Sylvia Ballke Corporate Governance für Krankenhäuser
GABLER RESEARCH
Sylvia Ballke
Corporate Governance für Kranke...
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Sylvia Ballke Corporate Governance für Krankenhäuser
GABLER RESEARCH
Sylvia Ballke
Corporate Governance für Krankenhäuser Mit einem Geleitwort von Univ.-Prof. Dr. Jürgen Wasem
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Dr. rer. pol. durch die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen, Campus Essen, 2010, vorgelegt von Sylvia Ballke (Geburtsort: Münster) Erstgutachter: Prof. Dr. Jürgen Wasem Zweitgutachter: Prof. Dr. Werner Nienhüser Datum der mündlichen Prüfung: 21.12.2010
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Stefanie Brich | Sabine Schöller Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2878-8
Geleitwort Unter dem zunehmenden Kostendruck im Gesundheitswesen hat der gesundheitspolitische Gesetzgeber sich in mehreren Gesetzesvorhaben entschlossen, die regulativen Rahmenbedingungen für Krankenhäuser fundamental zu ändern: Konnten diese bis in die 1990er Jahre hinein von den Krankenkassen die Erstattung der ihnen entstehenden Selbstkosten verlangen, werden sie nunmehr mit administrativ gesetzten, kollektiv verhandelten Einheitspreisen (Fallpauschalen) für die von ihnen erbrachten Leistungen vergütet, die in keiner Weise mehr von den krankenhausindividuellen Kosten abhängen. Dies hat den Druck, wirtschaftlich handeln zu müssen für die Krankenhäuser (von denen nach wie vor mehr als die Hälfte öffentlich oder freigemeinnützig, also nicht primär erwerbswirtschaftlich motiviert ist) deutlich erhöht. Zugleich haben die Fallpauschalen den säkularen Trend einer Verkürzung der durchschnittlichen Dauer der Krankenhausaufenthalte beschleunigt, die hieraus resultierenden Überkapazitäten haben ihrerseits den Kostendruck auf die Krankenhäuser erhöht. Erschwerend kommt hinzu, dass die gesetzlich zur Finanzierung der Krankenhausinvestitionen aus Steuermitteln verpflichteten Bundesländer ihrer Verpflichtung nur unzureichend nachkommen und die Krankenhäuser daher (entgegen der vom Gesetzgeber intendierten Mechanik) aus den Fallpauschalen auch finanzielle Mittel für Krankenhausinvestitionen erwirtschaften müssen. Insgesamt hat der Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern deutlich zugenommen. Um künftig wettbewerbsfähig zu sein, müssen die Krankenhäuser bzw. ihr Management in der Lage sein, auf die externen Herausforderungen adäquat zu reagieren und intern zielführende, sowohl die Belegschaft als auch den Krankenhausträger einbindende, Maßnahmen umzusetzen. Angesichts dieser Herausforderungen liegt es nahe, dass auch im Krankenhausbereich in Deutschland die Corporate Governance zunehmende Bedeutung erlangt. Während in internationalen Forschungsarbeiten die „Hospital Governance“ – also die Corporate Governance für Krankenhäuser – bereits ausführlich behandelt wird, steht die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema in Deutschland noch ganz am Anfang. So lag der Fokus bisher auf einzelnen Aspekten der Krankenhaussteuerung, wie etwa finanzwirtschaftlichen, organisatorischen oder prozessbezogenen Fragestellungen.
VI
Geleitwort
Die Elemente einer über einzelne Managementfunktionen hinausgehenden ganzheitlichen Krankenhausführung und -kontrolle im Sinne der Corporate Governance wurden bislang nur selten diskutiert. Genau an dieser Stelle setzt die vorliegende Dissertationsschrift von Sylvia Ballke an. In einer theoretischen Analyse arbeitet die Autorin zunächst heraus, in welchem Ausmaß und in welchen Teilbereichen Grundsätze der aus der Privatwirtschaft übernommenen Corporate-Governance-Diskussion auch auf den Krankenhaussektor übertragen werden können und welche Modifikationen, Konkretisierungen und Grenzen ggf. zu beachten sind. Den Schwerpunkt der Untersuchung bildet eine umfassende empirische Studie zur Corporate Governance, die – in dieser Form erstmalig in Deutschland – auf einer deutschlandweiten Befragung aller Krankenhäuser aufbaut. Nach Ableitung des Status quo der Corporate Governance in deutschen Krankenhäusern geht die Autorin auf Grundlage der empirischen Forschungsergebnisse der Frage nach, in welchem Maße und in welchen Bereichen die Krankenhäuser bereits diejenigen Voraussetzungen erfüllen, die an die Corporate Governance zu stellen sind. Ebenfalls untersucht Sylvia Ballke, ob unterschiedliche Entwicklungsgrade der Corporate Governance innerhalb der deutschen Krankenhauslandschaft festgestellt werden können und welche Determinanten diese beeinflussen. Aus den hieraus gewonnenen Erkenntnissen leitet die Autorin Empfehlungen zur Optimierung und Implementierung verbesserter Corporate-Goverance-Strukturen in Krankenhäusern für die Praxis ab. Die Dissertation wendet sich einer in hohem Maße relevanten Fragestellung des Krankenhausmarktes zu und leistet damit einen wertvollen Beitrag zur konzeptionellen und empirischen Fundierung der Corporate Governance für Krankenhäuser. Zugleich stellt die Arbeit eine lesenswerte Lektüre für die Entscheidungsträger in der Managementpraxis der Krankenhauswelt dar.
Prof. Dr. Jürgen Wasem
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen Anfang 2009 als Dissertation angenommen. An dieser Stelle möchte ich gerne die Möglichkeit nutzen, mich bei allen sehr herzlich zu bedanken, die mich bei der Erstellung der Arbeit unterstützt haben. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Jürgen Wasem, für die Betreuung der Dissertation und für die Möglichkeit, als externe Doktorandin an seinem Lehrstuhl promovieren zu dürfen. Seine wertvollen Anregungen sowie seine fortwährende Unterstützung haben im erheblichen Maße zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Darüber hinaus danke ich Herrn Prof. Dr. Werner Nienhüser für die freundliche Übernahme des Zweitgutachtens und die konstruktiv kritische Reflexion der Arbeit. Meinem dritten Prüfer, Herrn Prof. Dr. Thomas Retzmann, danke ich für die Mitwirkung in der Promotionskommission. Weiterhin möchte ich mich auf diesem Wege für die hohe Kooperationsbereitschaft zahlreicher Krankenhausleitungen und -führungskräfte bedanken, die durch ihr großes Interesse und Engagement die Durchführung der empirischen Untersuchung ermöglicht haben. Schließlich danke ich von Herzen meiner Familie – insbesondere meinen Eltern – die mich zu jeder Zeit gefördert, motiviert und unterstützt haben. Erst durch ihren Rückhalt wurde ein Gelingen dieser Arbeit letztendlich ermöglicht.
Sylvia Ballke
Inhaltsverzeichnis Geleitwort ......................................................................................................... V Vorwort ........................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ........................................................................................... IX Abbildungsverzeichnis................................................................................. XIII Tabellenverzeichnis .................................................................................... XVII Abkürzungsverzeichnis............................................................................... XXI 1 Einleitung ........................................................................................... 1 1.1 Forschungsobjekt Corporate Governance im Krankenhaus ................ 1 1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise ........................................................ 3 2 Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance ............. 7 2.1 Ursprung und Verlauf der Corporate-Governance-Diskussion ............ 8 2.2 Corporate-Governance-Ansätze ........................................................ 13 2.2.1 Finanzwirtschaftlicher Ansatz .................................................................... 14 2.2.2 Stakeholder-Ansatz ................................................................................... 18 2.2.3 Stewardship-Ansatz................................................................................... 23 2.2.4 Ressourcenorientierter Ansatz .................................................................. 24 2.2.5 Gesamtschau und Integration der Ansätze ............................................... 26
2.3
Corporate-Governance-Mechanismen .............................................. 28
2.3.1 Interne Mechanismen ................................................................................ 29 2.3.1.1 Aufsichtsgremium ..........................................................................29 2.3.1.2 Anreizsystem .................................................................................32 2.3.1.3 Kapitalstruktur ................................................................................33 2.3.1.4 Revision .........................................................................................34
2.3.2 Externe Mechanismen ............................................................................... 35 2.3.2.1 Produktmarkt .................................................................................36 2.3.2.2 Arbeitsmarkt ..................................................................................36 2.3.2.3 Kapitalmarkt ...................................................................................37 2.3.2.4 Gesetzliche Regelungen ................................................................38
2.4 2.5
Corporate-Governance-Systeme ....................................................... 39 Praktische Relevanz: Umsetzung in Kodizes .................................... 41
X
Inhaltsverzeichnis
2.5.1 Internationale Kodex-Entwicklungen ......................................................... 41 2.5.2 Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) .............................. 43 2.5.2.1 Entwicklungsgeschichte .................................................................43 2.5.2.2 Inhalte ............................................................................................44 2.5.2.3 Bedeutung des DCGK für nichtbörsennotierte Unternehmen.........47
2.5.3 Übertragung auf Nonprofit-Unternehmen und den Public Sector .............. 48
2.6 3 3.1 3.2
Zusammenfassende Betrachtung und inhaltliche Konkretisierung .... 52 Hospital Governance (Theoretische Grundlagen) ........................ 57 Bedeutung der Corporate Governance für Krankenhäuser im Kräftefeld externer und interner Wettbewerbskräfte...................... 59 Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext .. 65
3.2.1 Besonderheiten der Dienstleistungsproduktion ......................................... 65 3.2.2 Staatlicher Einfluss und Marktcharakteristika ............................................ 68 3.2.3 Plurale Träger- und Rechtsformen ............................................................ 72 3.2.3.1 Trägerformen im deutschen Krankenhauswesen ...........................72 3.2.3.2 Rechtsformen im deutschen Krankenhauswesen ..........................74
3.2.4 Multidimensionales Zielsystem .................................................................. 78 3.2.5 Krankenhäuser als Expertenorganisationen.............................................. 80
3.3
Übertragung der Corporate-Governance-Ansätze auf Krankenhäuser ................................................................................... 84
3.3.1 Finanzwirtschaftlicher Ansatz .................................................................... 84 3.3.2 Stakeholder-Ansatz ................................................................................... 88 3.3.3 Stewardship-Ansatz................................................................................... 92 3.3.4 Ressourcenorientierter Ansatz .................................................................. 94 3.3.5 Gesamtschau und Integration der Ansätze ............................................... 97
3.4
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor ....................................................................... 99
3.4.1 Interne Mechanismen .............................................................................. 100 3.4.1.1 Aufsichtsgremium ........................................................................100 3.4.1.2 Anreizsystem ...............................................................................104 3.4.1.3 Kapitalstruktur ..............................................................................107 3.4.1.4 Revision ....................................................................................... 110
3.4.2 Externe Mechanismen .............................................................................. 114 3.4.2.1 Produktmarkt ............................................................................... 114
XI 3.4.2.2 Arbeitsmarkt ................................................................................ 116 3.4.2.3 Kapitalmarkt ................................................................................. 117 3.4.2.4 Gesetzliche Regelungen und Kodizes ......................................... 119
3.5 4 4.1
Konsequenzen für die Hospital Governance ................................... 127 Hospital Governance (Empirischer Teil) ...................................... 131 Status quo der Hospital-Governance-Forschung............................. 131
4.1.1 Forschungsarbeiten aus dem internationalen Raum ............................... 132 4.1.1.1 Corporate Governance vs. Hospital Governance .........................133 4.1.1.2 Nonprofit- vs. Profit-Hospital Governance ....................................138 4.1.1.3 Einzelaspekte zur Hospital Governance.......................................140 4.1.1.4 Länderspezifische Untersuchungen zur Hospital Governance .....142
4.1.2 Forschungsarbeiten aus dem deutschsprachigen Raum ........................ 144
4.2
Empirische Untersuchung ............................................................... 148
4.2.1 Ableitung und Konkretisierung der Forschungsfragen ............................ 149 4.2.2 Grundlegende methodische Aspekte ...................................................... 150 4.2.2.1 Untersuchungsobjekte .................................................................150 4.2.2.2 Quantitativer Untersuchungsansatz .............................................150 4.2.2.3 Analyseverfahren .........................................................................151
4.2.3 4.2.4 4.2.5
Aufbau und Ablauf der Befragung .................................................. 153 Datenbasis und Stichprobenrepräsentativität ................................. 156 Ergebnisse der empirischen Untersuchung .................................... 162 4.2.5.1 Stand der Hospital Governance ...................................................162 4.2.5.2 Grad der Hospital Governance ....................................................197 4.2.5.2.1 Entwicklung des Evaluierungsschemas .......................197 4.2.5.2.2 Evaluierungsergebnisse ...............................................218 4.2.5.3 Einflussfaktoren auf den Grad der Hospital Governance .............231 4.2.5.3.1 Analyseverfahren ..........................................................232 4.2.5.3.2 Analyseergebnisse........................................................237 4.2.5.4 Gesamtschau der empirischen Ergebnisse und Implikationen für die Praxis ...............................................................................257
5
Schlussbetrachtung ...................................................................... 263 5.1 Zusammenfassung .......................................................................... 263 5.2 Weiterer Forschungsbedarf ............................................................. 267 Literaturverzeichnis ..................................................................................... 269 Verzeichnis von Rechtsnormen und Rechtsprechung ............................. 305 Anhang.......................................................................................................... 309
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Aufbau der Arbeit ........................................................................................... 6 Abb. 2: Ansätze der Corporate Governance ............................................................ 14 Abb. 3: Interne und externe Corporate-Governance-Mechanismen ......................... 29 Abb. 4: Klassifikation möglicher Rollen von Aufsichtsgremien im organisatorischen Geschehen der Corporate-Governance-Diskussion........ 30 Abb. 5: Inhalte des Deutschen Corporate Governance Kodex ................................. 46 Abb. 6: Die Kräftefelder der Corporate Governance ................................................ 55 Abb. 7: Megatrends im Gesundheitswesen .............................................................. 59 Abb. 8: Entwicklung der Krankenhäuser in Deutschland nach Trägerschaft ............ 73 Abb. 9: Mögliche Rechtsformen von Krankenhäusern ............................................. 76 Abb. 10: Angleichung der Zielsysteme von Krankenhäusern ................................... 79 Abb. 11: Grundstruktur der traditionellen Krankenhausorganisation ........................ 81 Abb. 12: Stakeholder von Krankenhäusern .............................................................. 90 Abb. 13: Machtpotenzial von Stakeholdergruppen ................................................... 96 Abb. 14: Die Kräftefelder der Hospital Governance ............................................... 130 Abb. 15: Philanthropisches versus Corporate-Governance-Modell ........................ 134 Abb. 16: Anteil der Betten in den Krankenhäusern nach Trägerschaft .................. 161 Abb. 17: Vorhandensein eines dualen Führungssystems ...................................... 163 Abb. 18: Anzahl der Mitglieder im Aufsichtsgremium ............................................. 165 Abb. 19: Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums nach internen und externen Mitgliedern ................................................................................. 167 Abb. 20: Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums nach Professionen .............. 167 Abb. 21: Vorhandensein eines schriftlich hinterlegten Anforderungsprofils für das Aufsichtsgremium .............................................................................. 171 Abb. 22: Sitzungen des Aufsichtsgremiums ohne die Anwesenheit der Geschäftsführung ..................................................................................... 172 Abb. 23: Aufgabenbereiche des Aufsichtsgremiums .............................................. 172 Abb. 24: Gegenüberstellung möglicher Rollen von Aufsichtsgremien nach Einschätzung und Wichtigkeit................................................................... 176
XIV
Abbildungsverzeichnis
Abb. 25: Struktur der Krankenhausgeschäftsführung ............................................. 177 Abb. 26: Krankenhausgeschäftsführung nach Professionen .................................. 179 Abb. 27: Aufgabenbereiche der Krankenhausgeschäftsführung ............................ 180 Abb. 28: Vorhandensein einer Zielvereinbarung bei der Krankenhausgeschäftsführung ................................................................. 181 Abb. 29: Vorhandensein leistungsabhängiger Vergütungsbestandteile in Abhängigkeit von der Zielvereinbarung .................................................... 183 Abb. 30: Bemessungsgrundlage der leistungsabhängigen Vergütung ................... 184 Abb. 31: Anteil der Geschäftsführer mit Bonus, aber ohne Zielvereinbarung ......... 185 Abb. 32: Zusammenarbeit zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsgremium ..... 186 Abb. 33: Ausmaß der Überschneidungen zwischen den Aufgabenbereichen der Geschäftsführung und des Aufsichtsgremiums .................................. 187 Abb. 34: Vorhandensein einer internen Revision ................................................... 189 Abb 35: Vortrag der Jahresabschlussprüfungsergebnisse durch die externe Revision vor dem Aufsichtsgremium ........................................... 190 Abb. 36: Ausmaß der Einbeziehung der externen Revision bei strategischen Fragestellungen durch das Aufsichtsgremium.......................................... 191 Abb. 37: Einbeziehung von Anspruchsgruppen und Beobachtung des Wettbewerbsumfeldes des Krankenhauses ............................................. 193 Abb. 38: Beziehungspflege zu externen Stakeholdern ........................................... 194 Abb. 39: Vorhandensein eines weiteren Organs zur Interessenvertretung sonstiger Anspruchsgruppen .................................................................... 196 Abb. 40: Dimensionen der Hospital Governance Scorecard .................................. 198 Abb. 41: Einzelkriterien der Dimension I Aufsichtsgremium ................................... 201 Abb. 42: Einzelkriterien der Dimension II Krankenhausgeschäftsführung .............. 210 Abb. 43: Einzelkriterien der Dimension III Revision ................................................ 213 Abb. 44: Einzelkriterien der Dimension IV Stakeholderorientierung ....................... 215 Abb. 45: Gesamtdarstellung der Hospital Governance Scorecard ......................... 217 Abb. 46: Ergebnisse der Einzelkriterien zur Dimension I Aufsichtsgremium .......... 219 Abb. 47: Ergebnisse der Häufigkeitsverteilungen zur Dimension I Aufsichtsgremium ..................................................................................... 220 Abb. 48: Ergebnisse der Einzelkriterien zur Dimension II Geschäftsführung ......... 221
XV
Abb. 49: Ergebnisse der Häufigkeitsverteilungen zur Dimension II Geschäftsführung ..................................................................................... 222 Abb. 50: Ergebnisse der Einzelkriterien zur Dimension III Revision ....................... 223 Abb. 51: Ergebnisse der Häufigkeitsverteilungen zur Dimension II Geschäftsführung ..................................................................................... 223 Abb. 52: Ergebnisse der Einzelkriterien zur Dimension IV Stakeholderorientierung ........................................................................... 224 Abb. 53: Ergebnisse der Häufigkeitsverteilungen zur Dimension IV Stakeholderorientierung ........................................................................... 225 Abb. 54: Gesamtdarstellung der Ergebnisse Dimensionen I bis IV ........................ 226 Abb. 55: Gesamtdarstellung der Ergebnisse der Hospital Governance Scorecard 230
Tabellenverzeichnis Tab. 1: Entwicklung der stationären Versorgung (1997 bis 2007) ................................ 62 Tab. 2: Ausgewählte empirische Studien zur Hospital Governance ........................... 132 Tab. 3: Unterschiede zwischen quantitativen und qualitativen Ansätzen .................. 151 Tab. 4: Vergleich von Häufigkeiten und Quoten der effektiven Stichprobe (Ist) mit der Grundgesamtheit (Soll) im Vergleichsjahr 2008 .................................. 157 Tab. 5: Ergebnisse des Chi-Quadrat-Tests .................................................................... 158 Tab. 6: Rücklaufquoten der effektiven Stichprobe (Ist) im Vergleich zur Grundgesamtheit (Soll) im Vergleichsjahr 2008 ............................................... 160 Tab: 7: Duales Führungssystem nach Krankenhausgröße .......................................... 163 Tab. 8: Duales Führungssystem nach Krankenhausträgerschaft ............................... 164 Tab. 9: Zusammenhang zwischen Krankenhausgröße und Krankenhausträgerschaft...................................................................................... 164 Tab. 10: Anzahl der Mitglieder im Aufsichtsgremium nach Krankenhausgröße ....... 166 Tab. 11: Zusammensetzung der Professionen im Aufsichtsgremium nach Krankenhausträgerschaft ................................................................................... 168 Tab. 12: Anzahl der Ärzte im Aufsichtsgremium nach Krankenhausträgerschaft .... 169 Tab. 13: Zeitliche Befristung der Aufsichtsgremiumsmitglieder nach Größenklassen ..................................................................................................... 169 Tab. 14: Anteil der Aufsichtsgremiumsmitglieder mit/ohne Vergütung nach Größenklasse ....................................................................................................... 170 Tab. 15: Anteil der Aufsichtsgremiumsmitglieder mit/ohne Vergütung nach Krankenhausträgerschaft ................................................................................... 170 Tab: 16: Anzahl der Sitzungen des Aufsichtsgremiums pro Jahr nach Krankenhausträgerschaft ................................................................................... 170 Tab. 17: Derzeitige Rolle des Aufsichtsgremiums nach Einschätzung der Krankenhausgeschäftsführung .......................................................................... 174 Tab. 18: Bewertung der Rolle des Aufsichtsgremiums nach Wichtigkeit durch die Krankenhausgeschäftsführung ................................................................... 175
XVIII
Tabellenverzeichnis
Tab. 19: Anzahl der Geschäftsführer nach Rechtsformwechsel in den letzten drei Jahren ............................................................................................................. 178 Tab. 20: Anzahl der Geschäftsführer nach Krankenhausträgerschaft ....................... 178 Tab. 21: Profession der Geschäftsführung nach Größenklasse ................................. 179 Tab. 22: Anteil der Professionen nach Anzahl der Geschäftsführer........................... 180 Tab. 23: Vorhandensein einer Zielvereinbarung bei der Geschäftsführung nach Krankenhausgröße .................................................................................... 182 Tab. 24: Vorhandensein einer Zielvereinbarung bei der Geschäftsführung nach Verbundzugehörigkeit ............................................................................... 182 Tab. 25: Vorhandensein einer performanceabhängigen Vergütung bei der Geschäftsführung nach Krankenhausgröße ................................................... 183 Tab. 26: Anteil der Geschäftsführer mit Bonus, aber ohne Zielvereinbarung nach Größenklasse ............................................................................................. 185 Tab. 27: Anteil der Geschäftsführer mit Bonus, aber ohne Zielvereinbarung nach Krankenhausträgerschaft ......................................................................... 185 Tab. 28: Ausmaß der Überschneidungen zwischen den Aufgabenbereichen der Geschäftsführung und des Aufsichtsgremiums nach Krankenhausträgerschaft ................................................................................... 187 Tab. 29: Überschneidungsbereiche zwischen der Geschäftsführung und dem Aufsichtsgremium ....................................................................................... 188 Tab. 30: Vorhandensein einer internen Revision nach Krankenhausgröße .............. 189 Tab. 31: Vorhandensein einer internen Revision nach Krankenhausverbundzugehörigkeit .......................................................................................... 190 Tab. 32: Ausmaß der Einbeziehung der externen Revision bei strategischen Fragestellungen durch das Aufsichtsgremium nach Krankenhausträgerschaft ........................................................................................................... 192 Tab. 33: Beziehungspflege zu Stakeholder-Gruppen nach Wichtigkeit ..................... 195 Tab. 34: Wichtigkeit der Beziehungspflege zu Fremdkapitalgebern nach Krankenhausträgerschaft ......................................................................... 195 Tab. 35: Bewertungsskala für den Grad der Hospital Governance ............................ 218 Tab. 36: Korrelationsmatrix für die Dimensionen I bis IV ............................................. 227 Tab. 37: Erklärte Gesamtvarianz im Faktormodell ........................................................ 228 Tab. 38: Kommunalitäten im Faktormodell ..................................................................... 229
XIX
Tab. 39: Tests der Modelleffekte für die Dimension I Aufsichtsgremium .................. 237 Tab. 40: Parameterschätzung für die Dimension I Aufsichtsgremium ....................... 239 Tab. 41: Tests der Modelleffekte für die Dimension II Krankenhausgeschäftsführung .......................................................................... 242 Tab. 42: Parameterschätzung für die Dimension II Krankenhausgeschäftsführung .......................................................................... 243 Tab. 43: Tests der Modelleffekte für die Dimension III Revision ................................. 246 Tab. 44: Parameterschätzung für die Dimension III Revision ...................................... 247 Tab. 45: Tests der Modelleffekte für die Dimension IV Stakeholderorientierung ..... 249 Tab. 46: Parameterschätzung für die Dimension IV Stakeholderorientierung .......... 250 Tab. 47: Ergebnisübersicht Hauptfaktoren und Wechselwirkungen ........................... 252 Tab. 48: Tests der Modelleffekte für das Gesamtmodell Hospital Governance ....... 254 Tab. 49: Parameterschätzung für das Gesamtmodell Hospital Governance ............ 255
Abkürzungsverzeichnis Abb.
Abbildung
Abs.
Absatz
ÄndG
Änderungsgesetz
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
Amtsbl.
Amtsblatt
ANOVA
Analysis of Variance
AnSVG
Anlegerschutzverbesserungsgesetz
Aufl.
Auflage
AVR
Allgemeine Vertragsregelungen
AWO
Arbeiterwohlfahrt
BARefG
Berufsaufsichtsreformgesetz
BAT
Bundesangestelltentarifvertrag
BAT-KF
Bundesangestelltentarifvertrag Kirchliche Fassung
BCCG
Berlin Center of Corporate Governance
Bd.
Band
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BilMoG
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
BilReG
Bilanzrechtsreformgesetz
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BT
Bundestag
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CEO
Chief Executive Officer
CNPF
Centre National du Patronat Français
DCF
Discounted Cashflow
DCGK
Deutscher Corporate Governance Kodex
df
degrees of freedom
DGK
Diakonische Governance Kodex
d.h.
das heißt
XXII
Abkürzungsverzeichnis
Diss.
Dissertation
DK
Corporate Governance Kodex für die Diakonie in Württemberg
DKG
Deutsche Krankenhausgesellschaft
DRG
Diagnosis Related Groups
DrittelbG
Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (Drittelbeteiligungsgesetz)
DRK
Deutsches Rotes Kreuz
DVFA
Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management
EAHM
European Association of Hospital Managers
ECGI
European Corporate Governance Institutes
EDA
Exoplorative Datenanalyse
EKD
Evangelische Kirche in Deutschland
erw.
erweiterte
et al.
et altera
e.V.
eingetragener Verein
f.
folgende
ff.
fortfolgende
FPÄndG
Fallpauschalenänderungsgesetz
FPG
Fallpauschalengesetz
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
GenG
Genossenschaftsgesetz
ggf.
gegebenenfalls
GKV
Gesetzliche Krankenversicherung
GKV-GMG
Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung. (GKV-Modernisierungsgesetz)
GKV-GRG
Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKVGesundheitsreformgesetz)
GKV-WSG
Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen. Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz)
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GSG
Gesundheitsstrukturgesetz
GZLM
Generalized Linear Model
HGB
Handelsgesetzbuch
HGrG
Haushaltsgrundsätzegesetz
XXIII
HKHG
Hessisches Krankenhausgesetz
HmbKHG
Hamburgisches Krankenhausgesetz
HOPE
European Hospital and Healthcare Foundation
HR
Human Resource
Hrsg.
Herausgeber
http
hypertext transfer protocol
i.d.R.
in der Regel
IfM
Institut für den Mittelstand
Jg.
Jahrgang
KHBV
Krankenhaus-Buchführungsverordnung
KHG
Krankenhausfinanzierungsgesetz
KHG NRW
Krankenhausgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen
KHNG
Krankenhaus-Neuordnungsgesetz
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
LKHG M-V
Landeskrankenhausgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern
MANOVA
Multivariate Analysis of Variance
max.
maximal
Mio.
Millionen
MitbestG
Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz)
Mrd.
Milliarden
MW
Mittelwert
No.
Number
Nr.
Nummer
OECD
Organization for Economic Cooperation and Development
ör
öffentlich-rechtlich
o.g.
oben genannte(n)
OHG
Offene Handelsgesellschaft
o.O.
ohne Ortsangabe
OP
Operationssaal
PCGK
Public Corporate Governace Kodex
pr
privat-rechtlich
rd.
rund
Regre.-Koeff.
Regressionskoeffizient
XXIV
S.
Abkürzungsverzeichnis
Seite
SächsKHG
Sächsisches Krankenhausgesetz
SE
Societas Europaea
SGB V
Sozialgesetzbuch, 5. Buch
SKHG
Saarländisches Krankenhausgesetz
sog.
so genannte(s)
SPSS
Superior Performing Software System
Std.-Abw.
Standardabweichung
SVA
Shareholder-Value-Added
Tab.
Tabelle
TDM
Total Design Methode
ThürKHG
Thüringer Krankenhausgesetz
TransPuG
Transparenz- und Publizitätsgesetz
TUG
Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz
TVÖD
Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst
u.a.
unter anderem
u.ä.
und ähnliche(s)
überarb.
überarbeitete
URL
Unified Resource Locator
US
United States
USA
United States of America
usw.
und so weiter
v.
von
vgl.
vergleiche
Vol.
Volume
VorstOG
Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetzes
VR
Verwaltungsrat
vs.
versus
www
world wide web
z.B.
zum Beispiel
z.T.
zum Teil
1 Einleitung
1.1 Forschungsobjekt Corporate Governance im Krankenhaus In den letzten Jahrzenten hat sich sowohl international als auch national eine breite Diskussion zur Corporate Governance entwickelt. Zusätzlich belebt wurde diese Debatte Anfang der 1990er Jahre durch weltweite spektakuläre Unternehmenskrisen und -zusammenbrüche, die auf fehlerhafte oder mangelnde Aufsicht und Kontrolle im Unternehmensbereich zurückgeführt wurden. Durch die Banken- und Finanzmarktkrise hat das Thema nochmals an Aktualität gewonnen. Nicht nur die akademische
Forschung,
sondern
auch
der
Gesetzgeber
sowie
(Wirtschafts-)Verbände sahen und sehen sich deshalb veranlasst, verschiedene Lösungsansätze, meist in Form von Leitsätzen, Richtlinien und Gesetzen für die Corporate Governance von Unternehmen zu präsentieren. Alle haben den Versuch gemein, Standards guter Unternehmensführung und -kontrolle zu definieren. Die Corporate-Governance-Bewegung ist jedoch einem Wandel unterworfen. Hatte sie ursprünglich die Hauptzielrichtung, Machtmissbrauch und unverantwortliches Verhalten der Leitungsorgane von Unternehmen zu verhindern, so geht sie inzwischen in ihrem Ansatz weit darüber hinaus. Corporate Governance hat heute nicht mehr nur als „Disziplinierungsmittel“ die Verhinderung von Unternehmenszusammenbrüchen und -krisen zum Ziel. Vielmehr wird die Corporate Governance für Unternehmen zu einem entscheidenden Differenzierungs- und Erfolgsmerkmal und damit zu einem essenziell notwendigen Schritt, durch die Ausgestaltung klarer und transparenter Leitungsstrukturen sich im verstärkten Wettbewerb weiterhin am Markt behaupten zu können und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Managementkompetenz zu stärken. Wenn auch die erlassenen Regelwerke und Empfehlungen zunächst in erster Linie auf große, zumeist börsennotierte Unternehmen ausgerichtet waren, beschränkt sich
S. Ballke, Corporate Governance für Krankenhäuser, DOI 10.1007/978-3-8349-6674-2_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
2
Einleitung
die Diskussion zur Corporate Governance nicht nur auf Unternehmen der Privatwirtschaft. In den vergangenen 10 bis 15 Jahren ist zu beobachten, dass das Thema Corporate Governance – einschließlich der praktischen Umsetzung in Kodizes – von der Forschung sowie verschiedenen (Wirtschafts-)Verbänden auch für den Nonprofit-Bereich und den öffentlichen Sektor aufgegriffen wurde und heutzutage unter den Begriffen Nonprofit Governance bzw. Public (Corporate) Governance summiert wird. Im Zuge zahlreicher Veränderungsprozesse auf gesellschaftlicher, insbesondere aber ökonomischer und juristischer Ebene gewinnt das Thema Corporate Governance auch für Nonprofit- und öffentliche Unternehmen zunehmend an Bedeutung.
Auch der Krankenhaussektor sieht sich heutzutage einer Neuordnung der ökonomischen Rahmenbedingungen und Wettbewerbsspielregeln ausgesetzt und steht vor der Herausforderung, dem gravierenden Struktur- und Kulturwandel im Gesundheitswesen zu begegnen. Fragen der Transparenz, klarer Führungsstrukturen, Verantwortlichkeiten und Kontrollfunktionen aufgrund veränderter Marktund Wettbewerbsbedingungen und steigender Ansprüche der Stakeholder nehmen dabei – als zentrale Fragen der Corporate Governance – eine herausragende Position ein. Um künftig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen auch Krankenhäuser bzw. ihre Führungsorgane in der Lage sein, durch eine sowohl an den internen Erfordernissen des Krankenhauses als auch unter Berücksichtigung der externen Bedürfnisse verschiedener Stakeholder ausgerichtete Unternehmensführung eine schnelle Antwort auf die volatilen Markt- und Umweltbedingungen zu geben und die immer komplexer werdenden Interdependenzen zwischen den jeweiligen Faktoren der Außen- und Innenwelt zu managen. Corporate Governance hat somit auch für Krankenhäuser hohe Relevanz. Doch welche faktische Bedeutung hat die Corporate Governance tatsächlich zurzeit im deutschen Krankenhaussektor? Welchen Nutzen können Krankenhäuser aus der allgemeinen Corporate-Governance-Diskussion ziehen?
Zielsetzung und Vorgehensweise
3
Dies ist das Thema der vorliegenden Arbeit, die – erstmalig in Deutschland – auch auf umfassender empirischer Basis die Corporate Governance für Krankenhäuser (Hospital Governance) in den Fokus der Betrachtung rückt. Neben der Ausdehnung der Forschung in ein bis heute – auch im internationalen Vergleich – noch wenig erforschtes Gebiet im deutschen Krankenhaussektor will die Arbeit damit zugleich einen praktischen Beitrag zum künftigen Umgang mit der Corporate Governance in Krankenhäusern leisten.
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise Konkret befasst sich die Untersuchung mit folgenden Fragestellungen, die sowohl aus theoretischer Sicht, vor allem aber auf empirischer Basis behandelt und beantwortet werden: x In welchem Ausmaß und in welchen Teilbereichen können Ansätze und Mechanismen der aus der Privatwirtschaft übernommenen CorporateGovernance-Diskussion auf den Krankenhausbereich übertragen werden? Welche Modifikationen, Konkretisierungen und Grenzen sind bei einer Übertragung zu beachten? Ist eine Übertragung überhaupt sinnvoll und auch wünschenswert? x Wie sind der Stand der Hospital Governance und deren konkrete Anwendung für den deutschen Krankenhaussektor bislang? In welchem Maße und in welchen Bereichen erfüllen die Krankenhäuser bereits diejenigen Voraussetzungen, die an eine gute Hospital Governance zu stellen sind? Welche Krankenhäuser werden diesen Anforderungen bereits am ehesten gerecht? x Welche Empfehlungen zur Optimierung und Implementierung verbesserter Corporate-Governance-Strukturen lassen sich für Krankenhäuser geben? Die Untersuchung nähert sich den Antworten auf diese Fragestellungen in verschiedenen Schritten, die zugleich die Gliederung der Arbeit bestimmen:
4
Einleitung
Im Anschluss an dieses erste Kapitel, das der Einführung in die Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit dient, werden im zweiten Kapitel die Grundlagen für den weiteren Verlauf der Arbeit geschaffen. Um ein einheitliches Verständnis über den Begriff der Corporate Governance zu gewinnen, werden zunächst die theoretischen und konzeptionellen Grundlagen der Corporate Governance erläutert. Hierzu werden der Ursprung und Verlauf der Corporate-Governance-Diskussion, die theoretischen Ansätze, Mechanismen und Systeme der Corporate Governance sowie die praktische Relevanz anhand der Umsetzung von Kodizes auf internationaler und nationaler Ebene vorgestellt. Das Kapitel schließt mit einer zusammenfassenden Betrachtung und nimmt eine inhaltliche Konkretisierung des Begriffsinhaltes der Corporate Governance vor. Diese Ausführungen legen den Grundstein für den weiteren Verlauf der Untersuchung. Ausgehend von den im zweiten Kapitel – noch krankenhausunspezifisch – erarbeiteten allgemeinen Grundlagen der Corporate Governance leitet das dritte Kapitel auf die Corporate Governance im Krankenhaus-Kontext über (Hospital Governance). Eingangs dieses Kapitels werden die wachsende und aktuelle Relevanz der Corporate-Governance-Thematik für Krankenhäuser im Kräftefeld externer
und
interner
Wettbewerbsfaktoren
herausgearbeitet,
sodann
die
besonderen Charakteristika des Krankenhaussektors, die diesen von anderen Unternehmen im Corporate-Governance-Kontext unterscheiden, analysiert. Daran anschließend werden detailliert Möglichkeiten und Grenzen einer Übertragung der vornehmlich für die Privatwirtschaft entwickelten Corporate-Governance-Ansätze und -Mechanismen auf den Krankenhaussektor aufgezeigt. Darüber hinaus wird diskutiert, welche Modifikationen bei einer Übertragung aufgrund von Krankenhausspezifika zu beachten sind. Im vierten Kapitel, das den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet, erfolgt ein Abgleich der auf theoretischer Basis in Kapitel 2 und 3 gewonnenen Erkenntnisse mit empirischen Untersuchungsergebnissen. Hierzu wird zunächst ein Überblick über den Status quo der empirischen Hospital-Governance-Forschung sowohl auf internationaler als auch nationaler Ebene gegeben. Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht jedoch eine eigene umfassende empirische Untersuchung zur Hospital Governance. Hierzu wird – in
Zielsetzung und Vorgehensweise
5
dieser umfassenden Form zum ersten Mal im deutschen Krankenhaussektor – mit Hilfe
eines
quantitativen
Forschungsansatzes
eine
bundesweite
schriftliche
Befragung unter allen Krankenhäusern durchgeführt. Die Untersuchung der gegenwärtigen Corporate-Governance-Strukturen vollzieht sich dabei in drei Schritten: Im ersten Schritt wird auf Basis der empirischen Befragungsergebnisse der Status quo der Hospital Governance umfassend dargestellt. Um darüber hinaus zu einer Bewertung zu gelangen, in welchem Maße und in welchen Bereichen die Krankenhäuser bereits heute diejenigen Voraussetzungen erfüllen, die an eine gute Hospital Governance zu stellen sind, wird in einem zweiten Schritt der Erfüllungsgrad der Hospital Governance ermittelt. Zu diesem Zweck wird ein Evaluierungsmodell entwickelt (Hospital Governance Scorecard). In einem dritten Schritt wird zudem untersucht, ob Unterschiede innerhalb der Krankenhäuser bei der Hospital Governance in Abhängigkeit von verschiedenen – von der Hospital Governance unabhängigen – Faktoren bestehen. Zur Modellierung der interessierenden Zusammenhänge werden in der vorliegenden Arbeit die fortgeschrittenen Methoden der Varianzanalyse verwendet. Zum Abschluss dieses Kapitels werden die empirischen Ergebnisse zusammengefasst und hieraus Ansätze zur Optimierung und Implementierung verbesserter Hospital-Governance-Strukturen für die Praxis abgeleitet. Das fünfte Kapitel enthält eine Zusammenfassung der Forschungsergebnisse dieser Arbeit und zeigt weiteren Forschungsbedarf auf. Der Gesamtaufbau der Arbeit lässt sich somit wie folgt darstellen:
6
Einleitung
1 Einführung 1.1 Forschungsobjekt - Corporate Governance im Krankenhaus 1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise 2 Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
3 Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
2.1 Ursprung und Verlauf der Corporate Governance-Diskussion
3.1 Bedeutung der Corporate Governance für Krankenhäuser im Kräftefeld externer und interner Wettbewerbskräfte
2.2 Corporate-Governance-Ansätze 2.3 Corporate-GovernanceMechanismen 2.4 Corporate-Governance-Systeme 2.5 Praktische Relevanz: Umsetzung in Kodizes 2.6 Zusammenfassende Betrachtung und inhaltliche Konkretisierung
3.2 Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext 3.3 Übertragung der CorporateGovernance-Ansätze auf Krankenhäuser 3.4 Anwendbarkeit der Corporate Governance-Mechanismen auf den Krankenhaussektor 3.5 Konsequenzen für die Hospital Governance
4 Hospital Governance (Empirischer Teil)
4.1 Status quo der HospitalGovernance-Forschung
4.2 Empirische Untersuchung
5 Schlussbetrachtung 5.1 Zusammenfassung
Abb. 1: Aufbau der Arbeit (Quelle: eigene Darstellung)
5.2 Weiterer Forschungsbedarf
2 Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
Als Begrifflichkeit ist die Corporate Governance etwa seit der Jahrtausendwende im Sprachgebrauch der Fachwissenschaft, teilweise auch der Öffentlichkeit. Ausgelöst durch weltweite spektakuläre Unternehmenskrisen und -zusammenbrüche, die auf fehlerhaftes Management oder mangelnde Aufsicht und Kontrolle im Unternehmensbereich zurückgeführt wurden, haben in den letzten Jahrzehnten nicht nur die akademische Forschung, sondern auch der Gesetzgeber sowie Wirtschaftsverbände verschiedene Lösungsansätze, meist in Form von Leitsätzen, Richtlinien und Gesetzen für die Corporate Governance von Unternehmen präsentiert. Alle haben den Versuch gemein, Standards guter Unternehmensführung zu formulieren.
Heute ist der Begriff der Corporate Governance zu einem schillernden Schlagwort geworden. Auch besteht mittlerweile die Tendenz, viele Probleme in einem Unternehmen mit mangelnder Corporate Governance zu begründen. Trotz der Aktualität des Themas besteht aber immer noch keine einheitliche Definition des Begriffs. Auch sind in Abhängigkeit von der wissenschaftlichen Disziplin die zugrunde gelegten Begriffsbestimmungen vielfältig. Eine wörtliche Übersetzung und Herleitung des Begriffs hilft hier nur beschränkt weiter. Vom lateinischen Wortursprung leitet sich der Begriff aus den Bestandteilen „corpus“ für Körper bzw. „corporatio“ für Körperschaft und „governator“ für Steuermann ab.1 Der eigentliche Wortstamm führt somit zur Bedeutung „körperschaftliche
Führung“
oder
„Leitung
einer
Körperschaft
oder
Gesellschaft“. Dies gibt zwar einen Hinweis darauf, dass sich die Corporate Governance mit der Leitung und Führung von Unternehmen auseinandersetzt, doch um den wirklichen Sinn und die tiefere Bedeutung des Begriffs zu ver1
Zur Etymologie der Corporate Governance vgl. Schneider/Bienek (2004), S. 25 ff.
S. Ballke, Corporate Governance für Krankenhäuser, DOI 10.1007/978-3-8349-6674-2_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
8
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
stehen, bedarf es weiterer Erklärungen. Für das Verständnis der Corporate Governance ist es förderlich, die theoretischen Ursprünge und die Entwicklung der Diskussion zu beachten:
2.1 Ursprung und Verlauf der Corporate-Governance-Diskussion Der Ursprung der Debatte über die Corporate Governance stammt aus dem angloamerikanischen Raum und ist ebenso alt wie das „moderne“ Unternehmen. Ihm liegt 2 die Idee der Trennung von Eigentum und Kontrolle zugrunde. Bereits Adam Smith
hat im Jahr 1776 in seiner wegweisenden Abhandlung über den Wohlstand der Nationen geschrieben: „The directors of such companies, being the managers rather of the people’s money than of their own, it cannot well be expected that they should watch over it with the same anxious vigilance with which the partners in a private copartnery frequently watch over their own“. 3 Damit beschrieb Smith erstmals den inhärenten Konflikt zwischen Managern und Kapitalgebern, wie er später in der Principal-Agent-Theorie4 seinen Niederschlag gefunden hat, die zugleich das theoretische Rahmengebilde für die Ursprünge der Corporate Governance ausmacht.
In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts machten Berle und Means in ihrem Pionieraufsatz die Problematik der zunehmenden Unterschiede zwischen den Interessen der Eigentümer („principals“) und der Manager („agents“) erneut zum Thema.5 Ausgangspunkt der Corporate-Governance-Diskussion war somit der durch die Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt hervorgerufene Interessenskonflikt. Auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht, ging es in der ursprünglichen Corporate-Governance-Diskussion daher vorrangig um die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass das Management einer Unternehmung im Interesse
2 3 4
5
Vgl. Shleifer/Vishney (1997), S. 738. Smith (1776, im Nachdruck von 1976), S. 700. Die Theorie wurde zuerst in einem Aufsatz von Michael Jensen und William Meckling erörtert. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 205 ff. Ihre Grundzüge gehen auf die Theorie unvollständiger Verträge zurück, die unter anderem Ronald Coase begründete. Vgl. Coase (1937), S. 386 ff. Vgl. Berle/Means (1932).
Ursprung und Verlauf der Corporate-Governance-Diskussion
9
6
ihrer Eigentümer handelt. Dieser ausschließlich auf das Verhältnis von Aktionär und Manager abstellende Blickwinkel entsprach dabei dem ursprünglichen, angelsächsischen Verständnis („Corporate Governance im engeren Sinn“), das in dem Shareholder(-Value)-Ansatz seine theoretische Grundlage findet (vgl. Kapitel 2.2.1). In der kontinentaleuropäischen Debatte ist demgegenüber der Blickwinkel von jeher umfassender. Er verengt sich hier nicht auf das Verhältnis von Anteilseignern und Managern, sondern erweitert ihn darüber hinaus auch auf eine Reihe weiterer Anspruchsgruppen, die mit dem Unternehmen in Austauschbeziehungen stehen. Das Unternehmen stellt bei dieser Betrachtung lediglich den Ort dar, in dem die Beiträge der diversen Akteure gebündelt und die Beziehungen der jeweiligen Akteure 7 explizit oder implizit vertraglich geregelt werden. Da nicht alle zwischen den ver-
schiedenen Anspruchsgruppen zukünftig zu lösenden Fragen oder auch Interessenkonflikte im Vorhinein vertraglich geregelt werden könnten (Unvollständigkeit der 8 Verträge ), stelle sich die Frage, ob, wodurch und in welchem Maße die
Entscheidungen und diskretionären Handlungsspielräume des Managements durch gesetzliche Regelungen einerseits und Corporate-Governance-Grundsätze andererseits eingeschränkt werden können, um die unternehmerische als auch gesamtwirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Dieses weiter gefasste Verständnis der Corporate Governance lehnt sich an den Stakeholder-Ansatz an (vgl. Kapitel 2.2.2). Die eigentliche Forschung der Corporate Governance begann in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts mit der Publikation von Jensen und Meckling über die Theorie der Firma.9 Der Begriff Corporate Governance wurde erstmals 1984 von Williamson in das einschlägige Schrifttum sowie die wissenschaftliche Diskussion eingebracht. Er bezeichnet damit die institutionellen Arrangements, die zwischen Parteien langfristiger Verträge zur Problemlösung entwickelt wurden. 10
6 7 8 9 10
Vgl. Donaldson (1990), S. 376; Keasey/Thompson/Wright (1997), S. 2; Blair (1995), S. 12. Vgl. Alchian/Demsetz (1972); Fama/Jensen (1983). Vgl. Coase (1937); Jensen/Meckling (1976). Vgl. Denis (2001), S. 193. Vgl. Williamson (1984).
10
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
Auslöser für ein Wiederaufflammen der Diskussion über eine gute Corporate Governance waren Berichte in den ausgehenden 1990er Jahren über schwerwiegende
Managementfehler
und
Machtmissbräuche
des
Managements
in
zahlreichen (meist börsennotierten) großen, ehemals renommierten Unternehmen, die man auf mangelnde Corporate Governance zurückführte. Als Beispiele stehen Unternehmen wie Tyco (1999), Enron (2001), Vivendi (2002), WorldCom (2002) oder Parmalat (2003). Diese Skandale – insbesondere Insolvenzen der Unternehmen der „New Economy“ – und die immer deutlicher werdenden Probleme aus der Globalisierung der Finanzmärkte führten zu einer Intensivierung der CorporateGovernance-Debatte.
Gefordert
wurden
Regeln
und
Prinzipien,
um
die
Professionalität und Qualität der Unternehmensführung zu erhöhen und ihre Kontrolle zu verstärken. In Folge darauf wurden zahlreiche Kodizes, Guidelines, Prinzipien, Reports und Richtlinien weltweit eingeführt (vgl. Kapitel 2.5). Mit der Verfassung des Deutschen Corporate Governance Kodex im Jahr 2002 hat die öffentliche Diskussion hierzulande ihren Höhepunkt erreicht. In der Folgezeit hat sich die Corporate-Governance-Diskussion aber nicht mehr nur auf eine Debatte um mehr oder weniger verbindliche (juristische) Regeln beschränkt, sondern hat sich immer mehr zu einer (generellen) Managementfrage erweitert.
11
Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Corporate-Governance-Richtlinien haben die Erkenntnis gefördert, dass es ein Trugschluss ist, zu glauben, juristische Regeln allein seien in der Lage, Führungsschwächen, Missbräuche und Verfehlungen auszuschalten. Es wurde offensichtlich, dass die Finanzmärkte (nicht zuletzt als Folge der vermehrten Institutionalisierung und größeren Bedeutung der Investoren), aber auch die Öffentlichkeit zunehmend von den Unternehmen erwarten, sich vermehrt auf ihre gegenüber der Gesellschaft bestehende Verantwortung zu besinnen und sich mit den (marktwirtschaftlichen) Prinzipien guter Corporate Governance auseinanderzusetzen.12 Denn nur auf diese Weise seien Glaubwürdigkeit und Vertrauen in das Management wiederherzustellen. Nach diesem Verständnis sind Corporate-
11 12
Vgl. Malik (2002), S. 67; Treichler/Wiemann(2004), S. 16 f. Vgl. Treichler/Wiemann (2004), S. 16 f.
Ursprung und Verlauf der Corporate-Governance-Diskussion
Governance-Richtlinien
sozusagen
die
Handelns, die es „mit Leben zu erfüllen“ gilt.
notwendige
11
Hülle
unternehmerischen
13
Mit dieser Vorgeschichte wird die Corporate Governance heute in einen größeren Zusammenhang eingebettet. Anstelle der (kurzfristigen) Krisenperspektive zur Vermeidung und Abschwächung von Unternehmenskrisen und Managementfehlern rücken vielmehr Corporate-Governance-Ansätze im Sinne einer bewussten und aktiven Entwicklung der Erfolgs- und Wettbewerbsfähigkeit ins Zentrum der theoretischen Analysen. Die Verbesserung der Corporate-Governance-Strukturen wird in diesem Sinne als Instrumentarium zur nachhaltigen Steigerung der Unternehmensperformance und letztlich auch des Unternehmenswertes selbst eingesetzt sowie zugleich als existenziell wichtiges Differenzierungs- und Erfolgsmerkmal im zunehmenden Wettbewerb verstanden. Ziel dieses neuen Corporate-GovernanceVerständnisses ist es, den Zusammenhang zwischen der Corporate Governance und der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens zu untersuchen oder mit anderen Worten zu analysieren: Was macht die „Good Governance“ eines Unternehmens aus und wie kann diese nachhaltig, glaubwürdig, effizient und transparent umgesetzt werden? Schon dieser kurze Abriss zu Ursprung und Begriffsentwicklung der CorporateGovernance-Debatte zeigt die Vielfalt und Heterogenität bei der Verwendung des Terminus „Corporate Governance“ auf. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass in der Corporate-Governance-Diskussion alte Probleme – wie beispielsweise bei Gleichsetzung dieses Begriffs mit jenen der „Unternehmensverfassung“ „Unternehmensaufsicht“
15
14
oder
– und neue Entwicklungen wie jene, die aus der
Intensivierung der Internationalisierung und Globalisierung der Kapitalmärkte oder aber auch infolge veränderter Rahmenbedingungen resultieren, unter ein und demselben Begriff subsumiert werden. Entsprechend hat Corporate Governance als Begriff im Laufe der Jahre auch eine starke „Karriere“ gemacht, ohne dass der Bedeutungsinhalt bis heute hinreichend inhaltlich geklärt ist. Der Begriff Corporate
13 14 15
Vgl. Ackermann (2003), S. 15. Vgl. Feddersen/Hommelhoff/Schneider (1996). Vgl. Nölting (2000).
12
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
Governance ist kein Rechtsbegriff, sondern vielmehr etwas wie die Überschrift einer breit geführten Diskussion mit zahlreichen Ausprägungen. Diese Diskussion findet sowohl auf betriebswirtschaftlicher wie auch auf juristischer Ebene statt. Es handelt sich um ein Querschnittsthema, das zahlreiche Aspekte streift und deshalb durch ein hohes Ausmaß an Interdisziplinarität geprägt ist. Zugleich wird die Debatte in besonderem Maße international geführt. Die Unschärfe und Offenheit des Bedeutungsgehaltes der Corporate Governance – auch nach mehr als 20-jähriger Verwendung dieser Begrifflichkeit – macht eine inhaltliche Konkretisierung erforderlich, wenn sich die Auseinandersetzung mit dem Thema nicht in der Beliebigkeit einer generellen Diskussion über Bedingungen, die ein Unternehmen erfolgreich machen, verlieren soll. Worum geht es im Kern bei der Corporate Governance? Was bestimmt ihre inhaltliche Ausrichtung? Wo ist ihr innerer Kompass? Unter Berücksichtigung der in diesem Abschnitt skizzierten Entwicklungsgeschichte der Corporate-Governance-Debatte ist es Ziel dieses Kapitels, auf diese Fragen eine Antwort zu geben. Hierzu werden die theoretischen Ansätze (Kapitel 2.2), die Mechanismen (Kapitel 2.3), die Systeme (Kapitel 2.4) der Corporate Governance und dann die praktische Relevanz anhand der Umsetzung von Kodizes auf internationaler Ebene und nationaler Ebene (Kapitel 2.5) vorgestellt. Das Kapitel schließt mit einer zusammenfassenden Betrachtung der Corporate-Governance- und -KodexDiskussion und nimmt eine inhaltliche Konkretisierung der Corporate Governance für den weiteren Verlauf der Untersuchung vor (Kapitel 2.6).
Corporate-Governance-Ansätze
13
2.2 Corporate-Governance-Ansätze Zum Themenkomplex Corporate Governance sind in den letzten Jahrzehnten in der Wissenschaft verschiedene Denkmodelle und Hypothesen – Corporate-GovernanceAnsätze – entwickelt worden. Die Corporate-Governance-Forschung wird sowohl interdisziplinär als auch mit verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten betrieben. Es existiert eine Vielzahl unterschiedlicher theoretischer Analysen, die differierende Perspektiven, Prämissen und Annahmen vertreten. Sowohl Analyseobjekt als auch die betrachteten Variablen der jeweiligen Untersuchungen und die Ableitung von Handlungsempfehlungen unterscheiden sich erheblich und werden aus verschiedenen theoretischen Denkrichtungen heraus geführt.
16
Aus dem breiten Theoriespektrum zu Corporate Governance
17
sollen im Folgenden
aus dem Kreis der vertragstheoretischen Ansätze und der organisationstheoretischen Ansätze die derzeit jeweils dominierenden Konzepte kurz vorgestellt werden. Dabei handelt es sich um x
den finanzwirtschaftlichen Ansatz,
x
den Stakeholder-Ansatz,
x
den Stewardship-Ansatz und
x
den ressourcenorientierten Ansatz.
Alle betrachteten Ansätze knüpfen jeweils aus spezifischer Sicht und Einschätzung an bestimmte Problemstrukturen und Risiken oder auch an Stärken und 16
17
Einen Überblick über verschiedene Analyseobjekte und Analysevariablen der Corporate Governance bieten Turnbull (1997), S. 185 und Nippa (2002), S. 11. Neben den hier aufgeführten Corporate-Governance-Ansätzen sind insbesondere noch der institutionelle Ansatz (vgl. Selznick (1957)), der politische Ansatz (vgl. Turnbull (1997); Nippa (2002), S. 18 f.) und der Ansatz der manageriellen Hegemonie (vgl. Mace (1971)) zu erwähnen. Während der politische Ansatz die starke Abhängigkeit verschiedener Corporate-Governance-Modelle von den jeweils herrschenden politischen Präferenzen und den daraus resultierenden gesetzlichen Vorgaben für die Gestaltung von Strukturen in den Mittelpunkt der Analyse stellt und damit an die Sichtweise des ressourcenorientierten Ansatzes anknüpft, stellt der Ansatz der manageriellen Hegemonie eine Erweiterung des finanzwirtschaftlichen Ansatzes, insbesondere der Prinzipal-Agent-Theorie dar. Er besagt im Wesentlichen, dass die Manager als Leiter einer Unternehmung über einen erheblichen Informationsvorsprung gegenüber externen Mitgliedern des Überwachungsorgans verfügen und deshalb die Geschicke der Unternehmung bestimmen. Der institutionelle Ansatz versucht ferner, Corporate Governance im Kontext verschiedener unterschiedlicher sozialer und kultureller institutioneller Faktoren zu behandeln.
14
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
Entwicklungspotenziale in der Unternehmensleitung an. Auf dieser Grundlage analysieren sie die Leitung einer Organisation aus unterschiedlichen Perspektiven und mit unterschiedlichen Erklärungspotenzialen. Einen ersten Überblick über die Ausrichtung der wichtigsten Ansätze bietet die nachfolgende Übersicht:
Ansätze der Corporate Governance
Leitungsorgan(e) Beteiligung am Entscheidungsprozess
Äußere Umwelt
Innere Umwelt
Donaldson, 1990
strategisch denken
Stewardship-Ansatz
kontrollieren
Fama/Jensen, 1983
koordinieren
Finanzwirtschaftlicher Ansatz
verbinden
Freeman, 1984
Perf ormance
Stakeholder Ansatz
Conf ormance
Pf ef fer, 1972
Pluralistische Organisation
Ressourcenorientierter-Ansatz
Netzwerke
Abb. 2: Ansätze der Corporate Governance (Quelle: in Anlehnung an Hung (1998), S. 105)
2.2.1
Finanzwirtschaftlicher Ansatz
Der finanzwirtschaftliche Ansatz verwendet für die Analyse der Corporate Governance im Wesentlichen das institutionenökonomische Instrumentarium mit den 18 19 Elementen der Transaktionskostentheorie , der Property-Rights-Theorie und ins-
besondere der Principal-Agent-Theorie20, wobei Letztere lange Zeit als dominantes Modell für die aktuelle Corporate-Governance-Diskussion gesehen wurde.21
18 19 20 21
Vgl. Coase (1937); Williamson (1975) und (1996). Vgl. Demsetz (1967), S. 347 ff.; Alchian/Demsetz (1972). Vgl. Jensen/Meckling (1976); Fama/Jensen (1983); Ross (1973); Fama (1980); Eisenhardt (1989). Vgl. Nippa (2002), S. 12.
Corporate-Governance-Ansätze
15
Im Mittelpunkt des finanzwirtschaftlichen Ansatzes steht, bezogen auf die CorporateGovernance-Diskussion, das Verhältnis zwischen Eigentümern und Managern einer Unternehmung, weshalb der Ansatz auch als Shareholder(-Value)-Ansatz bezeichnet wird. Der finanzwirtschaftliche Ansatz setzt das Corporate-Governance-Problem mit dem Problem der Anteilseignerorientierung bei der Unternehmensführung gleich und ist mit der Vorstellung verbunden, das Unternehmen müsse sich auf die Ziele einer einzigen Interessensgruppe, nämlich der Eigenkapitalgeber bzw. Großanteilseigner ausrichten.
22
Die Ansprüche von Mitarbeitern, Fremdkapitalgebern und anderen
Interessensgruppen werden im Modell der reinen Anteilseignerorientierung nicht als Bestandteil des Corporate-Governance-Problems aufgefasst. Sie gelten stattdessen über Märkte, privatrechtliche Verträge und ein entsprechendes Gerichtssystem gesichert. Das wird damit gerechtfertigt, dass effiziente Arbeits- und Fremdkapitalmärkte unterstellt werden. Diese sorgen nach Auffassung von Vertretern des finanzwirtschaftlichen Ansatzes in Verbindung mit einem gesetzlichen Schutz der Verträge dafür, dass im Unternehmen nur institutionelle Regelungen des Interessenausgleichs erforderlich sind, die das Verhältnis von Aktionären und Managern sowie das Verhältnis der Aktionäre untereinander betreffen und so zu einer insgesamt auf den Shareholder Value ausgerichteten Unternehmensführung gelangen.
Der grundlegende Gedanke des finanzwirtschaftlichen Ansatzes ist es, dass die Gestaltung der organisationalen Regeln eine Übereinstimmung zwischen den Zielen der Anteilseigner (Gewinnmaximierung) und denen der Manager (persönliche Nutzenmaximierung, die sich auf eine Maximierung der eigenen Vergütung, aber auch auf Prestigegewinnung oder Machtausbau beziehen kann) herstellen muss. 23 Das Steuerungs- und Kontrollproblem resultiere daraus, dass der Agent sich nutzenorientiert und damit opportunistisch verhalte. Hierdurch entstünden Ineffizienzen in der Ressourcenverteilung (Agency-Kosten), da der Nutzen des Agenten in der Regel nicht mit dem Nutzen des Prinzipals übereinstimme. Aufgrund der zwischen Prinzipal und Agent bestehenden Informationsasymmetrien 24 zugunsten des Agenten stehen 22 23 24
Vgl. Witt (2003), S. 17 ff. Vgl. Siebart (2006), S. 115. Nach Art der asymmetrischen Informationsverteilung lassen sich die Typen hidden characteristics, hidden information und hidden action abgrenzen. Vgl. Küpper (2004), S. 33; Spremann (1990), S. 621 f.; Karmann (1992), S. 558 f.
16
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
die Formulierung eines Regelwerkes und die Gestaltung von Anreizen und Sanktionsmechanismen im Zentrum der Analyse. Ziel der Corporate Governance ist es nach diesem Ansatz, das Verhalten der Manager so zu steuern, dass es mit den Anforderungen der Anteilseigner in Übereinstimmung gebracht ist: „manager follow the interest of shareholders.“ Corporate Governance bedeutet damit die zielgerichtete
Führung
und
Überwachung
von
Unternehmen
und
beinhaltet
Mechanismen zur Regelung von Kompetenzen, Schaffung von Anreizen sowie die Installierung von Überwachungsprozessen.
25
Shleifer und Vishny als Vertreter dieses
Ansatzes definieren Corporate Governance in diesem Zusammenhang wie folgt: „Corporate Governance deals with the ways in which suppliers of finance to corporations assure themselves of getting a return on their investments. Our perspective on Corporate Governance is a straightforward agency perspective, sometimes referred to as separation of ownership and control.“26
Das Shareholder-Value-Konzept dient dabei als Lösungsmöglichkeit des Konfliktes und gründet sich auf die Auffassung, dass die Anteilseigner eines Unternehmens einen berechtigten Anspruch auf die bestmögliche Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals, also auf eine Maximierung des Unternehmenswertes (Shareholder Value), sozusagen als Gegenvergütung für Wartezeit (price for waiting) und Prämie für das mit der Investition verbundene Risiko (price for risk) haben.27
Die Entwicklung moderner Shareholder-Value-Konzepte geht vor allem zurück auf Rappaport, der mit seiner 1986 erschienenen Arbeit „Creating Shareholder Value“ eine breite Diskussion zum Thema Shareholder Value auslöste.
28
Mit seiner kapital-
geleiteten Sichtweise des Unternehmens hat der Ansatz in der Unternehmenspraxis und in der betriebswirtschaftlichen Theorie – nicht zuletzt aufgrund der guten
25
26 27 28
Albach bezeichnet in diesem Zusammenhang die Prinzipal-Agent-Theorie und ihre Begründung für das Auftreten eines regelungsbedürftigen Corporate-Governance-Problems als ein „Konfliktmodell“. Es sehe das Unternehmen als ein Netz von Verträgen, in denen Interessensgegensätze geregelt werden, und mache damit den Konflikt und seine Regelung zum Kernstück der Theorie der Unternehmung. Vgl. Albach (1997), S. 1270. Shleifer/Vishny (1997), S. 737. Vgl. Mossin (1966), S. 774; O’Sullivan (2000), S. 43. Vgl. Rappaport (1986) und (1999).
Corporate-Governance-Ansätze
17
Operationalisierbarkeit des Ansatzes – große Bedeutung gefunden.
29
Das
Shareholder-Value-Modell ist vor allem in den USA und Großbritannien weit verbreitet und wird daher auch als angelsächsisches Corporate-Governance-System bezeichnet (vgl. Kapitel 2.4).
Als
Kritikpunkte
des
finanzwirtschaftlichen
bzw.
Shareholder-Ansatzes
sind
30
insbesondere die unterstellte Homogenität der Eigentümerinteressen , die Bestimmbarkeit der im Einzelnen zu erbringenden Leistungen sowie die eindimensionale Ausrichtung der Unternehmensziele anhand von (kurzfristigen) monetären Zielgrößen zu nennen.31 Wichtige Einflussgrößen, die ebenfalls Auswirkungen auf den langfristigen Erfolg des Unternehmens haben, werden vernachlässigt (z.B. Kundenzufriedenheit, Mitarbeitermotivation). Auch das in der Institutionenökonomie unterstellte Menschenbild, nämlich der vorausgesetzte Opportunismus
des
handelnden
Individuums,
shareholderorientierten Ansatzesverstanden.
32
wird
als
Schwachstelle
des
Weitere Kritikpunkte stellen die
Gefahr der (Über-)Betonung der Überwachungs- und Kontrollfunktion durch die Anteilseigner und die unzureichende Berücksichtigung der Unternehmensumwelt dar.33
Insbesondere im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise wird die einseitige Unternehmensausrichtung auf den Shareholder Value und damit die inhaltliche (kurzfristige) Ausrichtung auf Wertsteigerung stark kritisiert, zum Teil sogar als
29
30 31 32 33
Als zentrale Steuerungsgröße der Shareholder-Value-orientierten Unternehmung gilt der Discounted Cashflow (DCF) unter Verwendung von Net-Present-Value-Berechnungen. Der Shareholder Value errechnet sich aus der Differenz zwischen dem über den DCF errechneten Unternehmenswert und dem Marktwert des Fremdkapitals. Als zentrale Werttreiber zur Steigerung des Shareholder Value zählen u.a. das Umsatzwachstum, die Gewinnmarge, Nettoinvestitionen in Anlage- und Umlaufvermögen, die Ertragssteuern, die Kapitalkosten sowie die Dauer der Wertsteigerung. Als Instrument zur Bewertung des Einflusses einzelner betrieblicher Entscheidungen auf die Veränderung des Shareholder Value wird der Shareholder-Value-Added (SVA) herangezogen. Diese Größe quantifiziert die Veränderung des Shareholder Value, die aus einer Strategie oder Entscheidung resultiert, also den zusätzlich geschaffenen Shareholder Value. Vgl. Rappaport (1999), S. 39 ff. Vgl. Nippa (2002), S. 13. Vgl. Donaldson/Preston (1995), S. 82 ff.; Janisch (1993), S. 100 ff.; Gomez (1993), S. 102 f. Vgl. Nippa (2002), S. 15; Siebart (2006), S. 54. Vgl. Eberhardt (1998), S. 142 ff.; Gomez (1993), S. 102 f.; Donaldson/Preston (1995), S. 82 ff.; Janisch (1993), S. 100 ff.
18
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
(Mit-)Versursacher der Finanzmarktkrise herangezogen. Als „investitions- und innovationsfeindlich“,
„Turbokapitalismus“
und
„größter
Irrweg
der
neuen 34
Wirtschaftsgeschichte“ wird die Orientierung am Shareholder Value bezeichnet.
Dem setzt Rappaport, als Begründer des Shareholder-Value-Gedankens, entgegen: „Wären die Prinzipien des Shareholder Value universell praktiziert worden, dann hätten wir jetzt keine Finanzkrise“.
35
interpretiertes
Shareholder-Value-Konzeptes,
Verständnis
des
Vielmehr sieht er als Ursache ein falsch nämlich
die
Orientierung an kurzfristigen Profiten anstatt einer langfristigen Wertsteigerung des 36
Unternehmens.
2.2.2
Stakeholder-Ansatz
Das Stakeholder-Konzept als weiteres theoretisches Modell zur Optimierung strategischer Unternehmenssteuerung geht auf den koalitionstheoretischen Ansatz von Cyert und March in den frühen sechziger Jahren zurück, in dem die Unternehmung als Koalition verschiedener Anspruchsgruppen aufgefasst wird.
37
Die
erweiterte Anreiz-Beitrags-Theorie von March und Simon (1976) fokussiert diese Aussage noch deutlicher auf die Perspektive der Unternehmung – hier stehen die bilateralen Austauschbeziehungen zwischen Unternehmung und Stakeholdern im Blickfeld.
38
Der Stakeholder-Ansatz betont, dass neben den Anteilseignern
(Shareholdern) weitere Interessensgruppen (Stakeholder) in der Organisation existieren, deren Interessen in die Gestaltung der Unternehmensführung einzubeziehen sind, da sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens wesentlich beeinflussen. Der Stakeholder-Ansatz erweitert somit die eindimensionale Sichtweise des finanzwirtschaftlichen Ansatzes, da bei diesem Ansatz nicht nur die Kontrollmöglichkeiten der Eigentümer von Interesse sind, sondern vielmehr die vielfältigen formalen und informellen Beziehungen der Unternehmung als Ganzes mit den verschiedenen Anspruchsgruppen ins Blickfeld rücken. Hung argumentiert,
34 35 36 37 38
Vgl. Malik (2008), S. 18 ff. Vgl. Rappaport (2008). Vgl. Rappaport (2008). Vgl. Cyert/March (1963), S. 27. Vgl. March/Simon (1976), S. 81 ff.
Corporate-Governance-Ansätze
19
basierend auf der Stakeholder-Theorie, folgendermaßen: „there are many groups in society besides owners and employees to whom the corporation is responsible.“
39
Auch Witt präsentiert eine Definition für dieses weiter gefasste Verständnis von Corporate Governance: „Corporate Governance kann als Leitung und Kontrolle eines Unternehmens
zur
Sicherung
eines
optimalen
Anspruchsgruppen (Stakeholdern) definiert werden“.
Ausgleichs 40
zwischen
allen
Weiter präzisiert er: „Das
Kernproblem der Corporate Governance besteht darin, bei der Festlegung der Unternehmensziele und der konkreten Unternehmenspolitik einen Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Stakeholdern eines Unternehmens zu bewirken … Dieser Interessenausgleich wird notwendig, weil zwischen den beteiligten bestehen.“
Parteien 41
Informationsasymmetrien
und
Interessendivergenzen
Theoretisch lässt sich somit die Corporate Governance eines Unter-
nehmens als mehrstufige, dynamische Principal-Agent-Situation darstellen.42 Für die nähere Beschreibung der relevanten Stakeholder wird meist die relative offene Stakeholder-Definition von Freeman verwendet: „A stakeholder in an organization is (by definition) any group or individual who can be or is affected by the achievement of the organization’s objectives.“
43
Gemäß dieser Definition umfasst der
Begriff „Stakeholder“ nicht nur die direkten Anspruchsgruppen innerhalb einer Organisation oder Unternehmung (z.B. Anteilseigner, Mitarbeiter), sondern ebenfalls die
externen
Anspruchsgruppen
(z.B.
Investoren,
Lieferanten,
Kunden,
Öffentlichkeit). Dabei können die unterschiedlichen Stakeholder teilweise divergierende Zielsetzungen verfolgen (Interessenspluralität). Etymologisch betrachtet ist ein Stakeholder jemand, der etwas auf dem Spiel stehen hat („at stake“) bzw. der ein Interesse („stake“) an einer Sache hat.
44
In diesem interessenpluralistischen Ver-
ständnis sind die Entscheidungsprozesse im Unternehmen darauf auszurichten, die Interessen der Stakeholder ebenso zu beachten wie die Interessen der Shareholder, da nicht nur die Eigenkapitalgeber das Risiko ungewisser Residualerträge tragen, 39 40 41 42 43 44
Hung (1998), S. 106. Witt (2000), S. 159. Witt (2000), S. 159 Vgl. Witt (2003), S. 20. Freeman (1984), S. 46. Vgl. Wentges (2002), S. 91 ff.
20
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
sondern auch die übrigen Interessensgruppen „etwas auf dem Spiel stehen haben“ (at stake) und einen genau spezifizierbaren Beitrag in das Unternehmen „investieren“ (z.B. Arbeitskraft). Denn es bestehe für alle Anspruchsgruppen (nicht nur für die Anteilseigner) die Gefahr, dass im Fall größerer finanzieller Schwierigkeiten der Unternehmung weder vertraglich explizit zugesicherte Leistungen erbracht noch implizite, vertraglich nicht explizit festgelegte und juristisch damit nicht durchsetzbare Ansprüche von der Unternehmung erfüllt würden. Nach dieser Theorie sind die Stakeholder damit insbesondere auch dem opportunistischen Verhalten der Unternehmung ex post ausgesetzt und befinden sich in einer Holdup-Situation.
45
Aufgabe
der Corporate Governance sei es, einen Interessensausgleich zwischen den verschiedenen Akteuren herbeizuführen und somit den Ausgleich zwischen wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen und individuellen Zielsetzungen zu schaffen (sog. Stakeholder Value). Diese Sichtweise stellt eine Erweiterung des finanzwirtschaftlichen Ansatzes dar, indem sie die eindimensionale Fokussierung auf die Eigenkapitalgeber (Shareholder) aufgibt und somit an einen wesentlichen Kritikpunkt dieses Ansatzes anknüpft. Gemein ist beiden Ansätzen jedoch, dass sie von einer grundsätzlichen Konfliktsituation zwischen Managern und Anteilseignern bzw. weiteren Anspruchsgruppen der Organisation ausgehen. Sowohl die Anteilseigner als auch weitere Anspruchsgruppen haben ein Interesse daran, das Verhalten der Manager zu kontrollieren bzw. die Interessen der Stakeholder zu koordinieren. Auch der Stakeholder-Ansatz weist Schwachstellen auf. So bleibt beispielsweise in der Stakeholder-Theorie die Frage offen, wie aufgrund der Interessenspluralität und divergierenden Zielsysteme der verschiedenen Akteure eine Gewichtung der jeweiligen Stakeholder-Interessen vorgenommen werden soll.
46
Auch die Frage, wer
überhaupt die relevanten Stakeholder sind, bleibt unbeantwortet. 47 Darüber hinaus 45
46 47
Holdup („Überfall“) bezeichnet eine Situation, in welcher der Agent seinen Ermessensspielraum bei der Leistungserbringung zu seinen Gunsten ausübt und damit dem Prinzipal (hier Stakeholdern) Schaden zufügt. Dieses willentliche Verhalten tritt erst nach Vertragsschluss auf, bleibt dem Prinzipal (Stakeholdern) danach jedoch nicht verborgen, sondern zeigt sich offen in der Interaktion beider Vertragsparteien. Vgl. Wentges (2002), S. 102 ff.; Klein/Crawford/Alchian (1978), S. 279 ff. Vgl. Jensen (2001). Vgl. Schiltknecht (2004), S. 26.
Corporate-Governance-Ansätze
21
wird bei einer Betrachtung des Ziels, eine Gesamtsteuerung der Unternehmung über den Stakeholder-Ansatz vornehmen zu können, die bereits beim Shareholder-Ansatz dargestellte Kritik in Teilen verschärft. Denn auch hier kann nicht von homogenen Interessen aller Stakeholder innerhalb einzelner Gruppen und noch weniger von homogenen Interessen verschiedener Stakeholder-Gruppen ausgegangen werden. Damit wird eine analytische Ableitung optimaler Entscheidungen oder Entscheidungsstrukturen unmöglich bzw. die Zahl der innerhalb des Systems der Corporate Governance potenziell auftretenden und zu lösenden Interessenskonflikte ist damit im Vergleich zu anderen Ansätzen maximal.
48
Entsprechend schwierig ist
es, einen Konfliktlösungsmechanismus zu finden. Der Stakeholder-Ansatz lässt schließlich die Frage nach den Grundlagen und Maßstäben zur Bewertung der Leistung des Managements offen. Wer misst sie? Was sind die Kriterien? Die Ergebnisse für die Beschäftigten, für die Kunden oder für die Aktionäre?
49
Trotz dieser Kritikpunkte wird dem Stakeholder-Ansatz – insbesondere in Kontinentaleuropa – erhebliche Relevanz eingeräumt. So ist auch das CorporateGovernance-System in Deutschland schon seit dem Beginn der Industrialisierung nach 1870 stakeholderorientiert und räumt nicht nur den Eigentümern oder Aktionären Mitwirkungsmöglichkeiten ein, sondern ist am Interesse verschiedener Gruppen ausgerichtet, ohne aber dabei die Zielausrichtung, nämlich eine bestimmte Steigerung des Unternehmenswertes, aufzugeben.50 Eine Erweiterung des Stakeholder-Ansatzes stellt der Wirtschaftswissenschaftler Fredmund Malik vor. Für ihn sollte sich die Corporate Governance nicht an den Interessensgruppen – weder Shareholder noch Stakeholder – orientieren, da nach seiner Ansicht diese Orientierung systematisch zu falschen Entscheidungen und somit zu Fehlentwicklungen des Unternehmens führe. 51 Vielmehr sei eine Ausrichtung am sogenannten „Customer Value“, d.h. eine Orientierung am Kunden 48 49 50 51
Vgl. Witt (2003), S. 54 ff. Vgl. Schiltknecht (2004), S. 25 ff. Vgl. Schmidt (2007), S. 31. Vgl. Malik (2008), S. 18.
22
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
angeraten, da nicht „the best balances interest of interest groups“ entscheidend sei, sondern als entscheidendes Kriterium für das Handeln der Topmanagement-Organe „the best interest of the company“ herangezogen werden müsse.
52
Malik propagiert
demzufolge, keine der denkbaren Interessensgruppen ins Zentrum zu stellen, sondern vielmehr das Unternehmen selbst in den Mittelpunkt zu rücken. Das Unternehmen
wird
verschiedener
entgegen
dem
Stakeholder-Ansatz
Anspruchsgruppen
aufgefasst,
hier
sondern
nicht als
als
Koalition
eigenständige
institutionelle Einheit, nämlich als „Grundtypus des produktiven Organs einer entwickelten Gesellschaft“ verstanden.
53
Der „Wert“ des Unternehmens bestünde daher
darin, wettbewerbsfähig und konkurrenzfähig zu sein, nämlich sich in seinen Produkten und Dienstleistungen abzuheben, mit dem Zweck, zufriedene Kunden zu 54
schaffen (Customer Value).
Nach Ansicht von Malik wird jedoch ein Unternehmen, das den Customer Value als Schlüsselgröße der Unternehmensführung heranzieht und den Hauptzweck in der (Er-)Schaffung von Kunden sieht, ebenfalls die Interessen von Interessensgruppen – allen voran der Aktionäre – befriedigen können. Dies begründet er wie folgt: „Wer Kunden hat, wird immer Kapitalgeber finden und letztlich auch zufriedene Share- und Stakeholder haben, nicht als Ziel, sondern als Folge erfolgreichen Wirtschaftens.“ 55 Dem Kritikpunkt, auch Kunden würden ebenfalls eine mögliche Interessensgruppe des Unternehmens darstellen, setzt Malik entgegen, dass Kunden und Interessensgruppen einer gänzlich anderen Logik unterstünden, da Kunden nicht von Interessen geleitet, sondern von ihrem Nutzen, nämlich dem Preis-Leistungs-Verhältnis im Vergleich zur verfügbaren Konkurrenz, bestimmt werden. Zur Interessensgruppe würden Kunden nur dort, wo es keine Konkurrenz gibt und demzufolge die Kunden keine Wahlmöglichkeit haben.56
52 53 54 55 56
Vgl. Malik (2008), S. 47. Vgl. Malik (2008), S. 51. Vgl. Malik (2008), S. 53. Malik (2008), S. 52. Vgl. Malik (2008), S. 52.
Corporate-Governance-Ansätze
2.2.3
23
Stewardship-Ansatz
Ausgangspunkt des Stewardship-Ansatzes57 ist die Kritik an dem insbesondere im finanzwirtschaftlichen
Ansatz
zugrunde
gelegten
Bild
des
Managers
als
opportunistischer Akteur; dieses sei empirisch nicht haltbar und bewiesen.
58
Donaldson und Davis59 stellen dem Negativbild als Grundlage ihres eigenen Ansatzes den Gegenentwurf eines intrinsisch motivierten Managers gegenüber und konstatieren, dass diese „gute Verwalter und Treuhänder (‚stewards‘) ihres Unternehmens sind, die mit großem Eifer die Ziele des Unternehmens, insbesondere einen hohen Gewinn und ökonomisch gerechtfertigte Rückflüsse für die Eigentümer verfolgen“ und sich daher nicht opportunistisch gegenüber den Anteilseignern 60
verhielten.
Die Motivation der Manager liege vor allem in der Leistung und Über-
nahme von Verantwortung für das Unternehmen, Anerkennung von Leistung, Handlungsfreiheit
und
Selbstverwirklichung.
Da
Manager
sich
über
die
verantwortungsvolle, selbstbestimmte Tätigkeit definierten, sollten ihnen größere Freiheitsgrade bei ihrer Tätigkeit zugestanden werden, als dies bei Verfolgung des Shareholder- und Stakeholder-Ansatzes der Fall sei, wo die Überwachung im Vordergrund stünde.61 Für die Gestaltung der Corporate Governance eines Unternehmens mit solchen Managern bedeute dies vor allem, dass die Anteilseigner dem Management vertrauen, ihm weitreichende Autonomie geben und auf den Einsatz von zu weitgehenden Kontroll- und Anreizmechanismen verzichten sollten.
62
Der
Ansatz stellt dabei auf Erkenntnisse der Organisations- und Motivationsforschung ab, die eine erhebliche Anzahl von Handlungsmotiven aufgezeigt hat, die gerade nicht auf finanzielle Einflussgrößen zurückzuführen sind, wie es insbesondere vom finanzwirtschaftlichen Ansatz unterstellt wird.
63
Erster Kritikpunkt am Stewardship-Ansatz ist die – ebenso wie beim finanzwirtschaftlichen Ansatz – eindimensional fokussierte Betrachtungsweise auf die
57 58 59 60 61 62 63
Vgl. Doucouliagos (1994); Davis/Schoormann/Donaldson (1997). Vgl. Hirsch/Michaels/Friedman (1987). Vgl. Donaldson/Davis (1994). Vgl. für die Übersetzung Nippa (2002), S. 15. Vgl. Donaldson/Davis (1994), S. 151 ff. Vgl. Davis/Schoormann/Donaldson (1997), S. 24 f. Vgl. Muth/Donaldson (1998), S. 6.
24
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
Eigentümer und Manager einer Unternehmung. Schwerer wiegt allerdings das Manko, dass Anteilseigner vor der praktischen Schwierigkeit stehen, bei der Einstellung und in der Zusammenarbeit mit Managern kaum erkennen zu können, ob diese dem Typ des Stewards angehören oder sich eher wie Agenten im Sinne der Principal-Agent-Theorie verhalten.
64
Während das Managerbild des „Stewards“ einen
weitreichenden Verzicht auf Überwachung zur Folge hätte, ist die Etablierung eines Anreiz- und Kontrollmechanismus bei letzterem Typ elementar und für das Unternehmen existenziell. Der Stewardship-Ansatz stellt damit die Annahme eines sehr einseitigen Menschenbildes in den Vordergrund. Verhalten muss aber auch Zwischenformen abbilden und kann situationsabhängig variieren. Wechselwirkungen zwischen Macht, Ideologie und Konflikten in Unternehmen bleiben gänzlich unbeachtet.65 Wegen dieser Kritikpunkte hat der Stewardship-Ansatz in seiner Reinform in der Praxis kaum Verbreitung gefunden, häufiger finden sich jedoch Mischformen aus Stakeholder- und Stewardship-Ansatz.
2.2.4
Ressourcenorientierter Ansatz
Der ressourcenorientierte Ansatz (auch Resource Dependance Approach) lässt sich als Weiterentwicklung und theoretische Fundierung des Stakeholder-Ansatzes verstehen. Als bestimmender Faktor der Corporate Governance stellt der ressourcenorientierte Ansatz die Überlegung in den Vordergrund, dass Unternehmen als „bundle of resources“
66
interpretiert werden und strategische Wettbewerbsvorteile
durch die spezifische Kombination von Ressourcen erlangen können. Der Bezug zur Corporate Governance ergibt sich beim ressourcenorientierten Ansatz daraus, dass den unternehmensspezifischen Ressourcen nicht nur besondere Bedeutung für den Unternehmenserfolg zugeschrieben wird, sondern insbesondere durch die Abhängigkeit
des
Unternehmens
Unternehmensrisiken erwachsen. 64 65 66 67
Vgl. Witt (2008), S. 3. Vgl. Staehle (1991), S. 322 ff. Vgl. Grant (1991); Conner (1991). Vgl. Gerum (2005), S. 23.
67
von
den
Ressourceninhabern
spezifische
Corporate-Governance-Ansätze
25
Die ursprünglichen Überlegungen des ressourcenorientierten Ansatzes können auf Pfeffer und Salancik zurückgeführt werden, die in ihrem Buch „The external Control of Organizations. A Resource Dependence Perspective“ als zentrale These postulieren, dass die Abhängigkeit von „kritischen“, wichtigen Ressourcen das Handeln von Unternehmen beeinflusse.
68
Entscheidungen und Handlungen ließen
sich daher aus der jeweiligen Abhängigkeitssituation erklären: „… in general, organizations will tend to be influenced by those who control the resources they 69 require“ . Die Fremdbestimmtheit und externe Kontrolle rühre daher, dass
Organisationen Ressourcen benötigen, um überleben zu können, und „im ständigen Kampf um Autonomie und Entscheidungsmacht stehen und ständig mit Grenzen und externer Kontrolle konfrontiert sind.“70 Wer also Ressourcen kontrolliere, habe Macht über die Akteure, die auf diese Ressourcen angewiesen seien. Folglich seien Organisationen mehr oder weniger von ihrer interorganisationalen Umwelt abhängig. Je „mächtiger“ die externen und internen Anspruchsgruppen (stakeholder) seien, desto mehr würden auch die Entscheidungsprozesse zu ihren Gunsten beeinflusst werden. Die Entscheidungen würden demzufolge zu Ergebnissen führen, welche die Macht-, aber auch die Effizienzinteressen der dominanten Koalition (der Kerngruppe) befriedigen. Die Effizienz der Organisation ist nach diesem Ansatz somit (nur) Mittel zum Zweck – zum Zweck der Machterhaltung.71 Anders als beispielsweise beim finanzwirtschaftlichen Ansatz vorausgesetzt gehen Pfeffer und Salancik davon aus, dass die Entscheidungen und Handlungen der jeweiligen Akteure lediglich begrenzter Rationalität unterliegen. Dementsprechend weisen sie auch Wahrnehmungs- und Interpretationsvorgängen eine größere Bedeutung zu, da diese nach ihrer Auffassung die Entscheidungen und Handlungen bestimmen.
72
Das Überleben von Organisationen erklärt sich nach diesem Ansatz
zum einen aus der Fähigkeit des Managements, Umweltkontingenzen zu interpretieren und zum anderen die Wahrnehmungs- und Interpretationsprozesse
68 69 70 71 72
Vgl. Pfeffer/Salancik (1978a); Pfeffer/Salancik (2003). Pfeffer/Salancik (1978a), S. 44. Vgl. Pfeffer/Salancik (1978b), S. 146; Pfeffer/Salancik (2003); Nienhüser (1998), S. 245. Vgl. Nienhüser (1998), S. 245. Vgl. Nienhüser (1998), S. 245; March (1978).
26
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
derjenigen, die wichtige Ressourcen kontrollieren, zu beeinflussen, um damit letztlich auf die notwendigen Ressourcen zugreifen zu können.
73
Kritikpunkt des ressourcenorientierten Ansatzes stellt in erster Linie die mit dem Ressourcenbegriff verbundene Unschärfe dar.
74
Hiermit einhergehend wird ebenfalls
in Frage gestellt, ob – gemäß dem ressourcenorientierten Ansatz – ein rationales Verständnis von Ressourcen und Ressourcenkontrolle überhaupt bestehen kann. Als weitere Schwachstelle des ressourcenorientierten Ansatzes, der auch als „machttheoretischer“ Ansatz bezeichnet wird,
75
ist die Anknüpfung des Corporate-
Governance-Systems an die Leistungspotenziale der Ressourcen von Unternehmen und somit die reine Effizienzorientierung zu nennen. Nach Meinung der Kritik ist das Effizienzargument alleine als Begründung nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es, um Fehlschlüsse zu vermeiden, zusätzlicher ethischer Argumente, wie etwa ein bestimmtes normativ gemeintes Menschbild, um eine solche Unternehmensverfassung zu begründen.
76
In der Praxis wird der ressourcenorientierte Ansatz
jedoch durchaus mit anderen Ansätzen kombiniert, so dass dieser Ansatz nicht als Gegenentwurf, sondern als Ergänzung anderer Sichtweisen dient. Der ressourcenorientierte Ansatz ist somit nicht als universeller Ansatz bzw. Handlungsempfehlung zu bewerten, sondern kann situativ eine wichtige ergänzende Sichtweise in die Unternehmensführung einbringen.
2.2.5
Gesamtschau und Integration der Ansätze
Die Analyse der theoretischen Corporate-Governance-Grundlagen zeigt, dass lange Zeit Forschungsansätze Beachtung fanden, welche die Corporate Governance lediglich aus einer Perspektive heraus behandelten. Auch wurden in der Vergangenheit teilweise bereits bekannte Aspekte mit dem Terminus „Corporate Governance“ gleichgesetzt. Würde man unter Corporate Governance beispielsweise nur die Spielregeln der Machtverteilung zwischen den Eigentümern und dem Management verstehen, wäre die Verwandtschaft zwischen der Shareholder-Value-
73 74 75 76
Vgl. Nienhüser (1998), S. 244 f. Vgl. Hermesch (2002), S. 108 ff. Vgl. Nienhüser (1998), S. 244 ff. Vgl. Gerum (2005), S. 24.
Corporate-Governance-Ansätze
27
Philosophie und der Corporate Governance so eng, dass sich ein Unterschied schwerlich ausmachen ließe. Die Corporate-Governance-Diskussion hat sich jedoch in den vergangenen Jahren verändert. Nunmehr wird in der Forschung die Berücksichtigung verschiedener theoretischer Ansatzpunkte verlangt. Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es „das“ ideale, auf einem einzigen Ansatz beruhende Corporate-GovernanceSystem nicht gibt, sondern dass grundsätzlich viele Wege zum Ziel führen und dabei immer auf die jeweilige Problemstellung und Gegebenheiten abgestimmte Lösungen gefunden werden müssen. Dabei wird nicht geleugnet, dass sich durchaus bestimmte Prinzipien in vielen Situationen als hilfreich erwiesen haben.
77
Ob sich
künftig ein bestimmter Ansatz und eine bestimmte Theorie in der CorporateGovernance-Debatte durchsetzen werden, bleibt deshalb weiterhin fraglich. Eher ist anzunehmen, dass es genauso wenig, wie es die richtige Corporate-GovernanceLösung gibt, die richtige theoretische Basis gibt. Dieser neue (ganzheitliche) Ansatz zur Corporate Governance integriert somit die bisher in Forschung, Lehre und Praxis weitgehend isoliert betrachteten Komponenten.
78
Über diese Forderung nach der Integration verschiedener theoretischer Ansatzpunkte hinaus hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls die Erkenntnis durchgesetzt, dass es notwendig ist, in der Zukunft eine gezielte Anpassung der Corporate Governance an den Kontext des Unternehmens vorzunehmen, d.h. sowohl zwischen den unterschiedlichen Landes- und Branchen- als auch Unternehmenskulturen zu differenzieren (situativer Ansatz).79 Das Nebeneinander bzw. die situative Integration verschiedener theoretischer Ansatzpunkte ist somit bestimmend und bleibt zukunftsweisend.
77 78 79
Vgl. Wentges (2002), S. 74. Vgl. Hilb (2009), S. 6 ff.; Hung (1998), S. 105. Vgl. Hilb (2009), S. 11 ff.
28
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
2.3 Corporate-Governance-Mechanismen Die im vorherigen Abschnitt dargestellten verschiedenen Ansätze zur Corporate Governance bemühen sich jeweils um eine Antwort auf die Frage, aus welcher Sicht und in welche Richtung ein Unternehmen geführt werden soll, und bestimmen damit zugleich die Zielsetzung der Corporate Governance. Doch wie kann sichergestellt werden, dass die jeweilige Interessenslage auch Beachtung findet? Welche Mittel sichern die Zieleinhaltung? Dies sind die Fragen nach den Mechanismen der Corporate Governance. Unter der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Instrumente und Regularien wird zwischen internen und externen Corporate-GovernanceMechanismen
unterschieden.
80
Während
Erstere
ihre
Wirkung
über
die
Ausgestaltung von Anreiz- und Organisationsstrukturen entfalten (Inside Control), beruhen Letztere auf der Existenz eines Wettbewerbsmarktes (Outside Control). Beiden Instrumenten – sowohl den internen als auch externen CorporateGovernance-Mechanismen – ist gemein, dass es das Ziel ihres Einsatzes ist, den diskretionären Handlungsspielraum des Managements zu kontrollieren bzw. über Anreize zu steuern. Im Folgenden werden die wichtigsten internen und externen Mechanismen skizziert. Einen Überblick über die potenziellen Mechanismen bietet die nachfolgende Abbildung:
80
Für eine Übersicht der verschiedenen Kontrollmechanismen vgl. Shleifer/Vishney (1997). Neben der Einteilung in externe und interne Mechanismen können auch andere Unterscheidungen vorgenommen werden. Jensen differenziert beispielsweise zwischen legalen und regulatorischen Mechanismen, internen und externen Kontrollmechanismen sowie dem Wettbewerb auf dem Produktmarkt. Vgl. Jensen (1993), S. 831 ff.
Corporate-Governance-Mechanismen
29
Corporate-Governance-Mechanismen
• Aufsichtsgremien
Interne Mechanismen
• Anreizsysteme • Eigentumsverhältnisse • Revision
• Produktmarkt
Externe Mechanismen
• Arbeitsmarkt • Kapitalmarkt • Gesetzliche Regelungen
Abb. 3: Interne und externe Corporate-Governance-Mechanismen (Quelle: eigene Darstellung)
2.3.1 Die
Interne Mechanismen internen
Corporate-Governance-Mechanismen
beziehen
sich
auf
die
Organisationsstruktur eines Unternehmens bzw. die mit ihm in Verbindung stehenden Vertragspartner und umfassen alle (potenziellen) Mechanismen, die unternehmensintern eingesetzt werden können. Für die internen CorporateGovernance-Mechanismen ist die Existenz einer vertraglichen Beziehung zwischen den Kapitalgebern und der Unternehmensleitung konstitutiv. Die diskretionären Handlungsspielräume des Managements werden hier von den Kapitalgebern selbst durch die Ausübung der ihnen vertraglich eingeräumten Rechte beschränkt. 81
2.3.1.1
Aufsichtsgremium
Besondere Aufmerksamkeit bei den internen Corporate-Governance-Mechanismen erhält in der Literatur das oberste Führungsorgan des Unternehmens: das
81
Vgl. Kreitmeier (2001), S. 35.
30
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance 82
Aufsichtsgremium . Ausgehend von den unterschiedlichen Corporate-GovernanceAnsätzen steht die konkrete Ausgestaltung des Mechanismus „Aufsichtsgremium“ dabei in Abhängigkeit von dem zugrunde gelegten theoretischen Ansatz bzw. der damit verbundenen Vorstellung hinsichtlich der Rolle des Aufsichtsgremiums im Rahmen der Corporate Governance:
Mögliche Rollen von Aufsichtsgremien
Unternehmensextern
Unternehmensintern
Ressourcenorientierter Ansatz (Linking Role)
Finanzwirtschaftlicher Ansatz (Controle Role)
Stakeholder Ansatz (Coordinating Role)
Stewardship Ansatz (Support Role)
Abb. 4: Klassifikation möglicher Rollen von Aufsichtsgremien im organisatorischen Geschehen der Corporate-Governance-Diskussion (Quelle: in Anlehnung an Kreitmeier (2001), S. 45)
Aus der Perspektive des finanzwirtschaftlichen Ansatzes wird die Institutionalisierung eines (unabhängigen) Aufsichtsgremium als reines Kontrollinstrumentarium bzw. effizienter Mechanismus angesehen, der das Verhalten des Managements überwacht, kontrolliert und sicherstellt, dass das Ziel der Shareholder-Value-Maximierung 82
Das Aufsichtsgremium wird vom Eigentümer (fakultativ) eingesetzt und häufig als Verwaltungsrat, Aufsichtsrat, Beirat oder Kuratorium bezeichnet. Gemeinsam mit der Geschäftsführung bildet das Aufsichtsgremium die Unternehmensleitung. Das Aufsichtsgremium ist der Geschäftsführung übergeordnet. Die konkreten Aufgaben des Aufsichtsorgans können abhängig von den Vorstellungen der Eigentümer unterschiedlich weit gefasst werden und reichen von der strategischen Steuerung bis hin zu reinen Kontrollfunktionen. Die weiteren Ausführungen werden zeigen, dass eine reine Fokussierung auf die Kontrollfunktion innerhalb des organisatorischen Geschehens ein sehr verkürztes Verständnis der Tätigkeit von Aufsichtsgremien darstellt.
Corporate-Governance-Mechanismen
verfolgt wird (Control Role):
83
31
„Agency theorists view a board of directors as a
mechanism to ensure that top management actions are in accord with shareholder interests. The purpose of the board of directors is to monitor top management and resist the opportunism and self-interested behaviour managers.“
84
Entgegen dieser
Sichtweise verfolgt der Stewardship-Ansatz das primäre Ziel, durch die Errichtung eines Aufsichtsgremiums dem Management den notwendigen Handlungsspielraum einzuräumen und diesen auch sicherzustellen. Dem Aufsichtsgremium kommt nach diesem Ansatz eine eher unterstützende Rolle zu (Support Role).
85
Während sowohl
der finanzwirtschaftliche Ansatz als auch der Stewardship-Ansatz – trotz ihrer inhaltlich konträren Auffassung – beide eine nach innen gerichtete Überwachungsbzw. Unterstützungsfunktion des Aufsichtsgremiums hervorheben, betont das Konzept des ressourcenorientierten Ansatzes im Gegensatz hierzu die Bedeutung des Aufsichtsgremiums im Zusammenhang mit externen (Ressourcen-)Bindungen und der Überwachung des externen Umfelds des Unternehmens im Sinne eines Frühwarnsystems.
Das
Aufsichtsgremium
stellt
hier
das
Bindeglied
zum
Unternehmensumfeld dar und ist für die Sicherung der für das Unternehmen lebensnotwendigen Ressourcen zuständig. Somit wird das Aufsichtsgremium selbst als eine Art „Netzwerkressource“ interpretiert, welche das Unternehmen im Umgang mit seinem sozioökonomischen Umfeld unterstützt und zur Legitimation sowie zum Erreichen der Ziele des Unternehmens beiträgt, indem es Handlungsoptionen schafft (Linking Role).
86
Ebenfalls als Schnittstelle von Organisation und sozioökonomischen
Umfeld wird die Rolle des Aufsichtsgremiums beim Stakeholder-Ansatz begriffen. Hier wird die Bestellung von Mitgliedern des Aufsichtsgremiums als Instrumentarium verstanden, um spezifische Stakeholder-Gruppen und ihre jeweilige Interessenslage zu berücksichtigen. Der Stakeholder-Perspektive nach wird dem Gremium somit eine koordinierende Rolle zuteil (Coordinating Role).
87
Über die möglichen Rollen von Aufsichtsgremien im organisationalen Geschehen hinaus steht im Fokus der Corporate-Governance-Diskussion die Möglichkeit der 83 84 85 86 87
Vgl. Fama (1980), S. 294; Kreitmeier (2001), S. 45 ff. McNulty/Pettigrew (1999), S. 50. Vgl. Kreitmeier (2001), S. 48 ff. Vgl. Kreitmeier (2001, S. 59 ff.; Sydow (1992), S. 309. Vgl. Kreitmeier (2001), S. 52 ff.
32
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
Effizienzsteigerung der Aufsichtstätigkeit. Dabei stehen Fragestellungen wie das Ausmaß und der Umfang der Durchgriffsrechte oder aber auch unterschiedliche Attribute, die im Zusammenhang mit der Funktionalität des Aufsichtsgremiums stehen, im Fokus der Untersuchung. Beispiel hierfür sind die Größe, Zusammensetzung, Amtsdauer oder aber auch die Struktur des Aufsichtsgremiums. Ziel ist es, jene Kriterien zu identifizieren, die für eine effiziente Erfüllung der Aufsichtsfunktion verantwortlich zeichnen.
2.3.1.2 Neben
Anreizsystem dem
Aufsichtsgremium
als
elementarem
Corporate-Governance-
Mechanismus wird auch der Etablierung von Anreizsystemen ein hoher Stellenwert beigemessen. Als Möglichkeit der Ausgestaltung bieten sich zum einen monetäre Anreize für das Management (wie z.B. leistungsbezogene Vergütung, Aktienoptionen, Boni) oder zum anderen auch nichtmonetäre Anreize (wie z.B. IncentiveProgramme)
an.88
Durch
performanceabhängige
Anreizsysteme
sollen
die
Interessen des Managements zielgerichtet gesteuert und opportunistisches Verhalten vermieden werden. Gleichzeitig kann von einem Einsatz monetärer als auch 89 nichtmonetärer Anreizsysteme eine Motivationswirkung , eine Selektions- und
Koordinationsfunktion90 sowie eine Personalgewinnungs- und -bindungsfunktion91 ausgehen.
92
Es wird diskutiert, dass Messgrößen so weit wie möglich in direktem Zusammenhang mit den vom Manager persönlich erbrachten Leistungen stehen sollen, um einen
88
89
90
91
92
Zu den möglichen Vor- und Nachteilen sowie der genauen Ausgestaltung von Anreizsystemen als Mechanismus der Corporate Governance vgl. Witt (2003), S. 20 ff. Eine Motivationswirkung wird vor dem Hintergrund erwartet, dass beim Einsatz von erfolgsabhängigen Komponenten eine Verbesserung des Managereinkommens direkt aus der Leistungssteigerung des Managers oder der Ergebnisverbesserung des Unternehmens resultiert. Prinzipiell strebt der Manager dementsprechend an, sein Einkommen durch eine verbesserte Leistung aufzubessern. Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 312 und 323 ff. Das Vorhandensein von Anreizsystemen kann die Attraktivität des Unternehmens gegenüber Wettbewerbern erhöhen und damit Bewerber zu diesem Unternehmen anziehen (Selektionsfunktion). Daneben kann durch die Etablierung von Anreizsystemen eine effizientere Abstimmung von Prozessen in Unternehmen bewirkt werden (Koordinationsfunktion). Vgl. Jensen/Murphy (1990), S. 245; Winter (1996), S. 39 f. Es wird erwartet, dass Anreizsysteme die Attraktivität des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt steigern und gleichzeitig die Personalbindung an das Unternehmen erhöhen können. Vgl. Winter (1996), S. 39 f. Vgl. Hausch (2004), S. 329 ff.
Corporate-Governance-Mechanismen
33
optimalen Einsatz dieses Mechanismus zu erzielen.
93
Als Bemessungsgrundlage der
Managementleistung kommen sowohl inputorientierte Größen (wie z.B. die eingesetzte Arbeitszeit) als auch outputorientierte Größen (wie z.B. der Umsatz, Gewinn oder Unternehmenswert) in Frage.
94
Allerdings ist die Effizienz des Einsatzes von Anreizsystemen in hohem Maße davon abhängig, inwieweit die gewählte Messgröße tatsächlich von der Arbeitsanstrengung des Managers beeinflusst wird und wie stark sich die Bemessungsgrundlage mit den Zielen der anderen Stakeholder deckt.
95
Nicht zuletzt die hochaktuelle Diskussion
zur Angemessenheit von Managervergütungen zeigt auf, dass bei der Ausgestaltung anreizkompatibler Verträge mit dem Management darauf zu achten ist, diese mit langfristigen Anreizelementen zu versehen, um der Gefahr einer ausschließlich kurzfristigen Unternehmenssteuerung entgegenzuwirken.
2.3.1.3
Kapitalstruktur
Unabhängig von der Ausgestaltung des Aufsichtsgremiums und dem gezielten Einsatz von Anreizsystemen bildet sich in der Kapitalstruktur eines Unternehmens ein zusätzlicher interner Corporate-Governance-Mechanismus zur Zielsteuerung und Kontrolle ab. Der Einsatz der Kapitalstruktur stellt dabei einen in zweifacher Hinsicht möglichen internen Steuerungs- und Überwachungsmechanismus dar, da sowohl mit der Aufnahme von Fremd- als auch Eigenkapital eine Allokation von Kontrollrechten verbunden ist.96 Während die Fremdkapitalgeber ihr Kontrollrecht über laufende Auszahlungsverpflichtungen in Form von Zins- und Tilgungszahlungen ausüben, wirkt
im
Falle
der
Eigenkapitalgeber
die
Ausübung
von
Stimmrechten
reglementierend bzw. hat eine disziplinierende Wirkung auf das Management.
97
Eine
wirksame Kontrolle durch Stimmrechtsausübung setzt allerdings voraus, dass sich 93 94 95 96 97
Vgl. Shleifer/Vishny (1997), S. 744. Vgl. Witt (2003), S. 21. Vgl. Witt (2003), S. 21. Vgl. Kreitmeier (2001), S. 35 f. Den Anteilseignern eines Unternehmens stehen in allen Rechtsformen Stimmrechte aus ihrem Anteilsbesitz zu. Bei großen Kapitalgesellschaften findet mindestens einmal im Jahr eine Versammlung der Anteilseigner statt, auf der die Unternehmensleitung den Jahresabschluss präsentiert und den Eigenkapitalgebern wichtige Beschlüsse zur Abstimmung vorlegt. Üblicherweise müssen die Mitglieder der Unternehmensleitung auch von den Anteilseignern entlastet werden bzw. die Anteilseigner können die angestellten Manager bei Unzufriedenheit mit deren Leistungen abwählen und ein neues Management einstellen. Vgl. Witt (2003), S. 22 f.
34
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
eine Mehrheit der Anteilseigner zusammenfindet und im Rahmen der Ausübung ihres Stimmrechts auch die Unternehmensleitung kontrolliert oder für das Unternehmen strategische Impulse setzt. Dies ist umso schwieriger, je weiter der Anteilsbesitz gestreut ist.
98
Aus diesem Grund werden auch Unternehmen, bei denen sich
das Eigenkapital in der Hand eines oder weniger Anteilseigner befindet, als besitzergesteuert bezeichnet; Unternehmen im Streubesitz gelten demgegenüber als managergesteuert, weil bei ihnen die Kontrollfunktion aus der Kapitalstruktur weitgehend entfällt.
2.3.1.4
Revision
Als zusätzlicher interner Mechanismus fungiert die Revision eines Unternehmens, wobei zwischen der internen Revision und externen Revision (Abschlussprüfung) zu unterscheiden ist. Sowohl die interne als auch die externe Revision können von dem Aufsichtsgremium
in
jeweils
unterschiedlichem
Maße
als Steuerungs- und
Überwachungsinstrumente eingesetzt werden. Aufgabe der internen Revision stellt die
prozessunabhängige
unternehmensinterne
innerhalb der Organisation dar.
99
Überwachung
der
Tätigkeiten
Da diese jedoch im Auftrag der Geschäftsführung
eingesetzt wird und dieser damit auch unmittelbar unterstellt ist,
100
ist die
(unabhängige) Funktionsfähigkeit dieses internen Überwachungsmechanismus begrenzt. Gleichwohl kann der internen Revision eine entscheidende Unterstützungsfunktion für das Aufsichtsgremium zur Bewertung des Risikomanagementund Kontrollsystems des Unternehmens und somit letztlich auch des Managements zukommen, wenn sie gezielt für diese Zwecke eingesetzt wird.
98 99
100
Vgl. Witt (2003), S. 23. Zu den Aufgaben der internen Revision zählen u.a. Prüfungen im organisatorischen Bereich, Prüfungen im Bereich des Finanz- und Rechnungswesens, Prüfung der Managementleistung hinsichtlich der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit von Entscheidungen der Führungskräfte sowie die Beratung, Begutachtung und Entwicklung von Verbesserungsvorschlägen. Vgl. Solidaris (2007), S. 54 f.; Peemöller (2008), S. 3 f.; Knapp (2005), S. 35 ff. Die Verantwortlichkeit für die Einrichtung der internen Revision, die organisatorische Eingliederung sowie die Aufgaben und Berichterstattung der internen Revision sind sowohl vom Umfang als auch Detaillierungsgrad international sehr unterschiedlich geregelt. Während in Deutschland die interne Revision der Geschäftsführung unterstellt ist, ist beispielsweise in der Schweiz der Verwaltungsrat dafür zuständig, eine ihm oder dem Prüfungsausschuss (Audit Committee) direkt unterstellte interne Revision einzurichten, deren Funktionsfähigkeit zu überwachen und periodisch zu beurteilen. Vgl. Hahn/Quick/Mandre (2008), S. 695 ff.
Corporate-Governance-Mechanismen
35
Eine weitere Unterstützung erhält das Aufsichtsgremium regelmäßig durch den Abschlussprüfer (externe Revision).
101
Dieser prüft und testiert als unabhängiger
Dritter den Jahresabschluss des Unternehmens. Ebenfalls Bestandteil seiner Prüfung kann die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung sein.
102
Durch die
Bestellung des Abschlussprüfers und Festlegung – ggf. auch Erweiterung – des Prüfungsumfangs durch das Aufsichtsgremium kommt der externen Revision eine entscheidende Unterstützungsfunktion für die Steuerung und Überwachung des Managements zu.
2.3.2
Externe Mechanismen
Im Gegensatz zu den betrachteten internen Corporate-Governance-Mechanismen, die erst durch die Existenz einer vertraglichen Beziehung zwischen Kapitalgebern und der Unternehmensleitung ihre Wirkung entfalten, knüpfen die externen Mechanismen an die marktlichen Rahmenbedingungen und gesetzlichen Vorgaben, d.h. an das Unternehmensumfeld an. Das Umfeld eines Unternehmens hat einen wesentlichen Einfluss auf dessen Corporate-Governance-Struktur. Dabei sind der Produktmarkt, der Arbeitsmarkt, der Kapitalmarkt und nicht zuletzt die gesetzlichen Rahmenbedingungen von großer Bedeutung.
101
102
Neben der Unterstützung des Aufsichtsgremiums kommt der externen Revision ebenfalls im Falle der Veröffentlichung des Jahresabschlusses eine Informations- und Transparenzfunktion weiterer externer Jahresabschlussadressaten (z.B. Anleger) zu. Vgl. Baetge/Lutter (2003), S. 1 ff. Die Verpflichtung zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung kann sich in Abhängigkeit von rechtsformspezifischen Vorschriften (z.B. § 53 HGrG, § 53 GenG) ergeben. Gegenstand von Ordnungsmäßigkeitsprüfungen ist nicht die Geschäftsführung im tatsächlichen Sinn (Geschäftspolitik, Zweckmäßigkeit unternehmenspolitischer Entscheidung), sondern die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit erstreckt sich insbesondere auf die wichtigen Management- und Funktionsbereiche Organisation, Überwachung und Controlling, Investition und Finanzierung, Beschaffung und Auftragsvergabe sowie die Einrichtung und die Funktionsfähigkeit des Risikomanagements. Gegenstand der Prüfung ist es, festzustellen, ob die Geschäfte mit der erforderlichen Sorgfalt, d.h. auch mit der gebotenen Wirtschaftlichkeit und in Übereinstimmung mit den Gesetzen, der Satzung, den Beschlüssen der Eigentümerversammlung und des Aufsichtsgremiums sowie der Geschäftsordnung geführt worden sind. Ferner wird geprüft, ob ungewöhnliche, risikoreiche oder nicht ordnungsgemäß abgewickelte Geschäftsvorfälle oder erkennbare Fehldispositionen vorliegen. Ziel dieser Prüfungshandlungen ist es zu untersuchen, ob durch eine geeignete institutionelle Ordnung und Kompetenzverteilung sichergestellt ist, dass die Geschäftsführungsentscheidungen ordnungsgemäß getroffen und durchgeführt werden können. Vgl. PricewaterhouseCoopers Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (2009).
36
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
2.3.2.1
Produktmarkt
Der Produktmarkt stellt sich als ein von den Absatzmärkten ausgehender externer Steuerungs- und Kontrollmechanismus dar.103 Dies ergibt sich aus folgender Überlegung: Wenn Unternehmen mit anderen Unternehmen im Wettbewerb auf den Märkten für ihre Produkte stehen, wird dieser Wettbewerb über den Produktpreis, die Produktqualität, das Produktdesign und den mit dem Produkt angebotenen Service ausgetragen. Je schärfer der Wettbewerb auf den Produktmärkten, desto stärker ist der Effizienzdruck innerhalb eines Unternehmens. Durch diesen Effizienzdruck üben Produktmärkte eine steuernde und kontrollierende Wirkung aus, indem sie den Handlungsspielraum des Managements für opportunistisches und damit das Unternehmen schädigendes Verhalten einengen. Im Extremfall müssten Manager um die Existenz ihres Unternehmens und ihre eigene berufliche und private Existenz fürchten. Voraussetzung für die Wirksamkeit dieses externen Mechanismus ist ein funktionsfähiger, d.h. rationaler und transparenter Produktmarkt.
2.3.2.2
104
Arbeitsmarkt
Auch der Arbeitsmarkt wird zu den disziplinierenden externen CorporateGovernance-Mechanismen gezählt, da die Manager der Unternehmen selbst im Wettbewerb und in Konkurrenz zueinander stehen und im Zweifelsfall ausgetauscht werden können. Der Arbeitsmarkt funktioniert dabei umso effektiver als Kontrollmechanismus gegenüber der Unternehmensleitung, je transparenter der Beitrag einzelner Manager zum Unternehmenserfolg ist, je informationseffizienter der Arbeitsmarkt ist, je geringer der Markt reguliert ist und je größer die Mobilität des 105
einzelnen Managers ist.
Auch misst sich der Wert des Humankapitals eines
Managers auf diesem Markt, gemessen als Gegenwartswert seiner zukünftigen Einkommensströme, nach den Erwartungen, welche die Investoren aufgrund seiner
103 104
105
Vgl. Hart (1983), S. 366 ff. Bei vollkommenem Wettbewerb darf es folglich keine Agency Costs mehr geben, da in diesem Fall der Wettbewerb auf dem Produktmarkt das eigennützige Verhalten der Manager vollständig unterbindet. Dies ist in der Realität aber nur selten der Fall. Vgl. Witt (2003), S. 27. Der Arbeitsmarkt funktioniert demzufolge umso effektiver als Kontrollmechanismus, je transparenter der Beitrag einzelner Manager zum Unternehmenserfolg ist, je informationseffizienter der Arbeitsmarkt ist und umso weniger Regulierungen stattfinden. Eine geringere Regulierung bedeutet, dass Manager leichter entlassen werden können und geringere gesetzliche Ansprüche (z.B. auf Abfindungszahlungen) haben. Vgl. Witt (2003), S. 27.
Corporate-Governance-Mechanismen
37
bisherigen Leistungen an ihn haben. Diese wiederum richten sich nach dem Erfolg der Unternehmung, der die Leistung des Managements nach außen signalisiert. Der Manager wird sich daher um eine sichtbar gute Performance bemühen, da gute Leistungen im Einklang mit den Unternehmenszielen somit auch zu einer höheren Vergütung führen.
2.3.2.3
Kapitalmarkt
Neben den Disziplinierungswirkungen des Produkt- und Arbeitsmarktes erzeugt auch der Kapitalmarkt eine wichtige externe Steuerungs- und Kontrollfunktion, wenn man eine positive Korrelation zwischen der Managementleistung und der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens unterstellt.
106
Es wird argumentiert, dass der Kapitalmarkt
eine gewisse Einengung der Handlungsspielräume der mit der Unternehmensleitung beauftragten Manager bewirkt und auf diese Weise Marktsignale zur Bewertung des Managements verwendet werden können. Ein funktionsfähiger Kapitalmarkt gibt den Anteilseignern die Möglichkeit, ihre Unzufriedenheit mit dem Management und seinem Verhalten durch Verkauf der Eigenkapitalanteile zum Ausdruck zu bringen. Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Wirkungsmechanismus des Kapitalmarktes ist allerdings, dass die Eigenkapitalanteile von Unternehmen handelbar sind, wie dies bei börsennotierten Unternehmen der Fall ist. Sind nun die Anteilseigner mit der Leistung des Managements unzufrieden und verkaufen ihre Unternehmensanteile, hat dies sinkende Aktienkurse zur Folge und die Gefahr einer Unternehmensübernahme steigt. Diese Form der Bedrohung allein wird bereits als ausreichend erachtet, das Management zu veranlassen, das gegebene MoralHazard-Risiko nicht voll auszunutzen,
107
da die betroffenen Manager infolge einer
Übernahme mit Nachteilen rechnen müssen (z.B. Entlassung).
106
107
Die Effektivität der Kontrolle von Managern eines Unternehmens durch den Kapitalmarkt, speziell durch feindliche Übernahmen, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Zwar kommen empirische Studien zu positiven Ergebnissen, dennoch halten Kritiker dagegen, dass freiwillige Umstrukturierungen und Effizienzverbesserungen eines Unternehmens auf Basis interner Corporate-Governance-Mechanismen (wie beispielsweise internen Aufsichtsgremien) zu besseren Ergebnissen führen würden. Dies wird damit begründet, dass hohe Transaktionskosten im Falle der feindlichen Übernahme entstünden und der Kontrollmechanismus des Kapitalmarkts erst dann greift, wenn bereits schon hohe Agency Costs aufgelaufen sind. Die Gewinne aus der der Übernahme würden somit die entstehenden Transaktionskosten übersteigen. Vgl. Witt (2003), S. 25. Vgl. Witt (2003), S. 24.
38
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
2.3.2.4
Gesetzliche Regelungen
Unabhängig von den aufgeführten Marktmechanismen bilden auch die gesetzlichen Regelungen – als grundlegendste aller Corporate-Governance-Mechanismen – ein externes Instrument der Corporate Governance. Hierzu gehören insbesondere Vorschriften zur inneren Struktur eines Unternehmens, garantierte Einflussmöglichkeiten aufgrund der Aktionärsstimmrechte, Publizitätsvorschriften sowie Eigengeschäfte und Privathaftungen des Managements. So können bei letzterem Beispiel die Anteilseigner die Mitglieder der Unternehmensleitung für betrügerisches, eigennütziges oder gegen die Interessen der Anteilseigner gerichtetes Verhalten schadensersatzpflichtig machen. Somit ermöglicht ein gut ausgestaltetes und funktionierendes Rechtssystem es den Anteilseignern, aber auch anderen Interessensgruppen, die Manager zu kontrollieren bzw. sie ggf. auch zu sanktionieren. Die Funktionstüchtigkeit eines Rechtssystems wirkt sich zugleich auf die Entwicklung des Kapitalmarkts aus, da Anleger weniger gewillt sein werden, in Kapitalmärkte mit mangelnden Rechtssicherheiten zu investieren. Die Corporate Governance einer einzelnen Firma ist deshalb immer im Kontext der gesamten Wirtschaft zu sehen.108
108
Vgl. Maher/Andersson (1999), S. 11.
Corporate-Governance-Systeme
39
2.4 Corporate-Governance-Systeme Der Einsatz der dargestellten Corporate-Governance-Mechanismen ist nicht isoliert zu sehen, sondern fügt sich in ein ganzheitliches Corporate-Governance-System ein, wobei sich – in Abhängigkeit vom (Gesamt-)System – Wirkung und Wichtigkeit der einzelnen Mechanismen unterscheiden.
109
In der internationalen Praxis und in
Beziehung zum jeweiligen rechtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Hintergrund sind große Unterschiede zwischen den einzelnen Corporate-GovernanceSystemen vorhanden. Diese benutzen weitestgehend die gleichen Mechanismen, aber in unterschiedlichem Ausmaß. Je nachdem, welche Mechanismen bei der Unternehmensüberwachung in einem Land dominieren, spricht man dabei von „Insider-Control-System“ bzw. „Outsider-Control-System“.110 Letzteres zeichnet sich durch eine klare Kapitalmarktorientierung aus, d.h. Outsider-Control-Systeme setzen auf die Kontrollmechanismen und die disziplinierende Wirkung des Marktes und sind durch eine hohe Anzahl von börsennotierten Unternehmen und weit verstreute Eigentumsstrukturen der Unternehmen gekennzeichnet, wie dies beispielweise in den USA der Fall ist. Im Insider-System ist dagegen eine vergleichsweise kleine Anzahl an Firmen börsennotiert. Viele Aktionäre halten einen großen Anteil an einer Firma und haben langfristige Absichten sowie stark verflochtene Netzwerke.
111
Bei
diesem System erfolgt der Einsatz primär über interne Mechanismen, also Regeln der internen Unternehmensverfassung. Als Beispiel für ein Insider-dominiertes System wird das deutsche Corporate-Governance-System angeführt. Beide Systemausprägungen spiegeln sich auch in der jeweiligen Art der Struktur, Zusammensetzung und Aufgabenverteilung des Aufsichtsgremiums wider. Formell gesehen lassen sich das Two-Tier-System deutscher Prägung und das One-TierSystem angelsächsischer Prägung unterscheiden. Das Two-Tier-System (auch System der dualen Leitungsorganisation oder Insider-Control-Modell genannt), das für Aktiengesellschaften lediglich in Deutschland und in Österreich gesetzlich vorgeschrieben ist, sieht eine klare institutionelle Trennung von Leitung (Vorstand) 109
110 111
Zur Bedeutung der verschiedenen Corporate-Governance-Mechanismen für Deutschland vgl. Schmidt et al. (1997). Vgl. Schmidt/Grohs (1999), S. 4 f. Vgl. Becht/Bolton/Röell (2002), S. 59.
40
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
einerseits und Überwachung (Aufsichtsrat) der Unternehmung andererseits vor. Beide Organe haben abgegrenzte Aufgaben, Kompetenzen und Pflichten. Auch haben Mitarbeiter das Recht, Vertreter in das Kontrollgremium Aufsichtsrat zu entsenden (Mitbestimmung). Im Gegensatz hierzu ist an der Spitze des Unternehmens beim One-Tier-System (auch monistisches Corporate-Governance-Modell oder Outsider-Control-Modell genannt) des angelsächsischen Boards und des (z.B. schweizerischen) Verwaltungsrats ein einziges Leitungs- und Kontrollorgan angesiedelt: das „Board of Directors“. In der Institution des Boards sind Leitungs- und Kontrollaufgaben zusammengefasst. Eine gesetzlich vorgeschriebene, institutionell verankerte Mitbestimmung gibt es in diesem Corporate-Governance-Modell nicht.112 Die Corporate-Governance-Philosophien, nach welchen die Kontrollstrukturen in optimaler Weise verwirklicht werden sollen, unterscheiden sich demnach erheblich in Abhängigkeit von dem System, in das sie eingebettet sind.
113
Allerdings sind die
Systeme nicht statisch, sondern entwickeln sich im Zeitablauf durch Organisationsentscheidungen der Unternehmen und Gesetzesänderungen weiter. So weisen zwischenzeitlich fast alle kontinentaleuropäischen Länder auch Elemente des Outsider-Systems auf. Dieser Angleichungsprozess ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die in den verschiedenen Ländern entstandenen CorporateGovernance-Systeme nicht unabhängig voneinander sind, sondern vielmehr ein (internationaler) Systemwettbewerb besteht. So stehen die Unternehmen, die verschiedene Governance-Strukturen aufweisen, miteinander im Wettbewerb auf den Produkt-, Arbeits- und Kapitalmärkten und dies findet seinen Niederschlag in der Ausübung von gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsspielräumen durch die Unternehmen (organisatorische Entscheidungen), in Entscheidungen bezüglich des Ortes bei der Gründung des Unternehmens (Standortentscheidungen) und in Gesetzesänderungen durch nationale Regelungen (Regulierungsentscheidungen). 114 Im
112
113
114
Zu einem Vergleich und einer Gegenüberstellung des One- und Two-Tier-Systems vgl. Hopt (1997); Haeseler/Gampe (2002), S. 79 ff. Für einen Überblick und internationalen Vergleich der verschiedenen Corporate-Governance-Systeme vgl. Witt (2003), S. 61 ff. Vgl. Witt (2003), S. 13.
Praktische Relevanz: Umsetzung in Kodizes
41
Ergebnis kann dieser Systemwettbewerb zum Fortbestand der verschiedenen Systeme, zur Systemkonvergenz oder zur Dominanz eines Systems führen.
115
2.5 Praktische Relevanz: Umsetzung in Kodizes Die geschilderte Vielfalt der Corporate-Governance-Ansätze, -Mechanismen und -Systeme spiegelt sich bei der praktischen Umsetzung in einer Vielzahl existierender nationaler und globaler Corporate-Governance-Kodizes wider.
Im
Folgenden
werden
zunächst
die
internationalen
Entwicklungen,
daran
anschließend Diskussionsverlauf und derzeitige Situation in der Bundesrepublik Deutschland dargestellt.
2.5.1
Internationale Kodex-Entwicklungen
Aufgrund der weltweiten Skandale wurden in den meisten Ländern Best-PracticeEmpfehlungen für „Good Corporate Governance“ entwickelt. 116 Die CorporateGovernance-Regulierungsdiskussion hatte dabei ihren Ursprung in Großbritannien in den späten 1980er und beginnenden 90er Jahren. Die britische „business community“ rief 1991 ein Komitee ins Leben (Committee on the Financial Aspects of Corporate Governance), das Empfehlungen für gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung ausarbeiten sollte. Dieses Komitee veröffentlichte 1992 den sogenannten „Cadbury Report“ und den darin enthaltenen „Code of Best Practice“. Die Londoner Börse verlangte daraufhin von den bei ihr gelisteten Unternehmen, zu veröffentlichen, ob sie den Empfehlungen des Codes uneingeschränkt entsprechen und wenn nicht, zu benennen, aus welchen Gründen sie diese nicht umsetzen („comply or explain“).
117
Diese Form der „Aufnahmebedingung“ für die Listung an der
Londoner Börse verlangte von den Unternehmen implizit eine Selbstbindung an die Empfehlungen des Kodex. Der Code of Best Practice legt einen klaren Fokus auf den Aktionärsschutz und die Steigerung des Unternehmenswertes zur Generierung 115 116
117
Vgl. Witt (2003), S. 12 ff. Eine Übersicht der international veröffentlichten und angewendeten Codes und Principles gibt die Internetseite des European Corporate Governance Institutes (www.ecgi.org) wieder. Vgl. Cadbury Report (1992), S. 11.
42
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
von Shareholder Value. Dies wird auch in der Definition des britischen Codes deutlich, der Corporate Governance als System definiert, das die obersten Führungsorgane
von
Unternehmen
organisiert
und
kontrolliert:
„Corporate
Governance is the system by which companies are directed and controlled.“
118
Inzwischen wird der Code in unregelmäßigen Abständen vom Financial Reporting Council überarbeitet; die aktuelle Version des nun als „Combined Code on Corporate Governance“ bezeichneten Kodex stammt vom Juni 2008. Mit dem Cadbury Report setzte in den 1990er Jahren international ein Trend zur schriftlichen Fixierung und Standardisierung von Corporate-Governance-Regeln in Form von Kodizes und Principles ein, teilweise mit sehr unterschiedlichen Akzentuierungen. Als weitere internationale Beispiele gelten der französische VienotBericht (1995), der italienische Preda-Code (1999) oder aber auch die allgemeinen Corporate-Governance-Grundsätze der OECD (1999). Während der italienische Preda-Code an das Verständnis des britischen Cadbury Reports anknüpft und Regeln zur „guten Unternehmensführung“ vorgibt mit dem primären Ziel, Shareholder Value zu generieren,
119
betont der französische Vienot-Bericht, dass
man vor allen anderen Stakeholder-Erwartungen zunächst sogar den allgemeinen Interessen des Landes gerecht zu werden habe.120 Auch die Position der OECD, welche die Corporate Governance als die Gestaltung der Gesamtheit von Beziehungen zwischen der obersten Geschäftsleitung eines bestimmten Unternehmens und den verschiedenen Gruppen versteht, greift diese StakeholderOrientierung auf: „In den heutigen Volkswirtschaften geht es bei Corporate Governance um mehr als nur das Interesse der Aktionäre an individuellen Unternehmensperformancen. Da den Unternehmen heutzutage eine Schlüsselfunktion in der Wirtschaft zukommt und wir die Verwaltung unserer persönlichen Ersparnisse wie auch unserer Altersversorgung zunehmend Institutionen des privaten Sektors anvertrauen, sind gute Corporate-Governance-Praktiken für immer weitere Kreise der Bevölkerung von Bedeutung.“
118 119 120 121
121
Cadbury Report (1992), S. 14 ff. Vgl. Le Conseil d’Administration des sociétés côtées, rapport du groupe de travail CNPF (1995), S. 4. Vgl. Rapporto Codice di Autodisciplina (1999), S. 19 f. OECD (2004), S. 3.
Praktische Relevanz: Umsetzung in Kodizes
43
Neben der dargestellten „Kodexbewegung“ rückte seit dieser Zeit die Gestaltung und Verbesserung der Corporate Governance von Unternehmen auch weltweit immer stärker in den Blick der Gesetzgebung. Diese nahm und nimmt die spektakulären Unternehmenskrisen zum Anlass, die Corporate Governance insbesondere von kapitalmarktorientierten Unternehmen durch rechtliche Vorschriften zu konkretisieren und weiter fortzuentwickeln. Eines der bekanntesten Beispiele in Form einer Reaktion auf vorausgegangene Bilanzskandale ist in diesem Zusammenhang der im Jahr 2002 ins Leben gerufene US-amerikanische Sarbanes-Oxley Act
122
. Ziel dieses
Gesetzes ist es, die Berichterstattung von Unternehmen, die den öffentlichen Kapitalmarkt der USA in Anspruch nehmen, zu verbessern und hierdurch das Vertrauen der Anleger in die Richtigkeit und Verlässlichkeit der veröffentlichten Finanzdaten von Unternehmen wiederherzustellen.123 Insgesamt lässt sich festhalten, dass der noch nicht abgeschlossene Prozess der Gesetzeseinführung und -änderung mit Corporate-Governance-Bezug tendenziell dazu
führt,
dass
sich
nationale
Regelungen
einander
annähern
und
124
vereinheitlichen.
2.5.2
Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK)
Das zentrale und umfassende Regelwerk zur Corporate Governance in Deutschland ist der Corporate Governance Kodex (DCGK). Seine Entwicklungsgeschichte und die wesentlichen Inhalte dieses Kodex werden nachfolgend kurz zusammengefasst.
2.5.2.1
Entwicklungsgeschichte
Seit dem Jahr 1998 haben sich in der Bundesrepublik Deutschland auch Legislative und Exekutive verstärkt mit der Corporate-Governance-Thematik beschäftigt. Das Augenmerk richtete sich dabei insbesondere auf kapitalmarktorientierte Unternehmen. Ein Auslöser für die Reformbestrebungen war der Wunsch, den
122
123
124
Benannt wurde der Sarbanes-Oxley Act nach seinen Verfassern, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Bankwesen, Wohnungs- und Städtebau des Senats der Vereinigten Staaten, Paul S. Sarbanes, und dem Vorsitzenden für Finanzdienstleistungen des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten, Michael Oxley. Zu den Hintergründen und dem Ausmaß der Veränderungen seit Inkrafttreten des Sarbanes-Oxley Acts vgl. Menzies (2006). Vgl. Solidaris (2007), S. 15.
44
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
Informationsbedürfnissen internationaler Anleger in Bezug auf das ihnen unbekannte deutsche duale Führungssystem der Unternehmensleitung nachzukommen. Hier sollten konkretisierende und die Transparenz fördernde Regelungen mehr Klarheit schaffen.
125
Ein weiteres Motiv für die Auseinandersetzung mit der Corporate Governance in Deutschland waren auch hier die spektakulären Unternehmenskrisen und Bilanzskandale zur Jahrtausendwende, welche die Schwächen im deutschen Aktien- und Handelsrecht hinsichtlich der unternehmensbezogenen Überwachungssysteme offenbarten. 126 Ergänzend zu zahlreichen Gesetzesinitiativen 127 mit direktem Bezug zur Unternehmens-Corporate Governance hat das Bundesministerium für Justiz im Jahr 2001 eine Regierungskommission als Selbstregulierungsgremium eingesetzt und mit der Erstellung eines Kodex beauftragt. Dieser wurde im Jahr 2002 erstmalig als der für börsennotierte Aktiengesellschaften geltende Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) veröffentlicht. Der Kodex wird regelmäßig aktualisiert und an die neue Gesetzgebung sowie vor dem Hintergrund nationaler und internationaler Entwicklungen angepasst.
2.5.2.2
Inhalte
Auf Grundlage der gesetzlichen Vorschriften mit Corporate-Governance-Bezug wurde mit der Errichtung der Regierungskommission DCGK unter Leitung des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Thyssen Krupp AG, Gerhard Cromme, ein Selbstregulierungsorgan geschaffen, das für börsennotierte deutsche sowie europäische Aktiengesellschaften (SE) weitere Corporate-Governance-Regeln in Form eines Standards- bzw. Verhaltenskodex ausgearbeitet hat und für dessen regelmäßige Aktualisierung sorgt.
125 126
127
Vgl. DCGK (2009), S. 2. Als Beispiele in Deutschland können stellvertretend Floutex (2000), Comroad (2002) oder die Bankgesellschaft Berlin (2002) genannt werden. Bedeutende gesetzliche Initiativen mit Bezug zur Corporate Governance sind bspw. das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG, 1998), das Gesetz zur weiteren Reform des Aktienund Bilanzrechts, zur Transparenz und Publizität (TransPuG, 2002), das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG, 2004), das Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz (VorstOG, 2005), das TransparenzrichtlinieUmsetzungsgesetz (TUG, 2007) und das zum 18. Juni 2009 beschlossene Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütungen.
Praktische Relevanz: Umsetzung in Kodizes
45
Ziel des Kodex ist es, „das deutsche Corporate Governance System transparent und nachvollziehbar zu machen“ und damit „das Vertrauen der internationalen und nationalen Anleger, der Kunden, der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften (zu) fördern.“
128
Letztere Formulierung zeigt die in hohem Maße stakeholderorientierte Sichtweise des DCKG auf und das im internationalen Vergleich hiermit einhergehende breiter ausgelegte Corporate-Governance-Verständnis. Neben seiner Kommunikations- und Transparenzfunktion wird dem DCGK eine Ordnungsfunktion zugeschrieben, indem die geltenden gesetzlichen Vorschriften des Governance-Rechts in Deutschland, die über zahlreiche Gesetze verstreut und daher nur schwer zugänglich sind, in dem Kodex ordnend und zusammenfassend dargestellt werden. Die Ordnungsfunktion zielt zugleich darauf ab, durch Aufnahme national und international bewährter Best Practices in das Regelwerk die Qualität der Corporate Governance deutscher Unternehmen (weiter) zu verbessern. 129 Über die Kommunikations-, Transparenz- und Ordnungsfunktion hinaus hat der Kodex eine Ergänzungsfunktion, d.h. er hat die nicht weniger wichtige Aufgabe, in Ergänzung des (jeweiligen) Rechts Standards „guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung“ für börsennotierte Gesellschaften zu setzen; dabei verzichtet er auf die Darstellung von Einzelfallregelungen.
130
Mit Blick auf die Verbindlichkeit des Kodex ist zwischen drei unterschiedlichen Kategorien von Regelungen zu differenzieren, die sich kurz als Muss-Vorschriften, als Soll-Empfehlungen und als Sollte- bzw. Kann-Anregungen umschreiben 131
lassen.
In den Muss-Vorschriften sind die jeweils einschlägigen gesetzlichen Vor-
schriften zur Corporate Governance dargestellt. Die Soll-Empfehlungen des Kodex bilden diejenigen gesetzesergänzenden Regelungen, für die das Prinzip „comply or explain“ gilt (sog. Entsprechungserklärung). Danach steht den Unternehmen die Einhaltung der Empfehlungen des Kodex zwar grundsätzlich frei. Börsennotierte 128 129 130 131
Vgl. DCGK (2009), S. 2. Vgl. v. Werder (2008), S. 62. Vgl. v. Werder (2008), S. 63. Vgl. DCGK (2009), S. 3.
46
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
Gesellschaften sind jedoch nach § 161 AktG verpflichtet, einmal jährlich durch ihren Vorstand und Aufsichtsrat zu erklären, inwieweit sie die entsprechenden Vorgaben des Kodex befolgen. Soweit sie von den Kodexempfehlungen abweichen, müssen sie dies in öffentlich zugänglicher Form erklären. Die als Sollte- bzw. KannAnregungen des Kodex markierten Regelungen sind nach Auffassung der KodexKommission
ebenfalls
Ausdruck
guter
Unternehmensführung.
Mit
diesen
Anregungen sollen proaktive Anstöße für die weitere Entwicklung der Corporate Governance in Deutschland gegeben werden, ohne die Unternehmen bereits heute zu sehr zu binden.
132
Tatsächlich haben sie sich allerdings in der Praxis noch nicht
auf breiter Front durchgesetzt. Der Kodex ist folgendermaßen aufgebaut: 133 1. Präambel 2. Aktionäre und Hauptversammlung 2.1 Aktionäre 2.2 Hauptversammlung 2.3 Einladung zur Hauptversammlung, Stimmrechtsvertreter 3. Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat 4. Vorstand 4.1 Aufgaben und Zuständigkeiten 4.2 Zusammensetzung und Vergütung 4.3 Interessenkonflikte 5. Aufsichtsrat 5.1 Aufgaben und Zuständigkeiten 5.2 Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsratsvorsitzenden 5.3 Bildung von Ausschüssen 5.4 Zusammensetzung und Vergütung 5.5 Interessenkonflikte 5.6 Effizienzprüfung 6. Transparenz 7. Rechnungslegung und Abschlussprüfung 7.1 Rechnungslegung 7.2 Abschlussprüfung. Abb. 5: Inhalte des Deutschen Corporate Governance Kodex (Quelle: Deutscher Corporate Governance Kodex (2009))
132 133
Vgl. DCGK (2009), S. 3. Der gesamte Deutsche Corporate Governance Kodex ist in seiner aktuell geltenden Fassung vom 18. Juni 2009 dem Anhang zu entnehmen. Vgl. Anlage 1.
Praktische Relevanz: Umsetzung in Kodizes
47
Der Kodex besteht aus sieben Abschnitten, wobei der erste Abschnitt als Präambel im Wesentlichen die Zwecksetzung des Kodex darlegt, die Grundordnung der deutschen Aktiengesellschaft beschreibt und die Verbindlichkeitsstufen sowie den Geltungsbereich des Kodex erläutert. Die weitere Gliederung des DCGK steht in direktem Bezug zu den Organen der Aktiengesellschaft: Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat. Der zweite Abschnitt stellt die materiellen Regelungen des Kodex mit den Bestimmungen für Aktionäre und die Hauptversammlung in den Vordergrund. Er unterstreicht durch diese Platzierung die besondere Bedeutung der Anteilseigner für die Aktiengesellschaft. Der dritte Abschnitt regelt das Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat. Im vierten und fünften Abschnitt werden – jeweils getrennt für Vorstand und Aufsichtsrat – die speziellen Aufgaben und Zuständigkeiten dieser Organe sowie die Fragen der Organzusammensetzung, Vergütung und Interessenkonflikte behandelt. Abschließend werden im sechsten und siebten Abschnitt wichtige Governance-Komplexe der Unternehmenspublizität, Regelungen zur Transparenz (sechste Abschnitt) sowie zur Rechnungslegung und Abschlussprüfung (siebter Abschnitt) behandelt. Aktuelle Befragungen zur Umsetzungspraxis der Aktiengesellschaften zeigen, dass die Empfehlungen und Anregungen bis auf wenige Ausnahmen in einem sehr hohen Maße befolgt werden, wobei Kodex und Unternehmensgröße positiv korrelieren. Dies wird nicht zuletzt darauf zurückgeführt, dass durch den Freiwilligkeitscharakter ein erhöhter Wille zur Akzeptanz des Kodex vorhanden sei.
2.5.2.3
134
Bedeutung des DCGK für nichtbörsennotierte Unternehmen
Auch wenn der DCGK für große börsennotierte Gesellschaften entwickelt wurde, wird der Adressatenkreis des Kodex und seine Beachtung bereits in der Präambel „auch nicht börsennotierten Gesellschaften … empfohlen, sofern seine Bestimmung für den jeweiligen Gesellschaftstyp geeignet ist“.
135
Damit trug die Regierungs-
kommission der Tatsache Rechnung, dass die deutsche Unternehmenslandschaft
134
135
Jeweils für die aktuelle Kodex-Fassung führt das Berlin Center of Corporate Governance (BCCG) eine Befragung von betroffenen Aktiengesellschaften durch, um festzustellen, wie diese die Empfehlungen und Anregungen umsetzten. Die Ergebnisse werden in einem jährlich neu aufgelegten Kodex Report veröffentlicht (www.bccg.tu-berlin.de). Vgl. v. Werder/Talaulicar (2009), S. 689 ff. Vgl. DCGK (2008), S. 2.
48
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
durch einen zahlenmäßig hohen Anteil nichtbörsennotierter und mittelständischer Unternehmen charakterisiert ist. So bilden die mittelständischen Unternehmen
136
den
weitaus größten Teil der Unternehmen in Deutschland ab. Auf sie entfallen rd. 38 % der gesamten steuerbaren Umsätze. Mit einem Anteil von 99,7 % der 2,9 Millionen Unternehmen bzw. einem Erwerbsanteil von über 70 % gelten die mittelständischen Unternehmen gemeinhin als die Stütze der deutschen Wirtschaft.
137
Doch gerade
mittelständische Unternehmen werden zumeist weder in der Rechtsform der Aktiengesellschaft geführt noch sind sie an der Börse gelistet. Aus diesen Gründen hätte es durchaus nahegelegen, die unmittelbare Geltung des DCGK zur Steigerung seiner Wirkungsreichweite auch auf diesen Bereich der Wirtschaft zu erstrecken. Die Begrenzung auf börsennotierte Aktiengesellschaften ist allerdings dadurch erklärbar, dass für diese Unternehmen wegen ihrer zunehmenden Abhängigkeit von internationalen Kapitalmärkten ein Regulierungsbedarf als besonders dringlich empfunden wurde.
2.5.3 Übertragung auf Nonprofit-Unternehmen und den Public Sector In den vergangenen 10 bis 15 Jahren ist zu beobachten, dass das Thema Corporate Governance – einschließlich der praktischen Umsetzung in Kodizes – von der Forschung sowie verschiedenen (Wirtschafts-)Verbänden auch für den NonprofitBereich und den öffentlichen Sektor aufgegriffen wurde und heutzutage unter den Begriffen Nonprofit Governance bzw. Public (Corporate) Governance summiert wird. Im Zuge zahlreicher Veränderungsprozesse auf gesellschaftlicher, insbesondere aber ökonomischer und juristischer Ebene gewinnt das Thema Corporate Governance auch für Nonprofit- und öffentliche Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Fragen der Transparenz, klarer Führungsstrukturen, Verantwortlichkeiten und Kontrollfunktionen aufgrund veränderter Markt- und Wettbewerbs-
136
137
Da keine allgemeingültige oder gesetzlich vorgeschriebene Definition von mittelständischen Unternehmen existiert, wird an dieser Stelle die Definition des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) herangezogen. Diese schließt Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten bzw. Unternehmen mit weniger als 50 Millionen Euro Jahresumsatz ein (http://www.ifm-bonn.org/). Zur quantitativen und qualitativen Bedeutung des Mittelstands für die deutsche Wirtschaft vgl. auch Albach (1983), S. 869 ff.; Müller (1990), S. 88; Vogler (1990), S. 38 ff.; Bruhns (1992), S. 7 ff.
Praktische Relevanz: Umsetzung in Kodizes
49
bedingungen und steigender Ansprüche der Stakeholder nehmen dabei eine herausragende Position ein. Aufgrund der Besonderheiten von Nonprofit- und öffentlichen Unternehmen und einer nur teilweise möglichen Übertragung des DCGK
138
wurden auch in diesen
Bereichen Regeln in Form von Empfehlungen, Kodizes und weiteren Ansätzen in den vergangenen Jahren präsentiert. Während sich im Nonprofit-Bereich bislang weder international noch national ein verbindlicher einheitlicher Kodex durchgesetzt hat, sondern vielmehr in den vergangenen Jahren eine Vielzahl freiwilliger oder verpflichtend anzuwendender Corporate-Governance-Regeln insbesondere im Gesundheits- und Sozialbereich auf Verbands- und Unternehmensebene herausgegeben wurde (vgl. Kapitel 3.6), ist der Public Sector sowohl auf internationaler als auch nationaler Ebene schon einen Schritt weiter. Insbesondere die auf internationaler Ebene durch die Organisation für wirtschaftliche
Entwicklung
und
Zusammenarbeit
(OECD)
im
Jahr
2005
herausgegebenen allgemeinen Corporate-Governance-Richtlinien für staatliche Unternehmen (OECD Guidelines on Corporate Governance of state-owned Enterprises), welche die Besonderheiten des öffentlichen Sektors berücksichtigen, sind hier zu nennen. Diese Richtlinien sprechen Empfehlungen aus zu den Fragen, „wie die Stellung des Staates als Gesellschafter mit seiner sonstigen Stellung in Politik und Verwaltung in Einklang gebracht werden kann, welche Aufgaben der Führung eines staatlichen Unternehmens zukommen sollen und wie mehr Transparenz im Unternehmen zu erreichen ist“.
138
139
139
Auch die Regierungskommission verweist bereits im DCGK auf den besonderen rechtspolitischen Diskussionsbedarf insbesondere für Vereine, die steuerliche Privilegien in Anspruch nehmen, Spenden einsammeln oder als Idealvereine im Rahmen des sog. Nebenzweckprivilegs als Wirtschaftsunternehmen tätig sind. Vgl. Bericht der Regierungskommission (2001), S. 5. Wolf/Ziche (2005), S. 58.
50
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
Aber auch in Deutschland hat die Auseinandersetzung der Corporate-GovernanceDebatte den öffentlichen Bereich erreicht. Das Institut für den öffentlichen Sektor e.V.
140
äußert sich hierzu wie folgt: „insbesondere die in den letzten Jahren
stattgefundene Liberalisierung und Deregulierung auch in Bereichen der klassischen Daseinsvorsorge hat dazu geführt, dass Bund, Länder und Kommunen über zahlreiche Beteiligungen an privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen verfügen. Deren Gemeinwohlorientierung und die Pflicht der Erfüllung öffentlicher Aufgaben bleiben jedoch bestehen. Dabei müssen sich öffentliche Unternehmen an denselben Grundsätzen
messen
lassen
wie
private
Unternehmen
(Vorhersehbarkeit,
Transparenz, Nachprüfbarkeit, Verantwortung). Darüber hinaus existiert jedoch ein verstärktes Interesse insbesondere in Bezug auf die Aufgabenerfüllung und die Mittelverwendung. Der zu beobachtende Vertrauensverlust vieler Bürger in die staatlichen Institutionen spricht weiterhin für eine intensive Auseinandersetzung mit Public Corporate Governance.“
141
Von Seiten des deutschen Gesetzgebers war lange Zeit keine Initiative zur Entwicklung eines nationalen Kodex für öffentliche Unternehmen erkennbar, nicht zuletzt auch aufgrund der Schwierigkeit, der Vielfältigkeit öffentlicher Unternehmen im Rahmen allgemeinverbindlicher Regelungen und Empfehlungen gerecht zu werden. Es fanden sich aber bereits in der Vergangenheit zunehmend auf Landesebene Ansätze, verbindliche Corporate-Governance-Regeln für die Beteiligungen der öffentlichen Unternehmen aufzustellen.142 Allen ist das Ziel gemein, mehr Transparenz sowie eine verantwortungsvolle und wirtschaftliche Verwendung
140
141 142
Das im Jahr 2005 gegründete Institut unter der Leitung von Prof. Dr. Gerhard Hammerschmidt hat sich zum Ziel gesetzt, die Effizienz und Effektivität des öffentlichen Sektors zu steigern und die transparente Leitung und Kontrolle öffentlicher Unternehmen zu fördern, indem es Aufsichtsräte und Geschäftsleitungen öffentlicher Unternehmen sowie Entscheidungsträger in der Verwaltung bei ihren Aufgaben unterstützt, indem das Institut Politikern, Mitarbeitern der Verwaltung sowie Abgeordneten und Ratsmitgliedern aus Bund, Ländern und Gemeinden, die in öffentlichen Unternehmen als Aufsichts- und Verwaltungsräte vertreten sind, ein Forum zum Meinungsaustausch und zur Diskussion bietet. Durch eigene Forschungs- und Publikationstätigkeit auf den Gebieten Public Management und Public Corporate Governance trägt das Institut zur Weiterentwicklung von Modernisierungskonzepten im öffentlichen Sektor bei. Vgl. auch die Website des Institutes für den öffentlichen Sektor e.V.: http://www.publicgovernance.de/. Institut für den öffentlichen Sektor e.V. (2009). Einen aktuellen Überblick gibt das Institut für den öffentlichen Sektor e.V. auf seiner Website http://www.publicgovernance.de/.
Praktische Relevanz: Umsetzung in Kodizes
51
öffentlicher Ressourcen zu erzielen und damit die im öffentlichen Sektor herrschenden Steuerungsdefizite zu beseitigen. Inzwischen gibt es jedoch auch auf Bundesebene eine aktuelle Neuentwicklung: Die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium der Finanzen als das für die Beteiligungspolitik des Bundes verantwortliche Ministerium hat am 1. Juli 2009 „Grundsätze guter Unternehmens- und Beteiligungsführung für den Bereich des Bundes“ verabschiedet.
143
Kern des Regelwerkes ist der Public Corporate
Governance Kodex (PCGK), der Standards guter Unternehmensführung festlegt, die teilweise strikter gefasst sind als die der Privatwirtschaft. Nach dem Vorbild des DCGK enthält auch der PCGK Regelungen zu den Verantwortungsbereichen von Geschäftsleitung, Aufsichtsrat und Anteilseignerversammlung sowie zur Rechnungslegung und Abschlussprüfung. Darüber hinaus übernimmt der „Public Kodex“ – nicht zuletzt als Reaktion auf die Finanzmarktkrise und die in diesem Zusammenhang geführten Diskussionen hinsichtlich der Angemessenheit von Managergehältern – Bestandteile aus dem am 18. Juni 2009 beschlossenen Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütungen. So sind im PCGK im Hinblick auf die variable Vergütung von Managern langfristige Anreize und Bonus-Malus-Regelungen sowie die Offenlegungspflicht der Vergütungsstrukturen von Geschäftsführungs-, Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern vorgesehen. In Analogie zum DCGK übernimmt auch der PCGK den „comply or explain“-Mechanismus, d.h. ein Unternehmen soll entweder erklären, dass es den Empfehlungen folgt – oder es steht unter dem Begründungszwang, zu erklären, von welchen Punkten es abweicht. Auch nimmt der Kodex Bezug auf die aktuellen internationalen Entwicklungen und Standards der Corporate Governance, wie sie beispielsweise in der OECD für öffentliche Unternehmen erarbeitet wurden. Adressatenkreis des „Public Kodex“ und der hierin enthaltenen Empfehlungen und Anregungen sind alle Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist und die nicht börsennotiert sind. Börsennotierte Unternehmen mit Bundesbeteiligungen fallen weiterhin ausschließlich unter den bestehenden DCGK.
143
Einen Überblick zum aktuellen Stand gibt das Bundesministerium für Finanzen auf seiner Website http://www.bundesfinanzministerium.de/.
52
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
2.6 Zusammenfassende Betrachtung und inhaltliche Konkretisierung Häufig werden im Zusammenhang mit den erlassenen Corporate-GovernanceGesetzen und Empfehlungen, nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem DCGK, kritische Stimmen laut. Von der „korpulenten Gouvernante“ ist die Rede, welche die unternehmerische Freiheit in großem Maße bevormundend behindere und mit einer „Überfülle von Labels“ auch nicht die geforderte Transparenz fördere und schaffe.
144
Zugleich wird – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise – darauf hingewiesen, dass gesetzliche Regeln und Kodizes regelmäßig nicht mehr ausreichten, Unternehmenszusammenbrüche
durch
Fehler
der
Unternehmensleitung
zu
verhindern. Malik geht sogar so weit, dass er eine Vielzahl der Wirtschaftsflops erst durch ein falsches Verständnis der Corporate Governance verursacht sieht.
145
Er
begründet dies damit, dass die Kodexentwicklung primär als Folge der Orientierung an
Akutfällen
und
kritischen
Anlässen
entstanden
sei
und
deshalb
als
„Disziplinierungsmittel“ und Antwort auf die damaligen Unternehmensskandale lediglich einseitig von juristischen und finanzwirtschaftlichen Überlegungen geprägt werde.146 Nach Auffassung von Malik ist dies jedoch nicht ausreichend: „Falsches zu verhindern bedeutet nun keineswegs, dass damit schon das Richtige getan wird.“ 147 Vielmehr seien Kodizes zwar nötig, aber nicht hinreichend und könnten ihren Zweck erst erfüllen, wenn sie auf die Inhalte richtiger Unternehmensführung angewandt werden.
148
Schließlich wird die mit der Herausgabe von Corporate-Governance-Regeln einhergehende Grundvorstellung kritisiert, dass es möglich sei, "Best Practices" der Corporate Governance zu identifizieren und zwecks Transparenzsicherung eine „Good Governance“ zu erreichen.149 Diese Vorstellung stehe im Widerspruch zu dem in der Organisationswissenschaft verbreiteten Konzept der „equifinality“. 150 Die 144 145 146 147 148 149 150
Vgl. Hakelmacher (2005); Solidaris (2007), S. 80. Vgl. Malik (2008), S. 9. Vgl. Malik (2008), S. 17. Malik (2008), S. 17. Vgl. Malik (2008), S. 17 f. Vgl. Malik (2008), S. 18. Vgl. Katz/Kahn (1966), S. 14 ff.; Gresov/Drazin (1997), S. 403 ff.
Zusammenfassende Betrachtung und inhaltliche Konkretisierung
53
zentrale Idee dieses Konzepts ist, dass Organisationen das gleiche Ziel ausgehend von sehr verschiedenen Ausgangsbedingungen und auf unterschiedlichen Wegen erreichen können. Aus diesem Grund existiere weder ein „one best way of organizing“ noch eine Eins-zu-eins-Beziehung zwischen Situation und effizienter organisatorischer Gestaltung. Daher gebe es weder nur ein einziges effizientes Konzept zur Sicherung der Transparenz sowie zur Vermeidung von Fehlentscheidungen und Unternehmensinsolvenzen, noch seien Unternehmen, die keinen Kodex anwenden, per se defizitär.
151
Gegenüber dieser Kritik an einer möglicherweise zu engmaschigen Ausgestaltung von Corporate-Governance-Regeln ist zunächst einzuräumen, dass man – genauso wenig wie es einen einzigen theoretischen „one size fits all“-Ansatz der Corporate Governance gibt (vgl. Kapitel 2.2.5) – auch keinen „one best way of organizing“ beschreiben kann. Vielmehr hat sich mit dem Aufkommen des sog. situativen bzw. kontingenztheoretischen Ansatzes der Organisationstheorie Anfang der 1960er Jahre aus guten Gründen die Vorstellung durchgesetzt, dass sich Unternehmen an die jeweilige interne (z.B. Größe) und externe (z.B. Umweltdynamik) Situation anpassen müssen, um effizient zu sein.
152
Mit dieser Relativierung gilt jedoch: Unabhängig davon, ob nun mit Hilfe von Kodizes, Empfehlungen und weiteren Regelwerken die gesetzten Zielsetzungen vollumfänglich erreicht werden oder nicht, spricht alles dafür, dass Unternehmen jeder Art – ob sie börsennotiert sind oder nicht – die Gestaltung ihrer Corporate Governance (laufend) reflektieren und weiterentwickeln. Diese Forderung ist insbesondere auch an nicht-börsennotierte (auch mittelständische) Unternehmen zu stellen, da das wirtschaftliche Risiko, das sie eingehen, auch hier teilweise beträchtlich ist und damit auch die Tragweite der Entscheidungen, die in den Leitungsorganen getroffen werden. 151 152
Vgl. Theuvsen/Frentrup (2008), S. 145. Die Vertreter des situativen Ansatzes gehen davon aus, dass es keine universell effizienten Organisationsstrukturen gibt, sondern dass die Organisation ihre Strukturen an die jeweilige Situation, in der sie sich befindet, anpassen muss. Unter Situation werden dabei grundsätzlich alle unternehmensinternen und unternehmensexternen Einflussgrößen verstanden, die für die Gestaltung der Organisationsstruktur relevant sind. Vgl. Kieser (2002).
54
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
Aber nicht nur zur Vermeidung von Insolvenzen und Ansehensverlusten des Unternehmens oder sogar in schlechtesten Fall der gesamten Branche ist die Auseinandersetzung mit der Corporate-Governance-Thematik innerhalb der Unternehmen vonnöten. Auch können die Leitungsverantwortlichen durch die Auseinandersetzung mit und durch die Einhaltung von Corporate-Governance-Grundsätzen zeigen, dass sie adäquat auf die zunehmend restriktiven Rahmenbedingungen wie knapper werdende (öffentliche) Mittel oder unter veränderten Markt- und Wettbewerbsbedingungen reagieren können und es selbst als notwendig erachten, ihre Tätigkeit zu reflektieren und darüber Rechenschaft abzulegen. Eine klare und transparente Leitungsstruktur im Einklang mit einem optimierten betriebswirtschaftlichen Instrumentarium als Ausdruck von Transparenz und Offenheit wird künftig unter verschärften Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit ein essenziell notwendiger Schritt sein, sich weiterhin am Markt behaupten zu können und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Managementkompetenz zu stärken. Als ein Beispiel sei hier nur der verbesserte Zugang zu Fremdkapital der Banken auf der Grundlage eines verbesserten Ratings genannt. Ob diese Auseinandersetzung der Corporate Governance nun in Form eines eigenen oder adaptierten Kodex oder in irgendeiner anderen Form geschieht, spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle. Entscheidend dagegen ist der bewusste Umgang sowie (fortwährende) Einsatz und die Reflexion der Corporate-GovernanceInstrumente im Wettbewerb der Unternehmen untereinander. Darunter ist ein ständiger Prozess der Ausgestaltung und Neuausrichtung von Strukturen zu verstehen, durch welche die Organisation fortwährend an sich verändernde Gegebenheiten angepasst wird. Dabei geht es inhaltlich nicht nur um die Funktionsweise, Zusammenarbeit und Verhaltensregeln, die das Zusammenspiel im inneren Kreislauf des Unternehmens zwischen Leitungs-, Aufsichts- und Revisionsorganen regeln, d.h. auf die aktive Führung und Kontrolle abstellen (rechtlich-institutionelle Interpretation). Vielmehr geht es auch um das Außenverhältnis zwischen dem Unternehmen bzw. dessen Leitungsorganen
und
den
Aktionären
sowie
weiteren
Anspruchsgruppen
Zusammenfassende Betrachtung und inhaltliche Konkretisierung
(ökonomisch-interaktive Interpretation).
153
55
Schließlich kommt es darauf an, wie beide
Kräftefelder (Innen- und Außenverhältnis) in ein Kräftegleichgewicht geführt werden können. Im Ergebnis bedeutet dies im Kern für die inhaltliche Ausrichtung der Corporate Governance: x
erstens ein Kräftegleichgewicht herzustellen im inneren Dreieck (zwischen Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und Revision) im Sinne einer Organisationsregel,
x
zweitens ein Kräftegleichgewicht zu gestalten im äußeren Dreieck (zwischen (Kapital-)Markt, Unternehmen und anderen Anspruchsgruppen) im Sinne einer Organisationsbeziehung und
x
drittens eine Balance zwischen innerem und äußerem Dreieck zu finden bzw. zu erhalten.
154
Außenverhältnis Unternehmen VR
Innenverhältnis
Geschäftsleitung Kapitalmarkt/ Shareholder
Abb. 6: Die Kräftefelder der Corporate Governance (Quelle: auf Grund von Böckli (2000), S. 133 f.) 153 154
Vgl. Lattemann (2007), S. 12. Vgl. Böckli (2000), S. 133 f.; Weber (2002), S. 83 ff.
Revision Weitere Stakeholder
56
Bedeutung und Entwicklung der Corporate Governance
Die vorstehend gezeichnete inhaltliche Ausrichtung von Corporate Governance (inneres und äußeres Dreieck) und die hiermit einhergehende begriffliche Konkretisierung werden für den weiteren Verlauf der Untersuchung zugrunde gelegt. Gelten die Grundsätze der Corporate Governance auch für Krankenhäuser? Welchen Nutzen können diese ggf. darauf ziehen? Und können sie den gestellten Anforderungen gerecht werden? Dies wird Gegenstand der folgenden Untersuchung sein.
3 Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Nachdem das zweite Kapitel – noch krankenhausunspezifisch – die inhaltliche Ausrichtung der Corporate Governance vorgegeben hat und mit der hiermit einhergehenden begrifflichen Konkretisierung der Grundstein für die weitere Arbeit gelegt worden ist, werden nachfolgend die theoretischen Grundlagen der Corporate Governance speziell für den Krankenhauskontext entwickelt. Die Untersuchung berührt damit ein weithin unbearbeitetes Feld. Zwar gewinnen im Zuge zahlreicher Veränderungsprozesse auf gesellschaftlicher, sozialpolitischer, insbesondere aber auch ökonomischer und juristischer Ebene Fragen der Transparenz, klarer Führungsstrukturen, Verantwortlichkeiten und Kontrollfunktionen sowie steigender Ansprüche der Stakeholder auch für Krankenhäuser zunehmend an Bedeutung. Dennoch liegt der Fokus von Forschung und Praxis bis heute primär eher auf einzelnen Fragmenten der Krankenhaussteuerung wie beispielsweise finanzwirtschaftlichen und prozessbezogenen Fragestellungen – nicht zuletzt aufgrund des scheinbar einfach(er) zu realisierenden Rationalisierungspotenzials.155 Eine über einzelne Managementfunktionen hinausgehende Globalsteuerung von Krankenhäusern, wie es ein umfassendes Verständnis der Corporate Governance nahelegt, wird bislang nur selten diskutiert und mögliche Vorschläge zur Verbesserung der Corporate Governance von Krankenhäusern sind durch die wissenschaftliche Forschung bisher nur vereinzelt eingebracht worden. 156 Die (empirische) Durchdringung der Corporate Governance im Gesundheitswesen im Allgemeinen und für Krankenhäuser im Speziellen steht auch im internationalen Vergleich in Deutschland erst ganz am Anfang und wird als eigenständiges Forschungsfeld bislang nur unzureichend wahrgenommen.
157
In diese Forschungs-
lücke dringt unter dem Begriff der Hospital Governance die nachfolgende Arbeit vor,
155 156 157
Vgl. Helmig/Tscheulin (1998); Körfer (2001), S. 30; Benz (2007), S. 8 f. Vgl. v. Schuhen (2002), S. 17; Beckham (2002), S. 31. Vgl. Hilb (2008), S. 13; Benz (2007), S. 8 f.
S. Ballke, Corporate Governance für Krankenhäuser, DOI 10.1007/978-3-8349-6674-2_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
58
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
indem sie sich insbesondere folgenden Forschungsfragen widmet, die im Vordergrund dieses dritten Kapitels stehen: x
In welchem Ausmaß und in welchen Teilbereichen können Ansätze und Mechanismen der aus der Privatwirtschaft
158
übernommenen Corporate-
Governance-Diskussion auf den Krankenhausbereich übertragen werden? Wie wären Übertragungen zu konkretisieren, welche Modifikationen ggf. vorzunehmen? x
Ist
eine
Übertragung
überhaupt
sinnvoll
und
auch
wünschenswert?
Oder ist die Erarbeitung eines eigenen Hospital-Governance-Ansatzes zielführender? Zur Beantwortung dieser Fragestellungen vollzieht sich die Untersuchung in nachfolgenden Schritten: Um die Relevanz des Corporate-Governance-Themas auch für Krankenhäuser zu verdeutlichen, werden in einem ersten Schritt das derzeitige
(Wettbewerbs-)Umfeld
und
die
hieraus
resultierenden
„neuen“
Anforderungen, welche an das Krankenhausmanagement, aber auch weitere Governance-Organe gestellt werden, skizziert (Kapitel 3.1). Sodann werden die Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext herausgearbeitet (Kapitel 3.2). Die Klärung dieser Vorfrage ist notwendig, um in einem nächsten Schritt analysieren zu können, inwieweit und in welchen Teilbereichen die in der Privatwirtschaft entwickelten Corporate-Governance-Ansätze und -Mechanismen auf Krankenhäuser übertragen werden können und wo krankenhausspezifische Besonderheiten dazu führen, bei einer Übertragung Modifikationen zu beachten. Die Analyse bezieht sich sowohl auf die Corporate-Governance-Ansätze (Kapitel 3.3) als auch auf die Corporate-Governance-Mechanismen (Kapitel 3.4). In einer Gesamtschau wird abschließend diskutiert, ob eine Übertragung allgemein-theoretischer Modelle der Corporate Governance zielführend ist oder vielmehr ein eigener Ansatz für Krankenhäuser entwickelt werden sollte (Kapitel 3.5).
158
Auch wenn Krankenhäuser ebenso wie andere Unternehmen privatwirtschaftlich orientiert sein können, wird als Pendant im Rahmen dieser Arbeit vereinfachend die Bezeichnung „Privatwirtschaft“ für alle Unternehmen außerhalb des Krankenhaussektors verwendet.
Bedeutung der Corporate Governance für Krankenhäuser
59
3.1 Bedeutung der Corporate Governance für Krankenhäuser im Kräftefeld externer und interner Wettbewerbskräfte Das gesamte Gesundheitswesen als Wachstumsbranche mit großer volkswirtschaftlicher Bedeutung steht heute vor gravierenden Veränderungen, die für alle Akteure gleichsam Chancen und Risiken darstellen. Die fundamentalen Veränderungen sind durch zunehmend komplexere, diskontinuierliche und sich immer schneller
ändernde
Umweltbedingungen
geprägt.
Medizinisch-technischer
Fortschritt, die Überalterung weiter Teile der Bevölkerung in den meisten Industriestaaten, Vitalität im Alter, Internationalisierung, Kostenexplosion, Zweiklassenmedizin, Marktliberalisierung sowie die wachsende Zahl und steigende (zum Teil divergierende) Ansprüche und Bedürfnisse zahlreicher Stakeholder implizieren als Megatrends im Gesundheitswesen eine Neuordnung der ökonomischen Rahmenbedingungen und Wettbewerbsspielregeln:
159
Das Gesundheitswesen im Umbruch Steigende Erwartungen der Stakeholder Medizinischer und technischer Fortschritt
Demographie / Epidemiologie
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Gesundheitswesen
Internationalisierung
Abb. 7: Megatrends im Gesundheitswesen (Quelle: eigene Darstellung) 159
Vgl. Braun von Reinersdorff (2007), S. 9.
Finanzierung
Kostenexplosion
60
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Auch oder gerade im Speziellen der Krankenhaussektor steht vor der Herausforderung, diesem tiefgreifenden Struktur- und Kulturwandel im Gesundheitswesen zu begegnen. Mit rd. 62 Mrd. Euro und damit mehr als einem Viertel der gesamten Gesundheitsausgaben erbringersubsystem
stellt des
der
Krankenhaussektor
Gesundheitswesens
in
das
größte
Deutschland
Leistungsdar
und
nimmt als ausgabenintensivster Bereich eine herausragende Position innerhalb des Gesundheitssystems ein.
160
Kein anderer Zweig des Gesundheitswesens ist so
kapital-, wissens- und arbeitsintensiv wie der Krankenhaussektor. Krankenhäuser sind moderne, hochdiversifizierte und technologisierte Expertenleistungsorganisationen
161
und Hoch-
162
, die sowohl aufgrund ihrer speziellen Aufgabenstellung als
auch ihres finanziellen Gewichts im Schnittpunkt der genannten Veränderungen und im Fokus der breiten Öffentlichkeit stehen. Nicht zuletzt aufgrund der hohen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Relevanz verwundert es nicht, dass gerade Krankenhäuser als Eckpfeiler der gesundheitlichen Versorgung im Mittelpunkt zahlreicher staatlicher Reformbemühungen und Interventionen in der Vergangenheit standen und auch heute noch stehen.
163
Ziel der
gesundheitspolitischen Reformen in den vergangenen Jahren war und ist es in erster Linie, das zentrale Spannungsfeld zwischen kontinuierlich zunehmendem Leistungsbedarf und stetig steigenden Ausgaben einerseits sowie einem eng begrenzten Finanzierungsvermögen andererseits zu lösen.164 Einen entscheidenden Schritt der Reformbemühungen stellt dabei die Ablösung zentralistischer Steuerungselemente durch zunehmend marktwirtschaftliche und wettbewerbliche Elemente dar. Während sich Krankenhäuser bis zur Einführung des Gesundheitsstrukturgesetzes
160
161 162 163
164 165
165
(1993)
Aber auch der Vergleich mit anderen Branchen zeigt das Gewicht des Krankenhaussektors auf. Mit mehr als 1,0 Mio. Beschäftigten lässt der Krankenhaussektor beispielsweise die Automobilindustrie mit rd. 763.000 Beschäftigten deutlich hinter sich. Das Krankenhauswesen stellt in Deutschland einen gewichtigen Wirtschaftssektor und als Teil des allgemeinen Gesundheitswesen, wo der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP bei 10,7 % im Jahr 2007 lag, „Deutschlands größte Serviceindustrie“ dar. Vgl. OECD (2009); Statistisches Bundesamt (2007). Zum Begriff der Expertenorganisation vgl. Kapitel 3.2.5. Zum Begriff der Hochleistungsorganisation vgl. Friedrich/Rasche/Stahl (2001), S. 29 ff. Zur Entwicklung der gesetzlichen Regelungen im Gesundheitswesen vgl. Oberender/Hebborn/Zerth (2002), S. 62 ff.; Tuschen/Quaas (2001), S. 15 ff.; Breu (2001), S. 23 ff. Vgl. Sibbel (2004), S. 89 f. Vgl. Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz – GSG) vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266).
Bedeutung der Corporate Governance für Krankenhäuser
61
vom Grundsatz darauf verlassen konnten, dass ihnen die entstandenen Kosten auf Basis des Selbstkostendeckungsprinzips erstattet wurden und diese somit in einer „geschützten“ Umwelt agierten,
166
sind seit dem Jahr 1993 mit der Einführung
restriktiver Krankenhausbudgets und der schrittweisen Umstellung des Vergütungssystems auf nahezu ausnahmslos fallpauschalierte Leistungsentgelte radikale Veränderungen eingetreten.
167
Die ökonomischen Sicherheiten und der Bestands-
schutz von Krankenhäusern gehören damit der Vergangenheit an. Stattdessen sehen sich Krankenhäuser einer extrem erschwerten Finanzierungssituation mit einhergehenden verschärften Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt, die zu einem starken Kosten- und Leistungsdruck führen. Auch die vormals starre Trennung zwischen ambulantem und stationärem Sektor wurde im Zuge zahlreicher Reformen zunehmend aufgehoben und führt im Ergebnis zu einem neuen Konkurrenzverhältnis bei den traditionellen Leistungsanbietern im Gesundheitswesen über die verschiedenen Sektorengrenzen hinweg. 168 Das Ergebnis sind konvergierende Gesundheitsinstitutionen im Kontext einer unter Kosten-, Leistungs- und Innovationsdruck stehenden Branche, deren Akteure sich teilweise völlig neuen Marktanforderungen stellen müssen.
169
Durch die weiter
voranschreitende Deregulierung der Krankenhausbranche, aber auch infolge der dargestellten grundlegenden, sich gegenseitig beeinflussenden gravierenden Veränderungen in der technologischen, sozialen und ökonomischen Umwelt ist abzusehen, dass auch künftig der Krankenhaussektor von einer großen Dynamik geprägt sein wird. Krankenhäuser befinden sich in einem fundamentalen Transformationsprozess,
der
ein
Ende
der
Integration
wettbewerbsfähiger
Steuerungselemente in das Gesundheitssystem noch nicht absehen lässt und sie vor immer größere Herausforderungen stellt. Bereits in den vergangenen Jahren mündeten diese nebeneinander laufenden Prozesse bereits in harte Selektionsprozesse und eine Branchenkonsolidierung unter den Akteuren ein. Der permanente Kostendruck hat auf der Kapazitätsseite 166 167 168 169
Vgl. Beckham (1993), S. 59. Vgl. Sibbel (2004), S. 90. Vgl. Augurzky et al. (2005), S. 72 ff. Vgl. Braun von Reinersdorff (2007), S. 9.
62
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
dazu geführt, dass die Zahl der vorgehaltenen Betten im Krankenhaussektor deutlich zurückgegangen ist und zahlreiche Einrichtungen geschlossen wurden. Ein Überblick der Veränderung der Krankenhäuser insgesamt sowie der aufgestellten Betten in Krankenhäusern in Deutschland im Zeitraum 1991 bis 2007 kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden:
Jahr
Krankenhäuser insgesamt
%
aufgestellte Betten
1991
2.411
-
665.565
-
1992
2.381
-1,2
646.995
-2,8
1993
2.354
-2,4
628.658
-5,6
1994
2.337
-3,1
618.176
-7,1
1995
2.325
-3,6
609.123
-8,5
1996
2.269
-5,9
593.743
-10,8
1997
2.258
-6,4
580.425
-12,8
1998
2.263
-6,1
571.629
-14,1
1999
2.252
-6,6
565.268
-15,1
2000
2.242
-7,0
559.651
-15,9
2001
2.240
-7,1
552.680
-17,0
2002
2.221
-7,9
547.284
-17,8
2003
2.197
-8,9
541.901
-18,6
2004
2.166
-10,2
531.333
-20,2
2005
2.139
-11,3
523.824
-21,3
2006
2.104
-12,7
510.767
-23,3
2007
2.087
-13,4
506.954
-23,8
%
Tab. 1: Entwicklung der stationären Versorgung (1997 bis 2007) (Quelle: Statistisches Bundesamt (2007))
Es ist offensichtlich, dass die skizzierten Entwicklungen Auswirkungen auf die Führungsstrukturen
der
Krankenhäuser
nach
sich
ziehen.
Umfang
und
Geschwindigkeit der Veränderungen in Markt und Gesellschaft haben Dimensionen erreicht, die mit dem traditionellen Denken und herkömmlichen Führungsstrukturen im Krankenhaus nur unzureichend bewältigt werden können.
170
Lange Zeit spielten
aufgrund der relativ verlässlichen Struktur und Krankenhausumwelt sowie letztlich
170
Vgl. Eichhorn (2008), S. 111; Becker (2000), S. 260 ff.; Adam (1996), S. 13 ff.; v. Eiff (2000), S. 39.
Bedeutung der Corporate Governance für Krankenhäuser
63
auch des gegebenen Bestandsschutzes über die Krankenhausplanung und -finanzierung Überlegungen zur Unternehmensführung und -kontrolle im Krankenhaus eine eher untergeordnete Rolle. system unterentwickelt.
172
171
Entsprechend war auch das Führungs-
Waren Krankenhäuser in der Vergangenheit nicht auf
effektive Governance-Strukturen angewiesen bzw. kam diesen keine besondere Bedeutung zu, stehen sie heute und künftig angesichts eines dynamischer und komplexer werdenden Umfelds mehr denn je vor der Herausforderung, die Führungsorganisation den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und die Wechselwirkungen zwischen Krankenhaus, Wettbewerbern und dem Gesamtumfeld zu erkennen, um zielgerichtete, proaktive Maßnahmen einzuleiten und drohende Krisen
rechtzeitig
abwenden
zu
können.
Gesellschaftlicher,
ökonomischer,
medizinischer und technologischer Wandel muss erkannt und in zukunftsweisende Aktivitäten umgesetzt werden, die das Überleben und die Entwicklungsfähigkeit des Krankenhauses sichern.
173
Der Paradigmenwechsel der Leitungsorganisation voll-
zieht sich dabei in Form eines starken Anpassungsprozesses zwischen der Institution Krankenhaus und dem vielseitigen dynamischen Umfeld, was in der Folge eine beachtliche Verlagerung bei der Gestaltung, Lenkung, Führung und Entwicklung des Krankenhauses nach sich zieht.
174
Nicht mehr nur der Ausgleich im inneren
Kräftefeld der Einrichtung ist zu besorgen, in noch höherem Maße hat die Aufmerksamkeit den geänderten Umfeldbedingungen zu gelten: „Krankenhäuser werden dem hohen Anpassungsdruck von außen nur dann standhalten, wenn sie die Umweltturbulenzen und die bestehenden internen Organisations- und Steuerungsdefizite über ein strategisches Radar frühzeitig erkennen, antizipieren und die daraus resultierenden
Konsequenzen
in
Handlungsalternativen
umsetzen“
175
.
Umso
schwieriger wird dabei die strategische Krankenhausführung, je turbulenter und unübersichtlicher die Umwelt ist, durch die das Krankenhaus gesteuert werden muss.176 Dabei wird es Aufgabe der strategischen Einheiten im Krankenhaus sein, aktiv und schnell Entscheidungen herbeizuführen, angemessene Prioritäten zu 171 172 173 174 175 176
Vgl. Schmidt-Rettig (2008), S. 218. Vgl. Berger/Stock (2008), S. 31. Vgl. Eichhorn (2008), S. 111; Salfeld/Hehner/Wichels (2009), S. 24 f. Vgl. Eichhorn (2008), S. 115 f.; Salfeld/Hehner/Wichels (2009), S. 24 f. Schmidt-Rettig (2008), S. 218. Vgl. Pfaff (2004), S. 11.
64
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
setzen, mit innovativen Ideen die Wettbewerbsfähigkeit des Krankenhauses zu erhalten bzw. zu steigern. Auch setzt der gestiegene Professionalisierungsdruck voraus, dass die Führungsorgane in der Lage sind, durch eine sowohl an den internen Erfordernissen des Krankenhauses als auch unter Berücksichtigung der externen Bedürfnisse verschiedener Stakeholder ausgerichtete Unternehmensführung eine schnelle Antwort auf die volatilen Markt- und Umweltbedingungen zu geben und die immer komplexer werdenden Interdependenzen zwischen den jeweiligen Faktoren der Außen- und Innenwelt zu managen.
177
Noch nie sind
Krankenhäuser bzw. ihre Führungsgremien aufgrund der zahlreichen Entwicklungen so gefordert wie heute zu reflektieren, was gute Governance bedeutet und wie diese implementiert werden kann. Hierzu bedarf es klarer, transparenter Träger-, Organisations-,
Führungs-
und
Aufsichtsstrukturen.
Mit
anderen
Worten:
einer guten Hospital Governance.
177
Vgl. Shortell (1989), S. 20; Eichhorn (2008), S. 112 f.; Braun von Reinersdorff (2007), S. 64 f.; Salfeld/Hehner/Wichels (2009), S. 24 f.
3.2 Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-GovernanceKontext Die folgende Untersuchung widmet sich zunächst der Erarbeitung der Spezifika von Krankenhäusern im Verhältnis zu Unternehmen der Privatwirtschaft. Erst wenn diese Aufgabe geleistet ist, kann geprüft werden, inwieweit und in welchen Teilbereichen die für allgemeine privatwirtschaftliche Unternehmen entwickelten Grundsätze – Ansätze und Mechanismen der Corporate Governance – auch auf Krankenhäuser übertragen werden können und inwieweit ggf. aufgrund der Krankenhausspezifika bei der Übertragung Modifikationen vorzunehmen sind. Herauszuarbeiten sind dabei diejenigen Elemente und prägenden Merkmale von Krankenhäusern, die besonders auf die Hospital-Governance-Strukturen Einfluss haben können. Als solche werden im Folgenden die Besonderheiten der Dienstleistungsproduktion von Krankenhäusern (3.2.1), die Antinomie von staatlichem Einfluss und den Marktcharakteristika (3.2.2), die krankenhausspezifischen Träger- und Rechtsformen (3.2.3), das multidimensionale Zielsystem (3.2.4) und die prägenden Strukturen der Expertenorganisation „Krankenhaus“ (3.2.5) identifiziert.
3.2.1
Besonderheiten der Dienstleistungsproduktion
Bei der Gestaltung von Governance-Strukturen im Krankenhausbereich sind verschiedene Besonderheiten der Dienstleistungsproduktion von Krankenhäusern zu beachten.
Entsprechend
ihrer
Aufgabenstellung
im
Gesamtsystem
der
medizinischen, pflegerischen und sozialen Versorgung werden Krankenhäuser nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) als Einrichtungen definiert, „in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden“178. Die Kernleistung eines Krankenhauses besteht demnach aus dem Behandlungs- und Versorgungsprozess von erkrankten Patienten mit dem Ziel, deren Gesundheitszustand zu erhalten, wiederherzustellen oder zu verbessern, also
178
§ 2 Nr. 1 KHG.
66
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
positiv zu beeinflussen. In diesem Rahmen umfasst sie die ärztliche Behandlung (Diagnostik und Therapie), die pflegerische und soziale Betreuung sowie die Hotelleistung.
179
teilweise
Diese Leistungen werden am Patienten als Leistungsobjekt ganz oder im
Rahmen
der
vollstationären,
teilstationären
oder
ambulanten
Versorgung erbracht. Eine weitere sinngemäß identische und detaillierte gesetzliche Verankerung ist in § 107 Abs. 1 SGB V zu finden. Hier wird das Begriffsverständnis des KHG ergänzt um zusätzliche Merkmale hinsichtlich der fachlich-medizinischen Leitung und der diagnostischen und therapeutischen Ausstattung der Einrichtung. Gemäß ihrem Versorgungsauftrag lässt sich das Leistungsspektrum von Krankenhäusern in Allgemein-, Fach- und Sonderkrankenhäuser sowie sonstige Krankenhäuser untergliedern.180 Folgt man der in der Krankenhausliteratur weit verbreiteten Systematik der zweistufigen Krankenhausproduktion, lässt sich der Betriebsprozess des Krankenhauses in einen primären und sekundären Leistungsbereich einteilen: zum einen in die die Veränderung des Gesundheits- und Krankheitszustandes betreffenden Primärleistungen und zum anderen in die für die Statusveränderungen des Patienten notwendigen
Sekundärleistungen 181
Versorgung). sind
aufgrund
(z.B.
Diagnostik,
Therapie,
Pflege
und
Die primären und sekundären Leistungsprozesse im Krankenhaus des
heterogenen
Leistungsspektrums
sehr
komplex
und
indeterminiert, denn die Leistungserstellung setzt sich aus einer Vielzahl einzelner zum Teil schlecht prognostizierbarer Teilprozesse zusammen. Nach Art der betrieblichen Leistung gehört das Krankenhaus mithin zur Gruppe der Dienstleistungsbetriebe und innerhalb dieser Gruppe zu den sogenannten „kundenpräsenzbedingten“ 179
180
181 182
Dienstleistungsbetrieben.
182
Erst
die
Verfügbarkeit
und
Neben den dargestellten Kernleistungen eines Krankenhauses können je nach Zielsetzung und Aufgabenstellung weitere Aufgaben wie beispielsweise die Sicherung der Aus-, Fort- und Weiterbildung des Krankenhauspersonals sowie die Unterstützung von Forschung und Lehre hinzukommen. Auch die Vorhaltung einer ständigen Notfallbereitschaft stellt eine weitere wesentliche Aufgabe von Krankenhäusern dar. Vgl. Kaltenbach (1993), S. 49. Unter sonstigen Krankenhäusern sind beispielsweise Tages- und Nachtkliniken zu verstehen. Zur (möglichen) Systematisierung von Krankenhäusern vgl. Eichhorn (1975), S. 14 f. und 98 ff.; Deutsche Krankenhausgesellschaft (2002), S. 14. Vgl. Eichhorn (2008), S. 90 ff. Vgl. Walterspiel (1966), S. 12 f.
Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext
67
Integration des externen Faktors „Patient“ als Konsument und Koproduzent ermöglicht den Leistungserstellungsprozess.
183
Die Dienstleistung wird im Rahmen
der Leistungserstellung direkt auf Grundlage der anbieterinternen Faktoren am externen Faktor Patient erbracht und ist weder lager- noch speicherfähig.
184
Leistungserstellung und -abgabe sind identisch und erfolgen nach dem Uno-actuPrinzip.
185
Weiteres Charakteristikum der Leistungserstellung im Krankenhaus ist,
dass im Rahmen der Endkombination immaterielle Leistungsergebnisse erzeugt werden.
186
Die Eigenschaft der Immaterialität korreliert dabei eng mit dem Vertrauen
des Patienten in die Leistungserstellung, was noch dadurch verstärkt wird, dass die Ausgestaltung und Steuerung der Leistungsabläufe vorrangig durch die Primärentscheidungen der Ärzte erfolgt. Aus diesem Grund werden Gesundheitsleistungen auch als „Vertrauensgüter“ charakterisiert.187 Auch werden die von dem Patienten als Leistungsempfänger benötigten Dienstleistungen in der Regel nicht direkt von diesem bezahlt, sondern die Krankenkassen treten als Kostenträger gegenüber dem Anbieter der Leistungen auf.
188
All diese Faktoren zusammengenommen, das heterogene und komplexe Leistungsspektrum, die dynamisch schwankende und nicht deterministische Nachfrage sowie die
beschriebenen
konstitutiven
Merkmale
der
Krankenhausdienstleistungs-
erstellung, stellen eine Vielzahl verschiedenster Anforderungen an die Leitung des Krankenhauses und determinieren mithin die Struktur und Organisation der Krankenhausführung.189 So werden z.B. an die Fähigkeit zur Ressourcenbündelung, den Ausgleich von divergierenden Interessen verschiedener Stakeholder wie Mitarbeiter, Patienten und damit an die Koordinierungskompetenz der Leitungsorgane besondere Ansprüche gestellt. Auch der hohe Abhängigkeitsgrad der Ergebnisqualität von den internen und externen Ressourcen bzw. der Interaktion 183 184 185
186
187 188
189
Vgl. Reibnitz (1999), S. 13. Vgl. Sibbel (2004), S. 100 f. Das Uno-actu-Prinzip bezeichnet den Zustand, in dem Leistungserstellung und -abgabe in weitem Umfang gleichzeitig zusammenfallen. Vgl. Herder-Dorneich (1972), S. 18; Garhammer (1988), S. 72 f. Vgl. Körfer (2001), S. 16 ff.; Seelos (1993), S. 114 f.; Greiling (2002), S. 24 f.; Breyer/Zweifel/Kifmann (2003), S. 329 f.; Schlüchtermann (1996a), S. 253. Vgl. Dullinger (1996), S. 12; Körfer (2001), S. 18. Zu den Folgewirkungen der Dreiecksbeziehung Patient-Leistungserbringer-Kostenträger vgl. Christen/Dingeldein/Schnetzer (2003). Vgl. Naegler (1992), S. 11.
68
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
zwischen diesen und nicht zuletzt der hohe Vertrauensfaktor sowie die nicht schlüssigen Austauschbeziehungen zwischen Produzent, Konsument und Kostenträger im Krankenhaus beeinflussen die Governance-Strukturen, wie im späteren Verlauf der Arbeit noch zu zeigen ist.
3.2.2
190
Staatlicher Einfluss und Marktcharakteristika
Neben den Besonderheiten der Dienstleistungsproduktion ist auch das in dieser Form nur dem Gesundheits- und Krankenhauswesen eigentümliche Spannungsverhältnis
von
staatlich-administrativem
Einfluss
einerseits
und
Markt-
/Wettbewerbsstruktur andererseits von prägender Bedeutung für die strategische Steuerung von Krankenhäusern. Bereits im Jahr 1972 wurden zentrale Inhalte der Regulierung des stationären Sektors in Deutschland mit der Verabschiedung des KHG festgelegt, die bis heute größtenteils noch immer strukturbestimmend und gültig sind. 191 Ziel dieses Gesetzes ist es nach § 1 KHG, die Krankenhäuser wirtschaftlich zu sichern und eine bedarfsgerechte Versorgung mit leistungsfähigen Krankenhäusern zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieses Zwecks wurden im Jahr 1972 mehrere normative Grundsatzentscheidungen gefällt:192 x
Die Sicherstellung einer ausreichenden stationären Krankenversorgung ist Aufgabe des Staates (Sicherstellungsauftrag).
x
Der Staat ist verpflichtet, Krankenhausbedarfspläne zu erarbeiten (staatliche Krankenhausplanung).
x
Die Finanzierung der als bedarfsnotwendig angesehenen Krankenhäuser erfolgt zum einen durch die Übernahme der Investitionskosten durch die öffentlichen Haushalte. Zum anderen werden die laufenden Betriebskosten über die Kostenträger finanziert (Duale Finanzierung).
190 191 192
Vgl. Kapitel 3.4.2.1. Vgl. Simon (2000), S. 73 f. Vgl. Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG) in der ursprünglichen Fassung vom 29.6.1972 (BGBl. I S. 1009).
Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext
x
69
Die Selbstkosten eines sparsam wirtschaftenden, leistungsfähigen Krankenhauses werden durch die Investitionskostenfinanzierung der öffentlichen Hand und durch die von den Krankenkassen zu zahlenden Pflegesätze vollständig gedeckt (Selbstkostendeckungsprinzip).
Die staatlich-administrative Steuerung des Krankenhauswesens im Rahmen der Krankenhausbedarfsplanung und die Vorgaben der Investitionsfinanzierung beschränkten die Planungsautonomie der Krankenhausträger maßgeblich, garantierten aber im Gegenzug die Deckung der Selbstkosten. Dadurch wurde das Verlustrisiko der Krankenhäuser beseitigt.193 Erst im Zuge zahlreicher Reformen und Gesetzesnovellierungen konnten richtungsweisende Änderungen des KHG von 1972 erreicht werden. Wesentliche Änderungen waren zunächst u.a. die Übertragung der staatlichen Krankenhaus- und Investitionsplanung auf die Bundesländer sowie die Modifizierung der dualen Finanzierung und des Selbstkostendeckungsprinzips.
194
Im
Jahre 1993 wurden schließlich mit der Verabschiedung des Gesundheitsstrukturgesetzes
195
das Selbstkostendeckungsprinzip vollständig aufgehoben und neue
Entgeltformen in Form von tagesgleichen Basis- und Abteilungspflegesätzen, Fallpauschalen und Sonderentgelten zur Vergütung allgemeiner Krankenhausleistungen eingeführt. Ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Wettbewerb in der Krankenhauslandschaft wurde durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz196 (2000) vollzogen, nämlich die in den 1990er Jahren praktizierte undifferenzierte Vergütung allgemeiner Krankenhausleistungen abzuschaffen und eine Umstellung auf ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschaliertes Vergütungssystem auf der Basis von Diagnosis Related Groups (DRG) vorzunehmen. Das DRG-System sieht eine Vergütung der stationären Krankenhausleistungen gemäß einem ökonomisch193
194
195
196
Als Argumente für staatliche Eingriffe in das Gesundheits- und Krankenhauswesen in Deutschland werden u.a. das Marktversagen auf Märkten für medizinische Leistungserbringung und Versicherungsleistungen sowie Gerechtigkeitsvorstellungen („Gesundheit als soziales Gut“) herangezogen. Vgl. Oberender/Hacker (1999), S. 348; Brümmerhoff (2001), S. 113. Ein Beispiel stellt das Gesetz zur Neuordnung der Krankenhausfinanzierung aus dem Jahr 1984 dar, vgl. Gesetz zur Neuordnung der Krankenhausfinanzierung (Krankenhaus-Neuordnungsgesetz – KHNG) vom 20.12.1984 (BGBl. I S.1716). Zur Entwicklung der gesetzlichen Regelungen im Gesundheitswesen vgl. Oberender, Hebborn, Zerth (2002), S. 62 ff.; Tuschen/Quaas (2001), S. 15 ff.; Breu (2001), S. 23 ff. Vgl. Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz – GSG) vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266). Vgl. Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKVGesundheitsreformgesetz, GGKV-GRG 2000) vom 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626).
70
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
medizinischen Klassifizierungssystem vor, bei dem die Patienten anhand ihrer Diagnosen und der durchgeführten Behandlungen in Fallgruppen klassifiziert und nach dem für die Behandlung erforderlichen ökonomischen Aufwand unterteilt und bewertet
werden.
Mit
dem
Fallpauschalenänderungsgesetzen
Fallpauschalengesetz 198
197
(2002)
bzw.
den
(2003 und 2004) wurden anschließend die
Einführungsbedingungen konkretisiert und seit dem 1. Januar 2004 zur verbindlichen Vergütungsgrundlage für stationäre Krankenhausleistungen gemacht. Mit der Einführung
der
DRG-Entgeltsystematik
wurden
wesentliche
wettbewerbliche
Anreizstrukturen vom Gesetzgeber in den Krankenhausmarkt implementiert. Krankenhäuser müssen sich nun bei gleichem Preis über die Kosten und Qualität messen, was in der Konsequenz zur Schließung nicht konkurrenzfähiger Abteilungen, aber auch ganzer Krankenhäuser führen kann. 199 Rückblickend haben deutsche Krankenhäuser seit der Einführung des KHG im Jahr 1972 Jahre hinter sich, in denen der Gesetzgeber mit zunehmender Geschwindigkeit regulierend in das Gesundheitswesen eingegriffen hat. Der Krankenhaussektor stellt einen gesellschafts- und sozialpolitisch determinierten Bereich dar, der noch nie einer selbständigen Entwicklung überlassen war, sondern immer der marktlichen Steuerung im Sinne eines reinen Preiswettbewerbs zwischen Patienten als Nachfragern und Krankenhäusern als Anbietern entzogen wurde. 200 Mit der Einführung der DRG seit 2004 wurden wichtige Steuerungselemente für eine wettbewerblich orientierte Krankenhauswirtschaft geschaffen. Dies gilt, obwohl der Gesetzgeber weiterhin eine auf Länderebene verankerte Krankenhausplanung
197
198
199 200 201
201
, eine damit
Vgl. Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (Fallpauschalengesetz – FPG) vom 23.04.2002 (BGBl. I S. 1412). Vgl. Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser (Fallpauschalenänderungsgesetz – FPÄndG) vom 17.07.2003 (BGBl. I, S. 1461) und Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz – 2. FPÄndG) vom 15.12.2004 (BGBl. I S. 3429). Vgl. Berger/Stock (2008), S. 32; Oberender/Hacker (1999), S. 350. Vgl. Engelke (2008), S. 196 f. Auch heutzutage bekommen nur Krankenhäuser, die in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen sind bzw. einen Versorgungsvertrag abgeschlossen haben, ihre Leistungen ohne vorherige Einzelvereinbarungen von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Bei nahezu 90 % gesetzlich Versicherten in Deutschland kommt diese Regelung einer Marktschließung gleich. Vgl. Oberender/Hacker (1999), S. 348.
Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext
verbundene Investitionsförderung
202
71
sowie ein staatlich geregeltes Vergütungs-
system festgeschrieben hat. Im Ergebnis unterscheidet sich somit der Krankenhausmarkt grundlegend von regulären Märkten. Viel stärker als diese bewegt er sich im Spannungsfeld zwischen einer dezentralen marktlichen und einer zentralen staatlichen Steuerung, wobei die Grenzen zwischen privatwirtschaftlichem und marktlichem Wettbewerb einerseits und geregelten Wirtschaftsräumen andererseits mehr und mehr verschwimmen.
203
Eine Etablierung weiterer wettbewerblicher Elemente in das deutsche Gesundheitssystem ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der zunehmenden Ressourcen- und (öffentlichen) Finanzknappheit zu erwarten; dies zeigen auch die Gesundheitsreformen der letzten Jahre wie das GKV-Gesundheitsmodernisierungsgesetz204 (2004) und GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz205 (2007).206 Bei der Gestaltung der Governance-Strukturen und in Ausübung der gestalteten Governance-Funktion durch die Leitungsorgane ist diese Besonderheit zu beachten. Nicht nur, dass durch das zunehmend wettbewerblich geprägte Krankenhausumfeld der Professionalisierungsdruck auf die einzelnen Governance-Organe steigt. Auch führt der staatliche Eingriff in den Krankenhausmarkt dazu, dass verschiedene Markt-Mechanismen und damit auch Corporate-Governance-Mechanismen gar nicht oder nur stark verzögert für Krankenhäuser zum Tragen kommen (können). 207 Auf das skizzierte Spannungsfeld von wettbewerblichen Elementen einerseits und staatlicher Lenkung andererseits ist somit Rücksicht zu nehmen.
202
203 204
205
206 207
Zu den aus ökonomischer Sicht resultierenden Mängeln der Dualen Finanzierung aus der Trennung von Investitionskosten und Betriebskosten und der damit verbundenen divergierenden Finanzierungsverantwortung vgl. Wasem/Vincenti (2000), S. 231 ff. Vgl. Schlüchtermann (2003), S. 11. Vgl. Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Gesundheitsmodernisierungsgesetz, GKV-GMG) vom 19.11.2003 (BGBl. I S. 2190). Vgl. Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378). Vgl. Orlowski/Wasem (2003); Orlowski/Wasem (2007). Vgl. Kapitel 3.4.2
72
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
3.2.3
Plurale Träger- und Rechtsformen
Neben den Besonderheiten der (Dienst-)Leistungserstellung und dem dargestellten Konflikt zwischen staatlicher Steuerung und Wettbewerbselementen zeichnen sich Krankenhäuser zudem durch eine heterogene Struktur innerhalb ihrer Gruppe aus, was wiederum nicht ohne Relevanz für Fragen der Hospital Governance ist. Auch wenn die Definitionsansätze des § 2 Nr. 1KHG und des § 107 Abs. 1 SGB V aufzeigen, welche Gemeinsamkeiten Krankenhäuser de jure miteinander verbinden, ist der stationäre Sektor von einer auffälligen Heterogenität geprägt. Dies zeigen nicht zuletzt die verschiedenen existierenden Träger- und Rechtsformen im Krankenhaussektor.
3.2.3.1
Trägerformen im deutschen Krankenhauswesen
Als Krankenhausträger wird der Eigentümer eines Krankenhauses bezeichnet. In Anlehnung an die Definitionen des Statistischen Bundesamtes und der Deutschen Krankenhausgesellschaft werden drei Trägerarten unterschieden, die aufgrund ihrer Eigentümerstruktur wie folgt charakterisiert sind: x
208
Öffentliche Krankenhäuser sind solche, die von Gebietskörperschaften (Bund, Land, Bezirk, Kreis, Gemeinde) oder von Zusammenschlüssen solcher Körperschaften wie Arbeitsgemeinschaften oder Zweckverbänden oder von Sozialversicherungsträgern
wie
Landesversicherungsanstalten
und
Berufs-
genossenschaften betrieben werden. x
Freigemeinnützige Krankenhäuser werden von einem religiösen, kirchlichen, humanitären oder sozialen Träger (z.B. Stiftungen, Vereinen) unterhalten.
x
Private Krankenhäuser stehen in privater Rechtsform und bedürfen als gewerbliche Unternehmen einer Konzession nach § 30 Gewerbeordnung.
Während öffentliche Träger von Krankenhäusern aufgrund der staatlichen Daseinsfürsorge dazu verpflichtet sind, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern sicherzustellen (§ 1 Abs. 1 KHG), führen
208
Vgl. Statistisches Bundesamt (2007); Deutsche Krankenhausgesellschaft (2006), S. 6.
Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext
freigemeinnützige
209
73
und private Krankenhausträger ihre Einrichtungen aufgrund
freien Entschlusses und im eigenen Interesse.
210
Die Trägermotivation, d.h. welche
Ziele der Entscheidung eines Krankenhausträgers zum Betrieb eines Krankenhauses zugrunde liegen, kann dabei unterschiedlichster Natur sein.
211
Ein Blick auf die quantitative Entwicklung der drei Trägergruppen zeigt, dass seit den 1990er Jahren erhebliche Veränderungen in der Krankenhauslandschaft hinsichtlich der Trägerschaft zu verzeichnen sind:
Krankenhäuser nach Trägerschaft 1991
2007 Private Krankenhäuser
Private Krankenhäuser Öffentliche Krankenhäuser
Öffentliche Krankenhäuser 14,8%
29,7%
32,4% 46,0%
2.087
2.411 39,1%
37,9%
Freigemeinnützige Krankenhäuser
Freigemeinnützige Krankenhäuser
Abb. 8: Entwicklung der Krankenhäuser in Deutschland nach Trägerschaft (Quelle: Statistisches Bundesamt (2007)) 209
210 211
Nicht zu verwechseln mit dem Trägertypus ist die Frage der Gemeinnützigkeit eines Krankenhauses. So sind die Kategorien „freigemeinnützig“ und „gemeinnützig“ nicht zwangsläufig identisch, auch wenn es Überschneidungen gibt. Bei der Gemeinnützigkeit handelt es sich um einen juristischen Tatbestand, der in der Abgabenordnung geregelt ist. So kann ein Krankenhaus, sofern es als gemeinnützig anerkannt ist (d.h. aus gesellschaftsrechtlicher Sicht einen nicht-wirtschaftlichen Zweck anstrebt, im Allgemeininteresse sowie uneigennützig handelt und darauf verzichtet, die erwirtschafteten Überschüsse an Mitglieder oder Eigentümer auszuschütten) u.a. verschiedene steuerliche Entlastungen in Anspruch nehmen. Nicht zwangsläufig aber erfüllt jede freigemeinnützige Einrichtung diesen juristischen Tatbestand, zumal dieser auch von öffentlichen oder privaten Krankenhäusern erfüllt werden kann. Es gibt somit Grenzbereiche und Tendenzen zur Hybridisierung zwischen den Trägerarten, bei denen Krankenhäuser nach ihrer Trägerschaft nur schwer auseinanderzuhalten sind. Vgl. Wörz (2008), S. 142. Vgl. Sonnentag (2008), S. 184 f. Zum multidimensionalen Zielsystem von Krankenhäusern vgl. Kapitel 3.2.4.
74
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Neben der allgemein sinkenden Zahl der Krankenhäuser lässt sich feststellen, dass besonders der Anteil der Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Trägerform rückläufig ist, wohingegen der Anteil der Krankenhäuser in privater Trägerschaft stark zugenommen hat. Aufgrund des zunehmenden wirtschaftlichen Drucks auf den Krankenhaussektor und die öffentlichen Haushalte ist davon auszugehen, dass der bereits seit geraumer Zeit feststellbare Trend zur Privatisierung auch in Zukunft nicht nur anhalten, sondern sich noch weiter verstärken wird.
212
Jedoch ist zu beachten,
dass eine deutliche Varianz der Trägergruppen nach Bundesländern zu verzeichnen ist. Während vor allem in den neuen Bundesländern private Krankenhausträger eine bedeutende Rolle spielen (z.B. Thüringen 38,9 %, Mecklenburg-Vorpommern 28,3 %), gibt es in einigen alten Bundesländern wie beispielsweise NordrheinWestfalen nur sehr wenige Krankenhäuser in privater Trägerschaft (1,4 %).213 Aus der differenzierten Trägerschaft leiten sich wegen der mit dieser einhergehenden unterschiedlichen Trägerkulturen, der Erfordernisse zur Integration des Krankenhauses in die Gesamtorganisation des Trägers und nicht zuletzt der unterschiedlich priorisierten Zielsetzungen der Trägerformen auch sehr unterschiedliche Anforderungen an die Hospital Governance ab. Dies bedeutet im Ergebnis, dass Krankenhäuser nicht nur im Vergleich zu anderen Unternehmen Spezifika aufweisen, sondern sich auch zwischen den Krankenhäusern selbst Unterschiede ausmachen lassen, welche die Hospital Governance beeinflussen.
3.2.3.2
Rechtsformen im deutschen Krankenhauswesen
Einhergehend mit der Trägerschaft bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten der Wahl und Gestaltung der Rechtsform von Krankenhäusern an. Beide Determinanten – Trägerschaft und Rechtsform – sind dabei nicht unabhängig voneinander, sondern bedingen sich teilweise gegenseitig. So steht Krankenhäusern auf der einen Seite in Abhängigkeit von ihrer Trägerschaft nur eine begrenzte Auswahl an Rechtsformen zur Verfügung. Auf der anderen Seite kommt in der Regel auch in der dispositiven
212
213
Vgl. Augurzky et al. (2009); Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (2005); McKinsey & Company (2006). Vgl. Statistisches Bundesamt (2007).
Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext
75
Ausgestaltung der Rechtsform der Trägerwille, d.h. die Trägermotivation, zum Ausdruck.
214
Bei der Rechtsformwahl eines Krankenhauses handelt es sich um eine konstitutive 215
Entscheidung
, da durch dieses „juristisches Gewand“ die Rechtsbeziehungen des
(Krankenhaus-)Unternehmens im Innen- und Außenverhältnis geregelt werden. 216 So werden beispielsweise im Innenverhältnis die vertretungsberechtigten Leitungsorgane, deren Zusammenwirken und damit der Ablauf zukünftiger Entscheidungen bestimmt, während im Außenverhältnis durch die Rechtsform z.B. die steuerliche Behandlung oder Haftung des Unternehmens festgelegt wird. Besonders im Innenverhältnis hat das Krankenhaus die Möglichkeit, sich das „Gewand der Rechtsform“ maßzuschneidern, beispielsweise durch einen Gesellschaftervertrag bzw. eine Satzung oder in Form einer Geschäftsordnung oder eines Geschäftsverteilungsplans.217 Damit zeigt sich, dass die Rechtsformwahl nicht lediglich eine formale juristische Entscheidung ist, sondern gerade durch ihre Auswirkungen auf die innerbetriebliche Leitungs- und Organisationsform vielfältige Governance-Komponenten enthält. Generell lässt sich zwischen Rechtsformen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts unterscheiden.218 Die Rechtsformen des Privatrechts können in Einzelunternehmen, Stiftungen und Gesellschaften untergliedert werden, wobei Letztere sich in Personengesellschaften (wie z.B. die GbR oder OHG) und sonstige Körperschaften
des
Privatrechts
(Verein,
Kapitalgesellschaften,
Genossenschaften)
aufteilen. Die am meisten vertretenen Rechtsformen der Kapitalgesellschaften sind die AG und die GmbH. Auch die Rechtsformen des öffentlichen Rechts sind vielfältig. Hier wird zwischen Rechtsformen mit eigener Rechtspersönlichkeit (Körperschaft, Anstalt, Stiftung des öffentlichen Rechts) und Rechtsformen ohne eigene Rechtspersönlichkeit (Regie- und Eigenbetrieb) unterschieden: 214 215 216 217 218
Vgl. Sonnentag (2008), S. 194 f. Vgl. Kappler/Rehkugler (1991), S. 75. Vgl. Sonnentag (2008), S. 187. Vgl. Sonnentag (2008), S. 187 ff. Für eine ausführliche Darstellung der Rechtsformen von Krankenhäusern vgl. Buse (2000), S. 49 ff.; Greiling (2000), S. 94 ff.
76
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Mögliche Rechtsformen von Krankenhäusern Privatrechtliche Rechtsformen
Öffentlich-rechtliche Rechtsformen
Einzelunternehmen
Stiftungen (pR)
rechtlich selbständig
Gesellschaften
rechtlich unselbständig
Körperschaft
Regie- u. Eigenbetrieb
Anstalt Personengesellschaften
Verein
Stiftungen (öR)
Sonstige
Kapitalgesellschaften
Genossenschaften
Abb. 9: Mögliche Rechtsformen von Krankenhäusern (Quelle: eigene Darstellung)
Grundsätzlich werden vom Gesetzgeber bezüglich der Rechtsform keine Vorgaben gemacht, so dass es in aller Regel dem Träger überlassen bleibt, die Rechtsform zu bestimmen. Lange Zeit ließen jedoch viele landes- und kommunalrechtliche Vorschriften nur bestimmte Rechtsformen für öffentlich-rechtliche Krankenhäuser zu, was die Möglichkeit zur Organisationsvielfalt einschränkte. 219 Auf diese Weise sollte das Prinzip der Daseinsvorsorge gesichert und gleichzeitig einer zu stark an erwerbswirtschaftlichen Kriterien ausgerichteten Führung vorgebeugt werden.
220
Um
die grundsätzliche Konkurrenzfähigkeit öffentlicher Krankenhäuser zu verbessern, sind jedoch in der Praxis die einengenden kommunal- und landesrechtlichen Vorschriften gelockert worden. Somit stehen auch öffentlichen Trägern heute neben öffentlich-rechtlichen Rechtsformen auch jene des Privatrechts offen. Dass viele Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft inzwischen von der Möglichkeit der Herauslösung aus der kommunalen Verwaltung Gebrauch gemacht haben, zeigt die Statistik: Im Jahr 2007 wurden bereits über die Hälfte (56,1 %) der Krankenhäuser 219 220
Vgl. Wörz (2008), S. 42. Vgl. Sonnentag (2008), S. 188.
Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext
77
mit öffentlicher Trägerschaft in einer privatrechtlichen Form – die Mehrzahl davon in der Rechtsform der GmbH – geführt, 2002 waren es noch lediglich 28,3 %.
221
Auch
sank demgegenüber der Anteil öffentlich getragener Krankenhäuser, die als rechtlich unselbständige Einrichtungen (z.B. Eigenbetriebe, Regiebetriebe) betrieben werden, auf 23,8 % im Jahr 2007; fünf Jahre zuvor hatte ihr Anteil an allen öffentlichen Krankenhäusern noch 56,9 % betragen.
222
Da privaten und freigemeinnützigen
Krankenhäuser von Gesetzes wegen nur privatrechtliche Rechtsformen zur Verfügung stehen, hat sich diese Form als größte Gruppe für Krankenhäuser inzwischen durchgesetzt. Der Anteil aller Krankenhäuser in Deutschland, die in einer privatrechtlichen Rechtsform geführt werden, lag im Jahr 2007 bei 85,8 %.223 Zu beachten ist, dass, auch wenn bei öffentlichen Krankenhäusern in privatrechtlichen Rechtsformen oftmals von Krankenhausprivatisierung gesprochen wird, diese weiterhin öffentliche Krankenhäuser bleiben. Letztlich ist der Trägerstatus (materielle Privatisierung) und nicht der Wechsel zu einer privatrechtlichen Rechtsform (formale Privatisierung) entscheidend. Betrachtet man das Verhältnis von Rechtsformgestaltung und Hospital-GovernanceStruktur, so zeigt sich insgesamt eine Wechselbeziehung: Einerseits ist die gewählte Rechtsform – z.B. durch die mit ihr vorgegebene Organisationsform des Krankenhauses – rechtlich verbindliches Ergebnis von bewussten Corporate-GovernanceEntscheidungen des Krankenhausträgers, andererseits kann durch die Ausnutzung von Gestaltungsspielräumen, die eine bestimmte Rechtsform bietet (z.B. Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsgremiums und seine Besetzung mit externen Mitgliedern), gezielt auf die Hospital Governance Einfluss genommen werden. Die Rechtsform ist somit in Bezug auf die Corporate Governance Ergebnis und Mittel zugleich.
221 222 223
Vgl. Statistisches Bundesamt (2007). Vgl. Statistisches Bundesamt (2007). Vgl. Statistisches Bundesamt (2007).
78
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
3.2.4
Multidimensionales Zielsystem
Ein Spezifikum des Krankenhausbereichs im Verhältnis zu rein privatwirtschaftlichen Unternehmen und die Heterogenität innerhalb der Krankenhauslandschaft lassen sich auch an der Multidimensionalität des Zielsystems festmachen. Gemäß § 1 Abs. 1 KHG besteht zunächst das übergeordnete Ziel von Krankenhäusern in der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Gesundheitsleistungen und somit aus Sicht der Öffentlichen Betriebswirtschaftslehre in der (wirtschaftlichen) Erfüllung der krankenhausbezogenen öffentlichen Aufgaben. Diese gesetzliche Vorgabe allein reicht aber nicht aus, um das komplexe Zielsystem von Krankenhäusern umfassend beschreiben zu können. Während in rein erwerbswirtschaftlichen Unternehmen in der Regel von einem Primat der Gewinnerzielung ausgegangen wird, unterstellt man dem Krankenhaussektor ein differenziertes Zielsystem.224 Eine gängige Klassifizierung stellt sich als trichotomes Krankenhauszielsystem dar bestehend aus Formal- und Sachzielen sowie metaökonomischen Zielsetzungen. Dabei wird zumeist die Diskussion um das Zielsystem in Krankenhäusern mit der Differenzierung nach Trägerformen verbunden:
225
Öffentliche und frei-
gemeinnützige Träger seien durch eine Sachzieldominanz gesteuert (z.B. positive Beeinflussung des Gesundheitszustandes des Patienten, Bedarfsdeckung), wobei diese für freigemeinnützige Krankenhäuser noch um metaökonomische Zielsetzungen ergänzt würden, die der Krankenhausträger im Kontext seiner weltanschaulichen Ausrichtung zusätzlich verwirklichen will. Demgegenüber wird privaten Trägern unterstellt, dass Formalziele (z.B. Gewinn-, Umsatzmaximierung) das primäre Oberziel seien. 226 Private Klinikbetreiber werden damit klassischen Unternehmen der Erwerbswirtschaft gleichgestellt. Dieser scharfe Gegensatz zwischen ausschließlich auf Gewinn fixierten Privatkliniken einerseits und sachzieldominierten öffentlichen und freigemeinnützigen Trägern andererseits dürfte aber der heutigen Wirklichkeit nicht gerecht werden. 224 225 226 227
Vgl. Eichhorn (2008), S. 97. Vgl. Sonnentag (2008), S. 185 ff. Vgl. Schlüchtermann (2003), S. 11. Vgl. Schlüchtermann (2003), S. 11.
227
Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext
79
So ist vor dem Hintergrund der skizzierten Veränderungen und Tendenzen im Gesundheitswesen
228
der Zusammenhang zwischen Formalzielen und Sachzielen
wesentlich enger geworden, als er früher war, so dass ihm aufgrund der veränderten Ressourcen- und Finanzknappheit der Formalzielsetzung de facto ein veränderter Stellenwert zukommt. Je knapper die Ressourcen- und Finanzverfügbarkeit der öffentlichen Hand ist, desto strenger müssen sich auch Krankenhäuser – unabhängig von ihrer Trägerschaft – am Postulat der Wirtschaftlichkeit orientieren, um ihre Existenzsicherung nicht zu gefährden.
229
Umgekehrt gilt aber auch, dass nur
Krankenhäuser wettbewerbsfähig bleiben, die erfolgreich den Bedarf ihrer Kunden und damit Sachziele erfüllen. Nur ein „Spielen auf beiden Manualen“ sichert langfristig die Existenz von Krankenhäusern.230 Im Ergebnis findet somit eine Verschiebung von Zielprioritäten statt und es verbleiben lediglich leichte Gewichtungsunterschiede im Zielsystem der verschiedenen Trägergruppen:
231
Zielsystem von Krankenhäusern im Wandel Existenzsicherung
Formalziele
Marktwandel
Sachziele
Erfolgsziele
Leistungsziele
• Kostendeckung • Gewinn • Rentabilität •…
• Quantität • Qualität • Forschung u. Lehre •…
Finanzziele
Ethische Ziele
• Liquidität •…
• Religiöse Werte • Humanistische Werte •…
Wettbewerb
Abb. 10: Angleichung der Zielsysteme von Krankenhäusern (Quelle: in Anlehnung an Schlüchtermann (2003), S. 11) 228 229
230 231
Vgl. Kapitel 3.1. Der Tatbestand der Gemeinnützigkeit steht der Verfolgung von Formalzielen auch für gemeinnützige Krankenhäuser nicht entgegen, da er zwar eine Gewinnverwendungsbeschränkung darstellt, jedoch nicht eine weniger effiziente Bewirtschaftung der zur Verfügung stehenden Ressourcen meint. Vgl. Schlüchtermann (2003), S. 11. Vgl. Schlüchtermann (2003), S. 11. Vgl. Schlüchtermann (2003), S. 11
80
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Insgesamt ergibt sich damit ein mehrdimensionales Zielsystem für Krankenhäuser, bei dem die einzelnen Zielkomponenten von Krankenhaus zu Krankenhaus höchst unterschiedlich gewichtet werden können. Auch ist die Strahlwirkung, die von der Gewichtung ausgeht, erheblich. So ergeben sich durch diese neben der Frage, ob Gewinne erzielt werden bzw. wie diese (gemeinnützig) verwendet werden sollen, alle weiteren Konstrukte eines Krankenhauses (z.B. Gesellschaftervertrag, Geschäftsordnung). Für die Hospital Governance bedeutet dies: Unabhängig von der aus der Trägerschaftsform resultierenden historischen Grundausrichtung ist bei der Ausgestaltung der Führungsstrukturen und in Ausübung der Leitungs- und Kontrollfunktionen durch die Organe die Multidimensionalität des Zielsystems – die enge Verwobenheit und gegenseitige Abhängigkeit von Formalzielen und Sachzielen, ggf. auch mit metaökonomischen Zielsetzungen – zu beachten.
3.2.5
Krankenhäuser als Expertenorganisationen
Ein spezifisches – nachhaltig auch die Governance-Struktur beeinflussendes – Element
besteht
schließlich
in
der
Situation,
dass
die
Qualität
der
(Dienst-)Leistungsproduktion von Krankenhäusern in besonders hohem Maße von der Qualität des vorgehaltenen Expertenwissens und vor allem des Zusammenspiels verschiedenster Expertengruppen abhängig ist.232 Dies zeigt auch die Binnenstruktur, in der sich beispielsweise die Bedeutung der leistungswirtschaftlichen Zielsetzung für das Krankenhaus in der dominierenden Stellung der Ärzteschaft widerspiegelt, eine patientenbezogene soziale Zielkomponente beim Pflegedienst seinen Niederschlag findet und die finanzwirtschaftlichen Ziele von der Verwaltung repräsentiert werden.
233
In der Vergangenheit hatte das Krankenhausmanagement aufgrund staatlicher und landesrechtlicher Rahmenvorgaben wenige betriebswirtschaftliche Gestaltungs232
233
Die Darstellung von Krankenhäusern als Expertenorganisationen oder Professional Bureaucracys kann auf Mintzberg zurückgeführt werden. Vgl. Mintzberg (1980); Mintzberg (1983); Mintzberg (1997); Gloubermann/Mintzberg (2001a, 2001b). Vgl. Kraus (1998), S. 8 f.
Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext
81
möglichkeiten. Aus diesem Grund weisen die Organisationsstrukturen im Krankenhaus auch keine rational geplante Organisationsstruktur auf; sie sind vielmehr vor dem Hintergrund der traditionellen berufs- und trägerbezogenen Grundwerte und in einem von Stabilität gekennzeichneten Krankenhausumfeld entstanden.
234
Dies
drückt sich auch heute häufig noch durch eine strikte Trennung zwischen den Berufsgruppen Ärztlicher Dienst, Pflegedienst sowie Verwaltungs- und Wirtschaftsdienst aus. Diese traditionelle Organisationsstruktur im Krankenhaus durchzieht dabei die gesamte Aufbauorganisation bis in die Struktur des obersten kollegialen Leitungsgremiums.
235
An der Spitze des Krankenhauses steht in diesem Modell ein
Dreierdirektorium, bestehend aus Ärztlichem Direktor, Pflegedienstleitung und Verwaltungsdirektor:
Grundstruktur der traditionellen Krankenhausorganisation Krankenhausträger
Ärztlicher Direktor
Pflegedirektor
Verwaltungsdirektor
Chirurgie
Station A
Finanzen
Innere Medizin
Station B
Controlling
Gynäkologie
Station C
Beschaffung
Radiologie
OP
Personal
Med. Abteilungen
Kreißsaal
Technischer Dienst
...
...
...
Abb. 11: Grundstruktur der traditionellen Krankenhausorganisation (Quelle: eigene Darstellung)
234 235
Vgl. Engelke (2008), S. 196 f.; Schmidt-Rettig (2008), S. 225 f. Vgl. Sibbel (2004), S. 102. Zu den Struktur- und Gestaltungsmerkmalen der traditionellen Organisationsstrukturen im Krankenhaus vgl. Körfer (2001), S. 21 ff.; Breu (2001), S. 68 ff.; Ziegenbein (2001), S. 105 ff.
82
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Die Grundstruktur der traditionellen Krankenhausorganisation und -leitung kann somit als funktional und berufsständisch strukturiert gekennzeichnet werden.
236
Insbesondere die ärztliche (Experten-)Tätigkeit nimmt dabei eine herausragende Position ein, da sich das Krankenhaus in Anlehnung an die verschiedenen medizinischen Fachdisziplinen und ärztlichen Aufgabenbereiche je nach Größenordnung in Fachabteilungen bzw. Fachkliniken untergliedert.
237
Die Teilbereiche un-
terstehen in der Regel einem gesamtverantwortlichen Chefarzt bzw. Funktionsarzt mit umfassenden Entscheidungs- und Weisungsbefugnissen (Chefarztprinzip).
238
Diese Struktur hat jedoch entscheidende Schwächen: Tatsächlich zeichnet sich das moderne Krankenhaus durch ein weiteres Spezifikum aus, das es von anderen Expertenorganisationen unterscheidet. Sein Leistungserfolg beruht gerade nicht nur auf dem Beitrag eines dominierenden Fachbereichs, sondern ist den Inputs von mehreren unterschiedlichen Expertengruppen und ihrem qualitativen Zusammenwirken geschuldet.239 Die Besonderheit der (Experten-)Organisation „Krankenhaus“ liegt also darin, dass sich das Fachwissen als wichtiges Produktionsmittel des Krankenhauses in der Hand von Experten befindet und die Reputation des einzelnen Experten von besonderer Bedeutung für das Ansehen der Gesamtorganisation ist.
240
Organisationstheoretisch besteht die Schwierigkeit infolge des qualitativ hochwertigen individuellen Fachwissens und der hohen Handlungsautonomie darin, die Experten organisatorisch und finanziell in den gesamten Betrieb einzubinden.
241
In Konsequenz entsteht somit bei traditionell ausgerichteter Organisationsstruktur in der Expertenorganisation Krankenhaus aufgrund ihrer standesmäßigen Organisation und Ausrichtung eine parallele Hierarchisierung und damit einhergehend ein Spannungsfeld zwischen der jeweiligen Profession und dem gesamten sozialen Zielsystem der Organisation.
242
Der Konflikt, der sich daraus zwischen dem Fachsystem
einerseits und dem Zielsystem des Krankenhauses andererseits ergibt, ist darüber 236 237 238 239 240 241 242
Vgl. Behar/Guth/Wichels (2008), S. 1033; Sibbel (2004), S. 105. Vgl. Ostertag (2002), S. 21. Vgl. Körfer (2001), S. 23; Sibbel (2004), S. 103; Schlüchtermann (1996b), S. 88. Vgl. Anderson/McDaniel (2000), S. 86. Vgl. Schmidt-Rettig (2008), S. 219; Hurlebaus (2004), S. 79 ff. Vgl. Schmidt-Rettig (2008), S. 219. Vgl. Grossmann/Pellert/Gotwald (1997), S. 29; Schmidt-Rettig (2008), S. 220.
Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext
83
hinaus in der Regel auf der obersten Unternehmensebene in Form des berufsständisch besetzten Krankenhausdirektoriums nochmals institutionalisiert und steht damit einer fach- und abteilungsübergreifenden Koordination eher entgegen.
243
Die
Einlinienorganisation der Berufsgruppen und die damit verknüpften tayloristischen Grundprinzipien der Arbeitsteilung und Spezialisierung lassen erkennen, welchen Schwierigkeiten unterworfen ist.
prozessorientiertes
Planen
und
Arbeiten
im
Krankenhaus
244
Die traditionellen Organisationsstrukturen im Krankenhaus werden den gestiegenen Anforderungen an eine effektive und effiziente Leistungserstellung und ein modernes Krankenhausunternehmen jedoch kaum gerecht.245 Die Organisationsstruktur im Krankenhaus muss zu einer Balance zwischen Fachsystem auf der einen Seite sowie Sozial- und Zielsystem auf der anderen Seite gelangen, um den heutigen Anforderungen zu entsprechen.
246
Dies gilt nicht zuletzt auch für die Struktur und die
Zusammensetzung der Leitungsorgane, also für die Hospital Governance. Da strategische Veränderungen in der Regel nicht von innen, sondern vielfach erst unter Druck von außen ausgetragen werden,
247
stellen die verschärften Markt- und
Wettbewerbsbedingungen im Krankenhaussektor den Auslöser für die Suche nach neuen Führungs- und Organisationsformen dar. Ein vorrangiges Ziel der Neustrukturierung der obersten Führungsebene im Rahmen der Hospital Governance ist es, dem Krankenhaus als Expertenorganisation die organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, zeitlich und situativ angemessen auf sich ändernde Rahmenbedingungen und Aufgaben reagieren zu können. In den vergangenen Jahren wurde dieser Prozess bereits von einer Vielzahl von Krankenhäusern – nicht zuletzt im Zusammenhang mit einer Rechtsformumwandlung oder Privatisierung – eingeschlagen. Anstelle des traditionellen Dreierdirektoriums finden sich neue Führungsformen wie beispielsweise eine singuläre oder duale Führungsspitze oftmals ergänzt um einen Beirat, dem jeweils ein oder mehrere Chefärzte bzw. eine 243 244 245
246 247
Vgl. Schmidt-Rettig (2008), S. 220. Vgl. Sibbel (2004), S. 105 ff. Vgl. Gorschlüter (2001), S. 96; Ziegenbein (2001), S. 105; Breu (2001), S. 89; Sibbel (2004), S. 106 ff.; Schmidt-Rettig (2008), S. 221; Salfeld/Hehner/Wichels (2009), S. 36 ff. Vgl. Schmidt-Rettig (2008), S. 218. Vgl. Schmidt-Rettig (2008), S. 220.
84
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
oder mehrere Abteilungsleitungen Pflege als Sprecher der jeweiligen Berufsgruppe angehören.
248
Das traditionelle „Dreigestirn“ erscheint heutzutage zunehmend als
Auslaufmodell.249
3.3 Übertragung der Corporate-Governance-Ansätze auf Krankenhäuser Wie zuvor dargestellt weisen Krankenhäuser als Untersuchungsobjekt eine Reihe Corporate-Governance-relevanter Besonderheiten auf, die sie in wesentlichen Punkten von klassischen betriebswirtschaftlichen Unternehmungen unterscheiden. Die Spezifika von Krankenhäusern im Corporate-Governance-Kontext zeigen auf, dass eine Vielzahl von Parametern wie die besonderen Gegebenheiten der Dienstleistungs- und (Experten-)Organisationsstruktur, der staatliche Einfluss und die Marktcharakteristika, die vielschichtigen Träger- und Rechtsformen und nicht zuletzt das mehrdimensionale Zielsystem die Hospital Governance wesentlich beeinflusst. Darüber hinaus ist zu beachten, dass es sich bei Krankenhausunternehmen selbst um eine sehr heterogene Gruppe handelt. Sowohl Träger-, Rechts- und Organisationsform und im besonderen Maße das Zielsystem können verschiedenste Ausprägungen und Gewichtungen erfahren.
Inwieweit eine Adaption der in Kapitel 2.2 vorgestellten Corporate-GovernanceAnsätze möglich ist und in welchem Maße die dargestellten Spezifika von Krankenhäusern bei einer Übertragung berücksichtigt werden müssen, ist Gegenstand des nachfolgenden Abschnittes.
3.3.1
Finanzwirtschaftlicher Ansatz
Ausgangspunkt der Corporate-Governance-Debatte war der durch die Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt hervorgerufene Interessenskonflikt zwischen Eigentümern und Management (Prinzipal-Agent-Konflikt) und die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass das Management einer Unternehmung im Interesse ihrer 248 249
Anstelle des Krankenhausdreierdirektoriums tritt dann oftmals ein Beirat, vgl. Schmidt-Rettig (2008), S. 229. Zu den möglichen Gestaltungskriterien für eine unternehmerisch handelnde Führungsorganisation vgl. Salfeld/Hehner/Wichels (2009), S. 36 ff.
Übertragung der Corporate-Governance-Ansätze auf Krankenhäuser
Eigentümer
handelt.
Der
finanzwirtschaftliche
Ansatz,
85
der
das
Corporate-
Governance-Problem mit dem Problem der reinen Anteilseignerorientierung bei der Unternehmensführung gleichsetzt, zielt darauf ab, eine Übereinstimmung zwischen den Anteilseignern und dem Management herzustellen („manager follow the interest of shareholders“). Als zentrales Kriterium wird dabei der Shareholder Value für die Messung des Unternehmenserfolges herangezogen. Bezogen auf das Untersuchungsobjekt „Krankenhaus“ stellen sich nun folgende Fragen: Wer ist eigentlich Eigentümer des Krankenhauses? Welche Ziele verfolgt dieser Eigentümer und welche Folgewirkungen ergeben sich hieraus? Und welche Zielkonflikte bestehen zwischen Eigentümer und Management unter Berücksichtigung des krankenhausspezifischen Kontextes? Zur Untersuchung dieser Fragen muss zunächst eine differenzierte Perspektive eingenommen werden. So ist die Frage, wer Eigentümer des Krankenhauses ist, in Abhängigkeit von der Trägerschaft des Krankenhauses zu beantworten. Im Falle eines Krankenhauses in privater Trägerschaft unterscheidet sich die Eigentümerstruktur gegenüber klassischen erwerbswirtschaftlichen Unternehmen nicht. Auch hier sind die Eigentümer des Krankenhauses die Eigenkapitalgeber, also beispielsweise die Gesellschafter der GmbH oder die Aktionäre der AG. Bei freigemeinnützigen oder öffentlichen Krankenhäusern, die mit über zwei Dritteln den Großteil aller deutschen Krankenhäuser ausmachen, ergibt sich dagegen ein anderes Bild: Zwar sind auch hier formalrechtlich die Träger – also beispielsweise die Länder, Kommunen, Ordensgemeinschaften oder Wohlfahrts- und Sozialverbände – die Eigentümer des Krankenhauses. Die Besonderheit in der Eigentümerstruktur entsteht aber dadurch, dass nicht der Träger selbst, sondern in letzter Konsequenz häufig die Bürger in ihrer Eigenschaft als Steuerzahler bzw. Zahler von Sozialabgaben das Krankenhaus finanzieren.
250
Da die Bürger ggf. einen Teil des Risikos des Krankenhauses über-
nehmen (müssen), beispielsweise im Falle eines öffentlichen Krankenhauses als Steuerzahler durch den Ausgleich möglicher Defizite, können sich diese sogar als eigentliche „Shareholder“ des Krankenhauses verstehen. 250 251
Vgl. Wittig (2006), S. 42. Vgl. Eeckloo et al. (2004), S. 7.
251
Im Gegensatz zum
86
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Kapitalmarkt investieren die Bürger aber nicht freiwillig in dieses „Bürgereigentum“. Auch haben die Financiers – anders als beispielsweise die Anteilseigner einer Aktiengesellschaft – keinerlei unternehmerischen Einfluss auf das Krankenhaus.
252
In diesen Fällen fungiert vielmehr ein politischer Mandatsträger oder ein (kirchliches) Verwaltungsorgan als Delegationsnehmer, der die öffentlichen Interessen im Rahmen einer treuhänderischen Funktion gegenüber der Allgemeinheit wahrnimmt. Es liegt also eine mehrstufige Prinzipal-Agent-Relation vor. jedoch
erhebliche
Zweifel,
legt
man
253
Dabei ergeben sich
agencytheoretische
Prämissen
des
methodologischen Individualismus, rationalen Verhaltens und der Eigennutzenmaximierung zugrunde, ob diese Delegationsnehmer wirklich im Sinne der Bürger agieren.254 Verstärkend kommt hinzu, dass für die Delegationsnehmer aus verfügungstheoretischer Sicht verminderte Anreize zur direkten oder indirekten Überwachung und Steuerung des Krankenhausmanagements bestehen.
255
Aufgrund
ihrer staatlich bzw. kollektiv wahrgenommenen Delegationsfunktion können sie keinen individuellen geldlichen Vorteil erlangen und ihre eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse sind zunächst unabhängig von ihren Kontrollqualitäten und der Effizienz des Unternehmens.
256
In der Konsequenz werden andersartige Verhaltensweisen
induziert, als dies bei privaten bzw. individualisierten Rechten im Hinblick auf Anreize zur Kontrolle und Steuerung durch die nominellen Eigentümer der Fall ist. 257 Dieser Sachverhalt verstärkt sich bei den Krankenhäusern, die aufgrund des juristischen Tatbestands der Gemeinnützigkeit per se von vorneherein der Gewinnausschüttungsrestriktion unterliegen und denen das individuelle Gewinneignungsrecht fehlt.
258
Auch die Frage, welche Ziele die jeweiligen Eigentümer verfolgen und welche Folgewirkungen damit einhergehen, kann nicht völlig losgelöst von der Trägerschaft 252 253
254 255
256 257
258
Vgl. Wittig (2006), S. 42. Vgl. Reisner (2000), S. 54; Foit (2006), S. 43 f. Zur mehrstufigen Prinzipal-Agent-Beziehung in öffentlichen Unternehmen vgl. Boot/Gopalan/Thakor (2006); Lenk/Rottmann (2007), S. 221. Vgl. Klump (1992), S. 167; Reisner (2000), S. 54 f. Vgl. Alchian/Demsetz (1972), S. 789 f.; Ebers/Gotsch (2001), S. 205; Steinberg (1987), S. 127; Wörz (2008), S. 35; Picot (1984); Theuvsen (2001), S. 88 ff.; Budäus (1988), S. 59. Vgl. Foit (2006), S. 45; Buschmann (1977), S. 94; Picot/Wolff (1994), S. 219 f.; Budäus (1988), S. 60. Vgl. Foit (2006), S. 44 f.; Picot/Kaulmann (1985), S. 963; Reisner (2000), S. 60 ff.; Steinmann/Gerum (1992). Vgl. Wörz (2008), S. 36 ff. und S. 165.
Übertragung der Corporate-Governance-Ansätze auf Krankenhäuser
87
eines Krankenhauses beantwortet werden, da die Trägermotivation bzw. das Zielsystem eines Krankenhauses in Abhängigkeit von der jeweiligen Trägerschaft verschiedene Gewichtungen der einzelnen Zielkomponenten erfahren kann. Dabei ist jedoch festzustellen, dass Krankenhäuser – unabhängig von ihrer Trägerschaft – ein mehrdimensionales Zielsystem aufweisen, das sich sowohl aus Sach- und Formalzielen sowie ggf. metaökonomischen Zielsetzungen zusammensetzt. Wie schon dargelegt,
259
kann auch im Falle eines primär erwerbswirtschaftlich
orientierten Krankenhauses aufgrund der Mehrdimensionalität des Zielsystems nicht von dem Postulat ausgegangen werden, dass eine rein eindimensionale Ausrichtung des
Unternehmensziels
und
der
Interessenslage
der
Eigentümer auf
die
Maximierung des Shareholder Values – wie es der finanzwirtschaftliche Ansatz unterstellt – bei Krankenhäusern besteht. In der Konsequenz ist die somit vollständige Adaption des finanzwirtschaftlichen Ansatzes für Krankenhäuser nicht möglich und aufgrund der spezifischen Aufgabenerstellung von Krankenhäusern auch nicht sinnvoll. Aber welche Zielkonflikte bestehen zwischen Eigentümer und Management unter Berücksichtigung des krankenhausspezifischen Kontextes? Zunächst kann a priori aufgrund des mehrdimensionalen Zielsystems und der Vielschichtigkeit der Trägerstrukturen nicht davon ausgegangen werden, dass die Interessenslage der Eigentümer untereinander immer deckungsgleich ist.260 Auch die Interessenslage des Managements kann – insbesondere bei vorhandenen pluralistischen Führungsstrukturen
–
differieren
und
multiple
Agenten-Beziehungen
innerhalb
des
Managements aufweisen. Im Falle eines Dreierdirektoriums an der Führungsspitze eines Krankenhauses, zusammengesetzt aus Ärztlichem Direktor, Pflegedirektor und Verwaltungsdirektor, stellt sich beispielsweise die Frage, ob dieses nun eher kollektive oder berufsbezogene oder persönlichkeitsspezifische Ziele verfolgt.
261
Aber auch bei Unterstellung eines gemeinsamen „Individualziels“ oder im Falle einer 259 260 261
Vgl. Kapitel 3.2.4. Vgl. Reisner (2000), S. 55. Überträgt man die Vorstellung zu hidden-action-Aktivitäten in Gruppen auf die Leitung von Krankenhäusern, so entsteht ein Szenario, in dem einzelne Mitglieder als Trittbrettfahrer auf Kosten der anderen unbemerkt opportunistisch handeln können, weil lediglich das Endresultat der Leistung beobachtbar ist. Vgl. Reisner (2000), S. 55.
88
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Singularspitze besteht die Gefahr, dass den Interessen des Trägers nur mangelhaft Berücksichtigung geschenkt wird und sich das Leitungsorgan opportunistisch verhält, um (teamspezifische) persönliche Interessen durchzusetzen.
262
Diese Gefahr
besteht dabei umso mehr, je unpräziser die Ziele vom Träger konkretisiert und je mehr Interpretationsspielräume dem Management geschaffen werden.
263
Zusammengefasst kommt es somit auch bei Krankenhäusern zur „separation of ownership and control“, d.h. zur Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt, und somit zum klassischen Prinzipal-Agent-Konflikt zwischen Eigentümern (Trägern) und Management. Jedoch kann bei Krankenhäusern nicht von der Prämisse ausgegangen werden, wie sie der finanzwirtschaftliche Ansatz unterstellt, dass sich die fundamentalen Bestrebungen der Anteilseigner decken, nämlich die Maximierung des Shareholder Value. Eine vollständige Übertragung des finanzwirtschaftlichen Ansatzes scheidet somit (auch bei erwerbswirtschaftlich orientierten) Krankenhäusern losgelöst von ihrer Trägerschaft aus. Neben der auch für Krankenhäuser geltenden
Kritik
am
finanzwirtschaftlichen
Ansatz,
nämlich
der
einseitigen
Fokussierung auf den Shareholder Value, kommt bei Krankenhäusern ein weiterer Kritikpunkt des finanzwirtschaftlichen Ansatzes zum Tragen: nämlich die einseitige Ausrichtung an den (vermeintlichen) Interessen der Anteilseigner. Damit Krankenhäuser langfristig überleben können, muss ein wertorientiertes Management nicht nur für die Anteilseigner, sondern im besonderen Maße auch für die Patienten als Kunden, aber auch für eine Vielzahl anderer Anspruchsgruppen geschaffen und im Handeln des Managements berücksichtigt werden.
264
Diesen Sachverhalt formalisiert
der Stakeholder-Ansatz.
3.3.2
Stakeholder-Ansatz
Nicht nur aufgrund der schweren Übertragbarkeit des finanzwirtschaftlichen Ansatzes auf den Krankenhaussektor ist dem Stakeholder-Ansatz für Krankenhäuser große Bedeutung beizumessen. 262 263 264 265
265
Sowohl die Besonderheiten der arbeitsteiligen
Vgl. Sachs (1994), S. 51. Vgl. Reisner (2000), S. 62 f. Vgl. Reinspach (2001), S. 60 f. Vgl. Shortell (1989), S. 16 f.; Sachs (1994), S. 265 ff.; Aupperle/Carroll/Hatfield (1985), S. 446 ff.; Cornell/Shapiro (1987).
Übertragung der Corporate-Governance-Ansätze auf Krankenhäuser
89
Dienstleistungsproduktion und die Eigenschaft als Expertenorganisation par excellence als auch das multidimensionale Zielsystem und die Abhängigkeiten im Spannungsfeld
von
staatlicher
Steuerung
und
Wettbewerb
lassen
die
Stakeholderperspektive als besonders geeigneten Kompass für die Ausrichtung der Unternehmensführung erscheinen. Dabei haben Krankenhäuser bei Übertragung dieses Ansatzes die sich aus den genannten prägenden Merkmalen ergebenden Konkretisierungen und Modifikationen zu beachten. Auf dieser Grundlage erweist sich ein (Krankenhaus-)Unternehmen als effizient, wenn es in der Lage ist, die entsprechenden
Ansprüche
der
Stakeholder
angemessen
zu
berücksichtigen.
Ausgangspunkt ist, dass in einem ersten Schritt die wesentlichen Stakeholder vom Krankenhaus identifiziert und darauffolgend ihre Ansprüche bestimmt werden.
266
Das System Krankenhaus stellt nicht nur ein Versorgungsnetzwerk dar, das in eine komplexe Umwelt eingebettet ist, sondern steht für ein offenes Stakeholder-System, in das multiple Anspruchsgruppen mit unterschiedlichen Rollen, Erwartungen und Machtpositionen eingebunden sind.
267
Für eine Einteilung der Interessensgruppen
kann eine Trennung in zwei Gruppen erfolgen: zum einen in die Interessensgruppen, die eine tatsächliche und direkte Beziehung zum Krankenhaus pflegen (z.B. Patienten, Mitarbeiter, einweisende Ärzte, Krankenkassen); zum anderen in die Interessensgruppe, welche in einem indirekten Verhältnis zum Krankenhaus steht (z.B. einzelne Mitglieder und Gruppen der Gesellschaft, Öffentlichkeit, Medien).268 Im Ergebnis befinden sich Krankenhäuser somit im „Spinnennetz“ vielschichtiger Anspruchsgruppen, zu denen sie höchst facettenreiche Geschäftsbeziehungen pflegen:
266 267 268 269
269
Vgl. Reinspach (2001), S. 61. Vgl. Braun von Reinersdorff (2007), S. 42. Vgl. Freemann/Reed (1983); Klink (2007), S. 34. Vgl. Braun von Reinersdorff (2007), S. 43.
90
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Stakeholder von Krankenhäusern Kirche
Öffentlichkeit Patienten Industrie
Lieferanten ….
Einw. Ärzte
Staat
FK-Geber
…
Krankenhaus Krankenkassen
Wettbewerber …
…
Investoren
…
Mitarbeiter
Gewerkschaften
Medien
Abb. 12: Stakeholder von Krankenhäusern (Quelle: eigene Darstellung)
Bei einer Analyse der Krankenhaus-Stakeholdergruppen kommt insbesondere den Patienten eine besondere Bedeutung zu. Sie sind nicht nur Leistungsempfänger, sondern fragen als mündige und emanzipierte Kunde eine Dienstleistung nach. Diese bezieht sich nicht nur auf die rein medizinisch-pflegerische Versorgung, sondern auf alle Krankenhausleistungen im umfassenden Sinn unter Einbeziehung sämtlicher Teilleistungen.270 Damit einher geht ein steigendes Informationsbedürfnis der Patienten, aber auch der Öffentlichkeit insgesamt. Aufgrund der herausragenden Bedeutung des spezifischen Gutes „Gesundheit“ stehen das Leistungsangebot, aber auch weitere Faktoren wie beispielsweise die regionale Arbeitgeberfunktion Krankenhäuser im besonderen Fokus und Interesse der breiten Öffentlichkeit.
271
Eine weitere wichtige Stakeholdergruppe stellen die Personen dar, die über die Einweisung der Patienten vornehmlich entscheiden: die niedergelassenen Ärzte. Zum einen sind diese wichtige Kooperationspartner in der ambulanten und stationären Versorgungskette, zum anderen kann auch das zum Teil konkurrierende 270 271
Vgl. Sibbel (2004), S. 92. Vgl. Reinspach (2001), S. 63.
Übertragung der Corporate-Governance-Ansätze auf Krankenhäuser
91
Behandlungsangebot der niedergelassenen Ärzte von besonderem Interesse für das Krankenhausmanagement sein.
272
Darüber hinaus geraten die Krankenkassen als
Kostenträger der Krankenhausleistung zunehmend in das Blickfeld der Leitungsorgane.273 Auch die Mitarbeiter zählen zu den zentralen Zielgruppen, da sie zwar nicht die Nachfrage, aber dafür das Angebot beeinflussen; dies hat bei der personenbezogenen
Dienstleistung
im
Krankenhaus
eine
entscheidende
Bedeutung.274 Als Beispiele für weitere wichtige Anspruchsgruppen sind daneben noch die Lieferanten, Fremdkapitalgeber oder aber auch Investoren des Krankenhauses zu nennen. Für diese drei Gruppen steht insbesondere die Stabilität der Geschäftsbeziehung im Vordergrund; im Falle der Lieferanten die Liefer- und Leistungsbedingungen sowie die ausreichende Liquidität, im Falle der Fremdkapitalgeber und Investoren die Sicherheit des eingesetzten Kapitals und des vereinbarten Verzinsungs- bzw. Renditeniveaus.
275
Zusammengefasst stehen Krankenhäuser und deren Leitungsorgane als interessenspluralistische Systeme regelmäßig nicht nur den rechtmäßigen Anteilseignern als Eigentümern gegenüber, sondern werden mit einer Vielzahl von Ansprüchen aus dem Umfeld konfrontiert, die sich auf kollektive soziale und gesellschaftliche Bedürfnisse beziehen.
276
Dies hat aber auch zur Folge, dass bei den vielfältigen
Interessenslagen der Stakeholder Nichtübereinstimmung der Interessen auftreten kann, nicht zuletzt da sich auch die Interessenslage während des Zeitablaufes verändern kann.
277
Die Nichtübereinstimmung der Stakeholderinteressen wird noch
dadurch forciert, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistungsnachfrage, Leistungsveranlassung, Leistungsverbrauch und Leistungsfinanzierung bei Krankenhäusern nicht gegeben ist. Krankenhäuser stehen damit oftmals in einem Stakeholder-Konflikt, der eine beträchtliche Entscheidungs- und Gestaltungskomplexität hervorruft. Diese Komplexität wird noch gesteigert, wenn individualökonomische Ziele mit ethischen, ideologischen, politischen und gesellschaftlichen
272 273 274 275 276 277
Vgl. Pfaff (2004), S. 14. Vgl. Klaue (2006), S. 14 f. Vgl. Pfaff (2004), S. 14. Vgl. Rohde (2006), S. 40. Vgl. Reinspach (2001), S. 61. Vgl. Reinspach (2001), S. 62.
92
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Wertmaßstäben und Anforderungen in Widerspruch geraten.
278
Darüber hinaus
können Interessenskonflikte innerhalb einer Stakeholdergruppe auftreten, was zu einem Multiplikatoreffekt und zahlreichen Wechselwirkungen führt. Im Ergebnis sind Krankenhäuser als „multiple stakeholder organizations“ einer Vielzahl steigender (zum Teil divergierender) Ansprüche und Bedürfnisse ausgesetzt, denen sie sich vor dem Hintergrund der skizzierten Anforderungen des dynamischen Krankenhausmarktes stellen müssen. Nur Krankenhäuser und ihre Governance-Organe, denen es gelingt, trotz unvollkommener Voraussicht und begrenzter Ressourcen solche Leistungen bzw. Problemlösungen hervorzubringen, die einen konkreten Nutzen für ihre Anspruchsgruppen generieren und damit einen komparativen Stakeholder-Vorteil aufbauen, werden auch in Zukunft bestehen können. Damit hat der Stakeholder-Ansatz erhebliche Relevanz für Krankenhäuser.
3.3.3
Stewardship-Ansatz
Auch dem Stewardship-Ansatz wird für Krankenhäuser traditionell eine große Bedeutung beigemessen.279 Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist das Menschenbild eines intrinsisch motivierten Managers, der als guter Verwalter und Treuhänder („steward“) das (Krankenhaus-)Unternehmensvermögen überwacht. Der Steward empfindet große Zufriedenheit, wenn er sich kooperativ verhält und sich für ein gemeinsames Ziel einsetzt. Aufgrund seiner intrinsischen Motivation ordnet der Manager seine persönlichen Interessen den Interessen des Krankenhausträgers unter, weshalb es nach dieser Theorie keiner besonderen Fremdkontrolle durch den Träger bedarf. Die bestehenden Kontrollmechanismen dienen lediglich der Eigenkontrolle. Aufgrund der hohen sozialen Komponente im Krankenhauswesen wurde in der Vergangenheit und wird teilweise auch noch heute Krankenhausführungskräften eine 278 279
Vgl. Braun von Reinersdorff (2007), S. 42. Vgl. Blair/Whitehead (1988), S. 153 f.; Shortell (1989), S. 9 f.; Korukonda/Blair (1986), S. 97 ff.; Johnson (1995), S. 79 ff.
Übertragung der Corporate-Governance-Ansätze auf Krankenhäuser
erhöhte intrinsische Motivation zugesprochen.
280
93
Dies ist darauf zurückzuführen,
dass den Mitarbeitern von Krankenhäusern und damit letztlich auch dem Krankenhausmanagement unterstellt wird, dass ihre Tätigkeit stärker von anderen Handlungsmotiven wie beispielsweise philanthropischen und voluntaristischen Werten geleitet wird, als dies bei rein erwerbswirtschaftlichen Unternehmen der Fall 281
sei.
Als Vorteil im Sinne der Stewardship-Theorie wird daraus abgeleitet, dass
Krankenhäuser demzufolge systematisch besser in der Lage seien, Stewards statt Agenten als Manager einzustellen.
282
Diesem Führungsverständnis und somit der Übertragung des Stewardship-Ansatzes auf Krankenhäuser kann jedoch nicht ohne Einschränkungen gefolgt werden. Zwar kann man bei einer Vielzahl von Krankenhausführungskräften sicherlich nach wie vor von einer starken normativen Bindung an „ihr“ Krankenhaus ausgehen; die Anreizund Kontrollsysteme müssen aber auch hier der zunehmend utilitaristischen Ausrichtung Rechnung tragen.283 Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Neuordnung der Rahmenbedingungen und Wettbewerbslandschaft im Krankenhaussektor und dem hierdurch veränderten Stellenwert der Formalzielsetzung zu sehen. Wenn aufgrund dieser geänderten Umfeldbedingungen heute im Rahmen der Hospital Governance gesteigert auf eine Ausrichtung der Unternehmensführung an wirtschaftlichen und wettbewerblichen Qualitäten Wert zu legen ist, muss dies zwangsläufig auf die Typologie der Führungskräfte (z.B. Auswahl von Führungskräften und Anziehungskraft von Führungspositionen) Einfluss haben. Das Rollen-
280 281
282 283
Vgl. Alexander/Weiner (1998), S. 223; Jeavons (1994); Green/Griesinger (1996). Beispielsweise charakterisiert Pound in seinem „Governed Corporation Model“ für öffentliche Institutionen die Beziehungen von Eigentümern, Boards of Directors und Management als partnerschaftlich. Die primäre Rolle des Aufsichtsgremiums ist es hier, den Wertbeitrag der Organisation zu unterstützen, indem es die Entscheidungsprozesse des Managements unterstützt, vgl. Pound (1995). Vgl. auch Carver (1990); Alexander/Morlock/Gifford (1988); Johnson (1995). Vgl. Judge/Zeithamel (1992). Die Unterscheidung geht auf die Typologie von Etzioni zurück: Im Falle einer normativen Bindung an das Unternehmen leisten die Mitglieder ihre Beiträge aufgrund emotionaler und moralischer Aspekte, da sie sich mit dem Unternehmen identifizieren. In utilitaristischen Unternehmen beruht die Teilnahme auf der bewussten Abwägung der Vor- und Nachteile der Austauschbeziehung. Vgl. Etzioni (1973); Reinspach (2001), S. 63.
94
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
verständnis eines (passiven) Stewards, der lediglich das Betriebsvermögen des Krankenhauses verwaltet und sich im Übrigen im Schwerpunkt Sachzielen oder metaökonomischen Zielen widmet, dürfte der Vergangenheit angehören.
284
Auch die
eindimensionale Fokussierung auf die Zielsetzung der Eigentümer (Träger), wie sie der Stewardship-Ansatz unterstellt, lässt eine Übertragung dieses Ansatzes auf Krankenhäuser nur begrenzt zu.
3.3.4
Ressourcenorientierter Ansatz
Der ressourcenorientierte Ansatz, der als eine Weiterentwicklung und theoretische Fundierung des Stakeholder-Ansatzes zu verstehen ist, stellt als bestimmenden Faktor für die Corporate Governance die Überlegung in den Vordergrund, dass unternehmensspezifischen Ressourcen nicht nur eine besondere Bedeutung für den Unternehmenserfolg zugeschrieben wird, sondern dass dem Unternehmen aus einer Abhängigkeitssituation von diesen Ressourcen spezifische Unternehmensrisiken erwachsen können. Die Abhängigkeit von der interorganisationalen Umwelt ist dabei umso größer, je mächtiger die externen und internen Ressourcen sind. Auch dieser Ansatz hat für Krankenhäuser erhebliches Gewicht, wobei verschiedene Konkretisierungen und Modifikationen zu beachten sind: Krankenhäuser als „Expertenorganisationen“ und „multiple stakeholder organizations“ stellen ein Paradebeispiel für eine Organisation dar, die in hohem Maße sowohl von ihren internen als auch externen Ressourcen abhängig sind.
285
Allen voran sind die
Krankenhausmitarbeiter als zentrale Ressource des Krankenhauses zu nennen. Die Qualität der Dienstleistung hängt entscheidend vom Verhalten der Mitarbeiter in der Interaktion mit dem Patienten ab. Das in den Mitarbeitern steckende Human- und Sozialkapital eines Krankenhauses ist daher von hohem Wert für das Krankenhaus und wird zur kritischen Größe im Überlebenskampf der Kliniken. 286 Wichtig erscheint es daher, dass das Krankenhausmanagement zunächst über das von seinen Ressourcen ausgehende Macht- und Abhängigkeitspotenzial Klarheit 284 285 286
Vgl. Shortell (1989). Vgl. Korukonda/Blair (1986), S. 97 ff. Vgl. Schmidt-Rettig (2008), S. 220.
Übertragung der Corporate-Governance-Ansätze auf Krankenhäuser
95
erlangt, um die Unternehmensrisiken frühzeitig zu erkennen, zu antizipieren und die hieraus resultierenden Konsequenzen in Handlungsalternativen umzusetzen.
287
Im
Krankenhaus – als dienstleistungsorientiertem Unternehmen – stehen dabei die wichtigsten Ressourcen nicht losgelöst von den zahlreichen KrankenhausStakeholdern. Neben den Mitarbeitern sind auch beispielweise die Patienten als elementare Ressource in Interaktion für den „Produktions(dienstleistungs)prozess“ notwendig. Auch der Staat bzw. das Land und die Krankenkassen als Fördermittelgeber und Kostenträger stellen dem Krankenhaus wichtige Ressourcen zur Verfügung, nämlich die finanziellen Mittel. Da von diesen, aber auch weiteren Krankenhaus-Stakeholdern ein enormes Abhängigkeitspotenzial für das Krankenhaus ausgeht, kommt es darauf an, dass das Krankenhaus sich bei einer Analyse zunächst auf die jeweiligen internen und externen Stakeholder konzentriert. Zu diesem Zweck haben Blair und Whitehead eine Vier-Felder-Matrix für Krankenhäuser entwickelt.
288
Sie unterscheiden dabei die Interessensgruppen nach ihrem
jeweiligen Bedrohungs- und Kooperationspotenzial, welches sich in Abhängigkeit von der Macht der Stakeholder bzw. der Bereitschaft zur Kooperation mit dem Krankenhaus ergibt. Die Abhängigkeit des Krankenhauses leitet sich folglich von der Machtposition der jeweiligen Stakeholdergruppe ab. Aus dieser Unterscheidung heraus identifizieren Blair und Whitehead vier verschiedene Gruppen: x
die Gruppe der unterstützenden Stakeholder (Supportive Stakeholder), die ein geringes Bedrohungs- und hohes Kooperationspotenzial für das Krankenhaus darstellen,
x
die Gruppe der unbedeutenden Stakeholder (Marginal Stakeholder), die sowohl über ein niedriges Bedrohungs- als auch Kooperationspotenzial verfügen,
x
die Gruppe der nichtunterstützenden Stakeholder (Nonsupportive Stakeholder), die das Krankenhaus stark bedrohen können und denen auch eine geringe Kooperationsbereitschaft zugeschrieben wird, und schließlich
x
die Gruppe der zweischneidigen Stakeholder (Mixed-blessing Stakeholder), zu denen aufgrund ihres gleichzeitig hohen Kooperations- und Bedrohungspotenzials eine wechselseitige Abhängigkeit des Krankenhauses besteht:
287 288
Vgl. Reinspach (2001), S. 61. Vgl. Bair/Whitehead (1988).
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
high
low
high
Stakeholder‘s Potentials for Threat to Hospital Collaborate with the Mixed-Blessing Stakeholder
Involve the Supportive Stakeholder
low
Stakeholder‘s Potential for Cooperation with Hospitals
96
Defend against the Nonsupportive Stakeholder
Monitor the Marginal Stakeholder
Abb. 13: Machtpotenzial von Stakeholdergruppen (Quelle: Blair/Whitehead (1998))
Für jede der vier identifizierten Stakeholdergruppen leiten Blair und Whitehead strategische Normempfehlungen für den Umgang mit diesen ab. Demnach sollte das Krankenhaus die Supportive Stakeholder aufgrund ihrer hohen Kooperationsbereitschaft in das unternehmerische Handeln einbeziehen, während bei den Marginal Stakeholdern lediglich eine Beobachtung dieser ausreicht. Im Gegenzug dazu sollte das Krankenhaus sich vor den Nonsupportive Stakeholdern massiv schützen, da diese ein großes Bedrohungspotenzial für das Krankenhaus darstellen können und ihnen eine geringe Kooperationsbereitschaft zugeschrieben wird. Mit der Gruppe der Mixed-blessing Stakeholder, die das Krankenhaus massiv „verletzen“ können, gleichzeitig aber eine hohe Kooperationsbereitschaft aufzeigen, sollte das Krankenhaus zusammenarbeiten. Von zentraler Bedeutung für die Einordnung der Stakeholder als Ressourceninhaber und die Entwicklung gezielter Strategien für deren Umgang ist der Sachverhalt, dass die Anspruchsgruppen im Laufe der Zeit ihre Position verändern können. So wurden z.B. im deutschen Krankenhauswesen lange Zeit die Krankenkassen als zu
Übertragung der Corporate-Governance-Ansätze auf Krankenhäuser
97
vernachlässigende strategische Größe betrachtet. Während sie früher häufig nur als Ausführungsorgane wahrgenommen wurden, haben sie sich in den vergangenen Jahren immer mehr vom „global payer“ zum „global player“ entwickelt, der z.B. über Einkaufsmodelle durchaus die Möglichkeit hat, einzelne Einrichtungen erheblich in ihrer Existenz zu bedrohen.
289
Auf dem Hintergrund der immer intensiver werdenden
öffentlichen Diskussion zur Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens hat sich auch die Position der Politik bzw. des Gesetzgebers von einer eher ursprünglich unterstützenden zu einer Mixed-blessing-Position gewandelt, aus Sicht mancher Krankenhäuser vielleicht sogar zu einer Nonsupportive-Position.
290
Mit den genannten Konkretisierungen und Modifikationen kommt dem ressourcenorientierten Ansatz in Kombination mit dem Stakeholder-Ansatz für Krankenhäuser eine wichtige Rolle zu.
3.3.5
Gesamtschau und Integration der Ansätze
Die Untersuchung von Übertragungsmöglichkeiten der Corporate-GovernanceAnsätze aus der Privatwirtschaft hat gezeigt, dass in Abhängigkeit vom betrachteten Ansatz erhebliche Modifikationen aufgrund der Spezifika von Krankenhausunternehmen nötig sind. Eine reine Adaption der Corporate-Governance-Ansätze ist nicht
möglich
und
Untersuchungsobjekt
auch in
nicht
zielführend,
wesentlichen
Punkten
da
sich von
Krankenhäuser klassischen
als
betriebs-
wirtschaftlichen Unternehmungen unterscheiden. Auch hat die Untersuchung gezeigt, dass bei einer Übertragung der Ansätze der vorhandenen Heterogenität innerhalb der Krankenhausgruppe selbst Rechnung getragen werden muss. So startet der Ausgangspunkt der Corporate-Governance-Diskussion, nämlich der zwischen Eigentümern und Management bestehende Prinzipal-Agent-Konflikt, aus dem Blickwinkel eines Krankenhauses in Abhängigkeit von seiner Trägerschaft aus einer völlig anderen Perspektive. Während bei privaten Krankenhäusern davon ausgegangen werden kann, dass die Eigentümer auch die Eigenkapitalgeber des Krankenhauses sind, ist bei Krankenhäusern in öffentlicher und freigemeinnütziger 289 290
Vgl. Reinspach (2001), S. 63. Vgl. Reinspach (2001), S. 62 f.
98
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Trägerschaft den Besonderheiten der Eigentümerstruktur Rechnung zu tragen: So ist zwar auch in diesem Fall formalrechtlich der Träger der Eigentümer des Krankenhauses, jedoch erfolgt die Finanzierung häufig durch die Bürger in ihrer Funktion als Steuerzahler bzw. Zahler sozialer Abgaben. Dies führt dazu, dass in letzter Konsequenz keine „richtigen“ Eigentümer im Sinne von Shareholdern existieren. Dieser Punkt, aber auch weitere Faktoren wie beispielsweise das multidimensionale Zielsystem
führen
dazu,
dass
der finanzwirtschaftliche Ansatz mit seiner
eindimensionalen Ausrichtung auf den Shareholder Value nicht isoliert auf Krankenhäuser übertragen werden kann, sondern nur in Kombination mit anderen Ansätzen, insbesondere dem Stakeholder-Ansatz, für Krankenhäuser anwendbar ist. Krankenhäuser als „multiple stakeholder organizations“ stehen im Mittelpunkt zahlreicher Interessens- und Anspruchslagen, die nicht nur die Krankenhausträger als Eigentümer, sondern ebenfalls eine Reihe weiterer sowohl interner als auch externer Stakeholder miteinschließen. Der Stakeholder-Ansatz, der versucht, diese vielschichtigen Interessenslagen und -konflikte zu berücksichtigen, ist bei Krankenhäusern
demnach
von
herausragender
Bedeutung.
Eine
Ergänzung
zum
Stakeholder-Ansatz stellt die Sichtweise des ressourcenorientierten Ansatzes dar, der versucht, die unterschiedlichen Interessenslagen und Machtpositionen der internen und externen Ressourcen in die Betrachtung mit einzubeziehen. Da Krankenhäuser nicht zuletzt aufgrund ihres Spezifikums als „Expertenorganisation“ in hohem Maße von ihren Ressourcen abhängig sind, kommt dem ressourcenorientierten Ansatz als Erweiterung des Stakeholder-Ansatzes eine wichtige Rolle für Krankenhäuser zu. Der Stewardship-Ansatz, der trotz seiner konträren Sichtweise zum finanzwirtschaftlichen Ansatz ebenfalls lediglich die Interessenslage der Eigentümer und des Managements in den Vordergrund der Betrachtung rückt, kann dagegen lediglich als Ergänzung zu anderen Ansätzen für Krankenhäuser herangezogen werden. Aufgrund des Strukturwandels im Krankenhaussektor und des veränderten Markt- und Wettbewerbsumfeldes spielt dieser vormals für den Krankenhaussektor sehr wichtige Ansatz heutzutage eher eine rückläufige Rolle. Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Bei einer Übertragung der Corporate-GovernanceAnsätze sind zahlreiche krankenhausspezifische Besonderheiten zu beachten. Und
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
99
auch für Krankenhäuser gilt der Grundsatz, dass es das „ideale“, auf einem einzigen Ansatz beruhende Corporate-Governance-System nicht gibt. Dies ist auch dem Zitat von Mintzberg zu entnehmen: „Ich glaube, unser größter Fehler im Umgang mit Organisationen, den wir durch das ganze Jahrhundert hindurch gemacht haben und jeden Tag wiederholen, liegt in der Annahme, es gäbe einen ‚one best way‘, alle Organisationen zu führen … Wir können ebenso wenig alle Organisationen gleich behandeln, wie Ärzte allen Patienten die gleiche Brille verschreiben können“
291
.
3.4 Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor Die im vorherigen Abschnitt dargestellten verschiedenen Ansätze zur Corporate Governance und insbesondere die Untersuchung der Übertragbarkeit dieser Ansätze auf den Krankenhausbereich haben gezeigt, dass eine reine Adaption dieser Ansätze für Krankenhäuser nicht zweckmäßig ist, da es eine Reihe von Krankenhausspezifika zu beachten gilt. Die Ansätze geben eine Antwort auf die Frage, aus welcher Sicht Krankenhäuser geführt werden sollen, und bestimmen damit die Zielrichtung der Corporate Governance. Die Corporate-Governance-Mechanismen haben demgegenüber die Funktion, durch Instrumente und Regularien die Zieleinhaltung zu sichern. Sie fungieren als Mittel zum Zweck. Im Folgenden soll untersucht werden, inwieweit die in Kapitel 2.3 vorgestellten Corporate-GovernanceMechanismen auf Krankenhäuser übertragen werden können. Ist die Wirkungsweise und Funktionsfähigkeit der Mechanismen in der Theorie auch bei Krankenhäusern genauso gegeben, wie dies bei rein erwerbswirtschaftlichen Unternehmen der Fall ist, und welche Konkretisierungen und Modifikationen sind ggf. zu berücksichtigen? Ziel ist es demnach, zu analysieren, in welchem Maße die Corporate-GovernanceMechanismen als Instrumentarium für Krankenhäuser genutzt werden können, d.h. ob und auf welche Weise eine unmittelbare Verhaltenssteuerung von diesen ausgeht, nämlich den diskretionären Handlungsspielraum des Krankenhausmanagements zu kontrollieren, über Anreize zu steuern und ggf. zu unterstützen.
291
Vgl. Mintzberg (1989), S. 14.
100
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
3.4.1
Interne Mechanismen
Analog der in Kapitel 2 gewählten Vorgehensweise soll nachfolgend eine systematische Unterscheidung in interne und externe Mechanismen vorgenommen werden. Während die internen Mechanismen vom Krankenhaus selbst eingesetzt werden können, d.h. erst durch die Existenz einer vertraglichen Beziehung zwischen Krankenhausträger und der Unternehmensleitung ihre Wirkung entfalten, wird im Falle der externen Corporate-Governance-Mechanismen die Monitoring-Funktion vom Markt oder externen gesetzlichen Vorgaben übernommen, sie knüpfen somit an das Unternehmensumfeld des Krankenhauses an. Als interne Corporate-Governance-Mechanismen kommen auch für den Krankenhaussektor folgende Instrumente in Betracht: x
Aufsichtsgremium,
x
Anreizsystem,
x
Kapitalstruktur sowie
x
interne und externe Revision.
3.4.1.1
Aufsichtsgremium
Das Aufsichtsgremium – als oberstes Führungsorgan des Unternehmens – stellt einen besonders wichtigen internen Corporate-Governance-Mechanismus dar, dem in Theorie und Praxis große Aufmerksamkeit geschenkt wird. In Abhängigkeit von dem
zugrunde
gelegten
theoretischen
Ansatz
werden
dem
Mechanismus
„Aufsichtsgremium“ dabei verschiedenste Funktionen zuteil und unterschiedlichste Rollenverständnisse verbunden.292
292
Vgl. Kapitel 2.3.1.1.
sind
damit
im
Rahmen
der
Corporate
Governance
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
101
Auch dem Aufsichtsgremium von Krankenhäusern wird eine zunehmend hohe Bedeutung als interner Corporate-Governance-Mechanismus zugesprochen.
293
Aufgrund des dynamischer und komplexer werdenden Umfelds, des sich stetig verschärfenden Wettbewerbs und der zahlreich vorhandenen Interessenskonflikte im Krankenhaussektor steigt der Druck auf die Träger, die Unternehmensführung und den Strategieprozess im Krankenhaus so zu gestalten, dass der Markterfolg des Krankenhauses maximal wird. Das bedeutet oft nicht nur, dass die bisherige Arbeitsteilung zwischen Krankenhausträger und Krankenhausgeschäftsführung neu definiert werden muss, sondern auch die Anforderungen an diese stetig steigen. Als
Antwort
auf
Krankenhausträger
den
gestiegenen
deshalb
Rechtsformstrukturen
an
die
gehalten,
Professionalisierungsdruck die
veränderten
bestehenden
sind
Führungs-
Rahmenbedingungen
294
die und
anzupassen.
Während in der Vergangenheit dem Aufsichtsgremium aufgrund der „geschützten Umwelt“, in der Krankenhäuser agierten, eine eher untergeordnete Rolle zukam, ist nunmehr die Errichtung eines Aufsichtsorgans auch im Krankenhaus von zentraler Bedeutung. Allerdings ist zu beachten, dass Krankenhäuser nur selten von Gesetzes wegen zur Errichtung eines Aufsichtsgremiums verpflichtet sind, da die überwiegende Anzahl von Krankenhäusern in Rechtsformen geführt wird, welche die Errichtung eines Aufsichtsorgans nicht zwingend vorschreiben.
295
In Deutschland besteht nur in
Bezug auf die Aktiengesellschaft, die Genossenschaft und die mitbestimmte GmbH (>2.000
Arbeitnehmer)
Aufsichtsgremiums.
296
eine
gesetzliche
Pflicht
zur
Errichtung
eines
Da die meisten Krankenhäuser jedoch nicht in einer dieser
Rechtsformen geführt werden, bleibt es im Ergebnis zunächst in diesen Fällen den Krankenhausträgern überlassen, ob und in welcher Form ein Aufsichtsgremium
293 294 295
296
Vgl. Klockhaus (1997), S. 46 ff.; Solidaris (2007), S. 36 ff. Vgl. Eichhorn/Schmidt-Rettig (2001), S. 1 ff. Für eine Überblick über die zwingenden und fakultativen Organe bei den verschiedenen Rechtsformen vgl. Solidaris (2007), S. 36 ff. Vgl. §§ 95–116 AktG, §§ 9, 36–41 GenG, §§ 1 ff. DrittelbG, § 1 MitbestG.
102
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
gebildet wird (sog. fakultatives Aufsichtsgremium).
297
Es ist jedoch fraglich, ob ohne
die zusätzliche Installation eines Aufsichtsgremiums die in einem nicht unerheblichen Maße – rechtsformunabhängig – bestehenden wirtschaftlichen Risiken der Geschäftstätigkeit eines Krankenhauses überhaupt noch ausreichend gesteuert, überwacht und vermieden werden können.
298
Vielmehr ist davon auszugehen, dass
gerade aufgrund der spezifischen Zielsetzung der Krankenhausversorgung eine gut funktionierende Unternehmensüberwachung im Krankenhaus sogar noch mehr erforderlich ist als bei Unternehmen in anderen Branchen. Damit kommt dem Aufsichtsgremium also auch für Krankenhäuser eine zentrale Funktion als potenzieller interner Steuerungs- und Kontrollmechanismus zu. Ob und in welcher Weise dieser Corporate-Governance-Mechanismus genutzt, welche Bedeutung ihm eingeräumt und wie effektiv er eingesetzt wird, obliegt in Abhängigkeit von der Rechtsform in letzter Konsequenz dem Ermessens- und Entscheidungsspielraum des Krankenhauses bzw. -trägers selbst. Die konkreten Aufgaben des Aufsichtsgremiums können im Krankenhaus demzufolge auch unterschiedlich weit gefasst werden und verschiedenste Aufgaben-, Kompetenz- und Entscheidungsbereiche einnehmen.
299
Die differenzierte Ausgestaltung des Aufsichtsgremiums wird
dabei maßgeblich davon abhängen, welches Rollenverständnis diesem CorporateGovernance-Mechanismus beigemessen wird. Der überragenden Bedeutung des Stakeholder- und des ressourcenorientierten Ansatzes im Krankenhaussektor würde es entsprechen, insbesondere die koordinierende Funktion (Coordinating Role) und die Rolle des Aufsichtsgremiums als Bindeglied zwischen Krankenhaus und Krankenhausumfeld
(Linking
Role)
auszuformen,
ohne
dabei
allerdings
kontrollierende und unterstützende Aufgaben zu vernachlässigen (Control und 297
298 299
Ausnahmen hiervon existieren über die Anwendung einiger Sondergesetzte. So ist beispielsweise über die einschlägigen GmbH-rechtlichen Vorschriften hinaus zum Teil die Bildung eines Aufsichtsgremiums vorgeschrieben. So sieht z.B. die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Drittbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (DrittelbG) die Bildung eines Aufsichtsrates vor, wenn die GmbH mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt (obligatorischer Aufsichtsrat). Hiervon sind in der Praxis einige in der öffentlichen Hand befindlichen Krankenhäuser in der Rechtsform der GmbH betroffen, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass das vorstehende Gesetz auf Religionsgemeinschaften sowie ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen – unbeschadet deren Rechtsformen – keine Anwendung findet. GmbH in kirchlicher Trägerschaft sind daher nach § 1 Abs. 2 DrittelbG von dieser Pflicht selbst bei der Beschäftigung von mehr als 500 Arbeitnehmern freigestellt. Vgl. Solidaris (2007), S. 38. Vgl. Solidaris (2007), S. 41 f. Zu den möglichen (Kern-)Aufgaben des Aufsichtsgremiums vgl. Solidaris (2007), S. 9 f.
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
103
Support Role). Neben dem Abwägungs- und Entscheidungsprozess, welche Rolle dem Aufsichtsgremium zugesprochen werden soll, setzt die Wahrnehmung einer effizienten und effektiven Aufsichtsgremiumstätigkeit voraus, dass diesem klar definierte Informationen zur Verfügung gestellt werden, die dem Gremium eine Einschätzung der Planungen und Entscheidungen des Krankenhausmanagements ermöglichen.
300
Auf dieser Grundlage sollte sich der Krankenhausträger zur konkreten Ausgestaltung des Aufsichtsgremiums insbesondere folgende Einzelfragen stellen: x
Soll ein duales Führungssystem, d.h. eine institutionalisierte Trennung zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsgremium, eingerichtet werden?
x
Aus wie vielen Mitgliedern soll sich das Aufsichtsgremium zusammensetzen?
x
Sollen eher interne (d.h. Mitarbeiter des Krankenhauses) oder externe (d.h. außer- oder nebenberufliche) Mitglieder Bestandteil des Aufsichtsgremiums sein?
x
Soll eine zeitliche Befristung der Amtsdauer für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums gesetzt werden?
x
Welche Berufsgruppen sollen im Aufsichtsgremium vertreten sein? Inwiefern soll der Berufsgruppe der Ärzte gesondert Rechnung getragen werden?
x
Soll ein schriftliches Anforderungsprofil für das Aufsichtsgremium geschaffen werden? Falls ja, mit welchem Inhalt?
x
Wie viele Sitzungen sollen im Jahr stattfinden?
x
Sollen die Mitglieder des Aufsichtsgremiums für ihre Aktivitäten eine Aufwandsentschädigung/Vergütung erhalten?
x
Welche Aufgaben soll das Aufsichtsgremium wahrnehmen, d.h. welches Rollenverständnis liegt ihm zugrunde?
x
Ist die Aufgabenteilung zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsgremium klar festgelegt?
300
Vgl. Wittig (2006), S. 72.
104
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
x
Soll neben dem Aufsichtsgremium ein weiteres Organ, in dem die Interessenvertretung sonstiger Anspruchsgruppen gewährleistet wird (z.B. Beirat), etabliert werden?
x
Wie wird eine ausreichende Informationsversorgung des Aufsichtsgremiums sichergestellt?
3.4.1.2
Anreizsystem
Die Etablierung und Funktionsfähigkeit von performanceabhängigen Anreizsystemen ist in der Privatwirtschaft nicht zuletzt aufgrund der Erschütterungen, welche die weltweiten Finanzmärkte seit Juli 2007 erlebt haben, ein hochaktuelles Thema.
301
Zweck solcher Anreizsysteme ist es, eine Zielharmonisierung zwischen den verschiedenen Interessensgruppen zu erreichen. Der Einsatz dieses internen Mechanismus steht grundsätzlich auch Krankenhäusern zur Verfügung, wobei jedoch einige Spezifika zu beachten sind. So setzt der Einsatz von Anreizsystemen zunächst – seien sie monetärer oder nichtmonetärer Natur – die Bestimmung eines Leistungsmaßstabes voraus. Aufgrund des mehrdimensionalen Zielsystems im Krankenhaus ist jedoch gerade die Eindeutigkeit dieses Maßstabes nicht immer gegeben.302 So birgt etwa die einseitige Fixierung an monetären Maßstäben (z.B. Gewinn, Cashflow oder Umsatz) die Gefahr, dass hierdurch die erforderlichen Sachziele im Krankenhaus (z.B. Qualität der Versorgung) vernachlässigt werden. Ebenso lässt eine reine Outputbewertung den Prozess der Zielerreichung im Krankenhaus unberücksichtigt.303 Auch war in der Vergangenheit aufgrund vormals starrer Budgetvorgaben eine Umsatzbeteiligung des Managements nur begrenzt sinnvoll, da die Umsätze (bzw. Pflegetage) bereits ex ante relativ stark fixiert 304
waren.
Nicht zuletzt aufgrund dieser Schwierigkeiten und der traditionell hohen
Bedeutung von Sachzielen spielten in der Vergangenheit (insbesondere monetäre)
301 302
303 304
Vgl. Spiegel Online (2009); Thielemann (2008). Zu den Schwierigkeiten und Möglichkeiten der Operationalisierung gegenläufiger Zielstrukturen vgl. Lenk/Rottmann (2008), S. 51 f.; Kraus (1998), S. 8ff.; Foit (2006), S. 46 f.; Reisner (2000), S. 51 f.; Salfeld/Hehner/Wichels (2009), S. 28 ff. Vgl. Benz (2007), S. 147. Vgl. Reisner (2000), S. 150.
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
Anreizsysteme im Krankenhaussektor eine eher untergeordnete Rolle.
105
305
Darüber
hinaus war der Einsatz gerade bei öffentlichen Krankenhäusern ohne eigene Rechtspersönlichkeit durch den vorgegebenen Rahmen der tariflichen Regelungen nach BAT (heute TVÖD) in der Vergangenheit sehr eng gesteckt und hat nur wenig Raum für eine flexible leistungsorientierte Entlohnung zugelassen.
306
Allerdings
wurden bereits auch in der Vergangenheit in Krankenhäusern weitaus öfters schon monetäre Zusatzleistungen (wie der Anspruch auf eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung u.Ä.) gewährt,
307
wobei hierdurch allerdings keinerlei Verbindung
von individueller Leistungsfähigkeit und Erfolg des Krankenhauses besteht und somit eine Steuerungs- und Kontrollwirkung ausbleibt. Um dies zu erreichen, müssten negative und positive Sanktionen an diese Instrumente geknüpft werden. 308 Die Schwierigkeiten der Bemessungsgrundlage der aus der Historie heraus vormals übergeordneten Sachzieldominanz sowie trägerabhängige Spezifika wie tarifliche Regelungen zeigen die Besonderheiten auf und setzen zum Teil auch noch heute dem Einsatz von Anreizsystemen bei Krankenhäusern gewisse Grenzen. Dennoch sind eine Reihe von Anreizstrukturen – im gleichen Maße wie bei rein erwerbswirtschaftlichen Unternehmen – auch für Krankenhäuser durchaus denkbar. Beispiele stellen die Gewährleistung von Prämien bei besonderen Einsparungen im Personal-, Material- oder Sachkostenbereich dar.309 Darüber hinaus können Parameter entwickelt werden, die eine Anknüpfung von Anreizsystemen an die erfolgreiche Bewältigung von Sachzielen ermöglichen, wie z.B. die wiederholte Messung der Patienten- oder Einweiserzufriedenheit über die Zeitachse oder aber die Evaluierung der Führungsqualität des Managements über Faktoren wie
305
306
307 308 309
Auch eine Studie der Managementberatungsgesellschaft Kienbaum aus dem Jahr 2008 zur Vergütungsstruktur von Krankenhausführungskräften zeigt auf, dass auch heutzutage leistungsabhängige Zusatzvergütungen eher eine untergeordnete Rolle einnehmen und bislang noch verhältnismäßig moderat in Krankenhäusern eingesetzt werden. Ergebnis der Studie, in der Geschäftsführer von 157 Krankenhäusern in Deutschland befragt wurden, war, dass im Gegensatz zu Wirtschaftsunternehmen, wo über 90 % der Geschäftsführer einen Teil ihres Einkommens in erfolgsabhängiger Form erhalten, bei Krankenhausführungskräften der Anteil variabler Vergütungsbestandteile lediglich bei rd. 60 % liegt. Vgl. Kienbaum Managementberatung (2008). Ähnliches gilt auch für Krankenhäuser in freigemeinnütziger Trägerschaft durch ihre Bindung an die dortigen Tarifwerke (z.B. AVR der Caritas, BAT-KF). Vgl. Kienbaum Managementberatung (2008); Reisner (2000), S. 152. Vgl. Reisner (2000), S. 153; v. Hören (2000), S. 70. Zur Ermittlung von Kostenzielen vgl. Behar/Guth/Wichels (2008), S. 1035.
106
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Fluktuations-, Absentismus- und Krankheitsraten.
310
Auch sollte eine Anknüpfung
von Anreizsystemen an nachhaltige wirtschaftliche Erfolgskriterien (z.B. Messung der Jahresergebnisse im Zeitraum von fünf Jahren) nicht ausgeschlossen werden, da wie zuvor dargestellt im heutigen Wettbewerbssystem Sach- und Finanzziele stärker als früher konvergieren. Insgesamt
steht
somit
auch
Krankenhäusern
–
bei
Beachtung
gewisser
Modifikationen – dieser interne Corporate-Governance-Mechanismus zur Verfügung, auch wenn die Anreizkompatibilität schwieriger zu erreichen ist, als dies bei rein profitorientierten Unternehmen der Fall ist. Bei der Auswahl der Bemessungsgrundlage gilt es daher, zunächst den gewünschten „Erfolg“ für das Krankenhaus zu 311
definieren.
Ob
künftig
auch
Krankenhäuser
verstärkt
leistungsabhängige
Anreizsysteme einsetzen werden, wird voraussichtlich vor allem von der hiermit einhergehenden prognostizierten Motivationswirkung, Selektions- und Koordinationsfunktion sowie Personalgewinnungs- und -bindungsfunktion abhängen. Aufgrund der hohen Wettbewerbsintensität im Krankenhaus und nicht zuletzt auch auf dem Arbeitsmarkt für Krankenhausführungskräfte kann der Einsatz von Anreizsystemen zur Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität und die Stärkung der Bindungsfaktoren an das Krankenhaus sich als wesentlicher Wettbewerbsfaktor gestalten: „Im Zusammenhang mit der neuen Wettbewerbssituation kommt der variablen Vergütung auch in Krankenhäusern eine immer stärkere Bedeutung zu. Die Verbindung von individueller Leistungsfähigkeit und Erfolg der Krankenhausbetriebe mit der Vergütung der Führungskräfte steigert die Identifikation der Führungskräfte mit ihrem Krankenhaus und honoriert besondere Leistungen“.
312
Allerdings sollten Krankenhäuser nicht die
Fehler wiederholen oder neu machen, die aktuell das Thema Anreizsystem in der Privatwirtschaft – insbesondere im Bankenbereich – in Verruf gebracht haben. Auch bei Krankenhäusern ist darauf zu achten, dass der Einsatz von kurzfristigen Anreizsystemen – wie beispielsweise die Abhängigkeit vom Gewinn – auch zu Manipulationen und schlechter Investitionspolitik durch das Management führen kann. Aus diesem Grund ist mittel- und langfristigen Anreizsystemen der Vorrang zu
310 311 312
Vgl. Reisner (2000), S. 151. Vgl. Benz (2007), S. 147. Näser (2008).
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
107
geben, wobei die Sachzielkomponente nicht vernachlässigt werden darf. Auf dieser Grundlage sollten sich Krankenhäuser dem Thema Anreizsystem mit folgenden konkreten Fragen nähern: x
Sollen performanceabhängige Anreizsysteme eingesetzt werden?
x
Sollen die Anreizsysteme monetärer oder nichtmonetärer Natur sein?
x
An welche Faktoren sollen die Anreizsysteme geknüpft werden? Inwieweit werden sowohl Formal- als auch Sachziele ausreichend berücksichtigt?
x
Gibt es schriftlich fixierte Zielvereinbarungen und in welchen Abständen soll diese aktualisiert werden?
x
Mit welchem Messsystem und in welchen Abständen soll die Zieleinhaltung überprüft werden?
x
Wie wird die nachhaltige Zielerreichung des Krankenhauses sichergestellt?
3.4.1.3
Kapitalstruktur
Wie in Kapitel 2 dargestellt, bildet die Kapitalstruktur eines Unternehmens einen zusätzlichen potenziellen internen Corporate-Governance-Mechanismus zur Zielsteuerung und Kontrolle des Managements ab, da sowohl mit der Aufnahme von Eigenkapital als auch Fremdkapital gewisse Allokations- bzw. Kontrollrechte verbunden sind.
313
Während die Fremdkapitalgeber ihr Kontrollrecht im Zusammen-
hang mit der Überwachung laufender Auszahlungsverpflichtungen in Form von Zinsund Tilgungszahlungen ausüben, wirkt im Falle der Eigenkapitalgeber die Ausübung von Stimmrechten reglementierend bzw. hat eine disziplinierende Wirkung auf das Management. Bei der Betrachtung der Kapitalstruktur eines Krankenhauses fällt zunächst eine Besonderheit gegenüber rein erwerbswirtschaftlichen Unternehmen auf, nämlich das Vorhandensein einer weiteren Finanzierungsgrundlage neben dem „klassischen“ Eigenkapital und Fremdkapital. In Abhängigkeit davon, ob ein Krankenhaus in den Krankenhausplan des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen ist oder nicht, erhält
313
Vgl. Kapitel 2.3.1.3.
108
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
dieses im Rahmen der dualen Finanzierung Investitionszuschüsse.
314
Diese Förder-
mittel, die bei zweckentsprechender Verwendung Eigenkapitalcharakter aufweisen, üb(t)en einen großen Einfluss auf die Kapitalstruktur eines Krankenhauses aus. Allerdings wird aufgrund der Finanzknappheit der Länder und des existierenden Investitionsstaus der dualen Finanzierung de facto zur Sicherung der Krankenhäuser eine immer geringere Bedeutung zugeschrieben.
315
Eine weitere Besonderheit stellt bei Krankenhäusern dar, dass diesen neben der Zuführung von Fördermitteln zur Finanzierung des Anlagevermögens weitere trägerspezifische Möglichkeiten zur (vereinfachten) Kapitalbeschaffung und -finanzierung offenstehen. Insbesondere Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft haben in der Vergangenheit oftmals durch die Gewährleistung weiterer Sicherheiten wie beispielsweise Bürgschaften oder Patronatserklärungen bis hin zu Verlustausgleichen durch die Träger davon Gebrauch gemacht. 316 In der Folge waren diese den Kontrollmechanismen der Kapitalstruktur weitestgehend entzogen. 317 Aber auch hier ist in den vergangenen Jahren ein Paradigmenwechsel in der Form zu verzeichnen, dass sich auch die Krankenhausträger zunehmend aus ihrer finanziellen Verantwortung gegenüber den Krankenhäusern zurückziehen.
318
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass das Krankenhausmanagement zunehmend gezwungen ist, alternative Formen der Finanzierung mittels Fremd- bzw. Eigenkapital zu suchen sowie neue Finanzierungs- und Investitionsstrategien zu entwickeln.
319
In letzter Konsequenz müssen auch Krankenhäuser das klassische
betriebswirtschaftliche Instrumentarium der Innen- und Außenfinanzierung nutzen und der Kapitalstruktur kommt auch bei Krankenhäusern eine Steuerungs- und Kontrollfunktion zu. Angesichts der zunehmenden Finanzknappheit der öffentlichen Hand ist zu vermuten, dass die Kapitalstruktur als interner Corporate-Governance-
314 315
316 317 318 319
Vgl. § 8 ff. KHG. Alleine zwischen 1993 und 2003 sind die Investitionsaufwendungen der Bundesländer um rd. 31 % zurückgegangen. Zur Dualen Finanzierung vgl. Felder/Fetzer/Wasem (2007), S. 143 ff.; Salfeld/Hehner/Wichels (2009), S. 22. Vgl. Lenk/Rottmann (2008), S. 53. Vgl. Foit (2006), S. 46. Vgl. Augurzky (2008), S. 95; Bruckenberger (1998), S. 4 f. Zu alternativen Finanzierungsformen in Krankenhäusern vgl. Patzak (2009), S. 69 ff.
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
109
Mechanismus bei Krankenhäusern zukünftig noch verstärkt zum Einsatz kommen wird. Allerdings wird auch künftig davon auszugehen sein, dass bei der Wirkungsweise dieses Mechanismus trägerspezifische Unterschiede verbleiben. Während bei privaten Krankenhäusern von einer zunehmend effizienten Allokationswirkung von Kontrollrechten ausgegangen werden kann, ist bei Krankenhäusern in öffentlicher und freigemeinnütziger Trägerschaft zu unterstellen, dass auch künftig verminderte Anreize aus den Besonderheiten der Eigentümerstruktur bestehen und somit die Wirkung der Kontrolle über Stimmrechtsausübung der Eigenkapitalgeber zurücktritt. Zwar befindet sich bei der Mehrzahl dieser Krankenhäuser das Eigenkapital in der Hand eines oder weniger Anteilseigner und diese gehören damit eher dem „besitzergesteuerten“ Typ an,
320
jedoch ist zu vermuten, dass aufgrund des Nichtvorhanden-
seins realer Shareholder eine Kontrollfunktion aus der (Eigenkapital-)Struktur im Vergleich zu privaten (Krankenhaus-)Unternehmen lediglich vermindert zum Tragen kommt. In Zusammenhang mit der Kapitalstruktur als Corporate-Governance-Mechanismus stellen sich im Rahmen der Hospital Governance folgende Fragen: x x
Besteht eine systematische Beziehungspflege zu den Fremdkapitalgebern? Inwiefern
und
inwieweit
können/sollen
Sicherheiten
über
den
Träger
gewährleistet werden? x
Welche alternativen Finanzierungsformen stehen dem Krankenhaus zur Verfügung?
320
Unternehmen, bei denen sich das Eigenkapital in der Hand eines oder weniger Anteilseigner befindet, werden als besitzergesteuert bezeichnet; Unternehmen im Streubesitz gelten demgegenüber als managergesteuert, weil bei ihnen die Kontrollfunktion aus der Kapitalstruktur weitgehend entfällt.
110
3.4.1.4
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Revision
Als weiterer zusätzlicher interner Mechanismus wurde zuvor die interne und externe Unternehmensrevision beschrieben.
321
Beiden – sowohl der internen als auch der
externen Revision – wird über ihre instrumentelle Rolle in der Hand der Geschäftsführung hinaus eine Unterstützungsfunktion für das Aufsichtsgremium zugeschrieben, da durch sie das Aufsichtsgremium regelmäßig Informationen über das Unternehmen im Allgemeinen, aber auch über das Unternehmensmanagement im Speziellen erhält und hierdurch seiner Aufgabenstellung besser nachgehen kann. Auch im Krankenhaussektor muss zwischen der internen Revision und der externen Revision unterschieden werden, wobei in Abhängigkeit von der Rechtsform des Krankenhauses diese jeweils unterschiedlich zum Tragen kommen (können). Der Anstoß zur Einrichtung einer internen Revision ergibt sich in Deutschland zunächst für Unternehmen, die in der Rechtsform der Aktiengesellschaft geführt werden, aus § 91 Abs. 2 AktG: „Der Vorstand hat geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden“
322
. In der Gesetzes-
begründung wird ergänzend festgestellt, dass der Vorstand für „ein angemessenes Risikomanagementsystem und für eine angemessene interne Revision zu sorgen“
323
hat. Nach der sog. Ausstrahlungswirkung gilt die Vorschrift des § 91 Abs. 2 AktG nicht nur für Aktiengesellschaften, sondern auch für Vorstände, Geschäftsleitungen und Geschäftsführungen auf der Grundlage anderer Rechtsformen, insbesondere der GmbH: „Es ist davon auszugehen, dass für Gesellschaften mit beschränkter Haftung je nach ihrer Größe, Komplexität ihrer Struktur usw. nichts anderes gilt und die Neuregelung Ausstrahlungswirkung auf den Pflichtenrahmen der Geschäftsführer auch anderer Gesellschaftsformen hat“ 324. Somit sind auch Krankenhäuser unabhängig von ihrer Träger- und Rechtsform durch die Ausstrahlungswirkung des Aktiengesetzes
321 322 323 324
zur
Errichtung
eines
Vgl. Kapitel 2.3.1.4. § 91 Abs. 2 AktG. BT-Drucksache 13/9712, S. 15 vom 28.01.1998. BT-Drucksache 13/9712, S. 15 vom 28.01.1998.
geeigneten
Überwachungssystems
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
aufgerufen.
325
111
Als prozessunabhängiger und unternehmensinterner Überwachungs-
mechanismus kann dabei die interne Revision die Leitungsorgane bei der Verpflichtung, die Ordnungsmäßigkeit des gesamten Geschäftsablaufs durch zweckmäßige interne Kontrollen sicherzustellen, unterstützen.
326
Den hohen Stellenwert der internen Revision zur Steuerung und Kontrolle unterstreicht der Gesetzgeber ganz aktuell durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMog), wo der Begriff der internen Revision erstmals in einem Gesetzestext explizit aufgegriffen wird. Durch diese gesetzliche Neuregelung sind die Aufsichtsgremien ab dem 1. Januar 2010 dazu verpflichtet, neben dem Rechnungslegungsprozess nun auch die Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagements sowie des internen Revisionssystems zu überwachen.327 Vor dem Hintergrund, dass bei Krankenhäusern aus verfügungstheoretischer Sicht in Abhängigkeit von ihrer Trägerschaft verminderte Anreize zur direkten oder indirekten Überwachung und Steuerung des Managements bestehen können,
328
kommt als
Kompensation einer leistungsfähigen internen Revision als Corporate-GovernanceMechanismus im Krankenhaussektor eine gesteigerte Bedeutung zu. 329 Hierzu sollte allerdings die interne Revision einer eigenen unabhängigen Stabsstelle überantwortet werden. Das aus Kostengesichtspunkten häufig noch in kleineren Krankenhäusern anzutreffende Modell, auf die Einrichtung eigener Stabsstellen zu verzichten und Revisionsaufgaben auf vorhandende Funktionsbereiche (z.B. Rechnungswesen, Qualitätsmanagement) zu übertragen,
330
erscheint demgegen-
über zweifelhaft. In diesen Fällen ist fraglich, ob die erforderliche Objektivität und 325 326
327
328 329 330
Vgl. Solidaris (2007), S. 16 f. Das Aufgabenspektrum der Krankenhausrevision umfasst dabei nicht nur vergangenheitsorientierte Ordnungsmäßigkeitsprüfungen (Compliance), sondern auch die Optimierung von Prozessen hinsichtlich der Kosten und Kontrollen, die Überwachung der Rechenschaftslegung, des Risikomanagementsystems und der Informationssysteme hinsichtlich ihrer Sicherheit, Wirtschaftlichkeitsberechnungen der leistungsbringenden Prozesse und sonstiger Erlösbereiche sowie die Beurteilung der Leistung des Personals hinsichtlich ihrer Qualität und Quantität. Vgl. Schwager (2009), S. 4 ff.; Tanski (2001), S. 8 ff. Vgl. Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMog) vom 25. Mai 2009, BGBl. Jahrgang 2009 Teil I Nr. 27, ausgegeben zu Bonn am 28. Mai 2009. Vgl. Kapitel 3.3.1. Vgl. Schwager (2009), S. 7 ff.; Tanski (2001). Vgl. Solidaris (2007), S. 54 f.
112
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Unabhängigkeit als Voraussetzungen zur Wirksamkeit der internen Revision noch gewährleistet ist.
331
In letzter Konsequenz entscheiden diese beiden Faktoren –
Objektivität und Unabhängigkeit – darüber, ob die interne Revision als „flankierende Maßnahme“ der Geschäftsführung, aber auch als Unterstützungsfunktion für das Aufsichtsgremium zur Beurteilung des Krankenhausmanagements ihre wichtigen Funktionen effektiv erfüllt. Eine wichtige Schlüssel- und Unterstützungsfunktion zur Unternehmenssteuerung und -überwachung erfährt das Aufsichtsgremium regelmäßig durch die unabhängige Prüfung des Abschlussprüfers (externe Revision). Je nach Rechtsform und Größe sowie weiteren Vorgaben besteht eine gesetzliche Pflicht zur Jahresabschlussprüfung (sog. Pflichtprüfung). Krankenhäuser sind in der Regel durch die Krankenhausbuchführungsverordnung (KHBV) und entsprechende Vorschriften der Bundesländer zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet, unabhängig davon, ob das Krankenhaus Kaufmann im Sinne des HGB ist und unabhängig von der Rechtsform des Krankenhauses.332 Die KHBV stellt den Rahmen für die Rechnungs- und Buchführungspflichten von Krankenhäusern und schreibt den Krankenhäusern die Aufstellung einer Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie eines Anhangs einschließlich Anlagennachweis vor. Darüber hinaus können aber auch krankenhausspezifische Vorschriften den Umfang der Jahresabschlussprüfung erweitern. Dies ist beispielsweise bei Krankenhäusern der Fall, für die das jeweilige Landeskrankenhausgesetz eine Pflichtprüfung der Jahresabschlüsse vorsieht.
333
Inhalt der
Erweiterung der Jahresabschlussprüfung von Krankenhäusern durch das Landeskrankenhausrecht stellt dabei u.a. auch die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der
331 332
333
Vgl. Schwager (2009), S. 5. Ausnahmen für die Anwendung der KHBV bilden Krankenhäuser, auf die das Krankenhausfinanzierungsgesetz nach seinem § 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 keine Anwendung findet oder die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2, 4 oder 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes nicht gefördert werden (es sei denn, dass diese Krankenhäuser auf Grund Landesrechts nach § 5 Abs. 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes gefördert werden). Auch Bundeswehrkrankenhäuser und die Krankenhäuser der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind von den Regelungen der KHBV ausgenommen. Darüber hinaus können Krankenhauskapitalgesellschaften das in Deutschland gültige Gliederungswahlrecht des § 1 Abs. 3 KHBV in Anspruch nehmen, wonach sie entweder den reinen handelsrechtlichen (vgl. §§ 266, 288 Abs. 2, § 75 HGB) oder einen an krankenhausspezifische Gegebenheiten (Abschluss nach Anlage 1 und 2 KHBV) angepassten Abschluss vorlegen können. Zum Anwendungsbereich der KHBV vgl. § 1 KHBV. Vgl. § 34 KHG NRW, § 29 HmbKHG, § 16 HKHG, § 42 LKHG M-V, § 20 SKHG, § 35 SächsKHG, § 30 ThürKHG.
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
Geschäftsführung
334
113
dar. Die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung
gilt auch für öffentliche Krankenhäuser nach § 53 HGrG. Die Abschlussprüfung hat eine elementare Bedeutung, da sie die Überwachungsaufgabe
des
trägerspezifischen
Aufsichtsorgans
unterstützt
und
dessen
Informationsdefizit entscheidend verringert. Da jedoch der Umfang der Informationen begrenzt ist, beispielsweise hinsichtlich der Verwirklichung strategischer Ziele,
335
kommt im Ergebnis der externen Revision zwar eine wichtige Unterstützungsfunktion zu, eine Ergänzung dieses internen Corporate-Governance-Mechanismus durch weitere Überwachungs- und Anreizmechanismen ist jedoch notwendig. In Zusammenhang mit der internen und externen Revision als CorporateGovernance-Mechanismus stellen sich im Rahmen der Hospital Governance folgende Fragen: x
Ist eine interne Revision eingerichtet?
x
Wie wird die Objektivität und Unabhängigkeit der internen Revision gesichert
x
Wie wird der Informationsfluss zwischen Aufsichtsgremium und interner
bzw. wo ist diese angesiedelt? Revision sichergestellt? x
Hat das Aufsichtsgremium für die externe Revision Prüfungsschwerpunkte festgelegt? Wurde der Abschlussprüfer mit einer erweiterten Prüfung (z.B. Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung) beauftragt?
x
Inwieweit wird die externe Revision bei strategischen Fragestellungen vom Aufsichtsgremium einbezogen?
x
Gibt es über die gesetzlichen Vorschriften hinaus unternehmensinterne Regeln über die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsgremium sowie interner und externer Revision?
334
335
Die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung umfasst dabei die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführungsorganisation, des Geschäftsführungsinstrumentariums und der Geschäftsführungstätigkeit selbst. Vgl. Reisner (2000), S. 101.
114
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
3.4.2
Externe Mechanismen
Die externen Corporate-Governance-Mechanismen knüpfen an die marktlichen Rahmenbedingungen und rechtlichen Vorgaben, d.h. das jeweilige Unternehmensumfeld an. Im Folgenden wird untersucht, inwieweit der Produktmarkt, der Arbeitsmarkt, der Kapitalmarkt und bestehende gesetzliche Rahmenbedingungen oder Vorgaben aus Kodizes für Krankenhäuser ihre Wirkungsweise entfalten, indem sie als Mechanismen zur Einschränkung des diskretionären Handlungsspielraums des Krankenhausmanagements fungieren.
3.4.2.1
Produktmarkt
Der Wettbewerb auf den Produktmärken wird regelmäßig als Disziplinierungsmöglichkeit interpretiert, da unterstellt wird, dass Manager durch den zunehmenden Druck von Wettbewerbern aus Eigennutz ihren Arbeitseinsatz erhöhen werden. Demnach entfaltet dieser externe Mechanismus umso stärker seine Wirkung, je größer die Wettbewerbsintensität auf dem betrachteten Produktmarkt ist. Im Umkehrschluss besteht im Monopolfall dagegen kaum ein Anreiz für das Management zur überdurchschnittlichen Leistungserfüllung. Vor dem Hintergrund des Selbstkostendeckungsprinzips und dem hiermit einhergehenden Bestandsschutz für Krankenhäuser blieb die Ausrichtungsfähigkeit dieses externen Corporate-Governance-Mechanismus in der Vergangenheit weitgehend aus. Aufgrund der hierdurch bedingt geringen Wettbewerbsintensität und des niedrigen Konkurrenzgrades kamen marktwirtschaftliche Abläufe kaum zum Tragen.
336
Spätestens mit Einführung der DRG im Krankenhauswesen gelten jedoch
andere Wettbewerbsspielregeln auf dem Krankenhausmarkt. Krankenhäuser sehen sich heutzutage einer extrem erschwerten Finanzierungssituation mit einhergehenden verschärften Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt, die zu einem starken Kosten- und Leistungsdruck der Krankenhäuser führen. Im Ergebnis stehen auch Krankenhäuser mit anderen Krankenhäusern im Wettbewerb um ihre „Produkte“ auf dem Absatzmarkt und dieser übt einen hohen Effizienzdruck auf das Krankenhaus
336
Vgl. Reisner (2000), S. 158.
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
115
bzw. das Management des Krankenhauses aus. Auch bei Krankenhäusern ist davon auszugehen, dass sie im Extremfall vom Markt verdrängt werden und in letzter Konsequenz auch die Manager in ihrer beruflichen und privaten Existenz bedroht sind. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen, bei denen dieser „Existenzkampf“ vornehmlich über den Produktpreis und die Produktqualität ausgetragen wird, sind im Falle von Krankenhäusern allerdings Besonderheiten zu beachten. Durch das staatlich fixierte pauschalierte Vergütungssystem im Krankenhaus, das eine einheitliche Vergütung bei definierter Leistung vorschreibt, entfällt für die stationären Krankenhausleistungen der „Produktpreis“ weitgehend als Wettbewerbskriterium. Entscheidend sind vielmehr die „Produktionskosten“ und die „Produktqualität“. Aber auch letzteres Kriterium, die Produktqualität, weist darüber hinaus die Eigentümlichkeit auf, dass die Beurteilung der Produkt- bzw. Ergebnisqualität durch den Patienten als Kunden aufgrund der spezifischen Dienstleistungserstellung und des hohen Vertrauensfaktors im Krankenhaus Einschränkungen unterliegt. die
Steuerungs-
und
Kontrollmöglichkeit
im
337
Schließlich wird
Krankenhaussektor
dadurch
eingeschränkt, dass in der Regel die Krankenhausdienstleistung im Rahmen nicht schlüssiger Austauschbeziehungen angeboten wird. Vielmehr gestaltet sich hier ein Dreiecksverhältnis, das durch die Beziehungen Krankenhaus (Dienstleister), Patient (Kunde) und Kostenträger (Krankenkasse) bestimmt wird. Zusammengefasst kann festgehalten werden: Der Produktmarkt stellt im zunehmend marktwirtschaftlich geprägten Krankenhauswesen verstärkt einen wichtigen externen Steuerungs- und Überwachungsmechanismus dar. Aufgrund der Spezifika des Krankenhausproduktmarktes unterliegt die Funktionsfähigkeit dieses Mechanismus jedoch einer Reihe von Besonderheiten, da kein Wettbewerb über den Preis stattfindet, die Qualität durch den Patienten z.T. schwer zu beurteilen ist und keine unmittelbare Austauschbeziehung zwischen Dienstleister und Kunde besteht. Unter Berücksichtigung dieser Modifikationen sollte sich das Krankenhaus hinsichtlich des Produktmarktes folgende Fragen stellen: 337
Vgl. Arnold/Greisbe (2002), S. 62 ff.; Hoefert (2007), S. 19; Wörz (2008), S. 37 f.
116
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
x
Werden regelmäßig Patientenbefragungen durchgeführt?
x
Erfolgt eine systematische Beobachtung des Produktmarktes, beispielsweise über Markt- und Wettbewerbsanalysen?
x
Existiert eine regelmäßige Beziehungspflege zu den Kostenträgern?
x
Findet eine systematische Beziehungspflege zu den niedergelassenen Ärzten vor Ort statt?
3.4.2.2
Arbeitsmarkt
Ein funktionierender, rationaler Arbeitsmarkt – als weiterer externer disziplinierender Corporate-Governance-Mechanismus
–
bewirkt,
dass
die
Manager
der
Unternehmung selbst im Wettbewerb und in Konkurrenz zueinander stehen. Der Wert des Humankapitals eines Managers misst sich dabei auf dem Arbeitsmarkt nach den Erwartungen, welche die Investoren aufgrund seiner bisherigen Leistungen an ihn haben. Diese wiederum richten sich nach dem Erfolg der Unternehmung, der die Leistung des Managements nach außen signalisiert. Mit anderen Worten: Das Image eines Managers auf dem Arbeitsmarkt wird sich an dem Ruf des Krankenhauses ausrichten. Die Leistungsinformationen werden im Markt aufgenommen und unmittelbar durch die Gehaltserwartungen ausgedrückt. Auch Krankenhäuser unterliegen im Arbeitsmarkt einer ähnlichen Kontrolle wie Unternehmungen anderer Bereiche, da auch für sie gilt: Je transparenter der Beitrag der Krankenhausgeschäftsführung zum Unternehmenserfolg ist, je informationseffizienter der Arbeitsmarkt ist, je geringer der Markt reguliert ist und je größer die Mobilität des einzelnen Managers ist, umso effektiver funktioniert der Kontroll- und Steuerungsmechanismus des Arbeitsmarktes gegenüber der Unternehmensleitung des Krankenhauses. Die Wirkungsweise dieses Mechanismus wird dagegen enorm eingeschränkt, wenn – wie es im öffentlichen Bereich und auch insbesondere bei Krankenhäusern in öffentlicher und freigemeinnütziger Trägerschaft lange Zeit üblich war und teilweise noch ist – die Leitungsorgane langfristige Managementverträge erhalten, wodurch das Entlassungsrisiko geringer ausfällt, als dies unter rein marktlichen Gegebenheiten der Fall wäre.338 338
Vgl. McLean (1989), S. 66; Reisner (2000), S. 157 f.; Foit (2006), S. 46.
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
117
Im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt als Corporate-Governance-Mechanismus stellen sich für Krankenhäuser folgende Fragen: x
Ist die Laufzeit des Anstellungsverhältnisses für das Krankenhausmanagement befristet oder unbefristet?
x
Entsprechen Gehaltsgefüge und Anstellungsbedingungen dem Niveau und dem Rahmen des Arbeitsmarktes?
x
Aus wie vielen Personen soll sich die Geschäftsführung zusammensetzen (singuläre/duale
Führungsspitze
vs.
Dreierdirektorium)
und
welchen
professionellen Hintergrund soll die Geschäftsführung aufweisen? x
Welche Aufgabenbereiche sollen in die Zuständigkeit der Geschäftsführung fallen?
3.4.2.3
Kapitalmarkt
Für börsennotierte Aktiengesellschaften existiert ein zusätzlicher externer CorporateGovernance-Mechanismus
als
weitere
Disziplinierungsmöglichkeit
des
Managements: der Kapitalmarkt. Dieser gibt annahmegemäß über den Aktienkurs des Unternehmens Einschätzungen der Anteilseigner über das Leistungsniveau des Vorstandes wieder. Eine Unterbewertung der Aktien führt folglich zu Entlassungsgefahr des Managements. Auch werden bei stetig schwacher Rentabilität die Aktienkurse auf ein Niveau sinken, welches Großinvestoren anlockt und die Gefahr einer (feindlichen) Übernahme mit Auswechselung des Managements birgt. Durch diese Sanktionsgefahr wird postuliert, dass das Management auf opportunistische Verhaltensweisen verzichtet bzw. diese zumindest einschränkt. Da jedoch mit einem Anteil von lediglich 0,7 % nur die wenigsten Krankenhäuser an der Börse gelistet sind und daher keine Anteile von diesen Krankenhäusern an Kapitalmärkten gehandelt werden, kommt dem Kapitalmarkt im Krankenhausbereich als externer Mechanismus nur eine unbedeutende Disziplinierungsform zu. Zudem würde eine eindimensionale Ausrichtung auf die Rentabilität des Unternehmens – hier in Form des Aktienkurses – andere Sachziele wie beispielsweise qualitative
118
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
versorgungsspezifische Verbesserungen außen vor lassen.
339
Insgesamt kann also
davon ausgegangen werden, dass auf ergänzende Mechanismen auch bei börsennotierten Krankenhausgesellschaften nicht verzichtet werden kann. Quasi als Surrogat für „Bewegungen“ auf dem Kapitalmarkt können allerdings die in den letzten Jahren verstärkt auftretenden Übernahmen öffentlicher und (im geringeren Maße) auch freigemeinnütziger Krankenhäuser durch Ankäufe privater Klinikketten verstanden werden. Sie werden zumeist dadurch ausgelöst, dass der vormals öffentliche oder freigemeinnützige Träger einem erheblichen Kostendruck – oft verbunden mit der Notwendigkeit der Übernahme von Betriebsverlusten – ausgesetzt ist und sich durch die Übertragung der Trägerschaft auf private Betreiber von der Sanierungslast bzw. laufenden Betriebsverlusten befreien will. Auch dieses Übernahmerisiko entfaltet – insoweit durchaus vergleichbar mit rein privatwirtschaftlichen Übernahmen auf funktionierenden Kapitalmärkten – im Verhältnis zur
Unternehmensleitung,
insbesondere
der
Geschäftsführung
durchaus
disziplinierende Wirkung, da mit der Überführung der Verlust der beruflichen, manchmal auch privaten Existenz verbunden sein kann.
340
Schließlich ist zu erkennen, dass anstelle des Kapitalmarktes der Öffentlichkeit (z.B. politische Gremien, Medien) eine besondere Rolle bei der Überwachung des Krankenhauses und auch des Krankenhausmanagements zukommt.
341
Kranken-
häuser agieren unter dem breiten Auge der Öffentlichkeit nicht zuletzt aufgrund der herausragenden Stellung des Gutes, welches von Krankenhäusern produziert wird. Ein nicht unwichtiges Sanktionsmittel bilden daher die Öffentlichkeit für Krankenhäuser und die von ihr ausgehenden kritischen Impulse. 342 339 340
341 342
Vgl. Reisner (2000), S. 158 f. Als Kritikpunkt und Einschränkung für eine Übertragung dieses Mechanismus auf Krankenhäuser wird jedoch angeführt, dass solche Eigentümerwechsel nicht als disziplinierende Wirkung bewertet werden könnten, da in diesen Fällen das Krankenhaus keinen persönlichen Profit aus solchen Verkäufen zieht und daher auch das Interesse am Eigentumsübergang zunächst nicht ausreichend groß ist. Vgl. Pauly (1987), S. 24. Vgl. Lenk/Rottmann (2008), S. 53; Wittig (2006), S. 43. Allerdings ist zu beachten, dass für die Wirksamkeit dieses Sanktionsmittels geeignete Informationsinstrumente vonnöten sind, da neben Interessensdivergenzen zwischen den verschiedenen Stakeholdern auch Informationsasymmetrien vorliegen können. Vgl. Lenk/Rottman (2008), S. 53. Auch ist gegenüber dieser Form der Kontrolle einzuwenden, dass sie allein retrospektiv wirkt und prospektive Aspekte von Überwachungs- bzw. Kontrolltätigkeit, wie sie gerade in der Corporate-Governance-Diskussion betont werden, mit dieser Form der Kontrolle nicht verfolgt werden können. Vgl. Wittig (2006), S. 43.
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
119
Auch wenn der Kapitalmarkt bei Krankenhäusern eine im Vergleich zur Privatwirtschaft untergeordnete Rolle spielt, so stellen sich auch für Krankenhäuser in abgewandelter Form folgende Fragen im Zusammenhang mit diesem externen Corporate-Governance-Mechanismus: x
Besteht
eine
systematische
und
regelmäßige
Beziehungspflege
zur
Öffentlichkeit? x
Wer nimmt die Beziehungspflege zur Außenwelt wahr und in welcher Form?
3.4.2.4
Gesetzliche Regelungen und Kodizes
Unabhängig von den aufgeführten Marktmechanismen, bilden auch gesetzliche Regelungen ein elementares externes Instrument der Corporate Governance, da zunächst die Gesetze und Kapitalmarktordnungen bestimmen, welche externen Mechanismen überhaupt zum Tragen kommen können. Ziel ist es, durch ein gut ausgestaltetes und funktionierendes Rechtssystem die Möglichkeiten der Kontrolle des Managements durch die Anteilseigner, aber auch weiterer Stakeholder zu erweitern. Neben der Ausweitung der Kontrollfunktion besteht zudem durch die gesetzlichen Regelungen die Möglichkeit, im Falle einer Missachtung die Leitungsorgane ggf. auch zu sanktionieren. Eine erfolgreiche Corporate Governance wird also wesentlich durch die gesetzlichen Rahmenvorgaben unterstützt. Während das operative Leistungsgeschehen im Krankenhaus durch eine Vielzahl an Gesetzesvorschriften geprägt ist, die sowohl die Rahmenvorgaben setzen (z.B. durch das Krankenhausfinanzierungsgesetz oder das Krankenhausentgeltgesetz) als auch andere weitreichende Vorschriften für alle Krankenhäuser in Deutschland beinhalten (z.B. Transfusions- und Medizinproduktegesetz), wurden bisher keine gesetzlichen Sonderregelungen mit Corporate-Governance-Bezug für Krankenhäuser geschaffen. Vielmehr sind diese in den allgemeinen gesetzlichen Vorgaben mit erfasst. Dabei variieren die gesetzlichen Vorgaben mit Corporate-Governance-Bezug für Krankenhäuser erheblich in Abhängigkeit von deren Rechtsform. So sind Krankenhäuser, die in der Rechtsform der Aktiengesellschaft geführt werden, im gleichen Maße wie andere Aktiengesellschaften zur Einhaltung der gesetzlichen
120
Vorgaben
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
verpflichtet.
Beispiele
für
gesetzliche
Vorgaben
mit
Corporate-
Governance-Bezug stellen das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG), das Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz (VorstOG), das TransparenzrichtlinieUmsetzungsgesetz (TUG) oder das Berufsaufsichtsreformgesetz (BARefG) dar.
343
Auch für Krankenhäuser in der Rechtsform der GmbH gelten eine Reihe von Gesetzen mit Corporate-Governance-Bezug, da der Gesetzgeber bei dieser Rechtsform eine gewisse Ausstrahlungswirkung unterstellt (z.B. KonTraG, TransPuG). Über die gesetzlichen Vorgaben hinaus haben Kodizes auch für Krankenhäuser eine nicht unerhebliche Bedeutung. Neben dem DCGK, der für börsennotierte Krankenhäuser in der Rechtsform der Aktiengesellschaft im gleichen Maße wie für alle andere Aktiengesellschaften Anwendung findet, dessen Wirkungsbereich jedoch wegen des geringen Anteils der in dieser Rechtsform geführten Krankenhäuser gering ist, haben sich verschiedene Initiativen aus dem kirchlichen und öffentlichen Bereich sowie Verbandsbereich gebildet, um diese (Rechts-)Lücke zu schließen. Ergebnis der Bemühungen war die Entstehung einer Reihe von CorporateGovernance-Regeln in Form von Kodizes. Diese wurden zwar nicht speziell für Krankenhäuser entwickelt, sondern für alle Einrichtungen dieser Bereiche/Verbände. Gleichwohl gelten sie auch für Krankenhäuser, da diese unter den Einrichtungsbegriff fallen. Im Folgenden werden die wichtigsten Kodizes vorgestellt:
343
Für eine Übersicht der Gesetze mit Corporate-Governance-Bezug vgl. Solidaris (2007), S. 16.
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
121
Diakonischer Governance Kodex Der Diakonische Governance Kodex (DGK) wurde durch die Diakonische Konferenz im Oktober 2005 beschlossen.344 Ziel des DGK ist es, das „deutsche Corporate Governance System auf den diakonischen Bereich transparent und nachvoll345
ziehbar“
zu übertragen und der Öffentlichkeit hierdurch zu dokumentieren, dass
die Diakonie auf die Herausforderungen der veränderten Markt- und Wettbewerbsbedingungen reagiert. Neben der Transparenz- und Vertrauensfunktion möchte der DGK darüber hinaus einen Beitrag „zur Optimierung der Kommunikations- und Verwaltungsstruktur und zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Einrichtungen“ 346 leisten. Der DGK „richtet sich an alle Einrichtungen der Diakonie als Mitglieder der Diakonischen Werke und das Diakonische Werk der EKD selbst“
347
, wobei bei der
Anwendung des DGK „die unterschiedlichen Rechtsformen und Größen der Einrichtungen zu berücksichtigen“
348
sind. Der DGK fasst in Anlehnung an die
Formulierung des DCGK „Standards und Empfehlungen guter und verantwortungsvoller Einrichtungsführung“ zusammen, deren Beachtung und verbindliche Übernahme als Selbstverpflichtung allen Mitgliedern des Werkes und somit auch Krankenhäusern empfohlen wird. Allen voran ruft der DGK seine Einrichtungen dazu auf, x
klare Organisationsstrukturen innerhalb der Einrichtung,
x
eindeutige Abgrenzungen der Aufgaben und Funktionen der Organe der
x
möglichst störungsfreie Kommunikation der Organe untereinander,
x
transparente Vergütungsregelungen und
x
Frühwarnsysteme zur Minimierung wirtschaftlicher Risiken zu gewährleisten. 349
Einrichtung sowie der Einrichtung mit der Kirche,
344
345 346 347 348 349
Zu empirischen Beobachtungen seit der Einführung des Diakonischen Corporate Governance Kodex vgl. Manzeschke (2009), S. 118 ff. Vgl. Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 1. Vgl. Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 2. Vgl. Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 2. Vgl. Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 2. Vgl. Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 2 ff.
122
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Daneben soll die Leitungsstruktur der Einrichtungen am dualen Führungssystem ausgerichtet werden, d.h. x
„ein Vorstand leitet die Einrichtungen in eigener Verantwortung …
x
ein Aufsichtsgremium bestellt, überwacht und berät den Vorstand und ist in Entscheidungen von grundlegender Bedeutung unmittelbar eingebunden“
350.
In Folge des beschriebenen DGK hat auch das Diakonische Werk Württemberg im Jahr 2005 einen Corporate Governance Kodex für die Diakonie in Württemberg (DK) verabschiedet, der „wesentliche Grundlagen zur Leitung und Überwachung diakonischer Einrichtungen und Dienste in Württemberg“ 351 beschreibt und „Standards und Empfehlungen guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung“ berührt.
352
enthält. Die Empfehlungen des DGK werden vom DK jedoch nicht
353
Arbeitshilfe 182 der Deutschen Bischofskonferenz Vergleichbar mit dem Governance Kodex der Diakonie gibt die Arbeitshilfe 182 der Deutschen Bischofskonferenz „Soziale Einrichtungen in katholischer Trägerschaft und wirtschaftlicher Aufsicht“ konkrete Hinweise zur Gestaltung der Corporate Governance für alle „Träger- und Aufsichtsgremien, Vorstände und Geschäftsführungen der Rechtsträger sozialer Einrichtungen und Dienste in katholischer Trägerschaft“
354
. Er ist damit auch für Krankenhäuser in katholischer Trägerschaft
verbindlich anwendbar. Die Arbeitshilfe möchte einen Beitrag leisten, „die Anforderungen bedenken“
an
die
internen
Aufsichtsstrukturen
und
-gremien
neu
. Ziel ist es, „neben dem Vorstand und/oder der Geschäftsführung
wirksame Aufsichtsstrukturen zur Kontrolle der operativen Organe zu installieren“ 350
351 352 353 354 355 356
zu
355
356
Vgl. Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 3. Der Diakonische Governance Kodex empfiehlt, dass in kleineren diakonischen Einrichtungen ohne spezielles Aufsichtsgremium die Aufsichtsfunktion durch die Mitgliederversammlung wahrgenommen werden soll, vgl. Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 3. Vgl. Corporate Governance Kodex für die Diakonie in Württemberg (2005), S. 1. Vgl. Corporate Governance Kodex für die Diakonie in Württemberg (2005), S. 1. Vgl. Corporate Governance Kodex für die Diakonie in Württemberg (2005), S. 1. Vgl. Arbeitshilfe 182 (2007), S. 19 f. Vgl. Arbeitshilfe 182 (2007), S. 5. Vgl. Arbeitshilfe 182 (2007), S. 20.
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
123
und hierdurch präventiv zur „Verbesserung und Stärkung der internen Aufsicht bei dem jeweiligen Rechtsträger“
357
beizutragen, da „die extern ausgeübte Aufsicht
(durch kirchliche Oberbehörden) … angemessene Aufsichtsstrukturen innerhalb des 358
Trägers … nicht ersetzen“
kann. Konkrete Hinweise zur Gestaltung der Corporate
Governance gibt die Arbeitshilfe 182, indem sie einen Leitfaden zur „Struktur der Aufsicht bei Trägern von Einrichtungen und Diensten“ beinhaltet. In diesem werden beispielsweise Hinweise für die Ausgestaltung und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen (internen) Governance-Organen gegeben. Auch enthält der Leitfaden konkrete Empfehlungen zur Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums, den Anforderungen an die Gremienmitglieder, der Sitzungshäufigkeit, der Vergütungsstruktur sowie der Zusammenarbeit mit dem Abschlussprüfer. Zur Nachdrücklichkeit der Umsetzung der Arbeitshilfe 182 wurde zudem ein Selbstauskunftsbogen entwickelt, welchen die Rechtsträger jährlich neu ausgefüllt an die jeweils zuständige Stelle der kirchlichen Oberbehörde zwecks Mitteilung über die Umsetzung der Handreichung „Soziale Einrichtungen in katholischer Trägerschaft und wirtschaftliche Aufsicht“ weiterleiten sollen. x
359
Der Selbstauskunftsbogen besteht aus drei Teilen:
Teil 1 beinhaltet eine Mitteilung über die Umsetzung der Handreichung „Soziale Einrichtungen in katholischer Trägerschaft und wirtschaftlicher Aufsicht“. Neben allgemeinen Grunddaten wie Rechtsform, Satzung/Gesellschaftsvertrag werden weitere Corporate-Governance-Elemente wie beispielsweise die Anforderungsprofile der Aufsichtsgremiumsmitglieder, die Länge der Amtsperiode, die Anzahl der Sitzungen sowie der Auslagenersatz bzw. die Aufwandsentschädigung der Mitglieder des Aufsichtsgremiums erfragt. Für den Fall, dass kein Aufsichtsgremium vorhanden ist, muss eine Zeitplanung in Bezug auf die Installation eines Aufsichtsgremiums vorgelegt werden.
x
360
Teil 2 und 3 enthalten die Selbstverpflichtungserklärungen zum einen des Vorstandes und/oder der Geschäftsführung, zum anderen des Aufsichtsgremiums. Neben der Beachtung der Arbeitshilfe 182 sind Fragen über das
357 358 359 360
Vgl. Arbeitshilfe 182 (2007), S. 19. Vgl. Arbeitshilfe 182 (2007), S. 34. Vgl. Anlage 1 der Arbeitshilfe 182 (2007). Vgl. Anlage 1 der Arbeitshilfe 182 (2007).
124
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Vorhandensein/den Beschluss des Vorstands-/Geschäftsführungsvertrags oder aber der Teilnahme und mündlichen Berichterstattung des Abschlussprüfers bei
der
Aufsichtsgremiumssitzung
Bestandteil
der
Selbstverpflichtungs-
361
erklärungen.
Da die Arbeitshilfe lediglich „nützliche Empfehlungen“ ausspricht, aber „keine rechtsverbindlichen Regelungen“ aufstellt, setzt sie „auf Sinnhaftigkeit und Überzeugungskraft, nicht auf Vorschriften und Handlungsanweisungen“
362
. Den Rechtsträgern wird
dennoch eine Selbstverpflichtung empfohlen, die sie jährlich durch Einreichung des Selbstauskunftsbogens an die zuständige Stelle der kirchlichen Oberbehörde dokumentiert. Die aus dem Jahr 2004 stammende Arbeitshilfe 182 wurde letztmals im Jahr 2007 aktualisiert. AWO Unternehmenskodex Neben den bereits beschriebenen Initiativen aus dem kirchlichen Bereich haben sich auch die Spitzenverbände weiterer Wohlfahrtsverbände in den vergangenen Jahren mit der Corporate-Governance-Thematik auseinandergesetzt. Stellvertretend soll nachfolgend der Unternehmenskodex der Arbeiterwohlfahrt (AWO) vorgestellt werden, der im Jahr 2008 verabschiedet wurde.363 Zielsetzung des AWO Unternehmenskodex ist, dass „über einen spezifischen AWO Unternehmenskodex … für alle AWO-Betriebe und -Unternehmen die aus den Grundsätzen 4 und 5 des Deutschen Corporate Governance Kodex übertragbaren Standards für eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung für alle AWO-Betriebe
und
Unternehmen
verbindlich
werden
und
zur
Anwendung
kommen“364. Der Kodex, der ebenso wenig wie der DGK und die Arbeitshilfe 182 Spezialregelungen enthält, sondern diese über den Einrichtungsbegriff nur allgemein mit erfasst, sieht das Vorhandensein effektiver Governance-Strukturen als 361 362 363
364
Vgl. Anlage 2 und 3 der Arbeitshilfe 182 (2007). Vgl. Arbeitshilfe 182 (2007), S. 6. Auch das Deutsche Rote Kreuz hat in seinem Vorschlag zur Strategie 2010plus Hinweise zur bundesweiten strategischen Steuerung der Aufgabenfelder des DRK mit Corporate-Governance-Bezug aufgenommen wie beispielsweise zur personellen Trennung von Aufsicht und Exekutive. Vgl. Deutsches Rotes Kreuz (2006); Solidaris (2007), S. 32 f. Vgl. AWO Unternehmenskodex (2008), S. 94.
Anwendbarkeit der Corporate-Governance-Mechanismen im Krankenhaussektor
Grundvoraussetzung,
um
dem
stetig
steigenden
125
Professionalisierungsdruck
standhalten zu können: „wer in dem sich unvermindert verschärften Markt sozialer Dienstleistungen bestehen, Chancen nutzen und Risiken vermeiden will, muss strukturell, personell und finanziell optimal aufgestellt sein“
365
. Auch verschaffe „die
Einführung und Umsetzung des AWO Unternehmenskodex … den Betrieben und Unternehmen der AWO – und damit dem gesamten Verband – strategische Wettbewerbsvorteile auf dem Markt sozialer Dienstleistungen und gegenüber anderen Dienstleistungsbetrieben“ und stelle damit eine „wesentliche Grundlage für die Zukunftsfähigkeit des Gesamtverbandes dar“
366
. Gleichzeitig soll der Kodex
durch seine verbindliche Anwendung das Vertrauen seitens der Öffentlichkeit stärken und nicht zuletzt die Identifikation und Motivation der Mitarbeiter fördern. Als wichtigste Kriterien zur Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit für ihre Unternehmen und Einrichtungen stellt die AWO folgende Punkte heraus: x
„klare Organisationsstrukturen in den Unternehmen und Betrieben
x
eindeutige Abgrenzungen von Zuständig- und Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Funktionen der Gremien und Organe
x
geregelte und verbindliche Kommunikationsstrukturen und -wege zwischen den Gremien und Organen sowie Berichtspflichten gegenüber den Aufsichtsgremien
x
aussagekräftige
Frühwarnsysteme
zur
Erkennung
und
Minimierung
367.
wirtschaftlicher Risiken“
Zur Verwirklichung der genannten Kriterien und als die zentrale und grundlegende Voraussetzung für eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung benennt der AWO-Unternehmenskodex das Vorhandensein eines dualen Führungssystems, d.h. die Trennung der Funktionen von Aufsicht und Führung. Darüber hinaus konkretisiert die AWO in ihren Grundsätzen für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung und -kontrolle in Anlehnung an den DCGK die Aufgaben und
365 366 367
Vgl. AWO Unternehmenskodex (2008), S. 194. Vgl. AWO Unternehmenskodex (2008), S. 195. Vgl. AWO Unternehmenskodex (2008), S. 194.
126
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Verantwortlichkeiten von Geschäftsführung und Aufsichtsgremium sowie die Zusammenarbeit mit dem Spitzenverband und dem Abschlussprüfer. Public Corporate Governance Kodex (PCGK) Auf eine Darstellung des für öffentliche Unternehmen – und damit auch Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft – geltenden Public Corporate Governance Kodex (PCGK) soll an dieser Stelle verzichtet und stattdessen auf das Kapitel 2.5.3 verwiesen werden. Fazit: Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Corporate Governance von Krankenhäusern durch zum Teil gesetzliche, aber auch zum Teil verbandlich oder kirchlich initiierte Richtlinien in Form von Kodizes bestimmt wird, auch wenn dies noch nicht durchgehend in dem Maße geschieht, wie es bei kapitalmarktorientierten Unternehmen der Fall ist. In Bezug auf gesetzliche Regelungen und Kodizes stellen sich für Krankenhäuser in Zusammenhang mit diesem externen CorporateGovernance-Mechanismus folgende Fragen: x
Von welchen gesetzlichen Regelungen mit Corporate-Governance-Bezug ist das Krankenhaus betroffen?
x
Welche Kodizes sind für das Krankenhaus anwendbar?
x
Werden die gesetzlichen Regelungen und Kodizes in der Praxis eingehalten?
Konsequenzen für die Hospital Governance
127
3.5 Konsequenzen für die Hospital Governance Die Corporate Governance stellt bei Krankenhäusern aufgrund des sich wandelnden Umfelds einen sehr komplexen Prozess, gleichzeitig aber ein sehr wichtiges Phänomen in der Entwicklung des Krankenhaussektors dar. Damit sich Krankenhäuser unter den verschärften Markt- und Wettbewerbsbedingungen langfristig am Markt behaupten können, ergeben sich für das Krankenhausmanagement neue Handlungsmöglichkeiten und Anforderungen, denen sie sich im Zuge der fortschreitenden Krankenhausmarktliberalisierung stellen müssen und die ein neues Führungsverständnis sowie eine gut funktionierende Unternehmensüberwachung von Krankenhäusern erforderlich machen. Aus diesem Grunde wird die strategiekonforme
Gestaltung
der
Corporate
Governance
zur
Voraussetzung
einer
langfristigen Sicherung des Fortbestandes eines jeden Krankenhauses. Ziel einer guten Hospital Governance ist es, Risiken frühzeitig zu erkennen, zu managen und zu bewältigen sowie die Einhaltung von Vorgaben, Regelungen und Gesetzen sicherzustellen. Auch soll eine funktionsfähige Hospital Governance dazu beitragen, die Reaktionsfähigkeit auf Umweltveränderungen zu gewährleisten und die Koordinationsfähigkeit der Führungsebenen im Krankenhaus zu unterstützen. Krankenhäuser unterscheiden sich in ihren Corporate-Governance-Strukturen deutlich von erwerbswirtschaftlichen Unternehmen. Einige dort typische GovernanceProbleme kommen bei Krankenhausunternehmen gar nicht oder nur in abgemilderter Form vor, dafür bestehen jedoch spezifisch andere Probleme, d.h. es gibt typische Governance-Stärken und Governance-Schwächen bei Krankenhäusern. Die Analyse der Corporate-Governance-Ansätze und -Mechanismen hat gezeigt, dass bei einer Übertragung aus der Privatwirtschaft den Besonderheiten von Krankenhausunternehmen Rechnung getragen werden muss. Die Untersuchung macht deutlich, dass bei einer Übertragung auf Krankenhäuser manche Mechanismen gar nicht erst zum Tragen kommen bzw. nur eine untergeordnete Rolle spielen (z.B. Kapitalmarkt), andere Mechanismen dagegen in gleichem Maße wie bei rein erwerbswirtschaftlichen Unternehmen auch von Krankenhäusern genutzt werden können (z.B. Aufsichtsgremium). Die beschriebenen Mechanismen zur Steuerung und Kontrolle des Managements kommen im Vergleich zu rein erwerbswirtschaftlichen
128
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Unternehmen in den Governance-Strukturen der Krankenhäuser in deutlich unterschiedlicher Kombination und mit unterschiedlicher Gewichtung vor. Insbesondere bei den externen Corporate-Governance-Mechanismen muss davon ausgegangen werden, dass diese erst mit deutlicher zeitlicher Verzögerung auf dem Krankenhausmarkt ihre Wirkung entfalten, da die Voraussetzung für ihre Funktionsfähigkeit, nämlich die eines rationalen und transparenten Marktes, im Krankenhaussektor insbesondere in der Vergangenheit nur eingeschränkt gegeben war. Wie die Untersuchung der theoretischen Grundsätze der Hospital Governance gezeigt hat, wandeln sich derzeit jedoch gewisse Elemente der Corporate Governance in Krankenhäusern – auch wenn dies nur langsam vonstattengeht. Dies wird vor allem durch externe Katalysatoren vorangetrieben. Die eingangs dieses Kapitels gestellten Fragen, nämlich 1. in welchem Ausmaß und in welchen Teilbereichen Ansätze und Mechanismen der aus der Privatwirtschaft übernommenen Corporate-Governance-Diskussion auf den Krankenhausbereich übertragen werden können bzw. welche Modifikationen ggf. vorzunehmen wären und 2. ob eine Übertragung überhaupt sinnvoll und auch wünschenswert oder vielmehr
die
Erarbeitung
eines
eigenen
Hospital-Governance-Ansatzes
zielführender ist, können nun wie folgt beantwortet werden: Eine reine Übertragung der aus der Privatwirtschaft übernommenen Corporate-Governance-Ansätze und -Mechanismen ist nicht möglich und letztlich aufgrund der dargestellten Krankenhausspezifika wie beispielsweise des mehrdimensionalen Zielsystems auch nicht sinnvoll und wünschenswert. aufgrund
ihrer
Auch
die
Trägerschaft
Heterogenität oder
aufgrund
der
Krankenhäuser,
unterschiedlicher
sei
es
Rechts-
und
Organisationsformen, führt dazu, dass auch innerhalb dieser Gruppe selbst bei einer Übertragung der Ansätze und Mechanismen differenzierte Perspektiven eingenommen werden müssen. So sind im Falle einer privaten börsennotierten Krankenhausgesellschaft andere gesetzliche Vorgaben mit Corporate-Governance-Bezug für diese verpflichtend zu beachten, als dies beispielsweise bei einem freigemein-
Konsequenzen für die Hospital Governance
129
nützigen Krankenhaus in der Rechtsform des Vereins der Fall ist. All diese Faktoren zusammengenommen führen zu dem Schluss, dass die theoretischen Grundlagen der aus der Privatwirtschaft übernommenen Corporate-Governance-Diskussion auch für Krankenhäuser hohe Relevanz haben, jedoch lediglich als Rahmenwerk genutzt werden können und in die jeweilige Perspektive des Krankenhauses zu übersetzen sind.
368
Dies führt in letzter Konsequenz dazu, dass je nach betrachtetem Ansatz
und Mechanismus sowie Krankenhausform selbst in einigen Fällen eine Übertragung unter Beachtung des krankenhausspezifischen Settings vorgenommen werden kann, in anderen Fällen die Erarbeitung eines eigenen Hospital-Governance-Ansatzes zielführender ist. Dennoch sind die Fragestellungen, die in beiden Fällen aufgeworfen werden, ziemlich allgemeingültig: Es geht um die Etablierung eines Systems von „Check and Balances“ innerhalb der bestehenden Governance-Struktur.369 Check and Balances sind die Kontrollen, durch die unterschiedliche Governance-Einheiten die
Macht
jeder
Einheit
limitieren,
um
auf
die
Ziele
der
Organisation
hinzuschwenken. Zur Ausgestaltung dieses Systems kann auf die in Kapitel 2.6 noch krankenhausunspezifisch dargestellten Überlegungen zurückgegriffen werden. Hier wurde aufgeführt, dass nicht nur die Funktionsweise, Zusammenarbeit und Verhaltensregeln, die das Zusammenspiel im inneren Kreislauf des Unternehmens zwischen Leitungs-, Aufsichts- und Revisionsorganen regeln, in Frage stehen (inneres Dreieck). Vielmehr geht es auch um das Außenverhältnis, wobei im Krankenhausbereich wegen der dargestellten Besonderheiten die Beziehungen zu den Stakeholdern von besonderer Bedeutung sind:
368 369
Vgl. Eeckloo et al. (2004), S. 1. Vgl. Eeckloo et al. (2004), S. 4.
130
Hospital Governance (Theoretische Grundlagen)
Außenverhältnis Krankenhaus VR
Innenverhältnis
Krankenhausleitung Krankenhausträger
Revision Krankenhausstakeholder
Abb. 14: Die Kräftefelder der Hospital Governance (Quelle: eigene Darstellung)
Insgesamt kommt damit der Steuerung, Überwachung und Kontrolle gerade aufgrund der vielschichtigen Interessenslagen bei Krankenhäusern eine herausragende und elementare Rolle zur Minimierung der Agency-Kosten zu. Die Krankenhausträger bzw. in letzter Konsequenz die Leitungsgremien sind dazu aufgerufen, die strategischen Linien für die Krankenhausführung vorzugeben, die Performance der Krankenhausführung zu monitoren und zu evaluieren sowie gleichzeitig die Sicherstellung der trägerspezifischen Werte und Ziele des Krankenhauses zu gewährleisten. Die Erfüllung dieser Aufgaben stellt sich aufgrund der zum Teil diametral entgegengesetzten Interessenslagen und der zum Teil verminderten Anreizstrukturen zur Kontrolle und Überwachung des Managements in Krankenhäusern als noch größere Herausforderung heraus, als dies schon bei rein erwerbswirtschaftlichen Unternehmen der Fall ist. Zur erfolgreichen Bewältigung dieser anspruchsvollen Aufgabe kommt es darauf an, das geforderte System der Check and Balances auf der Grundlage des skizzierten doppelten Dreieckes zu operationalisieren. Hierzu bedarf es des gezielten und wirksamen Einsatzes der Corporate-Governance-Mechanismen in der speziell auf die Krankenhaussituation angepassten Form. 370
370
Die hierzu unter 3.4 erarbeiteten Fragen sind in der Anlage 2 der Arbeit zusammengefasst.
4 Hospital Governance (Empirischer Teil)
Im vorangegangenen Kapitel wurden die Möglichkeiten und Grenzen einer Übertragung der Corporate-Governance-Grundsätze – Ansätze und Mechanismen – auf den Krankenhaussektor aufgezeigt. Nunmehr sollen diese auf theoretischer Basis gewonnenen Erkenntnisse mit empirischen Untersuchungsergebnissen abgeglichen werden. Im Mittelpunkt steht dabei eine eigene im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte empirische Studie zur Hospital Governance in Deutschland (4.2). Vorab wird in einem Überblick der Status quo der (empirischen) Hospital-GovernanceForschung im internationalen und deutschsprachigen Raum dargestellt (4.1).
4.1 Status quo der Hospital-Governance-Forschung Die Hospital-Governance-Forschung ist im Vergleich zur Corporate Governance ein sehr junger Forschungszweig, dessen Entwicklung erst in den letzten fünfzehn bis zwanzig Jahren begonnen hat. Die seither vor allem im angloamerikanischen Raum betriebene Hospital-Governance-Forschung lässt sich dadurch charakterisieren, dass die Theoriebildung noch einen sehr geringen Ausprägungsgrad besitzt.
371
Sie
stellt sich deshalb weniger als homogenes Forschungsgebiet dar, sondern eher als Nebeneinander divergierender und partikulärer Konzepte aus verschiedenen Disziplinen.
372
Nachfolgend wird ein Überblick über den Status quo der Forschung
auf dem Gebiet der Hospital Governance gegeben und eine Klassifizierung entwickelt, die eine übersichtliche Gruppierung und Darstellung der Konzepte ermöglicht. Aufgrund der Dominanz von Forschungsergebnissen angelsächsischer Provenienz, die empirische Erkenntnisse zur Hospital Governance umfassen, wird als Ausgangspunkt die Sichtung und Aufbereitung der relevanten internationalen Hospital-Governance-Literatur gewählt.
371 372
Vgl. Eldenburg et al. (2001), S. 4; Eeckloo et al. (2004), S. 3; Eeckloo/Delesie/Vleuges (2007), S. 83. Vgl. Pfaffenzeller (2003), S. 92.
S. Ballke, Corporate Governance für Krankenhäuser, DOI 10.1007/978-3-8349-6674-2_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
132
4.1.1
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Forschungsarbeiten aus dem internationalen Raum
Folgende empirische Untersuchungen aus dem internationalen Raum wurden zu näheren Betrachtung ausgewählt: Autor(en)
Jahr
Titel der Studie / Publikation
Alexander/Morlock/Gifford
1988
The Effects of Corporate Restructuring on Hospital
Delbecq/Gil
1988
Policymaking Developing
Strategic
Direction
for
Governing
Boards Boeker/Goodstein
1991
Organizational performance and adaptation: Effects of Environment and Performance Changes in Board Composition
Young/Beekun/Ginn
1992
Governing Board Structure, Business Strategy, and Performance of Acute Care Hospitals: A Contingency Perspective
Judge/Zeithaml
1992
An Empirical Comparison between the Board's Strategic Role in Nonprofit Hospitals and in ForProfit Industrial Firms
Weiner/Alexander
1993
Molinari et al.
1993
Corporate and Philanthropic Models of Hospital Governance: A Taxonomic Evaluation Hospital
Board
Effectiveness:
Relationships
between Governing Board Composition and Hospital Financial Viability Alexander/Weiner
1998
Eldenburg et al.
2001
Eldenburg/Krishnan
2003
Eeckloo et al.
2004
The Adaption of the Corporate Governance Model by Nonprofit Organizations Hospital Governance, Performance Objectives, and Organizational Form Public vs. privat governance: a study of incentives and operational performance From Corporate Governance to Hospital Governance. Authority, transparency and accountability to Belgian non-profit hospital board and management
Kane/Clark/Rivenson
2009
The internal processes and behavioral dynamics of hospital boards: An exploration of differences between high – and low-performing hospitals
Culcia/Prezio
2009
Hospital Board Infrastructure and Functions: The Role of Governance in Financial Performance
Tab. 2: Ausgewählte empirische Studien zur Hospital Governance (Quelle: eigene Darstellung)
Status quo der Hospital-Governance-Forschung
133
Die dargestellten Studien bieten einen Auszug aus empirischen internationalen Untersuchungen zur Hospital Governance. Auch wenn dieser nicht den Anspruch erhebt, die derzeitige wissenschaftliche Diskussion vollständig wiederzugeben, zeigt er doch einen repräsentativen Ausschnitt. Der Einfachheit halber wird bei der Darstellung der internationalen Forschungsansätze der englische Begriff „Board“ für Aufsichtsgremium benutzt. Auch die international übliche Unterscheidung in Nonprofit- und Profit-Krankenhäuser wird zur Darstellung der Forschungsergebnisse übernommen.
4.1.1.1
Corporate Governance vs. Hospital Governance
In ihrer ersten Phase war die empirische Hospital-Governance-Forschung vor allem durch die Untersuchung der Frage gekennzeichnet, ob durch die umfassenden Veränderungen im Krankenhausumfeld eine Neustrukturierung der HospitalGovernance-Strukturen hin zu der Übernahme einer Corporate Governance bzw. eines Corporate Style of Governance des Profit-Bereichs sinnvoll ist und unter welchen Umständen Krankenhäuser erwerbswirtschaftliche Corporate-GovernanceAnsätze adaptieren (sollten). Bereits Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre haben Alexander und Weiner hinterfragt, ob die traditionellen Hospital-Governance-Strukturen den künftigen Herausforderungen in einem zunehmend durch Wettbewerb geprägten Krankenhausmarkt noch gerecht werden.
373
Grundlage ihrer Untersuchungen stellte eine
Befragung von 1.577 Nonprofit-Krankenhäusern im Jahr 1985 dar, auf deren Ergebnissen basierend die Autoren in den Folgejahren eine breit angelegte 374
Longitudinalstudie durchführten (1985-1989).
Alexander und Weiner bedienten
sich bei ihrer Untersuchung zweier idealtypischer theoretischer Governance-Modelle, welche sie anhand der nachfolgenden acht Schlüsselfaktoren charakterisieren:
373 374
Vgl. Alexander/Morlock/Gifford (1988). Vgl. Weiner/Alexander (1993); Alexander/Weiner (1998).
134
Hospital Governance (Empirischer Teil) Governing Board Types PHILANTHROPIC
CORPORATE
Large Board Size
Small Board Size
Wide Range of Perspectives/ Backgrounds
Narrow, More Focused Perspectives/ Backgrounds
Small Number of Inside Directors
Large Number of Inside Directors
Little Management Participation on Board
Active Management Participation on Board
No Formal Management Accountability to
Direct Management Accountability to Board
Board No Limit to Consecutive Terms for
Limit to Consecutive Terms for
Board Members
Board Members
No Compensation for Board Service
Compensation Provided for Board Service
Emphasis on Asset Preservation
Emphasis on Strategic Activity
Abb. 15: Philanthropisches versus Corporate-Governance-Modell (Quelle: Alexander, J. A.; Morlock, L. L.; Gifford, B.D. (1988), S. 317)
Das Philanthropische Governance-Modell streicht nach Alexander und Weiner die historischen Werte von Nonprofit-Organisationen, wie Freiwilligkeit und Unabhängigkeit bei der Erbringung von Leistungen, Menschenfreundlichkeit und Gemeinschaftsbewusstsein, hervor. Dies begründen die Autoren beispielsweise durch die unbezahlte und unbefristete Tätigkeit der Boardmitglieder. Der Schwerpunkt liegt bei diesem Modell auf stewardship-orientiertem Management, Gemeindearbeit und Rechtsstaatlichkeit. Im Gegensatz hierzu zeichnet sich das Corporate-Modell, das eher wettbewerbsorientiert agiert, durch die Eigenschaften und Werthaltungen des „strategy development“, „risk taking“ und „competitive positioning“ aus. Die Autoren gehen davon aus, dass die Eigenschaften dieser beiden Modelle einer logischen und funktionellen Interdependenz unterliegen und daher nur bedingt einzeln zu bewerten sind. Alexander und Weiner folgern daraus, dass Hybridmodelle kaum umzusetzen sind und ein Veränderungsprozess systematisch eher in Richtung eines der Idealmodelle erfolgen muss. Im Unterschied zu Meinungen, dass Änderungen in der Organisation meist als Folge mangelnden Erfolgs in der Vergangenheit in Gang gesetzt werden, gehen Alexander und Weiner von der Hypothese aus, dass insbesondere erfolgreiche Krankenhäuser bereit und in der Lage seien, das Corporate Model zu adaptieren.
Status quo der Hospital-Governance-Forschung
Die
empirische
Untersuchung
enthüllt,
135
dass
in
der
Realität
weder
das
Philanthropische noch das Corporate-Governance-Modell in seiner Reinform bei Krankenhäusern vorherrschend ist. Vielmehr offenbaren die Ergebnisse der Studie, dass überwiegend Hybridmodelle existieren und die dargestellten Modelle daher zu Recht als Idealtypen bezeichnet werden können. Die Autoren ziehen hieraus die Schlussfolgerung, dass entweder – entgegen ihrer Ausgangsthese – Hybridmodelle die wohl doch passendste Form der Hospital Governance für Krankenhäuser darstellen oder aber die Ergebnisse der Studie den Schluss zulassen, dass sich Krankenhäuser in einem Transformationsprozess befinden, bei dem ein Wechsel vom Philanthropischen zum Corporate-Modell vollzogen wird. Auch fanden Alexander und Weiner heraus, dass über den Betrachtungszeitraum hinweg die Größe des jeweiligen Boards nahezu unverändert blieb, obwohl sich während des Zeitablaufes ein enormer Wandel des Krankenhausumfeldes vollzogen hat (beispielweise in Bezug auf Finanzierungs- und Organisationsstrukturen). Die Autoren vermuten, dass die Stabilität der Boardstrukturen bei Krankenhäusern darauf hinweist, dass einerseits bestimmte Governance-Strukturen erhalten werden sollen, andererseits sich aber Veränderungsprozesse nur sehr langsam in Krankenhäusern vollziehen. Allerdings gilt es nach Meinung der Autoren zu prüfen, ob die Stabilität der Boardstrukturen zu einer Stagnation und Trägheit der Krankenhäuser führt. Die Haupthypothese, dass eine positive Korrelation der Performance des Krankenhauses mit der Verfolgung des Corporate-Modells der Governance vorhanden ist, konnte im Rahmen der Studie nicht eindeutig bestätigt werden. Jedoch fanden Alexander und Weiner in ihrer Untersuchung Unterstützung für die These, dass die Krankenhäuser mit den gravierendsten ökonomischen Problemen am wenigsten den Umschwung zu Corporate-Modellen vollzogen haben. Aus Sicht der Autoren liegt dies darin begründet, dass für diese Übergangsphase u.a. Zeit, Talent und Geld vorhanden sein müssen. Auch zeigen die Ergebnisse der Studie, dass
tendenziell
eher
größere
Krankenhäuser,
Krankenhäuser
aus
einem
Organisationsverbund und privat geführte Häuser dazu geneigt sind, Elemente des Corporate-Modells zu übernehmen. Alexander und Weiner kommen zu dem Schluss, dass die Adaption von Strukturen und Praktiken des Profit-Sektors keine Pauschallösung für die künftigen Herausforderungen von Krankenhausunternehmen darstellt: „The adaption of structures and practices from the for-profit sector is neither
136
Hospital Governance (Empirischer Teil)
a feasible nor even a desirable solution to problems facing many nonprofit organizations“
375
. Zudem weisen Alexander und Weiner darauf hin, dass das
Corporate-Modell nicht in jedem Fall zu präferieren und als sinnvoll zu erachten ist, beispielsweise dann nicht, wenn es den Organisationsgrundsätzen entgegenläuft. Aufgrund des großen Stichprobenumfangs und der relativ hohen Rücklaufquoten sind die Ergebnisse der Untersuchungen repräsentativ. Der Frage, inwieweit strukturelle Unterschiede der Governance-Strukturen zwischen Krankenhäusern und rein erwerbswirtschaftlichen Unternehmen bestehen, gingen auch Delbecq und Gil in ihrer Untersuchung „Developing Strategic Direction for Governing Boards“ nach.
376
In ihrer qualitativen Studie aus dem Jahr 1988
vergleichen sie anhand von Interviews die Board-Strukturen von Krankenhäusern mit den
Board-Strukturen
hochtechnologisierter
Industrieunternehmen.
Letztere
Unternehmensgruppe wurde als Referenz herangezogen, da nach Auffassung der Forscher die Boardstrukturen und -abläufe von hochtechnologisierten Unternehmen in ähnlicher Weise einer dynamischen, schnelllebigen Umwelt ausgesetzt seien, wie dies bei Krankenhäusern der Fall ist. Delbecq und Gil schlussfolgern daraus, dass auch die Governance der beiden Vergleichsgruppen ähnliche Strukturen aufzeigen müsste. Die Ergebnisse der Studie offenbaren jedoch, dass Krankenhäuser im Vergleich zu hochtechnologisierten Unternehmen einige strukturelle Unterschiede aufweisen. Dies zeige sich beispielsweise in der Größe des Krankenhausboards oder der ehrenamtlichen Tätigkeit der Boardmitglieder. Im Ergebnis kommen die Autoren zu dem Schluss, dass Krankenhäuser, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein und auf dem Krankenhausmarkt bestehen zu können, die GovernanceStrukturen anderer industrieller Unternehmen adaptieren sollten (z.B. Vergütung von externen Boardmitgliedern). Obwohl die Arbeit der beiden Autoren erste wichtige Erkenntnisse bezüglich Krankenhaus-Boards liefert, bleiben doch viele Fragen offen. Auch ist die Untersuchung rein qualitativer Natur. Auch Judge und Zeithamel verglichen in ihrer empirischen Studie Anfang der 90er die Board-Strukturen von Krankenhäusern mit erwerbswirtschaftlichen Unter375 376
Alexander/Weiner (1998), S. 223. Vgl. Delbecq/Gil (1988).
Status quo der Hospital-Governance-Forschung
nehmen.
377
137
Neben der Board-Struktur gingen die Autoren insbesondere der Frage-
stellung nach, ob Unterschiede im Grad der Einbindung des Boards bei strategischen Unternehmensfragen zwischen Krankenhäusern und deren Äquivalent im erwerbswirtschaftlichen Bereich bestehen und – falls dies der Fall ist – ob ein Zusammenhang zwischen der (strategischen) Rolle des Boards und der finanziellen Performance des Krankenhauses abgeleitet werden kann. Anhand von qualitativen Interviews stellten Judge und Zeithamel fest, dass nicht nur große Unterschiede in der Board-Struktur zwischen Krankenhäusern und Profit-Unternehmen bestehen, sondern dass die Boards der untersuchten Krankenhäuser auch wesentlich stärker in strategische Unternehmensfragen involviert sind, als dies bei der Vergleichsgruppe der Fall ist. Die Hypothese, dass der Grad der Einbindung des Boards ebenfalls Auswirkungen auf die Performance des Krankenhauses hat, konnte nur in Teilen bestätigt werden. Zwar konnte eine positive Korrelation zwischen der strategischen Einbindung des Boards und der Performance bei den untersuchten Krankenhäusern festgestellt werden; bei der Untersuchungsgruppe der erwerbswirtschaftlichen Unternehmen konnte jedoch kein Zusammenhang konstatiert werden. Als eine mögliche Erklärung für dieses abweichende Ergebnis führten die Autoren an, dass sich Boardmitglieder in Krankenhäusern stärker mit ihrer Aufgabe persönlich identifizieren und – da keine eigenen (z.B. monetären) Interessen im Vordergrund ständen – Interessenskonflikte vermieden und Agency-Kosten reduziert werden könnten. Im Ergebnis postulieren die Autoren, dass dies zu einer höheren Effizienz und somit Performance bei Krankenhausunternehmen führen könnte. Entgegen der Aussage von Delbecq und Gill, dass Krankenhäuser die GovernanceStrukturen des Profit-Bereichs adaptieren sollten, kommen Judge und Zeithamel zu dem Schluss, dass – falls eine stärkere Einbindung des Boards in strategische Fragestellungen gewünscht ist, wie es auch aus der Performance-These abgeleitet werden kann – eine Adaption von Governance-Strukturen des Profitbereichs für Krankenhäuser eine Fehlentwicklung darstellen und Gefahren nach sich ziehen könnte. Die Autoren gehen in ihrer Aussage sogar so weit, dass sie vorschlagen, dass die Strukturen von Krankenhaus-Boards als Referenzmodell für industrielle Boards herangezogen werden sollten. Obwohl die Studie bemerkenswerte Ergebnisse bringt, kann als Kritik vorgebracht werden, dass die Daten mittels 377
Vgl. Judge/Zeithamel (1992).
138
Hospital Governance (Empirischer Teil)
qualitativer Interviews erhoben wurden und auf ein relativ kleines Sample zurückgegriffen wurde.
4.1.1.2
Nonprofit- vs. Profit-Hospital Governance
Analog zu den bereits dargestellten Forschungsarbeiten und der Frage, ob und in welchem Maße Krankenhäuser in Zukunft Corporate-Governance-Ansätze und Strukturen der „Corporate World“ übernehmen sollten, hat sich die empirische Forschung damit auseinandergesetzt, ob Unterschiede bei der Hospital Governance in Abhängigkeit von der Trägerschaft eines Krankenhauses bestehen. So wird in verschiedenen Studien die Governance-Struktur von Nonprofit- und ProfitKrankenhäusern miteinander verglichen. In einer umfassenden empirischen Untersuchung haben Eldenburg et al. in einer im Jahr 2001 veröffentlichten Studie auf Basis eines Datensets von 486 kalifornischen Krankenhäusern den Einfluss der Trägerschaft von Krankenhäusern auf die Hospital Governance untersucht.
378
Hierfür wurden Daten zwischen 1980 und 1996
ausgewertet. Als theoretisch-wissenschaftliche Fundierung der Studie beschreiben Eldenburg et al. eine Principal-Agent-Beziehung zwischen dem Board und dem Management
(operative
Geschäftsführung).
Die
Boardmitglieder
(Principals)
formulieren Ziele und Aufgaben, für deren Realisierung das Management (Agent) verantwortlich ist. Der Studie liegen drei Haupthypothesen zugrunde: x
Die Autoren gehen davon aus, dass Governance einen messbaren Einfluss auf ein Krankenhaus hat („governance matters“).
x
Es wird angenommen, dass sich die unterschiedlichen Zielfunktionen der Krankenhäuser in unterschiedlichen Ausprägungen der Governance zeigen („governance is matched to objectives“).
x
Als dritte Hypothese wird postuliert, dass sich die verschiedenen Ausprägungen der Governance auch in unterschiedlichen Arten der Erfolgsmessung niederschlagen.
378
Vgl. Eldenburg et al. (2001).
Status quo der Hospital-Governance-Forschung
139
Eldenburg et al. weisen in ihrem statistischen Set signifikante Unterschiede in der Board-Zusammensetzung und der Häufigkeit des Austausches von BoardMitgliedern und Krankenhausmanagement nach (Board Turnover, CEO Turnover). So stellen sie fest, dass die Boards von Nonprofit-Krankenhäusern sich sowohl hinsichtlich ihrer Größe als auch Zusammensetzung wesentlich konstanter und stabiler
über
den
Untersuchungszeitraum
darstellten,
als
dies
bei
Profit-
Krankenhäusern der Fall war. Auch wurden die CEOs von Profit-Krankenhäusern wesentlich häufiger ausgetauscht als in den übrigen Einrichtungen. Weiter zeigen die Autoren auf, dass die untersuchten Variablen mit der Zielfunktion des Trägers korrelieren und der Krankenhausträger somit einen signifikanten Einfluss auf die Governance eines Krankenhauses ausübt. Eldenburg et al. weisen in ihrer Studie nach, dass bei den untersuchten Krankenhäusern – obwohl sie ähnliche Dienstleistungsinhalte abdecken und gleichermaßen über Boards geführt werden – elementare Unterschiede in der Governance-Struktur in Abhängigkeit von der Trägerschaft bestehen. Während sich die kirchlichen Boards durch eine insgesamt große Mitgliederanzahl (durchschnittlich ca. 13 Mitglieder) und einen vergleichsweise hohen Anteil an Inside Directors (z.B. Kirchenvertreter, Laien) auszeichneten, lag im Gegensatz dazu die Größe des Boards der Profit-Krankenhäuser unter zehn Mitgliedern und bestand überwiegend aus Outside Directors (z.B. Krankenhauspraktiker, Ärzte). Eldenburg et al. kommen in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Trägerschaft einen signifikanten Einfluss auf die Art, Ausprägung und Wahrnehmung von Governance-Aufgaben hat, da mit der Trägerschaft verschiedene Organisationsziele (z.B. Kostenkontrolle, hohe Qualität der Leistungen) verbunden sind („governance is matched by objectives“). Aufbauend auf diesen Forschungsergebnissen gehen Eldenburg und Krishnan in einer weiteren Untersuchung aus dem Jahr 2003 der Frage nach, ob sich in Abhängigkeit von der Trägerschaft eines Krankenhauses ebenfalls Unterschiede in der Höhe der Entlohnung des CEOs ausmachen lassen und falls ja, ob dies Auswirkungen auf die Gesamtperformance eines Krankenhauses nach sich zieht. 379 Die Autoren 379
stellen
die
Hypothese
Vgl. Eldenburg/Krishnan (2003).
auf,
dass
Anreizprobleme
bei
Nonprofit-
140
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Krankenhäusern als Folge inadäquater Bezahlung im Vergleich zu ProfitKrankenhäusern herbeigeführt werden, die sich auch in einer geringeren Performance des Krankenhauses insgesamt niederschlagen. Die Studie wurde über einen Zeitraum von 9 Jahren (1989-1998) durchgeführt. Auch wenn die Kausalität der Beziehung zwischen CEO-Vergütung und Unternehmensperformance nicht eindeutig nachgewiesen und auch ein Selection Bias bei den Untersuchungsgruppen nicht ausgeschlossen werden konnte, wurde durch die Studie belegt, dass sowohl die Vergütung des CEO als auch die Betriebsergebnisse in den NonprofitKrankenhäusern im gesamten Zeitraum der Studie deutlich unter den Krankenhäusern der Vergleichsgruppe lagen. Dieses belegt nach Meinung der Autoren, dass sich Profit-Krankenhäuser – im Gegensatz zu Nonprofit-Häusern – auf die veränderten Marktgegebenheiten eingestellt haben und steigende Anforderungen auch an das Management und somit das fachliche Know-how der Führungskräfte stellen, was sich letztlich auch in den Vergütungsstrukturen niederschlägt. Auch konnte ein positiver Zusammenhang zwischen der CEO-Vergütung und den operativen Betriebsergebnissen der Profit-Krankenhäuser festgestellt werden. Allerdings konnte auch an dieser Stelle aufgrund der genannten Faktoren keine definitive Schlussfolgerung im Hinblick auf die Performance eines Krankenhauses gezogen werden. Als Ergebnis der Studie empfehlen die Autoren, dass auch Nonprofit-Krankenhäuser
verstärkt
Anreizstrukturen
und
-instrumente
implementieren sowie einen stärkeren Fokus auf die fachliche Expertise bei der Führungskräfteauswahl legen sollten.
4.1.1.3
Einzelaspekte zur Hospital Governance
Neben der Frage, ob sich Unterschiede in der Governance-Struktur zwischen Krankenhäusern und der „Corporate World“ sowie innerhalb des Krankenhaussektors selbst zwischen Nonprofit- und Profit-Krankenhäuern ausmachen lassen, haben sich einige Forschungsarbeiten mit Einzelaspekten zum Thema Hospital Governance auseinandergesetzt. Ein Beispiel hierfür stellt die Arbeit von Boeker und Goodstein aus dem Jahr 1991 dar, die den Einfluss der Board-Renumeration auf die Krankenhaus-Performance bei
Status quo der Hospital-Governance-Forschung
knapp 300 Krankenhäusern über einen Zeitraum von 7 Jahren untersuchten.
141 380
Die
Autoren stellten fest, dass eher Krankenhäuser mit schlechter Performance geneigt sind, ihre Board-Strukturen zu verändern, als dies bei erfolgreicheren Krankenhäusern der Fall ist. Auch der etwaige Zusammenhang zwischen der Krankenhausstrategie und den strukturellen Eigenschaften des Krankenhausboards wurde in empirischen Untersuchungen aufgegriffen. Insbesondere die Ergebnisse der Untersuchung von Young, Beekun und Ginn aus dem Jahr 1992 stützen die Hypothese, dass eine positive Korrelation zwischen der strategischen Ausrichtung eines Krankenhauses und der Board-Struktur besteht.
381
Auch einen positiven Zusammenhang zwischen
der Gesamtperformance eines Krankenhauses und der Krankenhausstrategie und damit letztlich auch der Boardstruktur selbst konnten die Autoren in ihrer Untersuchung feststellen. Je besser die gewählte Strategie mit den Board-Strukturen in Einklang stand, desto besser stellt sich auch die finanzielle Performance der Krankenhäuser dar. Molinari et al. werfen in ihrer im Jahr 1993 erschienenen Arbeit „Hospital Board Effectiveness: Relationships between Governing Board Composition and Hospital Financial Viability“ die Frage auf, ob eine spezielle Zusammensetzung des Boards dazu führt, dass die finanzielle Viabilität eines Krankenhauses gefördert oder beeinträchtigt wird.382 Insbesondere der Einfluss interner Boardmitglieder steht im Vordergrund dieser Untersuchung. Die Studie zeigt auf, dass signifikante Zusammenhänge zwischen dem Vorhandensein interner Boardmitglieder (z.B. CEO, Ärzte) und der Wettbewerbsfähigkeit eines Krankenhauses bestehen. Dies führen die Autoren darauf zurück, dass nur „Insider“ des Krankenhauses in der Lage seien, das Krankenhausboard adäquat mit relevanten Informationen zu versorgen. Auch Kane, Clark und Rivenson fanden in ihrer komparativen Studie aus dem Jahr 2009 Unterstützung und wichtige Anhaltspunkte für die These, dass sich Unter-
380 381 382
Vgl. Boeker/Goodstein (1991). Vgl. Young/Beekun/Ginn (1992). Vgl. Molinari et al. (1993).
142
Hospital Governance (Empirischer Teil)
schiede in der Board-Struktur zwischen Krankenhäusern mit guter oder schlechter Performance ausmachen lassen (z.B. beruflicher Hintergrund und zeitliche Bindung der Boardmitglieder, Beziehung zwischen Board und CEO).
383
Neben der Untersuchung von Einzelaspekten der Hospital Governance fassen andere empirische Untersuchungen verschiedene Einzelaspekte der Hospital Governance zusammen und untersuchen ihre Wechselwirkungen. Culzia und Prezio haben in einer aktuellen Studie aus dem Jahr 2009 erforscht, inwieweit die finanzielle Performance eines Krankenhauses von Faktoren wie beispielsweise der Vergütung oder Expertise der Board-Mitglieder oder aber auch der regelmäßigen Durchführung von Benchmarks oder Markt- und Wettbewerbsanalysen abhängig ist.
384
Während die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine erhöhte (finanz-
wirtschaftliche) Expertise der Board-Mitglieder zu keiner verbesserten Performance des Krankenhauses führt, konnten positive Wechselwirkungen zwischen der finanziellen Performance und der Vergütung der Boardmitglieder sowie der regelmäßigen Durchführung von Benchmarks sowie Markt- und Wettbewerbsanalysen nachgewiesen werden.
4.1.1.4
Länderspezifische Untersuchungen zur Hospital Governance
Neben den bereits erwähnten Forschungsarbeiten wurden in den vergangenen Jahren vermehrt Studien veröffentlicht, welche die jeweiligen länderspezifischen Gegebenheiten der Hospital Governance in den Vordergrund der Betrachtung stellen.
385
Besonders erwähnenswert ist an dieser Stelle die Untersuchung von Eeckloo, Herck, van Hulle und Vleug aus dem Jahr 2004.386 Anhand einer repräsentativen Befragung der flämischen Krankenhäuser untersuchten die Autoren über einen Zeitraum von drei Jahren das belgische Hospital-Governance-System. Bereits im Vorfeld der Befragung hatte eine multidisziplinäre Forschungsgruppe der Universität Leuven 383 384 385 386
Vgl. Kane/Clark/Rivenson (2009). Vgl. Culzia/Prezio (2009). Für weitere länderbezogene Untersuchungen vgl. Murphy (2006); Eid (2001); Quigley/Scott (2004). Vgl. Eeckloo et al. (2004).
Status quo der Hospital-Governance-Forschung
143
die Initiative übernommen, ein Governance-Modell für belgische Krankenhäuser zu entwickeln. Dieses hatte als Ergebnis die Erarbeitung von „Prinzipien guter Governance“, die in den Jahren 2000 bis 2002 auf nationalen und internationalen Healthcare-Foren diskutiert wurden. Als wesentliche Prinzipien guter Governance wurden drei Ziele identifiziert, die nach Auffassung der Forschungsgruppe künftig entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung der Hospital Governance sein werden: x
die Verbesserung der gesellschaftlichen Einbettung in die verschiedenen Krankenhausaktivitäten,
x
die Aufnahme der Ärzteinteressen in die Hospital Governance sowie
x
die Übereinstimmung von Verantwortlichkeit und Entscheidungsmacht auf allen Ebenen der Governance.
387
Aufbauend auf den theoretischen Ergebnissen der Forschungsgruppe haben Eeckloo et al. in ihrer empirischen Studie den Status quo der Hospital Governance in Belgien deskriptiv erforscht. Ihre Fragen waren eher allgemeiner Natur im Hinblick auf verschiedene Charakteristika der Krankenhäuser (z.B. Trägerschaft), der derzeitigen Struktur und Organisation der Governance-Einheiten, der Aufteilung der Kompetenzen
zwischen
diesen
Organen
sowie
der
Beziehung
zwischen
Management und ärztlicher Berufsgruppe. Die Ergebnisse der Befragung zeichnen in vielen Bereichen ein unklares Bild bezüglich der Kompetenzverteilung zwischen Board und Management des Krankenhauses. Auf der einen Seite haben die Mitglieder des Boards eine eher koordinierende Funktion im Sinne einer Supervision. Auf der anderen Seite findet ein signifikanter Anteil der Tätigkeiten des Boards auf dem operativen Level statt. Nach Meinung der Autoren würde eine klarere Abgrenzung der Governance-Strukturen zu einem transparenteren und effektiveren Entscheidungsprozess
führen.
Konsequenterweise
müssten
dann
operative
Entscheidungen vom Management, d.h. der Geschäftsführung, übernommen werden, während sich das Board auf die Kontrolle und Aufsicht des Krankenhauses und seiner Geschäftsführung konzentriert. Als professionelles Aufsichtsorgan agiert
387
Vgl. Eeckloo et al. (2004), S. 5; v. Hulle et al. (2000).
144
Hospital Governance (Empirischer Teil)
in dem Fall das Board als Puffer zwischen den sektionalen Interessen der Stakeholder und den allgemeinen Zielen des Krankenhauses. Auf eine Darstellung weiterer länderbezogener Untersuchungen zur Hospital Governance soll an dieser Stelle verzichtet werden,
388
da wegen der spezifischen
Merkmale des jeweiligen nationalen Gesundheitssektors viele dieser Resultate schwierig auf den Gesundheitsbereich anderer Länder umzulegen sind. Über die Untersuchung länderspezifischer Besonderheiten hinaus haben in jüngster Zeit Forschungsgruppen erste Ansätze gezeigt, auch die Hospital-GovernanceSysteme verschiedener Länder im Vergleich zueinander empirisch zu erforschen. Jedoch sind in diesem Bereich die Forschungsergebnisse noch sehr rar.389
4.1.2
Forschungsarbeiten aus dem deutschsprachigen Raum
Während international in den vergangenen Jahren bereits eine Reihe von empirischen Untersuchungen veröffentlicht wurde, stehen die Forschungsarbeiten zum Thema Hospital Governance im deutschsprachigen Raum noch am Anfang. Die Zahl der empirischen Studien im Gesundheits- und Krankenhausbereich bleibt limitiert, aber auch die theoretisch-normativen Forschungsansätze sind im deutschsprachigen Raum noch rar. Einen ersten empirischen Ansatz zum Thema Hospital Governance in Deutschland stellt die Untersuchung „Nonprofit Governance in der Freien Wohlfahrtspflege“ von 390
von Schuhen dar.
In der deskriptiv angelegten Studie aus dem Jahr 2002 wird
erstmals die Leitung, Steuerung und Struktur von kirchlichen Krankenhausträgern in ihren Grundzügen in Deutschland erforscht und dargestellt. Die Untersuchung zielt
388 389
390
Für weitere länderbezogene Untersuchungen vgl. Eid (2001); Murphy (2006); Quigley/Scott (2004). Ein Beispiel hierfür stellt die Studie von Ditzel, Strach und Pirozek dar, in der die Autoren einen Vergleich zwischen den neuseeländischen und tschechischen Hospital-Governance-Strukturen ziehen. Vgl. Ditzel/Strach/Pirozek (2006), S. 1 ff. Des Weiteren wird derzeit eine Studie von der European Hospital and Healthcare Foundation (HOPE), der European Association of Hospital Managers (EAHM) und dem Centre of Health Service and Nursing Research der Universität Leuven durchgeführt, in der ein Vergleich zwischen verschiedenen europäischen Hospital-Governance-Systeme gezogen wird. Vgl. Eeckloo/Delesie/Vleuges (2007), S. 83. Vgl. v. Schuhen (2002).
Status quo der Hospital-Governance-Forschung
145
primär darauf ab, derzeitige Problemfelder bei den Führungsstrukturen aufzuzeigen, wie beispielsweise das Nichtvorhandensein von Board-Development-Programmen. Grundlage der Untersuchung stellte die Befragung von 144 Trägerorganisationen in der Freien Wohlfahrtspflege dar. Da die Befragung ausschließlich kirchliche Krankenhausträger einbezieht, bleiben wesentliche Forschungsfelder der Hospital Governance in Deutschland jedoch außen vor. Ebenfalls beschränkt auf Nonprofit-Krankenhäuser ist die Untersuchung von Klink aus dem Jahr 2007, in der Ansätze zur Entwicklung eines eigenen GovernanceModells für Nonprofit-Krankenhäuser in Deutschland erarbeitet werden.
391
Hierzu hat
die Autorin verschiedene Faktoren (z.B. Trägerschaft, Rechtsform, Entscheidungsprozesse) im Hinblick auf ihren Einfluss auf die Governance von NonprofitKrankenhäusern untersucht. Neben den Wirkungsbetrachtungen der Einflussfaktoren
auf
die
Governance
werden
Board-Development-Programme
zur
Verbesserung der Qualifikation des Managements von Nonprofit-Krankenhäusern erörtert. Allerdings wurden die vorgestellten Empfehlungen ohne jeglichen empirischen Beleg erarbeitet. Einen bedeutenden – wenn auch rein normativ-theoretischen – Beitrag zum Thema Hospital Governance im deutschsprachigen Raum liefert Hilb.392 Mit seiner im Jahr 2008 veröffentlichten Schrift „Hospital Governance – Wirksame Führung und Aufsicht von Gesundheitsorganisationen“ stellt Hilb erstmals ein umfassendes Führungs- und Evaluationskonzept für Gesundheitsorganisationen im deutschsprachigen Raum vor. Nach Auffassung von Hilb zeichnet sich die Hospital Governance durch folgende Problemfelder aus: x
Ungenügende Ausrichtung der Corporate Governance auf die Besonderheiten der Krankenhäuser im Allgemeinen und der Rechtsform im Besonderen
x
Ungenügende
strategische
Ausrichtung
der
Aufsichtsgremium-Arbeit
(fehlende Involvierung des Aufsichtsgremiums bei der Leitbildentwicklung)
391 392
Vgl. Klink (2007). Vgl. Hilb (2008).
146
x
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Ungenügende Aufgaben- und Rollenabgrenzung zwischen Aufsichtsgremium des
Krankenhauses
und
Krankenhausleitung, d.h. zwischen Hospital
Governance und Hospital Management x
Verbesserungswürdige Professionalität in der Auswahl, Zusammensetzung und Beurteilung, Honorierung und Förderung des Aufsichtsgremiums und der Krankenhausleitung
x
Ungenügende Information zur fundierten Entscheidungsfindung im Aufsichtsgremium des Krankenhauses
x
Mangelhafte Erfolgsevaluation der Aufsichtsgremium-Tätigkeit
Wie an den oben aufgeführten Punkten zu erkennen ist, stellt Hilb das Aufsichtsgremium bzw. dessen Tätigkeiten, die Personalauswahl und die Erfolgsevaluation der
Aufsichtsgremium-Tätigkeit
in
den
Vordergrund
der
Betrachtung.
Als
theoretisches Fundament setzt Hilb einen aus der Privatwirtschaft entwickelten „New (Hospital) Governance“-Ansatz ein, der sich im Sinne eines integrierten Ansatzes
393
durch die Verknüpfung verschiedener theoretischer Corporate-Governance-Ansätze zum Ziel setzt, alle relevanten Stakeholdergruppen in die Betrachtung mit einzubeziehen. Das „New Hospital Governance“-Modell basiert dabei auf folgenden vier Dimensionen: x
Die situative Dimension, die auf der Situationstheorie 394 aufbaut und besagt, dass unternehmensspezifisch sowohl interne als auch externe Kontextfaktoren zu berücksichtigen sind, wie beispielsweise Eigentums- und Machtverhältnis sowie die Größe und Komplexität des Krankenhauses („Keep it situational“).
x
Die strategische Dimension der Corporate Governance, die im Wesentlichen auf der Stewardship-Theorie basiert („Keep it strategic“). Im Vordergrund dieser Dimension steht die gezielte Zusammensetzung des Board-Teams als Basis für eine konstruktiv-kritische Board-Vertrauens-Kultur.
393 394
Vgl. Kapitel 2.2.5 und 3.3.5. Vgl. Fiedler (1967).
Status quo der Hospital-Governance-Forschung
x
147
Die integrierte Board-Management-Dimension als dritter Baustein fokussiert die gezielte Selektion, Beurteilung, Honorierung und Entwicklung von Mitgliedern des Aufsichtsgremiums und Leitungsteams des Krankenhauses und umfasst die ressourcenorientierte Dimension der Corporate Governance mit der Resource-Dependency-Theorie als Grundlage („Keep it integrated“).
x
Abschließend zeigt der vierte Teil die evaluative Dimension der Corporate Governance auf und nimmt Bezug auf die Agency-Theorie und die Stakeholder-Theorie („Keep it controlled“).
Hilb betont – analog zu vielen anderen Autoren –, dass ein „one size fits all“-BoardAnsatz nicht existiere. Ziel sei es vielmehr, dass Spitäler im Bereich der Führung, Medizin, Pflege, des Hotelmanagements, des Human Resource Managements und Controllings innovativer werden als die Spital-Mitbewerber und so zum „Master of Change“ und nicht zu „Opfern des ständigen Wandels“ gehörten.“
395
Da sich das
erarbeitete Modell zur Hospital Governance in erster Linie an Praktiker richtet und für diese Empfehlungen ausspricht, sind die Untersuchungen von Hilb als eher „praxiserprobt“ denn empirisch hinterlegt einzustufen. Dies muss nach der Meinung des Autors auch nicht zwingend der Fall sein. Hilb verweist hier auf ein Zitat von Daily und Canella: „Corporate governance researchers have a unique opportunity to directly influence corporate governance practices through the careful integration of theory and empirical study. It has not always been clear, however, whether practice follows theory, or vice versa“396.
395 396
Vgl. Hilb (2008), S. 150. Daily/Canella (2003), S. 371.
148
Hospital Governance (Empirischer Teil)
4.2 Empirische Untersuchung Im vorangegangenen Abschnitt wurden die Ergebnisse und Einschränkungen der empirischen Forschung im Bereich der Hospital Governance aufgezeigt. Während die internationalen Forschungsarbeiten neben grundsätzlichen Fragestellungen (Corporate vs. Hospital Governance, Nonprofit- vs. Profit-Hospital Governance) bereits verschiedene Einzelaspekte der Governance-Struktur von Krankenhäusern untersuchen und aus diesen Untersuchungen konkrete Hinweise und Empfehlungen für die Governance von Krankenhäusern ableiten, stellt sich die empirische Durchdringung der Thematik „Hospital Governance“ in Deutschland bislang noch als „Black Box“ dar. Zur Reduzierung dieser Forschungslücke möchte diese Arbeit durch eine eigene umfassende Untersuchung zur Hospital Governance einen Beitrag leisten. Einleitend zur empirischen Erhebung werden zunächst die zentralen Forschungsfragen der Untersuchung skizziert (4.2.1) und die grundlegenden methodischen Aspekte erklärt, wobei auf die allgemein möglichen und hier im Konkreten Anwendung findenden Forschungszugänge, -ansätze und -methoden im Detail eingegangen wird (4.2.2). Aufbau und Ablauf der Befragung (4.2.3), Beschreibung der Datenbasis und Stichprobenrepräsentativität (4.2.4) sind in der Folge die Objekte der Darstellung. Den Schwerpunkt dieses Kapitels bilden die Vorstellung und Analyse der Ergebnisse (4.2.5).
Empirische Untersuchung
4.2.1
149
Ableitung und Konkretisierung der Forschungsfragen
Auf der Grundlage der in den vorangegangenen Kapiteln erarbeiteten Kriterien der Hospital Governance will die empirische Untersuchung Antworten auf folgende Fragestellungen finden: x
Wie sind der Stand der Hospital Governance und deren konkrete Anwendung für
den
deutschen
Krankenhaussektor
bislang?
Ausgangspunkt
der
empirischen Untersuchung ist die Ermittlung des Status quo der Hospital Governance. Dabei wird die allgemeine Bedeutung der Hospital Governance zunächst auf aggregierter Ebene für alle erfassten Krankenhäuser dargestellt. Differenzierungen nach bestimmten Faktoren wie z.B. Größenklassen oder Trägerschaftsformen
werden
nur
bei
offensichtlichen
Abweichungen
vorgenommen. x
In welchem Maße und in welchen Bereichen erfüllen die Krankenhäuser diejenigen Voraussetzungen, die an eine gute Hospital Governance zu stellen sind? Hierzu wird auf Grundlage der theoretischen Überlegungen in Kapitel 2 und 3 ein Evaluierungsschema entwickelt, das eine Bewertung der Voraussetzungen für eine gute Hospital Governance zulässt.
x
Können Unterschiede bei den Voraussetzungen für eine gute Hospital Governance innerhalb der heterogenen Gruppe der Krankenhäuser ausgemacht werden? Welche Krankenhäuser werden eher den Anforderungen gerecht, die eine „Good Hospital Governance“ an sie stellt? Ziel ist es, das Vorhandensein von Zusammenhängen sowie deren Stärke und Richtung zwischen den Voraussetzungen für eine gute Hospital Governance und verschiedenen davon unabhängigen Faktoren (Größenklasse, Trägerschaft, Rechtsform, Rechtsformwechsel, Verbundzugehörigkeit) zu analysieren. Im Ergebnis sind die
primären
Einflussfaktoren
zu
identifizieren
und
ggf.
empfehlungen aus den Untersuchungsergebnissen abzuleiten.
Handlungs-
150
4.2.2
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Grundlegende methodische Aspekte
Nachfolgend werden der Untersuchungsgegenstand konkretisiert sowie der gewählte Untersuchungsansatz und die eingesetzten Analyseverfahren skizziert.
4.2.2.1
Untersuchungsobjekte
Um über kontextspezifische Gegebenheiten hinaus Aussagen für den gesamten Krankenhaussektor gewinnen zu können, sollen die untersuchungsleitenden Fragenkomplexe für das gesamte Krankenhauswesen in Deutschland empirisch untersucht werden. Dementsprechend wurden alle Krankenhaustypen in die Untersuchung einbezogen, d.h. es wurde keine Beschränkung nach größenbezogenen, träger-, versorgungs- oder fachspezifischen Krankenhäusern oder Krankenhäusern bestimmter Rechtsformen vorgenommen.
4.2.2.2
Quantitativer Untersuchungsansatz
Entsprechend diesem auf Allgemeingültigkeit abzielenden Ansatz wird in der vorliegenden Untersuchung ein quantitativer Forschungsansatz gewählt. Dieser ermöglicht es, die zu untersuchenden Fragenkomplexe anhand quantifizierter Größen zu operationalisieren und aussagekräftige statistische Methoden anzuwenden, die metrisch skalierte Daten erfordern. Der quantitative Ansatz erlaubt zudem, die notwendige Datenbasis mit Hilfe von Fragebögen als Instrument der primär-statistischen Datenbeschaffung sehr breit zu erfassen, was dem qualitativen Forschungsansatz nur unter vergleichsweise hohem Aufwand möglich ist. Das Ziel, möglichst allgemeingültige Aussagen generieren zu können, wird somit über den quantitativen Forschungsansatz und die durch ihn gewinnbare breitere Datengrundlage deutlich besser erreicht, als dies bei vertretbarem forschungsökonomischem Aufwand durch eine qualitative Erhebung denkbar ist. In der folgenden Tabelle sind die Unterschiede zwischen quantitativen und qualitativen Ansätzen der Sozialforschung gegenübergestellt:
Empirische Untersuchung Quantitative Sozialforschung
151 Qualitative Sozialforschung
Erklären
Verstehen
Nomothetisch
Idiographisch
Theorienprüfend
Theorienentwickelnd
Deduktiv
Induktiv
Objektiv
Subjektiv
Ätiologisch
Interpretativ
Ahistorisch
Historisierend
Geschlossen
Offen
Prädeterminanten des Forschers
Relevanzsysteme der Betroffenen
Distanz
Identifikation
Statisch
Dynamisch-prozessual
Starres Vorgehen
Flexibles Vorgehen
Partikularistisch
Holistisch
Zufallsstichprobe
Theoretical sampling
Datenferne
Datennähe
Unterschiede
Gemeinsamkeiten
Reduktive Datenanalyse
Explikative Datenanalyse
Hohes Messniveau
Niedriges Messniveau
Tab. 3: Unterschiede zwischen quantitativen und qualitativen Ansätzen Quelle: Atteslander (2000), S. 224.
4.2.2.3
Analyseverfahren
Zur Messung der zu erforschenden Zusammenhänge kommen in der vorliegenden Arbeit folgende statistischen Verfahrensmodelle zum Einsatz: Deskriptiver Ansatz Um einen ersten Einblick in das „Innenleben“ der Hospital Governance im deutschen Krankenhaussektor zu erhalten, wird zunächst die Stichprobe anhand deskriptiver statistischer Verfahren analysiert. Die deskriptive Statistik, auch beschreibende
152
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Statistik genannt, hat zum einen zum Ziel, umfangreiche Datensätze möglichst prägnant darzustellen und zu ordnen. Zum anderen soll die Komplexität der Datensätze verringert werden, indem diese
durch möglichst wenige, geeignete
grundlegende Kennzahlen ersetzt werden („Datenreduktion“).
397
Somit hilft der
Einsatz dieses klassischen Basisinstrumentes insbesondere, Rohdaten schnell zu sondieren, erste Erkenntnisse zu gewinnen sowie relevante Muster, aber auch einfache Zusammenhänge zu erkennen. Die Auswertung geschieht in der Regel durch die Errechnung von einfachen Parametern in Form von Häufigkeiten (absolut/relativ/innerhalb von Subgruppen), Mittelwerten oder Streuungsmaßen.
398
Dabei beschreibt und analysiert die deskriptive Statistik Merkmalseigenschaften der ausgewählten Stichprobe zum Erhebungszeitpunkt der Daten, so dass Aussagen über genau jene Objekte gemacht werden, welche tatsächlich untersucht wurden. Im Umkehrschluss
bedeutet
dies
aber
auch,
dass
sich
die
Aussagen
der
beschreibenden Statistik immer nur auf die untersuchte Stichprobe beziehen können und weitergehende Verallgemeinerungen auf die Grundgesamtheit unzulässig sind. Der Einsatz deskriptiver Verfahren stellt daher zunächst nur einen ersten Blick „von oben“ auf die Daten dar (Datenbetrachtung) und dient der Entscheidung über den Einsatz weiterer statistischer Verfahren, mit welchen sich die Ergebnisse verfeinern lassen.
399
Explorativer Ansatz Aufbauend auf den Erkenntnissen der deskriptiven Untersuchung sollen in einem nächsten Schritt mittels der explorativen (erkundenden) Statistik die bisher unbekannten Strukturen und Zusammenhänge der untersuchten Daten analysiert werden mit dem Ziel, hierdurch mögliche neue Wirkungszusammenhänge zu erforschen. Diese Verfahrensweise bietet sich bei der vorliegenden Thematik insbesondere an, da nur ein sehr geringes Wissen über die Zusammenhänge der abgefragten Datensätze im deutschen Krankenhaussektor vorliegt.
397 398 399
Vgl. Pflaumer/Heine/Hartung (2009), S. 1. Vgl. Komrey (2006), S. 416 f. Vgl. Plaumer/Heine/Hartung (2009), S. 7.
Empirische Untersuchung
153
Die explorative Statistik – auch als explorative Datenanalyse (EDA) bezeichnet – stellt methodisch eine Zwischenform der deskriptiven und induktiven Statistik dar, da sie
mittels
deskriptiver
Verfahren
und
induktiver
Test-Methoden
versucht,
systematisch mögliche Zusammenhänge (oder Unterschiede) zwischen Daten in vorhandenen Datenbeständen aufzudecken. Gleichzeitig versucht sie, etwaige Zusammenhänge in ihrer Stärke und Ergebnissicherheit zu bewerten.
400
Diese auf
den Stichprobendaten beruhenden Ergebnisse können dann im Rahmen der induktiven Statistik mittels wahrscheinlichkeitstheoretischer Methoden auf ihre Allgemeingültigkeit untersucht werden. Erst nachdem die so gefundenen Ergebnisse durch aufbauende, induktive Testverfahren bestätigt wurden, können diese als statistisch gesichert gelten. Induktiver Ansatz Die induktive Statistik, auch schließende Statistik oder Inferenzstatistik, leitet somit aus den Daten einer Stichprobe Eigenschaften einer Grundgesamtheit ab. Grundlage für die erforderlichen Schätz- und Testverfahren stellt die Wahrscheinlichkeitstheorie dar.
401
Sie gibt der deskriptiven und explorativen Statistik das Werkzeug
an die Hand, mit deren Hilfe diese aufgrund der beobachteten Daten begründete Rückschlüsse auf deren zugrunde liegendes Verhalten ziehen kann. Erst hierdurch ist eine Verallgemeinerung der entsprechenden Werte möglich, wobei zufällige Schwankungen der Stichprobenwerte um die entsprechenden Werte in der Grundgesamtheit berücksichtigt und quantitativ erfasst werden müssen. Die schließende Statistik versucht dann, eine Anpassung dieser Modelle an die erhobenen Daten vorzunehmen (Schätzungen) und die Güte der Anpassungen zu prüfen (Tests). Die mathematische Beschreibung dieser Modelle erfolgt mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsrechnung.
4.2.3 Aufbau und Ablauf der Befragung Zur Generierung der notwendigen Datengrundlage wurde im Herbst 2009 eine deutschlandweite schriftliche Befragung unter allen deutschen Krankenhäusern durchgeführt. Anhand der öffentlich verfügbaren und jährlich aktualisierten Daten400 401
Zur explorativen Datenanalyse vgl. Hoaglin/Mosteller/Tukey (1985); Polasek (1994); Heiler/Michels (1994). Zur induktiven Statistik vgl. Sahner (2005); Witting/Müller-Funk (1985).
154
Hospital Governance (Empirischer Teil)
bank der statistischen Ämter des Bundes und der Länder konnten die Adressen von 2.028 Krankenhäusern in Deutschland ermittelt werden. Ausgehend von der vom Statistischen Bundesamt mit 2.083 angegebenen Anzahl an Krankenhäusern im Jahr 2008 und unter Berücksichtigung von Krankenhausschließungen, die zwischenzeitlich stattgefunden haben, sind somit nahezu alle Krankenhäuser in Deutschland erfasst worden. Nicht zuletzt aufgrund der großen Schwierigkeit, Ansprechpartner aus den Aufsichtsgremien oder Trägerorganisationen aller Krankenhäuser zu identifizieren, richtete sich die schriftliche Befragung per Fragebogen an die Geschäftsführer der Krankenhäuser. Zudem spricht für dieses Vorgehen, dass viele Fragen der Hospital Governance mit Aspekten des Krankenhausmanagements verknüpft sind. Auch die Abfrage der objektiven und subjektiven Einschätzung verschiedener Governancerelevanter Faktoren rechtfertigt dieses Vorgehen, da zu unterstellen ist, dass der Adressatenkreis der Geschäftsführer den bestmöglichen Überblick über die vom Fragebogen erfassten Themenkomplexe besitzt. In der Gesamtabwägung erscheint daher die Befragung der Krankenhausgeschäftsführung als das geeignetste Mittel der Wahl, um den vorliegenden Forschungsfragen überhaupt empirisch nachgehen zu können. Als Untersuchungsinstrumentarium wurde ein Fragebogen entwickelt,
402
der sich in
nachfolgende sechs Fragekomplexe untergliedert: 1. Allgemeine Angaben zum Krankenhaus 2. Fragen zum Aufsichtsgremium des Krankenhauses 3. Fragen zur Geschäftsführung des Krankenhauses 4. Fragen zur internen und externen Revision des Krankenhauses 403 5. Fragen zur Einbeziehungen weiterer Anspruchsgruppen des Krankenhauses (Stakeholderorientierung) 6. Beurteilung und Erfahrungen einzelner Aspekte der Hospital Governance
402 403
Der gesamte Fragebogen kann dem Anhang entnommen werden, vgl. Anlage 3. Die Befragungsergebnisse zur internen und externen Revision werden an dieser Stelle aus Übersichtlichkeitsgründen separat dargestellt.
Empirische Untersuchung
155
Die Fragen zur Hospital Governance bauen auf den im theoretischen Teil dieser Untersuchung erarbeiteten Kriterien der Corporate und Hospital Governance auf (vgl. Kapitel 2 und Kapitel 3). Dabei wurden auch Fragestellungen aus den vorgestellten empirischen Untersuchungen aus dem internationalen Raum herangezogen, die eine Übertragung auf das deutsche Krankenhauswesen zulassen (vgl. Kapitel 4.1.1). Die einzelnen Teilbereiche des Erhebungsinstrumentes werden in den entsprechenden Abschnitten detaillierter behandelt. Zur Erfassung der interessierenden Sachverhalte wurde in der vorliegenden Erhebung überwiegend mit geschlossenen, standardisierten Fragen (sog. MultipleChoice-Fragen) gearbeitet, wobei teilweise dichotome oder multiple Antworten möglich waren.
404
Darüber hinaus zielte der sechste Teil der Befragung auf die
Erfassung der subjektiven Beurteilung und Erfahrung der befragten Kontaktpersonen ab. Hier wurde eine 5-stufige Ordinalskala eingesetzt. Als theoretisches Rahmenwerk für den Aufbau des Fragebogens wurde die TotalDesign-Methode (TDM) von Dillmann herangezogen.
404
405
405
Geschlossene Fragen grenzen den Spielraum dahingehend ein, als dass der Befragte nur zwischen den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten wählen kann. Die Total-Design-Methode von Dillman nutzt als theoretische Fundierung die soziale Austauschtheorie. Nach diesem Ansatz können soziale Beziehungen nach dem Vorbild einer Geschäftsbeziehung modelliert werden: Menschen nehmen (materielle und immaterielle) Kosten (costs) in Kauf, da sie mit einer „Belohnung“ oder einem Nutzen (reward) rechnen. Weil sich der Einsatz von Ressourcen meist nicht unmittelbar bezahlt macht, ist es erforderlich, dass zwischen den Interaktionspartnern ein gewisses Vertrauensverhältnis (trust) besteht. Das TDM-Konzept überträgt diese komplexe Handlungstheorie auf die Methode der schriftlichen Befragung. Dillmann stellt insbesondere drei wesentliche Aspekte in den Vordergrund, welche es bei der Anwendung von Fragebögen zu beachten gilt: erstens die Reduktion der wahrgenommenen Kosten für den Befragten (z.B. sollte der Fragebogen leichter und weniger zeitintensiv zum Ausfüllen erscheinen), zweitens die Erhöhung der wahrgenommenen Belohnungen (z.B. sollten interessante Fragen am Anfang der Befragung gestellt werden) und drittens die Erhöhung des Vertrauens (z.B. durch Nutzung von offiziellen Briefbögen). Ergänzt wird dieses von Dillmann ausgearbeitete Konzept durch detaillierte Beschreibungen beispielsweise zum Ablauf von Nachfassaktionen, optische Fragebogengestaltung. Vgl. Dillmann (1978); Dillmann (1991). Zur Theorie sozialer Austauschprozesse vgl. Homans (1961); Thibaut/Kelley (1959); Blau (1964).
156
Hospital Governance (Empirischer Teil)
4.2.4 Datenbasis und Stichprobenrepräsentativität Von den insgesamt 2.028 im Herbst 2009 versendeten Fragebogen konnten 16 Adressaten nicht erreicht werden, da die Krankenhäuser zum Zeitpunkt der Befragung bereits nicht mehr betrieben wurden (0,8 %). Von den verbliebenen 2.012 Fragebögen wurden insgesamt 382 Fragebögen zurückgesendet, was einer Rücklaufquote von 19,0 % entspricht. Nach Bereinigung um Datensätze mit fehlenden Informationen fanden 375 Datensätze als effektive Stichprobe in der Untersuchung Berücksichtigung (18,6 %). Die Überprüfung der Stichprobenrepräsentativität wurde mit Hilfe eines Chi-QuadratAnpassungs-Tests durchgeführt. Dieser Test überprüft die Nullhypothese, dass sich die erwarteten und beobachteten Häufigkeiten einer Variablen nicht signifikant voneinander unterscheiden. Die Merkmalsquoten der Grundgesamtheit werden vom Statistischen Bundesamt jährlich veröffentlicht, haben allerdings einen zeitlichen Nachlauf von einem Jahr, so dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Zahlen zur Krankenhausstatistik aus dem Jahr 2008 als Vergleichsmaßstab herangezogen werden mussten. Die ausgewählten Merkmale, anhand derer die Vergleichbarkeit der Stichprobe mit der Grundgesamtheit überprüft werden soll, sind die Größenklasse des Krankenhauses, die Trägerschaft sowie die Rechtsform (Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Rechtsformen). Bei den ausgewählten Merkmalen handelt es sich um die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Daten zur Grundgesamtheit. Ein Vergleich weiterer Merkmale zwischen der Stichprobe und der Grundgesamtheit (wie beispielsweise Krankenhäuser
nach
einem
Rechtsformwechsel,
ihre
Verbundzugehörigkeit
oder
Eigentümerstruktur) kann wegen der für die Grundgesamtheit nicht vorhandenen Daten nicht durchgeführt werden. Nachfolgende Tabelle stellt die erzielten Häufigkeiten und Quoten der Stichprobe im Vergleich mit der Grundgesamtheit dar:
Empirische Untersuchung
157
Effektive Stichprobe (Ist)
Grundgesamtheit (Soll)
Größenklasse < 200 Betten
121 (32,3 %)
1.181 (56,7 %)
200–500 Betten
152 (40,5 %)
660 (31,7 %)
> 500 Betten
102 (27,2 %)
242 (11,6 %)
Öffentlich-rechtlich
139 (37,1 %)
665 (31,9 %)
Freigemeinnützig
171 (45,6 %)
781 (37,5 %)
Privat
65 (17,3 %)
637 (30,6 %)
öffentlich-rechtlich
49 (13,1 %)
281 (13,5 %)
privatrechtlich
326 (86,9 %)
1.802 (86,5 %)
Trägerschaft
Rechtsform
Gesamt
375
2.083
Tab. 4: Vergleich von Häufigkeiten und Quoten der effektiven Stichprobe (Ist) mit der Grundgesamtheit (Soll) im Vergleichsjahr 2008 (Quelle: Statistisches Bundesamt (2008); eigene Darstellung)
Ein Vergleich der Quoten der effektiven Stichprobe (Ist) mit der Grundgesamtheit (Soll) zeigt, dass zum Teil deutliche Abweichungen bei den untersuchten Merkmalen vorhanden sind. Der Vergleich der Größenklassen von Krankenhäusern ergibt, dass mit 40,5 % die mittleren Krankenhäuser (200 bis 500) Betten bzw. mit 27,2 % die großen Krankenhäuser (über 500 Betten) überrepräsentiert sind, während die kleineren Krankenhäuser (0 bis 200 Betten) mit einem geringeren Anteil von 32,3 % im Vergleich zur Grundgesamtheit (56,7 %) vertreten sind. Auch der Vergleich der Trägerschaft ergibt, dass die in der Stichprobe erfassten Krankenhäuser ihrer Trägerstruktur nach von der Grundgesamtheit abweichen. So hat mit 45,6 % ein größerer Anteil von Krankenhäusern in freigemeinnütziger Trägerschaft geantwortet als in der Grundgesamtheit aller deutschen Krankenhäuser vorhanden (37,7 %) und auch der Anteil der Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft ist mit 37,1 % im Vergleich zu 31,9 % in der Grundgesamtheit etwas überrepräsentiert. Demgegenüber sind private Krankenhäuser mit einem geringeren Anteil von 17,3 % als in der Grundgesamtheit (30,6 %) vertreten.
158
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Der Vergleich der Quoten der Stichprobe mit der Grundgesamtheit nach Rechtsformen zeigt weitestgehende Übereinstimmung. So liegt der Anteil der öffentlichrechtlichen und privatrechtlichen Rechtsformen in der Stichprobe bei 13,1 % bzw. 86,9 %, in der Grundgesamtheit bei 13,5 % bzw. 86,5 %. Unter Berücksichtigung dieser Eckdaten muss somit von einer gewissen Verzerrung der Zusammensetzung in der effektiven Stichprobe ausgegangen werden, wie auch die Ergebnisse des Chi-Quadrat-Tests bestätigen: Wert
df
Asymptotische Signifikanz (2-seitig)
Chi-Quadrat nach Pear-
Größenklasse son Anzahl der gültigen Fälle Chi-Quadrat nach Pear-
Trägerschaft
son Anzahl der gültigen Fälle Chi-Quadrat nach Pear-
Rechtsform
son Anzahl der gültigen Fälle
155,02
2
0,000
2
0,000
1
0,791
2.083 38,05 2.083 0,070 2.083
Tab. 5: Ergebnisse des Chi-Quadrat-Tests (Quelle: Eigene Berechnung)
So sind bei den Merkmalen Größenklasse und Trägerschaft die Verteilungsunterschiede höchst signifikant und die Nullhypothese muss verworfen werden, d.h. die Stichprobe weist hier eine eingeschränkte Repräsentativität auf. In Bezug auf das untersuchte Merkmal „Rechtsform“ können die Verteilungen von Effektiv-Stichprobe und Grundgesamtheit als äquivalent und repräsentativ für den deutschen Krankenhausmarkt angesehen werden. Auch wenn wie dargestellt die Stichprobe dem Kriterium der strukturellen Repräsentativität nicht in allen Merkmalen gerecht wird, wurde auf eine Ex-postAnpassung der effektiven Stichprobe an die Grundgesamtheit im Rahmen dieser
Empirische Untersuchung
Arbeit verzichtet.
406
159
Gegen eine Ex-post-Anpassung spricht, dass die für eine Nach-
gewichtung (Redressment) benötigten Voraussetzungen nur bedingt gegeben sind.
407
So ist zwar die Verteilung der Merkmale in der Grundgesamtheit bekannt
(vgl. Tab. 4), jedoch kann der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Merkmalen aufgrund der derzeitig durch das Statistische Bundesamt zur Verfügung gestellten Datenlage nicht eindeutig hergestellt werden.
408
Da in diesem Fall keine
eindeutige mathematische Lösung für die Redressment-Gewichtung existiert, würde eine Ex-post-Anpassung die große Gefahr der Verfälschung in sich bergen. Aus diesem Grund, insbesondere aber auch wegen der hohen Rücklaufquoten erscheint der Verzicht auf eine Ex-post-Anpassung gerechtfertigt. Wie die nachfolgende Tabelle verdeutlicht, liefert allein die zahlenmäßige Repräsentativität bezogen auf die Grundgesamtheit ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis:
406
407
408
Ziel einer Ex-post-Anpassung ist es, die Verteilung bestimmter Merkmale in der Stichprobe den Verteilungen der Grundgesamtheit anzupassen, wenn diese nicht übereinstimmt. Dies geschieht in der Regel durch Gewichtungen, d.h. die zu selten in der Stichprobe vorhandenen Fälle werden auf- und die zu häufig vertretenen Fälle werden heruntergewichtet. In der Umfragepraxis werden dabei verschiedene Gewichtungsprozeduren unterschieden wie beispielsweise die Designgewichtung, bei der Verzerrungen aufgrund des gewählten Stichprobendesigns bewusst zustande kommen, oder der Redressment, bei dem Verzerrungen in der Stichprobe beispielsweise aufgrund von Verweigerungen und Ausfällen zustande kommen. Vgl. Häder (2006), S. 178 ff. Um einen Redressment einsetzen zu können, sind verschiedene Voraussetzungen zu beachten. So müssen zunächst die in der Grundgesamtheit vorliegende Verteilung bei allen relevanten Merkmalen und auch der Zusammenhang zwischen diesen bekannt sein. Auch darf die realisierte Stichprobe nicht zu stark verzerrt sein, da ansonsten infolge der Gewichtung die Bedeutung derjenigen Fälle erhöht wird, die zu selten in der Stichprobe vertreten sind. Zwar mögen Gewichtungen in der Umfragepraxis prinzipiell eine positive Rolle spielen, da sie die Qualität einer Stichprobe verbessern können. Dies gilt jedoch nur unter den zahlreichen hier vorgestellten Voraussetzungen. Redressment-Gewichtungen sind aufgrund dieser Voraussetzungen höchst umstritten. Vgl. Häder (2006), S. 178 ff. So liegt beispielsweise eine Auswertung der Krankenhäuser nach Größenklasse in Abhängigkeit von der Krankenhausträgerschaft nicht vor.
160
Hospital Governance (Empirischer Teil) Effektive Stichprobe (Ist)
Grundgesamtheit (Soll)
Größenklasse < 200 Betten
121 (10,2 %)
1.181
200–500 Betten
152 (23,0%)
660
> 500 Betten
102 (42,1 %)
242
Öffentlich-rechtlich
139 (20,9 %)
665
Freigemeinnützig
171 (21,9 %)
781
Privat
65 (10,2 %)
637
öffentlich-rechtlich
49 (17,4 %)
281
privatrechtlich
326 (18,1 %)
1.802
Trägerschaft
Rechtsform
Gesamt
375 (18,0 %)
2.083
Tab. 6: Rücklaufquoten der effektiven Stichprobe (Ist) im Vergleich zur Grundgesamtheit (Soll) im Vergleichsjahr 2008 (Quelle: Statistisches Bundesamt (2008); eigene Darstellung)
Die Rücklaufquoten liegen bei allen untersuchten Merkmalsausprägungen bei mindestens 10,0 %, zum Teil sogar deutlich darüber, wie der Anteil der an der Studie beteiligten Krankenhäuser in der Größenklasse über 500 Betten mit 42,1 % zeigt. Auch ist zu beachten, dass die zahlenmäßige Repräsentativität noch deutlich höher liegt, wenn man nicht nur auf die Anzahl der an der Studie beteiligten Krankenhäuser abstellt, sondern den Anteil der Krankenhausbetten nach Trägerschaft als Maßstab zugrunde legt:
Empirische Untersuchung
161
Abb. 16: Anteil der Betten in den Krankenhäusern nach Trägerschaft (Quelle: Statistisches Bundesamt (2008))
Die Abb. 16 verdeutlicht, dass der Großteil der Krankenhausbetten in Deutschland mit 84,1 % unter öffentlicher oder freigemeinnütziger Trägerschaft steht. Nur ein geringer Anteil der Krankenhausbetten befindet sich dagegen in privater Trägerschaft (15,9 %), auch wenn, wie dargestellt, die Krankenhäuser in privater Trägerschaft mittlerweile rd. ein Drittel aller Einrichtungen in Deutschland ausmachen (vgl. Tab. 4). Trotz dieser Relativierung bleibt allerdings festzuhalten, dass mögliche Verzerrungen (Bias) durch die mangelnde strukturelle Repräsentativität der Befragung bei der Interpretation und Übertragung der deskriptiven Ergebnisse auf die Grundgesamtheit berücksichtigt werden müssen. Hierauf wird in den entsprechenden Abschnitten detaillierter hingewiesen.
162
Hospital Governance (Empirischer Teil)
4.2.5 Ergebnisse der empirischen Untersuchung Die Darstellung und Analyse der empirischen Untersuchungsergebnisse gliedern sich entsprechend der in Abschnitt 4.2.1 skizzierten Forschungsfragen in folgende Abschnitte: x
Stand der Hospital Governance (4.2.5.1),
x
Grad der Hospital Governance (4.2.5.2) sowie
x
Einflussfaktoren auf den Grad der Hospital Governance (4.2.5.3).
4.2.5.1
Stand der Hospital Governance
Die Auswertung der Befragungsergebnisse anhand deskriptiver statistischer Verfahren erlaubt es, den Status quo der Hospital Governance auf aggregierter Ebene für alle erfassten Krankenhäuser darzustellen. In den Bereichen, bei denen Abweichungen bestehen, erfolgt eine Differenzierung nach bestimmten Merkmalen (z.B. Größenklasse oder Krankenhausträgerschaft). Die Zusammenfassung der Ergebnisse entspricht weitestgehend der Systematik des Fragebogens, der sich seinerseits an den in den vorangegangenen Kapiteln erarbeiteten Kriterien der Corporate bzw. Hospital Governance ausrichtet. Es werden zum einen die Ergebnisse dargestellt, die sich mit der Funktionsweise und dem Zusammenspiel im inneren Kreislauf des Krankenhauses zwischen Leitungs-, Aufsichts- und Revisionsorganen (inneres Dreieck) befassen, zum anderen berühren die Ergebnisse auch das Außenverhältnis des Krankenhauses zu weiteren Anspruchsgruppen (äußeres Dreieck). Hieraus ergibt sich folgender Aufbau: I. Aufsichtsgremium II. Krankenhausgeschäftsführung III. Revision IV. Einbeziehung von Anspruchsgruppen des Krankenhauses (Stakeholderorientierung).
Empirische Untersuchung
163
I. Aufsichtsgremium Die hohe Bedeutung des Aufsichtsgremiums für den Krankenhaussektor als interner Corporate-Governance-Mechanismus spiegeln auch die Ergebnisse der Studie wider: Rd. 89 % der befragten Krankenhäuser geben an, dass sie über ein duales Führungssystem
verfügen,
d.h.
eine
institutionalisierte
Trennung
zwischen
Geschäftsführung und Aufsichtsgremium vorhanden ist:
Abb. 17: Vorhandensein eines dualen Führungssystems (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Eine genauere Analyse der Krankenhäuser zeigt, dass die Größe des Krankenhauses positiv mit der Vorhaltung eines Aufsichtsgremiums korreliert: Duales Führungssystem nach Krankenhausgröße Total % Ja Nein Summe
88,8% 11,2% 100,0%
N 333 42 375
0 - 200 Betten % N 74,4% 90 25,6% 31 100,0% 121
Größenklasse 200 - 500 Betten % N 94,1% 143 5,9% 9 100,0% 152
> 500 Betten % N 98,0% 100 2,0% 2 100,0% 102
Tab: 7: Duales Führungssystem nach Krankenhausgröße (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
164
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Während noch 25,6 % der Krankenhäuser in der Größenklasse zwischen 0 und 200 Betten kein Aufsichtsgremium besitzen, sind es in der Größenklasse zwischen 200 und 500 Betten nur 5,9 %, in der Größenklasse größer 500 Betten sogar lediglich noch 2,0 % der befragten Krankenhäuser. Auch zeigt eine Auswertung nach Trägerarten, dass sich Unterschiede nach diesem Kriterium ausmachen lassen: Duales Führungssystem nach Krankenhausträgerschaft Total % Ja Nein Summe
N
88,8% 11,2% 100,0%
333 42 375
Krankenhausträgerschaft Öffentlich-rechtlich Privat Freigemeinnützig % N % N % N 96,4% 134 50,8% 33 97,1% 166 3,6% 5 49,2% 32 2,9% 5 100,0% 139 100,0% 65 100,0% 171
Tab. 8: Duales Führungssystem nach Krankenhausträgerschaft (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
So verfügt knapp die Hälfte der untersuchten Krankenhäuser in privater Trägerschaft über kein Aufsichtsgremium (49,2 %), während nahezu alle Krankenhäuser in öffentlicher oder freigemeinnütziger Trägerschaft ein Aufsichtsgremium vorhalten (96,4 % bzw. 97,17 %). Der verhältnismäßig hohe Anteil privater Krankenhäuser ohne Aufsichtsgremium lässt sich insbesondere auf die Tatsache zurückführen, dass es sich bei den privaten Krankenhäusern in der Stichprobe um vergleichsweise kleine Häuser handelt, d.h. Einrichtungen mit einer Bettenkapazität von 200 oder weniger Betten (66,2 %): Zusammenhang zwischen Krankenhausgröße und Krankenhausträgerschaft Total Größenklasse 0 - 200 Betten 200 - 500 Betten > 500 Betten Summe
% 32,3% 40,5% 27,2% 100,0%
N 121 152 102 375
Krankenhausträgerschaft Öffentlich-rechtlich Privat Freigemeinnützig % N % N % N 12,9% 18 66,2% 43 35,1% 60 38,8% 54 30,8% 20 45,6% 78 48,2% 67 3,1% 2 19,3% 33 100,0% 139 100,0% 65 100,0% 171
Tab. 9: Zusammenhang zwischen Krankenhausgröße und Krankenhausträgerschaft (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Da demgegenüber insbesondere der Anteil der großen (n=2), aber auch der mittleren (n=20) Krankenhäuser in privater Trägerschaft deutlich unterrepräsentiert ist,
können
Verzerrungen
(Bias)
aufgrund
der
mangelnden
strukturellen
Empirische Untersuchung
165
Repräsentativität der privaten Krankenhäuser bei der statistischen Auswertung die Folge sein. Eine nähere Untersuchung zur Größe der Aufsichtsgremien zeigt, dass die Anzahl der Mitglieder im Aufsichtsgremium von Krankenhaus zu Krankenhaus sehr stark variiert:
Abb. 18: Anzahl der Mitglieder im Aufsichtsgremium (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Bei rd. zwei Dritteln der befragten Krankenhäuser besteht das Aufsichtsgremium zwischen 0 und 10 Mitgliedern (63,9 %). Bei über einem Drittel der untersuchten Krankenhäuser setzt sich das Aufsichtsgremium aus mehr als 10 Mitgliedern, bei 17,1 % sogar mehr als 14 Mitgliedern zusammen. Die Untersuchung gibt ebenfalls Aufschluss darüber, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Krankenhausgröße und der Anzahl der Mitglieder im Aufsichtsgremium besteht:
166
Hospital Governance (Empirischer Teil) Anzahl der Mitglieder im Aufsichtsgremium nach Krankenhausgröße Total %
0 - 6 Mitglieder 6 - 10 Mitglieder 10 - 14 Mitglieder > 14 Mitglieder Summe
25,8% 38,1% 18,9% 17,1% 100,0%
N 86 127 63 57 333
0 - 200 Betten % N 48,9% 44 35,6% 32 8,9% 8 6,7% 6 100,0% 90
Größenklasse 200 - 500 Betten % N 25,2% 36 42,7% 61 19,6% 28 12,6% 18 100,0% 143
> 500 Betten % N 6,0% 6 34,0% 34 27,0% 27 33,0% 33 100,0% 100
Tab. 10: Anzahl der Mitglieder im Aufsichtsgremium nach Krankenhausgröße (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Während in der Größenklasse bis zu 200 Betten die Größe des Aufsichtsgremiums bei rd. der Hälfte der untersuchten Krankenhäuser noch zwischen 0 und 6 Mitgliedern liegt, ist dies nur noch bei 25,2 % der Krankenhäuser in der Größenklasse von 200 bis 500 Betten bzw. bei 6,0 % der Krankenhäuser mit mehr als 500 Betten der Fall. Umgekehrt weisen die Krankenhäuser mit einer Bettenkapazität von 500 oder mehr Betten vergleichsweise große Aufsichtsgremiumsstrukturen auf: Über die Hälfte der befragten Krankenhäuser in dieser Größenklasse gab an, dass ihr Aufsichtsgremium aus 10 oder mehr Mitgliedern besteht; dies ist vergleichsweise nur bei 32,2 % der Krankenhäuser in der Größenklasse zwischen 200 und 500 Betten bzw. bei 15,6 % der Krankenhäuser mit weniger als 200 Betten der Fall. Ein Blick auf die Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums – gemessen am Anteil der internen (d.h. Mitarbeiter des Krankenhauses) und externen (d.h. außer- oder nebenberuflichen) Mitglieder – zeigt, dass sich die Mehrheit der Aufsichtsgremien überwiegend (38,3 %) oder ausschließlich (53,9 %) aus externen Mitgliedern zusammensetzt:
Empirische Untersuchung
167
Abb. 19: Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums nach internen und externen Mitgliedern (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Eine Auswertung der Befragungsergebnisse hinsichtlich der im Aufsichtsgremium vertretenen Professionen hat folgendes Ergebnis, wobei Mehrfachnennungen möglich waren:
Abb. 20: Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums nach Professionen (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
168
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Bei 81,6 % der Krankenhäuser ist mindestens ein Ökonom im Aufsichtsgremium vertreten. Auch ist bei der Vielzahl der Aufsichtsgremien juristischer oder medizinischer Sachverstand vorhanden (65,9 % bzw. 59,8 %). Neben diesen Professionen wurde darüber hinaus von den befragten Kontaktpersonen die Berufsgruppe „Sonstige“ mit 57,1 % angegeben. Hierunter fallen v.a. kirchliche Vertreter (z.B. Theologen, Ordensvertreter), aber auch Vertreter aus der Politik (z.B. Kommunalpolitiker, Ministerien), Fremdkapitalgeber (z.B. Banken) oder Praktiker. Personen mit pflegerischem Hintergrund sind dagegen eher selten im Aufsichtsgremium vertreten (24,2 %). Die Differenzierung nach Krankenhausträgerschaft zeigt, dass die beruflichen Schwerpunkte der Aufsichtsgremiumsmitglieder recht unterschiedlich ausgeprägt sind: Zusammensetzung der Professionen im Aufsichtsgremium nach Krankenhausträgerschaft Total % Ökonomen Ärzte Pflege Juristen Sonstige
81,6% 59,8% 24,2% 65,9% 57,1%
N 270 198 80 218 189
Krankenhausträgerschaft Öffentlich-rechtlich Privat Freigemeinnützig % N % N % N 66,9% 89 78,1% 25 94,0% 156 78,2% 104 65,6% 21 44,0% 73 33,1% 44 25,0% 8 16,9% 28 60,2% 80 50,0% 16 73,5% 122 73,7% 98 18,8% 6 51,2% 85
Tab. 11: Zusammensetzung der Professionen im Aufsichtsgremium nach Krankenhausträgerschaft (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
So ist bei den untersuchten Krankenhäusern in freigemeinnütziger und auch privater Trägerschaft öfters (mindestens) ein Ökonom im Aufsichtsgremium vertreten, als dies bei den Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft der Fall ist. Letztere Gruppe weist dafür mit 78,2 % eine vergleichsweise hohe ärztliche Quote auf. Dies bestätigt auch die Auswertung der Frage nach der Anzahl der Ärzte, die im Aufsichtsgremium vertreten sind, differenziert nach Trägerschaften:
Empirische Untersuchung
169
Anzahl der Ärzte im Aufsichtsgremium nach Krankenhausträgerschaft Total % Kein Arzt 1 Arzt 2 Ärzte > 2 Ärzte Summe
N
40,2% 32,7% 17,1% 9,9% 100,0%
134 109 57 33 333
Krankenhausträgerschaft Öffentlich-rechtlich Privat Freigemeinnützig % N % N % N 22,4% 30 36,4% 12 56,0% 93 33,6% 45 33,3% 11 31,3% 52 24,6% 33 21,2% 7 10,2% 17 19,4% 26 9,1% 3 2,4% 4 100,0% 134 100,0% 33 100,0% 166
Tab. 12: Anzahl der Ärzte im Aufsichtsgremium nach Krankenhausträgerschaft (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Es bestätigt sich, dass von den rd. 60 % der Krankenhäuser, die angaben, dass mindestens ein Arzt im Aufsichtsgremium vertreten ist, die Mehrheit der Häuser in öffentlicher Hand ist. So sind vor allem in den Aufsichtsgremien der untersuchten öffentlichen Krankenhäuser sogar zwei oder mehr Ärzte Mitglieder des Aufsichtsgremiums. Dagegen ist bei über der Hälfte der Aufsichtsgremien der freigemeinnützigen Krankenhäuser kein Arzt im Aufsichtsgremium (56,0 %). Eine zeitliche Befristung der Amtsdauer für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums ist bei der überwiegenden Zahl der Krankenhäuser vorhanden (71,9 %): Zeitliche Befristung der Amtsdauer der Aufsichtsgremiumsmitglieder nach Größenklasse Total % Ja Nein Nicht bekannt Summe
71,5% 22,5% 6,0% 100,0%
N 238 75 20 333
0 - 200 Betten % N 56,7% 51 33,3% 30 10,0% 9 100,0% 90
Größenklasse 200 - 500 Betten % N 72,0% 103 21,7% 31 6,3% 9 100,0% 143
> 500 Betten % N 84,0% 84 14,0% 14 2,0% 2 100,0% 100
Tab. 13: Zeitliche Befristung der Aufsichtsgremiumsmitglieder nach Größenklassen (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Insbesondere bei größeren Krankenhäusern existiert eine zeitliche Befristung der Amtsdauer. So ist bei 84,0 % der Krankenhäuser mit mehr als 500 Betten eine zeitliche Befristung vorhanden, in der Größenklasse zwischen 200 und 500 Betten sind es noch 72,0 % und bei den kleineren Krankenhäusern mit einer Bettenkapazität von 200 oder weniger Betten 56,7 %. Mit einem Anteil von 55,7 % erhält die überwiegende Anzahl der Aufsichtsgremiumsmitglieder
eine
Aufwandsentschädigung
oder
Vergütung
für
ihre
170
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Aktivitäten. Die Untersuchung offenbart, dass insbesondere die Mitglieder von Aufsichtsgremien großer Krankenhäuser mit über 500 Betten ein Entgelt für ihre Tätigkeit erhalten (71,0 %): Anteil der Aufsichtsgremiumsmitglieder mit/ohne Vergütung nach Größenklasse Total % Ja Nein Nicht bekannt Summe
N
55,9% 35,4% 8,7% 100,0%
186 118 29 333
0 - 200 Betten % N 45,6% 41 44,4% 40 10,0% 9 100,0% 90
Größenklasse 200 - 500 Betten % N 51,7% 74 35,7% 51 12,6% 18 100,0% 143
> 500 Betten % N 71,0% 71 27,0% 27 2,0% 2 100,0% 100
Tab. 14: Anteil der Aufsichtsgremiumsmitglieder mit/ohne Vergütung nach Größenklasse (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Auch zeigt eine Auswertung nach Trägerschaften, dass eher die Mitglieder öffentlicher Krankenhäuser für ihre Tätigkeit im Aufsichtsgremium vergütet werden (83,6 %) als die Aufsichtsgremiumsmitglieder privater (42,4 %) oder freigemeinnütziger Krankenhäuser (36,1 %): Anteil der Aufsichtsgremiumsmitglieder mit/ohne Vergütung nach Krankenhausträgerschaft Total % Ja Nein Nicht bekannt Summe
N
55,9% 35,4% 8,7% 100,0%
186 118 29 333
Krankenhausträgerschaft Öffentlich-rechtlich Privat Freigemeinnützig % N % N % N 83,6% 112 42,4% 14 36,1% 60 11,9% 16 48,5% 16 51,8% 86 4,5% 6 9,1% 3 12,0% 20 100,0% 134 100,0% 33 100,0% 166
Tab. 15: Anteil der Aufsichtsgremiumsmitglieder mit/ohne Vergütung nach Krankenhausträgerschaft (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Die überwiegende Zahl der Aufsichtsgremien führt drei oder vier (38,7 %), größtenteils sogar mehr als vier Sitzungen im Jahr durch (44,4 %): Anzahl der Sitzungen des Aufsichtsgremiums pro Jahr nach Krankenhausträgerschaft Total % 1 - 2 Sitzungen 2 - 3 Sitzungen 3 - 4 Sitzungen > 4 Sitzungen Summe
6,9% 9,9% 38,7% 44,4% 100,0%
N 23 33 129 148 333
In welcher Trägerschaft wird das Krankenhaus geführt? Öffentlich-rechtlich Privat Freigemeinnützig % N % N % N 0,7% 1 30,3% 10 7,2% 12 8,2% 11 12,1% 4 10,8% 18 41,8% 56 27,3% 9 38,6% 64 49,3% 66 30,3% 10 43,4% 72 100,0% 134 100,0% 33 100,0% 166
Tab: 16: Anzahl der Sitzungen des Aufsichtsgremiums pro Jahr nach Krankenhausträgerschaft (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Empirische Untersuchung
171
Insbesondere öffentliche Krankenhäuser (49,3 %), gefolgt von den Freigemeinnützigen (43,4 %) führen mehr als vier Sitzungen im Jahr durch. Bei den privaten Krankenhäusern sind es dagegen nur 30,3 %. Ein schriftlich hinterlegtes Anforderungsprofil für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums existiert nur in den seltensten Fällen (15,4 %):
Abb. 21: Vorhandensein eines schriftlich hinterlegten Anforderungsprofils für das Aufsichtsgremium (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Auch geben nur wenige Krankenhäuser an, auch Sitzungen des Aufsichtsgremiums in Anwesenheit der Krankenhausgeschäftsführung durchzuführen (18,7 %):
172
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Abb. 22: Sitzungen des Aufsichtsgremiums ohne die Anwesenheit der Geschäftsführung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Die Befragung zu den wahrgenommenen Aufgabenbereichen des Aufsichtsgremiums führt zu folgenden Antworten:
Abb. 23: Aufgabenbereiche des Aufsichtsgremiums (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Wie der Abb. 23 zu entnehmen ist, zählen bei der überwiegenden Zahl der Krankenhäuser die Verabschiedung des Wirtschaftsplans (93,1 %), die Wahl der Geschäftsführung (87,7 %) sowie die Entscheidung über die Ergebnisverwendung (79,2 %) zu
Empirische Untersuchung
173
den Aufgabenbereichen des Aufsichtsgremiums. Auch befasst sich die Mehrheit der Aufsichtsgremien mit der unterjährigen Abfrage von operativen Kennzahlen (78,9 %), wichtigen Personalangelegenheiten wie z.B. Chefarzteinstellungen (76,5 %) und Aufgaben, die in den Bereich der langfristigen strategischen Planung fallen (70,2 %), wobei die Leitbildentwicklung nur bei 27,4 % in das Tätigkeitsfeld des Aufsichtsgremiums fällt. Die Vorgabe wirtschaftlicher Rahmendaten gehört bei nahezu der Hälfte
der
Aufsichtsgremien
zu
ihrem
Aufgabenbereich
(49,4 %).
Mit
Ausschreibungs- sowie Vergabeangelegenheiten befassen sich nur rd. 22 % der Aufsichtsgremien. Auch gaben nur 21,4 % der befragten Kontaktpersonen an, dass die Prüfung der Qualität geplanter und durchgeführter Maßnahmen vom Aufsichtsgremium durchgeführt wird. Die Informations- und Kommunikationsfunktion sowohl extern als auch insbesondere intern nehmen nur die wenigsten der untersuchten Aufsichtsgremien wahr (16,9 % bzw. 6,3 %). Um nicht nur einen Überblick über die Aufgabenbereiche des Aufsichtsgremiums zu erhalten, sondern ebenfalls eine Aussage zu erhalten, wie die befragten Krankenhausgeschäftsführer die Tätigkeit ihres Aufsichtsgremiums einschätzen, wurden die Geschäftsführer zudem gefragt, welche Ausprägungsmerkmale das Aufsichtsgremium ihrer Meinung nach am ehesten aufweist. Dabei wurden die Krankenhausleitungen zu Ausprägungen befragt, die der bereits in Kapitel 2.3.1.1 und 3.4.1.1 dieser Arbeit vorgestellten Rollentypologie von Aufsichtsgremien entsprechen bzw. diesen zugeordnet werden können, nämlich: x
dem kontrollierenden Aufsichtsgremium, das primär seine Aufgabe in der Kontrolle und Steuerung des Krankenhausmanagements sieht (Control Role),
x
dem unterstützenden Aufsichtsgremium, das sich zum Ziel gesetzt hat, der Krankenhausgeschäftsführung den notwendigen Handlungsspielraum einzuräumen und diese weitestgehend bei ihren Aktivitäten zu unterstützen, seien diese operativer oder strategischer Natur (Support Role),
x
dem
verbindenden
Aufsichtsgremium,
das
den
Schwerpunkt
auf
die
Beziehungspflege zur Außenwelt legt, um als Bindeglied zwischen Krankenhaus und externem Umfeld zu fungieren und das Krankenhausmanagement im Umgang mit dem sozioökonomischen Umfeld zu unterstützen (Linking Role)
174
Hospital Governance (Empirischer Teil)
und – ebenfalls als Schnittstelle von Krankenhaus und sozioökonomischen Umfeld – x
dem koordinierenden Aufsichtsgremium, bei dem die Mitglieder des Aufsichtsgremiums
als
Instrumentarium
verstanden
werden,
um
spezifische
Stakeholder-Gruppen und ihre jeweilige Interessenslage zu berücksichtigen (Coordinating Role). Die Beantwortung der Frage, wie die Geschäftsführung die nachfolgenden Ausprägungen des Aufsichtsgremiums gegenüber der Geschäftsführung einschätzt, führt zu folgenden Ergebnissen: Derzeitige Rolle des Aufsichtsgremiums nach Einschätzung der Geschäftsführung Bewertung Rolle des Aufsichtsgremiums
sehr gering (1)
gering (2)
%
%
Kontrollfunktion (Control Role) Strategische Beratungsfunktion (Support Role strategisch) Beziehungspflege zur Außenwelt (Linking Role) Interessensausgleich zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen (Coordinating Role) Operative Unterstützungsfunktion (Support Role operativ)
Tab. 17: Derzeitige geschäftsführung
Rolle
neutral (3)
hoch (4)
sehr hoch (5)
%
%
%
MW
Rang
3,9%
12,4%
35,5%
41,2%
7,0%
3,3
1
13,6%
25,8%
30,9%
25,5%
4,2%
2,8
2
17,9%
28,8%
33,9%
17,3%
2,1%
2,6
3
23,3%
33,6%
34,5%
8,5%
0,0%
2,3
4
38,2%
37,0%
20,0%
4,8%
0,0%
1,9
5
des
Aufsichtsgremiums
nach
Einschätzung
der
Krankenhaus-
(Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Zieht man das gewogene arithmetische Mittel (Mittelwert) als Lagemaß für die Beurteilung der Ergebnisse heran, zeigt sich, dass die befragten Krankenhausmanager die Kontrollfunktion des Aufsichtsgremiums gegenüber ihrer eigenen Tätigkeit (Control Role) in ihrer tatsächlichen Ausprägung am stärksten einschätzen. Nur die Hälfte aller Befragten charakterisiert diese als hoch oder sehr hoch. An zweiter Stelle steht die strategische Beratungsfunktion des Aufsichtsgremiums (strategische Support Role). Rd. 30 % der Krankenhausleitungen sehen diese als hoch bzw. sehr hoch an. Dagegen empfinden mehr als die Hälfte der befragten Kontaktpersonen die operative Unterstützungsfunktion des Aufsichtsgremiums
Empirische Untersuchung
175
(operative Support Role) sowie den Interessensausgleich zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen (Coordinating Role) als sehr gering oder gering. Auch die Beziehungspflege zur Außenwelt (Linking Role) durch das Aufsichtsgremium bewerten die befragten Krankenhausgeschäftsführer als eher neutral bis gering. Neben der Zuordnung des Aufsichtsgremiums zu einer der o.g. Rollen und somit der Abfrage nach der Einschätzung des derzeitigen Status quo wurden die Krankenhausgeschäftsführer darüber hinaus nach ihrer Bewertung zur Wichtigkeit der jeweiligen Rolle (Kontrolle, Unterstützung, Verbindung bzw. Koordinierung der Außenwelt und Stakeholder-Gruppen) befragt: Bewertung der Rolle des Aufsichtsgremiums nach Wichtigkeit Bewertung Rolle des Aufsichtsgremiums nach Wichtigkeit Kontrollfunktion (Control Role) Strategische Beratungsfunktion (Support Role strategisch) Beziehungspflege zur Außenwelt (Linking Role) Interessensausgleich zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen (Coordinating Role) Operative Unterstützungsfunktion (Support Role operativ)
sehr gering (1)
gering (2)
%
%
neutral (3)
hoch (4)
sehr hoch (5)
%
MW
Rang
%
%
0,6%
3,0%
16,2%
35,1%
45,1%
4,2
1
2,7%
10,7%
28,4%
37,8%
20,4%
3,6
2
8,8%
16,2%
34,5%
31,1%
9,5%
3,2
3
17,7%
26,2%
36,3%
15,9%
4,0%
2,6
4
32,9%
32,3%
23,2%
10,4%
1,2%
2,1
5
Tab. 18: Bewertung der Rolle des Aufsichtsgremiums nach Wichtigkeit durch die Krankenhausgeschäftsführung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Die
Ergebnisse
der
Auswertung
–
ebenfalls
gemessen
am
gewogenen
arithmetischen Mittel – zeigen auf den ersten Blick ein sehr ähnliches Bild. Am wichtigsten schätzen die Krankenhausleitungen die Kontrollfunktion des Aufsichtsgremiums ein (Control Role), gefolgt von der strategischen Beratungsfunktion (strategische Support Role). Auch die Wichtigkeit der operativen Unterstützungsfunktion (operative Support Role) und des Interessensausgleichs zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen (Coordinating Role) bewerten die befragten Krankenhausgeschäftsführer überwiegend demgegenüber als sehr gering oder gering. Die Wichtigkeit der Beziehungspflege zur Außenwelt durch das Aufsichts-
176
Hospital Governance (Empirischer Teil)
gremium (Linking Role) nimmt eine mittlere Position bei den Befragten ein. Auffällig ist, dass die Bewertungsskala – gemessen am gewogenen arithmetischen Mittel – eine deutliche Rechtsverschiebung aufweist, d.h. bei einer Gegenüberstellung dieser Ergebnisse die Geschäftsführer die Wichtigkeit der einzelnen Rollen z.T. wesentlich höher bewerten, als es ihrer Einschätzung hinsichtlich der derzeitigen tatsächlichen Ausprägung entspricht:
Gegenüberstellung möglicher Rollen von Aufsichtsgremien nach Einschätzung und Wichtigkeit Einschätzung
Wichtigkeit Kontrollfunktion (Controle Role)
3,3
Strategische Beratungsfunktion (Support Role strategisch)
2,8
2
2,6
Operative Unterstützungsfunktion (Support Role operativ)
1,9
3
3,2
Interessensauslgeich zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen (Coordinating Role)
2,3
4
3,6
Beziehungspflege zur Außenwelt (Linking Role)
2,6
5
4,2
1
0
2,1
0
1
2
3
4
5
Abb. 24: Gegenüberstellung möglicher Rollen von Aufsichtsgremien nach Einschätzung und Wichtigkeit (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
So schätzen die Krankenhausgeschäftsführer beispielsweise die derzeitige Ausprägung der Kontrollfunktion mit 3,3 Punkten als eher neutral ein, erachten die Wichtigkeit der Kontrollfunktion des Aufsichtsgremiums aber mit 4,2 Punkten als hoch. Auch die Funktionen des Aufsichtsgremiums hinsichtlich seiner strategischen Beratungsfunktion, der Beziehungspflege zur Außenwelt, des Interessenausgleichs zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen sowie der operativen Unterstützungsfunktion werden von den befragten Krankenhausgeschäftsführern in ihrer Wichtigkeit zum Teil deutlich höher eingeschätzt, als die jeweiligen Ausprägungen nach ihrer Ansicht derzeit in den Aufsichtsgremien tatsächlich vorhanden sind.
Empirische Untersuchung
177
II. Krankenhausgeschäftsführung Neben der Funktionsweise des Aufsichtsgremiums hat die Studie ebenfalls Fragen zum Leitungsorgan des Krankenhauses – also der Geschäftsführung – gestellt. Bei der Mehrheit der befragten Krankenhäuser besteht die Geschäftsführung aus einer singulären oder dualen Führungsspitze:
Abb. 25: Struktur der Krankenhausgeschäftsführung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Mit 51,7 % überwiegt die singuläre Führungsstruktur. Knapp ein Drittel der Krankenhäuser hat eine duale Geschäftsführung. Nur ein geringer Teil der Krankenhäuser (16,0 %) wird von mehr als zwei Geschäftsführern geleitet. Insbesondere bei den Krankenhäusern, bei denen in den vergangenen drei Jahren ein Rechtsformwechsel stattgefunden hat, ist eine singuläre Führungsspitze vorhanden (62,7 %):
178
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Anzahl der Geschäftsführer nach Rechtsformwechsel Total N
% 1 Geschäftsführer 2 Geschäftsführer > 2 Geschäftsführer Summe
51,7% 32,3% 16,0% 100,0%
Ja 194 121 60 375
% 62,7% 23,7% 13,6% 100,0%
Rechtsformwechsel Nein N % 37 49,7% 14 33,9% 8 16,5% 59 100,0%
N 157 107 52 316
Tab. 19: Anzahl der Geschäftsführer nach Rechtsformwechsel in den letzten drei Jahren (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Auch wird durch die Befragungsergebnisse offensichtlich, dass Unterschiede bei der Anzahl der Geschäftsführer in Abhängigkeit von der Trägerschaft eines Krankenhauses bestehen: Anzahl der Geschäftsführer nach Krankenhausträgerschaft Total % 1 Geschäftsführer 2 Geschäftsführer > 2 Geschäftsführer Summe
51,7% 32,3% 16,0% 100,0%
N 194 121 60 375
Krankenhausträgerschaft Öffentlich-rechtlich Privat Freigemeinnützig % N % N % N 66,2% 92 40,0% 26 44,4% 76 16,5% 23 49,2% 32 38,6% 66 17,3% 24 10,8% 7 17,0% 29 100,0% 139 100,0% 65 100,0% 171
Tab. 20: Anzahl der Geschäftsführer nach Krankenhausträgerschaft (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Vor allem die Krankenhäuser in öffentlicher und freigemeinnütziger Trägerschaft werden von einem Geschäftsführer geleitet (66,2 % bzw. 44,4 %), während bei den privaten Krankenhäusern vorwiegend zwei Geschäftsführer vorhanden sind (49,2 %). Hinsichtlich der beruflichen Profession der Krankenhausgeschäftsführung zeigt sich folgendes Bild, wobei Mehrfachnennungen möglich waren:
Empirische Untersuchung
179
Abb. 26: Krankenhausgeschäftsführung nach Professionen (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
In fast allen befragten Krankenhäusern ist zumindest einer der Geschäftsführer Ökonom (93,6 %). Medizinische Professionen sind lediglich in 27,6 % der untersuchten Krankenhäuser in der Geschäftsführung vertreten. Eine nähere Analyse zeigt, dass dies vor allem bei größeren Krankenhäusern mit über 500 Betten der Fall ist: Profession der Geschäftsführer nach Größenklasse Total % Medizinisch Ökonomisch Sonstige
27,6% 93,6% 24,1%
N 103 349 90
0 - 200 Betten % N 27,5% 33 86,7% 104 22,5% 27
Größenklasse 200 - 500 Betten % N 19,2% 29 98,0% 148 23,2% 35
> 500 Betten % N 40,2% 41 95,1% 97 27,5% 28
Tab. 21: Profession der Geschäftsführung nach Größenklasse (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
In der Größenklasse der Krankenhäuser mit 500 oder mehr Betten ist zumindest bei 40 % der befragten Krankenhäuser ein Geschäftsführer mit medizinischem Hintergrund Mitglied der Krankenhausleitung. Die Berufsgruppe „Sonstige“ nannten rd. ein Viertel der Krankenhausgeschäftsführer; hierunter fallen v.a. Geschäftsführer mit juristischem, theologischem oder pflegerischem Hintergrund.
180
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Auch zeigt sich, dass mit der Anzahl der Geschäftsführer der Anteil der Geschäftsführer mit medizinischem Hintergrund steigt: Anteil der Professionen nach Anzahl der Geschäftsführer Total
Medizinisch Ökonomisch Sonstige
% 27,6% 93,6% 24,1%
Anzahl der Geschäftsführer 2 Geschäftsführer % N
1 Geschäftsführer % N
N
> 2 Geschäftsführer % N
103 349
9,4% 90,6%
18 173
36,4% 95,9%
44 116
66,7% 98,3%
41 60
90
11,5%
22
29,8%
36
53,3%
32
Tab. 22: Anteil der Professionen nach Anzahl der Geschäftsführer (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
So liegt der Anteil der Geschäftsführer mit medizinischer Profession in Krankenhäusern, bei denen nur ein Geschäftsführer vorhanden ist, bei lediglich 9,4 %, während in den Krankenhäusern mit zwei oder mehr Geschäftsführern bereits 36,4 % bzw. 66,7 % der Krankenhausgeschäftsführer Mediziner sind. Auch steigt der Anteil der sonstigen Professionen mit zunehmender Anzahl der Geschäftsführer. Die Ergebnisse zur Frage, welche Tätigkeiten in den Aufgabenbereich der Geschäftsführung fallen, verdeutlichen, dass nahezu alle erfragten Tätigkeiten von den
Geschäftsführern
wahrgenommen
werden,
wobei
Gewichtungen erkennbar sind:
Abb. 27: Aufgabenbereiche der Krankenhausgeschäftsführung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
unterschiedliche
Empirische Untersuchung
181
Insbesondere die Erarbeitung und Umsetzung des Wirtschaftsplans (95,7 %), die Abstimmung und Koordination operativer Grundsatzfragen (95,2 %) sowie die langfristige strategische Planung (94,9 %) wurden von den befragten Krankenhausgeschäftsführern als Aufgabenbereiche genannt. Es zeigt sich, dass sowohl die krankenhausinterne
als
auch
krankenhausexterne
Informations-
und
Kommunikationsfunktion eher in das Aufgabenfeld der Krankenhausgeschäftsführung als in die des Aufsichtsgremiums fällt (vgl. Abb. 23). Ebenfalls die Bereiche Personalmanagement (92,0 %), Einrichtung eines Qualitätsmanagements (91,7 %) sowie internen Überwachungs- und Risikomanagementsystems (90,9 %) werden von fast allen Geschäftsführern als Aufgabenbereiche verstanden und wahrgenommen. Die Initiierung zielgruppenorientierter Öffentlichkeitsarbeit fällt bei 90,9 % der befragten Krankenhausgeschäftsführer in ihren Aufgabenbereich. Für rd. die Hälfte der befragten Krankenhausmanager existiert eine schriftlich fixierte Zielvereinbarung (52,8 %):
Vorhandensein einer Zielvereinbarung bei der Krankenhausgeschäftsführung
Nein 47,2%
Ja 52,8%
Jährliche Anpassung 84,3%
Keine jährliche Anpassung 15,7%
Abb. 28: Vorhandensein einer Zielvereinbarung bei der Krankenhausgeschäftsführung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Soweit eine jährliche Zielvereinbarung vorliegt, findet in 84,3 % der Fälle eine jährliche Anpassung statt.
182
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Auch bei der Zielvereinbarung zeigt sich, dass mit zunehmender Größe des Krankenhauses der Einsatz dieses Instrumentariums wächst: Vorhandensein einer Zielvereinbarung bei der Geschäftsführung nach Krankenhausgröße Total % Ja Nein Summe
52,8% 47,2% 100,0%
N 198 177 375
0 - 200 Betten % N 38,8% 47 61,2% 74 100,0% 121
Größenklasse 200 - 500 Betten % N 57,0% 86 43,7% 66 100,0% 151
> 500 Betten % N 63,7% 65 36,3% 37 100,0% 102
Tab. 23: Vorhandensein einer Zielvereinbarung bei der Geschäftsführung nach Krankenhausgröße (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Während bei Geschäftsführern kleinerer Krankenhäuser mit einer Bettenkapazität bis 200 Betten nur in 38,8 % der Fälle Zielvereinbarungen existieren, wird in größeren Krankenhäusern bereits überwiegend mit Zielvereinbarungen gearbeitet. 57,0 % der befragten Krankenhausmanager in der Größenklasse zwischen 200 und 500 Betten und sogar 63,7 % der Geschäftsführer von Krankenhäusern mit mehr als 500 Betten haben eine Zielvereinbarung. Zudem können deutliche Unterschiede bei dem Einsatz von Zielvereinbarungen zwischen Krankenhäusern in Abhängigkeit davon ausgemacht werden, ob sie einem Krankenhausverbund angehören oder nicht:
Zielvereinbarung nach Krankenhausverbundzugehörigkeit Total % Ja Nein Summe
52,8% 47,2% 100,0%
N 198 177 375
Krankenhausverbund Ja Nein % N % 63,5% 127 40,6% 36,5% 73 59,4% 100,0% 200 100,0%
N 71 104 175
Tab. 24: Vorhandensein einer Zielvereinbarung bei der Geschäftsführung nach Verbundzugehörigkeit (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
So liegt der Anteil der Krankenhäuser mit Zielvereinbarung in einem Krankenhausverbund deutlich höher (63,5 %) als bei den Krankenhäusern, die keinem Krankenhausverbund angeschlossen sind (40,6 %).
Empirische Untersuchung
183
Die überwiegende Anzahl der befragten Krankenhausleitungen mit Zielvereinbarung gab an, auch leistungsabhängig vergütet zu werden, beispielsweise in Form eines Bonus (90,4 %):
Abb. 29: Vorhandensein leistungsabhängiger Vergütungsbestandteile in Abhängigkeit von der Zielvereinbarung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Auch hier zeigt sich, dass mit der Größe des Krankenhauses der Einsatz performanceabhängiger Vergütungsbestandteile zunimmt:
Vorhandensein einer performanceabhängige Vergütung bei der Geschäftsführung nach Krankenhausgröße Total % Ja Nein Summe
90,4% 9,6% 100,0%
N 179 19 198
0 - 200 Betten % N 77,1% 37 22,9% 11 100,0% 48
Größenklasse 200 - 500 Betten % N 94,1% 80 5,9% 5 100,0% 85
> 500 Betten % N 95,4% 62 4,6% 3 100,0% 65
Tab. 25: Vorhandensein einer performanceabhängigen Vergütung bei der Geschäftsführung nach Krankenhausgröße (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
In Abhängigkeit von der Zielvereinbarung sind bei 77,1 % der Geschäftsführer von Krankenhäusern bis zu 200 Betten, bei 94,1 % der Geschäftsführer von Krankenhäusern zwischen 200 und 500 Betten sowie bei 95,4 % der Geschäftsführer von
184
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Krankenhäusern mit über 500 Betten leistungsabhängige Vergütungen Bestandteil ihres Gehaltes. Als Bemessungsgrundlage für die leistungsabhängige Vergütung wird von der überwiegenden Zahl das operative Geschäftsergebnis, das Finanzergebnis, genannt (94,4 %). Daneben werden in 52,2 % der untersuchten Fälle ebenfalls weitere Bemessungsgrundlagen herangezogen:
Abb. 30: Bemessungsgrundlage der leistungsabhängigen Vergütung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Als weitere Bemessungsgrundlagen wurden insbesondere qualitative oder projektbezogene Ziele sowie Leistungssteigerungen von den Befragten genannt. Auch die strategische Weiterentwicklung sowie die strukturelle Verbesserung des Krankenhauses wurden von den befragten Krankenhausgeschäftsführern als Bemessungsgrundlage angegeben. Immerhin 24,1 % der befragten Krankenhausleitungen gaben an, unabhängig von jeglicher Zielvereinbarung einen Bonus zu erhalten:
Empirische Untersuchung
185
Abb. 31: Anteil der Geschäftsführer mit Bonus, aber ohne Zielvereinbarung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass insbesondere die Geschäftsführer größerer Krankenhäuser einen Bonus erhalten, auch wenn keine Zielvereinbarung existiert: Anteil der Geschäftsführer mit Bonus, aber ohne Zielvereinbarung nach Größenklasse Total % Ja Nein Summe
N
24,1% 75,9% 100,0%
42 132 174
0 - 200 Betten % N 16,7% 83,3% 100,0%
12 60 72
Größenklasse 200 - 500 Betten % N 26,2% 73,8% 100,0%
17 48 65
> 500 Betten % N 35,1% 64,9% 100,0%
13 24 37
Tab. 26: Anteil der Geschäftsführer mit Bonus, aber ohne Zielvereinbarung nach Größenklasse (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Auch erhalten eher die Geschäftsführer öffentlicher (30,8 %) oder freigemeinnütziger (23,9 %) Krankenhäuser einen Bonus für ihre Tätigkeit unabhängig von einer Zielvereinbarung als die Geschäftsführer privater Krankenhäuser (14,7 %): Anteil der Geschäftsführer mit Bonus, aber ohne Zielvereinbarung nach Krankenhausträgerschaft Total % Ja Nein Summe
24,1% 75,9% 100,0%
N 42 132 174
Öffentlich-rechtlich % N 30,8% 69,2% 100,0%
Trägerschaft Privat 16 36 52
% 14,7% 85,3% 100,0%
N 5 29 34
Freigemeinnützig % N 23,9% 76,1% 100,0%
21 67 88
Tab. 27: Anteil der Geschäftsführer mit Bonus, aber ohne Zielvereinbarung nach Krankenhausträgerschaft (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
186
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Neben der Abfrage von „Fakten“ wurden die Krankenhausgeschäftsführer zudem gebeten, ihre subjektive Einschätzung und Erfahrung hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen dem Aufsichtsgremium und der Geschäftsführung wiederzugeben. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass die überwiegende Zahl der Krankenhausgeschäftsführer die Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsgremium zunächst als unproblematisch (46,2 %) oder eher unproblematisch (31,4 %) ansieht:
Abb. 32: Zusammenarbeit zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsgremium (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Nur ein geringer Anteil der Krankenhausgeschäftsführer erachtet die Zusammenarbeit als neutral (19,0 %), eher problematisch (2,4 %) oder gar problematisch (0,9 %). Auch die Auswertung der Ergebnisse zur Frage, in welchem Ausmaß nach Einschätzung der Geschäftsführung Überschneidungen zwischen ihrer eigenen Tätigkeit und den Aufgabenbereichen des Aufsichtsgremiums bestehen, bietet ein recht homogenes Bild:
Empirische Untersuchung
187
Abb. 33: Ausmaß der Überschneidungen zwischen den Aufgabenbereichen der Geschäftsführung und des Aufsichtsgremiums (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Nach Einschätzung der Geschäftsführung scheinen nur (sehr) geringfügige Überschneidungen zwischen den Aufgabenbereichen der Geschäftsführung und des Aufsichtsgremiums zu existieren. 38,4 % der befragten Krankenhausleitungen beschreiben das Ausmaß der Überschneidungen zwischen den beiden Organen als sehr gering, 39,9 % als gering. Nur ein sehr geringer Anteil der befragten Krankenhausmanager stuft das Ausmaß der Überschneidungen zwischen den beiden Verantwortungsbereichen als hoch (5,4 %) oder sehr hoch ein (0,6 %). Eine Auswertung
dieser
Einschätzung
nach
Krankenhausträgerschaft
gibt
die
nachfolgende Tabelle wieder: Ausmaß der Überschneidungen zwischen den Aufgabenbereichen der Geschäftsführung und des Aufsichtsgremiums nach Krankenhausträgerschaft Total % Sehr gering Gering Neutral Hoch Sehr hoch Summe
38,4% 39,9% 15,6% 5,4% 0,6% 100,0%
N 128 133 52 18 2 333
Öffentlich-rechtlich % N 39,6% 53 39,6% 53 18,7% 25 2,2% 3 0,0% 0 100,0% 134
Trägerschaft Privat % N 33,3% 11 39,4% 13 15,2% 5 9,1% 3 3,0% 1 100,0% 33
Freigemeinnützig % N 38,6% 64 40,4% 67 13,3% 22 7,2% 12 0,6% 1 100,0% 166
Tab. 28: Ausmaß der Überschneidungen zwischen den Aufgabenbereichen der Geschäftsführung und des Aufsichtsgremiums nach Krankenhausträgerschaft (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
188
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Insbesondere bei den Krankenhäusern in privater Trägerschaft scheinen Überschneidungen in den Aufgabenbereichen zwischen der Geschäftsführung und dem Aufsichtsgremium eher vorzukommen. 9,1 % der Krankenhausgeschäftsführer privater Krankenhäuser bewerten das Ausmaß der Überschneidungen als hoch, 3,0 % als sehr hoch. Aber auch die Geschäftsführer freigemeinnütziger Krankenhäuser sehen im Vergleich zu den Krankenhausleitern öffentlicher Häuser ein erhöhtes Ausmaß an Überschneidungen. Die nachfolgende Tabelle zeigt, in welchen Bereichen nach Angabe der Geschäftsführer Überschneidungen am häufigsten vorkommen: Überschneidungsbereiche zwischen der Geschäftsführung und dem Aufsichtsgremium
Ergebnisverwendung Langfristige strategische Planung Leitbildentwicklung Externe Kommunikation/ Information Personalangelegenheiten Interne Kommunikation/ Information Operatives Tagesgeschäft
sehr gering (1) % 27,3% 20,6% 44,8% 46,4% 47,0% 68,5% 74,5%
Bewertung gering neutral (2) (3) % % 16,7% 26,4% 19,1% 30,0% 22,1% 22,7% 23,9% 22,4% 30,0% 14,5% 17,6% 11,8% 17,3% 5,8%
hoch sehr hoch (4) (5) % % 19,7% 10,0% 25,8% 4,5% 8,5% 1,8% 7,0% 0,3% 7,6% 0,9% 2,1% 0,0% 1,8% 0,6%
MW
Rang
2,7 2,7 2,0 1,9 1,9 1,5 1,4
1 1 2 3 3 4 5
Tab. 29: Überschneidungsbereiche zwischen der Geschäftsführung und dem Aufsichtsgremium (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Insbesondere in den Bereichen der langfristigen strategischen Planung und Ergebnisverwendung sind nach Angaben der befragten Geschäftsführer die häufigsten Überschneidungen vorhanden. Rd. 30 % charakterisieren in diesen beiden Bereichen die Überschneidungen als hoch oder sehr hoch. Am wenigsten Überschneidungen bestehen nach Auswertung der Stichprobe beim operativen Tagesgeschäft. Auch bei der internen Kommunikation und Information sind nur (sehr) geringe Überschneidungen anzutreffen. Überschneidungen zwischen der Geschäftsführung und dem Aufsichtsgremium in den Bereichen Leitbildentwicklung, Personalangelegenheiten sowie externe Kommunikation und Information bewerten die befragten Kontaktpersonen als eher gering.
Empirische Untersuchung
189
III. Revision Neben dem Aufsichtsgremium und der Geschäftsführung war ebenfalls die interne und externe Revision Bestandteil der Befragung. Nach den Befragungsergebnissen wird die interne Revision als CorporateGovernance-Instrument bislang nur von einem geringen Teil der befragten Krankenhäuser eingesetzt:
Abb. 34: Vorhandensein einer internen Revision (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
In nur 37,1 % der Fälle ist eine interne Revision im Krankenhaus überhaupt vorhanden. Eine Auswertung nach Größenklassen verdeutlicht, dass insbesondere in größeren Krankenhäusern, d.h. Krankenhäusern mit einer Bettenkapazität von 500 oder mehr Betten, eine interne Revision existiert, jedoch auch hier nur bei knapp über der Hälfte der befragten Krankenhäuser (55,9 %): Vorhandensein einer internen Revision nach Krankenhausgröße Total % Ja Nein Summe
37,1% 62,9% 100,0%
N 139 236 375
0 - 200 Betten % N 26,4% 32 73,6% 89 100,0% 121
Größenklasse 200 - 500 Betten % N 32,9% 50 67,1% 102 100,0% 152
> 500 Betten % N 55,9% 57 44,1% 45 100,0% 102
Tab. 30: Vorhandensein einer internen Revision nach Krankenhausgröße (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
190
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Bei den Krankenhäusern mit einer Bettenkapazität von weniger als 200 Betten sind es sogar nur 26,4 %; eine interne Revision in der Größenklasse zwischen 200 und 500 Betten existiert bei 32,9 % der befragten Krankenhäuser. Auch ist in Krankenhäusern, die einem Verbund angehören, vergleichsweise öfters eine Revision (44,0 %) vorhanden als in Krankenhäusern ohne Verbundzugehörigkeit (29,1 %): Vorhandensein einer internen Revision nach Krankenhausverbundzugehörigkeit Total % Ja Nein Summe
37,1% 62,9% 100,0%
Krankenhausverbund Ja
N 139 236 375
% 44,0% 56,0% 100,0%
N 88 112 200
Nein % 29,1% 70,9% 100,0%
N 51 124 175
Tab. 31: Vorhandensein einer internen Revision nach Krankenhausverbundzugehörigkeit (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Im Gegensatz zur internen Revision wird die externe Revision als weitere wichtige Schlüssel-
und
Unterstützungsfunktion
zur
Unternehmenssteuerung
und
-überwachung verstärkt von der Mehrzahl der untersuchten Krankenhäuser genutzt. In 89,4 % der Fälle trägt der Jahresabschlussprüfer seine Jahresabschlussprüfungsergebnisse dem Aufsichtsgremium vor:
Abb 35: Vortrag der Jahresabschlussprüfungsergebnisse durch die externe Revision vor dem Aufsichtsgremium (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Empirische Untersuchung
191
Schließlich wurde die Geschäftsführung befragt, in welchem Ausmaß aus ihrer Sicht das Aufsichtsgremium den Abschlussprüfer bei strategischen Fragestellungen einbezieht. Diese Frage zielt auf das subjektive Empfinden der Geschäftsführung ab. Die Auswertung verdeutlicht, dass der Einbezug von den Krankenhäusern bzw. deren Aufsichtsgremien bislang recht unterschiedlich genutzt wird:
Abb. 36: Ausmaß der Einbeziehung der externen Revision bei strategischen Fragestellungen durch das Aufsichtsgremium (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Rd. die Hälfte der Aufsichtsgremien bezieht nach Ansicht der Geschäftsführung den Abschlussprüfer nur sehr gering (19,5 %) oder gering (30,9 %) bei strategischen Fragestellungen ein. Lediglich 2,4 % charakterisieren das Ausmaß der Einbeziehung der externen Revision durch das Aufsichtsgremium als sehr hoch, 13,5 % als hoch. Eine Auswertung nach Trägerschaften offenbart, dass die Aufsichtsgremien von Krankenhäusern in privater und freigemeinnütziger Trägerschaft stärker von diesem Corporate-Governance-Mechanismus Gebrauch machen als die Aufsichtsgremien öffentlicher Krankenhäuser:
192
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Ausmaß der Einbeziehung der externen Revision bei strategischen Fragestellungen durch das Aufsichtsgremium nach Krankenhausträgerschaft Total % Sehr gering Gering Neutral Hoch Sehr hoch Summe
19,5% 30,9% 33,6% 13,5% 2,4% 100,0%
N 65 103 112 45 8 333
Öffentlich-rechtlich % N 26,9% 36 35,8% 48 26,1% 35 9,0% 12 2,2% 3 100,0% 134
Trägerschaft Privat % N 24,2% 8 15,2% 5 39,4% 13 21,2% 7 0,0% 0 100,0% 33
Freigemeinnützig % N 12,7% 21 30,1% 50 38,6% 64 15,7% 26 3,0% 5 100,0% 166
Tab. 32: Ausmaß der Einbeziehung der externen Revision bei strategischen Fragestellungen durch das Aufsichtsgremium nach Krankenhausträgerschaft (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
So schätzen 21,2 % der Geschäftsführer privater Kliniken das Ausmaß der Einbeziehung der externen Revision bei strategischen Fragestellungen durch das Aufsichtsgremium als hoch ein; bei den Freigemeinnützigen sind es noch 18,7 % der befragten Kontaktpersonen, die das Ausmaß der Einbeziehung als hoch oder sehr hoch erachten, bei den öffentlichen Krankenhäusern sogar nur noch 11,2 %. IV. Einbeziehung weiterer Anspruchsgruppen (Stakeholderorientierung) Auch Fragen zu den Beziehungen des Krankenhauses zum Krankenhausumfeld waren Gegenstand der Studie. Zur besseren Einschätzung der Zufriedenheit besonders wichtiger StakeholderGruppen, aber auch zur Beurteilung der eigenen Position im Markt- und Wettbewerbsumfeld führt der Großteil der befragten Krankenhäuser regelmäßig Patientenbefragungen (89,9 %) sowie Markt- und Wettbewerbsanalysen durch (60,0 %). Auch erachten die Krankenhausgeschäftsführer die interne StakeholderGruppe der Mitarbeiter als sehr wichtig; bei immerhin 64,8 % der befragten Krankenhäuser erfolgen in regelmäßigen Abständen Mitarbeiterbefragungen:
Empirische Untersuchung
193
Abb. 37: Einbeziehung von Anspruchsgruppen und Beobachtung des Wettbewerbsumfeldes des Krankenhauses (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Die Patienten- und Mitarbeiterbefragungen sowie Markt- und Wettbewerbsanalysen werden größtenteils durch die Krankenhausleitung selbst bzw. durch Stabsstellen dieser wie beispielsweise dem QM durchgeführt. Nur in Ausnahmefällen erfolgt die Durchführung der Befragungen und Analysen auf Initiative des Aufsichtsgremiums oder externer Stellen wie z.B. Unternehmensberatungen. Zusätzlich wurden die Krankenhausgeschäftsführer befragt, zu welchen der aufgeführten externen Stakeholder-Gruppen eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege existiert:
194
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Abb. 38: Beziehungspflege zu externen Stakeholdern (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Die Abb. 38 zeigt, dass v.a. zu der Gruppe der niedergelassenen Ärzte vor Ort eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege besteht (90,9 %). Auch zu den Krankenkassen als Kostenträger (78,4 %) und zur Öffentlichkeit (76,8 %) pflegt die weit überwiegende Zahl der befragten Krankenhäuser eine systematische und regelmäßige Beziehung. Die Gruppe der Lieferanten und Fremdkapitalgeber erscheint mit 49,6 % bzw. 38,9 % eher zweitrangig. Die dargestellten Befragungsergebnisse zur systematischen und regelmäßigen Beziehungspflege verschiedener Anspruchsgruppen des Krankenhauses werden gestützt durch die Ergebnisse zur Frage, welche Wichtigkeit die Geschäftsführer der Beziehungspflege zwischen dem Krankenhaus und den aufgeführten StakeholderGruppen beimessen:
Empirische Untersuchung
195 Bewertung
Beziehungspflege zu Stakeholder sehr gering Gruppen nach Wichtigkeit (1) % 0,0% 0,0% 0,3% 10,1% 1,3%
Niedergelassene Ärzte vor Ort Öffentlichkeit Krankenkassen Fremdkapitalgeber Lieferanten
gering (2) % 0,3% 0,8% 1,3% 10,7% 14,7%
neutral (3)
hoch (4)
% 2,1% 5,1% 8,3% 25,1% 43,2%
sehr hoch (5)
% 11,7% 26,9% 25,9% 31,2% 35,5%
% 85,9% 67,2% 64,3% 22,9% 5,3%
MW
Rang
4,8 4,6 4,5 3,5 3,3
1 2 3 4 5
Tab. 33: Beziehungspflege zu Stakeholder-Gruppen nach Wichtigkeit (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Die Auswertung der Befragungsergebnisse verdeutlicht, dass von den Krankenhäusern vor allem die Beziehungspflege zu den niedergelassenen Ärzten vor Ort und zur Öffentlichkeit als sehr wichtig eingestuft wird. Auch die Wichtigkeit der Beziehungspflege zu den Krankenkassen schätzen rd. 90 % der Befragten als hoch bzw. sehr hoch ein. Die Wichtigkeit der Beziehungspflege zu den Lieferanten wird von den Befragten am geringsten bewertet, jedoch stufen immerhin noch 40,8 % der befragten Krankenhausgeschäftsführer diese als hoch oder sehr hoch ein. Der Blick auf die Ergebnisse hinsichtlich der Beziehungspflege zu den Fremdkapitalgebern veranschaulicht, dass mehr als die Hälfte der Geschäftsführer auch die Beziehungspflege zu den Fremdkapitalgebern als wichtig oder sehr wichtig einschätzen (54,1 %). Jedoch zeigt sich hier eine große Spreizung bei den Befragungsergebnissen, da ebenfalls ein nicht unerheblicher Teil der Befragten die Wichtigkeit der Beziehungspflege zu diesen als sehr gering (10,1 %) oder eher gering (10,7 %) einstuft. Eine Auswertung nach Trägerschaften zeigt, dass insbesondere die privaten und freigemeinnützigen Krankenhäuser die Wichtigkeit der Beziehungspflege zu Fremdkapitalgebern höher bewerten als die Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft: Wichtigkeit der Beziehungspflege zu Fremdkapitalgebern nach Krankenhausträgerschaft Total % Unwichtig Weniger wichtig Neutral Relativ wichtig Sehr wichtig Summe
10,1% 10,7% 25,1% 31,2% 22,9% 100,0%
N 38 40 94 117 86 375
Öffentlich-rechtlich % N 11,5% 16 7,2% 10 36,0% 50 20,9% 29 24,5% 34 100,0% 139
Trägerschaft Privat N 7,7% 13,8% 18,5% 30,8% 29,2% 100,0% %
5 9 12 20 19 65
Freigemeinnützig % N 9,9% 17 12,3% 21 18,7% 32 39,8% 68 19,3% 33 100,0% 171
Tab. 34: Wichtigkeit der Beziehungspflege zu Fremdkapitalgebern nach Krankenhausträgerschaft (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
196
Hospital Governance (Empirischer Teil)
So schätzen 45,5 % der Geschäftsführer von öffentlichen Krankenhäusern die Wichtigkeit der Beziehungspflege zu den Fremdkapitalgebern als hoch oder sehr hoch ein; bei den Geschäftsführern privater Krankenhäuser sind es 60,0 %, in freigemeinnütziger Trägerschaft 58,1 %. Fast ein Drittel der Befragten gab zudem an, dass – neben dem Aufsichtsgremium – ein weiteres Organ, in dem die Interessenvertretung sonstiger Anspruchsgruppen gewährleistet wird (z.B. Beirat), vorhanden ist:
Abb. 39: Vorhandensein eines weiteren Organs zur Interessenvertretung sonstiger Anspruchsgruppen (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Empirische Untersuchung
4.2.5.2
197
Grad der Hospital Governance
Nachdem die Ergebnisse der Befragung zum Stand der Hospital Governance vorliegen, soll nachfolgend eine Antwort auf die Fragestellung gefunden werden, in welchem Maße und in welchen Bereichen die Krankenhäuser bereits diejenigen Voraussetzungen erfüllen, die an eine gute Hospital Governance zu stellen sind. Jede Bewertung setzt zunächst die Anwendung eines Maßstabes voraus, den es zu erarbeiten und zu begründen gilt. Zu diesem Zweck wird in einem ersten Schritt auf Basis der bereits in Kapitel 3 vorgestellten theoretischen Grundsätze der Hospital Governance ein Evaluierungsschema (Hospital Governance Scorecard) entwickelt, das eine Bewertung der Voraussetzungen für eine gute Hospital Governance zulässt (4.2.5.2.1). Im Anschluss daran werden in einem zweiten Schritt die Ergebnisse zur Hospital Governance, die sich aus der Anwendung des Evaluierungsschemas ableiten lassen, vorgestellt (4.2.5.2.2).
4.2.5.2.1 Entwicklung des Evaluierungsschemas Wie ausgeführt, ist die Hospital Governance noch ein sehr junger Forschungszweig, der durch einen geringen Ausprägungsgrad der Theoriebildung und empirischen Forschung gekennzeichnet ist. Dies erschwert zwar einerseits die Erarbeitung eines theoretischen Bezugsrahmens und Maßstabes, um zu einer Bewertung der Voraussetzungen für eine gute Hospital Governance zu gelangen, eröffnet aber andererseits auch die Möglichkeit, neue Elemente zu integrieren und dadurch innovative Impulse für die Hospital-Governance-Forschung zu setzen. Das nachfolgend beschriebene Evaluierungsschema lehnt sich im methodischen Ansatz und der äußeren Darstellungsform an das von der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) entwickelte Modell zur Analyse der tatsächlichen Governance-Verhältnisse börsennotierter Aktiengesellschaften in Bezug auf die Empfehlungen und Anregungen des DCGK an.
409
Anders als dieses hat es jedoch
nicht das Ziel, den Erfüllungsgrad der Corporate Governance eines einzelnen Unter-
409
Die DVFA hat unter Leitung von Prof. Dr. Alexander Bassen auf Basis des DCGK ein Modell entwickelt (Scorecard for German Corporate Governance), mit dem Ziel, ein Analysewerkzeug für Analysten und Investoren zur Beurteilung der tatsächlichen Governance-Verhältnisse börsennotierter Aktiengesellschaften in Deutschland zur Verfügung zu stellen. Vgl. DVFA (2006).
198
Hospital Governance (Empirischer Teil)
nehmens zu messen, sondern den in der empirischen Erhebung ermittelten Stand der Hospital Governance der Krankenhäuser in Deutschland insgesamt den SollStandards gegenüberzustellen. Ausgangspunkt und Bezugsrahmen für das zu erarbeitende Evaluierungsschema bildet die im theoretischen Teil dieser Arbeit vorgenommene begriffliche Konkretisierung der Hospital Governance, die auch den Aufbau der bisherigen empirischen Untersuchung dominiert. Demnach befasst sich die Governance mit der Funktionsweise und Zusammenarbeit im inneren Kreislauf des Krankenhauses zwischen Aufsichtsgremium, Krankenhausgeschäftsführung und Revision. Gleichzeitig wird das Krankenhaus im Außenverhältnis entscheidend durch die Beziehung zu den verschiedenen
Anspruchsgruppen
(Krankenhausstakeholder)
bestimmt.
Die
Steuerungsfunktion, die von den Eigentümern (Krankenhausshareholder) ausgeht, kann demgegenüber aufgrund der besonderen Eigentumsverhältnisse bei der Mehrzahl der Krankenhäuser in Abhängigkeit von der Krankenhausträgerschaft als nachrangig erachtet und vernachlässigt werden (vgl. Kapitel 3.3.1). Aus diesen Überlegungen lässt sich folgende Grundeinteilung in vier Dimensionen für das Evaluierungsschema vornehmen:
Interne Hospital Governance
Externe Hospital Governance
I. Aufsichtsgremium
II. Krankenhausgeschäftsführung
Hospital Governance
III. Revision
Abb. 40: Dimensionen der Hospital Governance Scorecard (Quelle: eigene Darstellung)
IV. Krankenhausstakeholder
Empirische Untersuchung
199
Um zu einer Bewertung der Voraussetzungen für eine gute Hospital Governance zu gelangen, werden aufbauend auf der Grundeinteilung die in Abb. 40 dargestellten vier Dimensionen x
Aufsichtsgremium (Dimension I)
x
Krankenhausgeschäftsführung (Dimension II)
x
Revision (Dimension III)
x
Stakeholderorientierung (Dimension IV)
ihrerseits durch verschiedene Einzelkriterien ausgefüllt. Theoretische Grundlage und Fundierung der Kriterien bilden dabei nachfolgende Quellen: x
der DCGK bzw. die in Anlehnung an den DCGK erarbeiteten Kodizes für öffentliche und freigemeinnützige Unternehmen, die den aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis widerspiegeln,
x
weitere wissenschaftlich fundierte Empfehlungen zur (Hospital) Governance aus dem deutschsprachigen Raum und
x
die Erkenntnisse der (Hospital-)Governance-Forschung aus dem internationalen Raum, sofern die spezifischen Merkmale der Hospital Governance eine Übertragung zulassen.
Als Beurteilungsmaßstab werden somit sowohl die in jüngster Vergangenheit durch die
akademische
Forschung erarbeiteten
Grundsätze als auch die durch
verschiedene Verbände vorgestellten Kodizes, die alle den Versuch gemein haben, Standards guter Hospital Governance zu formulieren, herangezogen. Ziel ist es, die im vorangegangenen Abschnitt vorgestellten empirischen Untersuchungsergebnisse zum tatsächlichen Stand der Hospital Governance (inter)national geltenden „Best Practice Standards“ der Hospital Governance gegenüberzustellen. Zum einen können hierdurch Aussagen getroffen werden, inwieweit die Krankenhäuser tatsächlich bereits die Voraussetzungen für eine gute Hospital Governance erfüllen. Zum anderen können aus dem Ergebnis für die künftige Ausgestaltung der Hospital Governance Empfehlungen abgeleitet werden.
200
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Folgende Einschränkungen sind allerdings bei der Erarbeitung und Anwendung des Evaluierungsschemas zu beachten: x
Die für eine Beurteilung der Hospital Governance herangezogenen Einzelkriterien und somit das Evaluierungsschema bzw. die Hospital Governance Scorecard können keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Grundlage für diese stellt der im Rahmen der empirischen Erhebung erarbeitete Fragenkatalog dar. Manche Hospital-Governance-relevante Fakten sind jedoch zu sensibel, als dass sie über einen schriftlichen Fragenkatalog ermittelt werden können (z.B. differenzierte Fragen zur Vergütung oder zur Haftung). Auch müssen sich die Befragung und entsprechend das Evaluierungsschema hinsichtlich der Detailtiefe an einigen Stellen auf „äußere Einflusskriterien“ beschränken, um der Gefahr der Non-Response entgegenzuwirken (z.B. Fragen zur Interessensabhängigkeit der Mitglieder im Aufsichtsgremium).
x
Darüber hinaus ist zu beachten: Auch wenn die zur Begründung der Einzelkriterien zugrunde gelegten Maßstäbe den in Kodizes und in der wissenschaftlichen Forschung verwendeten Best-Practice-Standards entsprechen, so gilt doch, dass es einen „one size fits all“-Ansatz nicht gibt. Deshalb können auch unter perfekter Beachtung von „Best Practice“ und „Good Governance“ der Erfolg und die Funktionsfähigkeit eines Krankenhauses nicht automatisch herbeigeführt werden. Die Einzelkriterien als Voraussetzung für gute Hospital Governance sind wichtige, aber nicht hinreichende Bedingung. Sie garantieren keinen Erfolg, sondern können nur einen Annäherungswert guter Hospital Governance abbilden.
Die Einzelkriterien werden nunmehr vorgestellt.
Empirische Untersuchung
201
Dimension I: Aufsichtsgremium Für die Dimension „Aufsichtsgremium“ werden folgende Einzelkriterien als Bemessungsgrundlage herangezogen:
I.
Erfüllung
Aufsichtsgremium
1 I.1 I.2 I.3 I.4
Ist mindestens ein Ökonom Mitglied des Aufsichtsgremiums?
I.5
Ist mindestens ein Arzt Mitglied des Aufsichtsgremiums?
I.6
Gibt es eine zeitliche Befristung der Amtsdauer für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums?
I.7
Führt das Aufsichtsgremium mehr als 3 Sitzungen im Jahr durch?
I.8 I.9 I.10 I.11 I.12
I.13
0
Besteht ein duales Führungssystem (d.h. eine institutionalisierte Trennung zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsgremium)? Ist die strukturelle Arbeitsfähigkeit des Aufsichtsgremiums gegeben, d.h. besteht das Aufsichtsgremium aus nicht mehr als 10 Mitgliedern? Setzt sich das Aufsichtsgremium überwiegend oder ausschließlich aus externen (d.h. außeroder nebenberuflichen) Mitgliedern zusammen?
Existiert ein schriftlich hinterlegtes Anforderungsprofil für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums? Ist die Kontrollfunktion des Aufsichtsgremium (Control Role) hoch oder sehr hoch ausgeprägt? Ist die Unterstützungsfunktion des Aufsichtsgremiums (Support Role) hoch oder sehr hoch ausgeprägt? Ist das Aufsichtsgremium in hohem oder sehr hohem Maße in strategische Aufgaben einbezogen? Fungiert das Ausichtsgremium in hohem oder sehr hohem Maße als Bindeglied zwischen Krankenhaus und externem Umfeld (Linking Role)? Fungiert das Aufsichtsgremium in hohem oder sehr hohem Maße als Koordinator, um die spezifischen Stakeholder Gruppen und ihre jeweilige Interessenslage zu berücksichtigen (Coordinating Role)?
Abb. 41: Einzelkriterien der Dimension I Aufsichtsgremium (Quelle: eigene Darstellung)
I.1: Duales Führungssystem Auch wenn Krankenhäusern von Gesetzes wegen in der Regel kein spezielles Führungssystem vorgegeben wird, so stellt die Verankerung eines dualen Führungssystems, d.h. der institutionalisierten Trennung von Aufsicht und Leitung, das zentrale Element für eine funktionsfähige Governance dar, und zwar sowohl unter dem Gesichtspunkt der Risikominimierung von Missbrauch als auch zur Optimierung der Wettbewerbsfähigkeit.
410
Entsprechend wird sowohl in der wissenschaftlichen
Forschung als auch in allen Kodizes dieses Kriterium als grundlegendes Merkmal der Governance benannt: „Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine gute und
410
Vgl. Malik (2008), S. 65 ff.
202
Hospital Governance (Empirischer Teil)
verantwortungsvolle Unternehmensführung ist die Trennung der Funktion von Führung und Aufsicht … durch das duale Führungssystem“
411
.
I.2: Größe des Aufsichtsgremiums Die Größe des Aufsichtsgremiums ist ein kritisches Kriterium für seine Effektivität.
412
Eine allgemein gültige, ideale Größe für dieses existiert jedoch nicht. Dies ist nicht zuletzt auf folgenden Zielkonflikt zurückzuführen: „The issue of Board size involves a balance between two important governance effectiveness considerations. On the one hand, there is the need to ensure a proper diversity of perspectives, backgrounds, expertise and experience within a Board. On the other hand, there is the need to keep Board size sufficiently small to facilitate open and effective dialogue and the full participation and contribution of each director“
413
. In Publikationen zur
Corporate Governance wird zumeist als Orientierungsgröße eine Zahl zwischen 2 und 10 Mitgliedern indiziert, wobei insbesondere bei der Mindestgröße des Aufsichtsgremiums keine Einigkeit herrscht und die Empfehlungen zwischen 2 und 6 Mitgliedern variieren.414 Auch die Kodizes treffen keine genaue Aussage über die Größe des Aufsichtsgremiums. Vielmehr stellen sie den Vordergrund, dass sich die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsgremiums an „der Größe und Bedeutung der 415
Einrichtung“
orientieren und so bemessen sein sollte, „dass das Aufsichtsgremium
arbeitsfähig ist“416. Letzterer Punkt stellt darauf ab, dass ab einer gewissen Größe das Aufsichtsgremium in seiner Arbeitsfähigkeit und Entscheidungsfindung deutlich
411
412 413 414
415 416
AWO Unternehmenskodex (2008), S. 195; vgl. auch Arbeitshilfe 182 (2007), S. 18; Corporate Governance Kodex für die Diakonie Württemberg (2005), S. 4; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 3; DCGK (2009), S. 2; PCGK (2009), S. 2; Malik (2008), S. 38 ff. Vgl. Zöllner (2007), S. 128 ff.; Malik (2008), S. 182. Canadian Comprehensive Auditing Foundation (2001). Vgl. Arbeitshilfe 182 (2007), S. 20; Hilb (2008), S. 52; Malik (2008), S. 184. Eine Ausnahme bilden Aktiengesellschaften, da für diese gesetzlich die Zahl der Aufsichtsräte vorgeschrieben ist. Für mitbestimmungsfreie Aktiengesellschaften ist eine Mindestzahl von drei Aufsichtsräten vorgeschrieben, eine darüber hinausgehende Zahl von Aufsichtsräten muss durch drei teilbar sein, vgl. § 95 AktG. Darüber hinaus darf in mitbestimmten Unternehmen, in denen die paritätische Besetzung des Aufsichtsrats Pflicht ist, die Größe des Aufsichtsgremiums bei Unternehmen bis 10.000 Arbeitnehmer 12, bis 20.000 Arbeitnehmer 16 und darüber 20 Mitglieder nicht überschreiten, vgl. §7 Abs. 1 MitbestG. AWO Unternehmenskodex (2008), S. 200. Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 6.
Empirische Untersuchung
eingeschränkt ist.
417
203
In der Literatur wird die These vertreten, dass als kritische
Obergrenze ein Aufsichtsgremium aus nicht mehr als 10 Mitgliedern bestehen sollte, um noch effektiv arbeiten zu können.
418
Sowohl international als auch national ist
eine deutliche Tendenz zur Verkleinerung des Aufsichtsgremiums festzustellen. 419 Im Evaluierungsschema wird als Erfüllungsmaßstab das Vorhandensein der strukturellen Arbeitsfähigkeit des Aufsichtsgremiums mit einer Obergrenze von bis zu 10 Mitgliedern zugrunde gelegt. I.3: Unabhängigkeit des Aufsichtsgremiums (externe Mitglieder) Die Unabhängigkeit der Aufsichtsgremiumsmitglieder bildet die Grundvoraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsgremiums. So dürfen die Mitglieder des Aufsichtsgremiums einerseits in ihrer Interessenslage nicht vom Krankenhaus berührt sein, andererseits darf aber auch das Krankenhaus nicht von der Interessenslage der Aufsichtsgremiumsmitglieder abhängig sein. 420 Das Kriterium der Unabhängigkeit der Aufsichtsgremiumsmitglieder wird auch in den Kodizes aufgegriffen: „Um eine unabhängige Beratung und Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat zu ermöglichen, soll dem Aufsichtsrat eine nach seiner Einschätzung ausreichende Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören. Ein Aufsichtsratsmitglied ist als unabhängig anzusehen, wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen Interessen-
417
418
419 420
Empirische Beobachtungen über das Verhalten von Aufsichtsgremiumsmitgliedern konstatieren mit zunehmender Größe des Aufsichtsgremiums negative Effekte. Dies führen sie darauf zurück, dass zum einen mit einer steigenden Mitgliederzahl Kommunikations- und Koordinationsprobleme verstärkend auftreten, zum anderen sich mit der Anzahl der Mitglieder die Free-Rider-Problematik erhöhen würde. Zwar stiege mit zunehmender Größe des Aufsichtsgremiums theoretisch auch die Kontrollkapazität des Gremiums, dieser positive Effekt würde jedoch durch die negative Auswirkungen zunehmend kompensiert. Vgl. Lipton/Lorsh (1992); Jensen (1993); John/Senbet (1998), S. 385. Malik führt hierzu aus: „Eine Gruppe, die mehr als zehn Personen umfasst, ist als solche, das heißt als Ganzheit nicht arbeitsfähig. Sie ist entweder unwirksam, oder es entsteht zwangsläufig eine innere Struktur, oder man muss ihr eine solche geben. Es gibt keinen Grund für die Mammutaufsichtsorgane, wie sie so häufig festzustellen sind, außer jenem, sie de facto unwirksam zu machen oder einigen wenigen Personen eine in letzter Konsequenz nicht kontrollierbare Macht in die Hand zu spielen“, Malik (2008), S. 183. Andere Publikationen gehen sogar von einer noch kleineren optimalen Gremiengröße von maximal sieben bis neun Mitgliedern aus, vgl. Jensen (1993), S. 865; Hilb (2008), S. 52. Vgl. The Governance Institute (2008), S. 5 ff.; Malik (2008), S. 182. Vgl. Malik (2008), S. 188 f.
204
konflikt begründet“
Hospital Governance (Empirischer Teil) 421
. Da die Beantwortung der Frage, ob – die Unabhängigkeit
gefährdende – geschäftliche oder persönliche Beziehungen vorliegen, eine subjektive und komplexe Bewertung erforderlich macht, die über eine schriftliche Befragung kaum zu entschlüsseln ist, hat sich der Fragebogen, der dem Bewertungsmodell zugrunde liegt, auf die Frage konzentriert, ob dem Aufsichtsgremium des Krankenhauses ausschließlich oder überwiegend Mitglieder angehören, die keine Mitarbeiter sind, also die Mitgliedschaft außer- oder nebenberuflich wahrnehmen. Dieses Kriterium wird als Erfüllungsmaßstab zugrunde gelegt. I.4, I.5: Ökonomische und ärztliche Kompetenz im Aufsichtsgremium Neben der Unabhängigkeit der Aufsichtsgremiumsmitglieder stellt die fachliche Kompetenz der Aufsichtsgremiumsmitglieder eine weitere Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Tätigkeit des Aufsichtsgremiums dar. Auch hier gilt – ebenso wie für die Größe des Aufsichtsgremiums –, dass es keinen allgemein gültigen Maßstab für die fachliche Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums gibt.
422
Jedoch besteht
Übereinstimmung, „dass dem Überwachungsorgan nur Mitglieder angehören (sollten), die über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen …, die Aufgaben eines Mitgliedes des Überwachungsorgans wahrzunehmen“
423
. Auch
sollten „die Mitglieder des Aufsichtsgremiums möglichst über unterschiedliche Qualifikationen verfügen“ und „es soll darauf geachtet werden, dass sich die Mitglieder des Aufsichtsgremiums … ergänzen“
424
. Unter Beachtung dieser
Vorgaben lassen sich zumindest zwei Kompetenzbereiche identifizieren, die vorhanden sein sollten, um die Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die an ein Aufsichtsgremium im Krankenhaus gestellt werden, erfolgreich erfüllen zu können: die ökonomische und die fachspezifische, d.h. im Krankenhaus die ärztliche
421
422 423 424
DCGK (2009), S. 11. Vgl. auch AWO Unternehmenskodex (2008), S. 200; Arbeitshilfe 182 (2007), S. 21 ff.; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 8; PCGK (2009), S. 22; Corporate Governance Kodex für die Diakonie Württemberg (2005), S. 4. Vgl. Macus (2002), S. 11; Hilb (2008), S. 40. PCGK (2009), S. 22; vgl. auch DCGK (2009), S. 11; Arbeitshilfe 182 (2007), S. 22 . Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 6; vgl. auch DCGK (2009), S. 11; Arbeitshilfe 182 (2007), S. 23.
Empirische Untersuchung
Kompetenz.
425
205
Die besondere Stellung der ärztlichen Kompetenz wird insbesondere
in der internationalen Hospital-Governance-Literatur verstärkt hervorgehoben.
426
Entsprechend wird im Evaluierungsschema die Einbindung von mindestens je einem Mitglied mit ökonomischer und ärztlicher Kompetenz als Erfüllungskriterium herangezogen. I.6: Zeitliche Befristung der Amtsdauer Eine zeitliche Befristung der Amtsdauer ist in Deutschland gesetzlich nicht vorgeschrieben.
427
Um die (unabhängige) Wirksamkeit der Unternehmensaufsicht und
-steuerung zu gewährleisten, aber auch die Innovationsfähigkeit zu erhalten, empfiehlt sich jedoch eine Beschränkung der Amtsperiode, wie sie sowohl in den Kodizes als auch in der wissenschaftlichen Forschung aufgegriffen wird: „Jede Wahl beziehungsweise Berufung soll zeitlich befristet sein, wobei die einmalige oder mehrmalige Wiederwahl möglich sein soll. Allerdings sollte von Zeit zu Zeit die Möglichkeit der personellen Erneuerung des Gremiums bestehen.“ 428 Die zeitliche Befristung der Amtsdauer bildet somit im Evaluierungsschema ein Erfüllungsmerkmal. I.7: Sitzungshäufigkeit des Aufsichtsgremiums Um seinen Aufgaben und Verantwortlichkeiten gerecht zu werden, ist eine Mindestanzahl von Sitzungen des Aufsichtsgremiums erforderlich. Auch diese Frage wird in der wissenschaftlichen Forschung und den Kodizes behandelt. Während der DCGK hierzu keine Empfehlung ausspricht, gehen die für öffentliche und gemeinnützige 425
426
427
428
Vgl. AWO Unternehmenskodex (2008), S. 200; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 6; Arbeitshilfe 182 (2007), S. 23. Vgl. Oliva/Totten (2007), S. 3 und 19 ff.; Pointer/Orlikoff (1999), S. 177 ff.; Prybil et al. (2009), S. 8; Eeckloo et al. (2004), S. 11; Shortell (1989), S. 17 f. Auch die Vertretung der pflegerischen Kompetenz im Aufsichtsgremium wird zunehmend in der internationalen Hospital-Governance-Forschung diskutiert und gefordert, auch wenn sie sich als „Standard“ guter Hospital Governance noch nicht durchgesetzt hat: „It is key that nurses be as involved as physicians, and I think boards should understand that the performance of the organization depends as much on the well-being, engagement, and capabilities of nursing and nursing leaders, as it does on physicians. I would encourage much closer relationship between nursing and the board“, Berwick (2005), S. 7. Vgl. auch Betbeze (2007), S. 55 ff. Nur für Aktiengesellschaften ist eine Höchstdauer der Amtsperiode vorgesehen, die in der Praxis regelmäßig fünf Jahre beträgt. Die unlimitierte Wiederwahl ist jedoch möglich, vgl. § 102 AktG. Arbeitshilfe 182 (2007), S. 23; vgl. auch AWO Unternehmenskodex (2008), S. 200; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 6; PCGK (2009), S. 19; DCGK (2009), S. 12; Corporate Governance Kodex für die Diakonie Württemberg (2005), S. 4.
206
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Einrichtungen aufgestellten Regelwerke von einer Sitzungshäufigkeit des Aufsichtsgremiums von mindestens drei bis vier Sitzungen im Jahr aus,
429
wobei „in
Abhängigkeit von der Situation der Einrichtung … von dem/der Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums auch mehr Sitzungen anberaumt werden“
430
können. Malik weist
darauf hin, dass zwangsläufig mindestens eine Sitzung für die Behandlung der Geschäftsergebnisse des abgelaufenen Geschäftsjahres benötigt wird sowie eine weitere Sitzung für die Verabschiedung der operativen Planung und des Budgets für das folgende Geschäftsjahr. Es seien jedoch weitere Sitzungen erforderlich, um sich mit grundsätzlichen Fragestellungen des Unternehmens zu befassen, wobei unter Umständen in Abhängigkeit von der Größe, aber auch der spezifischen Situation des Unternehmens (z.B. Krisenzeiten) mehr als vier Sitzungen benötigt würden. 431 Im Evaluierungsschema wird als Erfüllungskriterium das Erfordernis „mehr als drei Sitzungen im Jahr“ unterstellt. I.8: Anforderungsprofil für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums In
der
Literatur
wird
ebenfalls
die
Vorgabe
eines
schriftlich
Anforderungsprofils für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums gefordert.
hinterlegten 432
Im Sinne
einer optimierten Hospital Governance ist ein solches schriftliches Anforderungsprofil wünschenswert, damit bei der Auswahlentscheidung für die Rekrutierung der Mitglieder des Aufsichtsgremiums, aber auch für das einzelne Mitglied und für seine Bereitschaft zur Mitwirkung die notwendige Klarheit besteht: „… an extremely common cause of governance ineffectiveness is confusion among board members about what their roles and responsibilities are. Further there is often confusion about the board’s roles and responsibilities in relation to those of management, the medical staff, and other physician organization, other boards and committees of the board. Moreover, it is frequently unclear what the jobs of the board chair, committee chair and board member are“
429
430 431 432
433
433
. Gegenstand eines schriftlichen Anforderungsprofils
Vgl. PCGK, S. 19; AWO Unternehmenskodex (2008), S. 201; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 7; Corporate Governance Kodex für die Diakonie Württemberg (2005), S. 5; Arbeitshilfe 182 (2007), S. 23. Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 7. Vgl. Malik (2008), S. 201 f. Vgl. auch Witt (2003), S. 87 f.; Zöllner (2007), S. 39. Vgl. Orlikoff/Totten (2001), S. 15; Prybil et al. (2009), S. 12 f.; Alliance for Advancing Nonprofit Health Care (2005), S. 5 ff.; Hilb (2008), S. 48. Orlikoff/Totten (2001), S. 15.
Empirische Untersuchung
207
können Fragen zur zeitlichen Inanspruchnahme (Sitzungshäufigkeit, sitzungsexterne Vorbereitungs- und Einsatzzeiten) und Einbringung fachlicher Kompetenzen, aber auch Vergütungs- und Haftungsfragen sein. Das Vorhandensein eines schriftlichen Anforderungsprofils wird als Erfüllungskriterium für die Hospital Governance herangezogen. I.9: Kontrollierende Rolle des Aufsichtsgremiums Dass die Kontrollfunktion zu den wesentlichen Merkmalen des Aufsichtsgremiums gehört, bedarf keiner näheren Begründung. Entsprechend wird diese Aufgabe in allen Kodizes benannt und in der wissenschaftlichen Forschung ausführlich diskutiert.
434
Sie bildet ein Einzelkriterium des Evaluierungsschemas.
I.10: Beratende und unterstützende Rolle des Aufsichtsgremiums Gleichsam mit der kontrollierenden Rolle mit benannt in den Kodizes, aber inhaltlich deutlich davon zu unterscheiden ist die beratende und unterstützende Rolle des Aufsichtsgremiums. Beispielhaft hierfür steht folgende Formulierung im DCGK, wonach die Aufgabe des Aufsichtsorgans darin besteht, „den Vorstand bei der Leitung des Unternehmens regelmäßig zu beraten und zu überwachen.“ 435 Allein diese Formulierung verdeutlicht, dass sich die Verantwortlichkeit nicht nur auf eine (nachlaufende) Kontrollfunktion beschränken darf, sondern im gleichen Maße auch die Beratung und Begleitung der Geschäftsführung umfasst. Die Beratung und Unterstützung kann sich dabei auf strategische Fragestellungen beziehen, aber auch andere für das Unternehmen wichtige oder risikobehaftete Entscheidungen betreffen. Die „Support Role“ ist ebenfalls ein Kriterium des Evaluierungsschemas. I.11 Einbeziehung in strategische Fragestellungen Wie an verschiedenen Stellen betont, umfasst ein modernes Verständnis von Corporate Governance und entsprechend auch der Hospital Governance nicht nur 434
435
Vgl. Malik (2008), S. 175 f.; Hilb (2008), S. 99 ff.; DCGK (2009), S. 10; PCGK (2009), S. 18; AWO Unternehmenskodex (2008), S. 201; Arbeitshilfe 182 (2007), S. 25; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 6; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 5. DCGK (2009), S. 10. Vgl. auch PCGK (2009), S. 18; AWO Unternehmenskodex (2008), S. 201; Arbeitshilfe 182 (2007), S. 25; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 6; Corporate Governance Kodex für die Diakonie Württemberg (2005), S. 5; Golden/Zajac (2001).
208
Hospital Governance (Empirischer Teil)
den Schutz der Anteilseigner oder weiteren Anspruchsgruppen vor Machtmissbrauch oder interessenwidrigem Verhalten des Managements, sondern schließt gleichrangig diejenigen Erfordernisse ein, die Leitungsorgane erfüllen müssen, um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern.
436
Dies muss sich in der „strategischen
Funktion“ des Aufsichtsgremiums wiederfinden. Entsprechend enthalten die Kodizes folgende Formulierungen: „Die Geschäftsleitung stimmt auf der Grundlage von Unternehmensgegenstand und Unternehmenszweck die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit dem Überwachungsorgan ab und erörtert mit ihm in regelmäßigen Abständen den Stand der Strategieumsetzung.“
437
Grundvoraussetzung
hierfür stellt die zeitnahe Einbindung des Aufsichtsgremiums bei allen strategischen Fragestellungen und Entscheidungen dar.
438
Die Einbindung des Aufsichtsgremiums
in strategische Fragestellungen ist somit ein Einzelkriterium im Evaluierungsschema. I.12 Bindegliedfunktion des Aufsichtsgremiums Auch entspricht es dem in dieser Arbeit zugrunde gelegten umfassenden Verständnis der Hospital Governance, diese nicht nur auf Krisenvermeidung durch interne Kontrollmechanismen zu beschränken, sondern zusätzlich auch auf die Stärkung des Krankenhauses im Wettbewerb auszurichten. Hierzu gehören zwingend die Herstellung und Pflege der Verbindungen zum Krankenhausumfeld, insbesondere zu wichtigen Ressourceninhabern, auf die das Krankenhaus angewiesen ist (z.B. Kostenträger, Fremdkapitalgeber).
439
Dies ist Aufgabe der
Geschäftsführung, aber nicht allein. Auch das Aufsichtsgremium hat hier eine wichtige Bindegliedfunktion (Linking Role) zu erfüllen.
440
Hilb formuliert hierzu: „Es ist
Aufgabe des Boards, die Kommunikation zwischen dem Spital und allen relevanten Anspruchsgruppen sicherzustellen.“
441
Im Evaluierungsschema wird die Linking Role
des Aufsichtsgremiums als Erfüllungskriterium berücksichtigt. 436 437
438 439 440
441
Vgl. Malik (2008), S. 176 f.; Hilb (2008), S. 56 f. PCGK (2009), S. 7. Vgl. auch DCGK (2009), S. 10; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 6; AWO Unternehmenskodex (2008), S. 198 und S. 201; Corporate Governance Kodex für die Diakonie Württemberg (2005), S. 5. Vgl. Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 6. Vgl. Kapitel 2.3.1.1, 3.3.2 und 3.4.1.1. Vgl. Health Research and Educational Trust (2007), S. 9 ff.; Shortell (1989), S. 16 f.; Malik (2008), S. 180 f.; Hilb (2008), S. 119 ff.; Baysinger/Zardkoohi (1986); Mizruchi/Stearns (1988); Pfeffer/Salancik (1978); Thaler/Voggensperger (2004), S. 71 f. Hilb (2008), S. 119.
Empirische Untersuchung
209
IV.2: Koordinierende Rolle des Aufsichtsgremiums In enger Verbindung zur Linking Role steht die koordinierende Rolle des Aufsichtsgremiums (Coordinating Role). Geht es bei Ersterem um die Pflege der Beziehungen zu den Krankenhausstakeholdern, so zielt die koordinierende Funktion auf den Interessenausgleich mit allen internen und externen Stakeholdern ab, einerseits im Interesse der Stakeholder, andererseits aber auch im Interesse des Krankenhauses selbst zur Sicherung und Stärkung seiner Stellung im Wettbewerb. 442 Neben der Geschäftsführung hat hier auch das Aufsichtsgremium eine eigene Rolle als Koordinator, um die spezifischen Stakeholdergruppen (z.B. Patienten, Mitarbeiter, Öffentlichkeit) und ihre jeweilige Interessenlage zu berücksichtigen: „As professional supervisors, the board members will then be able to constitute a buffer between the sectional interests of the stakeholders and the common objectives of the organization. Although the interests of the organization come first, the board will need in particular to establish that the management has arrived at a balanced consideration of organization.“
443
the interests of
all the stakeholders concerned in the
Malik bezeichnet diese Funktion als eine Schlüsselaufgabe des
Aufsichtsorgans: „Daher muss es mit zu den Aufgaben eines Aufsichtsorgans gehören, sich mit den zahlreichen Konstituenten zu befassen und vor allem mit der Frage, ob, in welchem Ausmaße und allenfalls wie deren legitime oder faktische Ansprüche oder Interessen zu befriedigen sind.“
444
Im Evaluierungsschema wird die
koordinierende Rolle des Aufsichtsgremiums als Einzelkriterium herangezogen.
442 443
444
Vgl. Kapitel 2.3.1.1, 3.3.2 und 3.4.1.1. Eeckloo et al. (2004), S. 13. Vgl. auch Health Care Governance Commission (1999), S. 46; Hung (1998), S. 106. Malik (2008), S. 181.
210
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Dimension II: Krankenhausgeschäftsführung Für die Bewertung der Hospital Governance in der Dimension „Geschäftsführung“ werden folgende Einzelkriterien zugrunde gelegt, die in einem engen Zusammenhang mit Steuerungs- und Kontrollfunktion des Aufsichtsgremiums stehen:
Erfüllung
II. Krankenhausgeschäftsführung
1 II.1
Existiert eine schriftlich fixierte Zielvereinbarung?
II.2
Falls ja, wird diese jährlich angepasst?
II.3
Werden - wenn die monetären Vergütungsteile der Geschäftsführung neben fixen auch variable Bestandteile umfassen - bei den variablen Vergütungsbestandteilen neben finanzwirtschaftlichen Größen ebenfalls weitere Komponenten berücksichtigt?
II.4 II.5 II.6
445
0
Gehört die Entwicklung der strategischen Ausrichtung zum Aufgabenbereich der Geschäftsführung? Gehört die Einrichtung eines geeigneten Risikomanagementsystems und –controllings zu den Aufgabengebieten der Geschäftsführung? Existieren nur sehr geringe oder geringe Überschneidungen zwischen den Aufgabenbereichen der Geschäftsführung und des Aufsichtsgremiums
Abb. 42: Einzelkriterien der Dimension II Krankenhausgeschäftsführung (Quelle: eigene Darstellung)
II.1, II.2, III.3: Vergütungs- und Anreizsystem In der wissenschaftlichen Forschung zur Corporate Governance werden das Vergütungssystem und die hiervon ausgehende Anreizwirkung des Leitungsorgans als wichtiger
Steuerungsmechanismus
identifiziert.446
Diskutiert
wird
in
diesem
Zusammenhang vornehmlich die Anknüpfung leistungsabhängiger Vergütungsbestandteile an bestimmte Merkmale. Auch die Kodizes stellen das Vergütungs- und Anreizsystem als zentrales Thema heraus und sprechen hierzu Empfehlungen aus. Dabei stehen die Angemessenheit der Vergütung, das Verhältnis von fixen und variablen
Vergütungsbestandteilen
und
insbesondere
die
Offenlegung
der
Vergütungsstrukturen im Mittelpunkt. Eine konkrete Regelung enthält der für
445
446
Im Rahmen der empirischen Erhebung wurde ebenfalls nach der Struktur der Krankenhausgeschäftsführung (singuläre, duale, multiple Leitungsorganisation) und nach dem beruflichen Hintergrund der Mitglieder des Leitungsorgans gefragt; über die Ergebnisse der Befragung wurde unter 4.2.5.1 berichtet. Auf eine Einbeziehung als Einzelkriterien in das Evaluierungsmodell wird jedoch verzichtet, da sowohl hinsichtlich der Strukturentscheidung als auch der beruflichen Zusammensetzung keine allgemeingültige Empfehlung ausgesprochen wird. Diese wichtigen Fragen sind vielmehr durch den Krankenhausträger situationsbedingt zu entscheiden. Vgl. Shleifer/Vishny (1997); Schmid (1997), S. 77.
Empirische Untersuchung
211
Beteiligungsunternehmen
des
Bundes
geltende
neue
PCGK:
„Variable
Komponenten der Vergütung sollen vor Beginn eines jeden Geschäftsjahrs in einer Zielvereinbarung mit dem Überwachungsorgan niedergelegt werden und sich an einer nachhaltigen Unternehmensführung orientieren“
447
. Die im Zusammenhang mit
dem Vergütungs- und Anreizsystem der Krankenhausgeschäftsführung verbundenen Fragen sind zu differenziert und zu sensibel, als dass sie durch eine schriftliche Befragung im Rahmen dieser empirischen Untersuchung ergründet werden könnten. Die empirische Abfrage und entsprechend das Evaluierungsschema müssen sich deshalb auf die „äußeren“ Kriterien x
Vorliegen einer Zielvereinbarung (II.1)
x
Jährliche Anpassung der Zielvereinbarung (II.2)
x
Berücksichtigung
nichtmonetärer
Zielgrößen
bei
variablen
Vergütungs-
bestandteilen (II.3) beschränken. Aus der theoretischen Vielzahl der für das Vergütungs-/ Anreizsystem in Frage kommenden Messgrößen wurden die o.g. Kriterien aus folgenden Gründen ausgewählt: Über die Zielvereinbarung kann das Aufsichtsgremium am wirksamsten seine
strategische
Steuerungsfunktionen
im
Verhältnis
zur
Krankenhaus-
geschäftsführung wahrnehmen und zugleich transparente Maßstäbe für die Leistungsvergütung aufstellen. Eine Zielvereinbarung kann ihre effektive Steuerungsfunktion nur dann erfüllen, wenn sie kontinuierlich angepasst wird. Das multidimensionale Zielsystem des Krankenhaussektors legt es nahe, das Anreizsystem nicht nur mit Formalzielen, sondern auch mit Sachzielen zu verknüpfen. II.4: Krankenhausgeschäftsführung als strategische Aufgabe Sowohl im Schrifttum zur Hospital Governance als auch in verschiedenen Kodizes wird die strategische Ausrichtung als zentrale Aufgabe der Krankenhausgeschäftsführung betont: „Die Geschäftsleitung trägt die originäre Verantwortung für die Leitung des Unternehmens und ist dabei an Unternehmensgegenstand und Unternehmenszweck gebunden. Die Geschäftsleitung entwickelt auf dieser Grundlage die 447
PCGK (2009), S. 16. Vgl. auch DCGK (2009), S. 8 f.; AWO Unternehmenskodex (2008), S. 19.
212
Hospital Governance (Empirischer Teil)
strategische Ausrichtung des Unternehmens, stimmt sie mit dem Überwachungsorgan ab und sorgt für ihre Umsetzung“
448
. Das Merkmal „strategische Ausrichtung
der Geschäftsführung“ wird somit als Einzelkriterium im Rahmen des Evaluierungsschemas zugrunde gelegt. II.5: Verantwortlichkeit für das Risikomanagement und -controlling Neben der strategischen Ausrichtung wird auch die Verantwortlichkeit der Unternehmensleitung zur Einrichtung und Überwachung eines geeigneten Risikomanagements und -controllings durch die Kodizes hervorgehoben: „Die Geschäftsleitung sorgt für ein angemessenes Risikomanagement und Risikocontrolling im Unternehmen“
449
. Auch die wissenschaftliche Forschung der Corporate Governance
setzt sich mit diesem Thema auseinander.450 Die Verantwortlichkeit der Krankenhausgeschäftsführung für ein wirksames Risikomanagement und -controllingsystem ist somit ein Erfüllungskriterium im Evaluierungsschema. II.6: Klare Verantwortlichkeiten von Geschäftsführung und Aufsichtsgremium Ein zentrales Merkmal der Hospital Governance sind klare, d.h. möglichst überschneidungsfreie Zuständigkeiten im Verhältnis von Leitungsorgan und Aufsichtsgremium.451 Dieses Prinzip wird in zahlreichen Kodizes insbesondere aus dem Bereich der gemeinnützigen Verbände betont und ausformuliert. So heißt es beispielsweise im AWO-Unternehmenskodex: „Verantwortungen, Kompetenzen, Pflichten und Aufgabenbereiche müssen von Geschäftsführung und Aufsichtsgremium im Sinne des AWO Unternehmenskodex, der gesetzlichen Vorgaben zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich sowie eines umfassenden Risikomanagementsystems klar voneinander abgegrenzt und schriftlich hinterlegt
448
449
450 451
PCGK (2009), S. 13. Vgl. auch DCGK (2009), S. 7; AWO Unternehmenskodex (2008), S. 198, Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 5; Malik (2008), S. 222 ff. PCGK (2009), S. 14; vgl. auch DCGK (2009), S. 7; AWO Unternehmenskodex (2008), S. 198; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 5; Corporate Governance Kodex für die Diakonie Württemberg (2005), S. 3. Vgl. Löhr/Meyer (2009), S. 12 ff.; Winter (2004), S. 75 ff.; Fiege (2006). Dies bedeutet nicht, dass keine Überschneidungsbereiche existieren dürfen. So fallen beispielsweise strategische Fragestellungen oder aber auch die Pflege zu Schlüsselbeziehungen in den Verantwortungsbereich beider Organe. Vielmehr geht es bei der Abgrenzung der Verantwortlichkeiten von Geschäftsführung und Aufsichtsgremium primär um eine sorgfältig durchdachte Arbeitsteilung. Vgl. Malik (2008), S. 227.
Empirische Untersuchung
213
452
sein“
. Der Diakonische Corporate Governance Kodex und die Arbeitshilfe 182
nehmen darüber hinaus eine Negativabgrenzung vor: „Das Aufsichtsgremium soll in der Regel nicht am operativen Geschäft beteiligt werden“
453
. Erfüllungskriterium im
Evaluationsmodell stellen somit klare Verantwortlichkeiten bzw. nur (sehr) geringe Überschneidungen zwischen beiden Organen dar. Dimension III: Revision Im Evaluierungsmodell werden in der Dimension III „Revision“ folgende Einzelkriterien herangezogen: Erfüllung
III. Revision
1 III.1
Existiert eine interne Revision?
III.2
Trägt der Jahresabschlussprüfer seine Ergebnisse vor dem Aufsichtsgremium vor?
0
Abb. 43: Einzelkriterien der Dimension III Revision (Quelle: eigene Darstellung)
III.1: Interne Revision Die Ansprüche an die interne Revision als prozessunabhängige und möglichst objektive Überwachungsfunktion steigen stetig und ihre hohe Bedeutung wird nicht zuletzt durch die Verabschiedung des BilMoG hervorgehoben. 454 Auch wenn die Kodizes den Begriff der internen Revision nicht explizit verwenden, sondern vielmehr verallgemeinernd fordern, dass „Instrumente einer guten und verantwortungsvollen Unternehmensführung … für die Bereiche Controlling, Leitung und Aufsicht sowie Risikomanagement zu entwickeln und anzuwenden“
455
sind, so kommt der internen
Revision doch eine wesentliche Unterstützungsfunktion zu. Auch im Schrifttum zur Corporate Governance wird eine wirksame Innenrevision gefordert. Malik führt hierzu aus: „Eine funktionierende Topmanagement-Struktur muss aus zwei Organen mit einer sorgfältigen Arbeitsteilung bestehen, ergänzt und unterstützt durch eine
452 453 454 455
AWO Unternehmenskodex (2008), S. 197. Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 6. Vgl. auch Arbeitshilfe 182 (2007), S. 25. Vgl. Kapitel 2.3.1.4 und 3.4.1.4. Corporate Governance Kodex für die Diakonie Württemberg (2005), S. 4. Vgl. auch PCGK (2009), S. 14.
214
Hospital Governance (Empirischer Teil) 456
Revisionsinstanz“
, wobei er verstärkend einen Zusammenhang mit den aktuellen
Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise herstellt: „Mit einer funktionierenden Revision hätten vermutlich alle, sicherlich aber die gröbsten Skandale und Affären der jüngeren Vergangenheit vermieden werden können. Unternehmen brauchen somit eine Revision, die unabhängig von der Abschlussprüfungs-Revision kontinuierlich in Funktion ist“
457
. Die Existenz einer internen Revision bildet ein Erfüllungskriterium im
Evaluierungsschema. III.2: Externe Revision Aus Sicht des Aufsichtsgremiums stellt die Abschlussprüfung die einzige externe Institution dar, die – unabhängig von der Einschätzung der Geschäftsführung – eine objektive Perspektive zur finanziellen Situation des Krankenhauses zu liefern 458
vermag.
Sie hat deshalb im Rahmen des Systems der „Check and Balances“ eine
herausragende Bedeutung. Damit das Aufsichtsgremium seine Steuerungs- und Kontrollfunktion wahrnehmen kann, ist deshalb der Vortrag des Jahresabschlussergebnisses vor dem Aufsichtsgremium eine Grundvoraussetzung. Entsprechend lauten die Formulierungen in den Kodizes: „Die Abschlussprüferin bzw. der Abschlussprüfer nimmt an den Beratungen des Überwachungsorgans bzw. des entsprechenden Ausschusses des Überwachungsorgans über den Jahres- bzw. Konzernabschluss teil und berichtet über die wesentlichen Ergebnisse ihrer bzw. seiner Prüfung“
459
. Zusätzlich enthält z.B. der AWO-Unternehmenskodex auch die
Anregung, dass das Aufsichtsgremium mit dem Abschlussprüfer vereinbart, dass dieser „über alle für die Aufgaben des Aufsichtsgremiums wesentliche Fragestellungen und Vorkommnisse, die sich bei der Durchführung der Abschlussprüfung ergeben, unverzüglich berichtet“
460
. Die Präsentation der Jahresabschlussergebnisse
wird als Erfüllungskriterium in das Evaluierungsschema aufgenommen.
456 457 458 459
460
Malik (2008), S. 171. Malik (2008), S. 211. Vgl. Vogt/Abresch (2003), S. 817. PCGK (2009), S. 29. Vgl. auch DCGK (2009), S. 16; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 9; AWO Unternehmenskodex (2008), S. 203; Corporate Governance Kodex für die Diakonie Württemberg (2005), S. 5; Arbeitshilfe 182 (2007), S. 24. AWO Unternehmenskodex (2008), S. 203. Vgl. auch DCGK (2009), S. 15; PCGK (2009), S. 29; Diakonischer Corporate Governance Kodex (2005), S. 9.
Empirische Untersuchung
215
Dimension IV: Stakeholderorientierung Als Einzelkriterien füllen im Evaluierungsschema folgende Merkmale die Dimension „Stakeholderorientierung“ aus: Erfüllung
IV. Stakeholderorientierung
1 IV.1
Werden Patientenbefragungen durchgeführt?
IV.2
Werden Mitarbeiterbefragungen durchgeführt?
IV.3
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den niedergelassenen Ärtzen vor Ort?
IV.4
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den Krankenkassen?
IV.5
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den Lieferanten?
IV.6
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den Fremdkapitalgebern?
IV.7
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zur Öffentlichkeit?
IV.8
Werden Markt- und Wettbewerbsanalysen durchgeführt?
0
Abb. 44: Einzelkriterien der Dimension IV Stakeholderorientierung (Quelle: eigene Darstellung)
IV.1 bis IV.8: Kenntnis der Interessenlage und Beziehungspflege zu wichtigen Krankenhausstakeholdern Zur Sicherung und Stärkung der Marktstellung des Krankenhauses als Ziel guter Hospital Governance sind die Kenntnis der Interessenlagen der Stakeholder, aber auch die kontinuierliche Beziehungspflege und -gestaltung zu diesen von herausragender Bedeutung.
461
Als wichtige Stakeholdergruppen finden im Evaluierungs-
schema die
461
x
Patienten (IV.1),
x
Mitarbeiter (IV.2),
x
niedergelassenen Ärzte (IV.3),
x
Kostenträger (IV.4),
x
Lieferanten (IV.5),
x
Kapitalgeber (IV.6), aber auch die
x
Öffentlichkeit (IV.7) Vgl. Health Research and Educational Trust (2007), S. 9 ff.; Hilb (2008), S. 121 f.; Malik (2008), S. 180 f. und 227 f.; Klink (2007), S. 169 ff.
216
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Berücksichtigung und stellen Einzelkriterien dar. Auch die Nutzung des Instrumentes „Markt- und Wettbewerbsanalysen“ (IV.8) ist ein wichtiges Merkmal zur besseren Einschätzung der eigenen Markt- und Wettbewerbsposition und wird als Erfüllungsmaßstab im Evaluierungsmodell herangezogen. Dimension I-IV: Gesamtdarstellung des Evaluierungsschemas Nachdem die vier Dimensionen jeweils durch konkrete Einzelkriterien ausgefüllt worden sind, ergibt sich folgende zusammenfassende Darstellung des Evaluierungsschemas (Hospital Governance Scorecard):
Empirische Untersuchung I.
217 Erfüllung
Aufsichtsgremium
1 I.1 I.2 I.3
Besteht ein duales Führungssystem (d.h. eine institutionalisierte Trennung zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsgremium)? Ist die strukturelle Arbeitsfähigkeit des Aufsichtsgremiums gegeben, d.h. besteht das Aufsichtsgremium aus nicht mehr als 10 Mitgliedern? Setzt sich das Aufsichtsgremium überwiegend oder ausschließlich aus externen (d.h. außeroder nebenberuflichen) Mitgliedern zusammen?
I.4
Ist mindestens ein Ökonom Mitglied des Aufsichtsgremiums?
I.5
Ist mindestens ein Arzt Mitglied des Aufsichtsgremiums?
I.6
Gibt es eine zeitliche Befristung der Amtsdauer für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums?
I.7
Führt das Aufsichtsgremium mehr als 3 Sitzungen im Jahr durch?
I.8 I.9 I.10 I.11 I.12
I.13
Existiert ein schriftlich hinterlegtes Anforderungsprofil für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums? Ist die Kontrollfunktion des Aufsichtsgremium (Control Role) hoch oder sehr hoch ausgeprägt? Ist die Unterstützungsfunktion des Aufsichtsgremiums (Support Role) hoch oder sehr hoch ausgeprägt? Ist das Aufsichtsgremium in hohem oder sehr hohem Maße in strategische Aufgaben einbezogen? Fungiert das Ausichtsgremium in hohem oder sehr hohem Maße als Bindeglied zwischen Krankenhaus und externem Umfeld (Linking Role)? Fungiert das Aufsichtsgremium in hohem oder sehr hohem Maße als Koordinator, um die spezifischen Stakeholder Gruppen und ihre jeweilige Interessenslage zu berücksichtigen (Coordinating Role)?
II. Krankenhausgeschäftsführung II.1
Existiert eine schriftlich fixierte Zielvereinbarung?
II.2
Falls ja, wird diese jährlich angepasst?
II.3
Werden - wenn die monetären Vergütungsteile der Geschäftsführung neben fixen auch variable Bestandteile umfassen - bei den variablen Vergütungsbestandteilen neben finanzwirtschaftlichen Größen ebenfalls weitere Komponenten berücksichtigt?
II.4 II.5 II.6
Gehört die Entwicklung der strategischen Ausrichtung zum Aufgabenbereich der Geschäftsführung? Gehört die Einrichtung eines geeigneten Risikomanagementsystems und –controllings zu den Aufgabengebieten der Geschäftsführung? Existieren nur sehr geringe oder geringe Überschneidungen zwischen den Aufgabenbereichen der Geschäftsführung und des Aufsichtsgremiums
III. Revision III.1
Existiert eine interne Revision?
III.2
Trägt der Jahresabschlussprüfer seine Ergebnisse vor dem Aufsichtsgremium vor?
IV. Stakeholderorientierung IV.1
Werden Patientenbefragungen durchgeführt?
IV.2
Werden Mitarbeiterbefragungen durchgeführt?
IV.3
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den niedergelassenen Ärtzen vor Ort?
IV.4
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den Krankenkassen?
IV.5
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den Lieferanten?
IV.6
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den Fremdkapitalgebern?
IV.7
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zur Öffentlichkeit?
IV.8
Werden Markt- und Wettbewerbsanalysen durchgeführt?
Abb. 45: Gesamtdarstellung der Hospital Governance Scorecard (Quelle: eigene Darstellung)
0
218
Hospital Governance (Empirischer Teil)
4.2.5.2.2 Evaluierungsergebnisse Welche Ergebnisse lassen sich auf Grundlage der vorangegangenen theoretischkonzeptionellen Erläuterungen aus der Anwendung des Evaluierungsschemas (Hospital Governance Scorecard) ableiten? Die Berechnung des Erfüllungsgrades der Einzelkriterien und somit auch der Scores der jeweiligen Dimension erfolgt für alle Krankenhäuser ohne Gewichtung, d.h. ein Kriterium gilt entweder als erfüllt (=1) oder nicht erfüllt (=0). Bei Erfüllung aller in einer Dimension zugrunde gelegten Einzelkriterien kann ein Krankenhaus somit einen Score von 100 Punkten erreichen, bei Nichterfüllung aller Kriterien einen Score von 0 Punkten. Zur Beurteilung des Erfüllungsgrades wird folgende Bewertungsskala zugrunde gelegt: Bewertungsskala
Score
Sehr gut
90–100
Gut
70–89
Befriedigend
50–69
Ausreichend
30–49
Mangelhaft
0–29
Tab. 35: Bewertungsskala für den Grad der Hospital Governance (Quelle: eigene Darstellung)
Empirische Untersuchung
219
Dimension I: Aufsichtsgremium Die Ergebnisse für die Dimension Aufsichtsgremium lauten:
I.
Erfüllung
Aufsichtsgremium
1 I.1 I.2 I.3
0
Besteht ein duales Führungssystem (d.h. eine institutionalisierte Trennung zwischen 88,8% 11,2% Geschäftsführung und Aufsichtsgremium)? Ist die strukturelle Arbeitsfähigkeit des Aufsichtsgremiums gegeben, d.h. besteht das 56,8% 43,2% Aufsichtsgremium aus nicht mehr als 10 Mitgliedern? Setzt sich das Aufsichtsgremium überwiegend oder ausschließlich aus externen (d.h. außer81,9% 18,1% oder nebenberuflichen) Mitgliedern zusammen?
I.4
Ist mindestens ein Ökonom Mitglied des Aufsichtsgremiums?
I.5
Ist mindestens ein Arzt Mitglied des Aufsichtsgremiums?
53,1% 46,9%
I.6
Gibt es eine zeitliche Befristung der Amtsdauer für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums?
63,7% 36,3%
I.7
Führt das Aufsichtsgremium mehr als 3 Sitzungen im Jahr durch?
I.8 I.9 I.10 I.11 I.12
I.13
72,3% 27,7%
74,1% 25,9%
Existiert ein schriftlich hinterlegtes Anforderungsprofil für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums? Ist die Kontrollfunktion des Aufsichtsgremium (Control Role) hoch oder sehr hoch ausgeprägt? Ist die Unterstützungsfunktion des Aufsichtsgremiums (Support Role) hoch oder sehr hoch ausgeprägt? Ist das Aufsichtsgremium in hohem oder sehr hohem Maße in strategische Aufgaben einbezogen? Fungiert das Ausichtsgremium in hohem oder sehr hohem Maße als Bindeglied zwischen Krankenhaus und externem Umfeld (Linking Role)? Fungiert das Aufsichtsgremium in hohem oder sehr hohem Maße als Koordinator, um die spezifischen Stakeholder Gruppen und ihre jeweilige Interessenslage zu berücksichtigen (Coordinating Role)?
13,6% 86,4% 42,4% 57,6% 26,1% 73,9% 62,4% 37,6% 17,1% 82,9%
7,5% 92,5%
Abb. 46: Ergebnisse der Einzelkriterien zur Dimension I Aufsichtsgremium (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Wie ein Blick auf die Einzelkriterien offenbart, zeigen sich bei den untersuchten Einzelkriterien in der Dimension I Aufsichtsgremium große Unterschiede: Während die Erfüllungsgrade bei den „formalen“ Kriterien dieser Dimension (Vorhandensein eines
Aufsichtsgremiums
(88,8 %),
Unabhängigkeit
der Mitglieder (81,9 %),
Sitzungshäufigkeit (74,1 %), zeitliche Befristung der Amtsdauer“ (63,7 %), Größe des Aufsichtsgremiums (56,8 %), ökonomische und ärztliche Kompetenz (72,3 % bzw. 53,1 %)) im befriedigenden bis guten Bereich liegen, zeigen sich hinsichtlich der inhaltlichen Aufgaben und Verantwortlichkeitsbereiche des Aufsichtsgremiums deutliche Schwachstellen. Zwar ist der Erfüllungsgrad hinsichtlich des Einbezugs des Aufsichtsgremiums in strategische Fragestellungen noch befriedigend (62,4 %) bzw. für die Kontrollfunktion des Aufsichtsgremiums noch ausreichend (42,4 %). Die Support Role (26,1 %), Linking Role (17,1 %) und Coordinating Role (7,5 %) werden
220
Hospital Governance (Empirischer Teil)
jedoch nur unzureichend von den Aufsichtsgremien ausgefüllt und weisen einen mangelhaften Erfüllungsgrad auf. Die
Häufigkeitsverteilungen
und
Streuungsbreite
spiegelt
das
nachfolgende
Histogramm wider:
Dimension I: Aufsichtsgremium MW
80
78
Mittelwert =50,8 Std.-Abw. =21,9 N =375
68 65 60
Häufigkeit
45 42 40
27
27
20
4
8
6
5
0 0
25
50
75
100
Score: Aufsichtsgremium
Abb. 47: Ergebnisse der Häufigkeitsverteilungen zur Dimension I Aufsichtsgremium (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Bei 21,1 % der Krankenhäuser liegt der Gesamtscore unter 50 Punkten, d.h. der Erfüllungsgrad ist lediglich ausreichend oder sogar mangelhaft. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass innerhalb dieser Gruppe auch diejenigen Krankenhäuser eingeschlossen sind, bei denen kein Aufsichtsgremium vorhanden ist (11,2 %) und die folglich allein aus diesem Grund keines der weiteren Kriterien in der Dimension I erfüllen können. Trotz dieser Einschränkung muss festgestellt werden, dass insgesamt nur 22,6 % aller Krankenhäuser überhaupt einen guten bis sehr guten Score aufweisen (Score > 70). Die Mehrzahl der Krankenhäuser (56,3 %) liegt im mittleren Bereich (Score 50 bis 70). Insgesamt liegt der Mittelwert für die Dimension Aufsichtsgremium 21,9 Punkten.
bei
50,8
Punkten
bei
einer
Standardabweichung
von
Empirische Untersuchung
221
Dimension II: Krankenhausgeschäftsführung Die Ergebnisse für die Dimension II Krankenhausgeschäftsführung sind der nachfolgenden Abbildung zu entnehmen:
II. Krankenhausgeschäftsführung
Erfüllung
1
0
II.1
Existiert eine schriftlich fixierte Zielvereinbarung?
52,8% 47,2%
II.2
Falls ja, wird diese jährlich angepasst?
44,5% 55,5%
II.3
Werden - wenn die monetären Vergütungsteile der Geschäftsführung neben fixen auch variable Bestandteile umfassen - bei den variablen Vergütungsbestandteilen neben finanzwirtschaftlichen Größen ebenfalls weitere Komponenten berücksichtigt?
27,2% 72,8%
II.4 II.5 II.6
Gehört die Entwicklung der strategischen Ausrichtung zum Aufgabenbereich der Geschäftsführung? Gehört die Einrichtung eines geeigneten Risikomanagementsystems und –controllings zu den Aufgabengebieten der Geschäftsführung? Existieren nur sehr geringe oder geringe Überschneidungen zwischen den Aufgabenbereichen der Geschäftsführung und des Aufsichtsgremiums
94,9%
5,1%
90,9%
9,1%
69,1% 30,9%
Abb. 48: Ergebnisse der Einzelkriterien zur Dimension II Geschäftsführung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Ebenso wie beim Aufsichtsgremium zeigen sich auch bei den Erfüllungsgraden der Einzelkriterien für die Dimension II große Unterschiede: Während sowohl die Entwicklung der strategischen Ausrichtung als auch die Einrichtung eines geeigneten Risikomanagementsystems und -controllings zu den Aufgaben- und Verantwortlichkeitsbereichen fast aller Krankenhausgeschäftsführer zählen (94,9 % bzw. 90,0 %) und somit der Erfüllungsgrad in diesen Bereichen auf einem sehr guten Niveau liegt, haben die Krankenhäuser Schwächen beim Vergütungs-/Anreizsystem. So wird das Kriterium der Zielvereinbarung bzw. seiner jährlichen Anpassung von den Krankenhäusern nur befriedigend bis ausreichend erfüllt (52,8 % bzw. 44,5 %). Der Erfüllungsgrad beim Vergütungssystem, d.h. in diesem Fall die Verknüpfung weiterer Komponenten neben finanzwirtschaftlichen Größen bei Vorhandensein variabler Vergütungsbestandteile, ist sogar mangelhaft (27,2 %). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bei dieser Berechnung alle Krankenhäuser einbezogen wurden, d.h. auch diejenigen Krankenhäuser, bei denen die Geschäftsführung keine variablen Vergütungsbestandteile erhält und demzufolge dieses Einzelkriterium nicht erfüllt werden kann.
222
Die
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Häufigkeitsverteilungen
und
Streuungsbreite
spiegelt
das
nachfolgende
Histogramm wider:
Dimension II: Geschäftsführung
MW
120
115 Mittelwert =63,2 Std.-Abw. =25,5 N =375
100
80
Häufigkeit
71
66 60
57 50
40
20
8
8
0 0
25
50
75
100
Score: Krankenhausgeschäftsführung
Abb. 49: Ergebnisse der Häufigkeitsverteilungen zur Dimension II Geschäftsführung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Der Gesamtscore der Dimension II liegt bei der Hälfte aller Krankenhäuser (49,9 %) in einem guten bis sehr guten Bereich (Score 71-100). Wenige Krankenhäuser weisen einen nur ausreichenden oder mangelhaften Erfüllungsgrad auf (8,5 % bzw. 11,0 %). Bei 30,6 % aller Krankenhäuser ist der Gesamtscore befriedigend. Der Mittelwert für den Gesamtscore der Dimension Krankenhausgeschäftsführung liegt bei 63,2 Punkten mit einer Standardabweichung von 25,5 Punkten.
Empirische Untersuchung
223
Dimension III: Revision Die Ergebnisse für die Dimension III Revision sind folgende: Erfüllung
III. Revision
1
0
III.1
Existiert eine interne Revision?
37,1% 62,9%
III.2
Trägt der Jahresabschlussprüfer seine Ergebnisse vor dem Aufsichtsgremium vor?
79,2% 20,8%
Abb. 50: Ergebnisse der Einzelkriterien zur Dimension III Revision (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Die Abb. 50 verdeutlicht, dass der Erfüllungsgrad zu den Einzelkriterien der internen und externen Revision extrem unterschiedlich ausfällt: Während nur 37,1 % der Krankenhäuser das Einzelkriterium zur internen Revision ausfüllen und somit dieses Kriterium nur einen ausreichenden Erfüllungsgrad aufweist, liegt der Erfüllungsgrad der externen Revision mit 79,2 % auf einem guten Niveau. Die
Häufigkeitsverteilungen
und
Streuungsbreite
spiegelt
das
Histogramm wider:
Dimension III: Revision MW
Mittelwert =58,1
196
200
Std.-Abw. =33,6 N =375
150
Häufigkeit
120
100
59
50
0 0
25
50
75
100
Abb. 51: Ergebnisse der Häufigkeitsverteilungen zur Dimension II Geschäftsführung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
nachfolgende
224
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Es zeigt sich, dass bei 15,7 % aller Krankenhäuser der Gesamtscore für diese Dimension deutlich unter 50 Punkten liegt, also der Erfüllungsgrad mangelhaft oder ausreichend ist. Die Mehrzahl der Krankenhäuser weist einen befriedigenden Erfüllungsgrad auf, bei 32,0 % aller Krankenhäuser wird ein nahezu gutes bis sehr gutes Niveau erreicht (Score > 67). Der Mittelwert für den Gesamtscore der Dimension Revision liegt bei 58,1 Punkten bei einer Standardabweichung von 33,6 Punkten. Dimension IV: Stakeholderorientierung Für die Dimension IV Stakeholderorientierung gilt:
IV. Stakeholderorientierung
Erfüllung
1
0
IV.1
Werden Patientenbefragungen durchgeführt?
89,9% 10,1%
IV.2
Werden Mitarbeiterbefragungen durchgeführt?
64,8% 35,2%
IV.3
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den niedergelassenen Ärtzen vor Ort?
90,9%
IV.4
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den Krankenkassen?
78,4% 21,6%
IV.5
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den Lieferanten?
49,6% 50,4%
IV.6
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den Fremdkapitalgebern?
38,9% 61,1%
IV.7
Existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zur Öffentlichkeit?
76,8% 23,2%
IV.8
Werden Markt- und Wettbewerbsanalysen durchgeführt?
60,0% 40,0%
9,1%
Abb. 52: Ergebnisse der Einzelkriterien zur Dimension IV Stakeholderorientierung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Die Stakeholderorientierung erreicht bei der Mehrzahl der Einzelkriterien ein sehr zufriedenstellendes Niveau. Insbesondere der Erfüllungsgrad bei der Beziehungspflege zu den niedergelassenen Ärzten vor Ort (90,0 %) und der Durchführung von Patientenbefragungen (89,9 %) ist sehr gut. Aber auch die Beziehungspflege zu den Kostenträgern (78,4 %) und zur Öffentlichkeit (76,8 %) weist einen guten Erfüllungsgrad auf; hinsichtlich der Durchführung von Mitarbeiterbefragungen sowie von Marktund Wettbewerbsanalysen ist er noch befriedigend (64,8 % bzw. 60,0 %). Bei der systematischen und regelmäßigen Beziehungspflege zu den Lieferanten und Fremdkapitalgebern erreichen die Krankenhäuser allerdings nur noch ein ausreichendes Niveau (46,9 % bzw. 38,9 %).
Empirische Untersuchung
Die
225
Häufigkeitsverteilungen
und
Streuungsbreite
spiegelt
das
nachfolgende
Histogramm wider:
Dimension IV: Stakeholderorientierung 120
MW Mittelwert =68,8
109
Std.-Abw. =22,5
108
N =375
100
Häufigkeit
80
65 60
43 40
25
20 14 9 2
0 0
25
50
75
100
Score: Krankenhausstakeholder
Abb. 53: Ergebnisse der Häufigkeitsverteilungen zur Dimension IV Stakeholderorientierung (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Bei mehr als der Hälfte aller Krankenhäuser (57,9 %) liegt der Gesamtscore der Dimension IV über 75 Punkten, d.h. die überwiegende Zahl der Krankenhäuser weist in dieser Dimension einen guten oder sehr guten Score auf. Nur bei wenigen Krankenhäusern (16,7 %) liegt der Gesamtscore unter 50 Punkten und damit in einem nur ausreichenden oder mangelhaften Bereich. Der Mittelwert für den Gesamtscore der Dimension Stakeholderorientierung liegt bei 68,8 Punkten mit einer Standardabweichung von 22,5 Punkten.
226
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Dimensionen I bis IV: Gesamtdarstellung der Ergebnisse Vergleicht man die Ergebnisse zu den vier bewerteten Dimensionen insgesamt, so zeigt sich folgendes Bild:
Grad der Hospital Governance
68,8 63,2
70
58,1
60
50,8
ScoreScore
50
40
30
20
10
0 Dimension I Aufsichtgremium
Dimension II Krankenhausgeschäftsführung
Dimension III Revision
Dimension IV Stakeholderorientierung
Abb. 54: Gesamtdarstellung der Ergebnisse Dimensionen I bis IV (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Gemessen am Mittelwert liegt der niedrigste Score in der Dimension I Aufsichtsgremium mit einem Wert von 50,8 Punkten gerade noch in einem befriedigenden Bereich. Auch in der Dimension III Revision schneiden die Krankenhäuser im unteren befriedigenden Bereich mit einem Score von 58,1 Punkten ab. Die Scores der
Dimension II
Krankenhausgeschäftsführung
(63,2
Punkte),
aber
auch
insbesondere der Dimension IV Stakeholderorientierung (68,8 Punkte) liegen demgegenüber in einem besseren, nahezu guten Bereich.
Empirische Untersuchung
227
Gesamtscore Zur Beurteilung und Interpretation des Erfüllungsgrades der Hospital Governance wurde bislang jeweils auf die einzelne Dimension der Hospital Governance abgestellt. Es stellt sich jedoch die Frage, ob und falls ja, in welcher Weise diese miteinander in Verbindung stehen und somit ein Gesamtscore zur Beurteilung der Hospital Governance gebildet werden kann. Einen ersten Hinweis zur Beantwortung dieser Frage gibt eine Betrachtung der Korrelationsmatrix. Sie macht deutlich, dass die Erfüllungsgrade der jeweiligen Dimension nicht unabhängig voneinander sind, sondern miteinander korrelieren:
Korrelationsmatrix für die Dimensionen I bis IV Score: Score: Aufsichtsgremium Geschäftsführung Score: Aufsichtsgremium Score: (Pearson) Geschäftsführung Score: Revision Score: Stakeholderorientierung Score: Signifikanz Aufsichtsgremium Score: (1-seitig) Geschäftsführung Score: Revision Score: Stakeholderorientierung
Korrelation
Score: Revision
Score: Stakeholderorientierung
1
0,332
0,504
0,126
0,332
1
0,347
0,265
0,504
0,347
1
0,269
0,126
0,265
0,269
1
0
0
0,007
0
0
0 0
0
0,007
0
0 0
Tab. 36: Korrelationsmatrix für die Dimensionen I bis IV (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Der Korrelationskoeffizient nimmt bei allen Dimensionen Werte von größer null an, d.h. es kann ein linearer Zusammenhang zwischen den vier Dimensionen ausgemacht werden. Der stärkste Zusammenhang zeigt sich dabei zwischen den Scores der Dimensionen Aufsichtsgremium und der Revision; die geringste Korrelation besteht
zwischen
der
Dimension
Stakeholderorientierung
und
den
anderen
Dimensionen. Um eine Antwort auf die Frage zu finden, ob die festgestellten Korrelationen zwischen
den
vier
Dimensionen
nun
tatsächlich
zu
einem
Gesamtscore
228
Hospital Governance (Empirischer Teil)
„Hospital Governance“ zusammengefasst werden dürfen, wurde zudem eine Faktorenanalyse
462
durchgeführt: Erklärte Gesamtvarianz Summen von quadrierten
Anfängliche Eigenwerte Komponente
Faktorladungen für Extraktion
Gesamt % der Varianz Kumuliert% Gesamt % der Varianz Kumuliert%
1
1,946
48,643
48,643
2
0,902
22,557
71,201
3
0,680
16,988
88,188
4
0,472
11,812
100,000
1,946
48,643
48,643
Tab. 37: Erklärte Gesamtvarianz im Faktormodell (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Wie die Ergebnisse der Faktorenanalyse in Tab. 37 verdeutlichen, liefert diese nur einen Hauptfaktor als Linearkombination über alle vier Teilscores (Anzahl der Eigenwerte > 1), d.h. es existiert tatsächlich nur eine Faktorlösung für die aufgefundenen Korrelationen.
Die
Ein-Faktor-Lösung
erklärt
dabei
knapp
die
Hälfte
der
ursprünglichen Varianz (48,6 %). Darüber hinaus verdeutlicht die Darstellung der Kommunalitäten nach Extraktion, anhand derer der Anteil der erklärten Varianz auf jede Originalvariable (hier: Teilscore) zurückgeführt werden kann, dass die Teilscores in etwa mit gleichem Gewicht 462
Bei der Faktorenanalyse handelt es sich um ein multivariates Verfahren, dessen hoher Stellenwert für viele Fachdisziplinen, insbesondere aber für die psychologische Forschung unstrittig ist. Zum Anwendungsfeld der Faktorenanalyse gehören v.a. explorative Studien, in denen für die wechselseitigen Beziehungen vieler Variablen ein einfaches Erklärungsmodell gesucht wird („Datenreduktion“). Mit Hilfe der Faktorenanalyse können Variablen gemäß ihren korrelativen Beziehungen in voneinander unabhängige Gruppen klassifiziert werden, indem die Faktorenanalyse Indexzahlen liefert, wie gut eine Variable zu einer Variablengruppe passt. Die Indexzahlen stellen die Basis für interpretative Hypothesen über das Gemeinsame der Variablen einer Variablengruppe dar. Ausgehend von den Korrelationen zwischen den gemessenen Werten konstruiert die Faktorenanalyse dazu eine „synthetische“ Variable (= Faktor), die allen wechselseitig hoch korrelierten Variablen zu Grunde liegt, d.h. eine möglichst hohe Korrelation mit den anderen Variablen aufweist und mögliche Zusammenhänge zwischen den Variablen erklären kann. Vgl. Voß (2004), S. 531 ff.; Bortz (2005), S. 511 ff.; Backhaus et al. (2008), S. 323. Die Prüfung der Voraussetzungen (Stichprobengröße, KaiserMeyer-Olkin-Kriterium) zur Durchführung einer Faktorenanalyse, um zu möglichst stabilen, vom Zufall weitgehend unbeeinflussten Faktorenstrukturen zu gelangen, kann dem Anhang entnommen werden, vgl. Anlage 4.
Empirische Untersuchung
229
den Hauptfaktor bilden; lediglich der Teilscore Stakeholderorientierung ist etwas schwächer ausgeprägt: Kommunalitäten Anfänglich
Extraktion
Score: Aufsichtsgremium
1,000
0,548
Score: Krankenhausgeschäftsführung
1,000
0,488
Score: Revision
1,000
0,638
Score: Stakeholderorientierung
1,000
0,272
Tab. 38: Kommunalitäten im Faktormodell (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Im Ergebnis heißt dies, dass der Erklärungswert für den Gesamtscore „Hospital Governance“ durch die Teilscores mit nahezu gleichem Gewicht abgebildet wird. Die Faktorenanalyse validiert somit nicht nur, dass sich die vorhandenden Korrelationen der vier Dimensionen tatsächlich auf einen Faktor – die Hospital Governance – zurückführen lassen, sondern offenbart zudem, dass diese nahezu gleichgewichtig auch diesen Faktor bilden. Auch die nahezu perfekte lineare Abhängigkeit bei einem Vergleich des exakt berechneten Faktors aus der Faktorenanalyse mit dem Gesamtscore untermauert dies. 463 Damit lässt sich die eingangs gestellt Frage nun eindeutig beantworten: x
Es besteht eine positive Korrelation zwischen den Teilscores der vier Dimensionen der Hospital Governance.
x
Die Teilscores der vier Dimensionen lassen sich auf nur einen Faktor zurückführen.
x
Die Ein-Faktor-Lösung wird durch die Teilscores mit nahezu gleichem Gewicht abgebildet.
463
Der Abgleich des exakt berechneten Faktors aus dem Faktorenanalyse mit dem Gesamtscore kann dem Anhang entnommen werden, vgl. Anlage 4.
230
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Unter
Berücksichtigung
dieser
Erkenntnisse
kann
zur
Berechnung
des
Gesamtscores „Hospital Governance“ das arithmetische Mittel der vier Teilscores herangezogen werden (60,2 Punkte) und die Ergebnisse der Hospital Governance lassen sich abschließend wie folgt darstellen:
Interne Hospital Governance
Externe Hospital Governance
I. Aufsichtsgremium Score: 50,8
II. Krankenhausgeschäftsführung
Hospital Governance
Score: 63,2
IV. Stakeholderorientierung Score: 68,8
Gesamtscore: 60,2 III. Revision Score: 58,1
Abb. 55: Gesamtdarstellung der Ergebnisse der Hospital Governance Scorecard (Quelle: Ergebnisse der empirischen Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Empirische Untersuchung
4.2.5.3
231
Einflussfaktoren auf den Grad der Hospital Governance
Nachdem der Erfüllungsgrad über alle Krankenhäuser – d.h. bislang noch ohne Differenzierung nach bestimmten Merkmalen – dargestellt worden ist, soll jetzt der Frage nachgegangen werden, ob sich Unterschiede beim Grad der Hospital Governance innerhalb der heterogenen Gruppe der Krankenhäuser ausmachen lassen. Welche Krankenhäuser erfüllen besser oder schlechter die Voraussetzungen für eine gute Hospital Governance? Gibt es Einflussfaktoren, die auf den Grad der Hospital Governance positiv oder negativ einwirken? Und: Gibt es Zusammenhänge zwischen verschiedenen Einflussfaktoren – welche Richtung und welche Stärke haben sie? Zur Beantwortung dieser Fragen werden – entsprechend der auch in den vorausgegangenen Abschnitten zugrunde gelegten Einteilung – mögliche Einflüsse auf den Erfüllungsgrad (Score) folgender vier Dimensionen der Hospital Governance untersucht: x
Aufsichtsgremium (Dimension I)
x
Krankenhausgeschäftsführung (Dimension II)
x
Revision (Dimension III)
x
Stakeholderorientierung (Dimension IV).
Der jeweilige Erfüllungsgrad bzw. Score, der sich dabei nach dem arithmetischen Mittel bemisst, wird sowohl separat für jede Dimension bestimmt, aber auch in Summe für die gesamte Hospital Governance (Gesamtmodell). Als potenzielle Einflussfaktoren wurden nachfolgende Merkmale ausgewählt, die einerseits hypothetisch Auswirkungen auf den Erfüllungsgrad (Score) haben können und andererseits (zumindest in Teilen) gestaltbar durch das Krankenhausmanagement sind:
232
x
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Größenklasse
eines
Krankenhauses,
differenziert
nach
kleinen
(0–200 Betten), mittleren (200–500 Betten) und großen (> 500 Betten) Krankenhäusern x
Trägerform (öffentlich, freigemeinnützig, privat)
x
Rechtsform (öffentlich-rechtlich, privat)
x
Durchführung eines Rechtsformwechsels innerhalb der letzten drei Jahre
x
Zugehörigkeit eines Krankenhauses zu einem Krankenhausverbund
Vor Präsentation der Untersuchungsergebnisse (4.2.5.3.2) wird zunächst das gewählte Analyseverfahren genauer beschrieben (4.2.5.3.1).
4.2.5.3.1 Analyseverfahren Zur Modellierung der interessierenden Zusammenhänge werden in der vorliegenden Arbeit die fortgeschrittenen Methoden der Varianzanalyse verwendet. Die Varianzanalyse stellt ein Verfahren dar, welches die Wirkung einer (oder mehrerer) unabhängiger Variablen auf eine (oder mehrere) abhängige Variablen untersucht.
464
Während die abhängigen Variablen ein metrisches Skalenniveau aufweisen müssen, nehmen in der Regel die unabhängigen Variablen lediglich diskrete Werte auf einem nominalen oder ordinalen Messniveau an, weshalb die unabhängigen Variablen zumeist auch als Faktoren bzw. die jeweiligen Kategorien eines Faktors als Faktorstufen bezeichnet werden.465 Bei der Varianzanalyse können im Allgemeinen je nach Anzahl der abhängigen Variablen zwei unterschiedliche Ausprägungen differenziert werden: die univariate Varianzanalyse (ANOVA), bei der nur eine abhängige Variable vorliegt, und die multivariate Varianzanalyse (MANOVA), die durch mindestens zwei abhängige Variablen gekennzeichnet ist.
466
Darüber hinaus kann
eine Abgrenzung zwischen der einfaktoriellen Varianzanalyse, die eine unabhängige Variable einbezieht, und der mehrfaktoriellen Varianzanalyse, bei der mehrere unabhängige Variablen berücksichtigt werden, erfolgen. 467 Für die vorliegende Arbeit ist die mehrfaktorielle Varianzanalyse von Relevanz, da die Wirkung mehrerer gleich464 465 466 467
Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 152 ff.; Bortz (2005), S. 247. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 153; Bortz (2005), S. 247. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 153 ff. und S. 160 ff.; Schnell/Hill/Esser (2005), S. 457 ff. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 153; Bortz (2005), S. 247 f.
Empirische Untersuchung
233
zeitig wirkender faktorieller Einflüsse als unabhängige Variablen (Größe, Trägerschaft, Rechtsform, Rechtsformwechsel, Verbund) auf eine metrische Zielgröße als abhängige Variable (Score der jeweiligen Dimension) untersucht werden soll. Somit besteht die Möglichkeit, zu testen, ob die Faktoren auch in Kombination Einfluss auf die abhängige Variable nehmen, weshalb sich die mehrfaktorielle Varianzanalyse insbesondere für komplexere Fragestellungen eignet.
468
Für die Modellierung wird
die Technik der Verallgemeinerten Linearen Modelle (GZLM = Generalized Linear Models) verwendet. Grundlage der GZLM sind multiple Regressionsmodelle, wobei diese in der Weise erweitert werden, als dass in der Analyse nicht nur intervallskalierte, sondern auch nominalskalierte Merkmale berücksichtigt werden können.469 In der vorliegenden Arbeit wird hierfür die Prozedur GENLIN von SPSS 17 verwendet, welche die Modellierung einer großen Klasse von Ursache-WirkungsBeziehungen ermöglicht. Dieses Verfahren bietet den Vorteil, dass ein robuster Schätzer für die Fehlerkovarianzmatrix (Huber/White Estimator) verwendet werden kann und damit die Annahme der Varianzhomogenität in den einzelnen Faktorstufenkombinationen entfällt.
470
Lediglich die Annahme der normalverteilten
Residuen wird benötigt, welche sich als Differenz der tatsächlichen Werte der abhängigen Variable (hier jeweilige Dimension der Hospital Governance) von der Prognose aus dem Modell ergibt.
Der Ablauf der GZLM umfasst die folgenden Schritte:
468 469 470
x
Schritt 1: Spezifikation des Modells
x
Schritt 2: Signifikanztests (Gesamtmodell- und Einzeleffekte)
x
Schritt 3:Parameterschätzung
x
Schritt 4: Berechnung der Randmittel und Post-hoc-Vergleiche
x
Schritt 5: Modelldiagnose und Interpretation der Schätzergebnisse
Vgl. Bortz (2005), S. 243. Vgl. Bortz (2005), S. 483 ff. Vgl. Huber (1967); White (1980), S. 817 ff.
234
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Der erste Schritt besteht in der Spezifikation des Modells. Es handelt sich in diesem Fall um ein lineares Modell der folgenden Art:
yi
P x1i E1 x2i E 2 ... xki E k H i
i 1,..., n
n = Stichprobenumfang (Krankenhäuser in der Stichprobe (n=375)), k = Anzahl der zu schätzenden Regressionskoeffizienten, yi = Wert der abhängigen Variable für das i-te Krankenkaus μ = technische Konstante im Modell, deren Wert von der gewählten Parametrisierung abhängt xji = Dummycodes für die einzelnen Kategorien der Einflussfaktoren (Wert = 0 oder Wert = 1) βj = Regressionskoeffizienten für das j-te Dummy, d.h. die zu erwartenden Änderungen in der abhängigen Variablen, wenn das Dummy von 0 auf 1 wechselt (und alle anderen Merkmale unverändert bleiben) εi = Fehlerterm, der alle anderen nichtkontrollierten Einflüsse beinhaltet
Aus Gründen der Vergleichbarkeit werden alle fünf potenziellen Haupteinflussfaktoren (Größe, Trägerschaft, Rechtsform, Rechtsformwechsel, Krankenhausverbund) in die Modelle für die jeweiligen Dimensionen aufgenommen, wobei zunächst alle zweifachen Wechselwirkungen 471 (Interaktionen) in das Modell integriert, jedoch später nur die signifikanten Wechselwirkungen im Modell belassen werden. Im zweiten Schritt wird anhand von Signifikanztests (hier Chi-Quadrat-Tests für 472
Wald-Statistik
) geprüft, ob überhaupt ein signifikanter Einfluss der unabhängigen
Variablen auf die abhängige Variable (Score) vorliegt. Dies erfolgt zum einen in Summe für alle Faktoren für das Gesamtmodell (Omnibus-Test). Mit der Prüfung des Gesamtmodells auf statistische Signifikanz wird die Nullhypothese getestet, ob alle Betawerte gleich null sind, d.h. ob kein einziger der Einflussfaktoren einen signifikanten Beitrag zur Erklärung der Unterschiede in der abhängigen Variablen liefert. Die Prognosekraft des Modells wird zudem durch die Berechnung des Bestimmtheitsmaßes R² validiert, welche den Anteil der erklärten Varianz für die
471
472
Als Wechselwirkung bzw. Interaktion wird die gemeinsame Wirkung mehrerer unabhängiger Variablen auf eine abhängige Variable bezeichnet, wobei die Wirkung nicht aus der Addition der einzelnen Einflüsse resultiert. Vgl. Montgomery (1991), S. 197. Vgl. Wald (1943).
Empirische Untersuchung
235
abhängige Variable aus dem Modell misst.
473
Zum anderen wird für jeden einzelnen
Faktor separat getestet, ob dieser neben den übrigen im Modell befindlichen Faktoren noch einen zusätzlichen signifikanten Erklärungsbeitrag der Unterschiede in der abhängigen Variable stiftet (Tests der Modelleffekte). Die Nullhypothese für die partiellen Tests unterstellt dabei, dass alle Mittelwerte der abhängigen Variablen in den Stufen des betrachteten Faktors identisch sind (bei festgehaltenen anderen Faktoren). Wird die Nullhypothese auf Basis dieses Tests abgelehnt (p d 0,05), so ist von einem signifikanten Effekt des betrachteten Faktors auszugehen. Aufbauend auf den Ergebnissen der Signifikanztests werden alle nichtsignifikanten Wechselwirkungen aus dem Modell eliminiert. Die Haupteinflussfaktoren werden auch bei Nichtsignifikanz im Modell belassen. Anschließend erfolgt in einem dritten Schritt die Parameterschätzung, anhand derer auf Basis der Stichprobe Schätz- oder Näherungswerte für die unbekannten Parameter bestimmt und Aussagen über die Güte der Schätzung abgeleitet werden können. Geschätzt werden hier die Konstante (wenn ein Modell mit Konstante spezifiziert wurde), die einzelnen Betawerte sowie ein Skalenparameter, der auf der Varianz der abhängigen Variable basiert und Einfluss auf die Standardfehler sowie die daraus abgeleiteten Größen hat. Damit das Design einer mehrfaktoriellen Varianzanalyse in ein lineares Modell mit dem Kunstgriff der Dummycodierung überführt werden kann, wird eine Referenzkategorie für jeden Faktor eingeführt, welche wiederum in die Konstante einfließt.
474
Für die anderen Stufen desselben Faktors
werden die Regressionsparameter als durchschnittliche Änderung der abhängigen Variablen interpretiert, so dass mit den geschätzten Regressionsparametern (einschließlich Konstante) für jede denkbare Faktorstufenkombination der erwartete Mittelwert für die abhängige Variable geschätzt werden kann. Die Tests und Konfidenzintervalle zu den Regressionsparametern beziehen sich dabei immer auf die Differenz zur jeweiligen Referenzkategorie. 473
474
Das Bestimmtheitsmaß R² berechnet sich dabei als Quotient aus der Varianz der prognostizierten Werte (Zähler) und Varianz der original abhängigen Variablen (Nenner), wobei R² Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann. Im Vergleich zu „klassischen“ Regressionsmodellen, bei denen die unabhängigen Werte ebenfalls metrisch sind, fällt in der Regel die Reststreuung durch den reinen Mittelwertvergleich der Faktorstufenkombinationen größer aus. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 67 ff. Zur Dummykodierung vgl. Bortz (2005), S. 484.
236
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Im vierten Schritt werden unter Verwendung der Modellstruktur und der Parameterschätzung die so genannten Randmittel sowohl für die Haupteffekte als auch die Wechselwirkungen geschätzt. Unter Nutzung der geschätzten Parameter kann so für jede theoretisch denkbare Faktorenstufenkombination der Wert der Zielgröße (abhängige Variable) prognostiziert werden. Die Randmittel ergeben sich dann als Gruppenmittelwerte über den Faktorstufen, berechnet aus den Prognosewerten der theoretisch denkbaren Faktorstufenkombinationen. Da jede vorkommende Zelle gleichgewichtig
verarbeitet
wird,
d.h.
unabhängig
von
der
tatsächlichen
Auftretenshäufigkeit in der Stichprobe, weichen die Randmittel von den deskriptiven Mittelwerten der Grundgesamtheit ab. Hochrechnungen auf die Grundgesamtheit sind
nach
Prognose
der
Mittelwerte
bei
Kenntnis
der
entsprechenden
Auftretenshäufigkeiten in der Grundgesamtheit möglich. Für Faktoren mit mehr als zwei Stufen oder bestehende Wechselwirkungen werden die Randmittel durch einen paarweisen Vergleich unter Verwendung von Post-hoc-Tests zusätzlich auf signifikante Unterschiede geprüft. In der vorliegenden Arbeit wird hierzu eine Alpha-Adjustierung zur Verhinderung einer Inflation der Irrtumswahrscheinlichkeit erster Art verwendet (sequentielle Šidak-Verfahren). Der letzte Schritt umfasst die Modelldiagnose und Interpretation der Ergebnisse. Während im Rahmen der Modelldiagnose die Modellvoraussetzungen noch einmal einer kritischen Prüfung unterzogen werden (hier: Prüfung der Residuen auf Normalverteilung und Validierung der Anpassungsgüte des Modells), werden durch Letztere die Ergebnisse auf Sinnhaftigkeit überprüft und inhaltlich interpretiert.
Empirische Untersuchung
237
4.2.5.3.2 Analyseergebnisse In diesem Abschnitt werden die unter Anwendung des beschriebenen Analyseverfahrens ermittelten Ergebnisse zu den Einflussfaktoren auf den Grad der Hospital Governance vorgestellt. Nachdem der Omnibus-Test, der die Nullhypothese überprüft, dass keiner der untersuchten Einflussfaktoren als unabhängige Variable einen signifikanten Beitrag zur Erklärung der Unterschiede in der abhängigen Variable (Score der Hospital Governance) liefert, sowohl für alle Dimensionen als auch für das Gesamtmodell einen hoch signifikanten Wert festgestellt hat (p = 0,000), werden nachfolgend sowohl für die jeweiligen vier Dimensionen als auch in Summe für das Gesamtmodell die Ergebnisse präsentiert. Aus Gründen der Übersichtlichkeit erfolgt eine Konzentration auf die wesentlichen Ergebnisse und die Darstellung beschränkt sich auf die Schritte 2 und 3 der GZML (Tests der Modelleffekte, Parameterschätzung):
475
Dimension I: Aufsichtsgremium Die Untersuchung, welcher Faktor einen signifikanten Erklärungsbeitrag (p d 0,05) für die Unterschiede in der abhängigen Variablen stiftet, zeigt für die Dimension I Aufsichtsgremium Folgendes: Tests der Modelleffekte (Aufsichtsgremium) Quelle (Konstanter Term)
Wald-Chi-Quadrat
df
Signifikanz
329,109
1
0,000
Größe
21,816
2
0,000
Trägerschaft
80,359
2
0,000
Rechtsform
7,261
1
0,007
Rechtsformwechsel
2,245
1
0,134
Krankenhausverbund
7,065
1
0,008
22,700
2
0,000
Größe/Rechtsform
Tab. 39: Tests der Modelleffekte für die Dimension I Aufsichtsgremium (Quelle: Empirische Untersuchung (2009); eigene Darstellung) 475
Die ausführliche Darstellung der Ergebnisse gemäß der vorgestellten methodischen Schrittabfolge – insbesondere die Darstellung der Randmittel und der Modelldiagnose (Prüfung der Residuen auf Normalverteilung und Validierung der Anpassungsgüte des Modells) – kann dem Anhang entnommen werden. Vgl. Anlage 5.
238
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Sowohl die Größe, Trägerschaft, Rechtsform als auch die Verbundzugehörigkeit eines Krankenhauses üben einen signifikanten Einfluss auf den Score der Dimension I aus. Zudem liegt eine Wechselwirkung (Interaktion) zwischen der Größe und Rechtsform eines Krankenhauses vor, d.h. auch diese liefert in Bezug auf den Erfüllungsgrad der Dimension einen hoch signifikanten Erklärungsbeitrag. Ob ein Krankenhaus in den letzten drei Jahren einen Rechtsformwechsel vollzogen hat oder nicht, wirkt sich dagegen nicht auf den Score Aufsichtsgremium aus. Die Werte der Parameterschätzung, die nicht nur eine Einschätzung für den Einfluss der Hauptfaktoren, sondern ebenfalls der spezifischen Faktorstufenkombinationen auf die abhängige Variable (Score Aufsichtsgremium) erlauben, sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:
476
476
Zu beachten ist, dass eine Wechselwirkung zwischen den Faktoren Größe und Rechtsform vorliegt, d.h. die Werte für die Parameterschätzung für diese beiden Faktoren nicht direkt aus der Ergebnistabelle abgelesen werden können, sondern sich erst in Kombination durch die dargestellten Zu- und Abschläge der Hauptfaktoren mit den Wechselwirkungen ergeben. Das Differenzergebnis wurde zur besseren Lesbarkeit jeweils in Klammern zusätzlich dargestellt.
Empirische Untersuchung
239
Parameterschätzung (Aufsichtsgremium) 95-%-Wald-
Hypothesen-
Konfidenzintervall
test
Unterer
Oberer
Parameter
Regressionskoeffizient
Wert
Wert
(Konstanter Term)
34,879
24,473
45,285
Signifikanz 0,000
-34,526 (-18,546)
-51,027
-18,028
0,000
-19,591 (-8,475)
-30,996
-8,187
0,001
0
.
.
.
öffentlich
25,416
17,807
33,024
0,000
freigemeinnützig
31,680
24,585
38,775
0,000
0
.
.
.
-8,271 (9,794)
-14,077
-2,464
0,005
0
.
.
.
3,266
-1,006
7,538
0,134
0
.
.
.
-4,945
-8,591
-1,229
0,008
0
.
.
.
31,961 (23,690)
14,683
49,238
0,000
0
.
.
.
22,233 (13,962)
10,184
34,318
0,000
0
.
.
.
262,291
349,228
Größe 0–200 Betten 200–500 Betten > 500 Betten Trägerschaft
privat Rechtsform privat öffentlich-rechtlich Rechtsformwechsel nein ja Krankenhausverbund nein ja Größe/Rechtsform 0–200 Betten/ privat 0–200 Betten/ öffentl. 200–500 Betten/ privat 200–500 Betten/öffentl. > 500 Betten/ privat > 500 Betten/ öffentl. (Skala)
0 (-8,271) 0 302,654
Tab. 40: Parameterschätzung für die Dimension I Aufsichtsgremium (Quelle: Empirische Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
240
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Aus der Tabelle lassen sich folgende Ergebnisse bezüglich der Einflussfaktoren ableiten: Einflussfaktor Größe Die Größe eines Krankenhauses beeinflusst den Score der Dimension Aufsichtsgremium erheblich: Die Parameterschätzer sowohl für die kleinen Krankenhäuser bis 200 Betten (Regre.-Koeff. -18,546) als auch für die mittleren Krankenhäuser mit 200 bis 500 Betten (Regre.-Koeff. -8,475) liegen deutlich unterhalb der Referenzkategorie der großen Krankenhäuser mit über 500 Betten. In Summe bedeutet dies: Der Score Aufsichtsgremium ist umso höher, je größer ein Krankenhaus ist. Einflussfaktor Trägerschaft Nach den Ergebnissen der Parameterschätzung scheint auch die Trägerschaft eine wesentliche Einflussgröße zu sein: So liegen die Werte für die Parameterschätzer der Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft (Regre.-Koeff. 25,416) und freigemeinnütziger Trägerschaft (Regre.-Koeff. 31,680) sehr nahe beieinander; der Abstand zur Referenzkategorie der Krankenhäuser in privater Trägerschaft ist demgegenüber erheblich. Das scheinbar schlechtere Abschneiden der privaten Träger im Vergleich zu den öffentlichen und freigemeinnützigen Krankenhäusern ist jedoch vermutlich auf die mangelnde strukturelle Repräsentativität der Stichprobe zurückzuführen. Wie zuvor schon ausgeführt wurde,
477
handelt es sich bei den in der
Stichprobe enthaltenden privaten Krankenhäusern vergleichsweise um kleine Krankenhäuser, d.h. um Krankenhäuser mit einer Bettenkapazität von 200 oder weniger Betten. Da demgegenüber der Anteil der mittleren und großen Krankenhäuser in privater Trägerschaft deutlich unterrepräsentiert ist, können Verzerrungen (Bias) bei der statistischen Auswertung die Folge sein und nicht ausgeschlossen werden. Einflussfaktor Rechtsform (Wechselwirkung) Hinsichtlich der Rechtsform ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich: Zwar stellt eine private Rechtsform grundsätzlich einen signifikant positiven Einflussfaktor 477
Vgl. Kapitel 4.2.4 und 4.2.5.1.
Empirische Untersuchung
241
auf die abhängige Variable dar (Regre.-Koeff. 9,794), jedoch ist festzustellen, dass die Krankenhäuser in der Größenklasse über 500 Betten eine Ausnahme bilden. Hier schneiden die Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Rechtsform besser ab als diejenigen in privater Rechtsform (Regre.-Koeff. 8,271). Letzteres ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass insbesondere die in öffentlich-rechtlicher Rechtsform geführten Universitätskliniken in der Gruppe der Krankenhäuser über 500 Betten enthalten sind und diese eine vergleichsweise gute Strukturierung ihrer Aufsichtsgremien aufweisen. Einflussfaktor Rechtsformwechsel Der Faktor Rechtsformwechsel übt keinen signifikanten Einfluss auf den Score Aufsichtsgremium aus. Einflussfaktor Krankenhausverbund Krankenhäuser, die keinem Krankenhausverbund angeschlossen sind, schneiden signifikant schlechter ab als diejenigen Krankenhäuser, die einem Krankenhausverbund angehören (Regre.-Koeff. -4,945). Eine Erklärung hierfür könnte darin liegen,
dass
Verbundkrankenhäuser
einen
verbesserten
Zugang
zu
professionalisierten Hospital-Governance-Strukturen haben und u.a. durch den Größeneffekt des Verbundes Synergien nutzen können.
242
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Dimension II: Krankenhausgeschäftsführung Die Betrachtung der Ergebnisse der Signifikanztests zu den Hauptfaktoren in der Dimension II Geschäftsführung zeigt: Tests der Modelleffekte (Krankenhausgeschäftsführung) Quelle (Konstanter Term)
Wald-Chi-Quadrat
df
Signifikanz
731,945
1
0,000
59,387
2
0,000
Trägerschaft
6,689
2
0,035
Rechtsform
11,845
1
0,001
Rechtsformwechsel
3,049
1
0,081
Krankenhausverbund
5,162
1
0,023
32,223
2
0,000
5,274
1
0,022
Größe
Größe/Rechtsform Größe/Verbund
Tab. 41: Tests der Modelleffekte für die Dimension II Krankenhausgeschäftsführung (Quelle: Empirische Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Auf den Score der Dimension Geschäftsführung üben die Faktoren Größe, Trägerschaft, Rechtsform und Verbundzugehörigkeit einen signifikanten Einfluss aus, wobei die Größe eines Krankenhauses den wichtigsten Einflussfaktor dieser Dimension bildet. Auch liegen Wechselwirkungen zwischen der Größe und Rechtsform sowie der Größe und Verbundzugehörigkeit eines Krankenhauses vor und liefern einen hoch signifikanten Erklärungsbeitrag für den Score dieser Dimension. Der Faktor „Rechtsformwechsel“ ist auch hier nicht relevant. Die Ergebnisse der Parameterschätzung sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:
478
478
Zu beachten ist, dass Wechselwirkungen zwischen den Faktoren Größe und Rechtsform sowie Rechtsform und Verbund vorliegen, d.h. die Werte für die Parameterschätzung nicht direkt aus der Ergebnistabelle abgelesen werden können, sondern sich erst in Kombination durch die dargestellten Zu- und Abschläge der Hauptfaktoren mit den Wechselwirkungen ergeben. Das Differenzergebnis wurde zur besseren Lesbarkeit jeweils in Klammern zusätzlich dargestellt.
Empirische Untersuchung
243
Parameterschätzung (Krankenhausgeschäftsführung) 95-%-Wald-
Hypothesen-
Konfidenzintervall
test
Unterer
Oberer
Parameter
Regressionskoeffizient
Wert
Wert
(Konstanter Term)
76,557
62,648
90,466
Signifikanz 0,000
0–200 Betten
-52,603 (-30,743)
-66,523
-38,684
0,000
200–500 Betten
-28,612 (-16,293)
-43,542
-13,683
0,000
0
.
.
.
Größe
> 500 Betten Trägerschaft öffentlich
9,865
2,093
17,637
0,013
freigemeinnützig
4,964
-2,165
12,093
0,172
0
.
.
.
-2,548 (12,571)
-15,230
10,134
0,694
0
.
.
.
-5,663
-10,996
-0,329
0,037
0
.
.
.
0,092 (-7,575)
-11,848
12,033
0,988
0
.
.
.
43,721 (33,506)
28,286
59,156
0,000
0
.
.
.
24,638 (14,423)
8,413
40,864
0,003
privat Rechtsform privat öffentlich-rechtlich Rechtsformwechsel nein ja Krankenhausverbund nein ja Größe/Rechtsform 0–200 Betten/ privat 0–200 Betten/ öffentl. 200–500 Betten/ privat 200–500 Betten/öffentl. > 500 Betten/ privat > 500 Betten/ öffentl.
0
.
.
.
0 (-10,215)
.
.
.
0
.
.
.
-15,334 (-15,242)
-28,421
-2,247
0,022
0
.
.
.
0 (0,092)
.
.
.
0
.
.
.
500,429
433,690
577,439
Rechtsform/Verbund privat/ nein privat/ ja öffentlich/ nein öffentlich/ ja (Skala)
Tab. 42: Parameterschätzung für die Dimension II Krankenhausgeschäftsführung (Quelle: Empirische Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
244
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Einflussfaktor Größe Auch in der Dimension Geschäftsführung werden mit sinkender Größe eines Krankenhauses die Parameter im Vergleich zur Referenzkategorie deutlich rückläufig, d.h. auch beim Score Geschäftsführung beeinflusst die Größe eines Krankenhauses den Score positiv (Regre.-Koeff. -30,743 bzw. -16,293 in der Größenklasse bis 200 Betten bzw. zwischen 200 und 500 Betten). Einflussfaktor Trägerschaft In Bezug auf die Einflussgröße Trägerschaft zeichnet sich ein ähnliches Bild wie bereits bei der Dimension Aufsichtsgremium ab: Auch hier unterscheiden sich die Werte für die Parameterschätzung der öffentlichen Krankenhäuser (Regre.-Koeff. von 9,865) und der freigemeinnützigen Krankenhäuser (Regre.-Koeff. von 4,964) nur geringfügig, d.h. es lassen sich nur minimale Unterschiede zwischen diesen beiden Trägerarten ausmachen. Der – wenn auch im Vergleich zur Dimension Aufsichtsgremium deutlich geringere – Abstand zu den privaten Krankenhäusern ist vermutlich auch in dieser Dimension auf die mangelnde strukturelle Repräsentativität der privaten Krankenhäuser in der Stichprobe zurückzuführen. Einflussfaktor Rechtsform (Wechselwirkung I und II) Die Parameterschätzung zur Rechtsform zeigt in der Dimension Geschäftsführung eine Wechselwirkung zwischen der Rechtsform und der Größenklasse eines Krankenhauses auf (Wechselwirkung I). So wirkt sich zwar grundsätzlich die private Rechtsform positiv auf den Score aus (Regre.-Koeff. 12,571). Aber auch in dieser Dimension bilden die Krankenhäuser in der Größenklasse über 500 Betten eine Ausnahme, da hier die Krankenhäuser mit öffentlich-rechtlicher Rechtsform besser sind als die Krankenhäuser in ihrer Vergleichsgruppe (Regre.-Koeff. 10,215).
479
Eine
weitere Wechselwirkung bei der Rechtsform liegt zudem in Kombination mit dem Faktor Krankenhausverbund vor (Wechselwirkung II). Zwar ist bei Verbundkrankenhäusern in der Regel ein signifikant positiver Einfluss auf den Score der Dimension II Geschäftsführung festzustellen. Keine Unterschiede lassen sich jedoch bei Kranken479
Eine mögliche Erklärung hierfür könnte darin liegen, dass insbesondere die in öffentlich-rechtlicher Rechtsform geführten Universitätskliniken in der Gruppe der Krankenhäuser über 500 Betten enthalten sind und diese eine vergleichsweise gute Strukturierung ihrer Hospital-Governance-Strukturen aufweisen. Vgl. hierzu auch Dimension I Aufsichtsgremium (Einflussfaktor Rechtsform).
Empirische Untersuchung
245
häusern ausmachen, die in öffentlich-rechtlicher Rechtsform geführt werden. Hier spielt die Tatsache, ob ein Krankenhaus einem Verbund angehört oder nicht, keine Rolle (Regre.-Koeff. 0,092). Einflussfaktor Rechtsformwechsel Der Faktor Rechtsformwechsel übt – wie auch die Ergebnisse des Signifikanztests für die Hauptfaktoren zeigen (vgl. Tab. 41) – keinen Einfluss auf den Score Krankenhausgeschäftsführung aus. Einflussfaktor Krankenhausverbund Der Faktor Krankenhausverbund hat grundsätzlich einen signifikant positiven Einfluss auf den Score der Dimension II Geschäftsführung. Eine Ausnahme bilden – wie schon dargestellt – Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Rechtsform, bei denen es nicht von Relevanz ist, ob sie einem Verbund angehören (Regre.-Koeff. 0,092).
246
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Dimension III: Revision Die Ergebnisse der Signifikanztests zu den Hauptfaktoren lauten: Tests der Modelleffekte (Revision) Quelle (Konstanter Term)
Wald-Chi-Quadrat
df
Signifikanz
261,401
1
0,000
Größe
26,022
2
0,000
Trägerschaft
35,733
2
0,000
Rechtsform
0,705
1
0,401
Rechtsformwechsel
0,079
1
0,778
Krankenhausverbund
11,616
1
0,001
Größe/Trägerschaft
25,070
4
0,000
Tab. 43: Tests der Modelleffekte für die Dimension III Revision (Quelle: Empirische Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Die Größe, Trägerschaft und Verbundzugehörigkeit eines Krankenhauses sind die wesentlichen Einflussfaktoren auf den Score der Dimension Revision. Auch liegt eine Wechselwirkung zwischen der Größe und Trägerschaft eines Krankenhauses vor. Die Tatsache, welcher Rechtsform ein Krankenhaus angehört oder ob das Krankenhaus in den letzten drei Jahren einen Rechtsformwechsel vollzogen hat, ist dagegen bei dieser Dimension ohne Belang für den Score. Die Ergebnisse der Parameterschätzung sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:
480
480
Zu beachten ist, dass eine Wechselwirkung zwischen den Faktoren Größe und Trägerschaft vorliegt, d.h. die Werte für die Parameterschätzung nicht direkt aus der Ergebnistabelle abgelesen werden können, sondern sich erst in Kombination durch die dargestellten Zu- und Abschläge der Hauptfaktoren mit den Wechselwirkungen ergeben. Das Differenzergebnis wurde zur besseren Lesbarkeit jeweils in Klammern zusätzlich dargestellt.
Empirische Untersuchung
247
Parameterschätzung (Revision) 95-%-Wald-
Hypothesen-
Konfidenzintervall
test
Unterer
Oberer
Parameter
Regressionskoeffizient
Wert
Wert
(Konstanter Term)
51,898
36,161
67,635
Signifikanz 0,000
-26,927 (-18,324)
-38,968
-14,887
0,000
-5,792 (-11,391)
-24,072
12,487
0,535
0
.
.
.
36,464 (27,816)
26,440
46,487
0,000
7,089 (18,742)
-4,347
18,526
0,224
0
.
.
.
4,583
-6,118
15,285
0,401
0
.
.
.
-1,193
-9,501
7,115
0,778
0
.
.
.
-10,577
-16,659
-4,494
0,001
0
.
.
.
0–200 Betten/ öffentl.
-3,949 (32,515)
-23,401
15,503
0,691
0–200 Betten/ freigem.
29,760 (36,849)
13,743
45,777
0,000
0
.
.
.
-21,994 (14,469)
-43,439
-0,550
0,044
5,198 (12,288)
-15,869
26,265
0,629
0
.
.
.
0 (36,464)
.
.
.
0 (7,089)
.
.
.
0
.
.
.
809,944
701,927
934,583
Größe 0–200 Betten 200–500 Betten > 500 Betten Trägerschaft öffentlich freigemeinnützig privat Rechtsform privat öffentlich Rechtsformwechsel nein ja Krankenhausverbund nein ja Größe/Trägerschaft
0–200 Betten/ privat 200–500 Betten/ öffentl. 200–500 Betten/freigem. 200–500 Betten/ privat > 500 Betten/ öffentl. > 500 Betten / freigem. > 500 Betten/ privat (Skala)
Tab. 44: Parameterschätzung für die Dimension III Revision (Quelle: Empirische Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
248
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Einflussfaktoren Größe und Trägerschaft (Wechselwirkung) Auch bei der Dimension Revision beeinflusst die Größe eines Krankenhauses positiv den Score. Zudem liegt eine Wechselwirkung zwischen den Faktoren Größe und Trägerschaft vor: So liegen in der Größenklasse bis zu 200 Betten die Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft (Regre.-Koeff. 32,515) und freigemeinnütziger Trägerschaft (Regre.-Koeff. 36,849) sehr nahe beieinander. Auch in der Größenklasse zwischen 200 und 500 Betten lassen sich zwischen den Krankenhäusern in öffentlicher und freigemeinnütziger Trägerschaft kaum Unterschiede ausmachen (Regre.-Koeff 14,469 bzw. 12,288). In der Größenklasse über 500 Betten zeigt sich jedoch, dass die Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft deutlich besser sind (Regre.-Koeff 36,464) als in freigemeinnütziger (Regre.-Koeff. 7,089). Auf die bei der Interpretation zu beachtenden Einschränkungen der Stichprobenrepräsentativität in der Gruppe der privaten Krankenhäuser wurde bereits hingewiesen. Einflussfaktoren Rechtsform und Rechtsformwechsel Die Faktoren Rechtsform und Rechtsformwechsel üben keine signifikante Wirkung auf den Score Revision aus. Einflussfaktor Krankenhausverbund Die Tatsache, ob ein Krankenhaus einem Krankenhausverbund angeschlossen ist, hat demgegenüber großen Einfluss auf den Score: Krankenhäuser, die keinem Krankenhausverbund angehören, schneiden deutlich schlechter ab (Regre.-Koeff. von -10,577).
Empirische Untersuchung
249
Dimension IV: Stakeholderorientierung Die Betrachtung der Signifikanztests zu den Hauptfaktoren und Wechselwirkungen der Dimension IV Stakeholderorientierung ergibt Folgendes: Tests der Modelleffekte (Stakeholderorientierung) Quelle
Wald-Chi-Quadrat
(Konstanter Term)
df
Signifikanz
814,544
1
0,000
Größe
4,032
2
0,133
Trägerschaft
3,020
2
0,221
Rechtsform
5,946
1
0,015
Rechtsformwechsel
2,149
1
0,143
11,463
1
0,001
Krankenhausverbund
Tab. 45: Tests der Modelleffekte für die Dimension IV Stakeholderorientierung (Quelle: Empirische Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Nach den Ergebnissen der Modelleffekte haben lediglich die Rechtsform und die Tatsache, ob ein Krankenhaus einem Verbund angehört oder nicht, Einfluss auf den Score. Hinsichtlich des Einflussfaktors Größe eines Krankenhauses ist eine differenzierte Betrachtung notwendig, wie die anschließenden Ergebnisse der Parameterschätzung verdeutlichen. Die Faktoren Trägerschaft und Rechtsformwechsel sind von keinerlei Relevanz. Die Werte der Parameterschätzung sind der Tabelle 46 zu entnehmen:481
481
Da – wie die Ergebnisse der später durchzuführenden Residualanalyse zeigen – beim Score Stakeholder eine deutlich linksschiefe Verteilung besteht, d.h. die Modellannahme der Normalverteilung für die Residuen verletzt wird, wurde zur Sicherstellung der in Tab. 45 darstellten Modelleffekte eine monoton (quadratische) Transformierung des Scores durchgeführt und zusätzlich auf Signifikanz getestet (vgl. Anlage 5). Die Ergebnisse verdeutlichen jedoch, dass die gefundenen Signifikanzen bestehen bleiben oder sogar in Teilen noch verstärkt werden. Somit deutet der Vergleich der Tests beider Modelleffekte darauf hin, dass die Signifikanzen eher konservativ leicht verzerrt werden, d.h. durch die Verzerrung zwar tendenziell weniger Signifikanzen gefunden werden als ggf. tatsächlich vorhanden, die gefundenen dafür aber auch die tatsächlichen Signifikanzen sind. Vor diesem Hintergrund wurde die Parameterschätzung für die Dimension IV Stakeholderorientierung auf Basis der originären Zielgröße vorgenommen.
250
Hospital Governance (Empirischer Teil) Parameterschätzung (Stakeholderorientierung) 95-%-Wald-
Hypothesen-
Konfidenzintervall
test
Unterer
Oberer
Parameter
Regressionskoeffizient
Wert
Wert
(Konstanter Term)
61,899
49,325
74,474
Signifikanz 0,000
0–200 Betten
-6,488
-13,106
0,129
0,055
200–500 Betten
-2,160
-8,085
3,766
0,475
0
.
.
.
öffentlich
5,217
-2,735
13,169
0,198
freigemeinnützig
0,709
-6,526
7,943
0,848
0
.
.
.
7,888
1,548
14,228
0,015
0
.
.
.
5,254
-1,770
12,277
0,143
0
.
.
.
-8,214
-12,968
-3,459
0,001
0
.
.
.
466,414
404,211
538,189
Größe
500 Betten Trägerschaft
privat Rechtsform privat öffentlich-rechtlich Rechtsformwechsel nein ja Krankenhausverbund nein ja (Skala)
Tab. 46: Parameterschätzung für die Dimension IV Stakeholderorientierung (Quelle: Empirische Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Einflussfaktor Größe Der Faktor Größe hat auf den Score der Dimension Stakeholderorientierung in der Regel keine signifikante Auswirkung. So lassen sich zwischen den mittleren und großen Krankenhäusern keine signifikanten Unterschiede ausmachen (p = 0,475). Eine Ausnahme bilden jedoch die kleinen Krankenhäuser bis zu 200 Betten im Vergleich zur Referenzkategorie der großen Krankenhäuser: Hier beeinflusst die Größe den Score noch signifikant positiv (Regre.-Koeff. -6,488).
Empirische Untersuchung
251
Einflussfaktor Trägerschaft Es ist kein signifikanter Einfluss der Krankenhausträgerschaft auf den Score Stakeholderorientierung messbar. Einflussfaktor Rechtsform Der Faktor „private Rechtsform“ übt in der Dimension Stakeholderorientierung im Vergleich zur öffentlich-rechtlichen Rechtsform einen positiven Einfluss auf den Score aus (Regre.-Koeff. 7,888). Einflussfaktor Rechtsformwechsel Der Rechtsformwechsel spielt auch bei dieser Dimension keine signifikante Rolle. Einflussfaktor Krankenhausverbund Krankenhäuser, die keinem Verbund angehören, sind auch bei dem Score der Dimension
Stakeholderorientierung
ihrer
Krankenhausvergleichsgruppe
Verbundzugehörigkeit signifikant unterlegen (Regre.-Koeff. -8,214).
mit
252
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Dimensionen I - IV: Gesamtdarstellung der Einflussfaktoren Die Ergebnisse sowohl zu den Einflussfaktoren als auch den Wechselwirkungen sind zusammengefasst nochmals den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen:
Tab. 47: Ergebnisübersicht Hauptfaktoren und Wechselwirkungen (Quelle: Empirische Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Empirische Untersuchung
253
Folgende Punkte lassen sich aus der Betrachtung der Einzeldimension somit zusammenfassend festhalten: x
Die Größenklasse hat bei allen Dimensionen einen signifikanten Einfluss, d.h. je größer ein Krankenhaus, desto höher ist der Score der jeweiligen Dimension
x
Der Grad der Hospital Governance unterscheidet sich bei Krankenhäusern in öffentlicher und freigemeinnütziger Trägerschaft bei allen Dimensionen nur geringfügig, d.h. die Trägerschaft eines Krankenhauses beeinflusst den Grad der Hospital Governance nicht. Das vergleichsweise schlechtere Abschneiden der privaten Krankenhäuser ist vermutlich auf die mangelnde strukturelle Repräsentativität der privaten Krankenhäuser in der Stichprobe zurückzuführen.
x
Die private Rechtsform stellt i.d.R. einen positiven Einflussfaktor für die Hospital Governance dar. Eine Ausnahme bilden jedoch in den Dimensionen Aufsichtsgremium und Geschäftsführung die Krankenhäuser in der Größenklasse über 500 Betten. Hier schneiden die großen Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Rechtsform besser ab als diejenigen in privater Rechtsform. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass Universitätskliniken in dieser Gruppe enthalten sind. Keine Auswirkungen hat die Rechtsform bei der Dimension Revision.
x
Die Tatsache, dass ein Rechtsformwechsel in den vergangenen drei Jahren stattgefunden hat, ist ohne Einfluss auf die Hospital Governance. Keine der vier Dimensionen wird davon berührt.
x
Dagegen spielt der Faktor „Krankenhausverbund“ eine große Rolle für die Hospital Governance. Bei allen vier Dimensionen hat sich diese Einflussgröße positiv auf den Score ausgewirkt. Lediglich für den Score der Dimension Geschäftsführung macht es für Krankenhäuser mit öffentlich-rechtlicher Rechtsform keinen Unterschied, ob sie zu einem Verbund gehören.
254
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Gesamtscore Das auf Basis der Einzelscores bzw. -dimensionen gewonnene Bild findet sich auch in den Ergebnissen des Gesamtscores, d.h. des Gesamtmodells der Hospital Governance, wieder: Demnach stellen folgende Hauptfaktoren und Wechselwirkungen signifikante Einflussfaktoren für den Gesamtscore dar: Tests der Modelleffekte (Gesamtmodell) Quelle (Konstanter Term)
Wald-Chi-Quadrat
df
Signifikanz
1054,920
1
0,000
Größe
63,933
2
0,000
Trägerschaft
40,354
2
0,000
Rechtsform
18,548
1
0,000
Rechtsformwechsel
0,042
1
0,837
Krankenhausverbund
3,277
1
0,070
32,590
2
0,000
8,873
1
0,003
Größe/Rechtsform Rechtsform/Verbund
Tab. 48: Tests der Modelleffekte für das Gesamtmodell Hospital Governance (Quelle: Empirische Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
Im Gesamtmodell beeinflussen Größe, Trägerschaft und Rechtsform signifikant den Gesamtscore. Auch der Faktor „Krankenhausverbund“ übt –wenn auch nicht mehr signifikant – einen Einfluss auf den Gesamtscore aus (p = 0,070). Wechselwirkungen sind in Bezug auf die Einflussfaktoren Größe und Rechtsform sowie Rechtsform und Verbund vorhanden. Die Ergebnisse der Parameterschätzung für das Gesamtmodell stützen die zuvor gewonnenen Erkenntnisse aus den Einzeldimensionen:
482
482
Zu beachten ist, dass Wechselwirkungen zwischen den Faktoren Größe und Rechtsform sowie Rechtsform und Krankenhausverbund vorliegen, d.h. die Werte für die Parameterschätzung nicht direkt aus der Ergebnistabelle abgelesen werden können, sondern sich erst in Kombination durch die dargestellten Zu- und Abschläge der Hauptfaktoren mit den Wechselwirkungen ergeben. Das Differenzergebnis wurde zur besseren Lesbarkeit jeweils in Klammern zusätzlich dargestellt.
Empirische Untersuchung
255
Parameterschätzung (Gesamtmodell) 95-%-Wald-
Hypothesen-
Konfidenzintervall
test
Unterer
Oberer
Parameter
Regressionskoeffizient
Wert
Wert
(Konstanter Term)
53,089
42,957
63,222
Signifikanz 0,000
0–200 Betten
-37,226 (-21,870)
-47,367
-27,085
0,000
200–500 Betten
-21,047 (-12,051)
-31,936
-10,158
0,000
0
.
.
.
öffentlich
18,838
12,992
24,683
0,000
freigemeinnützig
15,733
10,276
21,190
0,000
0
.
.
.
1,722 (10,833)
-6,805
10,249
0,692
0
.
.
.
0,400
-3,413
4,214
0,837
0
.
.
.
2,768 (-4,355)
-6,021
11,556
0,537
0
.
.
.
30,711 (25,310)
19,796
41,626
0,000
0
.
.
.
17,991 (12,590)
6,464
29,518
0,002
Größe
> 500 Betten Trägerschaft
privat Rechtsform privat öffentlich-rechtlich Rechtsformwechsel nein ja Krankenhausverbund nein ja Größe/Rechtsform 0–200 Betten/ privat 0–200 Betten/ öffentl. 200–500 Betten/ privat 200–500 Betten/öffentl.
0
.
.
.
0 (-5,401)
.
.
.
0
.
.
.
-14,245 (-11,478)
-23,619
-4,872
0,003
0
.
.
.
0 (2,768)
.
.
.
0
.
.
.
205,167
177,806
236,740
> 500 Betten/ privat > 500 Betten/ öffentl. Rechtsform/Krankenhausverbund privat/ nein privat/ ja öffentlich/ nein öffentlich/ ja (Skala)
Tab. 49: Parameterschätzung für das Gesamtmodell Hospital Governance (Quelle: Empirische Untersuchung (2009); eigene Darstellung)
256
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Einflussfaktor Größe Auch für den Gesamtscore stellt die Größenklasse eines Krankenhauses einen signifikanten Einflussfaktor dar, d.h. je größer ein Krankenhaus ist, desto höher ist auch der Erfüllungsgrad. Einflussfaktor Trägerschaft Zwischen den öffentlichen und freigemeinnützigen Krankenhäusern lassen sich nur geringfügige Unterschiede ausmachen. Auch im Gesamtmodell schneiden die privaten Krankenhäuser schlechter ab als die Krankenhäuser in öffentlicher und freigemeinnütziger Trägerschaft. Zu vermuten ist auch hier, dass die fehlende strukturelle Repräsentativität der Stichprobe Auswirkungen auf das Negativergebnis der privaten Krankenhäuser hat. Einflussfaktor Rechtsform In Bezug auf den Einflussfaktor Rechtsform schneiden im Gesamtmodell die Krankenhäuser in privater Rechtsform besser ab als die Krankenhäuser in öffentlichrechtlicher Rechtsform (Regre.-Koeff. 10,833). Eine Ausnahme bilden auch im Gesamtmodell die großen Krankenhäuser mit über 500 Betten; hier wirkt sich die öffentlich-rechtliche Rechtsform von der Tendenz – jedoch nicht signifikant – positiv auf den Gesamtscore aus (Regre.-Koeff. 5,401). Einflussfaktor Rechtsformwechsel Die Tatsache, dass ein Krankenhaus einen Rechtsformwechsel in den vergangenen drei Jahren vollzogen hat, wirkt sich nicht auf die Scores der einzelnen Dimensionen und damit auch nicht auf den Gesamtscore, d.h. das Gesamtmodell, aus. Einflussfaktor Krankenhausverbund Eine positive Tendenz ist zu erkennen, wenn Krankenhäuser in einem Krankenhausverbund stehen (Regre.-Koeff. 4,355). Insbesondere bei Krankenhäusern in privater Rechtsform wirkt sich die Tatsache, dass sie in einem Verbund sind, signifikant auf den Score aus (Regre.-Koeff. 11,478). Bei Krankenhäusern mit öffentlich-rechtlicher Rechtsform spielt es dagegen kaum eine Rolle, ob sie einem Verbund angehören oder nicht (Regre.-Koeff. 2,768).
Empirische Untersuchung
4.2.5.4
257
Gesamtschau der empirischen Ergebnisse und Implikationen für die Praxis
Hauptziel der vorliegenden empirischen Erhebung war die Untersuchung der gegenwärtigen Hospital-Governance-Strukturen im deutschen Krankenhaussektor. Zu diesem Zweck wurden x
der Status quo der Hospital Governance auf aggregierter Ebene für alle Krankenhäuser (Stand der Hospital Governance, Kapitel 4.2.5.1),
x
der derzeitige Erfüllungsgrad der Hospital Governance anhand einer Gegenüberstellung des Status quo mit (inter)national geltenden „Best Practice Standards“ (Grad der Hospital Governance, Kapitel 4.2.5.2) sowie
x
bestehende Unterschiede beim Erfüllungsgrad der Hospital Governance innerhalb der heterogenen Gruppe der Krankenhäuser (Einflussfaktoren auf den Grad der Hospital Governance, Kapitel 4.2.5.3)
umfassend empirisch untersucht. An dieser Stelle sollen die Ergebnisse der empirischen Erhebung nochmals in einer reflektiven Gesamtschau dargestellt sowie in der Folge Ansätze zur Optimierung und Implementierung verbesserter HospitalGovernance-Strukturen für die Praxis diskutiert und vorgestellt werden. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zur Hospital Governance weisen aus, dass die Hospital-Governance-Strukturen der Krankenhäuser in Deutschland im Durchschnitt in einem befriedigenden Bereich liegen. Bezogen auf die untersuchten vier Dimensionen der Hospital Governance x
Aufsichtsgremium (Dimension I),
x
Krankenhausgeschäftsführung (Dimension II),
x
Revision (Dimension III) und
x
Stakeholderorientierung (Dimension IV)
zeigt sich jedoch, dass sowohl zwischen den Dimensionen als auch innerhalb der Krankenhäuser selbst in Abhängigkeit der untersuchten Merkmale (Größe,
258
Hospital Governance (Empirischer Teil)
Trägerschaft, Rechtsform, Rechtsformwechsel, Verbundzugehörigkeit) zum Teil deutliche Unterschiede bestehen: Dimension I: Aufsichtsgremium Der Großteil der Krankenhäuser weist ein erhebliches Verbesserungspotenzial in der Dimension Aufsichtsgremium auf. Zwar erfüllen die meisten Krankenhäuser die „formalen“ Kriterien dieser Dimension wie beispielsweise das Vorhandensein eines Aufsichtsgremiums oder die Unabhängigkeit der Mitglieder im Aufsichtsgremium; deutliche Schwachstellen ergeben sich jedoch hinsichtlich der Aufgaben und Verantwortlichkeitsbereiche des Aufsichtsgremiums. Hier haben die Ergebnisse der empirischen Untersuchung gezeigt, dass das Rollenverständnis der Aufsichtsgremien bezüglich ihrer Control Role, Support Role, Linking Role als auch Coordinating Role nur unzureichend ausgefüllt wird. Dies untermauert auch die subjektive Einschätzung der in der Studie befragten Krankenhausgeschäftsführer: Sowohl die derzeitige Ausprägung der Kontrollfunktion als auch die Funktion des Aufsichtsgremiums
hinsichtlich
seiner
strategischen
Beratungsfunktion,
der
Beziehungspflege zur Außenwelt sowie des Interessenausgleichs zwischen den verschiedenen
Anspruchsgruppen
werden
von
den
befragten
Krankenhaus-
geschäftsführern in ihrer Wichtigkeit höher eingeschätzt, als die jeweiligen Ausprägungen nach ihrer Ansicht derzeit in den Aufsichtsgremien tatsächlich vorhanden sind. Auch hat die empirische Erhebung gezeigt, dass eher kleine Krankenhäuser und Krankenhäuser, die keinem Verbund angehören, Schwachstellen in ihrer Hospital-Governance-Struktur beim Aufsichtsgremium aufweisen bzw. großen Krankenhäusern und Verbundkrankenhäusern deutlich unterlegen sind. Eine Erklärung hierfür könnte darin liegen, dass Krankenhäuser, die einem Verbund angehören,
einen
verbesserten
Zugang
zu
professionalisierten
Hospital-
Governance-Strukturen haben und u.a. durch den Größeneffekt des Verbundes Synergien nutzen können. Ebenso geben die Ergebnisse der empirischen Untersuchung Aufschluss darüber, dass Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Rechtsform gegenüber Krankenhäusern in privater Rechtsform deutlich schlechter abschneiden, d.h. Krankenhäuser in privater Rechtsform bessere Ausgangsbedingungen in der Dimension Aufsichtsgremium aufweisen. Insgesamt bestätigen die Forschungsergebnisse somit, dass derzeit signifikante Unterschiede innerhalb
Empirische Untersuchung
259
der heterogenen Gruppe der Krankenhäuser bestehen. Die Ergebnisse haben aber auch gezeigt, dass überraschenderweise Faktoren wie die Trägerschaft oder die Tatsache, dass ein Krankenhaus in den letzten drei Jahren einen Rechtsformwechsel durchgeführt hat, nicht von Relevanz sind.
483
Letzterer Punkt kann vielleicht
darauf zurückgeführt werden, dass es sich um einen zu kurzen Zeitraum handelt oder aber auch andere Faktoren (z.B. Kostenoptimierung) im Vordergrund der Reorganisation standen. Dimension II: Krankenhausgeschäftsführung Bezüglich der Dimension II Krankenhausgeschäftsführung ist auf Basis der empirischen Untersuchungsergebnisse festzustellen, dass die Krankenhäuser in einem zufriedenstellenden Bereich liegen. Deutliches Verbesserungspotenzial ist jedoch bei den meisten Krankenhäusern beim Vergütungs- und Anreizsystem festzustellen. So wird das Kriterium der Zielvereinbarung bzw. seiner jährlichen Anpassung von den Krankenhäusern bislang nur von der Hälfte bzw. Minderzahl genutzt. Die Verknüpfung weiterer (nachhaltiger) Komponenten neben finanzwirtschaftlichen
Größen
bei
Vorhandensein
variabler
Vergütungsbestandteile
geschieht nur selten und ist somit nur unzureichend. Auch in dieser Dimension enthüllt die empirische Untersuchung, dass insbesondere die großen Krankenhäuser und Krankenhäuser, die einem Verbund angehören, sowie Krankenhäuser in privater Rechtsform in der Regel besser abschneiden als ihre Vergleichsgruppe. Dimension III: Revision Ein sehr heterogenes Bild zeichnet sich bei der Dimension Revision ab: Nur ein geringer Anteil der Krankenhäuser hält überhaupt eine interne Revision vor, so dass der Einsatz dieses wichtigen internen Hospital-Governance-Mechanismus deutlich defizitär ist. Positiv hervorzuheben ist, dass jedoch die externe Revision, als Unterstützungsmechanismus für das Aufsichtsgremium, von nahezu allen Krankenhäusern genutzt wird. Auch in dieser Dimension wird deutlich, dass die großen Krankenhäuser gegenüber den kleinen Krankenhäusern besser positioniert sind,
483
Das im Vergleich zu den öffentlichen und freigemeinnützigen Krankenhäusern scheinbar deutlich schlechtere Abschneiden der Krankenhäuser in privater Trägerschaft ist vermutlich lediglich auf die mangelnde Repräsentativität der privaten Krankenhäuser in der Stichprobe zurückzuführen.
260
Hospital Governance (Empirischer Teil)
insbesondere – wenn auch nicht überraschend – in Bezug auf das Vorhandensein einer internen Revision. Auch Krankenhäuser in einem Verbund schneiden deutlich besser ab, da sie auch hier die Möglichkeiten des Verbundes verstärkt nutzen können. Besonders prägnant ist, dass auch in dieser Dimension der Faktor Rechtsformwechsel keine Rolle spielt, d.h. beispielsweise eine interne Revision nicht im Rahmen eines Rechtsformwechsels und der hiermit zu vermutenden Reorganisation installiert wurde. Dimension IV: Stakeholderorientierung Die besten Ergebnisse erzielen die Krankenhäuser in dieser (externen) Dimension. Nahezu alle Krankenhäuser liegen in einem guten bis sehr guten Bereich und sehen insbesondere die Beziehungspflege zu den niedergelassenen Ärzten vor Ort, zu den Kostenträgern, zur Öffentlichkeit als wichtigen Teil an. Auch die Durchführung von Patienten- und Mitarbeiterbefragungen sowie von Markt- und Wettbewerbsanalysen wird verstärkt eingesetzt. Lediglich die systematische und regelmäßige Beziehungspflege zu den Lieferanten und Fremdkapitalgebern ist noch verbesserungswürdig. Große Unterschiede lassen sich zwischen den Krankenhäusern in dieser Dimension nicht ausmachen, jedoch zeigt sich auch hier, dass diejenigen Krankenhäuser, die einem Verbund angehören oder in privater Rechtsform geführt werden, besser abschneiden. In Bezug auf den Einflussfaktor Größe treten nur noch Unterschiede zwischen den kleinen und großen, nicht mehr zwischen den mittleren und großen Krankenhäusern zutage. Auf der Grundlage der empirischen Untersuchungsergebnisse ergeben sich somit folgende Anregungen für die Hospital Governance: 1. Wie das Gesamtergebnis aufzeigt, weist die Vielzahl der Krankenhäuser noch ein deutliches Verbesserungspotenzial bei der Hospital Governance auf. Krankenhäuser sollten sich deshalb unabhängig von ihren spezifischen Strukturen (z.B. Größe, Trägerschaft, Rechtsform) aktiv mit dem Thema Hospital Governance beschäftigen und diese als fortlaufenden Prozess verstehen, da diese Thematik nicht nur große, börsennotierte (Krankenhaus-)Unternehmen betrifft. Nicht nur aus Gründen der regelmäßigen Kontrolle,
Empirische Untersuchung
261
Überwachung und Steuerung des Managements, sondern insbesondere auch vor dem Hintergrund der Wettbewerbsfähigkeit des Krankenhauses selbst und der Verantwortung gegenüber den zahlreichen Krankenhausstakeholdern hat die Hospital Governance für alle Krankenhäuser einen hohen Stellenwert. Zur Optimierung der Hospital-Governance-Strukturen gilt es, sie regelmäßig zu analysieren und ggf. den geänderten Umständen anzupassen. Das in der Arbeit vorgestellte Evaluierungsschema kann zur Beurteilung der Hospital Governance herangezogen werden bzw. als Unterstützung dienen und ggf. um weitere Aspekte erweitert werden (z.B. Evaluation der Aufsichtsgremiums- oder Krankenhausgeschäftsführungstätigkeit). 2. Die Untersuchungsergebnisse haben gezeigt, dass derzeit ein ungenügendes Rollenverständnis des Aufsichtsgremiums besteht. Die Krankenhäuser sollten daher die Rollenausprägung des Aufsichtsgremiums überdenken und ggf. im Rahmen eines schriftlichen Aufgabenprofils – sowohl für das Aufsichtsgremium insgesamt als auch für die einzelnen Mitglieder des Aufsichtsgremiums – konkretisieren. 3. Auch wird aus den Ergebnissen deutlich, dass der Einsatz von Vergütungs/Anreizsystemen zu selten zum Tragen kommt und in der Ausgestaltung noch verbesserungswürdig ist. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich die Überprüfung
sowohl
des
Einsatzes
als
solchen
(z.B.
Zielvereinbarung,
performanceabhängige Vergütung) als auch der Art und letztlich der hiermit verbundenen Steuerungsfunktion (z.B. kontinuierliche Anpassung der Zielvereinbarung, Verknüpfung der performanceabhängigen Vergütung auch mit weiteren (nachhaltigen) Komponenten neben finanzwirtschaftlichen Größen). 4. Der bislang nur mangelhafte Einsatz einer internen Revision als wesentlicher Unterstützungsmechanismus sowohl für die Geschäftsführung selbst als auch für das Aufsichtsgremium führt zu der Empfehlung, auch diese interne HospitalGovernance-Komponente künftig verstärkt einzusetzen und situationsabhängig eine interne Revision im Krankenhaus zu installieren. 5. Wie den Ergebnissen der empirischen Erhebung zu entnehmen, wird die systematische Pflege der Beziehung zu den Fremdkapitalgebern und Lieferanten von den Krankenhäusern bislang als nachrangig erachtet. Es empfiehlt sich, in Abhängigkeit von der spezifischen Situation des Kranken-
262
Hospital Governance (Empirischer Teil)
hauses, eine Verstärkung der Beziehungspflege zu erwägen und ggf. anzupassen. 6. Da, wie aufgeführt, kleine Krankenhäuser gegenüber großen Krankenhäusern vermehrt Schwächen in ihrer Hospital-Governance-Struktur aufweisen, sollten sie nicht nur aus Kontrollgesichtspunkten, sondern ebenfalls auch unter Wettbewerbsaspekten ihren Blick verstärkt auf die Hospital Governance richten, so beispielsweise auf die Installation eines Aufsichtsgremiums oder einer internen Revision. Jedoch ist hierbei zu beachten, dass sicherlich ein kleines Krankenhaus nicht die Hospital-Governance-Strukturen eines großen Krankenhauses benötigt und somit eine situative Anpassung der Hospital Governance größenabhängig an die Erfordernisse des jeweiligen Krankenhauses erfolgen muss. 7. Krankenhäuser, die keinem Verbund angehören, sollten sicherstellen, dass sie die derzeit bestehenden Nachteile in den Hospital-Governance-Strukturen kompensieren. Dies bedeutet nicht, dass Krankenhäuser zwangsläufig gehalten sind, sich einem Verbund anzuschließen, sondern vielmehr anstreben sollten, die bestehenden Schwächen durch starke Hospital-Governance-Strukturen auszugleichen (z.B. Installierung einer internen Revision). 8. Analog zur letzteren Empfehlung sollten auch Krankenhäuser in öffentlichrechtlicher Rechtsform verstärkt ihre Hospital-Governance-Strukturen in den Fokus der Betrachtung rücken, um die derzeit bestehenden Defizite gegenüber Krankenhäusern in privater Rechtsform zu kompensieren. Diese Anregung gilt speziell für kleine und mittelgroße Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Rechtsform. Das Untersuchungsergebnis, dass Rechtsformwechsel bislang keinen Einfluss auf die Hospital Governance ausüben, fordert schließlich die Empfehlung heraus, künftig auch die Möglichkeiten einer Optimierung der Hospital Governance bei einem Rechtsformwechsel einzubeziehen.
5 Schlussbetrachtung
In diesem Kapitel werden die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung – d.h. die in den vorstehenden Kapiteln aus theoretischer und empirischer Sicht behandelten Teilaspekte – zusammengefasst (Kapitel 5.1). Schließlich will der Beitrag auf offene Forschungsfragen zur Hospital Governance in Deutschland hinweisen (Kapitel 5.2).
5.1 Zusammenfassung Für private – vornehmlich große börsennotierte – Unternehmen sind in den letzten Jahrzenten unter der Überschrift Corporate Governance Anforderungen und Maßstäbe guter Unternehmensführung diskutiert worden, die inzwischen auch in zahlreichen Gesetzen und Kodizes ihren Niederschlag gefunden haben. Dabei wird die Anwendung dieser Grundsätze heute zunehmend auch mittelständischen sowie öffentlichen und freigemeinnützigen Unternehmen empfohlen. Zugleich hat sich die Corporate-Governance-Bewegung über ihren ursprünglichen Ansatz, Machtmissbrauch und unverantwortliches Verhalten des Managements zu verhindern, weiterentwickelt. Heute geht es auch um die Frage, wie eine Verbesserung der CorporateGovernance-Strukturen zur bewussten und aktiven Entwicklung der Erfolgs- und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens beitragen kann. In beiden Zusammenhängen – Verhinderung von Machtmissbrauch und Einsatz der Corporate Governance als Differenzierungs- und Erfolgsmerkmal im verstärkten Wettbewerb – fokussiert Corporate Governance sowohl das innere Zusammenspiel der Unternehmensorgane (Leitung, Aufsichtsgremium, Revision) als auch das Außenverhältnis des Unternehmens zu seinen Eigentümern (Shareholder), aber auch anderen Anspruchsgruppen (Stakeholder). Mit dieser Zielsetzung wurden in Rahmen der Corporate Governance zahlreiche Mechanismen entwickelt, die je nach zugrunde gelegtem Corporate-Governance-Ansatz und im Rahmen verschiedener Corporate-Governance-Systeme
unterschiedliche
Schwerpunkte
haben
bzw.
differenziert ausgeformt sind.
S. Ballke, Corporate Governance für Krankenhäuser, DOI 10.1007/978-3-8349-6674-2_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
264
Schlussbetrachtung
Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand die Untersuchung der Corporate Governance speziell für den deutschen Krankenhaussektor. Ziel war es dabei, zu analysieren, welchen Nutzen Krankenhäuser aus den Grundsätzen der vornehmlich aus der Privatwirtschaft übernommenen CorporateGovernance-Diskussion ziehen können. Insbesondere die Frage, in welchem Ausmaß sich die Erfahrungswerte und traditionellen Corporate-Governance-Aspekte auf den Krankenhaussektor übertragen lassen und welche Modifikationen ggf. bei einer Übertragung zu beachten sind, galt es zu beantworten. Auf der Grundlage der im theoretischen Teil dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse bestand ein weiteres Hauptziel dieser Arbeit darin, die gegenwärtigen Governance-Strukturen im deutschen Krankenhaussektor empirisch zu erforschen und schließlich aus den Analyseergebnissen Handlungsempfehlungen zur Optimierung und Implementierung verbesserter Hospital-Governance-Strukturen für die Praxis abzuleiten. Hierzu wurde mit Hilfe eines quantitativen Forschungsansatzes eine deutschlandweite schriftliche Befragung unter allen Krankenhäusern durchgeführt. Folgende Ergebnisse können festgehalten werden: x
Die Corporate Governance stellt bei Krankenhäusern aufgrund des sich wandelnden Umfeldes einen sehr komplexen Prozess, gleichzeitig aber auch ein sehr wichtiges Phänomen ihrer Entwicklung dar. Damit sich Krankenhäuser unter den verschärften Markt- und Wettbewerbsbedingungen langfristig am Markt behaupten können, ergeben sich für das Krankenhausmanagement neue Handlungsmöglichkeiten und Anforderungen, denen sie sich im Zuge der fortschreitenden Krankenhausmarktliberalisierung stellen müssen und die ein neues Führungsverständnis sowie eine gut funktionierende Unternehmensüberwachung von Krankenhäusern erforderlich machen. Aus diesem Grunde wird die strategiekonforme Gestaltung der Corporate Governance zur Voraussetzung einer langfristigen Sicherung des Fortbestandes eines jeden Krankenhauses. Nicht nur aus Gründen der regelmäßigen Kontrolle, Überwachung und Steuerung des Managements, sondern insbesondere auch vor dem Hintergrund
der
Wettbewerbsfähigkeit
des
Krankenhauses
selbst
und
der
Zusammenfassung
265
Verantwortung gegenüber den zahlreichen Krankenhausstakeholdern hat die Hospital Governance für alle Krankenhäuser einen hohen Stellenwert. Krankenhäuser sind daher aufgerufen, ihre Hospital-Governance-Strukturen regelmäßig zu analysieren und ggf. den geänderten Umständen anzupassen. x Die Untersuchung von Übertragungsmöglichkeiten der Corporate-GovernanceAnsätze aus der Privatwirtschaft hat gezeigt, dass in Abhängigkeit vom betrachteten Ansatz erhebliche Modifikationen aufgrund der Spezifika von Krankenhausunternehmen nötig sind. Eine reine Adaption der CorporateGovernance-Ansätze ist nicht möglich und auch nicht zielführend, da sich Krankenhäuser als Untersuchungsobjekt in wesentlichen Punkten (z.B. aufgrund ihrer besonderen Eigentümerstruktur und ihres multidimensionalen Zielsystems) von klassischen betriebswirtschaftlichen Unternehmungen unterscheiden. x
Die Heterogenität der Krankenhäuser, sei es aufgrund ihrer Trägerschaft oder aufgrund unterschiedlicher Rechts- und Organisationsformen, führt dazu, dass auch innerhalb dieser Gruppe selbst bei einer Übertragung der Ansätze und Mechanismen differenzierte Perspektiven eingenommen werden müssen. All diese Faktoren zusammengenommen führen zu dem Schluss, dass die theoretischen Grundlagen der aus der Privatwirtschaft übernommenen Corporate-Governance-Diskussion auch für Krankenhäuser hohe Relevanz haben, jedoch lediglich als Rahmenwerk genutzt und in die jeweilige Perspektive des Krankenhauses übersetzt werden müssen.
x
Die empirische Untersuchung wurde nicht nur auf die Erfassung des Status quo der Hospital Governance beschränkt, sondern ging ebenfalls anhand eines eigens hierfür entwickelten Evaluierungsschemas (Hospital Governance Scorecard) der Frage nach, in welchem Maße und in welchen Bereichen die Krankenhäuser bereits diejenigen Voraussetzungen erfüllen, die an eine gute Hospital Governance zu stellen sind. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Hospital-Governance-Strukturen der Krankenhäuser in Deutschland zum Teil noch deutliches Verbesserungspotenzial aufweisen. Dies gilt insbesondere für das derzeit noch ungenügende Rollenverständis der Aufsichtsgremien. Aber auch der Einsatz von Vergütungs-/ Anreizsystemen und die Installierung einer internen Revision als wichtige interne Corporate-Governance-Mechanismen
266
Schlussbetrachtung
kommen bislang noch zu selten zum Tragen und sind in ihrer Ausgestaltung verbesserungswürdig. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich die situative Überprüfung sowohl des Einsatzes dieser internen Corporate-GovernanceMechanismen als auch der Art ihres Einsatzes und letztlich der hiermit verbundenen
Steuerungsfunktion
(z.B.
Verknüpfung
der
performance-
abhängigen Vergütung auch mit weiteren (nachhaltigen) Komponenten neben finanzwirtschaftlichen Größen). x
Ebenso haben die Ergebnisse der empirischen Untersuchung verdeutlicht, dass auch innerhalb der heterogenen Gruppe der Krankenhäuser derzeit große Unterschiede bei der Hospital Governance bestehen. So haben insbesondere kleine und mittelgroße Krankenhäuser, aber auch Krankenhäuser, die keinem Verbund angeschlossen sind, vermehrt Defizite in ihrer Hospital-GovernanceStruktur. Auch Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Rechtsform weisen in der Regel schwächere Hospital-Governance-Strukturen aus, als dies bei Krankenhäusern mit privater Rechtsform der Fall ist. Krankenhäuser, welche die genannten Merkmale aufweisen, sollten deshalb verstärkt ihren Blick auf ihre Hospital Governance richten, um mögliche Nachteile in den HospitalGovernance-Strukturen zu kompensieren. Im Hinblick auf die Trägerschaft eines Krankenhauses und die Tatsache, ob ein Krankenhaus in den letzten drei Jahren einen Rechtsformwechsel durchgeführt hat, hat die Untersuchung keinen Einfluss auf die Hospital Governance feststellen können. Letzteres führt schließlich zu der Empfehlung, dass Krankenhäuser künftig auch die Möglichkeit einer Optimierung ihrer Hospital Governance bei einem Rechtsformwechsel einzubeziehen sollten.
Weiterer Forschungsbedarf
267
5.2 Weiterer Forschungsbedarf Die
Hospital-Governance-Forschung
ist
auch
im
Vergleich
zur
Corporate
Governance ein sehr junger Forschungszweig und steht in Deutschland noch ganz am Anfang. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist es erstmalig gelungen, für den deutschen Krankenhaussektor eine umfassende empirische Untersuchung zur Hospital Governance durchzuführen. Jedoch ist weiterer Forschungsbedarf notwendig. Dieser ergibt sich zum einen aus den methodischen Limitierungen der vorliegenden Untersuchung, zum anderen aber auch aus konzeptioneller Sicht. Aus den methodischen Limitierungen lassen sich folgende Ansatzpunkte für zukünftige Forschungsarbeiten ableiten: x
Bei der vorliegenden Untersuchung wurde aufgrund der Gesamtheit von Forschungsfrage, -objekt und -kontext ein quantitativer Forschungsansatz gewählt. Dieser erlaubt zwar durch den Fragebogeneinsatz als primärstatistisches Instrument eine breite Erfassung der Datenbasis, jedoch ist zu beachten, dass manche Hospital-Governance-relevante Fakten zu sensibel sind, als dass sie über einen schriftlichen Fragenkatalog ermittelt werden können. Zur Erfassung dieser „soft factors“ könnte ein qualitativer Untersuchungsansatz ergänzend herangezogen werden.
x
Auch hat sich die Untersuchung bei der Zielgruppe der Datenerhebung auf die Befragung der Krankenhausgeschäftsführer beschränkt, nicht zuletzt aufgrund der großen Schwierigkeit, Ansprechpartner der Aufsichtsgremien aller Krankenhäuser zu identifizieren. Künftige Untersuchungen sollten jedoch auch die Sichtweise von Mitgliedern der Aufsichtsgremien, ggf. ebenfalls mit Hilfe von qualitativen Interviews, einschließen.
Neben den methodischen Limitierungen besteht aus konzeptioneller Sicht weiterer Forschungsbedarf insbesondere zu folgenden Punkten:
268
Schlussbetrachtung
x
Die aus den empirischen Ergebnissen abgeleiteten Schlussfolgerungen und Empfehlungen sind aufgrund ihrer erstmaligen Erhebung als explorativ und Hypothesen generierend einzustufen und sollten im Rahmen weiterführender Forschungsarbeiten vertiefend untersucht und validiert werden.
x
Das in der Arbeit entwickelte Evaluierungsschema zur Bewertung der Hospital Governance stützt sich sowohl auf die bereits in jüngster Vergangenheit durch die akademische Forschung erarbeiten Grundsätze als auch die durch verschiedene Verbände vorgestellten Kodizes. Jedoch ist anzumerken, dass zu den einzelnen Kriterien der Hospital Governance und ihren konkreten Ausprägungen bislang keine detaillierten empirischen Untersuchungen spezifisch für den deutschen Krankenhaussektor vorliegen. Folglich ist hier noch Forschungsbedarf gegeben. Die Ergebnisse könnten in eine Weiterentwicklung des Evaluierungsschemas einmünden.
x
Auch lag die Blickrichtung dieser Untersuchung auf eher grundsätzlichen Aspekten der Hospital Governance (z.B. derzeitige Struktur und Organisation der Governance-Einheiten, Aufteilung der Kompetenzen sowie die Beziehung zwischen diesen Organen). Aufbauend auf diesen Ergebnissen sollten in weiteren
Forschungsarbeiten
jedoch
auch
Einzelaspekte
der
Hospital
Governance detailliert und systematisch untersucht werden wie beispielsweise die
gezielte
Honorierung
von
Aufsichtsgremiumsmitgliedern.
Auch
der
Zusammenhang zwischen der Struktur und Organisation der GovernanceEinheiten und der Gesamtperformance des Krankenhauses ist weitere Forschungsbemühungen wert. x
Schließlich könnte es auch von Interesse für künftige Forschungsaktivitäten sein, einen länderübergreifenden Vergleich beispielsweise zwischen den deutschen und anderen europäischen Hospital-Governance-Strukturen zu ziehen.
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(Krankenhaus-
Neuordnungsgesetz – KHNG) vom 20.12.1984 (BGBl. I S.1716).
S. Ballke, Corporate Governance für Krankenhäuser, DOI 10.1007/978-3-8349-6674-2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Verzeichnis von Rechtsnormen und Rechtsprechung
Gesetz zur Neuordnung des Krankenhauswesens (Sächsisches Krankenhausgesetz – SächsKHG) vom 19. August 1993, zuletzt geändert durch Art. 49 Sächsisches VerwaltungsneuOsG vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 138). Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKVGesundheitsreformgesetz, GGKV-GRG 2000) vom 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626). Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz – GSG) vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266). Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378). Gesetz zur Weiterentwicklung des Krankenhauswesens in Hessen (Hessisches Krankenhausgesetz 2002- HKHG) vom 6. November 2002, zuletzt geändert durch Art. 4 FinanzausgleichsÄndG 2007 vom 18. Dezember 2006 (GVBl. I S. 736). Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze
(Krankenhausfinanzierungsgesetz
–
KHG)
in
der
ursprünglichen Fassung vom 29.6.1972 (BGBl. I S. 1009). Hamburgisches Krankenhausgesetz (HmbKHG) vom 17. April 1991, zuletzt geändert durch Zweites ÄndG vom 6. 10.2006 (HmbGVBl. S. 510). Krankenhausgesetz Nordrhein-Westfalen (KHG NRW) vom 16. Dezember 1998, zuletzt geändert durch § 38 KrankenhausgestaltungsG Nordrhein-Westfalen vom 11.12.2007 (GV. NRW. S. 702). Landeskrankenhausgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Landeskrankenhausgesetz – LKHG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2002, zuletzt geändert durch Art. 2 Drittes ÄndG vom 15. Oktober 2008 (GVOBl. M-V S. 374).
Verzeichnis von Rechtsnormen und Rechtsprechung
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Mitbestimmungsgesetz vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153), das zuletzt durch Art. 9 des Gesetzes vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2479) geändert worden ist. Saarländisches Krankenhausgesetz (SKHG) vom 13. Juli 2005, zuletzt geändert durch Gesetz Nr. 1686 zur Änderung des Saarländisches Krankenhausgesetzes vom 6. Mai 2009 (Amtsbl. S. 862). Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477). Thüringer Krankenhausgesetz (ThürKHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. April 2003 (GVBl. S. 262). Verordnung über die Rechnungs- und Buchführungspflichten von Krankenhäusern (Krankenhaus-Buchführungsverordnung – KHBV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. März 1987 (BGBl. I S. 1046), die zuletzt durch Artikel 13 Absatz 1 des Gesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl. I S. 1102) geändert worden ist. Zweites
Gesetz
zur
Änderung
der
Vorschriften
zum
diagnose-orientierten
Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz – 2. FPÄndG) vom 15.12.2004, (BGBl. I S. 3429).
Anhang
Anlage 1: Deutscher Corporate Governance Kodex (geltende Fassung vom 18. Juni 2009) Anlage 2: Checkliste zur Gestaltung der Hospital Governance Anlage 3: Fragebogen zur empirischen Untersuchung Anlage 4: Prüfung der Modellvoraussetzung zur Faktorenanalyse und Vergleich des Faktors mit dem Gesamtscore Hospital Governance Anlage 5: Geschätzte Randmittel, Prüfung der Residuen auf Normalverteilung und Anpassungsgüte des Modells
S. Ballke, Corporate Governance für Krankenhäuser, DOI 10.1007/978-3-8349-6674-2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Anhang
Anlage 1: Deutscher Corporate Governance Kodex (geltende Fassung vom 18. Juni 2009)
1. Präambel Der vorliegende Deutsche Corporate Governance Kodex (der „Kodex“) stellt wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften (Unternehmensführung) dar und enthält international und national anerkannte Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Der Kodex soll das deutsche Corporate Governance System transparent und nachvollziehbar machen. Er will das Vertrauen der internationalen und nationalen Anleger, der Kunden, der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften fördern. Der Kodex verdeutlicht die Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat, im Einklang mit den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung zu sorgen (Unternehmensinteresse). Deutschen Aktiengesellschaften ist ein duales Führungssystem gesetzlich vorgegeben: Der Vorstand leitet das Unternehmen in eigener Verantwortung. Die Mitglieder des Vorstands tragen gemeinsam die Verantwortung für die Unternehmensleitung. Der Vorstandsvorsitzende koordiniert die Arbeit der Vorstandsmitglieder. Der Aufsichtsrat bestellt, überwacht und berät den Vorstand und ist in Entscheidungen, die von grundlegender Bedeutung für das Unternehmen sind, unmittelbar eingebunden. Der Aufsichtsratsvorsitzende koordiniert die Arbeit im Aufsichtsrat. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden von den Aktionären in der Hauptversammlung gewählt. Bei Unternehmen mit mehr als 500 bzw. 2000 Arbeitnehmern im Inland sind auch die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vertreten, der sich dann zu einem Drittel bzw. zur Hälfte aus von den Arbeitnehmern gewählten Vertretern zusammensetzt. Bei Unternehmen mit mehr als 2000 Arbeitnehmern hat der Aufsichtsratsvorsitzende, der praktisch immer ein Vertreter der Anteilseigner ist, ein die Beschlussfassung entscheidendes Zweitstimmrecht. Die von den Aktionären gewählten Anteilseignervertreter und die Arbeitnehmervertreter sind gleichermaßen dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Alternativ eröffnet die Europäische Gesellschaft (SE) die Möglichkeit, sich auch in Deutschland für das international verbreitete System der Führung durch ein einheitliches Leitungsorgan (Verwaltungsrat) zu entscheiden. Die Ausgestaltung der unternehmerischen Mitbestimmung in der SE wird grundsätzlich durch eine Vereinbarung zwischen der Unternehmensleitung und der Arbeitnehmerseite festgelegt. Die Arbeitnehmer in den EU-Mitgliedstaaten sind einbezogen. Das auch in anderen kontinentaleuropäischen Ländern etablierte duale Führungssystem und das monistische Verwaltungsratssystem bewegen sich wegen des intensiven Zusammenwirkens von Vorstand und Aufsichtsrat im dualen Führungssystem in der Praxis aufeinander zu und sind gleichermaßen erfolgreich. Die Rechnungslegung deutscher Unternehmen ist am True-and-fair-view-Prinzip orientiert und vermittelt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens. Empfehlungen des Kodex sind im Text durch die Verwendung des Wortes „soll“ gekennzeichnet. Die Gesellschaften können hiervon abweichen, sind dann aber verpflichtet, dies jährlich offen zu legen. Dies ermöglicht den Gesellschaften die Berücksichtigung branchen- oder unternehmensspezifischer
Anhang
311
Bedürfnisse. So trägt der Kodex zur Flexibilisierung und Selbstregulierung der deutschen Unternehmensverfassung bei. Ferner enthält der Kodex Anregungen, von denen ohne Offenlegung abgewichen werden kann; hierfür verwendet der Kodex Begriffe wie „sollte“ oder „kann“. Die übrigen sprachlich nicht so gekennzeichneten Teile des Kodex betreffen Bestimmungen, die als geltendes Gesetzesrecht von den Unternehmen zu beachten sind. In Regelungen des Kodex, die nicht nur die Gesellschaft selbst, sondern auch ihre Konzernunternehmen betreffen, wird der Begriff „Unternehmen“ statt „Gesellschaft“ verwendet. Der Kodex richtet sich in erster Linie an börsennotierte Gesellschaften. Auch nicht börsennotierten Gesellschaften wird die Beachtung des Kodex empfohlen. Der Kodex wird in der Regel einmal jährlich vor dem Hintergrund nationaler und internationaler Entwicklungen überprüft und bei Bedarf angepasst.
2. Aktionäre und Hauptversammlung
2.1
Aktionäre
2.1.1 Die Aktionäre nehmen ihre Rechte in der Hauptversammlung wahr und üben dort ihr Stimmrecht aus. 2.1.2 Jede Aktie gewährt grundsätzlich eine Stimme. Aktien mit Mehrstimmrechten oder Vorzugsstimmrechten („golden shares“) sowie Höchststimmrechte bestehen nicht. 2.2
Hauptversammlung
2.2.1 Der Vorstand legt der Hauptversammlung den Jahresabschluss und den Konzernabschluss vor. Sie entscheidet über die Gewinnverwendung sowie die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, wählt die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat und in der Regel den Abschlussprüfer. Darüber hinaus entscheidet die Hauptversammlung über die Satzung und den Gegenstand der Gesellschaft, über Satzungsänderungen und über wesentliche unternehmerische Maßnahmen wie insbesondere Unternehmensverträge und Umwandlungen, über die Ausgabe von neuen Aktien und von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen sowie über die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien. 2.2.2 Bei der Ausgabe neuer Aktien haben die Aktionäre grundsätzlich ein ihrem Anteil am Grundkapital entsprechendes Bezugsrecht. 2.2.3 Jeder Aktionär ist berechtigt, an der Hauptversammlung teilzunehmen, dort das Wort zu Gegenständen der Tagesordnung zu ergreifen und sachbezogene Fragen und Anträge zu stellen. 2.2.4 Der Versammlungsleiter sorgt für eine zügige Abwicklung der Hauptversammlung. Dabei sollte er sich davon leiten lassen, dass eine ordentliche Hauptversammlung spätestens nach 4 bis 6 Stunden beendet ist.
2.3
Einladung zur Hauptversammlung, Stimmrechtsvertreter
2.3.1 Die Hauptversammlung der Aktionäre ist vom Vorstand mindestens einmal jährlich unter Angabe der Tagesordnung einzuberufen. Aktionärsminderheiten sind berechtigt, die Einberufung einer
312
Anhang Hauptversammlung und die Erweiterung der Tagesordnung zu verlangen. Der Vorstand soll die vom Gesetz für die Hauptversammlung verlangten Berichte und Unterlagen einschließlich des Geschäftsberichts leicht zugänglich auf der Internet-Seite der Gesellschaft zusammen mit der Tagesordnung veröffentlichen.
2.3.2 Die Gesellschaft soll allen in- und ausländischen Finanzdienstleistern, Aktionären und Aktionärsvereinigungen die Einberufung der Hauptversammlung mitsamt den Einberufungsunterlagen auf elektronischem Wege übermitteln, wenn die Zustimmungserfordernisse erfüllt sind. 2.3.3 Die Gesellschaft soll den Aktionären die persönliche Wahrnehmung ihrer Rechte erleichtern. Auch bei der Stimmrechtsvertretung soll die Gesellschaft die Aktionäre unterstützen. Der Vorstand soll für die Bestellung eines Vertreters für die weisungsgebundene Ausübung des Stimmrechts der Aktionäre sorgen; dieser sollte auch während der Hauptversammlung erreichbar sein. 2.3.4 Die Gesellschaft sollte den Aktionären die Verfolgung der Hauptversammlung über moderne Kommunikationsmedien (z.B. Internet) ermöglichen.
3. Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat
3.1
Vorstand und Aufsichtsrat arbeiten zum Wohle des Unternehmens eng zusammen.
3.2
Der Vorstand stimmt die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit dem Aufsichtsrat ab und erörtert mit ihm in regelmäßigen Abständen den Stand der Strategieumsetzung.
3.3
Für Geschäfte von grundlegender Bedeutung legen die Satzung oder der Aufsichtsrat Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Aufsichtsrats fest. Hierzu gehören Entscheidungen oder Maßnahmen, die die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens grundlegend verändern.
3.4
Die ausreichende Informationsversorgung des Aufsichtsrats ist gemeinsame Aufgabe von Vorstand und Aufsichtsrat. Der Vorstand informiert den Aufsichtsrat regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle für das Unternehmen relevanten Fragen der Planung, der Geschäftsentwicklung, der Risikolage, des Risikomanagements und der Compliance. Er geht auf Abweichungen des Geschäftsverlaufs von den aufgestellten Plänen und Zielen unter Angabe von Gründen ein. Der Aufsichtsrat soll die Informations- und Berichtspflichten des Vorstands näher festlegen. Berichte des Vorstands an den Aufsichtsrat sind in der Regel in Textform zu erstatten. Entscheidungsnotwendige Unterlagen, insbesondere der Jahresabschluss, der Konzernabschluss und der Prüfungsbericht, werden den Mitgliedern des Aufsichtsrats möglichst rechtzeitig vor der Sitzung zugeleitet.
3.5
Gute Unternehmensführung setzt eine offene Diskussion zwischen Vorstand und Aufsichtsrat sowie in Vorstand und Aufsichtsrat voraus. Die umfassende Wahrung der Vertraulichkeit ist dafür von entscheidender Bedeutung. Alle Organmitglieder stellen sicher, dass die von ihnen eingeschalteten Mitarbeiter die Verschwiegenheitspflicht in gleicher Weise einhalten.
3.6
In mitbestimmten Aufsichtsräten sollten die Vertreter der Aktionäre und der Arbeitnehmer die Sitzungen des Aufsichtsrats jeweils gesondert, gegebenenfalls mit Mitgliedern des Vorstands, vorbereiten. Der Aufsichtsrat sollte bei Bedarf ohne den Vorstand tagen.
Anhang 3.7
313
Bei einem Übernahmeangebot müssen Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft eine begründete Stellungnahme zu dem Angebot abgeben, damit die Aktionäre in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden können. Der Vorstand darf nach Bekanntgabe eines Übernahmeangebots keine Handlungen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs vornehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte, wenn er dazu nicht von der Hauptversammlung ermächtigt ist oder der Aufsichtsrat dem zugestimmt hat. Bei ihren Entscheidungen sind Vorstand und Aufsichtsrat an das beste Interesse der Aktionäre und des Unternehmens gebunden. In angezeigten Fällen sollte der Vorstand eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen, in der die Aktionäre über das Übernahmeangebot beraten und gegebenenfalls über gesellschaftsrechtliche Maßnahmen beschließen.
3.8
Vorstand und Aufsichtsrat beachten die Regeln ordnungsgemäßer Unternehmensführung. Verletzen sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bzw. Aufsichtsratsmitglieds schuldhaft, so haften sie der Gesellschaft gegenüber auf Schadensersatz. Bei unternehmerischen Entscheidungen liegt keine Pflichtverletzung vor, wenn das Mitglied von Vorstand oder Aufsichtsrat vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (Business Judgement Rule). Schließt die Gesellschaft für den Vorstand eine D&O-Versicherung ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10% des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds zu vereinbaren. In einer D&O-Versicherung für den Aufsichtsrat soll ein entsprechender Selbstbehalt vereinbart werden.
3.9
Die Gewährung von Krediten des Unternehmens an Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie ihre Angehörigen bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats.
3.10
Vorstand und Aufsichtsrat berichten jährlich im Geschäftsbericht über die Corporate Governance des Unternehmens, Corporate Governance Bericht. Dieser ist Bestandteil der Erklärung zur Unternehmensführung der Gesellschaft. Hierzu gehört auch die Erläuterung eventueller Abweichungen von den Empfehlungen dieses Kodex. Dabei kann auch zu den Kodexanregungen Stellung genommen werden. Die Gesellschaft soll nicht mehr aktuelle Entsprechenserklärungen zum Kodex fünf Jahre lang auf ihrer Internetseite zugänglich halten.
4. Vorstand 4.1
Aufgaben und Zuständigkeiten
4.1.1 Der Vorstand leitet das Unternehmen mit dem Ziel nachhaltiger Wertschöpfung in eigener Verantwortung und im Unternehmensinteresse, also unter Berücksichtigung der Belange der Aktionäre, seiner Arbeitnehmer und der sonstigen dem Unternehmen verbundenen Gruppen (Stakeholder). 4.1.2 Der Vorstand entwickelt die strategische Ausrichtung des Unternehmens, stimmt sie mit dem Aufsichtsrat ab und sorgt für ihre Umsetzung. 4.1.3 Der Vorstand hat für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien zu sorgen und wirkt auf deren Beachtung durch die Konzernunternehmen hin (Compliance).
314
Anhang
4.1.4 Der Vorstand sorgt für ein angemessenes Risikomanagement und Risikocontrolling im Unternehmen. 4.2
Zusammensetzung und Vergütung
4.2.1 Der Vorstand soll aus mehreren Personen bestehen und einen Vorsitzenden oder Sprecher haben. Eine Geschäftsordnung soll die Arbeit des Vorstands, insbesondere die Ressortzuständigkeiten einzelner Vorstandsmitglieder, die dem Gesamtvorstand vorbehaltenen Angelegenheiten sowie die erforderliche Beschlussmehrheit bei Vorstandsbeschlüssen (Einstimmigkeit oder Mehrheitsbeschluss) regeln. 4.2.2 Das Aufsichtsratsplenum setzt auf Vorschlag des Gremiums, das die Vorstandsverträge behandelt, die Gesamtvergütung der einzelnen Vorstandsmitglieder fest und soll das Vergütungssystem für den Vorstand beschließen und regelmäßig überprüfen. Die Gesamtvergütung der einzelnen Vorstandsmitglieder wird vom Aufsichtsratsplenum unter Einbeziehung von etwaigen Konzernbezügen auf der Grundlage einer Leistungsbeurteilung festgelegt. Kriterien für die Angemessenheit der Vergütung bilden sowohl die Aufgaben des einzelnen Vorstandsmitglieds, seine persönliche Leistung, die wirtschaftliche Lage, der Erfolg und die Zukunftsaussichten des Unternehmens als auch die Üblichkeit der Vergütung unter Berücksichtigung des Vergleichsumfelds und der Vergütungsstruktur, die ansonsten in der Gesellschaft gilt. Soweit vom Aufsichtsrat zur Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung ein externer Vergütungsexperte hinzugezogen wird, soll auf dessen Unabhängigkeit vom Vorstand bzw. vom Unternehmen geachtet werden. 4.2.3 Die Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder umfasst die monetären Vergütungsteile, die Versorgungszusagen, die sonstigen Zusagen, insbesondere für den Fall der Beendigung der Tätigkeit, Nebenleistungen jeder Art und Leistungen von Dritten, die im Hinblick auf die Vorstandstätigkeit zugesagt oder im Geschäftsjahr gewährt wurden. Die Vergütungsstruktur ist auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten. Die monetären Vergütungsteile sollen fixe und variable Bestandteile umfassen. Der Aufsichtsrat hat dafür zu sorgen, dass variable Vergütungsteile grundsätzlich eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben. Sowohl positiven als auch negativen Entwicklungen soll bei der Ausgestaltung der variablen Vergütungsteile Rechnung getragen werden. Sämtliche Vergütungsteile müssen für sich und insgesamt angemessen sein und dürfen insbesondere nicht zum Eingehen unangemessener Risiken verleiten. Als variable Vergütungsteile kommen z.B. auf das Unternehmen bezogene aktien- oder kennzahlenbasierte Vergütungselemente in Betracht. Sie sollen auf anspruchsvolle, relevante Vergleichsparameter bezogen sein. Eine nachträgliche Änderung der Erfolgsziele oder der Vergleichsparameter soll ausgeschlossen sein. Für außerordentliche Entwicklungen hat der Aufsichtsrat grundsätzlich eine Begrenzungsmöglichkeit (Cap) zu vereinbaren. Bei Abschluss von Vorstandsverträgen soll darauf geachtet werden, dass Zahlungen an ein Vorstandsmitglied bei vorzeitiger Beendigung der Vorstandstätigkeit ohne wichtigen Grund einschließlich Nebenleistungen den Wert von zwei Jahresvergütungen nicht überschreiten (Abfindungs-Cap) und nicht mehr als die Restlaufzeit des Anstellungsvertrages vergüten. Für die Berechnung des Abfindungs-Caps soll auf die Gesamtvergütung des abgelaufenen Geschäftsjahres und gegebenenfalls auch auf die voraussichtliche Gesamtvergütung für das laufende Geschäftsjahr abgestellt werden. Eine Zusage für Leistungen aus Anlass der vorzeitigen Beendigung der Vorstandstätigkeit infolge eines Kontrollwechsels (Change of Control) soll 150 % des Abfindungs-Caps nicht übersteigen.
Anhang
315
Der Vorsitzende des Aufsichtsrats soll die Hauptversammlung über die Grundzüge des Vergütungssystems und deren Veränderung informieren. 4.2.4 Die Gesamtvergütung eines jeden Vorstandsmitglieds wird, aufgeteilt nach fixen und variablen Vergütungsteilen unter Namensnennung offen gelegt. Gleiches gilt für Zusagen auf Leistungen, die einem Vorstandsmitglied für den Fall der vorzeitigen oder regulären Beendigung der Tätigkeit als Vorstandsmitglied gewährt oder die während des Geschäftsjahres geändert worden sind. Die Offenlegung kann unterbleiben, wenn die Hauptversammlung dies mit Dreiviertelmehrheit anderweitig beschlossen hat. 4.2.5 Die Offenlegung soll in einem Vergütungsbericht erfolgen, der als Teil des Corporate Governance Berichts auch das Vergütungssystem für die Vorstandsmitglieder in allgemein verständlicher Form erläutert. Der Vergütungsbericht soll auch Angaben zur Art der von der Gesellschaft erbrachten Nebenleistungen enthalten.
4.3
Interessenkonflikte
4.3.1 Vorstandsmitglieder unterliegen während ihrer Tätigkeit für das Unternehmen einem umfassenden Wettbewerbsverbot. 4.3.2 Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter dürfen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit weder für sich noch für andere Personen von Dritten Zuwendungen oder sonstige Vorteile fordern oder annehmen oder Dritten ungerechtfertigte Vorteile gewähren. 4.3.3 Die Vorstandsmitglieder sind dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Kein Mitglied des Vorstands darf bei seinen Entscheidungen persönliche Interessen verfolgen und Geschäftschancen, die dem Unternehmen zustehen, für sich nutzen. 4.3.4 Jedes Vorstandsmitglied soll Interessenkonflikte dem Aufsichtsrat gegenüber unverzüglich offenlegen und die anderen Vorstandsmitglieder hierüber informieren. Alle Geschäfte zwischen dem Unternehmen einerseits und den Vorstandsmitgliedern sowie ihnen nahestehenden Personen oder ihnen persönlich nahestehenden Unternehmungen andererseits haben branchenüblichen Standards zu entsprechen. Wesentliche Geschäfte sollen der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen. 4.3.5 Vorstandsmitglieder sollen Nebentätigkeiten, insbesondere Aufsichtsratsmandate ausserhalb des Unternehmens, nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats übernehmen.
5. Aufsichtsrat
5.1
Aufgaben und Zuständigkeiten
5.1.1
Aufgabe des Aufsichtsrats ist es, den Vorstand bei der Leitung des Unternehmens regelmäßig zu beraten und zu überwachen. Er ist in Entscheidungen von grundlegender Bedeutung für das Unternehmen einzubinden.
5.1.2
Der Aufsichtsrat bestellt und entlässt die Mitglieder des Vorstands. Bei der Zusammensetzung des Vorstands soll der Aufsichtsrat auch auf Vielfalt (Diversity) achten Er soll gemeinsam mit
316
Anhang dem Vorstand für eine langfristige Nachfolgeplanung sorgen. Der Aufsichtsrat kann die Vorbereitung der Bestellung von Vorstandsmitgliedern einem Ausschuss übertragen, der auch die Bedingungen des Anstellungsvertrages einschließlich der Vergütung behandelt. Bei Erstbestellungen sollte die maximal mögliche Bestelldauer von fünf Jahren nicht die Regel sein. Eine Wiederbestellung vor Ablauf eines Jahres vor dem Ende der Bestelldauer bei gleichzeitiger Aufhebung der laufenden Bestellung soll nur bei Vorliegen besonderer Umstände erfolgen. Eine Altersgrenze für Vorstandsmitglieder soll festgelegt werden.
5.1.3
Der Aufsichtsrat soll sich eine Geschäftsordnung geben.
5.2
Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsratsvorsitzenden Der Aufsichtsratsvorsitzende koordiniert die Arbeit im Aufsichtsrat und leitet dessen Sitzungen und nimmt die Belange des Aufsichtsrats nach außen wahr. Der Aufsichtsratsvorsitzende soll zugleich Vorsitzender der Ausschüsse sein, die die Vorstandsverträge behandeln und die Aufsichtsratssitzungen vorbereiten. Den Vorsitz im Prüfungsausschuss (Audit Committee) sollte er nicht innehaben. Der Aufsichtsratsvorsitzende soll mit dem Vorstand, insbesondere mit dem Vorsitzenden bzw. Sprecher des Vorstands, regelmäßig Kontakt halten und mit ihm die Strategie, die Geschäftsentwicklung und das Risikomanagement des Unternehmens beraten. Der Aufsichtsratsvorsitzende wird über wichtige Ereignisse, die für die Beurteilung der Lage und Entwicklung sowie für die Leitung des Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sind, unverzüglich durch den Vorsitzenden bzw. Sprecher des Vorstands informiert. Der Aufsichtsratsvorsitzende soll sodann den Aufsichtsrat unterrichten und erforderlichenfalls eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung einberufen.
5.3
Bildung von Ausschüssen
5.3.1
Der Aufsichtsrat soll abhängig von den spezifischen Gegebenheiten des Unternehmens und der Anzahl seiner Mitglieder fachlich qualifizierte Ausschüsse bilden. Diese dienen der Steigerung der Effizienz der Aufsichtsratsarbeit und der Behandlung komplexer Sachverhalte. Die jeweiligen Ausschussvorsitzenden berichten regelmäßig an den Aufsichtsrat über die Arbeit der Ausschüsse.
5.3.2
Der Aufsichtsrat soll einen Prüfungsausschuss (Audit Committee) einrichten, der sich insbesondere mit Fragen der Rechnungslegung, des Risikomanagements und der Compliance, der erforderlichen Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, der Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer, der Bestimmung von Prüfungsschwerpunkten und der Honorarvereinbarung befasst. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses soll über besondere Kenntnisse und Erfahrungen in der Anwendung von Rechnungslegungsgrundsätzen und internen Kontrollverfahren verfügen. Er sollte unabhängig und kein ehemaliges Vorstandsmitglied der Gesellschaft sein, dessen Bestellung vor weniger als zwei Jahren endete.
5.3.3
Der Aufsichtsrat soll einen Nominierungsausschuss bilden, der ausschließlich mit Vertretern der Anteilseigner besetzt ist und dem Aufsichtsrat für dessen Wahlvorschläge an die Hauptversammlung geeignete Kandidaten vorschlägt.
5.3.4
Der Aufsichtsrat kann weitere Sachthemen zur Behandlung in einen oder mehrere Ausschüsse verweisen. Hierzu gehören u. a. die Strategie des Unternehmens, die Vergütung der Vorstandsmitglieder, Investitionen und Finanzierungen.
Anhang
317
5.3.5
Der Aufsichtsrat kann vorsehen, dass Ausschüsse die Sitzungen des Aufsichtsrats vorbereiten und darüber hinaus auch anstelle des Aufsichtsrats entscheiden.
5.4
Zusammensetzung und Vergütung
5.4.1
Bei Vorschlägen zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern soll darauf geachtet werden, dass dem Aufsichtsrat jederzeit Mitglieder angehören, die über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen. Dabei soll auch auf die internationale Tätigkeit des Unternehmens, auf potenzielle Interessenkonflikte und eine festzulegende Altersgrenze für Aufsichtsratsmitglieder sowie auf Vielfalt (Diversity) geachtet werden.
5.4.2
Um eine unabhängige Beratung und Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat zu ermöglichen, soll dem Aufsichtsrat eine nach seiner Einschätzung ausreichende Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören. Ein Aufsichtsratsmitglied ist als unabhängig anzusehen, wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet. Dem Aufsichtsrat sollen nicht mehr als zwei ehemalige Mitglieder des Vorstands angehören. Aufsichtsratsmitglieder sollen keine Organfunktion oder Beratungsaufgaben bei wesentlichen Wettbewerbern des Unternehmens ausüben.
5.4.3
Wahlen zum Aufsichtsrat sollen als Einzelwahl durchgeführt werden. Ein Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds soll bis zur nächsten Hauptversammlung befristet sein. Kandidatenvorschläge für den Aufsichtsratsvorsitz sollen den Aktionären bekannt gegeben werden.
5.4.4
Vorstandsmitglieder dürfen vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende ihrer Bestellung nicht Mitglied des Aufsichtsrats der Gesellschaft werden, es sei denn ihre Wahl erfolgt auf Vorschlag von Aktionären, die mehr als 25% der Stimmrechte an der Gesellschaft halten. In letzterem Fall soll der Wechsel in den Aufsichtsratsvorsitz eine der Hauptversammlung zu begründende Ausnahme sein.
5.4.5
Jedes Aufsichtsratsmitglied achtet darauf, dass ihm für die Wahrnehmung seiner Mandate genügend Zeit zur Verfügung steht. Wer dem Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft angehört, soll insgesamt nicht mehr als drei Aufsichtsratsmandate in konzernexternen börsennotierten Gesellschaften wahrnehmen.
5.4.6
Die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder wird durch Beschluss der Hauptversammlung oder in der Satzung festgelegt. Sie trägt der Verantwortung und dem Tätigkeitsumfang der Aufsichtsratsmitglieder sowie der wirtschaftlichen Lage und dem Erfolg des Unternehmens Rechnung. Dabei sollen der Vorsitz und der stellvertretende Vorsitz im Aufsichtsrat sowie der Vorsitz und die Mitgliedschaft in den Ausschüssen berücksichtigt werden. Die Mitglieder des Aufsichtsrats sollen neben einer festen eine erfolgsorientierte Vergütung erhalten. Die erfolgsorientierte Vergütung sollte auch auf den langfristigen Unternehmenserfolg bezogene Bestandteile enthalten. Die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder soll im Corporate Governance Bericht individualisiert, aufgegliedert nach Bestandteilen ausgewiesen werden. Auch die vom Unternehmen an die Mitglieder des Aufsichtsrats gezahlten Vergütungen oder gewährten Vorteile für persönlich erbrachte Leistungen, insbesondere Beratungs- und Vermittlungsleistungen, sollen individualisiert im Corporate Governance Bericht gesondert angegeben werden.
318
Anhang
5.4.7
Falls ein Mitglied des Aufsichtsrats in einem Geschäftsjahr an weniger als der Hälfte der Sitzungen des Aufsichtsrats teilgenommen hat, soll dies im Bericht des Aufsichtsrats vermerkt werden.
5.5
Interessenkonflikte
5.5.1
Jedes Mitglied des Aufsichtsrats ist dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Es darf bei seinen Entscheidungen weder persönliche Interessen verfolgen noch Geschäftschancen, die dem Unternehmen zustehen, für sich nutzen.
5.5.2
Jedes Aufsichtsratsmitglied soll Interessenkonflikte, insbesondere solche, die auf Grund einer Beratung oder Organfunktion bei Kunden, Lieferanten, Kreditgebern oder sonstigen Geschäftspartnern entstehen können, dem Aufsichtsrat gegenüber offenlegen.
5.5.3
Der Aufsichtsrat soll in seinem Bericht an die Hauptversammlung über aufgetretene Interessenkonflikte und deren Behandlung informieren. Wesentliche und nicht nur vorübergehende I nteressenkonflikte in der Person eines Aufsichtsratsmitglieds sollen zur Beendigung des Mandats führen.
5.5.4
Berater- und sonstige Dienstleistungs- und Werkverträge eines Aufsichtsratsmitglieds mit der Gesellschaft bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats.
5.6
Effizienzprüfung Der Aufsichtsrat soll regelmäßig die Effizienz seiner Tätigkeit überprüfen.
6. Transparenz
6.1
Der Vorstand wird Insiderinformationen, die die Gesellschaft unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen, soweit er nicht im Einzelfall von der Veröffentlichungspflicht befreit ist.
6.2
Sobald der Gesellschaft bekannt wird, dass jemand durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 3, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 50 oder 75 % der Stimmrechte an der Gesellschaft erreicht, über- oder unterschreitet, wird dies vom Vorstand unverzüglich veröffentlicht.
6.3
Die Gesellschaft wird die Aktionäre bei Informationen gleich behandeln. Sie soll ihnen unverzüglich sämtliche neuen Tatsachen, die Finanzanalysten und vergleichbaren Adressaten mitgeteilt worden sind, zur Verfügung stellen.
6.4
Zur zeitnahen und gleichmäßigen Information der Aktionäre und Anleger soll die Gesellschaft geeignete Kommunikationsmedien, wie etwa das Internet, nutzen.
6.5
Informationen, die die Gesellschaft im Ausland aufgrund der jeweiligen kapitalmarktrechtlichen Vorschriften veröffentlicht, sollen auch im Inland unverzüglich bekannt gegeben werden.
6.6
Über die gesetzliche Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung und Veröffentlichung von Geschäften in Aktien der Gesellschaft hinaus, soll der Besitz von Aktien der Gesellschaft oder sich darauf
Anhang
319
beziehender Finanzinstrumente, von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern angegeben werden, wenn er direkt oder indirekt größer als 1 % der von der Gesellschaft ausgegebenen Aktien ist. Übersteigt der Gesamtbesitz aller Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder 1 % der von der Gesellschaft ausgegebenen Aktien, soll der Gesamtbesitz getrennt nach Vorstand und Aufsichtsrat angegeben werden. Die vorgenannten Angaben sollen im Corporate Governance Bericht enthalten sein. 6.7
Im Rahmen der laufenden Öffentlichkeitsarbeit sollen die Termine der wesentlichen wiederkehrenden Veröffentlichungen (u. a. Geschäftsbericht, Zwischenfinanzberichte) und der Termin der Hauptversammlung in einem „Finanzkalender“ mit ausreichendem Zeitvorlauf publiziert werden.
6.8
Von der Gesellschaft veröffentlichte Informationen über das Unternehmen sollen auch über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich sein. Die Internetseite soll übersichtlich gegliedert sein. Veröffentlichungen sollten auch in englischer Sprache erfolgen.
7. Rechnungslegung und Abschlussprüfung
7.1
Rechnungslegung
7.1.1
Anteilseigner und Dritte werden vor allem durch den Konzernabschluss informiert. Während des Geschäftsjahres werden sie zusätzlich durch den Halbjahresfinanzbericht sowie im ersten und zweiten Halbjahr durch Zwischenmitteilungen oder Quartalsfinanzberichte unterrichtet. Der Konzernabschluss und der verkürzte Konzernabschluss des Halbjahresfinanzberichts und des Quartalsfinanzberichts werden unter Beachtung der einschlägigen internationalen Rechnungslegungsgrundsätze aufgestellt.
7.1.2
Der Konzernabschluss wird vom Vorstand aufgestellt und vom Abschlussprüfer sowie vom Aufsichtsrat geprüft. Halbjahres- und etwaige Quartalsfinanzberichte sollen vom Aufsichtsrat oder seinem Prüfungsausschuss vor der Veröffentlichung mit dem Vorstand erörtert werden. Zusätzlich sind die Prüfstelle für Rechnungslegung bzw. die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht befugt, die Übereinstimmung des Konzernabschlusses mit den maßgeblichen Rechnungslegungsvorschriften zu überprüfen (Enforcement). Der Konzernabschluss soll binnen 90 Tagen nach Geschäftsjahresende, die Zwischenberichte sollen binnen 45 Tagen nach Ende des Berichtszeitraums, öffentlich zugänglich sein.
7.1.3
Der Corporate Governance Bericht soll konkrete Angaben über Aktienoptionsprogramme und ähnliche wertpapierorientierte Anreizsysteme der Gesellschaft enthalten.
7.1.4
Die Gesellschaft soll eine Liste von Drittunternehmen veröffentlichen, an denen sie eine Beteiligung von für das Unternehmen nicht untergeordneter Bedeutung hält. Handelsbestände von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, aus denen keine Stimmrechte ausgeübt werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Es sollen angegeben werden: Name und Sitz der Gesellschaft, Höhe des Anteils, Höhe des Eigenkapitals und Ergebnis des letzten Geschäftsjahres.
7.1.5
Im Konzernabschluss sollen Beziehungen zu Aktionären erläutert werden, die im Sinne der anwendbaren Rechnungslegungsvorschriften als nahestehende Personen zu qualifizieren sind.
7.2
Abschlussprüfung
7.2.1
Vor Unterbreitung des Wahlvorschlags soll der Aufsichtsrat bzw. der Prüfungsausschuss eine Erklärung des vorgesehenen Prüfers einholen, ob und ggf. welche geschäftlichen, finanziellen,
320
Anhang persönlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen dem Prüfer und seinen Organen und Prüfungsleitern einerseits und dem Unternehmen und seinen Organmitgliedern andererseits bestehen, die Zweifel an seiner Unabhängigkeit begründen können. Die Erklärung soll sich auch darauf erstrecken, in welchem Umfang im vorausgegangenen Geschäftsjahr andere Leistungen für das Unternehmen, insbesondere auf dem Beratungssektor, erbracht wurden bzw. für das folgende Jahr vertraglich vereinbart sind. Der Aufsichtsrat soll mit dem Abschlussprüfer vereinbaren, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats bzw. des Prüfungsausschusses über während der Prüfung auftretende mögliche Ausschlussoder Befangenheitsgründe unverzüglich unterrichtet wird, soweit diese nicht unverzüglich beseitigt werden.
7.2.2
Der Aufsichtsrat erteilt dem Abschlussprüfer den Prüfungsauftrag und trifft mit ihm die Honorarvereinbarung.
7.2.3
Der Aufsichtsrat soll vereinbaren, dass der Abschlussprüfer über alle für die Aufgaben des Aufsichtsrats wesentlichen Feststellungen und Vorkommnisse unverzüglich berichtet, die sich bei der Durchführung der Abschlussprüfung ergeben. Der Aufsichtsrat soll vereinbaren, dass der Abschlussprüfer ihn informiert bzw. im Prüfungsbericht vermerkt, wenn er bei Durchführung der Abschlussprüfung Tatsachen feststellt, die eine Unrichtigkeit der von Vorstand und Aufsichtsrat abgegebenen Erklärung zum Kodex ergeben.
7.2.4
Der Abschlussprüfer nimmt an den Beratungen des Aufsichtsrats über den Jahres- und Konzernabschluss teil und berichtet über die wesentlichen Ergebnisse seiner Prüfung.
Anhang
321
Anlage 2: Checkliste zur Gestaltung der Hospital Governance
I. Aufsichtsgremium x
Soll ein duales Führungssystem, d.h. eine institutionalisierte Trennung zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsgremium, eingerichtet werden?
x
Aus wie vielen Mitgliedern soll sich das Aufsichtsgremium zusammensetzen?
x
Sollen eher interne (d.h. Mitglieder des Krankenhauses) oder externe (d.h. außer- oder nebenberufliche) Mitglieder Bestandteil des Aufsichtsgremiums sein?
x
Soll eine zeitliche Befristung der Amtsdauer für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums gesetzt werden?
x
Welche Berufsgruppen sollen im Aufsichtsgremium vertreten sein? Inwiefern soll der Berufsgruppe der Ärzte
x
Soll ein schriftliches Anforderungsprofil für das Aufsichtsgremium geschaffen werden? Falls ja, mit welchem
x
Wie viele Sitzungen sollen im Jahr stattfinden?
gesondert Rechnung getragen werden?
Inhalt? x
Sollen die Mitglieder des Aufsichtsgremiums für ihre Aktivitäten eine Aufwandsentschädigung/Vergütung erhalten?
x
Welche Aufgaben soll das Aufsichtsgremium wahrnehmen, d.h. welches Rollenverständnis liegt ihm zugrunde?
x
Ist die Aufgabenteilung zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsgremium klar festgelegt?
x
Soll neben dem Aufsichtsgremium ein weiteres Organ, in dem die Interessenvertretung sonstiger Anspruchsgruppen gewährleistet wird (z.B. Beirat), etabliert werden?
x
Wie wird eine ausreichende Informationsversorgung des Aufsichtsgremiums sichergestellt?
II. Anreizsystem x
Sollen performanceabhängige Anreizsysteme eingesetzt werden?
x
Sollen die Anreizsysteme monetärer oder nichtmonetärer Natur sein?
x
An welche Faktoren sollen die Anreizsysteme geknüpft werden? Inwieweit werden sowohl Formal- als auch Sachziele ausreichend berücksichtigt?
x
Gibt es schriftlich fixierte Zielvereinbarungen und in welchen Abständen soll diese aktualisiert werden?
x
Mit welchem Messsystem und in welchen Abständen soll die Zieleinhaltung überprüft werden?
x
Wie wird die nachhaltige Zielerreichung des Krankenhauses sichergestellt?
III. Kapitalstruktur x
Besteht eine systematische Beziehungspflege zu den Fremdkapitalgebern?
x
Inwiefern und inwieweit können/sollen Sicherheiten über den Träger gewährleistet werden?
x
Welche alternativen Finanzierungsformen stehen dem Krankenhaus zur Verfügung?
322
Anhang
IV. Interne und externe Revision x
Ist eine interne Revision eingerichtet?
x
Wie wird die Objektivität und Unabhängigkeit der internen Revision gesichert bzw. wo ist diese angesiedelt?
x
Wie wird der Informationsfluss zwischen Aufsichtsgremium und interner Revision sichergestellt?
x
Hat das Aufsichtsgremium für die externe Revision Prüfungsschwerpunkte festgelegt? Wurde der Abschlussprüfer mit einer erweiterten Prüfung (z.B. Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung) beauftragt?
x
Inwieweit wird die externe Revision bei strategischen Fragestellungen vom Aufsichtsgremium einbezogen?
x
Gibt es über die gesetzlichen Vorschriften hinaus unternehmensinterne Regeln über die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsgremium sowie interner und externer Revision?
V. Produktmarkt x x
Werden regelmäßig Patientenbefragungen durchgeführt? Erfolgt eine systematische Beobachtung des Produktmarktes, beispielsweise über Markt- und Wettbewerbsanalysen?
x
Existiert eine regelmäßige Beziehungspflege zu den Kostenträgern?
x
Findet eine systematische Beziehungspflege zu den niedergelassenen Ärzten vor Ort statt?
VI. Arbeitsmarkt x
Ist die Laufzeit des Anstellungsverhältnisses für das Krankenhausmanagement befristet oder unbefristet?
x
Entsprechen Gehaltsgefüge und Anstellungsbedingungen dem Niveau und dem Rahmen des Arbeitsmarktes?
x
Aus wie vielen Personen soll sich die Geschäftsführung zusammensetzen (singuläre/duale Führungsspitze vs. Dreierdirektorium) und welchen professionellen Hintergrund soll die Geschäftsführung aufweisen?
x
Welche Aufgabenbereiche sollen in den Aufgabenbereich der Geschäftsführung fallen?
VII. Kapitalmarkt x
Besteht eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege zur Öffentlichkeit?
x
Wer nimmt die Beziehungspflege zur Außenwelt wahr und in welcher Form?
VIII. Gesetzliche Regelungen und Kodizes x
Von welchen gesetzlichen Regelungen mit Corporate-Governance-Bezug ist das Krankenhaus betroffen?
x
Welche Kodizes sind für das Krankenhaus anwendbar?
x
Werden die gesetzlichen Regelungen und Kodizes in der Praxis eingehalten?
Anhang
323
Anlage 3: Fragebogen zur empirischen Untersuchung
A. Allgemeine Angaben zum Krankenhaus
1. Wie viele (Plan-)betten führt das Krankenhaus? 0 – 200 Betten 200 – 500 Betten 500 – 1.000 Betten > 1.000 Betten 2. In welcher Trägerschaft wird das Krankenhaus geführt? Öffentlich-rechtlich
Privat
Freigemeinnützig / Kirchlich
3. Welche Rechtsform besitzt das Krankenhaus? GmbH Körperschaft des öffentlichen Rechts Stiftung Eingetragener Verein Sonstige: ___________________________________________________ 4. Hat ein Rechtsformwechsel in den vergangenen 3 Jahren stattgefunden? Ja
Nein
5. Ist das Krankenhaus an einen Krankenhausverbund angeschlossen? Ja
Nein
6. Hält das Krankenhaus ein besonderes Leistungsspektrum vor? Fachkrankenhaus Universitätsklinikum Akademisches Lehrkrankenhaus Sonstiges: ___________________________________________________ Nein 7. Wie viele Eigentümer / Träger hat das Krankenhaus? 1 Eigentümer / Träger 2 Eigentümer / Träger ≥ 3 Eigentümer / Träger
324
Anhang
B. Aufsichtsgremium Der Einfachheit halber wird im Folgenden nur vom Aufsichtsgremium gesprochen. In Abhängigkeit von der Rechtsform des Krankenhauses ist darunter beispielsweise der Aufsichts- oder Verwaltungsrat, Stiftungsrat, das Kuratorium oder im Falle des Vereins der erweiterte Vorstand gemeint. Demgegenüber wird unter der Geschäftsführung im Folgenden rechtsformabhängig etwa der Geschäftsführer oder Vorstand (im engeren Sinne) verstanden.
1. Besteht ein duales Führungssystem (d.h. eine institutionalisierte Trennung zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsgremium)? Ja
Nein
Falls Sie mit nein geantwortet haben, fahren Sie bitte mit Teil C fort. 2. Aus wie vielen Mitgliedern besteht das Aufsichtsgremium? 0 – 6 Mitglieder 6 – 10 Mitglieder 10 – 14 Mitglieder > 14 Mitglieder 3. Setzt sich das Aufsichtsgremium überwiegend aus internen (d.h. Mitarbeitern des Krankenhauses) oder externen (d.h. außer- oder nebenberuflichen) Mitgliedern zusammen? Nur interne Mitglieder Überwiegend interne Mitglieder Nur externe Mitglieder Überwiegend externe Mitglieder 4. Welche Berufsgruppen sind im Aufsichtsgremium vertreten? Ökonomen Juristen
Ärzte Pflege Sonstige: ________________________
5. Wie viele Ärzte sind im Aufsichtsgremium vertreten? Kein Arzt 1 Arzt 2 Ärzte ≥ 3 Ärzte 6. Gibt es eine zeitliche Befristung der Amtsdauer für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums? Ja
Nein
Nicht bekannt
Anhang
325
7. Wo liegt das Durchschnittsalter der Mitglieder des Aufsichtsgremiums? 18 – 30 Jahre 30 – 40 Jahre 40 – 50 Jahre > 50 Jahre 8. Erhalten die Mitglieder des Aufsichtsgremiums für ihre Aktivitäten eine Aufwandsentschädigung/Vergütung? Ja
Nein
Nicht bekannt
9. Wie viele Sitzungen führt das Aufsichtsgremium im Jahr in etwa durch? 1 – 2 Sitzungen 2 – 3 Sitzungen 3 – 4 Sitzungen > 4 Sitzungen 10. Existiert ein schriftlich hinterlegtes Anforderungsprofil für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums? Ja
Nein
Nicht bekannt
11. Finden auch Sitzungen des Aufsichtsgremiums ohne die Anwesenheit der Geschäftsführung statt? Ja
Nein
Nicht bekannt
12. Welche Aufgaben nimmt das Aufsichtsgremium wahr? Wahl der Geschäftsführung Verabschiedung des Wirtschaftsplans Unterjährige Abfrage von operativen Kennzahlen Leitbildentwicklung Ausschreibungs-/Vergabeangelegenheiten Vorgabe wirtschaftlicher Rahmendaten Prüfung der Qualität geplanter und durchgeführter Maßnahmen Entscheidung über die Ergebnisverwendung Langfristige strategische Planung Wichtige Personalangelegenheiten (z.B. Chefarzteinstellung) Informations- und Kommunikationsfunktion krankenhausextern Informations- und Kommunikationsfunktion krankenhausintern 13. Existiert neben dem Aufsichtsgremium ein weiteres Organ, in dem die Interessenvertretung sonstiger Anspruchsgruppen gewährleistet wird (z.B. Beirat)? Ja
Nein
Falls ja, in welcher Form: _____________________________________________
326
Anhang
13. Trägt der Jahresabschlussprüfer seine Ergebnisse vor dem Aufsichtsgremium vor? Ja
Nein
C. Geschäftsführung 1. Aus wie vielen Personen setzt sich die Geschäftsführung zusammen? 1 Geschäftsführer 2 Geschäftsführern ≥ 3 Geschäftsführer 2. Welchen professionellen Hintergrund weist die Geschäftsführung auf? Ökonomisch
Medizinisch
Sonstiger:_____________
3. Welche der nachfolgend aufgeführten Tätigkeiten fallen in den Aufgabenbereich der Geschäftsführung? Erarbeitung und Umsetzung des Wirtschaftsplans Einrichtung eines Qualitätsmanagements Initiierung zielgruppenorientierter Öffentlichkeitsarbeit Einrichtung eines internen Überwachungs- und Risikomanagementsystems Langfristige strategische Planung Abstimmung und Koordination operativer Grundsatzfragen Personalmanagement (Personalentwicklung, -akquisition, Anreizsysteme) Informations- und Kommunikationsfunktion krankenhausextern Informations- und Kommunikationsfunktion krankenhausintern 4. Existiert für die Geschäftsführung eine schriftlich fixierte Zielvereinbarung? Ja
Nein
Falls ja, wird diese jährlich angepasst? Ja
Nein
5. Gibt es in Abhängigkeit von der Zielvereinbarung einen leistungsabhängigen Vergütungsbestandteil für die Geschäftsführung (z.B. Bonus)? Ja
Nein
Falls ja, wonach richtet sich die Bemessungsgrundlage? Finanzergebnis Sonstige Bemessungsgrundlage:__________________________________________ 6. Gibt es eine interne Revision im Krankenhaus? Ja
Nein
Anhang
327
D. Einbeziehung von Anspruchsgruppen des Krankenhauses 1. Werden regelmäßig Patientenbefragungen im Krankenhaus durchgeführt? Ja
Nein
Falls ja, durch wen werden diese initiiert: Geschäftsführung
Aufsichtsgremium
sonstige:___________
2. Werden regelmäßig Mitarbeiterbefragungen im Krankenhaus durchgeführt? Ja
Nein
Falls ja, durch wen werden diese initiiert: Geschäftsführung
Aufsichtsgremium
sonstige:___________
3. Werden regelmäßig Markt- und Wettbewerbsanalysen im Krankenhaus durchgeführt? Ja
Nein
Falls ja, durch wen werden diese initiiert: Geschäftsführung
Aufsichtsgremium
sonstige:___________
4. Zu welchen der nachfolgend genannten Gruppen existiert eine systematische und regelmäßige Beziehungspflege? Niedergelassene Ärzte vor Ort Lieferanten Fremdkapitalgeber Öffentlichkeit Krankenkassen
E. Beurteilung einzelner Aspekte der Krankenhausführung und -steuerung 1. Wie charakterisieren Sie die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsgremium und Geschäftsführung? Problematisch Eher unproblematisch
Eher problematisch unproblematisch
Neutral
2. In welchem Ausmaß existieren nach Ihrer Einschätzung Überschneidungen zwischen den Aufgabenbereichen des Aufsichtsgremiums und Ihrer eigenen Tätigkeit? Sehr gering Hoch
Gering Sehr hoch
Neutral
328
Anhang
3. In welchen Bereichen sehen Sie die häufigsten Überschneidungen zwischen den Aufgabebereichen des Aufsichtsgremiums und der Geschäftsführung? Sehr gering
Gering
Neutral
Hoch
Sehr hoch
Personalangelegenheiten Langfristige strategische Planung Operatives Tagesgeschäft Interne Kommunikation/Information Externe Kommunikation/Information Leitbildentwicklung Ergebnisverwendung
4. Wie empfinden Sie die nachfolgenden Ausprägungen des Aufsichtsgremiums gegenüber der Geschäftsführung? Sehr gering
Gering
Neutral
Hoch
Sehr hoch
Relativ wichtig
Sehr wichtig
Kontrollfunktion Strategische Beratungsfunktion Beziehungspflege zur Außenwelt Operative Unterstützungsfunktion Interessensausgleich zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen
5. Wie wichtig schätzen Sie nachfolgende Aufgaben bei der Tätigkeit des Aufsichtsgremiums ein? Unwichtig
Weniger wichtig
Neutral
Kontrollfunktion Strategische Beratungsfunktion Beziehungspflege zur Außenwelt Operative Unterstützungsfunktion Interessensausgleich zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen
6. In welchem Ausmaß bezieht das Aufsichtsgremium nach Ihrer Ansicht den Abschlussprüfer bei strategischen Fragestellungen mit ein? Sehr gering Hoch
Gering Sehr hoch
Neutral
7. Als wie wichtig erachten Sie die Beziehungspflege zwischen dem Krankenhaus und den nachfolgend genannten Anspruchsgruppen? Unwichtig Niedergelassene Ärzte vor Ort Lieferanten Fremdkapitalgeber Öffentlichkeit Krankenkassen
Weniger wichtig
Neutral
Relativ wichtig
Sehr wichtig
Anhang
329
Anlage 4: Prüfung der Modellvoraussetzung zur Faktorenanalyse und Vergleich des Faktors mit dem Gesamtscore Hospital Governance
Prüfung der Modellvoraussetzung zur Faktorenanalyse
Kaiser-Meyer-Olkin- und Bartlett-Test Maß der Stichprobeneignung nach Kaiser-Meyer-Olkin Bartlett-Test auf Sphärizität
Ungefähres Chi-Quadrat df Signifikanz nach Bartlett
Vergleich des Faktors mit dem Gesamtscore Hospital Governance
Vergleich Faktorenanalyse und Gesamtscore Hospital Governance
0,652 213,187 6 0,000
330
Anhang
Anlage 5: Geschätzte Randmittel, Prüfung der Residuen auf Normalverteilung und Anpassungsgüte des Modells
Geschätzte Randmittel der Dimension I Aufsichtsgremium
Geschätzte Randmittel Gesamtmittelwert: 95% Wald-Konfidenzintervall Mittelw ert
Standardfehler Unterer Wert 39,929
2,2010
Oberer Wert
35,615
44,243
Geschätzte Randmittel Größenklasse: 95% Wald-Konfidenzintervall Größenklasse
Mittelw ert
Standardfehler Unterer Wert
Oberer Wert
0 - 200 Betten
30,390
4,3351
21,894
38,887
200 - 500 Betten
40,461
3,0115
34,559
46,364
ab 500 Betten
48,936
2,1930
44,638
53,234
Paarweise Vergleiche Größenklasse: (I)Größenklasse
0 - 200 Betten 200 - 500 Betten ab 500 Betten
Mittlere Differenz (I-J)
200 - 500 Betten
-10,071
5,0024
1
0,044
-19,876
-0,267
ab 500 Betten 0 - 200 Betten
-18,546 10,071
4,4407 5,0024
1 1
0,000 0,044
-29,149 0,267
-7,943 19,876
ab 500 Betten 0 - 200 Betten
-8,475 18,546
3,1097 4,4407
1 1
0,013 0,000
-15,429 7,943
-1,520 29,149
8,475
3,1097
1
0,013
1,520
15,429
200 - 500 Betten
Standardfehler
Sidak-Sig. (sequenziell)
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz
(J)Größenklasse
df
Unterer Wert
Oberer Wert
Geschätzte Randmittel Trägerschaft: 95% Wald-Konfidenzintervall Trägerschaft
Mittelw ert
Standardfehler Unterer Wert
Oberer Wert
Öffentlich-rechtlich
46,313
1,9287
42,533
50,093
Freigemeinnützig
52,577
2,3631
47,945
57,209
Privat
20,897
3,9932
13,071
28,724
Anhang
331
Paarweise Vergleiche Trägerschaft: (I) Trägerschaft
Öffentlich-rechtlich
Freigemeinnützig
Privat
Mittlere Differenz (I-J)
(J) Trägerschaft
Standardfehler
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz Unterer Wert
Oberer Wert
Freigemeinnützig
-6,264
1,9945
1
0,002
-10,173
-2,355
Privat
25,416
3,8819
1
0,000
16,734
34,098
Öffentlich-rechtlich Privat Öffentlich-rechtlich
6,264 31,680 -25,416
1,9945 3,6198 3,8819
1 1 1
0,002 0,000 0,000
2,355 23,037 -34,098
10,173 40,323 -16,734
Freigemeinnützig
-31,680
3,6198
1
0,000
-40,323
-23,037
Geschätzte Randmittel Rechtsform:
95% Wald-Konfidenzintervall Rechtsform
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
privat
44,826
1,3868
42,108
47,544
öffentlich-rechtlich
35,032
3,7909
27,602
42,462
Geschätzte Randmittel Rechtsformwechsel:
95% Wald-Konfidenzintervall Rechtsformwechsel
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Nein
41,562
2,0938
37,458
45,666
Ja
38,296
2,7713
32,864
43,728
Geschätzte Randmittel Krankenhausverbund:
95% Wald-Konfidenzintervall Krankenhausverbund
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Nein
37,457
2,3199
32,910
42,004
Ja
42,402
2,4571
37,586
47,217
Wechselwirkung Größenklasse/Rechtsform: 95% Wald-Konfidenzintervall Größenklasse
0 - 200 Betten 200 - 500 Betten ab 500 Betten
Rechtsform
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
privat
42,235
2,1014
38,116
46,354
öffentlich-rechtlich
18,545
8,3013
2,275
34,815
privat
47,442
1,6677
44,174
50,711
öffentlich-rechtlich
33,480
5,5559
22,591
44,369
privat
44,801
2,1196
40,646
48,955
öffentlich-rechtlich
53,071
3,0845
47,026
59,117
332
Anhang
Paarweise Vergleiche Wechselwirkung Größenklasse/Rechtsform: (I) Größe/Rechtsform
[0-200 Betten]*[privat]
(J) Größe/Rechtsform
Unterer Wert
Oberer Wert
1
0,050
0,020
[200-500 Betten]*[privat]
-5,207
2,4142
1
0,198
-11,684
1,269
8,755
5,8467
1
0,409
-5,809
23,319
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
47,360
-2,565
2,7279
1
0,409
-9,360
4,229
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-10,836
3,5283
1
0,023
-20,822
-0,850
[0-200 Betten]*[privat]
-23,690
8,4547
1
0,050
-47,360
-0,020
[200-500 Betten]*[privat]
-28,897
8,2922
1
0,007
-52,997
-4,798
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-14,935
9,6865
1
0,409
-39,063
9,193
[> 500 Betten]*[privat]
-26,255
8,2701
1
0,018
-49,890
-2,621
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-34,526
8,4174
1
0,001
-59,171
-9,882
5,207
2,4142
1
0,198
-1,269
11,684
28,897
8,2922
1
0,007
4,798
52,997
13,962
5,5698
1
0,093
-1,226
29,151
2,642
2,1193
1
0,409
-2,637
7,921
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-5,629
3,0876
1
0,298
-13,560
2,302
[0-200 Betten]*[privat]
-8,755
5,8467
1
0,409
-23,319
5,809
[> 500 Betten]*[privat]
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
14,935
9,6865
1
0,409
-9,193
39,063
[200-500 Betten]*[privat]
-13,962
5,5698
1
0,093
-29,151
1,226
[> 500 Betten]*[privat]
-11,321
5,5315
1
0,221
-25,874
3,233
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-19,591
5,8187
1
0,010
-36,367
-2,815
[0-200 Betten]*[privat] [0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich] [200-500 Betten]*[privat] [200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich] [> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
[> 500 Betten]* [öffentlich-rechtlich]
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz
8,4547
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich] [200-500 Betten]*[öffentlich[200-500 Betten]*[privat] rechtlich]
[> 500 Betten]*[privat]
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
23,690
[0-200 Betten]*[privat]
[200-500 Betten]* [öffentlich-rechtlich]
Standardfehler
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
[> 500 Betten]*[privat]
[0-200 Betten]* [öffentlich-rechtlich]
Mittlere Differenz (I-J)
2,565
2,7279
1
0,409
-4,229
9,360
26,255
8,2701
1
0,018
2,621
49,890
-2,642
2,1193
1
0,409
-7,921
2,637
11,321
5,5315
1
0,221
-3,233
25,874
-8,271
2,9625
1
0,050
-16,565
0,023
[0-200 Betten]*[privat]
10,836
3,5283
1
0,023
0,850
20,822
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
34,526
8,4174
1
0,001
9,882
59,171
[200-500 Betten]*[privat]
5,629
3,0876
1
0,298
-2,302
13,560
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich] [> 500 Betten]*[privat]
19,591
5,8187
1
0,010
2,815
36,367
8,271
2,9625
1
0,050
-0,023
16,565
Anhang
333
Geschätzte Randmittel der Dimension II Krankenhausgeschäftsführung
Geschätzte Randmittel Gesamtmittelwert:
95% Wald-Konfidenzintervall Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
57,928
2,1412
Oberer Wert
53,732
62,125
Geschätzte Randmittel Größenklasse:
95% Wald-Konfidenzintervall Größenklasse
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
0 - 200 Betten
42,864
3,2661
36,463
49,266
200 - 500 Betten
57,314
3,7119
50,039
64,589
ab 500 Betten
73,607
2,7930
68,133
79,081
Paarweise Vergleiche Größenklasse: (I)Größenklasse
0 - 200 Betten 200 - 500 Betten ab 500 Betten
(J)Größenklasse
Mittlere Differenz (I-J)
Standardfehler
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz Unterer Wert
Oberer Wert
200 - 500 Betten
-14,450
4,6542
1
0,002
-23,572
-5,328
ab 500 Betten
-30,743 14,450 -16,293
4,0425 4,6542 4,1804
1 1 1
0,000 0,002 0,000
-40,395 5,328 -25,643
-21,090 23,572 -6,944
30,743 16,293
4,0425 4,1804
1 1
0,000 0,000
21,090 6,944
40,395 25,643
0 - 200 Betten ab 500 Betten 0 - 200 Betten 200 - 500 Betten
Geschätzte Randmittel Trägerschaft:
95% Wald-Konfidenzintervall Trägerschaft
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Öffentlich-rechtlich
62,850
2,1966
58,545
67,156
Freigemeinnützig
57,949
2,5851
52,882
63,016
Privat
52,985
3,7995
45,538
60,432
Paarweise Vergleiche Trägerschaft: (I)Trägerschaft
Öffentlich-rechtlich
Freigemeinnützig
Privat
(J)Trägerschaft
Mittlere Differenz (I-J)
Standardfehler
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz Unterer Wert
Oberer Wert
Freigemeinnützig
4,901
2,7592
1
0,146
-1,270
11,072
Privat
9,865
3,9655
1
0,038
0,397
19,334
Öffentlich-rechtlich
-4,901 4,964 -9,865
2,7592 3,6375 3,9655
1 1 1
0,146 0,172 0,038
-11,072 -2,165 -19,334
1,270 12,093 -0,397
Freigemeinnützig/Kirchlich
-4,964
3,6375
1
0,172
-12,093
2,165
Öffentlich-rechtlich Privat
334
Anhang
Geschätzte Randmittel Rechtsform:
95% Wald-Konfidenzintervall Rechtsform
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
privat
64,214
1,5681
61,140
67,288
öffentlich-rechtlich
51,643
3,6580
44,473
58,812
Geschätzte Randmittel Rechtsformwechsel:
95% Wald-Konfidenzintervall Rechtsformwechsel
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Nein
55,097
2,0869
51,007
59,187
Ja
60,760
2,9182
55,040
66,479
Geschätzte Randmittel Krankenhausverbund:
95% Wald-Konfidenzintervall Krankenhausverbund
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Nein
54,141
2,5674
49,109
59,173
Ja
61,716
2,8522
56,126
67,306
Wechselwirkung Größenklasse/Rechtsform: 95% Wald-Konfidenzintervall Größenklasse
0 - 200 Betten 200 - 500 Betten ab 500 Betten
Rechtsform
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
privat
59,617
2,3347
55,041
64,193
öffentlich-rechtlich
26,111
6,0639
14,226
37,996
privat
64,525
2,2652
60,086
68,965
öffentlich-rechtlich
50,102
6,8476
36,681
63,523
privat
68,499
2,8939
62,827
74,171
öffentlich-rechtlich
78,715
4,2568
70,371
87,058
Anhang
335
Paarweise Vergleiche Größenklasse/Rechtsform: (I)Größe/Rechtsform
[0-200 Betten]*[privat]
(J)Größe/Rechtsform
Unterer Wert
Oberer Wert
1
0,000
15,036
[200-500 Betten]*[privat]
-4,908
3,2070
1
0,332
-12,566
2,749
9,515
7,1648
1
0,334
-6,509
25,539
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
51,977
-8,882
3,6408
1
0,085
-18,461
0,697
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-19,097
4,9080
1
0,001
-32,988
-5,207
[0-200 Betten]*[privat]
-33,506
6,4631
1
0,000
-51,977
-15,036
[200-500 Betten]*[privat]
-38,414
6,2668
1
0,000
-56,482
-20,347
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-23,991
8,7438
1
0,048
-47,835
-0,147
[> 500 Betten]*[privat]
-42,388
6,4144
1
0,000
-61,030
-23,746
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-52,603
7,1019
1
0,000
-73,396
-31,811
4,908
3,2070
1
0,332
-2,749
12,566
38,414
6,2668
1
0,000
20,347
56,482
14,423
6,9950
1
0,148
-3,001
31,847
-3,974
3,3462
1
0,334
-11,458
3,510
-14,189
4,5208
1
0,015
-26,692
-1,687
[0-200 Betten]*[privat]
-9,515
7,1648
1
0,334
-25,539
6,509
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
23,991
8,7438
1
0,048
0,147
47,835
[200-500 Betten]*[privat]
-14,423
6,9950
1
0,148
-31,847
3,001
[> 500 Betten]*[privat]
-18,397
7,1389
1
0,068
-37,549
0,755
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-28,612
7,6171
1
0,002
-49,937
-7,287 18,461
[> 500 Betten]*[privat] [> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
[0-200 Betten]*[privat]
8,882
3,6408
1
0,085
-0,697
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
42,388
6,4144
1
0,000
23,746
61,030
[200-500 Betten]*[privat]
3,974
3,3462
1
0,334
-3,510
11,458 37,549
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich] [> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz
6,4631
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich] [200-500 Betten]*[öffentlich[200-500 Betten]*[privat] rechtlich]
[> 500 Betten]*[privat]
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
33,506
[0-200 Betten]*[privat]
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
Standardfehler
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
[> 500 Betten]*[privat]
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
Mittlere Differenz (I-J)
18,397
7,1389
1
0,068
-0,755
-10,215
4,6676
1
0,135
-22,205
1,775
[0-200 Betten]*[privat]
19,097
4,9080
1
0,001
5,207
32,988
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
52,603
7,1019
1
0,000
31,811
73,396
[200-500 Betten]*[privat]
14,189
4,5208
1
0,015
1,687
26,692
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
28,612
7,6171
1
0,002
7,287
49,937
[> 500 Betten]*[privat]
10,215
4,6676
1
0,135
-1,775
22,205
336
Anhang
Wechselwirkung Rechtsform/Krankenhausverbund: 95% Wald-Konfidenzintervall Rechtsform
Krankenhausverbund
privat öffentlich-rechtlich
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Nein
56,593
2,0328
52,609
60,577
Ja
71,835
2,1191
67,682
75,988
Nein
51,689
4,4451
42,976
60,401
Ja
51,596
5,0557
41,687
61,506
Paarweise Vergleiche Rechtsform/Krankenhausverbund: (I)Rechtsform/ Krankenhausverbund
(J)Rechtsform/ Krankenhausverbund
Mittlere Differenz (I-J)
[privat]*[ja] [privat]*[nein]
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz Unterer Wert
Oberer Wert
2,7220
1
0,000
-22,403
-8,080
4,904
4,6278
1
0,641
-6,145
15,954
[öffentlich-rechtlich]*[ja]
4,997
5,2671
1
0,641
-7,580
17,573
[privat]*[nein]
15,242
2,7220
1
0,000
8,080
22,403
[öffentlich-rechtlich]*[nein]
20,146
4,6012
1
0,000
8,327
31,966
[öffentlich-rechtlich]*[ja]
20,238
5,2499
1
0,000
7,161
33,316
[privat]*[nein]
-4,904
4,6278
1
0,641
-15,954
-20,146
4,6012
1
0,000
-31,966
-8,327
0,092
6,0921
1
0,988
-11,848
12,033
[öffentlich-rechtlich]*[nein] [privat]*[ja] [öffentlich-rechtlich]*[ja] [privat]*[nein] [öffentlich-rechtlich]*[ja]
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
-15,242
[öffentlich-rechtlich]*[nein]
[privat]*[ja]
Standardfehler
[privat]*[ja]
6,145
-4,997
5,2671
1
0,641
-17,573
7,580
-20,238
5,2499
1
0,000
-33,316
-7,161
-0,092
6,0921
1
0,988
-12,033
11,848
[öffentlich-rechtlich]*[nein]
Geschätzte Randmittel der Dimension III Revision
Geschätzte Randmittel Gesamtmittelwert:
95% Wald-Konfidenzintervall Mittelwert
Standardfehler 52,918
Unterer Wert 3,2730
Oberer Wert
46,503
59,333
Geschätzte Randmittel Größenklasse:
95% Wald-Konfidenzintervall Größenklasse
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
0 - 200 Betten
44,499
4,2279
36,212
52,785
200 - 500 Betten
51,432
4,4769
42,657
60,206
ab 500 Betten
62,823
3,3797
56,198
69,447
Anhang
337
Paarweise Vergleiche Größenklasse:
(I)Größenklasse
0 - 200 Betten 200 - 500 Betten ab 500 Betten
(J)Größenklasse
Mittlere Differenz (I-J)
200 - 500 Betten ab 500 Betten 0 - 200 Betten ab 500 Betten 0 - 200 Betten 200 - 500 Betten
Standardfehler
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz Unterer Wert
Oberer Wert
-6,933 -18,324
4,6276 3,7537
1 1
0,134 0,000
-16,003 -27,286
2,137 -9,361
6,933 -11,391 18,324
4,6276 4,0127 3,7537
1 1 1
0,134 0,009 0,000
-2,137 -20,365 9,361
16,003 -2,417 27,286
11,391
4,0127
1
0,009
2,417
20,365
Geschätzte Randmittel Trägerschaft:
95% Wald-Konfidenzintervall Trägerschaft
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Öffentlich-rechtlich
65,214
3,7260
57,911
72,517
Freigemeinnützig
56,140
3,6473
48,992
63,289
Privat
37,398
4,7724
28,045
46,752
Paarweise Vergleiche Trägerschaft: (I)Trägerschaft
Öffentlich-rechtlich
(J)Trägerschaft
Mittlere Differenz (I-J)
Privat
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz Unterer Wert
Oberer Wert
9,074
3,7923
1
0,017
1,641
16,507
27,816 -9,074
4,7305 3,7923
1 1
0,000 0,017
16,520 -16,507
39,111 -1,641
Öffentlich-rechtlich
18,742 -27,816
4,0881 4,7305
1 1
0,000 0,000
9,599 -39,111
27,885 -16,520
Freigemeinnützig
-18,742
4,0881
1
0,000
-27,885
-9,599
Freigemeinnützig Privat
Freigemeinnützig
Standardfehler
Öffentlich-rechtlich Privat
Geschätzte Randmittel Rechtsform:
95% Wald-Konfidenzintervall Rechtsform
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
privat
55,209
2,4371
50,433
59,986
öffentlich-rechtlich
50,626
5,5128
39,821
61,431
Geschätzte Randmittel Rechtsformwechsel:
95% Wald-Konfidenzintervall Rechtsformwechsel
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Nein
52,321
2,8673
46,701
57,941
Ja
53,514
4,7104
44,282
62,747
338
Anhang
Geschätzte Randmittel Krankenhausverbund:
95% Wald-Konfidenzintervall Krankenhausverbund
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Nein
47,629
3,5679
40,637
54,622
Ja
58,206
3,6757
51,002
65,410
Wechselwirkung Größenklasse/Trägerschaft: 95% Wald-Konfidenzintervall Größenklasse
0 - 200 Betten
200 - 500 Betten
ab 500 Betten
Trägerschaft
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Öffentlich-rechtlich
53,892
7,5952
39,006
68,779
Freigemeinnützig
58,227
4,5623
49,285
67,169
Privat
21,378
5,6603
10,284
32,472
Öffentlich-rechtlich
56,982
5,1914
46,807
67,157
Freigemeinnützig/Kirchlich
54,800
4,2681
46,435
63,166
Privat
42,513
9,2255
24,431
60,594
Öffentlich-rechtlich
84,769
3,4052
78,094
91,443
Freigemeinnützig
55,394
5,2163
45,170
65,618
Privat
48,305
5,0613
38,385
58,225
Paarweise Vergleiche Größenklasse/Trägerschaft:
Anhang
(I)Größe/Trägerschaft
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
339
(J)Größe/Trägerschaft
Standardfehler
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz Unterer Wert
Oberer Wert
[0-200 Betten]*[freigemeinnützig]
-4,335
7,8841
1
1,000
-26,138
17,469
[0-200 Betten]*[privat]
32,515
8,6838
1
0,004
5,959
59,070
-3,090
8,5526
1
1,000
-26,035
19,855
-0,908
7,7946
1
1,000
-21,819
20,003 43,509
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich] [200-500 Betten]* [freigemeinnützig] [200-500 Betten]*[privat] [> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich] [> 500 Betten]* [freigemeinnützig]
11,380
11,1439
1
0,992
-20,750
-30,876
7,6764
1
0,001
-54,449
-7,304
-1,502
8,3406
1
1,000
-23,878
20,874
[> 500 Betten]*[privat]
5,587
8,0213
1
0,999
-17,114
28,289
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
4,335
7,8841
1
1,000
-17,469
26,138
[0-200 Betten]*[privat] [200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich] [200-500 Betten]* [freigemeinnützig]
[0-200 Betten]*[freigemeinnützi g] [200-500 Betten]*[privat]
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich] [> 500 Betten]*[freigemeinnützig] [> 500 Betten]*[privat]
[0-200 Betten]*[privat]
Mittlere Differenz (I-J)
[0-200 Betten]* [öffentlichrechtlich] [0-200 Betten]*[freigemeinnützig] [200-500 Betten]* [öffentlichrechtlich] [200-500 Betten]* [freigemeinnützig] [200-500 Betten]*[privat] [> 500 Betten]* [öffentlichrechtlich] [> 500 Betten]*[freigemeinnützig] [> 500 Betten]*[privat]
36,849
5,7601
1
0,000
18,621
55,078
1,245
5,7557
1
1,000
-14,196
16,686 16,365
3,427
4,5273
1
0,999
-9,512
15,714
9,1865
1
0,839
-11,992
43,421
-26,542
4,7859
1
0,000
-41,600
-11,484
2,833
5,5216
1
1,000
-12,437
18,103
9,922
4,9806
1
0,631
-5,173
25,017
-32,515
8,6838
1
0,004
-59,070
-5,959
-36,849
5,7601
1
0,000
-55,078
-18,621
-35,604
6,7013
1
0,000
-56,558
-14,651
-33,423
5,8586
1
0,000
-51,910
-14,935
-21,135
9,9294
1
0,525
-51,367
9,097
-63,391
5,9489
1
0,000
-82,367
-44,415
-34,017
6,6228
1
0,000
-54,656
-13,377
-26,927
6,1433
1
0,000
-45,867
-7,988
340
Anhang
Geschätzte Randmittel der Dimension IV Stakeholderorientierung Geschätzte Randmittel Gesamtmittelwert:
95% Wald-Konfidenzintervall Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
63,456
2,2234
Oberer Wert
59,098
67,814
Geschätzte Randmittel Größenklasse:
95% Wald-Konfidenzintervall Größenklasse
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
0 - 200 Betten
59,850
2,8247
54,314
65,387
200 - 500 Betten
64,179
2,6173
59,049
69,309
ab 500 Betten
66,339
3,0876
60,287
72,390
Paarweise Vergleiche Größenklasse: (I)Größenklasse
0 - 200 Betten 200 - 500 Betten ab 500 Betten
(J)Größenklasse
Mittlere Differenz (I-J)
200 - 500 Betten ab 500 Betten 0 - 200 Betten ab 500 Betten 0 - 200 Betten
Standardfehler
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz Unterer Wert
Oberer Wert
-4,329 -6,488 4,329
2,8382 3,3763 2,8382
1 1 1
0,238 0,155 0,238
-10,676 -14,550 -2,019
2,019 1,573 10,676
-2,160 6,488
3,0232 3,3763
1 1
0,475 0,155
-8,085 -1,573
3,766 14,550
2,160
3,0232
1
0,475
-3,766
8,085
200 - 500 Betten
Geschätzte Randmittel Trägerschaft:
95% Wald-Konfidenzintervall Trägerschaft
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Öffentlich-rechtlich
66,698
2,1306
62,522
70,874
Freigemeinnützig
62,189
2,7909
56,719
67,659
Privat
61,481
3,8818
53,872
69,089
Anhang
341
Paarweise Vergleiche Trägerschaft:
(I)Trägerschaft
Öffentlich-rechtlich
(J)Trägerschaft
Privat
Standardfehler
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz Unterer Wert
Oberer Wert
4,508
2,7593
1
0,277
-2,080
11,097
5,217 -4,508
4,0572 2,7593
1 1
0,358 0,277
-3,857 -11,097
14,291 2,080
Öffentlich-rechtlich
0,709 -5,217
3,6912 4,0572
1 1
0,848 0,358
-6,526 -14,291
7,943 3,857
Freigemeinnützig
-0,709
3,6912
1
0,848
-7,943
6,526
Freigemeinnützig Privat
Freigemeinnützig
Mittlere Differenz (I-J)
Öffentlich-rechtlich Privat
342
Anhang
Geschätzte Randmittel Rechtsform:
95% Wald-Konfidenzintervall Rechtsform
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
privat
67,400
1,9780
63,523
71,277
öffentlich-rechtlich
59,512
3,3475
52,951
66,073
Geschätzte Randmittel Rechtsformwechsel:
95% Wald-Konfidenzintervall Rechtsformwechse
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Nein
66,083
1,7872
62,580
69,586
Ja
60,829
3,6213
53,731
67,927
Geschätzte Randmittel Krankenhausverbund:
95% Wald-Konfidenzintervall Krankenhausverbund
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Nein
59,349
2,4470
54,553
64,145
Ja
67,563
2,6157
62,436
72,689
Geschätzte Randmittel des Gesamtmodells Hospital Governance
Geschätzte Randmittel Gesamtmittelwert:
95% Wald-Konfidenzintervall Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
52,189
1,6068
Oberer Wert
49,040
55,339
Geschätzte Randmittel Größenklasse:
95% Wald-Konfidenzintervall Größenklasse
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
0 - 200 Betten
41,626
2,5284
36,671
46,582
200 - 500 Betten
51,445
2,6121
46,326
56,565
ab 500 Betten
63,497
1,9758
59,624
67,369
Paarweise Vergleiche Größenklasse: (I)Größenklasse
0 - 200 Betten 200 - 500 Betten ab 500 Betten
(J)Größenklasse
Mittlere Differenz (I-J)
Standardfehler
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz Unterer Wert
Oberer Wert
-9,819a
3,4098
1
0,004
-16,502
-3,136
ab 500 Betten
-21,870a
0 - 200 Betten
a
9,819
ab 500 Betten
-12,051a
2,8169 3,4098 2,9256
1 1 1
0,000 0,004 0,000
-28,597 3,136 -18,594
-15,144 16,502 -5,508
0 - 200 Betten
21,870a
200 - 500 Betten
12,051a
2,8169 2,9256
1 1
0,000 0,000
15,144 5,508
28,597 18,594
200 - 500 Betten
Anhang
343
Geschätzte Randmittel Trägerschaft:
95% Wald-Konfidenzintervall Trägerschaft
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Öffentlich-rechtlich
59,504
1,4549
56,652
62,355
Freigemeinnützig
56,399
1,8120
52,847
59,950
Privat
40,666
2,9693
34,846
46,485
Paarweise Vergleiche Trägerschaft: (I)Trägerschaft
Öffentlich-rechtlich
Mittlere Differenz (I-J)
(J)Trägerschaft
Privat
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz Unterer Wert
Oberer Wert
3,105
1,6632
1
0,062
-0,155
6,364
18,838a
2,9824
1
0,000
11,717
25,959
Öffentlich-rechtlich
-3,105
Privat
15,733a
1 1 1
0,062 0,000 0,000
-6,364 9,506 -25,959
0,155 21,960 -11,717
1
0,000
-21,960
-9,506
Freigemeinnützig Privat
Freigemeinnützig
Standardfehler
Öffentlich-rechtlich
-18,838
1,6632 2,7842 2,9824
Freigemeinnützig
-15,733a
2,7842
a
Geschätzte Randmittel Rechtsform:
95% Wald-Konfidenzintervall Rechtsform
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
privat
57,606
1,1677
55,317
59,895
öffentlich-rechtlich
46,773
2,6389
41,601
51,945
Geschätzte Randmittel Rechtsformwechsel:
95% Wald-Konfidenzintervall Rechtsformwechsel
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Nein
52,389
1,4944
49,460
55,318
Ja
51,989
2,1962
47,685
56,294
Geschätzte Randmittel Krankenhausverbund:
95% Wald-Konfidenzintervall Krankenhausverbund
Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
Nein
50,012
2,0395
46,014
54,009
Ja
54,367
1,9743
50,497
58,236
Wechselwirkung Größenklasse/Rechtsform: Größenklasse
0 - 200 Betten 200 - 500 Betten ab 500 Betten
Welche Rechtsform besitzt das Krankenhaus?
95% Wald-Konfidenzintervall Mittelwert
Standardfehler
Unterer Wert
Oberer Wert
privat
54,281
1,6228
51,101
57,462
öffentlich-rechtlich
28,971
4,6481
19,861
38,081
privat
57,740
1,5765
54,650
60,830
öffentlich-rechtlich
45,150
4,7877
35,766
54,534
privat
60,796
1,7666
57,334
64,259
öffentlich-rechtlich
66,197
3,0925
60,136
72,258
344
Anhang
Wechselwirkung Größenklasse/Rechtsform: (I)Größe/Rechtsform
[0-200 Betten]*[privat]
(J)Größe/Rechtsform
Unterer Wert
Oberer Wert
1
0,000
11,632
[200-500 Betten]*[privat]
-3,459
2,0716
1
0,242
-8,619
1,701
9,131
4,9850
1
0,242
-3,286
21,548
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
38,988
-6,515
2,1462
1
0,019
-12,368
-0,662
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-11,916
3,3873
1
0,004
-21,399
-2,432
[0-200 Betten]*[privat]
-25,310
4,7861
1
0,000
-38,988
-11,632
[200-500 Betten]*[privat]
-28,769
4,6725
1
0,000
-42,241
-15,298
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-16,179
6,4777
1
0,061
-32,819
0,461
[> 500 Betten]*[privat]
-31,825
4,6422
1
0,000
-45,317
-18,333
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-37,226
5,1741
1
0,000
-52,375
-22,077
3,459
2,0716
1
0,242
-1,701
8,619
28,769
4,6725
1
0,000
15,298
42,241
12,590
4,8499
1
0,055
-0,170
25,350
[> 500 Betten]*[privat]
-3,056
1,8839
1
0,242
-7,749
1,637
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-8,457
3,1907
1
0,055
-17,017
0,103
[0-200 Betten]*[privat]
-9,131
4,9850
1
0,242
-21,548
3,286 32,819
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
16,179
6,4777
1
0,061
-0,461
[200-500 Betten]*[privat]
-12,590
4,8499
1
0,055
-25,350
0,170
[> 500 Betten]*[privat]
-15,646
4,7874
1
0,010
-28,886
-2,407
[> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
-21,047
5,5555
1
0,002
-36,770
-5,324
6,515
2,1462
1
0,019
0,662
12,368 45,317
[0-200 Betten]*[privat] [0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
31,825
4,6422
1
0,000
18,333
[200-500 Betten]*[privat]
3,056
1,8839
1
0,242
-1,637
7,749
15,646
4,7874
1
0,010
2,407
28,886
-5,401
3,1232
1
0,242
-13,180
2,379
[0-200 Betten]*[privat]
11,916
3,3873
1
0,004
2,432
21,399
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
37,226
5,1741
1
0,000
22,077
52,375
[200-500 Betten]*[privat]
8,457
3,1907
1
0,055
-0,103
17,017
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich] [> 500 Betten]*[öffentlichrechtlich]
[> 500 Betten]* [öffentlich-rechtlich]
95% Wald-Konfidenzintervall für die Differenz
4,7861
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich] [200-500 Betten]*[öffentlich[200-500 Betten]*[privat] rechtlich]
[> 500 Betten]*[privat]
Sidak-Sig. (sequenziell)
df
25,310
[0-200 Betten]*[privat]
[200-500 Betten]* [öffentlich-rechtlich]
Standardfehler
[0-200 Betten]*[öffentlichrechtlich]
[> 500 Betten]*[privat]
[0-200 Betten]* [öffentlich-rechtlich]
Mittlere Differenz (I-J)
[200-500 Betten]*[öffentlichrechtlich] [> 500 Betten]*[privat]
21,047
5,5555
1
0,002
5,324
36,770
5,401
3,1232
1
0,242
-2,379
13,180
Anhang
345
Prüfung der Residuen auf Normalverteilung
Prüfung der Residuen auf Normalverteilung (Aufsichtsgremium)
Prüfung der Residuen auf Normalverteilung (Geschäftsführung)
346
Anhang
Prüfung der Residuen auf Normalverteilung (Revision)
Prüfung der Residuen auf Normalverteilung für die Originalskala (Stakeholderorientierung)
Anhang
347
Prüfung der Residuen auf Normalverteilung für die monoton (quadratisch) transformierte Skala (Stakeholderorientierung)
Prüfung der Residuen auf Normalverteilung (Gesamtmodell Hospital Governance)
348
Anhang
Validierung der Anpassungsgüte des Modells
Anpassungsgüte Modell (Aufsichtsgremium)
Score Aufsichtsgremium
Mittelwert
Vorhergesagter Wert Score Aufsichtsgremium
Klasse
Klassen: Score Aufsichtsgremium
1
2
3
4
5
Gesamt
77
77
71
77
73
375
Anpassungsgüte Modell (Krankenhausgeschäftsführung)
Score Geschäftsführung
Mittelwert
Vorhergesagter Wert Score Geschäftsführung
Klasse
Klassen: Score Geschäftsführung
1
2
3
4
5
Gesamt
82
68
76
72
77
375
Anhang
349
Anpassungsgüte Modell (Revision)
Score Revision
Mittelwert
Vorhergesagter Wert Score Revision
Klasse
Klassen: Score Revision
1
2
3
4
5
Gesamt
70
69
76
87
73
375
Anpassungsgüte Modell (Stakeholderorientierung)
Score Stakeholder
Mittelwert
Vorhergesagter Wert Score Stakeholder
Klasse
Klassen: Score Stakeholder
1
2
3
4
5
Gesamt
63
89
79
69
75
375
350
Anhang
Anpassungsgüte Modell (Gesamtmodell Hospital Governance)
Score Gesamtmodell
Mittelwert
Vorhergesagter Wert Score Gesamtmodell
Klasse
Klassen: Score Gesamtmodell
1
2
3
4
5
Gesamt
80
73
71
83
68
375