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eXamen.press ist eine Reihe, die Theorie und Praxis aus allen Bereichen der Informatik für die Hochschulausbildung vermittelt.
Manfred Wolff
Übungsaufgaben zur Mathematik für Informatiker und BioInformatiker Mit durchgerechneten und erklärten Lösungen
123
Manfred Wolff Fakultät für Mathematik Universität Tübingen Auf der Morgenstelle 10 72076 Tübingen
[email protected]
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISSN 1614-5216 ISBN-10 3-540-26135-4 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3-540-26135-3 Springer Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Text und Abbildungen wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet. Verlag und Autor können jedoch für eventuell verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Satz: Druckfertige Daten des Autors Herstellung: LE-TEX, Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Umschlaggestaltung: KünkelLopka Werbeagentur, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 33/3142 YL – 5 4 3 2 1 0
F¨ ur Raina
Vorwort Studierende der Informatik haben h¨ aufig Schwierigkeiten, die in der Vorlesung geh¨orten und mitgeschriebenen oder in einem Buch gefundenen mathematischen Sachverhalte so zu verstehen, dass sie damit kreativ umgehen ¨ k¨ onnen. Dazu ist – wie bei jedem Handwerk – praktische Ubung erforderlich, die man sich durch L¨ osen konkreter Probleme erwirbt. Deshalb lege ich hier in Erg¨ anzung zu dem Buch “Mathematik f¨ ur Informatik und Bioinformatik von M. Wolff, P. Hauck, W. K¨ uchlin (Springer 2004)[WHK] eine Sammlung von Aufgaben mit meist kompletten und ausf¨ uhrlichen L¨ osungen vor. Bei der Gliederung richte ich mich im großen und ganzen nach dem zugrunde liegenden Buch (allerdings musste ich einige kleinere Abweichungen vornehmen). Der Leser kann so gleichzeitig dessen Abschnitte durcharbeiten und die zugeh¨ origen Aufgaben l¨osen. Meist wird schon bei der Aufgabe ein Tipp gegeben, welcher Abschnitt des Buches beziehungsweise welcher Sachverhalt hier besonders geeignet f¨ ur die L¨ osung ¨ ist. Durch das gemeinsame Erarbeiten des Stoffs im Buch und der Ubung durch die entsprechenden Aufgaben wird ein Optimum an nachhaltigem Wissenserwerb erreicht – dies ist das Hauptziel dieser Aufgabensammlung. Daneben sollte es sich auch ideal zur Vorbereitung von Klausuren eignen. ¨ Die meisten Aufgaben stammen aus den w¨ ochentlichen Ubungen, die begleitend zur Vorlesung, auf der das Buch beruht, zu l¨ osen waren. Klausuraufgaben wurden ebenfalls herangezogen. In der Regel werden zun¨achst sehr einfache Aufgaben mit ganz konkreten Zahlen oder Funktionen etc. gestellt, durch die man bereits beispielhaft zu den abstrakteren Problemen herangef¨ uhrt wird. Gerade f¨ ur den Anf¨ anger sind solche konkreten Beispiele sehr wichtig. An einigen Stellen ergibt sich von selbst, dass die konkrete Aufgabe besser mit einem abstrakten Ansatz zu l¨ osen ist als nur mit elementaren Mitteln. So lernen Leserinnen und Leser den Vorteil abstrakter Zug¨ange f¨ ur kreatives L¨ osen von Problemen kennen. Ein stures Ein¨ uben konkreter Techniken wie etwa der Integration oder Differentiation wurde eher in den Hintergrund gestellt. Dazu gibt es zu gute Computeralgebra-Programme, die wesentlich zuverl¨assiger als auch das best trainierte menschliche Gehirn arbeiten. Es gen¨ ugt meines Erachtens, wenn man die Technik so weit beherrscht, dass man im Einzelfall Ergebnisse, die ein Programm liefert, nachpr¨ ufen kann, auch wenn dies wegen mangelnden Trainings etwas l¨anger dauert. Zu einigen Gruppen von Aufgaben habe ich kurzgefasste Einf¨ uhrungen gegeben, wo immer dies ohne Sinnverf¨ alschung m¨ oglich war. So kann man die ¨ Ubungsaufgaben auch dann l¨ osen, wenn mann das Buch [WHK] nicht zur Verf¨ ugung hat oder nicht heranziehen m¨ ochte.
VIII
Vorwort
Ohne dass darauf immer explizit verwiesen wird, ist es sehr hilfreich, wenn man die m¨oglichen Visualisierungen benutzt. Sie sind unter http://min.informatik.uni-tuebingen.de zu finden. Vorausgesetzt wird eine Java-3D-Version. Nat¨ urlich ist das f¨ ur die einzelnen Kapitel gegebene Aufgaben-Material knapp bemessen, da die L¨osungen ihrerseits relativ viel Platz einnehmen, damit man sie auch verstehen kann. So handelt es sich eher um eine Sammlung von Aufgaben-Beispielen, deren Durcharbeitung dazu bef¨ ahigt, eine F¨ ulle ¨ahnlicher Aufgaben m¨ uhelos zu l¨ osen. Wer mehr trainieren m¨ochte, sei auf die weiteren Aufgaben aus [WHK, Hac, Har] oder anderen B¨ uchern, sowie auf das Buch [Ri] verwiesen. Mein Dank gilt in erster Linie Frau Margot R¨ ummele, die ja nicht nur die Aufgaben w¨ ahrend der Semester, sondern auch die L¨ osungen geschrieben hat und das neben ihrer regul¨ aren Arbeit. Mein Dank gilt nat¨ urlich ebenso den Koautoren des Buches, die mir viele Tipps f¨ ur vern¨ unftige Aufgaben zukommen ließen. Dar¨ uber hinaus habe ich wertvolle Anregungen von meinen Assistenten Dr. J¨ urgen Hengge und Dr. J¨ urgen Schweizer sowie von unseren wissenschaftlichen Hilfskr¨aften erhalten, ¨ die die Ubungsgruppen betreut haben, wof¨ ur ich allen dankbar bin. Dem Verlag danke ich f¨ ur das Angebot, ein solches Aufgabenbuch zu schreiben, sowie f¨ ur die Engelsgeduld, als die Abgabetermine nicht eingehalten wurden. Schließlich danke ich meiner Frau, der ich – obwohl Emeritus – durch diese Arbeit viel Zeit entzogen habe, wof¨ ur sie gr¨oßtes Verst¨andnis aufgebracht hat. T¨ ubingen, im Sommer 2005
Manfred Wolff
Inhaltsverzeichnis 1
¨ Einleitung und Uberblick
2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
Grundlagen Einf¨ uhrung in das mathematische Argumentieren ......... Mengen ............................................................ Nat¨ urliche Zahlen und Kombinatorik ........................ Einf¨ uhrung in die Graphentheorie ............................. Formale Aussagenlogik..........................................
7 13 31 39 44
3 3.1 3.2
Einf¨ uhrung in die elementare Zahlentheorie Teilbarkeit und Kongruenzen .................................. Primfaktorzerlegung .............................................
57 66
4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5
Einf¨ uhrung in die Algebra Halbgruppen, Monoide und Gruppen ........................ 71 Ringe und K¨orper ................................................ 85 Teilbarkeitslehre in Polynomringen ........................... 93 Erste Anwendungen ............................................. 103 Boolesche Algebren.............................................. 108
5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5
Elementare Grundlagen der Analysis Der K¨orper der reellen Zahlen ................................. Der K¨orper der komplexen Zahlen............................ Folgen und Konvergenz......................................... Unendliche Reihen ............................................... Komplexe Zahlenfolgen und Reihen ..........................
6 6.1 6.2 6.3
Reelle Funktionen einer Ver¨ anderlichen Reelle Funktionen und ihre Erzeugung....................... 143 Grenzwert von Funktionswerten............................... 152 Stetigkeit .......................................................... 157
7 7.1 7.2 7.3 7.4
Differential- und Integralrechnung Die Ableitung einer Funktion .................................. Grenzwertbestimmungen ....................................... Der Entwicklungssatz von Taylor und lokale Extremwerte Integralrechnung .................................................
8 8.1 8.2
Anwendungen Periodische Funktionen ......................................... 179 Fouriertransformation ........................................... 182
117 119 122 130 135
163 167 169 170
X
Inhaltsverzeichnis
8.3
Skalare gew¨ ohnliche Differentialgleichungen ................ 183
9 9.1 9.2
Einf¨ uhrung in die Vektorrechnung Vektorrechnung in R2 und R3 ................................ 189 Lineare Unabh¨angigkeit in R2 , R3 und CR ................. 190
10 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 10.6
Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen Einf¨ uhrung ........................................................ Lineare Abbildungen............................................. Matrizen ........................................................... Determinanten.................................................... Eigenwerte linearer Abbildungen .............................. Skalarprodukt auf Rp ...........................................
11 11.1 11.2
Lineare Gleichungssysteme und lineare Rekursionen Lineare Gleichungssysteme ..................................... 217 Lineare Rekursionen ............................................. 218
12
Zur affinen Geometrie in A(R2 ) und A(R3 )
13 13.1 13.2 13.3
Funktionen mehrerer Ver¨ anderlicher Folgen in Rp und Folgen von Matrizen...................... 229 Grenzwerte von Funktionswerten, Stetigkeit................ 234 Anwendungen in der Numerik ................................. 236
14 14.1 14.2 14.3 14.4
Mehrdimensionale Differentialrechnung Kurven im Rp .................................................... Differentiation von Funktionen in mehreren Variablen.... Hesse-Matrix, Satz von Taylor, Extremwerte ............... Der Umkehrsatz und seine Anwendungen ...................
15 15.1 15.2 15.3
Das mehrdimensionale Integral Integrale u ¨ber kompakte Mengen ............................. 255 Der Transformationssatz ....................................... 256 Integrale u ¨ber R2 ................................................ 258
16 16.1 16.2 16.3 16.4
Einf¨ uhrung in die Stochastik Wahrscheinlichkeitsr¨aume ...................................... Zufallsvariablen................................................... Bedingte Wahrscheinlichkeiten und Unabh¨angigkeit ...... Markoff–Ketten ..................................................
197 198 200 207 208 209
243 244 248 249
261 264 266 270
Inhaltsverzeichnis
XI
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
273
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
275
Kapitel 1 ¨ Einleitung und Uberblick
1
1
1
¨ Einleitung und Uberblick
¨ 1 Einleitung und Uberblick In [WHK, Kapitel 1] haben wir ausf¨ uhrlich dargelegt, wie Informatik und Mathematik zusammen kommen. Aber wir haben dort keinerlei mathematische Theorie dargestellt. Daher k¨ onnen wir hier nur eine “Aufgabe” ohne L¨osung stellen. Aufgabe 1.1 Schauen Sie sich alle m¨ oglichen Lehrb¨ ucher der Informatik an, zum Beispiel alle, die im Literaturverzeichnis von [WHK] zu finden sind. Notieren Sie sich die dort ben¨ otigten mathematischen Sachverhalte. Sie werden nur einen Teil davon verstehen. Aber notieren Sie sich diesen einfachen Teil und versuchen Sie, eine Verbindung zu unserem Buch und zu den hier pr¨ asentierten Aufgaben zu finden.
1.1
Kapitel 2 Grundlagen
2
2
2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
Grundlagen Einf¨ uhrung in das mathematische Argumentieren ......... Mengen ............................................................ Nat¨ urliche Zahlen und Kombinatorik ........................ Einf¨ uhrung in die Graphentheorie ............................. Formale Aussagenlogik..........................................
7 13 31 39 44
2 Grundlagen 2.1 Einf¨ uhrung in das mathematische Argumentieren
2.1
In diesem Abschnitt wollen wir das mathematische Argumentieren etwas analysieren. Es weicht vom umgangssprachlichen Argumentieren eher dadurch ab, dass es eingeschr¨ ankt ist, als dadurch, dass es vollkommen anders ist: nicht alle Argumentationen sind zugelassen, die im Alltag noch akzeptiert werden. Außerdem werden die einzelnen Schlussregeln etwas pr¨ azisiert. Orientieren Sie sich zum Beispiel an [WHK, Abschnitt 2.1]! Oft gebrauchen wir den Ausdruck “Logisch a ¨quivalent”: “Der Schluss A ist logisch a ¨quivalent zum Schluss B” bedeutet: immer da, wo ich A benutze, kann ich mit demselben Effekt auch B benutzen, und immer, wo ich B benutze, kann ich auch A nehmen. Zum Beispiel: Die Sonne scheint und die Temperatur ist angenehm. ist a ¨quivalent zu Die Temperatur ist angenehm und die Sonne scheint. Oder abstrakter: “A = C und D” ist ¨ aquivalent zu “B = D und C”. Seien C und D Aussagen, die ihrerseits von anderen Aussagen A und B abh¨ angen. Wir pr¨ ufen, ob C logisch a ¨quivalent zu D ist, indem wir die Wahrheitswerte von C und D in Abh¨ angigkeit von denen von A und B ausrechnen. Kommt in beiden F¨ allen dasselbe heraus, so sind C und D logisch a ¨quivalent. In der Aussagenlogik wird dies formalisiert, hier benutzen wir es einfach unter Berufung auf unseren Alltagsverstand. Aufgabe 2.1 Sei A eine Aussage. Zeigen Sie bitte, dass die doppelte Negation
¬(¬(A)) logisch a¨quivalent ist zu A. Tipp: Stellen Sie die Wahrheitswertetabelle auf. Bemerkung: Dass die doppelte Verneinung a¨quivalent ist zur Aussage selbst, ist umgangssprachlich nicht immer ganz klar. Das liegt unter anderem daran, dass schon die Verneinung umgangssprachlich komplizierter ist, als man annimmt. Hier ein Beispiel: “Denken Sie jetzt bitte nicht an einen rosa Elefanten mit blauen P¨ unktchen!” Woran denken Sie jetzt? Manche dr¨ ucken das so aus: “Die Seele kennt keine Verneinung”. L¨ osung: Wir schreiben zun¨ achst die Tafel f¨ ur die Verneinung auf, aber mit dem Symbol C f¨ ur eine beliebige Aussage.
2.1
8
2. Grundlagen
C 1 0
¬C 0 1
Damit stellen wir jetzt die Tafel f¨ ur die doppelte Verneinung auf: ¬(A) 0 1
A 1 0
¬(¬(A)) 1 0
Die dritte Spalte haben wir erhalten, indem wir die erste Tafel auf C = ¬(A) angewendet haben. Da, wo bei ¬(A) eine 1 steht, muss bei ¬(¬(A)) eine 0 stehen und entsprechend da, wo bei ¬(A) eine 0 steht, muss bei ¬(¬(A)) eine 1 stehen. Die erste und dritte Spalte sind gleich, also sind die beiden Aussagen logisch ¨aquivalent. Im Folgenden benutzen wir oft die logischen Symbole ∨ (oder) , ∧ (und) , ⇒ (wenn – dann) und ⇔ (genau dann, wenn) nicht in einer extra Sprache der Logik, sondern als mathematische Stenografie. Das ist zum Teil bequem, aber verwenden Sie diese Abk¨ urzungen nicht zu oft, weil sonst der Text zu schwer verst¨ andlich wird. 2.2
Aufgabe 2.2 Zeigen Sie bitte: Die Aussage “Wenn es regnet, wird der Wald nass” ist logisch ¨aquivalent zur Aussage “Bleibt der Wald trocken, regnet es nicht”. Tipp: A: “Es regnet”, B: “Der Wald wird nass”.
L¨ osung: Wir setzen A: “es regnet”, B: “der Wald wird nass”. Die Verneinung von A ist: “es regnet nicht”, die von B “der Wald wird nicht nass”, was umgangssprachlich dasselbe ist, wie “der Wald bleibt trocken”. Die Tabelle f¨ ur “wenn es regnet wird der Wald nass”, also f¨ ur “A ⇒ B , ist auf [WHK, S. 14 unten]. Wir schreiben sie ab, w¨ ahlen aber neue Buchstaben f¨ ur die Aussagen. C 1 1 0 0
D 1 0 1 0
C⇒D 1 0 1 1
Wir schreiben nun diese Tabelle f¨ ur A und B hin und erg¨ anzen sie durch ¬B und ¬CA
2.1
Einf¨ uhrung in das mathematische Argumentieren
A 1 1 0 0
B 1 0 1 0
A⇒B 1 0 1 1
¬B 0 1 0 1
¬A 0 0 1 1
9
¬B ⇒ ¬A 1 0 1 1
Die letzte Spalte erhalten wir aus der ersten Tabelle f¨ ur C = ¬B und D = ¬A. Steht unter C eine 1 und unter D eine 0, so steht unter C ⇒ D eine Null. Damit m¨ ussen wir in Zeile zwei in der letzten Spalte eine 0 eintragen. In allen anderen F¨ allen steht (wie in der ersten Tabelle) eine 1. Die dritte und die letzte Spalte sind gleich und das bedeutet nach der Festsetzung [WHK, S. 14, vorl. Absatz], dass beide Aussagen logisch ¨aquivalent sind. ¬B ⇒ ¬A bedeutet aber nach der Einleitung: wenn es nicht regnet, bleibt der Wald trocken. Zeigen Sie bitte allgemein: A ⇒ B ist logisch a¨quivalent zu (¬B) ⇒ (¬A). Tipp: Stellen Sie eine Wahrheitswerte-Tabelle f¨ ur A ⇒ B und eine f¨ ur (¬B) ⇒ (¬A) auf und vergleichen Sie die Tabellen (s. [WHK, S. 14]). Aufgabe 2.3
2.3
L¨ osung: Diese L¨osung haben wir bereits in der L¨ osung zur Aufgabe 2 mit behandelt. Aufgabe 2.4 Verneinen Sie bitte die folgenden Aussagen: a) Es regnet und schneit. b) Ich gehe morgen ins Kino oder ins Theater.
2.4
L¨ osung: a) “Es regnet und es schneit” bedeutet ja “Schneeregen” (oft im November). Die Verneinung ist also “kein Schneeregen”, und das heißt “es regnet nicht” oder “es schneit nicht”. b) Die Verneinung von “Ich gehe morgen ins Kino oder Theater” ist umgangssprachlich “Ich gehe morgen weder ins Kino noch ins Theater” und das ist etwas umst¨andlicher ausgedr¨ uckt: “Ich gehe morgen nicht ins Kino und ich gehe morgen nicht ins Theater”. Aufgabe 2.5 (allgemeine Fassung der vorigen Aufgabe; “De Morgansche Re-
geln”) Zeigen Sie bitte: ¬(A∧B) ist logisch a¨quivalent zu (¬A)∨(¬B) und ¬(A∨B) ist logisch a¨quivalent zu (¬A) ∨ (¬B).
2.5
10
2. Grundlagen
Tipp: Gehen Sie wie in der ersten Aufgabe vor, das heißt, stellen Sie die entsprechenden Wahrheitswertetabellen auf. L¨ osung: Zun¨ achst merken wir an: Aufgabe 2.4 zeigte uns, dass das, was wir hier zeigen sollen, umgangssprachlich gerechtfertigt ist. a) Wir stellen einfach die Tabellen f¨ ur die Aussagen auf. Dabei orientieren wir uns an den Wahrheitswertetafeln f¨ ur ¬, ∧ und ∨, die wir hier mit neuen Buchstaben formulieren, damit wir besser einsetzen k¨ onnen: C 1 0
D 1 1 0 0
E 1 0 1 0
¬C 0 1
D∧E 1 0 0 0
D∨E 1 1 1 0
Es ergibt sich A 1 1 0 0
B 1 0 1 0
A∧B 1 0 0 0
¬(A ∧ B) 0 1 1 1
¬A 0 0 1 1
¬B 0 1 0 1
(¬A) ∨ (¬B) 0 1 1 1
Die vierte Spalte erhielten wir aus der ersten Tabelle: Wenn C den Wert 0(=f ˆ alse) hat, hat ¬C den Wert 1(=true). ˆ Genau so ergibt sich die letzte Spalte aus der zweiten Tabelle f¨ ur ¬A = D und ¬B = E. D ∨E hat nur dann den Wert 0, wenn sowohl D als auch E den Wert 0 haben. Sonst hat D∨E den Wert 1. Genau das haben wir eingetragen. Die vierte und die letzte Spalte stimmen u ¨ berein. Also sind ¬(A ∧ B) und (¬A) ∨ (¬B) logisch a¨quivalent. 2.6
Aufgabe 2.6 Zeigen Sie bitte, dass die Aussagen (A ⇒ B) und (¬(A) ∨ B) logisch a¨quivalent sind.
2.1
Einf¨ uhrung in das mathematische Argumentieren
11
L¨ osung: Wir stellen einfach die Wahrheitswertetabelle auf. Dabei benutzen wir f¨ ur A ⇒ B die auf [WHK, S. 14 unten] angegebene Tabelle. Wir berechnen die f¨ unfte Spalte aus der zweiten und vierten. A 1 1 0 0
B 1 0 1 0
A⇒B 1 0 1 1
¬(A) 0 0 1 1
(¬(A) ∨ B 1 0 1 1
Die dritte und die f¨ unfte Spalte stimmen u ¨ berein. Daraus folgt die Behauptung. Aufgabe 2.7 Seien A, B und C Aussagen. Zeigen Sie bitte: Die Aussage
((A ⇒ B) ∧ (B ⇒ C)) ⇒ (A ⇒ C) ist immer wahr oder eine sog. Tautologie . Man sagt, dass “⇒” transitiv ist. Umgangssprachlich bedeutet diese Aussage: Wenn A die Aussage B zur Folge hat, und die Aussage B die Aussage C zur Folge hat, dann hat auch A die Aussage C zur Folge. Ein Beispiel: Wenn es regnet, wird die Autobahn nass. Wenn die Autobahn nass wird, kann es Aquaplaning geben. Das hat zur Folge: Wenn es regnet, kann es Aquaplaning auf der Autobahn geben. L¨ osung: Wir notieren zun¨ achst noch einmal f¨ ur beliebige Aussagen D und E die Wahrheitswerte-Tabelle f¨ ur D ⇒ E. D 1 1 0 0
E 1 0 1 0
D⇒E 1 0 1 1
Diese Tabelle wenden wir f¨ ur A ⇒ B, B ⇒ C und A ⇒ C an. Wir setzen (A ⇒ B) ∧ (B ⇒ C) ≡ D in der letzten Spalte.
2.7
12
A 1 1 1 1 0 0 0 0
2. Grundlagen
B 1 1 0 0 1 1 0 0
C 1 0 1 0 1 0 1 0
A⇒B 1 1 0 0 1 1 1 1
B⇒C 1 0 1 1 1 0 1 1
(A ⇒ B) ∧ (B ⇒ C) 1 0 0 0 1 0 1 1
A⇒C 1 0 1 0 1 1 1 1
D ⇒ (A ⇒ C) 1 1 1 1 1 1 1 1
Die letzte Spalte folgt aus den beiden vorangegangenen f¨ ur E = (A ⇒ C) und der Eingangstabelle. 2.8
Aufgabe 2.8 Die nat¨ urlichen Zahlen sind die Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, . . . die man
durch Z¨ ahlen erh¨ alt. Die ganzen Zahlen sind 0, 1, −1, 2, −2 usw. Wir sagen: urliche die nat¨ urliche Zahl a teilt die nat¨ urliche Zahl b, wenn ab wieder eine nat¨ Zahl ist. (In [WHK, S. 16] ist die Definition im Beispiel falsch, siehe die Druckfehlerberichtigung unter http://min.informatik.uni-tuebingen.de/, dort Buch anklicken). Zeigen Sie bitte: Sei b eine nat¨ urliche Zahl. Dann sind die folgenden Aussagen aquivalent: ¨ B1 : 12 teilt b. B2 : Es gibt eine nat¨ urliche Zahl k mit b = 12k. B3 : 3 teilt b und 4 teilt b. Tipp: Siehe [WHK, Beispiel, S. 16] L¨ osung: Wir wollen zeigen, dass die folgenden Aussagen ¨aquivalent sind. B1: 12 teilt b. B2 : Es gibt eine nat¨ urliche Zahl k mit b = 12k. B3 : 3 teilt b und 4 teilt b. Umst¨andlich m¨ ussten wir B1 ⇔ B2 , B1 ⇔ B3 und B2 ⇔ B3 beweisen. Wir zeigen statt dessen B1 ⇒ B2 und B2 ⇒ B3 und B3 ⇒ B1. Dass damit ¨ alle Aquivalenzen bewiesen sind, ergibt sich aus der vorigen Aufgabe (vergl. [WHK, S. 16 oben]). b eine nat¨ urliche Zahl; wir nennen sie B1 ⇒ B2: Da 12 die Zahl b teilt, ist 12 b k. Es ist also k = 12 und damit b = 12k. urliche Zahl, B2 ⇒ B3: Es ist b = 12k, also ist 3b = 4k und das ist eine nat¨ urliche Zahl, also teilt 4 die also teilt 3 die Zahl b. Ebenso ist 4b = 3k eine nat¨ Zahl b. B3 ⇒ B1: Das ist etwas schwieriger. Wir ben¨otigen eigentlich [WHK, Korollar 3.12b] daf¨ ur; wir spezialisieren den dortigen Beweis auf unsere Situation.
2.2
Mengen
13
Der Schl¨ ussel ist: wir k¨onnen die Zahl 1 als Differenz von Vielfachen von 3 und 4 ausdr¨ ucken. Es ist n¨ amlich 1 = 16 − 15 = 4 · 4 − 5 · 3 (das ist der allgemeine Trick, hier spezialisiert). urliche Zahlen. Also ist b = 3k = 4 und damit Nun sind k = 3b und = 4b nat¨ b = 1 · b = 16b − 15b = 16 · 3k − 15 · 4 = 48k − 60 = 12(4k − 5). Weil b als nat¨ urliche Zahl gr¨ oßer als 0 und 12 gr¨ oßer als 0 ist, muss die ganze b auch gr¨ oßer als 0, also eine nat¨ urliche Zahl sein. Damit Zahl 4k − 5 = 12 gilt, dass 12 die Zahl b teilt.
2.2 Mengen Mengen und Mengenrelationen
Zum Beweisen von Relationen zwischen Mengen: Wir benutzen f¨ ur Mengen im Moment einmal die Buchstaben U und V , damit man sp¨ ater in den Aufgaben f¨ ur U und V die geeigneten Mengen “einsetzen” kann. (i) Man beweist die Aussage U ⊆ V , indem man zeigt, dass jedes beliebige Element aus U auch in V liegt. Ist das nicht selbstverst¨ andlich, so f¨ angt man so an: Sei x ∈ U ein beliebiges Element. Dann gilt A(x), wobei A(x) eine unmittelbar einsichtige Aussage u ¨ber x ist. Damit folgt B(x), wobei B(x) wieder eine unmittelbare einsichtige Folge von A(x) ist. Nach einer weiteren Kette von unmittelbar auseinander folgenden Aussagen u ¨ber x erh¨ alt man am Schluss (wieder leicht einsichtig): Also gilt x ∈ V . Da x ∈ U ganz beliebig gew¨ ahlt war, gilt f¨ ur jedes x ∈ U auch x ∈ V , also folgt (nach Definition einer Teilmenge) U ⊆ V . Den Schlusssatz l¨ asst man auch meistens fort, weil er unmittelbar klar ist. (ii) Man beweist die Aussage U = V , indem man entweder die beiden Aussagen U ⊆ V und V ⊆ U nach dem vorigen Muster zeigt. Oder aber man kann an die Einsicht des Lesers appellieren, indem man das folgende verk¨ urzte Verfahren benutzt: x ∈ U gilt genau dann, wenn A1 (x) gilt, wobei dieses Argument unmittelbar einsichtig sein muss. A1 (x) gilt genau dann, wenn A2 (x) gilt, usw. Man muss ur arenden mit An (x) gilt genau dann, wenn x ∈ V gilt. Man hat also daf¨
2.2
14
2. Grundlagen
gumentiert, dass x ∈ U genau dann gilt, wenn x ∈ V gilt. Das bedeutet aber die Gleichheit von Mengen. Beispiele f¨ ur dieses Vorgehen findet man in den folgenden Aufgaben. 2.9
Aufgabe 2.9 (s. [WHK, S. 21]) Wir betrachten die Mengen
X = {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10} , M = {1, 2, 3, 4}, N = {3, 4, 7, 8, 9} und P = {1, 4, 8, 10}. a) Zeigen Sie bitte: M, N und P sind in X enthalten, in Zeichen: M ⊆ X , N ⊆ X , P ⊆ X; aber X ⊆ M . b) Berechnen Sie bitte M ∩ N , M ∩ P , N ∩ P sowie M ∩ N ∩ P . c) Berechnen Sie bitte M ∪ N , M ∪ P , N ∪ P und M ∪ N ∪ P . d) Berechnen Sie die Komplemente von M, N und P in X, das heißt die Mengen X \ M , X \ N und X \ P . e) Berechnen Sie X \ (M ∩ N ) und pr¨ ufen Sie die Gleichung X \ (M ∩ N ) = (X \ M ) ∪ (X \ N ) nach. f) Berechnen Sie X \ (M ∪ N ) und pr¨ ufen Sie die Gleichung X \ (M ∪ N ) = (X \ M ) ∩ (X \ N ) nach. L¨ osung: a) M ist in X enthalten, wenn jedes x aus M auch in X liegt. Es gilt 1 ∈ M und 1 ∈ X , 2 ∈ M und 2 ∈ X , 3 ∈ M und 3 ∈ X , 4 ∈ M und 4 ∈ X. Also folgt M ⊆ X. F¨ ur N und P geht alles analog. X ⊆ M , weil zum Beispiel 10 ∈ X, aber 10 ∈ M ist. b) M ∩ N besteht nach Definition aus allen Zahlen x aus X, die sowohl in M als auch in N liegen; das ergibt M ∩ N = {3, 4}. Analog M ∩ P = {1, 4} , N ∩ P = {4, 8}. M ∩ N ∩ P besteht aus allen Zahlen x aus X, die sowohl in M als auch in N als auch in P liegen. Das ist aber nur das einzige Element 4, also M ∩ N ∩ P = {4}. c) M ∪ N besteht aus allen Zahlen x in X, die in M oder in N (oder in beiden liegen). Also ist M ∪ N = {1, 2, 3, 4, 7, 8, 9}. Analog M ∪ P = {1, 2, 3, 4, 8, 10} , N ∪ P = {1, 3, 4, 7, 8, 9, 10} und M ∪ N ∪ P = {1, 2, 3, 4, 7, 8, 9, 10}. d) X \ M = {x ∈ X : x ∈ M } besteht aus allen Zahlen x ∈ X, die nicht in M liegen. Also X \ M = {5, 6, 7, 8, 9, 10}. Entsprechend erh¨ alt man X \ N = {1, 2, 5, 6, 10} , X \ P = {2, 3, 5, 6, 7, 9}. e) X \ (M ∩ N ) besteht aus allen x in X, die nicht in M ∩ N liegen. Nach b) ist damit X \ (M ∩ N ) = {1, 2, 5, 6, 7, 8, 9, 10}. (X \ M ) ∪ (X \ N ) besteht aus allen x ∈ X, die in X \ M oder in X \ N (oder in beiden) liegen. Nach d) ist das {5, 6, 7, 8, 9, 10, 1, 2} = X \ (M ∩ N ).
2.2
Mengen
15
f) M ∪ N wurde in c) berechnet. X \ (M ∪ N ) besteht aus allen x ∈ X, die nicht in M ∪ N liegen. Also X \ (M ∪ N ) = {5, 6, 10}. (X \ M ) ∩ (X \ N ) besteht aus allen x ∈ X, die sowohl in X \ M , als auch in X \ N liegen. Beide Mengen wurden unter d) berechnet. Es ist damit (X \ M ) ∩ (X \ N ) = {5, 6, 10} = X \ (M ∪ N ). Aufgabe 2.10 Sei jetzt X = R die Menge aller reellen Zahlen (das sind die
gew¨ohnlichen Zahlen, die Sie aus der Schule kennen), M = {x ∈ R : x ≤ 1} =: ] − ∞, 1] N = {x ∈ R : −1 < x ≤ 3} =: ] − 1, 3] und P = {x ∈ R : 2 < x} =: ]2, ∞[. Die Ausdr¨ ucke hinter =: sind bequeme und u ¨bliche Abk¨ urzungen (siehe [WHK, S. 20 und S. 184]). F¨ uhren Sie die vorige Aufgabe a) bis f) jetzt f¨ ur diese Mengen X, M, N und P durch. L¨ osung: a) M ⊆ X , N ⊆ X und P ⊆ X sind (wie in der vorigen Aufgabe) klar. X = R M , denn es liegt zum Beispiel 100 in X aber nicht in M . X N wird mit dem gleichen Element bewiesen. X P weil zum Beispiel −100 in X aber nicht in P liegt. b) M ∩ N = {x ∈ R : (x ∈ M ) ∧ (x ∈ N )} . Genau dann ist x ∈ M ∩ N , wenn x ∈ M , also x ≤ 1 und x in N , also −1 < x ≤ 3 ist. Dann ist genau dann der Fall, wenn −1 < x ≤ 1 ist. Damit ist M ∩N = {x ∈ R : −1 < x ≤ 1} =]−1, 1]. Entsprechend ergibt sich: x ist genau dann in M ∩ P , wenn x ≤ 1 und x > 2 gilt. Eine solche reelle Zahl gibt es aber nicht. Also M ∩ P = ∅. Genau dann ist x in N ∩ P , wenn −1 < x ≤ 3 und x > 2 ist. Das ist genau dann der Fall, wenn 2 < x ≤ 3 gilt. Also ist N ∩ P =]2, 3]. Weil M ∩ P = ∅ ist erst recht M ∩ P ∩ N = M ∩ N ∩ P = ∅. c) Genau dann liegt x in M ∪ N , wenn x in M oder x in N liegt (oder in beiden). Das ist genau dann der Fall, wenn x ≤ 1 oder −1 < x ≤ 3 ist. Das wiederum gilt genau dann, wenn x ≤ 3 ist. Also ist M ∪ N =] − ∞, 3]. Entsprechend ergibt sich M ∪ P =] − ∞, 1] ∪ [2, ∞[ und N ∪ P =] − 1, ∞[. Schließlich erhalten wir, dass x in M ∪ N ∪ P genau dann liegt, wenn x in M ∪ N oder in P liegt. Das ist nach dem Vorangegangenen genau dann der Fall, wenn x ≤ 3 oder x > 2 ist (oder beides). Das gilt aber f¨ ur jede reelle Zahl. Also ist M ∪ N ∪ P = R. d) X \ M besteht aus allen reellen Zahlen x, die nicht in M liegen, die also x > 1 erf¨ ullen. Damit ist X \ M =]1, ∞[. X \ N besteht aus allen reellen Zahlen x die nicht in N liegen. Das sind alle Zahlen x mit ¬((−1 < x) ∧ (x ≤ 3)). Nach Aufgabe 2.5 sind dies alle Zahlen
2.10
16
2. Grundlagen
x mit (¬(−1 < x)) ∨ (¬(x ≤ 3)) und das sind alle Zahlen x mit x ≤ −1 oder x > 3. Damit ist X \ N = X\] − 1, 3] =] − ∞, −1]∪]3, ∞[. x liegt in X \ P genau dann, wenn x in X, aber nicht in P liegt. Das ist genau dann der Fall, wenn x ∈ X ist und x ≤ 2. Also ist (X = R!) R\]2, ∞[=] − ∞, 2]. e) Wir hatten M ∩N =]−1, 1] berechnet. Damit ist R\(M ∩N ) = R\]−1, 1] = ] − ∞, −1]∪]1, ∞[ (vergleiche die Berechnung von R \ N ). Es ist (X \ M ) ∪ (X \ N ) die Menge aller x ∈ X, die in X \ M oder in X \ N (oder in beiden) liegen. X \ M und X \ N haben wir schon berechnet. Also ist (X \ M ) ∪ (X \ N ) =]1, ∞[∪] − ∞, −1]∪]3, ∞[. Wegen ]3, ∞[⊆]1, ∞[ ist ]1, ∞[∪]3, ∞[=]1, ∞[. Also ist (X \ M ) ∪ (X \ N ) =]1, ∞[∪] − ∞, −1] = X \ (M ∩ N ). f) Wir hatten M ∪ N =] − ∞, 3] erhalten. Damit ist x ∈ R genau dann nicht in M ∪ N , wenn x > 3 ist. Damit ist X \ (M ∪ N ) =]3, ∞[. Wir hatten sowohl X \ M =]1, ∞[, als auch X \ N =] − ∞, −1]∪]3, ∞[ erhalten. Es ist x in (X \ M ) ∩ (X \ N ) genau dann, wenn x > 1 und ((x ≤ −1) oder (x > 3)) ist. Das ist genau dann der Fall, wenn x > 3 ist. Also ist (X \ M ) ∩ (X \ N ) =]3, ∞[= X \ (M ∪ N ). 2.11
Aufgabe 2.11 Seien M, N und X beliebige Mengen mit M ⊆ X, N ⊆ X. Zeigen Sie bitte: a) X \ (X \ M ) = M . b) X \ (M ∩ N ) = (X \ M ) ∪ (X \ N ) (De Morgansche Regel). c) Wie heißt die entsprechende Formel f¨ ur ∪ statt ∩ auf der linken Seite der Gleichung?
L¨ osung: X \ (X \ M ) = {x ∈ X : x ∈ (X \ M )}. Nun ist x ∈ (X \ M ) a¨quivalent zu ¬(x ∈ X \ M ) und x ∈ (X \ M ) ist ¨aquivalent zu ¬(x ∈ M ). Damit ist x ∈ (X \ M ) a¨quivalent zu ¬(¬(x ∈ M )) und das ist nach Aufgabe 1 a¨quivalent zu x ∈ M . Damit gilt: x ∈ X \ (X \ M ) gilt genau dann, wenn x ∈ M gilt. Also sind beide Mengen gleich. b) Es gilt x ∈ X \(M ∩N ) genau dann, wenn x ∈ M ∩N gilt; das ist a¨quivalent zu ¬(x ∈ M ∩ N ) und das wiederum ist nach Definition des Durchschnitts aquivalent zu ¬((x ∈ M ) ∧ (x ∈ N )). Nach Definition des Zeichens \ ist ¨ X \ (X \ M ) = {x ∈ X : x ∈ (X \ M )}. Nun ist x ∈ (X \ M ) a¨quivalent zu ¬(x ∈ X \ M ) und x ∈ (X \ M ) ist a¨quivalent zu ¬(x ∈ M ). Damit ist x ∈ (X \ M ) a¨quivalent zu ¬(¬(x ∈ M )) und das ist nach Aufgabe 1 ¨aquivalent zu x ∈ M . Damit gilt: x ∈ X \ (X \ M ) gilt genau dann, wenn x ∈ M gilt. Also sind beide Mengen gleich. b) Es gilt x ∈ X \(M ∩N ) genau dann, wenn x ∈ M ∩N gilt; das ist a¨quivalent zu ¬(x ∈ M ∩ N ) und das wiederum ist nach Definition des Durchschnitts
2.2
Mengen
17
a¨quivalent zu ¬((x ∈ M ) ∧ (x ∈ N )). Nach Aufgabe 2.5 ist dies a¨quivalent zu (¬(x ∈ M )) ∨ (¬(x ∈ N )), das heißt zu x ∈ M oder x ∈ N und das ist aquivalent zu x ∈ X \ M oder x ∈ X \ N . Zusammengefasst erhalten wir: ¨ Es ist x ∈ X \ (M ∩ N ) genau dann, wenn x ∈ (X \ M ) ∪ (X \ N ) gilt. Also ergibt sich X \ (M ∩ N ) = (X \ M ) ∪ (X \ N ). c) ∩ und ∪ sind in gewisser Weise “dual” zueinander. Wir zeigen also motiviert durch die beiden vorangegangenen Aufgaben X \ (M ∪ N ) = (X \ M ) ∩ (X \ N ). Beweis: x ist genau dann in X \ (M ∪ N ), wenn x ∈ (M ∪ N ) ist. Das gilt aber genau dann, wenn ¬(x ∈ M ∪ N ) ist. Nun ist x ∈ M ∪ N genau dann, wenn (x ∈ M ) ∨ (x ∈ N ). Also erh¨ alt man: x ∈ X \ (M ∪ N ) gilt genau dann, wenn ¬((x ∈ M ) ∨ (x ∈ N )). Nach Aufgabe 2.5 ist das a¨quivalent zu (¬(x ∈ M )) ∧ (¬(x ∈ N )), das heißt zu (x ∈ M ) ∧ (x ∈ N ). Zusammengefasst erhalten wir: x ∈ X \ (M ∪ N ) gilt genau dann wenn (x ∈ X \ M ) ∧ (x ∈ X \ N ) d.h. x ∈ (X \ M ) ∩ (X \ N ) ist. Daraus folgt aber X \ (M ∪ N ) = (X \ M ) ∩ (X \ N ). Kartesisches Produkt und Abbildungen Aufgabe 2.12 (Kartesisches Produkt) Sei M = {1, 2} , N = {2, 3, 4}. Berech-
2.12
nen Sie bitte M × N ; das heißt genauer: geben Sie alle m¨oglichen Elemente von M × N an. M × N = {. . .}. L¨ osung: M × N besteht aus allen Paaren (x, y), wo x ∈ M und y ∈ N beliebig gew¨ahlt sind. Also ergibt sich M × N = {(1, 2) , (1, 3) , (1, 4) , (2, 2) , (2, 3) , (2, 4)}. Aufgabe 2.13 Sei M = {0, 1, 2}. Berechnen Sie M 3 .
Erinnerung: M
3
= M × M × M.
2.13
18
2. Grundlagen
L¨ osung: M 3 besteht aus allen Tripeln (x, y, z) mit x, y, z ∈ M beliebig. Also ist M 3 ={(0, 0, 0), (0, 0, 1), (0, 0, 2), (0, 1, 0), (0, 1, 1), (0, 1, 2), (0, 2, 0), (0, 2, 1), (0, 2, 2), (1, 0, 0), (1, 0, 1), (1, 0, 2), (1, 1, 0), (1, 1, 1), (1, 1, 2), (1, 2, 0), (1, 2, 1), 1, 2, 2) (2, 0, 0), (2, 0, 1), (2, 0, 2), (2, 1, 0), (2, 1, 1), (2, 1, 2) (2, 2, 0), (2, 2, 1), (2, 2, 2)}. F¨ ur das Folgende siehe [WHK, S. 24 ff]. 2.14
Aufgabe 2.14 Sei M = {1, 2, 3} und N = {0, 1}. Geben Sie alle Abbildungen
f von M nach N an.
1 2 3 . f (1)f (2)f (3)
Tipp: Schreiben Sie die Abbildungen als Tabelle 123 Ein Beispiel ist . Hier ist also f (1) = 0, f (2) = 1, 010 ganzen gibt es 8 Abbildungen.
f (3) = 0. Im
L¨ osung: 123 123 123 123 123 , f1 = , f2 = , f3 = , f4 = , f0 = 000 100 010 001 110 123 123 123 f5 = , f6 = , f7 = . 101 011 111 Wir m¨ ussen zeigen, dass dies alle Abbildungen sind. Sei dazu f eine beliebige Abbildung von M nach N und A = {x ∈ M : f (x) = 1}. Ist A = ∅ , so ist f = f0 . Angenommen A hat ein Element. Dann ist A = {1}, oder A = {2} oder A = {3}. Entsprechend ist f = f1 oder f = f2 oder f = f3 . Angenommen A hat 2 Elemente. Dann ist A = {1, 2} oder {1, 3} oder {2, 3}. Damit ist f = f4 oder f = f5 oder f = f6 . Schließlich bleibt noch der Fall, dass A = {1, 2, 3} = M ist. Dann ist f = f7 . Damit kommt f unter den angegebenen Abbildungen vor. f0 bis f7 sind also alle Abbildungen. 2.15
Aufgabe 2.15 Sei M = {1, 2, 3}. Geben Sie bitte alle bijektiven Abbildungen
von M in sich an. Tipp: Es sind 6 Abbildungen. Schreiben Sie sie in der Tabellenform 1 2 3 4 . Darf bei bijektiven Abbildungen in der unteren Zeile f (1)f (2)f (3)f (4) ein Element mehrfach auftreten?
2.2
Mengen
19
L¨ osung: ahlen6 bijektive Abbildungen Wir z¨ auf 123 123 123 123 123 f1 = , f2 = , f3 = , f4 = , f5 = , 123 231 312 213 321 123 f6 = . 132 Wir zeigen jetzt, dass dies alle sind. Dazu geben wir zun¨achst alle bijektiven Abbildungen der Menge N = {1, 2} auf eine Menge P = {p1 , p2 } an. Es sind 1 2 1 2 dies und , also insgesamt 2. p1 p2 p2 p1 Sei nun f : M → M bijektiv. Sei f (3) = 1. Dann ist f ({1, 2}) = {2, 3}, weil ja 1 in der Bildmenge nicht mehr vorkommen darf, und da gibt es nur die beiden M¨ oglichkeiten f (1) = 2 , f (2) = 3 oder f (1) = 3 , f (2) = 2, also f = f2 oder f = f5 . Sei nun f (3) = 2. Dann ist f ({1, 2}) = {1, 3}, also f (1) = 1 und f (2) = 3, d.h. f = f6 oder f (1) = 3 , f (2) = 1, also f = f3 . Ist schließlich f (3) = 3, so ist f = f1 oder f = f4 . Sei M = R. Zeigen Sie bitte die Gleichheit der folgenden Abbildungen f, g von R in sich (f muss nicht surjektiv sein): ur alle x und g(x) = (x + 2)(x − 2) a) f (x) = x2 − 4 f¨ b) f (x) = 1 f¨ ur alle x und g(x) = (sin(x))2 + (cos(x))2 . Tipp: Betrachten Sie die Graphen von f und g, also Gf = {(x, f (x)) : x ∈ R} und Gg = {(x, g(x)) : x ∈ R}. Der Graph ist das, was Sie in der Schule gezeichnet haben. f und g sind Rechenvorschriften und Sie m¨ ussen zeigen, dass f¨ ur alle x aus R stets f (x) = g(x) ist. Anders ausgedr¨ uckt, m¨ ussen Sie Gf = Gg zeigen. Aufgabe 2.16
L¨ osung: a) Es ist Gf = {(x, x2 − 4) : x ∈ R} und Gg = {(x, (x + 2)(x − 2)) : x ∈ R}. (x, y) ist genau dann aus Gf , wenn y = x2 − 4 ist. Das ist wegen x2 − 4 = (x + 2)(x − 2) genau dann der Fall, wenn (x, y) aus Gg ist. Also ist Gf = Gg und damit f = g. b) Gf = {(x, 1) : x ∈ R}, Gg = {(x, (sin(x))2 + (cos(x))2 ) : x ∈ R} wegen ur alle x aus R ist (x, y) genau dann aus Gf , wenn (sin(x))2 + (cos(x))2 = 1 f¨ y = 1, also (x, y) aus Gg ist. Damit gilt Gf = Gg , also f = g. 0123 Aufgabe 2.17 Sei M = {0, 1, 2, 3} und f = . f ist also eine Abbildung 0012 von M in sich in Tabellenform. Berechnen Sie bitte a) f ({0, 1}), b) f ({1, 2}),
2.16
2.17
20
2. Grundlagen
c) f ({1, 2, 3}), d) f −1 ({0, 1}), e) f −1 ({0, 1, 2}), f) f −1 ({0, 1, 2, 3}). L¨ osung: Es ist nach Definition f (A) = {f (x) : x ∈ A} das Bild von A unter f . Damit erh¨alt man a) f ({0, 1}) = {f (0) , f (1)} = {0} b) f ({1, 2}) = {f (1) , f (2)} = {0, 1} c) f ({1, 2, 3}) = {f (1) , f (2) , f (3)} = {0, 1, 2}. Es ist f −1 (B) = {x ∈ M : f (x) ∈ B} das Urbild von B unter f −1 . Damit ergibt sich d) f −1 ({0, 1}) = {0, 1, 2}, denn f (0) = 0, f (1) = 0, f (2) = 1 aber f (3) = 2, also 3 ∈ f −1 ({0, 1}) undung analog zu d). e) f −1 ({0, 1, 2}) = {0, 1, 2, 3} = M . Begr¨ −1 f) f ({0, 1, 2, 3}) = M . Beachten Sie: Es gibt kein x mit f (x) = 3. f −1 ({3}) = ∅. 2.18
Aufgabe 2.18 Sei M = N = R und f (x) = x2 f¨ ur alle x. Berechnen Sie bitte
a) f (R), b) f ([−1, 1]), c) f ({−1}), d) f −1 (] − ∞, 0[), dabei ist ] − ∞, 0[ = {x ∈ R : x < 0} (s. [WHK, S. 184] ), e) f −1 ([0, 4]). L¨ osung: a) f (R) = {y ∈ R : y ≥ 0} = [0, ∞[. Denn ist y ≥ 0, so ist √ y = f ( y) also y ∈ f (R) und damit [0, ∞[⊆ f (R).
(1)
ur Ist umgekehrt y ∈ f (R), so gibt es ein x ∈ R mit y = x2 . Aber x2 ≥ 0 f¨ alle x ∈ R (Schulwissen bzw. [WHK, Satz 5.1]). Damit ist y ∈ [0, ∞[. Da y ∈ f (R) beliebig gew¨ ahlt war, gilt f (R) ⊆ [0, ∞[.
(2)
Aus (1) und (2) folgt f (R) = [0, ∞[. b) f ([−1, 1]) = [0, 1]. Denn ist −1 ≤ x ≤ 1, so ist 0 ≤ x2 ≤ 1 (vergleiche a), also f ([−1, 1]) ⊆ [0, 1].
(3)
2.2
Mengen
21
√ Ist umgekehrt y ∈ [0, 1], also 0 ≤ y ≤ 1, so ist 0 ≤ y ≤ 1 (Schulwissen), also √ y = f ( y) ∈ f ([0, 1]) ⊆ f ([−1, 1]). (4) Aus (3) und (4) folgt f ([−1, 1]) = [0, 1]. c) f ({−1}) = {1}, denn (−1)2 = 1. abe es ein x ∈ f −1 (] − ∞, 0[), so w¨ are −∞ < d) f −1 (] − ∞, 0[) = ∅. Denn g¨ f (x) < 0, aber f¨ ur alle x ist f (x) = x2 ≥ 0, ein Widerspruch. e) f −1 ([0, 4]) = [−2, 2]. Denn sei x ∈ f −1 ([0, 4]). Dann ist x2 = y mit 0 ≤ x2 ≤ 4. Damit ist 0 ≤ x ≤ 2, oder −2 ≤ x ≤ 0 (Schulwissen), also ist x ∈ [−2, 2], also f −1 ([0, 4]) ⊆ [−2, 2]. Sei umgekehrt x ∈ f −1 ([0, 4]) und damit [−2, 2] ⊆ f −1 ([0, 4]). Aus beiden Relationen zusammen folgt f −1 ([0, 4]) = [−2, 2]. Seien M und N beliebige nicht leere Mengen und G eine beliebige Teilmenge von M × N mit der Eigenschaft, das es zu jedem x ∈ M mindestens ein y ∈ N mit (x, y) ∈ G gibt. Zeigen Sie bitte: G ist genau dann der Graph einer Abbildung f von M in N , wenn f¨ ur alle x ∈ M aus (x, y) ∈ G und (x, z) ∈ G stets y = z folgt.
Aufgabe 2.19
2.19
L¨ osung: Sei G = {(x, y) : x ∈ M } Graph einer Abbildung f . Dann ist f¨ ur alle (x, y) ∈ G stets y = f (x). Ist also (x, y) ∈ G , (x, z) ∈ G, so ist y = f (x) = z. Sei umgekehrt G ⊆ M × N und zu jedem x ∈ M gebe es ein y ∈ N mit (x, y) ∈ G. Es gelte ferner f¨ ur alle x ∈ M : (x, y) ∈ G und (x, z) ∈ G hat y = z zur Folge. Es gibt also zu jedem x ∈ M genau ein y ∈ N mit (x, y) ∈ G. Sei f (x) gerade dieses eindeutig bestimmte y. Das ist eine eindeutige Zuordnungsvorschrift, also ist f eine Abbildung von M nach N , und es gilt G = {(x, f (x)) : x ∈ M } = Gf . Aufgabe 2.20 Seien M und N beliebige nichtleere Mengen und f : M → N
eine Abbildung. Sei y = f (M ) das Bild von ganz M unter f . Zeigen Sie bitte: f ist genau dann injektiv, wenn die Menge H = {(f (x), x) : x ∈ M } ⊂ Y × M Graph einer Abbildung g von Y in M ist. 1234 Tipp: Sei M = {1, 2, 3, 4}, N = {1, 2, 3, 4, 5, 6} und f = , g = 2345 1234 . Berechnen Sie in beiden F¨ allen Y und H und pr¨ ufen f¨ ur H das 2325 Kriterium der vorigen Aufgabe nach. Danach nehmen Sie den allgemeinen Fall in Angriff.
2.20
22
2. Grundlagen
L¨ osung: (I) Sei f injektiv. Behauptung: H = {(f (x), x) : x ∈ M } ist Graph einer Abbildung g von Y = f (M ) nach M . Beweis: Da f injektiv ist, gibt es zu y ∈ Y genau ein einziges x =: g(y) mit f (x) = y; also ist H = {(y, g(y)) : y ∈ Y = f (M )} = Gg , wo g eine Abbildung von Y nach M ist. (II) Sei umgekehrt H der Graph einer Abbildung g. Dann ist H = {(y, g(y)) : y ∈ Y }. Behauptung: f ist injektiv. Beweis: Seien x1 , x2 ∈ M beliebig mit f (x1 ) = f (x2 ) = y. Dann ist (y, x1 ) ∈ H und (y, x2 ) ∈ H. Da H Graph einer Abbildung ist, gilt nach der vorigen Aufgabe x1 = x2 ; f ist also injektiv. Potenzmenge, Verallgemeinerung der Mengenoperationen 2.21
Aufgabe 2.21 Sei M = {1, 2, 3} und P(M ) die Menge aller Teilmengen von
M , also die Potenzmenge von M (s. [WHK, S. 28]). a) Geben Sie alle Elemente von P(M ), also alle Teilmengen von M an. Bemerkung: Die leere Menge ∅ und M selbst sind auch Teilmengen. b) Sei A eine Teilmenge von M und 1A ihre Indikatorfunktion, 1 x∈A 1A : x → . 0 x∈ /A 1A ist also eine Abbildung von M in {0, 1}. Zeigen Sie bitte: Jede Abbildung f von M in {0, 1} ist die Indikatorfunktion einer Menge A(f ). Tipp: Angenommen, Sie w¨ urden A(f ) schon kennen. An welchen Stellen x w¨are 1A(f ) (x) = 1, an welchen 0? L¨ osung: a) A = ∅ , A = {1} , A = {2} , A = {3} , A = {1, 2} , A = {1, 3} , A = {2, 3} , A = {1, 2, 3} = M . Dies sind alle Teilmengen von M . Denn sei B ⊆ M beliebig. Hat B kein Element, so ist B = ∅. Hat B ein Element, so kommt B unter den aufgelisteten Mengen vor, ebenso wenn B zwei oder drei Elemente hat. b) Sei f : M → N eine Abbildung und A(f ) = {x ∈ M : f (x) = 1}. Dann ist 1A(f ) (x) = 1 genau dann, wenn x ∈ A(f ), also wenn f (x) = 1 ist. Ebenso ist 1A(f ) (x) = 0 genau dann, wenn x ∈ A(f ), also f (x) = 0 ist. Damit gilt ur alle x ∈ M , d.h. 1A(f ) = f . 1A(f ) (x) = f (x) f¨
2.2
Mengen
23
Aufgabe 2.22 Sei X eine beliebige nicht leere Teilmenge und M = P(X) die Menge aller Teilmengen von X. Sei A ∈ M (also A ⊆ X) und f (A) = X \ A. Zeigen Sie bitte: a) f ist eine bijektive Abbildung von M auf sich. ur alle A ∈ M . b) f 2 = idM , das heißt f 2 (A) = f (f (A)) = A f¨ c) f −1 = f .
2.22
L¨ osung: (I) f ist injektiv. Denn sei f (A1 ) = f (A2 ). Das heißt X \ A1 = X \ A2 . Danach ist nach Aufgabe 2.11 A1 = X \ (X \ A1 ) = X \ (X \ A2 ) = A2 . X\A2 =X\A1
(II) f ist surjektiv: Sei A ∈ P(X) = M beliebig. Dann ist nach Aufgabe 2.11 A = X \ (X \ A) = f (X \ A). b) nach Aufgabe 2.11 ist f¨ ur beliebiges A ∈ M . f 2 (A) = f (f (A)) = f (X \ A) = X \ (X \ A) = A. c) Behauptung: f −1 = f . Beweis: Sei A ∈ M beliebig und B = f −1 (A). Dann ist f (B) = X \ B = A, also f (A) = f (X \ B) = X \ (X \ B) = B = f −1 (A). Da A beliebig war, folgt die Behauptung. Bemerkung: Sei M eine beliebige Menge ( = ∅) und f eine Abbildung von M in sich mit f 2 := f ◦ f = idM . Dann ist f bijektiv mit f = f −1 . Damit folgen a) und c) bereits aus b) der Aufgabe. Beweis der Bemerkung: (I) f ist surjektiv. Denn ist x ∈ M beliebig, so ist x = idM (x) = f (f (x)) ∈ f (M ). (II) f ist injektiv. Denn ist f (x1 ) = f (x2 ), so ist nach nochmaliger Anwendung von f x1 = idM (x1 ) = f (f (x1 )) = f (f (x2 )) = idM (x2 ) = x2 . Aufgabe 2.23 Sei X = R. F¨ ur jede nat¨ urliche Zahl n sei An = {x ∈ R : − n1 ≤
x ≤ n1 } = [− n1 , n1 ]. a) Berechnen Sie A1 ∩ A2 ∩ A3 . b) Zeigen Sie bitte: n∈N An = {0} . Tipp: Arbeiten Sie [WHK, S. 29] durch und benutzen Sie Ihr Schulwissen, ur alle n ∈ N gerade die 0 ist. dass die einzige Zahl x mit |x| ≤ n1 f¨
L¨ osung: A1 ∩ A2 ∩ A3 = [− 13 , 13 ]. Denn aus −1 < −1/2 < −1/3 < 1/3 < 1/2 < 1 folgt A3 ⊂ A2 ⊂ A1 und damit A1 ∩ A2 = A2 also A1 ∩ A2 ∩ A3 = A2 ∩ A3 = A3 .
2.23
24
2. Grundlagen
b) Zun¨ achst gilt − n1 < 0 < n1 f¨ ur alle n ∈ N, also ist 0 ∈ An f¨ ur alle n und damit 0 ∈ n∈N An , d.h. {0} ⊆ ∩An . Sei umgekehrt x ∈ n∈N An . Dann gilt ur alle n, also x = 0. Damit folgt {0} = n∈N An . − n1 < x < n1 f¨ 2.24
Aufgabe 2.24 Sei X = R und Bn = {x ∈ R : |x| >
1 n}
f¨ ur n ∈ N. Zeigen Sie
bitte: ur jedes n. a) Bn = X \ An f¨ b) n∈N Bn = R \ {0}. c) Aus a) und b) folgt
X \(
An ) =
n∈N
(X \ An ).
n∈N
Zeigen Sie bitte nun auch X \(
n∈N
An ) =
(X \ An ).
n∈N
L¨ osung: a) Sei X \ An beliebig. Dann gilt x ∈ An also ¬(− n1 ≤ x ≤ n1 ) und diese Verneinung bedeutet ¬((− n1 ≤ x) ∧ (x ≤ n1 ), also (problem 2.5) x < − n1 oder x > n1 . Damit ist 1 1 ] , ∞[= Bn . X \ An ⊆ ] − ∞, − [ n n Sei umgekehrt x ∈ Bn . Dann gilt x < − n1 oder x > und damit x ∈ R \ An .
1 n,
also ¬(− n1 ≤ x ≤
(5) 1 n)
(6)
Aus (5) und (6) folgt Bn = X \ An . b) Sei x ∈ n∈N Bn beliebig. Dann gibt es ein n ∈ N mit x ∈ Bn , also x < − n1 oder x > n1 . Daraus folgt x = 0, das heißt x ∈ R \ {0}. Damit ist n∈N Bn ⊂ R \ {0}. Sei umgekehrt x ∈ R \ {0} beliebig. Dann ist |x| = 0, es gibt also ein n0 mit 1 1 x > n10 . Damit ist x ∈ Bn0 ⊆ n∈N Bn . n0 < |x| und das heißt x < − n0 oder Da x beliebig war, folgt R \ {0} ⊆ n∈N Bn . Insgesamt ist daher R \ {0} = n∈N Bn . c) ist nun nach Teil b) der vorigen Aufgabe wegen a) und b) dieser Aufgabe klar. 2.25
Aufgabe 2.25 Sei X eine beliebige nicht leere Menge und A : N → P(X) , n → An eine beliebige Abbildung von N in die Potenzmenge von X. Zeigen Sie bitte ganz allgemein den Sachverhalt, den Sie am Beispiel c) der vorigen
2.2
Mengen
25
Aufgabe erkannt haben. Es gilt
An )= (X \ An ) X \( n∈N
X \(
n∈N
An )=
n∈N
(X \ An )
n∈N
Tipp: Arbeiten Sie den Abschnitt u ¨ber die verallgemeinerten De Morganschen Regeln [WHK, S. 29] durch. L¨ osung: Die L¨osung erh¨ alt man unter Verwendung der verallgemeinerten De Morganschen Regeln [WHK, S. 29]. Behauptung:X \ ( n∈N An ) = n∈N (X \ An ). Beweis: (1) “ ⊆ : Sei x ∈ X \ ( n∈N An ) beliebig. Dann gilt ¬(x ∈ n∈N An ), also nach Definition von n∈N An : ¬(∀(n ∈ N)x ∈ An ). Diese Aussage ist aquivalent zu ∃(n0 ∈ N)¬(x ∈ An0 ) also gibt es ein n0 mit x ∈ An0 , d.h. ¨ x ∈ X \ An0 . Damit gilt x ∈ n∈N (X \ An ). Da x ∈ X \ ( n∈N An ) beliebig war, folgt X \ ( n∈N An ) ⊆ n∈N (X \ An ). (2) “ ⊇ Sei x ∈ n∈N (X \ An ) beliebig. Dann gibt es ein n0 ∈ N mit x ∈ X \ An0 . Das bedeutet ∃(n ∈ N)(¬(x ∈ An )). Das ist ¨aquivalent zu An , also x ∈ X \ ( n∈N An ) zur Folge ¬(∀(n ∈ N)x ∈ An ), was x ∈ n∈N hat. Da x beliebig gew¨ahlt war, gilt n∈N (X \ An ) ⊆ X \ ( n∈N An ). Aus (1) und (2) folgt die Behauptung. Behauptung: X \ ( n∈N An ) = n∈N (X \ An ). Beweis: Der Beweis l¨auft vollkommen analog zum ersten. Wir k¨ onnen aber wegen Aufgabe 2.11 auch folgendermaßen vorgehen, indem wir die Aussage “B = C gilt genau dann, wenn X \ B = X \ C gilt” benutzen. Sei B = X \ ( n∈N An ) , C = n∈N (X \ An ). Es ist
(X \ An ) X \ C =X \ =
n∈N
(X \ (X \ An )
n∈N
=
An = X \ (X \ (∪An ))
n∈N
= X \ B. Also folgt C = B.
26
2. Grundlagen
Relationen 2.26
Aufgabe 2.26 Sei M = {1, 2} und N = {a, b}.
a) Geben Sie alle zweistelligen Relationen u ¨ber M, N an. Tipp: Sie m¨ ussen alle Teilmengen von M × N finden. Es sind 24 = 16. b) Bestimmen Sie unter den Relationen alle Abbildungen von M in N . c) Bestimmen Sie unter den Relationen alle partiell definierten Abbildungen. d) Bestimmen Sie unter den Relationen alle injektiven partiell definierten Abbildungen. e) Finden Sie zu jeder Relation die duale Relation. L¨ osung: a) Wir z¨ ahlen alle Teilmengen von M × N auf: ∅, {(1, a)}, {(1, b)}, {(2, a)}, {(2, b)}, {(1, a), (1, b)}, {(1, a), (2, a)}, {(1, a), (2, b)}, {(1, b), (2, a)}, {(1, b), (2, b)}, {(2, a), (2, b)}, {(1, a), (1, b), (2, a)}, {(1, a), (1, b), (2, b)},{(1, a), (2, a), (2, b)}, {(1, b), (2, a), (2, b)}, {(1, a), (1, b), (2, a), (2, b)}. b) Wir geben die Graphen an. Es k¨ onnen nur zwei-elementige Teilmengen sein. Denn ein Graph ist von der Form G = {(x, f (x)) : x ∈ M } und M enth¨ alt nur zwei Elemente. Wir erhalten {(1, a), (2, a)}, das ist f (1) = f (2) = a, {(1, b), (2, b)}, das ist f (1) = f (2) = b, {(1, a), (2, b)}, das ist f (1) = a, f (2) = b, {(1, b), (2, a)}, das ist f (1) = b, f (2) = a. Die anderen Mengen mit zwei Elementen sind gerade keine Graphen von Abbildungen, wie man an {(1, a), (1, b)} sieht (vergl. Aufgabe 2.19). Ebenso wenig kann eine drei- oder vier-elementige Menge von M × N Graph einer Abbildung sein (vergleiche dieselbe Aufgabe). c) Zu den oben angegebenen kommen noch diejenigen dazu, deren Definitionsbereich einelementig ist. Das sind alle einelementigen Teilmengen von M × N . Zum Beispiel ist die Menge {(1, a)} Graph der partiell definierten Funktion f mit Definitionsbereich {1} und Abbildungsvorschrift f (1) = a. d) Die partiell definierten Abbildungen, deren Definitionsbereich einelementig sind, sind automatisch injektiv. Unter den u ¨berall definierten Funktionen (die 12 12 nach Definition ebenfalls “partiell definiert” sind), sind und die ab ba einzigen injektiven Abbildungen. Sie sind notwendig bijektiv. d) Die dualen Relationen sind die Teilmengen von N × M . Zum Beispiel ist die zu {(1, b), (2, a), (2, b)} duale Relation gerade {(b, 1), (a, 2), (b, 2)}. Eine Ordnung ≤ auf einer Menge M ist eine zweistellige Relation mit den Eigenschaften: (i) F¨ ur alle x gilt x ≤ x (Reflexivit¨ at).
2.2
Mengen
27
(ii) Ist x ≤ y un y ≤ x, so ist y = x (Antisymmetrie). (iii) Gilt x ≤ y und y ≤ z, so ist auch x ≤ z (Transitivit¨ at). Statt x ≤ y und x = y schreibt man x < y. Ist x < y, so schreibt man auch y > x. Die Ordnung heißt linear, wenn je zwei Elemente vergleichbar sind, das heißt genauer: Seien x, y ∈ M beliebig. Dann gilt entweder x = y oder x < y, oder y < x. Aufgabe 2.27 Sei M = {1, 2, 3, 4}. Bestimmen Sie alle linearen Ordnungsre-
lationen auf M . L¨ osung: Die einfache lineare Ordnung ist die nat¨ urliche 1 < 2 < 3 < 4 sowie 1 ≤ 1, 2 ≤ 2, 3 ≤ 3, 4 ≤ 4. Sie l¨ asst sich schreiben als Ol = {(1, 1), (1, 2), (1, 3), (1, 4), (2, 2), (2, 3), (2, 4), (3, 3), (3, 4), (4, 4)}. Sei π eine bijektive Abbildung von M auf sich. Wir behaupten: Dann ist auch Oπ ={(π(1), π(1)), (π(1), π(2)), (π(1), π(3)), (π(1), π(4)), (π(2), π(2)), (π(2), π(3)), (π(2), π(4)), (π(3), π(3)), (π(3), π(4)), (π(4), π(4))} eine lineare Ordnung. Beweis: Wir schreiben x ≤π y falls (x, y) ∈ Oπ und sehen: x ≤π y gilt genau dann, wenn π −1 (x) ≤ π −1 (y) in der nat¨ urlichen Ordnung gilt. Damit folgt die Behauptung. Es gibt (einschließlich der identischen Abbildung) 24 bijektive Abbildungen von M auf sich (siehe [WHK, Korollar 2.23]), also haben wir bisher 24 verschiedene lineare Ordnungen (einschließlich der nat¨ urlichen Ordnung). Behauptung: Sei ≤ eine lineare Ordnung auf M . Dann gibt es eine bijektive Abbildung π von M auf sich mit O≤ = Oπ . Dazu zeigen wir die Hilfsbehauptung: Sei 1 ≤ k ≤ 4. Jede k–elementige ur alle y ∈ A; wir bezeichnen Menge A besitzt ein Element xA mit xA ≤ y f¨ es mit xA = min(A). k = 1 : A = {x} f¨ ur ein x. Wir setzen x = xA . k = 2 : A = {x, y}. Da die Ordnung linear ist, gilt entweder x < y, oder y < x. Im ersten Fall ist x = xA , im zweiten Fall y = xA . k = 3: Sei A = {x1 , x2 , x3 } , B = {x1 , x2 } und C = {xB , x3 }. Wegen |C| = 2 gibt es xC = min(C). Es ist xC ≤ xB und xC ≤ x3 . Weiter ist xB ≤ x1 und xB ≤ x2 . Also ist wegen der Transivit¨ at der Ordnung xC ≤ x1 , x2 , x3 . k = 4, also A = M = {1, 2, 3, 4}. Sei jetzt B = {1, 2, 3} und C = {xB , 4}. Dann schließt man wie oben: xC ≤ 4, xC ≤ xB und xB ≤ 1, 2, 3, 4, also xC ≤ 1, . . . , 4. Die Hilfsbehauptung ist bewiesen.
2.27
28
2. Grundlagen
Nun setzen wir π(1) = xM , π(2) = xM\{π(1)} , π(3) = xM\{π(1),π(2)} und π(4) = xM\{π(1),π(4),π(3)} . Wegen π(1) ∈ M \ {π(1)} und π(1) = xM = min(M ) folgt xM < π(2), analog schließt man π(2) < π(3) < π(4), woraus O≤ = Oπ folgt. 2.28
Sei M eine beliebige nichtleere Menge und ≤ sei eine Ordnungsrelation auf M . Sei π : M → M eine Bijektion auf M . Zeigen Sie bitte: Ist R = {(x, y) : x ≤ y}, so ist Rπ := {(π(x), π(y)) : x ≤ y} ebenfalls eine Ordnungsrelation.
Aufgabe 2.28
L¨ osung: (vergleiche die L¨osung zu Aufgabe 2.27) ur (x, y) ∈ Rπ . Es gilt Wir schreiben x ≤ y f¨ ur (x, y) ∈ R und x ≤π y f¨ (x, y) ∈ Rπ genau dann wenn (π −1 (x), π −1 (y)) ∈ R. Anders geschrieben: x ≤π y ⇔ π −1 (x) ≤ π −1 (y). Wir m¨ ussen die Reflexivit¨at, die Antisymmetrie und die Transitivit¨ at von ≤π beweisen. Zun¨ achst erhalten wir aus π −1 (x) ≤ π −1 (x) auch x ≤π x, also die Reflexivit¨ at von ≤π . ≤π ist antisymmetrisch: Sei x ≤π y und y ≤π x. Dann ist π −1 (x) ≤ π −1 (y) und π −1 (y) ≤ π −1 (x). Da ≤ nach Voraussetzung antisymmetrisch ist, gilt π −1 (y) = π −1 (x), also y = x. ≤π ist transitiv: Sei x ≤π y und y ≤π z. Dann ist π −1 (x) ≤ π −1 (y) und π −1 (y) ≤ π −1 (z). Da ≤ nach Voraussetzung transitiv ist, folgt π −1 (x) ≤ π −1 (z), also x ≤π z. ¨ ¨ Wir erinnern an den Begriff einer Aquivalenzrelation: eine Aquivalenzrelation auf M ist eine Teilmenge R ⊆ M × M mit den Eigenschaften (i) (x, x) ∈ R f¨ ur alle x in M , (ii) (x, y) ∈ R ⇒ (y, x) ∈ R, (iii) (x, y) ∈ R sowie (y, z) ∈ R impliziert (x, z) ∈ R. ¨ Sei R eine Aquivalenzrelation. Statt (x, y) ∈ R schreibt man x ∼R y oder ¨ k¨ urzer x ∼ y und nennt ∼ eine Aquivalenzrelation. ¨ Sei ∼ eine Aquivalenzrelation auf M und x ∈ M beliebig. Dann ist die ¨ Menge [x] = {y : x ∼ y} die Aquivalenzklasse, in der x liegt. Sind die ¨ Aquivalenzklassen [x] und [y] verschieden, so sind sie sogar disjunkt, das heißt, es gilt [x] ∩ [y] = ∅. Eine Zerlegung Z von M ist eine Teilmenge der Potenzmenge von M mit (a) Z = ∅ f¨ ur alle Z ∈ Z, (b) Z∈Z Z = M , ur alle Z, Z ∈ Z mit Z = Z . (c) Z ∩ Z = ∅ f¨
2.2
Mengen
29
¨ ¨ Jede Aquivalenzrelation f¨ uhrt zu einer Zerlegung von M in die Aquivalenz ¨ klassen. Umgekehrt kann man f¨ ur jede Zerlegung M = Z∈Z Z eine Aqui¨ valenzrelation ∼ definieren, so dass die Z gerade die Aquivalenzklassen sind. Setze n¨ amlich einfach x ∼ y, wenn x und y in derselben Menge Z liegen. Aufgabe 2.29 Sei M = {a, b, c, d} die Menge der ersten 4 Buchstaben unseres ¨ Alphabets. Bestimmen Sie alle Aquivalenzrelationen auf M . Tipp: Benutzen Sie [WHK, Satz 2.19b]. Nach [WHK, Satz 2.35] gibt es 15 ¨ verschiedene Aquivalenzrelationen auf M .
L¨ osung: Bitte machen Sie sich den Zusammenhang zwischen Zerlegungen ¨ und Aquivalenzrelationen gem¨ aß [WHK, Satz 2.19] noch einmal gr¨ undlich klar, um zu verstehen, dass es gen¨ ugt, alle Zerlegungen von M anzugeben. Wir bestimmen alle Zerlegungen Z. Ist Z = {Z1 , . . . , Zk } eine Zerlegung, so ist ∼z gegeben durch x ∼z y ⇔ es gibt ein ≤ k mit x, y ∈ Z . Wir listen die Zerlegungen nach der Anzahl k = |Z| auf. ur |Z| = 1: Die einzige Zerlegung ist Z = {{a, b, c, d}}. Es gilt also x ∼z y f¨ alle x, y. Alle Elemente sind zueinander ¨aquivalent. alle |Z1 | = 1, 2, 3. |Z| = 2 : Z = {Z1 , Z2 }. Hier betrachten wir die Unterf¨ |Z1 | = 1: Z = {{a}, {b, c, d}}, Z = {{b}, {a, c, d}}, Z = {{c}, {a, b, d}}, Z = {{d}, {a, b, c}}. |Z1 | = 2: Z = {{a, b}, {c, d}}, Z = {{a, c}, {b, d}}, Z = {{a, d}, {b, c}}, |Z1 | = 3 ist dasselbe wie |Z1 | = 1, weil ja Z2 = M \ Z1 . |Z| = 3, Z = {Z1 , Z2 , Z3 }. Wir beginnen mit Z1 = {a}. Dann erhalten wir Z2 = {b}, Z3 = {c, d} Z2 = {c}, Z3 = {b, d} Z2 = {d}, Z3 = {b, c} ahlt, Z1 = {b}. Z2 = {a} haben wir schon aufgez¨ Z2 = {c}, Z3 = {a, d} Z2 = {d}, T3 = {a, c} Z1 = {c}, Z2 = {a} bzw. Z2 = {b} sind schon abgehandelt, also Z2 = {d} Z3 = {a, b} Z1 = {d} ist schon komplett abgehandelt. Bei der Zerlegung in drei Mengen muss eine Menge zwei, die anderen beiden je ein Element enthalten. Damit sind alle Zerlegungen in drei Mengen aufgez¨ahlt.
2.29
30
2. Grundlagen
¨ |Z| = 4 : Z = {{a}, {b}, {c}, {d}}. Das liefert als Aquivalenzrelation die Gleichheit. 2.30
Aufgabe 2.30 Sei M = Z die Menge der ganzen Zahlen und R6 := {(x, y) ∈
Z : 6 teilt x − y}. Dabei teilt 6 die Zahl z wenn z6 eine ganze Zahl, also aus Z ist. ¨ ¨ a) Zeigen Sie bitte: R ist eine Aquivalenzrelation. Wieviel Aquivalenzklassen gibt es ? b) Wie a¨ndert sich das Ergebnis, wenn Sie 6 durch eine beliebige nat¨ urliche Zahl k ≥ 2 ersetzen?
L¨ osung: Wir schreiben x ∼6 y falls (x, y) ∈ R. a) (I) ∼6 ist reflexiv: x − x = 0 = 0 · 6, also ist x ∼6 x (II) ∼6 ist symmetrisch: Ist x ∼6 y, also x − y = 6n, wo n eine ganze Zahl ist, so ist y − x = 6 · (−n). Also folgt y ∼6 x aus x ∼6 y. (III) ∼6 ist transitiv: Sei x ∼6 y und y ∼6 z. Dann ist x − y = 6n und y − z = 6 mit n, , ∈ Z. Also ist x − z = x − y + y − z = 6(n + ) und n + ist wieder eine ganze Zahl. Also ist x ∼6 z. ¨ Man muss in a) nur u ¨berall 6 durch b) Auch ∼k ist eine Aquivalenzrelation. k ersetzen. ¨ Ein Repr¨ asentantensystem einer Aquivalenzrelation ∼ auf M ist eine Teilmenge R ⊆ M mit den beiden Eigenschaften: (i) Ist x ∈ M beliebig, so gibt es ein r ∈ R mit x ∼ r, (ii) Sind r und r verschiedene Elemente aus R, so ist r ∼ r . ¨ Wir k¨ onnen dies auch so ausdr¨ ucken: Sei x ∈ M und [x] die Aquivalenzklasse, in der x liegt. R ist ein Repr¨ asentantensystem, wenn M = x∈R [x] und außerdem (ii) gilt. 2.31
Aufgabe 2.31 a) Zeigen Sie bitte: ein Repr¨ asentantensystem f¨ ur R6 der vorigen
Aufgabe ist {0, 1, 2, 3, 4, 5}, ein anderes {6, 13, 20, 27, 34, 65}. ¨ b) Finden Sie ein weiteres Repr¨ asentantensystem, indem Sie aus jeder Aquivalenzklasse genau ein Element herausgreifen.
ur r = 0, . . . , 5. Wir erhalten L¨ osung: a) Wir setzen Ar = {6n + r : n ∈ Z} f¨ Ar ∩ As = ∅ f¨ ur
r = s.
Beweis: Sei ohne Beschr¨ ankung der Allgemeinheit 0 ≤ r < s ≤ 5. W¨ are x ∈ Ar ∩ As , so w¨are x = 6m + r = 6n + s, also 0 = 6(m − n) + (r − s) oder 0 < s − r = 6(m − n), ein Widerspruch wegen s − r ≤ 5und m = n (warum?).
2.3
Nat¨ urliche Zahlen und Kombinatorik
31
5 Es ist ferner r=0 Ar = Z: Denn sei x ∈ Z. Zun¨ achst sei x ≥ 0 und n die gr¨ oßte ganze Zahl, die kleiner als x6 ist. Dann ist 6n ≤ x < 6(n + 1) = 6n + 6 5 und damit x = 6n + r(x) mit 0 ≤ r(x) ≤ 5, das heißt x ∈ Ar(x) ⊂ r=0 Ar . Ist x < 0, so ist −x > 0. Also ist −x = 6n + r(−x) mit 0 ≤ r(−x) ≤ 5. Ist r(−x) = 0, so ist x = 6 · (−n) ∈ A0 . Ist 1 ≤ r(−x) ≤ 5, so ist 1 ≤ 6−r(−x) =: s ≤ 5 und daher x = 6(−n)−r(−x) = (6(−n)−6)+(6−r(−x)) = 5 6 · (−(n + 1)) + s. Also ist x ∈ As ⊂ r=0 Ar . Damit ist die Behauptung, ¨ dass dies die Aquivalenzklassen f¨ ur ∼6 sind, bewiesen. asentantensystem. Es Nun ist 0 ∈ A0 , . . . , 5 ∈ A5 . Also ist {0, . . . , 5} ein Repr¨ ist 6 ∈ A0 , 13 ∈ A1 , 20 ∈ A2 , 27 ∈ A3 , 34 ∈ A4 und 65 = 10 · 6 + 5 ∈ A5 . Also ist {6, 13, 20, 27, 34} ein Repr¨ asentantensystem. b) {0, −1, −2, −3, −4, −5} ist ein Repr¨asentantensystem. Denn 0 ∈ A0 , (−1)+ 6 = 5 , also −1 ∈ A5 . −2+6 = 4, also −2 ∈ A4 . −3 ∈ A3 , −4 ∈ A2 , −5 ∈ A1 .
2.3 Nat¨ urliche Zahlen und Kombinatorik
2.3
Die vollst¨ andige Induktion
Ein ber¨ uhmtes Argumentationsprinzip, das auf Aristoteles zur¨ uckgeht, ist das folgende (der sogenannte “modus ponens”): Es gelte die Aussage A. Ferner gelte die Implikation A ⇒ B. Dann gilt auch B. Die vollst¨ andige Induktion ist eine Verallgemeinerung dieses Argumentationsschemas: ur jedes n ≥ n0 ist Sei (An )n≥n0 eine Folge von Aussagen An , das heißt, f¨ ur alle n ≥ n0 gelte auch die Implikation An eine Aussage. Es gelte An0 und f¨ An ⇒ An+1 . Dann gelten alle Aussage An . An nennt man die Induktionsvoraussetzung, An+1 die Induktionsbehauptung. Aufgabe 2.32 Beweisen Sie bitte mit vollst¨ andiger Induktion die folgenden
Aussagen: a) (1 + 2 + 3 + · · · + n) = n(n+1) 2 b) 1 + 22 + 32 + · · · + n2 = n(n + 1)(2n + 1)/6. c) F¨ ur jede nat¨ urliche Zahl n ist n3 + 5n durch 6 teilbar. d) F¨ ur jede nat¨ urliche Zahl n ≥ 4 ist 2n > n2 . . L¨ osung: a) Die n. Aussage ist An : 1 + 2 + · · · + n = n(n+1) 2 . (I) Die Aussage A1 gilt. Denn es ist 1 = 1·2 2 ur (irgend) ein n. (II) Es gelte die Aussage An f¨ Behauptung: es gilt die Aussage An+1 : Beweis: 1 + 2 + . . . + (n + 1) = (1 + 2 + . . . + n) + (n + 1).
2.32
32
2. Grundlagen
Nach Induktionsvoraussetzung ist 1 + 2 + . . . + n =
n(n+1) . 2
Also ist
n(n + 1) + (n + 1) 2 n 1 =(n + 1)( + 1) = (n + 1)(n + 2) 2 2 1 = (n + 1) · ((n + 1) + 1) 2
1 + 2 + . . . + (n + 1)=
und das ist die Aussage An+1 . Aus (I) und (II) folgt mit dem Prinzip der vollst¨ andigen Induktion, dass An f¨ ur alle nat¨ urlichen Zahlen n gilt.
b) Die Aussage An ist gerade nk=1 k 2 = n(n + 1)(2n + 1)/6. (I) A1 gilt, denn es ist 12 = 1 = 1 · 2 · 3/6. (II) Induktionsvoraussetzung: F¨ ur irgend ein n ≥ 1 gilt An . Behauptung: Es gilt An+1 . Beweis: Wir schreiben zun¨ achst An+1 hin: n+1
k 2 =(n + 1)(n + 2)(2(n + 1) + 1)/6 = (n + 1)(n + 2)(2n + 3)/6
k=1
=
n+1 (2n2 + 7n + 6). 6
Wir erhalten n+1
k2
n
=
k=1
k 2 + (n + 1)2
k=1
n(n + 1)(2n + 1)/6 + (n + 1)2
= Induktionsvorauss.
= =
(n + 1)(n(2n + 1)/6 + (n + 1)) n+1 (2n2 + 7n + 6) = (n + 1)(n + 2)(2n + 3)/6. 6
andigen Induktion ist die Formel Damit gilt An+1 . Nach dem Prinzip der vollst¨ damit bewiesen. c) An : n3 + 5n ist durch 6 teilbar (I) A1 gilt. Denn 13 + 5 · 1 = 6 ist durch 6 teilbar. ur (irgend) ein n. (II) Induktionsvoraussetzung: Es gilt An f¨ Induktionsbehauptung: Es gilt An+1 . Beweis: Es ist (n + 1)3 + 5(n + 1)=n3 + 3n2 + 3n + 1 + 5n + 5 = (n3 + 5n) + 3n2 + 3n + 6 =(n3 + 5n) + 6 + 3n(n + 1).
2.3
Nat¨ urliche Zahlen und Kombinatorik
33
Nach Voraussetzung ist n3 + 5n = 6k f¨ ur ein k ∈ N. Ist n gerade, also n = 2, so erh¨alt man (n + 1)3 + 5(n + 1) = 6k + 6 + 6(n + 1) = 6(k + 1 + (n + 1)), also ist (n + 1)3 + 5(n + 1) durch 6 teilbar. Ist n ungerade, so ist n + 1 gerade, also n + 1 = 2r mit r ∈ N und daher (n + 1)3 + 5(n + 1) = 6k + 6 + 3n · 2r = 6(k + 1 + n · r), also ist (n + 1)3 + 5(n + 1) durch 6 teilbar. F¨ ur n ∈ N gibt es nur die beiden Alternativen, dass n gerade oder ungerade ist (siehe Aufg. 2.31 b) f¨ ur k = 2). Also gilt unter der Induktionsvoraussetzung An auch An+1 . Aus (I) und (II) folgt mit dem Prinzip der vollst¨ andigen Induktion die Beur alle nat¨ urlichen Zahlen n durch 6 teilbar ist. hauptung, dass n3 + 5n f¨ ur n ≥ 5 d) An : 2n > n2 . Zu zeigen ist dies f¨ (I) A5 : 25 = 32 > 52 = 25. ur ein n ≥ 5. (II) Induktionsvoraussetzung: Es gelte An f¨ Induktionsbehauptung: Es gilt An+1 : 2n+1 > (n + 1)2 . Beweis: Es ist (n + 1)2 = n2 + 2n + 1
<
2n + 2n + 1.
Ind.−V orauss. n
Wir m¨ ussen 2n + 1 < 2 beweisen. Denn dann steht rechts 2n + 2n + 1 < ur n ≥ 5 (sogar f¨ ur n ≥ 3) stets n−2 ≥ 1, 2n +2n = 2n (1+1) = 2n+1 . Nun ist f¨ also n(n − 2) ≥ 1 und damit n2 − 2n ≥ 1, das heißt n2 ≥ 2n + 1. Nach Inur n ≥ 5. Damit ist duktionsvoraussetzung ist n2 < 2n , also ist 2n + 1 < 2n f¨ 2n + 2n + 1 < 2n + 2n = 2n (1 + 1) = 2n+1 . Insgesamt folgt (n + 1)2 < 2n+1 , d.h. die Behauptung An+1 . Aus (I) und (II) folgt mit dem Prinzip der vollst¨ andigen Induktion die Behauptung n2 < 2 n
f¨ ur alle n ≥ 5.
Kombinatorik Aufgabe 2.33 a) Wieviel Elemente enth¨ alt die Menge {0, 1} × {0, 1} × · · · ×
{0, 1} mit n Faktoren, also {0, 1}n? b) Wieviel Elemente enth¨ alt {1, 2, 3} × {a, b} × {10, 11, 12, 13}?
2.33
34
2. Grundlagen
L¨ osung: Wir benutzen [WHK, Satz 2.21]. Damit ergibt sich a) {0, 1}n hat 2n Elemente. b) {1, 2, 3} × {a, b} × {10, 11, 12, 13} enth¨ alt 3 · 2 · 4 = 24 Elemente. 2.34
Aufgabe 2.34 a) Wieviel Bijektionen der Menge M = {1, 2, 3, 4, 5, 6} auf sich
gibt es? b) Wieviel Bijektionen von dieser Menge M auf {a, b, c, d, e, f } gibt es? L¨ osung: Wir benutzen [WHK, Korollar 2.23]. a) Danach gibt es |M |! = 6! verschiedene Bijektionen von M auf sich. 6! = 2 · 3 · 4 · 5 · 6 = 720. b) M = {1, 2, 3, 4, 5, 6} , B = {a, b, c, d, e, f }. Es gibt nach dem zitierten Korollar 6! = 720 verschiedene bijektive Abbildungen von M auf B. Man kann b) auf a) zur¨ uckf¨ uhren. Sei ϕ : M → B gegeben durch ϕ(1) = a , ϕ(2) = b, . . . , ϕ(6) = f . Sei π : M → B eine beliebige Abbildung. π ist genau dann bijektiv, wenn ϕ−1 π bijektiv von M auf sich ist. Die Zuordnung π → ϕ−1 π bildet die Menge der bijektiven Abbildungen von M nach B selbst bijektiv auf die Menge der bijektiven Abbildungen von M auf sich ab. Denn ϕ−1 π = ϕ−1 π ⇒ π = ϕ ◦ ϕ−1 π = ϕ ◦ ϕ−1 π = π. Also ist die Zuordnung injektiv. Ist nun ψ eine bijektive Abbildung von M auf sich, so ist ϕ ◦ ψ = π eine bijektive Abbildung von M auf B mit ϕ−1 π = ψ. Damit ist die Anzahl der bijektiven Abbildungen von M auf B gleich derjenigen von M auf sich und die ist nach a) gerade 720. 2.35
Aufgabe 2.35 Berechnen Sie bitte
alltauf? a) 52 , 53 , 62 , 64 . Was f¨ 10 = b) Zeigen Sie bitte 10 4 6 . n . c) Beweisen Sie bitte allgemein nk = n−k n n! Tipp: Benutzen Sie die Formel = !(n−)! L¨ osung: Wir benutzen zwei Formeln f¨ ur nk : n n! n(n − 1) · · · (n − k + 1) = . = k k! k!(n − k)! 5 6 6 5·4·3 6·5 6·5·4·3 a) 52 = 5·4 1·2 = 10; 3 = 1·2·3 = 10, 2 = 1·2 = 15; 4 = 1·2·3·4 = 15. Es ist 52 = 53 und 62 = 64 .
6·5 1·2
=
2.3
Nat¨ urliche Zahlen und Kombinatorik
35
= 10·9·8·7 = 10·9·8·7·6·5 = b) 10 = 10 · 3 · 7 = 210 ; 10 = 10·9·8·7 = 10 2·3·4 2·3·4·5·6 2·3·4 4 6 4 210; n (wie b) in Beispielen gezeigt!). c) Behauptung: n = n− nin a) und n! Beweis: Wir w¨ ahlen die Formel k = k!(n−k)! . n! Zun¨ achst setzen wir k = und erhalten n = !(n−)! Dann setzen wir k = n − ein und erhalten n n n! n! n! = = = . = n− (n − )!(n − (n − ))! (n − )!! !(n − )! 5 4 4 3 + 2 , sowie 2 . sowie 83 . Was f¨ allt in beiden Aufgaben auf?
Aufgabe 2.36 a) Berechnen Sie
b) Berechnen Sie
7 3
+
7 4
2.36
5 L¨ osung: 5 Aufgabe a)). 4 a)43 = 10 (s. vorige + = 4 + 6 = Also 3 . 7 7 3 7 2 + = 2 · (wegen 4 = 7 − 3 und vorige Aufgabe c)). Also ist b) 7 3 7 4 2·7·6·5 3 + = = 70. 2·3 4 38 7 7 8·7·6·5 4 = 2·3·4 = 2 · 7 · 5 = 70 = 3 + 4 . Aufgabe 2.37 Zeigen Sie bitte: F¨ ur alle nat¨ urlichen Zahlen n und alle nat¨ ur-
lichen Zahlen k mit 0 ≤ k ≤ n − 1 gilt n n n+1 + = . k k+1 k+1 = m(m−1)···(m−+1) und klammern Sie Tipp: Benutzen Sie die Formel m ! auf der linken Seite geschickt aus! L¨ osung: Es ist n n n(n − 1) · · · (n − k + 1) n(n − 1) · · · (n − k) + + = k k+1 k! (k + 1)! n(n − 1) · · · (n − k + 1) n−k = 1+ k! k+1 n(n − 1) · · · (n − k + 1) (k + 1 + n − k) = k!(k + 1) (n + 1) · n · (n − 1) · · · (n + 1 − k) = . (k + 1)!
2.37
36
2. Grundlagen
Andererseits ist n+1 (n + 1) · (n + 1 − 1) · (n + 1 − 2) · · · (n + 1 − k) = k+1 (k + 1)! (n + 1) · n · (n − 1) · · · (n + 1 − k) = (k + 1)! Aus beiden Ergebnissen zusammen folgt die Gleichung n n n+1 + = . k k+1 k+1 F¨ ur die n¨ achsten Aufgaben ist die Frage nach der Anzahl von Teilmengen einer Menge M mit |M | Elementen wichtig. Nach [WHK, Satz 2.26] gibt es |M| verschiedene Teilmengen mit genau k Elementen in M . k 2.38
Aufgabe 2.38 a) Wieviel Teilmengen mit 6 Elementen hat die Menge
{1, 2, . . . , 49}? b) Sei M = {1, 2, . . . , 49}, L = {1, 2, 3, 4, 5, 6}. Wieviel Teilmengen N gibt es in M , die mit L genau drei Elemente gemeinsam haben, d.h. f¨ ur die |N ∩L| = 3 gilt? L¨ osung: a) Nach [WHK, Satz 2.26] ist die Zahl der Teilmengen mit 6 Elementen der Menge M = {1, . . . , 49} gleich 49 49 · 48 · 47 · 46 · 45 · 44 = 49 · 47 · 46 · 3 · 44 = 13983816. = 2·3·4·5·6 6 b) Sei N eine Teilmenge mit N ∩ L = {1, 2, 3}. Dann gilt |N ∩ (M \ L)| = 3. Es ist |M \ L| = 49 − 6 = 43. Also erh¨ alt man alle 6-elementigen Teilmengen N mit N ∩ L = {1, 2, 3}, indem man alle 3-elementigen Mengen Pj ⊆ M \ L bestimmt. Dann sind die Nj = {1, 2, 3} ∪ Pj gerade die 6-elementigen Teil mengen mit N ∩ L = {1, 2, 3}. Es gilt aber nach [WHK, Satz 2.26] genau 43 3 Mengen Pj . Ist nun Q eine beliebige andere 3-elementige Teilmenge von L, so 43 liefert die Formel Qj = Q∪Pj wieder verschiedene 6-elementige Teilmen 3 3-elementige Teilmengen gen, diesmal mit Qj ∩L = Q. Da es 63 verschiedene verschiedene 6-elementige Teilin L gibt, erh¨ alt man: es gibt genau 63 43 3 mengen N mit |N ∩ L| = 3. Es ist 6 43 6 · 5 · 4 43 · 42 · 41 · = 20 · 43 · 41 · 7 = 246820. = 3 3 2·3 2·3
2.3
Nat¨ urliche Zahlen und Kombinatorik
37
Aufgabe 2.39 Wieviel verschiedene m¨ ogliche Mehrheitsbildungen gibt es in
2.39
einer 7-k¨ opfigen Kommission? L¨ osung: Eine Mehrheit wird von einer Teilmenge N ⊂ {1, . . . , 7} mit mindestens 4 Elementen gebildet. Also erh¨ alt man als Antwort: Anzahl der Teilmengen mit 4 Elementen + Anzahl der Teilmengen mit 5 Elementen + · · · + Anzahl mit 7 Elementen. Also ist die 7 7 7der7Teilmengen + + + und das ist nach Aufgabe 2.35 gesuchte Zahl gleich 5 7 7 7 7 7 4 76 7 7gleich 7 7·6 + + + . Nun ist = 35, = = 7 , = 21 , 2 3 2 1 0 3 2 1 0 = 1. Also gibt es 64 m¨ogliche Mehrheitsbildungen. ¨ Eine Ubungsgruppe mit 15 Studierenden will eine Fußballmannschaft zusammenstellen (3 St¨ urmer, 3 Mittelfeldspieler, 3 Verteidiger, 1 Libero, 1 Torwart, 4 Reservespieler). Jeder Studierende ist f¨ ur jeden Posten gleich gut geeignet. Wieviel Mannschaftsaufstellungen sind m¨ oglich? Tipp: [WHK, Satz 2.31] Aufgabe 2.40
2.40
L¨ osung: Es gibt 6 verschiedene Sorten von Spielern: St¨ urmer: n1 = 3; Mittelfeldspieler: n2 = 3; Verteidiger: n3 = 3; Libero: n4 = 1; Torwart: n5 = 1;
6 Reservespieler: n6 = 4. Es ist n = j=1 nj = 15. Nach [WHK, Satz 2.31] erh¨alt man also 15! 15! 15! = 3 = = 252252000. 3! · 3! · 3! · 1! · 1! · 4! 6 · 4! 5184 Aufgabe 2.41 Sei M = {A, B, C, D, . . . , Z} unser Alphabet (nur große Buch-
staben, keine Sonderzeichen). Auf wie viele verschiedene Arten kann man M in 3 nicht leere Mengen aufteilen? Tipp: [WHK, Satz 2.35] L¨ osung: Es ist |M | = 26. Nach [WHK, Satz 2.35] ist die Zahl der Zerlegungen in k = 3 Teilmengen gleich 3 3 3 1 · 126 + (−1)1 · 226 + (−1)0 · 326 ) S(26, 3)= ((−1)2 ( 1 2 3 3! 1 = (3 − 3 · 226 + 326 ) 6 Wir berechnen die Potenzen mit dem auf [WHK, S. 76] angegebenen Algorithmus f¨ ur schnelles Potenzieren. Dazu zerlegen wir 26 im Dualsystem: 26 = 2 + 23 + 24 = 2 + 8 + 16.
2.41
38
2. Grundlagen
Also ist a26 = a16 · a8 · a2 . Der schnelle Algorithmus l¨ auft in diesem Fall so: b := a j = 3 b := b2 b := ba j = 2 b := b2 j = 1 b := b2 b := ba j = 0 b := b2
b=2 b=4 b=8 b = 64 b = 4096 b = 8192 b = 67108864
b=3 b=9 b = 27 b = 729 b = 531441 b = 1594323 b = 2541865828329
Wir berechnen hieraus S(26, 3) = 423610750290. 2.42
Aufgabe 2.42 Sei n ≥ 2. Zeigen Sie bitte:
n n n keine nat¨ u rliche Zahl. Dann ist a) Sei n ungerade, also 2 1 + 2 + ··· + n n−1 =2 − 1. n−1 2 n n = 2n−1 − 1 + 12 n/2 . b) Sei n gerade. Dann ist n1 + n2 + · · · + n/2 n n n n n n Tipp: n Benutzen Sie die Formeln 0 + 1 + 2 + · · · + n = 2 und k = n−k . L¨ osung: a) Nach dem Binomiallehrsatz [WHK, Satz 2.28] ist n n n n 2n = (1 + 1)n = + + + · · · + n−1 0 1 2 2 n n n n + + + + · · · + n+1 . n n−1 n−2 2 n n Wegen n−k = k (siehe Aufgabe 2.37) ist die untere Summe gleich der nach dem Gleichheitszeichen uber stehenden Summe; also erh¨ alt man 2n = n dar¨ n 2 · (1 + 1 + · · · + n−1 und damit 2 n n 2n−1 − 1 = + · · · + n−1 . 1 2 b) Wie oben schließen wir n n n 2n = + ···+ + 0 n/2 − 1 n/2 n n + + ···+ n n/2 + 1 n n n =2 1 + + ···+ + . 1 n/2 − 1 n/2
2.4
Einf¨ uhrung in die Graphentheorie
39
Daraus folgt wie oben die angegebene Formel. Aufgabe 2.43 Eine Alternative zu [WHK, Satz 2.35] f¨ ur die Zerlegung in 2
2.43
nichtleere Teilmengen: Sei M eine nicht leere Menge und die Anzahl der Elemente von M sei |M | = n (≥ 2). Zeigen Sie bitte: a) Sei n ungerade, also (n − 1) durch 2 teilbar. Sei m = (n − 1)/2. Dann gibt es 2n−1 − 1 verschiedene Zerlegungen von M in 2nicht leere Teilmengen. n verschiedene Zerlegungen b) Sei jetzt n gerade. Dann gibt es 2n−1 −1+ 12 n/2 von M in 2 nicht leere Teilmengen. Tipp: Eine Zerlegung in 2 nicht leere Teilmengen sei (Z1 , Z2 ). Dann ist ur das Abz¨ ahlen der Z2 = M \ Z1 , Z2 ist also durch Z1 schon bestimmt. F¨ Zerlegungen kann man ohne Beschr¨ ankung der Allgemeinheit |Z1 | ≤ |Z2 | annehmen. Nun verwenden Sie bitte [WHK, Satz 2.26] und die vorige Aufgabe. L¨ osung: Sei Z = {Z1 , Z2 } eine Zerlegung von M in nichtleere Teilmengen. Dann ist Z2 = M \ Z1 . a) Es gibt also genau so viele Zerlegungen wie es Teilmengen Z1 mit 1 ≤ n−1 n−1 |Z1 | ≤ n−1 2 gibt (n ungerade). Denn ist |Z1 | > 2 , so ist |Z2 | ≤ 2 , diese Zerlegung ist dann bereits (mit vertauschten Bezeichnungen) aufgez¨ ahlt. Es ergibt sich also mit [WHK, Satz 2.26] die Anzahl der m¨ o glichen Zerlegungen n und das ist nach der vorigen Aufgabe gerade 2n−1 −1. zu n1 + n2 +· · ·+ n−1 2 ¨ b) F¨ ur gerades n gilt die gleiche Uberlegung nur ist jetzt 1 ≤ |Z1 | ≤ n zu 2
w¨ahlen. Mit Teil b) der vorigen Aufgabe erh¨ alt man wieder die Anzahl.
2.4 Einf¨ uhrung in die Graphentheorie Aufgabe 2.44 a) Zeichnen Sie alle B¨ aume mit genau 6 Knoten.
b) Zeigen Sie bitte: Sei G = (E, K) ein Wald mit 5 Zusammenhangskomponenten. Dann hat G genau (E) − 5 Kanten. c) Gilt b) f¨ ur beliebiges n ∈ N statt 5? L¨ osung: a) Wir setzen E = {1, 2, 3, 4, 5, 6}. Die Kantenmenge K ist dann eine Teilmenge von {{x, y} : x = y , x, y ∈ E}, da B¨ aume schlicht sind (nicht schlichte Graphen enthalten trivialerweise Kreise, s.a. [WHK, S. 54, 1. Absatz]). Wir nehmen an, G = (E, K) ist zusammenh¨angend. Dann ist G nach [WHK,
2.4
2.44
40
2. Grundlagen
Satz 2.48] genau dann ein Baum, wenn |K| = |E| − 1, also |K| = 5 ist. Nach [WHK, Satz 2.45] gibt es mindestens zwei Bl¨atter (Knoten von Grad 1). 1. Baum mit 2 Bl¨ attern: •−•−•−•−•−•
K = {{1, 2}, {2, 3}, {3, 4}, {4, 5}, {5, 6}} 1 und 6 sind die Bl¨ atter. 2. B¨aume mit 3 Bl¨attern:
•−
•−
•−
• | • | •
K = {{1, 2}, {2, 3}, {3, 4}, {4, 5}, {4, 6}} 1, 5 und 6 sind die Bl¨ atter. •−
•− | • | •
•−
•
K = {{1, 2}, {2, 3}, {3, 4}, {2, 5}, {5, 6}} 1, 4 und 6 sind die Bl¨ atter. 3. B¨aume mit 4 Bl¨attern:
•−
•−
• | •− | •
•
K = {{1, 2}, {2, 3}, {3, 4}, {3, 5}, {3, 6}}
2.4
Einf¨ uhrung in die Graphentheorie
41
Die Bl¨ atter sind 1, 4, 5 und 6. •−
•− | •− | •
• •
K = {{1, 2}, {2, 3}, {2, 4}, {4, 5}, {4, 6}} Die Bl¨ atter sind 1, 3, 5, 6. 4. Baum mit 5 Bl¨ attern:
•−
• | •− /\ ••
•
K = {{1, 2}, {2, 3}, {2, 4}, {2, 5}, {2, 6}}. Die Bl¨ atter sind 1,3,4,5,6. Aus den Figuren wird deutlich, dass eine Umnummerierung, also eine Bijektion π von E auf sich, keine wesentlich neue Figuren liefert. Man muss dann die Kantenbezeichnung entsprechend variieren, d.h. π(K) = {{π(x), π(y)} : {x, y} ∈ K} setzen. Wir m¨ ussen noch zeigen, dass unsere angegebenen B¨aume (bis auf Umnummerierung) alle mit Knotenmenge E sind. Das wollen wir aber nur skizzieren. Zun¨ achst seien i und k Bl¨atter. W¨are {i, k} eine Kante, so w¨ urde es wegen d(i) = d(k) = 1 (d(j): Grad von j) kein j = i, k geben, das mit i oder k verbunden w¨ are, also w¨are G nicht zusammenh¨ angend. Daher ist (im Fall |E| ≥ 3) jedes Blatt mit einem inneren Knoten durch eine Kante verbunden. Hat ein Baum mit E = {1, · · · , 6} 5 Bl¨ atter, so kann es nur einen inneren Knoten geben und wir erhalten unsere angegebene Figur. Es habe ein Baum G = (E, K) 4 Bl¨ atter. Dann hat er zwei innere Knoten u und v. Nach der Gradzahlformel (siehe [WHK, Satz 2.39]) ist d(u) + d(v) + 4 · 1 = 10 , d(u) + d(v) = 6. Da u und v innere Knoten sind, ist d(u) , d(v) ≥ 2. Ist d(u) = 2, so ist d(v) = 4. Da G zusammenh¨ angend ist, und kein Weg von u nach v u ¨ ber Bl¨ atter f¨ uhren kann (Kanten, die zu Bl¨ attern f¨ uhren, sind “Sackgassen”), ist {u, v} ∈ K.
42
2. Grundlagen
Also f¨ uhrt die zweite durch u laufende Kante zu einem Blatt, wir erhalten den ersten der beiden B¨aume mit vier Bl¨attern. Die andere M¨ oglichkeit d(u) = d(v) = 3 f¨ uhrt wegen {u, v} ∈ K (Grund wie oben) dazu, dass an u und v jeweils zwei Bl¨atter h¨ angen, also zum zweiten der angegebenen B¨aume mit 4 Bl¨attern. Wir behandeln schließlich noch den Fall zweier Bl¨ atter. Ohne Beschr¨ankung der Allgemeinheit seien dies die Knoten 1 und 6. Ebenso k¨ onnen wir durch Umnummerierung erreichen, dass {1, 2} und {5, 6} die Kanten sind, auf denen die beiden Bl¨ atter liegen. Die Knoten 2, 3, 4, 5 sind innere Knoten, es ist also d(j) ≥ 2 f¨ ur j = 2, 3, 4 und 5. Außerdem ist nach [WHK, Satz 2.39] d(2) + d(3) + d(4) + d(5) + 2 = 10 (2 = d(1) + d(2)). Wegen d(j) ≥ 2 gilt also 8 ≤ d(2) + d(3) + d(4) + d(5) = 8 und damit d(2) = d(3) = d(4) = d(5) = 2. Eine Kante, auf der 3 liegt, ist {1, 2}; es gibt genau ein j = 1, 2, 6 mit {2, j} ∈ K. Nach Umnummerierung erh¨ alt man j = 3. Außer {2, 3} geht durch 3 eine weitere Kante zu einem Knoten = 1, 2, 3, 6, also ohne Beschr¨ ankung der Allgemeinheit (Umnummerieren) zu 4, d.h. {3, 4} ∈ K. Dann bleibt f¨ ur die 2. Kante auf der 4 liegt nur {4, 5} u ¨ brig. Wir erhalten also unseren angegebenen Baum mit 2 Bl¨attern. Die Beschreibung aller B¨aume mit drei Bl¨attern verl¨ auft analog. Ein innerer Knoten u muss notwendig den Grad 3, die anderen beiden den Grad 2 haben. b) Seien E1 , . . . , E5 die Knoten der Zusammenhangskomponenten. Es ist K = 5 j=1 Kj mit Ki ∩ Kj = ∅, weil (Ej , Kj ) und (Ei , Ki ) nicht verbunden sind. ur Es ist jedes (Ej , Kj ) ein Baum, also |Kj | = |Ej | − 1. Wegen Ei ∩ Ej = ∅ f¨
5 i = j ist |K| = j=1 |Ej | − 5 = |E| − 5. c) Nat¨ urlich l¨ auft der Beweis aus b) f¨ ur beliebiges n ≥ 1, statt n = 5. 2.45
Sei B = (E, K) ein Baum und v ∈ E sei ein Knoten mit maximalem Grad. Zeigen Sie bitte: B hat mindestens d(v) Knoten vom Grad 1, also mindestens d(v) Bl¨atter. Aufgabe 2.45
L¨ osung: Wir benutzen die Formel f¨ ur B¨ aume aus [WHK, Korollar 2.49]:
atter ueE d(u) = 2|E| − 2. Sei B = {x ∈ E : d(x) = 1} die Menge der Bl¨ und m = max{d(x) : x ∈ E} = d(v) f¨ ur ein passendes v. Die Behauptung ist m ≤ |B| =: . Beweis: Wir spalten die Menge der Knoten geschickt auf: Sei F = {x ∈ E :
x = v, d(x) ≥ 2} (f¨ ur |E| = 2 ist F = ∅ und wir setzen u∈∅ d(u) = 0. Das ist eine immer stillschweigend gemachte Vereinbarung).
Es ergibt sich aus x∈B d(x) = |B| = die folgende Ungleichung: d(u) = d(x) + d(v) + d(x) ≥ + m + 2|F |, 2|E| − 2 = u∈E
x∈B
x∈F
2.4
Einf¨ uhrung in die Graphentheorie
43
weil d(x) ≥ 2 f¨ ur x ∈ F . Nun ist |F | = |E| − − 1, also folgt 2|E| − 2 ≥ + m + 2|E| − 2 − 2 = m − + 2|E| − 2. Daraus erh¨ alt man nun m − ≤ 0, d.h. m ≤ . Aufgabe 2.46 a) Wieviel Kanten hat ein vollst¨ andiger Graph mit n Knoten?
2.46
b) Sei G ein Graph mit 10 Knoten und 11 Kanten. Ist G ein Baum? L¨ osung: a) Nach [WHK, Beispiel 3, S. 52] hat ein vollst¨andiger Graph genau alle m¨oglichen Kanten, also soviel Kanten wie es zweielementige Teilmengen |E| der Knotenmenge E gibt und das sind 2 Teilmengen (siehe[WHK, Satz 2.26]). b) Nach [WHK, Satz 2.48] gilt f¨ ur einen Baum |K| = |E| − 1. In unserm Fall ist aber |E| − 1 = 9 und |K| = 11, also ist G kein Baum. Aufgabe 2.47 Sei G = (E, K) ein zusammenh¨ angender Graph. Zeigen Sie
bitte: Es gibt einen Graphen H = (E, K ) mit derselben Knotenmenge E und einer Teilmenge K ⊂ K von Kanten, der ein Baum ist (ein den Graphen G aufspannender Baum). Tipp: Gehen Sie wie im Beweis von [WHK, Satz 1.44, Teil b) ⇒ a)] vor. L¨ osung: Als orientierendes Beispiel konstruieren wir zun¨achst einen aufspannenden Baum B des vollst¨andigen Graphen G = (E, K)) mit E = {1, 2, 3, 4} und K = {{1, 2}, {1, 3}, {1, 4}, {2, 3}, {2, 4}, {3, 4}}. Machen Sie sich f¨ ur das Folgende unbedingt eine Skizze! Wir entfernen schrittweise die Kreise aus G: ein Kreis ist c = (1, {1, 2}, 2, {2, 3}, 3, {3, 1}, 1). Wir entfernen die Kante {2, 3} und enthalten den zusammenh¨ angenden Graphen G1 = (E, {{1, 2}, {1, 3}, {1, 4}, {2, 4}, {3, 4}}). In ihm ist c1 = (1, {1, 3}, 3, {3, 4}, 4, {1, 4}, 1)
2.47
44
2. Grundlagen
wieder ein Kreis. Wir entfernen die Kante {1, 4} und erhalten G2 = (E, {{1, 2}, {1, 3}, {2, 4}, {3, 4}}). Er enth¨ alt den Kreis c2 = (1, {1, 2}, 2, {2, 4}, 4, {3, 4}, 3, {1, 3}, 1). Aus ihm entfernen wir zum Beispiel die Kante {3, 4} und erhalten G3 = (E, {{1, 2}, {2, 4}, {1, 3}}}). Wir sind am Ziel. Denn G3 ist zusammenh¨angend und 3 = |K| = 4 − 1 = |E| − 1, also nach [WHK, Satz 2.48] ein Baum. Nun wenden wir uns dem allgemeinen Fall zu. Dazu gehen wir wie oben vor und benutzen dabei [WHK, Lemma 2.47]. Wir gehen rekursiv vor: Sei G = (E, K) ein zusammenh¨ angender Graph. Die Zahl der Kreise in G sei c(G). Ist c(G) = 0, so ist G ein Baum und das Verfahren bricht ab. Sei c(G) ≥ 1 und c ein Kreis in G. Wir entfernen eine beliebige zu c geh¨orende Kante k aus K und erhalten den Graphen G1 = (E, K1 ) mit K1 = K \ {k}, der nach [WHK, Lemma 2.47] wieder zusammenh¨angend ist, aber den Kreis c nicht enth¨ alt. Durch Herausnahme von k sind aber auch keine neuen Kreise entstanden, also ist c(G1 ) ≤ c(G) − 1. Ist c(G1 ) = 0, so ist G1 ein Baum, andernfalls setzen wir das Verfahren der Kreisentfernung fort. Bei jedem Schritt verkleinert sich die Zahl der Kreise um mindestens 1, also bricht es nach endlich vielen Schritten ab. Der dann erhaltene Graph, etwa ullt c(Gn ) = 0, ist also ein Baum. Gn erf¨
2.5
2.5 Formale Aussagenlogik
2.48
Aufgabe 2.48 Sei V = {x, y} die Menge der Variablen des Alphabets unserer
formalen Logik. Zeigen Sie bitte: ucke. a) (x ∨ y) , (x ∧ y) , (x ∨ 0 , (y ∧ 1) sind Ausdr¨ ucke. b) x ∨ y) , xy , (x ∧ 0 sind keine Ausdr¨ c) ((¬x) ∨ y) , (((¬x) ∨ y ∧ ((¬y) ∨ x)) sind Ausdr¨ ucke. Tipp: Zeigen Sie bei a) und c) Schritt f¨ ur Schritt, welche Regeln Sie wie anwenden. Bei b) zeigen Sie, welche Regeln verletzt wurden. L¨ osung: Wir nummerieren die Regeln durch, um sie explizit angeben zu k¨ onnen:
2.5
Formale Aussagenlogik
45
(1): 0, 1 und alle Variablen sind Ausdr¨ ucke. (2): Ist A ein Ausdruck, so auch (¬A). (3): Sind A und B Ausdr¨ ucke, so auch (A ∨ B). (4): Sind A und B Ausdr¨ ucke, so auch (A ∧ B). a) (i) (x ∨ y) ist ein Ausdruck. Denn x und y sind Variable, also nach (1) Ausdr¨ ucke und (x ∨ y) wurde mit (3) gebildet. (ii) (x ∧ y) ist ein Ausdruck. Denn x und y sind Variable, also nach (1) Ausdr¨ ucke und (x ∧ y) wurde mit (4) gebildet. (iii) (x ∨ 0) ist ein Ausdruck, denn x ist eine Variable, nach (1) sind x und 0 Ausdr¨ ucke und (x ∨ 0) wurde mit (3) gebildet. (iv) (x ∧ 1) ist ein Ausdruck, denn nach (1) sind x und 1 Ausdr¨ ucke und (x ∧ 1) wurde nach (4) gebildet. b) (i) x ∨ y): Zwar sind x und y nach (1) Ausdr¨ ucke, aber Regel (3) verlangt links eine o¨ffnende Klammer, die hier fehlt. (3) ist verletzt. (ii) xy: Zwar sind x und y Ausdr¨ ucke, aber jede der f¨ ur zwei Ausdr¨ ucke angegebene Regeln verlangt Klammern, die fehlen und (3) verlangt ∨ zwischen den Ausdr¨ ucken (4) verlangt ∧. xy ist also kein Ausdruck. ucke, aber Regel (4) verlangt (iii) (x ∧ 0: Zwar sind x und 0 nach (1) Ausdr¨ rechts eine schließende Klammer, (4) ist also verletzt, (x ∧ 0 damit kein Ausdruck. c) (i) ((¬x) ∨ y) =: A : x und y sind nach (1) Ausdr¨ ucke, (¬x) ist nach (2) ein Ausdruck, also ist A nach (3) ein Ausdruck. (ii) (((¬x)∨y)∧((¬y)∨x)) =: B; x, y sind nach (1) Ausdr¨ ucke, also sind (¬x) und (¬y) nach (2) Ausdr¨ ucke. Damit sind C := ((¬x)∨y) und D := ((¬y)∨z) nach (3) Ausdr¨ ucke. Also ist B = (C ∧ D) nach (4) ein Ausdruck. ¨ber dem Alphabet V erh¨ alt man Eine Interpretation I ∗ der Aussagenlogik u aus einer beliebigen Abbildung (Belegung) I : V → {0, 1} durch Rekursion u ¨ber den Aufbau der Ausdr¨ ucke: (i) Sei A = x mit x ∈ V . Dann ist I ∗ (A) = I(x). Sei A = 0 Dann ist I ∗ (A) = 0. Ist A = 1, so ist I ∗ (A) = 1. (ii) Sei A = ¬(B). Dann ist I ∗ (A) = 1 − I ∗ (B). (iii) Sei A = (B ∧C). Dann ist I ∗ (A) = min(I ∗ (B), I ∗ (C)). Sei A = (B ∨C). Dann ist I ∗ (A) = max(I ∗ (B), I ∗ (C). Aufgabe 2.49 Sei V wie in der vorigen Aufgabe. Sei I(x) = 0 , I(y) = 1. ∗
ur alle Ausdr¨ ucke aus a) und c) der vorigen Aufgabe. Berechnen Sie I (A) f¨ L¨ osung: Wir haben I(x) = 0, I(y) = 1, I(0) = 0, I(1) = 1. Da x, y, 0 und 1 Ausdr¨ ucke sind, ist I(x) = I ∗ (x) usw.
2.49
46
2. Grundlagen
I ∗ ((x ∨ y)) = max(I(x), I(y)) = 1. I ∗ ((x ∧ y)) = min(I(x), I(y) = 0. I ∗ ((x ∨ 0)) = max(I(x), I(0)) = 0. I ∗ ((y ∧ 1)) = min(I(y), I(1)) = 1. I ∗ (((¬x) ∨ y)) = max(I ∗ ((¬x)), I ∗ (y)) = max(1 − I ∗ (x), I ∗ (y)) = 1 I ∗ (((¬x) ∨ y) ∧ ((¬y) ∨ x)) = min(I ∗ ((¬x) ∨ y), I ∗ ((¬y) ∨ x)) =min(1, max(I ∗ (¬y), I ∗ (x)) =min(1, max(1 − I ∗ (y), I ∗ (x)) =min(1, 0) = 0. 2.50
Aufgabe 2.50 Sei V wie in der vorigen Aufgabe. Zeigen Sie bitte:
a) (x ∨ (¬x)) ist eine Tautologie, (x ∧ (¬x)) ist eine Kontradiktion. b) F = {(¬x), y, ((¬y) ∨ x)} ist nicht erf¨ ullbar. Tipp: Es gibt 4 Belegungen I. In Teil b) muss man zeigen, dass stets ein I ∗ (A) = 0 wird, wo A ∈ F passend gew¨ahlt sein muss. L¨ osung: a) Sei I : V → {0, 1} beliebig. Dann ist I ∗ ((x ∨ (¬x))) = max(I ∗ (x), I ∗ (¬x)) = max(I ∗ (x), 1 − I ∗ (x)) = 1. Denn I ∗ (x) = 1 − I ∗ (x) und damit stehen in der Klammer sowohl die 0 als auch die 1. undung s.o. I ∗ (x ∧ (¬x)) = min(I ∗ (x), 1 − I ∗ (x)) = 0. Begr¨ Da I eine beliebige Belegung war ist die erste Formel eine Tautologie, die zweite eine Kontradiktion. b) Sei I eine beliebige Belegung von V . Es ist I ∗ (¬x)=1 − I ∗ (x), I ∗ ((¬y) ∨ x)=max(I ∗ (¬y), I ∗ (x)) =max(1 − I ∗ (y), I ∗ (x)). Sei I ∗ (x) = 1. Dann ist I ∗ (¬x) = 0, also 0 ∈ {I ∗ (A) : A ∈ F }. Sei nun I ∗ (x) = 0. (i) I ∗ (y) = 1. Dann ist I ∗ ((¬y) ∨ x) = max(0, 0) = 0, also 0 ∈ {I ∗ (A) : A ∈ F }. (ii) I ∗ (y) = 0. Dan folgt sofort 0 ∈ {I ∗ (A) : A ∈ F }. Zusammengefasst folgt: F¨ ur jede Belegung I ist 0 ∈ {I ∗ (A) : A ∈ F }. Also ist F nicht erf¨ ullbar.
2.5
Formale Aussagenlogik
47
Aufgabe 2.51 Zeigen Sie bitte: Die Menge F = {A1 , . . . , An } ist genau dann
erf¨ ullbar, wenn der Ausdruck (· · · (A1 ∧ A2 ) ∧ · · · ∧ An ) erf¨ ullbar ist. Tipp: Zeigen Sie dies f¨ ur n = 2 und benutzen Sie dann Induktion nach n. Bemerkung: Die folgenden zu beweisenden Aussagen der formalen Logik gelten f¨ ur beliebige Variablenmengen V . L¨ osung: (I) Wir definieren zun¨ achst rekursiv f¨ ur x1 , . . . , xn+1 ∈ {0, 1} min(x1 , . . . , xn+1 ) = min(min(x1 , . . . , xn ), xn+1 ). (II) Dann zeigen wir durch Induktion: Seien A1 , . . . , An Aussagen und I : V → {0, 1} eine beliebige Belegung der Variablen. Dann ist I ∗ ((∗ . . . (A1 ∧ A2 ) ∧ . . . ∧ An )) = min(I ∗ (A1 ), . . . , I ∗ (An )). Diese Aussage ist richtig f¨ ur n = 2. Induktionsvoraussetzung: Die Aussage ist richtig f¨ ur ein n ≥ 1. Behauptung: Sie ist richtig f¨ ur n + 1. Beweis: Sei C = (. . . (A1 ∧ A2 ) ∧ . . . ∧ An ). Dann ist (. . . (A1 ∧ A2 ) ∧ . . . ∧ An+1 ) = (C ∧ An+1 ). Also ist f¨ ur eine beliebige Belegung I I ∗ ((C ∧ An+1 ))
= =
Induktionsvor.
=
min(I ∗ (C), I ∗ (An+1 )) min(min(I ∗ (A1 ), . . . , I ∗ (An )), I ∗ (An+1 )) min(I ∗ (A1 ), . . . , I ∗ (An+1 ))
nach der rekursiven Definition von min. Nach dem Prinzip der vollst¨ andigen Induktion ist die Formel f¨ ur alle n ≥ 2 bewiesen. (III) Sei F = {A1 , . . . , An } (n ≥ 2). Behauptung: F ist genau dann erf¨ ullbar, wenn (. . . (A1 ∧ A2 ) ∧ . . . ∧ An ) erf¨ ullbar ist. ur Beweis: (i) Sei F erf¨ ullbar. Es gibt also eine Belegung I mit I ∗ (Aj ) = 1 f¨ j = 1 . . . n. Dann ist nach (II) I ∗ ((. . . (A1 ∧ A2 ) ∧ . . . ∧ An =min(I ∗ (A1 ), . . . I ∗ (An )) =min(1, . . . , 1) = 1
2.51
48
2. Grundlagen
also (. . . (A1 ∧ A2 ) ∧ . . . ∧ An ) =: C erf¨ ullbar. (ii) Sei umgekehrt C erf¨ ullbar. Dann gibt es eine Belegung I mit I ∗ (C) = 1. ur alle j, also F Wegen 1 = I ∗ (C) = min(I ∗ (A1 ), . . . I ∗ (An )) ist I ∗ (Aj ) = 1 f¨ erf¨ ullbar. Aus (i) und (ii) folgt die Behauptung. Zwei Ausdr¨ ucke A und B der formalen Aussagenlogik u ¨ber dem Alphabet V heißen logisch a¨quivalent, wenn f¨ ur jede Belegung I stets I ∗ (A) = I ∗ (B) gilt (siehe [WHK, Definition 2.52]). 2.52
Aufgabe 2.52 Zeigen Sie bitte:
a) Seien A und B Ausdr¨ ucke. A ist genau dann logisch a¨quivalent zu B, wenn ((¬A) ∨ B) ∧ ((¬B) ∨ A) eine Tautologie ist. ¨ b) Die Relation ≡ ist eine Aquivalenzrelation auf der Menge A aller Ausdr¨ ucke. Dabei bedeutet A ≡ B, dass A und B logisch a¨quivalent sind. Tipp: Benutzen Sie nicht Teil a) der Aufgabe, sondern die Definition der ¨ logischen Aquivalenz. L¨ osung: a) (i) Sei A logisch a¨quivalent zu B, d.h. f¨ ur jede Belegung I ist ur jede Belegung I I ∗ (A) = I ∗ (B). Es ist f¨ I ∗ (((¬A) ∨ B) ∧ ((¬B) ∨ A))) = min(I ∗ (((¬A) ∨ B)), (((¬B) ∨ A))).
(7)
Außerdem gilt I ∗ (((¬A) ∨ B))
= =
max(1 − I ∗ (A), I ∗ (B)) max(1 − I ∗ (A), I ∗ (A)) = 1
I ∗ (A)=I ∗ (B)
und ebenso I ∗ (((¬B) ∨ A))
= =
max(1 − I ∗ (B), I ∗ (A)) max(1 − I ∗ (A), I ∗ (A)) = 1
I ∗ (A)=I ∗ (B)
also ist auch das Minimum beider Ausdr¨ ucke gleich 1. Da I beliebig war, folgt die Behauptung. (ii) Sei umgekehrt (((¬A) ∨ B) ∧ ((¬B) ∨ A)) =: C eine Tautologie. Wir ¨ beweisen die logische Aquivalenz durch Widerspruch. Es gebe also eine Bele∗ gung I mit I (A) = I ∗ (B). Ist I ∗ (A) = 1, so ist I ∗ (B) = 0 und damit max(1 − I ∗ (A), I ∗ (B)) = 0 = I ∗ (((¬A) ∨ B)). Aus (7) folgt damit I ∗ (C) = 0, ein Widerspruch dazu, dass C eine Tautologie ist.
2.5
Formale Aussagenlogik
49
Ist aber I ∗ (A) = 0, so ist I ∗ (B) = 1, also I ∗ ((¬B) ∨ A) = max(1 − I ∗ (B), I ∗ (A) = 0 und wieder erhalten wir I ∗ (C) = 0, ein Widerspruch. Damit ist die Annahme, es gebe ein I mit I ∗ (A) = I ∗ (B) widerlegt. A und B sind also logisch ¨aquivalent. b) Wir m¨ ussen Reflexivit¨at, Symmetrie und Transitivit¨ at von ≡ nachweisen (s. [WHK, Definition 2.18]). Reflexivit¨ at: F¨ ur alle I ist I ∗ (A) = I ∗ (A), also ist A ≡ A. ur alle Belegungen Symmetrie: Ist I ∗ (A) = I ∗ (B), so auch I ∗ (B) = I ∗ (A) f¨ I. Also gilt: Ist A ≡ B, so ist B ≡ A. ur alle Belegungen I, so Transitivit¨ at: Ist I ∗ (A) = I ∗ (B) und I ∗ (B) = I ∗ (C) f¨ ∗ ∗ ur all diese I; das heißt aber: Ist A ≡ B und B ≡ C, ist auch I (A) = I (C) f¨ so ist A ≡ C. ¨ Aufgabe 2.53 Beweisen Sie bitte die folgenden Aquivalenzen: a) (¬(¬A)) ≡ A b) (A ∨ B) ≡ (B ∨ A) c) (A ∨ (B ∧ C)) ≡ ((A ∨ B) ∧ (A ∨ C)) d) (¬(A ∨ B)) ≡ ((¬A) ∧ (¬B)) e) (¬(A ∧ B)) ≡ ((¬A) ∨ (¬B)) Bemerkung: d) und e) sind die De Morganschen Regeln. L¨ osung: Wir m¨ ussen in a) bis e) zeigen: Sei I eine ganz beliebige Belegung. Dann ist I ∗ (C) = I ∗ (D), wobei C ≡ D ur die Behauptung ist. Denn da I beliebig gew¨ahlt ist, gilt I ∗ (C) = I ∗ (D) f¨ alle Belegungen I und das bedeutet gerade C ≡ D. Im Folgenden ist also I beliebig gew¨ahlt. a) I ∗ ((¬(¬A))) = 1 − I ∗ ((¬A)) = 1 − (1 − I ∗ (A)) = I ∗ (A). b) I ∗ ((A ∨ B))=max(I ∗ (A), I ∗ (B)) = max(I ∗ (B), I ∗ (A)) =I ∗ ((B ∨ A)). c) I ∗ ((A ∨ (B ∧ C)))=max(I ∗ (A), I ∗ (B ∧ C)) (
=max(I ∗ (A), min I ∗ (B), I ∗ (C))).
2.53
50
2. Grundlagen
Behauptung: F¨ ur x, y, z ∈ {0, 1} ist max(x, min(y, z)) = min(max(x, y), max(x, z)). Angenommen, diese Behauptung w¨are schon bewiesen. Dann w¨ are I ∗ ((A ∨ (B ∧ C)))=min(max(I ∗ (A), I ∗ (B)), max(I ∗ (A), I ∗ (C))) =min(I ∗ ((A ∨ B)), I ∗ ((A ∨ C))) =I ∗ (((A ∨ B) ∧ (A ∨ C))), wir h¨ atten also c) bewiesen. Der Beweis unserer Behauptung wird durch die folgende Tabelle geliefert. Aus drucktechnischen Gr¨ unden setzen wir min(max(x, y), max(x, z)) = M x 1 1 1 1 0 0 0 0
y 1 1 0 0 1 1 0 0
z 1 0 1 0 1 0 1 0
min(y, z) 1 0 0 0 1 0 0 0
max(x, min(y, z)) 1 1 1 1 1 0 0 0
max(x, y) 1 1 1 1 1 1 0 0
max(x, z) 1 1 1 1 1 0 1 0
M 1 1 1 1 1 0 0 0
d) und e) l¨ osen wir ebenfalls mit Tabellen (vergleiche Aufgabe 2.5). Dabei m¨ ussen wir wieder aus drucktechnischen Gr¨ unden I ∗ (((¬A) ∧ (¬B))) = I setzen. I ∗ (A) 1 1 0 0
2.54
I ∗ (B) 1 0 1 0
I ∗ ((A ∨ B)) 1 1 1 0
I ∗ ((¬(A ∨ B)) 0 0 0 1
I ∗ ((¬A)) 0 0 1 1
I ∗ ((¬B)) 0 1 0 1
I 0 0 0 1
Aufgabe 2.54 Beweisen Sie bitte durch Induktion nach n (≥ 2) die verallgemeinerten De Morganschen Regeln: n n a) ¬ k=1 Ak ≡ k=1 ¬Ak n n b) ¬ k=1 Ak ≡ k=1 ¬Ak .
2.5
Formale Aussagenlogik
51
L¨ osung: a) F¨ ur n = 2 haben wir die Regel in der vorigen Aufgabe d) bewiesen. Der Induktionsanfang ist also bewiesen. Induktionsannahme: Dir Formel gelte f¨ ur n Aussagen, wo n ≥ 2 irgend eine nat¨ urliche Zahl sei. Induktionsbehauptung: Sie gilt f¨ ur n + 1 Aussagen. n Beweis: Wir setzen C = k=1 Ak . Dann steht linkes von “ ≡ ¬(C ∧ An+1 ). Das ist nach dem Induktionsanfang a¨quivalent zu (¬C)∨¬An+1 . Nach Indukn tionsvoraussetzung ist (¬C) a¨quivalent zu k=1 ¬Ak . Nun muss man [WHK, Satz 2.53] benutzen, wobei das dortige A0 hier gerade (¬C) und das dortige n n B0 gerade k=1 ¬Ak ist. Dann erh¨alt man (¬C) ∨ (¬An+1 ) ≡ k=1 ¬Ak ∨ n+1 n+1 ¬An+1 ≡ k=1 ¬Ak . Insgesamt haben wir ¬((C ∧ An+1 ) ≡ k=1 ¬Ak unter der Induktionsannahme gezeigt. Nach dem Prinzip der vollst¨ andigen Induktion ist unsere Behauptung bewiesen. b) l¨ auft analog zu a). Aufgabe 2.55 Zeigen Sie bitte
2.55
a) Sei F = {x, y}. Dann ist A = (x ∧ y) logische Folgerung aus F . b) Sei F = {B, ((¬B) ∨ A)}. Dann ist A logische Folgerung aus F . Bemerkung: das ist die Formalisierung des Aristotelischen modus ponens. L¨ osung: a) Sei I ein beliebiges Modell f¨ ur F . Das heißt, es ist I ∗ (x)(= ∗ ∗ I(x)) = 1 = I (y)(= I(y)). Dann ist I (x ∧ y) = min(I ∗ (x), I ∗ (y)) = 1. Da I ein beliebiges Modell f¨ ur F war, folgt die Behauptung. b) Sei I ein beliebiges Modell f¨ ur F . Es gilt also I ∗ (B) = 1 = I ∗ ((¬B) ∨ A). ∗ Es ist 1 = I ((¬B) ∨ A) = max(1 − I ∗ (B), I ∗ (A)). Da nun I ∗ (B) = 1 gilt, ist 1 − I ∗ (B) = 0, also I ∗ (A) = 1. Da I ein beliebiges Modell war, gilt I ∗ (A) = 1 f¨ ur jedes Modell, also ist A eine logische Folgerung von F . Im Folgenden bezeichnet K eine Klauselmenge und Res(K) ist die Menge der Resolventen von K vereinigt mit K. Genaueres k¨ onnen wir auf diesem engen Raum nicht darstellen (siehe [WHK, Abschnitt 2.5.5: Resolutionskalk¨ ul]). Sei K = {{x, ¬y, z} , {y, z} , {¬x, z} , {¬x, ¬y}}. Zeigen Sie bitte: a) Res2 (K) = K ∪ {{x, y} , {¬y, z}}. b) Res2 (K) = Res(K) ∪ {{z}}. c) Res3 (K) = Res2 (K). Aufgabe 2.56
L¨ osung: a) Es tritt y in {y, z} und ¬y in {x, ¬y, z} auf, also ist R({y, z}, {x, ¬y, z}) = {z} ∪ {x, z} = {x, z}. Es tritt x in {x, ¬y, z} und
2.56
52
2. Grundlagen
¬x in {¬x, z} auf, also ist R({x, ¬y, z}, {¬x, z}) = {¬y, z}. Schließlich erh¨ alt man R({x, ¬y, z}, {¬x, ¬y}) = {¬y, z} ∪ {¬y} = {¬y, z}. Damit folgt a) b) Es ist {y, z} ∈ K ⊂ Res(K) und {¬y, z} ∈ Res(K), also ist R({y, z}, {¬y, z}) = {z} ∪ {z} = {z}. Weitere Mengen kommen nicht hinzu. Das beweist b. c) Wir schreiben Res2 (K) explizit hin: Res2 (K) = {{x, ¬y, z}, {y, z}, {¬x, z}, {¬x, ¬y}, {x, z}, {¬y, z}, {z}}. Die Variablen, die zusammen mit ihren Negationen auftreten, sind x und y. Von deren Klauseln haben wir bereits unter a) und b) die Resolventen berechnet. Also ist Res3 (K) = Res2 (K). 2.57
Aufgabe 2.57 Ein Gast eines Restaurants m¨ ochte einen Cocktail bestellen
und hat dabei die folgenden W¨ unsche: 1. Wenn der Cocktail Alkohol enth¨ alt, soll er keine Fr¨ uchte enthalten. 2. Wenn er Fr¨ uchte enth¨ alt, soll er weder Alkohol noch Zucker enthalten. 3. Wenn er Zucker enth¨ alt, soll er keinen Alkohol enthalten. K¨ onnten Sie dem Kellner helfen? Vielleicht mit dem Resolutionskalk¨ ul? L¨ osung: Wir betrachten die Variablen x: Alkohol enthaltend, y: Fr¨ uchte enthaltend, z: Zucker enthaltend. Dann lauten die W¨ unsche des Gastes: x ⇒ ¬y, y ⇒ ¬(x ∧ z), ¬z ⇒ x. Der Kellner bringt einfach ein Bier. Diese L¨ osung auf den ersten Blick wollen wir jetzt rein formal gewinnen und schauen, ob sie die einzig m¨ ogliche ist. Dazu benutzen wir A ⇒ B ≡ (¬A) ∨ B. Dann lauten die Bedingungen ¬x ∨ ¬y , ¬y ∨ (¬(x ∧ z)), z ∨ x. ¬y ∨ (¬(x ∧ z)) formen wir mit der De Morganschen Regel um zu ¬y ∨ (¬x ∧ ¬z), was nach Aufgabe 2.53 c) und [WHK, Satz 2.53] logisch a¨quivalent ist zu (¬y ∨ ¬x) ∧ (¬y ∨ ¬z). Da alle Kundenw¨ unsche erf¨ ullt sein m¨ ussen, erhalten wir insgesamt (¬x ∨ ¬y) ∧ (¬y ∨ ¬x) ∧ (¬y ∨ ¬z) ∧ (z ∨ x) und das ist ein Ausdruck in konjunktiver Normalform. Die zugeh¨ orige Klauselmenge ist K={{¬x, ¬y}, {¬y, ¬x}, {¬y, ¬z}, {z, x}} ={{¬x, ¬y}, {¬y, ¬z}, {z, x}}
2.5
Formale Aussagenlogik
53
Die Variablen, die zusammen mit ihren Negationen auftreten, sind x und z. Daher sind die folgenden Resolventen bildbar: R({¬x, ¬y}, {x, z})={¬y, z} R({¬y, ¬z}, {x, z})={¬y, x}. Damit ergibt sich Res(K) = {{¬x, ¬y}, {¬y, ¬z}, {x, z}, {¬y, x}, {¬y, z}} Jetzt treten wieder x und ¬x, sowie z und ¬z auf. Wir k¨ onnen die folgenden neuen Resolventen bilden: R({¬x, ¬y}, {x, ¬y}) = {¬y} = R({¬y, ¬z}, {¬y, z}). Es ist also Res2 (K) = {{¬x, ¬y}, {¬y, ¬z}, {x, z}, {¬y, x}, ¬y, z}, {¬y}} = Res∞ (K), weil keine weiteren Variablen zusammen mit ihren Negationen auftreten. ullbar ist. Wenn I Res∞ (K) Res∞ (K) = ∅ ergibt, dass Res∞ (K), also K erf¨ erf¨ ullt, muss notwendig I(¬y) = 1, also I(y) = 0 gelten. Damit gilt f¨ ur alle ussen also nur noch Klauseln, die ¬y enthalten, dass I ∗ (A(K)) = 1 ist. Wir m¨ daf¨ ur sorgen, dass I ∗ (x ∨ z) = 1 ist. Wir erhalten folgende Getr¨ anke, die die Kundenw¨ unsche erf¨ ullen: keine Frucht, kein Zucker, aber Alkohol, also zum Beispiel Bier. keine Frucht, kein Alkohol, aber Zucker, zum Beispiel Coca Cola. keine Frucht, aber Alkohol und Zucker, zum Beispiel Tee mit Rum.
Kapitel 3 Einf¨ uhrung in die elementare Zahlentheorie
3
3 3.1 3.2
3
Einf¨ uhrung in die elementare Zahlentheorie Teilbarkeit und Kongruenzen .................................. Primfaktorzerlegung .............................................
57 66
3 Einf¨ uhrung in die elementare Zahlentheorie 3.1 Teilbarkeit und Kongruenzen
3.1
Aufgabe 3.1 Berechnen Sie bitte die folgenden Ausdr¨ ucke:
3.1
a) max{7, −3, 5, 8, −7}. b) min{7, −3, 5, 8, −1}. c) max{5 · k : k ≤ 7}. oßte der Zahlen x1 , . . . , xn . L¨ osung: Das Maximum max(x1 , . . . , xn ) ist die gr¨ Analog ist das Minimum die kleinste dieser Zahlen. Hiermit erhalten wir: a) max(7, −3, 5, 8, −7) = 8. b) min(7, −3, 5, 8, −7) = −7. c) max({5k : 0 ≤ k ≤ 7}) = max({0, 7, 14, 21, 28, 35}) = 35. Aufgabe 3.2 Beweisen Sie bitte die folgenden Aussagen: a) Teilt 6 die Zahlen b und c, so auch 5b − 27c. b) Teilt 6 die Zahl b und teilt b die Zahl 6 so ist |b| = 6. c) Teilt 6 die Zahl b = 0, so ist 6 ≤ |b|.
3.2
L¨ osung: a) 6 teilt b impliziert b = 6k f¨ ur ein k ∈ Z (n¨ amlich k = 6b ). Ebenso gilt c = 6 f¨ ur ein ∈ Z. Also ist 5b − 27c = 30k − 6 · 27 = 6(5k − 27). 5k − 27 ist eine ganze Zahl, also teilt 6 die Zahl 5b − 27c. b) Nach Voraussetzung ist b = 6k f¨ ur ein k ∈ Z und 6 = b f¨ ur ein ∈ Z, also ist b = bk und damit 1 = k. Da k und ganze Zahlen sind, muss = k = −1 oder = k = 1 sein. Im ersten Fall ist b = −6, im zweiten b = 6. In jedem Fall also |b| = max(−6, 6) = 6. c) Es teile 6 die Zahl b = 0 . Dann ist b = 6k mit k ∈ Z , k = 0. Ist k ≥ 1, so ist b = 6k ≥ 6 > 0, also b = |b| ≥ 6. Ist k < 0 so ist k = − mit ≥ 1 und b = (−)6. Also |b| = max(b, −b) = max((−) · 6, · 6) = · 6 ≥ 6. Aufgabe 3.3 Wir ersetzen in der vorigen Aufgabe die konkreten Zahlen 6,
5 und -27 durch allgemeine Zahlen a, k und aus Z. Beweisen Sie bitte die folgenden Aussagen: a) a|b und a|c impliziert a|(kb + c) f¨ ur beliebige k, ∈ Z. b) Gilt a|b und b|a, so ist |a| = |b|.
3.3
58
3. Einf¨ uhrung in die elementare Zahlentheorie
c) Gilt a|b und b = 0, so ist |a| ≤ |b|. L¨ osung: Wir lassen uns in allem von der vorigen Aufgabe leiten: a) a|b und a|c impliziert die Existenz von ganzen Zahlen x und y mit b = ax , c = ay , also kb + c = kax + ay = a(kx + y). Mit k, , x, y ∈ Z ist auch (kx + y) ∈ Z, also teilt a die Zahl kb + c. b) a|b impliziert b = ka f¨ ur ein k ∈ Z. b|a impliziert a = b f¨ ur ein ∈ Z. Einsetzen liefert b = kb, also 1 = k und damit k = = 1 oder k = = −1, das heißt aber b = a oder b = −a, in jedem Fall also |b| = |a|. c) Es gelte a|b und b = 0. Dan gibt es ein k ∈ Z, k = 0 mit b = ak, also |b| = |a| · |k|. Wegen |k| = 0 ist |k| ≥ 1, also |b| ≥ |a|. Die beiden Funktionen div und mod sind zentral in der elementaren Zahlentheorie. Wir m¨ ussen dazu zun¨ achst f¨ ur zwei ganze Zahlen a und b a : k ≤ } und ab = min{k ∈ Z : k ≥ ab } die Ausdr¨ ucke ab = max{k ∈ Z b a b b > 0 . einf¨ uhren. Dann ist a div b = ab b < 0 a div b wird als a dividiert durch b mit Rest gelesen. Den Rest erh¨ alt man durch a mod b = a − b · (a div b) (gelesen a modulo b). F¨ ur weitere Informationen verweisen wir auf [WHK, S.74 f]. 3.4
F¨ ur diese und die n¨ achste Aufgabe arbeiten Sie bitte zum Beispiel [WHK, S.74 f] durch. Berechnen Sie bitte die folgenden Gr¨ oßen: a) 256 div 7, b) 30 div (−9), c) −80 div 13, d) −80 div (−12).
Aufgabe 3.4
L¨ osung: Wir benutzen [WHK, Satz 3.2]. a) 256 : 7 = 35 Rest 1, also ist 256 div 7 = 35. b) 30 : (−9) = −3 Rest 3, also 30 = (−9)(−3) + 3. Nach [WHK, Satz 3.2] ist 30 div (−9) = −3. c) −80 : 13 = (−6) Rest (-2). Also ist −80 = (−6) · 13 + (−2) = (−7) · 13 + 11 und damit ist −80 div 13 = −7, (und nicht −6). d) −80 : (−12) = 6 Rest -8, also ist −80 = 7 · (−12) + 4 und damit (−80) div (−12) = 7 (und nicht 6).
3.1
Teilbarkeit und Kongruenzen
59
Aufgabe 3.5 Berechnen Sie bitte die folgenden Gr¨ oßen. Beachten Sie dabei [WHK, Satz 3.2]! a) 256 mod 7, b) 30 mod (−9), c) −80mod 13, d) −80 mod (−12).
3.5
L¨ osung: Mit den Rechnungen der vorigen Aufgabe erhalten wir a) 256 = 7 · 35 + 1, also 256 mod 7 = 1. b) 30 = (−3) · (−9) + 3, also 30 mod (−9) = 3. c) −80 = (−7) · 13 + 11, also (−80) mod 13 = 11. d) −80 = 7 · (−12) + 4, also (−80) mod (−12) = 4. Aufgabe 3.6 Stellen Sie bitte die folgenden Zahlen in den folgenden 4 Stel-
lenwertsystemen zur Basis b dar: b = 2, b = 3, b = 6, b = 16 a) 30, b) 256, c) 81, d) 1024 L¨ osung: Der Beweis von [WHK, Satz 3.3] auf [WHK, S. 76] l¨ asst sich in folgendem Algorithmus in einem Pseudocode formulieren: Die zu entwickelnde Zahl sei a, die Zahl, nach der entwickelt wird, sei b. VAR a, b, k, c, x: INTEGER; y: STRING of DIGITS; /*F¨ ur b > 10 muss man noch weitere Ziffern einf¨ uhren und das Programm etwas ¨andern*/ EINGABE a, b; BEGIN k := 0; c := a; y = ; WIEDERHOLE BIS c = 0 x := c MOD b; y := xy; AUSGABE (x, k); /*Ausgabe dient der Kontrolle*/ c := c DIV b; k := k + 1; END; /*WIEDERHOLE*/ AUSGABE a = y; /*Das ist die Ziffernfolge im Stellenwertsystem*/ END. Anwendung: Darstellung von 30 im Dualsystem:
3.6
60
3. Einf¨ uhrung in die elementare Zahlentheorie
k 0 1 2 3 4
x 0 1 1 1 1
Ausgabe (0,0) (1,1) (1,2) (1,3) (1,4)
c 15 7 3 1 0
Wir erhalten 30 = 24 + 23 + 22 + 2 also 30 = 11110 im Dualsystem. Als zweites Beispiel w¨ahlen wir a = 30, b = 16 und erhalten 30 = 161 + 14, also 30 = 1E im Hexadezimalsystem. Schließlich berechnen wir noch die Darstellung von 256 (= 28 ) im Sechsersystem: k 0 1 2 3
x 4 0 1 1
Ausgabe (4,0) (0,1) (1,2) (1,3)
c 42 7 1 0
Wir erhalten 256 = 4 + 62 + 63 , also 256 = 1104 im Sechsersystem. Um f¨ ur eine beliebige reelle Zahl a = 0 und eine beliebige nat¨ urliche Zahl m m die Potenz a schnell auszurechnen, benutzt man den Algorithmus des schnellen Potenzierens. Hierzu stellt man m im Stellenwertsystem zur Basis
k 2 dar, also m = j=0 xj 2j mit xj ∈ {0, 1} und xk = 1. Der Algorithmus lautet in einem Pseudocode formuliert: BEGIN b := a; FOR j := k − 1 STEP −1 DOWNTO 0 DO b := b2 ; IF xj = 1 THEN b := b · a; END; /*FOR*/ AUSGABE: b; END. 3.7
Berechnen Sie bitte mit Hilfe des Algorithmus des schnellen Potenzierens die folgenden Potenzen: a) 532 , b) 524 , c) 318 , d) 312 .
Aufgabe 3.7
L¨ osung: a) 32 = 25 , man erh¨ alt 5 → 52 = 25 → 54 = 252 = 625 → 58 = 6252 = 390625
3.1
Teilbarkeit und Kongruenzen
61
→ 516 = 3906252 = 152587890625 =: a → 532 = a2 = 23283064365386962890625 b) 524 : Es ist 24 = 24 + 23 . Der Algorithmus startet bei x3 ist 1 b := 25 · 5 = 125 k=3 b := 52 = 25 x2 = 0 k=2 b := 1252 = 15625 x1 = 0 k=1 b = 156252 = 244140625 k=0 b = 2441406252 = 59604644775390625 Wir berechnen nur noch 312 . 12 = 23 + 22 k=2 b = 32 x2 = 1 b = 32 · 3 = 27 2 x1 = 0 k=1 b = 27 = 729 k=0 b = 7292 == 531441 x0 = 0. Aufgabe 3.8 a) Sei p = 7. Berechnen Sie bitte 647 mod 7.
3.8
b) Sei x = 123456799 und y = 987654321. Zeigen Sie bitte xy hat als letzte Ziffern 99. Tipp: Rechnen Sie mod 100. L¨ osung: Die L¨osungen benutzen [WHK, Korollar 3.7]. Hiernach folgt an
mod b = (a
mod b)(a
mod b) · · · (a
mod b)
mod b.
n mal
a) x = 647 . Es ist 64 mod 7 = 1, also 647 mod 7 = 1 b) x = 123456799, y ∈ N ungerade. Behauptung: xy hat als letzte Ziffer 99. Beweis: Sei a ≡ 99( mod 100). Dann ist a ≡ −1( mod 100), denn es ist a = 100k + 99 = 100(k + 1) − 1 f¨ ur k = a div 100. Sind also a1 , . . . , an beliebige Zahlen mit ak ≡ 99( mod 100), so ist nach [WHK, Satz 3.6] a1 · · · an ( mod 100)≡a1 (
mod 100) · · · an ( mod 100)
≡(−1) ( mod 100). n
Da y ungerade ist, ist xy ≡ −1( mod 100) ≡ 99( mod 100), also xy mod 100 = 99. Also hat xy als letzte Ziffer 99. Aufgabe 3.9 Rechnen Sie explizit nach, dass a) {0, 1, 2, 3, 4, 5} ein Repr¨ asentantensystem f¨ ur ≡ (mod 6) b) {0, 1, 2, 3, 4} ein Repr¨ asentantensystem f¨ ur ≡ (mod 5) ist.
3.9
und
62
3. Einf¨ uhrung in die elementare Zahlentheorie
¨ L¨ osung: a) Wir m¨ ussen explizit zeigen, dass f¨ ur 0 ≤ k < ≤ 5 die Aquivalenzklassen Ak , in der k liegt und A , in der liegt, verschieden sind. und ¨ außerdem, dass es zu jeder Aquivalenzklasse A ein k mit 0 ≤ k ≤ 5 gibt mit k ∈ A. Beweis: (i) Sei 0 ≤ k < ≤ 5. Sei x ∈ Ak ∩ A . Dann ist x ≡ k( mod 6) und x ≡ ( mod 6), also x = 6m + k = 6n + f¨ ur passende m, n ∈ Z. Dann ist 0 = 6(m − n) + k − , also − k = 6(m − n). Nach Voraussetzung ist 0 ≤ k < ≤ 5, also 1 ≤ − k ≤ 5. Nach Aufgabe 3.3 folgt daraus 6 ≤ − k, ein Widerspruch. Also ist Ak ∩ A = ∅. ¨ (ii) Sei A eine beliebige Aquivalenzklasse und x ∈ A. Dann ist k := x mod 6 ∈ {0, 1, . . . , 5} und x ≡ k( mod 6), also A = Ak . b) geht entsprechend. 3.10
Aufgabe 3.10 Berechnen Sie bitte die gr¨ oßten gemeinsamen Teiler:
a) ggT (27, 24), b) ggT (48, −30), c) ggT (256, 126). L¨ osung: Wir geben hier keine L¨ osung an. Probieren Sie selbst den einfachen euklidischen Algorithmus. Der erweiterte euklidische Algorithmus wird f¨ ur dieselben Zahlenpaare bei der L¨ osung der n¨ achsten Aufgabe benutzt. Dort erhalten wir dann automatisch die L¨ osung. 3.11
Aufgabe 3.11 Stellen Sie die gr¨ oßten gemeinsamen Teiler der vorigen Aufgabe
als Ausdr¨ ucke sa + bt mit geeigneten s, t ∈ Z dar. Das heißt: finden Sie passende s, t ∈ Z mit a) ggT (27, 24) = 27s + 24t, b) ggT (48, −30) = 48s − 30t, c) ggT (256, 252) = 256s + 126t. Tipp: Benutzen Sie den erweiterten euklidischen Algorithmus. L¨ osung: Wir benutzen den erweiterten euklidischen Algorithmus [WHK, S. 80]. a) ggT(27, 24) = 27s + 24t Eingabe a = 27 , b = 24 , x = a , y = b s1 = 1 s2 = 0 s = 0, t1 = 0 t2 = 1 t = 1.
3.1
Teilbarkeit und Kongruenzen
63
Es ist 27 mod 24 = 3 = 0. Also g=27 div 24 = 1 , r = 27 mod 24 = 3, s=1 − 1 · 0 = 1
t = −1,
s1 =0 , s2 = 1 , t1 = 1 , t2 = −1, x=24,
y=3
Es ist 24 mod 3 = 0; die Whileschleife bricht ab. Die if-Abfragen entfallen! Ausgabe y=3 = ggT(27, 24) 3=1 · 27 − 1 · 24 Die restlichen Berechnungen sind nun klar. Aufgabe 3.12 Zeigen Sie bitte: Zu den folgenden Zahlenpaaren (a, b) gibt es
ganze Zahlen s, t mit as + bt = 1 und bestimmen Sie s und t. a) a = 243 , b = 128, b) a = 6 , b = 35, c) a = 18 , b = 175. L¨ osung: a) Vermutlich ist ggT(243, 128) = 1, sonst w¨are die Aufgabe nicht l¨ osbar. Wir wenden den erweiterten euklidischen Algorithmus an (s. [WHK, S. 80]) und erhalten: a = 243 , b = 128, x = 243 , y = 128, s1 = 1 , s2 = 0 , s = 0, t1 = 0 , t2 = 1 , t = 1, x
mod y=243 − 128 = 115 = 0, g=1, s = 1, t = −1, s1 =0, s2 = 1, t1 = 1, t2 = −1, x=128, y = 115,
x
mod y=13 = 0, g=1, s = −1, t = 2, s1 =1, s2 = −1, t1 = −1, t2 = 2, x=115, y = 13,
3.12
64
3. Einf¨ uhrung in die elementare Zahlentheorie
x
mod y=11 = 0. g=8, s = 9, t = −17 s1 =−1, s2 = 9, t1 = 2, t2 = −17 x=13, y = 11
x mod y=2 = 0 g=1, s = −10, t = 15 s1 =9, s2 = −10, t1 = −17, t2 = 15 x=11, y = 2 x mod y=1 = 0 g=1, s = −10, t = 19 s1 =9, s2 = −10, t1 = −17, t2 = 19 x=11, y = 2 x mod y=1 = 0 g=5, s = 59, t = −112 s1 =−10, s2 = 59, t1 = 19, t2 = −112 x=2, y = 1 x mod y = 0. Die Schleife bricht ab, wir erhalten 1 = 59 · 243 − 112 · 128. 3.13
Aufgabe 3.13 a) Am Strand haben Kinder einen Eimer mit 3 l und einen
Eimer mit 5 l Fassungsverm¨ogen. Sie d¨ urfen die Eimer voll gießen und umf¨ ullen, leeren und aus dem Meer voll sch¨opfen. Wie m¨ ussen die Kinder vorgehen, um in einem Eimer exakt 4 l Wasser zu haben? b) Dieselbe Aufgabe mit 5 l und 8l f¨ ur die Eimer. Sie sollen als Ergebnis einmal 6 l, einmal 7 l erhalten. c) Seien 2 ≤ m < n teilerfremd. Die Eimer haben ein Fassungsverm¨ ogen von m bzw. n Litern. Sei m < k < n. K¨ onnen Sie dann mit den angegebenen Manipulationen k Liter produzieren? d) Geht das auch, wenn m und n nicht teilerfremd sind, also z.B. m = 6 , n = 8 und k = 7 ist? Tipp: Probieren Sie aus, wie das mit der Addition mod 5 bzw. mod n zusammenh¨ angt. L¨ osung: a) Es gibt mehrere Methoden, hier ist eine: Die Kinder leeren den großen Eimer, f¨ ullen den kleinen und sch¨ utten ihn in den großen. Dann f¨ ullen sie noch einmal den kleinen und sch¨ utten ihn, soweit es geht in den großen. Im
3.1
Teilbarkeit und Kongruenzen
65
kleinen bleibt 1 zur¨ uck. Der große wird gelehrt, der eine Liter in den großen gef¨ ullt, und dann wird der volle kleine Eimer im großen entleert. Dann sind im großen exakt 4. Eine andere, schnellere Methode: Der große wird gef¨ ullt und in den kleinen leeren umgegossen. Im großen sind nun 2. Der kleine wird geleert und der große in den kleinen entleert, so dass der kleine 2 enth¨ alt. Der große wird gef¨ ullt und der fehlende Liter in den kleinen gekippt. Im großen sind nun 4. b) bis d) Wir halten uns an die erste Methode; es bleibt Ihnen u ¨berlassen, die zweite Methode zu mathematisieren. Der kleine Eimer A habe m, der große Eimer B n Liter Fassungsverm¨ogen. (I) Zun¨ achst f¨ allt folgendes auf: Enth¨ alt B gerade z Liter (0 ≤ z < n), so kann man durch die zugelassenen Manipulationen (z + m) mod n Liter im großen Eimer erhalten. Beweis: Ist 0 ≤ z < n − m, so f¨ ulle man A voll und gieße den Inhalt nach B. Sei nun n − m ≤ z. F¨ ullt man A voll und gießt soviel wie m¨ oglich in B hinein, so bleiben in A genau m−(n−z) Liter zur¨ uck. Nun leert man B und gießt den Inhalt von A nach B. Dann sind in B genau m − (n − z) = m + z − n = m + z mod (n) Liter enthalten. Starten wir also mit z = 0, so erhalten wir (mit einem Induktionsschluss), dass wir km mod n Liter nach h¨ ochsten k Schritten in B haben. (II) Seien nun m und n teilerfremd. Wir wollen begr¨ unden, dass wir jede Zahl z (0 ≤ z ≤ n) von Litern mit den angegebenen Regeln und Manipulationen erhalten. z = 0 und z = n sind kein Problem. z = 1: Nach [WHK, Theorem 3.10] gibt es wegen ggT(m, n) = 1 ganze Zahlen s und t mit 1 = m · s + nt ≡ m · s( mod n). Ist s > 0, so sind wir am Ziel: wir starten mit dem geleerten Eimer B und erhalten nach (I) mit h¨ ochstens s Manipulationen m · s mod n = 1 Liter in B. Ist s < 0, so w¨ahlen wir ein r > 0 mit s + r · n = s > 0. Dann ist ms ≡ ms ( mod n) ≡ 1( mod n). Mit Aussch¨ utten von B und h¨ ochstens s Manipulationen erhalten wir z = 1 in B. 2 ≤ z ≤ n − 1: Nach dem vorigen Absatz ist 1 ≡ ms( mod n), wo s ∈ N. Dann ist aber z ≡ m · (z · s)( mod n). Wir starten wieder mit dem leeren Eimer und erhalten nach (I) in h¨ ochsten z · s Schritten genau z Liter in B. (II) Sei nun ggT(m, n) = d > 1. Satz: Bei jeder zul¨ assigen Manipulation erh¨ alt man in beiden Gef¨ aßen nur durch d teilbare Zahlen, wenn man mit einem leeren und einem vollen Eimer startet. Beweis: (durch Induktion) Induktionsanfang: Im Startschritt (n = 0) ist ein Eimer leer, 0 ist durch d teilbar, der andere voll, hat also m bzw. n Liter, beide Zahlen sind durch d teilbar.
66
3. Einf¨ uhrung in die elementare Zahlentheorie
Induktionsvoraussetzung: Sei n beliebig und nach n Manipulationen habe man im kleinen Eimer x Liter, im großen y Liter und d teile sowohl x wie y. Behauptung: Nach der n¨achsten zul¨assigen Manipulation hat man in beiden Eimern wieder durch d teilbare Liter Wasser. Beweis: (i) Wir sch¨ utten im (n + 1) Schritt einen Eimer aus. Da 0 durch d teilbar und im anderen Eimer eine durch d teilbare Zahl von Litern enthalten ist (x oder y, je nachdem, ob man den großen oder kleinen Eimer aussch¨ uttet), folgt die Behauptung. (ii) Man sch¨ uttet so viel wie m¨oglich vom kleinen Eimer in den großen. Ist y < n − x, so ist der kleine Eimer leer, im großen sind x + y Liter. Mit x und y ist auch x + y durch d teilbar (0 sowieso) also folgt die Behauptung. Ist y ≥ n − x, so sind nach dem Umsch¨ utten im großen Eimer n Liter, im kleinen Eimer aber x − (n − y) = x Liter. Nach Voraussetzung gilt d|n , d|x , d|y, also folgt d|x , das ist die Behauptung. (iii) Man sch¨ uttet so viel wie m¨oglich vom großen in den kleinen Eimer. ¨ Analoge Uberlegungen wie unter (ii) beweisen auch jetzt die Behauptung. Nach dem Prinzip der vollst¨ andigen Induktion ist der Satz bewiesen. 3.14
Bestimmen Sie bitte das kleinste gemeinsame Vielfache kgV(27, 24), kgV(48, −30), kgV(256, 126).
Aufgabe 3.14
L¨ osung: Wir berechnen ggTV (a, b) und benutzen [WHK, Satz 3.16], also kgV(a, b) = ggTab(a,b) . a) ggT(27, 24) = 3, also kgV(27, 24) = 27·24 = 9 · 24 = 216 3 48·(−30) b) ggT(48 ,- 30) = 6, also kgV(48, −30) = = −240 6 c) ggT(256, 126) = 2, also kgV(256, 128) = 128 · 126 = 16128.
3.2
3.2 Primfaktorzerlegung
3.15
Aufgabe 3.15 Zerlegen Sie bitte die folgenden Zahlen in Primfaktoren:
a) 144,
b) 2304,
c) 4096,
d) 5824.
L¨ osung: Wir ziehen aus der Zahl a die Quadratwurzel und teilen a dann √ √ durch alle Primzahlen p ≤ a. Die Primzahlen > a erhalten wir damit automatisch. √ 144 = 12, also 144 = 122 = 32 · 42 = 32 · 24 a) 144 : √ b) 2304 : 2304 = 48 = 16 · 3 = 24 · 3. Also ist 2304 = 28 · 32
3.2
Primfaktorzerlegung
c) 5824 : p = 2.
√
67
5824 ≈ 76.315, also untersuchen wir alle Primzahlen p < 76. 5824 : 2=2.912 2912 : 2=1456 1456 : 2=728 728 : 2=364 364 : 2=182 182 : 2=91
Also ist 5824 = 91 · 26 . √ Um 91 weiter in Primzahlen zu zerlegen, berechnen wir 91 ≈ 9.5 und m¨ ussen nur die Primzahlen 3, 5 und 7 testen. Da die Quersumme von 91 nicht durch 3 teilbar und 91 mod 5 = 1 ist, testen wir 7. 91 : 7 = 13. Wie oben angedeutet erh¨ alt man automatisch die Primzahlen √ √ > a, wenn man die Teilbarkeit nur mit denen ≤ a testet. Wir haben 5824 = 26 · 7 · 13. Aufgabe 3.16 Zeigen Sie bitte, dass es unendlich viele Primzahlen gibt.
Tipp: Sind p1 , . . . , pn Primzahlen, so ist a = 1 + p1 · · · pn durch keine dieser Primzahlen teilbar. Benutzen Sie nun einen Widerspruchsbeweis (siehe [WHK, S. 17]) unter Verwendung von [WHK, Theorem 3.21] L¨ osung: Angenommen, es gibt nur endlich viele verschiedene Primzahlen p1 , . . . , pn . Nach [WHK, Theorem 3.21] besitzt jede Zahl a ≥ 2 die Zerlegung a = p∈P (a) pna (p) , wo P (a) eine nicht leere Teilmenge von Primzahlen und na (p) ≥ 1 ist. Nach unserer Annahme gilt P (a) ⊆ {p1 , . . . , pn }. Jede Zahl a ≥ 2 ist also durch mindestens eines der pj teilbar, weil P (a) = ∅. Aber die spezielle Zahl a0 := 1 + p1 p2 · · · pn ist ≥ 2 und durch keine der Zahlen pj teilbar, denn sie l¨ asst stets den Rest 1. a0 widerspricht also [WHK, Theorem 3.21], also ist unsere Annahme, es gebe nur endlich viele Primzahlen, falsch.
3.16
Kapitel 4 Einf¨ uhrung in die Algebra
4
4
4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5
Einf¨ uhrung in die Algebra Halbgruppen, Monoide und Gruppen ........................ 71 Ringe und K¨orper ................................................ 85 Teilbarkeitslehre in Polynomringen ........................... 93 Erste Anwendungen ............................................. 103 Boolesche Algebren.............................................. 108
4 Einf¨ uhrung in die Algebra 4.1 Halbgruppen, Monoide und Gruppen
4.1
Wir erkl¨ aren kurz die Begriffe Halbgruppe, kommutative Halbgruppe, Monoid und Gruppe: Eine Halbgruppe (H, ◦) ist ein Paar, bestehend aus einer nicht leeren Menge H und einer Abbildung ◦ : H × H → H, Verkn¨ upfung genannt, mit der Eigenschaft der Assoziativit¨ at: Es gilt stets ◦(x, ◦(y, z)) = ◦(◦(x, y), z). Normalerweise schreibt man ◦(x, y) einfach als x ◦ y. Dann lautet das Assoziativ-Gesetz x ◦ (y ◦ z) = (x ◦ y) ◦ z. Die Halbgruppe heißt kommutativ, wenn x ◦ y = y ◦ x f¨ ur alle x, y ∈ H gilt. Gibt es ein Element e mit e ◦ x = x ◦ e = x f¨ ur alle x, so heißt e ein neutrales Element und die Halbgruppe heißt Monoid. Ein Monoid heißt Gruppe, wenn zu jedem x ein y mit xy = yx = e existiert. y heißt dann Inverses x−1 von x. In kommutativen Gruppen schreibt man oft + statt ◦ Dann ist das Inverse −x ur statt x−1 . Das neutrale Element wird dann mit 0 bezeichnet, es gilt also f¨ das Inverse x+ (−x) = 0. K¨ urzer schreibt man hierf¨ ur x− x = 0, allgemeiner x−y statt x+(−y). F¨ ur Details m¨ ussen wir auf die Literatur verweisen, siehe [WHK, Abschnitt 4.1]. Aufgabe 4.1 Sei Z6 := {0, 1, . . . , 5} das Standardrepr¨ asentantensystem f¨ ur
≡ (mod 6) auf Z. a) Wir definieren x ⊕ y = (x + y) mod 6. Zeigen Sie bitte, dass (Z6 , ⊕) eine Halbgruppe mit x ⊕ y = y ⊕ x, also sogar eine kommutative Halbgruppe ist. b) Wir definieren x y = (xy) mod 6. Zeigen Sie bitte, dass (Z6 , ) eine kommutative Halbgruppe ist. Tipp: Benutzen Sie [WHK, Korollar 3.7]. L¨ osung: a) Zun¨ achst ist x + y mod 6 ∈ Z6 nach Definition der Funktion mod 6. Wir benutzen des weiteren, dass (Z, +, 0) eine kommutative Gruppe ist. Wir haben dort also die Assoziativit¨ at und Kommutativit¨ at. Wenn wir unter ein Gleichheitszeichen (Z) schreiben, weisen wir damit darauf hin, dass wir diese Eigenschaften von Z benutzen.
4.1
72
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
(i) ⊕ ist assoziativ. Beweis: Es ist (x ⊕ y) ⊕ z
((x ⊕ y) + z) mod 6
=
(x ⊕ y
=
mod 6 + z
mod 6) mod 6
[WHK, Kor.3.7]
=
((x + y) mod )6) mod 6 +z
mod 6) mod 6
Nun ist aber a mod 6 ∈ Z6 , also (a mod 6) mod 6 = a mod 6. Also ist (x ⊕ y) ⊕ z
=
((x + y) mod 6 + z
=
((x + y) + z) mod 6
mod 6) mod 6
[WHK, Kor.3.7]
=
(x + (y + z)) mod 6
(Z)
=
(x
mod 6 + ((y + z) mod 6) mod 6) mod 6
(x
mod 6 + (y ⊕ z) mod 6) mod 6
[WHK, Kor.3.7]
= =
(x + (y ⊕ z)) mod 6
[WHK, Kor.3.7]
=
x ⊕ (y ⊕ z).
(ii) ⊕ ist kommutativ. Beweis: x ⊕ y = (x + y) mod 6 =(Z) (y + x) mod 6 = y ⊕ x. b) Der Beweis geht vollkommen analog. Man muss nur + durch · ersetzen. 4.2
Aufgabe 4.2 W¨ ahlen Sie m ≥ 2 beliebig statt der Zahl 6 in der vorigen Aufgabe und setzen Sie Zm = {0, 1, 2, . . . , m − 1}. Gilt dann a) und b) der vorigen Aufgabe immer noch? Beweisen Sie Ihre Aussage. Tipp: Benutzen Sie [WHK, Korollar 3.7].
L¨ osung: Ersetzen Sie u ¨ berall in der vorigen L¨ osung 6 durch m. 4.3
Aufgabe 4.3 Sei A = {a, b, c} die Menge der drei Buchstaben a, b, c. Geben Sie
bitte alle bijektiven Abbildungen von A in sich an (es sind 6 nach [WHK, Korollar 2.23]. Nummerieren Sie sie durch (f1 , . . . , f6 ) und stellen Sie eine Multi-
4.1
Halbgruppen, Monoide und Gruppen
73
plikationstafel f¨ ur die Hintereinanderausf¨ uhrung ◦ von Abbildungen ([WHK, Satz 2.5] auf. Diese Tafel sieht ausschnittweise so aus:
f1 f2 f3 .. .
f1 f1 ◦ f1 f2 ◦ f1 f3 ◦ f1 .. .
f2 f1 ◦ f2 f2 ◦ f2 f3 ◦ f2 .. .
··· ··· ··· ···
f3 f1 ◦ f3 f2 ◦ f3 f3 ◦ f3 .. .
···
Es ist f1 ◦f2 = fj f¨ ur ein bestimmtes j, also tragen Sie bei f1 ◦f2 dieses fj ein. Pr¨ ufen Sie nun explizit die Halbgruppenaxiome nach. Ist (A, ◦) kommutativ? Hat (A, ◦) ein Einselement, ist (A, ◦) also ein Monoid?
L¨ osung: Wir schreiben die bijektiven Abbildungen f : {a, b, c} → {a, b, c} a b c nicht in der Form sondern einfach als Tripel (f (a)f (b)f (c)) f (a)f (b)f (c)
und erhalten folgende Tabelle:
1 2 3 4 5 6
◦ abc acb bac cba bca cab
1 abc abc acb bac cba bca cab
2 acb acb abc bca cab bac cba
3 bac bac cab abc bca cba acb
4 cba cba bca cab abc acb bac
5 bca bca cba acb bac cab abc
6 cab cab bac cba acb abc bca
Wir k¨ onnen die Tabelle u ¨ bersichtlicher so schreiben: ◦ 1 2 3 4 5 6
1 1 2 3 4 5 6
2 2 1 5 6 3 4
3 3 6 1 5 4 2
4 4 5 6 1 2 3
5 5 4 2 3 6 1
6 6 3 4 2 1 5
Um die Assoziativit¨at f¨ ur alle m¨ oglichen Kombinationen nachzuß-weiß-sen, m¨ ussen wir 10 Tripel (nach [WHK, Satz 2.303]) u ¨berpr¨ ufen. Statt dessen benutzen wir, dass die bijektiven Abbildungen bez¨ uglich der Hintereinanderausf¨ uhrung als Verkn¨ upfung eine Unterhalbgruppe von der Halbgruppe aller
74
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
Abbildungen von A = {a, b, c} in sich bilden. Die Tabelle zeigt ebenso wie ¨ abstrakte Uberlegungen, dass die Hintereinanderausf¨ uhrung bijektiver Abbildungen bijektiv ist. S3 (A) ist ein Monoid, denn die Abbildung
abc
= idA
abc
ist das neutrale Element. Sie ist nicht kommutativ. Dazu m¨ usste die Tabelle symmetrisch zur Hauptdiagonalen sein. Aber es ist 2 ◦ 3 = 6 = 5 = 3 ◦ 2. Der ur Tabelle k¨ onnen Sie sogar entnehmen, dass S3 (A) eine Gruppe ist. Denn f¨ ein festes Element f sind die Abbildungen g → f ◦ g und g → g ◦ f bijektiv von S3 (A) auf sich. Es gibt also ein Element f¯ mit f ◦ f¯ = f¯ ◦ f = idA . Zum urzungstabelle). Beispiel ist 6 ◦ 5 = 5 ◦ 6 = 1 = idA (nach unserer Abk¨ 4.4
Aufgabe 4.4 In der Halbgruppe (Z6 , ⊕) (siehe Aufgabe 4.1) bilden die Mengen
{0, 3} und {0, 2, 4} Unterhalbgruppen.
L¨ osung: Eine Menge U einer Halbgruppe (H, ·) bildet bez¨ uglich · eine Unterhalbgruppe, wenn {x · y : x, y ∈ U } ⊂ U gilt (s. [WHK, Definition 4.3]). Sei H = (Z6 , ⊕) , U = {0, 3}. Es ist 0 ⊕ 3 = 3 ⊕ 0 = 3 und 3 ⊕ 3 = 6 mod 6 = 0. Daher ist {x ⊕ y : x, y ∈ U } ⊂ U . V = {0, 2, 4}. Es ist 0 ⊕ x = x f¨ ur x ∈ V , ferner 2 ⊕ 2 = 4 ∈ V , 2 ⊕ 4 = (2 + 4) mod 6 = 0 , 4 ⊕ 4 = 8 mod 6 = 2 . Da (Z6 , ⊕) kommutativ ist, haben wir alle Terme x ⊕ y ausgerechnet. Wir erhalten {x ⊕ y : x, y ∈ V } ⊂ V . 4.5
Aufgabe 4.5 Sei G = S3 (A) die Menge der bijektiven Abbildungen von der
dreielementigen Menge A auf sich. In G betrachten wir abc abc abc U= , , . abc bca cab a) Zeigen Sie bitte, dass U eine Unterhalbgruppe ist. abc abc abc abc b) Seien V = , ,W = , und bbc bac abc cba abc abc X= , . V, W und X sind Unterhalbgruppen. abc acb L¨ osung: Mit den Bezeichnungen der L¨ osung zur Aufgabe 4.3 erhalten wir U = {1, 5, 6} und entnehmen der Tafel 1 ◦ x = x ◦ 1 = x , (x ∈ U ), 5 ◦ 5 = 6, 6 ◦ 6 = 5, 5 ◦ 6 = 6 ◦ 5 = 1. Also gilt {x ◦ y : x, y ∈ U } ⊆ U . Der Rest geht genau so. ¨ Sei (H, ◦) eine Halbgruppe. Eine Aquivalenzrelation ∼ heißt Kongruenzrela tion auf H, wenn aus a ∼ a und b ∼ b stets a ◦ b ∼ a ◦ b folgt. Kongruenzre-
4.1
Halbgruppen, Monoide und Gruppen
75
¨ lationen sind die wichtigsten Aquivalenzrelationen in der Algebra. Sie lassen sich einfach mit bestimmten Unterhalbgruppen etc. in Verbindung setzen. ¨ ¨ Sei ∼ eine Aquivalenzrelation. Die Aquivalenzklassen k¨ onnen Sie sich als Schubk¨ asten einer Kommode vorstellen. Oft nimmt man als Label f¨ ur einen solchen Schubkasten eines der Elemente, das in ihm liegt. Macht man dies f¨ ur jeden Schubkasten, erh¨ alt man ein Repr¨ asentantensystem. ¨ Die Aquivalenzklassen sind also neue Objekte. Stammen sie von einer Kongruenzrelation, kann man sie auch verkn¨ upfen. Im Schubkasten-Bild: Seien A ¨ und B zwei Aquivalenzklassen mit den Labels x und y. Dann liegt das Produkt ¨ x ◦ y wieder in einer Aquivalenzklasse, etwa C. H¨ atte man statt x nun x ∈ A und y ∈ B statt y gew¨ ahlt, so w¨ urde das Produkt x ◦ y wieder in derselben ¨ Aquivalenzklasse C liegen wie das urspr¨ ungliche Produkt. Das genau ist die Bedingung f¨ ur eine Kongruenzrelation. Damit hat man eine Verkn¨ upfung auf ¨ der Menge der Aquivalenzklassen (im Bild: auf der Kommode). Bezeichnen ¨ wir die Aquivalenzklasse, in der x liegt, mit [x], so lautet die Verkn¨ upfung [x] ◦ [y] := [x ◦ y]. Ist (H, ◦) eine Halbgruppe, so auch (H/ ∼, ◦ ), wobei H/ ∼ ¨ die Menge der Aquivalenzklassen bezeichnet. H/ ∼ heißt Faktorhalbgruppe. ¨ Aquivalenzklassen einer Kongruenzrelation heißen auch Nebenklassen. Aufgabe 4.6 (vergleiche [WHK, S. 91]) Sei H = (Z6 , ⊕). Wir setzen k ∼
wenn (k − )mod 6 ∈ {0, 3}. Zeigen Sie bitte: a) F¨ ur k, ∈ {0, . . . , 5} = Z6 ist (k − )mod 6 = k ⊕ (6 − ), wobei 6 − die gew¨ohnliche Differenz zweier nat¨ urlicher Zahlen ist. ¨ ¨ b) ∼ ist eine Aquivalenzrelation. Schreiben Sie bitte die Aquivalenzklassen explizit hin! c) ∼ ist sogar eine Kongruenzrelation. Tipp: Benutzen Sie das Kriterium [WHK, S. 91 Mitte], das wir oben wieder gegeben haben. Es lautet in unserem Fall: Gilt k ∼ k und ∼ , so ist k⊕ ∼ upfungstafel k ⊕ . Wenn Sie gar nicht weiterkommen, so hilft Ihnen die Verkn¨ f¨ ur ⊕ weiter, also die Tafel ⊕ 0 1 2 3 4 5
0 0⊕0 1⊕0 2⊕0 · · ·
die Sie eben ausf¨ ullen m¨ ussen.
1 0⊕1 · · · · ·
2 · · · · · ·
3 · · · · · ·
4 · · · 3⊕4 · ·
5 · · · · · ·
4.6
76
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
d) Bestimmen Sie die Faktorhalbgruppe gem¨aß [WHK, Satz 4.4] an. Das ¨ bedeutet genauer: Zeigen Sie: Sind K und L zwei Aquivalenzklassen, so ¨ liegt {k ⊕ : k ∈ K , ∈ L} in genau einer Aquivalenzklasse. Sie wird mit K L bezeichnet. Nach dem zitierten Satz ist die Menge Z6 / ∼ der ¨ ¨ Aquivalenzklassen mit als Verkn¨ upfung wieder eine Halbgruppe. Uberzeugen Sie sich davon durch Aufstellen der Multiplikationstafel f¨ ur . L¨ osung: Sei H = (Z6 , ⊕) = ({0, 1, 2, 3, 4, 5}, ⊕), U = {0, 3} (Unterhalbgruppe, siehe Aufgabe 4.4) a) Es ist k ⊕ (6 − )
=
(k + 6 − )
=
((k − ) + 6)
=
((k − )
mod 6 mod 6
mod 6 + 6
mod 6)
mod 6
[WHK, Kor.3.7]
=
(k − )
mod 6.
b) Wir weisen die Reflexivit¨ at, die Symmetrie und die Transivit¨ at von ∼ nach (siehe [WHK, Definition 2.18]) ∼ ist reflexiv: Es ist (k − k) mod 6 = 0 mod 6 = 0 ∈ U . ∼ ist symmetrisch: Sei k ∼ also (k − ) mod 6 ∈ U . Dann ist (k − ) mod 6 = 0, also k = k mod 6 = mod 6 = , oder (k − ) mod 6 = 3. Daraus folgt k− = 3+6r f¨ ur ein r ∈ Z, also −k = −3+6(−r) = 3+6(−r−1), was ( − k) mod 6 = 3 zur Folge hat. Also gilt ∼ k. ∼ ist transitiv: Sei (k − ) mod 6 ∈ U und ( − m) mod 6 ∈ U . Dann ist ((k − ) mod 6 + ( − m) mod 6) mod 6 ∈ U , weil {x ⊕ y : x, y ∈ U } ⊆ U und (a mod 6+b mod 6) mod 6 = (a mod 6)⊕(b mod 6) in (Z6 , ⊕). Nach Korollar 3.7 ist aber ((k − )
mod 6 + ( − m)
mod 6)
mod 6=(k − + − m) =(k − m)
mod 6
mod 6.
Also gilt k ∼ m. c) ∼ ist eine Kongruenzrelation. ussen zeigen k ⊕ ∼ k ⊕ . Beweis: Sei k ∼ k und ∼ . Wir m¨ Dazu wiederholen wir die Definition der Addition: es ist a ⊕ b = (a + b)
4.1
Halbgruppen, Monoide und Gruppen
77
mod 6. Außerdem benutzen wir [WHK, Korollar 3.7]. Damit erhalten wir (k ⊕ ) ⊕ (6 − (k ⊕ ))=((k + ) mod 6 + (6 − k − ) mod 6) mod 6 =(k + + 6 − k − ) mod 6 =(k + (6 − k ) + + (6 − )) mod 6 =((k + 6 − k ) mod 6 +( + (6 − ) mod 6) mod 6 =k ⊕ (6 − k ) ⊕ ( ⊕ (6 − )) Nach Voraussetzung sind k ⊕ (6 − k ) ∈ U und ( ⊕ (6 − )) ∈ U . Wegen {x⊕y : x, y ∈ U } ⊆ U ist also auch die Summe und damit (k⊕)⊕(6−(k ⊕ )) in U , also nach Teil a) der Aufgabe k ⊕ ∼ k ⊕ ! ¨ d) (i) Die verschiedenen Aquivalenzklassen sind [0] = U , [1] = {1, 4} = {1 ⊕ x : x ∈ U } und [2] = {2, 5} = {2 ⊕ x : x ∈ U }. Beweis: Wir zeigen: k ∼ gilt genau dann, wenn k ∈ { ⊕ x : x ∈ U }. Denn k ∼ gilt genau dann, wenn (k − ) mod 6 ∈ U , also (k − ) mod 6 = x f¨ ur ein x ∈ U ist. Das ist genau dann der Fall, wenn ein r ∈ Z existiert mit k − = x + 6r, also k = + x + 6r. Und das gilt genau dann, wenn k = k mod 6 = ( + x + 6r) mod 6 = ( mod 6 + x mod 6) mod 6 = ⊕ x ist. ¨ Damit sind die Aquivalenzklassen also { ⊕ x : x ∈ U } =: ⊕ U f¨ ur ∈ Z6 . Es ist aber 4 ⊕ U = 1 ⊕ U wegen 4 = 1 ⊕ 3 ¨ und 3 ∈ U . Ebenso 5 ⊕ U = 2 ⊕ U . Also hat man alle Aquivalenzklassen angegeben. ¨ F¨ ur die Verkn¨ upfung der Aquivalenzklassen bei einer Kongruenzrelation gilt [a] [b] = [a · b], siehe [WHK, S. 91]. Damit erh¨ alt man die folgende Verkn¨ upfungstafel aus der Eigenschaft c):
[0] [1] [2] Zum Beispiel ist [2]
[0] [0] [1] [2]
[1] [1] [2] [0]
[2] [2] [0] [1]
[2] = [(2 ⊕ 2)] = [4] = [2].
Neben den Kongruenzrelationen und Faktorhalbgruppen etc. ist der Begriff des Homomorphismus in der Algebra zentral. Eine Abbildung ϕ der Halbgruppe (H, ◦) in die Halbgruppe (K, ◦ ) heißt Homomorphismus, wenn ϕ(x ◦ ur alle x, y ∈ H gilt. Ein bijektiver Homomorphismus heißt y) = ϕ(x)◦ ϕ(y) f¨ Isomorphismus. Gibt es einen Isomorphismus zwischen H und K, so heißen H und K isomorph. Vom Standpunkt der abstrakten Algebra kann man sie nicht unterscheiden.
78
4.7
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
abc Aufgabe 4.7 Sei H = S3 (A) (siehe Aufgabe 4.3) und f0 die Abbildung . bac a) Was ist f0−1 ? ur alle b) Zeigen Sie bitte: ϕ : H → H, gegeben durch ϕ(f ) = f0−1 ◦ f ◦ f0 f¨ f ∈ H, ist ein Isomorphismus von H auf sich. ur ϕ−1 (f ) eine explizite Formel c) Da ϕ bijektiv ist, existiert ϕ−1 . Geben Sie f¨ an und zeigen Sie, dass auch ϕ−1 ein Isomorphismus ist. L¨ osung: 86. a) f0 ist unsere Abbildung 3 der L¨ osung zu Aufgabe 4.3. Es ergibt sich nach der dortigen Tabelle f0 ◦ f0 = 3 ◦ 3 = idA . Also ist f0 = f0−1 . b) Weil die Verkn¨ upfung eine Abbildung ist, ist ϕ(f ) = f0−1 ◦ f ◦ f0 eine eindeutige Zuordnung. Wir m¨ ussen die Homomorphie-Eigenschaft nachweisen, d.h. ϕ(f ◦ g) = ϕ(f ) ◦ ϕ(g) zeigen. Es ist ϕ(f ) ◦ ϕ(g)
=
(f0−1 ◦ f ◦ f0 ) ◦ (f0−1 ◦ g ◦ f0 )
= f0−1 ◦ f ◦ (f0 ◦ f0−1 ) ◦ g ◦ f0 ◦ ist assoz. = f0−1 ◦ f ◦ idA ◦ g ◦f0 =f ◦g
=
f0−1 ◦ f ◦ g ◦ f0
=
ϕ(f ◦ g).
Wir zeigen, dass ϕ bijektiv ist, indem wir die Umkehrabbildung explizit angeben: Sei ψ(f ) = f0 ◦ f ◦ f0−1 . Dann ist ϕ(ψ(f )) = f0−1 ◦ ψ(f ) ◦ f0 = f0−1 ◦ (f0 ◦ f ◦ f0−1 ) ◦ f0 . Wegen idA ◦ f = f ◦ idA = f folgt aus der Assoziativit¨at von ◦ (d.h. man darf beliebig klammern) ϕ(ψ(f )) = idA ◦ f ◦ idA = f. Da f beliebig war, folgt ϕ ◦ ψ = idH . Genauso rechnet man ψ ◦ ϕ = idH nach. 4.8
Aufgabe 4.8 Seien H, K und L Halbgruppen. Beweisen Sie bitte die folgenden
Aussagen: a) ϕ : H → K und ψ : K → L seien Homomorphismen. Dann ist ψ ◦ ϕ : H → L ein Homomorphismus. b) Sei ϕ : H → K ein Isomorphismus. Dann ist ϕ−1 : K → H ebenfalls ein Isomorphismus.
4.1
Halbgruppen, Monoide und Gruppen
79
L¨ osung: a) Man muss die Homomorphieeigenschaft von ψ ◦ ϕ nachweisen. Seien x, y ∈ H beliebig. Dann ist (ψ ◦ ϕ)(x · y) = ψ(ϕ(x · y)) = ψ(ϕ(x)) · ψ(ϕ(y)) = ψ(ϕ(x) · ϕ(y) ϕ Hom
ψ Hom
= (ψ ◦ ϕ)(x) · (ψ ◦ ϕ)(y). b) ϕ−1 ist bijektiv als Umkehrabbildung einer bijektiven Abbildung. Wir m¨ ussen also nur zeigen, dass ϕ−1 die Homomorphieeigenschaft hat. Genauer: ussen Seien x, y ∈ K beliebig und ϕ−1 (xy) = u , ϕ−1 (x) · ϕ−1 (y) = v. Wir m¨ u = v zeigen. Es ist ϕ(u) = xy und ϕ(v) = ϕ(ϕ−1 (x) · ϕ−1 (y)) = ϕ(ϕ−1 (x)) · (ϕ(ϕ−1 (y))) ϕ Hom
= xy. Damit ist ϕ(u) = ϕ(v), also u = ϕ−1 (u)) = ϕ−1 (ϕ(v)) = v. Aufgabe 4.9 Seien H und K Halbgruppen. Auf H × K = {(x, y) : x ∈ H, y ∈
K}definieren wir (x, y) ◦ (u, v) = (xu, yv) (vergleiche [WHK, Satz 4.25]). a) Zeigen Sie bitte: (H × K, ◦) ist eine Halbgruppe, das direkte Produkt von H und K. b) Seien H und K Monoide mit Einselementen eH , eK . Dann ist (eH , eK ) Einselement von (H × K, ◦), dies ist also ebenfalls ein Monoid. c) Sind H und K Gruppen, so auch H × K. d) Stellen Sie bitte eine Verkn¨ upfungstafel f¨ ur (H × K, ◦) im Fall H = K = (Z2 , ⊕) auf. L¨ osung: a) Wir m¨ ussen zeigen, dass ◦ assoziativ ist und benutzen hierzu, dass die Verkn¨ upfungen auf H und K assoziativ sind. Seien (xj , yj ) (j = 1, 2, 3) aus H × K beliebig. Es ist ((x1 , y1 ) ◦ (x2 , y2 )) ◦ (x3 , y3 ))=(x1 x2 , y1 y2 ) ◦ (x3 , y3 ) =((x1 x2 )x3 , (y1 y2 )y3 ) =(x1 (x2 x3 ), y1 (y2 y3 )) =(x1 y1 ) ◦ (x2 x3 , y2 y3 ) =(x1 , y1 ) ◦ ((x2 , y2 ) ◦ (x3 , y3 ))
4.9
80
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
Damit ist die Assoziativit¨ at bewiesen. b) Sei (x, y) ∈ H × K beliebig. Es ist (eH , eK ) ◦ (x, y) = (eH x, eK y) = (x, y) = (xeH , yeK ) = (x, y)(eH , eK ). Dabei haben wir benutzt, dass eH Einselement in H und eK Einselement in K ist. Es ist also (eH , eK ) ◦ (x, y) = (x, y) = (x, y) ◦ (eH , eK ), womit die Behauptung bewiesen ist. c) Sei (x, y) ∈ H × K beliebig, x−1 das Inverse zu x in H und y −1 das Inverse zu y in K. Wir behaupten, dass (x−1 , y −1 ) das Inverse zu (x, y) in H × K ist. Beweis (x−1 , y −1 ) ◦ (x, y)=(x−1 x, y −1 y) = (eH , eK ) =(xx−1 , yy −1 ) = (x, y) ◦ (x−1 , y −1 ) d) Wir stellen zun¨ achst die Verkn¨ upfungstafel f¨ ur (Z2 , ⊕) auf: ⊗ 0 1
0 0 1
1 1 0
Damit ergibt sich die Verkn¨ upfungstafel f¨ ur (Z2 × Z2 , ◦) so: ◦ (0, 0) (0, 1) (1, 0) (1, 1)
4.10
(0, 0) (0, 0) (0, 1) (1, 0) (1, 1)
(0, 1) (0, 1) (0, 0) (1, 1) (1, 0)
(1, 0) (1, 0) (1, 1) (0, 0) (0, 1)
(1, 1) (1, 1) (1, 0) (0, 1) (0, 0)
Aufgabe 4.10 Seien H und K Halbgruppen und ϕ eine Abbildung von H
nach K. Zeigen Sie bitte: ϕ ist genau dann ein Homomorphismus, wenn der Graph Gϕ = {(x, ϕ(x)) : x ∈ H} eine Unterhalbgruppe von (H × K, ◦) ist. Tipp: Ist ϕ ein Homomorphismus, gilt also stets ϕ(xy) = ϕ(x)ϕ(y), so ist leicht nachzurechnen, was (x, ϕ(x)) ◦ (y, ϕ(y)) ist und dass dies in Gϕ liegt. Ist umgekehrt Gϕ eine Unterhalbgruppe, so gilt (xy, ϕ(x)ϕ(y) = (x, ϕ(x)) ◦ (y, ϕ(y)) ∈ Gϕ ,
4.1
Halbgruppen, Monoide und Gruppen
81
also . . . L¨ osung: (I) Sei ϕ : H → K ein Homomorphismus. Behauptung: Gϕ = {(x, ϕ(x)) : x ∈ H} ist eine Unterhalbgruppe von (H × K, ◦) aus der vorigen Aufgabe. Beweis: Nach [WHK, Definition 4.3] m¨ ussen wir nur zeigen; sind (x, ϕ(x)) und (y, ϕ(y)) ∈ Gϕ beliebig, so ist auch (x, ϕ(x)) ◦ (y, ϕ(y)) ∈ Gϕ . Aber es ist nach Definition von ◦ (x, ϕ(x)) ◦ (y, ϕ(y)) = (xy, ϕ(x)ϕ(y)) =ϕ Hom (xy, ϕ(xy)) ∈ Gϕ . Wir haben also nur ϕ(x)ϕ(y) = ϕ(xy), d.h. die Homomorphieeigenschaft von ϕ benutzen m¨ ussen. (II) Sei ϕ eine Abbildung von H → K und Gϕ sei eine Unterhalbgruppe von (H × K, ◦). Behauptung: ϕ ist ein Homomorphismus. Beweis: Wir m¨ ussen ϕ(x, y) = ϕ(x)ϕ(y) f¨ ur alle x, y ∈ H zeigen. Wir haben als Voraussetzung: F¨ ur alle x, y ∈ H ist (x, ϕ(x)) ◦ (y, ϕ(y)) ∈ Gϕ . Nun ist (x, ϕ(x)) ◦ (y, ϕ(y)) = (xy, ϕ(x)ϕ(y)) ∈ Gϕ . Andererseits ist (xy, ϕ(xy)) ∈ Gϕ . Da Gϕ Graph von ϕ und xy = xy ist, muss ϕ(x)ϕ(y) = ϕ(xy) gelten (vergl. Aufgabe 2.19). Aufgabe 4.11 Sei H = (Z6 , ⊕). Zeigen Sie bitte:
a) H ist eine Gruppe b) Sei ϕ : Z6 → Z3 gegeben durch ϕ(k) = k mod 3. Dann ist ϕ ein Homomorphismus. c) Bestimmen Sie den Kern ker(ϕ) von ϕ. d) Z6 / ker(ϕ) ist die aus Aufgabe 4.4 berechnete Gruppe. Diese ist also isomorph zu Z3 . L¨ osung: a) Wir hatten schon in Aufgabe 4.1 gezeigt, dass (Z6 , ⊕) ein kommutatives Monoid mit 0 als neutralem Element ist. Wir m¨ ussen also nur noch beweisen: Zu jedem x ∈ Z6 existiert ein y ∈ Z6 mit x ⊕ y = 0. Aber das ist ganz einfach: es ist x ⊕ (6 − x) = (x + 6 − x) mod 6 = 0. Also ist y = (6 − x) (− ist hier die Subtraktion in Z. Wegen 0 ≤ x ≤ 5 ist ur die Addition in 6 − x ∈ Z6 ). Zum besseren Verst¨andnis schreiben wir ⊕6 f¨ ur die in Z3 . Z6 und analog ⊕3 f¨ b) Es ist ϕ(k ⊕6 ) = (k ⊕6 ) mod 3. Wir m¨ ussen also (k ⊕6 ) mod 3 = (k ur 0 ≤ k, ≤ 5 ist k ⊕6 = (k + ) mod 6. mod 3) ⊕3 ( mod 3) zeigen. F¨ Damit gibt es ein r ∈ Z (man kann sich u ¨ berlegen, dass r = 0 oder 1 ist) mit
4.11
82
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
k+ = k⊕6 +6r, also k⊕6 = k+−6r und damit (k⊕6 ) mod 3 = (k+) mod 3, weil 3 ein Teiler von 6 ist. Aber (k + ) mod 3 = (k mod 3) ⊕3 ( ur m ≥ 2). Damit ist die Behauptung mod 3) nach Definition von ⊕m (f¨ bewiesen. c) Es ist ker(ϕ) = {k ∈ Z6 : ϕ(k) = 0 ∈ Z3 } = {0, 3}. ¨ d) In Aufgabe 4.4 hatten wir Z6 / ker(ϕ) berechnet und die Aquivalenzklassen [0], [1], [2] gefunden. Die dort angegebene Verkn¨ upfungstafel zeigt, dass ψ : [k] → k von Z6 / ker(ϕ) auf Z3 ein Isomorphismus ist. 4.12
Aufgabe 4.12 Zeigen Sie bitte, dass S3 (A) (siehe Aufgabe 4.3) die von
abc abc , bac bca erzeugte Gruppe ist (vergleiche [WHK, Satz 4.12]). L¨ osung: Wir benutzen die Nummerierung o und Multiplikationstafel der L¨ sung zu Aufgabe 4.3. Die Abbildung a b c hat dort die Nummer 3 die Abbilb ac ab c dung die Nummer 5. Wir zeigen, dass die Menge A := {3◦k1 ·5◦k2 : kj ∈ b ca
N0 } bereits gleich S3 (A) ist. (vergl. den in der Aufgabe zitierten Satz).(x◦k beosung zur zitierten deutet x ◦ x ◦· · · ◦ x.) Dazu benutzen wir die Tabelle der L¨ kmal Aufgabe. Es ist 3◦2 = idA = 1 ∈ A. Außerdem ist 5◦2 = 6 , 3◦5 = 2 , 3◦6 = 4, also ist
S3 (A) = {3◦2 , 3 ◦ 5, 3, 3 ◦ 5◦2 5, 5◦2 } =< A > . Die Ordnung eines Elementes a in einem Gruppe (H, ·, e) ist entweder ∞, ur alle k ∈ N gilt, oder aber sie ist die kleinste wenn n¨ amlich ak = e f¨ nat¨ urliche Zahl n mit an = e. In einer additiv geschriebenen Gruppe lautet ur alle n ∈ N, die Bedingung: entweder ist n · a(= a + a + a + · · · + a) = 0 f¨ n
mal
dann ist die Ordnung ∞, oder sie ist die kleinste Zahl n mit n · a = 0. Die Ordnung |G| einer Gruppe ist einfach die Anzahl ihrer Elemente. 4.13
Aufgabe 4.13 Sei G = (Z6 , ⊕). Bestimmen Sie bitte die Ordnung o(k) der Elemente k ∈ Z6 .
4.1
Halbgruppen, Monoide und Gruppen
83
L¨ osung: o(0) = 1, o(1) = 6, denn 1 ⊕ 1 ⊕ · · · ⊕ 1 = k. o(2) = 3, denn k≤5 mal 2 ⊕ 2 = 4, 2 ⊕ 2 ⊕ 2 = 0, o(3) = 2, denn 3 ⊕ 3 = 0. o(4) = 3, denn 4 ⊕ 4 = 2 4 ⊕ 4 ⊕ 4 = 0. o(5) = 6. Denn 5 ⊕ · · · ⊕ 5 = k · 5 mod 6 (nach [WHK, kmal Korollar 3.7]) und k · 5 mod 6 = k(6 − 1) mod 6 also o(5) = o(1).
Aufgabe 4.14 Sei ϕ : Z → Z6 , gegeben durch ϕ(k) = k mod 6. Zeigen Sie
bitte, dass ϕ ein Homomorphismus von (Z, +) auf (Z6 , ⊕) ist. Was ist der ¨ Kern, was sind die Aquivalenzklassen? Zeigen Sie explizit, dass Z/ ker(ϕ) upisomorph ist zu (Z6 , ⊕). Das heißt insbesondere: Stellen Sie eine Verkn¨ ¨ fungstafel f¨ ur die Aquivalenzklassen auf und geben Sie den Isomorphismus explizit an. ¨ Tipp: Zeigen Sie, dass die Aquivalenzklassen gerade {6k : k ∈ Z} , {6k + 1 : k ∈ Z} , . . . , {6k + 5 : k ∈ Z} sind. L¨ osung: Dass ϕ ein Homomorphismus ist, folgt aus [WHK, Korollar 3.7] auf folgende Weise: ϕ(k) ⊕ ϕ()=(ϕ(k) + ϕ()) =(k
mod 6
mod 6 +
=(k + )
mod 6)
mod 6
mod 6
=ϕ(k + ). Ist k ∈ Z6 , aufgefasst als Teilmenge von Z, so ist ϕ(k) = k, also ist ϕ surjektiv. Der Kern ist ϕ−1 (0)={k ∈ Z : k
mod 6 = 0}
={6n : n ∈ Z} =: U. Ist 0 ≤ k ≤ 5, so ist ϕ−1 (k) = {k + 6n : n ∈ Z} =: k + U . Damit sind die ¨ Aquivalenzklassen gerade die [k] = k + U f¨ ur 0 ≤ k ≤ 5. Nach [WHK, Satz ¨ 4.4] ist die Verkn¨ upfung der Aquivalenzklassen gerade durch [k] [] = [k + ] gegeben. Da [r] = [r mod 6] ist erh¨ alt man [k]
[] = [(k + )
mod 6] = [k ⊕ ].
Wir definieren also ψ([k]) = k und erhalten ψ([k] ψ([]). Also ist ψ der gew¨ unschte Isomorphismus.
[]) = k ⊕ = ψ([k]) ⊕
4.14
84
4.15
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
Aufgabe 4.15 a) Sei p = 5 und G eine Gruppe der Ordnung 5. Zeigen Sie
bitte, dass G isomorph ist zu (Z5 , ⊕). Tipp: Sei e = a ∈ G. Was ist o(a)? (o(a) ist immer ein Teiler der Gruppenordnung, das heißt, ein Teiler der Anzahl der Elemente in G, siehe [WHK, Satz 4.15])? b) Gilt a) f¨ ur eine beliebige Primzahl anstelle von p = 5? c) Gilt a) f¨ ur p = 4? Tipp: zu c) Welche Ordnung hat G = (Z2 , ⊕) × (Z2 , ⊕) (siehe Aufgabe 4.9) L¨ osung: a) Sei e das neutrale Element und e = x ∈ G beliebig. Nach [WHK, Satz 4.15] ist die Ordnung o(x) ein Teiler der Gruppenordnung, also ur 0 ≤ k < ≤ 4. Also ist ist o(x) = 5 wegen x = e. Es sind xk = x f¨ alt. Wir zeigen nun, dass G = {e, x, x2 , x3 , x4 }, da G ja nur 5 Elemente enth¨ G∼ = (Z5 , ⊕). Dazu definieren wir ϕ(k) = xk . Dann ist ϕ(k ⊕ ) = xk⊕ = x(k+) mod 5 . Nun ist k + = k ⊕ + 5r mit r = 0 oder 1, weil aus 0 ≤ k, ≤ 4 stets 0 ≤ k + ≤ 8 folgt. Damit ist xk · x = xk+ = xk⊕ · x5r = xk⊕ , weil x◦ = x5 = e. Also ist ϕ(k)ϕ() = ϕ(k ⊕ ), also ist ϕ ein Homomorphismus. Da ϕ bijektiv ist, folgt die Behauptung. b) Sei G eine Gruppe der Ordnung p, wo p eine Primzahl ist. Ist e = x, so ist 1 = o(x) und o(x) ist nach dem zitierten Satz ein Teiler der Primzahl p, also ist o(x) = p. Nach [WHK, Satz 4.22 b] ist {e, x, . . . , xp−1 } die von x erzeugte Untergruppe. Da sie p Elemente hat, ist sie gleich G. Wir definieren ϕ : (Zp , ⊕) → G durch ϕ(k) = xk und erhalten wie unter a), dass ϕ ein Isomorphismus ist. c) G = (Z2 , ⊕) × (Z2 , ⊕) hat 4 Elemente, also die Ordnung 4. Der Gruppentafel in der L¨ osung zu Aufgabe 4.9 entnimmt man, dass f¨ ur beliebiges x ∈ G x ⊕ x = 0 gilt. Es gibt also kein Element der Ordnung 4, a) gilt also nicht f¨ ur p = 4. 4.16
Aufgabe 4.16 Zeigen Sie bitte (Z6 , ⊕) ∼ = (Z2 , ⊕) × (Z3 , ⊕), indem Sie den
Isomorphismus explizit konstruieren! Tipp: Arbeiten Sie den Beweis von [WHK, Satz 4.26] anhand des Beispiels von (Z6 , ⊕) durch! L¨ osung: Wir beziehen uns laut Anleitung auf den Beweis des genannten ussen wir Satzes. Es ist 6 = 2 · 3. Da (Z6 , ⊕) additiv geschrieben wird, m¨ Potenzen durch Vielfache ersetzen; es ist also k · x = x ⊕ x ⊕ ··· ⊕ x. k Summanden
4.2
Ringe und K¨ orper
85
Sei H = {x ∈ Z6 : 2x = 0} = {0, 3}, K = {x ∈ Z6 : 3x = 0} = {0, 2, 4}. Wir definieren ϕ : H × K → Z6 durch ϕ((x, y)) = x ⊕ y. Wir rechnen explizit nach, dass ϕ ein Homomorphismus ist. ϕ((x1 , y1 ) ⊕ (x2 , y2 ))
=
ϕ((x1 ⊕ x2 , y1 ⊕ y2 )
=
x1 ⊕ x2 ⊕ y1 ⊕ y2
=
(x1 ⊕ y1 ) ⊕ (x2 ⊕ y2 )
Z6 kommutativ
=
ϕ((x1 , y1 )) ⊕ ϕ((x2 , y2 )).
Wir zeigen, dass ϕ injektiv ist. Sei also ϕ((x, y)) = x ⊕ y = 0. Wir pr¨ ufen direkt nach, dass das nur f¨ ur x = y = 0 m¨ oglich ist (im Buch wird das eleganter, aber schwerer verst¨ andlich gezeigt). Sei x = 3. Da y ∈ K ist, ist y = 0, 2 oder 4, aber 3 ⊕ 2 = 5 , 3 ⊕ 4 = 1 , 3 ⊕ 0 = 3, alle = 0. Ist aber x = 0, so ist x ⊕ y = 0, also y = 0. Damit ist bewiesen, dass der Kern von ϕ gleich {(0, 0)} ist. ϕ ist damit injektiv. Wegen |H × K| = 6 = |Z6 | ist ϕ bijektiv, also ein Isomorphismus. Aufgabe 4.17 Zeigen Sie bitte(Z4 , ⊕) ∼
(Z2 , ⊕) × (Z2 , ⊕). =
4.17
Tipp: Z4 hat ein Element der Ordnung 4. In Z2 × Z2 haben alle Elemente (a, b) = (0, 0) die Ordnung 2. Warum widerspricht dies Beispiel [WHK, Satz 4.26] nicht?
L¨ osung: Angenommen es g¨abe einen Isomorphismus ϕ von Z4 auf Z2 × Z2 . Es ist 1 ⊕ 1 = 2 = 0 in Z4 . Aber in Z2 × Z2 gilt (a, b) ⊕ (a, b) = (a ⊕ a, b ⊕ b) = (0, 0) f¨ ur jedes Element (a, b). Damit h¨atte man wegen der Injektivit¨at von ϕ insbesondere (0, 0) = ϕ(2) = ϕ(1) ⊕ ϕ(1) = 0, ein Widerspruch. Was dahinter steht, ist das Folgende: ist ϕ ein Isomorphismus der Gruppe G auf die Gruppe H so gilt f¨ ur die Ordnungen o(x) = o(ϕ(x)). K¨ onnen Sie das beweisen?
4.2 Ringe und K¨ orper Ein Ring (R, +, ·) ist eine Menge R mit zwei Verkn¨ upfungen + und ·, so dass (R, +) eine additiv geschriebene kommutative Gruppe mit neutralem Element
4.2
86
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
0 ist, ferner (R, ·) eine Halbgruppe ist und die Distributivgesetze gelten: a · (b + c) = a · b + a · c, (c + d) · a = c · a + b · a. Ist die Halbgruppe (R, ·) kommutativ - wie in diesem Kapitel fast ausschließlich - so braucht man nat¨ urlich nur eine der beiden Formeln, also eines der Distributivgesetze nachzuweisen, um zu zeigen, dass R ein Ring ist. Hat (R, ·) ein Einselement, so sagt man, es handelt sich um einen Ring mit Eins. In diesem Fall kann man sich alle Elemente der Halbgruppe (R, ·) anschauen, zu denen bez¨ uglich · ein Inverses existiert. Ein solches Element heißt Einheit. Die Menge der Einheiten wird mit R∗ bezeichnet , bildet eine Gruppe und heißt daher die Einheitengruppe von R. Ist R kommutativ und ist R∗ = R \ {0}, also jedes Element = 0 invertierbar in (R, ·), so heißt R K¨ orper. 4.18
Aufgabe 4.18 Wir f¨ uhren in Z6 eine Multiplikation ein: k
:= k mod 6. Zeigen Sie bitte: a) (Z6 , ) ist ein kommutatives Monoid mit 1 als neutralem Element. b) Es gelten die Distributivgesetze k ( ⊕ m) = k ⊕ k m Tipp: Benutzen Sie ausgiebig [WHK, Korollar 3.7] c) (Z6 , ⊕, ) ist ein kommutativer Ring mit Eins. Tipp: c) ist nur die Zusammenfassung von a), b) und Aufgabe 4.11. d) Bestimmen Sie die Einheiten in Z6 . Tipp: Benutzen Sie [WHK, Korollar 3.13] L¨ osung: a) Zun¨ achst ist f¨ ur k, ∈ Z6 die Zahl k mod 6 wieder aus Z6 , die upfung. Abbildung Z6 × Z6 " (k, ) → k mod 6 ∈ Z6 also eine Verkn¨ Es ist k = k wegen k mod 6 = k mod 6. Ferner ist nach [WHK, Korollar 3.7] (k
)
m=(k
mod 6) · (m
=(km) =(k =k
mod 6
mod 6
mod 6)(m (
mod 6) mod 6)
mod 6
m).
Also ist assoziativ und – wie oben schon gezeigt – auch kommutativ. Es ist 1 k = k mod 6 = k. Also ist 1 das Einselement. (Z6 , , 1) also ein Monoid. b) Mit Hilfe des angegebenen Korollars und der Distributivgesetze in (Z, +, ·) erhalten wir k ( ⊕ m) = k( ⊕ m) mod 6 = (k(( + m) mod 6) mod 6.
4.2
Ringe und K¨ orper
87
Da k ∈ Z6 ist k = k mod 6. Also ist k
( ⊕ m)=(k
mod 6 · ( + m)
=k · ( + m)
mod 6
=(k + km)
mod 6
=(k =(k =k
mod 6 + km +k ⊕k
m)
mod 6)
mod 6)
mod 6
mod 6
mod 6
m.
Damit ist das Distributivgesetz bewiesen. c) Nach Aufgabe 4.11 ist (Z6 , ⊕, 0) eine Gruppe. Mit a) und b) folgt, dass (Z6 , ⊕, ) ein kommutativer Ring ist. 1 ist das Einselement. d) Wir m¨ ussen alle Elemente x in Z6 finden, zu denen es ein y mit x y = 1 gibt. Das erste ist 1. Es ist 2 3 = 6 mod 6 = 0, also kann es weder zu 2 noch zu 3 ein y mit x y = 1, (x = 2, 3), denn w¨ are 2 y = 1, so w¨are 3 = 3 (2 y) = (3 2) y = 0, ein Widerspruch. Es ist 3 4 = 0, also ist auch 4 keine Einheit. Aber 5 ist wegen 5 5 = 25 mod 6 = 1 eine Einheit. Also ist {1, 5} die Menge der Einheiten. Aufgabe 4.19 Zeigen Sie bitte:
4.19
a) F¨ ur jedes n ≥ 2 ist (Zn , ⊕, ) ein kommutativer Ring mit Eins. Dabei ist Zn 0{0, 1, . . . , n − 1} , k ⊕ = (k + ) mod n , k = (k) mod n. b) Ist n eine Primzahl, so ist (Zn , ⊕, ) ein K¨orper. Tipp: [WHK, Korollar 3.13] L¨ osung: a) Siehe die L¨ osung der vorigen Aufgabe, bei der man 6 durch n ersetzt. b) Sei p eine Primzahl. Wir m¨ ussen zeigen: zu jedem x = 0 aus Zp gibt es ein y mit xy = 1. Sei 1 ≤ x ≤ p − 1 beliebig. Wir benutzen das angegebene Korollar. Wegen ggT(x, p) = 1 ( p ist Primzahl!) gibt es ein d ∈ Z mit dx ≡ 1 mod p. Setzen wir y = d mod p, so erhalten wir wegen x = x mod p y
x=yx
mod p
=(d
mod p · x
=dx
mod p = 1.
mod p)
mod p
Aufgabe 4.20 a) Finden Sie alle Elemente a, b = 0 in Z6 mit a
ab ≡ 0(mod 6). Ist also (Z6 , ⊕, ) ein K¨orper?
b = 0, also
4.20
88
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
b) Sei jetzt allgemeiner n keine Primzahl (wie n = 6 unter a). Zeigen Sie bitte: es gibt Elemente a, b = in Zn mit a b = 0, also ab ≡ 0 (mod n). Tipp: Verwenden Sie die Definition einer Primzahl [WHK, Definition 3.19]. Da n keine Primzahl ist, m¨ ussen Sie durch Verneinung der Charakterisierung von Primzahlen eine Bedingung f¨ ur n finden, keine Primzahl zu sein. Im Teil a) war 6 = 2 · 3, allgemein n =?·?. Bemerkung: Die letzten beiden Aufgaben ergeben: Zn ist genau dann ein K¨ orper, wenn n eine Primzahl ist, und das ist [WHK, Korollar 4.58] L¨ osung: a) Wir haben in der L¨ osung von Aufgabe 4.18 Teil d) bereits 2, 3 und 4 als Zahlen erkannt, zu denen es y = 0 mit x ◦ y = 0 gibt; 1 und 5 hingegen sind Einheiten. b) Sei n keine Primzahl. Dann gibt es Zahlen q, r ≥ 2 mit n = qr und nat¨ urlich q, r ≤ n − 1. Damit ist q, r ∈ Zn \ {0} und q r = qr mod n = 0. orper. Also ist (Zn , ⊕, ) kein K¨ 4.21
Aufgabe 4.21 L¨ osen Sie bitte das folgende Gleichungssystem:
x x x
≡ ≡ ≡
13 2 1
( mod 7) ( mod 8) ( mod 9)
Tipp: Konstruktive L¨ osung des Gleichungssystems im chinesischen Restsatz (Korollar 4.60 [WHK, S. 121]). F¨ ur die L¨ osung von ggT(a, b) = 1 benutzen Sie bitte den erweiterten Euklidischen Algorithmus [WHK, S. 80] L¨ osung: Die n¨ achste Aufgabe ist sehr a¨hnlich, aber interessanter. Deshalb geben wir hier keine L¨ osung an. 4.22
Aufgabe 4.22 Eine R¨ auberbande von 17 Mitgliedern (aus dem 18. Jh.) teilte
sich die Beute von x Dukaten. Eine Dukate blieb u ¨brig, um die man sich pr¨ ugelte, wobei einer starb. Nun teilte man wieder auf, es blieben 10 Dukaten u ¨ brig. Wieder wurde einer erschlagen. Nun endlich ließen sich die x Dukaten gerecht und ohne Rest aufteilen. Wie groß war x mindestens? Tipp: Chinesischer Restsatz, s. vorige Aufgabe. L¨ osung: Aus der ersten Teilung erhalten wir x ≡ 1 mod 17, aus der zweiten Teilung erhalten wir x ≡ 10 mod 16 und aus der dritten x ≡ 0 mod 15. 15, 16 und 17 sind offensichtlich teilerfremd, also k¨ onnen wir das explizite L¨osungsverfahren f¨ ur den Beweis des chinesischen Restsatzes verwenden. Wir
4.2
Ringe und K¨ orper
89
bestimmen zun¨achst die L¨ osungen der Gleichungssysteme x1 ≡1( mod 17, ) x1 ≡ 0( mod 16, ) x1 ≡ 0( mod 15), x2 ≡0( mod 17, ) x2 ≡ 1( mod 16, ) x2 ≡ 0( mod 15, ) x3 ≡0( mod 17, ) x3 ≡ 0( mod 16, ) x3 ≡ 1( mod 15, ) und setzen dann die gesuchte L¨osung aus diesen zusammen. (I) n1 = 17 , N1 = 15 · 16 = 240. Es ist ggT(17, 240) = 1. Wir bestimmen Zahlen s und t mit 1 = 240s + 17t. Der erweiterte euklidische Algorithmus ergibt 1 = −8 · 240 + 113 · 17 und damit 1 ≡ −8 · 240( mod 17), 0 ≡ −8 · 240( mod 16) und ( mod 15). alt man durch (II) Im zweiten Schritt ist n2 = 16 , N2 = 17·15 = 255. Hier erh¨ Kopfrechnen 1 = 16 · 16 − 1 · 255 ≡ 255( mod 16), 0 ≡ −255( mod 17) und ( mod 15) (III) Im dritten Schritt ist n3 = 15 , N3 = 17 · 16 = 272. Mit dem erweiterten euklidischen Algorithmus ergibt sich 1 = −7 · 272 + 127 · 15, also 1 ≡ −7 · 272( mod 15), 0 ≡ −7 · 272( mod 16) und ( mod 17). (IV) im vierten Schritt setzen wir y = 1·(−8)·240+10·(−255)+0(−7)·272 = −4470. Nach Konstruktion gilt y≡1 (mod 17) y≡10 (mod 16) y≡0 (mod 15). Wir berechnen nun x = y mod 15 · 16 · 17 = y mod 4080. Es ist alt man mit [WHK, Satz 3.2] x = y div 4080 = −4470 4080 = −2, also erh¨ −4470 + 2 · 4080 = 3690. Andere (gr¨ oßere) L¨osungen sind 3690 + k · 4080 mit k ≥ 1. In der Zahlentheorie spielt die Eulersche ϕ-Funktion eine wichtige Rolle. Sei ur n ≥ 2. ϕ(1) = Z∗n die Einheitengruppe im Ring Zn . Dann ist ϕ(n) = |Z∗n | f¨ 1. Aufgabe 4.23 Berechnen Sie bitte die Eulersche ϕ–Funktion ϕ(n) f¨ ur n = 6 , n = 15 , n = 32, n = 60. Tipp: [WHK, Korollar 4.62]
L¨ osung: Wir benutzen die Formel aus [WHK, Korollar 4.62 c] a) n = 6 = 2 · 3 ; ϕ(6) = 1 · 2 = 2.
4.23
90
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
b) n = 15 = 3 · 5 ; ϕ(15) = 2 · 4 = 8. c) n = 32 = 25 ; ϕ(32) = 24 = 16. d) n = 60 = 22 · 3 · 5 ϕ(60) = 2 · 2 · 4 = 16. 4.24
Aufgabe 4.24 a) Berechnen Sie bitte k −1 mod n f¨ ur k = 2, 3, 4, . . . , 12 und
n = 13. ur k = 5 und n = 6, 15, 32, 60. b) Berechnen Sie bitte k ϕ(n) mod n f¨ L¨ osung: a) Wir betrachten den Ring Z13 , der ein K¨ orper ist, weil p eine Primzahl ist. Das Inverse zu k ∈ Z∗13 = {1, 2, · · · 12} kann man nach [WHK, Korollar 3.13] auf folgende Art bestimmen: Wegen ggT(13, k) = 1 berechnet man mit dem erweiterten euklidischen Algorithmus s, t ∈ Z mit 1 = sk mod 13 = s mod 13 · k mod 13, also ist s mod 13 das Inverse zu k mod 13. Auf diesem Weg muss man 11 mal den erweiterten euklidischen Algorithmus anwenden, aber damit kommt man zum Ziel. Hier ist ein anderer, weniger sturer Weg. G := Z∗13 hat die Ordnung 12 = 4·3; damit ist G nach [WHK, Satz 4.26] isomorph zum kartesischen Produkt H×K mit H = {x ∈ G : x4 = 1} und K = {x ∈ G : x3 = 13}. Das Inverse in H × K ist leicht zu berechnen: (xk , y )−1 = (x4−k , y 3− ). Wir geben den Isomorphismus ϕ : H × K → G konkret an. Ist dann k ∈ G, so berechnen wir leicht das Inverse (ϕ−1 (k))−1 von ϕ−1 (k) in H × K, es sei (u, v), also (u, v) · ϕ−1 (k) = (1, 1). Dann gilt 1 = ϕ(1, 1) = ϕ((u, v)ϕ−1 (k)) = ϕ((u, v)) · ϕ(ϕ−1 (k)) = ϕ((u, v)) · k. Also ist ϕ(u, v) das Inverse von k. Um dies alles durchschaubar umzusetzen, bezeichnen wir die Potenzen von x ∈ G mit x k . Nach [WHK, Korollar 3.7] ist x k = x
· · · x = xk k mal
mod 13.
Wir vermuten, dass H zyklisch ist und finden durch Probieren 5 1 = 5 , 5 2 = 25 mod 13 = 12; 5 3 = 12 5 = 60 mod 13 = 8 und 5 4 = 8 5 = 40 mod 13 = 1. Damit ist H = {1, 5, 12, 8}. Noch einfacher findet man 3 1 = 3 , 3 2 = 9 , 3 3 = 27 mod 13 = 1. Nach den Beweisen von [WHK, Satz 4.26] ist der Isomorphismus ϕ gegeben durch ϕ((x, y)) = x y = xy mod 13. Wir stellen alles in einer Tabelle zusammen:
4.2
Ringe und K¨ orper
H ×K (1, 1) (5, 1) (5 2 , 1) (5 3 , 1) (1, 3) (5, 3) (5 2 , 3) (5 3 , 3) (1, 3 2 ) (5, 3 2 )
2 2 (5 , 3 ) (5 3 , 3 2 )
91
H × K ausgerechnet (1, 1) (5, 1) (12, 1) (8, 1) (1, 3) (5, 3) (12, 3) (8, 3) (1, 9) (5, 9) (12, 9) (8, 9)
ϕ((x, y)) = k 1 5 12 8 3 2 10 11 9 6 4 7
Inverses k −1 1 8 12 5 9 7 4 6 3 11 10 2
Wir haben wir die letzte Spalte berechnet? So, wie wir das oben abstrakt dargestellt haben. Als Beispiel berechnen wir 10−1 . Es ist 10 = ϕ(12, 3) = ϕ(5 2 , 3). Das Inverse von (5 2 , 3) in H × K ist (5 2 , 3)−1 = (5 2 , 3 2 ) = (12, 9). Denn es ist (5 2 , 3 2 )(5 2 , 3) = (5 4 , 3 3 ) = (1, 1). Also ist das Inverse von 10 gleich ϕ((12, 9)) = 12 · 9 mod 13 = 108 mod 13 = 4. b) Um gr¨ oßere Klarheit zu erhalten, schreiben wir f¨ ur die in Zn gebildeten Potenzen x k . x k = x x · · · x. Es ist x k = xk mod n. k Faktoren (1) n = 6, ϕ(n) = 2, 5 2 = 25 mod 6 = 1. (2) n = 15, ϕ(n) = 8, 5 2 = 25 mod 15 = 10. 5 4 = 10 2 = 100 mod 15 = 10. Also ist 5 ϕ(n) = 5 8 = (5 4 ) 2 = 10 2 = 10. (3) n = 32, ϕ(n) = 16. Es ist 5 2 = 25, also 5 4 = 252 mod 32 = 625 mod 32 = 17. Daraus folgt 5 8 = 17 2 = 289 mod 32 = 1, und das ergibt 5 ϕ(n) = 5 16 = (5 8 ) 2 = 1. (4) n = 60 , ϕ(n) = 16. Es ist 5 4 = 54 mod 60 = 625 mod 60 = 25 = 5 2 . Daraus folgt 5 16 = (5 4 ) 4 = (5 2 ) 4 = (5 4 ) 2 = (5 2 ) 2 = 5 4 = 5 2 = 25. Zusammengefasst: 5 ϕ(60) = 25. Aufgabe 4.25 Bestimmen Sie bitte explizit die Umkehrabbildung des Isomor-
phismus ϕ : Z15 → Z5 × Z3 , x → (x mod 5, x mod 3)
4.25
92
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
(siehe [WHK, Satz 4.59]). Tipp: Konstruktive L¨ osung des Gleichungssystems in [WHK, Korollar 4.60] (chinesischer Restsatz). L¨ osung: Die Aufgabe besteht darin, zu einem Paar (y1 , y2 ) ∈ Z5 × Z3 ein y ∈ Z15 mit ϕ(y) = (y mod 5, y mod 3) = (y1 , y2 ) zu bestimmen, das heißt, osen. Wir wenden die Gleichungen y ≡ y1 mod 5 und y ≡ y2 mod 3 zu l¨ dazu das angegebene L¨osungsverfahren an. Zun¨ achst bestimmen wir x1 mit x1 ≡ 1 mod 5 und x1 ≡ 0 mod 3. Das ist in diesem Fall ganz einfach und ohne den erweiterten euklidischen Algorithmus m¨oglich: x1 = 6. Ebenso bestimmen wir x2 mit x2 ≡ 0 mod 5 und x2 ≡ 1 mod 3. Es ergibt sich x2 = 10. Sei nun (y1 , y2 ) ∈ Z5 × Z3 beliebig vorgegeben. ullt ϕ(y) = (y1 , y2 ). Behauptung: y = x1 y1 + x2 y2 mod 15 erf¨ Beweis: Nach der Definition von y gibt es ein k ∈ N0 mit x1 y1 +x2 y2 −15k = y. Aber dann ist y
mod 5=x1 y1 =x1
mod 5 + x2 y2 mod 5 · y1
mod 5 + (−15k) mod 5
mod 5 + x2
mod 5 · y2
mod 5 + 0
=y1 . Denn nach Konstruktion ist x1 mod 5 = 1, x2 mod 5 = 0 und (−15k) mod 5 = 0. Analog erh¨ alt man y mod 3 = y2 . Daraus folgt die Behauptung. 4.26
Aufgabe 4.26 Welche der Zahlen x ∈ Z15 \ {0} ist kein Teiler von 6?
Tipp: Nach der vorigen Aufgabe ist ϕ(6) = (1, 0). Zeigen Sie einfach, dass die einzigen Paare (u, v), die (1, 0) nicht teilen gerade (0, x) sind mit x = 1, 2. Benutzen Sie dabei, dass Z5 \ {0} eine Gruppe ist, also jedes Element einen Teiler hat, weil 5 eine Primzahl ist. Bestimmen Sie nun ϕ−1 ((0, x)). Das sind genau die Elemente, die keine Teiler von 6 = ϕ−1 ((1, 0)) sind. Warum? L¨ osung: Da das Berechnen von Teilern in Z15 kompliziert ist, benutzen wir, dass 15 = 5 · 3, Z15 also nach dem Chinesischen Restsatz [WHK, Satz 4.59] isomorph ist zu Z5 × Z3 , wobei der Isomorphismus ϕ durch ϕ(k) = (k ussen mod 3 , k mod 5) gegeben ist (k ∈ Z15 ). Es ist ϕ(6) = (1, 0) und wir m¨ nun alle (x, y) ∈ Z5 ×Z3 bestimmen, die (1, 0) nicht teilen. Haben wir solch ein (x, y) gefunden, so teilt ϕ−1 (x, y) auch ϕ−1 ((1, 0)) = 6 nicht, weil auch ϕ−1 ein Isomorphismus ist (vergl. Aufgabe 4.9 und die vorangegangene Aufgabe). (x, y) teilt (1, 0) genau dann, wenn es (u, v) gibt mit (x, y)(u, v) = (1, 0). Wegen (x, y)(u, v) = (xu, yv) ist das genau dann der Fall, wenn xu = 1 und
4.3
Teilbarkeitslehre in Polynomringen
93
yv = 0. Nun sind Z3 und Z5 nach Aufgabe 4.19 K¨ orper. yv = 0 gilt also genau dann, wenn y = 0 oder v = 0. Weiter gilt xu = 1 genau dann wenn u = x−1 in Z∗5 ist. Also sind die Teiler von (1, 0) gerade die Elemente (x, y) mit x ∈ Z∗5 und y ∈ Z3 . Dann gilt (x, y)(x−1 , 0) = (1, 0). Also teilt (x, y) das Element (1, 0) genau dann nicht, wenn x = 0. Damit ist die Menge der (x, y) = (0, 0), die (1, 0) nicht teilen, gerade {(0, 1) , (0, 2)}. Wir berechnen ϕ−1 ((0, 1)) =: z1 und ϕ−1 ((0, 2)) =: z2 gem¨aß der vorangegangenen Aufgabe und erhalten: Die beiden einzige Zahlen in Z15 , die die 6 ¨ berraschend, deshalb nicht teilen, sind also z1 = 5 und z2 = 10. Das klingt u probieren wir zu zeigen, dass 13 die 6 teilt (in Z15 !). Es ist ϕ(13) = (13 mod 5 , 13 mod 3) = (3, 1). Wir bestimmen Elemente (x, y) mit (x, y)(3, 1) = (3x, y) = (1, 0)(= ϕ(6)). Es ist x = 2 ; y = 0. Also gilt (3, 1)(2, 0) = (1, 0) in Z5 × Z3 . Nach der achlich ist 13 · 12 mod 15 = 156 vorigen Aufgabe ist ϕ−1 (2, 0) = 12. Tats¨ mod 15 = 6.
4.3 Teilbarkeitslehre in Polynomringen Aufgabe 4.27 Berechnen Sie bitte die folgenden Polynomprodukte u ¨ber K =
Q: a) (x + 2x2 )(1 + x5 ), b) (x − 5x3 )(23 + 27x − 10x2 ), c) (x5 − 1)(1 + x + x2 + x3 + x4 ). L¨ osung: a) (x + 2x2 )(1 + x5 )=(x + 2x2 ) + (x + 2x2 )x5 =x + 2x2 + x6 + 2x7 . b) (x − 5x3 )(23 + 27x − 10x2 )=x(23 + 27x − 10x2 − 5x3 (23 + 27x − 10x2 ) =23x + 27x2 − 10x3 − 115x3 − 135x4 + 50x5 =23x + 27x2 − 125x3 − 135x4 + 50x5 .
4.3
4.27
94
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
c) (x5 − 1)(1 + x + x2 + x3 + x4 )=x5 (1 + x + x2 + x3 + 4x4 ) −1 − x − x2 − x3 − x4 =x5 + x6 + x7 + x8 + x9 −1 − x − x2 − x3 − x4 . 4.28
Aufgabe 4.28 Berechnen Sie bitte die folgenden Polynomprodukte u ¨ber K =
Z2 : a) (x + 1)(x + x2 + x5 ), b) (x4 + 1)(1 + x + x2 + x3 ), c) (x + x2 + x3 )(x + x4 ). ¨ ber K2 wegen 1 + 1 = 0 in K2 . Achtung: Denken Sie daran: xm + xm = 0 u L¨ osung: In Z2 gilt 1 + 1 = 0 und 1 = −1. a) (x + 1)(x + x2 + x5 )=x(x + x2 + x5 ) + x + x2 + x5 =x2 + x3 + x6 + x + x2 + x5 =x + (1 + 1) x2 + x3 + x5 + x6 =0
=x + x3 + x5 + x6 b) (x2 + 1)(1 + x + x2 + x3 )=x2 (1 + x + x2 + x3 ) + (1 + x + x2 + x3 ) =x2 + x3 + x4 + x5 + 1 + x + x2 + x3 =1 + x + (1 + 1)x2 + (1 + 1)x3 + x4 + x5 =1 + x + x4 + x5 c) (x + x2 + x3 )(x + x4 )=x2 (1 + x + x2 )(1 + x3 ) =x2 (1 + x + x2 + (1 + x + x2 )x3 ) =x2 (1 + x + x2 + x3 + x3 + x5 ) =x2 + x3 + x4 + x5 + x6 + x7 Sei K ein beliebiger K¨ orper und 0 =
P (x) ein Polynom, P (x) = a0 + a1 x + ochste in P (x) vorkommende · · · + an xn . Dabei sei an = 0 und xn sei die h¨
4.3
Teilbarkeitslehre in Polynomringen
95
Potenz von x. Dann heißt n der Grad grad(P ) des Polynoms. Ist P das Nullpolynom, so setzt man grad(P ) = −∞. Aufgabe 4.29 Sei K ein beliebiger K¨ orper, P ein Polynom vom Grad m, Q ein solches vom Grad n. Zeigen Sie bitte: grad(P Q) = grad(P ) + grad(Q). Tipp: Schreiben Sie P = a0 + a1 x + · · · + am xm , Q = b0 + b1 x + · · · + bn xn . Wegen am = 0 (grad(P ) = m) und bn = 0 (grad(Q) = n) ist am bn = 0 weil K ein K¨ orper ist. Aber am bn ist der Koeffizient von xm+n und alle anderen Potenzen xk in pq haben einen niedrigeren Exponenten, d.h. k < m + n.
L¨ osung: Wir k¨ onnten die Formel 4.1 auf [WHK, S. 100] benutzen, aber sie ist nicht ganz einfach zu verstehen, obwohl ein Informatiker mit der auf derselben Seite eingef¨ uhrten Faltung vertraut sein sollte, da sie bei manchen Algorithmen f¨ ur die schnelle Multiplikation von Zahlen benutzt wird. Wir beweisen stattdessen die Grad-Formel durch Induktion: Sei n0 ∈ N0 eine beliebige fest gew¨ahlte Zahl und Q(x) = b0 + b1 x + . . . + bn0 xn0 ein beliebiges Polynom vom Grad n0 . Insbesondere ist bn0 = 0. (I) Sei P (x) = am xm mit am = 0. Dann ist P (x)Q(x) = am b0 xm + am b1 xm+1 + · · · + am bn0 xm+n0 . orper), folgt grad(P Q) = grad(P ) + grad(Q). Da am bn0 = 0 (K ist ein K¨ (II) Jetzt beginnt der Induktionsbeweis: Die zu beweisende Behauptung lautet: Sei P ein beliebiges Polynom = 0. Dann ist grad(P Q) = grad(P ) + n0 . Beweis: Ist grad(P ) = 0, also P = a0 x0 = a0 , so folgt die Behauptung aus (I). Induktionsannahme: Sei m ∈ N0 eine Zahl, so dass grad(P Q) = grad(P ) + n0 f¨ ur alle P vom grad ≤ m gilt. Behauptung: Die Formel gilt f¨ ur alle Polynome vom Grad m + 1. Beweis: Sei P (x) = a0 + a1 x + · · · + am xm + am+1 xm+1 mit am+1 = 0. Dann ist P (x) = am+1 xm+1 + P1 (x) mit grad(P1 ) ≤ m. (P1 (x) = a0 + · · · + am xm ). Damit ist P (x)Q(x) = am+1 xm+1 Q(x) + P1 (x)Q(x). Es ist nach Induktionsvoraussetzung grad(P1 Q) = grad(P1 ) + grad(Q) ≤ m + n0 (wenn am = 0, steht hier das Gleichheitszeichen, aber das ist hier egal) und grad(am+1 xm+1 Q(x)) = m + 1 + n0 nach (I). Also hat die Summe beider Polynome den Grad m + 1 + n0 = grad(P ) + grad(Q). Damit folgt nach dem Prinzip der vollst¨ andigen Induktion unsere Behauptung. Nun war n0 ∈ N0 und Q beliebig mit grad(Q) = n0 gew¨ahlt. Daraus folgt die allgemeine Grad-Formel.
4.29
96
4.30
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
Aufgabe 4.30 Sei P (x) = 2x u ¨ ber dem Ring Z4 . Zeigen Sie bitte, dass P · P = P 2 = 0 das Nullpolynom ist. Ist das ein Widerspruch zur in Aufgabe 4.29 bewiesenen Gradformel?
L¨ osung: Es ist P (x)P (x) = 2 · 2 · x2 = 0, weil 2 · 2 mod 4 = 0. Es liegt kein Widerspruch zum zitierten Satz vor, denn dort wurde vorausgesetzt, dass der Ring, u ¨ ber dem die Polynome gebildet werden, ein K¨ orper ist. Z4 ist aber kein K¨ orper (weil 4 keine Primzahl ist, siehe Aufgabe 4.19). Die Polynomdivision mit Rest haben Sie vielleicht schon in der Schule kennengelernt. Sie spielt dieselbe wichtige Rolle wie die Division mit Rest in Z. Tats¨ achlich gelten auch hier im Polynomring u ¨ber einem K¨ orper ganz ahnliche S¨ ¨ atze wie im Ring Z. Wir beschreiben die Division zweier Polynome P (x) und Q(x) mit Rest durch den folgenden Algorithmus im Pseudocode: PROCEDURE Polynomdivision P : Q mit Rest. VAR B(x), D(x), E(x), R(x), S(x): Polynome; Eingabe P (x), Q(x) = 0. BEGIN S(x) := P (x); R(x) := P (x); D(x) := 0; WHILE grad(S(x)) ≥ grad(Q(x)) DO h¨ ochster Koeffizient von S(x) grad(S(x))−grad(Q(x)) ·x , h¨ ochster Koeffizient von Q(x) D(x):=D(x) + B(x), B(x):=
E(x):=B(x)Q(x), S(x):=S(x) − E(x), /*die h¨ ochste Potenz vom alten S(x) f¨ allt weg*/ R(x):=S(x); END /WHILE/ AUSGABE D(x)=P (x) DIV Q(x); R(x)=P (x) MOD Q(x); P (x)=Q(x)D(x) + R(x). END /PROCEDURE/ Wir zeigen den Algorithmus nun an einem Beispiel. Sei P (x) = 2x3 + x2 − 4x + 1, Q(x) = x2 + 1.
4.3
Teilbarkeitslehre in Polynomringen
97
1. Schritt: Es ist P (x) = S(x) und damit grad(S(x)) = 3 > grad(Q(x)) = 2. Also 2 B(x)= · x3−2 = 2x, 1 D(x)=B(x) = 2x, E(x)=2x · (x2 + 1) = 2x3 + 2x, S(x)=x2 − 6x + 1, R(x)=x2 − 6x + 1. 2. Schritt: Es ist grad(S(x)) = 2 ≥ grad(Q(x)) = 2, also 1 2−2 ·x = 1, 1 D(x):=D(x) + B(x) = 2x + 1, B(x) =
E(x) = 1 · Q(x) = x2 + 1, S(x) = −6x, R(x) = −6x. 3. Schritt: Es ist grad(S(x)) = 1 < grad(Q(x)) = 2. Also verlassen wir die While–Schleife und erhalten die Ausgabe 2x + 1=(2x3 + x2 − 4x + 1) DIV (x2 + 1), −6x=(2x3 + x2 − 4x + 1) MOD (x2 + 1), 2x3 + x2 − 4x + 1=(x2 + 1)(2x + 1) − 6x.
Aufgabe 4.31 Sei K = Q. Dividieren Sie die folgenden Polynome mit Rest,
schreiben Sie also G = P Q + R mit grad(R) < grad(Q). a) G = 3x2 + x + 3 , Q = x − 2. b) G = 2x3 − 1 , Q = x2 + x + 1. c) G = x5 − x4 + x3 − x2 + x − 1 , Q = (x + 1). d) G = 8x3 − 8 , Q = x2 + 2. L¨ osung: Wir rechnen nur die Aufgabenteile a) und d). 3x2 + x + 3 : x − 2, 1. Schritt S(x) = 3x2 + x + 3 , Q(x) = x − 2 B(x) = 3x , D(x) = 3x
4.31
98
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
E(x) = 3x2 − 6x S(x) = 3x2 + x + 3 − (3x2 − 6x) = 7x + 3 R(x) = 7x + 3 grad(S) = 1 = grad(Q). 2. Schritt B(x) = 7 , D(x) = 3x + 7 E(x) = 7x − 14 S(x) = 7x + 3 − (7x − 14) = 17 R(x) = 17 grad(S) = 0 < grad(Q) Also ist 3x2 + x + 3 = (3x + 7)(x − 2) + 17. d) Wir schreiben jetzt diesen Algorithmus in einer anderen Form: 8x3 8x3
+ − −
16x 16x 16x
−
8
− −
8 32 24
:
x2
+
2
=
8x
−
16
Das auf der Linie stehende Polynom wird immer vom dar¨ uber stehenden abgezogen. Der Rest ist unterstrichen. Wir erhalten 8x3 − 8 = (8x − 16)(x2 + 2) + 24. Ein Ideal J in einem kommutativen Ring R ist ein Unterring, f¨ ur den RJ := {xy : x ∈ R, y ∈ J} ⊆ J gilt. Ideale sind Kerne von Ringhomomorphismen und daher zur Untersuchung der Ringstruktur und der Faktorringe wichtig. In Polynomringen werden sie zur Konstruktion bestimmter K¨ orper benutzt (zum Beispiel des K¨ orpers C der komplexen Zahlen, vergleiche Aufgabe 4.36 a)). Sie spielen aber auch bei zyklischen Codes eine Rolle. 4.32
Aufgabe 4.32 Sei K = R und p(x) = x2 . Sei J = {x2 q(x) : q ∈ R[x]}.
a) Zeigen Sie bitte: J = {q ∈ R[x] : q = 0 oder grad (q) ≥ 2} b) Zeigen Sie bitteexplizit, dass J ein Ideal ist, weisen Sie also alle Eigenschaften eines Ideals bei J nach c) Sei x ∼ y falls x − y ∈ J. Hierdurch wird eine Kongruenzrelation definiert (s. [WHK, S. 114 und Satz 4.48]. Zeigen Sie bitte: genau dann ist L eine ¨ Aquivalenzklasse f¨ ur ∼, wenn es ein Polynom pL vom Grad ≤ 1 gibt mit L = {pL + q : q ∈ J} = pL + J. Dar¨ uber hinaus sind p1 und p2 verschiedene Polynome vom Grad ≤ 1, so sind L1 = {p1 + q : q ∈ J} und L2 = {p2 + q : q ∈ J} zwei verschiedene ¨ Aquivalenzklassen.
4.3
Teilbarkeitslehre in Polynomringen
99
L¨ osung: a) Sei r ∈ J. Dann gibt es ein q mit r = x2 q. Ist q = 0, so ist grad(r) = grad(x2 ) + grad(q) = 2 + grad(q) ≥ 2. b) i) J ist eine Untergruppe bez¨ uglich der Addition. Beweis: x2 q1 + x2 q2 = x2 (q1 + q2 ) ∈ J (ii) Ist r ∈ J, also r = x2 q und ist p ∈ R[x] beliebig, so ist pr = x2 pq ∈ J. ¨ ¨ c) Sei L eine Aquivalenzklasse f¨ ur die angegebene Aquivalenzrelation. Sei 2 0 = p ∈ L beliebig und p1 = p mod x . Dann ist p − p1 = x2 (p div x2 ) aus J. Also ist p ∼ p1 und es ist grad(p1 ) ≤ 1. Sei nun q ∈ L ein weiteres Element. Dann ist p − q ∈ J, also p = q + x2 · r, woraus p mod x2 = q mod x2 = p1 folgt, also ist p = p1 + x2 · (p div x2 ) und q = p1 + x2 (q div x2 ). Daraus folgt L = p1 + J. d.h. p1 ist unser gesuchtes pL . Ist L = p1 + J = p2 + J mit grad(pj ) ≤ 1, so ist p1 ∼ p2 also p1 − p2 ∈ J. Wegen a) und grad(p1 − p2 ) ≤ 1 folgt p1 − p2 = 0, also p1 = p2 . Ist ∼ eine Kongruenzrelation in einem Ring R, so kann man die Menge R/ ∼ ¨ der Aquivalenzklassen zu einem Ring machen. Man setzt einfach [x] + [y] = ¨ [x + y] und [x] · [y] = [xy], wo wieder [u] die Aquivalenzklasse bezeichnet, in der u liegt. R/ ∼, versehen mit diesen Verkn¨ upfungen bildet den Faktorring zu ∼. ¨ Sei R kommutativ und ∼ eine Aquivalenzrelation. Genau dann ist ∼ eine ¨ Kongruenzrelation, wenn die Aquivalenzklasse [0] ein Ideal J ist. Dann sind ¨ die Aquivalenzklassen [x] = {x + y : y ∈ J} =: x + J. Deshalb schreibt man f¨ ur den Faktorring auch R/J statt R/ ∼. Aufgabe 4.33 (Fortsetzung der vorigen Aufgabe) Sei K = R.
a) Sei p1 = a0 + a1 x , p2 = b0 + b1 x und r(p1 , p2 ) = p1 p2 − a1 b1 x2 = a0 b0 + (a0 b1 + a1 b0 )x. Dann ist p1 p2 + J = r(p1 , p2 ) + J. b) Sei K[x]/J der Faktorring (s. [WHK, Theorem 4.45]). Die Addition ist also gegeben durch (p1 + J) + (p2 + J) := (p1 + p2 ) + J, die Multiplikation durch (p1 + J)(p2 + J) := p1 p2 + J. Sei L = pL + J und ϕ(L) = pL . Zeigen Sie bitte: ϕ bildet K[x]/J bijektiv auf {p ∈ K[x] : grad(p) ≤ 1} =: K1 [x] ab. Tipp: Das ist der Inhalt der vorigen Aufgabe c). c) Auf K1 [x] definieren wir p1 ⊕p2 = p1 +p2 und p1 p2 = r(p1 , p2 ) (siehe Teil a). Zeigen Sie bitte, dass ϕ(p1 +J)+(p2 +J) = p1 ⊕p2 und ϕ((p1 +J)(p2 +J)) = p1 p2 ist. Tipp: F¨ ur die Addition benutzt man die Definition von (p1 + J) + (p2 +
4.33
100
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
J) f¨ ur benutzt man Teil a) dieser Aufgabe. Damit ist (K1 [x], ⊕, ) ein kommutativer, zu K[x]/J isomorpher Ring. d) Sei p(x) = x, also p ∈ R1 [x]. Dann ist p p = 0. L¨ osung: a) Es ist p1 p2 = a0 b0 + (a0 b1 + a1 b0 )x + a1 b1 x2 . Damit ist p1 p2 div x2 = a1 b1 , p1 p2 mod x2 = a0 b0 + (a0 b1 + a1 b0 )x = r(p1 , p2 ). ¨ in der p1 p2 liegt. Wegen p1 p2 − p1 p2 p1 p2 + J ist die Aquivalenzklasse 2 2 mod x = a1 b1 x ∈ J ist p1 p2 ∼ p1 p2 mod x2 , also ist p1 p2 + J = (p1 p2 mod x2 ) + J. b) Nach dem Teil c) der vorigen Aufgabe ist ϕ injektiv. Sei q ein Polynom mit grad(q) ≤ 1. Dann ist q + J =: L die Klasse der zu q ¨aquivalenten Polynome, also ist q = pL und ϕ damit auch surjektiv. c) (i) Behauptung ϕ((p1 + J) + (p2 + J)) = p1 ⊕ p2 . Beweis Es ist (p1 + J) + (p2 + J) = (p1 + p2 ) + J, also ϕ((p1 + J) + (p2 + J)) = ϕ((p1 + p2 ) + J) = p1 + p2 = p1 ⊕ p2 nach Definition von ⊕. (ii) Behauptung ϕ((p1 + J)(p2 + J)) = p1 p2 . Beweis: Es ist (p1 +J)(p2 +J) = p1 p2 +J. Nach Teil a) dieser Aufgabe ist dies gerade gleich (p1 p2 mod x2 ) + J und grad(p1 p2 mod x2 ) ≤ 1, also ist p1 p2 mod x2 ∈ K1 [x]. Damit ist ϕ((p1 + J)(p2 + J)) = p1 p2 mod x2 = p1 p2 nach Definition von . d) Es ist p p = p · p mod x2 = x2 mod x2 = 0. Die allgemeine Multiplikationsformel in K1 [x] ist (a0 + a1 x) (b0 + b1 x) = a0 b0 + (a0 b1 + a1 b0 )x. Denn es ist (a0 + a1 x) 4.34
(b0 + b1 x) = (a0 b0 + (a0 b1 + a1 b0 )x + a1 b1 x2 )
mod x2 .
Aufgabe 4.34 Pr¨ ufen Sie bitte nach, dass das obige Ergebnis u ¨ber (R1 [x], ⊕,
)
f¨ ur einen beliebigen K¨ orper K an Stelle von R gilt. Tipp: Sie m¨ ussen bei Ihrer L¨osung der vorigen beiden Aufgaben nachweisen, dass sie f¨ ur jeden K¨ orper gilt, dass Sie also spezielle Eigenschaften reeller Zahlen (wie etwa die Ordnung ≤) nicht benutzt haben.
L¨ osung: Das Ergebnis gilt f¨ ur jeden K¨ orper, denn wir haben nur die Polynomdivision mit Rest benutzt, und die gilt in K[x], wo K ein beliebiger K¨ orper ist. 4.35
Aufgabe 4.35 Sei K ein beliebiger K¨ orper (stellen Sie sich K = R oder K =
{0, 1} vor) und f = 1 + x2 ferner J = {(1 + x2 )q : q ∈ K[x]}. Zeigen Sie bitte: a) J ist ein Ideal.
4.3
Teilbarkeitslehre in Polynomringen
101
b) Ein Repr¨ asentantensystem f¨ ur K[x]/J ist wieder K1 [x] := {p ∈ K[x] : grad(p) ≤ 1}. Sei p1 (x) = a0 + a1 x , p2 (x) = b0 + b1 x. Es ist p1 (x)p2 (x) = a0 b0 + (a0 b1 + a1 b0 )x + a1 b1 (x2 + 1) − a1 b1 , also p1 p2 + J = r˜(p1 , p2 ) + J mit r˜(p1 , p2 ) = (a0 b0 − a1 b1 ) + (a0 b1 + a1 b0 )x = p1 p2 mod (x2 + 1). c) Sei p1 ⊕ p2 = p1 + p2 und p1 p2 = r˜(p1 , p2 ). Dann ist (K1 [x], ⊕, ) isomorph zu K[x]/J. Tipp: Gehen Sie wie in der vorigen Aufgabe vor. L¨ osung: Bemerkung: J ist die Menge aller Polynome p, aus denen man (x2 + 1) ausklammern kann. (a) (I) Behauptung: J ist bez¨ uglich der Addition eine Untergruppe von K[x]. Beweis: (i) Seien p1 , p2 ∈ J. Dann gibt es Polynome q1 , q2 mit pj = (x2 +1)qj . Damit ist p1 + p2 = (x2 + 1)q1 + (x2 + 1)q2 = (x2 + 1)(q1 + q2 ) also ist p1 + p2 ∈ J. (ii) Auch das additive Inverse −p liegt in J, wenn p ∈ J. Denn ist p = (x2 + 1)q, so ist −p = (x2 + 1)(−q). Aus (i) und (ii) folgt die Behauptung. (II) Behauptung. J ist ein Ideal, d.h. zus¨ atzlich zu (I) gilt: Ist p1 ∈ J und p2 ∈ K[x], so ist p1 p2 ∈ J. ur ein Polynom q. Damit ist Beweis: Ist p1 aus J, so ist p1 = (x2 + 1)q f¨ 2 p1 p2 = (x + 1)(qp2 ), also aus J. b) Behauptung: p1 p2 + J = p1 p2 mod (x2 + 1) + J. Beweis: Wegen p1 p2 −(p1 p2 mod (x2 +1)) = a1 b1 (x2 +1) ∈ J ist p1 p2 ∼ p1 p2 ¨ mod (x2 + 1). Daraus folgt, dass beide Aquivalenzklassen p1 p2 + J und p1 p2 2 mod (x + 1) + J gleich sind. c) Sei ϕ : K[x]/J → K1 [x] gegeben durch ϕ(p + J) = p mod (x2 + 1). (I) Behauptung: ϕ ist injektiv. Beweis: Sei p1 := p mod (x2 + 1) = q mod (x2 + 1) = q1 . Dann ist p + J = p1 + J = q1 + J = q + J. (II) Behauptung: ϕ ist surjektiv. Beweis: Sei p ∈ K1 [x] beliebig. Wegen grad(p) ≤ 1 ist p = p mod (x2 + 1) und damit ϕ(p + J) = p. (III) Im Folgenden w¨ ahlen wir immer Repr¨ asentanten aus K1 [x], d.h. wenn ¨ wir eine Aquivalenzklasse als p + J schreiben, so setzen wir p = p mod (x2 + 1), also grad(p) ≤ 1 voraus. Dann ist (vergl. die vorige Aufgabe) ϕ((p + J) + (q + J)) = ϕ((p + q) + J) = p + q = p ⊕ q und ϕ((p + J)(q + J)) = ϕ(pq + J) = ϕ(pq mod (x2 + 1)) + J) = pq mod (x2 + 1) = p
q.
102
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
Damit ist gezeigt, dass ϕ ein Homomorphismus ist. Da ϕ bijektiv ist, ist ϕ ein Isomorphismus. 4.36
Aufgabe 4.36 (Fortsetzung der vorigen Aufgabe) Zeigen Sie bitte:
a) Ist K = R, so gilt f¨ ur das Polynom p(x) = x in (K1 , ⊕, ) der vorigen Aufgabe p p = −1, oder salopp x2 = −1. b) Sei K = K2 und p(x) = 1 + x. Dann gilt p p = 0, also ist (K2 , ⊕, ) kein K¨ orper. L¨ osung: a) Es ist x x = x2 mod (x2 + 1). Es ist x2 = (x2 + 1) − 1, also ist x2 mod (x2 + 1) = −1. b) Es ist (1 + x) (1 + x) = (1 + x)2 mod (1 + x2 ). Nun ist (1 + x)2 = 1 + x + x + x2 = 1 + x2 wegen x + x = x · (1 + 1) = 0 in K2 . Also ist (1 + x)2 mod (1 + x2 ) = 0 und damit (1 + x) (1 + x) = 0. ¨ ber Bemerkung: Der Grund f¨ ur Teil b) liegt darin, dass das Polynom 1 + x2 u K2 nicht prim ist, vergl. [WHK, Satz 4.75]. Ein Polynom P heißt prim, wenn aus P = QR folgt, dass Q oder R den ¨ Grad 0 haben. Aquivalent dazu ist, dass das von P erzeugte Ideal maximal ist. Wir diskutieren kurz den Nachweis, wann Polynome vom Grad 2 und 3 prim sind: Ist P ein Polynom vom Grad 2, so ist P genau dann kein Primelement, wenn es ein Polynom vom Grad 1 gibt, das P teilt. Denn f¨ ur einen echten Teiler Q gilt 1 ≤ grad(Q) < grad(P ), also grad(Q) = 1. Ein solches Polynom teilt P aber nach [WHK, Korollar 4.70] genau dann, wenn P eine Nullstelle in K hat. Ein Polynom P vom Grad 3 ist genau dann kein Primelement, wenn es einen Teiler Q besitzt. Dann gilt 1 ≤ grad(Q) ≤ 2. Ist grad(Q) = 1, so besitzt P eine Nullstelle. Ist grad(Q) = 2, so ist P = QR, wo grad(R) = 1 ist. P ist also auch jetzt genau dann kein Primelement, wenn P eine Nullstelle in K besitzt. 4.37
Aufgabe 4.37 Untersuchen Sie die folgenden Polynome daraufhin, ob sie prim
sind. a) P (x) b) P (x) c) P (x) d) P (x)
= = = =
¨ ber R (also P ∈ R [x] ). x2 + 1 u ¨ ber K2 (also P ∈ K2 [x] ). x2 + 1 u ¨ ber R. x2 + x + 1 u 3 ¨ ber K2 . x +x+1 u
4.4
Erste Anwendungen
103
¨ L¨ osung: Mit der der Aufgabe vorangehenden Uberlegung l¨ asst sich die Aufgabe leicht l¨osen. abe es eine reelle Zahl a mit a) x2 + 1 hat in R keine Nullstelle, denn sonst g¨ 2 oßer oder gleich 0, ein Widerspruch, weil a = −1. Aber alle Quadrate sind gr¨ −1 < 0. Also ist x2 + 1 ein Primelement in R[x]. b) In K2 gilt 1 + 1 = 0, also hat x2 + 1 die Nullstelle 1, x2 + 1 ist also kein Primelement. c) Es ist x2 +x+1 = (x+1)2 −x. Wir zeigen, dass es keine Nullstelle in R gibt. are a ≥ 0. Damit W¨ are a eine Nullstelle, so w¨are (a + 1)2 = a, insbesondere w¨ ist aber a+1 > a und (a+1) > 1, also (a+1)2 = (a+1)·(a+1) > a(a+1) > a, ein Widerspruch. Da x2 + x + 1 keine Nullstelle in R besitzt, ist es ein Primelement in R[x]. d) x3 + x + 1 hat keine Nullstelle in K2 , denn 0 + 0 + 1 = 1 = 0 und 1 + 1 +1 = 1 = 0. Also ist x3 + x + 1 ein Primelement in K2 [x]. =0
Aufgabe 4.38 Berechnen Sie alle Teiler von x4 − 1 in K2 [x].
4.38
L¨ osung: In K2 ist −1 = 1 (wegen 1 + 1 = 0). Also ist (x4 − 1) = (x2 + 1)(x2 − 1) = (x2 − 1)2 = (x + 1)2 (x − 1)2 = (x + 1)4 . Also erh¨ alt man als Teiler: (x + 1), (x + 1)2 , (x + 1)3 .
4.4
4.4 Erste Anwendungen Codierung mit Polynomen
Sei R = Kn2 . Ein (bin¨ arer) Code C ist einfach eine Teilmenge von R. C heißt linear, wenn C eine Untergruppe in R (bez¨ uglich der Addition) ist. Auf R f¨ uhren wir den Shift S ein: S ist die durch S(x0 , x1 , . . . , xn−1 ) = arte Abbildung. Ein Code C heißt zyklisch, wenn er (x1 , . . . , xn−1 , x0 ) erkl¨ linear ist und S(C) = C gilt. Aufgabe 4.39 Welcher der folgenden Codes C ist linear, welcher zyklisch?
a) C = {(0, 0, 0, 0), (1, 1, 1, 1)} ⊂ b)
K42 .
C={(0, 0, 0, 0), (0, 1, 0, 0, 1), (0, 0, 1, 0, 1), (1, 0, 0, 1, 1), (0, 1, 1, 0, 0), (1, 1, 0, 1, 0), (1, 0, 1, 1, 0), (1, 1, 1, 1, 1)}
4.39
104
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
in K52 . c) C = {(1, 0, 1), (1, 1, 0), (0, 1, 1)} ⊂ K32 . L¨ osung: a) C ist zyklisch: Wegen (1, 1, 1, 1) + (1, 1, 1, 1) = (0, 0, 0, 0) sieht man schnell, dass {x + y : x, y ∈ C} ⊆ C gilt, also ist C wegen x = −x eine age Untergruppe von K42 ist. Damit ist C linear. Da in jedem x ∈ C alle Eintr¨ gleich sind, ist C sogar zyklisch. b) Um herauszubekommen, ob C zyklisch ist, m¨ ussen wir zun¨achst zeigen, ussen wir 82 = 16 dass C eine Untergruppe von K52 ist. Da |C| = 8 ist, m¨ uhren dies nur beispielAdditionen nachpr¨ ufen, da K52 kommutativ ist. Wir f¨ haft aus: (0, 1, 0, 01) + (0, 0, 1, 01) = (0, 1, 1, 0, 0) ∈ C usw.. Wir pr¨ ufen nun nach, ob C zyklisch ist. Dazu m¨ ussen wir nachweisen, dass f¨ ur jedes Wort c = (c0 , · · · , cn−1 ) auch c := (cn−1 , c0 , c1 , · · · , cn−2 ) in C liegt. Das sind maximal 8 Tests. 0 = 0 ; (0, 1, 0, 0, 1) = (1, 0, 1, 0, 0). Die beiden einzigen Worte in c mit genau zwei Einsen sind (0, 1, 0, 0, 1) und (0, 1, 1, 0, 0), also ist (0, 1, 0, 0, 1) ∈ C. C ist damit nicht zyklisch. c) Da (0, 0, 0) ∈ C, ist C keine Untergruppe von K32 , also nicht linear und damit (nach Definition zyklischer Codes) erst recht nicht zyklisch. 4.40
Aufgabe 4.40 (siehe [WHK, Abschnitt 4.4.2])
Sei k = 5 n = 8 und g(x) = 1 + x3 . Wir wollen das Wort (1, 1, 0, 1, 1) senden und identifizieren es mit 1 + x + x3 + x4 = m(x); wir multiplizieren es mit x3 und erhalten x3 + x4 + x6 + x7 =: p(x) = m(x)x3 . Das entspricht dem String (0, 0, 0, 1, 1, 01, 1). Wir bilden c(x) = p(x) − (p(x) mod g(x)) = g(x) · (p(x) div g(x)). a) Berechnen Sie c(x) und geben den zugeh¨ origen String an, der gesendet wird b) Es wurde der String (0, 0, 0, 1, 1, 1, 1, 1) empfangen. Ihm entspricht das Polynom d(x) = x3 + x4 + x5 + x6 + x7 . Was ist d(x) mod g(x)? Stellen Sie ¨ damit fest, ob ein Ubermittlungsfehler vorliegt. L¨ osung: a) Das Generatorpolynom ist g(x) = 1 + x3 ; um p(x) div g(x) zu finden, f¨ uhren wir die Division mit Rest durch (siehe Aufgabe 4.31, insbesondere den dortigen Algorithmus). S(x)=x7 + x6 + x4 + x3 , Q(x) = g(x) R(x)=x7 + x6 + x4 + x3 D(x)=0
4.4
Erste Anwendungen
105
1. B(x) = x7 : x3 = x4 D(x):=D(x) + B(x) = x4 E(x) = B(x)g(x) = x4 + x7 S(x):=S(x) − E(x) = x6 + x3 R(x) = x6 + x3 2. B(x)=x3 D(x)=x4 + x3 E(x)=x3 + x6 S(x)=S(x) − E(x) = 0 Das Verfahren bricht ab. Es ist x7 +x6 +x4 +x3 = (x3 +1)(x4 +x3 ), insbesondere ist p(x) mod g(x) = 0, also c(x) = p(x). Es wird also (0, 0, 0, 1, 1, 0, 1, 1) gesendet. b) Mit demselben Verfahren wie oben berechnen wir d(x) : g(x) S(x)=d(x) = x3 + x4 + x5 + x6 + x7 ; Q(x) = g(x) R(x)=S(x) D(x)=0 1. B(x) = x7 : x3 = x4 D(x) = x4 E(x) = x4 + x7 S(x):=S(x) − E(x) = x6 + x5 + x3 R(x):=S(x) = x6 + x5 + x3 2. B(x) = x6 : x3 = x3 D(x) = x4 + x3 E(x) = x3 + x6 S(x):=S(x) − E(x) = x5 R(x) = x5
106
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
3. B(x) = x5 : x3 = x2 D(x) = x4 + x3 + x2 E(x) = x2 + x5 S(x):=S(x) − E(x) = −x2 = x2
wir rechnen inK2 [x])
2
R(x) = x
Wegen grad(S) < grad(Q) bricht das Verfahren ab. Wir erhalten d(x)
mod g(x) = x2 = 0.
¨ Es liegt ein Ubermittlungsfehler vor. Ein o ¨ffentliches Verschl¨ usselungsverfahren 4.41
Aufgabe 4.41 RSA-Verschl¨ usselung, [WHK, S. 134ff]
Seien n1 = 187 , n2 = 493 , n3 = 1189. Drei Empf¨ anger mit den o¨ffentlichen Schl¨ usseln (nj , 3) erhalten die gleiche Nachricht m (eine Zahl) verschl¨ usselt als S1 = 168 , S2 = 236 , S3 = 709. Versuchen Sie ohne sture Primzahlzerlegung (d.h. ohne dass Sie die kleinen Zahlen nj von vornherein in Primzahlen zerlegen) herauszubekommen, was die Zahl m ist. L¨ osung: Wir gehen (trotz der kleinen Zahlen) wie auf [WHK, S. 138 Mitte] vor und pr¨ ufen zun¨ achst mit dem euklidischen Algorithmus (der einfache ist besonders schnell) ob ggT(ni , nj ) = 1. Berechnung von ggT(493, 187) mit dem Algorithmus auf [WHK, S. 79] oben. x = 493 , y = 187 x
mod y=119 = 0 ; also r = 119 ; x = 187 ; y = 119
x
mod y=68 = 0 , also r = 68 ; x = 119 ; y = 68
x
mod y=51 = 0 , also r = 51 ; x = 68 ; y = 51
x
mod y=17 = 0 , also r = 17 ; x = 51 ; y = 17
x
mod y=0.
Es folgt ggT (493, 187) = 17. Also ist n1 = 11 · 17 , n2 = 29 · 17; Es ist ϕ(n1 ) = 10 · 16 = 160. Wir suchen nun d mit 3d ≡ 1( mod 160); es ist 3 · 53 = 159 ≡ (−1) mod 160, also 3 · 107 = 321 ≡ 1 mod 160. Damit ist d = 107.
4.4
Erste Anwendungen
107
Wir m¨ ussen nun noch m = sd1 mod 187 berechnen. Dazu benutzen wir das schnelle Potenzieren [WHK, S. 76]. Hierf¨ ur m¨ ussen wir 107 im Dualsystem darstellen. Das geschieht auf folgende Weise: 107=2 · 53 + 1 53=2 · 26 + 1 26=2 · 13 13=2 · 6 + 1 6=2 · 3 3=2 · 1 + 1 1 Das ergibt zur¨ uckgerechnet 107 = 1 + 2 + 8 + 32 + 64. Die Darstellung im Dualsystem ist als 1101011. Das schnelle Potenzieren l¨auft nun so: j
x
5 1 4 3 1 2 1 1 0 1
b b := 168 b = 1682 mod 187 = 174 b = 174 · 168 mod 187 = 60 b = 602 mod 187 = 47 b = 472 mod 1870152 b = 152 · 168 mod 187 = 104 b = 1042 mod 187 = 157 b = 1572 mod 187 = 152 b = 152 · 168 mod 187 = 104 b = 1042 mod 187 = 157 b = 157 · 168 mod 187 = 9.
Damit haben wir das gesendete Wort als m = 9 erhalten. In der Tat ist 93 mod 187 = 729 mod 187 = 168. Aufgabe 4.42 Sei jetzt n1 = 1189, n2 = 901, n3 = 1357, e = 3 und S1 =
529, S2 = 492, S3 = 25. Versuchen Sie jetzt (wieder ohne direkte Primzahlzerlegung) herauszubekommen, was die Zahl m ist. Tipp: Chinesischer Restsatz ([WHK, Korollar 4.60]). L¨ osung: Es l¨ asst sich leicht nachpr¨ ufen und wird auch durch den Tipp angedeutet, dass n1 , n2 und n3 paarweise teilerfremd sind. Wir l¨osen also
4.42
108
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
das Gleichungssystem a≡529
mod 1189
a≡492
mod 901
a≡25
mod 1357
mit dem konstruktiven L¨ osungsverfahren [WHK, S. 121]. Es ist n1 = 1189 N1 = 901 · 1357 = 1222657. Es ist nach Konstruktion ggT(N1 , n1 ) = 1. Nach langwierigen Rechnungen erh¨alt man a = 4096, also m = 16.
4.5
4.5 Boolesche Algebren Eine Boolesche Algebra ist eine Menge B, auf der zwei Verkn¨ upfungen ∨ und ∧ erkl¨ art sind, die ferner zwei verschiedene Elemente 0 und 1 enth¨ alt, so dass folgende Axiome gelten: 1. ∨ und ∧ sind assoziativ und kommutativ. 2: Es gelten die Distributivgesetze x∨(y ∧z) = (x∧y)∨(x∧z) und x∧(y ∨z) = (x ∨ y) ∧ (x ∨ z). 3. x ∧ 0 = 0 und x ∧ 1 = x f¨ ur alle x. 4. x ∨ 0 = x und x ∨ 1 = 1 f¨ ur alle x. 5. Zu jedem x gibt es genau ein x , Komplement zu x genannt, mit x ∧ x = 0 und x ∨ x = 1. Der Zusammenhang mit der Ringtheorie ist durch folgende Konstruktion gegeben: man setzt x + y = (x ∨ y) ∧ (x ∧ y) und xy = x ∧ y. Dann ist (B, +·) ein kommutativer Ring mit 0 als additivem neutralen Element und 1 ur jedes x. als Einselement. In ihm ist x2 = x f¨ In den folgenden Aufgaben finden Sie wichtige Beispiele.
4.43
Aufgabe 4.43 Zeigen Sie bitte, dass die folgenden Mengen mit den angegebe-
nen Verkn¨ upfungen Boolesche Algebren sind: a) Sei M eine beliebige Menge. F¨ ur A ⊆ M sei Ac = M \ A. Dann ist die Potenzmenge P(M ), versehen mit den Verkn¨ upfungen ∪, ∩, der KomplementBildung A → Ac und mit ∅ als Null bzw M als 1 eine Boolesche Algebra. b) K2 mit x ∨ y = max(x, y) , x ∧ y = min(x, y), und x = (1 + x) mod 2, sowie 0 und 1. upfungen koordinatenweise (x∨y = (x1 ∨y1 , . . . , xn ∨yn ) c) Kn2 mit den Verkn¨ usw.), sowie 0 = (0, . . . 0) und 1 = (1, . . . 1) als Null- bzw. Einselement.
4.5
Boolesche Algebren
109
L¨ osung: Wir weisen in allen F¨ allen die Eigenschaften 1. bis 5. oben nach: a) 1. Es ist A ∪ B = B ∪ A und A ∪ (B ∪ C) = (A ∪ B) ∪ C, ebenso A ∩ B = B ∩ A und A ∩ (B ∩ C) = (A ∩ B) ∩ C. Diese Dinge sind klar. 2. Behauptung: A ∪ (B ∩ C) = (A ∪ B) ∩ (A ∪ C). Beweis: (I) Sei x ∈ A ∪ (B ∩ C) beliebig. Dann ist x ∈ A oder (x ∈ B und x ∈ C). (i) Sei x ∈ A. Dann ist x ∈ (A ∪ B) und x ∈ A ∪ C, also x ∈ (A ∪ B) ∩ (A ∪ C). (ii) Sei x ∈ A. Dann muss (x ∈ B und x ∈ C) gelten; also haben wir x ∈ (A ∪ B) und x ∈ A ∪ C, und damit x ∈ (A ∪ B) ∩ (A ∪ C). (i) und (ii) sch¨ opfen alle M¨ oglichkeiten f¨ ur x ∈ A ∪ (B ∩ C) aus. Da x beliebig war folgt A ∪ (B ∩ C) ⊆ (A ∪ B) ∩ (A ∪ C). (II) Sei nun x ∈ (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) beliebig. (i) Ist x ∈ A, so ist x ∈ A ∪ (B ∩ C). (ii) Sei x ∈ A. Dann muss x in B und in C liegen, also x ∈ B∩C ⊆ A∪(B∩C). Da (i) und (ii) alle M¨ oglichkeiten f¨ ur x ∈ (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) aussch¨opfen und x ∈ (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) beliebig war, folgt (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) ⊆ A ∪ (B ∩ C). Aus (I) und (II) folgt die Gleichheit. Das andere Distributivgesetz A ∩ (B ∪ C) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ C) wird ganz entsprechend bewiesen. 3. Offensichtlich ist A ∩ ∅ = ∅ und A ∩ M = A, ferner 4. A ∪ ∅ = A und A ∪ M = M . 5. Es gilt A ∩ (M \ A) = ∅ , A ∪ (M \ A) = M , da M \ A = {x ∈ M : x ∈ A} ist. Wir m¨ ussen nun zeigen, dass bei gegebenem A keine andere Menge A mit diesen beiden Eigenschaften existiert. Anders ausgedr¨ uckt: Ist A ⊆ M mit A ∩ A = ∅ und A ∪ A = M , so ist A = X \ M . Beweis: Aus A ∩ A = ∅ folgt A ⊆ M \ A, und aus A ∪ A = M folgt M \ A ⊆ A , aus beiden zusammen also die Behauptung. b) Wir stellen einfach die Verkn¨ upfungstafel auf. Es bleibt f¨ ur die Eigenschaft 1. also zu zeigen: max(max(x, y), z) = max(x, max(y, z)). Analog muss man dies f¨ ur min zeigen.
110
x 1 1 1 1 0 0 0 0
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
y 1 1 0 0 1 1 0 0
z 1 0 1 0 1 0 1 0
max(x, y) 1 1 1 1 1 1 0 0
max(max(x, y), z) 1 1 1 1 1 1 1 0
max(y, z) 1 1 1 0 1 1 1 0
max(x, max(y, z)) 1 1 1 1 1 1 1 0
Die beiden Spalten max(max(x, y), z) und max(x, max(y, z)) sind gleich, woraus die Eigenschaft 1 folgt. F¨ ur min geht man analog vor. 2. Auch die Distributivit¨ at zeigt man einfach mit Tabellen. 3. und 4. sind klar. 5. x ∧ (1 − x) = 0. Denn ist x = 1, so ist 1 − x = 0, ist x = 0, so ist x ∧ (1 − x) = min(x, 1 − x) = 0. x ∨ (1 − x) = max(x, 1 − x) = 1 ist ebenso einfach. Es bleibt zu zeigen, dass 1 − x das einzige Element ist mit diesen beiden Eigenschaften. Sei also x ∈ {0, 1} beliebig und y ∈ {0, 1} erf¨ ullt x ∧ y = 0 , x ∨ y = 1. Behauptung: y = 1 − x. Beweis: Ist x = 0, so ist 1 = x ∨ y = max(0, y), also y = 1 = 1 − x. Ist x = 1, so ist 0 = x ∧ y = min(x, y), also y = 0 = 1 − x. c) 1. x ∨ (y ∨ z)=(x1 ∨ (y1 ∨ z1 ), . . . , xn ∨ (yn ∨ zn )) =((x1 ∨ y1 ) ∨ z1 , . . . , (xn ∨ yn ) ∨ zn ) = (x ∨ y) ∨ z. Nach diesem Muster beweist man auch x ∧ (y ∧ z) = (x ∧ y) ∧ z und die Eigenschaft 2 bis 5. 4.44
Aufgabe 4.44 Sei (B, ∨, ∧,c , 0, 1) eine Boolesche Algebra. Wir definieren a ≤ b
falls a ∧ b = a. Zeigen Sie bitte: a) Im Fall B = P(M ) (s.o.) ist A ≤ B genau dann, wenn A ⊆ B b) Im Fall B = Kn2 ist (a1 , . . . , an ) ≤ (b1 , . . . , bn ) genau dann wenn aj ≤ bj f¨ ur j = 1, . . . , n ist. c) In den F¨allen a) und b) ist ≤ eine Ordnungsrelation, wie schon das Symbol andeutet. Zeigen Sie bitte: auch im Fall, dass B beliebig ist, ist ≤ eine Ordnungsrelation.
4.5
Boolesche Algebren
111
L¨ osung: a) Sei B = P(M ) und A ≤ B sei definiert durch A ∩ B = A. Behauptung: A ≤ B gilt genau dann, wenn A ⊆ B gilt. Beweis: (I) Es gelte A ≤ B, also A ∩ B = A. Sei x ∈ A beliebig. Dann ist x ∈ A ∩ B, also x ∈ B. Da x beliebig gew¨ahlt war ist A ⊆ B. (II) Ist A ⊆ B, so ist offensichtlich A ∩ B = A. b) In K2 haben wir die klassische Ordnungsrelation 0 ≤ 0, 0 ≤ 1, 1 ≤ 1. Die durch “a ≤ b genau dann, wenn a ∧ b = a gegebene Ordnung” stimmt mit der klassischen wegen a ∧ b = min(a, b) u ¨ berein. Im Fall B = Kn2 folgt nun die Behauptung, weil a ∧ b koordinatenweise berechnet wird. c) Sei B eine Boolesche Algebra. Wir definieren a ≤ b wenn a ∧ b = a und m¨ ussen die Reflexivit¨at, Antisymmetrie und Transitivit¨ at nachweisen. Reflexivit¨ at: Behauptung: es gilt stets a ≤ a. Beweis: Es ist a = a ∧ 1 = a ∧ (a ∨ a ) = (a ∧ a) ∨ (a ∧ a ) = (a ∧ a) ∨ 0 = a ∧ a; wobei wir wesentlich vom Distributivgesetz (Regel 2) und von den Eigenschaften des Komplements Gebrauch gemacht haben. Antisymmetrie: Behauptung: a ≤ b und b ≤ a hat a = b zur Folge. Beweis: Wir benutzen die Kommutativit¨ at: wegen a ≤ b ist a ∧ b = a. Wegen b ≤ a ist b ∧ a = b. Wegen a ∧ b = b ∧ a ist a = b. Transivit¨ at: Behauptung: Ist a ≤ b und b ≤ c, so ist a ≤ c. Beweis: Hier benutzen wir die Assoziativit¨ at von ∧. Sei a ≤ b, also a ∧ b = a und b ≤ c, also b ∧ c = b. Dann ist a ∧ c = (a ∧ b) ∧c = a ∧ (b ∧ c) = a ∧ b = a, =a
=b
also a ≤ c. Bemerkung: Wir haben nur die Verkn¨ upfung ∧ benutzt. Die Ordnung in einer Booleschen Algebra hat viele weitere wichtige Eigenschaften, die man dann mit Hilfe von ∨ und der Komplementbildung erh¨ alt. Aufgabe 4.45 Sei B eine Boolesche Algebra und J ein echtes Ideal in dem
Ring (B, +, ·). Zeigen Sie bitte: B/J ist ein Ring mit den Eigenschaften aus [WHK, Satz 4.81], also eine Boolesche Algebra f¨ ur die entsprechenden Verkn¨ upfungen. L¨ osung: B/J ist der Ring der Nebenklassen ([WHK, Theorem 4.45]) Mit B ist auch B/J kommutativ. Da J = B ist, ist die Nebenklasse 1 + J ungleich J, also das Einselement (siehe das zitierte Theorem). Nat¨ urlich gilt f¨ ur eine beliebige Nebenklasse (x + J)(x + J) = x2 + J = x + J wegen x2 = x. Das upfungen heißt (x + J)2 = (x + J). Damit ist B/J mit den Verkn¨
4.45
112
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
(x + J) ∨ (y + J) = (x ∨ y) + J und (x + J) ∧ (y + J) = x ∧ y + J, sowie (x + J) = (1 + J) + (x + J) = (1 + x) + J nach [WHK, Satz 4.81] eine Boolesche Algebra. 4.46
Aufgabe 4.46 Sei V = {x, y} und A = A(V ) die Menge der Ausdr¨ ucke der ¨ Aussagenlogik u ¨ber V mit der Aquivalenz A ≡ B, falls f¨ ur alle Belegungen I : V → {0, 1} stets I ∗ (A) = I ∗ (B) gilt. Wie sieht die Boolesche Algebra Aˆ aus (s. [WHK, Theorem 4.86])?
L¨ osung: Nach [WHK, Theorem 4.97] ist Aˆ2 isomorph zu F2 (K2 ) = {f : f ist Abbildung von K22 in K2 }. Es ist (K2 ) |Aˆ2 | = |F2 (K2 )| = |K2 2 | = 24 = 16. ¨ Es gibt also 16 verschiedene Aquivalenzklassen. Wir wollen die Atome von ˆ A2 explizit bestimmen. Dabei ist a ein Atom der Booleschen Algebra B, wenn aus a ∧ b = 0 stets a ∧ b = a folgt. Um die Atome in unserem Fall zu bestimmen, betrachten wir die vier verschiedenen Elemente a = (0, 0), b = (0, 1), c = (1, 0), d = (1, 1) in K22 . Sie stellen die vier m¨oglichen Belegungen Iu : V → K2 dar mit Iu (x) = u1 , Iu (y) = u2 , (u1 , u2 ) = u = a, b, c, d. Wir erhalten nach dem letzten Absatz auf [WHK, S. 147] (der bis S. 148 geht) die folgenden Aussagen: Aa = (¬x) ∧ (¬y), Ab = (¬x) ∧ y, Ac = (x ∧ ¬y), Ad = x ∧ y. ¨ Die zugeh¨origen Aquivalenzklassen [Aa ], . . . , [Ad ] bilden die Atome in Aˆ2 . ¨ Dass jeder Ausdruck in einer Aquivalenzklasse der Form [Aa ]∨[Ab ] usw. liegt, beruht auf [WHK, Korollar 4.96]. Wendet man dies Korollar auf die zu Aˆ2 isomorphe Boolesche Algebra F2 (K2 ) an, so erh¨ alt man eine Pr¨ azisierung des [WHK, Theorem 2.53], n¨amlich die genaue Beschreibung der untereinander in¨ aquivalenten disjunktiven Normalformen. 4.47
Aufgabe 4.47 Zeigen Sie bitte: Kn 2 und P({1, . . . , n}) sind isomorphe Boo-
lesche Algebren. Tipp: Setze ϕ(A) = (1A (1), . . . , 1A (n)), wo 1A (x) =
1 x∈A . 0 sonst
ϕ ist der gew¨ unschte Isomorphismus. L¨ osung: Sei B = P({1, . . . , n}) und ϕ : B → Kn2 , gegeben durch ϕ(A) = (1A (1), . . . , 1A (n)), wo 1A die Indikatorfunktion von A ist. Wir setzen M = {1, . . . , n}.
4.5
Boolesche Algebren
113
Behauptung: ϕ ist ein Boolescher Isomorphismus. Beweis: Wir m¨ ussen zeigen, das ϕ bijektiv und wirklich ein Homomorphismus ist. (i) ϕ ist injektiv: Denn ist A = B so ist 1A = 1B und damit ϕ(A) = ϕ(B). ϕ ist surjektiv, da ϕ injektiv und |P(M )| = 2n = |Kn2 | ist. (ii) ϕ(M \ A) = 1 − ϕ(A) = (1 − 1A (1), . . . , 1 − 1A (n)). Denn x ∈ M \ A gilt genau dann, wenn x ∈ A also genau dann wenn 1A (x) = 0, das heißt aber 1 − 1A (x) = 1 ist. (iii) ϕ(A ∩ B) = ϕ(A) ∧ ϕ(B). Denn x ist genau dann aus A∩B, wenn sowohl 1A (x) = 1, als auch 1B (x) = 1 ist; damit gilt x ∈ A ∩ B genau dann, wenn min(1A (x), 1B (x) = 1. Nun ist a ∧ b = (min(a1 , b1 ), . . . , min(an , bn )). Also folgt die Behauptung. (iv) ϕ(A ∪ B) = ϕ(A) ∨ ϕ(B). Denn sei x ∈ A ∪ B. Dann ist x ∈ A oder x ∈ B, also 1A (x) = 1 oder 1B (x) = 1, das heißt max(1A (x) , 1B (x) = 1. Ist x aber kein Element aus A ∪ B, so ist 1A (x) = 1B (x) = 0, also max(1A (x) , 1B (x) = 0. Damit ist ϕ(A ∪ B)=(1A∪B (1), . . . , 1A∪B (n)) =(max(1A (1) , 1B (1)), . . . , max(1A (n) , 1B (n))) =ϕ(A) ∨ ϕ(B). Damit ist alles bewiesen. Sei B = Kn2 . Mit xj bezeichnen wir nicht nur die j. Koordinate eines Elements x in B, sondern auch die Koordinatenfunktion xj : (x1 , . . . , xn ) → xj . Ein Boolesches Monom ist ein Produkt von Koordinatenfunktionen, also etwa x1 x2 x5 . Eine Boolesche Polynomfunktion ist eine Summe von Booleschen Monomen. Aufgabe 4.48 Sei F : K42 → K2 gegeben durch F (x1 , . . . , x4 ) = (x1 + . . .+ x4 )
mod 2. Zeigen Sie bitte, dass F eine Boolesche Polynomfunktion ist. L¨ osung: Nach [WHK, Korollar 4.96] m¨ ussen wir alle a ∈ K42 mit F (a) = 1 bestimmen. Wegen [WHK, Korollar 3.7] ist F (x1 , . . . , x4 ) = (x1 mod 2 + · · · + x4 mod 2) mod 2, also ist F (a) = 1 genau dann, wenn a eine ungerade Zahl von Einsen als Koordinaten hat. Das ist f¨ ur (1, 0, 0, 0), (0, 1, 0, 0), (0, 0, 1, 0), (0, 0, 0, 1) sowie f¨ ur (1, 1, 1, 0), (1, 1, 0, 1), (1, 0, 1, 1), (0, 1, 1, 1) der
4.48
114
4. Einf¨ uhrung in die Algebra
Fall. Gem¨aß dem zitierten Korollar 4.96 erh¨ alt man F (x1 , . . . , x4 )=(x1 ∧ x2 ∧ x3 ∧ x4 ) ∨ (x1 ∧ x2 ∧ x3 ∧ x4 ) ∨(x1 ∧ x2 ∧ x3 ∧ x4 ) ∨ (x1 ∧ x2 ∧ x3 ∧ x4 ) ∨(x1 ∧ x2 ∧ x3 ∧ x4 ) ∨ (x1 ∧ x2 ∧ x3 ∧ x4 ) ∨(x1 ∧ x2 ∧ x3 ∧ x4 ) ∨ (x1 ∧ x2 ∧ x3 ∧ x4 ).
Kapitel 5 Elementare Grundlagen der Analysis
5
5
5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5
Elementare Grundlagen der Analysis Der K¨orper der reellen Zahlen ................................. Der K¨orper der komplexen Zahlen............................ Folgen und Konvergenz......................................... Unendliche Reihen ............................................... Komplexe Zahlenfolgen und Reihen ..........................
117 119 122 130 135
5 Elementare Grundlagen der Analysis 5.1 Der K¨ orper der reellen Zahlen
5.1
Aufgabe 5.1 Beweisen Sie bitte die folgenden Formeln: a) 12 (a + b + |a − b|) = max(a, b) = − min(−a, −b). b) 12 (a + b − |a − b|) = min(a, b) = − max(−a, −b). c) −|a| ≤ a ≤ |a|.
5.1
L¨ osung: a) Sei zun¨ achst a ≥ b. Dann ist a − b ≥ 0, also |a − b| = a − b. Setzt man dies in die linke Seite der Gleichung ein, so erh¨ alt man 12 (a+b+|a−b|) = 1 2 (a + b + a − b) = a = max(a, b), denn es gilt ja a ≥ b. Ist nun aber a ≤ b, so ist a − b ≤ 0, also −(a − b) = b − a ≥ 0 und damit |a − b| = b − a. Setzt man dies wieder ein, so ist die linke Seite gleich b = max(a, b). Wir m¨ ussen noch die zweite Gleichheit beweisen. Sei wieder zun¨achst a ≥ b. Dann ist max(a, b) = a. Ferner ist −a ≤ −b, also ist min(−a, −b) = −a, woraus die zweite Gleichung in diesem Falle folgt. Ganz analog beweist man sie, wenn b ≥ a ist. b) Der Beweis l¨auft v¨ ollig analog. c) Sei zun¨ achst a ≥ 0. Dann ist a = |a| ≥ 0 und damit −|a| ≤ 0, also −|a| ≤ 0 ≤ a = |a|, die Ungleichung ist also bewiesen. Sei nun a < 0. Dann ist |a| = −a > 0 und −|a| = −(−a) = a. Also erh¨ alt man −|a| = a < 0 < |a|. Damit ist auch jetzt die Ungleichung gezeigt. Wir wiederholen den Begriff der oberen Grenze sup(M ) und der unteren Grenze inf(M ) einer Menge M ⊂ R: Es gebe u ¨berhaupt eine Zahl c mit x ≤ c f¨ ur alle x ∈ M . Ist das der Fall, so heißt M nach oben beschr¨ ankt und c heißt obere Schranke von M . b heißt obere Grenze sup(M ) von M , wenn b erstens eine obere Schranke von M ist und wenn zweitens b ≤ c f¨ ur jede ankt Menge andere obere Schranke c von M gilt. Dass eine nach oben beschr¨ stets eine obere Grenze besitzt, folgt aus dem Vollst¨ andigkeitsaxiom f¨ ur R, siehe [WHK, Abschnitt 5.1.4]. ur alle x ∈ M . Ist das der Fall, so heißt M Es gebe eine Zahl c mit x ≥ c f¨ nach unten beschr¨ ankt und c heißt untere Schranke von M . b heißt untere Grenze inf(M ) von M , wenn b erstens eine untere Schranke von M ist und zweitens c ≤ b f¨ ur jede andere untere Schranke c von M gilt. Eine nach oben und nach unten beschr¨ ankte Menge heißt beschr¨ ankt.
118
5. Elementare Grundlagen der Analysis
Man erh¨ alt leicht die folgende Charakterisierung der oberen Grenze: Es ist b = sup(M ), wenn erstens b ≥ x f¨ ur alle x ∈ M gilt, und wenn zweitens zu jedem ε > 0 ein x ∈ M existiert mit b − ε < x ≤ b. Ein analoges Kriterium charakterisiert inf(M ). 5.2
Aufgabe 5.2 Bestimmen Sie bitte die untere und die obere Grenze der folgenden Teilmengen von R: a) M = [0, 7.5[. b) M = {x : x ∈ [0, 4] , x2 ≥ 2}. √ Tipp: Vergleichen Sie mit [WHK, Satz 5.11]. Dort ist gezeigt, dass 2 die obere Grenze einer passenden Menge ist. Adaptieren Sie den dortigen Beweis an die Situation der Aufgabe.
L¨ osung: a) (i) inf([0, 7.5[) = 0. Denn [0, 7.5[= {x ∈ R : 0 ≤ x < 7.5}. Damit gilt 0 ≤ x f¨ ur alle x ∈ [0, 7.5[, 0 ist also untere Schranke des Intervalls. Ist s ∈ R mit s ≤ x f¨ ur alle x ∈ [0, 7.5[, so ist insbesondere s ≤ 0 ∈ [0, 7.5[. Damit ist 0 = inf([0, 7.5[). (ii) sup([0, 7.5[) = 7.5. Denn nach Definition des rechts offenen Intervalls gilt x < 7.5 f¨ ur alle x aus dem Intervall. Also ist 7.5 eine obere Schranke. Angenommen, 7.5 ist nicht die obere Grenze. Dann gibt es eine obere Schranke y mit y < 7.5 und x ≤ y f¨ ur alle x ∈ [0, 7.5[. Aber die Zahl x0 = 12 (y + 7.5) erf¨ ullt y < x0 < 7.5; denn es ist y=
y + 7.5 7.5 + 7.5 y+y < < = 7.5. 2 2 2
Damit ist x0 ∈ [0, 7.5[ und x0 > y, im Widerspruch dazu, dass y eine obere Schranke war. b) Da 4 ∈ M und M ⊆ [0, 4] folgt 4 = sup(M ) (vergleiche den Beweis 0 = inf([0, 7.5]). M ist durch 0 nach unten beschr¨ ankt, also existiert u = inf(M ). Wegen 22 = 4 > 2 ist 2 ∈ M , also u ≤ 2. Behauptung: u2 = 2 Beweis: Wir zeigen dies in zwei Schritten: (i) 2 ≤ u2 und (ii) 2 ≥ u2 . (i) 2 ≤ u2 : Wir benutzen die Definition des Infimums: Sei ε > 0 beliebig. Dann gibt es ein x ∈ M mit u ≤ x < u + ε, weil u + ε keine untere Schranke von M ist. Dann ist u2 ≤ x2 ≤ u2 + 2εu + ε2 . Wegen u ≤ 2 und x ∈ M ist ur 0 < ε < 1 erhalten wir 2 ≤ x2 ≤ u2 + 2 · ε · 2 + ε2 = u2 + 4ε(1 + ε2 /4). F¨ 2 2 2 2 < ε. Da 0 < ε < 1 2 ≤ u + 4ε · 2 = u + 8ε und damit 2 − u ≤ 8ε, also 2−u 8 2 ≤ inf{ε : 0 < ε < 1} = 0, also 2 ≤ u2 . beliebig sein kann, folgt 2−u 8
5.2
Der K¨ orper der komplexen Zahlen
119
(ii) 2 ≥ u2 . Um das zu zeigen, nehmen wir an, es gilt 2 < u2 . Wir suchen atten, w¨ are x = ein b mit 0 < b < 1 und 2 < u2 (1 − b)2 . Wenn wir das h¨ u(1 − b) < u (wegen 1 − b < 1) und 2 < x2 , also x ∈ M , ein Widerspruch zu u = inf(M ) ≤ x. Wir brauchen nur solch b zu finden. Angenommen wir h¨ atten es schon. Dann w¨ urde u22 < 1 − 2b + b2 gelten. Wegen b2 > 0 sehen wir: wir brauchen nur b zu w¨ahlen mit u22 = 1−2b oder b = 12 − u12 . Wegen 2 < u2 ist 0 < 12 − u12 < 12 < 1 und u2 (1 − b)2 = u2 (1 − 2b + b2 ) > u2 · u22 = 2. Damit f¨ uhrte unsere Annahme, es g¨alte 2 < u2 , zum Widerspruch, also ist 2 2=u . F¨ ur die meisten der folgenden Aufgaben der Analysis und der Linearen Algebra stehen Ihnen Visualisierungen zur Verf¨ ugung. Gehen Sie daf¨ ur zur Web-Seite http://min.informatik.uni-tuebingen.de und clicken Sie in der lin¨ ken Themenliste den Punkt “Mathe-Visualisierungen” an. In der Uberblicksliste finden Sie nun zum Beispiel “Komplexe Zahlen”. Damit k¨ onnen Sie die Addition und Multiplikation komplexer Zahlen veranschaulichen. Lesen Sie dazu die “Anleitung” auf der Seite “Komplexe Zahlen”. Sie k¨ onnen damit auch pr¨ ufen, ob Ihre Berechnungen stimmen. Bitte lesen Sie auch sorgf¨ altig die Handhabung des Koordinatenkreuzes. Of werden Ihnen sonst Zahlen verloren gehen. Viel Spaß!
5.2 Der K¨ orper der komplexen Zahlen
5.2
Seien w = a + ib und z = c + id zwei komplexe Zahlen, wobei a, b, c, d reell sind, also a der Realteil #(w) und b der Imagin¨ arteil $(w) von w ist, usw.. i ist die imagin¨ are Einheit, also i2 = −1 (siehe auch Aufgabe 4.36) a)). Dann ist w + z = (a + c) + i(b + d) und wz = (a + ib)(c + id) = (ac − bd) + i(bc + ad). Ferner ist |z| = #(z)2 + $(z)2 . Sei w = a + i b mit a, b ∈ R. Dan heißt w := a − i b die zu w konjugiert komplexe Zahl. Das Produkt w w = a2 + b2 ist reell, genauer: w w = a2 + b2 = |w|2 . Aufgabe 5.3 Berechnen Sie bitte die folgenden Ausdr¨ ucke komplexer Zahlen, genauer: bestimmen Sie reelle Zahlen a und b, so dass die angegebenen Gleichungen erf¨ ullt sind (f¨ ur jede Gleichung ergeben sich nat¨ urlich andere a und b): a) (5 + 7i) + (6 − 5i) = a + b i. b) (5 + 7i)(6 − 5i) = a + b i. 1 = a + b i. c) 5+7i
5.3
120
d)
5. Elementare Grundlagen der Analysis
1 5+7i
= a + b i (konjugiert komplexe Zahl)
L¨ osung: a) Geben Sie die beiden Zahlen in den Computer ein und schauen Sie sich die Summe an. Der Realteil der Summe ist gleich der Summe der Realteile der Summanden, der Imagin¨ arteil der Summe ist gleich der Summe der Imagin¨ arteile der Summanden. Das sieht man an der Zeichnung besonders sch¨on. Man erh¨ alt also (5 + 7i) + (6 − 5i) = 11 + 2i. b) Die Multiplikation l¨ asst sich ebenfalls sehr sch¨on darstellen, was wir aber erst sp¨ater beweisen k¨onnen: Man addiert den Winkel, den die erste Zahl mit der reellen Achse bildet, zu dem Winkel den die zweite Zahl mit der reellen Achse bildet (modulo 2π im Bogenmaß). Damit hat man die Richtung des Produkts. Die L¨ ange (das ist der Absolutbetrag, oder Abstand vom Nullpunkt) des Produkts ist einfach das Produkt der L¨ angen der einzelnen Faktoren. Schauen Sie sich das an. Algebraisch ist (5 + 7i)(6 − 5i) = (5 · 6 − (7 · (−5)) + (7 · 6 + 5 · (−5)) · i = 65 + 17i. c) Wir erweitern den Bruch mit der zum Nenner konjugiert komplexen Zahl, 1 5−7i = (5+7i)(5−7i) . damit der Nenner reell wird. 5+7i Nun ist (a + bi)(a − bi)=a2 − (−b)b + ((−ba) + ba)i =a2 + b2 + 0 · i = a2 + b2 . 1 5 7 = 55−7i Also ist 5+7i 2 +72 = 74 − 74 · i. d) Allgemein ist c + di = c − di. In unserem Fall erhalten wir
7 5 7 5 1 = ( − i) = + i. 5 + 7i 74 74 74 74 5.4
Aufgabe 5.4 a) Sei u, v ∈ C. Zeigen Sie bitte u + u = 2#(u) ≤ 2|u|.
b) Zeigen Sie bitte: |u + v|2 ≤ (|u| + |v|)2 . c) Folgern Sie, dass auch f¨ ur den Absolutbetrag komplexer Zahlen gilt: |u + v| ≤ |u| + |v|. d) Zeigen Sie bitte: Es gilt | |u| − |v| | ≤ |u − v|. e) Zeigen Sie bitte: Es gilt |u − v| ≤ |u − w| + |w − v|. Tipp: Schauen Sie sich die Beweise von [WHK, Satz 5.5 d) und e)] an. Lassen sie sich auf komplexe Zahlen u ¨bertragen?
5.2
Der K¨ orper der komplexen Zahlen
121
L¨ osung: a) Sei u = a + √ bi mit a, b ∈√R. Dann ist u = a − bi, also u + u = 2a = 2#(u). Es ist |u| = a2 + b2 ≥ a2 = |a| ≥ a. Damit ist u + u = 2a ≤ 2|a| ≤ 2|u|. b) Es ist allgemein |z|2 = z¯ · z. Wir erhalten also |u + v|2 = (u + v) · (u + v). Nun ist u + v = u¯ + v¯ ([WHK, Satz 5.14 a)]). Damit ist u + v¯)(u + v) = u¯u + v¯u + u ¯v + v¯v. |u + v|2 = (¯ Nun ist nach [WHK, Satz 5.14 b] u ¯v = u¯ v . Ber¨ ucksichtigen wir noch u ¯u = |u|2 2 2 2 2 2 etc., so ergibt sich |u + v| = |u| + |v| + u¯ v + u¯ v = |u| + |v| + 2R(u¯ v ). Jetzt benutzen wir Teil a) der Aufgabe und erhalten 2R(u¯ v ) ≤ 2|u¯ v |. Nun ist f¨ ur beliebige komplexe Zahlen w und z ¯ · z¯ · w · z = ww ¯ · z¯z = |w|2 |z|2 |wz|2 = wz · wz = w und damit |wz| = |w| · |z|. Außerdem ist v )2 + $(¯ v )2 , aber $(¯ v ) = −$(v) , #(¯ v ) = #(v), |¯ v |2 = #(¯ also ist |¯ v |2 = #(v)2 + $(v)2 = |v|2 und damit |¯ v | = |v|. Wenden wir das alles auf |u¯ v | an, so erhalten wir |u¯ v | = |u| · |¯ v | = |u| · |v|. Damit erhalten wir 2#(u¯ v ) ≤ 2|u| · |v|. Damit ergibt sich v ) ≤ |u|2 + |v|2 + 2|u| · |v| = (|u| + |v|)2 . |u + v|2 = |u|2 + |v|2 + 2#(u¯ c) Ziehen wir die Wurzel, so erhalten wir |u + v| ≤ |u| + |v|. d) Wir probieren, ob wir dem Tipp folgen k¨ onnen. Um c) benutzen zu k¨onnen, formulieren wir d) mit anderen Buchstaben. Behauptung: |a − b| ≤ |a − c| + |c − b| Beweis: Es ist |a − b| = |(a − c) + (c − b)|. Wenden wir c) f¨ ur u = a − c und v = c − b an, so erhalten wir |a − b| = |u + v| ≤ |u| + |v| = |a − c| + |c − b|. e) Jetzt u ¨ bertragen wir den Beweis von [WHK, Satz 5.5 e] auf unsere Situation. Um c) anwenden zu k¨onnen, formulieren wir d) mit neuen Buchstaben: | |a| − |b| | ≤ |a − b|. Es ist |a| = |(a − b) + b|. Wir wenden c) mit u = (a − b) , v = b an und erhalten |a| = |(a − b) + b| ≤ |a − b| + |b|, also |a| − |b| ≤ |a − b|. Genauso ergibt sich |b| − |a| ≤ |b − a|. Nun ist aber |b − a| = |(−1)(a − b)| = |(−1)| · |a − b| = |a − b|,
122
5. Elementare Grundlagen der Analysis
wobei die zweite Gleichheit aus der oben bewiesenen Formel |wz| = |w| · |z| folgt. Damit ist |a| − |b| ≤ |a − b| und −(|a| − |b|) = |b| − |a| ≤ |a − b|, also | |a| − |b| |= max(|a| − |b|, −(|a| − |b|)) ≤ |a − b|.
5.3
5.3 Folgen und Konvergenz Typen von Folgen, Konvergenz
Eine (reelle) Folge u = (un )n≥k ist nichts anderes als eine Abbildung u : {k, k + 1, k + 2, k . . .} ⊆ N, n → un . Sie beginnt mit dem Startindex k ∈ Z. Meistens ist k = 1 oder k = 0. Anleitung zur Benutzung des Applets “Folgen und Reihen”. Systemvoraussetzung: Java muss installiert sein. Gehen Sie mit Ihrem Browser zu http://min.informatik.uni-tuebingen.de Klicken Sie “Mathe-Visualisierungen” und dort “Folgen und Reihen” an. Klicken Sie jetzt das Symbol “Programm starten” an. Es erscheint ein Fenster mit einem Koordinatenkreuz. Darunter kommt ein Eingabefenster mit den Alternativen “Folgen”, “Reihe”. Klicken Sie “Folge”, falls dort nicht schon der schwarze Punkt ist. In der Zeile a(n) = geben Sie die Formel f¨ ur an ein, z.B. ucken die Eingabetaste. Die 1/n2 . Beim Startindex geben Sie 1 ein und dr¨ ersten 30 Glieder der Folge werden gezeichnet. Klicken Sie “Anpassen” an, wird das Koordinatensystem “optimal” angepasst, was aber oft nicht optimal ist. Sie k¨ onnen das Koordinatensystem selbst einstellen, indem Sie “Einstellungen” anklicken. Sie k¨ onnen auch mehr als 30 Glieder zeichnen lassen. Rechts im Bild erscheint die eingegebene Gleichung und der Startwert. Klicken Sie diese Gleichung mit der rechten Maustaste an, so o ¨ffnet sich ein Men¨ ufenster, das selbsterkl¨ arend ist. Zum Vergleich mehrerer Folgen geben Sie diese nacheinander (jede mit Eingabe–Taste abschließen) ein. Sie werden in unterschiedlichen Farben gezeichnet. Die Gleichungen erscheinen in der gleichen Farbe. Sie k¨ onnen die Folgen ¨ einzeln wieder l¨ oschen (rechter Mausklick zum Offnen des Men¨ ufensters). 5.5
Aufgabe 5.5 Untersuchen Sie die unten stehenden Folgen am Bildschirm und
geben Sie anhand des Bildes an, welches Verhalten die jeweilige Folge zeigt. ¨ Andern Sie das Koordinatensystem wie angegeben, das heißt insbesondere ersetzen Sie die vorgegebene Zahl 30 durch nmax . Bitte a) bis d) in einem Bild! a) an = n1 , nmax = 100.
5.3
Folgen und Konvergenz
123
b) an = n12 , nmax = 100. c) an = √1 , nmax = 100. (n)
d) an = (n + 1)2 2−n , nmax = 100. e) an = (1 + (−1)n ), nmax = 100. f) Eine rekursiv definierte Folge: Startwert 1, Startindex 1, an = 12 (an−1 + 4 4 Eingabe erfolgt als 12 (a(n − 1) + a(n−1) ), nmax = 20. an−1 ). Die
n 1 g) Sn = k=1 k . Wir klicken “Reihe” an, geben a(n) = n1 und Startindex 1 an. nmax = 50. Klicken Sie “anpassen” an und schauen, was der gr¨ oßte y–Wert ist. Setzen Sie jetzt u ¨ber Einstellungen nmax = 100. Was ist jetzt der gr¨oßte y–Wert? Probieren Sie auch noch nmax = 10000. h) Geben Sie jetzt (nachdem Sie die alte Reihe gel¨ oscht und das Koordinatensystem wieder auf [0, 100] × [0, 1] eingestellt haben) die Reihe Sn =
n k+1 /k ein. Variieren Sie nmax . k=1 (−1) L¨ osung: a) Die Folge h¨ auft sich bei 0. Sie “strebt dorthin”. Sie f¨ allt. b) Die Folge strebt gegen 0, aber schneller als die vorige. Sie f¨ allt. c) Die Folge strebt gegen 0, aber langsamer als die vorige. W¨ ahlen Sie dazu allt. nmax = 1000. Sie f¨ d) Die Folge strebt gegen 0 und zwar am schnellsten. Das erkennen Sie am allt ab dem 4. Glied. besten f¨ ur nmax = 20; sie f¨ ur alle e) Die Folge ist periodisch mit Periode 2, das heißt, es gilt un+2 = un f¨ n. f) Die Folge “strebt gegen 2” und zwar ziemlich schnell. Das testen Sie so: Sie w¨ahlen die x–Achse [0, 10] und die y–Achse [1.9, 2.1]. Ab welchem n liegen die Glieder an im Bild? Probieren Sie es nun mit y–Achse [1.999 , 2.001]. Sie m¨ ussen bei “Einstellungen” die Zahl der angezeigten Nachkommastellen auf 5 erh¨ ohen, sonst wird die y–Achse irref¨ uhrend beschriftet. Die Folge f¨ allt. g) Die Folge w¨achst. Sie verl¨asst immer den voreingestellten Bildschirm, wenn ahlt. Sie scheint gegen ∞ zu streben (vergl. die man nur nmax groß genug w¨ n¨ achsten beiden Aufgaben). h) Diese Folge strebt gegen eine feste Zahl zwischen 0.6 und 0.7 Aufgabe 5.6 Es ist 1 +
1 2
≥ 2 · 12 ,
1 3
+
+ ···+ ≥8· Welche allgemeine Formel ergibt sich f¨ ur 1 9
1 16
1 16 .
1 4
≥ 2 · 14 ,
1 2n +1
1 5
+ ··· +
1 L¨ osung: Behauptung: 2n1+1 + · · · + 2n+1 ≥ 12 . Beweis: F¨ ur 1 ≤ k ≤ 2n ist 2n + k ≤ 2n + 2n = 2n+1 .
+
1 6
+
1 2n+1 ?
1 7
+
1 8
≥ 4 · 18 ,
5.6
124
5. Elementare Grundlagen der Analysis
Also ist
1 2n +k
≥
1 2n+1 .
Und damit ist 2n
1 1 1 1 1 1 + + · · · + ≥ 2n · n+1 = . = 2n + 1 2n + 2 2n+1 2n + k 2 2 k=1
5.7
Aufgabe 5.7 Sei an = 1 +
1 2
+
1 3
+ · · · + n1 . Zeigen Sie bitte, dass diese Folge
nicht beschr¨ ankt ist. Tipp: Zeigen Sie zun¨ achst mit Hilfe der vorigen Aufgabe, dass (1 + 1/2) + 1 1 ) + · · · + ( 2n1+1 + · · · + 2n+1 ) ≥ n/2 (1/3 + 1/4 + · · · + 1/8) + (1/9 + · · · + 16 gilt. L¨ osung: Nach der vorigen Aufgabe ist (1 + 1/2) + (1/3 + 1/4) + · · · + (
1 1 1 + · · · + n+1 )=1 + 2n + 1 2 2 n 2j +
1 +k j=1 k=1 2j
≥1/2
n 1 n ≥1 + + ≥ . 2 2 2 ankt ist. Dazu m¨ ussen wir Damit k¨onnen wir beweisen, das (an )n≥1 unbeschr¨ ur alle zeigen: zu jeder beliebigen Zahl M gibt es ein n(M ) mit M < an f¨ n ≥ n(M ). Nach Archimedes Axiom ([WHK, S. 150]) gibt es ein n1 ∈ N mit M < n1 · 12 . Wir setzen n(M ) = 2n1 +1 . Dann ist nach der Ungleichung an(M) = 1 +
1 1 1 + · · · + n1 +1 ≥ n1 · > M. 2 2 2
Ist n ≥ n(M ) beliebig, so ist an = 1 +
1 1 1 1 + · · · + n1 +1 + n1 +1 + · · · + ≥ an (M ) > M. 2 2 2 +1 n
Damit ist die Folge unbeschr¨ ankt. Eine Folge (un )n≥1 konvergiert gegen die Zahl c, wenn es zu jedem ε > 0 ur alle n ≥ n(ε) gibt. Man sagt eine nat¨ urliche Zahl n(ε) mit |c − un | < ε f¨ auch, die Folge ist konvergent gegen c. Die Zahl c heißt Grenzwert der Folge, in Zeichen c = limn→∞ un . Wir brauchen dieses Kriterium nicht f¨ ur alle reelle ε > 0 zu pr¨ ufen, sondern nur f¨ ur alle 1/r mit r ∈ N. Denn angenommen es gibt zu jedem r ∈ N ur alle n ≥ n(1/r). Ist dann ε > 0 beliebig ein n(1/r) mit |c − un | < 1/r f¨
5.3
Folgen und Konvergenz
125
vorgegeben,so gibt es nach Archimedes Axiom ein r ∈ N mit r > 1/ε, als 1/r < ε. Um das Konvergenzkriterium f¨ ur ε zu verifizieren, w¨ ahlt man einfach n(ε) = n(1/r). Oft benutzt man nicht dieses Kriterium zum Nachweis der Konvergenz, sondern Rechenregeln f¨ ur den Grenzwert, die es erlauben, die Konvergenz kompliziert aufgebauter Folgen auf die von einfacher gebauten zur¨ uckzuf¨ uhren. ur “−” So ist limn→∞ an + limn→∞ bn = limn→∞ (an + bn ). Analoges gilt f¨ 1 1 und “·”. F¨ ur die Formel limn→∞ an = limn→∞ an muss jedes Glied der Folge ur Details siehe [WHK, (an )n≥1 sowie deren Grenzwert ungleich 0 sein. F¨ Satz 5.23]. Aufgabe 5.8 Welche der folgenden Folgen konvergiert, und was ist gegebe-
nenfalls ihr Grenzwert? 4 −n2 a) un = 5n (n+1)4 . √ ur jedes n und a = limn→∞ un . Beweisen Sie bitte: a = b) Sei un ≥ 0 f¨ √ limn→∞ un . √ √ | | √ n , falls a > 0. Den Fall a = 0 m¨ √n Tipp: | a − un | = √|a−u ≤ |a−u ussen a+ un a Sie gesondert behandeln. √ 2 c) un = √nn−1 . n d) un = n2 . L¨ osung: Schauen Sie sich alle Folgen zun¨ achst am Bildschirm an! Falls das urspr¨ ungliche Koordinatensystem das Bild nicht gut zeigt, klicken Sie “Anpassen” an. W¨ahlen Sie unter “Einstellungen” xmax = 100. Wenn Sie den Grenzwert a festgestellt haben (im Fall der Konvergenz), w¨ ahlen Sie das y– 1 1 , a + 100 ] und schauen Sie, ab welchem n0 alle Folgenglieder Intervall [a − 100 in diesem Intervall liegen. Wir beweisen die Konvergenz nicht mit der Verifikation von [WHK, Def. 5.18](außer b), sondern mit den Rechenregeln [WHK, Satz 5.23]. 4 −n2 1 n 2 a) Es ist an = 5n 1 4 − ( (n+1)2 ) . [WHK, Satz 5.23 c)] liefert (n+1)4 = 5 · (1+ n ) limn→∞ (1 + n1 )4 = (limn→∞ (1 + n1 ))4 = 1. Nach d) desselben Satzes folgt n 1 n2 1 1 limn→∞ 5 · (1+11 )4 = 5. Es ist (n+1) 1 2 ). Ebenso wie 2 = n ( (n+1)2 ) = n ( (1+ n ) n 1 oben folgt also limn→∞ (1+ 1 )2 = 1 und damit n
1 1 1 1 n lim ( · lim ) = lim ( ) = lim = 0. 1 2 2 n→∞ (n + 1) n→∞ n (1 + ) n→∞ n n→∞ (1 + 1 )2 n n n 2 Damit ist nach c) desselben Satzes limn→∞ ( (n+1) 2 ) = 0. Nach b) desselben
Satzes folgt damit limn→∞
5n4 −n2 (n+1)4
= 5.
5.8
126
5. Elementare Grundlagen der Analysis
b) Machen Sie sich die Aussage am Beispiel un = 4 + n12 klar. (i) Sei a > 0. Dann ist √ √ √ √ √ |( a − un )( a + un )| √ |a − un | √ ≤ √ . | a − un | = √ | a + un | a | √ n = 0, nach Nach Voraussetzung gilt wegen [WHK, Satz 5.22] limn→∞ |a−u a √ √ demselben Satz also auch limn→∞ | a − un | = 0, also (wieder nach diesem √ √ Satz) limn→∞ un = a. (ii) Sei a = 0. Hier m¨ ussen wir leider doch auf [WHK, Definition 5.18] √ ur alle zur¨ uckgreifen. Sei ε > 0. Wir m¨ ussen ein n0 finden mit un < ε f¨ n ≥ n0 . Mit ε ist auch ε = ε2 > 0. Zu diesem ε gibt es nach Voraussetzung ur alle n ≥ n(ε ). Nach [WHK, Satz 5.1 f] folgt ein n(ε ) mit √ 0 ≤ un < ε f¨ √ ε f¨ ur all’ diese n. Wir k¨ onnen also n0 = n(ε ) w¨ ahlen. 0 ≤ u n < ε = √
c) Es ist
n2 −1 n
=
1 − n12 . Wir √ n2 −1 = 1. n
haben limn→∞ (1− n12 ) = 1−limn→∞
1 n2
= 1.
Nach b) folgt lim d) Diese Folge l¨ asst sich nur als un = n2/n im Computer eingeben. Schauen √ Sie sich diese Folge an. Wir beweisen zun¨achst limn→∞ n n = 1. Dazu sei √ √ bn = n n − 1. Es ist bn ≥ 0 und n n = 1 + bn , also n(n − 1) 2 n n n(n − 1) 2 n n = (1 + bn ) = 1 + nbn + b ≥ bn + · · · + bn . n n 2 2 2 , also gilt limn→∞ b2n = 0 und damit nach Teil b) Damit ist 0 ≤ b2n ≤ n−1 √ dieser Aufgabe lim√n→∞ bn = 0, also nach den Rechenregeln limn→∞ n n = √ n 1. Schließlich ist n2 = ( n n)2 . Also folgt wieder nach den Rechenregeln √ √ n 2 limn→∞ n = (limn→∞ n n)2 = 1.
5.9
Aufgabe 5.9 a) Sei q > 1. Zeigen Sie bitte limn→∞
Tipp: Setzen Sie q = 1 + r und beweisen Sie b) Verallgemeinern Sie a) zu
k limn→∞ nqn
1 qn
≤
n qn
= 0.
2 n(n−1)·r 2 .
= 0 f¨ ur festes k ∈ N.
L¨ osung: a) Es ist q = 1 + r also q n = (1 + r)n = 1 + n · r + n(n−1) r2 + · · · + 2 n n n n(n−1) 2 n 2 1 2 r . Damit ist qn ≥ n−1 2 2 · r , also 0 ≤ qn ≤ n−1 · r 2 . Aus dem n r ≥ Nullfolgenlemma [WHK, Satz 5.22] Teil b) folgt die Behauptung. k √ b) Sei p = k q. Dann gilt p > 1 und nqn = ( pnn )k . Nach Teil a) ist limn→∞ pnn = 0. Mit den Rechenregeln f¨ ur das Produkt konvergenter Folgen (und Induktion nach k f¨ ur die k. Potenz) folgt k nk n = lim n = 0. lim n→∞ q n n→∞ p
5.3
Folgen und Konvergenz
127
Groß O und klein o von Folgen
Sei u = (un )n≥1 eine beliebige Folge reeller Zahlen. In der Informatik vergleicht man solche Folge mit anderen hinsichtlich des Verhaltens, welche schneller w¨ achst oder schneller gegen 0 konvergiert. Hierzu bildet man die Menge “Groß O von u”: O(u) = {v = (vn )n≥1 : Es gibt C(v) > 0 mit |vn | ≤ ur alle n ∈ N}. Außerdem bildet man die Menge “klein o von u”, C(v)|un | f¨ falls alle Glieder un = 0 sind: o(u) = {v = (vn )n≥1 : limn→∞ uvnn = 0}. Im folgenden schreiben wir oft (un )n statt (un )n≥k , vor allem wenn klar ist, was die Indexmenge ist. Aufgabe 5.10 Zeigen Sie bitte:
5.10
2
a) Die Folge (n)n≥1 ist o((n )n≥1 ). b) Die Folge (5n3 + n2 + n + 2)n≥1 ist ein O((n3 )n≥1 ). c) Sei k ∈ N eine fest gew¨ahlte Zahl. Die Folge (nk )n≥1 ist ein o((2n )n≥1 ). L¨ osung: a) Es ist limn→∞ b) Es ist
n n2
= limn→∞
1 n
= 0.
1 1 2 5n3 + n2 + n + 2 = 5 + + 2 + 3 ≤ 5 + 1 + 1 + 2, n3 n n n also ist 0 ≤ 5n3 + n2 + n + 2 ≤ 9 · n3 und daraus folgt die Behauptung. k c) Nach Aufgabe 5.9 ist limn→∞ n2n = 0. Genau das aber besagt die Behauptung. Aufgabe 5.11 Zeigen Sie bitte:
a) O((un )n ) ⊆ O((vn )n ) gilt genau dann, wenn (un )n ∈ O((vn )n ). b) Ist (un )n ∈ O((vn )n ) und (vn )n ∈ O((wn )n ), so ist (un )n ∈ O((wn )n ). c) ist (vn )n ∈ o((un )n ) und (wn )n ∈ O((vn )n ), so ist (wn )n ∈ o((un )n ). L¨ osung: a) (i) Es sei die Folge u = (un )n aus O((vn )n ). Das bedeutet, dass die Folge ( uvnn )n beschr¨ankt ist. Behauptung: O((un )n ) ⊂ O((vn )n ). n ankt. Nach Beweis: Sei (wn )n ∈ O((un )n ). Dann ist die Folge ( w un )n beschr¨ wn wn [WHK, Satz 5.19] Teil b) folgt, dass ( vn )n = ( un )n · ( uvnn )n beschr¨ankt ist. ahlt war, folgt die Behauptung. Da (wn )n aus O((un )n ) beliebig gew¨ (ii) Es gelte O((un )n ) ⊆ O((vn )). Dann ist (un )n ∈ O((vn )n ) wegen (un )n ∈ O((un )n ). b) Wegen (vn )n ∈ O((wn )n ) folgt nach a) O((vn )) ⊆ O((wn )n ), also ergibt sich die Behauptung aus der Voraussetzung (un )n ∈ O((vn )).
5.11
128
5. Elementare Grundlagen der Analysis
c) Nach Voraussetzung gibt es eine Konstante C > 0 mit |wn | ≤ C|vn | f¨ ur alle vn n | ≤ C| |, und damit gilt nach dem Nullfolgenlemma [WHK, n. Also ist | w un un n Satz 5.22] limn→∞ w un = 0. Also folgt die Behauptung. Teilfolgen
Sei u = (un )n eine Folge. Sei g : N → N eine streng monoton wachsende Abbildung. Es gelte also g(m) < g(n) f¨ ur alle m < n. Dann heißt die Folge (ug(n) )n Teilfolge von u. Teilfolgen von Folgen kann man sich so anschauen: Geben Sie die Folge (an )n ein. W¨ ahlen Sie sich eine Teilfolge durch eine Vorschrift g : N → N , n → g(n) mit g(n + 1) > g(n) f¨ ur alle n. Geben Sie dies g(n) formelm¨ aßig in der Zeile “Filter” ein. Dann sehen Sie die Glieder der Teilfolge. Denken Sie bitte stets daran, das Koordinatenkreuz so zu w¨ ahlen, dass die ganze Folge zu sehen ist. Klicken Sie gegebenenfalls “Anpassen” an. Um die Teilfolgen gut zu erkennen, w¨ ahlen Sie bitte xmax ≤ 50. 5.12
Aufgabe 5.12 Bestimmen Sie bitte alle m¨ oglichen Grenzwerte konvergenter
Teilfolgen der angegebenen Folgen: a) un = 1 + (−1)n . b) un = n mod 3. c) un = sin( π4 · n). (Der Sinus sollte aus der Schule bekannt sein.
π 4
entspricht 45◦ ).
L¨ osung: a) Man entdeckt die m¨ oglichen Grenzwerte 0 und 2. Es ist 0 = ussen zeigen, dass limn→∞ (1 + (−1)2n+1 ) , 2 = limn→∞ (1 + (−1)2n ). Wir m¨ ur eine streng dies die einzigen Grenzwerte sind. Sei also a = limn→∞ ag(n) f¨ monoton wachsende Abbildung g : N → N und A = {n : 2|g(n)}, B = {n : g(n) ≡ 1( mod 2)}. Sei A endlich und n(A) = max(A). F¨ ur alle n > n(A) ist g(n) ≡ 1 ( mod (2)), also ag(n) = 0, also a = limn→∞ ag(n) = 0. Sei nun B endlich. Analog zeigt man a = limn→∞ ag(n) = 2. Seien schließlich sowohl A als auch B unendlich. Dann konvergiert die Teilurde gegen a konvergieren. folge (ag(n) )n nicht. Denn angenommen (ag(n) )n w¨ Zu ε = 1/2 g¨abe es dann ein n0 mit |ag(n) − a| < 12 f¨ ur alle n ≥ n0 . Sei n1 ∈ A , n1 ≥ n0 (da A unendlich, muss es solch n1 geben). Dann ist ag(n1 ) = 2. Ebenso gibt es ein n2 ≥ n0 aus B mit ag(n2 ) = 0. Also ist 2 = |ag(n1 ) − ag(n2 ) |≤|ag(n1 ) − a| + |a − ag(n2 ) | 1 1 < + = 1, 2 2
5.3
Folgen und Konvergenz
129
ein Widerspruch. Die Annahme, A und B sind beide unendlich, f¨ uhrte zum Widerspruch, also gilt a = 0 oder a = 2. Dies sind die einzigen Grenzwerte konvergenter Teilfolgen. ur k = 0, 1, 2. Denn a3n+k = b) an = n mod 3. Es ist limn→∞ a3n+k = k f¨ (3n + k) mod 3 = k. Angenommen a ist ein Grenzwert einer Teilfolge (ag(n) )n . Sei Ak = {n : g(n) mod 3 = k}, k = 0, 1, 2. (i) Behauptung: Mindestens ein Ak ist unendlich. Beweis: Angenommen, alle drei Mengen seien endlich. Dann ist auch A1 ∪ A2 ∪ A3 =: A endlich. Sei m = max(A). Da g als streng monoton wachsend vorausgesetzt ist, ist g(m + 1) > m + 1, also g(m + 1) ∈ A. Sei k0 = g(m + 1) mod 3. Dann ist m + 1 ∈ Ak0 ⊆ A, ein Widerspruch zu m = max(A). ur die beiden anderen Werte k = k0 . (ii) Sei Ak0 unendlich und Ak endlich f¨ ur m ≥ m1 gilt m ∈ Ak0 , also ag(m) = k0 , und Sei m1 = max(∪k=k0 Ak ). F¨ damit k0 = limn→∞ ag(m) ; in diesem Fall erhalten wir also keinen neuen Grenzwert. (iii) Seien jetzt mindestens zwei Mengen Ak und A unendlich (k = ). Da ur (ag(n) )n gegen a konvergiert gibt es zu ε = 13 ein n0 mit |a − ag(n) | < 13 f¨ ahlen ein n1 ∈ Ak , n1 ≥ n0 (ein solches muss es geben, alle n ≥ n0 . Wir w¨ weil Ak unendlich ist) und erhalten ag(n1 ) = k, ebenso gibt es ein n2 ≥ n0 in A , also ag(n2 ) = . Damit erh¨alt man 1 ≤ |k − | = |ag(n1 ) − ag(n2 ) |≤|ag(n1 ) − a| + |a − ag(n2 ) | 2 1 1 < + = , 3 3 3 ein Widerspruch. Damit ist a ∈ {0, 1, 2}. Dies sind die einzigen Grenzwerte konvergenter Teilfolgen. √1 , sin(π) = 0. c) an = sin( π4 · n). Es ist sin( π4 ) = √12 , sin( π2 ) = 1, sin( 3π 4 = 2 3π 7π √1 √1 Ferner ist sin( 5π 4 ) = − 2 , sin( 3 ) = −1, sin( 4 ) = − 2 und sin(2π) = 0. Schließlich ist sin(x + 2kπ) = sin(x). π Damit erh¨alt man aus π 4 + 2kπ = 4 ( + 8k) die folgenden konvergenten Teilfolgen: ur = 0, . . . , 7 Sei g (n) = π 4 + 2nπ f¨ ), also limn→∞ ag (n) = sin( π ag(n) = sin( π 4 4 ). Es ist limn→∞ ag (n) = ur = 1, k = 3, bzw. f¨ ur = 0, k = 4, sowie f¨ ur = 5 limn→∞ agk (n) f¨ und k = 7. Der Minimalabstand zwischen zwei verschiedenen Grenzwerten ist d = 1 − √1 ≈ 0.29. 2 Wir k¨ onnen nun analog zu Teil b) der Aufgabe vorgehen, um zu zeigen, dass die aufgez¨ ahlten Grenzwerte die einzigen sind. Wir skizzieren das nur. Sei
130
5. Elementare Grundlagen der Analysis
a = limn→∞ ag(n) . Sei Ak = {n : g(n) π/4 = k mod 8}. Wieder muss mindestens eines der Ak unendlich sein. Wir betrachten B0 = A0 ∪ A4 , B1 = A1 ∪ A3 B5 = A5 ∪ A7 und Bk = Ak f¨ ur k = 2, 6. Wir wissen: mindestens eine der Mengen Bj ist unendlich. Zu ε = d3 (das ist dasselbe Vorgehen wie unter b), dort war d = 1) gibt es wieder n0 mit ur n ≥ n0 . Ist genau eine der Mengen Bj unendlich, so |a − ag(n) | < d3 f¨ π ist a = sin( 4 · j). Sind aber Bj und Bk unendlich, so finden wir wieder n1 ∈ Bj , n2 ∈ Bk n1 , n2 ≥ n0 und erhalten π π · j) − sin( · k)| = |ag(n1 ) − ag(n2 ) | 4 4 2d d d , ≤|ag(n1 ) − a| + |a − ag(n2 ) | < + = 3 3 3
d≤| sin(
ein Widerspruch!
5.4
5.4 Unendliche Reihen Allgemeine unendliche Reihen
∞ Unter einer unendlichen Reihe an versteht man einerseits die Folge
n=k n (Sn )n≥k ihrer Teilsummen Sn = =k a , andererseits auch den Grenzwert limn→∞ Sn , falls die Folge (Sn )n≥k konvergiert. Wir wenden das Cauchysche Konvergenzkriterum auf Reihen an und erhalten wegen
− Sn | = | n+p |S =n+1 an | die folgende Formulierung: Die unendliche Reihe
n+p ∞ konvergiert genau dann, wenn es zu jedem ε > 0 einen Index n(ε) n=k an n+p ur alle p ≥ 1 und alle n ≥ n(ε). gibt mit | =n+1 an | < ε f¨ 5.13
Aufgabe 5.13 (Ziel der Aufgabe ist es, zu zeigen, dass die Reihe ∞
(−1)n+1 /n = 1 − 1/2 + 1/3 − 1/4 ± · · ·
n=1
konvergiert.) a) Zeigen Sie bitte: F¨ ur alle n und alle geraden p gilt 1 1 1 1 1 ± · · · + n+p < n1 . 0 < n − n+1 + n+2 − n+3 1 1 Tipp: − n+k + n+k+1 ≤ 0. b) Zeigen Sie bitte: F¨ ur alle n und alle ungeraden p gilt 1 1 1 1 + n+2 − n+3 ± · · · − n+p < n1 . 0 < n1 − n+1 Tipp: Verwenden Sie Teil a).
5.4
Unendliche Reihen
131
∞ c) Zeigen Sie bitte: Die Reihe n=1 (−1)n+1 /n konvergiert.
m k+1 ur Sm = /k und benutzen Tipp: Betrachten Sie |Sn+p − Sn | f¨ k=1 (−1) Sie a) bzw b) sowie Cauchys Konvergenzkriterium f¨ ur Reihen [WHK, Satz 5.30]. L¨ osung: Schauen Sie sich die Reihe an. a) Es ist 1 1 1 1 1 1 1 1 − + − + ···+ = +( − )+ n n+1 n+2 n+3 n+p n n+2 n+1 1 1 − )+ ( n+4 n+3 1 1 ···+ ( − ). n+p n+p−1 Nun sind die Differenzen in den Klammern ≤ 0, wir addieren zu negative Zahlen, damit ist die Summe ≤ n1 . Andererseits ist
1 n
also nur
1 1 1 1 1 1 1 1 − ±···+ =( − )+( − )+···+ . n n+1 n+p n+1 n+1 n+2 n+p n+p Hier sind alle Differenzen in den Klammern positiv, also ist die Summe ≥ 0. b) Zun¨ achst ist 1 1 1 1 1 1 1 1 1 − + − ±···− = + < (−1)k − n n+1 n+2 n+3 n+p n n+k n+p n k=1 p−1
1
wobei die Absch¨atzung unter der geschweiften Klammer nach a) gilt, denn p − 1 ist gerade. Ferner gilt 1 1 1 1 1 1 1 − + − ± ···− = − ), ( n n+1 n+2 n+3 n+p n+k n+k+1 p−1
k=0
und alle Differenzen in den Klammern sind positiv. Also ist die Summe > 0.
132
5. Elementare Grundlagen der Analysis
c) Es ist |Sn+p − Sn |=|
n+p
(−1)k+1 /k −
n
(−1)k+1 /k|
k=1 k=1 n+p = (−1)k+1 /k k=n+1 (−1)n+2 (−1)n+3 (−1)n+p+1 = . + + ···+ n+1 n+2 n+p Wir klammern (−1)n aus und erhalten 1 1 1 (−1)p+1 . − + − +···+ |Sn+p − Sn | = n+1 n+2 n+3 n+p Nach a) und b) folgt (man muss das dortige n durch n = n + 1 ersetzen) |Sn+p − Sn | <
1 1 < . n+1 n
Wir wenden nun das Cauchykriterium an: Sei ε > 0 beliebig. Dann gibt es nach Archimedes Axiom ein n0 mit n0 > 1ε , ur n ≥ n0 und beliebiges p ist dann |Sn+p − Sn | < n1 ≤ n10 < ε. also ε > n10 . F¨ Nach [WHK, Satz 5.30] folgt die Konvergenz der Reihe. 5.14
(Verallgemeinerung der vorigen Aufgabe) Sei (an )n≥1 eine monoton fallende Nullfolge. Zeigen Sie bitte, dass dann die Reihe
∞ n+1 an konvergiert. n=1 (−1) Tipp: Schauen Sie, ob Sie aufgrund der Tatsache an+1 ≤ an die Aussagen a) und b) der vorigen Aufgabe f¨ ur an statt n1 zeigen k¨onnen. Verwenden Sie dann Cauchys Konvergenzkriterium f¨ ur Reihen [WHK, Satz 5.30]
Aufgabe 5.14
L¨ osung: (I) Wir zeigen f¨ ur beliebiges gerades p 0 < an − an+1 + an+2 − an+3 + − · · · + an+p =: b(n, p) < an .
p−1 Denn zun¨ achst ist die Summe gleich k=0 (an+k − an+k+1 ) + an+p . Die Differenzen in den Klammern sind positiv weil (an )n monoton fallend, d.h. an+ ≥ an++1 ist. Also ist die Summe positiv. Dieselbe Summe klammern wir anders. Es ist b(n, p) = an +
p−1 k=1
(an+k+2 − an+k+1 ) < an . ≤0
5.4
Unendliche Reihen
133
(II) F¨ ur ungerades p ist b(n, p) =
p−1 k=0
b(n, p) = an +
(an+k − an+k+1 ) ≥ 0
und
≥0
p−2 k=2
(an+k − an+k−1 ) −an+p ≤ an . ≤0
(III) Es ist nach (I) und (II) n+p
|Sn+p − Sn | = |
an+k | ≤ an+1 ≤ an .
k=n+1
Sei ε > 0 beliebig vorgegeben. Wegen limn→∞ an = 0 gibt es ein n(ε) mit an < ε
f¨ ur
n ≥ n(ε).
ur n ≥ n(ε). Die behauptete Konvergenz folgt aus Also ist |Sn+p − Sn | < ε f¨ dem Cauchy-Kriterium f¨ ur Reihen ([WHK, Satz 5.30]). Absolut konvergente Reihen
∞
∞ Eine Reihe n=0 an konvergiert absolut, wenn die Reihe n=0 |an | konvergiert. Dann konvergiert auch die urspr¨ ungliche Reihe. Das wichtigste Bei ∞ n ur |q| < 1. Sie wird f¨ ur praktisch spiel ist die geometrische Reihe n=0 q f¨ alle Aussagen u ¨ber absolute Konvergenz bei irgendwelchen Absch¨ atzungen be ∞ n 1 = 1−q , falls nutzt. Wie Sie vielleicht aus der Schule wissen, ist n=0 q |q| < 1 ist. Aufgabe 5.15 Sei cn = 1 + 1/n und x = 3/4. Zeigen Sie bitte, dass die Reihe
∞
5.15
2x + 3/2 x + 4/3 x + · · · = absolut konvergiert. Tipp: Schauen Sie sich diese Reihe mit dem Applet “Folgen und Reihen an” und benutzen Sie [WHK, Satz 5.31]. 2
3
k+1 k k=1 k x
∞ L¨ osung: Es ist cn ≤ 2, also ist |cn xn | < 2 · ( 34 )n =: bn . Es ist n=0 bn =
∞ 3 n 2 = 8 siehe [WHK, S. 173] oben). Nach [WHK, Satz 2 · n=0 ( 4 ) = 1−3/4
∞ 5.31] konvergiert n=0 cn xn . Aufgabe 5.16 (Verallgemeinerung der vorigen Aufgabe) Sei (cn )n≥0 eine be-
schr¨ankte Zahlenfolge und |x| < 1. Zeigen Sie bitte, dass die Reihe absolut konvergiert.
∞
n=0
cn xn
5.16
134
5. Elementare Grundlagen der Analysis
Tipp: Es ist |cn | ≤ d f¨ ur alle n und ein d > 0. Verwenden Sie nun [WHK, Satz 5.31].
1 n ur |x| < 1. Es ist |cn | ≤ d, also |cn xn | ≤ L¨ osung: Es ist ∞ n=0 x = 1−x f¨ n d|x| . Verfahren Sie nun wie in der vorigen Aufgabe. Es gibt zwei einfache Kriterien zum Nachweis der absoluten Konvergenz einer
Reihe ∞ n=0 an , das Quotientenkriterium und das Wurzelkriterium . Das erste besagt: Seien alle an = 0. Es gebe ein q mit 0 < q < 1 und ein n0 , so dass ur alle n ≥ n0 gilt. Dann ist die Reihe absolut konvergent. | an+1 an | < q f¨ Das Wurzelkriterium lautet: Es gebe eine Zahl q mit 0 < q < 1 und ein n0 , n |an | < q ist f¨ ur alle n ≥ n0 . Dann konvergiert die Reihe absolut. so dass 5.17
Aufgabe 5.17 Sei
∞
dn eine Reihe. Zeigen Sie bitte: dn+1 ur alle n und limn→∞ dn = p < 1. Dann konvergiert a) Es gelte dn = 0 f¨ die Reihe absolut. b) Es gelte limn→∞ n |dn | = p < 1. Auch dann konvergiert die Reihe absolut. Tipp: F¨ uhren Sie a) auf das Quotientenkriterium, b) auf das Wurzelkriterium zur¨ uck, siehe [WHK, Satz 5.34]. n=0
L¨ osung: a) Wir setzen q = 12 (p + 1). Dann gilt p+1 1+1 p+p < =q< = 1. 2 2 2 ur alle − p Nach Voraussetzung gibt es zu ε = q − p ein n(ε) mit dn+1 < ε f¨ dn p=
| | n ≥ n(ε). Daraus folgt insbesondere |d|dn+1 − p < ε = q − p, also |d|dn+1 < q f¨ ur n| n| alle n ≥ n(ε). Nach dem zitierten Quotientenkriterium folgt die Behauptung. 1 b) Sei wiederum + 1) und ε = q − p. Nach Voraussetzung gibt es q = 2 (p n ur alle n ≥ n(ε). Auch hier folgt insbesondere ein n(ε) mit |dn | − p < ε f¨ n n |dn | − p < q − p, also |dn | < q f¨ ur alle n ≥ n(ε). Nach dem zitierten Wurzelkriterium folgt die Behauptung.
Potenzreihen 5.18
Aufgabe 5.18 Zeigen Sie bitte, dass die Reihe x + 2x2 + 3x3 + 4x4 + · · · =
∞
kxk f¨ ur |x| < 1 absolut konvergiert. Tipp: Es ist limn→∞ n+1 n = 1. Verwenden Sie nun das Quotientenkriterium in der Form der Aufgabe 5.17 a). k=1
5.5
Komplexe Zahlenfolgen und Reihen
135
L¨ osung: Sei |x| < 1. Das n. Glied der Reihe ist nxn . F¨ ur x = 0 konn ur alle n vergiert die Reihe sowieso. Sei 0 < |x| < 1. Dann ist nx = 0 f¨ n+1 n+1 = |x| lim und limn→∞ (n+1)x = |x| < 1. Nach Aufgabe 5.17 a) n→∞ n nxn folgt die Behauptung.
∞ ur alle limn→∞ n |an | > 0 ist. Zeigen Sie bitte, dass die Reihe n=0 an xn f¨ 1 √ absolut konvergiert. x mit |x| < n
Aufgabe 5.19 Sei (an )n≥0 eine Folge, so dass ( n |an |) konvergent und
limn→∞
5.19
|an |
Tipp: Kriterium b) aus Aufgabe 5.17. L¨ osung: Sei a = lim n |an |. F¨ ur |x| < a1 setzen wir dn = an xn und erhalten limn→∞ n |dn | = limn→∞ n |an ||x| = a|x| < 1. Nach Aufgabe 5.17 b) folgt die Behauptung.
5.5 Komplexe Zahlenfolgen und Reihen
5.5
Eine Folge u = (un )n≥k komplexer Zahlen, oder kurz: eine komplexe Zahlenfolge , ist nichts anderes als eine Abbildung u : {k, k + 1, . . .} → C, n → un . Sie konvergiert gegen die Zahl c ∈ C, wenn es zu jedem ε > 0 ein n(ε) ≥ k ur alle n ≥ n(ε). gibt mit |c − un | < ε f¨ Eine komplexe Zahlenfolge konvergiert genau dann gegen die Zahl c, wenn (#(un ))n≥k und ($(un ))n≥k gegen #(c) bzw. gegen $(c) konvergieren. Dies k¨ onnen Sie sich mit dem Applet “komplexe Folgen” anschauen. Aufgabe 5.20 Zeigen Sie, dass die folgenden Folgen (an )n≥1 konvergieren,
und bestimmen Sie deren Grenzwerte. a) an = 1 + 1/n + i · (1 − 1/n2 ). 2 ) √ . b) an = cos(n)+i·sin(n n n ur z = 5(cos(1) + i · sin(1)). c) an = zn f¨ L¨ osung: a) Es ist #(an ) = 1+1/n und damit gilt limn→∞ #(an ) = 1. Analog ist $(an ) = 1 − 1/n2 und damit gilt limn→∞ $(an ) = 1. Also erhalten wir limn→∞ an = 1 + i · 1. √ . Wegen | cos(n)| ≤ 1 folgt |#(an )| ≤ √1n . Da b) Es ist #(an ) = cos(n) n limn→∞ √1n = 0 ist, folgt limn→∞ #(an ) = 0. Ebenso folgt |$(an )| ≤ √1n und damit limn→∞ $(an ) = 0. Daraus folgt limn→∞ an = 0. c) Wir berechnen zun¨ achst |z|. Es ist | cos(1)+i·sin(1)|2 = cos(1)2 +sin(1)2 = 1. Also ist |z| = 5. Damit folgt aber |an | ≤ 5nn . Nun ist 5nn ≤ 2nn . Nach Aufgabe
5.20
136
5. Elementare Grundlagen der Analysis
5.9 gilt limn→∞ 2nn = 0. Aus dem Nullfolgenlemma [WHK, Satz 5.22] ergibt sich limn→∞ an = 0. 5.21
Aufgabe 5.21 Seien (an )n≥1 und (bn )n≥1 komplexe Zahlenfolgen und a =
limn→∞ an , b = limn→∞ bn . Beweisen Sie bitte ab = limn→∞ an bn . Tipp: Entweder u ¨bertragen Sie den Beweis der entsprechenden Formel aus dem Reellen ins Komplexe, oder Sie berechnen Real- und Imagin¨arteil von ur reelle an bn und beweisen die Formel durch Benutzung der Rechenregeln f¨ Zahlenfolgen und von [WHK, Satz 5.41]. L¨ osung: Wir gehen den ersten Weg, weil ¨ahnliche Ideen auch in der mehrdimensionalen Analysis benutzt werden. Wir benutzen also die Formeln f¨ ur den Abstand, d.h. f¨ ur den Absolutbetrag und weisen nach, dass (|ab − an bn |)n≥1 eine Nullfolge in R ist. Wir benutzen also das Konvergenzkriterium b) aus [WHK, Satz 5.41]. (I) Eine konvergente Folge (an )n≥1 ist beschr¨ankt (vergl. [WHK, Satz 5.19 a)] und dessen Beweis): denn sei a der Grenzwert der Folge. Zu ε = 1 gibt es ur alle nach der Definition der Konvergenz ein n(ε) = n(1) mit |a − an | < 1 f¨ n ≥ n(1). Damit ist f¨ ur alle n ≥ n(1) |an | = |an − a + a| ≤ |an − a| + |a| ≤ 1 + |a|. angt nicht Also gilt f¨ ur alle n: |an | ≤ max(|a1 |, . . . , |an(1)−1 |, 1 + |a|) =: c, c h¨ mehr von n ab. (II) Unsere beiden Folgen sind konvergent, also beschr¨ankt. Es gibt daher ur alle n. Nun wenden wir das c > 0, d > 0 mit |an | ≤ c und |bn | ≤ d f¨ Argument im Beweis von [WHK, Satz 5.23 c)] an: Es ist |ab − an bn |=|ab − an b + an b − ab| ≤|ab − an b| + |an b − an bn | =|a − an | |b| + |an | |b − bn | ≤|a − an | |b| + c|b − bn |. Nach [WHK, Satz 5.41 b)] sind die Folgen der Abst¨ ande (|a−an |)n≥1 und (|b− bn |)n≥1 Nullfolgen (in R), nach dem Nullfolgenlemma [WHK, Satz 5.22b)] ist damit auch (|ab−an bn |)n≥1 eine Nullfolge. Daraus folgt mit [WHK, Satz 5.41 b)], dass ab = limn→∞ an bn gilt.
5.5
Komplexe Zahlenfolgen und Reihen
137
F¨ ur weite Bereiche der Analysis periodischer Vorg¨ ange und f¨ ur viele andere Anwendungen ist die Eulersche Formel besonders wichtig: Sie lautet exp(it) = cos(t) + i sin(t). Außerdem gilt exp(z1 + z2 ) = exp(z1 ) exp(z2 ) (siehe [WHK, Satz 5.43]). Wie Sie sich mit der folgenden Aufgabe u ¨berzeugen k¨ onnen, ist es mit diesen beiden Formeln sehr leicht, die bekannten trigonometrischen Formeln zu beweisen. Aufgabe 5.22 Beweisen Sie bitte die beiden folgenden Formeln:
5.22
a) cos(u + v) = cos(u) cos(v) − sin(u) sin(v) . b) sin(u + v) = sin(u) cos(v) + cos(u) sin(v). Tipp: Eulersche Formel. L¨ osung: a) Es ist cos(u + v) = #(exp(i(u + v))) = #(exp(iu + iv)) = #(exp(iu) exp(iv)). Nun ist exp(iu) exp(iv)=(cos(u) + i sin(u)) · (cos(v) + i sin(v) =cos(u) cos(v) − sin(u) sin(v) +i · (cos(u) sin(v) + sin(u) cos(v)).
(8)
Also ist cos(u + v) = #(exp(i(u + v)) = cos(u) cos(v) − sin(u) sin(v). b) Es ist sin(u + v) = $(exp(i(u + v))) und man liest das Ergebnis aus der Formel (8) ab. Aufgabe 5.23 Berechnen Sie bitte die folgenden Ausdr¨ ucke:
a) (cos(π/4) + i sin(π/4))3 . b) (cos(1/n) + i sin(π/2 − 1/n) (vereinfachen zu cos(1/n) · z; bestimmen Sie also z). k
n sin(π/4) . c) k=0 cos(π/4)+i 2 Tipp: Eulersche Formel und endliche geometrische Reihe. L¨ osung: a) Es ist cos(π/4)+ i sin(π/4) = exp(iπ/4). Damit folgt (cos(π/4)+ i sin(π/4))3 = (exp(iπ/4))3 = exp(3i π/4) nach der auch in der vorigen Auf-
5.23
138
5. Elementare Grundlagen der Analysis
gabe zitierten Formel [WHK, Satz 5.43 a)]. Also erh¨ alt man (cos(π/4) + i sin(π/4))3 = cos(3π/4) + i sin(3π/4). b) Es ist nach der vorigen Aufgabe sin(π/2 − 1/n) = sin(π/2) cos(−1/n) + cos(π/2) sin(−1/n). Nun ist sin(π/2) = 1 und cos(π/2) = 0 (Anleihe aus der Schule bzw. [WHK, Abschnitt 7.4.2]), sowie cos(x) = cos(−x) (in der Reihe auf [WHK, S.178], durch die der Cosinus definiert ist, stehen nur gerade Potenzen von x). Also ergibt sich sin(π/2 − 1/n) = cos(1/n), und damit cos(1/n) + i sin(π/2 − 1/n) = cos(1/n)(1 + i). sin(π/4) = exp(iπ/4) und erhalten, dass die Summe c) Wir setzen q = cos(π/4)+i 2 2
n n+1 ist. Wir rechnen das aus und erhalten gleich k=0 q k = 1−q 1−q
n
k=0
5.24
cos(π/4) + i sin(π/4) 2
z
k
=
1 2n+1 − cos((n + 1)π/4) − i sin((n + 1)π/4) . 2n 2 − cos(π/4) − i sin(π/4)
2
4
Man setzt f¨ ur komplexe Zahlen z cos(z) = 1 − z2! + z4! −
∞ 3 5 z n z 2n + −··· = und sin(z) = 1! − z3! + z5! − + · · · = n=0 (−1) (2n)!
Aufgabe 5.24 6
6!
∞
n z 2n+1 n=0 (−1) (2n+1)! .
Zeigen Sie bitte: a) eiz = cos(z) + i sin(z). b) cos(it) = 12 (et + e−t ). c) sin(it) = 2i (et − e−t ). Warnung: In Formel a) sind cos(z) und sin(z) selbst komplexe Zahlen, es ist also #(eiz ) = cos(z), usw. Tipp zu b) und c) Beweisen Sie zun¨achst cos(z) = cos(−z) und sin(−z) = − sin(z) (das erh¨alt man durch Einsetzen in die Potenzreihen). Schließen Sie 1 (eiz − e−iz ). hieraus cos(z) = 12 (eiz + e−iz ) und analog sin(z) = 2i L¨ osung: a) Es ist ei z = 1 + i z +
∞ 1 2 2 1 1 1 n n i z + i3 z 3 + i4 z 4 + · · · = i z . 2! 3! 4! n! n=0
2n+1 1 k k i z . Wir summieren zun¨ achst nur bis 2n+1, das heißt wir berechnen k=0 k! 2 3 4 0 Es ist i = −1, i = −i = (−1)i und i = i = 1. Damit erhalten wir
5.5
Komplexe Zahlenfolgen und Reihen
139
i2k = (−1)k und i2k+1 = (−1)k i. Daraus ergibt sich 2n+1 k=0
1 k k 2k z 2k z 2k+1 i z = + i i2k+1 k! (2k)! (2k + 1)! n
k=0 n
=
k=0
n
k=0
n z 2k z 2k+1 +i . (−1)k (−1)k (2k)! (2k + 1)! k=0
F¨ ur n → ∞ konvergiert die linke Seite der Gleichungskette gegen eiz , die letzte Gleichung auf der rechten Seite der Gleichungskette gegen cos(z) + i sin(z). Daraus folgt die Behauptung. b) und c) Es ist ∞ (−z)2n . (−1)n cos(−z) = (2n)! n=0 Wegen (−z)2n = ((−1)2 )n z 2n = z 2n folgt
∞
hieraus cos(−z) = cos(z). Analog folgt aus sin(−z) = 2n+1 n (−z) 2n+1 (−1) = (−1)(−1)2n z 2n+1 = −z 2n+1 sofort n=0 (2n+1)! wegen (−z) sin(−z) = − sin(z). Damit ergibt sich aus Teil a) der Aufgabe ei z + e−i z = cos(z) + i sin(z) + cos(−z) + i sin(−z) = 2 cos(z) + i 0, =− sin(z)
also cos(z) = 1/2 (eiz +e−iz ) und vollkommen analog sin(z) = i/2 (eiz −e−iz ). Setzen wir hier it = z so erhalten wir die gew¨ unschten Formeln.
Kapitel 6 Reelle Funktionen einer Ver¨ anderlichen
6
6 6.1 6.2 6.3
6
Reelle Funktionen einer Ver¨ anderlichen Reelle Funktionen und ihre Erzeugung....................... 143 Grenzwert von Funktionswerten............................... 152 Stetigkeit .......................................................... 157
6 Reelle Funktionen einer Ver¨ anderlichen 6.1 Reelle Funktionen und ihre Erzeugung
6.1
Einfache Regeln zur Bildung von Funktionen Aufgabe 6.1 Schauen Sie sich die folgenden Funktionen jeweils mit dem Ap-
plet “Funktionen einer Ver¨ anderlichen” an. a) Gegeben ist f (x) = x3 . Bestimmen Sie die Funktionen f + und f − . Damit meinen wir: Bestimmen Sie Intervalle, auf denen Sie diese Funktionen einfach beschreiben k¨ onnen. b) Sei f = 5 · 1[0,1] − 3 · 1]1,2] und g = 2 · 1[0,1/2] + 3 · 1]1/2,3/2] + 20 · 1]3/2,3] . Berechnen Sie f g und max(f, g). c) Seien f und g Treppenfunktionen. Zeigen Sie bitte, dass auch max(f, g) und min(f, g) Treppenfunktionen sind. 0 x≤0 . L¨ osung: a) Es ist f (x) = max(f (x), 0). Also ist f (x) = x3 x > 0 3 x x<0 Ebenso ist f − (x) = . Wir haben also Funktionen erhalten, die 0 x≥0 auf verschiedenen Intervallen durch verschiedene Formeln dargestellt werden. b) Wir stellen erst einmal f und g mit denselben Intervallen dar. Dazu bilden wir alle Durchschnitte der Intervalle von f und g. Wir erhalten die Intervalle [0, 1/2], ]1/2, 1], ]1, 3/2], ]3/2, 2] und ]2, 3]. Damit ergebe sich die neuen Darstellungen von f und g mit diesen Intervallen: +
+
f =5 · 1[0,1/2] + 5 · 1]1/2,1] − 3 · 1]1,3/2] − 3 · 1]3/2,2] + 0 · 1]2,3] , g=2 · 1[0,1/2] + 3 · 1]1/2,1] + 3 · 1]1,3/2] + 20 · 1]3/2,2] + 20 · 1]2,3] . Hieraus kann man nun sofort die Formel f¨ ur das Produkt ablesen: f g = 10 · 1[0,1/2] + 15 · 1]1/2,1] − 9 · 1]1,3/2] − 60 · 1]3/2,2] . Ebenso leicht ist es, max(f, g) zu bestimmen: max(f, g)=5 · 1[0,1/2] + 5 · 1]1/2,1] + 3 · 1]1,3/2] + 20 · 1]3/2,2] + 20 · 1]2,3] =5 · 1[0,1] + 3 · 1]1,3/2] + 20 · 1]3/2,3] .
6.1
144
6. Reelle Funktionen einer Ver¨anderlichen
c) Wir w¨ ahlen regul¨ are Darstellungen f¨ ur f und g. Das heißt, wir k¨ onnen f =
n
m f 1 und g = g 1 schreiben. Dabei sind f , g Konstanten und k A l B k l k l k=0 l=0 ur k = k bzw. l = l . Analog Ak , Bl Intervalle mit Ak ∩ Ak = ∅ = Bl ∩ Bl f¨ onnen zum Teil b) bilden wir nun die Mengen Jkl = Ak ∩ Bl . Viele der Jkl k¨ leer sein, aber das macht nichts, denn dann ist 1Jkl = 0, also die Nullfunktion.
Wir erhalten f = k=0,...,m, l=0,...,n fk 1Jkl und g = k=0,...,m, l=0,...,n gl 1Jkl . Damit erhalten wir max(fk , gl )1Jkl . max(f, g) = k=0,...,m, l=0,...,n
Punktweise Konvergenz und gleichm¨ aßige Konvergenz
Eine Folgen von Funktionen (auch kurz Funktionenfolge genannt) ist eine Abbildung n → fn von N (oder {n ∈ Z : n ≥ k}, wenn der erste Index k und nicht 1 ist), wobei die fn alles Funktionen sind, die auf ein und derselben Menge D definiert sind und auch den Wertevorrat X gemeinsam haben. Pr¨ azise gesprochen ist als eine Folge von Funktionen eine Abbildung ¨blich X D die Menge aller Abbildungen von D n → fn ∈ X D , wobei wie u nch X bezeichnet. Im Moment schr¨ anken wir D und X ein: D ist ein Intervall und X = R. Die Folge (fn )n≥k konvergiert punktweise gegen die Funktion f : D → R, wenn f¨ ur jedes einzelnen x aus D die Folge (fn (x))n≥k reeller Zahlen gegen f (x) konvergiert. Das bedeutet: F¨ ur jedes x ∈ D gilt: zu jedem ε > 0 gibt es ein ur alle n ≥ n(ε, x) gilt. Die Konvergenz n(ε, x), so dass |fn (x) − f (x)| < ε f¨ kann beliebig schlecht in Abh¨ angigkeit von x werden. Das heißt, bei festem ε kann das kleinstm¨ ogliche n(ε, x) f¨ ur verschiedene x sehr sehr groß werden. Hier ist ein einfaches Beispiel: D = [1, ∞[ und fn (x) = x + x/n. Die Funktion, gegen die diese Folge punktweise konvergiert, ist f (x) = x. Wir w¨ ahlen ε = 1/10. F¨ ur x = 1 ist das bestm¨ ogliche n(ε, x) = 11. F¨ ur x = 108 dageur weitere Beispiele siehe die gen ist das bestm¨ ogliche n(ε, x) = 109 + 1. F¨ entsprechenden Aufgaben. Nat¨ urlich kann der Fall eintreten, wo n(ε, x) gar nicht von x abh¨ angt. Das f¨ uhrt zu folgendem f¨ ur die Numerik, aber auch f¨ ur viele theoretische Probleme besonders interessanten Begriff: Die Folge konvergiert gleichm¨ aßig gegen f , wenn es zu jedem ε > 0 ein (nur von ε abh¨ angiges) n(ε) existiert mit |fn (x)− f (x)| < ε f¨ ur alle n ≥ n(ε) und alle x ∈ D. Auch f¨ ur diesen Fall geben wir ein einfaches Beispiel: D = R und fn (x) = sin(nx) . Schauen Sie sich dieses Beispiel mit dem Applet “Funktionenfolgen” n an. Die Grenzfunktion f ist offenbar die N ullf unktion. Sei wieder ε = 1/10.
6.1
Reelle Funktionen und ihre Erzeugung
145
Dann gilt f¨ ur alle n ≥ 11 und alle x stets |fn (x)| < ε, weil | sin(y)| ≤ 1 f¨ ur alle y ist. Wenn wir den Begriff der Funktionenfolge erkl¨ art haben, so liegt der Begriff der unendlichen Reihe von Funktionen nahe: Sei (fn )n≥k eine Folge
∞ verstehen wir die von Funktionen fn : D → R. Unter der Reihe
n n=k f (x). Die Konvergenz Folge der Teilsummen (Sn )n≥k mit Sn (x) = =k punktweise bzw. die gleichm¨ aßige Konvergenz der Reihe ist dann einfach die entsprechende Konvergenz der Folge (Sn )n≥k der Teilsummen. Die wichtig ∞ sten Beispiele sind Potenzreihen n=0 an xn und Fourierreihen
∞
∞ n=0 an cos(nx) bzw. n=1 bn sin(nx). Entsprechend zu der Situation reeller Funktionen kann man auch die Konvergenz punktweise bzw. die gleichm¨ aßige Konvergenz f¨ ur Folgen komplexwertiger Funktionen erkl¨ aren. Man betrachtet ja bei der Konvergenz nur die asst sich alles genau so formulieren Entfernungen |fn (x) − f (x)| und damit l¨ wie im reellen Fall. Die Betrachtung komplexwertiger Funktionen ist besonders in der Theorie der komplexen Fourierreihen n¨ utzlich. Hier betrachten
∞
∞ ur x ∈ [−π, π]. wir die Reihen n=0 an exp(inx) + n=1 a−n exp(−inx) f¨ ∞ Diese Reihen schreibt man k¨ urzer als n=−∞ an exp(inx). Aufgabe 6.2 a) Zeigen Sie bitte: die Folge (fn )n≥1 von Funktionen fn : x →
xn konvergiert gleichm¨aßig auf [0,1/2] gegen die Nullfunktion f (x) = 0. b) Zeigen Sie bitte, dass dieselbe Folge, jetzt aber auf [0, 1[= {x ∈ R : 0 ≤ x < 1} betrachtet, hier zwar immer noch punktweise, aber nicht gleichm¨aßig gegen 0 konvergiert. Tipp: W¨ ahlen Sie bei den ”Mathevisualisierungen” den Button “Funktionenfolgen” und geben das Intervall [0, 1/2] ein (unter Einstellungen, Koordinatensystem). Geben Sie die Folge ein und betrachten ε = 0.1 W¨ahlen Sie nun Einzelschritt-Animation und schauen Sie sich an, dass ab n = 4 alle Funktiour alle x von 0 h¨ ochstens den Abstand nen fn im grauen Streifen liegen, also f¨ 0.1 haben. Spielen Sie ein wenig mit dem Koordinatensystem (y-Achse etwa von 0 bis 0.1 und ε = 0.01), damit Sie ein Gef¨ uhl f¨ ur gleichm¨aßige Konvergenz bekommen. F¨ ur b) w¨ ahlen Sie den Ausschnitt auf der x-Achse gleich [0, 1] und u ¨bersehen den Punkt 1 (wir k¨ onnen keine offenen Intervalle eingeben). Wiederholen Sie alles Schritt f¨ ur Schritt, und u ¨berzeugen Sie sich damit bildlich, dass es kein n ur alle x im Intervall in diesem ε-Streifen liegt, 0 < ε < 1/2 gibt, so dass x f¨ egal, wie hoch man n w¨ahlt. L¨ osung: a) Die Idee ist: f¨ ur alle x ∈ [0, 1/2] ist 0 ≤ xn ≤ (1/2)n , weil die Potenzfunktion monoton wachsend ist. Sei also ε > 0 beliebig vorgegeben.
6.2
146
6. Reelle Funktionen einer Ver¨anderlichen
Dann gibt es nach [WHK, Satz 5.2 b)] ein n(ε) mit (1/2)n < ε f¨ ur alle n ≥ n(ε). Damit gilt f¨ ur alle x ∈ [0, 1/2] und alle n ≥ n(ε) |0 − xn | = xn ≤ (1/2)n < ε, und daraus folgt die gleichm¨ aßige Konvergenz gegen 0. b) Dem Bild haben Sie entnommen, dass jede Funktion fn den ε-Streifen um 0 verl¨asst, egal, wie hoch Sie n w¨ahlen. Die Stelle xn , an der fn den ε-Streifen √ √ verl¨ asst, ist gerade n ε. Nach [WHK, Satz 5.1f)] ist aber n ε < 1 falls ε < 1. Hier nun der formale Beweis von b): (i) F¨ ur 0 ≤ x < 1 gilt limn→∞ xn = 0. Denn aus der Voraussetzung folgt 1 = x + v mit 0 < v ≤ 1 Mit dem Binomiallehrsatz erhalten wir n+1 n n+1 n+1 =x + x v + · · · + v n+1 ≥ n xn v. 1 = (x + v) 1 Also ist 0 ≤ xn ≤ v1 · n1 , woraus die Behauptung nach dem Nullfolgenlemma [WHK, Satz 5.22 b)] folgt. Angenommen, die Folge w¨ urde gleichm¨aßig auf [0, 1[ konvergieren. Dann m¨ usste nach dem Vorangegangenen der Grenzwert 0 sein. Zu ε = 1/2 g¨ abe es dann ein n(1/2) mit ur alle x ∈ [0, 1[ und alle n ≥ n(1/2). (9) xn < 1/2 f¨ F¨ ur x = n(1/2) 3/4 ist aber xn(1/2) = 3/4 > 1/2, ein Widerspruch zur Ungleichung (9). 6.3
∞
xn konvergiert auf dem Inauf dem Intervall [0, 1[ konvergiert sie tervall [0, 3/4] gleichm¨ aßig gegen 1 noch punktweise gegen 1−x , aber nicht mehr gleichm¨aßig. Tipp: Schauen Sie sich die Reihe mit dem Applet “Funktionenfolge” a¨hnlich wie in der vorigen Aufgabe an.
Aufgabe 6.3 Zeigen Sie bitte: Die Reihe 1 1−x ,
n=0
L¨ osung: a) Dass die Reihe punktweise gegen f (x) = im Beispiel auf [WHK, S. 174] vorgerechnet. Es ist f (x) −
n
xk =
k=0 n
1 1−x
konvergiert, wurde
1 − xn+1 xn+1 1 − = . 1−x 1−x 1−x
n
x F¨ ur 0 ≤ x ≤ 3/4 ist 1−x ≤ (3/4) ur 0 ≤ x ≤ y < 1 gilt x−xy ≤ y−xy, 1−3/4 . Denn f¨ also x/(1 − x) ≤ y/(1 − y) und daraus folgt f¨ ur n ≥ 2
yn x y y xn = xn−1 ≤ xn−1 ≤ y n−1 = . 1−x 1−x 1−y 1−y 1−y
(10)
6.1
Reelle Funktionen und ihre Erzeugung
147
Daraus folgt f¨ ur alle x ∈ [0, 3/4] und alle n 0 < f (x) −
n
xk =
k=0
(3/4)n+1 xn+1 ≤ , 1−x 1 − 3/4
und der letzte Ausdruck h¨ angt nicht mehr von x ab und konvergiert gegen 0. Daraus folgt die Behauptung a¨hnlich wie in Teil a) der vorangegangenen Aufgabe. b) Nach den Bildern u ¨ber gleichm¨aßige Konvergenz der gegebenen Reihe im Applet “Funktionenfolgen” ist klar, dass die Konvergenz desto schlechter wird, je n¨ aher man bei 1 ist. Wir setzen also xn = 1 − 1/n und zeigen xk n zun¨ achst, dass f¨ ur jedes feste k ≥ 1 die Folge (vn (k))n≥1 mit vn (k) = 1−x n unbeschr¨ ankt ist. Wenn wir das haben, k¨ onnen wir zeigen, dass die Konvergenz der Funktionenfolge nicht gleichm¨ aßig ist, indem wir k = n(ε) setzen werden und dann ein x mit xk /(1 − x) > ε bestimmen. Ein solches x wird ein xn sein. Es ist 1 − 1/n > 1/4 f¨ ur n ≥ 2, also folgt vn (k) =
(1 − 1/n)k = n(1 − 1/n)k ≥ n(1/4)k , 1 − (1 − 1/n)
und das zeigt die Unbeschr¨anktheit von (vn (k))n≥1 . Angenommen die Konvergenz w¨are gleichm¨ aßig auf [0, 1[. Dann g¨ abe es zu ε = 1 ein n(1) mit |f (x) −
n l=0
xl | =
xn+1 < 1 f¨ ur alle n ≥ n(1) und alle x ∈ [0, 1[. 1−x
(11)
Wir setzen k = n(1) + 1 und finden wegen der Unbeschr¨ anktheit von xk r (vr (k))r≥1 (s.o.) ein r ≥ 2 mit vr (k) > 2. Es ist vr (k) = 1−xr f¨ ur xr = 1−1/r. Zusammengefasst erhalten wir
n(1)
|f (xr ) −
l=0
n(1)+1
xlr | =
xr >2 1 − xr
im Widerspruch zur Ungleichung (11). Also ist die Annahme der gleichm¨ aßigen Konvergenz widerlegt. Aufgabe 6.4 Zeigen Sie bitte:
1 konvergiert gleichm¨ aßig gegen a) Die Folge der Funktionen fn (x) = x + n die identische Abbildung id : x → id(x) = x. 1 )2 ) konvergiert punktweise auf R b) Die Folge (fn2 ) (also fn2 (x) = (x + n aßig. gegen f (x) = x2 , aber nicht gleichm¨
6.4
148
6. Reelle Funktionen einer Ver¨anderlichen
L¨ osung: a) Wir brauchen eine Absch¨ atzung f¨ ur |f (x) − fn (x)|, die nicht von x abh¨ angt. Aber das ist ganz einfach, weil die Differenz f (x) − fn (x) = 1/n gar nicht von x abh¨ angt. Sei also ε > 0 beliebig gew¨ ahlt. Dann gibt es ein ur alle n(ε) mit 1/n < ε f¨ ur alle n ≥ n(ε). Also ist |f (x) − fn (x)| = 1/n < ε f¨ n ≥ n(ε) und alle x ∈ R. ur jedes feste x ∈ R gegen f (x) konvergiert, folgt b) Dass ((fn (x))2 )n≥1 f¨ aus den Rechenregeln f¨ ur konvergente Folgen (siehe [WHK, Satz 5.23]). Wir untersuchen den Absolutbetrag der Differenz |f (x)2 − fn (x)2 | = |2x/n + ur x = n ergibt sich, dass die Differenz |f (x)2 − fn (x)2 | = |2x/n + 1/n2 |. F¨ onnen wir schnell einen Widerspruchsbeweis angeben: 1/n2 | > 2 ist. Damit k¨ Angenommen die Folge w¨ urde gleichm¨aßig konvergieren. Dann g¨ abe es zu ur alle n ≥ n(ε) ε = 1 ein n(1) mit |f (x)2 − fn (x)2 | = |2x/n + 1/n2 | < 1 f¨ und alle x ∈ R. Aber f¨ ur x = n(ε) ist 1 > |f (x)2 − fn(ε) (x)2 | = |2n(ε)/n(ε) + 1/n(ε)2 | > 2, ein offensichtlicher Widerspruch. 6.5
Aufgabe 6.5 Zeigen Sie bitte, dass die angegebenen Reihen gleichm¨ aßig konvergieren.
eint a) ∞ n=0 2n auf ganz R. n
∞ b) n=2 x 2 auf [−1, 1]. n ur alle t. Tipp zu a): |eint | = 1 f¨
1 1 . Warum konvergiert ∞ Tipp zu b): 12 ≤ n=2 n(n − 1) ? n(n − 1) n
L¨ osung: a) F¨ ur alle t ∈ R gilt nach [WHK, Satz 5.43 b)] |eint | = 1. (I) Behauptung: Zun¨ achst konvergiert die Reihe f¨ ur jedes feste t ∈ R. Beweis: Wir weisen das Cauchy-Kriterium nach (siehe [WHK, Satz 5.41]
ikt sowie [WHK, Satz 5.30]): Seien n, p ∈ N beliebig und Sn (t) = nk=0 e2n . Dann ist |Sn+p (t) − Sn (t)|=| =
n+p k=n+1 n+p
k=n+1
n+p eikt eikt | ≤ | k | 2k 2 k=n+1
1 1 1 1 − 2p+1 1 = ≤ n. 2k 2n+1 1 − 12 2
6.1
Reelle Funktionen und ihre Erzeugung
149
Sei ε > 0 beliebig vorgegeben. Dann gibt es ein n(ε) ∈ N mit 2−n ≤ 2−n(ε) < ε f¨ ur alle n ≥ n(ε). Damit ist dann auch |Sn+p (t) − Sn (t)| ≤ 2−n < ε
(12)
f¨ ur alle n ≥ n(ε). Das aber ist das Cauchy-Kriterium f¨ ur Reihen (vergl. [WHK, Satz 5.30], der nat¨ urlich auch f¨ ur komplexe Reihen gilt).
∞ int (II) Sei S(t) = n= e2n . Um die gleichm¨aßige Konvergenz auf R zu beweisen, m¨ ussen wir zeigen: Zu jedem ε > 0 gibt es ein n(ε) ∈ N mit |S(t) − Sn (t)| < ε ¨ f¨ ur alle n ≥ n(ε) und alle t ∈ R. Aus Ungleichung (12) folgt durch Ubergang mit p → ∞ |S(t) − Sn (t)| ≤ 2−n < ε f¨ ur alle n ≥ n(ε) und alle t ∈ R, denn schon die erste der beiden Ungleichungen in der letzten Zeile h¨ angt nicht von t ab! b) Sei x ∈ [−1, 1] beliebig. Wir zeigen zun¨ achst die Konvergenz der Reihe f¨ ur dieses gew¨ahlte x. Dazu w¨ahlen wir das Konvergenzkriterium [WHK, 1 f¨ ur n ≥ 2 und Satz 5.31]. Mit den dortigen Bezeichnungen sei bn = n(n−1) n 2 an = x /n . Dann ist f¨ ur diese n 1 1 1 = − . n(n − 1) n−1 n
∞
n Die Reihe k=2 bk konvergiert wegen k=2 bn = (1−1/2)+(1/2−1/3)+· · ·+ 1/(n − 1) − 1/n = 1 − 1/n (gegen 1). Nach dem zitierten Satz konvergiert
∞ n 2 angiger) Grenzwert sei damit auch die Reihe n=1 x /n . Ihr (von x abh¨ S(x). Behauptung: die Konvergenz ist gleichm¨aßig. Beweis: F¨ ur n ≥ 2 ist |an | = |xn /n2 | ≤ 1/n2 <
|S(x) −
n
xk /k 2 |=|
k=1
≤
∞
xk /k 2 | ≤
k=n+1 ∞
1/k 2 ≤
k=n+1
∞
|x|k /k 2
k=n+1 ∞
(1/(k − 1) − 1/k) = 1/n.
k=n+1
n Es ist also |S(x) − k=1 xk /k 2 | ≤ 1/n unabh¨ angig von x ∈ [−1, 1]. Daraus folgt offensichtlich die gleichm¨ aßige Konvergenz. Einen f¨ ur die gleichm¨ aßige Konvergenz von beschr¨ ankten Funktionenfolgen besonders g¨ unstigen Entfernungsbegriff erh¨ alt man u ¨ber die Supremumsnorm: Sei f : D → R beschr¨ ankt, das heißt es gibt eine Konstante C ≥ 0 mit |f (x)| ≤ C f¨ ur alle x ∈ D. Dann heißt %f %∞ := {sup |f (x)| : x ∈ D} die
150
6. Reelle Funktionen einer Ver¨anderlichen
Supremumsnorm von f . Es ist die kleinste, von x unabh¨ angige Abweichung von der Nullfunktion. Die zugeh¨ orige Entfernung zwischen zwei Funktionen f und g ist %f − g%∞ . Entsprechend kann man auch die Supremumsnorm f¨ ur komplexwertige Funktionen erkl¨ aren. Die Supremumsnorm spielt eine wichtige Rolle in der Numerik. Sie h¨ angt eng mit dem Begriff der gleichm¨ aßigen Konvergenz zusammen, wof¨ ur wir auf die Literatur verweisen (zum Beispiel [WHK, Satz 6.6]). 6.6
Aufgabe 6.6 Berechnen Sie die Supremumsnorm der folgenden Funktionen:
a) f (x) = x3 auf [−4, 5]. b) f (x) = x2 − x auf [−2, 2]. c) f (x) = sin(x) − cos(x) auf R. Tipp: Bestimmen Sie mit Schulwissen Minima und Maxima von f . d) f (x) = 1 − 1 2 auf R. 1+x Tipp: Schauen Sie sich die Funktionen |f | einfach mit dem Applet “Funktionen einer Ver¨ anderlichen” an. Dort sehen Sie die Maxima und k¨ onnen die Supremumsnorm ablesen. Nat¨ urlich m¨ ussen Sie noch beweisen, dass das Abgelesene auch die Supremumsnorm ist. L¨ osung: a) Wir untersuchen die Funktion g(x) = |x3 | = |x|3 . Nach [WHK, ur 0 ≤ x < y. Also erhalten wir |−4|3 = |4|3 > |−x|3 Satz 5.1 f)] gilt x3 < y 3 f¨ f¨ ur alle x mit 0 ≤ x < 4. Andererseits ist f¨ ur 0 ≤ x ≤ 5 aus demselben Grunde ur alle x ∈ [−4, 5]. Wir erhalten 0 ≤ x3 ≤ 53 . Damit gilt 625 = 53 ≥ |x3 | f¨ %f %∞ = 625. ur x < 0 ist f (x) = x2 + |x|, also ist %f % = sup{|f (x)| : b) Sei f (x) = x2 − x. F¨ x ∈ [−2, 2]} ≥ sup{|f (x)| : −2 ≤ x ≤ 0} = 4 + 2 = 6. F¨ ur 0 ≤ x ≤ 1 ist x2 ≤ x also x2 − x = x(1 − x) ≤ 1/4, wie Sie entweder durch direkten Nachweis oder u ¨ ber die Bestimmung von Minima und Maxima, wie in der ur 1 ≤ x ≤ 2. Schule gelernt, erhalten. Schließlich ist 0 ≤ x2 − x < x2 + x ≤ 6 f¨ Insgesamt erhalten wir also %f %∞ = sup{|f (x)| : x ∈ [−2, 2]} = 6. c) Wir bestimmen die (lokalen) Extremwerte mit den Schulmethoden: Sei f (x) = sin(x) − cos(x). Dann ist f (x) = cos(x) + sin(x). Ist cos(x) = 0, so ist sin(x) = ±1, also ist x keine Nullstelle der Ableitung. Damit gilt f (x) = 0, wenn tan(x) = −1 ist und das ist der Fall f¨ u√ r x = 3π/4+2kπ, x = 5π/4+2kπ. √ Im ersten Fall erhalten wir f (x) = √22 = 2, im zweiten f (x) = − 2. Die 2. Ableitung ist f (x) = − sin(x) + cos(x) = −f (x). An den genannten Stellen ist also die 2. Ableitung ungleich 0 und√damit liegen an diesen Stellen Extremwerte vor. Wir erhalten also %f %∞ = 2.
6.1
Reelle Funktionen und ihre Erzeugung
151 2
1 x d) Die Funktion f (x) = 1 − 1+x 2 = 1+x2 ist symmetrisch, das heißt, es gilt f (x) = f (−x). Daher brauchen wir sie nur auf [0, ∞[ zu untersuchen. Zun¨ achst stellen wir fest, dass f durch 1 beschr¨ ankt ist weil der Z¨ ahler kleiner als der Nenner ist. Behauptung: %f %∞ = 1. 1 Beweis: Wir formen f um: f (x) = 1+1/x 2 . Nun bestimmen wir das Supremum, indem wir auf dessen Definition [WHK, Definition 5.9] zur¨ uckgehen (siehe auch dieses Buch, S. 117). Sei ε > 0 beliebig vorgegeben. Wir suchen ein x mit 1 − ε < f (x) ≤ 1. Ist 1 − ε ≤ 0, so w¨ahlen wir x = 1 und erhalten f (x) = 1/2 > 1 − ε. Sei 1 − ε > 0. Wir zeigen erst einmal, wie man auf ein geeignetes x kommt: Aus f (x) > 1 − ε folgt 1 + 1/x2 < 1/(1 − ε) und ε . Das impliziert x2 > 1−ε ahlen also (zum Beispiel) hieraus 1/x2 < 1−ε ε . Wir w¨ x = 2 · 1−ε achlich f (x) > 1−ε ist. ε , und erhalten durch Einsetzen, dass tats¨ Damit haben wir bewiesen, dass 1 = sup{f (x) : x ≥ 0} ist. Da die Funktion, wie oben ausgef¨ uhrt, symmetrisch ist, erhalten wir die Behauptung.
Grunds¨ atzlich ist es von Interesse, ob eine gegebene reelle Funktion irgendwo einen maximalen oder minimalen Wert annimmt. Wir unterscheiden dabei zwischen globalen und lokalen Maxima bzw. Minima. Das bedeutet genauer: c ist globales Maximum der Funktion f : D → R, wenn es eine Stelle x mit f (x) = c und f (y) ≤ c f¨ ur alle y ∈ D gibt. Entsprechend ist d globales Minimum, wenn es eine Stelle z mit f (z) = d und f (w) ≥ d f¨ ur alle w ∈ D gibt. x bzw. z heißt dann globale Maximalstelle bzw. Minimalstelle. Will man sich nicht festlegen, ob man von einem globalen Maximum oder globalen Minimum sprechen will, so spricht man von einem globalen Extremwert bzw. von einer globalen Extremalstelle . Gibt es ein ε > 0, so dass x eine Maximalstelle f¨ ur die Einschr¨ ankung von f auf D∩]x − ε, x + ε[ ist, so heißt x eine lokale Maximalstelle und f (x) lokales Maximum. Entsprechend werden die Begriffe lokales Minimum etc. erkl¨ art. Aufgabe 6.7 Bestimmen Sie die lokalen Maxima und Minima der Funktion f (x) = sin(x) − x cos(x) auf dem Intervall [−7π/4, 7π/4], wie Sie es in der Schule gelernt haben und bestimmen Sie das globale Maximum und das globale Minimum von f auf dem Intervall. Bestimmen Sie damit die Supremumsnorm, Tipp: Schauen Sie sich die Funktion mit dem Applet “Funktionen einer Ver¨anderlichen” an.
L¨ osung: Wir berechnen f (x) = cos(x) − cos(x) + x sin(x) = x sin(x). Die Nullstellen sind kπ f¨ ur k ∈ Z. Die zweite Ableitung ist f (x) = sin(x) +
6.7
152
6. Reelle Funktionen einer Ver¨anderlichen
x cos(x). Die Funktion f ist ungerade, das heißt, es gilt f (x) = −f (−x). Damit kann 0 kein Extremwert sein. Im Intervall [−7π/4, 7π/4] liegen noch amlich x1/2 = ±π. F¨ ur x = π ist die beiden anderen Nullstellen von f n¨ f (x) = −π·cos(π) = π, f (π) = −π < 0, also ist f (π) ein (lokales) Maximum. F¨ ur x = −π erhalten wir f (x) = −π und dies ist ein lokales Minimum. ur F¨ ur x = 7π/4 = 2π − π/4 ist f (x) = − √12 · (1 + 7π/4) ≈ −4.59 und f¨ x = −7π/4 entsprechend f (x) ≈ 4.59. Damit ist %f %∞ = sup{f (x) : x ∈ √ . [−7π/4, 7π/4]} = 1+7π/4 2 6.2
6.2 Grenzwert von Funktionswerten Oft muss man untersuchen, wie sich die Funktionswerte einer reellen Funktion verhalten, wenn man sich einer kritischen Stelle n¨ ahert. Zum Beispiel f¨ u r x gegen 0 untersuchen. Allgemeiner spielt der will man f (x) = sin(x) x Grenzwert von Funktionswerten bei der Stetigkeit und bei der Differenzierbarkeit die entscheidende Rolle. Im angegebenen Beispiel (es handelt sich um die Bestimmung der Ableitung von sin(x) an der Stelle 0) kann 0 nicht in der Definitionsmenge D = R \ {0} der Funktion f liegen, weil der Nenner in 0 verschwindet. Andererseits kann man sich der 0 von der Definitionsmenge her beliebig n¨ ahern. Genau das charakterisiert den Adh¨ arenzpunkt einer Menge D. Jeder Punkt x von D ist selbst nat¨ urlich “nahe an” D, h¨ angt sozusagen an D (das ist die lateinische Bedeutung von “adh¨ arent”). Aber es gibt noch weitere Punkte, die adh¨ arent an D sind, wie der Punk 0 oben an der Menge D = R \ {0}. Die genaue Definition eines Adh¨ arenzpunktes lautet so: x ∈ R ist Adh¨ arenzpunkt der Menge D, wenn es eine Folge (an )n≥1 von Elementen an aus D gibt, die gegen x konvergiert. Ist x in D, so konvergiert die konstante Folge ur alle n nat¨ urlich gegen x. Also ist x ein Adh¨ arenzpunkt (an )n≥1 mit an = x f¨ von D. ahlen, um zu zeigen, Im Beispiel D = R \ {0} kann man die Folge an = 1/n w¨ dass 0 adh¨ arent an D ist.
6.8
Aufgabe 6.8 Sei ∅ = D ⊂ R. Zeigen Sie bitte: a ist genau dann ein Adh¨ arenz-
punkt von D, wenn es zu jedem ε > 0 ein b(ε) ∈ D mit |a − b(ε)| < ε gibt. Tipp: F¨ ur eine Richtung w¨ ahlen Sie nacheinander ε = 1 , ε = 12 , ε = 1 , . . .. 3 L¨ osung: a ist (nach [WHK, Definition 6.8] bzw. nach dem vorangegangenen Absatz) genau dann ein Adh¨ arenzpunkt von D, wenn es eine Folge (an )n≥1 von Elementen an aus D gibt mit limn→∞ an = a.
6.2
Grenzwert von Funktionswerten
153
(I) Sei a ein Adh¨ arenzpunkt von D und sei (an )n≥1 eine gegen a konvergente Folge aus D. Sei ε > 0 beliebig vorgegeben. Zu diesem ε gibt es ein n(ε) ur alle n ≥ n(ε). Insbesondere gilt diese Ungleichung f¨ ur mit |a − an | < ε f¨ b(ε) = an(ε) ∈ D. Wir haben also solch ein b(ε) gefunden. (II) Es gelte die angegebene Bedingung. Zu ε = 1/n gibt es also ein b(ε) =: alt man eine Folge (an )n≥1 von an ∈ D mit |a − an | < ε = 1/n. Damit erh¨ Elementen aus D, die nach dem Nullfolgenlemma [WHK, Satz 5.22 a)] gegen a konvergiert. a ist also ein Adh¨arenzpunkt von D. Eine Menge heißt abgeschlossen, wenn sie alle ihre Adh¨ arenzpunkte enth¨ alt. Zum Beispiel ist die Menge [0, 1] abgeschlossen, wie die n¨ achste Aufgabe zeigt (vergleiche auch [WHK, S. 192, Beispiel 2]). Die Menge ]0, 1] ist aber nicht abgeschlossen, wie ebenfalls in der n¨ achsten Aufgabe behandelt wird. Aufgabe 6.9 Zeigen Sie bitte: a) [0, 1] = {x ∈ R : 0 ≤ x ≤ 1} ist abgeschlossen. b) ]0, 1] = {x ∈ R : 0 < x ≤ 1] ist nicht abgeschlossen. c) Ein Intervall J ist genau dann abgeschlossen, wenn seine Enden = ±∞ dazugeh¨oren. Das heißt ausf¨ uhrlicher: R ist abgeschlossen. [a, ∞[, ] − ∞, b] und [a, b] (a < b ∈ R) sind abgeschlossen. Alle anderen Intervalltypen sind nicht abgeschlossen.
L¨ osung: a) Wir zeigen gleich etwas allgemeiner, dass Intervalle des Typs [a, b] abgeschlossen sind, wo a, b ∈ R sind und a < b ist. Der entscheidende ¨ Punkt hierf¨ ur ist [WHK, Satz 5.23 e)], der besagt, dass der Ubergang zum ur Limes die Ungleichung ≤ respektiert. Das heißt genauer: ist a ≤ an ≤ b f¨ alle n, so ist a ≤ limn→∞ an ≤ b. Sei also x ein Adh¨ arenzpunkt von [a, b]. Dann gibt es eine Folge (an )n≥1 aus [a, b], die gegen x konvergiert. Damit folgt aus a ≤ an ≤ b f¨ ur alle n auch arenzpunkt x liegt bereits in [a, b]. a ≤ x = limn→∞ an ≤ b, das heißt der Adh¨ b) 0 ∈]0, / 1]. Wir zeigen, dass 0 ein Adh¨ arenzpunkt von ]0, 1] ist. Dazu w¨ ahlen wir einfach die Folge an = 1/n. Es ist 0 < 1/n ≤ 1, also 1/n ∈]0, 1] und / 1] ist ]0, 1] nicht abgeschlossen. 0 = limn→∞ 1/n. Wegen 0 ∈]0, c) (i) R ist abgeschlossen. Denn jeder Adh¨arenzpunkt von R liegt in R (wo sonst?). (ii) [a, ∞[ ist abgeschlossen. Wir benutzen dazu dasselbe Argument wie unter a). Sei x ein Adh¨ arenzpunkt von [a, ∞[. Wir m¨ ussen zeigen, dass x in [a, ∞[ liegt. Da x ein Adh¨ arenzpunkt ist, gibt es eine Folge (an )n≥1 aus [a, ∞[ mit ur alle n folgt a ≤ x, also x ∈ [a, ∞[. x = limn→∞ an . Wegen a ≤ an f¨
6.9
154
6. Reelle Funktionen einer Ver¨anderlichen
(iii) ]−∞, b] ist abgeschlossen. Denn sei x ein Adh¨ arenzpunkt dieses Intervalls. Dann gibt es eine Folge (an )n≥1 aus diesem Intervall, die gegen x konvergiert. ur alle n folgt x = limn→∞ an ≤ b, also x ∈] − ∞, b]. Dass [a, b] Aus an ≤ b f¨ abgeschlossen ist, wurde schon bei der L¨osung von a) gezeigt. (iv) Alle anderen Intervalltypen haben die gemeinsame Eigenschaft, dass sie einen endlichen Endpunkt (also = ±∞) haben, der nicht zum Intervall geh¨ ort. Wir wollen zeigen, dass dieser Endpunkt ein Adh¨ arenzpunkt ist. Da er nicht zu dem Intervall geh¨ort, ist dies Intervall nicht abgeschlossen. Wir nehmen also zun¨ achst J =]a, b] an. Wir m¨ ussen eine Folge aus ]a, b] konstruieren, die gegen a konvergiert. Wir w¨ahlen einfach an = a+(b−a)/(n+ 1). Offensichtlich ist a < an . Aber es gilt auch an = a + (b − a)/(n + 1) ≤ a + (b − a)/2 < a + (b − a)1 = b. Also ist an ∈]a, b] (sogar in ]a, b[) und es ist / b]. limn→∞ an = a ∈]a, ur ]a, b[ k¨ onnen wir F¨ ur [a, b[ w¨ ahlen wir bn = a + (b − a)(1 − 1/(n + 1)). F¨ ebenfalls die Folge (an )n≥1 bzw. (bn )n≥1 w¨ahlen, um zu zeigen, dass beide Endpunkte Adh¨ arenzpunkte sind. Keiner von beiden liegt in ]a, b[. Sei schließlich J =]a, ∞[. Dann gen¨ ugt die Folge an = a + 1/n, um zu zeigen, dass a ein Adh¨ arenzpunkt ist, der nach Definition nicht im Intervall liegt. F¨ ur ] − ∞, b[ w¨ ahlen wir bn = b − 1/n. Weitere Intervalltypen gibt es nicht. Damit ist die L¨osung der Aufgabe vollst¨andig. 6.10
Aufgabe 6.10 Sei D die Menge aller Adh¨ arenzpunkte von D. Zeigen Sie (D) =
D. Anders ausgedr¨ uckt: jeder Adh¨ arenzpunkt von D ist ein Adh¨ arenzpunkt von D. Noch anders gesagt: D ist abgeschlossen. Tipp: Benutzen Sie Aufgabe 6.8. L¨ osung: Wir zeigen: jeder Adh¨ arenzpunkt von D liegt bereits in D. Damit ist D abgeschlossen. Sei a ein Adh¨ arenzpunkt von D, also a ∈ D. Um zu zeigen, dass a ∈ D liegt, m¨ ussen wir nach Aufgabe 6.8 zu beliebigem ε > 0 ein b(ε) ∈ D mit |a − b(ε)| < ε finden. Nach dieser zitierten Aufgabe gibt es wegen a ∈ D zu ε := ε/2 ein c(ε ) ∈ D mit |a − c(ε )| < ε . Da dieses c(ε ) in D liegt, gibt es wieder nach Aufgabe 6.8 ein d(ε ) ∈ D mit |c(ε ) − d(ε )| < ε . Aber damit haben wir ein geeignetes Element b(ε) ∈ D gefunden, n¨ amlich b(ε) = d(ε ). Denn es gilt |a − b(ε)| ≤ |a − c(ε )| + |c(ε ) − b(ε) | ≤ ε + ε = ε. =d(ε )
Da a ∈ (D) beliebig war, folgt d ∈ D, also die Behauptung.
6.2
Grenzwert von Funktionswerten
155
Wir sind nun in der Lage, Grenzverhalten von Funktionswerten f¨ ur Ann¨ aherung an einen Adh¨ arenzpunkt des Definitionsgebiets zu erkl¨ aren: Sei f : D → R eine reelle Funktion. Wir sagen, f (x) konvergiert gegen d f¨ ur x gegen den Adh¨ arenzpunkt c von D, wenn f¨ ur jede gegen c konvergente Folge (an )n≥1 aus D die Bildfolge (f (an ))n≥1 gegen d konvergiert. Wir schreiben dann limx→c f (x) = d. Unsere Bedingung ist gleichbedeutend mit der folgenden: zu jedem ε > 0 gibt es ein δ > 0 mit |f (x) − d| < ε f¨ ur alle x ∈ D mit |x − c| < δ, siehe [WHK, Theorem 6.11], wo Sie auch Anleitung zur Visualisierung dieses Begriffs finden. Sei nun f : &b, ∞[=: D → R eine reelle Funktion. Wir sagen f konvergiert gegen d f¨ ur x gegen unendlich, wenn es zu jedem ε > 0 ein L(ε) gibt mit |f (x) − d| < ε f¨ ur alle x > L(ε). Wir schreiben dann limx→∞ f (x) = d. Entsprechend erkl¨ aren wir die Konvergenz gegen d f¨ ur x gegen −∞, in Zeur jedes ε > 0 gibt es ein L(ε) mit |f (x) − d| < ε ichen limx→−∞ f (x) = d: F¨ f¨ ur alle x mit x < L(ε). Schließlich interessiert oft auch die Frage, wann gehen Funktionswerte gegen ±∞. Sie kennen das Problem aus der Schule, wenn Sie Pole einer Funktion untersuchen mussten. Sei c ein Adh¨ arenzpunkt von der Menge D und f : D → R eine reelle Funktion. Wir sagen, f divergiert bestimmt gegen ∞, wenn es zu jedem L > 0 ein δ(L) > 0 gibt mit f (x) > L f¨ ur alle x ∈ D mit |x − c| < δ(L). Wir schreiben ur x → c, daf¨ ur limx→c f (x) = ∞. Entsprechend divergiert f gegen −∞ f¨ wenn es zu jedem L < 0 ein δ(L) > 0 gibt mit f (x) < L f¨ ur alle x ∈ D mit |x − c| < δ(L). Hierf¨ ur schreiben wir limx→c f (x) = −∞. Als letztes wollen wir die Divergenz f¨ ur x → ±∞ erkl¨ aren. f (x) divergiert bestimmt gegen ∞ (bzw. −∞) f¨ ur x → ∞, wenn es zu jedem L > 0 ein M (L) > 0 gibt mit f (x) > L (bzw. f (x) < −L) f¨ ur alle x > M (L). In Zeichen: limx→∞ f (x) = ∞ (bzw. limx→∞ f (x) = −∞). Analog erkl¨ art man limx→−∞ f (x) = ∞ und limx→−∞ f (x) = −∞. Aufgabe 6.11 Untersuchen Sie bitte die folgenden Funktionen auf Konvergenz
bzw. bestimmte Divergenz: 2 −1 , D = R \ {1}, c = 1. a) f (x) = xx−1 1 b) f (x) = a−bx , a, b > 0, D = [0, a/b[, c = a/b. x2 −1 c) f (x) = (x−1) 2 , c = 1, einmal D =]1, ∞[, zum anderen D =] − ∞, 1[. L¨ osung: a) Es ist x2 − 1 = (x − 1)(x + 1), also ist f (x) = x + 1 und damit limx→1 f (x) = 2.
6.11
156
6. Reelle Funktionen einer Ver¨anderlichen
b) Wir vermuten limxc f (x) = ∞, so suggeriert es wenigstens das Applet “Funktionen einer Ver¨ anderlicher”. Wir probieren daraufhin, wann f (x) > 1 > M gilt genau dann, wenn a − M f¨ ur irgendeine Zahl M > 0 gilt. a−bx bx < 1/M , also a − 1/M < bx ist. Damit erhalten wir: Sei M > 0 beliebig 1 . Sei x beliebig mit a/b − δ(M ) < x < a/b. Dann vorgegeben und δ(M ) = bM a−1/M ist < x < a/b, also a − 1/M < bx < a und damit a − bx < 1/M , also b f (x) > M . Daraus folgt aber nach der Definition der bestimmten Divergenz limxa/b f (x) = ∞. c) F¨ ur x = 1 ist f (x) = (x+1)(x−1) = x+1 achst D =]1, ∞[. Wenn (x−1)2 x−1 . Sei nun zun¨ wir uns die Funktion anschauen, scheint es, dass limx∈D,x→1 f (x) = ∞ gilt. Um das zu beweisen, orientieren wir uns, wann f (x) > L f¨ ur ein L > 0 wird. x+1 > L gilt wegen x − 1 > 0 genau dann, wenn x + 1 > L(x − 1), also x−1 ist. Wir brauchen aber keine “genau dann” – Aussage, sondern 1/L > x−1 x+1 m¨ ussen nur eine Garantie geben, dass f (x) gr¨ oßer als L wird. F¨ ur x > 1 ist der Nenner gr¨ oßer als 1. Es reicht also, wenn x − 1 gr¨ oßer als 1/L ist. Das ist L+1 der Fall, wenn 1 < x < L ist. Wir setzen also δ(L) = L+1 L − 1 = 1/L und erhalten f¨ ur alle x mit 1 < x < δ(L) + 1, also f¨ ur alle x ∈ D mit |x − 1| < δ(L) die Absch¨ atzung f (x) =
1 1 x+1 x2 − 1 > > = L. = (x − 1)2 x−1 x−1 δ(L)
Da L > 0 beliebig gew¨ ahlt war, folgt lim1<x→1 f (x) = ∞. Sei nun D =] − ∞, 1[. Jetzt ist x − 1 < 0. Das Applet, mit dem wir die ahlen wieder Funktion anschauen, suggeriert lim1>x→1 f (x) = −∞. Wir w¨ x+1 L > 0 beliebig und schauen jetzt, wann x−1 < −L gilt. Wegen x − 1 < 0 ist dies genau dann der Fall, wenn x + 1 > (−L)(x − 1) = L(1 − x) ist. Und ahlen δ(L) von dass ist genau dann der Fall, wenn 1/L > 1−x 1+x gilt. Wir w¨ vornherein so, dass aus |x − 1| < δ(L) sofort x > 0 folgt. Dann ist 1 + x > 1 und wir brauchen also wieder nur 1/L > 1 − x garantieren, um f (x) < −L zu erhalten. Wir setzen also analog zum ersten Fall δ (L) = 1/L. Damit wir x > 0 garantieren k¨onnen, definieren wir δ(L) = max(δ(L), 1). Das ist nur n¨ otig, falls L < 1, also 1/L > 1 ist. So erhalten wir f¨ ur x ∈ D mit |x − 1| < δ(L) wegen |x − 1| = 1 − x f¨ ur x ∈ D die Absch¨ atzung f (x) =
x+1 1 1 x+1 =− <− <− = min(−L, −1) ≤ −L. x−1 1−x 1−x δ(L)
Daraus folgt limx∈D,x→1 f (x) = −∞. 6.12
Aufgabe 6.12 Zeigen Sie bitte:
a) limx→∞ ex
2
= ∞, anders ausgedr¨ uckt: F¨ ur x gegen ∞ divergiert ex
2
6.3
Stetigkeit
157
bestimmt gegen ∞. 2 Tipp: Zeigen Sie x2 < ex . 1 b) lim0=x→0 e− x2 = 0. Tipp: e−u = 1u . e 2
L¨ osung: Zun¨ achst ist ex = 1 + x2 + x4 /2! + x6 /3! + · · · > x2 . Wir weisen das Kriterium aus [WHK, Definition 6.13 b)] nach. Sei M > 0 beliebig vorgegeben. Wir setzen L(M ) = 1 + M . Dann gilt f¨ ur alle x ≥ L(M ) stets 2 M < L(M ) < x2 < ex . Daraus folgt die Behauptung. 2 ur alle x mit b) Wir zeigen: zu ε > 0 existiert ein δ(ε) > 0 mit e−1/x < ε f¨ |x| < δ(ε). Denn zun¨ achst ist 2
e−1/x =
1 1 < x2 . = 1 + 1/x2 + · · · e1/x2
Wir w¨ ahlen δ(ε) = min(1, ε). Ist dann |x| < δ(ε), so ist x2 < |x| < ε , also 2
erst recht e−1/x < ε.
|x|<1
6.3 Stetigkeit
6.3
Eine reelle Funktion ist stetig in einer Stelle x0 , wenn sie sich dort “vern¨ unftig” verh¨ alt, also zum Beispiel keine Spr¨ unge macht. Pr¨ azisiert lautet diese Eigenschaft folgendermaßen: Sei f : D ⊆ R eine reelle Funktion. f ist uberall) stetig an der Stelle x0 ∈ D, wenn limx→x0 f (x) = f (x0 ) gilt. f ist (¨ stetig, wenn f in jedem Punkt aus D stetig ist. Die Stetigkeit beweist man selten abstrakt, vielmehr gibt es eine Reihe von Rechenregeln, wie man kompliziert definierte Funktionen auf einfachere stetige zur¨ uckf¨ uhren und daraus die Stetigkeit folgern kann, siehe [WHK, S. 198 f]. Aufgabe 6.13 Zeigen Sie bitte die Stetigkeit der folgenden Funktionen, als
w¨aren Sie ein Computeralgebrasystem. Dabei d¨ urfen Sie benutzen, dass Poly1 stetig sind. nome und die Funktion x → x 2 a) x − 12 auf R. 1+x b) sin( 1 2 ) auf R. 1 + 1x − c) sin(e 1+x2 ) auf R.
6.13
158
6. Reelle Funktionen einer Ver¨anderlichen
L¨ osung: a) Die Polynome x2 − 1 und 1 + x2 sind stetig auf R und 1 + x2 hat 2 −1 nirgends eine Nullstelle. Nach [WHK, Satz 6.18] ist daher x1+x 2 stetig auf R. b) Nach [WHK, Korollar 6.21] ist sin(x) auf ganz R stetig, da die Sinusreihe auf R konvergiert (siehe [WHK, S. 178, Punkt 3]). Das Polynom 1 + x2 ist 1 stetig auf R und hat nirgends eine Nullstelle. Daher ist 1+x 2 stetig auf R. Nach 1 [WHK, Satz 6.19] ist dann auch die zusammengesetzte Funktion sin( 1+x 2) stetig auf ganz R. c) Die Exponentialfunktion ist aus dem gleichen Grund, der f¨ ur die Sinusfunk− 1 tion gilt, stetig auf R. Damit ist die zusammengesetzte Funktion sin(e 1+x2 ) nach [WHK, Satz 6.19] stetig. F¨ ur die L¨ osung der folgenden Aufgabe ben¨ otigt man zum einen den Zwischenwertsatz f¨ ur stetige Funktionen (siehe [WHK, Korollar 6.23]): Sei f : D → R eine stetige reelle Funktion. Seien u, v ∈ D mit u < v, so dass das ganze Intervall [u, v] in D liegt. Dann nimmt f auf [u, v] jeden Wert zwischen den Werten f (u) und f (v) an. Das heißt ausf¨ uhrlicher: Ist f (u) < f (v) so ist das ganze Intervall [f (u), f (v)] in f ([u, v]) enthalten. Analog ist [f (v), f (u)] ⊆ f ([u, v]), falls f (v) < f (u) ist. Oder noch anders ausgedr¨ uckt: Ist f (u) ≤ d ≤ f (v) (bzw.f (v) ≤ d ≤ f (u)), so gibt es ein c mit u ≤ c ≤ v und f (c) = d. Zum anderen braucht man den Satz u ¨ber die Stetigkeit der Umkehrfunktion: Seien J und J Intervalle in R und f : J → J stetig, streng monoton und surjektiv (also bijektiv von J auf J ). Dann ist die Umkehrfunktion f −1 : J → J stetig. 6.14
Aufgabe 6.14 Zeigen Sie bitte:
F¨ ur jede nat¨ urliche Zahl n ist die Funktion f : x → xn auf R+ = [ 0, ∞ [ streng monoton wachsend und stetig mit f (R+ ) = R+ . Zeigen Sie hiermit: Zu jeder Zahl x ≥ 0 existiert die n. Wurzel x1/n und x → x1/n ist stetig. L¨ osung: Die Stetigkeit folgt aus der Stetigkeit von x → x und den Rechenregeln f¨ ur stetige Funktionen ([WHK, Satz 6.18], induktiv angewendet auf n x · x ). Dass die Funktion streng monoton wachsend ist, folgt aus [WHK, Satz 5.1 f] (lesen Sie den dortigen Beweis, S. 150 unten). Um zu zeigen, dass f (R+ ) = R+ ist, zeigen wir zun¨achst, dass limx→∞ f (x) = ∞ gilt. Sei n ≥ 2 und x > 1. Dann ist x = 1 + y mit y > 0. Also ist xn = (1 + y)n = 1 + ny + · · · + y n > 1 + y = x, ur x > 1 und n ≥ 2. Daraus folgt aber die Das heißt, es gilt x < xn f¨ Behauptung.
6.3
Stetigkeit
159
Wir zeigen nun, dass “kein Wert ausgelassen wird”. Sei 0 < u ∈ R beliebig. Wegen limx→∞ f (x) = ∞ gibt es ein x0 > 0 mit f (0) = 0 < u < f (x0 ). Nach dem Zwischenwertsatz [WHK, Korollar 6.23] gibt es ein x mit 0 < x < x0 und ¨ ber die Umkehrfunktion f (x) = u. Damit ist f (R+ ) = R+ . Nach dem Satz u [WHK, Theorem 6.25] existiert die Umkehrfunktion f −1 : R+ → R+ und ist stetig. Es ist x = f (f −1 (x)) = (f −1 (x))n , das heißt f −1 (x) ist die n. Wurzel √ n x.
Kapitel 7 Differential- und Integralrechnung
7
7
7 7.1 7.2 7.3 7.4
Differential- und Integralrechnung Die Ableitung einer Funktion .................................. Grenzwertbestimmungen ....................................... Der Entwicklungssatz von Taylor und lokale Extremwerte Integralrechnung .................................................
163 167 169 170
7 Differential- und Integralrechnung 7.1
7.1 Die Ableitung einer Funktion Sei J ein Intervall in R. Eine Funktion f : J → R ist differenzierbar oder ableitbar im Punkt x0 ∈ J, wenn lim
x0 =x→x0
f (x) − f (x0 ) =: f (x0 ) x − x0
existiert. f (x0 ) heißt Ableitung von f an der Stelle x0 . F¨ ur die Berechnung der Ableitung einer kompliziert aufgebauten Funktion hat man wieder Rechenregeln zur Verf¨ ugung, die es erlauben, das Problem auf einfacher gebaute Funktionen zur¨ uckzuf¨ uhren. Neben den algebraischen Regeln f¨ ur Summe und Produkt kommt die Kettenregel hinzu: (g(f (x))) = g (f (x))f (x). Außerdem darf man Potenzreihen gliedweise differenzieren. Sie k¨ onnen sich all diese Begriffe mit dem Applet “Funktionen einer Veranderlichen mit Tangente” oder mit dem Applet “Animierte Differentiation” ¨ veranschaulichen. Aufgabe 7.1 Berechnen Sie bitte die Ableitung der folgenden Funktionen
a) f (x) = b) f (x) =
n
k k=0 ak (x − c) , 1 . Zeigen Sie mit Hilfe der so gewonnenen Formel (1 − x)2 ∞ n=2
n(n − 1)xn−2 =
2 . (1 − x)3
Achtung: Geben Sie bitte die Regeln an, nach denen Sie differenzieren! Tipp: Potenzreihen werden gliedweise differenziert. L¨ osung: a) Wir benutzen, dass man Ableitung und Summe vertauschen darf, ferner benutzen wir die Kettenregel f¨ ur die Funktion x → x − c → (x − c)k n und die Ableitung von Potenzen (x ) = nxn−1 . Damit erhalten wir f (x) =
n−1
n k k−1 . k=0 ak+1 (k + 1)(x − c) = k=1 ak · k · (x − c) b) Wir benutzen die Ableitungsregel f¨ ur die Potenzfunktion und die Kettenregel f¨ ur die Funktion x → (1 − x) → (1 − x)−2 . Wir erhalten f (x) =
∞ n 2 1 (−2) · (1 − x)−3 · (−1) = (1−x) 3 . Es ist 1−x = n=0 x . Leiten wir auf beiden Seiten einmal ab, so erhalten wir (nach dem Satz u ¨ ber die Differentiation von
∞ 1 n−1 . Weiteres Ableiten ergibt Potenzreihen [WHK, 7.51]) (1−x)2 = n=1 nx
∞ 2 n−2 nach dem vorigen Teil der Aufgabe gerade (1−x) . 3 = n=2 n(n − 1)x
7.1
164
7.2
7. Differential- und Integralrechnung
Aufgabe 7.2 Beweisen Sie die folgenden Formeln, indem Sie die Potenzreihen
gliedweise differenzieren und dann zeigen, dass die abgeleitete Reihe gerade die behauptete Funktion darstellt. a) (ex ) = ex . b) sin(x) = cos(x). c) cos(x) = − sin(x). L¨ osung: a) exp(x)
(1 + x + x2 /2 + x3 /3! + x4 /4! + · · · )
=
0 + 1 + x + 3x2 /3! + 4x3 /4! + · · ·
= Ableitung gliedw.
1 + x + x2 /2 + x3 /3! + · · · = exp(x).
= b) sin(x)
(x − x3 /3! + x5 /5! − x7 //! ± · · ·
=
1 − 3x2 /3! + 5x4 /5! − 7x6 /7! ± · · ·
= Ableitung gliedw.
=
1 − x2 /2 + x4 /4! − x6 /6! ± · · · = cos(x).
c) Analog. Seien J und J Intervalle und f : J → J eine stetig differenzierbare surjektive Funktion, deren Ableitung f keine Nullstellen hat. Dann ist f bijektiv und die Umkehrfunktion f −1 ist ebenfalls stetig differenzierbar. Es gilt (f −1 ) (y) =
1 f (f −1 (y))
.
Mit den folgenden Aufgaben wollen wir die wichtigsten Funktionen zusammen mit ihren Umkehrfunktionen behandeln. 7.3
Aufgabe 7.3 Sei f (x) = exp(x). a) Zeigen Sie bitte: f (x) > 0 f¨ ur alle x. Tipp: Was w¨ urde mit der Funktionalgleichung f¨ ur die Exponentialfunktion urde? folgen, wenn exp(x0 ) = 0 gelten w¨ b) Zeigen Sie bitte: f bildet R bijektiv auf {y ∈ R : y > 0} ab. 1. c) Sei ln die Umkehrfunktion. Zeigen Sie ln(x) = x
L¨ osung: a) Wir zeigen zuerst, dass exp keine Nullstelle hat. W¨are exp(x0 ) = ur alle x im 0 f¨ ur ein x0 , so w¨are exp(x) = exp(x − x0 ) · exp(x0 ) = 0 f¨
7.1
Die Ableitung einer Funktion
165
Widerspruch zu exp(0) = 1. Da exp stetig ist, ist exp(x) > 0 f¨ ur alle x oder exp(x) < 0 f¨ ur alle x. Denn w¨ urde exp als stetige Funktion das Vorzeichen wechseln, so h¨ atte exp nach [WHK, Theorem 6.22] eine Nullstelle. Wegen exp(0) = 1 ist also exp(x) > 0 f¨ ur alle x. b) F¨ ur x > 0 ist exp(x) = 1 + x + x2 /2 + x3 /3! + · · · > x, also gilt 1 folgt hieraus limx→∞ exp(x) = ∞. Wegen exp(−x) = exp(x) lim exp(x) = lim exp(−x) =
x→−∞
x→∞
1 limx→∞ exp(x)
=0
wegen limx→∞ exp(x) = ∞. Nun ist exp(x) = exp(x) > 0 f¨ ur alle x. Also ist exp nach [WHK, Korollar 7.39] streng monoton wachsend und damit injektiv. Nach dem Zwischenwertsatz [WHK, Korollar 6. 23] folgt die Behauptung. c) Nach dem Satz u ¨ ber die Ableitung der Umkehrfunktion [WHK, Satz 7.7.] ist ln in jedem Punkt differenzierbar und es gilt die Formel ln(x) =
1 1 = . exp(ln(x)) x
sin(x) auf ] − π/2 , π/2 [. Zeigen Sie bitte: cos(x) a) tan(x) = 1 + (tan(x))2 . b) tan(x) ist streng monoton wachsend mit limx→−π/2 tan(x) = −∞, limx→π/2 tan(x) = ∞. c) F¨ ur die Umkehrfunktion arctan : R →] − π/2 , π/2 [ gilt (arctan(x)) = 1 . 1 + x2
Aufgabe 7.4 Sei tan(x) =
L¨ osung: Mit der Kettenregel und der Ableitung des Quotienten zweier Funktionen erhalten wir tan(x) =
cos(x) · cos x − sin(x) · (− sin(x)) = 1 + (tan(x))2 . (cos(x))2
b) tan(x) ist nach a) insbesondere positiv. Also folgt die strenge Monotonie aus [WHK, Korollar 7.39]. π/2 ist die erste Nullstelle des Cosinus rechts von 0 und zwischen 0 und π/2 ist der Cosinus positiv. Ebenso ist sin(x) > 0 f¨ ur 0 < x < π/2 und sin(π/2) = 1. Wir zeigen nun limx↑π/2 tan(x) = ∞. Da der Sinus stetig ist, gibt es zu ε = 1/2 ein δ > 0 mit |1 − sin(x)| < 1/2 f¨ ur π/2 − δ < x ≤ π/2. Daraus folgt aber sin(x) > 1/2 f¨ ur diese x. Sei nun M > 0 beliebig vorgegeben. Sei ε = 1/M . Da der Cosinus stetig ist, gibt es zu ε ein δ(ε) mit 0 < cos(x) < ε/2 f¨ ur π/2 − δ(ε) < x < π/2. Wir setzen sin(x) 1 > 2ε/2 = M f¨ ur alle x mit δ(M ) = min(δ, δ(ε)) und erhalten tan(x) = cos(x) π/2 − δ(M ) < x < π/2. Da M beliebig war, folgt die Behauptung. Wegen
7.4
166
7. Differential- und Integralrechnung
sin(−x) sin(x) tan(−x) = cos(−x) = −cos(x) = − tan(x) folgt limx↓−π/2 tan(x) = −∞. Nach dem Zwischenwertsatz f¨ ur stetige Funktionen ist tan(] − π/2, π/2[) = R. c) Nach dem Satz u ¨ ber die Ableitung der Umkehrfunktion [WHK, Satz 7.7] erh¨alt man f¨ ur y = arctan(x), also tan(y) = x
arctan(x) =
7.5
1 1 1 = = . tan(y) 1 + (tan(y))2 1 + x2
Aufgabe 7.5 Zeigen Sie bitte:
Die Funktion sin(x) ist auf [−π/2 , π/2 ] streng monoton wachsend und ihre Umkehrfunktion arcsin : [−1, 1] → [−π/2 , π/2] ist in ] − π/2 , π/2[ stetig differenzierbar mit . (arcsin(x)) = 1 1 − x2 L¨ osung: sin(x) = cos(x) ist positiv f¨ ur x ∈] − π/2, π/2[, also ist der Sinus dort nach [WHK, Korollar 7.39] streng monoton wachsend und damit injektiv. Es ist sin(−π/2) = −1, sin(π/2) = 1, also erhalten wir nach dem Zwischenwertsatz f¨ ur stetige Funktionen sin(] − π/2, π/2[) =] − 1, 1[. Die Umkehrfunktion ist nach dem Satz u ¨ber die Ableitung der Umkehrfunktion stetig differenzierbar und man erh¨ alt f¨ ur y = arcsin(x) (arcsin(x) =
7.6
1 1 1 1 = = = √ . 2 sin(y) cos(y) 1 − x2 1 − (sin(y))
Aufgabe 7.6 Sei tanh(x) (lies: Tangens Hyperbolicus x) gegeben durch
exp(x) − exp(−x) . exp(x) + exp(−x) Zeigen Sie bitte: a) (tanh(x)) = 1 − (tanh(x))2 . b) tanh bildet R streng monoton auf ] − 1, 1[ ab und f¨ ur die Umkehrfunktion Artanh (lies Area tangens hyperbolicus) gilt tanh(x) =
(Artanh(x)) =
1 1 − x2
(|x| < 1).
7.2
Grenzwertbestimmungen
167
L¨ osung: a) Nach der Regel f¨ ur die Ableitung von Summen und Quotienten erh¨alt man (tanh(x)) =((exp(x) + exp(−x))(exp(x) + exp(−x)) −(exp(x) − exp(−x))(exp(x) − exp(−x))) 1 · (exp(x) + exp(−x))2 =1 − (tanh(x))2 .
b) Wir erweitern den Bruch, der tanh definiert, mit exp(x) und erhalten tanh(x) = exp(2x)−1 exp(2x)+1 . Daraus folgt | tanh(x)| < 1, also ist die Ableitung u ¨ berall positiv und damit tanh nach [WHK, Korollar 7.39] streng monoton exp(2x) wachsend. Aus tanh(x) = 1−1/ 1+1/ exp(2x) und limy→∞ 1/ exp(y) = 0 (siehe Aufgabe 7.3) folgt limx→∞ tanh(x) = 1. Nun gilt tanh(−x) = − tanh(x), woraus lim tanh(x) = −1
x→−∞
folgt. Wiederum nach dem Zwischenwertsatz ergibt sich tanh(R) =] − 1, 1[. Sei nun x beliebig und y = Artanh(x). Dann erh¨ alt man nach dem Satz u ¨ber die Ableitung der Umkehrfunktion ([WHK, Satz 7.7] (Artanh(x)) =
1 1 1 = = . 2 tanh(y) 1 − (tanh(y)) 1 − x2
7.2 Grenzwertbestimmungen Seit der Erfindung der Differential- und Integralrechnung hat die Grenzwertbestimmung von Funktionswerten von Quotienten, bei denen Z¨ ahler und Nenner gleichzeitig gegen 0 oder gegen ±∞ gehen, fasziniert. F¨ ur Absch¨ atzungen u ¨ber Laufzeiten von Algorithmen spielen sie eine wichtige Rolle. Zentral sind die Regeln von de l’Hopital, wobei nicht ganz klar ist, ob de l’Hopital sie wirklich selbst gefunden hat. Der Trick ist: man muss Z¨ ahler und Nenner gleichzeitig so lange ableiten, bis die Nullstelle (bzw. Unendlichkeitsstelle) im Nenner verschwindet. Ist das bei der ersten Ableitung schon der Fall, so heißt die Formel f (x) f (x) = lim . x→c g(x) x→c g (x) lim
Bewiesen wird diese Formel mit dem zweiten Mittelwertsatz der Differentialrechnung [WHK, Theorem 7.40].
7.2
168
7.7
7. Differential- und Integralrechnung
Aufgabe 7.7 Berechnen Sie bitte die folgenden Grenzwerte:
a) limx→0 ln(1+ax) . √ x√ x− 2 b) limx2 √x−2 . Dabei bedeutet ', dass x > 2 ist, der Grenzwert also auf der Menge ]2, ∞[ gebildet wird. a . Ferner ist g(x) = x, L¨ osung: a) Es ist f (x) = ln(1 + ax), also f (x) = 1+ax also g (x) = 1. Nach der oben angegebenen Regel folgt limx→0 ln(1+ax) = x a limx→0 (1+ax)·1 = a. √ √ √ 1 . Ferner ist g(x) = x − 2, b) Es ist f (x) = x − 2, also f (x) = 2√ x
also g (x) =
√ x−2 limx2 √ x
7.8
√1 . 2 x−2
Damit ergibt sich
f (x) g (x)
=
√ x−2 √ , x
also limx2
√ √ √x− 2 x−2
=
= 0.
Aufgabe 7.8 a) Zeigen Sie bitte: Sei h :]0, ∞[→ R eine beliebige Funktion
˜ und h(y) = h(1/y). Dann gilt: Der Grenzwert limx→∞ h(x) existiert genau ˜ existiert. Ist dies der Fall, so sind dann, wenn der Grenzwert limy0 h(y) beide Grenzwerte gleich. b) Berechnen Sie bitte limx→∞ ln(x) xα mit α > 0.
L¨ osung: a) Sei c = limx→∞ h(x). Dann gibt es zu jedem ε > 0 ein L(ε) > 0 mit |c−h(x)| < ε f¨ ur alle x mit x > L(ε). Nun ist x > L(ε) genau dann, wenn ˜ 0 < y = 1/x < 1/L(ε) =: δ(ε) ist. F¨ ur 0 < y < δ(ε) gilt also |c − h(y)| = |c − h(1/y)| < ε f¨ ur alle y mit 0 < y < δ(ε) = 1/L(ε). Wir haben also zu ˜ jedem ε > 0 ein δ(ε) > 0 gefunden mit |c − h(y)| < ε f¨ ur 0 < y < δ(ε). Damit ˜ ist c = limy0 h(y). ˜ Sei ε > 0 beliebig. Dann gibt es ein δ(ε) > 0 Sei umgekehrt c = limy0 h(y). ˜ mit |c − h(y)| < ε f¨ ur 0 < y < δ(ε). Wir setzen L(ε) = 1/δ(ε) und erhalten ˜ |c − h(x)| = |c − h(1/x) < ε f¨ ur alle x > L(ε). Also ist c = limx→∞ h(x). b) Wir wenden a) auf unser Problem b) an. Das heißt wir zeigen, dass limy0 ln(1/y) 1/y α existiert und berechnen diesen Grenzwert. Es ist ln(1/y) = − ln(y). Wir differenzieren Z¨ahler und Nenner und erhalten − ln(y) = −1/y, 1 . Der Quotient beider Ableitungen ist also y −α = (−α)y −α−1 = (−α) yα+1 q(y) = limx→∞
y α+1 αy ln(x) xα
= y α /α. F¨ ur ihn gilt limy0 q(y) = 0. Nach a) ist damit = 0.
7.3
Der Entwicklungssatz von Taylor und lokale Extremwerte
169
7.3 Der Entwicklungssatz von Taylor und lokale Extremwerte
7.3
Wir hatten schon oben (siehe S. 151) lokale Maxima und Minima behandelt. Die Differentialrechnung, insbesondere der Satz von Taylor, bietet Ihnen - wie Sie aus der Schule schon wissen - eine ideale Methode zu Bestimmung von lokalen Extrema. Sei f hinreichend oft differenzierbar. Die erste Ableitung an einer lokalen Extremalstelle x0 muss 0 sein. Sei d = min{k : f (k) (x0 ) = 0}. x0 ist genau dann eine lokale Extremalstelle, wenn d = 0 und gerade ist. Denn die Funktion verh¨ alt sich nach dem Satz von Taylor [WHK, Theorem ahnlich wie c(x − x0 )d , wo c eine Konstante ist. 7.44] in der N¨ ahe von x0 ¨ Aufgabe 7.9 Untersuchen Sie, ob 0 eine lokale Extremalstelle bei den folgen-
den Funktionen ist. Wenn ja, liegt ein Maximum oder Minimum vor? a) f (x) = x2 sin(x), wobei x ∈ R. b) f (x) = x3 sin(x), wobei x ∈ R. L¨ osung: a) Es ist f (−x) = (−x)2 sin(−x) = −x2 sin(x) = −f (x) und f (0) = 0. Also liegt in 0 ein Vorzeichenwechsel vor, 0 kann also keine lokale Extremalstelle sein. b) Wie in der Schule gelernt und in [WHK, Abschnitt 7.7.2] behandelt, werden wir die Funktion mehrmals differenzieren, um sie in 0 zu untersuchen: onnte f (x) = (x3 sin(x)) = 3x2 sin(x) + x3 cos(x). Es ist f (0) = 0, also k¨ hier eine Extremalstelle vorliegen. Wir bilden weitere Ableitungen: f (x) = 6x sin(x) + 3x2 cos(x) + 3x2 cos(x) − x3 sin(x) = 6x sin(x) + 6x2 cos(x) − f (x). Wir erhalten f (0) = 0. f (x) = 6 sin(x) + 18x cos(x) − 6x2 sin(x) − f (x). Auch f (0) = 0 hilft uns noch nicht weiter. f (4) (x) = 6 cos(x) + 18 cos(x) − 18x sin(x) − 12x sin(x) − 6x2 cos(x) − f (x). Daraus folgt f (4) (0) = 24 > 0. Wir gehen nun analog zum Beweis von [WHK, Satz7.48] vor, um mit Hilfe des Entwicklungssatzes von Taylor ([WHK, Theorem 7.44]) nachzuweisen, dass 0 eine lokale Minimalstelle ist: Da f (4) stetig ist, gibt es zu ε = 12 ein δ > 0 mit ur alle u mit |u| < δ. Insbesondere |f (4) (u) − f (4) (0)| = |f (4) (u) − 24| < 12 f¨ ur all diese u. Sei |x| < δ. Nach dem Entwicklungssatz von ist f (4) (u) > 12 f¨ Taylor gibt es ein zwischen x und 0 liegendes u, so dass f (0) 2 f (0) 3 f (4) (u) 4 x + x + x 2 3! 4! f (4) (u) 4 x =0 + 0 + 0 + 0 + 4!
f (x)=f (0) + f (0)x +
gilt, woraus f (x) > x4 /2 > 0 folgt. f (0) = 0 ist also ein lokales Minimum.
7.9
170
7.4
7. Differential- und Integralrechnung
7.4 Integralrechnung
b Das Integral a f (x)dx bedeutet anschaulich den Fl¨ acheninhalt zwischen der Kurve {(x, f (x)) : a ≤ x ≤ b} (das ist die Kurve, die Sie in der Schule gezeichnet haben) und der x-Achse (also der waagrechten Achse). F¨ ur Treppenfunktionen wird das Integral genau so definiert, das heißt, durch diesen Fl¨ acheninhalt. Wir nennen nur eine solche Funktion integrierbar, die Grenzwert einer gleichm¨ aßig konvergenten Folge von Treppenfunktionen sind. F¨ ur solche Funktionen, sog. Regelfunktionen, ist die Anschauung u ¨ber den Fl¨ acheninhalt gut nachvollziehbar, wie die folgende Aufgabe exemplarisch zeigt. Der Kern der Differential- und Integralrechnung (einer Ver¨ anderlichen) ist der Hauptsatz. Er besagt, dass es zu jeder stetigen Funktion f : [a, b] x→ R eine Stammfunktion F gibt, das heißt eine Funktion F mit F = f und a f (t)dt = F (x) − F (a) f¨ ur alle x ∈ [a, b]. Dar¨ uber hinaus gilt: ist Girgendeine differenzierbare Funktion mit G = f , so ist G ebenfalls eine Stammfunktion. Je zwei Stammfunktionen unterscheiden sich nur bis auf eine Konstante. Damit kann man Integrale einfach berechnen, wenn es gelingt, Stammfunktionen (ohne Integration) zu finden. Das bestimmte Integral 7.10
Aufgabe 7.10 Sei J = [0, 1] und f (x) = x2 . F¨ ur n ∈ N sei
n−1 k 2 1 k k + 1 . k=1 , n n2 n Zeigen Sie bitte: a) limn→∞ %f 1 − fn %∞ = 0. b) limn→∞ 0 fn (x)dx = 13 . Bemerkung: Diese Methode zur numerischen Berechnung von Integralen stetiger Funktionen funktioniert ganz allgemein: es ist 1 1 f (x)dx = lim fn (x)dx, fn =
0
n→∞
n−1
0
k )1 mit fn = f (0)1 1 + k=1 f ( n k ,k + 1 , 0, n n n 1 1 n−1 f ( k )). Sie ist aber viel zu ineffizient. also 0 fn (x)dx = n k=0 n L¨ osung: a) Wir benutzen die folgende Ungleichung f¨ ur x, y ∈ [0, 1]: |x2 − y 2 | = |x − y| · (x + y) ≤ 2|x − y|. ur Sei ε > 0 beliebig vorgegeben. Wir m¨ ussen ein n(ε) mit |x2 − fn (x)| < ε f¨ ur alle alle n ≥ n(ε) und alle x ∈ [0, 1] finden. Denn dann ist %f − fn %∞ ≤ ε f¨
7.4
Integralrechnung
171
n ≥ n(ε). Sei n(ε) = min{n ∈ N : 1/n < ε/2}. Sei nun x ∈ [0, 1] beliebig. Ist x = 0 so ist |f (x) − fn (x)| = 0 < ε. Sei also 0 < x < 1 beliebig. Dann gibt es zu jedem n ≥ n(ε) genau ein k ≤ n mit (k − 1)/n < x ≤ k/n. Damit ist (k − 1)2 k−1 | | < 2|x − n2 n k k−1 <2( − ) = 2/n ≤ 2/n(ε) < ε. n n
|f (x) − fn (x)|=|x2 −
Damit ist nach dem Vorangegangenen a) gezeigt. b) Es ist 1 n n 1 k2 1 2 fn (x) = = k . n n2 n3 0 k=0
k=1
Nach Aufgabe 2.32 erh¨ alt man 1 1 1 fn (x) = 3 n(n + 1)(2n + 1)/6 = · 1 · (1 + 1/n) · (2 + 1/n). n 6 0 Aus den Rechenregeln f¨ ur konvergente Folgen ergibt sich die Behauptung. Die folgende Aufgabe dient als Beispiel f¨ ur den Mittelwertsatz der b Integral1 f (x)dx = rechnung: Ist f : [a, b] → R stetig, so gibt es ein u ∈ [a, b] mit b−a a f (u). Sei b > 0 und J = [0, b]. Berechnen Sie f¨ ur die folgenden b Funktionen jeweils ein u (0 ≤ u ≤ b) mit f (u) = 1 0 f (x)dx: b a) f (x) = x. b) f (x) = xn . Bemerkung: Sie m¨ ussen nachweisen, dass das u, das Sie erhalten, wirklich zwischen 0 und b liegt. F¨ ur die Berechnung des Integrals benutzen Sie bitte Schulwissen (Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung). Aufgabe 7.11
L¨ osung: a) Es gilt b) Es gilt
1 b
b 0
b
bn 1 bn+1 · = . b n+1 n+1 0 b erh¨alt man f (u) = 1b 0 xn dx. Ferner ist 1 b
b F¨ ur u = √ n n+1 0 < u < b.
xdx = 12 b2 /b = 12 b = u. Denn es ist 0 < b/2 < b. xn dx =
1 √ n n+1
< 1, also
7.11
172
7. Differential- und Integralrechnung
Ableitungs- und Integrationsformeln
Zum Auffinden von Stammfunktionen gibt es neben der einfachen Regel der Vertauschung mit Summen und Konstanten noch die sog. partielle Integration (Umkehrung der Leibnizschen Produktregel) und die “Integration durch Substitution” (Umkehrung der Kettenregel). Schauen Sie in irgendeinem Nachschlagewerk die entsprechenden Formeln nach, z. B. [WHK, S. 229 ff], [St, S. 467 f], [BS, Abschnitt 3.1.7]. 7.12
Aufgabe 7.12 Berechnen Sie die folgenden Integrale (nicht nur von einem
CAS π abschreiben. Man muss erkennen, wie Sie es berechnen!): a) −π x sin(nx)dx (n ∈ Z). π b) −π x cos(nx)dx (n ∈ Z). π − sin(x) cos(x)dx. c) −π e L¨ osung: a) Wir wenden partielle Integration an: u = x, v = sin(nx), u = 1, v = − cos(x)/n. Damit erhalten wir π π x sin(nx)=−x cos(nx)/n|π−π + 1/n cos(nx)dx −π
−π
=(−x cos(nx)/n + sin(nx)/n2 )|π−π =π/n(− cos(nπ) − cos(−nπ)) + 1/n2 (sin(nπ) − sin(−nπ)) 2π =− (− cos(nπ)) n 2π n ungerade = n 2π , n gerade −n weil cos(nπ) = cos(−nπ) und sin(nπ) = − sin(−nπ) = 0 ist. b) Die Funktion f (x) = x cos(nx) erf¨ ullt f (−x) = (−x) cos(−nx) = (−x) cos(nx) = −f (x). Daher ist
π
−π
0
f (x)dx=
f (x)dx +
π
f (x)dx π (−f (−x))dx + f (x)dx = −π 0 π π = f (x)dx − f (x)dx = 0. −π 0
0
0
0
7.4
Integralrechnung
173
c) Wir wenden Integration durch Substitution an ( siehe [WHK, S. 231]). Dazu betrachten wir die Funktion f (x) = sin(x) von [−π, π] in [−1, 1], sowie die Funktion g(y) = exp(−y) auf dem Intervall [−1, 1]. Eine Stammfunktion zu g ist G = −g + const. Da f (x) = cos(x) ist, erhalten wir π π exp(− sin(x)) cos(x)dx= g(f (x))f (x)dx = −g(f (π)) + g(f (−π)) −π
−π
=−g(0) + g(0) = 0.
174
7. Differential- und Integralrechnung
Integrale u ¨ber offene und halboffene Intervalle
Uneigentliche Integrale sind Integrale u ¨ber halboffene oder offene Intervalle. Vorausgesetztdie Funktion ist uneigentlich integrierbar, so alt man das 0 b erh¨ ∞ Integral etwa −∞ f (x)dx = lima→−∞ a f (x)dx + limb→∞ 0 f (x)dx. Statt 0 kann man irgendeinen Wert c benutzen. 7.13
Aufgabe 7.13 Berechnen Sie bitte
∞ 0
x exp(−λx)dx!
L¨ osung: Bei diesem Integral wenden wir wieder partielle Integration an: Wir setzen u = x, v = exp(−λx), u = 1, v = −1/λ exp(−λx). Wir erhalten also zun¨ achst b b b x exp(−λx)dx=−x/λ exp(−λx)|0 + 1/λ exp(−λx)dx 0
0
=0 − b/λ exp(−λb) + 1/λ2 (1 − exp(−λb)).
Wir zeigen nun limb→∞ b exp(−λb) = 0. Es ist n¨ amlich b exp(−λb) =
b b 2 b = < 2 2 = 2 , exp(λb) 1 + λ b + λ2 b2 /2 + · · · λ b /2 λ b
woraus die Behauptung folgt. Durch Grenz¨ ubergang b → ∞ erhalten wir also ∞ 1 x exp(−λx)dx = . 2 λ 0 7.14
Aufgabe 7.14 Sei f : [−a, a] → R eine stetige Funktion. f heißt gerade, wenn
f (−x) = f (x) f¨ ur alle x ist, und ungerade, wenn f (−x) = −f (x) f¨ ur alle x ist. Zeigen Sie bitte: a c ur −a < c < a. a) Ist f gerade, so ist −a f (t)dt c = −c f (t)dt f¨ a f (t)dt = − b) Ist f ungerade, so ist −a −c f (x)dx. Insbesondere ist a −a f (x)dx = 0. Tipp zu a) und b): Substitution ϕ(x) = −x. ∞ c) Gilt a) bzw b) auch f¨ ur Integrale −∞ , vorausgesetzt, f ist (uneigentlich) integrierbar?
7.4
Integralrechnung
175
L¨ osung: a) Wir wenden Integration durch Substitution an (siehe [WHK, S. 231]). Sei F eine Stammfunktion zu f und ϕ(x) = −x. Dann erhalten wir c c c f (x)dx = f (−x)dx = − f (−x)(−1)dx −a
f gerade
−a
−
=
−a
c
−a
f (ϕ(x))ϕ (x)dx = −(F (ϕ(c)) − F (ϕ(−a)))
F (ϕ(−a)) − F (ϕ(c)) = F (a) − F (−c) a f (x)dx.
= =
−c
b) Genau wie eben erhalten wir c c f (x)dx = − f (−x)dx = −a
f ungerade
−a
c
= −a
= =
c
f (−x)(−1)dx
−a
f (ϕ(x))ϕ (x)dx = (F (ϕ(c)) − F (ϕ(−a)))
−(F (ϕ(−a)) − F (ϕ(c))) = −(F (a) − F (−c)) a − f (x)dx. −c
∞ c) Wir gehen auf die Definition des Integrals −∞ f (x)dx aus [WHK, Definition 7.52] zur¨ uck und w¨ ahlen als Zwischenpunkt x0 = 0. Es ergibt sich also ∞ 0 b f (x)dx = lim f (x)dx + lim f (x)dx. a→∞
−∞
b→∞
−a
0
a F¨ ur eine ∞ f erhalten wir aus a) −a f (x)dx = 0 f (x)dx, ∞ gerade Funktion ur eine ungerade Funktion ergibt sich also −∞ f (x)dx = 2 · 0 f (x)dx. F¨ 0 a ∞ ∞ ∞ f (x)dx = − 0 f (x)dx, also −∞ f (x)dx = 0 f (x)dx − 0 f (x)dx = 0. −a Allgemeiner erhalten wir f¨ ur eine gerade Funktion und ein beliebiges a ∈ R nach a) die Formel a c a ∞ f (x)dx = lim f (x)dx = lim f (x)dx = f (x)dx. −a
c→∞
c→∞
−a
Aufgabe 7.15 a) Sei f (x) = e−x
0
2
−c
−∞
und n ∈ N.√Zeigen Sie bitte: 2 x f (x)dx = 0 und x f (x)dx = 2π. −∞ ∞ −x2 /2 −∞ √ Dabei d¨ urfen Sie −∞ e dx = 2π benutzen. Tipp: f¨ ur Teil 1 die vorige Aufgabe, f¨ ur Teil 2 partielle ∞Integration. ur n = b) Sei f (x) = e−λ|x| (λ > 0). Berechnen Sie bitte −∞ xn f (x)dx f¨ 0, 1, 2. ∞
2n+1
∞
/2
7.15
176
7. Differential- und Integralrechnung
L¨ osung: a) Zun¨ achst wollen wir zeigen, dass die Integrale ∞ xn exp(−x2 /2)dx −∞
u ¨ berhaupt existieren. Es ist xn exp(−x2 /2)=
xn exp(x2 /2)
xn 1+ + x4 /(4 · 2!) + · · · x2n ≤ x2n+2 x2n /(2n · n!) + 2n+1 ·(n+1)! =
=
x2 /2
2n · n! . x2 1 + 2 (n+1)
Die rechts stehende Funktion ist aber u ¨ber R integrierbar (substituieren Sie y = √ x ). Nach dem Vergleichskriterium [WHK, Satz 7. 53] folgt die 2(n+1)
Integrierbarkeit von xn exp(−x2 /2) u ¨ ber R. 2n+1 2 exp(−x /2) ungerade. Aus der vorigen Aufgabe folgt die BeNun ist x hauptung. Um das letzte Integral zu bew¨altigen, wenden wir partielle Integration an: u = x, u = 1, v = x exp(−x2 /2), v = − exp(−x2 /2). Einsetzen liefert ∞ ∞ √ 2 2 2 ∞ x exp(−x /2)dx = −x exp(−x /2)|−∞ + exp(−x2 /2)dx = 2π, −∞
−∞
weil limx→∞ |x| exp(−x /2) = 0 (siehe die Absch¨atzung zur Integrierbarkeit von xn exp(−x2 /2)). 2
Kapitel 8 Anwendungen
8
8 8.1 8.2 8.3
8
Anwendungen Periodische Funktionen ......................................... 179 Fouriertransformation ........................................... 182 Skalare gew¨ ohnliche Differentialgleichungen ................ 183
8 Anwendungen 8.1 Periodische Funktionen
8.1
Eine Funktion f : R → R (oder auch f : R → C ) heißt periodisch mit Periode a > 0, wenn f (x + a) = f (x) f¨ ur alle x ∈ R gilt. Sinus und Cosinus sowie die komplexe Funktion t → exp(it) haben 2π als Periode. Die Funktionen t → sin(nt) usw. haben die Periode 2π/n. Hat f die Periode a, so hat t → at ) = g(t) die Periode 2π. Denn es ist f ( 2π g(t + 2π) = f (
at at a(t + 2π) ) = f( + a) = f ( ) = g(t). 2π 2π 2π
Man braucht f¨ ur theoretische Zwecke also nur 2π-periodische Funktionen zu betrachten. Aufgabe 8.1 (Periodische Fortsetzung von Funktionen) a) Zeigen Sie bitte: Sei x ∈ R beliebig. Dann gibt es genau eine ganze Zahl k(x) mit 2k(x)π − π ≤ x < 2k(x)π + π. b) Sei f eine reellwertige oder komplexwertige Funktion auf dem Intervall [−π, π[. Wir definieren die Funktion gf auf ganz R durch gf (x) = f (x − 2k(x)π) mit dem k(x) aus Teil a) der Aufgabe. Zeigen Sie bitte: gf ist 2π−periodisch und f¨ ur x ∈ [−π, π[ ist gf (x) = f (x). Bemerkung: gf heißt die periodische Fortsetzung von f auf ganz R. Ist die Funktion h auf ganz R definiert und 2π−periodisch, so ist h die periodische Fortsetzung von h|[−π,π[ .
L¨ osung: a) Zu jeder reellen Zahl y gibt es genau eine ganze Zahl n(y) mit n(y) ≤ y < n(y) + 1, n¨ amlich max{n ∈ Z : n ≤ y}. Wir bezeichnen sie mit y (vergleiche [WHK, S. 75 oben], wo dies nur f¨ ur rationale Zahlen gebildet wurde). Es soll 2k(x)π − π ≤ x < 2k(x)π + π gelten. Diese Ungleichung gilt x+π ur genau dann, wenn k(x) ≤ x+π 2π < k(x) + 1 gilt. Also ist k(x) = 2π . F¨ x ∈ [−π, π[ ist k(x) = 0. art ist. Aus 2πk(x) − π ≤ x < b) Wir zeigen zun¨ achst, dass gf eindeutig erkl¨ 2k(x) + π folgt n¨ amlich −π ≤ x − 2k(x)π < π, also ist x − 2k(x)π ∈ [−π, π[. ur diese x, gf setzt also die Wegen k(x) = 0 f¨ ur x ∈ [−π, π[ ist gf (x) = f (x) f¨ Funktion f von [−π, π[ auf ganz R fort. Schließlich ist gf periodisch mit der Periode 2π. Denn sei x beliebig. Dann ist k(x + 2π) =
x+π x + 2π + π = + 1 = k(x) + 1. 2π 2π
8.1
180
8. Anwendungen
Daraus folgt gf (x + 2π)=f ((x + 2π) − 2π(k(x + 2π)) = f (x + 2π − 2π(k(x) + 1)) =f (x − 2k(x)π) = gf (x). Die reellen Fourierkoeffizienten einer reellen 2π-periodischen Funktion sind π π gegeben durch αn = π1 −π f (t) cos(nt)dt und βn = π1 −π f (t) sin(nt)dt. Die daraus resultierende Fourierreihe ist (gleich, ob die Reihe konvergiert oder
∞ nicht) f (t) ∼ α0 /2 + n=1 (αn cos(nt) + βn sin(nt)). 8.2
Aufgabe 8.2 Berechnen Sie bitte die Fourier-Koeffizienten der folgenden Funk-
tionen f , wobei f¨ ur x ∈ R die Zahl k(x) diejenige aus der vorigen Aufgabe ist. a) f (x) = x − 2πk(x). b) f (x) = sin(x − 2πk(x)). c) g(x) = (x − 2πk(x))2 . Tipp: Schauen Sie sich all die Funktionen im Abschnitt “Periodische Fouriertransformation” der Mathe-Visualisierungen an. Sie k¨ onnen dort die Funktion zeichnen lassen (jedenfalls im Intervall [−π, π], unter “Anzahl der Fourierkoeffizienten” ausw¨ahlen, wieviel Koeffizienten Sie sehen und ausrechnen lassen m¨ochten und schließlich die entsprechende Approximation durch die Fourierreihe anschauen. Sie k¨ onnen auch die x-Achse verl¨angern (etwa von −π bis 3π) und dann die periodische Fortsetzung gf von zum Beispiel f (x) = x eingeben. Dies Beispiel wird wegen seines Aussehens auch S¨agezahnkurve genannt. Sie m¨ ussen f¨ ur die Eingabe den Button “Benutzerdefinierte Funktionen” oben links anklicken und dann benutzerdefinierte partielle Funktionen w¨ahlen. Bei f (x) geben Sie x; x − 2 ∗ π ein, bei Intervall [−pi, pi); [pi, 3 ∗ pi). Lesen Sie dazu auch die Anleitung f¨ ur das Programm. L¨ osung: Da die angegebenen Funktionen stetig auf [−π, π[ mit einseitigem Grenzwert f¨ ur x ↑ π sind, sind sie u ¨ ber [−π, π[ integrierbar. In [WHK, Abschnitt 8.1] werden die Fourierkoeffizienten als Integrale von 0 bis 2π angegeben. Die Visualisierung benutzt aber statt dessen die Integrale von −π bis π. Dass dabei dasselbe herauskommt, begr¨ unden wir zun¨ achst: Behauptung: F¨ ur eine 2π−periodische Funktion f ist 2π π f (x)dx = f (x)dx. −π
0
8.1
Periodische Funktionen
181
Beweis: Es ist π
f (x)dx
0
=
−π
−π π
= Integr. d. Subst.
f (x)dx −π 0
0
f (x)=f (x+2π)
f (x)dx 0 0
f (x)dx +
= =
π
f (x)dx +
π
f (x)dx +
f (x + 2π)dx −π
0
π
2π
f (x)dx + 0
f (x)dx π
2π
f (x)dx.
= 0
2π a+2π Bemerkung: Es gilt sogar allgemeiner 0 f (x)dx = a f (x)dx, was nicht viel schwieriger zu beweisen ist. a) Wir m¨ ussen die Fourierkoeffizienten von f berechnen. x → x ist eine ungerade Funktion auf [−π, π]. Daher erhalten wir eine reine Sinus-Reihe (siehe [WHK, S. 252 Mitte]). Es ist π π f (x) sin(nx)dx = −π x sin(nx)dx. Partielle Integration mit u = x, u = −π 1, v = sin(nx), v = −1/n · cos(nx) liefert π π −u cos(nx) π sin(nx) n−1 x sin(nx)dx = + π/n. −π = 2(−1) 2 n n −π −π π Damit ergeben sich die Fourier-Koeffizienten zu βn = π1 −π x sin(nx)dx = (−1)n−1 2/n, die Sinusreihe lautet also sin(x) sin(2x) sin(3x) f (x) ∼ 2 − + − ··· . 1 2 3 b) Es ist f |[−π,π] = sin(x). Aus der Eindeutigkeit der Fourierreihe ([WHK, Satz 8.6]) folgt, dass alle Fourierkoeffizienten verschwinden bis auf den ersten ur alle n, βn = 0 f¨ ur alle n = 1 und β1 = 1. des Sinus-Anteils, kurz: αn = 0 f¨ c) x → x2 ist eine gerade Funktion, also hat sie eine reine Cosinusreihe. Um ur n ≥ 1 zu bestimmen, verwendet man eine Stammfunktion zu x2 cos(nx) f¨ partielle Integration. Wir setzen u = x2 , u = 2x, v = cos(nx), v = sin(nx) n 2 x sin(nx)dx. Dieses letzte Integral und erhalten x2 cos(nx) = x2 sin(x) − n n haben wir oben berechnet. Insgesamt ergibt sich x2 sin(nx) 2x cos(nx) 2 sin(nx) + − + const. x2 cos(nx) = n n2 n3
182
8. Anwendungen
Auswertung an den Grenzen liefert f¨ ur n ≥ 1 wegen sin(nπ) = 0 π 1 4 αn = x2 cos(nx)dx = (−1)n · 2 . π −π n π Wir bestimmen α0 = π1 −π x2 dx = 2π 2 /3. Damit ergibt sich die Fourierreihe x2 ∼ π 2 /3 + 4 ·
∞
(−1)n
n=1
cos(nx) . n2
Analog zu Aufgabe 6.5 erh¨ alt man, dass die Reihe gleichm¨ aßig konvergiert. Nach [WHK, Korollar 8.7] konvergiert sie tats¨ achlich gleichm¨ aßig auf ganz R 2 gegen die gegebene Funktion f (x) = (x − 2k(x)π) . Schauen Sie sich das am Computer an.
8.2
8.2 Fouriertransformation Die Fouriertransformierte fˆ einer reellen, auf ganz R definierten Funktion f ∞ ist gegeben durch fˆ(u) = −∞ f (x) exp(−iux)dx. Sie wird in der Nachrichtentechnik und bei der Signalverarbeitung ben¨ otigt.
8.3
Berechnen Sie bitte die Fouriertransformierte der folgenden Funktionen: a) f (x) = 1[0,1] (x). b) f (x) = x 1[0,1] (x). Aufgabe 8.3
L¨ osung: Wir notieren zun¨ achst, dass f¨ ur u = 0 eine Stammfunktion zu + i cos(ux) = ui exp(−iux) ist. exp(−iux) = cos(ux) − i sin(ux) gerade sin(ux) u u Damit k¨onnen wir formal wie im Reellen partiell integrieren. 1 ∞ ur u = 0 ist a) F¨ ur u = 0 erhalten wir fˆ(0) = −∞ 1[0,1] (x)dx = 0 dx = 1. F¨ fˆ(u)=
∞
−∞ 1
1[0,1] (x) exp(−iux)dx
exp(−iux)dx =
= 0
i exp(−iux)|10 u
i = (exp(−iu) − 1). u 1 ˆ b) F¨ ur u = 0 integrieren ur u = 0 ergibt sich f (u) = 0 xdx = 1/2. F¨ wir x exp(−iux)dx partiell durch u = x, u = 1, v = exp(−iux), v = i exp(−iux)/u. Es ergibt sich als Stammfunktion
8.3
Skalare gew¨ ohnliche Differentialgleichungen
i exp(−iux) − ix u u
183
exp(−iux) = ix exp(−iux)/u + exp(−iux)/u2 .
Da wir nur von 0 bis 1 integrieren m¨ ussen, erhalten wir 1 i fˆ(u) = exp(−iu) + 2 (exp(−iu) − 1) . u u
8.3 Skalare gew¨ ohnliche Differentialgleichungen
8.3
Differentialgleichungen sind Gleichungen, bei denen neben der gesuchten Funktion auch ihre Ableitungen auftreten. Unter anderem werden kontinuierliche Wachstums- und Zerfallsprozesse sowie Schwingungsph¨ anomene durch Differentialgleichungen beschrieben. Aufgabe 8.4 Es liege ein Zerfallsprozess vor, der also durch die Differentialgle-
8.4
ichung y(t) ˙ = −αy(t) beschrieben wird, wo α > 0 ist. Nach welcher Zeitdauer alfte gesunken? ist die zum Startzeitpunkt t0 vorhandene Stoffmenge auf die H¨ Diese Zeitdauer heißt Halbwertzeit des Stoffes und h¨ angt nur von α ab. L¨ osung: Sei zum Startzeitpunkt t0 die Stoffmenge y0 > 0 vorhanden. Die L¨osung der Differentialgleichung lautet dann (vergl. [WHK, Satz 8.19], [St, Abschnitt 16.4]) y(t) = y0 · exp(−α(t − t0 )). Da α > 0 ist limt→∞ y(t) = 0. Wir bestimmen den Zeitpunkt tH , zu dem y(tH ) = y0 /2 gilt. Aus y0 /2 = y0 · exp(−α(tH − t0 )) erhalten wir 1/2 = exp(−α(tH − t0 )) und daraus (durch Logarithmieren) − ln(2) = −α(tH − t0 ). Damit erh¨alt man tH − t0 = ln(2) α . Die Gr¨ oße tH − t0 ist gerade die Halbwertszeit. Aufgabe 8.5 Die allgemeine homogene lineare Schwingungsgleichung lautet A¨ x(t) + B x(t) ˙ + Cx(t) = 0, wo A, B, C reell und A, C > 0 sind. Die An˙ = v0 sind vorgegeben. Versuchen Sie, diese Gleifangswerte x(0) = x0 , x(0) chung in C zu l¨ osen und dann Real- und Imagin¨ arteil f¨ ur sich zu betrachten. Machen Sie dazu den Ansatz x(t) = γ exp(iωt), wo γ eine reelle Konstante ist. Bemerkung: Diese Gleichung tritt bei elektrischen Schaltkreisen auf.
L¨ osung: Zun¨ achst zeigen wir: sei z(t) eine L¨osung der Differentialgleichung, ˙ = v0 gen¨ ugt. die den Anfangsbedingungen gen¨ ugt, das heißt z(0) = x0 , z(0)
8.5
184
8. Anwendungen
Dann erf¨ ullt der Realteil x(t) = #(z(t)) ebenfalls die Gleichung und die Anfangsbedingungen. Zun¨ achst zu den Anfangsbedingungen: diese sind reell, bilden also den Realteilt f¨ ur t = 0 der komplexwertigen L¨osung z(t) und damit erf¨ ullt auch der Realteil von z diese Bedingungen. Es ist A¨ z (t) + B z(t) ˙ + Cz(t) = 0. Dabei sind A, B, C reelle Konstanten. ur n = 0, 1, 2, . . . (Grenz¨ uberg¨ ange Wegen z (n) (t) = #(z)(n) (t) + i $(z)(n) (t) f¨ wie zum Beispiel gerade die Ableitung werden “koordinatenweise”, also f¨ ur Realteil und Imagin¨ arteil gesondert gemacht) folgt ¨ ˙ ¨ ˙ 0 = #(Az(t)) + #(Bz(t)) + #(Cz(t)) = A#(z(t)) + B #(z(t)) + C#(z(t)), also ist #(z(t)) tats¨achlich eine L¨osung der Schwingungsgleichung mit den passenden Anfangswerten. F¨ ur x(t) = γ exp(iωt) erhalten wir x(t) ˙ = iωγ exp(iωt) und x ¨(t) = −ω 2 γ exp(iωt). Einsetzen in die Gleichung liefert −Aω 2 γ exp(iωt) + iωBγ exp(iωt) + Cγ exp(iωt)=(−A + iω + C)γ exp(iωt) =0. Wir nehmen γ = 0 an. Division durch γ exp(iωt) f¨ uhrt auf die quadratische Gleichung Aω 2 − iBω − C = 0, die wir nach der sog. Mitternachtsformel l¨ osen. Es ergibt sich iB B2 C ω1/2 = ± − 2+ . A 4A A (I) B = 0 ergibt die L¨ osungen γ exp(±it C/A), die aber noch nicht die Anfangsbedingungen erf¨ ullen, also nicht die vorgegebenen Anfangswerte annehmen. Mit exp(i ± ωt) sind auch γ exp(iωt) + δ exp(−iωt) L¨osungen, wie Sie durch Nachrechnen nachpr¨ ufen k¨ onnen. Wir bestimmen nun γ und δ so, dass die vorgegebenen Anfangswerte angenommen werden. Wir setzen t = 0 und erhalten das Gleichungssystem γ + δ=x0 , iv0 γ − δ=− . ω
8.3
Skalare gew¨ ohnliche Differentialgleichungen
185
Hieraus ergibt sich v0 , ω v0 δ=x0 + i . ω
γ=x0 − i
Damit ist die komplexe L¨osung im Fall B = 0 bestimmt: v0 v0 x(t) = (x0 − i ) exp(iωt) + (x0 + i ) exp(−iωt), ω ω Der Realteil ist r(t) = x0 cos(ωt) +
v0 ω
ω=
C/A.
sin(ωt).
B2 C (II) Wir behandeln nun den Fall B = 0. Wir setzen ω0 = − 4A 2 + A und erhalten jetzt als L¨osungen γ exp((i2 B/A ± iω0 )t) = γ exp(− B A t) exp(±iω0 t). Ist B < 0, so ist der Exponent im ersten Faktor positiv, es gilt also limt→∞ |x(t)| = ∞. Das ist physikalisch unsinnig. F¨ ur B > 0 wird das System ged¨ampft, denn es gilt limt→∞ x(t) = 0. Ist B 2 /A2 < C/A, so ist ω0 reell, also exp(±iω0 t) = cos(ω0 t)±i sin(ω0 t), es liegen als wirklich Schwingungen der Periode (2π)/ω0 vor. Ist dagegen B 2 /A2 > 2 2 C/A, so ist ω0 = i B /A − C/A und damit exp(iω0 t) = exp(−t B 2 /A2 − C/A), es tritt also zus¨atzliche D¨ampfung auf, aber es finden keine Schwingungen mehr statt. Zum Fall B = 0 analoge Rechnungen liefern f¨ ur B 2 /A2 < C/A x(t) = (x0 − i
v0 B v0 B ) exp(− t) exp(iω0 t) + (x0 + i ) exp(− t) exp(−iω0 t). ω0 A ω0 A
Als Realteil erhalten wir damit r(t) = exp(− B A t)(x0 cos(ω0 t) +
v0 ω0
sin(ω0 t)).
Kapitel 9 Einf¨ uhrung in die Vektorrechnung
9
9 9.1 9.2
9
Einf¨ uhrung in die Vektorrechnung Vektorrechnung in R2 und R3 ................................ 189 Lineare Unabh¨angigkeit in R2 , R3 und CR ................. 190
9 Einf¨ uhrung in die Vektorrechnung 9.1 Vektorrechnung in R2 und R3
9.1
F¨ ur die Visualisierung der Vektorrechnung benutzen Sie bitte das Applet “Vektoren in der Ebene”. Addition und Multiplikation mit Skalaren geschieht 2 koordinatenweise. f¨ u r Vektoren Das bedeutet in der Ebene R : x+x x x αx x und α · = + = . F¨ ur Vektoren im Raum R3 y y + y y y αy ist analog in einer Formel zusammengefasst: ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ y1 αx1 + βy1 x1 α ⎝x2 ⎠ + β ⎝y2 ⎠ = ⎝αx2 + βy2 ⎠ . x3 y3 αx3 + βy3 Aufgabe 9.1 Berechnen Sie bitte die folgenden Ausdr¨ ucke von Vektoren in
derEbene bzw.im Raum: 1 2 a) + . 2 −4 4 −10 b) 1/2 + 1/5 . −6 15 ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 1 0 c) ⎝1⎠ + ⎝−3⎠. 2 5 ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 2/3 1/6 d) 3/2 ⎝6/5⎠ − 6 ⎝5/3⎠ −1 1 2 1+2 3 L¨ osung: a) + = = . 2 −4 2−4 −2 4 −10 4 · 1/2 − 10 · 1/2 0 b) 1/2 + 1/5 = = . −6 15 (−6) · 1/2 + 15 · 1/5 0 ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 1 0 1+0 1 c) ⎝1⎠ + ⎝−3⎠ = ⎝1 − 3⎠ = ⎝−2⎠. 2 5 2+5 7 ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛3 0 2/3 1/6 2 · 2/3 − 6 · 1/6 d) 3/2 ⎝6/5⎠ − 6 ⎝5/3⎠ = ⎝ 32 · 6/5 − 6 · 5/3⎠ = ⎝−41/5⎠ . 3 21 10 −1 2 · 10 − 6 · (−1) 10
9.1
190
9.2
9. Einf¨ uhrung in die Vektorrechnung
9.2 Lineare Unabh¨ angigkeit in R2 , R3 und CR Zwei Vektoren x und y heißen linear unabh¨ angig, wenn αx + βy = 0 nur f¨ ur α = β = 0 gilt. Zwei linear unabh¨ angige Vektoren x und y spannen die Ebene E(x, y) = {αx + βy : α, β ∈ R} auf.
9.2
1 , b2 = −1 . a) Bestimmen Sie im Folgenden die unbekannten Elemente a1 und a2 aus R, so dass die angegebenen ullt sind: 1 Gleichungen erf¨ (1) a1 b1 + a2 b2 = 0, (2) a1 b1 + a2 b2 = 01 . b) Zeigen Sie bitte: Zu jedem Vektor u = uu12 gibt es eindeutig bestimmte angen x1 , x2 mit u und Zahlen x1 und x2 (aus R) mit u = x1 b1 + x2 b2 . Wie h¨ den L¨ osungen aus (1) und (2) zusammen?
Aufgabe 9.2 Sei K = R und sei b1 =
1 1
L¨ osung: a) Ausf¨ uhrlich geschrieben lautet die erste Gleichung 1 1 1 a1 + a2 a1 = + a2 = . a1 − a2 1 −1 0 Zwei Vektoren sind gleich, wenn alle ihre Koordinaten gleich sind. Wir erhalten also das Gleichungssystem a1 + a2 = 1 a1 − a2 = 0 das wir mit Schulmethoden l¨ osen. Es ergibt sich 2a1 = 1, 2a2 = 1, also ost man genau so und erh¨ alt a1 = a1 = 1/2 = a2 . Den zweiten Teil von a) l¨ 1/2, a2=−1/2. 1 0 b) Sei = e1 , = e2 . Dann ist u = u1 e1 + u2 e2 = u1 (b1 /2 + b2 /2) + 0 1 u2 (b1 /2 − b2 /2) = 1/2 (u1 + u2 )b1 + 1/2 (u1 − u2 )b2 . Wir erhalten also x1 = (u1 + u2 )/2 und x2 = (u1 − u2 )/2. Damit ist der Zusammenhang mit den L¨osungen aus a) bereits gekl¨art. Die Frage ist, ob es andere Zahlen y1 , y2 mit u = y1 b1 + y2 b2 gibt. Angenommen, man hat solche y1 , y2 . Dann gilt 0 = u − u = (x1 − y1 )b1 + (x2 − y2 )b2 . Setzen wir zj = xj − yj , so erhalten wir die Gleichung 0 = z1 b1 + z2 b2 . Vektoren sind gleich, wenn ihre Koordinaten gleich sind. Daher erhalten wir das Gleichungssystem z1 + z2 = 0 z1 − z2 = 0 das wir wieder mit Methoden aus der Schule l¨ osen. Wir erhalten (vergleiche a)) z1 = z2 = 0, also x1 = y1 und x2 = y2 . Das beweist, dass es eindeutig bestimmte x1 , x2 mit u = x1 b1 + x2 b2 gibt.
9.2
Lineare Unabh¨ angigkeit in R2 , R3 und CR
191
Aufgabe 9.3 Sei E die von den Vektoren
9.3
⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 1 0 v = ⎝1⎠ und w = ⎝0⎠ 0 1 aufgespannte Ebene E(v, w) im Raum (siehe [WHK, ⎛ S. ⎞ 273]). Zeigen ⎛ Sie ⎞ 2 −1 bitte, dass diese Ebene auch von den Vektoren v = ⎝2⎠ und w = ⎝−1⎠ 2 1 aufgespannt wird. L¨ osung: Wir zeigen zun¨achst, dass v und w in der Ebene E(v, w) liegen. Dann beweisen wir, dass damit auch die von v und w aufgespannte Ebene E(v , w ) in E(v, w) enthalten ist. Dann zeigen wir, dass v, w in E(v , w ) liegen. Daraus folgt dann analog zum Vorigen, dass auch E(v, w) in E(v , w ) liegt. Wir haben also E(v , w ) ⊆ E(v, w) ⊆ E(v , w ), woraus die Gleichheit folgt. Wir zeigen also zun¨achst, dass v und w in der Ebene E liegen: es ist v = 2v + 2w ∈ E und w = −v + w ∈ E. Wir zeigen nun, dass dann auch ur r, s ∈ R ist n¨ amlich rv + sw = 2rv + 2sw − E(v , w ) ⊆ E(v, w) ist. F¨ sv + sw = (2r − s)v + 3sw, also ist die von v und w aufgespannte Ebene in E enthalten. ur bestimmte a, b ∈ R. Das bedeutet Wir behaupten nun, dass v = av + bw f¨ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 1 2 −1 v = ⎝1⎠ = a ⎝2⎠ + b ⎝−1⎠ 0
2
1
mit bestimmten Skalaren a und b. Ber¨ ucksichtigen wir, dass Vektoren in R3 gleich sind, wenn alle ihre Koordinaten gleich sind, so erhalten wir das folgende Gleichungssystem f¨ ur a und b: 2a 2a 2a
− − +
b b b
= = =
1 1 . 0
Aus der letzten Gleichung folgt b = −2a. Setzt man dies in die erste Gleichung ein, so ergibt sich a = 1/4 und damit b = − 12 . Entsprechend bestimmen wir Skalare a und b mit ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 0 2 −1 ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ w = 0 = a 2 + b −1⎠ . 1 2 1
192
9. Einf¨ uhrung in die Vektorrechnung
Wir schreiben das zugeh¨ orige Gleichungssystem nicht mehr hin. Aus der Gleichung f¨ ur die erste Koordinate erh¨alt man b = 2a. Setzt man dies in die Gleichung f¨ ur die dritte Koordinate ein, so ergibt sich 4a = 1, also a = 1/4 und damit b = 1/2. ur Daher liegt nun auch E(v, w) in E(v , w ) (vergleiche oben den Beweis f¨ E(v , w ) ⊆ E(v, w)). Damit ist die Aufgabe gel¨ost. 9.4
Aufgabe 9.4 Zeigen Sie bitte:
⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 1 1 0 a) Sei b1 = ⎝1⎠ , b2 = ⎝−1⎠ , b3 = ⎝0⎠. 0 0 1 Ist x1 b1 + x2 b2 + x3 b3 = 0 (xj ∈ R), so ist x1 = x2 = x3 = 0. b) Wir betrachten den Vektorraum CR aller Funktionen von R in C mit den Verkn¨ upfungen f + g : t → (f + g)(t) := f (t) + g(t) , λf : t → (λf )(t) := λf (t)). ur j = k. Ist x1 fn1 + x2 fn2 + · · · + Sei fn (t) = eint (n ∈ Z). Sei nj = nk f¨ xp fnp = 0 (xj ∈ C), so ist x1 = · · · = xp = 0. Tipp: Multiplizieren Sie die Gleichung mit f nk und integrieren Sie sie von 0 bis 2π. angig sind, Bemerkung: Das Ergebnis besagt in a), dass b1 , b2 , b3 linear unabh¨ angig ist. in b), dass die Menge der Funktionen {fn : n ∈ Z} linear unabh¨ L¨ osung: a) Die Gleichung besagt ausf¨ uhrlich hingeschrieben: ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ x1 x1 + x2 0 x2 0 ⎝x1 ⎠ + ⎝−x2 ⎠ + ⎝ 0 ⎠ = ⎝x1 − x2 ⎠ = ⎝0⎠ . 0 0 x3 0 x3 Vektoren sind gleich, wenn alle ihre Koordinaten gleich sind. Daraus folgt uhren auf ein Gleichungssyssofort x3 = 0. Die ersten beiden Koordinaten f¨ tem, das wir in der vorigen Aufgabe, Teil b) schon gel¨ ost haben. Es ergab sich x1 = x2 = 0. b) Wir benutzen den Tipp. Es ist 1 m=n . f¯m (t)fn (t) = exp(i(n − m)t) = exp(i(n − m)t sonst
Damit ergibt sich ! 2π 2π exp(i(n − m)t)dt = 1 0
m=n 2π = 0 sonst , exp(i(n − m)t 0 i(n−m)
(13)
9.2
Lineare Unabh¨ angigkeit in R2 , R3 und CR
193
weil exp(ikt) = cos(kt) + i sin(kt) f¨ ur k = 0 periodisch mit Periode 2π ist. achst Wir multiplizieren nun die Gleichung 0 = x1 fn1 +x2 fn2 +· · ·+xp fnp zun¨ mit f¯n1 und integrieren sie anschließend. Wir erhalten 2π 0= (x1 · 1 + x2 exp(i(n2 − n1 )t) + · · · + xp exp(i(np − n1 )t)dt = 2πx1 , 0
(13)
ur einen beliebigen Index nj gehen wir analog vor und woraus x1 = 0 folgt. F¨ erhalten 2πxj = 0. Insgesamt folgt x1 = · · · = xp = 0.
Kapitel 10 Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen
10
10
10 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 10.6
Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen Einf¨ uhrung ........................................................ Lineare Abbildungen............................................. Matrizen ........................................................... Determinanten.................................................... Eigenwerte linearer Abbildungen .............................. Skalarprodukt auf Rp ...........................................
197 198 200 207 208 209
10 Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen 10.1 Einf¨ uhrung Bisher hatten wir Vektorrechnung mit konkreten Vektorr¨ aumen R2 und R3 , sowie dem Vektorraum aller komplexen Funktionen auf R behandelt. Um den m¨ oglichen Anwendungsbereich f¨ ur das Wesentliche an diesen Strukturen zu erweitern, f¨ uhrt man abstrakt den Begriff des Vektorraumes V u ¨ber einem K¨ orper K ein: V heißt Vektorraum u ¨ber K, wenn (V, +) eine (additiv geschriebene) kommutative Gruppe ist und eine Multiplikation K × V → V, (α, x) → αx von Skalaren( das sind Elemente aus K) mit Vektoren erkl¨ art ist, die die folgenden Eigenschaften hat: (i) α(x + y) = αx + αy. (ii) (α + β)x = αx + βx. (iii) ((αβ)x = α(βx). (iv) 1 · x = x. Dabei sind α, β Skalare und x, y ∈ V Vektoren. Ein Ausdruck der Form α1 x1 + α2 x2 + · · · + αn xn heißt Linearkombination der x1 , . . . , xn . Sei V ein Vektorraum u ¨ber K. Eine Menge U ⊆ V heißt Unterraum, wenn U eine Untergruppe der additiven Gruppe (V, +) ist, die abgeschlossen gegen¨ uber der Multiplikation mit Skalaren ist, das heißt, f¨ ur die gilt: x ∈ U und α ∈ K impliziert αx ∈ U . U ist dann selbst ein Vektorraum u ¨ber K. U ist genau dann ein Unterraum, wenn mit x, y ∈ U auch jede Linearkombination von x und y in U liegt. angig, wenn α1 x1 + α2 x2 + Die Menge {x1 , . . . xn } ⊆ V heißt linear unabh¨ ur α1 = · · · = αn = 0 m¨ oglich ist. Sie heißt Basis, , · · · + an xn = 0 nur f¨ wenn sie linear unabh¨ angig ist und jedes x in V sich als Linearkombination asst. Diese Darstellung ist dann eindeutig. Besitzt der x1 , . . . , xn darstellen l¨ V eine Basis aus n Elementen, so heißt n die Dimension von V .
10.1
198
10. Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen
In Kn bezeichnet man die Basis (e1 , . . . , en ) mit den Vektoren ⎛ ⎞ 0 ⎜ ⎟ 0 ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ .. ⎜ ⎟ . ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ 0 ⎜ ⎟ ej = ⎜ ⎟ ⎜1 (j. Stelle)⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ 0 ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ .. ⎝ ⎠ . 0 als kanonische Basis. Die Abbildungen zwischen Vektorr¨ aumen u ¨ber dem gleichen K¨ orper K, die mit der Vektorraum-Struktur vertr¨ aglich sind, sind besonders wichtig. Eine solche Abbildung heißt linear. Genauer bedeutet dies: Seien V, W Vektorr¨ aume u ¨ber K. Eine Abbildung A : V → W heißt linear, wenn stets A(αx + βy) = αA(x) + βA(y) ist. Der Umgang mit diesen zun¨ achst sehr abstrakten Begriffen wird in der folgenden Aufgabe trainiert.
10.2
10.2 Lineare Abbildungen
10.1
Aufgabe 10.1 Seien V , W Vektorr¨ aume u ¨ ber dem K¨ orper K und α : V → W
eine lineare Abbildung. Zeigen Sie bitte: a) ker(α) = {x ∈ V : α(x) = 0} ist ein Unterraum von V . b) α ist genau dann injektiv, wenn ker(α) = {o} gilt. c) Ist α bijektiv, so ist die Umkehrabbildung α−1 wieder linear. L¨ osung: a) Wir zeigen, dass jede Linearkombination zweier Elemente aus ker(α) wieder in ker(α) liegen: Seien x, y ∈ ker(α) und u, v ∈ K. Dann gilt α(ux + vy) = uα(x) + vα(y) α linear
=
u · o + v · o = o.
x,y∈ker(α)
Also ist ux + vy in ker(α) und damit ist ker(α) ein Unterraum. b) Ist α injektiv, so hat auch o nur ein Urbild, n¨ amlich o ∈ V , also ist ker(α) = {o}. Sei umgekehrt ker(α) = {o}. Wir m¨ ussen zeigen: Ist α(x) = α(y), so ist x = y. Seien x, y ∈ V mit α(x) = α(y). Dann ist α(x − y) = α(x) − α(y) = o.
10.2 Lineare Abbildungen
199
Daraus folgt x − y ∈ ker(α) = {o}, also x − y = o. Das bedeutet x = y, und damit ist α injektiv. c) Wir m¨ ussen α−1 (ux + vy) = uα−1 (x) + vα−1 (y) zeigen. Da α linear ist, ist α(uα−1 (x) + vα−1 (y)) = uα(α−1 (x)) + vα(α−1 (y)) = ux + vy. Wir wenden α−1 auf diese Gleichungskette an und erhalten uα−1 (x) + vα−1 (y) = α−1 (ux + vy), und das ist die Linearit¨ at von α−1 . orper, n ∈ Im Folgenden betrachten wir h¨ aufig den Vektorraum Kn (K ein K¨ N). Seine Elemente hatten wir bisher immer als Spalten geschrieben: x = ⎛ ⎞ x1 ⎜ x2 ⎟ ⎜ ⎟ unden schreiben wir stattdessen ⎜ . ⎟. Aus drucktechnischen Gr¨ ⎝ .. ⎠ xn x = (x1 , x2 , . . . , xn )t , wobei t die sogenannte Transposition bedeutet. Grob gesprochen: t macht aus dem Spaltenvektor einen Zeilenvektor. Aufgabe 10.2 (Lineares Schieberegister) Sei K ein K¨ orper und V = W = Kn .
Seien c1 , . . . , cn ∈ K fest gew¨ahlte Konstanten. Wir betrachten die Abbildung α : V → V, (x1 , . . . , xn )t → α(x1 , . . . , xn )t = (x2 , x3 , . . . , xn , c1 x1 + c2 x2 + · · · + cn xn )t . Offensichtlich ist α linear. Zeigen Sie bitte: α ist genau dann bijektiv, wenn c1 = 0. L¨ osung: Wir zeigen zun¨achst: ker(α) = {o} gilt genau dann, wenn c1 = 0 ist. Sei α(x) = o. Dann sind x2 , . . . , xn = 0 und c1 x1 = 0. Ist c1 = 0, so ist also x1 = 0. Damit ist gezeigt: ist c1 = 0, so ist ker(α) = {o}, und damit α injektiv nach Aufgabe 10.1. Sei umgekehrt α injektiv. Dann ist o = α((1, 0, . . . , 0)t ) = (0, 0, . . . , 0, c1 ), also ist c1 = 0. Wir m¨ ussen noch zeigen, dass α bijektiv ist, wenn α injektiv ist. Sei ej = (0, 0, . . . , 0, 1 , 0, . . . , 0)t . Dann bildet e1 , . . . en die kanonische Basis in j. Koord.
angig, also hat V . Wegen der Injektivit¨at sind die Bilder α(ej ) linear unabh¨
10.2
200
10. Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen
der Unterraum α(V ) die gleiche Dimension wie V selbst. Beide R¨aume sind daher nach [WHK, Satz 9.22] gleich und damit ist α bijektiv. An sich ist eine Basis des Vektorraumes V eine linear unabh¨ angige Teil– Menge von V , die V erzeugt. H¨ aufig kommt es jedoch auf eine festgelegte Reihenfolge der Elemente einer Basis an. Deshalb versteht man unter einer Basis B ein geordnetes n–Tupel B = (v1 , . . . , vn ), so dass v1 , . . . , vn linear unabh¨ angig sind und V aufspannen. 10.3
Aufgabe 10.3 Seien V und W endlichdimensionale Vektorr¨ aume u ¨ ber dem K¨ orper K. Eine Basis von V sei B = (v1 , . . . , vm ) eine solche von W sei ur das Indexpaar (i, j) sei αij diejenige lineare Abbildung, C = (w1 . . . , wn ). F¨ die vi auf wj und alle anderen Basisvektoren auf o abbildet. Zeigen Sie bitte: D := (αij : i = 1, . . . , m, j = 1, . . . , n) bildet eine Basis im Vektorraum L(V, W ) aller linearen Abbildungen von V nach W .
L¨ osung: Wir m¨ ussen einmal zeigen, dass D linear unabh¨ angig ist, und zum anderen, dass D den Raum L(V, W ) aufspannt.
= i=1...m,j=1...n rij αij . (I) D ist linear unabh¨ angig. Denn sei o wj o
N ull−Abbildung
Dann ist insbesondere wegen αij (v1 ) = o=
i,j
rij αij (v1 ) =
j=1...n
i=1 i = 1
r1j α1j (v1 ) =
n
r1j wj .
j=1
Da C eine Basis ist, muss r11 = r12 = · · · = r1n = 0 gelten. Ersetzt man in diesem Argument den Index 1 durch einen beliebigen Index i, so erh¨alt man ri1 = · · · = rin = 0. Insgesamt folgt, dass alle rij = 0 sind, also ist D linear unabh¨ angig. (II) D spannt L(V, W ) auf: Sei α eine beliebige lineare Abbildung. Dann ist
α(vi ) Linearkombination der wj , also α(vi ) = nj=1 rij wj = nj=1 rij αij (vi ).
Da i beliebig war, folgt α = i,j rij αij . 10.3
10.3 Matrizen ¨ Ublicherweise werden Informationen u ¨ber Vektoren und - wie wir sp¨ ater kennen lernen werden - u ¨ber lineare Abbildungen in Zahlentafeln, Matrizen genannt (Singular: Matrix), gespeichert. Eine m× n-Matrix ist eine Zahlentafel
10.3 Matrizen
201
mit m Zeilen und n Spalten, geschrieben als ⎛ ⎞ a11 a12 a13 · · · a1n ⎜ a21 a22 a23 · · · a2n ⎟ ⎜ ⎟ A=⎜ . .. .. . . .. ⎟ = (aik )i = 1, . . . , m . ⎝ .. . . . . ⎠ k = 1, . . . , n
am1 am2 am3 · · · amn
Matrizen mit m Zeilen und n Spalten werden elementweise addiert. Das bedeutet (aik )i = 1, . . . , m + (bik )i = 1, . . . , m = (aik + bik )i = 1, . . . , m . k = 1, . . . , n
k = 1, . . . , n
k = 1, . . . , n
Sie werden ebenso elementweise mit einem Skalar multipliziert: α · (aik )i = 1, . . . , m = (αaik )i = 1, . . . , m . k = 1, . . . , n
k = 1, . . . , n
Aus den Anwendungen ergibt sich eine kompliziertere aber sehr wichtige Form der Multiplikation von Matrizen: Zun¨ achst multiplizieren wir ⎞ 1 × n⎛ eine b1 ⎜ b2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ Matrix a = a1 , a2 , a3 , · · · , an mit einer n × 1-Matrix b↓ = ⎜ b3 ⎟ durch die ⎜.⎟ ⎝ .. ⎠ bn Festsetzung ab↓ = a1 b1 + a2 b2 + · · · + an bn . Seien nun A eine m×n-Matrix mit den m Zeilen a j = aj1 , aj2 aj3 , · · · , ajn ⎛ ⎞ b1k ⎜ b2k ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ und B eine n × p-Matrix mit den Spalten b↓k = ⎜ b3k ⎟. Dann ist das Ma⎜ . ⎟ ⎝ .. ⎠ bnk trizenprodukt ⎛
a1 b↓1 a1 b↓2 a1 b↓3 ⎜ a b↓ a b↓ a b↓ ⎜ 2 1 2 2 2 3 ⎜
a b↓ a b↓ a b↓ AB = ⎜ ⎜ 3 1 3 2 3 3 .. .. ⎜ .. ⎝ . . . ↓ ↓
am b1 am b2 am b↓3
⎞ · · · a1 b↓p ⎛ ⎞ · · · a2 b↓p ⎟ ⎟ n ⎟ · · · a3 b↓p ⎟ = ⎝ aij bjk ⎠ . ⎟ .. ⎟ .. i = 1, . . . , m j=1 . . ⎠ k = 1, . . . , p · · · am b↓p
Insbesondere ist das Produkt eine m × p-Matrix.
202
10. Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen
Besteht eine Matrix A aus nur einer Zeile und nur einer Spalte, ist also A = (a), so setzt man A mit der Zahl a gleich, kurz: (a) = a. Aufgabe 10.4 Berechnen Sie die folgenden Matrizenprodukte:
10.4
⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 0 0 a) (1 0 3) ⎝2⎠ und ⎝2⎠ (1 0 3). 5 5 ⎛ ⎞ 550 1 03 ⎝ b) 4 4 1⎠. 7 −2 6 321 1 1 1 −1 1 . c) 4 11 −1 1 ⎛ ⎞ 0 L¨ osung: a) (1 0 3) ⎝2⎠ = (1 · 0 + 0 · 2 + 3 · 5) = (15) = 15. Ferner 5 ⎛ ⎞ ⎛ ⎞⎛ ⎞ 0 0·10·00·3 00 0 ⎝2⎠ (1 0 3) = ⎝2 · 1 2 · 0 2 · 3⎠ ⎝2 0 6⎠ . 5 5·15·05·3 5 0 15 ⎛ ⎞ 550 1 03 ⎝ 14 11 3 14 11 3 ⎠ b) = . 441 = 7 −2 6 35 − 8 + 18 35 − 8 + 12 −2 + 6 45 39 4 321 11 1 −1 00 1 00 1 = = 4 . c) 4 11 00 −1 1 00
10.5
Aufgabe 10.5 Berechnen Sie bitte die folgenden Matrizenprodukte:
⎛ ⎞ 4 a) (1, 2, 3) ⎝5⎠ . 7 ⎛ ⎞ 4 b) ⎝5⎠ (1, 2, 3). 7 cos(ϕ) − sin(ϕ) 5 c) . sin(ϕ) cos(ϕ) 3 ⎛ ⎞ 7 10 13 123 ⎝ d) 8 11 14⎠ . 456 9 12 15 125 7 9 e) . Achtung! Geht das u ¨berhaupt und wenn nicht, warum 346 8 10 nicht?
10.3 Matrizen
203
⎛ ⎞ 4 L¨ osung: a)(1, 2, 3) ⎝5⎠ = 1 · 4 + 2 · 5 + 3 · 7 = 35. 7 ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 4 4 8 12 b) ⎝5⎠ (1, 2, 3) = ⎝5 10 15⎠. 7 7 14 21 cos(ϕ) − sin(ϕ) 5 5 cos(ϕ) − 3 sin(ϕ) c) = . sin(ϕ) cos(ϕ) 3 5 sin(ϕ) + 3 cos(ϕ) d) ⎛ ⎞ 7 10 13 123 ⎝ 7 + 16 + 27 10 + 22 + 36 13 + 28 + 45 8 11 14⎠ = 456 28 + 40 + 72 40 + 55 + 72 42 + 70 + 90 9 12 15 50 68 86 = . 140 167 202 e) Man kann eine 2 × 3-Matrix nur mit einer 3 × n-Matrix multiplizieren. Lineare Abbildungen und Matrizen
Wir zeigen zun¨ achst den Zusammenhang zwischen einem Vektorraum V mit ¨ber dem K¨ orper K und Spaltenvektoren aus Km . Jedes Basis B = (b1 , . . . bm ) u x ∈ V hat eine eindeutige Darstellung x = x1 b1 + · · · xm bm mit (eindeutig bestimmten) x1 , . . . xm . Wir betrachten nun die Abbildung αB : V → ⎞ ⎛ Skalaren x1 ⎜ x2 ⎟ ⎜ ⎟ Km , x → ⎜ . ⎟ . Sie ist linear und bijektiv, also ein Isomorphismus. αB (x) ⎝ .. ⎠ xm heißt zu x geh¨ origer Spaltenvektor. Wir zeigen nun den Zusammenhang zwischen Matrizen und linearen Abbildungen. Seien V, W Vektorr¨ aume u ¨ber K mit den Basen B = (b1 , . . . , bm ) in V und C = (c1 , . . . , cn ) in W . Sei α eine lineare Abbildung von V in W . Dann l¨ asst sich jedes Bild α(bi ) schreiben als α(bi ) = a1i c1 + a2i c2 + · · · + ani cn , weil ja (c1 , . . . , cn ) eine Basis erhalten auf diese Weise die ⎛ von W ist. Wir ⎞ a11 a12 a13 · · · a1m ⎜ a21 a22 a23 · · · a2m ⎟ ⎟ ⎜ zugeh¨ orige Matrix Aα = ⎜ . . . . . ⎟ , deren Spalten gerade die ⎝ .. .. .. . . .. ⎠ an1 an2 an3 · · · anm Koordinaten der Bilder α(bi ) bez¨ uglich der Basis C enthalten. Ist x ∈ V be-
204
10. Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen
⎞ x1 ⎜ x2 ⎟ ⎜ ⎟ uglich B, so ist der Koordinatenvekliebig mit Koordinatenvektor ⎜ . ⎟ bez¨ ⎝ .. ⎠ ⎛
xm
⎛
⎞ x1 ⎜ x2 ⎟ ⎜ ⎟ tor von α(x) gerade das Matrizenprodukt Aα ⎜ . ⎟. Damit ist die gesamte ⎝ .. ⎠ xm Information der linearen Abbildung α in der Matrix Aα enthalten. Will man die beiden beteiligten Basen explizit angeben, so schreibt man AB,C α anstelle von Aα . Ist V = W und B = C, so benutzt man auch die Schreibweise AB α. 10.6
Aufgabe 10.6 a) Sei v ∈ Rn und α : Rn → R, x → (v|x). Bestimmen Sie bitte
bez¨ uglich der kanonischen Basen von Rn und R die Matrixdarstellung von v. b) Sei σ : R3 → R3 , (x1 , x2 , x3 )t → (x1 , x2 , −x3 )t (die Spiegelung an der von e1 und e2 aufgespannten Ebene, siehe [WHK, S. 308] Beispiel 4). Bestimmen Sie bitte die Matrixdarstellung von σ einmal bez¨ uglich der kanonischen Basis B und einmal bez¨ uglich der Basis C = {e1 + e3 , e1 − e2 , e2 − e3 }. L¨ osung: Wir verwenden die in [WHK, Definition 10.15] eingef¨ uhrten Bezeichnungen. . . . en } die kanonische Basis in Rn und C = {1} diejenige in a) Sei B =⎛ {e1 ,⎞ v1 ⎜ v2 ⎟ ⎜ ⎟ R. Sei v = ⎜ . ⎟. Dann ist ⎝ .. ⎠ vn ⎞ ⎛ ⎛⎛ ⎞⎞ 0 v1 ⎟ ⎜ ⎜⎜ ⎟⎟ .. .. ⎟ ⎜ ⎜⎜ ⎟⎟ . . ⎟ ⎜ ⎜⎜ ⎟⎟ ⎟ ⎜ ⎜⎜ ⎟⎟ ⎜⎜vj (j. Koord.)⎟ ⎜1 (j. Koord.)⎟⎟ α(ej ) = (v|ej ) = ⎜⎜ ⎟|⎜ ⎟⎟ = vj . vj+1 ⎟ ⎜ ⎜⎜ 0 ⎟⎟ ⎟ ⎜ ⎜⎜ ⎟⎟ .. .. ⎟ ⎜ ⎜⎜ ⎟⎟ ⎠ ⎝ ⎝⎝ ⎠⎠ . . vn 0 Daraus folgt AB,C = (v1 , v2 , . . . , vn ) (der transponierte Vektor v t ). α
10.3 Matrizen
205
b) Es ist σ(e1 ) = e1 , σ(e2 ) = e2 und σ(e3 ) = −e3 , Also erh¨ alt man ⎛ ⎞ 10 0 B ⎝ AB,B = A = 0 1 0⎠ . σ σ 0 0 −1 Wir benennen die Vektoren aus C b1 = e1 + e3 , b2 = e1 − e3 , b3 = e2 − e3 . Dann erh¨ alt man σ(b1 ) = b2 , σ(b2 ) = e1 + e3 = b1 , σ(b3 ) = e2 + e3 = (e1 + e3 ) − (e1 − e3 ) + (e2 − e3 ) = b1 − b2 + b3 . Damit ergibt sich ⎛ ⎞ 01 1 ⎝1 0 −1⎠ . AC σ = 00 1
Basiswechsel und Matrizen
Auch Basiswechsel kann man durch Matrizen kodieren. Dabei ergeben sich automatisch quadratische Matrizen. Das Produkt zweier n × n-Matrizen ist wieder eine n × n-Matrix. Damit ist die Menge aller n × n−Matrizen eine Halbgruppe at muss man nachrechnen). Die Matrix En = ⎛ ⎞(die Assoziativit¨ 10 00 ⎜0 1 0 0⎟ ⎜ ⎟ ⎜ . . . .⎟ , die als Spaltenvektoren die Elemente der kanonischen Basis ⎝ .. .. . . ..⎠ 0 0 ··· 1 in Kn hat, ist das Einselement dieser Halbgruppe. Sie heißt Einheitsmatrix. Genau dann ist eine n×n-Matrix S invertierbar, wenn ihre Spalten eine Basis von Kn bilden. Dann existiert also S −1 , das heißt, es gilt SS −1 = S −1 S = En . Damit kann man wie gesagt Basiswechsel in Kn kodieren, siehe [WHK, Satz 10.28]. Berechnen Sie bitte die Matrizen der folgenden Basiswech⎛⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞⎞ cos(ϕ) − sin(ϕ) 0 sel in R3 : B = (e1 , e2 , e3 ), B = ⎝⎝ sin(ϕ) ⎠ , ⎝ cos(ϕ) ⎠ , ⎝0⎠⎠, B = 0 0 1 (e1 , e3 , e2 ).
Aufgabe 10.7
⎛
⎛ ⎞−1 ⎞ cos(ϕ) − sin(ϕ) 0 cos(ϕ) sin(ϕ) 0 = ⎝− sin(ϕ) cos(ϕ) 0⎠, L¨ osung: Es ist SB ,B = ⎝ sin(ϕ) cos(ϕ) 0⎠ 0 01 0 01 wie man durch Nachrechnen sofort erh¨alt.
10.7
206
10. Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen
Ferner ist SB ,B
⎛ ⎞−1 ⎛ ⎞ 100 100 = ⎝0 0 1⎠ = ⎝0 0 1⎠, wie man wiederum durch “Probe” 010 010
best¨atigt. Rang einer Matrix
Der Rang rg(A) einer Matrix A ist die Maximalzahl linear unabh¨ angiger Spalten der Matrix. Das ist dasselbe wie die Maximalzahl linear unabh¨ angiger Zeilen. Der Rang wird mit dem Gauß-Verfahren berechnet, siehe [WHK, S. 330 - 331]. 10.8
Aufgabe 10.8 Bestimmen Sie bitte den Rang der Matrix
⎛
⎞ 14 7 ⎜2 5 8⎟ ⎟ A=⎜ ⎝3 6 9⎠ . 4 8 12 L¨ osung: Wir wenden die auf [WHK, S. 330 - 331] angegebene Berechnungsmethode an. Die dabei neu erhaltene Matrix hat denselben Rang wie die alte. Wir ziehen das 2−fache der ersten von der zweiten Zeile ab. Das liefert (2, 5, 8) − (2, 8, 14) = (0, −3, −6). Wir ziehen das 3-fache der ersten Zeile von der dritten Zeile ab, also (3, 6, 9) − (3, 12, 21) = (0, −6, −12). Schließlich ist ⎛ (4, 8, 12)⎞− (4, 16, 28) = (0, −8, 16). Wir erhalten damit die neue Matrix 1 4 7 ⎜0 −3 −6⎟ ⎜ ⎟ ⎝0 −6 −12⎠ . Die erste Zeile bleibt jetzt unver¨andert. Wir ziehen das Dop0 −8 −16 pelte der zweiten Zeile von der dritten ab und erhalten (0, 0, 0). Dann ziehen wir das 8/3-fache der zweiten Zeile, also (0, −8, −16) ⎛von der 4. ⎞ Zeile ab und 1 4 7 ⎜0 −3 −6⎟ ⎟ erhalten ebenfalls (0, 0, 0). Das liefert die Matrix ⎜ ⎝0 0 0⎠. Diese neue 0 0 0 Matrix hat offenbar den Rang zwei, weil die ersten beiden Zeilen linear unabh¨ angig, aber je drei Zeilen linear abh¨ angig sind. Denn eine von ihnen ist dann immer die 0–Zeile, sie erh¨ alt den Faktor 1, die anderen beiden den Faktor 0. Die Linearkombination ist dann 0. Aus allem folgt rg(A) = 2.
10.4 Determinanten
207
10.4 Determinanten
10.4
Die Determinante det(A) einer quadratischen Matrix A ist eine Zahl, also ein Element des zugrunde liegenden K¨ orpers. Sie kann auf mehrere Arten und Weisen definiert werden. Sie wird mit dem Gauß-Verfahren am einfachsten berechnet. Die Determinante ist genau dann ungleich 0, wenn die Matrix a11 a12 ist invertierbar ist. Die Determinante einer 2 × 2- Matrix A = a21 a22 einfach det(A) = a11 a22 − a12 a21 . Aufgabe 10.9 Berechnen Sie bitte die Determinanten der folgenden Matrizen:
1 2 a) . 5 −3 ⎛ ⎞ 24 2 b) ⎝1 3 −2⎠ . 02 1 ⎛ ⎞ 0111 ⎜1 0 1 1⎟ ⎟ c) ⎜ ⎝1 1 0 1⎠ . 1110
L¨ osung: a) det(A) = 1 · (−3) − 5 · 2 = −13. b) Wir formen die Matrix wie bei der Rangbestimmung um: (1, 3, −2) − (2, 4, 2)/2 = (0, 1, −3). Da in der⎛dritten ⎞ Zeile bereits in der ersten Spalte 24 2 eine 0 steht, erhalten wir A = ⎝0 1 −3⎠. Wir entwickeln nun nach der 02 1 1 −3 ersten Spalte und erhalten det(A) = 2 det = 2 · 7 = 14. 2 1 c) Wir vertauschen die erste und die zweite Zeile⎛und vermerken, dass sich ⎞ 1011 ⎜0 1 1 1⎟ ⎟ dadurch das Vorzeichen ver¨ andert. Wir erhalten ⎜ ⎝1 1 0 1⎠ . Wir ziehen von 1110 der dritten und der vierten Zeile die nunmehr erste Zeile ab und erhalten ⎛ ⎞ 10 1 1 ⎜0 1 1 1⎟ ⎜ ⎟ ⎝0 1 −1 0⎠ . 0 1 0 −1
10.9
208
10. Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen
⎛ ⎞ 1 1 1 Nun behandeln wir die 3 × 3-Matrix B = ⎝1 −1 0⎠ weiter. Denn aus der 1 0 −1 Entwicklung nach der ersten Spalte von A erhalten wir det(A) = (−1) · 1 · det(B). (Die −1 r¨ uhrt von unserer urspr¨ unglichen Zeilenvertauschung her.) Wir ziehen in B⎞die erste von der zweiten und dritten Zeile ab und erhalten ⎛ 1 1 1 C = ⎝0 −2 −1⎠. Wir entwickeln die Determinante dieser Matrix nach der 0 −1 −2 −2 −1 ersten Spalte und erhalten det(C) = 1 · det = −5. Also erh¨ alt −1 −2 man det(A) = (−1)(−5) = 10. 10.10
a) Zeigen Sie bitte an einem Beispiel, dass det(A + B) = det(A) + det(B) ist. b) Zeigen Sie bitte dass det : GL(n, K) → K∗ = K \ {0} ein surjektiver Gruppenhomomorphismus ist. Dabei ist GL(n, K) die Gruppe aller invertierbaren n × n-Matrizen u ¨ ber K. Aufgabe 10.10
10 00 L¨ osung: a) ist ganz einfach: Es sei A = und B = . Dann ist 00 01 A + B die Einheitsmatrix, also det(A + B) = 1, aber det(A) = det(B) = 0. b) A ist genau dann invertierbar, wenn det(A) = 0 gilt. Nach dem Multiplikationssatz folgt also, dass det ein Gruppenhomomorphismus in K∗ ist. Die Surjektivit¨ at folgt so: Sei a ∈ K∗ beliebig. Sei A = (ae1 , e2 , . . . , en ),wo (e1 , . . . , en ) die kanonische Basis in Kn ist. Dann ist det(A) = a, weil in der Hauptdiagonalen an erster Stelle a und sonst nur 1 steht und alle Elemente außerhalb der Hauptdiagonalen gleich 0 sind.
10.5
10.5 Eigenwerte linearer Abbildungen Sei α : V → V eine lineare Abbildung. Ein Vektor 0 = x ∈ V heißt Eigenvektor zum Eigenwert λ ∈ K, wenn αx = λx gilt. Hat V die Dimension n, so ist genau dann det(λEn − Aα ) = 0, wenn λ ein Eigenwert ist. Dabei bezeiuglich einer fest gew¨ ahlten Basis chnet Aα die Matrixdarstellung von α bez¨ in V . Das Polynom λ → det(λEn − Aα ) heißt charakteristisches Polynom der linearen Abbildung α bzw. der Matrix Aα . Um alle Eigenwerte zu finden, muss man nur die Nullstellen dieses Polynoms bestimmen.
10.11
Aufgabe 10.11 Bestimmen Sie bitte das charakteristische Polynom und die
Eigenwerte der folgenden Matrizen u ¨ber R.
10.6 Skalarprodukt auf Rp
209
01 a) A = . 10 01 b) A = . −1 0 01 c) A = . Bestimmen Sie die Eigenwerte als Funktion von a. −1 a ab d) A = . Zeigen Sie, dass es zwei verschiedene oder eine doppelte reelle bc Nullstelle des charakteristischen Polynoms gibt. L¨ osung: a) Das Polynom ist det(λE − A). In unserem Falle charakteristische λ −1 heißt das det = λ2 − 1. Die Eigenwerte sind also λ1/2 = ±1. −1 λ λ −1 b) Es ist det = λ2 −2λ+1 = (λ−1)2 . Damit ist 1 eine doppelte 1λ−2 Nullstelle des charakteristischen Polynoms. c) Wir erhalten wie unter b) P (λ) = λ2 −aλ+1. Nach der Mitternachtsformel 2
der Schule ergeben sich als Nullstellen λ1/2 = a2 ± a4 − 1. Ist a2 > 4, so gibt es zwei verschiedene Nullstellen, ist a2 < 4, so gibt es keine reelle Nullstelle, also auch keine reellen Eigenvektoren. Ist a2 = 4, so gibt es eine reelle Nullstelle, aber es zeigt sich, dass dann R2 nicht von den Eigenvektoren aufgespannt wird. d) Hier ergibt sich als charakteristisches Polynom P (λ) = (λ−a)(λ−c)−b2 = alt man λ2 − (a + c)λ + ac − b2 . Daraus erh¨ λ1/2 =
a + c 1 a + c 1 ± ± (a + c)2 − 4ac + 4b2 = ((a − c)2 + b2 . 2 2 2 2
Damit hat das Polynom entweder zwei verschiedene reelle Nullstellen, oder aber eine doppelte Nullstelle. Das letztere ist genau dann der Fall, wenn (a − c)2 + b2 = 0, das heißt a = c und b = 0 ist. Das bedeutet A = aE, wo E die Einheitsmatrix ist. In jedem Fall spannen die Eigenvektoren den Raum R2 auf.
10.6 Skalarprodukt auf Rp F¨ ur die Geometrie und Entfernungsmessung auf Rn f¨ uhrt man das kanonische Skalarprodukt, auch Standardskalarprodukt genannt, ein: Rn × Rn → R, (x, y) → (x|y) = x1 y1 + x2 y2 + · · · + xn yn . x steht senkrecht auf y, wenn (x|y) = 0 gilt.
10.6
210
10. Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen
Verbunden mit dem Skalarprodukt ist eine Entfernungsmessung: der Abstand d(x, y) ist erkl¨ art durch d(x, y) = %x − y%2 mit %z%2 = z12 + · · · + zn2 . % · %2 heißt Skalarprodukt-Norm. 1i=k Eine Basis (b1 , . . . , bn ) heißt Orthonormalbasis, , wenn (bi |bk ) = 0 sonst gilt. Eine n × n−Matrix A (¨ uber R) heißt orthogonal, wenn ihre Spalten eine Orthonormalbasis bilden. Dann gilt (Ax|Ax) = (x|x). Wir erinnern in diesem⎛ Zusammenhang⎞noch einmal an das Transponieren a11 a12 · · · a1n ⎜ a21 a22 · · · a2n ⎟ ⎜ ⎟ von Matrizen: Sei A = ⎜ . . . . ⎟. Dann ist die transponierte Matrix ⎝ .. .. . . .. ⎠ am1 am2 · · · amn
⎞ a11 a21 · · · am1 ⎜ a12 a22 · · · am2 ⎟ ⎟ ⎜ At die an der Hauptdiagonalen gespiegelte Matrix: At = ⎜ . . . . ⎟. ⎝ .. .. . . .. ⎠ ⎛
a1n a2n · · · anm 10.12
Aufgabe 10.12 Sei V = Rn , versehen mit dem kanonischen Skalarprodukt.
Sei A eine Matrix, deren Spalten eine Orthonormalbasis bilden. Zeigen Sie bitte: a) det(A) = ±1. b) A hat h¨ ochstens 1 oder (−1) als Eigenwerte. L¨ osung: a) Wir erinnern daran, dass die Vektoren im Rn Spaltenvektoren ⎛ ⎞t x1 ⎜ x2 ⎟ ⎜ ⎟ sind und dass (x|y) = xt y gilt, wobei ⎜ . ⎟ = (x1 , x2 , . . . xn ) ist. F¨ ur ⎝ .. ⎠ xn die Spalten a und a der orthogonalen Matrix A gilt aber (ai |aj ) = δij = i j 1i=j Also ist 0 i = j ⎛ t⎞ a1 ⎜ at2 ⎟ ⎜ ⎟ At A = ⎜ . ⎟ a1 , a2 , . . . , an = ati aj i,j=1...n = ((ai |aj ))i,j=1...n = E ⎝ .. ⎠ atn (E die n × n-Einheitsmatrix). Daraus und aus dem Multiplikationssatz f¨ ur Determinanten folgt 1 = det(E) = det(At A) = det(At ) det(A) = det(A)2 ,
10.6 Skalarprodukt auf Rp
211
weil det(At ) = det(A) gilt. Da mit A auch det(A) reell ist, folgt die Behauptung. b) Sei λ ein Eigenwert von A mit zugeh¨origem Eigenvektor x ( = 0). Dann ist λ2 %x%2 = (Ax|Ax)
=
(x|x) = %x%2 = 0.
A orthogonal
Daraus folgt λ2 = 1. Aufgabe 10.13 Sei Rn versehen mit dem Standardskalarprodukt und A eine
10.13
ur alle x gilt. n × n-Matrix. Zeigen Sie bitte, dass (A x|y) = (y|Ax) f¨ t
t y, wobei wir daran L¨ osung: Es ist (x|y) = x1 y1 + x2 y2 + · · · + xn yn⎛= x⎞ x1 ⎜ x2 ⎟ ⎜ ⎟ erinnern, dass die Vektoren x ∈ Rn als Spalten x = ⎜ . ⎟ aufgefasst werden. ⎝ .. ⎠ ⎛ n xn ⎞ a1j xj j=1 ⎜ n a x ⎟ ⎜ j=1 2j j ⎟ ⎟, also (Ax)t = Nun gilt (Ax)t = xt At . Denn es ist Ax = ⎜ .. ⎜ ⎟ . ⎝ ⎠
n a x nj j j=1
( nj=1 xj a1j , nj=1 xj a2j , . . . , nj=1 xj anj ) = xt At . Beachten wir nun noch (B t )t = B so erhalten wir (x|Ay) = xt Ay = xt (At )t y = (At x)t y = (At x|y). 23 Aufgabe 10.14 Diagonalisieren Sie bitte die Matrix A = , das heißt, 32 finden Sie eine invertierbar Matrix S und eine Diagonalmatrix D mit A = SDS −1 .
L¨ osung: A ist symmetrisch. Nach [WHK, Theorem 10.75] gibt es zu A eine Orthonormalbasis (b1 , b2 ) aus Eigenvektoren von A. Betrachten wir die zugeh¨orige Matrix S mit den Spalten b1 , b2 , so gilt AS = (Ab1 , Ab2 ) = (λ1 b1 , λ2 b2 ) . Multiplizieren wir diese Matrix mit S −1 = S t , so erhalten wir die Matrix t t λ1 0 λb1 b1 b1 b2 = . Die so erhaltene Matrix D = S −1 AS hat also bt2 b1 λ2 bt2 b2 0 λ2 Diagonalgestalt und es ist A = SDS −1 . Also bestimmen wir die Eigenwerte und Eigenvektoren zu A.
10.14
212
10. Vektorr¨ aume, lineare Abbildungen und Matrizen
Das charakteristische Polynom lautet P (λ) = λ2 − 4λ − 5 und liefert die x1 Eigenwerte λ1 = 1/2, λ2 = 7/2. Wir bestimmen einen Eigenvektor x = x2 zu 1/2. Das f¨ uhrt auf das Gleichungssystem 2x1 + 3x2 = x1 /2, + 2x2 = x2 /2. 3x1 Wir multiplizieren die erste Gleichung mit 2 und erhalten 4x1 + 6x2 = x1 , woraus 6x2 = −3x1 , oder x2 = −x1 /2 folgt. Setzt man dies in die zweite dass der Gleichung ein, so ist auch diese erf¨ ullt. Wir w¨ ahlen jetzt x1 so, 1 Eigenvektor die Norm 1 hat. Dazu normieren wir den Eigenvektor −1/2 1 und erhalten b1 = 4/5 . Da wir wissen, dass bei symmetrischen −1/2 Matrizen Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten senkrecht aufeinander stehen, brauchen wir zub1 nur einen orthogonalen Vektor der Norm 1 finden 1/2 und das ist b2 = 4/5 . Die gesuchte Matrix ist also S = (b1 , b2 ). 1 10.15
Aufgabe 10.15 Sei R2 versehen mit dem Standardskalarprodukt und A = cos(ϕ) sin(ϕ) . Zeigen Sie bitte: sin(ϕ) − cos(ϕ) a) A ist eine Orthogonalmatrix mit Determinante −1. b) A2 = E (E die Einheitsmatrix). A hat also h¨ochstens die Eigenwerte ±1. c) Bestimmen Sie Eigenvektoren, so dass diese eine Orthonormalbasis b1 , b2 bilden. d) F¨ ur den Eigenvektor b1 zum Eigenwert 1 gilt cos((e1 , b1 )) = cos(ϕ/2). Dabei bezeichnet (x, y) den von x und y eingeschlossenen Winkel.
cos(ϕ) cos(ϕ) | = sin(ϕ) sin(ϕ) cos(ϕ)2 + sin(ϕ)2 = 1. Analog hat auch der zweite Spaltenvektor von A die Norm 1 und beide stehen senkrecht aufeinander. b) cos(ϕ) sin(ϕ) cos(ϕ) sin(ϕ) = sin(ϕ) − cos(ϕ) sin(ϕ) − cos(ϕ) 10 cos(ϕ)2 + sin(ϕ)2 cos(ϕ) sin(ϕ) − sin(ϕ) cos(ϕ) = . sin(ϕ) cos(ϕ) − cos(ϕ) sin(ϕ) sin(ϕ)2 + cos(ϕ)2 01 L¨ osung: a) det(A) = − cos(ϕ)2 − sin(ϕ)2 = −1.
Sei λ ein Eigenwert und x ein zugeh¨origer Eigenvektor. Dann ist x = A2 x = A(Ax) = λAx = λ2 x. Also ist λ2 = 1.
10.6 Skalarprodukt auf Rp
213
c) Wir versuchen Eigenvektoren zu 1 und zu −1 zu bestimmen. Zun¨ achst bestimmen wir einen Eigenvektor zu 1. Das f¨ uhrt auf das Gleichungssystem x(cos(ϕ) − 1) + y sin(ϕ) = 0, x sin(ϕ) + y(1 − cos(ϕ)) = 0. 1 0 Wir untersuchen zun¨ achst ϕ = 0. Dann ist A = , die Eigenvektoren 0 −1 sind e1 = b1 und b2 = −e2 und daher ist cos((e1 , b1 )) = 1 = cos(0/2). −1 0 Ebenso erhalten wir f¨ ur ϕ = ±π A = und die Situation ist vollkom01 men analog. Sei nun ϕ = 0, ±π. Dann ist sin(ϕ) = 0 und wir erhalten aus der ersten Gleichung des Gleichungssystems die L¨osung x = 1, y = 1−cos(ϕ) sin(ϕ) . Die zweite Gleichung ist automatisch erf¨ ullt. Damit ist %(x, y)t %2 =
1 2 (sin(ϕ)2 + 1 + cos(ϕ)2 − 2 cos(ϕ)) = (1 − cos(ϕ)). 2 sin(ϕ) sin(ϕ)2
Nun ist 1 − cos(ϕ) = 2 sin(ϕ/2)2 , wie sich aus den Formeln f¨ ur cos(ψ ± η) erschließen l¨asst. Damit $ergibt sich % f¨ ur die Norm des Vektors %(x, y)t % = 2| sin(ϕ/2)| | sin(ϕ)| ,
$
also ist b1 = %
| sin(ϕ)| 2| sin(ϕ/2)|
| sin(ϕ/2)|
. Eine analoge Rechnung liefert b2 =
| sin(ϕ)| 2| cos(ϕ)/2|
. −| cos(ϕ/2)| Nun haben die Vektoren e1 und b1 die Norm 1. Also ist (e1 |b1 ) = sin(ϕ) . Aus der Formel cos((e1 , b1 )). Es ist aber (e1 |b1 ) = 2 sin(ϕ/2) e2iψ =cos(2ψ) + i sin(2ψ) = (eiψ )2 =(cos(ψ) + i sin(ψ))2 = cos(ψ)2 − sin(ψ)2 + 2i sin(ψ) cos(ψ) folgt sin(2ψ) = 2 cos(ψ) sin(ψ). F¨ ur ψ = ϕ/2 ergibt sich sin(ϕ) = 2 sin(ϕ/2) cos(ϕ/2), also f¨ ur ϕ = 0, ±π die Beziehung cos(ϕ/2) = sin(ϕ) 2 sin(ϕ/2) , woraus die Behauptung cos((e1 , b1 )) = cos(ϕ/2) folgt.
Kapitel 11 Lineare Gleichungssysteme und lineare Rekursionen
11
11 11.1 11.2
11
Lineare Gleichungssysteme und lineare Rekursionen Lineare Gleichungssysteme ..................................... 217 Lineare Rekursionen ............................................. 218
11 Lineare Gleichungssysteme und lineare Rekursionen 11.1 Lineare Gleichungssysteme
11.1
Aufgabe 11.1 L¨ osen Sie bitte die folgenden Gleichungssysteme mit dem Ver-
11.1
fahren von Gauß ([WHK, Abschnitt 11.1.2]). a) Ein Beispiel f¨ ur ein Gleichungssystem mit genau so vielen Gleichungen wie Unbekannten. x + 2y + 3z = 1, −x − 2y − 2z = 0, x + y + z = 0. b) Zwei Gleichungen f¨ ur drei Unbekannte. 5x − 2y + z = 7, x + y − z = 6. c) Drei Gleichungen f¨ ur zwei Unbekannte. 3x + 2y = 4, 3x − y = 2, −6x − 4y = 0. L¨ osung: a) Addiere Gleichung 1 zu Gleichung 2. Das ergibt x + 2y + 3z = 1 z = 1 x + y + z = 0 Wir ziehen nun die erste von der dritten Gleichung ab und erhalten x + 2y + 3z = 1 z = 1 − y − 2z = −1 Wir vertauschen nun Zeile zwei und drei und erhalten x + 2y + 3z = 1 − y − 2z = −1 z = 1 Wir lesen das Ergebnis ab: z = 1, y = −1, x = 0. b) Wir vertauschen die dritte mit der ersten Spalte. So erhalten wir das folgende a¨quivalente Gleichungssystem: z + 5x − 2y = 7, −z + x + y = 6. Wir addieren die erste zur zweiten Zeile und erhalten z + 5x − 2y = 7, 6x − y = 13.
218
11. Lineare Gleichungssysteme und lineare Rekursionen
Damit erhalten wir aus der zweiten Gleichung y = 6x − 13 und das eingesetzt in die erste Gleichung ergibt z = 7 − 5x + 2y = 7(x − 3). Dabei ist x ∈ R beliebig. amlich ⎧⎛ ⎞also eine⎫Gerade in Parameterdarstellung, n¨ ⎛ Wir ⎞ erhalten 0 ⎨ x ⎬ G = ⎝−13⎠ + ⎝6x⎠ : x ∈ R . G ist der Schnitt zweier Ebenen, die in ⎩ ⎭ −21 7x Hessescher Normalform gerade durch die beiden Gleichungen gegeben sind (vergl. [WHK, S. 394]). c) Wir substrahieren die erste von der zweiten Zeile und erhalten 3x + 2y = 4, − 3y = −2, −6x − 4y = 0. Wir addieren nun das Doppelte der ersten Zeile zur dritten Zeile und erhalten das neue ¨aquivalente Gleichungssystem 3x + 2y = 4, − 3y = −2, 0 − 0 = 8. atte die dritte Zeile im urDas Gleichungssystem ist also nicht l¨osbar. H¨ spr¨ unglichen Gleichungssystem −6x − 4y = −8 geheißen, w¨are das Gleichungssystem l¨osbar geworden mit der einzigen L¨osung y = 2/3, x = 8/9.
11.2
11.2 Lineare Rekursionen
11.2
Aufgabe 11.2 Bestimmen Sie bitte alle L¨ osungen der Rekursion xn = xn−1 +
¨ ber dem K¨ orper K2 . xn−2 u 01 L¨ osung: Die Rekursionsmatrix ist A = . Damit erhalten wir wegen 11 11 10 , ferner A3 = , also die Einheitsmatrix u ¨ber K2 . 1 + 1 = 0 A2 = 10 01 Daraus erh¨ alt man a2 = a0 + a1 = (Aa)2 , das ist die zweite Koordinate von Aa. Ebenso ergibt sich a3 = (A2 a)2 = a0 und a4 = (A3 a)2 = (Ea)2 = a1 . Sei n ≥ 1 beliebig und n + 1 ≡ k( mod 3). Dann ist an+1 = (An a)2 = (Ak a)2 = ⎧ ⎨ a0 + a1 k = 1 k = 2. a ⎩ 0 a1 k=3 Sei umgekehrt (an )n≥0 eine Folge mit der angegebenen Eigenschaft an+1 = ⎧ ⎨ a0 + a1 k = 1 k = 2 . Dann ist wegen An = Ak mod n das (n + 1). Glied an+1 = a ⎩ 0 k=3 a1
11.2 Lineare Rekursionen
219
a (die 2. Koordinate dieses Vektors). Damit haben wir die m¨ ogAn 0 a1 2 lichen Rekursionsfolgen in Abh¨ angigkeit von den beliebig vorgegebenen Anfangswerten a0 , a1 vollst¨andig beschrieben. Aufgabe 11.3 Bestimmen Sie bitte alle L¨ osungen der Rekursion xn = xn−1 +
2xn−2 + 1, n ≥ 3 u ¨ ber dem K¨ orper R. L¨ osung: Wir wenden [WHK, Satz 11.10] am und bestimmen zun¨ achst alle = x + 2x L¨osungen des zugeh¨origenhomogenen Systems x n n−1 n−2 . Die 01 zugeh¨orige Matrix ist A = . Das charakteristische Polynom ist P (λ) = 21 λ −1 det = λ2 − λ − 2. Seine Nullstellen, also die Eigenwerte von A −2 λ − 1 alt man als Raum der L¨ osungen der homosind λ1 = 2, λ2 = −1. Damit erh¨ n genen Rekursion den Aufspann L von w1 = (2 )n≥0 und w2 = ((−1)n )n≥0 in RN0 . Wir suchen nun eine spezielle L¨ osung der inhomogenen Rekursion. 1 ist kein Eigenwert von A, also erhalten wir aus [WHK, Satz 11.10] die spezielle L¨ osung 2 1 0 auf folgende Weise: es ist c := 1 − 1 − 2 · 1 = −2. Da das dortige a gleich 1 ist, ist e := a/c = −1/2 und damit ist eine spezielle L¨ osung w = −1/2 ·(1, 1, 1, . . .). Die Menge aller L¨ osungen ist dann nach dem gleichen Satz gleich w + L.
11.3
Kapitel 12 Zur affinen Geometrie in A(R2 ) und A(R3 )
12
12
12
Zur affinen Geometrie in A(R2 ) und A(R3 )
12 Zur affinen Geometrie in A(R2) und A(R3) Um Geometrie im affinen Raum A(R3 ) (siehe [WHK, S. 392 ff]) zu betreiben, 3 f¨ uhren wir (neben dem ⎛ Standardskalarprodukt ⎞ ⎛ ⎞ auf R ) noch das Vektorprodukt x1 y1 in R3 ein: Seien x = ⎝x2 ⎠ und y = ⎝y2 ⎠ . Dann ist das Vektorprodukt x3 y3 ⎛ ⎞ x2 y2 det ⎞ ⎜ ⎛ x y ⎟ ⎜ 3 3 ⎟ x2 y3 − x3 y2 ⎜ ⎟ x3 y3 ⎟ ⎜ (14) x × y = ⎝x3 y1 − x1 y3 ⎠ = ⎜det ⎟. ⎜ x1 y1 ⎟ ⎜ ⎟ x1 y2 − x2 y1 ⎝ x y ⎠ det 1 1 x2 y2 x × y steht senkrecht auf x und y und hat die L¨ ange %x% %y%| sin((x, y))|. Die Richtung von x × y ist gerade so, dass det(x, y, x × y) ≥ 0 ist. Daher ist auch y × x = −x × y. Das Vektorprodukt ist nicht assoziativ, aber es gilt x × (αy + βz) = αx × y + βx × z. Dar¨ uber hinaus gilt: Genau dann sind x und y linear unabh¨ angig, wenn x × y = 0 ist. Schließlich ist (x × y|z) = det(x, y, z). Aufgabe 12.1 Berechnen Sie bitte die folgenden Vektorprodukte:
a) e1 × e2 , e2 × e3 , e3 × e1 , wobei (e1 , e2 , e3 ) gerade die kanonische Basis in ist.⎞ ⎛ ⎞ R3 ⎛ 5 0 b) ⎝1⎠ × ⎝ 1 ⎠ . 3 −2 ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 1 1 c) ⎝1⎠ × ⎝−1/2⎠ . 1 −1/2 L¨ osung: Wir wenden in allen F¨ allen einfach die angegebene Formel (14) an. a) ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 1 0 0 e1 × e2 = ⎝0⎠ × ⎝1⎠ = ⎝0⎠ = e3 . 0 0 1
12.1
224
12. Zur affinen Geometrie in A(R2 ) und A(R3 )
⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 0 0 1 e2 × e3 = ⎝1⎠ × ⎝0⎠ = ⎝0⎠ = e1 . 0 1 0 ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 0 1 0 e3 × e1 = ⎝0⎠ × ⎝0⎠ = ⎝1⎠ = e2 . 1 0 0 ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 5 0 −2 − 3 −5 ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ b) 1 × 1 = −(5 · (−2)) = 10 ⎠ . 3 −2 5·1 5 ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 1 1 −1/2 − (−1/2) 0 c) ⎝1⎠ × ⎝−1/2⎠ = ⎝ 1 − (−1/2) ⎠ = ⎝ 3/2 ⎠ . 1 −1/2 −1/2 − 1 −3/2 12.2
x1 Aufgabe 12.2 Sei x = ∈ R2 . Finden Sie bitte einen Vektor y, der x2 senkrecht auf x steht, die gleiche L¨ ange wie x hat und det(x, y) ≥ 0 erf¨ ullt. y1 L¨ osung: Wir setzen y = und machen den Ansatz 0 = (x|y) = y2 x1 y1 + x2 y2 . Mit y1 = −x2 , y2 = x1 oder y2 = −x1 , y1 = x2 ist diese Gleichung ullt. Mit diesen Setzungen ist einmal det(x, y) = sowie %x% = %y% erf¨ x x x1 −x2 2 = x21 + x22 ≥ 0, das andere Mal det(x, y) = det 1 = det x2 x1 x2 −x1 −x2 . −(x21 + x22 ) ≤ 0. Also ist die gesuchte L¨osung y = x1 Im Folgenden nennen wir den Vektor y =
12.3
−x2 = x† . x1
Aufgabe 12.3 a) Sei G ⊂ R2 eine Gerade in Parameterform, G = {p + αx :
α ∈ R}, wobei p ein fester Punkt auf der Geraden und x = 0 ist. Finden Sie einen Vektor y und ein β ∈ R, so dass G = {x : (y|x) = β} ist. b) Sei 0 = y ∈ R2 und β ∈ R. Zeigen Sie bitte, dass G = {v : (y|v) = β} eine Gerade in R2 ist. Das heißt finden Sie x = 0 und p ∈ R2 mit G = {p + αx : α ∈ R}. Tipp: Benutzen Sie x† aus der vorigen Aufgabe. L¨ osung: a) Es gilt z ∈ G genau dann, wenn z − p = αx f¨ ur ein α ∈ R. Ist das der Fall, so steht z − p senkrecht auf x† , das heißt, es gilt (x† |(z − p) = 0. Ist umgekkehrt z − p senkrecht auf x† , so liegt z − p in x†⊥ = {v ∈ R2 : (x† |v) = angig, weil sie senkrecht aufeinander 0}. Nun sind x und x† linear unabh¨
12. Zur affinen Geometrie in A(R2 ) und A(R3 )
225
stehen und ungleich 0 sind. Daher bilden x† und x eine Basis von R2 . Also ist x†⊥ = {αx : α ∈ R}. Daraus erhalten wir G = {z : (x† |z) − (x† |p) = 0}. Wir unschte Darstellung. setzen y = x† und β = (x† |p) und erhalten unsere gew¨ b) F¨ ur v ∈ G gilt y1 v1 + y2 v2 = b. Das ist eine inhomogene lineare Gleichung mit zwei Unbekannten. Wir l¨ osen zun¨achst die homogene Gleichung y1 v1 + y2 v2 = 0. Das bedeutet, dass wir y † als L¨osung erhalten. Wegen y = 0 ussen nun noch eine sind also alle L¨osungen gerade {αy † : α ∈ R}. Wir m¨ spezielle L¨osung f¨ ur die inhomogene Gleichung suchen. Dazu nehmen wir zun¨ achst y2 = 0 an und probieren v1 =0 zu setzen. Dann ergibt sich v2 = 0 b/y2 . Also erhalten wir den Vektor p = als eine spezielle L¨osung der b/y2 inhomogenen Gleichung. Behauptung: G = {p + αy † : α ∈ R}. Beweis: (y|p + αy † ) = (y|p) + α(y|y † ) = (y|p) = b. Ist y2 = 0, so ist y1 = 0 weil y = 0 vorausgesetzt war. Dann w¨ahlt man b/y1 p= und erh¨ alt G in der gleichen Gestalt. 0 Aufgabe 12.4 a) Sei E = {p + αx + βy : α, β ∈ R} ⊂ R3 eine Ebene im R3
in Parameterform. Insbesondere seien x und y linear unabh¨ angig. Zeigen Sie bitte: Es gibt einen Vektor z und ein Skalar γ mit G = {v ∈ R3 : (z|v) = γ}. b) Sei umgekehrt G = {x ∈ R3 : (z|x) = γ}, wo z = 0 ein Vektor in R3 und γ eine feste Zahl ist. Dann ist G eine Ebene. Das heißt: es gibt linear unabh¨ angige Vektoren x, y und einen Vektor p mit G = {p + αx + βy : α, β ∈ R}. Tipp: verwenden Sie geschickt das Vektorprodukt. L¨ osung: a) Wir setzen z = x×y. Da x und y linear unabh¨ angig sind, ist z = 0 (siehe oben). Wir setzen γ = (z|p) und erhalten zun¨ achst z ⊥ = {αx + βy : ⊥ α, β ∈ R}. Damit ist G = p + z = {v : (z|v) = γ}. γ γ · z. Dann ist (z|p) = (z|z) (z|z) = γ. Wir haben also schon b) Sei p = (z|z) ein geeignetes p gefunden. v liegt genau dann in G, wenn 0 = (z|v) − (z|p) = =γ
(z|v − p) gilt, das heißt, wenn v − p in z ⊥ liegt. Wir bestimmen nun eine Basis ⊥ : ⎞ (f, g) von z⎛ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ −z2 0 z1 (i) Sei z = ⎝z2 ⎠. Dann setzen wir f = ⎝ z1 ⎠ und g = ⎝0⎠. Dann stehen 0 0 1 f und g senkrecht auf z und aufeinander, sind also linear unabh¨ angig und ⊥ damit eine Basis von z .
12.4
226
12. Zur affinen Geometrie in A(R2 ) und A(R3 )
(ii) Koordinate z3 von z ungleich 0. Dann sind z × e1 = ⎞ ⎛ Sei⎞nun die dritte ⎛ −z3 0 ⎝ z3 ⎠ und z × e2 = ⎝ 0 ⎠ linear unabh¨ angig (wie Sie sofort sehen) und −z2 z1 stehen beide nach Konstruktion senkrecht auf z. Also bilden sie eine Basis von z ⊥ . In jedem Fall ist z ⊥ = {αf + βg : α, β ∈ R}. Damit haben wir G = {p + αf + βg : α, β ∈ R} erhalten.
Kapitel 13 Funktionen mehrerer Ver¨ anderlicher
13
13 13.1 13.2 13.3
13
Funktionen mehrerer Ver¨ anderlicher Folgen in Rp und Folgen von Matrizen...................... 229 Grenzwerte von Funktionswerten, Stetigkeit................ 234 Anwendungen in der Numerik ................................. 236
13 Funktionen mehrerer Ver¨ anderlicher 13.1 Folgen in Rp und Folgen von Matrizen In Rn bzw. Cn k¨ onnen wir zus¨ atzlich zu den algebraischen und geometrischen Problemen auch solche behandeln, die die Entfernung zwischen zwei Punkten betrifft. Hierzu muss allerdings erst einmal eine mit der algebraischen Struk¨ tur des Vektorraumes vertr¨ agliche Entfernung erkl¨ art werden. Ublicherweise geschieht dies Problem-angepasst mit verschiedenen Entfernungsbegriffen, die aber, was den daraus auch resultierenden Konvergenzbegriff betrifft, alle ¨ aquivalent sind. Eine Norm auf dem Vektorraum V u ¨ber K = R oder u ¨ber K = C ist eine Funktion %.% : V → R mit den Eigenschaften: 1) %x% = 0 gilt genau dann, wenn x = 0 ist. 2) %αx% = |α| %x% f¨ ur alle x ∈ V und α ∈ K. 3) %x + y% ≤ %x% + %y%. f¨ ur alle x, y ∈ V . Die u ¨blichen Normen auf V = Rn bzw. V = Cn sind die 1-Norm %x%1 = |x1 | + |x2 | + · · · + |xn |, die 2-Norm %x%2 =
|x1 |2 + |x2 |2 + · · · + |xn |2 ,
und die ∞-Norm %x%∞ = max{|x1 |, . . . , |xn |}. Die 2-Norm heißt im Fall K = R auch euklidische Norm bzw. im Fall K = C unit¨ are Norm. Auf dem Raum der m × n-Matrizen f¨ uhrt man in Abh¨ angigkeit von den auf uhrten Normen entsprechende Matrixnormen ein: Kn und Km eingef¨ 1. %A%11 = sup{%Ax%1 : %x%1 ≤ 1}. 2. %A%22 = sup{%Ax%2 : %x%2 ≤ 1}. 3. %A%∞∞ = sup{%Ax%∞ : %x%∞ ≤ 1}. All diese Normen haben (im Fall m = n) die zus¨ atzlichen Eigenschaften %E% = 1 und %AB% ≤ %A% %B%. Eine Norm auf dem Raum aller m × mMatrizen mit diesen Eigenschaften heißt Matrixnorm. Eine Folge (xn )n≥k von Vektoren in V = Rp bzw. V = Cp konvergiert nach Definition genau dann gegen c, wenn die Folge der Entfernungen (%c − ur eine beliebige Norm auf V xn %)n≥k in R gegen 0 konvergiert. Das ist f¨
13.1
230
13. Funktionen mehrerer Ver¨anderlicher
genau dann der Fall, wenn die einzelnen Koordinatenfolgen im Grundk¨ orper gegen die entsprechende Koordinaten von c konvergieren. Die Konvergenz h¨ angt also nicht von der speziell gew¨ ahlten Norm ab. Entsprechendes gilt f¨ ur die Konvergenz von Matrizen (siehe [WHK, Abschnitt 13.1]). 13.1
Aufgabe 13.1 Beweisen Sie bitte, dass die Abbildung %.%1 : Rn → R, x →
%x%1 = |x1 | + · · · + |xn | eine Norm ist.
L¨ osung: Wir weisen die Eigenschaften 1) - 3) der Norm nach. ussen x1 , . . . , xn gleich 0, also muss x = o gelten. Ist 1) Ist %x%1 = 0, so m¨ umgekehrt x = o, so ist x1 , . . . , xn = 0, also %x%1 = 0.
n
n
n 2) Es ist %λx%1 = j=1 |λxj | = j=1 |λ| |xj | = |λ| · j=1 |xj | = |λ| %x%1 , das heißt 2) gilt.
n
n
n |xj + yj | ≤ (|xj | + |yj |) = 3) Es ist %x + y%1 = j=1 j=1 j=1 |xj | +
n j=1 |yj | = %x%1 + %y%1 , das heißt 3) gilt. 13.2
Sei A eine invertierbare n × n-Matrix u ¨ber R und %.% eine Matrixnorm auf dem Raum aller n × n-Matrizen. Insbesondere gilt also %AB% ≤ %A% %B% und %E% = 1 f¨ ur die Einheitsmatrix E. Zeigen Sie bitte: es ist A1−1 ≤ %A%.
Aufgabe 13.2
L¨ osung: Es ist E = A · A−1 , also ist 1 = %E% = %AA−1 % ≤ %A% %A−1 %. Division durch %A−1 % liefert die Behauptung. 13.3
Aufgabe 13.3 F¨ ur eine p×p-Matrix A = (aik )i,k=1...p sei %A%11 = sup{%Ax%1 :
%x%1 ≤ 1} die zur 1−Norm auf Rp geh¨orige Matrixnorm. Charakterisieren Sie bitte all die Matrizen A, die von der Einheitsmatrix E den %.%11 -Abstand < 1 haben und zwar a) im Falle p = 2, geben Sie hier auch ein Beispiel an; b) im allgemeinen Fall. b11 b12 . Dann berechnet sich die Norm nach [WHK, b21 b22 Satz13.4] zu %B%, 11 = max(|b11 | + |b21 |, |b12 | + |b22 |). Also ist %E − A%11 = , , 1 − a11 −a12 , , , , −a21 1 − a22 , = max(|1 − a11 | + |a21 |, |a12 | + |1 − a22 |). Damit hat 11 A genau dann von E einen Abstand < 1, wenn max(|1 − a11 | + |a21 |, |a12 | + L¨ osung: Sei B =
13.1 Folgen in Rp und Folgen von Matrizen
231
3/4 1/4 |1 − a22 |) < 1 gilt. Ein Beispiel ist A = . Es ist 1/2 9/10 %E − A%11 = max(1/4 + 1/2, 1/4 + 1/10) = 1/4 + 1/2 = 3/4. ⎛ ⎞ a11 a12 . . .a1p ⎜a21 a22 . . .a2p ⎟ ⎜ ⎟ b) Wir erhalten genau so wie unter a): Die Matrix A = ⎜ . . . . ⎟ hat ⎝ .. . . . . .. ⎠ ap1 ap2 . . .app von E genau dann einen Abstand < 1, wenn max{|a1k | + · · · |a(k−1),k | + |1 − akk | + a(k+1),k | + · · · + |apk | : 1 ≤ k ≤ p} < 1 f¨ ur k = 1, . . . , p gilt. Sei % · % eine Matrixnorm auf dem Raum der p × p–Matrizen. Insbesondere gilt %A + B% ≤ %A% + %B% und %AB% ≤ %A% %B%. Damit kann man mit p × p–Matrizen fast genau so rechnen wie mit reellen oder komplexen Zahlen, insbesondere, was Potenzreihen angeht. Eine Potenzreihe von Matrizen ist
n ist. Zum Beispiel erh¨ alt man, eine Reihe der Form ∞ n=0 an A , wo an ∈ K
∞ n dass f¨ ur %A% < 1 die “geometrische” Reihe n=0 A gegen (E − A)−1 konvergiert. Aufgabe 13.4 Sei A eine invertierbare Matrix und %.% eine Matrixnorm auf
dem Raum der p × p-Matrizen (siehe Aufgabe 13.2). Sei L eine Matrix mit %L − A% < A1−1 . Zeigen Sie bitte: L ist invertierbar und es gilt %L−1 − A−1 % ≤
%A−1 %2 %A − L% . 1 − %A−1 (A − L)%
L¨ osung: Wir benutzen [WHK, Satz 13.18 a)] (dahinter steht die geometrische Reihe f¨ ur Matrizen!). Zun¨ achst m¨ ussen wir die Aufgabe auf diesen Satz zur¨ uckf¨ uhren: Es ist L = A − (A − L) = A(E − A−1 (A − L)). Zum leichteren Verst¨andnis setzen wir B = A−1 (A − L). Es ist %B% = %A−1 (A − L)% ≤ %A−1 % %A − L% = %A−1 % %L − A% =: q < 1 nach Voraussetzung. Also existiert nach dem zitierten Satz das Inverse (E − B)−1 und es gilt die Normab1 . Zur Erinnerung: das wird bewiesen durch sch¨atzung %(E − B)−1 % ≤ 1−B
∞ die Konvergenz der Reihe n=0 B n = (E − B)−1 . Nun sind A und E −B invertierbar, also ist L = A(E −B) invertierbar und es ist L−1 = (E−B)−1 A−1 . Daraus ergibt sich L−1 −A−1 = ((E−B)−1 −E)A−1 . Um das Folgende besser zu verstehen, schreiben wir das Inverse als Bruch, obwohl man das in nichtkommutativen Ringen nicht darf, weil die BruchSchreibweise nicht anzeigt, ob man von links oder von rechts mit dem Inversen
13.4
232
13. Funktionen mehrerer Ver¨anderlicher
heranmultipliziert. Das Folgende dient also nur dem besseren Verst¨ andnis und wird sp¨ ater korrekt aufgeschrieben: E B − E = E−(E−B) = E−B . Es ist (in diesem Sinn) (E − B)−1 − E = E−B E−B Korrekt aufgeschrieben erhalten wir also (E − B)−1 − E = (E − B)−1 (E − (E − B)) = (E − B)−1 B Eingesetzt in die Gleichung f¨ ur L−1 − A−1 ergibt dies die Formel L−1 − A−1 = ((E − B)−1 BA−1 . Damit erhalten wir die Normabsch¨ atzung, wobei wir B = A−1 (A − L) benutzen %L−1 − A−1 %≤%(E − B)−1 % %B% %A−1 % 1 ≤ · %A−1 % %A − L%%A−1 %, 1 − %A−1 (A − L)% und das ist die Behauptung. 13.5
Aufgabe 13.5 Untersuchen Sie bitte die angegebenen Folgen auf Konvergenz
und bestimmen Sie gegebenenfalls den Grenzwert. F¨ ur den zweidimensionalen Fall benutzen Sie bitte auch das Applet “Folgen von Vektoren”, das Sie unter den “Mathe-Visualisierungen” finden. cos(n) a) xn = n1 . $ sin(n) % b) xn =
cos(n) n
. (1 − 1/n) sin(n) 1 0 1/2 c) Sei A = . und xn = An 0 1/2 0
d) A wie unter c) und Xn = E + A + A2 + · · · + An = nk=0 Ak . n e) A wie unter c) und Sn = E + A/(1!) + A2 /(2!) + · · · + An! . L¨ osung: Wir benutzen, dass eine Folge von Vektoren bzw. Matrizen genau dann konvergiert, wenn alls Koordinatenfolgen konvergieren. Der Grenzwert ist dann gerade derjenige, der sich aus den Grenzwerten der Koordinatenfolgen ergibt. = 0 = a) Es ist | sin(n)| ≤ 1 und | cos(n)| ≤ 1. Also ist limn→∞ cos(n) n . Die Koordinatenfolgen konvergieren beide gegen 0. Also gilt limn→∞ sin(n) n limn→∞ xn = o (o: Nullelement im Vektorraum). = 0, aber die zweite Koordinatenb) Zwar wissen wir schon limn→∞ cos(n) n folge konvergiert nicht. Denn w¨ urde sie konvergieren, so w¨ urde aus der Konvergenz des ersten Faktors gegen 1 folgen, dass die Folge (sin(n))n≥1 = (1 − 1/n) sin(n) als Quotient zweier konvergenter Folgen selbst kon1 − 1/n n≥1
13.1 Folgen in Rp und Folgen von Matrizen
233
vergiert, was aber offensichtlich nicht der Fall ist. Damit konvergiert (xn )n≥1 nicht. 01 2 3 c) Es ist A = 1/4 E, also A = 1/8 . Allgemein ist A2n = 1/22n E und 10 01 (n) A2n+1 = 1/22n+1 . Sei aij das Matrixelement von An an der Stelle 10 (i, j). Dann ist 0 n gerade und i = j oder n ungerade und i = j (n) aij = . sonst 2−n In jedem Fall gilt 0 ≤ aij ≤ 2−n und damit limn→∞ aij = 0 f¨ ur alle Indizes 00 i, j. Also ist limn→∞ An = . Aber An e1 ist die erste Spalte von An , 00 also gilt limn→∞ An e1 = o. 01 c) Es ist A = 2−1 C mit C = alt man X2n = . Es gilt C 2 = E, also erh¨ 10 (1 + 1/4 + · · · + 2−2n )E + 1/2 (1 + 1/4 + · · · + 22n−2 )C. Analog ergibt sich X2n+1 = (1 + 1/4 + · · · + 2−2n )E + 1/2 (1 + 1/4 + · · · + 2−2n )C. Nun ist
∞ −n (n) = 4/3. Also erh¨ alt man f¨ ur das Element xij von Xn an der Stelle n=0 4 (i, j) 4/3 i=j (n) lim xij = n→∞ 1/2 · 4/3 = 2/3 i = j (n)
(n)
Nach [WHK, Satz 13.18 a)] sollte der Grenzwert ja das Inverse von E − A, ¨ berzeugen also (E − A)−1 sein, wovon man sich durch eine leichte Rechnung u kann. d) Wir haben Sn = E + A+ A2 /2 + A3 /(3!)+ · · ·+ An /(n!) und nutzen wieder A = 1/2C mit C 2 = E aus. Dadurch erhalten wir 1/4n−1 1/4 + ···+ S2n = 1 + ·E 2! 2(n − 1)! 1/22n−1 1/23 1/25 + + ··· + + 1+ C 3! 5! (2n − 1)! 1/22n · E. S2n+1 =S2n + (2n)! In der Hauptdiagonalen stehen also die Teilsummen der Reihe f¨ ur cosh(1/2), in der Nebendiagonale die Teilsummen der Reihe f¨ ur sinh(1/2) (siehe [WHK, Abschnitt 7.4.3]). Daraus folgt cosh(1/2) sinh(1/2) lim Sn = = cosh(1/2)E + sinh(1/2)C. n→∞ sinh(1/2) cosh(1/2)
234
13. Funktionen mehrerer Ver¨anderlicher
Wenn Sie die Sn genau anschauen, so lesen Sie die Beziehung exp(C/2) = cosh(1/2)E + sinh(1/2)C ab.
13.2
13.2 Grenzwerte von Funktionswerten, Stetigkeit Adh¨ arenzpunkt und Abgeschlossenheit einer Menge werden genau so erkl¨ art wie im eindimensionalen Fall. Ebenso sind die Begriffe Konvergenz von Funktionswerten und Stetigkeit v¨ ollig analog definiert. ⎛ ⎞ x1 ⎜ ⎟ Wir erinnern daran, dass wir aus drucktechnischen Gr¨ unden statt ⎝ ... ⎠ oft xp einfach (x1 , . . . , xp )t schreiben. Adh¨ arenzpunkt, abgeschlossene Menge
13.6
Aufgabe 13.6 Sei X entweder Rp mit irgendeiner Norm ausgestattet, oder
sei X der Raum der p × q-Matrizen u ¨ ber R, versehen mit einer Matrixnorm. Zeigen Sie bitte: a) Die Menge D := {x ∈ X : %x% ≤ 1} ist abgeschlossen in X, gleichg¨ ultig, welche Norm man gerade betrachtet. b) Sei A eine beliebige Teilmenge von X. Dann ist A abgeschlossen. c) Die abgeschlossene H¨ ulle B(x, r) der offenen Kugel B(x, r) = {y ∈ X : %y − x% < r} ist gleich {y ∈ X : %y − x% ≤ r}. L¨ osung: a) Sei d ein Adh¨ arenzpunkt von D. Dann gibt es eine Folge (dn )n≥1 aus D mit limn→∞ dn = d. Nun ist nach der Dreiecksungleichung %d% = %(d − dn ) + dn % ≤ %d − dn % + %dn % ≤ %d − dn % + 1. dn ∈D
Da (dn )n≥1 gegen d konvergiert, gilt limn→∞ %d − dn % = 0. Also haben wir alt %d% ≤ limn→∞ %d − dn % + 1 = 1. Daraus folgt d ∈ D, die Menge D enth¨ also alle ihre Adh¨ arenzpunkte und ist damit abgeschlossen. b) Vergleichen Sie bitte die folgende L¨ osung mit der von der Aufgabe 6.10. Wir zeigen: jeder Adh¨ arenzpunkt von D liegt bereits in D. Damit ist D abgeschlossen. Sei also d ein beliebig gew¨ ahlter Adh¨ arenzpunkt von D. Dann gibt es eine Folge (dn )n≥1 aus D mit d = limn→∞ dn . Jedes dn ist seinerseits ein Adh¨ arenzpunkt von D. Also gibt es eine Folge (dn,k )k≥1 aus D mit dn = limk→∞ dn,k . Daher gibt es zu jedem n ein k(n) mit %dn − dn,k(n) % < 1/n.
13.2 Grenzwerte von Funktionswerten, Stetigkeit
235
Behauptung: limn→∞ dn,k(n) = d, das heißt, d ist Grenzwert einer Folge aus D und damit in D. Beweis: Es ist %d − dn,k(n) % ≤ %d − dn % + %dn − dn,k(n) % ≤ %d − dn % + 1/n. Nach dem Nullfolgenlemma [WHK, Satz 5.22 b)] gilt also lim %d − dn,k(n) % = 0 (in R!) und damit nach [WHK, Lemma 13.10] limn→∞ dn,k(n) = d. Ein beliebig gew¨ ahlter Adh¨ arenzpunkt von D liegt also bereits in D. Daraus folgt die Abgeschlossenheit von D. c) Die Menge M = {y ∈ X : %y − x% ≤ r} ist abgeschlossen. Wir m¨ ussen zeigen: jeder Punkt aus M ist Adh¨ arenzpunkt von B(x, r). Sei y ∈ M beliebig gew¨ahlt. Ist %y − x% < r, so ist y ∈ B(x, r), also ein Adh¨ arenzpunkt dieser Menge. Sei also %y − x% = r. Sei yn = y − (y − x)/n. Dann ist yn − x = n−1 n−1 n−1 n (y − x), also %yn − x% = n %y − x% = n · r < r. Also ist yn ∈ B(x, r). arenzpunkt von B(x, r). Da y ∈ M Wegen limn→∞ yn = y ist y ein Adh¨ beliebig war, folgt die Behauptung. Typen von Funktionen
Schauen Sie sich beliebig gew¨ahlte skalare Funktionen von zwei Ver¨anderlichen mit dem Applet “Funktionen zweier Ver¨ anderlicher im Raum”, sowie Funktionen einer Ver¨ anderlichen mit Werten in R2 und R3 mit den Applets “Parameterkurven in der Ebene” bzw. “. . . im Raum” an. Sie k¨ onnen sich sogar Funktionen zweier Ver¨ anderlicher mit Werten in R3 mit dem Applet “Parameterfl¨ achen im Raum” anschauen. Diese Aufgabe erfordert keine L¨osung, sie dient zur Schulung der Anschauung.
Aufgabe 13.7
13.7
Stetigkeit
0 ¨ Aufgabe 13.8 Im Folgenden sei x = . Uberpr¨ ufen Sie bitte, ob die 0 folgenden Funktionen in diesem Punkt stetig sind: a) f (x, y) = xy. b) f (x, y) = ! sin(xy). 0 x=y=0 . c) f (x, y) = 2xy sonst 2 2 x +y (0)
L¨ osung: a) Wir bringen zun¨ achst einen kurzen Beweis, der aber auf mehrere S¨ atze aus [WHK] zur¨ uckgreift: Sei g(x, y) = x, h(x, y) = y. Beide Funktionen
13.8
236
13. Funktionen mehrerer Ver¨anderlicher
sind als lineare Abbildungen von R2 in R nach Beispiel 1, [WHK, S. 418] stetig. In R ist das Skalarprodukt das gew¨ ohnliche Produkt. Also ist f = gh nach [WHK, Satz 13.28] stetig. Wir bringen nun einen elementaren Beweis: Sei ε > 0 beliebig vorgegeben. W¨ ahle δ = min(1, ε). Sei %(x, y)t − x(0) %1 < δ. Dann sind |x|, |y| < δ, also ur die letzte Ungleichung |f (x, y) − f (0, 0)| = |xy| = |x| |y| < δ 2 ≤ ε. (f¨ mussten wir δ < 1 haben, daher unsere Wahl von δ). Da ε > 0 beliebig gew¨ahlt war, folgt die Stetigkeit in (0, 0)t . b) Wir hatten gerade gesehen, dass (x, y)t → xy stetig (in (0, 0)t ist, sin ist als durch eine Potenzreihe dargestellte Funktion stetig. Also ist die Hintereinanderausf¨ uhrung (x, y)t → xy → sin(xy) stetig nach [WHK, Satz 13.30]. c) Hier m¨ ussen wir die Stetigkeit wirklich mit einem der beiden theoretischen Konzepte beweisen oder widerlegen, weil die Rechenregeln f¨ ur stetige Funktionen nicht helfen. Die Funktion ist in 0 nicht stetig. Denn sei α > 0 beliebig und y = αx. 2 2α angig von x Dann ist f¨ ur x = 0 f (x, y) = 2 (α2αx +1)x2 = α2 +1 = 0, unabh¨ und y. Die Folge ((1/n, α/n))n≥1 konvergiert gegen 0, aber die Bildfolge (f (1/n, α1/n))n≥1 ist konstant gleich α2α 2 +1 , konvergiert also nicht gegen f (0, 0) = 0.
13.3
13.3 Anwendungen in der Numerik
13.9
Aufgabe 13.9 Bestimmen Sie mit dem Newtonverfahren die Nullstelle des Ko-
sinus im Intervall [0, 2]. Das heißt, entwickeln Sie ein N¨aherungsverfahren f¨ ur die Berechnung von π/2. Rechnen Sie die Fehlerabsch¨ atzung n¨ aherungsweise aus. Wie m¨ ussen Sie das Ausgangsintervall w¨ ahlen, damit das Verfahren u ¨ berhaupt konvergiert? L¨ osung: Die Formel f¨ ur das Verfahren lautet xn+1 = xn −
f (xn ) cos(xn ) = xn + = xn + cot(xn ). f (xn ) sin(xn )
Wegen cot(0) = ∞ und cot(π/4) = 1 sollte man als Startintervall eines nehmen, das echt in [π/4, 3π/4] enthalten ist. Zu Fehlerabsch¨ atzung m¨ ussen wir fff2 berechnen, das ist − cot(x)2 . Um ein geeignetes Startintervall zu finden, entwickeln wir cot(x)2 um π/2 in eine Taylorreihe bis zum 2. Glied: cot(x)2 =: g(x) = cot(π/2)2 +g (π/2)(x−π/2)+ g (π/2 + θ)(x − π/2)2 /2. Es ist g (x) = −2 cot(x)(1 + cot(x)2 ), g (x) = 2(1 + alt man g(x) ≈ (x−π/2)2 . Wir geben cot(x)2 )+6 cot(x)2 (1+cot(x)2 ). Also erh¨
13.3 Anwendungen in der Numerik
237
uns jetzt eine Konvergenzkonstante L = 1/2 vor und bestimmen ungef¨ ahr, (x) 2 wann | f (x)f | = cot(x) < 1/2 gilt. Das ist nach unserer Absch¨ a tzung f¨ ur 2 f (x) √ √ g(x) approximativ der Fall, wenn |x − π/2| < 1/ 2, also π/2 − 1/ 2 < x < √ π/2 + 1/ 2 ist. Damit ist [1, 2] ein geeignetes Startintervall. Die Konvergenz ist quadratisch. Um die Konstante L zu bestimmen, die |x∗ − xn+1 | ≤ L |x∗ − xn |2 garantiert (c) (siehe [WHK, S. 424]), berechnen wir 12 sup{| ff (d) | : c, d ∈ [1, 2]}. Da f (x) = allt, sin auf dem− cos(x) und f (x) = sin(x) ist und cos auf [1, π/2] monoton f¨ selben Intervall monoton w¨ achst (und umgekehrt auf dem Intervall [π/2, 2]), erh¨alt man als grobe Absch¨atzung L = 12 cos(1) sin(1) = cot(1)/2 ≤ 1/2, wobei die letzte Absch¨atzung aus cot(1) < cot(π/4) = 1 folgt. Wir berechnen nun drei Werte: x0 =1. x1 =1 + cot(1) = 1.642092. x2 =1.642092 + cot(1.642092) = 1.570675. x3 =1.570675 + cot(1.570675) = 1.570963. E ist π/2 = 1.5707963 . . .. Nach drei Iterationsschritten haben wir also die Nullstelle bereits auf 7 Dezimalstellen genau berechnet. Aufgabe 13.10 Konstruieren Sie mit Hilfe des Newtonschen Verfahrens ein Iterationsverfahren zur Bestimmung der dritten Wurzel aus einer beliebigen Zahl a > 0 und geben Sie Absch¨ atzungen f¨ ur die Konstanten L und L an. √ 3 Belegen Sie Ihr Verfahren mit der Berechnung von 8 und einem weiteren Beispiel.
L¨ osung: Wir m¨ ussen die Nullstelle von f (x) = x3 − a bestimmen. Es ergibt sich als Iterationsverfahren nach Newton xn+1 = xn −
a x3n − a 1 2xn + 2. = 2 (3x3n − x3n + a) = 2 3xn 3xn 3 3xn
Zur weiteren Bestimmung der Konstanten L und L sowie zur Bestimmung eines geeigneten Intervalls, auf dem das Verfahren wirklich konvergiert, stu3 = 1/3 · (2x + xa2 ). Schauen dieren wir die Iterationsfunktion T (x) = x − x3x−a 2 Sie sich diese Funktion f¨ ur a = 8 an. ur Zum Studium von T (x) bilden wir die Ableitung T (x) = 23 (1 − xa3 ). F¨ √ √ a 3 3 x > a ist T (x) > 2/3 · (1 − a ) = 0. Also ist T (x) auf dem Intervall [ a, ∞[ √ √ monoton wachsend. Wegen T ( 3 a) = 3 a bildet also T dieses Intervall in √ sich ab. Außerdem ist f¨ ur x > 3 a der Wert x3 − a > 0 und damit ist auf
13.10
238
13. Funktionen mehrerer Ver¨anderlicher
√ dem offenen Intervall ] 3 a, ∞[ stets x > T (x). W¨ ahlen wir also einen beliebi√ gen Startpunkt x0 := d > 3 a, so erhalten wir x1 = T (x0 ) < x0 , woraus durch Induktion folgt, dass die Iterationsfolge (xn )n≥0 monoton fallend ist, √ asst. insbesondere das Intervall [ 3 a, d] nicht verl¨ Zur Absch¨ atzung der Konstanten L berechnen wir g(x) :=
(x3 − a) · 6x f (x)f (x) = = 2/3 · (1 − a/x3 ). 2 f (x) 9x4
√ Wir erhalten g( 3 a) = 0. Die Funktion ist offensichtlich monoton wachsend, √ also hat sie auf dem Intervall [ 3 a, d] ihr Betragsmaximum an der Stelle d, 3 ) es ist also L = g(d) = 2(1−a/d ≤ 2/3. Das Verfahren konvergiert also im 3 angegebenen Intervall. ur die Absch¨ atzung der quadratischen Wir bestimmen nun die Konstante L f¨ √ Konvergenz: es ist L = 12 sup{|f (u)/f (v)| :, u, v ∈ [ 3 a, d]. Sowohl f (x) = 6x als auch f (x) = 3x2 sind im angegeben Intervall monoton wachsend. 2d Damit ist L = 1/2 · 3a6d 2/3 = a2/3 . √ Ist 0 < a < 1, so bietet sich als Startintervall gerade [ 3 a, 1] an. Es ist 2 . Ist aber 1 < a, so k¨onnen wir den dann L = 2/3 · (1 − a) und L = a2/3 Startpunkt d noch optimieren. Wir w¨ ahlen n(a) = max{n ≥ 1 : n3 < a2 } √ und d = a/n(a). Wir m¨ ussen sicher stellen, dass a/n(a) > 3 a ist. Aber das folgt aus n(a)3 < a2 , also 1 < a2 /n(a)3 , und damit 1 < a2/3 /n(a), also 3 √ /a2 ) 3 a < a/n(a). Damit ergeben sich die Konstanten L = 2(1−n(a) und 3 2 L = a2/3 . Wir geben nun zwei Beispiele: (I) a√= 8. Wir w¨ ahlen dies Beispiel, damit man besonders gut die Ann¨ aherung an 3 8 = 2 verfolgen kann. n(8) = 3 wegen 33 = 27 < 82 = 64, aber 43 = 64. Startzahl x0 = 8/3. Wir erhalten x0 =8/3 x1 =2, 152777 . . . x2 =2, 010585095 x3 =2, 0000556368683 x4 =2, 0000000015477.
13.3 Anwendungen in der Numerik
239
(II) Wir w¨ ahlen a = 0, 125, also x0 =1 x1 =0, 708333 . . . x2 =0.555267204921 x3 =0, 505318384202 x4 =0, 500055778652 x5 =0, 500000006222. ¨ Jeweils der Ubergang von der vorletzten zur letzten Zeile zeigt eindrucksvoll die quadratische Konvergenz. Aufgabe 13.11 L¨ osen Sie bitte das Gleichungssystem
21 x 1 = 12 y 0 einmal genau, zum anderen mit dem Jacobi-Verfahren. L¨ osung: Die L¨osung ergibt sich direkt zu x= 2/3, y = −1/3. F¨ ur das 21 Jacobi-Verfahren zerlegen wir die Matrix A = in eine untere Dreiecks12 matrix D undin eine L,eine Diagonalmatrix obere Dreiecksmatrix R. Es ist 00 20 01 L= ,D= , und R = . Wir formen das Gleichungssys10 02 00 1 tem um: Es lautet ja b = = Ax = Lx + Dx + Rx, woraus x = 0 D−1 b − D−1 ((L + R)x) =: T (x) folgt. Wir haben also ein Fixpunktverfahren, das insbesondere konvergiert, weil A diagonaldominant, das heißt in −1 −1 unserem Fall 2 > 1 ist. Wir erhalten D = 1/2E und V := D (L + R) = 01 1/2 . Eine m¨ogliche Lipschitzkonstante liefert die Matrixnorm %V %11 = !1,0 , , , , 0 , , 1/2 , , , , = 1/2. Die Konvergenzgeschwindigkeit ist also max , , 1/2 , , , 0 , 1 1 nicht zu hoch. F¨ ur 10 Dezimalstellen ben¨ otigt man etwa 30 Iterationen. Wir 1 berechnen 4. Wir starten mit x0 = . 0 1 1 0 1 x1 = T (x0 ) = D−1 b − V = 1/2 − 1/2 = 1/2 . 0 0 1 −1 1/2 1 1/2 −1 3/4 − 1/2V = − 1/4 = . x2 = 0 −1 0 1 −1/4
13.11
240
13. Funktionen mehrerer Ver¨anderlicher
1/2 −1 5/8 5 x3 = − 1/8 = = 1/8 . 0 3 −3/8 −3 1/2 −3 11/16 − 1/16 = . x4 = 0 5 −5/16 13.12
Aufgabe 13.12 Wir wollen sin(x) auf dem Intervall [−π, π] durch Interpolation mit 5 St¨ utzpunkten berechnen. Bestimmen Sie bitte das Lagrange-Polynom!
Bemerkung: Schauen Sie sich sowohl die Sinusfunktion als auch das erhaltene Lagrange-Polynom mit dem Applet “Funktionen einer Ver¨ anderlichen” im selben Koordinatenkreuz an! L¨ osung: Die St¨ utzstellen sind xk = −π + kπ/2 f¨ ur k = 0, 1, 2, 3, 4. Die Differenz zwischen aufeinander folgenden St¨ utzstellen ist gleich und zwar ist utzstelle x3 ist sie π/2 =: h. An der St¨ utzstelle x1 ist sin(x1 ) = −1, an der St¨ sin(x) = 1, an allen anderen St¨ utzstellen ist sin(xj ) = 0. Damit berechnet sich
4 k besonders einfach. das Lagrange-Polynom P (x) = j=0 sin(xj ) k=j xx−x j −xk Wir bestimmen zuerst die auftretenden Nenner: Es ist (x1 − x0 )(x1 − x2 )(x1 − x3 )(x1 − x4 ) =
−3π 3π 4 π −π (−π) =− 2 2 2 8
und (x3 − x0 )(x3 − x1 )(x3 − x2 )(x3 − x4 ) = Damit erhalten wir
3π 4 π π −π π =− . 2 2 2 8
⎛ ⎞ . . 8 P (x)= 4 · ⎝ (x − xk ) − (x − xk )⎠ 3π k=1 k=3 ⎛ ⎞ . 8 (x − xk )⎠ ((x − x3 ) − (x − x1 )) = 4 ·⎝ 3π k=0,2,4
8 =− 3 · x(x + π)(x − π). 3π
Kapitel 14 Mehrdimensionale Differentialrechnung
14
14
14 14.1 14.2 14.3 14.4
Mehrdimensionale Differentialrechnung Kurven im Rp .................................................... Differentiation von Funktionen in mehreren Variablen.... Hesse-Matrix, Satz von Taylor, Extremwerte ............... Der Umkehrsatz und seine Anwendungen ...................
243 244 248 249
14 Mehrdimensionale Differentialrechnung Wir erinnern daran, dass alle Grenzwertprozesse koordinatenweise gebildet werden k¨ onnen. Dies gilt insbesondere f¨ ur die Ableitung nach dem Parameter t in der folgenden Aufgabe.
14.1 Kurven im Rp
14.1
Berechnen Sie bitte die Ableitungen der folgenden Kurvendarstellungen in der Ebene bzw. im Raum: cos(t) a) x(t) = r . sin(t) ⎛ ⎞ cos(t) b) x(t) = r ⎝ sin(t) ⎠ . αt/r ⎛ ⎞ cos(t) cos(u) c) x(t) = r ⎝ sin(t) cos(u) ⎠ . sin(u)
14.1
Aufgabe 14.1
L¨ osung: Benutzen Sie bitte die M¨oglichkeit, sich all diese Kurven anzuschauen mit den Applets “Parameterkurven in der Ebene” bzw. Parameterkurven im Raum”. cos (t) − sin(t = r . a) x (t) = r sin (t) cos(t) ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ cos (t) − sin(t) b) x (t) = r ⎝ sin (t) ⎠ = ⎝ cos(t) ⎠ . (αt) /r α/r ⎞ ⎛ ⎛ ⎞ − cos(u) sin(t) cos(u) cos (t) c) x (t) = r ⎝ cos(u) sin (t) ⎠ = ⎝ cos(u) cos(t) ⎠ . Dabei haben wir beach(sin(u) 0 tet, dass cos(u) und sin(u) von der Variablen t, nach der wir ableiten, nicht abh¨ angt.
244
14.2
14. Mehrdimensionale Differentialrechnung
14.2 Differentiation von Funktionen in mehreren Variablen Partielle Ableitungen ∂f Die partiellen Ableitungen ∂x werden so gebildet, dass alle anderen Varik ablen als konstant betrachtet werden. Wenn Sie unsicher bei der Bildung par¨ tieller Ableitungen sind, vollziehen Sie hier noch einmal die folgende Uberle2 gung nach: Sei f (x, y) = sin(xy ). Bei der Bildung der partiellen Ableitung nach x sehen wir y als konstant an. Schreiben Sie also statt y zun¨ achst einfach c. Das suggeriert schon durch die Bezeichnung die Konstanz. Wir differenzieren die Funktion g(x) = sin(c2 x) nach x, wie wir es gelernt haben: g (x) = c2 cos(c2 x). Nun schreiben wir wieder y statt c und erhalten ∂f ∂x (x, y) = y 2 cos(xy 2 ). Das ist das ganze Geheimnis. Wir berechnen im Beispiel noch die partielle Ableitung nach y. Wir schreiben also c jetzt statt x, denn x wird jetzt als konstant angesehen: h(y) = sin(cy 2 ), ur c ein und schreiben also ist h (y) = c2y cos(cy 2 ). Jetzt setzen wir wieder x f¨ die partielle Ableitung statt des Ableitungsstrichs. Wir erhalten ∂f ∂y = 2xy cos(xy 2 ). Die partielle Differentiaton von vektorwertigen Funktionen geschieht wieder koordinatenweise. Um die zweiten Ableitungen zu berechnen, leitet man die entsprechenden ersten Ableitungen nach der jeweiligen Variablen ab. Es ist also zum Beispiel 2 ) ∂ ∂ sin(xy ∂(2xy cos(xy 2 )) ∂ 2 sin(xy 2 ) ∂ ∂ sin(xy 2 ) ∂y = = = ∂x∂y x ∂y ∂x ∂x 2 2 2 =2y cos(xy ) − 2xy sin(xy ).
14.2
Aufgabe 14.2 Zeigen Sie bitte, dass die folgenden Funktionen zwei mal stetig
differenzierbar sind, und berechnen Sie bitte alle ersten und zweiten partiellen Ableitungen. a) f (x, y) = x2 y 3 . 2 b) f (x) = %x%⎛ 2. ⎞ cos(x) cos(y) c) f (x, y) = r ⎝ sin(x) cos(y) ⎠ . sin(y) ⎛ ⎞ r cos(x) d) f (x, y) = ⎝ r sin(x) ⎠ . y
14.2 Differentiation von Funktionen in mehreren Variablen
245
L¨ osung: Wir zeigen, dass die Funktionen zweimal stetig differenzierbar sind, indem wir die ersten partiellen Ableitungen berechnen, dann sehen, dass die zweiten partiellen Ableitungen existieren und stetig sind. Dabei berufen wir uns auf die Differenzierbarkeit von Funktionen einer Ver¨ anderlichen. 3 ∂f 2 2 = 2xy , = 3x y . Beide partiellen Ableitungen kann man als Polya) ∂f ∂x ∂y 2
3
) nome wieder nach jeder Variablen partiell ableiten und erh¨ alt ∂∂ 2 fx = ∂(2xy = ∂x 2 ∂(3x2 y 2 ) ∂(2xy 3 ) ∂(3x2 y 2 ) ∂2 f ∂2f 3 2 2 ∂ f 2y , ∂x∂y = = 6xy , = = 6xy , = = ∂x ∂y∂x ∂y ∂2y ∂y 2 6x y. Alle zweiten partiellen Ableitungen sind als Polynome stetig, also ist f zweimal stetig differenzierbar. Ihnen ist vielleicht aufgefallen, dass hier ∂2f ∂2f ∂x∂y = ∂y∂x gilt. Das ist nach Satz [WHK, 14.5] immer richtige, wenn die Funktion zweimal stetig differenzierbar ist. b) f (x) = %x%22 = x21 + x22 + · · · + x2n . Damit ist f als Polynom stetig differen∂f = 2xj , denn alle anderen Summanden h¨ angen gerade nicht zierbar mit ∂x j 2 0 j = k f von xj ab. Damit erh¨ alt man als zweite Ableitungen ∂x∂k ∂x = . j 2 j=k ¨ c) Außer den bisherigen Uberlegungen m¨ ussen wir jetzt noch ber¨ ucksichtigen, dass wir vektorwertige Funktionen koordinatenweise differenzieren. Wir erhalten ⎛ ⎞ − sin(x) cos(y) ∂f =r ⎝ cos(x) cos(y) ⎠ . ∂x 0 ⎛ ⎞ − sin(y) cos(x) ∂f =r ⎝ − sin(y) sin(x) ⎠ . ∂y cos(y) ⎛ ⎞ − cos(x) cos(y) ∂f =r ⎝ sin(x) cos(y) ⎠ ∂ 2x 0 ⎛ ⎞ sin(x) sin(y) 2 ∂ f =r ⎝− cos(x) sin(y)⎠ ∂y∂x 0 ⎛ ⎞ − cos(y) cos(x) ∂2f =r ⎝ − cos(y) sin(x) ⎠ . ∂2y − sin(y)
Offensichtlich ist stetig.
∂2f ∂x∂y
=
∂2f ∂y∂x .
Alle zweiten partiellen Ableitungen sind
246
14. Mehrdimensionale Differentialrechnung
d) ⎛ ⎞ −r sin(x) ∂f ⎝ = r cos(x) ⎠ ∂x 0 ⎛ ⎞ 0 ∂f ⎝ ⎠ = 0 ∂y 1 ⎛ ⎞ −r cos(x) ∂2f ⎝ = −r sin(x) ⎠ ∂2x 0 ⎛ ⎞ 0 ∂2f ⎝ ⎠ = 0 ∂y∂x 0 ⎛ ⎞ 0 ∂2f ⎝ ⎠ = 0 ∂2y 0
Totale Ableitung, Jacobi-Matrix
Die Jacobi-Matrix einer skalaren oder einer vektorwertigen Funktion erh¨ alt man auf folgende Weise: a) Der skalare Fall, also der Fall einer reellwertigen Funktion f : / 0 ∂f ∂f ∂f , ,. . . , f (x1 , . . . , xp ) = ∂x ∂xn . 1 ∂x2 b) Den vektorwertigen Fall erledigt koordinatenweise Ab⎛ ⎞ man wieder⎛durch ⎞ x1 f1 (x) ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ leitung: Sei f : D → Rp , x = ⎝ ... ⎠ → f (x) = ⎝ ... ⎠. Dann ist xn fp (x) ⎞ f1 (x) ⎜f2 (x)⎟ ∂f ⎜ ⎟ i . f (x) = ⎜ . ⎟ = ⎝ .. ⎠ ∂xk i = 1, . . . , p k = 1, . . . , n fp (x) ⎛
¨ Um im Folgenden die Ubersichtlichkeit zu verbessern, schreiben wir auch – ∂f wie allgemein u ¨blich – fxj statt ∂xj .
14.2 Differentiation von Funktionen in mehreren Variablen
247
⎞ f1 ⎜ f2 ⎟ ⎜ ⎟ anderlichen x1 , . . . , xp . Sei f = ⎜ . ⎟ eine vektorwertige Funktion der Ver¨ ⎝ .. ⎠ ⎛
fn Dann ist die Ableitung f nach dem Vorangegangenen gerade gleich ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ f1 f1 x1 f1 x2 · · · f1 xp ⎜ f2 x1 f2 x2 · · · f2 xp ⎟ ⎜ f2 ⎟ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ f = ⎜ . . . ⎟ = ⎜ . ⎟ = fx1 ,fx2 ,· · · ,fxp . . . . . . .. ⎠ ⎝ .. ⎠ ⎝ .. fn x1 fn x2 · · · fn xp
fn
Aufgabe 14.3 Berechnen Sie f¨ ur die folgenden Funktionen die Jacobi-Matrix:
a) f (x1 , x2 , x3 ) =x1 x2 + x22 . b) f (x, y) = ⎛ sin( x2 + y 2 ).⎞ x ⎠. c) f (x, y) = ⎝ y2 2 2 exp(x − y ) L¨ osung: a) f ist skalarwertig, f also ein Zeilenvektor, f = (fx1 , fx2 ) = (x2 , x1 + 2x2 ). b) f ist wieder skalarwertig, f also ein Zeilenvektor. Die partiellen Ableitungen werden mit der Kettenregel ermittelt. Im Punkt (0, 0) muss man geson¨ derte Uberlegungen anstellen, weil die Wurzelfunktion dort nicht differenzier bar ist. Sei also zun¨ achst (x, y) = (0, 0). Dann ist fx = √ 2x 2 ·cos( x2 + y 2 ) x +y und analog fy = √ 2y 2 · cos( x2 + y 2 ). Also ist $
x +y
% y 2 2 2 2 f= · cos( x + y ), · cos( x + y ) x2 + y 2 x2 + y 2 cos( x2 + y 2 ) (x, y). = x2 + y 2
x
Sei nun (x0 , y0 ) = (0, 0). Wir zeigen, dass dort die partiellen Ableitungen nicht existieren. Wir beschr¨ anken uns dabei auf die Ableitung nach x, weil die nach y vollkommen analog analysiert wird. Es ist ! √ sin(x) sin(|x|) sin( x2 + 02 ) x>0 x = = sin(−x) . x x x<0 x
14.3
248
14. Mehrdimensionale Differentialrechnung
Wegen sin(−x) = − sin(x) und limx→0 erh¨alt man also lim x0
= sin(x) |x=0 = cos(0) = 1
sin(|x|) sin(|x|) = −1 = 1 = lim , x0 x x
woraus die Behauptung folgt. c) Wir erhalten eine 3 × 2-Matrix. Es ist ⎛ 1 f (x, y) = ⎝ 0 2x exp(x2 − y 2 )
14.3
sin(x) x
⎞ 0 ⎠. 2y 2 2 −2y exp(x − y )
14.3 Hesse-Matrix, Satz von Taylor, Extremwerte Die zweite Ableitung einer zweimal stetig differenzierbaren skalarwertigen Funktion wird Hesse-Matrix genannt. Sie ist nach dem Satz von H. A. Schwarz symmetrisch und wird f¨ ur die Entscheidung, welche Art von lokalem Extremwert vorliegt, ben¨ otigt.
14.4
Aufgabe 14.4 Berechnen Sie bitte die Hessematrix der folgenden Funktionen
und bestimmen Sie deren Eigenwerte in Abh¨ angigkeit von den Variablen x, y bzw. x, y, z. a) f (x, y) = x2 + y 2 − 1. b) f (x, y) = x2 − y 2 + 1. c) f (x, y) = x2 + xy + sin(y)2 . d) f (x, y, z) = x2 + y 2 + exp(z). L¨ osung: In jedem Fall m¨ ussen wir die zweiten partiellen Ableitungen berechnen. Weil man schon sieht, dass sie stetig sind, nutzt man dabei fxy = fxy usw. aus. 20 a) f (x, y) = (2x, 2y) und damit ist f (x, y) = = 2E. Die zweite 02 Ableitung ist konstant mit dem zweifachen Eigenwert 2. 2 0 . Auch hier ist die b) f (x, y) = (2x, −2y) und damit f (x, y) = 0 −2 zweite Ableitung konstant, hat aber die beiden verschiedenen Eigenwerte ±2. = (2x + y, x + sin(2y)). Damit c) f (x, y) = (2x + y, x+ 2 sin(y) cos(y)) 2 1 erh¨alt man f (x, y) = . Die Eigenwerte h¨ angen nicht von x 1 2 cos(2y) sondern nur von y ab. Das charakteristische Polynom lautet P (λ) = λ2 − (2 + 2 cos(2y))λ + (4 cos(2y) − 1). Aus der Schule wissen wir die L¨ osung und
14.4 Der Umkehrsatz und seine Anwendungen
249
erhalten
(1 − cos(2y))2 + 1. ⎛ ⎞ 20 0 d) f = (2x, 2y, exp(z)). Daraus ergibt sich f (x, y, z) = ⎝0 2 0 ⎠ . Da 0 0 exp(z) die Matrix Diagonalgestalt hat, liest man die Eigenwerte ab: λ1 = λ2 = 2, λ3 = exp(z). λ1/2 = 1 + cos(2y) ±
Aufgabe 14.5 Bestimmen Sie bei den Funktionen der vorigen Aufgabe m¨ ogli-
14.5
che lokale Extremalstellen. Bei c) untersuchen Sie bitte nur den Punkt (0, 0). L¨ osung: a) f (x, y) = x2 +y 2 −1. Die erste Ableitung f ist gleich (0, 0) genau nur f¨ ur x = y = 0. Die zweite Ableitung hat hier nur positive Eigenwerte, n¨ amlich 2 (als doppelten Eigenwert), ist also positiv definit und damit ist an der Stelle (0, 0) ein lokales (sogar globales) Minimum. b) f (x, y) = x2 − y 2 + 1. Die einzige Nullstelle von f ist wieder (0, 0). Aber hier ist ein Eigenwert positiv, einer negativ, die Matrix ist also weder positiv definit noch negativ definit. Da jedoch das Kriterium der Definitheit nur hinreichend ist, m¨ ussen wir gesondert u ¨ berpr¨ ufen, ob nicht doch eine lokale Extremalstelle vorliegt. Es ist f (0, 0) = 1, f (x, 2x) = −3x2 + 1, f (2x, x) = achster N¨ahe von (0, 0) liegen also sowohl Werte oberhalb als 3x2 + 1. In n¨ auch unterhalb von 1. (0, 0) ist also kein lokaler Extremwert. ur (x, y) alt man c) f (x, y) = (2x + y, x + sin(2y)) = (0, 0) f¨ = (0, 0). Hier erh¨ die Eigenwerte der zweiten Ableitung λ1/2 = 2 ± (1 − 1)2 + 1 = 2 ± 1, also λ1 = 3, λ2 = 1. Beide sind positiv, also liegt ein lokales Minimum an der Stelle (0, 0) vor. d) f hat keine Nullstelle, also kann es keine lokalen Extremwerte geben.
14.4 Der Umkehrsatz und seine Anwendungen
14.4
Der Umkehrsatz Aufgabe 14.6 Pr¨ ufen Sie bitte, ob die angegebene Funktion in der N¨ ahe des
angegebenen Punktes umkehrbar ist, und berechnen Sie gegebenenfalls die Umkehrfunktion: cos(ϕ) 1 r0 f (r, ϕ) = r = , . ϕ0 ) sin(ϕ) 0
14.6
250
14. Mehrdimensionale Differentialrechnung
L¨ osung: Wir berechnen zun¨ achst die Ableitung und testen, ob ihre Determi cos(ϕ)−r sin(ϕ) nante an der angegebenen Stelle ungleich 0 ist: f (r, ϕ) = . sin(ϕ) r cos(ϕ) 10 f (1, 0) = . Die Determinante ist gleich 1. Also ist die Funktion lokal 01 umkehrbar. Wir m¨ ussen das Gleichungssystem x=r cos(ϕ) y=r sin(ϕ) nach r und ϕ aufl¨ osen. Es ist x2 + y 2 = r2 , also ist r = x2 + y 2 , wobei ahlen m¨ ussen. Wir setzen r in das wir wegen r0 = 1 die positive Wurzel w¨ Gleichungssystem ein und erhalten x =cos(ϕ) 2 x + y2 y =sin(ϕ). 2 x + y2 Der Bildpunkt, um dessen Umgebung wir die Umkehrfunktion konstruieren 1 x0 m¨ ussen, ist f (1, 0) = = . Damit kann man in der Umgebung 0 y0 1 ]0, ∞[×] − ∞, ∞[ von , also in der rechten offenen Halbebene den richti0 gen Winkel folgendermaßen erhalten. Dort ist y/x definiert und es gilt yx = ¨ tan(ϕ), alsoerh¨ ur alt man ϕ = arctan(y/x) in Ubereinstimmung mit ϕ = 0 f¨ 1 den Punkt . Der Bildbereich der Umkehrfunktion ist ]0, ∞[×]−π/2, π/2[. 0 Extrema unter Nebenbedingungen
Sehr oft ist es wichtig, Maxima und Minima unter Nebenbedingungen zu bestimmen. Ist die skalarwertige Funktion f gegeben, und sind Nebenbedingungen in Form von Gleichungen Fj (x) = 0 (j = 1, . . . , r) gegeben, so ist eine notwendiges Kriterium f¨ ur die Existenz von lokalen Extremwerten unter diesen Nebenbdingungen die Existenz von Skalaren λ1 , . . . , λr , die die Gleichung f (x) = λ1 F1 (x) + λ2 F2 (x) + · · · + λr Fr (x) erf¨ ullen. Die Skalare nennt man auch Lagrangesche Multiplikatoren. 14.7
Aufgabe 14.7 Bestimmen Sie bei Teil a) und Teil b) bitte die Extremalstellen der Funktionen unter den angegebenen Nebenbedingungen:
14.4 Der Umkehrsatz und seine Anwendungen
251
ab a) Sei A = und f (x) = (x|Ax) unter der Nebenbedingung (x|x) = 1. bc b) Sei f auf U = {x ∈ Rp : x1 , . . . xp > 0} durch f (x1 , . . . , xp ) =
p − j=1 xj ln(xj ) definiert. Die Nebenbedingung ist F (x1 , . . . , xp ) = x1 + x2 + · · · + xp = 1. c) F¨ ur einen Zylinder mit Radius r und H¨ ohe h sei das Volumen V = πr2 h = c0 fest vorgegeben (z. B. c0 = 1 Liter). Bestimmen Sie bitte r und h so, dass die Oberfl¨ ache O = 2πrh + 2πr2 minimal wird. L¨ osung: a) Die Funktion lautet ausgeschrieben: f (x1 , x2 ) = ax21 + 2b(x1 x2 ) + cx22 . Ihre Ableitung ist f (x1 , x2 ) = (2ax1 + 2bx2 , 2bx1 + 2cx2 ). Die Ableitung alt man von F (x1 , x2 ) = x21 + x22 − 1 ist F (x1 , x2 ) = (2x1 , 2x2 ). Also erh¨ als Gleichung f¨ ur den in diesem Fall einzigen Lagrangeschen Multiplikator λ: f (x1 , x2 ) = λF (x1 , x2 ) oder 2Axt = 2λxt , das heißt, das zu der symmetrischen Matrix geh¨orige Eigenwertproblem. Falls zwei Eigenwerte existieren, ist der Eigenvektor, der zum gr¨ oßeren der beiden geh¨ort, eine lokale Maximalstelle, der andere eine lokale Minimalstelle, denn es gilt dort (x|Ax) = λ(x|x) = λ. b) Wir berechnen f (x1 , . . . xp ) = −(ln(x1 ) + 1, ln(x2 ) + 1, . . . , ln(xp ) + 1), denn nach der Produktregel ist (x ln(x)) = ln(x) + x/x = ln(x) + 1. Die Nebenbedingungsfunktion hat die Ableitung F (x1 , . . . , xp ) = (1, 1, . . . , 1). F¨ ur den Lagrange-Multiplikator ergibt sich gleich koordinatenweise formuliert das Gleichungssystem − ln(xj ) − 1 = λ, j = 1, . . . , p, woraus ln(xj ) = λ + 1 folgt. Also ist x1 = x2 = · · · = xp = exp(1 − λ). Die Nebenbedingung imur alle j. Die Bedinpliziert p exp(1−λ) = 1, das heißt exp(1−λ) = 1/p = xj f¨ gung x ∈ U, F (x) = 1 beschreibt gerade alle Wahrscheinlichkeitsverteilungen f¨ ur p Elementarereignisse. Die sogenannte Gleichverteilung 1/p ·(1, 1, 1, . . . , 1) ist eine Extremalstelle f¨ ur f . f (x) ist die Entropie der Wahrscheinlichkeitsverteilung x. c) Wir setzen f (r, h) = 2πrh + 2πr2 und F (r, h) = πr2 h − c0 . Nun berechnen wir die Ableitungen f (r, h) = (2πh + 4πr, 2πr) und F (r, h) = (2πrh, πr2 ). Wir schreiben das Gleichungssystem f = λF gleich koordinatenweise und erhalten 2πh + 4πr=λ · 2πrh 2πr=λπr2 .
252
14. Mehrdimensionale Differentialrechnung
Aus der zweiten Gleichung folgt λ = 2/r. Dies setzen wir in die erste Gleichung ein, die wir gleichzeitig durch 2π dividieren. Es ergibt sich h+2r = 2h, c0 . woraus h = r/2 folgt. Damit folgt aus der Nebenbedingung r = 3 2π
Kapitel 15 Das mehrdimensionale Integral
15
15 15.1 15.2 15.3
15
Das mehrdimensionale Integral Integrale u ¨ber kompakte Mengen ............................. 255 Der Transformationssatz ....................................... 256 Integrale u ¨ber R2 ................................................ 258
15 Das mehrdimensionale Integral 15.1
15.1 Integrale u ¨ber kompakte Mengen Die Basisformel f¨ ur die mehrdimensionale Integration lautet im zweidimensionalen Fall: Sei R = [a, b] × [c, d]. Dann ist % % b $ d d $ b f (x, y)dxdy = f (x, y)dy dx = f (x, y)dx dy. a
R
c
c
a
Man nennt dies “interierte Integration” (wiederholte Integration). Ist D ⊆ [a, b] × [c, d] = R eine beliebige Menge, so heißt D integrierbar, wenn ¨ber R integrierbar ist. Eine beliebige die Indikatorfunktion 1D u Funktion f : f (x) x ∈ D D → R heißt u ¨ber D integrierbar, wenn die Funktion f˜ : x → 0 sonst u ¨ber R integrierbar ist. Aufgabe 15.1 Berechnen Sie bitte die folgenden Integrale:
a) Sei R = [0, 1] × [0, 2]. R xydxdy. b) Sei R = [−π, π] × [0, 2π]. R sin(x + y)dxdy. c) Sei R = [a, b] × [c, d]. R sin(x) cos(y)dxdy. 1 / 2
0 2 xydy dx. Das innere Integral 0 xydy 0 0 1 1 2 1 ist gleich 12 xy 2 |20 = 2x. Dies eingesetzt in 0 ergibt R / 0 xydxdy = 2 · 2 x |0 = 1. π 2π b) Es ist R sin(x + y)dxdy = −π 0 sin(x + y)dy dx. Das innere Integral ist gleich − cos(x + y)|2π 0 = cos(x) − cos(x + 2π) = 0, weil der Kosinus 2πperiodisch ist. Also ist das gesamte Integral gleich 0. 0 b / d c) Wieder ist R sin(x) cos(y)dxdy = a c sin(x) cos(y)dy dx. Das innere d d Integral ist aber c sin(x) cos(y)dy = sin(x) c cos(y)dy = sin(x)(sin(d) − sin(c)). Eingesetzt in die Formel f¨ ur das gesamte Integral erh¨ alt man b sin(x) cos(y)dxdy=(sin(d) − sin(c)) sin(x)dx L¨ osung: a) Es ist
R
R xydxdy =
a
=(sin(d) − sin(c))(cos(a) − cos(b)) $ % $ % d b = cos(y)dy · sin(x)dx , c
im Einklang mit [WHK, Satz 15.3].
a
15.1
256
15.2
15. Das mehrdimensionale Integral
Aufgabe 15.2 Sei D = {(x, y) ∈ R2 : 0 ≤ x ≤ 1, 0 ≤ y ≤ x2 }. Berechnen Sie
bitte
D
(x + y)2 dxdy.
L¨ osung: Das Integral ist gleich 1 1 2 1D (x, y)(x + y) dy dx = 0
0
0
1
$
%
x2 2
(x + y) dy
dx.
0
Das innere Integral ergibt 2 1 x3 (x + x2 )3 x6 4 5 (x + y)3 |y=x − = x . = + x + y=0 3 3 3 3
Integriert man diese Funktion von 0 bis 1, so erh¨ alt man 1 1 1 4 + 5 + 18 . 15.2
x5 4
+
x6 5
+
x7 1 18 |0
=
15.2 Der Transformationssatz Sei D eine offene Menge im Rp und sei ϕ : D → ϕ(D) =: D eine bijektive stetig differenzierbare Abbildung. Sei K ⊂ D eine kompakte Menge und f : ϕ(K) → R sei integrierbar. Dann gilt der Transformationssatz f (y)dy = f (ϕ(x) det(ϕ (x))dx. ϕ(K)
K
Dabei ist ϕ (x) die Jacobi.-Matrix der partiellen Ableitungen, also die totale Ableitung von ϕ. Die folgenden Aufgaben sollen dazu dienen, ihn zu verstehen und anzuwenden. 15.3
Wir betrachten das Parallelogramm in der Ebene, das von 1 2 den Seiten u = und v = aufgespannt wird, also die Menge F = 0 1 {α u + β v : 0 ≤ α, β ≤ 1}. Wir wollen den Fl¨ acheninhalt von F bestimmen, also F 1F dx berechnen. Dazu suchen wir eine Abbildung ϕ, so dass ϕ−1 (K) eine Menge ist, u ¨ ber die man leichter integrieren kann. Berechnen Sie bitte den Fl¨ acheninhaltunter Benutzung des Transformationssatzes mit der Ab 12 x bildung ϕ(x, y) = . 01 y x L¨ osung: Sei Q = [0, 1] × [0, 1] = : 0 ≤ x, y ≤ 1 das von der kanonisy chen Basis (e1 , e2 ) aufgespannte sogenannte Einheitsquadrat. Wir finden soAufgabe 15.3
15.2 Der Transformationssatz
257
x x + 2y fort, dass F = ϕ(Q) gilt. Außerdem erhalten wir aus ϕ = y y 12 =: A. Die Ableitung ist also konstant. Damit erhalten leicht ϕ = 01 wir wegen 1F ◦ ϕ = 1Q sofort F 1F dxdy = Q 1F (ϕ(x, y))| det(A)|dxdy = acheninhalt des | det(A)| Q 1Q (x, y)dxdy = | det(A)|. | det(A)| ist also der Fl¨ Bildes A(Q) des Einheitsquadrates Q unter der linearen Abbildung A : x↓ → Ax↓ . In unserem Fall ist | det(A)| = 1. Besonders h¨ aufig wird der Transformationssatz f¨ ur die Integration von Funktionen gew¨ ahlt, die nur von der Entfernung vom Nullpunkt, also wie man auch sagt, nur vom Radius abh¨ angen. Das heißt, manhat eine Funktion 2 + y 2 und einer f , die sich als Hintereinanderausf¨ uhrung von (x, y) → x Funktion g : R+ → R zusammensetzt, also f (x, y) = g( x2 + y 2 ). Hier bietet sich die Einf¨ uhrung von Polarkoordinaten an: Wir setzen ϕ(r, ψ) = (r cos(ψ), r sin(ψ)). Aufgabe 15.4 a) Sei ϕ(r, ψ) = (r cos(ψ), r sin(ψ)). Berechnen Sie bitte ϕ .
¨ ber den Kreis K = {(x, y) : x2 +y 2 ≤ 5}. b) Integrieren Sie bitte sin(x2 +y 2 ) u L¨ osung: a) Wir bilden die partiellen Ableitungen. Dann ist cos(ψ) −r sin(ψ) ϕ = , sin(ψ) r cos(ψ) also det(ϕ ) = r. b) Das Urbild ϕ−1 (K) des Kreises K ist gerade das Rechteck R = {(r, ψ) : 0 ≤ r ≤ 5, −π ≤ ψ ≤ π}. erhalten wir nach dem Transformationssatz 5 Damit π 2 2 2 sin(x + y )dxdy = ( r sin(r ))dψ)dr. Der Integrand des inneren In0 −π K π tegrals ist bez¨ uglich ψ konstant, also ergibt sich −π r sin(r2 )dψ = 2πr sin(r2 ). 5 Setzt man dies in das a¨ußere Integral ein, so erh¨alt man 2π 0 r sin(r2 )dr. Dies Integral l¨ost man mit der Integration durch Substitution: r sin(r2 ) = 1 2 2 (− cos(r )) , also hat man 5 1 5 1 1 r sin(r2 )dr = 2r sin(r2 )dr = (− cos(r2 )|50 = (1 − cos(25)). 2 2 2 0 0 Setzt man nun alles Berechnete zusammen, so ergibt sich 1 sin(x2 + y 2 )dxdy = 2π (1 − cos(25)) = π(1 − cos(25)). 2 K
15.4
258
15. Das mehrdimensionale Integral
15.3
15.3 Integrale u ¨ber R2
15.5
Aufgabe 15.5 Sei KR = {(x, y) : x2 + y 2 ≤ R2 }, wobei R > 0 beliebig ist.
a) Berechnen Sie bitte KR exp(−(x2 + y 2 )/2)dxdy. b) Was erh¨ alt man f¨ ur R → ∞? Mit anderen Worten, was ist R2 exp(−(x2 + y 2 )/2)dxdy?
L¨ osung: a) Wir benutzen wieder den Transformationssatz mit der Transformation ϕ(r, ψ) = (r cos(ψ), r sin(ψ)) auf Polarkoordinaten. Wie in der vorigen Aufgabe erhalten wir exp(−(x + y )/2)dxdy=
2
R
0
KR
π
2
2
r exp(−r /2)dψ dr −π
R
(r exp(−r2 /2)dr
=2π 0
=2π(− exp(−r2 /2))|R 0 =2π(1 − exp(−R2 /2)). b) Es ist
exp(−(x2 + y 2 )/2)dxdy= lim R2
R→∞
exp(−(x2 + y 2 )/2)dxdy KR
= lim 2π(1 − exp(−R2 /2)) R→∞
=2π.
Kapitel 16 Einf¨ uhrung in die Stochastik
16
16
16 16.1 16.2 16.3 16.4
Einf¨ uhrung in die Stochastik Wahrscheinlichkeitsr¨aume ...................................... Zufallsvariablen................................................... Bedingte Wahrscheinlichkeiten und Unabh¨angigkeit ...... Markoff–Ketten ..................................................
261 264 266 270
16 Einf¨ uhrung in die Stochastik Das Gebiet der Stochastik ist zu groß und das Vorwissen aus der Schule zu klein, als dass wir hier eine leicht fassliche Einf¨ uhrung geben k¨ onnten. F¨ ur das Folgende m¨ ussen wir also aus Platzgr¨ unden auf die Literatur verweisen, siehe [WHK, Kapitel 16], [St, S. 649 ff], [BS, Kap. 5], [Du]. Wir skizzieren nur diskrete Wahrscheinlichkeitsr¨ aume: Sei Ω = {ω1 , . . . , ωn } eine endliche Menge. Die einzelnen Elemente ωk bzw. die einelementigen Teilmengen {ωk } heißen Elementarereignisse. Sei p : Ω → [0, 1] eine Funk n oße p(ωk ) als Wahrscheintion mit k=1 p(ωk ) = 1. Man interpretiert die Gr¨ lichkeit f¨ ur das Eintreten von ωk und nennt p auch eine Verteilung. Ein Ereignis A ist nichts weiter als eine Teilmenge von Ω. Die Wahrscheinlichkeit
P (A) wird erkl¨ art als P (A) = ωk ∈A p(ωk ). Insbesondere ist P ({ωk }) = p(ωk ). Das einfachste Beispiel ist der Laplacesche Wahrscheinlichkeitsraum der Gleichverteilung: p(ωk ) = n1 , also P (A) = |A| n . Ist A vorgegeben, so betrachtet man A auch als Menge der “g¨ unstigen” Ereignisse, und die Gr¨ oße P (A) ist dann der Bruch “Anzahl der g¨ unstigen Ereignisse durch Anzahl der m¨ oglichen Ereignisse”. Zur Modellbildung f¨ ur unabh¨ angige Experimente bildet man das kartesische Produkt Ω = Ω1 × Ω2 × · · · × Ωr . Ist pj : Ωj → [0, 1] eine Verteilung auf Ωj , so erh¨ alt man eine Verteilung p auf Ω durch p(ω1 , . . . , ωr ) = p1 (ω1 )p2 (ω2 ) · · · pr (ωr ). Sie modelliert die Unabh¨ angigkeit der Ereignisse ω1 , . . . , ωr .
16.1 Wahrscheinlichkeitsr¨ aume
16.1
Aufgabe 16.1 Sei Ω = {1, . . . , n} und p : Ω → [0, 1] eine Funktion mit p(1) +
16.1
ur eine beliebige Teilmenge · · · + p(n) = 1. Wir setzen P (A) = j∈A p(j) f¨ A ⊆ Ω. Zeigen Sie bitte: a) 0 ≤ P (A) ≤ 1 und P (Ω) = 1, P (∅) = 0. b) Ist A ⊆ B so ist P (A) ≤ P (B). c) Sind A, B Teilmengen mit A ∩ B = ∅, so ist P (A ∪ B) = P (A) + P (B).
L¨ osung: a) Wegen p(j) ≥ 0 ist j∈A p(j) ≥ 0. Schließlich ist nach Vo n raussetzung 1 = j=1 p(j) = P (Ω) und P (∅) = 0 nach Vereinbarung des Summenzeichens.
262
16. Einf¨ uhrung in die Stochastik
b) Es ist B = A * (B \ A) also p(j) = p(j) + p(j) ≥ p(j). P (B) = j∈B
c) Wir haben P (A * B) = P (B). 16.2
j∈A
j∈AB
j∈A
j∈B\A
p(j) =
j∈A
p(j) +
k∈B
p(k) = P (A) +
Aufgabe 16.2 Entwickeln Sie ein Modell f¨ ur das 10-malige Wiederholen eines
Erfolgs-Misserfolgs-Experiments, bei dem das einzelne Experiment mit Wahrscheinlichkeit p erfolgreich ist (0 < p < 1). Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, bei 10 Experimenten genau 4 mal Erfolg zu haben? L¨ osung: Wir setzen 1 f¨ ur den Erfolg, 0 f¨ ur den Misserfolg. Ein Modell f¨ ur das einmalige Experiment ist dann Ω0 = {0, 1} und p(1) =: p ist die Wahrscheinlichkeit f¨ ur den Erfolg,1 − p = qdie Wahrscheinlichkeit f¨ ur den Misserfolg 0. Damit ist eien 10-malige Wiederholung des Experimentes gerade eine Folge (a1 , . . . , a10 ) mit aj = 1 oder aj = 0, also ist ein geeigneter Ereignisraum Ω = {0, 1}10. Da die Ergebnisse sich bei guten Experimenten nicht gegenseitig beeinflussen d¨ urfen, ist die Wahrscheinlichkeit f¨ ur eine Folge a = (a1 , . . . , a10 ) gleich p(a) = p(a1 )p(a2 ) · · · p(a10 ), wobei p(aj ) = p ist, falls aj = 1, also ein Erfolg ist, und p(aj ) = 1 − p =: q, falls aj = 0, also ein Misserfolg ist.
Den Ausdruck p(a) k¨ onnen wir vereinfachen. Wir setzen e(a) = 10 j=1 aj . Das ist die Anzahl der Erfolge in diesem Durchlauf a von 10 Experimenten. Dann ist p(a) = pe(a) q 10−e(a) . Die Anzahl all derjenigen a mit e(a) = k, wo 0 ≤ onnen k ≤ 10 ist, ist nach [WHK, Korollar 2.27] gerade gleich 10 k . Damit k¨
wir nachpr¨ ufen, ob a∈Ω p(a) = 1 ist, wie es sein sollte. Es gibt nur die Alternativen k = 0 Erfolge , . . . , k = 10 Erfolge, oder anders ausgedr¨ uckt: es ist Ω = A0 *A1 *· · ·*A10 , wo Ak = {a ∈ Ω : e(a) = k} ist und * besagt, dass der Durchschnitt zweier verschiedener Mengen leer ist. Daraus folgt nat¨ urlich,
10
ist aber p(a) f¨ ur alle a ∈ dass a∈Ω p(a) = a∈Ak p(a) gilt. Nun k=0
10 k amlich gleich pk q 10−k . Damit ist a∈Ω p(a) = k=0 10 Ak gleich, n¨ k p (1 − p)10−k = (p + (1 − p))10 = 1. Die genau viermal Erfolg zu haben, ist gleich P (A4 ) = 10 Wahrscheinlichkeit, 4 6 4 p (1 − p) . 16.3
Aufgabe 16.3 Ein Wissenschaftler hat ein Medikament an Ratten ausprobiert.
Eine von ihnen ist daran gestorben, die anderen wurden fitter. Er behauptet allerdings, dass die Todesrate bei 0,1 Promille liegt. Wie wahrscheinlich ist es dann, dass mindestens eine von 10 Ratten im Experiment stirbt?
16.1 Wahrscheinlichkeitsr¨ aume
263
L¨ osung: Wir w¨ ahlen das Modell der vorigen Aufgabe. Die zehnmalige, voneinander unabh¨ angige Wiederholung ist durch die 10 verschiedenen Ratten gegeben. Das “Erfolgsereignis” ist hier, dass eine Ratte stirbt. Nach Angaben des Experimentators ist sie p = 10−4 . Gefragt ist nach der Wahrscheinlichkeit P ({a : e(a) ≥ 1}). Da P (Ω) = 1 ist, ist die erfragte Wahrscheinlichkeit gerade gleich : e(a) = 0}). Nach der vorigen Aufgabe ist dies aber gleich 1− 10 0 1−P ({a 10 p (1−p) . Mit dem Taschenrechner ermitteln wir 1−(1−10−4 )10 ≈ 10−3 . 0 Die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens eine von zehn Ratten stirbt, ist unter der Voraussetzung, dass die Wahrscheinlichkeit f¨ ur den Tod einer Ratte gleich −4 −3 ist, mit 10 so klein, dass man die Hypothese des Wissenschaftlers 10 u ¨ ber sein p verwirft, weil ja im Experiment eine Ratte gestorben ist, dieses theoretisch so u ¨ beraus seltene Ereignis also eingetroffen ist. Aufgabe 16.4 Sei Ω = {0, 1}N die Menge aller Folgen, die aus 0 (Misser-
folg) und 1 (Erfolg) bestehen. Das ist also die Menge aller m¨ oglichen unendlichen Serien von Erfolgs -Misserfolgsexperimenten. Die folgende Gr¨ oße gibt die mittlere Erfolgsrate bei den ersten n Experimenten an: Sn (a) = 1 n (a1 + a2 + · · · + an ). Ein wichtiges Problem ist: Konvergiert diese Folge von Mittelwerten gegen einen als theoretisch angenommenen Mittelwert p = 0? Bestimmen Sie dazu die Menge K aller a ∈ Ω, f¨ ur die limn→∞ Sn (a) = p ist. Bemerkung: K = Ω, denn die totale Versagerfolge a = (0, 0, . . .) liegt sicher nicht in K. Tipp: Die Folge (Sn (a))n≥1 konvergiert genau dann gegen p, wenn gilt: f¨ ur alle r ∈ N gibt es ein m ∈ N, so dass f¨ ur alle n ≥ m (|Sn (a) − p| < 1/r) gilt. Dies ist das Konvergenzkriterium aus [WHK, Definition 5.18]. Es gen¨ ugt offensichtlich, dort nur ε = 1/r f¨ ur beliebige r ∈ N zu betrachten. F¨ ur die Bedeutung beliebiger Durchschnitte und Vereinigungen wiederholen Sie bitte [WHK, Definition 2.8]. L¨ osung: Es gibt eine Standard-Routine, wie man solche Aussagen in Men genbeschreibungen “¨ ubersetzt”: “F¨ ur alle” geht u ¨ ber in , “es gibt” bzw. “gibt es” geht u ¨ ber in . Damit erhalten wir rein formal
{a : |Sn (a) − p| < 1/r}. K= r∈N m∈N n≥m
Zur Vereinfachung des Beweises, dass dies die gesuchte Menge ist (wir haben ja nur rein formal “¨ ubersetzt”), setzen wir An,r = {a : |Sn (a) − p| < 1/r}.
16.4
264
16. Einf¨ uhrung in die Stochastik
(I) Es gelte limn→∞ Sn (a) = p. Das ist ¨aquivalent zu der Aussage: F¨ ur alle r ∈ N gibt es ein m = m(r) ∈ N, so dass f¨ ur alle n ≥ m(r) stets |Sn (a) − p| < 1/r ist. Das bedeutet aber: F¨ ur alle r ∈ N gibt es ein m = m(r) ∈ N mit ur alle n ≥ m(r). Daraus folgt: f¨ ur alle r ∈ N gibt es ein m ∈ N a ∈ An,r f¨ ur alle r ∈ N ist a ∈ m∈N An,r . mit a ∈ n≥m An,r . Das hat zur Folge: f¨ Also ist a ∈ r∈N m∈N An,r = K. (II) Sei a ∈ K. Dann ist a f¨ ur jedes r ∈ N in der Menge m∈N n≥m An,r . Daher gibt es f¨ ur jedes r ∈ N ein m ∈ N, so dass a ∈ An,r liegt. Das bedeutet, dass es f¨ ur jedes r ∈ N ein m ∈ N gibt, so dass f¨ ur alle n ≥ m stets ur limn→∞ Sn (a) = |Sn (a)−p| < 1/r ist. Un das ist das Konvergenzkriterium f¨ p. Aus (I) und (II) folgt, dass K die gefragte Konvergenzmenge ist.
16.2
16.2 Zufallsvariablen
16.5
Aufgabe 16.5 Sei (Ω, P ) ein endlicher Wahrscheinlichkeitsraum und X : Ω →
R eine Zufallsvariable. Dann ist X(Ω) =: M endlich. Der Erwartungswert E(X) ist erkl¨art als y · P ({ω : X(ω) = y}). E(X) = y∈M
Zeigen Sie bitte: E(X) =
X(ω) · P ({ω}).
ω∈Ω
L¨ osung: Die L¨osung besteht aus einer geschickten Umsummierung, die die
Gleichung P (A) = ω∈A P ({ω}) benutzt. Sei y ∈ M beliebig. Dann ist P ({ω}). P ({ω : X(ω) = y}) = ω∈Ω, X(ω)=y
Also ist yP ({ω : X(ω) = y} =
ω∈Ω, X(ω)=y
X(ω)P ({ω}).
16.2 Zufallsvariablen
265
Nun ist Ω die Vereinigung der Mengen Ωy := X −1 ({y}), die paarweise disjunkt sind. Daraus folgt aber yP ({ω : X(ω) = y}) = X(ω)P ({ω}) y∈M
y∈M ω∈Ω, X(ω)=y
=
X(ω)P ({ω}).
ω∈Ω
Aufgabe 16.6 Sei Ω = {0, 1}10 und f¨ ur ω = (ω1 , . . . , ω10 ) sei p(ω) = 2−10 .
16.6
Zeigen Sie bitte: a) Durch P (A) = 2|A| 10 , wobei |A| die Anzahl der Elemente in A ist, wird auf Ω ein Wahrscheinlichkeitsmaß definiert.
10 b) Sei X(ω) = j=1 ωj . Berechnen Sie bitte den Erwartungswert von X.
−10 L¨ osung: a) Nach [WHK, Definition 16.3] gen¨ ugt es, = 1 zu ω∈Ω 2
−10 −10 = |Ω| · 2 . Nach [WHK, Satz 2.21] ist |Ω| = 210 . zeigen. Nun ist ω∈Ω 2 Also folgt die Behauptung.
b) Es ist E(X) = ω∈Ω p(ω)X(ω). Dies ergibt in unserem Fall E(X) =
−10 2 ω∈Ω X(ω). X kann nur die Werte 0, 1, 2, . . . , 10 annehmen. Sei Ak = {ω : X(ω) = k}. Nach der vorangegangenen Aufgabe ist E(X) =
10 ussen wir |Ak | bestimmen. F¨ ur das Folgende ver2−10 k=0 k|Ak |. Also m¨ gleiche [WHK, Beweis von Korollar 2.27]. F¨ ur jedes ω ∈ Ak sei M (ω) = {j ∈ {1, . . . , 10} : ωj = 1}. Durch ω → M (ω) erhalten wir eine bijektive Abbildung von A von 10 k auf die Menge der k-elementigen Teilmengen solcher Teilmengen, also ist |A . Damit | = {1, . . . , 10}. Es gibt 10 k k k 10 10
10 ergibt sich E(X) = k=0 k 10 onnten nun die Formel k=1 k k . Wir k¨ k = anwenden, die die Erzeugendenfunktion der Binomialverteilung benutzt. Wir wollen aber eine elementare L¨osung angeben: F¨ ur 1 ≤ k ≤ 10 ist 10 − k = 9 − (k − 1), also 10 9! 10! ! = 10 · . k =k k k!(10 − k) (k − 1)!(9 − (k − 1))! Daher ist
10
k=1 k
10 k
= 10 ·
9 9 l=0
l
= 10 · 29 . Damit erh¨alt man E(X) =
2−10 · 10 · 29 = 5.
=(1+1)9
Aufgabe 16.7 Berechnen Sie bitte den Erwartungswert und die Varianz der
Exponentialverteilung zum Parameter λ.
16.7
266
16. Einf¨ uhrung in die Stochastik
Tipp: Berechnen Sie die Fouriertransformierte der Exponentialverteilung und verwenden Sie [WHK, Satz 16.26]. L¨ osung: Die Exponentialverteilung hat die Dichte f (s) = λ exp(−λs) (s ≥ 0) und damit die Fouriertransformierte ∞ exp(−itx) exp(−λx)dx ϕ(t)=λ 0 ∞ =λ exp((−it − λ)xdx 0
−λ λ = · exp(−it − λ)x|∞ . 0 = it + λ it + λ Der Erwartungswert E(X) einer Zufallsvariablen X mit Exponentialverteiλ lung ist gleich iϕ (0). ϕ(t) = −i (it+λ) 2 , also ist E(X) = iϕ (0) = 1/λ. 2 Die Varianz berechnet sich aus dem Mittelwert von X und vonX. Genauer ussen also E(X 2 ) bestimmen. Es gilt gilt V (X) = E(X 2 ) − E(X)2 . Wir m¨ 2i·iλ −2λ 2 alt man E(X ) = −ϕ (0). Nun ist ϕ (t) = (it+λ) 3 = (it+λ)3 . Damit erh¨ 2 2 2 E(X ) = 2/λ . Die Varianz ist also V (X) = λ2 − λ12 = λ12 . 16.3
16.3 Bedingte Wahrscheinlichkeiten und Unabh¨ angigkeit Der Satz von Bayes
16.8
Aufgabe 16.8 In Spam-Mails tritt das Wort “Sex” mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 95% auf, in anderen Mails hingegen mit einer Wahrscheinlichkeit von 5%. Spam-Mails selbst treten im Verh¨ altnis zu anderen Mails wie 80 : 1 auf. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine erhaltene Mail eine Spam-Mail ist, wenn in ihr das Wort “Sex” auftaucht? Bemerkung: die Zahlen sind h¨ ochstwahrscheinlich nicht mehr aktuell, weil inzwischen statt “Sex” zum Beispiel S.e.x oder ¨ahnliche Ver¨ anderungen des Wortes benutzt werden. Auch das Verh¨ altnis von Spam-Mail zu normaler Mail ver¨ andert sich st¨ andig. Bei aktuellen Zahlen ist aber das Verfahren, automatisch e-mails mit dem Wort “Sex” als Spam-Mails zu klassifizieren, ein erster Schritt zur automatischen Spam-Mail-Erkennung. Aus dieser Aufgabe kann die Irrtumswahrscheinlichkeit, das ist 1 − P , wo P die Zahl ist, die Sie berechnen sollen, berechnet werden.
16.3 Bedingte Wahrscheinlichkeiten und Unabh¨ angigkeit
267
L¨ osung: Es handelt sich um eine typische Problemstellung f¨ ur den Satz von Bayes ([WHK, Theorem 16.29]): wir k¨ onnen die bedingte Wahrscheinlichkeit P (A1 |B) berechnen, wenn wir P (B|A1 ), P (B|A2 ), sowie P (A1 ) und P (A2 ) kennen, wo A1 und A2 sich gegenseitig ausschließen und A1 oder A2 das sichere Ereignis ist. In unserem Fall ist B das Ereignis, dass das Wort “Sex” in einer Mail auftritt. A1 ist das Ereignis “Spam-Mail”, A2 das Ereignis “keine Spam-Mail”. Nach den Angaben erhalten wir P (B|A1 ) = 0.95, P (B|A2 ) = 0.05, P (A1 ) = 80/81 und P (A2 ) = 1/81. Nach dem Satz von Bayes ergibt sich P (A1 )P (B|A1 ) P (A1 )P (B|A1 ) + P (A2 )P (B|A2 ) 80 · 0.95 80/81 · 0.95 = = 80/81 · 0.95 + 0.05/81 80 · 0.95 + 0.05 76 ≈ 0, 99934. = 76.05
P (A1 |B)=
Wirft das Programm zur Vernichtung von Spam-Mail also eine Nachricht heraus, in der das Wort “Sex” auftaucht, so ist die Irrtumswahrscheinlichkeit hierf¨ ur also kleiner als 10−3 . Unabh¨ angigkeit
˜ = {1, 2, . . . , 6} und Ω = Ω ˜ 2 , ferner p(ω1 , ω2 ) = 1/36. Aufgabe 16.9 Sei Ω Das ist ein Modell f¨ ur das W¨ urfeln zweier W¨ urfel. Zeigen Sie bitte: die Koordinatenfunktionen X1 : ω → X1 (ω) = ω1 und X2 : ω → X2 (ω) = ω2 sind stochastisch unabh¨ angig. L¨ osung: Wir m¨ ussen folgendes zeigen: Seien ]a, b] und ]c, d] beliebige Intervalle. Dann gilt P X1−1 (]a, b]) ∩ X2−1 (]c, d]) = P (X1−1 (]a, b]) · P (X2−1 (]c, d]). Dazu berechnen wir zun¨ achst die Wahrscheinlichkeit P (X1−1 (]a, b])) = P ({ω : ˜ b] und |A1 | die Anzahl der Elemente von A1 . a < ω1 ≤ b}). Sei A1 = Ω∩]a, Dann ist die Anzahl der Elemente in {ω : a < ω1 ≤ b} = X1−1 (]a, b]) =: B1 gerade gleich |A1 | · 6, weil f¨ ur die zweite Koordinate keine Einschr¨ ankung 1 |·6 = |A1 |/6. Ganz entsprechend ergibt sich f¨ ur vorliegt. Also ist P (B1 ) = |A36 |A2 |·6 |A2 | −1 ˜ A2 = Ω∩]c, d] und X2 (]c, d]) =: B2 die Gleichung P (B2 ) = 36 = 6 .
16.9
268
16. Einf¨ uhrung in die Stochastik
Sei X1−1 (]a, b]) ∩ X2−1 (]c, d]) = C. Daraus erh¨ alt man −1 −1 |C| = X (]a, b]) X (]c, d]) = |B1 | |B2 |. 1
Also ist
16.10
2
−1 X (]a, b]) X −1 (]c, d]) |B1 | |B2 | 1 2 = P (C)= 36 36 |B1 | |B2 | = · = P (X1−1 (]a, b])) · P (X2−1 (]c, d])). 6 6
Aufgabe 16.10 Sei P die Standard-Normalverteilung auf Rp mit Dichtefunk-
tion 1 f (x) = √2π p exp(−%x%2 /2). Zeigen Sie bitte, dass die Koordinatenfunktionen Xj : x = (x1 , x2 , . . . , xp ) → xj eindimensional standard-normalverteilt und stochastisch unabh¨ angig sind. L¨ osung: Das wesentliche Hilfsmittel, mit dem wir die Aufgabe l¨ osen k¨onnen, ist der Satz u ¨ ber die iterierte Integration f¨ ur den Spezialfall, dass der Integrand das Produkt von Funktionen einer Variablen ist, also [WHK, Satz 15.3], durch Induktion verallgemeinert f¨ ur p Faktoren. Wir zeigen zun¨achst, dass die Xj standard-normalverteilt sind. Die eindimen√ sionale Standard-Normalverteilung hat die Dichte g(t) = exp(−t2 /2)/ 2π. Wegen exp(−%x%22 /2) = exp(−(x21 + x22 + · · · + x2p )/2) = exp(−x21 /2) · · · exp(−x2p /2) folgt f (x) = g(x1 ) · · · g(xp ). Nun ist X1−1 (]a, b]) =]a, b] × Rp−1 . Also folgt aus dem zitierten Satz PX1 (]a, b])=
f (x)dx ]a,b]×Rp−1 b
= a
g(x1 )dx1
Rp−1
√
1 2π
p−1
exp(−(x22 + · · · + x2p )/2)dx2 · · · dxp
.
Das Integral in der Klammer ist aber das Integral u ¨ber die Dichtefunktion der p − 1-dimensionalen Standard-Normalverteilung, also gleich 1. Damit hat ur PX1 die Dichte g, ist also standard-normalverteilt. Analog schließen Sie f¨ die anderen Koordinatenfunktionen. Wir zeigen nun die Unabh¨ angigkeit der Koordinatenfunktionen. Seien ]aj , bj ] p Intervalle. Dann ist wieder nach dem zitierten Satz b1 bp p p bj . . 1 √ exp(−x2j /2)dxj , Xj−1 (]aj , bj ]) = ··· f (x)dx = P( 2π a1 ap j=1 j=1 aj
16.3 Bedingte Wahrscheinlichkeiten und Unabh¨ angigkeit
269
und das ist die verlangte Unabh¨ angigkeit. Anwendung der Grenzwerts¨ atze Aufgabe 16.11 Sei Ω = {0, 1}20 und p = 1/4, p(ω) =
20
pωj (1 − p)1−ωj (vergleiche Aufgabe 16.2). Sei S(ω) = ω1 + ω2 + · · · + ω20 . Sch¨ atzen Sie mit der Standard-Normalverteilung ab, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass S(ω) ≤ 2 ist. Vergleichen Sie dies mit der exakten Wahrscheinlichkeit. j=1
16.11
L¨ osung: Wir m¨ ussen die Gr¨oße S erst einmal standardisieren (siehe die Anwendung auf [WHK, S. 490]). Die Koordinatenfunktionen Xj haben den 3 . Wir setzen Erwartungswert E(Xj ) = 1/4 und die Varianz V (Xj ) = 14 43 = 16 1 2 (S(ω) − 20/4) = √15 (S(ω) − 5). Daraus ergibt sich: also S ∗ (ω) = √ 20·3/16
S(ω) ≤ 2 gilt genau dann, wenn S(ω) − 5 ≤ −3 ist, und das gilt genau dann, wenn S ∗ (ω) ≤ − √615 (≈ 1, 55) ist. Die Zufallsvariable S ∗ ist aber angen¨ahert standard-normalverteilt. Sei Φ(x) die Standard-Normalverteilung. Sie ist in der Regel nur f¨ ur x ≥ 0 tabelliert. Es ist Φ(−x) = 1 − Φ(x) (vergleiche Aufgabe 7.14; die Dichtefunktion der Normalverteilung ist eine gerade Funktion). Der Tabelle der Standard-Normalverteilung entnehmen wir Φ(1.55) ≈ 0.9394, also P ({ω : S(ω ≤ 2)} ≈ 1 − Φ(1, 55) ≈ 0.0606. Wir schreiben wie in der Stochastik u ¨blich [S ≤ u] f¨ ur {ω : S(ω) ≤ u} und entsprechend f¨ ur =,≥ etc. Damit erhalten wir P ([S ≤ 2]) = P ([S = 0] + P ([S = 1]) + P ([S = 2]). Diese Werte berechnen wir in Analogie zu Aufgabe 16.2: P ([S = 0]) = (3/4)20 ≈0, 00317, P ([S = 1]) = 20 · 14 · ( 34 )19 ≈ 0, 02114 1 3 18 3 18 = 190 ≈ 0, 06695. Daraus folgt und schließlich P ([S = 2]) = 20 16 ( 4 ) 2 16 ( 4 ) P ([S ≤ 2]) ≈ 0, 09126. Zu gut ist die Approximation also bei diesen Daten (noch) nicht. Aufgabe 16.12 Sei Ω = {0, 1}1000 und p = 0.01, also p(ω) =
1000
pωj (1 − p)1−ωj . Sei wieder S(ω) = j=1 ωj die Menge der Erfolge in der Versuchsreihe ω. Berechnen Sie bitte P (S ≤ 10) einmal approximativ mit der PoissonVerteilung, einmal approximativ mit der Standard-Normalverteilung.
1000
j=1
L¨ osung: Wir w¨ ahlen zuerst die Approximation durch die Poisson-Verteilung. Der Parameter λ berechnet sich zu λ = 1000 · 0.01 = 10. Damit ist P ([S ≤
10
10 10]) = j=0 P ([S = j]) = exp(−10) j=0 10j /j! ≈ 0.576. Nun w¨ ahlen wir die Normalverteilung. Der Mittelwert ist 10, die Varianz ist V = 1000 · 0.01 · 0.99 = 9.9 Daher ist S ∗ (ω) = √19.9 (S(ω) − 10). [S ≤ 10] =
16.12
270
16. Einf¨ uhrung in die Stochastik
[S ∗ ≤ 0], und die Standard-Normalverteilung Φ erf¨ ullt Φ(0) = 1/2. Wir haben also einmal die Approximation P = 0.576, das andere Mal P = 0.5.
16.4
16.4 Markoff–Ketten
16.13
Aufgabe 16.13 Sei P =
und p
(0)
1/3 3/4 ¨ die Ubergangsmatrix einer Markoff–Kette 2/3 1/4
4/5 = . Berechnen Sie bitte limn→∞ P n p(0) . 1/5
L¨ osung: P ist eine primitive stochastische Matrix. Daher gilt nach [WHK, Theorem 16.53], dass P n p(0) gegen den Eigenvektor p von P zum Eigenwert ullt. Wir m¨ ussen also das Eigenwertproblem 1 konvergiert, der p1 + p2 = 1 erf¨ P p = p l¨ osen. Ausf¨ uhrlich lautet diese Gleichung p1 /3 2p1 /3
+ +
3p2 /4 p2 /4
= =
p1 p2
Aus der ersten Gleichung folgt 3p2 /4 = 2p1 /3, oder p2 = 8p1 /9. Wir m¨ ussen 1, noch die Bedingung p1 + p2 = 1 heranziehen. Es ergibt sich p1 (1 + 8/9)= 9 1 n (0) woraus p1 = 9/17, p2 = 8/17 folgt. Wir haben also limn→∞ P p = 17 . 8 Dieser Grenzwert ist v¨ollig unabh¨ angig von der gew¨ ahlten Anfangsverteilung p(0) . 16.14
¨ Aufgabe 16.14 [WHK, Satz 16.55] lautet: Sei P die Ubergangsmatrix einer Markoff–Kette auf dem Zustandsraum Z = {z1 , . . . , zr }. Sei P primitiv. Dann sind die folgenden Aussagen a¨quivalent: a) F¨ ur alle Wahrscheinlichkeitsverteilungen p auf Z konvergiert P n p gegen die diskrete Gleichverteilung 1r (1, 1, . . . , 1)t . b) P ist doppelt stochastisch. Beweisen Sie bitte diesen Satz. Tipp: Benutzen Sie [WHK, Theorem 16.53]. L¨ osung: Aus dem zitierten Theorem folgt: da P primitiv ist, gibt es genau eine Wahrscheinlichkeitsverteilung q mit P q = q. Dar¨ uber hinaus gilt ur jede beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilung p auf Z. limn→∞ P n p = q f¨
16.4 Markoff–Ketten
271
(I) Wir zeigen a) ⇒ b): Sei q die diskrete Gleichverteilung. dem vorigen ⎛ ⎞ Nach ⎛ ⎞ 1 1 ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ Absatz ist P q = q. Die Multiplikation mit r liefert P ⎝ ... ⎠ = ⎝ ... ⎠, das heißt 1
1
aber, P ist doppelt stochastisch.
⎛ ⎞ 1 ⎜ .. ⎟ (II) Wir zeigen nun b) ⇒ a). Ist P doppelt stochastisch, so gilt P ⎝ . ⎠ = ⎛ ⎞ 1 ⎜ .. ⎟ ⎝ . ⎠ und damit P q = q, wo q =
1 ⎛ ⎞ 1 1 ⎜ .. ⎟ r ⎝ . ⎠ die Gleichverteilung auf Z ist.
1 1 ur alle WahrscheinNach dem zitierten Theorem folgt limn→∞ P n p = q f¨ lichkeitsverteilungen p. Aufgabe 16.15 Zeigen Sie bitte: auf einem zusammenh¨ angenden Graphen mit
¨ m Knoten ist jede Irrfahrt irreduzibel. Dabei ist die Ubergangsmatrix P f¨ ur eine solche Irrfahrt durch ! 1 es gibt eine Kante, auf der ek und ei liegen P (X1 = ek |X0 = ei ) = d(ei ) 0 sonst gegeben, wo d(ei ) der Grad des Knotens ei ist. L¨ osung: In einem zusammenh¨angenden Graphen hat jeder Knoten ei einen Grad d(ei ) = 0. Außerdem muss es mindestens einen Knoten ek geben, der mit ei verbunden ist. Damit steht in jeder Zeile und jeder Spalte an mindestens einer Stelle ein Eintrag = 0. In jeder Spalte p↓k steht entweder 0 oder der Wert 1/d(ek ). Dieser steht d(ek ) mal dort, woraus folgt, dass die Spaltensumme gleich 1 ist. uhre in n Schritten zum Ziel, Wir verfolgen nun einen Weg von ek nach ei . Er f¨ etwa ek → ei1 → · · · → ein = ei . Wir behaupten, dass dann (P n )ik = 0gilt. Wir f¨ uhren den Beweis durch Induktion: F¨ ur n = 1 ist die Aussage nach Definition von P richtig. Angenommen, sie gelte f¨ ur irgendein n. Sei nun (n) ek → ei1 → · · · → ein → ein+1 ein Weg. Sei P n = (pij ). Nach Induktionsvo(n) raussetzung ist pin k = 0 Außerdem ist pin+1 in = 0. Wegen P n+1 = P · P n ist
(n+1) (n) (n) m dann pin+1 k = j=1 pin+1 j pjk ≥ pin+1 in pin k > 0. Sei nun (i, k) ein beliebiges Indexpaar. Weil der Graph zusammenh¨ angend ist, gibt es dann ein n und einen Weg ek → ei1 → · · · → ein = ei der (n) L¨ange n. Damit ist pik = 0 nach dem Vorangegangenen. Daraus folgt, dass P irreduzibel ist (siehe Bemerkung 2 auf [WHK, S. 499]).
16.15
272
16. Einf¨ uhrung in die Stochastik
Aufgabe 16.16 Sei G = Z2 × Z2 das Produkt der Gruppe (Z2 , ⊕) mit sich
selbst. Sie besteht also aus 4 Elementen (0, 0), (1, 0), 0, 1), (1, 1). Wir k¨ onnen sie mit einem Quadrat⎛in der⎞Ebene mit den entsprechenden Koordinaten ⎛ ⎞ 1/3 p(0,0) ⎜1/4⎟ ⎜p(1,0) ⎟ ⎟ ⎜ ⎟ identifizieren. Sei q = ⎜ ⎝p(0,1) ⎠ = ⎝1/6⎠ . Wir nehmen nun an, ein Menp(1,1) 1/4 sch geht auf dem Quadrat spazieren und entscheidet sich an jeder Ecke (i, j) mit der Wahrscheinlichkeit p(i,j)⊕(k,l) zur Ecke (k, l) zu gehen (er zieht entsprechend Zufallszahlen, um sich zu entscheiden). Zeigen Sie bitte: Die Wahrscheinlichkeit, von einem Punkt aus senkrecht weiter zu gehen, ist 1/6, waagerecht weiter zugehen ist 1/4 und diagonal zu gehen, ist ebenfalls 1/4. Die Wahrscheinlichkeit, im Punkt stehen zu bleiben ist 1/3. Der Mensch starte im Eckpunkt (i0 , j0 ). Zeigen Sie bitte, dass er nach sehr sehr vielen Schritten zu jeder Ecke mit der Wahrscheinlichkeit 1/4 gelangt. L¨ osung: Wir nummerieren die Ecken durch: (0, 0) = e1 , (1, 0) = e2 , (0, 1) = ¨ blich pij = P (X1 = i|X0 = j). e3 und (1, 1) = e4 . Dann setzen wir wie u Wegen der Bedingung pij = pei ⊕ej erhalten wir p11 =1/3 p12 =1/4 p13 =1/6 p14 =1/4 p22 =1/3 p23 =1/4 p24 =1/6 p33 =1/3 p34 =1/4 p44 =1/3. ¨ P = Da die Gruppe kommutativ ist, gilt pij = pji , die Ubergangsmatrix (pij ) ist also symmetrisch und daher doppeltstochastisch. Sie ist außerdem primitiv, weil nirgends ⎛ eine ⎞ 0 steht. Nach [WHK, Satz 16.55] ist damit ist 1111 ⎜1111⎟ ⎟ limn→∞ P n = 1/4 · ⎜ ⎝1111⎠, was den Rest der Aufgabe beantwortet. 1111
16.16
Literatur [BS] I. N. Bronstein, K. A. Semendjajew, et al.: Taschenbuch der Mathematik. Verlag Harri Deutsch,Thun u. Frankfurt a.M., 2000. [Du] L. D¨ umbgen: Stochastik f¨ ur Informatiker, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 2003. [Hac] D. Hachenberger: Mathematik f¨ ur Informatiker. Addison-Wessley, M¨ unchen, 2005. [Har] P. Hartmann: Mathematik f¨ ur Informatiker. Vieweg, Wiebaden, 2003. ¨ [Ri] T. Rießinger: Ubungsaufgaben zur Mathematik f¨ ur Ingenieure. 2. Aufl. Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York, 2004. [St] H. St¨ ocker: Taschenbuch mathematischer Formeln und moderner Verfahren. Verlag Harri Deutsch, Thun u. Fraunkfurt a.M., 2003 [WHK] M. Wolff, P. Hauck, W. K¨ uchlin: Mathematik f¨ ur Informatik und Bioinformatik, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 2004.
Sachverzeichnis (Zn , ⊕, ), 87 (ug(n) )n , 128 (x1 , . . . , xp )t , 234 1-Norm, 229 2-Norm, 229 <, 27 >, 27 A(R3 ), 223 F2 [K2 ), 112 GL(n, K), 208 O(u), 127 R/J, 99 R∗ , 86 S3 (A), 74 [a, b], 15 (w), 119 ⇔, 8 (w), 119 ⇒, 8 n∈N An , 23 n∈N Bn , 24 n , 34 k C, 98 cos(z), 138 det(A), 207 E(X), 264 ∂f , 244 ∂xk ggT, 62 grad(P ), 95 inf(M ), 117 ∞-Norm, 229 kgV, 66 K2 , 94 ab , 58 ≤, 27
∂fi ∂xk
, 246 i = 1, . . . , p k = 1, . . . , n ab , 58 limn→∞ un , 124 limx→−∞ f (x) = −∞, 155 limx→−∞ f (x) = ∞, 155 limx→−∞ f (x) = d, 155
limx→∞ f (x) = −∞, 155 limx→∞ f (x) = ∞, 155 limx→∞ f (x) = d, 155 limx→c f (x) = −∞, 155 limx→c f (x) = ∞, 155 limx→c f (x) = d, 155 R, 15 max, 57 div, 58 mod, 58 min, 57 ¬, 8, 44 rg(A), 206 sin(z), 138 (x, y), 212 ∞ n=k an , 130 sup(M ), 117 ×, 17 ∨, 8, 44 ∧, 8, 44 Z, 30 Z2 × Z2 , 79, 85 Z2 , 79, 84 Z3 , 81, 84, 91 Z4 , 85 Z5 , 91 Z6 , 75, 81–84 Z6 ; als Ring, 86 Zn ; als Ring, 87 Z15 , 91, 92 ]0, ∞[, 15 f (A), 20 f −1 (B), 20 fxj , 246 idA , 74 o(u), 127 x × y, 223
Abbildung, Abbildung; Abbildung; Abbildung; Abbildung;
18 bijektive, 18 partiell definierte, 26 surjektive, 19 lineare, 198
276
Sachverzeichnis
abgeschlossen, 153 Ableitung, 163 Ableitung; partielle, 244 Adh¨ arenzpunkt, 152 ¨ Aquivalenzklasse, 28, 98 ¨ Aquivalenzrelation, 28 affiner Raum, 223 Algebra; Boolesche, 108 Assoziativit¨ at, 71 Atom, 112 Ausdruck, 44
Eigenwert, 208 Einheit, 86 Einheit; imagin¨ are, 119 Einheitengruppe, 86 Einheitsmatrix, 205 Entfernungsmessung, 210 Entropie, 251 erf¨ ullbar, 46 Erfolgs-Misserfolgs-Experiment, 262 Erwartungswert, 264, 265 Euklidischer Algorithmus, 62, 106 Euklidischer Algorithmus; erweiterter, 62 Eulersche ϕ-Funktion, 89 Eulersche Formel, 137 Extrema; unterNebenbedingungen, 250 Extremalstelle, 151 Extremalstelle; lokale, 151 Extremwert, 151 Extremwert; globaler, 151 Extremwert; lokaler, 151
Basis, 197 Basis; kanonische, 198 Basiswechsel, 205 Baum, 39 Baum; aufspannender, 43 Belegung, 45 Bild; von A unter f , 20 Binomialkoeffizient, 34 Boolesche Algebra, 108 Boolesche Algebra; derAussagenlogik, 112 Faktorhalbgruppe, 75 Faktorring, 98 charakteristisches Polynom, 208 Folge, 122 chinesischer Restsatz, 88, 92, 107 Folge; von Funktionen, 144 Code, 103 Folge; konvergente, 124 Code; linearer, 103 Fortsetzung; periodische, 179 Code; zyklischer, 103 Fourierkoeffizient, 180 Fourierreihe, 145, 180 de l’Hopital, 167 Fourierreihe; komplexe, 145 De Morgansche Regeln, 9, 49 De Morgansche Regeln; f¨ ur Mengen, 16 Fouriertransformierte, 182 De Morgansche Regeln; verallgemeinerte, Funktion; gerade, 174 Funktion; ungerade, 174 25 De Morgansche Regeln; verallgemeinerte, Funktion; periodische, 179 Funktionenfolge, 144 50 Determinante, 207 Dimension, 197 direktes Produkt, 79 Distributivgesetze, 86, 108 Divergenz, 155 Division mit Rest, 58 Ebene, 190 Eigenvektor, 208
genau dann, wenn, 8 Generatorpolynom, 104 geometrische Reihe, 133 gleichm¨ aßige Konvergenz, 144 Gleichverteilung, 251 gr¨ oßter gemeinsamer Teiler, 62 Grad; eines Polynoms, 95 Graph, 21, 43
Sachverzeichnis
Graph; einer Abbildung, 21 Graph; vollst¨ andiger, 43 Grenzwert, 124 Groß O von u, 127 Halbgruppe, 71 Halbgruppe; kommutative, 71 Halbwertzeit, 183 Hauptsatz; der Differential- und Integralrechnung, 170 Hesse-Matrix, 248 Homomorphismus, 77 Ideal, 98 Imagin¨ arteil, 119 Indikatorfunktion, 22 Integral, 170 Integral; uneigentliches, 174 Integration; durch Substitution, 172 Integration; iterierte, 255 Integrtion; partielle, 172 Interpolation, 240 Interpretation, 45 irreduzibel, 271 Irrfahrt, 271 Isomorphismus, 77 Jacobi-Matrix, 246 Jacobi-Verfahren, 239 K¨ orper, 86, 88 K¨ orper; der komplexen Zahlen, 98 kanonische Basis, 198 Kartesisches Produkt, 17 Kettenregel, 163 klein o von u, 127 kleinstes gemeinsames Vielfache, 66 Kommutativit¨ at, 71 Komplement, 108 komplexe Zahl, 119 komplexe Zahlenfolge, 135 Kongruenzrelation, 74, 98 Kontradiktion, 46 Konvergenz; absolute, 133 Konvergenz; gleichm¨ aßige, 144
277
Konvergenz; punktweise, 144 Konvergenz; von Funktionswerten, 155 Konvergenz; in Rn , 229 Lagrange-Polynom, 240 Lagrangesche Multiplikatoren, 250 linear unabh¨ angig, 190, 192, 197 lineare Abbildung, 198 Linearkombination, 197 logisch ¨ aquivalent, 48 logische Folgerung, 51 Matrix, 200 Matrix; orthogonale, 210 Matrix; m × n−, 200 Matrixnorm, 229 Matrizenprodukt, 201 Maximalstelle, 151 Maximum, 57 Maximum; globales, 151 Maximum; lokales, 151 Menge; beschr¨ ankte, 117 Menge; abgeschlossene, 153 Minimalstelle, 151 Minimum, 57 Minimum; lokales, 151 Mittelwertsatz; der Integralrechnung, 171 modulo, 58 Nebenbedingung, 250 Nebenklasse, 75 Negation; doppelte, 7 Newtonverfahren, 236 Norm, 210, 229 Norm; euklidische, 229 Norm; unit¨ are, 229 obere Grenze, 117 obere Schranke, 117 oder (logisches), 8 Ordnung, 26, 27 Ordnung; einer Gruppe, 82 Ordnung; eines Gruppenelementes, 82 Ordnung; lineare, 27 Ordnungsrelation, 27, 110
278
Sachverzeichnis
Orthonormalbasis, 210 Periode, 179 periodische Fortsetzung, 179 Poisson-Verteilung, 269 Polarkoordinaten, 257 Polynom, 93 Polynom; charakteristisches, 208 Polynomdivision, 96 Polynomfunktion, 113 Polynomring, 96 Potenzmenge, 22 Potenzreihe, 145 prim, 102 primes Polynom, 102 Primfaktor, 66 Produkt; cartesisches, 17 Produkt; von Matrizen, 201 Produkt; von Polynomen, 93 Quotientenkriterium, 134 Rang, 206 Raum; affiner, 223 Realteil, 119 Regelfunktion, 170 Reihe; absolut konvergente, 133 Reihe; geometrische, 133 Reihe; unendliche, 130 Relation, 26 Relation; duale, 26 Relation; zwischen Mengen, 13 Repr¨ asentantensystem, 30, 75, 101 Repr¨ asentantensystem; f¨ ur Z6 , 61 Ring, 85 Ring; mit Eins, 86 RSA-Verschl¨ usselung, 106 Schieberegister, 199 schnelles Potenzieren, 60, 107 Skalarprodukt, 209 Skalarprodukt-Norm, 210 Skalarprodukt; kanonisches, 209 Spaltenvektor, 203 Spam-Mail, 266
Stammfunktion, 170 Standard-Normalverteilung, 268, 269 Standardrepr¨ asentantensystem, 71 Standardskalarprodukt, 209 Stellenwertsystem, 59 Stetigkeit, 157 stochastisch unabh¨ angig, 267 Supremumsnorm, 149 Tautologie, 11, 46 Teiler, 92, 103 Teilfolge, 128 Teilsumme, 130 Transformationssatz, 256 Treppenfunktion, 170 ¨ Ubergangsmatrix, 271 Umkehrfunktion; stetige, 158 und (logisches), 8 unendliche Reihe, 130 unendliche Reihe; von Funktionen, 145 untere Grenze, 117 untere Schranke, 117 Unterhalbgruppe, 74 Unterraum, 197 Urbild; von B unter f −1 , 20 Varianz, 265 Vektor, 189 Vektor; im Raum, 189 Vektor; in der Ebene, 189 Vektorprodukt, 223 Vektorraum, 197 vollst¨ andige Induktion, 31 Wahrscheinlichkeitsraum, 261 Wald, 39 wenn – dann, 8 Wurzelkriterium, 134 Zahl; komplexe, 119 Zahl; konjugiert komplexe, 119 Zerlegung, 29 Zufallsvariable, 264 Zwischenwertsatz, 158 zyklischer Code, 98