, J.K.Th. (Hrsg.), lustini Philosoph; et Martyris Opera quae feruntur omnia 1.2: Dialogus cum Tryphone ludaeo, Jena 1878; Feder, A.L., Justins des Martyrers Lehre von Jesus Christus, dem Messias und dem menschgewordenen Sohne Gottes, Freiburg 1906, 64ff.; Skarsaune, 0., The Proof {rom Prophecy. A Study in Justin Martyr's Proof-Text Tradition: Text-Type, Provenance, Theo10 11
Die messianischen Erwartungen nach Bar Koziba
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sich auf den Messias beziehen; diese messianischen Traditionen sind jedenfalls älter als 155-160 n. d. Z. - die Zeit, in der Justinus seine Hauptwerke schrieb. Es sind vor allem die Kapitel 8; 49; 89 und 110 des Dialogs, in denen Trypho den jüdisch-messianischen Erwartungen Ausdruck gibt. In den Kapiteln 33,83 (Ps 110 bezogen auf Hiskia); 34,64 (Ps 72 bezogen auf Salomo); 36,85 (Ps 24 bezogen auf Salomo) und 43 Ues 7,14 bezogen auf Hiskia) finden wir Beispiele der Auseinandersetzung über die Frage, ob bestimmte Stellen der Bibel »messianisch« oder »christologisch« auszulegen sind. Zwei weitere Beispiele mögen hier genügen, um auf das Problem der angeblich älteren, jüdisch-messianischen Erwartungen in Justins Werken einzugehen: In Dial. 109,2ff. wird Mi 4,1-7 zitiert und von Trypho auf den Messias, resp. von Justin auf Christus bezogen (vgl. auch 110,3-5). In Dial. 68,5 wird 2 Sam 7,12-16 paraphrasiert und von Trypho auf den Messias gedeutet. Im hermeneutischen Rahmen des Dialogs wird dabei jedoch Justins christologisches Anliegen immer wieder betont. Dieses Anliegen ist es auch, das die Fragen an Trypho bezüglich des Messias, dessen Charakter und dessen Funktion bestimmen. Aus diesem Grund ist die Frage um so interessanter, welche jüdisch-messianischen Erwartungen hinter den Aussagen dieser (literarischen oder historischen?) Gestalt Tryphos liegen. Dazu hat sich Higgins vor zwei Jahrzehnten geäußert: Er behandelt die Frage, inwiefern im Dialog jüdisch-messianische Erwartungen reflektiert werden, bespricht in diesem Zusammenhang die Kapitel 8; 31; 36; 38-39; 48; 68; 89-90; 110 und vergleicht Tryphos Aussagen (aufgrund von Justins Berichten) vor allem mit rabbinischen Parallelen 13 • Er kommt zu dem Schluß, daß diejenigen Aussagen Tryphos, die besagen, daß der Messias ein Mensch ist und eine Zeitlang für die Welt verborgen sein wird, zuverlässig seien, d.h. auf jüdische Erwartungen des 1. Jh.n. d. Z. zurückgingen. Diejenigen Aussagen aber, die von einem leidenden Messias, von einem Menschenähnlichen/Messias, der zweimal erscheinen wird, erst in Erniedrigung, danach mit Macht und Herrlichkeit, handeln, bewertet er als historisch nicht zuverlässig 14 •
logical Profile, Leiden 1987, 197ff. und 380ff.; Bellinzoni, A.j., The Sayings of ]esus in the Writings of Justin Martyr, Leiden 1967 und Higgins, A.J.B., •Jewish Messianic Belief in Justin Martyr's ·Dialogue with Tryphon••, NT 9 (1967), 298-305. ll Dieser Vorgang ist m.E. jedoch problematisch. 14 Higgins, »Belief«, 305.
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Die messianischen Erwartungen nach Bar Koziba
Es mag wohl daran liegen, daß Higgins von rabbinischen Parallelen ausgeht, die m.E. spät zu datieren sind 15 , daß seine Schlußfolgerung einigermaßen von der meinigen abweicht. Ich betrachte eher die Vorstellung des Menschenähnlichen (Dial. 31,1) sowie die Tatsache, daß Trypho sich den Messias als Mensch vorstellt, als Hinweise auf die Zeit des 1. Jh. n. d. Z. Dabei lasse ich es offen, ob Justin von jüdischen oder christlichen Quellen ausgegangen ist. In beiden Traditionen wurde nämlich gerade im 1. Jh. Dan 7,13 intensiv verwendet und umgedeutet (Mk 13; ApoEsr 13 u.a. ) 16 .
3. Die Himmelfahrt Jesajas Die in äthiopischer Sprache überlieferte »Himmelfahrt Jesajas« besteht aus zwei Teilen. Der erste, im Grundstock jüdische (aber in Kapitel 3 christlich bearbeitete) und dem ersten Jahrhundert n. d. Z. entstammende Teil (Kapitel 1-5) berichtet über das Martyrium Jesajas; der zweite, christliche, aus dem zweiten Jahrhundert n. d. Z. stammend, schildert (Kapitel 6-11) die Himmelfahrtsvision des Propheten 17• Der Autor dieser pseudepigraphischen Schrift, angeblich niedergeschrieben »im 26. Jahr der Herrschaft Hiskias« (AscJes 1,1) 18 , berichtet über die Ungerechtigkeit, die, wie er beobachtet hat, in Jerusalem verübt worden war und die für ihn zum Anlaß wurde, die Stadt zu verlassen und über Israels Abfall zu trauern (2,4ff.). Ein Lügenprophet namens Belchira hält gottlose Reden in Jerusalem und klagt Jesaja und die Propheten, die bei ihm waren, an, weil ihre Weissagungen gegen Jerusalem, daß es verwüstet werden sollte, Lügenworte seien (3,1ff.). S. z.B. Higgins, ,.ße)ief•, 300 und 304: ,. The nearest approach is tobe found in sayings anributed to two third-century Rabbis•; dabei handelt es sich um die Frage nach dem zweimaligen Kommen des Messias. 16 Dies jedenfalls aufgrund meiner bisherigen Ergebnisse und meines Erklärungsmodells. Ob ich damit auch bestimmte schwer datierbare Messias-Konzepte historisch einordnen kann, ist eine Frage an sich. Vgl. auch mein Exkurs C über die Targumim. 17 S. Hennecke, Apokryphen II, 454ff. Vgl. die Anlehnung an Ascjes 5,11-14 in Heb 11,37, woraus sich schliessen läßt, daß der erste Teil sehr wahrscheinlich dem ersten Jahrhundert n.d.Z. entstammt. S. weiter Flusser, D., ,. The Apocryphal Book of Ascensio lsaiae and the Dead Sea Sect•, IE] 3 (1953), 30-47; Himmelfarb, M., .. The Experience of the Visionary and Genre in the Ascension of lsaiah 6-11 and the Apocalypse of Paul•, in: Collins, Semeia 36, 97-111. 11 Vgl. dazu die ähnlichen Anfänge der Esra- und Baruch-Apokalypsen. 15
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In Ascjes 3,13ff. werden die Gesichte geschildert, die jesaja empfängt, und zwar über die Ankunft des »Geliebten« aus dem siebenten Himmel, sein Hinabsteigen und seine Verwandlung in eine Menschengestalt. Danach folgt eine Beschreibung des Lebens jesu und das seiner zwölf jünger. Bei der Ankunft Jesu wird es viel Streit (3,22-25) und Lästerung geben, und der heilige Geist wird sich zurückziehen (3,26ff.). Es wird Eifersucht und Zwietracht zwischen den Hirten und den Ältesten herrschen, und jeder wird sagen, was ihm gefällt, ohne dabei auf die Weissagungen der Propheten zu achten (3,29-31 ). Nach diesen Ereignissen wird )) Beliar« in Menschengestalt und wie ein König erscheinen und viel Macht besitzen. Er wird behaupten, daß er selbst Gott ist, und alle Menschen werden an ihn glauben und ihm dienen (4,1ff.). Er wird drei Jahre, sieben Monate und siebenundzwanzig Tage herrschen (4,12). Danach wird jedoch der Herr mit seinen Engeln und Heerscharen aus dem siebenten Himmel kommen, und er wird Beliar in die Gehenna schleppen (4,14). Die Heiligen werden dann von ihm gerettet werden (4,15ff.). Der »Geliebte<< wird in jenen Tagen Auferstehung und Gericht stattfinden lassen und mit Feuer alle Gottlosen verzehren (4,18). Im 5. Kapitel wird dann berichtet, wie Beliar durch Belchira und Manasse Jesaja zersägen läßt, weil letzter seine Worte nicht zurücknehmen wollte. Obwohl dieser erste Teil (vor allem im 3. Kapitel) eine deutlich christliche Bearbeitung zeigt, fallen einige Ähnlichkeiten mit den anderen jüdischen Apokalypsen der Zeit zwischen den Kriegen auf. Die hier vermittelten Endzeiterwartungen basieren auf traditionellem Material, insofern in ihnen von einem Endzeitbefreier die Rede ist, der aus dem siebenten Himmel herabsteigt - und dabei mit der Parusie Christi verbunden wird. Diese Endzeitgestalt wird in Menschen-Gestalt (3,13), als Christus (3,14ff.) und vor allem als Richter (4,18) dargestellt. Sie gerät mit einem Antichrist namens )) Beliar« in Konflikt und verzehrt ihn mit Feuer. Dabei wird er wie im 1. Henoch-Buch »Geliebter« genannt. Am Ende bekämpfen Gottes Engel und Heerscharen den )) Beliarcc, und die Heiligen werden letztendlich gerettet. Die Verbindung der Aspekte eines himmlischen Richters und eines Kriegs-Messias zu einem Messias-Konzept fanden wir gerade im ersten Jahrhundert n. d. Z. des öfteren, so daß, obwohl die christliche Endredaktion sicherlich später stattgefunden hat, das Grundmaterial traditionsgeschichtlich in der zweiten Hälfte des ersten jh. n. d. Z. einzuordnen wäre. Dabei nimmt m.E. Ascjes 4,18 eine zentrale Stellung ein: »Dann wird die Stimme des Geliebten im Zorn diesen Himmel wie auch dieses Trockene(= diese Erde) schelten und die Berge und Hügel, die Städte,
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die Wüste und die Bäume, den Engel der Sonne und den Mond und alles, wo Beliar sich zeigt und offen handelt in dieser Welt, und Auferstehung und Gericht wird unter ihnen in jenen Tagen stattfinden, und der Geliebte wird Feuer von sich auffahren lassen, und es wird alle Gottlosen verzehren, und sie werden sein, als wären sie nicht geschaffen« 19•
Aus der Schilderung des gottlosen Treibens in jerusalem (Kapitel1-2) ließe sich schließen, daß hierbei die Stadt vor ihrer Zerstörung 70 n. d. Z. beschrieben wird. Ascjes 4,18 wäre so als Weissagung gegen die Situation in Jerusalem vor 70 n. d. Z. aufzufassen, als viele Gruppen um die Macht kämpften und die Gottlosigkeit zunahm. Aus dieser einen Stelle läßt sich dies jedoch nicht mit Sicherheit ableiten.
4. Die Offenbarung des Petrus Die in äthiopischer Übersetzung und in zwei Fassungen verschiedener Länge auf uns gekommene, wahrscheinlich circa 135 n. d. Z. in Ägypten entstandene Offenbarung des Petrus tradiert einige der synoptischen eschatologischen Vorstellungen, insbesondere in den Kapiteln 1 und 6, und polemisiert, so die Auffassung von Weinel20, im 2. Kapitel gegen Bar Koziba 21 • Im ersten Kapitel antwortet jesus auf die Frage seiner Schüler nach seiner Wiederkunft mit Zitaten von und in Anlehnung an Stellen wie Mt 24,4.5.26.27.30; Mk 13,26; 1 Petr 4,5 u.a. Zwei Themen werden besonders hervorgehoben: die Warnung vor den falschen Messiassen (» Pseudogesalbte«) und die Schilderung der Parusie Christi. Christus wird auf den Wolken des Himmels und umgeben von seinen Engeln und Heiligen kommen, um die Lebenden und die Toten zu richten und zu strafen 22 • Im 3. Kapitel folgt dann die Schilderung des Gerichts, im 4. Kapitel die der Auferstehung, im 5. Kapitel die der Bestrafung am endzeitliehen Gerichtstag und im 6. Kapitel die Parusie.
Übersetzung nach Fleming, j.; Duensing, H., in: Hennecke, Apokryphen II, 459. S.u. 21 Vgl. Maurer, C.; Duensing, H., •Offenbarung des Petrus•, in: Hennecke, Apokryphen ß, 468-483; vor allem 468ff. Die •Offenbarung des Petrus• ist von der koptisch-gnostischen •Apokalypse des Petrus• zu unterscheiden; vgl. dazu nun die 5. Auflage von Apokryphen ß, 562ff. und 633ff. 22 S. weiter Hennecke, Apokryphen II, 472. 19
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In den Kapiteln 7 bis 12 folgt die Beschreibung der Bestrafungen in der Hölle. Dabei werden verschiedene Kategorien von Sündern genannt: diejenigen, die den Weg der Gerechtigkeit lästern; diejenigen, die ihre Kinder abtreiben; die Verfolger und Verräter der Gerechten; diejenigen, die leihen und Zinsen nehmen; diejenigen, die ihre Eltern nicht ehren, und schließlich diejenigen, die Almosen geben und sich selbst deshalb für gerecht halten. In den Kapiteln 13 bis 14 wird beschrieben, wie die Gerechten und Auserwählten belohnt werden. Im 15. Kapitel werden zwei Gestalten eingeführt, die sich im 16. Kapitel als Mose und Elia erweisen (vgl. Mk 9,4 Par.). Danach folgt eine Beschreibung des Paradieses. Das 17. Kapitel schließt mit der Himmelfahrt Jesu, des Mose und des Elia die Apokalypse ab (vgl. Mt 17,4ff. par.). In der Petrus-Offenbarung finden wir demnach eine sehr ausführliche Beschreibung der Jenseitsvorstellungen des Autors (und seiner Gemeinde), wobei besonders die Bestrafung der Gottlosen hervorgehoben wird. Diese Bestrafung wird ohne einen Endzeitbefreier vollzogen, obwohl am Anfang wie auch am Ende der Schilderung von Himmel und Hölle die Wiederkunft und Himmelfahrt Christi stehen. Von Jesus wird gesagt, daß er kommen werde, »um zu richten und zu strafen«, dennoch vollzieht sich das Gericht ohne seine Anwesenheit. Daraus läßt sich schließen, daß das, was im 1. Kapitel über ihn gesagt wird, in der eigentlichen Apokalypse keine Funktion besitzt. Darüber hinaus bestehen die Aussagen über ihn hauptsächlich aus neutestamentlichen Zitaten (sowohl im 1. als auch im 17. Kapitel, die so den narrativen Rahmen der Apokalypse darstellen). Dabei ließe sich, ausgehend von der Endredaktion, die eigentliche Apokalypse Kap. 2-16 als ein apokalyptischer Midrash auf die Worte »damit ich >richte die Lebendigen und die Toten<« (1 Petr 4,5; vgl. 2 Tim 4,1) und «iedem vergelte nach seinem Tun«« (Mt 16,27; vgl. Ps 62,13) auffassen, denn das Thema der eigentlichen Apokalypse ist eindeutig das Endzeitgericht. Unsere Aufgabe liegt nun darin, den Hintergrund dieser Schilderung von Himmel und Hölle eingehender zu untersuchen, damit wir den Sitz im Leben dieses »apokalyptischen Midrash auf das Endzeitgericht« näher bestimmen können. Was mir in der Beschreibung der verschiedenen Arten von Bestrafungen in den Kapitel 3 bis 13 auffällt, ist, daß hier nur wenige Bibelstellen zitiert werden, und wenn, dann meistens aus den Psalmen 23 • Diese Beobachtung stützt die Vermutung, daß wir es in ApoPetr mit Aus den neutestamentlichen Schriften wird überhaupt nicht zitiert; dies ist nur in den Kapiteln 1-2 und 14-17 der Fall. 23
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einer christlichen Umrahmung eines jüdischen Grundstocks zu tun haben, dessen Herkunft sich noch näher bestimmen läßt: die besondere Hervorhebung der »moralischen Werte« und- damit verbunden- die Verurteilung der Übertretungen dieser Prinzipien verweist auf das hellenistische, insbesondere auf das alexandrinische Judentum. In den Kapiteln 7 bis 12 werden Ungerechtigkeit, Mord, Verrat, Diebstahl, Unehrerbietigkeit gegenüber den Eltern sowie Hypokrisie thematisiert. Es handelt sich hier um einige der Zehn Gebote. Nur die ersten dieser Gebote fehlen, was sich durch die endgültige christliche Bearbeitung erklären läßt. Im ersten Kapitel wird dann hinzugefügt, daß Jesus der Agens des Gerichtsvollzugs für die Übertretung der Gebote sein wird. Was nun das 2. Kapitel anbelangt, so ist hier zwischen dem Gleichnis eines Feigenbaums, seiner Deutung auf das Haus Israel und seiner Aktualisierung in der Beschreibung eines »Pseudogesalbten « zu unterscheiden. Falls wir das 2. Kapitel auf die Zeit Bar Kozibas bezögen, ist ApoPetrund insbesondere die christliche Bearbeitung in den 30er Jahren des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. oder später anzusetzen 24 • Ist die Apokalypse jedoch auch auf Bar Koziba zu beziehen? Da »Christus« in der ApoPetr als Titel verwendet wird, ist der (Pseudo-)Christus, von dem im 2. Kapitel die Rede ist, auch eher als Titel, statt wörtlich als »Gesalbter« oder Endzeitbefreier aufzufassen. Der Autor könnte damit auf jemanden hingewiesen haben, der sich diesen Titel angemaßt hatte und als »Christus« (d.h. mit dem Titel des erwarteten Messias) das endzeitliche Gericht heraufführen wollte. Über diesen Pseudo-Gesalbten - der jedoch als Heilbringer deutlich abgewiesen wird - wird darüber hinaus gesagt, daß er viele des Hauses Israel verführt und dem Martyrium überantwortet und daß er mit Schwertern oder Dolchen mordet. Danach werden Henoch und Elias gesandt um offenzulegen, daß er der Verführer ist, der in die Welt kommen mußte (vgl. Mk 13,22 Par.). So wird der Pseudogesalbte offensichtlich als gescheiterter Befreier Israels- und in unserer Terminologie- als Kriegs-Messias dargestellt. Wenn nun hier von Bar Koziba die Rede ist - sein Titel, seine Gewalt und insbesondere die Ermordung der Märtyrer weisen darauf hin 25 - , dann wäre also die christliche Bearbeitung ApoPetr tatsächlich ins zweite Drittel des zweiten Jahrhunderts zu datieren.
S. auch Mauer in Hennecke, Apokryphen II, 469. Wir finden dieselbe Kombination von Merkmalen in bezug auf ihn in der rabbinischen Literatur. S. mein Kapitel V.9 und mein Exkurs C. Kritischer ist jedoch Schäfer, Aufstand, 61f. 24 25
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Es ist in ApoPetr jedoch bemerkenswert, daß hier zwei Messias-Konzepte einander gegenübergestellt werden: Christus und der Pseudo-Gesalbte. Dies wurde schon im ersten Kapitel, d.h. in der christlichen Umrahmung vorbereitet. Dieser Umstand läßt den Schluß zu, daß die beiden MessiasKonzepte gemeinsam mit den Szenen des Endzeitgerichts und der Endzeitbestrafungen die eschatologischen Vorstellungen des Redaktors bilden. In dem vom Redaktor deutlich favorisierten Messias-Konzept, das des Christus, wird er als Endzeitrichter dargestellt, ohne dabei mit der eschatologischen Gerichtsszene oder mit der Geschichte überhaupt in Verbindung gebracht zu werden. Er wird dann dem Bar-Koziba-ähnlichen Pseudogesalbten, der als ein in der Geschichte operierender Kriegs-Messias dargestellt ist, entgegengestellt. Der hier beschriebene gesalbte Jesus entspricht jedoch nicht unserer Definition eines Endzeitbefreiers, obwohl er im 1. Kapitel als Richter dargestellt wird. Dies findet vielleicht darin seinen Grund, daß der Redaktor, der in der ersten Hälfte des 2. jh.n. d. Z. lebte, einen hellenistischjüdischen Grundstock mit moralischer Ausrichtung übernommen, mit neutestamentlichen Zitaten christlich bearbeitet und dann mit Anspielungen auf die Zeit des Bar Koziba und mit Kritik an einem Pseudo-Gesalbten aktualisiert hat. Dabei war Christus für ihn jedoch schon zu einer apolitischen Gestalt geworden. Dann dürfte auch seine Kritik an einem »Pseudogesalbten« und sein Konzept von Jesus als Richter, der außerhalb der Geschichte steht, als Polemik gegen jüdisch-nationale und militärisch-messianische Tendenzen während des Bar-Koziba-Aufstandes und danach aufzufassen sein. Das Anliegen des Verfassers bzw. Redaktors liegt dementsprechend in der Zurückweisung der politisch geprägten messianischen Erwartungen.
5. Das Buch des Elchasai Im neunten der am Anfang des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. in Mesopotamien entstandenen und nur in Bruchteilen überlieferten Fragmente des Buches des Elchasai 26 lesen wir: S. lrmscher, j., in: Hennecke, Apokryphen II, 529-532; siehe auch Lunikhuizen, G.P., The Revelation of Elchasai. lnvestigations into the Evidence for a Mesopotamian jewish Apocalypse of the Second Century and its Reception by judeo-Christian Propagandists, Tübingen 1985, 124. Das neunte Fragment finden wir vor allem von Epiphanes in haer. 19,4,3 überliefert. S. auch Lichtenberger, »Züge•, 92-95. 16
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»Keiner forsche nach der Deutung, sondern spreche nur im Gebete die Worte ... : »Abar anid moib nochile daasim ana daasim nochile moib anid abar Selam«. Von der Mitte der Zeile nach rechts und links gelesen, ergibt sich jeweils der aramäische Satz: M~., M2~., CT'~ r~liJV .,MCC M2M: »Ich bin Zeuge über euch am Tage des großen Gerichts« 27 • Hinter Irmschers Rekonstruktion des Buches läßt sich ein jüdischsynkretistischer Autor oder eine jüdisch-christliche Gruppierung erkennen. Darauf verweisen einerseits die Forderungen der Beschneidung, der Shabbatheiligung und der Einhaltung der Gebetsrichtung nach Jerusalem28 hin; andererseits werden die Opfer verworfen, wird die hebräische Bibel kritisiert, und es werden Jesus Christus und der heilige Geist als himmlische Wesen dargestellr29 • Den oben zitierten Spruch erklärt lrmscher folgendermaßen: »Sodann verheißt der Apokalyptiker einen Krieg unter den Mächten der Gottlosigkeit; sollten die Anhänger des Elchasai dabei in Bedrängnis geraten, so wird ihnen, wenn sie nur im Herzen fest bleiben, selbst die äußere Verleugnung verziehen. Man brauche dann nur einen Zauberspruch zu beten, die Verheißung des Elchasai: »Ich werde über euch Zeuge sein am Tage des großen Gerichts« 30 • Epiphanes31 nahm an, daß Elchasai im Ostjordanland wirkte. Gewidmet war seine Schrift den »Sobiau «, den »Gebadeten«. Dabei handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine jüdisch-christliche Sekte32 • In den übriggebliebenen Fragmenten des Buches erfüllt ein »Sektenführer« oder Apokalyptiker indirekt die Rolle eines »Endzeitbefreiers«, indem er die Gläubigen im apokalyptischen Endkampf mit einem Spruch beschützt. Man könnte sogar sagen, daß hier der »Glaube« an die magische Kraft des Wortes sowie an die Macht Christi als Endzeitbefreier im Vordergrund steht. Der »Glaube« selbst bewirkt die Befreiung. Das entspricht jedoch nicht der in dieser Arbeit vorgenommenen Definition eines Endzeitbefreiers, der zufolge dieser immer als eine Person vorgestellt wird.
So Hennecke, Apokryphen II, 532 und Levy, M.A., ZDMG 12 (1858), 712. Vgl. Epiphanes, hear:. 19,3,5 und die anderen Fragmente des Buches in vor allem: Luttikhuizen, Revelation, 42ff. 29 S. Irmscher in: Hennecke, Apokryphen II, 529. 10 So Hennecke, Apokryphen II, 529. 11 Epiphanes, hear. 19,2,10ff. und 53,1,1ff. 12 Epiphanes, hear:. 19,1; 30,18; 53. 27
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6. Die samaritanischen Schriften Aus den samaritanischen Schriften des 4. bis 18. Jahrhunderts n. d. Z. destilliert Dexingerl3 einen »messianischen Prototyp« 34 heraus, der unter dem Namen »Taheb« bekannt geworden ist (vgl. Job 4,25) und dessen Vorstellung, so Dexinger, seit dem zweiten Jahrhundert v. d. Z. in der Auslegung von Dtn 18,18 wurzelt und dessen ursprüngliche Funktion die eines »Propheten wie Mose« ist. Obwohl die eschatologische Auslegung von Dtn 18,18 schon im Judentum früh belegbar ist, werde ich die samaritanischen Schriften sowie den Begriff Taheb<< nicht behandeln können, da sie frühestens ins vierte Jahrhundert n. d. Z. zu datieren sind. Dabei sind die religionsgeschichtlichen Argumente Dexingers für eine Datierung der Taheb-Vorstellung bis ins zweite Jahrhundert v. d. Z. für meine Studie zu unsicherl5• Dennoch ist in diesem Zusammenhang durchaus anzunehmen, daß dieser Taheb, d.h. »der in Dtn 18,18 erwähnte Prophet, der von den Samaritanern als ein in Zukunft Erstehender verstanden wird« 36 , in seiner Wirkungsgeschichte auch mit eschatologischen, königlichen und anderen Aspekten verbunden worden ist (vgl. 4QTest; 1QS 9,11 und 1 Makk 14,41) 37 • >)
33 Dexinger, F., •Der Taheb. Ein •messianischer• Heilsbringer der Samaritaner•, Kairos 27 (1985), 1-172. 34 S. für den Begriff •messianischen Prototyp• Colpes •Begriff•, Kairos 11, 241ff..
S. dafür auch Dexinger selbst in •Taheb•, 2-24 und 25: •( ... ) die Beantwortung der Frage nach dem Ursprung der Taheb-Vorstellung [... ] kann angesichts der eben beschriebenen Quellenlage nicht im Rahmen des samaritanischen Textmaterials gegeben werden, das ja nicht in die Ursprungszeit der Samaritaner zurückreicht. Daher muß älteres, außersamaritanisches Material aus der Anfangszeit der samaritanischen Sonderentwicklung herangezogen werden, was in meiner Arbeit •Der •Prophet wie Mose• in Qumran und bei den Samaritanern• geschah [... ) Die Taheb-Vorstellung wurzelt in der spezifischen Interpretation von Dtn 18,18, die ab dem 2.Jh.v.Chr. im Judentum belegbar ist•. Siehe dazu den von Dexinger erwähnten Aufsatz •Prophet•, in: Festschrift N. Dekor, AOAT 215 (1985), 97-111. 16 So die Definition von Dexinger, "Taheb•, 37. 17 Vgl. weiter Philo über Mose in Mos. I und II. Vgl. Bowman, J., •Early Samaritan Eschatology«, ]JS 6 (1955), 63-72; Meeks, Prophet-King und Teeple, H.M., The Mosaic Eschatological Prophet, Philadelphia 1957. 35
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7. Die gnostischen Schriften Einige der gnostischen Schriften, die zwischen dem ersten und dem vierten Jahrhundert n. d. Z. entstanden sind, gehen teils auf die jüdische, teils auf die christliche Apokalyptik zurück 38 • Die für unsere Untersuchung relevanten Schriften sind die Adam-Apokalypse, die Paulus-Apokalypse, die EliaApokalypse, die 1. und 2. Jakobus-Apokalypse, die Petrus- und die Thomas-Apokalypse sowie die Oden Salomos 39 • Wie im Fall der rabbinischen Literatur soll hierbei untersucht werden, ob sich in diesen gnostischen Schriften jüdisches (bzw. christliches) Material des ersten Jh. v. d. Z. eruieren läßr40, und wie sich die gnostischen Vorstellungen über Eschatologie und Endzeitbefreier im Rahmen unserer Definition und Fragestellung fassen lassen. Dabei zielen wir ausschließlich auf das jüdische, christliche und ältere Material in den gnostischen Apokalypsen, ohne auf die komplexe Problematik der Gnosis eingehen zu wollen.
Die Adam-Apokalypse Über die Adam-Apokalypse sagt MacRae: ,,Jt is obvious that the Apocalypse of Adam depends heavily on Jewish apocalyptic traditions; in fact, the document may represent a transitionalstage in the development from Jewish to Gnostic apocalyptic. If this be the case, its date may be very early, perhaps as early as the first or second century C.E. Most interestingly, the Apocalypse of Adam does not disclose any explicit Christian themes« 41 • Es Damit ist jedoch nichts über den religionsgeschichtlichen Ursprung der Gnosis gesagt; siehe dafür Rudolph, Gnosis, 294ff. und Pearson, B.A., ,.Jewish Sources in Gnostic Literature•, in: CRI 11.2, 443-481, vor allem 443. 39 Literaturhinweise: The Facsimile Edition of the Nag Hammadi Codices. Published under the Auspices of the Department of Antiquities of the Arab Republic of Egypt in Conjunction with the UNESCO, Leiden 1972ff.; Robinson, Library; siehe weiter Helderman, J., Die Anapausis im Evangelium Veritatis. Eine vergleichende Untersuchung des valentinianisch-gnostischen Heilsgutes der Ruhe im Evangelium Veritatis und in anderen Schriften der Nag Hammadi-Bibliothek, Leiden 1984, 348-376 (Bibliograpie); Stroumsa, G.A.G., Another Seed: Studies in Gnostic Mythology, Leiden 1984, 81ff.; Söhlig, A., Mysterion und Wahrheit, Leiden 1968; Tröger, K.-W., Altes Testament - Frühjudentum- Gnosis. Neue Studien zu •Gnosis und Bibel(, Gütersloh 1980 und Ullmann, W., •Apokalyptik und Magie im gnostischen Mythos•, in: Tröger, Testament, 169-194. 40 S. dazu auch mein Exkurs C. 41 MacRae, G.W., •The Apocalypse of Adam•, in: Robinson, Library, 256-264, 38
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handelt sich hierbei um eine Offenbarung Adams an seinen Sohn Seth, in der es unter anderem heißt, daß der Schöpfer versuche, diese Welt zu zerstören, daß aber, »wenn der mächtige Erleuchter kommt, der Mann, auf den der heilige Geist gekommen ist, dieser von den irdischen Mächten hingerichtet werden wird. Am Ende aber wird er siegen, und diejenigen, die wahrhaftig den lebendigen Gott gekannt haben, werden für immer leben«'42 • Hedrick hat eine literarische und quellenkritische Analyse der Apokalypse vorgenommen, aufgrund deren er sie in die erste Hälfte des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. datiert. In jener Zeit war die sethianische, schon von Josephus erwähnte Bewegung noch nicht christianisiert; diese Gruppe soll im transjordanischen Gebiet aktiv gewesen sein43 • Hedrick unterscheidet in der Apokalypse zwei Quellen, die er A und B nennr44. Die für uns relevanten Kapitel 70 und 75-82 gehören zu beiden Quellen, während die Kapitel 76 und 82, in denen eine Befreiergestalt beschrieben wird, sowie die Kapitel 78-83, worin 13 Königreiche beschrieben werden, ausschließlich der B-Quelle entstammen. Schon in der A-Quelle, die Hedrick als »midrashic commentary on Genesis in narrative style that concludes with a judgment scene« kennzeichnet45, finden wir eine Einteilung der Geschichte in die Perioden der Schöpfung, des Sündenfalls, der Flut, der Bedrohung (Wann?), einer Bedrohung durch Feuer und des Eschatons. Eine ähnliche Periodisierung ist auch von anderen apokalyptischen und gnostischen Schriften bekannr46 • In den letzten drei kosmischen Krisen versucht der »Demiurg« 47 , die gnostische Gemeinde zu zerstören. Diese Gemeinde wird jedoch gerettet, erst durch die Engel, dann durch den Gott der Wahrheit und schließlich durch Abraxas, Sablo und Gamaliel 48 • Nach
vor allem 256; siehe auch Hedrick, C.W., The Apocalypse of Adam. A Literary and Source Analysis, Chico 1980, 230ff. 42 Übersetzung vom Autor; vgl. MacRae, •Apocalypse•, 256. 43 Hedrick, Apocalypse, 209ff., vor allem 212, Anm. 116 und 214: •The Apoc. Adam apparently was produced during an early stage of the Sethian-Archontic tradition by a minority group that argued for a spiritualized understanding of baptism and an ascetic Iifestyle". 44 Hedrick, Apocalypse, 59ff. und 97ff.; Text auf 230ff. und 260ff. 45 Hedrick, Apoca/ypse, 60. 46 S. Hedrick, Apoca/ypse, 66ff. für Beispiele. 47 Zum •Demiurgen« s. Rudolph, Gnosis, 66f. und 82ff. 41 Diese drei Engel sind sowohl aus der gnostischen als auch aus der jüdischen Tradition bekannt; vgl. Hedrick, Apocalypse, 83f. und 256f.
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diesen dreiErlösungenwird »die gnostische Gemeinde zum Wohnsitz der großen Äonen, wo sie bei den Heiligen Engeln wohnen«, gebrachr4 9 • In derB-Quelle werden 13 Königreiche und ein königliches Geschlecht beschrieben (77,27-82,17 und 82,19-83,4) 50 • Hier, so Hedrick, finden wir wenig jüdisches Material verarbeiter5 1 • Nur die ersten Königreiche sind auf Perioden der biblischen Geschichte zurückzuführen52 • Kennzeichnend für die B-Quelle ist auch die Aufteilung der Menschen in diejenigen, die gerettet werden, und diejenigen, die verloren sind, wobei das jeweilige Kriterium das Empfangen resp. das Nicht-Empfangen der »Gnosis« ist. Auffallend für beide Quellen, die ja zusammen als eine Schrift gelesen werden, ist das Fehlen einer Messiasgestalt, obwohl die Periodisierung der Geschichte in 6 oder 14 Geschlechter sowie die Zuspitzung auf das Eschaton an z.B. die syrische Baruch-Apokalypse erinnert und daher eigentlich die Gestalt eines Endzeitbefreiers zu erwarten wäre. Der Redaktor scheint stattdessen in den Kapiteln 82ff. die Funktion einer solchen Befreiergestalt im Endzeitgeschehen auf die Gnosis, die den Auserwählten die Befreiung oder Erlösung bringen wird, zu übertragen. Eine derartige Erlösungslehre (mit einer Gnosis statt einer Messiasgestalt) ließe sich durchaus mit der Erkenntnis des Gnostikers über seinen Ursprung als Weg zur Erlösung verbinden 53.
Die Paulus-Apokalypse
Die Paulus-Apokalypse beschreibt aufgrundvon 2 Kor 12,2-4 (siehe auch Gal 1,11-17 und 2,1-2) Paulus' Himmelfahrt in den 4. bis 10. Himmel. MacRae und Murdock dazu: »Paul's heavenly journey seems to rely upon Jewish apocalyptic tradition, but the Gnostic character of the present narrative is obvious« 54 • Abgesehen vom 22. Kapitel, wo Paulus im 7. Himmel einem alten Mann mit weißen Kleidern begegnet (vergleiche Dan
Hedrick, Apoca/ypse, 83; s. auch Rudolph, Gnosis, 149ff. so S. Hedrick, Apoca/ypse, 130ff. sJ Hedrick, Apoca/ypse, 160-163. 52 S. Rudolph, Gnosis, 149ff. Für eine Übersicht der gnostischen Systeme s. Rudolph, Gnosis, 333ff.; für den sethianisch-archontischen Sitz im Leben, siehe Hedrick, Apocalypse, 209ff. n Vgl. dazu Rudolph, Gnosis, 135ff. Es handelt sich hierbei um das Problem des Verhältnisses zwischen •Selbsterlösung• und •Fremderlösung• in den verschiedenen gnostischen Strömungen. 54 MacRae, G.W.; Murdock, W.R.; Parrott, D.M., .. The Apocalypse of Paul (V,2)•, in: Robinson, Library, 239-241, vor allem 239. 49
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7,9ff.), der auf einem Thron, der heller als die Sonne ist, sitzt, finden wir keine messianischen Andeutungen in der Paulus-Apokalypse 55 •
Die 1. und die 2. Jakobus-Apokalypse Die 1. Jakobus-Apokalypse besteht hauptsächlich aus einem Gespräch zwischen dem Herrn und jakobus. Dabei bilden das Leiden und Sterben jesu und der Seelenaufstieg nach dem Tod die Hauptthemen. Die Apokalypse charakterisiert Schoedel wie folgt: »The passion of the Lord is symbolic of the cosmic struggle which is centered in Jerusalem, the city which is >a dwelling place of a great number of archons< (... ). The First Apocalypse of ]ames may be considered as a work echoing JewishChristian and Gnostic themes. The prominent place of james, a figure of much importance within Jewish-Christian circles, and the reference to Addai, the reputed founder of Syrian Christianity, together suggest that the document may have emerged out of Syrian Jewish Christianity« 56 • Im Fall dieser Apokalypse ist es, wie bei vielen anderen Apokalypsen, besonders schwierig, zwischen älterem jüdischen Material und späterer christlicher oder gnostischer Bearbeitung zu unterscheiden57 • Für die erste Jakobus-Apokalypse scheint mir dies unmöglich zu sein. Auch sind »gnostische« Auslegungen von »messianischen« Stellen nur schwer auszumachen. Dort, wo in dieser Schrift von der Gestalt eines Endzeitbefreiers die Rede ist, handelt es sich stets um die Interpretation der Gestalt jesu58 • Das 25. Kapitel zeigt, daß Jerusalem nicht mehr unmittelbar zum Heilsplan des Autors gehört, denn Jakobus wird aufgetragen, die Stadt zu verlassen, weil »sie immer eine bittere Schale für die Söhne des Lichts« und ein >>Wohnsitz der Archonten« gewesen isr5 9 • Im 39. Kapitel verhält sich Jesus gegenüber »Adonaois«, dessen Sohn er einmal war, negativ. Daraus wäre zu schließen, daß Jesus hier nicht als jüdischer, d.h. in der hebräischen Bibel vorhergesagter Messias, sondern als gnostischer Erlöser dargestellt wird. Viele Gnostiker hatten, im GegenFür Kapitel 22 siehe Robinson, Library, 241 und Duensing, H., »Apokalypse des Paulus«, in: Hennecke, Apokryphen ll, 536ff. und 550; handelt es sich hier vielleicht um zwei Apokalypsen? 56 Schoedel, W.R.; Parrott, D.M., »The First Apocalypse of james (V,3)•, in: Robinson, Library, 242-248, vor allem 242. 57 Vgl. mein Kapitel Vl.l; mein Vorhaben ist vor allem traditionsgeschichtlich, weniger literar- oder historisch-kritisch orientiert. 58 Spricht der Autor im 30. Kapitel über die Wiederkunft Jesu, wenn er die Archonten überwältigen wird? 59 S. auch das 36. Kapitel, wo von einem Krieg in jerusalem die Rede ist. 55
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satz zu ihren christlichen Brüdern, bekanntlich eine negative Einstellung zur jüdischen Religion und zum jüdischen Gott. Die 2. Jakobus-Apokalypse schildert das Leiden und Sterben des Jakobus selbst, wobei Ähnlichkeiten mit jüdischen und christlichen Märtyrergeschichten aufzuweisen sind. Die Form dieses Traktates ist rein gnostisch und »James is also the escort guiding the Gnostic through the heavenly door, the >illuminator< and >redeemer< who astonishes people with his >powerful deeds<, the one whom the heavens bless and on whose account the people >reign and become kings<. In short, James seems to function practically as a Gnostic redeemer<< 60 • Im 49. Kapitel sagt Jakobus von sich selbst, daß er der erstgeborene Sohn sei, der die Herrschaft aller zerstören wird. Er ist der »Geliebte<< und der »Sohn des Vaters<<, Worte, die uns an andere zeitgenössische Schriften erinnern. Dasselbe ist in den Kapiteln 55-56 der Fall, wobei der Satz «sie werden herrschen und Könige werden« an Gen 17,6 und Ex 19,6 erinnert, sich hier jedoch auf die »erlösten<< Gnostiker bezieht. Im 58. Kapitel wird auf johanneische Weise an Jesus erinnert. Jakobus, der in 2 Apojac als ein gnostischer Erlöser dargestellt wird, fällt jedoch nicht unter meine Definition eines Endzeitbefreiers 61 •
8. Die Oden Salomos Die Oden Salomos, die erst am Anfang unseres Jahrhunderts von Rendei Harris entdeckt wurden 62 , wurden circa 100 n. d. Z. verfaßt und stellen eine Sammlung von 42 Psalmen oder Oden dar, die von Bauer u.a. als gnostisch und von Charlesworth u.a. als christlich bezeichnet werden. Aufgrund der koptischen und syrischen Handschriften ist Griechisch (Bau60 So Hedrick, C.W., "The Second Apocalypse of james (V,4)•, in: Robinson, Library, 249-255, vor allem 249. 61 Im im zweiten Jahrhundert n.d.Z. ist es öfters der Fall, daß nichttraditionelle Gestalten, wie davor üblich, sondern Gründer oder Tradenten neuerer religiöser Traditionen als Befreier bzw. Erlöser dargestellt werden. 62 Bibliographische Hinweise: Charlesworth, J.H., The Odes of Solomon. Edited with Translation and Notes, Oxford 1973; Harris, R.J., The Odes of Solomon. Now First Published from the Syriac Version, Cambridge 1909; Charlesworth, J.H., Odes of Solomon (Late First Century to Early Second Century A.D.)•, in: OTP II, 725-771; Bauer, W. ,•Die Oden Salomos .. , in: Hennecke, Apokryphen II, 576-625. Für eine Forschungsübersicht siehe Charlesworth, •Odes•, 725f. und Bauer, ·Oden•, 576f.
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er), bzw. Syrisch (Charlesworth) als Originalsprache postuliert worden63 • Über den Entstehungsort (Antiochien?) sind keine sicheren Angaben möglich. Es lassen sich Argumente sowohl für einen gnostischen als auch für einen christlichen Sitz im Leben beibringen64 • Allerdings sind die Grenzen zwischen »gnostisch« und »christlich« um die Zeit von 100 bis 150 n. d. Z. noch fließend. Wir finden in den Oden nur wenige biblische Stellen, aber viele biblische Themen verarbeiter6 5 • Der Messias wird häufig erwähnt, dabei handelt es sich immer um Jesus Christus. Im 9. und 39. Kapitel finden sich zwei interessante Auslegungen der messianischen Erwartungen.
OdSa/9,6-11 In OdSal 9,3-4 spricht der Sänger über Gott und seine den Messias betreffenden Gedanken: Der »Messias« kann jemandem das ewige Leben bringen, und wer an ihn glaubt, empfängt dabei die Gnade. In 9,6ff. kündigt er Frieden an »seinen Heiligen, daß alle, die (darauf) hören, nicht im Kampfe fallen werden«, und in 9,8-9 heißt es: »Eine ewige Krone ist die Wahrheit- Heil denen, die sie auf ihr Haupt setzen!-, ein Stein von hohem Wert; wurden doch Kriege geführt um die Krone« 66 • Wenn wir davon ausgehen, daß der Autor hier auf historische Kriege anspielt, erscheint die sich in diesem Passus manifestierende Sicht verständlich: Das Reich Gottes ist nicht von dieser Welt. Die Krone, früher Symbol einer politischen und militärischen Herrschaft, ist seit Christus Symbol der göttlichen Herrschaft geworden und beschützt das Leben derer, die sie tragen (9,10-12). Auch in 29,2-10 wird das Thema »Krieg« nicht im politischen Sinn verstanden, denn es handelt sich darum, »zu führen den Krieg durch sein Wort und den Sieg davonzutragen durch seine Macht«. Dies ist der »wahre Krieg« jenes Menschen, der an Jesus Christus glaubr6 7 • So ist hier festzuhalten, daß der Autor, auch wenn er die uns bekannten Themen des Krieges, des Friedens, der Gottesherrschaft und des Messias behandelt, in apolitischen und auch ahistorischen Kategorien denkt. Bauer. ,.Qden•, 576ff. und Charlesworth, .. Qdes•, 726ff. S.o. 6 s Charlesworth, ,.Qdes•, 731f. Dasselbe ist in ApoEsr. in ApoBar und in ApoAbr der Fall. 66 Übersetzung nach Bauer. .. Oden•, 589. 67 Vgl. dabei auch die metaphorische Sprache in OdSal17,1-16: von Gott gekrönt sein heißt, von allen weltlichen Fesseln befreit zu sein. 63
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OdSa/39,9-13 In OdSal39,9-13 wird die Metapher des Flusses von 39,1ff. weitergeführt und dabei auf Christus bezogen: »Es überbrückte sie der Herr durch sein Wort( ... ). Und seine Fußstapfen standen fest auf dem Wasser und wurden nicht zerstört (... ) die Fußstapfen unseres Herrn Christus stehen fest( ... ). Und es wurde ein Weg angelegt für die, die hinter ihm hinübergehen, und für die, die übereinstimmen mit dem Gange seines Glaubensand anbeten seinen Namen« 68 • Hier wird die schon aus der alexandrinischen Hermeneutik bekannte allegorische Auslegung des Durchzugs durch das Rote Meer (Ex 14 )69 weitergeführt, indem Jesus als eine Art Moses redivivus, sei es auch in Anlehnung an Mt 14,26 Par., seinem Volk beim Überqueren der gefährlichen Ströme dieser Welt vorangeht. So werden in den Oden Salomos zwar einige mit den messianischen Erwartungen verwandte Themen behandelt. Von einem Endzeitbefreier im Sinn unserer Definition ist jedoch nicht die Rede.
9. Die Elia-Apokalypse Die Elia-Apokalypse70 , die in vielen Handschriften und Übersetzungen überliefert worden isr7 1, ist sehr wahrscheinlich eine christlich bearbeitete jüdische Schrift72 • Sie wird, was die Endredaktion anbelangt, auf die Zeit zwischen 150 und 275 n. d. Z. datierr7 3• In meiner Untersuchung gehe ich Bauer, •Oden•, 620f. Siehe auch Bauer, »Oden•, 620 Anm. 1; vgl. TestAdam 3,1-2 in Robinson, S.E., ,. Testament of Adam (Second to Fith Century A.D.). A New Translation and lntroduction•, in: OTP I, 989-995, vor allem 994. 70 Bibliographische Hinweise: Pietersma, A.; Comstock, S.T; Attridge, H.W., The Apocalypse of Elijah based on P.Chester Beatty 2018. Coptic text edited and translated, Chico 1981; Rosenstiehl, J.-M., I.:apocalypse d'Eiie. lntroduction, Traduction et Notes, Paris 1972; Schrage, W., Die Elia-Apokalypse, Güterstob 1980; Wintermute, O.S., •Apocalypse of Elijah (First to Fourth Century A.D.)•, in: OTP I, 721-753; Stone, M.E.; Strugnell, J ., The Books of Elijah Parts 1 and 2. Goileeted and Translated, Missoula 1979. Siehe weiter Schrage, Apokalypse, 226ff. 71 Für die Handschriften und Übersetzung s. Schrage, Apokalypse, 195ff. und Wintermute, •Apocalypse•, 727ff. 72 Schrage, Apokalypse, 204 und Wintermute, •Apocalypse•, 730. 73 Schrage, Apokalypse, 220-225 und Wintermute, »Apocalypse•, 729; s. dort für die Argumente. 68
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von den Übersetzungen aus dem Koptischen von Schrage und Wintermute aus, obwohl beide eine unterschiedliche Kapiteleinteilung bieten74 • Die Elia-Apokalypse ist deswegen so interessant, weil sie viel jüdisches Material, insbesondere über den Tempel in Jerusalem, den Antichrist und die Endzeit enthält'5 • Die zwei interessantesten Traditionskomplexe, die vor-christlich sein könnten, sind die über Elia und Henoch sowie die Alexander-Legende76 • Die Untersuchung der Elia-Apokalypse ist jedoch schwierig, da sie »weder aus einem Guß noch aber aus leicht unterscheidbaren Bestandteilen besteht, sondern man >apokalyptische Mosaikarbeite aus verschiedenen Elementen vor sich hat« 77 • So ist auch die Datierung als eine Kompromißlösung zu bewerten78 •
ApcE/25,1-44,2 Im Hauptteil der Elia-Apokalypse ApcEl 25,1-44,2 wird eine Endzeit beschrieben, in der nach einigen (von Alexander geführten?) Kriegen der Messias und der Antichrist miteinander kämpfen werden. Die äußerlichen Merkmale der beiden Antipoden werden dabei ausführlich beschrieben79 • Andere als der Messias selbst übernehmen dabei jedoch die ihm traditionell zugeschriebenen Aufgaben in der Endzeit. So beschützen die Engel Gabriel und Uriel die Heiligen, hält der Sohn Gottes das Gericht und töten Elia und Henoch den Antichrist.
74 S. Schrage, Apokalypse, 225ff. und Wintermute, .. Apocalypse«, 733. Die deutsche Übersetzung fängt bei Kapitel 19,1 an; die englische Übersetzung setzt bei 1,1 an; ich folge Schrage mit der Zählung ab Kapitel 19, 1. 71 Schrage, Apokalypse, 207 darüber: »Außer dem historischen Hintergrund und einzelnen eschatologischen Motiven erweist vor allem auch die Traditionsgeschichte die jüdische Verwurzdung der ApcEI. Die Berührungen mit altkirchlichen Schriften sind kein Gegenbeweis, denn große Teile der von der alten Kirche überlieferten apokalyptischen Literatur sind ja jüdischer Herkunft und nur mehr oder minder stark christlich interpoliert und überarbeitet worden«. " Schrage, Apokalypse, 207ff. und 212ff. 77 Schrage, Apokalypse, 206 und 218f., der hier Bousset paraphrasiert. 78 Schrage, Apokalypse, 220f.; s. dort für die verschiedene Argumente. 79 Die äußerlichen Merkmale des Messias und des Antichrist finden wir in späteren Apokalypsen häufig; in den Apokalypsen der Zeit zwischen 200 v.d.Z. und 200 n.d.Z. kommen sie jedoch nur selten vor. Für die äußerlichen Merkmale siehe weiter Schrage, Apokalypse, 197ff. und 211 ff.; Jellinek, A. Beth ha-Midrasch III, Nachdruck Jerusalem 1967, xviiff. ; 65-68; Wünsche, A., Aus Israels Lehrhallen II, Nachdruck Hitdesheim 1967, 33-38 und Wintermute, »Apocalypse«, 745.
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Die messianischen Erwartungen nach Bar Koziba
Weil die Elia-Apokalypse mit Hilfe der literarischen oder historischkritischen Methode nur schwer zu analysieren ist, soll hier nun eine systematische Übersicht folgen.
Der Messias An verschiedenen Stellen werden der Messias und seine Tätigkeiten beschrieben. Das Kapitel 25,12-18, wo ein »König im Westen« der »Löwe des Friedens« genannt wird, der >>wie ein brüllender Löwe« auf dem Meer laufen und den »König der Ungerechtigkeit« töten wird, bezieht sich wahrscheinlich auf Alexander, wie auch das in Kapitel26, lff. Gesagte80. In Kapitel 32,1-8, wo eine Messiasgestalt dem Antichrist entgegengestellt wird, wird wahrscheinlich Jesus beschrieben: Er kommt »wie in Gestalt von Tauben, wobei der Kranz von Tauben ihn umgibt, auf den Wolken des Himmels einhergehend, während das Zeichen des Kreuzes vor ihm hergeht«81. Die zwei längsten Beschreibungen des Messias finden wir in ApcEl 38,15-39,2 und 43,9-44,2 82 . In ApcEl 38,15-39,2 wird die Gestalt eines Endzeitbefreiers folgendermaßen beschrieben: »In jenen Tagen wird der Messias sich der Seinen erbarmen und er wird senden seine Engel vom Himmel, sechs Myriaden und vier Tausend, von denen jeder sechs Flügel hat« (38,15-18) 83 . Die einzige Funktion des Messias in diesem Abschnitt ist die, daß er sich der Seinen erbarmen und daß er seine Engel vom Himmel senden wird. Diese Engel übernehmen dann die traditionell dem Messias zugeschriebenen Aufgaben, indem sie diejenigen, die seinen Namen tragen, auf ihre Flügel nehmen und sie »seinem Zorn« entziehen. Aus den letzten Worten läßt sich schließen, daß der Messias möglicherweise auch als Richter verstanden worden ist. Diese Funktion des Richtens wird in ApcEl 40,29ff. ausführlicher beschrieben, obwohl hier vom »Gericht des Sohnes Gottes« die Rede ist. Er So Schrage, Apokalypse, 240ff. Es handelt sich hier jedoch um eine christliche Interpolation. S. Schrage, Apokalypse, 204 und 251ff; vgl. Wintermute, •Apocalypse•, 744. Übersetzungen von Schrage. Dasselbe ist in 33,9-10 der Fall, wo ausgeführt wird, daß der einzige und wichtigste Unterschied zwischen dem Antichrist und dem Messias darin besteht, daß letzter die Toten auferwecken kann S. Schrage, Apokalypse, 204 und 253. 82 ApcEI 40,10, wo gesagt wird, daß der Messias •uns geschaffen hat•, ist als christlich-gnostische Interpolarion aufzufassen. u Für die Parallele in den Engelbeschreibungen (so z.B. jes 6,2) s. Schrage, Apokalypse, 264, Anm. a und Wintermute, •Apocalypse•, 750. 80 81
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wird alle richten, ob Gerechte oder Sünder, ob Hirten des Volkes oder diejenigen, die im Himmel Übertretungen begangen haben (41,7ff.). Der Messias scheint hier nach dem Vorbild Jesu konzipiert worden zu sein (so wäre »Sohn Gottes« wohl aufzufassen; siehe auch ApcE133,10, wo gesagt wird, daß nur der Messias Macht über den Tod harl 4 ). Sein Hauptmerkmal besteht darin, daß er die Macht über alles im Himmel und auf der Erde innehat und daß er in den letzten Tagen alles richten wird. Die Beschützung der Heiligen und die Bekämpfung des Anriebrists werden jedoch von den Engeln, insbesondere von Gabriel und Uriel, und von Elia und Henoch übernommen 85 • In ApcEI 43,8ff. wird beschrieben, wie »der Messias, der König, mit allen Heiligen« aus dem Himmel kommen, die Erde verbrennen, dann tausend Jahre auf ihr verbringen und einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen wird. Und weiter: »Er wird König sein mit den Heiligen und dabei hinaufsteigen und hinabsteigen, während sie allezeit mit den Engeln sind und mit dem Messias tausend Jahre« (43,15-44,2) 86 • So scheinen mir in ApcEI 38,15-39,2 und 43,9-44,2 zwei MessiasKonzeptionen zusammenzufließen, ohne daß sie dabei miteinander verbunden erscheinen. Der verbindende Faktor zwischen den beiden MessiasVorstellungen - dem Messias, der sich erbarmen wird, und dem König-Messias- ist der, daß der Messias Macht über alles hat, da er über alles im Himmel und auf Erden richten und tausend Jahre lang König über einen neuen Himmel und eine neue Erde sein wird. Zusätzlich ist festzuhalten, daß die Tätigkeiten des Messias zum größten Teil außerhalb dieser Welt stattfinden werden, da andere Gestalten einige seiner traditionell wichtigsten Aufgaben in dieser Welt übernommen haben 87 •
Die Engel Gabriel und Uriel
In ApcEI39,7-15 finden wir eine Beschreibung der eschatologischen Rolle der Engel und insbesondere die des Gabriel und Uriel. Nachdem die Engel die Gerechten auf ihre Flügel genommen und so dem Zorn des Anriebrists
84 Vgl. 1 Kor 15,25-28 und ApcEI 40,10. Schrage, Apokalypse, 267 Anm. h über ApcEI 40,10: der Messias, der »uns geschaffen hat•: •Eine Schöpfertätigkeit des Messias ist im Judentum jedenfalls unvorstellbar•. u S. weiter unten. 86 Schrage, Apokalypse, 273f. 87 Für eine andere Erklärung der Apokalypse s. Rosensthiel, Apocalypse, 53.
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entzogen haben 88 , bilden Gabriet und Uriel »eine Lichtsäule« und ziehen vor ihnen her »in das heilige Land«: »Und sie werden ihnen gewähren, daß sie essen vom Baum des Lebens, daß sie tragen weiße Kleider und daß die Engel sie bewachen. Sie werden nicht hungern noch dürsten, und auch der Sohn der Gesetzlosigkeit wird keine Gewalt über sie haben«. Danach wird die Erde zerstört werden.
Die meisten dazu von Schrage angeführten Parallelen entstammen den Schriften bis zum Ende des ersten Jahrhunderts n. d. Z. 89 , so daß die in ApcEI 38,7ff. bezeugte Tradition als verhältnismäßig alt gelten kann. In thematischer Hinsicht scheint mir ApcEI 39,7-15 eine eschatologische Auslegung der Paradiesesgeschichte zu sein: wie es einst vor dem Sündenfall war, so wird es auch wieder in den Tagen des Messias sein (vgl. Gen 2,9; 3,22-24). Für die Gerechten bedeutet diese Endzeit einen Exodus aus dieser Welt zurück in das »heilige Land«, wo der »Baum des Lebens« steht. Inwiefern dieser eschatologische Exodus ins heilige Land metaphorisch aufzufassen ist, und ob er mit christlichem oder gnostischem Heilsgut zu verbinden ist, ist eine Frage an sich. Für unsere Untersuchung ist allerdings festzuhalten, daß die hier genannten, traditionell dem Messias zugeschriebenen Aufgaben, in der Endzeit auf die Engel übertragen werden. Die Engel Gabriet und Uriel finden wir allerdings auch in früheren Schriften des öfteren erwähnt, hier jedoch meistens als Ausleger der göttlichen Offenbarung90 •
Elia und Henoch
Die von Schrage als »eine von Apc 11 unabhängige und z.T. ursprünglichere« bezeichnete Elia- und Henoch-Überlieferung in ApcEI 42,10-15 91 schreibt den beiden Gestalten die traditionell dem Messias zugeschriebene Rolle als Kriegs-Messias zu, da sie die eigentlichen Akteure des Endzeitkampfes sind: »Danach kommen herab Elia und Henoch, legen ab das Fleisch dieser Welt, empfangen ein Fleisch des Geistes, verfolgen den Sohn der Gesetzlosigkeit und töten ihn, ohne daß er reden kann .. 92 • •• Schrage, Apokalypse, 264f. 89 Schrage, Apokalypse, 265 Anm. g bis n. 90 S. Dan 8,16; 9,21; Lk 1,19 und 26 sowie ApoEsr 1,1ff. 91 Schrage, Apokalypse, 207f. 92 S. Schrage, Apokalypse, 272 und Anm. j.
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In ApcEI 34,7-19 wurde bereits ein Kampf zwischen dem Sohn der Gesetzlosigkeit und Elia und Henoch beschrieben. Dabei wurden jedoch Elia und Henoch getötet, standen dann am vierten Tag wieder auf, um zu verkünden, daß sie nun ihn töten werden. Obwohl der Begriff ,, Fleisch des Geistesec typisch gnostisch ist, geht die eschatologische Rolle des Elia und des Henoch wahrscheinlich doch auf Mal3,23 und Hen(äth) 90,31 zurück (vgl. auch Apc 11 und Sach 4,3.11-14) 93 • Auch hier ist festzuhalten, daß Elia und Henoch einige der traditionell dem Messias zugeschrieben Aufgaben der Endzeit übernehmen. So besteht das Spezifische an der ApcEI darin, daß diejenigen Aspekte, die in der Zeit von den Makkabäern bis Bar Koziba mit den verschiedensten Messiasgestalten verbunden worden sind, in der ApcEI mit anderen nämlich mit Uriel und Gabriel, Elia und Henoch - kombiniert werden. Darin scheint die ApcEI ziemlich einzigartig zu sein, obwohl Parallelen zu den gnostischen und rabbinischen Schriften gezogen werden könnten.
Exkurs C. Die rabbinischen Schriften94 Einführung
Die ,,messianischen Erwartungen« in der »rabbinischen Literatur« verdienen im Rahmen unserer Untersuchung einer besonderen Behandlung, da sie nicht ohne weiteres mit meiner Methode, die von einem dynamischen Verhältnis zwischen Text und Geschichte ausgeht, zu untersuchen sind 95 • Diese spezifische Tradition war in den christlichen Kirchen schon früh verbreitet. S. Wintermute, »Apocalypse•, 747 in Nachfolge von Bousset; das Neue Testament spricht bekanntlich über Elia und Mose. 94 Die vorläufigen Ergebnisse der Kapitel Vl.l-9 werden zusammen mit denen des Exkurses C in Kapitel VI. 10 geboten. Zu den messianischen Erwartungen des rabbinischen Judentums nach ca. 200 n.d.Z. siehe jetzt auch: Oegema, G.S., De messias in talmoed en midra;. Een inleiding in de messiaanse uitleggingen en verwachringen in de rabbiinse literatuur, Baarn 1993. 95 Vgl. auch Schäfer, P., »Die messianischen Hoffnungen des rabbinischen Judentums zwischen Naherwartung und religiösem Pragmatismus•, in: ders., Studien zur Geschichte und Theologie des rabbinischen Judentums, Leiden 1978, 214-243, und (in bezugauf die Zeloten) Hengel, Zeloten, 22: »Die Frage nach dem Geschichtswert der rabbinischen Traditionen, die möglicherweise die zelotische Bewegung betreffen, kann nur im Einzelfall auf Grund des Alters der jeweiligen Überlieferung und ihres Verhältnisses zu dem anderen Quellenmaterial entschieden werden•. 93
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Nicht, weil der rabbinischen Literatur diese Spannung fremd wäre, ganz im Gegenteil 96 , sondern weil mein methodischer Ansatz97 zu Fragen führt, die im Fall der rabbinischen Traditionsliteratur nur schwer zu beantworten sind. Zu Beginn soll daher der Versuch unternommen werden, diese Sammlung von Schriften näher zu charakterisieren unter der besonderen Berücksichtigung der Frage, inwiefern sie messianische Erwartungen enthalten, die in das 2. Jh.n. d. Z. zurückreichen. Sind wir überhaupt imstande, in den rabbinischen Schriften des Judentums aus der Periode vom 3. bis zum 7. Jahrhundert n. d. Z. zwischen rabbinischer Theologie und messianischen Erwartungen aus der Zeit bis Bar Koziba zu unterscheiden? Im Fall einer Bejahung dieser Frage wäre es möglich, diejenigen Texte einer genaueren Analyse zu unterziehen, bei denen eine solche Differenzierung vorgenommen werden kann und die mit dem Judentum bis zum Anfang des 2. Jh.n. d. Z.zu verbinden sind 98 • So haben wir uns erneut und verstärkt mit dem Problem des Verhältnisses zwischen Text und Geschichte auseinanderzusetzen.
Die rabbinische Literatur
In seinen Schriften setzt das rabbinische Judentum den Neuanfang nach der Zerstörung des Zweiten Tempels mit Yo~anan ben Zakkai, Rabbi 'Aqiba u.a. an, erst in Jabne, dann in Sepphoris, Usha und Tiberias99 • Seine Tradition, anachronistisch als Tradierung von Mose bis zu den Rabbinen selbst verstanden 100, ist auch in früheren Schriften als in der am Anfang des dritten Jahrhunderts n. d. Z. von Jehuda ha-Nasi redigierten Mishna (wie auch in den späteren rabbinischen Schriften) bezeugt. Die rabbinische Literatur, wenn Generalisierungen hier überhaupt möglich sind, ist als Traditionsliteratur zu bezeichnen. Vor ihrer schriftlicher Fixierung stellte dabei das dynamische Verhältnis zwischen Text und Geschichte das entscheidende Movens ihres Tradierungsprozesses dar. 97 S. mein Kapitel I. 98 Die Begriffe •pharisäisch• oder •proto-rabbinisch•, die in diesem Zusammenhang oft genannt werden, werden von mir, wenn überhaupt, in einem hypothetischen Sinn gebraucht und beziehen sich vor allem auf das Geschichtsbild bezüglich der ·historischen Ursprungs• des rabbinischen Judentums, wie es uns in seinen Schriften selbst entgegentritt. Mit •proto-rabbinisch• ist daher die Zeit des Judentums der zweiten Tempel-Periode gemeint. 99 S. weiter Gafni, •Background•, in: CRI 11.3.1, 1-34. 100 So v.a. in Pirqe Avot; siehe weiter Safrai, S., •Oral Tora• und Lerner, M.B., •The Tractate Avot• in CRI 11.3.1, 35-120 und 263-282. 96
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Diese einzelnen, vor allem exegetischen Traditionen des Judentums der zweiten Tempel-Periode, findet man z.B. bei Philo und Josephus, in den Qumran-Schriften, in einigen der Pseudepigraphen und im Neuen Testament101. Diese >>vorrabbinischen« Traditionen sind einem breiteren und vielschichtigeren »Judentum« als nur dem des rabbinischen der hillelitischen Schule zuzuordnen 102 . Dennoch ist die Datierung sowie die Kennzeichnung des »früheren« Materials in den rabbinischen Schriften schwierig bis unmöglich, obwohl bei den Rabbinen der tannaitischen Periode Anhaltspunkte zu finden wären 103 . Dieses Problem hängt wohl mit dem Begriff »mündliche Tora« zusammen, denn die mündliche Tora sollte ja erst viel später »schriftlich4< fixiert werden 104 . Die zwei Konzeptionen liefern die Basis für eine Hermeneutik, bei der davon ausgegangen wirq, daß die Tradition (als »mündliche« Tora) sich in der Spannung zwischen Text (als »schriftlichen4< Tora) und Geschichte gestaltet und weiterentwickelt hat 105 . In bezug auf das Problem, ob wir imstande sind, in den rabbinischen Schriften des 3. bis 7. Jahrhunderts n. d. Z. zwischen rabbinischer Theologie und früheren messianischen Erwartungen zu unterscheiden, werden in den folgenden Paragraphen vor allem die Targumim und die Mishna untersucht 106 . Darüber hinaus auch einzelne Traditionen in den Talmudim und in den Midrashim sowie in den Piyyutim heranzuziehen, erwies sich in bezugauf die Periode von Titus bis Bar Koziba im allgemeinen als so schwierig, daß 101
S. Safrai, »Tora«, 39ff. und Safrai, .. Halakha«, in: CRI 11.3.1, 121ff. und v.a.
133f. 102 S. dazu auch Neusner, j., .. The Formation of Rabbinie judaism: Yavneh (jamnia) from A.D. 70 to 100«, in: ANRW 11.19.2, 3-42. 101 Vgl. dazu Neusner, Traditions. 104 Den Begriff •mündliche Tora« selbst finden wir erst im babylonischen Talmud und in den amoräischen Midrashim; lange Zeit war es nicht ,.erlaubt•, die mündliche Tora niederzuschreiben; vgl. TanB Wayera 6 (44a-b); Tan Wayera 5 (26a) und Safrai, ,. Tora .. , 45. Der Begriff »mündliche Tora« ist jünger als das Konzept selbst; siehe Safrai, "Tora •, 42ff.; weitere Hinweise dort. 105 S. auch Safrai, ,. Tora•, 50-72. 106 Bibliographische Hinweise: Neusner, j., "The Use of Rabbinie Sources for the Study of Ancient Judaism•, in: Green, W.S. (Hrsg.), Approaches to Ancient ]udaism 111, Chico 1981, 1-18; Lieberman, S., Hellenism in ]ewish Palestine. Studies in the Literary Transmission, Beliefsand Manners of Palestine in the I Century B.C.E.- IV Century C.E., New York 1962; Porton, G., •Midrash: Palestinianjews and the Hebrew Bible in the Greco-Roman Period•, in: ANRW 11.19.2, 103-138; Mielziener, M., lntroduction to the Talmud, New York 1968; Daube, D,. •Rabbinic Methods of Interpretation and Hellenistic Rhetoric•, HUCA 22 (1949), 239-264; Vermes, G., Scripture and Tradition in ]udaism. Haggadic Studies, Leiden 1961.
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dies aufgegeben werden mußte. Denn selbst wenn sich einzelne Traditionen als datierbar erwiesen, so waren sie doch nur schwer von ihrem literarischen Kontext zu trennen. Darüber hinaus sind letztere Schriften in ihren messianischen Vorstellungen sehr viel stärker exegetisch als historisch orientiert 107•
Die Targumim zum Pentateuch Sobald wir nach einer Antwort auf die Frage nach der Entstehung und Wandlung der Gestalt eines Endzeitbefreiers in den targumischen Bibelübersetzungen suchen, ergeben sich erhebliche Probleme. Was wissen wir über die Entstehungszeit und den Sitz im Leben der Targumim oder über eine mögliche historische Entwicklung der messianischen Auslegungen verschiedener Bibelstellen in ihnen? 108 • Es gibt jedoch einige gewichtige Argumente für eine Datierung zumindest einiger der targumischen Einzeltraditionen in die ersten zwei Jahrhunderte n. d. Z. Der Ursprung der Targumim, die zum Teil mit den griechischen Übersetzungen der Septuaginta und Aquilas verglichen werden können 109, liegt, insofern wir dies aufgrund von parallelen Traditionen (wie zum Beispiel bei Pseudo-Philo) feststellen können 110, in den Synagogen Palästinas, wo die aramäisch sprechende Bevölkerung das Hebräische nicht mehr verstand und daher eine »Übersetzung« benötigte. 107 S. weiter Brierre-Narbonne, J.-J., Exegese Talmudiques des Prophetes Messianiques, Paris 1934 u.a., aber auch z.B. Hurwitz, S., Die Gestalt des sterbenden Messias. Religionspsychologische Aspekte der jüdischen Apokalyptik, Zürich 1958. 108 Bibliographische Hinweise: Le Deaut, R., Targum du Pentateuch, Paris 1979; Etheridge, j.W., The Targums of Onkelos and Jonathanben Uuiel on the Pentateuch with the Fragments of the Jerusalem Targum from Chaldee, New York 1968; Clarke, E.G., Targum Pseudo-Jonathan of the Pentateuch: Text and Concordance, Hoboken 1984; Ginsburger, M., Pseudo-Jonathan (fhargum Jonathan ben Usiel zum Pentateuch), Hildesheim 1971; Sperber, A., The Bible in Aramaie IV.B: The Targum and the Hebrew Bible, Leiden 1973; Le Deaut, R., La nuit pascale. Essai sur Ia signification de Ia Paque juive apartir du Targum d'Exode Xll42, Rome 1963,41-46 und 47-57; Diez Macho, A., The Recently Discovered Palestinian Targum: lts Antiquity and Relationship with the Other Targums, Leiden 1960, 222-245; Diez Macho, A., Neophiti 1. Targum palestinense MS de Ia biblioteca vaticana II: Exode, Barcelona 1970; Klein, M.L., The Fragment-Targums of the Pentateuch According to their Extant Sources II: Translation, Rome 1980. 109 Vgl. z.B. den für uns wichtige Levey, S.H., The Messiah: An Aramaie Interpretation. The Messianic Exegesis of the Targum, Cincinnati 1974, xvii. 110 Vgl. Le Deaut, Nuit, 47-65.
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In den Targumim TgO, TgN, Tg.JI und Tg.JIP 11 finden wir ziemlich wörtliche (TgO und TgN) oder aber mit haggadischen Erzählungen erweiterte (Tg.JI und Tg.JII) Übersetzungen bzw. Erklärungen der hebräischen Bibel 112 • Daraus lassen sich exegetische, halachische und theologische Tendenzen ableiten 113 , die es uns ermöglichen, ihren Sitz im Leben näher zu bestimmen 114 • Bei unserem Vorgehen im Hinblick auf eine Untersuchung der messianischen Erwartungen in den Targumim zum Pentateuch 115 bieten sich zwei Möglichkeiten an. Wir können die targumischen Übersetzungen der gemeinhin als »messianisch(( betrachteten Bibelstellen untersuchen, oder die Targumim in ihrer Gesamtheit mit Hilfe einer Definition überprüfen. Die Studien von Levey und Landman verfolgen den zweiten Weg und arbeiten dabei mit den folgenden Kriterien. Levey definiert: »Messianism is the predication of a future Golden Age in which the central figure is a king primarily of Davidic lineage appointed by God «116 • Landman, Levey folgend, bespricht jedoch darüber hinaus diejenigen Texte, »waarin het woord »Messias« voorkomt als letterlijke vertaling van het Hebreeuws«, bezieht sich ansonsten auf die Texte mit den Worten »het konigschap van het huis van David(( 117• Ich habe, von den beiden genannten Studien ausgehend, zusätzlich auch diejenigen Stellen herangezogen, in denen ein anderer als ein davidischer und königlicher Endzeitbefreier auftritt.
Zusätzlich wären hier auch die Targumim zu den Propheten und zu den Hagiographen zu erwähnen; vgl. Levey, Messiah, 33ff. und 104ff.; Smolar, L.; Aberbach, M., Studies in Targum Jonathan to the Prophets, New York 1983; und Churgin, P., Targum Jonathan to the Prophets, New York 1983. 112 S. für •La methode targumique•: Le Deaut, Nuit, 58-62. 113 S. zum Beispiel Smolar, Studies, 1-61: ·The Halacha in Targum Jonathan•; Syren, R., The Blessings in the Targums. A Study on the Targumic Interpretations of Genesis 49 and Deuteronomy 33, Abo 1986; 87-127; Levey, Messiah und Landman, A., Messias-lnterpretaties in de Targumim.lngeleid, samengesteld en vertaald, Kampen 1986. 114 S. z.B. Smolar, Studies, 61. 115 Die Targumim zu den Propheten und die zu den Hagiographen werde ich hier nicht behandeln, da sie entweder schwieriger oder später zu datieren sind. 116 Levey, Messiah, xix. 117 Landman, lnterpretaties, 39 und 41. Als Begründung führt Landman (S. 41) an, daß der jüdische Messianismus zwischen 200 v.d.Z. und 200 n.d.Z. sehr konkret auf die politische Realität bezogen war. Levey (Messiah, xix) unterscheidet zwischen eschatologischen und messianischen Vorstellungen und definiert •Messianic hope• als Eschatologie plus •the involvement of the definite personality of Davidic lineage•. Sowohl Landman als auch Levey beziehen sich jedoch hauptsächlich auf einen davidischen König-Messias. 111
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Tg zu Genesis 49,10-12 Im Gegensatz zu den Targumim zu Genesis 3,15; 35,21 und 49,1, wo das »Ende der Tage« bloß mit den »Tagen des Messias« identifiziert wird, genauere Angaben darüber jedoch nicht offenbart werden (so TgJI und TgJII zu Genesis 49,1), finden wir in den TgJI und TgJII zu Genesis 49,1012 eine eschatologische Erwartung formuliert, wobei auch ein Endzeitbefreier und seine eschatologische Funktion beschrieben werden. In diesen Targumim zu Gen 49,10-12 wird gesagt, daß Könige, Herrscher und Gelehrte, die Tora unterrichten, niemals vom Hause Juda weichen werden, bis zu der Zeit, in der der König Messias, der Jüngste seiner Söhne, kommen wird. Von ihm wird gesagt, daß er schön ist und daß seine Lenden bekleidet sind. Er wird zum Kampf gegen seine Feinde aufstehen und die Könige und ihre Macht zerstören. Er wird die Berge mit ihrem Blut rot färben, wie es diejenigen tun, die die Trauben pressen (49,11). Seine Augen sind schön und klar wie Wein, und er kann es nicht ertragen zu sehen, daß unschuldiges Blut vergossen wird. Seine Zähne sind rein (gemäß der Halakha, wie TgJII hinzufügt), denn er nimmt keine Nahrung zu sich, die mit Gewalt oder mit Diebstahl beschafft wurde (49,12). Levey nimmt an, daß in dieser Auslegung von Gen 49,10-12 die Verse 1 Sam 16,10-12 (David ist der jüngste Sohn Isais) sowie Jes 63,1-6 (der apokalyptische Endkampf) anklingen 118 • Zusätzlich weist er auf eine auffallende Parallele zu Apc 19,11-15 hin und schlägt vor, den gesamten Abschnitt mit dem Bar-Koziba-Aufstand in Verbindung zu bringen. Leveys Argumente sind: 1) die als definitives Präsens zu verstehenden Partizipform weist auf historische Ereignisse hin, 2) der sehr blutigen Endkampf (eine Anlehnung an Jes 63,1-6) sowie die Schilderung eines militärisch ausgestatteten Endzeitbefreiers, welcher Davidide (Sohn des Juda, so in Verbindung mit 1 Sam 16,10-12) ist, deuten auf den BarKoziba-Aufstand als historischen Hintergrund dieser spezifischen Tradition hin 119 •
Levey, Messiah, 9. Levey, Messiah, 10: ,. Two things are especially worthy of note. One, Psj's interpretation of v. 11 b as metaphor, providing the most sanguinary portrait imaginable. Secondly, his usage of the participal form throughout this passage, which in Targumic Aramaic, tends to make it a definite present. There is a very strong likelihood that this stems from an occuring historical event to which the Targumist was an eyewitness, and such an event most probably was the ascendancy of Bar Kokhba in his revolt againt Rome«. 118
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Im folgenden sollen jedoch auch der literarische Kontext des Abschnittes sowie der Sitz im Leben der Targumim untersucht werden. Syren hat die Targumim zu Genesis 49 wie auch die zu Deuteronomium 33 in einem größeren Rahmen untersucht und kommt zu folgendem Ergebnis: In den Targumim zu Gen 49,11-12 ist nicht nur Jes 63,1-6, sondern auch Joel4,17ff. verwendet worden 120. Er schließt, Levey ergänzend, daß »two pictures of Messiah have been combined in the PTs here, viz. Messiah as Warrior-King, and Messiah acting as God's agent executing his judgment and revenge upon his foes(( 121 . Aufgrund der Parallelen in den PsSal, AssMos, Philo und Apc schlägt er als Entstehungszeit dieser spezifischen Tradition das Ende des ersten Jahrhunderts n. d. Z. vor 122 • Den TO, der den Messias als Lehrer der Tora hervorhebt und dabei die kriegerischen Aspekte wegläßt, datiert er etwas später und verbindet ihn mit rabbinischen Kreisen 123 . Syren fügt Leveys Auslegungen damit eine wichtige Beobachtung hinzu124. Er macht jedoch nicht auf die targumische Auslegung von Gen 49,10 aufmerksam 125 . Denn in den Targumim zu Gen 49,10 wird deutlich, daß der Kontext, in dem der Messias auftreten wird, nicht nur von Kriegen geprägt ist. TgJI wie auch Tgjlllautet: ,. Könige und Herrscher werden nicht vom Haus Juda weichen, noch die Schriftgelehrten, die Tora lehren, von seinem Samen (von seinen Kindeskindern) bis zu der Zeit, in der der König Messias kommt, der Jüngste seiner Söhne (dem das Königtum gehört), und um seinetwillen werden die Völker dahinschmelzen (und ihm werden alle Reiche der Erde untertan sein)« 126 •
Wenn der TgJII zu Gen 49,12 über die reinen Zähne des Messias sagt, daß sie »gemäß der Halakha« sind, und in TgJI sowie in TgJII zu Vers 10 neben den Königen und Herrschern auch die Tora-Lehrer, alle aus dem Hause Juda, bis in den Tagen des Messias auftreten werden, dann bezieht sich das, was Syren nur beim TgO betont, nämlich daß den Kriegs-Messias ToraLehrer vorhergehen werden, in abgeschwächter Form auch auf die anderen Targumim zu Gen 49,10-12, nämlich daß sie zusammen gehören. Das Königtum, die Tora-Gelehrtheit oder Tora-Gerechtigkeit sowie der Messias in den Versen 10-12 werden in einem Zusammenhang erwähnt:
120
tzt tu
m 124 125
126
Syren, Blessings, 104-106. Syren, Blessings, 111. Syren, Blessings, 107-111. Syren, Blessings, 111-112. Vgl. auch Syren, Blessings, 102 Anm. 94. Dies nur nebenbei auf Seite 57-58. Übersetzung und Hervorhebung vom Autor.
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Bis der Messias kommt, wird es nicht nur Krieg, sondern auch Könige, Herrscher und Tora-Lehrer geben. Mit diesem nuancierteren Bild des Endzeitbefreiers in den Targumim zu Gen 49,10-12 wird das Argument, diese spezifische Tradition sei nur mit dem Bar-Koziba-Aufstand zu verbinden, zum Teil entkräftet. Die Vorstellung könnte genausogut einige Jahrzehnte vor oder nach 132-135 n. d. Z. entstanden sein. jedenfalls handelt es sich um eine Zeit, in der es keine Schwierigkeiten bereitete, Königtum, Tora-Gerechtigkeit und Endkampf mit der Erwartung eines Messias zu verbinden. Eine solche Kombination deutet m.E. am ehesten auf die Zeit zwischen den beiden jüdischen Kriegen hin. Hierbei wäre auch auf Parallelen zu ApoEsr und ApoBar hinzuweisen. Gegen eine Datierung nach Bar Koziba spricht jedenfalls die Tatsache, daß das rabbinische Judentum sich seit dem 2. Jh.n. d. Z. gegen die Erwartung eines Kriegs-Messias gewandt und kaum noch apokalyptisches Material tradiert hat 127•
Tg zu Exodus 12,42 Die Targumim TgJII und TN zu Ex 12,42 (über die Gründe des PashaAbends) bieten eine sehr ausführliche Erklärung der vier Nächte, in denen der Herr einst über die Kinder Israels gewacht hat und in der Zukunft wachen wird: In der ersten Nacht hat sich der Memra des Herrn offenbart, um die Welt zu schaffen; in der zweiten Nacht offenbarte er sich dem Abraham zwischen den Opferhälften; in der dritten Nacht hat er die Erstgeborenen der Ägypter geschlagen, die Erstgeborenen Israels jedoch beschützt. Von der vierten Nacht heißt es: »Die vierte Nacht, wenn die Welt ihre festgesetzte Zeit bis zum Ende erfüllt hat, um befreit zu werden; wenn die Übeltäter vernichtet werden und das eiserne Joch gebrochen wird, wird Mose aus der Wüste kommen und der König Messias aus Rom 128 • Der eine wird auf einer Wolke 129 die Führung ergreifen, und der andere wird auf einer Wolke 130 die Führung ergreifen; und der Memra (das Wort)1 31 des Herrn wird zwischen den beiden dahinfahren, S. jedoch bSan 97. Oder: .. aus der Höhe«; vgl. Dan 7. 129 Oder: .. als Haupt der Herde«? Diese Lesart wird von Landman, lnterpretaties, 50 bevorzugt. Vgl. v.a. Le Deaut, Nuit, 265-270. 13o S.o. 131 Zu ,.Memra« des Herrn, s.z.B.: Segal, A.F., Two Powers in Heaven. Early RabbinieReports about Christianity and Gnosticism, Leiden 1977, 182ff. 127 128
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und sie werden gemeinsam dahinfahren. Dies ist die Nacht des Herrn, erwartet und festgesetzt für ganz Israel in allen ihren Geschlechtern« 132•
Im Hinblick auf diese Tradition fällt auf, daß die Geschichte Israels anband ihrer Höhepunkte periodisiert wird: die Schöpfung der Welt, die Zeit Abrahams, Israels Exodus und das Kommen des Mose und des Messias. Zugleich ist es bemerkenswert, daß hier das Bild einer Wolke (vgl. Dan 7,13 und seine Bearbeitungen im ersten Jahrhundert n. d. Z.) Verwendung findet und daß am Ende der Geschichte drei Gestalten auftreten werden: Mose aus der Wüste, der König-Messias aus Rom (oder aus der Höhe) und der Memra des Herrn zwischen den beiden 133 • Es ist jedoch nicht einfach, diese targumische Tradition zu Ex 12,42 zu deuten, denn der eigentliche Endzeitbefreier scheint hier eindeutig der Memra des Herrn zu sein, da er ja auch in den ersten Nächten die Hauptrolle spielt134 • Über die Funktion des eigentlichen Messias, der hier als Kriegs-Messias dargestellt wird m, erfahren wir nur wenig. Den Messias und Mose verbindet jedoch eine Gemeinsamkeit, denn von beiden heißt es, daß sie irgendwoher kommen: Mose aus der Wüste, was als Hinweis auf Israels Exodus aus Ägypten aufgefaßt werden kann 136 , und der König Messias aus Rom. Letzteres könnte darauf hinweisen, daß hier auf Israels Gefangenschaft durch Rom angespielt wird 137 • Damit wäre die Entstehungszeit dieser spezifischen Tradition während der römischen Besetzung anzusetzen, genauer in die Zeit, in der von einer Hoffnung auf Befreiung von dieser Besetzung die Rede war; dies war z.B. in der Periode zwischen den beiden jüdischen Kriegen der Fall 138 • Die Analogie zwischen Mose und dem Messias wird noch weiter geführt: beide ergreifen auf einer Wolke die Führung und der Memra des Herrn schwebt zwischen den beiden. So wird eine gewisse Parallele zwischen dem Übersetzung vom Autor. In diesem Punkt zeigt es sich, daß die Definition eines davidischen und königlichen Messias eine Erweiterung verlangt, wenn sie auch oben genannte Stellen umfassen soll. u 4 Vgl. auch Le Deaut, Nuit, 277. 135 Der Kriegs-Messias wird in späteren Traditionen oft der Messiasben Ephraim genannt; vergleiche auch Le Deaut, Nuit, 278. u' Israel wurde sowohl von Mose als auch von einer Wolke(!) des Herrn geführt; vgl. Ex. 13,17-22. 137 Eine weitere Tradition über den Messias aus Rom finden wir in bSan 97b. 138 Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit den verschiedenen Datierungsvorschlägen, s. Le Deaut, Nuit, 338-371 und v.a. 359ff.: Rom könnte auch für Edom stehen. 132
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Auszug Iraels aus Ägypten und dem ))neuen Exodus« 139 hergestellt, denn eigentlich wird in den Tg zu Ex 12,42 gesagt: )) Wie der erste Befreier, so auch der zweite« 140 • Solcherart werden zwei Befreiergestalten nebeneinander gestellt, die die Prinzipien des gesamten Endzeitbefreierkonzepts darstellen: die Gestalt Mose personifiziert die Hervorhebung der Tora in der Endzeit, der KriegsMessias und der Memra des Herrn personifizieren die göttliche Herrschaft und Führung im endzeitliehen Geschehen. Die gleichwertige Gewichtung der Tora-Gerechtigkeit, der Führung Gottes in der (periodisierten !) Geschichte und der militärische Aspekt des kommenden Messias deuten m.E. am ehesten auf die Zeit zwischen den beiden jüdischen Kriegen hin. In dieser Zeit waren die Apokalyptiker, die Bewegung des Bar Koziba sowie die rabbinischen Kreise um dieselben Themen bemüht. Daher werden in ihren messianischen Erwartungen die Geschichte, die Tora und die Wiederherstellung Israels thematisiert, ebenso in den Targumim zu Ex 12,42.
Tg zu Exodus 40,9-11 In TgJI zu Ex 40,9-11 ist von drei Endzeitgestalten die Rede: vom König Messias, der Israel am Ende der Tage befreien wird (40,9), vom Hohenpriester Elia, der am Ende ihrer Gefangenschaft geschickt wird (40,10) und vom Messias ben Ephraim, der Israel am Ende der Tage von Gog und seinen Helfern befreien wird (40,11 ). Im Zusammenhang mit diesen messianischen Erwartungen stehen die Aufträge, das Tabernakel, den Altar, die Altargeräte und das Waschbecken sowie dessen Sockel zu salben. Dabei wird deutlich, daß der Übersetzer einen Zusammenhang zwischen dem Akt des Salbens und dem Messias erblickte und diesen betonen wollte 141 • Dies findet im folgenden eine Erörterung, indem ausgeführt wird, daß 1) das Tabernakel gesalbt wird, um die Krone des Königtums des Hauses von Juda sowie den König Messias zu salben; daß 2) der Altar als Altar des Heiligen der Heiligen gesalbt wird, um die Krone des Priestertums von Aaron, von seinen Söhnen und von Elia zu heiligen, und daß 3) das Waschbecken gesalbt wird, um Josua, das Haupt des Sanhedrins, das m S. auch die Beispiele, die Le Deaut, Nuit, 304-338 erwähnt. Für Parallelen im Neuen Testament und anderen zeitgenössischen Schriften siehe S. 301 ff. 140 Vgl. PesR 49b. 141 Dies wäre sicherlich ein Grund, in unserer Untersuchung das Wort M"&'Cmit einzubeziehen; s. auch Landman, lnterpretaties, 36ff.
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Israels Stämme verteilen wird, und dessen Nachkomme der Messias ben Ephraim ist, zu heiligen. Wir finden die obengenannte Tradition nur in dem TgJI zu Ex 40,911142. In anderen Texten, so zum Beispiel in Pseudo-Philo, ist Elia mit Pinehas zu identifizieren. Dies wäre auch hier naheliegend, da Josua mit dem Messias ben Ephraim verbunden wird. So wäre diese Stelle als exegetisch zu bezeichnen, da aufgrundanderer Bibelstellen die drei Gestalten (David- oder Mose?-, Pinehas und Josua) mit drei Endzeitgestalten (dem König-Messias, Elia und dem Messias ben Ephraim) verbunden werden. Ob Elia jedoch auch mit einer anderen historischen Person identifiziert werden kann, etwa mit Johannes Hyrkan oder Johannes dem Täufer143, ist m.E. fragwürdig.
Tg zu Numeri 24,17-24 In TgJII zu Num 11,26 ist die Rolle des König-Messias in der Endzeit mit Zügen eines Kriegs-Messias versehen, denn er wird Gog, Magog und ihre Armeen niederschlagen. In TgJI zu Num 11,26 wird der Endkampf noch ausführlicher beschrieben, dennoch ist hier wohl eher von einer allgemeineschatologischen als von einer messianischen Stelle die Rede 144 • In TgJI zu Num 23,21 wird die endzeitliche Befreiung durch den Memra des Herrn gemeinsam mit dem König-Messias erwartet; dabei wird die Ankunft des Messias durch eine Trompete symbolisiert145 • In TgJII zu Num 24,7 sammelt der König-Messias die Exulanten. Deren Söhne werden in der Zukunft über die Völker herrschen, und sein Königtum wird erhöht werden 146 • Die Targumim Onqelos, Pseudo-Jonathan und der Fragmenten-Targum zu Num 24,17-24 sind jedoch um einiges ausführlicher. Im TgO wird das folgende Bild der Endzeit entworfen: Es wird bald ein König aus Jakob aufstehen und ein Messias aus Israel gesalbt werden. Er wird die Fürsten und Städte von Moab, Edom und Seir bekämpfen und über sie herrschen. Auch die Amalekiter und Shalmaiter werden dieses Schicksal teilen müs-
Ex 12,42 wurde dagegen nur in dem Tg.JII und TN erörtert; s. dazu auch Le Deaut, Nuit, 38. 143 So Syren, Blessings, 171-173. 144 So auch Levey, Messiah, 17-18. 145 S. weiter Levey, Messiah, 19. 146 S. weiter Levey, Messiah, 20. 141
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sen. Und am Ende werden die Kittim die >>Eber« in Bedrängnis bringen, und die Römer, welche die Assyrer bedrängen, vernichtet werden. Was die Beschreibung des endzeitliehen Kampfes anbelangt (sie ist als Auslegung der verschiedenen Parabeln von Bileam dargestellt worden und kann als eschatologisch und apokalyptisch bezeichnet werden), so spielt der Messias nur in den Targumim zu Num 24,17 (eine Stelle, die auch sonst messianisch ausgelegt wird) eine entscheidende Rolle: Er wird die Fürsten Moabs niederschlagen und über die ganze Menschheit herrschen 147• Der weitere Verlauf des Endkampfes in den Tg zu Num 24,18ff. entwickelt jedoch eine eigene Dynamik, wobei der Messias keine Rolle mehr spielt, sondern die Völker gegeneinander kämpfen und letztendlich alle vernichtet werden. In der Folge (Tg.JI zu Num 24,18ff.) scheint mir ein historischer Krieg oder eine Kombination von mehreren Kriegen in einem letzten apokalyptischen Endkampf beschrieben zu sein. Dabei werden die Römer und die Assyrer als widerstreitende Feinde genannt. Der Messias- als Kriegs-Messias zu bezeichnen- wird gemeinsam mit dem Memra des Herrn als Streiter in diesem eschatologischen Kampf erwartet. Die Rolle, die er zusammen mit dem Memra des Herrn hier spielt, ist von größerer Bedeutung als die, welche sich in der Auslegung in TgO und Tg.JII zu denselben Versen erkennen läßt. Die Feldzüge der Römer gegen die Parther, die am Anfang des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. unter Führung von Trajan und Hadrian stattfanden, könnten hier den historischen Kontext bilden. Dies erklärte auch den militärischen Aspekt des Erwarteten. Eine Paralle dazu ließe sich im V. Sibyllinischen Orakel-Buch finden 148 •
Der TgJI zu Num 24,17ff. ist ausführlicher als der TO, während der TgJß nur eine knappe Darstellung bietet. Wo der TgO Num 24,17 nur erklärt, fügt der Tg.JI hinzu, daß der Messias den mächtigen Zepter Israels führen und nicht nur die Fürsten Moabs, sondern auch die Söhne Seths und die Armeen Gogs zerschlagen wird. 148 Bernhardt, K.-H., •Zu Eigenart und Alter der messianisch-eschatologischen Zusätze im Targum Jeruschalmi I«, in: Bardtke, H. (Hrsg.), Gott und die Götter (Festgabe für Erich Faseher zum 60. Geburtstag), Berlin, o.J., 68-83, vor allem 78ff. vertritt bezüglich TgJI zu Num 24,17-24 eine ganz andere Meinung und datiert die messianischen Auslegungen ins 10. - 11. Jh.n.d.Z.-. Seine überzeugende Argumentation macht allerdings klar, wie unsicher die Datierung der Targumim und ihrer messianischen Zusätze bleiben muß, auch wenn immer wieder Versuche unternommen werden, wie ich dies hier tue, die ältesten Traditionen der Targumim ins 1. Jh.n.d.Z. zu datieren (vgl. S. 71-73). 147
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Tg zu Deuteronomium 30,4-9 Der Tgjl zu Dtn 30,4-9 bietet eine Endzeitdarstellung, in der die Heimsuchung der Zerstreuten durch den Memra des Herrn im Mittelpunkt steht. Des weiteren heißt es, daß die Übeltäter verflucht werden und daß das Volk Gottes, wenn es die Gebote des Herrn erfüllt, gesegnet werden wird. Dann wird das Reich Gottes so: Segen, Reichtum und ewiges Leben wird es für diejenigen geben, die das Gute wollen und dabei Gott lieben, indem sie seine Toraals Richtschnur nehmen. Nur in der Beschreibung des Überganges von dieser zu jener zukünftigen Zeit spielen auch der Hohepriester Elia (denn durch ihn wird der Memra des Herrn die Zerstreuten heimsuchen) sowie der König-Messias (durch dessen Hand Elia sie führen wird) eine Rolle. Hier wird demnach deutlich, daß die drei Endzeitgestalten Elia, der Memra des Herrn und der König-Messias nur in der Endzeit, die als ein Übergang von dieser in die zukünftige Welt verstanden wird, gemeinsam die entscheidende Rolle spielen, indem sie die Erwählten in jene neue Zeit hinüberführen. In »jener Zeit« selbst übernimmt dann der Memra des Herrn alle Aufgaben, und Elia und der König-Messias spielen wieder eine Nebenrolle.
Tg zu Deuteronomium 33 In den Targumim zu Dm 33 149 spielt der Memra des Herrn zusammen mit der Shekhina des Herrn 150 eine Hauptrolle. In Tgjll und TN zu Dtn 33,5 finden wir einen Hinweis darauf, daß Mose als zukünftiger König betrachtet wird. Er wird die Stämme Israels sammeln, und sie werden ihm zuhören 151 • Auch Elia, der die Versöhnung bewirken wird, wird genannt: in den Targumim zu Dtn 33,24 wird er unter dem Namen Asher erwähnt. 15 ta In Tg zu Dtn 33,6 ist von der Erwartung eines Lebens in dieser Welt und eines Todes, der die Bösen in der zukünftigen Welt treffen wird, die Rede; dies impliziert m.E. auch die Erwartung eines ewigen Lebens 152 • Die obengenannten targumischen Auslegungen zu einzelnen Versen von Dm 33 sind m.E. als eschatologisch und als apokalyptisch zu bezeichnen, wobei die Erwartung eines wiederkehrenden Mose sowie eines Elial Diese Stelle wird von Levey und Landman nicht behandelt, da sie keinen .. davidischen Endzeitbefreier« erwähnt. 150 Vgl. Syren, Blessings, 93ff. und 99ff. 151 S. auch Syren, Blessings, 115. 151 • So die Auslegung von Syren, Blessings, 155-117. 152 S. auch Syren, Blessings, 123f. und 119ff. 149
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Asher das messianische Element darstellen. Beide Gestalten werden die Sammlung des Volkes, die Offenbarung der Tora und die Versöhnung in der Endzeit auf sich nehmen. Die Targumim zu Dtn 33,6 fügen dann im folgenden die Unterscheidung zwischen dieser und der zukünftigen Welt sowie die Vorstellung eines ewigen Lebens hinzu. Ein weiteres Indiz für den messianischen Charakter der Targumim zu Dtn 33 ist TgJI zu Dtn 33,11, wo von Elia, dem Priester und von seinen Gegnern (den falschen Propheten zusammen mit Yo~anan dem Hohenpriester) die Rede ist153 • Dieser Vers veranlaßte Syren anzunehmen, daß die in ihr enthaltene Tradition ihre historischen Wurzeln entweder in der Zeit Johannes Hyrkans I. (135-105/4 v. d. Z.) oder in der Zeit Johannes Hyrkans II. (63-40 v. d. Z.) habe. Da Kriege hier nicht erwähnt werden, sondern von der Offenbarung der Tora, der Sammlung des Volkes und einer Versöhnung gesprochen wird, und da darüber hinaus die Gestalten des Mose und des Elia im Vordergrund stehen, könnte hier tatsächlich eine Tradition aus der hasmonäischen Zeit vorliegen 154 •
Der Sitz im Leben der messianischen Erwartungen in den Targumim zum Pentateuch 155 Eines der großen Probleme bei der Bestimmung des ,,Sitzes im Leben« der messianischen Erwartungen in den Targumim zum Pentateuch ist die Datierung der letzteren. Sie haben ihre Wurzeln zwar im zweiten Jahrhundert v. d. Z., ihre Endredaktion folgte jedoch erst viele Jahrhunderte später 156 • Ein zweites Problem stellt die Datierung der behandelten einzelnen messianischen Traditionen in den Targumim dar, obwohl hier Anknüpfungspunkte zu finden sind, so zum Beispiel in den Tg zu Gen 49,7 und zu
Vgl. hierzu auch Syren, Blessings, 165. Für die Orientierungspunkte einer Datierung der verschiedenen Messias-Konzepte siehe auch mein Kapitel VII. ISS Die messianischen Erwartungen in den Targumim zu den Propheten und den Hagiographen behandele ich nicht, da sie entweder gar nicht oder erst auf die Zeit nach Bar Koziba datierbar sind; s. zum Beispiel TJ zu 1 Sam 2,7-10.35; 2 Sam 7,11-16; 2 Sam 22,28-32; 2 Sam 23,1-5; Tj zu jes 4,1-6; 9,5-6; 10,24-27; 11,1-16; 14,29-30; 16,1-5; 28,5-6; 42,1-9; 43,10; 52,13-53,12; TJ zu Jer 23,1-8; 30,8-11.21; 33,12-26; TJ zu Ez 34,20-31; 37,21-28; 17,22-24; 21,31-32; TJ zu Hos 14,5-8; 2,2; 3,3-5; TJ zu Hab 3,17-18; Tj zu Sach 3,8; 4,7; 10,4; 6,12-13; T zu Ps 61,7-9; 72,1-20; T zu Cant 1,8; 1,17; 4,5; 7,12-14; 8,1-4. Vgl. weiter Oegema, Messias, Kap. 7. 156 S. weiter Syren, Blessings, 179ff. und die dort erwähnte Literatur. 153
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Dtn 33,18 157• Auch die Tg zu Dtn 33,11 könnten eine sehr alte Tradition enthalten 158 • Eine Voraussetzung für die Beantwortung beider Fragen ist sicherlich, daß man zwischen Gesamt- und Endredaktion einerseits und einzelnen Traditionen andererseits sowie zwischen literarischer Tradition und Redaktiongeschichte unterscheidet. Diese Differenzierung ist jedoch bei den Targumim nur sehr schwer vorzunehmen 159 • Dennoch gelangt Syren in bezugauf den Tg zu Gen 49,11-12 zu folgender Beobachtung: »As pointed out elsewhere [... ), there is reason to believe that 0 drew on a Palestinian tradition (to speak no more precisely) in its rendering of the end of v. 11 (about Messiah's clothing). More generally, however, it is particularly conspicious that precisely in these verses 0 seems to loose contact with the Hebr. text; in v. 11, as we have seen, it still renders four Hebr. words, but nonein v. 12. This would indicate that O:s interest is focused not so much on the Hebr. text as on the Messiah figure (obviously introduced by some earlier interpretation of vv. 10-12). What 0 does with vv. 1 tf. amounts essentially to a modified description of Messiah - modified, that is, in comparison with the PT-description« 160• Was die behandelten Stellen anbelangt, besteht bei einigen die Vermutung, daß sie mit der historischen Situation zwischen den beiden jüdischen Kriegen in Zusammenhang stehen; so die Tg zu Gen 49,10-12; Ex 40,911; Num 24,17-24; Dtn 30,4-9 und 33,5-6. Diese Vermutung ließe sich mit Hilfe meines Erklärungsmodells insofern stützen, als dieses davon ausgeht, daß die messianischen Erwartungen im Spannungsfeld zwischen Text und Geschichte entstehen und sich weiterentwickeln. In bezug auf den Sitz im Leben dieser Traditionen mögen hier noch einige Bemerkungen folgen. Auffällig ist die Vielseitigkeit der messianischen Erwartungen in den behandelten targumischen Traditionen; dies liegt zum Teil daran, daß wir hier von einer breiteren Definition ausgegangen sind als der, welche besagt, der Messias sei nur davidisch und königlich 161 • Andererseits ist ebenfalls zu beobachten, daß viele biblische Gestalten eschatologisch und messianisch gedeutet werden: der König, der Hohepriester Elia, Mose sowie der Memra und die Shekhina des Herrn. Desgleichen fällt auf, daß die den Endzeitgestalten zugeschriebenen Ausstattungen, Aufgaben und Funktionen ein vielseitiges Bild ergeben. Jegliche •s 7 S. Syren, Blessings, 161 und s.o. •ss Syren, Blessings, 165ff. und s.o.
Vgl. Syren, Blessings, 179ff. und für eine Entwicklung im targumischen Prozeß: Blessings, 189ff. 160 Syren, Blessings, 196; 0=0nqelos; PT=palästinische Targumim. 1s9
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So vor allem Levey und Landman.
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zusammenfassende Wiedergabe dieser verschiedenen Elemente liefe der Komplexität des Phänomens zuwider. Dasselbe gilt für die Darstellung des Endkampfes, der Endzeit und der kommenden Welt. Der Schluß liegt demnach nahe, daß, wie auch immer sich der Tradierungsprozeß der Targumim entwickelt haben mag, einige ihrer »messianischen« Traditionen früh zu datieren sind 162 • Als zweite, damit zu verbindende Beobachtung, läßt sich m.E. feststellen, daß die Targumim, die wegen ihres Charakters und aufgrund ihrer Entstehung im Rahmen eines synagogalen Lehrinstituts - der Volkssprache näherstanden, sich eher am »Volksglaubencc und an einer >>aktualisierenden« Theologie als an einer Lehre oder an einer Ideologie bestimmter tannaitisch-rabbinischer Schulen 163 orientiert haben. Daher konnten sie auch eine größere Vielfalt an »messianischen« Traditionen aufnehmen. Aufgrund dieser beiden Beobachtungen ließe sich die Vielseitigkeit der messianischen Erwartungen in den Targumim zum Pentateuch erklären und zum Teil auch historisch einordnen. Es ist diese Vielfalt, die wir besonders häufig in den untersuchten schriftlichen Zeugnissen der ersten zwei Jahrhunderte n. d. Z., genauer in der Zeit zwischen den beiden jüdischen Kriegen, vorfanden, so daß die Datierung einzelner targumischer Traditionen damit untermauert wäre. Die Frage, warum in den Targumim eine Unterscheidung zwischen verschiedenen endzeitliehen Gestalten (König-Messias, Kriegs-Messias, Elia und der Memra des Herrn) vorgenommen wurde, gewinnt in diesem Zusammenhang noch an Bedeutung 164 •
Die Mishna Da wir in der Mishna und der Tosephta als den frühesten redigierten rabbinischen Schriften nur verhältnismäßig wenige Aussagen in bezug auf messianische Erwartungen vorfinden (sehr auffallend im Vergleich zu den Targumim), wird die Frage nach dem Charakter dieser Erwartungen erheblich erschwert. Denn der Umstand ihres Schweigens muß nicht unbedingt bedeuten, daß die Tannaiten keine spezifische Meinung über »den Messias« vertraten. Auch Philo und Josephus formulieren kaum messianische Erwartungen, dennoch vertreten sie diesbezüglich eine dezidierte Auffassung.
162 163 164
Vgl. auch Syren, Blessings, 189ff.; vor allem 192-199. S. dazu die Mishna und die Tosephta unten. S. dafür jedoch weiter mein Kapitel VII und Bernhardt, .. Eigenart•, 68ff.
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So thematisieren die tannaitischen Rabbinen die Zerstörung des Tempels und andere historische Ereignisse häufig 165 , Elia findet Erwähnung 166 , und die >>falschen Propheten<< werden wie in den apokalyptischen Schriften kritisiert 167• jedoch finden wir in der Mishna, abgesehen von mBer 1,5 (worin ))alle Tage deines Lebens« (Dtn 16,3) ))die Tage des Messias« implizieren), nur die Stelle mSot 9,14-15, wo messianische Erwartungen dargestellt und dabei m.E. auch programmatisch abgewiesen werden.
Mishna Sota 9,14-15 Nach einem Diskurs über die Gründe, warum bestimmte Bräuche und Einrichtungen sowie Segnungen, die alle der biblischen und 2. TempelPeriode entstammen, abgeschafft wurden (9,9-13), folgt in 9,14-15 eine Reihe von Aussagen über die Ereignisse nach der Zerstörung des 2. Tempels: 14.a. ))Im Krieg des Vespasian verboten sie die Bräutigamkronen und die Glocken; b. Im Krieg des Quietus 168 verboten sie die Brautkronen und daß kein Mensch seine Söhne Griechisch lehre; c. Im letzten Krieg verboten sie, daß die Braut in einer Sänfte in die Stadt hineingehe. Aber unsere Rabbinen erlaubten, daß die Braut in einer Sänfte in die Stadt hineingehe<< 169• Die Halakha über bestimmte Abschaffungen wird in 9,14 weitergeführt mit den Einschränkungen der Hochzeitsbräuche. Sie werden hier chronologisch eingeordnet, wobei der erste jüdische Krieg, der Diaspora-Aufstand und der zweite jüdische Krieg als Orientierungspunkte dienen. »Im Krieg ... (( ist hier zeitlich (während), nicht jedoch kausal aufzufassen 170 • In mSot 9,15 finden wir sodann eine Liste von vierzehn Aussagen, die alle wie folgt gebildet werden: »Nachdem Rabbi X ... gestorben war, hörte die Y... auf((. Hierbei existieren sechs verschiedene Rezensionen, in denen die Namen der Rabbinen auf je unterschiedliche Weise verwendet werden. S. z.B. mRHSh 4,1-4; mTaan 4,6-7; mZev 14,4-9. mSheq 2,5; mBM 1,8; 2,8; 3,4-5 und mEd 8,7. 167 mSan 1 1,5. 168 Einige HSS lesen litus; hier ist jedoch wohl Quietus, ein Feldherr des Trajan gemeint. 169 Übersetzung vom Autor; Textausgabe von Bietenhard, H., Sota (Die des Ehebruchs Verdächtige). Text, Übersetzung und Erklärung nebst einem textkritischen Anhang, Berlin 1956; vgl. Albeck, C., l"''X'C ...,"Tee l"''ii, jerusalem 1952-1958. 170 ~"~~; s. jastrow, M., A Dictionary of the Targumim, the Talmud Babli and Yerushalmi, and the Midrashic Literature, Nachdruck New York 1985, 134; Segal, M.H., A Grammar of Mishnaic Hebrew, Nachdruck Oxford 1980, 142. 165
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Sie werden unterschiedlich verteilt, manche werden weggelassen, andere hinzugefügt171 • In 9,15 fällt erstens auf, daß alle genannten Rabbinen aus der Periode vom Ende des ersten Jahrhunderts bis zur Mitte des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. stammen und zweitens, daß die verschiedenen Generationen in umgekehrter Reihenfolge genannt werden. Dabei wird mit Rabbi (217 n. d. Z.) begonnen; darauf folgen die ihm vorangegangenen Generationen bis hin zu den weiter zurückliegenden. Ich fasse hier eine der Rezensionen zusamrnen 172 : Nachdem R. Yol)anan ben Zakkai gestorben war, hörte der Glanz der Weisheit auf; Mit R. Gamliel ha-Zaqen hörten die Ehre der Tora, die Reinheit und die Enthaltsamkeit auf; Mit Yishma'el ben Fiabi hörte der Glanz des Priestertums auf; Mit Rabbi hörten Demut und Sündenscheu auf; Mit R. Meir die Erzähler von Gleichnissen; Mit R. 'Aqiba die Ausleger; Mit Ben Azzai die Eifrigen; Mit Ben Zoma die Schüler; Mit R. 'Aqiba hörte die Ehre der Tora auf; Mit R. Yehoshu'a die Güte der Welt; Mit R. Shim'on ben Gamliel kamen Heuschrecken und Leiden; Mit R. El'azar ben 'Azarya hörte der Reichtum der Weisen auf; Mit R.l;lanina ben Dosa hörten die Männer der Tat auf; Und mit R. Yose Qepmtan die Frommen. Hier wird das Ende einer Epoche beschrieben, wobei jeder Rabbi mit einem Aspekt der Tora (wie dies auch in Pirqe Avot der Fall ist) verbunden wird. Die hier gezogenen Verbindungen sind m.E. weder historisch noch chronologisch zu verstehen, sondern rein »traditionell«, d.h. das Ende einer Generation wird an Hand von den mit den Rabbinen verbundenen Traditionen dargestellt, ohne daß dabei auf historische Ereignisse Bezug genommen wird. Dabei besteht jedoch kein Zweifel daran, daß die Zeit während der beiden jüdischen Kriege und danach, also die Kriege des Vespasian, des Bietenhard, Sota, 167-168; für eine Übersicht der Rezensionen siehe Bietenhard, H., Der Tosefta-Traktat Sota. Hebräischer Text mit kritischem Apparat, Übersetzung, Kommentar, Bern 1986, 233f., Anm. 27; vgl. Albeck, nlic III, 260-262. 172 Und zwar die von Bietenhard, Sota, 167ff. aufgeführte Rezension. 171
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Trajan und des Bar Koziba, den historischen Hintergrund bildet. Wir finden nämlich nur Rabbinen aus dieser Periode erwähnt. Die traditionelle statt historische Deutung der Geschichte sowie die umgekehrte Reihenfolge der Rabbinen-Generationen ist wohl dem Redaktor der Mishna zuzuschreiben.
Es folgen danach zwei Dicta über das, was nach der Zerstörung des Tempels geschah: 1. R. Pinbas ben Yair (200 n. d. Z.) sagt, daß nach der Zerstörung des Heiligtums die l:fabarim und ihre Söhne beschämt und die Männer der guten Taten verachtet wurden, die Gewalttätigen dagegen erstarkten, wie auch die Leute mit böser Zunge. »Keiner forscht und keiner sucht; es bleibt uns nur übrig, uns auf unseren Vater im Himmel zu verlassen•, kommentiert R. Pinl}.as (oder der Redaktor?). 2. R. Eli'ezer ben Hyrkanus (90 n. d. Z.) sagt, daß nach der Zerstörung des Heiligtums die Weisen wie Lehrer, die Lehrer wie Schüler, die Schüler wie das Volk und das Volk wie die Völker wurden. »Keiner forscht und keiner sucht, es bleibt uns nur übrig, uns auf unseren Vater im Himmel zu verlassen•, wird auch hier abschließend kommentiert173.
Hier wird das Ende der Tara-Frömmigkeit bei der Zerstörung des Tempels angesetzt (»Seit dem Tag der Zerstörung des Bet Miqdash« ), d.h., es wird ein kausaler Zusammenhang zwischen den beiden Geschehnissen hergestellt: Das Ende der Tradition ist mit der Zerstörung des Heiligtums angebrochen. Im weiteren Verlauf des narrativen Rahmens von mSota 9,15 folgt nach der zweimal gestellten Frage »Worauf sollen wir uns stützen?<< und der Antwort ••Auf unseren Vater im Himmel« eine Weissagung über die Endzeit. Sie wird mit den Worten »Mit den Schritten des Messias« 174 eingeleitet und als ••Im Zeitalter, in dem der Sohn Davids kommen wird« gedeutet. Hier versteht der Redaktor unter •• Messias« einen davidischen Endzeitbefreier. Folgendes wird nun vorhergesagt: Verachtung und Teuerung werden zunehmen; der Weinstock wird Frucht bringen, aber der Wein wird teuer sein; das Königreich wird sich der Ketzerei (n"2"'C) zuwenden, und es wird keine Zurechtweisung geben; das Lehrhaus wird zum Hurenhaus werden; Galiläa und Gablan werden zerstört werden; die Galiläer werden von Stadt zu Stadt ziehen, ohne Erbarmen zu finden; die Weisheit der Gelehrten wird verderben; die Sündenscheu wird verworfen werden, und die Wahrheit Paraphrasiert vom Autor. Vgl. weiter Goldenberg, R., •Early Rabbinie Explanations of the Destruction of Jerusalem•, ]]S 33 (1982), 517-525. m Diese Worte werden in bSan 97a als ein Spruch R. Nehemias gedeutet. 173
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wird fehlen, Junge werden Alte erbleichen lassen; Alte werden vor Unmündigen aufstehen, Micha 7,6 wird zitiert. Abschließend heißt es, daß das Gesicht des Geschlechtes dem eines Hundes gleichen wird. Diese lange Reihe von erwarteten Übeln, die anscheinend ohne eine festumrissene Struktur tradiert und redigiert worden ist, wird wiederum mit den Worten »Worauf sollen wir uns stützen? Auf unseren Vater im Himmel« abgeschlossen. Diese dreimal wiederholte Formellegt den Schluß nahe, daß die obenerwähnte »kleine Apokalypse« mit den vorigen zwei Dicta über die Tage nach der Zerstörung des Tempels eine Einheit bildet. Die hier formulierte Endzeiterwartung ist m.E. nach 70 n. d. Z. anzusetzen und, falls R. Nehemia der authentische Tradent der »Apokalypse« ist 175 , auf die Zeit um 150 n. d. Z. zu datieren. Obwohl die Apokalypse mit den Worten »Mit dem Kommen des Messias« eingeleitet wird, werden die Zeichen der Endzeit als »vor dem Kommen eines davidischen Endzeitbefreiers« stattfindend beschrieben. Dabei wird über den Messias selbst nichts weiteres mitgeteilt. Daraus ließe sich schließen, daß es für die Tannaiten möglicherweise keine Bedeutung mehr hatte, detailliert über einen Messias zu sprechen. Umso interessanter sind nun die Zeichen der Endzeit für unsere Untersuchung, denn sie könnten, wenn wir sie als historisch bedingte Zukunftserwartungen auffassen, Auskunft geben über den Kontext, in dem mSota 9,15 entstanden oder redigiert worden ist. Dabei müssen wir aber von der Endredaktion ausgehen, umso eher, als in diesem Abschnitt das »rabbinische Judentum« des dritten Jahrhunderts n. d. Z. auf seinen geschichtlichen Ursprung zurückblickt, und die Geschehnisse von dem eigenen geschichtlichen Standpunkt aus einige Generationen zurückprojiziert, um so eine Verbindung zwischen der Zerstörung des Tempels und dem Rückgang der rabbinischen Tradition herstellen zu können. Das Hauptthema der Apokalypse ist eindeutig die Zerstörung des Bet Midrash, die auf die Zerstörung des Bet Miqdash folgte. Es handelt sich dabei um ein sozial-religiöses Institut, dessen Schicksal in einem größeren historischen und politischen Rahmen dargestellt wird, wobei an die Situation in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. zu denken ist. Inwiefern nun das Hauptthema, die Zerstörung des » Lehrhauses« als tradiertes Dictum oder als ein späterer redaktioneller Kommentar zu verstehen ist, ist dabei schwer festzustellen; jedenfalls wird das Thema vom Tradenten oder vom Redaktor innerhalb des historischen Kontextes des Anfanges des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. verstanden. Diese Beobachtung läßt sich auf die vorhergehenden Dicta ausweiten; auch hier ist die 175
S. auch bSan 97a.
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Hand desselben Redaktors erkennbar in den Worten >>Worauf sollen wir uns stützen?«. Für ihn ist nichts von Dauer, weder die Weisheit, noch die Schule, nur der Vater im Himmel ist ewig. Des weiteren stellten wir fest, daß der erwartete Messias im Zusammenhang mit den Zeichen der Endzeit keine nennenswerte Rolle spielen wird; auch dies ist im Kontext des Tradenten oder Redaktors zu verstehen. Betrachten wir nun noch den gesamten Kontext der Mishna, so ist festzustellen, daß das Hauptthema der apokalyptischen Teile der Mishna wie auch das der Tosephta die >>kommende Welt« ist 176 • Dabei werden Tora und Halakha als eine Art Hilfe dargestellt, um die zukünftige Welt herbeizuführen. Obwohl dabei von den >>Tagen des Messias« die Rede ist, liegt der Akzent auf dem Begriff )) Tage« im Sinne einer abgegrenzten Zeit und nicht auf dem Terminus ))Messias« 177• In diesem größeren Rahmen ist auch mSota 9,14-15 zu verstehen. Der gegenwärtigen Zeit und der Zerstörung des Lehrhauses wird implizit eine bessere Zukunft, die sich durch Tora-Gerechtigkeit auszeichnet, gegenübergestellt. Was durch die Zerstörung des Tempels nicht bewirkt wurde, wird mit dem ))Kommen des Messias« erwartet. Der Abschnitt wird dann auch hoffnungsvoll abgeschlossen: ))R. Pinl,as, der Sohn Yairs, sagt: Tüchtigkeit führt zu Unschuld, Unschuld führt zu Reinheit 178 • Reinheit führt zu Enthaltsamkeit, Enthaltsamkeit führt zu Heiligkeit, Heiligkeit führt zu Demut, Demut führt zu Furcht vor der Sünde, Furcht vor der Sünde führt zu Frommheit, Frommheit führt zum heiligen Geist, und der heilige Geist führt zur Auferstehung der Toten. Die Auferstehung der Toten aber erfolgt durch Elia; gedenke ihm zum Guten. Amencc 179• Man könnte hier das Lehrhaus selbst, den Rabbi oder die Lebensweise, die in der Erfüllung der Tora besteht, schlechthin als eine Art eschatologisch orientiertes )) Befreiungskonzept« bezeichnen, da diese Elemente ja eine bestimmende Rolle beim Heraufführen der kommenden, gerechten Welt spielen. Dazu tritt noch die Gestalt des Elia, der für die Auferstehung der Toten zuständig sein wird 180• Mit der Figur des Elia gewinnt der Passus an Bedeutung, da mSota 9,15 (Ende) als Midrash auf Mal4,4-5 aufzufassen isttst. 176
S. Saldarini, •Uses•,
406~07.
m Saldarini, •Uses•, 407.
Im Englischen: cleaniness and levitical purity. Übersetzung vom Autor. Vgl. auch Petuchowski, M.; Schlesinger, S., Mischnajot. Die sechs Ordnungen der Mischna 111: Naschim, Basel 1968, 352. 110 Vgl. auch Neusner, j., ·Mishnah and Messiah•, in: ders., ]udaisms, 276. 181 Vgl. Bokser, B.M., •Messianism, the Exodus Pattern, and Early Rabbinie Judaism«, in: Charlesworth, Messiah, 239-260. 178 179
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Die ethische Tendenz in den tannaitischen Zukunftserwartungen manifestiert sich darin, daß in tSota 15,1-15 nur ein bestimmter Teil von mSota 9,14-15 übernommen wird: Die apokalyptischen Teile und die »Tage des Messias« werden weggelassen; demgegenüber werden Dicta über den Tempel, den Sanhedrin, das Pflastern der Häuser, das Essen und Trinken hinzugefügt. So betont der Redaktor der Tosephta in seiner Auffassung der Endzeit den Wert der rechten Lebensweise. Und diese rechte Lebensweise ist auch die implizite und eigentliche Antwort des Redaktors der Mishna auf die apokalyptischen und endzeitliehen Geschehnisse seines Jahrhunderts182. Eine vergleichbare Tendenz finden wir in den Midrashim der tannaitischen Periode, inbesondere in der Mekhilta de-Rabbi Yishma'el, Wayassa' 5,6677; 6,55-64 und 'Amaleq 2,186-192 183 und in Sifre Devarim, Piska 8, 43, 47,130,318,322,343 und 352 184 . In MekhY, Wayassa' 5, 70ff. sagt Rabbi Eleazar von Modim: »Wenn Sie rein erscheinen im Halten des Shabbats, wird der Heilige, gepriesen sei Er, Ihnen sechs gute Anteile geben: das Land Israel, die kommende Welt, die neue Welt, das Königreich des Hauses Davids, das Priestertum und das Levitentum 185 •
Das Halten des Shabbats, d.h. der Gebote Gottes, führt zu den Segnungen, die nach dem Bar Koziba Aufstand fehlten: das Land, der Tempel und das Haus Davids. Im selben Abschnitt sagt Rabbi Eliezer, daß das Halten des Shabbats die Israeliten gegen drei Heimsuchungen beschützen wird: den Tag von Gog, die Wehen (das Kommen) des Messias und den Tag des Großen Gerichts. Das Halten der Gebote führt sowohl zu Segnungen als auch zum Schutz gegen die endzeitliehen Heimsuchungen. Nicht die Gestalt des Messias spielt dabei eine Rolle, sondern die Länge der »Tage des Messias«, die im Allgemeinen drei Generationen dauern werden 186 , sowie die Frage nach den Grund des Leidens. Genauso wie das Halten der Gebote zum Segen führt, führt das Nichthalten der Gebote zum Gegenteil.
112 S. Neusner, J., The Tosephta. Translated from the Hebrew. Third Division: NASHIM (fhe Order of Women), New York 1979, 206-209. 111 Lauterbach, j.Z., Mekilta de-Rabbi Ishmael II, Nachdruck Phildelphia 1976. 114 Finkelstein, L., Siphre ad Deuteronomium, Nachdruck New York 1969. S. auch Avot de-Rabbi Natan in Schechter, S., The Fathers According to Rabbi Nathan (Abot de Rabbi Nathan Version 8), Leiden 1975, 31, 38 und 43. 115 Übersetzung vom Autor. 116 Vgl. MekhY, 'Amaleq 2,186ff.
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In SifDev, entstanden nach dem Bar Koziba Aufstand 187 , wird dasselbe Thema wieder aufgegriffen: die Tage des Messias, d.h. die Kriege der Endzeit, hat Israel sich selbst zu verdanken (ein Kommentar zu Dtn 32,15 und jes 2,7-8 in Piska 318), nicht jedoch, weil die Römer stärker wären. Deswegen ist der Prozeß auch umkehrbar und das Kommen des messianischen Reiches hängt vom Handeln der Menschen ab (Piska 318 Ende)1 88 •
Die messianischen Erwartungen des rabbinischen Judentums in der tannaitischen Periode
In der rabbinischen Literatur ist zwischen einerseits einer »messianischen Bibelauslegung«, deren Sitz im Leben in den rabbinischen Schulen zu suchen ist, und andererseits den Darstellungen der Messias-Gestalten sowie den Endzeiterwartungen zu unterscheiden. Letzere lassen sich differenzieren in Endzeiterwartungen, welche die Vorstellungen von einem Reich Gottes und einer kommenden Zeit implizieren, sowie in rein »messianische« Erwartungen, deren Sitz im Leben möglicherweise in den palästinischen Synagogen während und nach der Zeit zwischen den beiden Kriegen zu finden ist. In der messianischen Bibelauslegung, die nur von einem geringen historischen Interesse geprägt ist, werden verschiedene Bibelstellen zitiert und messianisch oder eschatologisch interpretiert. Diese Auslegung finden wir vor allem in den beiden Talmudim und in den Midrashim 189 • Die messianisch interpretierten Stellen, an denen ein historisches Interesse deutlich 187 So Hammer, R., Sifre. A Tannaitic Commentary on the Book of Deuteronomy, New haven 1986, 4-8 und 20. 188 Vgl. dazu die Schlußfolgerung von Schäfer, •Hoffnungen•, 215-223 und 235236, vor allem 236: ,.Eine entscheidene Rolle spielt sowohl in tannaitischer als auch in amoräischer Zeit die Busse als ethisch-religiöses Korrektiv gegenüber allzu einseitiger Betonung eines determinierten Geschichtsablaufes. Dieser Hinweis auf die Busse und damit auf die Möglichkeit und Notwendigkeit menschlicher Mitwirkung und Mitverantwortung beim Erlösungsvorgang ist vielleicht der wichtigste Beitrag des rabbinischen Judentums zur jüdischen Messiaserwartung und für die Bewältigung der Zukunft aus jüdischer Sicht•. 189 S. vor allem yTaan 1,1; yTaan 1,5-6; yQid 4,1; yKet 12,3; yNed 3,8; yHag 2,1; yAZ 3,1; yMeg 1,12; dazu Neusner, Messiah, 79ff.; Ausgaben: Goldschmidt, L., "C"',.," .,'1C':tl, Den Haag 1933; Schwab, M., Le Talmud de }irusalem, Paris 1960. Weiter: bMeg 17b-18a; bSab 63a; bSab 118a; bEr 43b; bHul 63a; bAZ 2b; b Yom 86a; bPes 54a; bSuk 52ab; bSan 51b; bSan 91a-99b und BerR 23,5; 88,7; 97-98; ShemR 13,5; EstR 1,4; ShirR 11,7,1; 11,13,3-4; VIII,9,3; RutR V,6; Ekha Rabbati 1,14,4117,51; 11,2,4 und 11,3,6. Vgl. weiter Oegema, Messias, Kap. 8 und 9.
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wird und bei denen auch außerbiblisches Material herangezogen wird, sind vor allem in den Targumim nachweisbar wie auch in bestimmten Teilen der anderen rabbinischen Schriften, insofern diese Traditionen von dem redaktionellen Rahmen zu unterscheiden sind. Eine derart abstrakte Klassifizierung trägt dem Wesen und den spezifischen Merkmalen der rabbinischen Literatur jedoch wenig Rechnung. Eine systematische Übersicht aller messianischen Erwartungen im rabbinischen Judentum kann daher nicht geboten werden, zumal wir nur wenige dieser Schriften heranziehen konnten 190• Mein Versuch besteht nur darin, die messianischen Erwartungen des rabbinischen Judentums in der tannaitischen Periode wenigstens im Umriß darzustellen 191 • Dabei beziehe ich mich vor allem auf einige targumische Traditionen. In den behandelten Targumim fiel auf, daß sich das Bild eines Endzeitbefreiers als sehr komplex erwies: Die Tg zu Gen 49,10-12 erwarten einen politisch-militärischen KönigMessias, dem Richter und Toralehrer vorhergehen. Die Tg zu Ex 12,42 erwarten neben Mose einen Kriegs-Messias und den Memra des Herrn. Der Tgjl zu Ex 40,9-11 erwartet einen König-Messias, Elia und den Messias ben Ephraim. Die Tg zu Num 24,17-24 erwarten einen Kriegs-Messias, einen Herrscher und den Memra des Herrn; in der Endzeit findet eine Heimsuchung statt. Der Tgjl zu Dm 30,4-9 erwartet einen Messias, Elia und den Memra des Herrn. Der TJ zu jes 4,1-6 und zu Jes 9,5-6 erwartet einen davidischen Endzeitbefreier, die Gerechtigkeit sowie den Memra des Herrn 192 • Aus dieser Vielseitigkeit der Messias-Konzeptionen ist folgendes zu schließen: Erstens ist diese Vielseitigkeit ein Argument für die historische Verwurzelung der Targumim; ihre Traditionen entziehen sich offensichtlich jenem religiösen oder ideologischen Homogenisierungsprozeß der späteren rabbinischen Schriften. Zweitens ist in der Diversität der einzel190 Zu einer solchen Übersicht der verschiedenen Begriffe, Erwartungen und Auslegungen in ihrem literarischen Kontext liefert Neusner einen Ansatz. S. Neusner, Messiah, 1-17; Vgl. auch Bousset, Religion 111.3, 209-221. 191 S. dazu auch Schäfer, "Hoffnungen« und Neusner, j., ,.Qne Theme, Two Settings: The Messiah in the Literature of the Synagoge and in the Rabbis' Canon of Late Antiquity«, HENOCH VII (1985), 271-299. 192 Das Bild eines Endzeitbefreiers in den Tg zu 2 Sam 23,1-5; Jer 23,1-8; Ez 34,20-31; Hos 14,5-8; Hab 3,17-18, Sach 6,12-13 und Cant 1,8; 1,17; 4,5 und 8,14 ist weniger einheitlich als in den Tg zu den Pentateuch-Stellen, doch auch hier fällt die Vielseitigkeit der Messias-Konzepte auf.
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nen targumischen Messias-Vorstellungen auch eine Konstante zu entdekken, denn es handelt sich des öfteren um die Kombination eines königlichen, auch militärischen Messias mit einer (priesterlichen) Elia-Gestalt und dem Memra des Herrn sowie auch mit der Tora-Gerechtigkeit. Die Aspekte der Heimsuchung (Tg zu Num 24,17-24; TgJI zu Dtn 30,4-9), des Richtens (Tg zu Gen 49,10-12; TJ zu Ez 34,20-31) wie auch der apokalyptischen Vorschau (TJ zu 2 Sam 23,1-5) und der vier Königreiche (TJ zu Hab 3,17-18) werden dagegen nur vereinzelt thematisiert. Eine weitere Beobachtung betrifft die Entstehungszeit der targumischen Traditionen, die wir im Einzelfall in die Periode vom ersten Jahrhundert bis zur Mitte des zweiten Jahrhunderts n. d. Z. datieren konnten (Argumente wurden genannt bei den Tg zu Gen 49,10-12; Tg zu Ex 12,42; Tg zu Num 24,17-24 und wie auch beim TJ zu Hab 3,17-18). Es handelt sich dabei gerade um die Zeit von Titus bis Bar Koziba, in der auch die jüdischen und christlichen Apokalypsen eine vergleichbare Vielfalt in den Messias-Konzepten auf dem Hintergrund der historischen Ereignisse erkennen ließen. Warum gerade diese Periode eine solche Vielseitigkeit zeigt, ist eine Frage, die in Kapitel VII beantwortet wird; hier möge zunächst der Hinweis auf die auffallende Analogie genügen 193 • Im Rahmen des behandelten Problemkomplexes-das Verhältnis zwischen der rabbinischen Literatur und der Zeit bis Bar Koziba - sind noch auf die Untersuchungen von Schäfer und Neusner hinzuweisen 194 • Neusner untersucht zwei synagogale Gattungen aus der spätantiken Periode: den Siddur und die Targumim. Danach behandelt er auch die anderen rabbinischen Schriften aus der Periode von 200 bis 600 n. d. Z. Seine Schlußfolgerungen bezüglich der ersten Gruppe von Schriften sind: Im Siddur, datierbar auf circa 70 n. d. Z., so Neusner, finden wir die Hoffnung auf die Wiederherstellung Jerusalems, das Kommen des davidischen Königs und das Anzünden der Lichter im Tempel formuliert. Die Targumim, die »ideas from a time prior to their own closure and redaction « enthalten 195 , formulieren jedoch verschiedene Messias-Konzeptionen, in denen der Kriegs-Messias dominiert 196 • Im TO, der, so Neusner, eigentlich kein messianisches Interesse besonderer Prägung zeigt, dominiert der 19 J S. sonst Schürer, History II, 488-554; Bousset, Religion 111.3, 209ff.; Kippenberg, H.G.; Wevers, G.A., Textbuch zur n.t.lichen Zeitgeschichte, Göttingen 1979; Baras, Z. (Hrsg.), Messianism and Eschatology. A Collection of Essays, Jerusalem 1983. 194 Schäfer, »Hoffnungen• und Neusner, • Theme«; bei diesen Artikeln handelt es sich allerdings um frühere Studien der genannten Autoren. 195 Neusner, • Theme•, 280. 196 Neusner, • Theme«, 280; hier in Nachfolge von Levey, Messiah.
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politisch-militärische Messias als Symbol der Sicherheit Israels 197 • Im TgPJ finden wir verschiedene Vorstellungen einer Endzeitgestalt: Elia, den Messias, den Messias ben Ephraim und den Kriegs-Messias, welche Neusner alle als »nicht-konsistent« bezeichnet198 • Der TgJII ist mit dem TgO und TgJI vergleichbar, stellt jedoch darüber hinaus einen Vergleich zwischen Mose und dem Messias an 199• Nachdem Neusner eine Übersicht der Messias-Vorstellungen in der nicht-synagogalen rabbinischen Literatur gegeben hat, kommt er zu dem Schluß, daß man keine historischen Fragen stellen sollte und daß es eine »messianische Idee« als solche im Judentum nicht gebe200 • Neusner kommt bei seiner Untersuchung zu interessanten Ergebnissen. Es sei hier aber doch kritisch angemerkt, daß bei ihm die Auseinandersetzung mit den nichtrabbinischen Schriften der späthellenistisch-römischen Zeit fehlt. Schäfer fragt in seiner Untersuchung nach dem Termin der Erlösung, nach dem Verhältnis zwischen akuter Naherwartung und Pragmatismus und nach dem Zusammenhang zwischen messianischen Hoffnungen sowie politischen Bestrebungen201 • Obwohl auch er eine Unterscheidung zwischen der Periode von 70 bis 200 einerseits und der von 200 bis 600 n. d. Z. andererseits macht, ist seine Methode im Gegensatz zu der von Neusner historisch. Sie ist historisch, weil er ihre Aussagen traditionsgeschichtlich untersucht und dabei bemüht ist, sie in ihrem Kontext zu verstehen 202 • Was die Periode von 70 bis 200 n. d. Z. anbelangt, kommt Schäfer zu dem Schluß, daß es eine Polarität zwischen einer aktiven und einer mehr pragmatisch-zurückhaltenden Einstellung in den messianischen Erwartungen des damaligen rabbinischen Judentums gegeben habe; des weiteren führt er aus, daß in der tannaitischen Zeit eine Korrelation zwischen den politischen Ereignissen und den messianischen Erwartungen in gewissem Maße greifbar ist: »In der Epoche des tannaitischen Judentums lässt sich eine deutliche Entwicklung von anfänglicher Zurückhaltung in der messianischen Erwartung nach der Katastrophe des Jahres 70 n. Chr. über den Ausbruch akutmessianischer Hoffnungen während des Bar Kochba-Krieges zu erneuter Zurückhaltung in nachhadrianischer Zeit beobachten« 203 • Neusner, ,. Theme«, 284f. Neusner, ,. Theme•, 285. Seine Erklärung dieses Nichtkonsistentseins ist für mich jedoch nicht befriedigend. S. dafür mein Kapitel VII. 199 Neusner, ,. Theme•, 285f. 200 Neusner, •Theme•, 289-291; 292-296; hier als Kritik auf Schotern und Klausner. 201 Schäfer, •Hoffnungen•, 214. 202 Schäfer, •Hoffnungen•, 215ff. 201 Schäfer, •Hoffnungen•, 235-236. 197 191
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Im Gegensatz zu Neusner schließt Schäfer die liturgische Literatur und die frühen Piyyutim nicht in seine Untersuchung ein. Zudem geht er von den eschatologisch-messianischen Erwartungen, nicht von den MessiasKonzeptionen aus 204 • Fassen wir die obengenannten Ergebnisse in bezug auf unsere Fragestellung zusammen: Wir konnten ein dynamisches Verhältnis zwischen den messianischen Erwartungen und dem historischen Kontext in der tannaitischen Zeit nachweisen. Dabei ließen sich einige messianische Erwartungen des rabbinischen Judentums in der tannaitischen Periode ohne Zweifel in unseren Rahmen der Periode von Titus bis Bar Koziba und bis in die Zeit danach eingliedern und verstehen. Schäfer stellt wichtige Zäsuren für die Jahre 70, 135 und 200 n. d. Z. fest und argumentiert für eine Entwicklung der eschatologisch-messianischen Erwartungen von 70 bis 135 und von 135 bis 200 n. d. Z. Neusner läßt historische Fragen zwar nicht zu, weist jedoch auf die verschiedenen Messias-Vorstellungen in den Targumim hin. In der vorliegenden Untersuchung wurde der Versuch einer Darstellung der Entwicklung der messianischen Erwartungen von Titus bis Bar Koziba und von Bar Koziba bis in die Zeit danach in den nicht-rabbinischen Schriften unternommen. Darüber hinaus wurden verschiedene MessiasKonzepte in den Targumim erkennbar. Dies deutet m.E. auf eine traditionsgeschichtliche Kontinuität zwischen den nicht-rabbinischen (d.h. v.a. apokalyptischen) und den tannaitischen messianischen Erwartungen im ersten und zweiten Jahrhundert n. d. Z. hin, jedenfalls soweit wir den Konzeptualisierungprozeß der Messiasgestalten untersucht haben.
10. Vorläufige Ergebnisse In den targumischen Traditionen sowie in einigen apokalyptischen Teilen der christlichen und gnostischen Schriften stießen wir auf ein ähnlich komplexes Messias-Bild wie in den Apokalypsen der Zeit zwischen den beiden Kriegen. Häufig vorkommende Aspekte waren die eines königlichen und militärischen Messias, Elias und des Memra des Herrn. Andere Schäfer, »Hoffnungen•, 214-215. Die von ihm auf die Zeit von 70 bis 200 n.d.Z. bezogenen und besprochenen Stellen sind: ARNA 4; ARNB 31; ySot 9,17 24c; yAZ 3,1 42c; bBer 28b; ARNA 25; bSan 94a; ShirR 4,8 und 3 Ende; bSan 97bf. und Parallelen; bYom 86b; BerR 64,10; bSan 98ab, yTaan 4,7 68d; bSan 93b; MekY $.171; bPes 54b, DER 11 und Parallelen; bSan 97a und Parallelen; mSota 9,15 und Parallelen. 204
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Aspekte waren die der Heimsuchung, des Richtens, der apokalyptischen Vorherschau und der Periodisierung der Geschichte. Diese Elemente waren ein Argument, einige davon gerade in die Zeit zwsichen 70 und 135 n.d.Z. zu datieren, da sie viele Parallelen sowohl zur Vielfalt als auch zur Tendenz der Kombination der spezifischen MessiasKonzeptionen aufweisen. Ob man auf diese Weise überhaupt einen Weg zur Datierung einzelner targumischer und anderer Traditionen finden kann, bleibt allerdings offen. Aber was ist nun der historische oder politische Hintergrund dieser Messias-Konzepte? Warum kehren dieselben Aspekte und Kombinationen in den verschiedensten Schriften aus der Zeit zwischen den beiden Kriegen immer wieder? Ist auch hier eine Entsprechung zwischen den bestehenden Machtverhältnissen und den spezifischen messianischen Erwartungen zu finden? Es handelt sich hier um die Frage nach dem Hintergrund (oder Ursprung) eines Komplexes miteinander verbundener Vorstellungen, und zwar des davidischen König-Messias, des Kriegs-Messias, des Richters und des Menschenähnlichen aus dem Himmel, des Sammelns eines Restes des Gottesvolkes bzw. der Heiligen, der Periodisierung der Geschichte, der Hervorhebung der biblischen Geschichte und der Abkehr von den oft mit Namen genannten oder getarnt dargestellten römischen Kaisern. Zwar weisen alle genannten Schriften ihre eigenen Merkmale und Messias-Konzepte auf, dennoch kehren in ihnen immer dieselben Elemente wieder. Zum größten Teilließe sich dies aus dem Phänomen der Apokalyptik im allgemeinen und der jüdischen Apokalypsen des >>lnterbellums<< insbesondere erklären. Hier interessiert jedoch die Frage, wie die spezifischen Messias-Konzepte zu erklären sind. Der historische Hintergrund bildet gleichsam eine Reihe von Tiefpunkten, so jedenfalls aus der Sicht der Apokalyptiker. Die historischen »Tiefpunkte« der Zeit zwischen den beiden Kriegen bilden der gescheiterte Nationalismus, die Zerstörung des Tempels und des Sanhedrins, die Ermordung und Zerstreuung des Gottesvolkes, die römische Besatzung mit ihren Prokuratoren und Legionen. Die sozial-politische Krise bewirkte gleichzeitig eine verstärkte religiöse Kreativität. In diesem Zusammenhang sollte m.E. der Konzeptualisierungsprozeß hinsichtlich des Endzeitbefreiers gesehen werden. Nur mit diesem Kontext als Hintergrund fragen wir nach dem >>Ursprung<< der messianischen Erwartungen und der gefundenen Begriffskombinationen. Mit Hilfe eines hypothetischen Erklärungsmodells suchen wir daher gezielt nach dem Zusammenhang der biblischen oder traditionellen, der sozialen, politischen und religiösen wie auch der hermeneutischen Aspekte jenes Konzeptualisierungsvorganges.
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Was den biblischen oder traditionellen Aspekt anbelangt, spielen klassische »messianische« Stellen wie etwa Jes 11,1-5, Num 24,7.17 und »spätere« Stellen wie etwa Dan 7,13-14 eine Rolle als Ausgangspunkt jenes Prozesses. Dazu kommt ein auf den biblischen Geschichten basierendes Geschichtsverständnis, das die Weltgeschichte und die nationale Geschichte strukturiert, indem sie es dualistisch und eschatologisch interpretiert und schließlich, vor allem in bezugauf das römische Reich, aktualisiert. Die Zahl der benutzten biblischen Stellen, Hinweise und Begriffe ist aber jeweils verschieden, so daß darin- vor allem auch weil die Verse auf oft sehr unterschiedliche Art interpretiert werden - nicht die hermeneutische Mitte jenes Prozesses liegen kann. Dagegen ist auch die Kreativität der einzelnen Apokalyptiker in ihren spezifischen Geschichtsdarstellungen ein weiteres Argument. Was den sozialen und den religiösen Aspekt anbelangt, spielen Entstehungsort, -zeit und Sitz im Leben eine prägende Rolle. Die Johannes-Apokalypse polemisiert, wie auch Josephus dies tut, gegen bestimmte jüdische Messias-Erwartungen, übernimmt z.T. bestimmtes jüdisches Material, aber kritisiert es. Die 5. Sibylle weicht sehr von der 3. Sibylle ab, indem es nicht mehr einen ptolemäischen Herrscher als Endzeitbefreier darstellt, sondern einen römischen Kaiser gerade als AntiMessias erwartet. Darin spiegeln sich die großen Veränderungen, die in der jüdischen Gemeinde in Ägypten in der Zeit nach Philo stattgefunden haben. Ihre sozial-religiöse Existenz ist seit der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts n. d. Z. sehr gefährdet. Die palästinischen Apokalypsen stellen einen Versuch dar, das Volk zum Aushalten und zum Widerstand zu motivieren, indem sie die Bedeutung der Tora und vor allem die biblischen Geschichten sowie Gottes Führung in der Geschichte hervorheben. Am Ende werden Gott, sein Gesalbter und sein Volk siegen. Daß dieser Versuch, das Volk zu motivieren, scheiterte und von den Rabbinen in geänderter Form weitergeführt wurde, erfahren wir erst später. Bestimmend scheint die sozial-religiöse Lage dort zu sein, wo sie den hermeneutischen Rahmen bildet, worin die verschiedenen Autoren ihren Endzeitbefreier konzeptualisieren. Sie kann aber die Komplexität der Begriffs-Kombinationen und den immer wiederkehrenden Zusammenhang der genannten Konzepte nicht erklären. In bezug auf den politischen Aspekt, d.h. hinsichtlich der politisch geprägten Machtverhältnisse, müßte aufgrund unserer bisherigen Ergebnisse eine Analogie zwischen den Machtverhältnissen und den messianischen Erwartungen herzustellen sein. Vom palästinischen, aber auch vom klein-asiatischen und ägyptischen Standpunkt aus saß der »göttliche« Kaiser, der über
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das Schicksal aller Erdbewohner bestimmen konnte- wie auch das Schicksal über sich selbst bestimmte (dies aufgrundder römischen Religion)- im fernen Rom. Er führte regelmäßig gut organisierte, aber Zerstörerische Kriege gegen die Völker der Welt und strebte damit die Einheit seines Reiches an 205 • Diese Völker wurden dann von einem Bevollmächtigten, einem Prokurator, Konsul oder vom Senat, je nachdem wie wichtig ein Volk war, verwaltet. Diese Bevollmächtigten bestimmten die regionalen Verhältnisse, d.h. den jeweiligen Komplex von sozialen, religiösen und politischen Machtverhältnissen. Sie unterstanden aber in allen Belangen dem Kaiser. Es liegt in dieser Machtverteilung eine komplexe, von ihrem Prinzip aus gesehen jedoch einheitliche Machtkonzentration vor, die die Funktionen des Herrschens (über die Völker der Welt), des Kriegsruhrens (gegen alle Völker), des Riebrens (über Leben und Tod aller Bewohner) und des Bevollmächtigtseins (in den verschiedenen Einzelbereichen) in einer Person konzentriert. Genau diese Verschiedenheit der Tätigkeiten und einen solchen Komplex von Funktionen (das Herrschen, Kriegführen, Richten und Bevollmächrigtsein) sowie die Konzentration dieser Funktionen in einer Gestalt fanden wir bei den untersuchten Messias-Erwartungen vor. So drängt sich von selbst die Vermutung auf, daß auch hier, wie wir dies auch in den früheren Schriften fanden, eine Entsprechung zwischen den vor allem politisch geprägten Machtverhältnissen und den jeweiligen MessiasKonzepten existierte. Jene Verhältnisse bilden sozusagen den ,, Ursprung« dieser Konzepte. Sie liefern jedoch nicht das Material, denn dies entstammt zum größten Teil der Bibel. Sie bilden auch nicht den hermeneutischen Rahmen, worin die Messianisierung stattfindet; dieser ist in der sozialreligiösen Lage und in dem Phänomen der Apokalyptik zu suchen. Die politischen Machtverhältnisse bilden nur das (meist, aber nicht immer negative) Spiegelbild der eschatologischen Machtverhältnisse, die erst beim Hervortreten des Messias geschaffen werden. So sind die Messias-Konzeptionen die (meist positiven und) kritischen Abbildungen der bestehenden Machtverhältnisse. Nur so gesehen, bilden die Machtverhältnisse den ,, Ursprung« der Messias-Vorstellungen.
205
So jedenfalls aus der Sicht der jüdischen Gegner; vgl. Hengel, Zeloten, 308ff.
KAPITEL
VII
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
1. Einführung Ausgangspunkt dieser Untersuchung zu den messianischen Erwartungen in der Zeit vor und seit den Makkabäern bis Bar Koziba und danach war eine breit gefaßte Arbeitsdefinition von Messias und eine neu formulierte Methode zur Erforschung der messianischen Texte. Nach den jeweiligen Textanalysen 1 ergibt sich jetzt die Aufgabe, die bisherigen Ergebnisse aufeinander abzustimmen und zu bewerten. Die Definition: >>Der Messias ist eine königliche, priesterliche oder andersartige Gestalt, die eine befreiende Rolle in der Endzeit spielt«, war insofern neu, als sie über die oft verwendete Definition des Messias als des davidischen Königs der Endzeit hinausgeht, blieb dabei jedoch beschränkt, indem sie allgemeine eschatologische Erwartungen ausschloß. Diese Definition hat sich als hilfreich erwiesen, obwohl sie einen arbiträren Charakter behalten hat; der Begriff »andersartig« erfuhr dabei eine erhebliche Erweiterung. Wir stießen auf eine Vielzahl von Endzeitgestalten, wobei besonders die Vielseitigkeit und Variabilität der einzelnen und unterschiedlichen Messias-Konzepte auffiel. Nur einige dieser Endzeitgestalten spielten keine bestimmende oder befreiende Rolle in der Endzeit, so daß sie außerhalb des Gesichtsfeldes bleiben mußten. Von den am häufigsten vorkommenden Messias-Vorstellungen: - der Messias als der eschatologische König, Priester, Richter, Kriegführer oder Menschenähnlicher bzw. Sohn des Menschen - fiel vor allem für das erste Jahrhundert v. d. Z. die Kombination des Königs und des Priesters und für das erste Jahrhundert n. d. Z. die Kombination des Kriegs-Messias und des himmlischen Richters bzw. Sohn des Menschen auf. Von daher stellte sich die Frage nach der biblischen und historischen Verwurzdung dieser Gestalten sowie der Kombinationen von Messias• Für die vorläufigen Ergebnisse, siehe Kapitel11.8.; 111.5.; IV.ll.; V.lO. und VI.lO.
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Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
Konzeptionen in »Messias-Konzepten«. Auch die Frage nach der Bedeutung ihrer Vielseitigkeit und Variabilität in einem historischen >> Konzeptualisierungsprozeß(( ist dabei hervorzuheben. Dabei hatten wir betont, daß bei der Verwendung der vorhandenen Methoden flexibel vorzugehen sei, da die Beantwortung einer Frage oft von der Formulierung der Fragestellung abhängt. Wir hatten erörtert, daß eine »messianische Stelle« auf zwei Ebenen zu untersuchen sei, wobei wir zwischen biblischen oder traditionellen, hermeneutischen, politischen, sozialen und religiösen Aspekten unterschieden haben. Dabei waren wir besonders an dem Verhältnis zwischen Text und Geschichte sowie an den verschiedenen Aspekten der gefundenen Messias-Konzepte interessiert. Denn an vielen Stellen wurde zwar eine messianische Hoffnung ausgesprochen, doch war für uns die Hermeneutik einer bestimmten Schrift, eines Autors oder einer Tradition wichtiger als die Beschreibung der messianischen Hoffnung an sich. Denn was wollten die Autoren mit einem bestimmten Messias-Konzept zum Ausdruck bringen 2 ? Die jetzige Aufgabe liegt nun darin, die Arbeitsdefinition, die verwendeten Methoden und die Ergebnisse miteinander in Einklang zu bringen. Dabei wird der Begriff >>Messias-Verständnis« benutzt, denn mit diesem Begriff wird versucht zum Ausdruck zu bringen, daß wir letztendlich nicht an Definitionen und Methoden interessiert sind, sondern uns mit der Frage auseinandersetzen wollen, in welchem dynamischen Verhältnis die messianischen Erwartungen zwischen Text und Tradition einerseits und den historischen Umständen andererseits stehen. So ist mit ))Messias-Verständnis« die Hermeneutik einer Schrift, d.h. die ihres Autors oder einer Gruppe gemeint, durch die sie mit Hilfe von übernommenen, bearbeiteten oder neu dargestellten messianischen Erwartungen oder Messias-Vorstellungen versucht hat, auf die Umstände und Änderungen in der damaligen Gesellschaft, wie immer sie empfunden wurden, aktiv, vor allem aber konzeptualisierend einzugehen. Dabei haben wir selbstverständlich nur Zugang zu ihren literarischen Niederschlägen. 2 Diese Frage war nicht immer so leicht zu beantworten. Mal war eine Stelle zu kurz und zu wenig aussagekräftig, mal fehlte uns der literarische oder historische Zusammenhang, zum Teil existierten zu viele Thesen über eine bestimmte Stelle, zum Teil fehltesanneuerer Sekundär-Literatur oder deren Ergebnisse waren zu unsicher. Oft wurden messianische Stellen in einem literarischen oder historischen Kontext ausgelegt; der Sitz im Leben einer Schrift blieb jedoch für uns im Dunkeln. Dies lag auch wohl daran, daß wir nur zu einem Bruchteil der religiösen Schriften und historischen Daten der späthellenistisch-römischen Zeit Zugang hatten und daß unser Verständnis nach zweitausend Jahren Geschichte erheblich von der damaligen Zeit und dem damaligen Selbstverständnis entfernt ist.
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
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2. Methodische Implikationen Die in den vorläufigen Ergebnissen wiederholt gemachte Beobachtung, daß nicht nur die in den untersuchten Schriften vorgefundenen MessiasKonzepte sowie die Schriften selbst historisch bedingt sind, sondern daß auch die Verschiedenheit an sich, die Diversität der unterschiedlichen Messias-Konzeptionen sowie die Konstanten in der Verschiedenheit aus ihren historischen Umständen erklärbar sind, führt zu den folgenden Fragen. Dabei ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen einer traditionsgeschichtlichen Entwicklung der messianischen Erwartungen in der Zeit von 200 v. d. Z. bis 200 n. d. Z. einerseits und unserer eigenen Hermeneutik andererseits, mit der wir versuchen, eben diese Entwicklung festzustellen und zu verstehen. Es handelt sich dabei um drei Fragenkomplexe: 1. Obwohl wir am Anfang der Untersuchung eine »hypothetisch« breite Skala von Methoden zur Verfügung gestellt bekamen, stellte sich heraus, daß vor allem die historisch-kritischen Studien zu den einzelnen Schriften in bezug auf unsere Fragestellung besonders von Nutzen waren. Dabei gerieten wir, da wir einem historischen Gedankengang folgten, ab und zu in einen Konflikt mit den Ergebnissen der mehr theologisch und systematisch geprägten Untersuchungen. Dies war zum Beispiel bei den Testamenten der XII Patriarchen und bei einigen der Qumran-Schriften der Fall. Wir mußten dabei im Rahmen unserer Fragestellung Entscheidungen treffen, die nur bedingt Gerechtigkeit widerfahren ließen. Denn wir wollten wissen, wie bestimmte messianische Erwartungen in ihrem geschichtlichen Zusammenhang erklärbar sind. In anderen Fällen war die historische Verwurzdung offensichtlicher, so zum Beispiel bei Daniel und Josephus. Dennoch konnten wir bei vielen Stellen feststellen, daß ihre messianischen Erwartungen historisch bedingt und erklärbar sind. Dabei läßt sich jedoch fragen, wie groß dieser Einfluß im Verhältnis zu anderen Faktoren gewesen sem mag. Die von uns verfolgte Methode und die verwendeten Untersuchungen wurden aber jeweils von der Fragestellung bestimmt. Sie lautete: Wie wird biblisches oder traditionelles Material unter den historischen Umständen von einem Autor oder einem Redaktor verwendet, gegebenfalls bearbeitet und gedeutet? Was ist seine oder ihre Hermeneutik, wie versteht er oder sie den Messias oder die messianischen Erwartungen? Hierin liegt nun das subjektive Moment dieser Untersuchung, denn es läßt sich fragen, inwiefern die Einzeluntersuchungen von dem Gesamtkonzept und dem applizierten Erklärungsmodell beeinflußt worden sind. Ist das Ergebnis nicht zu sehr von der Fragestellung abhängig?
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Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
2. Was nun die Verschiedenheit der messianischen Erwartungen bzw. der Messias-Konzeptionen anbelangt, so seien hier zusätzlich einige historische Fragen formuliert, um über die unbefriedigende Feststellung, die messianischen Erwartungen seien ))komplex« und ))kompliziert«, hinauszugelangen. Hier die wichtigsten Fragen. Warum entstanden die messianischen Erwartungen, bzw. warum hörten sie auf? Warum gibt es in bestimmten Schriften solche Erwartungen und in anderen Schriften nicht? Ist auch die Verschiedenheit der ab und zu sehr unterschiedlichen messianischen Erwartungen historisch bedingt und erklärbar? Oder hängt diese letzte Frage nur von unserer Arbeitsdefinition und Fragestellung ab? Hätte eine Definition, der Messias sei der davidische König-Messias, dagegen zu konstanten und eindeutigen messianischen Erwartungen geführt? Oder anders gesagt: Hat unsere Definition des Messias als königlicher, priesterlicher oder andersartiger Endzeitbefreier diese Verschiedenheit verursacht, da sie so auch Richter, Propheten, ))Menschensöhne« und andere Endzeitgestalten miteingeschlossen hat? Es hängt jedoch nicht nur von der Definition ab, ob man auf verschiedene Messias-Vorstellungen stößt. Daher handelt es sich nicht um die Frage nach dem ))Ob«, sondern nach dem )) Wie« dieser Verschiedenheit, denn die Ergebnisse dieser Untersuchung sprechen bereits dafür, daß es unterschiedliche Messias-Konzepte gibt. Zusätzlich sollte auch zwischen einerseits der )) Verschiedenheit an sich«, d.h. warum es gerade in jener Zeit und an jenem Ort eine Verschiedenheit gab, und andererseits der Verschiedenheit in ihrer Vielfalt (das eigentliche )) Wie«) unterschieden werden. 3. Wir fanden nicht nur unterschiedliche messianische Erwartungen und Messias-Konzepte, sondern auch bestimmte Konstanten in dieser Verschiedenheit. In bestimmten Zeiten wurden Priester-König-Gestalten, in anderen Zeiten Kriegsmessias-Richter-Gestalten erhofft und konzipiert. Diese Beobachtung, die sicherlich einer weiteren Erörterung bedarf, war weder ein Ergebnis unserer Arbeitsdefinition noch das unserer Fragestellung. Sie ergab sich ))zufällig«. Was diese Konstanten anbelangt sind folgende Fragen zu stellen: Wie sind sie zu beschreiben und mit der Arbeitsdefinition und Fragestellung in Verbindung zu bringen? Sind die Konstanten sowohl diachronisch, d.h. chronologisch und historisch, als auch synchronisch, d.h. in einem literarischen und sozialen Kontext zu verstehen? Wie verhalten sich die Konstanten zu den in der Fragestellung genannten Untersuchungsebenen der Tradition, der politischen, sozialen und religiösen Umstände und zur Hermeneutik eines Autors oder einer Schrift? Wie verhalten sich schließlich die Messias-Konzepte, ihre Unterschiedlichkeit und die Konstanten in dieser Verschiedenheit zu unserer eigenen
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Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
Hermeneutik? D.h., inwiefern fragen wir nach uns selbst, statt nach den Schriften der Vergangenheit?
3. Die messianischen Erwartungen entstanden im Spannungsfeld zwischen Text und Geschichte: zwischen literarischer Tradition und historischen Ereignissen Es wurde bisher festgestellt, daß nicht nur die messianischen Erwartungen an sich, sondern auch ihre Unterschiedlichkeit und die Tatsache, daß es diese Unterschiede überhaupt gibt, wie auch die Konstanten in dieser Verschiedenheit historisch bedingt und möglicherweise auch aus dieser Bedingtheit erklärbar sind. Dabei ließen sich weitere Fragen erschließen, aus denen die Aufgabe erwuchs, ein spezifisches Erklärungsmodell oder jedenfalls dessen Bedingungen in einer Auseinandersetzung mit anderen Erklärungen derselben Phänomene zu formulieren und in einer These zu begründen. Für die Hypothese sei auf die vorläufigen Ergebnisse der jeweiligen Kapitel verwiesen. In der folgenden Tabelle werden diese vorläufigen Ergebnisse zusammengefaßt wiedergegeben, und zwar so, daß bei den untersuchten Schriften das wichtigste biblische oder traditionelle Material, das in den Schriften messianisch ausgelegt worden ist, erwähnt wird. Ferner wird genannt, auf welche Weise die Endzeitgestalten dargestellt werden, wie sie als Messias-Konzept beschrieben werden können und auf welche historischen Personen sie Bezug genommen haben könnten. Stelle
Zitat/Paraphrase
300-200 v.d.Z.: Sach 3,8 4,14 Ps
2 18; 51 20;28;84 45;72;89 105,15 110,2.4-7 132
Messias-Konzept
König + Priester König + Sohn Gottes Gerechter Davidischer 2 Sam 7,13 Idealer König Gerechter Davidischer Gerechter Davidischer 2 Sam 7,13 Gen 14,18-20 Gerechter Davidischer Gerechter Davidischer Jer 23,5 a.o.
Person
(Serubbabel) (Serubbabel + Josua) König König König König König
292
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
Stelle
Zitat/Paraphrase
Gen 49,10 (LXX) 2 Sam 7,16 (LXX) Ez 21,30-32 (LXX) -
200-160 v.d.Z.: Sir 49,11-13 Dan
50,1ff. 1-2 7,13
Hag 2).3 u.a.
1 Sam 16-17
8-12 Hen(äth) 90,20-42
160-70 v.d.Z.: TestLevi 17,2-11 18,2-9
Sib lß,652-656 767-808 796ff. 1QpHab 4QpPs 37 1QS 8,15-9,11 1QSa 2,11-20 1QSb 2,22-5,29 4QTest
CD
7,14-21
12,23 14,41 19,1-20,1 1 Makk 14,41
Num 24,17 + LeviApokryphon jes 11,1-12
Messias-Konzept
Person
Kriegs-Messias Davidischer König Priester
Serubbabel, Josua + Nehemia (Simon + Antiochus lß?) Priester (Simon) (Chasidim?) Menschenähnlicher-Bevollmächtigter-Endzeit-Richter Michael-Völkerarchont Stier, Weißer + Michael-Endzeit-Richter
Priester Priester-König
König Friedens-König König
(Ptolemäus)
(Ptolemäus) Priester-Prophet Erforscher der Tora Prophet+ Gesalbter aus Aaron und Israel Priester + König + Gesalbter aus Aaron und Israel Num 24,8-9.17; König (Fürst der Jes 11,2.4-5 u.a. Gemeinde) Dtn 5,28-29; Prophet, Stern aus Jakob + Levi: 33,8-11 Prophet+ Gesalbter aus Aaron und Israel Am 5,26; 9,11; Erforscher der Tora +Fürst Num 24,17 der Gemeinde Gesalbter aus Aaron und Israel Gesalbter aus Aaron und Israel Sach 13,7; Ez 9,4 Gesalbter aus Aaron und Israel Prophet Hab2 Ps 37
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses Zitat/Paraphrase
Stelle
70 v.d.Z.-70 n.d.Z.: PsSal 17,21.32 18,5-7 1QM
5,1-2
11,6-7 11,11 15,4-6 u.a. 4QPatr 1-5 4QFior 4Qpjes 11-21 Philo: Mos I S 290 Praem § 95
Messias-Konzept
293 Person
Gerechter Davidischer König König: Führer und Lehrer Israels König (Fürst der Gemeinde) Num 24,17-19 Jes 31,8 Gott Kriegs-Priester Gen 49,10 Kriegs-Messias 2 Sam 7,11-14; Davidischer König Am 9,11 u.a. Jes 11,1-5 Königlicher Kriegs-Messias
§§ 163-172 Josephus: Bell II §§ 57-59 IV§§ 503-528
Num 24,17 Num 24,17
Kriegs-Messias wie Moses (Gott oder Claudius) (Gott oder Claudius)
(Simon) (Simon bar Giora) (Vespasianus) VI§§ 310f. Num 24,17 Messias §§ 441f. (Menahem) XVII§ 271 (Judas der + II §56 Galiläer) Ant XII§ 322 Dan? (Pharisäer) XVII§§ 41f. Jes 56,1-5? (Jesus) Sogenannter Messias Hen(äth) 46,3-5 Dan 7,9.13 Erwählter-Menschensohn: Himmlischer Richter 48,2-7 Jes 48,4-6 u.a. Gesalbter: Himmlischer Richter 49,1-4 Erwählter: Himmlischer Richter Jes 11,2-3 Erwählter: Himmlischer Richter Dan 7,13 53,3 54,1-69,12 Jes 24,17-23 Q (Lk) 3,16-17 (Jesus) Prophet 6,22 (Jesus) Menschensohn (Jesus) 11,30 Menschensohn-Prophet 12,8-9 (Jesus) Menschensohn-Prophet 17,24.26.30 Menschensohn-Endzeitrichter (Jesus) Mk 11,1-19 Ps 118,25-26; Herr-Sohn Davids-König (Jesus) Jes 56,7
294
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
Stelle
Zitat/Paraphrase 12,35-37 13,5-27 14,61f. u.a.
Lk
Mt
17,24.30 19,29--40 20,41--44 21,27.36 1,1 u.a. 12,41 21,1ff. 22,41--46 23,1-23
24,30-31 1 Thess 4,13-18 2 Thess 2,1.14-16 1 Kor 15,22-24 Röm 15,12 AntBibl48 51
70-135 n.d.Z.: TestJud 24 TestJos 19,1-12 TestNapth 8,1-3 1 Petr 2,9-10 2 Petr 3,10 Jud 14-15 Heb 1,5-14 u.a.
3,1-6
Messias-Konzept
Person
Ps 110,1 Dan 7,13 Dan 7,13; Ps 110,1
Uesus) Herr-Sohn Davids Menschensohn Uesus) Menschensohn-Sohn Gottes-Sohn Davids-Gesalbter-Endzeitrichter Uesus) Menschensohn-Endzeitrichter Uesus) Ps 118,26; Herr-Sohn Davids-König Jes 56,7; Jer 7,11 Uesus) Ps 110,1 Herr-Sohn Davids Uesus) Dan 7,13 Menschensohn Uesus) Mi 5,1.3; Jes König-Gesalbter-Sohn 26,18 David u.a. Uesus) Prophet-Menschensohn-EndzeitUesus) Richter Ps 118,25-26; Herr-Sohn Davids-König Jes 56, 7; Ps 8,3 Uesus) Ps 110,1 Herr-Sohn Davids Uesus) Mal 2,7-8; Hi 22,29; Lehrer Uesus) Hes 22,25 u.a. Dan 7,13 Menschensohn Uesus) Menschensohn-Richter Uesus) Bewahrer der GerechtigkeitEndzeit-Richter Uesus) Endzeitherrscher und Richter Uesus) Sohn Davids Jes 11,10 Uesus) 1 Kön 17,1; 2 Kön (Pinehas + Elia) 2,11; Jdc 21,16-25 1 Sam l,lf.; Jes (Samuel) 49,6; 54 u.a. Num 24,17;Jes 11,1; Jer 23,5; 33,15 König Löwe aus Juda-LammFriedensfürst König aus Juda Jes 28,16; 43,21; Ps 117,22 u.a. Christus als König+ Priester Ps 90,4 Christus als Prophet Hen(äth) 60,8; 93,3 Gott als Richter Ps 2,7; 97,7;110, Christus als Hohepriester-Sohn 1; 2 Sam 7,14 u.a. Gottes-Herrscher Num 12,7 Christus über Moses
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses Zitat/Paraphrase
Stelle
joh
Apc
Messias-Konzept
295 Person
4,14-16 u.a. Hohepriester 8,1-13 Ex 19,5-6 Mittler des Neuen Bundes 1,45 u.a. Dtn 18,18; Jer 23,5 Ez 34,23 u.a. Jesus als Lamm 14,15-26 Paraklet, Heiliger Geist 18,28ff. König der Wahrheit Dan 2; 7; 8; 10 Menschensohn-Richter 1,12-20 (Jesus) 5,6-14; Jer 53,7; Ez 32, 7,4-17; 23; Ps 23,1-2 u.a. Jesus als Lamm 14,1-13 14,14-16 Dan 7,13, joel 4,13 Menschensohn-Richter (jesus) 19,11-16 Jes 11,4f.; Ps 2,9 Wort Gottes-Herrscher-Richter (Jesus) 22,12-17 Richter (jesus) jes 11,10
ApcEsr:
11,1-12,3 13,2-13 ApcAbr ApcBar: 35,1-46,6 70,10; 72, 1-73,1 Sib V,414-443 Did
16,1-18
IgnRöm 6,1 Polyk Diog Barn just Dial: 68; 110 u.a. Bar Kosiba Dok.
135-200 n.d.Z.: Ascjes 3, 13f. 4,18
Dan 7,9-14; Mi 5,7 Löwe-Messias-Richter Dan 7,13-14; Ps 69,3 Menschensohn-Kriegs-MessiasRichter Gen 15,9-11; Ez 1,6-11 u.a. Erwählter-Richter Dan 7,4. 7.17
Kriegs-Messias-Richter
jes 2,2-4; 11,4 u.a.Kriegs-Messias-Richter Dan 7,13 Mann vom Himmel Kriegs-Messias-Richter Mt 24,29-31; Dan 7, 13; 1 Thess 4,14-17 Menschensohn
(Jesus) (Jesus)
1 Petr 1,21; 4,5 u.a.
jesus als Richter-PriesterHerrscher jesus als Sohn Gottes-Richter-König Gott-Richter Gen 2,2 2 Sam 7,12-15; Mi Messias-Menschensohn-Christus 4,1-7; Ps 24; 72; (Jesus) jes 7,14 u.a. Kriegs-Messias (Bar Kosiba)
Geliebter aus dem HimmelKriegs-Messias-Richter Geliebter-Richter
(Jesus) (Jesus)
296
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
Stelle
Zitat/Paraphrase
ApcPetr 2-16
2 Elchasai Samaritaner ApcAd ApcPI 1 ApcJac 39 2 ApcJac 49 ApcEI 38,15-39,2 39,7-15 42,10-15 43,9-44,2 OdSal 9,3-4 39,9-13 Targumim: Gen 49,10-12 Ex 12,42 Ex 40,9-11
Num 24,17ff. Dtn 30,4-9 Dtn 33 mSota 9,14-15
Messias-Konzept
Person
1 Petr 4,5; Mt 16,27 Jesus als Richter Pseudo-Messias (Bar Kosiba) Wort-Magie Dtn 18,18 Taheb-Prophet wie Moses Gen 15 Gnosis (Paulus) Dan 7,9f. 2 Kor 12,2-4; Uesus) Uesus) Engel-Jesus-Herrscher Gen 2,7; 3,22-24 Gabriel-Uriei-Beschützer Apc 11 Elia-Henoch-Kriegs-Messiassen Engel-Jesus-Herrscher Kriegs-Messias Uesus) Mt 14,26 Jesus als Moses Uesus) Gen 49,10-12; 1 Sam 16,10-12; Kriegs-Messias Jes 63,1-6 Ex 12,42 Moses-Kriegs-Messias-Memra des Herrn Ex 40,9-11 König-Messias-Elia-Messias ben Ephraim (David, Pinehas + Josua) Num 24,17ff. Kriegs-Messias-Herrscher Memra des Herrn-Eiia Dtn 30,4-9 König-Messias Memra des Herrn-Asher (Eiia) Dtn 33 Mal4,4-5 Messias-Sohn Davids-Eiia
Im Vergleich mit anderen Studien über den Messias3 ist es auffällig, daß nicht immer dieselben Schriften behandelt werden. Dies liegt zu einem Teil daran, daß vor dem Jahre 1947 die Qumran-Schriften noch nicht bekannt Volz, Eschatologie, vor allem 11-62; 174-201; Russell, D.S., Method and Message of Jewish Apocalyptic 200 BC- AD 100, London 1964, vor allem 295ff. und 304ff.; Schürer, History II, 487ff.; 514ff.; 550ff.; ThWNT IX, 482ff.; Charlesworth, •Concept•, 188ff. und Neusner, ]udaisms. Vgl. auch mein Kapitell. 3
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
297
waren; dies gilt aber auch für einige der pseudepigraphischen Schriften. Zum anderen Teil wird mit unterschiedlichen Definitionen gearbeitet, einmal mit Begriffen allgemein-eschatologischer und ein andermal mit Begriffen messianischer Erwartungen oder auch einmal mit dem technischen Begriff »Gesalbter« als Ausgangspunkt. Natürlich werden dabei auch unterschiedliche Methoden verwandt, und die Fragestellung wird von dem Kontext der Untersucher bestimmt. Wir finden viele verschiedene Methoden, seien es chronologische und historische, literarische und systematische oder mythologische, deskriptive, sozial-historische und hermeneutische. Eine bestimmte Tendenz in den letzten Jahren läßt sich darin erkennen, daß auf eine Vollständigkeit hinsichtlich der zu untersuchenden Schriften sowie auf eine Differenzierung in bezugauf die Begriffe »Messias« und »messianisch« gezielt wird. Dabei wird grundsätzlich von verschiedenen Messias-Konzepten ausgegangen, und methodische oder erklärende Fragen werden intensiver als früher behandelt.
4. Messianische Auslegungen In der folgenden Tabelle werden die wichtigsten Bibelstellen, die eine »messianische« Auslegung in den Schriften vom 3. Jh. v. d. Z. bis zum 2. Jh.n. d. Z. erhielten, aufgelistet.
Zitat/Paraphrase
Stelle
Messias-Konzept Gott-Richter Gabriei-Uriel: Beschützer Gerechter Davidischer König Erwählter-Richter Gnosis Kriegs-Messias Kriegs-Messias Moses-Kriegs-Messias-Memra des Herrn Mittler des Neuen Bundes König-Messias-EliaMessias ben Ephraim
Gen
2,2 2,7 14,18-20 15,9-11
•
49,10 49,10-12
Barn ApcEI 39,7-15 Ps 110,2.4-7 ApcAbr ApcAd 4QPatr 1-5 TgGen 49,10-12
Ex
12,42
TgEx 12,42
19,5--6 40,9-11
Heb 8,1-13 TgEx 40,9-11
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
298 Zitat/Paraphrase
•
12,7 24,8-9.17 24,17
Dm
24,17-19 24,17ff. 5,28-29
•
18,18
Num
30,4-9 33
Stelle
Messias-Konzept
Heb 3,1-6 1QSb 2,22-5,29 TestLevi 18,2-9 CD 7,14-21
Christus über Moses König Priester-König Erforscher der ToraFürst Philo Mos § 290 Kriegs-Messias wie Moses Praem § 95 Gott-Ciaudius jos Bell VI§§ 310f. Vespasianus Testjud 24 König 1QM 11,6-7 TgNum 24,17ff. Kriegs-Messias-Herrscher 4QTest Prophet-Gesalbter aus Aaron und Israel jesus Joh 1,45 Samaritaner Taheb-Prophet wie Moses TgDm 30,4-9 Memra des Herrn-Eiia Kriegs-Messias-Memra des TgDm 33 Herrn-Eiia 4QTest Prophet-Gesalbter aus AarOl und Israel
•
33,8-11
jdc
21,16-25
AntBibl48
Pinehas-Eiia
1 Sam
1,1f. 16-17
AntBibl51 Dan 1-2
Samuel
2 Sam
7,13
•
7,11-14 7,12-16
Ps 18,51 Ps 105,15 4QFior just Dial 68
Gerechter Davidischer Kön~ Gerechter Davidischer Kön~ Davidischer König Messias-MenschensohnChristus
1 Kön
17,1
AntBibl48
Pinehas-Eiia
2Kön
2,11
AntBibl48
Pinehas-Eiia
• jes
2,2-4 7,14 11,1 11,1-5 11,1-12
ApcBar 70,10 Just Dial 110 Testjud 24 4Qpjes 11-21 Sib 111,767-808
Kriegs-Messias-Richter Salomon-Hiskia König König-Kriegs-Messias Friedenskönig
• •
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses Zitat/Paraphrase
Stelle
..
Hen(äth) 49,1-4
11,2-3
Messias-Konzept
63,1-6
Erwählter-HimmlischerRichter 1QSb 2,22-5,29 König ApcBar 70,10 Kriegs-Messias-Richter Apc 19,11-16 Wort Gottes-Herrscher Röm 15,12 Christus Apc 22,12-17 Richter Hen(äth) 54,1-69,12Mt 24,30-31 Menschensohn König-Priester 1 Petr 2,9-10 1QM 11,11 Gott 1 Petr 2,9-10 König-Priester Gesalbter-Himmlischer Hen(äth) 48,2-7 Richter AntBibl51 Samuel AntBibl51 Samuel Jos Ant XVII§ 41f. Jesus? Mk 11,1-19 par. Herr-Sohn Davids-König Uesus) TgGen 49,10-12 Kriegs-Messias
Jer
7,11
Lk 19,29-40
..
23,5 33,15 53,7
Ps 132 Testjud 24 joh 1,45 Testjud 24 Apc 5,6-14
Ez
1,6-11 9,4
ApcAbr CD 19,1-20,1
..
32,23 34,23
Apc 5,6-14 joh 1,45
Erwählter-Richter Gesalbter aus Aaron und Israel Christus Christus
Joel
4,13
Apc 14,14-16
Menschensohn-Richter
Am
5,26
CD 7,14-21
.
9,11
CD 7,14-21
Erforscher der ToraFürst Erforscher der ToraFürst Davidischer König
11,2.4-5 11,4 11,4f. 11,10 24,17-23 26,18 28,16 31,8 43,21 48,4-6 49,6 54 56,1-5? 56,7
..
4QFlor
299
Herr-Sohn Davids-König Uesus) Gerechter Davidischer König König Christus König Christus
300
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
Zitat/Paraphrase
Stelle
Messias-Konzept
.. Mi
4,1-7
Just Dial 68; 110
5,1.3
Mt 1,1
5,7
ApcEsr 11,1-12,3
Menschensohn-MessiasChristus König-GesalbterSohn Davids Löwe-Messias-Richter
• Hag
2,23
Sir 49,11-13
Serubbabel-JosuaNehemia
Sach
13,7
CD 19,1-20,1
Gesalbter aus Aaron und Israel
Mal
4,4-5
mSota 9,14-15
Messias-Sohn DavidsElia
• Dan
2 7? 7 7,9f. 7,9.13
Apc 1,12-20 Jos Ant XII S 322 Apc 1,12-20 ApcPl Hen(äth) 46,3-5
Menschensohn-Richter
7,13
Hen(äth)h 53,3
..
Mk 13,5-27 Mk 14,61f. Lk 21,27.36 Mt 24,30-31 Apc 14,14-16 Sib III,414-443
7,9-14
Did 16,1-18 ApcEsr 11,1-12,3
7,4.7.17 8 10
ApcBar 35,1-46,6 Apc 1,12-20 Apc 1,12-20
• Ps
2,7
Heb 19,11-16
.
2,9
Apc 19,11-16
Menschensohn-Richter Erwählter-MenschensohnHimmlischer Richter Erwählter-Himmlischer Richter Menschensohn Menschensohn-Sohn GonesSohn Davids-Gesalbter Menschensohn Menschensohn Menschensohn-Richter Mann vom Himmel-KriegsMesssias-Richter Menschensohn Menschensohn-KriegsMessias-Richter Kriegs-Messias-Richter Menschensohn-Richter Menschensohn-Richter Hohepriester-Sohn GonesHerrscher-Christus Wort Gones-HerrscherRichter-Christus
Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
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Zitat/Paraphrase
Stelle
Messias-Konzept
..
8,3
Mt 21,1ff.
23,1-2 24;72 69,3
Apc 7,4-17 just Dial 110 ApcEsr 13,2-13
90,4 97,7
2 Petr 3,10 Heb 1,5-14
110,1
Heb 1,5-14
Herr-Sohn Davids-König (Jesus) Lamm-Christus Salomon-Hiskia Menschensohn-KriegsMessias-Richter Prophet-Christus Hohepriester-Sohn GottesHerrscher-Christus Hohepriester-Sohn GottesHerrscher-Christus Herr-Sohn Davids-König (Jesus) König-Priester-Christus Herr-Sohn Davids-König (Jesus)
Mk 12,35-37 par.
117,22 118,25-26
1 Petr 2,9-10 Mk 11,1-19 par.
Bei einem Vergleich zwischen dieser Tabelle und der im ersten Kapitel aufgestellten Tabelle fallen sofort die großen Unterschiede auf. Nur die mit »"' « markierten Stellen stehen in beiden Tabellen. Die Tabelle in Exkurs A basiert sowohl auf dem Begriff »Messias« in der hebräischen Bibel als auch auf der Rezeptionsgeschichte der messianischen Auslegung biblischer Stellen inder-hauptsächlich christlichen und späteren -Tradition. Verglichen mit der hier aufgeführten Tabelle ist zu schließen, daß die messianische Auslegung biblischer Stellen in der hellenistisch-römischen Zeit substantiell von der der späteren Jahrhunderte abweicht. Eine zweite Beobachtung besteht darin, daß nur ganz wenige biblische Stellen in den untersuchten Schriften mehr als einmal ausgelegt werden, nämlich Gen 49,10 (2 x), Num 24,17 (4 x), Dtn 33 (2 x), 2 Sam 7,13 (3 x), Jes tt,lff. (8 x), Am 9,11 (2 x) und Dan 7,13 (11 x). Des weiteren werden Verse von fast allen biblischen Bücher messianisch ausgelegt, mit Ausnahme von Leviticus, einigen Büchern der Kleinen Propheten und der Weisheitsliteratur, Bücher, von denen einige in der hellenistisch-römischen Zeit noch nicht kanonisiert waren. Diejenigen Bibelverse, die mehr als einmal ausgelegt werden, bringen jedoch nicht eine einheitliche oder gar bestimmte messianische Idee hervor. Am häufigsten werden Jes ll,lff. und Dan 7,13 zitiert und ausgelegt, Stellen, die jedoch sehr unterschiedliche eschatologische Schemata bieten.
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Zur Hermeneutik des Messiasverständnisses
Die dritte und wichtigste Beobachtung ist, daß dieselben Bibelverse meist unterschiedlich ausgelegt werden. Gen 49,10-12 zum Beispiel kann auf einen Kriegs-Messias oder einen Lehrer der Tora bezogen werden. Num 24,17 wird mit der Erwartung eines Königs, eines Priester-Königs, eines Fürsten, eines Lehrers der Tora, eines Kriegs-Messias wie Moses, mit Gott, Claudius oder Vespasian verbunden. Ähnliches ist bei Dtn 33,2 Sam 7,13, jes 11,1ff., Am 9,11 und Dan 7,13 der Fall. Auf den Punkt gebracht heißt dies, daß keiner der biblischen Verse zu einer bestimmten und derselben messianischen Auslegung führt. Keine der sogenannten messianischen Bibelverse hat eine messianische Bedeutung an sich; die verschiedensten Verse werden verwendet als »Inspirator« von Messias-Konzeptionen, die jedoch irgend wo anders ihren Ursprung haben. Sogar die Ausnahmen, die häufig eine messianische Auslegung nach sich ziehen (Num 24,17, jes tt,lff. und Dan 7,13), bestätigen diese Beobachtung.
5. Unbeantwortete Fragen Nicht alle Fragen konnten in dieser Untersuchung beantwortet werden. Andere Probleme sind bewußt ungeklärt geblieben. Ungeklärt blieb zum Beispiel das Problem der sogenannten »Parallelen«. Ich habe darauf verzichtet, Parallelen zu ziehen\ weil nur so deutlich werden konnte, daß die behandelten Texte grundsätzlich nicht miteinander verwandt sind und daß Querverbindungen zwischen den verschiedenen Messias-Konzeptionen historisch nur schwer nachweisbar sind. Damit wird das skizzierte Bild eines fortlaufenden Konzeptualisierungsprozesses um einiges relativiert. Ungeklärt blieb auch, ob die Ergebnisse unser Geschichtsverständnis der Antike beeinflussen könnten, d.h. ob mit den Datierungsversuchen der Messias-Vorstellungen und ihrer Entwicklung auch Argumente geliefert werden konnten, um bestimmte Schriften in bestimmte Zeiten zu datieren; dies gilt vor allem für die Qumran-Schriften, die Testamente der XII Patriarchen und die rabbinische Literatut. Unbeantwortet blieben die folgenden Fragen: die Frage nach dem Sitz im Leben - als logische Konsequenz der historisch-kritischen Methode ging oft ins Leere, da es nur wenige sozialwissenschaftliche Untersuchungen gibt. Allerdings mit Ausnahme von PsSal 17-18 und CD 7, sowie Philo, Praem und lQM 11. 4
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Unbeantwortet blieb auch die Frage nach der weiteren traditionsgeschichtlichen Entwicklung der Messias-Vorstellungen am Ende des 2. Jh.n. d. Z. und danach. Es konnte nur vermutet werden, daß sich die messianischen Erwartungen im Christentum, in der Gnosis, in der Apokalyptik und im rabbinischen Judentum erheblich geändert haben, da auch die historischen Umstände sich erheblich gewandelt haben. Dabei muß allerdings darauf hingewiesen werden, daß die hier verwendete Definition, Methode und das Erklärungsmodell nicht unbedingt für die Zeit nach der hellenistisch-römischen Periode verwendbar sind. Wenn ein lnternalisierungsprozeß der messianischen Erwartungen stattgefunden hat, muß man verstärkt auf Faktoren innerhalb einer religiösen Gemeinschaft achten und weniger, oder jedenfalls indirekter, auf die politischen Umstände. In diesem Kontext fällt es schwer, von einer fortlaufenden messianischen Idee im Judentum zu sprechen, obwohl ein politisch geprägtes Messias-Verständnis im Judentum manchmal eine bestimmende Rolle gespielt hat.
6. These Die gestellte Frage nach der Entwicklung der Messias-Vorstellungen in ihrem historischen Kontext ist auf zweierlei Weise zu beantworten. Es ist erstens von den messianischen Erwartungen in den untersuchten Schriften die Rede. Hierin liegt das subjektive Moment des Erwarteten und der Erwartenden, d.h. derjenigen, die ihre Hoffnung auf einen Messias aussprechen und bestimmte Messias-Konzepte formulieren. Da ist jedoch zweitens auch der Fragesteller selbst, der gerade auf das dynamische Verhältnis zwischen Text und Geschichte achtet. Meine eigene Fragestellung beschäftigt sich spezifisch mit dem Konzeptualisierungsprozeß bestimmter messianischer Traditionen. Dabei wurde zwar von einer vielseitigen Methode ausgegangen, die historisch-kritische und die traditionsgeschichtliche Methode dominierten bei der Untersuchung. Die fünf untersuchten Elemente der jeweiligen Texte, des biblischen oder traditionellen Materials, die Hermeneutik des Autors und der soziale, religiöse und politische Kontext der Schriften waren nicht in allen untersuchten Stellen leicht erkennbar; in einigen Passagen mußten Fragen offen bleiben. Was die Erklärung der messianischen Erwartungen von den Makkabäern bis Bar Koziba betrifft, war auch vor und nach dieser Periode oft
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folgendes zu beobachten: Meistens wurde von biblischem oder traditionellem Material ausgegangen. Die Konzepte oder Traditionen wurden aus der Situation des Autors übernommen, bearbeitet und umgedeutet. Bei diesem Umdeutungsvorgang, den ich als Konzeptualisierungsprozeß bezeichnete, spielten historische Faktoren eine bestimmende Rolle. Dieser Zusammenhang zwischen messianischen Erwartungen und historischem Kontext wurde von den Quellen selbst nahegelegt. Das Konzept eines Endzeitbefreiers selbst impliziert bereits ein historisches Bewußtsein, das sich in den Quellen manifestiert, weil der Befreier immer »am Ende der Geschichte« auftritt. So wird die Geschichte oft periodisiert, strukturiert und eschatologisch verstanden. Auch dadurch ist es zu verstehen, daß das historische Bewußtsein und nicht das biblische Material die bestimmende Rolle im Umdeutungsprozeß spielte. Ein deutliches Argument dafür ist, daß zum Beispiel Num 24,17 auf verschiedene Weise ausgelegt wird. Die Verschiedenheit der MessiasKonzeptionen ließ sich meist aus den verschiedenen historischen Situationen sowie aus dem »Sitz im Leben« der Schriften erklären. Bestimmte Zeiten brachten ganz bestimmte messianische Erwartungen hervor. Dabei gab es in dieser Unterschiedlichkeit auch viele Konstanten, die nicht aus der Verschiedenheit der Schriften erklärbar waren. Diese Konstanten erklärten wir aus der Analogie zwischen den messianischen Erwartungen und den bestehenden Machtverhältnissen, die meist religiös-politisch geprägt waren. Es schien, als ob die messianischen Erwartungen konservierend oder kritisch-polemisierend, aber immer in Analogie zu den Machtverhältnissen konzipiert wurden. Nur so ist es erklärbar, daß bestimmte Messias-Konzepte zu ganz bestimmten Zeiten vorkamen. Zwar ist es so, daß der Begriff der Messias-Gestalt in der biblischen Tradition liegt und daß die Anfänge der messianisch-eschatologischen Erwartungen einerseits mit der Apokalyptik zusammenhängen und andererseits von dem Sitz im Leben der jeweiligen Schriften initiiert werden, der hermeneutische »Ursprung<< des Konzeptualisierungsprozesses der jeweils spezifischen Messias-Vorstellungen liegt jedoch in der (bewußt?) vorgenommenen Analogie zu den bestehenden Machtverhältnissen, denen oft (aber nicht immer) ein jüdischer Endzeitbefreier entgegengestellt wird. Gerade weil es sich hier um einen historischen Prozeß handelt, ist es erklärbar, daß die Messias-Konzeptionen immer wieder neu und anders konzipiert werden konnten und daß bestimmte Konzepte nur in bestimmten Zeiten vorkamen. Daß dabei die Tradition, die Hermeneutik sowie die Sozialgeschichte, die religiöse und die politische Geschichte- als verschiedene Aspekte, die diesen Prozeß beeinflußten - voneinander getrennt wurden, ist dem methodischen Vorgehen zuzuschreiben. Das dynamische
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Verhältnis zwischen Text und Geschichte besagt ja eigentlich, daß diese Aspekte nie voneinander zu trennen sind. So ist der beschriebene Konzeptualisierungsprozeß ein historischer, doch die Methode ist einem Vorverständnis zuzurechnen 5• Zusammenfassend ergibt sich die folgende These: von einer messianischen ))Idee« im Judentum kann nicht die Rede sein, noch von einem ideengeschichtlichen Verlauf der messianischen Erwartungen. Wir können zwar die historischen Realisierungen einer ))messianischen Idee« im Judentum lokalisieren, aber nicht die Idee selbst. Die Ergebnisse lassen des weiteren eine zu starke Systematisierung der eschatologischen und messianischen Erwartungen nicht zu. Die messianischen Erwartungen sowie die Messias-Konzepte der verschiedenen Strömungen im Judentum der Antike weisen vielmehr auf ein politisches Engagement und ))Selbstverständnis« hin und entwickeln sich in einem dynamischen Verhältnis zwischen Text und Geschichte. Dieses Verhältnis besteht in einem Konzeptualisierungsprozeß, in dem Text- und Geschichtsverständnis sich begegnen. Der biblische Text und die sozial-religiöse Geschichte sind diesem Prozeß untergeordnet, aber diejenigen, die in späteren Jahrhunderten diesen Prozeß weiterführten, haben Traditionen geschaffen.
Als abstrahiertes Erklärungsmodell ist die in Kapitel I genannte, vierte Lösung zu bevorzugen: ·A· und »B« entstammen demselben Kontext, haben aber keine direkte Beziehung zu einander. 5
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Aberbach, M. 261 Aland, B. 136 Aland, K. 136, 137, 167, 170 Albeck, C. 38, 273, 274 Alexander, P.S. 31 Allegro, J.M. 86, 87, 90, 113 Amusin, J.D. 114 Arnaldez, R. 8 Attridge, H.W. 122, 123, 124, 125,127, 128,252 Aune, D.E. 153, 201 Avigad, N. 197, 227 Baarda, Tj. 151 Bacher, W. 3 8 Baeck, L. 136 Baillet, M. 86, 108 Baras, Z. 281 Bardtke, H. 45, 268 Barraclough, R. 116, 120 Barthelmey, D. 86 Bauer, W. 136, 250, 251, 252 Baumbach, G. 123 Beale, G.K. 202,203,217,218 Becker, H.-J. 166, 178, 179 Becker,J. 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 208,209,210,211 Bellinzoni, A.J. 23 7 Benoit, P. 197, 227, 228 Bensly, R.L. 215 Berger, K. 138, 139, 149, 163 Bernhardt, K.-H. 268, 272 Bertram, G. 45 Betz, 0. 111, 122 Bewer, J.A. 42, 43 Bickerman 7 5 Bietenhard, H. 225, 273, 274 Billerbeck, H. 225, 273, 274 Black, M. 37, 38, 57, 67, 68, 69, 87,
129, 130, 133, 134, 136, 139, 146, 148, 157 Blenkinsopp, J. 122 Böhlig, A. 246 Bogaert, P. 219, 220 Bokser, B.M. 277 Bonwetsch, G.N. 211 Borgen,P. 115,116,117,118,119,120, 122 Botterweck, G.J. 24 Bousset, W. 26,253, 257, 280, 281 Bowman, J. 245 Brandenburger, E. 160, 164 Brierre-Narbonne, J.-J. 260 Briggs, Ch.A. 48, 49 Brooke, G.J. 87, 111 Brown, R.E. 87 Bühl, W.L. 17 Bultmann, R. 155, 159 Burchard, C. 7 5 Campenhausen, H. von 139, 149, 234 Cancik, H. 159 Caquot, A. 52, 87, 108 Carmignac, J. 111 Charles, R.H. 8, 58, 75, 100, 101, 129, 219 Charlesworth, J.H. 8, 25, 27, 86, 115, 129, 137, 146, 148, 250, 251, 277, 296 Chester, A. 149, 156 Cohen, S.j.D. 20, 37, 38, 196 Cohn, L. 116 Collins, A.Y. 20, 201,238 Collins, J.J. 19, 39, 59, 63, 75, 82, 83, 84, 129, 130, 136, 213, 214, 215, 219,220,225,226,227 Colpe, C. 25, 57, 61, 71, 139, 149, 153, 163,245
Autorenverzeichnis Colson, F.H. 116 Comstock, S.T. 252 Conrad, J. 111 Cooke, G.A. 42 Cross, F.M.Jr. 111 Cullmann, 0. 138 Daube, D. 259 Davies, P.R. 110 Davies, W.D. 148 Deaut, R. le 260, 261, 264-267 Deichgräber, R. 87 Dekor, M. 87, 108 Dekor, N. 245 Delling, G. 122 Dexinger, F. 245 Dietzfelbinger, C. 186 Diez Macho, A. 260 DiLella, A.A. 50, 56 Dimant, D. 87, 88, 89, 91, 92, 95, 97, 98 108, 110-115 Dodd, C.H. 138 Duensing, H. 240, 249 Duff, P.B. 177 Dulling, D.C. 147 Dunn, j.D.G. 231 Dupont-Sommer, A. 75, 86 Ebertz, M.N. 137, 138, 140 Edwards, R.A. 137, 138, 140 Eiliger, K. 43, 48, 56 Ernst, J. 140 Etheridge, J.W. 260 Farmer, W. 103 Feder, A.L. 236 Feldman, J. 124 Figl,J. 17 Finkelstein, L. 2 78 Fischer, U. 116, 117, 119, 122, 125 Fitzmyer, j.A. 87 Fleming, J. 240 Flusser, D. 59, 61, 104, 139, 146, 148, 182, 238 Franklyn, P.N. 104, 105, 106 Frerichs, E. 27 Friedrich, G. 25 Fuchs, H. 225 Gabrion, H. 111 Gafni, I.M. 196, 258
331
Gaston, L. 164 Geffcken, J. 82, 85,222 Gesenius, W. 24 Ginsburger, M. 260 Ginzberg, L. 86, 87, 88, 99 Goldberg, A. 16,21 Goldenberg, R. 275 Goldschmidt, L. 2 79 Goldstein, j.A. 74 Goodenough, E.R. 110, 116, 119, 120 Goppelt, L. 139, 156 Grass, H. 151 Green, W.S. 16, 27, 259 Greenfield, j.C. 228 Greer, R.A. 234 Gressmann, H. 26 Grözinger, K.E. 87 Gruenwald, I. 39, 197, 212 Grundmann, W. 25 Gundry, R.H. 166 Gunther, j.j. 155 Haase, W. 8 Haeuser, P. 159 Hagner, D.A. 146 Hammer, R. 2 79 Hanson, J.S. 20, 103, 124 Harnisch, W. 19, 197,215,217,219 Harper, W.R. 42 Harrelson 75 Harrington, D.J. 183, 184, 186 Harris, R.j. 250 Hartmann, L. 19, 56, 57, 59, 61, 62, 63,64, 135,138,150,163,164,166, 167, 170,219 Heckel, U. 149, 154 Hedrick, C.W. 247, 248, 250 Helderman, j. 246 Hellholm, D. 19, 39, 57, 59, 119, 165, 197,201,215,222,225 Hengel, M. 20, 38, 42, 50, 51, 53, 55, 56,57,58,59,61,63,68,69,83,87, 103, 110, 117, 119, 123, 124, 125, 128, 138, 149, 154, 157, 159, 165, 180, 184, 195, 196, 222, 225, 226, 227,257,286 Hennecke, E. 140, 197, 233, 234, 238, 240,242,243,244,249,250
332
Autorenverzeichnis
Henry, C.RH. 146 Hesse, H. 25, 27, 33, 42, 48, 49 Heyer; C.J. den 28 Higgins, A.j.B. 87, 237, 238 Hilgenfeld, A. 3 9 Himmelfarb, M. 238 Höffken, P. 56 Hoffmann, P. 138, 140 Hollander; H.W. 74, 77, 78, 79, 80, 81 Holm-Nielsen, S. 104, 105 Horsley, P.A. 20, 103, 124 Hühn, E. 26, 48 Hultgärd, A. 74, 75, 76, 78, 80, 100, 208, 209, 210, 211 Hurwitz, S. 260 Irmscher; J. 243, 244 Isaac, B. 196 Isaac, E. 67, 129 james, M.R. 183 jansen, H.L. 104 jastrow, M. 273 jellinek, A. 253 jeremias, j. 139 jervell, j. 74, 75 jonge,M.de 51, 74, 75, 76, 77, 78,81, 82,87, 104,105,146,148 juel, D. 136, 171, 200 Jüngel, E. 17 Kaestli, J.-D. 169, 170 Karrer; M. 137, 164, 172 Kautzsch 75 Kearns, R. 71, 86, 227 Kee, H.C. 74, 75 Kee, j.H. 137 Keulers, J. 215 Kippenberg, H.G. 21, 72, 102, 194,231, 232,281 Kisch, G. 183 Kittel, G. 25 Klausner; J. 26, 136, 282 Klein, M.L. 260 Klijn, A.RJ. 138, 159, 167, 219, 220, 222 Knibb, M.A. 129 Koch, D.-A. 151 Koch, K. 19, 39, 58 König, E. 26
Köster; H. 136,139, 140, 148, 149, 150, 171,198,199,200,206,207 Kraft, R.A. 18, 20, 37, 38, 53,59, 75, 88, 115, 125 Kraus, H.-J. 19, 48, 49 Krause, M. 19 Kreitzer, L.J. 151, 152 Kümmel, W.G. 8 Kugel, J.L. 234 Kuhn, H.-W. 87 Kuhn, K.G. 87 Lachs, S.T. 18, 19 Lake,K. 159,234,235,236 Lambrecht, j. 138 Landman, A. 261, 264, 266, 269, 271 Laperrousaz, E.-M. 87, 88, 98 Lauenstein, D. 138 Lauterbach, J .z. 2 78 Lebram,j.-C. 56, 57, 63,215 Leivestadt, R. 138 Lenhardt, P. 16, 30 Lerner, M.B. 258 Levey, S.H. 260, 261, 262, 267, 269, 271,281 Uvi, I. 50 Levy, M.A. 244 Lewis, N. 228 Lichtenberger; H. 8, 154,231, 243 Liddell, H.G. 54 Lieberman, S. 259 Liver, J. 87 Lohse, E. 86, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 96, 108, 111, 112 Lührmann, D. 138, 140 Lust, J. 44, 45, 46, 47 Luttikhuizen, G.P. 243, 244 Mack, B.L. 25, 51, 53, 115, 118, 140, 157, 165 MacKenzie, R.A.R 51, 55 MacRae, G. 137 MacRae, G.W. 233,246,247, 248 Maier, j. 86, 146 Martin, R.P. 146 Martinez, R Garcia 87 Maurer, C. 240, 242 Mayer, G. 116 Mayer, R. 122
Autorenverzeichnis Mearns, C.L. 129 Meeks, W.A. 245 Mendels, D. 25 Merket, H. 151 Messel, N. 129 Metzger, B.M. 215, 216 Michel, 0. 122 Middendorp, Th. 51 Mielziener, M. 259 Miliar, F. 27, 38 Miller, R.J. 138 Milik, J.T. 67, 86, 129, 197 Mitchell, H.G. 43, 44 Möller, C. 122 Moore, A.L. 149 Mowinckel, S. 26, 33, 42, 48 Müller, H.-P. 27 Müller, K. 57, 62, 64, 66 Müller, U.B. 19,203,207,217,218 Murdock. W.R. 233, 248 Murphy, F.J. 183,219 Murphy, R.E. 53, 115, 118 Murphy-O'Connor, J. 88, 95, 98 Nebe, G. 170 Neirynck, F. 139, 147 Nestle, E. 136, 137 Neusner, J. 16, 18, 20, 25, 27, 63, 69, 137, 197, 259, 277, 278, 279, 280, 281,282,296 Newson, C. 94 Nickelsburg, G.W.E. 18, 20, 37, 38, 53, 57,58,59,69,75,88,115,125,130, 135, 183, 184, 185, 195, 196, 197 Nikiprowetzky, V. 82, 85 Noth, M. 19, 57 Oegema, G.S. 16, 61, 151, 196, 211, 215,221,229,257,270,279 Oesterley, W.O.E. 139 Osten-Sacken, P. v.d. 16, 30 Otto, J.K.Th. 236 Parrott, D.M. 248, 249 Patte, D. 21, 94, 96, 109, 111 Pearson, B.A. 246 Pesch, R. 57 Petersen, W.L. 151 Petuchowski, M. 277 Philonenko, M. 75, 211,212,213
333
Philonenko-Sayar, B. 211 Pietersma, A. 252 Pines, S. 182 Porton, G. 259 Porton, G.G. 196 Rabin, Ch. 86 Rahlfs, A. 45, 50, 54, 104 Rehm, M. 49 Reiser, M. 49 Rengstorf, K.-H. 75 Rhoads, D.M. 184 Ricoeur, P. 17 Ringgren, H. 24, 27, 49 Roberts, J. 25 Robinson,J.M. 233,246,248,249,250 Robinson, S.E. 252 Rowland, C. 197, 201, 202, 205,206 Rosenstiehl, J.-M. 252, 255 Rosenthal, F. 196, 215 Rowley, H.H. 39 Rubinkiewicz, R. 211, 212, 213 Rudolph, K. 233, 246, 247, 248 Rudolph, W. 43,44,48,56 Rüger, H.P. 50 Russell, D.S. 296 Safrai, S. 258, 259 Saldarini, A.J. 20, 195, 197, 277 Sanders, E.P. 19, 21, 37, 59, 149 Sandmel, S. 157 Sato, M. 139, 140, 141, 142, 143, 14 Sauer, G. 51, 52, 55 Saylor, G.B. 219, 220 Schade, H.-H. 149 Schäfer, P. 16, 17, 18, 24, 25, 30, 196, 215, 222, 228, 229, 242, 257, 279, 280,281,282,283 Schechter, S. 50, 54, 86, 95, 278 Schiffman, L.H. 87 Schlesinger, S. 2 77 Schmidt, J.M. 39, 58 Schnackenburg, R. 57 Schneemelcher, W. 197, 233 Schoedel, W.R. 249 Scholem, G. 27, 282 Schottroff, L. 20, 165, 171 Schrage, W. 252,253,254,255,256 Schreiner,). 215,217,28
334
Auto;:enverzeichnis
Schubert, K. 75, 87, 88, 112 Schüpphaus, J. 104, 105, 106 Schürer, E. 37, 38, 39, 51, 56, 57, 65, 81, 87, 88, 98, 99, 100, 104, 107, 114, 121, 136, 195, 196, 199, 228, 281,296 Schüssler Fiorenza, E. 197, 201,207 Schwab, M. 279 Schwanz, D.R. 123 Schwarz, O.j.R. 96 Schwemer, A.M. 117 Schwertner, S. 8 Scott, K. 206 Scott, R. 54 Segal, A.F. 264, 273 Seybold, K. 25 Sierksma, F. 2 7 Sjöberg, E. 129 Skarsaune, 0. 236 Smallwood, E.M. 120, 121 Smith, J.M.P. 42, 43 Smith, M. 14 7 Smolar, L. 261 Sperber, A. 260 Stadelmann, H. 51 Starcky, J. 87, 89, 92, 98, 108 Stegemann, H. 19, 91 Stendhal, K. 138, 166 Stern, M. 196 Stone, M.E. 39, 74, 135,215,219,252 Strack, H.L. 16, 18, 38 Strauss, H. 27, 48 Strickert, F.M. 87, 8, 95, 97, 98 Stroumsa, G.A.G. 246 Strugnell, J. 252 Suter, D.W. 135 Syren, R. 261,263, 267,269,270,271, 272 Taylor, F. 50
Teeple, H.M. 245 Temporini, H. 8 Thackeray, H.St.J. 122, 125, 127 Theisohn, J. 129, 130, 131 Thomas, J. 7 5 Thompson, L. 201, 205, 206 Travers, M. 94 Tröger, K.-W. 246 Ullmann, W. 246 Umemoto, N. 117 Vaillant, A. 129 Vanderkam, J.C. 58 Vaux, R. de 197 Vermes, G. 21, 37, 38, 86, 116, 136, 217,259 Verseput, D. 166, 168 Vielhauer, D. 136, 140, 197, 199, :wo Violet, 8. 215, 216, 217, 218, 219, 220, 221 Vögtle, A. 57 Vogler, W. 146 Volz, P. 21, 26, 116 Wacholder, 8.Z. 87 Wagner, S. 45, 111 Ward, W.H. 42 Wendland, P. 116 Wevers, G.A. 281 Winter, P. 125 Wintermute, O.S. 252, 253, 254, 257 Witherington, 8. 145 Wolff, H.W. 42 Woude, A.S. v.d. 43, 44, 45, 87, 90, 92, 93,108,109,112 Wright, R.8. 104, 106 Wünsche, A. 253 Würthwein, E. 45 Yadin, Y. 50, 228 Yavetz, Z. 122 Ziegler, j. 50
Stellenregister Hebräische Bibel
40,9-11 296, 297
Genesis
Leviticus
2,2 236, 295, 297 2,7 296,297 2,9 256 3,15 34, 45 3,22-24 256,296 4,1 34 9,25-27 34 12,3 34, 117 14,18-20 36, 49,291, 297 15 296 15,5 212 15,9-11 212,295,297 15,17 212 17,6 250 22,17 212 27,29 217 40-41 61 49,9 94, 217 49,9-10 93,202 49,10 24, 45, 46, 94, 111,189,263,292, 293,297,301 49,10-12 262,296,297, 302
4,3 45 4,3.5.16 34 4,3.13.22.29 120 6,15 34 6,22-27 52 8,1-16 52 26 117, 118 26,6 118 26,7 118 28 117, 118
Exodus
7,14-11.10 214 12,42 265,267, 296,297 13,17-22 265 14 252 15,17 112 19,5-6 295, 297 19,6 198, 250 28,41 52 29,9ff. 52
28,1.7 118 Numeri
10,9 109 12,7 294, 298 23,24 217 24 97 24,7 110, 116, 117, 118, 121 24,7.17 34, 45, 47, 126, 127,226,285 24,8 94 24,8-9.17 292, 298 24,9 94 24,15-17 94 24,15-19 24 24,17 24, 29, 30, 46, 80, 95, 96, 97, 98, 186, 187, 188, 191,209, 226,228,292,293, 294,298,301,302 24,17-19 109,292,293, 298 24, 17ff. 296, 298 24,18 94
25 184 25,7.11 110 25,10-13 184 25,13 34 30,17 96 31 184 31,6 110 Deuteronomium
4,2 204 5,28-29 94, 298 7,21-22 109 10,8 52 16,3 273 18,15 34 18,18 34, 94, 245, 295, 296,298 18,18-19 94 20,2-5 109 26,5-9 51 28117,118 30,4-9 296, 298 32,15 279 32,45 155 33 296,298,301,302 33,8-11 34, 94, 298 33,29 44 ]osua
6,26 94 22,30ff. 184 24,1-13 51 ]udicum (Richter)
5,10 44 5,20 24 10,4 44 12,14 44
St~llenregister
336 21,16-25 294,298 21,16ff. 184, 185 21,25 185 25 184
10,1-10 146 17,1 294, 298 17,1ff. 185 19,10 154
1. Samuelbuch
2. Königbuch
1,1f. 294, 298 1,1ff. 185, 186 2,1ff. 185 2,10.28-29.35 34 2,10.35 45 2,10f. 186 12,3.5 34 16,6 34 16,10-12 262,296 16,23 61 16-17 59,60,63,64, 292,298 17,49 61 24,7.11 34 26,9.11.16.23 34
2,11 294, 298 2,11ff. 185 23,3 34 23,3ff. 221
2. Samuelbuch 1,14.16 34 1,21 45 5,2 166 7 104, 105 7,10-11 112 7,11-14 112,293,298 7,11-16 34 7,11f. 49 7,12-15 295 7,12-16 237,298 7,13 34,36,49,291,298, 301,302 7,14 112,113,189,200, 294 7,16 45, 46,292 19,22 34 19,27 44 22,51-23,7 34 1. Königbuch
2,27 34 5,19 34 10,1 143
]esaja
1,21-26 34 2,2 34,61 2,1-4 82 2,2-4 222, 295, 298 2,7-8 279 4,2 34 5,1ff. 223 6,2 254 7,11-17 34 7,14 45, 166, 237, 295, 298 7,17 96 8,5-10 34 8,11 113 8,14 198 8,23 166 8,23-9,6 34 9,1 166 9,5-6 44, 45, 46 9,6-11 133 10,12 134 10,9.27 34 10,20-34 113 11 82,85,131,191,217 11,1 134,202, 209, 294, 298 11,1ff. 301, 302 11,1-5 84,113,114,189, 227,231,285,293, 298 11,1-12 84, 85, 86, 292, 298 11,1-16 34 11,2 93
11,2-3 131, 134, 293, 299 11,2.4-5 292, 299 11,4 45, 94, 150, 295, 299 11,4f. 204, 295, 299 11,5 94 11,6-9 82 11,6ff. 84, 85 11,10 155,204,294,295, 299 11,10-12 84 11,33f. 133 13,1 46 13,2-14.23 35 13,10 163, 198 14,9 133 14,11 111 14,25.29-32 35 14,29-32 45 16,4-5 35 21,10111 22,5 111 24 191 24,17-23 135,293,299 24-27 35 25,4 111 25,8 202 26,3 111 26,18 294, 299 27,9 154 28 111 28,16 35,198,294,299 29,10 154 29,17-24 35 29,18 166 30,19-21 179 31,8 109,293,299 32,1-8.15-20 35,45 33,16 44 34,4 163, 198 34-35 35 35,5 166 37,35 105 38,13 217 40,3 160 40,13 154
337
Stellenregister
42 134 42,1-4 166, 167 42,6 131, 133 43,1 133 43,20 198 43,21 197,198,294,299 45,1 35, 83 45,2 133 45,8 44 48,4-6 293, 299 49 134 49,1 133 49,2 94,133 49,4 44 49,6 131, 133, 186,294, 299 49,7 133 50,6 111 50,7-8 44 51,4 186 52,13-53-12 35 53,4 166 53,7 202 53,9 202 53,11f. 44 54 294,299 55,3-5 35 56,1-5 293, 299 56,7 177,293,294,299 59,20 154 60,10 131,133 61 139 61,1-2 133, 169 62,1 44 63,1-6 262,263,296, 299 65,17-25 35 ]eremia
1,17 186 1,18 94 4,7 217 5,14 94 7,11 294, 299 9,24 134 12,8 217
17,25 35,45 21,7 170 23,5 44, 45, 49, 112, 133, 209, 291, 294, 295,299 23,5-8 35 30,6 133 30,8-9.18-21 35 30,9.21 45 31,15 166 31,31-34 35 31,33 154 33,14-26 35 33,15 112,209,294,299 33,15-16 45 37,6 133 49,19 217 53,7 295,299
Esra
3,8ff. 54 Nehemia
3,1-6ff. 54 8 55 9,7-37 51 1. Chronikbuch
11,2 166 16,22 34 29,11 202 2. Chronikbuch
6,42 34,49 34,30ff. 221 36,1 34
Ezechiel
1,6-11 212,295,299 1,15-28 212 4,4-6 35 8,3.5 212 9,4 97, 98, 292,299 16 51 17 42,230 17,3-9 223 17,22-24 35 17,23 45 20 51 21,30-32 35, 45, 46, 47, 292 22,25 294 23 51 29,21 49 32,9 170 32,23 202, 299 34,23 45,295,299 34,23-24 35 36,25-28 35 37,15-28 35,45 37,23 113 43,4 45 44-46 35 47,1-12 35
Hosea
1,6.9 197, 198 2,25 197, 198 3 42 3,4-5 35,45 6,6 167 8,10 45 10,1 223 11,1 166 ]oel
3,1-2 35 4,13 203,295,299 4,17ff. 263 Amos
4,11 133 4,13 35,45 5,18 35 5,26 112, 292,299 5,26 96, 187 5,26f. 96 6,2 35 9,8-15 35, 45 9,11 96, 97, 112, 113,
338 187, 189, 292, 293, 299,301,302
]ona 2,1 146 3,5 139, 142, 143
Micha 1,4 218 4 42 4,1-4 82 4,1-7 237, 295, 300 4,1-4.8 35, 45 5,1 166 5,1.3 45, 166,294, 300 5,1-5 35 5,7 217,295,300
Habakuk 2 292 2,15 89 3,13 35 3,13ff. 42
Zephan;a 3,13 202
Haggai 2,1-9.20-23 36 2,20-23 98 2,23 42,43,44,54,292, 300
Sachar;a 2,5-17 36 3,1-10 36 3,8 43, 49, 54, 291 4 44 4,14 42,43,44,291 4,1-14 36 4,3.11-14 257 4,7.9 43 4,11-14 45, 54, 98 6,9-15 36
Stellenregister
6,11 54 6,11-12 43 6,12 44,49 9,1-10 36 9,9 43,44,133,166,177 9,10 45 11,12-13 166 12,3 170 12,7-12 36 13,1 36 13,7 97, 98, 292, 300 14 176 14,5 234 14,9 177 14,16-21 82 14,21 177
Maleachi 2,7-8 294 3,1 169 3,1.23 36 3,23 257 4,4-5 277,296, 300
Hiob 5,13 149 19,25-27 36 22,29 294 41,3 154
Psalm(en) 1,1 113 2 48,82,291 2,2 113 2,2.6-9 36 2, 7 200, 294, 300 2,9 204,295, 300 8,3 134, 177, 294, 301 8,7 151 11,1 178 16,8-11 36 18 49,291 18,3.27-28 44 18,9 218 18,50 155 18,51 36, 49, 298
20 48,291 20,6-7 44 20,7 36 23,1-2 202,295,301 24 237,295,301 28 48,291 29,8 36 32,6 150 37 292 37,23f. 90 45 48,291 45,7 36,45 45,7-8 200 48 82 51 291 62,13 241 68,3 218, 230 68,19 149 69,3 295, 301 69,23-24 154 72 48,237,291,295,301 72,1-2.11-14 36,45 74,9-12 36 78 51 78,2 166 80,9-12 223 84 48,291 84,10 36 89 49,291 89,18-46 49 89,18-52 49 89,39.52 36 89,39-52 49 89,47-52 49 90,3 45 90,4 198, 294, 301 94,11 149 97,5 132 97,7 200,294 99,6 186 102,26-28 200 104,4 200 105 49,51 105,15 34,49,291,298 106 51 106,30 110 110 48,49,131,237
339
Stellenregister
110,1 146,151,160,200, 294,301 110,2-7 36, 45, 49,291, 297 117,1 155 117,22 294,301 118,22 198 118,25-26 293, 294, 301 118,26 177 132 48,49,291,299 132,9-18 36 132,10.17 49 132,17 45 Proverbia (Sprüche)
30,30 217 Canticum (Hohelied)
1,7 36 Threni (Klagelieder)
4,20 35, 45, 47 Da nie/
1,1-24 56 1,17-21 61 1-2 59, 60, 61, 63, 67, 70,298 2 58,61,62,63,79,203, 295,300 2,1-44 36 2,4-7,27 56, 62, 63 2,3 tf., 39f., 44f. 132 2,35 61, 62 2,44 62 2-7 65,66 7 61,62,63,66,70,71, 79, 152, 191,202, 203,216,218,223, 230,264,295,300 7,2-14 62 7,3 220 7,4-9 212 7,4.7.17 223,295,300 7,8 217
7,9 131, 133 7,9f. 296, 300 7,9ff. 249 7,9.13 300 7,9-14 217,295,300 7,10 62 7,13 36,45.57, 131,133, 134, 135, 146, 159, 160,163,203,218, 226,227,231,234, 238, 265, 293, 294, 295,300,301,302 7,13-14 61, 62, 63, 218, 230,285,295 7,14 72,218 7,26 62 7,26-27 62 7,27 62, 62, 63, 72 7-11 58 7-12 56 8 63,203,295,300 8,1-14 65 8,1-27 56 8,14 65 8,15-27 65 8,16 256 8-12 62,65,66,67, 70 9,1-19 65 9,20-23 65 9,21 256 9,24-27 36, 65 9,25 62, 66 9,25-26. 46 9,26 66 10 203,295,300 10,1-14 66 10,15-21 66 11,31 160, 163 11,31.39 57 11,32 113 11,36-39 63 12,1-3 66, 152 12,3 24 12,4-13 66 12,7 170 12,10 113 12,11 57, 160
Septuaginta ]esus Sirach
1,3-7 53 10,14 133 37,27--44,17 50 44,10-15 52 44,16 54 44-49 51. 54 45,15 52,53 45,15.23-26 52 46,1-12 52 46,13.19 52,53 46,13-20 52 46-51 50 47,11 52,53 47,22 52 48,1-14.17-25 52 48,10 53 48,11 53 49,1-3 52 49,8-10 52 49,11 53 49,11-13 53, 54, 292, 300 49,12-16 50 49,13 55 49,14-16 52, 54 50,1 55 50,1ff. 292 50,1-21 52,54 50,1-29b 50 50,24 55 51,1-30 50 1.Afakkabäerbuch
1 56 1,54.59 57 2,15-26.39-48 65 2,42 65, 71 4,46 99 6,55-62 65 13,42 81 14,25-49 81 14,41 81,99,245,292
340
Stellenregister
2. ~akkabäerbuch
De Plantatione
13,23-26 65
s61
Daniel
De Praemiis et Poenis
13-14 56
Philo De Abrahamo
s15 212 In Flaccum
s24 120 s 124 120 s132 120 Legatio ad Gaium
s75 120 ss 367f. 120 ss 368-372 121 s373 120 De Vita
~osis
I§§ 263-318 117 ISS 277ff. 117 ISS 285ff. 117 I S 288 177 I S 289 116, 117 I §S 289-291 116 I§ 290 110, 116, 117, 118, 120, 121, 122, 190,293,298 IS291 117 ISS 296ff. 117 ISS 306ff. 117 ISS 309ff. 110, 117, 121 ISS 334 117, 121 II SS 12~5 117 II S 44 119 II SS 66-186 117, 119 II SS 180ff. 19 II SS 187-192 117 II SS 309ff. 184
120
s79 118,121 ss 79-126 118 s 85 118 s 91 118 s 92 118 s 91-97 116 s 93 118,119 s 95 24, 110, 115, 117, 118, 121, 122, 188, 189, 190,293, 298, 302 97 118 127-151 118 162 118 163 118 S163ff. 119, 122 163-172 116, 118, 293 164-165 118 166-167 119 166-169 122 168 119 169 119 171 119 172 119 183 119 186 119
s ss s s ss ss ss ss s s s s s s
De Specialibus Legibus I S226 120
ISS 226ff. 119 I SS 230-233 116 I S 260 116
Josephus De Bello ]udaico
I S 10 128 ISS 10-11 123
ISS 86f. 114 ISS 271-285 114 n 44ff. 128 II SS 54-56. 114 II SS 55-56 124 II S 56 293 II SS 57-59 124, 293 II SS 60-65 124 II SS 394-396 123 n 430ff. 124 II SS 441 127 II SS 441ff. 127 llS442 127 II S 444 127 II S 448 127 II SS 45~53 127 m 350ff. 127, 128 m 352 128 III S 353 128 111 354 128 m 355ff. 128 m 361 128 m 371ff. 128 IV SS 5503-528 293 V SS 184-247 114 VI SS 300ff. 142 VI S 310 126 VI SS 310-315 125, 127 VI SS 310ff. 293, 298 VI S 312 126 VI S 313 126 VI S 314 126 VI S 315 126 VI SS 441f. 293 VII SS 216-218 196
ss
ss
ss s s ss s ss
XVII S 271 293 Antiquitates ]udaicae
I S 154 212 XII SS 268-271 65 XII SS 276-278 65 XII S 322 125, 293, 300 xn 379-383 65 XIIISS 171-173 100 XIII SS 324ff. 114 XIV SS 370-393 114
ss
341
Stellenregister
XV§§ 368-372 114 XV§§ 371-378 114 XV§§ 375-376 125 XV§§ 380-425 ll4 XV§§ 410-423 114 XVII§ 41 126 XVII §S 4tf. 293, 299 XVII §§ 41-45 127 XVII§ 42 126 XVII§ 43 126 XVII§ 44 126 XVIII §§ 265-284 114 XVIII §§ 63-64 124 XX§ 200 125 XX§§ 200-203
Pseudepigraphen, Testamente, usw. Liber Antiquitatum Biblicarum
3,9 184 3,9f. 184 3,10 184 16,3 184 16,13 184 19,7.13 184 19,12f. 184 23,13 184 25,7 184 26,12 184 32,17 184 48 184,186,294,298 48,1 184 48,1-2 185 48,2 184 48,3-5 185 48,5 184 51 185,294,298,299 51,3-6 185 51,6 185 62,9 184
Jubiläenbuch
23 58 31,15 99 31,15-20 58 Psalmen Salomos
1-2 105, 106 4 105 5,5-7 105 7 105 8 105, 106 9 105 ll 105 12 105 17 105,106 17-18 80,105,106,187, 188 17-19 302 17,21 105,133 17,21.32 105,293 17,21-46 104 17,21ff. 104 17,22-25 105 17,32 222 18,1-12 104 18,5-7 105, 293 18,5-9 105 Testamente Xll Patriarchen Testament Dan
5,10 208 Testament Joseph
8,3 208 18 210 19 210, 2ll 19,1-12 209,210, 294 19,2-7 209 19,2.8.10 210 19,3-7 210 19,8.11 210 19,11 210
19,12 210 20 210 Testament Juda
21,1-5 98 21,2-4 208 23 209 24 209,210,211,294, 298,299 24,1 226 24,1-3 209 24,1-4 209 24,1-6 208 Testament Levi
8,11-15 208 17 79 17,1-8 79 17,1-9 78 17,4-7 79 17,9 79 17,2-ll 79,292 17-18 74,76,78,79.80, 97,100,101,209,211 18 78,80 18,1 79 18,1-9 78, 80 18,2-9 80,292,298 18,3-4 80 18, 3.6f. 78 18,10-14 78, 80 Testament Naphtali
4,5 208 8,1-3 210,294 8,2-3 210 Testament Ruhen
6,8 208 Testament Simeon
7,1-3 208
342 Qumran-Schriften Gemeinderegel (1 QS)
8,15-9,11 88, 92, 292 9,11 88,92,113,245 Gemeinschaftsregel (1QSa)
1QSa 86,88 1,1 88 2,11-20 93, 292 2,11-17 93 2,11-14 93 2,12-21 113 2,14-16 93 2,20 93 Segenssprüche (1 QSb)
1QSb 86,88 1,1ff. 93 2,22-5,29 88, 93, 292, 298,299 5,20 93 5,20ff. 93 5,23-29 93, 94 5,27 93 Damaskusschrift (CD)
1,11 90 2,12 92, 95 4,15 97 4,19-5,13 97 6,1 92, 95 6,7 113 7 188,302 7,4ff. 90 7,5-8,1 97 7,8f. 88 7,8-9 96 7,10 96 7,10-20 97 7,11-12. 96 7,13 96 7,13-8,1 87
Stellenregister 7,14-21 96, 97,112,187, 292,298,299 7,16 112 7,18-19 24, 113 7,19ff. 93 12,23 88, 95, 113, 292 14,19 88, 95, 113 14,41 292 19-20 97,98,187 19,1-20,1 292,299, 300 19,6 98 19,10 113 19,10f. 88 19,10-11 95,97,98 19,35-20,1 98 20,1 98 20,1 88, 95, 97, 113 20,1.28 90 20,1-34 97 Loblieder (1 QH)
15,4-6 108, 109, 110, 293 16,13 108, 110 18,5 108, 110 19,11 108, 110 Pesher zu Habakuk (1QpHab)
1QHab 88, 292 2,8 89 5,3 89 5,10 89 7,1 89 8,1 89 8,8ff. 89 8,8-13 89 9,4ff. 89 10,3 89 10,13 89 11,4-8 89 11,12ff. 89 12,2ff. 89
1,12 24 Kriegsrolle (1 QM)
1QM 86, 88, 108 5,1-2 108,293 5,15-16.18-19 189 9,17-14,15 109 9,17ff. 109 10,1-2 109 10,2-5 109 10,6-8 109 11 109,110,115,118, 184,188,189,302 11,1-3 109 11,4-5 109 11,5-7 109 11,6 24 11,6-7 108, 109,293, 298 11,8 109 11,9-10 109 11,11 109,110,293,299 11,11-12 109 11,13-18 109
Patriarchensegen (4QPatr)
4QPatr 188 lf. 88 1-3 111 1-5 11,189,293,297 2ff. 88 3f. 112, 113 4 111 Testimonia (4QTest)
4QTest 188, 226, 245, 292,298 9-13.14-20 88 14 88 Florilegium (4QFior)
4QFlor 86, 88, 189,293, 298,299 1,1-2,4 112 1,10 112 1,11 88, 113
Stellenregister 1,12 112 1,14-2,5 113 2,3 113 Pesher zu Psalm 37 (4QpPs 37)
4QpPs 37 86, 88,292 1,18 90 2,2-3 90 2,9 90 2,13-14 90 2,13-15.17-19 91 2,17-18 91 3,1 90 3,3-4 91 3,7-8 91 3,10-11 90 3,12 91 3,15-16 90 4,8-10 91 4,11-12 91 4,14-15 90 Pesher zu ]esaja (A) (4Qp]es)
4Qpjes 86, 88, 188 1-10 114 11-16 113 11-21 113,189,293,298 Pesher zu Nahum (4QpNah)
2,8 91 3,5.9-12 91 4,1-6 91 4QTestament Levi
4QTestLevi 78 1,16-19 79
Neues Testament Q (Lk)
3,7-9 141 3,16 139, 140 3,17 139 3,16-17 141,293 6,20-23 141 6,22 139, 140, 141, 142, 144,293 6,23 142 6,24-26 141 6,27-35 141 6,36-42 141 6,43-49 142 6,43ff. 142 11,29 143 11,29-32 142 11,30 139,140, 141,142, 143,293 11,30ff. 142 11,31-332 143 11,3tff. 143 12,8 139, 140 12,8f. 144 12,8-9 143, 144,293 Matthäus
1,1 166, 294, 300 1,23 166 2,2 226 2,5-6 166 2,6-7 166 2,15 166 2,17-18 166 4,14-16 166 5-7 166, 168 7,15 140 8,12 180 8,17 166 10,32 144 11 167 11,3 166 11,5 166 12 167
343 12,6 167 12,17-21 166 12,22ff. 167 12,28 167 12,38-42 146 12,41 146,294 13,35 166 14,26 152,296 16,1-20 166 16,16 166 16,27 241,296 17,4ff. 241 21,1-13 177,180 21,1ff. 294, 301 21,4-5 166, 177 21-14-15 177 21,23-27 178 21,43 180 22,41-46 178,294 23,1-12 166, 178 23,1-23 294 23,10 166 23,10-12 178 23,29ff. 145 24 234,235 24"4.5.26.27.30 240 24,5-41 167 24,9-14.24-28 167 24,23.26-27.37-39 147 24,27.37 145 24,27.30.37.39 166 24,29 198 24,29-31 235,295 24,30 203 24,30-31 167, 294, 299, 300 25,1-30 168 25,31-46 168 25,35-39 168 25,42-44 168 26,57-68 179 26,63 166 26,64 146, 166 27,9-10 166 27,17 166 27,45 180
344 Markus
1,1 159 1,1-8 160 1,2-3 160 1,11.23-28 160 1,12-13.32-34 169 1,21-3,6 169 1,24 159 2,1-12.23-28 160 2,23-28 167 3,7-12 160 3,11 159 4,1-9,40 169 5,7 159, 160 6,1-6.14-29 160 7,3-4.11 159 8,27-30 160 8,29 159, 169 8,31-9,1.8.30-32 160 8,34-9,1 169 9,4 241 9,7 160, 169 10-15 160 10,13-52 169 10,32-34.45 160 10,47-48 160 11 165 11,tff. 177 11,1-9 176 11,1-11 160 11,1-19 293,299,301 11,1-14,16 169 11,2-7 177 11,8-10 177 11,9 160 11,15ff. 161 11,15-17 177 11,18-19 177 11,27-33 160, 174, 176, 178 11,27ff. 161 11-15 161 11-16 174,181 12,13ff. 161 12,28ff. 161 12,35 159
Stellenregister
12,35-37 160, 164, 174, 176, 178, 294, 301 12,35ff. 161 12,36 160 13 135,150,161,164, 165,174,238 13,1 145 13,1-4 164 13,5-6.21-23 164 13,4-27 162, 163, 294, 300 13,9.11 164 13,10 164 13, 11ff. 170 13,14 160 13,14-16 147 13,19-23 147 13,21 159 13,22 242 23,24-27 160 13,26 159, 160,203,240 13,28-32 164 13,32 159, 170 14,1-2 161 14,21 160 14,43-65 161 14,53-65 174,176,179 14,57f. 161 14,60-65 146 14,61 146, 160 14,61f. 161,294, 300 14,61-62 159, 175 14,62 146, 160 15 160, 165 15,1ff. 161 15,9.12 161 15,18.26 162 15,32 159, 162 15,33-37 162 15,38-39 160, 162 16,6 160
1,78 204 2,11 169 2,26-55 185 4,1.14.18-19 169 4,3.9.41 169 4,31-6,11 169 6,1-5 167 7,18-35 169 8,4-9,50 169 9,18-22 169 9,21 169 9,23-27 169 9,28-36 169 11,30 147 17,20-21 145 17,22-23 147 17,22-30 147 17,22ff. 145 17,24.26.29 147 17,24.30 144, 146, 147, 294 17,25 147 17,26-29 147 18,15-43 169 19,28-40 177 19,28-22,13 169 19,29-40 294,299 19,38 169 20,11-18 178 20,41-44 169,178,294 21,5-36 169, 170 21,12 171 21,27.36 169,294, 300 21,55f. 170 22,54-71 179 22,69 146 22,70 169 23,2 169 23,35 169 24,26 169 ]ohannes
Lukas
1,1-4 169 1,19.26 156 1,32 169
1,45 295, 298, 299 44,25 245 14,15-26 295 18,28ff. 295
345
Stellenregister
Apostelgeschichte 2,17-36 170 3,18-26 170 4,1-22 175 4,11 170 5,17-41 175 6,11-15.54-58 175 8,1-4 175 8-9 142 9 158 9,5 158 9,19 158 9,20.22 158 10,42 235 12,1-17 175 12,12 159 13,5.13 159 13,6 140 15 158 15,26.36 158 17,21-31 170 21,27-40 175 22,8 158 22,23-28,31 175 26,23 170
Römerbrief 1,1-4 149 5,1-5 153 5,3-5 153 5,12ff. 155 5,12-21 153 8,3-4 156 11,1-10 154 11,11 155 11,11-16 154 11,17-24 154 11 ,25-32 154 11,26-27 154 11,33-36 154 13,8-10 154 13,11-14 154 14,10.12 236 15,8 155 15,8-13 155 15,9-11 155
15,12 149,155,294,299 15,20 154
1. Korintherbrief 1,24.30 1566 3,19-23 149 4,1 149 10,4 149 11,5 140 12,28 140 14,23f.29ff. 140 15,1-11 150 15,3 158 15,10 151 15,12-19 151 15,20-28 156 15,20ff. 151 15,22-24 149,150,294 25,22.45 155 15,22ff. 151 15,24 151 15,24-26 153 15,25 151 15,25-28 255 15,28 152 15,29-34 151 15,35-49 152 15,37 152 15,42-44 152 15,45-49 156 15,49 152 15,50 152 15,51 152 2. Korintherbrief 1,21-22 149 5,10 149,236 12,2-4 296
1,16 158 1-2 155, 158 2,1-2 248 2,4.16 158 2,4.17.20 158 2,20 158 3,6-14 151 3,13 149 4,4 156 4,4-5 149
Epheserbrief 4,8-10 149 4,9 146
Philipperbrief 1,6.10 149 2,5-11 156 2,10 235 3 155 3,21 235
Kolosserbrief 1,15-20 156 3,1 149 4,10 159 4,14 169
1. Thessalonicherbrief 4,13-18 294 4,14-17 295 4,15-17 335 4,16 149 4,16-17 158 4,17 153 5,1ff. 152 5,2-3 198 5,5 150 5,23 149
Galaterbrief 1,1.3 158 1,3 158 1,6.22 158 1,11-17 248 1,15-16 158
2. Thessalonicherbrief 2 155 2,1-2 150 2,1-12 150
346 2,3-10 150 2,3-12 150 2,4-10 150 2,8 150 2,1.14-16 149,294 2,13ff. 150 1. Timotheusbrief
6,14 197 2. Timotheusbrief 3,1 197 4,1 235,241 4,11 159 Philemonbrief
Stellenregister 3,10 197,198,294,301 1. ]ohannesbrief
1,7 197 2,1 197 4,9 197 2. ]ohannesbrief 7 140 Judasbrief
3-13 199 4.6.9.13 199 14-15 197,198,199,294 17-25 199
24 159, 169
]ohannes-Apokalypse
Hebräerbrief
1 203,204 1,5 204 1,8 203 1,12ff. 204 1,12-20 203, 204, 295, 300 1,16 204 2 141 2,1-3,22 207 2,9 206 2,13 205 2,14.20 205 3 141 5,5 202,217 5,6 202 5,6ff. 202 5,6-7 201 5,6-14 201,202,295,299 5,9 202 5,11 202 6,1ff. 201 7,4-17 201,202,295,301 7,17 202 11 256,257,296 11,1 ff. 206, 207 11,7 202 13,1ff. 205 13,7 202
1,5-14 200, 294, 301 3,1-6 200, 294, 298 4,14-16 200,295 5,6ff. 200 6,20 236 7,1-28 200 7,3 236 8,1-13 200,295, 297 9,10-10,18 200 11,37 238 19,11-16 300 1. Petrushrief
1,21 235 2 198 2,1-10 198 2,9-10 197, 198, 294, 299,301 3,19 146 4,5 235,240,241,296 2. Petrushrief 2,1 140 3,2 198 3,8 198
14 203,204 14,1ff. 201,202 14,1-3 202 14,1-13 201,295 14,5 202 14,14ff. 204 14,14-16 201, 203, 204, 295,299,300 14,15 203 14,15f. 204 14,15-20 203 16,15 141 17,9ff. 205 17,14 202,206 19 204 19,11ff. 204 19,11-15 262 19,11-16 201, 204, 295, 299,300 19,15 150,204 22,12 204 22,12-17 201, 204, 295, 299 22,13 203, 204 22,16 24, 204 22,18-19 204
Apokalypsen Abraham-Apokalypse
ApcAbr 295,297,299 1,8-9 212 1-8 212 8,5-6 212 9,5 212 9-31 212 10,1-16,4 212 17,1-18,11 212 19,1-20,6 212 21,1-22,6 212 23,1-24,8 212 25,1 212 25,1-2 212 25,4 212
347
Stellenregister
25,1-26,5 212 25,5-8 212 26,1ff. 212 26,6.7 212 27,1-2 213 27,1-28,3 212 27,6-8 213,214 28,5 213 29 229 29,1-31,3 212,214 29,2 213 29,7ff. 213 29,12ff. 214 29,13 213,214 30,2-5 214 31,1-3 214 Ascensio ]esaiae
1,1 238 1-2 239 1-5 238 2,4ff. 238 3,tff. 238 3,13 239 3,13f. 239,295 3,14ff. 239 3,22-25 239 3,26ff. 239 3,29-31 239 4,1ff. 239 4,12 239 4,14 239 4,15ff. 239 4,18 239,240,295 5,11-14 238 6-11 238 Syrische Baruch-Apoka/ypse
1,1-8 220 7,1-8,5 163 10,1-3 220 12 220 16,1-20,2 220 21,8 163 26,1-82,2 220
35,1-46,6 220,223,230, 295,300 39,tff. 223 40,1-4 223 48,34-37 163 48,42-49,13 220 53ff. 79 53,1-74,4 220 56,1ff. 220 57,1-3 220 66,tff. 221 67,1 221 67,1-9 220 67,2-3 221 67,4-5 221 67,6-9 221 68,1ff. 221 68,1-4 221 68,5-7 221 68,8 221 69,1ff. 221 70-73 230 70,1ff. 222 70,10 222, 295, 298, 299 71,1 222 72, tff. 220, 221 72, 1-73,1 222, 295 72,2-6 222 77' 18-26 220 4. Esra-Apokalypse
1,tff. 256 3,1 215 3,4-28 216 5,4-28 216 5,4tf. 149 6,7-10.38-59 216 7,106-115 216 10,21-24 163 11,1-12,3 79, 216, 217, 223,230,295,300 12,10-12 217 12,31-32 217 12,3 tff. 217 13 160,230,238
13,2-13 216, 218,226, 295,301 13,2f. 218 13,16-24 149 13,21ff. 218 14,3-6.27-41 216 Elia-Apokalypse
19,1 253 25,12-18 254 25,1-44,2 253 26,1ff. 254 32,1-8 254 33,9-10 254 33,10 255 34,7-19 257 38,7ff. 256 38,15-18 254 38,15-39,2 254,255,296 39,7-15 255, 256, 296, 297 40,10 254, 255 40,29ff. 254 41,7ff. 255 42,10-15 296 43,8ff. 255 43,9-44,2 254, 255, 296 43,15-44,2 255 Äthiopisches Henochbuch
1,9 199 10,21 69 37-44 130 37-71 129, 130, 191 39,6 130, 158 40,5 130, 158 41,9 130 45ff. 135 45-57 130,131,132,134 45,1-2 132 45,3-4 130 45,3-6 132 45,4-6 132 46,1 132, 133 46,2 133
348 46,2-4 130, 158 46,3 133 46,3-5 132, 133, 134, 191,226,293,300 46,4-5 133 46,4-8 135 46,6-8 132, 133 47,1-2 132 47,3-4 132 48,2 130, 133, 158 48,2-7 130, 132, 133, 134,226,293,299 48,3 133 48,4 144 48,5 144 48,6 133 48,8-10 132, 134 48,10 130, 158 49,1-2 134 49,1-4 132, 134, 226, 293,299 49,2.4 130 49,3 134 50,1-3 132 51,1-2 132 51,3 132, 134, 226 51,3.5 130 51,4-5 132 52,2 132 52,4 130, 158 52,6.9 130 53,1-7 132 53,3 293, 30 53,6 130, 135, 158 54,1-10 132 54,1-56,4 135 54,1-69,12 293, 299 55,1-4 132 55,4 130 56,1-8 132 56,4 135 56,5-7 135 57,1-3 132 57,3 132 58-69 130 60,8 199,294 61,5.8.10 130
Stellenregister
62 160 62,1 130 62,5.7.9.14 130 62,13-14 163 64,11 130 62,1-69,12 135 69,26-27.29 130 70,1 130 71,14 130 80,2 163 83-90 67,70, 79 85,3-89,9 68 85-90 58 89,10-27 68 89,28-40 68 89,41-50 68 89,51-67 68 89,68-72 68 89,73-77 68 90,20-40 69 90,20-42 68, 292 90,31 257 90,37 57 90,93 58 93,3 199, 294 Petrus-Apokalypse
1 240 1-2 241 2 240,242,296 2-16 241,296 3 240 3-13 241 4 240 5 240 6 240 7-12 241,242 13-14 241 14-17 241 15 241 16 241 17 241 Sibyllinen
111, 63ff. 163 111, 156-161 82
III, 193.318.608 82 lll,378-795 82 Ill, 414-443 300 lll,601-701 83 Ill, 608. 615 86 Ill, 635-808 83 Ill,652 80,83 Ill,652-656 83,86,292 Ill, 657-686 84 Ill,689-701 84 III, 732-740 84 m, 741-761 84 111, 767-772 86 III, 767-787 84 111, 785-795 84 111, 767-808 83, 84, 85, 292,298 III, 772-780 85 III, 781-787 86 III, 785-787 85 III, 785-795 82 III, 796-808 83 III, 796ff. 292 V,52-92 225 V, 52-110 225 V, 93-110 225 V,108 226 V, 108f. 225 V, 111-136 225 V, 111-178 225 V, 137-154 225 V, 155-161 225 V, 158 226 V, 162-178 225 V, 179-213 225 V, 179-285 225 V,214-227 225 V, 256 226 V, 256-259 225 V, 257 226 V, 286-327 225 V, 286-434 225 V,333-360 225 V,361-385 225 V, 414 226" 231 V, 414ff. 225 V,414-443 225,295
Stellenregister V,432-433 226 V,526 231
Apostolische Väter und frühchristliche Schriften lgnatius
Römer 6,1 295
68 295,298,300 89 237 89-90 237 109,2ff. 237 110 237,295,298,300, 301 110,3-5 237
Phil 295 2,1 235 6,1 236 12,2 236
Chronicorum ll 56 H.E. III, 46 169
Gnostische Schriften Adam-Apokalypse
1-6 233 16 234 16,1-18 234, 235,295, 300 16,5-8 235
ApcAd 296, 297 70 247 75-82 247 76 247 77,27-82-17 248 78-83 247 82 247 82,19-83,4 248 82ff. 248
Barnabasbrief
Testament Adam
Barn 297 15,5 236
3,1-2 252
Didache
1. Jakobus-Apokalypse ]ustinus Dialog
8 237 31 237 31,1 238 33,83 237 34,64 237 36,85 237 38-39 237 43 237 48 237 49 237 68 237 68,5 237
29,2-10 251 39,1ff. 252 39,9-13 252, 292 Paulus-Apokalypse
ApcPI 296, 300 22 248
Eusebius
Polykarp Phi/liper
349
25 249 30 249 36 249 39 249,296 49 296 55-56 250 58 250 Oden Salomos
9,3-4 251, 296 9,6ff. 251 9,8-9 251 9,10-12 251 17,1-16 251
Targumim Tg Gen 3,15 262 Tg Gen 35,21 262 Tg Gen 49 263 Tg Gen 49,1 262 TgJI Gen 49,1 262 TgJII Gen 49,1 161 Tg Gen 49,7 270 Tg Gen 49,10 263 Tg Gen 49,10-12 262, 263, 264,271, 280, 281,296,297,299 TgJII Gen 49,10-12 262 Tg Gen 49,11-12 263, 271 Tg Ex 12,42 264, 266, 280,281,296,297 TgJII Ex 12,42 264 TN Ex 12,42 264 Tg Ex 40,9-11 266, 271,280,296,297 TgJI Num 11, 26 267 TgJII Num 11,26 267 Tgiii Num 24,7 267 TO Num 24,17 24, 268 Tg Num 24, 17ff. 296, 298 TgJI Num 24,17ff. 268 Tg Num 24,17-24 267, 271,280,281 TgJI Num 24,17-24 268 Tg Num 24,18ff. 268 TgJI Num 24,18ff. 268 Tg Dtn 30,4-9 269, 280, 296,298 TgJI Dtn 30,4-9 269, 271,281
350
Stellenregister
Tg Dtn 33 263,269,270, 296,298 TgJII Dtn 33,5 269 TN Dtn 33,5 269 Tg Dtn 33,5-6 271 Tg Dtn 33,6 270 Tg.JI Dtn 33,1 270 Tg Dtn 33,11 270 Tg Dtn 33,18 271 Tg Dtn 33,24 269
TCant1,17 270,280 T Cant 4,5 270, 280 T Cant 7,12-14 270 T Cant 8,1-4 2 70, 280
TJ 1 Sam 2,7-10.35 270 TJ 2 Sam 7,11-16 270 Tj 2 Sam 22,28-32 270 Tj 2 Sam 23,1-5 270, 280,281 Tj jes 4,1-6 270,280 Tj jes 9,5-6 270,280 Tj jes 10,24-27 270 TJ jes 11,1-16 270 Tj jes 14,29-30 270 Tj jes 16,1-5 270 TJ jes 28,5-6 270 TJ jes 42,1-9 270 TJ jes 43,10 270 Tj jes 52,13-53,12 270 Tj jer 23,1-8 270,280 Tj jer 30,8-11.21 270 Tj jer 33,12-26 270 TJ Ez 17,22-24 270 Tj Ez 21,31-32 270 Tj Ez 34,20-31 270,280, 281 Tj Ez 37,21-28 270 Tj jos 2,2 270 Tj Hos 3,3-5 270 TJ Hos 14,5-8 270,280 TjHab3,17-18 270, 280,281 Tj Sach 3,8 270 TJ Sach 4,7 270 Tj Sach 6,12-13 270,280 TJ Sach 10,4 270
mBer 1,5 273 mBM 1,8 273 mBM2,8 273 mBM 3,4-5 273 mEd 8,7 273 mRHSh 4,1-4 273 mSan 11,5 273 mSheq 2,5 273 mSot 9,9-13 273 mSot 9,14 273 mSot 9,14-15 273, 277, 278,296,300 mSot 9,15 153,273,274, 275,277,283 mTaan 4,6-7 273 mZev 14,4-9 273
T Ps 61,7-9 270 T Ps 72,1-20 270 T Cant 1,8 270,280
Rabbinische Schriften Mishna
bBer 28b 283 bEr 43b 279 bHul63a 279 bYom 86a 279 bYom 86b 283 bMeg 17b-18a 279 bPes 54a 279 bPes 54b 283 bSab 63a 279 bSab 118a 279 bSan 51b 279 bSan 91a-99b 279 bSan 93b 283 bSan 94a 283 bSan 97 264, 265 bSan 97a 275, 283 bSan 97b 283 bSan 98ab 283 bSuk 52ab 279 bTaan 23a 106 Avot de Rabbi Nathan
ARN A4 283 ARN A 25 283 ARN B 31 283 Haiachische Midrashim
Tosephta
MekhY
tSot 15,1-15 278
Wayassa' 5,66-77 278 Wayassa' 6,55-64 278 'Amaleq 2,186-192 278
Talmud Yerushalmi
yAz 3,1 279, 283 yHag 2,1 279 yKet 12,3 279 yMeg 1,12 279 yNed 3,8 279 yQid 4,1 279 ySot 9,17 283 yTaan 1,1 279 yTaan 1,5-6 279 yTaan 4,7 24, 30, 228, 283
Si{Dev
Piska 8 278 Piska 43 278 Piska 47 278 Piska 130 278 Piska 318 278,279 Piska 322 278 Piska 343 278 Piska 352 278 Auslegungsmidrashim
Talmud Bavli
bAz 2b 279
BerR 23,5 279 BerR 38,19 212
Stellenregister
351
BerR 64,10 283 BerR 88,7 279 BerR 97-98 279
ShirR 11,13,3-4 279 ShirR Iv,8 283 ShirR Vlll,9,3 279
EkhaZ I, 16,51 44
ShemR 13,5 2 79
RutR V,6 279
DER 11 283
EstR 1,4 279
EkhaR 1,14.41-17,51 279 EkhaR 11,2.4 279
TanB Wayera 6 (44a-b) 259 Tan Wayera 5 (26a) 259
ShirR 11,7,1 279
EkhaR 11,3.6 279
Amänge der Christologie Festschrift rur Ferdinand Hahn. Zum 65. Geburtstag. Herausgegeben von Cilliers Breytenbach und Henning Paulsen unter Mitwirkung von Christine Gerber. 1991. II. 493 Seiten, gebunden. ISBN 3-525-58157-2 Dieser Band aus der Feder erster Fachleute der internationalen und ökumenischen Forschung ist geradezu ein Kompendium der neutestamentlichen Christologie, wie sie in den einzelnen Schriften oder zentralen Aussagen einzelner Schriftsteller zum Ausdruck kommt. Beiträge zu nachbiblischen Entwicklungen, zur Traditionsgeschichte, Hermeneutik und Homiletik runden das Spektrum ab. Aus dem Inhalt: Schalom Ben-Chorin, Freundesbrief. - I. Die Christologien im Neuen TestamenL A. Traditionsgeschichtliches und Henneneutisches: Joachim Gnilka, Das theologische Problem der Rückfrage nach Jesus I Henning Paulsen, Zur Entstehung von Theologie im Urchristentum I Martin Hengel, Psalm II 0 und die Erhöhung des Auferstandenen I Hennann von Lips, Christus als Sophia? - B. Die Christologie des Paulus und der nachpaulinischen Tradition. Beiträge von: Otto Merk, Christian Dietzfelbinger. John Reumann, Karl Kertelge und Jürgen Roloff.- C. Die Christologie des Markus, Matthäus und Lukas. Beiträge von: Cilliers Breytenbach, Andreas Lindemann, Hans Klein, Ulrich Luz, C. K. Barren und Jacob Jervell. - D. Johanneische Christologie. Beiträge von: William Loader, Rudolf Schnackenburg, Hans-Josef Klauck. Akira Satake und Eugen Biser. - E. Die Christologie der nicht-paulinischen Briefe des Neuen Testaments. Beiträge von Harald Hegennann, Christoph Burchard, Eduard Schweizer und Anton Vögtle. - 11. Christologisches nach dem Neuen TestamenL Takashi Onuki, Traditionsgeschichte von Thomas 17 und ihre christologische Relevanz I Georg Kretschmar, »natus ex Maria virgine<< Zur Konzeption und Theologie des Protevangeliums Jacobi I Michael Lattke, die Messias-Stellen der Oden Salomos I Peter Stuhlmacher, Zur Predigt an Karfreitag I Bibliographie Ferdinand Hahn 1959-1989
Martin Karrer · Der Gesalbte Die Grundlagen des Christustitels. (Forschungen zur Religion u. Literatur des Alten u. Neuen Testaments, 151 ). 1991. 482 Seiten. ISBN 3-525-53833-2 Die fälschlich als abgeschlossen geltende Diskussion über Herkunft und Hintergrund des Christus-Titels ist hier in einer unübersehbaren Weise neu eröffnet worden. Der Verfasser hat sich die anspruchsvolle Aufgabe gestellt, die Grundlagen des neutestamentlichen Christustitels so zu erarbeiten, daß seine Sicht allein aus einer dem heutigen Forschungsstand entsprechenden Auswertung der Quellen erwächst. Sein Vorgehen ist streng historisch-religionsgeschichtlich. Dieser methodischen Entscheidung entspricht es, daß dem neutestamentlichen Schrifttum keine isolierte Behandlung zuteil wird. Vielmehr werden neutestamentliche Aussagen und Texte jeweils in den historisch und begrifflich bestimmten Duktus mit einbezogen. wo das von der Sache her naheliegt
Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen/Zürich