Frank Callahan
Cochise in Nöten Apache Cochise Band Nr. 25 Version 1.0
Prolog Man nannte die Apachen Barbaren, Wilde...
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Frank Callahan
Cochise in Nöten Apache Cochise Band Nr. 25 Version 1.0
Prolog Man nannte die Apachen Barbaren, Wilde und Massenmörder. Waren sie das? Über alles, was in dieser Welt geschieht oder früher einmal geschah, kann man so oder so urteilen. Um objektiv zu sein, kann an dieser Stelle nur von Unbefangenen ein Widerruf dieser Meinung über die Apachen erfolgen. Unser Nachruf, sozusagen eine verspätete Ehrenrettung dieses großen, stolzen und kämpferisch veranlagten Volkes, das von der Steinzeit »über Nacht« in eine erbarmungslose Zivilisation versetzt wurde, die sie nicht begriff, wie auch die Umstände, die zum Untergang der roten Rasse führten. Man kann sagen, die damaligen Weißen und Mexikaner waren alles andere als weitblickend, eher nur von einer hyperhumanen Art, die dem Prankenschlag eines Panthers glich. Bei den meisten Weißen war die Ausrottung der Indianer eine beschlossene Sache, honoriert durch Prämien für einen Apachen-Skalp. Dachten und handelten die weißen Einwanderer mit ihrer mitgebrachten zweitausendjährigen Kultur alle richtig, Kultur und Zivilisation, gemessen an der der Apachen? Oder bewegten sie sich in der klischeehaften Vorstellung des Militärs vom »toten Indianer, der ein guter ist«? Mitnichten. Zum Teil gab es vorausschauende und mitfühlende Männer in der Army, die aber wegen ihrer »Humanitätsduselei« nicht zu Wort gelangten, aber den Untergang der roten Rasse voraussagten und mit den Indianern fühlten. Nicht alle waren sie ein Colonel Chivington, ein abenteuerund beförderungssüchtiger George Armstrong Custer. Fest steht aber, daß der Massenmord an der indianischen Rasse von
vielen Amerikanern heutzutage bagatellisiert und, wenn die Sprache darauf kommt, mit einer lässigen Handbewegung abgetan wird. Auch die in wissenschaftlichen Disziplinen denkenden Amerikaner können einen Rückblick auf die Zeit nach 1850 nur schwer vertragen. Man sieht die in den Wüsten und Gebirgen vegetierenden Stämme Arizonas nicht, und das beruhigt den Durchschnittsamerikaner ungemein, weil er das ökologische Harakiri, das man mit dem Land und seiner Urbevölkerung trieb, nicht mit ansehen muß. Zugegeben, die Stämme der Indianer, besonders die Apachen, betrieben zu keiner Zeit Vorratswirtschaft, ausgenommen die seßhaften und Ackerbau treibenden Pueblos im Westen von Neumexiko und in den nordöstlichen Bereichen Arizonas. Lag hier der Untergang der roten Rasse begründet? Sicherlich nicht, denn kein nomadisierendes Volk in Europa, Asien oder Afrika konnte sich mit Vorratshaltung befreunden. Gingen sie unter? Nein, sie gingen auf in den Völkern, deren Gebiete sie okkupierten. Auch andere negative Aspekte – in den Augen der Weißen – kann den Apachen nicht abgesprochen werden. Sie waren nun einmal Naturkinder, einfache Nomaden in einem riesigen Kontinent, der ihnen alles bot, was sie zum Leben brauchten. Zu allen Zeiten war daher für die Apachen die Welt noch in Ordnung. Erst als der weiße Mann mit seinen überlegenen Waffen, mit Schnaps und seiner verfeinerten Kultur und seinen ansteckenden Krankheiten kam, legte sich das große graue Leichentuch über die Stämme und Sippenverbände. Ganz bestimmt wäre vor 100 und mehr Jahren möglicherweise vieles ganz anders gekommen, wenn unter den Militärs und in der Regierung in Washington nur ein einziger Mann mit entsprechendem Weitblick und ohne Ressentiments gegen die rote Rasse gewesen wäre.
Es hat nicht an klardenkenden und verantwortungsbewußten Leuten gemangelt, aber sie hatten nicht die Stimmengewalt im Kongreß, die dazu notwendig gewesen wäre, den Indianern zu ihrem Recht zu verhelfen. Es ist nicht Aufgabe dieser Einleitung, anzuklagen und zu richten, denn niemand von uns kann sagen, daß er es womöglich hätte besser machen können. Sie alle in der damaligen Zeit – Rote wie Weiße – waren Kinder einer harten und erbarmungslosen Epoche, und sie waren Bewohner einer rauhen Umwelt. Die Serie APACHE COCHISE mit ihrem wahrhaft großen Häuptling Cochise als Held ist die im Wesen und Charakter authentische Aufzeichnung amerikanischer Geschichte, die in Romanform für den deutschen Sprachraum noch nicht oder nur in Kurzform gebracht wurde. Die guten und schlechten Weißen, die anständigen Apachen und die grausamen, tauchen namentlich in der Story auf und geben der Geschichte einen dramatischen, wenn auch makabren Hintergrund. Ihr Martin Kelter Verlag.
*** Mit lautlosem Flügelschlag strich ein Nachtvogel vorbei. Für einen Moment war seine Silhouette gegen den sternenübersäten Himmel zu sehen. Cochise, der legendäre Häuptling der Apachen, zügelte seinen Mustang hinter einer Ansammlung von SaquaroKakteen und richtete seinen Oberkörper kerzengerade auf. Bleiches Mondlicht sickerte vom Himmel, legte sich auf das wie versteinert wirkende Gesicht des Chiricahuas. Nur der mächtige Brustkorb des großgewachsenen und breitschultrigen Indianers bewegte sich. Scharfäugig spähte der Apachen-Chief auf das vor ihm liegende Gelände. Es war ein ödes, trostloses und wüstenähnliches Terrain, durch das sich Cochise seit vielen Stunden auf dem Rücken seines Pintos vorwärtsbewegte. Er folgte den Fährten von vier weißen Banditen, denen die Flucht gelungen war. Die restlichen Weißhäutigen waren von dem Chiricahua und seinen weißen Freunden John Haggerty, Wyatt und Virgil Earp und dem Arme-Scout Gelbvogel in einem erbitterten Kampf niedergerungen worden. Die Rustlerbande hatte Naiche, Cochisses Sohn, in der Gewalt gehabt und wollte von ihm den genauen Ort einer legendären Goldmine herauspressen. Glenn Morgan, ein übler Halunke, war seit vielen Wochen hinter dieser Mine her und hatte sich mit Jeff Cooper, dem Boß einer Bande von Viehdieben, verbündet. Morgan, Cooper und zwei weitere Banditen konnten Cochises Rache entkommen. Naiche befand sich mit John Haggerty, dem erfahrenen Armee-Scout, auf dem Weg zu Cochises Apacheria. Diese Gedanken bewegten den Häuptling der Apachen, als er
nach den vier geflüchteten Bleichgesichtern Ausschau hielt. Er wollte sie nicht entwischen lassen. Cochise schätzte den Vorsprung seiner Gegner noch auf höchstens eine Stunde. Die vier Outlaws ritten seit Stunden ohne Pause, als wäre der Leibhaftige persönlich hinter ihnen her. Sie wandten einige Tricks an, um etwaige Verfolger abzuschütteln. Damit konnten sie aber den erfahrenen Apachenhäuptling nicht beeindrucken. Cochise war ein Sohn dieses Landes und vertraut mit allen nur erdenklichen Möglichkeiten, eine Fährte zu verfolgen. So hatte es auch nie ernsthafte Probleme gegeben, den Hufspuren der Banditenpferde zu folgen, obwohl die Dunkelheit dies natürlich erschwerte. Cochise lauschte in die Nacht. Das klagende Heulen eines Wolfes durchschnitt die Stille. Von einem nahen Hügel wurde der Ruf des Lobos erwidert. Der Chiricahua trieb sein geflecktes Pferd mit einem Zungenschnalzen an. Gehorsam setzte sich der Pinto in Bewegung. Cochise ritt voller Aufmerksamkeit, denn er wollte unter keinen Umständen in einen Hinterhalt geraten. Er wußte zu gut, daß er es mit gefährlichen Gegnern zu tun hatte. Die vier Bleichgesichter kannten keine Skrupel, um ihr Ziel zu erreichen. Es waren gnadenlose Mörderwölfe, denen ein Menschenleben nichts bedeutete. Und Cochise mißfiel es sehr, daß sich die vier Bleichgesichter immer mehr den Peloncillo Mountains näherten. Dort befand sich die legendäre Goldmine der Spanier. Cochise wußte genau, daß es dort noch genügend von dem gelben Metall gab, um die weißen Männer verrückt zu machen. Wenn es unter den Weißhäutigen erst einmal bekannt wurde, daß es dort in den Bergen eine Goldmine gab, würden Tausende von Bleichgesichtern wie ein Heuschreckenschwarm
in das Land der Apachen einfallen und wie Maulwürfe wüten. Dann aber war ein Krieg zwischen den Weißen und den Apachen nicht mehr aufzuhalten. Geduldig und mit zäher Ausdauer setzte der Jefe seinen Ritt fort. Eine Stunde später verkündeten die ersten Lichtexplositionen im Osten den Beginn eines neuen Tages. Bodennebel krochen aus Erdlöchern und Felsspalten, waberten zwischen den Hufen des Mustangs und erinnerten schon bald an riesige Leichentücher. Tau funkelte auf den Gräsern und Blättern der Büsche und Bäume. Es war empfindlich kalt geworden. Cochise fühlte Müdigkeit in sich aufsteigen. Seit vielen Stunden hatte er nicht mehr geschlafen. Auch sein Pferd zeigte die ersten Ermüdungserscheinungen. Es wieherte hin und wieder, schnaubte prustend, um seinem Herrn mitzuteilen, daß es an der Zeit wäre, eine Pause einzulegen. Cochise klopfte dem Mustang leicht den schlanken Hals und sagte: »Wir legen bald eine Pause ein. Die Hellhäutigen werden uns nicht entkommen. Sie reiten in ihr Verderben.« Als sich die ersten Sonnenstrahlen auf das wüstenähnliche Land legten und es golden aufleuchten ließen, parierte der Häuptling der Apachen seinen Pinto. Er suchte sich ein gutes Versteck, hielt nochmals Ausschau und legte sich nieder. Schon bald verkündeten die gleichmäßigen Atemzüge des Chiricahuas, daß er den wohlverdienten Schlaf gefunden hatte. * Glenn Morgan sprang aus dem Sattel, spuckte aus und fuhr sich lästerlich fluchend über seinen verlängerten Rücken. Dann strich sich der großgewachsene und schlanke Bandit eine Strähne seines dunklen Haares aus der Stirn. »Es wird ja endlich Zeit, daß wir eine Pause einlegen«, sagte
er knurrend. »Ich habe mir mein Sitzleder halb durchgeritten.« »Stell dich nicht so an, Morgan«, ließ sich Jeff Cooper, der ehemalige Boß einer Rustlerbande, vernehmen. »Denk daran, daß du uns das alles eingebrockt hast. Es ist deine Schuld, daß uns diese verdammten Rothäute auf den Pelz gerückt sind. Und ich sage dir eins: Wenn es diese Goldmine nicht gibt, auf die du uns so richtig scharf gemacht hast, dann ziehe ich dir höchstpersönlich das Fell über die Ohren. Das verspreche ich dir ganz feierlich.« Jeff Cooper war ein breitschultriger, untersetzt wirkender Mann von undefinierbarem Alter. Ein wild wuchernder Vollbart bedeckte Kinn und Wangen. Zwei Revolver im Kreuzgurt deuteten auf die Gefährlichkeit des Outlaws hin. Aus flintsteinharten Augen starrte er seinen Partner an, der das Gesicht verzog, als würde er von schlimmen Zahnschmerzen geplagt. »Du wirst schon bald staunen, Cooper, und zwar so mächtig, daß dir die Augen aus dem Kopf fallen werden. Wir finden diese Goldmine. Dann aber sind wir reiche Burschen, die wie die Maden im Speck leben werden.« »Hoffentlich, Morgan«, sagte ein kleinwüchsiger Mann, dem eine knollenförmige Nase wie eine überreife Erdbeere aus dem Gesicht ragte. Sein Name war Clayd Hudson. Der andere Bandit nickte. Es war ein hagerer Bursche, dessen Augen tief in den Höhlen lagen und dessen Gesicht an einen Totenschädel erinnerte, so fest spannte sich eine pergamentartige Haut darüber. »Es wird schon schiefgehen«, ließ sich Billy Barns, der totenkopfgesichtige Bandit vernehmen. »Anstatt uns zu streiten, sollten wir lieber nachsehen, ob wir verfolgt werden. In wenigen Minuten wird die Sonne aufgehen. Auf dem Hügel dort drüben haben wir bestimmt eine gute Aussicht.« Jeff Cooper nickte versöhnlich zu Glenn Morgan hinüber, der sich suchend umsah. »Das ist etwas für dich, Morgan. Du
kannst dich später ausruhen. Wir versorgen in der Zwischenzeit dein Pferd. Sieh vom Hügel aus nach, ob wir Schatten auf unseren Fährten haben.« Glenn Morgan brummte einige Worte, die keiner seiner Partner verstehen konnte und stiefelte davon. Einige Minuten später befand er sich auf der Hügelkuppe. Mesquitebüsche wuchsen im weiten Rund und verdeckten den großgewachsenen Banditen. Die Sonne schob sich wie eine fruchtige Orange hinter den Bergen hervor und erhellte das Land. Morgan hatte kein Auge für diesen erhabenen Anblick. Er spähte den Trail zurück, den er und seine Gefährten in langen Stunden mühsam zurückgelegt hatten. Schon wollte der Outlaw beruhigt zu seinen Partnern zurückmarschieren, als er einen Reiter sah. Zwar nur für wenige Sekunden, doch Morgans scharfen Augen war es nicht entgangen, daß es sich um einen Indianer handelte. Der Bandit lauerte über eine halbe Stunde zu der Stelle hinüber, wo er den Reiter gesehen hatte. Die Distanz betrug ungefähr eine Meile. So sehr er auch seine Augen anstrengte, er konnte weit und breit niemanden mehr entdecken. Der Halunke fuhr sich über die schmerzenden Augen und schüttelte wie ein wütender Büffelbulle den Schädel. »Ich habe mich nicht getäuscht«, murmelt er. »Zum Henker, das ist eine verdammte Rothaut gewesen. Ich möchte nur wissen, wo sie geblieben ist?« Er beobachtete weiter, doch der Indianer blieb verschwunden. Glenn Morgan fuhr sich über seine Bartstoppeln, fluchte und trat den Rückweg zu seinen Banditenfreunden an. »Was ist los?« fragte Jeff Cooper. »Hast du Verfolger entdecken können?« Morgan nagte an seiner Unterlippe und nickte nachdenklich. Er berichtete kurz von seiner Beobachtung, wies seine Partner
aber darauf hin, daß er vielleicht auch einer Täuschung zum Opfer gefallen war. »Wir werden der Sache auf den Grund gehen«, bestimmte der Rustlerboß. »Wenn es sich nur um einen einzelnen Indianer handelt, dann werden wir schnell mit ihm fertig. Das wäre doch gelacht. Am besten lassen wir die Pferde hier zurück und schleichen dem roten Heiden entgegen.« »Vielleicht hat sich der Hundesohn auch zum Schlafen niedergelegt«, gab Billy Barns zu bedenken. »Es könnte doch auch sein, daß die Rothaut nur ziellos das Land durchstreift. Wir befinden uns nun einmal in den Jagdgründen dieser roten Teufel.« Clayd Hudson sagte dies und zupfte dabei an seiner erdbeerfarbenen Nase, als wollte er sie abreißen. »Wir finden es heraus, Jungs«, klang Jeff Coopers entschlossene Stimme auf. »Wir sind vier harte Burschen, die sich vor einer einzelnen Rothaut nicht zu verkriechen brauchen. Vorwärts, packen wir's an. Morgan übernimmt die Führung. Haltet eure Waffen bereit. Mir wäre es sehr recht, wenn wir den Indianer lebend in unsere Gewalt bringen könnten. Vielleicht kennt er den genauen Ort der Goldmine.« »Das werden wir schon aus ihm herauskitzeln«, sagte Glenn Morgan düster und setzte sich mit gleitenden Schritten in Bewegung. Seine drei Kumpane folgten ihm. * Cochise erwachte. Innerhalb von Sekunden war der Häuptling der Apachen voll da. Er richtete sich auf, nachdem er das neben ihm liegende Gewehr gepackt hatte. Sein Pinto schickte ein warnendes Schnauben zu dem Indianer-Chief. Cochise wußte, daß diese Geräusche ihn aus dem Schlaf gerissen hatten. Der Chiricahua fühlte sich nur wenig erfrischt. Nach dem
Stand der Sonne zu urteilen, war sein Schlaf nicht von langer Dauer gewesen. Er lauschte. Außer den Geräuschen seines Mustangs konnte er nichts Verdächtiges vernehmen. Der Jefe trat zwischen die Felsen und hielt Ausschau. Weit und breit konnte er weder Mensch noch Tier sehen. Dann blickte er auf seinen Mustang, der noch immer nervös wirkte und leise wiehernd seine gelben Zähne zeigte. Cochise konnte keine Klapperschlange entdecken, wie er zuerst vermutet hatte. Vielleicht sind es Wölfe, dachte der Apachen-Chief. Er griff sein Gewehr fester. Der Apache schlich weiter, kauerte sich hinter einen grauen Felsbrocken und blickte erneut auf das vor ihm liegende Gelände. Er zuckte unwillkürlich zusammen, als er zwei huschende Gestalten sah, die sich schon fast bis auf eine Steinwurfweite seinem Versteck genähert hatten. Die beiden Bleichgesichter verschwanden Bruchteile von Sekunden später wieder zwischen Büschen und Felsentrümmern und tauchten auch nicht wieder auf. Ein hartes Lächeln teilte Cochises Lippen. Nachdem er die drohende Gefahr bemerkt hatte, entspannte sich sein großgewachsener Körper. Der Apachen-Häuptling blieb in seinem Versteck. Hin und wieder spähte er hinter dem Felsklotz hervor und erkannte auch einige Minuten später wieder die sich anschleichenden Bleichgesichter. Der kauerte wie ein Puma am Boden, bereit, sich auf seine Gegner zu werfen und sie erbarmungslos niederzukämpfen. Er ahnte, zwei oder vier Banditen vor sich zu haben, denen er seit vielen Stunden gefolgt war. Sie mußten ihn bemerkt haben und wollten nachsehen, wer ihnen folgte. Und daß es kein rein freundschaftlicher Besuch war, konnte sich Cochise gut vorstellen. Die beiden Banditen näherten sich. Der Chiricahua konnte
ihre Gesichter sehen, als sie von einem Felsbrocken zum anderen schlichen. Er war sicher, die beiden Anschleicher in dem Tal gesehen zu haben, in dem sich das Camp der Viehdiebe befunden hatte. Der Mustang beruhigte sich, schnaubte nur noch leise und blickte aus großen Augen zu seinem Herrn. Noch näher schlichen die beiden Bleichgesichter heran. Ihre dabei verursachten Geräusche hätten wohl einen Toten aufgeweckt. So dachte wenigstens Cochise. Der Apache verhielt sich völlig ruhig, auch als er den schnellgehenden Atem des einen Gegners vernahm, der sich auf der anderen Seite des Felsbrockens hingekauert hatte. Cochise vernahm tastende Schritte, dann tauchte dicht vor ihm der Kopf des Weißhäutigen auf. Für einen Moment starrten sich die beiden Gegner in die Augen. Bill Barns' Mund öffnete sich zu einem Schrei. Ehe aber ein Laut die Kehle des Outlaws verlassen konnte, schlug Cochise zu. Der Lauf des Gewehres traf den Kopf des weißen Banditen. Es gab ein hohles Geräusch. Der Getroffene kippte zur Seite, stöhnte kurz auf, ehe er regungslos liegenblieb. Cochise warf sich zur Seite, denn der andere Anschleicher tauchte seitlich von ihm auf und schoß sofort. Die Kugel radierte dicht an Cochises Kopf vorbei, schmetterte schmatzend gegen die Felsen. Die Schußexplosion verhallte. Cochise schnellte erneut wie ein Panther zur Seite, riß noch im Fallen sein Gewehr hoch und drückte ab. Die Kugel traf Clayd Hudsons linken Oberarm und ließ den Banditen aufschreiend zurückweichen. Die Winchester entfiel seiner kraftlos gewordenen Hand. Ein gellender Aufschrei durchschnitt die Stille. Cochise spurtete los, als er sah, daß die unverletzte Hand des Bleichgesichtes nach dem Revolver im Halfter tastete. Wie ein Unwetter fiel Cochise über den Verwundeten her.
Mit einem schmetternden Hieb fegte er Clayd Hudson von den Beinen, der zu Boden stürzte, auf dem Rücken liegenblieb und an einen Käfer erinnerte, der nicht mehr aus eigener Kraft auf die Beine gelangte. Cochises Gesicht drückte Verachtung aus, als er sich über den mit seinen Schmerzen kämpfenden Outlaw beugte und ihm den Colt aus dem Halfter zog. Er vernahm ein Geräusch hinter sich, wirbelte herum und warf sich zur Seite. Ehe er sein Gewehr hochschwingen konnte, wurde es ihm aus den Händen getreten. Der Häuptling der Chiricahuas starrte in die Mündungen zweier auf ihn gerichteten Winchester. Er sah in die Augen der beiden Weißen Mordgier funkeln. Sie würden schießen, falls er auch nur noch eine unvorsichtige Bewegung riskierte. »Gib auf, Rothaut!« Jeff Cooper stieß diese Worte heiser hervor. »Steh auf, Apache«, ließ sich Glenn Morgan vernehmen, ehe er zufrieden grinste und dann ausspuckte. Cochise erhob sich. Stolz stand er vor den beiden Gegnern. Er hatte tapfer gekämpft und war nur unterlegen, weil er mit den beiden anderen Bleichgesichtern nicht gerechnet hatte. Natürlich war es ein unverzeihlicher Fehler gewesen. Er war auf einen Trick der Hellhäutigen hereingefallen. Während sich zwei der Halunken von vorn anschlichen und wohl damit rechneten, bemerkt zu werden, näherten sich die beiden anderen Outlaws von der anderen Seite. Ihr Plan war geglückt. »Das ist Cochise«, sagte Glenn Morgan und warf dem Chief der Chiricahuas einen tückischen Blick zu. »Da haben wir einen tollen Fang gemacht, Cooper. Der Häuptling der Apachen befindet sich in unserer Gewalt. Nun ist alles klar. Er wird uns zu der Mine führen. Außerdem werden wir vor anderen Indianern in Ruhe gelassen, denn wir haben ihren Oberhäuptling in unserer Gewalt.«
Nun lächelte auch Jeff Cooper zufrieden. Sein Gewehrlauf zuckte plötzlich nach vorn und glich einer zuschnappenden Klapperschlange. Cochise konnte nicht mehr ausweichen. Der Lauf traf ihn im Magen und ließ ihn wie ein Taschenmesser zusammenklappen. Er taumelte zurück. Kein Schmerzenslaut drang aus seinem sich öffnenden Mund. »Das ist dafür, daß du uns so übel mitgespielt hast, Cochise. Du hast meine Bande zerschlagen. Nur wir vier konnten dem Tod in knapper Not entgehen.« Cochise richtete sich wieder auf. Nichts deutete mehr darauf hin, daß er einen brutalen Schlag hatte hinnehmen müssen. Wie ein Standbild stand er vor den beiden Banditen. »Vielleicht kümmert sich einer von euch um mich, ehe ich verblute«, rief Clayd Hudson mit wimmernder Stimme. Der Verwundete quälte sich auf die Beine. Blut tropfte aus seinem Jackenärmel und färbte einige Gräser rostbraun. Sein Gesicht schimmerte bleich wie eine frischgekalkte Wand. Er schwankte, taumelte einige Schritte auf seine Partner zu und setzte sich mit weichen Knien auf einen Felsbrocken. »Sieh nach Hudson«, sagte Cooper. Der Banditenboß trat einen Schritt zurück, ließ aber nach wie vor den Apachen-Häuptling in die Mündung seines Gewehres sehen. Cochise suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, um das Blatt doch noch wenden zu können. Bis zu den nächsten Felsen war die Distanz jedoch zu groß, um sie mit einem schnellen Sprung zu überbrücken. Er wäre unweigerlich von einer Kugel getroffen worden. Jeff Cooper schien die Fluchtgedanken des Indianers zu ahnen, denn er schüttelte den Kopf. »Versuch es nur, Indianerbastard, versuch es nur!« stieß er drohend hervor. »Dann bist du schneller in den Ewigen Jagdgründen, als es dir lieb wird.« Cochise antwortete nicht. Er wußte immer, wenn er eine
Chance hatte und wann nicht. Im Moment konnte er nichts in Gang bringen, ohne getötet oder wenigstens schwer verwundet zu werden. Bill Barns meldete sich einige Yards entfernt. Sein Stöhnen ließ Cooper und Morgan zusammenzucken. Er blutete am Kopf, dort, wo ihn der Gewehrlauf des Apachen-Häuptlings getroffen hatte. Er blickte reichlich verwirrt und war noch nicht ganz bei Sinnen. Auch er setzte sich wieder hin und tastete mit schmerzverzerrtem Gesicht über die taubeneigroße Beule, die seinen Schädel zierte und noch immer wuchs. »Das wäre geschafft, Jungs«, sagte Cooper zufrieden. »Wir müssen nur aufpassen, ob sich nicht noch weitere rote Hundesöhne herumtreiben. Wir haben auf der ganzen Linie gesiegt.« * »Hier können wir unser Camp aufschlagen«, sagte Jeff Cooper viele Stunden später. »Hier droht uns keine Gefahr mehr. Niemand ist uns gefolgt. Auch sonst haben wir keine Indsmen sehen können.« Seine drei Begleiter nickten. Der Banditenboß blickte zu Cochise hinüber, der gefesselt auf dem Rücken seines Mustangs saß und starr geradeaus schaute. »Dir werde ich deinen verdammten Stolz auch noch austreiben, du roter Bastard«, schnaufte Jeff Cooper. »Du wirst uns schon bald sagen, wo diese Goldmine ist. Darauf verwette ich meinen Kopf. Es gibt Mittel und Wege, einen jeden Mann zum Sprechen zu bringen.« Cochise reagierte noch immer nicht. Er saß wie versteinert auf dem Pinto. Sein Gesicht drückte Verachtung aus. Und das war es, was nicht nur Jeff Cooper so höllisch reizte.
Bill Barns ging es inzwischen besser, obwohl es in seinem Schädel noch summte, als habe sich dort ein Hornissenschwarm angesiedelt. Clayd Hudsons Schußverletzung war verbunden worden. Der Verband um den linken Oberarm hatte sich während des Rittes bereits wieder rot gefärbt. Er stöhnte, als er aus dem Sattel kletterte und schwerfällig auf den Füßen landete. Die Banditen befanden sich am Anfang eines Canyons, der ihnen Schatten vor der Sonne und außerdem Schutz vor neugierigen Blicken bot. Eine halbe Stunde später brannte ein Feuer. Der Duft von gebratenem Fleisch kitzelte die Nasen der Männer und ließ ihnen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Cochise lag am Boden. Hände und Füße waren an vier in den Boden getriebene Holzpflöcke gefesselt. Der Häuptling der Chiricahuas konnte sich kaum bewegen. Die Stricke schnitten tief ins Fleisch und schmerzten. Er hatte sich zwar zur Wehr gesetzt, obwohl die Gefahr bestanden hatte, eine Kugel einzufangen. Glenn Morgans aufgeschlagene Augenbraue zeugte von diesem blitzartigen Angriff. Da die Hände des Apachen jedoch gefesselt waren, konnte er diesen Kampf nicht gewinnen. Jeff Cooper hatte ihn niedergeknüppelt. Cochise war erst wieder aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht, als er bereits gefesselt am Boden lag. Der Apache zwang sich zur Ruhe, obwohl es in seinem Innersten ganz anders aussah. Verzweifelt suchte er immer wieder eine Lösung, um seinem Schicksal entgehen zu können. Sein Leben schwebte in tödlicher Gefahr. Zu gut kannte der Chief die Gnadenlosigkeit dieser weißen Banditen. Und sie würden ihn nicht schonen, sondern grausam martern, nur um den genauen Standort der legendären Goldmine der Spanier zu erfahren. Er gab sich keinen Illusionen hin. Er steckte in einer
tödlichen Klemme, wenn es ihm nicht gelang, sich aus dieser mißlichen Lage zu befreien. Der Häuptling der Chiricahuas konnte seine Gegner nicht sehen, vernahm nur die Geräusche. Mit ausgebreiteten Armen und Beinen lag er am Boden. Über sich sah er ein Stück blauen Himmels. Ein Bussard kreiste in schwindelerregender Höhe und verschwand bald aus Cochises Blickfeld. Der Indianer-Häuptling fühlte nagenden Hunger in seinen Eingeweiden. Auch Durst plagte ihn. Die vier Bleichgesichter dachten nicht daran, ihrem Gefangenen etwas abzugeben. Sie aßen schmatzend und zogen zufriedene Gesichter, bis auf Clayd Hudson, dessen Armverletzung noch immer stark schmerzte. »Stell dich nicht so an, Clayd«, sagte Jeff Cooper kauend und leckte sich über die fettigen Finger. »Der Kratzer bringt dich nicht unter die Erde.« Hudson warf seinem Boß einen bitterbösen Blick zu und griff sich an den durchbluteten Verband. »Du hast gut reden«, maulte er. »Ich habe das Gefühl, daß sich die Wunde entzündet hat. Und mit einer Blutvergiftung krepiere ich hier in dieser Wildnis.« »Ich sehe später nach deiner Verletzung«, sagte Jeff Cooper versöhnlich und stocherte mit dem Zeigefinger in seinen nikotingelben Zähnen herum. »Das kriegen wir schon, Clayd.« Der Boß der ehemaligen Viehdiebe blickte zu Cochise hinüber. Ein breites Grinsen legte tiefe Falten um seine Mundwinkel. »Wir ruhen uns erst mal aus, Leute. Einer von uns hält abwechselnd Wache. Morgen in aller Frühe reiten wir los. Vorher werden wir der Rothaut tüchtig einheizen, damit sie uns den genauen Ort der Goldmine verrät. Dieser Cochise muß wissen, wo sich die Mine befindet.« Die drei Männer nickten. Cooper teilte die Wachen ein und legte dann Hudsons Wunde frei. Sie sah übel aus, hatte sich
entzündet und eiterte. Der Banditenboß verzog das Gesicht. »Sieht nicht gut aus«, sagte er brummig. Clayd Hudsons Gesicht wurde grau wie Holzasche. Seine Knollennase zuckte. Angst fraß tiefe Furchen in seine Stirn. »Nun mach dir mal nicht die Hose voll«, sagte de Outlaw. »Ich säubere die Wunde und lege dir einen neuen Verband an. Sollte es dann nicht besser werden, muß ich sie ausbrennen. Und das dürfte wirklich kein großer Spaß für dich bedeuten.« Hudson stöhnte und rollte mit den Augen. Jeff Cooper legte ihm einen Verband an und suchte sich einen Platz, um sich niederzulegen. Die Abenddämmerung senkte sich über das weite Land. Im Canyon wurde es rasch dunkel. Niemand achtete auf Cochise, der an seinen Fesseln zerrte und sich zu befreien versuchte. Obwohl sich die Stricke nur noch mehr zusammenzogen, gab der Indianer-Chief nicht auf. Er würde erst resignieren, wenn er seinen letzten Atemzug getan hatte. * Die beiden Indianer zügelten ihre Mustangs, sprangen von den Pferderücken und verbargen die Tiere hinter einer Speerdornhecke. Grillen zirpten. Von irgendwoher erklang das langgezogene Heulen eines Wolfes. Schatten krochen aus Felsspalten hervor, senkten sich über Kakteen, Yuccas und Pinien. Längst war die Sonne wie ein rotglühender Ball am Horizont untergegangen. Die beiden Mescalero-Apachen starrten zu dem Canyon hinüber, in dem die vier verhaßten Bleichgesichter verschwunden waren. Den Kriegern war nicht entgangen, daß die Hellhäutigen einen Gefangenen mit sich führten. Daß es sich um einen Indianer handelte, hatten sie sofort erkannt.
»Wir werden unseren roten Bruder den Händen der weißhäutigen Kojoten entreißen«, sagte Sturmvogel, ein untersetzter, sehr bullig wirkender Krieger. »So soll es sein, Vetter«, antwortete Grüne Schlange. »Die Bleichgesichter sind bei Nacht mit Blindheit geschlagen. Wir werden uns heranschleichen und unseren Blutsbruder befreien.« Grüne Schlange, ein noch junger Krieger, nickte herausfordernd und ballte seine Hände zu Fäusten. »Wir dürfen die Hellhäutigen nicht unterschätzen«, warnte Sturmvogel, der schon öfter gegen die weißen Eindringlinge gekämpft hatte. »Sie sind mit Donnerrohren und anderen Feuerwaffen bewaffnet. Wir haben nur unsere Kriegsbogen, die uns nicht viel nützen werden. Beim Anschleichen würden sie uns zu sehr behindern.« Grüne Schlange schüttelte den Kopf und zog sein Büffelmesser aus dem Gürtel. Er schwang es drohend über dem Kopf. »Damit sind wir den Bleichgesichtern überlegen. Wir kommen lautlos über sie.« Sturmvogel lächelte, als er den jugendlichen Tatendrang seines Gefährten bemerkte. »Wir werden den Gefangenen befreien und dann ganz schnell verschwinden. Es ist nicht unsere Aufgabe, gegen diese vier Männer zu kämpfen. Wir sind Späher und das bedeutet, nur auszukundschaften, was sich in diesem Tal des Landes tut.« Grüne Schlange gab sich damit zufrieden. Geduldig warteten die beiden Indianer einige Stunden, ehe sie wie lautlose Phantome auf den Canyon zuschlichen. Dort rührte sich nichts. Kein Feuerschein erhellte die bodenlose Dunkelheit. Die beiden Mescaleros verhielten hinter einem mannshohen Felsbrocken und lauschten. Nun vernahmen sie das Schnauben einiger Pferde. Es schien,
als hätten die Tiere die Witterung der beiden Apachen aufgenommen. Noch mehr verschmolzen die Krieger mit dem dunklen Felsen. Sie warteten einige Minuten, ehe sie weiterschlichen und sich dem Canyon näherten, der ihnen drohend wie das Maul eines vorsintflutlichen Ungeheuers entgegengähnte. Langsam schoben sie sich heran, hielten sich immer in guter Deckung und verursachten keinerlei Geräusche. Endlich erreichten sie den Canyoneingang und verhielten erneut. Sie vernahmen Schritte, die sich näherten und dann von einer Sekunde zur anderen verstummten. Nur undeutlich erkannten die Apachen die schattenhaften Umrisse eines Mannes, der zwischen den Felsen hervorgetreten war. Sein Gewehr scheuerte über den Felsen. Leder knarrte, als sich der Hellhäutige wieder in Bewegung setzte und schon bald in der Dunkelheit verschwand. Sturmvogel nickte seinem Gefährten zu und schlich weiter. Glenn Morgan, der Wache hielt, ahnte nicht, wie nahe er dem Tod in den letzten Sekunden gewesen war. * Cochise hatte den aussichtslosen Kampf gegen die Fesseln aufgegeben. Verzweifelt überlegte er, ob es nicht eine andere Möglichkeit gab, sich zu befreien. Zwei seiner Gegner lagen einige Pferdelängen von ihm entfernt und schnarchten. Der verwundete Bandit stöhnte hin und wieder. Der Häuptling der Apachen vernahm näherkommende Schritte des vierten Mannes, der seine Fesseln überprüfen würde. Glenn Morgan blieb grinsend vor Cochise stehen und wippte lässig auf den Zehenspitzen. Sanftes Mondlicht, das an dieser Stelle in den Canyon sickerte, erhellte sein Gesicht.
»Morgen beim ersten Licht des beginnenden Tages werde ich mich mit dir beschäftigen, Cochise«, stieß er zischend hervor. »Dann bist du fällig, wenn du uns nicht erzählst, wo sich die Goldmine befindet. Und wenn du uns hinters Licht führen willst, dann bringe ich dich eigenhändig um.« Cochises Gesicht blieb unbewegt. Nur ein verächtlicher Blick traf den Outlaw. Glenn Morgan marschierte weiter, achtete nicht darauf, daß die Pferde unruhig wurden und verschwand bald in der Dunkelheit des Canyons auf seinem Rundgang. Cochise entging nicht, daß die Pferde immer nervöser wurden. Besonders sein Pinto, der einige Yards von den übrigen Tieren entfernt mit angehobelten Beinen stand, wurde immer unruhiger. Das gab dem Chiricahua zu denken. Vielleicht waren es Wölfe, die sich an das Camp heranschlichen. Es konnte auch ein Puma sein, oder seine Stammesgefährten, die das Lager überfallen wollten. Der Indianer-Chief entspannte sich und lauschte voller Konzentration. Hin und wieder vernahm er feine Geräusche, die nur das Ohr eines Mannes vernehmen konnte, der in der Wildnis aufgewachsen war. Cochise glaubte plötzlich nicht mehr daran, daß es Raubtiere waren, die sich anpirschten. Es konnten nur seine Blutsbrüder sein, die sich so geschickt anschlichen. Hoffnung pulsierte durch seinen Körper. Er dachte daran, daß es ihm vielleicht doch gelingen konnte, seinen Peinigern zu entkommen. Schritte näherten sich. Es war Glenn Morgan auf seinem Patrouillengang. Er stampfte an Cochise vorbei, ohne dem Häuptling der Apachen auch nur einen Blick zu gönnen. Nachdem die Schritte leiser geworden waren, lauschte Cochise wieder in die nächtliche Stille. Etwas schob sich auf ihn zu. Die Geräusche waren nun eindeutig zu vernehmen, besonders da Cochise am Boden lag und sein Ohr gegen den steinigen Untergrund preßte.
Es konnte keine Klapperschlange sein, denn die Reptilien liebten Kälte und Dunkelheit nicht und verkrochen sich nach Sonnenuntergang in Erdlöchern oder in den Höhlen von Präriehunden. Noch stärker wurden die Geräusche. Sie näherten sich ihm von hinten. Er hob leicht den Kopf an, um dem Anschleicher mitzuteilen, daß er ihn längst gehört hatte. Heißer Atem traf Cochises Nacken. Eine Stimme raunte: »Wir werden dich befreien, Bruder. Du hast uns bemerkt. Das ist gut. Wir müssen zu Fuß flüchten. Wer bist du?« »Cochise.« Der Indianer hinter dem Chiricahua hielt den Atem an. Es war eine Überraschung für den Mescalero, den legendären Häuptling in Nöten zu sehen. Cochise fühlte ein Messer zwischen seinem rechten Handgelenk und den Stricken. Dann konnte er seinen Arm wieder bewegen. Die Fesseln fielen. Er blieb regungslos liegen, denn er vernahm erneut die sich nähernden Schritte von Glenn Morgan, dessen großgewachsene Gestalt bald sichtbar wurde. Der Lauf seines Gewehres war auf Cochise gerichtet. Der Indianer hinter Cochise war lautlos davongekrochen und hielt auf den Canyonausgang zu. Seine Aufgabe war erledigt. Mehr konnte er für den Häuptling der Chiricahuas nicht tun. Bald stieß er auf Grüne Schlange, der hinter einem Felsen kauerte. Er nickte seinem Blutsbruder triumphierend zu, der lächelte. »Na, hast du dir schon überlegt, wie wir auf dem kürzesten Weg die Mine erreichen?« fragte Glenn Morgan und starrte grinsend auf Cochise nieder. »Das habe ich, Bleichgesicht«, antwortete der Jefe. Morgans Gesicht zeigte Verblüffung. »Du willst mich wohl verscheißern, was?« fragte er. »Beuge dich zu mir herunter, Bleichgesicht, dann werde ich
es dir mitteilen«, sagte Cochise todernst, während sich sein Körper wie ein Bogen anspannte. Und er fragte sich, ob der hellhäutige Bandit auf diesen Trick hereinfallen würde? Morgan, der natürlich nicht ahnen konnte, daß Cochise von keinen Fesseln mehr am Boden gehalten wurde, beugte sich auch wirklich zu dem Apachen nieder. Er erlebte eine riesige Überraschung, als die Faust des Indianers in sein Gesicht fuhr. Morgan hatte das Gefühl, in seinem Schädel würde etwas explodieren. Er taumelte zurück, setzte sich auf sein Hinterteil und ließ das Gewehr fallen. Cochise federte hoch und schlug nochmals hart zu. Glenn Morgan sank mit einem leisen Seufzer auf den Rücken und blieb liegen. Der Apache verharrte geduckt. Obwohl er wie ein Tiger reagiert hatte, brauchte er nun doch einige Sekunden, damit das Blut wieder rascher durch seine Adern floß. Die strammen Fesseln hatten in den letzten Stunden die Blutzirkulation sehr behindert. Schon wollte sich der Häuptling der Chiricahuas nach dem Gewehr bücken, als er hinter sich ein Geräusch vernahm. Er hechtete zur Seite und entging so der Kugel, die aus der Dunkelheit abgefeuert wurde. Das Mündungsfeuer erhellte für den Bruchteil von Sekunden das verzerrte Gesicht von Jeff Cooper. Der Banditenboß schoß erneut. * Cochise mußte fliehen, wollte er nicht wie ein tollwütiger Straßenköter abgeknallt werden. Außerdem war er waffenlos. Der Schuß hatte auch die anderen Männer aus dem Schlaf gerissen. Schreie erfüllten die Stille. Cooper schoß immer wieder, obwohl er längst kein Ziel mehr vor Augen hatte. Die Dunkelheit hier im Canyon war zu groß. Einige Yards weiter traf Cochise auf die beiden Mescaleros.
Zusammen mit Sturmvogel und Grüne Schlange verließ er den Canyon. Der erfahrene Sturmvogel übernahm die Führung. Hinter ihnen peitschten erneut Schüsse auf. Die Geschosse irrten ziellos durch das Gelände. Die drei Indianer verschwanden spurlos hinter einigen Büschen und wurden später von einer Bodenwelle aufgenommen. Sie wurden nicht verfolgt. Die Bleichgesichter fanden nicht den Mut, den Canyon zu verlassen. Blindlings feuerten sie noch einige Schüsse in die Nacht, ehe sie sich zurückzogen. Glenn Morgan taumelte auf die Beine. Er sah sich verwirrt um. Jeff Cooper trat dicht zu seinem Partner und hielt ihm die Faust unter die Nase. »Was bist du nur für ein erbärmlicher Versager!« kreischte der Outlaw. »Nun sind wir unseren Gefangenen los. Man hat ihn unter deinen Augen befreit. Und wenn wir Pech haben, dann wimmelt es dort vor dem Canyon nur so von Rothäuten, die im Morgengrauen über uns herfallen werden!« Jeff Coopers Stimme überschlug sich. Haß, Zorn und Enttäuschung prägten sein verzerrtes Gesicht. Morgan wich einen Schritt zurück. Brummend wischte er sich übers Gesicht, das von den harten Hieben des Apachen gezeichnet war. Er spuckte aus, knurrte wütend und wäre seinem Banditenfreund am liebsten an die Kehle gefahren. »Wir können froh sein, noch zu leben«, stieß er hervor. »Das müssen einige dieser verdammten Bastarde gewesen sein, die ihren Häuptling befreiten. Auch du hättest von diesen roten Halunken nichts bemerkt. Keiner von uns hätte die Befreiung verhindert. Nun sollten wir nicht länger hier herumstehen, sondern darauf achten, den Canyoneingang abzusichern.« Bill Barns, der neben Cooper stand, nickte sofort und eilte davon. Clayd Hudson ließ sich wieder zu Boden sinken, stöhnte und griff nach seinem verwundeten Arm. Der Verband schimmerte dunkel. Cooper warf ihm einen wütenden Blick zu und folgte Barns.
Morgan zuckte mit den Achseln und eilte hinter dem Viehdieb her. Und er schwor Cochise in diesen Sekunden bittere und blutige Rache. Die drei Banditen kauerten hinter einigen Felsen und starrten auf das vor dem Canyon liegende Gelände. Von den Indianern war nichts zu sehen. An Schlaf war nun nicht mehr zu denken. Die Angst, nochmals von den Apachen angegriffen zu werden, steckte zu tief in den Männern. Jeff Cooper beruhigte sich nur langsam. Morgan nahm sich vor, dem Banditenboß aus dem Weg zu gehen. * »Danke, meine Brüder«, sagte Cochise zu den MescaleroApachen, als sie die Pferde der beiden erreicht hatten. »Ihr habt mein Leben gerettet. Cochise dankt euch und wird es euch niemals vergessen.« Die beiden Indianer senkten kurz die Köpfe. »Deine Worte ehren uns, großer Häuptling«, erwiderte Sturmvogel. »Wir danken dem Großen Geist, daß es uns gelungen ist, dich aus den Händen dieser weißhäutigen Kojoten zu befreien. Unsere Aufgabe ist erfüllt. Wir werden weiterreiten, denn wir sind zu wenige Krieger und auch zu schlecht bewaffnet, um den Bleichgesichtern einen großen Kampf zu liefern.« Cochise nickte. »Es ist mein Kampf. Ich werde die Weißhäutigen besiegen.« Grüne Schlange sagte rasch: »Wenn du willst, dann bleiben wir natürlich bei dir, Chief. Wir…« Der Häuptling der Chiricahuas unterbrach seinen Rassegefährten schnell. »Reitet weiter. Cochise will diese weißen Männer allein besiegen. Er wird Mittel und Wege finden.« Die Augen des Häuptlings richteten sich auf einen der Mustangs. Sturmvogel sah diesen Blick.
»Du erhältst mein Pferd, Cochise. Grüne Schlange und ich werden auf einem Mustang reiten. Ich werde dir auch meinen Bogen und den Köcher mit den Pfeilen überlassen. Dein Pferd und deine Waffen befinden sich noch bei den Bleichgesichtern.« Grüne Schlange zog sein Büffelmesser aus dem Gürtel und reichte es dem Indianer-Chief. »Ich danke euch«, sagte Cochise. Ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Der Häuptling der Chiricahuas wird euch auch das nie vergessen. Er steht tief in eurer Schuld.« Wenige Minuten später ritten die Mescaleros auf einem Pferd davon. Cochise trat zu dem Mustang und tätschelte den schlanken Hals des Tieres. »Wir werden uns schon vertragen«, murmelte er. Dann griff er nach dem Bogen und dem Köcher und schlich auf den Canyon zu. Die noch immer schützende Dunkelheit hüllte die Apachen ein. Bald zischte der erste Pfeil auf den Canyonschlund und zerbrach an einem Felsen. Wütendes Gewehr- und Revolverfeuer brüllte los. Natürlich richtete der Bleisegen keinen Schaden an. Cochise schoß noch einige Pfeile ab, obwohl er mit keinem Treffer rechnete. Er wollte nichts anderes, als die vier weißen Banditen noch mehr zu verunsichern. Im ersten Morgengrauen schlich der Häuptling der Apachen zu seinem Pferd zurück. Er wollte sich nicht den weitreichenden Winchestergewehren ausliefern und kein Risiko eingehen. Er nahm an, daß er sofort bei Tagesanbruch von den Banditen verfolgt werden würde. Und er wollte die Verfolger in die Irre führen. Das war sein Land, hier lebte er und kannte sich aus. Und er wollte Mittel und Wege finden, um den weißen Eindringlingen eine Falle zu stellen.
»Es ist niemand zu sehen«, sagte Jeff Cooper knurrend. »Vielleicht sind die roten Halunken abgezogen.« Er blickte zum Canyon hinaus. Das Grau des beginnenden Tages ließ die Konturen von Felsen, Büschen und Bäumen deutlicher werden. Weit und breit regte sich nichts. Bill Barns, der neben seinem Boß kauerte, zuckte ratlos mit den Achseln. »Vielleicht lauert dieser Cochise noch dort draußen. Er will uns umbringen.« Der Bandit mit den tief in den Höhlen liegenden Augen, die seinem Gesicht den Anstrich eines Totenschädels gaben, blickte auf einen Pfeil, der in einer Felsspalte steckte. »Damit können uns die roten Burschen bei Tageslicht nicht gefährlich werden«, ließ sich Jeff Cooper vernehmen. »Wir sind ihnen mit unseren Gewehren überlegen. Du bleibst hier, Billy. Ich sehe mal nach Clayd und Morgan.« Glenn Morgan war gerade dabei, dem Verwundeten den durchbluteten Verband abzulösen. Clayd Hudson stöhnte und jammerte. Bleich und mit zusammengebissenen Zähnen saß er am Boden. Jeff Coopers Gesicht wurde um einige Nuancen fahler, als er die freigelegte Wunde sah. Sie hatte sich noch mehr entzündet. Eiter und Blut quollen hervor. Hudson stöhnte und ließ sich auf den Rücken fallen. Sein Körper bebte. Die Zähne schlugen aufeinander. Glenn Morgan legte seine flache Hand auf die Stirn des Verwundeten. »Er hat Fieber, Cooper. Die Wunde bringt ihn um, wenn wir nicht sofort etwas unternehmen.« »Entfache ein Feuer«, befahl Cooper. Er zog sein Green River Messer aus dem Gürtel. Die breite Klinge funkelte, als sich die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne auf ihr brachen. »Du willst die Wunde ausbrennen?« »Weißt du vielleicht eine andere Möglichkeit«, antwortete der Boß der Rustlerbande wütend. »Noch kann es helfen,
Morgan. In einigen Stunden ist es zu spät. Es ist Hudsons einzige Chance, will er nicht an einer Blutvergiftung elendig krepieren.« Jeff Morgan nickte nur. Bald flackerte ein Feuer. Cooper hielt die Klinge in die Flammen, bis sie rotglühend war. Er trat auf den Verwundeten zu, der ihn aus geweiteten Augen anstarrte. Hudsons Mund öffnete sich. Ein gellender Schrei wehte Cooper entgegen. Clayd Hudson versuchte davonzukriechen. »Schieb ihm ein Stück Holz zwischen die Zähne. Los, beeil dich, Morgan. Dann hältst du seine Beine fest.« Das grausame Geschehen nahm seinen Lauf. Doch es war vielleicht die einzige Chance, um dem Verwundeten das Leben zu retten. Clayd Hudsons Wimmern verstummte abrupt. Eine gnädige Ohnmacht hatte den Banditen von seinen Schmerzen erlöst. Als er erwachte, war sein Arm bereits wieder verbunden. Erneut fing der Outlaw an zu wimmern und zu keuchen. Tränen des Schmerzes traten in seine Augen. »Nun wird es wieder werden, Clayd«, sagte Jeff Cooper lächelnd. »Glaube nur nicht, daß es mir Spaß bereitete, an dir herumzuschnippeln. Da kann ich mir angenehmere Dinge vorstellen. In einer halben Stunde reiten wir weiter. Ich sehe mich außerhalb des Canyons um, ob die Luft rein ist. Vielleicht finde ich auch die Spuren unseres entflohenen Gefangenen.« »Er wird zu Fuß sein«, gab Glenn Morgan zu bedenken. »Cochise konnte seinen Pinto nicht mitnehmen. Er mußte auch sein Gewehr zurücklassen.« »Glaubst du vielleicht, ich habe das übersehen, du Klugscheißer?« fragte Jeff Cooper böse. »Die Indianer, die ihn befreit haben, werden ihm einen Mustang überlassen haben. Sie haben ihn ja auch mit Pfeil und Bogen versorgt.« »Trotzdem sind wir diesem roten Halunken überlegen, Cooper. Wir müssen ihn wieder in unsere Gewalt bekommen.
Er kennt diese Goldmine. Ich weiß es genau.« Der Banditenboß grinste verächtlich. »Was du nicht alles weißt, Morgan. Oh, verdammt, warum bist du mir nur über den Weg gelaufen. Du hast mir und meinen Leuten bisher wirklich kein Glück gebracht.« Glenn Morgans Gesicht nahm einen wütenden Ausdruck an. Er drehte sich auf den Absätzen um, stiefelte zu seinem Pferd und zog sich in den Sattel. Wortlos ritt er an dem staunenden Banditenboß vorbei und hielt auf den Canyoneingang zu. »Was soll das?« brüllte Cooper. »Du kannst mich mal«, schrie Morgan zurück. »Ich bin doch nicht dein Fußabtreter, Cooper. Ich habe von dir die Nase voll. Die Mine finde ich auch allein.« Nach diesen Worten trieb Glenn Morgan seinen Rapphengst an und jagte davon. Staub wirbelte auf, der sich nur träge wieder zu Boden senkte. »Komm zurück, zum Henker«, kreischte Cooper und riß sein Gewehr an die Wange, als Morgan weiterritt. Cooper schoß nicht, senkte die Winchester und kratzte sich am Haaransatz. »Verdammt«, murmelte er und spuckte aus. »Das darf doch nicht wahr sein. Ist denn dieser Blödmann nun endgültig übergeschnappt?« * Cochise zügelte seinen Mustang auf einem Hügel. Er blickte über das wüstenähnliche Land. Eine Mesa spiegelte sich rötlich unter den Strahlen der aufgehenden Sonne. Wuchtig und wie ein riesiger Kloß ragte der Tafelberg in den wolkenlosen Himmel. Der Häuptlilng der Chiricahuas hielt Ausschau und blickte auch auf seine Fährte zurück. Er konnte keine Verfolger entdecken. Er wußte aber, daß die vier Bleichgesichter ihm folgen würden.
Er sah plötzlich einen Reiter, der hinter einem Hügel auftauchte, sein Pferd zügelte und wie gebannt zu ihm herüberstarrte. Für ein Ausweichen war es bereits zu spät. Cochise tätschelte sanft den Hals des Mustangs. Das Tier schien die Witterung des fremden Pferdes aufgenommen zu haben. Er schätzte die Entfernung zu dem Bleichgesicht auf höchstens hundert Yards. Er erkannte Glenn Morgan, der nun seine Winchester aus dem Scabbard riß, anlegte und zu schießen begann. Cochise hatte aber sein Pferd längst ausgehen lassen und war hinter der Hügelkuppe verschwunden. Wirkungslos verpuffte das Gewehrfeuer des Outlaws. Glenn Morgan senkte sein Gewehr. Er war überrascht, daß er so schnell auf Cochise getroffen war. Der großgewachsene Mann fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Die Schweißperlen stammten nicht nur von der sengenden Sonne. Er fühlte es heiß in sich aufsteigen. Er starrte zu dem Hügel hinüber. Natürlich zeigte sich der Apachen-Häuptling nicht mehr. Der Outlaw rutschte nervös im Sattel hin und her. Er rechnete damit, daß Cochise bald irgendwo auftauchen und ihn unter Beschuß nehmen würde. Eine erbärmliche Angst kroch durch den Körper des Banditen. Die Schweißperlen auf seinem Gesicht vergrößerten sich noch mehr. Unentschlossen sah sich Morgan um. Zuerst wollte er weiterreiten, dann aber zog er sein Pferd herum und ritt auf dem Trail zurück, den er gekommen war. Dann sah er einen Reiter höchstens fünfzig Yards entfernt hinter einigen Felsbrocken auftauchen, der auf ihn zuhielt. Glenn Morgan erschrak. Seine Angst wurde noch größer, als er sah, daß es nicht Cochise war, der wie vom Teufel gehetzt auf ihn zujagte und ein durch Mark und Bein gehendes Kriegsgeschrei ausstieß. Morgan glaubte sich bereits von allen Seiten umzingelt. Dumpf hämmerten die Hufe des herangaloppierenden
Mustangs. Noch immer gellten dem Banditen die Schreie in den Ohren. Morgan trieb sein Pferd hart mit den Sporen an und gab Fersengeld. Wieder fühlte er eine heiße Angst in sich, die ihn in voller Panik handeln ließ. Erst nach einigen hundert Yards sah sich der Outlaw im Sattel um und erkannte, daß der Verfolger seinen Mustang gezügelt hatte. Der Indianer hob nun die Hand und lachte. Das war Glenn Morgan zuviel. Er riß sein Gewehr hoch und feuerte. Seine Kugeln verfehlten den Indianer, bei dem es sich um keinen anderen als um Sturmvogel handelte, der den Weißhäutigen nur hatte erschrecken wollen. Der Mescalero ritt davon. Glenn Morgan aber hielt auf den Canyon zu, den er vor etwa einer Stunde verlassen hatte. Er wollte alles tun, um wieder auf Jeff Cooper und dessen Leute zu treffen. * Cochise lächelte, als er die Attacke seines Rassegefährten auf den überraschten Morgan sah. Sturmvogel sah den Häuptling der Apachen in seiner Deckung nicht. Der Apachen-Chief wendete sein Pferd und ritt davon. Er mußte sich Waffen besorgen. Erst dann wollte er mit den vier Bleichgesichtern abrechnen. Sie würden so schnell diesen Teil des Apachengebietes nicht verlassen. Und Cochise waren die wenigen Wasserstellen bekannt. Er würde die Weißen also immer wieder finden, falls es denen überhaupt gelang, eine der Quellen zu erreichen. Der Jefe ritt zügig dahin. Zuerst wollte er seinen brennenden Durst stillen und auch etwas gegen seinen nagenden Hunger tun. Zwei Stunden später fand Cochise eine Wasserstelle, wo er seinen Durst löschte und sich erfrischte. Bald briet er einen Präriehund über einem flackernden Feuer,
den er mit Pfeil und Bogen geschossen hatte. Das Fleisch des Tieres war sehr wohlschmeckend. Der Präriehund trug diesen Namen nur, weil er bellende Laute ausstieß. Sonst hatte er nichts mit einem Hund zu tun. Cochise ließ es sich schmecken. Bald fühlte er sich gesättigt, faul und müde. Die Strapazen der vergangenen Tage waren auch an einem so großen Krieger wie dem Häuptling der Chiricahuas nicht spurlos vorübergegangen. Nachdem sich der Chief nochmals umgesehen hatte und niemanden entdecken konnte, legte er sich zum Schlafen nieder. Und er hoffte, diesmal nicht schon wieder vorzeitig aus seinem Schlummer gerissen zu werden. Als Cochise erwachte, hatte die Sonne den Zenit bereits überschritten. Die fernen Berge schimmerten messingfarben. Die Hitze raubte selbst Cochise den Atem. Er erfrischte sich an der Quelle, die aus einer Felsspalte sickerte und bereits nach wenigen Yards wieder im sandigen Boden spurlos verschwand. Er aß den Rest des Fleisches, den er in einem Lederbeutel in der Nähe des Wassers vergraben hatte, damit es nicht verdarb. Schon wollte sich Cochise auf den Rücken seines Mustangs schwingen, als er vier Reiter sah, die hinter einer Insel aus Kakteen, Dornbüsche und Pinien hervorritten. Weiße oder Indianer? Cochise kniff die Augen zusammen. Sein großgewachsener und muskulöser Körper entspannte sich, als er sah, daß es sich bei den Näherkommenden um Indianer handelte. Trotzdem blieb Cochise hinter seiner Deckung und beobachtete die Reiter. Sie hielten zielstrebig auf das Wasserloch zu, das sie kennen mußten. Plötzlich legte sich ein Lächeln um Cochises Mundwinkel. Seine Augen begannen zu funkeln. Ehrliche Freude leuchtete in ihnen auf. Er erkannte den Anführer, der vor seinen drei Kriegern ritt.
Es war Yemaspi, der Häuptling der Mescalero-Apachen. Cochise gab sich zu erkennen und erwartete den Reitertrupp in stolzer Haltung. Natürlich war auch er von den Näherreitenden gesehen worden, die kurz angehalten hatten, dann aber weiterritten. Yemaspi zügelte seinen Pinto wenige Schritte vor dem Apachen-Chief. Er war ein breitschultriger Indianer, trug ein Stirnband und eine ärmellose Jacke aus Pumafell. Sein scharfgeschnittenes Gesicht mit den breiten Wangenknochen und den dunklen Augen hatte etwas Undurchdringliches und Unnahbares. Dann nickte der Mescalero-Häuptling plötzlich. Ein freundliches Lächeln erhellte seine finsteren Züge. Er sprang vom Rücken des gescheckten Pferdes und trat auf Cochise zu. »Sei gegrüßt, Häuptling der Apachen«, sagte er mit guttural klingender Stimme. »Auch Cochise grüßt dich«, sagte Cochise. »Was führt dich so weit von deinen Jagdgründen weg?« »Wir jagen nach Antilopen und Hirschen. Die Krieger hatten bisher großes Jagdglück. Zwei meiner tapferen Männer meldeten mir, daß du dich hier in der Gegend aufhältst. Sie erzählten mir, dir das Leben gerettet zu haben.« Cochise nickte. »Sturmvogel und Grüne Schlange sind zwei tapfere Krieger, die Cochise aus großer Not retteten. Ich werde es nie vergessen. Willst du hier an der Quelle lagern?« »Das haben wir vor, Cochise.« Yemaspi hob seine Hand. Auf diesen Befehl hin schwangen sich die drei Mescalero-Krieger von ihren Mustangs. Auch Yemaspi labte sich am Wasser und setzte sich später Cochise gegenüber, um mit ihm ein Palaver abzuhalten. Cochise berichtete geduldig von den vier weißen Eindringlingen und den Schwierigkeiten, die er mit ihnen hatte. »Cochise wird die vier Bleichgesichter töten, Yemaspi. Ihr
Tod ist eine beschlossene Sache. Es sind böse Männer, die auch vom Gesetz des weißen Mannes gesucht werden. Sie töten nur um ihrer Vorteile willen und machen keine Unterschiede zwischen ihren Artgenossen und dem roten Mann. Sie sind wie häßliche Geschwüre, die ausgebrannt werden müssen.« Yemaspi verzog sein Gesicht. »Sollen meine Krieger dir helfen, Cochise? Wie ich sehe, bist du ohne dein Donnerrohr und damit den Hellhäutigen unterlegen.« Cochise nickte. Ehe er seine Bitte um Waffen aussprechen konnte, sagte der Mescalero-Chief: »Einer meiner Krieger wird dir sein Feuerrohr geben, Cochise. Und dazu auch genügend Muniton. Du weißt, daß auch ich die Bleichgesichter hasse, wie nichts sonst auf dieser Welt. Meine Krieger und auch ich stehen an deiner Seite.« »Danke, Yemaspi, aber ich werde es allein schaffen. Das Gewehr nehme ich natürlich dankbar an, denn ich kann es gebrauchen. Du erhältst es wieder zurück, wenn ich die Bleichgesichter besiegt habe, und dazu auch noch die Waffen dieser Männer.« Yemaspi lächelte. »Dann soll es so sein. Wenn du unsere Hilfe benötigst, dann lasse es mich durch Rauchsignale wissen. Meine Späher werden es mir melden. Wenn du weiterreiten willst, dann möchte ich dich nicht länger aufhalten.« Cochise erhob sich. Einer der Mescalero-Krieger brachte ihm ein modernes Winchestergewehr und auch einen Fellbeutel mit Munition. »Cochise wünscht Yemaspi und seinen Männern noch reichliche Jagdbeute. Wenn ich Hilfe brauche, werde ich mich melden.« Die letzten Worte waren noch einmal ein deutlicher Hinweis für den Mescalero-Chief, sich aus dem Konflikt zwischen Cochise und den vier Banditen herauszuhalten. Einige Minuten später ritt Cochise auf dem Rücken seines
Mustangs davon. Die Mescalero-Apachen blieben zurück. Der Chiricahua wußte, daß noch einige Jagdtrupps von Yemaspis Kriegern durch die Gegend streiften. Er wollte aber die Weißen ohne fremde Hilfe besiegen. Das war er sich und seinem Ruf schuldig. Glenn Morgan erschrak sehr, als er unverhofft Jeff Cooper, Bill Barns und Clayd Hudson hinter einer Felsschroffe auftauchen sah. Der Banditenboß nickte und senkte sein zum Schuß erhobenes Gewehr. »Da bist du ja wieder, Morgan«, sagte er spöttisch grinsend. »Ich hatte schon angenommen, daß dein Skalp am Gürtel eines Apachen baumelt. Wie ich sehe, bist du aber dem Totengräber noch mal von der Schippe gesprungen.« Glenn Morgan grinste kläglich und zuckte mit den Achseln. »Ich habe es mir anders überlegt«, murmelte er. »Zu viert sind wir stärker. Einzeln sind wir verloren, Cooper. Das gilt für uns alle. Aus diesem Grund sollten wir zusammenhalten.« Coopers Lächeln verwischte. »Okay«, sagte er. »Ich bin nicht nachtragend. Nun sollten wir uns beeilen, sonst entwischt uns dieser Cochise. Und ich habe mir nun einmal vorgenommen, diesem rothäutigen Bastard das Fürchten beizubringen. Der rote Halunke wird sich nicht mehr lange seiner Freiheit erfreuen. Wir schnappen ihn uns wieder.« »Was ist mit Hudson?« fragte Glenn Morgan und blickte zu dem knollennasigen Gefährten, der zusammengekrümmt im Sattel saß und jeden Augenblick vom Pferderücken zu stürzen drohte. Sein Gesicht schimmerte rot wie ein Ziegelstein, glühte vor Fieber und war gezeichnet von einer großen Erschöpfung. »Sein Zustand ist ernst«, antwortete Cooper auf Morgans Frage. »Ich habe alles in meiner Macht stehende getan, um sein Leben zu retten. Nun liegt es an ihm selbst, ob er den Kampf gegen den Sensenmann gewinnt.« »Vielleicht sollten wir eine Pause einlegen«, ließ sich Bill
Barns vernehmen. »Ich glaube nicht, daß wir hinter diesem Cochise herjagen müssen. Der taucht schon bald wieder auf, denn er ist hinter uns her. Das habt ihr wohl ganz vergessen.« Jeff Cooper blickte seinen Partner erstaunt an. »Mann, o Mann«, sagte er dann. »Das ist bestimmt die längste Rede, die ich je von dir gehört habe, Billy. Und wenn ich überlege, dann hast du gar nicht so unrecht. Warum sollen wir hinter dieser Rothaut herhetzen, wenn wir die Gejagten sind?« Clayd Hudson stöhnte, schwankte im Sattel und neigte sich dann zur Seite. Bill Barns konnte seinen Partner gerade noch in letzter Sekunde auffangen. Hudson stöhnte, als habe seine letzte Stunde geschlagen. Cooper und Morgan griffen mit zu und setzten den Verwundeten vor Barns in den Sattel. Anschließend ritten die Männer zu einem Hügel hinüber, dessen Fuß von Büschen, Kakteen und verkrüppelten Kiefern umsäumt wurde. Sie verbargen die Pferde, suchten sich einen schattigen Platz und kümmerten sich um Clayd Hudson, der inzwischen bewußtlos geworden war. »Du kletterst den Hügel hoch und hältst Ausschau«, sagte Cooper zu Billy Barns, der wortlos seine Winchester aus dem Scabbard zog und den Befehl befolgte. »Die Wunde sieht noch immer übel aus«, sagte Glenn Morgan, verzog sein Gesicht und hielt sich die Nase zu. »Er müßte zu einem Doc, um noch eine Chance zu haben.« Jeff Cooper fluchte lästerlich, erneuerte den Verband und sah Morgan hilflos an. »Zum Henker, wo sollen wir hier in dieser Wildnis einen Arzt auftreiben?« Natürlich wußte auch Glenn Morgan, daß dies unmöglich war. Bis nach Tombstone war es zu weit. Außerdem durfte er sich dort auf keinen Fall sehen lassen, nachdem er dem Gefängnis der wilden Fontierstadt entkommen war. Und bis zum nächsten Fort war es auch zu weit. Außerdem würde Clay
Hudson kaum einen längeren Ritt überstehen. Die beiden Banditen setzten sich. Schweigen breitete sich aus, das nur vom Summen vieler hartnäckiger Insekten und anderer Blutsauger unterbrochen wurde. »Hier läßt es sich aushalten«, sagte Jeff Cooper nach einer Weile und starrte auf seine staubigen Stiefel. »Wenn Billy gut aufpaßt, wird sich Cochise kaum ungesehen nähern können. Vor Einbruch der Dunkelheit wird er auf keinen Fall etwas riskieren.« Der Banditenboß erhob sich, trat zu seinem Pferd und nahm die Wasserflasche vom Sattelhorn. Gleich darauf fluchte er los, drehte sie um, und Morgan sah, daß nur einige Tropfen des kostbaren Naß aus dem Flaschenhals hervorrannen. »Das war unser Problem«, sagte Cooper. »Wir sind fast ohne Wasser. Und wir haben nicht die geringste Ahnung, wo sich die nächste Wasserstelle befindet.« Auch Glenn Morgan erschrak. Seine Wasserflasche enthielt ebenfalls nur noch wenig Flüssigkeit. Auch bei Hudson und Barns verhielt es sich nicht anders. »Dann stecken wir in einer verdammten Klemme«, stieß Morgan hervor. »Wir können zwar ohne Proviant einige Tage überleben, doch ohne Wasser sind wir bei dieser Hitze bald erledigt.« »Darauf lauert dieser Cochise. Er ist mit diesem verdammten Land vertraut und hat bestimmt schon längst Wasser gefunden. Wir müssen nachdenken, wie wir dieses Problem lösen können.« Hudson stöhnte und erwachte aus seiner Bewußtlosigkeit. Aus verschleierten Augen, in denen Fieber glühte, sah er seine Freunde an, ohne sie zu erkennen. Stammelnde Worte drangen aus seinem weit geöffneten Mund. Cooper beugte sich nieder. »Wasser – Wasser«, vernahm er. Der Banditenboß richtete sich wieder auf und schüttelte den
Kopf. Der Verwundete stöhnte erneut. Seine Hand tastete nach Coopers Stiefel. »Gib ihm schon«, maulte Morgan. »Er braucht es nötiger als wir. Bestimmt finden wir eine Wasserstelle.« Cooper blickte seinen Gefährten tückisch an. »So, wie wir die Goldmine finden, nicht wahr?« fragte er spöttisch und ließ Glenn Morgan einfach stehen. * Cochise durchstreifte das Land auf der Suche nach den vier weißen Banditen. Er näherte sich auf seinem Trail immer mehr dem Canyon. Er hatte sich vorgenommen, von dort aus die Fährten der Bleichgesichter aufzunehmen, sollte er sie nicht unterwegs entdecken. Der Gluthauch der Wüste setzte auch dem Chiricahua zu, obwohl er dieses rauhe und so menschenfeindliche Land von Kindesbeinen an gewohnt war. Und er dachte daran, daß die vier Hellhäutigen noch größere Schwierigkeiten haben mußten als er. Cochise sah den Canyonschlund eine Stunde später vor sich auftauchen. Nun wirkte er nicht mehr so düster und gefährlich wie zur nächtlichen Stunde. Verlassen lag er vor den forschenden Blicken des Indianer-Häuptlings. Cochise zügelte seinen Mustang, als er die Fährten von drei Pferden entdeckte. Sie führten auf die Peloncillo Mountains zu. Drei Fährten, das bedeutete, daß einer der Banditen fehlte. Er dachte an Glenn Morgan, der von Sturmvogel gejagt worden war. Er nahm die Verfolgung auf. Der Abend tastete sich mit grauen Schatten näher, als Cochise einen Hügel vor sich auftauchen sah, auf den die Hufspuren der Banditenpferde zuführten. Natürlich hatte der Apachen-Chief längst herausgefunden, daß der vierte Reiter wieder zu dem Trupp gestoßen war.
Glenn Morgan hatte zu seinen Partnern zurückgefunden. Cochise vermutete die Banditen in dem Busch- und Baumgürtel, der den Hügel säumte. Er entdeckte eine schattenhafte Gestalt auf der Hügelkette. Obwohl der Jefe den Mustang hinter einige Kakteen zog, die ihm Schutz boten, glaubte er, von den Banditen bereits gesehen worden zu sein. Er mußte den Hellhäutigen zugestehen, daß sie ihr Camp ausgezeichnet gewählt hatten. Die Aussicht vom Hügel aus war gut und wurde durch Büsche und Bäume ausreichend gedeckt. Der Chiricahua-Chief überlegte, ob er sich im Schutz der Dunkelheit anschleichen sollte und beschloß, erst einmal abzuwarten, um herauszufinden, was die Weißen vorhatten. Bald schien der Hügel mit dem nachtdunklen Himmel zu verwachsen, bis schließlich der Mond dahinter heraufkroch, eine silberne Scheibe, durch die für eine Weile das Funkeln der Sterne erlosch. Nun wurden die Sichtverhältnisse wieder besser. Cochise setzte sich schlangengleich in Bewegung und schlich auf den Hügel zu. Vielleicht gelang es ihm, sich dem Camp der Banditen zu nähern. Cochise wußte aber auch, daß man einen Angrifft von seiner Seite vermutete. Er hatte sich bis auf ungefähr 100 Yards genähert, als er vier Reiter sah, die sich aus den Schatten der Büsche und Bäume lösten und davonritten. Dumpf hallten die Hufschläge durch die Nacht. Die vier weißen Outlaws ergriffen die Flucht. Es schien ihnen sicherer zu sein, als die ganze Nacht hindurch kein Auge zu schließen und auf den Indianer-Jefe zu lauern. Cochise sah auch, daß einer der vier Männer zusammengesunken im Sattel saß, immer wieder schwankte, aber nicht vom Pferderücken fiel. Die Pferde bewegten sich nur müde vorwärts. Cochise glaubte auch zu wissen, warum das so war: Die Tiere mußten seit vielen Stunden keinen Tropfen
Wasser mehr gekriegt haben. Und den vier Bleichgesichtern mußte es ähnlich ergehen. Bestimmt lechzten auch sie nach dem kostbaren Naß, das hier in diesem wüstenähnlichen Landstrich so selten anzutreffen und noch schwieriger zu finden war. Cochise eilte zu dem Mustang zurück und nahm die Verfolgung auf. Er würde auf eine Chance lauern, um die Eindringlinge zu töten oder gefangenzunehmen. * »Es ist Cochise gewesen«, sagte Bill Barns heiser. »Der Indianerbastard schleicht dort draußen herum und wird über uns herfallen, sobald es noch dunkler geworden ist. Wir merken ihn erst, wenn einer von uns mit einem Pfeil im Rücken umfällt.« Jeff Cooper und Glenn Morgan starrten zwischen den Zweigen der Büsche auf das vor ihnen liegende Gelände. Die Dunkelheit besiegte immer stärker den sterbenden Tag. Über Glenn Morgans Rücken kroch ein eisiger Hauch, der ihn frösteln ließ, obwohl die Gluthitze des Tages noch andauerte und vom sandigen Boden abgestrahlt wurde. Der Bandit wandte sich an Cooper. »Wir sollten schnellstens verschwinden. Dieser Cochise tändelt nicht lange herum. So wie wir ihn entdeckt haben, muß er auch uns gesehen haben. Außerdem benötigen wir Wasser und zwar schnell, wenn wir nicht elend verrecken wollen.« Jeff Cooper richtete sich kerzengerade auf. Sein Blick fiel auf Clayd Hudson, der bewegungslos zwischen den Büschen lag und hin und wieder röchelte. »Clayd wird einen längeren Ritt nicht überstehen«, murmelte der Banditenboß. »Er hat starkes Fieber. Sein Körper ist geschwächt und völlig kraftlos.« »Wir binden ihn im Sattel fest. Eine andere Möglichkeit
haben wir nicht, Cooper. Wenn wir hierbleiben, müssen wir vielleicht alle sterben.« Bill Barns' Stimme verstummte. Angst lauerte in seinen tief in den Höhlen liegenden Augen. Der Schrei eines jagenden Falkens zerriß die Stille. Die drei Männer zuckten zusammen. »Das ist der Hundesohn«, sagte Morgan und spuckte aus. »Und fast sieht es so aus, als wäre er nicht allein. Vielleicht verständigt er sich durch den Vogelschrei mit anderen Indianern.« Nun gab es kein Halten mehr für die Banditen. Sie banden den Verwundeten auf dem Pferderücken fest, zogen sich ebenfalls in die Sättel und ritten los. Immer wieder sahen sich Morgan, Cooper und Barns um, hielten ihre Gewehre bereit, um bei einem Angriff sofort reagieren zu können. Nichts geschah. Der Hügel blieb hinter dem Reitertrupp zurück. Der Verwundete schwankte immer stärker in den Stricken, die ihn im Sattel hielten. Der Verband war durchblutet. Morgan hoffte, daß die gnädige Ohnmacht noch lange anhalten würde. Nachdem die Banditen einige Meilen zurückgelegt hatten, legte sich ihre Nervosität. Sie konnten auch keinen Verfolger hinter sich erspähen. »Wir müssen unbedingt Wasser finden«, ließ sich Jeff Cooper vernehmen. »Unsere Pferde halten sonst einen längeren Ritt nicht durch. Wir stecken in einer verdammten Klemme.« »Hör nur auf, mir schon wieder Vorwürfe zu machen«, antwortete Glenn Morgan verärgert. »Hier gibt es Wasser. Wir müssen es nur finden. Das aber wird in der Dunkelheit nicht einfach sein.« Der Banditenboß gab keine Antwort. Die Outlaws ritten weiter. Bleiches Mondlicht erhellte das öde Gelände. Dunkel und unheimlich wiegten sich Büsche im sanften Wind, der von den Peloncillo Mountains wehte, denen
sie sich immer mehr näherten und die wie eine schwarze Mauer vor ihnen aufwuchs. Sie mußten bald die ersten Ausläufer erreicht haben und hofften, auf Wasser zu treffen. Der Verwundete stöhnte immer lauter. Morgan sah, daß Hudson bei Bewußtsein war, aber anscheinend überhaupt nicht begriff, was mit ihm geschah. Stunden vergingen. Die Mondscheibe wanderte weiter. Längst war es kühl geworden. Jeff Cooper zügelte sein erschöpftes Pferd und wandte sich seinen Begleitern zu. Er leckte sich über die trockenen Lippen und würgte heiser hervor: »Wir sollten es den Pferden überlassen, die Richtung zu bestimmen. Sie werden am ehesten wittern, wenn es irgendwo Wasser gibt.« »Eine gute Idee«, antwortete Glenn Morgan. Seine Stimme klang wie ein Reibeisen und hörte sich fremd an. Er schluckte mehrmals. Sein Kehlkopf tanzte auf und ab. Er fluchte, schlang die Zügel um das Sattelhorn und folgte dem Banditenboß, der sein Pferd bereits angetrieben hatte. Bill Barns führte den grauen Wallach mit sich, auf dem der verwundete Clayd Hudson wie ein Häufchen Elend saß. Das Gelände wurde hügeliger. Der Pflanzenwuchs nahm zu. Jeff Coopers Pferd schnaubte plötzlich, stellte die Ohren hoch und lief schneller. Die drei anderen Reittiere folgten. »Sie scheinen Wasser gewittert zu haben«, jubelte Cooper. »Warum bin ich nur nicht schon früher auf diesen Einfall gekommen?« Die vier Pferde legten nun ein flottes Tempo vor. Die von ihnen gewitterte Wasserstelle beflügelte sie. Bald wuchsen Büsche und Kakteen immer zahlreicher. Gräser und Farne bedeckten den vorher so kahlen Boden. Cooper, Morgan und Barns atmeten auf. Sie hofften, daß sich die Pferde nicht getäuscht hatten. Sie mußten unbedingt Wasser haben, um ihren Trail fortsetzen zu können.
* Es war nicht mehr als ein kleiner Tümpel, den die Banditen einige Minuten später entdeckten. Die Pferde wieherten, tänzelten, als sie von den Reitern hart gezügelt wurden. Die drei Banditen rutschten aus den Sätteln und seufzten. »Es sieht zwar nicht sehr vertrauenerweckend aus, doch es ist besser als nichts«, quetschte Jeff Cooper hervor. Morgan und Barns banden ihre schnaubenden Tiere fest. Nur Coopers Rapphengst trabte auf den Tümpel zu und begann prustend zu saufen. »Wir heben erst Hudson aus dem Sattel«, sagte Morgan. »Das Wasser läuft uns nicht mehr davon. Außerdem sollten wir uns umsehen, ob keine Rothäute in der Nähe sind. Die Apachen kennen jede Wasserstelle im weiten Umkreis. Das hier wäre der ideale Ort für einen Hinterhalt, Leute.« Diese Worte ernüchterten Cooper und Barns. Sie duckten sich unwillkürlich, sahen sich um und griffen ihre Gewehre fester. Glenn Morgan löste die Stricke, die den Verwundeten auf dem Pferderücken hielten und ließen Hudson zu Boden gleiten. Morgan starrte in das verzerrte Gesicht seines Gefährten, sah die flackernden Augen, der weit geöffnete Mund und die große Not des Partners. »Nichts zu sehen«, rief Jeff Cooper, der den Buschgürtel durchbrach und zu Morgan und Barns trat. »Die roten Bastarde scheinen doch nicht geahnt zu haben, daß wir diese Wasserstelle finden würden.« Ein grelles Wiehern ließ die Männer aufhorchen. Es klang von Coopers Rapphengst herüber, der erneut wieherte, auf die Hinterhand stieg, so einige Sekunden verweilte und dann wie vom Blitz getroffen zusammenbrach. Das Tier zuckte noch einige Zeit, dann lag es still da. Weißlicher Schaum hatte sich vor den Nüstern gebildet.
Erschrocken traten die drei Banditen näher. Sie fühlten ihre Herzen hart gegen die Rippen hämmern. Schweißperlen liefen über Glenn Morgans Gesicht. Eine eisige Hand schien ihm die Kehle zuzudrücken. Er schnaufte keuchend. »Was ist los?« fragte Billy Barns verständnislos. »Was ist mit deinem Pferd, Cooper?« Der Banditenboß kniete sich neben den Rappen nieder und erhob sich gleich wieder. »Tot«, murmelte er. »Er ist elend krepiert, Leute. Das Wasser muß vergiftet sein. Die Rothäute haben zugeschlagen.« Seine Worte verklangen. Jeff Cooper, Glenn Morgan und Bill Barns standen wie versteinert da. Fassungslos starrten sie auf das Wasser, das für sie die Rettung bedeuten und nun ungenießbar sein sollte. »Vielleicht ist dein Pferd nur zu erhitzt gewesen, Cooper. Es hat einen Herzschlag gekriegt, als es sich vollsoff.« »Unterschätze den natürlichen Instinkt eines Pferdes nicht, Morgan«, erwiderte Cooper mit tonloser Stimme. »Das Tier hat sehr vorsichtig gesoffen. Ich habe es gesehen. Das Wasser ist vergiftet. Wir können von Glück reden, nicht sofort getrunken zu haben, denn dann wäre es jetzt mit uns ebenfalls aus und vorbei.« Bill Barns schüttelte den Kopf. Sein Gesicht schimmerte bleich, es erinnerte noch mehr als sonst an einen Totenschädel. Wie ein sturer Büffelbulle stampfte er auf den Tümpel zu, kniete nieder, um zu trinken. Glenn Morgan eilte auf den Partner zu und riß ihn zurück, ehe er mit der hohlen Hand Wasser schöpfen konnte. Barns brüllte auf, schlug um sich und war wie von Sinnen. Erst Jeff Coopers harte Stimme und ein Faustschlag von Morgan brachte den Outlaw wieder zur Vernunft. »Gib dem Narren noch was auf seinen dummen Schädel, wenn er weiter durchdreht«, knurrte Cooper. Er trat zu seinem Pferd, löste die Satteltaschen und zog sein Gewehr aus dem
Scabbard. Billy Barns beruhigte sich langsam. Immer wieder starrte er auf das vergiftete Wasser und schüttelte den Kopf, als wolle dies einfach nicht in seinen Schädel hinein. »Du hältst Wache, Billy«, stieß Cooper hervor. »Vielleicht schleichen sich die Rothäute heran, um nachzusehen, ob ihr heimtückischer und teuflischer Plan geklappt hat. Es scheinen nur wenige Rothäute zu sein, denn sonst hätten sie nicht zu solchen Mitteln gegriffen, sondern wären über uns hergefallen.« Barns stampfte davon und kauerte bald hinter einigen Feigenkakteen. »Wir müssen weiter«, knurrte Morgan. »Ohne Wasser sind wir verloren. Ich glaube nicht einmal, daß wir das diesem Cochise zu verdanken haben. Der Häuptling der Apachen würde sich zu einem fairen Kampf stellen. Und ich…« »Halt die Klappe, Morgan«, fauchte Jeff Cooper, wie eine angriffslustige Tigerkatze. »Diese verdammten roten Halunken sind alle gleich. Sie wollen uns erledigen. Dazu ist ihnen jedes Mittel recht.« Sein Blick fiel auf Clayd Hudson, der regungslos dalag und keinen Laut von sich gab. Die beiden Banditen traten näher. Morgans Hand fuhr unwillkürlich zum Hals, als er in die starren und seelenlosen Augen des Verwundeten blickte. »Er ist tot«, murmelte Morgan. Jeff Coopers Gesicht blieb kalt. Der Banditenboß zuckte nur mit den Achseln. »Ich nehme sein Pferd«, sagte er gefühlos. »Wir sollten wirklich schnellstens von hier verschwinden.« »Zuerst bringen wir Hudson unter die Erde. Das sind wir ihm schuldig, oder etwa nicht?« Jeff Cooper nickte widerwillig und senkte den Kopf, als er Morgans wilden Blick sah. *
Der Morgen dämmerte. Innerhalb weniger Minuten würde das Licht des neuen Tages die Dunkelheit vertreiben. Der Himmel schien im Osten zu explodieren. Cochise zügelte seinen Mustang, sprang vom Pferderücken und schlich auf die Buschinsel zu. Er wußte, daß sich dort ein Wasserloch verbarg. Die Hufspuren der Pferde der vier Bleichgesichter führten auf diese Stelle zu. Schon bald sah Cochise den Kadaver eines Pferdes unweit des Tümpels liegen. Geier flogen mit heiserem Krächzen auf und zog auf lautlosen Schwingen ihre Kreise. Er erkannte auch einen länglichen Steinhaufen, unter dem wohl ein Leichnam liegen mußte. Der Häuptling der Chiricahuas wußte genau, daß die Hellhäutigen so ihre Toten bestatteten. An den Hufspuren der drei anderen Pferde sah der Apache, daß die Bleichgesichter längst ihre Flucht fortgesetzt hatten. Cochise trat zögernd näher. Er betrachtete den Kadaver des Pferdes. Er sah übel aus. Die Geier mußten schon vor längerer Zeit mit ihrer grausigen Mahlzeit begonnen haben. Cochise hatte plötzlich das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Er huschte hinter einen Salbeistrauch, legte sich flach auf den Boden und lauschte. Es dauerte einige Sekunden, ehe er die kaum hörbaren Schritte zweier sich anschleichender Männer vernahm. Dann konnte er auch die beiden Rassegefährten entdecken, die sich heranpirschten. Dem Ohr eines weißen Mannes wären diese Geräusche kaum aufgefallen. Mescaleros, dachte der Häuptling der Chiricahuas. Yemaspis Krieger scheinen sich doch nicht aus meinem Kampf gegen die weiße Eindringlinge heraushalten zu wollen. Kurze Zeit darauf gab sich Cochise zu erkennen. Es waren Strumvogel und Grüne Schlange, die dem Apachen-Häuptling zunickten. Sie sahen das tote Pferd und auch den Steinhügel.
»Es ist schlechtes Wasser, Jefe«, sagte Sturmvogel und deutete zum Tümpel hinüber. »Wer davon trinkt, muß sterben.« Seine Augen in dem breitflächigen Gesicht funkelten. »Tod den weißen Kojoten«, stieß Grüne Schlange hervor. Er schwieg, als er das ernste Antlitz des Chiricahuas sah. »Cochise billigt nicht diesen heimtückischen Anschlag. Er ist für einen fairen Kampf und haßt Hinterlist. Er hat Yemaspis gebeten, nicht in die Auseinandersetzung einzugreifen. Und er will auch nicht, daß die Krieger der Mescaleros sich einmischen.« Die harte Stimme des Apachen-Chiefs verstummte. Die beiden Krieger starrten betreten zu Boden. »Geht«, fuhr Cochise fort. »Es ist mein Kampf.« Seine Worte duldeten keinen Widerspruch. Die beiden Mescaleros drehten sich um und verschwanden lautlos zwischen den Büschen. Cochise trat zu dem steinernen Grabhügel und räumte einige Felsbrocken zur Seite. Sein Vorgehen wurde vom Krächzen der Aasfresser begleitet, die sich wieder zu Boden gesenkt hatten und langsam näherhüpften. Der Chiricahua schleuderte einige Steine zu den Geiern hinüber, die ächzend aufflogen. Bald hatte Cochise den Kopf des Toten freigelegt und sah, daß es sich um Clayd Hudson handelte, den er vor einigen Tagen angeschossen hatte. Nachdem er die Steine wieder zurückgelegt hatte, eilte Cochise zu seinem Pferd, suchte nach den Hufspuren der drei weißen Banditen und nahm die Verfolgung auf. Sie sollten seiner Rache nicht entgehen. * »Hier in dieser Gegend bin ich schon einmal gewesen«, krächzte Jeff Cooper heiser und sah sich mit tränenden Augen
um. Die Sonnenstrahlen blendeten ihn. Seine Kehle fühlte sich wund an. Die Zunge in seinem Mund war zu einem unförmigen Fremdkörper geworden, der ihn beim Sprechen behinderte. »Dann weißt du vielleicht, wo es eine Wasserquelle gibt«, rief Glenn Morgan. »Versuch dich zu erinnern, Jeff. Unser aller Leben hängt davon ab.« Der Banditenboß sah sich erneut um, hielt eine Hand vor die Augen und nickte plötzlich. »Dort drüben«, seufzte er und trieb sein erschöpftes Pferd an, dessen Fell von einer Schicht aus Schweiß und Staub bedeckt war. Bill Barns und Glenn Morgan folgten dem Outlaw. Große Felsschroffen erhoben sich in den blauen und wolkenlosen Himmel. Es gab tiefe Bodenmulden, Risse und Gräben im Boden, die manchmal einen Umweg erforderten. Cooper ließ sich aber nicht beirren, sondern ritt auf eine Lücke zwischen zwei Hügeln zu und bog dann kurz davor nach rechts ab und hielt auf eine Felswand zu. Hier wurde die Vegetation üppiger. Es mußte Wasser geben, die diese Vielfalt der Pflanzen ermöglichte. Billy Barns stieß plötzlich einen heiseren Schrei aus und gab seinem Pferd die Zügel frei. Das Tier hatte das kostbare Naß bereits gewittert, das aus einer Felsspalte rann und sich in einer ausgewaschenen Felspfanne sammelte, dort überlief und nur wenige Yards entfernt im sandigen Boden versickerte. Als Morgan und Cooper schwerfällig aus den Sätteln rutschten, trank Barns bereits. Er schlürfte und prustete, hustete und keuchte und schluckte wie ein Ertrinkender. Die beiden Banditen blieben mit hängenden Armen stehen. Das Wasser lockte. Sie dachten aber auch daran, was an der anderen Wasserstelle geschehen war. Billy Barns tauchte nun seinen Kopf in das Wasser, trank erneut und rülpste mehrmals, ehe er sich seinen beiden Gefährten zuwandte. Seine Stimme klang klarer. Grinsend sagte er: »Bedient euch, Freunde. Es ist erstklassiges Wasser.
Dafür verbürge ich mich. Natürlich könnt ihr auch abwarten, ob mir das Naß bekommt, oder ob ich elend vor die Hunde gehe.« Die beiden Banditen tranken. Noch nie hatte ihnen Wasser so gut geschmeckt wie in diesen Sekunden. Sie fühlten, wie ihr Körper die Flüssigkeit wie ein dicker Schwamm in sich aufsog. Die Pferde drängten wiehernd näher und bedienten sich ebenfalls. Jeff Cooper wartete sorgenvoll. In seinem Magen gluckerte es. Billy Barns hatte sich hingesetzt und lehnte mit dem Rücken an einem Felsbrocken. Er blickte auf seine staubigen Stiefel und nickte zufrieden. »Das wäre geschafft, Jungs. Hier bleiben wir für eine Weile. Dann aber sollten wir unsere Wasserflaschen füllen und verschwinden. Dieser Cochise ist bestimmt noch hinter uns hier. Er wird uns töten, wenn wir uns noch länger in seinen Jagdgründen aufhalten. Ich würde vorschlagen, nach Tombstone oder zu einer anderen Stadt zu reiten. Diese verdammte Goldmine sollten wir uns abschminken. Wir können froh sein, unser nacktes Leben zu retten. Wenn ihr mich fragt, dann habe ich die Nase gestrichen voll.« Jeff Cooper antwortete nicht. Sein düsterer Blick traf Glenn Morgan, der den Kopf schüttelte. »Wir geben nicht auf«, murmelte er. »Warum auch, Leute? Wir werden bald wieder bei Kräften sein. Und mit diesem Cochise werden wir leicht und locker fertig. Wir brauchen uns doch vor einem einzigen Indianer nicht in die Hose zu machen.« Er trat zu seinem Pferd und holte Proviant aus den Satteltaschen. Nachdem er nochmals getrunken hatte, begann Morgan von dem Dörrfleisch zu essen. Kauend sagte er: »Die Goldmine muß sich hier ganz in der Nähe befinden. Wir sind goldrichtig, Leute. Wollen wir wirklich so dicht vor dem Ziel aufgeben?«
* Cochise hatte aufgeholt. Er beobachtete die drei Männer an der Quelle, die sich dort erfrischten und schon bald wieder zu Kräften gelangten. Der Häuptling der Apachen überlegte, ob er angreifen oder erst die Abenddämmerung abwarten sollte. Der Chiricahua entschied sich, nach Sonnenuntergang den Angriff zu wagen. Er blickte hin und wieder zu seinen Gegnern hinüber, die ihn noch nicht entdeckt hatten. Die drei Banditen ruhten sich aus. Einer von ihnen hielt immer Wache. Träge vergingen die Stunden. Cochise wußte, daß sich die Goldmine ganz in der Nähe befand. Fast glaubte er, daß dies kein Zufall mehr sein konnte. Morgan mußte doch mehr wissen, als er angenommen hatte. Der Apachen-Häuptling zuckte zusammen, als er einen Indianer zwischen den Hügeln hervorreiten sah, dessen Ziel die Wasserstelle sein mußte. Der Krieger ritt ahnungslos weiter, denn er hatte die drei Weißen noch nicht gesehen, die von zahlreichen Felsen verdeckt wurden. Cochise wußte, daß der Indianer verloren war, wenn er ihn nicht warnte. Kurze Zeit später wurde der Reiter auch schon von einem Bleichgesicht entdeckt. Sie griffen nach ihren Waffen und suchten sich gute Deckungsmöglichkeiten. Cochise mußte handeln. Er nahm den Bogen vom Mustang, legte einen Pfeil auf die Sehne, zielte kurz und verfolgte den Flug des Pfeiles. Es war ein Meisterschuß. Wenige Yards vor dem Indianer senkte sich der Pfeil und blieb zitternd im Boden stecken. Der Krieger erstarrte für einen Moment, ehe er sein Pony herumriß und davonjagte. Die drei Weißen feuerten. Ihre Geschosse verfehlten, denn die Entfernung war noch zu groß gewesen. Der Apachen-Häuptling schwang sich auf den Rücken seines
Mustangs und ritt los. Er wußte nicht, ob er von seinen Gegnern gesehen wurde. Er schlug einen Bogen und näherte sich dann seinem Rassegefährten, der hinter einem Dickicht hervorritt und sein Pferd abrupt zügelte. Cochise hob seine Hände zum Zeichen des Friedens. Es war ein Mescalero-Apache, der ihn aus zusammengekniffenen Augen ansah, als der Jefe sein Pferd verhielt. »Ich bin Cochise, mein Bruder«, sagte der Chiricahua. »Ich warnte dich, denn sonst wären die Bleichgesichter, auf deren Fährten ich reite, wie reißende Wölfe über dich hergefallen.« Der Mescalero senkte den Kopf. Er wußte längst, wie leichtsinnig er gewesen war, als er sich der Wasserstelle genähert hatte. »Schwarzer Wolf dankt dir, Cochise. Du hast sein Leben gerettet. Schwarzer Wolf legt es dir zu Füßen. Du kannst über mich verfügen.« Cochise winkte ab. Er blickte den noch jungen Krieger an, der durch seinen Leichtsinn beinahe in eine tödliche Falle geritten wäre. Sein Blick blieb an einem Beutel hängen, der an einem Lederriemen vor der Brust des Mescaleros befestigt war. Für einen Medizinbeutel war er zu groß. Außerdem schien der Inhalt schwer zu sein. Schwarzer Wolf löste den Lederbeutel und warf ihn zu Cochise hinüber. »Gelbes Metall, das die Hellhäutigen Gold nennen. Ich habe es in den Bergen gefunden. Es gehört dir, Cochise, als Dank dafür, daß du mein Leben gerettet hast.« Cochise wollte das Geschenk erst zurückweisen, als ihm ein Gedanke durch den Kopf schoß. Ein zufriedenes Lächeln legte sich um seine Mundwinkel. »Reite mit mir, Schwarzer Wolf. Du mußt mir helfen, denn ich habe einen Plan, wie ich die Bleichgesichter besiegen kann.« »Schwarzer Wolf wird alles tun, was Cochise von ihm verlangt«, antwortete der Mescalero-Krieger. »Mein Leben
gehört ihm. Ich werde Cochise folgen.« * »Ob das Cochise gewesen ist?« fragte Glenn Morgan und senkte sein Gewehr. »Kann schon sein«, rief Billy Barns. »Es ist nur schade, daß wir den roten Halunken nicht erwischt haben. Er ist durch irgend etwas gewarnt worden, sonst hätte wir ihn gekriegt.« »Wir sollten weiterreiten«, ließ sich Jeff Cooper vernehmen. »Mir schmeckt das alles nicht mehr. Bald wird es von diesen roten Hundesöhnen im weiten Umkreis nur so wimmeln. Und viele Hunde sind nun einmal des Hasen Tod.« Er lief zu seinem Pferd und zog sich in den Sattel. Barns und Morgan folgten dem Banditenboß. Die Wasserflaschen waren gefüllt. Die Tiere wirkten frischer, als noch vor zwei Stunden. Sie würden mühelos einige Meilen hinter sich bringen. Cooper orientierte sich, war sich aber nicht hundertprozentig sicher, den richtigen Trail gewählt zu haben. Bill Barns und Glenn Morgan folgten dem Banditenboß. »Willst du wirklich verschwinden, ohne nach der Goldmine gesucht zu haben?« fragte Morgan kurze Zeit darauf. Mürrisch sah er Cooper von der Seite an. »Mein Skalp ist mir lieber, als diese verdammte Mine, die nur in deiner Phantasie existiert«, gab Jeff Cooper übellaunig zurück. »Ich hätte niemals auf dich hören sollen. Du hast mir und meinen Leuten kein Glück gebracht, Morgan.« Der ziemlich großgewachsene Bandit schluckte seinen Grimm hinunter und überlegte, ob er nicht auf eigene Faust etwas unternehmen sollte. Er dachte aber an seinen Ausflug vor einigen Tagen und fühlte, wie es ihm kalt über den Rücken lief. Dann überschlugen sich die Ereignisse. Die drei Banditen sahen einen Reiter aus einem dunkel
gähnenden Canyon hervorreiten. Der Indianer schien genauso überrascht wie die Bleichgesichter zu sein. Er riß seinen Mustang herum, wollte flüchten, doch Cooper jagte Kugel um Kugel zu der Rothaut hinüber. Der Apache fiel vom Pferderücken, blieb wie tot liegen, ehe er aufsprang und schlangengleich zwischen einigen Felsbrocken verschwand. Cooper fluchte lästerlich. Er hatte angenommen, den Indianer tödlich getroffen zu haben. Der Mustang des Apachen blieb wiehernd zurück. »Vorwärts«, rief Jeff Cooper. »Wir kaufen uns den roten Knaben. Weit kann er nicht sein. Außerdem mußte er seine Waffen zurücklassen. Vielleicht ist er auch verwundet.« Schnell erreichten die drei Weißen den Canyon. Stille herrschte im weiten Umkreis. Der Mustang verhielt noch immer an der gleichen Stelle. Er zerrte an den Zügeln, die sich in einem Dornenbusch verfangen hatten. Die drei Banditen suchten nach dem Indianer, der aber spurlos verschwunden blieb. Sie drangen auch einig Yards in den Canyon ein, der sich schon bald verbreiterte und zu einem kesselförmigen Tal öffnete. Fast senkrecht stiegen die Talhänge in den Himmel. Sie waren nur spärlich bewachsen. Die dunklen Öffnungen von Höhlen waren hin und wieder zu sehen. »Wir gehen erst mal zurück«, sagte Cooper. »Wenn der Indianer wirklich ins Tal geflüchtet ist, dann steckt er in der Falle. Ich habe keinen weiteren Ausgang erkennen können.« Einige Minuten später standen die Outlaws vor dem Mustang des geflüchteten Indianers. Glenn Morgans Blick wurde plötzlich starr. Er schluckte und zupfte an seiner Nase, als hätte er eine besondere Witterung aufgenommen. Er sah einen prall gefüllten Lederbeutel am Mustang hängen. Er griff zu und mußte sich dann vor den auskeilenden Pferdehufen in Sicherheit bringen. »Was hast du da?« fragte Jeff Cooper interessiert und trat
näher. Auch Billy Barns schob sich heran. Glenn Morgan öffnete den Beutel und schüttete einen Teil des Inhalts auf seine linke Hand. Es funkelte und glänzte, als hielte er eingefangene Sonnenstrahlen in seiner Linken. »Gold«, sagte Morgan fast andächtig. »Gold, der ganze Beutel ist voll davon. Na endlich. Bald hätte ich geglaubt, einem Phantom hinterher zu jagen. Sieh es dir nur an, Cooper. Das ist Gold. Richtiges Adergold.« Auch der Banditenboß und Billy Barns staunten. Sie griffen gierig zu, und sie hielten den goldenen Segen in ihren Händen. »Das ist reines Adergold«, sagte Cooper und mußte schlucken. »Heiliger Rauch, das hätte ich mir wirklich nicht träumen lassen.« »Es ist verdammt schade, daß uns die Rothaut entwischt ist«, brummte Billy Barns. »Der Bursche hätte uns sagen können, woher er das gelbe Zeugs hat.« »Wir werden es trotzdem herausfinden«, schnaufte Morgan schwer. Er blickte Cooper spöttisch an. »Na, glaubst du endlich, daß ich keinem Hirngespinst hinterhergejagt bin? Das Gold stammt garantiert aus der Mine, die wir so verzweifelt suchen. Darauf verwette ich meinen Kopf.« * Die erste Erregung der drei weißen Banditen hatte sich gelegt. Die erneuten Nachforschungen nach dem Indianer blieben erfolglos. Sie hatten den Inhalt des Beutels unter sich aufgeteilt. »Es ist auf keinen Fall Cochise gewesen«, sagte Cooper, als sich die drei Männer gegenübersaßen. »Der Häuptling reitet irgendwo hinter uns. Wir sollten nicht nachlässig werden.« »Das Gold befindet sich dort in dem Tal«, sagte Glenn Morgan, der an nichts anderes mehr denken konnte, als an die
legendäre Goldmine, die er schon so lange suchte. »Der Indianer ist aus dem Tal hervorgeritten. Einen zweiten Ausgang gibt es nicht. Wir haben auch Höhlen gesehen. In irgendeiner befindet sich die Mine. Jungs, das ist die Chance, auf die wir so lange warten mußten.« Auch Cooper und Billy Barns nickten zustimmend. Die Gier nach dem gelben Metall pulsierte in ihren Adern. Ihre Augen funkelten. Bill Barns hielt einen Brocken Gold in seinen Händen und starrte immer wieder verzückt darauf. »Also gut«, sagte der Banditenboß. »Zuerst werden wir herausfinden, ob dieser Cochise hier irgendwo herumschleicht. Wenn er nämlich herausfindet, daß wir in den Talkessel geritten sind, stecken wir in der Falle. Zuerst sollten wir die Pferde und natürlich auch den Mustang in das Tal bringen.« So geschah es auch. Über eine Stunde lang beobachteten die drei Bandite das Gelände vor dem Canyon, ohne auch nur einen Indianer zu entdecken. Auch der Apache, der geflüchtet war, tauchte nicht mehr auf. »Mir schmeckt das alles nicht so richtig«, sagte Jeff Cooper und fuhr sich kratzend über seine Bartstoppeln. »Die Rothaut kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben. Das gefällt mir überhaupt nicht, zum Henker. Ich kann mir nicht helfen.« »Er wird verwundet sein und sich irgendwo verkrochen haben«, rief Bill Barns. »Du siehst viel zu schwarz, Morgan. Der rote Bastard hat einen solchen Schrecken gekriegt, daß er längst über alle Berge ist. Er wird irgendwo in der Wildnis verrecken. Ohne Pferd und ohne Waffen ist er rettungslos verloren.« Jeff Cooper zuckte nur mit den Achseln. Er schien noch immer nicht so richtig davon überzeugt zu sein, daß keine Gefahr mehr drohte. Glenn Morgan ergriff das Wort. »Billy kann ja noch eine Weile hier am Canyoneingang zurückbleiben, während wir uns
schon im Valley umsehen. Vielleicht finden wir die Höhle auf Anhieb.« Cooper grinste plötzlich. »Wir brauchen nur den Hufen des Mustangs zu folgen.« Erregung lag in seiner Stimme. Man sah ihm an, daß er nun ebenfalls heftig vom Goldfieber gepackt wurde. Glenn Morgan lief los. »Laß dich vor einer halben Stunde nicht sehen«, sagte Cooper zu dem bleichgesichtige Barns. »Und solltest du angegriffen werden, dann schieße wie der Teufel. Wir werden dir sofort zu Hilfe eilen. Bis später, Billy.« Es war für die beiden Banditen nicht schwer, die Spuren des Mustangs im Tal zu finden. Sie führten genau auf eine Felswand zu. Morgans Gesicht drückte Enttäuschung aus, als er keine Höhle oder einen Stolleneingang entdecken konnte. Er fluchte lästerlich. »Hör auf«, sagte Cooper. »Zum Henker, hast du erwartet, daß wir die Mine so ohne weiteres finden werden. Ich…« Coopers Stimme endete plötzlich. Seine Hand tastete nervös über das Sattelhorn. »Dort drüben hinter den Büschen«, murmelte er dann. »Es sieht wie eine Höhle aus. Die Hufspuren führen genau auf diese Stelle zu. Runter von den Pferden. Wir schleichen uns heran.« Die Outlaws eilten auf die dunkle Öffnung zu, die sich hinter Speerdornbüschen und Manzanittas auftat. Sie war nicht groß. Ein Mann, der sich bücken mußte, konnte sich gerade hindurchzwängen. »Wir sind am Ziel«, sagte Glenn Morgan feierlich. »Ich habe doch gewußt, daß es diese Goldmine gibt, obwohl mir niemand glauben wollte.« »Noch wissen wir es nicht, Morgan. Du spuckst schon wieder große Töne. Vielleicht ist es nur der Unterschlupf von Pumas oder Wölfen. Halte nur dein Gewehr schußbereit, damit
wir keine unliebsamen Überraschungen erleben.« »Der Höhleneingang ist früher größer gewesen«, stellte Morgan fest. »Siehst du die Steinbrocken, die man aufgeschichtet hat, damit der Eingang kleiner wurde?« Die beiden Banditen beschleunigten ihre Schritte. Sie wollten unbedingt erfahren, ob sie endlich das langgesuchte Ziel erreicht hatten. Sie drangen in die Höhle ein. * Bill Barns döste vor sich hin. Die Hitze und die Strapazen des langen Rittes steckten ihm in den Knochen. So sehr er auch Ausschau hielt, von Indianern war weit und breit nichts zu sehen. Insekten umschwirrten seinen Kopf. Manchmal wurden die blutgierigen Plagegeister besonders schlimm. Dann fuchtelte der Bandit mit beiden Händen, um sich Luft zu verschaffen. Er vernahm ein Geräusch hinter sich und drehte den Kopf herum. Er blickte auf den großgewachsenen Indianer, der nur wenige Schritte von ihm entfernt verharrte und den Lauf des Gewehres auf ihn gerichtet hielt. Cochises Gesicht wirkte wie eine Maske. Barns wagte nicht, nach seiner Winchester zu greifen. Er richtete sich langsam auf und wandte sich mit marionettenhaften Bewegungen dem Gegner zu. »Cochise!« »So ist es, weißer Mann.« Die Stimme des ChiricahuaHäuptlings klang tonlos. Cochise ließ sich den Triumph gar nicht anmerken, der ihn im Moment beherrschte. »Lege deinen Revolvergurt ab!« Billy Barns befolgte diesen Befehl. Er riskierte nicht, seinen Colt zu ziehen. »Wehr dich, Bandit!« Der Häuptling der Apachen ließ sein Gewehr fallen und zog
sein Messer aus dem Gürtel. In Barns' Augen leuchtete es auf. Er wußte nun, daß der Apache ihn nicht skrupellos töten, sondern ihm eine faire Chance im Zweikampf geben wollte. Barns riß sein Messer aus der Scheide. Breitbeinig stand er vor dem Apachen und fuchtelte mit dem Green River Messer herum. Die Angst, die ihn bisher in der Gewalt gehalten hatte, fiel von ihm ab. Er hatte sich schon öfters seiner Haut bei einem Messerkampf gewehrt. Und aus diesem Grund rechnete er sich eine gute Chance gegen den Häuptling der Apachen aus. Bill Barns schnellte sich nun blitzschnell nach vorn und hatte die Hand mit dem Messer wie eine Lanze auf den Indianer gerichtet. Cochise steppte in letzter Sekunde gedankenschnell zur Seite. Barns raste an ihm vorbei, stolperte über einen kopfgroßen Steinbrocken und konnte sich nur mit Mühe auf den Beinen halten. Er wirbelte herum. Cochise war ihm nicht gefolgt. Das Lächeln auf seinem Gesicht reizte Billy Barns zu einem Aufschrei. Erneut stürmte er wie ein wütender Büffelbulle los. Diesmal stoppte er aber vorher ab, wechselte das Messer von einer in die andere Hand und stach zu. Beinahe wäre Cochise auf diesen hinterhältigen Trick hereingefallen. In letzter Sekunde konnte er der vorzuckenden Klinge ausweichen. Die beiden Männer prallten hart gegeneinander. Für Bruchteile von Sekunden roch Cochise den Atem des Mannes, sah sein schweißglänzendes Gesicht und die geweiteten Augen. Dann lösten sich die beiden unerbittlichen Gegner voneinander. Barns trat zu, traf Cochises Oberschenkel schmerzhaft. Für einen Moment schien das Bein dem Apachenhäuptling nicht mehr gehorchen zu wollen. Cochise warf sich wie eine Katze
zur Seite. Das Messer ritzte seine Haut. Bill Barns aber stand wie erstarrt, taumelte zurück und schwankte wie ein Grashalm im Sturm. Seine Hand öffnete sich. Sein Messer stürzte zu Boden. Er starrte auf das Büffelmesser des Apachen, das in seine Brust eingedrungen war. Blut sickerte an der Einstichstelle hervor und färbte Billy Barns' schmutziges Hemd dunkel. Der Häuptling der Apachen erhob sich. Er hatte genau im richtigen Moment zugestoßen. Billy Barns brach auf die Knie. Ein heiseres Röcheln kam von seinen zuckenden Lippen. Nun umklammerte er mit beiden Händen das Messer in seiner Brust. Vergebens versuchte er, es herauszuziehen. Der Outlaw stöhnte erneut, schwankte und kippte nach vorn. Noch ehe er den Boden erreicht hatte, hatte er sein Banditenleben ausgehaucht. Cochise wälzte den Toten auf den Rücken und zog sein Messer aus dem Leichnam. Dann zerrte er Barns zwischen zwei Felsen und schlich auf das Tal zu. Der Häuptling der Apachen wollte nun mit den beiden anderen Banditen abrechnen. Bisher war sein Plan aufgegangen. * Glenn Morgan riß ein Streichholz an. Die Helligkeit blendete die Banditen. Sie befanden sich wenige Schritte hinter dem Höhleneingang und waren stehengeblieben, da es unmöglich war, auch nur noch die eigene Hand vor den Augen zu sehen. Morgan bückte sich und hielt das Zündholz an seinen Grasbüschel, der sofort aufflackerte. Cooper hielt einen dürren Ast in die Flammen, der schnell brannte. »Vorwärts«, raunte der Banditenboß. »Die Höhle ist größer, als ich angenommen hatte.«
Die Outlaws stampften noch tiefer in die Dunkelheit hinein. Funken sprühten. Die Flammen zauberten bizarre Schatten auf die Höhlenwände. Spinnweben legten sich auf die Gesichter der beiden Männer. Etwas raschelte in der Nähe. Vermutlich raste eine Maus quietschend davon, verschwand hinter einigen Steinbrocken, die kreuz und quer in der Höhle lagen. Morgan hustete, denn der Ast entwickelte viel Rauch. Coopers Gesichtsausdruck verfinsterte sich immer mehr, als er den knöcheltiefen Staub sah, der den Höhlenboden bedeckte. »Wir sind mächtig an der Nase herumgeführt worden, Morgan«, stieß der Banditenboß wütend hervor. »Das ist niemals deine verdammte Goldmine. Das ist nichts anderes als eine Falle, in die wir wie Greenhorns hineingetappt sind.« Morgan hustete noch immer. Er trat noch näher zur Höhlenwand. Außer Staub gab es nichts zu sehen. Die Wand war niemals mit Werkzeug bearbeitet worden, um Gold herauszuschlagen. Nun fluchte Glenn Morgan los. Er hatte wirklich geglaubt, bereits am Ziel seiner Träume zu sein. »Raus«, knurrte Jeff Cooper. »Das ist eine Falle. Wenn wir Pech haben, warten draußen schon einige Dutzend Indianer auf uns, die sich liebevoll um uns kümmern.« »Unsinn, Cooper. Billy bewacht den Canyoneingang. Außerdem hätten wir Hufspuren sehen müssen, sollten sich wirklich so viele Indianer im Talkessel versteckt halten.« Cooper antwortete nicht, sondern näherte sich vorsichtig dem Höhlenausgang. Glenn Morgan folgte ihm. Der Banditenboß löschte den brennenden Ast, der ihm als Fackel gedient hatte und griff sein Gewehr, das er unweit des Ausgangs abgestellt hatte. Ein Schuß peitschte auf, als Morgan seinen Kopf vorsichtig hinter einem vorspringenden Felsen hervorschob. Die Kugel pfiff haarscharf an seinem Schädel vorbei und prallte im Innern der Höhle gegen einen Felsen.
Cooper und Morgan warfen sich zu Boden. Ihre Gesichter erinnerten an bleiche Flecken im Dämmerlicht. Sie wußten zu gut, was die Stunde geschlagen hatte. Sie saßen in der Falle. »Ergebt euch, Bleichgesichter«, vernahmen sie die wohlbekannte Stimme von Cochise. »Euer weißer Partner ist tot. Ich habe ihn im fairen Zweikampf getötet. Werft eure Gewehre heraus und verlaßt die Höhle mit über dem Kopf erhobenen Händen. Das ist eure einzige Chance, dem Tod zu entgehen!« Cochise schwieg. Glenn Morgan und Jeff Cooper wußten, daß sie verspielt hatten. Sie waren dem Apachen-Häuptling in die Falle gegangen. Cochise hatte auf die Goldgier dieser beiden Bleichgesichter spekuliert und damit auch Erfolg gehabt. »Der rote Bastard wird uns töten, wenn wir die Höhle verlassen«, sagte Cooper. »Oh, warum habe ich wieder einmal auf dich gehört, Morgan. An deinen Stiefeln klebt wirklich nur das Pech. Nun ist es aus und vorbei mit uns.« »Noch leben wir«, sagte Glenn Morgan und knirschte mit den Zähnen. »Wir geben nicht auf. Ich wenigstens nicht, solange noch eine Patrone in meiner Waffe steckt.« »Ich gebe euch die Frist, die ihr Bleichgesichter eine halbe Stunde nennt, um euch zu entscheiden«, rief der Häuptling der Chiricahuas. »Wenn ihr bis dahin die Höhle nicht verlassen habt, werde ich euch ausräuchern. Das wird mir bestimmt nicht schwerfallen.« Schweigen breitete sich aus. Hin und wieder knirschte es in den Höhlenwänden und in der Decke. Feiner Sand und Erdreich rieselte auf die Banditen nieder. Morgan schob sich vorsichtig zum Höhleneingang und spähte ins Freie. Er konnte außer wiegenden Büschen und kahlen Felsbrocken nichts sehen. Der Indianerhäuptling mußte ganz in der Nähe hinter sicherer Deckung liegen. »Wir erschießen ihn«, stieß Glenn Morgan hervor. »Er wird
sich zeigen müssen. Und dann ist dieser verdammte rote Bastard endlich fällig!« * »Du bist wirklich ein großer Häuptling«, sagte Schwarzer Wolf, der sich neben Cochise niedergekauert hatte. Beide Indianer blickten zum Höhleneingang hinüber, der sich deutlich in den grauen Felsmassen abzeichnete. »Dein Plan ist perfekt gewesen, Cochise. Er wird deinen Ruhm noch vergrößern.« Cochise lächelte über die enthusiastischen Worte des jungen Kriegers, der vor Begeisterung außer sich war. »Meine Sorgen galten dir, Schwarzer Wolf. Du bist sehr mutig gewesen, als du den Bleichgesichtern entgegengeritten bist. Wie leicht hätte dich eine Kugel treffen können.« Schwarzer Wolf freute sich über diese Worte. »Wirst du die beiden Hellhäutigen töten?« fragte er den Häuptling der Apachen. »Wenn sie sich ergeben, bringe ich sie zu den Blauröcken. Wenn sie kämpfen wollen, werden sie sterben.« Damit war alles gesagt. Die Minuten vertrieben langsam. In der Höhle rührte sich nichts. Und doch wußte Cochise, daß die Bleichgesichter fieberhaft überlegten, wie sie aus dieser tödlichen Falle entkommen konnten. »Die Frist, die ich euch gegeben habe, ist um«, rief Cochise plötzlich. »Verlaßt die Höhle, dann werde ich euer Leben schonen. Wenn ihr meinem Befehl nicht folgt, werdet ihr elend umkommen. Die Höhle wird zu eurem Grab werden!« Schüsse peitschten auf. Die Kugeln strichen einige Yards entfernt in ein Salbeigebüsch. Cochises Blick wurde ernst. Die Hellhäutigen würden sich nicht ergeben, sondern bis
zum letzten Atemzug kämpfen. Sie vertrauten dem Wort eines Indianers nicht, auch wenn es der Häuptling der Apachen selbst war, der ein Versprechen gegeben hatte. Schwarzer Wolf blickte Cochise aus funkelnden Augen an. Er hielt den Kriegsbogen gespannt und wartete nur auf den Befehl des Apachen-Jefe, um den Pfeil abzuschießen. Noch immer schossen die beiden Banditen aus dem Höhleneingang hervor. Es war Verzweiflung, die sie zu diesem sinnlosen Vorgehen trieb. Keine Kugel traf. Sie vergeuden nur ihre Munition, dachte Cochise. Diese Bastarde werden sich nicht ergeben. Ich werde sie vernichten. Der Chiricahua nickte dem Mescalero-Apachen zu. Der Pfeil schnellte von der Sehne und flog zielsicher auf die dunkle Öffnung des Höhleneinganges zu. Cochise feuerte ebenfalls. Die Schüsse im Innern der angeblichen Goldmine verstummten. Schwarzer Wolf schickte noch einen Pfeil hinüber. Kein Aufschrei deutete an, daß Pfeile oder Kugeln ein Ziel gefunden hatten. »Cochise gibt euch eine letzte Chance, die Höhle zu verlassen«, rief der Häuptling der Apachen mit donnernder Stimme. »Tretet mit erhobenen Händen heraus und laßt eure Waffen zurück. Wenn ihr meinen Befehlen nicht folgt, werdet ihr es bitter büßen müssen!« Keine Antwort erklang aus der Höhle an Cochises Ohren. Ein harter Zug legte sich um seine Mundwinkel. Nun blieb ihm keine andere Wahl, als zu handeln. Und es würde ein schwerer und harter Tod sein, der auf die Bleichgesichter wartete. * Glenn Morgan und Jeff Cooper hatten sich tiefer in die Höhle zurückgezogen, als Pfeile und heißes Blei hereinzischten. Bleich schimmerten die Gesichter der beiden Banditen.
Verzweifelt suchten sie nach einer Möglichkeit, um einer tödlichen Niederlage zu entgehen. Sie vernahmen die Stimme des Apachen, der sie nochmals aufforderte, sich zu ergeben. »Vielleicht sollten wir doch rausgehen«, flüsterte Glenn Morgan. »Hier drinnen werden wir elend verrecken.« »Dann geh doch«, schnappte Coopers heisere Stimme. »Verschwinde, Morgan. Ich ergebe mich nicht, sondern kämpfe bis zum letzten Atemzug. Dieser rote Teufel würde uns sofort umbringen. Glaubst du, er folgt uns einige Tage, nur um uns dann liebevoll in die Arme zu schließen? Nein, Morgan. Vielleicht bringt er uns nicht gleich um. Das ist gut möglich. Er nimmt uns mit in sein Lager, damit seine Krieger später viel Spaß haben, wenn wir am Marterpfahl sterben. Unser Tod ist eine beschlossene Sache.« Glenn Morgan senkte den Kopf. Er folgte dem Banditenboß, der langsam vorwärtskroch, um ins Freie spähen zu können. Rauch kroch ihnen entgegen, der schon bald stärker wurde und die Banditen husten ließ. Die Rauchwolken verstärkten sich, füllten immer mehr das Höhleninnere. »Er will uns ausräuchern«, raunte Cooper. »Das habe ich erwartet. Dieser rote Hundesohn hat ein Feuer vor dem Höhleneingang angezündet. Und er hofft, daß wir schon bald ins Freie stürmen.« »Was können wir tun?« fragte Morgan, dem es kalt über den Rücken kroch. Er hustete, denn die Rauschwaden wurden dichter. Immer mehr weißlicher Rauch stieg am Höhleneingang auf und waberte zu den Banditen herein. Jeff Cooper feuerte blindlings los, hoffte wohl, einen Zufallstreffer anbringen zu können. Er und auch Morgan konnten das Feuer vor der Höhle nicht sehen, denn der Einstieg lag einige Fuß höher, als der Talboden. So war es auch für Cochise und Schwarzer Wolf ungefährlich gewesen, sich heranzuschleichen, ohne den
Banditen ein Ziel zu bieten. Jeff Cooper stellte das Feuer ein, als er das Magazin seines Gewehres leergeschossen hatte. Fluchend suchte er nach Patronen in seinen Jackentaschen. Noch stärker wurden die Rauchwolken, die in das Höhleninnere krochen und die Bleichgesichter umhüllten. Bald husteten sie um die Wette und schnappten nach Luft, wie Fische, die unversehens an Land gespült worden waren. Cooper und Morgan schoben sich ihre Halstücher vor Mund und Nase und krochen tiefer in die Höhle hinein. An einen Ausbruch war nicht zu denken. Sie würden in das gnadenlose Gewehrfeuer des Indianers rennen, der nur darauf wartete, daß die beiden Hellhäutigen endlich die Höhle verließen. Morgan und Cooper richteten sich auf. Der Banditenboß stieß mit dem Kopf gegen einen vorspringenden Felsbrocken und fluchte lästerlich los. Glenn Morgan riß ein Zündholz an, das er aus seiner Jackentasche hervorgekramt hatte. Die beiden Männer sahen sich um. Hier hatte sich der Rauch noch nicht so sehr verdichtet, obwohl er näherkroch, wie ein alles verschlingendes Ungeheuer. Cooper hob einen trockenen Zweig auf und hielt ihn an die zuckende Flamme des Zündholzes. Sie fanden auch einen morschen Ast, den sie als Fackel benutzten. Glenn Morgan deutete plötzlich in die Höhe, wo der Rauch dahintrieb, als folge er einem bestimmten Ziel. »Siehst du es auch, Cooper?« fragte er. »Der Rauch zieht ab. Es muß noch irgendwo eine Öffnung geben. Und die müssen wir finden. Vielleicht ist sie groß genug, damit auch wir ins Freie schlüpfen können. Das ist unsere Chance, Cooper. Damit hat dieser Cochise nicht gerechnet, daß es noch einen zweiten Ausgang gibt.« Glenn Morgans freudige Stimme verstummte. Auch auf Jeff
Coopers Gesicht legte sich ein Hoffnungsschimmer. Er atmete tief durch und hastete dann los. Die Outlaws setzten sich in Bewegung und folgten dem schmalen Höhlengang. Manchmal mußten sie sich ducken, wenn der Stollen zu niedrig wurde. Hinter ihnen kroch der Rauch heran, als verfolge er sie. Felsbrocken, Staub und Erdreich bedeckten den Boden. Kleintiere huschten zwischen ihren Füßen hindurch. Glenn Morgan und Jeff Cooper hatten nur einen Gedanken, den zweiten Ausgang zu finden, um so der Rache des Häuptlings der Apachen zu entkommen. Falls es überhaupt diesen zweiten Ausgang gab. * Cochise starrte zu der Höhle hinüber und hielt sein Gewehr schußbereit. Er rechnete damit, daß die Hellhäutigen jeden Augenblick ins Freie stürmen würden. Schwarzer Wolf kauerte seitlich neben der Höhle und warf hin und wieder Holz und Gras auf das glimmende Feuer. Der Chiricahua wurde immer ungeduldiger, je mehr Zeit verrann. Nach seinen Überlegungen mußte die Höhle inzwischen voller Rauch sein und den Gegnern kaum noch Luft zum Atmen lassen. Warum tauchten sie nicht auf? Schwarzer Wolf huschte heran und kniete sich neben dem Häuptling der Apachen. Er blickte Cochise aus seinen leicht schrägstehenden Augen forschend an. Der Jefe zuckte die Achseln. »Ich weiß auch nicht, warum die Bleichgesichter nicht die Höhle verlassen haben«, sagte er. »Der Rauch hätte sie längst wie Ratten ins Freie treiben müssen.« Der Mescalero antwortete nicht. Er schien nachzudenken, denn eine steile Falte bildete sich über seiner Nasenwurzel.
»Schwarzer Wolf wird in die Höhle schleichen und nachsehen«, stieß der junge Krieger entschlossen hervor. »Er hofft, daß Cochise das erlauben wird?« Der Chiricahua schüttelte ernst den Kopf. Er wollte das Leben des jungen Mescalero nicht aufs Spiel setzen, obwohl er den Mut des Indianers anerkannte. »Cochise wird gehen«, entgegnete der Indianer-Chief. »Der tapfere Krieger der Mescaleros wird hier auf ihn warten.« Schwarzer Wolf senkte den Kopf. Er wagte keine Widerrede. Cochise hatte eine Entscheidung gefällt, die es zu respektieren galt. Der Apachenhäuptling glitt von seitwärts auf den Höhleneingang zu, verhielt davor kurz und tauchte dann in die Rauchwolken hinein. Cochise konnte kaum etwas sehen und hielt den Atem an. Er kroch wie eine Schlange am Boden entlang, denn dort war der Qualm noch nicht so dicht. Nach wenigen Yards blieb Cochise liegen und lauschte. Er konnte keinerlei Geräusche vernehmen. Das bedeutete, daß die weißen Banditen tiefer in die Höhle hineingeflüchtet waren. Cochise kehrte um, denn es erschien ihm sinnlos, sich eine Rauchvergiftung zu holen. Er atmete befreit auf, als er das Tageslicht erreichte und frische Luft in seine Lungen pumpte. Schwarzer Wolf sah ihm entgegen. »Wir müssen abwarten«, sagte Cochise. »Die Bleichgesichter sind in das Höhleninnere geflüchtet. Vielleicht hoffen sie, so ihrem Schicksal entgehen zu können. Uns bleibt keine andere Wahl, als abzuwarten. Sie werden kommen. Ich weiß es.« * Jeff Cooper und Glenn Morgan hielten keuchend inne. Sie schwitzten und glaubten, keinen trockenen Faden mehr am Leib zu haben. Der brennende Ast rußte. Es herrschte eine drückende Schwüle in dem engen Gang.
In den Wänden und in der Decke des Höhlenganges knisterte es immer wieder verdächtig. Morgan und Cooper befürchteten manchmal, daß alles in sich zusammenbrechen würde. »Wenigstens sind wir dem Rauch entkommen«, stöhnte Cooper. »Wenn wir aber den zweiten Ausgang nicht finden, dann sind wir trotzdem geliefert. Und es sieht ganz danach aus, daß wir ihn nicht finden werden. Zum Henker, wären wir nicht so goldgierig gewesen, dann steckten wir jetzt nicht in dieser verteufelten Klemme.« Morgan winkte ab. »Wir sind nun mal wie blinde Hühner in diese Falle getappt. Daran läßt sich nichts ändern. Vorwärts, Cooper, noch haben wir nicht verloren. Wir finden einen Ausweg.« Glenn Morgan feuchtete seinen Zeigefinger an und reckte ihn hoch über seinen Kopf. Er spürte den leichten Luftzug und nickte mehrmals zufrieden. »Wir sind auf dem richtigen Weg. Es gibt eine Öffnung. Reiß dich zusammen.« Morgan nahm dem Banditenboß den brennenden Ast aus der Hand und fluchte, als seine Finger von sprühenden Funken getroffen wurden. Er lief weiter und vernahm hinter sich die stampfenden Schritte des ehemaligen Bosses der Viehdiebe. Der Höhleneingang verbreiterte sich. Rechts und links zweigten Nebengänge ab. Jeff Morgans Schritte stockten abrupt. Cooper prallte gegen ihn und brachte ihn beinahe zu Fall. »Geradeaus, verdammt noch mal«, flüsterte Jeff Cooper. »Ich habe nicht die geringste Lust, mich in diesem Labyrinth zu verirren.« Die Outlaws hasteten weiter. Cooper hob einen dicken Holzprügel auf, den er später als Fackel benutzen wollte, wenn Morgans Ast niedergebrannt war. Die Banditen verloren jedes Zeitgefühl. Endlos lange schien ihnen der Weg durch die Höhle zu sein.
Der Gang wurde nun wieder enger und auch niedriger. Steine und Erdbrocken lagen am Boden. Das Ächzen in den Wänden nahm zu. Sand rieselte auf die beiden Banditen nieder. Morgan hustete sich fast die Lunge aus dem Leib, als er eine volle Ladung ins Gesicht bekam. Staub und Schweiß vermischten sich zu einem schmutzigen Brei. Er fluchte und tobte, war nahe daran, durchzudrehen. Er verwünschte den Indianerhäuptling in den finstersten Winkel der Hölle. Nun war es Cooper, der die Ruhe behielt und kurze Zeit darauf die Führung wieder übernahm. Die Luft roch nach Moder und Vergänglichkeit. Cooper stolperte plötzlich, stürzte aufschreiend zu Boden und konnte den brennenden Ast nicht mehr festhalten. Er kullerte einige Schritte durch den Staub, ging aber nicht aus. Jeff Morgan half seinem Banditenfreund auf die Beine. Und erst jetzt sahen die Outlaws, über was Cooper gestolpert war. Gebleichte Skelettknochen lagen am Boden. Ein weißlich schimmernder Totenschädel schien die Männer anzugrinsen. Jeff Morgan hatte das Gefühl, daß sich seine Nackenhaare aufrichteten. Er wich erschrocken bis zur Höhlenwand zurück. Cooper quälte sich ein Grinsen ab und hob seine Fackel wieder auf. »Der tut nichts mehr«, zischelte er. »Ich möchte nur wissen, wie er in die Höhle gekommen ist?« »Sieh dir mal den Schädel genauer an, Cooper, dann wirst du eine Einschußstelle mitten in der Stirn sehen. Der Mann wurde ermordet und hier zurückgelassen. Das muß aber bereits vor vielen Jahren geschehen sein.« Glenn Morgan und Jeff Cooper starrten auf das Skelett, wandten sich dann ab und setzten ihren Weg fort. Schon bald geisterte der zuckende Lichtschein über Schutt, Felsbrocken und Erdreich, das den Gang versperrte. Der Höhleneingang war an dieser Stelle in sich
zusammengebrochen. Cooper und Morgan standen wie betäubt da. Das war das Ende. Hier gab es kein Vorwärtskommen mehr. Es sah aus, als habe sie die Rache Cochises eingeholt. * Über eine Stunde war vergangen, seitdem Cochise in der Höhle gewesen war. Nun zeigte der sonst so ruhige, ja, fast stoisch wirkende Indianerhäuptling Nerven. Es hielt ihn nicht mehr auf seinem Beobachtungsposten. Gemeinsam mit dem Schwarzen Wolf trat er auf den Höhleneingang zu. Das Feuer vor dem Eingang war erloschen. Der Rauch im Innern der Höhle hatte sich gelichtet. Zum Teil war er aus dem Höhleneingang herausgeweht, zum anderen Teil mußte er tief in die Höhle hineingezogen sein. Schwarzer Wolf blickte den Chiricahua forschend an. »Was will Cochise tun?« »Wir werden in die Höhle eindringen und nach den Hellhäutigen sehen«, sagte der Indianer-Chief. »Vielleicht sind sie bereits tot. Ich will nicht noch mehr Zeit verlieren. Und sollten die Bleichgesichter noch am Leben sein, dann werde ich mit ihnen abrechnen.« Der junge Mescalero-Krieger nickte begeistert. Das war so ganz nach seinem Geschmack. Er wollte sich bewähren. Und er konnte sich keinen besseren Lehrmeister, als den legendären Häuptling der Apachen vorstellen. Schwarzer Wolf eilte davon, holte einen zundertrockenen Ast und entfachte geschickt ein Feuer, in dem er die provisorische Fackel entzündete. Cochise und der Mescalero drangen in die Höhle ein. Der vorderste Teil war fast ohne Rauch. Nun bemerkte auch der Chiricahua den leichten Luftzug, der den Rauch immer tiefer in
die Höhle hineinzog. Cochises Gesicht wurde ernst. Auch er rechnete plötzlich mit einem zweiten Ausgang. Das aber würde bedeuten, daß ihm die Weißhäutigen entkommen waren. Dann wäre sein Plan gescheitert. Langsam schlichen die beiden Indianer vorwärts, hielten ab und zu an und lauschten. Sie hofften, Schritte der Geflüchteten zu vernehmen, doch sie wurden enttäuscht. Cochises Gesicht wirkte im zuckenden Schein der Fackel sorgenschwer. Trotzdem gab er nicht auf. Der Mescalero-Krieger nickte zufrieden, als sie weiterliefen, er hatte auch nicht erwartet, daß Cochise aufgeben würde. Auf leisen Mokassins bewegten sich die Apachen vorwärts. Sie wichen geschickt niedergestürzten Steinbrocken aus und sahen immer wieder die Fußspuren der Weißen vor sich im Staub. Schon bald wußte auch Cochise, daß er die Größe der Höhle und die Länge des Ganges unterschätzt hatte, der immer tiefer in das Bergmassiv hineinführte. Manchmal wurden die Apachen von Rauchschwaden eingehüllt, die noch nicht abgezogen waren. Unaufhaltsam setzten sie ihren Marsch fort. Cochise wollte eine Entscheidung erzwingen. Er hoffte, die weißen Banditen einzuholen. * Nur langsam löste sich der Schock in Glenn Morgan und Jeff Cooper. Noch immer standen sie vor dem Schuttberg, der hoch bis zur Höhlendecke reichte. Es sah wirklich so aus, als würde es hier kein Vorwärtskommen mehr geben. Der Banditenboß klemmte den brennenden Ast zwischen Steine und setzte sich auf einen Felsbrocken. »Willst du aufgeben?« fragte Morgan mürrisch. »Verdammt
noch mal, Cooper, ich spüre den Luftzug immer noch. Es muß einen Durchlaß geben.« Glenn Morgan stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte hoch zur Decke, dort, wo der Höhlengang in sich zusammengestürzt war. »Dort oben ist eine Öffnung, Cooper. Ich steige mal hoch. Wir brauchen das Loch nur zu vergrößern. Vielleicht gelingt es uns, später durchzuklettern.« Neuer Mut erfaßte nun auch den Outlawboß. Er stemmte sich auf die Beine und starrte auf Morgan, der sein Gewehr abgelegt hatte und nun den Schuttberg hochzuklettern begann. Schon nach wenigen Fuß Höhe gerieten Erdreich und Steine ins Rutschen. Morgan konnte gerade noch rechtzeitig abspringen, sonst wäre er unter den nachgebenden Erdmassen begraben worden. Eine riesige Staubwolke nahm den Banditen den Atem. Zum Glück erlosch die Fackel nicht. Morgan stand bebend neben Cooper. Er war so erschrocken, daß er nicht einmal fluchte. Träge senkten sich die wirbelnden Staubmassen. Cooper und Morgan sahen wie gepudert aus. Der Banditenboß griff nach der Fackel und leuchtete das Hindernis an. Dann stieß er einen Jubelschrei aus. Deutlich sah man eine große Öffnung zwischen der Höhlendecke und dem Schuttberg. Sie war groß genug, um einen menschlichen Körper hindurchzulassen. Der Luftzug wurde stärker. Die frische Luft, die von der anderen Seite hereinwehte, tat den Männern gut. »Geschafft, Morgan«, flüsterte der Banditenboß. »Wir haben Glück im Unglück. Deine Kletterei hat bewirkt, daß sich da oben eine ganze Menge Schutt und Geröll gelöst hatte. Wir werden durch das Loch kriechen. Der Ausgang kann nicht mehr weit sein. Spürst du auch die frische Luft, Morgan?« Glenn nickte nur, wischte sich mit dem Handrücken über sein verschmutztes Gesicht und verzog sein Gesicht zu einer Grimasse.
»Nach dir, Cooper.« Er griente. »Diesmal überlasse ich dir den Vortritt.« Jeff Cooper zögerte, ehe ein Ruck durch seinen untersetzten Körper ging. »Okay«, sagte er. »Du wirfst mir mein Gewehr rüber, wenn ich drüben bin. Drück mir die Daumen, damit auch alles reibungslos abläuft.« Jeff Cooper begann hochzuklettern. Mehrmals sah es aus, als würde wieder alles ins Rutschen geraten. Es knirschte überall. Vereinzelte Steine kollerten Morgan vor die Füße. Der großgewachsene Bandit hielt den Atem an. Er hob die Fackel vom Boden auf und hielt sie hoch, damit Cooper sehen konnte, wohin seine Hände griffen. Endlich hatte der Viehdieb den Rand des Geröllhaufens dicht unterhalb der Höhlendecke erreicht. Seine Finger krallten sich um eine große Felsspalte. Nun mußte es sich entscheiden, ob es Cooper schaffte, sich hochzuziehen und seinen Körper durch die Lücke in der Schuttmauer zu schieben. Jeff Cooper stöhnte und ächzte. Zoll für Zoll zog er sich hoch, glaubte bald, keine Kraft mehr in den Armen zu haben. Der Wille zu überleben trieb ihn vorwärts. Sein Keuchen ging in ein Stöhnen über, als er sich immer mehr in die Lücke zwängte. Dann blieb Jeff Cooper regungslos liegen, schnappte keuchend nach Luft und fühlte eine unsagbare Erleichterung in sich aufsteigen. »Was ist los?« fragte Glenn Morgan ängstlich. »Steckst du fest? Kann ich dir helfen?« »Alles in Ordnung, Partner«, antwortete Cooper. »Ich schaffe es, denn der Spalt ist breit genug. Hoffentlich haue ich mir den Schädel nirgends ein, wenn ich auf der anderen Seite lande.« Der Banditenboß schob sich weiter. Seine Hände tasteten ins Leere. Dunkelheit lag vor ihm. Es war, als wäre er von einer Sekunde zur anderen blind geworden.
Jeff Cooper kroch vorwärts, griff mit den Händen nach unten, um sich abzustützen, doch es war bereits zu spät. Er bekam Übergewicht und rutschte los, schrammte über Steine und Erdbrocken und landete recht unsanft am Boden. Sein Schädel dröhnte wie eine Glocke, als er mit dem Kopf gegen einen Felsbrocken krachte. Der Outlaw blieb regungslos liegen und fühlte Staub und feine Sandkörnchen auf seiner Zunge. Die Schutthalde rutschte nicht nach, wie er zuerst befürchtet hatte. Cooper vernahm die dumpfe Stimme seines Gefährten von der anderen Seite des Ganges. »Alles in Ordnung«, rief er. »Komm rüber. Moment, warte noch einen Augenblick. Ich will mal sehen, ob ich ein Feuer anzünden kann, damit du etwas siehst. Und du solltest auch unsere Gewehre nicht vergessen. Die brauchen wir bestimmt noch, um uns die verdammten Rothäute vom Hals zu halten.« Es war wohl mehr Glück, daß Cooper ein paar Äste fand. Er zündete sie an. Die gespenstische Dunkelheit wich huschenden und tanzenden Mustern, die von den zuckenden Flammen ins Leben gerufen wurden. »Ich komme rüber«, schrie Glenn Morgan. »Zuerst schiebe ich die Gewehre durch die Lücke. Fang sie auf, Cooper.« * Cochise und Schwarzer Wolf liefen noch immer dem Höhlengang entlang. Der Chiricahua hatte manchmal den Eindruck, daß der Stollen kaum merklich einen Bogen machte. Die beiden Indianer stockten, als sie das Skelett am Boden liegen sahen. Furchtlos traten sie näher. Der zuckende Lichtschein der Fackel geisterte über die gebleichten Knochen. Cochise nickte leicht. Sie setzten die Verfolgung fort. Die Rauchschwaden hatten sich fast ganz verflüchtigt. Auch fühlte der Apachen-Häuptling, daß der Luftzug stärker geworden war.
Einige Minuten später erreichten die Apachen den Schuttberg, der im ersten Moment unüberwindbar erschien. Vergebens hielt Cochise nach den weißen Banditen Ausschau. Er entdeckte die Lücke oben an der Decke. Sein Gesicht verzog sich unwillig. Nun glaubte auch er, daß die Banditen eine gute Chance hatten, aus dem Höhlenlabyrinth zu entkommen. Die beiden Indianer lauschten, konnten jedoch keine Geräusche auf der anderen Seite des Ganges vernehmen. Cochise kletterte die Geröllhalde hoch. Er bewegte sich leichtfüßig. Kaum ein Steinchen kullerte zu Boden. Der Chiricahua-Chief erreichte die andere Seite und blieb lauschend stehen. Er hielt seine Winchester schußbereit. Schwarzer Wolf folgte ihm und brachte auch die Fackel mit. Deutlich sahen die Indianer die Fußspuren im knöcheltiefen Staub des Höhlenganges. »Die weißhäutigen Bastarde werden Cochise nicht entkommen«, versuchte Schwarzer Wolf den Jefe zu ermutigen. Cochise lächelte sanft, nickte und lief los. Er wußte nicht, wie groß der Vorsprung der Banditen war. Er selbst hatte draußen im Tal zu lange gewartet. Es schien, als würde sich dieses Zögern nun bitter rächen. Trotzdem gab Cochise nicht auf. * Jeff Cooper nickte zufrieden, als Glenn Morgan dicht vor seinen Füßen landete und dabei wie ein Mulitreiber fluchte. Der Outlaw klopfte sich Schmutz und Staub aus der Kleidung und griff sich dann eines der Gewehre. Sein Gesicht hellte sich nun auf. Grinsend nickte er seinem Partner zu. »Hoffentlich gibt es nicht noch mehr solche
Einbruchstellen im Höhlengang. Vorwärts, Cooper. Dieser Höllenhund von Cochise wird uns bestimmt schon auf den Fersen sein. Der hat lange genug vor der Höhle gelauert.« Die beiden Banditen liefen weiter. Plötzlich stockten beide mitten im Schritt, als wären sie gegen ein unsichtbares Hindernis gelaufen. Sie starrten auf die Stollenwand und trauten ihren Augen nicht. »Heiliger Rauch«, flüsterte Jeff Cooper andächtig. »Das gibt es doch gar nicht.« Glenn Morgans Gesicht rötete sich. Er plusterte die Backen auf, ehe er zischend aufschnaufte. Langsam traten die Outlaws näher. »Gold«, murmelte Morgan. »Adergold. Es gibt diese Goldmine also wirklich. Es ist kein Hirngespinst gewesen. Sieh nur genau hin, Cooper. Und dann solltest du es nicht mehr wagen, mich einen verdammten Narren zu schimpfen.« Cooper starrte auf die Wand. Dick wie Männerarme zogen sich mehrere Goldadern durch das Gestein. Sie erinnerten an erstarrte Blitze. An einigen Stellen waren Goldbrocken herausgebrochen worden. Das aber mußte schon vor langer Zeit geschehen sein. Staub und Spinnenweben deuteten darauf hin. Glenn Morgan tastete über das gelbe Metall. Sein Gesicht hatte einen entrückten Ausdruck angenommen. Coopers Stimme holte ihn wieder in die Gegenwart zurück. »Wir müssen erstmal raus aus diesem verdammten Loch«, stieß er hervor. »Wenn wir Cochise getötet haben und auch seine Begleiter, dann können wir die Goldmine ausbeuten. Vorerst aber müssen wir unsere Haut retten.« Er zupfte Morgan am Ärmel, der noch immer regungslos dastand, als habe er Coopers Worte nicht verstanden. Der Bandit nickte plötzlich. »Wir besiegen diesen ApachenBastard und holen uns dann das Gold. Nun ist alles doch nicht umsonst gewesen.«
Glenn Morgan folgte dem Banditenboß, der weiterlief, die Angst im Nacken, von den Verfolgern eingeholt zu werden. Er wollte es lieber im Freien auskämpfen, falls es einen Ausgang gab und sich alles nicht als ein Trugschluß herausstellte. Die Banditen hasteten weiter. Die Luft, die ihnen entgegenwehte, wurde immer frischer. Einmal blieben sie stehen und lauschten. Es schien ihnen, als hörten sie Schritte hinter sich. Morgan hob das Gewehr. Seine Lippen zuckten. »Nicht schießen!« fauchte Cooper. »Willst du, daß hier alles zusammenbricht?« Morgan senkte den Lauf der Winchester. Er blickte auf die Fackel in Coopers Hand, die ziemlich niedergebrannt war und schon bald verlöschen mußte. Sie liefen weiter, hofften von ganzem Herzen, Tageslicht zu sehen und einen Ausgang zu finden, der ihnen die Rettung bringen würde. Minuten vergingen. Kein größeres Hindernis stellte sich den flüchtenden Outlaws mehr in den Weg. Ihre stampfenden Schritte klangen hohl von den Höhlenwänden zurück. Der keuchende Atem erfüllte die unheimliche Stille, die die Banditen umgab. Die Fackel verlöschte plötzlich. Dunkelheit hüllte die Männer ein. Morgan versuchte zwar, den Rest des Aststumpfes nochmals anzuzünden, doch es gelang nicht. »Wir müssen es so versuchen«, knurrte Morgan wütend. »Mehr als den Schädel einrennen können wir uns nicht.« Die Outlaws liefen weiter. Immer wieder stolperten sie über Steinbrocken oder knallten gegen Felszacken, die tief in den Gang ragten. Sie fluchten und tobten, gaben aber nicht auf. Jeff Cooper zwinkerte plötzlich, als er einen vagen Lichtschein in der Ferne sah. Die Helligkeit nahm bereits nach wenigen Yards zu und wies den beiden Outlaws den Weg. »Geschafft«, schrie Morgan und sprang vor Freude in die
Luft. Er hätte es lassen sollen, denn er holte sich eine weitere Beule an einem vorspringenden Felsen. Fluchend folgte er Cooper, der nun dahinjagte, als wäre er noch völlig frisch und munter. Der Banditenboß jubelte, als er den Höhlenausgang erreichte und ins Freie spähte. Sein Gesicht verzog sich vor Überraschung. Auch Glenn Morgan staunte nicht schlecht, als er den Talkessel vor sich liegen sah, von wo aus ihr Ausflug begonnen hatte. Sie erkannten sogar ihre Pferde und auch die beiden Mustangs ihrer Gegner. Der Höhleneingang, durch den sie das Bergmassiv betreten hatten, lag ungefähr hundert Yards entfernt. Die beiden Höhleneingänge waren miteinander verbunden. Von Cochise und anderen Indianern konnten die weißen Banditen nichts entdecken. Sie glaubten nun noch mehr, daß die Rothäute ihnen durch das Höhlenlabyrinth folgten. »Los, zu den Pferden«, krächzte Morgan. »Wir hauen ab.« Er lief los. Cooper holte ihn schon nach wenigen Schritten ein und schrie zurück: »Wir suchen uns ein gutes Versteck, Morgan. Cochise wird bald auftauchen. Wir haben leichtes Spiel mit ihm. Wenn er aus dem Höhlengang raus will, knallen wir ihn ab. Das höllische Spielchen ist ins Gegenteil umgeschlagen. Nun sitzen wir am Drücker.« Morgan blieb stehen und nickte heftig. »Du hast recht, Cooper. Verdammt, das ist unsere große Chance. Nun haben wir den roten King in der Falle.« Die Outlaws suchten sich gute Deckungsmöglichkeiten, von denen aus sie beide Höhleneingänge im Auge behalten konnten. Sie konzentrierten sich aber auf den Mineneingang, aus dem sie selbst vor wenigen Minuten getreten waren. Sie wollten Cochise nun alles zurückzahlen. Mit Zins und Zinseszins, wie es Cooper ausdrückte. Morgan hatte zwar nicht die geringste Ahnung, was das bedeutete, doch er nickte. Sein Haß auf den Apachenhäuptling war so groß, daß er alles
akzeptierte, was Cochise schaden würde. * An der Goldader waren Cochise und Schwarzer Wolf nur kurz verweilt, ehe sie weiterliefen. Der Häuptling der Chiricahuas hatte von dem Gold nichts gewußt. Er kannte aber die Gier der Bleichgesichter. Sie würden auf den goldenen Segen unter keinen Umständen verzichten wollen. Und dazu gehörte es, daß er und Schwarzer Wolf starben und das Geheimnis mit in die Ewigen Jagdgründe nahmen. Cochises Herzschlag beschleunigte sich leicht, als er den Lichtschein vor sich erkannte. Schwarzer Wolf löschte die primitive Fackel und legte einen Pfeil auf die Sehne seines Kriegsbogens. Auch Cochise hielt sein Gewehr schußbereit. Er ahnte, daß er und der Mescalero nun in der Falle saßen, sollten die Banditen draußen vor dem Höhleneingang lauern. Und wie er diese weißen Bastarde einschätzte, lagen sie hinter sicherer Deckung und warteten nur darauf, einen Bleihagel loslassen zu können, um ihn und Schwarzer Wolf zu töten. Cochise deutete dem Mescalero an, zurückzubleiben. Er selbst legte sich auf den staubigen Boden und kroch langsam auf den Höhleneingang zu. Obwohl Cochise vorsichtig ins Freie spähte, wimmerten sofort die ersten Kugeln heran, die klatschend gegen die Stollenwand flogen. Der Häuptling der Apachen zog seinen Kopf zurück. »Narren«, murmelte er. »Was seid ihr Bleichgesichter nur für Schwachköpfe. Ich an eurer Stelle hätte nicht sofort gefeuert, sondern euch erst rauskommen lassen.« Cochise kroch einig Yards zurück. Schwarzer Wolf kauerte
sich neben dem Jefe nieder. Sein Blick drückte Sorge aus. »Nun sitzen wir in der Falle, Schwarzer Wolf«, raunte Cochise. »Niemand von uns konnte ahnen, daß wir wieder in diesem Talkessel herauskommen würden. Als die Bleichgesichter uns außerhalb nicht sahen, haben sie angenommen, daß wir ihnen durch den Gang folgen würden.« Der Mescalero nickte verstehend. »Was wird Cochise unternehmen?« Der Chiricahua antwortete nicht gleich. Obwohl sein Gesicht unbewegt blieb, jagten sich seine Gedanken hinter der hohen Stirn. Dann sagte er: »Ein Ausbruchversuch würde für uns beide den sicheren Tod bedeuten. Wir müssen abwarten. Vielleicht geben die Bleichgesichter auf und reiten weiter.« Cochise glaubte selbst nicht an diese Möglichkeit. Seine Worte sollten den jungen Krieger beruhigen. Er sah den skeptischen Blick von Schwarzer Wolf. »Die Schüsse werden gehört. Späher und Kundschafter der Mescaleros durchstreifen das Land, um Beute für den Jagdtrupp von Yemaspi aufzustöbern. Die tapferen Krieger der Mescaleros werden Cochise und Schwarzer Wolf zu Hilfe eilen.« Cochise nickte nur, obwohl ihm dies nicht gefiel. Er wollte nicht schon wieder auf die Hilfe von Yemaspi angewiesen sein, nachdem er von dessen Kriegern schon einmal aus einer gefährlichen Situation befreit worden war. Außerdem hatte er das Angebot, ihm zu helfen, erst vor kurzer Zeit abgelehnt. »Cochise wird es auch so gelingen, die weißhäutigen Eindringlinge zu vertreiben«, fügte Schwarzer Wolf hinzu, als er den abweisenden Blick des Apachen-Häuptlings sah. Cochise lächelte. »Wir werden die Bleichgesichter besiegen. Wenn sich erst die Schatten der Nacht niedersenken, ist unsere Chance gekommen. Dann werden die Weißhäute blind und taub sein.« Morgan und Cooper hatten längst das Feuer eingestellt, um
Muniton zu sparen. Cochise näherte sich erneut dem Höhlenausgang und spähte hinaus. Diesmal ging er geschickter vor und wurde von den weißen Outlaws nicht entdeckt. Der Chiricahua überlegte, ob er einen Ausbruch wagen sollte, verwarf dann aber diesen Gedanken, denn das Risiko, getroffen zu werden, war einfach zu groß. Er sah die Köpfe der Bleichgesichter für einen Moment hinter grauen Felstrümmern auftauchen. Es war Glenn Morgan, der den Apachen entdeckte und sofort zu schießen begann. Cochise zog sich zurück. Er würde abwarten, bis sich eine günstige Gelegenheit bot. Jetzt alles auf eine Karte zu setzen, erschien dem Häuptling der Apachen nicht ratsam. * Glenn Morgan fielen immer wieder die Augen zu. Verzweifelt kämpfte er gegen die Müdigkeit an, die wie schleichendes Gift durch seinen Körper kroch. Jeff Cooper erging es nicht anders. Der Banditenboß gähnte mehrmals hintereinander und zeigte dabei seine nikotingelben Zähne, die an das Gebiß eines Pferdes erinnerten. »Einer von uns sollte eine Runde schlafen«, sagte Cooper dann. »Es genügt, wenn du oder ich den Höhleneingang beobachten.« Glenn Morgan nickte zustimmend. »Okay, Cooper, ich wecke dich in zwei Stunden. Und falls sich dort drüben etwas tut, wirst du schon aufwachen, wenn ich zu schießen beginne.« Cooper ließ sich das nicht zweimal sagen. Sekunden später schloß er die Augen und fing auch bald an zu schnarchen, daß es Morgan kalt über den Rücken lief. Der großgewachsene Bandit spähte immer wieder zu den beiden Höhleneingängen hinüber. Dort rührte sich nichts. Es schien, als hätten sich die Rothäute in Luft aufgelöst. Die Hitze und die Müdigkeit setzten dem Outlaw immer
mehr zu. Außerdem verspürte er Hunger und Durst, traute sich aber nicht, zu den Pferden zu schleichen. Zwei Stunden vergingen. Morgans Aufmerksamkeit ließ immer mehr nach. Vielleicht war es Zufall, daß er den Indianer sah, der aus dem Stollengang spähte und herausschleichen wollte. Glenn Morgan schoß zu überhastet. Seine Kugeln fehlten. Der Apache verschwand wieder in der Dunkelheit des Stollens. Cooper fuhr hoch, als wäre er von einer Klapperschlange gebissen worden. Im ersten Moment wußte er überhaupt nicht, wo er sich befand. Mit dem irren Ausdruck in den Augen und dem weit aufgerissenen Mund bot der Banditenboß einen grotesken Eindruck. »Was – was ist?« keuchte er und griff nach seiner Winchester. »Hast du…« Jeff Cooper richtete seinen Oberkörper auf. »Einer der Bastarde wollte die Höhle verlassen«, sagte Morgan. »Ich habe ihn zurückgetrieben. Nun bist du dran, Cooper. Die zwei Stunden sind um. Ich kann kaum noch die Augen aufhalten.« »Okay, Morgan, nimm eine Mütze voll Schlaf. Ich passe schon auf, daß keiner dieser stinkenden Rothäute verschwindet, um uns dann an die Kehle zu fahren.« Es dauerte nicht lange, dann schnarchte Glenn Morgan nicht weniger lautstark. Cooper hatte die Pause gutgetan. Er beobachtete voller Konzentration die Höhleneingänge. Zwei Stunden später weckte er Morgan, der ihn verschlafen ansah und das Gesicht verzog. »Ich habe doch erst gerade vor einer Sekunde die Augen zugemacht«, behauptete er. »Ich finde es nicht fair, mich so schnell wieder aufzuwecken.« »Sieh dir mal den Stand der Sonne an, du Penner. Du hast über zwei Stunden geschlafen. Schleich dich zu den Pferden und hole Wasser und Proviant. Laß dich aber von den Apachen
nicht abknallen. Denen wird es gewaltig stinken, daß sie nichts zu kauen und zu trinken haben. Es dauert bestimmt nicht mehr lange, bis sie aus ihrem Mauseloch hervorgekrochen kommen.« Die Sonne verglühte an den Rändern des Talkessels. Die Schatten wurden länger. Jeff Cooper und Glenn Morgan hatten es sich schmecken lassen und auch ihren Durst gestillt. Als sich die Dunkelheit herantastete, verzog Morgan sein Gesicht zu einer verzerrten Grimasse. »Es wird gleich dunkel sein, Cooper. Wir sollten verschwinden, ehe dieser Cochise über uns herfällt. In der Dunkelheit können wir einen Ausbruch nicht verhindern. Dieser Cochise hat nur so lange gewartet, bis er gefahrlos die Höhle verlassen kann. Wir können uns nicht anschleichen und davor ein Feuer entfachen.« »Daran habe ich auch gedacht, Morgan. Wir müssen wirklich verschwinden. Das wollte ich im Schutz der Dunkelheit tun. Wir nehmen die Mustangs der Apachen mit. Dann ist an eine Verfolgung nicht mehr zu denken.« Jeff Cooper grinste tückisch. »Wir lassen ein wenig Gras über alles wachsen und holen uns in ein paar Wochen oder Monaten das Gold. Bis dahin hat uns dieser Cochise längst vergessen. Mit dem Gold, das wir bei dem Indianer gefunden haben, kommen wir für einige Zeit über die Runden. Na, bist du mit meinen Vorschlägen einverstanden?« »Okay, Cooper«, antwortete der Outlaw. »Ich bin heilfroh, wenn wir erst das Apachengebiet hinter uns gelassen haben. So locker hat mein Skalp noch nie gesessen.« Die Banditen schlichen zu den Pferden und zogen sich in die Sättel. Die Dunkelheit war inzwischen so dicht geworden, daß sie selbst nicht mehr viel sahen, aber auch kaum gesehen wurden.
Sie ritten auf die beiden Mustangs zu, die wieherten, schnaubten und auf den Hufen tänzelten. * »Es ist soweit«, flüsterte Cochise und nahm sein Gewehr vom Boden auf. »Die Weißhäutigen fliehen. Sie haben nicht den Mut, bei Dunkelheit auf uns zu lauern.« Der Chiricahua lächelte düster, als er auf den Ausgang der Höhle zuschlich. Schwarzer Wolf folgte ihm dicht auf den Fersen. Die Apachen spähten ins Freie und sahen die Bleichgesichter auf ihre Pferde zulaufen. Cochise preßte sein Gewehr an die Wange, ließ es dann aber wieder sinken. Die Entfernung war bei den widrigen Lichtverhältnissen bereits für einen sicheren Schuß zu groß geworden. Cochise und der Mescalero-Krieger sprangen ins Freie. Beide waren froh, die Höhle verlassen zu können. Sie eilten auf ihre Mustangs zu, die grell wieherten, als sich die Banditen ihnen näherten. Cochise blieb plötzlich stehen und jagte Kugel um Kugel zu den Hellhäutigen hinüber. Er konnte es unter keinen Umständen zulassen, daß die Weißen die Mustangs mitnahmen, oder zusammenschossen, was er den Outlaws zutraute. Cochise hoffte, mit seinen Schüssen die Banditen zu vertreiben. Er rechnete mit der Angst der Bleichgesichter. Der Apachen-Häuptling behielt recht. Als die ersten Schüsse aufpeitschten und die Berghänge den rollenden Donner zurückwarfen, jagten Glenn Morgan und Jeff Cooper davon. Sie erreichten den Talausgang, wandten sich nicht mehr in den Sätteln um, sondern trieben die Tiere nochmals brutal mit den Sporen an. Die Hufschläge verklangen. Die Indianer liefen auf die
Pferde zu, die sich beruhigten, als sie die vertraute Witterung aufnahmen. Schwarzer Wolf wollte sich auf den Pferderücken schwingen und sofort losreiten, doch Cochise hielt den jungen Krieger mit einer befehlenden Handbewegung zurück. »Ich schleiche mich aus dem Tal, Schwarzer Wolf. Es könnte sein, daß die Bleichgesichter uns einen Hinterhalt gelegt haben. Wenn du den dreimaligen Schrei eines Nachtfalkens vernimmst, kannst du mir folgen.« Cochise schlich los, näherte sich schnell dem Canyon, durch den er sich vorsichtig schob. Von den Pferden der Weißhäutigen aufgewirbelter Staub hing noch in der Luft. So wußte Cochise, daß die Outlaws nicht mehr in der Schlucht steckten. Bald ließ er den Canyon hinter sich, huschte von Deckung zu Deckung und stellte bald fest, daß die Bleichgesichter die Flucht ergriffen hatten. Es dauerte nur kurze Zeit bis Schwarzer Wolf angeritten kam, nachdem Cochise den Vogelschrei ausgestoßen hatte. Der Chiricahua-Chief und auch der Mescalero-Krieger erfrischten sich aus einem Wassersack. Der Durst hatte ihnen im Innern der Höhle sehr zugesetzt. »Was wird Cochise nun unternehmen?« fragte Schwarzer Wolf. »Wird er die Bleichgesichter verfolgen?« »Ich habe keine andere Wahl, Schwarzer Wolf. Sie haben das Gold in der Mine gesehen. Und wenn sie es weitererzählen, werden viele hundert weiße Männer in das Land der Apachen einfallen und nicht nur hier, sondern auch im weiten Umkreis nach dem gelben Metall zu suchen beginnen. Die Bleichgesichter werden sich wie Maulwürfe in die Berge graben, unser Wild abschießen und Jagd auf jeden meiner Krieger machen. Den ersten hundert Diggern werden Tausende weitere folgen. Viel Blut würde fließen. Das ist es aber nicht allein. Ich habe diesen beiden Männern blutige Rache geschworen. Es sind schlechte weiße Männer, die sogar von
ihren Artgenossen gesucht und gejagt werden. Sie sind wie eine schlimme Krankheit, die ausgerottet gehört.« Schwarzer Wolf nickte und blickte den Häuptling der Apachen fragend an. »Ich danke dir für deine Hilfe, Schwarzer Wolf. Ich verdanke dir sehr viel. Reite deines Weges und grüße Yemaspi von mir.« Der Mescalero-Apache senkte den Kopf. Cochise sah ihm an, daß er gern mit ihm geritten wäre. Aber der Chiricahua-Chief wollte mit den beiden geflüchteten Bleichgesichtern allein abrechnen. Cochise hob seine Hand zum Gruß. Schwarzer Wolf ritt davon, nicht ohne Cochise viel Glück auf seinem Rachetrail zu wünschen. Einige Minuten später nahm Cochise die Verfolgung auf. Er durfte Glenn Morgan und Jeff Cooper nicht entkommen lassen. Das war er sich, seinem Ruf und seiner Ehre schuldig. * »Wir hätten auf die Mustangs schießen sollen«, sagte Jeff Cooper viele Stunden später. »Das ist unser Fehler gewesen. Nun folgt uns dieser verdammte Cochise schon wieder. Der Kerl läßt nicht locker, auch wenn wir unsere Pferde noch mehr zuschanden reiten.« Morgan sah sich unbehaglich um. Seit Stunden befanden sich die beiden Banditen wieder auf der Flucht. Und im ersten Morgengrauen hatten sie den Verfolger auf ihren Fährten entdeckt. »Ich habe auch nicht daran gedacht, auf die Indianerpferde zu feuern«, gab Morgan mürrisch zurück. »Verdammt noch mal, wir laufen schon wieder wie die Hasen davon. Es muß doch möglich sein, mit einer einzigen Rothaut fertig zu werden.« Der untersetzte Banditenboß zügelte sein erschöpftes Pferd,
wischte sich mit dem Handrücken über die Bartstoppeln und blickte auf das hinter ihm liegende Gelände. Von dem Verfolger war nichts zu sehen. Die unübersichtliche und romantische Bergwildnis der Peloncillo Mountains bot genügend Deckungsmöglichkeiten, um einen so erfahrenen Kämpfer wie Cochise ausreichend Schutz gegen die Blicke seiner Gegner zu bieten. »Die Pferde benötigen eine Pause«, sagte Morgan schleppend. »Außerdem gehen unsere Wasservorräte zur Neige. Bis nach San Jose sind es noch viele Meilen. Außerdem besteht die Gefahr, anderen Apachenrudeln über den Weg zu reiten.« »Hör mit deine verdammten Unkerei auf«, stieß Jeff Cooper böse hervor. »Sag mir lieber, wie wir diesen Cochise in die Ewigen Jagdgründe schicken? Eine noch längere Hetzjagd stehen wir einfach nicht durch.« »Wir können ihm nur eine Falle stellen«, entgegnete Morgan. »Es ist natürlich ungewiß, ob dieser Indianer-King auf einen Hinterhalt hereinfällt. Der Bursche ist clever und gerissen. Wir haben ihn schon zu oft unterschätzt. Mann, o Mann, wenn ich daran denke, daß wir ihn in unserer Gewalt hatten, dann könnte ich verrückt werden. Wir wären fein raus, wenn wir ihn damals umgelegt hätten.« »Wenn, wenn, wenn«, äffte Cooper die Stimme seines Banditenfreundes nach. »Okay, Morgan, wir müssen in den bitteren Apfel beißen und Cochise einen Hinterhalt legen. Wir reiten weiter und suchen uns einen geeigneten Platz. Es wird uns schon gelingen.« Jeff Cooper lächelte siegessicher und trieb sein müdes Pferd an, das sich nur widerwillig in Bewegung setzte und keuchende Laute ausstieß. Morgans Wallach erging es nicht viel besser. Die beiden Pferde waren an den Grenzen ihrer Belastbarkeit angelangt. Sie würden eine noch längere Hetzjagd nicht mehr durchstehen.
* Cochise ritt auf den Fährten der beiden Banditen. Er kannte weder gegen sich noch gegen seinen Mustang die geringste Schonung. Er wollte so schnell wie möglich den unvermeidbaren Kampf hinter sich bringen und dann wieder zu seinem Stamm zurückreiten. Er dachte an die vielen ungelösten Probleme, die ihn und die Chiricahuas betrafen. Viel konnte in den vergangenen Wochen und Tagen geschehen sein. Außerdem fragte er sich, wie es seinem Sohn Naiche ging, der von Morgan, Cooper und den anderen weißen Banditen so übel zugerichtet worden war. Der Häuptling der Apachen wußte aber auch, daß John Haggerty, den er den Falken nannte, seinen Sohn wohlbehalten in die Apacheria zurückbringen würde. Die dunklen Schleier der Nacht trübten sich, wurden schnell zu einem milchigen Grau und ließen die Konturen der Bergwildnis deutlicher werden. Bald zeigten sich die ersten Lichtexplosionen im Osten, die einen neuen Tag verkündeten. Es wurde nun rascher hell. Bodennebel waberten zwischen Felsen, Büschen und Bäumen, ehe die ersten Sonnenstrahlen hineinstachen. Schon bald waren die Nebelschwaden verschwunden. Goldener Sonnenschein legte sich über das Land. Der Himmel wurde immer blauer. Kein Wölkchen zeigte sich. Cochise orientierte sich, tätschelte seinem Pferd den schweißigen Hals und ritt dann auf eine Felsformation zu, der Wildapfelbäume und Pinien vorgelagert waren. Er fand die Wasserstelle sehr schnell, an der die beiden flüchtenden Banditen vorbeigeritten waren. Es war nun einmal Cochises großer Vorteil, dieses Land gut zu kennen. Er erfrischte sich selbst vom klaren Quellwasser und rieb sein Pferd erst trocken, ehe er es zur Wasserstelle führte.
Der Mustang trank verhalten, wußte instinktiv, daß ein zu schnelles Saufen ihm nur schaden würde. Cochise legte sich in den Schatten eines Felsens und schlief eine Stunde. Anschließend trank er nochmals, füllte seinen fast leeren Wassersack und fand auch bald wieder die Hufspuren der Banditenpferde. Erfrischt und ausgeruht trabte sein Pferd dahin. Die Wasseraufnahme wirkte Wunder bei dem Mustang. Die verlorene Stunde holte Cochise schnell wieder auf, denn er sah an den Fährten, daß die Bleichgesichter nur langsam vorwärtskamen, immer wieder anhielten und größere Pausen einlegten. Zwei oder drei Meilen liefen die Outlaws neben ihren Pferden her, um die Tiere zu schonen. Eine weitere Stunde später konnte der Apachen-Chief seine beiden Gegner vor sich entdecken. Sie ritten im Schritt auf ein Tal zu, das einen Bergrücken wie ein Axthieb kerbte. Cochise trieb seinen Mustang nochmals an, der sich auch willig streckte. Es gab ausreichend Deckungsmöglichkeiten, um von den Outlaws nicht gesehen zu werden. Morgan und Cooper verschwanden in dem Taleinschnitt. Eine halbe Meile vor dem Eingang des Valleys sprang Cochise vom Pferderücken, ließ das Tier zurück und schlich auf den Taleingang zu. Er rechnete damit, daß die Banditen ihm einen Hinterhalt legen wollten. An eine längere Flucht der beiden war nicht mehr zu denken, dazu waren die Pferde zu sehr erschöpft. Der Häuptling der Chiricahuas nutzte jede Deckungsmöglichkeit und näherte sich schnell dem Tal. Einige Yards vor dem Einschnit in den Bergrücken blieb Cochise regungslos liegen. Scharfäugig beobachtete er das vor ihm liegende Gelände, konnte aber nichts Verdächtiges entdecken. Und doch fühlte der erfahrene Krieger instinktiv, daß ihm Gefahr drohte. Die beiden Bleichgesichter mußten sich wie in die Enge
getriebene Wölfe fühlen, die sich wehren mußten, um noch eine kleine Chance des Überlebens zu haben. * »Wir müssen durch dieses Tal«, sagte Jeff Cooper. »Ich bin hier schon einmal vor einigen Jahren durchgeritten. Auch damals wurden wir von Apachen verfolgt. Wir waren aber ein Dutzend harter Burschen, die den Rothäuten so viel Blei zu schmecken gaben, daß sie es bald aufgaben, hinter uns herzujagen.« Der Banditenboß grinste, ehe sein Lächeln schnell verwischte. Er dachte an die jetzige Situation, die alles andere als erfreulich war und nur mit einer Niederlage enden konnte, wenn sie sich nicht wie der Teufel wehrten. Glenn Morgan drehte sich im Sattel um. Aus zusammengekniffenen Augen suchte er das hinter ihm liegende Gelände nach dem Verfolger ab, konnte aber niemanden entdecken. »Vielleicht hat dieser verdammte Cochise aufgegeben«, sagte er hoffnungsvoll. »Wir haben ihn seit Stunden nicht mehr gesehen. Was kann ihm noch groß daran liegen, unsere Skalps zu holen?« Jeff Cooper sah seinen Gefährten an, als habe er einen Narren vor sich. »Cochise gibt nicht auf, Morgan. Einmal hat er uns die Sache mit dem gefangenen Indianer nicht verziehen und zweitens weiß auch er, daß wir die Goldmine entdeckt haben. Er will verhindern, daß wir mit einer starken Mannschaft zurückreiten, um die Mine auszubeuten. So sieht es aus. Außerdem geht es um die Ehre des Apachen-Chiefs. Er muß uns vernichten, denn wir haben ihn öfters in große Nöte gebracht. Das ist er sich und seinen Kriegern schuldig. Wenn du ein wenig nachdenkst, wirst du meiner Meinung sein.« Glenn Morgan antwortete nicht. Die beiden Männer ritten ins
Tal hinein, hielten sich nach rechts und zügelten die Pferde auf einer Lichtung inmitten einer Waldinsel. »Was hast du vor?« fragte Morgan. »Wir veranstalten ein Picknick, saufen uns voll und suchen uns noch ein paar Squaws, mit denen wir uns prächtig amüsieren werden«, antwortete der Banditenboß sarkastisch. »Du bist doch schlimmer behämmert, als ich angenommen habe, Morgan. Wir schleichen natürlich zum Taleingang zurück und warten auf diesen Cochise. Vielleicht gelingt es uns, ihn mit einigen Kugeln zu erledigen.« Glenn Morgan knirschte mit den Zähnen. Er fühlte sich mächtig auf den Arm genommen. Ihm blieb keine andere Wahl, als seinem Partner zu folgen, der sein Gewehr aus dem Scabbard gezogen hatte und auf den Taleinschnitt zulief. Morgans Atem keuchte, als er Cooper erreichte. »Wir klettern die Anhöhe hoch. Dort oben ragen einige Felsbrocken hervor, die uns gute Deckung bieten werden. Außerdem gibt es genügend Büsche und auch Bäume. Dann brauchen wir nur abzuwarten, ob sich der Apachen-King blicken läßt. Hast du vielleicht einen besseren Vorschlag, Morgan?« Der großgewachsene Bandit war noch immer beleidigt. Er brummte etwas, das Jeff Cooper nicht verstehen konnte. Die Outlaws erreichten nach wenigen Minuten den Bergsattel, von dem sie einen guten Ausblick auf das vor dem Tal liegende Gelände hatten. Sie waren wie in Schweiß gebadet und schnauften. Durst brannte in ihren Kehlen. Längst waren die Wasserflaschen bis auf die letzten Tropfen geleert worden. Das mit Bodenwellen durchzogene Gelände lag ruhig vor ihnen. Es gab viele Büsche, Bäume und Kakteen. An einigen Stellen war das Gras kniehoch. »Wenn sich der rothäutige Bastard anschleicht, sieht es schlecht für uns aus«, sagte Jeff Cooper. »Dieser Cochise ist
mit allen Wassern gewaschen. Wir müssen höllisch aufpassen, damit wir ihn entdecken, sollte er wie ein Puma angekrochen kommen.« »Nun fängst sogar du mit dieser verdammten Unkerei an«, sagte Morgan nicht gerade begeistert. »Okay, okay, okay, wir werden dem roten Halunken einheizen, daß ihm Hören und Sehen vergeht. Von hier oben können wir ihn überhaupt nicht verfehlen. Und sehen werden wir ihn rechtzeitig, denn noch kann sich dieser Bursche nicht unsichtbar machen.« Voller Konzentration hielten die Banditen Ausschau, hofften, daß der Apachenhäuptling nichtsahnend angeritten käme und sie mit einigen Schüssen wie einen Hasen abschießen konnten. Sie ahnten aber insgeheim, daß sich Cochise eine derartige Blöße nicht geben würde. * Cochise schlich noch näher an den Taleingang heran. Sein Gesicht wirkte wie versteinert. Fest schraubten sich seine Hände um den Schaft seines Gewehres. Nun blieb er in einer Bodenwelle liegen, die von Mesquitebüschen umsäumt wurde. Er blickte zuerst in den Taleinschnitt und ließ dann seinen Blick an den beiden Berghängen emporgleiten. Dort irgendwo mußten die Bleichgesichter lauern, sollten sie ihm einen Hinterhalt legen wollen. Cochise blieb einige Minuten liegen, ehe er weiterschlich. Je mehr er sich dem Taleinschnitt näherte, um so größer wurde die Gefahr, entdeckt zu werden. Und sollten sich die Weißhäutigen wirklich auf der Anhöhe versteckt halten, war es nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn einfach sehen mußten. Das Ziel des Apachen-Chiefs waren einige Felsbrocken, die wie angefaulte Zähne aus dem Boden ragten. Sie würden ihm
gute Deckung bieten, sollte er von dem Bergsattel unter Beschuß genommen werden. Dann ging es auch schon los, noch bevor der legendäre Apachen-Häuptling die schützenden Felsen erreichte. Zwei Winchestergewehre brüllten auf. Heißes Blei flog dem Apachen wie ein wütender Hornissenschwarm um die Ohren. Rechts und links von ihm stäubte es auf. Cochise lief wie ein flüchtender Hase im Zick-Zack und hatte nur einen Gedanken, die Felsgruppe so schnell wie möglich zu erreichen, um sich vor dem wütenden Gewehrfeuer in Sicherheit zu bringen. Es gelang Cochise in letzter Sekunde. Er hatte es nur seiner Schnelligkeit zu verdanken, daß er von keinem Geschoß getroffen wurde. Aufatmend und mit hämmernden Pulsen warf er sich mit einem mächtigen Satz hinter die Felsen. Die hämmernden Schußexplosionen verstummten. Cochise konnte sich gut die enttäuschten Gesichter der beiden weißen Höllenhunde vorstellen, deren hinterhältiger Plan nicht geglückt war. Der Indianer-Chief kroch weiter, hielt auf einen mannshohen Felsen zu, hinter dem er sich aufrichtete. Die Outlaws schossen erneut, vergeudeten aber nur ihre Muniton, denn der heiße Bleisegen klatschte nur schmatzend gegen die Felsen. Einige Geschosse surrten mit giftigen Geräuschen als Querschläger heran. Cochise spähte zwischen zwei Felsspitzen hindurch. Er sah die aufblitzenden Mündungsfeuer ungefähr fünfzig Yards von sich entfernt auf dem linken Hügelkamm. Die Outlaws waren im Vorteil, denn sie hatten von oben ein besseres Schußfeld, als es sich dem Apachen bot. Der Chiricahua erwiderte das Feuer nicht. Er sparte seine Muniton, lauerte geduldig hinter seiner Deckung und wartete darauf, daß sich einer der Banditen eine Blöße gab. Dann war es soweit.
Jeff Cooper wagte sich zu weit aus seiner Deckung hervor. Cochise feuerte. * Während einer Feuerpause sagte Jeff Cooper heiser: »Nun haben wir die Rothaut doch nicht überraschen können. Wir haben viel zu überhastet geschossen. Damned, manchmal benehmen wir uns wirklich wie blutige Anfänger.« Morgan antwortete nicht, sondern jagte Schuß um Schuß aus seiner Winchester. Der Erfolg war aber gleich Null. »Das bringt nichts ein«, brüllte der Banditenboß. »Hör mit diese sinnlosen Ballerei auf. Der Hundesohn wartet doch nur darauf, daß uns die Munition ausgeht.« Morgan senkte das Gewehr und kramte neue Patronen aus seiner Jackentasche. »Weißt du etwas Besseres?« fauchte er. Jeff Cooper nickte entschlossen. »Ich schleiche dort zu der Baumgruppe hinüber. Der Einschußwinkel zu Cochise wird dann besser. Wenn ich angelangt bin, beginnst du wieder zu schießen. Ist das klar? Vielleicht erwische ich den roten Halunken mit einer gut gezielten Kugel!« Jeff Cooper richtete seinen Oberkörper ein wenig auf, um loszuschleichen, als ein Schuß aufbrüllte, der die Stille zerriß. Cochise hatte gefeuert. Jeff Cooper wurde wie von einem Huftritt zurückgestoßen. Ein markerschütternder Aufschrei gellte von seinen Lippen. Der Banditenboß fiel auf den Rücken und blieb stöhnend liegen. Sein Hemd färbte sich dicht in der Nähe seines Herzens rot. Coopers Aufschrei ging in ein Röcheln über. Er preßte eine Hand auf die Einschußwunde. Seine Finger färbten sich blutig. Jeff Morgan stand wie erstarrt da und blickte auf seinen
Partner, den es schwer erwischt hatte. Er kroch zu Cooper hinüber und kniete neben ihm nieder. Mit letzter Kraft versuchte der Verwundete, seinen Oberkörper aufzurichten. Blut sickerte zwischen den zuckenden Lippen hervor. Fahl wirkte das bärtige Gesicht. Morgan stützte den Banditenboß, der stöhnte und röchelte. Rasender Schmerz furchte dessen Stirn. Cooper wollte etwas sagen, doch er schaffte es nicht. Glenn Morgan ließ den Verwundeten auf den Rücken zurückfallen und nahm Coopers Hand von der Einschußwunde. Er sah sofort, daß jede Hilfe zu spät kam. Keine Macht dieser Welt konnte das Leben des Banditenbosses retten oder verlängern. Zu nahe am Herzen war die Kugel in Jeff Coopers Brust eingedrungen. Der Outlaw atmete zitternd aus. Sein Körper streckte sich in einem letzten Aufbäumen. Blicklose Augen starrten in das Blau des Himmels, in dem ein paar kleine Punkte kreisten, die sich rasch näherten und als Geier entpuppten. Morgan fluchte, kroch zu seiner Deckung zurück und spähte dahinter hervor. So sehr er auch nach Cochise Ausschau hielt, es gelang ihm nicht, den Chiricahua zu entdecken. Heiße Angst pulsierte schlagartig durch den großgewachsenen Banditen. Der Häuptling der Apachen mußte längst sein Versteck verlassen haben. Bestimmt schlich er sich an. Ihm war keineswegs entgangen, daß seine Kugel ein Ziel gefunden hatte. Glenn Morgan hielt noch zwei Minuten Ausschau, warf noch einen letzten Blick auf den toten Jeff Cooper, ehe er den Hügelkamm verließ und auf die Pferde zueilte. Während seines raschen Spurtes zu der Waldinsel sah sich der Outlaw immer wieder um und rechnete damit, daß Cochise auftauchen und auf ihn schießen würde. Morgan hechtete in den Sattel. Das erschöpfte Pferd taumelte einige Schritte und stieß ein grelles Wiehern aus. Der Bandit
trieb den Wallach mit heiserem Geschrei an. Das Tier brach durch die Büsche. Glenn Morgan sah sich gehetzt im Sattel um. Noch war von dem legendären Indianerhäuptling nichts zu sehen. Er würde aber nicht mehr lange auf sich warten lassen. Noch mehr trieb Morgan sein erschöpftes Pferd an, das durch das Tal galoppierte, aber schon schnell langsamer wurde, weil ihm einfach die Kraft fehlte, dieses Tempo durchzuhalten. Glenn Morgan dachte in diesen Sekunden nicht mehr an die Goldmine. Sie war vergessen. Der Bandit hatte nur noch einen Gedanken: Er wollte sich in Sicherheit bringen und sein Leben retten. Cochise sah, daß seine Kugel ein Ziel gefunden hatte. Schon wie Cooper zurücktaumelte, deutete ohne Zweifel daraufhin, von dem Geschoß getroffen worden zu sein. Die beiden Bleichgesichter schossen auch nicht mehr, obwohl der Chiricahua seine Deckung verließ und auf den Taleingang zulief. Natürlich handelte Cochise nicht leichtsinnig, suchte immer wieder Deckungsmöglichkeiten, um nicht ohne Schutz dazustehen, sollte der andere Outlaw wieder das Feuer eröffnen. So dauerte es einige Zeit, bis Cochise den Taleinschnitt erreichte und in das Valley eindrang. Sein Verdacht bewahrheitete sich. Er sah Glenn Morgan davonreiten, als wäre nicht nur ein Indianer, sondern ein ganzes Apachenrudel hinter ihm her. Einem ersten Impuls folgend, preßte Cochise das Gewehr an seine Schulter, schoß aber nicht, denn die Entfernung zu dem Flüchtenden war schon zu groß geworden. Der Apache sah aber auch, daß das Pferd des Weißhäutigen schon nach wenigen hundert Yards wieder langsamer wurde. Das Tier mußte sehr erschöpft sein. Cochise reckte seine Faust über den Kopf. »Das Bleichgesicht wird mir nicht entkommen«, erklang die
Stimme des Apachen-Häuptlings auf. »Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis Cochise ihn gestellt haben wird!« Der Chiricahua kletterte den Berghang hoch und fand bald den toten Jeff Cooper. Starr und mit unbewegtem Gesicht stand der Indianer-Chief vor dem Toten. Er konnte kein Mitleid mit dem Bleichgesicht empfinden. Zu gut wußte Cochise, daß dieser Mann viele Tränen und noch mehr Blut über seine Mitmenschen, egal ob weiß oder rot, gebracht hatte. Wirklich niemand würde Jeff Cooper eine einzige Träne nachweinen, Cochise wandte sich ab und blickte in das Tal hinein. Er konnte Glenn Morgan sehen, dessen Pferd nun nur noch im Schritt lief und schon bald kein Huf mehr vor den anderen setzen konnte, so müde und entkräftet war das Tier. So beeilte sich Cochise auch nicht besonders, als er seinen Mustang vor dem Tal holte. Das Pferd wieherte ihm freudig entgegen, als es die Witterung seines Herrn aufgenommen hatte. Der Apachen-Jefe zog sich auf den Pferderücken, ritt in das Tal hinein und nahm die Verfolgung auf. Zuerst hielt er auf die Waldinsel zu, denn von dort hatte er ein Pferd wiehern hören. Es konnte nur das Tier des toten Cooper sein. So war es auch. Cochise fand in den Satteltaschen das Gold, das Schwarzer Wolf gehörte. Da der Jefe auch Bill Barns' nach dem Zweikampf abgenommen hatte, fehlte nur noch Glenn Morgans erbeutetes Gold. Und auch das wollte sich der Häuptling der Apachen wieder zurückholen. Er löste dem Pferd den Sattel und ließ es laufen. Dann folgte er Glenn Morgan, den er noch sehen konnte und der das Tal noch immer nicht hinter sich gelassen hatte. *
»Lauf schon, du verdammte Schindmähre«, schimpfte Glenn Morgan und schlug auf sein keuchendes Pferd ein, das grell aufwieherte, aber nicht schneller wurde. Der Bandit fluchte sich die Kehle heiser. Er wandte sich wieder einmal im Sattel um. Eine heiße Angst ließ Morgan verstummen, als er den Verfolger sah, der ihm folgte und ständig aufholte. Der Mustang des Apachen wirkte frischer und ausgeruhter und legte ein flottes Tempo vor. Glenn Morgans Hoffnungen, Cochise entkommen zu können, schmolzen zusammen wie ein Schneeball in einer Pfanne, unter der man ein Höllenfeuer entzündet hatte. Erneut schlug er brutal auf das Pferd ein und gab dem erschöpften Tier gleichzeitig die Sporen. Der Wallach reagierte, aber nicht so, wie es der flüchtende Outlaw erwartet hatte. Das Pferd steilte schmerzerfüllt wiehernd. Damit hatte Morgan nicht gerechnet. Ehe er sich versah, flog er im hohen Bogen aus dem Sattel und fand sich im Gras wieder. Das Pferd aber trabte davon, schien froh zu sein, seinen Peiniger abgeschüttelt zu haben. Glenn Morgan quälte sich auf die Beine, schüttelte benommen den Kopf und atmete auf, als er feststellte, daß er sich beim Sturz nichts gebrochen hatte. Er hob seine Winchester vom Boden auf, blickte auf den näherreitenden Cochise und rannte dann seinem Pferd nach, das schon etwa fünfzig Yards zurückgelegt hatte und überhaupt nicht daran dachte, stehenzubleiben, obwohl sich Glenn Morgan die Lunge aus dem Leib schrie. Morgan blieb stehen. Er sah ein, daß er es nicht schaffen würde, sein Pferd einzuholen. Mutlosigkeit drohte den einst so harten Burschen zu übermannen. Er schluckte, schloß die Augen und wünschte sich in diesen Sekunden ein Mauseloch, um sich dort verkriechen zu können.
Als Glenn Morgan die Augen öffnete, glaubte er im ersten Moment zu träumen. Er starrte auf über 15 Indianer, die aus dem Boden gewachsen zu sein schienen und sich ungefähr 30 Yards von ihm befanden. Die Rothäute richteten Gewehre und Bogen auf den zusammenzuckenden Weißen, der sich über die Augen wischte und wie versteinert stehenblieb, als der Spuk nicht weichen wollte. »Heiliger Rauch«, murmelte Glenn Morgan, nachdem er den ersten Schock verdaut hatte. »Das darf nicht wahr sein. Nun ist es aus und vorbei mit mir. Gegen dieses Rudel habe ich keine Chancen.« Der Bandit wußte, daß er von Kugeln durchsiebt und von Pfeilen gespickt sein würde, sollte er auch nur den Lauf seines Gewehres um ein Zoll anheben. Hinter sich vernahm er die Hufschläge von Cochises Mustang, der sich unaufhaltsam näherte. Glenn Morgan aber hatte nur Augen für die Apachen, die noch immer regungslos standen! Nur die langen Haare, von Schweißtüchern und Stirnbändern gehalten, wehten im leichten Wind. Buntes Zierat funkelte unter den gleißenden Sonnenstrahlen. Nackte, schweißige Oberkörper glänzten. Wild und verwegen wirkten die Mescalero-Krieger. Über das sonst so ernste Gesicht von Yemaspi glitt die Andeutung eines Lächelns, als er die Angst im Gesicht des Bleichgesichts sah, die sich immer mehr verstärkte. Nun spannte sich Glenn Morgans Körper. Wenn er schon verloren war, dann wollte er im Kampf sterben und sich nicht von den Rothäuten langsam zu Tode martern lassen. Morgen riß sein Gewehr hoch und wollte sich zur Seite werfen. Ehe er aber den Boden erreichte und abdrücken konnte, streifte ihn ein blitzschnell und sehr präzise geworfenes Kriegsbeil am Kopf.
Morgan stöhnte, rollte zur Seite und versuchte nochmals auf die Beine zu gelangen. Er schaffte es nicht. Eine dunkle Wolke senkte sich auf den Outlaw, riß ihn in unbekannte Tiefen und ließ sein Bewußtsein erlöschen. * Yemaspi, der Häuptling der Mescaleros, war neben den Bewußtlosen getreten. Er starrte auf die blutende Wunde am Kopf des Bleichgesichts und nickte zufrieden. Dann wandte er sich Cochise zu, der sich bis auf wenige Schritte genähert hatte und mit einem Satz vom Rücken seines Mustangs sprang. Der Chiricahua lief langsam näher. Sein Gesicht drückte Verärgerung aus. Es schien, als ducke sich Yemaspi unter dem harten Blick des Apachen-Chief. »Cochise hatte dich gebeten, nicht in diesen Kampf einzugreifen. Es ist sein Kampf.« Ehe der Mescalero etwas entgegnen konnte, fuhr Cochise grollend fort: »Cochise hatte seine Beute fast gestellt. Sie konnte ihm nicht mehr entkommen.« Yemaspi machte eine abwehrende Handbewegung, die Beschwichtigung und auch Entschuldigung ausdrücken konnte. »Wir wissen, daß Cochise der tapferste und mutigste Krieger aus dem Volke der Apachen ist. Sein Ruhm kennt keine Grenzen«, sagte der Mescalero guttural. »Weil wir sahen, daß er sein Wild gestellt hatte, wollten wir ihm einen Gefallen erweisen und ihm das Bleichgesicht vor die Füße legen. Wir haben den Hellhäutigen nicht getötet, weil das die Angelegenheit des großen Chiricahua ist. Es geschah aus reinem Zufall, daß sich unsere Wege hier in diesem Tal kreuzten. Cochise soll nicht länger verärgert sein und mit Yemaspi die Pfeife des Friedens und der Freundschaft rauchen.« Cochises düsteres Antlitz hellte sich nach diesen Worten ein
wenig auf. Er blickte auf den noch immer bewußtlosen Banditen, der von einigen Mescalero-Kriegern umringt wurde. Längst hatten sie Morgan das Gewehr, Revolver und auch sein Messer weggenommen. »Komm mit mir in den Schatten der Bäume«, sagte Yemaspi. »Ein langer und harter Ritt liegt hinter dem Häuptling der Apachen. Er hat gut gekämpft, wie mir berichtet wurde. Drei der Hellhäutigen sind tot. Nur dieser weiße Bastard lebt noch. Auch er wird der Rache Cochises nicht entgehen.« Der Chiricahua folgte dem Mescalero-Jefe zu einigen Ahornbäumen, die Schatten vor der heiß herniedersengenden Sonne boten. Die beiden Männer setzten sich. Die übrigen Krieger der Mescalero verschwanden, tauchten aber schon bald wieder mit ihren Pferden auf, die sie in einer Bodensenke zwischen Büschen versteckt hatten. Sturmvogel, Schwarzer Wolf und Grüne Schlange übernahmen die Bewachung des Gefangenen, der noch immer im Reich der Träume weilte und wohl auch so schnell nicht wieder erwachen würde. Die drei Krieger hatten Cochise freundlich zugenickt. »Es sind tapfere Apachen«, sagte Cochise und deutete zu ihnen hinüber. Nun lächelte Yemaspi, was für den sonst so düster erscheinenen Apachen eine Seltenheit war. »Cochise spricht die Wahrheit. Was will er mit dem Bleichgesicht tun, wenn es wieder erwacht.« »Cochise weiß es noch nicht. Vielleicht übergibt er ihn den Pferdesoldaten.« Yemaspis Mundwinkel zuckten für den Bruchteil einer Sekunde. Die Antwort schien ihn nicht zu befriedigen. Der Mescalero schüttelte den Kopf. »Zastee!« rief er. »Töte diesen weißen Kojoten. Die Hellhäutigen werden ihm nichts tun. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, Cochise.«
Der Chiricahua antwortete nicht sofort. Er blickte zu Glenn Morgan hinüber, der sich nun schwach bewegte, röchelte, aber noch nicht die Augen aufschlug. »Wir rauchen die Pfeife des Friedens, der Freundschaft und der Verständigung, Yemaspi, so wie du es gesagt hast. Dann wird Cochise weitersehen.« Und so geschah es auch. * Glenn Morgans Schädel dröhnte, als würde er mit einem Gewehrkolben bearbeitet. Es summte in ihm, als hätte sich ein Bienenschwarm angesiedelt. Mit einem Schlag überfiel den Banditen die Erinnerung. Sein Körper versteifte sich unwillkürlich. Nur vorsichtig öffnete Morgan die Augen. Was er sah, entsprach seinen schlimmsten Befürchtungen. Er blickte auf drei verwegene und wild entschlossene Apachen, die dicht neben ihm standen. Gewehrläufe waren auf seine Brust gerichtet. Der Atem des Todes ließ Morgan erzittern. Als er sich stöhnend auf den Händen aufstützte und seinen Oberkörper hochschwang, wichen die drei Indianer einige Yards zurück. Morgan las gnadenlosen Haß in ihren Augen. Und er fragte sich in diesen Sekunden, warum ihn diese wilden Teufel noch nicht umgebracht hatten. Morgan stützte den Kopf in beide Hände und fühlte seine Finger feucht werden. Er verbiß sich ein weiteres Stöhnen. Brechreiz stieg in ihm hoch, doch in seinem Magen gab es nichts, was dieser hätte von sich geben können. Das Schwindelgefühl wurde stärker, als sich Morgan auf die Beine quälte. Schwankend stand er da. Unwillkürlich tastete seine Rechte zum Halfter. Natürlich war es leer. Der Hoffnungsstrahl in seinen Augen erlosch. Als der Bandit Schritte hinter sich vernahm, wandte er
sich langsam um. Diese Bewegung riß den so stark angeschlagenen Mann beinahe von den Beinen. Es war Cochise, der eine Pferdelänge vor dem Gefangenen verhielt und ihn anstarrte. Es war, als mustere eine Schlange ein Kaninchen. Und so ähnlich fühlte sich Glenn Morgan auch. »Warum bringst du mich nicht um?« schrie er plötzlich in einem Anflug trotziger Verzweiflung. Er riß sich Hemd und Jacke vorn auseinander und hielt dem Apachen-Chief seine entblößte Brust entgegen. Cochise nickte langsam. »Das wird bald geschehen, Bleichgesicht. Dein Leben ist verwirkt. Nichts kann dich mehr retten.« Glenn Morgan sackte ein wenig in sich zusammen. Mutlosigkeit ergriff von ihm Besitz. Er wußte selbst, daß es keine Rettung mehr für ihn geben konnte. Hier in dieser Wildnis war er den Apachen hilflos ausgeliefert. Morgan leckte sich über die Lippen. »Läßt du mir von deinen Kriegern einen Schluck Wasser geben?« fragte er krächzend. Cochise hob die Hand. Es war Schwarzer Wolf, der einen Wasserbeutel brachte, den Morgan ihm gierig aus den Händen riß. Er trank keuchend. Wassertropfen perlten über sein Kinn, als er zu hastig schluckte. Der Mescalero-Krieger nahm ihm den Wasserbeutel wieder ab und trat zu seinen Gefährten zurück. Yemaspi und die anderen Mescaleros saßen unbeweglich im Schatten der Bäume und blickten den Weißhäutigen wie ein seltenes Insekt an. Schweißtropfen überzogen Morgans Gesicht wie ein feines Netz aus Spinnweben. Er konnte dem harten Blick des Apachen-Häuptlings Cochise nicht standhalten. »Danke«, murmelte er und hätte sich früher niemals träumen lassen, sich bei einem Indianer zu bedanken.
»Nun kannst du mich umbringen, Cochise«, fuhr Glenn Morgan heiser fort. »Los, worauf wartest du noch?« * »Du wirst dich ausruhen, Bleichgesicht, damit du wieder zu Kräften gelangst«, antwortete Cochise ruhig. »Dann wird dich der Häuptling der Apachen zu einem Zweikampf fordern. Die Wahl der Waffen überlasse ich dir.« Der Bandit starrte den Chiricahua wie eine übernatürliche Erscheinung an. Mit allem hatte er gerechnet, nur nicht mit diesem fairen Angebot, das der Apachen-Chief so ruhig ausgesprochen hatte. Morgan kniff die Augen zusammen. »Du willst mich wohl auf einen Besen laden, was?« fragte er. Cochise zuckte mit den Achseln. Er verstand diese Redensart des Weißen nicht. »Es soll so geschehen, wie Cochise gesagt hat«, ließ sich der Jefe nochmals vernehmen. »Wir kämpfen, wenn die Sonne wieder aufgeht. Wenn es dir gelingt, mich zu besiegen, dann wirst du frei sein, Bleichgesicht. Cochise gibt dir sein Wort.« Glenn Morgan staunte immer mehr. Der fassungslose Ausdruck in seinem Gesicht reizte Cochise zu einem Lächeln. Dann wandte sich der Apache um, lief auf Yemaspi zu und richtete von dort aus nochmals sein Augenmerk auf den Gefangenen. »Wenn du zu fliehen versuchst, wirst du sterben. Die tapferen Krieger der Mescaleros werden dir zu essen und zu trinken geben und auch deine Verletzungen versorgen. Wenn du sie aber angreifst, werden sie dich töten.« Glenn Morgan setzte sich auf den Boden. Er mußte das alles erst verdauen. Noch vor wenigen Minuten hatte er geglaubt, wie ein Stück Vieh abgeschlachtet zu werden. Nun aber bot sich ihm die Chance eines Zweikampfes auf Leben und Tod.
Der Bandit spähte zu Cochise hinüber, der sich mit einem schon älteren Indianer unterhielt, der anscheinend der Häuptling dieser Krieger war. Über seinen Rücken lief ein kalter Schauer, als er Cochise näher in Augenschein nahm. Würde er überhaupt eine Chance im Kampf gegen diesen kräftigen und so erfahrenen Indianer haben? Morgan wußte es nicht. Er zuckte zusammen, als eine Hand seine Schulter berührte. Es war Schwarzer Wolf, der sich der Verletzung des Bleichgesichtes annahm, die Wunde säuberte und anschließend verband. Später erhielt der Bandit auch zu essen und so viel Wasser, wie er nur trinken konnte. Langsam ging es ihm besser. Und Glenn Morgan zeigte Nervenstärke, als er sich niederlegte und trotz seiner hämmernden Kopfschmerzen einzuschlafen vermochte. Schwarzer Wolf, Sturmvogel und Grüne Schlange saßen im Halbkreis um den Gefangenen. Sie würden ihm keine Chance geben, die Flucht zu ergreifen. Cochise konnte sich voll und ganz auf die drei tapferen Mescaleros verlassen. * Ein Lagerfeuer kämpfte gegen die grauen Schatten des beginnenden Tages an. Die ersten Vögel zwitscherten in den Zweigen der Bäume und Büsche. Morgan lag mit geschlossenen Augen am Boden. Er war schon seit längerer Zeit wach, denn der bevorstehende Zweikampf mit dem Apachen-Häuptling beunruhigte ihn nun doch mehr, als er sich selbst eingestehen wollte. Seine Kopfschmerzen waren fast verschwunden. Auch sonst fühlte sich der Outlaw ausgeruht und bei Kräften. Die lange Ruhepause hatte wie ein Wunder gewirkt. Er drehte sich auf die Seite und öffnete die Augenlider einen Spalt. Er sah das
fast niedergebrannte Lagerfeuer, das an das Auge eines Zyklopen erinnerte. Morgan erkannte auch die drei Wächter, die nur wenige Schritte von ihm entfernt saßen und jede seiner Bewegungen verfolgten. Mehr als einmal hatte der Bandit überlegt, ob er einen Fluchtversuch riskieren sollte, hatte es aber nicht gewagt. Die Krieger hätten ihn gnadenlos getötet. Er hatte es in ihren Augen gelesen. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Sonne hinter einem Berggipfel aufsteigen würde. Ein erster rötlicher Schimmer zeigte sich am Horizont. Glenn Morgan fühlte die schleichende Angst, die durch seinen Körper kroch und ihm die Kehle abzudrücken drohte. Schritte erklangen, die dicht vor ihm verhielten. Dann sagte auch schon Cochise: »Steh auf, weißer Mann. Die Stunde des Kampfes ist gekommen. Bald wird die leuchtende Scheibe am Himmel den neuen Tag verkünden.« Glenn Morgan erhob sich. Er begegnete unsicher dem harten Blick des Chiricahuas. »Hast du die Art der Waffe gewählt, mit der du gegen Cochise kämpfen willst?« »Wie ist die Auswahl?« fragte Morgan und konnte ein leichtes Beben in seiner Stimme nicht verhindern. »Tomahawk, Messer oder Schädelbrecher.« Morgan erschauerte noch mehr bei dem letzten Wort. »Messer«, flüsterte er. »Zu einem richtigen Revolverduell kann ich dich wohl nicht fordern?« »Messer«, sagte Cochise bestimmt. »Du kannst mit deinem eigenen kämpfen. Wenn die Sonne aufgeht, werden wir es austragen.« Cochise wandte sich ab. Schweigend versammelten sich die Krieger zu einem Halbkreis. Schwarzer Wolf brachte Glenn Morgan dessen Bowie-Messer. Er wog es in der Hand. Der
kalte Stahl stärkte sein Selbstvertrauen. Auch der Häuptling der Apachen hatte sich nur mit seinem Büffelmesser bewaffnet. Schweigend standen sich die beiden Kontrahenten gegenüber. Noch lagen die Schatten der Nacht über dem Tal. Tautropfen funkelten auf den Gräsern und Farnen. Es dauerte nur noch wenige Minuten, ehe die Helligkeit rasch zunahm und dann fast übergangslos zum Tageslicht wurde. Die Sonne kam hinter dem Talrand hervor. Der Kampf konnte beginnen. * Glenn Morgan hielt das Bowie-Messer so fest in der Faust, daß sich die Knöchel weiß färbten. In seinem Gesicht arbeitete es. Angst und Furcht wechselten mit Selbstvertrauen und Zuversicht… Cochise sah es. Er wußte, daß er einen Gegner vor sich hatte, der ihm alles abverlangen würde. Cochise war nun einmal ein Mann, der niemals einen Gegner unterschätzte. Der Kampf begann. Tänzelnd umkreisten sich die beiden Gegner, lauerten auf jede Bewegung des anderen, blickten sich in die Augen, wagten Ausfälle, um den Kontrahenten zu verwirren. Schon bald wurden den zuschauenden Mescaleros klar, daß Cochise reaktionsschneller, gewandter und vor allem der mutigere Angreifer war. Beifälliges Gemurmel ging durch die versammelten Krieger, als der Chiricahua einen Ausfall wagte und sein Büffelmesser die breite Brust des Bleichgesichtes nur knapp verfehlte. Glenn Morgan warf sich in letzter Sekunde zur Seite. Sein Schrei zerriß den jungen Morgen. Schweiß glänzte auf seinem verzerrten Gesicht. Er keuchte, taumelte einige Yards zur Seite und stellte sich erneut zum Kampf. Hart prallten die beiden
Männer gegeneinander. Jeder umklammerte mit stählernem Griff die Messerhand des anderen. Ein verbissenes Ringen setzte ein. Cochises Kraft setzte sich immer mehr durch. Stetig näherte sich die breite Klinge seines Büffelmessers der Brust des Gegners. Glenn Morgans Augen drohten aus den Höhlen zu fallen. Sein keuchender Atem verstärkte sich. Dann zog er plötzlich sein Knie hoch und traf den Häuptling der Apachen empfindlich unterhalb der Gürtellinie. Cochise mußte seinen Griff lockern, befreite sich von seinem Gegner und taumelte zurück. Sein Gesicht verzog sich vor Schmerzen. Glenn Morgan glaubte nun, die Chance seines Lebens zu erhalten. Er warf sich nach vorn, hatte die messerbewehrte Faust wie eine Lanze ausgestreckt und wollte den ApachenChief töten. Ein Aufschrei ging durch die umstehenden Indianer. Yemaspis Gesicht wurde hart. Die beiden unerbittlichen Gegner prallten aufeinander. Ein greller Schrei ertönte, der nichts Menschliches mehr an sich hatte. Die Mescaleros traten zögernd näher, denn beide Kämpfer lagen am Boden. Es war Cochise, der legendäre Häuptling der Apachen, der sich nach wenigen Sekunden erhob. Er hatte den Kampf zu seinen Gunsten entschieden. Glenn Morgan würde niemals wieder Tod und Verderben über seine Mitmenschen bringen. Seine seelenlosen Augen starrten zum Himmel, dessen Blau immer intensiver wurde. »Will Cochise nicht den Skalp des Bleichgesichts nehmen?« fragte Yemaspi. Seine Augen leuchteten vor Freude, daß der Chiricahua diesen Kampf auf Leben und Tod gewonnen hatte. Cochise schüttelte den Kopf. »Er hat tapfer gekämpft. Ich will ihm diese letzte Ehre erweisen. Lebe wohl, Yemaspi.« Cochise schritt auf seinen Mustang zu, schwang sich auf den
Pferderücken und winkte den Mescalero-Kriegern zu. Dann ritt er langsam davon. Er wollte zurück zu seinem Stamm. Bald verlor sich der legendäre Apache in der Weite des Tales. Stumm blickten ihm Schwarzer Wolf, Sturmvogel und Grüne Schlange nach. Und sie waren stolz darauf, einige Zeit an der Seite Cochises gekämpft zu haben.
ENDE