Victor H asler / Amen Es liegt auf der H a nd, d ass bei den k erygm a tischen Au ssagen der Evangelien und d er in ihn en ve ra rbeiteten Traditionen d en Worten Jesu eIn e hohe Bedeutun g zukommt. Län gs t w urde ihre k a techetisc he und paräne tische V erwendun g im L eben und in der Üb erliefe run g der ersten G emeinden erk a nnt. O ffe ne F ragen aber erh eben sich , sobald m an th eolo gisch die christologisc he R eleva nz der H erren w orte v isiert oder histori sch zw isch en den Worten des irdi sc hen und d es erhöhten J esus unterscheidet. Im synoptischen T ex tb es t and erscheint n un a n mindes tens 115 Stell en ein J es usWOrt entwe der mit der E inführungsformel «Wahrlich ich sage euc h» oder mit einer ä hnli chen , einführend en F ormulierung ve rbunden. \X' as bedeuten diese E inführun ge n? Bilden sie ein K en nzeichen für di e Sp r ache d es histori schen J esus? H a ndelt es sich da bei um ein M erkm al für eine besond ers w ichtige, christolo gische Offenbarung? Oder bean spr uchen di ese fo rmelve rbund enen Logien ein e besondere Autoritä t, weil sie Glieder einer vo n den Aposteln Tr adition skette we itergege benen darstellen? D ie vorli egende Untersuchung we ist mit Hilfe eIner red ak tionsth eologischen An alyse aller m it einer Formel ve rbundenen Lo gien n ach, d ass die F ormeln in einem weiten Umfan g zu r H ervorh ebung einer kerygm a tischen A ussage V erwendun g find en . D adu rch leistet sie in ers ter Linie einen die heutige Bemühun g be-
tätige nd en und ve rti efe nd en BeitLlg z ur Erhebu ng der Th eologie de r Evangelisten , ihrer G emeinden l: nd Tradition en. Vo r ihrer E ntfaltu ng und W ei terbildun g in der re dak tion ellen Komp osit ion h at die E in führ un gsfo rmel einen bes ti mmten Trad ition sweg z urückgelegt und dabei gewisse F unktion en erfüllt . Darum f ührt der A utor den Leser imme r wie der von der redaktionsth eologischen In terpr et atio n zu r ück auf den t ra ditio nsgesch ichtli chen W eg, den d ie F ormel inn erh alb des imm er noch w enig erhell ten R aum es de r griec hisch sp re ch en den G emeinden dur chschri tten hat . D em heuti ge n Trend, die Phäno mene der synoptischen Traditi on auf eine judenchris tli che, hebräisch sprechend e Urg emeinde z ur ückzufi.ihren oder sie wenigst ens theologisch und tr adi tion sgesc hi chtlich m it ihr zu ve rbinden, folgt d ie Un ters uchun g nicht. Wen n n ach dem historischen Sitz im L eben ge fr agt w ird, da nn erla uben die vorgeleg ten A n alysen viel mehr die These, da ss es sich bei der F orm el «Am en ich sage euch » um eine ch a rismatische Formel h a ndelt, die der Prophet im G ottesdienst ein er h ellenisti sc hen G em einde z ur A nki.i ndi gun g ei n er Weisun g des erhöhten Ky rios in die ko nkrete E xis tenzsitu ation hinein ge brau cht hat. D amit fä llt ein neues Li cht auf die fri.ih chris tliche Proph etie 111 der griechischen K irc he und au f die Bedeutun g, welche sie fi.ir die Bildung und Weitergabe des cha ri smatischen Herrenwo rtes ausgeüb t haben muss. GO TTHELF- VERLAG ZÜR I CH j STUTTGART
Victor Hasler AMEN
Victor Hasler
AMEN Redaktionsgeschichtliche Untersuchung zur Einführungsformel der Herrenworte «Wahrlich ich sage euch»
Gotthelf-Verlag, Zürich und Stuttgart
Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung Auflage: 1000 Exemplare Gotthelf-Verlag Zürich 1969 Gesamtherstellung CVB-Druck Zürich
HENRIETTE und CHRISTOPH
VORWORT
Im Zusammenhang mit einem damals geplanten Beitrag zur Redaktionstheologie des Matthäus stieß ich vor zehn Jahren auf die ungeklärten Probleme der Amen-Formeln innerhalb der synoptischen Tradition. Vielfacher persönlicher und beruflicher Beanspruchung abgerungen, reifte seither ihre Untersuchung zur vor liegenden Gestalt. Der kundige Leser wird bald merken, wieviel ich den genannten und ungenannten Autoren, deren Veröffentlichungen in diesen Jahren die traditionsgeschichtliche Erforschung der Evangelien gefördert haben, schulde. Herzlich danke ich der Evang. Theol. Fakultät in Bem, welche die im Dezember 1966 eingereichte Arbeit als Habilitationsschrift entgegengenommen hat. Dem Schweizerischen Nationalfonds und der Bernischen Hochschulstiftung zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, wie auch der Stipendienkommission der Langstiftung danke ich für die in Aussicht gestellten Druckkostenbeiträge. Dank und Anerkennung schulde ich dem Gotthelf-Verlag und der Druckerei der Christlichen Vereinsbuchhandlung in Zürich für alles Wohlwollen und die sachkundige Beratung, nicht zuletzt auch der Zentralbibliothek in Solothurn für die zuverlässige und prompte Beschaffung der Literatur. BerniSolothurn, nach Ostern 1969.
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EINLEITUNG
§ 1: Aufgabe und Methode a) In einem A. Wikenhauser gewidmeten Aufsa:tz über die «Kennzeichen der ipsissima vox Jesu» 1953 stellt J. Jeremias 1 erstmals die AEYro uJLLv-Formeln der synoptischen Tradition zusammen und glaubt, in den Amen-Formeln ein sprachliches Merkmal für die authentischen und göttliche Vollmacht beanspruchenden Worte Jesu gefunden zu haben. Dieses «Amen, ich sage euch» will auch E. Lohmeyer in seinem Mt-Kommentar 1956 2 nicht nur als eine feierliche, rhetorische Formel gelten lassen, sondern sieht in ihm «das untrügliche Siegel dessen, der als der noch verborgene Herr der Endzeit als der Menschensohn offenbarend redet». Mit J. Schniewind 3 spricht G. Friedrich 4 von einer «Proklamationsformel» des Messias-Königs, in der sich «die Vollmacht und die Autorität des eschatologischen Propheten» zeige. 1958 hat H. Schürmann 5 den ganzen Formelbestand in einer gedrängten Arbeit über die Sprache des Christus nochmals und in sorgfältiger Beobachtung der synoptischen Differenzierung dargelegt. Er versteht die Formel als Kenn1 2 3 4 5
Jeremias, Kennzeichen 145ff. Lohmeyer, Mt 108 f. 116. Schniewind, Mt 66. Friedrich, 1CQO
zeichen der Andersartigkeit und jenseitigen Fremdheit des Offenbarungswortes. Nicht weiter führt A. Stuibers Aufsatz über Amen, der das fonnelverbundene Logion als «inhaltlich einzigartig durch den Anspruch höchster Vollmacht» 6 bestimmt findet. b) Indessen erschien schon 1951 die Arbeit von Morton Smith über die «Tannaitic Parallels to the Gospels», in welcher die Eigenart der in der tannaitischen Gesetzesdiskussion gebrauchten Einführungsfonneln so dargelegt wurde, daß die Unterschiede zur synoptischen Formel hervortraten. 7 Wenn auch G. Stählin in seinen Darlegungen «Zum Gebrauch von Beteuerungsformeln im NT» keine neue Deutung der Formel zu bieten vermag, so weist er doch energisch auf die Verwandtschaft zu atl. Formeln hin. Ein neuer Ansatz zur Bestimmung der Formel wird 1959 in der kurzen Skizze von J. C. O'Neill über die sechs mit Amen verbundenen Logien bei Lk sichtbar. Er erkennt ihren Sitz im Glaubensleben der ersten Christenheit und macht damit auf die Modifikation der Formeln innerhalb der synoptischen Traditionsbildung und auf die möglichen Zusammenhänge mit den theologischen und praktischen Intentionen der Redaktionen aufmerksam. c) Dadurch ist die Aufgabe der vorliegenden Arbeit näher ins Auge gefaßt. Was in allgemeiner Weise für die Erhellung des neutestamentlichen Phänomens gelten dürfte, trifft für die Bestimmung der synoptischen AEY(jJ 'ÜJ-tLV- Formeln in besonderer Weise zu: Wer sich darauf beschränkt, lediglich den statistischen Bestand mit oder ohne religionsgeschichtlichen, rabbinischen und ad. Analogien herauszuarbeiten, faßt wohl ihre Formen, aber nicht ihren Gehalt. Eine inhaltliche Erfassung muß damit ernst machen, daß die Evangelien geschichtlich gewordene und theologisch konzipierte Größen 6 Stuiber, Amen 154. 7 Smith, Paralleis 26ff. 10
sind. Berücksichtigt der gerade historisch verfahrende Exeget bei der Untersuchung des durch die synoptischen Einführungsformeln gestellten Probleme, daß die Evangelien nicht nur tradieren, sondern zuerst und vor allem verkündigen, dann weiß er sofort, daß das zu erhebende Verständnis des redaktionellen Formelgebrauches zur vornehmsten Aufgabe einer historischen Erfassung gehört. Die Einsicht in die redaktionstheologische, kerygmatische Bestimmtheit des synoptischen Traditionsgutes befiehlt darum seine exegetische Methode. An jeder einzelnen Formelstelle muß abgehört werden, warum sich die Formel zu einem Herrenwort zuordnet und in welcher Verbindung mit der theologischen Interpretation des Evangelisten sie sich am jeweiligen Ort im Evangelium vorfindet. Darum liegt das Hauptgewicht der nachfolgenden Untersuchungen auf der Erhebung des Sitzes im Leben des Evangeliums. d) Ist einmal die redaktionelle Verwendung der Formel verstanden und eine Verbindungslinie zur theologischen Konzeption des Evangelisten hergestellt, dann muß ein zweiter Schritt gewagt werden. Es gilt, nach dem von der Formel durchlaufenen, traditionsgeschichtlichen Weg zu fragen und die Funktion zu erfassen, welche die Formel auf dem Traditionsweg erfüllt hat. Dieses Zurückschreiten auf dem Formelweg wird grundsätzlich versuchen müssen, die zeitlich vor den Evangelien liegenden Traditionsschichten voneinander abzuheben und dabei, möglichst ohne Sprünge zu machen, von den jüngeren und späteren zu den älteren und früheren Schichten vorzudringen. Jedermann, der etwas Erfahrung auf dem Gebiet der traditionsgeschichtlichen Analyse gewonnen hat, weiß um die Subtilität dieses Unternehmens, um die Hinterlist der hier geforderten hypothetischen Kombination, um den Mut zu Entscheidungen und um die Bescheidung auf einen kleinen und wenigstens möglichen Fortschritt des Wissens. Der Weg zurück zum historischen 11
Jesus ist länger, beschwerlicher und unsicherer, als gemeinhin angenommen wird. Wie oft ertappt man sich trotz aller vorgenommenen Behutsamkeit beim flüchtigen überspringen unbekannter Strecken. Kein Wunder, wenn dann aus dem vermeintlichen Weg zurück zu Jesus unversehens ein recht unbekümmerter Weg von einem allzu gläubig postulierten Jesus in die spätern Gemeinden geworden ist! e) In Berücksichtigung dieser differenzierten Verhältnisse folgt die äußere Disposition unserer exegetischen Studien der durch die Einsichten der traditionsgeschichtlichen Forschung vertieften Zweiquellentheorie über die Entstehung der ersten drei Evangelien. Weil aber die theologische Interpretation unabhängig vom überlieferungsgeschichtlichen Zusammenhang durchbrechen kann und eine formale Inventur die kerygmatische Relation nicht zu fassen vermag, wird jede Einzelstelle für sich untersucht. Dadurch lassen sich gelegentliche Wiederholungen, eine gewisse Breite der überlegungen und der Darbietung auch möglicher Zusammenhänge nicht vermeiden. Die Erfassung der einzelnen Evangelien durch die traditions- und redaktionsgeschichtlichen Forschungsbeiträge dieser Jahre ist über die ersten Anfänge hinaus in ein fortgeschrittenes Stadium getreten, sodaß ihre Einsichten und Methoden nun zur Lösung eines scheinbar rein formgeschichtlichen Problems herbeigezogen werden sollen. Dabei handelt es sich nicht um eine Frage, die nur ein einzelnes Evangelium betrifft, sondern um die Klärung eines Phänomens, das allen Evangelien und ihren Traditionen gemeinsam ist. f) Noch innerhalb dieser Einführung orientieren wir über den formalen Formelbestand und schreiten dann im ersten Teil unserer Arbeit zur Analyse der einzelnen, formelverbundenen Logien. Im Interesse einer Straffung der eigenen exegetischen überlegung und einer bestmöglichen Lesbarkeit wird die Diskussion mit der heutigen exegetischen Forschung 12
in großem Umfange implizit geführt und die namentliche Auseinandersetzung in ausgewählten Einzelfällen grundsätzlich in die Anmerkungen verwiesen. Die Analyse der EinzelsteIle wird nicht immer bis zu Ende geführt. Es soll genügen, wenn die theologische Funktion in Tradition und Redaktion greifbar wird. Es ist dem zweiten Teil über die redaktionstheologische, traditionsgeschichtliche und historische Bedeutung der Formel vorbehalten, die Analyse im Blick auf die gestellte Aufgabe zu ergänzen und zu vertiefen. Lediglich im abschließenden Kapitel über die historischen Fragen wird die Diskussion mit einschlägigen Veröffentlichungen direkt in die Darstellung einbezogen.
§ 2: Der Standort der Formeln in den Evangelien In einer ersten Durchsicht zählen wir in den synoptischen Evangelien 123 Formeln und formelähnliche Bildungen. Davon fallen 19 auf das Mk-Evg., 59 auf das Mt-Evg. und 45 auf das Lk-Evg. Wir verzeichnen ihren Standort im Textbestand der Evangelien mit Hilfe einer tabellarischen Darstellung. Die folgenden Sichttafeln enthalten für jedes Kapitel, in welchem Formeln vorkommen, ein besonderes Feld mit den Verszahlen am linken Rand. Die Stellenangaben im Kapitelfeld bedeuten die Parallelstelle bei den Seitenreferenten. Eine eingeklammerte Stellenangabe weist auf ein paralleles Logion ohne Formelverbindung. In Klammem werden auch Hinweise auf das Joh-Evg. gesetzt. Q weist auf die Herkunft aus der Redequelle, und S bezeichnet das Sondergut des betreffenden Evangeliums. Die Tabellen bilden nur eine vorläufige Orientierung. Es bleibt der exegetischen Analyse vorbehalten, die definitive Zuteilung zu bestimmen und über die besondere Eigenart der einzelnen Formelstelle zu entscheiden. 13
a) Obersicht über die 19 Formeln im Mk-Evg. Mk2 11: Lk5,24 (Mt9,6) (vgl. Joh 5, 8) Mk3 28: Mt 12,31
Mk 11 23: Mt21, 21 24: (Mt 21,22) (v gl. Joh 14, 13) 33: Mt21,27; Lk20,8
Mk5 41: (Lk8,54)
Mk12 43: Lk 21,3
Mk8 12: (Mt 12, 39; 16,4; Lk 11, 29)
Mk13 30: Mt 24,34; Lk 21,32 37: S
Mk9 1: Mt16,28; Lk9,27 13: Mt 17,12 41: Mt 10,42 Mk 10 15: Mt 18, 3; Lk 18,17 (vgl. Joh 3,3.5) 29: Mt 19, 28; Lk 18,29
Mk14 9: Mt 26,13 18: Mt 26, 21 (v gl. Joh 13, 21) 25: Mt 26, 29; Lk 22, 18 (vgl. Joh 6,53) 30: Mt 26,34; Lk 22, 34 (vgl. Joh 13, 38)
b) Obersicht über die 59 Formeln im Mt-Evg. Mt3 9: QLk 3,8 Mt5 18: Q (Lk 16, 17) 20: S 22: S 26: QLk 12, 59 28: S 32: Q (Lk 16, 18) 34: S 39: S 44: QLk6,27 Mt6 2: S 5: S 14
16: S 25: QLk 12,22 29: QLk 12,27 Mt8 10: QLk 7, 9 11: Q (Lk 13, 29) Mt 10 15: QLk 10, 12 23: S 42: Mk 9, 41 Mt 11 9: QLk 7, 26 11: QLk 7,28 22: Q (Lk 10, 14) 24: Q (Lk 10,12)
Mt 12 6: S 31: Mk 3, 28 36: S Mt 13 17: QLk 10,24
24: (Mk 10, 25; Lk 18,25) 28: Mk 10,29; Lk 18,29 Mt 21 21: Mk 11,23 27: Mk 11, 33; Lk 20,8 31: S 43: S
Mt 16 18: S 28: Mk 9,1; Lk 9, 27
Mt 23 36: QLk 11,51 39: QLk 13, 35
Mt 17 12: Mk 9,13 20: Q (Lk 17, 6)
Mt24 2: (Mk 13, 2; Lk 21, 6) 34: Mk 13, 30; Lk 21,32 47: QLk 12,44
Mt 18 3: Mk 10, 15; Lk 18, 17 10: S 13: QLk 15, 7 18: S (vgl. Joh 20,23) 19: S 22: Q (Lk 17,4)
Mt25 12: S 40: S 45: S
Mt 19 9: (Mk 10, 11) 23: (Mk 10, 23; Lk 18, 24)
Mt 26 13: Mk 14, 9; vgl. Lk 7, 47 21: Mk 14, 18 29: Mk 14,25; Lk 22,18 34: Mk 14,30; Lk 22,34 64: (Mk 14, 62; Lk 22, 69)
c) Obersicht über die 45 Formeln im Lk-Evg. Lk3 8: QMt 3, 9 Lk4 24: (Mk 6, 4; Mt 13, 57) 25: S Lk5 24: Mk 2,11 (Mt 9, 6) Lk6 27: QMt5,44
Lk7 9: QMt 8,10 26: QMt 11, 9 28: QMt 11, 11 (47): S Lk9 27: Mk 9,1; Mt 16, 28 Lk 10 12: QMt 10, 15 24: QMt 13, 17 15
Lk 11 8: S 9: Q (Mt 7,7) 51: QMt 23,36 Lk 12 4: Q (Mt 10, 28a) 5: Q (Mt 10, 28b) 8: Q (Mt 10, 32) 22: QMt 6, 25 27: QMt6,29 37: S 44: QMt 24, 47 51: Q (Mt 10, 34) 59: QMt5, 26 Lk 13 3: S 5: S 35: QMt 23,39 Lk 14 24: S Lk 15 7: QMt 18,13 10: S Lk16 9: S
Lk17 34: S Lk 18 8: S 14: S 17: Mk 10, 15; Mt 18, 3 29: Mk 10,29; Mt 19, 28 Lk 19 26: Q (Mt 25, 29) 40: S (vgl.Mt 21, 16) Lk20 8: Mk 11, 33; Mt 21, 27 Lk21 3: Mk 12, 43 32: Mk 13, 30; Mt 24,34 Lk22 16: S 18: Mk 14,25; QMt 26, 29 34: Mk 14, 30; Mt 26,34 37: S Lk23 43: S
§ 3: Die verschiedenen Formen der Formeln An den 123 Stellen im synoptischen Textbestand erscheint die Formel, veranlaßt durch kleine Beifügungen und Umstellungen, in 28 verschiedenen Formen. Die folgende Zusammenstellung beschränkt sich auf die Häufigkeitszahlen und die Stellenbezeichnung. Die Reihenfolge folgt der Häufigkeit des Vorkommens. Hinter jede Verszahl setzen wir (mk), (Q) oder (S), damit sofort ersichtlich ist, aus welchem 16
Überlieferungs gut das Logion stammt. Bei kursiver Verszahl weist die betreffende Formel ein Ö,;t recit. auf. 1. UfllJV 'J...€yro Ufliv (Ö'tL): 40 mal: (24 Mt; 11 Mk; 5 Lk)
Mt 6,2 (S). 5 (S). 16 (S); 8,10 (Q); 10,15 (Q). 42 (mk); 11,11 (Q); 16,28 (mk); 18,3 (mk). 13 (Q). 18 (S); 19,23 (mk). 28 (mk); 21,21 (mk). 31 (S); 23,36 (Q); 24,2 (mk). 34 (mk). 47 (Q); 25, 12 (S). 40 (S). 45 (S); 26, 13 (mk). 21 (mk) Mk 3,28; 8,12; 9,1.41; 10,15.29; 11,23; 12,43; 13,30; 14,18.25 Lk 4,24 (mk); 12,37 (S); 18,17 (mk). 29 (mk); 21,32 (mk) 2. Agyro ufliv (Ö'tL): 11 mal (11 Lk) Lk 7,9 (Q). 28 (Q); 10,12 (Q); 11,8 (S); 15,7 (Q). 10 (S); 17,34 (S); 18,8 (S). 14 (S); 19,26 (Q). 40 (S) 3. Agyro öE ufliv (ön): 11 mal (7Mt; 4 Lk) Mt 6,29 (Q); 8,11 (Q); 12,6 (S). 36 (S); 17,12 (mk); 19,9 (mk); 26,29 (mk) Lk 12, 4 (Q). 8 (Q). 27 (Q); 13, 35 (Q) 4. 'J...€yro YUf! ufliv (ön): 10 mal (4 Mt; 6 Lk) Mt 3,9 (Q); 5,20 (S); 18,10 (S); 23,39 (Q) Lk 3,8 (Q); 10,24 (Q); 14,24 (S); 22,16 (S). 18 (mk). 37 (S) 5. eym <>e 'J...€yro ufliv (ön): 6 mal (6 Mt) Mt 5,22 (S). 28 (S). 32 (mk). 34 (S). 39 (S). 44 (Q) 6. <>LU 'toiho Agyro ufliv (Ö'tL): 5 mal (3 Mt; 1 Mk; 1 Lk) Mt 6,25 (Q); 12,31 (mk); 21,43 (S) Mk 11,24; Lk 12,22 (Q) 7. vaL, 'J...€yro Ufliv: 4 mal (1 Mt; 3 Lk) Mt 11,9 (Q); Lk 7, 26 (Q); 11,51 (Q); 12,5 (Q) 8. ufllJv YUf! Agyro UflLV (ön): 4 mal (4 Mt) Mt 5,18 (Q); 10,23 (S); 13,17 (Q); 17,20 (Q) 9.
0'01. 'J...€yro: 3 mal (2 Mk; 1 Lk) Mk2, 11; 5,41; Lk5,24 (mk)
10. ufll)V 'J...€yro O'OL (Ö'tL): 3 mal (2 Mt; 1 Mk) Mt 5,26 (Q); 26,34 (mk); Mk 14,30 17
11. 3tÄ1)'V Äf:YW UI1L'V (ö"n): 3 mal (3 Mt) Mt 11,22 (Q); 11,24 (Q); 26,64 (mk) 12. OUöt E"{OO ÄE"{W UI1L'V: 3 mal (1 Mt; 1 Mk; 1 Lk) Mt 21, 27 (mk); Mk 11, 33; Lk 20, 8 (mk) 13.
oux.t, Lk
ÄE"{W UI1L'V: 3 mal (3 Lk) 12,51 (Q); 13,3 (S). 5 (S)
14. AE"{W O'OL: 2 mal (2 Lk) Lk 12, 59 (Q); 22, 34 (mk) 15. uÄ'tl{)OO(; AE"{W UI1L'V ö"n: 2 mal (2 Lk) Lk 12,44 (Q); 21,3 (mk) 16.
ou ÄE"{W
O'OL: Mt 18,22 (Q)
17. UI11)'V öe ÄE"{W UI1L'V: Mk 14,9 18. ul1l]'V O'OL ÄE"{W: Lk 23,43 (S) 19. 3tUÄL'V [ul11)'V] ÄE"{W UI1L'V Ö'tL: Mt 18,19 (S) 20. 3tUÄL'V Öt ÄE"{W UI1L'V: Mt 19,24 (mk) 21. ?tu"{oo öE O'OL ÄE"{W Ö'tL: Mt 16, 18 (S) 22. uÄ/..O. ÄE"{W UI1L'V Ö'tL: Mk 9,13 23. ö Öt UI1LV ÄE"{W: Mk 13,37 24. bt' uÄ'tlitdu(; Öt ÄE"{W UI1L'V: Lk 4,25 (S) 25. ÄE"{W ö8 UI1L'V &Ä'tlitOO(;: Lk 9,27 (mk) 26. ?tu"{oo UI1L'V ÄE"{W: Lk 11,9 (Q) 27. ?tul. E"{OO UI1L'V AE"{W: Lk 16,9 (S) 28. uÄÄu. UI1L'V ÄE"{W: Lk 6,27 (Q) Anhang: Die Doppel-Amenstellen im Joh-Evg. &111)V &111) 'V Äe"{w UI1L'V (Ö'tL): 25 mal
Joh 1,51; 3,3.5.11; 5,19.24.25; 6,26.32.47.53; 8,34.51.58;10, 1.7; 12,24; 13,16.20.21; 13,38; 14,12; 16,20.23; 21,18
18
§ 4: Bemerkungen zum Formelbestand a) Ausscheidung der formelähnlichen Bildungen. In unserer Bestandesaufnahme stoßen wir auf eine Anzahl von Formelformen, die durch den Einbau in das Satzgefüge des unmittelbaren Kontextes oder durch Verschmelzung mit dem angeführten Logion oder einer anderen Aussage umgebildet wurden. Solche Umbildungen bezeichnen wir als integrierte Formeln. Von diesen Formen sind aber jene anderen zu unterscheiden und von unserer Untersuchung auszuklammern, hinter denen sich überhaupt keine Formel verbirgt und die darum auch keine Umbildungen darstellen. Es handelt sich in diesen Fällen vielmehr um Figuren des Redestils oder der literarischen Formulierung. Im Einzelnen scheiden wir aus: 1. (JOt Myro Mk 2, 11 / Lk 5, 24 und Mk 5,41. Die Anmerkung Mk 5, 41 weist die Formulierung als Umschreibung des aramäischen Ausdruckes auf. 2. o'ÜM EYoo J... 'Ö. Mk 11, 33; Mt 21,27; Lk 20,8. Die Formulierung gehört zur prädikativen Aussage des Kontextes. 3. %&yoo M (JOt J... Mt 16, 18 ist ebenfalls prädikativ. Mt nimmt inhaltlich Q Mt 10, 32 / Lk 12, 8 auf; in Mt 10,32 b findet sich ebenfalls %&yoo. 4. O'Ü J... (JOt Mt 18, 22. Lk 17,4 läßt in Q keine Formel erkennen. Das antithetische Moment erinnert freilich an die entsprechenden Formulierungen in Mt 5,21 ff, wenn tatsächlich auf das Lamechlied Gn 4, 24 angespielt ist. Durch die Streichung dieser formelähnlichen Bildungen reduziert sich der synoptische Formelbestand von 123 auf 115 Formeln. Für Mk 16 statt 19; für Mt 56 statt 59; für Lk 43 statt 45. Darnach erlaubt die übersicht über den äußerlichen Formelbestand die folgenden Feststellungen: b) Die Mk-Formeln. 13 von 16 sind A-Formeln. Statt A haben 9, 13 &J..J..U und 11,24 (ha 'toiho; 13, 37 ist eine Umbildung. 11 Mk-Formeln fließen zu Mt weiter. 9 mal über19
nimmt Mt die A-Formel (Mt 10, 42; 16,28; 18, 3; 19,28; 21,21; 24,34; 26, 13. 21. 34). Mt 12,31 ersetzt A mit ÖL(l miho. Mt 26,29 hält sich an die Q-Form. In den Parallelen zu Mk 8, 12 fehlen jede Formeln, weil sich Mt 12, 39 und 16,4 wie Lk 11, 29 ebenfalls an Q halten. Lk übernimmt die Formel nur 6 mal von Mk. 3 mal die volle A-Formel: Lk 18, 17.29; 21, 32. 2 mal übersetzt er Amen: Lk 9, 27 und 21, 3. Lk 22, 34 reduziert er auf die Kurzformel.
Anhang: Tabelle zur übernahme der Mk-Formeln: Markus: 1.Mk3, 28 A (6,4) 8,12A 2. 9,1 A 3. 9, 13 &,),.1.. 6. 4. 5. 9,41 A 6. 10,15 A (10,23) 10,29 A 7. 11,23 A 8. 9. 11,24 <>La 't'oü't'o 12,43 A 10. (13,2) 13,30 A 11. 13,37 12. 13. 14,9A 14,18 A 14. 14,25 A 15. 14,30 A 16. (14,62)
=
Matthäus: Mt 12, 31 <>La 't'oih'o (13,57) (12,39; 16,4) 16,28 A 17,12 öB 10,42 A 18,3 A 19, 23f A 19,28 A 21,21 A (21,22)
24,2A 24,34 A 26,13 A 26,21 A 26,29 <>e 26,34 A 26, 64 nl..fJv
Lukas: =
Lk4,24A (11,29) 9,27 Cl/..'t'}{)Ö>;
18,17 A (18,24) 18,29 A 21, 3 &1..'t'}{)Ö>~ (21,6) 21,32 A (vgl. 7, 47) 22, 18 y6.Q 22, 34 Kurzf. (22,69)
Legende: Die eingeklammerte Stelle bedeutet ein Logion ohne Formelverbindung. c) Die Formeln in der Redequelle. 21 Q-Logien bei Mt sind mit einer Formel verbunden, davon sind 10 A-Formeln (Mt 5,18.26; 8,10; 10,15; 11,11; 13,17; 17,20; 18,13; 23, 20
36; 24, 47). Nicht-A-Formeln mit YUf} finden sich Mt 3, 9; 23, 39; mit M 6, 29; 8, 11; 26, 29; mit vaL nur 11, 9. Dazu andere: EYro M Mt 5, 32. 44; öUI 'tOU'tO 6, 25; 1tA~V 11, 22. 24 und die Verneinung 18,22. Bei Q-Logien des Lk weisen 20 eine Formel auf, darunter auffälligerweise nie eine A-Formel (lediglich 12, 44 führt aArrlhD~)! Hingegen treffen wir im Q-Gut des Lk 6 mal die Kurzformel (AEYW UIlLV) an: Lk 7,9. 28; 10, 12; 12,59; 15,7; 19,26. Von den kleinen Partikeln finden sich im lkn. Q-Formelgut: 3 YUf} 3, 8; 10,24; 22, 18; 4 ÖE 12,4.8.27; 13,35; 3 vaL 7,26; 11,51; 12,5; dazu 4 andere: aAAU 6, 27; %aym 11, 9; öUI 'tOU'tO 12, 22; OUXL 12, 51. Von den 21 Q-Mt-Logien und den 20 Q-Lk-Logien beziehen sich je 14 auf das gleiche Logion, wobei aber die Formelform nur 4 mal beibehalten wird: Mt 3,9 / Lk 3, 8 YUf}; 6,25 / 12,22 öUI 'tou'to; 6, 29 / 12, 27 M; 11, 9 / 7, 26 vaL.
Anhang: Übernahme und Einsetzung der Formeln im Q-Gut a) Reihenfolge Matthäus Lk Mt 1. 3,9 "{aQ 3,8 "{aQ 2. 5,18 A (16, 17) 3. 5,26 A 12,59 Kurzf. 4. 5, 32 E"{W öE (16, 18) 5. 5,44 E"{W öE 6,27 aHa 6. 6,25 12, 22 ÖL<X 'toiho ÖL<X toiho 7. 6,29 öE 12,27 öe (7,7) 11,9 xa"{w 8. 8,10A 7,9 Kurzf. 9. 8,11 öE (13,29) 10.10,15 A 10,12 Kurzf. (10,28 a) 12,4 öE (10,28 b) 12,5 vaL (10,32) 12,8 öe (10,34) 11. 11,9 vaL
12,510ll%L 7,26 vaL
b) Reihenfolge Lukas
Lk 1. 3,8 "{aQ 2. 6, 27 at.J. . a 3. 7,9 Kurzf. 4. 7,26 vaL 5. 7, 28 Kurzf. 6. 10, 12 Kurzf.
Mt 3,9 "{aQ 5,44 E"{W öE 8,10A 11,9 vaL 11,11 A 10,15 A; 11, 24 3tA:f}V 11, 22 3tA:f}V 13,17 A; "{aQ (7,7) 23,36A (10,28 a) (10,28 b) (10,32) 6, 25 ÖL<X 'toiho
(10, 14) 7. 10,24 "{aQ 8. 11, 9 xa"{w 9. 11,51 vaL 10. 12,4 öe 11. 12,5 vaL 12.12,8 öE 13.12,22 ÖL<X 'toü'to 14. 12,27 öE 6,29 öE 15. 12, 44 aÄ.'ll{)-&~ 24,47 A
21
12.11,11 A 13. 11, 22 nÄl]v 14. 11,24 nÄl]v 15. 13, 17 A yar! 16.17,20 A 17.18,13 A 18. 18,22ouÄ.am 19.23,36 A 20. 23, 39 yar! 21. 24, 47 A (25,29)
7,28 Kurzf. (10,14) (10, 12 Kurzf.) 10,24 yar! (17,6) 15, 7 Kurzf. (17,4) 11,51 val. 13,35 öE 12, 44 uÄ'Y)~Ö>~ 19, 26 Kurzf.
16. 12,51 oux,t 17. 12, 59 Kurzf. (13,29) 18.13,35 öE 19.15,7 Kurzf. (16, 17) (16, 18) (17,4) (17,6) 20. 19, 26 Kurzf.
(10,34) 5,26A 8,11 öe 23,39 yar! 18,13 A 5,18 A 5,32 eyoo öE 18,22 ou Ä. crOL 17,20 A (25,29)
d) Die Formeln im Sondergut des Mt und Lk. Der Begriff des Sondergutes ist formal und umfaßt jenes Logienmaterial, das weder aus Mk noch aus der Redequelle stammt. Die Einzelanalyse wird entscheiden müssen, ob es sich beim Sondergut im Blick auf die Logien wie auf die damit verbundenen Formeln um übernommene Tradition oder um redaktionelle Bildungen handelt. Mt zeigt das folgende Bild. Von 20 formelverbundenen Logien führen die Hälfte A-FormeIn, 8 die übliche A-Formel (Mt 6, 2. 5. 16; 18, 18; 21, 31; 25, 12. 40. 45), Mt 10, 23 setzt y6.Q und Mt 18, 19 Jt6.A.LV dazu. Die 10 Formeln ohne A sind je 2 mal Formeln mit M (Mt 12, 6.36) und y6.Q (Mt 5,20; 18, 10), 4 mal mit EYW ÖE (Mt 5,22. 28. 34. 39). Mt 21,43 hat öux 'toiito, Mt 16, 18 'K&Yw ÖE aOt. Welches Bild ergibt sich im lkn. Sondergut? Unter den 15 Formeln finden sich nur 2 A-Formeln: Lk 12, 37 und 23, 43. 6 mal braucht Lk seine typische Kurzformei: Lk 11, 8; 15, 10; 17,34; 18,8.14; 19,40. 3 mal begegnet uns die Formel mit y6.Q: Lk 14, 24; 22, 16. 37. Lk 13, 3.5 verbinden mit OUXL; Lk 4, 25 mit EJt' &A.'t'}{}ELa~ ÖE und Lk 16, 9 mit 'KaL Eyro.
Anhang: Tabelle zum Sondergut Mt 5, 20 Ä. yar! u. 22 eyoo öB Ä. U. 28 eyoo öe Ä. u. 22
Lk
4, 25 en' uÄ. öe Ä. 11,8 Ä. U. 12,37 A Ä. U.
u.
34 EYro öe A. ,.,. 39 EYro öE A. ,.,. 6,2 AA."'. 5 AA."'. 16AA."'. 10,23 A yaQ A."'. 12,6 A. öe",. 36 A. öe",. 16, 18 'Kuyro öE (JOL A. 18, 10 A. yaQ ,.,. 18 AA."'. 193tuAL'V (A) A."'. 21,31 A A."'. 43 öLa 'tou't'o A. U. 25, 12A A. U. 40AA."'. 45 AA.U.
13, 3 OUX.L A. ,.,. 5 OUX.L A."'. 14,24 A. yaQ"'. 15,10 A."'. 16, 9 'Kat EYro u. A. 17,34 A."'. 18,8 ')".,.,.
14')"."'. 19,40')". ,.,. 22, 16 A. yaQ"'. 37 ')". yaQ"'. 23, 43 A (Jot A.
e) Redaktionelle Eintragung der Formel in das überlieferungsgut aus Mk und Q. Es ist damit zu rechnen, daß die Evangelisten aus formalen und theologischen Gründen die Formeln von sich aus in übernommene oder selber gebildete Logien eingetragen haben. Die Entscheidung darüber ist Aufgabe der Analyse. Auf die vorhandene Möglichkeit bei Mk ist bereits oben verwiesen. Mt und Lk sind dort besonders zu befragen, wo sie Mk-Gut übernehmen, ohne daß das Mk-Logion eine Formel aufweist, also: Mt 19, 9. 23. 24; 24, 2; 26, 64 und Lk 4, 24. Mit Eintragungen im Q-Gut ist besonders bei jenen Logien zu rechnen, bei welchen die entsprechende Parallele bei Lk oder Mt fehlt, oder wo das parallele Q-Logion keine Formel aufweist. Also: Mt 5,18.32; 8,11; 11,22. 24; 17,20; 18,22 und Lk 11, 9; 12,4.5.8.51; 19,26. Noch schwieriger ist die Unterscheidung zwischen traditionellen und redaktionellen Formeln in der Prüfung des Sondergutes. Doch ist sie durch den offensichtlich bevorzugten Gebrauch der A-Formel bei Mt und der Kurzformel bei Lk gefordert. 23
f) Der Möglichkeit einer Eintragung steht aber auch die einer redaktionellen Streichung der mit dem Traditionsgut übernommenen Formeln gegenüber. Wenn die Vergleichung mit parallelen Logien ausfällt, dann bleibt nur die Vermutung auf Grund einer gattungs- und traditions geschichtlichen Bestimmung des betreffenden Logions. Eine mögliche Streichung der Formel ist an jenen Stellen aber in Erwägung zu ziehen, wo die Seitenreferenten die Formel sicher nicht beigefügt haben, etwa Mk 6, 4; Mt 21, 22 u. a. Wir wenden uns nun in einem ersten Teil unserer Arbeit der Analyse der mit den Formeln verbundenen Logien zu. Dabei richten wir unsere Aufmerksamkeit besonders auf den Zusammenhang mit der redaktionstheologischen Absicht der Evangelisten. Das folgende Kapitel befaßt sich in erster Linie mit der Erhebung des entsprechenden Verständnisses des Markus, während sich die Beobachtung der theologischen Bewegung bei den Seitenreferenten auf jene Stellen beschränkt, in denen diese sich besonders aufdrängt. Zur Erfassung des spezifischen Formelgebrauches bei Matthäus und Lukas sollen die Kapitel über die Untersuchung der Worte in der Redequelle und im Sondergut dienen.
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Erster Teil
Analyse der formelverbundenen Logien
1. Kapitel
DIE LOGIEN IM MARKUSEVANGELIUM
§ 5: Die Lästerung wider den Geist Mk 3, 28/ (Mt 12, 31)
a) Mk stellt den von einer A-Formel eingeführten, zweigliedrigen Einzelspruch von den vergebbaren Sünden und von der unvergebbaren Geisteslästerung an den Schluß eines Abschnittes, der schon V. 13 mit der Berufung und Sendung der Zwölf beginnt. In der Auseinandersetzung Jesu mit dem Beelzebul-Vorwurf der Schriftgelehrten erreicht dieser Abschnitt seinen sachlichen Höhepunkt. Das Gespräch selber (V. 22-30) findet in unserem Logion von der Lästerung die Pointe. Nach V. 30 bezieht Mk die unvergebbare Lästerung V. 29 auf den Vorwurf der Schriftgelehrten. "EAE"{OV nVEii~u axa{}uQLOv EXEL steht parallel zu EAE"{OV ön BEEAtEßOUA EXEL V. 22. Worauf aber bezieht Mk V. 28 die vergebbaren Sünden? Gegen die übliche Auslegung sind die OL nUQ' U\l1;oii nicht auf die Mutter und die Brüder von V. 31 zu beziehen. 8 Während sich nach V. 20 ff Jesus außer dem Hause befindet, sitzt er nach der starken Zäsur zwischen V. 30/31 von der auf ihn lauschenden Menge umgeben im Hause. Es sind die am Essen gestörten und aufgebrachten Jünger, die V. 14 eben berufen wurden, 8 Schweizer, Leistung 345; Anmerkungen 98; Mk 45 f deutet V.21 auf Jesu leibliche Familie, ebenfalls V. 31, als Kontrast zur Jüngerschar, «die sein Wort hört und den Willen Gottes tut». Mk aber geht es um die Anerkennung der geistgewirkten Wundertat. 27
Lva roOLv ~E't' alJ1:oü, die unwillig und mit den Worten, daß
]esus von Sinnen wäre, aus dem Hause treten und versuchen, ]esus aus der Menge herauszuholen. Als Anfänger verstehen die Jünger noch nicht, wer ]esus wirklich ist. 9 Solche Fehler unterlaufen nach Mk aber nicht nur den noch unverständigen Jüngern, sondern auch den noch ungefestigten Anfängern in der Gemeinde. Ihnen allen werden die Sünden und Lästerungen vergeben. Den Schriftgelehrten aber nicht, weil sie mit dem Vorwurf der Dämonenbesessenheit die Wirksamkeit des hl. Geistes lästern. Jesus heilt eben in der Kraft des hl. Geistes, der in ihm wohnt. 10 Auch die Jünger erhalten nach V. 15 Anteil an diesem Geiste und damit die Vollmacht und den Auftrag, Dämonen auszutreiben. Die Gemeinde des Mk (Mk 9, 18b.28f) und nach Mk (Mk 16, 17) kennt die apostolische Heilung der Kranken im Namen Jesu. Die charismatischen Heiler aber stoßen auf Ablehnung und Verdächtigung. Die Gegner verleugnen die Heilungen in der Gemeinde als Wirkung des Geistes und verwerfen dadurch die Verkündigung, daß ]esus der verborgene Menschensohn war. l l b) Mt 12, 31f verdichten und glätten die Mk-Vorlage mit Hilfe einer Version des Logions aus dem Q-Strang. 12 Mt schiebt das Q-Logion so zwischen das erste und zweite Glied des Mk-Logions, daß er das zweite Glied des Q-Wortes voranstellt. Die Reihenfolge lautet nun Mk a Qb Qa Mkb. In den stilistischen Details verändert und vermischt er dabei die beiden Vorlagen. Er wiederholt verschärfend die Verdammung der Geisteslästerung und bezieht die so gesteigerte Aus9 Burkill, Revelation 68: «The disciples are incapable of comprehending the essential significance of their Master's Messiahship.» 10 Taylor, Mk 262: «The basic Markan conception is that of öUvuf.U~, namely, the outgoing of divine power.» 11 Taylor, Mk 243: «Such acharge is a deliberate denial of the power and greatness of the Spirit of God.» 12 Hahn, Hoheitstitel 229 Anm.5 hält Mk für primär; Tödt, Menschensohn 111 und Schweizer, 3tVEU!-tU 395, 3ff aber Q. Vgl. Tödts Exkurs zu Wellhausens Auslegung ibo 282ff. 28
sage auf diesen und den kommenden Aeon. Den lästernden und die Hoheit Jesu verleugnenden Pharisäern sagt Mt die Verdammung im Endgericht ZU. 13 Wenn er bei der im QStrang fehlenden Einführungsformel das Amen durch ()UX 'toiho ersetzt, so verklammert er noch stärker als Mk mit den, mit Q- Material vermehrten, vorangehenden Abwehrsprüchen. Besonders die Verklammerung mit dem aus Q Lk 11, 23 eingefügten Spruch «Wer nicht mit mir ist ... » zeigt, an welcher Klippe die Gegner endgültig stranden. Ober das V erhältnis des irdischen J esus zum am Endgericht erscheinenden Menschensohn mögen die Feinde sagen, was sie wollen. Ihre Ablehnung Jesu aber, der durch die Dämonenaustreibung mit dem Geiste Gottes (Mt 12, 28) beweist, daß er als Messias und Gottes Sohn vor ihnen steht, ist unvergebbar. c) Mk hat den Doppelspruch aus der Tradition aufgenommen. Das nachhinkende ö<Ja EUV ßAa<JqJ'Yl~~<Jro(JLV ist Stilart des Evangelisten. 14 Der singuläre Ausdruck «Söhne der Menschen» und die, wenigstens in der synoptischen Tradition einmaligen &~ae't~~a'ta finden sich häufig in der LXX.15 Auch der Begriff der Lästerung wurzelt in der griech. Bibel. 16 Mk hat das Logion aus dem Spruchgut einer die LXX lesenden, hellenistischen Gemeinde aufgenommen. Auch in V. 29 lassen sich Redaktion und Tradition voneinander scheiden. In V. 29a weist cL~ 'tOV aUöva, das sich Mk 11, 14 ebenfalls im Zusammenhang mit einer definitiven Verurteilung findet, auf Mk. To 3tVf:ij~a 'to äyLOV aber findet sich nur noch Mk 13, 11, wo es, weil Mk V. 10 uminterpretiert, in der Vorlage sitzt. In Mk 3, 29b aber erinnert EVOXO~ an die Mt 5, 21 f aufgenom13 Die Polemik gegen die Verwerfung des Messias bemerkt auch Hummel, Judentum 124H. 14 Fitzer, Sünde 174 beurteilt auch «Sünden und Lästerungen» als mkn. Doppelung. Vgl. aber Tob 1,18 (S): JtEQL 'twv ßAUO"qJT\lA-LWV, iJJv tßAUO"qJlJ !1T\O"EV. 15 Nur noch Rm 3,25; 1. Kor 6,18 und 2. Petr 1, 9. 16 Vgl. Beyer, ßAUO"qJ'ij!1EOl 620, 32 H.
29
mene Tradition. So wird ein alter, im Namen Jesu ausgesprochener Satz greifbar, der die Lästerung der Wirksamkeit des hl. Geistes von der Vergebung ausnahm. 17 Die Verachtung des Geistes schied von der Gemeinde und ihrem erhöhten Herrn.
§ 6: Die Zeichen/orderung Mk 8, 12 a) Die A-Formel findet sich nur in Mk 8, 12 und zwar in das Logion eingeschoben, während bei den Seitenreferenten jede Formel fehlt. Ausdrücklich machen sich die Pharisäer in versucherischer Absicht an Jesus heran. Dieses Moment wird zwar Mt 16, 1 und Lk 11, 16 übernommen, aber bei Mk wird es durch OVtrl1;ELV und 3tEq;'}(XtOV"tE~ betont. Q Mt 12, 38 ff / Lk 11, 29 kennen denn auch eine Zeichenforderung ohne dieses versucherische Moment. In Q wird das Zeichen auch nicht vom Himmel erwartet. Mk 8, 11 ff will also nicht nur die Frage, sondern die versucherische Frage zurückweisen. Darum läßt V. 12 Jesus im Geiste unwillig aufseufzen und V. 13 die Zurückgewiesenen abrupt verlassen. b) Mk hat das vorgelegene Logion verändert. Aus f] YEVEU f] 3tov't']Qu O't']f1.ELOV t't']"tEL machte er eine rhetorische Frage, mit der er die hinterlistige Frage als grundsätzlich falsch gestellt ablehnt. Mk sieht die Pharisäer mit dem Judenvolk der Generation Jesu zusammen. 18 Diese ist ihm als ganze gegenüber der geheimen Offenbarung des Messias verschlossen. Das «vom Himmel» herabfahrende, messianische Zeichen der 17 Barrett, Spirit 104 verbindet mit Jes 63, 10. 14.20. Schille, Bemerkungen 17 denkt nach Did 11, 7 an einen Katechismusspruch und an den Taufgeist; Fitzer, Sünde 165 an Gemeinderecht; Strecker, Weg 190 Anm.3 an ein Bußinstitut; Käsemann, Sätze 248ff und Anfänge 162ff an charismatisches Gemeinderecht. 18 Mit Klostermann, Mk 76. Meinertz, Geschlecht 286 versteht den Begriff primär moralisch, sekundär chronologisch. 30
apokalyptischen Vorstellung weist darum Mk zurück. Die Verweigerung des kosmischen Zeichens zeigt aber nicht nur die Verstockung der Juden, sondern fordert die Wachsamkeit der mkn. Gemeinde. Den apokalyptischen Stoff bietet Mk 13 dar, indem auch die Jüngerfrage 13,4 nach dem Zeichen abgelehnt wird. Wohl werden irdische Ereignisse der Bedrängnis und Verfolgung erwähnt, aber diese täuschen nur, wenn sie als Vorzeichen der Parusie verstanden werden. Ausser dem Vater kennt niemand diesen Zeitpunkt Mk 13, 32 ff. Darum wiederholt Mk immer wieder O'Ü'K o'LBan! Mk entapokalyptisiert seine Gemeinde. 19 Im Grunde genommen gibt es gar keine Vorzeichen. Wenn das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheint 20, dann ist die Parusie auch schon Tatsache. Diese wird in der Jesusgeneration nicht mehr eintreten, aber sie kann unversehens über die Gemeinde hereinbrechen. c) Befand sich die A -Formel schon in der Vorlage oder wurde sie von Mk beigefügt? Gegen die Annahme der Formel im vormkn. Logion spricht ihre Abwesenheit in der Q-überlieferung, aus der Mt und Lk geschöpft haben. Dazu kommt die redaktionelle Bearbeitung: Der erste Teil des Logions wird zu einer Frage. Die Formel zitiert dann gar kein Logion mehr, sondern unterstreicht in beschwörendem Ton die negative Beantwortung 21 : Dieses Geschlecht empfängt überhaupt kein Zeichen! 22 19 Mit Marxsen, Mk 117,120.128. Zum sekundären Eindringen von apokalyptischem Material vgl. Kümmel, Eschatology 308f. 20 Ein einmaliges und außerordentliches Zeichen erwähnen Sib III, 796-803 (Schwerter am Abend und am Morgen) und Sib IV, 173f (großes Zeichen mit Schwertern und Trompetenschall bei Sonnenaufgang). 21 Vgl.Bl-D § 372,4 und § 454,5. 22 Mit Taylor, Mk 362: «The refusal is absolute.» Vgl. Mk 9, 19 yeveu. ä3tLO''to~ ist deutlich Jesu Generation; zweimal visiert Eo)~ non die plötzlich einbrechende Parusie. 31
§ 7: Einige werden den Tod nicht schmecken Mk 9, 1 (Mt 16, 28; Lk 9, 27)
a) Die Mk 8, 34 ff zusammengeordneten Sprüche sind recht verschieden. Dem Spruch von der Kreuzesaufnahme V. 34 b folgt ein doppelter ö~-Spruch vom Verlieren und Erretten des Lebens V. 35. 'l'lJx.~ als Stichwort läßt zwei inhaltlich verschiedene Fragen folgen, wobei die Bedeutung des Wortes Seele wechselt. Dann folgt V. 38, ein sehr alter Menschensohnspruch. Endlich hinkt V. 9, 1 nach. 23 Warum will Mk die Spruchreihe mit dem Logion 9, 1 abschließen? 24 Mit dem Ausblick auf den kommenden Menschensohn wäre die Reihe doch bereits zu einem kraftvollen Abschluss gekommen! Offensichtlich empfindet der Evangelist nicht die ausgebliebene Parusie als Problem. Die inhaltliche Verklammerung der Sprüche sieht Mk anders. Er will der Leidensscheu und der Todesangst seiner durch die Verfolgung bedrohten Gemeinde entgegentreten. Mit den 'tLVE~ (bÖE 'trov E. denkt er wie bei «diesem Geschlecht» in V.38, an die Generation Jesu. 25 Aber Mk weiß, daß einige der Jünger bereits gestorben sind. Darum kann er nicht mehr allen Jesu Verheißung, die Parusie zu erleben, zusprechen lassen. Zu den wenigen, noch lebenden Aposteln aber treten die Glieder der Gemeinde. Auch sie leben noch unter «einem ehebrecherischen und sündhaften Geschlecht» wie die aussterbende Generation Jesu. Auch sie stehen in der Gefahr, das Evangelium um der Verfolgung willen zu verlieren. Darum benötigen sie ein 23 Haenchen, Komposition 96: «... ein deutlicher Nachtrag zum vorigen Gedankengang, ohne daß wir ihn deshalb Mk absprechen müßten.» 24 Die redaktionelle Verklammerung erkennen auch Burkill, Revelation 165ff und Vielhauer, Gottesreich 54. 25 Unwahrscheinlich ist der Vorschlag von Michaelis, Verheißung 39, an «die im Glauben Feststehenden» zu denken und (bös nach Apk 13, 10 mit «so» zu übersetzen. Gut formuliert Hering, Royaume 94: «parmi les personnes ici presentes», entsprechend auch Burkill, Revelation 166. 32
mahnendes Wort der Zusage über die plötzliche und noch erlebbare Parusie. Dieses bietet ihnen Mk in V. 9, 1 dar und setzt so zugleich einen sachlich zutreffenden Schlußpunkt hinter die Komposition. b) Der traditionelle Charakter des Logions ergibt sich aus den folgenden Beobachtungen: Mk 11, 5 weist 1:LVE~ aJÖE nov E01:'l'}%01:ffiV als redaktionell aus. Die Wiederholung von 'tLVE~ in O'LLtVE~ ist als nachhinkende Doppelung Stilart des Evangelisten. Aber der Ausdruck "{EuEo'frm 'fravULOlJ ist nicht synoptisch, und die Erwähnung eines zukünftigen Schauens des glorreichen Gottesreiches ist im ganzen NT ohne eigentliche Parallele. 26 Nur öuva~lL~ bezieht sich bei Mk auf das zukünftige, volle Geistwirken des jetzt noch verborgenen Messias. Auch die Formel übernimmt Mk. Obwohl der Spruch als redaktionstheologische Pointe den Komplex abschließt, leitet ihn Mk mit %a1. EA.E"{EV <X1J1:0L~ ein. Offensichtlich konnte er die Fonnel nicht als Mittel der Verklammerung benützen, weil er sie schon mit dem tradierten Logion verbunden vorfand. Die Seitenreferenten übernehmen ohne besondere Indikationen.
§ 8: Die Antwort auf die Messiasfrage Mk 9,13 (Mt 17,12)
a) Mk 9, 13 mit der Einführung &,/..')..0. A. U. Ö1:t (Mt 17, 12 a: ÖE u. Ö1:L) steht am Schluss der überarbeiteten Perikope. 27 Sie beginnt für Mk in V. 9 mit %aL und nachfolgendem Gen. abs. und schließt an die Verklärungsperikope an. Mit %aL und
A.
26 Vgl. Joh 8, 52; Hebr 2,9; 4. Esr 6, 26; Haenchen, Komposition 106 Anm.1 weist auf Thomas-Evg. 80, 12ff und Spr 85 (95, 33f). Vgl. auch Behm, j'EUO!-tat 674, 26ff. 27 Percy, Botschaft 242 Anm.1 versteht Mk 9, 11f als Gemeindebildung, die das Motiv des erwarteten Messias und das des schriftgemäßen Leidens Jesu mit der Maleachiverheißung verbinde. Gegen den Anschluß 33
Emu.)O:rtrov V. 11 wird freilich eine zweite Naht sichtbar. V. 9 führt Jesus, ohne ihn zu nennen, mit indirekter Rede ein. Er gebietet den Jüngern, über das Vorgefallene bis nach der Auferstehung zu schweigen. V. 11 beginnen die Jünger das Gespräch mit der Behauptung der Schriftgelehrten, «daß Elias vorerst kommen müsse». V. 9 fund V. 11 ff sind durch redaktionelle Bearbeitung sachlich ineinander verklammert. b) Mk versteht das Gespräch Jesu mit Mose und Elia als geheime Offenbarung der Christushoheit. Weil aber Christus nach der Schrift leiden und sterben mußte, konnte die von den drei Jüngern auf dem Berge erkannte Hoheit Jesu erst nach Ostern öffentlich bezeugt werden. Das Auseinanderfallen der Auferstehung Jesu und der allgemeinen Auferstehung am Ende der Zeit bedeutete für die Gemeinde ein Problem. Die nachösterliche Verkündigung, daß der Messias in Jesus bereits gekommen sei, rief notwendigerweise der Frage nach der endzeitlichen Parusie des Menschensohnes. Zu ihrer Beantwortung benützt die Redaktion nun zwei kurze Traditionselemente, die sie in V. 11-13 zusammenbringen möchte; ein Wort über die Eliaserwartung und ein Wort über das schriftverheissene Leiden des Menschensohnes. 28 Der Sinn des so von Mk zusammengestellten Meister-Jüngergespräches ist der folgende: Die Spanne zwischen Jesu Auferstehung und der endzeitlichen, allgemeinen Auferstehung, zwischen Ostern und Parusie, kann nur eine kurze sein. Der von den Jüngern zitierte Vorwand der jüdischen Schriftgelehrten, der auf an 9,1 bei Bultmann, Tradition 131 steht Mk 9,14, wo die drei Jünger erst nach dem Gespräch zu den übrigen zurückkehren. Bultmann muß darum V. 12b als nachmkn. Interpolation ausscheiden, was Tödt, Menschensohn 156 begründet zurückweist. Anders verhält sich Mt: Schon Mt 17, 6ff und 10ff denkt er nach der Verallgemeinerung in V. 13 an alle Jünger und läßt sie folgerichtig V. 14 nicht zu den übrigen Jüngern, sondern zum Volke zurückkehren. 28 Die Verbindung der Eliaserwartung mit der Maleachiverheißung findet sich auch in Q (vgl. Mt 11, 3/Lk 7,19; Mt 11, lo/Lk 7, 27; Mt 11, 18/Lk 7, 33f). 34
Grund der Maleachistelle vor dem Ende zuerst noch die Ankunft des Elia erwartet, verfängt nicht. Mk läßt Jesus die Schriftstelle selber aufnehmen und in seinem Sinne antworten. Nicht nur der Menschensohn ist bereits heimlich gekommen und hat nach der Schriftverheißung gelitten, sondern auch Elias ist bereits gekommen und hat ebenfalls gelitten, wie es geschrieben steht. Mk lehnt eine Zerdehnung der Zeit zwischen Ostern und Parusie durch Einschiebung eines noch ausstehenden Ablaufes einer Reihe von apokalyptischen Ereignissen energisch zurück. V. 13 erhält seine Kraft gerade durch das vorgeschobene Menschensohnwort. V. 13 a ist darum nicht als Antithese zum schriftgelehrten Einwand zu verstehen, sondern als Ergänzung zu den der Gemeinde bereits bekannten atl. Leidensweissagungen Christi. So lautet die redaktionell betonte und formelgebundene Aussage im Blick auf die V. 10 visierte Beunruhigung: Nicht nur Christus, sondern auch Elias ist bereits gekommen! Die Gemeinde hat keine Möglichkeit mehr, sich mit apokalyptischen Vorzeichen als noch ausstehenden Ereignissen zu beschäftigen! c) Mt freilich hat die Vorlage mit großer Kunst geglättet und auch theologisch uminterpretiert. Er setzt, was bei Mk offen bleibt, in V. 13 den bereits gekommenen und von den Schriftgelehrten nicht erkannten Elias mit Johannes dem Täufer gleich. 29 Mt geht es nicht um das Problem der Zwischenzeit, sondern um die heils geschichtliche Zuordnung des Täufers zu Christus. So formt er die Formulierung des Mk zur Ä. ÖE u.-Formel um, strafft das Ganze und erhält so eine noch deutlicher gegen die jüdische Schriftauslegung gerichtete Aussage. 29 Mt polemisiert gegen den Messiasmord. Entsprechend machen die jüdischen Führer mit dem gekommenen Menschensohn, «was sie wollten» (V. 12). Mt 27,41 dasselbe Motiv: Nicht das Volk, sondern die Oberschicht verspottet den für Mt wichtigen Zusammenhang mit Elias. Mt 27, 49 setzt ähnlich wie Mt 22, 6 mit oL ÖE AOLJ'tOL betont ab. V gl. zur antijüdischen Polemik des Mt Hasler, Hochzeit 32ff und Judenmission i 84ff. 35
§ 9: Der Lohn für einen Becher Wasser Mk 9,41 (Mt 10, 42)
a) Mk 9, 41 schließt sich mit ö~ an den vorangehenden ö~-Spruch V. 40 und mit övo~a in Stichwortverbindung an die mit V.38 abrupt einsetzende Perikope des Gespräches über den fremden Exorzisten an. Auch der nachfolgende Satz vom Ärgernisgeben V.42 beginnt mit ö~. V. 37 bietet gar einen doppelten ö~-Satz. Mit den Stichwortverbindungen 30 ist aber der redaktionelle Sachzusammenhang noch nicht gesehen. Die Szene vom Rangstreit findet bereits mit V. 35 ihren Abschluß. In V. 36 stellt Jesus ein Kind in den Jüngerkreis, und der Leser erwartet, daß J esus auf die Bescheidenheit des Kindes als die rechte Jüngerhaltung hinweisen würde, wie es Mt durch entsprechende Einschiebung und Interpretation des Logions aus Mk 10, 15 in Mt 18, 3-4 auch meisterhaft tut. Statt dessen folgt der doppelte ö~-Spruch von der Aufnahme des Kindes Mk 9,37. Die darin geforderte soziale Verantwortung gibt der Rangstreitszene die unerwartete Richtung. Der Jüngerkreis wird durchbrochen. Mk 9,38 geht es dann um die Frage: Wer darf im Namen Jesu Dämonen austreiben und die Kranken heilen? Beschränkt sich diese Vollmacht nur auf den Jüngerkreis? Wie vorher von einem Kind auf Kinder überhaupt gewiesen wird, so nun Mk 9, 38 ff von einem fremden Heiler auf viele. Der Einzelfall ist konstruiert, um eine allgemeingültige Aussage zu formen. Wieder steht eine soziale Indikation in Spannung zum sich festigenden und behauptenden Jüngerkreis. Die Gemeinde hört Jesu Wort so: Auch nicht zum Jüngerkreis gehörige Gläubige dürfen die Kranken in J esu Namen heilen. So schließt sich Bva trov ~L'X{)roV tOlmov trov 3'tLO'tE1JOVtOOV V. 42 unmittelbar an V. 39 und 40 an. Diese Beobachtung wird gestützt durch den betont breiten Ausdruck trov ~L%(>roV trov 3'tLO''tE1JOVtOOV. Vom 30 Vgl. Taylor, Mk 40sf. 36
Glauben war weder beim Kind noch bei den Kindern die Rede, wohl aber beim fremden Heiler, der nicht heilen und zugleich Christus verfluchen kann. Darum ist in V. 42 nicht an die Kinder, sondern an die nicht zum apostolischen Jüngerkreis gehörenden Glieder der Gemeinde zu denken. 3l Die drastische Drohung mit dem Mühlstein zeigt dann die Spannung in der Gemeinde des Mk. So wird auch verständlich, warum Mk das freischwebende Logion V. 41 gerade hier und in der vorliegenden Form untergebracht hat. Es geht ihm nicht mehr um ein J esuswort zugunsten der durstigen Jünger 32, sondern um den bescheidenen, aber notwendigen Dienst an den notleidenden und kranken Gliedern der Gemeinde, an jenen, die «Christus gehören». b) Auch Mt 10, 42 liegt die redaktionelle Angliederung auf der Hand. Das Logion schließt die «Jüngerrede» und V. 11, 1 ist redaktioneller Schlußstrich. Stichworte halten Mt 10, 40-42 zusammen. V.40 entstammt der Mk-Vorlage: Mk 9, 37, als zweites ö~-Wort an jenes von der Kinderaufnahme angewachsen, wird von Mt abgetrennt. ßEXEo{}m ist Stichwort-Klammer zum Wort vom Prophetenlohn und vom Lohn eines Gerechten, JA-LO{tO~ in V. 41 wiederum StichwortKlammer zu V. 42. Dabei bezieht Mt 'tOOV JA-L'XQOOV 'tolmJ}v weder auf Kinder, noch ausschließlich auf die Jünger Jesu, sondern auf die <>L'XIlWL, auf Gemeindeglieder, wie es Mk mit 'tOOV j[LO'tEuovnov auf seine Weise tut. c) Weder bei Mk noch bei Mt hat das Logion vom Wasserbecher seinen festen Ort. An beiden Stellen ist es aus den dargelegten Gründen angeschwemmt worden. Wichtig für die Erfassung der A-Formel aber ist die Art ihrer Verbindung mit dem Logion selber. Sie befindet sich nicht am Anfang des Spruches, sondern bildet die Einleitung zur abschließenden 31 Mit Buhmann, Tradition 159 und Michel, Kleinen 401H. 32 Schweizer, Mk 112 denkt an eine ursprüngliche Weisung zur gastlichen Aufnahme der Missionare. 37
Lohnverheißung. Diese angehängte Bezugnahme auf den Lohn begegnet uns mit der A-Formel verbunden nur noch in der Triologie Mt 6,2. 5. 16. Wie in Mk 9, 14 und Mt 10, 42 geht die Aussage des Logions voran und der Hinweis auf den Lohn folgt beschwörend nach. Zwischen Mk und Mt bestehen gewisse Unterschiede. Bei Mk weist der Nachsatz positiv auf den zu empfangenden Lohn hin, bei Mt aber wird der Verlust des erwarteten Lohnes angedroht. Bei Mk gehört die Lohnverheißung zum Logion selber. Bei Mt bildet der angedrohte Lohnentzug einen wiederholbaren Anhang. Trotz diesen Unterschieden und dem polemisch antithetischen Gebrauch bei Mt wird die frühe Verwendungs art der Formel in der Gerichtsparänese sichtbar. Schon das Lohnmotiv weist auf ältestes Traditionsgut zurück. Mit dem Lohnmotiv ist aber auch die A-Formel verbunden, was auch durch Mk 10, 29 bestätigt wird, wo Mk die Belohnung generell als Gewinn des ewigen Lebens versteht.
§ 10: Das Reich Gottes als Kind annehmen Mk 10, 15 (Mt 18, 3; Lk 18, 17)
a) Auch ohne das Logion Mk 10, 15 bildet die Perikope Mk 10, 13 ff eine ideale Szene mit der Pointe in V. 14. 33 Dieser Vers fordert nicht die ungenannten Leute auf, ihre Kinder zu Jesus zu bringen, sondern die verständnislosen Jünger werden aufgefordert, die Kinder heranzulassen. Jesus muß zuerst den Widerstand der Jünger brechen. Darauf schließt er die Kinder wie das Mk 9,36 in die Mitte der Jünger gestellte Kind in die Arme und legt die Hände auf sie, um sie
33 Gegen die schon von Buhmann, Tradition 32 vertretene Ausklammerung von V.15 behauptet Percy, Botschaft 31ff die Einheitlichkeit von Mk 10, 13ff. 38
zu segnen. Mk interpretiert die kleine Szene als eine Aufforderung, die Taufe als Akt der Versiegelung für das kommende Gottesreich auch den Kindern in der Gemeinde zukommen zu lassen. 34 Darum fügt er mit dem Stichwort ß(l(J'LABLa 't. oft. den formelverbundenen Einlaßspruch ein. Noch spürt man die verbliebene Unebenheit. Tel nmöLa und oo~ nmöLov stoßen einander. V. 15 frägt ursprünglich nach der Einlaßbedingung, während V. 14 in der tradierten Szene die Frage beantwortet, ob auch Kinder am Reiche Gottes Anteil haben werden. Die Interpretation des Evangelisten gibt eine deutliche Antwort. Mit dem Ausdruck !.l~ %WAVB'tB a,,'tu (Apg 8, 36) aus der Taufpraxis 35 repetiert und verschärft er das vorangehende a
34 Cullmann, Tauflehre 70ff und Oepke, 3tai:~ 649, 21f beziehen ebenfalls auf die aktuellen Fragen um die Kindertaufe. 35 Mit Jeremias, Kindertaufe 44 gegen Percy, Botschaft 34 Anm. 1. 36 Jeremias, Kindertaufe 44 versteht Mt 18, 3 als ursprünglichen Ruf zur Umkehr und Mk 10, 15 fordere als übertrittsbedingung «die rechte innere Haltung». Walter, Analyse 211 präzisiert: «Wi'e ein Kind sich darauf verläßt, daß der Vater das Unmögliche möglich macht.» 39
§ 11: Vom Lohn der Nachfolge Mk 10,29 f (Mt 19, 28 f; Lk 18, 29)
a) Mit der atl. Sentenz Mk 10,27 b schließt bei Mk und den Seitenreferenten das Gespräch Jesu mit den Jüngern über die Begegnung mit dem reichen Mann. Unerwartet wird mit dem für Mk typischen ~e;(l'tO 37 V. 28 Petrus eingeführt, und an seine Frage schließt Mk als Antwort zwei weitere Jesusworte an. Das mit der A-Formel verbundene Logion hat Mk ergänzt. «Und um des Evangeliums willen» 38 und «mit Verfolgungen» sind mkn. Zusätze. Die umständliche Repetition der Reihe in V.30 ist ganz nach seiner Art. Ursprünglich beschränkte sich der Spruch auf «um meinetwillen» und die kurze Verheißung einer hundertfachen Rückerstattung 39, später dürften noch vor Mk «in dieser Zeit» und «im kommenden Aeon» hinzu gewachsen sein. Auch die Aufzählung der einzelnen Familienglieder sind Wucherungen, die Mk vorfand. Mk wollte gerade nicht sagen, daß der Christ als Lohn für seine Nachfolge wieder eine Familie, Haus und Äcker erhalte. Die Repetition versteht er als negative Anmerkung. Darum relativiert er mit dem Hinweis auf die Verfolgungen. Hundertfältiges empfängt der Jünger nicht in dieser Welt. Haus und Familie müssen vielmehr in den drohenden Verfolgungen aufgegeben werden. 40 Verheißen bleibt allein die Gabe des ewigen Lebens. So verklammert er mit der Frage in 10, 17. Treue Nachfolge führt ins ewige Leben. Eine diesseitige Verheißung hätte ihm die Angliederung des weitern Spruches V. 31 verunmöglicht. 37 Seit Wrede, Messiasgeheimnis 210ft beobachtet. 38 Mit Marxsen, Mk 79 ff; 84 ff; 95 und Walter, Analyse 215 Anm. 40. 39 Mit Bultmann, Tradition 115 und Walter, Analyse 217. 40 Taylor, Mk 433 engt auf den Synagogenbann ein. Auch Cadoux, Mission 235 betont die jenseitige Belohnung. Gegen Robinson, Geschichtsverständnis 98 Anm. 18; Lohmeyer, Mk 216 u. a., welche die neu gewonnene Gemeinschaft der Kirche als Lohn betrachten. 40
b) Mt 19, 27 und Lk 18, 28 ebnen den Neueinsatz in Mk 10, 28 ein und verbinden mit den vorhergehenden Sprüchen zu einer einzigen Gesprächssituation. Mt löst die A-Formel von Mk-Logion ab und verbindet sie mit dem aus Q stammenden Spruch vom Richten der zwölf Stämme. Mk V. 29 f ändert er in einen 3ta~-Spruch um. Auch Mt hat von einer diesseitigen Belohnung nichts wissen wollen. Die Dazwischenschiebung des Logions vom Herrschen und Richten mit dem thronenden Menschensohn über Israel betont die jenseitige Belohnung noch konkreter. Lk indessen stellt als Belohnung nicht nur die Gabe des ewigen Lebens, sondern auch schon im Diesseits eine Vielfalt von Gaben in Aussicht, wenn er auch darauf nicht näher eingeht und die Reihe Haus, Familienangehörige und Acker nicht wiederholt.
§ 12: Der bergeversetzende Glaube und das gläubige Gebet Mk 11,23.24 (Mt 21, 21)
a) Die Verfluchung des Feigenbaumes Mk 11, 12-14 und das Gespräch über den verdorrten Feigenbaum Mk 11,20-25 trennt Mk durch die Einschiebung der Perikope von der Tempelreinigung Mk 11, 15-19. Mt indessen nimmt die Tempelreinigung vorweg Mt 21, 12-13 und fügt das Gespräch Mt 21,20-22 unmittelbar nach der Verfluchung Mt 21, 18-19 ein. 41 Die redaktionelle, sachlich nicht unbedingt zutreffende Bemerkung 0 YU(} 'XaL(}O~ OV'X ~v ou'Xwv in Mk 11, 13 weist auf 41 Die ursprüngliche Perikope ist legendarisch (Lohmeyer, Mk 234; Hirsch, Frühgeschichte 124 f). Das alte Symbol des Feigenbaumes für das Volk Israel (Bultmann, Tradition Erg. Heft 32 zu 233) erlaubte di'e Verbindung mit der Androhung einer Verwerfung im Endgericht. Bartsch, Verfluchung 257 ff sieht freilich in Mk 11, 13. Ha den ursprünglichen Bestand, nach welchem die Gemeinde Jesu Leiden und Tod als Endereignisse interpretierte. 41
das besondere Verständnis des Markus. Wenn er J esus zur Unzeit nach den Feigen suchen läßt, ist ihm eben gar nicht um die Früchte zu tun. Nicht Israel soll mit einem unfruchtbaren Baum verglichen werden, sondern Mk stellt den Leser durch den wunderhaften Vorgang vor die verborgene Hoheit Jesu. 42 Nachdem der Jüngerkreis und damit die Leser auf diese Hoheit Jesu aufmerksam gemacht sind (?GuL ll?Go'Uov 01. J!u{hp;uL U\J'rou V. 14 b), schiebt Mk die Szene von der Tempelreinigung ein und demonstriert die Hoheit seines verborgenen Messias. Die heimliche Epiphanie ist aber nur für den Glaubenden sichtbar. Darum führt Mk sofort zur Glaubensforderung in der folgenden Perikope weiter: EXEtE .rdatLV {}EOU V. 22. In diesen weitgespannten Bogen hinein gehört auch die unterschiedliche Wirkung der Tempelszene auf die jüdische Führung und auf das Volk Mk 11, 18-19. Bei den Hohenpriestern und Schriftgelehrten zeigt sich im Todesanschlag äusserste Verstockung, im Verhalten des Volkes erregtes, aber verständnisloses Staunen. Die Jünger aber werden durch die Petrusfrage unmittelbar zum Glauben gerufen. Dazu sind sie ja auch in der Nähe J esu und darum in beständiger Begegnung mit seiner bezeugten Vollmacht. b) Hinter V. 22 spürt man eine Zäsur. Es ist anzunehmen, daß die ursprüngliche Perikope hier abbrach. Mk aber war mit seinem Thema noch nicht fertig. 48 Sein Leser soll wissen, was der Glaube an die Vollmacht Jesu zu tun vermag. Darum schließt er das Logion vom bergeversetzenden Glau42 Mit Taylor, Mk 458. Bartsch, Verfl~chung 257 ff versteht V. 13 f als traditionelle, eschatologische Deutung des Todes Jesu. Robin, Cursing 281 verbindet mit Mi 7, 1 ff und versteht die Szene als Gerichtsankündigung. Münderlein, Verfluchung 99 versteht den Hinweis auf die Feigenzeit V. 13e mit andern als Einschub Zur Passahdatierung. Weiteres bei Buhmann, Tradition Erg. Heft 32 zu 233. Mit der mkn. Aussage hat dies alles nichts zu tun! 43 Robinson, Geschichtsverständnis 67 erkennt die redaktionstheologische Einheit von Mk 11, 12-25 und ihre Aussagespitze in V. 23 f. 42
ben V. 23 an. Das Logion hat die Form eines ö;-Spruches und die A-Formel wird als Aufreihungsformel verwendet. Das ursprüngliche Logion wird von Mk V. 23 paränetisch interpretiert. Er verwandelt die Verheißung in eine Mahnung. Die Beifügung «Wer nicht in seinem Herzen zweifelt» verrät diese Absicht. Die Glaubensverheißung wird zu einer geforderten Glaubenshaltung des Christen. Gläubiges Vertrauen, das die Zweifel an Gottes Möglichkeiten überwindet, ist eine wichtige Voraussetzung für das erhörliche Beten. Darum folgt V. 24 die Aufforderung zum Bitten. Der Glaube an die Vollmacht Jesu führt zum Verständnis des Tempels als Zugang der Heiden zu Gott im erhörlichen und alles vermögenden Gebet. c) Das Mk 11, 24 mit öux 'toih;o A. 'Ü. eingeleitete Logion zeigt verschiedene Überlieferung. Mt 21, 22 verbindet die Gegenüberstellung von «betet und bittet» zu einem gläubigen Bitten im Gebet und nimmt so die bedingende Klammer in Mk V. 23 b auf. In der Redequelle findet sich der Spruch innerhalb der Trias vom Bitten, Suchen und Anklopfen Q Mt 7, 7 ff / Lk 11, 9 ff. In der anschließenden Wiederholung Mt 7, 8 / Lk 11, 10 finden sich die JtCi;-Form und Aa!lßU'VEL'V wie in Mk 11, 24. Die Einführung mit %uyoo 'Ü. A. in Lk 11, 9 ist durch 11, 8 als lkn. Repetition ausgewiesen. Joh 16, 23 bringt das Logion in erweiterter Form und mit der doppelten Amen-Einführung. An den übrigen Stellen Joh 11, 22; 14, 13 f; 15,7; 16,24, die eine Kenntnis des Logions voraussetzen, fehlt eine mit unsern Formeln verwandte Einführung. Auch Jk 1, 5 fund 4, 3, wie 1 Joh 3, 22 und 5, 14 f lassen keine Verbindung mit der Formel erkennen. d) Beide Male, V. 23 wie V. 24 erfüllen die Formeln die formale Funktion der Spruchverklammerung und beide Male ist die Verbindung mit einem tradierten Logion das Werk des Evangelisten. Indessen bleibt zu fragen, warum das Logion von der Vergebung V. 25 nur mit %aL und nicht wieder 43
mit einer Formel angereiht ist. Der Gedanke der geforderten Versöhnlichkeit als Voraussetzung einer Erhörung des Gebetes um Sündenvergebung erinnert stark an die theologische Konzeption des Mt. Tatsächlich ist ja auch mit V. 26 Mt 6, 15 vor allem in den mkn. Text eingedrungen und 3tU{UX,t'tOOf.tU findet sich sonst nur Mt 6, 14 f. Auffällig ist auch Ot~XEtE 3t(>OOE'UXOf.tEVOL Mk V. 25. Bedenkt man die matth. Elemente und den Pleonasmus bei Mk, dann ist mit der Wahrscheinlichkeit zu rechnen, daß es sich in V.25 um eine sekundäre Auffüllung des Mk-Textes handelt. Dazu paßt, daß Mt die Mk-Vorlage nur bis V. 24 liest. e) Die Umgestaltung der Mk-Vorlage in Mt 21,20 ff erhärtet auf ihre Weise unsere Beobachtung. Aus der mkn. Spruchzusammenstellung entstand bei Mt eine lebendige Gesprächssituation. Die Aufreihungsformel des Mk wird bei Mt zur Beteuerungsformel. Das «Habt Glauben an Gott!» in Mk 11,22 und die Mahnung des angereihten Logions vom Bitten ohne zweifelnde Gedanken schmelzt Mt zu einem Ganzen zusammen, das in Mt 21,22 einen seelsorgerlichen Zielpunkt erhält: Die Erhörung eines wirklich gläubigen Gebetes wird versichert. Bei Mk liegt das Gewicht der Komposition auf dem Imperativ: «Seid gläubig!» Bei Mt aber geht es wie in Mt 7,7 ff um die Zusage «Es gibt Erhörung, wenn ihr nur recht betet!»
§ 13: Die Opfergabe der Witwe und die Verheißung anläßlieh der Salbung Mk 12,43 und 14,9 (Lk 21,3; Mt 26, 13)
a) Mk 12, 40 gibt mit ut OLXLm 'tWV X't1(>wv das Stichwort, an welches Mk V. 41 ff die kleine Anekdote anhängt. 44 Sofort 44 Hinweise bei Buhmann, Tradition 32 Anm. 4; 63; Dibelius, Formgeschichte 261 Anm.2. 44
fällt auf, wie Jesus die Jünger zu sich beordert, um ihnen eine gespreizte Belehrung über die unscheinbare Begebenheit zu bieten. Die A-Formel leitet dabei kein Herrenwort ein, sondern eine breite Wiederholung der flüchtig gestellten Szene. Das Lob über die Witwe zielt so wenig wie jenes über die Frau in Bethanien Mk 14, 3 ff (vgl. V.7) auf die soziale Verpflichtung gegenüber den Armen in der christlichen Gemeinde, sondern auf die Haltung der armen Frau in der Gemeinde. Die Größe ihrer Hingabe zeigt sich nicht am äußern Umfang, sondern in ihrer Bereitschaft, selbst auf ihren geringen Besitz um des Reiches Gottes willen zu verzichten. Die einführende A-Formel betont eine nach der Szene redaktionell gebildete und J esus in den Mund gelegte Gemeindeparänese. Lk 21, 1-4 zeigt, daß Lk die Formel des Mk nicht anders verstanden hat. Wie in 12,44 übersetzt er Amen. Dazu strafft er das ganze Stück zu einer belehrenden Zwischenbemerkung über wahre Frömmigkeit. b) Mk 14, 3-7 bilden ein biographisches Apophthegma, das in V. 7 seine Spitze und seinen Abschluß findet. In V. 8 liegt ein erster, in V. 9 ein zweiter Anhang vor. V. 7 ist Gemeindebildung. Das Leben Jesu liegt abgeschlossen hinter ihr. Dazu ist die eschatologische Erwartung gedämpft. Für Arme sorgen kann die Gemeinde noch längere Zeit. Der erste Anhang Mk V. 8 interpretiert die Szene als symbolische Salbung des Leichnams Christi. Das mit der Szene ursprünglich verbundene soziale Problem wandelt sich in die Frage der Pietät gegenüber dem begrabenen Christus. Die dadurch erreichte Beziehung auf die Passion erlaubte Mk die Einfügung in die Passionsgeschichte. Die in V. 8 noch durchschimmernde Fragestellung überrascht, weil sie mit einem längeren Liegen im Grab rechnet. Wie dem auch sei, V. 9 setzt V. 8 voraus: Wo immer das Evangelium vom leidenden Messias gepredigt wird, wird auch erzählt, was die Frau getan hat. Ein Zusammenhang mit der Mitteilung dieser Tat anläßlich 45
der Missionspredigt und der göttlichen Belohnung der Frau im Endgericht ist nicht einzusehen. 45 Mk versteht aber die Tat nicht als Liebeserweis, sondern über V. 8 als eine geheime Aussage über das Begräbnis Jesu. Für Mk wurde der Leichnam Christi als des verborgenen Messias ohne Ehrung beigesetzt. Erst nach Ostern wird J esus als der Christus erkannt und gepredigt. Diese Frau hatte mit ihrer Salbung den Schleier der Heimlichkeit zerrissen und in J esus den Christus erkannt. Dies mußte natürlich anläßlich der Salbung den Anwesenden verborgen bleiben, aber in der nachösterlichen Verkündigung des in Jesus gekommenen Messias wird nun auch die Salbung verständlich. Darum gehört die Tat der Frau zur Frohbotschaft des Markus, die das Leben und Sterben J esu so darlegt, daß Christus als der heimlich Gekommene erkannt wird. 46 Mk 14, 9 ist nicht Gemeindebildung, sondern Bildung der Redaktion selber. Die Formel ist wieder wie in Mk 12,43 redaktionell eingesetzt und dient der Unterstreichung eines entscheidenden theologischen Anliegens des Evangelisten. c) Joh 12, 1-8 wechselt vom Haus des geheilten Aussätzigen Simon ins Haus des auferweckten Lazarus und identifiziert die unbekannte Frau mit Maria. Aus der in Mk 14, 10 f gegebenen Mitteilung wird der aufbegehrende Judas Ischarioth in die johanneische Salbungsperikope eingetragen. Diese 45 Die Deutung auf Gottesengel, die der Welt die Siegesbotschaft verkündi'gen und Gott im Gericht an die Liebestat der Frau erinnern sollen, hängt bei Jeremias, Abendmahlsworte 242 Anm.4 nicht nur mit einem bestimmten Jesusbild, sondern auch mit dem Verständnis der A-Forme1 als einem Kennzeichen eines ursprünglichen Jesuswortes zusammen. Beyer, Syntax 196 Anm. 2 lehnt diese Interpretation aus sprachlichen Gründen ab. 46 Burkill, Revelati'on 230 Anm.202 bemerkt: «Her deed reveals something of the great love which early Christian piety bestowed upon the Messiah», ohne daß er zwis~hen V. 8 und 9 trennt und die mkn. Absicht faßt. Auch Grässer, Parusieverzögerung 41 versteht V. 8 f zusammen als neue Pointe der Gemeinde. 46
moralische Apostrophierung des Judas war Joh nur möglich, weil das Joh-Evg. die Perikope mit dem Logion Mk V.7 abgeschlossen vorfand. - Lk 7,36 ff. verlegt die Szene in das Haus eines Pharisäers Simon und charakterisiert die Frau als Dirne, der Jesus mit 'AEyw OOL Vergebung der Sünden zuspricht (V. 47). Mit dem Logion Mk V. 7 konnte Lk aus seinem sozialen Verständnis heraus nichts anfangen. Darum schnitt er die Pointe weg und goß das Stück gänzlich um. Nur Mt 26,6 ff hat in der Reihenfolge des Mk und mit dem Anhang und dem Amen-Logion übernommen. Die Bemerkung Mk V. 7 konnte auch Mt nicht brauchen. Sie widersprach seiner Auffassung von der geforderten neuen Gerechtigkeit.
§ 14: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen und der Ruf zur Wachsamkeit Mk 13, 30. 37 (Mt 24,34; Lk 21,32)
a) Die auch von den Seitenreferenten übernommene einleitende Formel erfüllt vorerst die Funktion der Anreihung. Die Stichwortverbindungen der hier zusammengeordneten Einzelsprüche sind längst erkannt. 47 Auch eine Verwandtschaft des Logions mit jenem in Mk 9, 1 liegt auf der Hand. Sie besteht freilich mehr in der entsprechenden theologischen Absicht, mit welcher Mk die Logien in die Komposition einreihte. Für 13, 30 wird diese sichtbar, wenn die doppelte Zielfrage 13,4 nach dem Wann und dem Zeichen der Parusie am Anfang des ganzen Kapitels erkannt wird. 48 Nicht nach der Ablauffolge der apokalyptischen Endereignisse wird gefragt. Mk setzt die Bekanntschaft mit diesen Endereignissen vielmehr voraus. In einer Art tour d'horizon erwähnt er 47 So Lohmeyer, Mk 282; Kümmel, Verheißung 53.84. 48 So Grässer, Parusieverzögerung 129 Anm. 1. 47
wohl diese allgemein bekannten Endereignisse 49, aber dann lässt er sie durch «noch nicht» oder «und dann», vgl. V.7. 10. 13. 21. 23.26. 27, ausdrücklich als Vorzeichen der Parusie fallen. Das Wissen um die Endereignisse und das nahende Ende waren für Mk und seine Gemeinde keine Frage. Sie lebten im Eschaton. Aber die Parusie blieb noch aus. Darum liegt bei 'tuihu nuv'tu der Ton auf nuv'tu. Nicht die apoka~ lyptische Chronologie, sondern der Kairos der Parusie ist Problem. 50 So fällt auch auf den unmittelbar angeschobenen Spruch von den nicht vergehenden Worten J esu ein besseres Licht: Mit den Worten sind die Verheißungen der Parusie des Menschensohnes gemeint. Himmel und Erde werden vergehen, diese Verheißungen aber nicht hinfallen, sondern in der einbrechenden Parusie in Erfüllung gehen. Der Versuch, die J esusworte als bleibende Gültigkeit beanspruchende, neue Gesetzesworte der kommenden Reichsordnung oder gar der christlichen Gemeinschaft zu verstehen, kombiniert in unerlaubter Weise mit Mt 5, 17 ff. So gehört V. 31 eng zur Aussage von V.30: Das gegenwärtige Geschlecht 51 wird den Kairos der Parusie noch erleben. Freilich möchte dabei Mk, sowenig wie in 9, 1 seine Gemeinde einfach trösten, sondern vielmehr in betonter Weise zu nicht erlahmender Bereitschaft aufrufen. Darum nun die kurzen, sich drängenden Imperative der V. 33 ff. Darum die redaktionelle Verklammerung der Jesuszeit mit der Markuszeit in V. 37: «Was ich 49 Auch Marxsen, Mk 127 erkennt, daß die mkn. Aussage im Bogen zwischen V.4 und 37 hängt. Vgl. ibo 101-140 die grundsätzliche Diskussion mit Kümmel. 50 «Mag Mk 13 aus Traditionsstücken komponiert sein wie immer, der Leser soll wissen: den Termin jenes Tages weiß Gott allein! Alle (bto'X.aA.U'ljn~ behält ihr entscheidendes Mysterium!» Fascher, Beobachtungen 252 Anm. 13. 51 Mit Recht verteidi:gen Kümmel, Verheißung 54; Bultmann, Tradition Erg. Heft 19 und Marxsen, Mk 133 die Beschränkung auf die Generation Jesu. Freilich denkt Kümmel hier wie bei 9, 1 an ein genuines Jesuswort. 48
aber euch (= den Jüngern) sage, das sage ich allen (= allen Christen zur Zeit des Mk): Wachet!» Der Begriff yertyoeeiv sitzt in der eschatologischen Paränese des Evangelisten. Von Mk 13, 24. 35. 37 dringt er über 13,33 bei Mt ein, nämlich in Mt 24, 42 und 24, 43. Der andere Ort bei Mk ist die ebenfalls auf die eschatologische Drangsal bezogene Gethsemaneszene Mk 14, 34. 37. 38, mit direkter übernahme in Mt 26, 38. 40. 41. b) Man wird Formel und Logion in Entsprechung zur Beurteilung von 9, 1 in der Nähe der charismatischen Weisung sehen müssen, wenn nach ihrer Herkunft gefragt wird. Die Redaktion selber ist an dieser Fragestellung nicht interessiert, sie tradiert und komponiert aufgenommenes Gut im Charisma eigener paränetischer Verkündigung. Die Mk 13, 30 eingesetzte Formel erfüllt, indem sie über ihre formale Funktion der Verklammerung des Logions hinauswächst, von neuem ihre ursprüngliche Aufgabe, das mahnende Wort des Erhöhten in die angestrengte Situation der Gemeinde zu stellen. Auch die integrierte Formel in V. 37 erhellt, wie und an welchem Ort die Redaktion die Formel in V.30 versteht. Neben der formalen Aufgabe der Logienanreihung dient sie Mk als Stilmittel der Gemeindeparänese. Es gehört zu seiner Gesamtkonzeption, daß diese Mahnung auf die unmittelbar erwartete Parusie ausgerichtet ist und darum auch die andringliche Direktheit seines missionarisch verstandenen Kerygmas aufweist.
§ 15: Die Worte in der Passionsgeschichte Die Bezeichnung des Verräters Mk 14,18 (Mt 26,21)
Das Trinken im Reiche Gottes Mk 14, 25 (Mt 26, 29; Lk 22,18)
Die Ankündigung der Verleugnung Mk 14, 30 (Mt 26,34; Lk 22,34) 49
a) Mt 26,21 übernimmt Formel und Logion wörtlich aus Mk 14, 18. Die für Mk typisch nachhinkende Schriftanführung «der mit mir ißt» fehlt bei Mt. Auch Joh 13, 21 bleibt ohne Schriftzitat. Vorher aber zitiert Joh 13, 18 LXX Ps 40, 10. Dazu kommt, daß Mk 14, 18 nur vom Essen, nicht aber vom Brot spricht, also ungenau auf die Schriftstelle verweist. Doch darf nicht vorschnell auf eine sekundäre Glosse geschlossen werden. Vermutlich hat Joh die vor(?)mkn. 52 Tradition in einer durch die Gemeindereflexion weitergewachsenen Gestalt vor sich. Die Verankerung des Verrates in der Schriftweissagung liegt nach Mk 14, 21 durchaus in der Absicht des Evangelisten. Mk betont, daß einer der Zwölf der Verräter ist. Diese Hervorhebung des Einen aber ist auch das Merkmal der Schriftstelle. Warum verzichtet Mk auf genaue Zitierung der Schriftstelle und genügt ihm eine Anspielung? Er nimmt Allgemeingut auf. Die Gemeinde verstand schon vor Mk das Leiden und auch den Verrat durch Judas als einen in der Schrift geweissagten und darum notwendigen Ablauf des göttlichen Heilsplanes. Warum aber lässt Mk Jesus selber auf die Schriftnotwendigkeit des Judasverrates hinweisen? Die Konzeption des Evangelisten von der geheimen Offenbarung des Messias erstreckt sich bis in den Jüngerkreis Jesu. Dazu muß gesehen werden, daß gleichsam als Kehrseite dieser Konzeption eine Theorie der Verstockung parallelläuft. 53 Im Judasverrat greift sie in den Jüngerkreis hinüber. Die Szene der Verräterbezeichnung ist ebenfalls traditionell. Auch das Jesu in den Mund gelegte Wort ist ein Detail der Kultlegende. Für Mk aber bietet sich eine Gelegenheit zur theologisch erheblichen Aussage. 52 Vgl. Schweizer, Herrenmahl 380 Anm. 29; Tödt, Menschensohn 134. 377 (= mkn.); Jeremias, Abendmahlsworte 91. 94; Hahn, Hoheitstite147 Anm.1 (= vormkn.). 53 Gni'lka, Verstockung 31: «Er spricht sogar von ihrer Herzenshärte und ihrer Verstockung.» 50
b ) Das an das Kelchwort angeschlossene Verzichtwort Mk 14,25 wurzelt mit dem singulären Ausdruck 1:0 YE'V'YHUl 1:ij~ a!-lJtEAou, dessen Verbindung mit JtL'VEL'V Ex., mit der Erwähnung «jenes Tages» und wohl auch von X.UL'VO'V in der Terminologie der Passahliturgie. Auch die Verbindung mit einer einführenden Formel ist traditionell. Freilich führen Mt 26,29 und Lk 22, 16. 18 diese Formel ohne Amen, sondern mit ÖE resp. yaQ. Joh 6, 53 führt ein Wort, das vom Essen des Fleisches des Menschensohnes und vom Trinken seines Blutes spricht, durch eine Formel mit doppeltem Amen ein. Wenn die johanneische Bildung auch in keiner Weise das synoptische Verzichtwort aufweist, so gehört sie doch in den Raum der hellenistischen Abendmahlsfeier, in der auch die synoptische Tradition die A-Formel vorgefunden haben kann. Die Semitismen in Mk 14, 25 beweisen nicht mehr als die Nähe zur Tradition der hebräisch sprechenden Urgemeinde. 54 Ober die Herkunft der A-Formel sagen sie noch nichts aus. In den Stellen Mk 5, 3; 7, 12; 9, 8; 10, 8; 12,34 und 15,5 zeigt Mk eine gewisse Vorliebe für den Gebrauch von O\JX.El:L. Lk übernimmt diese betonte Verneinung nur in Lk 22, 16, wo er die Verzichterklärung auf die Passahmahlzeit umformt. 55 Mt 26, 29 und Lk 22, 18 lassen O\JX.E1:L fallen und betonen mit aJt' liQl:L resp. aJto 'tou 'VU'V den heilsgeschichtlich qualifizierten Zeitpunkt. Besonders für die lkn. Auffassung beginnt von nun an die Zeit der Kirche, die anstelle des jüdischen Passah das von J esus eingesetzte Abendmahl feiert. Mk verfolgt eine 54 Wenn auch Lohmeyer, Mk 30 auf die Semitismen aufmerksam macht und Jeremias, Abendmahlsworte 174 ff sie nachweist, so gilt trotzdem die Bemerkung Wilckens, überlieferung 298: «Die urchristliche überlieferung gerade auch des hellenistischen Chri'stentums ist wesenhaft in jüdischer Tradition beheimatet.» Semitismen sprechen nicht gegen einen Sitz in der griechischen Gemeinde. 55 Kümmel, Verheißung 25 und Conzelmann, Mitte 106 sprechen im Anschluß an Dibelius, Formgeschichte 211 von einer historisierenden Umbildung des Lk. 51
andere Absicht. Während er das Brotwort ohne jeglichen Zusatz erwähnt, widmet er dem Kelch der Danksagung alle Aufmerksamkeit. Er unterstreicht, wie alle aus dem Kelch getrunken hatten. Er betont die Verbindung des Kelches mit dem Gedanken an den im Blute Jesu geschlossenen neuen Bund, wie er in der von Paulus 1. Kor 11, 25 weitergegebenen Tradition erscheint. Wie nach Mk 10, 45 der Menschensohn sein Leben zum Lösegeld für viele hingegeben hat, so ist auch sein Tod das Bundesblut, das er für viele ausgegossen hat. Dabei aber versteht Mk das Abendmahl 56 nicht wie Lk in erster Linie als Erinnerungsmahl, sondern als Hoffnungsmahl. Der Kelch ist ihm wichtig, weil er auf die Wiederkunft des Menschensohnes weist. 57 Seine Parusie wird die Vollendung des neuen Bundes und damit den Einbruch des Reiches Gottes bringen. Der Tod des Menschensohnes ist für Mk Unterpfand der Hoffnung auf die eschatologische Erlösung durch den wiederkommenden Menschensohn. Darum ergänzt er das Kelchwort, mit der A-Formel eingeführt und hervorgehoben, durch ein aus traditionellen, kultischen Elementen geformtes Jesuswort, das den Blick auf die Parusie richtet. c) Die Vorhersage der Verleugnung Petri ist verschieden überliefert. Mt 26,34 übernimmt die A-Formel wörtlich von Mk 14, 30, ecp't') statt ÄE"{EL vielleicht in Anlehnung an ecp't') Mk V.29; OU O~~EQOV und M~ übergeht Mt. Lk. 22,34 zeigt die meisten Unterschiede. Trotzdem er sonst eine A-Formel bei Mk nie mit der bloßen Kurzformel wiedergibt, ist die Annahme eines besonderen Überlieferungsstranges hier nicht nötig. Die Veränderungen lassen sich aus der Eigenart des Lk erklären. ~{, ersetzt er durch den Namen des Petrus und stellt 56 Vgl. zur «Bearbeitung des Mk-Textes» Buhmann, Tradition Erg. Heft S.42. 57 Grässer, Parusieverzögerung 54.56 unterstreicht das Bewußtsein unmittelbarer Naherwartung; mkn. oder vormkn.? 52
ihn als Apposition zu aoL ~~f.A.EQOV fügt er zum Hahnenschrei und benötigt darum die Angabe «diese Nacht» nicht mehr. Die Erwähnung des zweimaligen Hahnenschreis läßt er mit Mt und Joh 13, 38 fallen. 'A3t<XQv~a'Yl mildert er mit f.A.TJ EL<)EVUL und beschränkt so die ganze Ankündigung auf die historische Situation des Petrus. Nach Lk 22, 31 bedeutet die Verleugnung (vgl. Lk 22,55-62) eine vorübergehende und von Jesus angezeigte Glaubensprüfung des Apostels durch den Satan, der eine beispielhafte Reue und Bekehrung folgen werden! Joh übernimmt die rhetorisch wirksame A-Formel aus der mkn. Tradition, vereinfacht und verstärkt die Ankündigung in Anlehnung an Lk zu einer feierlichen Beschwörung. Das Fajjumfragment 58 läßt die Formel fallen, verrät aber seinen Anschluß an Mk durch den zweimaligen Hahnenschrei und durch die novellistische Weiterbildung zu UAE%'tQUroV und %O%%V~ELv. So verbleibt die Möglichkeit, die A-Formel in Mk 14, 30 einer vorhergehenden Tradition zuzuweisen. Die redaktionelle Verwendung der Formel kann aber als Aussage innerhalb der theologischen Konzeption des Evangelisten verständlich gemacht werden. Dazu dienen die folgenden Erwägungen: Petrus ist bei Mk nicht nur Typos des Jüngers, sondern eines Christen überhaupt. Die Verkettung der Vorhersage mit dem Psalmenzitat (Ps 41,6), die sich bereits in der Vorlage befindet, erklärt Mk das immer schwankende Verhalten der Jünger dem Messias gegenüber. Die Messianität Jesu blieb eben bis zu seinem Tod auch für die Jünger eine verborgene und dies nach Gottes, bereits in der Schrift aufgezeigtem Willen. Wenn aber die Schriftaussage die Verleugnung anzeigt und sich selbst Petrus der Notwendigkeit ihres Ablaufes nicht entziehen kann, obwohl Mk seine Treue besonders beteuert, dann wird auch die bedrückende Situation in der bedrängten Gemeinde des Mk erklärlich und 58 Text bei Aland, Synopsis 444. Den Zusammenhang mit Mk vermutet schon Buhmann, Tradition 287 Anm. 3. 53
erträglich. Die schmerzliche Tatsache, daß einzelne Glieder der mkn. Gemeinde ihre Zugehörigkeit zu Christus vor Juden und römischen Soldaten aus Menschenfurcht und Lebensangst verleugneten, ist in der Schrift vorausgesagt. Selbst ein Petrus vermochte sich nicht zu entziehen, wie viel weniger dann ein gewöhnliches Glied der Gemeinde! Nicht menschliche Unzulänglichkeit und Charakterschwäche 59 steht über den leidvollen Erfahrungen der Jünger und der späteren Gemeinde, sondern der Vollzug des in der Schrift geweissagten göttlichen «BEL».60 Wie die Schrift für den Weg der Gemeinde im allgemeinen, so weissagt J esus nach mkn. Betonung im Blick auf Petrus im besonderen diesen Ablauf des göttlichen Willens. I
59 Gegen Wrede, Messiasgeheimnis 106 und Schniewind, Mk 1St. 60 Fascher, Beobachtungen 250: «Drang jenes hellenistische schon in die LXX ein, so wird die ihre LXX lesende christliche Gemeinde hier ihre Anknüpfung in erster Linie gefunden haben.» Inventaraufnahme der öEL-Stellen ibo 252 ff Anm. 13.
54
2. Kapitel
DIE LOGIEN IN DER REDEQUELLE
§ 16: Abrahams Kinder Mt 3, 9 / Lk 3, 8 Die zu bekämpfende Behauptung der Gegner wird im Vordersatz aufgenommen und ihr darauf, von der Formel eingeführt, die Antithese entgegengestellt. Meinung und Gegenmeinung gehören zusammen, so daß sich die Formel nicht aus dem Ganzen herauslösen läßt. TOlrtrov weist auf eine nicht mehr konkretisierbare und darum typisch gewordene Einzelsituation. Die Formel leitet die Sprucheinheit nicht ein und erfüllt in Q nicht die Funktion der Verklammerung. Die antithetische Form des Drohspruches und die Aufnahme des Motivs der Abrahamskindschaft machen einen reflektierten Eindruck und weisen auf eine geschulte Polemik. Diese hat den Täufer bereits verchristlicht und heilsgeschichtlich eingeordnet, sodaß der Täufer als Zeuge in die antijüdische Polemik eingesetzt werden kann. Der Gebrauch der sonst nur in Verbindung mit Jesusworten anzutreffenden Formel läßt sich nur erklären, wenn dieser gelehrten Polemik bereits Zusammenstellungen von formelverbundenen Jesusworten bekannt waren. In Anlehnung oder Übernahme daraus wurde dann der vorliegende antithetische Drohspruch gebildet.
§ 17: Das Strichlein des Gesetzes Mt 5,18 Das mit einer A-Formel eingeleitete Logion stammt nach Lk 16, 17 aus Q. Mt ergänzte es mit einer 2. Fristbestimmung 55
aus Mk 13, 30, wie die übernahme in Mt 24, 34 zeigt. Seinen redaktionellen Sinn erhält das Logion 61 durch die Einordnung in den Zusammenhang von Mt 5, 17 H. Für Mt beginnt der neue Aeon erst mit der Parusie des Menschensohnes und dem damit verbundenen Weltgericht. Der Täufer als der wiedergekommene Elias und J esus als der gekommene Messias stehen am Ende des alten Aeons und lehren die neue Gerechtigkeit. Nach Jesu Tod bildet die Kirche das messianische Gottesvolk in der noch zum alten Aeon gehörenden Endzeit. Darum hat der gekommene Messias das Gesetz nicht aufgelöst, sondern es in formaler Hinsicht als Weissagungsschrift durch sein Kommen und inhaltlich durch sein Lehren und Handeln erfüllt. 62 Die Frage nach der Geltung der Toragebote ist für Mt zugleich die Frage nach der Gültigkeitsdauer des Gesetzes. Darum visiert er den Tag des Menschensohnes und des Gerichtes als den den alten Aeon abschließenden Zeitpunkt. 63 Die Fristbestimmung Mt 5, 18 c ist darum 61 Das ursprüngliche Logion halten viele, auch Strecker, Weg 137 Anm.4; Braun, Radikalismus 7 seit Bultmann, Tradition 147 für einen Satz aus der judenchristlichen Gemeindedebatte gegen die Hellenisten; Schweizer, Gesetzesverständnis 481 Anm.4; Kümmel, Traditionsgedanke 128 u. a. für einen judaistischen Zusatz. Schürmann, Gebote 249 denkt an eine interne, judenchristliche Diskussion. 62 Trilling, Israel 179 betont mit Recht, daß Mt V. 18 auf den Erfüllungsgedanken von V. 17 hin auslegt, freilich nicht mehr mit derselben Entschlossenheit wie in der 1. Aufl. 1959, 152 f. Eine Untersuchung der matth. Reflexionszitate aber würde zeigen, daß Mt meistens nur die Zitate aus einer Testimonienreihe aufgenommen hat, daß aber alle Einführungen, die den heilsgeschichtlichen Erfüllungsbegriff aufweisen, redaktionell sind. Vgl. dazu Walker, Heilsgeschichte 132 f. Darum ist Descamps, Essai 161 beizupflichten: «Jesus realise la Loi comme on realise une prophetie, c'est-a-dire qu'il considere la Loi comme une sorte d'annonce qui trouve dans la venue du Messie une realisation d'un autre ordre.» 63 Entsprechend Teepie, Prophet 25: «until the arrival of the Age to Come.» Leider nimmt Trilling, Israel 167 ff (3. Aufl.) die entsprechende Auslegung in der 1. Aufl. 140 f wieder zurück. Aber Beyer, Syntax 132 erklärt, daß «nur die zeitliche Reihenfolge zweier Ereignisse» in Frage kommt. 56
nicht als sekundäre Glosse, sondern als redaktionelle Betonung und Erläuterung des V. 18 a ebenfalls redaktionell beigefügten eoo; zu verstehen. Mt 5, 18 c findet sich buchstäblich in Mt 24, 34. Hier aber ist die übernahme aus Mk 13, 30 ff offensichtlich. Anstatt IlEXQL; 0-0 verwendet Mt sein oft gebrauchtes eoo;. Aus Mk 13, 30 ff übernahm Mt in 24, 34 auch den Ausdruck «Himmel und Erde werden vergehen». Dieser Ausdruck erinnert Mt aber sofort an Q Lk 16, 17. Darum läßt er «meine Worte» in Mk 13, 31 fallen und ersetzt sie durch «Häklein» aus Q, dem er noch «Jota» beifügt. Die zweite Fristbestimmung ist deshalb mit der ersten identisch und 'YEvrrtaL V. 18 c nicht mit dem buchstäblichen Tun der Toragebote, sondern mit den endzeitlichen Ereignissen zu verbinden. Mt 23, 36; 24,2. 8. 33. 34 sagen mit Mk immer nav'ta mit dem hinweisenden 'taiha verbunden. In V. 18 c mußte Mt dieses 'taiha fallen lassen, weil er eine Beziehung auf das Tun der einzelnen Gebote ausschließen wollte. Die am Buchstaben hängende Befolgung des einzelnen Toragebotes war für Mt nicht ein Problem, wie es sich in der paulinischen Verkündigung stellte. Seine messianische Gesetzesinterpretation verwarf den Buchstaben nicht, sondern machte ihn transparent für die eigentliche Forderung Gottes. Die Verklammerung des Logions aus der Redequelle mit der synoptischen Apokalypse in Mk 13 zeigt nun auch, woher die A-Formel stammt: Mt 5, 18 a übernimmt sie aus Mk 13, 30 wie er es Mt 24, 34 nochmals tut. Das beigefügte "(aQ las er vielleicht in der Q- Vorlage des eingearbeiteten Logions.
§ 18: Bis zum letzten Rappen Mt 5,26 / Lk 12,59 a) Die Drohung schließt mit der Formel an die vorhergehende Drohung mit dem Gefängnis an. Sie verschärft diese mit dem Hinweis, daß es, bevor der letzte Rappen bezahlt ist, keine Entlassung geben wird. Die angedrohte Strafe 57
ist von endloser Dauer. Auch sonst wird der Neueinsatz sichtbar. Vom Geld war vorher gar nicht die Rede, sondern von einer klugen Abfindung vor der Gerichtsverhandlung. Der gute Rat, sich beizeiten zu vergleichen, schließt mit der Erwähnung des Gefängnisses schon eindrücklich genug. Das Bildwort vom Gang zum Richter hat bereits in Q einen mit der Formel eingeführten, verschärfenden Abschluß gefunden. Für sich genommen ist dieser nicht verständlich. Er enthält kein selbständiges Logion. Die ausgesprochene Warnung bleibt in der Bildhälfte, und ihre Ausdeutung erlaubt verschiedene Beziehungen. Aber der paränetische Charakter innerhalb der Gerichtspredigt ist offensichtlich. b) Woher stammt die A-Formel? Im unmittelbaren Kontext des Mt fehlt sie. Aber Mt 26, 34 zeigt eine wörtliche übernahme aus Mk 14, 30. Indessen läßt Lk 22,34 sie gerade fallen! Bedenkt man die Vor liebe des Lk für die Kurzformel, so ist auch Lk 12, 59 eine Reduktion einer in Q liegenden A-Formel anzunehmen. Die Verbindung der Q-Stelle mit dem Gang zum Opferaltar ist für Mt bezeichnend. Der aV'döLxO~ aus Q (V. 25) ist für ihn mit dem Bruder V. 24 identisch. Die brüderliche Versöhnung angesichts des bevorstehenden Gerichtes gehört zu seiner Grundkonzeption. Im Gleichnis vom Schalksknecht erwähnt er Mt 18, 30. 34 die drohende, endgültige Verurteilung in ähnlicher Weise und spricht ebenfalls von einer Geldschuld. Das Bild vom Gang zum Richter hat Mt also entsprechend verstanden: Geforderte barmherzige Versöhnung mit dem fehlbaren Bruder, weil Gott im Endgericht im entsprechenden Maß vergeben wird. c) Der lkn. Kontext, in den Lk 12, 57 ff das Q-Wort stellt, zeigt nur scheinbar eine direktere Bezugnahme auf die Eschatologie. Nicht der unmittelbar bevorstehende Zeitpunkt des Gerichtes, sondern die der Gemeinde noch gegebene Frist zur Buße und Umkehr liegt im missionstheologischen In58
teresse des Lk. Darum beschließt er die Parabel mit einer impliziten Deutung, die er durch die Kurzformel einleitet.
§ 19: Feindesliebe Mt 5, 44 / Lk 6, 27 Die Ermahnung zur Feindesliebe wird bei Lk durch eine die Formel auflösende Umformung an den vorhergehenden Komplex angeschlossen. Dieser leitet mit vier Seligpreisungen und vier Weherufen die Feldrede ein. Lk 6,27 sollte sich auf das Volk und nicht auf die mit den Weherufen Bedachten beziehen. Darum löst Lk die Formel auf und erreicht so den Anschluß an die in V. 20 um Jesus versammelte Schar. Mt 5, 44 bringt die Mahnung als Antithese zu einem vorangestellten Gebot, den Feind zu hassen, und verwendet darum die antithetische Ergänzung der Formel mit EyW. Die Annahme eines andern Überlieferungsstranges des Gebotes von der Feindesliebe bei Mt erübrigt sich. Das antithetische Schema ist Kunstform der matth. Redaktion 64 und der Parallelismus in Lk 6,27 f ist redaktionelle Erweiterung. So erklären sich die Formelformen bei Mt und Lk als redaktionelle Weiterbildungen einer Formel Ä. ÖE 'Ö. in Q, wo sie als Stilmittel einer wichtigen Einzelmahnung innerhalb einer paränetischen Spruchsammlung besonderen Nachdruck verleiht.
§ 20: Nicht Sorgen und Salomons Kleid Mt 6, 25 / Lk 12, 22; Mt 6, 29 / Lk 12,27 Beide Formeln sind traditionell und dienten der Verklammerung der unmittelbar eingeführten Einzelworte, während die Sprüche der Q-Reihe durch Stichwortverbindung verbunden sind (vgl. OOO!lU [Mt 6,22], !lEQL!lVaV, EVÖ'U!lU). Die zweite Formel Mt V. 29 / Lk V. 27 ist formales Stilmittel 64 Buhmann, Traditi'on 159. 59
zum rhetorischen Hinweis auf die sprichwörtliche Kleiderpracht Salomons. Die Spitze der Aussage des Spruches von der unnötigen Kleidersorge liegt aber nicht in diesem Hinweis, sondern, vielleicht im Anklingen von Ps 90, 5 f oder Ps 103, 15 f, in einem Schluß a minore ad maius: Wenn schon für die Lilie auf dem Felde und das verdorrende Gras gesorgt ist, wie viel mehr sorgt der himmlische Vater für den ebenfalls vergänglichen Menschen. Fraglich bleibt lediglich, ob
§ 21: Der Hauptmann und die fremden Tischgenossen Mt 8, 10 / Lk 7, 9 ; Mt 8, 11 f a) Mt 8, 10 führt das Logion aus Q mit der A-Formel, Lk 7, 9 mit der Kurzformel ein. Der von Jesus gerühmte 60
Glaube des Hauptmannes wird in verschiedener Weise am Glauben Israels gemessen. Mt betont, daß Jesus überhaupt bei keinem einzigen Angehörigen des Volkes Israel einen entsprechenden Glauben gefunden hätte. Dabei wendet sich J esus an jene, die ihm nachfolgten. Angesprochen sind nach V.5 die mit Jesus in Kapernaum einziehenden Jünger. Anders interpretiert Lk: Selbst in Israel fand Jesus keinen so großen Glauben wie bei diesem römischen Centurio. Lk läßt Jesus ausdrücklich mit dem jüdischen Volk sprechen. Das Israel zur Zeit J esu wird nicht einfach ungläubig abgeschrieben, sondern der außerordentliche Glaube des Römischen unterstrichen. Das Logion erscheint als integrierter Bestandteil der Perikope und bildet ein nicht isolierbares Situationswort. Im betonten, mit Israel vergleichenden Hinweis auf den Glauben aber gipfelt diese Situation. Die Erwähnung der Heilung ist nur kurz bestätigter Abschluß Mt V. 13 c / Lk V. 10. Nach V. 10 schiebt Mt mit Hilfe der Formel ein in Q durchaus isolierbares selbständiges Logion ein, welches Lk 13, 28 f ohne Formel untergebracht wird. b) Andererseits stellt Mt V. 11 f nur eine Weiterführung des für Mt wichtigen Gesichtspunktes der Verurteilung des jüdischen Volkes dar. 65 Die Annahme ist darum erlaubt, daß Mt und Lk die Perikope in Q mit dem Hinweis auf den mangelnden Glauben Israels mitsamt der Formel vorgefunden haben. 66 Mt ergänzt dann, weil er die Aussage pointieren will, mit Amen; Lk aber verwendet seine KurzformeI, weil seine Interpretation das Gewicht nicht auf das Verhältnis 65 Schniewind, Mt 110: «jede Hoffnung scheint vernichtet», Trilling, Israel 88 : «ein Gerichtswort von strenger logischer Konsequenz». «Heulen und Zähneklappern» wird bei Mt zum Ausdruck der Leiden der in die Verdammnis geworfenen Juden vgl. Mt 13, 42. 50; 22,13; 24, 51b; 25) 30; Hen 103, 3. 4; slavHen 40, 12. 66 Schürmann) Sprache 67 Anm. 111 nimmt Amen in Q an; Strecker) Weg 124 versteht es ebenfalls als matth. 61
zu Israel, sondern auf das zu den Heiden legt. In Mt V. 11 hat dann Mt die oben in Q vorangehende Formel repetiert, um das nachfolgende Logion aus Q bestätigend anhängen zu können. c) Der mit der Formel eingeführte und mit der Perikopensituation verbundene Hinweis auf den Glauben in der Redequelle aber bedarf ebenfalls einer Erwägung. Die Perikope in Q stellt nicht den Glauben des Hauptmannes dem Israels gegenüber, sondern betont, daß nicht nur Israel, sondern auch Heiden glauben, und zwar an den Kyrios glauben können. Der vom Hauptmann angeführte Vergleich mit der Autorität des Höhergestellten über den Untergebenen zeigt diese Glaubensvorstellung: Glauben an Jesus ist Glauben an den vollrnächtigen Kyrios. Wo aber in einer heidenchristlichen Gemeinde die Hoheit des Kyrios anerkannt wird, darf mit dem Wunder der Krankenheilung gerechnet werden. Die Redequelle ergänzt ihre Spruchsammlung offensichtlich mit einer Beispielserzählung, durch welche nicht nur die Hoheit Jesu gezeigt, sondern zu einem Glauben an den Kyrios gerufen wird, der auch unter Heidenchristen Wundertaten erwarten soll.
§ 22: Die Städte im Gericht Mt 10, 15 / Lk 10, 12; Mt11,22.24 a) Das Logion über Sodom im Gericht stammt aus dem Q-Strang der Missionsanweisungen an die Jünger. Lk läßt ihm unmittelbar die Weherufe über die galiläischen Städte Lk 10, 13-15 folgen, während Mt noch verschiedene Sprüche, besonders die Abschnitte über den Täufer, dazwischenfügt. Hingegen repetiert Mt nach den Weherufen über die galiläischen Städte (Mt 11, 21-23) den Spruch über Sodom Mt 11,24. Durch den Gleichklang von Sidon und Sodom ver62
anlaßt, hängt er 11,23 b die Bemerkung mit einem Bezug auf den Zeitpunkt seiner Bearbeitung an. Dann repetiert er ad vocem Sodom das Logion Q Mt 10, 15 / Lk 10, 12. Dabei wird in V. 24 Amen der A-Formel Mt 10, 15 in Angleichung an die Formel in Mt 11, 22 durch 3tÄ~v ersetzt. IIÄ~v stammt aus Q, vgl. Lk 10, 14. Das zusätzliche ö-n recit. dürfte ebenfalls aus Q stammen (vgl. Lk 10, 12) und aus rhythmischer Angleichung 67 an V. 23 b angeführt sein. Es fällt auf, wie leicht Mt hier Amen fallen läßt resp. ersetzt. Die Verbindung mit der Formel empfindet er offensichtlich nicht als fest. Nichts weist darauf hin, daß er sie hier in der Q-Vorlage gelesen hätte. Aber im in Mt 10 einbezogenen Mk-Strang findet sich die A-Formel, nämlich Mk9,41 = Mt10,42. Dazu kommt die A-Formel in Mt 10, 23. Für Mt hat das Logion 10, 15; 11,24 den Charakter eines polemischen Drohwortes erhalten, welches die Autorität der apostolischen Verkündigung betonen soll. Ihre Ablehnung bedeutet Verwerfung im Endgericht. Mit dem eingefügten Amen unterstreicht Mt einmal mehr die gerichtseschatologische Beziehung seiner apostolischen Verkündigung. b) Vermutlich hat Lk den Q-Zusammenhang bewahrt. Die Beziehung von «an jenem Tag» ist indessen nicht mehr sichtbar. In Q wurde wohl auf das Schicksal der Einwohner von Sodom im Endgericht hingewiesen, um den Reisemissionaren das Gastrecht zu sichern. Lk aber geht es nicht mehr um diese Ordnung, sondern um die Verkündigung des nahe gekommenen Gottesreiches (vgl. Lk 10, 9. 11) und der dadurch geforderten Entscheidung. Tischendorf liest Lk 10, 12 die Formel mit öE nach Lesarten, die vielleicht noch die Q-Formelform mitgehen ließen. Wie sich dies auch verhalte, die Verwendungsart der Formel in Q zeigt sich wiederum deutlich als eine paränetische. Die Erwähnung eines atl. Beispieles und 67 Gaechter, Mt 371 f. 63
des Jüngsten Gerichtes als «jenem Tag» weisen zudem auf ein hohes Alter. 68
§ 23: Die Worte über den Täufer Mt 11, 9/ Lk 7,26; Mt 11, 11 / Lk 7, 28 a) In Q Mt 11, 9 / Lk 7, 26 ist die Formel weder von der eingeführten Aussage noch vom Traditionsstück ablösbar. Die Aussage bildet vielmehr die Antwort auf die kunstvoll dreimal gestellte Frage 'tL E~~]dta'tE. Diese Antwort: «mehr als ein Prophet» ist nochmals eine herausfordernd gestellte Frage! Auf sie folgt dann als Antwort der Schrifthinweis. Mt V. 11 und Lk V. 28 gehören zur Q-Gestalt des Abschnittes. Vor Q aber muß die Belehrung über den Täufer mit dem Zitat aufgehört haben. Denn Mt V. 11 a resp. Lk V. 28 a schließen mit einer Formel einen exaltierten Lobspruch auf Johannes an, der schlecht zur reflektierten, heilsgeschichtlichen und auf den Schriftbeweis gründenden Belehrung über den Täufer paßt. Der Verfasser der Redequelle konnte darum den Einzelspruch, der auf die Geburt J esu aus Maria überhaupt keine Rücksicht nimmt, nicht ohne die Mt V. 11 b / Lk V. 28 b folgende Richtigstellung aufnehmen. Die Formel mit vaL aber begegnet uns hier in Q als Stilform ältester katechetischer Reflexion. b) Die Redequelle hielt den alten Lobspruch auf den Täufer nicht in zustimmender, sondern in polemischer Absicht fest. Die Täufersekte mochte Johannes auf Grund von Dt 18, 15 als den sogenannten Großen Propheten und wiedergekommenen Moses betrachten. Die christliche Gemeinde konnte aber nur positiv zum Täufer stehen, wenn sich Johannes in 68 Westermann, Grundformen 148 glaubt, daß in Jesu Worten über die Städte und über Jerusalem die atl. prophetische Gerichtsrede wieder zurückkehre.
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eine heilsgeschichtliche Periodisierung einordnen ließ, welche in Jesus den Messias und Bringer des Gottesreiches erkannte. Darum heben sich Mt V. 11 a und 11 b, resp. Lk V. 28 a und 28 b voneinander ab. Die zweite Hälfte des Verses korrigiert die erste, indem im Anklang an die rabbinische Diskussion über Groß und Klein im kommenden Aeon zwischen J 0hannes und dem Gottesreich, zwischen Prophet und Messias, streng geschieden und der Täufer untergeordnet wird. Eine Bezugnahme auf die Person Jesu findet sich beim Johanneslob nicht. Dieses Fehlen einer geformten christologischen Reflexion paßt zum hohen Alter des von Q aufgenommenen Stückes. Die Redequelle hat es zu den übrigen Worten über den Täufer angefügt und benützte dazu die Formel, die sich im vorangehenden katechetischen überlieferungsstück vorfand, als Anreihungsformel. c) Mt 11, 11 a führt die A-Formel. Dreimal findet sich die A-Formel im vorangehenden Text des Mt: Mt 10, 15. 23. 42. Darnach ergänzt er die in der Q-Vorlage gelesene Formel. Warum? Er will die Täufergestalt aufwerten. Der V. 12 angehängte Stürmerspruch nimmt den Täufer mit hinein in die letzte Epoche der Endzeit, in welcher sich die messiasgläubige Gemeinde des Mt selber befindet. Nicht nur auf Jesus (vgl. Mt 5, 17), sondern auch auf den Täufer weissagten die Propheten und das Gesetz (V. 13). V.14 wird dann die redaktionelle Meinung, hervorgehoben durch die Weckformel V.15, direkt ausgesprochen: Der Täufer war der wiedergekommene Elias. d) Lk 7, 28 a gibt die Formel in der üblichen Kurzform wieder. Die Textüberlieferung ist freilich gespalten. Zur Erfassung der lkn. Interpretation des Q-Logions wird man auf die übernommenen Formeln V. 26. 28 nicht viel Gewicht legen dürfen, sondern den Zusammenhang mit V. 29 f ins Auge fassen. Lk beschreibt die Tauftätigkeit, von der die Pharisäer und Gesetzeslehrer keinen Gebrauch machten und 65
den Heilsratsbeschluß Gottes verwarfen. Sie verstanden den Bußcharakter der Johannestaufe nicht, welche für Lk die messianische Heilszeit heraufführte.
§ 24: Augenzeugen Mt 13, 17 / Lk 10, 24 a) Das formelverbundene Logion schließt schon in Q an die Seligpreisung der Jüngeraugen an. Durch die lkn. überleitung V. 23 a wird das Q-Doppelwort vom vorangehenden Jubelruf abgehoben und mit den zurückkehrenden Jüngern in Verbindung gebracht. Mt kennt keine überleitung. Nach der Erweiterung der Mk-Vorlage durch das Jes-Zitat fügt er die Seligpreisung direkt an. Den schon von Mk übernommenen Doppelausdruck Sehen/Hören versteht er im Sinne seiner Anschauung von der Erwählung und Verstockung des Volkes Gottes. 69 Lk aber denkt an die von J esus und seinen Jüngern gewirkten Wundertaten als Beweis für die Gegenwart des Heils. So betont Mt mit dem Doppelwort die messianische Wirksamkeit Jesu, welche die prophetische Weissagung erfüllt hat, und Lk die gegenwärtige Heilszeit. Die übernommenen Formeln unterstützen diese Interpretationen. b) Wie lautete die Formel in Q? Die mit yfJ.f} erweiterte A-Formel bei Mt empfanden Sinaiticus, alt1at. und ägypt. HSS mit Recht als überfüllt und ließen es fallen. Mt 5, 18; 10,23 und 17,20 aber zeigen dieselbe Besonderheit. Dabei wird Amen übernommen: 5, 18 und 17,20 aus Mk; 10,23 aus S. So besteht auch für Mt 13, 17 die Möglichkeit der übernahme der A-Formel aus Q. Sie wird zur Gewißheit, wenn die Verwandtschaft zu den beiden Q-Doppellogien Lk 12, 37 und Mt 24,46 f / Lk 12,43 f beachtet wird. Beides sind Makarismen, die mit dem nachfolgenden, formelverbun69 Gnilka, Verstockung 93 Anm. 18. 66
denen Logion ebenfalls ein Doppelwort bilden. In Lk 12, 44 übersetzt der Evangelist Amen mit aArrfrw~. Dadurch bestätigt sich die A-Formel im Q- Wort.
§ 25: Senfkornglaube Mt 17, 20 Mt 17, 20 schiebt das Senfkornwort aus Q mit einer A-Formel in den Mk-Text ein, obwohl Lk 17, 6 keine Formel führt. Lk spricht nicht von einem Berg, sondern vom Feigenbaum, trotzdem hat er mit Mk 11, 23 kombiniert. Hier in Mk 11, 23 aber ist das Wort vom Berg mit einer A-Formel verbunden. Und von hier hat sie Mt in seine Parallele Mt 21,21 übernommen. Weil Mk 9, 28 f für das Empfinden des Mt zu sehr die Ohnmacht der Jünger und sogar ihre Gebetsträgheit hervorhebt, mußte die Vorlage umgebaut werden. Darum stellt Mt den Zusammenhang mit dem Glauben her, wovon ja Mk V. 28 f explizit nicht die Rede ist. Mt läßt Jesus bei der Beantwortung der Jüngerfrage auf den Kleinglauben 70 hinweisen. Das Hauptwort findet sich nur hier. In Q Mt 6, 30/ Lk 12, 28 steht das Adjektiv kleingläubig und bezeichnet den Mangel an Vertrauen in die väterliche Fürsorge Gottes. Nach Mt 8,26; 14,31; 16,6 aber werden die Jünger resp. Petrus getadelt, weil sie der messianischen Vollmacht in J esus zu wenig zutrauen. Nach Ostern (Mt 28, 18) werden die Jünger dann als vollrnächtige Apostel auftreten. Weil Mt nicht von der Ohnmacht, sondern von dem wachsenden Glauben der Jünger sprechen wollte 71, griff er auf das in L~ 17,6 erscheinende Q-Wort mit dem Baumrnotiv, das er aber offensichtlich nur mit dem Bergmotiv kannte, wie er es 70 Kaum ein Lieblingswort des Mt! Gegen Bornkamm, Enderwartung 24 und Sturmstillung 52. 71 Gegen die negative Interpretation von Barth, Gesetzesverständnis 106 und von Held, Wundergeschi'chten 173. 181. 254. 67
in Mk 11, 23 antraf. Von dort übernahm er auch die Formel und betonte so mit dem umgearbeiteten, formelverbundenen Wort seine eigene Interpretation: Der Glaube der Jünger ist wohl noch klein wie ein Senfkorn. Wie aber dieses zum großen Strauch heranwächst, so wird auch der Kleinglaube der Jünger zum großen vollmächtigen Glauben heranwachsen. Mt macht aus dem Tadel eine Verheißung. «Und nichts wird euch unmöglich sein!»
§ 26: Die Freude am gefundenen Schaf Mt 18,13 / Lk 15, 7 a) Mt macht aus dem Gleichnis vom verlorenen Schaf ein Gleichnis für die Jünger Jesu, die zur rechten Hirtentreue gegenüber strauchelnden Gemeindegliedern aufgerufen weiden. 72 Lk stellt das Gleichnis in die missionarische Situation und ruft zur Umkehr. Er weist auf die Freude, mit welcher die missionarische Unternehmung durchzuführen ist und auf die Freude im Himmel über ihrem Gelingen. 73 Mt V. 13b erwähnt die Pointe noch vollständig innerhalb der Bildhälfte des Gleichnisses. Sie wird nicht gedeutet, sondern als solche mit der A-Formel hervorgehoben. Das eigentliche Deutewort V. 14, mit olhro~ eingeleitet, blieb bei Mt ohne Formel, obwohl es das redaktionelle Verständnis des Gleichnisses enthält: Keines der zur Jesusgemeinde gehörenden Glieder auch das schwächste nicht - darf verloren gehen. Die redaktionelle Betonung liegt also nicht auf der A-Formel. Nicht die Freude, sondern die findende Hirtentreue ist Mt wichtig. Es ist darum nicht erklärlich, wie Mt die A-Formel in die Q;;.Vorlage eingetragen hätte. Sie muß vielmehr der Redequelle zugesprochen werden. 72 Mit Jeremias, Gleichnisse 29 und Tooley, Shepherd 23, ähnlich Michaelis, Gleichnisse 133. 73 Auf die im Reisebericht durchbrechende praktische missionarische Tendenz des Lk wei'st Reicke, Instruction 116. 68
b) Dies wird durch Beobachtungen an der Rezension der Q-Vorlage bei Lk deutlich. Lk V. 5 f löst die mit der A-Formel eingeleitete Pointe in eine novellistische Umsetzung auf und stellt die Formel unmittelbar vor dem in Q mit olhO)~ eingeleiteten Deutewort auf die Sachhälfte des Gleichnisses. Dabei reduzierte er die Formel auf die Kurzform. Nicht die suchende Hirtentreue, sondern die Umkehr des Sünders ist für Lk die betonte Wahrheit. Das ursprüngliche Gleichnis in Q hat die A-Formel noch innerhalb der Bildhälfte geführt und anschließend mit olhO)~ auf die Deutung hingewiesen. Für die Beurteilung der Q-Formel ist wichtig, daß sie nicht formal als Mittel der Anreihung in Erscheinung tritt. Sie zeigt hier innerhalb der Bildhälfte eine andere Funktion. Sie unterstreicht nicht nur die Freude, sondern die größere Freude des Hirten. Diese Unterstreichung wird dann im nachfolgenden Deutewort interpretiert. Form und Verwendungsart der Formel weisen hinter Q zurück auf den ursprünglichen Sitz in jener ältesten Gemeindepredigt 74, die der Verkündigung J esu von der Berufung der Verstoßenen sehr nahe stehen dürfte.
§ 27: Dieses Geschlecht Mt 23,36 / Lk 11, 51 b a) Mt 23, 34 ff / Lk 11, 49 ff führen ein in der Q-Tradition vorgefundenes apokalyptisches Wort aus dem SophiaMythus 75 mit der Einleitung ÖUl 'toiho (?tat) an. Dabei verrät Lk noch die ursprünglichere Gestalt nach der mit c:bW<1'tEAOO die personifizierte Weisheit und nicht Jesus spricht. Erst Lk läßt Jesus sprechen und muß darum auch die Apostel beifügen. Auch die Formel V. 51 b versteht er dann als von 74 «The parable re fleets the strained relations between the Pharisees and Jesus beeause of the latter's attitude to ,sinners'.» Tooley, Shepherd 23. 75 Vgl. Wilckens, aoepta 515, 22-516, 15.
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Jesus ausgesprochene Drohung. Mt hat die Q-Vorlage in diesem Verständnis noch weiter bearbeitet. Seine im Synagogenbann stehende Gemeinde und die entsprechend scharfe Polemik ist greifbar. b) Nach Q Mt 11, 9 / Lk 7, 26 sitzt die Formelform mit vaL in der Redequelle. Darum kann hier nicht vorschnell auf ein ursprüngliches Amen geschlossen werden, das Mt noch bewahrt hätte. 76 Mit 'taiha rea.v'ta verbindet Mt ganz bestimmte Vorstellungen. In Mt 24, 33 f übernimmt er die mkn. Vorlage in entsprechender Interpretation. Die kriegerischen Ereignisse, denen Jerusalem zum Opfer fällt und die unerhörte Leiden über das jüdische Volk bringen, versteht er als apokalyptische Vorzeichen des Endes und als göttliche Bestrafung der Messiasverwerfung. 77 Die interpretierte Mk-Stelle 13, 30 aber führt das Logion mit der A-Formel ein. In Angleichung an diese hat Mt 23, 36 die Form mit vaL in der Q-Vorlage geändert. Eirunal mehr betont er so durch die Jesus in den Mund gelegte A-Formel die Verurteilung der Jesusgeneration. c) Eine andere Frage bildet das Verständnis der Formel mit vaL in der Redequelle. Wenn Q das Sophia-Wort zitiert, tut sie es mit einer bestimmten Absicht. Die verfolgten, christlichen Propheten erleiden das Schicksal der alttestamentlichen Propheten. Ihr Märtyrium aber wird wie jenes der alttestamentlichen durch das noch über die gegenwärtige Generation hereinbrechende Gottesgericht gesühnt werden. Die formelverbundene Aussage V. 51 b betont lediglich das Zitat, indem es E%t't']'t't']'frfJ und areo 'tij~ 'YEVEa~ 't(ll'rr't']~ in V. 50 repetiert. Die Futurform des wiederholten Verbs sagt, daß 76 Gegen Stuiber, Amen 154, der ohne jede Analyse behauptet, daß val. in Mt 11, 9; Lk 7, 26; 11,51; 12,5 ein ursprüngliches Amen verdrängt habe. Unnik, Reisepläne 223 f versteht val. / U!J.lIv als Wechselbegriffe. 77 Vgl. die Auseinandersetzung mit Hummel, Judentum in Hasler, Judenmi'ssion 186 Anm.26. 70
im Augenblick das Gericht noch aussteht, aber gewißlich noch über diese Generation hereinbrechen wird. Damit liegt in Q ein christlicher, aus der Sophiatradition gebildeter Drohund Trostspruch vor. Wenn der Charismatiker ihn im Gottesdienst zu der über dem Märtyrium ihrer Propheten erschrockenen Gemeinde ausgesprochen hat, hörte sie es als ein Geistwort des erhöhten Kyrios. Die Formel begegnet uns hier als Stilform charismatischen Zuspruches in der ältesten Gemeinde, die in Auseinandersetzung mit der Synagoge um ihre Existenz kämpft.
§ 28: Ihr werdet mich nicht mehr sehen Mt 23,39/ Lk 13,35 a) Die in der Wehklage über Jerusalem sichtbar werdende Q-Tradition hat komplexen Charakter. Das mit iBou eingeführte, an Jer 22, 5 erinnernde Zitat setzt neu ein. Die Anrede in der 2. Pers sing. stößt sich mit der 2. Pers. pI. der Klage. Vom «Haus» war vorher nicht die Rede. Auch das mit der Formel eingeführte Logion mit dem Zitat von Ps 118, 26 78 setzt wieder neu ein und schließt sich mit der Anrede in der 2. Pers. pI. direkt an die Klage V. 37/34 an. So sind in Q drei inhaltlich und formal verschiedene Stücke zusammengeflossen. Ein Fragment eines Klageliedes über Jerusalem aus der späijüd. Unheilsprophetie. Ein mit dem prophetischen iBou eingeleitetes Wort, das in Anlehnung an Jer 22, 5 das Gericht über den jerusalemischen Tempel ausspricht. Ein charismatisches Trostwort aus der nachösterlichen Zeit mit einem liturgischen Wort (nach Sukka 4, 4 ein Heilruf beim Laubhüttenfest), das die verlassene Gemeinde auf die Parusie des Menschensohnes ausrichtet. Vor der Aufnahme in Q sind 78 Ps 118, 26 gehört in die Hallelpsalmen, die heute noch in der Festliturgie an Neumonden, Purim und Chanukka rezitiert werden. ]üd. Lexikon 11, 1363 und Wiefel, Synagogen gottesdienst 81. 71
darum zwei Phasen denkbar. Im urchristlichen, noch judenchristlichen Gottesdienst nimmt der Prophet das Klagewort auf und bringt damit die Trauer über die Zurückweisung des Evangeliums zum Ausdruck und tröstet die verachtete und verfolgte Gemeinde mit der Hoffnung auf die Wiederkunft Jesu. Später wird das charismatische Stück in der Predigt einer hellenistischen Gemeinde mit dem Gerichtswort verbunden zu einem polemischen Drohwort. Q nahm darauf den Komplex als ein Jesuswort in die Spruchreihe auf. b) Mt baut das Q-Stück in seinen eigenen polemischen Zusammenhang ein und verdeutlicht mit seinem a.n' aetL den Bezug auf die Verdammung im Endgericht des Menschensohnes. Den Spruch wider den Tempel 79 versteht er als Ankündigung der Katastrophe im Jahre 70, wie er es Mt 24, 1 f ausdrücklich in übernahme von Mk nochmals tut. Die Auslegung, die Lk dem Stück gibt, ergeht aus dem Zusammenhang, in den er es stellt. Nach Lk 13, 22 befindet sich Jesus auf dem Wege nach Jerusalem, aber nach V. 31 wollen ihn die Pharisäer davon abhalten. Sie teilen ihm mit, daß Herodes ihm nach dem Leben trachte. Jesus aber antwortet, daß er seinen von Gott bestimmten Weg bis an sein· Ende in J erusalem gehen müsse. Darum werden sie ihn dann wieder sehen, wenn er, von allem Volk als der im Namen des Herrn Gekommene begrüßt, in Jerusalem einziehen werde (vgl. Lk 19, 37 ff. 47 f).
§ 29: Der treue Knecht Mt 24,47 / Lk 12,44 a) Die A-Formel stammt aus Q. Lk übersetzt uj.t'YJV mit a.Ä'YJ{}ffi~. Die formelverbundene Aussage ist kein Logion, sondern hebt in der Bildhälfte des Vergleiches ein Moment her79 Str-B I, 944 begründet nur mit rabbinischen Belegen, daß oi)Go~ nicht den Tempel, sondern «Gemeinwesen» bedeute und übersieht die matth. Polemik. 72
vor. Die Perikope selber ist freilich ein komplexes Gebilde und inhaltlich eine Warnung, die sich an die Gemeindeleitung wendet. Ausdrücke und Bilder stammen aus der Gemeindeparänese. Es gebricht an der Vorbildlichkeit der Vorstände. Die ursprüngliche Hochspannung der Naherwartung läßt bedenklich nach und zeitigt Folgen. Die Verzögerung der Parusie vermag das Heiligungsideal nicht durchzuhalten. Die Autorität der Gemeindeleitung zerfällt. Nur ein integrer Gemeindevorsteher darf weiterhin mit der Gemeindeleitung betraut werden und kann damit rechnen, nach der Parusie belohnt zu werden. b) Zur traditionsgeschichtlichen Erfassung der Formel erlaubt das aus verschiedenen paränetischen Elementen gebaute Kompositionsstück einen gewissen Einblick. Die ursprüngliche A-Formel sitzt in dem mit einem Makarismus beginnenden Doppelspruch, der sich an ein Mahnwort zu treu er Haushalterschaft anschloß. Mt droht mit dem Endgericht und fordert von seiner Gemeinde den Gehorsam gegenüber den messianischen Geboten Jesu. Wer die neue Gerechtigkeit nicht verwirklicht, wird wie die heuchlerischen Pharisäer verdammt werden. Darum schließt er wie am Ende des Gleichnisses vom hochzeitlichen Kleid (Mt 22, 13) mit dem Hinweis auf das Heulen und Zähneknirschen. Lk hat die ursprüngliche Adresse des in Q erhaltenen Mahnwortes an die Gemeindeleitung dadurch bewahrt, daß er sie durch die überleitende Frage Lk 12, 41 auf den Jüngerkreis beschränkt und so die Gemeindeführung aufs Korn nimmt.
§ 30: Die Macht Satans und das Bekenntnis vor den Menschen Lk 12,4.5.8 a) Die Formeln liegen mitten im Q-Komplex der Mahnungen zu furchtlosem Bekennen Mt 10, 26-33 / Lk 12, 2-9. Bei 73
Mt fehlen sie vollständig. Lk hat den Komplex bearbeitet. Im Unterschied zu Mt und Mk verwendet Lk den Begriff der E~O'UcrL<X auch für die Gegenmacht Bo : Lk 22,53 «Macht der Finsternis», Apg 26, 18 «Macht des Satans». Diese dualistische Spannung gibt der Mahnung zu furchtlosem Bekennen vor den Menschen die besondere Dringlichkeit der Entscheidung. Wie in Lk 6, 27 mit 'tOL~ UXOUO'UO"LV haben wir auch in 12, 4 mit 'tOL~
Mk-Strang ist ohne Formel, erwähnt aber die Engel wie Lk; Mk formt das Logion als ö~-Spruch, Q als .1ta~-Spruch. Mt weist weitere Änderungen der Q-Vorlage auf. A. M u. ist die bei Q häufig anzutreffende Formelform. Entweder hat sie Lk übernommen oder aus Reminiszenz 84 an die Redequelle dem Logion vorgesetzt. Sicher setzt die Redequelle mit Mt 10, 32/ Lk 12, 8 wieder neu ein. Es ist der neue Gedanke des vor Gericht Bekennens, der bis Lk 12, 12 führt: Die Eingebung durch den hl. Geist. Mt indessen bricht früher ab und bringt die noch folgenden Logien in andern Zusammenhängen. Für Lk aber kommt die Spruchreihe in Q erst V. 12 zum Abschluß der inhaltlichen Aussage. Nicht der Menschensohn, sondern der erhöhte Kyrios und seine charismatische Präsenz und Ausrüstung ist ihm wichtig.
§ 31: Zwiespalt und Belohnung Lk 12, 51; 19,26 a) O'ÜXt, A. u. Lk 12, 51 ist lkn. Bildung. Wir finden sie nochmals, und zwar wiederholt in den parallelen Sätzen Lk 13, 3. 5. Auch ÖO%EL'tE Ö'tL findet eine weitere Entsprechung in der einheitlich redaktionellen Konstruktion Lk 13, 2. 4. Mt 10, 34 hat die ursprüngliche Form des Logions aus Q besser beibehalten, wenn er auch den ~A{}ov-Spruch nach Mt 5, 17 umbildete. MaXULQa ist ebenfalls ursprünglicher als öLaf.lEQLOf.l6~ Lk V. 51 b. In Lk V. 52 ff stehen die Verben im Futur. Lk macht eschatologische Aussagen in Anlehnung an die Weissagung in Mi 7, 6 und trägt den Ausdruck öLaf.lEQLOf.l6~ in den V. 51 zurück. Nach Mt 10, 35 ist die Entdem redenden Ich Jesu und dem Menschensohn. Aus dem Munde der Gemeindepropheten spricht dann der erhöhte J esus, der als der kommende zugleich der Menschensohn ist. (Vgl. Apg 7, 55 f; 9,5; 22,8 und Hasler, Selbstzeugnis 36 ff). 84 V gl. Schürmann, Reminiszenzen passim. 75
zweiung im Hause eine durch den gekommenen Messias bereits geschaffene Tatsache. Von dieser Beobachtung fällt auch ein Licht auf Lk V. 49 ff. Selbst der dunkle, aus Mk 10, 38 b eingeschobene Spruch V. 50 über eine zukünftige Taufe Jesu muß als ein Hinweis auf die Zukunft der Gemeinde verstanden werden. 85 Lk hat darum die persönliche Beziehung der Taufe auf Jesus in der Mk-Vorlage fallen gelassen. Das eingeschobene A. U. V. 51 ist nicht ein harmlos kleiner Zusatz, sondern bewußte redaktionelle Betonung eines auf das zukünftige Schicksal der Gemeinde interpretierten Logions. b) Das Logion Lk 19,26 ist zweistrangig überliefert, in Q als mi;-Spruch (Mt 25,29 / Lk 19, 26), im mkn. Strang (Mk 4,25; Mt 13, 12; Lk 8, 18) als doppelter ö;-Spruch. Die einführende Formel findet sich nur bei Lk. Ursprünglich ein isolierter Herrenspruch ohne spezifische Aussage, aber mit Entsprechungen in der Weisheitsliteratur, fand er schon in Q als Deutewort einen Platz zum Abschluß der Parabel von den anvertrauten Pfunden. Die lkn. Einfügung der erstaunten Frage 19,25 zeigt das empfundene Problem, auf welches Lk, mit der Formel eingeführt, antworten will. Es gehört zur Eigenart des Lk, die ein Gleichnis abschließende Deutung durch Beifügung einer Formel hervorzuheben.86 Es läßt sich fragen, wie Lk die Deutung verstanden hat. Für Mt ist die Visierung des Endgerichtes deutlich: Wer es besteht, wird im Himmelreich überreichen Lohn empfangen. Lk 19, 11 b zeigt, in welcher Richtung das lkn. Verständnis des Gleichnisses zu suchen ist: Als Rückweisung der falschen Meinung, daß «das Reich Gottes sofort sichtbar werde». 85 Conzelmann, Mitte 100: «Das Ende ist nicht da; dafür kommt die Todestaufe.» 86 Vgl. Jeremias, Glei'chnisse 58 Anm.2.
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3. Kapitel
DIE LOGIEN IM SONDERGUT
Abt. A: Das Sondergut des Matthäus
§ 32: Die bessere Gerechtigkeit Mt 5, 20 a) Mit der Formel setzt sich Mt 5,20 von den vorangehenden Sprüchen etwas ab. Wird aber der komplexe Charakter der Spruchfolge Mt 5, 17-20 erkannt, besagt die kleine Zäsur nicht viel. Ein gewisser Konsensus der Exegeten besteht darin, V. 20 abzulösen und ihn als Themasatz und Einleitung zu den nachfolgenden Antithesen zu verstehen. 87 Aber auch zwischen V.20 und V.21 besteht ein Neueinsatz. Die Formel in V. 20 erfüllt schlicht die Funktion der bloßen Anreihung. Entscheidend dafür ist die redaktionstheologische Wertung von V. 19. Wird diese Aussage nicht, wie es vorschnell immer wieder geschieht, einer judenchristlichen Polemik gegen ein gesetzesfeindliches Christentum zugeteiltB8 , sondern in der redaktionellen Auseinandersetzung mit der pharisäischen Toraauslegung belassen 89, so wird die sachlich 87 u. a. Strecker, Weg 151. 88 Fuchs, Selbstzeugnis 109; Strecker, Weg 145; Percy, Botschaft 122 f; Barth, Gesetzesverständnis 60 H. 89 Goppelt, Judentum 183. 77
enge Bindung an 5, 17 ff sichtbar. Do Den Pharisäern wird der Vorwurf gemacht, die Tora, selbst in den kleinsten Geboten, aufzulösen, weil sie die einzig legitime Auslegung durch den in Jesus gekommenen Messias ablehnen. So verklammert die Formel V. 20 mit den vorangehenden Sprüchen. Zur Verklammerung gehört auch die formale Angleichung der Satzkonstruktion mit EUV und die Repetition von ßUO'LAELU 'tOOV OU()(lVOOV.
b) Die theologische Verklammerung greift dabei zurück auf die redaktionelle Erweiterung der Mk-Vorlage in der Perikope von der Taufe Jesu Mt 3, 14 f. V. 15 b olh(J)~ yar} J'tr}EJ'tOV EO'tLV f}~LV J'tAr)r}OOOaL J'täouv ÖL'XULOOUVr)V ist auffällig: Mit f}~LV schließt sich Jesus nach Mt nicht nur mit dem Täufer, sondern mit seinen Jüngern und d. h. mit dem ganzen Heilsvolk der Endzeit zusammen. Nicht der Vollzug der J 0hannestaufe an Jesus ist an und für sich schon die Erfüllung der vollständigen Gerechtigkeit. Im Empfang der Jordantaufe stellt sich J esus vielmehr als der gekommene Messias, der mit seiner Interpretation die mosaische Toraforderung vollendet, an den Anfang der messianischen Periode, der das Weltgericht und das Himmelreich folgen werden. Die Taufe des Johannes wird dadurch Initiationssakrament der messianischen Zeit. Der Täufer bedarf selber der Taufe nicht, weil er wohl der wiedergekommene Elias (Mt 11, 12 ff), aber nicht der Messias ist. Zwischen Johannes und Jesus steht die messianische Wende. c) Die Gerechtigkeit der Schriftgelehrten und Pharisäer Mt 5,20 ist darum ungenügend, weil diese in Jesus nicht den gekommenen Messias und darum auch seine Torainterpretation nicht als vollmächtige, messianische anerkennen. Nur jener tut wirklich, was das Gesetz fordert, der die Gebote nach der messianischen Auslegung verwirklicht. Das Tun des 90 Schürmann, Reminiszenzen 200 f; Gebote 242 f; Waetjen, Transformation 45 ff; Fiedler, öt'XUWC1U'Vl) 100. 122. 78
Gesetzes nach der messianischen Interpretation aber ist die Voraussetzung für die Aufnahme ins Himmelreich. Die unmessianische Auslegung und Praxis des pharisäischen Rabbinates verkennt die Intention des Gesetzes und löst darum das Toragebot auf. Die verbindende Formel V. 20 erinnert an die in Q häufig vorkommende Form. Der sachliche Zusammenhang mit dem Q-Abschnitt Mt 11, 7 ff / Lk 7,24 ff legt es nahe, daß Mt die Formel direkt oder nachbildend aus Q übernommen hat.
§ 33: Die Antithesen Mt 5, 22.28.32.34.39 a) Die erste Antithese vom Töten D1 zeigt in Mt 5, 21. 22 a ihre ursprüngliche redaktionelle Gestalt. V. 22 b mit den Hinweisen auf Q<X%U und ~roQE sind judaizierende Zusätze einer späteren Hand. D2 Der Begriff des Gerichtes bleibt aber die verbindende Klammer. Die Erwähnung des Bruders als Glied der neuen Gemeinschaft ist für die redaktionelle Paränese charakteristisch. Die Ermahnung zur Versöhnlichkeit, als welche das Verbot des Zürnens positiv zu werten ist, und die Orientierung auf das Endgericht sind typische Inhalte der Redaktionstheologie. Nur der Vergleich von Mt 5,44/ Lk 6, 27 erlaubt die Annahme einer Verbindung einer Formel mit dem Logion in Q. Die redaktionelle Erweiterung zur antithetischen Form mit eyro ist in Q nicht nachweisbar. D8 91 Zu den Antithesen vgl. Lohmeyer, Mt 118 ff; Trilling, Israel 207 ff; Michaelis, Mt 253 ff; Hasler, Herzstück 90 ff. 92 Trotz seiner Kritik an Bertram, fA,ffiQO(; 844, 14 ff muss Percy, Botschaft 127 zugeben, daß die Strafinstanzen V.22 in keinem logischen Verhältnis zueinander stehen. 93 Gegen Taylor, Tradition 98, der die Antithesen ohne nähere Begründung von Jesus herleitet. Warum Braun, Radikali'smus 5 die antithetische Formel in V. 21. 27. 33 ohne Vergleichsmöglichkeit mit Q als literarisch primär annimmt, dürfte mit seinem Kriterium der Toraverschärfung für ein ursprüngliches Jesuswort zusammenhängen. Barth, 79
b) Mt 5, 28. 32 führen die Formel wieder mit der antithetischen Ergänzung E')'W öe. Die matth. Halacha nimmt formal die rabbinische Toradiskussion auf, um ihr die Forderung der «besseren Gerechtigkeit» entgegenzustellen. V. 29 f fügt den umgestellten dreifachen Spruch vom Argernis aus Mk 9, 43 ff an. Er handhabt die gelehrte Kasuistik aber nicht zu einer erleichternden Interpretation, sondern zu einer ver~ schärfenden. Nicht die Grenze des gerade noch Erlaubten, sondern die Größe der unabdingbaren Forderung Gottes gilt es zu erkennen. Entsprechend greift Mt die kompromißfreudige Diskussion um die Fragen der gesetzlichen Möglichkeiten einer Entlassung der Ehefrau auf. Schon die unmittelbare Nähe und die formale Entsprechung zur vorangehenden Antithese, in der der Evangelist den begehrlichen Blick als ehebrecherisch verurteilt, zeigt zusammen mit der zurückgewiesenen Ehelichung einer verstoßenen Frau auf die Meinung des Mt. Wie in Mt 19, 9, so vermengt auch Mt 5,32 die Mk- und Q-Vorlage. Weder der .1ta~-Spruch in Q (vgl. Lk 16, 18) noch der ö~-Spruch in Mk (vgl. Mk 10, 11) waren mit einer Formel verbunden. Diese übernahm Mt, wie erwähnt, aus Q Mt 5, 44 / Lk 6, 27 und fügt sie Mt 19, 9 zum übernommenen Logion 94, während er sie in 5, 32 antithetisch mit E')'OO ergänzt voransetzt. Mit der dadurch scharf unterstrichenen sogenannten Unzuchtsklausel nimmt Mt radikal gegen jede rabbinische Bestimmung von 0 ').,6')'o~ OVto~ in LXX Dt 22, 20 Stellung. Die Klausel ist inklusiv zu verstehen. 95 Die Erwägung, ob Mt Unzucht als einzig möglichen Entlassungsgrund gelten lasse, übersieht, daß Lev 20 und Dt 22 die Bestrafung einer des außerehelichen Umganges überführten Gesetzesverständnis 87 beurteilt die antithetische Fassung der Q-Logien bei Mt als matth.; die in V. 21. 27. 33 «wohl» als ursprünglich, weil sie «ohne Beziehung auf die These kaum verständlich» wären. 94 Mit Delling, Logion 265. 95 Mit Delling, Logion 269. 80
Frau oder eines Mädchens durch Steinigung festlegen und darum Unzucht gar nicht zur Diskussion steht. c) Mt 5,34 zeigt wieder den auffälligen Gebrauch der antithetischen Formel. Sie führt das Logion nicht ein, sondern ist selber Bestandteil der Aussage: «Ich aber fordere von euch, überhaupt nicht zu schwören, weder bei ... » Gerne wird angenommen, daß sich das Schwurverbot nicht gegen die rabbinische Auslegung der Tora, sondern vielmehr gegen die Schwur- und Gelübdegebote der Tora selber richte. Diese Annahme ist falsch. Die angeführte These lautet «Du sollst nicht falsch schwören» und «Du sollst dem Herrn deine Eide halten». Die Antithese lehnt die These nicht ab, sondern interpretiert sie gegen die rabbinische Schwur- und Gelübdekasuistik. Mt weiß, daß ein Toragebot immer interpretiert werden muß. Entscheidend ist, wer recht hat, wer wirklich den Willen des Gesetzgebers trifft. Mt zeigt, daß die pharisäische Gelübdekasuistik diesem Willen Gottes ausweicht, obwohl es kein Ausweichen gibt, weil man es immer und überall mit Gott zu tun hat, der den ganzen Gehorsam fordert. Dies ist aber der Sinn der matth. Kritik in Mt 23, 16-22 und entsprechend ist auch Mt 5, 33-37 als redaktionstheologische Einheit zu sehen. Es besteht darum kein Bruch zwischen V. 34 a einerseits und VV. 34 b. 35 ff andererseits. Schon Jk 5, 12 beweist, daß Ja und Nein mit der Beziehung des Schwörens auf den Himmel etc. zusammengehören. Wie ist das «Jaja» resp. «NeinNein» des Mt und das «Ja sei Ja», «Nein sei Nein» des Jk zu verstehen? Das Doppelzitat der These V.33 weist uns auf das Verständnis der Redaktion: Diese kennt kein anderes Schwören und Geloben als das der pharisäischen Praxis und Kasuistik. Diese aber umgeht für Mt den Willen Gottes. Darum ist ihm diese ganze Kasuistik ein Falschschwören. Dies aber verbietet die aufgenommene These. Die messianische Interpretation und Ethik muß darum das ganze Schwur- und Gelübdewesen ablehnen. Die soge81
nannte bessere Gerechtigkeit der messianischen Gemeinde erfüllt sich nicht durch eine spitzfindige Kasuistik, sondern im Tun oder Lassen des in der messianisch verstandenen Tora Gebotenen oder Verbotenen. «Jaja», «NeinNein» des Mt ist darum nicht eine Ersatzschwurformel, sondern nach Jk 5, 12 als Aufforderung zum Tun, zum direkten Vollzug des Geforderten zu verstehen. Nicht ohne Bedeutung ist die Beobachtung des Schriftgebrauches. Mit Anklang an Jes 66, 1 und Ps 47,3 wird bewiesen, daß Himmel, Erde und Jerusalem Gott angehören und darum ebenfalls vor seinen gebietenden Willen stellen. Dieser formale Schriftbeweis entspricht dem rabbinischen Biblizismus des Mt. Die Antithesen stellen uns mitten in die schriftgelehrte Arbeit des Evangelisten zur Formulierung einer für Katechese oder Paränese gültigen messianischen Halacha. In dieser schrifttheologischen Bemühung um eine Gehorsamsethik der eschatologischen Heilsgemeinde sitzt der antithetische Gebrauch der Formel fest. d) Mt 5, 39 zeigt dieselbe Verwendungsart der Formel wie in der 4. Antithese V. 34. Wieder führt die Formel nicht ein Logion ein, sondern gehört zur Aussage des Satzes selber. Dieser wendet sich nicht gegen das atl. Gebot der Talio, sondern legt die für die Gemeinde Jesu gültige Interpretation fest. Mochte die rabbinische Diskussion im Einzelfall entscheiden, wie das «Auge um Auge, Zahn um Zahn» zu gelten hatte, die matth. Schriftgelehrsamkeit mühte sich um eine Auslegung, welche der geforderten «besseren Gerechtigkeit» zu entsprechen hatte. Für Mt wandte sich das jus talionis gegen eine maßlose und rachesüchtige Vergeltung des erfahrenen Bösen und setzt an Stelle dieser Vergeltung ein entsprechendes Maß der Bestrafung. Seine matth. Ethik aber versteht den eigentlichen Sinn des Toragebotes in der Weisung, überhaupt auf jede Vergeltung zu verzichten und erfahrene Ungerechtigkeit sogar zu erdulden. Wie der Satz der 4. Antithese (V. 34) von drei Beispielen gefolgt ist, so sind auch hier 82
drei Anwendungen gegeben, die die Redaktion der Redequelle (vgl. Lk 6, 29 f) entnahm.90 Hinter dieser Interpretation steht die Erfahrung der verfolgten Gemeinde. Die redaktionelle, 9. Seligpreisung Mt 5, 11 f zeigt die Verheißung, die Mt für das Glied der Heilsgemeinde kennt, das, weil es die messianische Tora auf sich genommen hat, geschmäht und verfolgt wird.
§ 34: Der verlorene Lohn Mt 6, 2.5.16 Mt 6, 1 bildet eine redaktionelle Einleitung zu den nachfolgenden Frömmigkeitsregeln, die Mt aus einem Gemeindekatechismus übernommen hat. Einleitend nimmt er das Thema vorweg, wenn er einer Frömmigkeit, die sich vor Menschen sehen und rühmen lassen will, jede himmlische Belohnung abspricht. 97 Dreimal steht dieselbe Drohung cl3tExO'UOW 'tOV IlLO{}OV al";oov mit der A-Formel in den Abschnitten über Almosen, Beten und Fasten, die sich in der Sache und im Aufbau genau entsprechen. Wohl wird in ihnen die antithetische Schablone der vorangehenden «Antithesen» nochmals sichtbar, aber es handelt sich jetzt nicht mehr um die Interpretation des Gesetzes, sondern um die Gestaltung der individuellen Frömmigkeit. Die in den Strophen sichtbar werdende Polemik richtet sich auch nicht ausdrücklich gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer, sondern gegen die Leute in den Synagogen und auf der Straße im allgemeinen. Diese werden als Heuchler bezeichnet, die ihren Lohn dahin haben. Ihre Heuchelei besteht darin, daß sie Menschenehre anstatt Gottesehre suchen. Der matth. Vorwurf der Heuchelei aber wendet sich gegen die Pharisäer als den Lehrern des Ge96 Das Q-Logion kennt keine Formel und eine andere Verbindung, vgl. Hasler, Gesetz 15 f. 97 Nach Strecker, Weg 152 ist Mt 6, 1 redaktionelle überschrift. 83
setzes. In ihrem Leben behaupten sie, das Gesetz zu verstehen, in ihrem Handeln, es zu tun. Aber, weil sie den Messias verwerfen, verstehen sie den eigentlichen Gotteswillen in der Tora nicht und ihre Gesetzeserfüllung bleibt leer. Die drei Strophen zeigen also eine gewisse Distanz zu Mt und zur jüdischen Frömmigkeit. Die Möglichkeit, daß es sich um ein Lehrstück aus der hellenistischen Gemeinde handelt, bleibt offen. 98 Den beschwörenden resp. verheißenden Hinweis auf himmlische Entgeltung hat Mt sonst aus der Q- oder MkVorlage übernommen (vgl. Mt 5, 12 / Lk 6, 23.35 und Mt 10,42/ Mk 9, 41).
§ 35: Die Städte Israels Mt 10, 23 b Mt 10, 23 b ist nicht ein Befehl, die Missionierung der israelitischen Städte unverwandt an die Hand zu nehmen, weil die Wiederkunft des Menschensohnes unmittelbar bevorsteht. 99 Es handelt sich vielmehr um ein Situationswort, das als charismatische Weisung von einem Propheten der verfolgten Gemeinde gesprochen und von der Redaktion aufgenommen wurde. Es gebietet die Flucht von einer Stadt in die andere. Es ist auch nicht als ein Trostwort zu verstehen. 10o 98 Hirsch, Frühgeschichte 107 betont die späte, bis in den Sprachgebrauch von der Gemeinde nach 70 bestimmte Gestalt. Schniewind, Mt 75 spricht von einer Unterweisung in drei Strophen mit je zwei Kehrreimen. Schürmann, Reminiszenzen 202 vermutet, daß sich das Lehrgedicht beim Lesen von Lk 6, 24 assoziierte. 99 Einen Missionsbefehl behaupten Michaelis, Mt 94; Bosch, Heidenrnission 156 f; Dupont, Mt 10,23238 (in Verbindung mit V. 5b f); Grässer, Parusieverzögerung 137 ff u. a. 100 Strecker, Weg 41 lehnt die Einordnung in die Missionssituation ab: «Das Logion spricht statt vom apokalyptischen Trost von der Verfolgung als dem Wesensmerkmal der Gemeinde.» Auch Schürmann, Redaktionsgeschichte 84 denkt an ein apokalyptisches Verfolgungslogion (aus Q). Bammel, Mt 10, 23 79 ff weist auf Sota 9,15; Sanh 97a; Pesiqta V.51b; Schabb138b; PsSaI17,51; 4.Esr4,26u.a., wo von der endzeitlichen Not und Errettung der Auserwählten die Rede ist, während 84
Die Flucht ist vielmehr beschwerlich. Es gehört zur geforderten Treue, bis ans Ende, bis zur Ankunft des Menschensohnes auszuhalten. Für Mt liegt der Ton aber nicht im Hinweis auf die Parusie. Diese steht für ihn nicht mehr unmittelbar bevor. Endlich einmal, bevor die Flucht durch alle Städte des Landes geführt hat, kommt die Rettung. Der Ausdruck ~Städte Israels» hat etwas Unbestimmtes, Schillerndes. Die Erwartung des Menschensohnes war für Mt nicht problematisch. Seine Gemeindemissionare aber brauchten eine Orientierung über das gebotene Verhalten in den über sie verhängten Verfolgungen. Nach dem aus Q (vgl. Lk 9,58) aufgenommenen Logion Mt 8, 20 wußte Mt um das Flüchtlingsschicksal Jesu. Mt brauchte das Wort als Antwort Jesu auf die Frage eines Schriftgelehrten, Jesu nachfolgen zu dürfen. Darnach sah Mt Jesus ohne Heimat und in der unsteten und mühseligen Situation des eigenen, von Ort zu Ort gejagten Gemeindegliedes. Darum gehören V. 23 a und 23 b eng zusammen. 101 Sie schließen sachlich auch eng an V.22 an: Ihr werdet um meines Namens willen von allen gehaßt werden. Mt blickt auf Jesu Wort an die Jünger zurück, das die Jünger in die zukünftige Verfolgung nach dessen Tod (darum: ~in meinem Namen») weist. Aber auch V.24 führt sachlich genau weiter. Mt sagt seiner Gemeinde: Wurde Jesus schon verfolgt und mußte er fliehen, so gehört dies auch heute zum Schicksal seiner Nachfolger. VV.22 und 23 sind inhaltlich das Missionsmotiv fehlt. Feuillet, Origines 186 votiert für ein Trostwort. Vgl. die Diskussion bei Cullmann, Heil 195 ff, der das Logion unter die genuinen Jesusworte rechnet. 101 Tödt, Menschensohn 56 f. 209 lehnt ebenfalls die von Kümmel, Verheißung 55 f vorgeschlagene Trennung von V. 23a und b ab. Er versteht das Wort als einen Prophetenspruch in der Situation «einer ganz frühen, judenchristlichen Mission» als trostvolle Verheißung an die Missionare. Vielhauer Gottesreich 58 f sieht die gute Verbindung zu V. 22 und nimmt S. 59 Anm. 43 gegen das Zerreissen von V. 23 und die Deutung von 'tEA.EO'f}'tE durch Kümmel Stellung. V gl. aber Kümmel, Naherwartung 41 H. 85
parallel geführte Aussagen: Zuerst der betonte Hinweis auf die Mühsal der gebotenen Nachfolge in Verfolgung, dann die Angabe einer gewissen Zeitspanne, endlich die Verheißung der Erlösung am Zielpunkt des Endgerichtes. 102
§ 36: Größeres als der Tempel Mt 12, 6 a) Für das Verständnis von Mt 12,6 ist die betonte Vorwegnahme des Hungerns der Jünger in 12, 1 aus dem von der Mk-Vorlage übernommenen Hinweis auf 1. Sam 21 (Mt 12,3 / Mk 2,25) wichtig. David ließ sich die Schaubrote reichen, um nicht nur sich, sondern seine hungernden Begleiter zu sättigen. Die Speisung der Hungernden gehört zu den Forderungen der «besseren Gerechtigkeit». Das aus Mk übernommene Beispiel von David und den Schaubroten beantwortet so die Frage der Pharisäer unter diesem Gesichtspunkt der Speisung der Hungernden. Gott fordert (V. 7) nach Hos 6, 6 Barmherzigkeit, darum ließen sich weder David noch die Jünger etwas zu Schulden kommen. Das Tun der Barmherzigkeit als gehorsame Verwirklichung der neuen Gerechtigkeit verdrängt das Gebot von den Schaubroten. b) Das andere, bei Mk fehlende Beispiel visiert die Frage unter dem Gesichtspunkt der Tempelheiligung. Der am Sabbat opfernde Priester entheiligt durch seine Arbeit den Tempel nicht. Die Bedeutung der matth. Beifügung V. 5 schillert: ßEß'YJ AoiJv paßt besser zum Tempel (vgl. Apg 24,6) als zum Sabbat. Mt sieht Sabbatentheiligung und Tempelschändung zusammen. Das im Tempel gebrochene Sabbatgebot würde an sich den Tempel entheiligen. Darum kann Mt nun V.6 das Wort «Hier ist größeres als der Tempel» formen. Von einer Sabbatentheiligung oder von einer Tempelschändung 102 In "'3tO!u:tV(l~ et~ 'tEAO~ und in 'tEAEO'fJ'tE 'ta~ 3t6AEL~ liegt dasselbe Moment des geforderten, aufs Ziel blickenden Ausharrens. 86
kann für Mt keine Rede sein, weil die messianische Interpretation der Tora in Aufnahme von Hos 6, 6 durch das Tun der Barmherzigkeit das Gesetz nicht auflöst, sondern erfüllt. Unter «Größeres» als der Tempel ist der neue Gehorsam zu verstehen. Es ist nicht an J esus als den gekommenen Messias zu denken, weil Mt den irdischen Jesus als gekommenen Messias nicht im Gegensatz zu Gesetz und Tempel sieht. Aber auch die Deutung auf ein verborgen anwesendes Gottesreich ist durch die Vorstellung eines zukünftigen Reiches Gottes bei Mt verwehrt. 10s Redaktionstheologisch gehören V. 6 und 7 sachlich eng zusammen. V. 8 blickt nicht auf den irdischen Jesus, sondern auf den im Himmel thronenden Basileus der Gemeinde, der als der Menschensohn über die wahre Gesetzeserfüllung richten wird. Das Wort vom Abbrechen des Tempels gehört nach Mt 26, 61 und 27, 40 als verlogene Anklage in den Mund der falschen Zeugen! Mt 12, 5-7 erklärt sich vollständig als eine redaktionelle Bildung, welche die matth. Auffassung wiedergibt. Die Pointe liegt nicht in V. 6, sondern im Hosea-Zitat. Das Beispiel von den Schaubroten in der Mk-Vorlage hatte lediglich das Stichwort Tempel gegeben, an dem Mt weiterreflektierte. MEi:tov mit Genitiv ist matth. Lieblingsausdruck. Die bereits von der Gemeinde vollzogene äußere und innere Ablösung vom Tempel wurde aber nicht als Bruch, sondern als Erfüllung des Gesetzes verstanden. Die Formel bildet hier ein Stilelement der polemischen Rhetorik des Evangelisten zur Hervorhebung der wahren Erkenntnis des in der Schrift Gebotenen. 103 Gegen Schniewind, Mt 156 u. a., die !lei~ov auf den meSSlamsehen Tempel oder auf die Person Jesu beziehen wollen. Auch gegen Lohmeyer, Mt 184: «Weil Jesus bestimmt ist, beides, Priestertum und Tempel, aufzulösen» (Wo steht das bei Mt?) Oder: «Weil er in dem neuen Aeon, den er bringt und ist, alle Priester sind, sind schon jetzt die Jünger als die künftigen Priester gerechtfertigt.» Dies alles paßt genau zu Lohmeyers Vorliebe für eine urchristliche Kultgemeinde! Gegen Trilling, Einzug 306, der sich auf L. beruft. 87
§ 37: Rechenschaft über jedes Wort Mt 12, 36 Das aus Mk 3, 22 ff übernommene Gespräch über Beelzebul richtet Mt gegen die Pharisäer (12,24; 9,34). In Mt 12, 34 durchbricht Mt die aus Q übernommene Reihe (Lk 6, 43-45) mit einem überraschend scharfen Schimpfwort. Dieses stammt aus der Bußpredigt des Täufers in Q Mt 3, 7-10 / Lk 3, 7-9. Schon hier in Mt 3, 7 wendet Mt den Ausdruck 'YEvv~~a'ta EXLÖVOOV betont gegen die Pharisäer und Sadduzäer. In der Pharisäerpolemik wiederholt Mt 23,33 den starken Ausdruck im Zusammenhang mit dem Hinweis, daß es für die Pharisäer kein Entrinnen aus dem Höllengericht gebe. Mt 12, 34 führt mit dem Schimpfwort und einer rhetorischen Frage dieselbe radikale Verwerfung der Pharisäer ein. Dieser Ausfall gegen die Pharisäer bestätigt, daß Mt die Sünde wider den Heiligen Geist auf diese bezieht. Weil aber das nachfolgende Wort vom Schatz in der übernommenen Q-Vorlage auch eine positive Aussage macht, muß die redaktionelle Interpretation ebenfalls darauf eintreten. Mt benützt dazu die ihm aus Q Mt 3, 9 / Lk 3, 8 bekannte und ebenfalls in polemischem Zusammenhang verwendete Formel und führt damit eine eigene, spruch ähnliche Formulierung ein, womit er nochmals auf das gegen die Pharisäer gerichtete Wort von der unvergebbaren Geisteslästerung zurücklenkt. «Am Tage des Gerichts» wird, wie er auch in der redaktionellen Erklärung des Endgerichtsgleichnisses vom Unkraut (Mt 13, 36 ff) erklärt, endgültig über gut und böse abgeurteilt werden. Dann wird auch die Verlästerung des gekommenen Messias ihren Richter finden.
§ 38: Gemeinderegeln Mt 18, 10. 18. 19 a) Im Logion über die Engel der Kleinen Mt 18, 10 steht die Formel mitten in einer redaktionellen Aussage, deren 88
Schwerpunkt in V. 10 a liegt: «Sehet zu, daß ihr nicht einen dieser Geringen verachtet.» Die Formel verknüpft dazu die Begründung: «Denn ich sage euch: Ihre Engel in den Himmeln schauen allezeit das Angesicht meines Vaters in den Himmeln.» Die Mahnung richtet sich an die Jüngerschaft, die «geringen Brüder» in der Gemeinde nicht zu verachten. 104 V. 10 a nimmt V. 6 auf. Diese Geringen glauben an Christus, aber sie haben sich, wie das aus Q stammende Gleichniswort von den Schafen V. 12 ff (vgl. Lk 15, 3 ff) zeigt, verirrt (3tAaVUV, nicht cl3tOAuvm).105 Sie sind in der Welt zu Fall gekommen (V. 6 f), weil sie zu schwach waren, die rigorosen Forderungen der Reichsnachfolge (V. 8) durchzuhalten. Wenn auch die Möglichkeit offen gelassen werden muß, daß Mt die Formel hier zusammen mit dem Wort über die Engel der Kleinen aufgenommen hat 106, wird doch die matth. Interpretation faßbar. Diese visiert die zukünftige Entscheidung zwischen der Zulassung ins ewige Leben und der Verdammung zum Höllenfeuer. Wie auch die Art und genauere Funktion der Engel zu verstehen ist, deutlich ist der Sinn ihrer Erwähnung. Mögen die Kleinen auf Erden verachtet sein, im Himmel sind sie es nicht und werden darum auch im Endgericht gut dastehen. b) Die Formel führt das Wort vom Binden und Lösen Mt 18, 18 in etwas veränderter Form aus 16, 19 b an. Der Plural fällt auf, wei118, 15-17 in der 2. Pers. sing. steht. Die Formel verklammert und zitiert. Das Logion ist gerade nicht angeglichen. ·'Oaa weist eigentlich auf Dinge, nicht auf den fehlbaren Bruder, etwa auf 3taQa3t'tro~a'ta (vgl. Mk 11, 25 / Mt 6, 14 f), oder vielleicht auf 3tQay~a'ta (V. 19!). Aber auch sachlich ist die Frage nach dem Zusammenhang zu stellen. 104 Michel, J1LxQ6~ 653, 10 ff übergeht die matth. Einschränkung auf schwache Gemeindeglieder. 105 Mit Trilling, Israel 111 f. 106 Mit Pesch, Gemeindeordnung 225.
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Mt 18, 15 ff darf nicht als Anleitung zur Gemeindezucht, sondern muß im Blick auf den Zusammenhang mit 18,6 ff; 18, 10 ff und 18,21 ff als Aufforderung zur Vergebung und seelsorgerlichen Zurückführung des fehlbaren Bruders in die Gemeinde verstanden werden! Darum ist zu fragen, ob nicht 18, 18 gegenüber 16, 19 die ursprünglichere, vormatth. Gestalt 107 einer charismatischen Weisung enthält, welche von Mt, bereits zu einer Regel verfestigt, aufgenommen wurde. Dann bestände die Möglichkeit, daß die Formel ursprünglich mit dem Logion verbunden war. In diesem Fall muß erklärt werden, wie 16, 19 b von Mt entsprechend angeglichen wurde. Es ist nicht zu übersehen, daß zwischen 16, 19 a und 19 b xat eine Zäsur bildet. Der Plural EV 'tOL~ oÜQavoL~ ist Kennzeichen der redaktionellen Hand. Das Wort vom Binden und Lösen V. 19 b paßt besser zur Heilsgemeinde als zur Person des Petrus. Die Gemeinde wird nicht auf Petrus, sondern auf den Felsengrund der Vergebung (worauf der Name des Petrus gedeutet wird) erbaut werden. Darum werden selbst die Pforten der Hölle sie im Endgericht nicht überwältigen können. Die Pforten der Hölle sind dann für die Gläubigen als verschlossen zu denken. 10s Im Gegensatz dazu wird Petrus die Schlüssel empfangen, die die Pforten zum Himmelreich aufschließen. Mit dem nun von Mt in die 2. Pers. sing. umgestalteten Wort vom Binden und Lösen wird gezeigt, wie die Schlüssel gehandhabt werden, d. h. das Schlüsselwort wird von der Redaktion gedeutet: Die Zugehörigkeit zur endzeitlichen Heilsgemeinde ist heilsnotwendig. Darum soll Petrus dem fehlenden Bruder vergeben. Dies ist sein «Schlüsselamt». 18, 18 und 16, 19b gehören so zusammen mit der Frage und Antwort 18,21-22: «Nicht sage ich dir bis siebenmal, sondern bis siebzigmal sieben.» Das Gleichnis vom Schalksknecht endet darum mit der drohenden Feststellung 18, 35: «So wird 107 Etwa mit Strecker, Weg 223 Anm.6. 108 Mit Cullmann, Petrus 227 gegen Bohren, Kirchenzucht 63 f.
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auch mein himmlischer Vater euch tun, wenn ihr nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergebt.» Von hier fällt neues Licht auf den ersten Weheruf gegen die Pharisäer Mt 23, 13: «Ihr schließt das Himmelreich vor den Menschen zu. Ihr läßt die Hinzutretenden nicht hineingehen!» Die redaktionelle Pharisäerpolemik ist die Kehrseite der energischen Weisung an die christliche Führung der Gemeinde. Mt hat das aufgenommene Wort vom Binden und Lösen nicht als Banngewalt verstanden, sondern als Übergabe der Vollmacht, die Sünden zu vergeben, den Schwachen und Gefallenen in der Gemeinde wieder aufzunehmen. Wer sich aber durch die gewährte Vergebung nicht zur Gemeinde zurückgewinnen läßt, der stellt sich außerhalb des Heils. Darum darf nichts unversucht gelassen werden, «einen geringen Bruder» wieder zurückzuholen. toD Das ist der Sinn von Mt 18, 16 H. Der Gesichtspunkt V. 15 b E%EQb'YIO'(l~ 'tov &bBA(})OV O'ou ist maßgebend. c) Das Wort vom gemeinsamen Gebet Mt 18, 19 verbindet wie nur noch Mt 19, 24 mlALv mit der Formel. Auch hier Mt 19, 24 nimmt Mt die Formel aus dem vorhergehenden Vers auf und führt damit die Deutung des vorangehenden Logions weiter. In der Mk-Vorlage (Mk 10,24) las Mt (, be 'I'YIO'ou~ nUALV &rcO%QLt}Bt~ AEYBL (lu'toi:~. Von hier hat Mt 19, 24 nUALV übernommen und aus der Aussage in der 3. Pers. sing. eine direkte Anrede in der 2. Pers. pI. durch die Formel gebildet. Die Formel selber (weder Mk 10, 25 noch Lk 18, 25 führen sie) repetiert Mt aus 19,23. Darum ist es nun Mt 18, 19 bei analogen Verhältnissen sehr unwahrscheinlich, daß die Formel nicht matth. Bildung wäre. Auch das Logion selber zeigt die Merkmale der redaktionellen Hand. Wie oben heißt 109 Trefflich erkennt Schweizer, Gemeinde 50: «Mt hat sie (= die Regel Mt 18, 16 ff) . .. eindeutig als Mahnung interpreti'ert, alles zu tun, um keinen der «Kleinen» zu verlieren, sondern jedem Einzelnen nachzugehen und ihm zu vergeben.» Und S. 54: «... daß die Kleinen die wichtigsten Gemeindeglieder sind.» 91
es «mein Vater». Wieder wird, trotz des Gegensatzes zu yi], der Plural EV OUQUVOL~ verwendet. ~Ull-
3tQüyf,tu
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vergibt auch der Vater im Himmel. Christus wird gegenwärtig in seiner sünden vergebenden Vollmacht.
§ 39: Der Ausschluß vom Reich Mt 21,31.43; 25,12.40.45 a) Die Hand des Mt ist im ganzen Komplex 21,28-32 zu greifen. Redaktionell sind die einleitende Frage «Was dünkt euch?», der Wortschatz, die Frage nach dem Willen Gottes, das heilsgeschichtliche Verständnis und die gegen die V ertreter des Volkes gewandte Polemik. Das formelverbundene Wort über Zöllner und Dirnen V. 31 b findet in der vorliegenden synoptischen Tradition keine Entsprechung. Die Beobachtung, daß ein mit der Formel eingeleitetes Logion ein Gleichnis bisweilen abschließt, trifft hier gegen den ersten Schein nicht zu. Es handelt sich vielmehr um ein herausforderndes Rätselgespräch, das die Antwort des Gegners in die gewünschte Richtung zwingt. Das Wort bildet darum gar keinen Abschluß, sondern einen betonten Bestandteil des Gesprächs, der die nachfolgende Erwähnung des Täufers vorbereitet. Gegen die redaktionelle Verwendung des Ausdrukkes «Reich Gottes» kann nicht die matth. Redeweise vom «Himmelreich» ins Feld geführt werden, weil Mt daneben auch sonst noch viele andere Ausdrücke verwendet. Den Zöllnern und Huren wird nicht als Sündern das Reich Gottes zugesprochen, sondern im Gegensatz zu den jüdischen Repräsentanten betont Mt ihre Bereitschaft, auf die eschatologische Bußpredigt zu hören, der Verkündigung der Ankunft des Messias zu glauben und Reue zu bezeugen. J ohannes wird ganz im Sinne des Mt in heilsgeschichtlicher Hinsicht Jesus zugeordnet und als der am Ende des vergehenden Aeons gekommen er Elias verstanden. Aus diesen Gründen hält es schwer, die A-Formel nicht als redaktionelle Beifügung und das Logion nicht als Bildung des Mt zu beurteilen. Die Formel 93
erscheint vielmehr als Stilmittel der rhetorischen Polemik des Evangelisten. b) Auch Mt 21, 43 bildet keinen eigentlichen Gleichnisabschluß, sondern führt den Gedanken des Evangelisten weiter. Die Allegorie von den bösen Winzern spricht für sich selber, und die darin erhobenen Anschuldigungen der Prophetenverfolgung und des Messiasmordes werden noch in der mkn. Vorlage als in der Schrift geweissagt erhärtet. Mt benützt die übernommene Allegorie und den Schriftbeweis, um die nun ausgestoßene Drohung zu begründen. Gott wird im kommenden Endgericht das Reich Gottes einem Volk geben, das im Unterschied zu Jerusalem «dessen Früchte getan hat». Der Begriff des Reiches Gottes darf dabei nicht als Königtum Gottes im atl. Sinne verstanden werden. Es handelt sich nicht mehr um eine geschichtliche, sondern um eine eschatologische, zukünftige Größe. Das neue Volk wird das Reich Gottes als Belohnung für das «Tun der Früchte» empfangen. 112 Es empfängt es nicht einfach gratis als Folge des bestraften Ungehorsams Israels. Worin bestand denn für Mt die Unfruchtbarkeit Israels? Es schenkte der prophetischen Verkündigung und der Predigt J esu als des gekommenen Messias keinen Glauben. Es verfolgte die Propheten und tötete den Messias. Das neue Volk aber glaubt der prophetischen Schriftverheißung und anerkennt Jesus als den Messias. Es geht darum den vom Messias gewiesenen Weg der bessern Gerechtigkeit. Es nimmt das Joch des Messias auf sich und verwirklicht so den von Jesus aufgezeigten Willen Gottes. Im Unterschied zum ungläubigen Israel bleibt es die geforderten Früchte nicht schuldig und wird darum jenes Reich ererben, das nach Mt 25, 34 «den Gesegneten meines Vaters» von Grund112 Mit Bornkamm, Enderwartung 18 und 40 ist zu betonen, daß Mt die neue Heilsgemeinde nicht vom Endgericht dispensiert. Es sollte aber noch deutlicher werden, wann die heilsgeschichtliche Ablösung der Heilspriorität Israels stattfindet. Vgl. Hasler, Judenmission 184 H. 94
legung der Welt an bereitet ist. In dieser Weise bringt Mt 21, 43 die eigentliche Konzeption des Evangelisten zum Ausdruck. 113 Er benützte die mit ÖUl 'tov'to angeschlossene Formel, um jene zu einem Logion formuliert J esus in den Mund zu legen. c) Mt 25, 12 bietet den besonderen Fall, daß die A-Formel nicht Jesus, sondern einer Person innerhalb der Bildhälfte eines Gleichnisses in den Mund gelegt wird. Es spricht der von den törichten Jungfrauen angerufene Bräutigam. Das ganze Gleichnis ist gekennzeichnet durch die zur Sachhälfte aufgebrochene Bildhälfte. Sollte Mt nicht überhaupt das ganze Gleichnis selber geformt haben 114, so geht doch diese übermalung von der Sinndeutung her auf sein Konto. V. 13 ist aber ein sekundär hinzugewachsener Weckruf, der die implizite Deutung des Mt verschiebt und gegen die erlahmende Parusieerwartung Stellung bezieht. Für Mt aber ist nicht die ausgebliebene Parusie ein Problem, sondern der Besitz der «bessern Gerechtigkeit». Mit %,',QLE, %,',QLE weist Mt zurück auf die bloßen Herr-Herr-Sager Mt 7,21 ff, die er aus Q aufgenommen und hier in entsprechender Weise interpretiert hat. Die matth. Elemente in Mt 7,21 ff sind genau diejenigen von Mt 25, 1 ff: Nicht jeder Herr-Herr-Rufer, das zukünftige Hineingehen in das Reich der Himmel, die Beschränkung auf das Tun des Willens «meines Vaters in den Himmeln», die Situation «an jenem Tage» des Gerichtes, das Bekennen des Menschensohnes und die Abweisung. Mt 7, 23 ist eine Umformung aus Lk 13, 27. Obwohl %at EQEL AEY(jJV Uf-tLV auf eine von Lk integrierte, in Q noch gelesene Formel weist, führt Mt 7,23 keine Formel. Besteht aber die Möglichkeit, 113 Diese Zuteilung folgt der einläßlichen Analys.e von Trilling, Israel 58 bis 63. 114 Strobel, Verzögerungsproblem 247 H denkt an kultische Tradition der Passahnacht. Vgl. seine eindringenden Erwägungen zu Mt 25, 1 H in Verständnis 205 H. 95
daß er sie nun Mt 25, 12, bedingt durch gedankliche Assoziation aufgenommen hat?115 Für diese übernahme spricht: ·0J.l0AOYELV ist kein matth. Wort, sondern gehört in das Lk 12, 8 ursprüngliche Menschensohnwort aus Q, welches Mt 10, 32 in typischer Abwandlung übernommen hat. Aber auch hier in Q muß die Formel gestanden haben. Mt kann also Mt 25, 12 in Erinnerung an die Redequelle geformt haben, weil er damit die implizite Deutung des bearbeiteten Gleichnisses zu einem pointierten Abschluß bringen konnte. d) Im Abschnitt über das Gericht des Menschensohnes findet sich die A-Formel Mt 25,40.45 als Einführung des erst positiv, dann negativ geformten Satzes: «Was immer ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, habt ihr mir getan.» Die Repetition der Formel, des Spruches und die doppelte Aufzählung der guten Werke weisen darauf hin, daß die Redaktion einer abschließenden Aussage entgegeneilt. In Mt 25, 31 ff macht Mt direkte Aussagen über die Parusie des Menschensohnes. Nur das Motiv des Hirten bleibt ein Vergleich. Der Menschensohn ist im eigentlichen Sinn der König des Himmelreiches. Einzelne Elemente finden sich bereits in der redaktionellen Deutung des Gleichnisses vom Unkraut Mt 13, 36 ff: Menschensohn, Welt, absoluter Basileiabegriff, Engel, Feuer und die Gerechten. V gl. dazu die entsprechenden Elemente im Gleichnis vom Fischnetz Mt 13, 49: Engel, &
(vgl. Mt 12, 49), hat Mt noch einen zweiten Bruderbegriff: Er bezeichnet damit das Glied seiner Heilsgemeinde. Entsprechend verwendet Mt auch den Ausdruck der Kleinen und denkt sowohl an die Jünger als auch an die Gemeindeglieder, besonders an die schwachen und gefallenen. Unter «meine Brüder» in Mt 28, 10 versteht Mt deutlich die Jünger des Zwölferkreises. Denkt er bei «diese meine geringsten Brüder» auch an sie? In Mt 10, 40 ff «Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf» begegnet die entsprechende Auffassung der Repräsentation Jesu. Wer einen Jünger Jesu beherbergt, nimmt Jesus selber auf. Mt 10, 42 formuliert Eva 'tOOV f-tL%(>OOV -col)'toov. Mit den Kleinen meint Mt hier freilich die Jünger J esu. Von ihnen spricht ja auch der Kontext und auf sie weist die Dreigliederung V. 41 a. 41 b. 42. Aber Mt wählt diese Jüngerbezeichnung, weil er in seelsorgerlicher Verantwortung, die geringen und verachteten Gemeindeglieder mit ihnen zusammenschließen will. Im geringen Bruder und im schwachen Glied der Gemeinde ist, weil er ja ein Nachfolger des Herrn ist, gleichsam ein Jünger Jesu gegenwärtig. Darum gilt: «Wer aber auch nur einen einzigen dieser meiner Geringen mit einem Becher frischen Wassers erlabt, der wird den Lohn eines Jüngers empfangen!» Nicht nur liegt die redaktionelle Betonung auf diesem dritten Satz, der gleichsam aus den Vordersätzen als Prämissen die maßgebende Folgerung erschließt, sondern auch die Analogie Labung eines Propheten = Lohn eines Propheten; Labung eines Gerechten = Lohn eines Gerechten und Labung eines Geringen = Lohn eines Jüngers wird so durchgehalten. Mt kann «Lohn eines Jüngers» setzen, weil er den Geringen dem Jesusjünger aus dem Zwölferkreis gleichsetzt. Mt 25,31 nimmt wieder Mt 24,36 (= Mk 13, 32) auf: Niemand außer dem Vater kennt die Stunde jenes Tages. Dazu tritt die Verklammerung mit dem Wort aus Q Mt 24, 44 / Lk 17, 40, wodurch Mt das Mt 24,42 aus Mk 13, 35 97
aufgenommene, zur Wachsamkeit rufende Wort im Sinne seiner Bereitschaftsforderung deutet. Die nun zwischen Mt 24, 44 und 25, 31 ff eingefügten Gleichnisse hat die Redaktion nicht als Krisengleichnisse einer endzeitlichen Predigt an Israel oder an die Heiden verstanden, sondern als Bereitschaftsgleichnisse an die Adresse seiner Gemeinde. Diese Gemeinde hatte es nicht nötig, auf Parusie und Gericht aufmerksam gemacht zu werden! Ihr Problem bestand vielmehr in der dann aufzuweisenden Gerechtigkeit, also in der Bereitschaft. Die mlv't<X 'tel E'frV't') V.32 bilden im Endgericht durch den Menschensohn das Forum; gerichtet werden die zur Bereitschaft gerufenen Glieder der Gemeinde.11 6 Darum haben nach Mt 13, 49 die mit dem Menschensohn erscheinenden Engel die Aufgabe, innerhalb der Gemeinde die Gerechten von den Bösen zu scheiden. Auch Mt 28, 19 muß die entsprechende Einschränkung erkannt werden: Die Elf sind angewiesen, aus allen Völkern Jünger zu gewinnen, dann nicht die Völker, sondern oono{,~ (vgl. 25, 32!) die Jünger zu taufen und sie darnach «alles zu halten lehren, was ich euch aufgetragen habe». Das der Taufe V. 20 nachgestellte ÖLönO?tELV meint eben nicht die antibaptismale Unterweisung, sondern die Belehrung der Gemeinde in der «bessern Gerechtigkeit» als rechte Vorbereitung auf das Endgericht. Wenn wir von diesen Beobachtungen her zu den Formeln und den damit verbundenen Aussagen von V. 40. 45 zurück116 Mt 5, 47; 6,7; 18,17 erscheinen die Heiden als negativer Hintergrund. Mt 21, 43 wird die Basileia nicht den Heiden, sondern «einem andern Volk» verheißen. 24, 7 ist rein negativ als Zitat aus Mk übernommen. 4,15 ist Schriftbeweis für die übersiedlung nach Galiläa. 6,32 wieder eine negative Abgrenzung, aus Q. Mt 10, 15. 18 und 24, 14 stehen in der redaktionellen Ankündigung der Verwerfung. In Mt 12, 18.21 ist die Zuwendung der Heiden nicht als Heilsübereignung, sondern atl. als Sieg der Basileia verstanden. Endlich Mt 20, 19. 25: Die heidnischen Machthaber stehen widergöttlich. Bei diesem Befund kann Mt 25, 34 niemals als Zuteilung des Reiches an die Heiden verstanden werden. 98
kehren, dann wird die redaktionelle Absicht greifbar. Mt läßt den Himmelskönig seiner ßa<J'tAda 'tWV o'ÜQavwv sprechen. Die Formeln verklammern das repetierte Logion nicht, sondern heben es als Paränese hervor, die das rechte Verhalten der Gemeinde gegenüber den in Not geratenen ehemaligen Jüngern Jesu als ein Stück Verwirklichung der von ihr geforderten bessern Gerechtigkeit gebietet.
Abt. B: Das Sondergut des Lukas
§ 40: In den Tagen des Elias Lk 4, 24.25 a) Lk 4, 25-27 ist wie 4, 17 H. 28 H lkn. AuHüllung der Mk-Vorlage. Die ausführlich gestaltete Perikope entwirft das Programm der redaktionellen Konzeption. 117 Jesu Leben und Wirken läuft nach dem in der Schrift geweissagten und zum voraus festgelegten Willen Gottes ab. Bereits visiert Lk den späteren Weg des Evangeliums, der aus den Synagogen in die Heidenwelt führen wird. Vom eigenen Volk in Nazareth verworfen und dem Todesanschlag entgangen, trägt Jesus die Botschaft von der angebrochenen Heilszeit nach Kapernaum und Galiläa,us Lk 4, 25 führt freilich mit E3t' aA't1itELa~ öe A. U. keine einzelne Schriftstelle an, sondern berichtet in einem freieren Referat über 1. Kg 17, 1 ff und 2. Kg 5, 1 H. Die Beispiele Elias und Elisa enthalten die beiden, für Lk wichtigen Momente des zwangsweisen Ablaufes der göttlichen Auswahl und der Heilszuwendung an die Heiden. 117 Hahn, Hoheitstitel 394 ff nimmt besondere Traditionen an. 118 Zur theologischen Bedeutung der geographischen Angaben bei Lk vgl. Conzelmann, Mitte 25 ff 32 ff. 99
b) Mit einem ursprünglichen Amen hat die Formulierung E:rt' clArr{}da~ nichts zu tun. Lk verwendet diesen Ausdruck
auch sonst zur Versicherung eines Sachverhaltes. So übernimmt er Lk 20,21 b von Mk 12, 14 b En;' clA'Yl{}da~ 'ti}v öMv 'toü {}wü lhbuaxEL~ und wiedergibt Mk V. 14 a clA'Yl{}~~ mit öQ{}oo~ (Lk V. 21 a). Entsprechend übernimmt Lk 22, 59 clA'Yl{}OO~ aus Mk 14, 70. In Lk 4,24 trägt der Evangelist die A-Formel in die Mk-Vorlage ein. Nur noch Lk 23, 43 weist eine redaktionelle A-Formel auf. Von der Verwerfung in Nazareth mit Verhaftung und Todesanschlag spannt sich die Darstellung des irdischen Wirkens Jesu in weitem Bogen bis zur Hinrichtung am Kreuz mit dem Gnadenwort an den Schächer. Beide Szenen hat Lk selbständig und breit ausgestaltet. Das erste, mit der A-Formel verbundene Wort im Lk-Evg. bildet so das Thema und das letzte A-formelverbundene gleichsam die Conclusio des lkn. Kerygmas.
§ 41: Der bittende Freund Lk 11, 8.9 a) Die Kurzformel Lk 11, 8 leitet keinen in sich geschlossenen Herrenspruch ein, sondern J esus wendet sich noch innerhalb der Bildhälfte direkt an die Jünger. Trotz clva(bELa und %LXQUVaL, die sich im NT nur hier finden, dem einmaligen E; Moü und dem seltenen %o('t'Yl ist eher mit einer lkn. Bildung zu rechnen. Auch Lk 11, 11 setzt wie V. 5 mit 't(~ E; UJA.OOV ein, um ebenfalls mit einer rhetorischen Frage und kurzen Vergleichen auf den Gegenstand, hier auf die Erhörung der Gebete, zu weisen. Bei 11, 9 ff befinden wir uns aber mitten im Q-Gut. V. 11 versucht mit weniger Geschick als Mt 7, 9 die semitische Konstruktion ins Griechische zu übersetzen. Auch Lk 11, 8 b booaEL aimp öawv XQiJ~EL erinnert an die Redequelle, nämlich an Q Mt 6,32/ Lk 12, 30. Dazu kommt, daß Lk 11, 11 die nach Mt 7,9 in Q gelegene Bitte um Brot 100
übergeht, weil er das Brotmotiv in Lk 11, 5 ff schon vorweggenommen hat. Lk ersetzt dabei das Vater-Sohn-Verhältnis durch das des Freundes zum Freund. Durch diese Einfügung von Lk 11, 5 ff glättet Lk den Q-Text, indem er so die im Herrengebet betonte Bitte um das tägliche Brot unterstreicht und dazu das im Q-Wort folgende «Wer anklopft, dem wird geöffnet» in Beziehung setzen kann. b) In Mt 7,7 fehlt die Formel. In Lk 16,9 hat 'X.ä"{oo v. A. eine entsprechende Parallele. An beiden Stellen wird ein Einzelspruch aufgenommen und mit der Formel an eine bereits gegebene Deutung eines Gleichnisses angefügt. Wenn unsere Vermutung zutrifft, daß die Bitte um das Brot ursprünglich in die vorliegende Q-Gruppe der Bittsprüche gehört hat und Lk sie zur kurzen Parabel vom bittenden Freund ausgestaltete, dann wird der redaktionelle Eingriff in die Tradition recht eindrücklich. Es gelingt Lk, seine eigentliche Absicht zum Ausdruck zu bringen. Der Inhalt des geforderten, inständigen Betens besteht gar nicht in der Bitte um das tägliche Brot, sondern in der Bitte um den hl. Geist. Nach Lk fordert Jesu Wort die Gemeinde auf, in erster Linie um die Gabe des Geistes zu bitten, und verheißt ihr die gewisse Erhörung. So weist der Formelgebrauch wiederum auf die betonte redaktionelle Interpretation einer vorgegebenen und umgestalteten Tradition. Beide Formeln sind als lkn. Bildungen verständlich und im aufgenommenen Q-Abschnitt nicht nachweisbar.
§ 42: Der zudienende Herr Lk 12, 37 a) Lk 12, 37 muß als Vorwegnahme von Q Mt 24,46 f / Lk 12,43 f verstanden werden. Dadurch schafft Lk eine seiner beliebten Doppelungen. 'AArr{Hö~ Lk V. 44 sichert, daß die A-Formel in der Redequelle stand. Die eingeleitete Aus101
sage V. 44 ist nicht selbständiges Logion, sondern bleibt wieder wie Lk 11, 8 und 12, 37 in der Bildhälfte. Mit der Formel richtet sie sich als implizite Deutung an die Zuhörer. Sie verheißt V.44 als Belohnung für gute Verwaltung die Regentschaft über alles Gut. Lk V. 37 spricht nun nicht von einem, sondern von mehreren Knechten, und die Seligpreisung lobt nicht die treue Haushalterschaft, sondern die Wachsamkeit und Bereitschaft, dem anklopfenden Herrn sofort die Türe öffnen zu können. Der Lohn besteht darin, daß der Herr seine Knechte persönlich bewirtet. IIE{lLtoooE'tUL nimmt 3tEQLEtroOJ.tEvUL V. 35 auf. b) Das Umgürtetsein und die brennenden Lampen passen eigentlich besser zu einer Marschbereitschaft. Sie erinnern an Ex 12, 11, aber auch an Apk 1, 13 und 15,6. Vor dem Aufbruch aber wird gegessen. Dies paßt nicht nur zum Passah Israels, sondern auch zu Apk 3, 20: Wer dem Anklopfenden öffnet, mit dem wird der Kyrios das Mahl einnehmen,119 Auch Lk 24, 28 ff liegt derselbe Topos vor. Lk 22, 24 ff hat die Sprüche über die Rangordnung Mk 10, 41 ff in das Gespräch anläßlich des letzten Mahles eingeordnet. Dabei bringt Lk 22, 27 die entscheidende redaktionell gebildete Frage: «Wer ist grösser, der zu Tische Sitzende oder der Dienende? Ist es nicht der zu Tische Sitzende? Ich aber bin mitten unter euch wie der Dienende.» Für Lk ist Christus im Abendmahl als der Dienende gegenwärtig. Auch in Lk 24, 13 ff begegnet uns diese Situation: V. 29: Die Nötigung entspricht dem Motiv der Bereitschaft zur Türöffnung. Obwohl Jesus zuerst weiter wandern wollte, sagt jetzt Lk: «Er ging hinein, um bei ihnen zu bleiben.» V.30: Die Tischgemeinschaft. Jesus ist deutlich als der Spender gezeichnet. 119 Auch Reicke, Diakonie 237 versteht die umgürteten Lenden als «eine bildliehe Andeutung der Passahnacht und des Passahmahls Ex 12, 11» und verbindet ebenfalls Lk 12, 36 f mit Apk 3, 20. Ebenso Strobel, Verständnis 211. 102
Er nimmt das Brot, segnet es, bricht es und gibt es den Jüngern. Christus vollzieht wieder die Funktion des zudienenden Hausherm. Nach dem Essen aber brechen die beiden Männer auf, um nach J erusalem zurückzukehren. So wird der redaktionstheologische Ort von Lk 12, 35 ff sichtbar. Mit der Mahlfeier verbindet Lk nicht nur die Gewißheit der Gegenwart des Kyrios, sondern auch die Bereitschaft auf seine Parusie. 120 c) Diese redaktionstheologische Bezeugung wird gestützt durch eine weitere Beobachtung. Lk 22, 15 bezeichnet das letzte Mahl als Passah. Nicht nur nimmt Lk den Hinweis auf das zukünftige Essen im Reiche Gottes (in der Mk-Vorlage nach den Einsetzungsworten gelegen) voraus (V. 18), sondern stellt schon V. 16 (ebenfalls mit der Formel betont) den Hinweis auf das Nichtmehressen des Passah bis zur Erfüllung im Reiche Gottes noch einmal voran. Dabei ist Christus betont als der Zudienende gesehen. Die Spendworte werden V. 17 erweitert: «Nehmet ihn und teilet ihn unter euch!» V. 19 übergeht in der Vorlage Mk 14, 22 die Erwähnung «und als sie aßen». Der spendende und zudienende J esus ist Lk wichtiger. Beim Brot und Kelchwort kommt dies besonders deutlich zum Ausdruck: Lk 22, 19 b ergänzt das mkn:to 0'&"",<1 "",OU mit -co imEQ 'Ü""'&v öLM"",BVOV und Lk 22, 20 b -co aI""'<1 ""'OU mit -co 'Ü1tEQ 'Ü""'&v E%XUVVO"",BVOV an Stelle des mkn. imEQ 1tOAA&V. Der Zudienende bietet sich selber dar. Im Blick auf den Formelgebrauch zeigt Lk 22 die Entsprechung. Die Vorwegnahme der Formel entspricht genau Lk 12, 37, auch wenn es sich Lk 22, 16. 18 um eine sekundäre Doppelung von Mk-Gut handelt. 121 120 Neill, Sayings 4 vermutet den ursprünglichen Ort in der urchristlichen Eucharistie, wo es sich als ein charismatisches, apokalyptisches Wort festgeklammert habe. 121 Jeremias, Gleichnisse 45 Anm.2 will V. 37b als vorlkn. verstehen. Aber Lk 23, 43 ist sicher redaktionell, Lk 4,24 in di'e Mk-Vorlage ein103
§ 43: Der Ruf zur Umkehr
Lk 13, 3.5; 15, 10; 19,40
a) OUXL, J... u. Lk 13, 3. 5 findet sich nur noch Lk 12, 51 b, wo die ergänzte Kurzformel eindeutig in die Q-Vorlage eingetragen ist. OUXL wird von Lk bevorzugt: 9 mal bei Mt, 17 mal bei Lk, bei Mk nie. Auch J-LE-ravOLa/ J-LE-ravoELv wird von Lk bevorzugt, zeigt aber ein differenziertes Bild: Lk 10, 13 und 11, 32 stammen aus Q. 15, 7. 10 sind lkn. und mit der Formel verbunden! 17,3.4 stammen aus Q, V. 3 ohne Formel aber mit lkn. Eintragung von J-LE-ravoELv, V. 4 zeigt einen formelähnlichen Ansatz bereits in Q. 16,30 bringt das Verb ohne Formel, aber mit OUXL. Lk 13, 1 ff mag Sonderüberlieferung übernehmen, das Stück aber ist redaktionell einheitlich komponiert. Die mit der Kurzformel eingeleitete, wörtlich wiederholte Aussage, ist kein Logion, sondern ein Aufruf zur Bekehrung mit beigefügter Drohung. Das ist der Stil der lkn. Missionspredigt. b) Lk 15, 10 schiebt die Kurzformel in den Deutungssatz am Schluß der Parabel von der gefundenen Drachme ein. V. 7 ist Vorbild. Nur geht die Ablösung von der Q-Vorlage noch weiter. Das noch aus ihr stammende Ö-rL V.7 und die Stellung der Formel am Anfang fallen jetzt weg. Nach Form und Inhalt ist V. 10 lkn. Bildung. 122 Die eingeschobene Kurzformel begegnet uns im folgenden Gleichnis von den Söhnen nicht mehr, aber doch das Motiv des sich bekehrenden Sünders und das der Freude. Die Anwendung V. 10 stößt sich leicht mit der Bildhälfte der Parabel. Lk geht es um die himmlische Freude über die erfolgte Bekehrung, während die Frau sich freut, weil sie das vermißte Geldstück gefunden hat. getragen und Lk 18, 17.29 f; 21,32 stammen aus Mk. IIaeel.:l}(ov muß nicht unbedingt semitisch sein, sondern dient Lk wie 22,37 (vgl. 17,21) zur redaktionellen Hervorhebung des dienenden Kyrios. 122 Mit Conzelmann Mitte 103 und Bultmann, Traditi'on 184 f. 104
c) Lk 19, 40 liegt in einem mit Q-Elementen interpolierten Mk-Abschnitt. Lk hat die Szene entpolitisiert und zu einem Mahnruf an das Volk umgestaltet. Nicht das Volk, sondern die Jüngerschar preist V.37 Jesus, und zwar als König, nicht mehr als Davidide. Die Erwähnung der Pharisäer V. 39 a erscheint überflüssig. Auf alle Fälle gehören sie zum Volk. An dieses wendet sich Jesus mit seinem Bußruf. Das mit der üblichen Kurzformel eingeleitete Logion ist am besten als lkn. Bildung zu verstehen. Das Bildwort aus Hab 2, 11 paßt schlecht. Die Steine aus Habakuk beklagen Greueltaten. Die Steine des Lk würden an Stelle der Jünger ein Lob auf den König singen. Aber warum gerade Steine einen Lobpreis anstimmen sollen, ist wenig plausibel. Eine an sich mögliche Verbindung mit einem Sprichwort scheitert an seiner Unbekanntheit. Aber im unmittelbar folgenden Kontext über die Weissagung der Zerstörung J erusalems werden V. 44 wieder Steine erwähnt. Dazu ist die wiederholte Androhung des Untergangs als Mahnruf zur Buße im redaktionellen Stück 13, 1 ff, ebenfalls mit der Formel betont, zu beachten. Endlich brachte Lk bereits 13, 35 das Drohwort aus Q (Mt 23, 38), dessen messianischen Gruß er, Mk folgend, 19, 38 repetiert. So gestaltet Lk V. 40 in Anlehnung an die in Q und Mk vorliegende Tradition und in Ergänzung der biographischen Szene ein Mahn- und Bußwort, das der Evangelist nicht mehr an die Juden, sondern an seine Zeit richtet. In den Jahren nach 70 schweigen die Jünger Jesu und die Steine der zerstörten Stadt reden eine deutliche Sprache.
§ 44: Keiner der geladenen Männer Lk 14, 24 a) Die in der auch in Q üblichen Form vorliegende Formel fehlt in Mt 22, 1-10. Eindeutig übernimmt Lk diese Q-Form in 3, 8; 10,24; 12,27 und 13, 35; nur Lk 22,37 befindet sich im Sondergut. In V. 23 spricht im %{,QLO~ genann105
ten Hausherr der äv{}(>ro3t6~ 'tL~ von V. 16. Dieser schickt seinen ÖO;:;AO~ nochmals hinaus in die Straßen und an die Zäune der Stadt mit dem Auftrag: «Nötige zum Kommen, damit mein Haus voll werde!» Dieser Befehl zur Nötigung V. 23 b gehört zur lkn. Interpretation. Mit der Formel aber wechselt V.24 das Subjekt. Der Hausherr des Gleichnisses müßte sich an den Diener, nicht an eine Mehrzahl richten. 'Av~(> ist freifreilich lkn. Vorzugswort, aber V. 24 macht mit 'toov ävö(>oov einen überladenen Eindruck. Die Beobachtung, daß bei Lk ein mit der Formel eingeführtes Logion ein Gleichnis abschließt, kann in Q wenigstens für Mt 18, 13 f / Lk 15, 7 und wohl auch für Mt 24, 47 / Lk 12, 44 geltend gemacht werden. Auch in der Q-Gestalt deutet Jesus das dargebotene Gleichnis, indem er das Erzählte kommentiert und mit der Formel eingeleitet die Verurteilung der Erstgeladenen ausspricht. Es handelt sich nicht um die bloße Androhung eines Ausschlusses, sondern um die Erklärung des bereits vollzogenen Ausschlusses. Parabel und abschließendes Logion werden als Weisung einer Gemeinde verständlich, die Jesu Wort weitergab, weil sie sich der Heidenmission zuwandte und diese rechtfertigte. b) Wie hat Lk die übernommene Q-Formel verstanden? Lk hat die Parabel bei den Tischgesprächen untergebracht, die nach 14, 1 an einem Sabbat im Hause eines Obersten der Pharisäer stattfinden. Aber schon V. 7 setzt etwas ab, nimmt weder auf den Sabbat noch auf"die Pharisäer Bezug, sondern schildert eine allgemein zutreffende Situation. Die Seligpreisung mit der Erwähnung der Belohnung in der Auferstehung der Gerechten V.14 verbindet mit dem dritten «Tischgespräch», welches durch V. 15 verklammert ist: Einer der zu Tische Liegenden formt eine weitere Seligpreisung. Sie nimmt den Begriff des <payeiv ä(>'tov V. 1, aber auch f.ta%a(>LO~ V. 14 und die Beziehung auf das Eschaton auf. Die Parabel von der Mahlzeit wird dadurch zu einer Aussage über das 106
Mahl mit dem gekommenen Menschensohn. Die Zuordnung an eine Pharisäermahlzeit täuscht nicht darüber hinweg, daß es Lk nicht um Pharisäerpolemik, sondern um die wiederholte und eindringende Ermahnung der Gemeinde zu einem Leben in der Nachfolge geht. Seine Gemeinde soll sich nicht in der Sorge um irdischen Besitz verlieren, sondern bei äußerer Anspruchslosigkeit zur Wahrnehmung der missionarischen Verpflichtung zurückkehren. Schon V. 12 ff ruft auf, die gesellschaftliche Gewohnheit zu durchbrechen und sie durch diakonisches Handeln an den Ärmsten zu ersetzen. Diese «proletarische öffnung» der Gemeinde entspringt missionarischen Motiven. 123 Diakonie geschieht nicht um ihrer selbst willen, sondern soll die leeren Plätze an der Festtafel im Reiche Gottes füllen! Zum Verzicht auf äußere Lebensgüter rufen darum in wiederholter Eindringlichkeit die Sprüche 14, 25 ff. V.25 zeigt äußerlich den Szenenwechsel: Jesus wendet sich an die zusammengeströmten ÖXAOL 3tOAAOL. Kat ExaAEoEv 3tOAAOU~ heisst es auch V. 16, während Mt direkt von den «Berufenen», also von einer ganz bestimmten Auswahl spricht. Mt betont die Einladung durch die Wiederholung. Lk bringt die Doppelung bei den neu zu Berufenden an. Das Gewicht liegt nicht auf dem Ausschluß der Erstgeladenen, sondern auf der neu zu ergehenden Einladung. Weil Lk an das eschatologische Mahl denkt, wird die ursprüngliche Ausschließung der Erstgeladenen auf eine Drohung reduziert. Wer sich durch Besitz, Handel und Ehe nicht binden läßt und darum die Forderungen der Jüngerschaft erfüllt, gehört zu jenen, die das immer noch Platz bietende Haus füllen helfen. So hat die lkn. Paränese eine doppelte Tendenz: Sie ruft die Wohlstandschristen in die Askese der Nachfolge und gibt der missionarischen Verpflichtung der Gemeinde eine ganz bestimmte Stoßrichtung. 123 Vgl. Jeremias, Gleichnisse 38 und Hasler, Hochzeit 27: Zum Missionsbefehl kommt die soziale Indikation hinzu. 107
§ 45: Macht euch Freunde Lk 16, 9 a) Mit der Formel setzt Lk 16, 9 neu ein. V.8 bildet den ursprünglichen Abschluß des Gleichnisses. Mit %UQLO~ V. 8 ist nicht der reiche Mann des Gleichnisses V. 3. 5 gemeint, sondern J esus. Auch zwischen V. 8 a und b wird eine Naht spürbar. V. 8 a enthält lediglich ein Urteil über das Verhalten des Verwalters, eine Bemerkung zur Bildhälfte, die aber die Beziehungen zur Sachhälfte nicht völlig aufdeckt. Warum lobt Jesus den Verwalter? Der Verwalter gilt als weise, weil er, bevor er zur Rechenschaft gezogen und entlassen wird, die Frist bis zu seiner gewissen Verurteilung ausnützt und sich für nachher die ihm gegenüber verpflichteten Freunde sichert. So wird ein erster Sinn erkennbar: Wer andern Schuld erläßt, wird im Endgericht eher bestehen. ~Qov(fA.(O~ V. 8 a wirkte als Stichwort für die Verbindung mit der V. 8 b folgenden Sentenz. Sie erscheint mit Ö'tL als Begründung des überraschenden Urteils V. 8 a, verschiebt aber sogleich den Sinn ins Allgemeine. Die Weltkinder stehen den Söhnen des Lichtes gegenüber. Ihre entschlossene und folgerichtige Klugheit in einer Krisensituation soll diesen als Vorbild dienen. b) Mit V. 9 beginnt eine dritte Deutung. Die mit %aL Ej'OO verbundene und umgestellte Kurzformel 124 des Lk erfüllt die Funktion der Anreihung. «Macht euch mit Hilfe von Geld und Gut Freunde, damit sie euch einmal in die ewigen Zelte aufnehmen, wenn der Mamon hinfällt.» Diese Interpretation schließt an die zweite Deutung auf allgemeine Klugheit an. Als Söhne des Lichtes sollen die Jünger, gemeint sind die Christen, auf ihre Weise mit Geld und Gut klug umgehen. Wie sich der listige Verwalter mit dem schlauen Schulden124 Wenn Jeremias, Gleichnisse 34 Anm.2 und 37 Anm.l u. Ä. als Ei'gentümlichkeit der lkn. Quelle hinstellen möchte, dann sind die angezogenen Stellen nicht beweiskräftig. Lk 6, 27 ist die Umstellung deutlich redaktionell; in Lk 11,9 ist die Formel in Q sehr unwahrscheinlich und Lk 12, 22 ist die v. 1. sekundär. 108
erlaß Freunde sicherte, damit er, vor die Türe gesetzt, bei diesen Freunden unterkommen kann, so mögen auch die Christen ihr Geld und Gut dazu benützen, um sich Freunde zu gewinnen, die einmal im Jüngsten Gericht vor den Richter treten werden und bezeugen können, wie viel Gutes die Christen an ihnen gewirkt hatten. 125 Die Bildhälfte V. 4 b wird also ausgelegt, indem der Gesichtspunkt der Sentenz V. 8 b berücksichtigt wird. Mamon bildet darauf das Stichwort zur Anreihung der beiden Sprüche V. 10 ff und V. 13. Der sachlich verbindende Gedanke ist der der Haushalterschaft. Lk versteht darunter die rechte Haltung gegenüber dem irdischen Gut. In V. 11 bricht die missionarische Verpflichtung durch. Die Glaubwürdigkeit der Verkündigung fällt dahin, wenn der Jünger «den ungerechten Mamon» nicht entsprechend einsetzt. Das Sprichwort V. 10 wird ausgelegt. V. 12 nimmt wieder den Gesichtspunkt der himmlischen Belohnung von V.9 auf. V. 13 ist aus Q aufgenommen. So sind V. 9-12 als redaktionelle Bildung zu betrachten. Die Formel dient der Verklammerung und der Hervorhebung der durchgehenden lkn. Paränese.
§ 46: Zwei auf einem Bett Lk 17, 34 Die Bearbeitung und Ergänzung der Mk- und Q- Vorlagen im Abschnitt 17,22-37 ist offensichtlich. Lk 17, 34 darf nur bedingt Q zugeteilt werden. Daß Mt 24,40 die heiden Männer aus dem Bett geholt und auf den Acker gestellt hätte, ist reine Vermutung. Tall'tTI 'tu 'V'U%'tL Lk 17, 34 hängt gänzlich in der Luft. 126 Nicht von der Nacht, sondern vom Tag, und
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125 «En redigeant ce V. 9, Luc a voulu donner la parole une seconde conclusion, la premi-ere (V. 8) lui paraissant insuffisante... La seule maniere chretienne de se faire des amis l'aide de l'argent, c'est de le distribuer aux pauvres.» Descamps, Composition 50. 126 Die Schwierigkeit mit 'tu{,.tn 'tu 'Vux,'tL empfindet auch Kümmel, Verheißung 37 Anm. 83.
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zwar vom Tag des Menschensohnes (V. 24.30.31), ist im Kontext (wie Mt zeigt, wohl auch in Q) die Rede. Trotzdem kann die formale Entsprechung zu Mt 24, 40 nicht zufällig sein. Dazu geht Lk 17, 34 dem in Q nachweisbaren Wort von den mahlenden Frauen voran und ist kaum diesem nachgebildet worden. Der Sprachgebrauch von V. 34 ist nicht spezifisch lkn. Immerhin sei auf Lk 12, 20 hingewiesen, wo Lk im Gleichnis vom reichen Toren unvermittelt die Stimme Gottes einführt und ebenfalls unmotiviert den Ausdruck 'tull1;n 'tf\ VU'X'tL anführt. Mag nun Lk das Wort in Q gelesen oder anderswo aufgenommen haben 127, er kehrt damit wieder zur Q- Vorlage zurück. Weil er die Naht empfand, überbrückte er sie, indem er seine Kurzformel als Klammer voransetzte. 128
§ 47: Recht schaffen in Kürze Lk 18, 8 Schon mit V. 6 geht Lk im Gleichnis 18, 1 ff von der Bildzur Sachhälfte über, indem er mit eI3tEV ÖB (, 'XUQLO~ neu einsetzt, Jesus vorerst die Hörer aufmerken und dann V.7 in der Form einer rhetorischen Frage eine Anwendung auf die Erwählten folgen läßt. Wenn schon ein ungerechter Richter sich von einer unablässig bittenden Witwe erweichen läßt, seines Amtes zu walten, wie viel eher dann Gott! Derselbe Schluß begegnet uns im Q-Wort Mt 7, 11 / Lk 11, 13. Die Gemeinde soll wissen: Wie die Witwe durch ihr beständiges Bitten (vgl. Lk 11, 5-8) Gehör erlangt, so wird auch das unablässige Flehen der Auserwählten zu Gott als einem gerechten Richter die noch ausstehende Rechtfertigung verschaffen. 127 Strobel, Nacht 21 vermutet eine· Quelle, die mit dem nächtlichen Kommen des Menschensohnes rechnet. 128 Strobel, Nacht 21 spürt die formale Verwendung der Formel, wenn er bemerkt, daß man sie lieber an einer andern, sachlich-christologisch tieferen Stelle der Rede sehen wollte. 110
V. 8 a schließt nun Lk in Vertiefung der rhetorischen Frage, durch seine Kurzformel zu einer Aussage verbunden, die Vergewisserung an: Gott wird die Rechtfertigung in Kürze schaffen. V. 7 und 8 a gehören eng zusammen und bilden eine geschlossene redaktionelle Aussage. Das wiederholte 3tOLELV 't~v Ex.Mx.'YJo'LV verklammert. Was ist aber unter Ex.Mx.'YJO'L~ zu verstehen? Wie Lk 11, 5 ff auf die Gabe des h1. Geistes 11, 13 b hinführen, so muß auch hier V. 8 a ergänzt werden. Wie der ungerechte Richter der bittenden Witwe Gerechtigkeit verschafft, indem er ihr das ihr Zustehende, aber Vorenthaltene zugehen läßt, so schenkt Gott der Gemeinde mit der Gabe des h1. Geistes die Rechtfertigung ihrer angefochtenen Existenz. 129 In der Apg wird Lk nicht müde, diese Rechtfertigung immer wieder neu zu zeigen, vg1. dazu Apg 1,5; 2,4.38 f.; 4,31; 9,31; 10,44 ff; 15,8; 19,6. Ist damit der redaktionstheologische Zusammenhang erkannt, dann entfallen die Versuche, 18, 6 ff mit dem Problem der Parusieverzögerung in Verbindung zu bringen. Weder handelt es sich um vorlkn. Erwartung des eschatologischen Gerichtes und des Eintretens der Gottesherrschaft in kurzer Frist, noch um ein verkrampftes Erbeten einer baldigen, nicht mehr weiterhin aufgeschobenen Parusie durch die lkn. Gemeinde. Nur V. 8b erweist sich als Nachtrag einer Hand, die Lk im Sinne der Menschensohnerwartung interpretierte. Die lkn. Formel aber erfüllt wieder als Abschluß einer Parabel die Funktion der redaktionellen Interpretation.
§ 48: Der gerechtfertigte Zöllner Lk 18, 14 Die Kurzformel Lk 18, 14 begegnet wieder als Einleitung einer abschließenden Gleichnisdeutung. Der Gegensatz Pharisäer / Zöllner durchzieht das ganze Evangelium. Lk versteht 129 Vgl. zum Geistverständnis des Lk Schweizer,
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S. 401, 33 H.
111
ihn als einen typischen, nicht historischen. Zur Einleitung der drei Verlorenen-Gleichnisse Lk 15 murren die Pharisäer und Schriftgelehrten, weil sich J esus zu den Sündern setzt. Wie in der Schlüsselstelle Lk 16, 15, so wendet sich auch Lk 18, 9 ff allgemein an solche, die sich als gerechtfertigt betrachten und die übrigen verachten. Man darf Lk nicht mit dem Gegensatz einer sogenannten jüdischen Gesetzesgerechtigkeit zur geschenkten Glaubensgerechtigkeit belasten. Lk bekämpft nicht den frommen Lebenswandel, sondern die Verachtung des Sünders, der im Gegenteil gesucht, zur Reue und Umkehr geführt werden muß. Darum ist der Zöllner nicht einfach Sünder, sondern einer, der nicht wagt, seine Augen himmelwärts zu heben, der in Trauer an seine Brust schlägt und Worte aus Ps 51 betet. Man darf nicht fragen, worin das Gerechtfertigtsein des nach Hause zurückkehrenden Zöllners besteht. Gesichtspunkt ist der vor Gott reuige Sünder. Von ihm darf es keine selbstgerechte Distanzierung geben: Der V. 14 b aufgenommene zweigliedrige Maschal ist sehr wohl als redaktionelle Beifügung verständlich.
§ 49: Die Worte im lkn. Passionsbericht Lk 22,16.37.43 a) Die Verzichtworte Jesu anläßlich des letzten Mahles wurden im Zusammenhang mit Mk 14, 25 bereits besprochen. Wenn Lk neben der mkn. Kurzform auch eine Langform des Abendmahlberichtes gekannt hat, so läßt sich Lk 22, 16 dennoch als redaktionelle Bildung verstehen. Die aus Mk vorausgenommene und verdoppelte Erklärung auf den Verzicht des Passahmahles betont die Ersetzung der jüdischen Feier durch das christliche Abendmahl. b) Die Formel Lk 22,37 liegt mitten in der redaktionellen Komposition 22, 35-38, welche verschiedene Traditionselemente zu einem mühsamen Dialog zwischen Jesus und 112
seinen Jüngern zusammenstellt. Was bezweckt Lk damit? Voraus geht V.31 die Eröffnung an Petrus, daß der Satan ihn in Versuchung führen und seinen Glauben gefährden werde. Dann folgt knapp die Anzeige der Verleugnung, wobei die A-Formel bei Mk nur im kurzen Ä.. OOL, IIlhQB anklingt. Der Ton liegt für Lk nicht auf dem Ereignis der Verleugnung, sondern, wie V. 31 verrät, auf der für die Jesusjünger kommenden Zeit der Drangsal, in welcher der nachmals bekehrte Petrus sie stärken wird. Die Drangsal kommt nicht nur über Jesus, sondern auch über die ganze Jesusgemeinde, weil die Geschicke nach den in der Schrift gegebenen Ankündigungen abrollen müssen. 130 22, 35 ff hat keinen andern Sinn, als gerade dies hervorzuheben. Die Aufforderung, den Mantel zu veräußern und dafür ein Schwert zu kaufen, ist nicht der Ruf zu zelotischem Aufstand und siegreichem Endkampf mit Waffengewalt 131, sondern symbolischer Hinweis auf die nun beginnende Leidens- und Verfolgungszeit. 132 Für Jesus selber geht diese mit der Kreuzigung zwischen den Verbrechern zu Ende 133, für die Jüngerschaft aber nicht. Zwei Schwerter genügen, denn Lk will zugleich, wie mit V. 49 ff, das zelotische Mißverständnis abwehren. Die verwendete Formel dient lediglich der Hervorhebung des schriftgemäßen Ablaufes. Das beigefügte yaQ verklammert mit dem Hinweis auf die geforderte Entsagung und Leidensbereitschaft. 130 Apg 13,29 liegt di'eselbe lkn. Formulierung vor. Die dritte Leidensankündigung verbindet nur Lk 18, 31 mit dem Schriftbeweis. Mit Recht betont Schubert, Structure 178, daß die besondere literarische, historische und theologische Verwendung des Lk in Lk 24 ihren Höhepunkt erreicht. 131 Nach Hahn, Hohei'tstitel167 H. Vgl. daselbst seine Diskussion mit Schürmann, Rehkopf, Cullmann u. a. 132 Vgl. Conze1mann, Mitte 74 H. 133 TBABO''fHj'Vut E'V E~ot und 1:0 3tBQL E~OU 1:EAO~ EieBt sind identisch. Gut übersetzt die Zürcher Bibel: «denn was mir bestimmt ist, kommt jetzt zu Ende»; falsch aber Bauer, Wb s. v.: «meine Lebensarbeit i'st zu Ende.» . 113
c) In Lk 23, 39-43 geht es Lk nicht um das Problem der Parusie, sondern um den Begriff der Sünderbekehrung innerhalb seiner missionarischen Konzeption. Darum darf auch kein Gegensatz zwischen der Frage des Schächers und der Antwort Jesu, zwischen Reich Gottes und Paradies, herausgelesen werden. Es geht Lk nicht um die Korrektur einer Basileia-Vorstellung. Der Schächer bittet mit den Worten Josephs im Gefängnis Gn 40, 14 «Gedenke meiner!» Darauf liegt der Ton. Die Basileia erscheint als eine transzendente Größe. 134 Der sterbende J esus befindet sich im Aufbruch in das himmlische Reich seines Vaters. Zur Zeit des Evangelisten sitzt darum Christus zur Rechten des Vaters, während seine Gemeinde auf Erden durch die Verfolgungsleiden hindurch muß. Der Tod des Stephanus Apg 7,54 ff. 59 zeigt dieselbe Vorstellung. Zum Verständnis von O'~""EQOV 23,43 helfen die übrigen Stellen im Sondergut: Lk 2, 11 wird den verachteten Hirten das Heil durch die Geburt des O'ro't~Q als gegenwärtig verkündigt. Lk 13, 32 f soll Herodes ausgerichtet werden, daß J esus heute und morgen Dämonen austreiben, Kranke heilen und dabei durch die Dörfer und Städte wandern muß, weil er sich so auf der von Gott vorherbestimmten Reise nach J erusalem befindet. J esu Leidensweg ist auch der gottbestimmte Weg der Gemeinde. Endlich Lk 19, 5.9: Jesus «muß» «heute» bei Zachäus einkehren, denn, wie der beigefügte Menschensohn-Spruch sagt, ist er gekommen, zu retten, was verloren ist. Warum muß er und warum gerade heute? Für Lk steht Jesus vor Jerusalem, am Ende seiner Wanderung. In Jerusalem «muß» er nach der Schrift sterben. Vor dem Ende aber erstreckt sich die Zeit des Heils, das Heute der Begegnung des reuigen Sünders mit dem O'ro't~Q. Die aus Mk bekannte A-Formel versteht Lk als Stilmittel zur Beteuerung eines ihm wichtigen Sachverhaltes. In Lk 23, 43 verdichtet 134 Vgl. Kümmel, Verheißung 67 f. 114
sich seine ganze Konzeption. Unmittelbar vor dem schriftgebundenen Ende vollzieht sich nochmals das «Heute des Heils», die Zuwendung der O'oo'trlQLU an den reuigen, sich zum Kyrios wendenden Sünder.
115
Zweiter Teil
Die Bedeutung der Formel
4. Kapitel
DER REDAKTIONSTHEOLOGISCHE SINN
Die über die formkritisch verfahrende Analyse hinausführende Einsicht einer redaktionsgeschichtlichen Exegese besteht darin, daß die Evangelisten die Tradition nicht nur gesammelt und geordnet, sondern ihren theologischen Konzeptionen entsprechend und in Berücksichtigung der innem und äußern Situation ihrer Gemeinden tiefgreifend verändert haben. Unsere Analyse der einzelnen Formelstellen ist dieser grundlegenden Struktur der Evangelien immer wieder begegnet. Nun gilt es, die Resultate zusammenzustellen und die redaktionstheologische Bedeutung der Formelverwendung bei jedem Evangelisten herauszuarbeiten.
§ 50: Die Formeln bei Markus a) In formaler Hinsicht ergab sich für die 16 Formelstellen bei Mk das folgende Bild. 6 mal übernimmt Mk die A-Formel zusammen mit einem isolierbaren Einzel10gion aus der Tradition (Mk 3,28 f; 9, 1; 10, 15; 10,29 f; 11,23 und 13, 30). 3 mal übernimmt er sie innerhalb der Passionstradition in Verbindung mit Situationsworten (Mk 14, 18.25.30). 3 mal verbindet Mk die A-Formel mit eigenen Wortbildungen (Mk 8, 12; 12,43; 14,9). Fraglich bleibt Mk 9,41, wo Mk die A-Formel eher mit einem tradierten Logion aufgenommen hat. 3 mal fügt Mk eine von ihm abgewandelte Formel 119
ohne Amen zu eigenen Formulierungen (Mk 9, 13; 11,24; 13, 37). Zur Erhebung des theologischen Formelgebrauches beginnen wir mit der Besprechung jener Stellen, die sich als redaktionelle Bildungen verstehen lassen. In ihnen muß auch die Absicht des Evangelisten besonders hervortreten.
b) Redaktionelle Formeln: Mk 8,12: Mk fügt die Formel in ein umgebildetes Situationswort ein und formt so eine schwurähnliche Beteuerung. Er unterstreicht: «Diese Generation erhält überhaupt kein Zeichen!» Damit gelingt ihm ein starker Ausdruck seiner eigentlichen überzeugung. Wenn er Jesus unwillig und aufseufzend die Forderung eines apokalyptischen Zeichens zurückweisen läßt, dann polemisiert er nicht gegen die verstockten Pharisäer, sondern verbindet mit diesen noch traditionellen Momenten die Meinung, daß auch der Gemeinde keine Zeichen am Himmel geschenkt werden. So warnt Mk vor falscher Spekulation mit endzeitlichen Vorzeichen der Parusie. Der erwartete Menschensohn wird unangemeldet und plötzlich eintreffen. Mk 9,13: Mit der formelähnlichen, antithetischen Einführung stellt Mk der herumgebotenen Argumentation, die Parusie sei noch in weiter Ferne, weil nicht einmal der verheißene Elias eingetroffen wäre, die Erklärung entgegen: Elias ist schon gekommen! Und nicht nur Elias, sondern auch, freilich durch sein Leiden verborgen, der Messias! Darum steht die Parusie vielmehr vor der Tür, und erhöhte Wachsamkei t ist geboten! Mk 9,41: Der formelverbundene Hinweis auf Belohnung muß in redaktionstheologischer Hinsicht zusammen mit den in Mk 3, 28 fund 10,29 betonten Aussagen gesehen werden. Der «fremde Exorzist» heilt im Namen Jesu und gehört darum zur Gemeinde. Seine Tätigkeit ist legitim, auch wenn er sie nicht innerhalb eines geordneten Raumes ausübt. Er 120
nimmt eben trotzdem Anteil an der charismatisch vermittelten Wirksamkeit des Erhöhten und er wird dafür seinen verheißenen Lohn empfangen. Wenn schon ein dem Bedürftigen dargereichter Becher Wasser belohnt werden wird, wieviel mehr dieser Dienst an den Kranken! So wird ein paränetischer Gesichtspunkt der Formelverwendung deutlich. Wahrscheinlich aber ist die Formel zusammen mit dem Logion aus altem Gut der christlichen Gerichtspredigt übernommen worden. Mk 12, 43: Das traditionelle Motiv, zur kleinen Szene gestal tet, bildet den Anlaß, die Jünger herbeizurufen, um ihnen eine Belehrung über die vollständige Hingabe zugehen zu lassen. Für Mk wendet sich dabei Jesus an die Jünger als den spätern Lehrern der Gemeinde. Diese soll ermahnt werden, nicht nur vom Oberfluß zu geben, sondern vielmehr um des Evangeliums willen auf Hab und Gut zu verzichten. Die Formel leitet ein künstliches Situationswort ein, das lang und breit die unmißverständliche Forderung vor die Gemeinde stellt. Mk 14, 9: Auch hier faßt das redaktionell gebildete Situationswort die aufgearbeitete Szene im Blick auf die nun nicht paränetische, sondern christologische Interpretation des Evangelisten zusammen und schließt sie ab. Die kostbare Gabe der unbekannten Frau zu Bethanien, die als Typus für das angesprochene Gemeindeglied steht, zeigt, daß die Hingabe des Besitzes aus dem Glauben an den gekommenen und darum in der Gemeinde gegenwärtigen Gottessohn 135 zu geschehen hat. c) Traditionelle Formeln, die ein Einzellogion einführen: Mk 3, 28 f: Das zweigliedrige Logion über den Ausschluß der Geisteslästerung von der Vergebung benötigt Mk, um 135 Schulz, Botschaft 151: «Das Mysterium der Gottesherrschaft ist nichts anderes als die geheime Epiphanie des Gottessohnes.» 121
die Angriffe und Vorwürfe auf die Tätigkeit der charismatischen Krankenheiler und Exorzisten zurückzuweisen. Wer die geistbewirkte Heiltätigkeit als Dämonenzauber abtun will, verleugnet das Evangelium. Er verachtet denselben Geist, der in Jesus wirksam war und in dessen Kraft Jesus jene Wundertaten vollbrachte, die ihn vor der Gemeinde als den verborgenen Sohn Gottes ausweisen. Mit der A-Formel schließt Mk das Logion unmittelbar an das Beelzebul-Gespräch an. Als betonte Zusammenfassung des Interpretationsgefälles steht so das Logion am Schluß des ganzen Abschnittes. Mk 9,1: Das Logion beschließt eine ganze, von Mk zusammengestellte Spruchreihe, die mit Mk 8, 34 nach der Zurückweisung des Petrus anläßlich der ersten Leidensverkündigung ihren Anfang nimmt. Die Petrusszene wird dadurch für die Gemeindesituation ausgelegt. Mk ruft zur überwindung der Leidensscheu und mahnt zu treuem Durchalten, weil die Parusie bald und unerwartet eintreten kann. Mk 10, 15: Der Einlaßspruch schließt mit Stichwortverbindung an die Szene von der Kindersegnung an. Das Logion versteht er als Aufforderung an seine Gemeinde, im Blick auf die plötzlich einbrechende Parusie auch die Kinder durch die Taufe für das Reich Gottes zu versiegeln. Mk 10, 29 f: Das formelverbundene, schon vielfach ergänzte Logion von der Belohnung der Nachfolge schiebt Mk, zur kleinen Gesprächsszene ausgebaut, an die Perikope vom reichen Jüngling an. Weil aber das aufgenommene Wort gar nicht die gestellte Frage nach der Einlaßbedingung ins Reich Gottes beantwortet, sondern eine Belohnung für die verzichtreiche Nachfolge verheißt, muß Mk uminterpretieren. Besitz und Familie gibt es nur unter beständiger Bedrohung durch die Verfolgung. Eine Garantie kann es in der unsichern Zeit nicht geben. Wer aber trotzdem die Nachfolge auf sich nimmt, weil er um des Evangeliums willen zu allen Opfern bereit ist, der wird einmal im kommenden Aeon mit der Gabe 122
des ewigen Lebens hundertfältig entschädigt werden. Mit dem formelverbundenen und erweiterten Logion interpretiert Mk abschließend die ganze Szene. Seine Antwort auf die Frage des reichen Mannes lautet nun: Wer zur entsagungsvollen Nachfolge in Verfolgungszeiten bereit ist, der erlangt das ewige Leben. Mk 11,23 f: Die beiden, je mit einer Formel verbundenen Logien fassen wiederum die ganze, in einem großen Bogen über den Abschnitt Mk 11, 12-21 führende Interpretation des Evangelisten zusammen. Nach Mk besitzen die Jünger auch nach dem Tode ihres Herrn die Wunderkraft Jesu. Darum fügt er nun das alte Wort vom bergeversetzenden Glauben an. Wie Jesus in seiner Vollmacht den gesunden, blättergrünen Feigenbaum verdorren lassen konnte, so sagt Jesus nach der Meinung des Evangelisten auch den Jüngern und den Gliedern seiner Gemeinde die wundertätige Geisteskraft zu, durch welche sogar Berge ins Meer versetzt werden können. Einzige Bedingung ist ein nicht zweifelnder Glaube. Am Geist Gottes fehlt es nicht, aber am Glauben der Jünger! Ein starker Glaube aber, der die Wundertaten ermöglicht, zeigt sich im Gebet. Durch das Gebet empfängt der Glaubende die Geisteskraft zur Ausübung der Wunder. Jesus hat den Tempel gereinigt und ihn zum geistigen Tempel des Gebets für die Heidenchristen gemacht. Diesen Zusammenhang zwischen Glauben und Beten fand Mk im übernommenen, formelverbundenen Wort V.23 noch zu wenig ausgedrückt und darum wiederholte er diese Formel mit ÖUl -roiho A. u. und verband ihn mit dem aufgenommenen Wort V. 24. So hat Mk seine Interpretation mit der Aufforderung zum erhörlichen, gläubigen Beten und zum wundertätigen Glauben zu Ende geführt. Mk 13, 30. 37: In den die synoptische Apokalypse beschließenden Mahnungen tritt die redaktionelle Intention unverhüllt zu Tage. Wieder setzt Mk mit dem angeschlossenen, 123
mit der A-Formel verbundenen Einzelspruch den betonten Schluß akzent. Er ist ihm so wichtig, daß er ihn durch eine Reihe weiterer Weckworte ausdehnt und darauf, als eine schöne Bestätigung seines Formelgebrauches und ganz in der Art seiner nachhinkenden Wiederholungen, mit dem formelähnlich gebildeten Aufruf an alle pathetisch abschließt.
d) Traditionelle Formeln, die ein Situationswort einführen: In der Leidensgeschichte finden sich drei Formelstellen, die Mk zusammen mit der Passionstradition aufgenommen hat. Die Formeln führen keine allgemeingültigen Einzelsprüche ein, die sich aus ihrem Kontext heraus isolieren lassen. Es handelt sich vielmehr um Logien, die Jesus in der unwiederholbaren Situation des erzählten Ereignisablaufes gesprochen hat. Wir bezeichnen sie darum kurz als Situationsworte. Mk 14,18: Auf die Intention des interpretierenden Evangelisten weisen die nachhinkende Anspielung auf LXX Ps 40, 10 und die Anmerkung in V.22, daß der Menschensohn seinen gottbestimmten Weg abschreitet. So erinnert Mk daran: die verborgene Hoheit Jesu zeigt sich gerade darin, daß J esus den göttlichen und in der Schrift geweissagten Weg auch durch die Leiden und bis in den Tod zu Ende ging. Parallel dazu läuft aber noch eine paränetische Interpretationslinie. Betont Mk das Moment «Einer unter euch» im Zusammenhang der nachher werweisenden Jünger, so wird dahinter die angefochtene Gemeinde sichtbar, die, durch wankend und treulos gewordene Glieder beunruhigt, zum Durchhalten aufgerufen wird. Mk 14,25: Das Verzichtwort schließt Mk unmittelbar an das Kelchwort an. Damit bringt er das theologische Verständnis, mit welchem er die Einsetzung des Herrenmahles wiedergibt, zu einer betonten Darstellung. Das bereits hervorgehobene Kelchwort tritt nun in seiner gemeinten Bezugnahme auf die Vollendung des neuen Bundes beim Einbruch 124
der Basileia am Tage des Menschensohnes klar hervor. Wieder wird so der kerygmatisch ausgezeichnete Ort sichtbar, den Mk durch die Verwendung und Stellung eines formelverbundenen Logions zu bezeichnen pflegt. Mk 14, 30: Mk V. 31 betont, daß Petrus nach der Anzeige der Verleugnung und zwar zusammen mit den übrigen Jüngern beteuerte, J esus niemals zu verleugnen, selbst, wenn er mit ihm sterben sollte. Die nachhinkende Beteuerung ist auffällig. Mk will damit keineswegs die Großmauligkeit des Petrus und seiner Jünger hervorheben und mit Ironie die leichtfertige Selbstsicherheit unterstreichen. Mk meint es ernst. Er denkt an die Situation seiner Gemeinde. Begleitet die Verleugnung nach einer dunkeln Zulassung Gottes die Jüngerschar, so auch die bedrohte Gemeinde als eine immer wieder eintreffende Möglichkeit. Darum soll sie sich auch, obwohl nach Gottes Plan immer wieder Verleugnung vorkommen wird, wie Petrus und die andern Jünger immer neu zur Treue und Todesbereitschaft bekennen. Nochmals wird so der paränetische Gebrauch der Formel deutlich. e) Zusammenfassung: Mk braucht die Formeln zur Hervorhebung der kerygmatischen Struktur seines Evangeliums. Dabei wird diese in einer doppelten Weise sichtbar. Sie tritt als eine christologische und eine paränetische in Erscheinung. Die formelverbundenen Logien stehen am Schluß einer kleinern oder größern Kompositionseinheit. Sie bringen dadurch den bei der Zusammenordnung der überlieferungen leitenden, theologischen Duktus des Evangelisten zum Ausdruck. Das christologische Moment der formelbetonten kerygmatischen Aussage umfaßt folgenden Inhalt: Die Parusie des Menschensohnes wird unangemeldet und plötzlich noch innerhalb der zur Zeit des Evangelisten lebenden Generation eintreffen. Bis zu diesem Ereignis wirkt in der sich dehnenden Zwischenzeit 125
der bereits heimlich gekommene und nach Ostern offenbarte Gottessohn in der Gemeinde durch die geistgewirkten Wundertaten weiter. In seinem Auftrag wirken die charismatischen Heiler. Wer sich gegen sie stellt, der lästert den hl. Geist und damit zugleich das der Gemeinde anvertraute, christologische Kerygma. Die Kindertaufe wird zum Bekenntnis der in diesem Kerygma eingeschlossenen Vollendungshoffnung. Auch die Feier des Abendmahls mit ihrer Betonung des gemeinsamen Kelches blickt in diese Zukunft. Das paränetische Moment der Botschaft unterstreicht die Formel bei der Warnung der Gemeinde vor der Apokalyptisierung ihrer Parusieerwartung. Das Rechnen mit endzeitlichen Vorzeichen und Ereignissen lenkt die wartende Gemeinde von einer echten Bereitschaft ab. Die von ihr zu fordernde Wachsamkeit zeigt sich vielmehr im gläubigen, von allen Zweifeln freien Beten, durch welches Christus die erbetenen Wundertaten bewirken wird. Zur Bereitschaft gehört aber auch der willige Verzicht auf eine gesicherte Existenz, die innere Freiheit von Bindungen an Familie, Geld und Gut. Endlich betont Mk die überwindung der Angst vor Leiden und Tod und fordert zur letzten Treue und Bewährung in den drohenden Verfolgungen auf.
§ 51: Die Formeln bei Matthäus a) Einleitend geben wir einen statistischen überblick über die Eintragungen und übernahmen, wie sie sich uns auf Grund der Analyse des Formelbestandes ergeben haben. Von den 56 Mt-Formeln finden wir 16 im Mk-Gut, 22 im Q-Gut und 18 im Sondergut. 10 Formeln übernimmt Mt aus der Mk-Vorlage, nämlich: 10,42; 12,31; 16,28; 17, 12; 18,3; 21,21; 24,34; 26, 13. 21. 34. 6 mal trägt Mt eine Formel in den Mk-Text ein, nämlich: 19, 9. 23. 24; 24, 2; 26,29. 64. 126
Aus dem Traditionsgut der Redequelle übernimmt Mt 15 Formeln, nämlich: 3, 9; 5,26. 44; 6,25. 29; 8, 10; 10, 15; 11, 9.11. 22; 13, 17; 18, 13; 23,36.39; 24,47. Dazu kommen 2 Repetitionen: 8,11 repetiert 8, 10 und 11,24 repetiert 10, 15. 5 mal trägt Mt die Formel ins Q-Gut ein, nämlich 3 mal aus Mk: 5, 18 aus Mk 13, 30; 17,20 aus Mk 11,23 und 19,28 aus Mk 10, 29. 5, 32. 39 sind als redaktionelle Eintragungen in Q zu beurteilen. Von den 18 Formeln im Mt-Sondergut sind 6 Formeln traditionell, nämlich: 6,2. 5. 16; 10,23; vielleicht 18, 10; sicher wieder 18, 18. 12 Formeln hat Mt in das Sondergut resp. in seine eigenen Bildungen eingetragen, nämlich: 5, 20 aus Q Mt 11, 7 ff / Lk 7, 24 ff; 12, 36 aus Q Mt 3, 9 / Lk 3, 8. Die übrigen Formeln hat Mt von sich aus eingefügt: 5,22.28.34; 12,6; 18, 19; 21,31. 43; 25, 12.40.45. Für die nun folgende Darstellung des redaktionstheologischen Formelgebrauches besprechen wir wiederum zuerst die redaktionellen Eintragungen, weil bei ihnen die Motive besonders deutlich hervortreten müssen. Dann beobachten wir, in welcher Weise diese Motive auch bei den traditionellen Stellen zum Tragen kommen. b) Wir beginnen mit dem Formelgebrauch im Sondergut und heben die Bedeutung der redaktionellen Einfügung hervor: Mt 5, 22.28. (32).34. (39. 44): Mt ergänzt die in der Q-Vorlage 5, 44 / Lk 6, 27 vorgefundene Formelverbindung mit eyw und verschärft zu einer antithetischen, gegen die jüdische Schriftauslegung gerichteten Aussage. Mit eyw betont Mt die Autorität der messianischen Auslegung, welche allein die radikale Erfassung des im Gesetz liegenden Willens Gottes erlaubt. Die Verbindung der Antithesen mit dem grundsätzlichen Schlüsselwort 5,20 erläutert, worin die Intention der so erweiterten und vermehrten Formel besteht. Das kontradiktorische Moment beschränkt sich nicht nur auf eine Ver127
inner lichung im Sinne einer Gesinnungsethik, sondern fordert das Ja zu Jesus als dem gekommenen Messias. Der Evangelist stellt die atl. Tora mitsamt ihrer schriftgelehrten, kasuistischen Deutung in das heilsgeschichtliche Ereignis der messianischen Erfüllung. Mt 12, 6: Die Formel erscheint in ihrer an Q erinnernden Form als in das Logion integriert. Mt benützt sie lediglich als ein rhetorisches Stilmittel, um die polemische Aussage der Perikope mit Hilfe der doppelt wiederholten, ironischen Frage «Habt ihr nicht gelesen?» zum Hosea-Zitat als der eigentlichen Spitze vorzutreiben. MEi~ov bezieht Mt nicht persönlich auf die Gegenwart des Messias, sondern auf das Verhalten der unschuldig getadelten Jünger. Diese halten sich vielmehr an das messianische Verständnis des Gesetzes. Ihr Gehorsam ist darum größer als die Heiligung von Sabbat und Tempel nach den pharisäischen Vorschriften. Mt 18, 19: Hier begegnen wir dem paränetischen Zweck des Formelgebrauches. Die Formel weist betont auf den Satz, der den Komplex abschließt und als Skopus den sachlichen Zusammenhang herausstellt. Er fordert die Vergebung gegenüber dem schuldig gewordenen Bruder. Sie geschieht durch das Gebet von zwei bis drei Brüdern, die dadurch die Bei1egung des Konfliktes unter die Autorität des Christus präsens stellen. Mt nimmt die traditionelle Formel aus dem vorangehenden V. 18 auf und führt sein Anliegen weiter. Die durch den Sünder gestörte Gemeinschaft ordnet sich nicht einfach durch einen gemeinderechtlichen Schiedsspruch, sondern durch das brüderliche Gebet, das sich vom erhöhten Messias die Vergebung erbittet und schenken läßt. Mt 21,31.43: Mt benötigt die Formel zur Hervorhebung des Unglaubens und der Unbußfertigkeit der jüdischen Führung. Selbst Zöllner und Dirnen glaubten der messianischen Ankündigung des Täufers, nicht aber die Pharisäer und AItesten. Darum sind sie noch viel schlechter und verdam128
mungswürdiger als jene! Auch die Formel V. 43 liegt entsprechend. L\LU -coii-co verklammert mit der Allegorie und dem Schriftzitat und die Formel betont die vom Evangelisten daraus gezogene K9nsequenz. In einer aus dem Unglauben stammenden Bosheit verfolgte und tötete Israel die Propheten und den als Messias gesandten Gottessohn. Darum wird Israel im Endgericht bestraft werden. Nicht Israel, sondern ein gläubiges Volk wird dann das Reich Gottes empfangen. Mt 25,12.40.45: Die in Erinnerung an eine Q-Formel V. 12 in die Bildhälfte des Gleichnisses eingefügte und mit Amen ergänzte Formel hebt den drastischen Abschluß des Bildes hervor. Der Bräutigam öffnet die bereits geschlossene Türe zum Festsaal nicht mehr und erklärt, die säumigen Gäste nicht mehr zu kennen! Der Formelgebrauch wird deutlich. Die Formel verbürgt hier nicht die Hoheit eines Herrenwortes, sie zitiert auch nicht, sondern erfüllt die Aufgabe der Beteuerung der Aussage «Ich kenne euch nicht!» Weil die Anwendung sich für Mt von selbst versteht, wird die Formel zur Bekräfcigungsformel der redaktionellen Aussage. Die Gemeinde wird beschworen, die von ihr geforderte bessere Gerechtigkeit zu verwirklichen, bevor es zu spät sein wird. Die formelverbundenen, sich gegensätzlich entsprechenden Logien V. 40. 45 ziehen die zwischen Gleichnis und Rede schillernde Komposition gänzlich in die Sachhälfte hinüber. Wieder beschwört der Evangelist seine Gemeinde im Blick auf das Gericht des Menschensohnes. Allein die Werke der Barmherzigkeit werden die Türe zur Basileia öffnen. c) Mt 5, 20 und 12,36 sind die beiden Eintragungen von Q-Forme1n in das Sondergut. Die Formel 5, 20 verklammert die Drohung an die Jünger mit dem programmatischen Komplex 5, 17 ff. V.20 faßt den Sinn zusammen. Die messianische Gesetzesinterpretation Jesu befähigt die Gemeinde im Unterschied zur Exegese der Schriftgelehrten zum Tun des in 129
der Tora geoffenbarten Gotteswillens und damit zum Empfang der Basileia nach bestandenem Endgericht. Auch 12,36 zeigt die Orientierung am gerichtseschatologischen Thema. Wohl bleibt die polemische Verwendung in Q Mt 3, 9 / Lk 3, 8 noch brauchbar. Der Evangelist verstärkt ja gerade ab Kp. 12 die eigene Polemik gegen sein Pharisäer- und Israelbild. Aber seine Polemik ist zugleich die Folie, von der er die Mahnung an die Adresse seiner Gemeinde abhebt. Nicht nur die Pharisäer werden für ihre wegwerfende Verlästerung des Messias im Endgericht bestraft werden, sondern die Gemeinde soll wissen, daß sich auch ihr Bekenntnis zum Messias im Gericht erst noch zu bewähren hat. d) Bevor wir zur Beobachtung der redaktionellen Eintragungen in das Q-Gut weiterschreiten, fassen wir die besprochenen Stellen im S-Gut zusammen. Mit der A-Formel unterstreicht Mt den paränetischen oder polemischen Bezug auf das Endgericht und bezeichnet damit die mehrheitlich am Ende der Perikopen gelegenen Interpretationsschwerpunkte. Nur einmal (12,6) liegt die Formel nicht in diesem Schwerpunkt, sondern führt das Interpretatiönsgefälle weiter. Diese Formel führt lediglich das unbetonte M, während die übrigen eine betonte Ergänzung (EYW, &f.A.~V, 3tUALV, ßL
benützte sie folgerichtig entsprechend semer spezifischen Gerichtsparänese. e) Nun beschäftigen wir uns mit den redaktionellen Eintragungen in den Q-Stoff. Die Bedeutung der mit EYro ergänzten Formeln in Mt 5, 32 und 39 entspricht genau den oben besprochenen Fällen. Wie verhält es sich aber mit den Eintragungen aus Mk? Mt 5,18: Warum greift Mt über 24, 34 auf die A-Fonnel von Mk 13, 3D? Er findet hier die eschatologische Beziehung vor, die ihm für die Zielsetzung seines Toraverständnisses besonders wichtig ist. Die Verheißungen werden mit dem Endgericht ihre buchstäbliche Erfüllung finden. Diese Erfüllung versteht Mt in einem doppelten Sinn: In Jesus ist der Messias eingetroffen. Und: Mit seiner Toraauslegung lehrt er den im Endgericht geforderten Gehorsam. Wer entsprechend handelt, der wird die bessere Gerechtigkeit erlangen und in die Basileia eingehen. Mt 17, 20: Die A-Formel übernimmt Mt über 21, 21 aus Mk 11, 23. Von einer Beziehung auf das Endgericht ist freilich nicht die Rede. Mt denkt an das Mk-Wort, weil es die Verheißung eines wunderstarken Glaubens noch besser zum Ausdruck bringt als das aus dem Q-Strang eingeschobene Parallelwort. So beteuert er, daß der anfänglich noch schwache Glaube der Jünger wachsen und bis zum Besitz der Vollmacht des Messias ausreifen werde. Mt 19,28: Hier liegt der besondere Fall vor, daß Mt zwischen die aus Mk übernommene Formel und das ebenfalls übernommene Logion ein Q-Wort einschiebt. Dadurch erreicht der Evangelist eine vollständige Eschatologisierung des Lohnempfanges. Darin erschien ihm die mkn. Vorlage zu schillernd. Mt stellt klar. Die Belohnung für die gehorsame Nachfolge erwartet die Jünger im neuen Aeon. Sie werden mit dem Menschensohn über Israel zu Gericht sitzen. 131
Die Verbindung der Formel mit einem Logion betrachtet Mt nicht als sakrosankt. Er versteht sie lediglich als Beteuerung einer gewichtigen Aussage J esu. Weil er aber die Lohnverheißung auf seine eigene Weise interpretieren und die Belohnung auf den Zeitpunkt der Parusie verlegen will, darum schiebt er das polemische Wort vom Richten der Stämme dazwischen. Mt 8,11; 11,24: An beiden Stellen repetiert Mt eine in den Q-Stoff übernommene Formel. 8, 11 repetiert er die Q-Form der in V. 10 mit dem Amen ergänzten Formel und verbindet sie mit dem formellosen Q-Wort von den fremden Tischgenossen. Wieder greift Mt ein Wort aus der in Q erhaltenen, antijüdischen Polemiktradition auf und verschärft es zu einer Ankündigung des Ausschlusses Israels aus der Basileia. Die repetierte Formel nimmt so die Erklärung Jesu auf, in Israel keinen Glauben gefunden zu haben, und führt nun zur Bestrafung dieses Unglaubens durch die Verwerfung im Endgericht weiter. Sachlich gen au entsprechend verwendet Mt 11, 24 eine Q-Formel, die er bereits mit Amen ergänzt in 10, 15 aufgenommen hatte. Wieder benützt Mt polemische Tradition, um den vorliegenden Q-Komplex am Schluß verschärfend zu interpretieren. f) Wir schreiten weiter zur Beobachtung der redaktionellen Eintragungen in den Mk-StofJ. Mt 19, 9: Ohne den Szenenwechsel bei Mk 10, 10 wendet sich Jesus direkt an die Pharisäer, die sich auf Moses berufen und ihm eine Fangfrage stellen. Aus dem mkn. %ut 'AEYEL uil'toi~ macht Mt eine direkte Anrede und verwandelt in eine an die Q-Form erinnernde Formel. Wieder beschließt so ein formelverbundenes Logion die übernommene Perikope und interpretiert sie. Die tadelnde Frage, die Mt auch hier einfügt, 01J% aVEyvffi'tE; läßt diese Absicht erkennen. Für Mt stellt Jesus nicht die Autorität des Messias gegen die Autorität des Mo132
ses, sondern j esus beruft sich auf die messianisch und darum recht verstandene Schrift gegenüber einer falschen Berufung auf das Gebot des Moses, dessen relativierenden Umstände die Pharisäer außer acht lassen. Mt 19,23.24: Im Gespräch über die Szene vom reichen jüngling übergeht Mt die über den Worten jesu entrüsteten jünger und zieht die beiden Hinweise j esu auf den äußerst schwierigen Einlaß in das Reich Gottes in ein einziges, nun aber mit der A-Formel verbundenes Logion zusammen. Mt hat die Formel Mk 10, 29 vorgefunden und 19,28 übernommen. Dort benötigte er sie durch Einschiebung des Q-Wortes zur Hervorhebung seiner Polemik. Vermutlich hat Mt sie auch V.23 in polemischer Absicht eingesetzt. Zwei kleine Veränderungen weisen darauf hin. Mt macht aus dem reichen Mann einen jüngling und spricht nicht von den OL 'ta XQ~~,t(x'ta Ex.ovn:~) sondern von einem 3tAO{,O'LO~. Am äußern Reichtum ist Mt offensichtlich nicht interessiert, aber an der Herzensarmut vor Gott. Diese Haltung eines vor Gott demütigen und bettelarmen Menschen, dem nach Mt 5,3 ff die Verheißung des Himmelreiches gilt, kennzeichnet nun gerade einen jungen Mann weniger, der sich in seinem Stolz auf die eigene Rechtschaffenheit etwas zu Gute hält. So identifiziert Mt den jüngling mit dem Pharisäer, der sich von jugend auf seiner Gesetzestreue rühmt. Die barmherzige Tat und die Nachfolge hinter dem Messias fehlten ihm und damit die Voraussetzung zum Eingang in das ewige Leben. V. 24 nimmt Mt die Formel nochmals auf und führt den Gedanken weiter. Gott selber muß das Herz des Menschen umwenden (vgl. den nach den Wehesprüchen eingeschobenen jubelruf Mt 11, 25 ff!). Mt 24,2: Die aus Mk übernommene Weissagung der Tempelzerstörung entspricht vollständig dem Konzept des Evangelisten, sodaß die Beifügung der A-Formel nun nicht mehr überraschen kann. Auf die Zerstörungen im jahre 70 blickt 133
Mt zurück und beurteilt sie als ein Strafgericht für die Ver... werfung des Messias (Mt 22,7; 23, 38; 24, 15). Mt 26, 29: Warum hat Mt die A-Formel, mit welcher Mk das Verzichtwort einleitet, nicht übernommen? Eine neben Mk herlaufende Tradition mit einer an die Q-Form erinnernden Formel wird nicht sichtbar. So hat Mt das Amen absichtlich fallen gelassen und lediglich aus stilistischen Gründen ein unbetontes M eingeschoben, um einen guten übergang zu erhalten. Mt wollte die betonte Beziehung des Kelchwortes auf die Parusie nicht wiederholen. Er bezieht es auf die Vergebung der Sünden und versteht es nicht als Parusieverheißung. Der Gebrauch der A-Formel aber sitzt bei Mt in der Pharisäerpolemik und in der Gerichtsparänese. Mt 26,64: Anders verhält es sich wieder mit der Einschiebung von 3tAf)V A. u. Die Formel unterstreicht den enorm polemischen Charakter der Antwort Jesu. Vor den Hohenpriestern und dem ganzen Synedrium bekennt Jesus am kritischen Punkt des Mt-Evg's mit der Formulierung des Petrusbekenntnisses: Ja, ich bin der Christus, der Sohn Gottes! Aber es ist jetzt für euch zu spät! Von nun an bin ich nicht mehr der Messias, an den ihr endlich glauben könnt, sondern ihr werdet mich nun töten und dann nur als den Menschensohn sehen, der kommen wird, um euch zu richten! g) Die matth. Verwendungsart der Formel tritt noch klarer hervor. Mt manipuliert sie mit großer Freiheit gegenüber dem überlieferungsstoff, bildet die Formel selbständig in neuen Formen und setzt sie von sich aus in seine eigenen Kompositionen ein. Bei den beobachteten Eintragungen in den Q-Stoff tritt die A-Formel zugunsten einer Angleichung an die Q-Form mit ÖB zurück. Von den 13 Stellen sind nur 5 A-Formeln, 3 mal aus Mk, 1 mal aus Q übernommen und 1 mal von Mt selber gebildet. 4 mal repetiert er eine vorausgehende Formel, um die bereits hervorgehobene Interpreta134
tion weiterzuführen. Von 17,20 abgesehen, bekräftigt die Formel wieder die aufs Endgericht orientierte polemische und paränetische Intention des Evangelisten. Die Frontstellung gegen die Ablehnung des Messias überwiegt, wobei bisweilen die Polemik freilich auch den Hintergrund für eine Mahnung an die Gemeinde darstellen dürfte. - Wir prüfen nun noch die übernahmen der traditionellen Formeln in S, Q und Mk und fragen uns, in welcher Weise sich die bereits gemachtell Feststellungen bestätigen. h) Wir beginnen mit den fünf traditionellen Stellen im Sondergut Mt 6,2. 5. 16; 10,23; 18,10. 18: Die drei Parallelen 6,2.5. 16 stellen wie Mt 10, 42 (aus Mk 9, 41) und 5, 12. 46 (aus Q, vgl. Lk 6, 23. 32. 35) Fragmente aus ältester, auf Lohn und Strafe im Endgericht weisender Mahnung dar. Mt übernimmt sie, weil sie seiner eigenen Relation entsprechen. Die alte Aufforderung, bis zur Parusie durchzuhalten, versteht Mt als Mahnung an die verfolgte Gemeinde, sich in der eigenen, schweren Situation zu bewähren. Die Parusie bedeutet für sie auch das Gericht des Menschensohnes über die feindliche Synagoge. Die Erwähnung der gejagten Jünger erlaubt zugleich einen polemischen Akzent. Wenn über die Herkunft von 18, 10 nichts Genaues auszumachen ist, so wird die Absicht des Mt doch sichtbar. Werden die Geringen in der Gemeinde verachtet, so stehen sie doch unter der Verheißung des 6. Makarismus 5, 8. Bereits sehen ihre Engel in Gottes Angesicht. Die seelsorgerliche Verantwortung an den Gefährdeten ist eine vordringliche Aufgabe der Gemeinde. Die Geduld und Vergebungsbereitschaft gegenüber dem schuldig gewordenen Bruder sollen weit gehen. Wenn die Zurückführung in die Gemeinde nicht gelingt, dann steht das ewige Heil auf dem Spiel. Die traditionellen Formeln und Logien werden in das Interpretationsgefälle des matth. Kontextes einbezogen und erhalten dadurch ihre Betonung. 135
An die Stelle der gemeinderechtlichen Funktion tritt die Ausübung der brüderlichen Barmherzigkeit.
i) Die übernahme der traditionellen Formeln aus Q verfolgt ebenfalls eine möglichste Angleichung an den redaktionellen Gebrauch. Der formelverbundene Hinweis, Abraham aus Steinen Nachkommenschaft zu erwecken, ist ein Element ältester Judenpolemik, das bereits von Q mit dem verchristlichten Täufer verbunden wurde. Mt 3, 9 übernimmt Q, indem er das böse Wort als Gerichtswort gegen die Pharisäer und Sadduzäer schleudert. Die Formeln 6,25.29 fließen ohne Einfärbung mit der übernommenen Reihe weiter. Auf 8,10 haben wir bereits hingewiesen. Mt ergänzt zur A-Formel und bringt dadurch die Einordnung in seine Polemik zum Ausdruck. Auch 10,15 setzt Mt das Amen dazu, weil er die im Endgericht erfolgende Verstoßung Israels unterstreichen will. Im Abschnitt über das Täuferzeugnis Jesu ergänzt Mt 11,9.11 die zweite Formel mit Amen. Dadurch wertet er die Täufergestalt auf und ordnet sie heilsgeschichtlich der messianischen Periode zu. Mt 11, 22 verstärkt durch Umstellung und Repetition die übernommene Polemik. Auch das 13,17 zusammen mit dem vorangehenden Makarismus eingeschobene Formelwort gibt nicht nur der mkn. Zweckbestimmung der Gleichnisrede Jesu eine andere Richtung, sondern verwandelt den exaltierten Lobspruch in eine Aussage, die den heilsgeschichtlichen Ort der Jünger fixiert. Die Erkenntnis, daß in Jesus die messianische Heilszeit eingetroffen ist, wird nicht den ungläubigen Juden, sondern den gläubigen Jüngern zuteil. Die A-Formel Mt 18, 13 vermochte der Redaktor nur schlecht in seine Interpretation einzubeziehen. Das ihm wichtige Moment des Suchens und Findens des Verlorenen muß er in einem Nachsatz als den betonten Willen Gottes hervorheben. Wie verhält es sich mit Mt 23, 36. 39? Die Verurteilung der J esusgeneration wird wieder 136
durch Beifügung eines Amen in die Formel unterstrichen. V. 39 verdeutlicht lediglich das beigefügte, auch 26, 64 erscheinende an;' <X(YCI. den kritischen Punkt: Israel hat nun den Messias verpaßt und geht der Aburteilung durch den zum Weltgericht kommenden Menschensohn entgegen. Die Redaktion zeichnet ihre polemische Eschatologie so kraß in den ganzen Kontext ein, daß sich eine Abwandlung der übernommenen Formel erübrigte. Makarismus und Beteuerungsfonnel Mt 24,47 entsprechen ganz der eigenen Aussagerichtung auf das Gericht. k) Es verbleiben noch die Obernahmen aus dem Mk-Text. Wir können uns wieder kurz fassen. Mt erreicht durch Straffung und Umstellung nur eine beschränkte Einbeziehung der Formeln in seine eigene Auslegungsrichtung. Die Lohnverheißung Mt 10, 42 ist oben besprochen. 12,31 zeigt die übliche Einbeziehung in die matth. Polemik. Die Verheißung einer baldigen Parusie wird 16,28 zur Versicherung der zukünftigen Vergeltung im Gericht des Menschensohnes. Die redaktionelle Erläuterung 17, 13 bezieht die formelverbundene Anzeige des bereits gekommenen Elias V. 12 auf den Täufer. 18,3 wird in die seelsorgerliehe Paränese einbezogen. Die Formel 21,21 betont noch die Glaubensverheißung an die Jüngergemeinde, während die redaktionelle Uminterpretation bei Mt 2{, 34; 26,13.21.34 zurücktritt. 1) Wenn wir auf die Formelverwendung bei Mt zurückblicken, ergibt sich uns das folgende Resultat. Bei den traditionellen übernahmen tritt die redaktionstheologische Interpretation im allgemeinen und im Mk-Gut in besonderer Weise zurück. Doch widersprechen diese mitlaufenden übernahmen den redaktionellen Bildungen und Veränderungen nicht. Diese zeigen einmal einen Gebrauch der Formel als literarisches Stilmittel der gegen Israel und seine Führung gerichteten gerichtseschatologischen Polemik. Zum andern 137
benötigen sie die Formel zur Hervorhebung der an die Gemeinde gerichteten Mahnung, die vom Messias gelehrte Gerechtigkeit im Blick auf das Gericht des Menschensohnes zu verwirklichen.
§ 52: Die Formeln bei Lukas a) Von den 43 Formeln des Lk liegen 8 im Mk-Gut. Davon sind 7 traditionelle Formeln: 9,27; 18, 17.29; 21, 3. 32; 22, 18.34, während es sich 4,24 um eine redaktionelle Eintragung handelt. 20 Formeln finden wir im Q-Gut, nämlich die 14 traditionellen Formeln 3, 8; 6,27; 7,9. 26. 28; 10, 12. 24; 11,51; 12,22.27.44.59; 13,35; 15,7 und die 6 redaktionellen Bildungen 11,9; 12,4.5.8.51; 19,26. Im S-Gut verbleiben 15 Formeln: An 3 Stellen hat Lk die Formeln aus dem Kontext der Redequelle eingetragen 12,37; 14,24; 15, 10. In 22, 16 hat er über V. 18 die Formel aus Mk vorgetragen. 11 mal beruteilen wir die Formeln des S-Gutes als redaktionelle Bildungen, nämlich 4,25; 11, 8; 13, 3. 5; 16,9; 17,34; 18,8.14; 19,40; 22,37; 23,43. Wenn wir nun den Sinn des lkn. Formelgebrauches darzustellen versuchen, beginnen wir wieder mit der Nachprüfung der redaktionellen Bildungen und Eintragungen in das überlieferungsgut und verfolgen die übernahmen in zweiter Linie. b) Die redaktionstheologische Bewegung der Formeln im S-Gut des Lk: 1. Die A-Formel finden wir an 3 Stellen im S-Gut. Sie zeigt eine vollständige Integration in die theologische Aussage. Die erste und letzte Erwähnung tun es in einer ausgezeichneten Weise. 4,25 nimmt die redaktionelle A-Formel, die den V. 24 aus Mk übernommenen Spruch von dem in seiner Heimat unwillkommenen Propheten einführt, mit der 138
Umbildung in Erf,' clA:rrfrda;- öE 'J...Eyw UJ.lLV auf. Für Lk handelt es sich bei der Verwerfung in Nazareth nicht um eine allgemeine Erfahrungswahrheit, sondern um die Verwirklichung der auch im Auftreten der Propheten Elias und Elisa sichtbar werdenden, göttlichen Prädestination, die den Weg des Evangeliums aus der Synagoge in die Heidenwelt bestimmt. 136 In 23,43 betont Lk das letzte an einen Menschen gerichtete Jesuswort mit der A-Formel und bezeugt dadurch den Schwerpunkt seiner Heilsinterpretation in pointierter Weise. Das Evangelium gehört dem reumütigen Sünder, der sich bittend an den Kyrios wendet. Die 3. A-Formel 12,37 liegt in einer der für Lk typischen, vorwegnehmenden Doppelungen. Hier handelt es sich um das Doppellogion (Makarismus und Amenspruch) aus Q Lk 12, 43 f / Mt 24,46 f. Die Betonung liegt auf dem Verständnis des Abendmahls als Erfahrung der Gegenwart des Erhöhten und als Zurüstung auf die Wiederkunft des Kyrios. 2. Bei den Gleichnisabschlüssen verwendet Lk beinahe durchwegs die für ihn charakteristische Kurzformel. 11, 8 bezeichnet die K-Formel noch innerhalb der Bildhälfte des aus Q-Material gebildeten Gleichnisses vom dringlichen Bitten das Interpretationsgefälle. Lk V.9 repetiert er sie und verbindet sie mit dem die folgenden Q-Sprüche verklammernden %clyro, um den eigentlichen Sinn der Komposition herauszustellen: die Aufforderung der Gemeinde zum erhöhungsgewissen Bitten um die Gabe des h1. Geistes. 15,10 repetiert Lk die im Q-Gleichnis vom verlorenen Schaf vorgefundene und als Abschluß verwendete K-Formel15, 7 und bildet damit ebenfalls den Abschluß seines Parallelgleichnisses vom 136 Neill, Sayings 3: «The Amen saying foreshadows a dominant theme for the whole of Luke-Acts, the rejection of the Gospel by the Jews and its acceptance by the whole world.» S.9: «The Amen sayings bind up two things: God's plan of salvation in his tory, and the call to a Christian life within that setting.» 139
verlorenen Groschen. Er betont nochmals die Freude im Himmel über der erfolgten Bekehrung des Sünders. Das bereits interpretierte Gleichnis vom ungerechten Haushalter nimmt der Evangelist für seine eigene, paränetische Absicht in Beschlag, indem er 16,9 mit der durch ?taL EYro angeklammerten K-Formel den angesichts der himmlischen Belohnung geforderten Verzicht auf die Lebensgüter zugunsten der Armen hervorhebt. Auch der Abschluß des Gleichnisses vom Richter und der Witwe zeigt 18,8 eine entsprechende Wendung. Lk interpretiert das Gleichnis als Verheißung des Geistempfanges an Pfingsten, welcher die Gemeinde rechtfertigen wird. Endlich begegnet uns die K-Formel als Einführung des sinngebenden Abschlusses des Gleichnisses vom Pharisäer und Zöllner 18,14. Lk hebt die auf Gottes Heil bauende, reuemütige Erkenntnis der eigenen Unzulänglichkeit im Gegensatz zur frommen Selbstgenügsamkeit heraus. In 19,26 trägt Lk die K-Formel in das Gleichnis von den Talenten ein. Wenn der nachfolgende, harte Vers als sekundäre Ergänzung ausgeschieden werden darf, dann bildet Lk mit dem eingeführten Q-Logion wieder einen seiner typischen Interpretationsabschlüsse. Die einzige Ausnahme liegt in 14,24 vor. Auch hier führt Lk im Unterschied zur Mt-Parallele ein formelverbundenes Logion als abschließende Deutung des Gleichnisses vom Gastmahl ein. Nur erscheint dabei die Formel mit ya.f} erweitert, sodaß die Möglichkeit besteht, daß Lk wie in Q Mt 18,13 f / Lk 15,7 und Q Mt 24, 47 / Lk 12,44 diese Abschlußform bereits in Q vorgefunden hat. Er verwendet aber die tradierte Formel ganz entsprechend seiner auf Askese und Mission gerichteten Paränese. Weil aber Lk, wie unten ersichtlich wird, ya.f} auch sonst bei der Übernahme von tradierten Formeln verwendet, ist die redaktionelle Bildung nicht ausgeschlossen. 3. Die verbleibenden 6 S-Gut-Stellen erhärten die beobachtete lkn. Eigenart. In 13,3.5 zitiert die mit O'ÜXL verbundene 140
K-Formel kein Logion, sondern ist Stilmittel zur Hervorhebung der lkn. Mahnung im Munde Jesu, sich angesichts der göttlichen Strafaktion zu bekehren. Lk bezieht dabei nicht auf das Endgericht, sondern versteht die pragmatisch dargestellten Ereignisse, vielleicht auch die Zerstörung Jerusalems, als ein Strafhandeln Gottes. Im Gegensatz dazu tritt die spezifische Verwendung der K -Formel bei der Verklammerung des Einzelspruches 17, 34 weniger hervor. Sie bleibt mehr im Formalen, wenn das zusätzliche Beispiel einer Scheidung zwischen einer erwählten und einer verworfenen Person nicht auf die lkn. Prädestinationsauffassung hinweist. Deutlicher markiert die K-Formel19, 40 wieder die Konzeption des Evangelisten. Wie in 13,3.5 verbindet Lk mit dem bedingenden M.v und visiert nun deutlich den Fall Jerusalems, um unter Androhung der Gottesstrafe eine vehemente Bußforderung an die Generation Jesu und, aus seinem pragmatischen Verständnis der Ereignisse heraus, auch an die eigenen Zeitgenossen zu erheben. Bei den Formeln 22,16.37 im Passionsbericht läßt Lk bei seiner verdoppelnden Vorwegnahme aus Mk das Amen fallen und fügt ein das Handeln Jesu begründendes y6.Q ein. Zuerst betont er damit die ihm wichtige Einsetzung des Abendmahles anstelle der jüdischen Passahfeier, und V. 37 verklammert er den schriftbestimmten Ablauf des Sterbens Jesu mit dem kommenden Jüngerleiden.
c) Der lkn. Formelgebrauch im Q-Gut 1. Zuerst beobachten wir die redaktionellen Eintragungen. 11, 9 und 19,26 sind bereits erwähnt. So verbleiben 12,4. 5.8.51. Obwohl die Neueinsätze jeweils hervortreten, ist nicht sicher zu entscheiden, ob die Formeln in V. 4 und 8 schon in Q mit den Logien verbunden waren, oder ob sie bei der übernahme durch Lk eingefügt wurden. Die Formelform und ihre verklammernde Funktion mitten in der Spruchfolge weisen eher auf Q. Auch die Repetition in V.5 als rheto141
rische Hervorhebung der Mahnung mag Lk übernommen haben. Freilich ist die Integration der Formel V.4 in die Aussage das Werk des Evangelisten. Deutlich adressiert er die Aufforderung zum furchtlosen Bekennen an die Jüngergemeinde. Als für Lk charakteristisch aber ist die Formelverwendung hier nicht zu bezeichnen. 12,51 indessen beurteilen wir entsprechend 13, 3. 5 als lkn. Wieder handelt es sich ja um eine mit OUXL verbundene K-Formel, die Lk einschiebt, um das mit seiner Bekehrungstheologie zusammenhängende Moment der Scheidung durch die geforderte Entscheidung zu betonen. 2. Wenn wir uns nun den sicher aus Q übernommenen Formeln zuwenden, so gehört unser Interesse vorerst jenen Stellen, in welchen Lk die Q-Formeln mit seiner K-Formel wiedergibt. 7, 9 zeigt sofort die typischen Merkmale seiner redaktionellen Eigenart. In einer gewissen Entsprechung zu seinen in den Gleichnisabschlüssen erscheinenden Formeln erfolgt hier die übernahme so, daß das mit der K-Formel eingeführte Logion den interpretierenden Abschluß der Perikope bildet. Von der bei Mt durchbrechenden Polemik ist nichts zu spüren. Lk ist ganz an der Missionierung der Heiden interessiert. Schon Jesus hat es ausgesprochen: Auch die Heiden können und dürfen glauben, ja, noch mehr als die Juden! Auch in 7, 28 setzt Lk die K -Formel ein. Wieder notieren wir die Stellung am Schluß des Abschnittes. Während 7,26 die Formel mitten im übernommenen Kontext noch unverändert wiedergegeben ist, reduziert sie Lk hier auf seine Kurzform, weil er die Gelegenheit zur Interpretation der ganzen Komposition benützen will. Er visiert den Täufer als den Wegbereiter Jesu und stellt ihn auf die Schwelle der mit Jesu Wirksamkeit nun beginnenden Heilszeit. In 10,12 begegnet uns die lkn. K-Formel ebenfalls. Das die Perikope von der Aussendung der 70 abschließende Logion enthält wieder die redaktionelle Interpretation. Die den Jüngern aufgetra142
gene Botschaft vom genahten Reich fordert eine pOSItIVe Glaubensentscheidung. Ihre Ablehnung soll durch die Drohung mit dem Verdammungsgericht vereitelt werden. Auch 12,59 ist deutlich. Das noch innerhalb der Bildhälfte der Parabel vom Gang zum Archonten liegende Logion schließt im Gegensatz zu Mt die Perikope mit einer impliziten Deutung ab. Das ist wiederum lkn. Manier! Für ihn ist nochmals die Zeit der irdischen Wirksamkeit Jesu Heilszeit, die zur Entscheidung zwingt! In 13,35 ist aus den bereits gemachten Beobachtungen des lkn. Formelgebrauchs die K-Formel trotz der gespaltenen Textbezeugung als wahrscheinlich anzunehmen. Die abschließende und interpretierende Stellung im ganzen Abschnitt 13,31-35 über den Tod Jesu in Jerusalem spricht dafür. Mit Kp. 14 beginnt Lk den neuen Abschnitt über die Mahlgespräche. In der abschließenden Akklamation verklammert Lk dadurch die Wanderung mit dem Einzug in Jerusalem (vgl. dazu die 19,37 f erweiterte Wiedergabe von Mk 11,9 f). Für Lk liegen Jesu Weg und Ende im Schatten der Verwerfung, aber gerade so auch im Licht des göttlichen Heilsgeschehens, das sich von J erusalem weg zu den Heidenvölkern hinwendet. 3. Die verbleibende Hälfte der noch zu besprechenden Q-Formeln bei Lk zeigen eine unveränderte übernahme. Die Interpretation tritt weniger hervor und fehlt bisweilen gänzlich. Am deutlichsten erscheint diese noch in 10,24: Den Lobpreis der Jünger im Anschluß an den des Vaters im Himmel verbindet Lk mit der Rückkehr der Jünger und bringt dadurch die ganze Komposition zu einem akzentuierten Abschluß. Die gewirkten Wundertaten sind für Lk Beweise für die Gegenwart des Heils. Weil in der Q-Vorlage mit einer A-Formel zu rechnen ist, hat Lk hier also nochmals auf seine K-Formel gekürzt, wenn er auch y6.Q mitgenommen hat. Unsere Beobachtung, daß die lkn. K-Formel sich mit den Schwerpunkten der redaktionstheologischen Aussage zu verbinden 143
pflegt, findet also gerade hier eine überraschende Bestätigung. Bei den übrigen Formeln 3,8; 6,27; 11,51; 12,22.27.44 handelt es sich um bloße übernahmen ohne besondere Auslegung. Alle diese Stellen aber liegen nun mitten in den übernommenen Spruchreihen und nie am Schluß eines Abschnittes! Sie bilden darum eine negative Bestätigung unserer Beobachtungen zur Eigenart des lkn. Formelgebrauches.
d) Die Formeln des Lk aus dem Mk-Gut 1. Lk übergeht 9,27 die mkn. überleitung und verbindet die Weissagung wie Mt eng mit der vorangehenden Spruchreihe über die Leidensnachfolge. Amen übersetzt er mit einem nachgestellten a~:rrthü~ und versteht es als betonte Zusicherung der Heilszusage. Nach 9, 23 wendet sich J esus an alle und schließt darin die Volksmenge, über die er 9, 18 zu den Jüngern spricht, mit ein. Lk denkt dabei allgemein an die von der Heilsbotschaft erreichten Hörer. Sie sollen und werden zum Glauben geführt werden und dadurch das Gottesreich sehen dürfen, indem sie das Evangelium annehmen. So versteht Lk die veränderte Formel zur Hervorhebung seiner, bei der Verwendung seiner K-Formel immer wieder durchbrechenden, missionarischen Konzeption. 2. Eine bestimmte Intention zeigen auch die beiden Stellen 18,17.29. Bei beiden übernimmt Lk die volle A-Formel. Nicht zufällig, sondern in Analogie zu den Gleichnisabschlüssen der beiden vorangehenden Stücke dienen nun die formelverbundenen Logien im Unterschied zu Mk als Abschlüsse der Perikopen. V. 17 schließt die Szene vom Kinderzudrang und V. 29 f diejenige des nach dem ewigen Leben fragenden Vorstehers. Wieder versteht Lk also die Logien als Skopus, der die Deutung der Szene enthält. Auch die Kinder gehören in das durch die Verkündigung vergegenwärtigte Heilshandeln Gottes. Und: Wer auf den äußern Reichtum verzichtet, 144
der empfängt schon im Diesseits dafür den vielfältigen Reichtum des Evangeliums und nach dem Tode die Gabe des ewigen Lebens. Die übernommenen Formeln entsprechen in ihrem Gebrauch demjenigen der K-Formeln und bestätigen diesen. J esu Worte verbürgen die Heilsverkündigung der Gemeinde an ihre neu hinzutretenden Glieder. Der missionstheologische Aspekt des Evangelisten ist augenscheinlich. 3. An den folgenden Stellen 21, 3. 32 kommt dieser freilich nicht zum Tragen. V.3 übersetzt Amen wieder mit &Arrttw~ und versteht es wieder als Stilfigur einer nachdrücklichen Aussage. Die Stellung in der Mitte der Perikope wird belassen. Auch die V. 32 übernommene A-Formel hebt das eingeführte Wort über den Ablauf der Endzeitereignisse nicht aus der Reihe der tradierten Sprüche heraus. Eine über die Vorlage hinausgehende, spezifisch lkn. Aussage wird kaum greifbar. über die vorangestellte und verdoppelte Verzichterklärung Jesu mit der abgeänderten Formel 22,18 und die damit verbundene Interpretation wurde in anderem Zusammenhang bereits gesprochen. So verbleibt noch ein Blick auf die übernahme in 22, 34. Auch diese Reduktion einer A-Formel auf die Kurzform bei einem Situationswort dient der Hervorhebung der den lkn. Passionsbericht durchziehenden Orientierung am. schriftgemäß notwendigen Ablauf der Ereignisse. Auch die Verleugnung des Petrus gehört nun einmal zu den vorherbestimmten Stationen, welche die Ereignisse der göttlichen Heilsveranstaltung durchlaufen müssen. Das in den Erzählungszusammenhang hineingehörende Situationswort erlaubte freilich keine qualifizierende Stellung am Perikopenschluß. e) Wir fassen zusammen. Unsere Beobachtung des lkn. Formelgebrauchs erlaubt die Feststellung seiner formalen Eigenart und seiner wesentlichen Grundzüge. Die A-Formel versteht Lk als ein allgemeines Stilelement zur Hervorhebung 145
einer betonten Aussage Jesu. Als Kennzeichen seines autoritativen Offenbarungswortes oder als Zitationsformel eines ursprünglichen Herrenwortes tritt sie bei ihm nicht in Erscheinung. Erst durch die Einbeziehung in den Interpretationszusammenhang und durch die besondere Stellung in der gestalteten Perikope erhält das formelverbundene Wort Jesu eine für die Redaktionstheologie des Evangelisten ausgeprägte Relevanz. In diesen qualifizierten Fällen kann er die Formel übernehmen, übersetzen, umformen, verdoppeln, auf die Kurzform reduzieren und sie sogar einmal selber einsetzen. Eindeutig aber bevorzugt Lk die ihm eigentümliche Kurzformel. Die mit ihr verbundenen Aussagen bilden in jedem Falle die betonten Schwerpunkte seiner das ganze Evangelium durchziehenden redaktionstheologischen Interpretation. Mit ihr verklammert er sein eigenes Kerygma mit den Worten aus dem Munde seines irdischen Jesus. Der Formelgebrauch im allgemeinen und der seiner Kurzformel im besonderen kennzeichnen dadurch die geschichtliche Struktur seiner Heilsauffassung. In der Verkündigung des geschichtlichen J esus und dem darin ereigneten Heil wurzel t das eigene Existenzverständnis der lkn. Gemeinde. Inhaltlich und konkret vollzieht sich diese Bestimmung durch das gekommene Heil vor allem in einer missionarischen Verwirklichung. Darum ruft Lk in den eigenen Reihen die Satten zur Askese, die Leidensscheuen zum Bekenntnis, die Sünder aber zur Buße und Umkehr.
§ 53 Exkurs: Die Formel im Johannesevangelium a) Die 25 Formeln im Joh-Evg. sind immer mit einem doppelten Amen verbunden. Sie finden sich Joh 1, 51; 3,3.5. 11; 5, 19. 24. 25; 6, 26. 32. 47. 53; 8, 34. 51. 58; 10, 1. 7; 12, 24; 13, 16. 20. 21. 38; 14, 12; 16,20.23 und 21, 18. Die nachfolgend skizzierte Analyse des redaktionstheologischen 146
Gebrauches der john. Formel hält sich im allgemeinen an den theologischen Entwurf im Johanneskommentar von Rudolf Bultmann. Weil wir uns einerseits auf die theologische Erfassung der Formel beschränken und andererseits, wie sofort sichtbar werden wird, die Formeln in der Mehrzahl vom Evangelisten beigefügt wurden, erübrigt sich in der Regel ein Eintreten auf die von Bultmann gemachten quellenkritischen Unterscheidungen. b) Zwei Stellen lassen sich mit guten Gründen einer später erfolgten Rezension des Evangeliums zuteilen. Joh 21, 18 liegt im sekundären Anhang. Die mit der Formel eingeführte, sprichwortähnliche Formulierung dient, wie der folgende Vers verdeutlicht, der Ankündigung des Martyriums des Petrus und plädiert für die nach dem Tode des Petrus gewünschte Führungsautorität des Johannes. Die Formel schließt die Ankündigung unmotiviert und unerwartet in einem harten übergang an das vorangehende Hirtenmotiv an. Die Rezension benützt die john. Formel als Anknüpfungsformel, um ihr Anliegen zur Sprache zu bringen. Einen entsprechenden Gebrauch beobachten wir auch Joh 5, 25: Die Rezension repetiert die Formel von V. 24 und fügt sie in die V. 25 -27 laufende Paraphrase ein. Sie wollte die Toten, die die Stimme des Sohnes hören, nicht im Sinne des Evangelisten in übertragener Bedeutung als Ungläubige, sondern im eigentlichen Sinne als Verstorbene verstehen. Die V. 28 f verdeutlichen. Mit der kommenden Stunde ist die Stunde des endzeitlichen Gerichtes nach den Werken gemeint. Nicht der Glaube, sondern die Werke entscheiden. V. 25 spricht dazu plötzlich vom Gottessohn, während der john. Kontext lediglich vom Sohn und vom Vater spricht. Im weitern schließen V.26 und 27 a inhaltlich glatt an V.24 an, während die V. 28 f aber mit ihrer Angleichung ans kirchliche Credo der john. Gerichtsauffassung wiedersprechen und vielmehr den redigierten Satz V. 25 ergänzen. 147
c) Wenn auch die Frage hier offen bleiben muß, in welchem Umfang und in welcher Weise das Joh-Evg. die synoptische Tradition gekannt und verarbeitet hat, so legt sich doch wenigstens an drei Stellen die übernahme der A-Formel und der damit verbundenen Logien aus der mkn. Tradition nahe. Die erste Stelle ist Joh 3, 3: Die Erwähnung der ßaO'LAEla 'tOU 'frEOU findet sich nur hier bei Joh. V. 5 ist als redaktionelle, vertiefende Repetition verständlich. Das mit der Formel verbundene Logion ist durchaus ein isolierter Einzelspruch und entspricht inhaltlich Mk 10, 15 parr. Die theologische Interpretation des Logions geschieht vorerst nicht durch erklärendes Entfalten und abwandelndes Repetieren. Der Dialog wird vielmehr weitergeführt und erst an das variierte und repetierte Logion in V. 5 schließt sich die meditative und theologische Vertiefung des Evangelisten an. Die beiden andern Stellen liegen in der auch in der synoptischen überlieferung zu Tage tretenden Passionstradition. Die Anzeige des Verräters Joh 13, 21 entspricht buchstäblich derjenigen in Mk 14, 18 par. Auch hier hält der Evangelist den überlieferten Erzählstoff fest und verzichtet auf eine weitere Entfaltung und Interpretation. Ganz entsprechend liegt der Fall bei der Anzeige der Verleugnung des Petrus Joh 13, 38, wo die Formel an Mk 14, 30 und die Form des Logions an Lk 22, 34 erinnern. Wieder fehlt bei enger Anlehnung an die Tradition jede selbständige Paraphrasierung durch die Hand des Evangelisten. d) Der nun verbleibende Hauptteil der Formeln zeigt durchgehend eine für die Hand des Evangelisten bezeichnende Art. Die Formel wird zu einem Stilmittel der theologischen Aussage. Das aus der Jakobsgeschichte Gn 28, 12 stammende Bild verherrlicht Joh 1, 51 den göttlichen, ewigen Menschensohn. Der Evangelist erläutert den Hinweis in V. 50 auf noch größere Wunder, die nicht nur Nathanael, sondern alle Jünger erfahren werden. Nicht nur verschafft sich der 148
Evangelist dadurch einen guten, vorbereitenden übergang zu den Demonstrationen anläßlich der Hochzeit zu Kana und der Tempelreinigung, sondern er visiert zugleich die Hoheit und Herrlichkeit des zukünftigen Wirkens des zum Vater zurückgekehrten Sohnes. Auch Joh 3, 11 ist als eine mit V. 12 f zusammengehörende Aussage der Redaktionstheologie zu verstehen. Es geht beim Doppelzeugnis um das Zeugnis des aus dem Himmel herabgestiegenen Menschensohnes und um das Zeugnis des Vaters im Himmel. Mit ihm, nicht mit seinen Jüngern (die in der Nikodemusszene zudem fehlen) schließt der Evangelist Jesus zusammen. Dies erhärten die folgenden Beobachtungen: In Joh 3, 31 ff wird die Echtheit des Zeugnisses Jesu ausdrücklich mit seiner Herabkunft vom Himmel begründet. Und nach Joh 5,36 ff zeugt der Vater für seinen Sohn durch die Werke, die der Vater durch den Sohn bewirkt. Eigentliche Schlüsselstelle für das Doppelzeugnis aber bildet Joh 8, 18: «Ich zeuge über mich selber und der Vater zeugt über mich.» In dieser Gemeinschaft besteht die für die john. Theologie typische Offenbarungseinheit. Diese Verbindung mit dem entsprechenden theologischen Sachverhalt begegnet uns wieder bei den beiden Formelstellen im Gespräch über die Heilung am Teiche Bethesda Joh 5, 19.24. Wiederum führt die Formel kein ablösbares Einzellogion an, sondern beginnt lediglich eine Aussage, die erst in einem zusammenhängenden Gedankengefüge zum Tragen kommt. Inhaltliches Thema ist hier das offenbarende Wirken des Sohnes in der Gemeinschaft des Vaters und die geforderte Anerkennung der Sendung J esu als des Sohnes. Auch im Gespräch über die Speisung in der Wüste können die formelverbundenen Worte Joh 6,26. 32. 47. 53 nicht aus dem durchgängigen theologischen Duktus herausgebrochen werden. Mag eine spätere Hand einer kirchlichen Rezension vielleicht am ehesten in V. 53 f eingegriffen haben, etwa bei der Erwähnung der Auferweckung am letzten Tage, so bilden dennoch 149
die formelverbundenen Worte lediglich Schwerpunkte der wiederholten und geradezu eingehämmerten Aussage, daß nicht der Essende, sondern der Glaubende das ewige Leben besitzt, weil er als Glaubender den Sohn hat, der das Brot des ewigen Lebens ist. e) An den nun weiter folgenden Formelstellen bestätigen sich grundsätzlich die bereits gemachten Feststellungen, wenn auch im einzelnen die Formeln mehr oder weniger isolierbares Spruchmaterial aus verschiedener Tradition aufnehmen. Nie aber betonen diese Worte eine vom weiterfließenden Gedanken abtrennbare Wahrheit. So trägt die Joh 8, 34 recht unvermittelt eingeführte Sentenz «Jeder, der Sünde tut, ist der Sünde Knecht» die theologische Aussage erst durch die antithetische Verbindung mit dem Sohn. Nicht die Herkunft von Abraham, sondern die durch den Glauben erfolgende Zugehörigkeit zum Sohn schenkt die Freiheit. Im Abschnitt, in dem die polemische Auseinandersetzung dem Höhepunkt zustrebt, leitet die Formel Joh 8, 51 einen Satz ein, der den Widerspruch und das Ärgernis provozieren soll: «Wenn einer mein Wort hält, dann wird er in Ewigkeit den Tod nicht sehen.» In Joh 8, 58 erhält die bis zur Unerträglichkeit gesteigerte Herausforderung einen jähen Abschluß: «Bevor Abraham war, bin ich.» Man sieht: Die Formeln zitieren nicht, sondern sie bilden vielmehr ein rhetorisches Stilmittel der redaktionellen Provokation. Dabei bleibt die Aussage in der bekannten christologischen Akzentuierung bestehen: Der Leser, resp. Hörer des Evangeliums wird vor die john. Christus gestalt gestellt, die in der geoffenbarten Einheit mit dem Vater ewig ist, darum auch das ewige Leben dem Glaubenden deklariert und garantiert. Weil diese christologische Konzeption Joh 8, 51 bestimmt, aber in Mk 9, 1 völlig fehlt und die Mk-Stelle zudem der apokalyptischen Vorstellung verhaftet bleibt, besteht zum mit der A-Formel verbundenen Logion in der mkn. Tradition keine Beziehung. Im, in tradi150
tionsgeschichtlicher Hinsicht recht verstellten Kp. 10 leitet die Formel gegen jeden synoptischen Gebrauch Joh 10, 1 ein traditionelles Hirtengleichnis ein. Sie wird auf den ersten Blick lediglich als formale überleitung benötigt, um einen übergang von der vorangehenden Gesprächsszene über die Heilung des Blindgeborenen zu bilden. Aber der Schein trügt. Das so eingeleitete Gleichnis trägt schon in der Bildhälfte den entscheidenden Gedanken. Der Vater öffnet dem Sohn den Zugang zu den Seinen. V. 7 setzt neu ein, und die wiederholte Formel führt scheinbar ein weiteres Gleichniswort, den kurzen Vergleich mit der Türe ein. In Wirklichkeit überspannt der redaktionstheologische Bogen in beständiger Abwandlung und Vertiefung das Hirtenmotiv bis zum Ende des Abschnittes in V. 18. Daß das Türgleichnis lediglich den mit V.1 beginnenden Gedankenlauf weiterträgt, wird schon in V. 10 deutlich, wo der Dieb als Gegengestalt zum guten Hirten durch die Türe eintritt und darauf folgerichtig Jesus als der gute Hirte vor den Hörer tritt. In Joh 12, 24 erscheint freilich die Formel als Einführung eines durchaus isolierbaren Einzelspruches. Das Gleichniswort vom Weizenkorn zeigt die Form eines Maschal. Daß es zum allgemeinen Weisheitsgut gehört, geht schon aus der Verwendung in 1. Kor. 15, 36 f hervor, wo es Paulus auf den Tod und die Auferstehung des einzelnen Menschen bezieht. Wird aber der john. Kontext berücksichtigt, dann wird deutlich, daß der Evangelist den formelverbundenen Spruch als indirekte Antwort auf die Bitte der Griechen versteht, die Jesus in einer übertragenen Bedeutung des Begriffes «sehen» werden, wenn er als der Auferstandene und zum Vater zurückgekehrte Sohn in seiner neuen Wirksamkeit auch von ihnen erfahren werden kann. So weist das formelverbundene Wort als Schwerpunkt innerhalb des ganzen Gefüges auf den verbindenden und das Ganze tragenden theologischen Gedanken. Die Formeln in Joh 13, 16.20 nehmen Spruchgut auf, das sich auch in der 151
synoptischen Q-Tradition findet, vgl. Mt 10, 24 / Lk 6, 40 und Mt 10, 40 / Lk 10, 16. Eine Formelverbindung ist in der Tradition nicht zu erkennen. Das Beispiel der Fußwaschung zielt gegen alle Erwartung aber gar nicht auf eine Regel der Jüngergemeinschaft zum gegenseitigen, demütigen Dienen, sondern stellt die die Jünger überragende Hoheit des Kyrios heraus. Weil die Jünger unter ihm stehen, sollen sie sich gegenseitig die Füße waschen. So liegen die mit den Formeln verbundenen Worte wieder mitten in einem bezeichnenden Interpretationsgefälle. Der Evangelist konfrontiert wiederum mit der hohen Sendung des mit dem Vater in Korrelation stehenden Sohnes. Entsprechend liegt Joh 14, 12. Der schon Joh 1, 51 an den Anfang gestellte programmatische Gedanke beherrscht hier als Quintessenz die christologische Darlegung des Abschnittes. Auch Joh 16, 20. 23 zeigen kein anderes Bild. Wieder handelt es sich um Schwerpunkte innerhalb der christologischen Konzeption des Verfassers: Tod und Auferstehung Jesu als Durchgangsstufen zu einer entschränkten Tätigkeit des zum Vater Erhöhten zugunsten der in der Welt glaubenden Jüngerschar. Zielpunkt des 16,20 mit der Formel verbundenen Gedankens ist darum nicht die Anzeige der Trauer, sondern der kommenden Zeit der neuen Wirksamkeit des Erhöhten. Wenn 16,23 das traditionelle Wort vom erhörlichen Bitten aufnimmt, dann betont es der Evangelist mit Hilfe der Formel, um es in Relation mit dem unmittelbaren Kontext zu deuten. Das Bekenntnis zur erhöhten Gemeinschaft des Sohnes mit dem Vater eröffnet neue Möglichkeiten des offenbarenden Handeins und schenkt der Gemeinde unerschöpflichen Reichtum. f) Wir fassen zusammen: Zwei Formelstellen verraten die Hand einer sekundären Rezension des Evangeliums. An drei Stellen beobachten wir die übernahme der A-Formel aus einer auch in den synoptischen Evangelien erscheinenden Tradition, wobei einmal durch Repetition der Formel und 152
durch die Veränderung des Logions der christologische Aspekt des Evangelisten hervortritt. Der Großteil der formelverbundenen Worte wird gekennzeichnet durch den Einbau in die redaktionstheologische Bezeugung. Meistens zitiert die Formel gar kein eigentliches, für sich isolerbares Einzel10gion, sondern leitet vielmehr eine spruchähnliche Formulierung ein, die im theologischen Zusammenhang des Kontextes einen Schwerpunkt bezeichnet. Wenn bisweilen Einzelsprüche aus der Tradition aufgenommen werden, so geschieht dies nicht ohne Umformung der Gestalt und immer mit einer vollständigen Integration in den theologischen Duktus des ganzen Abschnittes. Stellt unsere analytische Durchsicht den Charakter der verwendeten Formel als Stilelement der theologischen Aussage des Evangelisten heraus, so bleibt doch das Problem unbeantwortet, warum das Joh-Evg. die Einführungsformel ausschließlich in der Verbindung mit dem doppelten Amen aufweist. g) Ergänzt der Evangelist die synoptische A-Formel zu einem doppelten Amen, weil er sich an einen entsprechenden liturgischen Gebrauch des Amen in seinen Gemeinden anschließt? Verbindet er die formelverbundenen Aussagen so mit einer besonderen gottesdienstlichen Feierlichkeit? Den Sitz des Amen-Rufes im Gottesdienst der hellenistischen Gemeinden beweist 1. Kor 14, 16. Paulus rügt den zungenredenden Charismatiker, weil sein Lobpreis und seine Danksagung für den anwesenden Hho)'t't'J~ unverständlich bleibt und dieser darum die Doxologie nicht mit seinem Amen-Ruf bestätigen kann. Nach Apk 5, 14 antworten die himmlischen Lebewesen auf die vor dem göttlichen Thron vernommene Lobpreisung mit dem Amen-Ruf. Weil der himmlische Gottesdienst mit dem irdischen in Beziehung steht, darf auf die Bekanntschaft der john. Gemeinden mit dem responsorischen Amen geschlossen werden. Nach einer Mitteilung Justins in Ap 65, 3 wird das Amen auch anläßlich der Abendmahls153
feier vor dem Verteilen des Brotes von der Gemeinde gesprochen. Doxologien mit anschließendem Amen sind von Paulus und nach ihm in die Briefe aufgenommen worden. V gl. Rm 1, 25; 9,5; 11,36; 16,27; Gl1, 5; PhiI 4, 20. Ferner Eph 3, 21; 1. Tim 1, 17; 6,16; 2. Tim 4, 18; Hebr13,21; 1. Petr 4, 11; 5, 11; Jud 25. Im Blick auf den john. Gebrauch beweisen diese Briefstellen wenigstens den literarischen Niederschlag des kultischen Amen. Besteht dabei auch die Möglichkeit, daß der Vierte Evangelist im Gottesdienst einer Doppelung des Amenrufes begegnet sein kann? Die folgende überlegung erlaubt diese Annahme. Paulus und die anderen Verfasser der Briefe haben damit gerechnet, daß ihre Schreiben in den Gottesdiensten vorgelesen werden. Las nun der Vorleser die Briefstelle mit der Doxologie und dem anschließenden Amen vor, so nahm er damit das nachfolgend von der Gemeinde gesprochene Amen vorweg, sodaß im Gottesdienst zwei einander folgende Amen ertönten, das des Lesers und das der Zuhörer. Indessen würde so wohl ein doppeltes Amen nach einer Doxologie oder Danksagung im Kultus greifbar, aber noch nicht ein Amen, das ein gottesdienstliches Wort einführen würde. Aber auch diese Möglichkeit ist denkbar, sobald man in Rechnung stellt, daß die Vorlesung beim Amenruf durch einen charismatischen Zuruf, eine Belehrung oder Weisung unterbrochen wurde. Dann wurde das Amen zugleich zur Einleitung des Zwischenrufes. Vielleicht dürfen hier Apk 1,7 und 22,20 als entsprechende, literarische Niederschläge verstanden werden. Freilich verliert in der literarischen Verwendung der responsorische Gemeinderuf den Charakter einer Akklamation und wird mehr zum Ausdruck, der den Inhalt der Aussage verbürgt. Aber dies würde dem Gebrauch im Vierten Evg. durchaus entsprechen. Apk 1, 7 schiebt unvermittelt an die Doxologie in V. 6 eine prophetische Weissagung an, dem in V.8 ein göttliches Offenbarungswort folgt. Dazwischen steht der Doppelausdruck 154
«Ja. Amen.» Er bildet eine Brücke und betont sowohl die Parusie des Kyrios als auch die Majestät des Pantokrators. In Apk 22, 20 nimmt das Amen das Wort des erhöhten Kyrios «Ja, ich komme bald» auf und leitet zugleich die abschließende Bitte «Komm, Herr Jesus!» ein. Der liturgische Gebrauch des Amen hat also zu einer literarischen Verwendung geführt. Einen gewissen Einfluß auf die Bildung der doppelten Amen-Formel wird man nicht von der Hand weisen dürfen. Freilich genügt dieser Zusammenhang zur Erklärung des john. Phänomens noch nicht, weil uns die doppelte A-Formel nur im Joh-Evg. begegnet. Sie muß vielmehr mit seiner theologischen Konzeption zusammenhängen. h) Wir haben bereits dargelegt, daß es sich bei der doppelten A-Formel um eine spezifisch john. Stilform der redaktionstheologischen Aussage handelt. Mittelpunkt dieser Aussage ist immer wieder die offenbarungsgeschichtliche Einheit und Gemeinschaft des vom Himmel gesandten und in den Himmel zurückkehrenden Sohnes mit dem Vater. Nun verband sich schon vor J oh das responsorische Amen der Liturgie in der griechisch sprechenden Gemeinde mit dem Gedanken der Treue, Wahrhaftigkeit und Zuverlässigkeit Gottes. Darum weist Paulus 2. Kor 1, 20 den Vorwurf einer willkür lichen Anderung seiner Reisepläne zurück, indem er an das im Zusammenhang mit der gottesdienstlichen Doxologie gesprochene Amen erinnert und verdeutlicht, daß dieser Amenruf zugleich ein Bekenntnis zur Wahrhaftigkeit Gottes und zugleich einen Einbezug in die zuverlässige Treue Gottes darstellt, welche Willkür und gar ein gebrochenes Wort ausschließt. Dabei wird auch die christologische Relation sichtbar: Die Treue Gottes ist in Christus manifestiert und realisiert. Nach V.21 bedeutet die Gabe des hl. Geistes dafür ein von der Gemeinde erfahrenes Unterpfand. Weil Paulus bei dieser Gedankenverbindung nicht ausholt, sondern vielmehr als mit einem bekannten Gedanken argumen155
tiert, nimmt er wohl einen Gemeindetopos auf, hinter dem eine LXX-Stelle wie Jes 65, 15 (0 {tEO~ UA:ll{tLV6~) steht, die Symmachus sogar mit 0 {tEO~ Ufll]V wiedergibt. Auch Joh 3, 32 ff nehmen diesen Topos auf und verbinden den Gedanken, daß Gott wahrhaftig (UI"ll{t~~) ist, in charakteristischer Weise mit dem Zeugnis des Sohnes. Es gehört nun zur christologischen Grundkonzeption des Evangelisten, daß Christus ein doppeltes Zeugnis weitergibt. Vgl. Joh 3, 11. 32 ff; 5, 31 f. 36 f; 8, 14 ff und 18,37. Christus als der Sohn mit dem Vater und Gott (vgl. LXX Ps 88, 38) als der Vater mit dem Sohne sind je Doppelzeugen der Offenbarung. Der Evangelist versteht die aus der vorsynoptischen überlieferung aufgenommene A-Formel als eine Zeugnis-Formel, mit der die Zuverlässigkeit des Bezeugten vergewissert wird. Weil aber Joh diese Bezeugung nur als ein Doppelzeugnis versteht, hat er, in Anlehnung an den Gebrauch der Formel im Gottesdienst, bei der literarischen Verwendung die A-Formel ergänzt. Ihrer eigenen Auffassung entsprechend hat dann die Apokalypse Christus als flcl(>'tU~ aufgenommen, ohne das john. Theologumenon des Doppelzeugnisses weiterzutragen.
156
5. Kapi'tel
DER TRADITIONSGESCHICHTLICHE WEG
§ 54: Ausscheidung der redaktionellen und fraglichen Formeln
a) Vor ihrer Aufnahme in die Evangelien haben die Formeln zusammen mit den mit ihnen verbundenen Logien eine bestimmte Geschichte durchlaufen und innerhalb der mannigfachen Erscheinungsweisen des Gemeindelebens ihre Funktionen ausgeübt. Indem wir nochmals unsere Beobachtungen und überlegungen bei der Analyse der EinzelsteIlen im ersten Teil aufnehmen und vertiefen, versuchen wir diesen Funktionsweg zu erfassen. In erster Linie sind alle jene Formelstellen von der weitern Untersuchung auszuschließen, die von den Evangelisten selber gebildet oder repetiert wurden. Dann fallen auch jene Stellen aus, an welchen es uns nicht gelungen ist, die Formeln als eindeutig traditionell zu beurteilen. b) Von den 16 Mk-Formeln erweisen sich die drei ohne Amen als das Werk des Evangelisten: Mk 9, 13; 11,24; 13, 37. Bei der ersten und dritten Stelle handelt es sich um redaktionelle Umbildungen und bei den Seiten referenten zu 11,24 fehlt die Formel (Q Lk 11,9 ist lkn., Joh 16,23 f red. Bildung). V.24 ist eindeutig Repetition von V. 23. Von den A-Formeln des Mk scheiden Mk 8, 12; 12,43; 14, 9 aus. 8, 12 bildet eine beschwörende Ablehnung der Apokalyptisierung und fehlt im Q-Strang. 12,43 und 14,9 beurteilen wir als 157
innerlich verwandte, redaktionell gestaltete Situationsworte. So verbleiben 10 mkn. A-Formeln: Mk 3, 28; 9, 1; 9,41; 10, 15; 10,29; 11,23; 13,30; 14, 18; 14,25; 14,30. c) Von den 56 Mt- und den 43 Lk-Formeln sind die 14 gemeinsamen Q-Formeln zu prüfen. Von den verbleibenden 42 Mt-Formeln erweisen sich nur die Formeln Mt 6, 2. 5. 16; 10,23; 18,18 als sicher traditionell. Mt8, 11; 11,22 repetieren und 18, 10 ist die Herkunft bei starker red. Bearbeitung des Logions unerklärlich. Im Q-Gut des Lk finden sich Lk 12, 4. 5. 8. Sie zeigen wohl deutliche Q-Formen; sie fehlen aber in der Mt-Parallele gänzlich, beim alten Menschensohnwort V. 8 auch im Mk-Strang und kommen nur als sekundäre Bestätigung der Formelfunktion in Q in Betracht. Alle übrigen Lk-Formeln (alle in seinem S-Gut!) sind redaktionell. Wir besprechen nun zuerst die verbleibenden traditionellen Formeln mit ihren Logien und bringen darauf den Gehalt der einzelnen Funktionsgruppen zur Darstellung.
§ 55: Der formale Ort der einzelnen Formeln a) Die A-Formeln vor Mk: 1. Mk 3, 28 nimmt eine Regel der geistlichen Rechtssprechung auf, welche die Berufung auf die Vergebung aller Sünden einschränkt und die Lästerung wider den hl. Geist davon ausnimmt. Die Formel stellt sie unter die Autorität des erhöhten Kyrios. 2. Mk 9, 1 und 13, 30: Beide Sprüche entnimmt Mk einer Zusammenstellung von Trost- und Verheißungsworten des Erhöhten in der Situation der durch die ausgebliebene Parusie unsicher gewordenen Gemeinde. Lk 2, 26. 30 ff und Apg. 1,6 weisen auf dieselbe Problemstellung in der hellenistischen Gemeinde. 137 137 Mit Grässer, Parusieverzögerung 128. 136, der freilich nicht zwi'schen juden- und heidenchristlicher Gemeinde unterscheidet. 158
3. Mk 9, 41 beschließt die formelverbundene Verheißung des Lohnes mit der Aufforderung zum Unterhalt der Wandermissionare. Mk übernimmt eine paränetische Stilform. 4. Mk 10, 15: Die Formel, die ein Bußwort der Verkündigung Jesu weiterträgt, mag Mk einer katechetischen Zusammenstellung entnommen haben, welche Bedingungen zum Eingang in das Reich Gottes aneinander reihte. 5. Mk 10, 29 und 11, 23: Beide Formeln erfüllen die Funktion der Anreihung der einzelnen Ermahnung in einer paränetischen Reihe, wie sie im Gottesdienst als Worte des erhöhten Herrn aus dem Gedächtnis gesprochen oder vorgelesen wurden. 6. Mk 14, 18. 25. 30: Wenn bei der Feier des Abendmahls der Passionsbericht erzählt oder vorgelesen wurde, dann erfüllten die Formeln eine rhetorische Funktion zur Hervorhebung des Verrates, der Parusieerwartung und der Verleugnung, weil sich die Gemeinde an diesen Punkten besonders in ihrer Existenzsituation angesprochen wußte und sie sich an das Vorauswissen ihres Herrn anklammern mußte.
b) Die gemeinsamen Formeln in Q: 1. Mt 3, 9 / Lk 3, 8: (I... "(ag 'Ö.). Die Formel liegt mitten in einem polemischen Redestück, das dem Täufer in den Mund gelegt ist und den Gegnern, die sich auf ihre Abrahamskindschaft berufen und darum die Aufforderung zur Buße ablehnen, die Teilnahme am Reich Gottes abspricht. Sie führt das Gegenargument ein, daß Gott sich aus den Steinen eine andere Abrahamsnachkommenschaft, also ein neues Gottesvolk, schaffen könne. Die Heilspriorität Israels fällt dahin, und die Errettung vor Gottes Zorn ist ohne Buße unmöglich. Die Formel hebt den Schwerpunkt der Polemik heraus, in dem die Drohung bereits in die Verurteilung hinübergeht. 2. Mt 5, 26 / Lk 12, 59: (uILilv A. <JOt). Eine Klugheitsregel, sich mit dem Schuldner auf dem Wege zum Richter noch zu 159
vergleichen, erscheint als Mahnung, die Ungerechtigkeit gegenüber dem Nächsten wieder gut zu machen, bevor der göttliche Richter endgültig verurteilt. Die A-Formel führt noch innerhalb des Bildwortes am Schluß beschwörend die Drohung ein. 3. Mt 5,44 / Lk 6, 27: (A.. ÖE 'Ö.). Die Formel leitet eine kleine Spruchfolge über das gebotene Jüngerverhalten ein. Es ist nicht mehr sichtbar, wo das Fragment in Q anschloß. 4. Mt 6, 25. 29 / Lk 12,22.27: (öul 'tOU'tO A.. 'Ö. / A.. ÖE 'Ö.). Die mit öux 'tou'tO verbundene Formel unterstreicht den nach rückwärts verklammernden Charakter. Vielleicht folgte schon in Q die Verurteilung der Sorge um den Lebensunterhalt dem Spruch vom Doppeldienst und brächte dann die inhaltliche Verbindung zum Ausdruck. Die in Verfolgungszeiten darbende Gemeinde wird aufgefordert, die Armut um ihres Herrn willen zu ertragen. Die zweite Formel begegnet uns in derselben Spruchreihe, aber in anderer Funktion. Sie ist hier lediglich rhetorisches Stilmittel zur Hervorhebung und Einbeziehung der sprichwörtlichen Kleiderpracht Salomons. 5. Mt 8, 10/ Lk 7, 9: (A.. ÖE 'Ö.). Q erzählt und kommentiert den Dialog mit dem Hauptmann zu Kapernaum. Dabei wendet sich J esus betont zur Vernehmlassung an die Menge. Das formelverbundene, an die Situation gebundene Logion schließt die Szene als Pointe ab. Der Sinn ist deutlich. Ein Heide anerkennt Jesus als Kyrios, und dieser Glaube ermöglicht, daß der Kyrios auch das Kind eines Heiden heilt. Die Formel ist Stilmittel zur Hervorhebung einer feierlichen Erklärung. Eine verklammernde Funktion übt sie hier nicht aus. 6. Mt 10, 15 / Lk 10, 12: (I... öE 'Ö.). Die Formel fügt am Schluß der Missionsinstruktionen über die Unterkunft der Wandermissionare beschwörend eine Drohung gegen eine ungastliche Stadt aus, der es «an jenem Tage» schlimmer ergehen werde als Sodom. U. a. waren die Sodomiten auch darum verfemt, weil sie das Gastrecht verachteten und die Fremden 160
ausbeuteten und schändeten. Wieder weist die Formel auf ein atl. Beispiel, um die Aussage der Spruchreihe zu unterstreichen, hier das Anrecht der Missionare auf Berherbergung. 7. Mt 11, 9. 11 / Lk 7,26.28: (val. A. 'Ö. / A. aß 'Ö.). Die erste
Formel steckt mitten im von Q aufgenommenen katechetischen Lehrstück über das christliche Verständnis des Täufers. Es zitiert nicht, sondern hebt als rhetorisch kunstvoll eingesetztes Stilmittel die eigentliche Aussage heraus. Johannes ist mehr als ein Prophet, er ist, wie das Zitat zeigt, der Wegbereiter des Messias. Q setzt dann, indem sie die Formel repetiert, ein weiteres Wort über den Täufer dazu, wohl ein Lobwort aus Täuferkreisen, das sie aber nicht ohne die relativierende, angehängte Bemerkung gelten lassen kann. 8. Mt 13,17 / Lk 10, 24: (a!-t~v A. 'Ö.). Wieder eine A-Formel im Q-Gut! Wie Mt 24,46 f / Lk 12, 43 f (vgl. 12, 37) in Verbindung mit einem Makarismus. Sie begründet die Seligpreisung der Jüngeraugen mit dem angeführten Hinweis auf die Erfüllung der Prophetenweissagung. Die Erwähnung des Hörens, das sich mit dem Auge zu stoßen scheint, zeigt, wie der Spruch zu verstehen ist. Es sind die Taten und die Worte Jesu gemeint. Die Tätigkeit Jesu wird heilsgeschichtlich eingeordnet. 9. Mt 18, 13 / Lk 15, 7: (a!-t~v A. 'Ö.). Die A-Formelliegt in der Bildhälfte des Gleichnisses vom Schaf und schließt ab. 10. Mt 23,36/ Lk 11, 51: (val. A. 'Ö.). Die Formel betont im angeführten Sophia-Wort lediglich, daß die darin angedrohte Vergeltung der Prophetenverfolgung als Gottesgericht über die gegenwärtige Generation hereinbrechen wird. Die formelverbundene Aussage beschwört die überlieferte Gerichtsanzeige und aktualisiert sie. 11. Mt 23,39 / Lk 13, 35: (A. "(ar) 'Ö.). Die Formel ist mit einer alten, sich auf Ps 118, 26 beziehenden Weissagung verbunden. Q tradiert sie im Anhang an ein altes Klagewort 161
über J erusalem, an welches bereits ein kurzes, polemisches Drohwort angeschoben wurde. 12. Mt 24,47 / Lk 12, 44: (ä!-l~v A. u.). Die A-Formel begegnet uns (s. 0.) wieder in Verbindung mit einer Seligpreisung. Sie zitiert kein Logion, sondern interpretiert die Parabel, indem die Aussage noch innerhalb der Bildhälfte den treuen Knecht lobt, der mit der Rückkehr seines Herrn rechnet. Für Q handelt es sich um ein Mahnwort Jesu an die Adresse der Verantwortlichen in der Gemeinde. c) Die Formeln im S-Gut des Mt:
1. Mt 6,2.5. 16: (ä!-l~v A. u.). Die Formeln beschwören den Verlust der Belohnung im Gericht. Mt hat sie zusammen mit den drei Strophen über christliche Frömmigkeit aus einem Katechismus übernommen. 2. Mt 10, 23: (ä!-l~v A. 'Ö.). Mt fügt zu den mehrheitlich aus Q stammenden Jüngeranweisungen eine Gemeinderegel über das gebotene Verhalten in der bedrängten Situation der Verfolgung. 3. Mt 18, 18: (ä!-l~v A. u.). Mt benützt für seine seelsorgerliche Weisung ein Stück aus einer Instruktion über Gemeindeführung. Nach ihr geht es bei der Aufnahme oder beim Ausschluß eines Gemeindegliedes um die Entscheidung der Zugehörigkeit zur Basileia.
§ 56: Die Funktion der Formel vor den Evangelien Der Gebrauch der Formel zur Hervorhebung der redaktionstheologischen Anliegen durch die Evangelisten setzt voraus, daß ihre Verwendung als Autoritätsformel zur Bezeichnung eines Herrenwortes in den Gemeinden bekannt war. Die Existenz der Redequelle beweist bei allen offenen Fra162
gen über ihren Umfang und die Art der Zusammensetzung, daß in den Gemeinden Logienreihen mit unserer Einführungsformel vorhanden waren. Darum versuchen wir zuerst, die Formelfunktion in Q in den Griff zu bekommen. a) Die Stellung der Q-Formeln
1. Im Blick auf ihre Funktion zerfallen die Q-Formeln in drei verschiedene Gruppen. In Mt 5, 44 / Lk 6, 27 führt die Formel eine Spruchreihe über das J üngerverhalten ein. In Mt 6,25 / Lk 12, 22 erfüllt sie dieselbe Aufgabe. Die Ergänzung mit ÖUl 'toum unterstreicht ihre verklammernde Funktion. An Mt 11, 11 / Lk 7, 28 läßt sich diese Verwendungsart innerhalb eines Kontextes nachprüfen. Ein gegnerisches Lobwort auf Johannes wird zusammen mit der notwendigen Korrektur an das polemische Redestück über die heilsgeschichtliche Einordnung des Täufers angehängt. In jedem Fall führt die Formel ein isolierbares Einzellogion ein, an welches noch weitere Worte ohne Formeleinführung anwachsen können. 2. Die zweite Gruppe benützt die Formel, um am Schluß eines Redestückes eine beschwörende Gerichtsdrohung anzuhängen. So beim Gang zum Richter Mt 5, 26/ Lk 12, 59; bei der Missionsinstruktion, eine ungastliche Stadt zu verlassen Mt 10, 15 / Lk 10, 12; zum Abschluß der beiden polemischen Stücke über die Prophetenmorde Mt 23,36 / Lk 11,51 und Mt 23, 39 / Lk 13, 35. Diese schwurähnlichen Verdammungsschlüsse sind traditionell. In Mt 6,2. 5. 16 erscheinen sie am Schluß (von Mt noch erweitert) von drei gleichgebauten Frömmigkeitsregeln und in Mk 9, 41 als positive Lohnverheißung zum Abschluß einer Aufforderung zur Gastfreundschaft. 3. Die dritte Verwendungsart der Formel begegnet uns immer innerhalb des Zusammenhangs eines Rede- oder Erzählstückes. Ein bereits geäußerter Gedanke, bisweilen in kunst163
voller Redefigur vorbereitet, wird aufgenommen, bekräftigt oder veranschaulicht. Diese rhetorische Verwendung läßt sich nur in den Q-Stücken nachweisen und dürfte auf den katechetisch-pädagogischen Gebrauch dieser Sammlung hinweisen. Mt 3,9 / Lk 3, 8 führt die Formel mitten in einem dem Täufer in den Mund gelegten polemischen Redestück durch einen sprichwortähnlichen Hinweis (Kinder aus Steinen) auf die eigentliche Mitte der Aussage, die fälschliche Berufung auf die Heilspriorität Israels. Mit dem Hinweis auf die sprichwörtliche Kleiderpracht Salomons erfüllt die Formel Mt 6,29 / Lk 12, 27 und auch Mt 11, 9 / Lk 7, 26 in dem kunstvoll provozierenden Wort über den Täufer eine ausgesprochen affirmative Funktion. Auch Mt 8, 10 / Lk 7, 9 kann der eingeführte Ausruf über' den Glauben nicht als Logion isoliert werden, sondern bildet als rhetorisch geformtes Situationswort den inhaltlichen Schwerpunkt der Novelle. Weil der Höhepunkt damit erreicht ist, bricht die Novelle mit einer Bemerkung über das vollzogene Wunder ab, ohne die Schilderung zu beendigen. Entsprechend beschließt der formelverbundene Hinweis auf die Freude Mt 18, 13 / Lk 15, 7 die Parabel vom Schaf. Trifft dabei unsere Annahme einer ursprünglichen A-Formel zu; dann besteht die Möglichkeit, daß Q den formelverbundenen Gleichnisabschluß bereits vorgefunden hat. Die A-Formel in Q ist traditionell. Auffällig innerhalb der für Q typischen Verwendungsart ist die Verbindung des mit einer A-Formel verbundenen Logions mit einem vorangehenden Makarismus. Die Formel bestätigt und begründet denselben. Für die Seligpreisung der jüngeraugen Mt 13, 17 / Lk 10,24 fehlt freilich der Kontext in Q zu einer nähern Verhältnisbestimmung. Aber Mt 24,47 / Lk 12,44 und Lk 12, 37 liegen sie innerhalb der Parabel vom treuen Knecht und in dem, freilich komplexen, Gebilde von den wachenden Knechten. Lk muß die beiden Doppelworte bereits als rhetorische Höhepunkte in Q vorgefunden haben. 164
4. In Q zeigt sich also ein Formelgebrauch, der sich auf verklammernde Anreihung, beschwörende Strafandrohung und rhetorische Affirmation verteilt. Dabei stellen wir eine formal kunstvoll entwickelte und inhaltlich reflektierte Stufe der Traditionsbildung fest. Nebenbei notieren wir, daß die beobachtete Formelbewegung in keiner Weise zur Annahme führt, daß die Redequelle in den Bereich der judenchristlichen, griechisch sprechenden Christenheit gehört. iSS Vielmehr weist alles darauf hin, daß wir es mit einer katechetischen Zusammenstellung zum Gebrauch in einer heidenchristlichen, rein hellenistischen Gemeinde zu tun haben.
b) Traditionelle Formeln vor Mk und im S-Gut des Mt 1. Eine Mehrzahl der A-Formeln des Mk führen ein isolierbares Einzellogion ein. Mk 9, 1 und 13,30 handeln vom Ausharren in der Situation einer verzögerten Parusie und verheißen der Gemeinde die noch erlebbare Wiederkunft. 10, 15 nennt als Einlaßbedingung in das kommende Gottesreich den Verzicht auf jede eigene Größe, das Angewiesensein eines schwachen Kindes auf seinen Vater. 10,29 verspricht reiche Entschädigung für die von der bedrängten Gemeinde geforderten persönlichen Opfer und 11, 23 ruft zu einem festen Glauben auf, der von Gott alle Wunder erwarten darf. 2. Es wird deutlich: Immer handelt es sich um Herrenworte mit einer allgemeingültigen Ermahnung in die angefochtene Glaubenssituation der Gemeinde. Weist uns Q auf das Vorhandensein von katechetischen Spruchreihen, so legt sich nun die Frage nahe, ob die formelverbundenen Logien 138 «In diesem Stoff tritt ja zutage, daß Instruktion für die Mission gerade in der Jesusüberlieferung gesucht, dabei weithin ältestes prophetisches Gut als wichtig aufgenommen wurde; schließlich veränderte Umstände neue Regelung erforderten, sodaß die Kontinuität gleichbleibenden Interesses zur Amalgation eines zeitlich und sachlich sehr verschiedenen Materials führte.» So Käsemann, Apokalyptik 268. 165
bei Mk nicht auch einer entsprechenden paränetischen Reihe entnommen sein könnten. Zusammenstellungen von Sprüchen paränetischen Inhaltes hat Paulus bereits in seine Briefe aufgenommen. Sie stammen aus dem AT, der stoischen Diatribe, u. a. m. Von ihm als dem Apostel J esu Christi ausgesprochen standen sie als Forderungen Jesu vor der Gemeinde. Hirten und Lehrern aber fehlte diese apostolische Autorität. Sie benötigten darum eine andere Legitimierung, die ihnen in solchen Worten des Herrn zur Verfügung gestanden haben mag. 3. Die Gemeinden bedurften aber nicht nur dieser seelsorgerlichen Ermahnungen im Namen Jesu, sondern auch einer auf der Autorität des Herrenwortes gründenden Ordnung der Gemeinschaft. Beim Verbot der Scheidung beruft sich Paulus 1. Kor 7, 10 f auf das Logion, das bei Mt eine antithetische Formeleinführung erhalten hat. 9, 14 bezieht sich der Apostel auf das vom Herrn gebotene Herbergsrecht, wobei nicht nur an das alt. Zitat zu denken ist. Je mehr die Apostel ausfielen, desto dringender brauchten die Gemeinden eine unter der Autorität des Kyrios stehende Gemeinderegel, eine Zusammenstellung von dadurch gültigen Rechtssätzen. In ihnen lassen sich Herrenworte zusammengestellt denken, etwa Mk 3, 28: Es ordnet die Vergebungspraxis und bezeichnet die Geisteslästerung als einen Grund zum Ausschluß. Mt 10, 23: Das Wort befiehlt die Flucht der Missionare bei Verfolgungen. Selbst Paulus hatte sich mit seinen Begleitern an diese Regel gehalten. Mt 18, 18: Der Herr überträgt der Gemeinde die Verantwortung und Autorität, über Aufnahme und Ausschluß von Gemeindegliedern zu entscheiden. c) Wir blicken zurück. Es ging uns jetzt nicht mehr um die Erfassung der redakcionstheologischen Interpretation des Formelgebrauchs, sondern um einen Einblick in den traditionsgeschichtlichen Weg, den die Formel vor ihrer Aufnahme in die Evangelien zurückgelegt hatte. Wir schlossen darum 166
alle jene Formelverbindungen von der Untersuchung aus, welche als redaktionelle Bildungen zu beurteilen sind. Nach Abhebung der Interpretationsschicht der Evangelisten erkennen wir eine andere Formelfunktion. Die Formel wird nun als Stilmittel innerhalb von bestimmten Spruchreihen verwendet, die ihren Sitz im Leben jener hellenistischen Gemeinden haben, in deren Bereich auch die Evangelien entstanden sind. Die Formel erscheint uns so als ein formaler Bestandteil der Traditions- und Kompositionstechnik dieser der Paränese, der Katechese, der Polemik und der rechtlichen Ordnung der Gemeinschaft dienenden Reihen. Indessen erweist sich dieser Sitz im Leben der Tradition lediglich als Funktionsraum und nicht als Entstehungsort der Formel. In einem abschließenden Kapitel wollen wir darum die Frage nach ihrer Herkunft prüfen, indem wir den genetischen Weg möglichst bis zum Ursprungsort zurückverfolgen. Unsere Beobachtung einer funktionellen Verbindung der Formel mit Logien und Logienkompositionen, die im Leben der griechischen Christenheit wichtige Aufgaben der Gemeindegestaltung erfüllten, zwingt zur Frage, in welcher Weise mit einem möglichen Ursprung der Formel schon in diesem Bereich zu rechnen ist.
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6. Kapitel
DER HISTORISCHE URSPRUNG
Wenn wir uns den Funktionsweg vergegenwärtigen, den die Formel in der vorsynoptischen Tradition durchlaufen hat, dann fällt das zahlenmäßige übergewicht der A-Formel sofort in die Augen. Unter den 115 Formeln des Gesamtbestandes, bei dem die Q- Formeln doppelt gezählt sind, bilden sie mit rund 50 A-Formeln die Hälfte, unter den 30 Formelstellen der Tradition mit 20 A-Formeln aber zwei Drittel. 8 mal führen sie dabei ein isolierbares Einzellogion ein. 5 mal beschließen sie drohend oder verheißend das Logion, 1 mal eine Parabel. 3 mal sind sie mit einem Makarismus verbunden und 3 mal führen sie ein nicht aus dem Passionsbericht isolierbares Situationswort ein. Diese Verhältnisse dürfen nicht als zufällig übergangen werden, sondern stellen vielmehr die Frage, ob der beobachtete Gebrauch genetisch mit der Verwendung des Amenrufes im Gottesdienst der hellenistischen Gemeinden im Zusammenhang steht. Wenn es uns gelingt, den Amenruf in Verbindung mit der Einführung eines nachfolgenden Herrenwortes und mit der Bestätigung eines vorangehenden Herrenwortes sichtbar zu machen, dann dürfte der Ursprungsort der Formel geefunden sein.
§ 57: Die Amenformel und der Amenruf im Gottesdienst a) Den kultischen Gebrauch des Amenrufes in einer hellenistischen, paulinischen Gemeinde bestätigen die beiden Kern168
stellen 1. Kor 14, 16 und 2. Kor 1, 20. Der unverständlich sprechende Zungenredner soll nur auftreten, wenn seine glossolalische Danksagung erklärt werden kann. Ohne Auslegung versteht der uneingeweihte Gottesdienstbesucher den Lobpreis nicht und kann darum auch nicht in das den charismatischen Ausruf bestätigende Amen der Gemeinde einstimmen. An der zweiten Stelle kombiniert Paulus die einzuhaltenden Reisepläne mit dem gottesdienstlichen Amenruf. 139 Wie das Amen das Lob Gottes bestätigt, so bezeugt des Apostels Verläßlichkeit, mit der er seine Abmachungen einhält, die in Christus geoffenbarte Treue Gottes. 1. Kor 14, 16 beweist dabei nicht nur den Gebrauch des der Doxologie folgenden Amenrufes, sondern auch seinen Zusammenhang mit einem charismatischen Wort. Auch die Auslegung der Glossolalie ist eine charismatische Außerung. Auf sie wurde mit Amen geantwortet. Diese Doxologien haben in den Briefen einen literarischen Niederschlag gefunden: Rm 1, 25; 9, 5; 11, 36; 16,27; Gl1, 15; Phil4, 20. Vgl. ferner: Eph 3, 21; 1. Tim 1,17; 6,16; Hebr 13,21; 1. Petr 4,11; 5,11 und Jud 25. Vielleicht dürfen auch die Briefschlüsse Rm 15, 33; 1. Kor 16,24 und GI 6, 18, die sich nur bei Paulus finden, als Vorwegnahme des Amenrufes verstanden werden, mit dem die Gemeinde, der die Briefe vorgelesen wurden, auf die apostolischen, im hl. Geiste (vgl. nVEiif.t<X itcoii 1. Kor 7, 40) geschriebenen Ausführungen antwortete. Für die spätere Zeit bezeugen die Stellen Apk 1, 7; 4, 14; 5, 14; 7, 12; 19,4; 22,20 in den johanneischen Gemeinden neben dem Eindringen apokalyptischer Momente die erhaltene Verbindung des respondierenden Amenrufes der Gemeinde mit der als charismatisch verstandenen Weisung (vgl. unsere Erwägungen zu den Johannesformeln in § 53 g). Noch Justin bestätigt Apol I 65, 139 Gegen Unnik, Reisepläne 232: «Amen war nicht ein übernommenes Kultwort.» Trotzdem bemerkt er S. 223 f die engen Beziehungen in der Apk! 169
3; 67,5 einen entsprechenden Gebrauch bei der Feier des Abendmahles. b) Bevor wir darlegen können, wie die synoptische A-Formel ursprünglich ihren Sitz im Leben mit dem respondierenden Amenruf der hellenistischen Gemeinde im charismatischen Gottesdienst teilt, muß zwischen der spätjüdisch-judenchristlichen 140 und der hellenistischen, rein christlichen Prophetie scharf unterschieden werden. 141 Lk erzählt Apg 11, 27 f von Propheten, die von Jerusalem nach Antiochien in Syrien kamen und unter denen ein gewisser Hagabos eine Hungersnot ankündigte. Im «Wir»-Bericht wird Apg 21, 10 Hagabos neu als Prophet aus Judäa vorgestellt. Er nimmt den Gürtel des Paulus, bindet den Apostel und deutet diese Zeichenhandlung als Anzeige der bevorstehenden Verhaftung. Die Weissagung wird als Ausspruch des hl. Geistes bezeichnet. Nach Eusebius, h. e. III, 5,3, werden die Gläubigen zu Jerusalem durch einen Orakelspruch zur Flucht nach Pella aufgefordert. Der aus Apg 5,36 bekannte Theudas wird von Josephus, ant. 20, 97 f unter Cuspius Fadus erwähnt. Dabei macht er die Bemerkung: «Er sagte nämlich, er sei ein Prophet.»142 In bell. 6, 300 ff berichtet er, daß am Laubhüttenfest des Jahres 62 in J erusalem ein ungebildeter Mann namens Jesus ben Ananias mit einer Unheilsweissagung 143 auftrat 140 Michel, Prophetenturn 63 weist auf die prophetische Begabung des Rabbinats. 141 Käsemann, Anfänge 171 bemerkt die gemeinsamen Merkmale: «Wie in der spätem Heidenchristenheit war die Prophetie und die prophetisch geleitete Gemeinde Trägerin des nachösterlich-judenchristlichen Enthusiasmus. Ihr Merkmal ist, daß sie im Geistbesitz das Unterpfand der bevorstehenden Parusie und die Vollmacht ihrer Sendung erblickte.» 142 Michel, Prophetenturn 65 beurteilt ihn als Heilsprophet, der die Wiederkehr der Urzeit Israels verkündigt. 143 Michel, Prophetenturn 61 versteht ihn als rhythmischen, apokalyptischen Gerichtsspruch : «Eine Stimme vom Sonnenaufgang / Eine Stimme vom Sonnenuntergang / Eine Stimme aus den vier Windrich170
und während der Belagerung Jerusalems durch ein Wurfgeschoß getötet wurde. Welches sind die Merkmale dieser Propheten im spätjüdisch-judenchristlichen Bereich? Sie weissagen Heil und Unheil sowohl im Lebensschicksal des Einzelnen wie auch im geschichtlichen Ablauf der Völker. Sie formen ihre Worte als Aussprüche Gottes und begleiten sie wie die spätern Propheten des AT mit symbolischen Handlungen. Sie handeln als Einzelgänger, tragen bisweilen messianische Züge und zeigen apokalyptische Aspekte. 144 Das Bild, das nach den Angaben der paulinischen Briefe zu zeichnen ist, zeigt von der christlichen Prophetie in den hellenistischen Gemeinden einen wesentlich anderen Charakter. Sie ist grundsätzlich und in allen Belangen Gemeindeprophetie: Sie ist neben und mit andern Gnadengabe, mit der Gott die Glieder der Gemeinde in die Dienstleistungen zum Aufbau der Gemeinde (1. Kor 14, 3 f) einsetzt und dazu befähigt. Das Reden auf Eingebung 145 ereignet sich während der gottesdienstlichen Versammlung. Die prophetischen Worte sind nicht Worte Gottes, sondern Weisungen des erhöhten K yrios und inhaltlich Weisungen für die jeweilige konkrete Situation der betreffenden Gemeinde, die als Regeln auch für andere Gemeinden weitergegeben werden. In der Weisung für die Wiederverheiratung der Witwen beruft sich PI auf tungen: / Wehe über Jerusalem und den Tempel! / Wehe über Bräutigam und Braut! / Wehe über das ganze Volk!» 144 Kraft, Prophetie 252 und Westermann, Prophetenzitate 311 wollen auch in Mk 13,14 ff / Mt 24,15 ff; QMt 11, 23 / Lk 10, 15 und QMt 23, 38 / Lk 13,25 Sprüche der jüdisch-christlichen Apokalyptik erkennen. Wenn auch der apokalyptische Drohspruch zum judenchristlichen Propheten paßt, so weist die in den synoptischen Sprüchen sichtbar werdende polemische und christologische Reflexion mindestens in die hellenistische Mischgemeinde. 145 Vgl. die Termini in 1. Kor 14,24: .n:eOcpTj'tEUELV; V. 6. 30: Ä,UÄ,EtV EV Cl1toXUM..pEL, EV YVWO'EL, EV .n:eocpTj'tELq:, ev ÖLÖUxn; V.26: ..puÄ,/1ov, ÖLöuxftv, cX.n:OXclÄ,U'\jJLV, yÄ,ooO'O'uv, ee/1TjVELUV EXEW; V. 30: chcoxuÄ,Ucp'fri\VUL; 1. Kor 15, 51 (Rm 11,25): /1uO''tftewv Ä,EYELV; vgl. dazu Eus. h. e. III 5,3: ÖL' cX.n:OXuM..pE(o~.
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den Geist (1. Kor 7, 40); in der Frage über das Schicksal der bereits Entschlafenen auf ein ~'Ua-c~QLOv (1. Kor 15, 51), ebenso im Blick auf eine beschränkte Verstockung Israels (Rm 11, 25). Auch im Charisma der Prophetie aktualisiert sich immer wieder das eschatologische Heil, in dem die Gemeinde leben darf und sich für die Parusie bereit macht. Diese Propheten sind keine apokalyptischen Seher und Rufer 146, sondern Seelsorger und Hirten ihrer eschatologischen Gemeinden. c) Was in Korinth sichtbar wird, ist nun nicht einfach paulinisch, sondern Erfahrung in der ganzen hellenistischen Christenheit. So berichtet Lukas Apg. 13, 1 ff von den «Propheten und Lehrern» in Antiochia: «Als sie nun dem Herrn Gottesdienst hielten und fasteten, sprach der hl. Geist: Sondert mir doch Barnabas und Saulus zu dem Werk aus!» Bringt man die besondere Rolle, die der hl. Geist in der lkn. Darstellung spielt, in Abzug, so wird der Vorgang deutlich: Die Aussonderung zum missionarischen Dienst vollzieht sich auf Grund einer charismatischen Weisung im Gottesdienst. Aus dem Munde des Propheten spricht der Kyrios selber. Wenn auch Lk nichts darüber berichtet, so dürfen wir annehmen, daß auch diese Weisung, vielleicht mit einer Doxologie verbunden, mit dem gemeinsamen Amen der Anwesenden beantwortet wurde. Dieser responsorische, liturgische Amenruf entspricht gen au demjenigen in der hellenistischen Synagoge, die ihn ihrerseits aus der hebräisch sprechenden übernommen hat. 147 Den Nachweis des hebr. Amenrufes in der griechischen Synagoge liefert die LXX. Obwohl sie sonst immer mit YEVOL'tO übersetzt, hat sie diese doxologischen Ab146 Friedrich, 3tQocpi)1;Tl~ 852, 33: « ••• nicht Seher, sondern Wortempfänger und Wortverkündiger.» 147 Vgl. Wiefel, Synagogengottesdienst 67 ff und seine Hinweise auf atl. und spätjüd. Stellen. S. 122 Anm. 2 erwähnt er G. P. Wetter, Altchristliche Liturgien Bd.1 S. 166 f, wo Amen als ekstatischer Kultruf und der Zusammenhang mit dem Erlebnis der Christusgegenwart unter Vergleichung mit hellenistischen Parallelen betont wird.
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schlüsse mit Amen wiedergegeben: 1. Chr. 16, 36; 1. Esr. 9, 47; Neh 5, 13; 8,6; Tob 8, 8; 14, 15; 3. Makk 7, 23; 4. Makk 18,24. Wenn nun die LXX in den übrigen Fällen 148 (mit Ausnahme von Jer 28, 6 &.Arrft&~ u. Jes. 65, 16 &.Ar\'thv6~) mit j'EVOL'to übersetzt, so verschiebt sie damit die Bedeutung vom Moment der Bestätigung des persönlichen Engagements in der Richtung auf die Versicherung der objektiven Tatsächlichkeit. Dieser spätjüdische Bedeutungsgehalt erlaubt darum eine Verwendung des Amen im Zusammenhang der Beteuerung und Bekräftigung einer erst nachfolgenden, eigenen Aussage. Es verliert dabei den responsorischen Charakter und erhält einen affirmativen. Jer 28,6 wiedergibt LXX Jer 35, 36 auf diese Art mit &.AfJ-ft&~. Jer nimmt dabei freilich die Außerung des falschen Propheten Chananja auf. 149 Aber wichtig ist, daß er nun mit Amen, resp. &.AfJ-ft&~ seinen eigenen wenn auch ironisch gemeinten, Spruch einleitet! Rabbinische, freilich spätere, Entsprechungen finden sich Dt R 7 (203 d); Midr Ps 89, 4 (101 a); 106,9 (229 a); Nu R 9 (155 c). Auch in der Apk kann darum Amen den responsorischen Charakter verlieren und affirmativ und innerhalb des kultischen Gebrauches verwendet werden. So Apk 7, 11! Das affirmative Amen leitet die Doxologie ein. Auch Apk 22,20 spricht es der Prophet selber, indem er es seiner Bitte voranstellt: «Amen, komm, Herr Jesus!» Diese Beobachtungen erlauben die Vermutung, daß im charismatisch bestimmten Gottesdienst der hellenistischen Gemeinden das bestätigende, doxologische Amen sich affirmativ mit der Einführung einer durch die christlichen Propheten geoffenbarten Weisung des erhöhten Christus ver148 Das Verbaladjektiv 'ämen findet sich im masoretischen Text 24 mal, in der LXX dazu noch in Dt 27, 33. 20 mal übersetzt die LXX mit YE'VOL'tO 3 mal mit a/lYt'V (Neh 5,13; 8,6; 1. ehr 16, 36), je einmal mit aÄ'l'J'Ö'ro~ (Jer 28, 6) und mit aÄ'l'J'Ö'L'V6~ (Jes 65, 16). Hinweis von Pfeiffer, Hintergrund 132. 149 Vgl. Jeremi'as, Kennzeichen 149 Anm.20. 173
bunden hat. Wenn sie sich zur Gewißheit erhärten läßt, dann haben wir es bei der synoptischen Einführungsformel a~f}v AEYro U~LV mit einer charismatischen Beteuerungsformel zu tun. Dazu erwägen wir nun die möglichen Relationen, die unsere Formel mit der Botenformel des atl. Prophetenspruches verbinden.
§ 58: Die charismatische Amenformel und die prophetische Botenformel
a) Wenn zwischen dem hellenistischen Charismatikerspruch und dem atl. Prophetenspruch eine Verwandtschaft besteht, dann kann sich diese nur über den Wortlaut der LXX vollzogen haben. Sie ist die Bibel der hellenistischen Synagoge und der Kirche. Nun ist nicht nur der alte Prophetenspruch im Blick auf Form und Inhalt, wie E. Schütz dargestellt hat 150, auf keinen gemeinsamen Nenner zu bringen, sondern auch die klassischen Bildungen bis hin zur literarischen Formung und Verformung der babylonischen und nachexilischen Spätzeit weisen eine vielfache Differenzierung auf. Dies wird besonders im Ezechielbuch 151 augenfällig und hat sich auch in der griechischen übertragung erhalten. Botenformel und Gottesspruch verfügen über verschiedene Stilformen. Dieser Sachverhalt erlaubt die Verbindung mit den verschiedenen Formen, die auch der christliche Prophetenspruch gefunden hat. Wohl bildet die A-Formel die meistgebrauchte Einführung, daneben treten aber auch andere 150 Schütz, Prophetenspruch 188.199 bemerkt: «Die Gattung der Gottesmannworte ist eine sehr originale Spruchgattung. Die Verkündigung der vorklassischen Prophetie ist eine komplexe Größe.» Khnlich RendtorH, Botenformel171. 151 Guy, Prophecy 70 Anm. b weist auf eine entsprechende Zusammenstellung bei E. Abbott, The Son of Man, 1910, S. XVII H. 174
Verbindungen mit val., "(ue, M. Auch der Spruch zeigt die verschiedensten Formen. Er ist ein Makarismus 152, ein Weheruf, eine Verwünschung, ein Lobruf, ein Weisheitswort u. a. m. b) Die Botenformel und die einführende A-Formel tragen beide denselben beschwörenden, den nachfolgenden Spruch vergewissernden Charakter. Beide sind Beteuerungsformeln. Den atl. Gottessprüchen geht oft eine ausdrückliche Schwurformel mit nachfolgendem EL oder ~ Il~v voran. Sie schließen sich darin dem profanen Gebrauch an (LXX Gn 14, 22; 3. Kg 1,51; Ps 131, 2 ff). Beispiele für solche Drohungen und Verheißungen Gottes sind: LXX Nu 14, 28 ff; Dt 1, 34 f; 1. Kg 3, 14; Ps 88, 36; 94, 11; Jes 45, 23; 62, 8 und gehäuft im Ezechielbuch, etwa Ez 14, 20 (EUV); 16,48 (d); 17, 16 (EclV Il~); auch 17,19; 18,3 (EUV); 33,25 ff (d Il~v) wie 34,8; 35, 6 u. ö. Das häufig mit dem Schwur verbundene d hat sich wenigstens Mk 8, 12 erhalten. 153 Im synoptischen Prophetenspruch steht dafür bevorzugt OU Il~: Mk 9, 41; 10, 15; 13, 30; 14,25; Q Mt 5,26 / Lk 12, 59; Q Mt 23,39 / Lk 13, 35 und Mt 10, 23. 154 Andere zeigen Verbindungen mit av, EUV, äv Il~, EclV Il~: Mk 3, 28; 10, 15; 10,29; 11,23 und Mt 18, 18. Analog zum besonders im Ez gehäuften ~w E"(OO, J..E"(EL 'KUeLO; tritt das aus dem doxologischen Amenruf stammende äll~V anstelle von ~w E"(OO und AE"(OJ ullLV anstelle von AE"(EL ')GueLO;.155 c) Eine weitere Entsprechung bietet der Sitz der eingeleiteten Sprüche im Gottesdienst dar. F. Baumgärtel bezeichnet die Botenformel geradezu als eine kultisch liturgische For152 «Doch sprechen ernsthafte Gründe dafür, die Makarismen sämtli'ch der urchristlichen Prophetie zuzuweisen.» Käsemann, Anfänge 179. 153 Stählin, Beteuerungsformeln 124 Anm. 1: «Die Redeweise von Mk 8, 12 wurzelt ganz und gar in der Sprache der LXX.» 154 Mit Stählin, Beteuerungsformeln 129. 155 Stählin, Beteuerungsformeln 124 sieht diese Entsprechung, wenn er sie auch als genuine Redeweise Jesu hinstellt, indem er sie mit «dem Selbstverständnis Jesu» begründen wiU. Wichtiger ist, daß er S.141 die «Beteuerungen» als Merkmale der inspirierten Sprache erkennt. 175
mel. 156 Diese Einsicht vertieft R. Rendtorff, indem er sie mit dem im Kultus gebildeten sakralen Gottesrecht in Verbindung bringt. 157 Als wesentliche Eigenart aber des Charismatikerspruches erkannten wir seinen Ort im Gottesdienst der hellenistischen Gemeinde. 15s E. Käsemann übernimmt sogar die Bildung eines atl. Kultusrechtes in seine Darlegungen eines christlichen, entsprechend geformten Gemeinderechtes. Er spricht von «Sätzen heiligen Rechtes» als von einem ursprünglich durch urchristliche Propheten geschaffenen, charismatischen Recht. Er weist dabei auf Mk 4,24 f; 8,38; Mt 5, 19; 6, 14; aber auch auf Rm 2, 12; 10, 10.13; 1. Kor 3, 17; 5,3 ff; 14, 13.28. 30. 35. 37 f; 16,22; 2. Kor 9, 6; GI 1, 9; 3, 12; Apk 22, 18. Man wird über die Auswahl dieser Beispiele geteilter Meinung sein müssen. Das Kriterium zur Scheidung zwischen Redaktion und Tradition fehlt. Hinweise auf Momente einer «in apokalyptischer Naherwartung stehenden, nachösterlichen Gemeinde» genügen nicht. Käsemann denkt wohl an einen Sitz im Leben der judenchristlichen Urgemeinde. 159 Aber dann müßte doch zuerst aufge156 Baumgärtei, Formel 289. - Der Begriff «Botenspruch» stammt von L. Koehler, Deuterojesaia stilkritisch untersucht, 1923, 102 und der Begriff «Botenformel» von H. Wildberger, Jahwewort und prophetische Rede bei Jeremia, 1942, 48 ff. 157 «Gottesrecht bezw. Sakralrecht», Rendtorff, Botenformel174. Dabei lehnt er eine formgeschichtHche Ableitung des Prophetenwortes vom Botenspruch ab. 158 Vgl. die scharfsichtige Formulierung von Grant, Sayings 142: «There were the dramatizati:ons, in liturgy and in homily, of the messages of the exalted Christ, addressed to his church, similar to the utterances of the OT prophets and to some extent modelled upon their oracles; for the OT, especially in its LXX version was the Bible (as Adolf Deissmann always insisted), of the early church.» 159 Käsemann möchte «die Sätze heiligen Rechtes mit dem Schema eines eschatologischen Jus talionis» (Anfänge 171) und andere, «ebenfalls im eschatologischen Futur gehaltene Sentenzen» (Mt 5, 12; 6,4.6. 18; 7,23; 10,15; 11,22.24; 12,41f; 24,37), aber auch die i!/.:fro'VSprüche (Mt 5,17; 9,13; 10,34; 18,11; 20,28; Lk 12, 49), Flüche (Mt 8, 11 f; 11, 20 ff) und Makarismen der «urchristlichen Prophetie» zu176
zeigt werden können, wie diese apokalyptische Heils- und Unheilsprophetie, die sich auf ihre Weise mit der Interpretation der zeitgenössischen geschichtlichen Ereignisse befaßte, überhaupt eine Gemeindefunktion ausüben konnte. 16o Die Herausbildung von charismatischen Rechtssätzen in der apokalyptischen Situation der judenchristlichen Not- und Flüchtlingsgemeinschaften ist schwer vorstellbar. Die pln. Briefstellen würden es an sich näher legen, an die hellenistische Gemeindeprophetie zu denken, die sich eschatologisch am künftigen Gericht anläßlich der Parusie orientierte. Hier innerhalb des hellenistischen Bewußtseins, in der Endzeit des Heils, der Missionierung, der Sammlung und Auferbauung der Ekklesia zu stehen, drängte sich die Schaffung von die Gemeinschaft ordnenden Regeln geradezu auf. Die spätere Institutionalisierung in ein Verwaltungs-, Disziplinar- und Sakramentalrecht vollzog sich nicht in einem direkten Zusammenhang. Die charismatische Weisung diente vielmehr der konweisen (Anfänge 173). Er denkt dabei an die kleinen Gemeinden des palästinisch-syrischen Grenzraumes als die Trägerinnen «des nachösterlich-judenchristlichen Enthusiasmus» (S. 171). «Ihr Merkmal ist, daß sie im Geistbesitz das Unterpfand der bevorstehenden Parusie und die Vollmacht ihrer Sendung erblickten.» Wir antworten: Diese Merkmale passen besser in die hellenistischen Gemeinden und können in den Briefen des Paulus nachgewiesen werden. Die Sprüche vom Gekommensein sind reflektierte Bekenntnissätze ohne apokalyptischen Enthusiasmus und di'e Makarismen begegnen uns noch lange in den johanneischen Gemeinden. Auch das sogenannte «eschatologische Jus talionis» paßt recht gut in die gerichts eschatologische Paränese der matth. Gemeinde und findet 2. Kor 5, 10 sehr wohl Platz in der griechischen, sicher mehrheitlich heidenchri'stlichen Gemeinde. Wenn Käsemann nachweisen will, daß «die hl. Schrift den urchristlichen Propheten die Stilform lieferte, in welche sie ihre Sätze des hl. Rechtes kleiden konnten» (Sätze 256), dann belegt er mit pln. Stellen und zeigt, daß seine Propheten di'e griechische Bibel vor sich hatten. 160 Anders dürften die Dinge in Qumran liegen. Für die neue Gemeinde waren die Worte der Propheten neben der Tora von großer Bedeutung. Freilich fehlt u. W. eine Analyse entsprechender Texte, welche die sekundären Hinweise auf Pneumatiker in Jos. bell 2, 159 und ant 17,345 ff erhärten würden.
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kreten Beantwortung der sich in der einzelnen Gemeinde stellenden Fragen des Glaubens, der Lebensführung und der Ordnung der Gemeinschaft. Die daraus sich verfestigenden Regeln aber blieben noch lange neuer charismatischer Ergänzung und Veränderung zugänglich. d) Neben die Analogie des kultischen Sitzes tritt als weitere Entsprechung das Moment des aktuellen Offenbarungsvorganges. Es ist das Verdienst von W. Zimmerli 161, gerade im Zusammenhang mit dem literarischen Niederschlag, den der Prophetenspruch in seiner Vielgestaltigkeit im Ezechielbuch gefunden hat, darauf hinzuweisen. Für den Zusammenhang mit unserer charismatischen Formel ist seine Betonung der sogenannten Wortereignisformel von Bedeutung. Wenn damit der Ereignischarakter als durchgehendes Strukturelement gesehen ist, so gilt dies auch für die die charismatische Weisung einleitende A-Formel,162 Beispiele solcher Ereignisformeln sind: LXX 1. Kg 15, 10 «Da erging das Wort des Herrn an Samuel»; LXX 2. Kg 7, 4 «Aber noch in derselben Nacht erging das Wort des Herrn an Nathan»; LXX 3. Kg 12,22 «Da erging an Semaja, den Gottesmann, das Wort des Herrn.» Sie entsprechen den zahlreichen Einführungen bei Ezechiel «?tUL EYEVE'tO Myor;, ?tUQLOU JtQ6r;, flE» LXX Ez 11, 14; 12, 1. 8. 17. 21 u. ö. In der einführenden A-Formel vereinigen sich die beiden Momente der Wortereignisformel (= «Das Wort Gottes ergeht») und des Botenspruches (= «So spricht der Herr») zu einer neuen und einzigartigen Formulierung. Sie setzt die Vorstellung vom erhöhten Kyrios Jesus des 161 VgL W. Zimmerli, Die Eigenart der prophetischen Rede des Ezechiel, ZAW 66 (1954) 1-26. 162 Auch das von Zimmerli, Selbsterweis 160 erwähnte Erweiswort gehört in unsern Zusammenhang: «Im prophetischen E. W. wird uns eine Prophetie greifbar, di'e auf den zentralen gottesdienstlichen Vorgang der Selbsterweisung Jahwes ausgerichtet ist und das eigene prophetische Wort als Ankündigung des geschichtlichen Beweises für die Wahrheit des in jener gottesdienstlichen Mitte lebenden Anspruches versteht.» 178
hellenistischen Bekenntnisses und das Selbstverständnis dieser Christenheit, das neue, eschatologische Volk des erhöhten Herrn Jesus und die auf die Parusie wartende Gemeinde zu sein, voraus. Als diese Heilsgemeinde weiß sie sich im Besitze des hl. Geistes, durch den der Kyrios als Haupt seines Leibes wirkt. Darum wird die 3. Pers. der Botenformel in die selbstredende Ich-Form umgewandelt. Es entspricht ganz dem griechischen Geistverständnis, wenn aus dem vom Pneuma ergriffenen Charismatiker der erhöhte Kyrios selber redet. 16s Im Augenblick der charismatischen Mitteilung vollzieht sich das aktuelle Offenbarungsgeschehen und vergegenwärtigt sich das vollmächtige Autoritätswort des Erhöhten. In diesem Sinne ist die A-Formel zugleich Offenbarungsund Autoritätsformel. Der atl. und auch der spätjüdische, judenchristliche Prophet bleibt ein eschatologischer, resp. apokalyptischer Botschafter und Mittler. Gemeindeglieder aber, die im Geist reden (1. Kor 12, 3; 14,2. 14 ff), präsentieren die ipsissima vox %'UQlO'U. Darum fordert PI auch dazu auf, nach dem 3tQOq>'t')'tEUELV zu streben (1. Kor 14, 39) und um dieses XUQLO'!A.<X zu beten (1. Kor 14, 13). Der Geist, der aus dem Charismatiker spricht, ist der Herr selbst (2. Kor 3, 17). e) Der Inhalt eines solchen charismatischen Herrenwortes besteht immer in einer konkreten Weisung, die den Einzelfall erhellt und die Einzelsituation der Gemeinde betrifft. 164 Ein Gemeindeglied führt einen losen Lebenswandel und straft dadurch die pneumatische Präsenz Lügen. Das Herren163 So si'eht Hahn Hoheitstite197 in QMt 8,11 f / Lk 13, 28 feinen Spruch, «wo ein urchristlicher Prophet im Namen Jesu und daher in der ersten Person das Drohwort ausspricht.» 164 Soucek, prophetie 227: «Ce sont des paroles d'edification pour la communaute, des paroIes d'exhortation et de reconfort.» - «La prophetie chretienne primitive est donc la mani~re pour l'Egli'se de trouver son orientation communautaire vis-a-vis des questions fondamentales de la vie chretienne et pour une action toujours en rapport avec la situation changeante des gens.» 179
wort weist den Geistlästerer aus der Gemeinde (Mk 3, 28; vgl. als mögliche Situation 1. Kor 5,4 f). Jünger Jesu sind in der Gemeinde gestorben, ohne daß sie die Parusie des Kyrios erlebten. Der Herrenspruch verheißt, daß wenigstens noch einige den Herrn sehen werden (Mk 9, 1; vgl. 1. Thess. 5, 1 ff; Rm 13, 11 ff). Die Tätigkeit der Apostel beweist die angebrochene Heilszeit. Die Gemeindevorstände haben ihr Hirtenamt in besserer Verantwortung zu versehen. Opfer, Verfolgung und Flucht gehören zum Weg der Gemeinde, die der Parusie entgegenschreitet. Die missionarische Anstrengung gilt es neu zu intensivieren. So wird eine letzte Entsprechung zum alten Prophetenspruch sichtbar. Zum mit der Botenformel eingeführten Gottesspruch gehört eben gerade diese Konkretisierung der Weisung, welche immer die besondere Situation einer Einzelperson, einer Gruppe, des Gottesvolkes oder eines Fremdvolkes trifft. Diese nun aufgezeigten Analogien (Mannigfaltigkeit der Form, beschwörende Beteuerung, kultischer Ort, vollmächtiges Offenbarungsereignis und Konkretisierung der Weisung), die den hellenistischen Charismatikerspruch mit dem mit der Botenformel eingeleiteten Prophetenspruch verbinden, erhärten die Vermutung, daß es sich bei der A-Formel um eine entsprechende Einführung handelt.
§ 59: Das charismatische Herrenwort und das historische Jesuswort a) Die in neuerer Zeit besonders von J. Jeremias und H. Schürmann gemachten Vorschläge, erneut nach Kennzeichen der «vox ipsissima J esu» oder der «Sprache des Christus» zu suchen, weisen die charismatische Einführungsformel dem historischen Jesus zu. Sie wiederholen damit die Behauptung von P. Billerbeck, daß sich in der synoptischen Tradition mit 180
der A-Formel ein einzigartiger und ausschließlich auf den irdischen Jesus zurückgehender Sprachgebrauch erhalten hat. Dieses Unternehmen erfolgt im Zusammenhang einer Bemühung, einen vorösterlichen Ansatzpunkt für eine Tradition der Jesuslogien zu finden 165, um die Thesen der fonngeschichtlichen Analyse über die in der Gemeinde weitergefonnten oder gar selbständig geschaffenen Herrenworte zu korrigieren. Bevor wir auf den Versuch, die A-Fonnel als Kennzeichen der ursprünglichen J esusworte in Anspruch zu nehmen, eintreten, sind zwei, vielleicht mögliche Mißverständnisse auszuschließen. Weder J eremias noch Schünnann leugnen die Möglichkeit einer Gemeindebildung von Herrenworten und beobachten auch durchaus die Veränderungen, denen die Fonnel und ihre Formen in der Tradition ausgesetzt sind. Auch verstehen sie die A-Fonnel nur als ein Ursprungszeichen unter andern Indizien. 166 So weist für sie die Formel lediglich darauf hin, daß wir es trotz den vielen Veränderungen, denen die Logien im spätem überlieferungsprozeß und im vielfältigen Gemeindegebrauch ausgesetzt waren, mit ursprünglichen Worten des historischen Jesus zu tun haben. Das andere Mißverständnis gilt es von unserer eigenen Darlegung fernzuhalten. Wenn wir die A -Formel als hellenistische Einführung des charismatischen Herrenwortes nachweisen, dann bedeutet diese These nicht, daß sich in den Evangelien überhaupt keine historischen J esusworte erhalten haben. 167 Wir behaupten freilich, daß der ursprüngliche Sitz der Formel nicht im Leben J esu, sondern in der spätern Gemeindeprophetie zu finden ist und hier eine bevorzugte Einführungsformel darstellt. 165 Schürmann, Anfänge 369: «Wir versuchten, eine Selbstbeschränkung der formgeschichtlichen Methode, die nur nach dem ,Sitz im Leben' der nachösterlichen Jüngergemeinde fragt, als methodisch unberechtigt zu erweisen.» 166 Schürmann, Sprache 82 glaubt 42 Spracheigentümlichkeiten feststellen zu können! 181
b) Warum aber kann Jesus die Formel nicht benützt haben? Die von den beiden Forschern gegebene Darstellung beschränkt sich auf einen äußerst gedrängten, zahlenmäßigen überblick, wobei die traditionsgeschichtliche Nachprüfung vollständig ausfällt und die Entscheidung über Auslassungen, übernahmen und Veränderungen ungeschützt getroffen werden. Der grundlegende Satz: «Keine Tradition wagt diese Redeweise in die Rede anderer zu übertragen. Sie bleibt als ein Charakteristikum dem Herrenwort reserviert», bleibt darum ein Postulat. Ganz abgesehen von der Ausnahme Q Mt 3, 9 I Lk 3, 8 (vgl. Apg 5, 38), die immerhin beweist, daß die polemische Tradition vor Q die Formel nicht als Kennmarke eines J esuswortes verstand und sie darum dem Täufer in den Mund legen konnte, so verbirgt sich in der hinter dem Satz stehenden Argumentation ein Zirkelschluß: Die gemachten Voraussetzungen lauten: a) Die Formel verbindet sich nur mit Herrenworten, b) In den Evangelien finden sich historische Jesusworte, c) Darum: Die Formel ist ursprünglich nur von J esus gebraucht worden. Der Schluß c ist nur möglich, weil in a und b eine ursprüngliche Formelverbindung inhaeriert wird. Eine andere reservatio mentalis wird spürbar, wenn Jeremias eine «wachsende Tendenz, die A-Wendungen zu tilgen oder zu übersetzen» beobachten will. 16s Weil der Formelgebrauch bis auf Jesus zurückgeht, ist er im Tradicionsprozeß oft ausgefallen. Dieses argumentum e silentio aber ist ohne jede Beweiskraft. Im Gegenteil, wenn 167 Gut fragt Gerhardsson, Memory 331: «But the question is, which of these forms of activity provided the essential Sitz im Leben for the actualization, collection and fixing of the tradition about Jesus.» Und Grant, Sayings 140 antwortet: «It is not in the least inconceivable that, under the conditi'ons of the early Christian mission, some post-resurrection sayings of the heavenly, exalted Christ, spoken through an inspired Christian prophet, may have come to be recorded in the gospels as among the sayings of the Lord uttered during his earthly ministry.» 168 Jeremias, Kennzeichen 149. 182
die Formel so leichthin ausgefallen sein sollte, dann wäre dies ein Hinweis, daß entweder schon sehr früh die Echtheitsmarke nicht mehr als solche bekannt war, oder daß kein Wert auf die Kennzeichen irdischer Jesusworte gelegt wurde! Aber die behauptete Beobachtung trifft gar nicht den Tatbestand und wird von Schürmann u. a. ebenfalls zurückgewiesen. Erst wenn die traditions geschichtlichen Verhältnisse an den Einzelstellen analysiert werden, ist eine so weittragende Scheidung zwischen redaktionellen und traditionellen Formeln erlaubt. Wir haben oben (§§ 51 ff) entsprechend nachgewiesen, daß Mt und Lk von sich aus die Formel, auch die A-Verbindung, mehrmals in das Mk-, Q- und S-Gut eingetragen haben. Diese Formelvermehrung, die Schürmann zutreffend vermerkt, wird von ihm aber ebenfalls falsch interpretiert. Dadurch aber verspinnt er sich in Widersprüche. Er sagt: «Mt hat die Formel als J esu Redeweise erkannt und sie darum auch von sich aus gebildet.»169 Der Verlust der A-Formel bei Mt sei lediglich sekundär und falle darum nicht ins Gewicht. Der Autor bringt offensichtlich die notierte Vermehrung und Streichung nicht unter eine Decke. Dabei unterschiebt er Mt die Mißlichkeit, daß Mt die Echtheitsmarke auch bei Logien angebracht hat, deren Authentizität mindestens fraglich sein mußte. In Schwierigkeiten führt auch die Deutung des lkn. Tatbestandes. «Lk hat die Formel nie ganz gestrichen, weil er sie für die Redeweise J esu als wichtig betrachtete.»17o Lk hat aber die Formeln mindestens einmal in Mk, wiederholt in Q fallen lassen und mehrmals das formelverbundene Logion in der Mk-Vörlage überhaupt übergangen. In der Bemerkung zu den sechs A-Formeln in Lk: «Lk habe sie sorglos durchgehen lassen, um die Christussprache zu charakterisieren» 171, wird die Verlegenheit 169 Schürmann, Sprache 70. 170 Schürmann, Sprache 71. 171 Schünnann, Sprache 67 Anm. 112.
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handgreiflich. Die mit der A-Formel verbundene Schwerpunktsbildung innerhalb der lkn. Interpretation wird übersehen. Warum Lk einen «sorglosen» und sehr gemischten Gebrauch von den verschiedenen Formen machen kann, wird in keiner Weise geklärt. So läßt sich der Verdacht kaum abweisen, daß es sich beim Versuch, die A-Fonnel als ein Kennzeichen für ursprüngliche Jesusworte nachzuweisen, nicht um eine exegetische Forderung, sondern um ein Postulat handelt, das spätere Gemeindekerygma mit der vorösterlichen Jesusverkündigung zu verbinden und eine Traditionskette von Herrenworten zu finden, die ihren Anfang im irdischen Wirken Jesu nimmt. 172 Dadurch wird das Problem unserer Formel dem Fragekreis nach der sogenannten Jesustradition zugewIesen. c) Ein überlieferungsvorgang von Worten Jesu und der damit verbundene Begriff des Herrenwortes wird aber erst im Leben der nachösterlichen Gemeinde greifbar. Die eigentümliche Stellung, die die Jünger Jesu als Augen- und Ohrenzeugen in der spätern Gemeinde einnahmen, besteht darin, daß sie gerade nicht als Garanten und Tradenten der ursprünglichen J esusworte auftraten, sondern den Auferstandenen bezeugten. Ihnen ging es nicht um die Feststellung und Weitergabe einer Traditionskette von ursprünglichen Aussprüchen des Meisters, sondern um die Beglaubigung der Identität der geglaubten und verkündigten Erlösergestalt mit dem Mann aus Nazareth. Die judenchristlichen Gruppen lebten zudem in der unmittelbaren Erwartung des Menschensohnes, und ihr apokalyptischer Enthusiasmus bot einer Traditionsbildung gar keinen Ansatz. Die hellenistischen Gemeinden bedurften der historischen Worte nicht, weil die 172 Wie weit der verbreitete, aber nicht weniger falsche Grundsatz: «Was nicht als Gemeindebildung und aus der spät jüdischen Umwelt Jesu erklärbar ist, gehe auf den historischen Jesus zurück» einwirkt, bleibe dahingestellt. Vgl. die Erwägungen von Schneider, Beitrag 406. 184
charismatische Erfahrung ihnen die Geistworte des Erhöhten schenkte. 17s Weder die messiasgläubigen Judenchristen noch die geistbewegten Gemeinden der Griechen klammerten sich an die Worte des Irdischen. Nirgends stoßen wir auf Analogien zur Praxis der Rabbinerschüler, welche die Aussprüche der Väter und ihrer Lehrer zur Torainterpretation memorierten, um sie weiterzugeben. Vor allem tritt in keiner Weise eine an unsere Formel erinnernde Formulierung einer Traditionsformel in Erscheinung. Auch B. Gerhardsson ist es in Ausführung eines Programmes seines Lehrers H. Riesenfeld 174 kaum gelungen, einen entsprechenden Zusammenhang darzulegen. 175 173 Gegen die apodiktische Ablehnung von Delling, Jesustradition 66 f. Cullmann, Heil 88. 95 bekennt sich zum Problem eines Zusammenhanges zwischen Tradition und Inspiration: «Hinter der überlieferung der Taten und Worte des Inkarnierten durch die Apostel steht der Erhöhte selber.» - «Auf jeden Fall gilt auch ihre Erarbeitung als von Christus selber inspiriert, zumal in jenen neuen Offenbarungsereignissen, gottesdienstlichen Erlebnissen und Geistmanifestationen er selber als der Erhöhte am Werk ist.» 174 Wir erwähnen die folgenden Programmpunkte (vgl. Riesenfeld, Tradition 59.63.64): Jesus anvertraute seinen Jüngern und durch sie dem eschatologischen Gottesvolk ein bereits geformtes, hei'liges Wort zur Weitergabe. Diese Worte Jesu wurden von den Jüngern ins Gedächtnis eingeprägt. In der wachsenden Kirche erwiesen sich die Apostel so als die legitimen übermittler der Jesustraditi:on. Die Zitierung der Jesustradition als geheiligtes Wort stellt einen wesentlichen Bestandteil des öffentlichen Gottesdienstes dar. 175 Gerhardsson baut Riesenfelds Bemerkungen über eine Jesustraditi'on zu einer weitreichenden These aus. Die von Nielsen, Oral Tradition, dargelegte Methode zur Erfassung der mündlichen überlieferung im AT überträgt er auf seine Untersuchung der mündlichen, vorsynoptischen Tradition. Seine Beobachtung eines durch den Glauben der Gemeinde geforderten überlieferungsprozesses von Herrenworten bestätigt in vielem unsere Erwägungen. Im Blick aber auf den Ansatzpunkt des Traditionsvorganges und im Blick auf die innere Situation der tradierenden Gemeinde erheben sich viele Fragen. Zur Zeit Jesu gab es kein normatives Judentum, wie Moore, Judaism 1927 ff noch glaubte. Smith, Comparison 170 Anm. 3 weist mit Recht auf den von Neusner, Studies 79 ff betonten Neubeginn der rabbinischen Tradition nach dem Jahre 70 hin. Weiter: In Qumran begegnet uns bereits auch eine schriftli:ch fixierte Toraauslegung. Auch für die tannaitische Tradition sind schriftliche 185
Am ehesten wäre an die Tannaitischen Parallelen zu denken, auf die M. Smith aufmerksam gemacht hat. Aber er weist selber darauf hin, daß das häufige «ich sage» oder das wiederholte «ich aber sage» durchwegs keinen aversiven, sondern lediglich einen konzessiven Charakter haben. 176 Sie stellen die eigene Lehrauffassung eines Rabbi neben die Interpretation eines andern. Man darf sich durch den Formelgebrauch in den Antithesen der Bergpredigt nicht blenden lassen. 177 Er ist redaktionell und für die synoptische Tradition in ihrer Verbindung mit der Torafrage nicht typisch. Eine übernahme aus Q legt sich freilich über Mt 5,44/ Lk 6, 27 nahe, wo sie aber als formale Einführung einer Spruchreihe über das Jüngerverhalten zu verstehen ist. Offensichtlich hat Mt, ganz seiner christologischen Konzeption entsprechend, die Formel zur antithetischen Autoritäts- und Offenbarungsüberlieferungen als Vorlagen anzunehmen; sie beschränkte sich selber schwerlich nur auf orale Formen. Endlich entwickelten die rabbinischen Zeitgenossen Jesu kein allgemein anerkanntes Lehrsystem, sondern boten lediglich Zusammenstellungen von Lehrmeinungen zur Toraexegese. Die traditions schaffende Kraft der charismatisch bewegten Gemeinde muß, wie u. a. Widengren, Tradition 82 betont, berücksichtigt werden. Dann: Jesus verkündigte die Basileia, nicht eine neue, messianische Gesetzesethik (vgl. Memory 258. 335). Er war kein Schrifttheologe mit einem priesterlich geheiligten Umgang mit der Tora. Jesus berief auch nicht Jünger in seine Nachfolge, um sie in der Art des Schaliach-Institutes zu Traditionsträgern auszubilden, die die einzelne Toraerklärung in die konkrete Lebenssituation trugen. Abgesehen von dem durch die Naherwartung gestellten Problem muß endlich auf jene Unzulänglichkeit der Verfechter einer Jesustradition verwiesen werden, daß sie das messianische Selbstbewußtsein Jesu voraussetzten (Memory 327.332), der Messiastitel aber sehr spät in der Gemeindetradition erscheint. 176 Smith, Parrallels 26,28 f erwähnt eini'ge Beispiele und weist S. 110 die Annahme einer Einwirkung auf die synoptische Formel zurück. Die Selbständigkeit der synoptischen Tradition tritt so hervor: Dort memorierte überlieferung, hier freie Entfaltung; dort rabbinische Schulung, hier gottesdienstlicher Gebrauch. 177 Guy, Prophecy 52 f. 87 beurteilt die entsprechenden Formeln als authentischen Ausdruck des prophetischen Bewußtseins Jesu, während Gils, Prophete die Formeln überhaupt nicht erwähnt. 186
formel mit dem betonten eyro ausgeweitet, vermehrt und mit dem Spruchmaterial aus Sund Q verbunden. Die Funktion, welche unsere Formel innerhalb der Tradition der Herrenworte ausgeübt hat, ist eine sekundäre und spätere. Erst als die Apostel wegstarben, die Garanten der Verkündigung fehlten und die charismatische Weisung problematisch zu werden begann 178, bildeten sich Logienreihen zu paränetischen, katechetischen und apologetischen, polemischen Kompositionen. Jetzt fordert das Kerygma die Historisierung seiner Inhalte, und der Glaube zeichnet jenes Bild Jesu, das die Gemeinde des Christus zu ihrer Legitimierung benötigte. Nun weiß die Gemeinde die Formel auf den Lippen des irdischen Jesus, der in einzigartiger Weise mit göttlicher Autorität und seine Herr-lichkeit offenbarend zu den Aposteln gesprochen hat. 178 «There were fresh ,Words of the Lord' spoken by inspired prophets in the Christi'an community ... The only question was the reality of the prophet's inspiration - or rather of its validity.» So Grant, Authenticity 142. Als Kriterium des Geistspruches will Neugebauer, Geistsprüche 227 das vom irdischen Jesus eingesetzte Apostolat voranstellen. Wenn er dabei auf 1. Kor 11 und 15 verweist, dann wird einmal mehr kerygmatische Tradition mit J esustradition verwechselt. Eine die Geistworte korrigierende oder legitimierende apostolische Tradition von Herrenworten ist nicht nachgewiesen.
187
SCHLUSSWORT
Die erste Christenheit verstand sich als das erwählte Heilsvolk der Endzeit. Diese Glaubensgewißheit prägte ihre gottesdienstlichen Versammlungen, trug sie durch die Auseinandersetzungen mit dem Rabbinat und führte zur Ablösung von der Synagoge und zur Sammlung in rein hellenistische Gemeinden. Sie gestaltete die Regeln und Formen der neuen Gemeinschaft und bestimmte ihr Verhalten in der anhebenden Verfolgung. Wenn wir nach den Gründen dieses schöpferischen Selbstbewußtseins fragen, dann stoßen wir auf die mannigfache Erfahrung der Wirksamkeit des hl. Geistes. Im pneumatischen Ereignis wurzelt dieses neue Existenzverständnis. Nachdem die österlichen Erscheinungen des Gekreuzigten seltener wurden und ganz aufgehört hatten, blieb den Erwählten der letzten Tage der Entschwundene im Pneuma gegenwärtig. Durch das charismatische Wort einer neuen Prophetie offenbarte der Herr seinen Willen und schenkte der Ekklesia konkrete Weisung für ihren innern und äußern Weg. Dabei beschränkte sich diese Erfahrung des Geistes nicht auf einzelne Berufene, sondern das Pneuma erwies sich als Gabe an die ganze Gemeinde. Im Unterschied zum atl. und spätjüdisch-judenchristlichen Propheten blieb der Charismatiker der griechischen Gemeinden nicht blosser Überbringer einer zuvor vernommenen Botschaft. Er war vielmehr Repräsentant, aus dem als charismatisches, aktuelles Ereignis der erhöhte Kyrios selber sprach. Darum besteht zwischen der Botenformel des atl. Prophetenspruches und der Einführungsformel der charismatischen Weisung nur eine 188
formale Analogie, aber keine inhaltliche Verbindung. Bis zu ihrer Aufnahme in die Evangelien durchlief die prophetische Formel manchen Weg und erfüllte, indem sie sich wandelte und vermehrte, verschiedene Funktionen. Solange die Apostel lebten, schützte die Autorität der Augen- und Ohrenzeugen den charismatischen Spruch vor dem Abgleiten in die falsche Prophetie der Geister. In der neu aufsteigenden Generation aber wurde die Legitimierung einer Geistesoffenbarung zum Problem. Die Gemeinde sammelte das charismatische Gut in katechetische, paränetische und polemische Reihen und die ihres Ursprungs entfremdete Formel wurde zum formalen Stilelement der Kompositionen von Sprüchen Jesu. Predigt und Unterricht forderten nun nicht nur die gedankliche Verarbeitung, sondern auch die geschichtliche Verklammerung des Glaubensgutes. Der Prozeß der Historisierung begann damit, daß die veränderten Verhältnisse nach einer Jesustradition verlangten. Die Gemeinden verlegten das Herrenwort aus seinem Sitz im pfingstlichen Leben in den Mund und in die Lebenssituation des irdischen Jesus zurück. Nun wurde die Formel, die einst das lebendige Wort des Herrn in die Gemeinde getragen hatte, zur Offenbarungsformel des irdischen J esus, der nun, durch die christologische Reflexion verklärt, in der Vollmacht des auf Erden wandelnden Gottessohnes sprach. Starben die Apostel auch dahin und versanken die Propheten im Wandel der Zeit, das Kerygma der Gemeinde lebte und forderte eine neue Gestalt. Die Evangelisten schufen im Charisma eigener Bezeugung der Botschaft ein endgültiges Gewand, Markus noch zögernd im Wagnis, Matthäus und Lukas aber im entschlossenen und gekonnten Zuschnitt auf die aktuellen Bedürfnisse ihrer Gemeinden. Dabei fanden die Formeln eine vermehrte und neue Verwendung als Stilmittel der redaktionstheologischen Aussage.
189
ABKüRZUNGEN
Siglen BiblZ CBQ CommViat EvTheol JAC JBL JR JThSt
KuD NovTest NTS PJR SThU StTh ThLZ ThStKr ThW ThZ
TU ZAW
ZNW ZThK
Biblische Zei'tschrift The Catholic Biblical QUM"terly Communio Viatorum Evangelische Theologie Jahrbuch für Antike und Christentum Journal of Biblical Literature Journal of Religion The J oumal of Theological Studi'es Kerygma und Dogma Novum Testamentum New Testament Studies Proceedings of the American Acad. for Jewish Research Schweizerische Theologische Umschau Bern Studia Theologica Lund Theologische Literaturzeitung Theologische Studien und Kritiken Theologisches Wörterbuch zum NT Theologische Zeitschrift Basel Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Zeitschrift für die neutestamentliche Wi'ssenschaft Zeitschrift für Theologie und Kirche
ferner bedeuten:
A A-Formel K-Formel
Q S
SMt / SLk matth. mkn. lkn. john. 190
Amen eine mit ufti)v verbundene Formel die lkn. Kurzformel AEYW UftLV (u. ä.) die Redequelle Sondergut Sondergut des Mt / des Lk matthäisch markinisch lukanisch johanneisch
LITERA TURVERZEICHNIS
Das Verzeichnis bietet keine Bibliographie der benützten Literatur, sondern beschränkt sich auf die mit dem Verfassemamen und einem Stichwort zitierten Arbeiten.
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REGISTER DER FORMEL STELLEN
Vgl. dazu die Tabellen S. 14-23 und das Inhaltsverzeichnis, deren Stellenangaben hier nicht angeführt werden. Die kleine, hochgestellte Zahl weist auf die Anmerkung. Mk
2,11: 19 3,28: 20,27,119 ff, 158, 166, 175, 180 5,41: 19 8, 12: 20, 30, 119 f, 157, 175 153 9, 1: 20, 32 f, 34 27 , 47 f, 48 51, 49, 119, 122, 150, 158, 165, 180 13: 19 ff, 33, 35, 120, 157 41: 20, 36 f, 63, 84, 119 ff, 135, 158 f, 163, 175 10, 15: 20, 36, 38 f, 39 36, 119, 122, 148, 158 f, 163, 165, 175 29: 20, 38, 40 f, 119 f, 122 f, 127, 133, 158 f, 165, 175 11,23: 20, 41, 42 43, 43, 60, 67 f, 119, 123, 127, 131, 157 ff, 165, 175 24: 19 f, 41, 43 f, 60, 120, 123, 157 33: 19 12,43: 20, 44, 46, 119, 121, 157 13,30: 20, 47, 70, 119, 123 f, 127, 131, 158, 165, 175
37: 19 ff, 47 f, 48 49 , 49, 120, 123 f, 157 14, 9: 20, 44 ff, 4646 , 119, 121, 157 18: 20, 49 f, 119, 124, 148, 158 f 25: 20, 49, 51, 112, 119, 124 f, 158 f, 175 30: 20, 49, 52 f, 58, 119, 125, 148, 158 f
Mt
3, 9: 21, 55, 88, 127, 130, 136, 159, 164, 182 5,18: 20ff, 55f, 56 62 , 57, 66, 127, 131 20: 22, 77 f, 127, 129 22: 22, 79, 79 92, 127 26: 20 ff, 57, 127, 130, 159, 163, 175 28: 22, 79 f, 127 32: 21 ff, 79 f, 127, 131 34: 22 f, 79, 81 f, 127 39: 22 f, 79, 82, 127, 131 44: 21, 59, 79 f, 127, 160, 163, 186 6, 2: 22 f, 38, 83, 127, 135, 158, 162 f 5: 22 f, 38, 83, 127, 135, 158, 162 f 199
16: 22 f, 38, 83, 127, 135, 158, 162 f 25: 21,59 f, 127, 136, 160, 163 29: 21, 59, 127, 136, 160, 164 8, 10: 20 f, 60, 127, 132, 136, 160, 164 11: 21 ff, 60, 62, 127, 132, 158, 176159, 179 163 10,15: 20f, 62ff, 65, 98 116, 127, 132, 136, 160, 176159 23: 22 f, 63, 65 f, 84 f, 85 101, 127, 135, 158, 162, 166, 175 42: 20, 36 ff, 63, 65, 84, 97, 126, 135, 137 11, 9: 21, 64, 70, 70 76, 74, 127, 136, 161, 164 11: 20 ff, 64 f, 127, 136, 161, 163 22: 21 ff, 62 f, 127, 136, 158, 176159 24: 21 ff, 62 f, 127, 132, 176159 12, 6: 22 f, 86 f, 127 f, 130 31: 20, 27 f, 60, 126, 137 36: 22 f, 88, 127, 129 f 13,17: 20 ff, 66, 127, 136, 161, 164 16,18: 19,22 f, 90, 137 28: 20, 32, 126 17, 12: 20, 33, 35 29 , 126, 137 20: 20, 22 ff, 66 f, 127, 131, 135 18, 3: 20, 38 f, 39 36, 126, 137 10: 22 f, 88 ff, 127, 135, 158 13: 20, 22, 68, 106, 127, 136, HO, 161, 164 18: 22 f, 88 ff, 127, 135, 158, 162, 166, 175 19: 22 f, 88 ff, 98, 127 f 22: 19, 21ff 200
19, 9: 23: 24: 28: 21,21: 27: 31: 43: 23,36: 39: 24, 2: 34: 47: 25, 12: 40: 45: 26, 13: 21: 29: 34: 64: Lk
23, 80 126, 132 20, 23, 91, 126, 133 23, 91 f, 126, 133 20, 40, 127, 131, 133 20, 41, 67, 126, 131, 137 19 22f, 93, 127f 22 f, 60, 93, 127 ff 21 f, 57, 69 f, 127, 136, 161, 163 21 f, 71, 127, 136 f, 161, 163, 175 20, 23, 57, 126, 133 20, 47, 56 f, 126, 131, 137 21 f, 72, 106, 127, 137, 140, 161 f, 164 22 f, 93, 95 f, 127, 129 22 f, 93, 96, 98, 127, 129 22 f, 93, 96, 98, 127, 129 20, 44, 126, 137 20, 49 f, 126, 137 20 f, 49, 51, 126, 134 20,49, 52, 5~ 126,137 20, 23, 126, 134, 137
3, 8: 21, 55, 88, lOS, 127, 130, 138, 144, 159, 164, 182 4,24: 20, 23,99 f, 103 121 , 138 25: 22, 99, 138 5,24: 19 6,27: 21,59, 74, 79 f, 108 124 , 127, 138, 144, 160, 163, 186 7, 9: 21, 60, 138, 142, 160, 164 26: 21, 64 f, 70, 7076, 74, 127, 138, 142, 161, 164 28: 21 f, 64 f, 138, 142, 161, 163 47: 20, 47
9,27: 20,32,138,144 10,12: 21 f, 62 f, 138, 142, 160, 163 24: 21 f, 66, lOS, 138, 143, 161, 164 11, 8: 22, 43, 100, 102, 138 f 9: 21, 23, 43, 100, 108 124 , 138 f, 141, 157 51: 21 f, 69 f, 7076, 138, 144, 161, 163 12, 4: 21, 23, 73 f, 7482, 138, 141 f, 158 5: 21, 23, 7076 , 73 f, 7482, 138, 141, 158 8: 19, 21, 23, 73 f, 7482 f, 75, 96, 138, 141, 158 22: 21, 59 f, 108124, 138, 144, 160, 163 27: 21, 59, lOS, 138, 144, 160, 164 37: 22, 66, 101 ff, 103121 138 f, 161, 164 44: 21 f, 45, 67, 72, 101 f, 106, 138, 140, 144, 161 f, 164 51: 21 ff, 7482, 75 f, 104, 138, 141 f 59: 21 f, 57 f, 138, 143, 159, 163, 175 13, 3: 22 f, 75, 104, 138, 140 ff 5: 22 f, 75, 104, 138, 140ff 35: 21 f, 71, lOS, 138, 143, 161, 163, 175 14,24: 22 f, 105 f, 138, 140 15, 7: 21 f, 68, 104 f, 138 f, 140, 161, 164 10: 22 f, 104, 138 f 16, 9: 22 f, 7481 , 100, 108 f, 109125, 138, 140 17,34: 22 f, 109 f, 138, 141 18, 8: 22 f, 110 f, 138, 140 14: 22 f, 111, 138, 140
17: 20, 38 f, 104121, 138, 144 29: 20,40, 104121, 138, 144 19,26: 21 ff, 75 f, 138, 140 f 40: 22 f, 104 f, 138, 141 20, 8: 19 21, 3: 20, 44, 138, 145 32: 20, 47, 104 121, 138, 145 22,16: 22 f, 51, 103, 112, 138, 141 18: 20 f, 49, 51, 103, 138, 145 34: 20, 49, 52, 58, 138, 145, 148 37: 22 f, 104121 , lOS, 112, 138, 141 23,43: 22 f, 100, 103 121, 112, 114,138f
Joh 1,51: 148, 152 3, 3: 148 5: 148 11: 5,19: 24: 25: 6,26: 32: 47: 53: 8,34: 51: 58: 10, 1: 7: 12,24: 13,16: 20: 21: 38: 14,12: 16,20: 23: 21, 18:
149, 156 149 147, 149 147 149 149 149 51, 149 150 150 150 151 151 151 151 151 50, 148 53, 148 152 152 43, 152, 157 147
201
AUTORENREGISTER
Abbott Aland Bammel Barrett Barth Bartsch Bauer Baumgärtel Behm Bertram Beyer,H. W. Beyer, K. Blass/Debrunner Bohren Bornkamm Bosch Braun Buhmann Burkill Cadoux Conzelmann Cullmann Delling Descamps Dibelius Dupont Fascher Feuillet Fiedler Fitzer Friedrich Fuchs 202
174151 53 58 84 100 3017 6771 , 7788, 79°3 41 41, 4242 113 133 175, 176156 33 26 79 92 29 16 46 45 , 56 63 31 21 90168 6770 , 94 112 84 99 5661 , 79 93 34 27, 3731 , 38 33, 40 39 , 41 41, 4242 , 44 44 , 48 51 , 5256 , 5358 , 5661 , 59 64 , 74 82 , 104122, 147 28 9 , 3224 f, 46 46 40 40 51 55 , 74 80 , 76 85 , 99 118, 104122, 113 132 39 34 , 85 1GO, 90108, 113 131, 185 173 80 94 f, 185 173 5662, 109125 4444, 51 55 8499 48 50, 54 60 85 100 78 96 29 14, 3017 94 , 172146 7788
Gaechter Gerhardsson Gils Gnilka Goppelt Grant Grässer Guy Haenchen Hahn Hasler Held Hering Hirsch Hummel Jeremias Käsemann Klostermann Koehler Kraft Kümmel Lohmeyer Marxsen Meinertz Michaelis Michel Moore Münderlein Neill Neugebauer Neusner Nielsen Oepke Percy Pesch Pfeiffer Rehkopf Reicke Rendtorff Riesenfeld Robin Robinson Schille Schneider
63 67 182167, 185, 185175 186177 5()53, 66 69 7789 176158, 182167, 187178 46 46, 4748 , 5257, 84 99 , 158 137 174151, 186177 3223 , 33 26 28 12, 5()52, 74 83 , 99 117 , 113 131, 179163 35 29, 7077, 75 83 , 79 91, 83~6, 94 112, 107128 67 71 3225 41 41, 84 98 2913 , 7077 91, 39 85 f, 46 45 , 5052, 51 54 , 68 72, 7686, 103121 , 107128, 108 124, 173149, 180 f, 182168 3017, 7483, 165 138 , 170141 , 175 152, 176159 3018 176156 171 144 311 9, 4747,4849.51, 51 55 ,56 61, 85 1°1, 109126, 114134 92, 40 40, 41 41 , 4747, 51 54, 79 91 , 87103 311 9, 4038 48 49 . 51 3018 3225 , 68 72 , 7991, 84 99 3731, 89 1°4, 170140.142 f. 185 175 4242 10, 103 120, 139136 187178 185 175 185175 39 34 33 27, 38 83, 39 35 , 7788 , 79 92 89106 173148 113 131 68 73 , 102119 17415°, 176, 176157 185, 185 174 4242 4040, 42 43 3017 184172 203
Schniewind Schubert Schulz Schürmann Schütz Schweizer Smith Soucek Stählin Strack/Billerbeck Strecker Strobel Stuiber Taylor Teepie Tödt Tooley Trilling Unnik Vielhauer Waetjen Walker Walter Wellhausen Westermann Wetter Widengren Wiefel Wilckens Wildberger Wrede Zimmerli
204
93, 54 59 , 61 65 , 8498, 87103 113130 12PS5 95, 5661, 61 66, 75 84, 7890, 8498.100, 113 131 , 180 f, 18p65 f, 183, 183169 ff 174, 174150 278, 28 12, 3732 , 50 52, 5661 , 9P09, l1p2D 107, 185 175 , 186, 186176 179164 10, 175 153 ff 72 79, 180 3017 , 56 61, 61 66 , 7787 f, 83 97 , 84 100, 90107 95 114, 96115, 102119 , 110127 f 106, 7076 2810 f, 31 22 , 3630 , 4040 , 4242 , 7993 56 63 28 12, 3427 , 5052, 85 101 68 72 , 69 74 56 62 f, 61 65 , 79 91, 87103, 89105, 92 111, 95 113 7076, 169139 3224 , 85 101 78 90 56 62 39 36 , 4038 f 28 12 64 68 , 171 144 172141 186175 71 78 , 172147 51 54, 6975 176156 40 37, 5459 178, 178 161 f
INHALT
Vorwort
7
Einleitung § § § §
1: 2: 3: 4:
Aufgabe und Methode ......... . Der Standort der Formeln in den Evangelien Die verschiedenen Formen der Formeln Bemerkungen zum Formelbestand .....
9
13 16 19
Erster Teil: Analyse der formelverbundenen Logien 1. Kapitel: Die Logien im Markusevangelium
§ 5: Die Lästerung wider den Geist Mk 3,28 f (Mt 12, 31) § 6: Die Zeichenforderung Mk 8, 12 ....... § 7: Einige werden den Tod nicht schmecken Mk 9, 1 (Mt 16,28; Lk 9, 27) . . . . . . . . . . . . § 8: Die Antwort auf die Messiasfrage Mk 9,13 (Mt 17, 12) § 9: Der Lohn für einen Becher Wasser Mk 9,41 (Mt 10, 42) § 10: Das Reich Gottes als Kind annehmen Mk 10, 15 (Mt 18, 3; Lk 18, 17) . . . . . . . . . . . . . . . § 11: Vom Lohn der Nachfolge Mk 10,29 f (Mt 19, 28f; Lk 18, 29) § 12: Der bergeversetzende Glaube und das gläubige Gebet Mk 11, 23. 24 (Mt 21,21) . . . . . . . . . . . . . . . § 13: Die Opfergabe der Witwe und die Verheissung anlässlich der Salbung Mk 12, 43; 14,9 (Lk 21,3; Mt 26,13) § 14: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen und der Ruf zur Wachsamkeit Mk 13, 30. 37 (Mt 24,34; Lk 21,32) § 15: Die Worte in der Passionsgeschichte : Die Bezeichnung des Verräters Mk 14, 18 (Mt 26,21) Das Trinken im Reiche Gottes Mk 14, 25 (Mt 26, 29; Lk 22,18) Die Ankündigung der Verleugnung Mk 14, 30 (Mt 26,34; Lk 22,34) .....................
27 30 32 33 36 38 40 41 44 47
49 205
2. Kapitel: Die Logien in der Redequelle
§ 16: § 17: § 18: § 19: § 20: § 21: § 22: § 23: § 24: § 25: § 26: § 27: § 28: § 29: § 30: § 31:
Abrahams Kinder Mt 3, 9 / Lk 3,8 . . . . . Das Strichlein des Gesetzes Mt 5, 18 Bis zum letzten Rappen Mt 5, 26 / Lk 12,59 Feindesliebe Mt 5, 44 / Lk 6, 27 . . . . . . Nicht Sorgen und Salomons Kleid Mt 6, 25 / Lk 12, 22; Mt 6, 29 / Lk 12, 27 . . . . . . . . . . . . . . . Der Hauptmann und die fremden Tischgenossen Mt 8, 10 / Lk 7, 9; Mt 8,11 f . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Städte im Gericht Mt 10, 15 / Lk 10, 12; Mt 11, 22. 24 Die Worte über den Täufer Mt 11, 9 / Lk 7, 26; Mt 11, 11 / Lk 7, 28 . . . . . . Augenzeugen Mt 13, 17 / Lk 10, 24 . . . . . . Senfkornglaube Mt 17, 20 . . . . . . Die Freude am gefundenen Schaf Mt 18, 13 / Lk 15, 7 Dieses Geschlecht Mt 23, 36 / Lk 11, 51 . . . . . . . Ihr werdet mich nicht mehr sehen Mt 23, 39 / Lk 13, 35 Der treue Knecht Mt 24,47 / Lk 12, 44 . . . . . . . Die Macht Satans und das Bekenntnis vor den Menschen Lk 12, 4. 5. 8 ............ Zwiespalt und Belohnung Lk 12, 51; 19,26 . . . . . . . ,
55 55 57 59 59 60 62 64 66 67 68 69 71
72
73 75
3. Kapitel: Die Logien im Sondergut
Abt. A: Das Sondergut des Matthäus § 32: Die bessere Gerechtigkeit Mt 5, 20 § 33: Die Antithesen Mt 5, 22. 28. 32. 34. 39 § 34: Der verlorene Lohn Mt 6,2.5.16 § 35: Die Städte Israels Mt 10, 23 b § 36: Größeres als der Tempel Mt 12, 6 . . § 37: Rechenschaft über jedes Wort Mt 12, 36 § 38: Gemeinderegeln Mt 18,10.18.19 § 39: Der Ausschluss vom Reich Mt 21,31. 43; 25,12.40.45 Abt. B: Das Sondergut des Lukas § 40: In den Tagen des Elias Lk 4, 24. 25 § 41: Der bittende Freund Lk 11, 8.9 § 42: Der zudienende Herr Lk 12,37 § 43: Der Ruf zur Umkehr Lk 13, 3. 5; 15,10; 19,40 § 44: Keiner der geladenen Männer Lk 14,24 § 45: Macht euch Freunde Lk 16, 9 . . § 46: Zwei auf einem Bett Lk 17, 34 § 47: Recht schaffen in Kürze Lk 18, 8 . . § 48: Der gerechtfertigte Zöllner Lk 18, 14 § 49: Die Worte im lukanischen Passionsbericht Lk 22, 16. 37.43 206
77 79 83 84 86 88 88 93 99 100 101 104 105 108 109 110 111 112
Zweiter Teil: Die Bedeutung der Formel 4. Kapitel: Der redaktionstheologische Sinn
§ 50: § 51: § 52: § 53:
Die Formeln bei Markus . Die Formeln bei Matthäus . . . . . Die Formeln bei Lukas . . . . . . Exkurs: Die Formel im Johannesevangelium
119 126 138 146
5. Kapitel: Der traditionsgeschichtliche Weg
§ 54: Ausscheidung der redaktionellen und fraglichen Formeln § 55: Der formale Ort der einzelnen Formeln § 56: Die Funktion der Formel vor den Evangelien
157 158 162
6. Kapitel: Der historische Ursprung
§ 57: Die Amenformel und der Amenruf im Gottesdienst § 58: Die charismatische Amenformel und die prophetische Botenformel ................. § 59: Das charismatische Herrenwort und das historische Jesuswort Schlußwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anhang: Abkürzungen (Siglen) Literaturverzeichnis Register der Formelstellen Autorenregister
190 191 199 202
174 180 188
207