I Daniel Casper von Lohenstein Sämtliche Werke
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I Daniel Casper von Lohenstein Sämtliche Werke
II
Daniel Casper von Lohenstein Sämtliche Werke Historisch-kritische Ausgabe
Herausgegeben von
Lothar Mundt, Wolfgang Neuber und Thomas Rahn
Walter de Gruyter · Berlin · New York
III
Daniel Casper von Lohenstein Sämtliche Werke Abteilung II Dramen Band 2
Agrippina · Epicharis Teilband 1 Text Unter Verwendung von Vorarbeiten Gerhard Spellerbergs † herausgegeben von
Lothar Mundt
Walter de Gruyter · Berlin · New York
IV Die Ausgabe wurde mit Unterstützung der Forschungsstelle für Mittlere Deutsche Literatur, Institut für Deutsche und Niederländische Philologie, Freie Universität Berlin, erarbeitet.
Ü Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 3-11-018156-8 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter < http://dnb.ddb.de > abrufbar.
© Copyright 2005 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen
V
Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Agrippina (1665)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX 1
Epicharis (1665) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Szenar zur ‚Agrippina‘ (1666) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 Szenar zur ‚Epicharis‘ (1666) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 Editionsbericht . . . . . . . . . . . . . . . I. Überlieferung . . . . . . . . . . . . 1. Agrippina . . . . . . . . . . . . . 2. Epicharis . . . . . . . . . . . . . 3. Die Szenare . . . . . . . . . . . . II. Grundsätze der Textredaktion (Trauerspieltexte und Szenare) . . . . III. Varianten . . . . . . . . . . . . . . . IV. Lohensteins Anmerkungen . . . . . 1. Beobachtungen zu Lohensteins Quellen- und Literaturkenntnissen 2. Textkritische Probleme . . . . . . 3. Zur Übersetzung der Zitate . . . . 4. Zur Anlage der Nachweise . . . . Bildanhang
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571 573 574 582 588
. . . . . . . . . . . 590 . . . . . . . . . . . 594 . . . . . . . . . . . 595 . . . .
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595 598 601 602
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603
Abbildungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613
VI
VII
VIII
Vorwort
IX
Vorwort Die historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke Lohensteins, die mit diesem Band eröffnet wird, verdankt den Anlaß ihres Entstehens einem Editionsvorhaben begrenzterer Art, das der um die Lohenstein-Forschung hochverdiente Gerhard Spellerberg (1937–1996)1 für die ‚Bibliothek der Frühen Neuzeit‘ des Deutschen Klassiker Verlags, Frankfurt am Main, vorbereitet hatte, jedoch, aus hier nicht näher darzulegenden Gründen, innerhalb dieses Rahmens nicht realisieren konnte. Zwei Jahre nach dem Tode Spellerbergs, im Frühjahr 1998, faßte der Fachbereichsrat des damaligen Fachbereichs Germanistik (heute Institut für Deutsche und Niederländische Philologie), dem Spellerberg als Hochschullehrer seit 1977 angehört hatte, auf Initiative seines Dekans, Herrn Prof. Dr. Gert Mattenklott, den Beschluß, das bereits weit fortgeschrittene Editionsprojekt auf der Grundlage der im Nachlaß vorhandenen Manuskripte von einem Mitarbeiter des Fachbereichs unter beratender Mitwirkung eines ad hoc einberufenen Wissenschaftlichen Beirats2 gemäß dem Konzept des Initiators fertigstellen zu lassen. Mit dieser Aufgabe wurde ich (Lothar Mundt) beauftragt, nachdem die Witwe, Frau Christiane Spellerberg, hierzu ausdrücklich ihre Zustimmung erteilt und sämtliche einschlägigen Unterlagen aus dem Nachlaß zur Verfügung gestellt hatte. Kernbestandteil der mir übergebenen Materialien waren die nach Maßgabe der Editionsrichtlinien des Deutschen Klassiker Verlags fertig bearbeiteten Satzvorlagen sämtlicher für die Auswahlausgabe der Werke Lohensteins vorgesehenen Texte. Es waren dies, nach der im Inhaltsverzeichnis vorgegebenen Gliederung in ‚Lyrik‘, ‚Drama‘ und ‚Prosa‘: 1
2
Siehe Hans-Jürgen Schings, Nachruf auf Gerhard Spellerberg. In: Studien zur Literatur des 17. Jahrhunderts. Gedenkschrift für Gerhard Spellerberg (1937–1996). Hrsg. von Hans Feger. Amsterdam, Atlanta 1997 (= Chloe 27), S. 7–9; auch in: Wolfenbütteler Barock-Nachrichten 23 (1996), S. 116 f.; Hans-Gert Roloff, Gerhard Spellerberg (17. 1. 1937–15. 1. 1996). In: Daphnis 25 (1996), S. 207–220 (hier S. 215–220 „Bibliographie der Veröffentlichungen Gerhard Spellerbergs“). Ihm gehörten an: Dr. Thomas Borgstedt (Goethe-Universität, Frankfurt am Main), Prof. Dr. Wilhelm Schmidt-Biggemann (FU Berlin) und Prof. Dr. Conrad Wiedemann (TU Berlin).
X
Vorwort
– eine kleine Auswahl von geistlicher und weltlicher Lyrik (17 Gedichte, dazu die beiden Heroiden-Zyklen der Sammlung ‚Rosen‘); – vier Trauerspiele: ‚Cleopatra‘ (Erstfassung), ‚Agrippina‘, ‚Epicharis‘, ‚Sophonisbe‘; – zwei Prosastücke: ‚Vereinbarung der Sterne und Gemüter‘; ‚LobRede‘ (auf Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau). Bei diesen Satzvorlagen handelt es sich um Rückvergrößerungen von Filmen der zugrunde gelegten Originaldrucke, in die die notwendigen editorischen Eingriffe und typographischen Auszeichnungsanweisungen für den Setzer von Hand eingetragen sind. Die nach den Richtlinien des Deutschen Klassiker Verlags vorgesehenen Worterklärungen sind mit Schreibmaschine auf den unteren Rand der Seiten geschrieben. Von dem Kommentar waren die folgenden allgemeinen Teile im Typoskript fertiggestellt: – „Daniel Casper von Lohenstein: Leben, Werk und Nachwirkung“; – „Allgemeines zu Textauswahl, Überlieferung, Textgestaltung und Kommentaranlage“; – „Hinweise zu sprachlichen Eigentümlichkeiten“. Von den auf die drei Abteilungen und die in ihnen enthaltenen Einzelwerke bezogenen Kommentarteilen lagen vor: für die Lyrik allgemein: – „Zur Überlieferung der Lohensteinschen Lyrik“; – „Zur Lyriksammlung ‚Blumen‘“; für die geistliche Lyrik: – „Stellung im Werk und Deutungshinweise“; – „Textgrundlage und Textgestaltung“3; für die weltliche Lyrik: – „Stellung im Werk und Deutungshinweise“; – „Textgrundlage und Textgestaltung“; für das Dramen-Corpus: – ein einführender Beitrag „Lohensteins Trauerspiele: Chronologie, Stellung im Werk und in der Geschichte der Gattung“; – für jedes der vier Dramen die Beschreibung von „Textgrundlage und Textgestaltung“; 3
Diese Abschnitte enthalten stets auch die kritischen Apparate.
Vorwort
XI
für die Prosa: – „Stellung im Werk und Deutungshinweise“; – „Textgrundlage und Textgestaltung“. Abgesehen von einem für die Abteilung ‚Drama‘ vorgesehenen zweiten allgemein einführenden Text („Zu Thematik und Wirkungszweck der Lohensteinschen Trauerspiele“) und den für jedes der vier Trauerspiele vorgesehenen zwei speziellen Einführungen („Überlieferung, zeitgenössische Aufführungen, Quellen“ und „Deutungshinweise“) fehlten zur Vollendung des Editionsvorhabens auch noch durchweg die Stellenkommentare zu sämtlichen ausgewählten Texten. Für die Stellenkommentare fanden sich im Nachlaß allerdings Vorarbeiten in Gestalt von zwei Karteikästen, gefüllt mit Notizzetteln in halbem DIN A 5-Format, auf denen die zur Kommentierung vorgesehenen Lemmata für alle ausgewählten Texte handschriftlich notiert sind. Auf einem kleineren Teil dieser Zettel war der Kommentar in vorläufiger, noch der Endredaktion bedürftiger Form ausgeführt, alle anderen enthielten nur Stellenangabe und Lemma und allenfalls vorläufige kurze Notizen und Verweise auf Nachschlagewerke, die noch hätten konsultiert werden sollen. Fertiggestellt hatte Spellerberg vor allem Erläuterungen zu sprachlichen Problemen, die bei ihm ohnehin einen sehr breiten Raum einnehmen. Sachfragen sind nur insoweit behandelt, als sie sich mit Hilfe leicht zugänglicher Nachschlagewerke wie z. B. dem Zedler oder bekannten mythologischen Lexika u. dgl. klären ließen. Unbearbeitet blieben vor allem solche Probleme und Sachgebiete, die historische Quellenstudien oder zeitaufwendige Nachforschungen in der Fachliteratur der Frühen Neuzeit erfordert hätten und ohne Konsultation einer auf diesem Gebiet gut ausgestatteten Bibliothek nicht hätten bewältigt werden können. Weit fortgeschritten war hingegen die von Spellerberg vorgesehene Erschließung der Anmerkungen Lohensteins zu den vier Trauerspielen. Es war seine Absicht, für alle von Lohenstein dort zitierten Autoren bibliographische Nachweise und für alle fremdsprachigen Zitate Übersetzungen bereitzustellen. Die bibliographischen Nachweise sollten in der Form einer alphabetischen Autorenliste dargeboten werden, verbunden mit einer Kurzbiographie der betreffenden Autoren und einer Liste der Fundstellen innerhalb der Anmerkungen Lohensteins. Von dieser Autorenliste hatte Spellerberg die unter die Buchstaben A und B fallenden Teile (von „Abdia“ bis „Budaeus, Guilielmus“) bereits abschließend ausgearbeitet. Von dieser Ausarbeitung, überschrieben „Alphabetisches
XII
Vorwort
Verzeichnis der in den Anmerkungen zu den vier Dramen genannten Autoren und Werke“, fanden sich im Nachlaß eine Diskette (mit Schreibdatum 4. März 1993) und ein Ausdruck. Die Quellenermittlungen erfolgten, wie diese Liste ausweist, auf der Basis gründlicher bibliographischer Studien, aber nicht durch Autopsie der möglicherweise von Lohenstein benutzten alten Drucke und Verifizierung der ihnen entnommenen Zitate und Seitenangaben. In der Regel wird bei Autoren der Frühen Neuzeit der Titel des betreffenden Werkes in Kurzform mit Druckort und -jahr der Editio princeps genannt und danach ggf. in Parenthese auf weitere Ausgaben des 16./17. Jahrhunderts hingewiesen, oft nur mit der Angabe einer geschätzten Zahl der Nachdrucke. Für die restlichen Autoren (C-Z: Iulius Caesar bis Zoroaster) liegen von Hand (mit Bleistift) beschriebene Karteikarten im Format DIN A 5 vor, die anscheinend die letzte Bearbeitungsstufe vor der Endredaktion, die Grundlage der Reinschrift gewesen wäre, darstellten (die Karteikarten zu den Autoren A-B, von denen die o.g. Reinschrift genommen wurde, sind ebenfalls noch im Nachlaß vorhanden). Was die Übersetzungen der fremdsprachigen Zitate betrifft, so fand sich in Spellerbergs Nachlaß ein dicker Packen von Blättern in DIN A 5-Format mit Übersetzungen der lateinischen Zitate in den Anmerkungen Lohensteins zu den vier ausgewählten Trauerspielen: zu jedem Zitat ein Einzelblatt, mit Schreibmaschine beschrieben, z. T. mit Bleistiftnotizen, meist kritischen Anmerkungen oder Verbesserungen. Bei den Zitaten aus antiken Autoren wurden in der Regel bereits vorliegende deutsche Übersetzungen ausgeschrieben. Wo man auf solche Hilfsmittel nicht zurückgreifen konnte, also vor allem bei Autoren der Frühen Neuzeit, wurden die Übersetzungen ad hoc angefertigt, vermutlich von einer Studentischen Hilfskraft oder einem Wissenschaftlichen Mitarbeiter im Auftrag Spellerbergs (nicht von diesem selbst, wie den handschriftlichen Notizen eindeutig zu entnehmen ist). Diese Übersetzungen sind, wie Stichproben ergeben haben, zum großen Teil fehlerhaft, so daß sie in dieser Form ohne eine durchgreifende Überarbeitung nicht hätten übernommen werden können. Bei den Übernahmen aus modernen Übersetzungen verschiedener antiker Autoren hätten wegen ihrer großen Zahl (vor allem bei Tacitus) urheberrechtliche Schwierigkeiten nicht ausgeschlossen werden können. Übersetzungen zu sonstigen fremdsprachigen Zitaten (in griechischer oder einer modernen Sprache) fanden sich im Nachlaß nicht. Über die o.g. zentralen Unterlagen hinaus enthält der das Lohenstein-Projekt betreffende Teil von Spellerbergs Nachlaß nur diverse Ma-
Vorwort
XIII
terialien in mehreren Aktendeckeln, die hier im einzelnen aufzuführen nicht von Interesse ist (z. B. bibliographische Notizen, Notizen zu Spezialproblemen des Kommentars, Kopien aus der Quellen- und Forschungsliteratur, Kopien der Originaldrucke der vier Trauerspiele in verschiedenen Bearbeitungsstufen, Kopien von verschiedenen anderen Schriften Lohensteins u. dgl.). Von allen für die Edition vorgesehenen Werken und von verschiedenen beigezogenen Quellentexten waren Filme vorhanden. Nach Lage der Dinge stellten sich mir, als ich im Februar 1998 mit den Arbeiten an der Weiterführung des Lohenstein-Projekts begann, in der Hauptsache folgende Aufgaben4: 1) Erarbeitung eines Stellenkommentars zu allen für die Edition vorgesehenen Texten; 2) bibliographische Erschließung der Anmerkungen Lohensteins zu den vier Trauerspielen; 3) Übersetzung aller fremdsprachigen Zitate in diesen Anmerkungen (was eine Neuübersetzung auch aller lateinischen Texte einschloß, da eine Verwendung der einschlägigen Teile des Nachlasses aus den genannten Gründen nicht in Frage kam); 4) Ergänzung der bei Spellerberg fehlenden einführenden Teile des Kommentars. Hinsichtlich des Punktes 2) wurde im Einvernehmen mit dem Wissenschaftlichen Beirat beschlossen, die in Spellerbergs Nachlaß hierzu vorliegenden Ausarbeitungen nicht zu übernehmen, sondern alle in den Anmerkungen vorkommenden Zitate aus Autoren der Frühen Neuzeit anhand der hierzu optimal geeigneten Bestände der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel in Autopsie anhand der Originaldrucke zu verifizieren und nach ihren Fundstellen präzise nachzuweisen. Dieser Arbeitsgang erfolgte für die Anmerkungen zu allen vier Dramen in den Monaten September und Oktober 1998. Finanziert wurde mein Aufenthalt in Wolfenbüttel aus Mitteln der ‚Kommission für Forschung und Wissenschaftlichen Nachwuchs (FNK)‘ der Freien Universität Berlin (heutige Bezeichnung: ‚Kommission für Forschung [FK]‘).
4
Ich sehe hier ab von der mit dem Wissenschaftlichen Beirat abgesprochenen Erweiterung des nach Spellerbergs Auswahlkonzept sehr schmalen Prosa-Teils.
XIV
Vorwort
Mit dem Wechsel in der Leitung der Forschungsstelle für Mittlere Deutsche Literatur (am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie der Freien Universität) nach der Pensionierung ihres Gründers, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Gert Roloff, mit Beginn des Wintersemesters 2000/2001 ergab sich für das Lohenstein-Projekt eine ganz neue Situation. Das Projekt wurde im Einvernehmen mit dem Dekanat und dem neuberufenen Leiter der Forschungsstelle, Herrn Prof. Dr. Wolfgang Neuber, in deren laufende Arbeitsvorhaben eingegliedert und zugleich zu dem Konzept einer historisch-kritischen Gesamtausgabe ausgeweitet, die dem objektiven wissenschaftlichen Bedarf im Hinblick auf diesen wichtigen Autor besser gerecht zu werden schien als eine letztlich nur mit Rücksicht auf die begrenzten Möglichkeiten einer KlassikerEditionsreihe konzipierte Auswahlausgabe. Vertragliche Bindungen an den Deutschen Klassiker Verlag, die dieser Umstellung im Wege gestanden hätten, gab es nicht. Da Spellerberg bei der redaktionellen Aufbereitung der von ihm ausgewählten Texte vorgegebenen Richtlinien zu folgen hatte, die dem Editionstyp einer Studienausgabe entsprachen, waren selbstverständlich alle von ihm getroffenen textkritischen Entscheidungen zu überprüfen und ggf. nach den Erfordernissen einer historisch-kritischen Ausgabe zu modifizieren. Die Grundsätze, von denen wir uns dabei haben leiten lassen, sind auf S. 590–593 des Editionsberichts dargelegt. Darüber hinaus waren Variantenlisten neu zu erarbeiten. Spellerberg hatte, wie er im Abschnitt „Allgemeines zu Textauswahl, Überlieferung, Textgestaltung und Kommentaranlage“ schreibt, die Verzeichnung von Varianten mit Rücksicht auf das Konzept einer Studienausgabe „auf ein Minimum beschränkt“ (S. 26 des Typoskripts). Die von Spellerberg verfaßten einführenden Texte konnten, da ganz auf die Konzeption einer Studien- und Auswahlausgabe zugeschnitten, trotz ihrer hohen Qualität in dem neu konzipierten Editionsvorhaben keine Verwendung mehr finden. Mag nun auch infolge des konzeptionellen Umbruchs in meine Ausgabe der Trauerspiele des Bandes 2 der Abteilung Dramen nichts so eingegangen sein, wie Spellerberg es vorgesehen hatte, so sind seine Vorarbeiten für beide Teilbände doch sehr fruchtbar und nützlich gewesen, vor allem die Notizen und sonstigen Unterlagen für die Stellenkommentare, die von mir – meist gewinnbringend – eingesehen und konsultiert, wenn auch nie wörtlich übernommen wurden. Von den Worterklärungen im Fußnotenteil der ausgewählten Texte, die gemäß dem Editionskon-
Vorwort
XV
zept des Deutschen Klassiker Verlags auf ein breites, in der Barockliteratur wenig oder gar nicht belesenes Publikum abgestimmt waren, konnte naturgemäß nur sehr wenig in meinen Kommentar übernommen werden. Spellerberg hatte gemäß früheren Absprachen mit dem Verlag der ‚Bibliothek der Frühen Neuzeit‘, wie oben schon bemerkt, Rückvergrößerungen nach Filmen der Originaldrucke als Satzvorlagen verwendet. Nicht nur im Hinblick auf die Erschwernisse bei der Suche nach einem neuen Verlag, die diese Verfahrensweise wegen der hohen Produktionskosten mit sich gebracht hätte, haben wir uns entschlossen, anders zu verfahren und alle Texte zu transkribieren und elektronisch zu erfassen. Es bedarf heute sicher keiner Erläuterung mehr, eine wie große Hilfe und Erleichterung es für den Kommentator bedeutet, wenn er, etwa zur Klärung sprachlicher Problemfälle, die Möglichkeit hat, am Computer alle Texte seines Autors systematisch nach Parallelstellen zu durchsuchen. Die Kosten für die elektronische Erfassung sämtlicher Texte der Abteilung Dramen wurden finanziert aus Mitteln, die drei Institutionen der Freien Universität Berlin dankenswerterweise zur Verfügung gestellt haben: das Institut für Deutsche und Niederländische Philologie, der Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften und die Kommission für Forschung (FK). Die Ausführung der Transkriptionsarbeiten lag in den Händen von Frau Stefanie Dietzsch M.A., die sich dieser Aufgabe mit großer Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit angenommen hat. Die vorstehende notwendige Übersicht über die Vorgeschichte dieser Edition soll nicht abgeschlossen werden ohne ein Wort des Dankes an Herrn Prof. Dr. Gert Mattenklott, der als Dekan des früheren Fachbereichs Germanistik dafür gesorgt hat, daß Gerhard Spellerbergs Arbeiten nach seinem Tode nicht der Vergessenheit anheimfielen, sondern weitergeführt und produktiv genutzt werden konnten und der Plan einer editorischen Beschäftigung mit dem Werk Lohensteins schlechthin am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie fest verankert wurde. Anteil an diesem Verdienst hat auch der von Herrn Mattenklott seinerzeit einberufene Wissenschaftliche Beirat, der bis zur Übernahme des Projekts durch die Forschungsstelle für Mittlere Deutsche Literatur meine Arbeiten fördernd begleitet hat. Seinen Mitgliedern, Herrn Dr. Thomas Borgstedt, Herrn Prof. Dr. Wilhelm Schmidt-Biggemann und Herrn Prof. Dr. Conrad Wiedemann, sei hierfür auch an dieser Stelle ausdrücklich gedankt. Schließlich gilt mein Dank Frau Christiane Spel-
XVI
Vorwort
lerberg, die mir den die Lohenstein-Edition betreffenden Nachlaß ihres Mannes zur wissenschaftlichen Nutzung zur Verfügung gestellt hat. Mit dem vorliegenden Band beginnt nun die erste historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke Daniel Caspers von Lohenstein zu erscheinen, verlegerisch organisiert vom Verlag Walter de Gruyter, dem die Herausgeber für das Engagement, mit dem er dieses nicht einfache Projekt in seine Programmplanungen aufgenommen hat, herzlich zu danken haben. Berlin-Dahlem, im Juni 2004
Lothar Mundt
1
Agrippina (1665)
2
3
4
Cornel. Tacitus. l. 13. Annal. c. 19.
Nihil rerum mortalium tam in¢tabile ac fluxum e¢t, quam fama potentiæ non ¢uâ vi nixæ. !)o( 3r"
„Nichts im Menschenleben ist so schwankend und haltlos wie der Ruf einer Macht, die nicht auf eigener Kraft beruht.“
1
13.] fehlt BCD
5
Der
Durchlauchtigen/ Hochgebohrnen Fur¢tin und Frauen/
Frauen Louyse , 5
Herzogin in Schle¢ien/ zu Liegnitz/ Brieg und Wohlau/ gebohrner Fur¢tin zu Anhalt/ Grafin zu A¢canien/ Frauen zu Zerb¢t und Berenburg/
10
Meiner Gnadigen Fur¢tin und Frauen. !)o( 3v"
6
Durchlauchtige/ Hochgebohrne Herzogin/ Genadige Fur¢tin und Frau.
5
10
15
20
AGrippine/ welche Rom anbethen/ der Kay¢er verehren/ die Volcker bedienen mu¢ten/ meinet nunmehr den Giepfel ihrer Ehr¢ucht erlangt zu haben/ wenn ¢ie ¢ich zu Eur: Fur¢tl. Genad: Fußen legen darff. Denn ihre La¢ter wußen nirgends als bey den Tugenden einer großen Herzogin Gnade/ und die/ welche das MordEi¢en ihres Sohnes nicht entfliehen kan/ nur bey einer Mutter des Landes Be¢chirmung zu finden. Ja ¢ie wurde ¢ich in einem ¢o unge¢chickten teut¢chen Kleide nit in das Zimmer ¢o einer klugen Fur¢tin gewagt haben/ als in welchem neb¢t un¢er gereinig¢ten Mutter¢prache Wel¢chlands ¢charf¢innige und Franckreichs liebliche Zunge BurgerRecht gewonnen/ wenn ¢ie nicht von Eur: Fur¢tl. Genad: ruhmwurdig¢ter Leit¢eeligkeit gelernt hette: Daß Tempel und Altar nicht ¢chlechten Weyrauch ver¢chmehen/ das Purper-Corall!)o( 4r" und Perlen-reiche Meer auch die gering¢ten Bache in ihre Schoos aufnehme/ wenn ¢ie ¢chon nichts als Wa¢¢er zin¢en. Ja die¢e anitzt mit ¢o viel oder mehrern Flecken auf dem Schauplatze er¢cheinende Kay¢erin hoffet von ¢o Erlauchten Augen/ Ge¢talt und Zierde zu borgen. Weil die Stralen der Sonne auch die truben Dun¢te der Erden empor zeucht/ und in ¢chone Regenbogen verwandelt. Werden die¢em nach Eur: Fur¢tl: Genad: Jhr Schutz und Eintritt ver¢tatten/ wird ¢ie in die¢em Abriße ¢o wenig all zu ¢trenger Richter/ als
2 5 6 7 9 11 13 14 17 19 21 22
Genadige] Gnadige BCD Genad:] Gnad. D wußen] wi¢¢en CD den] denen CD Gnade] Genade BC das] dem CD nit] nicht BCD gereinig¢ten] gereinigten BCD Genad:] Gnad. D Leit¢eeligkeit gelernt] Leut¢eligkeit gelernet CD Purper-] Purpur- BCD viel] vielen CD Stralen der] ¢trahlende BCD Genad:] Gnad. D ¢ie] fehlt CD
7
Widmung
in der A¢che ¢ich fernern Schifbruchs und Mutter-Mords zu be¢orgen/ ich aber mich zu ruhmen haben
Eur: Fur¢tl: Genad:
25
unterthanig gehohr¢amen Knecht
Daniel Ca¢per. ! )o( 4v"
25 27
Genad:] Gnad. BD Daniel Ca¢per] D. C. v. Lohen¢tein BCD
8
Jnnhalt
9
Jnnhalt Der Er¢ten Abhandlung.
5
10
15
OTho, welcher bey dem Kay¢er Nero zur Taffel war/ lobet dem Kay¢er beweglich die Schonheit und Anmuth ¢eines Ehweibes Sabina Poppæa, verachtet hingegen des Kay¢ers Gemahlin die Octavia; Hieruber kommt des Kay¢ers geheim¢ter freygelaßener Paris ins Gemach/ und berichtet: Daß Agrippine des Nero Mutter ¢ich mit dem Rubellius Plautus, welchen ¢ie zu heyrathen gedachte/ wider den Kay¢er verbunden habe/ auch ihm nach Zepter und Leben ¢tunde. Nero fertigt den Burrhus und Seneca an Agrippinen ab/ mit Befehl/ ¢ie/ da ¢ie ¢chuldig/ hinzurichten. Agrippina und Octavia klagen einander ihr Elend und die Verfolgung des Kay¢ers: in deßen bricht Burrhus und Seneca neb¢t andern Kay¢erlichen in der Agrippinen Zimmer und ¢etzen ihr wegen be¢chuldigter Untreu harte zu/ die ¢ich aber nicht allein hertzhaft vertheidiget/ ¢on!)o( 5r"dern ¢ie reiniget ¢ich auch bey dem Nero deroge¢talt: Daß ihre Anklager ge¢trafft/ ihre Zugethane aber zu hohen Wurden erhoben werden. Die Gerechtigkeit ¢tellet im Reyen fur: Daß doch endlich die Tugend ¢iege/ die La¢ter zu Grunde gehen.
Der Andern Abhandelung. 20
25
Als Nero ¢ich die Sabina Poppæa zu der Wollu¢t und ¢einem Gefallen zu bringen bemuhet/ reitzet ¢ie den verliebten Kay¢er an: Daß er Octavien ver¢toßen/ Agrippinen hinrichten ¢olle; als welche beyde ihr- und ¢einer Liebe am Wege ¢tunden. Hierzu hilft Paris eu¢er¢t/ und gibt dem Kay¢er den Rath: daß er den Otho, umb alle Schal¢ucht zu verhutten/ zum Landvogte in Portugal machen ¢olte. Agrippina und Octavia ¢uchen hingegen bey dem Burrhus und Seneca Bey¢tand/ und reitzen ¢ie wider den Kay¢er beweglich/ aber vergebens an. Als di¢er An¢chlag ihnen feh5 14 23 24
die] fehlt CD hertzhaft] hertzhafftig BCD am] im CD den Rath] dem Rath C
10
30
Agrippina
let/ bemuhen ¢ie ¢ich abermals umb¢on¢t den Otho zur Eyver¢ucht wegen ¢eines Ehweibes wider den Kay¢er aufzufri¢chen. Der Kay¢er be¢tatigt und ver¢chickt den Otho als Landvogt in Portugal. In dem Reyen kla!)o( 5v" get die Rubria ihren Schwe¢tern den Ve¢tali¢chen Jungfrauen: Daß ¢ie Nero genothzwangt habe/ weißaget auch dem Kay¢er den Untergang.
Der Dritten Abhandelung. 35
40
45
50
Als Burrhus und Seneca vernehmen von des Kay¢ers freygela¢¢enen Acte: Daß Agrippine den Nero zu Unkeu¢chheit anreitze; heißen ¢ie ¢ie ins Zimmer dringen/ und ihm: Daß die Kay¢erliche Leibwache wegen vermutheter Ubelthat/ ubel zu frieden ¢ey/ vorhalten. Agrippina reitzet den Kay¢er mit hitzigem Eyfer zur Blutt¢chande an/ umb dardurch ihn von der Sabina Poppæa abwendig zu machen: Sie aber wird von der eindringenden Acte ge¢toret. Paris mahlet hierauf dem Kay¢er fur die ungezahmte und Sterbens-wurdige Begierde/ ¢einer unkeu¢chen Mutter: Bringet ihn auch ¢o weit: Daß er ¢ie zu todten williget; und nach allerhand Berath¢chlagung/ nimmt er des Anicetus Vor¢chlag an: Daß er die Agrippine auf einem kun¢tlichen von ¢ich ¢elb¢t zerfallenden Schiffe er¢auffen wolle: auf ¢elbtes ¢ie nun zu locken/ begibt er ¢ich nach Bajæ, und ladet ¢ie ihm nach zu folgen !)o( 6r" mit er¢innlich¢ten Liebes-Bezeugungen ein; Ku¢¢et ihr auch den Ab¢chied nehmende Mund und Bru¢te. Die See- und Berg-Gottinnen bilden im Reyen der Agrippinen Verrahteri¢chen Schiffbruch ab.
Der Vierdten Abhandlung.
55
Des Britannicus Gei¢t verwei¢et dem ¢chlaffenden Nero den BruderMord und erofnet ihm zu gleich den vergebenen Auߢchlag des ange¢tellten Schiffbruchs; welches dem erwachenden Kay¢er Paris mit Schrecken mehr be¢tatigt und die Ankunfft des von der Agrippinen ab51
Vierdten] Vierdte A Vierdten A(Errata)B vierdten CD
28 30 38 39 44 51
umb¢on¢t] um¢on¢t C D Landvogt] Landvoigt BCD den] dem C dardurch] dadurch C nimmt] nimmet BCD Abhandlung] Abhandelung B
Jnnhalt
60
65
11
ge¢endeten Agerinus berichtet. Seneca gibt dem furcht¢amen Kay¢er den Rath die Mutter zu todten/ welches Anicetus ins Werck zu ¢atzen auf ¢ich nimmt die¢e Argli¢t vor¢chlagende: Der Kay¢er ¢olle vorgeben; Agrippine hette den Agerinus den Nero Meuchelmordri¢ch hinzurichten abge¢chickt/ zu deßen Be¢cheinigung er denn bey der Verhor ihm einen giftigen Dolch/ als wenn er dem Abge¢endeten entfiele/ zwi¢chen die Beine wirfft. Deßhalben Agerinus den Meichel-Mord zu bekennen vergebens gemartert und endlich hingerichtet wird. Im ! )o( 6v" Reyen wird entworffen/ wie die heftig¢te auch von der Natur eingepflantzte Liebe durch Zeit und Todt entwaffnet/ von Ehr¢ucht aber in ¢chrockliche Ge¢talt verendert werde.
Der Funfften Abhandelung.
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75
80
Die von dem Schiffbruche mit einer Wunden entkommene Agrippine beklagt die argli¢tige Nach¢tellung ihres Sohnes/ erweget ihre begangene Mi¢¢ethaten und wei¢¢agt ihr ¢elb¢t ihren nahen Untergang/ als Anicetus, Herculeus und Oloaritus mit Gewalt in ihr Zimmer/ in welchem ¢ie alle Jhrige verla¢¢en/ brechen/ und zwar Herculeus ¢ie mit einem Prugel uber den Kopff ¢chlaget/ Oloaritus aber ¢ie im Bette liegende und den nackten Leib hervor¢treckende mit vielen Stichen ermordet. Nero kommet be¢iehet die ent¢eelte Mutter/ lobet und ¢chilt ihre Ge¢talt und Thaten/ Seneca aber gibt dem Nero den Mutter-Mord zu Rom zu ent¢chuldigen/ allerhand Be¢chonungen an die Hand/ und Nero ruffet alle der Agrippinen halben verwie¢ene und andere Straffen zurucke/ hei¢t auch die Todte aufs ¢chlechte¢te verbrennen. Poppæa bewegt den Nero: Daß er Octavien !)o( 7r" noch ¢elbigen Tag zu ver¢toßen ent¢chleußt/ hieruber wird er von
67
Funfften] Funffte A Funften A(Errata)B funfften CD
55–56 abge¢endeten] abge¢andeten B 59 Agerinus] Agerinus umb B Agerinus um CD Meuchelmordri¢ch] Meichelmordri¢ch B meichelmordri¢ch CD 60 der] dem D 61 Abge¢endeten] Abge¢andeten B Abge¢andten CD 65 ¢chrockliche] ¢chreckliche CD 67 Abhandelung] Abhandlung CD 69 beklagt] beklaget CD 70 wei¢¢agt] wei¢¢aget BCD 73 Oloaritus] Olearitus BCD 74–77 Nero … und] fehlt BCD
12
85
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Agrippina
der Agrippinen Gei¢te er¢chrecket/ vom Burrhus aber/ welcher die Soldaten gegen dem Kay¢er ihre Treue zu bezeugen anermahnet/ wider aufgemuntert. Bey dem eingea¢cherten Holtz¢toße reden Paris und Anicetus von der Agrippinen ¢chlechten Begrabnuße ¢chimpflich/ Mne¢ter aber ihr Freygela¢¢ener entleibet ¢ich ¢elb¢t. Nero bemuhet ¢ich durch einen Zauberer und Todten-Opffer den Gei¢t der ermordeten Mutter zu be¢chweren und zu ver¢ohnen/ wird aber von den er¢cheinenden Furien und des Ore¢tes und Alcmæon Gei¢tern deroge¢talt er¢chreckt: Daß er neb¢t dem Zauberer in Ohnmacht ¢incket. Im Reyen wird von Furien die Marter eines bo¢en Gewi¢¢ens fur Augen ge¢tellet. !)o( 7v"
87 89 90
den] denen CD von] von den CD Gewi¢¢ens] Gewi¢¢en BCD
fur] vor CD
Per¢onen
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Per¢onen des Trauer-Spiels.
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Agrippina Des Kay¢ers Nero Mutter. Nero Romi¢cher Kay¢er. Octavia Des Kay¢ers Gemahlin. Burrhus Des Kay¢ers ober¢ter Hoffmei¢ter. Seneca Sein geheim¢ter Rath. Otho Ein edler Romer. Sabina Poppæa Des Otho Ehfrau. Paris des Kay¢ers Getreue. Anicetus Acte Des Kay¢ers Freygelaßene und Buhl¢chafft. L. Agerinus Der Agrippinen Freygelaßene. Mne¢ter Des Britannicus Geist. So¢ia der Agrippinen Bediente. Herculeus Trierarchus. Oloaritus ein Hauptmann von der Leibwache. Agrippinens Gei¢t. Zoroa¢ter ein Zauberer neb¢t ¢einem Diener. Ein Hauptmann von der Leibwache.
}
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Stumme Per¢onen. Etliche Freygelaßene des Kay¢ers. Etliche Hauptleute. Trabanten. Todten-Graber. Nachrichter. Reyen Der Gerechtigkeit/ der Tugenden/ der La¢ter/ der Rache/ der Belohnung. Rubria und ¢echs andere Ve¢tali¢che Jungfrauen. Reyen der See- und Berg-Gottinnen. 12–13 Der] Des A der BCD 19 Zauberer] Zauber A Zauberer BCD 8 17
Ehfrau] Ehefrau CD Oloaritus] Olearitus BCD
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Agrippina
Reyen der Liebe/ der Zeit/ des Todes und der Ehr¢ucht. Reyen der drey Furien Megæra, Alecto, Ti¢iphone, der Gei¢ter des Ore¢tes und Alcmæon, welche zugleich zwey Harpyien auffuhren.
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Das Schau¢piel beginnet den achzehenden Mertz nach Mitternacht/ wehret den Tag durch bis wieder nach Mitternacht. !1"
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achzehenden] achtzehenden BCD
Porträts
Abb. 1
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Agrippina
Abb. 2
Porträts
Abb. 3
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Agrippina
Abb. 4
Porträts
Abb. 5
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Agrippina
Abb. 6
Porträts
Abb. 7
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Agrippina
Abb. 8
Die Er¢te Abhandelung
Die Er¢te Abhandelung. Der Schauplatz ¢tellet vor des Kay¢ers Gemach.
Nero. Otho.
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Nero. SO i¢ts! Die Sonn’ er¢tar’t fur un¢ers Hauptes Glantz/ Die Welt fur un¢er Macht. Des Ninus Sieges-Krantz Verwelck’t fur un¢erm Ruhm: Cyaxarens Gelucke Muß fur des Kay¢ers Sieg den Krebsgang gehn zurucke/ Und Nerons Blitzen ¢ang’t der Grichen Lorbern weg. Rom ¢chatz’t ¢ich ¢elb¢t zu tief fur un¢rer Thaten Zweck; Die Erde ¢ich zu klein zum Schauplatz un¢’rer Wercke. Des Numa Heyligkeit/ des Rom’¢chen Vaters Starcke/ Der Muth des Julius/ Tiberius Ver¢tand Sind Schatten un¢ers Thuns und Spielwerck die¢er Hand. Saturnus guld’ne Zeit i¢t gegen die¢er ey¢ern. Sieg/ Friede/ Wol¢tand hat bey allen andern Kay¢ern Nie/ wie bey uns gebluh’t. Araxens gro¢te Stadt Hat un¢er Arm ge¢chleiff’t. Der Tiridates hat Durch Fußfall er¢t von uns erkauffet Gnad’ und Gute; Und Vologe¢us ¢chick’t aus Ar¢aces Geblute Uns Geißel ¢einer Treu. Des Janus Thor ¢teh’t zu. Der Kay¢er ¢ih’t den Preiß/ die Stadt/ den Nutz der Ruh. Die Schoß des Jupiters lig’t voller Lorber-Zweige: !2" Man zehl’t kaum/ wie viel Rom uns Sieges-Bogen zeige/ Der neue Schauplatz gib’t dem Volck’ Erlu¢tigung/ Das Außtheil’n reichen Geld’s/ der Zolle Minderung Den Burgern Lufft/ uns Gun¢t. Wir haben viel verwehret/ 5
¢ang’t] ¢aug’t A ¢ang’t B ¢angt CD
vor 1 Abhandelung] Abhandlung BCD
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Agrippina
Mit was der große Rath uns zu beehr’n begehret; Doch mein Gedachtnus wird darumb nicht abgethan/ Fangt mein Geburthstag gleich des Jahres Lauff nicht an/ Und Nerons Bild wird ¢teh’n im Tempel treuer Seelen/ Darff man mir es gleich nicht mit guldnem Ertzt außholen. Otho. Wahr i¢t es: Daß die Welt die Seegel fur dir ¢treicht/ Der wilde Parth’ i¢t zahm/ der kuhne Mede weicht/ Weil dir das Kriegsfeld Palm/ und ihm Zipreßen traget: Rom/ hat den Harni¢ch ab/ ein Lu¢t-Kleid angeleget/ Die Lander ¢ind von Oel mehr/ als von Blutte fett. Wie/ wenn die Morgen-Roth’ aus Amphitritens Bett’ An blauen Himmel ¢teig’t/ die du¢tren Dun¢te ¢chwinden/ So ¢cheint die Tugend auch ietzt neuen Stand zu finden Die La¢ter flucht und fluht. Und wie kan’s anders ¢eyn? Wie ¢oll nicht Glucke bluh’n? Und Wolfarth lauffen ein/ Wo ¢ich ein wei¢er Fur¢t zum Steuer-Ruder ¢etzet/ Wo treuer SorgenSchweiß die durre Pflantze netzet Des allgemeinen Heil’s? Wie ¢oll der Welt-Kreiß nicht Mit Treu und Demuth ehr’n die Sonne/ die ihr Licht Uns ¢chencket/ nicht verkaufft? Fur Baumen ¢ich zu neigen/ Da uns die Zweige Frucht/ die Blatter Schatten zeugen/ J¢t allgemeine Pflicht. Allein’ ich zweiffle fa¢t: Daß/ da des Regiments fa¢t Centner-¢chwere La¢t Gleich ¢oll ¢o ¢anffte ¢eyn/ bey dem ¢o großen Glucke/ Dem Kay¢er nichts entgeh/ was nicht mit ¢ußem Blicke Manch Burger ¢chauen kan. Daß der Lucriner Flutt Die Au¢tern auff den Ti¢ch/ der Schnecke ¢par¢am Blutt/ Zum Purpur-farben ¢chick’t: Das Phænicopter Zungen/ ! 3" Daß Papegayen/ die er¢t als ein Men¢ch ge¢ungen/ Das ko¢tbahres Gehirn aus Pfauen und Pha¢an/
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¢ußem] ¢uß’em AB ¢ußem C ¢u¢¢em D Lucriner] Lucroner ABCD Lucriner A(AnmL.)
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du¢tren] du¢tre CD fluht] flieht CD zeugen] zeigen CD
Die Er¢te Abhandelung
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Daß der Lampreten Milch neb¢t Scarus Lebern man Auffs Kay¢ers Taffel zin¢t; Daß man in Berg-Kri¢tallen Wenn gleich der Hunds-¢tern ¢chmaltz’t/ gefrornen Schnee la¢t fallen/ Daß fern-gepreßten Wein mit Ei¢e man erfri¢ch’t/ Und in den reiffen Herb¢t des Frulings Ro¢en mi¢cht; Daß Porcellan/ Rubin/ des Kay¢ers Tranck muß faßen/ Wenn frembder Perlen Schnee in Eßig wird zerlaßen; Daß endlich ihm ein Fur¢t aus Bal¢am macht ein Bad/ J¢t wenig ¢onderlichs. Ein Knecht des Kay¢ers hat Diß alles nachgethan. Daß er mit minder Wagen Als Tau¢enden nicht fahr’t/ und ¢einen Zug be¢chlagen Mit dichtem Silber laß’t; Daß er kein Kleid zweymahl/ Wie ko¢tbahr es i¢t/ trag’t; i¢t ein geringer Strahl Der Kay¢erlichen Lu¢t. Das guldne Hauß/ die Seen/ Die Zimmer/ welche ¢tets ¢o/ wie die Welt umbgehen/ Die Deck’/ aus der allzeit wolrichend Ambra rinn’t/ Der Seulen Helffenbein/ die guldnen Netze ¢ind Zum An¢ehn/ ¢chlecht zur Lu¢t/ ja nur ein todtes We¢en. Der Zucker die¢er Welt/ durch welchen wir gene¢en/ J¢t Schonheit/ Liebes-Reitz. Es tau¢chte Mulciber/ Wie arm er i¢t/ umbs Reich nicht mit dem Jupiter. Sein ¢chwartzes Hauß/ da er kan bey der Venus liegen/ Gibt mehr/ als Jupitern die Sternenburg/ vergnugen. Zu dem ¢o ¢teh’ ich an; Ob ihm der Kay¢er auch Durch manchen Gnaden¢trahl nicht mehr Verachtungs-Rauch Als Liebes-flamm erweck’t in den verwehnten Sinnen/ Die aus dem Feuer Eiß/ aus Hold-¢ein Haß gewinnen. Nero. Wo ziel’t die Red’ hinaus? Wo ¢cheutert un¢er Kahn Der Gnaden? Und wer geh’t der Wollu¢t-Libgen Bahn Vergnugter/ als der Fur¢t?
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Es] Er AB Es CD
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Hunds-¢tern] Hund-Stern B Hund¢tern CD Ambra] Saffran BCD
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Agrippina
Otho. Der den Poppee liebet/ Wenn die Octavie, mein Fur¢t/ nur Eckel giebet: Der/ den die Schonheit ¢elb¢t in edle Armen ¢chranck’t: Wenn gifft’ge Schal¢ucht dich mit kalter Unlu¢t kranck’t ! 4" Großmacht’ger Herr und Fur¢t/ vergib den freyen Zungen/ Die Warheit hat mir diß Bekantnus abgezwungen. Rom und der Kay¢er kenn’t die Gaben aller zwey: Zwar/ daß Octavie des Kay¢ers Tochter ¢ey J¢t etwas/ aber nichts/ das Lieb’ und Brun¢t vergnuget/ Die lieber offt auff Stroh’ als weichen Purpur lieget. Wie wol Poppeens Stamm auch Burger-Mei¢ter zehl’t: Und Sieges-Krantze trag’t. Der Kay¢erin zwar fahlt Die Schonheit auch nicht gar; Doch i¢t ¢ie nur ein Schatten Fur die¢er/ die ¢ie Rom nicht darff zu ¢eh’n ge¢tatten/ Da nicht die Tiber ¢oll voll lichter Flammen ¢teh’n. Und wie ¢ol nicht ¢olch Schmuck Sabinens Ruhm erhoh’n: Da ihre Mutter auch die Schon¢te war der Frauen/ Denn Adler bringen ja nur Adler/ Pfaue Pfauen. Zu dem/ was i¢t die Pracht der Glieder/ die die Glutt Durch Lieb-reitz nicht be¢eel’t? Es trag’t die kalte Flutt Corallen/ die ¢o ¢chon als trockne Lippen brennen/ Die nie kein Kuß bethau’t. Die Bru¢t i¢t Schnee zu nennen/ Wo auff der See-voll Milch kein ¢anffter Liebes Wind Umb die zwey Fel¢en ¢piel’t. Die ¢tillen Augen ¢ind Nur Fackeln ohne Licht/ und Bogen ohne Pfeile. Die Tulipane ¢ticht mit Farben wol zu weile Den Glantz der Ro¢e Weg: Doch wer zeicht die nicht fur/
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Poppee] Poppeen A Poppee BCD - en A Armen BCD Armen] Arm trag’t] tra’gt A tragt BCD Liebes Wind] Liedes Wind A Liebes Wind B Liebes-Wind CD
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die] dir BCD den] der BCD Bekantnus] Bekantniß C Bekanntniß D weichen] weichem BCD bethau’t] bethau’t B bethaut CD zeicht] zeucht CD
Die Er¢te Abhandelung 110
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Die ¢o viel Anmuth gieb’t durch den Geruch von ihr? Der Seelen-Liebreitz i¢t der Schonheit Gei¢t und Leben/ Der Liebe Saltz und Oel. Soll die¢es Anmuth geben? Wenn ¢ich Octavie bey bluhender Ge¢talt/ Wenn er ¢ie ku¢¢et/ todt/ fur ¢einen Flammen kalt/ Bey ¢einen Seufftzern taub/ bey ¢einer Gun¢t vergallet Ja ¢teinerner als Stein Pigmalions an¢tellet? Wenn ¢ie/ nun ietzt der Fur¢t (den Rom und Grichenland Als einen Orfeus hor’t) die Harfen in der Hand Die Lorbern auff dem Haupt’ in Phœbus Tempel dringet/ !5" Umb den Britannicus bey Agrippinen ¢inget Ein ¢tachlicht Grabelied? Hingegen wie begluck’t Wird Otho vom Panket des Kay¢ers heim ge¢chick’t! Die Tiber leitet ihn in Hafen der Begierden/ Poppee ¢chleuß’t mir auff den Garten aller Zierden/ Das Paradies der Lu¢t/ wo ihrer Wangen Licht Den Fruhling mit Geblum’/ ihr blitzend Ange¢icht Den Sommer/ ihre Bru¢t den Herb¢t mit Aepffeln zeuget. Ja/ wenn in Mitternacht nicht einig Stern auff¢teiget/ J¢t ihr liebko¢end Mund mir eine Morgenroth’/ Nach der in Augen mir die doppel-Sonn’ auffgeh’t. Die Venus hat kein mahl ¢o den Adon empfangen/ Wie Sie/ der edlen Blum’ und jedermans Verlangen Die Lu¢t der Seeligen/ mich bewillkommen kan. Der Nelcken-Mund grußt mich mit freyem Lachcheln an/ Die Armen ¢chlie¢¢en Sie und meinen Gei¢t zu¢ammen. Jhr ¢pielend Augen-Blitz entzundet Brand und Flammen; Aus ihrer Bru¢t kwil’t mir ¢olch krafftig Himmel-brod/ Solch eine NectarSee: Daß ich der Donner-Gott Mich achtete zu ¢eyn/ wenn die¢en Safft der Rebe Ein Ganimedes mir/ nicht eine Venus gabe. So ¢chiff’t mein Liebes-Schiff/ und fahr’t in Hafen an/ Biß die Begiehrde nicht mehr weiter rudern kan. 116 Pigmalions] Pigmalias A Pigmalions A(AnmL.)BCD 119 dringet] bringet ABCD (vgl. V. 280) 117 ietzt] itzt BCD 136 entzundet Brand und] verwandelt Mich in B verwandelt mich in CD 142 Biß] Wenn BCD
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Agrippina
Nero. Ach! Leider! ja du mahl’¢t mit ungefal¢chten Farben Die Wonne deiner Seel’ und un¢ers Hertzens Narben/ Den Zucker deiner Lu¢t/ die Wermuth un¢rer Pein! Des Kay¢ers Auge muß der Warheit Zeuge ¢eyn. Wir haben/ wenn Poppe’ je i¢t auff’s Schloß er¢chienen Verwundernd ange¢chau’t/ die feuchten Mund-Rubinen/ Verwundet durch’s Ge¢choß der Anmuth uns gefuhl’t/ Wenn’s Auge mit dem Blick/ die Bru¢t mit Athem ¢piel’t. Wolan! empfang das Glaß auff Wolergeh’n der Frauen/ Die heute dich umbarm’t und morgen Uns ¢oll ¢chauen. !6" Otho. Sie i¢t des Fur¢ten Magd.
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Nero. Der Fur¢t dein und ihr Freund. Wo i¢t ein Venus-Stern der aber itzt uns ¢chein’t? Nun! Nero mag ¢ich nicht mehr mit der Gramen kwalen/ Wil Weibern/ die zeither geher¢ch’t/ itzt ¢elb¢t befehlen.
Nero. Paris. Otho. Burrhus. Seneca. Ein Hauptmann. Nero. Wie Paris ¢o erblaß’t? Woher bey ¢pater Nacht? Paris. Di Noth hat mich in’s Schloß/ die Treu’ in’s Zimmer bracht. Nero. Wie beb’¢tu? Was fur Ang¢t halt dein Gemuth umbgeben? 151 empfang] empfing AB empfang CD 159 Gemuth] Gemuth- A Gemuth BCD 152 umbarm’t] umarmt D 159 umbgeben] umgeben CD
Die Er¢te Abhandelung
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Paris. Nicht mir/ dem Nero geht’s umb’s Kay¢erthumb umb’s Leben. Nero. Uns umb das Kay¢ertum/ umbs Leben? Was fur Feind Dreut un¢er Zeder fall? Paris. Jch zittere den Freund Zu nennen. Nero. Wen? Den Freund? Paris. Der es am mei¢ten ¢chiene Zu ¢eyn. Nero. Eroffn’ es bald/ wer i¢t es? Paris. Agrippine. Nero.
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Die nach dem Reich uns ¢teht? Paris. auch nach dem Leben ¢treb’t. Nero. Schlag Donner! Wo in Rom ¢olch eine Wolffin leb’t. Welch Drache fri¢t ¢ein Kind? Welch Wurm erbeiß’t die Jungen? Wenn hat ein Panter-Thier je ¢eine Frucht ver¢chlungen? Entmen¢chtes Mutterhertz! Vergiffte Ra¢erey! 162 Zeder fall] Zederfall ABCD 161 umb] um CD
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Agrippina
Die Porcellane ¢pring’t von ¢chlechtem Gifft’ entzwey: Und ihre Mutter-bru¢t umbfang’t nicht nur/ ¢ie hecket Solch Gifft; Daß auch der Schlang- und Nattern bitter ¢chmecket. Wer hilfft? Wer rettet uns? Beruff’t den Seneca, Ver¢tarck’t die Leib-Wach! Otho. i¢t die Noth ¢o groß/ ¢o nah? ! 7"
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Paris. Man kan nicht klug genung Flamm und Verrather hutten. Nero. Erzehl’ es/ was ¢ie wil auff Uns fur Grimm auߢchutten.
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Paris. Sie/ die voll Ehr¢ucht brenn’t/ nach Kinder-Blutte dur¢t’/ Auf ¢trenge Rache ¢inn’t: Daß Nero ¢elber Fur¢t Und nicht ihr Knecht mehr i¢t; Daß ¢ie nicht Parth und Per¢en Soll Fur¢ten ¢tellen fur/ und uber Kay¢er herr¢chen; Daß hinter der Tapet ¢ie ietzt nicht Rath mit halt/ Daß kein Caractacus ihr nicht zu Fuße fall’t/ Daß ¢ie Armeniens Ge¢and¢chafft nicht darff ehren; Wil/ was ein ra¢end Weib fur Schelm¢tuck konne/ lehren/ Hat den Rubellius Verrathri¢ch auffgehetz’t: Daß er ¢ich des Augu¢t ¢o nahen Enckel ¢chatz’t Zum Kay¢er wurdiger als Nero, der ¢ich hatte Durch Gifft in Thron ge¢piel’t. Jn Agrippinens Bette Stieg er mit reiner’m Recht/ als dem Silanus Braut Und die er Schwe¢ter hieß/ Eydbruchig ward vertraut. Diß ¢prenget Plautus aus. Nero. Er darff ¢ich diß erkuhnen? J¢t Schwerdt/ i¢t Feuer dar/ fur ihn und Agrippinen.
177 dur¢t’] dur¢t CD 181 ietzt] itzt BCD
Die Er¢te Abhandelung
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Paris. Sie/ die ihm Thron und Eh/ und dir den Todt ge¢chwor’n/ Hat bey fa¢t off’ner That/ die Reu und Furcht verlohr’n/ Gibt vor; Ein Theil der Schaar die umb den Kay¢er wache Sey ihr zu Dien¢t’ erkaufft/ der Rath ruhm ihre Sache. Nero. J¢t’s glaublich: Daß ¢ie diß wag’ auff ihr eigen Hauß? Paris. Calvi¢ius be¢chwert’s/ Jturius ¢agt’s aus/ Die ¢ie ¢ich hat bemuh’t in Meyneid einzuflechten
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Otho. Man preß’t die Warheit leicht durch Marter aus den Knechten/ Die/ wann die Maye¢tat verletz’t i¢t/ man mit Fug Dem Klager eignet zu. Paris. Ein offenbar Betrug Darf ¢trenger Fragen nicht. Silane ¢agt’s in Gutten/ !8" Die/ ¢eit der Fur¢t die Macht der Mutter was ver¢chnitten/ Sie als ihr eigen Hertz allzeit zu Rathe nahm/ Wordurch ¢ie hinter diß und alles andre kam Was ¢ie im Schilde fuhr’t. Silan’ hat ¢elb¢t gele¢en Des Plautus HeyrathsSchluß. Nero. Wir ¢ind zu gutt gewe¢en/ Ja/ leider! gar zu blind: Daß man Sie nur ver¢tieß/ Als ¢ie ihr fal¢ches Hertz ¢chon von ¢ich blicken ließ. Paris. Ein Wurm wird nur erhitz’t/ den man nur neck’t/ nicht todtet. Nichts/ als das Rach-Schwerdt nur/ das Blut und Flamme rothet Tilg’t der Regier¢ucht Brand.
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Nero. Ja/ un¢re grimme Gnad’ J¢t Hencker un¢rer Seel’/ und arg¢te Mi¢¢ethat/ Die wir durch un¢ern Fall itzt allzu theuer bußen.
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Agrippina
Otho. Der Fur¢t wird ein ¢chwach Weib ja noch zu dampfen wi¢¢en. Nero. Der Rath und Lager mehr als uns i¢t zugethan? Wir leider! ¢ind nur hin. Seneca. Was ficht den Kay¢er an? Nero. Die Mutter hat ¢ich ¢elb¢t auff un¢ern Hals ver¢chworen.
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Seneca. Die Mutter? ich er¢tarr’! auff den/ den ¢ie gebohren? Otho. Sie i¢t des Plautus Braut/ Rom i¢t ihr Heyrath-Gutt. Seneca. Mir kommt’s unglaublich vor. Der Kay¢er muß den Muth Nicht furcht¢am la¢¢en fall’n. Sind die geharn’¢chten Scharen Nicht machtig Rom und ihn fur Meineyd zu bewahren?
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Paris. Rom und der Kay¢er fall’t/ da man die Schlange nicht/ Eh ¢ie erwach’t/ erdruckt. Man ¢tech’ eh’/ als ¢ie ¢ticht. Nero. Daß Agrippine ¢terb? und Plautus untergehe. J¢t’s aber gutt: Daß man des Werck’s ¢ich unter¢tehe/ !9" Nun Burrhus Hauptmann i¢t/ dem ¢ie die Wurde gab? Nein/ ¢icher! fordert Schwerdt und Gurtel von ihm ab/ Die wir neb¢t Wurd’ und Ampt Cæcinen woll’n ertheilen.
218 Kay¢er] Kay¢ee A Kay¢er A(Errata)BCD 223 geharn’¢chten] geharni¢ch’ten A geharn’¢chten A(Errata)B geharn¢chten CD
Die Er¢te Abhandelung
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Seneca. Der Kay¢er wird hierdurch ¢ich ¢chadlich ubereilen. Die Mutter unverhor’t/ den Bluttsfreund aus Verdacht Zu todten/ i¢t ein Werck zu¢ehr mißbrauchter Macht. Den Burrhus ohne Schuld ¢o ¢chimpfflich abzu¢etzen Schein’t noch gefahrlicher. Offt/ was wir einen ¢chatzen/ Wird er/ i¢t er’s gleich nicht. Jch ¢elb¢t wil Burge ¢eyn/ Daß Burrhus Treu’ ihm nicht brenn’ ein ¢olch Brandmahl ein. J¢t Plautus uberzeugt? Die Mutter uberfuhret? Man pruf’/ eh als man ¢chleu¢t/ wo Zeug’ und Klag’ herruhret. Paris. Calvi¢ius/ Jtur/ Silane ¢agen’s aus. Seneca. Die alle drey ¢ind Feind auff Agrippinens Hauß. Wer Frembd’ und Klager hort/ gonnt auch der Mutter Ohren. Nero. Durch langes Horen wird offt Hulff’ und Heil verlohren.
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Seneca. Man dring’/ eh’ als ein Men¢ch erwach’t/ in’s Zimmer ein. Nero. Wo wir des Burrhus Treu nur vor ver¢ichert ¢eyn. Seneca. Wol! Hauptmann Burrhus ¢oll ¢chnur ¢tracks den Kay¢er ¢chauen. Nero. Wem i¢t/ wenn die Natur ¢elb¢t fal¢ch wird/ mehr zu trauen?
239 uberfuhret] uberfuhr’t A uberfuhret BCD 240 herruhret] in A(Errata) korrig. zu herruhr’t, in falscher Anpassung an den tatsächlichen Fehler uberfuhr’t in V. 239 herruhret BCD
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Agrippina
Otho. Die Flamme fri¢t kein Hertz das ¢charffes Gifft befleck’t/ Die Gun¢t-Glutt der Natur/ i¢t/ wo die Ader ¢teckt Des Ehr¢ucht-Giffts eyß-kalt. Man bruck’t auff todten Knochen Der Eltern/ die die Fau¢t der Kinder hat er¢tochen: Den Jrrweg auff den Thron; Der eignen Kinder Blutt Wenn man auff Zepter ziel’t/ ¢chatzt man fur epp’ und Flutt. Zwar man enthartet Stahl/ man kan die Tiger zahmen/ !10" Auff wilde Stamme Frucht/ auff Klippen Weitze ¢amen/ Die Gifft in Artzney kehr’n/ das aber geht nicht an: Daß man der Ehr¢ucht Gifft vom Hertzen ¢ondern kan Wo ¢ie gewurtzelt i¢t. Sie wird unendlich wutten/ Biß mit den Adern ihr die Wurtzel wird ver¢chnitten. Burrhus. Was hei¢ch’t die Maje¢tat/ das zu vollbringen ¢ey? Nero. Lebt Burrhus unverruck’t Uns mit dem Lager treu? Burrhus. Jch und das Lager wach’t fur’s Kay¢ers Heil und Leben. Nero. Hat Agrippinen auch Niemand ¢ein Wort gegeben?
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Burrhus. Der Fur¢t i¢t un¢er Herr. Was ¢chafft uns Agrippin’? Nero. Weiß Niemand/ was ¢ie ¢ucht fur Meyneyd zu vollzieh’n? Burrhus. Ein ¢chweigend Wi¢¢en wurd’ uns ¢elb¢t in Meyneyd ¢turtzen.
250 die] die die A die BCD 254 epp’] Ebb CD 267 wurd’] wird CD
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Die Er¢te Abhandelung
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Nero. Sie trachtet Reich und Gei¢t dem Sohne zu verkurtzen; Der/ weil ¢ie ¢ich zur Schlang’ aus einer Mutter macht/ Auch nicht mehr Sohn darff ¢eyn. Wer ¢ich nun aus Verdacht Der Mit-Verrather wun¢ch’t/ und uns wil Freund verbleiben/ Der ¢ol neb¢t uns den Dolch ihr durch die Bru¢te treiben.
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Burrhus. Der Kay¢er zaume ¢ich. Ein lauer Gei¢t bereu’t Was Zorn und Hitze ¢chloß. Was Er der Mutter dreu’t/ Kan/ mit geringerm Haß/ ein frembder Arm voll¢trecken: Auch ¢chuldig Mutter-Blutt ¢pritz’t auff die Kinder Flecken. Dafern ¢ie ¢chuldig i¢t/ wil ich der er¢te ¢eyn/ Der in ihr ¢chwartzes Hertz den blancken Stahl ¢toß’t ein.
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Nero. Jch lobe deinen Schluß/ mehr aber dein Vollbringen. Neb¢t dir ¢oll Seneca ¢track’s in ihr Zimmer dringen. Durchfor¢chen/ was verkerb’t. Zeug’t ¢ich die Mi¢¢ethat/ So ¢chafft durch die¢en Dolch euch Ruhm/ uns Ruh und Rath. !11"
Der Schauplatz verandert ¢ich in der Agrippinen Schlaffgemach.
Agrippina. Octavia.
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Agrippina. Mein Kind Octavie komm’t heut’ uns zu begru¢¢en? Uns? Die wir gleich¢am hier im Kercker leben mu¢¢en. Und komm’t der Kay¢erin noch mein Gedachtnus ein; Da wir bey aller Welt mehr als verge¢¢en ¢eyn? Kein Freund betritt die Schwell’/ und Niemand klopff’t die Thuren; 276 Auch ¢chuldig] Auch-¢chuldig AB Auch ¢chuldig CD B ¢pritzt CD 281 Zeug’t] Zeu’gt A Zeug’t B Zeigt CD 273 lauer] lauter CD
¢pritz’t] ¢pritz t A ¢pritz’t
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Agrippina
Da unlang¢t ihren Staub und Schatten zu beruhren Rom hoch¢tes Glucke pries. Jtzt fleucht man un¢er Hauß Gleich/ als wenn fur der Pe¢t ein Zeichen hieng’ heraus. So ¢piel’t Geluck und Zeit/ die ¢teter Wech¢el treibet. Wo ein ge¢trandet Ma¢t/ der Sandbanck Zeugnus bleibet/ Wil Niemand ¢egeln an. Und ¢ie/ mein Kind/ komm’t hin/ Wo ich Gefallte ¢elb¢t des Schiffbruchs Merckmal bin. Octavia. Frau Mutter/ ja ich komm/ ob man gleich Schal¢ucht fa¢¢et Auff den/ der nicht verfolg’t die/ die der Kay¢er ha¢¢et; Und ob man reine Gun¢t itzt gleich zu La¢tern mach’t. Ein unbe¢egelt Schiff nimm’t keine Schnur in acht/ Es lauff’t/ wie hier der Wind und dort der Strom es jaget. Die iedes Wetter trifft/ und alles Ungluck plaget/ Schatz’t Strudel/ Klipp/ und Schlund fur ein nicht fremdes Meer/ Und Schiffbruch fur den Port. Zwar treib’t mich auch hieher Jn die¢es Ein¢am-¢eyn mein eigenes Vergnugen. Agrippina. Verlang’t mein lieb¢tes Kind Vergnugung hier zu kriegen. Wo tau¢endfach Verdruß das Leben uns vergall’t/ Wo Ang¢t den Sammel-Platz und Noth die Renn-Bahn hallt? !12" Octavia. Frau Mutter/ zwar es laß’t ¢ich leicht vernunfftig ¢chlie¢¢en/ Wie Unmuth/ Schmertz und Zorn ihr Hertze bei¢¢en mu¢¢en: Daß eines Kay¢ers Kind/ Braut/ Schwe¢ter/ Mutter/ Frau/ Dem Falle ¢ich vermahl’t/ enterb’t vom Purper ¢chau. Daß/ die die Welt verehr’t/ der Rom ließ Weyrauch brennen/ Nach welcher Nahmen man ließ Stadt und Ufer nennen/
298 nimm’t] nimm t A nimm’t B nimmt CD 307 laß’t] laß t A laßt BCD 297 301 307 310
reine] reiche BCD fremdes] frembdes C ¢chlie¢¢en] ¢chlu¢¢en BCD Purper] Purpur BCD
Die Er¢te Abhandelung
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Daß/ die der Deut¢chen Treu hat als ihr Haupt bewach’t/ Ja die den Kay¢er ¢elb¢t zum Kay¢er hat gemach’t/ Der Tiranney ein Spiel/ dem Neid ein Ziel abgebe/ Jn dem Volck-reichen Rom/ wie in der Wu¢ten lebe/ Jn eines Burgers Haus/ ver¢to¢¢en vom Pala¢t/ Von Wach und Dienern frey/ ver¢chmah’t/ entweyht/ verha¢t/ Die Zeit und Leid verkurtz’. Ach aber/ die¢e Schmertzen Sind gegen un¢er Ang¢t/ Spiel/ Kurtzweil/ Kitzel/ Schertzen. Man heilt den ¢charffen Schmertz durch ¢tilles Ein¢am-¢eyn/ Diß ¢chatzt’ ich meine Lu¢t und Salbe meiner Pein; Jch/ die man ja darumb noch kan zu Hofe leiden/ Daß neue Martern mir ¢tets fri¢che Wunden ¢chneiden/ Die arger als der Todt. Des Brudern Gifft-Glaß faß’t Das Thranen-Saltz nicht mehr. Daß uns der Kay¢er haß’t Mit ¢chalem Aug’ an¢ih’t/ mit Fu¢¢en von ¢ich ¢to¢¢et; Geh’t hin; Daß aber er offt frembden Speichel floßet Auff un¢ern reinen Mund/ wenn ander’ ihn gekuß’t; Daß er mit Knaben-Lu¢t den Eckel ihm ver¢uß’t/ Den un¢re Keu¢chheit ¢chaff’t/ mit Mannern ¢ich vermahlet Und ein entmanntes Kind zu ¢einer Braut erwahlet/ Daß er ihm Magde leg’t in un¢er Bette bey/ Fri¢t einer Frauens Hertz/ bei¢t Marck und Bein entzwey. !13" Agrippina. Mein Kind/ ja wenn diß Hauß uns kont’ ans Ufer leiten/ Wenn uns des Hofes Meer der Hauchler Sturm be¢treiten/ Ja konte die¢es Dach ein Lorber-Schatten ¢eyn/ Wenn Nerons Blitz und Grimm uns A¢ch und Hinfall dreu’n So mochte¢tu und ich hier ja Vergnugung finden. Ach! aber/ Glutt muß wol/ wo Zunder weg kommt/ ¢chwinden/ Doch Fur¢ten-Eyfer brenn’t/ man ¢ond’re gleich/ was nehr’t. 313 328 337 341
bewach’t] bewach t A bewacht BCD Geh’t] Geht’t A Geh’t B Geht CD Lorbeer-Schatten] Lorbeer-Schatteu A Lorber-Schatten BCD brenn’t] brenn t A brennt BCD
334 Frauens] Frauen CD 339 mochte¢tu] mochte¢t du CD 340 kommt] kommt BCD
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Agrippina
Ein Luchs ¢ih’t durch ein Brett/ ein zornig Auge fahr’t Durch Mauer/ Stein und Stahl. Wo Furcht und Ehr¢ucht blitzen/ Kan uns kein Un¢chulds-Schild/ kein Ab¢eins-Mantel ¢chutzen. Was haben wir verkerb’t/ ¢eit wir von Hofe ¢ind? Doch leider/ wi¢¢en wir: Daß man uns Stricke ¢pinn’t; Verlaumbder auff uns hetz’t/ und Mord-Verrather ¢tifftet. Man hat zum dritten mahl die Reben uns vergifftet; Jn fal¢chen Zimmern uns mit Fallen auffge¢tell’t; Bey Stadt/ und Pofel uns durch fal¢chen Ruff vergall’t: Der Blut-Dur¢t Nerons wird auch/ glaub es/ nicht gele¢chet/ Biß er die Morder-Fau¢t mit Mutter-Blutte wa¢chet.
Burrhus. Agrippina. Seneca. Octavia. Etliche Freygela¢¢ene/ und ein Theil der Kay¢erlichen Leibwache. Burrhus. Was fur Verratherey hat Agrippine fur? Agrippina. Hilff Himmel! Wie? Warumb erbricht man un¢re Thur? !14"
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Burrhus. Sie ¢ag’ es/ was ¢ie hat auff’s Kay¢ers Halß ge¢ponnen? Agrippina. Wer? Wir? Von der mein Sohn den Purper hat gewonnen? Burrhus. Sie mach’t umb¢on¢t ¢o frembd ihr ihre Mi¢¢ethat.
342 ¢ih’t] ¢ih t A ¢ih’t B ¢ieht CD 349 auffge¢tell’t] auffge¢tellt’t A aufge¢tell’t B auffge¢tellt CD 356 Purper] Purpur BCD
Die Er¢te Abhandelung
Agrippina. Sol’s der nicht frembde ¢eyn/ die nichts verbrochen hat? Burrhus. Wir haben Macht mit Scharff’ ihr auff den Halß zu gehen.
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Agrippina. Kommt! foltert! Agrippin’ hat nichts nicht zuge¢tehen. Burrhus. Durch frey Bekantnus wird gemindert Straff’ und Schuld/ Agrippina. Die Un¢chuld leidet Gifft/ Stahl/ Flammen mit Geduld. Burrhus. Die Un¢chuld? Die auff Sohn und Fur¢ten ¢ich verbindet? Agrippina. Daß Nero wider uns kein eb’ner Fallbrett findet!
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Burrhus. Durch Hochmuth ¢anck ¢ie ab/ durch Meyneyd fall’t ¢ie gar. Agrippina. Verdroß euch: Daß ich nicht den Knechten dien¢tbar war? Burrhus. Den Kay¢er/ Rom und uns: Daß ¢ie uns Sklaven ¢chatzte. Agrippina. Als ich dich in dein Ampt/ den Sohn zum Zepter ¢atzte? Burrhus. Wer ¢atz’t/ muß/ den er ¢atz’t auch ehr’n mit Treu und Pflicht.
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Agrippina. Jch machte mich zur Magd/ und ihn zum Gotzen nicht.
361 Bekantnus] Bekantniß C Bekanntniß D
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Agrippina
Burrhus. Der Zunge Brand entdeck’t/ was die Begierden kochen! Agrippina. Wer/ was umb’s Hertz i¢t/ ¢agt/ hat niemals Treu gebrochen. Burrhus. So ¢ag ¢ie/ was ihr Hertz Verrathri¢ches verdeck’t. Agrippina. Sag’t Klager/ was es ¢ey/ mit wem wir ¢ich befleck’t. !15"
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Burrhus. Hat ¢ie dem Plautus nicht verlobet Eh’ und Krone? Agrippina. Jhr Gotter! Wird kein Blitz Verlaumbdern nicht zu Lohne! Dem Plautus? Wir? Den Thron? Di Eh’? Brich Abgrund brich! Brich! ¢chlinge die¢en Dampff der Lugen ein in dich! Welch Morder hat erdacht? Welch Teuffel kont er¢innen/ Uns ein ¢olch Lebens-Netz/ diß Ehren-Garn zu ¢pinnen? Sagt/ denn wir woll’n durchaus es wi¢¢en/ wer es ¢ey? Der diß Verleumbdungs-Gifft dem Kay¢er brachte bey. Seneca. Silane/ die den Schluß der Heyrath ¢elb¢t gele¢en.
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Agrippina. Silan i¢t die¢es Bruts Gebahrerin gewe¢en? Hilff Himmel! ich er¢tarr’! Alleine ¢ag’t uns an: Ob ein unfruchtbar Weib vernunfftig urtheiln kan Von Muttern? mein’t der Wurm? Daß ein recht Mutter-Hertze/ 374 befleck’t] befleck t A befleckt BCD 376 Gotter] Gotter A Gotter BCD 385 er¢tarr’!] er¢tarr ! A er¢tarr! BCD 372 umb’s] umbs BC ums D 373 Verrathri¢ches] Verratheri¢ches B 374 ¢ich] uns CD
Die Er¢te Abhandelung
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Wie ein unkeu¢cher Balg mit ihren Buhlern ¢chertze? Silane wech¢elt ja durch Ehbruch Hertz und Gun¢t So offt ihr Hurenbett erkaltet von der Brun¢t/ Und auff was neues ¢inn’t: Jn meinen Mutter-Bru¢ten La¢t mich kein Kalt-¢eyn nicht nach frembder Glutt gelu¢ten. Seneca. Calvi¢ius/ Jtur bezeugen’s neben ihr.
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Agrippina. J¢t’s glaublich: Daß diß Paar ¢olch Schelm¢tuck nehme fur? Jedoch/ was wundert’s uns? Daß die¢es Paar zu Liebe Der alten Be¢tien durch Meyneyd uns betrube: Diß i¢t ihr einig Danck fur diß: Daß ¢ie den Werth Der Gutter/ neben ihr hoch¢tliederlich verzehr’t. Nun urtheil’t/ ob uns diß kan Kinder-Mord anbrennen/ Und un¢ers Sohnes Hertz von ¢einer Mutter trennen. Burrhus. Die Schutz-red i¢t bißher was ¢cheinbar zwar ge¢tell’t/ Doch/ wo ihr Schild den Stich/ ihr Schein nicht Farbe halt. ! 16" Beruh’t des End¢pruch’s Krafft auff die¢er Fau¢t und Degen.
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Agrippina. Die Redligkeit laß’t ¢ich durch Dreuen nicht bewegen. Jch lache: Daß man mir nach Ruhm und Leben ¢treb’t Mit Stricken/ die vielleicht die Spinne fe¢ter web’t. Seneca. Sie hat nicht Lachens Zeit. Jhr Leugnen wird ¢ie ¢chlagen/ Wenn ihr Domitie wird unter Augen ¢agen/ Wenn Atimetus wird eroffnen ihren Rath/ Den ihr vergallter Gei¢t auff Rom be¢chlo¢¢en hat. Agrippina. Die Warheit fuhr’t uns auch aus die¢es Jrrgangs-Schrancken. Jch wil Domitien fur ihre Feind¢chafft dancken:
391 ¢inn’t] ¢inn t A ¢inn’t B ¢innt CD
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Agrippina
Da ¢ie an Redligkeit uns abgewinnen wil. Wir woll’n verdammet ¢eyn/ da ¢ie nur halb ¢o viel Dem Kay¢er gonn’t als wir: Wir woll’n das Mord-beil ku¢¢en/ Da wir durch un¢ern Todt den Sohn vergro¢¢ert wi¢¢en. Ach! aber/ er ¢iht’s nicht/ und un¢re Seele kranck’t: Daß ¢ie durch un¢ern Fall auch ihn zu ¢turtzen danckt. Burrhus. Sie ¢turtzte ja ¢ich ¢elb¢t durch eigenes Geblutte.
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Agrippina. Die Schal¢ucht gegen uns verbittert ihr Gemutte. Glaub’t ¢icher: Daß der Safft der Liebe leicht ver¢eig’t/ Wo das Geblutte ¢chon in Seiten-Stamme ¢teig’t. Hingegen/ ach! Wie kan der Wurtzel Krafft entgehen/ Wenn die geraden Zweig in fri¢cher Bluthe ¢tehen? Es richte/ wer ver¢teh’t/ was Mutter-Liebe kan/ Ja den der ¢uße Ruff des Vaters nur geh’t an/ Ob ¢ich nicht Hitz und Glutt bequemer ¢cheiden la¢¢en; Als eine Mutter ¢ol ihr Eingeweide ha¢¢en Und auff ihr einig’s Kind mit Meyneyd ¢chwanger geh’n. Seneca. Der rechte Stamm verdorr’t wo frembde Rauber ¢teh’n. So muß die Mutter-Hold auch eignen Kindern fehlen/ Die Ehr¢ucht an ¢ich zeucht und neue Buhler ¢tehlen. Agrippina. Nun die Natur uns nicht zu ¢chutzen Kraffte hat; So uberleg’t mein Werck und urtheilt di¢er That/ !17" Die itzt an Treue danck’t/ die Mutter abzu¢techen. Gar recht! mit ¢olcher Art muß man den Grund abbrechen Der Hauß und Pfeiler ¢tutz’t: Man reiß’t die Wurtzeln loß/ Wenn ein verhaßter Baum nicht wach¢en ¢ol zu groß. Diß i¢t das Trauer¢piel/ das ¢chon mit mir beginnet/ Auff das Domitie neb¢t Atimeten ¢innet/
435 itzt] ietzt B
Die Er¢te Abhandelung
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Wenn er ihr Geil-¢eyn le¢ch’t. Sie bracht’ in ¢u¢¢er Ruh Die ¢tille Nacht/ den Tag in warmen Badern zu/ Ging ihrer Wollu¢t nach/ in Bajens Lu¢t-Gebauen; Stellt’ auff Lampreten auff in Cumens Fi¢chereyen; Als uns des Nacht’s kein Schlaff/ den Tag kein Dur¢t ankam; Biß Claudius mein Kind auch ¢elb¢t zum Sohn’ annahm; Als uns kein Purpur nicht des Kay¢erthumbs anlachte/ Biß man zum Land-Vogt ihn/ zum Burgermei¢ter machte; Ja! Als uns Wurd’ und Thron nichts als Verdruß gebahr Biß Nero Herr der Welt/ ¢elb¢t Fur¢t/ ¢elb¢t Kay¢er war. Burrhus. Der letzten Unthat Rauch dampff’t er¢te Wolthats-Flammen.
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Agrippina. Die einmal lichte Glutt zeucht keinen Rauch zu¢ammen/ Was hetten wir fur Frucht/ ¢o bald zer¢tor’t zu ¢chau’n/ Was ¢o viel Zeit und Schweis kaum machtig war zu bau’n? Zu dem/ was wiß’t ihr denn fur Meyneyds-Mitge¢ellen? Weil zwey paar Armen wol gantz Rom nicht werden fallen/ Sag’t/ hat man Rath und Stadt auff un¢er Seite bracht? Hat man das Heer erkauff’t das umb den Kay¢er wacht? Erwei¢et; Wenn man ließ verdachtig Gifft abkochen/ Ob wegen Meuchelmord’s wo ¢ey ein Knecht be¢tochen? Ob man der Lander Treu zu Auffruhr hat verhetz’t? Wo diß erweißlich i¢t; ¢o werd’ ich nicht ge¢chatz’t Als Mutter/ nicht als Men¢ch: ¢o braucht Glutt/ Creutze/ Klingen/ !18" So laß’t durch’s Adern-quall uns gluend Ei¢en dringen. Burrhus. Jhr Vor¢atz kam vielleicht zu zeitlich an das Licht.
441 bracht’] brach’t AB bracht CD 444 Stellt’] Stell’t AB Stellt CD 453 hetten] hetteu A hatten BCD 447 kein] ¢ein BCD 453 zer¢tor’t] zer¢tor’t B zer¢tort CD
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Agrippina
Agrippina. Der Rauch entdeckt di Glut; Die Boßheit berg’t ¢ich nicht. Ja wenn Britannicus mein ander Sohn noch lebte/ Dem man zur Krone Gold/ zum Purpur Seide webte/ So konte meiner That ¢ein Erb-recht noch mein Schein; Sein Zepter noch mein Schild; Sein Reich mein Leben ¢eyn: Wenn aber Plautus ¢olt an Rom¢chen Gipffel ¢teigen Und ¢ich Augu¢tus Stamm fur frembden Hauptern neigen; Wormit wurd’ Agrippin’ ihr Heil verbe¢¢ert ¢eh’n? Denn/ dorffte nicht der Neid aus Worten Polßken dreh’n/ Aus Worten/ die man itzt zu Donnerkeilen machet/ Die doch nur Ungedult und Libe veruhr¢achet. Wir wurden ohne Schild fur tau¢end Klagern ¢teh’n/ Die uns durch leichten Weg ans Hertze wurden geh’n Auff un¢ern Hals verfuhr’n ¢olch ¢chreckliches Verbrechen/ Darvon uns kan kein Men¢ch/ als nur der Sohn loß ¢prechen. Burrhus. Was urtheil’t Seneca? ich finde nichts an Jhr Verdacht’s und ¢traffens werth. Seneca. Jch halt’ es auch mit dir.
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Agrippina. Wie ¢teh’t/ und ¢chweig’t ihr nu? Sag’t: Was wir mißgehandelt? Hat euch mein Un¢chuld-¢child itzt gar in Stein verwandelt? Seh’t nicht fur Schlangen-Blitz die Tauben-Augen an/ Der Mutter/ die be¢eel’n/ nicht aber todten kan. Sag’t: mit was Vorwand ihr nun meinen Sohn verhetzet: Daß er itzt als ein Low’ an uns die Klauen ¢atzet?
466 entdeckt] endeckt A entdeckt BCD 476 nur] uur A nur BCD und] nnd A und BCD 482 halt’] halts’ B halt CD 483 nu] nun BCD
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Seneca. Halt ¢ie die Farbe nur/ bricht Nero Lib und Blutt Noch weniger/ als Sie.
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Agrippina. Der krafft’gen Wa¢¢er Fluth Verliehret außer’m Kwall und Brunnen Krafft und Starcke. !19" Ein ¢ich ab¢ondernd Sohn ub’t oft nicht Kindes-Wercke. Ein Brunn ein Mutter-Hertz wird aber nicht vergall’t/ Wenn gleich die ¢uße Bach in ¢altzicht Wa¢¢er fall’t/ Ein Kind die ¢anffte Gun¢t in hei¢¢en Grimm verkehret. Burrhus. Die wahre Tugend wird durch den Be¢tand bewehret. Wir wollen/ was ¢ie itzt vor¢chutzend wendet ein/ Dem Kay¢er tragen fur; Er ¢elb¢t mag Richter ¢eyn.
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Agrippina. Wir woll’n; Daß Nero ¢elb¢t mog’ un¢er’ Antwort horen/ Denn un¢re Un¢chuld wird die Ertzt-Verlaumbdung lehren/ Und ¢einer Rache Glutt zieh’n auf die Morder-¢chaar Die Uns. Seneca. Gleich recht; ¢ie red’. Jtzt i¢t der Kay¢er dar.
Agrippina. Nero. Burrhus. Seneca. Die Freygela¢¢enen. Die Trabanten.
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Agrippina. So ¢uch’t man deinem Ruhm’ ein Brandmahl anzubrennen? Durch un¢ern Todt? mein Fur¢t. Denn/ dich mein Kind zu nennen/ Verdachtigte mein Recht. Weil man bey La¢tern Gnad’ 500 Denn] Den AB Denn CD 505 Verdachtigte] Verdachtigte doch B
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Agrippina
Aus holden Titeln ¢uch’t. So ¢piel’t der Zeiten Rad! Jch/ die ich Mutter bin/ muß die¢en Nahmen fliehen/ Vermummten Schlangen nur die Larven abzuziehen/ Die mehr als Mutter woll’n bei dir ge¢ehen ¢eyn/ Wenn ¢ie ¢olch ein Ge¢icht mir Mutter drucken ein/ Das Drach’ und Wolff nicht hat; Wenn ¢ie woll’n un¢rem Hertzen Den Meyneyd tichten an/ ja Uns mit La¢tern ¢chwartzen Fur den den Unthiern grau¢’t. Jch hei¢¢e dich nicht Kind. Weil ¢charf¢te Richter auch der Un¢chuld linde ¢ind. ! 20" Halt mich fur Mutter nicht; Weil ich in die¢er Sache Mir kie¢e ¢trenges Recht. Des Kay¢ers Donnern krache Mit Schwefel ern¢ten Grimms und ¢chutte Straffen aus Auf die verdammte Schaar/ die Agrippinens Hauß Den Himmel deines Thron’s ¢ich zu be¢turmen wagen; Und auf der Lugen Grund Verlaumbdungs-Berge tragen Zu ¢turtzen dich durch mich. Jch hei¢che Rach’ auff ¢ie/ Jch/ die ich mich umb Schutz der Un¢chuld nicht bemuh’; Jch/ die der Nahme nur der Mutter frey kan ¢prechen. Die min¢te meiner That kan ihr Ge¢choos zerbrechen/ Daß Fal¢chheit auf mich ¢charff’t. Es ¢traffe Rach’ und Schwerdt; Es tilge Blitz und Glutt. Der Boßheit wird verwehrt: Daß nicht die Schlang’ ihr Gifft in neue Kopff’ auߢprenget Wenn/ was die Rach’ abhau’t der Klugheit Glutt ver¢anget. Es fahre Straff’ und Blitz auf die/ die deinen Ruhm Mehr todten/ als mein Heil. Kan ¢ich der Tugend Blum’ Und deines Her¢chens Preiß ¢o ¢chandlich bilden la¢¢en? Daß auch die Mutter muß’ ihr eignes Abbild ha¢¢en? Diß hei¢t die Maje¢tat an dir zu hoch verletz’t. Diß hei¢chet Flamm’ und Pfal. Mein Schimpff bleib’ unge¢chatzt/ Darmit diß La¢ter-Volck ¢chwartzt meiner Un¢chuld Lilgen. Weil doch ihr eytricht Blutt nicht kan die Flecken tilgen Darmit es uns ver¢tell’t: Jedoch/ was ficht uns an? Weil ja Verlaumbdung nicht die Tugend ¢chimpffen kan. Wer un¢re Mutter-Milch der Liebe wil vergallen Der wei¢e: Daß von ihm was ¢ußer’s konne kwallen/ Als aus der Mutter Bru¢t? Was ¢chaff’t Silane gut’s? Steh’n neue Zepter feil; mag meine Hand-voll Blut’s 508 die] bie A die BCD 511 Drach’] Drach ABCD
Wolff] Wolff’ A Wolff BCD
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Das Kauffgeld gerne ¢eyn. Kan ¢ie dich hoher heben/ Mag man Domitien den Mutter Nahmen geben/ Und urtheil’n: Agrippin’ i¢t keines Sohnes werth/ Weil ¢ie nicht alles gab. Wie unbedacht¢am fahrt !21" Aus Eyfer aber uns die Gutthat von der Zungen? Hat ihre Thorheit uns den Fehler abgezwungen/ Und ¢tatt des Lachens/ Zorn? Jn dem nicht glaublich ¢chein’t: Daß/ die ihr Kind bring’t umb/ wen Frembdes redlich mein’t. So kan der Warheit Strahl der Lugen Rauch zertreiben. So wolle nun mein Fur¢t den Mordern Gifft ver¢chreiben/ Daß ¢ie auff uns gekoch’t; So werd’ ihr zi¢chend Blutt Ein Opffer un¢er Rach’/ ein Gauckel¢piel der Glutt! Ein Spiegel ern¢ter Straff’. Es mag der Zorn-Sturm krachen Auff die¢e/ die dich woll’n zum Mutter-Morder machen/ Die eine Mutter dir woll’n rauben; Weil ¢ie dich So ¢ehr/ ¢o hertzlich lib’t! Was aber muh’ ich mich Umb Straffen? Seh’ ich doch das Wa¢¢er meiner Zehren Jn Wolcken ¢ich zerzieh’n/ die Blitz’ und Keil gebehren Auf der Verrather Kopff. Schau’t: Nero theilet ¢chon/ Der La¢ter Marter aus/ der Tugend reichen Lohn. Nero. Frau Mutter/ zwar es fehl’t uns nicht an Argwohns-Grunden Der Ehrgeitz laß’t ¢ich auch nicht durch Ge¢etze binden/ Die die Natur gleich ¢chreib’t. Die Hochmuths-Spinne web’t Jhr Garn/ an dem ¢ie ¢ich empor an Gipffel heb’t Aus eignem Eingeweid’. Hat man mit Kinder-Blutte Schlecht Unheil außgele¢ch’t; mit was fur heißerm Mutte Eroffnet man ihr Kwall der Adern/ wenn ¢ein Schaum Uns neue Purper farb’t? Der Kron¢ucht ¢ußer Traum Stell’t Eltern Kinder fur als Gifft-erfullte Schlangen/ Vergall’t als Drach’ und Molch den/ der offt nichts begangen/
550 wen] wenn A wen BCD 570 farb’t] farbt’t A farb’t B farbt CD 547 aber] uber CD 568 Unheil] Urtheil CD heißerm] heißern B 570 Purper] Purpur BCD
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Weil auch aus Wind’ und Lufft der Schal¢ucht gifftig Zahn Jhr eine Spei¢e mach’t; Jedoch wir woll’n die Bahn !22" Der reinen Sanfftmuth geh’n/ und die¢e Hoffnung fa¢¢en: Die Mutter werde ¢ich nicht Ehr¢ucht blenden la¢¢en/ Uns mit nicht fal¢cher Hold und Liebe pflichten bey. Daß ¢ie auch un¢rer Gun¢t genung ver¢ichert ¢ey/ Sol ihrer Freunde Treu’ itzt un¢re Gnad’ erfahren. Das Kornhaus der Stadt Rom ¢ol Fœnius verwahren/ Balbillus von ¢tund an Egyptens Land-Vogt ¢eyn/ Antejus Syriens. Dem Stella raumet ein Den Schauplatz/ und neb¢t dem die Auff¢icht un¢rer Spiele. Daß die Verlaumbdung auch der Warheit Strahlen fuhle/ So ¢ol Silan’ entfern’t das Elend lernen bau’n/ Calvi¢ius/ Jtur Rom nimmermehr mehr ¢chau’n/ Des Atimetus Hals ¢ein Mißbeginnen bißen. Agrippina. Die Mutter ¢aget Danck dem Fur¢tlichen Ent¢chlu¢¢en.
Reyen. Der Gerechtigkeit; Der Tugenden, Der La¢ter; Der Rachche; Der Belohnung.
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1. Die Laster. Jhr blindes Volck! Wie ¢eit ihr ¢o bethoret? Wie/ daß ihr der Gerechtigkeit Verkapptes Bild/ den blinden Gotzen ehret? Und das Altar beliebter Lu¢t entweyh’t? Die Gotter/ die nicht treuen Dien¢t belohnen/ Sind Weyrauchs nicht/ nicht ¢u¢¢er Opffer werth. J¢t euer Danck/ ¢ind eures Kampffes Kronen Nicht Unlu¢t/ Haß/ Verachtung/ Strang und Schwerdt? 578 genung] genug BCD 587 bißen] bu¢¢en BCD
Die Er¢te Abhandelung
Die Palmen aber un¢rer Siegung Sind Ehre/ Reichthumb/ Lu¢t/ Vergnugung.! 23"
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1. Die Tugenden. Jhr thor’chtes Volck/ die ihr der Tugend Licht Die Sonne der Vernunfft nicht einmal konn’t erblicken/ Weil der Begierden Dun¢t’ euch zaubernde be¢tricken/ Wie ¢ahnen uns nach euren Aepffeln nicht/ Die außen Gold/ innwendig A¢che ¢ind. Jhr la¢tert un¢ern Glantz; Alleine konn’t ihr Raben Uns Sonnen anzu¢chau’n wol Adlers-Augen haben? Geh’t/ ¢peiß’t euch nur mit Aeßern Rauch’ und Wind. Wir konnen Wollu¢t-Gifft leicht mißen/ Weil wir der Seele Milch genußen. 2. Die Laster. Welch Nectar kan die Seele mehr erkwicken/ Als Zucker ¢ußer Libes-Brun¢t? Des Himmels Glantz/ den tau¢end Sternen ¢chmucken/ J¢t gegen Ehr’ und Purper neblicht Dun¢t. Kein Honig-thau erfri¢ch’t ¢o dur¢t’ge Saaten; Als Rachgier ¢ich mit Feindes Blutt kuhl’t ab. Jhr Armen muß’t am Unglucks-feuer braten/ Biß un¢er Witz euch bring’t be¢chimpf’t in’s Grab. Wie/ daß euch denn fur Zucker Gallen/ Fur Ro¢en Neßeln ¢o gefallen? 2. Die Tugenden. Weichlinge brenn’t der Keu¢chheit Neßel zwar; Doch ¢ie erhalt die Lilg’ und Bru¢t fur Faul und Flecken. Der Scharlach ¢aug’t mehr Blut der Men¢chen/ als der Schnecken; 598 Vergnugung] Vergnugunng A Vergnugung BCD 598 601 602 608 612 613
Reichthumb] Reichthum BCD Dun¢t’] Dun¢t BCD ¢ahnen] ¢ehnen BCD Seele] Seelen CD genußen] genie¢¢en BCD Purper] Purpur BCD dur¢t’ge] dur¢tge CD
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Agrippina
Der Demuth Kleid bleibt Schwanen-rein und klar. Die Rachgier i¢t ihr eigen Seelen-Wurm. Die Sanfftmuth aber kuhl’t mit Un¢chuld ihr Gewi¢¢en. Die Boßheit hat ihr Gifft ja was bezuckern mu¢¢en; Die ¢till¢te Lufft berg’t Schifbruch/ Wind und Sturm. Zwar Tugend ¢chmeck’t den Lippen bitter/ Doch lab’t ihr Nectar die Gemutter. 1. Die Gerechtigkeit. Ja/ lib¢ten Kinder/ la¢’t euch nicht die Wollu¢t Zirzen ! 24" Ver¢atzen in der wilden Thiere Zunfft. La¢t der Sirenen Lied euch nicht in Abgrund ¢turtzen; Ver¢topff’t das Ohr mit Wach¢e der Vernunft. Schein’t ihr gleich itzt zu leiden/ ¢ie zu ¢iegen; Jhr ¢ol’t doch Lohn; ¢ie aber Straffe krigen. 3. Die Laster. Sol/ die fur uns in Himmel ¢ich gefluchtet/ Auch dort nicht hoch am Brette ¢itz’t/ Weil Jupiter nach uns die Segel richtet/ Ohnmachtig dreu’n? Daß ¢ie ¢traff’t/ lohn’t und ¢chutz’t/ Sind ihrer viel durch dich zum Zepter kommen? Bekronte¢tu das itz’ge Haupt der Welt? Hat Agrippin’ itzt Meyneyd furgenommen? Weil nun dein Arm der Un¢chuld Schutz nicht halt/ Was i¢t dein Schwerdt denn ohne Spitze? Die Wage ¢onder Zunge nutze. 3. Die Tugenden. Ach Gottin/ daß dein Eyfer nicht bald bricht! Denn/ hat die Boßheit gleich den Hencker im gewißen/ Kan Tugend auch gleich Lu¢t im Tod und Kwal genußen 633 leiden] leideu A leiden BCD 638 Ohnmachtig] Ohn machtig AB Ohnmachtig CD 629 640 642 647
die] der CD Bekronte¢tu] Bekronte¢t du CD Weil] Weiln BC genußen] genie¢¢en BCD
¢chutz’t] ¢chu’tzt A ¢chutzt BCD
Die Er¢te Abhandelung
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So full’t es doch der Blinden Augen nicht. J¢t Tugend gleich ihr’ eigne Frucht und Werth; So gonn’ uns doch nur auch der Ehren Zierath-Blatter/ Schick’ auf die Hellen-Zucht einmal ein Unglucks-Wetter So wird das Werck ¢ie lehren: Daß dein Schwerdt Ja ¢chneiden konn’/ und dein Gewichte Nach Wurden abwig’t Straff’ und Fruchte. 2. Die Gerechtigkeit. Brich Hell’ und Himmel auf! ihr Werckzeug meiner Wercke/ Rach’ und Belohnung komm’t/ nehm’t euch mein an. Erofnet aller Welt der großen Gottin Starcke: Daß ¢ie Ge¢tirn’ und Abgrund offnen kan. Jhr mußt mit Blitz auff Sund und La¢ter regnen. Die Tugenden mit Ehren-Krantzen ¢egnen. !25" Die Rachche: Die Erde bricht/ daraus die Rache ¢teiget Gewaffnet aus mit Giffte/ Schwerdt und Glutt. Der Blitz ver¢ehrt’t die Wolcke die ihn zeuget/ Der Abgrund ¢elb¢t fri¢t ¢einen Schlangen-brutt. Der Ehr¢ucht Glutt ¢oll’n grimme Flammen ¢pei¢en/ Der Wollu¢t Gifft durch todlich Gifft vergeh’n/ Die Rachgier fall’t durch ihr ge¢chliffen Ey¢en. Nun werdet ihr/ ihr La¢ter/ ja ge¢tehn: Daß endlich ¢at¢am reiffe Sunden/ Jm Leben Pein/ im Grabe Schimpff empfinden. Die Belohnung. Des Himmels Gun¢t/ der reine Seelen lieb’t/ Und wahre Tugenden mit holdem Aug’ anblicket/ Hat euch durch mich den Lohn/ den ihr verdien’t/ ge¢chicket.
654 Straff’] Straff’- A Straff’ B Straff CD 651 655 656 665
Hellen-Zucht] Hollen-Zucht BCD Hell’] Holl’ B Holl CD komm’t/ nehm’t] kompt/ nembt B Flammen] Flamme BCD
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Agrippina
Empfang’t den Krantz/ die Palmen/ die er gib’t Komm’t/ die ihr euch mit La¢tern nie befleck’t/ Der Warheit Sonnen¢chein tilg’t die Verlaumbdungs Dun¢te/ Der Un¢chuld Zirckel hemm’t der Boßheit Zauberkun¢te. Denn: Daß ihr ja der Tugend Nectar ¢chmeck’t/ Eh’ als ihr ¢olt verfin¢tert leben/ Muß ein Tyrann an’s Licht euch heben.
676 tilg’t] til’gt AB tilgt CD
Die andre Abhandlung
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Die andre Abhandlung. Der Schauplatz ¢tellet fur des Kay¢ers geheimes Zimmer.
Nero. Poppæa.
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Nero. Nun gehet Rom und Uns der Libes-Fruling an/ Der Wollu¢t-Morgen auf/ nun man dich/ Sonne/ kan Jn die¢en Zirckeln ¢chau’n. Wir haben ¢u¢¢e Wunden Von ihren Strahlen zwar abwe¢end ¢chon empfunden; Denn Sonn und Schonheit wurck’t auch/ wenn man ¢ie nicht ¢ih’t; !26" Un¢ichtbahrn Gottern i¢t zu opffern man bemuh’t. Jtzt’ aber brennen wir/ nun der Begierden-Zunder/ Den Uns ihr Lob gebahr/ durch ihrer Blitze Wunder Vollkomlich Flamme fang’t. Hemm’t nu ¢ie/ Schon¢te/ nicht Die Zugel un¢rer Brun¢t/ und ¢teig’t ihr guldnes Licht An Mittag ¢u¢¢er Hold/ muß Nero A¢che werden Durch hei¢¢en Sonnen¢chein der blitzenden Gebehrden. Jedoch/ wer wil nicht ¢eyn von Sonn’ und Glutt verzehr’t/ Die ihres Brandes A¢ch’ in junge Fenix kehr’t? Wird un¢er Hertze gleich die Schonheits-Glutt verbrennen/ Poppeens/ die man muß der Romer Sonne nennen/ Wird doch ihr Anmuths-Strahl mit Zucker-¢u¢¢er Lu¢t/ Mit Bal¢am reiner Gun¢t be¢eelen un¢re Bru¢t.
vor 1 Zimmer] Zimmmer A Zimmer A(Errata)BCD 8 ihr] iha A ihr BCD vor 5 9 14
1 andre] andere BCD wurck’t] wirck’t B wirckt CD fang’t] ¢aug’t B nu] nun CD Fenix] Phoenix CD
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Agrippina
Wir ¢ind in ¢ie verlieb’t/ wir ku¢¢en ihr die Hande/ Sie i¢t mein Sonnen-Rad/ ich bin die Sonnen-Wende/ Sie i¢t mein Norden¢tern/ ich aber ihr Magnet. Du Ab-Gott un¢er Zeit/ mein gluend Hertze ¢teh’t Zum Weyrauch ange¢teck’t; Jch wil mein treues Leben Auff deiner Bru¢t-Altar dir hin zum Opffer geben. Nun/ ¢o eroffn’ uns auch dein Himmli¢ch Heyligthum Der Seele/ deine Bru¢t. Der Sonne gro¢ter Ruhm J¢t; Daß ¢ie allen ¢chein’t. Der Gotter Tempel ¢tehen Dem offen/ der ¢ie ehr’t. Poppee wird erhohen Sich uber Rom und Uns/ wenn ¢ie den Kay¢er lib’t/ Der Lu¢t den Zugel laß’t und uns Vergnugung gib’t. Poppæa. Mein Fur¢t/ mein Herr/ mein Haupt/ ich ¢chatze fur Gebrechen Weil alzu gro¢¢e Gun¢t muß irrig Urtheil ¢prechen/ Was er als Schonheit prei¢’t. Wer ¢chatzt die Dun¢te ¢chon/ Eh’ als ihr neblicht Nichts man ¢icht am Himmel ¢teh’n/ Und ¢ie die Purper-Sonn’ in Regenbogen kehret? Mein Schatten der Ge¢talt wird durch den Glantz verklaret Der hoch¢ten Maje¢tat. Daß nun der Fur¢t diß Gold !27" Schatz’t werther/ als es werth/ ruhm’ ich als hoch¢te Hold/ Und kuß’ ihm Hand und Fuß’. Auch ¢oll zu Dien¢t ihm leben Mein Gei¢t/ und mein Gantz ich/ wie weit uns zugegeben Hat Tugend und Vernunfft. Nero. Die geben alles zu Da/ wo ein Fur¢t was hei¢ch’t. Man thue was man thu/ Der Purper hull’t es ein. Mein Kind/ der Kreis der Zeiten Pfleg’t aus dem Lentz’ uns ja auch in den Herb¢t zu leiten/ 38
Schatz’t] Scha’tzt A Schatz’t B Schatzt CD
19 23 34 35 39 43
die] dir B ange¢teck’t] an¢teck’t B ¢icht] ¢ieht CD Purper-Sonn] Purpur-Sonn CD Hand] Hand BCD Purper] Purpur BCD
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Der Baum trag’t endlich Frucht/ der er¢tlich hat gebluht; Wie daß denn ¢ie/ mein Schatz/ uns Herb¢t und Frucht entziht/ Da wir doch lang¢t von ihr der Libe Bluth’ empfangen. Poppæa. Das Ku¢¢en auff den Mund/ das Spielen auff den Wangen Die Kurtzweil auff der Bru¢t ¢ind Blumen/ die ein Weib Noch brechen la¢¢en kan. Alleine Schooß und Leib Sol frembder Sichel nicht die Saat’ und Erndte gonnen. Die er¢ten Ro¢en wird der Kay¢er ¢amlen konnen So weit ich’s vor gab nach. Hier/ lach¢’t der dur¢t’ge Mund! Hier ¢chwill’t die nackte Bru¢t! Nero. Welch Gei¢t wird hier nicht wund? Welch Men¢ch wil Schiffbruch nicht auff die¢en Klippen leiden? Welch Auge wil nicht hier auff die¢en Nelcken weiden? Die Seelen ku¢¢en ¢elb¢t auff den Rubinen ¢ich! Poppæa. Mein Fur¢t/ zu viel! zu viel!
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Nero. Mein Schatz/ ¢ie ¢atz’t an mich Mit grimmer Spar¢amkeit. Dem/ der ¢chon ein¢t ge¢ogen Der Wollu¢t Mandel-Milch/ wird ja zu fruh entzogen Die ungeleerte Bru¢t. Wer allzu ¢par¢am lib’t Reitz’t nur/ er¢atigt nicht. Poppæa. Mu¢cat und Zimmet gib’t/ !28" Wil man mit Glutt den Gei¢t durch theure Kolben treiben/ Nur Tropffen-weiß’ ihr Oel. Wil Schonheit ¢chatzbar bleiben/ Nicht ¢chlechtes Wa¢¢er ¢eyn/ muß ¢ie ihr Nectar nicht Mit vollem Strom außtheil’n.
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frembder] fremder B lach¢’t] lachtzt CD dur¢t’ge] dur¢tge CD
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Agrippina
Nero. Es wird der Sternen Licht Nicht unwerth/ ob es ¢chon mit tau¢end Augen leuchtet/ Der Monde/ der gleich oft das Feld mit Thaue feuchtet Behalt ¢ein Silber-Horn. Poppee bleibet reich/ Schon/ reitzend/ und ge¢chatz’t/ theil’t ¢ie den Zucker gleich Mir ungemaßen aus. Der Lippe ¢eichtes Liben Wird nach Er¢attigung durch Eckel nur vertriben. Mein Liben aber i¢t gewurtzelt in der Bru¢t Die jedes Glied betheil’t mit angenehmer Lu¢t/ Und vielen Safft bedarf. Wir¢tu dein Kwall’ uns ¢chlußen/ Wird meiner Seelen Pflantz’ alsbald verwelcken mu¢¢en. Schatz/ ach ¢o floß’ uns doch den krafft’gen Bal¢am ein! Wie? oder zweifel¢tu? Daß deine Strahlen ¢eyn Die Fackel un¢er Brun¢t? Des Morders Zutritt fri¢chet Entleibter Wunden auf/ die gleich ¢ind abgewi¢chet. Nicht anders wall’t mein Hertz und treib’t das Blutt empor Jn deiner Gegenwart. Mein Wundenmahl bricht vor An Stirne/ Mund und Bru¢t. Poppæa. Die Wunden/ die die Liebe Verur¢ach’t/ rinnen oft auch von entferntem Triebe. Die Schal¢ucht/ ich ge¢teh’s/ ver¢aug’t den Wollu¢t-thau. Man kußt mit wenig Lu¢t/ die Lippen die noch lau Von frembden Ku¢¢en ¢ind. Jch ¢chwere bey der Seele Des Kay¢ers: Daß ich brenn’ und meines Hertzens Hole Ein heilger Tempel ¢ey/ in dem des Kay¢ers Bild Mein Abgott/ meine Seel’ und was in Adern kwill’t/ Sein brennend Opffer i¢t. Die Andacht aber ¢chwindet/ Wenn Nero einer Magd ¢elb¢t Libes-Oel anzundet/ Den Ambra ¢einer Brun¢t auff Actens Schooß und Bru¢t/ ! 29"
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ver¢aug’t] ver¢ang’t A ver¢augt A(Errata; hier Fehlform mit ver¢anckt wiedergegeben!) ver¢aug’t B ver¢augt CD
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wird] wir C Wir¢tu] Wir¢t du CD zweifel¢tu] zweiffel¢t du CD
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Die Knechten offen ¢tand/ entweyh’t mit ¢chnoder Lu¢t. Der Fur¢t urtheile ¢elb¢t; Jch bin ¢o wol vermahlet Dem Otho/ dem an Muth/ an Pracht das min¢te fehlet/ Die Wollu¢t krantz’t mein Bett/ und Glucke full’t mein Hauß. Diß alles ¢chlag’ ich ja muthwillig von mir auß/ Ver¢chutte Gluck’ und Eh’ erwerbe Schimpf und Haßen. Denn Otho mich nicht mehr wird zwey drey Nachte laßen Jn frembden Armen ruh’n. Und ich erlange kaum (Nach dem die Magd zuvor den Kern genaß) den Schaum Von ¢einer Anmuths-Milch. Mein Fur¢t/ auch edle Steine Verlieren Werth und Preiß/ mach’t man ¢ie zu gemeine. Jm Koth vertirb’t die Perl’/ ein Spiegel wird verterb’t Durch ein beflecktes Aug’/ ein Turckis wird entfarb’t Jn ein nicht-reiner Hand. Nero. Der Eifer i¢t ein Zeichen Nicht ungefal¢chter Gun¢t: Wind/ Schatten muß ihm weichen Wenn der Verdacht ihr nichts fur Nebenbuhler halt. Mein Engel/ glaube doch: Daß keine Magd gefallt Dem/ der Poppeen lib’t: (Wo Koniglich Geblutte Auch eine Magd ¢ol ¢eyn.) Des Kay¢ers gantz Gemutte Ziel’t nur/ mein Zweck/ auff dich. Du ha¢t ja das Ge¢chooß Der Liebes Mutter ¢elb¢t furlang¢t gegurtet loß/ Umb durch den Pfrit¢ch- und Pfeil dein Antlitz außzuru¢ten. Solt’ Acten denn mit dir zu kampffen wol gelu¢ten? Sorg’¢t aber du/ mein Licht: ich la¢chte frembde Brun¢t/ Es were dir zu kalt die ¢chon zertheilte Gun¢t; So laße doch mein Werck dir meine Krafte zeugen. Das Opffer meiner Hold wird wie die Flamm’ auf¢teigen/ Wo du diß Bette wir¢t zum Tempel widmen ein/ Die Bru¢te zum Altar. Du ¢elb¢t mag¢t Gottin ¢eyn Und Liebes-Pri¢terin.
105 vertirb’t] verdirbt CD 119 zeugen] zeigen CD
verterb’t] verderb’t B verderbt CD
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Agrippina
Poppæa. Wenn ich das An¢eh’n hette Der Gottheit/ wurd’ er nicht auf ungeweihtem Bette !30" Verlangen Lieb und Lu¢t. Was hallt den Kay¢er an/ Daß er Poppeens Seel’ ihm nicht vermahlen kan? Mißfall’t ihm die Ge¢talt? ihr redliches Gemutte? Und daß ¢ie fruchtbar i¢t? J¢t irgens ihr Geblutte Nicht edel? Da ihr Haus mit ¢o viel Ahnen glantz’t/ Die Rom in Ertzt geprag’t/ mit Lorbern hat bekrantz’t. Was hindert ihn/ mein Fur¢t/ den Ab¢chied der zugeben/ Die ihn nur haß’t/ und die ins Ehbett’ aufzuheben/ Die ihn ¢o hertzlich lib’t? Es bricht der Thranen-Thau Fur Wehmuth bey mir aus/ wenn ich den Kay¢er ¢chau/ Und wie er als ein Kind ¢ich laß’t die Mutter leiten. Jch ¢chwere: Daß ¢ie mir hat la¢¢en Gifft bereiten. Doch klag ich die¢es nicht/ nur: Daß ¢ie Reich und Macht Dem Kay¢er aus der Hand zu winden i¢t bedacht/ Ja ihm Ge¢atze ¢chreib’t. Der Kay¢er muß mich la¢¢en Weil Agrippine wil. Da nun nur giftig’s ha¢¢en Und ein vergalltes Weib ihm ¢ol vermahlet ¢eyn/ Was ¢chleu¢t der Kay¢er denn mich fruchtloß bey ihm ein. Er la¢¢e mich doch nur des Otho Ehweib bleiben/ Jch kan mit ihm die Zeit mit mehrer Lu¢t vertreiben/ Entfern’t von Rom und ihm/ da ich des Kay¢ers Schmach/ Wie er ¢o gar zu viel den Weibern gebe nach/ Zwar hor’n/ nicht ¢ehen muß. Nero. Jch muß mein Kalt-¢eyn ¢chelten/ Und mein hellodernd Hertz muß durch viel Pein entgelten/ Der lang¢amen Geduld/ in dem ein bloßer Kuß/ Der Vor¢chmack wahrer Lu¢t/ mich nur vergnugen muß. 132 haß’t] ha’ßt A ha¢t A(Errata)B haßt CD 128 131 132 133 138
irgens] irgends CD ihn] ihm BCD ihn] ihm B ihn] ihm B winden] wenden CD
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Jedoch ich bin vergnug’t/ wenn ich den Blitz der Augen Die Flammen/ die ich muß aus den Korallen ¢augen Der Lippen/ fur dißmal im Schnee-Gebirge mag Der Bru¢te kuhlen ab. Jch wil noch die¢en Tag Zu beyder Heil und Lu¢t den fe¢ten Grund-¢tein legen. Wir ¢eh’n/ je ¢anfter wir der gift’gen Natter pflegen/ Je ¢charffer ¢ticht ¢ie uns. Man ¢chatzet fur Gewien Die Wurtzeln/ die den Safft den Stammen ¢elb¢t entziehn/ Die Mutter die ihr Kind ¢elb¢t todtet/ zu vertilgen. !31" Wir rotten Di¢teln aus und pflantzen edle Lilgen/ Wenn fur Octavien Poppee wird erwehl’t. Poppee/ welcher nur noch Eh’ und Zepter fehl’t. Jch wiedme beides dir. Jn de¢¢en wolln wir ¢innen Des Otho ¢cheles Aug’ er¢prußlich zu gewinnen. Sie ¢ag’ ihm: Daß er uns noch heute ¢ehen muß. Jedoch ge¢egne ¢ie uns noch durch einen Kuß.
Nero. Paris.
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Nero. Es i¢t ja Seelen-Lu¢t die Mund-Korallen ku¢¢en! Doch ach! Daß umb die Frucht ge¢altz’ne Wellen flu¢¢en/ Die nur zu mehrerm Dur¢t die Ku¢¢enden reitzt an! Schau’t! Wie ¢ie Zauberin Uns nicht ver¢tricken kan! Sie laß’t die Bluth’ uns nur der guldnen Aepffel ¢chmecken/ Umb un¢rer Seele nur mehr Hunger zu erwecken. Der Liebe ¢u¢¢es Meer i¢t eine Wunder-flutt/ Jn der der ¢eichte Schaum der Lippen nur die Glutt Der Liebes-Brun¢t ¢teck’t an. Wo ¢chon die Flamme ¢pielet/ Wird die Begierde nur in tieffer Schooß gekuhlet. O Sonne meiner Seel! ach! daß dein holder Schein So brennet/ und doch nur wil lang¢am fruchtbar ¢eyn? Wo reiffe Wollu¢t-Frucht gleich ¢paten Datteln gleichet; 156 164 168 172 174
wir] mir BCD er¢prußlich] er¢prießlich BCD umb] umb BC un¢rer] un¢re BD ¢eichte] ¢euchte B feuchte CD
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Agrippina
Hab’ ich doch lang¢t den Herb¢t der hundert Jahr erreichet Jm Wachsthum meiner Gun¢t/ weil Lieben eine Nacht/ Ja einen Augenblick zu einem Jahre mach’t. Paris. Mein Fur¢t/ er ¢elb¢t i¢t Schuld. Wenn man wil Fruchte zeigen/ Wird wilder Stamme Raub getilg’t an edlen Zweigen. Der Kay¢er lib’t und reitz’t Poppeen ohne Frucht/ Weil Agrippinens Haß/ des Ehmanns Eifer-¢ucht Octaviens Verdruß ihr Eh’ und Thron entzihen Als Wurtzeln/ ohne die ihr Liben nicht wird bluhen. Poppee brenn’t ¢o ¢ehr als er; Sie ¢tell’t ¢ich kalt Wol wi¢¢end: Daß ¢o lang’ alleine die Ge¢talt Der Schonen/ ¢ey ein Port/ biß nach erlangtem Bitten Verlibter letzter Lu¢t den Schifbruch hat erlitten. !32" Wenn bei¢t ein ¢chlauer Fi¢ch an leeren Angeln an? Wo man ¢ie fangen wil/ ¢o gib’t man was man kan. Nero. Wie kan man aber Eh’ und Thron ihr fuglich geben/ Ja ¢ie aus frembdem Bett’ in un¢re Schoß erheben? Paris. J¢t diß wol fragens werth? Was hat fur Fug und Recht Der nicht/ der Zepter tragt? Welch Recht wird auch ge¢chwacht/ Wenn er Octavien/ weil ¢i unfruchtbar/ trennet/ Und die nimm’t/ die man ¢chon als fruchtbar hat erkennet? Nero. Wie/ wenn ¢ich Agrippin’ Octaviens nimm’t an?
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Paris. Man breche mit Gewalt/ was ¢ich nicht beugen kan. Sie ¢age: Was der Fur¢t hier ¢eltzames begehe. Augu¢t nam Livien noch ¢chwanger ihm zur Ehe. Ja Otho ¢elb¢t entzog Poppeen dem Cri¢pin. 184 Zweigen.] Zweigen A Zweigen. B Zweigen; CD 196 frembdem] frembden BC
un¢re] un¢ren CD
Die andre Abhandlung
Nero. Fur was wird Otho diß ihm anzih’n? Paris. Fur Gewien: Daß eine Kay¢erin aus ¢einem Bette ¢teige. Nero. Ein Baum verlier’t den Preiß der fortgepfropfften Zweige.
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Paris. Der Nero hielt’s fur Ruhm/ als er mit hoch¢ter Lu¢t Als Vater/ nicht als Mann verlobte dem Augu¢t Sein Ehweib Livien. Ein Freund-¢tuck zu bezeugen Gab Cato dem Hortens die Martie zu eigen. Ja/ was wil Otho ¢on¢t/ wenn er ¢o oft die Frau Lob’t und nach Hofe ¢chick’t? als: Daß ¢ie Nero ¢chau’ Und Libes-Zunder fang? Jn dem er wol ver¢tehet; Daß auch durch bloßen Blick der Keu¢chheit Schnee zergehet. Denn ein be¢trahltes Aug’ i¢t Mutter der Begier. Ein Weib und Pferd ¢teht feil/ wenn man ¢ie reitet fur. Ge¢atzt auch: Otho weiß kein Auge zu zudrucken/ Kan man ihn unter’m Schein der Ehre nicht ver¢chicken? Man kauff’ ihm ab ¢ein Weib umb eine Land-Vogtey. Nero. Ja recht! ein kluger Rath! Was i¢t fur eine frey? Paris. Durchlauch¢ter/ Portugal. Nero. Wol! wir woll’ns ihm vertrauen. !33" Man ¢ag’ ihm: Otho ¢ol ¢chnur-¢tracks den Kay¢er ¢chauen. 208 fortgepfropfften] fortgepfrofften A fortgepfropfften BCD 206 Gewien] Gewin CD 218 feil] fe¢t CD 223 Durchlauch¢ter] Durchlaucht¢ter CD
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Agrippina
Der Schauplatz verandert ¢ich in einen Spatzier-Saal.
Agrippina. Octavia. Burrhus. Seneca. 225
Agrippina. J¢t’s moglich: Daß Uns ¢chon ein grimmer Wetter trifft? Octavia. Ja/ was der Sturm nicht ¢chaff’t/ vollbring’t Sirenen-Gifft. Agrippina. Wag’t ¢ich Poppee denn ¢chon in des Kay¢ers Bette? Octavia. Gantz ¢icher/ unverdeck’t. Sie i¢t die Hoch¢t’ am Brette. Agrippina. Diß i¢t der Weg zur Eh’/ und Staffel auf den Thron.
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Octavia. Ach ja! ich ¢ehe mich im Schimpff’ und Tode ¢chon. Agrippina. Die Natter wird auch uns nicht unge¢tochen la¢¢en. Octavia. Ach! Daß ich unbe¢chimpff’t nur konte bald erbla¢¢en! Agrippina. Mein Kind/ der Nachen hilf’t oft/ wenn das Schiff gleich bricht. Octavia. Wo keine Nachen ¢ind/ entkomm’t der Klug¢te nicht.
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Agrippina. Vermochte Burrhus nicht den Schiffbruch abzuwenden? 225 moglich] muglich CD
grimmer] grimmes BCD
Die andre Abhandlung
Octavia. Er und der Seneca hat’s Kay¢ers Hertz’ in Handen. Agrippina. Durch ¢ie muß man der Brun¢t Poppeens beugen fur. Octavia. Wofern es nicht zu ¢pat: Jch warte beider hier. Agrippina. Durch ¢ie kan man die Schlang’ in ihrer Wige dampffen. !34"
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Octavia. Wo ¢ie ¢o keck nur ¢ind Poppeen zu bekampffen. Agrippina. Wie? i¢t ¢ie mehr als wir? ¢ie fertigten uns an. Octavia. Hier/ nun ein Hurenbalg mehr als die Mutter kan. Agrippina. So weiß ich: Daß hierzu die Tugend ¢ie verbinde. Octavia. Wer heng’t bey Hofe nicht den Mantel nach dem Winde?
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Burrhus. Was hat die Kay¢erin uns beyden zu befehl’n? Octavia. Diß: Daß ihr Artzney mog’t fur arg¢tes Gifft erwehl’n.
244 heng’t] hengt’t A heng’t B hengt CD 244 Mantel] Mandel BC
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Agrippina
Seneca. Princeßin/ was fur Gifft ¢ol un¢er Artzney heilen? Agrippina. Die/ die Poppeens Brun¢t wil euch und uns zu theilen. Burrhus. Sie melde/ was ¢ie druck’t. Wir bitten ihr die Hand.
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Octavia. Mach’t ihren Ehbruch ihr euch ¢o ¢ehr unbekand? Seneca. Sie furchte ¢onder Grund den Kay¢er diß zu zeihen. Agrippina. Die Sonnen-helle That kan uns ¢chon Grund verleihen. Burrhus. J¢t ihr Bekantnus dar? Sind Zeugen die¢er That? Octavia. Es zeugt’s: Daß Nero ¢ich mit ihr ver¢chlo¢¢en hat.
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Seneca. Mehr als zu ¢chwacher Grund in ¢o ¢ehr ¢chwerer Sache. Agrippina. Was ¢chaff’t ein geiles Weib in frembdem Schlaf-Gemache! Burrhus. Ein eyfernd Auge macht ¢tets den Verdacht ¢o groß. Octavia. Jhr gleich¢am gla¢ern Kleid entblo¢te Bru¢t und Schooß.
249 bitten] bieten BCD 253 Bekantnus] Bekantniß C Bekanntniß D
Die andre Abhandlung
Seneca. Man gib’t nicht leichtlich Gifft in ¢ichtbaren Ge¢chirren.
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Agrippina. Man muß die Vogel ja durch ¢chone Beeren kirren. Burrhus. Weiß ¢ie Poppeen ¢on¢t zu ¢agen nichts nicht nach? !35" Octavia. Jhr gluhte Stirn’ und Ohr als ¢ie ¢ich ¢ein entbrach. Seneca. Sie ¢elb¢t/ Octavie/ hat Schuld/ i¢t was ge¢chehen. Octavia. Hilf Himmel! Wil man ¢o die La¢ter auff uns drehen?
265
Seneca. Sie lock’t den Kay¢er nicht liebreitzende zur Lu¢t. Agrippina. Was Libreitz bey ihm gilt/ i¢t leider! uns bewu¢t. Seneca. Wie hett’ ihr ¢on¢t Poppe’ im Liben abgewonnen? Octavia. Man ¢iht begieriger Cometen an/ als Sonnen. Burrhus. Wie? Daß der gantze Hof denn ihr ¢chal’ Antlitz haß’t?
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Agrippina. Wer haß’t die nicht/ auff die der Kay¢er Schal¢ucht faß’t. Seneca. Der Sanftmuth Zucker muß der Fur¢ten Unhold lautern.
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Agrippina
Octavia. Die Natter ¢auget Gifft aus Zucker-¢u¢¢en Krautern. Burrhus. Miß’t ¢ie dem Ehgemahl der Nattern Wurckung bey? Octavia. Ach! Daß er grimmer nicht als grimme Nattern ¢ey!
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Seneca. Die Eyfer-¢ucht verkehr’t zu Mitternacht den Schatten. Agrippina. Jhr ¢ollet nichts/ was uns zu Eyfer reitz’t/ ge¢tatten. Seneca. Man muß den Fur¢ten oft was durch die Finger ¢eh’n. Octavia. Wenn diß in La¢tern gilt/ ¢o i¢t’s umb uns ge¢cheh’n. Burrhus. Geduld! Poppeens Gun¢t wird nicht ¢o lange bluhen.
280
Octavia. Biß man das Purpur-Kleid uns aus/ ihr an- wird zihen. Seneca. Gebrauchte Schonheit wird ein Ro¢en-leerer Strauch. Octavia. J¢t Acte libes Kind nicht noch nach dem Gebrauch? !36"
vor 275 Seneca] Seuec. A Senec. BCD 273 Wurckung] Wirckung BCD 278 umb] umb BCD
Die andre Abhandlung
Burrhus. Sie aber Kay¢erin. Was eyfert ¢olche Wurde? Octavia. Der Stand/ den Sorg’ und Ang¢t be¢chwer’t/ i¢t La¢t und Burde.
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Seneca. Sorg’t ¢ie ¢o ¢ehr: Daß ihr die Hand-voll Lu¢t entgeh’t? Agrippina. Nein! Daß Poppee ¢chon halb auf dem Throne ¢teh’t. Burrhus. Sie wollen beyde ¢ich des Argwohns doch ent¢chutten. Octavia. Was kan ein geiles Weib bei’m buhlen nicht erbitten? Seneca. Erwarb der Acte Brun¢t ihr ¢o un¢chatzbarn Lohn?
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Agrippina. Jhr Knechti¢ch Uhr¢prung war zu niedrig auf den Thron. Burrhus. Sie ¢ol den Attalus zu ihrem Ahnen haben. Agrippina. So tichteten die/ die erkaufftes Zeugnus gaben. Seneca. Sie ta¢ten mit Gefahr des Kay¢ers Zepter an. Agrippina. Ha! Daß ein Wei¢er noch die La¢ter loben kan!
284 Der] Den BCD 291 ihrem] ihren BCD 292 Zeugnus] Zeugniß CD
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Agrippina
Seneca. Sie ¢age ¢elber es dem Kay¢er in’s Ge¢ichte. Agrippina. Er dencke: mit was Ruhm er ¢o ¢ein Ampt verrichte? Burrhus. Was gibet Nero mehr auf Uns und un¢ern Rath? Agrippina. Nichts; Weil er Pferden Sold/ wie euch ge¢atzet hat. Burrhus. Sie dulde/ was ¢ie nicht i¢t machtig zu verwehren.
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Agrippina. Soll’n wir ¢chau’n zu/ biß uns die Flamme wird verzehren? Seneca. Wer Fehler rucket fur/ geu¢t Oel in Brand und Glutt. Octavia. Wer/ wenn er kan/ nicht wehr’t/ i¢t arger/ als der’s thut. Seneca. Ja! Diener ¢oll’n auch Schuld an Brand und Hagel haben. Agrippina. Diß Nach¢eh’n wird euch ¢elb¢t noch eine Grube graben.
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Seneca. Fuhl’t ihre Mutter-Bru¢t nicht Kinder-Libe mehr? Agrippina. Wer ¢ehr lib’t/ wenn er lib’t/ haß’t/ wenn er haß’t/ auch ¢ehr. ! 37" Burrhus. Wir woll’n dem Kay¢er treu’ auch bei Verfolgung bleiben.
Die andre Abhandlung
Agrippina. Wenn er fur euren Dien¢t euch wird den Blutt¢pruch ¢chreiben. Seneca. Jch merck’s/ wohin ¢ie lock’t. Nicht hoffe: Daß man’s thut.
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Agrippina. So komm’t denn umb/ weil ihr nicht la¢chen woll’t/ die Glutt! Octavia. Hilf Himmel! Nun entfall’t uns un¢er be¢tes Hoffen. So i¢t’s/ der Ro¢en-Haupt/ der Hauchler Ohr ¢teh’t offen Nur/ wenn der ¢anfte We¢t belibter Zeitung ¢treich’t. Ja/ wer durch La¢ter nur des Kay¢ers Gun¢t erreich’t/ J¢t Abgott auf der Burg. Poppee muß ja ¢iegen/ Weil Niemand von ihr wil ein ¢auer Auge krigen. Agrippina. Mein Kind/ wenn uns der Wind nicht wil in Hafen fuhr’n; So muß der Armen Fleiß die ¢chweren Ruder ruhr’n. Man ¢uche forder¢am¢t dem Otho zu entdecken: Poppee pflege ¢ich durch Ehbruch zu beflecken. Octavia. Wir haben Wind: Daß ihn der Fur¢t noch die¢en Tag/ Damit ¢ein geiles Weib frey ¢icher buhlen mag/ Von hier entfernen wird. Man hat ihm ¢chon befohlen: Zu kommen auf die Burg den Ab¢chied abzuholen.
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Agrippina. Er muß bey uns vorbey in’s Kay¢ers Zimmer geh’n.
308 wird] wird’ A wird BCD 317 fuhr’n] fuhr’n A fuhr’n B fuhrn CD 310 umb] umb BCD
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Agrippina
Octavia. Gleich komm’t er. Agrippina. Wol! auf ihm ¢chein’t un¢er Heil zu ¢teh’n.
Agrippina. Otho. Octavia. Agrippina. Wohin eil’t Otho ¢o? Otho. Jch ¢ol den Kay¢er ¢chauen. Octavia. Verlang’t den Kay¢er mehr nach dir/ als deiner Frauen? Otho. Was gehet meine Frau Sie und den Kay¢er an?
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Octavia. Vielleicht ihn mehr als dich. Daß er ¢ie ku¢¢en kan. ! 38" Otho. Wie mag ihr ¢olch Verdacht umbnebeln das Ge¢ichte? Agrippina. Sag’t/ was ¢ie wichtiges beim Kay¢er ¢on¢t verrichte? Otho. Ge¢atz’t/ er ku¢¢e ¢ie. Ein Kuß mach’t keinen Fleck. Octavia. Des Ku¢¢ens Pfeile ziel’n auff einen fernern Zweck. vor 327 Agrippina] Agripppina A Agrippina BCD 326 komm’t] kommt CD
Die andre Abhandlung
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Otho. Von keu¢chen Seelen wird kein ferner Wun¢ch vergnuget. Agrippina. Ein Weib bleib’t keu¢ch/ biß ¢ie zur Untreu Anlaß krieget/ Otho. J¢t diß der Weiber Ruhm? Wer wil euch ferner trau’n? Octavia. Candaulens Frau blieb keu¢ch/ biß daß er ¢ie ließ ¢chau’n. Otho. Was nutz’t ein Schatz/ den man Niemanden darf entdecken
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Agrippina. Der klar¢te Spigel krig’t von geilen Augen Flecken. Otho. Der Sternen Glantz bleib’t rein/ ¢ih’t ¢ie gleich alle Welt. Octavia. Glaubt: Daß nichts Jrrdi¢ches des Himmels Farben hallt. Otho. Was i¢t der Perlen-Schnee in Schnecken-Mu¢cheln nutze? Agrippina. Kein Eßig fal¢ch’t ¢ie nicht im Mutterlichen Sitze.
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Otho. Wer wil ¢ein Weib allzeit in’s Zimmer ¢chlu¢¢en ein? Octavia. Man mache ¢ie nur nicht bey Fur¢ten zu gemein.
345 ¢chlu¢¢en] ¢chlie¢¢en BCD
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Agrippina
Otho. Es bringet Ehr und Ruhm bey Fur¢ten ¢eyn ge¢ehen. Agrippina. Wer hoch ge¢eh’n ¢eyn wil/ muß la¢¢en viel ge¢chehen. Otho. Des Eh¢tands heilig’s Band be¢chutz’t ¢ie fur Gefahr.
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Octavia. Schutzt die Chry¢eis doch nicht Jnfel/ nicht Altar. Otho. Poppeens Tugend kan nicht au¢¢er Schrancken gehen. !39" Agrippina. So geht’s: Wer Horner trag’t/ der ¢iht ¢ie ¢elb¢t nicht ¢tehen. Otho. Ge¢etz’t/ ich truge ¢ie; Was fragen ¢ie darnach? Octavia. Uns jammert: Daß er ¢o geduldig trag’t die Schmach.
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Otho. Was wolten ¢ie mich denn hierfur fur Artzney lehren? Agrippina. Des Thaters Blutt wa¢ch’t nur das Brandmal ab der Ehren. Otho. So wurde Rom bald leer/ die Welt voll Leichen ¢eyn. Octavia. Be¢chimpfung wird kein Ruhm/ i¢t ¢ie gleich noch gemein.
348 ¢eyn] ¢ey C 354 geduldig] gedultig C
Die andre Abhandlung
Otho. Des Weibes That kan nicht dem Manne Flecken brennen.
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Agrippina. Wie? Daß diß jedes Kind pfleg’t hoch¢ten Schimpf zu nennen? Otho. Ein Weib ¢atz’t weder uns in Ehren/ noch in Schimpf. Octavia. Gar recht! man lock’t den/ der uns ¢chimpff’t/ durch ¢olchen Glimpf. Otho. Man nimm’t ein Weib zur Lu¢t/ nicht umb des An¢eh’ns willen. Agrippina. Das Wollu¢t-Bette glantz’t mehr mit den Purperhillen.
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Otho. Der Mohnd’ empfang’t/ und gib’t der Sonnen gar kein Licht. Octavia. Verfin¢tert aber er den Mann/ Die Sonne nicht? Otho. Der Anmuth-Strahl vertreib’t leicht alle Fin¢ternuße. Agrippina. Vergallter Reben-¢aft wird nimmermehr recht ¢u¢¢e.
360 pfleg’t] pfle’gt A pfleg’t B pflegt CD 363 An¢eh’ns] An¢ehn’s AB An¢ehns CD 365 gib’t] gibt’t A gib’t A(Errata) gieb’t B giebt CD 361 in Ehren] zu Ehren BCD 363 umb] umb BC 364 Purperhillen] Pupurhillen BCD
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Agrippina
Otho. Schau’t: Wie des Monden Haupt ¢ich oft mit Hornern krantz’t.
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Octavia. Er leuchtet mehr/ wenn er mit vollem Silber glantz’t Otho. Uns aber kan kein Weib mit mehrer Lu¢t ergatzen/ Die gleich nur einen lib’t. Aus allzeit-reichen Schatzen Kan man ihr viel betheil’n. Wer arm von eignem Ruhm/ Such’t aus des Weibes Werth nur frembdes Eigenthum. !40" Einfaltige! was ¢ol ich eyfern und beweinen Die Strahlen ¢u¢¢er Lu¢t/ daß ¢ie auch andern ¢cheinen? Glaub’t ¢icher: Mir entgeh’t der Wollu¢t-Fruhling nicht; Ob Nero gleich zur Zeit Poppeens Ro¢en bricht. Jhr Himmli¢ch Antlitz kan mich und auch ihn be¢trahlen. Ein ¢chones Weib i¢t ja/ die tau¢end Zierden mahlen/ Ein unverzehrlig Ti¢ch/ der ihrer viel mach’t ¢att. Ein unver¢eigend Kwall/ das allzeit Wa¢¢er hat/ Ja ¢u¢¢e Libes-Milch; Wenn gleich in hundert Rohre Der linde Zukker rinn’t. Es i¢t der Unhold Lehre/ Des ¢chelen Neides Art/ wenn andern man verwehr’t Die Spei¢e/ die ¢ie lab’t/ ¢ich aber nicht verzehr’t. Wer zurnet: Daß das Rad der Sonnen andern leuchtet? Daß des Gewolckes Schwamm auch frembde Wi¢en feuchtet? Was ¢olt’ ich denn mein Licht Poppeen ¢chal ¢eh’n an: Daß ¢ie das Libes-Oel/ das ich nicht brauchen kan/ Floß’t frembden Ampeln ein? Octavia. Hilf Himmel ich er¢chrecke: Daß ein ¢o Knechti¢ch Gei¢t in einem Romer ¢tecke. 369 krantz’t] kran’tzt A krantz’t B krantzt CD 375 Verszahl fehlt A, in Errata ergänzt 379 Antlitz] Antzlitz A Antlitz BCD 372 reichen] reichem B 377 Glaub’t] Glaub’t B Glaubt CD 392 einem] einen B
Die andre Abhandlung
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Wird der ¢o kluge Schluß itzt ein verachtlich Traum: Jm Ehbett’ und im Thron’ hat kein Gefarthe Raum? Verkennt ¢ich die Natur: Daß auch ein Staub ver¢ehre/ Ein anruhr’n thue weh den Augen und der Ehre? Zu dem weiß Otho nicht/ in was die Anmuth ¢teck’t? Das Ku¢¢en/ wenn der Mund nach frembden Speichel ¢chmek’t J¢t Unlu¢t/ Eckel/ Gifft. Die ¢chon¢ten Lilgen taugen Den reinen Bienen nicht das Honig außzu¢augen/ Auf die ein Kefer hat den geilen Koth ge¢chmier’t/ Wo ¢ich die We¢pe ¢pei¢’t. Halß/ Bru¢t und Schooß verlier’t Durch Ehbruch allen Trieb. Otho. Diß uberrede Kinder: Daß ¢ich der Schonheit Reitz durch fremdes Liben minder’. Jch halt’s fur einen Ruhm des Kay¢ers Schwager ¢eyn. Ja glaub’t: Daß diß der Brun¢t mehr Libes-Oel floß’t ein; ! 41" Daß Nero die/ (von der ich ¢tundlich kan genußen Den Wollu¢t-reichen Strom) nur darff zu weilen ku¢¢en. Ge¢atzt: Daß un¢er Ehr’ auch werde was befleck’t/ Wenn eine Frau die Schoos gemeiner Lu¢t entdeck’t; Der Sonne krafftig Blitz tilg’t alle Nebels-Dun¢te/ Zeucht alle Flecken aus. Von Fur¢ten kleb’t das min¢te Verkleinerliches an. Ja was ¢chatz’t der gar viel Ein Weib/ des Pofels Ruff/ der ¢ich im Gipffel wil Geehrter Wurden ¢eh’n. Aus Hoffnung kunfft’ger Hohe/ Trug Macro Ennien zur Wollu¢t und zur Ehe/ Dem kunfft’gen Fur¢ten an. Warumb ruck’t man denn mir Daß/ der ¢chon Kay¢er i¢t/ Poppeen ku¢¢e/ fur? Die Ehr’/ in welche mich die hohen Aempter heben/ Die Lu¢t/ die Nerons Ti¢ch’ und Schauplatz mir kan geben/ Bezahlen reichlich mir den wenigen Verlu¢t.
404 fremdes] frembdes BCD 414 im] in BCD
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Agrippina
Agrippina. Welch Traum verwirr’t dein Haupt/ welch Wahnwitz deine Bru¢t? Wil¢tu von Di¢teln Frucht/ von Schlangen Gun¢t erlangen? Du wir¢t zur Bluthe Schimpff/ zur Frucht den Tod empfangen. Diß ¢tiftet/ der durch Gifft verzuckert-¢u¢¢er Gun¢t Den man bring’t zur Geduld/ ¢ein Weib zu bo¢er Brun¢t. Ruhm¢tu dich: Daß der Fur¢t mit Aemptern dich berucket? Man ¢per’t die Vogel ein/ die man nicht bald erdrucket; Diß guldne Keficht zeucht den Untergang nach ¢ich. J¢t dir noch nicht bewu¢t; Warumb der Kay¢er dich Nach Hofe fordern laßt? Otho. Jch ¢ol an Tagus rei¢en.
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Agrippina. So pfleg’t man unter’m Schein der Ehren zu verwei¢en Den/ der des Kay¢ers Lu¢t ¢ol keinen Eintrag thun. Wo anders tolle Brun¢t es laß’t hierbey beruh’n. Denn wer vom Hofe komm’t/ komm’t endlich auch vom Leben. Kan Clytemne¢tre dir kein bluttig’s Bey¢piel geben? Ein Weib/ ver¢ichre dich/ daß Eh’ und Eyde bricht/ !42" Halt Blutt-Beil/ Gift-Glaß/ Dolch fur kein Verbrechen nicht. Otho. Jch wil auff ihre Treu’ auf’s Kay¢ers Gnade hoffen. Jch muß zum Kay¢er eil’n/ das Vorgemach ¢teh’t offen; Agrippina. Geh hin! Wer ¢elb¢t ¢ich ¢turtz’t i¢t nicht bejammerns werth. Wo aber wird von uns das Segel hingekehr’t? Umb das Sirenen-Lied Poppeens zu umb¢chiffen? Es werde der Magnet der La¢ter nur ergriffen/ Nach dem uns der Compaß der Tugend irre macht. Nur Muth! Durch Kuhnheit wird gefahrlich Ding vollbracht. 427 442 443 444
Ruhm¢tu] Ruhm¢t du CD das] da D Umb] Und BCD ergriffen] ergreiffen B
Die andre Abhandlung
Der Schauplatz verandert ¢ich ins Kay¢ers Gemach.
Nero. Otho. Paris.
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Nero. Mein Freund/ dir un¢re Gun¢t nun wurcklich kund zu machen/ Und daß wir fur dein Heil ¢o wie fur un¢ers wachen/ Sol un¢er itzig Schluß ein kraftig Zeugnus ¢eyn/ Der in gantz Portugal dich ¢atz’t zum Land-Vogt’ ein. Nimm Schwerdt und Gurtel hin/ als Zeichen deines Standes. Die Vollmacht: und/ nach dem der Zu¢tand ¢elbten Landes Nicht kan ¢ein Haupt entpehr’n/ ¢o muß noch die¢en Tag Die Rey¢e ¢eyn be¢tell’t. Dein Weib Poppee mag/ So viel ihr Hauß vergonn’t/ in-des zu Hofe leben.
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Otho. Daß ihre Maje¢tat mich zu der Wurd’ erheben/ J¢t kein gemeiner Strahl des Kay¢ers Gnade nicht. Jch opffere dafur/ Gehor¢am/ Treue/ Pflicht; Und wun¢che: Nerons Hauß mog’ ewig ¢ieghaft bluhen. Wie aber? Darf mit mir nicht auch Poppee zihen?
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Paris. Der Frauen Zartligkeit ¢aum’t Rei¢en allzu¢ehr: Zu dem i¢t Nerons Schluß: Daß kunftig Niemand mehr/ !43" Dem man ein Land vertrau’t/ ¢ein Weib ¢ol mit ¢ich fuhren. Der Kuhn¢te muß durch ¢ie oft Hertz und Muth verliehren. Wenn es zum Treffen komm’t. Schein’t aber Gluck und Ruh/ So eignet ¢ie wol gar ihr Heer und Lander zu/ Schatz’t Volcker/ mu¢tert Volck/ gib’t Sold nach ihrem Willen. Uns denck’t: Daß ¢ich ein Weib ein gantzes Heer zu ¢tillen Jm Aufruhr unter¢tand. Wenn ¢traff’t der große Rath
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Zeugnus] Zeugnis B Zeugniß CD ¢elbten] ¢elben CD entpehr’n] entbehrn CD komm’t] komm’t B kommt CD ihrem] ihren B
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Agrippina
Je einen: Daß er Land und Volck er¢chopffet hat/ Da nicht das Weib mehr hat der Lander Schweis erpre¢¢et? Jhr Geld-Dur¢t ¢auget aus/ was Ehr¢ucht ubrig la¢¢et/ Nach dem des Oppius Ge¢atz’ i¢t abgebracht/ Das aber von ¢tund-an der Kay¢er giltig macht. Otho. Der Vorwelt raue Zeit bedorffte raue Lehren. Jetzt aber nun die Welt demuttig Rom muß ehren/ Nun nichts als Friede bluh’t/ ¢o ¢chein’t es was zu ¢charf: Daß kein belibtes Weib dem Manne folgen darf. Wordurch wird/ wenn man itzt komm’t Krafft-loß aus den Schlachten Wenn Sorg und Rathhauß uns hat la¢¢en halb ver¢chmachten Das lach¢ende Gemutt’ erfreulicher erfri¢ch’t; Als wenn der Lieb¢ten Hand uns Schweiß und Staub abwi¢ch’t. Ge¢atz’t: Daß eine/ zwey/ und mehr oft was verbrochen/ Wie kan auf aller Hals das Urtheil ¢eyn ge¢prochen? Die Manner haben Schuld an allem/ was ge¢cheh’n/ Die ihnen allzuviel mei¢t durch die Finger ¢eh’n. Der Weiber Schuld reich’t uns an La¢tern nicht den Schatten. Wie? Daß man gleichwol uns pfleg’t Lander zu ver¢tatten. Und Uns zu Hauptern ¢atz’t? Zu dem ¢o traget man !44" Der ¢chwachen Frauen Gun¢t fa¢t frembder Wollu¢t an/ Durch Ab¢ein langer Zeit/ in dem des Argos Augen Auch gegenwartig nicht zu Keu¢chheits-Huttern taugen. Paris. Es i¢t des Kay¢ers Schluß. Was wende¢tu viel ein? Wer Fur¢ten wil gefall’n/ muß nur gehor¢am ¢eyn. Dein Ampt kan den Genuß Poppeens leicht er¢atzen. Du kan¢t ¢tatt einer dich mit hunderten ergatzen. Die Gotter geben Gluck und Heil zur Rey¢e dir. 480 uns] uns uns A uns A(Errata)BCD 490 Frauen] Fauen A Frauen A(Errata)BCD 474 478 493 495
giltig] gultig BCD dem] den B wende¢tu] wende¢t du CD Genuß] Genuß CD
Die andre Abhandlung
Otho. Jch wun¢che noch ¢o viel dir Segen/ als du mir.
Reyen der Ve¢tali¢chen Jungfrauen und der Rubria.
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Die Jungfrauen. Du guld’nes Rom/ du ewig’s Haupt der Erden/ Wir wachen zwar bey Ve¢tens Glutt und Heerd’; Daß ¢ie nicht ¢oll’n zu todter A¢che werden; Daß ¢ich das Oel in Ampeln nicht verzehr’t: Allein’ umb¢on¢t! Kein Zunder wil mehr glimmen/ Die Flamm’ er¢tick’t/ die Drommel klinget hohl/ Der Gottin Bild ¢chein’t ¢elb¢t ¢ich zu ergrimmen/ Jhr Sitz erbeb’t/ kein Weyrauch raucht mehr wol. Rubria. J¢t/ Schwe¢tern/ Diß wol Wunderns werth? So bald in Jlium der Geilheit Brun¢t entglam/ Und Paris Helenen dem Menelaus nam; Ward un¢er Feuer auch verzehr’t. So bald ihr Tempel ward befleck’t Entwiech die Gottin weg/ ihr Bild ward fortgetragen; Gantz Troja ward in Brand ge¢teck’t/ Der Stamm des Dardanus vertilget und zer¢chlagen. Die Jungfrauen. So i¢t’s/ Rom wuchs’ aus Trojens Grau¢’ und Flamme. !45" Doch/ der hieher das Heyligthum gebracht/ Wird ewig bluh’n in Cæ¢ars Blutt’ und Stamme; So lang er nicht diß Heil’ge fleckicht mach’t. Was ¢ag¢t denn du/ Caßandra di¢er Zeiten/ Von A¢iens Begrabnuß’ auf uns wahr? vor 515 Die] Der A Die BCD 509 Helenen] Helenem BCD 519 ¢ag¢t] ¢age¢t B
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Agrippina
Wer i¢t beleg’t mit Paris Uppigkeiten? Und wer befleck’t der Gottin ihr Altar?
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Rubria. Die Pri¢terin trag’t ¢elb¢t den Fleck/ Der Fur¢t hat ¢ie durch Zwang entweyh’t mit bo¢er Lu¢t. Weg Gurtel von der Schooß/ weg Monde von der Bru¢t/ Weg Haube/ Krantz und Schleyer weg! Jch ¢eh’ in Rom ¢chon Trojens Brand/ Von Agrippinen i¢t die Fackel ja gebohren; Dem Otho wird Poppe’ entwand/ Und fur die Helena das Kay¢erthum verlohren. Die Jungfrauen. Hilf Himmel! i¢t ¢olch Greuel vorgegangen: So i¢t’s mit Rom und un¢erm Feuer aus! Wenn Hecuben kein Opffer Glutt wil fangen/ Spiel’t ¢chon die Glutt umb Aßarachs ¢ein Hauß. Die Mauren/ die gleich Gotter aufgefuhret/ Sind La¢tern doch kein ¢att¢am ¢icher Schild. Das Gluck’ i¢t hin/ ¢o bald uns wird entfuhret Der Jungfrau¢chafft be¢chirmend Pallas-bild. Rubria. Ach ja! hor’t/ wie der Blitz ¢chon krach’t! Der aus Augu¢tus Hand der Kay¢er Zepter ¢chlag’t. Der Lorber-Wald verdorr’t/ den Livie geheg’t/ Woraus man Sieges-Krantze macht. Sol nun auch Rom vertilg’t nicht ¢eyn; So muß durch meinen Tod ver¢ohn’t die Gottin werden. Kommt/ Schwe¢tern/ ¢chluß’t in Sarch mich ein/ Vergrab’t mit Milch und Brod mich lebend in die Erden. !46"
531 i¢t] ein BCD 540 der] fehlt B den CD 545 ¢chluß’t] ¢chließ’t B ¢chließt CD
Sarch] Sarck C Sarg D
Die andre Abhandlung
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Die Jungfrauen. Un¢chuldig Blutt hauff’t was der Himmel dreuet. Ein mit Gewalt gekußter Mund ¢prutz’t weg Den Kuß/ die Schmach. Wird gleich der Leib entweyhet/ So brenn’t doch Zwang der Seele keinen Fleck. Es werd’ auf ¢ie geweyhte Flutt ge¢pritzet! Numicus Strom wurck’t was Canathus Flutt’/ Wo nur des Leibes Jungfrau¢chafft er¢itzet. Die Seele wird gereinig’t nur durch Blutt. Rubria. Durch Blutt fall’t freylich Boßheit hin! Glaubt: Daß ¢o bald der Men¢ch mit La¢tern ¢ich vergreif’t/ Die Rache Jupiters auch ¢chon die Keile ¢chleiff’t. Mein gantz verzuckter Gei¢t wird inn’/ Und ¢iht: Wie auf die geile Bru¢t Der Mutter auch ein Sohn den ¢tumpffen Dolch muß wetzen. Poppee biß’t auch Schuld und Lu¢t Und Nero muß die Fau¢t im eignen Blutte netzen. Die Jungfrauen. Laß’t ¢chuldig Blutt die Mi¢¢ethat bezahlen. Wir woll’n die Glutt auf’s neue machen klar. Satz’t Flutt und Oel an Titans hei¢¢e Strahlen/ Streu’t rothes Saltz zum Opffer auf’s Altar; Daß mit der Schuld auch Un¢chuld nicht darf leiden. Gluck zu! Gluck zu! Die Flamme ¢teck’t ¢ich an! Nun mog’t ihr euch/ ihr Sterblichen/ be¢cheiden: Daß Andacht auch die Sternen mei¢tern kan. !47"
563 Laß’t] Laßt’t A Laß’t B Laßt CD 552 wurck’t] wirckt BCD 561 biß’t] buß’t B bußt CD
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Agrippina
Die dritte Abhandlung. Der Schauplatz ¢tellet vor einen Spatzier-Saal.
Acte. Burrhus. Seneca.
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Acte. Das Tigerthier/ das er¢t der Fur¢t hat loß gela¢¢en/ Fang’t itzt den Jager an ¢elb¢t grimmig anzufa¢¢en; Und/ nun ihm Stahl und Gifft ¢chein’t allzu ¢chwach zu ¢eyn/ So fa¢¢elt ¢ie den Printz mit Zauber-Kreißen ein Durch ra¢end-tolle Brun¢t. Des Kay¢ers Mutter kirret Den Sohn zur Blutt-Schand’ an/ nach dem ¢ie gantz verwirret Durch gift’gen Ehrgeitz i¢t. Burrhus. Es kommt unglaublich mir: Daß Agrippinens Hertz ¢olch La¢ter koche/ fur.
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Acte. Die That i¢t Sonnen-klar. Denn/ als ¢ie wahr genommen: Daß Cæ¢arn Hitz’ und Wein war in die Stirne kommen/ Als Zunder geiler Lu¢t/ drang Agrippine ¢ich Zur Taffel in’s Gemach. Der Sonne Gold erblich Fur Demant und Rubin/ darmit ¢ie war behangen. Jhr Gold-be¢treutes Haar neb¢t den beblumten Wangen/ Jhr Ambra-hauchend Mund/ die gantz enbloßte Bru¢t War ihrer Geilheit Garn/ der Leim vergallter Lu¢t. Als Libes-augeln ihn zu zwingen nicht war kraftig/
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nun] uun A nun BCD darmit] damit BCD
Die dritte Abhandlung
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War !ihrer" Lippen Brand umb !¢einen" Mund ge¢chaftig/ Die Bru¢te ¢chwellten ¢ich hoffartig in die Hoh/ Durch ¢chnelles Athem-hohl’n. Gleich/ als aus di¢er See Sein ¢chon ver¢chmachtend Hertz die Nahrung ¢olte ¢augen Der ¢u¢¢en Anmuths-Milch. Diß Gift drang durch die Augen !48" Dem Kay¢er in die Seel’. Er ¢tand gleich als ein Stein/ Als Leichen/ die geruhr’t von lichtem Blitze ¢eyn/ Wenn itzt der Swefel-loh durch Glied und Adern fahret. Jn dem der Libes-¢trahl das Hertz in A¢che kehret Die Glieder in Porphyr. Diß/ und was ¢on¢t noch kan Der Unzucht Vor¢chmack ¢eyn/ ¢ah’ ich und ander’ an; Biß/ als diß Zauberwerck ihn nur mehr hungrig machte/ Sie auf Er¢attigung der letzten Spei¢e dachte/ Und ihn durch einen Winck rief in ¢ein Schlafgemach. Burrhus. Jhr Gotter! aber folg’t ihr denn der Kay¢er nach? Acte. Wie ein noch ¢augend Lamb der Mutterlichen Amme.
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Seneca. Der Satyrus umbarm’t ¢o auch die ¢chone Flamme/ Ob ihm gleich Lieb und Glutt dar ¢ein Begrabnus bau’n. Burrhus. J¢t Agrippinen wol die Unthat zu zutrau’n?
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!ihrer" ] ¢einer ABCD ! ¢einen"] ihren ABCD Athem-hohl’n] Athem-hohl’n A Athem-hohl’n B Athemhohln CD
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umb] umb C geruhr’t] geruhrt’t B Swefel-loh] Schwefel-loh BCD ander’] andre CD Lamb] Lamm CD Mutterlichen] Mutterlichen CD umbarm’t] umbarmt BCD Begrabnus] Begrabniß CD
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Agrippina
Acte. Die Ehr¢ucht ¢chamet ¢ich kein La¢ter zu begehen. Die macht: Daß Purperbett’ auch Knechten offen ¢tehen/ Daß Agrippine wird vom Lepidus befleck’t/ Daß ¢ie die geile Schooß des Pallas Brun¢t entdeck’t. Da nun verzweifelnde Gifft oft zur Artzney nahmen; Viel minder wird itzt ¢ie den gift’gen Eyfer zahmen/ Weil ¢ie/ die vor geher¢ch’t/ nunmehr gehorchen muß. Denn diß/ was man ge¢chmeck’t/ wird mit vielmehr Verdruß Und ¢chalerm Aug’ entpehr’t/ als was uns nie ergetzet. Burrhus. Ge¢atz’t: Daß Ehrgeitz ¢ie zu ¢olcher Brun¢t verhetzet/ Ge¢atz’t: Daß ¢ie Ver¢uch anreitzend auf ihn thu’: So trau’ ich doch ¢o viel des Kay¢ers Tugend zu: Er werde ¢ich behertz’t der Boßheit widerlegen.
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Seneca. Der Jugend weiches Wachs laßt alles in ¢ich pregen. Voraus druck’t ¢ich das Bild der Wollu¢t ihm leicht ein. Welch zarter Gei¢t kan auch mehr rau/ als ei¢ern ¢eyn? Der ¢ich nicht den Magnet der Schonheit la¢¢e zihen. Wo der Gelegenheit bequeme Blumen bluhen/ Reitz’t das Zuneigungs-Aug’ auf Ro¢en auch den Gei¢t/ !49" Wo gleich der La¢ter-Dorn ihr ¢chnodes Haupt umb¢chleu¢t. Burrhus. Kan der Vernunfft ihr Zaum ¢ie nicht zu rucke halten/ Wird der Begierden Brand aus Ab¢cheu ja erkalten/ Durch Kalte der Natur/ die geile Lilgen ¢am’t Umb keine Mutter-Bru¢t. Die Boßheit ¢teht be¢cham’t
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Purperbett’] Purpurbret’ B Purpurbret C Purpurbrett D nahmen] nehmen BCD entpehr’t] entbehrt CD umb¢chleu¢t] umb¢chleu¢t BC um¢chleu¢t D ¢am’t] ¢amt’t B
Die dritte Abhandlung
Und la¢ch’t die tolle Brun¢t in die¢en Marmel-Kwallen/ Daran die Zunge ¢oog. Ja die¢er Balg’ auf¢chwellen Bla¢’t Venus Fackel aus durch keu¢chen Athem-Wind.
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Seneca. Diß ¢ehen Augen zwar/ die nicht vernebelt ¢ind: Wenn aber ¢chon ein Funck’ im Hertzen Zunder findet Brenn’t alles lichter loh. Vernunft und Tugend ¢chwindet Fur dem Begierden-Rauch’ und der Bethorte kenn’t Geblutt’ und Mutter nicht. Burrhus. Was auf den Lippen brenn’t Der Mutter/ i¢t nicht Gift/ nicht Schwefel bo¢er Lu¢te. Zu dem trag’t jede Frau fa¢t itzo nackte Bru¢te. Die aber/ die ihr gleich laß’t ku¢¢en Mund und Bru¢t/ Macht nicht die Schooß bald feil fur die verboth’ne Lu¢t. Acte. Wen auf der Bru¢te Felß/ auf die Corallen Lippen Der Augen Jrrlicht fuhr’t/ der ¢trandet an den Klippen Der geilen Schooß un-¢chwer. Hier rinn’t die Wunder-Flutt Da oben ¢ich ¢teck’t an der Libes-Fackel Glutt/ Und in dem Grunde nur die hei¢¢e Flamme dampffet. Ob wieder die Natur gleich auch ¢olch Feuer kampffet/ So biß’t doch die Natur fur Agrippinen ein/ Weil ihre Wurckungen mehr als Naturlich ¢eyn. Jn ¢ie ward Claudius durch Zauberey verlibet.
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Marmel-Kwallen] Marmel-Kwallen A Marmel-Quellen BCD Tugend] Tugend’ A Tugend BCD fur] fur’ A fur BCD
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la¢ch’t] lo¢ch’t B lo¢cht CD die Schooß] den Schooß BC den Schoos D biß’t] buß’t B bußt CD Wurckungen] Wirckungen BCD
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Agrippina
Seneca. Daß man die Uhr¢ach er¢t ¢o frembden Kun¢ten gibet: Der Libreitz einer Frau i¢t ¢chon die Zauberey. Sie mach’t aus Wach¢e Stahl/ bricht Ertzt und Stein entzwey. Der Fi¢ch/ der in der Flutt die Tugend hat zu brennen/ !50" Der auch ein ¢tahlern Garn kan als wie Wachs zertrennen/ Verlieret mit der Krafft die Freyheit/ wenn ihn ruck’t Ein Netze/ welches man aus Weiber Haaren ¢trick’t. Burrhus. Steck’t beyder Hertze nicht noch voller Zorn und Gallen? Sie reitz’t Regier¢ucht ja/ nun ¢ie ¢o hoch gefallen; Jhn ¢ticht die Eifer-¢ucht: Weil ¢ie ¢tets herr¢chen wil. Wie kan ¢olch widrig Ding denn ein vereinbart Ziel Des Libens ihm ¢eh’n ab? Acte. Wer weiß nicht daß die Rache Mit Zucker fal¢cher Hold ihr Gift-Glaß ¢u¢¢e mache. Der Zorn/ der auch gleich ¢on¢t das Unrecht grab’t in Stein/ Schreib’t nur in Sand und Staub der Frauen Fehler ein/ Die ein Verlibter Hauch/ ein linder We¢t ver¢treichet. Seneca. Es ¢ey dem/ wie ihm ¢ey. Wenn ¢chon der Kranck’ erbleichet/ J¢t Kraut und Saft umb ¢on¢t. Ein Artzt muß ¢eyn bemuh’t/ Mit Mitteln/ wenn er nur ein Kranckheits-Merckmahl ¢iht. Warumb ¢par’n wir den Rath biß daß die That begangen Fur welcher Rom er¢tarr’t? Es werd’ auch gleich enthangen/ Daß die¢es Gift nicht ¢teck’ in Agrippinens Bru¢t; Der Artzney ubrig Brauch i¢t kein ¢o groß Verlu¢t/ Als wenn durch Spar¢amkeit der Krancke Schiffbruch leidet. Burrhus. Gar recht! Jedoch welch Artzt i¢t/ der hier ¢icher ¢chneidet/ Wo der Begierdens-Krebs ¢chon an dem Hertzen nag’t? Wo Ungedult den Gei¢t/ das Flei¢ch der Kitzel plag’t? 99 umb ¢on¢t] umb¢on¢t BC 108 fehlt B Wer i¢t allhier ¢o kuhn/ der in Gefahr ¢ich wagt? CD
Die dritte Abhandlung
Acte. Der thu’ es/ der darumb dem Printz ¢teh’t an der Seiten.
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Seneca. Auf di¢em Ei¢e pfleg’t der Klug¢te mei¢t zu gleiten. ! 51" Dem Frauen-Zimmer ¢teh’t hingegen etwas frey/ Was uns verbothen i¢t. Jch meines: Acte ¢ey/ Die ¢ich am ¢icher¢ten des Werck’s darf unter¢tehen/ Acte. Jch arm¢te! Sol fur euch aus Vorwitz untergehen? Das Ampt hei¢ch’t diß von euch. Wer in der Wurde ¢teh’t/ Muß reden/ was er ¢ol. Seneca. Wenn ¢ich ein Fur¢t vergeh’t/ Muß man mit gutter Arth/ nicht mit zu ¢charffer Strenge Von La¢tern ihn zih’n ab. Ein Lowe/ der zu enge Gefa¢¢elt wird/ bricht Stahl und Keficht mor¢ch entzwey. Ein edles Pferd mach’t ¢ich von Zaum und Zugel frey/ Der ihn zu harte druck’t. Sie aber kan verhutten Die That/ und darf doch nicht des Kay¢ers Gun¢t ver¢chutten. Sie melde: Daß die Schaar/ die umb den Fur¢ten wacht/ Zu Aufruhr ¢ey geneig’t/ aus eyferndem Verdacht: Daß Agrippine mit dem Sohne ¢ich beflecke/ Weil ¢ie ¢o heimlich ¢tets bey ihm im Zimmer ¢tecke: Und al¢o ¢chatzten ¢ie des Kay¢erthum’s nicht werth Kein ¢o entweyhtes Haupt. Acte. Weil ihr es ja begehr’t/ Wil ich auf euer Wort des Werckes mich erkuhnen.
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Burrhus. Es wird dir zu viel Ruhm/ uns zur Vergnugung dienen. 109 112 123 127
darumb] darumb BC meines] mein es CD umb] umb BC Kay¢erthum’s] Kay¢erthumb’s B
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Agrippina
Der Schauplatz verandert ¢ich in des Kay¢ers Schlaff-Gemach.
Agrippina. Nero.
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Agrippina. Mein Kind/ mein ¢u¢¢es Licht/ was hallt’¢tu langer mir Der halb ge¢chmeckten Lu¢t mehr reiffe Fruchte fur? Die Libe die ¢ich noch laß’t in den Augen wigen/ Laß’t ¢ich mit lauer Milch der Ku¢¢e zwar vergnugen: Wenn aber ¢chon diß Kind biß zu der Seele wach¢’t/ !52" So ¢iht man: Daß ¢ein Dur¢t nach ¢tarckerm Nectar lach¢’t. Mein Schatz/ es ¢atig’t nicht des Ku¢¢ens reitzend Ko¢en. Die Purper-Lippen ¢ind die rechten Zukker-Ro¢en/ Darunter ¢tets die Zung’ als eine Natter wach’t/ Biß uns ihr zungelnd Stich hat Brand und Gifft beybracht/ Den nur der glatte Schnee der Schooß weiß abzukuhlen. Warumb denn li¢¢e¢tu mich deinen Liebreitz fuhlen/ Wenn du dein Lab¢al mir zeuch¢t fur dem Munde weg? Ach! ¢o erkwick’ uns doch der Libe letzter Zweck! Die Anmuth ladet uns ¢elb¢t auf diß Purper-bette. Nero. Ja/ Mutter/ wenn mich nicht die Schooß getragen hatte. Agrippina. Die Bru¢te/ die du oft gekuß’t ha¢t/ ¢augten dich: Was hat nun Bru¢t und Schoos fur Unter¢cheid in ¢ich?
134 Laß’t] La’ßt A Laß’t B Laßt CD 131 133 134 138 142 145 146
hallt’¢tu] halt¢t du CD ¢ich] fehlt B lauer] lauter CD Purper-Lippen] Purpur-Lippen BCD Warumb] Warumb B li¢¢e¢tu] lie¢¢e¢t du CD Purper-bette] Purpur-Bette BCD die] der CD
Die dritte Abhandlung
Nero. Es halt uns die Natur ¢elb¢t bey dem letzten wieder.
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Agrippina. Wirf/ was die Freyheit hemm’t/ der Thorheit Kap-zaum nider/ Der fur den Pofel nur/ fur Sclaven i¢t erdacht. Wenn der Begierden Pferd uns Bugel-loß gemacht/ So muß ihm die Vernunfft den Zugel la¢¢en ¢chußen/ Biß ¢ich’s nach Mudigkeit ¢elb¢t wider ein laß’t ¢chlußen/ Wenn es nicht ¢turtzen ¢ol. Nero. Man ¢orge/ wenn es ¢pring’t: Daß uns der Wille nicht ein¢t aus dem Bugel bring’t Denn ¢ol man allerer¢t den Zugel ihm enthengen/ Kan’s uber Stock und Stein uns leicht in Abgrund ¢prengen. Agrippina. Was fur ein Abgrund kan hier wol befurchtet ¢eyn? Nero.
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Die Sunde. Agrippina. Bilde dir ¢olch alber Ding nicht ein. Wer unter Satzung leb’t/ kan nur Verbrechen uben. Wer aber hat Ge¢atz’ je Fur¢ten vorge¢chriben? Nero. Mein’t ¢ie: Daß Gottern nicht die Sunde mißgefallt? ! 53" Agrippina. Jm Himmel herr¢chet Gott/ der Kay¢er auf der Welt.
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Nero. Hier dampf’t ¢elb¢t die Natur Scham-rothend die Begierde.
153 ¢chußen] ¢chie¢¢en BCD 154 ein laß’t] einlaßt D ¢chlußen] ¢chlie¢¢en BCD
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Agrippina
Agrippina. Nein! Jhr Magnet zeucht ¢ich zum Nord-¢tern reiner Zierde. Nero. Ab¢teigendes Geblutt’ i¢t uber’n Mittags-Kreiß/ Daruber kein Magnet von ein’ger Wurckung weiß.
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Agrippina. Der Liebe mehr denn viel/ die ihre Flammen ¢amen Jn alle Seelen kan. Sol ¢ich die Mutter ¢chamen Zu liben ihren Sohn? Die mit der Milch ihm floß’t Die Libes-Ader ein. Der Unhold Gift-Maul ¢toß’t So herbe Schleen aus/ und ¢uch’t die Libes-Kwallen/ Die in der Kinder Hertz’ ent¢pringen/ zu vergallen. Wer ¢ol die Mutter-Bru¢t mehr liben/ als ihr Kind? Nero. Ja/ aber daß darzu nicht gifft’ge Wollu¢t rinn’t. Agrippina. Wo Libes-Sonnen ¢teh’n folg’t auch der Wollu¢t Schatten. Nero. Pfleg’t doch der Storch ¢ich mit der Mutter nicht zu gatten.
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Agrippina. Einfalt’ger! Wer gib’t dir ¢o alb’re Fabeln ein? Worwider Stern und Welt ¢elb¢t mu¢¢en Zeugen ¢eyn. Wir mu¢¢en die Natur der Dinge Zirckel nennen. Denn wurde nicht ihr Lauff zu ¢einem Uhr¢prung rennen/ So wurd’ ihr Uhrwerck bald verwirr’t und ¢tille ¢teh’n. Des Himmels Umb-trieb muß nach O¢ten widergeh’n/ Wo ¢ein Bewegungs-Kreiß den Uhr¢prung hat genommen. Der Fruhling muß zum Lentz/ der Fluß zum Kwalle kommen. Die Sonne rennet ¢tets der Morgen-rothe nach/ Und ihrer Mutter Schoos i¢t auch ihr Schlaf-Gemach.
168 Wurckung] Wirckung BCD 170 alle] allen BCD
Die dritte Abhandlung
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Warumb ¢ol denn diß Thun als Unthat ¢eyn verfluchet/ Wenn ein holdreicher Sohn die Schoos der Mutter ¢uchet? Den Brunnen der Geburth? Da er der Libe Frucht Und die Erneuerung des matten Lebens ¢uch’t. !54" Nero. Es laß’t hierinnen ¢ich aus Gleichnu¢¢en nicht ¢chlu¢¢en.
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Agrippina. Der Kay¢er mach’t ihm nur ein allzu zart Gewi¢¢en/ Und laß’t ¢ich binden diß/ was ihn nicht binden kan. Ward ein Ge¢atze doch auch damals abgethan/ Als Claudius mit uns vermahlet wolte leben. Warumb kan Nero denn nicht auch Ge¢atz’ aufheben? Nero. Von’s Brudern Tochter ¢chick’t zur Mutter ¢ich kein Schluß.
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Agrippina. J¢t ichtwas/ daß ¢ich nicht den Fur¢ten ¢chicken muß? Zu dem/ wird denn von uns/ was unerhort/ begehret. Hat Macareus nicht der Canacen gewehret/ Was er auf ¢o viel Thran’ und Saufzen uns nicht gib’t. Als ¢ich Antiochus in’s Vatern Frau verlib’t Hat ihm Seleucus ¢tracks die Mutter abgetretten. Nero. Kan frembder Jrrthum uns von dem Verbrechen retten? Agrippina. Der Per¢en Recht laß’t zu: daß eine Mutter ¢ich Jn’s Sohnes Bette lagt. Und du be¢orge¢t dich: Daß/ was den Pofel nicht be¢trickt/ uns Fur¢ten binde.
205 abgetretten] abegtretten A abgetreten BCD 189 Warumb] Warum B Warum CD 198 Warumb] Warumb BCD 209 Pofel] Pobel BCD
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Agrippina
Nero. Viel/ was der Per¢e lob’t/ i¢t bey den Romern Sunde. Agrippina. Ge¢atzt: Daß un¢re Lieb’ je ein Verbrechen ¢ey; Ge¢atzt: Daß Muttern nicht was Frembden ¢tehe frey/ So dencke: Daß wir ja hier nicht aus Vor¢atz irren. Sol ¢ich der Vogel nicht in’s Netze la¢¢en kirren/ So pflantz’ ihm die Natur nicht das Gelu¢ten ein; So tilge ¢ie den Baum/ wo ¢chone Beeren ¢eyn. Wenn in den Augen ¢chon der Schonheit Schwefel ¢tecket/ Wird in dem Hertzen leicht ein ¢olcher Brand erwecket/ Der nicht zu le¢chen i¢t/ biß Licht und Tacht entgeh’t/ Und der Vernunfft Ge¢icht’ in vollem Rauche ¢teh’t. Sol der nun ¢trafbar ¢eyn/ der nicht durch Nebel ¢ihet. Der ¢ich nicht le¢chen kan/ wie ¢ehr er ¢ich bemuhet? Erwege doch mein Kind: Man nimm’t geweyhtes Brodt !55" Zulaßlich vom Altar bey arg¢ter Hungers-Noth: Jch aber/ die ich doch der Brunn bin deines Lebens/ Bitt’ umb die Nahrungs-Milch der Libe ¢o vergebens. Werd’ al¢o nur fur Brun¢t erdur¢tende vergeh’n/ Wo tau¢end Kwallen doch beliebten Nectars ¢teh’n. Nero. Kan wol ein Mutter-Hertz empfinden ¢olche Schmertzen?
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Agrippina. Jch libe dich mit mehr als Mutterlichem Hertzen. Jch nehme nun nicht mehr den Nahmen Mutter an/ Weil keine Mutter doch ¢o hefftig liben kan. Er zittert/ er erblaß’t/ ihm beben alle Glieder/ Jtzt ¢auftz’t/ itzt lachelt er; itzt komm’t die Farbe wider! Jch merck’ es: Agrippin’ i¢t allzu zaghaft noch. Wo Worte Kraft-loß ¢ind/ da fruchten Wercke doch. Jch falle dir zu Fuß’/ ich ku¢¢e Knie und Hande. 211 un¢re] nn¢re A un¢re BCD 226 umb] umb BC um D
Die dritte Abhandlung
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Mein Kind/ erbarm dich doch/ und kuhle Brun¢t und Brande? Wie? oder muß ich gar in A¢che ¢eyn verkehr’t/ Jn dem dein Hertze Schnee/ dein Antlitz Feuer nehr’t? Schau/ wie der Seele Dampf in Thranen ¢chon zerfluße? Die Lippe ¢chwitzet Oel und Bal¢am hei¢¢er Ku¢¢e! Die rothe Flamme kron’t der Bru¢t ge¢chwellte See; Und Nerons Leib bleib’t Eiß/ und Nerons Hertz’ i¢t Schnee? Mein Licht/ komm la¢¢e doch aus die¢en Marmel-Bru¢ten/ So wie vor Milch/ itzt Oel zu ¢augen dich gelu¢ten: Schmeck’/ ob hier nicht was mehr als Milch fur Kinder rinn’t; Weil die¢e Berge doch der Richt-platz Jda ¢ind/ Da Hoheit und Ver¢tand von Schonheit wird be¢iget. Komm ¢chmeck’: ob man hier nicht mehr guldner Aepffel kriget/ Als wol Granaten ¢ind. Der Garten einer Schooß J¢t ¢choner/ als wormit ¢ich He¢peris macht groß. Die Frucht/ die hier wird reif/ i¢t Himmel-Brod der Erden J¢t Nectar aller Welt. Nero. Wer hier nicht lu¢tern werden/ ! 56" Wer hier nicht na¢chen wil/ muß ein ent¢eelter Stein/ Nicht Agrippinens Kind/ nicht ihr Geblutte ¢eyn. Komm/ Mutter/ labe mich mit deinen Mund-Corallen/ Wo mein verlibter Gei¢t nicht ¢ol in Ohnmacht fallen! Jch brenn’/ ihr Bru¢t’/ ich brenn’/ itzt hab ich er¢t ge¢chmeck’t: Daß in dem Schneegebirg’ ein feurig Etna ¢teck’t. Mein Licht/ ¢o la¢¢e nun mit kuhlen Anmuths-Wellen Dis Alaba¢ter-Meer ¢ich gegen mir auf¢chwellen/ Darinnen ¢ich der Brand der Seele le¢chen kan; Entbloß’ – – – – – –
248 Richt-platz] Richt-paltz A Richt-platz B Richt-Platz CD 246 ¢augen] ¢augen CD 251 einer] meiner CD
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Agrippina
Acte. Agrippina. Nero. Anicetus. Acte. – Ach Fur¢t! es ¢pinn’t ¢ich arg¢ter Aufruhr an!
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Agrippina. Wer heißt unange¢ag’t dich in das Zimmer dringen? Acte. Die ¢chreckliche Gefahr/ die ich euch zu muß bringen. Nero. Was fur Gefahr? Acte. Das Heer der Leibwach i¢t entpor’t/ Und geh’t mit Meyneyd umb. Nero. Warumb? Ha¢tu gehor’t Des La¢ters Uhr¢prung?
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Acte. Ja. Es meint: Daß Agrippine Mit ihrem Sohne zu beflecken ¢ich erkuhne. Hierdurch erla¢¢e ¢ie der Himmel ihrer Pflicht. Agrippina. Woher ruhr’t ¢olch Verdacht?
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Agrippina] Agrippine CD Leibwach] Leibwacht BCD Ha¢tu] Ha¢t du CD ihrem] ihren B
entpor’t] emport CD
Die dritte Abhandlung
Acte. Zwar eigen weiß ich’s nicht; Doch muthmaß’ ich: Es ¢ey der Zunder die¢er Flammen: Daß beyd’ im Schlaffgemach’ alleine ¢ind bey¢ammen.
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Anicetus. Ach Fur¢t! ach Kay¢erin! ¢ie und auch er erbleich’t/ Wo ¢ie nicht Ange¢icht’s aus dem Gemache weich’t. Agrippina. Darf Agrippine nun auch nicht den Sohn mehr ¢chauen? ! 57" Anicetus. Jhr Schauen zeuch’t nach ¢ich bey Hofe Mißvertrauen. Agrippina. Wer gib’t dem Hofe Macht zu urtheil’n/ was ge¢cheh’n.
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Anicetus. Man muß bei’m Aufruhr oft was durch die Finger ¢eh’n. Nero. Frau Mutter/ ¢ie entweich’ umb den Verdacht zu ¢tillen/ Agrippina. Jch wil des Kay¢ers Heiß unweigerlich erfullen. Jedoch/ heiß’t man uns gleich itzt aus dem Zimmer geh’n/ So bleib’t im Hertzen doch des Kay¢ers Bildnus ¢teh’n.
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Acte. Jch muß den Argwohn geh’n der Wache zu benehmen/ Eh als diß Unkraut ¢ich noch weiter aus mag ¢amen.
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die¢er] ihrer BCD im] in BCD ¢chauen] ¢chau’n B dem] den B Bildnus] Bildniß CD
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Agrippina
Nero. Paris. Anicetus.
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Paris. Jch ¢orge gro¢¢er Fur¢t/ er wird zu letzte fuhl’n Mit was fur Nattern wir in un¢erm Bu¢em ¢piel’n. Gar recht! ein Jager pfleg’t nicht anders auf-zu¢tellen/ Wenn er ein fluchtig Reh wil in die Garne fallen. Wohin renn’t Agrippin’/ umb ¢ich nur zu erhoh’n? Der Kay¢er kan uns nicht Gewi¢¢enhaft umb-¢teh’n. Daß ihr hat Unzucht ¢oll’n zu Ehren-flugeln dienen. Mein Fur¢t! Es i¢t gethan; im Fall er Agrippinen Drey Tage leben laß’t/ die ¢ich nicht ¢elb¢t mehr kenn’t Fur ra¢ender Begierd? Allein’ ihr Hertze brenn’t So ¢ehr von Libe nicht/ als ¢ie von Rache gluhet; Dardurch ¢ie ¢ich den Thron an ¢ich zu zih’n bemuhet/ Den Zepter aber dir zu winden aus der Hand/ Und ¢olte gleich ¢ie ¢elb¢t durch ihren Ehren-Brand Jn A¢che ¢eyn verkehr’t. Denn die Begierde duncket Die Flutt/ in welcher nur ihr Todes-Feind ertrincket/ Ein ¢u¢¢er Thau zu ¢eyn/ wenn ¢chon ¢ie ¢elb¢t zugleich Mit in den Abgrund fall’t. Sie libet Kron und Reich/ Nicht aber/ Kay¢er/ dich. Jhr Liebreitz i¢t nur Rache. Sie ¢uch’t nur: Daß ¢ie dich der Welt geha¢¢ig mache/ !58" Und daß aus deinem Sarch’ ihr Lorbern mogen bluh’n. Weil ihr dein Ruhm Verlu¢t/ dein Unfall bring’t Gewien. Anicetus. Sie hat den Halß verwirg’t nur durch die bo¢en Lu¢te. Des Ninus Fau¢t durch¢tach der geilen Mutter Bru¢te. Wil ¢ie Semiramis/ muß Nero Ninus ¢eyn. Denn Blutt wa¢ch’t Boßheit ab/ mach’t Seelen Taubenrein.
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Bu¢em] Bu¢en D umb] umb B umb-¢teh’n] umb-¢teh’n B umb¢tehn CD Dardurch] Dadurch BCD Sarch’] Sarck C Sarg D verwirg’t] verwirck’t B verwirckt CD
Die dritte Abhandlung
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Nero. Jch gebe leichtlich nach: Daß unter einem Scheine Des Libens/ Agrippin’ uns nur zu ¢turtzen meine/ Daß wir durch ihren Tod ¢ind vielen Kummers frey/ Daß ihr er¢tarrter Leib des Reiches Pfeiler ¢ey/ Jn dem ich itzt muß ¢elb¢t fur ihrer Brun¢t er¢chrecken/ Dadurch ¢ie (ich ge¢teh’s) hat wollen uns beflecken: Alleine geb’t uns nur ein Mittel an die Hand/ Zu todten die¢en Wurm zu la¢chen ihren Brand. Paris. J¢t Gifft/ i¢t Ei¢en denn fur ihren Halß zu theuer?
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Nero. Nein! nein! Solch Wa¢¢er la¢ch’t nicht ¢icher die¢es Feuer. Woll’n wir die Mutter uns zu todten unter¢tehn/ So muß man wegen Rom mehr als behutt¢am geh’n. Der Eyfer fur ihr Heil ¢teck’t noch in tau¢end Seelen. Mein¢tu daß ¢ich der Mord durch Dolche laß’t verholen? Ja wer i¢t ¢o behertz’t/ der ¢ich den Stahl erkuhn’t Zu ¢to¢¢en in ihr Hertz? Das Gift-Glaß gleichfalls dien’t Zu un¢erm Zwecke nicht: Wir haben lang¢t erfahren: Daß ¢ie fur Giffte ¢ich pfleg’t taglich zu verwahren. Wir haben’s ¢chon dreymahl vergebens ihr bracht bey. Ge¢atzt: Daß Gift ¢ie auch zu todten kraftig ¢ey/ So wird ¢ich’s doch bey uns ihr nicht gewehren la¢¢en. Denn/ da Britannicus hat mu¢¢en ¢o erbla¢¢en/ So geh’t zum andern mal nicht unverdachtig an Diß/ was durch Zufall ¢ich nicht oft ereignen kan. Die Diener/ die ¢ie hat/ ¢ind auch nicht zu be¢techen. Denn ¢ie als Mei¢terin in ieglichem Verbrechen/ Weiß aller Li¢t und Kun¢t zu kommen kluglich fur.
313 leichtlich] leitchlich A leichtlich A(Errata)BCD 320 ihren] die¢en CD 326 Mein¢tu] Mein¢t du CD verhelen CD 329 un¢erm] un¢ern B
¢ich der Mord] der Mord B der Mord ¢ich CD
verholen]
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Agrippina
Jung¢t meinten wir gewiß in ihrem Zimmer Jhr Durch kun¢tlich Taffelwerck das Todten-brett zu rucken/ !59" Daß ¢ie durch ¢chnellen Fall im Schlaffe ¢olt’ erdrucken. Allein in dem ¢ie fruh des An¢chlags ward gewahr Entkam ¢ie ¢onder Noth der ko¢tbaren Gefahr. Anicetus. Ein Vogel/ dem der Strick zu plump i¢t/ bleibt an Baumen Zu letzte kleben an. Jch weiß ¢ie weg zu raumen Ein einig Mittel noch. Nero. Eroffn’ es: was es ¢ey. Anicetus. Ein Schiff/ das auf der See bricht von ¢ich ¢elb¢t entzwey. Paris. Wo i¢t im Augenblick ein ¢olches Schiff zu krigen.
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Anicetus. Jch hab’s ¢chon bey der Hand/ nech¢t am Ge¢tade ligen. Jch/ der ich von Kind-auf mit unverfal¢chter Gun¢t Dem Kay¢er treu gewe¢t/ hab’ es durch Witz und Kun¢t So artlich außgedacht: Daß es in See und Wellen Jedweden/ wen man wil/ ohn’ andrer Noth kan fallen. Nero. Sank’t uns ¢olch Unfall denn in keinen Argwohn ein?
343 ¢ie] ¢ir A ¢ie BCD 349 Schiff] das i in A auf dem Kopf stehend, in Errataliste verbessert, aber mit falscher Druckfehlerangabe Schlff 355 keinen] keinem A keinen A(Errata)BCD 340 ihrem] ihren B
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Anicetus. Was kan dem Zufall mehr als Schifbruch ahnlich ¢ein? J¢t nicht das wu¢te Meer ein Spigel ¢chnoder Sachen/ Ein Zirckel Unbe¢tands? Der ungepfalte Nachen Ein Brett/ da nur der Tod drey vier kwer Finger breit Mit un¢erm Leben grantzt? Mehr als Verme¢¢enheit! Dem Fur¢ten ¢chreiben zu und ¢ein Verbrechen hei¢¢en/ Was Winde/ Well’ und Flutt zer¢chmettern und zerrei¢¢en. Ge¢atzt: Es dunck auch wen der Fall nicht ungefahr; Er muß den Argwohns Grund mehr denn zu weit hol’n her Den Kay¢er und den Sohn mit Mordthat zu beburden. Zu dem/ ¢o kan der Fur¢t mit Sparung keiner Wurden/ Die einer Kay¢erin man jemals angethan/ Sich des Verdachts befrey’n. Man zund’ ihr Weyrauch an/ Man bau’ ihr Tempel auf/ man wiedem’ ihr Altare/ Man eign’ ihr Pri¢ter zu/ und thu als ob man ware Umb ihren Untergang mehr als zu hoch betrub’t. !60" Paris. Jch billige den Rath den Anicetus gib’t. Nero. Wer weiß es: ob ¢ie ¢ich ein’¢t auf das Wa¢¢er wage.
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Anicetus. Fur¢t/ Morgen fruh geh’n an die funf geweyhten Tage/ Da man Minervens Fe¢t mit tau¢end Lu¢t begeh’t Wo Bajens Lu¢t-Hauß i¢t/ und Wel¢chlands Garten ¢teh’t. Hier hat er gutten Fug hinuber ¢ie zu laden Mit Vorwand: Dort mit ihr zu kurtz-weil’n und zu baden. Die enge See-¢chos gib’t den wenig¢ten Verdacht. Denn/ da man Brucken vor daruber hat gemach’t/ Was mag ¢ie fur Gefahr ¢o kurtzen Weg be¢orgen?
356 ¢ein] ¢ey A ¢ein A(Errata)B ¢eyn CD 369 wiedem’] wiedme CD 377 Hier] Hie BCD
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Agrippina
Nero. So ¢ey’s! Wir woll’n den Tod ihr nicht mehr langer borgen. Geh’/ ich vertraue dir den gantzen An¢chlag an/ Be¢telle was du darf’¢t ¢o heimlich als man kan/ Dardurch du deinem Gluck’ itzt kan¢t den Grund-Stein legen/ Jch geh’ in de¢¢en ¢ie zur Rei¢e zu bewegen.
Der Schauplatz ¢tellet fur der Agrippine Gemach.
Agrippina. Nero. Agrippina. Hilf Himmel! Wurdig’t uns der Fur¢t zu ¢uchen heim?
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Nero. Mein Licht/ der Anmuth-Reitz i¢t ein ¢o zeher Leim/ An dem die Flugel doch der Sinnen kleben bleiben/ Wenn frembde Winde gleich ¢ie in die Lufft woll’n treiben. Der Libes-Wurtzel Safft ver¢aug’t im Hertzen nicht/ Wenn gleich des Neides Sturm ihr ein’ge Frucht abbricht. !61 " Vertirb’t die Bluth’ einmal; ¢ie muß doch ein’¢t gerathen; Und Mißwachs wird er¢atz’t mit zweyfach-fetten Saaten. So fang’t auch un¢re Lu¢t itzt doppelt an zubluh’n/ Wenn ihr der Mißgun¢t-Zahn wil Milch und Wachs entzih’n. Mich ¢chmertz’t zwar der Verlu¢t gewun¢chter Su¢¢igkeiten Und daß man uns verruck’t die ¢chon ge¢timmten Seiten; Alleine Baje ¢ol uns alles bringen ein/ Dahin wir itzo gleich zu fahren Willens ¢eyn Auf der Minerven Fe¢t. Wil ¢ie uns nun beglucken/ So folge ¢ie uns nach. Dort wird ¢ich ko¢tlich ¢chicken/ Wo die geholten Felß’ als Jrrgebaue ¢teh’n/ Und warme Bader kwall’n/ uns heimlich zu vergeh’n/ Und da/ wohin kein Stern/ die Sonne nie ge¢chienen/ 394 Saaten.] Saaten ABCD 393 Vertirb’t] Verdirb’t B Verdirbt CD
Die dritte Abhandlung
Wo uns kein Aug’ auߢpur’t/ der Wollu¢t zu bedienen. Hier zu Pozzol/ und Rom i¢t Pofel/ Heer und Rath Ein Argos/ der auf uns wol hundert Augen hat/ Der auf iedweden Tritt der Fur¢ten Achtung gibet.
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Agrippina. Daß uns mein Kind i¢t hold/ daß uns der Kay¢er libet/ Steck’t mein halb-kaltes Hertz mit neuen Gei¢tern an. Daß aber uns der Fur¢t die Gnad’ und Gun¢t gethan: Uns zur Erlu¢tigung nach Bajen mit zu nehmen/ Hei¢cht un¢re Pflicht ¢ich zwar dem Kay¢er zu bekwamen: Wie aber folgen wir ihm ¢onder viel Gefahr/ Weil un¢re Gegenwart vor ¢o verhaß’t ¢chon war. Nero. Der Himmel bleib’t belib’t/ der gleich zu weilen blitzet/ Jn dem er mehrmals uns mit fruchtbarm Regen nutzet; So/ wird auch un¢re Lieb’ itzt er¢t recht fruchtbar ¢eyn/ Schloß gleich der Neid ¢ie ein¢t in trube Wolken ein. Zu Baje kan Niemand leicht Schal¢ucht auf uns fa¢¢en/ Jn dem wir Heer und Hoff hier mei¢t zu rucke la¢¢en. Agrippina. Auch die er mit ¢ich nimm’t/ ¢ind wenig gun¢tig mir.
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Nero. Der Schatten komm’t der Furcht als Berg’ und Thurme fur. !62" Kan auch mein Lorber-Krantz ¢ie fur der Neider blitzen/ Mein Purper fur dem Dun¢t des Argwohn’s ¢ie nicht ¢chutzen? Agrippina. Mein Kind/ es bring’t Verdruß zu oft bei¢ammen ¢eyn/ Und Eckel mi¢chet ¢ich in ¢tetes Ku¢¢en ein.
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Nero. Welch Jrrgei¢t hat/ O Licht/ dich auf den Wahn geleitet. Der Libe Flugel ¢ind aus Wach¢e nicht bereitet/ Die der gelibte Strahl der Sonne ¢chmeltz’t entzwey. 424 komm’t] komm’t B kommt CD 426 Purper] Purpur BCD
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Wer hertzlich lieb hat/ wun¢ch’t: Daß er kein mal nicht ¢ey Von ihrem Strahl entfern’t. Denn diß i¢t ¢ein Vergnugen/ Wenn er nach Adlers-Art kan an der Sonne flugen; Jhr Anblick i¢t ¢ein Gei¢t/ ¢ein Spiegel i¢t ihr Licht/ Jhr Glantz ver¢ehret auch des Hertzens Augen nicht; Jn dem ¢ie ¢ich vielmehr durch Anmuths-Blicke ¢charffen. Agrippina. Jch muß mich nur der Hold des Kay¢ers unterwerffen.
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Nero. Das Schiff/ mein Licht/ wird itzt ¢chon Segelfertig ¢teh’n/ Darauf ¢ie uns kan nach ohn’ allen Umbweg geh’n. Doch la¢¢e ¢ie uns hier vor di¢e Gun¢t genu¢¢en: Daß wir ihr Augen/ Hand/ und Bru¢te mogen ku¢¢en. Gehab dich wol mein Hertz/ nimm einen Kuß noch hin! Denn ich durch dich ja nur her¢ch’ und beim Leben bin. Nicht ¢aume dich/ mein Licht/ bald dorthin zu gelangen/ Daß/ Seele/ dich dein Kind dort wider konn umbfangen. !63"
Der Schauplatz ¢tellet fur auf der ¢tillen See unter dem ge¢tirnten Himmel den Schiffbruch der Agrippinen. Reyen Der Oreaden oder Berg- der Nereiden oder Meer-Gottinnen.
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Die Berg-G ottinnen. So ¢ol nunmehr/ ihr grimmen See-Gottinnen/ Wenn ¢ich gleich Wolck’ und Luft nicht ¢chwartz’t/ Und Zefyr mit den Segeln ¢chertz’t/ Kein kuhner Ma¢t dem Stranden mehr entrinnen? 434 flugen] fliegen CD 441 genu¢¢en] genie¢¢en BCD 446 dein] mein BCD umbfangen] umbfangen BC
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Die Fel¢en ¢ind mit Leichen uber¢chuttet/ An welchen ¢ich die Flutt ¢piel’t ab/ Und un¢er Ufer bleibt ein Grab/ Jtzt/ da neb¢t euch Alcyone gleich bruttet; Wir werden endlich zu begraben Nicht ¢att¢am Sand und Erde haben. Die See-G ottinnen. Jhr Nymfen ihr/ in Bajens Lu¢t-Gefilde/ Maß’t uns ¢o grimmen Sinn nicht bey. Die Schoos der See/ auch wir ¢ind nicht ¢o wilde: Das Schifbruch un¢re Kurtzweil ¢ey. Wir ¢ind darumb auf di¢es Meer er¢chienen/ Zu ¢amlen Perl’ und Mu¢cheln ein/ Der Kay¢erin/ der gro¢¢en Agrippinen Sie umb ihr guldnes Schiff zu ¢treu’n. Glaubt Schwe¢tern: Daß mit ¢einem Dreyzanks-¢tabe Neptunus ¢elb¢t die Flutt be¢anftig’t habe. !64" Die Berg-G ottinnen. Laßt/ grimme Schaar/ dorthin die Augen ¢chißen/ Wo ihr wolt uberwi¢en ¢eyn. Jtzt fall’t das Dach des Schiffes ein/ Jtzt wird die La¢t auf’s Gallus Kopf ge¢chmi¢¢en. Jtzt opffert ihr die Kay¢erin den Wellen/ Jtzt ¢turtz’t auch Aceronie Und wird ent¢eelet in der See/ Mag¢tu dich wol/ O Himmel/ noch erhellen? Und darf¢t die Augen ¢choner Sternen Nicht von ¢o ¢chwartzer That entfernen?
472 ¢turtz’t] ¢tur’tzt A ¢turtz’t B ¢turtzt CD 452 458 461 464 474
¢piel’t] ¢pult C Maß’t] Maßt CD darumb] darumb BC di¢es] die¢en C die¢em D umb] umb BC Mag¢tu] Mag¢t du CD
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Agrippina
Die See-G ottinnen. Schwartz’t/ Schwe¢tern/ nicht die See mit frembden Flecken/ Wir ¢ind ¢o rein als Perl’ und Flutt. Der trube Schaum der Wellen ¢ol verdecken/ Was Kinder-Mord fur Greuel thut. Doch nein! Die See er¢chrick’t und wird zu Ei¢e/ Daß ¢olch Chri¢tall ein Spigel ¢ey/ Der aller Welt den rechten Steinfelß wei¢e/ An dem diß Schiff ¢ich ¢toß’t entzwey. Die La¢ter ¢ind die rechten Schifbruchs-Winde. Die Mutter wird er¢auf’t vom eignen Kinde. Die Berg-G ottinnen. Schweig’t! ¢chweig’t! Das Meer ¢turtz’t oft auch ohne ¢chaumen. Verborg’ne Fal¢chheits-Klippen ¢ind Gefahrlicher als Sturm und Wind. Wer wolte ¢ich von Kindern la¢¢en traumen: Daß ¢ie ¢olch Ding auf Mutter ¢olten ¢tifften? Das Libes-Oel/ der Adern Glutt J¢t nicht ¢o kalt als Epp’ und Flutt. Jhr Hertz i¢t nicht durch Unhold zu vergiften. Wer aber mag bey Well’ und Winden Aufricht’ge Treu’ und Libe finden? !65" Die See-G ottinnen. Eil’t! eil’t! eil’t! eil’t! ihr ¢chupffichten Delfinen/ Reicht euren holden Rucken dar Den Schwimmenden/ errettet Agrippinen Aus der verrathri¢chen Gefahr. Bring’t Schwe¢tern/ bring’t ein Mu¢chel-¢chiff der Schnecken/ Daß die¢e Venus fahr’t an Port: Hort/ Fi¢ch’/ itzt auf vom Mooß und Fel¢en-lecken/ Helff’t der elenden Mutter fort. Daß alle Welt ein Urtheil konne fallen: Ein bo¢es Kind ¢ey wilder als die Wellen.
485 Schifbruchs-Winde] Schiffsbruch-Winde D 491 Mutter] Mutter CD 493 Epp’] Ebb CD
Die dritte Abhandlung
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Die Berg-Gottinnen. Sie nahert ¢ich dem ¢chilfichten Ge¢tade. Jhr ¢anften We¢ten ¢ei’t erweck’t/ Die ihr in die¢en Kluften ¢teck’t/ Eil’t/ helf’t! hab’t Acht: Daß ihr kein Unfall ¢chade. Du braune Nacht die du ¢teck’¢t Agrippinen Ge¢tirnte Todes-Fackeln an/ Dein ¢chatticht Sarch ¢ey weg gethan/ Die Sternen ¢oll’n zu Freuden-feuern dienen. Gluck zu! Gluck zu! ¢ie kommt zu Lande. Schaut aber wie die Boßheit ¢trande! Die See-Gottinnen. Bekrantzet nun die Un¢chuld mit Narzißen/ Das blaue Saltz mit Roßmarin; So lange Ja¢cht wird umb dis Ufer flußen/ Soll’n hier Corallen-Zapffen bluh’n/ Zum Zeichen: Daß/ wenn Kinder-hold verla¢chet/ Das Wa¢¢er mu¢¢e Flammen nehr’n. Die Flutt/ die doch ¢tets di¢en Strand abwa¢chet/ Wird dis Gedachtnus nicht verzehr’n/ Und di¢e That wird von der ¢tummen Zungen Des Schilffes und der Klippen ¢eyn be¢ungen. !66"
518 blaue Saltz] blaue-Saltz A blaue Saltz BCD 513 Sarch] Sarg BCD 519 umb] um B um CD flußen] flie¢¢en BCD 524 Gedachtnus] Gedachtniß BCD
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Agrippina
Die vierdte Abhandlung. Der Schauplatz ¢tellet fur des Kay¢ers Gemach. Des Britannicus Gei¢t. Nero ¢chlaffend.
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Britannicus. Schopff’t hier der Wutterich/ der Bruder-Morder Lufft? Bring’t er die Nacht mit ¢tillem Schlaffe zu? Und mein ent¢eelter Gei¢t hat in der tieffen Grufft Nicht fur der Ang¢t der muntern Rache Ruh? J¢t nicht mehr wahr? Ein la¢terhaft Gewi¢¢en Wird von den Nattern bo¢er Lu¢t Von Wurmen banger Furcht gehenckert und zerri¢¢en. Es bill’t ein Hund ja in der Bru¢t So oft das Hertze ¢chlag’t/ der den vom Schlaff’ erwecket/ Den mehr geronnen Blutt als edler Purper decket. War keine ge¢chaftige Spinne nicht dar/ Die/ als du mir das Gifft-Glaß eingego¢¢en/ Nahm des mich ent¢eelenden Reben-¢affts wahr? Die diß zur Lu¢t und zur Artzney geno¢¢en/ Daraus ich Tod und Galle mu¢te ¢augen. Die/ was fur Grimme that ein Bruder hat gethan/ Dir uber’s Haupt/ und aller Welt fur Augen Durch ihr gewebtes Garn lebendig bilden kan? Ein todtes Schilf wird oft ja La¢tern zum Verrather. Ein Schatten und ein Wind er¢chreck’t die Ubelthater. Komm’t dir/ du Blutthund/ nicht mehr ein; Daß/ als an mir des Gifftes braune Flecken 9 7 10
der] ’der A der BCD Wurmen] Wurmern BCD Purper] Purpur BCD
Die vierdte Abhandlung
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Sol Mahlerey und Gips verdecken/ Die Wolcke muß ein Schwamm/ der Regen Tinte ¢eyn/ Der deine Farb außwi¢ch’t/ und auf die Bru¢t mir ¢chreibet: !67" Der Bruder i¢t durch’s Brudern Gifft entleibet. Allein’/ Ertz-Morder/ ach! ich ¢chau’ Dein Sinn i¢t allzu hart’/ und deine Bru¢t zu wilde: Daß dir fur deiner Boßheit grau’/ Und ihr Gedachtnus ¢ich dir durch die Traum’ einbilde: So drucke dir denn itzt in’s Hertzens Ki¢el¢tein Diß Gift-Glaß/ di¢e Glutt der Mordthat Merckmal ein. Ent¢atz’¢tu dich: Daß Bajens Lu¢t-Gefulde Jrr-Garthe blaßer Gei¢ter ¢ind/ Wo doch ihr kaltes Blutt nicht rinn’t? Die Ferne dient der Boßheit nicht zum Schilde. Der Schatten laß’t das Licht Die Kwaal den Thater nicht/ Und Rache folg’t biß an das Ziel der Erden. Ein Gei¢t mach’t ihm durch Fel¢en Riß’/ Und Bo¢en muß ein Paradiß Zur Hell’/ ein Blumen-thal zur Schinder-Grube werden. Wiß’ aber: Daß die ungeheure That/ Fur der der Mond’ erbleich’t/ die Gei¢ter ¢ich errothen/ Da du durch Schifbruch dich die Mutter muh’¢t zu todten/ Mich aus der Grufft hieher getaget hat. Allein umb¢on¢t! Die rinnenden Chry¢tallen/ Sind zu Vertunckelung ¢o grimmer That zu rein. Die See kan nicht ¢o kalt/ als deine Seele ¢eyn/ Jn der nur Gifft muß ¢tatt des Bluttes wallen. Die Welle treib’t an Hafen ¢ie/ Die durch Betrug im Schiffe Schifbruch leidet.
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durch’s] dur’chs A durchs BCD rein] reine A rein A(Errata)BCD
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Ent¢atz’¢tu] Ent¢etz¢t du CD Lu¢t-Gefulde] Lu¢t-Gefilde CD Irr-Garthe] Irr-Garthe B Irr-Garten CD Hell’] Holl’ B Holl CD umb¢on¢t] um¢on¢t B umb¢on¢t C um¢on¢t D Vertunckelung] Verdunckelung BCD
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Agrippina
Auf! Falle fur ihr auf die Knie/ Eh’ als Verzug dir Gnad’ und Gun¢t ab¢chneidet. Doch ach! zu ¢path’. Er¢chreckliche Ge¢talt! Verwandeln ¢ich die Oel-Baum’ in Zipreßen? Dis Lu¢thauß wird der Schlangen Auffenthalt/ Jch ¢ehe ¢chon den Kay¢er Drachen fre¢¢en. Die Erde bricht/ der Abgrund krach’t/ Seh’t: Wie die Wolken ihm nach Haupt und Zepter blitzen. !68" Wer ihm den Himmel unhold macht Den kan kein Lorber-Krantz nicht fur dem Donner ¢chutzen.
Nero. Paris. Anicetus. Die Trabanten.
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!Nero. " Hilf Himmel! ich er¢tarr’! ich zitter’! ich vergeh’! Wo bin ich? Himmel hilf! im Abgrund’? in der See? Jn einer Todten-Grufft? umb¢chrenck’t mit tau¢end Schlangen? Mit Aeßern uberleg’t? Von Tigern rings umbfangen? Von Blitz’ und Keil geruhrt? und gleichwol im Gemach? Lebendig? Traumet mir? Trabanten! Wer durchbrach Das Zimmer mit Gewalt? 1. Trabant. Wir haben nichts vernommen.
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Nero. J¢t nichts euch zu ge¢icht’/ auch nichts zu Ohren kommen? 2. Trabant. Das min¢te nicht. Der Hoff i¢t ¢chon fur lang¢t zur Ruh.
vor 63 !Nero."] fehlt ABCD 70 ge¢icht’] ge¢ich’t AB Ge¢icht CD 53 65 66
ihr] ihn BCD umb¢chrenck’t] umb¢chrenckt BC umbfangen] umbfangen BC
Die vierdte Abhandlung
Nero. Jhr Gotter! ach! was bring’t uns Paris neues zu? Paris. Durchlauchtig¢ter/ nichts Gutt’s. Nero. J¢t’s ¢chon umb uns ge¢chehen? Paris. Nein! Wo nur Nero weiß die Segel recht zu drehen.
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Nero. Was i¢t’s denn? Sag’ es bald? ach! aber wir ¢ind hin! Paris. Der Schiffbruch hat gefehl’t/ es lebet Agrippin’. Nero. Und Nero, leider! muß nu ¢terben und ver¢incken/ Eh als Aurora wird der braunen Sonne wincken! Paris. Verzweifelt Unheil krig’t durch Auf¢icht oft noch Rath.
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Nero. Sag’ aber: Wie ¢ich ¢o das Spiel verkehret hat. Paris. Als ¢ich das Schiff zertheil’t/ i¢t ¢ie ans Land ge¢chwommen. Nero. Woher ha¢tu bereit die raue Po¢t vernommen? !69"
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umb] umb BC nu] nun CD Sonne] Sonnen BCD ha¢tu] ha¢t du CD
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Agrippina
Paris. Die gantze Gegend i¢t voll Lermen/ und erweck’t. Jch weiß nicht/ wer ¢o bald den Schifbruch hab’ entdeck’t. Das Ufer i¢t voll Volck/ die See voll kleiner Nachen/ Der Fackeln Vielheit kan die Sternen tunckel machen. Viel wateten ins Meer/ und reichten ihr die Hand. Nun Agrippinen itzt geholffen i¢t an’s Land/ Erkling’t Gebirg’ und Luft von hellen Lu¢t-gethonen/ Man ¢ih’t die Hugel ¢ich mit Freuden-feuern kronen. Den Tempeln rennet zu des Pofels gro¢ter Theil/ Und ¢ag’t den Gottern Danck fur Agrippinens Heil. Nero. Fur un¢ers Niemand nicht! ach leider! Di¢e Stunde Gene¢et Agrippin’/ und Nero geh’t zu Grunde. Ein Traum/ wo nicht ein Gei¢t wei¢¢agte die Gefahr. Anicetus. Fur¢t/ Agerinus i¢t von Agrippinen dar. Nero. Hilf Himmel! auch ver¢eh’n mit viel geharn¢chten Scharen? Anicetus. Jch merckte keine nicht/ die ihm zu Din¢te waren. Nero. Was ¢ol die Bot¢chafft wol uns von ihr bringen bey?
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Anicetus. Nichts/ als daß Agrippin’ in Hafen kommen ¢ey Nero. Ge¢und und unverletz’t?
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Lu¢t-gethonen] Lufft-gethonen AB Lufft-Gethonen CD
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tunckel] dunckel BCD Gebirg’] Geburg CD
Die vierdte Abhandlung
Anicetus. Sie hat allein empfunden Durch eines Ruders-Streich ein Merckmal einer Wunden. Nero. Ent¢chwam ¢ie uns zur Straff’ alleine di¢er Noth? Anicetus. Nein! Aceronie und ! Gallus" ¢ind nur todt.
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Nero. Weiß die Verruchte ¢ich ¢o alber noch zu ¢tellen? Ja/ leider! ja! ¢ie ¢ucht durch Einfalt uns zu fallen/ Und thut: als wu¢te ¢ie des Schifbruchs Ur¢prung nicht/ Biß un¢re Sicherheit uns Halß und Zepter bricht. Sie wird bald bey uns ¢eyn/ nicht ihre Rache fri¢ten/ Den Pofel wafnen aus/ die Sclaven auf uns ru¢ten/ Das ihr geneigte Heer mit Aufruhr ¢tecken an. Ja wo ¢ie nur nach Rom zum Rathe kommen kan/ Dem Volcke machen weiß: Wie ¢ie die Wund empfangen/ Wie es bey’m Schifbruch’ Jhr erbarmlich ¢ey ergangen/ Daß ihre Freind’ allein’ umbkommen in der Flutt; !70" So ko¢tet leider es uns Zepter-Ehr und Blutt. Der Rath wird uns ver¢chmah’n/ der Pofel uns verfluchen/ Rom ihm ein neues Haupt aus frembdem Stamme ¢uchen. Jch fuhl’ es: Schmach und Todt i¢t naher uns als nah’? Eil’t/ weck’t den Burrhus auf/ beruff’t den Seneca. Jhr Gotter! ach! wer ¢teh’t mehr auf des Kay¢ers Seiten? J¢t jemand mehr behertz’t fur un¢er Heil zu ¢treiten? So ¢chaffe Paris an: Daß man die tolle Schaar/ Die umb die Kay¢erin ¢o ¢ehr ge¢chaftig war/ Und in der Gegend ¢ich durch ungewohnte Flammen 104 !Gallus"] Plautus ABCD (s.Komm.) 116 und] uud A und BCD 118 frembdem] frembden ABCD frembdem A(Errata) 115 Freind’] Freund’ B Freund CD 116 Zepter-Ehr] Zepter Ehr CD 124 umb] um B umb C
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Agrippina
Und thorchte Gottesfurcht aufruhri¢ch zeucht zu¢ammen/ Zer¢treu’t werd’/ eh als ¢ie gar zu den Waffen greif’t/ Und auf des Kay¢ers Halß ¢o grimm als Klingen ¢chleif’t. Ach/ aber/ ach! umb¢on¢t/ die Rache wird uns fallen/ Eh als der Kay¢er ¢ich kan in Verfa¢¢ung ¢tellen.
Nero. Burrhus. Seneca. Anicetus. Burrhus. Was fur Er¢chrecknus ficht den Gei¢t des Kay¢ers an? Nero. Ach leider! Burrhus/ ach! es i¢t umb uns gethan! Seneca. Man muß beym Sturme nicht das Hertze fallen la¢¢en. Nero. Wol/ wenn die Wirbel ¢chon den mor¢chen Nachen fa¢¢en.
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Burrhus. Der Kay¢er meld’ uns doch den Uhr¢prung ¢einer Kwal. Nero. Die Mutter ¢chleif’t auf uns den Rachbegier’gen Stahl. Seneca. Wer hat des Kay¢ers Hertz mit ¢olcher Po¢t er¢chrecket? Nero. Der Gei¢t Britannicus hat’s leider uns entdecket. ! 71" Burrhus. Ge¢pen¢te ¢ind ein Traum/ und Traume ¢ind ein wind. 139 ein wind] ein-wind A ein Wind BCD 129 umb¢on¢t] umb¢on¢t BC 131 Er¢chrecknus] Er¢chreckniß CD 132 umb] umb BC
Die vierdte Abhandlung
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Nero. Der Auߢchlag Leider! Weißt’s/ ob’s ¢chlechte Traume ¢ind. Seneca. Was hat fur Auߢchlag ¢ein Er¢chrecknus denn bekommen? Nero. Die Mutter/ die man woll’n er¢auffen/ i¢t ent¢chwommen. Burrhus. Ge¢atzt/ ¢agt: Was ein Weib dem Kay¢er ¢chaden kan.
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Nero. Viel/ leider! Denn halb Rom/ hangt Agrippinen an. Die gantze Gegend i¢t fur ihre Wolfarth wache. Und krig’t ¢ie ¢o viel Luft; Daß ¢ie das Volck zur Rache Durch ihre Thranen bring’t/ daß ¢ie in Rom erzehl’t/ Wie un¢er An¢chlag uns/ der Schifbruch ¢ie gefehl’t/ Wie ¢ie die Wunde krig’t/ wie ihre Freund umbkommen/ So i¢t den Augenblick uns Reich und Gei¢t benommen. Seneca. Ein wach¢end Ubel darf ge¢chwinden Wider¢tand. Nero. Des Kay¢ers Heil und Reich beruh’t in euer Hand. Burrhus. For¢ch’t Seneca von mir/ was hier ¢ey zu erwehlen? Seneca. Laß’t ihre Todtung ¢ich der Leibwach’ anbefehlen?
149 krig’t] kri’gt A krieg’t B kriegt CD 141 Er¢chrecknus] Er¢chreckniß CD 149 umbkommen] umbkommen BC 152 euer] eurer BCD
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Agrippina
Burrhus. Weiß di¢e Flamme nichts zu la¢chen als ihr Blutt? Seneca. Man todte die¢en Wurm eh’ als er’s ¢elber thut. Burrhus. So grimme Rach’ i¢t nicht von Muttern zu vermutten. Seneca. Die Rache ¢ih’t mit Lu¢t auch Kinder-Kopffe blutten. Burrhus. Sie wurde durch dis Blutt ¢ich ¢turtzen und ihr Hauß.
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Seneca. Die Rache gleich’t der Glutt/ die gerne le¢chet aus/ Wenn ¢ie dis/ was ¢ie nehr’t/ nur kan in A¢che kehren. Burrhus. Wie kont’ ein grimmes Weib ¢o holden Sohn gebehren?
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Seneca. Die Erd’ i¢t kalt und todt dar/ wo ¢ie Gold gebiehrt/ Weil die Natur ihr Marck zu einer Ader fuhr’t: Daß ¢ie die Krauter nicht mit Safte kan betheilen. ! 72" Burrhus. Die Wunden la¢¢en ¢ich mit Me¢¢ern ubel heilen. Seneca. Sie heil’n/ wenn Salbe nicht dem Kreb¢e ¢teuern kan. Burrhus. Man wende noch einmal der Sanftmuth Pfla¢ter an.
156 thut] thu B 162 kont’] kont’ B kont CD 167 ¢teuern] ¢teuren BC
Die vierdte Abhandlung
Seneca. Der Fur¢t hat ¢ie auf ¢ich durch Sanftmuth nur verhetzet.
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Burrhus. Welch Sohn hat ¢eine Fau¢t durch Mutter-Blutt genetzet? Seneca. Der Clytemne¢tre Blutt kleb’t an Ore¢tens Stahl. Burrhus. Durch ¢ie ward vor ent¢eel’t ¢ein Vater/ ihr Gemahl. Seneca. Jch ¢ehe dis und mehr an Agrippinen kleben. Burrhus. Wer hat der Eltern Schuld den Kindern untergeben?
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Seneca. Die Fur¢ten richten ¢ie als Gotter die¢er Welt. Burrhus. Wer hat ¢on¢t als Ore¢t ¢olch Urtheil je gefall’t? Seneca. Alcmæon todtet’ auch die Mutter Eriphyle.
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Nero. Jch ¢orge: Daß man hier mehr als gefahrlich ¢piele Durch lang¢amen Bedacht. Oft nutz’t ein kluger Rath Nicht/ was ein ¢chneller Schluß und eine kuhne That. Seneca. Die Schlange die man tritt/ die muß man gar ertretten. Ge¢atzt: Daß wir ¢ie nicht zu todten Uhr¢ach’ hetten/ So hei¢cht’s des Reiches Noth/ und un¢ers Kay¢ers Heil. Die zu be¢chirmen/ muß jedwedes Blutt ¢ein Feil. 179 nutz’t] nu’tzt A nutz’t B nutzt CD 183 hei¢cht’s] hei¢ch’t B hei¢cht CD
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Agrippina
Burrhus. Da ¢ie denn ¢terben ¢oll/ wer wird den Muth ihm fa¢¢en? Kein Kriegs-Knecht wird hierzu ¢ich ¢icher brauchen la¢¢en/ Das gantze Lager ¢ih’t auf’s Kay¢ers gantzes Hauß/ Und des Germanicus Gedachtnus la¢ch’t nicht aus/ Auch nicht des Heeres Hold zu ¢eines Stammes Zweigen/ So lange ¢ich der Rhein wird fur den Adlern neigen/ Die er ¢o hoch erhob. Dem Anicet ¢teh’t zu: Daß er diß/ was er hat ver¢prochen/ wurcklich thu’. ! 73" Anicetus. Jch hab’ es auf Befehl zu wagen kein Bedencken.
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Nero. Du wir¢t uns durch dis Werck das Reich auf’s neue ¢chencken/ Und di¢er Tag wird ¢eyn der andre meiner Lu¢t/ Der er¢te meiner Ruh. Dir ¢elb¢t wird ¢eyn bewu¢t Wer am bekwam¢ten ¢ich dir zu Gefahrten ¢chicke. Auf die¢er That beruht mein Unheil und Gelucke/ Das deine wach¢t hieraus. Anicetus. Das Werck ¢ol Lehrer ¢eyn: Was Fleiß und Treue kan. Jedoch es fallt mir ein Ein Mittel/ di¢en Weg ¢o ¢cheinbar zu beblumen: Daß Rom und alle Welt der Mutter Todt wird ruhmen. Seneca. Eroffne/ was es ¢ey.
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Anicetus. Der Kay¢er gebe nach: Daß Agerin’ er¢chein’ ins Fur¢tliche Gemach/ Umb/ was die Mutter ihm befohl’n hat/ zu entdecken. Nach di¢em wil ich ihm ¢ein muh¢am zu zu¢tecken Hier die¢en gift’gen Dolch. Denn dringe man auff ihn/ 188 Gedachtnus] Gedachtniß CD 189 Zweigen] Zweichen B 205 befohl’n] befohlen B
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Und for¢che: Was er hab’ ent¢chlo¢¢en zu vollzih’n; Ob auf des Kay¢ers Bru¢t die Spitze ¢ey vergiftet/ Ob ihn zum Meuchel-Mord die Mutter ange¢tiftet? Ob er viel lieber nicht von der verdienten Pein Durch frey Bekantnus ¢ich vermeine zu befrey’n/ Und ¢cheue ¢ich nicht dir zu Libe fur zu geben: Daß Agrippinens Fau¢t an ihrem eignen Leben/ Nach offenbarter Schuld/ zum Hencker worden ¢ey; Als daß der Hencker ihm die Glieder reiß entzwey/ Und blaue Schwefel-Flutt ihm auf die Bru¢te regne. Nero. Dein Vor¢chlag i¢t belib’t. Des Himmels Gutte ¢egne Daß dir vertraute Werck. Geh’ fuhr’ ihn ¢tracks herein/ Und meld’ ihm: Daß wir ihn zu horen ¢chlu¢¢ig ¢eyn.
L. Agerinus. Nero. Burrhus. Seneca. Anicetus. Die Trabanten. Die Nachrichter.
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Agerinus. Durchlauchtig¢t-gro¢¢er Fur¢t/ ich ¢ol erfreu’t entdecken: Daß Agrippinens Fall und unverhoft Er¢chrecken Zur Kurtzweil worden ¢ey. Sie ¢chopff’t itzt Luft und Ruh/ Und zeucht der ¢chwachen Seel’ Erfri¢chungs-Athem zu. Und ob ¢ie zwar verlang’t des Kay¢ers Hand zu ku¢¢en/ Und ¢elb¢t ihm zu erzehl’n/ wie ¢ie der Noth entri¢¢en Durch’s Himmels Bey¢tand ¢ey; So wunt¢ch’t ¢ie doch durch mich: Der Kay¢er wolle nicht ¢o gar ge¢chwinde ¢ich Sie zu be¢uchen muh’n. Sie wil ¢ich ¢elb¢t einfinden/ So bald die Mattigkeit der Glieder wird ver¢chwinden/ Des Hertzens Furcht vergeh’n.
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Bekantnus] Bekantnus B Bekantniß C Bekanntniß D ihrem] ihren B ihn] ihm B wunt¢ch’t] wun¢ch’t B wun¢cht CD
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Agrippina
Nero. Wir horen hoch vergnug’t/ Daß der Frau Mutter Gluck’ ihr Ungluck uberwigt; Und wun¢chen ferner ihr Ge¢undheit/ Heil und Leben. Meld’ aber/ wie ¢ich denn der Unfall hat begeben.
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Agerinus. Als ihre Maje¢tat der Mutter ¢ich entbrach/ Begab ¢ich Agrippin’ an See¢trand kurtz hernach/ Betrat ihr fertig Schiff/ und ließ die Segel flugen/ Die fernen Ufer floh’n/ wir ¢ah’n ¢chon Baje ligen/ Des Himmels Ja¢pis war durch¢tick’t mit Stern und Gold/ Der wei¢¢e Monde glamm/ der We¢twind war uns hold/ Die See ¢tand als gefror’n und ¢tiller als Chry¢tallen; Als unver¢ehns das Schiff fang’t hinten einzufallen/ Und durch ¢ein bleyern Dach den Creperej er¢chlag’t. Nach die¢em wird das Theil/ das Agrippinen trag’t/ Zer¢chmettert von ¢ich ¢elb¢t/ wie wenn der Nordwind wuttet/ Und Aceronie neb¢t ihr in’s Meer ge¢chuttet. Die er¢te trinck’t alsbald ¢o viel des Wa¢¢ers ein: Das Silber muß ihr Todt/ Saffier die Baare ¢eyn. Der Mutter aber ¢chein’t die See ¢ich zu erbarmen. Sie theil’t die ¢anfte Flutt durch’s Ruder ihrer Armen/ Die Hoffnung i¢t ihr Schiff/ der Gotter Gun¢t ihr Wind/ Durch welcher Hulffe ¢ie biß an den Strand entrinn’t. Von da la¢t ¢ie/ die ¢ich nicht mehr zur See wil wagen/ !75" An der Lucriner See ¢ich auf ihr Vorwerg tragen. Nero. Wem mißt die Mutter denn des Schifbruchs Uhr¢prung bey? Agerinus. Sie urtheil’t: Daß ihr Fall ein bloßer Zufall ¢ey. Nero. Schein’t Agrippine nicht auf uns Verdacht zu fa¢¢en?
254 Vorwerg] Vorwerck BCD
Die vierdte Abhandlung
Agerinus. Sie hat ihr nimmermehr den Argwohn traumen la¢¢en. Nero. Was eu¢ert ¢ie ¢ich denn fur un¢erm Ange¢icht?
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Agerinus. Ein matter Leib verlangt mehr Fin¢ternus/ als Licht. Nero. J¢t nichts nicht/ was ¢ie ¢on¢t von uns zu thun begehre? Anicetus. Hilf Himmel! Was entfall’t dem Morder fur Gewehre? Nero. Verrather! wie? woher komm’t ¢olch Verrathri¢ch Stahl. Agerinus. Jhr Gotter! bin ich todt? trift mich ein Donner¢trahl?
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Anicetus. Eroffn’ es: Worzu ¢ol ¢olch Meuchel-Mordri¢ch Ei¢en. Agerinus. Man muß: Daß ich’s hieher gebracht/ mir vor erwei¢en. Anicetus. Wie? Wil¢tu/ Schelme/ dis/ was Sonnenklar/ umb¢teh’n? Agerinus. Solch Schelm-¢tuck nimmermehr/ und ¢olt’ ich ¢tracks vergeh’n. Anicetus. Der Dolch i¢t zweifelsfrey vom Himmel nicht gefallen.
260 Fin¢ternus] Fin¢terniß CD 263 komm’t] kommt BCD 267 Wil¢tu] Wil¢t du CD umb¢teh’n] umb¢tehn BCD
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Agrippina
Agerinus. Solch Einwurff kan mir nicht mehr ¢chaden/ als euch allen. Anicetus. Vernein’¢tu: Daß der Dolch dir aus den Kleidern fiel. Agerinus. Es find’t ¢ich leicht ein Stock/ wenn man wen ¢chlagen wil. Nero. Trabanten/ Fa¢¢el her! Schluß’t ihn in Band und Ketten. Agerinus. Der Himmel wird daraus die Un¢chuld ¢chon erretten. !76"
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Nero. Gab Agrippine dir ¢o grimmen An¢chlag an? Agerinus. Jch ¢tarre! Daß man mich auf ¢ie befragen kan. Nero. So ha¢tu von dir ¢elb¢t ¢olch Mord¢tuck furgenommen? Agerinus. Kein Mord¢tuck i¢t mir nie nicht in Gedancken kommen. Nero. Verrather/ ¢ol die Pein die Warheit pre¢¢en aus?
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Agerinus. Die Un¢chuld wird be¢teh’n auch unter Flamm und Graus.
vor 278 Agerinus] Aget. A Ager B Ager. CD 271 Vernein’¢tu] Vernein¢t du CD 273 Schluß’t] Schlie¢¢t CD 277 ha¢tu] ha¢t du CD
Die vierdte Abhandlung
Nero. Bring’t Schwefel/ Pech/ laß’t ihn zergliedern und verbrennen. Agerinus. Jch werde dennoch nichts Verrathri¢ches bekennen. Nero. Ver¢tockter Hertzen Trotz fall’t durch die Marter hin. Agerinus. Der rechte Himmel weiß: Daß ich nicht ¢chuldig bin.
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Anicetus. Ein frey Bekantnus weiß auch La¢ter rein zu brennen. Agerinus. Wer frey von La¢tern i¢t/ darf keine nicht bekennen. Nero. Wo Agrippine dich erkauff’t hat/ ¢ey¢tu frey. Agerinus. Glaubt: Daß die Redligkeit nicht zu erkauffen ¢ey. Anicetus. Oft laß’t der Redlich¢te ¢ich durch Beredung leiten.
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Agerinus. Nicht ¢orge: Daß mein Fuß wird auf dem Ei¢e gleiten. Nero. Wie? Daß dein Leugnen ¢o fur Agrippinen ficht. Agerinus. Wen eigne Tugend ¢chutz’t/ der darf Verfechtens nicht.
285 Bekantnus] Bekantniß C Bekanntniß D
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Agrippina
Anicetus. Du kan¢t noch Ruhm und Lohn fur dein Bekantnus krigen. Agerinus. Aufrichtigkeit laß’t ¢ich durch Gaben nicht be¢igen.
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Nero. So ¢iege Kwal und Schimpf und Hencker uber dich! Bring’t Flamme/ foltern her. Agerinus. Kein Hencker ¢chrecket mich. Nero. Spann’t den Verrather an; brauch’t Me¢¢er/ Pech und Kertzen. ! 77" Agerinus. Kein rein Gemutte fuhl’t des Leibes herbe Schmertzen. Nero. Satz’t ihm noch ¢charffer zu. Trauff’t Schwefel auf die Haut.
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Agerinus. Der leidet mit Gedult/ wer auf die Tugend bau’t. Nero. Fahr’t fort! und reiß’t den Leib des Bo¢ewichts zu ¢tucken. Agerinus. Der Hencker kan den Leib/ die Seele nicht erdrucken. Nero. Hat der Verteufelte denn kein empfindlich Glied?
301 Fahr’t] Fahr’t A Fahr’t B Fahrt CD 293 Bekantnus] Bekantniß C Bekanntniß D
Die vierdte Abhandlung
Agerinus. Auf reine Glider i¢t der Grimm umb¢on¢t bemuh’t.
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Nero. Laß’t ihm zer¢chmoltzen Ertzt auf Lipp’ und Zunge flußen. Agerinus. Ja! Daß ¢ie nur von ¢ich nichts fal¢ches reden mu¢¢en. Anicetus. Nun ha¢tu hohe Zeit/ ¢on¢t i¢t’s umb dich ge¢cheh’n. Agerinus. Jhr werdet durch den Leib eh’/ als mich unrecht/ ¢eh’n. Nero. Er i¢t durch Zauberey fur aller Kwal verwahret.
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Agerinus. Welch Blutthund/ welch Tyrann hat jemals ¢o gebahret? Anicetus. Ritz’t ihm das Fuß-brett auf/ ¢chau’t ob er blutten kan. Agerinus. Es bluttet! Schaue nun der Un¢chuld Purper an. Nero. Es ¢ol ein gro¢¢er Strom bald deinen Nacken farben. Agerinus. Wol dem/ der durch ¢ein Blutt kan ¢o viel Ruhm erwerben.
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Nero. Schlag’t ihm den Schedel ab/ und leg’t ihn uns zu Fuß’. Vollzihe du alsbald den vorgemachten Schluß.
309 verwahret] bewahret D 312 Purper] Purpur CD
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Agrippina
Reyen Der Libe; Der Zeit; Der Ehr¢ucht; Des Todes. !78"
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Die Libe. Du guldnes Licht und Auge di¢er Welt/ Der Monde borg’t ¢ein Silber zwar von dir; Du aber Gold; Saffier des Himmels-Zelt/ Die Sternen Oel/ die Erde Gei¢t von mir/ Die Schnecke Blutt/ die See Perl’ und Korallen/ Die Krauter Safft/ die Fel¢en Berg-Chry¢tallen. Lern’t nun/ was ich fur eine Gottin bin/ Mein Tempel i¢t Lufft/ Himmel/ Erde/ Flutt. Ja die Natur ¢elb¢t i¢t die Pri¢terin/ Die Schonheit Zunder/ die Begierde Glutt/ Der Anmuth Blitz ¢teck’t die geweyhten Kertzen Der Sinnen an/ das Opffer ¢ind die Hertzen. Mein Saame wird gefloß’t den Seelen ein/ Eh als in Mund der Bru¢te Milch-Kwall rin’t. Mein Brand erweich’t der Hertzen Ki¢el¢tein/ Wo Zeit und Tod zu ¢tumpffe Feilen ¢ind. Wer wider¢pricht nun? Daß man mir mit Rechte Die Lorberzweig’ umb meine Myrten flechte? Die Zeit. Der Tod. Die Libe miß’t ihr hoch-verma¢¢en bey/ Der Gottheit Krafft/ den Zepter aller Welt. Die Zeit/ der Tod bricht alles mor¢ch entzwey/ Was die Natur/ was Liben in ¢ich halt; Vom Abgrund an biß uber’s Monden Grantzen Sih’t man der Zeit/ des Todes Sichel glantzen.
320 327 329 333
320] 330 A 320 A(Errata) Kertzen] Kertzen/ ABC Kertzen, D gefloß’t] geflo’ßt A geflo¢¢’t B geflo¢¢t CD Rechte] Rechte. AB Rechte CD
Die vierdte Abhandlung
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Die Liebe. Brauch’t/ wie ihr woll’t/ die Armen eurer Krafft Laß’t euren Zorn an mor¢chen Wipffeln ¢eh’n. Genung! Daß ihr nichts an den Zedern ¢chafft/ Die nur durch mich wol eingewurtzelt ¢teh’n. Denn nichts nicht/ was mein Lorber-Schatten decket/ Wird durch den Blitz durch Zeit und Tod er¢chrecket. Die Zeit. ! 79 " Die Zeit verzehr’t nicht nur Ertzt und Porfier/ Der Himmel ¢chrumpff’t durch ¢ie fur Alter ein. Flutt/ Glutt und Wurm dien’t zur Vertilgung mir/ Der Sterne Gold wird durch mich blaß und klein. Wie ¢olte denn fur meiner Flugel ¢turmen Die Libe ¢ich ¢eyn machtig zu be¢chirmen? Der Tod. Der Erd-Kreiß i¢t der Schauplatz meiner Macht. Was Zeit und Men¢ch ge¢eet hat/ erndt’ ich ein. Mir i¢t der Lentz oft Herb¢t/ der Mittag Nacht/ Niemanden ¢chutz’t/ Gold/ Purper/ Jnfel/ Stein. Wie ¢olten denn der Libe Spinnen-weben Genug¢am Schirm fur meine Pfeil’ abgeben? Die Liebe. Wenn Tod und Zeit und Ehren¢ucht und Pein Der Un¢chuld Ma¢t/ der Seelen Schiff bekampff’t/ Muß ich der Port/ der Schild/ der Ancker ¢eyn. Des Neides Dun¢t wird durch mein Licht gedampff’t/ Den Rauch der Zeit theil’n meiner Fackeln Flammen/ Mein guldner Pfeil des Todes-Strick von ¢ammen. Die Zeit. Ohmacht’ge Glutt und Fackel deiner Hand! Kein Blick ver¢treich’t/ dein lodernd Wachs nimm’t ab. 341 wie] wir A wie A(Errata)BCD 345 Verszahl fehlt A, in Errata ergänzt 356 Purper] Purpur CD
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Agrippina
Dein Tacht verglimm’t/ dein Oele rinn’t in Sand/ Dein Brutt die A¢ch’ i¢t ¢elb¢t der Flammen Grab. J¢t auch gleich noch dein Zunder unverzehret; Schau: Augenblick’s wird Strahl in Staub verkehret. Die Liebe. Die Zeit ver¢ehr’t der Liebe Zunder nicht; Ob ¢ie die Glutt gleich außen dampffen kan. Die Liebe krig’t zweyfache Flamm’ und Licht Oft/ wenn man ¢ie am hefftig¢ten ficht an. Und wenn die Nacht den Himmel ¢chwartz wil mahlen/ So ¢ih’t man ihn mit tau¢end Ampeln ¢trahlen. ! 80" Der Tod. Ohnmacht’ger Pfeil! ein fauler Sterbens-hauch/ Verkehr’t das Gold der Lieb’ in weiches Bley. Jhr Sonnen¢chein wird in dem Sarche Rauch: Mein durrer Arm brich’t Pfrit¢ch und Pfeil entzwey: Und das Ge¢choß/ was meine Fau¢t zerbrochen/ Gibt Brennholtz ab fur durre Todten-Knochen. Die Liebe. Zerbricht der Tod der Sinnen Pfeile gleich; Wird ¢chon mein Strahl in todten Glidern kalt; So i¢t der Leib doch nicht mein Sitz und Reich. Die Seelen ¢ind des Libens Auffenthalt. Verwe¢et ¢chon der Corper in der Holen; So leb’t die Lib’ un¢terblich in der Seelen. Der Wind blaß’t auf die ¢chon halb-todte Glutt Oft/ wenn er ¢ie gar außzule¢chen mein’t. Sturm’t Tod und Zeit auf Agrippinens Blutt/ Siht man: Daß ¢ie mit neuen Strahlen ¢chein’t Die Wolcken/ die der Neid hat aufgezogen/ Verwandeln ¢ich in holde Regenbogen.
374 wenn] menn A wenn BCD 379 Sarche] Sarcke C Sarge D
Die vierdte Abhandlung
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Die Zeit. Der Tod. Soll’n Wa¢¢er-Gall’n itzt Regenbogen ¢eyn? Des Kay¢ers Gun¢t i¢t nur gemahlte Flutt. J¢t außen gleich ¢ein Antlitz Sonnen¢chein/ So wird doch bald ¢ein Hertze regnen Blutt. Denn glantz’t ein Stern mit ungemeiner Rothe; So i¢t’s gewiß ein ¢chadlich Blutt-Comete. Die Ehrsucht. Raum’t/ Schwe¢tern/ mir der Libe Kampff-platz ein/ Weil ¢ie ¢o ¢ehr fur Palm und Sigs-Krantz ficht! Jedoch wird ¢ie ¢elb¢t ¢o be¢cheiden ¢eyn; Wo ihr nicht Witz und kluger Rath gebricht: Daß ¢ie fur mir wird ihre Segel ¢treichen/ Jhr Abendlicht mir Sonne nicht vergleichen. !81" Die Liebe. Ver¢uch’t nunmehr auch die¢er Seiden-Wurm An meinem Ruhm’ und Purper Zahn und Heil? Allein ein Felß verlachet Well’ und Sturm. Sein Blitz i¢t mir ein gla¢ern Donner-Keil. Die Lieb’ i¢t recht der Ehr¢ucht Gifft zu nennen; Jhr Feuer kan kein libend Hertz verbrennen. Die Ehrsucht. Die Ehr¢ucht i¢t der Libe Gift vielmehr. Diß todtete der Sophonißben Brun¢t. Kein Mutter-Hertz/ kein Bruder lib’t ¢o ¢ehr/ Jch kehr’ in Eiß und Galle Flamm’ und Gun¢t/ Und: Daß ich kan aus Blutte Purper farben/ Mag Kind und Freund durch Aderla¢¢en ¢terben. Die Liebe. Die Pflantze/ die ein Muhlthau ¢track’s ver¢ang’t/ Muß niemals recht beklieben ¢eyn gewe¢t. Jch weiß: Daß/ wo ein Gei¢t mein Feuer fang’t/ 408 Purper] Purpur CD 417 Purper] Purpur CD 419 Muhlthau] Mehlthau C
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Agrippina
Mein Brand ¢ich nicht vom Hertzen tilgen laß’t. Denn Libe pfleg’t des Zepters und der Wurden/ Daß er ¢ein Ziel erlang’t/ ¢ich zu entburden.
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Die Ehrsucht. Kein Kind leg’t mehr aus Libe Zepter ab. Jtzt lach’t die Welt der Einfalt er¢ter Welt. Komm’t durch Verdacht nicht Agrippin’ in’s Grab? Weil Nero ¢ie fur herr¢chens-¢uchtig halt. Sein Stamm-Baum fall’t durch meinen Blitz zur Erde: Daß nicht ¢ein Thron von ihm be¢chattet werde. Die Liebe. Du eigne¢t dir der Libe Wurckung zu? Ver¢ichre dich: Daß dis dein Jrrlicht nicht/ Nein! nur Poppe’ und Nerons libe thu’. Denn Sonnen¢chein entfarb’t des Monden Licht; Und Libe wird zwar wol von gro¢¢erm Liben; Nicht aber durch der Ehr¢ucht Dun¢t vertriben. !82" Die Ehrsucht. Hat dich mein Arm ¢o zu Verzweiflung bracht? Daß du entlehn’¢t aus Schmincke Schonheit dir? Solch Liben i¢t die Larve meiner Macht. Dreh’ itzt dein wahres Antlitz nur herfur. Mein Rach-Schwerdt ¢teck’t in deiner Anmuths-Kertzen/ Und Gall’ und Gift in deinem glimmen Hertzen. Die Zeit. Der Tod. Verfluchter Sieg! Solch Engel-¢chones Bild Wird zauberi¢ch in Schlang’ und Wurm verkehr’t? Kan Ehren¢ucht mehr als ein Gorgons-Schild? Auf Zeit/ und Tod! Sie i¢t des Sieg’s nicht werth. Die Rache muß den Hochmuth di¢er Zirzen Durch un¢re Pfeil in Schmach und Abgrund ¢turtzen.
440 itzt] ietzt BC 448 un¢re] un¢ere B
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Die funfte Abhandlung. Der Schauplatz bildet ab der Agrippinen Schlaff-Gemach. Agrippina. Sosia.
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Agrippina. Be¢turtzte Trauer-Nacht! Du Abbild meines Hertzen/ Das bange Todes-Ang¢t und blaße Sorgen ¢chwartzen! J¢t’s Warheit/ oder Traum/ i¢t’s Schatten Dun¢t und Wind/ Daß wir der Schiffbruchs-Noth behertz’t entronnen ¢ind? Was aber beben ¢o uns Glieder/ Mund und Lippen? Mein wallend Hertze ¢turm’t auf die¢e Marmel-Klippen! So/ wie die ¢turme See an fel¢icht Ufer ¢chlag’t. Sosia. Durchlauchtig¢te/ wenn ¢ich gleich Sturm und Wetter lag’t/ !83" So ¢till’t ¢ich doch nicht bald di Krau¢elung der Wellen; So pfleg’t auch Furcht und Ang¢t im Hertzen aufzu¢chwellen/ Wenn man im Port gleich i¢t/ wenn ¢chon die Noth vorbey. Agrippina. Ach! Daß ¢olch Port uns nicht mehr als ein Strudel ¢ey. Einfalt’ge! La¢¢e nicht itzt Wind und See entgelten/ Was ein Verrather that. Du mu¢t den Nero ¢chelten Mein Ba¢ilißken-Kind/ die Schlange/ welche ¢ticht/ Wenn ihr der Anmuths-Blitz aus ihren Augen bricht/ Wenn Welle/ Flutt und Luft den grimmen Eifer ¢tillen/ So regt die Unruh doch den Umb-kreiß ¢eines Willen/ Jn dem der Mittel-Punct nur herbe Schal¢ucht i¢t/ Der Wirbel Ehren-Dur¢t. Wie ¢cheinbar ward ver¢ußt Die Wermuth ¢eines Grimm’s durch Zucker fal¢cher Kuße! Ja recht! So mach’t man Gifft mit ¢cheinbarn Wurtzen ¢u¢¢e!
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Agrippina
Sein Mund war ¢tat der Gun¢t/ von Schamroth’ angefarb’t Als er den Kuß uns gab. Wird er nun nicht erherb’t/ Mehr als ein Tiger ¢eyn/ dem Reh’ und Raub ent¢pringet/ Nun ihm auf meinen Tod ¢ein An¢chlag mißgelinget? Ach/ leider! Ja/ es ¢ag’t uns un¢er Hertze wahr: Der Schwefel brenne ¢chon/ der auf dem Rach-Altar Der grimmen Tyranney ¢ol Flei¢ch und Blutt verzehren/ Das ¢eine Mutter ihm zum Opffer muß gewahren. Sosia. Das Wunder ihres Heils gib’t ¢att¢am Zeugnus ab: Daß ihr des Himmels Hold ¢elb¢t einen Schutzherr’n gab. Wer aber ¢ich nur darf auf di¢en Ancker grunden/ Der ¢egelt ohne Schiff’ auch ¢icher in den Winden.
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Agrippina. Nein! mein Gewi¢¢en ¢elb¢t ver¢ag’t mir allen Tro¢t/ Die Gotter ¢ind erzurn’t/ der Himmel i¢t erbo¢t/ Die Wolcken hecken Blitz/ der Abgrund kaltes Ei¢en Auf mein verdammtes Haupt. Die eignen Thaten wei¢en ! 84" Mir die¢en Rechnungs-¢chluß: des Meeres Sanftmuth ¢ey/ Daß es mich nicht er¢aufft/ nur milde Tiranney; Die Rache habe mich zu mehrer Kwal erhalten. Sih’¢tu die Schatten nicht er¢chrecklicher Ge¢talten? Mein ang¢tig Hertze wurck’t in die Tapeten ein/ Diß ¢tumme Marmel ¢ag’t: Was meine Thaten ¢eyn. Hier nech¢t ¢teh’t angemahl’t/ wie mein halb-viehi¢ch Liben Mit Sohn und Bruder hat unkeu¢che Lu¢t getriben/ Wie ich des Pallas Hold erkauff’t umb tolle Brun¢t/ Des Vettern Bett’ und Thron durch arg¢te Zauber-kun¢t/ Die Gun¢t des Seneca durch Unzucht uberkommen. Dort: Daß ich dem Silan er¢t ¢eine Braut genommen/ Hernach auch Stadt und Gei¢t/ in dem mein Heyraths-Fe¢t Die Hochzeit-Fackel ihm zu Grabe leuchten laß’t.
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von] vom ACD von B
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Zeugnus] Zeugniß CD milde] wilde CD
Die funfte Abhandlung
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Jch ¢ehe Lollien/ die ohne Schuld ge¢torben/ Weil ¢ie ¢ich hat neb¢t mir umb’s Kay¢ers Hold beworben. Schau¢tu’s/ hier ¢chwebet ihr aus Neid’ ent-¢eelter Gei¢t/ Schaut! wie ¢ie meiner Schuld die blutt’gen Bru¢te wei¢t. Statilius verfluch’t die Anmuth ¢einer Garthe/ Fur die ich einen Dolch zum Kauffgeld’ ihm gewehr’te/ Dort web’t die Spinne mir die Mordthat ubers Haupt/ Wie ich dem Claudius durch Schwamm’ und Gift geraub’t Das Leben/ und das Reich; Wie ich des Erbtheils Krone/ Durch des Britannicus Verkurtzung/ meinem Sohne Durch Argli¢t zuge¢chantz’t. Jtzt leider! krigen wir Schmach/ Unhold/ Untergang/ den rechten Danck dafur. Sosia. Welch Wahn verfuhret ¢ie in die¢en Jrrgangs-Schranken? Sie bilde tumme Traum’ ihr nicht in die Gedancken. Ge¢unde Sinnen ¢ind von fal¢cher Blandung frey. Agrippina. Mein ¢chuldig Hertze weiß: Daß es die Warheit ¢ey. !85" Sosia. Sie hat zum Richter den/ der ihre Milch ge¢ogen.
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Agrippina. Mein Sohn hat Gift/ nicht Milch mir aus der Bru¢t gezogen. Sosia. Der Mutter ¢chadet nicht der Schlange giftig Hauch. Agrippina. Die Rache la¢ch’t den Dur¢t aus eignen Adern auch; Die haben/ die durch mich ¢o hoch ans Brett ¢ind kommen/ Jhn ¢elb¢t verzaubernde mit Wahnwitz eingenommen:
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fal¢cher] falcher A fal¢cher BCD
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Hold] Huld D Schau¢tu’s] Schau¢t dus CD
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Agrippina
Daß meiner Pfeiler Grauß das Fußwerck mu¢¢e ¢eyn/ Zu ¢einen Ehren-Saul’n: es konte nur allein’ Jn’s Demant-Buch der Zeit mein Blutt ¢ein Lob einpregen: Mein Leben ¢ey ¢ein Tod/ mein Untergang ¢ein Segen. Hat auch gleich ¢o vielmal ¢ein Fall-Brett uns gefehl’t/ So wird ¢ein Hertze doch/ daß Rach’ und Eifer kwall’t/ Nicht ehe ruhig ¢eyn/ biß Agrippinens Leiche Erkwickenden Geruch der Mord-Begierde reiche. Jch weiß: ¢ein Hertze koch’t ¢chon neue Gall’ und Gifft/ Nach dem ich der Gefahr des Schiffbruch’s bin ent¢chifft. Solt’ er/ war’ er ein Men¢ch/ nicht giftiger als Schlangen/ Mit Gluckes Wun¢chungen die Mutter nicht empfangen? Den Tempeln eilen zu/ weil ich der Noth entran/ Den Gottern ¢agen Danck und Weyrauch zunden an? Ach aber! Nein! er ¢pinn’t uns neue Todes-Stricke! Warumb blieb’ Agerin ¢o lange ¢on¢t zu rucke/ Als: Daß er uns nicht ¢ol erofnen die Gefahr/ Die un¢rer Seele dreu’t. Jtzt i¢t die Stunde dar Die mein Verhangnus hat den Sternen einge¢chrieben/ Eh’ als mein Lebens-Kwall im Hertzen i¢t beklieben. Diß i¢t der Tag/ auf den der Tod mich hat betag’t/ Wie der Chaldeer Witz uns leider! wahrge¢ag’t. Wir haben ¢elb¢t den Spruch willkuhrlich ubernommen: Er todte/ wenn er nur kan an den Gipffel kommen Des gro¢¢en Kay¢erthums. Jedoch was zittern wir Fur banger Todesfurcht? Laß/ Agrippine/ dir !86" Fur der Entei¢erung der Sterbligkeit nicht grauen. Viel be¢¢er einmal fall’n/ als ¢ich ¢tets gleitend ¢chauen. Die Ang¢t/ die Sterbens-Furcht i¢t herber als der Tod. Er i¢t der Men¢chen Sold und der Natur Geboth. Hilf Himmel! hor’ ich nicht das Vorgemach durchbrechen? Mein Hertze ¢cheinet ¢elb¢t den Halß mir abzu¢prechen. Die Mord¢chaar nahert ¢ich dem Zimmer mit Gewalt. Wach’t Niemand nicht umb uns/ der Lohn und Unterhalt Von Agrippinen krig’t? Wo ¢ind die Deut¢chen Schaaren 75 81 93 101
Fußwerck] Fußwerck CD ehe] eher CD Verhangnus] Verhangniß CD Entei¢erung] Enteu¢¢erung CD
Die funfte Abhandlung 110
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Die Agrippinens Leib zu ¢chutzen muh¢amb waren/ Als uns das Glucke ¢chien? Verrucktes Spiel der Zeit! Mein vor belibt Gemach wird itzt zur Ein¢amkeit Und oder Wu¢teney. Lern’t nun: Wie ¢chwanckend ¢itzen Die/ derer Armen ¢ich auf frembden Ach¢eln ¢tutzen. Und du verla¢¢e¢t mich in meinem Elend’ auch/ Untreue So¢ie? Es i¢t der Heuchler Brauch: Daß ¢ie bey Unglucks-Hitz’ als Mertzen-Schnee vergehen. Sosia. Man weich’t den Baumen aus die auf dem Falle ¢tehen.
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Agrippina. Untreue! Fluchte dich! Oft wird des Rehes Flucht Zum Netze/ wenn es ¢ich gar wol zu retten ¢uch’t.
Agrippina. Anicetus. Herculeus. Oloaritus. Anicetus. Hier lig’t die Kay¢erin.
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Agrippina. Ja/ ¢ucht ihr Agrippinen? Jm Fall du/ wie’s ihr geh’t zu for¢chen bi¢t er¢chienen/ So melde: Daß ¢ie leb’t. Ha¢tu was bo¢es fur; So bild’ ich mir nicht ein: Daß un¢er Nero dir Die Unthat hat befohl’n. Anicetus. Der Außgang wird entdecken/ Wiweit ¢ich un¢re Macht/ des Kay¢ers hei¢ch er¢trecken.
110 muh¢amb] muh¢am A muh¢am BCD 113 oder] oeder AB oder CD 116 So¢ie] So¢ia CD 123 Ha¢tu] Ha¢t du CD
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Agrippina
Agrippina. J¢t’s glaublich: Daß ein Wurm die Mutter todten kan? !87" Anicetus. Thut/ was der Kay¢er heiß’t; greif’t Agrippinen an. Agrippina. Mord¢tifter! Bo¢ewicht! Was haben wir verkarbet?
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Herculeus. So viel: Daß Sonn’ und Men¢ch ¢ich ob der That entfarbet. Agrippina. Sag’t: Was Verleumbdung uns fur fal¢che Garne ¢trick’t. Oloaritus. Ha¢tu denn Agerin zum Key¢er nicht ge¢chick’t? Agrippina. Ja/ un¢er Ungeluck und Gluck ihm zu be¢chreiben. Anicetus. Durch arg¢ten Meichel-Mord den Kay¢er zu entleiben.
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Agrippina. Verfluchte Teuffels-Li¢t! Wer hat den Fund erdacht? Herculeus. Der Meichel-Morder ¢elb¢t. Agrippina. Der Mutter Un¢chuld lach’t So grimmes Schelm¢tuck aus. 133 Ungeluck] Uugeluck A Ungeluck BCD 127 132 134 136
glaublich] glaublich CD denn] den BCD Meichel-Mord] Meuchel-Mord CD Meichel-Morder] Meuchel-Morder CD
Die funfte Abhandlung
Oloaritus. Sein gifftig Dolch macht glauben. Agrippina. Wolt ihr Ertz-Morder uns auch un¢ern Ruhm noch rauben? J¢t’s ein zu ¢chlechter Raub: Die Seele/ Leib und Blutt?
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Anicetus. Sie laß’t auch ¢terbend ¢pur’n Trotz/ Grimm und Ubermuth. Agrippina. Sol ich bey Nattern Gun¢t/ bey Henckern Gnade ¢uchen? Herculeus. Du mag¢t auf deine Schuld/ nicht auf das Rach¢chwerdt fluchen. Agrippina. Ein fal¢cher Brandfleck ¢oll der Mordthat Seiffe ¢eyn? Oloaritus. Der Ubelthater Blutt wa¢cht Rach’ und Richter rein.
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Agrippina. Komm’t nicht der Blutthund ¢elb¢t/ der euch hieher bewogen? Daß er hier ¢auge Blutt/ wo er vor Milch ge¢ogen: Anicetus. Laß’t der Verratherin zu ¢chmahen nicht mehr Lufft. Agrippina. Ein ¢chimpflich Prugel ¢ol uns ¢turtzen in die Grufft? !88" Anicetus. Ein edler Dolch wird nur durch Weiber Blutt entweihet.
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Agrippina. Schau’t: Daß der Abgrund euch entweyhte Dolchen leihet. Oloaritus. Hier die¢er i¢t be¢timm’t zu di¢er heil’gen That.
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Agrippina
Agrippina. Stoß/ Morder/ durch das Glied/ das es ver¢chuldet hat/ Stoß durch der Bru¢te Milch’! Di ¢olch ein Kind ge¢auget/ Stoß durch den nackten Bauch/ der einen Wurm gezeuget/ Der grimmer als ein Drach’ und gift’ger als ein Molch! Oloaritus. Diß i¢t der edle Stahl/ der Blutt-be¢pritzte Dolch Der un¢erm Kay¢er Ruh/ mir hoch¢ten Ruhm erworben! Anicetus. Die Schlange dreh’t ¢ich noch/ ¢ie i¢t noch nicht ge¢torben. Herculeus. Stoß das behertzte Schwerdt noch einmal ihr in Leib
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Anicetus. Nun lig’t das ¢toltze Thier/ das aufgeblaß’ne Weib/ Die in Gedancken ¢tand: Jhr Uhrwerck des Gehirnes Sey machtig umbzudreh’n den Umbkreiß des Ge¢tirnes. Hier fall’t der gro¢¢e Stern; Der ¢ich der Sonne ¢chien Des Rom’¢chen Kay¢erthumbs hochmuthig vorzuzih’n/ Vom Himmel ihres Thron’s verachtlich zu der Erden. Jtzt lehr’t ¢ie: Daß kein Dun¢t doch kan zur Sonne werden. Der Dun¢t der Eitelkeit werd’ endlich A¢ch’ und Staub/ Die Schonheit ¢ey der Zeit/ die Macht der Men¢chen Raub. Oloaritus. Wer eilet? Daß der Fur¢t den Auߢchlag mog’ erfahren. Jch eile di¢en Dolch in Tempel zu verwahren Des gro¢¢en Jupiters. Er ¢ol ihm heylig ¢eyn Auf ¢einem Rach’-Altar. Herculeus. Der Kay¢er komm’t herein! !89" 166 Sonne] Soune A Sonne BCD 164 Kay¢erthumbs] Kay¢erthums CD 170 in] im CD
Die funfte Abhandlung
Nero. Burrhus. Seneca. Paris. Anicetus. Herculeus. Die Trabanten. Nero. J¢t die befohl’ne That nach un¢erm Wunt¢ch ge¢chehen? Anicetus. Hier kan der Kay¢er ¢elb¢t die blutt’ge Leiche ¢ehen.
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Nero. Erofnet: wie euch komm’t dis ¢chone Schau¢piel fur. Seneca. Des Feindes Leiche gib’t anmutt’gen Dampf von ihr. Nero. Laß’t uns die Eigen¢chaft der Wunden recht be¢chauen. Burrhus. Mag ihrer Maje¢tat nicht fur der Todten grauen? Anicetus. Ein zornig’ Aug ergatz’t an blutt’gen Glidern ¢ich.
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Nero. Jch hette nicht gemein’t: Daß ¢olche Glider mich Solch Schnee-gebirgter Leib in ¢ich getragen haben: Daß solche Bru¢te mir die ¢u¢¢e Nahrung gaben. Es ¢chein’t unglaublich fa¢t: Daß di¢e Lilgen-Bru¢t Der Augen Paradiß/ das Zeughauß ¢u¢¢er Lu¢t/ Ein ¢o kohl ¢chwartzes Hertz innwendig habe ¢tecken. Daß der Rubinen Mund/ der von den Purpur¢chnecken Zur Farbe Blutt entlehn’t/ von Bienen Su¢¢igkeit Von Ro¢en den Geruch/ nur ein be¢chonungs-Kleid Der gift’gen Schlangen ¢ey/ die in der Seele ni¢ten. Jedwedes Auge liß ¢ich ihrer Schooß gelu¢ten/ 173 Wunt¢ch] Wun¢ch CD 178 der] den BCD
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Agrippina
Sein Marmel war ein Brunn/ wo Dur¢t und Lieb-reitz kwill’t/ Ein Schneeberg voll mit Glutt und Anmuth angefull’t. Allein’ im Liben war ¢ie harter als Kri¢tallen Und kalter als das Eiß. Den Gottern hat gefallen: Daß ihr erhitztes Blutt die Kalte lau gemach’t. Schau’t wie di Morgen-roth am wei¢¢en Himmel lach’t. Zinober kwill’t aus Milch/ Rubin aus Helffenbeine/ Aus Alaba¢ter Glutt/ Korall aus Marmel¢teine. !90" Die Warmbde/ die ihr itzt noch ¢teig’t aus Blutt und Wund’ Hat ¢o viel Kraft in ¢ich: daß un¢er Zung und Mund Empfinden Hitz und Dur¢t. Reich’t uns ein Glaß mit Weine. Nun aber i¢t es noth: Daß man mit guttem Scheine Dem großen Rath’ in Rom den Zufall bringe bey: Wie Agrippinens Schuld ¢elb¢t ihr Verterben ¢ey. Anicetus. Man ¢prenge kuhnlich aus: Jhr hoch¢t befleck’t Gewi¢¢en Sey Gegentheil gewe¢t; Die Hande hatten mu¢¢en Jhr eigen Hencker ¢eyn. Paris. Dis i¢t kein thulich Rath. Jedwedre Dien¢t-Magd kan/ die ¢ich verlauffen hat Eroffnen: Daß ¢ie ¢ey durch frembde Fau¢t erbla¢¢et.
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Seneca. Was darf die/ die vorhin i¢t aller Welt verha¢¢et Mehr fur Be¢chuldigung? Es i¢t genug gethan: Streicht nur ihr altes Thun mit neuen Farben an. Wie ¢ie den Claudius gleich als ein Kind verleitet/ Daß ¢ie der Un¢chuld Straff’ und Elend zu bereitet/ Daß ¢ie bei’m Kay¢erthum des Nero ¢ich bemuh’t Des Kay¢ers Haupt zu ¢eyn/ das Glucke/ das itzt bluht/ Des Reiches/ die Gewalt des Rathes/ den Soldaten Den Sold/ des Pofels Korn zu mindern eingerathen. 194 kalter] kalter A kalter A(Errata)BCD 204 Verterben] Verderben BCD 218 Pofels] Pobels BCD
Die funfte Abhandlung
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Daß ¢ie des Heeres Theil be¢tochen durch ihr Geld/ Des Kay¢ers Regiment viel Mangel außge¢tell’t/ Den Pofel dort und dar zu Aufruhr angefri¢chet/ Jn alle Handel ¢ich vorwitzig eingemi¢chet/ Daß ¢ie Verlaumbdungen ¢tets freyen Zaum verhang’t/ Den Kay¢er fur den Brunn des Schiffbruchs außge¢preng’t/ Die Mord-lu¢t habe ¢ie auch endlich ¢o verblendet: Daß ¢ie den Agerin zum Kay¢er außge¢endet/ Der/ als er Stich und Todt ihm wollen bringen bey/ Mit einem gift’gen Dolch ergriffen worden ¢ey. Nero. Wir loben deinen Rath. Du ¢ol¢t die Schrift verfa¢¢en.
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Burrhus. Wil ihre Maje¢tat nicht auch beim Heere la¢¢en Die milde Hand ver¢pur’n/ beim Volcke Gnad’ und Hold? Durch Gaben bindet man die Gotter/ Stahl durch Gold. Der Kay¢er wird hierdurch ¢ie ihm ¢o ¢ehr verbinden: !91" Daß des Germanicus Gedachtnus wird ver¢chwinden/ Darumb das Heer biß itzt ¢teh’t Agrippinen bey. Nero. Daß/ was im Vorrath’ i¢t/ des Heeres Beuthe ¢ey.
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Paris. Durchlauchtig¢t-gro¢¢er Fur¢t/ ich muß umb die noch bitten/ Die Agrippinens Haß beym Kay¢er ¢o ver¢chnitten: Daß ihre Un¢chuld hat das Elend mußen bau’n/ Und Rom den Rucken dreh’n Nero. Sie mogen wider ¢chau’n Uns und ihr Vaterland. Der Fall der Agrippinen
239 Un¢chuld] Un¢chud A Un¢chuld BCD 240 ¢chau’n] ¢chau’n. AB ¢chaun CD 234 Gedachtnus] Gedachtniß CD
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Agrippina
Sol Lebenden zu Lu¢t/ zu Ruhm den Todten dienen. Schreib: Daß Calpurnie/ Licinius Gabol/ Jtur/ neb¢t Junien die Hand uns ku¢¢en ¢ol/ Daß ¢ich Calvi¢ius nach Rom mag wider wenden. Man ¢ol mit hoch¢ter Pracht den Bluttsverwandten ¢enden Paulinens Todten-A¢ch/ und ihr aus Ertzt und Stein Ein ko¢tlich Grabmal bau’n. Etz’t auch den Nahmen ein Silanens in Porfier/ die ¢ol un¢terblich leben/ Die wegen Treu und Pflicht den Gei¢t hat aufgegeben. Anicetus. Warumb: Daß die¢er Tag ¢o gar verge¢¢en bleibt? Man hat viel Tage ¢chon ins Zeit-Buch einverleib’t Als heylig/ die uns gleich gering’re Wolfarth brachten.
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Burrhus. Laß’t/ wo nur Tempel ¢ind/ den Gottern Opfer ¢chlachten/ Der Men¢chen Andacht i¢t der Un¢chuld be¢ter Schild. Satz’t in dem Rath-hauß’ auf Minervens guldnes Bild/ Und Nerons ¢ol darneb¢t auch ¢einen Stand empfangen. Dis Fe¢t mag alle Jahr mit Spielen ¢eyn begangen Das Agrippinens Haß und Argli¢t offenbahr’t. Der Tag/ da aber ¢ie zur Welt gebohren ward Sol als verdamm’t und ¢chwartz im Zeit-Regi¢ter ¢tehen. Nero. So muß der/ welcher ¢turm’t den Himmel/ untergehen. Reiß’t ihre Saulen umb zu Rom im Capitol.
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Seneca. Wil ihre Maje¢tat/ wie das Begrabnus ¢ol Der Todten ¢eyn be¢tell’t/ nicht auch Befehl ertheilen. Nero. Laß’t mit der Leiche nur zu Gruft und Holtz-¢toß eilen. !92" Schaff’t: Daß man ¢ie verbrenn’t noch heinte di¢e Nacht. Nur nach gemeiner Art/ und ¢onder gro¢¢e Pracht.
264 Begrabnus] Begrabniß CD
Die funfte Abhandlung
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Anicetus. Man kan dem/ de¢¢en Blutt die Schuld hat zahlen mu¢¢en Leicht gonnen Flamm’ und Grab. Diß i¢t das arg¢te bißen: Daß di¢er Todten-grufft mit keinen Lorbern bluh’t/ Die ihrer Ahnen Ruhm fur ¢ich vergottert ¢ih’t.
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Nero. Neb¢t dir/ ¢ol Anicet ihr das Begrabnus machen. Trabanten trag’t ¢ie weg. Du/ Burrhus/ ¢elb¢t wir¢t wachen Und ¢orgen: Daß das Heer nichts thatliches beginn’t: Du aber Seneca/ ¢chreib/ was ¢ie auf ihr Kind Fur Boßheit vorgehabt/ warumb ¢ie ¢terben mu¢¢en/ Außfuhrlich an den Rath. Seneca. Wir ¢amtlich ¢ind befli¢¢en Des Kay¢ers Hei¢ch zu thun.
Nero. Poppæa.
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Poppæa. – – hat Nero nun ge¢ig’t/ Entrinn’t er der Gefahr? Nero. Mein Schatz/ die Natter lig’t Und hat itzt Gei¢t und Gift und Gallen außgeblaßen/ Darmit ¢ie auf mein Heil begierig war zu ra¢en. Poppæa. Kleb’t hier der Be¢tien rings-umb ge¢pritztes Blutt? Nero. Nun kuhl’t ¢ich in ihm ab der Ehr¢ucht hei¢¢e Glutt.
270 bißen] bu¢¢en BCD
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Agrippina
Poppæa. Jhr Schal¢uchts-Reif vergeh’t/ der un¢re Libes Bluthe Mit fal¢cher Anmuth weg zu ¢angen ¢ich bemuhte. Jtzt aber/ nun nach Wunt¢ch ¢olch Muhlthau wird verzehr’t Seh’ ich: Daß iede Kno¢p’ in Blumen wird verkehr’t/ Ja wenn der Gluckes-Sonn’ ihr Licht ¢o hoch wird ¢teigen; Daß sich Octaviens umb¢chattend Haß muß neigen So wird er¢t recht der Herb¢t erwun¢chter Lu¢t angeh’n/ Der Garten ¢einer Gun¢t voll guldner Aepffel ¢teh’n. !93" Der Wollu¢t-Herb¢t wird nicht den Anmuths-Lentz verjagen/ Die Schoos wird reiffe Frucht/ das Antlitz Ro¢en tragen. Nero. Der Himmel/ der die Schoos der Erden fruchtbar mach’t/ Der bey der Nacht umb ¢ie mehr als ein Argos wach’t/ Wenn tau¢end Sternen ¢ie zu ¢chauen offen ¢tehen/ Der bey dem Tag auf ¢ie mehr/ als auf Galatheen Der geile Polifem/ der Sonnen Auge kehr’t: Hallt die geliebte Schoos der Erde wider werth. Die Dun¢te zih’n empor als Saufzer der Begierden/ Und geben Spiegel ab/ der unbefleckten Zierden: Nichts minder ligt uns ob: Jhr/ da dein ¢ternend Licht Dein Himmel der Ge¢talt/ dein Gottlich Ange¢icht So gun¢tig uns be¢trahl’n/ und Anmuth auf uns regnen/ Mit reiner Gegen-Gun¢t und Libe zu begegnen. Und wir erme¢¢en ¢elb¢t: Daß ihr Octavie/ Die gram¢te die¢er Welt nur noch am Lichte ¢teh’? Alleine ¢ie/ mein Licht/ wird ¢elb¢t vernunftig fa¢¢en: Daß Mutter und Gemahl ¢ich nicht wol ¢icher la¢¢en Auf einmal richten hin.
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angeh’n] angehn’ A angeh’n B angehn CD ¢teh’n] ¢tehn’ A ¢teh’n B ¢tehn CD Antlitz] Antzlitz A Antlitz BCD ¢tehen] ¢tehn ABCD
287 Wunt¢ch] Wun¢ch CD
Muhlthau] Mehlthau CD
Die funfte Abhandlung
Poppæa. Es heiß’t ein Donner¢chlag Der gleich zwey Eichen fallt. Man ¢par’ auf kunft’gen Tag Nicht/ was man heute kan mit einer Artzney heilen.
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Nero. Wo ¢o viel Wunden ¢ind/ muß man die Pfla¢ter theilen; Das Heer i¢t ihr geneig’t/ der Pofel ¢teh’t ihr bey. Poppæa. Ein uner¢chrocken Hertz entwafnet alle zwey. Die Zweig’ er¢chittern ¢ich/ wenn ¢olche Stamme fallen; Und Niemand flucht dem Blitz/ wenn Luft und Wolcken knallen. Zu dem/ was frag’t ein Fur¢t nach’s Pofels Unmuth viel?
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Nero. Mein Kind/ auch eine Mauß ent¢eel’t den Krocodil/ Ein ¢chwacher Kefer thut des Adlers Eyern ¢chaden. ! 94" Ja/ was fur Schuld weiß man ihr fuglich aufzuladen? Poppæa. Man melde: Daß auch ¢ie zu der verdammten That Des Agerin/ ertheil’t vermaledeyten Rath.
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Nero. Jhr Einfalts-Schein laß’t ¢ich mit Argli¢t nicht beflecken. Poppæa. Man findet oftmal Gift in Tauben-Augen ¢tecken. Nero. Mein Schatz ¢o ferne ¢ih’t der blinde Pofel nicht. Poppæa. Man miß’t den Monden nur zur Nacht/ kein kleiner Licht.
316 uner¢chrocken] uner¢chrocknes CD 317 er¢chittern] er¢chuttern CD
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Agrippina
Nero. Wer weiß? Wie Rom noch wird der Mutter Tod empfinden.
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Poppæa. Er kan durch lindern Weg der Gramen ¢ich entbinden. Nero. Sie ¢age denn: Wordurch? Poppæa. Er trenne ¢ich von ihr. Nero. Was wendet man mit Fug fur Scheidens-Uhr¢ach fur? Poppæa. Daß ¢ie nicht fruchtbar i¢t. Nero. Rom wird dis Unrecht ¢chelten.
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Poppæa. Was Burgern vor war recht/ ¢ol das nicht Kay¢ern gelten? Mein Licht/ mein Augen-Tro¢t/ er i¢t zu furcht¢am noch. Er burde von ¢ich ab des Eyferns knechti¢ch Joch. J¢t die¢er Mund/ die Bru¢t fur Liebens-werth zu achten? Warumb denn laß’t er mich fur Liebe ¢chier ver¢chmachten? Wil¢tu/ mein Auffenthalt/ mein Seelen-Abgott ¢eyn? So la¢¢e dir doch nicht umb¢on¢te Weyrauch ¢treu’n. Mein Schatz/ man opfert ja den Gottern nicht vergebens. Dein Himmli¢ch Antlitz i¢t die Sonne meines Lebens. Der Schatten deine Gun¢t/ der Zeiger i¢t dein Schluß/ Nach welchem meine Zeit ¢ein Glucke me¢¢en muß. Wie aber: Daß dein Licht ¢o lang¢am aufwerts ¢teiget? Und noch nicht un¢rer Lu¢t gewun¢chten Mittag zeiget? Es wird die Schonheit ja fur einen Blitz ge¢chatz’t/ Der Seelen Augenblick’s in volle Flammen ¢atz’t/
339 Wil¢tu] Wil¢t du CD
Die funfte Abhandlung
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Ja Stein und Ertzt zermalm’t/ der Zunder zarter Hertzen/ !95" J¢t Schwefel/ fettes Hartzt/ das auch von fernen Kertzen Begierdens-Feuer fang’t. Und er mein ¢u¢¢es Licht/ Der ¢o viel Zeit ¢chon glimm’t/ wil noch recht brennen nicht/ Und frembder Schal¢ucht Rauch durch helle Glutt zertrennen? Ob die¢e Lippen gleich ¢tets voller Flammen brennen/ Ob gleich die Anmuth blitz’t aus die¢er ¢chwartzen Nacht Der Augen/ ob die Bru¢t gleich Lieb’ und Glutt auffacht. Wo Nebel ubrig bleibt/ und Schal¢ucht unvertrieben/ Muß wahrer Sonnen¢chein und unbeflecktes Lieben Nicht Luft und Bru¢t be¢eel’n. Er fleucht ¢ein ¢u¢¢es Ziel/ Weil er kein ¢auer Aug’ in Rom bekommen wil/ Weil er Octavien den Wurm nicht wil erherben. Dis Thier/ das in der Brun¢t des Liebens doch muß ¢terben/ Lieb’t ¢u¢¢es Lieben doch. Wie daß denn dir/ mein Kind/ Die Gei¢ter ¢o er¢chreck’t/ die Sinnen ey¢ern ¢ind? Kan Anmuths-Oele nicht dein Marmeln-Hertz’ außholen; So opfr’ ich Thranen dir das Blutt verliebter Seelen. Mit die¢em zwing’t man ja der Hertzen Diamant. Nero. Mein lebend Antlitz mahl’t den hei¢¢en Seelen-Brand/ Mein Schatz/ dir be¢¢er ab; als leichter Worte Schatten. Man muß den Fruchten ja zu reiffen Zeit ver¢tatten. Sie i¢t des Kay¢ers Gun¢t ver¢ichert allzu wol. Poppæa. Die Gutthat/ die der Werth begier’ger Hoffnung ¢ol So theuer er¢t bezahl’n/ i¢t ein verkaufft Ge¢chencke. Am be¢ten daß man nicht bey Dur¢tenden gedencke Des Nectars/ den man er¢t nach vieler Zeit gewehr’t. Nero. Wir woll’n ¢chnur ¢tracks vollzieh’n was ¢ie/ mein Licht/ begehr’t. Sie fuge ¢ich zur Ruh biß an den frohen Morgen. !96" Wir woll’n in des fur uns und ihre Wohlfarth ¢orgen.
355 blitz’t] blitzt’ A blitz’t B blitzt CD 368 Antlitz] Antzlitz A Antlitz BCD
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Agrippina
Nero, Agrippinens Gei¢t. Burrhus. Die Trabanten. Etliche Hauptleuthe.
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Nero. So i¢t nunmehr gemacht/ der lang¢t-erwog’ne Schluß: Octavie ¢ol fort/ wo ¢ie nicht ¢terben muß. Octavie ¢ol fort? Ja/ wenn ¢o ¢chone Sonnen Geliebter Augen ¢ind mit Thranen-Saltz umbronnen; So zih’n ¢ie ander werts mei¢t Fin¢ternus nach ¢ich. Die Trauer-Wolcke ¢chlag’t/ Octavie, auf dich Den Blitz des Untergang’s. Was wird ¢ie uns gebehren? Der Hochzeit-Fackeln Licht? Der Strom verliebter Zehren Ver¢amlet ¢olch ein Meer/ auf dem der Libes-We¢t/ So leicht uns auf die Syrt’ als in den Hafen bla¢’t. Warumb/ was zittern wir den Schluß in’s Werck zu richten? Fur was ent¢etz’ ich mich? Fur ¢chattichten Ge¢ichten? Warumb beb’t Hand und Fuß? Der Ang¢t-Schweis bricht mir aus. Jch wath’ in Sand und Flutt/ und ¢teh’ auf Brand und Graus! Welch Schauer uberlauff’t die Eiß-gefrornen Glieder? Das Haar ¢teh’t mir zu Berg’/ ich ¢incke Kraft-loß nieder. Hilf Himmel! ich er¢tarr’! ach. Was hab’ ich gethan? Der Tod und Abgrund greift den Mutter-Morder an! J¢t Agrippine todt? und ¢ie lebt uns zur Rache? Schaut! Wie die Bluttige das Mord¢chwerd fertig mache! Schaut! Wie ihr nackter Arm das Ei¢en auf uns wetz’t. Und uns die Fau¢t an Halß/ den Dolch ans Hertze ¢etz’t! Agrippinens Geist. Schreck’t dich nunmehr der todten Mutter Schatten? Die dich lebendig nicht zu zahmen machtig war? Ein Tiger hat mit mir ¢ich mu¢¢en gatten: Daß die¢er Leib ¢olch einen Wurm gebahr. Die Natter rei¢’t der Mutter Eingeweide ! 97" Nicht außer der Geburth enttzwey: Weil ich von dir dis auch nun ¢terbend leide/ Seh’ ich: Daß Nero mehr als Schlang’ und Natter ¢ey. Mein Adern Kwall hat nie kein Blutt gezeug’t/ 405 rei¢’t] rei¢t’ A rei¢t B rei¢¢t CD
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Das nicht mit Milche theils dein Leben Jn zarter Kindheit hat ge¢aug’t/ Theils hat es Farbe dir zum Purper abgegeben. Doch endlich mu¢t’s ein ¢u¢¢er Kuhlungs-Wein Der Ehren¢ucht/ der Rache Lab¢al ¢eyn. Kein Geyer ¢peißt ¢ich nicht mit Geyers Blutte; Du aber ¢aug¢t’s der Mutter aus. Doch hielt’ ich dir dis alles noch zu gutte/ Ob ¢chon mein Leib i¢t worden A¢ch’ und Graus. Da doch iedweder Wurm/ die ¢chwache Schnecke ¢ich Die ¢ich nur: Daß ¢ie nicht verfaulen ¢oll/ beweget/ Die Waffen bey Gefahr in ihrer Schale reget/ Und auf den/ der ¢ie neck’t/ ver¢uchet Rach und Stich: Holtz knack’t und ¢pring’t/ wenn es die Flammen fre¢¢en. Allein ein großer Gei¢t Wird denn er¢t hoch geprei¢t/ Jm Fall er Rach’ und Unrecht kan verge¢¢en. Dis/ ¢ag’ ich/ ¢olt’ auch mit des Leibes A¢chen Verbrenn’t/ vertilg’t/ ver¢taub’t ¢eyn/ abgethan/ Weil aber du mir Ehr und Ruhm greif¢t an/ Sol Lethe ¢elb¢t mein Bluttmahl nicht abwa¢chen. Du Morder/ ¢chwartz’¢t mit die¢em La¢ter mich/ Jch hette Meuchel-Mord ge¢tiftet ¢elb¢t auf dich! Brich Abgrund auf! Ver¢chling die Mißgeburth der Erden/ Ein gutter Ruhm i¢t’s Kleinod die¢er Welt/ Ein Heyligthumb/ das man fur Gottlich halt/ So muß es ja ver¢ohn’t mit Blutt und Opfern werden. Der Hund in deinem Hertzen/ bill’t/ Dein Hencker ¢chmeltz’t ¢chon Pech zu deinen Branden/ Verlaumbdung kan der Un¢chuld Schild Zwar wol er¢chell’n/ des Richters Auge blanden: Alleine die Gewi¢¢ens Pein Muß endlich doch ihr Hencker ¢eyn. !98" Ja! was hat er¢t dein Blutt-Rath mehr be¢chlo¢¢en?
417 hielt’] hiel’t A hielt BCD 426 und] nnd A und BCD 412 Purper] Purpur CD
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Agrippina
Soll nun Octavie auch deinen Mord-¢pruch hor’n? Soll die/ die Haß und Geilheit angego¢¢en Un¢chuld’ger Leichenberg/ die Schaar der Gei¢ter mehr’n? Mein Schatten wird in unter-irrd’¢chen Holen/ Die Todten-Beine/ grimmer Sohn/ Der lang¢t-ent¢eelten Men¢chen ¢chon Zu meiner Lu¢t/ und dir zur Kwal be¢eelen. Bis daß du nach viel Ach und Pein Die Gotter wir¢t ver¢ohnen auf der Baare/ Wenn auf dem mir geweyhten Rach-Altare Dein Arm der Pri¢ter wird/ dein Leib das Opffer ¢eyn. Nero. Ach! Mutter/ ach! Vergib! vergib dem bo¢en Kinde! Wa¢ch’ ab durch Straff und Blutt das Brandmal arg¢ter Sunde! Fleuch¢tu? Verzihe doch! Die Fau¢t i¢t ¢chon ge¢chick’t Daß ¢ie den blancken Dolch mir in das Hertze druck’t/ Und dir mit meiner Leich’ ein bluttigs Opffer bringet. Burrhus. Halt Fur¢t! Was i¢t’s/ das ihn zu dem Verzweifeln zwinget? Nero. Laß’t den gekwalten Gei¢t erlangen Tod und Ruh Burrhus. Der Kay¢er meld’ uns doch/ was nothig’t ihn hierzu? Nero. Die Mutter. Burrhus. Die ¢chon kalt! Nero. Bekampft die ang¢t’ge Seele.
451 Ach] A¢ch BCD 457 Fleuch¢tu] Fleuch¢t du CD
Die funfte Abhandlung
Burrhus. Die Gei¢ter kommen nicht zu ruck’ aus Grab und Hole.
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Nero. Sie hat itzt ja auf mich den Blutt-Spruch er¢t gefall’t. Burrhus. Nichts Wunder: Daß die Furcht den Traum fur Warheit halt. Nero. Was uns ihr Gei¢t gedreu’t/ das dreu’t uns auch’s Gewi¢¢en. Burrhus. Solch Nebel wird ¢ich ¢chon am Tage ¢ancken mu¢¢en. Nero. Sag’t/ i¢t der Tag das Ziel des Lebens itzt bald dar? ! 99"
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Burrhus. Die Nacht ¢ey ohne Furcht/ der Tag hat nicht Gefahr. Nero. Die Schaar/ die fur uns wach’t/ denck’t ¢elb¢t uns hin zurichten. Burrhus. Der Kay¢er ¢chlu¢¢e doch die Wurtzel aus den Fruchten. Erzeug’t der Maje¢tat dis/ was ihr ¢eit ge¢inn’t.
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Hauptman. So lang ein Tropffen Blutt in un¢ern Adern rin’t/ So lang’ ein Athem wird des Lebens Balge treiben/ Wird das ge¢chworne Heer dem Kay¢er treu verbleiben. Wir fallen ihm zu Fuß/ und ku¢¢en Hand und Knie/ Verwun¢chend: Daß das Hauß des Kay¢ers ewig bluh’/ Erfreut: Daß er begluck’t dem Meuchel-Mord entronnen. 473 Erzeug’t] Er zeug’t A Er zeig’t B Erzeigt CD 472 ¢chlu¢¢e] ¢chlie¢¢e CD 476 Wird] Wir B
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Agrippina
Nero. Wenn euer Gun¢t-Wind weh’t/ ¢o hat mein Schiff gewonnen. Verharr’t in treuer Pflicht. Des Kay¢ers milde Hand Wird zweyfach euch thun gutt/ was Agrippin’ entwand. Jedoch/ umb un¢er Reich mit Wohlfarth zu bekronen/ Eil’n wir der Mutter Gei¢t mit Opffern zu ver¢ohnen.
Der Schauplatz verandert ¢ich in eine wu¢te Einode. Paris. Anicetus, Mnester. Die Todtengraber. 485
Paris. So i¢t das ¢toltze Weib nun A¢che Grauß und Staub? Mnester. Die Glieder ¢ind allein der Glutt-verweßlich Raub. Anicetus. J¢t außer Knoch’ und Kohl’ auch ¢on¢t was ubrig blieben? Mnester. Ja/ Jhr Gedachtnus i¢t in’s Buch der Zeit ge¢chrieben. !100" Anicetus. J¢t ihre Seele nicht in Schlang’ und Wolff gefahr’n?
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Mnester. Sie ¢tieg den Sternen zu die auch ihr Uhr¢prung war’n. Paris. Hat ¢ie durch La¢ter nicht die Flugel eingebißet?
485 So] So’ A So BCD 491 eingebißet] eingebu¢¢et CD
Die funfte Abhandlung
Mnester. Schaum’t/ la¢tert! aber ¢ag’t/ ob ihr ¢o gar nicht wi¢¢et? Es hege noch ihr Gei¢t in die¢er Welt Gericht. Paris. Wo i¢t ihr Urthel-ti¢ch? Wer? uber den ¢ie ¢pricht?
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Mnester. Die Mord-¢chaar i¢t ihr Volck/ der Richtplatz i¢t’s Gewi¢¢en. Anicetus. Der taug zum Richter nicht/ der ¢elb¢t muß La¢ter bißen. Mnester. Was hang’t Verleumbdung nicht fur Fleck der Un¢chuld an? Paris. Sag’ ob man rechtes Recht Verleumbdung nennen kan? Mnester. Mit was fur Recht entzih’t man ihr den Schmuck der Baare?
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Anicetus. Man ehr’t die Boßheit nicht mit Tempel und Altare. Paris. Die Straffe folg’t der Schuld; und wenn der Leib erblaß’t/ So bleib’t er unverehr’t/ ihr Leben hoch verhaß’t. Mnester. Die Tugend wird durch Haß der Feinde nicht ver¢ehret. Anicetus. Wo i¢t itzt einig Men¢ch der ihr Gedachtnus ehret?
497 fur] ¢ur A fur BCD 496 bißen] bu¢¢en CD 504 Gedachtnus] Gedachtniß CD
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Agrippina
Mnester. Die Nachwelt und Halb-Rom wird nicht verge¢¢en ihr. Paris. Wie daß der Adel ihr nicht trag’t die Bilder fur? Mnester. Jhr hoch Ge¢chlechte glantz’t auch ¢onder Ertzt und Steine. Anicetus. Kein naßes Aug’ i¢t dar/ das ihren Tod beweine. Mnester. Aus Nerons wird noch kwall’n an ¢tatt der Thranen Blutt.
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Paris. Wie daß man Weyrauch nicht in ihren Holtz¢toß thut? ! 101" Mnester. Wohlrichend Hartzt und Holtz/ mach’t doch nur Rauch und A¢chen. Anicetus. Wer hat den todten Leib mit Salben rein gewa¢chen? Mnester. Man reinige den Gei¢t/ der Leib mag fleckicht ¢eyn. Paris. Wer hull’t in Seid’ und Gold den kalten Leichnam ein?
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Mnester. Dis Wurmge¢pin¢te wird von Wurm und Glutt gefre¢¢en. Anicetus. Wird ihrer Thaten nicht von Rednern gar verge¢¢en? Mnester. Die Tiber und der Rhein ¢ind Redner fur ihr Lob. 511 und A¢chen] unb A¢chen A und A¢chen BCD
Die funfte Abhandlung
Paris. Wie daß kein Bette ¢ie von Helffenbein’ erhob? Mnester. Ent¢eelte ruh’n ¢o gutt auf Holtz alß Helffenbeine.
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Anicetus. Man ¢ammlet nicht die A¢ch’ in Gold und edle Steine. Mnester. So bleib’t ihr Todten-Topff der gro¢¢e Kreiß der Welt. Paris. Kein Raths-Herr ¢teh’t allhier/ der ihr die Fackeln halt. Mnester. Der Himmel leuchtet ihr mit Sternen ¢elb¢t zu Grabe. Anicetus. Wo ¢teh’t ein einig Bild/ das ihr Gedachtnus habe?
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Mnester. Jhr Nahme la¢¢et ¢ich aus Stadten tilgen nicht. Paris. Wer i¢t/ der ihr umb’s Grab Cypreß’ und Ro¢en flicht? Mnester. Welch Ab¢ehn hat ein Gei¢t auf bald verfaulte Blatter? Anicetus. Kein Pfau/ kein Adler trag’t die Seel in’s Schloß der Gotter Mnester. Die Tugend kan allein vergottern un¢ern Gei¢t.
521 bleib’t] blelb’t A bleibt A(Errata) bleib’t B bleibt CD
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Agrippina
Paris. Sag’t: Wer was Gottliches an Agrippinen preiß’t? Mnester. Der Kay¢er wird ¢ie ¢elb¢t mit Furcht vergottert ¢chauen. !102" Anicetus. Man laß’t den Gottern ¢on¢t Altar und Tempel bauen. Mnester. Geweyhte Seelen geh’n geweyhten Marmeln fur. Paris. Wo ¢ind die Weyhungen? Welch Pri¢ter opffert ihr?
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Mnester. Der Neid wird ihr noch ¢elb¢t die Schlangen opffern mu¢¢en. Anicetus. Weil ¢ie noch gift’ge Milch in ihrer A¢che wi¢¢en?
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Mnester. Die Rache kuhlet ¢ich ¢on¢t durch den Todten-Schweiß. Und wenn ¢ie ihren Feind ent¢eelt/ erkaltet weiß: Jhr aber ¢pielet noch mit ihren durren Knochen/ Die die¢e Glutt ver¢ang’t und Mord-Lu¢t hat zerbrochen. Jhr Morder/ maß’t was euch zu dancken i¢t/ ihr zu/ Daß man der Todten nicht den letzten Dien¢t recht thu? Jedoch ver¢ichert euch Be¢chimpffung todter Leichen/ Ob’s denen/ die fur Tod’ und Zeit die Segel ¢treichen/ Zwar nicht empfindlich fall’t/ i¢t ¢o verruchte That/ Die Brand und Pe¢t zur Straff und Gott zum Racher hat. Welch Wahnwitz aber lehr’t? Daß es was ¢chaden konne Dem Todten/ wenn man nicht ihm groß Geprange gonne. Viel derer Thaten ¢teh’n den Sternen eingepreg’t/ Sind in kein Marmeln-Grab/ in ¢chlechten Sand geleg’t.
536 A¢che] A¢chen BCD
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Viel haben ihren Sarch in wilder Thiere Magen/ Viel in der wu¢ten See: Viel hat ein Felß zer¢chlagen; Viel leben unver¢ehr’t/ ob !Amianten" -Stein Und Leinwand/ die nicht brenn’t/ gleich nicht den Leib ¢chloß ein. Es i¢t ein ¢chlecht Verlu¢t/ ein ko¢tbar Grab entbehren. Auch was gebal¢amt i¢t/ kan Faul und Wurm verzehren/ Den Ambra tilget Wind/ die Myrrhen fri¢t die Zeit/ Was Lebens-Oel ¢oll ¢eyn/ i¢t ¢elber Eitelkeit. Dis ein’ge geb’ ich nach bey den verlangten Gaben. Die Gotter mu¢¢en Blutt zu ihrem Opffer haben; Wo wird es Agrippin itzt aber nehmen her? Dem/ der doch ¢terben muß/ fallt ¢terben wenig ¢chwer. Auf Mne¢ter? ru¢te dich und opffere dein Leben !103" Der¢elben/ der man wil kein Blutt zum Opffer geben! Weil Niemand ihr Gebein’ aus ko¢tbarm Wa¢¢er wa¢ch’t/ Und die noch glimme Glutt durch keine Thran’ außla¢ch’t/ So wa¢ch’ und le¢che ¢ie mein ¢pritzendes Geblutte; Eh als der Kay¢er mich mit Blitz und Ach umb¢chutte. Viel be¢¢er: Daß ein Dolch die Adern ¢chneid’ entzwey/ Und mein un¢chuldig Blutt ein reines Opffer ¢ey; Als: daß es auf der Rach’ entweyhtem Schmach-Altare Der Mord-Verrather Grimm der Hencker Pein erfahre. Wie? Mne¢ter/ zitter¢tu? ¢chreck’t Tod und Sterben dich. Was ¢tarr¢tu? hemmt dein Arm noch den behertzten Stich? Stoß/ Mne¢ter/ ¢toß/ ¢toß zu! durch ¢olch bepurpert ¢terben Kan aus den Wunden man ihm Ehren-Fahnen farben. Paris. Schau/ wie/ wenn man der Schlang’ ihr giftigs Haupt ab¢chlag’t/ Jhr Schwantz und Brutt ¢ich ¢elb¢t in’s Grab zu ¢charren pflag’t. Mnester. Jhr Schlangen/ gebt den Stich mir und der Agrippine.
553 !Amianten"-Stein] Adamanten-Stein ABCD Amianten¢tein A(AnmL.) 551 Sarch] Sarck CD 573 zitter¢tu] zitter¢t du CD
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Agrippina
Anicetus. Schau wie die Natter noch zu zungeln ¢ich erkuhne! Mnester. Die Zunge/ die ¢chon ¢tirb’t/ i¢t alles Heuchelns frey. Paris. Man lach’t/ wenn/ wer ver¢piel’t/ die Karte rei¢t entzwey. Verblutte Seel’ und Gei¢t/ verkuhle Zorn und Gallen. Ein ¢ich ¢elb¢t-¢turtzend Feind bring’t ¢u¢¢es Wolgefallen.
Nero. Zoroaster. Sein Diener. Paris. Anicetus. 585
Nero. Hier i¢t der Orth/ den du zum Opffer dir be¢timm’t. Zoroaster. Sehr wol: daß noch die A¢ch’ und ihr Gebeine glimm’t. Was aber rachelt hier fur eine blutt’ge Leiche? Anicetus. Ein ¢ich ¢elb¢t-le¢chend Brand von Agrippinens Seuche. !104"
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Zoroaster. Der Himmel ¢egnet ¢elb¢t mein Todten-Heyligthum/ Der Zufall meinen Wun¢ch/ mein Werck der Weißheit Ruhm. Weich’t aber bald von hier ihr ungeweyhten Seelen. Es dien’t nichts Jrrdi¢ches den Gottern tieff¢ter Holen. Mein Sohn/ komm rucke mir den Opffer-ti¢ch hieher. Nero. Mein Hertze wird mir kalt/ und alle Glieder ¢chwer!
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Zoroaster. Der Kay¢er muß behertz’t vollzieh’n/ was angefangen.
Die funfte Abhandlung
Nero. Wo wir durch Hertzhaft-¢eyn nur auch den Zweck erlangen.
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Zoroaster. Der Kay¢er ¢orge nicht. Die Sternen folgen mir/ Jch ¢chreibe Satzungen den Gottern ¢elber fur/ Jch mache: daß der Tag mit vielen Sonnen ¢trahlet/ Daß dreyer Monden Licht die Mitternachte mahlet/ Jch halte durch mein Lied der Flu¢¢e ¢chnellen Lauff/ Den Zirckel der Natur/ der Sternen Wech¢el auf. Jch ¢chwelle Well’ und Meer auch ¢onder Sturm und Winde/ Jch ¢chaffe: daß das Eiß als Schwefel ¢ich entzunde/ Mit Flammen le¢ch’ ich Glutt; Die Zeichen meiner Schrifft/ Sind von ¢o gro¢¢er Krafft: daß Nattern Gall’ und Gift Bey meinem Kreyß’ auߢpei’n/ daß die zertheilte Schlange Zu¢ammen wieder wachß’ und neue Seel’ empfange. Daß Strom’ als Eiß er¢tarr’n/ die Bach in Kwall ver¢eug’t; Daß Hecate zu mir in eine Hole ¢teig’t; Daß Flu¢¢e Lauff und Gang Berg-auf zu Gipffeln nehmen. Jch kan die Drachchen kirr’n und Panther-thiere zahmen/ Die Lowen ¢ind mein Pferd/ die gro¢¢e See mein Land/ Jch baue Thurm’ ins Meer’/ und Kwallen in den Sand/ !105" Jch kan mit Men¢chen Blutt’ in volle Monden ¢chreiben/ Wohin die Sterblichen wird ihr Verhangnus treiben/ Den Grufften pflantz’ ich Licht/ den Marmeln LiebesPein/ Den Fel¢en Zung’ und Red’/ ent¢eelten Seelen ein. Nero. Ach mocht’ auch doch durch dich der Mutter Gei¢t erwachen!
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Zoroaster. Laß uns zum Heyligthum nunmehr den Anfang machen. Der Kay¢er ¢etze ¢ich hier hinter das Altar. Mein Sohn/ nimm was ich dir befehle/ fleißig wahr.
vor 620 Zoroa¢ter] Zora¢t. AB Zoroa¢t. CD 609 Bach] Bach BCD 617 Marmeln] Marmel BCD
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Gib das gefarbte Tuch aus laulichtem Geblutte Der Kinder/ die mein Arm aus Mutter-Leibe ¢chnitte. Komm lege mir den Rock/ der Gotter duldet/ an. Komm wa¢ch aus Wa¢¢er ihn/ das aus drey Brunnen ran/ Eh’ als ich es ge¢chopff’t in drey entweyhten Nachten. Nun mu¢tu umbs Altar Cypre¢¢en-Zweige flechten. Gib’s Rauchfaß/ ein von Wachs’ und Schwefel brennend Licht. Vergiß Wacholder-holtz und Lorber-Beeren nicht/ Gib Krauter/ die man muß bey Monden-¢cheine graben/ So oft als Nacht und Tag gantz gleiche Stunden haben. Wormit ¢ich Nectabis in Ammon hat verkehr’t/ Als ihn Olympias des Bey¢chlafs hat gewehr’t: Gib her ¢ein Jungfern-Wachs/ daraus er Bilder machte/ Dardurch er ¢turm ins Meer/ den Feind in Schiffbruch brachte. Gib Gem¢en-Wurtzel her/ Maah-Haupter/ Ei¢enkraut/ Flei¢ch/ das man aus der Stirn’ unzeit’ger Pferde hau’t/ Wirff Wolffs-Milch auf den Rauch/ und Wurtzeln in die Flammen/ Wo Mann- und Weiblich Saam’ i¢t eingepfropft zu¢ammen. Nun werde mir hiher das Mohren-Kraut gebracht/ Das Schlo¢¢er offnen kan und Flu¢¢e trocken mach’t. Jtzt gib den Di¢tel-¢trauch/ der nicht nur Gei¢ter ¢chlu¢¢en Ja Gotter faßeln kan: Daß ¢ie er¢cheinen mu¢¢en. !106" Wo i¢t das Zackel-Kraut/ das Wein in Wa¢¢er kehr’t? Fehl’t O¢irite nicht/ durch welche man be¢chwer’t Der Todten blaße Schaar? Du mu¢t das Kraut anzunden/ Dardurch man kan den Schatz verliebter Traume finden. Schau: Daß die Mauer-Raut’ auch unverge¢¢en ¢ey/ Die Riegel lo¢en kan/ und Steine bricht entzwey/ Wenn ¢ie die Wiede-hopff’ hat in ihr Ne¢t vergraben. Jtzt muß ich Krau¢emuntz’ und fri¢chen Knobloch haben. Wo i¢t der Agrippin’ ihr wach¢ern Ebenbild? Gib den geheimb¢ten Zeug in Seiden eingehull’t. Wie die¢er Weyrauch-Safft dem Feuer gibt das Leben/ So ¢oll dis Opffer auch den Gei¢t ihr wieder geben. Mein Sohn/ nun geh’ und liß aus A¢che Flamm und Graus Der Agrippinen Bein’ und ¢chwartze Knochen aus; 627 ge¢chopff’t] ge¢choff’t AB ge¢chopfft CD 640 eingepfropft] eingepropft AB eingepfrofft CD 643 den] denn A den BCD (vgl. auch das Lemma in AnmL.)
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Des Mne¢ters Leiche ¢ey geleg’t zu meinen Fu¢¢en/ Damit ich alles kan in heil’gen Zirckel ¢chlu¢¢en. Du unbe¢eeltes Bild/ ihr glimmenden Gebein’/ Jch floß’ euch Sonnen-¢chweis und Schaum vom Monden ein/ Umb die ver¢angte Krafft des feuchten zu ergantzen. Die Augen die an Luchß’/ und Ba¢ilißken glantzen/ Das Kraut/ das/ ¢teckt man nicht Dianen Opffer an/ Wenn man’s ins Wa¢¢er wirft/ die Augen blanden kan/ Des Habicht-krautes Krafft/ die das Ge¢icht erfri¢chet/ Solln in dis Heyligthumb ietzt werden eingemi¢chet Umb zu er¢atzen ihr ihr außgele¢chtes Licht. Hier i¢t die Heydechs-Haut/ die ¢ie/ weil ¢ie ¢ich nicht Uns gonnet/ ¢elb¢t ver¢chling’t. Die wird die Wurckung haben Mit neuem Flei¢ch und Haut die Todte zu begaben. Hier fullet fri¢ch Gehirn’ ihr leeres Todten-Haupt/ Das ich den Molchen hab’ am fruchtbarn Nil geraub’t. Jtzt eign’ ich ihr das Marck von ungebohrnen Kindern. Die Faule mu¢¢en Myrrh’ und Zeder-Oel verhindern/ Und dem Gehore muß ein klingend Adler-¢tein/ Den er ins hoch¢te Ne¢t ver¢tecket/ hulffbar ¢eyn. Nun reiche mir/ mein Sohn/ des Hir¢ches Eingeweide: !107" Daß ich mir zur Artzney aus ihm die Schlange ¢chneide/ Die ge¢tern er ver¢chlang. Gib mir die Gall’ itzt her Des Fi¢ches/ der ein Schiff kan hemmen in dem Meer’. Jtzt muß die Lunge nicht der Krahe ¢eyn verge¢¢en/ Die neunmal hundert Jahr von Aeßern hat gefre¢¢en. Wo i¢t des Maulworffs Hertz und di¢es/ das mein Arm Bey neuem Monden¢chein der Widehopffe warm Aus ihren Darmen rieß: Jch muß es bald ver¢chlingen. Denn Hecate ¢teig’t auf. Du mu¢t mir Milch herbringen Von einer ¢chwartzen Kuh/ umb al¢o bald zu ¢ehn/ Was kunfftig in der Welt/ im Himmel ¢ol ge¢cheh’n! Gib her den Ananchit aus meinen kraft’gen Steinen/
667 Krafft] Safft ABCD Kafft A(AnmL.) 682 Meer’.] Meer’ AB Meer CD 664 Luchß’] Luchs BCD 667 erfri¢chet] erfrichet B
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Der auch die Gotter ¢elb¢t kan zwingen zu er¢cheinen. Wirff von der Fleder-Mauß die Leber in die Glutt. Jtzt mi¢ch’ ich Phoenix-A¢ch’ in Pelickanen Blutt/ Neb¢t eines Seiden-Wurms niemals ent¢eelter Leichen. Wie die¢e neuen Gei¢t von lauer Warmbd’ erreichen/ Wie Pelicanen Blutt die Jungen lebend mach’t/ Wie aus des Phoenix A¢ch’ ein Jungerer erwach’t; So ¢oll ein fri¢cher Gei¢t be¢eelen dis Gebeine. Es zeug’t ¢ich Hecate ¢chon mit geneigtem Scheine/ Und hemmt den ¢chlaffen Zaum der wei¢¢en Ochßen an: Daß MitterNacht ¢ich nicht ¢o bald entfernen kan/ Die Zeit die zu dem Werck’ allein i¢t außge¢tecket. Es ¢chlaff’t und ¢chweig’t/ was Schilff/ was Laub/ und Himmel decket/ Kein Fi¢ch ¢chwimm’t durch die See/ kein Vogel durch die Lufft Auß ¢chrecken der durch mich entdeckten Todten-Grufft/ Die Eule haulet nur/ die grune Natter zi¢chet/ Die Feuer-Krette girr’t. Mein Schweis werd’ abgewi¢chet. Mein Sohn/ nun binde mir den Schlangen-Krantz umb’s Haupt. Weil dir noch neben mir zu bleiben i¢t erlaubt/ Wenn du mit Salbe mir/ die mich nach Wun¢ch in Raben Jn Katz’ und Wolff verkehr’t/ die Bru¢t ge¢alb’t wir¢t haben. !108" Wo i¢t der Atizok/ durch welchen Stein man ¢ich Un¢ichtbar machen kan? Nunmehr entferne dich. Jedoch/ eh’ als die Grufft der Abgrund wird zerri¢¢en/ Muß Zirzens Zauber¢tab in einen Kreiß uns ¢chlu¢¢en; Aus welchem man umb¢on¢t zu kommen ¢ich bemuh’t/ Eh als man ihn vertilg’t von meinen Fingern ¢iht. Nun mu¢¢en umb den Kreyß die Zeichen ¢eyn gemahlet/ Wormit zu Ephe¢us Dianens Bildnus ¢trahlet; Und in den fri¢chen Sand durch ein entbloßet Schwerd Die Grube ¢eyn ge¢charrt/ in welcher wird gewehr’t Den Gei¢tern Honig/ Milch/ und Blutt und Saft aus Reben/ Wenn ¢ie den Opfernden Gehore ¢ollen geben. 706 Auß ¢chrecken] Auߢchrecken AB Aus Schrecken CD 700 708 716 720
zeug’t] zeigt CD Feuer-Krette] Feuer-Krote CD ¢chlu¢¢en] ¢chlie¢¢en CD Bildnus] Bildniß CD
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Schau wie ¢pritz’t ¢chon empor der Adern rother Ja¢cht/ Der Todte kan be¢eel’n/ den Dur¢t den Gei¢tern la¢ch’t. Gro¢¢er Beherr¢cher der fin¢teren Holen/ Hellen-Die¢piter/ Vater der Nacht. Schrecklicher Konig erblaßeter Seelen/ Wird dir von mir was Gefalliges bracht Wenn ich die Heynen und Holen erleuchtet Tempel aus Todten-Gerippen gebau’t/ Wenn dir mit Blutte der Wolffe befeuchtet/ Ward des Ononis dir heyliges Kraut: Muß noch fur Tage mir werden gewehret Was dein gewidmeter Pri¢ter begehret. Hecate/ welcher dreyfaches Ge¢ichte Himmel und Erden und Hellen-Pfuhl mahl’t/ Wo ich dein Pri¢ter-Ampt wurdig verrichte/ Wenn mich dein ¢ilberner Zirckel an¢trahl’t Wir¢tu der Kay¢erin irrenden Schatten Die¢es ihr Opffer zu ¢chauen ver¢tatten. Klotho be¢anffte der Atropos Wutten. Fademe wieder den Lebens-Drat ein/ Welchen die Schwe¢ter ihr hatte zer¢chnitten. Die¢es kan euch nicht verkleinerlich ¢eyn/ Wenn ihr die Seele/ die einmal erbla¢¢et/ Du¢terner Mitter-Nacht Schimmer ¢eh’n la¢¢et. Charon/ durch deßen gebildet Ge¢ichte !109" Meine Hand oftmals hat Seuchen ge¢till’t. Wenn ich das Schiff-geldt dir doppelt entrichte/ Hab’ ich dir Will’ und Verlangen erfull’t/ Di¢em nach mag Agrippine dich zwingen Jhren Gei¢t wieder zu rucke zu bringen. 725 744 748 754
¢pritz’t] ¢pri’tzt A ¢pritzt BCD Fademe] Fadene A Fademe A(Errata)BCD ¢eh’n] ¢ehn’ A ¢eh’n B ¢ehn CD bringen] bringeu A bringen BCD
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Hellen-Die¢piter] Hollen-Die¢piter CD fur] vor CD Hellen-Pfuhl] Hollen-Pful CD an¢trahl’t] be¢trahlt D
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Aber/ du bla¢¢er Gei¢t/ irrende Seele/ La¢¢e dein ¢chattichtes Antlitz uns ¢chau’n. Komm’ aus der dir aufge¢chlo¢¢enen Hole Schaue/ was wir fur Altare dir bau’n/ La¢¢e die dir aufgeopferte Gaben Wurckungen wahrer Ver¢ohnungen haben. Sorge nicht: daß dir die Spei¢e wird fehlen/ Welche die ¢chattichten Gei¢ter ernehr’t. Wil¢tu die guldene Wurtzel erwehlen/ Schaue ¢ie wird dir hier fri¢cher gewehr’t/ Als ¢ie die einmal erblichene Seelen Haben im Garten der fin¢ternen Holen. Wie? woll’n die Gei¢ter nichts auf mein Be¢chweren geben/ Darf mir der Hellen Pful verachtlich wider¢treben? Soll mein ver¢pritztes Blutt kein fruchtbar Opffer ¢eyn? So wil ich eure Nacht durch hellen Sonnen-¢chein Zer¢toren/ und den Tag in euren Abgrund ¢chicken/ Die irrenden Ge¢pen¢t’ in einen Kreiß ver¢tricken. Jedoch ich nehme wahr/ an was der Mangel lig’t. Wenn ein entleib’ter Gei¢t zum Todten-Opffer krig’t Kein bluttig Men¢chen-Hertz/ ¢o i¢t er nicht zu zwingen. Wolan! ich wil auch dis dir Agrippine bringen. Wie die¢es Me¢¢er dring’t durch Mne¢ters kalte Bru¢t; So dringe deine Seel’ auch durch des Abgrunds Wu¢t/ Fur di¢es Sohn-Altar/ wo die geweyhten Flammen Vermahlen A¢ch’ und Hertz’ und Tag und Nacht zu¢ammen. Nero. Hilff/ Himmel! ich bin todt! der Abgrund ¢chling’t mich ein!
761 Vers ohne Einzug ABCD 761 763 766 768 773
dir] fehlt CD Wil¢tu] Wil¢t du CD fin¢ternen] fin¢teren CD Hellen] Hollen CD Mangel] Mangel CD
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Zoroaster. Ach! ¢oll mein Heyligthum auch meine Baare ¢eyn. !110" Die Ohmacht fall’t mich hin/ ihr Sterblichen mog’t lernen: Wer Hell’ und Schatten ehr’t/ entehr’t/ erzurn’t die Sternen.
Reyen. Der Gei¢ter des Ore¢tes und des Alcmæon. Der Megæra, Alecto, und Ti¢iphone. 785
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Die Furien. Verfluchte! welcher grau¢e Sunden Zu Lethens glimmer Schwefel-Glutt Den Weg noch allzu zeitlich finden/ J¢t euer grimmer Frevel-Muth Durch Aberwitz und Zauberey befli¢¢en Den lichten Pful des Abgrunds aufzu¢chlu¢¢en? Die Geister. Weh! weh! ach! ach! mag Frembder Mi¢¢ethat Die grimme Pein verdienter Straffe ¢charffen? Muß Monden¢chein den Lebenden entwerffen Was Mutter-Mord fur Hellen-Hencker hat. Weh! weh! ach! ach! Uns die wir mu¢¢en Stets ¢terbend leben/ ewig bußen. Megæra. Ertzt-Morder! wie die blutt’ge Striemen Die meine Schlangen-Rutte ¢chlag’t/ Ore¢tens ¢chwartzen Nacken blumen; Weil er die Mutter hat erlag’t; So ¢ol auch dich mit zehnmal argern Schmertzen Die Peit¢che rothen/ Glutt und Schwefel ¢chwartzen. !111" 784 785 786 790 794
Hell’] Holl CD welcher] derer BCD glimmer] grimmer CD aufzu¢chlu¢¢en] auffzu¢chlie¢¢en C Auffzu¢chlie¢¢en D Hellen-Hencker] Hollen-Hencker CD
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Orestens Geist. Wo Minos nicht an mir die Rechte bricht Krafft welcher mir ¢o ¢charffe Kwal i¢t worden; Hat Hell’ und Welt genung¢am Martern nicht Fur Nerons Halß und ¢chrocklich’s Mutter-morden; Jch todtete die mich verletzet/ Du die/ die dich in’s Reich ge¢atzet. Tisiphone. Komm’t/ Schwe¢tern/ helf’t mir Rutten binden. Komm’t leih’t mir euer Nattricht Haar. Helf’t hartzt vom Phlegeton anzunden/ Reich’t Schwefel/ Pech und Zunder dar. Entbloßet ihn/ braucht Fackel/ Flamm’ und Rutte Biß ¢ich der Brand le¢ch’ in des Morders Blutte. Alecto. Ertzt-Morder! wie Alcmæons Eßen Muß Galle/ Gift und Schwefel ¢eyn/ Weil er der Kinder-hold verge¢¢en/ Die ¢on¢t die Mutter-Milch floß’t ein: So muß auch dir ¢eyn brennend Oel gewehret Daß deine Kwal ¢tets mit der Flamme nehret. Alcmæons Geist. Wo Rhadamanth mich nicht zu ¢charf verdamm’t/ Wenn Gifft mich tranck’t/ und gluend Ertzt mich ¢pei¢et/ So i¢t kein Stahl der ¢att¢am brenn’t und flamm’t/ Kein Gifft/ das ¢ich genung¢am ¢tarck erwei¢et/ Dardurch der Abgrund das Verbrechen Des Mutter-Morders konne rechen. Tisiphone. Komm’t Schwe¢tern/ helft Getrancke machen Bring’t Ba¢ilißk’- und Molchen-Ja¢cht 813 Fackel] Fackel A Fackel BCD 805 Hell’] Holl CD 819 gewehret] gewahret D
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Vermi¢ch’t mit Eyter von den Drachen: Daß es den Dur¢t dem Kay¢er la¢cht. Trinck/ Nero/ trinck! was magert dein Ge¢ichte? Gift i¢t dein Wein/ der Schwefel dein Gerichte. !112" Die Geister. Giß’t ¢iedend Oel dem Morder auf die Bru¢t Zerreiß’t den Leib mit gluend-hei¢¢en Zangen/ Vergallt mit Ach ihm ¢eine Morder-Lu¢t/ Satz’t Wurmer ihm in’s Hertz/ im Bu¢en Schlangen/ Nur: daß die Pein den nicht verzehret/ Der Mutter-Milch in Wermuth kehret. Megæra. Jch wil nicht ¢einen Gei¢t nur plagen/ Rom mag hier Nerons Bildnus ¢eh’n Den Sack der Mutter-Morder tragen Zu wei¢en: Was ihm ¢ol ge¢cheh’n. Dis Marmel rufft: Der Fur¢t hat mehr begangen Als ¢ich Ore¢t/ Alcmæon unterfangen. Alecto. Jhn muß noch gleich wol was erkwicken. Jß! iß die guldnen Aepfel hier/ Die dich mit tau¢end Lu¢t anblicken. Komm’t ihr Harpyien herfur/ Jhr mog’t dahin die ¢pitz’gen Klauen ¢enden/ Reiß’t ihm die Frucht’ aus den verfluchten Handen. Tisiphone. Jch wil dich noch mit Fruchten nehren Die Zucker-¢chilff und Wein¢tock trag’t. Doch nein! der Himmel wil’s verwehren; Schau wie der lichte Blitz her¢chlag’t!
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Die Geister und Furien. Lern’t Sterblichen: Daß ein verlatzt Gewi¢¢en So wird gekwal’t/ gehenckert und zerri¢¢en. . T. . ! 113 "
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GEneigter Le¢er. Es wird in gegenwertigem Trauer-Spiele vorge¢tellet ein Schauplatz grau¢am¢ter La¢ter/ und ein Gemalde ¢chrecklicher Straffen. Unkeu¢chheit und Ehren-¢ucht kampffen mit einander umb den SigesKrantz. Alleine beyden muß endlich Kind und Helle zum Hencker/ Myrthen/ und Lorber-Zweige aber in Cypre¢¢en verwandelt werden. Jhre boßhafften Gemutts-Regungen habe ich mit ¢chonen Farben nicht abmahlen dorffen. Denn ich aus der Poppee keine Penelope/ aus dem Nero keinen Ninus machen/ weniger einer Lais Reden eines Socrates zueignen konnen. Dahero ich mich wider iedweden allzu ¢charf urtheilenden Cato der von dem Marino in ¢eines Adonis achtem Liede gebrauchter Schutz-Rede zu bedienen berechtigt achte. !114" Du/ deßen heylig Schein der Kurtzweil wider¢trebet/ Nicht ¢uche Sauer-teig der ern¢ten Sitten hier. Wer nur den Mangel merck’t/ der an dem Gutten klebet/ Der bricht die Dornen nur/ ver¢chmaht der Ro¢e Zier. Wer unbefleckten Schertz neb¢t reiner Lu¢t anhebet/ Und durch Behut¢am-¢eyn den La¢tern beuget fur/ Der i¢t nicht weniger als die¢er klug zu prei¢en/ Der ohne Brand und Wund’ umbgeht mit Glutt und Ei¢en. Die grimme Natter ¢augt nichts minder als die Binen An Blumen/ die die Bru¢t des fetten Hybla nehrt. Jedweder muß ihr Safft zu ihrem Vor¢atz dienen: Daß die in Honig ihn und jen’ in Gifft verkehrt. So/ dorft auch einer gleich ¢chal¢uchtig ¢ich erkuhnen Der Gall’ und Schleen-¢afft hieraus zu zihn begehr’t: So wird doch jemand ¢on¢t ein linder Urtheil ¢prechen/ Ja der Erbauung Frucht von di¢en Myrthen brechen.
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Ehren-¢ucht] Ehr¢ucht CD Helle] Holle CD ¢chonen] ¢chonern BCD Mangel] Mangel CD
Anmerckungen
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Anmerckungen G. Marino, L’Adone, 8. Gesang, Strophen 4 u. 5 (in der Ausgabe Amsterdam 1651, S. 371); von L. ohne Mitteilung des Originaltextes übersetzt.
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!Die er¢te Abhandlung." 30
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v. 13. Araxens gro¢te Stadt.) Tac. 13. Annal. c. 41. n. 3. 4. v. 14. 15. Der Tiridates hat.) Wie di¢er von dem Corbulon uberwundene Armeni¢che Konig von dem Nero Fußfallig die Konigliche Krone erhalten/ be¢chreibt Sueton. in vit. Neron. c. 13. Ob nun zwar dis ¢cheinet ein $ « zu ¢eyn. So i¢t doch dis denen Poeten vergun¢tigt/ und hat dis neb¢t dem Maro und vielen andern auch in gleichma¢¢iger Schreibens-Arth gethan Senec. in Hercul. Furent. ver¢. 14. Denn die da¢elb¢t unter die Sternen gerechnete Ca¢tor und Pollux damals noch nicht ge¢torben waren. v. 16. Und Vologe¢us ¢chickt.) Tacit. 13. Annal. c. 4. n. 2. v. 19. Die Schoos des Jupiters.) Nach gehaltenem Triumph legten die Sieger in des Jovis Capitolini Schooß einen Lorber-Zweig. Tranquill. in Domitian. c. 6. dahero auch von Nero Sueton. c. 13. meldet. Ob quæ Imp. con¢alutatus Laureâ in Capitolium latâ Janum geminum clau¢it tam nullo quam re¢iduo bello. v. 22. 23. Das Austheiln reichen Gelds.) Sueton. in Neron. c. 10. Graviora vectigalia abolevit aut minuit. Præ ! 115"mia !delatorum" Papiæ Legis ad quartas redegit. Divi¢is populo viritim quadringenis nummis: Senatorum nobili¢¢imo cuique ´ ¢ed à re familiari de¢tituto, annua ¢alaria & quibusdam quingena con¢tituit. Item Prætorianis cohortibus frumentum men¢truum gratuitum. Tacit. 13. Annal. c. 31. n. 2. 3. Plebique ´ congiarium quadringenti nummi viritim dati, & ¢e¢tertiûm quadringenties ærario illatum e¢t ad retinendam Populi fidem. Vectigal quoque ´ quintæ & vice¢imæ venalium Mancipiorum remi¢¢um, ¢pecie magis quam vi. Quia cum venditor pendere juberetur, in partem pretii Emtoribus accre¢cebat. Damals i¢t auch gewi¢¢e Muntze ge¢chlagen worden/ mit der Uber¢chrifft: Congii dati Pop.
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!Die er¢te Abhandlung." ] fehlt ABCD $ «] $ « AB $ « C $ « D in] iu A in BCD !delatorum" ] fehlt ABCD
40 42 45 50
gehaltenem] gehaltenen BCD c. 6.] cap. 6. BCD c. 13.] cap. 13. CD c.] cap. CD c.] cap. CD
Anmerckungen zu I
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!Die er¢te Abhandlung" v. 13. Araxens gro¢te Stadt] Tacitus, Annales 13,41,2. v. 14. 15. Der Tiridates hat] Sueton, Vitae Caesarum: Nero 13,2. – Seneca, Hercules furens 14. v. 16. Und Vologe¢us ¢chickt] Tacitus, Annales 13,9,1. v. 19. Die Schoos des Jupiters] Sueton, Vitae Caesarum: Domitianus 6,1. – Ebd.: Nero 13,2: „Dafür wurde er (Nero) als Imperator begrüßt, und nachdem er einen Lorbeerkranz zum Kapitol gebracht hatte, schloß er das Doppeltor des Janus-Tempels, so als gebe es keinen Krieg mehr.“ v. 22. 23. Das Austheiln reichen Gelds] Sueton, Vitae Caesarum: Nero 10,1: „Allzu belastende Steuern annullierte er oder setzte sie herab. Die Belohnungen für Leute, die Übertretungen der Lex Papia Poppaea anzeigten, reduzierte er auf ein Viertel. Nachdem er dem Volk 400 Sesterze pro Kopf hatte austeilen lassen, setzte er jedem Senator, der von altem Adel war, aber sein Vermögen verloren hatte, ein Jahresgehalt aus, das bei manchen 500.000 Sesterze betrug. Ebenso wies er den Prätorianerkohorten eine monatliche kostenlose Getreidezuteilung an.“ – Tacitus, Annales 13,31: „Dem Volk wurden als Spende 400 Sesterze pro Kopf gegeben, und 40 Millionen Sesterze wurden in den Staatshaushalt eingestellt, um den öffentlichen Kredit abzusichern. Auch die Steuer von 4 Prozent auf den Kauf von Sklaven wurde erlassen, mehr zum Schein als tatsächlich, denn da ihre Zahlung dem Verkäufer auferlegt wurde, wuchs sie den Käufern zu als Teil des Kaufpreises.“ – Münzinschrift: „Spende für das römische Volk“. Vgl. die Abbildung einer Münze zu Neros zweitem Congiarium (64/68 n. Chr.) in: John P.C. Kent u. a., Die römische Münze. München 1973, Taf. V, Nr. 194 R.
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v. 26. 27. 28. Fangt mein Geburthstag.) Tac. 13. Ann. c. 10. n. 1. 2. Eodem anno Cæ¢ar effigiem Cn. Domitio patri, con¢ularia In¢ignia A¢conio Labeoni, quo tutore u¢us erat, petivit à ¢enatu: ¢ibi que ´ ¢tatuas argento vel auro ¢olidas, adver¢us offerentes prohibuit. Et quanquam cen¢ui¢¢ent patres, ut principium anni inciperet men¢e Decembris, quo ortus erat Nero, veterem religionem Calendarum Januariarum inchoando anno retinuit. v. 36. So ¢cheint die Tugend.) Tacit. 13. Ann. c. 8. n. 2. redet al¢o von dem Anfange des Neroni¢chen Reiches. Videbatur locus virtutibus patefactus. v. 49. 50. Daß die Lucriner Flutt die Au¢tern.) Petron. Arbiter: Ingenio¢a gula e¢t, Siculo Scarus æquore mer¢us ad men¢am vivus deducitur: inde Lucrinis eruta Littoribus vendunt Conchylia Cænis, ut renovent per damna famem. Jam Pha¢idos unda orbata e¢t avibus, mutoque ´ in littore tantum ¢olæ de¢ertis ad¢pirant frondibus auræ. v. 51. Daß Phoenicopter Zungen.) Die¢e hier be¢chriebene Spei¢en ¢ind bey den Romern in hoch¢tem Werth gewe¢t. Und gehoret hierher der Orth Sueton. in Vitell. c. 13. In hac patinâ Vitellius (quam Clypeum Minervæ nominavit) Scarorum jecinora, Pha¢ia! 116"norum & Pavonum Cerebella, Linguas Phœnicopterûm, Murænarum lactes à Carpathio usque ´ fretoque ´ Hi¢paniæ per Navarchos triremesque ´ petitarum permi¢cuit. Jn¢onderheit erklaret die¢en Orth Plin. lib. 10. c. 48. Phœnicopteri linguam præcipui ¢aporis e¢¢e Apicius docuit, Nepotum omnium alti¢¢imus gurges. Und Martial. lib. 13. Dat mihi penna rubens nomen: ¢ed Lingua gulo¢is no¢tra ¢apit: quid ¢i garrula Lingua foret?
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Geburthstag] Geburths.tag A GeburthsTag B Geburts-Tag CD jecinora] facinora AB jecinora CD
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Ann.] Annal. CD hierher] hieher BCD
Anmerckungen zu I
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v. 26. 27. 28. Fangt mein Geburthstag] Tacitus, Annales 13,10,1: „Im selben Jahr erbat der Kaiser vom Senat ein Standbild für seinen Vater Cn. Domitius und die Konsularinsignien für Asconius Labeo, den er zum Vormund gehabt hatte. Für sich selbst aber lehnte er Standbilder aus gediegenem Silber oder Gold ab, sich denen widersetzend, die ihm solches anboten. Und obgleich die Senatoren beschlossen hatten, daß das Jahr mit dem Monat Dezember, in dem Nero geboren worden war, beginnen solle, hielt er an dem alten Religionsbrauch fest, das Jahr mit den Kalenden des Januar anfangen zu lassen.“ v. 36. So ¢cheint die Tugend] Ebd. 13,8,1: „Es sah so aus, als sei den Tugenden freie Bahn geschaffen.“ Die Übersetzung von ‚virtutes‘ mit ‚Tugenden‘ hier mit Rücksicht auf L.s moralisierende (Fehl-)Deutung dieser Stelle. Tacitus meint hier etwas anderes, nämlich ‚gute Leistungen‘ bzw. ‚Tüchtigkeit‘. v. 49. 50. Daß die Lucriner Flutt die Au¢tern] Petronius, Satyricon 119,33–38: „Feinschmeckerei ist erfinderisch. Aus der Tiefe des sizilischen Meeres wird der Papageifisch lebend auf den Tisch gebracht. Austern, herausgeholt an den Gestaden des Lukriner Sees, verkauft man für die Mahlzeiten, um neuen Appetit zu schaffen durch kostspielige Ausgaben. Die Woge des Phasis ist schon ihrer Vögel !d. h. Fasanen" beraubt, und an seinem schweigenden Ufer wehen nur einsame Winde durch das verlassene Laub.“ v. 51. Daß Phoenicopter Zungen] Sueton, Vitae Caesarum: Vitellius 13,2: „In dieser Schüssel, die er ‚Ägis der städtebeschützenden Minerva‘ nannte, ließ Vitellius Lebern von Papageifischen, Gehirne von Fasanen und Pfauen, Zungen von Flamingos sowie die Milch von Muränen, herbeigeschafft von Kapitänen und dreirudrigen Galeeren vom karpathischen Meer bis zur spanischen Meerenge, miteinander vermengen.“ – Plinius, Nat. hist. 10,133: „Daß die Zunge des Flamingos von ausgezeichnetem Geschmack sei, lehrte Apicius, unter allen Genießern der größte Schlemmer.“ – Martial 13,71: „Rötliches Gefieder gibt mir den Namen, doch meine Zunge schmeckt den Schlemmern. Was wäre wohl, wenn meine Zunge geschwätzig wäre?“
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v. 52. Daß Papegoyen/ die er¢t als ein Men¢ch ge¢ungen.) Derogleichen Schwelgerey erzehlt von Claudio Æ¢opo hi¢trione Plinius. Maximè in¢ignis e¢t in hâc memoriâ Clodii Æ¢opi hi¢trionis tragici patina, ¢excentis HS. taxata: in qua po¢uit aves, cantu aliquo aut ¢ermone humano vocales, millibus ¢ex ¢ingulas coëmtas, nullâ aliâ inductus voluptate, ni¢i ut in his imitationem hominis manderet, vel (ut Lip¢ius de Admirand. Romæ lib. 4. cap. 7. legit.) imitatione hominem manderet. v. 53. Daß ko¢tbares Gehirn aus Pfauen und Pha¢an.) Hoch wurden die Pha¢anen/ am hoch¢ten ihr Gehirne gehalten. Jhre Ankunfft i¢t von dem Flu¢¢e Pha¢is. Dahero Martial. lib. 13. Argivâ primum ¢um tran¢portata Carinâ, ante mihi notum nil ni¢i Pha¢is erat. Joh. Schildius in Not. ad Sueton. in Caligul. c. 22. p. 447. n. 4 vermercket: Daß Kay¢er Alexander nur an Fe¢ttagen Pha¢anen ge¢pei¢t habe. v. 54. Lampreten Milch.) Murænarum lactes. Denn Paul. Jovius im Buche von der Romer Fi¢chen halt dar fur: Daß die Muræ nen eben die¢elbe Fi¢che ¢ind/ welche Plinius Mu¢telas, wir vom Lecken an den Fel¢en Lampetren nennen. Die Wurde die¢es Fi¢ches be¢chreibt Macrob. Saturn. lib. 3. c. 15. Ja Scipio Mazzella nell’Antichità di Pozzuolo cap. 20. p. m. 75. erzehlet: Es habe Horten¢ius; den Cicero Pi¢cinarium nennet/ eine Muræna ¢o lieb gehabt/ daß/ als ¢ie ge¢torben/ er daruber geweinet/ L. Cra¢¢us habe ¢ich wegen einer in die !117" Trauer gekleidet/ und ¢elbte als ¢ein Kind begraben la¢¢en. Antonia Dru¢i hieng einer zahmen Murene ko¢tliche Perlen an die Ohren.
87 ¢excentis] ¢excenties ABCD 95 Argivâ] Archivâ ABC Archiva D 104 di] oi AB di CD 94 97 102 103 108
lib.] l. BCD c.] cap. CD an den] der CD Lampetren] Lampreten CD ¢elbte] ¢elbe CD
¢um] ¢unt ABCD
Anmerckungen zu I
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v. 52. Daß Papegoyen/ die er¢t als ein Men¢ch ge¢ungen] Plinius, Nat. hist. 10,141–142: „Höchst bemerkenswert aber ist in diesem Zusammenhang die auf 600 Sesterze geschätzte Schüssel des tragischen Schauspielers Clodius Aesopus, in der er Vögel servierte, die sich durch ihre Stimme auszeichneten, hinsichtlich irgendeines Gesangs oder menschlicher Rede, und die er für 6000 Sesterze pro Stück zusammengekauft hatte, von keinem anderen Vergnügen geleitet als dem, in ihnen eine Nachahmung des Menschen zu essen bzw. (nach der Lesart von Lipsius, Admiranda, Buch 4, Kap. 7) einen durch Nachahmung entstandenen Menschen zu essen.“ – J. Lipsius, Admiranda, sive De magnitudine Romana (Antwerpen 1605), lib. 4, cap. 7, S. 196 (Lipsius zitiert Plinius zunächst ebenso wie L. und merkt dann an: „Benè haec postrema fortassè: sed an non acrius, imitatione hominem manderet?“) v. 53. Daß ko¢tbares Gehirn aus Pfauen und Pha¢an] Martial 13,72: „Zuerst bin ich von einem argivischen Schiff herübergebracht worden. Vorher war mir nichts bekannt außer dem !Fluß" Phasis.“ – Suetonius Tranquillus et in eum commentarius, exhibente J. Schildio, editio quarta (Leiden 1667), S. 447, Anm. 4 (L. hat wahrscheinlich einen seitenidentischen Druck der Editio tertia, erschienen vor 1661, benutzt). v. 54. Lampreten Milch] P. Iovius, De Romanis piscibus (Basel 1531), S. 112 (Iovius verweist auf S. 110 auf eine etymologische Herleitung des Namens dieser Fische von lat. ‚lambere petras‘ = ‚Lecken an Steinen/Felsen‘; daher die umgestellte Namensform ‚Lampetren‘, die L. im folgenden verwendet.) – Macrobius, Saturnalia 3,15. – S. Mazzella, Sito et antichita della citta di Pozzuolo (Neapel 1606), cap. 20, S. 119.
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v. 54. Scarus-Lebern.) Di¢er im Carpathi¢chen Meere gemeine Fi¢ch ward von den Romern fur den allerko¢tlich¢ten gehalten/ dahero Plin. lib. 9. erzehlt: Daß Elipertius ¢ie von dorther gefuhret/ und zwi¢chen O¢tia und Campanien ausge¢amet mit Vor¢orge: Daß man die/ ¢o in den nech¢ten funf Jahren wurden gefangen werden/ wider ¢olte in die See werffen. Ja Schild. ad Suet. Vitell. c. 13. p. 719. n. 4. berichtet aus dem Ennio: Daß die Romer di¢en Fi¢ch gar fur des Jupiters Gehirne gehalten. Dis i¢t was Sonderlichs: Daß er ¢ich von Krautern nehret. Dahero redet von ihm Oppianus: – – Hic Scarus ¢axa frequentat qui mites inter pi¢ces clamore tremendo intonat, & ¢olus pallentes ruminat herbas. v. 55. 56. 57. Daß man in Berg-Chry¢tallen.) Hieher dienet der beruhmte Orth Latini Pacati in Panegyr. Theodo¢. Nihil opus e¢t ad penum regiam flagitare remotorum littorum pi¢cem, peregrini aëris volucrem, alieni temporis florem. Nam delicati illi & fluentes, & quales ¢æpè tulit Re¢p. parum ¢e lautos putabant, ni¢i luxuria verti¢¢et annum, ni¢i hibernæ Poculis Ro¢æ innata¢¢ent, ni¢i æ¢tivâ in gemmis capacibus glacie Falerna fregi¢¢ent. Horum gulæ angu¢tus erat orbis no¢ter; namque ´ appo¢itas dapes non ¢apore, ¢ed ¢umtu æ¢timantes illis demum cibis acquiescebant, quos extremus Oriens, aut po¢itus extra Romanum Colchus Imperium aut famo¢a naufragiis Maria mi¢i¢¢ent. Plinius ¢traft dis al¢o: Servatur algor æ¢tibus, excogitaturque ´ ut alienis Men¢ibus nix algeat. Jn¢onderheit erzehlet von Nerone Sueton. in Neron. c. 27. Epulas à medio die ad mediam noctem protrahebat: refotus ¢æpè calidis pi¢cinis ac tempore æ¢tivo nivatis. Vom Heliogabalus ¢chreibet Lampridius. Daß er im Sommer gro¢¢e Berge Schnee zu¢ammen gefuhret habe. Der Schnee aber !118" ¢ol vor der Hitze wol in Spreu zu erhalten ¢eyn. Auf welches Augu¢tin. lib. 21. de Civit. Dei zielet: Quis Paleæ dedit vel tam frigidam vim ut obrutas nives ¢ervet? vel tam fervidam ut poma immatura maturet?
124 remotorum] remomotorum A remotorum BCD 126 annum,] annum ABCD 112 lib.] l. BCD 115 c.] cap. BC
Elipertius] Eli pertius B
aëris] aéris A aëris BCD
Anmerckungen zu I
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v. 54. Scarus-Lebern] Plinius, Nat. hist. 9,62. – Suetonius Tranquillus et in eum commentarius, exhibente J. Schildio, editio quarta (Leiden 1667), S. 719, Anm. 4 (L. hat wahrscheinlich einen seitenidentischen Druck der Editio tertia, erschienen vor 1661, benutzt). – Ennius, Hedyphagetica (Ennianae poesis reliquiae, rec. I. Vahlen. Leipzig 1928, S. 219: Varia 40; Quelle: Apuleius, Apologia 39,2–4). – Oppianus, Halieutica 1,134–137 (Verfasser der latein. Übersetzung nicht ermittelt): „Dieser Papageifisch sucht häufig Felsen auf; unter den friedsamen Fischen stimmt er ein furchterregendes Geschrei an, und als einziger käut er blaßgrüne Kräuter wieder.“ v. 55. 56. 57. Daß man in Berg -Chry¢tallen] Latinus Pacatus, Panegyricus dictus Theodosio (Panegyrici Latini 2 [12]) 13,4–14,2: „Es ist überhaupt nicht nötig, für die Tafel des Palastes einen Fisch von abgelegenen Küsten, einen Vogel aus ausländischer Luft, eine Blume aus einer anderen Jahreszeit zu fordern. Denn jene Schlemmer und Weichlinge, wie sie der Staat oft hervorgebracht hat, hielten sich für nicht vornehm genug, wenn ihre Schwelgerei nicht den Jahreslauf durcheinandergebracht hatte, wenn in den Bechern nicht zur Winterszeit Rosen schwammen, wenn sie den Falerner im Gefäß aus Edelstein nicht mitten im Sommer mit Eis temperierten. Für die Kehle dieser Leute war unsere Welt zu eng, denn sie beurteilten Gerichte, die ihnen vorgesetzt wurden, nicht nach ihrem Geschmack, sondern nach ihrem Preis und gaben sich erst mit Speisen zufrieden, die der fernste Orient oder das außerhalb des Römischen Reiches gelegene Kolchis geschickt hatten oder auch Meere, die für Schiffbrüche berüchtigt waren.“ – Plinius, Nat. hist. 19,55: „Die Kälte bewahrt man für die Hitze auf und denkt sich Mittel aus, wie der Schnee auch in Monaten, die ihm fremd sind, kalt bleibt.“ – Sueton, Vitae Caesarum: Nero 27,2: „Gastmähler dehnte er vom Mittag bis zur Mitternacht aus, wobei er sich häufig mit warmen Bädern, zur Sommerszeit mit schneegekühlten erfrischte.“ – Scriptores historiae Augustae 17 (Aelius Lampridius: Antoninus Heliogabalus), 23,8. – Augustinus, De civitate dei 21,4,1 (PL 41, 712): „Wer gab dem Stroh eine so sehr kühlende Kraft, Schnee, der mit ihm zugedeckt wird, zu erhalten, oder eine so sehr wärmende, unreifes Obst reif zu machen?“
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v. 59. Daß Porcellan.) Die Alten nenneten ¢ie Va¢a Murrhina. Di¢e ¢ol Pompejus aus dem Mithridat i¢chen Kriege am er¢ten nach Rom bracht haben. Schild. ad Sueton. in Augu¢to. c. 71. p. 263. n. 3. be¢tetiget dis und meldet: quod ex luto quodam albo & in Fornacibus cocto apud Chinas Porcellanea Va¢a fieri contendant. Jacob Eyndius ab Hæm¢tede in Convivali Senatu ¢uper pace Hi¢panâ. pag. 44 erzehlet nachfolgendes hieher anzumercken wurdiges. Cumque ´ id intentius contemplari & curiosâ manu tractari, lentis etiam digitis ¢onum ejus explorari videret, Por¢elanum e¢t, inquit, purum & putum, id in Chinâ Odoardus Barbo¢us ex marinis animalculis ¢ub terrâ per centum annos defo¢¢is & deinde contu¢is fieri ¢cribit; ¢ed eum reprehendit Johan Gonzales de Mendoza (de regn. Chin. lib. c. 10.) & id fieri ait ex duri¢¢imâ Cretâ, quæ contu¢a & dimi¢¢a in quandam paludem in ejus ¢uperficie pellucidè indure¢cit. Alii, ut plerumque ´ multa pri¢ci ævi ve¢tigia in materiam eruditæ di¢putationis trahuntur, ad Puteolani pulveris ¢peciem, cujus Plinius meminit, materiam hanc referunt. Contra venena præ¢entem e¢¢e con¢entiunt, nec id infu¢um admittere, ob herbarum & aromatum vim, cum quibus ¢ubacta e¢t. Quod nec à veritate abhorret, cum & ¢uo ævo va¢a è ¢ubactâ cum odoriferis herbis terrâ cocta, ex Ægypti civitate Copto advehi ¢olita, ¢crip¢erit Athenæus (lib. 11. .) & Rhodiacas ollulas, myrrhâ, odoratô juncô, crocô, bal¢amô, cinnamomo ¢imul junctis coqui dicat Ari¢toteles, (libr. de Temul.) quas & ideo ebrietatem arcere, & cocto di¢¢ipatoque ´ vaporo¢o vini ¢piritu venerem extinguere.
140 59.] 58. ABCD 145 pag.] p. BCD 151 c.] cap. CD
Anmerckungen zu I
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v. 59. Daß Porcellan] „Vasa Murrhina“ = „Gefäße aus Murra (d. h. Flußspat)“. – Suetonius Tranquillus et in eum commentarius, exhibente J. Schildio, editio quarta (Leiden 1667), S. 263, Anm. 3 (L. hat wahrscheinlich einen seitenidentischen Druck der Editio tertia, erschienen vor 1661, benutzt): „Man versichere, bei den Chinesen würden aus einem bestimmten weißen und in Öfen gebrannten Lehm Porzellangefäße hergestellt.“ L. verkürzt hier die Ausführungen Schilds auf wenig sinnvolle Weise; es fehlt die sich bei diesem anschließende Kernaussage: daß die vasa Murrhina vermutlich ebenfalls aus Porzellan waren (Textverlust beim Druck?). – J. Eyndius ab Haemstede, Convivalis senatus (Leiden 1611), S. 44: „Und als er sah, daß man es sehr aufmerksam betrachtete, mit neugieriger Hand betastete, auch mit gelindem Fingerklopfen seinen Klang erforschte, sagte er: ‚Dies ist reines, echtes Porzellan. Odoardus Barbosus schreibt, daß es in China aus kleinen Meerestieren hergestellt wird, die hundert Jahre lang vergraben waren und danach zerstoßen wurden. Ihn tadelt jedoch Johannes Gonzales de Mendoza (in Kapitel 10 seines Buches ,Das chinesische Reich‘) und sagt, es werde hergestellt aus sehr harter Kreide, die zerstoßen und in einen Teich geschüttet wird, an dessen Oberfläche sie sich in durchsichtiger Form verhärtet. Andere wiederum – wie denn sehr häufig Spuren vergangener Zeiten als Material für eine gelehrte Erörterung herangezogen werden – beziehen diesen Stoff auf die Puzzolanerde, die Plinius erwähnt. Man stimmt in der Auffassung überein, daß er gegen Gift wirksam sei und nicht erlaube, daß es hineingeschüttet werde, dank der Kraft der Kräuter und Gewürze, mit denen er aufbereitet wurde. Dies widerspricht nicht der Wahrheit, denn Athenaeus hat im 11. Buch seiner Deipnosophistae geschrieben, daß auch zu seiner Zeit gewöhnlich Gefäße, die aus einer mit wohlriechenden Kräutern aufbereiteten Erde gebrannt waren, aus der ägyptischen Stadt Coptos herbeigeschafft wurden. Und Aristoteles sagt im Buch von der Trunkenheit, daß kleine Töpfe aus Rhodos mit einem Gemisch aus Myrrhe, duftender Binse, Safran, Balsam und Zimt gebrannt wurden; ebendeshalb verhinderten diese Töpfe die Trunkenheit und töteten durch den !in ihnen" gekochten und verteilten erwärmten Weingeist die Liebeslust ab.“ – Odoardus Barbosus: Quelle nicht ermittelt. – J. Gonzales de Mendosa, Rerum morumque in regno Chinensi maxime notabilium historia (Antwerpen 1655), pars 1, lib. 1, cap. 10, S. 28 f. – Plinius, Nat. hist. 35,167. – Athenaeus, Deipnosophistae 11,464 b/c. – Aristoteles, De temulentia, frg. 110 (Rose), aus Athenaeus, a.a.O.
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Agrippina
v. 60. 61. 62. Wenn frembder Perlen Schnee in Eßig wird zerla¢¢en.) Beyderley Ver¢chwendung ¢chreibet Sueton. in Caligul. c. 37. ¢elbigem Kay¢er zu: Nepotinis ¢umtibus omnium Prodigorum ingenia ¢uperavit, ! 119" commentus novum Balnearum u¢um, portento¢i¢¢ima genera ciborum atque ´ Cænarum: ut calidis frigidisque ´ unguentis lavaretur: pretio¢i¢¢imas Margaritas aceto liquefactas ¢orberet: Convivis ex auro panes & ob¢onia apponeret. Von der Cleopatra i¢t denckwurdig: Daß/ als ¢ie einsmals mit Antonio gewettet: Daß ¢ie eine Mahlzeit/ welche centies HS. oder 250 000. Philipsthaler ko¢ten wurde/ anrichten wolte/ ¢ie eine ko¢tliche Perle/ die allein ¢o viel werth gewe¢t/ vom rechten Ohre weggeri¢¢en in ¢charffem E¢¢ige zerla¢¢en und ver¢chlungen habe. Sie hette es auch mit der andern am lincken Ohre al¢o gemacht/ wenn nicht der erkohrne Schiedes-Richter Munatius Plancus es verwehret/ und/ daß Antonius ver¢pielet/ erkennet hette. Be¢iehe Lip¢ium de Magnitud. Rom. lib. 4. cap. 7. p. 197. Alleine daß dergleichen Ver¢chwendung ein Comediante nachgethan/ berichtet Horat. 2. Sermon. Filius Æ¢opi detractam ex aure Metellæ, ¢cilicet ut decies ¢olidûm ex¢orberet, aceto diluit in¢ignem baccam. – Der Bal¢am-Bader aber hat ¢ich auch ein Knecht des Nero bedienet. Plinius. lib. 13. Nec non aliquem ex privatis audivimus ¢pargi per parietes balnearum unguento atque ´ Cajum Principem ¢olitum lavari: ac ne principale videatur hoc bonum, & po¢teà quendam è ¢ervis Neronis.
167 atque] ´ arque ´ A atque ´ BCD 178 ein] in A ein A(Errata)BCD 164 Sueton.] Suet. BCD 173 ¢charffem] ¢charffen BD 184 Plinius.] Plin. BCD
Anmerckungen zu I
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v. 60. 61. 62. Wenn frembder Perlen Schnee in Eßig wird zerla¢¢en] Sueton, Vitae Caesarum: Caligula 37,1: „An schwelgerischem Aufwand übertraf er den Einfallsreichtum aller Verschwender: er ersann neue Badesitten und die abenteuerlichsten Arten von Speisen und Mahlzeiten; z. B. badete er in kalten und warmen Duftölen und schlürfte die kostbarsten Perlen in Essig aufgelöst und setzte Tischgenossen Brot und Zukost auf goldenem Geschirr vor.“ – „centies HS“ = „10 Millionen Sesterze“. – J. Lipsius, Admiranda, sive De magnitudine Romana (Antwerpen 1605), lib. 4, cap. 7, S. 197. – Horaz, Sermones 2,3,239–241: „Des Aesopus Sohn löste eine herrliche Perle, abgezogen von Metellas Ohr, in Essig auf: nämlich um eine ganze Million Sesterze hinunterzuschlürfen.“ – Der von L. aus Plinius, Nat. hist. 13,22, gebotene Text ist eindeutig verderbt und so, wie er ist, nicht sinnvoll zu übersetzen. Von den eingesehenen Ausgaben des 16./17. Jh.s (die von L. benutzte ließ sich nicht ermitteln) kommt die von Johannes Caesarius (Köln 1565, 3 Bde.) dem L.schen Text an dieser offenbar problematischen Stelle am nächsten; er lautet dort (Bd. 2, Bl. 352v): „Necnon aliquem ex privatis audivimus iussisse spargi parietes balnearum unguento. Atque Caium principem solitum lavari. Ac ne principale videatur hoc bonum, et postea quendam ex servis Neronis.“ („Wir haben auch gehört, daß irgendein Privatmann die Wände seines Bades mit Salbe besprengen ließ und daß Kaiser Gaius (Caligula) ! darin" zu baden pflegte. Damit es nicht so aussehe, als komme dieser Genuß nur einem Princeps zu, habe dies später auch irgendeiner von Neros Sklaven getan.“)
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v. 63. 64. 65. Daß er mit minder Wagen.) Di¢es alles und ein mehrers erzehlt vom Nero Sueton. in Neron. c. 30. Nullam ve¢tem bis induit. Quadringenis in punctum HS. aleam lu¢it. Pi¢catus e¢t reti aurato, purpurâ coccoque ´ funibus nexis. Nunquam Carrucis minus mille feci¢¢e iter traditur, ¢oleis Mularum argenteis, canu¢inatis Mulionibus, armillatâ & phaleratâ Mazacum turbâ atque ´ Cur¢orum. Son¢t erzehlet Plutarchus vom Konige in Per¢ien Surena, der den Cra¢¢um ge¢chlagen/ gleichma¢¢iges: #E # µ $λ « « «, λ « ! 120 " $« . Des Nero Weltberuhmtes Hauß mit ¢einen Wundern be¢chreibet Suetonius an obigem Orthe/ und Tacit. 15. Annal. c. 42. 52. v. 93. Wie wol Poppeens Stamm.) Tacit. 13. Annal. c. 45. n. 2. v. 96. Die ¢ie Rom nicht darf zu ¢ehn ver¢tatten.) Von der Poppæa meldet Tacit. eben da¢elb¢t: Rarus in publicum egre¢¢us idque ´ velatâ parte oris, ne ¢atiaret a¢pectum, vel quia ¢ic decebat. v. 99. Da ihre Mutter auch die Schon¢te.) Tacit. da¢elb¢t. v. 116. Ja ¢teinerner als Stein Pigmalions.) Pigmalion hat in ein von ihm gemachtes helffenbeinerne Bild ¢ich verliebet/ welches hernach ¢ol be¢eelet worden ¢eyn und den Paphus von ihm gebohren haben. Ovid. lib. 10. Metam. Derogleichen thorichte Verliebungen mehr erzehlet Marino nella Pittura. part. 3. pag. 84. Sò che Alchida Rodico s’innamorò libidino¢amente della ¢tatua di Venere, opera di Pra¢¢itele. Hò letto, che Pigmalione della ¢ua s’invaghi ¢i follemente, che con e¢¢o lei ragionava, l’abbracciava & con affettuo¢i gemiti ¢o¢pirava. Souviemmi, che Giunio havendo veduto un ¢imulacro delle Mu¢e ignude, ¢i acce¢e’ per es¢o di ¢trano ardore. Mi ricordo, che Pontio ¢i compiacque in gui¢a d’ Atalanta & Helena fatte già per mano di Cleofanto, che ¢e ne ¢truggeva di de¢iderio. Trovo ¢critto finalmente amante es¢er¢i ritrovato tanto foco¢o, che morì bacciando della ¢ua cara amata il ritratto. 191 Carrucis] Caruccis AB Carrucìs C Carrucis D 192 canu¢inatis] canuni¢inatis AB canu¢inatis CD 208 3.] 2. ABCD 208–209 s’innamorò libidino¢amente] s’inamorò libido¢amente AB s’inamorò libidino¢amente C s’inamorô libidino¢amente D 209 Venere,] Venere ABCD 211 Souviemmi] Sonviemmi AB Sonvienmi CD 214 Atalanta] Atalanda ABCD ¢e ne] ¢ene ABCD 216 il] il’ AB il CD ritratto.] ritratto A ritratto. BCD 199 Tacit.] Tac. BCD 208 pag.] p. BCD
Annal. c. 45.] Ann. c. 35. CD
Anmerckungen zu I
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v. 63. 64. 65. Daß er mit minder Wagen] Sueton, Vitae Caesarum: Nero 30,3: „Kein Gewand zog er zweimal an. Beim Würfeln spielte er den Punkt zu 400.000 Sesterzen. Er fischte mit einem vergoldeten Netz, das durch Seile gehalten wurde, die aus purpurnen und scharlachroten Fäden geflochten waren. Man sagt, daß er niemals mit weniger als tausend Wagen gereist sei, wobei die Hufe der Maultiere mit Silber beschlagen, die Maultiertreiber in Gewänder aus kanusinischer Wolle gekleidet waren und die Schar der Mazaker und Läufer Armspangen und Brustschmuck trug.“ – Plutarch, Vitae parallelae: Crassus 21,7: „Auf seinen Privatreisen hatte er (Surenas) stets tausend Kamele für sein Gepäck, zudem auch zweihundert Wagen für seine Konkubinen.“ – Sueton, Vitae Caesarum: Nero 31. – Tacitus, Annales 15,42,1; 15,52,1. v. 93. Wie wol Poppeens Stamm] Ebd. 13,45,1. v. 96. Die ¢ie Rom nicht darf zu ¢ehn ver¢tatten] Ebd. 13,45,3: „Selten nur ging sie in die Öffentlichkeit, und dies mit teilweise verschleiertem Gesicht, um Blicke nicht zu befriedigen oder weil es ihr gut stand.“ v. 99. Da ihre Mutter auch die Schon¢te] Ebd. 13,45,2. v. 116. Ja ¢teinerner als Stein Pigmalions] Ovid, Met. 10,243–297. – G. Marino, Le dicerie sacre (Venedig 1664), Diceria I: La pittura, parte terza, S. 115: „Ich weiß, daß Alkides von Rhodos sich auf wollüstige Weise in die Statue der Venus, ein Werk von Praxiteles, verliebte. Ich habe gelesen, daß sich Pygmalion in die seinige so vernarrte, daß sie mit ihm redete, ihn umarmte und unter zärtlichem Stöhnen seufzte. Es kommt mir in den Sinn, daß sich in Junius eine ungewöhnliche Glut entzündete, als er ein Standbild der nackten Musen gesehen hatte. Ich erinnere mich, daß Pontius so großes Gefallen fand an der Art, wie die ! Statuen" Atalantes und Helenas von der Hand des Kleophantes geschaffen worden waren, daß er sich vor Sehnsucht verzehrte. Ich finde schließlich geschrieben, daß ein Liebender von so glühender Leidenschaft erfüllt war, daß er starb, als er das Bild seiner Geliebten küßte.“ (Dasselbe Zitat auch in AnmL. zu S I 523.)
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v. 117. 118. 119. Den Rom und Grichenland.) Die¢e des Nero Sangerey be¢chreibet Tac. 14. Ann. c. 14. Sueton. in ejus vita. c. 10. in fin. v. 120. Umb den Britannicus.) Tacit. 13. Ann. c. 18. n. 3. & c. 19. n. 4. v. 132. 133. Wie ¢i der Edlen Blum.) Den Jnnhalt di¢es Auftrits/ ja eben die¢e Worte hat Tacit. 13. Ann. c. 46. v. 157. Wie Paris ¢o erblaßt.) Die¢en gantzen Auftritt be¢chreibt Tacit. 13. Annal. c. 20. v. 181. 183. Daß hinter der Tapet.) Tac. 13. Ann. c. 5. n. 2. 3. !121 " v. 182. Daß kein Caractacus.) Ein von den Romern gefangener Konig aus Britannien. Tacit. 12. Ann. c. 37. n. 4. 5. v. 185. Hat den Rubellius.) Sie ward angeklagt: de¢tinavi¢¢e eam Rubellium Plautum, per maternam originem pari ac Nero gradu à D. Augu¢to, ad res novas extollere; conjugioque ´ ejus etiam Imperio, Remp. rur¢us invadere. Tacit. 13. Annal. c. 19. n. 4. v. 189. Als dem Silanus Brautt.) Octavia, welche Claudius L. Silano verlobet/ we¢¢entwegen er aber durch Li¢t der Agrippine ¢o wol ¢einer Brautt als des Lebens beraubet ward: Damit ¢ie Nero heyrathen konte. Tac. 12. Annal. c. 3. 4. & c. 8. v. 198. Calvi¢ius be¢chwert’s.) Tac. 13. Annal. c. 19. n. 5. v. 200. 201. Man preßt die Warheit leicht durch Marter aus den Knechten.) Tacit. l. 2. Annal. c. 30. n. 5. ¢agt: Daß Tiberius dis angefangen. Quia vetere Senatuscon¢ulto quæ¢tio in caput Domini prohibebatur, callidus & novi juris repertor Tiberius mancipari ¢ingulos actori publico jubet: ¢cilicet ut in Libonem ¢alvo Senatuscon¢ulto quæreretur. Et idem lib. 3. Annal. c. 67. n. 4. Servos quoque ´ Silani, ut tormentis interrogarentur, actor publicus mancipio acceperat. v. 203. 395. 396. Silane ¢agts in Gutten. etc.) Junia Silana war der Agrippine Feind und ihre Anklagerin/ weil di¢e zwi¢chen ihr und dem Sextius Africanus die Heyrath verhindert hatte/ ¢ie unkeu¢ch und alt nennende. Tacit. 13. Ann. c. 19. n. 2. 3.
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c. 14.] cap. 14. CD Tac. 13. Ann.] Tacit. 13. Annal. BCD Tacit.] Tac. BCD Tac.] Tacit. BCD c. 8.] cap. 8. CD Tac.] Tacit. D Annal.] Ann. BCD
Anmerckungen zu I
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v. 117. 118. 119. Den Rom und Grichenland] Tacitus, Annales 14,14,1. – Sueton, Vitae Caesarum: Nero 10,2. v. 120. Umb den Britannicus] Tacitus, Annales 13,18,2; 13,19,3. v. 132. 133. Wie ¢i der Edlen Blum] Ebd. 13,46. v. 157. Wie Paris ¢o erblaßt] Ebd. 13,20. v. 181. 183. Daß hinter der Tapet] Ebd. 13,5,1. v. 182. Daß kein Caractacus] Ebd. 12,37,4. v. 185. Hat den Rubellius] Ebd. 13,19,3: „Sie habe sich vorgenommen, Rubellius Plautus, der mütterlicherseits im gleichen Verwandtschaftsgrad zum göttlichen Augustus stand wie Nero, zum Umsturz anzustacheln und sich durch die Ehe mit ihm, auch durch die Erlangung der Herrschaftsgewalt aufs neue des Staates zu bemächtigen.“ v. 189. Als dem Silanus Brautt] Ebd. 12,3.4.8. v. 198. Calvi¢ius be¢chwert’s] Ebd. 13,19,3. v. 200. 201. Man preßt die Warheit leicht durch Marter aus den Knechten] Ebd. 2,30,3: „Weil durch einen alten Senatsbeschluß das peinliche Verhör !von Sklaven" gegen das Leben des Herrn untersagt war, gab der schlaue und in neuer Rechtssetzung erfinderische Tiberius dem Staatsagenten die Anweisung, !die Sklaven" einzeln freizukaufen, natürlich um das Verhör gegen Libo unbeschadet des Senatsbeschlusses vornehmen zu können.“ – Ebd. 3,67,3: „Auch hatte der Staatsagent die Sklaven des Silanus durch Kauf an sich gebracht, damit sie auf der Folter verhört werden konnten.“ v. 203. 395. 396. Silane ¢agts in Gutten etc.] Ebd. 13,19,2–3.
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Agrippina
v. 229. Weil Burrhus Hauptman i¢t.) Fabius Ru¢ticus autor e¢t, ¢criptos e¢¢e ad Cæcinam Thu¢cum Codicillos mandata ei prætoriarum cohortium cura: ¢ed ope Senecæ dignationem Burrho retentam. Plinius & Cluvius nihil dubitatum de fide præfecti referunt. Tacit. 13. Ann. c. 20. n. 3. v. 229. Dem ¢ie die Wurde gab.) Tac. 12. Annal. c. 42. n. 2. v. 230. Fordert Schwerd und Gurtel von ihm ab.) Cum Præfectus Prætorio legebatur, dabatur ei ab Imperatore cingulum cum gladio. Hinc memorabilis illa Trajani !122" vox, qui, cum Præfectum ¢uum Cingulo donaret, ita dixi¢¢e fertur: Atque ´ è Rep. imperavero, pro me: ¢in ¢ecus, in me utere. Ro¢in. Antiqu. Rom. lib. 7. c. 33. in fin. v. 246. Wo wir des Burrhus Treu’) Tac. 13. Ann. c. 20. n. 5. v. 309. Daß eines Kay¢ers Kind/ Braut/ Schwe¢ter/ Mutter/ Frau.) Al¢o be¢chreibet die Agrippine Tac. 12. Ann. c. 42. n. 3. Venerationem augebat fæminæ, quam Imperatore genitam, ¢ororem ejus, qui rerum potitus ¢it, & Conjugem & Matrem fui¢¢e, unicum ad hunc diem exemplum e¢t. Denn Germanicus war ihr Vater/ Caligula ihr Bruder/ Claudius ihr Ehmann/ Nero ihr Sohn. v. 312. Nach welcher Nahmen man ließ Stadt’ und Ufer nennen.) Colonia Agrippina. Tacit. 12. Annal. c. 27. n. 1. v. 313. Daß die der Teut¢chen Treu’.) Daß die Romi¢chen Kay¢er Teut¢che zu ihrer Leibwache gehabt/ lehret Sueton. in Galbâ. c 12. in¢onderheit von Augu¢to, der ¢ie bis zur Variani¢chen Niderlage behalten/ Suet. in Augu¢t. c. 49. von Caligula, Suet. in Calig. c. 55. 58. Jo¢eph. Antiq. Judaic. lib. 19. c. 1. Von der Agrippine, welcher ¢ie aber Nero hernachmals weggenommen hat. Sueton. in Neron. c. 34. Tacit. 13. Annal. c. 18. n. 5. von Herode. Jo¢eph. lib. 17. cap. 10. v. 317. Jn eines Burgers Hauß.) Nero ver¢tieß die Mutter in der Antonia Hauß. Tac. 13. Ann. c. 18. n. 6.
262 unicum] unicnm A unicum BCD 249 252 254 258 261 266 270 273
Codicillos] Codicillos los B Annal.] Ann. BCD ab] abe BCD Tac. 13. Ann.] Tacit. 13. Annal. BCD potitus] potius B Tacit. 12. Annal.] Tac. 12. Ann. BCD Suet. (beide)] Sueton. CD Annal.] Ann. BCD
Anmerckungen zu I
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v. 229. Weil Burrhus Hauptman i¢t] Ebd. 13,20,2: „Fabius Rusticus berichtet, man habe ein schriftliches Patent für Caecina Tuscus ausgefertigt, mit dem ihm der Befehl über die prätorischen Kohorten anvertraut wurde; doch durch die Unterstützung Senecas habe Burrus seine Stellung beibehalten. Plinius und Cluvius berichten, an der Treue des Präfekten sei nicht gezweifelt worden.“ v. 229. Dem ¢ie die Wurde gab] Ebd. 12,42,1. v. 230. Fordert Schwerd und Gurtel von ihm ab] J. Rosinus, Antiquitates Romanae (Köln 1619), lib. 7, cap. 33, Sp. 1168: „Wenn der Praefectus praetorio != Oberster der kaiserlichen Leibwache" ausgewählt wurde, wurde ihm vom Kaiser der Gürtel mit dem Schwert übergeben. Hinsichtlich dessen ist denkwürdig jener berühmte Ausspruch Trajans, der, als er dem Präfekten seinen Gürtel übergab, folgendes gesagt haben soll: ‚Wenn ich zum Vorteil des Staates herrschen werde, so gebrauche !das Schwert" für mich; wenn nicht, dann gegen mich.“ (Dieser Ausspruch Trajans, nach Aurelius Victor, Liber de Caesaribus 13,9, u. Cassius Dio, Historia Romana 68,16,12, zit. auch in AnmL. zu E I 548.) v. 246. Wo wir des Burrhus Treu’] Tacitus, Annales 13,20,2. v. 309. Daß eines Kay¢ers Kind/ Braut/ Schwe¢ter/ Mutter/ Frau] Ebd. 12,42,2: „Es steigerte die Ehrwürdigkeit einer Frau, die in der Hinsicht, daß sie Tochter eines Imperators sowie Schwester, Gattin und Mutter eines Inhabers der Staatsmacht war, bis auf den heutigen Tag ein einzigartiges Beispiel ist.“ v. 312. Nach welcher Nahmen man ließ Stadt’ und Ufer nennen] Ebd. 12,27,1. v. 313. Daß die der Teut¢chen Treu’] Sueton, Vitae Caesarum: Galba 12,2. – Ebd. Augustus 49,1. – Ebd. Caligula 55,2; 58,3. – Flavius Josephus, Antiquitates Iudaicae 19,119. – Sueton, a.a.O.: Nero 34,1. – Tacitus, Annales 13,18,3. – Flavius Josephus, a.a.O. 17,198. v. 317. Jn eines Burgers Hauß] Tacitus, Annales 13,18,3.
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Agrippina
v. 330. 331. 332. Daß er mit Knabenlu¢t.) Die¢e Schand-That hat Nero ¢elb¢t am Britannicus begangen. Hernach ihn allerer¢t mit Giffte beflecket. Tacit. 13. Ann. c. 17. n. 2. Wie Nero aber den Sporus als ein Weib geheyrathet/ be¢chreibet Sueton. in Neron. c. 28. Ja Nero hat als ein Weib dem Doryphoro (wie Sueton. ib. c. 29. meldet) oder dem Pythagone ¢ich verlobet. Darvon Tacit. 15. Ann. c. 37. n. 4. 5. Inditum Imperatori flammeum. Vi¢i au¢pices, dos, & genialis thorus & faces nuptiales: Cuncta denique ´ ¢pectata, quæ etiam in fæminâ nox operit. Kay¢er Avitus P¢eudAntoninus Sardanapalus machte es noch arger/ die¢er wolte mit Gewalt ein unkeu¢ches Weib ¢eyn/ ließ ihm die Haare gantzlich wegnehmen/ und heyrathete einen Knecht aus Carien !123" Nahmens Hierocles: Ja er wolte oft gleich¢am in der That betroffen werden/ als wenn er mit andern Mannern Unzucht getrieben; Deßwegen er denn vom Hierocles Scheltwortte und blaue Augen machende Schlage willig vertrug/ ihn auch endlich zum Kay¢er zu machen ent¢chlo¢¢en war. Die¢er Kay¢er ließ auch einen ¢olchen Buben Nahmens Aurelius Zoticus ) & ' ( . aus Smyrna ξ κ %« & mit hoch¢ter Pracht nach Rom holen/ machte ihn zum Kammerer/ eh er ihn ¢ahe/ badete und trieb alle ab¢cheuliche La¢ter mit ihm/ ruhete und ¢pei¢ete auf ¢einer Schoos. Als die¢er Aurelius den Kay¢er bey ¢einer Ankunfft gru¢¢ete: K *% + . Fiel ihm der Kay¢er Weibi¢ch umb den Halß ¢agende: M ' . #E Ω - . Xiphilin. in Avito. p. m. 370. 371. v. 333. Daß er ihm Magde lagt.) Die Acte. Tac. 13. Annal. c. 46. n. 4. v. 348. 349. Man hat zum dritten mal die Reben uns vergiftet.) Sueton. in Neron. c. 34. Cum veneno ! ter" tenta¢¢et, ¢entiretque ´ Antidotis præmunitam: Lacunaria, quæ noctu ¢uper dormientem laxatâ machinâ deciderent, paravit.
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allerer¢t] aller¢t A allerer¢t A(Errata)BCD 28.] 38. ABCD ib. c. 29.] 16. c. 39. ABCD Pracht] Pacht A Pracht A(Errata)BCD ] ABCD 348.349] 353.354. ABCD !ter"] fehlt ABCD
281 Ann.] Annal. BCD 293 eh] ehe BCD 301 c.] cap. CD
Anmerckungen zu I
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v. 330. 331. 332. Daß er mit Knabenlu¢t] Ebd. 13,17,2. – Sueton, Vitae Caesarum: Nero 28; 29. – Tacitus, Annales 15,37,4: „Dem Kaiser wurde ein Brautschleier angelegt. Man sah Vogelschauer, Mitgift, Ehebett und Hochzeitsfackeln; überhaupt war alles zu erblicken, was auch bei einer Frau die Nacht verhüllt.“ – Cassius Dio, Historia Romana 16,2.4; nach Joannes Xiphilinus, E Dione excerptae historiae, ed. H. Stephanus (Genf 1592), S. 370 f. (die drei griech. Zitate S. 371 A-C): „Bei weitem übertraf er die anderen in der Größe seiner Geschlechtsteile.“ / „Herr und Kaiser, sei gegrüßt!“ / „Nenn’ mich nicht Herr, denn ich bin eine Dame.“ v. 333. Daß er ihm Magde lagt] Tacitus, Annales 13,46,2. v. 348. 349. Man hat zum dritten mal die Reben uns vergiftet] Sueton, Vitae Caesarum: Nero 34,2: „Als er es dreimal mit Gift versucht hatte und merkte, daß sie sich mit Gegengiften gewappnet hatte, ließ er eine getäfelte Zimmerdecke konstruieren, die bei Nacht, nach Auslösen einer Mechanik, auf die Schlafende herabfallen sollte.“
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Agrippina
v. 386. ¢eqq. Ob ein unfruchtbar Weib.) Der Agrippinen ¢tattliche Schutzrede hat Tacit. 13. Ann. c. 21. v. 409. Wenn Atimetus.) Domitiæ Neronis Amitæ Libertus. Tac. 13. Ann. c. 19. n. 5. v. 420. Die Schal¢ucht gegen uns.) Tac. ibid. Inter Agrippinam & Domitiam infen¢a æmulatio exercebatur. v. 580. ¢eqq. Das Kornhauß der Stadt Rom ¢ol Fœnius verwahren.) Di¢es alles erzehlet Tac. 13. Annal. c. 22.
Die Andre Abhandlung.
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v. 87. 88. Jch ¢chwere bey der Seel des Kay¢ers.) Jurare per Cæ¢arem, Sueton. in Julio. c. 85. per Genium Principis. Idem in Caligul. c. 27. l. 13. §. 6. ff. de jurejur. l. 2. C. de reb. cred. ¢olenne, & pejerare atrox erat. Tertulli ! 124"an. Apologet. c. 28. Citius apud vos per omnes Deos quam per Genium Principis pejeratur. Minutius Felix in Octavio: Eorum numen invocant, ad imagines ¢upplicant, Genium hoc e¢t, Dæmonem implorant, & e¢t eis tutius per Jovis Genium pejerare quam Regis. v. 92. 111. 290. 291. Wenn Nero einer Magd.) Was maßen Sabina Poppæa dem Nero ¢eine Buhlerey mit der Acte verwie¢en/ be¢chreibet Tacit. 13. Ann. c. 46. n. 3. 4. Von di¢er meldet Sueton. in Neron. c. 28. Acten Libertam paulùm abfuit, quin ju¢to Matrimonio ¢ibi conjungeret: ¢ubmi¢¢is Con¢ularibus viris, qui regio genere ortam pejerarent. Xiphilin. in Neron. p. 159. meldet: Nero habe ¢ie aus A¢ien gekaufft/ ¢elbte in das Ge¢chlechte des Attalus gerechnet/ auch viel lieber als Octavien gehabt. v. 127. Mißfalt ihm die Ge¢talt.) Dis und nachfolgendes ¢tehet beim Tacit. 14. Annal. c. 1.
306 409.] 413. ABCD 308 420.] 424. ABCD 310 580 ¢eqq.] 584. ¢eqq. A 584. ¢eq. BD 584. ¢eq C 315–316 Tertullian.] Tertulian. A Tertullian. BCD 329 14.] 4. AB 14. CD 311 316 320 325
Tac.] Tacit. BCD c.] cap. CD 290.] 200. BCD ¢elbte] ¢elbe CD
Anmerckungen zu II
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v. 386 seqq. Ob ein unfruchtbar Weib] Tacitus, Annales 13,21,2–5 (die Rede Agrippinas nach dieser Quelle reicht bei L. bis V. 480!). v. 409. Wenn Atimetus] Ebd. 13,19,4: „Ein Freigelassener von Neros Tante Domitia.“ v. 420. Die Schal¢ucht gegen uns] Ebd.: „Zwischen Agrippina und Domitia herrschte erbitterte Eifersucht.“ v. 580 seqq. Das Kornhauß der Stadt Rom ¢ol Fœnius verwahren] Ebd. 13,22.
Die Andre Abhandlung v. 87. 88. Jch ¢chwere bey der Seel des Kay¢ers] „Beim Caesar, beim Genius des Princeps zu schwören, bedeutete einen feierlichen Eid, und ein Meineid war hier ein gräßliches Verbrechen“ (Herkunft des die Hinweise auf Sueton, die Digesta und den Codex einschließenden latein. Zitats nicht ermittelt): Sueton, Vitae Caesarum: Iulius 85; ebd., Caligula 27,3; Digesta 12,2,13,6; Codex 4,1,2. – Tertullian, Apologeticum 28 (PL 1,499): „Eher wird bei euch bei allen Göttern als beim Genius des Princeps falsch geschworen.“ – Minucius Felix, Octavius 29,5: „Man ruft ihre Gottheit an, wendet sich bittend an ihre Bilder, fleht zu ihrem Genius, d. h. zu ihrem Dämon, und ein Meineid bei dem Genius Jupiters bedeutet für sie ein geringeres Risiko als bei dem des Königs.“ v. 92. 111. 290. 291. Wenn Nero einer Magd] Tacitus, Annales 13,46,2. – Sueton, Vitae Caesarum: Nero 28,1: „Es fehlte nicht viel daran, daß er die Freigelassene Acte durch förmliche Eheschließung an sich band, nachdem er Konsulare angestiftet hatte, fälschlich zu beeiden, daß sie aus königlichem Geschlecht stamme.“ – Cassius Dio, Historia Romana 61,7,1; nach Joannes Xiphilinus, E Dione excerptae historiae, ed. H. Stephanus (Genf 1592), S. 163 [recte 159] D/E. v. 127. Mißfalt ihm die Ge¢talt] Tacitus, Annales 14,1,2.
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Agrippina
v. 136. Daß ¢ie mir hat la¢¢en Gift bereiten.) Daß Sabina Poppæa !den Nero" mit Vorgeben: Daß Agrippine ihr nach¢tellete/ !¢elbte" zu todten beweget/ hat Xiphil. in Neron. p. m. 162. v. 199. Wenn er Octavien/ weil ¢ie unfruchtbar/ trennet.) Tacit. 14. Ann. c. 60. n. 1. exturbat Octaviam ¢terilem dictitans. v. 200. 205. Die man ¢chon als fruchtbar.) Igitur agentem Poppæam in matrimonio Rufi Cri¢pini Equitis Romani, ex quo filium genuerat, Otho pellexit juventâ & luxu, & quia flagranti¢¢imus in amicitia Neronis habebatur, nec mora, quin adulterio matrimonium jungeretur. Tac. 13. Ann. c. 45. n. 6. v. 204. 209. 210. Der Nero hielt’s fur Ruhm.) Von dem Nero welcher ¢eine Frau Livie noch ¢chwanger dem Augu¢t vermahlte/ ¢agte Xiphilin. in Augu¢t. pag. 50. ' ξ *κ *µ« ² $κ, — « . Es habe ¢ie ihr Mann wie ein Vater ihm ubergeben. v. 212. Gab Cato dem Hortens die Martie.) Q. Horten¢ius hatte ¢ich in ¢eines vertrauten Freindes des Cato Ehweib die Martia al¢o verliebet: Daß er es ihm endlich/ weil er daruber kranck ward/ offenbaren mu¢te. !125" Dahero ¢ie ihm auch Cato willig uberließ. Den darbey redenden Cato fuhret artlich ein Ferrante Pallavicino nella Scena Rhetorica per il Catone amorevole. v. 220. Kan man ihn unterm Schein der Ehren nicht ver¢chicken.) Durch dis Mittel pflegen Fur¢ten nicht nur Verdachtigen das Hefft der Gewalt aus den Handen zu winden/ wie Tiberius dem Germanico gethan. Tac. 2. Ann. c. 5. n. 1. & c. 42. n. 2. Al¢o trug der Konig in Spanien Ferdinandus Catholicus dem gro¢¢en Feld-Hauptmann Gon¢alvo an das gro¢¢e Mei¢terthum S. Jacobs: Ließ wegen ¢einer gro¢¢en Dien¢te an alle Chri¢tliche Haupter eine Ruhms-volle Erklarung ausgehn/ ließ auch zu Savona, als der Konig in Franckreich Ludwig der 330–331 !den Nero" ] fehlt ABCD 331 !¢elbte"] fehlt ABCD 348–349 Rhetorica per il] Retotica per’l A Rhetotica per l’ B Rhetorica per il CD 354 Gon¢alvo] Con¢alvo ABCD 332 Xiphil.] Xiphilin. BCD 335 205.] 105. CD 345 Freindes] Freundes BCD 351 Fur¢ten] die Fur¢ten BCD 353 Tac.] Tacit. BCD 356 Ruhms-volle] Ruhm-volle BCD 356–357 ausgehn] ausgehen BCD
Anmerckungen zu II
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v. 136. Daß ¢ie mir hat la¢¢en Gift bereiten] Cassius Dio, Historia Romana 61,12,1; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 92), S. 162 D. v. 199. Wenn er Octavien/ weil ¢ie unfruchtbar/ trennet] Tacitus, Annales 14,60,1: „Er verstieß Octavia mit der Behauptung, sie sei unfruchtbar.“ v. 200. 205. Die man ¢chon als fruchtbar] Ebd. 13,45,4: „Dies erklärt, weshalb Otho durch seine Jugend und seinen aufwendigen Lebensstil und weil er als jemand galt, der unter den Freunden Neros am höchsten in dessen Gunst stand, Poppaea für sich gewann, als sie mit Rufus ! = Rufrius" Crispinus verheiratet war, von dem sie einen Sohn hatte. Und es dauerte nicht lange, bis aufgrund des Ehebruchs eine Ehe geschlossen wurde.“ v. 204. 209. 210. Der Nero hielt’s fur Ruhm] Cassius Dio, Historia Romana 48,44,3; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 92), S. 50 A (von L. selbst übersetzt). v. 212. Gab Cato dem Hortens die Martie] F. Pallavicino, Scena retorica (Venedig 1655), S. 66–79 (Catone amorevole). v. 220. Kan man ihn unterm Schein der Ehren nicht ver¢chicken] Tacitus, Annales 2,5,1; 42,1. – J. de Silhon, Le ministre d’estat (Leiden 1643),
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Agrippina
Zwolfte und er zu¢ammen ¢pei¢ten/ ihn mit an die Taffel ¢itzen: c’e¢t faveur extraordinaire, particulierement d’un Sujet d’Espagne avec ¢on ¢ouverain. Be¢ihe Mon¢ieur de Silhon au Mini¢tre d’E¢tat, part. 1. chap. 6. Sondern al¢o pflegen ¢ie auch frembder Frauen Be¢itzthum zu erlangen/ wie allhier Nero Poppeens. Tacit. 13. Ann. c. 46. n. 5. l. 1. Hi¢t. 13. n. 5. Aerger machte es Avitus, bey welchem des Ba¢¢us ¢terbens# λ
0 # ρ . Daß er wurdiges La¢ter war: Ρ + 0 ein ¢chon und edel Weib hatte. Xiphilin. in Avit. p. m. 367. v. 258. Jhr gleich¢am gla¢ern Kleid) Al¢o nennten auch die Romer die durch¢ichtigen Kleider/ und eigneten ¢ie gemeiniglich denen Ehbrecherinnen zu. Vitreum enim (autore Nonio c. 6 n. 4.) pertenue & pellucidum quicquid e¢t, veterum authoritate dici pote¢t. Dahero den Orth des Horatii lib. 1. Od. 17. Dices laborantes in uno Penelopen vitreamque ´ Circen. Turneb. l. 8. c. 15. außlagt: Circe vitrea fuit nuncupata quod meretricio ornaretur indumento. Senec. l. 2. Controv. 7. ut adultera tenui ve¢te con¢picua ¢it. Und lib. 7. de Benefic. c. 9. Video ¢ericas ve¢tes, ¢i ve¢tes vocandæ ¢unt, in quibus nihil e¢t, quo defendi aut corpus aut denique ´ pudor po¢¢it, quibus ¢umtis mulier parùm liquidò nudam ¢e non e¢¢e jurabit. Hæc ingenti ¢umma !126" ab ignotis etiam ad commercium gentibus accer¢untur, ut Matronæ no¢træ ne adulteris quidem plus in cubiculo quam in publico o¢tendant. v. 262. Jhr gluthe Stirn’ und Ohr.) Quod in Fæmina patratæ libidinis ¢ignum. Sueton. in Octav. c. 69. Juvenalis: Vexatasque ´ comas, vultumque ´ auremque ´ calentem.
360 Mon¢ieur] Mon¢eur AB Mon¢ieur CD 367–368 Ehbrecherinnen] Ehbrecherin AB Ehbrecherinnen CD 374 Controv.] Contrav. AB Controv. CD 360 362 373 375 382
de Silhon] Silhon BCD Ann.] Annal. CD c.] cap. CD c. 9.] c. 10. B cap. 10. CD c.] cap. CD
Anmerckungen zu II
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première partie, livre 1, discours 6, S. 37: „Dies ist eine außergewöhnliche Gunst, insbesondere bei einem spanischen Untertan im Verhältnis zu seinem Souverän.“ – Tacitus, Annales 13,46,3; Historiae 1,13,3. – Cassius Dio, Historia Romana 79,5,4; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 92), S. 367 B (von L. selbst übersetzt). v. 258. Jhr gleich¢am gla¢ern Kleid] Nonius Marcellus, De compendiosa doctrina, p. 720,24 Lindsay (448): „Gläsern kann nämlich nach dem Vorbild der Alten alles genannt werden, was sehr dünn und durchsichtig ist.“ – Horaz, Carmina 1,17,19–20: „Du wirst davon singen, wie Penelope und die gläserne !d. h. als Meeresgöttin kristallen strahlende" Kirke sich um den einen quälten.“ – Turnebus erklärt die Horaz-Stelle in Buch 8, Kap. 15 seiner ‚Adversaria‘ anders, als L. hier angibt („Kirke wurde als gläsern bezeichnet, weil sie in das Gewand einer Hure gekleidet war“), nämlich so: „Ego pro aquarum accola et maritima accipio et tanquam aquarum nympha: cùm aquarum color vitreus sit !…"“ (A. Turnebus, Adversaria [Straßburg 1599], lib. 8, cap. 15, Sp. 240, Z. 13–15: „Ich für mein Teil beziehe das auf die Tatsache, daß sie Anwohnerin eines Gewässers, eine Bewohnerin der Meeresküste und gleichsam eine Wassernymphe ist, da die Farbe von Gewässern glasartig ist.“) L.s Zitat zweifellos nach einem anderen Kommentator. – Seneca d.Ä., Controversiae 2,7, Epitome, Schlußteil (203 Müller): „!…" damit durch das dünne Kleid hindurch die Buhlerin sichtbar wird.“ – Seneca d.J., De beneficiis 7,9,5: „Ich sehe seidene Gewänder – wenn als Gewänder Kleidungsstücke bezeichnet werden dürfen, an denen nichts ist, womit der Körper oder überhaupt die Scham geschützt werden kann, hinsichtlich deren eine Frau, wenn sie sie angelegt hat, mit nicht ganz gutem Gewissen schwören wird, sie sei nicht nackt. Diese Dinge werden für einen riesigen Betrag von Völkerschaften herbeigeholt, die auch beim Handel unbekannt sind, damit unsere Ehefrauen nicht einmal ihren Liebhabern im Schlafzimmer mehr als in der Öffentlichkeit zeigen.“ v. 262. Jhr gluthe Stirn’ und Ohr] „Was bei der Frau ein Zeichen für genossene Lust ist.“ (Quelle nicht ermittelt; vermutlich aus einem Sueton- oder Juvenal-Kommentar.) – Sueton, Vitae Caesarum: Augustus 69,1. – Juvenal, Sat. 11,189: „Zerzaust die Haare, Gesicht und Ohr erhitzt.“
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Agrippina
v. 298. Weil er Pferden Sold.) Dis/ und daß Nero die alten Pferde mit einem Burgerlichen Rocke be¢chencket/ deßhalben auch Aulus Fabricius prætor die Pferde weggethan habe und mit Hunden gefahren ¢ey/ erzehlet Xiphilin. in Neron. p. m. 159. Noch arger machte es C. Caligula, der ladete ¢ein Pferd/ welches Incitatus hieß/ zu Ga¢te/ ließ ihm Ger¢ten in Golde fur¢etzen/ tranckte es mit Wein in guldenen Ge¢chirren/ ¢chwur bey dem Heil und Glucke de¢¢elben/ wolte es auch/ wenn es nicht ge¢torben ware/ zum Burgermei¢ter machen. Xiphilin. in Caligul. p. m. 134. Er machte auch ¢ich und ¢ein Pferd zu einem Prie¢ter/ und ließ ihm alle Tage ko¢tliche und ko¢tbare Vogel opffern. Idem ibid. p. m. 142. v. 303. Diener ¢oll’n auch Schuld an Brand und Hagel haben.) Semper contra Mini¢trum æmulatio & invidia in armis excubant, intentæ in omnem occa¢ionem ut in ruinam præcipitent. Tanto in eum odio fertur Populus, ut mala etiam Naturæ & vitia Principis eidem tribuat. Saavedra Symb. Polit. 50. §. 1. p. m 371. Ita Sejano ad¢cribebatur, qvod Amphitheatrum collap¢um e¢¢et, & Mons Cælius conflagra¢¢et. Tacit. 4. Annal. c. 64. qui mos vulgo, ut fortuita ad culpam trahant. Dis be¢tatigt Mon¢ieur Silhon au Mini¢tre d’E¢tat livr. 2. di¢c. 3. Le peuple rejette ¢ur les Mini¢tres tous les maux de l’E¢tat, bien qu’ils n’en ¢oyent pas coupables: il exige d’eux une continuelle felicité, bien qu’elle ne ¢oit pas en leur pouvoir: il veut qu’ils ¢oyent garens de tous les evenemens, bien qu’ils ne le doivent e¢tre que de leurs con¢eils: il les fait les In¢trumens de toutes ¢es afflictions & de toutes ¢es ¢ouffrances, bien que d’ordinaire ¢es !127" pechez en ¢oyent la cau¢e. Bref il les traite de la me¢me ¢orte & avec la me¢me inju¢tice, qu’e¢toient traitez les premiers Chre¢tiens par les Payens; qui ¢e prenoient à eux de la cholere du Ciel & des playes de l’Empire, & les fai¢oient les Auteurs des Inondations, des ¢terilitez & des pe¢tes, dont il e¢toit travaillé. v. 306. Wer ¢ehr libet/ wenn er libt.) Ari¢totel. l. 7. pol. c. 6.
389–390 Ge¢chirren] Gefchirren A Ge¢chirren BCD 405 garens] gerens AB garans C gara D 410 du] dec A du A(Errata)BCD 405 evenemens] evenemen C evenement D 408 traite] traire B 413 c.] cap. CD
Anmerckungen zu II
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v. 298. Weil er Pferden Sold] Cassius Dio, Historia Romana 61,6,2; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 92), S. 163 [recte 159] C. – Ebd. 59,14,7 (S. 134 B). – Ebd. 59,28,5 (S. 142 C). v. 303. Diener ¢oll’n auch Schuld an Brand und Hagel haben] D. Saavedra Fajardo, Idea principis christiano-politici (Köln 1650), Symbolum 50 (Iovi et fulmini), § 1, S. 371: „Ständig liegen gegen den Diener != Minister" Mißgunst und Neid bewaffnet auf der Lauer, darauf versessen, ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit ins Verderben zu stürzen. Das Volk läßt sich von so großem Haß auf ihn leiten, daß es ihm auch schlimme Naturereignisse und Fehler des Fürsten als Verschulden anlastet.“ – „So schrieb man es Sejanus ! dem mächtigen Prätorianerpräfekten unter Tiberius" zu, daß das Amphitheater eingestürzt und der Mons Caelius abgebrannt war.“ (Zitat ungeklärter Herkunft. Vermutlich aus einem zeitgenössischen Kommentar zu der anschließend zitierten Tacitus-Stelle Annales 4,64,1, die sich auf diese beiden unmittelbar aufeinander folgenden Katastrophen in der Regierungszeit des Tiberius bezieht.) – Tacitus, Annales 4,64,1: „Wie beim Volk üblich, macht man auch für zufällige Ereignisse ein Verschulden verantwortlich.“ – J. de Silhon, Le ministre d’estat (Leiden 1643), première partie, livre 2, discours 3, S. 115: „Das Volk macht die Minister für alle Mißstände des Staates verantwortlich, obwohl sie daran nicht schuld sind. Es fordert von ihnen fortgesetztes Wohlergehen, obwohl dies nicht in ihrer Macht liegt. Es will, daß sie für alle Geschehnisse eine Bürgschaft übernehmen, obwohl sie dazu allein hinsichtlich ihrer Ratschläge verpflichtet sind. Es macht sie zu Werkzeugen all seiner Kümmernisse und Leiden, obwohl diese gewöhnlich durch seine eigenen Verfehlungen verursacht wurden. Kurz, es behandelt sie auf die gleiche Art und mit der gleichen Ungerechtigkeit, mit der die ersten Christen von den Heiden behandelt wurden, die ihnen die Schuld für den Zorn des Himmels und die Leiden des Reiches gaben und sie zu Urhebern von Überschwemmungen, Unfruchtbarkeiten und Pestilenzen machten, von denen es (das Reich) heimgesucht wurde.“ v. 306. Wer ¢ehr libet/ wenn er libt] Aristoteles, Politica 7,6,4 (der Gedanke hier wiedergegeben mit einem Vers aus einem unbekannten griechischen Tragiker).
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Agrippina
v. 338. Candaulens Frau blieb keu¢ch.) Di¢e beruhmte Ge¢chichte/ da Candaules ¢einem Freinde dem Gyges ¢eine Frau nackend gewie¢en und zum Ehbruch veranla¢¢et/ be¢chreibet Ju¢tin. lib. 1. p. m. 18. v. 416. Trug Macro Ennien.) Tac. 6. Annal. c. 45. 6. 7. Impulerat Macro po¢t mortem Claudiæ, quam nuptam ei (Cajo Cæ¢ari) retuli, uxorem ¢uam Enniam immittendo, amore juvenem inlicere pactoque ´ matrimonii vincire, nihil abnuentem, dum dominationis api¢ceretur. v. 462. 463. Daß kunftig niemand mehr.) Beym Tac. 3. Ann. c. 33. 34. ¢treiten Severus Cæcina und Valerius Me¢¢alinus heftig in zweyen Reden mit einander. Jener wil behaupten: Daß kein Landvogt ¢eine Frau mit ¢ich nehmen ¢olle; Di¢er aber das Wider¢piel. v. 468. Daß ¢ich ein Weib ein gantzes Heer zu ¢tillen.) Dis that Agrippina des Germanici Gemahl/ Tacit. 1. Annal. c. 69. Plancina. Tac. 2. Annal. 55. n. 6. v. 494. Wer Fur¢ten wil gefalln.) Capitonis ob¢equium dominantibus magis approbabatur. Tac. 3. Annal. c. 75. n. 4. v. 504. Die Flamm’ er¢tickt.) Ignis Ve¢talis nunquam ¢ine portentô credebatur extingui & anxiâ ¢ollicitudine expiabant quod contigit ante initia bellorum civilium motaque ´ inter Cæ¢arem & Pompejum arma. Quod ubi contigerat, omnia publica privataque ´ intermittebantur negotia, eratque ´ Ju¢titium indictum, donec Procuratio ¢olennis in¢titueretur, & tamdiu durare Imperium, quam diu ignis fui¢¢et inextinctus. Thom. Demp¢ter. in Paralipom. ad lib. 2. c. 12. Ro¢ini. p. 335. Wenn eine !128" Ve¢tali¢che Jungfrau das ewige Feuer unvor¢ichtig außla¢chen ließ/ ward ¢ie mit Rutten ge¢trichen. Valer. Maxim. lib. 1. cap. 1. tit. 7. Licinio Pontifici Max. Virgo Ve¢talis, quia quadam nocte parum diligens æterni ignis cu¢tos fui¢¢et, digna vi¢a e¢t, quæ flagro admoveretur. Ob¢equens de Prodig. c. 26. Ve¢tæ penetralis ignis extinctus, virgo ju¢¢u Æmilii Pontificis Max. flagro cæ¢a.
434 in¢titueretur] iu¢titueretur A in¢titueretur BCD 436 335.] 325. ABCD 415 421 426 429
Freinde] Freunde BCD Tac.] Tacit. BCD Ann.] Annal. CD Plancina. Tac. 2. Annal.] Plaucina. Tac. 2. Ann. B Tac.] Tacit. CD c.] cap. CD
Anmerckungen zu II
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v. 338. Candaulens Frau blieb keu¢ch] Justinus, Epitoma 1,7,14–19. v. 416. Trug Macro Ennien] Tacitus, Annales 6,45,3: „Macro hatte nach dem Tode Claudias, mit der er (C. Caesar [= Caligula]), wie von mir berichtet, verheiratet war, seine eigene Frau Ennia, sie anstiftend, dazu gedrängt, den jungen Mann mit dem Mittel der Liebe anzulokken und durch ein Eheversprechen zu fesseln. Dieser lehnte nichts ab, sofern er !damit" die Herrschaft erlangen konnte.“ v. 462. 463. Daß kunftig niemand mehr] Ebd. 3,33–34. v. 468. Daß ¢ich ein Weib ein gantzes Heer zu ¢tillen] Ebd. 1,69; 2,55,6. (Der Vermerk „Plancina“ hinter dem ersten Eintrag vermutlich Druckfehler für „Plantiniana“, den Namen der Antwerpener Offizin, in der die von L. benutzte Lipsiussche Edition sämtlicher Werke von Tacitus erschienen ist: „Officina Plantiniana, apud Ioannem Moretum“.) v. 494. Wer Fur¢ten wil gefalln] Ebd. 3,75,2: „Capitos Willfährigkeit fand bei den Herrschenden mehr Beifall.“ v. 504. Die Flamm’ er¢tickt] J. Rosinus, Antiquitates Romanae (Köln 1619), Paralipomena Th. Dempsters zu lib.2, cap. 12, hier Sp. 335: „Man glaubte, daß das vestalische Feuer niemals verlösche, ohne daß dies ein schlimmes Vorzeichen bedeute, und mit ängstlicher Sorgfalt suchte man die bösen Folgen ebendessen abzuwenden, das vor Beginn der Bürgerkriege und den militärischen Auseinandersetzungen zwischen Caesar und Pompejus geschah. Als dies geschehen war, wurden alle öffentlichen und privaten Geschäfte ausgesetzt und die Einstellung der Gerichtsbarkeit wurde verfügt, bis die feierliche Sühnung vorgenommen wurde, ! und man glaubte," das Reich dauere solange, wie das Feuer nicht erloschen sei.“ – Valerius Maximus, Facta et dicta 1,1,6: „Weil eine vestalische Jungfrau in einer Nacht das ewige Feuer nicht sorgsam genug gehütet hatte, hatte sie nach der Meinung des Pontifex Maximus Licinius verdient, unter die Peitsche zu kommen.“ – Obsequens, Prodigia, p. 153,6–8 (Rossbach): „Im Allerheiligsten der Vesta erlosch das Feuer. Auf Geheiß des Pontifex Maximus Aemilius wurde die Vestalin ausgepeitscht.“
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v. 504. Die Drommel klinget hohl.) Simulacrum Ve¢tæ pingebatur formâ Mulieris ¢edentis & ge¢tantis Tympanum quod terra ventos in ¢e contineat. Ro¢in. de Antiqu. Rom. lib. 2. c. 12. p. m. 331. v. 512. 516. 538.) Die Romer hielten darfur: Es habe Dardanus aus Samo-Thracien/ als er Troja gebauet/ das Bildnus der Gottin Minerva oder das ¢o genennte Palladium als ein Zeichen: Daß/ ¢o lange es da¢elb¢t ware/ die Stadt ewig bleiben ¢olle/ dahin gebracht. Di¢es habe Æneas bey Eina¢cherung der Stadt Troja (in dem die Grichen nur ein fal¢ch-nachgemachtes bekommen hetten) neb¢t dem ewigen Feuer weggenommen und mit ¢ich in Jtalien bracht/ welches von Alba hernach nach Rom kommen. Be¢ihe Ro¢in. dict. loc. Dis war nun das Furnehm¢te des Ve¢tali¢chen Heyligthums. Darvon redet Silius Italic. lib. 1. Punic. Et vos virgineâ lucentes ¢emper in arâ Laomedontéæ Trojana Altaria flammæ. M. Lucan. lib. 9. Dî Cinerum, Phrygias colitis quicunque ´ ruinas. Æneæque ´ mei, quos nunc Lavinia ¢edes Servat, & Alba Lares, & quorum lucet in Aris Ignis adhuc Phrygius, nullique ´ a¢pecta Virorum Pallas, in ab¢tru¢o pignus memorabile Templo. Virg. 2. Æneid. von Æneâ. – – Ve¢tamque ´ potentem æternumque ´ adytis effert penetralibus Ignem. Derogleichen Fatum Regni war bey den Argivern der guldene Wider/ welchen Thye¢tes dem Atreus entfuhret. Be¢iehe Senec. in Thye¢t. act. 2. ver¢. 222. ¢eqq.
446 538.] 638. ABCD 446 447 448 466
darfur] dafur BCD Bildnus] Bildniß CD genennte] genennete BCD Wider] Widder CD
Anmerckungen zu II
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v. 504. Die Drommel klinget hohl] J. Rosinus, Antiquitates Romanae (Köln 1619), lib. 2, cap. 12, Sp. 331: „Das Bild der Vesta wurde dargestellt als das einer sitzenden und eine Trommel haltenden Frau, weil die Erde die Winde in sich enthalte.“ v. 512. 516. 538] Ebd., Sp. 332 f. – Silius Italicus, Punica 1,542–543: „Und ihr, Flammen des Laomedon, Altäre von Troja, die ihr ewig brennt auf dem Altar der Vesta.“ – Lukan, Bellum civile 9,990–994: „All ihr Götter der eingeäscherten Stadt, die ihr in den Trümmern Trojas wohnt, ihr Hausgötter meines Aeneas, die jetzt Lavinium und Alba (Longa) birgt und auf deren Altären noch heute trojanisches Feuer leuchtet, und du, Pallas, von keinem Mann erblickt, denkwürdiges Unterpfand im Verborgenen des Tempels.“ – Vergil, Aeneis 2,296–297: „Die mächtige Vesta und das ewige Feuer holt er aus dem Allerheiligsten ganz im Innern.“ – Seneca, Thystes 222–235.
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Agrippina
v. 516. 517.) Das Ge¢chlechte der Julier fuhrte ¢einen Uhr¢prung vom Æneas und der Venus, mit welcher er ! 129" den Julius gezeuget. Al¢o redet C. Jul. Cæ¢ar beim Sueton. in ejus Vitâ. c. 6. Amitæ meæ Juliæ maternum genus ab Regibus ortum, paternum cum Diîs immortalibus conjunctum e¢t. Nam ab Anco Martio ¢unt Reges, quo nomine fuit Mater: à Venere Julii, cujus gentis familia e¢t no¢tra. Darauf zielet Tacit. 4. Ann. c. 43. Sege¢tani ædem Veneris montem apud Erycum vetu¢tate delap¢am re¢taurari po¢tulavêre; nota memorantes de origine ejus & læta Tiberio, ¢u¢cepit curam libens tanquam con¢anguineus. v. 523. Die Prie¢terin tragt ¢elb¢t den Fleck.) Nemlich Rubria die Nero genothzwangt. Suet. in Ner. c. 28. Kay¢er Avitus heyrathete gar eine Ve¢tali¢che Jungfrau/ die Aquilia Severa hieß/ vorgebende: Daß von ihm als dem Ober¢ten Prie¢ter und ihr als einer Prie¢terin Gottliche Kinder gebohren wurden Xiphilin. in Avito. p. 368. v. 526. Weg Haube/ Schleyer weg.) Die Ve¢tali¢chen Jungfrauen trugen eine be¢ondere Haube und Schleyer/ welche Fe¢tus Pomp. lib. 17. al¢o be¢chreibet: Suffibulum ve¢timentum album prætextum quadrangulum oblongum, quod in Capite Ve¢tales Virgines ¢acrificantes habebant, idque ´ fibula comprehendebatur. Und M. Lucan. l. 1. Phar¢. v. 596. Ve¢talemque ´ chorum ducit vittata Sacerdos Trojanam ¢oli cui fas vidi¢¢e Minervam. v. 533. Wenn Hecuben kein Opfer Glutt wil fangen.) Dictys Creten¢is im 5. Buche vom Trojani¢chen Kriege/ mir auf der 127. Seite erzehlt: Daß den Tag fur der Nacht/ da Antenor das Palladium dem Prie¢ter Theano abgeredet und den Grichen geliefert/ der dem Apollo und der Minerva opffernden Hecube alle Feuer ausgela¢chet waren/ welches als bald fur ein Zeichen der erzornten Gotter und des Trojani¢chen Untergangs von der wei¢¢agenden Ca¢¢andra gehalten worden.
479 heyrathete] heyrathe A heyrathete A(Errata)BCD 480 Ve¢tali¢che] Va¢tali¢che A Ve¢tali¢che BCD 486 in] iu A in BCD 469 471 474 479 487
Ge¢chlechte] Ge¢chlecht BCD c.] cap. CD Ann.] Annal. CD Ner.] Neron. CD l.] lib. BCD
Anmerckungen zu II
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v. 516. 517] Sueton, Vitae Caesarum: Iulius 6,1: „Meine Tante Julia stammt mütterlicherseits von den Reges ab; das Geschlecht ihres Vaters ist mit den unsterblichen Göttern verwandt. Denn die Reges, deren Namen ihre Mutter trug, stammen von Ancus Marcius ab, die Julier, zu denen unsere Familie gehört, von Venus.“ – Tacitus, Annales 4,43,4: „Die Segestaner verlangten, daß der aufgrund seines Alters verfallene Venustempel auf dem Berg Eryx wiederhergestellt werden solle, wobei sie die bekannten und für Tiberius angenehmen Sagen über dessen Ursprung anführten. Der übernahm die Obliegenheit gern, gleichsam als Blutsverwandter.“ v. 523. Die Prie¢terin tragt ¢elb¢t den Fleck] Sueton, Vitae Caesarum: Nero 28,1. – Cassius Dio, Historia Romana 79,9,3; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 92), S. 368 A. v. 526. Weg Haube/ Schleyer weg] Festus, De significatu verborum, Pauli excerpta 523 (Lindsay): „Ein suffibulum (Schleier) ist ein weißes, verbrämtes, viereckiges, längliches Kleidungsstück, das die vestalischen Jungfrauen auf dem Kopf trugen, wenn sie opferten, und es wurde mit einer Spange zusammengehalten.“ – Lukan, Bellum civile 1,597–598: „Die Schar der Vestalinnen führte die mit einer Kopfbinde versehene Priesterin an, der als einziger erlaubt ist, die trojanische Minerva zu sehen.“ v. 533. Wenn Hecuben kein Opfer Glutt wil fangen] Dictys Cretensis, De bello Troiano 5,8.
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Agrippina
v. 535. Die Mauern die gleich Gotter aufgefuhret.) Die Trojani¢chen Mauern ¢ol Neptunus und Apollo gebaut haben. Dahero Dictys an obigem Orthe auf der 132. Seite: Ita inviolatum multis tempe¢tatibus Mu!130"rorum opus Neptunique ´ atque ´ Apollinis maxima Monumenta multo delectu Civium manibus di¢¢olvuntur. v. 539. 540. 541. 542.) Di¢e Wunderzeichen/ welche den Untergang des Nero und des Juli¢chen Ge¢chlechtes bedeutet/ be¢chreibet Sueton. in Galbâ. c. 1. Auf die hierbe¢chriebene Zeit und Orth zielet genau Tacit. 13. Ann. c. ult. Eodem annô Ruminalem arborem in Comitio, quæ ¢uper octingentos & quadraginta ante annos Remi Romulique ´ Infantiam texerat, mortuis ramalibus & are¢cente trunco deminutam, prodigii loco habitum e¢t, donec in novos fœtûs revivi¢ceret. Derogleichen erzehlet Johan Tzezes Hi¢t. Chil. 4. de Fico Logothetæ cuidam unicè dilectâ, (¢ic ut nemini alii ex eâ e¢¢e fructum liceret) quæ die mortis exaruit, & po¢tridiè à ¢ummo ad imum fidit ¢e.
502 539.540.541.542.] 540.541.542.543. ABCD 506 octingentos] octogentos A octingentos A(Errata)BCD 498 gebaut] gebauet BCD 504 c.] cap. CD 505 Ann. c.] Annal. c. B Annal. cap. CD
Anmerckungen zu II
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v. 535. Die Mauern die gleich Gotter aufgefuhret] Ebd. 5,11: „So wird das in vielen Jahrhunderten unversehrt gebliebene Mauerwerk, gewaltige Denkmäler Neptuns und Apollos, mit viel Sorgfalt von den Händen der Bürger abgebrochen.“ v. 539. 540. 541. 542] Sueton, Vitae Caesarum: Galba 1. – Tacitus, Annales 13,58: „Daß im selben Jahr der Ruminalische Baum auf dem Comitium, der vor über 840 Jahren die frühe Kindheit von Remus und Romulus überdacht hatte, durch Absterben der Zweige und Verdorren des Stammes verkümmerte, galt als schlimmes Vorzeichen, bis er in neuen Trieben wieder auflebte.“ – Joannes Tzetzes, Variae historiae (Basel 1546), chilias 4, S. 71 f., V. 691–701 (die Geschichte hier Bestandteil eines metrischen Briefes an Joannes Lacharas; von L. nur in knapper Inhaltsangabe, sicher aus zweiter Hand, referiert): „von einem Feigenbaum, den ein Kanzler auf so außerordentliche Weise liebte, daß er keinem anderen eine Nutznießung an ihm zugestand; dieser Baum verdorrte am Tage seines Todes und spaltete sich einen Tag drauf von der Spitze bis zur Wurzel.“
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v. 544. 545. 546.) Welcherley Ge¢talt mit einer Ve¢tali¢chen Jungfrau/ die ihre Keu¢chheit ver¢ehret/ ¢ey umbgegangen worden/ be¢chreibet außfuhrlich Thoma¢o Porcacchi ne’ Funerali antichi alla Tavola III. p. m. 24. Welches ich aus dem Wel¢chen al¢o deut¢ch gegeben: Sie banden ¢ie auf eine Baare/ verdeckten ¢ie von außen al¢o: daß man auch ihre Stimme nicht vernahm; trugen ¢ie mitten uber den Platz vom Tempel der Ve¢ta an bis zum Thor/ welches Porta Collina genennt ward/ ihre Eltern und Freunde beweinten ¢ie als eine Todte. Hinter ihr giengen die Prie¢ter traurig und ¢tille. Beym Thore inner der Mauer war ein Hugel (den man noch heutiges Tages auff der lincken Hand/ wenn man zum Thore geht/ ¢ihet) da¢elb¢t war das Begrabnus di¢er Unzuchtigen. Unten war ein Gemach/ darein man durch ein Loch auf einer Leuter ¢tieg. Da¢elb¢t worden der Unkeu¢chen die Binden loß gemacht/ das Haupt ihr verhullet/ und nach dem der ober¢te Prie¢ter ihr etliche geheime Worte ge¢agt/ auch ihr neb¢t den andern Prie¢tern den Rucken gekehret hatte/ fuhrte ¢ie der Scharffrichter alleine hinunter/ die Leuter ward weggenommen/ und das Loch zu gemacht. Damit es auch nicht ¢chiene/ als wenn ¢ie fur Hunger ge¢torben ware/ ! 131" ward ein wenig Brodt/ Wa¢¢er/ Milch und Oele hinge¢atzt; ein Bette zubereitet und ein Licht angezundet. Als dis ge¢chehen/ giengen die Prie¢ter fort/ und ¢elbiger Tag ward in der Stadt gefeyert/ welche dahero ¢ehr be¢turtzt war/ weil ¢ie dafur hielten: Daß derogleichen Zufall dem gemeinen We¢en ein großes Ungluck verkundigte. Dis/ was von Milch und Brodt er erzehlet/ fuhret weitlauftig aus Demp¢ter. ad Ro¢in. l. 2. c. 12. p. m. 338. v. 551. 554. Es wird auf ¢ie geweyhte Flutt ge¢pritzet.) Welcher Ge¢talt die Heyden/ wenn ¢ie opfern wollen/ ¢ich mit geweyhtem Waßer be¢pritzet/ und von begangenen ¢chweren Mißethaten mit Schweinblutte gereinigt haben/ fuhret aus Natal. Comes in Mytholog. lib. 1. c. 14. p. m. 48. ¢eqq.
514 III.] IV. ABCD 537 551.554.] 534.551. ABCD 512 522 524 528 532 533 536
Ve¢tali¢chen] Va¢tali¢chen B Begrabnus] Begrabniß CD Leuter] Leiter BCD Leuter] Leiter BCD gefeyert] gefeyret BC war] waren BCD c.] cap. CD
ge¢pritzet] ge¢prttzet A ge¢pritzet A(Errata)BCD
Anmerckungen zu II
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v. 544. 545. 546] T. Porcacchi, Funerali antichi (Venedig 1574), Tavola III, S. 24. – J. Rosinus, Antiquitates Romanae (Köln 1619), Paralipomena Th. Dempsters zu lib. 2, cap. 12, hier Sp. 338. v. 551. 554. Es wird auf ¢ie geweyhte Flutt ge¢pritzet] N. Comes, Mythologia (Genf 1653), S. 48 ff.
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Agrippina
v. 552. Numicus Strom.) Zu denen Ve¢tali¢chen Opfern taugte nicht iedwedes Wa¢¢er/ ¢ondern es mu¢te aus dem Fluße Numicus geholet werden. Serv. ad lib. 7. Æneid. – hæc fontis ¢tagna Numici. darinnen Æneas ¢ol umbkommen ¢eyn. Taubman. ad eund. loc. v. 552. Wurckt was Canathus Flutt.) Die Heyden haben getichtet: Daß ¢ich Juno alle Jahr im Archivi¢chen Brunnen Canatho gebadet/ und dardurch allezeit die Jungfrau¢chafft wider erlanget habe. Ly¢imach. Alexandrin. lib. 1. Rer. Theban. v. 565. Satzt Flutt und Oel an Titans heiße Strahlen.) Weil die Arth das ausgela¢chte Ve¢tali¢che Feuer wider anzuzunden ¢ehr ¢eltzam ¢cheint/ wil ich des Porcacchi ne’ Funerali antichi p. m. 21. eigene Be¢chreibungs-Wortte her¢etzen: È d’avertire, che come ¢’era ammorzato (il fuoco); non era punto lecito raccenderlo con altro fuoco: mà con grandi¢¢ime preghiere cercando di placar la Deità di Ve¢ta; con molti ¢acrifici cavavano il nuovo fuoco da’ raggi del Sole, accendendo fiamma pura & immaculata con un va¢o pieno d’acqua oppo¢to al Sole. !132" v. 566. Streut rothes Saltz.) Quod in Ve¢tæ Sacrificiis ¢al rufum tantum offerebatur, quodque ´ in Calicibus fictilibus a¢¢ervabatur, docet Lil. Gyrald. Syntagm. Deor. gentil. 17.
Die Dritte Abhandlung.
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v. 14. Jhr Gold-be¢treutes Haar.) Al¢o zierten die Romer ihre Haare. Julius Capitolinus in Vero: Dicitur ¢anè tantam habui¢¢e curam flaventium capillorum, ut capiti auri ramenta re¢pergeret, quo magis coma illuminata flave¢ceret. Æ. Lampridius: Fuit capillo ¢emper fucato & auri ramentis illuminato.
549 Alexandrin.] Aleandrin. A Alexandrin. A(Errata)BCD 553 È] E’ AB E CD 554 altro fuoco] altro fouco AB altro fuoco CD 548 dardurch] dadurch CD 553 come ¢’era] come¢’ era BD come¢ era C 553–554 (il fuoco)] (il fouco) B 555 ¢acrifici] ¢acrificii CD
Anmerckungen zu III
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v. 552. Numicus Strom] Servius, Commentarius in Vergilii Aeneid. 7,150 („dieser Sumpf ist die Quelle des Numicus“). – P. Virgilius Maro, Opera omnia, cum commentario F. Taubmanni (Wittenberg 1618), S. 768 A. v. 552. Wurckt was Canathus Flut] Lysimachus Alexandrinus: Angabe obskur; in den überlieferten Fragmenten aus den Schriften dieses Autors findet sich die angegebene Mitteilung über die Quelle Canathus nicht (vgl. Fragmenta Historicorum Graecorum, ed. Carolus Müllerus, vol. 3. Paris 1849, S. 334–342). Anscheinend Verwechslung mit Pausanias, Graeciae descriptio 2,38,2. v. 565. Satzt Flutt und Oel an Titans heiße Strahlen] T. Porcacchi, Funerali antichi (Venedig 1574), Tavola III, S. 21 f.: „Man muß beachten, daß es nicht erlaubt war, das Feuer, wenn es erloschen war, mit anderem Feuer wieder zu entfachen, sondern man suchte die Gottheit der Vesta mit größten Gebeten zu versöhnen und bezog das neue Feuer unter vielen Opferhandlungen von den Strahlen der Sonne, indem man eine reine und makellose Flamme mit Hilfe eines mit Wasser gefüllten und gegenüber der Sonne aufgestellten Gefäßes entzündete.“ v. 566. Streut rothes Saltz] „Daß bei den Opferfeiern der Vesta nur rotes Salz geopfert und daß dieses in Tontöpfen aufbewahrt wurde, lehrt Lilius Gyraldus im 17. Syntagma seines Werkes über die heidnischen Götter.“ – L.G. Gyraldus, De deis gentium libri sive syntagmata XVII (Leiden 1565), S. 460. Hier ist aber nicht von ‚rotem‘ (‚rufum‘), sondern von ‚zerstoßenem‘ (‚tusum‘) Salz die Rede: „! …" sale tuso in ollam fictilem misso, mox in aquam iniecto, sacra faciebant“ („!…" sie opferten mit zerstoßenem Salz, das in einen Tontopf geschüttet worden war und alsbald in Wasser geworfen wurde“). Die Lesart „sale tuso“ auch in der 1548 in Basel (bei Oporinus) erschienenen Ausgabe des Werkes (hier S. 755). Ob die Verlesung L. selbst anzulasten ist oder etwa dem ungenannten Autor, aus dem er den lateinischen Text in dieser Anmerkung einschließlich des Hinweises auf Gyraldus vermutlich entlehnt hat, muß offen bleiben.
Die Dritte Abhandlung v. 14. Jhr Gold-be¢treutes Haar] Scriptores historiae Augustae 5 (Julius Capitolinus: Verus), 10,7: „Man sagt, er habe seinen blonden Haaren tatsächlich so große Aufmerksamkeit gewidmet, daß er sein Haupt mit Goldstaub bestreute, damit sein Schopf infolge des hellen Glanzes noch blonder wirkte.“ – Ebd. 7 (Aelius Lampridius: Commodus Antoninus), 17,3: „Sein Haar war stets gefärbt und glänzte von Goldstaub.“
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Agrippina
v. 39. 40.) Daß Agrippine wird vom Lepidus befleckt.) Tac. 14. Ann. c. 2. n. 4. quæ puellaribus annis ¢tuprum cum Lepido ¢pe Dominationis admi¢erat, pari cupidine u¢que ´ ad libita Pallantis provoluta. Et 12. Ann. c. 25. n. 1. & c. 65. n. 4. Pallante adulterô, ne quis ambigat, decus, pudorem, corpus, cuncta regno viliora habere. v. 79. 80. 81. Jn ¢ie ward Claudius durch Zauberey verliebet.) Xiphilin. in Neron. p. m. 162. erzehlt: Daß Agrippine/ als ¢ie ge¢ehen: Daß Nero die Sabine Poppee ¢o wie Otho brauche/ aus Furcht: er mochte ¢ie heyrathen/ den Nero mit Zauberey und geilen Blicken/ mit welchen ¢ie auch den Claudius verlibt gemacht/ in ihren Willen zu bringen ¢ich bemuhet habe. Wiewol er es fur gewis nicht ausgeben wil/ vermerckende: Daß Nero eine/ welche der Agrippinen ¢ehr ehnlich gewe¢t/ heftig gelibt/ und dannenhero: Daß er mit ¢einer Mutter buhlete/ vorgegeben habe. Die¢e hier eingefuhrte Umb¢tande be¢chreibt außfuhrlicher Tacit. 14. Ann. c. 2. allwo er auch ex Fabio Ru¢tico anzeucht: Daß Nero der Agrippinen Blutt¢chande angemuttet habe. Welches Sueton. c. 28. in Nerone be¢tatigt/ bey¢atzende: Olim etiam quoties lectica cum matre veheretur, libidinatum ince¢tè ac maculis ve¢tis proditum affirmant. v. 85. 86. 87. 88. Der Fi¢ch der in der Flutt.) Dis ¢eltzame erzehlet Ferrante Pallavicino nel Panegir. di Venetia. p. m. 52. Nelle bionde chiome, nell’inanellato cri !133"ne, qua¢i in rete ei rima¢e pre¢o: ras¢omigliando quel pe¢ce, che arde nell’acque, nè altrimente ¢i prende, che con rete fabricata di capelli di Donna. v. 123. 124. Daß die Schaar die umb den Kay¢er wacht.) Tac. 14. Annal. c. 2. n. 2. v. 178. Pflegt doch der Storch.) Ca¢titatem Ciconiarum refert Franzius Hi¢t. Animal. part. 2. cap. 8. p. m. 384.
570 575 582 594
ambigat] ambiget AB ambigat CD den] denn AB den CD Agrippinen] Aprippinen A Agrippinen BCD 8.] 6. ABCD
567 Tac. 14. Ann.] Tacit. 14. Annal. BCD 568 c. 2. n. 4.] cap. 2. num. 4. CD 581 Ann.] Annal. BCD c.] cap. CD 583 c.] cap. CD 589–590 fabricata di capelli] fabricat di capellia B fabricato di capelli CD 591 123.] 122. BC Tac.] Tacit. CD
Anmerckungen zu III
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v. 39. 40. Daß Agrippine wird vom Lepidus befleckt] Tacitus, Annales 14,2,2: „! …" die in jungen Jahren Ehebruch mit Lepidus begangen hatte in der Hoffnung auf Herrschaft, die in gleicher Begierde so weit gegangen war, sich für die Lüste des Pallas zu erniedrigen.“ – Ebd. 12,25,1. – Ebd. 12,65,2: „!…" denn Pallas sei ihr Liebhaber, damit ja niemand im Zweifel sei, daß für sie Ehre, Scham, ihr Körper, schlechthin alles von geringerem Wert sei als die Herrschaft.“ v. 79. 80. 81. Jn ¢ie ward Claudius durch Zauberey verliebet] Cassius Dio, Historia Romana 61,11,2–4; nach Joannes Xiphilinus, E Dione excerptae historiae, ed. H. Stephanus (Genf 1592), S. 162 C/D. – Tacitus, Annales 14,2. – Sueton, Vitae Caesarum: Nero 28,2: „Man versichert auch, daß er früher, sooft er sich mit seiner Mutter in einer Sänfte tragen ließ, blutschänderisch seiner Lust gefrönt habe und Flecken an seinem Gewand dies verraten hätten.“ v. 85. 86. 87. 88. Der Fi¢ch der in der Flutt] F. Pallavicino, Panegirici, epitalami, discorsi academici (Venedig 1654), S. 6–59: „Il sole ne’ pianeti. Panegirico. In lode della Serenissima Republica di Venetia“, hier S. 52: „Er blieb in ihrer blonden Mähne, in ihrem lockigen Haar wie in einem Netz gefangen, ähnlich dem Fisch, der im Wasser brennt und sich nur mit einem aus Frauenhaar gefertigten Netz fangen läßt.“ v. 123. 124. Daß die Schaar die umb den Kay¢er wacht] Tacitus, Annales 14,2,1. v. 178. Pflegt doch der Storch] „Über die Keuschheit der Störche berichtet“ W. Franzius, Historia animalium sacra (Wittenberg 1612), S. 384.
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Agrippina
v. 196. 197. Ward ein Ge¢atze doch.) Mit des Brudern Tochter ¢ich verheyrathen/ war eine Blutt¢chande. §. 3. In¢t. de nupt. l. 56. ff de rit. nupt. Damit nun Claudius Agrippinen ¢eines Brudern Germanici Tochter heyrathen konte/ forderte er vom Rathe einen Schluß: Quo ju¢tæ inter patruos fratrumque ´ filias nuptiæ etiam inpo¢terum ¢tatuerentur. Neque ´ tamen repertus e¢t, ni¢i unus talis matrimonii cupitor, Talledius Severus Eques Romanus, quem plerique ´ Agrippinæ gratiâ impul¢um ferebant. Tac. 12. Annal. c. 7. n. 2. dis SC. i¢t zwar von Nerva aufgehoben und verordnet worden: Daß kein $0 oder Ge¢chwi¢ter-Kind ¢olle geheyrathet werden: Xiphilin. in Nervâ. p. m. 241. alleine es hat Antoninus Pius darmit bald ¢elb¢t wider gebrochen/ da er ¢einem Bruder ¢eine Tochter vermahlet. Capitolinus. v. 202. Hat Macareus nicht der Canacen gewehret.) Die¢e Verliebte waren Bruder und Schwe¢ter. Na¢o hat ein ¢chon Send¢chreiben der Canace an den Macareus in Heroid. v. 204. Als ¢ich Antiochus ins Vatern Frau verlibt.) Die Ge¢chichte i¢t beruhmt: Daß ¢ich Antiochus in des Seleucus ¢eines Vatern Gemahlin Stratonice verlibet: Daß er auch todtkranck daruber worden. Welches der Artzt Era¢i¢tratus wahrgenommen und dem Seleucus offenbaret/ darauf er ¢einem Sohne die Gemahlin abgetreten. Appian. in Syriaco. Di¢e Ge¢chichte fuhret artlich ein Petrarca nel cap. 2. del Trionfo d’Amore. p. m. 168. v. 207. Der Per¢en Recht laßt zu.) Arnobius contra gentes l. 8. Jus e¢t apud Per¢as mi¢ceri cum Matribus: Ægyptiis ! 134" & Athenis cum ¢ororibus legitima connubia. Memoriæ & Tragœdiæ ve¢træ ince¢tis gloriantur, quas vos libenter & legitis & auditis: ¢ic & Deos colitis ince¢tos cum Matre, cum Filia, cum Sorore conjunctos. v. 210. Viel/ was der Per¢e lobt/ i¢t bey den Romern Sunde.) Hiervon redet die gantze Præfatio Æmilii Probi.
603 $0] $ A 0 B $0 CD 613 dem] den AB dem CD 621 conjunctos.] conjunctos A conjunctos. BCD 598 599 602 605 608
konte] konte CD inpo¢terum] impo¢terum BCD Tac.] Tacit. BCD Annal.] Ann. B Antoninus] Antonius BCD Schwe¢ter] Swe¢ter B
c.] cap. CD
Anmerckungen zu III
211
v. 196. 197. Ward ein Ge¢atze doch] Institutiones 1,10,3. – Digesta 23,2, 56. – Tacitus, Annales 12,7,2: „!…" durch den Heiraten zwischen Onkeln und Bruderstöchtern auch künftighin als zulässig erklärt werden sollten. Jedoch fand sich nur ein einziger, der für eine solche Ehe eintrat, der römische Ritter Talledius Severus, von dem die meisten sagten, er habe sich mit Rücksicht auf Agrippina dazu bestimmen lassen.“ – SC = senatus consultum (‚Senatsbeschluß‘). – Cassius Dio, Historia Romana 61,11,2–4; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 79), S. 241 A ($0, hier = ‚Tochter des Bruders‘). – Scriptores historiae Augustae 3 (Julius Capitolinus: Antoninus Pius), 10,2. v. 202. Hat Macareus nicht der Canacen gewehret] Ovid, Heroides 11 (Canace Macareo). v. 204. Als ¢ich Antiochus ins Vatern Frau verlibt] Appianus, Historia Romana, Syr. 308–326. – F. Petrarca, Trionfi 1: Triumphus Cupidinis, cap. 2, in: Il Petrarca nuovamente ridotto alla vera lettione ! = Ausgabe der Rime und Trionfi" (Venedig 1595), S. 263–269, hier S. 266 f. v. 207. Der Per¢en Recht laßt zu] Minucius Felix, Octavius 31,3 (hier zit. als Arnobius, Contra gentes, lib. 8; s. dazu die Erläuterungen im Autorenverzeichnis unter Minucius Felix): „Bei den Persern ist es zulässig, sich mit seiner Mutter zu vereinen, bei den Ägyptern und in Athen sind Geschwisterehen legitim. Eure Geschichtswerke und eure Tragödien machen großes Aufhebens von blutschänderischen Verhältnissen, von denen ihr gern lest und hört. So verehrt ihr auch Götter, die in blutschänderischer Verbindung zu ihrer Mutter, zu ihrer Tochter, zu ihrer Schwester stehen.“ v. 210. Viel/ was der Per¢e lobt/ i¢t bey den Romern Sunde] Statt ‚Aemilius Probus‘ lies: Cornelius Nepos, Liber de excellentiis ducibus exterarum gentium (hier: Prologus). S. die Erläuterung im Autorenverzeichnis unter ‚Nepos, Cornelius‘.
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Agrippina
v. 310. 311. 312. Des Ninus Fau¢t durch¢tach.) Von der großen Konigin zu Babylon Semiramis ist bekandt: Daß ¢ie ihr Sohn Ninus/ welchem ¢ie Blutt¢chande angemuthet/ getodtet habe. Ju¢tin. lib. 1. Sie ¢ol in eine Taube seyn verwandelt worden/ dahero die Babylonier eine Taube in ihrem Wapen und Fahnen gefuhret/ wie aus Diodor. Sicul. Athan. Kircher. Oedip. Ægypt. tom 2. part. 1. c. 3. p. 26. anfuhret. v. 341. Durch kun¢tlich Taffelwerck etc.) Sueton. in Neron. c. 34. v. 348. Ein Schiff/ das auf der See bricht von ¢ich ¢elb¢t entzwey.) Sueton. d. l. Tac. 14. Ann. c. 3. 4. v. 374. 375. Die funff geweyhten Tage.) Sueton. d. l. c. 34. Atque ´ ita conciliatione ¢imulatâ jucundi¢¢imis litteris Bajas evocavit ad ¢olennia Quinquatrium ¢imul celebranda. Tac. 14. Ann. c. 4. n. 1. Na¢o de his quinque ´ diebus: Sanguine prima vacat: nec fas concurrere ferro. Cau¢a, quod e¢t illâ, nata Minerva die. Altera tresque ´ ¢uper ra¢â celebrantur arenâ, En¢ibus ex¢ertis bellica læta Dea e¢t. v. 380. Denn da man Brucken vor daruber hat gemacht.) Dis hat C. Caligula gethan. Nam Bajarum medium intervallum Puteolanas ad moles trium millium & ¢excentorum ferè pa¢¢uum ponte conjunxit, contractis undique ´ onerariis navibus & ordine duplici ad anchoras collocatis, ¢uperjectoque ´ aggere terreno ac directo in Appiæ viæ formam. Scio plerosque ´ æ¢tima¢¢e, talem à Cajo pontem excogitatum æmulatione Xerxis, qui non ¢ine admiratione aliquanto angu¢tiorem Helle¢pontum contabulaverit. &c. Sueton. in Caligul. c. 19.
624 310.311.312.] 300.309.314. ABCD 633 d.l. c.] d.c. ABCD d.l. A(Errata) 639 celebrantur] celebratur ABCD 629 630 633 635 647
c.] cap. BCD c.] cap. CD Sueton.] Suet. CD Tac. 14. Ann.] Tacit. 14. Annal. BCD angu¢tiorem] augu¢tiorem CD
c.] cap. CD
Anmerckungen zu III
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v. 310. 311. 312. Des Ninus Fau¢t durch¢tach] Justinus, Epitoma 1,2,10. – Diodorus Siculus, Bibliotheca historica 2,20,2. – A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus, tom. 2, pars 1 (Rom 1653), classis 1, cap. 3, S. 26. v. 341. Durch kun¢tlich Taffelwerck etc.] Sueton, Vitae Caesarum: Nero 34,2. v. 348. Ein Schiff/ das auf der See bricht von ¢ich ¢elb¢t entzwey] Sueton, ebd. – Tacitus, Annales 14,3,3. v. 374. 375. Die funff geweyhten Tage] Sueton, ebd.: „Und so lud er sie, eine Versöhnung vorspiegelnd, mit einem sehr liebenswürdigen Brief nach Bajae ein, um dort gemeinsam die Quinquatren zu feiern.“ – Tacitus, Annales 14,4,1. – Ovid, Fasti 3,811–814: „Am ersten Tag fließt kein Blut, und es ist auch nicht erlaubt, mit dem Schwert aufeinander loszurennen. Der Grund ist der, daß an diesem Tag Minerva geboren wurde. Den nächsten und die folgenden drei feiert man, nachdem der Sand geglättet wurde; die kriegerische Göttin erfreut sich an gezogenen Schwertern.“ v. 380. Denn da man Brucken vor daruber hat gemacht] Sueton, Vitae Caesarum: Caligula 19,1.3: „Er verband nämlich den fast 3600 Schritt breiten Zwischenraum zwischen Bajae und der Mole von Puteoli mit einer Brücke aus Frachtschiffen, die von überallher zusammengezogen und in doppelter Reihe, an ihren Ankern gehalten, aufgestellt worden waren. Auf den Schiffen war ein Damm von Erde aufgeschüttet und in gerader Richtung hinübergeführt worden, in der Form der Via Appia ! …". Ich weiß, daß die meisten geglaubt haben, Gaius habe eine solche Brücke ersonnen, um Xerxes nachzueifern, dem Bewunderung dafür gezollt worden war, daß er den beträchtlich schmaleren Hellespont überbrückt hatte.“
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Agrippina
v. 404. Und warme Bader kwalln) Die¢e Bajani¢chen Bader be¢chreibet außfuhrlich Scipione Mazzella nell’ !135" Antichità di Pozzuolo cap. 20. 21. Von dem Uhr¢prunge der¢elben hat er da¢elb¢t ein ¢chon Epigramma des Matteo Faëtano. Dum Bajis dormiret Amor prope littus in umbrâ murmure detentus lene fluentis aquæ; con¢pexêre illum Nymphæ multo igne coru¢cum, & raptas lymphis ¢uppo¢uêre faces. Quis gelidum credat ¢ubitò exar¢i¢¢e liquorem atque ´ inde æternos emicui¢¢e focos? Nec mirum, his flammis, toties quibus ar¢erat æther, vos quoque ´ perpetuum ¢i calui¢tis aquæ. Welches ich al¢o ver¢etzet: Die Liebe ¢chlief bey Baj’ am ¢chattichten Ge¢tade/ Gereitzet durch den Rau¢ch der linden Silber-flutt. Als ihn die Nymphen ¢ah’n umb¢trahl’t von ¢o viel Glutt/ ver¢teckten ¢ie alsbald die Fackeln ihm im Bade. Hiervon ward al¢obald das kalte Kwall entzundet/ Die Flammen brachen fur. Wer dis nicht glauben kan/ Der wi¢¢e: Daß der Brand oft ¢teckt den Himmel an/ Von dem man ¢tete Warmbd’ in die¢en Waßern findet. v. 442. Daß wir ihr Augen/ Hand und Bru¢te mogen ku¢¢en.) Daß Nero beim Ab¢chiede der Mutter Augen und Hande gekußt habe/ erzehlt Xiphil. in Neron. p. 163. Von den Augen und Bru¢ten Tacit. 14. Annal. 4. n. 5. Sueton. in Neron. c. 34. v. 469. ¢eqq. Jtzt fallt das Dach des Schiffes ein.) Di¢en Schiffbruch/ und wie Creperejus Gallus und Aceronia umbkommen/ be¢chreibt ausfuhrlich Tacit. 14. Ann. c. 5.
672 p.] p. . A p. BCD 674 469 ¢eqq.] 459 ¢eq. AB 459. ¢eqq. CD 675–676 ausfuhrlich] ausfuhriich A ausfuhrlich BCD 671 gekußt] geku¢¢et BCD 672 Xiphil.] Xiphilin. BCD 676 Ann.] Annal. CD
Anmerckungen zu III
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v. 404. Und warme Bader kwalln] S. Mazzella, Sito et antichita della citta di Pozzuolo (Neapel 1606), cap. 19 (im Originaldruck fälschlich: „Cap. XX“) u. 20 (nicht 21!), S. 111–135; das Epigramm von Faëtano S. 118 (da L.s metrische Übersetzung nicht sehr genau ist, gebe ich hier eine neue in Prosa): „Als Amor nahe beim Gestade von Bajae im Schatten schlief, betäubt durch das sanfte Murmeln des strömenden Wassers, erblickten ihn die Nymphen, wie er umstrahlt war von reichem Feuerschein; sie raubten ihm seine Fackel und legten sie ins Wasser. Wer möchte glauben, daß das kühle Naß sich sogleich entzündete und von nun an unvergängliche Glut ! aus ihm" hervorbrach? Doch es ist kein Wunder, wenn durch diese Flammen, von denen so oft der Himmel brannte, auch ihr Wasser auf ewig heiß geworden seid.“ v. 442. Daß wir ihr Augen/ Hand und Bru¢te mogen ku¢¢en] Cassius Dio, Historia Romana 61,13,2; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 79), S. 163 C. – Tacitus, Annales 14,4,4. – Sueton, Vitae Caesarum: Nero 34,2. v. 469 ¢eqq. Jtzt fallt das Dach des Schiffes ein] Tacitus, Annales 14,5.
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Agrippina
v. 497. 498. Jhr Delfinen reicht euren holden Rucken dar.) Das Gedichte von dem Lauten-¢chlager Arion: Daß ¢elbigen ein Delfin oder Meer¢chwein ¢olle durch die Wellen getragen und aus der Seerauber Handen errettet haben/ i¢t gemein und von Ovidio be¢chrieben lib. 2. de Fa¢tis. Gellio. l. 16. c. 19. Dis aber i¢t etwas ! 136" ¢eltzames/ was Plinius lib. 9. cap. 8. Solinus. c. 17. fur wahrhaftig ausgibt/ erzehlende: Divo Augu¢tô Principe in Campania Delphinem puer fragmentis panis primo allexit & in tantum con¢uetudo valuit, ut alendum ¢e etiam manibus crederet. Mox cum profluxi¢¢et pueri audacia, intra ¢patia eum Lucrini Lacûs vectitavit, unde effectum ut à Bajano littore equitantem puerum Puteolos usque ´ perveheret. Hoc per annos plurimos tamdiu ge¢tum e¢t, donec a¢¢iduo ¢pectaculo de¢ineret miraculum e¢¢e, quod gerebatur. Sed ubi obiit puer, ¢ub oculis publicis de¢iderii mœrore Delphin interiit. Pigeret hoc a¢¢everare, ni Mecœnatis & Fabiani multorumque ´ præterea e¢¢et literis comprehen¢um. Eben dis be¢tetigt A. Gellius lib. 7. c. 8. Ein gleichmaßiges Exempel von einem Delfin bey der Stadt Pro¢elene in Jonien/ welcher einen Knaben/ der ihn geheilet/ durch das Meer gefuhrt/ erzehlt aus Pau¢ania Mazzella nell’ Antichità di Pozzuolo cap. 15. p. 51.
Die vierdte Abhandlung.
700
v. 22. 23. 24. Daß als an mir des Giftes braune Flecken.) Zonaras und Xiphilin. in Neron. p. 166. meldet: Es habe Nero des Britannicus Leiche/ als welche von empfangenem Gifte fleckicht war/ mit Gip¢e uber¢treichen la¢¢en/ beim Begrabnuße aber habe ein großer Platz-Regen die Farbe abgewa¢chen/ und al¢o di¢es Mord-Stucke verrathen. v. 81. Als ¢ich das Schiff zertheilt i¢t ¢ie ans Land ge¢chwommen.) di¢es und alles nachfolgende be¢chreibt Tac. 14. Ann. c. 5. 6. 7. 8. 677 681 687 697
497.498.] 487.488. ABCD 16.] 17. ABCD tamdiu] timdiu A tamdiu BCD 22.23.24.] 20.21.22. ABCD
681 686 691 698 704
c.] cap. C effectum] affectum CD dis be¢tetigt] die¢es be¢tetiget B die¢es be¢tatiget CD p.] pag. BCD Tac. 14. Ann.] Tacit. 14. Annal. CD
c.] cap. BCD
Anmerckungen zu IV
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v. 497. 498. Jhr Delfinen reicht euren holden Rucken dar] Ovid, Fasti 2,79–118. – A. Gellius, Noctes Atticae 16,19. – Plinius, Nat. hist. 9,25. – Solinus, Collectanea rerum memorabilium 12,7–8: „Zur Zeit des vergöttlichten Kaisers Augustus hat in Campanien ein Knabe einen Delphin zuerst mit Brocken von Brot angelockt, und die Zutraulichkeit wurde so groß, daß der Delphin sich zur Nahrungsaufnahme sogar den Händen !des Knaben" anvertraute. Als später die Kühnheit des Knaben zugenommen hatte, ritt er auf ihm innerhalb des Gebietes des Lukriner Sees; so geschah es, daß er den reitenden Knaben vom Gestade von Bajae bis nach Puteoli trug. Dies spielte sich über sehr viele Jahre hin solange ab, bis durch die häufige Wiederholung des Schauspiels aufhörte, ein Wunder zu sein, was sich abspielte. Als aber der Knabe gestorben war, ging der Delphin unter den Augen der Öffentlichkeit vor Trauer über den Verlust ein. Ich hätte einen Widerwillen dagegen, dies ernsthaft zu behaupten, wenn es nicht in den Schriften des Maecenas, des Fabianus und auch noch vieler anderer enthalten wäre.“ – A. Gellius, Noctes Atticae 6[7],8. – Pausanias, Graeciae descriptio 3,25,7. – S. Mazzella, Sito et antichita della citta di Pozzuolo (Neapel 1606), cap. 24, S. 88 (alle Literaturangaben zu dieser Anmerkung sowie das Solinus-Zitat hat L. aus Mazzella entlehnt; hier auch die falsche Namensform ‚Proselene‘ statt ‚Poroselene‘).
Die vierdte Abhandlung v. 22. 23. 24. Daß als an mir des Giftes braune Flecken] J. Zonaras, Annales 11,12 (PG 134, 959 B). – Cassius Dio, Historia Romana 61,7,4; nach Joannes Xiphilinus, E Dione excerptae historiae, ed. H. Stephanus (Genf 1592), S. 166 [recte 160] A/B. v. 81. Als ¢ich das Schiff zertheilt i¢t ¢ie ans Land ge¢chwommen] Tacitus, Annales 14,5–8.
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Agrippina
v. 171. Der Clytemne¢tre Blutt klebt an Ore¢tes Stahl.) wie di¢er ¢eine Mutter/ welche zuvor neb¢t ihrem Ehbrecher Ægi¢thus ihren Ehmann den Agamemnon, umbbracht habe/ verfuhret weitlauftig Sophocles in Electra, und Euripides in Ore¢te. v. 177. Alcmæon todtet’ auch die Mutter Eriphyle.) Jn Anmerckung deßen/ ward von den Romern/ als Nero nach dem Mutter-Morde nach Rom kam/ an ¢eine !137" Bildnuße ein Sack/ darein die Eltern-Morder ge¢teckt worden/ l. un. C. de his qui parentes vel liber. occid. gehencket und offentlich ange¢chrieben. N' , #O'2«, #A , 2 , Nero, Ore¢tes, Alcmæon matricidæ. Xiphil. in Ner. p. m. 165. v. 348. 349. 350. Der Sterne Gold wird durch mich blaß und klein.) Hieher gehoren die ¢chonen Worte Lip¢ii de Con¢tant. lib. 1. cap. 16. Omnia i¢ta, quæ ¢u¢picis, quæ miraris, vicibus ¢uis aut pereunt aut certè mutantur. Solem illum vides? deficit. Lunam? laborat & tabe¢cit. Sidera? labuntur & cadunt. Et ut velet aut excu¢et hæc Ingenium humanum: evenêre tamen in cœle¢ti illo corpore & evenient, quæ Mathematicis legem omnem frangant & mentem. Cometas omitto, variâ formâ, vario ¢itu & motu: quos omnes ab aëre & in illo e¢¢e, haud facilè imponat mihi Lyceum: ¢ed ecce nuper negotium A¢trologis fecêre motus quidam novi deprehen¢i, & novæ ¢tellæ. Sidus exortum hoc ip¢o anno: cujus Incrementa & Decrementa clarè ob¢ervata; vidimusque ´ (difficulter creditum) in cœlo ip¢o na¢ci aliquid po¢¢e & mori. Quin Varro ecce apud Augu¢tinum clamat & a¢¢erit, ¢tellam Veneris, quam Plautus Ve¢peruginem, Homerus 3 appellat, colorem muta¢¢e, magnitudinem, figuram, cur¢um.
712 liber.] libr. AB liber. CD 719 labuntur] labunrur A labuntur BCD 727 a¢¢erit,] a¢¢erit. A a¢¢erit, BCD 705 711 713 715
Ore¢tes] Ore¢tens CD Bildnuße] Bildni¢¢e CD offentlich] offentlich BCD Ner.] Neron. BCD
Anmerckungen zu IV
219
v. 177. Alcmaeon todtet’ auch die Mutter Eriphyle] Codex 9,17,1. – Cassius Dio, Historia Romana 61,16,22; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 22), S. 165 C: „Nero, Orest, Alkmaeon: Muttermörder.“ v. 348. 349. 350. Der Sterne Gold wird durch mich blaß und klein] J. Lipsius, De constantia (Antwerpen 1585), lib. 1, cap. 16, S. 33 f.: „All das, was du bewunderst, was du bestaunst, geht durch die ihm eigene Wechselhaftigkeit zugrunde oder verändert sich wenigstens. Siehst du die berühmte Sonne? Sie verfinstert sich. Den Mond? Er gerät in Not und schwindet dahin. Die Sterne? Sie gleiten herab und versinken. Und mag auch der menschliche Geist diese Dinge bemänteln und rechtfertigen: Es haben sich doch in jenem Himmelsgebäude Vorgänge ereignet und werden sich weiter ereignen, die alle Regeln und alle Vernunft der Astronomen zuschanden machen können. Ich übergehe die Kometen, die von unterschiedlicher Gestalt, unterschiedlicher Position und Bewegung sind; daß sie alle aus Luft gebildet seien und sich in ihr befänden, kann mir das Lyceum !d. h. Aristoteles" schwerlich weismachen. Doch sieh: Kürzlich haben bestimmte neu entdeckte Bewegungen und neue Sterne die Astrologen in Verlegenheit gebracht. Gerade in diesem Jahr ist ein Stern entstanden, dessen Zunahme und Abnahme deutlich beobachtet wurde, und wir haben gesehen, daß (schwer zu glauben) selbst im Himmel etwas geboren werden und sterben kann. Ja höre nur: Varro versichert bei Augustin mit Nachdruck, daß der Stern der Venus, den Plautus Vesperugo (Abendstern) und Homer !entsprechend" Hesperos nennt, seine Farbe, Größe, Gestalt und Bahn geändert habe.“ – Varro, De gente populi Romani, frg. 6 (H. Peter, Historicorum Romanorum reliquiae, vol. 2. Stuttgart 1967, S. 12). – Augustinus, De civitate dei 21,8,2: PL 41,720. – Plautus, Amphitruo 275. – Homer, Ilias 22,318.
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Die funffte Abhandlung.
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Agrippina
v. 46. Mit Sohn und Bruder hat unkeu¢che Lu¢t getrieben.) Schild. in Not. ad Sueton. in Neron. c. 5. p. 576. n. 6. be¢chreibet der Agrippine Leben kurtz al¢o; Hæc optimi Parentis pe¢¢ima filia primùm Pa¢¢ieno Cri¢po bis Con¢uli nupta, inde Cn. Domitio à Tiberio tradita defuncto marito, ¢ollicitatis nequicquam Galbæ nuptiis, tandem in Caji fratris fœdis¢imo contubernio vixit. A quo mox exoletis objecta atque ´ in exilium acta, cum redii¢¢et, patruo ¢uo Claudio po¢t Me¢¢alinæ necem ince¢tis nuptiis conjuncta, partô tot Parricidiis Neroni filio Imperio, ab eodem interfecta periit. !138" v. 48. Des Vettern Bett’ und Thron durch Zauberkun¢t.) Cæterum objecta ¢unt: quod conjugium Principis devotionibus petivi¢¢et. Tac. 12. Ann. c. 65. n. 1. v. 49. Die Gun¢t des Seneca durch Unzucht uberkommen.) Von die¢em Welt-beruhmten Welt-wei¢en meldet Xiphil. in Neron. p. m. 161. Er habe mit der Agrippine zu thun gehabt/ er habe fa¢t in allem ein anders gethan/ ein anders gelehret. Er habe getadelt die Tyranney/ und ¢ey eines Tyrannen Lehrmei¢ter gewe¢t: er habe ge¢cholten die mit Fur¢ten umbgiengen/ und er ¢ey ¢elten vom Pala¢te wegkommen. Er habe die Heuchler verflucht/ und er habe Koniginnen und Freygelaßenen Lob-Reden verfertigt. Er habe die Reichen ge¢trafft/ und er habe ter millies ¢e¢tertiûm, welches 7 500 000. Philipsthal. nach Lip¢ii Rechnung macht/ vermocht: Er habe anderer Leute Uberfluß verdammet/ und er habe 500. Cederne Taffeln mit Helffenbeinernen Ge¢tulen gehabt. Und p. 162. meldet er vom Seneca/ er habe den Nero zum Mutter-morde angefri¢chet: 4# ³« % λ µ« & λ µ« $5 $ 2 . Daß ihn de¢to ehe Gotter und Men¢chen ¢turtzen ¢olten. v. 53. 54. Jch ¢ehe Lollien.) Tacit. 12. Annal. c. 22. v. 57. 58. Statilius verflucht die Anmuth ¢einer Garthe.) Tacit. 12. Ann. c. 59.
755 4#] 4 , ABCD 758 53.54.] 54.55. ABCD 732 c.] cap. BCD 741–742 Tac. 12. Ann.] Tacit. 12. Annal. CD 744 Xiphil.] Xiphilin. CD 751 Philipsthal.] Philipsthaler CD 759 Ann.] Annal. CD
Anmerckungen zu V
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Die fünffte Abhandlung v. 46. Mit Sohn und Bruder hat unkeu¢che Lu¢t getrieben] Suetonius Tranquillus et in eum commentarius, exhibente J. Schildio, editio quarta (Leiden 1667), S. 576 f., Anm. 6 (L. hat wahrscheinlich einen seitenidentischen Druck der Editio tertia, erschienen vor 1661, benutzt): „Diese äußerst schändliche Tochter eines ganz vortrefflichen Vaters war zuerst mit Passienus Crispus, zweimaligem Konsul, verheiratet und wurde dann, nach dem Tode ihres Mannes, von Tiberius dem Cn. Domitius übergeben. Nachdem sie Galba vergeblich gelockt hatte, sie zu heiraten, lebte sie schließlich in der höchst abscheulichen Umgebung ihres Bruders Gaius (Caligula). Von diesem wurde sie alsbald Lustknaben zur Verfügung gestellt und ins Exil getrieben. Als sie wieder zurückgekommen war, wurde sie nach der Tötung Messalinas ihrem Onkel väterlicherseits, Claudius, in blutschänderischer Ehe verbunden, und nachdem sie für ihren Sohn Nero mit zahlreichen Morden die Kaiserherrschaft errungen hatte, wurde sie von ebendiesem umgebracht.“ v. 48. Des Vettern Bett’ und Thron durch Zauberkun¢t] Tacitus, Annales 12,65,1: „Im übrigen wurde !ihr" vorgeworfen, daß sie der Gemahlin != Agrippina" des Princeps != Claudius" mit Zaubereien nach dem Leben getrachtet habe.“ Dies die dem Kontext gemäße Übersetzung der Tacitus-Stelle. Die Vorwürfe, von denen hier die Rede ist, galten Domitia Lepida, einer Schwägerin Agrippinas (Schwester von Neros Vater), die Einfluß auf Nero zu gewinnen suchte und daher Agrippinas Haß erregt hatte (vgl. AnmL. zu I 420) – weshalb sie mit der von Tacitus hier angegebenen Begründung angeklagt und zum Tode verurteilt wurde. L. hat den Satz, wie seine Verwendung in V. 48 zeigt, gründlich mißverstanden, weil er ihn nicht im Zusammenhang gelesen hat und daher seine nicht kontextgemäße Interpretation des doppeldeutigen Wortes ‚coniugium‘ (‚Ehe‘ und ‚Ehegemahl/-in‘) nicht korrigieren konnte. Folgte man L.s Mißverständnis, so wäre die zitierte Tacitus-Stelle so wiederzugeben: „Im übrigen wurde !ihr (Agrippina)" vorgeworfen, daß sie die Ehe mit dem Princeps != Claudius" mit Zaubereien angestrebt habe.“ v. 49. Die Gun¢t des Seneca durch Unzucht uberkommen] Cassius Dio, Historia Romana 61,10,1–3; nach Joannes Xiphilinus, E Dione excerptae historiae, ed. H. Stephanus (Genf 1592), S. 161 D/E. – J. Lipsius, De re nummaria (Padua 1648), S. 33. – Cassius Dio, a.a.O. 61,12,1 (S. 162 D/E), von L. selbst übersetzt. v. 53. 54. Jch ¢ehe Lollien] Tacitus, Annales 12,22. v. 57. 58. Statilius verflucht die Anmuth ¢einer Garthe] Ebd. 12,59.
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Agrippina
v. 60. 61. Wie ich dem Claudius durch Schwamm’ und Gift.) Wie Agrippine di¢en ihren Gemahl mit vergifteten Schwammen hingerichtet/ be¢chreibt Tac. 12. Ann. c. 67. Dahero Nero deßhalben/ weil Claudius vergottert worden: Tac. ib. c. 69. n. 4. Die Schwamme eine Spei¢e der Gotter hieß. Sueton. in Neron. c. 33. v. 90. ¢eqq. Warumb blib’ Agerin ¢o lange ¢on¢t.) Tacit. 14. Ann. c. 8. n. 4. v. 96. Wie der Chaldeer Witz’ uns wahrge¢agt.) Hunc ¢ui finem multos ante annos crediderat Agrippina, contem¢eratque. ´ Nam con¢ulenti ¢uper Nerone, re¢ponderunt Chaldæi; fore, ut imperaret, matremque occideret; atque illa, occidat, inquit, dum imperet. Tac. 14. Ann. c. 9. n. 4. !139" v. 115. Und du verlaße¢t mich.) Tac. 14. Ann. c. 8. n. 5. v. 122. Jm Fall du/ wie’s ihr geh’t. etc.) Di¢es alles hat Tacit. 14. Ann. c. 9. n. 5. 6. Xiphilin. in Neron. p. 164. meldet noch: Daß Agrippine vom Bette aufge¢prungen ¢ey/ ¢ich entbloßt und das Kleid zerri¢¢en habe/ ¢agende: Durch¢tich den Bauch/ denn er hat den Nero gebohren. v. 170. 171. Jch eile di¢en Dolch in Tempel zu verwahren.) Al¢o wiedmete Nero des Scevini Dolch Jovi Vindici. Tac. 15. Ann. c. 74. n. 3. v. 180. ¢eqq. 200. 201. Jch hette nicht gemeint: Daß ¢olche Glider mich.) Tac. 14. Ann. c. 9. n. 1. ¢atzet es zweifelhaft: Ob Nero ¢eine todte Mutter be¢ehen habe. Xiphilin. in Neron. p. 164. meldet dis/ daß er ¢ie gantz entbloßet neb¢t den Wunden wol betrachtet/ und neb¢t anderen 9 Ρ 7 κ 2' liederlichen Reden ge¢agt habe: O* 6 ρ . Jch wu¢te nicht: Daß ich eine ¢o ¢chone Mutter hatte. Sueton. c. 34. erzehlt: Er habe ihre Glider befihlet/ Theils der¢elbten gelobt/ Theils getadelt/ auch/ weil ihn ein Dur¢t ankommen/ getruncken.
769 occidat] occidar A occidat BCD 6] 9 ν ABC ν D 781 9 762 763 765 769 776 777 778 779 780 783
Tac. 12. Ann.] Tacit. 12. Annal. CD c.] cap. C Tac. ib.] Tacit. ibid. CD Ann.] Annal. CD Tac. 14. Ann. c.] Tacit. 14. Annal. cap. BCD Tac. 15. Ann.] Tacit. 15. Annal. CD gemeint] vermeint BCD Tac.] Tacit. CD ¢atzet] ¢etzt CD Neron.] Nero. B anderen] andern CD c.] cap. B befihlet] befuhlet BCD der¢elbten] der¢elben CD
Anmerckungen zu V
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v. 60. 61. Wie ich dem Claudius durch Schwamm’ und Gift] Ebd. 12,67,1. – Ebd. 12,69,3. – Sueton, Vitae Caesarum: Nero 33,1. v. 90 seqq. Warumb blib’ Agerin ¢o lange ¢on¢t] Tacitus, Annales 14,8,3 (Lesung des Namens in modernen Ausgaben nicht Agerinus, sondern Agermus). v. 96. Wie der Chaldeer Witz’ uns wahrge¢agt] Ebd. 14,9,3: „Daß sie so enden werde, hatte Agrippina schon viele Jahre vorher geglaubt und sich davon überhaupt nicht beeindrucken lassen. Denn als sie Chaldäer über Nero befragte, antworteten sie, er werde herrschen und seine Mutter töten. Doch sie sagte: ‚Mag er mich töten, wenn er nur herrscht‘.“ v. 115. Und du verlaße¢t mich] Ebd. 14,8,3. v. 122. Jm Fall du/ wie’s ihr geh’t. etc.] Ebd. 14,9,4–5. – Cassius Dio, Historia Romana 61,13,5; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 49), S. 164 A. v. 170. 171. Jch eile di¢en Dolch in Tempel zu verwahren] Tacitus, Annales 15,74,2. v. 180 seqq. 200. 201. Jch hette nicht gemeint: Daß ¢olche Glider mich] Tacitus, Annales 14,9,1. – Cassius Dio, Historia Romana 61,14,2; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 49), S. 164 B (von L. selbst übersetzt). – Sueton, Vitae Caesarum: Nero 34,4.
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Agrippina
v. 212. ¢eqq. Streicht nur ihr altes Thun.) Alle die¢e Be¢chuldigungen hat Nero zu ¢einer Ent¢chuldigung nach Rom an den Rath ge¢chrieben. Tac. 14. Ann. c. 11. v. 229. 276. 277. Du ¢ol¢t die Schrifft verfaßen.) Ergo non jam Nero, cujus immanitas omnium que¢tûs anteibat, ¢ed aver¢o rumore Seneca erat, quod oratione tali confe¢¢ionem ¢crip¢i¢¢et. Tac. ib. n. 6. v. 243. ¢eqq. Schreib/ daß Calpurnie/ Licinius Gabol/ Jtur.) Alles di¢es ge¢chach umb der Mutter Thaten und Gedachtnus verhaßt zu machen. Tacit. 14. Ann. c. 12. n. 5. 6. 7. v. 256. 257. ¢eqq. Satzt in dem Rathhauß auf.) Miro certamine Procerum decernuntur ¢upplicationes apud omnia pulvinaria, utque ´ Quinquatrus, quibus apertæ e¢¢ent in¢idiæ, ludis annuis celebrarentur, aureum Minervæ ¢imulacrum in Curiâ, & juxta Principis imago !140" ¢tatueretur. Dies natalis Agrippinæ inter nefa¢tos e¢¢et. Tac. 14. Ann. c. 12. n. 1. 2. v. 267. 268. Daß man ¢ie verbrennt noch heinte di¢e Nacht.) Cremata e¢t nocte eâdem, convivali lecto & exequiis vilibus, neque, dum Nero rerum potiebatur, conge¢ta aut clau¢a humo. Mox dome¢ticorum cura, levem tumulum accepit, viam Mi¢eni propter & villam Cæ¢aris Dictatoris, quæ ¢ubjectos ¢inûs editi¢¢ima pro¢pectat. Tacit. 14. Ann. c. 9. n. 1. 2. Welchem aber zu wider¢treben ¢cheinet Xiphil. p. 164. meldende: Daß Nero oftmals an dem Orthe/ wo der Agrippinen Gebeine wehren hin vergraben gewe¢t/ hette horen Lermen bla¢en. v. 362. 363. Das Thier/ das in der Brun¢t des Libens doch muß ¢terben.) Loredan. ne’ Scherzi Geniali, in Frine la¢civa. p. m. 289. Le dolcezze d’Amore ¢ono co¢i ¢oavi, che l’appeti¢cono anche quegl’animali, che muoiono nel congiunger¢i.
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celebrarentur,] celebrarentur. A celebrarentur, BCD Xiphil.] Xephil. A Xiphil. A(Errata)BCD in] ni ABCD ¢oavi] ¢cavi AB ¢oavi CD muoiono] mudiono AB muoiono C muoione D
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Tac.] Tacit. CD aver¢o] adver¢o CD ib.] ibid. CD ge¢chach] ge¢chah CD Gedachtnus] Gedachtniß CD Tac. 14. Ann. c.] Tacit. 14. Annal. cap. CD Ann.] Annal. CD 1.2.] 12. BCD wehren] waren CD
Anmerckungen zu V
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v. 212 seqq. Streicht nur ihr altes Thun] Tacitus, Annales 14,11. v. 229. 276. 277. Du ¢ol¢t die Schrifft verfaßen] Ebd. 14,11,3: „Also geriet nicht mehr Nero, dessen Unmenschlichkeit die Klagen aller übertraf, sondern Seneca in üblen Ruf, weil er mit einer solchen Darstellung ein Geständnis verfaßt habe.“ v. 243 seqq. Schreib/ daß Calpurnie/ Licinius Gabol/ Jtur] Ebd. 14,12,3–4. v. 256. 257 seqq. Satzt in dem Rathhauß auf] Ebd. 14,12,1: „In einem wundersamen Wetteifer der führenden Männer wurden Dankfeste bei allen Götterpolstern beschlossen; auch sollten die Quinquatren, an denen der Anschlag aufgedeckt worden war, alljährlich mit Spielen gefeiert und in der Kurie ein goldenes Standbild der Minerva und in unmittelbarer Nähe ein Bild des Princeps aufgestellt werden. Der Geburtstag Agrippinas sollte unter die Unglückstage !im Kalender" gesetzt werden.“ v. 267. 268. Daß man ¢ie verbrennt noch heinte di¢e Nacht] Ebd. 14,9,1: „Eingeäschert wurde sie in derselben Nacht auf einem Speisesofa und mit einem ärmlichen Leichenbegängnis, und solange Nero den Staat beherrschte, wurde !ihre Asche" auch nicht mit Erdreich aufgeschüttet oder abgedeckt. Später erhielt sie dank der Fürsorge ihrer Diener einen leichten Hügel, nahe bei der Straße nach Misenum und dem Landhaus des Diktators Caesar, das, in höchster Höhe gelegen, auf die darunterliegenden Buchten blickt.“ – Cassius Dio, Historia Romana 61,14,4; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 49), S. 164 C. v. 362. 363. Das Thier/ das in der Brun¢t des Libens doch muß ¢terben] G.F. Loredano, Scherzi geniali, parte seconda (Venedig 151643): Frine lasciva (S. 180–195), hier S. 184: „Der Zauber der Liebe ist so süß, daß auch jene Tiere nach ihm begehren, die bei der Vereinigung sterben.“
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Agrippina
v. 401. Schreckt dich nunmehr der todten Mutter Schatten.) Nero ¢æpè confe¢¢us exagitari ¢e maternâ ¢pecie. Sueton. in Neron. c. 34. Al¢o i¢t auch Caligula fur ¢einem Untergange von Ge¢pen¢tern geplaget worden. Suet. in Calig. c. 59. Al¢o hat den Otho der Gei¢t des Galba beunruhiget: Dahero er ¢elbten zu ver¢ohnen ¢ich bemuhet. Suet. in Othon. c. 7. zum Domitiano i¢t/ eh er umbbracht ward/ der von ihm ermordete Junius Ru¢ticus mit einem Degen kommen. Xiphilin. in Domitian. p. m. 238. Dem Ba¢¢ianus Caracalla i¢t nach Ermordung des Geta er¢chienen der Gei¢t des Commodus ihn al¢o anredende: + 2« Θ . Eile fort zur Straffe. Dio. lib. 78. v. 454. Dein Arm der Prie¢ter wird dein Leib das Opfer ¢eyn.) Denn Nero hat ¢ich verzweifelnde ¢elb¢t ermordet. Sueton. in Neron. c. 49. v. 469. ¢eqq. Sagt i¢t der Tag das Ziel des Lebens.) Wie Nero fur Furcht ¢ich nach dem Tage ge¢ehnet/ und auff des Burrhus Veranla¢¢ung von ¢einen Soldaten ¢ey erfri¢chet worden/ be¢chreibt Tacit. 14. Ann. c. 10. ! 141" v. 484. Eiln wir der Mutter Gei¢t mit Opfern zu ver¢ohnen.) Sueton. in Neron. c. 34. Quin & facto per Magos ¢acro evocare Manes & exorare tentavit. (Agrippinæ.)
821 Θ] Ν ABCD 825 469.] 496. AB 466. CD 829 Opfern] Opferu A Opfern B Opffern CD 816 ¢elbten] ¢elben CD 817 c.] cap. BCD 827 Ann.] Annal. CD
Anmerckungen zu V
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v. 401. Schreckt dich nunmehr der todten Mutter Schatten] Sueton, Vitae Caesarum: Nero 34,4: „Nero hat oft bekannt, daß er durch die Erscheinung seiner Mutter in Unruhe versetzt werde.“ – Ebd.: Caligula 59. – Ebd.: Otho 7,2. – Cassius Dio, Historia Romana 67,16,1; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 49), S. 238 C. – Ebd. 78,15,5 (von L. selbst übersetzt). v. 454. Dein Arm der Prie¢ter wird dein Leib das Opfer ¢eyn] Sueton, Vitae Caesarum: Nero 49,3–4. v. 469 seqq. Sagt i¢t der Tag das Ziel des Lebens] Tacitus, Annales 14,10,1–2. v. 484. Eiln wir der Mutter Gei¢t mit Opfern zu ver¢ohnen] Sueton, Vitae Caesarum: Nero 34,4: „Ja er versuchte sogar, durch ein von Magiern veranstaltetes Opfer den Geist der Toten (Agrippinas) herbeizuzitieren und zu besänftigen.“
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Agrippina
v. 489. J¢t ihre Seele nicht in Schlang und Wolff gefahren?) Hierdurch wird gezielet auf der Heyden thorichte Metemp¢ycho¢in Pythagoream. Und gehoret hieher furnemlich der Orth aus dem Plato in Phedone: Itaque Animæ malorum circa ¢imulacra tamdiu oberrare coguntur, quoad cupiditate naturæ corporeæ comitante rur¢us induant corpus; induunt autem, ut decet, ejusmodi mores, quales in vitâ exercuerunt; eos quidem, qui ventri dediti per inertiam atque la¢civiam vitam egerunt, neque ´ quicquam pen¢i pudorisque ´ habuerunt, decet A¢inos ¢imiliaque ´ ¢ubire; qui verò injurias, tyrannides, rapinas præ cæteris ¢ecuti ¢unt, in Luporum, Accipitrum, Milvorum genera par e¢t tran¢ire: ¢ingulis in eas animalium ¢pecies, quibus in vitâ ¢imiles fuerunt, tran¢migrantibus. Die¢er Meinung ¢ind auch die Hebreer gewe¢en/ welche die¢e Metemp¢icho¢in tvlglg das i¢t die Verkehrungen der Seelen genennet/ maßen ¢ie in ihrer Cabalâ aus dem Worte ,dX erwei¢en wollen: Daß die Seele Adams in David/ deßen in den Meßiam gefahren. Wiewol außer dem Plotino, andere Weltwei¢e dis alleine fur eine Allegorie ver¢telleter Sitten angenommen/ be¢iehe hiervon Athana¢. Kircher. in Oedip. Ægypt. tom. 2. part. 2. ! cla¢¢is 12." cap. 7. v. 490. 491. Sie ¢tieg den Sternen zu/ die auch ihr Uhr¢prung waren.) Dis i¢t auch eine Platoni¢che Lehre: Es habe der Schopffer der Welt die Seelen in die Sternen ge¢amet/ welche hernach herunter in ¢phæram generationis ¢tiegen/ endlich aber/ da ¢ie ¢ich in der Welt wol verhalten/ eine iede zu ihrem zugeeigneten Ge¢tirne ¢ich empor ¢chwingen. Dahero werde/ auch den Seelen Flugel zugeeignet. Be¢iehe den Plato in Phœdro. Da aber eine Seele mit Lu¢ten des Leibes ¢ich verunreinigte/ ¢olte ¢ie die Flugel verlieren; ¢elbige aber/ wenn ¢ie ¢ich nach ! 142" Himmli¢chen Dingen ¢ehnete/ wieder bekommen. Wie aus Zoroa¢trô lehret Kircher. Obeli¢c. Pamphil. l. 2. cap. 10. di¢t. 2. p. m. 171. 832 gefahren?] gefahren.? A gefahren? BCD 845 ,dX] Bei dem zweiten Zeichen dieses Wortes („Adam“) ist in A nicht ganz klar erkennbar, ob es um das hier geforderte Dalet (d) handelt oder nicht vielmehr eine Verwechslung mit dem sehr ähnlichen Resch (r) vorliegt. 849 !cla¢¢is 12."] fehlt ABCD 854 zugeeigneten] zugeigneten A zugeeigneten BCD 855 zugeeignet] zugeignet A zugeeignet BCD Be¢iehe] Bi¢iehe A Be¢iehe BCD 844 Verkehrungen] Verkehrung in CD 849 cap.] c. BCD 855 werde] werden CD
Anmerckungen zu V
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v. 489. J¢t ihre Seele nicht in Schlang und Wolff gefahren?] Plato, Phaidon 81c-82a: „Daher sind die Seelen der Schlechten gezwungen, solange um die Denkmäler herumzuirren, bis sie infolge der sie begleitenden Begierde der körperlichen Natur wieder einen Körper annehmen; sie nehmen jedoch einen an, der ihnen gemäß ist, einen mit denselben Verhaltensweisen, wie sie sie zu ihren Lebzeiten an den Tag gelegt haben. Denen, die, dem Wanst ergeben, ihr Leben in Trägheit und Sinnengenuß zugebracht haben und für die Scham überhaupt nichts bedeutete, ist es gemäß, in die Leiber von Eseln und ähnlichen Tierarten zu schlüpfen. Für die aber, die hauptsächlich auf Rechtsverletzung, Gewaltherrschaft und Raub ausgegangen sind, ist es angemessen, sich in das Geschlecht der Wölfe, Habichte und Falken zu verwandeln. Dabei geht jeder einzelne in diejenigen Arten von Tieren über, denen er zu Lebzeiten ähnlich gewesen ist.“ Zitat entnommen aus dem im folgenden genannten Werk von A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus, tom. 2, pars 2 (Rom 1653), classis 12, cap. 7 (De descensu ascensuque animarum et metempsychosi, ex mente Aegyptiorum), S. 531; Grundlage war hier die lateinische Plato-Übersetzung von Marsilio Ficino; vgl. z. B.: Plato, Operum omnium quae extant, ex Latini Marsilii Ficini versione !…", tom. 2 (o.O. 1592), S. 598 f. – Plotin, Enneades 3,4: De proprio cuiusque daemone (bei L. Referat nach A. Kircher, a.a.O., S. 531 f.). – A. Kircher, a.a.O., S. 534 (von hier auch die beiden hebräischen Wörter). – Die hebräischen Wörter bedeuten „Gilgul“ (= ,Seelenwanderung‘) und „Adam“. Zu „Gilgul“ s. Gershom Scholem, Kabbalah. Jerusalem 1974 (= Library of Jewish Knowledge), S. 344–350. v. 490. 491. Sie ¢tieg den Sternen zu/ die auch ihr Uhr¢prung waren] Plato, Phaidros 246a-251c. – A. Kircher, Obeliscus Pamphilius (Rom 1650), lib. 2, cap. 10, distinctio 2, S. 171 (hier nur sehr vager Hinweis auf Zoroaster).
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Agrippina
v. 506. 507. Wie daß der Adel ihr nicht tragt die Bilder fur.) Hieher ¢chicket ¢ich der ¢chone Orth Taciti. 3. Ann. c. 76. in fin. Da er von der Juniæ des C. Ca¢¢ii Wittiben Begrabnuße redet: Viginti clari¢¢imarum Familiarum imagines antelatæ ¢unt, Manlii, Quinctii, aliaque ejusdem nobilitatis nomina: ¢ed præfulgebant Ca¢¢ius atque Brutus, eo ip¢o, quod effigies earum non vi¢ebantur. v. 528. Kein Pfau/ kein Adler tragt die Seel’ in’s Schloß der Gotter.) Thoma¢. Porcacchi ne’ Funerali antich. alla Tavol. VI. erzehlet auf der 30. und nachfolgenden Seiten fa¢t alle in di¢em Auftritte beruhrte Gebrauche bey den Kay¢erlichen Begrabnußen. Jn¢onderheit aber berichtet er: Daß/ wenn ein Kay¢er ¢ey verbrennt worden/ hetten ¢ie zu ober¢te aus dem Holtz¢toße oder dem Geru¢te/ worauf die Leiche bey ihrer Vergotterung gelegt ward/ einen Adler flugen laßen/ gleich ob ¢elbiger die Seele des ver¢torbenen Kay¢ers in Himmel truge. Bey Verbrennung der Kay¢erinnen aber ¢ey ein Pfau heraus geflogen. Deßhalben er auch unter¢chiedener alten hieher zielenden Muntzen gedencket: als einer der Sabina Augu¢ta, darauf ein Adler mit dem Blitz gepregt i¢t mit der Umb¢chrifft: Con¢ecratio. Auf einer andern Muntze ¢teht Diva Paulina, und ein Frauen-Haupt: Auf der andern Seite reitet eine Frau auf einem Pfauen: mit gleicher Uber¢chrifft: Con¢ecratio. Auf einer andern Divæ Maximinæ ¢teht ein Frauen-Haupt zwi¢chen den Hornern des Monden/ auf der andern Seite ein ¢ich außbreitender Pfau mit dem Worte: Con¢ecratio. Eine gleichmaßige Muntze Divæ Fau¢tinæ habe auch ich/ und eine Divi Antonini; da aus einem Geru¢te ein Adler fleucht.
871 berichtet] berichter A berichtet BCD 862 863 865 870 873
Taciti.] Tacit. BCD Ann.] Annal. CD c.] cap. B Begrabnuße] Begrabni¢¢e C Begrabni¢¢en D quod] qud B Begrabnußen] Begrabni¢¢en CD flugen] fliegen D
Anmerckungen zu V
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v. 506. 507. Wie daß der Adel ihr nicht tragt die Bilder fur] Tacitus, Annales 3,76,2: „Die Ahnenbilder von zwanzig berühmten Familien wurden vorangetragen, Manlier, Quinctier und andere Namen von gleichem Adel. Doch strahlten Cassius und Brutus hervor, ebendeshalb, weil ihre Bilder nicht zu sehen waren.“ v. 528. Kein Pfau/ kein Adler tragt die Seel’ in’s Schloß der Gotter] T. Porcacchi, Funerali antichi (Venedig 1574), Tavola V/VI, S. 30–46.
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Agrippina
v. 553. 554. Ob Amianten¢tein und Leinwand die nicht brennt.) Di¢e nicht verbrennende Leinwand/ welche zu Einhullung der Leichen umb die A¢che zu unter¢cheiden !143" gebraucht worden/ haben die Romer Linum vivum die Grichen $<' genennet. Plin. lib. 19. c. 1. Weil Porcacchi ne’ Funerali antichi alla Tav. 2. p. m. 11. eine ¢eltzame Arth di¢e Leinwand aus einem Steine zu machen erzehlet/ wil ich ¢eine Worte hieher ¢atzen. Di pietra Amianto ¢i trova ¢ino al giorno d’ hoggi in Cipro: & per e¢¢er tiglio¢a, come il lino, coloro la battevano & maceravano: & poi con le altre cure filata riducevano in tela & ne formavano ¢acchi ò toniche: nelle quali cucivano ò involgevano ben bene il corpo morto & poi lo mettevano ad arder¢i. E la tela formata di que¢ta pietra di qualità sî fatta, che non pur non abbruccia, ne punto ¢i con¢uma nel fuoco; mà quanto più vi¢ta; tanto più diventa bianca & da ogni macchia purgati¢¢ima. Que¢to conferma egli haver veduto & e¢perimentato in Venetia in ca¢a del S. Hettore Podocatharo Cavallier Cipriotto l’anno M. DLXVI. che di quella tela haveva. v. 575. Stoß Mne¢ter/ ¢toß ¢toß zu.) Tac. 14. Ann. c. 9. n. 3. v. 605. 606. Die Zeichen meiner Schrifft.) Cedrenus in Claudio memorat: Apollinem Thianæum arcanorum Ægypti apprimè peritum & =« κ , characteribus & Sigillis devinxi¢¢e ¢erpentes, ne percuterent. Hierauf zielet Maro Eclog. 8. v. 71. Frigidus in pratis cantando rumpitur anguis. Ovid. 7. Met. Vipereas rumpo & verbis & carmine fauces. Und Lucilius.
891 machen] ma-machen A machen BCD 893 e¢¢er tiglio¢a] e¢¢er tiglis¢a A e¢¢et tiglis¢a B a¢¢ottigliar CD 894 maceravano] macoravano AB maceravano CD riducevano in] riduce vano ni AB riducevano in CD 895 cucivano] cugivano ABCD 897 che non] che nen AB che ne CD 898 tanto] tanro A tanto BCD 899 conferma] conforma AB confirma CD 901 haveva.] haveva A haveva. BCD 904 &] & ABCD 905 ] AB CD 910 Lucilius] Lucillius AB Lucilius CD 902 Tac.] Tacit. BCD
c.] cap. B
Anmerckungen zu V
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v. 553. 554. Ob Amianten¢tein und Leinwand die nicht brennt] Plinius, Nat. hist. 19,20. – T. Porcacchi, Funerali antichi (Venedig 1574), Tavola II, S. 11: „Der Amiantstein (Asbest) findet sich bis zum heutigen Tage auf Zypern, und um ihn faserig zu machen wie Leinen, hat man ihn geschlagen und eingeweicht. Dann hat man ihn mit anderen Verfahren zu einem Tuch gesponnen und daraus Säcke und Tuniken gefertigt, in welche man die Leichen eingenäht oder eingewickelt hat, die danach verbrannt wurden. Und das aus diesem Stein hergestellte Tuch ist von solcher Beschaffenheit, daß es nicht verbrennt noch im Feuer verzehrt wird, sondern, je länger es darin bleibt, um so weißer und von jedem Flecken reiner wird. Er versichert, daß er es im Jahre 1566 gesehen und ausprobiert habe im Hause des Herrn Hettore Podocatharo, eines zyprischen Cavaliere, der ein solches Tuch besessen habe.“ v. 575. Stoß Mne¢ter/ ¢toß ¢toß zu] Tacitus, Annales 14,9,2. v. 605. 606. Die Zeichen meiner Schrifft] Der Bericht über die Wundertat des Apollonius (nicht Apollo!) von Tyana sehr frei (offenbar aus zweiter Hand) nach Georgius Cedrenus, Compendium historiarum (Paris 1647), tom. 1, S. 197 C (gleich am Anfang der Schilderung der Ereignisse unter der Regierung des Kaisers Claudius): „Cedrenus erwähnt in seinem Bericht über die Herrschaftszeit des Claudius, Apollo ! richtig: Apollonius" von Tyana, der sich ganz vorzüglich in den Geheimlehren der Ägypter auskannte, habe die Schlangen mit Zeichen und kleinen Bildchen so verhext, daß sie nicht zubissen.“ (der eingeschobene griechische Text: „er habe Schlangen so verhext, daß sie nicht zubissen“). – Vergil, Ecl. 8,71: „Durch einen Zauberspruch zerplatzt auf den Wiesen die kalte Schlange.“ – Ovid, Met. 7,203: „Mit Worten und Gesang zersprenge ich die Rachen von Schlangen.“ – Lucilius, frg. 575 (Marx): „Jetzt, jetzt wird er in der Mitte zerplatzen: wie der Marser Schlangen mit seinem Gesang zerplatzen läßt, wenn er alle ihre Adern gedehnt hat.“
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Jam di¢rumpetur medius: jam ut !Mar¢us" Colubros di¢rumpit cantu, venas cum extenderit omnes. v. 609. ¢eqq. 617. Daß Strom als Eiß er¢tarr’n.) Hieher gehort der Orth Virg. 4. Æn. v. 486. Spargens humida mella, ¢oporiferumque ´ papaver, Hæc ¢e Carminibus promittit ¢olvere mentes quas velit, a¢t aliis duras immittere curas: ¢i¢tere aquam fluviis, & vertere Sidera retro. Nocturnosque ciet Manes. mugire videbis ¢ub pedibus terram & de¢cendere montibus ornos. Und Tibullus: Hanc ego de cœlo ducentem ¢idera vidi, Fluminis hæc rapidi carmine vertit iter. Hæc cantu finditque ´ ¢olum Manesque ´ ¢epulchris élicit, & tepido devocat o¢¢a rogo. v. 610. Daß Hecate zu mir in eine Hole ¢teigt.) Die Zauberi¢chen Weiber be¢onders in The¢¢alien gaben fur/ ¢ie konten mit ihren Liedern/ in¢onderheit mit klingenden Ertzte den Monden vom Himmel bannen. Daher Ari¢tophanes in Nebulis: !144"
+ # %« >κ ' κ 2 .
wird ein Theßali¢ch Weib von mir erkauffet werden/ wil ich bey Nachte zihn den Monde zu der Erden. Horat. Epod. 17. Polo deripere Lunam vocibus po¢¢um meis: po¢¢um crematos excitare mortuos. Virg. Ecl. 8. v. 69. Carmina vel cœlo po¢¢unt deducere Lunam. Claudian. 1. Ruff. – novi quo The¢¢ala cantu eripiat lunare jubar. – 911 !Mar¢us" ] mor¢u ABCD 913–925 Der Eintrag steht in A auf S. 148, hinter dem zu V. 638 (entspr. verschoben auch in BCD) 913 609. ¢eqq. 617.] 611. ¢eqq. 637. ABCD 918 vertere] verbere AB vertere CD 934 17.] 18. ABCD 913 Strom] Sturm D 914 Virg.] Virgil. BCD
Anmerckungen zu V
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v. 609 seqq. 617. Daß Strom als Eiß er¢tarr’n] Vergil, Aeneis 4,486–491: „!…" verspritzend flüssigen Honig und den schlafbringenden Mohn. Diese !Priesterin" verspricht, Herzen, welche sie will, mit Zaubersprüchen zu entlasten, in andere aber drückende Sorgen zu senden, Wasser in Flüssen zu hemmen und Sterne rückwärts zu drehen. Nächtliche Totengeister ruft sie herauf; du wirst die Erde unter ihren Füßen brüllen und die Eschen von den Bergen steigen sehen.“ – Tibull 1,2,45–48: „Ich habe gesehen, wie diese ! Zauberin" Sterne vom Himmel holte. Sie wendet mit einem Zauberspruch den Weg des reißenden Flusses, sie spaltet mit einem Gesang den Boden, lockt Totengeister aus Gräbern und ruft Gebeine aus dem erkalteten Scheiterhaufen hervor.“ v. 610. Daß Hecate zu mir in eine Hole ¢teigt] Aristophanes, Nubes 749– 750 (von L. selbst übersetzt). – Horaz, Epod. 17,77–79: „Ich kann mit meinen Zauberformeln den Mond vom Himmel reißen, kann eingeäscherte Tote wieder erwecken.“ – Vergil, Ecl. 8,69: „Zaubersprüche können sogar den Mond vom Himmel herabholen.“ – Claudianus, In Rufinum 1,146–147: „Ich weiß, mit welchem Zauberspruch die Thes-
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Et de bell. Getic. – The¢¢alidas patriis lunare venenis ince¢tare jubar. Auch Ovid. 2. Amor. 5. – cantatis Luna laborat Equis. Sinthemahl/ ¢o lange/ bis Anaxagoras dargethan: Daß die MondenFin¢ternuße vom Schatten der Erde herruhrten/ wi Laërtius in ¢einem Leben meldet/ die Men¢chen ¢elbte fur Zaubereyen oder Wunderzeichen gehalten. Fur welchem Nicias der Athenien¢er Feldhauptmann al¢o er¢chrocken: Daß er in einer Schlacht mit 40 000. Mann er¢chlagen worden. Plutarch. in libell. de Super¢titione. Dahero ¢ie mit klingendem Ertzt und angezundeten gegen dem Himmel ge¢tracketen Fackeln ihm den Schein wider zu geben vermeinten. Woher gehort der ¢onderbare Orth Plutarch. in Paulo Æmilio. T& ?@ (— λ ') C % « $ ' µ &« 0« 2« *0« λ - - +« λ ) λ $ µ« µ * , *ξ Ρ D ¹ M «. $- 2 λ %<« µ !145" + . Als die Romer/ ihrer
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Gewohnheit nach/ mit klingenden Ertzte den Schein des Monden widerrufften/ viel Feuer und brennenden Fackeln gegen dem Himmel ¢treckten/ thaten derogleichen die Macedonier nicht. Alleine Furcht und Schrecken umbgab das gantze Heer. Wie durch derogleichen Monden-Fin¢ternus ein großer Aufruhr in des Germanici Lager in Deut¢chland ¢ey ge¢tillet worden/ be¢chreibet Tacit. 1. Annal. c. 28.
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patriis] patrias ABCD ?@] @ ABCD —] ³' A ξ ? B — CD C] % ABCD ) λ] λ ABCD * ] Κ ABCD D] D ABCD
947–948 Monden-Fin¢ternuße] Monden-Fin¢terni¢¢e CD 949 ¢elbte] ¢elbe CD 953 dem Himmel ge¢tracketen] den Himmel ge¢treckten D 954 gehort] gehoret CD 961 dem] den CD 963–964 Monden-Fin¢ternus] Monden-Fin¢terniß CD 965 Tacit. 1. Annal.] Tac. 1. Ann. B
Anmerckungen zu V
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salierin dem Mond seinen Glanz entreißt.“ – Claudianus, Bellum Geticum 237–238: „!Man meinte," thessalische Hexen schändeten mit heimischem Gift den Glanz des Mondes.“ – Ovid, Amores 2,5,38: „Luna ist in Not, nachdem ihre Pferde behext worden sind.“ – Diogenes Laertius, Vitae philosophorum 2,6–15 (Vita des Anaxagoras; hier aber kein Hinweis auf die Erklärung der Mondfinsternis). – Plutarch, Moralia: De superstitione 169 A. – Plutarch, Vitae parallelae: Aemilius Paulus 17,4 (von L. selbst übersetzt). – Tacitus, Annales 1,28.
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v. 612. 613. ¢eqq. Jch kan die Drachen kirn und Panter-thiere zahmen.) Von einem andern noch fur der Sundflutt herr¢chenden Egypti¢chen Konige erzehlet aus dem Gelaldin einem Araber Kircher. Oed. Ægypt. t. 1. Syntagm. 1. c. 9. p. m. 73. Me¢ram fuit, ¢icut cæteri peritus artis Sacerdotalis & Magiæ, ejusque ´ ope peregit res magnas, & dicitur, quod domuerit Leonem & equitaverit ¢uper eum, & dicitur quoque: ´ quod equitante ip¢o Rege, ¢edentem in throno dæmones eum portaverint, u¢que ´ dum veniret ad medium Oceanum, & po¢uit ibi arcem candidam & in eo Idolum Solis, inciditque ´ in eo nomen ¢uum, & qualitatem Regni ¢ui, fecitque ´ ex ære ¢tatuam & incidit in eam: Ego Me¢ram ille Gyges fortis, & potens revelans ¢ecreta & feci tali¢mata varia, & Imagines loquentes con¢titui, erigendarum Imaginum peritus, &c. Die¢es erzehlet auch al¢o aus ihm Jon¢ton. in Polyhi¢tor. ! part. 1." lib. 1. cap. 2. art 1. Derogleichen redendes Bild ¢oll ohne Zauberey Albertus M. gemacht/ Thomas Aquinas aber/ welcher daruber er¢chrocken/ zer¢chlagen haben. Thom. Lan¢. Con¢ult. pro German. p. 50. v. 615. 616. Jch kan mit Men¢chen-Blutt’ in volle Monden ¢chreiben.) Pythagoras ¢olle in einem Spiegel mit Blutte haben konnen ¢chreiben/ was er gewolt/ al¢o daß es der/ der fur ihm ge¢tanden/ habe im vollen Monden le¢en konnen. Nach deßen Erfindung Cornelius Agrippa in ¢einer geheimen Welt-Weißheit auch eines Mittels gedencket: Daß einer/ der weit von uns entfernet i¢t/ alles was wir wollen im Monden le¢en konne. Maßen zur Zeit/ als Carolus V. und Franci¢cus I. wegen ! 146" Meyland zu¢ammen kriegten/ man durch dis Kun¢t¢tuck dis/ was des Tages zu Meyland ge¢chehen/ des Nachts zu Paris im Monden gele¢en habe. Natal. Comes. Mythol. lib. 3. c. 17. p. m. 253.
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t. 1.] p. 1. AB p. CD tali¢mata] teli¢mata AB tali¢mata CD !part. 1."] fehlt ABCD Con¢ult.] Con¢ulr. A Con¢ult. BCD Men¢chen-Blutt’] Meu¢chen-Blutt’ A Men¢chen-Blutt’ B Men¢chen-Blut CD Cornelius] Cotnelius A Cornelius BCD
969 c.] cap. CD 978 cap.] c. B 985 Monden] Mond CD
Anmerckungen zu V
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v. 612. 613 seqq. Jch kan di Drachen kirn und Panter -thiere zahmen] A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus, tom. 1 (Rom 1652), syntagma 1, cap. 9 (De dynastiis Aegyptiorum), S. 73: „Mesram kannte sich ebenso wie alle anderen in der Priester- und Zauberkunst aus und vollbrachte mit ihrer Hilfe große Dinge, und man sagt, daß er einen Löwen gezähmt habe und auf ihm geritten sei, und man sagt auch, daß, während der König selbst ritt, Dämonen ihn auf dem Thron sitzend bis in die Mitte des Ozeans getragen hätten; dort hat er ein weißes Schloß und auf ihm ein Götzenbild des Sonnengottes errichtet und darin seinen Namen und die Art seiner Herrschaft eingemeißelt. Er hat auch ein Standbild aus Erz gefertigt und darin die Inschrift eingraviert: ‚Ich, Mesram, der berühmte starke Riese und mächtige Enthüller von Geheimnissen, habe mannigfaltige Talismane gemacht und, erfahren im Errichten von Bildwerken, sprechende Bildwerke aufgestellt‘, usw.“ Kirchers Quelle ist, wie von L. angegeben, Gelaldinus Arabs, d.i. Palaladdin as-Suyuti mit seinem Werk „Husn al-muhadara fi ta’ riä Misr wa l-Qahira“, hrsg. von M. Abu l-Fadl Ibrahim. Kairo 1387/1967, hier S. 32 (Kapitel „Über die Könige Ägyptens vor der Sintflut“). – J. Jonstonus, Polyhistor (Jena 1660), pars 1, lib. 1, cap. 2, art. 1, S. 9. – Th. Lansius, Consultatio de principatu (Tübingen 1655), S. 49 (in der „Oratio Francisci Caroli, Ducis Saxoniae, Angariae et Westphaliae pro Germania“). v. 615. 616. Jch kan mit Men¢chen-Blutt’ in volle Monden ¢chreiben] H.C. Agrippa, De occulta philosophia, ed. V. Perrone Compagni (Leiden u. a. 1992), S. 98; die Quelle für L.s Kenntnis dieser Stelle bei Agrippa von Nettesheim war das im folgenden genannte Werk von N. Comes. – N. Comes, Mythologia (Genf 1653), lib. 3, cap. 17, S. 253.
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v. 624. Der Kinder/ die mein Arm aus Mutter-Leibe.) Derogleichen bluttiges Zauber-Opffer hat Kay¢er Avitus auch ¢einem Heliogabalo bracht +« G « λ
5«. Xiphilin. in Avito. p. m. 368. v. 625. Komm lege mir den Rock/ der Gotter duldet/ an.) Bey derogleichen Abgotti¢chen Heyligthumern dorften ¢ie nicht iedwede Kleider tragen. Deßen gedenckt Eu¢ebius lib. 5. præparat. Evang. Lineas jubet deleri, ut abeat, has enim ¢e retinere & aliam figuram ve¢titûs, qui fert ¢imulacra Deorum. v. 631. Gib Krauter/ die man muß bey Monden-Scheine le¢en.) Virgil. d. l. 4. Æn. v. 513. Falcibus & me¢¢æ ad Lunam quæruntur ahenis pubentes herbæ, nigri cum lacte veneni. Lucan. lib. 6. Donec ¢uppo¢itas propior de¢pumet in herbas Luna. Val. Flacc. lib. 6. Quamvis Athracio Lunam ¢pumare veneno ¢ciret. v. 633. 634. 635. 636. Wormit ¢ich Nectabis in Ammon hat verkehrt.) Zu die¢es Orthes Erklarung dienet/ was aus Jo¢eph Ben Gorion l. 1. c. 4. Kircher. Oed. Ægypt. t. 1. Syntagm. 1. c. 10. p. m. 101. anziht. Nectanebus Rex Ægypti fuit Magus & incantator maximus. Inter cæteras divinationes & magicas Incantationes (Leucanomantiam) ! eas nimirum," quæ in pelvi aquâ plenâ exhiberi ¢olent, exercuit. Nam cum Artaxerxes Ochus in procinctu e¢¢et ad Ægyptum occupandam, Nectanebus, cum per oracula ejusmodi magica comperi¢¢et, Ægyptiaci Imperii per Ochum de¢tructionem ingenti auri & pretio¢orum Lapidum vi conva¢atâ, ¢imula1001–1008 Der Eintrag steht in A auf S. 148, hinter dem hier ebenfalls falsch plazierten zu v. 609 seqq.617 (entspr. verschoben auch in BCD) 1003 ad] ae A ac B ad CD 1006 herbas] hetbas A herbas BCD 1008 Athracio] Athraciâ AB Athracio CD 1011 t.] p. ABCD 1013 !eas nimirum," ] fehlt ABCD 1014 cum] Cum AB cum CD 998 1006 1010 1011 1013
lib.] libr. BCD de¢pumet] de¢umet B c.] cap. BCD c.] cap. BCD Leucanomantiam] Lecanomantiam CD
Anmerckungen zu V
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v. 624. Der Kinder/ die mein Arm aus Mutter -Leibe] Cassius Dio, Historia Romana 79,11,3; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 49), S. 368 D: „Er schlachtete Kinder unter Anwendung von Zauberformeln.“ v. 625. Komm lege mir den Rock/ der Gotter duldet/ an] Eusebius, Praeparatio evangelica 5,9,9: PG 21,339 A (Eusebius zitiert hier Porphyrius; Wiedergabe bei L. sehr frei): „Er befiehlt, daß Schriftzeichen gelöscht werden, damit er ! der Gott" sich entfernen kann; diese nämlich hielten ihn fest, ebenso auch eine andere Gestaltung der Kleidung: eine, die Abbildungen von Göttern aufweise.“ v. 631. Gib Krauter/ die man muß bey Monden-Scheine le¢en] Vergil, Aeneis 4,513–514: „Kräuter werden gesucht, mit ehernen Sicheln bei Mondschein gemäht, strotzend vom Saft des schwarzen Giftes.“ – Lukan, Bellum civile 6,506: „!…" bis der Mond sehr nahe ist und die Kräuter, die unter ihm sind, mit Schaum beträufelt.“ – Valerius Flaccus, Argonautica 6,447–448: „!…" obwohl er wußte, daß atracische != thessalische" Gifte den Mond schäumen ließen.“ v. 633. 634. 635. 636. Wormit ¢ich Nectabis in Ammon hat verkehrt] A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus, tom. 1 (Rom 1652), syntagma 1, cap. 10 (De regibus Aegypti), S. 101: „Der ägyptische König Nectanebus war ein sehr großer Magier und Zauberer. Unter den sonstigen Weissagungen und magischen Zaubereien (weiße Kunst) übte er natürlich ! auch" diejenigen aus, die gewöhnlich an einer mit Wasser gefüllten Schüssel dargeboten werden. Denn als Artaxerxes Ochus sich anschickte, Ägypten zu besetzen, packte Nectanebus, nachdem er durch Zauberorakel dieser Art von der ! bevorstehenden" Zerstörung des ägyptischen Reiches durch Ochus Kunde erhalten hatte, eine gewaltige Menge von Gold und Edelsteinen zusammen, verwandelte
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toque ´ habitu in Macedoniam fugit, ubi magicis Exercitiis Olympiâ Philippi Macedonis Conjuge fa¢cinatâ, cum ei per¢ua¢i¢¢et, futurum ut ex Deo Hammone Filium conciperet, qui univer¢o Orbi imperaret: Ip¢e ¢ub formâ dicti Hammonis (cujus ¢peciem Olympiæ per Incantationes in ¢omno jam exhibuerat) Reginæ concumbens generavit filium, qui po¢teà ob rerum ge¢tarum gloriam Alexander Magnus dictus e¢t. Mon¢ieur de Balzac au livre nommé le Barbon p. m. 365.366. wil hiervon wenig halten/ ¢agende: Il (le Barbon) rompt la te¢te à !147" tout le Monde des aventures prodigieu¢es d’un Nectabis ou Nectanebo Roy d’Egypte; qui par le moyen d’une herbe inconnuë & de quelques fleurs enchantées dont il bailla un bouquet à la Reyne Olympias, lui fit accroire qu’il e¢toit Jupiter Hammon, & entra ¢ous ce ma¢que dans ¢a plus e¢troite & derniere confidence. Kurtz darnach erzehlet er von ihm di¢e ¢eltzame Ge¢chichte/ die er aber nicht Glaubens werth ¢chatzet. Le Roy Nectabis ayant e¢té averty de la venue d’une grande Flotte ennemie, qui parois¢oit ¢ur les co¢tes de ¢on Royaume: ¢ans armer pas un de ¢es ¢ujets, ¢ans donner ¢eulement l’allarme aux Officiers de ¢a mai¢on, ¢ans partir de ¢on cabinet, ni me¢me de ¢a ruelle de lict, coula luy ¢eul à fonds cette grande Flotte, qui menacoit ¢es E¢tats, & voicy comment. Il ¢e fit apporter une Hous¢ine d’ébene, un ba¢¢in plein d’eau du Nil, & une ma¢se de cire vierge, de la quelle il forma quantité des Marmouzets, qui repre¢entoient la flotte en petit; Et à me¢me temps qu’avec la Hous¢ine il renver¢a les Marmouzets dans le Ba¢¢in, l’Armée navale des Ennemis fit naufrage ¢ur la Mer. v. 637. Ei¢enkraut.) Verbena. Von deßen Gebrauch ¢ihe Plin. lib. 26. c. 4.
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e¢t.] e¢t A e¢t. BCD bailla] bait la AB bailla CD co¢tes] co¢té AB co¢tes CD ¢es] ces AB ¢es CD
1024 nommé] nominé B 1028 dont] dout BCD
bouquet] buoquet AB bouquet CD
Anmerckungen zu V
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seine äußere Erscheinung und floh nach Makedonien. Dort behexte er Olympia, die Gattin Philipps von Makedonien, mit magischen Praktiken und machte ihr weis, daß sie inskünftig von dem Gott Hammon einen Sohn empfangen werde, der die ganze Welt beherrschen werde. Darauf schlief er selbst der Königin in der Gestalt besagten Hammons bei (dessen Erscheinungsbild hatte er der Olympia durch Zaubereien bereits im Schlaf vorgeführt) und zeugte einen Sohn, der später wegen seiner ruhmreichen Taten Alexander der Große genannt wurde.“ Zu Kirchers Quelle, Joseph Ben Gorion, s. das Autorenverzeichnis. Vgl. auch AnmL. zu S IV 305. – J.L. Guez de Balzac, Le Barbon, in: ders., Les œuvres diverses (Leiden 1658), S. 365 f.: „Er (der alte Knabe) lag jedem in den Ohren mit den wundersamen Geschichten von einem Nectabis oder Nectanebo, einem König von Ägypten, der vermittels eines unbekannten Krautes und einiger verzauberter Blumen, von denen er einen Strauß der Königin Olympias überreichte, diese glauben machte, er sei Jupiter Hammon, und der unter dieser Tarnung zu ihr in eine Beziehung engster und intimster Vertraulichkeit eintrat.“ – Ebd., S. 366: „Als der König Nectabis von der Ankunft einer großen feindlichen Flotte unterrichtet worden war, die vor den Küsten seines Reiches erschien, versenkte er ganz allein diese große Flotte, die seine Staaten bedrohte, in den Grund: ohne einen seiner Untertanen zu bewaffnen, ohne auch nur die Offiziere seines Hauses zu alarmieren, ohne sein Kabinett, ja sogar ohne den Gang zwischen der Wand und seinem Bett zu verlassen. Seht, wie er das machte: Er ließ sich einen Stab aus Ebenholz bringen, eine Schüssel gefüllt mit Nilwasser und einen Klumpen Jungfernwachs, aus dem er eine Anzahl Figuren formte, die die Flotte im kleinen darstellten. Und im selben Augenblick, in dem er mit dem Stab die Figuren in der Schüssel umstürzte, ging die Seestreitmacht der Feinde auf dem Meer unter.“ v. 637. Ei¢enkraut] Plinius, Nat. hist. 26,26.37.49.78 u. ö.
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v. 638. Flei¢ch das man aus der Stirn’ unzeit’ger Pferde haut.) Hippomanes. Plin. lib. 28. c. 11. & lib. 8. c. 42. Cen¢ent Equis inna¢ci amoris veneficium Hippomanes appellatum, in fronte, caricæ magnitudine, colore nigro: quod ¢tatim edito partu devorat fœta: aut partum ad ubera non admittit, ¢i quis præreptum habeat. Virgil. 4. Æneid. v. 515. Quæritur & na¢centis Equi de fronte revul¢us & matri præreptus Amor. Wiewol dis da¢elb¢t Dido nicht zu der/ ¢ondern wider die Liebe gebraucht. Etenim ¢ec. Turneb. lib. 15. c. 8. Hippomanes medicamento adhibitum vim Amoris habet, ¢ed igni mandatum exu¢tumque ´ amorem peni!148"tus abolet. Es wird di¢em Giffte ¢on¢t auch ein ander Uhr¢prung zugeeignet/ davon Virg. 3. Georg. v. 280. Hinc demum Hippomanes vero quod nomine dicunt, Pa¢tores, lentum di¢tillat ab inguine virus. Hippomanes, quod ¢æpè malæ legêre novercæ mi¢cueruntque herbas & non innoxia verba. v. 641. 642. Das Mohren-Krautt) Æthiopis herbâ amnes !149" ac ¢tagna ¢iccari conjectu, tactu omnia clau¢a aperiri opinabantur. Athana¢. Kirch. Oed. Ægypt. tom. 2. part. 2. cla¢s. 11. cap. 2. p. m. 440. v. 643. 685. Jtzt gib den Di¢tel¢trauch/ der nicht nur Gei¢ter ¢chlu¢¢en.) Proclus libr. de Sacrificiis & Magiâ: Nonnunquam herba una vel Lapis unus ad divinum ¢ufficit opus. Sufficit enim Cnebi¢on, id e¢t, Carduus ad ¢ubitam Numinis alicujus apparitionem, ad cu¢todiam verò Laurus, Ricinus, Cœpa, Squilla, Corallus, Adamas, Ja¢pis; ¢ed ad præ¢agium Cor Talpæ; ad purificationem verò ¢ulphur & aqua marina. &c. v. 645. 665. 666. Wo i¢t das Zackel-Kraut.) Plutarch. lib. de Fluminib. In Chelydone Ætoliæ monte herba Myops na¢citur, quâ, ¢i quis in aquam injectâ lavet vultum, excæcabitur; ¢i Dianam placaverit, vi¢um recuperabit. Zaclus herba in vinum injecta illud in aquam convertet. 1073 Zaclus] Zaolus ABCD 1044 1052 1056 1061 1063 1070
Plin. lib.] Plin. libr. BCD c. 11.] cap. 11. BCD c. 42.] cap. 42. BCD lib. 15. c.] libr. 15. cap. BCD Virg. 3. Georg. v. 280.] Virgil. 3. Georg. v. 180. BCD 641.642.] 641.641. B tom. 2.] tom. 1. BCD lib.] libr. BCD
Anmerckungen zu V
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v. 638. Flei¢ch das man aus der Stirn’ unzeit’ger Pferde haut] Ebd. 28,180. – Ebd. 8,165: „Man glaubt, die Pferde hätten bei der Geburt ein Liebesmittel, Hippomanes (‚Roßwut‘) genannt, auf der Stirn, von der Größe einer getrockneten Feige und von schwarzer Farbe, das die Mutter gleich nach der Geburt verschlingt. Wenn es ihr jemand vorher entrissen hat, läßt sie das Junge nicht ans Euter.“ – Vergil, Aeneis 4,515–516: „Gesucht wird das von der Stirn des neugeborenen Fohlens gerissene und dem Muttertier geraubte Liebesgewächs.“ – „Turnebus zufolge hat Hippomanes, als Arznei angewendet, nämlich die Wirkung eines Liebesmittels; wird es aber ins Feuer getan und verbrannt, bringt es die Liebe vollständig zum Erlöschen.“ Sicher aus zweiter Hand nach A. Turnebus, Adversaria (Straßburg 1599), lib. 15, cap. 8, Sp. 452, Z. 19–22. – Vergil, Georg. 3,280–283: „Danach erst tropft von ihrem Geschlechtsteil der zähe Schleim, den Hirten mit dem treffenden Wort ‚Roßwut‘ bezeichnen. Böse Stiefmütter haben ihn oft gesammelt, und sie mischten Kräuter und schadenstiftende Worte.“ v. 641. 642. Das Mohren-Krautt] A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus, tom. 2, pars 2 (Rom 1653), classis 11, cap. 2 (De herbis et lapidibus, quibus in operationibus suis magicis utebantur Aegyptii), S. 440: „Man meinte, daß durch Hineinwerfen des Krautes Aethiopis Flüsse und Seen ausgetrocknet würden und durch seine Berührung alles Verschlossene geöffnet werde.“ v. 643. 685. Jtzt gib den Di¢tel¢trauch/ der nicht nur Gei¢ter ¢chlu¢¢en] Proclus (Diadochus), De sacrificio et magia (in der latein. Übersetzung von Marsilio Ficino), in: Mercurius Trismegistos, Pymander (Basel 1532), S. 479: „Bisweilen genügt ein einziges Kraut oder ein einziger Stein zum göttlichen Werk. Cnebison, d. h. die Distel, genügt für das plötzliche Erscheinen irgendeiner Gottheit, als Schutzmittel aber der Lorbeer, der Rizinus, die Zwiebel, die Krabbe, die Koralle, der Diamant, der Jaspis, zur Weissagung jedoch ein Maulwurfsherz, zur Reinigung aber Schwefel und Aquamarin usw.“ v. 645. 665. 666. Wo i¢t das Zackel-Kraut] Pseudo-Plutarch, De fluviis 22,2.5 (im Zitat umgestellt: 22,5 vor 22,2!): „Auf dem Berg Chelydon != Kalydon" in Aetolien wächst das Kraut Myops. Wenn jemand dies in Wasser gibt und sich !damit" das Gesicht wäscht, wird er erblinden. Falls es Diana so gefällt, wird er seine Sehkraft wiedererlangen. Wenn man das Kraut Zaclus in Wein gibt, wird es diesen in Wasser verwandeln.“ Die lateinische Übersetzung in dieser Form entnommen aus: A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus (wie zu v. 641), S. 440.
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Agrippina
v. 646. Fehlt O¢irite nicht.) Herba O¢irite, quam divinam non in vivos modò ¢ed etiam in mortuos habere potentiam rebantur, umbras ad percunctandum u¢os Ægyptios, Plinius te¢tatur lib. 30. cap. 2. v. 648. Dardurch man kan den Schatz verlibter Traume finden.) Calli¢thenes de reb. Alexandr. meminit: Nectanebum Regem Ægypti herbam ex ¢olitudine accepi¢¢e, quam efficacem ad ¢omnia movenda e¢¢e ¢ciebat, qui ex eâ ¢uccum exprimens fecit imagunculam ex cerâ muliebrem, eique ´ nomen in¢crip¢it Olympiadis, accensâque ´ lucernâ ex herba, Dæmones Execrationibus ad eam rem idoneos invocabat, ut Olympias ¢ibi videretur Hammonis amplexibus frui. v. 649. 650. Daß die Mauer-Raut’.) Autore Zoroa¢tre, herbam Adiantum contra fa¢cinationem nido ¢uo imponit Upupa. Tamet¢i Horus alium Adianti u¢um in Upupa mon¢tret, quod & Ælianus docet, qui ei vim quandam tribuit re¢erativam. Kircher. Obel. Pamph. l. 4. Hierogrammati¢mo 15. p. m. 331. v. 652. Jtzt muß ich Krau¢emuntz und fri¢chen Knobloch haben.) Ægyptii Menta¢tro utebantur ad cogno¢cen!150"dum in cujus Planetæ tutelâ ¢is; modum operandi vid. apud Apulej. cap. 90. de virib. herbar. Utebantur & moly, mithridatio, ¢cordoti & centaureo magicis herbis ¢uis in ¢acrificiis, Plinio te¢te lib. 25. cap. 10. Kircher. Oed. Ægypt. tom. 2. part. 2. cl. 11. c. 2.
1077 finden.)] finden. A finden.) BCD 1091 90.] 9. ABCD 1074 1076 1088 1089 1093
Fehlt O¢irite] Fehlt O¢iritei B cap.] c. BCD 331.] 331. Horn. A. N. p. 539. BCD Jtzt] Jtzo BCD Krau¢emuntz] Kraußmuntz CD 25.] 15. CD
Anmerckungen zu V
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v. 646. Fehlt O¢irite nicht] „Plinius bezeugt in Buch 30, Kap. 2 !Nat. hist. 30,18" , daß die Ägypter das Kraut Osirites, das, wie man sagt, göttliche Macht nicht nur über Lebende, sondern auch über Tote hat, für Nachforschungen nach Schattengeistern !d. h. Seelen Verstorbener" benutzt haben.“ Zitat aus Kircher, a.a.O., S. 441. v. 648. Dardurch man kan den Schatz verlibter Traume finden] Auch der lateinische Text in dieser Anmerkung ist Zitat aus Kircher (a.a.O., S. 440), der hier den Inhalt von Pseudo-Callisthenes, Vita Alexandri Magni 1,5 (van Thiel) referiert: „Callisthenes berichtet in seiner Geschichte Alexanders, der ägyptische König Nectanebus habe von einem einsamen Ort ein Kraut holen lassen, von dem er wußte, daß es traumerzeugend wirkte. Indem Nectanebus den Saft aus diesem Kraut herauspreßte, fertigte er eine kleine weibliche Figur aus Wachs und schrieb den Namen der Olympias darauf, und nachdem er mit dem Kraut eine Lampe angezündet hatte, rief er mit Beschwörungen Dämonen an, die für dieses Vorhaben geeignet waren, so daß es Olympias schien, als genösse sie die Umarmung Ammons.“ v. 649. 650. Daß die Mauer -Raut’] A. Kircher, Obeliscus Pamphilius (Rom 1650), lib. 4, hierogrammatismus 15, S. 331: „Wie Zoroaster vermeldet, tut der Wiedehopf das Kraut Adiantum (Frauenhaar / Venushaar) in sein Nest, als Gegenmittel gegen Behexung. Allerdings zeigt Horus != Horus Apollo bzw. Horapollo" eine andere Verwendung von Adiantum beim Wiedehopf auf. Dies lehrt auch Aelianus, der ihm ! d. h. dem Adiantum" eine gewisse aufschließende Kraft zuschreibt.“ – Die Zoroaster zugeschriebene Mitteilung in: Geoponica 15,1,19 (Beckh). – Horus Apollo (= Horapollo), Hieroglyphica 2,93. – Aelianus, De natura animalium 1,35. v. 652. Jtzt muß ich Krau¢emuntz und fri¢chen Knobloch haben] A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus (wie zu v. 641), S. 440: „Die Ägypter benutzten die wilde Minze, um festzustellen, unter welches Planeten Schutz man stand. Zur Verfahrensweise siehe Apuleius, Über die Kräfte der Kräuter, Kap. 90. Wie Plinius (Buch 25, Kap. 10) bezeugt, benutzten sie auch Moly, Mithridatium, Scordotis und Tausendgüldenkraut als Zauberkräuter bei ihren Opferfeiern.“ – Ps.-Apuleius, De medicaminibus herbarum, ed. G. Humelberg (o.O. [1537]), cap. 90, S. 252. – Plinius, Nat. hist. 25,127.
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Agrippina
v. 653. Wo i¢t der Agrippin’ ihr wach¢ern Ebenbild.) Taubman. ad v. 508. Effigiemque ´ toro locat. 4. Æneid. Virg. p. m. 600. In Sacris Stygialibus à Sagis Effigies etiam cerea ¢imilis ei, quem devovebant, ponebatur: aut etiam Laminæ in ejusdem ¢imilitudinem effictæ, quæ Ip¢ullices vel potiùs Ip¢iplices * vel etiam Auriplices vocabantur. v. 662. Jch floß’ euch Schaum vom Monden ein.) Veneficiis Lunam præe¢¢e cen¢ebant ac quadam ¢alivâ & ¢pumâ herbas inficere. Dahero Ovid. 7. Met. de Medea. Addidit exceptas Lunæ de nocte pruinas. v. 667. Des Habicht-Krautes Krafft) Sanandorum Oculorum ratione herba $µ C ¹'« Hieracium ¢eu Accipitrina herba ¢ic dicta. Collyrium ab¢oluti¢¢imum manife¢tat. Hujus enim Accipiter avul¢æ ¢calptæque ´ ¢ucco oculos inungens oblinensque ´ deperditam oculorum aciem in integrum re¢tituit, pri¢tinamque ´ claritatem recuperat. Vocatur vulgò Dens Leonis. Kircher. Obel. Pamph. lib. 4. Hierogramm. 10. p. m. 313. v. 670. Hier i¢t die Heydachs-Haut.) Saavedra Symbol. Polit. 48. §. Non enecat eum Stellio. v. 682. Des Fi¢ches der ein Schiff kan hemmen in dem Meer.) Echeneis ¢. Remora. Franzius Hi¢tor. animal. tract 3. c. 3. p. 668.
1101 herbas] hetbas A herbas BCD 1103 pruinas] prninas A pruinas BCD 1104 Des] Das AB Des CD Krafft] Kafft A Safft BCD 1107–1108 integrum] integtum A integrum BCD 1095 ad v.] adv. D 1096 Virg.] Virgil. BCD 1110 Heydachs-Haut] Heydechs-Haut C Eydechs-Haut D
Anmerckungen zu V
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v. 653. Wo i¢t der Agrippin’ ihr wach¢ern Ebenbild] P. Virgilius Maro, Opera omnia, cum commentario F. Taubmanni (Wittenberg 1618), S. 600 A (Kommentar zu Aeneis 4,508: „und das Bild !des Aeneas" legt sie != Dido" auf das Lager“): „Bei stygischen Opferfeiern wurde von den Zauberinnen auch ein wächsernes Bild, dem ähnlich, den man verzauberte, aufgestellt, oder auch Blechplättchen, die sein Abbild darstellten; diese nannte man ‚Ipsullices‘ oder vielmehr ‚Ipsiplices‘, ‚den Dargestellten verdoppelnde Blättchen‘, oder auch ‚Auriplices‘.“ v. 662. Jch floß’ euch Schaum vom Monden ein] Der lateinische Satz am Anfang dieser Anmerkung ist leicht verändertes Zitat aus: A. Turnebus, Adversaria (Straßburg 1599), Sp. 173, Z. 22–24: „Man meinte, daß der Mond die Oberherrschaft über die Bereitung von Zauberkräutern habe und Kräuter mit einem bestimmten Schleim oder Schaum vergifte.“ – Ovid, Met. 7,268: „Sie (Medea) fügte Reif des Mondes, bei Nacht gesammelt, hinzu.“ v. 667. Des Habicht -Krautes Krafft] A. Kircher, Obeliscus Pamphilius (Rom 1650), lib. 4, hierogrammatismus 10, S. 312 f.: „Das Habichtskraut – Hieracium (von ! griech. " ‚hierax‘ ! = ‚Habicht‘") bzw. Accipitrina – heißt so, weil es als Heilmittel für die Augen dient. Die Salbe macht es aufs vollkommenste offenbar. Mit dem Saft aus dem Habichtskraut, das er abgerissen und angeritzt hat, salbt und bestreicht der Habicht nämlich seine Augen und stellt so die verlorene Schärfe der Augen vollkommen wieder her und gewinnt die frühere Klarheit wieder. Volkstümlich heißt es Löwenzahn.“ v. 670. Hier i¢t die Heydachs-Haut] D. Saavedra Fajardo, Idea principis christiano-politici (Köln 1650), Symbolum 48 („Sub luce lues“), S. 349, § „Non necet eum stellio, quem inficit“ („Die Eidechse tötet den nicht, den sie ansteckt“). L. bezieht sich auf den folgenden Passus: „Stellio tam hominibus infensus est, ut cùm pellem exuit, eam ipse devoret, ne cuiquam contra comitialem morbum usui et remedio sit.“ („Die Eidechse ist den Menschen dermaßen feind, daß sie, wenn sie ihre Haut abstreift, diese selbst verschlingt, damit sie nicht irgend jemandem gegen die Epilepsie nützt und hilft.“) Saavedra vergleicht dieses Verhalten der Eidechse mit dem des Schmeichlers, der seinen Fürsten daran hindert, seine Fehler und Gebrechen zu erkennen und zu korrigieren. Dieser Deutungsaspekt ist für L. hier aber offenbar ohne Interesse; es geht ihm nur um das vordergründige Faktum, daß die Eidechse ihre abgestreifte Haut auffrißt. v. 682. Des Fi¢ches der ein Schiff kan hemmen in dem Meer] Echeneis bzw. Remora: ‚Hemmfisch‘, ein kleiner Fisch, der aber imstande sein soll,
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Agrippina
v. 686. Der Wiedehopffe warm aus ihren Darmen rieß.) Was die Zauberer fur thorchten Glauben hierauf gehabt/ erzehlt Kircher. Obel. Pamp. l. 4. Hier. 15. p. 331. Sylvaticus ¢uper¢titio¢us ait, lapidem in nido Upupæ inventum, impo¢itumque pectori dormientis ¢ecreta prodere & phanta¢ias promovere. Kyranides quoque Sylvatico non minus ¢uper¢titio¢us hanc tradit operatio!151" nem: Upupæ adhuc vivæ & palpitantis cor exemptum deglutito, conver¢us ad Solem initio horæ primæ vel octavæ die Saturni, Luna Orientali, & ¢uperbibito lac Vaccæ nigræ cum modico melle. Vide ut ¢anum & integrum vores cor, & eris præ¢cius eorum, quæ in cœlo & quæ in terra fiunt, & quid cogitent homines, cogno¢ces, & res, quæ in locis remoti¢¢imis geruntur, futuras. v. 691. 713. 714. Gib her den Ananchit/ wo i¢t der Atizock.) Inter Ægyptios Lapides erant hi cumprimis memorabiles Ananchites & Atizoci; per priorem, Plinio te¢te lib. 37. c. 11. in hydromantia evocabantur Imagines Deorum, per alterum ge¢tantes eum invi¢ibiles reddebantur. Id. c. 10. Kircher. Oed. Ægypt. tom. 2. p. 2. cla¢¢. 11. c. 2. p. 441. v. 711. 712. Wenn du mit Salbe mir/ die mich nach Wun¢ch in Raben/ in Katz’ und Wolff verkehrt.) Hieher gehort der Orth Virgil. Ecl. 8. v. 95. Has herbas atque hæc Ponto mihi lecta venena ip¢e dedit Mœris: na¢cuntur plurima Ponto. His ego ¢æpè Lupum fieri & ¢e condere Silvis Mœrim, ¢æpè animas imis excire ¢epulcris atque ¢atas aliò vidi traducere me¢ses. Propert. l. 4. 5. Audax cantatæ leges imponere Lunæ. & ¢ua nocturno fallere terga Lupo. Be¢iehe hiervon Plin. lib. 8. c. 22.
1118–1119 ¢uper¢titio¢us] ¢uper¢tirio¢us A ¢uper¢titio¢us BCD 1129 c. 2.] c. 3. AB cap. 3. CD 1131 Ecl.] Eccl. ABCD 1115 1124 1127 1128 1141
thorchten] thorichten CD erzehlt] erzehlet CD res] re B c.] cap. CD c.] cap. CD lib. 8. c. 22.] libr. 8. cap. 22. Horn. A. N. p. 486.530. BC libr. 8. cap. 22. Horn. A.N. p. 486. D
Anmerckungen zu V
251
Schiffe aufzuhalten. – W. Franzius, Historia animalium sacra (Wittenberg 1612), tract. 3, cap. 3 ! richtig: 4, Druckfehler bei F.", S. 668. v. 686. Der Wiedehopffe warm aus ihren Darmen rieß] A. Kircher, Obeliscus Pamphilius (Rom 1650), lib. 4, hierogrammatismus 15, S. 331: „Der abergläubische Sylvaticus sagt, daß der Stein, der im Nest eines Wiedehopfs gefunden werde, wenn man ihn auf die Brust eines Schlafenden lege, Geheimnisse ans Licht bringe und Wahnvorstellungen gedeihen lasse. Auch Kyranides, der nicht weniger abergläubisch ist als Sylvaticus, lehrt folgende Praktik: Verschlucke das einem noch lebenden und zuckenden Wiedehopf entnommene Herz, der Sonne zugewandt am Anfang der ersten oder achten Stunde eines Sonnabends, wenn der Mond im Osten steht, und trinke hinterher die Milch einer schwarzen Kuh mit etwas Honig. Achte darauf, daß du das Herz unverletzt und vollständig verschlingst, und du wirst alles im voraus wissen, was im Himmel und auf Erden geschieht, und du wirst wissen, was die Menschen denken und welche Vorgänge sich künftig an den abgelegensten Orten abspielen.“ – Sylvaticus] Matthaeus Sylvaticus, Opus pandectarum ! sc. medicinalium"; die von Kircher angesprochene Stelle in dem von mir eingesehenen Druck (Venedig 1511) nicht ermittelt. – Kyranides] Kircher zitiert teils wörtlich, teils in freier Wiedergabe aus der lateinischen Übersetzung der ‚Kyranides‘ durch Gerhard von Cremona. Verglichene Ausgabe: Kiranus, Kiranides, ed. A. Rivius (o.O. ! Leipzig" 1638), S. 30. v. 691. 713. 714. Gib her den Ananchit/ wo i¢t der Atizock] A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus (wie zu v. 641), S. 441: „Unter den ägyptischen Steinen waren diese ganz besonders bemerkenswert: der Ananchites und der Atizocus; mit dem erstgenannten wurden, wie Plinius in Buch 37, Kap. 11 bezeugt, in der Wasserwahrsagekunst Abbilder der Götter heraufbeschworen, durch den zweiten wurden diejenigen, die ihn an sich trugen, unsichtbar gemacht. Derselbe != Plinius", Kap. 10.“ Die Plinius-Verweise betreffen Nat. hist. 37,192 u. 37,147. v. 711. 712. Wenn du mit Salbe mir/ die mich nach Wun¢ch in Raben/ in Katz’ und Wolff verkehrt] Vergil, Ecl. 8,95–99: „Diese Kräuter und diese in Pontus gesammelten giftigen Pflanzen hat mir Moeris selbst geschenkt; sie wachsen in großer Menge in Pontus. Oft habe ich gesehen, wie Moeris durch sie zum Wolf wurde und sich in den Wäldern versteckte; oft habe ich gesehen, wie er Seelen aus der tiefsten Tiefe der Gräber heraufzitierte und die eingesäte Ackerfrucht anderswohin versetzte.“ – Properz 4,5,13–14: „Sie erkühnt sich, den Mond zu verzaubern und ihm Gesetze aufzuerlegen und ihren Leib
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Agrippina
v. 720. Wormit zu Ephe¢us Dianens Bildnus ¢trahlet.) Ephe¢iæ Litteræ Incantamenta ¢unt, quibus nonnullis prolatis barbaris & portento¢is nominibus vel expiabant loca infe¢ta, vel morbos abigebant, vel Dæmones adjurabant. Dicuntur Ephe¢iæ, eò quod Ephe¢i primùm ab Idæis dactylis ¢int inventæ, & Dianæ Ephe¢iæ ¢imulacro in¢culptæ. Clemens lib. 1. Strom. Suidas ait, Ephe¢ias litteras Incantationes quasdam difficiles e¢¢e, quas Cræ¢um in pyra dixi¢¢e ferunt: & ludis Olympicis, cum Ephe¢ius & Mile¢ius luctarentur, & Mile¢ius luctari non po¢¢et, eò quod Ephe¢ius litteras Ephe¢ias talo alligatas haberet, cum res innotui¢¢et, victorem, à quo triginta !152" victi fuerant, detractis litteris ¢uccubui¢¢e. Cui ad¢tipulatur Diogenianus: ! Ephe¢iæ litteræ" ¢unt Incantationes quædam, quas recitantes victores, in omnibus erant. He¢ychius tradit fui¢¢e ¢equentia: !1." #ΥA , ! 2. " % , ! 3. " 4 , ! 4. " 'G , ! 5. " «, ! 6. " I . 1. tenebras. 2. lucem. 3. ip¢um. 5. Sol. 6. Verum ¢ignificat. Aliter profert Clemens lib. 5. Strom. Zonaras in Con¢tantin. M. refert: Zambres Hebræus in aurem tauri in¢u¢urratis, ¢tatim reddidit mortuum; quem deinde Sylve¢ter Papa in nomine Chri¢ti re¢u¢citavit. Vide Kircher. Oed. Ægypt. d. cla¢s. 11. c. 6. p. m. 469.
1145 adjurabant.] adjurabant A adjurabant. BCD 1152 !Ephe¢iæ litteræ"] fehlt ABCD ¢unt] Sunt ABCD 1153 erant.] erant ABCD 1153–1155 ! 1." #ΥA , … !6." I] Die hier in spitzen Klammern in den griechischen Text eingefügten Ziffern stehen in ABCD ohne Klammern auf eigener Zeile unter den dazugehörigen griechischen Wörtern. 1157 tauri in¢u¢urratis] lauri in ¢u¢urratis ABCD 1158 re¢u¢citavit] re¢n¢citabit A re¢u¢citabit BCD 1142 1145 1146 1156 1157
Bildnus] Bildniß CD Idæis] Idæi BCD lib.] libr. BCD lib.] libr. BCD reddidit] riddidit B
Anmerckungen zu V
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durch die Gestalt eines nächtlichen Wolfes unkenntlich zu machen.“ – Plinius, Nat. hist. 8,80–82. v. 720. Wormit zu Ephe¢us Dianens Bildnus ¢trahlet] A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus, tom. 2, pars 2 (Rom 1653), classis 11, cap. 6 (De Gnosticorum Magia amuletaria et literis Ephesiis, quae sunt primus ramus Magiae Aegyptiacae), S. 469 f.: „Ephesische Worte sind Zauberformeln, mit denen man nach Aussprechen einiger barbarischer und monströser Namen gefährliche Orte unschädlich machte, Krankheiten vertrieb oder Dämonen beschwor. Sie heißen ephesische, weil sie zuerst in Ephesus von idaeischen Daktylen != Priestern der Kybele" aufgebracht und in das Standbild der Diana eingemeißelt worden sind. Clemens, Stromata, Buch 1. Suidas sagt, ephesische Worte seien bestimmte schwierige Zauberformeln, die Croesus auf dem Scheiterhaufen gesprochen haben soll; und als bei den Olympischen Spielen ein Epheser und ein Milesier miteinander rangen, habe der Milesier nicht ringen können, weil der Epheser an der Ferse ephesische Worte angeheftet trug; als der Sachverhalt bekannt geworden war, sei der Sieger, von dem dreißig Männer besiegt worden waren, unterlegen gewesen, nachdem man ihm die Worte entzogen hatte. Dem pflicht Diogenianus bei: ‚!Ephesische Worte" sind bestimmte Zauberformeln, mit denen diejenigen, die sie aufsagten, auf allen Gebieten Sieger waren.‘ Hesychius teilt mit, es seien die folgenden gewesen: ‚(1) Aski, (2) katáski, (3) haix, (4) tétratz, (5) damnameneùs, (6) aision‘, d. h., ‚(1) Finsternis, (2) Licht, (3) das Selbst, (5) Sonne, (6) das Wahre‘. Anders die Darstellung bei Clemens, Stromata, Buch 5. Zonaras sagt in seinem Werk zur Geschichte Konstantins des Großen: ‚Als der Jude Zambres einem Stier Worte ins Ohr flüsterte, tötete er ihn damit sogleich. Darauf erweckte ihn Papst Sylvester im Namen Christi wieder zum Leben.‘“ – Clemens Alexandrinus, Stromata 1,15: PG 8,781/782 A. – Suidas, Lexicon, ed. G. Bernhardy (Halle, Braunschweig 1853), tom. 1,2, Sp. 673, s.v. „#E' %“ – Diogenianus, Vulgaria proverbia, in: Adagia sive proverbia Graecorum, ed. A. Schott, mit latein. Übersetzung (Antwerpen 1612), S. 169–257, hier S. 215 (centuria 4, Nr. 78, Lemma „#E' %“). – Hesychius Alexandrinus, Lexicon, ed. M. Schmidt, vol. 2 (Jena 1860), S. 240, Z. 16, s. v. „#E' %“. – Clemens Alexandrinus, Stromata 5,8: PG 9,71/72 C-73/74 A. – Joannes Zonaras, Annales 13,2: PG 134,1103 C/D (Kircher gibt nur eine kurze Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts der Geschichte).
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v. 721. 722. 723. 726. Und in den fri¢chen Sand.) Die¢es alles erklaret Homer Ody¢s. . ver¢. 24.28. Da er be¢chreibt/ wie Uly¢¢es der ver¢torbenen Seelen zu ¢ich be¢chworen habe: – #E Ω # $µ J %« - 2C, B = Ρ
D λ D. #A# *& ) ξ -« ' » , & ) , ' ξ π' I ), µ σ# 7 · λ # Ν - % , Jch grub mit meinem von der Seite ausgezogenen Degen eine Grube eines Ellnbogens tief umb und umb. Umb die¢elbe go¢¢en wir mit ge¢ammter Hand Opfer/ er¢tlich mi¢chten wir Meth/ darnach ¢ußen Wein/ drittens Wa¢¢er endlich weiß Mehl zu¢ammen. Und v. 35. - ξ 0 <Ω $ 2 « < . R' # S '« · ¹ # $ ' U λ (# '< « 5 θ λ λ < .
1175
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Agrippina
Als ich aber das Vieh gefangen hatte/ ¢chlachtete ich’s uber die Grube. Das ¢chwartze Blut aber floß dahin/ und die Seelen der Ver¢torbenen ver¢ammleten ¢ich aus der Helle/ und irreten umb die Grube hauffig herumb. !153" Endlich fuhret er des Tire¢iæ Gei¢t al¢o redende ein v. 94. $# $%G < , Ν ξ % J, 4« = , 2' I. Aber weiche von der Grube/ und thue den ¢charffen Degen weg: Daß ich Blutt trincken und dir wahr¢agen konne. Und v. 146.147. Ρ ' ) » « 5 4« Θ I , Ρ 2ξ« U .
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1163 1165 1166 1167 1169 1173 1175 1180 1184 1185
$µ] $ AB Ν CD %«] W%« ABC %« D * )Λ ξ] *& ABCD ] W ABC D I ) ] I ABCD σW#] ΘCW# AB ΘW# CD Ν] $ AB Ν CD
go¢¢en] Gaßen A Ga¢¢en B go¢¢en CD $ '] $ AB $ ' CD θ] ¹ ABCD ] A BCD Ν] $ AB Ν CD '] ξ AB ' CD Θ I , Ρ ] Ν I Ρ AB Θ I Ρ' CD
1161 be¢chreibt] be¢chreibet CD 1178 Helle] Holle BCD
Anmerckungen zu V
255
v. 721. 722. 723. 726. Und in den fri¢chen Sand] Homer, Od. 11,24–28.35–37.42.95–96.147–148 (von L. selbst übersetzt). – Horaz,
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Agrippina
Welchen unter den Todten du wir¢t laßen nahe zum Blutte herkommen/ der wird dir wahr ¢agen. Gleichmaßiges hat Horat. l. 1. Serm. Satyr. 8. v. 23. ¢eqq. Vidi egomet nigra ¢uccinctam vadere palla cum Sagana majore ululantem (pallor utrasque fecerat horrendas, a¢pectu) ¢calpere terram unguibus & pullam divellere mordicus agnam cœperunt: cruor in fo¢¢am confu¢us, ut inde Manes elicerent, animas re¢pon¢a daturas. Appion Grammaticus, welchen der Kay¢er Tiberius verachtlich Cymbalum Mundi genennet/ hat ¢ich geruhmet: Er habe al¢o auch Gei¢ter beruffen/ und von ihnen gefor¢chet/ wo und von was fur Eltern Homerus gebohren ¢ey. Plin. l. 30. cap. 2. Ein ander denckwurdiges Exempel erzehlt Plutarch. in vita Cimonis von einer Adelichen Jungfrau Cleonice, welche Pau¢anias zu Byzanz gefangen krigt und zu ¢einer Lu¢t gebraucht/ hernach aber des Nachts von ihm aus Jrrthumb ermordet worden. Daß ¢elbiger Gei¢t auch von dem Pau¢anias ¢ey be¢chworen/ ihm aber durch ¢elbten ¢ein ¢chneller Untergang mit di¢en Worten verkundigt worden: + 2« Θ , % µ Ν 7<«. Be¢ihe auch Cornel. Nepot. in Pau¢ania. Welcher Ge¢talt die Zauberin Erichto eines ent¢eelten Soldaten Gei¢t be¢chworen und Sexto Pompejo ¢ein kunftiges Gluck durch ihn geweißagt habe/ be¢chreibt Lucan. lib. 6. Bell. civil. in 200. Ver¢en. Welchem beyzu¢etzen die Anmerckungen Martin. Delrio. di¢qui¢. Magic. lib. 4. c. 2. q. 6. ¢ect. 2. Und die Be¢chwerung !154" des Gei¢tes Samuels. 1. Reg. 28. neb¢t Ludovic. Lavatero. Tr. de Spectris. part. 2. cap. 7.8.
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palla] pulla ABCD utrasque] utrosque ABCD horrendas] horrenda ABCD Pau¢anias] Pau¢anes AB Pau¢anias CD Θ] Ν AB Θ CD
1203 ¢elbten] ¢elben CD 1208 be¢chworen] ge¢chworen B 1208–1209 geweißagt] gewei¢¢aget CD 1211 c.] cap. BCD Be¢chwerung] Be¢chworung D
Anmerckungen zu V
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Sermones 1,8,23.25–29: „Ich selbst sah ! Claudia" in aufgeschürztem schwarzen Mantel einhergehen mit der älteren Sagana, !Zaubergesänge" heulend. Blässe hatte ihrer beider Anblick entsetzenerregend gemacht. Sie begannen, die Erde mit den Fingernägeln aufzukratzen und mit den Zähnen ein schwarzes Lamm zu zerreißen. Das Blut strömte in die Grube; damit wollten sie Totengeister anlocken, Seelen, die Auskünfte geben würden.“ – Plinius, Nat. hist. 30,18. – Plutarch, Vitae parallelae: Kimon 6,4–7, das Zitat aus 6,5: „Geh deiner Bestrafung entgegen, denn von großem Übel ist den Männern der Übermut.“ – Cornelius Nepos, Pausanias (hier aber nichts zu der Geistererscheinung!) – Lukan, Bellum civile 6,624–820. – M. Delrio, Disquisitionum magicarum libri sex (Mainz 1603), tom. 2, lib. 4, cap. 2, quaest. 6, sect. 2, S. 161–167. – 1. Sm 28,14–19. – L. Lavaterus, De spectris (Leiden 1659), pars 2, cap. 7/8 (Verum Samuelem Pythonissae in Endor non apparuisse), S. 140–154.
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Agrippina
v. 733. 734. Wenn dir mit Blutte der Wolfe befeuchtet.) Herbam quandam Omomi appellatam in mortario tundentes Ditem invocant & tenebras, tum admixto Lupi jugulati ¢anguine efferunt & abjiciunt in locum, quo radii Solis non pertingunt. Kircher. Obel. Pamph. lib. 2. cap. 10. p. 175. & lib. 3. c. 8. p. 206. v. 749. 750. Charon/ durch deßen gebildet Ge¢ichte.) Quidam Phi C X%«, lo¢ophus, te¢te Tzezze. '« ') ex¢culpto in lapide Charontis vultu, dum pe¢tis Antiochiæ gra¢¢aretur, & in urbe po¢ito ¢imulacro, luem ¢edavit. Apollonius Ægyptiorum more Ciconiam ex¢culpens in marmore, Ciconias fontes & puteos injectis ¢erpentibus vitiantes Byzantio expulit, Hero¢trato te¢te. Idem Pe¢tilitatem, Dæmone, qui ¢pecie Mendici gra¢¢abatur, lapidibus obruto ¢edavit. Kircher. Oed. Ægypt. t. 2. p. 2. cla¢¢. 11. c. 4. pag. 447. v. 763. ¢eqq. Wil¢tu die guldne Wurtzel.) #A « Gold-Wurtz/ herba e¢t, quam alio nomine #A' vocant, qua Lucianus fingit Manes ve¢ci apud Inferos.
1220 ex¢culpto] ex¢culto B 1225 c.] cap. BCD 1226 Wil¢tu] Wil¢t du CD
Anmerckungen zu V
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v. 733. 734. Wenn dir mit Blutte der Wolfe befeuchtet] A. Kircher, Obeliscus Pamphilius (Rom 1650), lib. 2, cap. 10, S. 175 (Zitat aus Plutarch, Moralia: De Iside et Osiride 46): „Während sie ein bestimmtes, Omomi genanntes Kraut im Mörser zerstoßen, rufen sie Pluto und die Finsternis an. Sodann vermischen sie es mit dem Blut eines getöteten Wolfs, bringen es weg und werfen es an einen Ort, zu dem die Strahlen der Sonne nicht hingelangen.“ – Ebd., lib. 3, cap. 8, S. 206 (hier nochmals kurze Schilderung ebendieser Praktiken mit dem Kraut Omomi). v. 749. 750. Charon/ durch deßen gebildet Ge¢ichte] A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus, tom. 2, pars 2 (Rom 1653), classis 11, cap. 4 (De statuis, telesmatis, amuletis et prophylacticis Aegyptiorum !…"), S. 447: „Wie Tzetzes bezeugt, brachte ein Philosoph, als in Antiochia die Pest grassierte, die Seuche dadurch zum Stillstand, daß er das Antlitz Charons in einen Stein meißelte und das Bild in der Stadt aufstellte. Wie Herostratus bezeugt, vertrieb Apollonius die Störche, die Quellen und Brunnen durch Hineinwerfen von Schlangen verseuchten, aus Byzanz, indem er nach Art der Ägypter einen Storch in Marmor meißelte. Derselbe brachte die Pest zum Stillstand, indem er einen Dämon, der in der Gestalt eines Bettlers herumstreunte, mit Steinen überschüttete.“ – Joannes Tzetzes, Variae historiae (Basel 1546), chilias 2,59 (De Laeio), S. 37 (das griechische Zitat bei Kircher aus V. 4 dieses Fünfzeilers). – Herostratus: Ein von Kircher zu verantwortender kurioser Fehler, der darin besteht, daß hier die Namen zweier Autoren, die Kircher als Quelle für die beiden Anekdoten aus dem Leben des Apollonius von Tyana benutzt hat, Hesychius und Philostratus nämlich, zusammengezogen wurden. Die Geschichte von den Störchen nach Hesychius Milesius (F. Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker, Tl. III B, S. 270, § 24 f.), die von der Besiegung der Pest nach Philostratus, Vita Apollonii Tyanensis 4,10. v. 763 seqq. Wil¢tu die guldne Wurtzel] „Asphodelos (Goldwurz) ist ein Kraut, das man auch mit einem anderen Namen, Antherikon, bezeichnet. Es ist das Kraut, von dem sich, nach der Erfindung Lukians, die Totengeister in der Unterwelt nähren.“ (Herkunft des Zitats nicht ermittelt.) – Vgl. Lukian, Cataplus 2; Charon 22; Philopseudeis 24; Necyomantia 11.
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Agrippina
v. 767. ¢eqq. Wie? Woll’n die Gei¢ter nichts auff mein Be¢chweren geben?) Narrat ex Porphyrio Kircher. d. loc. cap. 5. p. 453. Sacerdotes con¢uevi¢¢e violentis quibusdam minis adver¢um Dæmones uti. c. 9. Ni¢i vos ita feceritis, cœlos confringam, vel occulta I¢idis patefaciam, vel arcanum in aby¢¢o recognitum divulgabo, aut Ci¢tam barin, id e¢t, navim quandam apud Ægyptios ¢acram, aut membra O¢iridis Typhoni di¢pergam. Rationem ex P¢ello lib. de operat. Dæmon. c. 21. adjungit: quod multi Dæmones mirè timidi ¢int, & ita animo percellantur, ut ne comminantem quidem, quisnam ¢it, di¢cernere queant; licet anicula ¢it. Hieher dienet furnemlich der Orth aus des Statii. l. 4. Theb. Jam nequeo tolerare moram; ca¢¢usne Sacerdos audior? an, rabido jubeat ¢i The¢¢ala cantu, !155" ibitis? an Scythicis quoties armata venenis Colchis aget, trepido pallebunt Tartara motu? no¢tri cura minor? Ne tenues annos, nubemque hanc frontis opacæ ¢pernite ne, moneo; & nobis ¢ævire facultas. Scimus enim & quicquid dici, fierique ´ timetis, & turbare Hecaten &c. v. 848. 849. 850. 854. Kommt ihr Harpyien.) Was nach Ermordung der Agrippine ¢ich begeben/ erzehlt Xiphilin. in Nerone. p. m. 165.166. al¢o: Als der Agrippine halben geopfert ward/ verfin¢terte ¢ich die Sonne al¢o: Daß man auch die Sternen ¢ahe. Als die Elefanten/ die des Augu¢tus Wagen gezogen hatten/ in Schauplatz kamen/ blieben ¢ie dar/ wo die Raths-herren ¢aßen/ ¢tehen. Und/ welches Zweifels frey aus Gottlichem Verhangnus ge¢chahe/ in die Abend-Spei¢en/ welche zu dem Kay¢er getragen worden/ ¢chlug der Donner; Gleich¢am als ihm eine Harpyia die Spei¢en weg raubete.
E N D E. !K6v"
1233 recognitum] recognirum AB recognitum CD 1242 pallebunt] parebunt ABCD 1231 1235 1249 1254
c.] cap. CD c.] cap. CD Nerone.] Neron. CD Verhangnus] Verhangniß CD
Anmerckungen zu V
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v. 767 seqq. Wie? Woll’n die Gei¢ter nichts auff mein Be¢chweren geben?] Sehr frei (aus zweiter Hand?) nach A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus, tom. 2, pars 2 (Rom 1653), classis 11, cap. 5 (De horrendis coeremoniis, quibus in adytis simulachra sua consecrabant Aegytii), S. 453: „Aus Porphyrius berichtet Kircher am angegebenen Ort, daß die Priester sich gegen die Dämonen bestimmter heftiger Drohungen zu bedienen pflegten. Kap. 9: ‚Wenn ihr dies nicht tut, werde ich die Himmel zerbrechen oder die Geheimnisse der Isis offenbaren oder das Geheime, das ich in der Hölle erfahren habe, bekannt machen, oder ich werde den Kasten Baris, d. h. einen bei den Ägyptern heiligen Nachen, oder die Glieder des Osiris durch einen Wirbelwind zerstreuen.‘ Als Begründung fügt er aus Psellus (Buch von den Aktivitäten der Dämonen, Kap. 21) hinzu, daß viele Dämonen erstaunlich furchtsam seien und derart die Besinnung verlören, daß sie nicht einmal in der Lage seien, festzustellen, wer sie überhaupt bedrohte, und sei es auch ein altes Mütterlein.“ – Porphyrius] Nach Jamblichus, De mysteriis (ed. Des Places) 6,5. – P¢ellus] Das unter Berufung auf Kircher mitgeteilte Psellus-Zitat geht zurück auf die Übersetzung des genannten Werkes durch Petrus Morellus: Michael Psellus, Dialogus de energia seu operatione daemonum è Graeco translatus (Paris 1577), cap. 21, S. 37 f. – Statius, Thebais 4,503–507.512–515: „Ich kann den Verzug nicht mehr dulden. Bleibe ich, obwohl Priester, ungehört? Wenn eine Thessalierin mit rasendem Gesang es euch heißt, werdet ihr wohl gehen, und sooft eine Kolchierin, gewappnet mit skythischen Giften, euch treibt, wird wohl der Tartarus erbleichen und sich zitternd in Bewegung setzen. Mir aber schenkt man weniger Beachtung? !…" Verachtet nicht die Schwäche meiner Jahre und nicht diese Wolke auf meiner umschatteten Stirn, verachtet sie nicht, ich warne euch! Auch ich bin in der Lage, meiner Wut freien Lauf zu lassen. Ich weiß nämlich alles, was euch Angst macht, wenn es ausgesprochen wird und geschieht, und ich vermag auch Hekate in Unruhe zu versetzen usw.“ v. 848. 849. 850. 854. Kommt ihr Harpyien] – Cassius Dio, Historia Romana 61,16,4–5; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 49), S. 165 f.
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Agrippina
Hochgeehrter Leser:
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Demnach im Druck unter¢chiedene Fehler mit einge¢chlichen/ habe ich ¢olche hieher zu ¢atzen fur nothig geachtet/ die ubrigen/ be¢onders die Irrthumber der punctation, wird jeder ¢elb¢t vernunftig verbeßern. Im Innhalt. Fur Vierdte l. Vierdten Abhand: Funfte l. Funften. Act.1.v. 218. Kay¢ee liß Kay¢er. v. 223. geharni¢chten l. geharn’¢chten. v. 240. herruhret l. herruhr’t !!" . v. 367 den l. dem. Act. 2. Zimmmer l. Zimmer. v. 8. iha l. ihr. v.85. ver¢anckt l. versaugt. v. 132. ha’¢t/ l. hast. v. 291. ihrem l. ihren. v. 365. gibl’t/ !! " l. gib’t. v. 375.pag.40 Einfaltige. l. 375: v. 480. Uns/ einmahl zu viel. v. 490. Fauen l. Frauen. Act. 3. v. 313. leitchlich l. leichtlich. v. 343. ¢ir l. ¢ie. v. 349. Schlff ! !" l. Schiff. v.355. keinem l. keinen. v. 356. ¢ey. l. ¢ein. v. 472. ¢tu’rtzt l. ¢turtz’t. Act. 4. v. 48. reine l. rein. v. 18.!recte: 118." Fremden l. Fremdem. v. 330. l. 320. v. 341. wir l. wie. Jn Reyen. Denn nichts nicht setze. 345. Act. 5. v. 194. kalter l. kalter. v. 521. blebt !! " l. bleibt. v. 744. fadene. l. fademe. Bey den Anmerckungen. Pag.119. lin.16. in l. ein. p.122. l.27. aller¢t l. allerer¢t. p.123. lin.9. Pacht l. Pracht. p.127. l.4. dec. l. du. p.129. l.13. heyrathe l. heyrathete. p.130. l.8. octogentos leg. octingentos. p.131. l.10. ge¢prttzet l. ge¢pritzet. p.131. l.27. Aleandrin leg. Alexandrin. p.134. Suet. d.c. leg. d.l. p.140. l.10. Xephil. leg. Xiphil.
ENDE.
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Epicharis (1665)
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Epicharis
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Epicharis
L. Annæus Seneca. l. 3. de Ira. c. 42.
I¢tud tempus, quod alienæ de¢tinas morti, forta¢¢e citra tuam e¢t. !)o( 1* r"
„Ebendie Zeit, die du dem Tod eines anderen bestimmst, liegt vielleicht im Umkreis des deinen.“
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Illu¢trißimo & Genero¢ißimo Domino
D n o. O t to n i Baroni de Nostitz,
Dyna¢tæ in Rokinitz,
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Seiffersdorf, Herzogs-Waldau, Lobris, Profen & Neuendorf, Sacræ Cæ¢areæ Maje¢tatis Con¢iliario & Ducatuum Suidnicen¢is & Jauravien¢is plenipotenti Capitaneo.
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Daniel Ca¢pari.
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DNO.] DN. BCD Daniel Ca¢pari] D. C. à Lohen¢tein BCD
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MAgna Felicitas e¢t clementi ¢ubes¢e Imperio. Major no¢tra; quod in Optimos Austriæ Principes incidimus. I¢tud autem Germanæ fidei præcipuum: quod hactenus tot Subditorum Myriades nullum Clementem aut Ravalliacum tulerint. Attamen nullum tempus tantâ fælicitate luxuriat, quo non expediat animum firmare con¢tantibus Exemplis. Et ¢ub molli Imperio dulcius cernimus peregrinam gli¢cere Tyrannidem. Nam & Maris Impetus in Portu delectat, & pulcherrimi ¢unt in ho¢tili ¢egete Ignes. Roma Magnitudine ¢ua laborans Mundi Naufragiis lætabatur. Maronis Mu¢a in aureo Augu¢ti Sæculo innocenter Trojanum, ¢ed turpiter Nero in Mecænatis turre Romanum canebat Excidium. Sub optimo Trajano fe¢tales cachinnantia Amphitheatra Carthaginis illu¢trabant Cineres. No¢trum Carmen ¢ub clementis¢imo Invictissimi Leopoldi Imperio Neronis dete¢tandam Sævitiam ridet. Fidelium Subditorum Incolumitas trucidatorum ab eo Lachrymis hilariter adgemit. Innocentia toto pectore lætatur, deficere ip¢i caus¢am ¢e quali¢cunque ´ Principis cæde cruentandi. Cæterùm Virtuti Solatio e¢t, ip¢um Neronem eam ex¢cin´ Illu¢trium Virorum mortes dere voluis¢e, non ex¢cidis¢e: !)o( 2* r" totque evincere: quod ingentes animæ nec in extremo Scelerum Diluvio naufra-
2 incidimus] indicimus BC 16–17 ex¢cindere] excindere BC
Widmung
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An den erlauchtesten und hochwohlgeborenen Herrn, Herrn Otto Freiherrn von Nostitz, Herrn auf Rokitnitz, Seifersdorf, Herzogswaldau, Lobris, Profen und Neuendorf, einer geheiligten kaiserlichen Majestät Rat und mit allen Vollmachten ausgestatteten Landeshauptmann der Herzogtümer Schweidnitz und Jauer. Daniel Caspari. Ein großes Glück bedeutet es, unter einer milden Herrschaft zu leben. Größer noch ist das unsere, weil wir den sehr gütigen Fürsten Österreichs zugefallen sind. Dies aber ist ein hervorstechendes Merkmal deutscher Treue: daß bis heute so viele Myriaden von Untertanen keinen Clément oder Ravaillac hervorgebracht haben. Indessen schwelgt kein Zeitalter in so großem Glück, daß es nicht ersprießlich wäre, den Geist durch Beispiele von Beständigkeit zu stählen. Und als Untertanen einer sanften Herrschaft nehmen wir mit um so größerem Behagen wahr, wie sich im Ausland Tyrannei ausbreitet. Denn die Brandung des Meeres bereitet im [sicheren] Hafen Vergnügen, und äußerst erfreulich sind die Brände auf den Äckern der Feinde. Als Rom aufgrund seiner Größe in Schwierigkeiten war, empfand es Freude beim Niedergang der Welt. Vergils Muse besang im Goldenen Zeitalter des Augustus den Untergang Trojas in aller Unschuld, Nero aber mit Schande bedeckt auf dem Turm des Maecenas den Untergang Roms. Unter der Herrschaft des vortrefflichen Trajan verherrlichte das Gelächter in den Amphitheatern über die Trümmer Karthagos die Festtage. Unsere Dichtung verlacht unter der ungemein milden Herrschaft des unbesieglichen Leopold die verabscheuungswürdige Grausamkeit Neros. Die Unversehrtheit der treuen Untertanen [Leopolds] beseufzt die Tränen der von ihm [Nero] Hingemetzelten mit heiterer Gelassenheit. Die Unschuld freut sich von ganzem Herzen darüber, daß sie keinen Grund hat, sich durch die Tötung eines wie auch immer gearteten Fürsten mit Blut zu besudeln. Im übrigen ist es der Tugend ein Trost, daß selbst ein Nero, der sie hat austilgen wollen, sie nicht ausgetilgt hat und der Tod so vieler erlauchtester Männer unumstößlich beweist, daß außerordentliche Geister auch in der schlimmsten Verbrechensflut nicht Schiffbruch erleiden. Unter die-
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Epicharis
gentur. Magnum inter eos Po¢teritati Con¢tantiæ Exemplum præbet libertina ¢ed illu¢tris mulier Epicharis, quam in tantâ Cruciatuum nece¢sitate alienos ac propè ignotos protegendo, non Verbera, non Ignes, non Ira eò acrius torquentium, nè à fæminâ ¢pernerentur, pervicêre, quin objecta denegaret; cum Ingenui & Viri & Equites Romani Senatoresque ´ intacti Tormentis caris¢ima ¢uorum quisque ´ Pignorum proderent. Quin & ip¢i Carnifici in novos Equuleos ingenio¢o illu¢it, dum ge¢tamine Sellæ (nam dis¢olutis membris in¢i¢tere nequibat) vinclo Fa¢ciæ, quam Pectori detraxerat, in modum Laquei ad arcum Sellæ re¢tricto indidit Cervicem & Corporis pondere conni¢a ingenti animo tenuem jam Spiritum expres¢it. Quod vero hoc exiguum Opellæ magno Nomini tuo, illu¢tris¢ime Domine, in¢cribere audeam, cau¢as habeo magnas & plures. Nam & humiles Hederæ contra Obtrectationem Protectore indigent. Et inter tot Tibi devinctos Debitores ego hoc tantillo magnum æs alienum diminuere aveo. Etenim Exteri quoque ´ noverunt, Te raro Sæculi Exemplo ob Fidem & ingentes Animi Dotes Optimorum Principum Optimum Ministrum; !)o( 2* v" ob ingentia Merita, Patriæ Columnam, ob ¢ingularem erga Litteras Favorem, temporis no¢tri Mecænatem jure optimo audire. Acces¢it Gratiæ tuæ in me nihil merentem Propen¢io, cui præter hos ¢ubci¢ivis horis aut in rhedâ animi Seriora nau¢eantis gratia deproperatos numeros Doctrinæ Fortunæque ´ meæ Ob¢curitas aliud referre prohibet. Referat igitur Deus optimus maximus, qui tot Virtutes in Te conges¢it, & porrò annis tuis largiatur, ut Deo, Cæ¢ari, Patriæ ¢erviendi Tibi nec Occa¢io nec Vires de¢int, illu¢tris¢imo autem Nomini & Stemmati tuo Patria gratiam, Po¢teritas Æternitatem retribuendi cau¢is abundet. Vale, illu¢tris¢ime Domine, & me meaque ´ protegere dignare. Dabam Vratislaviæ 1. Kalend. Martii Anno 1665. ! )o( 3r"
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ac] & CD Nomini] Nominis B
Widmung
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sen bietet der Nachwelt ein großes Musterbeispiel von Standhaftigkeit eine freigelassene Sklavin, jedoch erlauchte Frau: Epicharis, die in der äußersten Not der Folter, [die sie erleiden mußte,] weil sie fremde und [ihr] geradezu unbekannte Menschen deckte, nicht die Geißelhiebe, nicht die Feuerbrände, nicht der Zorn der Folterknechte, die um so schärfer vorgingen, um nicht von einer Frau verspottet zu werden, davon abbringen konnten, das, was man ihr vorwarf, abzuleugnen, während Freigeborene, Männer, römische Ritter und Senatoren, obwohl von der Folter gar nicht berührt, jeweils diejenigen unter ihren nächsten Angehörigen verrieten, die ihnen die teuersten waren. Ja sie spielte sogar dem im Ersinnen neuartiger Foltervorrichtungen tüchtigen Henker einen Streich, indem sie auf ihrem Tragsessel (denn da man ihr die Gliedmaßen ausgerenkt hatte, konnte sie nicht stehen) ihr Brusttuch, das sie sich vom Busen gezogen hatte, in der Art einer Schlinge an der Sessellehne festband, ihren Hals hineinsteckte und, dabei ihr Körpergewicht nutzend, mit gewaltiger Seelenstärke ihren ohnehin schon schwachen Lebensatem auspreßte. Daß ich es aber wage, diese bescheidene Arbeit deinem Namen, erlauchtester Herr, zu widmen, dafür habe ich eine Vielzahl wichtiger Gründe. Denn auch der unbedeutende Efeu bedarf eines Beschützers gegen mißgünstige Anfeindung. Und als einer in der so großen Zahl dir verpflichteter Schuldner verlangt es mich sehr danach, mit dieser so geringfügigen Leistung die große Schuldsumme zu verringern. Auch Auswärtigen ist nämlich bekannt, daß du, darin ein seltenes Musterbild unserer Zeit, mit bestem Recht dich nennen hörst wegen deiner Treue und gewaltigen Geistesgaben: bester Fürsten bester Gehilfe, wegen deiner gewaltigen Verdienste: Säule des Vaterlandes, wegen deiner einzigartigen Gunstbezeugung gegen die Literatur: Maecenas unserer Zeit. Hinzu kam noch deine unverdiente huldvolle Geneigtheit mir gegenüber, die mit etwas anderem außer diesen in Nebenstunden oder im Reisewagen, weil der Geist gegen ernstere Beschäftigungen Ekel empfand, eilig heruntergeschriebenen Versen zu vergelten der niedrige Rang meiner Gelehrsamkeit und meiner Lebensverhältnisse verbietet. Es vergelte sie dir also der beste und größte Gott, der in dir so viele Tugenden angehäuft hat, und er gewähre dir des ferneren für die Zeit deines Lebens, daß es dir weder an Gelegenheit noch an Kräften mangelt, Gott, dem Kaiser und dem Vaterland zu dienen, daß aber Gründe im Übermaß hat das Vaterland, deinem Namen und Geschlecht Dank, die Nachwelt aber, [ihm] ewiges Gedenken zu zollen. Lebe wohl, erlauchtester Herr, und geruhe mich und das Meine zu beschützen. – Gegeben zu Breslau, den 1. März 1665.
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Jnnhalt
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Jnnhalt Des Trauer-Spiels. Die Er¢te Abhandlung. 5
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EPicharis erzehlet ihre ¢eltzame Zufalle/ und wie ¢ich Volu¢ius Proculus gegen ihr außgela¢¢en habe den Nero hinzurichten. Nachdem ¢ie aber deßen Leicht¢innigkeit/ und: daß etliche der Ver¢chwornen an ¢tatt des Nero den C. Pi¢o zum Kay¢er zu machen anzielen/ wahrnimmet/ ent¢chleu¢t ¢ie ¢ich des Proculus zu ent¢chlagen/ die Mitver¢chwornen aber zu Wieder-Einfuhrung eines freyen Burger-Regiments zu bereden/ endlich als ¢ie hierinnen uber¢timmet wird/ machet ¢ie mit dem Scevinus, Subrius Flavius, Sulpitius A¢per, Maximus Scaurus, und Venetus Paulus den Schluß/ nach dem Nero auch den Pi¢o zu erwurgen/ und den Seneca zum Kay¢er zu machen. Antonius Natalis und Sulpitius A¢per bemuhen ¢ich !)o( 3v" den Seneca in das Bindnus wieder den Nero einzuflechten; Welcher Anfangs beweglich wieder¢trebet/ endlich ihnen aber eine mittelmaßige Antwort giebt. Die ¢amtlichen Ver¢chwornen berath¢chlagen ¢ich/ wie ¢ie den Nero am fuglich¢ten ¢turtzen mogen und werden ¢chlu¢¢ig: Daß Plautius Lateranus auf dem den dritten Tag bevor¢tehenden Fe¢te der Ceres den Nero umb eine Bey¢teuer Fußfallig er¢uchen/ und ihn unver¢ehns von dem Throne reißen/ die Ver¢chwornen aber Augenblicks auf ihn loß ¢toßen ¢olten. Epicharis nimmt ein Glaß mit Weine/ ¢ticht ¢ich und tropfelt ihr Blutt hinein/ ermahnet die andern Ver¢chwornen ¢olches ihr nachzuthun/ darauf ¢olch Glaß herumb getruncken und auf den Nero Fluch und Dreuen außge¢chuttet wird. Jm Reyen erzehlet das Ge¢chrey allerhand Wunderzeichen/ welche die Wahr¢ager dahin außlegen: Daß Rom ein neues Haupt zu ¢uchen ¢ich vergebens bemuhe.
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Bindnus] Bindnis CD umb] um CD unver¢ehns] unver¢ehens CD herumb] herum CD
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Epicharis
Die Andre Abhandlung. 30
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Volu¢ius Proculus, als er ¢ich umb der Epicharis Liebe und die Erofnung des wieder den Nero habenden Bindnußes verge!)o( 4r"bens bemuhet/ entru¢tet ¢ich und dreuet ihr ¢ich zu rechnen. Der ¢chwermutige Flavius Scevinus ¢iegelt ¢einen letzten Willen/ theilet Theils Knechten Freyheit/ Theils Geld aus/ giebet dem Milichus ¢einem Freygelaßenen einen alten Dolch und heißt ¢elbten ¢charf machen/ Wunden-Pfla¢ter zu ver¢chaffen und Ga¢te zu bitten. Milichus und ¢ein Weib Corinna erwegen die¢es des Scevinus Beginnen/ ¢chlußen daraus: Scevinus muße was Großes und zwar wieder den Kay¢er furhaben. Corinna beredet auch den Milichus ¢olches dem Nero zu offenbaren. Proculus klaget die Epicharis beym Nero an: daß ¢ie ¢ich wieder ihn verbunden habe; ob ¢ie nun wol ihn durch ihre Vertheydigung zu Schanden macht/ befiehlet Nero doch ¢ie in Hafft zu ziehen. Epicharis ver¢ichert den Sulpitius A¢per: Daß ¢ie auch durch keine Marter zu einigen Bekantnuße auf die Mitver¢chwornen werde gebracht werden/ ermahnet ¢ie auch den An¢chlag wieder den Kay¢er zu be¢chleunigen. Jm Reyen kampfen/ Klugheit/ Gelucke/ Zeit/ und Verhangnus theils den Nero zu ¢turtzen/ theils ihn zu erhalten. !)o( 4v"
Die Dritte Abhandlung.
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Milichus und Corinna tragen dem Kay¢er fur: Daß Scevinus wieder ¢ein Leben was furhabe; Darauf der Kay¢er den Epaphroditus ihn in Be¢trikkung zu nehmen ab¢chicket. Sulpitius A¢per berichtet denen Ver¢chwornen die Hafft der Epicharis und ermahnet ¢ie beweglich den Nero al¢obald anzufallen. Epaphroditus nimmet den Scevinus gefangen weg. Hierauf ¢etzen Sulpitius A¢per, Lateranus, Quinctianus, Lucanus den Pi¢o
30 Bindnußes] Bindni¢¢es C Bundni¢¢es D 31 rechnen] rachen CD 33 Milichus] Milichius BCD 35 Milichus] Milichius BCD 36 ¢chlußen] ¢chlie¢¢en CD 37 furhaben] vorhaben CD 42 Bekantnuße] Bekantni¢¢e C Bekanntniß D 44 Gelucke] Glucke D 44–45 Verhangnus] Verhangnis CD 47 fur] vor CD 48 furhabe] vorhabe CD 51 weg] hinweg CD 52 den] dem CD
Jnnhalt
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beweglich aber wegen ¢einer und des Natalis Furcht¢amkeit vergebens zu: Daß er ¢ich zu einem Haupte in Rom aufwerffen ¢olle; Weil ¢ie doch ¢chon ¢on¢t verrathen werden wurden. Nero und Tigillin ¢atzet gewaltig an den Scevinus: Daß er ¢ein Vorhaben bekennen ¢olle/ welcher ¢ich aber wieder die Anklage ¢tattlich vertheydigt/ bis Corinna dem Kay¢er an die Hand gibt; er ¢olle den Scevinus und Natalis ab¢onderlich vernehmen/ was ¢ie den Tag zuvor ¢o lange mit einander heimliches geredet/ ob und was ¢ie vom Pi¢o gehandelt; Als nun bey deßen Werck¢telligmachung ¢ie zwey¢timmig befunden werden/ heißet Nero beyde auf die Folter !)o( 5r" ¢pannen/ ¢agt aber gleichwol dem zu er¢t bekennenden Genade zu. Als nun Natalis hierauf ¢ich/ den Scevinus, und Pi¢o verrathet/ muß Scevinus ¢ich nur auch geben und auf den Lateran, Lucan, Quinctian und Senecio bekennen. Ja endlich ver¢chweiget Natalis auch den Seneca nicht; zu welchem Nero den Granius Sylvanus ¢chicket umb ihn zu befragen: Ob er ¢ich der mit dem Natalis gepflogenen Reden erinnere. Epicharis wird bis zur Ohnmacht gefoltert/ alleine von ihr i¢t weder durch der Bekennenden Zu¢prechen noch durch die Marter einiges Bekantnus abzuzwingen. Lucanus, Quinctianus und Senecio werden durch Dreuen bewogen: Daß ¢ie ihre Schuld zu¢tehen/ der er¢te ¢eine Mutter/ Atilla und den Julius Tugurinus, der andere den Munatius Gratus und Martius Fe¢tus, der dritte den Annius Pollio und Vulcatius Araricus offenbaren. Welche alle der Kay¢er gefanglich einzuziehen befiehlet. Jm Reyen beweinen die Tyber und die ¢ieben Berge zu Rom die Tyranney des Nero.
Die Vierdte Abhandlung.
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Die von Pein und Ohnmacht ¢ich er!)o( 5v"munternde Epicharis hetzet den Subrius Flavius, Sulpitius A¢per, Martius Fe¢tus, Maximus Scaurus und Venetus Paulus im Kercker auf den Nero an/ ¢chreibet auch deßwegen durch den Maximus Scaurus an Pi¢o/ durch den Fe¢tus an Seneca. Nero, Sabina Poppæa und Tigillin verfahren wieder die Gefangenen. Atilla,
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Mutter/ Atilla] Mutter, Atilla A Mutter/ Atilla BC Mutter, Atilla D
55 58 62 65 66 76
wurden] wurde B ¢atzet] ¢etzen CD den] fehlt BCD Genade] Gnade BCD Natalis auch] auch Natalis CD umb] um CD Vierdte] vierde B
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Epicharis
weil ¢ie nicht bekennen wil/ wird mit Rutten ge¢chmißen/ dem Munatius Gratus die Zunge außgerißen. Hierauf wil Subrius Flavius den Degen auf den Nero zucken/ wird aber vom Fenius Rufus angehalten; welcher endlich ¢elb¢t/ nach dem er denen andern Ver¢chwornen zu¢atzet/ vom Scevinus entdecket/ und vom Ca¢¢ius gebunden wird. Die¢em nach bekennen die Ver¢chwornen auf den Subrius Flavius und Sulpitius A¢per, welche nach behertzter/ aber/ weil ¢ie durch ihre Schreiben uberwie¢en werden/ vergebener Leugnung/ dem Nero ¢eine Boßheiten eyfrig unter Augen ¢agen. Worauf Subrius Flavius wegge¢chleppet/ Sulpitius A¢per gekopfet/ die andern in Kercker gefuhret werden. Als Granius Sylvanus dem Kay¢er die Po¢t bringet: Daß er am Seneca kein Sterbens-Zeichen vermercket/ heißet er/ !)o( 6r" ungeachtet ¢eines Vorbittens/ ihm die Nothwendigkeit zu ¢terben andeuten. Maximus Scaurus ubergibt dem Pi¢o der Epicharis Schreiben; inzwi¢chen dringet Epaphroditus mit ¢einer Schaar bey ihm ein/ und veruhr¢achet: Daß Pi¢o nach weibi¢cher Heucheley gegen dem Nero ihm die Adern ¢elb¢t zer¢chneidet; welchem es Maximus Scaurus aber behertzter nachthut. Dem Lateran aber wird es verwehret/ und er hinweg gerißen. Jm Reyen klagen die drey Theile der Welt uber der Romer Bedrengung/ die Sibylla von Cuma aber wei¢et in einem Spiegel/ was Rom fur Tyranni¢che Kay¢er gehabt/ und ferner haben wurde.
Die Funffte Abhandlung. 105
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Martius Fe¢tus bemuhet ¢ich aber vergebens den Seneca zu einer Emporung wieder den Nero zu bewegen/ als welcher ¢ich mit der Tugend und Weißheit auf alle Zufalle tro¢tet. Cotualda ¢aget dem Seneca den Todt an/ verwehret ihm die Schlußung des Te¢taments. Seneca bereitet ¢ich zum Sterben/ ge¢egnet ¢eine Freinde/ be¢chweret ¢ich uber den Hof und den Nero/ tro¢tet Paulinen/ !)o( 6 v" welche er aber/ nach dem ¢ie mit ihm zu ¢terben verlanget/ zum Tode aufmuntert/ und das Meßer/ damit er ihm die Adern zerkerbet/ uberreichet; mit welchem ¢ie ihr auch die Adern entzwey ¢chneidet; aber folgends auf Befehl des Seneca aus dem Zimmer getragen/ dem Seneca aber vom Statius Annæus ein Glaß voll Gift zu
104 den] dem ABCD 107 verwehret] verwehrt BCD 108 Freinde] Freunde CD
Jnnhalt
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trincken gereichet wird. Als aber weder die Adern recht blutten/ noch das Gifft wurcken wil/ begiebet er ¢ich in eine Wanne warmen Waßers/ und giebet darinnen hertzhaftig ¢einen Gei¢t auf. Fenius Rufus und Subrius Flavius werden enthauptet; Die¢er ¢tirbt hertzhaft/ jener kleinmuttig und ¢chimpflich. Nero und Poppæa kommen in den Kercker/ laßen die auf ¢ie fluchende Epicharis aufs neue foltern/ welche/ nach dem ihm Lucanus die Adern entzwey ge¢chnitten/ Quinctian, Senecio und Scevinus enthauptet/ Cervarius Proculus und Natalis begnadigt/ Milichus be¢chencket werden/ ¢ich auf dem Folter-Stule in einer Binde ¢elb¢t erwurget. !)o( 7r"
120 Quinctian,] Quinctian ABCD 115 warmen] warmes BCD 121 begnadigt] begnadiget CD
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Epicharis
Per¢onen des TrauerSpiels.
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Epicharis. Nero. Sabina Poppæa. Tigillinus. Fenius Rufus. C. Pi¢o. L. Annæus Seneca. Paulina ¢eine Ehfrau. Plautius Lateranus. Afranius Quinctianus. Flavius Scevinus. Antonius Natalis. Subrius Flavius. Sulpitius A¢per. Annæus Lucanus. Atilla ¢eine Mutter. Tullius Senecio. Cervarius Proculus. Vulcatius Araricus. Julius Tugurinus. Munatius Gratus. Martius Fe¢tus. Glicius Gallus. Annius Pollio. Granius Sylvanus. Statius Proximus. Maximus Scaurus. Venetus Paulus. Volu¢ius Proculus. !)o( 7v" Vejanus Niger. Epaphroditus. Cotualda ein deut¢cher Hauptmann.
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Ehfrau] Ehefrau BCD Cotualda] Cotualta C
Per¢onen 35
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Statius Annæus des Seneca Freind und Artzt. Milichus des Scevini Freygelaßener. Corinna ¢ein Weib. Lucius und Sejus ¢eine zwey Knechte. Ein Diener des Pi¢o. Dyphax, Nicetus und Palurus Knechte des Seneca. Ca¢¢ius ein großer Soldat. Stumme Ein Theil der Romi¢chen und Deut¢chen Leibwache. Unter¢chiedene Hencker und Schergen. Reyen des Ge¢chreyes und der Wahr¢ager. Reyen der Klugheit/ des Geluckes/ der Zeit und des Verhangnußes. Reyen der Tyber und der ¢ieben Berge in Rom. Reyen/ darinnen Europa, A¢ia, Africa, Rom und die Sibylla von Cuma.
{
Das Trauer¢piel beginnet den ¢iebenden April des Morgens/ wehret den Tag und die Nacht durch bis wieder an den Morgen. !1"
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Freind] Freund CD Verhangnußes] Verhangni¢¢es CD
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Epicharis
Die Er¢te Abhandlung
!Die Er¢te Abhandlung." Der Schauplatz ¢tellet fur ein verbrenntes Hauß und Garten.
Flavius Scevinus. Antonius Natalis. Epicharis. Subrius Flavius. Sulpicius Asper. Maximus Scaurus. Venetus Paulus.
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Flavius Scevinus. HJer ¢eh’t das guld’ne Rom das Bild der Eitelkeit Den ¢chonen Kirchhof an! Mag die¢es Hertzeleid Ein mehr als ¢teinern Hertz’ auch ohne Thrahnen ¢ehen? Jch ¢ehe mein ¢chon Hauß hier durch den Wind verwehen; Die Baume ¢ind ver¢ang’t/ die wilden Krauter ¢teh’n Viel hoher als die Thurm’/ und auf den Mauren geh’n Unnutze Neßeln auf. Scaurus. Dis ¢ind der Zeiten Fruchte. Sie bauen heute was/ und morgen wird’s zu nichte. Die Jahre ra¢en ¢elb¢t auf ihren eignen Brutt. Was itzt die See an¢atz’t rei¢t die erzurnte Flutt Mit Wucher morgen weg. Die Graber gehn zu Grabe/ Man mißt das Land mit Bley/ die Seen mit dem Stabe; Scheu’t doch die Eitelkeit der Gotter ¢elber nicht/ Wenn ¢ie des Jupiters geweyhtes Bild zerbricht Dianens Heyligthumb/ Neptunus Mauren ¢turmet. Wie ¢olte denn dein Hauß ja Rom ¢elb¢t ¢eyn be¢chirmet Fur Fall’ und Untergang/ die ihre Eltern ¢ind?
vor 1 !Die Er¢te Abhandlung."] fehlt A, ergänzt nach BCD
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Epicharis
Carthagens ko¢tbarn Staub ver¢piel’t itzt Luft und Wind/ ! 2" Mooß decket Babylon/ und Troja faule Buchen/ Dort muß man Stadt’ im Meer’/ hier unter Bergen ¢uchen. Epicharis. Ja! Strom und Kwall ver¢aug’t/ und was man ewig ¢chatz’t. Man hat die Thurme ¢elb¢t vom Nil nach Rom ver¢atz’t/ Man wil den Sternen gar die er¢te Groß’ entziehen Der Sonn’ ihr rechtes Maaß. Alleine ¢ich bemuhen Der Zeit zu maßen bey ¢o viel/ i¢t Aberwitz. Wir heucheln un¢er Schuld. Der ungeheure Blitz Der ¢o viel a¢chert ein/ wird in den ¢chwartzen Hertzen Der Sterblichen gezeug’t. Der Brand/ den wir be¢chmertzen Komm’t vom Verhangnus nicht/ er ruhr’t nicht ungefahr/ Nein/ von der Mißethat des grimmen Blutthunds her. Die Boßheit i¢t der Pful aus dem die Pe¢t ent¢prungen/ Die Rom verzehret hat. Er hat vergnug’t ge¢ungen Von Jliums Verterb/ als die ihm-¢chone Glutt Jn Rom ¢ein Troja fraß. Wer aber wag’t ¢ein Blutt Fur das gemeine Heil? J¢t die¢e Gifft zu dampffen Kein Curtius mehr dar? Wir fallen ohne Kampffen Und ¢eh’n/ weil man uns nur noch heute la¢t zu Ruh/ Der arg¢ten Tiranney wie feige Lammer zu/ Die umb die Schlachtbanck ¢teh’n/ und fur dem Tod’ erzittern. Steck’t nichts mehr Romi¢ches in Romi¢chen Gemuttern? Wo i¢t die edle Zeit/ da man durch Flammen lief/ Da auch ein Weib den Stahl auf die Tirannen ¢chlief Und durch die Fluße ¢chwam. Jtzt i¢t uns leider allen Nicht nur das Hertz allein’/ auch die Vernunft entfallen; Er wuttet ¢o viel Jahr’ und eine geile Nacht Hat die Tarquinier umb Reich und Gei¢t gebracht. Jhr Romer/ wacht doch auf! Ein Sclav i¢t Herr und Konig Des Kay¢ers/ welcher nur ¢ein Leben achtet wenig. ! 3"
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Verhangnus] Verhananus A Verhangnus A(Errata)B Verhangniß CD
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Verterb] Verderb BCD dar] da CD
ihm-¢chone] ihm ¢chone BCD
Die Er¢te Abhandlung
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Kan meine ¢chwache Fau¢t die ¢chone That begeh’n/ So mag mein Flei¢ch der Glutt ¢tracks fur ein Opfer ¢teh’n. Natalis. Wahr i¢t’s der Romer Muth i¢t ¢chier zur Kleinmuth worden Wir ¢eh’n den grimmen Brand/ und ¢ein unmen¢chlich Morden Mit furcht¢amen Gemutt’ und gantz ver¢tarter Hand Ja naßen Augen an. Jedoch euch i¢t bekand: Wer mit zu ¢chwacher Fau¢t ein Ne¢t-voll Drachen ¢toret Der warn’t/ er todtet nicht. Der Pofel der ihn ehret/ Weil er die Klauen nur in edlem Blutte wa¢ch’t Und durch der Reichen Gutt nur ¢einen Geld-Dur¢t la¢ch’t/ Die Schaaren/ die umb Sold ihn Tag und Nacht be¢chirmen Sind durch die Hand-voll Volck nicht moglich zu be¢turmen: Subrius Flavius. Halt die¢er Einwurff uns zu rucke von der That/ Die doch des Adels Kern in Rom be¢chworen hat? Mag ein behertzter Mann ¢ich fur dem Pofel ¢cheuen? Der nach erlittnem Brand’ ihm ¢elb¢t fang’t an zudreuen. Ein Aug’ ein Helden-Blick ¢chreck’t eine gantze Schaar. Sorg’t ihr denn ¢o von der/ die ihn bewacht/ Gefahr? Sind nicht die Redlich¢ten in heil’gen Bund getretten/ Von grimmer Tyranney die Romer zu erretten? Bey uns/ die wir bißher furs Kay¢ers Heil gewach’t Mit unverruckter Treu/ i¢t ¢chon der Schluß gemacht Jhm durch der AdernBrunn den kalten Stahl zu treiben. Ja Rufus un¢er Haupt wun¢ch’t ¢elb¢t zu unter¢chreiben Den Schluß/ den wir gemacht/ weil er den Tigillin Des Blutthund’s rechtes Aug’ ihm ¢elb¢t weit vor ¢iht zih’n.
56 63 64
todtet] todtet A todtet A(Errata)BCD dem] den A dem A(Errata)BCD an zudreuen] anzudreuen AB an zu dreuen CD
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Ne¢t-voll] Ne¢t voll CD
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Epicharis
Epicharis. Was halt uns nun mehr auf behertzt ins Werck zu ¢atzen Dis was die Welt erfreu’n/ die Romer wird ergatzen? Nun durch die Leibwach’ uns der Weg i¢t aufgethan !4" Zu des Tirannen Grufft. Jch ¢elb¢t wil greiffen an Wo mehr kein Manner-Hertz in eurem Bu¢em ¢tecket. Bin ich die andre nicht/ die durch ¢olch Blutt beflecket Das Weiber-Ei¢en hat/ wil ich die er¢te ¢eyn. Ge¢atzt wir mi¢chten auch ¢elb¢t un¢er Blutt mit ein: Ein Thier ein Elefant verlang’t nach dem Gelucke: Daß er nur ¢terbende/ den Drachen mit erdrucke/ Der ihm ¢ein Blutt ¢aug’t aus. Des Ruhms-ver¢pritzte Blutt Fur allgemeine Ruh i¢t eine Purpur-Flutt Daraus die Tugend uns/ die wir großmuttig ¢terben Und lachen Feind und Tod/ muß Ehren-Fahnen farben Die Welt und Nachwelt ruhm’t. Ver¢chiebt/ ihr Helden nicht Dis/ wornach Rom ¢o ¢auffz’t/ der Rath euch billich ¢pricht/ Worzu viel tau¢end uns/ die ¢ein unmen¢chlich Wutten Auch in den Aemptern druck’t/ die Hande werden bitten. Jch ¢elb¢t weiß außer uns viel/ die ihm Spinnen feind Und gramer ¢ind als wir. Venetus Paulus. Wer wird hirdurch gemeint? Epicharis.
95
Jhr kent den Proculus? Maximus Scaurus. Dem nach dem MutterMorden Der Anicet zur See i¢t vorgezogen worden?
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ergatzen] ergatzeu A ergatzen B ergetzen CD Venetus Paulus] Paul. Venet. A Venet. Paul. BCD Dem nach] Demnach A Dem nach BCD
92
bitten] bieten CD
Die Er¢te Abhandlung
Epicharis. Den mein’ ich. Die¢em i¢t neb¢t uns ¢ein Leben feil/ Zu dem beuth er uns an der Schiff-Macht gro¢tes Theil/ Den An¢chlag außzufuhr’n. Venetus Paulus. Wer hat uns den verbunden?
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Epicharis. Wo alle Lib’ und Gun¢t zum Fur¢ten i¢t ver¢chwunden Kan Haß ihm wieder ihn Gefahrten leicht vermahl’n. Venetus Paulus. Wil ¢ie uns den Verlauff des Werckes nicht erzehl’n?
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Epicharis. Der Himmel hat ¢ich mir ¢o ungeneigt erzeuget: Daß ich: Ob Mutter-Milch/ ob mich ein Wild ge¢auget/ Ob Klippen oder wer ¢on¢t meine Eltern ¢ind/ Viel Jahre nicht gewu¢t. Man hat mich als ein Kind ! 5" Den Raubern abgekauff’t am Lylybeer-Strande. Zu Syracu¢e wuchs’ ich auf in dien¢tbarm Stande/ Jedoch lebt’ ich vergnugt und ohne Freyheit frey. Wiewol der Himmel mir warf ¢trenge Herr¢chafft bey Am ern¢ten Dicearch: Von dem in ¢o viel Jahren Jch meinen Uhr¢prung nicht vermochte zu erfahren Den doch die Rauber ihm vermuthlich kund gemacht; Denn als ich funfzehn Jahr in Dien¢ten zugebracht Dorft’ A¢ylas ¢ein Knecht mir Eh’ und Gun¢t antragen; Sein Wun¢ch ward aber ihm vom Herren abge¢chlagen: Mit Vorwand: Daß es doch zu ¢trenge Rache ¢ey: Ein mehr als Edel-Blutt zu legen Sclaven bey.
107 Lylybeer-Strande] Lybybeer-Strande AB Lylybeer-Strande CD 106 108 114 118
gewu¢t] gewu¢t BCD dien¢tbarm] dien¢tbarn BCD funfzehn] funffzehn CD Edel-Blutt] Edel Blut CD
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Epicharis
Subrius Flavius. Der krafftige Geruch entdeckt des Bal¢ams Gutte: Der Glantz den Diamant/ die Tugend das Geblutte: Die lehrt: Daß nur das Gluck i¢t Knecht gewe¢t an dir. Epicharis. Hierauf erzeugte ¢ich der Himmel holder mir. Weil Ariane mir der Außbund die¢er Erden Die Neffe meines Herr’n begonte Hold zu werden.
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Sulpitius Asper. Welch Unmen¢ch konte denn vorher ihr unhold ¢eyn? Epicharis. Die Wolcke ward verkehr’t in heutern Sonnen¢chein. Jch ward der Arian’ als eigen heim gegeben: Bey ihr verzuckert’ ich mein vor vergalltes Leben. Jhr Antlitz war mein Tro¢t/ ihr Thun mein Unterricht/ Ja meine Dien¢tbarkeit war mir kein Dienen nicht. Sie lebt’ in ¢ußer Lu¢t/ ich diente mit Vergnugen/ Bis Ari¢tid und ¢ie von Rom die Bott¢chafft kriegen: Es bla¢e Palamed ihr Bruder ¢chon den Gei¢t Durch hundert Wunden aus. Schnur ¢tracks wird abgerei¢t Den Bruder und den Sohn zum letzten mahl zu kußen. Das Glucke ließ uns zu das große Rom zu grußen/ Und lacht’ uns Anfangs zwar mit Rosen-Lippen an/ Doch bald erfuhren wir: Daß Dorn und Gift nicht kan Entfernt von Anmuth ¢eyn. Wir funden ihn gene¢en Und den/ den Palamed ihm zum Ore¢t erle¢en/ !6" Den Sohn Hermocratens den edlen Held Melint. Venetus Paulus. Erzehle/ wo ¢ie zwey verwundet worden ¢ind.
134 hundert] hunde t A hundert A(Errata)BCD 122 erzeugte] erzeigte CD 126 Wolcke] Sonne BCD heutern] heitern CD 138 erfuhren] erfahren BCD
Die Er¢te Abhandlung
145
Epicharis. Es hatte Nero ¢ie mit ¢einen Morder-Hauffen Auf Antrieb Marcellins ¢o grimmig angelauffen: Daß ¢ie Emilie bey ¢chwartzer Mitter-Nacht Kaum neb¢t Camillen hat halb todt ins Hauß gebracht. Maximus Scaurus. Was trieb den Marcellin ¢olch Mord¢tuck anzugeben?
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Epicharis. Die Ehr- und Eyfer-Sucht/ Die ¢tets nach Blutte ¢treben. Es wohnte Palamed’ einsmahls den Schau¢pieln bey/ Damals von allem Reitz der blinden Liebe frey/ Ward aber auf einmal verliebet in Camillen/ Emili’ in Melint. Umb Palamedens Willen Muß neben ihm Melint Camillen ¢uchen heim. Antonius Natalis. Der Frauen Schonheit i¢t ein zeher Seelen-Leim/ An dem die Fliegel ¢elb¢t der Tugend kleben bleiben. Epicharis. Lern’t/ wie uns Thorchte doch muß das Verhangnus treiben. Da¢elb¢t macht Marcellin mit beyden ¢ich bekand/ Zu dem Camille vor ihr gantzes Hertz gewand/ Bemuht des Kay¢ers Gun¢t ¢ich ihnen zu zuneigen. Sie mußen endlich gar mit auf den Schauplatz ¢teigen/ Auf welchem ihre Kun¢t das er¢te Kleinod krigt. Ja Nero/ welchen ¢ie ¢o uberaus vergnug’t Spricht Syracu¢e frey/ auf des Melintes Bitte Von allen Schatzungen. Subrius Flavius. J¢t des Tirannen Gutte Hier nicht zu karg gewe¢t? 143 155 156 163
¢einen] ¢einem BCD Fliegel] Flugel BCD Verhangnus] Verhangniß CD Syracu¢e] Syracu¢a CD
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Epicharis
Epicharis. So viel trag’t Marcellin Als aber ¢ich Camill’ itzt ¢ein ¢uch’t zu entzieh’n Erfor¢ch’t er Cyanen bis ¢ie ihm Nachricht giebet: Daß Palamedes ¢ey in ihre Frau verlibet. Hort: Was die Eyfer¢ucht fur Schelm¢tuck ¢tiften kan. Der Marcellin klag’t ¢ie beim Kay¢er Undancks an Sagt: Daß ¢ie den Ge¢ang des Kay¢ers durchgezogen. !7" Der Kay¢er wird ¢chnur ¢tracks zu Rach’ und Grimm bewogen Und/ weil dem Marcellin bereit verkund¢chafft war Des Palamedes Gang/ greift er neb¢t ¢einer Schaar Die edlen Helden an: Ja als/ wie ich erzehlet/ Dem fal¢chen Marcellin ¢ein Meichel-Mord gefehlet; Erweg’t er/ daß Betrug mehr als Gewalt offt thu’ Und ¢chickt dem Palamed’ ein giftig Pfla¢ter zu. Da die¢er Argli¢t auch durch Vor¢icht vor ward kommen/ Ward zwar das Schwerd von ihm noch ein¢t herfur genommen; Doch die¢en blutt’gen Sturm hat zweyer Sclaven Muth Großmuttig abgeweltz’t/ und ihr recht edel Blutt Fur beyder Herren Heil und ihrem Ruhm ver¢pritzet. Venetus Paulus. Hatt’ es durch di¢en Schlag nun gantzlich außgeblitzet?
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Epicharis. Bis Marcellin den Glantz der Arian’ erblick’t/ Die ihn durch einen Strahl gantz au¢er ihm entzuck’t. Maximus Scaurus. So i¢t die Eyfer¢ucht ver¢chwunden umb Camillen.
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Epicharis. Noch großre ¢paan ¢ich an umb Arianens willen. Denn der durch di¢e Brun¢t bey ihr erregte Schmertz Traf Palamedens Seel’ und des Melintes Hertz. 169 die] dte A die A(Errata)BCD 176 Meichel-Mord] Meuchel-Mord C
Die Er¢te Abhandlung
Als Marcellin ¢ich ¢iht verhaßter als die Spinnen Muht er durch Wunder ¢ich ihr Hertze zu gewinnen: Befleck’t mit bo¢er Lu¢t Dianens keu¢ches Hauß/ Putz’t ¢ich wie Jupiter mit Blitz und Adler aus.
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Antonius Natalis. Damit ja ¢ein Betrug gar Gottlich ¢ey be¢cheinig’t? Epicharis. Laßt/ wo ¢ich Arian’ im heil’gen Bade reinig’t/ Sich/ wie zu Danaen auf Wolcken zu ihr ab Ja/ als dis Mummwerck ihm nicht ¢att¢am An¢ehns gab/ Wag’t er ¢ich mit Gewalt der Keu¢chheit reine Bluthe Zu erndten von ihr ein. Allein ihm miß-geriethe Sein Frevel/ weil neb¢t mir Dianens Prie¢terin Jn das Gemach drang ein. Sulpitius Asper. Wo kam der Gott dahin? ! 8"
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Epicharis. Sein Leib ¢tieg in die Lufft/ ¢ein Gei¢t auf neue Tucken. Er ließ den Ari¢tid’ aufs freundlich¢te be¢chicken Verlangende zur Eh’ ihm ¢ein geliebtes Kind. Sie ¢age was ¢ie wil/ ihr Vater wird ge¢inn’t Dem Schlimm¢ten auf der Welt die Be¢te zu vermahlen. Weil ¢ich ¢o ¢ie/ Melint/ und Palamedes kwalen Ver¢chleyer ich nach Art der Ariane mich Geh’ in das Heyligthum/ wo Marcellinus ¢ich Verzweifelnde befand/ und melde: wie ich glimme Fur heißer Liebes-Brun¢t/ ihm mit verbroch’ner Stimme. Des Wiederwillens Kwall ¢ey Palamed’ allein’/ Er ¢olte ¢ich zur Nacht in Garten finden ein Der an der Tiber lig’t umb un¢er Lu¢t zu bußen. Der Thorchte folg’t und komm’t und laßt ¢ich dar ver¢chlußen Bis ich den dritten Tag nach dem er fa¢t ver¢chmach’t Jhm ¢ein be¢timmtes Grab hoch¢t ungern aufgemach’t Auf Arianens Hei¢ch. vor 196 Epicharis.] Epichat. A Epichar. BCD
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Epicharis
Venetus Paulus. Kont’ er den Schimpff ver¢chmertzen?
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Epicharis. Die Galle ¢tieg hierauf ihm wieder zu dem Hertzen. Daß nichts als Rache kocht’. Er mahlt dem Kay¢er fur Der Ariane Lob/ doch ¢ag’t er: Daß er ihr Nicht wurde/ ¢onder Blutt der Freind¢chafft/ habhaft werden. Dem/ der es ¢chlechter ¢chatz’t als Schwamme ¢chlechter Erden Als Amphitritens Saltz/ gefallt der An¢chlag wol: Daß man ihr Hauß ring’s her in’s Feuer ¢atzen ¢ol; Und mit bewehrter Schaar iedwedes Thor umbringen. Umb¢on¢t! Die Tugend weiß durch Flamm und Stahl zu dringen Die Helden brechen durch und bringen au¢er Noth Und Rom/ uns inge¢ammt. Selb¢t Marcellin bleibt todt/ Durch des Melintes Fau¢t. Als aber er zu Nachte ! 9" Den Weg zu for¢chen aus neb¢t Palameden dachte/ Wird die¢es edle Paar von Nerons Volck’ umbring’t/ Und hin nach Rom gefuhr’t. Mein treu Gemutte zwing’t Jn Manner-Kleidern mich den Helden nach zuziehen. Jn dem/ daß ¢ie umb Schutz der Un¢chuld ¢ich bemuhen/ (Weil man fur ihre That den grau¢en Mord-Brand halt) Nehm ich ein Knecht zu ¢eyn vom Kerckermei¢ter Geld/ Ver¢chaffe Seil und Schiff ¢ie beyde frey zu machen. Der Palamedes laß’t ¢ich glucklich in den Nachen/ Stracks aber fall’t die Zinn’ an der das Seil hing ein. Was ¢ol Melintes thun im Fall er frey wil ¢eyn? Es muß ¢ein Bettuch ihm zu einem Segel werden/ Er ¢chiffet durch die Luft und laßt ¢ich ab zur Erden. Maximus Scaurus. Glutt/ Lufft und Welle wird den Tugenden zur Bahn.
228 Stahl] Sthal A Stahl BCD 241 der] dem ABCD 223 Freind¢chafft] Freund¢chafft BCD 230 inge¢ammt] insge¢ammt D
Die Er¢te Abhandlung
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Epicharis. Wir kamen endlich wol zu Syracu¢en an/ Allein’ als ¢ich Melint und Arian’ ent¢chlußen Der Lib’ in keu¢cher Eh’ und Wollu¢t zu genußen/ Muß mit dem Dicearch die Arm¢te nach Corinth/ Weil er ¢ie zu vermahl’n mit Pi¢i¢traten ¢innt/ Und auf ihr Weigern ¢ie in Junons Tempel ¢tecket. Jedoch ward dem Melint durch mich ein Weg entdecket: Daß Ariane wird aus Ang¢t und Hafft gebracht/ Zur Haupt¢tadt in Epir. Gleich/ als ¢ie ¢ind bedacht Zu der Vermahlung ¢ich in Tempel zu erheben/ Wird offentlich Befehl vom Kay¢er außgegeben: Zu bringen des Melint und Palamedens Haupt. Als allen die¢e Po¢t fa¢t Hertz und Sinn geraub’t Ent¢chluß’ ich als ein Mann mich wieder zu vermummen/ Verfuge mich an Port zu ¢chau’n: ob fort zu kommen Wo noch ein Mittel ¢ey. Zum Ungluck trifft mich dar Der Kerckermei¢ter an/ dem ich entlauffen war; Hei¢ch’t fur den Hauptmann mich. Jch/ ¢agt’ ich/ muß ge¢tehen: Daß ich mich ihm verkaufft. Doch/ wil er in ¢ich gehen/ Muß er: Daß ich mich ihm auf Wieder-Kauff ge¢tell’t Nachgeben/ und daß er noch bey ¢ich hat ¢ein Geld. Jch ward/ weil Gegentheil dis nachgab/ loß ge¢prochen. ! 10" Hierzu komm’t Dicearch: Ha¢tu dich hier entbrochen. Sag’t er/ ¢o wir¢tu doch wol meine Sklavin ¢eyn. Wo aber ¢teck’t Melint? Mir i¢t durch keine Pein/ Sag’t ich/ ob ichs zwar weiß/ die Nachricht abzuzwingen. Man heißt mich leider! nur in nech¢ten Kercker bringen: Aus denen die mich fuhr’n nehm’ ich des Arcas wahr Dem raum’ ich in ein Ohr: Wo/ und in was Gefahr Sein Herr Melintes ¢ich neb¢t Palameden finde. Der treu¢te/ daß er ja ¢ich immermehr verbinde/ 253 gebracht] gebracht’ AB gebracht CD 253 256 268 269 274
wird] wurd CD offentlich] offentlich CD Ha¢tu] Ha¢t du CD wir¢tu] wir¢t du CD raum’] raun CD
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Epicharis
Trifft die Be¢turtzten an; bring’t ihnen ¢chmertzhafft bey: Mein Ungluck/ und daß er ein Kriegsknecht worden ¢ey Alleine fur ihr Heil/ weil er zu Rom erfahren: Wie Nero wieder ¢ie ent¢chloßen zu gebahren; Sagt: Daß Trebaz ¢o ¢ehr nach ihrem Leben ¢teh/ Weil fur Melintens Mord ihm hab’ Emilie Gelobet Eh und Hold. Doch deßen ungeachtet/ Wird von dem Palamed auf einen Weg getrachtet/ Zu retten aus der Hafft ¢ein lieb¢tes Kleinod mich. Auf Arcas Unterricht fug’t er zum Kercker ¢ich/ Und leg’t durch Dolch und Stich/ die beyden Wachter nieder. Zeucht aus den Faßeln mir die halb ver¢tarrten Glieder. Jch aber/ daß ich mich mehr ¢icher fluchten kan/ Leg’ einen Helm und Rock der todten Schildwach’ an/ Komm’ in den mir vorher von ihm be¢timmten Garten. Nach dem ich aber nicht den Palamed’ erwarten Auch die Verlaßenen nicht wieder finden kan Geh’ ich an Port und treff’ ein fertig Schiff dar an/ Auf dis verfug ich mich nicht for¢chend/ welch Ge¢tade Die Segel kie¢en ¢oll’n. Sulpitius Asper. Der Umbweg i¢t gerade Dem der der nahen Noth ¢ich ¢uchet zu entzieh’n/
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Epicharis. Weil ich von langer Wach’ und Kummer mude bin/ Sinck’ ich in tieffen Schlaff/ in dem ward man gewahre Wie von dem Athem hohl’n mein Bu¢em aufwerts fahre. !11" Man reiß’t das Kleid mir auf/ und als man/ wer ich bin/ Erkennet/ fuhret man mich fur den Hauptmann hin. Dis war er Proculus: Jch meld auf ¢ein Befragen/ Umb ihm auf allen Fall hierdurch ¢tracks abzu¢chlagen/ Was wieder Keu¢chheit er mir dorffte mutten zu: Daß ich dis frembde Kleid zum Nachen meiner Ruh Zu meiner Ehre Schirm aus Noth ergreiffen mußen/ Nach dem Trebaz mich hatt’ in Ketten laßen ¢chlußen 282 Melintens] Melintes BCD 300 Bu¢em] Bu¢en BCD
Die Er¢te Abhandlung
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Umb daß ich meine Freind ihm nicht verrathen woll’n Die er auf Nerons Heiß der Schlachtbanck opffern ¢oll’n. Nach dem er lang’ umb¢on¢t recht Henckri¢ch mich gehandelt/ Hett’ er die Bluttbegierd’ in bo¢e Lu¢t verwandelt Doch hette mich die Gun¢t des Himmels ¢o begluck’t: Daß ich verkleidet Brun¢t und Tiranney beruck’t Und unter ¢einen Schutz mich hette fluchten konnen. Jhr Gotter! mog’t ihr noch dem Lowen Platz vergonnen? Fuhr Proculus heraus/ der voller Blutt¢chaum kleb’t Der Un¢chuld/ und an’s Brett nur ¢eine Hencker heb’t. Man hat dem Anicet mich jung¢thin nachge¢etzet/ Weil er mit Blutte ¢ich der Mutter hat genetzet/ Und ich kein Buben¢tuck des Nero nicht vollbracht. Wiewol/ die Rach’ i¢t ¢chon bey Tau¢enden erwach’t Sie glimm’t in aller Bru¢t/ und wird gantz Rom anzunden So bald ein Haupt ¢ich wird der guldnen Freyheit finden. Dis hort’ ich hochvergnug’t/ weil ich dem Nero mehr Als Nattern unhold war. Haß’t ihr ¢ein Joch ¢o ¢ehr/ Sprach ich/ und Niemand wag’t ¢ich ¢elbtes abzuwerffen Jch wil den er¢ten Dolch auf die¢en Panther ¢charffen Und lehr’n: Daß auch ein Weib Tyrannen ¢turtzen kan. Du/ ¢agt’ er/ wir¢t in Rom ihr Tau¢end treffen an/ Die auf ein Wort dir ¢ind begierig bey zu pflichten. Jch ¢elb¢t vereyde mich den Blutthund hin zurichten So bald die Lu¢t ihn zih’t an den Mi¢ener Strand/ Die Schiffmacht geh’t hierzu mir willig an die Hand. So weit gieng un¢er Schluß. Jedoch hab’ ich vernommen: !12" Daß er ¢eit dem hieher nach Rom mir nach ¢ey kommen Den An¢chlag außzufuhr’n. Weil Nero nach Mi¢en So bald nicht dorffte zih’n.
318 heb’t] hebt’ AB hebt CD 309 Freind] Freund BCD 319 mich] mir BCD
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Epicharis
Natalis. Man muß behutt¢am gehn/ Wie un¢chwer auch/ mein Kind aus deinen Wundern blicket: Daß dich der Himmel uns zur Rettung hat ge¢chicket. Dem Proculus zu viel zu trauen/ i¢t nicht Rath: Der von der Zung’ ein Mann/ ein Weib i¢t in der That. Epicharis. Hat er die Arth an ¢ich/ werd’ ich mich ¢ein entbrechen. Dem i¢t kein Werck zu trau’n der nur pfleg’t groß zu ¢prechen/ Und donnert/ eh er ¢chlag’t. Jhr Helden euer Muth Darf keiner Armen mehr. Subrius Flavius. Jedoch halt ich’s fur gutt Uns noch dem Seneca/ wo moglich/ zu verbinden Oft weiß ein Cyneas ein Ne¢tor Rath zu finden Wo kein Achilles taug.
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Maximus Scaurus. Jch ¢orge/ die¢er Stein Den Nero ¢elb¢t ge¢atz’t wird nicht zu weltzen ¢eyn. Sulpitius Asper. Den Grund¢tein ¢einer Treu’ hat Nero ¢elb¢t verrucket. Maximus Scaurus. Wordurch? Sulpitius Asper. Als er ihm jung¢t hat heimlich Gifft ge¢chicket.
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Natalis. Laßt die¢e Sorge mir/ und wißt: Daß Pi¢o ¢ich Furlang¢t umb ihn bemuh’t. Gleich itzo fug’ ich mich Nach Hau¢e ¢einen Schluß dar endlich einzuzihen Jhr ¢elb¢t/ im Fall ihr euch wollt in mein Hauß bemuhen Konn’t hinter der Tapet’ aus ¢einem Mund ihn hor’n. 344 trau’n] traun’ A trau’n B traun CD
Die Er¢te Abhandlung
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Epicharis. Wir folgen. Aber ¢ol der Morgen uns nicht lehr’n: Daß/ wer nicht ¢chleunig la¢ch’t/ vergehe durch die Flammen/ So ruffet unverlang’t die edle Schaar zu¢ammen Die Eid und Bund neb¢t uns gieng auf den Blutthund ein. Natalis. Jch wil ¢ie in mein Hauß zu bringen muh¢am ¢ein. ! 13"
Epicharis. Scevinus. Subr. Flavius. Sulpit. Asper. Max. Scaurus. Venetus Paulus.
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Subrius Flavius. Der Schluß i¢t zwar gemach’t den Lowen zu bekampffen; Wer aber ¢ich den Brand der Neßeln muh’t zu dampffen/ Muß giftge Wolfs-Milch nicht in Garten pflantzen ein. Wo mein Verdacht nicht irr’t/ gewinn’t es ¢chier den Schein/ Als muhe Pi¢o ¢ich ins Kay¢ers Thron zu ¢pielen. Schein’t euch nicht ¢elb¢t Natal auf die¢en Zweck zu zielen? Weil er beim Seneca ¢o eifrig ¢ich bewirb’t Jhn ihm zu liben ein Scevinus. Wenn nur der Blutthund ¢tirb’t/ So her¢che/ wer da wil. Epicharis. Was brachte dis fur Fruchte: Daß man von Nattern ¢ich zu grimmen Drachen fluchte?
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Scevinus. Wer hat den Pi¢o ¢o bey Rom und euch vergall’t: Daß euer Schluß ihn nicht fur her¢chens-wurdig halt? Die Tugend i¢t gepfropfft in Stamm-Baum ¢eines Bluttes. Schaff’t ¢ein bered¢am ¢eyn den Burgern nicht viel Guttes 365 giftge] gifftige B
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Epicharis
Wenn er der Un¢chuld dient? Er laß’t die milde Hand Bey jedem Freinde ¢ehn. Ja Frembden i¢t bekand Des Pi¢o Freindligkeit. Man muß des Gluckes Gaben Die Kraften/ die Ge¢talt ¢elb¢t lieb am Pi¢o haben. Sulpitius Asper. Verzeihe mir mein Freind/ was man an Pi¢o ruhm’t J¢t keine Tugend nicht. Der La¢ter Unkraut blum’t Mit Tugend-Ro¢en ¢ich. Wo ¢ind die ern¢ten Sitten? Wenn und wo wird von ihm der Wollu¢t was be¢chnitten? !14" Der Pofel ehr’t ihn ja/ dem bey gewohnter Lu¢t Der Sunde/ nicht der Preiß der Tugend i¢t bewu¢t. Scevinus. Die Zeit erfordert es: Daß man der Tugend Lehren/ Weil ¢ie was bitter ¢ind/ floß’t in den Zucker-Rohren Vergonnter Wollu¢t ein. Weil Rom auf die¢en Tag Kein ¢trenges her¢chen mehr des Numa dulden mag. Epicharis. Was? Rom ¢ol gar kein Joch mehr ein’ger Herr¢chafft tragen. Was nutzt’ es Gutt und Blutt fur aller Heil zu wagen/ Wenn nicht die Freyheit ¢ol der Tugend Siegs-Krantz ¢eyn? Rom ¢atz’t fur den Tarquin ¢elb¢t nicht den Brutus ein/ Wiewol er es erlo¢t? Die Schlang’ i¢t nicht be¢tritten Hat ihr ein Hercules den Kopff gleich abge¢chnitten. Es muß ein gluend Stahl/ dafern man wil verwehr’n: Daß nicht dis gift’ge Blutt mehr Kopffe ¢ol gebehr’n/ Den abgehaunen Strumpff der Tiranney ver¢angen. Woll’n wir mit Blutte des Tirannen uns be¢prengen/ So muß man keinen mehr zum Abgott ¢atzen ein. Kein Claudius kan nicht hold dem Cherea ¢eyn Und Caßius vergieng durch des Augu¢tus Degen/ Der doch ent¢chloßen war den Purpur abzulegen Die Freyheit einzufuhr’n.
378 Freinde] Freunde BCD 379 Freindligkeit] Freundligkeit BC Freundlichkeit D 381 Freind] Freund BCD
Die Er¢te Abhandlung
Maximus Scaurus. Mißtu dem Glauben bey/ Daß ¢olch ¢cheinheilig Werck ¢ein Ern¢t gewe¢en ¢ey? Kein Printz gibt ohne Zwang des Zepters Hefft aus Handen.
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Epicharis. Es ¢ey dem wie ihm wil; Woll’n wir in Hafen lenden So anckert an den Fels der knecht¢chen Syrten nicht/ An dem bey Sonnen¢chein offt Schiff und Ma¢t zerbricht. Das Kleinod un¢ers Sieg’s das i¢t der Freyheit Wurde. Die lind’¢te Dien¢tbarkeit i¢t keinmal ohne Burde. Jhr Joch macht gar den Sand der Todten Grufte ¢chwer: Daß kein ent¢eelter Leib/ der nicht von Tugend leer Von Kleinmuth ¢chwanger war/ der ¢anfte Ruh kan haben. ! 15" Laßt meiner Glider A¢ch’ in Rom ja nicht vergraben Wo noch der Erden Haupt der Knechte Knecht ¢ol ¢eyn. Ge¢atzt auch nicht entraum’t: Der Tugend reiner Schein Bemuhe ¢ich den Thron dem Pi¢o zu erwerben. Sih’t man die Schlangen nicht in weichen Ro¢en ¢terben Durch die der Tugend Bild Canopus ¢tellte dar Weil unter ihrer Arth nicht eine Weiblich war? Die Fruchte die der Brand der Neßeln nicht ver¢ehret Verfaul’n in Lilg’ und Klee. Dis/ edle Helden/ lehret: Daß ¢elb¢t die Tugend nicht bey Glucke tauren kan/ Die Wollu¢t-Raupe kleb’t auch an die Lorbern an Wenn Gluck und Sonn’ ihr ¢chein’t: Sol Pi¢o Kay¢er werden So wird ¢ein Grimm/ den er mit ¢cheinbaren Gebehrden Hat bis hieher ver¢teck’t/ mit Macht ¢ich brechen fur Denn jede We¢pe ¢ucht ein Ne¢t im Purper ihr. Ja die der Tugend Reitz beym Ungeluck empfunden/ Verterben im Geluck’. Rom fuhlt die Seelen Wunden Die Nero ihr gekerbt/ der/ aus der Tauben-Arth Als er zum her¢chen kam/ ein Ba¢ili¢cke ward. Da nun die fruchtbarn Stamm’ in die¢em Wollu¢t-Gartten 435 Stamm’ in] Stamm in’ A Stamm in BCD 409 den] dem BCD 430 Purper] Purpur CD 432 Verterben] Verderben BCD
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Epicharis
Selb¢t wilde Frucht gebehrn: Was hat Rom zu erwartten Vom Pi¢o? kaumt bey ihm nicht jedes La¢ter ¢chon? Das Gift laßt ¢ich noch heil’n/ wormit der Scorpion Auf Erden uns verlatz’t; Wenn aber der verletzet/ Der in den hohen Thron der Sternen i¢t ver¢atzet/ Steck’t ¢ein vergiftet Brand oft gantze Lander an. Nun urtheilt: Was ¢o denn uns Pi¢o ¢chaden kan Sol die¢er Wurm ein Stern ja eine Sonne werden Der ewigen Stadt Rom. Subrius Flavius. Wahr i¢t’s. Wer den Be¢chwerden Vernunftig rathen wil/ braucht wider Pe¢t und Gifft Nicht Artzney/ die das Weh der Kranckheit ubertrifft. Entdecket: Was fur Nutz uns di¢er Wech¢el traget/ Wenn Nero wird ge¢turtz’t der auf der Zither ¢chlaget/ Und auf des Gaucklers Stul ein Trauer-Sanger ¢teig’t? ! 16" Jch ruhm’ auch: Daß dein Gei¢t der Freyheit i¢t geneig’t; Alleine/ daß das Haupt des Hauptes die¢er Erden Sol Rath und Burger ¢eyn/ kan zwar gewun¢chet werden Doch nicht ins Werck ge¢atz’t. Epicharis. Was dring’t Rom und der Welt Ein Haupt zum Herren auf?
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Subrius Flavius. Dis/ daß man’s beßer halt/ Wenn einer/ als wenn vil das Steuer-Ruder leiten. Epicharis. Viel Armen konnen mehr als eine Fau¢t be¢treiten.
443 werden] werden. ABCD 441 vergiftet] vergiffter BCD 455 wenn] wann CD
Die Er¢te Abhandlung
Sulpitius Asper. Des Reiches gantzen Leib be¢eelet nur ein Gei¢t. Epicharis. Wie? Wenn ein Wutterich ¢elb¢t Leib und Reich zerreißt? Maximus Scaurus. Es i¢t erleidlicher/ als wenn die Menge wuttet.
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Epicharis. Der Menge wird ¢o bald nicht Kopf und Witz zerruttet Venetus Paulus. J¢t ihr die Ra¢erey der Grachen unbekand? Epicharis. Wie bald wird nicht gela¢ch’t ¢elb¢t durch ihr Blutt ihr Brand? Scevinus. Wie viel hat Marius und Sylla Blutt ge¢offen? Epicharis. Hat jenen Nero nicht/ den Cajus ubertroffen?
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Subrius Flavius. Des Burgermei¢ters Kopf gerieth dort auf den Pfal. Epicharis. Der Cajus todtete die Rathsherrn allzumal. Sulpitius Asper. Jhr Blutt ward dort ver¢pritz’t auf noch Be¢eelter Grabe.
459 erleidlicher] erleidllcher A erleidlicher A(Errata)BCD vor 461 Venetus Paulus] Paul. Ven A Ven. Paul. BCD 464 jenen] jenem BCD
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Epicharis
Epicharis. Hier wun¢ch’t ein Fur¢t: Daß Rom nur einen Nacken habe. Maximus Scaurus. Die blutt’gen Kopfe ¢ind dort ¢chon¢te Schau-Gericht’.
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Epicharis. Vergieng Britannicus ans Brudern Taffel nicht? Venetus Paulus. Man ¢chlinget Flammen dort als Artzney der Be¢chwerden. !17" Epicharis. Hier muß der Un¢chuld Flei¢ch ein brennend Nachtlicht werden. Scevinus. Dort wird der Gotter Bild durch heylig’s Blutt be¢prutz’t. Epicharis. Schaut: wie hier Cajus Pferd das Pri¢terthum be¢itz’t.
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Subrius Flavius. Dort mußen Vater/ Sohn einander todten ¢ehen. Epicharis. Hier i¢t der Mutter-Mord vom Nero ¢elb¢t ge¢chehen. Sulpitius Asper. Dort jag’t ein Henckers-Knecht Furcht einem Fur¢ten ein. Epicharis. Sol fur dem Cajus nicht Neptunus furcht¢am ¢eyn? Maximus Scaurus. Der Pri¢ter A¢che wird in Ve¢tens Glutt begraben.
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Epicharis. Wil Cajus nicht den Mond’ hier gar be¢chlaffen haben?
Die Er¢te Abhandlung
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Venetus Paulus. Es ruhme die Gewalt des Volckes wer da wil Glaubt ein Tyranne ¢ey ertraglicher/ als viel: Ein Ba¢ili¢chke wird viel leuchter auch bekampffet/ Als ein Viel-kopficht Thier. Wenn Cinna wird gedampffet/ Wenn Marius er¢tick’t folg’t Sylla/ und Sertor; Nach Catilinen komm’t/ Pompejens Zwi¢t hervor. Ja als Anton vergieng/ ward fur die Zwitracht Wunden Kein beßer Pfla¢ter mehr in Rom und Welt gefunden Als eines Hauptes Wahl.
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Epicharis. Schluß’t was euch tauglich ¢cheint: Weil ihr der Freyheit Gold nicht zu ertragen mein’t.
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Subrius Flavius. Der Klugheit muß oft Gifft zu Salb und Pfla¢ter dienen. Zwar rath ich: Wenn wird ¢eyn die guldne Zeit er¢chienen Jn der der Blutthund fiel; ¢o treibt den warmen Stahl Auch durch des Pi¢o Bru¢t heb’t aber durch die Wahl Den Wurdig¢ten in Thron. Epicharis. Wen werden alle loben? ! 18" Sulpitius Asper. Den ¢ie erkie¢en wird. Epicharis. So wird hirzu erhoben Seyn un¢er Seneca. Subrius Flavius. ¢tim’t/ ihr/ ich ¢age ja.
487 die Zwitracht Wunden] dir Zwitracht Wunden A die Zwitracht Wunden B die Zwitracht-Wunden CD 483 Ba¢ili¢chke] Ba¢ilißke BCD
leuchter] leichter BCD
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Epicharis
Alle. Der Blutthund Nero ¢terb’/ es her¢che Seneca/
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Sulpitius Asper. Jch eile zum Natal den Seneca zu finden/ Dar ihn uns durch den Schluß/ wo moglich zu verbinden.
Der Schauplatz ¢tellet fur des Natalis Gemach.
Natalis. Seneca. Sulpitius Asper. Natalis. Wie mach’t ihm Seneca dis leichte Werck ¢o ¢chwer? Seneca. Jch wun¢chte: Daß dis Werck nicht nur unmoglich wahr? Natalis. J¢t’s glaublich: Daß dein Muth dis Thun nicht moglich ¢chatze? Seneca. Jch kan dis nicht/ was ¢chon laufft wider die Ge¢atze.
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Natalis. Wer ¢atzet: Daß man nicht Tyrannen ¢turtzen ¢ol? Seneca. Selb¢t aller Volcker Recht. Natalis. Die min¢ten heißen’s wol. Seneca. Hat ein vernunftig Volck je woll’n ¢ein Haupt beher¢chen?
Die Er¢te Abhandlung
Natalis. Tirannen hat ge¢turtz’t Rom/ Grichenland/ und Per¢en. Seneca. Der Per¢en Satzung heiß’t den Konig bethen an.
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Natalis. Ward Smerdes nicht verdamm’t und Xerxes abgethan? Seneca. Der Mohren Oberhaupt i¢t fa¢t zum Gotte worden. Natalis. Wenn es ihr Pri¢ter heiß’t/ mus es ¢ich ¢elb¢t ermorden. Seneca. Durch bo¢er Men¢chen That wird oft das Recht verlatz’t. !19" Natalis. Athen hat Tra¢ybuln hirumb ¢o hoch ge¢chatz’t.
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Seneca. Der die Tyrannen ¢chlug/ ward wieder ¢elb¢t er¢chlagen. Natalis. Sein Ruhm leb’t/ und man ¢ih’t ¢ein Bildnus Lorbern tragen. Seneca. Man pflantzet Lorbern oft auf ein nit heylig Grab. Natalis. Das Volck zu Argos ¢prach den Kopf Ore¢ten ab. Seneca. Die Romer urtheiln nicht nach Argos Bluttge¢atzen.
510 Smerdes] Schmerdes B 516 Bildnus] Bildniß CD 517 nit] nicht BCD
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Epicharis
Natalis. Wie daß ¢ie den Tarquin des Reichs verlu¢tig ¢chatzen? Seneca. Es ko¢tete gleichwol kein Blutt nicht den Tarquin. Natalis. Den Mel- und Manlius/ ja auch den Vicellin. Seneca. Als ¢ie aus Burgern ¢ich zu Her¢chern machen wolten. Natalis. War Cæsar nicht ¢chon Fur¢t/ als ihm ward abgegolten?
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Seneca. Der Morder Blutt gerieth aufs grimme Rach-Altar. Natalis. Wie/ daß denn Niemand nicht des Cajus Racher war? Seneca. Hat Claudius den Gei¢t Chæreen nicht verkurtzet? Natalis. Nicht/ weil ¢ein Helden-Muth Caligulen ge¢turtzet. Seneca. Die Gotter ¢prechen recht nur uber Fur¢tenBlutt.
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Natalis. Kein Blutt ¢on¢t i¢t ¢o ¢ehr zu ¢ußen Opfern gutt. Seneca. Man muß die Tyranney wie Hagel/ Mißwachs dulden Natalis. Der Himmel ¢trafft nicht mehr als wir’s umb ihn ver¢chulden.
Die Er¢te Abhandlung
Seneca. Ein Knecht tragt’s/ wenn der Herr gleich ¢traffet uber’s Ziel. Natalis. Wie/ daß uns Romer man zu Knechten machen wil?
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Seneca. J¢t Rom freywillig nicht den Kay¢ern dien¢tbar worden? Natalis. Kein Men¢ch gab ihnen Macht iedweden zu ermorden. Seneca. Das Unrecht ¢elb¢t wird recht/ wenn Fur¢ten es gefall’t !20" Natalis. Ein Fur¢t bleibt Fur¢t/ ¢o lang er ¢ich in Schrancken halt. Seneca. Wer waget Fur¢ten ¢ich in Schrancken einzu¢chlußen?
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Natalis. Die fur ihr Vaterland ihr Blutt mit Ruhm vergießen. Seneca. Ein Unterthan erwirb’t nur durch Gehor¢am Ruhm Natalis. Du ¢chatz’¢t vertrautes Gutt des Reichs fur Eigenthum. Seneca. Des Volck’s Gewalt hor’t auf/ wenn ¢ich des Fur¢ten zeuget.
542 ¢chatz’¢t] ¢chatz¢t’ AB ¢chatz¢t CD 537 ¢elb¢t] ¢el¢t B 539 einzu¢chlußen] einzu¢chlie¢¢en BCD 543 zeuget] zeiget CD
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Epicharis
Natalis. Und wehret/ weil das Volck dem Fur¢ten i¢t geneiget.
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Seneca. So bleib’t der ¢tets/ der her¢ch’t/ des Pofels Gauckel¢piel. Natalis. Der i¢t kein Haupt/ den Leib und Volck nicht haben wil. Seneca. Wie daß in Rom auch Stahl und Volck den Kay¢er ¢chutzen? Natalis. Die Wache ¢elb¢t mag’s Schwerd auf’s Fur¢ten Boßheit ¢pitzen. Seneca. Der Fur¢ten Lorberkrantz bleib’t auch vom Donner frey.
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Natalis. Gib nach: Daß Romulus im Blitz vergangen ¢ey; Seneca. Und gleichwol in den Rath der Gotter aufgenommen. Natalis. Der Nero aber wird in Schmach und Abgrund kommen. Seneca. Das gegenwert’ge Reich i¢t ¢tets ¢chwer und verhaß’t. Natalis. Der Romer Nacken fuhl’t des Blutthunds Zentner-La¢t
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Seneca. Die La¢ter werden ¢eyn/ weil Men¢chen werden leben. vor 552 Natalis] Naral. A Natal. BCD 544 wehret] wahret CD 554 Zentner-La¢t] Zenter-La¢t B
Die Er¢te Abhandlung
Natalis. Der Be¢te von dem Volck’ i¢t auf den Thron zu heben. !21" Seneca. Wer auch den Be¢ten wun¢ch’t/ muß leiden den Gott ¢chick’t Natalis. Wol dem/ den eh der Tod als ein Tyran anblick’t. Seneca. Die Ungedult vermehr’t ertragliche Be¢chwerden.
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Natalis. Hier mu¢te die Gedult ¢elb¢t ungedultig werden. Seneca. Der Her¢cher Grimm wird mehr durch Wiederwill’n erreg’t Natalis. Die Burde wird gehauff’t dem/ der ¢ie willig trag’t. Seneca. Die Unmuth aber ¢chwell’t die Schmertzen und die Wunden. Natalis. Des Panthers Blutt muß ¢eyn aufs Panthers Biß gebunden
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Seneca. Gehor¢am ¢chaffet Ruh/ Hartnackigkeit Gefahr. Natalis. Dein Lehren bau’t in Rom Bu¢iris Blutt-Altar. Seneca. Durch Demuth ¢anftig’t man die Lowen und Tirannen. Natalis. Es i¢t mehr ¢icherer ¢ie beyde weg verbannen.
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Epicharis
Seneca. Ein Schutz-Schild dien’t hier mehr/ als ein verletzend Schwerdt.
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Natalis. Die Un¢chuld wird verfolg’t/ die La¢ter ¢chatzt man werth. Seneca. Viel beßer i¢t’s/ vergeh’n/ als ¢ich durch Blutt beflecken. Natalis. Die Rache waffnet bey Gefahr auch Wurm und Schnecken. Seneca. Ein Wei¢er trag’t behertzt/ was das Verhangnus ¢chick’t Natalis. Wie daß ¢ich Cato nicht ¢o ¢ehr fur Cæ¢arn buck’t?
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Seneca. Sein Wahn hat ohne Nutz viel Burger-Blutt ver¢pritzet. Natalis. Der Vor¢atz bleibt beruhm’t auch/ wenn er wenig nutzet. Seneca. Glaub’t: Daß der Fur¢ten-Mord Niemanden ruhmlich ¢ey. Natalis. Wie pflichtet Seneca ¢o dem Tirannen bey? Seneca. Man muß den Fur¢ten nicht bald mit den La¢tern haßen.
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Natalis. Wie daß du nur nicht wil¢t den Pi¢o fur dich laßen? !22" 577 Glaub’t] Glaubt’ AB Glaubt CD 573 Verhangnus] Verhangniß CD
Die Er¢te Abhandlung
Seneca. Gar zu gemein ¢eyn ¢chaff’t nicht Nutz ihm/ mir verdacht. Natalis. Fall’t das gemeine Heil ¢o gar dir aus der Acht? Seneca. Dis/ und mein Eigenes beruh’t auf’s Pi¢o Leben. Sulpitius Asper. Wie daß denn Seneca nicht uns ¢ein Wort wil geben?
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Seneca. Wird meiner Un¢chuld hier ein Fallbrett aufge¢tell’t? Natalis. Nicht furchte: Daß mein Hauß Verrather in ¢ich halt. Sulpitius Asper. Behertzige/ mein Freind/ dein und der Romer Nothen. Seneca. Solt’ ich mit Blutte denn mich meines Fur¢ten rothen? Natalis. Der Mutter-Morder wird auch wutten auf dein Blutt.
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Seneca. Weil ich nicht weg darf zieh’n/ ¢chatz’ ich den Todt fur gutt. Sulpitius Asper. Es bringet großern Ruhm das Vaterland erretten. Seneca. Ja wenn ein Fur¢t hierdurch nicht wird in Grund getretten. 586 Nicht] Nich A Nicht BCD 587 Freind] Freund BCD
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Epicharis
Natalis. Bring’ uns fur die¢e Pe¢t ein ¢anfter Pfla¢ter her. Seneca. Wahr i¢t’s; i¢t ¢on¢t kein Fur¢t zu todten/ ¢o i¢t’s der.
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Sulpitius Asper. Kan Seneca nun nicht mit Fug den Bund eingehen? Seneca. Jch werde nicht bey euch/ auch nicht beim Nero ¢tehen. Natalis. Dis machet Freinde nicht/ ver¢ohn’t auch keinen Feind. Seneca. Dis hett’ auch Seneca/ wehr’ er Natal/ gemein’t. Sulpitius Asper. Du wurde¢t dir den Weg hirdurch zum Throne bahnen.
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Seneca. Die Weißheit darf ¢ich nicht nach di¢em Schatten ¢ehnen. Natalis. Die Weißheit geb’ uns doch hier etwas Unterricht. Seneca. Mein Wun¢ch i¢t euer Sieg/ mein Lehren: ¢aumt euch nicht. !23"
597 Freinde] Freunde BCD 598 wehr’] war CD
Die Er¢te Abhandlung
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Epicharis. Fenius Rufus. C. Piso. Subrius Flavius. Plautius Lateranus. Fl. Scevinus. Anton: Natalis. Afranius Quinctianus. Annæus Lucanus. Tullius Senecio. Cervarius Proculus. Vulcatius Araricus. Julius Tugurinus. Munatius Gratus. Martius Festus. Glicius Gallus. Annius Pollio. Granius Sylvanus. Statius Proximus. Sulpit: Asper. Maximus Scaurus. Venetus Paulus. Natalis. Den Rath des Seneca hab’t ihr im Vorgemache Vermuthlich angehort?
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Epicharis. Die Wichtigkeit der Sache Trag’t freylich nicht Verzug. Der be¢te Rath vertirb’t Durch Lang¢amkeit des Werck’s. Ob Nero billich ¢tirb’t; J¢t nicht mehr Fragens Noth. Daß er den Thron be¢prungen Durch Mord des Claudius/ daß er ¢ein Kind verdrungen Jhm Reich und Gei¢t geraub’t/ daß er durch edles Blutt Die Tiber roth gefarb’t/ daß ¢eines Mord-Brand’s Glutt Das große Rom vertilg’t/ daß er auf alle Großen Noch taglich Hencker kaufft/ daß ¢ein Gemahl ver¢toßen/ Ein geiler Balg vermahlt/ der Mutter heil’ger Leib Von ihm durch¢tochen ward/ daß jedes edle Weib/ Die ¢chon i¢t/ ¢ich muß feil im Huren-Hau¢e machen/ Daß er ein Weib ¢eyn wil/ daß er Bagradas Drachen Die Lowen bey Cyren’ an Wutten ubertrifft/ Verdammt den Blutthund ¢chon. Hier frag’t ¢ich’s nur ob Gifft/ !24" Strick/ Flammen oder Stahl das Unthier ¢turtzen ¢ollen/ Wie/ wo/ und wenn wir ihn der Hollen opffern wollen.
vor 603 Tullius Senecio] Julius Senecio AB Tullius Senecio CD 605 vertirb’t] verdirbt CD 614 jedes] jenes BCD
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Epicharis
Munatius Gratus. An dem ligt nicht ¢o viel/ ob Feuer oder Schwerdt Tirannen ¢turtz’t und dampfft wie wol ein gluend Pferd Fur die¢en Phalaris mich noch zu ¢anfte duncket. Genung/ wenn Volck und Reich/ das ¢chon zu Grunde ¢incket Entrinn’t durch ¢einen Fall. Nichts beßers ¢chein’t zu ¢eyn Man mi¢che Gifft und Tod ihm in die Spei¢en ein. Fenius Rufus. Umb¢on¢t! er i¢t hierfur mit Artzney ¢tets ver¢ehen Seit dem der Bruder-Mord von ihm durch Gift ge¢chehen/ Ja Tigillin laßt ihm das min¢te bringen bey/ Was er nicht ¢elb¢t ver¢uch’t. Zu dem ge¢atzt: es ¢ey Noch moglich zu vollzih’n/ wie viel wird Zeit ver¢chwinden/ Eh als wir un¢ern Zweck durch die¢en Umbweg finden? Sulpitius Asper. Greiff’t mit geharn¢chter Hand den feigen Jgel an Der nur die weiche Haut der Kleinmuth ¢techen kan.
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Afranius Quinctianus. Dis i¢t am ¢icher¢ten: Die Bahn i¢t uns gebrochen So hat Chærea Rom am Cajus ¢chon gerochen/ Und Julius vergieng durch Brutus edlen Stahl. Dis i¢t der ¢chone Weg/ auf dem wir allzumahl Der Welt/ wie hertzhafft wir fur ihre Wolfarth kampffen/ Wenn wir den Wutterich durch hundert Wunden dampffen/ Fur Augen konnen ¢tell’n/ Rom geben zu ver¢tehn: Wer bluttig hat geher¢ch’t muß bluttig untergehn. Den Schluß am ¢icher¢ten nunmehr ins Werck zu ¢etzen Fallt mir dis Mittel ein. Wenn Nero ¢ich ergetzen Jn Bajens Badern wird; So lade Pi¢o ihn/ Wo hin ihn ohne dis die Anmuth pfleg’t zu zih’n/ !25" Auf ¢ein ¢chon Vorwerg ein. Was mag ¢o denn uns hindern? Wenn ¢ich bey voller Lu¢t die Wachten umb ihn mindern vor 627 Fenius] Flenius AB Fenius CD 647 Vorwerg] Vorwerck CD
Die Er¢te Abhandlung
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Und er im Bad und Schmaus ¢ich aller Sorg’ ent¢chlag’t: Daß wir durchs Blutthunds Hertz/ das eitel Mord-Lu¢t hegt Und nichts als Galle koch’t/ geweyhte Dolchen treiben? C. Piso. Schau’t Freunde/ wo ich ¢ol ¢ein Sterbens-Urtheil ¢chreiben Mit Tinte meines Blutt’s/ hier Hertz und Adern ¢tehn! Zerflei¢cht ¢ie/ aber dis zwing’t mich nicht einzugehn: Daß ich den heilgen Ti¢ch mit Fur¢ten-Blutt be¢pritzen/ Die Gotter/ die mein Hauß nur weil es rein i¢t/ ¢chutzen/ Hierdurch erzurnen ¢olt’. Epicharis. Ver¢pritzt Tyrannen Blutt J¢t ¢elb¢t zu Reinigung befleckter Oerter gut. Man kan ¢elb¢t Jupitern kein fetter Opfer ¢chlachten Als Fur¢ten/ die ihr Volck fur Schaum der Thetis achten Man weiht ¢elb¢t durch ihr Blutt Altar und Tempel ein. C. Piso. Hierinnen muß mein Hauß mehr rein als Tempel ¢eyn. Kein Wirth ¢ol ¢ein befleck’t mit ¢eines Ga¢tes Blutte. Sein guldnes Wunderhauß/ das von geraubtem Gutte Der Burger i¢t gebau’t/ das große Capitol Das Rathhauß/ oder auch ¢ein Spiel-Geru¢te ¢ol Ein Schauplatz un¢rer That/ des Lowen Schlacht-Banck werden. Subrius Flavius. Man fall’ ihn an/ wenn er durch knechti¢che Gebehrden Und Weibi¢chen Ge¢ang ¢ich Gaucklern beyge¢ell’n Und zum Gelachter wird der Welt fur Augen ¢tell’n. Annæus Lucanus. Wol! Die¢er Mar¢yas wird al¢o wahr empfinden: Daß ¢ich die Gotter nur nicht laßen uberwinden: Daß nicht nur Thamyris eroffne: Daß der Stiel Der Mu¢en ¢pitzig ¢ey. Weil der auch/ den er wil !26"
vor 671 Annæus Lucanus] Lucan Annæus AB Lucan. Annæus CD
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Epicharis
Neb¢t der Getichte Ruhm verachtlich unterdrucken/ Behertzt i¢t Kiel und Stahl auf ihn den Hund zu zucken/ Umb Rom zu offenbarn: Daß bo¢er Thaten Nacht Die Sternen/ die ¢ie wil verfin¢tern/ heller macht. Tullius Senecio. Es wird nicht moglich fall’n uns ¢amtlich durch zu dringen Weil Wach’ und Pofel ¢tets den Schauplatz ring’s umbringen. Zu dem zeucht ¢chon dis Werck nach ¢ich Verdacht/ Gefahr Wenn wider Arth und Brauch ¢o eine große Schaar Der Edlen ¢ich in Kreiß der Sanger ein wird dringen. Cervarius Proculus. Jch und Natal wolln ¢elb’¢t zum Scheine mit ihm ¢ingen.
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Natalis. Welch Mittel aber wird von’s Pofels Ra¢erey Der ihn als einen Gott anbethet/ machen frey Uns/ die wir ja nicht nur den Blutthund mußen fallen Den Blutthund/ ¢ondern auch das Regiment be¢tellen? Vulcatius Araricus. Wahr i¢t’s/ i¢t dir und mir gleich nicht umbs Leben leid/ So muß die Klugheit doch ¢teh’n neb¢t der Tapferkeit/ Daß Rom des Werckes Zweck er¢prußlich auch empfinde. Denn ¢ol das blinde Volck des Henckers Mord-Ge¢inde Ein Haupt der Welt erwehl’n/ ¢o wird Rom ¢chlechte Frucht Der großen That ver¢purn. Granius Silvanus. Wenn man gantz Rom durch¢uch’t/ J¢t kein ¢olch Un-Men¢ch dar/ des Cauca¢us Gefilde Hauß’t kein ¢olch Unthier nicht/ kein Tiger i¢t ¢o wilde; So nutz’t es gleichwol Rom/ es ¢teige/ wer da wil
686 frey] frey. ABCD 675 Getichte] Gedichte BCD 691 er¢prußlich] er¢prießlich CD
Die Er¢te Abhandlung
Auf den Blutt-fetten Thron/ wenn nur des Her¢chens-Ziel Dem Nero wird ge¢teck’t.
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Julius Tugurinus. Kein Artzt/ der klug i¢t/ leidet/ Wenn er ¢chon Brand und Krebs aus Bein und Glidern ¢chneidet: Das wildes Flei¢ch aufwach¢’. Und wir wolln nicht verwehr’n: Daß die¢es Lowen Aaß ¢ol einen Wurm gebehr’n ! 27" Dem keine Spei¢e taug als blutt’ge Men¢chen-Kopffe. Den Rath/ das Heer den Hoff beher¢chen die Ge¢chopffe Des ¢chlimm¢ten Tigillin/ aus denen ¢ich ein Glied Wird heben an das Brett. Plautius Lateranus. Seit ferner nicht bemuht Umb Mittel ihn vom Thron’ und Rom in Ruh zu ¢atzen. Fehl’t euch Gelegenheit den Tiger zu verletzen/ Der voller Furcht in Hauß und Garte ¢ich ¢chleußt ein? So wird der dritte Tag/ mehr als gelegen ¢eyn. Jhr wiß’t: Daß Rom ¢o denn der Ceres Fe¢t begehet/ An welchem Nerons Hauß jedwedem offen ¢tehet/ Den Spielen zu zu¢chaun/ und Nerons reiche Hand Umb Vor¢chub anzufleh’n. Jch wil/ wie Gluck und Brand Mir meinen Stand zu fuhrn die Mittel gantz ver¢chnitten/ Beweglich ihm erzehln/ fußfallig Hulffe bitten/ Und uber Halß und Kopff’ von ¢einem Brand¢tul ihn Zu Bodem ¢turtzen ab. Dann mogt ihr von euch zihn Und mit den Dolchen ihm ¢ein giftig Hertz durchgraben. Scevinus. Jch wil der er¢te ¢eyn/ laßt mich den Vorzug haben Der die Verbitterung durch ¢ein ¢chwartz Blutt abkuhl’/ Und Rom fur Augen ¢tell’ ein lu¢tig Trauer-Spiel Das von der Tiranney den Kreiß der Welt befreyet. Schaut her! Hetrurien hat die¢en Dolch geweihet
699 Artzt] Artz B 709 Garte] Garten CD 718 Bodem] Boden CD
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Epicharis
Jn’s Heiligthumb des Heils/ ich aber abgelehn’t Der Gottin Bildnuße. Martius Festus. Sie wird durch nicht’s ver¢ohn’t Mehr werden/ als wenn er mit des Tirannen Blutte Zu allgemeinem Heil’ und aller Welt zu gutte Bepurpert glantzen wird.
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Maximus Scaurus. Venetus Paulus. Bey di¢er großen That Woll’n wir nicht letzte ¢eyn. Epicharis. Das Werck pruft Gei¢t und Rath Jedweder muhe ¢ich dem andern vorzukommen. Jch ¢elber habe mir be¢tandig fur genommen Vermummt als ein Soldat mich euch zu fugen bey/ Und hertzhaft darzu thun: Daß ich ¢ein Todfeind ¢ey/ !28" Ja daß die Aegeln nicht ¢o ¢ehr nach Blutte dur¢ten Als nach des Blutthund’s ich. Glicius Gallus. Das Blutt des grimmen Fur¢ten Soll uns zu ¢ußer Lu¢t gemi¢cht in ¢ußen Wein. Die Hirrn-¢chal un¢er Glaß und Trinckge¢chirre ¢ein.
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Epicharis. Mein und der¢elben Blutt die den Tyrannen haßen Sey Vor¢chmack kunfft’ger Lu¢t. Laßt uns zur Ader laßen Und un¢ern heilgen Bund be¢tarcken un¢er Blutt. Ein Glaß-voll Reben-Safft! Wem Tugend/ Treu und Muth Nicht fehlt den Adern-Brunn des Blutthunds zu verterben/ Der muß Chry¢tall und Wein mit ¢einem Blutte farben.
742 Wem] Wenn ABCD 726 Bildnuße] Bildni¢¢e CD 743 verterben] verderben BCD
Die Er¢te Abhandlung 745
Geweyhter Freyheits-tag/ verzuckert Freind¢chafts-Tranck! Jch trincks euch allen zu aufs Blutthunds Untergang. Plautius Lateranus. Sein Corper werd ein Aaß/ ¢ein Gei¢t ein Brand der Hollen! Fenius Rufus. Der Hencker ¢chlepp’ ihn fort auf die Gemoner-Schwellen! C. Piso. Man tilg’ in Rom und Welt ¢ein ¢chlimm Gedachtnus aus!
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Flavius Scevinus. Man werff in Koth ¢ein Bild und a¢cher’ ein ¢ein Hauß! Afranius Quinctianus. Daß ¢ein Geburthstag werd’ iedwedes Jahr entweyhet! Antonius Natalis. Man feyre den/ da Rom des Drachens ¢ich befreyet! Annæus Lucanus. Die Eul’ und Natter ¢ing’ ihm ¢einen Lobge¢ang! Subrius Flavius. Sein Flei¢ch gebehre Gifft/ und Wurmer und Ge¢tanck!
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Tullius Senecio. Daß ¢einer Beine Marck der Molchen Spei¢e werde!
747 ein Brand] ein ein Brand A ein Brand A(Errata)BCD 751 iedwedes] iedweder AB iedwedes CD vor 753 Annæus Lucanus] Lucan. Annæ. ABCD 745 Freind¢chafts-Tranck] Freund¢chaffts-Tranck BCD 749 Gedachtnus] Gedachtniß CD
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Epicharis
Cervarius Proculus. Man wurdige den Hund nicht einer Handvoll Erde! Vulcatius Araricus. Ein Sack mag ¢eyn ¢ein Sarck/ die Tiber ¢ey ¢ein Grab! !29" Julius Tugurinus. Daß auch die A¢che nicht Ruh in der Erden hab’! Munatius Gratus. Man muße ¢ein Ge¢icht auf Ubelthater brennen!
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Martius Festus. Man ¢traffe den/ der mehr wird Nerons Nahmen nennen! Glicius Gallus. Der Nachwelt ewig Fluch verdamme ¢ein Ge¢chlecht! Annius Pollio. Sein Weib werd’ aller Magd und er der Straffe Knecht! Granius Silvanus. Es muße ¢eine Seel’ in einen Tiger fahren! Statius Proximus. Sie ¢ey ein Gauckel¢piel der abgelebten Schaaren!
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Sulpitius Asper. Er ¢terbe nur/ die Pein er¢terb’ in ihm keinmal! Maximus Scaurus. Sein Tod ¢ey un¢er Ruh und ¢eine ¢tete Kwal! Venetus Paulus. Dis ¢chmeckt/ doch Nerons Blutt wird uns noch ¢ußer ¢chmecken!
760 Nerons] Noerns A Nerons A(Errata)BCD
Die Er¢te Abhandlung
Epicharis. So muß Tirannen man ihr Ziel des Lebens ¢tecken.
Reyen. Des Ge¢chreys und der Wahr¢ager.
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Das Geschrey. Mag Rom wol ruhig ¢eyn/ Nun Schwefel/ Blitz und Sturme Die Fel¢en/ Tempel/ Thurme Fa¢t taglich a¢chern ein/ Und uber Rom die ¢chwantzichten Cometen Die du¢tre Lufft mit blutt’gen Strahlen rothen? Die Wahrsager. Erzittre Stadt und Reich! !30" Die Tiranney wird gleich Auf deine Gipffel krachen/ Und durch der Edlen Blutt Der Schwantz-Ge¢tirne Glutt Jhm hold/ dir unhold machen. Das Geschrey. Orions ¢ternicht Gurth Heck’t nicht nur Wunder-Zeichen. Man wirfft ins Rathhauß Leichen Zweykopfichter Geburth: Ja aus der tracht’gen Opffer Eingeweyden Siht man die Prie¢ter Mißgeburthen ¢chneiden. Die Wahrsager. Des Reiches Ruh’ zerfall’t Und Rom das Haupt der Welt Wird ¢ich durch Zwytracht theilen. Doch wird der Fur¢t be¢chirm’t. Denn/ wer den Himmel ¢turm’t/ Komm’t umb von Donner-Keilen.
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Epicharis
Das Geschrey. Jhr wiß’t das Todten-Feld Wo durch den Sieg der Mohren Halb Rom fa¢t ward verlohren; Wo Trebens Flutt ¢ich ¢chwell’t/ Dar i¢t am Weg’ ein Wunder-Kalb gene¢en Dem Kopff und Knie bey¢ammen i¢t gewe¢en. Die Wahrsager. Die Deutung kan nicht fehl’n Rom muh’t ¢ich zu erwehln Ein neues Haupt der Erden. Doch der Verhangnus Schluß Macht: Daß ¢olch Rath¢chlag muß Kund und Krabsgangig werden. !31"
793 Todten-Feld] Todten-Feld A Todten-Feld A(Errata)BCD 802 Verhangnus] Verhangniß CD
Die Andre Abhandlung
Die Andre Abhandlung. Der Schauplatz ¢tellet fur einen Lu¢tgarten.
Volusius Proculus. Epicharis.
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Proculus. Treff’ ich mein Paradies in die¢em Garten an? Find’ ich die Blum’ allhier/ bey der die Ro¢e kan Nicht ferner ihr Rubin/ die Lilg’ ihr Silber ruhmen? Die Sternen mogen ja den Himmels-Garten blumen Der Tulpen golden-¢tuck’ außkleiden die¢en Sand; Sie kußen deinen Fuß und weichen deiner Hand. Epicharis. Worzu ¢ol die¢er Schein gefarbter Worte dienen?
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Proculus. Der Thau erfri¢ch’t die Schneck’ und ¢aftig Klee die Bienen/ Die Schonheit den/ der libt. Und ich/ nach dem dein Schein/ O Sonne/ mich blickt an/ ¢ol itzt nicht rege ¢eyn? Epicharis. Wo Sonn’ und Schonheit fehl’t i¢t kein ¢olch Ruhm von nothen.
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Proculus. Mein ¢chwaches Lob muß ¢ich fur deiner Wurd’ entrothen. Wer ¢olcher Perlen Preiß nicht urtheilt/ der i¢t blind. Du weißt: Die Lieb’ i¢t ja einfaltig und ein Kind/ Die nicht zu heucheln weiß.
vor 1 Andre] andere CD
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Epicharis
Epicharis. Was hat in dir erreget So einen frembden Wahn? Proculus. Jhr Bildnus ward gepreget Jn mein entharttet Hertz/ als mich zum er¢tenmal Auf der Epirer Ku¢t’ ihr ¢ußer Anmuths Strahl Liebreitzend angebluckt. Epicharis. Jch muß der Thorheit lachen.
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Proculus. Des Straußes Auge kan die Jungen lebend machen; ! 32" Und dein ¢chon Antlitz ¢ol von ¢olcher Kraft nicht ¢eyn/ Zu pflantzen Lieb’ und Hold be¢eelten Gei¢tern ein? Epicharis. Wird die ¢chon alte Glutt ietzt er¢t an Tag gegeben?
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Proculus. Was lange tauren ¢ol/ fang’t lang¢am an zu leben. Jm ¢ech¢ten Monden reg’t des Lowen Frucht ¢ich er¢t. Die Stein und Stahl zermalm’t und Thier und Zeit beher¢cht. Der Brand/ der dort entglamm/ als am Mi¢ener Strande Jch mich mit dir berieth/ wie des Tyrannen Bande Rom konte werffen ab/ hat ihm itzt Lufft ge¢uch’t/ Die Kno¢pe die gekaumt/ trag’t nunmehr Bluth’ und Frucht. Epicharis. Hier i¢t kein Erdreich nicht/ dem er die Liebes Pflantze Kan nutzlich pfropffen ein. Zu ¢eines Adels Glantze Schick’t Freygelaßenheit und knechti¢ch Blutt ¢ich nicht.
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Bildnus] Bildniß CD angebluckt] angeblickt BCD ietzt] itzt BCD fang’t] fangt BCD
Die Andre Abhandlung
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Proculus. Die raue Schal’ umb¢chleu¢t der Diamanten Licht/ Ein knechti¢ch Kleid vielmal das edel¢te Geblutte. Die Tugend und Ge¢talt i¢t von ¢o gro¢¢er Gutte/ Sie ¢aget Gluck und Zeit es hertzhafft in’s Ge¢icht’: Es i¢t Epicharis aus knecht¢chem Stamme nicht. Epicharis. Sol ich das Merckmal er¢t der Dien¢tbarkeit dir zeugen! Den Freybrief legen fur? Den/ deßen ich Leib-eigen Gewe¢t bin/ offenbarn? Proculus. Des Zufalls Sturmwind ¢chlag’t Der Bletter Zierath zwar ab/ die der Stammbaum trag’t/ Jedoch ver¢aug’t nicht bald der Wurtzel edle Seele. Des Cyrus Uhr¢prung glantz’t auch in der Hirten-Hole/ Es nimmt der Ankunfft nichts ein ¢chlechter Außen¢chein. Epicharis. Gar nicht ¢eyn/ und darfur nicht ange¢ehen ¢eyn/ !33" J¢t in dem Recht’ ein Ding. Proculus. Nicht aber in dem Liben. Epicharis. Hat nicht das Recht der Lieb’ auch Schrancken furge¢chrieben?
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Proculus. Der? Schrancken? Die nicht Welt/ nicht See/ nicht Himmel ¢chleu¢t; Die aus den Sternen uns in un¢er Seele fleußt/ Ja mit der Mutter milch uns ¢chon wird eingefloßet. 37 und] uud A und BCD Ge¢icht’:] Ge¢ich’t? AB Ge¢icht? CD 38 Epicharis] Epicharus A Epicharis A(Errata)BCD vor 39 Epicharis] Epichat. A. Epichar. BCD 34 39
umb¢chleu¢t] umbfleu¢t B um¢chleu¢t D zeugen] zeigen BCD
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Epicharis
Nun urtheil: Ob mit Fug durch Satzung man ver¢toßet Was die Natur pflantz’t ein? Was der nicht halten kan Der das Ge¢atze ¢chreibt?
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Epicharis. Den ficht kein Kitzel an/ Der die Vernunfft zu Rath/ den Witz zum Richter wehlet. Proculus. Mein Kind/ der Klugheit ¢elb¢t hat hier manch Tritt gefehlet/ Der Purpur ¢elb¢t hat ihm oft Stroh vermahl’t und Haar Ja mancher Gott baut hier der ¢terblichen Altar’ Und ¢teck’t ihr Weyrauch an. Ge¢atzt nun/ nicht enthangen: Die Perlen-Mutter ¢ey/ die dich/ O Perl/ empfangen/ Des Jndus Tochter nicht. Man frag’t nicht/ welche Schooß Der Schnecke/ welches Schilf das Mu¢chel-Kind be¢chloß Wenn ¢ich ihr Werth nur zeigt. Die hochge¢chatzten Sachen Kan nicht die Nidrigkeit des Uhr¢prungs unwerth machen. Das Gold/ der Erde Marck wachß’t in der tief¢ten Klufft Das ew’ge Feuer brenn’t mei¢t in der Todten-Grufft. So mag/ O Sonne/ dis nicht deine Strahlen dampfen: Daß mit der Fin¢ternus muß deine Wiege kampfen/ Der Ankunfft Nebeltuch krig’t durch das Mittags Liecht Der Tugend Farb und Schein. Weiß gleich Egypten nicht Des Nilus Monden-Kwall/ verdien’t doch ¢eine Gutte; !34" Daß es ihm Tempel bau’ und ihn umb Segen bitte. Dis thut auch Proculus; Dein Tempel i¢t ¢ein Hertz Dein Opfer ¢eine Seel’. Epicharis. Es ¢ey gleich Ern¢t gleich Schertz: Daß dein Gemutte mich wahrhafftig lieb gewinne; So ¢chlag unmoglich Ding dir doch nur aus dem Sinne. Denn ziel’t dein Vor¢atz nur auf Brun¢t und Uppigkeit/ So wiß’: es hat ¢olch Gift nie meine Bru¢t entweih’t
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Schilf] Schiff D Fin¢ternus] Fin¢terniß CD Des] Der BCD
Die Andre Abhandlung
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Der Keu¢chheit Heyligthum. Drum laß auch dir’s nicht traumen. Ziel¢tu auf Eh’ und Pflicht? So darf ich nichts entraumen Jn dem ich noch zur Zeit mein ¢elb¢t nicht machtig bin. Proculus. Auf was ver¢cheub¢tu doch/ mein Licht/ die Heyrath hin? Nicht hoffe: Daß der Herb¢t des Alters Fruchte traget/ Wenn nicht die Liebes-Bluth’ itzt in dem Lentz’ auߢchlaget. Ein runtzlicht Antlitz kan zwar liben/ aber kaum Ja gar nicht ¢eyn belieb’t. Der eckeln Schonheit-Baum J¢t nur ein wilder Stamm/ der Blatter trag’t/ nicht Fruchte. Du ¢toßt von dir dein Gluck’ und ¢teh’¢t dir ¢elb¢t im Lichte. Weil un¢ern Liebes-Bund nichts als dein Will’ auߢchlag’t. Wie oder mag¢tu dich/ bis Nero ¢ey erlag’t/ Bis Rom die Freyheit krieg’t/ nichts gegen mich ent¢chlußen? Laß mich/ wie weit das Werck durch dich gebracht ¢ey/ wißen; Wer ¢ich neb¢t uns die That zu wagen hertzhafft ¢ey. Jch ¢atze Gutt und Blutt neb¢t euch begierig bey/ Mocht’ ich auch ¢terbende nur deine Gun¢t erwerben. Epicharis. Mein Freind/ der Jugend-Baum kan arger nicht verterben: Als wenn die Wollu¢t-Raup’ ihr Bluth’ und Kern außfriß’t/ !35" Weil ja die Liebe recht der Tugend Wurm¢tich i¢t/ Nach dem in holen Stock nur geile We¢pen ni¢ten. Was ¢olte denn ihr Gift zu ko¢ten mich gelu¢ten? Nach die¢em mache dir vergeb’ne Rechnung nicht Auf’s Kay¢ers Untergang. Seit dem ich was mehr Licht Jn heil’gen Lehren krieg’t: Daß Fur¢ten-Blutt ver¢pritzen Weil ¢ie die Gotter ¢elb¢t als ihre Bilder ¢chutzen/ Ein hoch¢tgefahrlich Werck/ verdammtes Unrecht ¢ey/ 88 ¢teh’¢t] ¢teh¢t’ A ¢teh’¢t B ¢teh¢t CD 91 Freyheit] Fieyheit A Freyheit BCD 101 Rechnung] Rechnuug A Rechnung BCD 79 82 91 96
Drum] Drumb BC ver¢cheub¢tu] ver¢chieb¢t du CD ent¢chlußen] ent¢chlie¢¢en CD Freind] Freund BCD verterben] verderben BCD
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Epicharis
Ja daß kein Weiber-Arm die La¢t der Tyranney Sey machtig abzuthun/ i¢t mich die Lu¢t vergangen Ein ¢o hochwichtig Werck vergebens anzufangen.
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Proculus. Nein! nein! Epicharis/ du rede¢t mir’s nicht aus: Daß der er¢t fri¢che Brand der Rach’ in A¢ch’ und Graus Schon ¢ol verglommen ¢eyn/ weil mit dem Blutt-Tyrannen Ja noch der Zunder lebt. Wil¢tu mich ja verbannen Aus deiner Lieb’ und Hold/ ¢o wurdige mich doch: Daß mein begier’ger Arm des Blutthund’s ¢trenges Joch Des Lowens Zentner-La¢t von Schultern helffe werffen. Epicharis. Es ¢teh’t dir frey fur mir auf ihn den Stahl zu ¢charffen Der/ wo er hertzhaft i¢t/ nicht Weiber-Hulffe darf;
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Proculus. Doch vielmahl ihren Rath. Die Dolchen ¢ind ¢o ¢charf Nicht als der Weiber Witz. Ja i¢t’s was unerhoret: Daß ein behertztes Weib Tyrannen hat ver¢ehret? Boudicea fuhrt der Britten Heers-Kraft an/ Und lehr’t: Daß ihr Ge¢chlecht’ auch Romer ¢turtzen kan. Daß aber du verwirf’¢t/ was du zuvor vertheidigt/ Dardurch wird dein gutt Ruhm/ Natur und Recht beleidigt/ Wie oder ¢chreck’t dich ab die Furcht fur der Gefahr? Weg Kleinmuth! Was vielmahl ¢chwer anzu¢ehen war Ward leichte durch Ver¢uch. Epicharis. Jch mag nicht langer horen. Proculus. Wol! Unterwindet ¢ich dein Hochmuth mich zu lehren: !36" Daß edler Seelen Hold durch Magde ¢ich entweih’/ 126 anzu¢ehen] anzn¢ehen A anzu¢ehen BCD 107 mich] mir BCD 108 anzufangen] angefangen BCD
Die Andre Abhandlung 130
Ein angebetet Weib ein holli¢ch Abgott ¢ey/ So ¢ol die Rache dich bald wurcklich unterwei¢en: Daß/ wer die Tugend ¢chimpft/ der ruhr’ an gluend Ei¢en.
Der Schauplatz ¢tellet fur des Scevinus Gemach.
Fl. Scevinus. Milichus. Lucius. Sejus. Zwey Knechte.
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Scevinus. Ein groß Werck wil be¢eel’t von großem Gei¢te ¢eyn. Der Himmel ¢elb¢t floß’t Oel in die Gemuther ein Die ¢ich was ruhmliches ent¢chlußen zu voll¢trecken. Die Tugend laß’t ¢ich nicht des Werckes Große ¢chrecken Wol wißend: Daß ¢on¢t nichts als ein verzagter Muth Ein Werck unmoglich mach’t. Sie bahnet Alp’ und Flutt Sie ¢egelt ohne Wind/ und laß’t beim Wetterknallen/ Den Hofnungs-Ancker nicht/ nicht alle Segel fallen. Das Mittel wird ihr nicht lau/ wo der Anfang brenn’t/ Sie heißet dis verzag’t/ was der behut¢am nenn’t Der Furcht im Hertzen heg’t. So mußen in dem Wercke Wir auch gewaffnet ¢eyn. Der Dunckel un¢rer Starcke Muß uns zu Lang¢amkeit nicht ¢icher ¢chlaffen ein/ Verzagte Kleinmuth nicht des Werck’s Verrather ¢eyn. Auf! Laß auch du Scevin nicht knecht’¢chen Auf¢chub blucken Ein zitternd Blick kan oft das gantze Ziel verrucken. Es la¢t durch aus ¢ich nicht verzugern die¢er Rath/ Der nicht gelob’t ¢eyn kan als nach vollbrachter That. Die Glutt muß Gold/ be¢tand den An¢chlag herrlich machen. Jedoch/ die Klugheit muß auff allen Zufall wachen Der erndtet oft Cypreß der Palmen hat gehofft/ Ja des be¢iegten Leich’ erdruckt den Sieger offt. !37" Ver¢chaffe/ Milichus/ umb meinen letzten Willen Zu ¢chlußen/ Wachs und Licht. 145 ¢chlaffen] ¢chlaffern CD 147 blucken] blicken CD
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Epicharis
Milichus. Jch wil den Hei¢ch erfullen.
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Scevinus. Befiel: daß Lucius und Sejus hier er¢chein’. Es kan dem/ der itzt ¢tirb’t/ mehr wenig tro¢tlich ¢eyn/ Als nach ¢ich wol be¢tel’t ¢ein Hauß und Gutt verlaßen. Ach/ aber ach! Wer weiß: Ob/ was wir itzt verfaßen/ Mag morgen giltig ¢eyn/ im Fall der Auߢchlag ihn Errettet/ und uns ¢turtzt? Jedoch nur Muth/ Scevin! Was das Verhangnus ¢chleußt kan Niemand nicht verhutten. Laß den Tyrann auf Blutt und Gutt zugleiche wutten/ Den letzten Willen ¢tor’n/ wo es umbs Leben geh’t Sind Gutter ¢chlecht Verlu¢t. Nur Muth! Scevin/ es ¢teh’t Nicht mehr zu endern frey. Wer ¢chon den Stahl wil ¢cherffen Auf ¢eines Fur¢ten Bru¢t/ muß Scheid’ und Furcht wergwerffen/ Die Hoffnung laßen fahr’n/ das Schwerd zu ¢tecken ein/ Das nur entbloß’t uns ¢chutzt/ ja die Gefahr muß ¢eyn Die Artz’ney der Gefahr. Soll’s endlich mißgerathen; Man ¢trafft den Vor¢atz nicht gelinder als die Tathen Wer wolte nun verzag’t des Auߢchlag’s Zweifel flih’n? Jn dem es gleiche gilt/ ein kuhnes Werck vollzieh’n Und ¢elbtes fangen an. Scevin/ fall oder falle! Milichus. Herr/ hier i¢t Wachs und Licht/ die Knechte ¢tehn zur Stelle.
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Scevinus. Wol! eines i¢t vollbracht. Ver¢teh’t ihr wol/ ihr zwey? Daß ein un¢chatzbar Ding die guldne Freyheit ¢ey: So wiß’t: daß euch itzt i¢t der guldne Tag er¢chienen/ An dem ihr mir nur noch als Sklaven dorffet dienen.
163 Verhangnus] Verhaugnus A Verhangnus A(Errata)B Verhängniß CD 168 Scheid’] Scheu’ A Scheid A(Errata) Scheid’ B Scheid CD 169 fahr’n] fahr n A fahr’n B fahrn C fahren D 161 giltig] gultig BCD 175 ¢elbtes] ¢elbes CD
Die Andre Abhandlung
Nehm’t beyde die¢en Hutt der Freyheit Merckmal hin. Ja/ weil ich heit’ euch frey zu laßen ¢chlu¢¢ig bin/ So laß’t das Abendmal aufs herrlich¢te bereiten.
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Lucius. Mag un¢re Freude wol die große Gun¢t be¢treiten? !38" Jhr Gotter! Daß der Herr/ der uns als Knechte nicht Zeither gehandelt hat/ uns frey und ledig ¢pricht? Sejus. Laß’ uns zu Fuße fall’n fur ¢ein ¢o groß Begnaden.
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Scevinus. Auf! ihr mog’t/ wen ihr mein’t/ zum Freymal zu mir laden. Mein Schaffner ¢oll alsbald jedwedem Knechte zehl’n Dreyhundert Gro¢chen aus. Was wird nun ferner fehl’n? Wo i¢t mein heil’ger Dolch? Milichus. Er wird zu Haupte ¢tecken Des Bettes. Scevinus. J¢t er doch voll Ro¢t und ¢tumpffer Flecken Nimm/ Milichus/ ihn hin/ und ¢chleiff ihn al¢obald Recht ¢charf und ¢pitzig aus.
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Milichus. Der Stahl i¢t zimlich alt/ Der Ro¢t hat ¢chon ¢ehr tief gefreßen Schneid und Spitze. Scevinus. Zu dem/ daß die¢er ¢ol/ i¢t mir kein Neuer nutze. Sind Krauter/ Salb’ und Hartzt fur fri¢che Wunden dar?
187 Fuße] Fuße’ A Fu¢¢e BCD 182 heit’] heut’ B heut CD 183 aufs] auff C auf D
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Epicharis
Milichus. Sie ¢oll’n zur Hand ¢chon ¢eyn/ ereignet ¢ich Gefahr. Scevinus. Ver¢chaff ¢ie heute noch: Daß du kan¢t Pfla¢ter ¢chmieren.
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Milichus. Jch wil dis zu vollzih’n die min¢te Zeit verlieren. Scevinus. Wei¢tu die Mittel auch darmit man ¢till’t das Blutt. Milichus. Zermalmter Blutt-Stein i¢t zu die¢er Wurckung gutt. Scevinus. Wol! mach’ in deßen ihn auf allen Nothfall fertig/ Und ¢ey fur deinen Fleiß verdienten Lohn gewartig.
Milichus. Corinne ¢ein Weib. 205
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!39"
Milichus. Was hat Scevinus fur? Es muß was Großes ¢eyn! Er redet mit ¢ich ¢elb¢t/ ¢chwermuttig und allein’/ Voll banger Furcht/ voll Grimm und wichtiger Gedancken! Sein Kummer ubertrifft die ¢on¢t gemeinen Schrancken. Jch mochte gleichwol gern’ ergrunden/ was er wol Bey ¢ich im Schilde fuhrt? Was die¢er Dolch ihm ¢ol? Mein Schatz du komm¢t gleich recht. Corinna. Was hat er zubefehlen? Milichus. Jch muß nachdencklich Ding vom Herren dir erzehlen.
Die Andre Abhandlung
Corinna. Nachdencklich Ding’ erzehl’: Ob’s zu errathen ¢ey.
215
Milichus. Er ¢prach den Lucius und ließ den Sejus frey; Befahl gewißes Geld den Knechten außzutheilen. Corinna. Die Kargheit ¢elber muß freygebig ¢eyn zu weilen. Milichus. Ja/ wenn ¢ie lenger nicht des ihren Herr ¢eyn kan. Er hieß das Nachtmahl auch auf’s be¢te richten an. Corinna. Wem/ und worzu wil er ¢o Hertz und Lu¢t auߢchutten?
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Milichus. Die Knechte ¢ollen dar und dort ihm Ga¢te bitten. Corinna. Was muß es immer ¢eyn/ warumb Scevin das thu’? Milichus. Er ¢iegelte gleich auch den letzten Willen zu. Corinna. Dis thun muß/ ¢ich’re dich/ was großes auf ¢ich haben.
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Milichus. Wahr i¢t’s/ hierunter lig’t was ¢onderlichs vergraben. Er ¢tell’t ¢ich lu¢tig an/ die Schwermuth aber bricht Herfur/ und gib’t an Tag: Daß ¢ein Gemutte nicht Und ¢ein tief¢innig Gei¢t wie Zung’ und Antlitz lachet. Ja/ was aus allem mir den mei¢ten Argwohn machet/ Scevin hat die¢en Dolch als ein groß Heyligthum Zeither gehoben auf/ vermeldende: Sein Ruhm
213 erzehl’] erzehl. A erzehl BCD
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Epicharis
Der Romer Wolfarth ¢ey vermahl’t mit di¢er Klingen; ! 40" Das Heil ¢elb¢t muhe ¢ich dem Hulfbar beyzu¢pringen/ Der durch den Dolch was wag’t. Corinna. Wie kommt er denn zu dir/ Da er ¢o ¢chatzbar i¢t?
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Milichus. Er ¢elber gab ihn mir/ Jch ¢ol den Ro¢t abfeil’n/ und ihn aufs ¢charf¢te ¢chleiffen. Corinna. Er muß ent¢chloßen ¢eyn wen Großes anzugreiffen. Und wo ich rathen darf/ ¢o i¢t’s. Milichus. Wol! rath’/ auf wen? Corinna. Auf den verhaßten Hals des Kay¢ers ange¢eh’n. Milichus. Aufs Kay¢ers? Laßt ¢ich wol zulaßlich dis vermuthen?
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Corinna. Kein Men¢ch ¢ah’/ als Scevin mit mehr Vergnugung blutten Des Kay¢ers kalten Kopf. Milichus. Woher ruhr’t ¢olch Verdacht;
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Corinna. Daraus/ daß Nero ihm gantz Rom zum Feinde macht. Furnemlich wird Scevin ihm nimmermehr vergaßen: Daß ¢ein er¢chrocklich Brand ihm hat ¢ein Gutt gefraßen Sein Schwerd ¢ein nech¢tes Blutt.
236 anzugreiffen] auzugreiffen A anzugreiffen BCD
Die Andre Abhandlung
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Milichus. Wahr i¢t’s: Beleidigung Schreib’t ins Gedachtnus-Buch das Wortt: Erinnerung; Pfropff’t Rachgier in’s Gemuth’ und Feuer in die Galle/ Die Mord und Gifft gebier’t. Des Unrechts Trieb kan alle Ja Schnecken/ Wurm und Lamb zur Rache waffnen aus. Die Zorn-Glutt ¢tirb’t vergnug’t/ wenn Feind und Zunder Graus Und A¢ch’ und Staub nur i¢t. Corinna. Ja die Begierdens-Flammen/ Zieh’n einen ¢olchen Rauch fur der Vernunft zu¢ammen: Daß Grim und Eifer nicht des Abgrund’s wird gewar Jn den er Sporn-Streichs renn’t.
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Milichus. der großen That Gefahr Hat/ was du argwohn’¢t/ mich nur noch nicht glauben la¢¢en. !41" Jtzt zweiffel ich nicht mehr: Daß Nero wird erbla¢¢en Durch di¢e Spitze ¢oll’n. Halt¢tu nun wol fur gutt: Daß ich dis Ei¢en ¢charff’ aufs Kay¢ers heylig Blutt? Corinna. Erwage/ was du thu¢t/ wol! Wird Scevin verrathen/ Mißling’t ¢ein Vor¢atz ihm/ wie/ weil Gott ¢olche Thaten/ Hoch haß’t/ vermuthlich i¢t/ wird Schwefel/ Brand und Pfal Des Frevels Siegs-Krantz ¢eyn. Ja/ die Gewißens-Kwal/ Geriethe gleich das Werck/ wird dich zu henckern ¢uchen; Weil Erd’ und Himmel ja den wilden Arm verfluchen/ Der auf ge¢albte Hal¢’ und Fur¢ten Dolche ¢chleiff’t. Denn man den Gottern ¢elb¢t dardurch an Zepter greifft.
258 dis] die ABCD dis A(Errata, fälschlich zu V. 228 ) 246 Gedachtnus-Buch] Gedachtniß-Buch CD 249 Lamb] Lamm CD 250 Zunder Graus] Zunder-Graus BCD
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Epicharis
Milichus. Welch Vorwand wurde mir bei’m Herren Außflucht geben: Daß ich erkuhnet ¢ey ¢chnur-¢tracks nicht nachzuleben Dem/ was er mir befahl?
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Corinna. Es fall’t mir etwas ein/ Was eine Staffel kan zu großem Glucke ¢eyn. Milichus. Was? Corinna. Gib den Dolch nicht mehr dem Herren in die Hande. Milichus. Wem denn? Corinna. Dem Kay¢er. Milichus. Was? Dem Kay¢er? Zu was Ende? Corinna. Entdeck’ ihm/ was Scevin auf ihn im Schilde fuhrt. Milichus. Erwage/ was du rath’¢t und diß/ was uns gebuhr’t.
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Corinna. Gebuhr’t uns zu verhohl’n ¢o grau¢e Mi¢¢ethaten? Milichus. Wer wolte den/ der ihm die Freyheit gab/ verrathen? Corinna. Des Fur¢ten Wolfarth geh’t des Herren An¢ehn fur 277 Herren] Herrn AB Herren CD
Die Andre Abhandlung
Milichus. Jedwedes Recht erlaßt die Offenbarung mir. Corinna. Der Fur¢ten hoch¢tes Recht wird Ruhm und Lohn dir geben !42"
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Milichus. Des Undanck’s Wurm¢tich wurd auch an den Palmen kleben. Corinna. Ein Sohn mag klagen an des Vatern Meiterey. Milichus. Ein Freyling i¢t verknupff’t dem mehr/ der ihn ließ frey. Corinna. Auf’s Herren Meineyd mag ein Knecht den Dolch außzihen. Milichus. Wer ¢icher ¢egeln wil muß di¢e Klippen flihen.
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Corinna. Was kan fur Schiffbruch uns hier werden beygebracht? Milichus. Wei¢tu: Daß Undanck uns zu Sclaven wieder macht? Corinna. Zum Herren/ wenn er ¢org’t furs Fur¢ten Heil und Leben. Milichus. Wer wird bey’m Klagen uns erwei¢end Zeugnus geben? Corinna. Geheime La¢ter ¢chlagt muthmaßlicher Beweis.
281 Meiterey] Meuterey CD 286 Wei¢tu] Wei¢t du CD
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Epicharis
Milichus. Du leite¢t meinen Fuß auf Spiegel-glattes Eiß. Corinna. Gefahr und Kuhnheit ¢ind die ¢chnellen Ehren-Flugel. Milichus. Gefahr und Kuhnheit ¢ind vielmehr Verterbens-Spigel.
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Corinna. Es i¢t mehr ruhmbar: Staub/ als in dem Staube ¢eyn. Der Luffte Fackel laßt ¢ich freudig a¢chern ein. Daß ¢ie verglimmende nur Sternen ehnlich werde. Wie ¢ol ein edler Gei¢t denn krichen an der Erde? Er ¢chwinget ¢ich empor und thut ¢ich groß herfur/ Wo ¢ich ein Weg nur zeig’t. Auf denn! Jtzt zeig’t ¢ich dir Ein Anblick großen Gluck’s und un¢ers Elends Ende. Nim der Gelegenheit wahr/ ¢ie beuth dir die Hande Sie hat nur vorwerts Haar/ und i¢t von hinten kahl. La¢tu ¢ie aus der Hand ¢ie kommt nicht noch einmahl. Milichus. Jch wil auf Gluck und Zeit und deinen Bey¢tand trauen.
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Corinna. Sey hertzhaft! Denn du wir¢t den guldnen Auߢchlag ¢chauen. !43" Noch eines! Ha¢tu Gifft und Bi¢am bey der Hand. Milichus. Ja. Corinna. Wol! wir woll’n den Dolch mit Bi¢am Gift und Brand Durchwurcken/ meldende: Scevin hab’ ihn vergifftet. 302 ¢ie (das erste)] ¢te A ¢ie A(Errata)BCD 292 Verterbens-Spigel] Verderbens-Spiegel BCD 302 La¢tu] La¢t du CD 305 Ha¢tu] Ha¢t du CD
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Milichus. Oft wird durch Schminck und Schein der Wahrheit Rath ge¢tifftet. Corinna. Laß uns zu Hofe gehn/ eh’ als Scevin was wil. Milichus. 310
Wo halt der Fur¢t itzt Hof. Corinna. Jn Garten des Servil.
Der Schauplatz verwandelt ¢ich in einen Gang im Kay¢erlichen Lu¢t-Garten.
Nero. Proculus. Epicharis. Tigillinus. Sulpit: Asper. Etliche Soldaten. Nero. J¢t dis die Natterzucht/ die uns erblaß’t wil wi¢¢en? Proculus. Die ¢ich ihr Meyneyds-Gift wag’t andern einzugißen. Tigillinus. Was reitz’t dich ¢chwachen Wurm aufs Kay¢ers Tugend an? Epicharis. Mich auf den Kay¢er? Mich? ¢agt: Wer ¢o la¢tern kan?
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Proculus. Ha¢tu neb¢t andern dich nicht wider ihn verbunden? Epicharis. Hat dis Verlaumbdung-Stuck der Ehrendib erfunden. 315 Ha¢tu] Ha¢t du CD 316 Verlaumbdung-Stuck] Verleumbdungs-¢tuck CD
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Epicharis
Tigillinus. Schau’t wie der Ba¢ilißk’ auch itzt noch Gifft auߢpey’t. Nero. J¢t die Verratherey der Bubin noch nicht leid? Epicharis. Mein Fur¢t/ Verlaumbdung macht die Un¢chuld ungeduldig. ! 44"
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Proculus. Die Un¢chuld? Wei¢tu dich mir keines La¢ters ¢chuldig. Epicharis. Bey dir nur/ welchem ¢ol die Tugend La¢ter ¢eyn. Proculus. Solt’ ich mit dir mich nicht in Meyneyd flechten ein? Epicharis. Jch? wenn? wo? Proculus. Zu Mi¢en. Eroffne dein Gewißen. Epicharis. Dis wird dein Buben¢tuck dir ¢elb¢t furbilden mußen.
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Proculus. Die Schlange haucht mit Gifft auch rein¢te Lilgen an. Epicharis. Hat deiner Geilheit ¢o mein keu¢ch-¢eyn weh gethan? Proculus. Wol¢tu mich nicht durch Lu¢t zum Fur¢ten-Mord verhetzen?
319 ungeduldig] ungedultig CD 320 Wei¢tu] Wei¢t du CD 327 Wol¢tu] Wol¢t du CD
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Epicharis. Hilf Himmel! Laße dich ¢o frevelnd nicht verletzen! Proculus. Die Gotter ¢oll’n oft ¢elb¢t der Boßheit Zeugen ¢eyn.
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Epicharis. Mein ¢chwacher Arm benimm’t den Lugen allen Schein. Proculus. Ein Weiber-An¢chlag kan durch Manner ¢eyn verrichtet. Epicharis. Nenn’ einen Mutter-Men¢ch/ der ¢ich mit mir verpflichtet. Proculus. Entdeck’ es/ wen du ha¢t in dein Verbundnus bracht.
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Epicharis. Welch Men¢ch i¢t/ welcher nicht ¢o eines Klagers lacht? Der vieler Boßheit klag’t und einen nicht kan nennen? Sol ich Epicharis des Kay¢ers Wachen trennen? Sol ich der Rie¢e ¢eyn/ der den erdrucken ¢ol Fur dem die Erd’ erbeb’t? Proculus. Umb¢teh¢tu Sklavin/ wol/ Daß du in Manner-Tracht vermummt mein Schiff be¢chritten? Daß du/ wie viel du ¢chon von Nerons Grimm erlitten/ ! 45" Verbittert mir entdeckt? Ja: Daß die Tyranney Des Kay¢ers abzuthun dein Zweck der Rey¢e ¢ey. Dich brachte nichts nach Rom; als ander’ anzu¢tiften/ Durch todtend Zauber-Kraut die Spei¢e zu vergiften Zu ¢charffen Dolch und Schwerd auf’s Kay¢ers Hals und Bru¢t.
333 Verbundnus] Verbundniß CD 338 Umb¢teh¢tu] Umb¢to¢t du C Um¢to¢t du D
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Epicharis
Epicharis. J¢t keine Luge dir/ Verlaumbder/ mehr bewu¢t? Aus dem: Daß ich zur See ein Mannskleid angeleget Kan auf mich Rei¢ende kein Argwohn ¢eyn erreget/ Jm Fall der Keu¢chheit Schirm mag unverdachtig ¢eyn. Daß aber alles dis/ was Proculus ¢treu’t ein/ Verboßtes La¢tern i¢t/ wird jedes Recht erhartten. Verrather! Stelle fur nur einen der Gefahrtten/ Der/ was du klag’¢t/ gehor’t. Weil Niemand auf einmal Darf Zeug und Klager ¢eyn. Alsdenn mag Strang und Pfal/ Und Gift mir lohnen ab. Tigillinus. Man kan auf die Verbrechen/ Die Fur¢ten ta¢ten an verdammend’ Urthel ¢prechen Wo einer Zeugnus gib’t/ wo ¢ich ein Umb¢tand zeug’t Gefahrlichen Verdacht’s.
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Epicharis. Sol/ was ein Todtfeind leugt/ Der Un¢chuld Fallbrett ¢eyn? Sol ein erhitz’t vergallen Beweißthum nach ¢ich zih’n? So i¢t der leicht zu fallen/ Der ¢ich durch Tugenden der Boßheit unhold macht. Das ich des Bo¢ewicht’s unkeu¢che Brun¢t verlach’t/ Daß ich der Jugend Krantz der Keu¢chheit Lilgen-Bluthe/ Die die¢e We¢pe weg zu freßen ¢ich bemuhte/ Jhn nicht be¢udeln ließ: dis i¢t die Mißethat Die ¢eine Brun¢t in Gall’ und Grimm verwandelt hat; Proculus. Hort mit was Thorheit ¢ich die arg¢te rein will brennen! Wer meinen Uhr¢prung weiß und die¢e Magd wird kennen Mag urtheiln: Ob nach dir als einer geilen Magd Mich ¢ehr gelu¢ten kan. 365 ließ:] ließ. ABCD 346 Luge] Lugen CD 357 Zeugnus] Zeugniß CD 363 Jugend] Tugend CD
zeug’t] zeigt CD
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Epicharis. Wie viel i¢t Zeit vertag’t !46" Da ich dir/ der du bi¢t ein Sclave ¢chlim¢ter Thaten Mehr denn zu edel hieß? Was wei¢tu zu verrathen Daß ich von Nerons Grimm erlitten haben ¢ol? Eroffn’ es/ umb zu ¢chau’n/ ob deine Fal¢chheit wol Nur einen Schatten wird der Wahrheit nach ¢ich zihen. Proculus. Was zwang dich aus Epir fur dem Trebaz zu fliehen?
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Epicharis. Trebazens bo¢e Lu¢t/ und arg¢te Henckerey/ Von der ich nichts nicht kan dem Kay¢er meßen bey/ Der mir (zumal mein Stand fur großer Gotter blitzen/ Der nur die Cedern trifft/ mich machtig war zu ¢chutzen.) Nicht einmal weh gethan und Rachgier hat erweck’t. Tigillinus. Die Schlange ¢ticht vielmal den/ der ¢ie nie geneck’t.
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Epicharis. Was leugt denn Proculus: Weil Nero mich verletzet/ Hett’ ich auf’s Kay¢ers Mord die Romer aufgehetzet? Schaut: Wie dis La¢termaul/ das Gall’ und Gift auߢchaum’t/ Stumm fur der Wahrheit wird! Ge¢atzt auch/ nicht entraumt Jch hette gegen ihm mit Worten mich verbrochen; Warumb hat’s Proculus ¢o lange gutt ge¢prochen: Daß er die Unthat nicht dem Kay¢er hat entdeck’t Mich nicht auf fri¢cher That in Stein und Stahl ge¢teck’t. Verdient der La¢terer nun nicht Strang/ Pfal und Ketten? Ohnmachtgen Magden i¢t/ die nicht den Herren retten/ Durch ruffen bey Gefahr/ auf ihr blos Schweigen/ Tod Und Martter außge¢atz’t; Sol der nun/ der die Noth Des Fur¢ten ¢elb¢t ver¢chweig’t nicht Flamm und Schwefel fuhlen? Der Himmel wird ¢ich freu’n ¢o bald die Glutt wird ¢pielen
372 wei¢tu] wei¢t du CD 394 außge¢atz’t] auffge¢etzt C aufge¢etzt D
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Epicharis
Mit des Verlaumbders A¢ch’. Es ¢tammelt nun der Hund Hort/ was er la¢tern wird.
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Tigillinus. Es i¢t der Klugheit kund ! 47" Daß arg¢te Drachen ¢ich mit ¢chon¢ten Farben zieren. Ermangelnder Beweiß laßt vielmal den verlieren Der Recht und Wahrheit doch zum Schirm- und Redner hat. Nero. Eroffne deine Schuld/ es ¢ol die Mißethat Dir unverfanglich ¢eyn. Ja/ wir¢tu die entdecken/ Die im Verbundnuße ¢o grau¢en Meineyds ¢tecken/ Die Lorbeern ¢oll’n dein Krantz/ der Adel dein Gewien Und Reichthum ¢eyn dein Lohn. Epicharis. Mir konte Wolfarth bluhn Aus La¢tern; Un¢chuld i¢t itzt mein gro¢t Ungelucke. Jedoch ich ¢chatze dis fur guldne Diebes-Stricke/ Was Ubelthat erwirb’t. Die Tugend fuhl’t mehr Lu¢t Jn Faßeln/ wenn ¢ie ihr i¢t keiner Schuld bewu¢t. Tigillinus. Der hat auch Schuld/ der nicht ¢ag’t ander Mi¢¢ethaten. Epicharis. Jch weiß Niemanden nicht des Meyneyds zu verrathen. Nero. Das frembde Boßheit nur geh’ ungenoßen aus Stoߢtu dein Heil von dir.
409 Ubelthat] Ubelthat A Ubelthat BCD 399 401 403 404
¢chon¢ten] ¢chonen CD Schirm-] Schirm CD wir¢tu] wir¢t du CD Verbundnuße] Verbundni¢¢e CD
Die Andre Abhandlung
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Epicharis. Wer auf der Un¢chuld Graus Sein Wachsthum anckern wil/ der wird auf Trub¢and bauen/ Tigillinus. Sie wil die Boßheit frey eh’ als ¢ich ¢eelig ¢chauen. Nero. Sie leide! Weil ¢ie ja der La¢ter Schild wil ¢eyn. Laß ¢ie/ Sulpiz/ alsbald in Faßel ¢chlußen ein/ Bis man/ wie weit der Krebs gefreßen/ mag ergrunden.
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Epicharis. Man wird die Un¢chuld rein auch in den Ketten finden.
Sulpitius Asper. Epicharis.
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Sulpitius. Wird kunfftig uns die Welt wol Glauben meßen bey? Daß ¢ie Epicharis ein Weib gewe¢en ¢ey; Die kluger als ein Mann/ behertzter i¢t als Helden! !48" Rom und die Nachwelt wird/ Epicharis/ dich melden; Daß deiner Tugend Muth der Blutt-Tyrannen Macht/ Daß deine Klugheit hat Verlaumbder außgelach’t Verrather uber¢timm’t/ wo der gleich recht ge¢eßen Dem Bluttdur¢t Rach’ und Mord doch ¢tets das Hertze freßen Der wider Un¢chuld eh als Boßheit Urthel fallt Ja Schatten des Verdacht’s fur große Rie¢en halt Die ¢ich ¢ein Hauß und Reich ver¢chworen zu be¢turmen; Epicharis. Die Ohnmacht ¢teh’t/ wenn ¢ie der Himmel wil be¢chirmen/ Und Einfalt fuhr’t den Witz in einen Labyrinth/ 428 und] unb A und BCD 415 Trub¢and] Trieb¢and CD vor 421 (Sprecherangabe zu V. 420–431) Sulpitius] Sulp. A¢p. BCD
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Epicharis
Wenn das Verhangnus ¢elb¢t der Boßheit Netze ¢pinnt. Daß Proculus ¢ich hat ¢elb¢t in ¢ein Garn ver¢tricket/ Daß die¢em Sturme nicht der Schiffbruch hat gelucket/ Schreib meinen Kraften nicht/ nicht meiner Vor¢icht zu. Es i¢t der Gotter Werck. Sie ¢orgen fur die Ruh Und Wolfahrt der Stadt Rom/ die gun¢t’gen Sternen kampffen Fur un¢ern heilgen Bund/ der den Tyrannen dampffen/ Den Blutthund ¢turtzen ¢ol. Sulpitz/ itzt itzt i¢t’s Zeit! Daß weil der Himmel uns ¢elb¢t ¢ichtbar Waffen leih’t/ Ja daß der Wutterich die Nahe ¢einer Baare Den Fall der Tyranney nicht un¢ern Schluß erfahre Des Lowen Blutt Begierd’ in große Sanftmuth kehrt Jn dem mich Ei¢en nur fur Brand und Pfal be¢chwert Jtzt/ ¢ag’ ich/ itzt i¢t’s Zeit das Unthier aufzureiben. Sulpitius Asper. Die hochver¢chworne Schaar wird treu und hertzhaft bleiben/ Und Augenblicklich ¢ich bemuhen umb dein Heil.
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Epicharis. Sorg’t/ Freunde/ nicht fur mich/ mir i¢t mein Leben feil Fur euch/ Rom/ und die Welt. Jch wil hoch¢t freudig ¢terben/ Kan ich die Leiche nur in Nerons Blutte farben. Der Hencker wird mich eh’ ent¢eelt ¢eh’n/ eh er mich Euch ¢ol verrathen hor’n. Sulpitius Asper. Die Tugend freuet ¢ich/ !49" Wenn ¢ie ¢ol wider Neid und Blutt-Tyrannen kampffen; Auch laß’t ihr Feuer ¢ich in keinem Kercker dampfen/ Nicht ihre Thatligkeit verhindern durch Gewalt. Der Kampff-Platz i¢t ihr Hauß/ Gefahr ihr Auffenthalt/ Der Sarch ihr Ehren-Thron. Ja aus den Todten-Knochen/
454 A¢per] A¢pet A A¢per A(Errata) A¢p. BCD 434 Verhangnus] Verhangniß CD 436 gelucket] geglucket CD 459 Sarch] Sarck CD
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Die ein Tyrann er¢chell’t ein Hencker hat zerbrochen/ Steig’t ein belieb’t Geruch des Nachruhms in die Welt/ Der den Entgei¢terten beim Leben noch erhalt. Epicharis. Laß gegen un¢er Schaar/ Sulpitz/ den Eyfer mercken Durch dis ent¢chleu¢t die Furcht ¢ich ¢elb¢t zu tapfern Wercken/ Hierdurch wird Ohnmacht ¢tarck. Gerathet un¢er Rath So wiß’t ihr: Daß euch Rom ¢ein Heil zu dancken hat; Schlag’ts auch gleich ubel aus/ wird doch die Nach-Welt loben: Daß ihr ein ruhmbar Werck großmuttig angehoben. Doch glaubt: Daß Gluck und Sieg der Kuhnheit Schwe¢ter ¢ey. Die Unglucks-Welle bricht am Tugend-Fels entzwey. Sulpitius Asper. Eh ¢ol der Sonn’ ihr Licht und uns der Gei¢t ver¢chwinden/ Als ¢ie den Blutthund fri¢ch/ dich ¢ol im Kercker finden.
Reyen. Der Klugheit; Des Geluckes/ Der Zeit/ Des Verhangnußes.
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Die Klugheit. Die Zeit. Sag’t/ Schwe¢tern/ ob man dulden kan? Daß ¢ich der Sterblichen Beginnen Maß’t un¢er Macht und Zepter an? Die Thorheit wil uns abgewinnen/ !50" Jn dem die Einfalt treffen wil Das uns noch ¢elb¢t entfernte Ziel Jedoch der Außgang ¢ol ¢ie Schwachen Bald lehren: Daß wir ihrer lachen.
462 Leben] Lebens B vor 473 Verhangnußes] Verhangni¢¢es CD 480 Bald] Bad B
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Epicharis e
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Das Gelucke. J¢t euch/ ihr Blinden/ unbekand? Wenn euer Hofnungs-Schif ¢chon in den Hafen fahr’t/ Und ich verkehre Wind und Hand/ Das Ufer ¢ich in Grund der We¢t in Sturm-wind kehr’t. Hingegen habt ihr nie erleb’t? Daß/ wo der Himmel ¢elb¢t mit Donner-Keilen ¢piel’t/ Der/ den mein Rad an Gipfel heb’t/ Ja auch die Blindheit ¢elb¢t den Ehren-Zweck erziel’t. Die Klugheit. Der Klugheit große Gottheit lach’t/ Daß tummer Zufall wil der Men¢chen Abgott ¢eyn. Des Gluckes Well’ hat keine Macht Wenn Vor¢icht ¢ich durch mich bei’m Sturm-Wind anckert ein. Der Witz ¢teh’t hertzhaft und vergnug’t/ Wenn Ungeluck und Neid der Tugend Netze ¢tell’t. Wol wi¢¢end: Daß Ulyßes ¢ieg’t Wenn gleich Alcyone ihm nicht den Daumen halt. Die Zeit. Die Zeit beweg’t des Gluckes Fahn und Rad/ Der Klugheit Schiff irr’t/ ¢chein’t mein Gun¢t-Stern nicht. Wenn Typhis ¢elb¢t gleich’s Steuer-Ruder hat. Daß Nerons Thron nicht heut’ in Stucken bricht/ J¢t gar kein Werck des Witzes und Gelucks. Der Himmel muß wahr¢agend es ge¢teh’n: Selb¢t Ne¢tors Rath geht krumm’ und hinterruck’s/ Wenn Stern’ und Zeit den Krebsgang wollen gehn. !51" e
505
e
Das Verha ngnus. Greift nicht der Gottheit Augen-Apfel an/ Verblendet euch nicht meiner Sonne Licht? Der Witz i¢t dem Verhangnus unterthan/
492 bei’m] beim’ A beim B beym CD vor 505 Verhangnus] Verhangniß CD 507 Verhangnus] Verhangniß CD
Die Andre Abhandlung
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Doch ¢chein’t das Gluck auch ungefehr euch nicht. Die Sternen ¢elber ¢ind nur Zeuger meiner Macht Mein mehr als ¢tahlern Arm/ die Richt¢chnur aller Zeit. Kein Ma¢t wird an den Port/ kein Pfeil an’s Ziel gebracht/ Dem das Verhangnus nicht Wind/ Flug/ und Gun¢t verleiht. e
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Das Gelucke. Wenn’s Glucke dem Patroclus wil Errettet Jupiter ¢elb¢t den Sarpedon nicht. Carthago lig’t/ und Troja fiel Wenn jenes Juno ¢chon/ dis Zyprie verficht. Ein Augenblick gebiert oft Zwey/ Der tragt ein Purper-Kleid/ und jener ¢chneidet Stein’. Was maßt ihr denn der Klugheit bey/ Wenn Palinur er¢aufft/ und Hannibal biß’t ein. Die Klugheit. Ob ¢chon auf Troja Gluck und Zeit Ja das Verhangnus ¢elb¢t jedwedes Wetter treib’t/ So ¢teht’s doch/ weil nur unentweiht Der Klugheit Pallas-Bild in ihren Mauren bleibt. Sie i¢t die Nadel von Magnet Die ¢ichre Fahrten weißt durch Scyllens offen Grab/ Sie ¢egelt/ wenn kein Wind ¢chon geh’t Und Socrates gewinn’t ¢elb¢t dem Geburths-Stern’ ab. Die Zeit. Die Zeit gibt ja/ Gold/ Seide/ Silber/ Bley/ Wo Clotho ¢ol das Lebens Garn außzihn. Jn Sternen ¢tand ¢chon Nerons Tyranney/ Eh als die Sonn’ auf ¢eine Wiege ¢chien. !52" Mein Unglucks-Stern wieß den Chaldeern ¢chon/ 531 ¢tand] Stand A ¢tand A(Errata)BCD 512 518 520 522 523
Verhangnus] Verhangniß CD Purper-Kleid] Purpur-Kleid BC Purpur Kleid D biß’t] bu¢¢’t B bu¢¢t C bußt D Verhangnus] Verhangniß CD ¢teht’s] ¢te¢t’s B
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Epicharis
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Daß Nero muß ein Mutter-Morder ¢eyn/ Jtzt aber ¢chutz’t mein Einfluß ¢einen Thron Daß ihn halb Rom noch nicht kan reißen ein.
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Das Verha ngnus. Wenn das Verhangnus ¢eine Hand anleg’t Bring’t Ca¢tor Sturm/ Eudora Sonnen¢chein. Des Gluckes-Rad ¢teht fe¢t und unbewegt/ Scharf-Sinnigkeit lagt ¢tumpffe Fehler ein/ Alcides bleib’t nicht ¢tarck/ nicht Seneca ver¢chmitz’t. Der Klugheit Spigel weißt: Daß er von Gla¢e ¢ey Wenn ihn mein Zepter trifft. Und wenn mein Auge blitzt Springt’s Gluckes gla¢ern Ball/ der Zeit Chry¢tall entzwey
e
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Das Glucke. Die Klugheit. Die Zeit. Es ¢ey: Daß un¢er Schutz-Hand nicht Zeither ¢ey Nerons Schirm gewe¢en; Denn/ was nicht un¢er Grimm anficht Kan durchs Verhangnus leicht gene¢en; Es ¢ey/ daß wie die gantze Welt/ Auch un¢ers Wergzeugs Glaß zerfall’t; Sol Nero doch in Grund gelangen Durch un¢re Sichel/ Pfeil/ und Schlangen. e
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Das Gelucke. Mein Rad verwech¢el’t ¢chon den Lauf/ Das Schooß-Kind des Gelucks verfallt in Staub und Sand/ Den es zum Gipfel hob hinauf. Dem Pi¢o bluht der Thron/ ich bitt ihm ¢elb¢t di Hand. Des Nero ¢chneller Fall ¢ol lehrn: Daß vielmal ¢ich ein Stern bis in den Abgrund ¢anck’t;
543 Und] Uud A Und BCD 534 Mutter-Morder] Mutter-Morder BCD vor 537 Verhangnus] Verhangniß CD 548 Verhangnus] Verhangniß CD 550 Wergzeugs] Werckzeugs BCD 556 bitt] bieth CD
Die Andre Abhandlung
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Das Gluck’s Pfeil konn auch dis ver¢ehr’n/ Was an dem Himmel gleich mit goldnen Ketten henck’t. !53" Die Klugheit. Der Klugheit-Ancker/ der bis itzt/ Wo Trub¢and gleich gewe¢t/ wenn ¢ich die Flutt ge¢chwell’t/ Des Nero Reichs-Schiff hat ge¢tutzt/ Wird nunmehr ¢elb¢t zum Felß/ an dem es ¢ich er¢chell’t. Doch ¢etzt nicht Seneca nur ab. Ein Weib Epicharis greift ¢einen Zepter an/ Nach dem mein Witz ihr Waffen gab Zu lehrn: Daß meine Schlang’ auch Rie¢en todten kan. Die Zeit. Ein Merckmal ¢ey durch Nerons Fall gemahl’t: Daß ich die Erd’ und Luft verfin¢tern kan/ Wenn Gluck und Mond’ in vollem Lichte pralt. Die Sen¢e greift ¢chon ¢eine Lorbern an. Kein ¢chwartzer Stern/ kein ¢cheles Auge blickt/ Auf Zeres Fe¢t/ das morgen fruh anbricht/ Doch hab ich ihm das Fall-brett ¢chon geruckt/ Ja ¢ein Geburths-Stern wird ¢ein Sterbelicht. e
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Das Verha ngnus. Eh als Rom war/ eh als die Tiber floß/ Eh Gluck’ und Zeit und Klugheit trieb ihr Spiel/ Schrieb ich der Welt ¢chon Satzung/ und be¢chloß: So weit ¢ol ¢ich er¢trecken Nerons Ziel. So lernet doch nunmehr/ ihr Magde meiner Hand/ Was das Verhangnus ¢chleu¢t kan Niemand tilgen aus. Die Taffeln ¢ind aus Stahl/ die Schrifft aus Diamant. Wer Gott und Himmel ¢turmt/ wie ihr/ wird A¢ch und Graus. !54"
559 Gluck’s Pfeil] Gluck’s’ Pfeil A Gluck’s Pfeil B Glucks Pfeil CD 560 goldnen] guldnen CD 562 Trub¢and] Trieb¢and CD vor 577 Verhangnus] Verhangniß CD 582 Verhangnus] Verhangniß CD
350
Epicharis
Die Dritte Abhandlung. Der Schauplatz bildet fur einen Lu¢tGarten.
Nero. Milichus. Corinna. Tigillinus. Epaphroditus. Nero. Was fur er¢chrecklich Ding i¢t’s: Daß du uns bring’¢t zu/ Das Auf¢chub nicht ertrag’t/ und un¢re ¢uße Ruh Mit banger Furcht ver¢tor’t? Milichus. Des Kay¢ers Schiff ¢ol ¢tranden/ Es i¢t Verratherey auf Nerons Halß verhanden.
5
Nero. Hilf Himmel! i¢t in Rom ein Boßewicht ¢o kuhn/ Der wieder uns empor’t? Milichus. Großmacht’ger Fur¢t/ Scevin. Nero. Scevin wil uns vom Thron’? Milichus. auch umb das Leben bringen.
4
verhanden] vorhanden CD
Die Dritte Abhandlung
Nero. Jhr Gotter! Milichus. Di¢er Dolch ¢olt’ ihm durch’s Hertze dringen. Epaphroditus. Wer hat dir dis entdeck’t? Wie kommt der Dolch zu dir?
10
Milichus. Scevin verrieth ¢ich ¢elb¢t; er ¢elb¢t Scevin gab mir Dis giftige Gewehr noch ¢charffer außzu¢chleiffen. Nero. Wie war der Hund die That ge¢onnen anzugreiffen?
15
Corinna. Der Kay¢er ¢ey zuvor auf die Gefahr bedacht Und ¢chaffe: Daß Scevin werd’ in Verhaft gebracht/ Eh/ von der grimmen Schaar/ die ¢ich neb¢t ihm verbunden Ein Weg zur Mordthat werd’ in hoch¢ter Eil gefunden. !55" Epaphroditus. Ja! Flamm und Meyneyd darf nicht Nach¢icht vieler Zeit. Nero. Stracks ruff’t den Tigillin. J¢t Fenius auch weit? Wer i¢t der den Scevin ¢tracks ins Gefangnus reißet?
20
Epaphroditus. Jch ¢chatz’ es fur ein Gluck/ wo mich’s der Kay¢er heißet. Nero. Wol! nim/ ¢o viel du wil¢t/ vom Lager mit dir hin/ Und ¢chaff’ ihn ¢tracks hieher. Komm¢tu/ mein Tigillin? Man ¢teh’t nach un¢erm Kopf’. J¢t auch das Lager wache?
23
das] der B
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352
25
Epicharis
Tigillinus. Sie ¢orgen fur ihr Haupt/ und fordern ¢trenge Rache Wo an der Maje¢tat ein Unmen¢ch ¢ich vergreiff’t. Nero. Scevin i¢t’s/ der den Stahl auf un¢ern Nacken ¢chleiff’t. Tigillinus. Eil’t noch kein Hencker nicht des Hundes Kopf zu holen?
30
Nero. Wir haben ihn hieher zu bringen anbefohlen/ Zuhoren/ wer neb¢t ihm die grau¢e That hat fur. Wir woll’n ins Zimmer gehn. Nim zuvoran mit dir Die uns getreuen Zwey/ die ¢chon zu zeugen wißen/ Was ¢ich der Hund Scevin erkuhnte zu ent¢chlußen.
Der Schauplatz ¢tellet fur das Gemach des Scevinus.
Sulpitius Asper. Piso. Lateranus. Quinctianus. Scevinus. Lucanus. Natalis. Ein Knecht des Scevin.
35
Sulpitius Asper. So geht’s! Ein Augenblick verkehret Gluck und Spiel/ Wenn man mit Feind und Glutt ¢o lang¢am kun¢teln wil. !56" Die Zagheit/ nicht der Witz leg’t alles auf die Wage. Piso. Was mangelt dem Sulpitz? Sulpitius Asper. Der An¢chlag i¢t am Tage. Wir in Gefahr und Noth.
32
ent¢chlußen] ent¢chlie¢¢en CD
Die Dritte Abhandlung
Lateranus. Welch Meyneyd hat entdeck’t/ Was uns der Himmel rieth/ was Eyd und Freind ver¢teck’t? Sulpitius Asper. Epicharis lig’t ¢chon umb¢chrenck’t mit Band und Ei¢en.
40
Quinctianus. Wie wird die Heldin uns die Lang¢amkeit verwei¢en! Lucanus. Sulpitz erzehl’ uns doch/ woher dis Ungluck ruhrt. Sulpitius Asper. Volu¢ius hat ¢ie in die¢es Garn gefuhr’t
45
Natalis. Jch habe ¢ie gewarn’t ¢ich ¢einer zu entbrechen/ Sie ¢olle dem nichts trau’n/ der nur weiß groß zu ¢prechen. Jtzt leider! Leiden wir ohn’ un¢re Schuld mit ihr. Sulpitius Asper. Gemach! Freund/ rucke nicht der Heldin Fehler fur. Der Klug¢ten in gantz Rom. Weil ¢ein unkeu¢ches Bitten An ihrer Keu¢chheit Schimpf’ und Schifbruch hatt’ erlitten/ Ward ¢eine blinde Brun¢t durch Rach’ und Grimm verzehr’t.
50
55
Lucanus. Die Gun¢t wird Gall und Gifft/ ja Venus wird verkehr’t Jn eine Furie/ wenn ¢ie ver¢chmeh’t ¢ich ¢chauet. Die Wolcke des Gemuths/ die er¢tlich Hold gethauet/ Und Anmuth abgefloß’t/ ¢peit Blitz und Donnerkeil Erboßter Unhold aus. Ja des Cupido Pfeil Wird ein Ge¢choos des Zorn’s.
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Freind] Freund BCD
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Epicharis
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Sulpitius. Der Ertzverrather tichtet: Sie hett’ auf’s Kay¢ers Kopf ein Bundnus aufgerichtet/ Beweglich ihn ermahn’t/ als er noch zu Mi¢en Schiff-Hauptmann ¢ey gewe¢t/ den Meyneyd einzugeh’n !57" Der Ertzt-Verrather Schaar ¢o Nahm’ als Eid zu geben/ Und den ¢o frommen Printz aus Rom und Thron zu heben.
65
Scevinus. Hoffheuchler! Fluchte¢tu nicht ¢elb¢t vorhin auf ihn/ Und gab¢t ihr an die Hand darumb nach Rom zuzihn? Den Tiger abzuthun den Lowen aufzureiben? Er wehre ¢elb¢t behertzt den kalten Stahl zu treiben Durch des Tyrannen Bru¢t. Sulpitius Asper. Die Spinne ¢chmier’t das Gifft Ge¢unden Krautern an/ das von ihr ¢elber trifft. Piso. Hat denn Epicharis dem Klager was enthangen?
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Sulpitius Asper. Die Klugheit i¢t mit ihr ¢elb¢t in den Kampf gegangen. Schopft nur/ ihr Helden/ Muth/ Epicharis wird lehr’n: Wie noch zu rathen ¢ey. Es war mit Lu¢t zu hor’n/ Mit was fur Vor¢icht ¢ie des Haupt-Verlaumbders Klage Großmuttig hintertrieb: Daß Nerons Richter-Wage/ Wie unrecht ¢ie gleich ¢on¢t urtheil’t/ doch wider ihn/ Jn dem die Un¢chuld ¢elb¢t fur ¢ie zu reden ¢chien/ Den Auߢchlag fur ¢ie gab. Lateranus. Wo Witz und Muth bey¢ammen/ Da kan auch Phalaris die Un¢chuld nicht verdammen.
56 64
Bundnus] Bundniß CD wehre] ware CD
Die Dritte Abhandlung
Sulpitius Asper. Doch ¢chleu¢t der Blutthund ¢ie in ¢chwere Feßel ein. Piso. Die er nicht ¢chuldig hei¢t? Was mag ¢ein Ab¢ehn ¢eyn?
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Sulpitius Asper. Tyrannen furchten auch aus heuterm Himmel Blitzen. Es ¢ol Epicharis ¢o lang’ im Kercker ¢itzen/ Bis Zeit und Außgang weiß’: Ob etwas ¢ey daran/ Was der Verrather klag’t. Nun rath¢chlag’t/ wie man kan Die Taube machen frey aus die¢es Sperbers Klauen. Quinctianus. Man wird in Rom zweymal nicht Memnons Mutter ¢chauen/ Sol die¢es Jrrlicht A¢ch’ und Nero kraftloß ¢eyn/ ! 58" Die/ die itzt Faßel trag’t/ ¢ein Purper hullen ein. Sulpitius Asper. Jhr ¢par’t fur ra¢end Gift die Artzney all zu lange. Jhr Kercker lehr’t euch ¢chon: Daß man mit di¢er Schlange Zu furcht¢am hat ge¢piel’t. Euch i¢t des Bluttdur¢ts Brand/ Was er der Knechte Knecht oft thun muß/ wol bekand. Wie bald/ wenn Wein und Grimm Vernunft und Gei¢t verbannen/ Kan Nero/ wie er dreu’t/ ¢ie nicht auf Foltern ¢pannen? Durch Schwefel/ Zang’ und Rad die Wahrheit preßen aus? Denn ob ihr Himmli¢ch Gei¢t zwar A¢che/ Staub und Graus Zu werden ¢ich erklar’t/ eh’ als ¢ie woll’ entdecken Ob ich und du und er mit ihr in Bundnus ¢tecken/ So ¢chaut doch mit Bedacht nur den Philotas an: Daß/ was der Gei¢t gleich ¢chleu¢t/ der Leib nicht dulden kan.
87 88
Artzney] Attzney A Artzney BCD Schlange] Slange A Schlange BCD
79 86 96
heuterm] heiterm CD Purper] Purpur BCD Bundnus] Bundniß CD
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Epicharis
Lateranus. Wer wird im Augenblick den Kercker offnen konnen? Der Blutthund wird ihr ja bis morgen Ra¢t vergonnen/ Da un¢er heilger Schluß ins Werck ge¢atz’t ¢ol ¢eyn. Quinctianus. Wo Schlang’ und Argwohn ¢chon ins Hertze ni¢tet ein. Empfind’t es keine Lufft von beyder Wurmer Wutten/ Bis Rach’ und Bluttbegierd’ itzt Gall’ itzt Grimm auߢchutten/ Bis ¢ich des Henckers Fau¢t in warmem Blutte wa¢ch’t Und die ver¢pritzte Milch des Lebens kuhl’t und la¢ch’t Der Aegeln heißen Dur¢t. Sulpitius Asper. J¢t euch und ihr zu rathen So ¢etzt itzt bald. Scevinus. Wer klopfft?
110
Knecht. Herr eine Schaar Soldaten Be¢etz’t rings umb das Hauß/ Theils dringen ¢ich bereit Durch Pfort und Vorhoff ein. Scevinus. Hilf Himmel! Sulpitius Asper. Was ich dreut’ !59" Ereignet ¢ich ¢chon itzt. Wir ¢ind verrathen! Scevinus. ¢aget: Was i¢t zuthun? 110 dreut’] dreu’t AB dreut CD 105 warmem] warmen BCD
Die Dritte Abhandlung
Quinctianus. Es muß nunmehr ¢chon ¢ein gewaget Daß wir/ eh’ als wir uns als Schaffe laßen fall’n/ Als Helden uns in Kampf zur Gegenwehre ¢tell’n.
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Scevinus. Dafern es mir nur gilt/ ¢o halt ich’s nicht fur nutze: Daß ihr neb¢t mir euch ¢turtz’t/ das Werck ¢etz’t auf die Spitze Schlußt euch auf allen Fall ins Neben-Zimmer ein. Jch wil der Morder-Schaar allhier gewartig ¢eyn. Find’ ich ¢elb¢t keinen Weg den Feßeln zu entrinnen; So kan doch euer Muth auf meine Freyheit ¢innen.
Epaphroditus. Scevinus. Etliche Kriegsknechte. Epaphroditus. Gib dich/ Scevin. Scevinus. Was i¢ts? Epaphroditus. gefangen. Scevinus. Jch mich dir? Epaphroditus. Dem Kay¢er. Scevinus. Wer befihlt’s. Epaphroditus. Er ¢elber ¢chafft’ es mir. 122 ¢chafft’] ¢chafft CD
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Epicharis
Scevinus. Was hat Scevin verkerb’t? Epaphroditus. Befrage dein Gewißen. Scevinus. Der Zeuge wird mich ¢tets un¢chuldig urtheiln mußen
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Epaphroditus. Der Außgang wird es lehr’n. Jtzt gib den Degen her. Scevinus. Den Degen? Epaphroditus. Mache dir dis nicht ¢o frembd’ und ¢chwer. Scevinus. Ein Rathsherr der Stadt Rom ¢ol ¢ich ¢o ¢chimpffen laßen? Epaphroditus. Wer Schimpffes wil entgeh’n/ muß Sund und Meyneyd haßen. Scevinus. Was? Welch Verlaumbder miß’t mir ¢olche La¢ter bey? ! 60"
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Epaphroditus. Hier i¢t’s nicht Fragens Zeit/ was dein Verbrechen ¢ey. Nur fort/ wo nicht/ ¢o i¢t hier Scharf’ und Zwang verhanden. Scevinus. Wer keinen Richter ¢cheu’t/ folg’t ohne Zwang und Banden. Der Außgang ¢ol dis lehr’n: Daß La¢tern und die Nacht Die Sternen und den Glantz der Un¢chuld heller mach’t. Ge¢atzt auch daß ihr Schirm nicht fur Verleumbdern ¢chutzet/ Das Blutt fri¢t durch den Ro¢t den Stahl/ der es ver¢pritzet.
133 dis] die ABCD
Daß] Das A daß A(Errata) Daß BCD
Die Dritte Abhandlung
Sulpitius Asper. Piso. Lateranus. Quinctianus. Lucanus. Natalis. Lucanus. Scevin lauff’t nun an Strand/ mit uns ¢piel’t Meer und Wind Natalis. Sein Fall lehr’t: Daß wir ¢chon auf gleichen Strudeln ¢ind. Sulpitius Asper. Wo uns nicht Witz und Muth von die¢en Scyllen fuhren.
140
Natalis. Jch ¢ehe Witz und Muth Compaß und Ma¢t verlieren. Sulpitius Asper. Ein Schiff das ¢tranden ¢ol/ gene¢t auf hoher See. Piso. Was heiß’t dis? Sulpitius Asper. Daß man der Gefahr entgegen geh’. Lateranus. Und was ver¢piel’t doch i¢t/ noch zum Gewien auf¢etze. Piso. Ja die¢es Tigers Zahn noch mehr durch Eyver wetze?
145
Sulpitius Asper. Der Vor¢atz und die That verdien’t ¢chon gleichen Lohn. ! 61" Piso. Jhr ¢eht’s/ der Himmel ¢tutz’t ¢elb¢t des Tyrannen Thron.
139 Scyllen] Scylen B 143 Gewien] Gewinn CD
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Epicharis
Lateranus. Ja/ nun ein Weiber Hertz uns in dem Bu¢em ¢tecket. Piso. Die Tapferkeit hat aus/ nach dem das Werck entdecket. Lucanus. Die ¢iegt’ oft/ wo kein Heil nicht mehr zu hoffen war.
150
Quinctianus. Und durch Gefahr ¢chwing’t ¢ich die Kuhnheit aus Gefahr. Natalis. Sie ¢turtzt/ wenn ¢ie beim Sturm nicht wil die Segel ¢treichen. Sulpitius Asper. Man ¢ih’t durch Kleinmuth mehr/ als Tapferkeit erbleichen. Piso. Was mein¢tu wo dein Muth was fruchtbars ¢tiften kan? Sulpitius Asper. Dring’t mit mir in die Burg/ und greiff’t den Blutthund an.
155
Natalis. Wo Argwohn ihn ver¢chleu¢t/ das Heer ihn rings umbgiebet? Lucanus. Glaub’t: Daß der Hunder¢te nicht den Tyrannen liebet Sulpitius Asper. Sie werden bey uns ¢teh’n/ ¢o bald ein Haupt ¢ich zeug’t. Piso. Wo i¢t ein Haupt/ dem Volck und Lager i¢t geneig’t? 153 ¢tiften] ¢tifren A ¢tiften A(Errata) ¢tifften BCD 157 zeug’t] zeigt CD
Die Dritte Abhandlung
Lateranus. Du ¢elb¢t bi¢t Haupt’s genung den Schluß ins Werck zu ¢etzen.
160
Piso. Der warn’t nur/ der greif’t an nicht aber kan verletzen. Quinctianus. Ver¢uch ob’s Heer durch Geld wol zu gewinnen ¢ey Piso. Scevin und wir ¢ind hin/ eh’ als man’s ¢chaff’t herbey. Sulpitius Asper. Nimm’s Rathhaus ein/ und laß dich als ein Haupt dar ¢chauen. Piso. Sol ich mein ¢chimpflich Grab fur aller Augen bauen?
165
Lucanus. Oft/ was unmoglich ¢chein’t wird leichte/ wenn man’s wag’t. !62" ! Piso. " Die Edlen ¢ind zu klug/ der Pofel zu verzag’t. Lateranus. Der Pofel ra¢’t wie Flamm und Glutt bey neuen Sachen. Natalis. Wer wird der Neuerung hoch noth’gen Anfang machen. Quinctianus. Wir und die ¢ich mit uns in’s Bindnus ließen ein.
vor 166 !Piso."] fehlt ABCD, als Kustos aber in A auf S. 61 167 ra¢’t] ra¢t’ AB ra¢t CD 169 Bindnus] Bundniß CD
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Epicharis
Piso. Schloß/ Rathhaus/ Burg und Platz wird itzt be¢etz’t ¢chon ¢eyn. Lateranus. Schlag ¢olche Zagheit aus/ gib denen doch Gehore/ Die fur der Romer Heil/ fur deines Nahmens Ehre Neb¢t dir Gutt/ Hertz und Blutt zu wagen ¢chlußig ¢ind. Wer i¢t der/ der dich ¢chreck’t? ein Gauckler und ein Kind. Perdiccas Kuhnheit ¢ig’t auch in des Lowen Hole/ Des Brutus Dolch durchdrang des großen Cæ¢ars Seele/ Verwegenheit rieb auf den Cajus durch den Stahl Den Claudius durch Gifft. Und un¢er Donner-Stral Sol den Salmoneus nicht ¢eyn machtig zu erdrucken? Der fur der Mutter Grimm’ und den erzurnten blicken Verzweifelnd ¢chier vergieng/ als ¢eine rechte Hand Der Seneca/ gleich noch und Burrhus bey ihm ¢tand. Der Ancker i¢t ver¢anck’t/ und jener reiß’t den Nachen Des Blutthunds ¢elb¢t in Grund. Was wird fur große Sachen Der Sanger nun fuhr’n aus/ nach dem nur Tigillin Der Boßheit arg¢ter Schaum und Huren ¢ind umb ihn? Ent¢etz’t ¢ich doch ein Held bey unver¢ehnen Fallen. Wie ang¢tig wird ¢ich nicht der feige Reiger ¢tellen/ Wenn er wird uber ihm ¢o fri¢che Falcken ¢eh’n? Piso. Dis mochte thulich ¢eyn/ wehr’ es zur Zeit ge¢cheh’n/ Eh als der Kay¢er noch den An¢chlag hat erfahren. Natalis. Fur Pfeilen/ die er ¢ih’t/ kan er ¢ich leicht verwahren.
195
Quinctianus. Ge¢atz’t/ er wiße ¢chon: Daß die ver¢chworne Schaar Ent¢chloßen ¢ey gewe¢t ihn auf dem Rach-Altar !63" Zum Opfer abzuthun/ auf ihn den Stahl zu ¢charffen So hat: Daß Pi¢o ¢ich zum Kay¢er aufzuwerffen Behertzt ¢ey/ Nero doch ¢ich nimmermehr befahr’t/
170 itzt] ietzt BCD
Die Dritte Abhandlung
200
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Noch wieder die¢en Schlag vor¢ichtig ¢ich verwahr’t. Du wir¢t/ wenn ¢ieben nur Pi¢oni¢ch ¢ich erklaren Wenn drey des großen Raths aufs Pi¢o Nahmen ¢chweren Und der vergallten Stadt ein Leit¢tern werden ¢eyn/ Erfahren: Daß halb Rom den Stahl zu tauchen ein Jn des Ertz-Morders Blutt/ ¢ein Bild in Koth zu treten Den Pi¢o fur ihr Haupt und Kay¢er anzubethen Mehr als begirig ¢ey. Piso. Jch ¢uche nicht durch Blutt Und Auffruhr Thron und Reich. Nicht einer hat noch gutt Und ohne Schimpf geher¢ch’t/ der ¢ich durch bo¢e Thaten Hat in den Thron ge¢pielt.
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Lucanus. Wil¢tu der Welt nicht rathen So hilf doch dir/ und gib der Freinde Warnung Raum Und deiner Tugend Platz. Es i¢t ein ¢ußer Traum Und deine Hofnung wird ¢ich mit ¢ambt dir ver¢pielen Wo du Ver¢chwiegenheit und Treue bey ¢o vielen/ Die dir gleich hold ¢ind ¢uch’¢t. Man ¢chleu¢t durch Gab’ und Pein Jedwede Schloßer auf. Auch bilde dir nicht ein: Daß du durch Zagheit wir¢t des Nero Sinn ent¢teinern. Furcht kan den großen Ruhm der Tugend zwar verkleinern. Doch windet ¢ie das Schwerd der Grau¢amkeit nicht aus Ja Kefer kehret ¢ie in einen kuhnen Straus Die Schlang in Ba¢ili¢k’. Und Nero/ der erzittern Fur un¢erm Dreuen muß/ wird hertzhaft ¢ich erbittern Aufs Pi¢o Kopf/ und uns auߢchutten Tod und Schmach/ Wo ¢ein verzagter Gei¢t uns ihm ¢ih’t geben nach.
200 großen] großen A gro¢¢en BCD 203 Ertz-Morders] Ertz-Morders BCD 209 Freinde] Freunde BCD
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Epicharis
Piso. Geluck und Zeit mach’t oft ein Schifbruchs-Brett zum Nachen. Wer aber/ wenn es ¢turm’t/ die Segel auf wil machen Begegnen der Gefahr/ den fall’t nicht Gluck und Wind ! 64" Er ¢turtzt ¢ich ¢elb¢t in Grund. Sulpitius Asper. J¢t Pi¢o ¢o ¢ehr blind/ Daß er bey’m Nero Gnad/ Erbarmung in der Hellen/ Beym Pantherthiere Gun¢t/ ihm in Charybdis Wellen Einbildet einen Port? Es i¢t ein thorchter Wahn/ Allsbald ertrincken woll’n/ weil man noch ¢chwimmen kan. Ja/ wenn gleich Nero dich zu todten nicht begehrte/ Den Wol¢tand und den Ruhm ¢chatz’ ich von gleichem Wehrte. Auch geht ein ruhmlich Tod be¢chimpftem Leben fur. Was Ehre nicht erwirbt/ das bilde/ Pi¢o/ dir/ Auch nicht als ¢icher ein. Muß endlich ¢ein ge¢torben/ So werd’ auch durch den Tod zum min¢ten Ehr’ erworben. Der Tugend A¢ch’ i¢t ja der Nachwelt Heyligthum/ Und Tapferkeit verdien’t auch bey dem Feinde Ruhm. Kein großer Baum/ den gleich der Blitz ruhr’t/ fallt zur Erden/ Daß tau¢end Ae¢te nicht von ihm zer¢chmettert werden; Die Glutt/ wenn ¢ie verle¢cht/ verdoppelt Strahl und Licht/ Und Pi¢o fall’t/ und laß’t kein Lob/ kein Merckmal nicht Der Tugend hinter ¢ich/ der Nachwelt zu durchle¢en. Umbarme Volck/ und Reich/ und das gemeine We¢en/ Spring der ohnmachtgen Stadt/ die fur der Tiranney Nunmehr den Gei¢t ausblaß’t/ der ¢chwachen Freyheit bey! So wird/ wenn Heer und Volck gleich nicht die Hand dir bitten/ Und dir dein Lebens-Drat vom Nero wird zer¢chnitten/ Die guldne Freyheit ¢elb¢t dein holder Prie¢ter ¢ein/ Und dein Gedachtnus-Bild der Ewigkeit weih’n ein.
247 Heer] Herr A Heer A(Errata)BCD 227 244 247 250
Hellen] Hollen CD Umbarme] Umarme D bitten] bieten CD Gedachtnus-Bild] Gedachtniß-Bild CD
Die Dritte Abhandlung
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Gerath der An¢chlag denn: daß Nero muß erkalten/ Daß durch den Pi¢o wird die Burger¢chafft erhalten/ Wird Rom dich und dein Haupt mit Burger-Krantzen zier’n. Ja iedes Marmel wird des Pi¢o Nahmen fuhr’n. !65" Kurtz! Der ver¢to¢’t gar ¢ehr in zweifelhafften Dingen Wer Anfangs etwas wag’t/ hernach nichts wil vollbringen Und in dem Mittel irr’t. Es i¢t nicht Saumens Zeit Wo Ruhe mehr ver¢piel’t als die Verwegenheit. Piso. Der Unver¢tand wagt’s ¢o. Jch kenne Meer und Glucke. Die Klugheit aber halt hier ihren Ma¢t zurucke. Quinctianus. So grabe dir denn Rom in Stahl und Diamant: Des Pi¢o Furcht verzehr’t mehr Blutt/ als Syllens Brand.
Der Schauplatz verwandelt ¢ich in des Kay¢ers Gemach.
Nero. Scevinus. Tigillinus. Fenius Rufus. Milichus. Corinna. Natalis. Statius Proximus. Epaphroditus. Granius Sylvanus. Etliche Soldaten.
265
Nero. Hat Nero die¢en Wurm in ¢einer Schoos erzogen? Hat die¢e Natter Milch von ¢einer Gun¢t ge¢ogen Die ¢ie in Gift itzt kehr’t? Ertz-Morder gib an Tag/ Was zur Verratherey dir Uhr¢ach geben mag!
255 ver¢to¢’t] ver¢to¢t’ A ver¢toß’t B ver¢toßt CD 266 dir] die CD
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Epicharis
Scevinus. Großmacht’ger Herr und Fur¢t/ mein redliches Gewißen Weiß: Daß Verlaumbdung mich ließ in die Feßel ¢chlußen Den Kay¢er in Verdacht. Die Un¢chuld aber ¢ieg’t Wenn der verdammte Leib gleich auf der Folter lig’t. Sie i¢t das Kraut/ das Pein und Wermuth ¢uße machet Die Schwermuth kehr’t in Schertz. Ein gut Gemutte lachet ! 66" Wenn Hauchler es vergalln/ und ihren Mißgun¢t-Ja¢cht Auf reine Lielgen ¢prie’n. Jn reinen Seelen la¢ch’t Ein fal¢ches La¢ter aus/ wie Flammen in dem naßen. Tigillinus. Mord¢tifter! Darf¢tu dir noch wol das Hertze faßen Durch umb¢teh’n deiner Schuld zu ¢charffen Straff und Pein?
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Scevinus. Fahrt man ¢o Rathsherrn an? So rede Sclaven ein! Steht gleich dem Fur¢ten frey ¢ich Dreuens zu bedienen/ So darf kein Knecht ¢ich doch auf Rathsherrn nicht erkuhnen Zu ¢chutten Schmach und Fluch. Tigillinus. Schau’t mir den Rathsherrn an! Scevinus. Ja/ deßen Tugend nicht der Knechte Knecht ¢eyn kan. Nero. Schaut! Wie ¢o giftig noch der Fur¢ten-Morder ¢chaumet! Scevinus. Mir hat bis auf den Tag nie Fur¢ten-Mord getraumet.
285
Tigillinus. Verrather/ wil¢tu ¢eyn des La¢ters uberzeug’t? 273 ihren] ihnen ABCD 281 Schau’t] Schau’t A Schaut BCD 285 La¢ters] La¢ters A La¢ters BCD
Die Dritte Abhandlung
Scevinus. Kein Men¢ch kan zeugen dis/ der nicht den Gottern leug’t. Nero. Stracks ¢chafft den Milichus hervor mit ¢amt Corinnen. Scevinus. Aus derer Boßheit laß’t ¢ich mir kein Netze ¢pinnen. Tigillinus. Entdeck’t/ was hat Scevin auf’s Kay¢ers Wolfarth fur?
290
Scevinus. Meyneydige! ¢eit ihr’s/ die ihr ¢o la¢tert mir? Milichus. Jch wil/ ¢o viel ich weiß/ doch ohne Meyneyd ¢agen. Scevinus. Man kan auf’s Herren Kopf nicht Freygelaß’ne fragen. Nero. Wol/ wo man La¢ter klagt verletzter Maje¢tat. Scevinus. Boßhafter/ ¢tocke nicht/ ¢ag’s/ was dein Gift-Maul ¢chmah’t.
295
Milichus. Bekenn’ es/ Fur¢ten kehr’n auch la¢ter zu Genaden. !67" Scevinus. Hort! Der Ertz-Heuchler weiß mit nichts mich zu beladen. Milichus. Nicht leugne: Daß du ha¢t des Kay¢ers Tod begehr’t.
289 hat] bat A hat BCD
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Epicharis
Scevinus. Jhr Gotter! J¢t kein Blitz der auf den Lugner fahr’t! Milichus. Solt’ ich nicht einen Stahl auf’s Fur¢ten Nacken ¢charffen.
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Scevinus. Verlaumbdung kan mehr zeih’n/ als Un¢chuld kan verwerffen. Tigillinus. Kein Witz den Schlangen-Gang des Meyneyd’s nehmen wahr. Scevinus. Noch/ was die Boßheit ¢pinn’t der Un¢chuld fur Gefahr. Nero. Kenn¢tu den Dolch? Weil dich die Boßheit ¢o verblendet? Scevinus. Den hat der Boßewicht Verrathri¢ch mir entwendet.
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Milichus. Zu was fur Heyligthumb ha¢tu ihn denn verwahr’t? Scevinus. Was fur verdachtig Ding hab’ ich darmit gebahr’t? Tigillinus. Er wird ihm den Verdacht nicht aus dem Finger ¢augen.
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Scevinus. Und gleichwol ¢ag’t der Hund mir wenig unter Augen. Zu dem die Boßheit ¢chanck’t ihr ¢elb¢t das Gift-glaß ein/ Wenn ¢ie die Un¢chuld wil verdammte La¢ter zeih’n?
298 Gotter] Gotter A Gotter BCD 305 ha¢tu] ha¢t du CD 307 dem] den CD
Die Dritte Abhandlung
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Die Spinne web’t ein Garn aus eignen Eingeweiden/ Verlaumbder Schmach und Fluch. Dis Ei¢en ¢olte ¢chneiden Durch’s Fur¢ten heilgen Hals? das ¢elb¢t den Gottern ward Als heylig eingeweyh’t. Meld’ auch / auf was fur Arth Mit wem/ und wo und wenn ich die¢en Mord zu ¢tiften Ent¢chloßen ¢ey gewe¢t? Tigillinus. So pfleg’t man zu vergiften Was man den Gottern weiht? Scevinus. Verfluchte Mi¢¢ethat! !68" Verteufelt-bo¢er Men¢ch! Glaubt: der Verlaumbder hat Den mir ge¢tohlnen Dolch mit Gifte ¢elb¢t beflecket.
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Tigillinus. Dis i¢t der Boßheit Arth. Des Kindes/ das er¢tecket Jn er¢ter Bluthe wird/ wil Niemand Mutter ¢eyn. Scevinus. Sag’t ¢elb¢t: Ob/ was er klag’t hab einen Wahrheits-Schein?
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Milichus. Er leugne/ wie er wil/ er wird/ woraus man ¢chlußen Leicht ¢einen Vor¢atz kan/ doch noch ge¢tehen mußen. Ha¢tu nicht Tag und Nacht ¢chwermuttig zugebracht? Zum Tode dich ge¢chickt? Das Te¢tament gemacht Bey noch ge¢undem Leib’ und bluhend-fri¢chen Jahren? Scevinus. Hat von Verlaumbdern man was alberers erfahren? Die Ro¢e/ die fruh prang’t/ fall’t Abends welck ins Graß; Das Leben bluht und welck’t und bricht oft eh’ als Glaß: 318 hat] hat! ABCD 330 welck’t] welckt’ A welck’t B welckt CD 325 Ha¢tu] Ha¢t du CD 328 alberers] albereits B allbereits CD
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Epicharis
Welch Richter wird nun wol zum La¢ter machen konnen/ Was aller Volcker Recht’ jedwedem ¢tets vergonnen? Zu ¢innen auf den Tod? Es i¢t nicht’s er¢temal: Daß ich mein Te¢tament ohn’ ein’ger Tage Wahl Ver¢iegelt. Milichus. Hat Scevin bei’m Te¢tament abfaßen Je aber ¢o viel Knecht’/ als dißmal/ freygelaßen? Ja uber die¢es noch mit Gelde ¢ie be¢chenck’t?
340
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Scevinus. J¢t mit dem Meinigen/ Verruchter/ mir ver¢chrenck’t Willkuhrlich zu gebahr’n? Ein Sclave ¢atz’t mir Schrancken/ Der meiner Gutthat doch die Freyheit hat zu dancken? Und fur mich zeugen muß: Daß ich auch vormals Geld Und Freyheit außgetheil’t. Und der Verlaumbder halt Fur Sunde: Daß ich die/ von derer Treu’ ich habe Mehr Nutz und Dien¢t erlang’t/ was reichlicher begabe? Zumal ich nunmehr nicht auf’s Te¢tament viel trau’/ Nun ich die Glaubiger mir auf dem Hal¢e ¢chau’ Und mein Vermogen Fall und Schifbruch hat gelitten. Milichus. Zu was denn hieße¢tu dir ¢o viel Ga¢te bitten? ! 69" Das Nachtmal richten an mit ko¢tbar-reicher Tracht?
350
Scevinus. Was ¢chaft fur Argwohn dis? Die Einfalt ¢elber lacht Des Bubens Wahn-witz aus. Jch hab’ ein ¢ußes Leben/ Dem ¢trenge Richter leicht ein bo¢es Urtheil geben/ Von Jugend auf gelieb’t und meine Taffel ¢teh’t Stets jedem Freinde frey.
347 gelitten] erlitten CD 348 hieße¢tu] hie¢¢e¢t du CD 354 Freinde] Freunde BCD
Die Dritte Abhandlung
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Tigillinus. Verratherey begeh’t Ein Ga¢tmahl in’s gemein mit ihrem Mord-ge¢inde: Daß ¢ie durch Speiß’ und Wein den Bluttdur¢t mehr entzunde Der nach dem Puper¢chaum’ erblaßter Fur¢ten lach¢t. Scevinus. Sol dis die Wurtzel ¢eyn aus dem ¢olch Argwohn wach¢t/ Muß Nero neben mir noch tau¢end Romer fallen. Der Meyneyd laß’t ¢ich nicht der Wollu¢t zuge¢ellen; Und Schwermuth druck’t den Gei¢t/ der ein groß Werck beginn’t/ Fur welche Stirn und Mund zu plumpe Larven ¢ind. Tigillinus. Man ¢ih’t die Dun¢te nicht/ die aus der Schoos der Erden Die Sonne zeucht empor/ bis ¢ie zu Wolcken werden/ Die Flamm und Blitz gebehr’n; nicht anders kennt man nicht Den Meyneyd/ als bis er den Hals dem Fur¢ten bricht. Milichus. Was wird Scevin auf dis zu ¢einem Schirm anfuhren: Daß er mir anbefahl Wund-Pfla¢ter ihm zu ¢chmieren/ Und Zeug zu ¢chaffen her/ dardurch man ¢till’t das Blutt.
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Scevinus. Daß ¢ich der Abgrund nicht fur di¢er Lug’ aufthut! Daß ¢ich die Sternen nicht fur die¢em Greuel ¢chwartzen! Fuhl¢tu nicht Rach’ und Pein und Hencker in dem Hertzen? Die durch Gewißens-Ang¢t er¢chrecklich mahlen fur/ Was ¢chon Ti¢iphone mit Schlangen-Peit¢chen dir Fur grau¢e Marter dreut? Empfind¢tu’s nicht Verrather? Schaut wie das Hertze beb’t dem ¢chlimm¢ten Ubelthater! Er zittert/ er ver¢tummt! Sein Ang¢t-¢chweiß gibt an Tag: Daß kein Verlaumbdungs-Pfeil der Un¢chuld ¢chaden mag. !70"
372 Fuhl¢tu] Fuhl¢t du CD
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Epicharis
Corinna. Nicht laße den Scevin dich in Verwirrung bringen. Der Crocodil/ wenn er jemanden wil ver¢chlingen/ Stell’t ¢ich barmhertzig an. Jch aber wil an’s Licht Mit hoch¢tem Ruhme ¢tell’n: Daß fal¢che Wahre nicht Geruch und Farben hallt/ ja wil der Fur¢t mich horen/ So wil ich/ wenn Scevin abtreten mu¢te/ lehren: Daß die¢er und Natal den arg¢ten Meyneyd ¢pinn’t. Nero. Schaft den Verrather weg.
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Corinna. Mein Fur¢t/ die beyde ¢ind Die/ denen Pi¢o pfleg’t ¢ein gantzes Hertz zu trauen/ Und die/ die auch auf ihn ¢o große Schloßer bauen/ Auch ohne Zweifel ihn ihr Schoßkind/ auf den Thron Zu heben ¢ich bemuh’n; Ja die fur lang¢ten ¢chon Aufs Kay¢ers Untergang Bluttdur¢tig umbgegangen. Woll’n ihre Maje¢tat nun beyde Fuchße fangen Den Blutt-Rath for¢chen aus/ ¢o faßen ¢ie den Schluß: Daß/ was ihr Reden ¢ey gewe¢en/ jeder muß Ge¢ondert offenbar’n. Jhr An¢chlag bo¢er Thaten Wird durch zwey-zungicht ¢eyn unfehlbar ¢ie verrathen. Nero. Wol! Fordert den Natal alsbald in’s Vorgemach. Corinna. Der Kay¢er for¢che nur wol auf den Pi¢o nach. Nero. Befehlet: Daß Scevin hier wieder ¢ol er¢cheinen.
400
Tigillinus. Das Blatt ¢cheint ihm zu fall’n.
382 fal¢che] falche B
Die Dritte Abhandlung
Nero. Kan¢tu Scevin verneinen: Daß ge¢tern hat Natal mit dir bis in die Nacht Den Tag mit viel Ge¢prach und Schwermuth zugebracht. Scevinus. Wie kommt Natal hieher? Nero. Antwort’/ auf was ich frage. Scevinus. Be¢prech’ ich mich mit ihm doch mei¢tens alle Tage.
405
Nero. Von was be¢prachet ihr euch Ge¢tern ¢o viel Zeit? Scevinus. Wer ¢chreib’t die Reden auf von keiner Wichtigkeit? Nero. Wir woll’n durchaus von dir der Wortte Wechßel wißen/ ! 71" Scevinus. Ein Freund vertreib’t die Zeit mit Schertz-Ge¢prach’ und Grußen. Nero. Sag’s: ward nichts Ern¢tliches von euch gemi¢chet ein. Scevinus.
410
Nichts. Nero. Ward des Pi¢o nicht gedacht?
404 Tage.] Tage? ABCD 405 be¢prachet] be¢prachtet ABCD
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Epicharis
Scevinus. Es mag wol ¢eyn: Daß einer ungefahr den Nahmen hat genennet. Tigillinus. Schau: Daß die Neßel dich nicht in die Finger brennet. Scevinus. Ge¢atzt/ wir hetten gleich des Pi¢o viel gedacht/ Mag dis wol ¢trafbar ¢eyn?
415
Nero. Nimm dich gar wol in Acht Und leugne nicht: Daß ihr viel habt von ihm ge¢prochen. Tigillinus. Wer heimlich Feuer halt/ ¢chein’t ¢chadlich Gift zu kochen.
420
Scevinus. Wenn’s ihre Maje¢tat zu wißen denn begehr’t: Wir lob’ten ¢einen Stand: Daß ihn der Kay¢er werth/ Das Volck in Ehren halt/ weil er durch holde Sitten Durch ¢eine milde Hand hat aller Hertz be¢tritten/ Durch ¢ein Bered¢am ¢eyn den Ruhm ihm beygeleg’t: Daß ihn den Un¢chulds-¢child gantz Rom zu nennen pfleg’t. Nero. Sehr wol! Fiel nicht der Schluß zum Kay¢er ihn zu machen? Scevinus. Weil noch die Sonne ¢chein’t/ kan kein neu Stern erwachen.
425
Tigillinus. Durch Neben-Sonnen ¢tiel’t Verratherey das Licht Dem Auge die¢er Welt. Der Fur¢t darf ferner nicht Auf des Verrathers Kopf das ¢trenge Rach¢chwerd ¢paren
422 pfleg’t] pfle’gt A pfleg’t B pflegt CD
Die Dritte Abhandlung
Nero. Weg mit dem Hunde! Laßt ihn unweit wol verwahren. Milichus. Selb¢t das Verhangnus wird mein Zeugnus machen wahr. Corinna. 430
Der Himmel uns ¢tehn bey. Epaphroditus. Jtzt i¢t Natal gleich dar. ! 72" Nero. Laß ihn ein. Tigillinus. Meyneyd muß nicht ¢tracks be¢turmet werden. Der Kay¢er brauche ¢ich er¢t glimpflicher Gebehrden. Nero. Natal/ wenn ha¢tu dich mit dem Scevin er¢ehn? Natalis. Jch weiß nicht ¢o genau wenn’s letztemal ge¢chehn. Nero.
435
Nicht Ge¢tern? Natalis. Ge¢tern? Ja. Hatt ich’s doch ¢chier vergeßen. Nero. Ward’ nicht von euch gedacht des Pi¢o/ oder weßen? Natalis. Des Pi¢o gar gewiß mit keinem Wortte nicht: 432 glimpflicher] glimpfllicher A glimpflicher B glimpfflicher CD 429 Verhangnus] Verhangniß CD
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Epicharis
Tigillinus. Es i¢t nichts ¢trafbares: Das man von Pi¢o ¢pricht. Nero. Habt ihr die Tugenden des Pi¢o nicht geruhmet?
440
Natalis. Jch meine/ Pi¢o thu’ oft/ was ¢ich nicht gezuhmet. Nero. Schau: Daß dein leugnen dich nicht in’s Verterben ¢turtz’t. Natalis. J¢t’s anders/ werde mir mein Lebens-Drat verkurtz’t. Nero. Du fall’¢t dir’s Urthel ¢elb¢t. Bringt den Scevin zur Stelle.
445
Tigillinus. Mag nun was klarer ¢eyn/ daraus die Gift erhelle Der zweyen Mordge¢ell’n? Die un¢ern Kay¢er hat Zu Grunde richten ¢oll’n Natalis. Jch weiß ¢o ¢chlimmer That Mich reiner/ als du dich. Tigillinus. Du ¢ol¢t bald linder pfeiffen. Natalis. Wil auf un¢chuldig Blutt man Henckers-Klingen ¢chleiffen?
450
Nero. Scevin/ hat ge¢tern der vom Pi¢o nichts mit dir Geredet?
440 gezuhmet] geziehmet CD 441 Verterben] Verderben BCD
Die Dritte Abhandlung
Scevinus. Ja. Doch nichts verfanglichs ihm und mir Natalis. Traum’t dir/ Scevin? Jch kan auf’s min¢te mich be¢innen. Tigillinus. Aus ¢olchen Netzen kan auch nicht ein Fuchs entrinnen. Scevinus. Was fur ein Garn ¢ol’s ¢eyn/ in das Natal verfiel? Tigillinus. Daß er vom Pi¢o nichts geredet haben wil. !73"
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Natalis. Dis macht noch lange nicht die Un¢chuld zum Verrather.
460
Nero. Hor’t den verdammten Hund! Den ¢chlim¢ten Ubelthater. Den ¢ein Verrennen ¢chlag’t/ den ¢o viel Zeugnus fallt! Der i¢t ¢o frech und kuhn: Daß er fur Un¢chuld halt/ Was ¢ichtbar Meyneyd i¢t. Braucht Schwefel/ Folter/ Zangen/ J¢t ihr Bekantnus nicht in Gutten zu erlangen. Natalis. Wei¢tu? Daß man durch Pein auch was erpreßen kan Wo gleich kein La¢ter ¢teckt. Nero. Greift die Ver¢tockten an. Scevinus. Die Tugend wird den Gei¢t auch in der Marter laben.
460 Bekantnus] Bekantniß CD 461 Wei¢tu] Wei¢t du CD
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Epicharis
Natalis. Was wil der Kay¢er denn fur ein Bekantnus haben?
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Tigillinus. Was du/ und wer mit dir gehandelt wieder ihn. Nero. Der er¢te/ der bekenn’t/ dem ¢ey die Schuld verzihn. Natalis. Genad! ich gebe mich/ Großmacht’ger Fur¢t/ Genade; Nero. Wol! ¢o entdecke ¢tracks/ was dich fur Schuld belade. Natalis. Wahr i¢t’s: es hat mein Rath in’s Kay¢ers Fall ge¢timm’t.
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Nero. Entdeck in weßen Bru¢t mehr die¢er Meyneyd glimm’t. Natalis. Scevin und Pi¢o ¢ind neb¢t mir auf dich verbunden. Scevinus. Wird kein ver¢chloßen Mund bey Freinden mehr gefunden! Nero. Erofne deine Schuld und wen ¢ie mehr flicht ein. Scevinus. Sol ich Verrather denn vertraut¢ter Freinde ¢eyn!
474 vertraut¢ter] vertrau¢ter AB vertraut¢ter CD (vgl. C V 153, S V 196.325) 464 Bekantnus] Bekantniß CD 472 Freinden] Freunden BCD 474 Freinde] Freunde BCD
Die Dritte Abhandlung
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Nero. Wil dein hartneckicht Sinn die Straff’ und Marter ¢charffen. Natalis. Am be¢ten ¢ich der Hand des Kay¢ers unterwerffen. !74" Tigillinus. Stracks melde/ die du wei¢t. Scevinus. Es i¢t der Lateran/ Lucan/ Senecio/ neb¢t die¢en Quinctian.
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Nero. Vermaledeyte Schaar! Wem mag ein Fur¢t mehr trauen. Daß wir des Pi¢o Kopf ¢track’s fur den Fußen ¢chauen! Daß man den Lateran hinricht’/ Epaphrodith/ Eh als zu ¢pater Rath uns im Verterben ¢ih’t! Epaphroditus. Jch neb¢t dem Statius wil außfuhr’n was befohlen.
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Nero. Laß auch die andern drey ¢tracks fur den Richtplatz holen. Jn deßen fallt mir ein: Daß auch Epicharis Jn Band und Argwohn ¢teck’t. Was gilt’s? ¢ie i¢t gewiß Ein Mitglied die¢es Schwarm’s/ ein Kopf von die¢em Drachen/ Hol’t ¢ie. Konn’t aber ihr ¢on¢t keinen nahmhaft machen/ Der un¢re Baare ¢uch’t? Natalis. Jch habe dis/ was wir Ge¢chloßen/ Senecen wol auch getragen fur; Jhm/ daß er keinmahl nicht den Pi¢o fur ¢ich ließe/ Der fur’s gemeine Heil ¢ich doch ¢o ¢ehr befließe/ Fur Mangel außge¢tell’t. 476 unterwerffen] unterworffen AB unterwerffen CD 486 gilt’s] gil’t A gilt B gilts CD (vgl. V. 706) 490 getragen] getrageu A getragen BCD
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Epicharis
Nero. Verteufelt fal¢che That. Und Seneca/ der uns mehr als zum Vater hat/ Den wir aus Staub und Graus fa¢t bis an Thron erhoben Ver¢chwieg/ verhieng/ was auch mein Todsfeind nicht kan loben? Natalis. Zwar pflichtet’ er uns nicht ¢o gar außdrucklich bey; Doch lies er ¢ich heraus: Des Pi¢o Wolfarth ¢ey Der Pfeiler ¢eines Heil’s/ der Ancker ¢eines Lebens. Daß er ¢o ein¢am ¢ey/ ge¢chehe nicht vergebens; Zu ofteres Ge¢prach’ erweckte nur Verdacht; Der ¢ey der Hurtig¢te/ der wenig Wortte macht. Nero. Wer ¢uchte Wolck und Blitz in ¢olchen Sonnen-Strahlen? Der La¢ter ¢tinckend’ A¢ch’ in gulden Tugends-Schalen? Nennt die¢en Heuchler mehr den Heylig¢ten der Welt/ !75" Den Wei¢e¢ten in Rom! Der dis fur Klugheit halt/ Vermumter La¢ter-Schaum fur Tugend anzuwehren. Wenn bloße Schwachheit pfleg’t Verbrechen zu gebehren Und wo die offne Wund’ entdeck’t der Schlange Stich Hat’s nicht ¢o viel Gefahr/ als wo die Boßheit ¢ich Mit Tugend-Larven ¢chmuck’t/ und unter Schein-Artzneyen Uns todtend Gift bring’t bey. Laß uns den Hund auߢpeyen/ Der Meyneyd auf uns hauch’t/ Verlaumbdung auf uns ¢chaum’t; Sylvan/ daß Seneca ¢tracks werde weggeraum’t! Jedoch verzih’. Er mag noch di¢en Ruhm erwerben; Daß eh er hat gedorft/ hat von ¢ich ¢elb¢t woll’n ¢terben. Geh’ und befrag’ ihn nur: ob ihm noch wißend ¢ey; Was ihm Natal entdeck’t/ und was nech¢thin ¢ie zwey Zu¢ammen uberleg’t? Zu ¢chaun: Ob ¢ein Gewißen Jhn eygenhand’gen Tod wird zwingen zu ent¢chlußen.
504 gulden] guldnen CD
Die Dritte Abhandlung
Nero. Epicharis. Tigillinus. Fenius Rufus. Scevinus. Natalis. Milichus. Corinna. Etliche Soldaten und Hencker. Nero. Stellt ¢ich das Ebenbild ¢o reiner Un¢chuld ein? Epicharis. Der Himmel ¢elber muß der Wahrheit Schutz-Bild ¢eyn. Nero. Die uberzeugte mein’t noch Un¢chuld vorzu¢chutzen! Epicharis. Wen ¢ein Gewißen ¢chutz’t/ hohn’t der Verlaumbder Blitzen.
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Nero. Zeucht die Verratherin noch ihr Gewißen an? ! 76" Epicharis. Weil Niemand beßer nicht der Un¢chuld zeugen kan. Nero. Umb¢teh¢tu/ was Scevin/ was ¢chon Natal bekennet? Epicharis. Jch kenne beyde nicht die mir der Kay¢er nennet. Nero. Sag’ ob dich Pi¢o nicht mit in ¢ein Bindnus nahm.
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Epicharis. Jch bin dem Pi¢o mehr als Hund und Nattern gram.
523 uberzeugte] Uberzeugte CD 527 Umb¢teh¢tu] Umb¢to¢t du C Um¢to¢t du D 529 Bindnus] Bundniß CD
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Epicharis
Nero. Wil¢tu von keinem nicht/ die ¢ich ver¢chworen/ wi¢¢en? Epicharis. Jch habe niemals nicht auf Kund¢chafft mich beflißen. Nero. Ver¢tockte! Wir woll’n bald des Pochens Ende ¢chau’n. Epicharis. Die ¢terben ¢ol und wil/ laß’t ihr fur nichts nicht graun.
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Nero. Des Todes Naherung lehr’t beßer Wortte geben. Epicharis. Du mu¢t/ wo du wil¢t dreu’n/ mir dreuen mit dem Leben Nero. Auch bey dem Stummen wurck’t die Pein Bered¢amkeit. Epicharis. Nicht/ wenn Tyrannen man die Zung’ ins Antlitz ¢pei’t. Nero. Stracks Hencker ¢pann’t den Wurm bis ¢ie zerbir¢t/ von ¢ammen.
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Epicharis. Braucht ¢iedend Oel und Hartzt/ Strang/ Schwefel/ Pech und Flammen. Natalis. Nicht ¢turtz’/ Epicharis/ dich in ¢o grau¢e Pein. Epicharis. Die Marter ¢ol mein Ruhm/ der Tod mein Siegs-Krantz ¢eyn. Natalis. Der An¢chlag un¢ers Werck’s i¢t doch ¢chon gantz verrathen.
Die Dritte Abhandlung
Epicharis. Was mi¢che¢tu mich ein in deine Mißethaten?
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Tigillinus. Hor¢tu’s was der bekennt? und du bleib¢t ¢o ver¢tockt. Epicharis. Glaubt: daß kein fal¢cher Zeug’ aus mir nichts fal¢ches lock’t. !77" Scevinus. Hab’ ich doch auch gemuß’t mich zum Bekantnus finden. Epicharis. Die Furcht der Kwal bekenn’t oft nie begangne Sunden. Natalis. Wie viel mehr wird die Kwal außpreßen deine Schuld.
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Epicharis. Behertzte Seelen fuhl’n noch mehrers mit Geduld. Scevinus. Der Leib i¢t Flei¢ch/ i¢t gleich das Hertz aus Diamanten. Epicharis. Des Zeno Hertze ¢iegt/ als Flei¢ch und Glider brandten. Nero. Ziht an/ und tropft ihr Pech und Schwefel auf die Bru¢t. Epicharis. Den Blutthund martert Grim/ mir i¢t die Folter Lu¢t.
555
Nero. Fahr’t fort! Die Zauberin muß endlich doch was fuhlen.
544 mi¢che¢tu] mi¢che¢t du CD 547 Bekantnus] Bekantniß CD 548 bekenn’t] bekennt’t B
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Epicharis
Epicharis. Tyrannen ¢uchen ¢ich durch Blutt umb¢on¢t zu kuhlen. Tigillinus. Die Bo¢en ¢chelten mei¢t den der am be¢ten her¢ch’t. Epicharis. Wun¢ch’ ich mir doch den Tod/ ¢ucht nicht Verbrechen er¢t. Nero. Wer nicht bekennen wil/ gehor’t auf ¢charffe Fragen. Epicharis. 560
Jch wil bekennen. Nero. Wol! Loß! Epicharis. ¢ag’s/ was ich ¢ol ¢agen? Nero. Setz’t der Verzweifelten entflammte Zangen an. Epicharis. Was ¢ol die offenbar’n/ die kaum mehr athmen kan. Nero. Laß’t der Halb-todten Luft: Daß ¢ie noch einmal ¢terbe. Epicharis. Es thut dem Gei¢te wol/ ¢chmeckt’s gleich dem Corper herbe.
565
Nero. Bring’t her ein gluend Pferd/ zieht/ bis ¢ie ber¢t entzwey. Epicharis. Halt Hencker! ich ge¢tehs: Daß ich dein Todfeind ¢ey. !78"
Die Dritte Abhandlung
385
Nero. Fahrt mit dem Foltern fort. Epicharis. Was ¢ol ich mehr entdecken? Nero. Die alle/ die mit dir in gleichem Meyneyd ¢tecken. Epicharis. Nicht einen/ wehren auch gleich Tau¢end mir bekand.
570
575
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Nero. Die Noth hat großre Kraft als aller Freind¢chaft Band. Epicharis. Du Blutthund/ ¢ichre dich: Du mag¢t ¢o ¢charff es meinen: Daß den zer¢pannten Leib die Sonne kan durch¢cheinen/ So ¢ol¢tu/ Hencker/ doch mir nicht ins Hertze ¢eh’n/ Und/ was du wil¢t/ erfahr’n. Laß meine Darmer drehn Umb einen heißen Pfal/ laß mich an Fel¢en ¢chlußen/ Auf die die Furien ¢tets ¢idend Oel angißen; Ver¢charre lebend mich tief in ein Ameiß-Ne¢t/ Ver¢chaffe: Daß man’s Marck mir aus den Beinen pre¢t/ Du ra¢end-toller Hund wir¢t doch nichts anders machen; Als daß Epicharis wird deiner Marter lachen. Nero. Stopf’t ihr das La¢termaul mit trocknen Schwammen voll. Epicharis. Wil man das Reden wehr’n der/ die itzt ¢terben ¢ol? Tigillinus. Man laßt die Maje¢tat Verlaumbder nicht ver¢ehren. 583 Maje¢tat Verlaumbder] Maje¢tat-Verlaumbder AB Maje¢tat Verlaumbder C Maje¢tat Verlaumder D 570 Freind¢chaft] Freund¢chafft BCD
386
Epicharis
Epicharis. Tyrannen mußen nicht mit eckeln Ohren horen.
585
Nero. Sind keine Schwamme dar? So reißt ihr Kleid entzwey. Epicharis. Den Sterbenden ¢teh’t ja/ was wahr/ zu reden frey. Nero. Hor’t/ was fur Gift auߢpeyt die ¢chon verdammte Seele! Epicharis. Kein Morder ¢topft ihr zu die Farth aus ihrer Hole. Nero. Braucht arg¢ter Martern Arth/ bis man den Sinn ihr bricht.
590
Nachrichter. Man hat im Foltern nun mehr keine Staffeln nicht. !79" Nachrichter. Sie fallt in Ohnmacht. Tigillinus. Fuhlt: Ob ihr die Pul¢e ¢chlagen. Nachrichter. Pulß/ Athem/ Gei¢t i¢t weg. Nero. Laßt ¢ie in Kercker tragen.
Die Dritte Abhandlung
Nero. Lucanus. Quinctianus. Senecio. Scevinus. Natalis. Milichus. Corinna. Etliche Soldaten.
595
Nero. Jhr kommt gleich recht/ zu ¢ehn: Das ¢chone Trauer-Spiel Der¢elben/ die die Schuld halߢtarrig leugnen wil. Sagt: Solten wir nicht auch durch eure Fau¢t erblaßen? Lucanus. Wir haben niemals uns ¢olch Mord¢tuck traumen laßen. Nero. Mach’t euch ¢o frembde nicht die Ertz-Verratherey. Quinctianus. Der gutte Nahme ¢pricht uns aller La¢ter frey. Nero. Das Leugnen pfleg’t oft eh’ als Schuld den Hals zu brechen.
600
Senecio. Oft wird der/ den das Recht wol wurde ledig ¢prechen/ Aus Rach’ und Zorn verdamm’t. Nero. Wolt ihr das Recht außfuhr’n? Lucanus. Jm Fall der Un¢chuld wil Vertheidigung gebuhr’n. Nero. Wie/ wenn’s die Zeugen euch ¢tracks unter Augen ¢agen? Quinctianus. Was ¢ind fur Zeugen dar/ die man auf uns wil fragen? !80" 593 Trauer-Spiel] Trauer-Spiel. AB Trauer-Spiel CD vor 604 Quinctianus] Quictian. A Quinctian. A(Errata)BCD
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388 605
Epicharis
Tigillinus. Verwerft ihr den Natal/ und kenn’t ihr den Scevin? Senecio. Die muh’n ¢ich uns umb¢on¢t mit in ihr Garn zu zih’n. Natalis. Jhr konn’t/ wenn ihr bekenn’t ein ¢trenges Urtheil beugen. Lucanus. Ein Ubelthater kan nicht wieder andre zeugen. Tigillinus. So weit: Daß man durch Pein die Ubelthat erpraßt.
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Quinctianus. Sagt: ob der Romer Recht die Edlen martern laßt? Tigillinus. Die Außflucht ¢olcher Arth/ wird euch ein Garn abgeben. Wo das gemeine Heil/ des Fur¢ten Thron und Leben Schein’t in Gefahr zu ¢teh’n; i¢t ieder Zeuge gutt Der ¢on¢t verwerflich i¢t. Die Tugend lacht der Glutt. Wenn gleich die Unglucks-Flamm ihr eignes Hauß be¢turmet. Wo aber Stadt und Haupt des Reiches ¢ol be¢chirmet Wo Jo ¢ol bewahr’t/ der Zepter ¢icher ¢eyn/ Sind hundert Augen auch nicht ¢chwer zu ¢chlaffen ein. Man muß auf ¢olchen Fall auch/ was unglaublich/ glauben Und Fabeln halten wahr/ den Rechtsweg nicht auf ¢chrauben Und lang¢am Zweifeln ¢tell’n. Die allgemeine Ruh Gewinn’t und richtet viel durch die¢en Ab-weg zu. Die Ordnung weich’t der Noth/ der Nutz/ wird ¢chon ver¢toßen/ Er¢etzt die Fehler leicht.
618 ¢chlaffen] ¢chlaffern CD 619 unglaublich] unglaublich BCD
Die Dritte Abhandlung
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Senecio. Die Un¢chuld muß bey Großen Doch auch kein La¢ter ¢eyn. Sol/ wenn ein Feind mir flucht/ Der ¢eines Gluckes Grund auf meiner Leiche ¢ucht/ Sol/ wenn Verlaumbder Zung’ und Boßheit auf mich ¢charffen? Sol/ wenn ein Zeuge leugt/ den Stadt und Recht verwerffen/ Das Reden unvergonn’t/ Vertheidigung verwehr’t/ !81" Sich ¢chutzen ¢trafbar ¢ein? So wird der Rache Schwerd Der Boßheit nutzbar Pflug/ der Tugend Sichel werden. Die Zeugnuße der Zwey ¢ind feindliche Be¢chwerden/ Die wieder Wahrheit uns ¢olch La¢ter tichten an. Tigillinus. Wei¢tu? Daß der/ der gleich ¢on¢t nichts verbrechen kan/ Hierdurch verdamlich ¢ey/ und euer klar Verbrechen Macht ¢ich ¢o Schwanen-rein/ wag’t ¢ich ¢o groß zu ¢prechen? Lucanus. Wen ¢ein Gewißen ¢chutz’t/ der ¢chopffet Hertz und Muth Und Hofnung ihm daraus/ wenn ¢chon der Lugner Flutt/ Der Ertzt-Verrather Sturm der Wahrheit ¢eichten Nachen Jn Grund zu ¢turtzen ¢ucht. Tigillinus. Wenn man zum Lugner machen Jedweden Zeugen darf/ wird Sonnen-helle Schuld Stets unge¢traft außgeh’n. Mißbrauchet der Geduld Des gutt’gen Kay¢ers nicht! Kein Men¢ch i¢t/ der enthenget/ Daß die¢e zwey aus Haß was Fal¢ches außge¢prenget/ Die ihre Willkuhr nicht/ nein/ ¢ondern das Geboth Des Kay¢ers Zeugen hieß. Ja! Nero i¢t mit Noth Durch Dreuung arg¢ter Pein auf ihr Bekantnus kommen. Quinctianus. Betrug hat mehrmals ¢elb¢t den ¢charffen Stahl genommen/ Ja Na¢’ und Ohr verkurtz’t/ wenn ein Zopyrus hat 632 Zeugnuße] Zeugni¢¢e CD 639 Nachen] Sachen BCD 647 Bekantnus] Bekantniß CD
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Epicharis
Woll’n andrer Fallbrett ¢eyn/ wenn Sinon hat die Stadt Des Dardans ¢turtzen woll’n. Was kommt; Daß ¢ich die Rache Umb andren weh zu thun/ ¢elb¢t zum Verbrecher mache/ Euch ¢o ¢ehr frembde fur? Der Boßheit Antlitz ¢chick’t Jn tau¢end Larven ¢ich. Die Krahe/ die be¢trick’t Schon an dem Pflocke lig’t/ i¢t durch Ge¢chrey bemuhet/ Daß ¢ie noch andre mehr ins Stellers Faßel zihet. Natalis. Von Freunden bilde dir ja keinen Fall-¢trick ein. Lucanus. Der i¢t ein plumper Feind/ wer nicht weiß Freund zu ¢eyn. ! 82"
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Nero. Was nutzt dis Wortt-Gezanck’ als La¢tern Luft zu laßen? Sind keine Ketten dar die Trotzigen zu faßen? Schraub’t Stock und Folter an/ zu ¢chau’n ob Pein und Schmertz Den Hochmuth andern wird. Scevinus. Ein Kie¢el-¢teinern Hertz Kan die Empfindligkeit den Gliedern nicht benehmen. Jhr werdet nach der Pein euch endlich doch bekwamen/ Und lernen: Daß es itzt nicht ferner Leugnens gilt. Senecio. Uns weißt Epicharis der Un¢chuld Ebenbild: Daß/ eh ein großer Gei¢t bekenne fal¢che Sunde/ Man auf der Folter Lu¢t/ in Flammen Freud’ empfinde; Die Tugend ¢terbe nie/ der Korper nur ein mal.
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Tigillinus. Sie i¢t noch lange nicht loß ihrer Ang¢t und Kwal. Man ¢inn’t auf neue Pein; ¢ie ¢ol noch zehnmal ¢terben. Und euch/ im Fall ihr euch den Kay¢er zu erherben Durch Leugnen mehr erkuhn’t/ ¢ol nicht ein gluend Pferd
667 großer] hoher BCD
Die Dritte Abhandlung
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Ein roth-entflammter Pfal zur Straffe ¢eyn gewehr’t; Man wird was argers euch ¢olch einen Tod erdencken/ Der immer in euch leb’t. Nero. Jtzt i¢t’s noch Zeit zu lencken Den Ma¢t an Gnaden-Port. Die Schuld ¢ey euch verzihn Wo ihr nur ¢tracks bekenn’t. Natalis. Laßt Freinde/ den Gewien Umb Frembder willen nicht verachtlich aus den Handen.
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Quinctianus. Wahr i¢ts: Wir ließen uns der Thorheit Wahn verblanden Auf ihre Maje¢tat ein Bundnus einzugeh’n. Wir ¢uchen Gnad’ und Hold fußfallig/ und ge¢tehn: Wo Gnad’ und Gutte ¢ich des Kay¢ers wil entfernen/ Daß wir den Tod verwurg’t. Lucanus. Dis i¢t der Weg zun Sternen/ Das Mittel/ durch das ¢ich ein Fur¢t vergottern kan/ Wenn er Verbrechen ¢ih’t mit Gnadens-Augen an; Das Leben denen ¢chenck’t die ihre Schuld verdammet. Senecio. Wir wißen: Daß der Fur¢t von dem Augu¢tus ¢tammet/ !83" Der/ als ihm Patavin gleich dreute Dolch und Tod/ Dem Schuldigen nur Rom auf wenig Zeit verboth. Wir hoffen ¢olche Gnad’ auch in Augu¢tus Zweigen. Nero. Nun ihr mußt keinen nicht/ der euch verknupf’t/ ver¢chweigen. Jm La¢ter/ daß das Bild der Maje¢tat verlez’t/ 678 681 684 686
Freinde] Freunde BCD Bundnus] Bundniß CD verwurg’t] verwurckt CD Gnadens-Augen] Gnaden-Augen BCD
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Epicharis
Muß auch der Vater nicht als Vater ¢ein ge¢chatz’t/ Die Mutter muß den Sohn/ das Kind die Eltern ¢traffen. Man ruhm’t des Fulvius großmut’gen Gei¢t und Waffen An denen man das Blutt des Sohnes kleben ¢iht/ Weil er das Vaterland ¢ich zu bekampffen muh’t. Lucanus. Die That i¢t Lobens werth/ und ich muß nur Atillen Die Mutter offenbar’n. Quinctianus. Jch wider meinen Willen Den Gallus geben an den alt¢ten Hertzens-Freund. Nero. Aus was fur Uhr¢ach i¢t der Hund dem Kay¢er feind? Senecio. Jch kan den Pollio dem Kay¢er nicht verholen.
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Nero. Vermaledeyte Schaar! Verteufelt-fal¢che Seelen! Wißt ihr ¢on¢t keinen mehr? Lucanus. Jch noch den Tugurin. Senecio. Und ich den Pollio. Nero. Was gilts! es wird Ve¢tin Auch ein Verrather ¢eyn.
701 alt¢ten] all¢ten AB alt¢ten CD 703 verholen] verhelen CD
Die Dritte Abhandlung
Senecio. Von dem kan ich nichts ¢agen/ Nur vom Araricus.
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Nero. Wil nicht der Blitz ein¢chlagen Der Fur¢ten-Morder Macht in A¢ch’ und Staub verkehr’n/ So wird der Kay¢er ¢ich der Mange nicht erwehr’n. Hilf Himmel! Wir ¢ind hin! Wer/ leider! Wird uns ¢chutzen? Wil ¢ich nunmehr gantz Rom ¢elb¢t auf ¢ein Haupt erhitzen? Wir ¢ind verlohren/ ach! Wir mußen ¢elber ¢chau’n Wie Stadt und Burg be¢atz’t. Doch wem i¢t mehr zu traun? Laß/ Tigillin/ das Schloß mit Teut¢chen rings umb¢atzen/ Weil wir bey Romern uns nicht dorffen ¢icher ¢chatzen. Verwahret die in des/ und die auf die bekenn’t/ !84" Schafft eylends auf die Burg/ eh als die Glutt entbrenn’t/ Die nicht zule¢chen i¢t. Die Treu¢ten mu¢tu ¢chicken: Daß ¢ie mit dem Ve¢tin der Nattern Haupt erdrucken.
Reyen. Der Tyber und der ¢ieben Berge in Rom.
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Die Tyber. So muß ich ewig bluttig flußen? Hat Rom ¢ein ¢ieben-Bergicht Haupt Son¢t nirgends hin zu legen wißen? Euch andern Stromen ¢ey erlaub’t Das Haupt der Welt euch zu vermahlen. Jch wun¢ch’ ein Ufer/ wo die Flutt Nicht wandelt ihr Chry¢tall in Blutt/ Mit meinen Nimphen zu erwahlen.
717 Verwahret] Verwahr’t AB Verwahret CD 721 flußen] flie¢¢en CD
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Epicharis
Die Berge. Fleuch/ edler Fluß/ bis an des Taurus Kluffte/ Fleuch hin/ bis wo der Nil ent¢pring’t/ Verbirg dich gar in Calpens fin¢tre Gruffte/ Und wo der Anas ¢ich ver¢chling’t/ Du wir¢t doch nur dein ¢ilbern Kleid beflecken/ Weil alle Klippen in der Welt/ Seit Nero Schwerdt und Zepter halt Geronnen Blutt und blaße Leichen decken. Die Tyber. Der Bluttbrunn muß nach Rom ge¢atzet Durch das Verhangnus worden ¢ein. Eh’ es auf frembde Stahl gewetzet/ Weich’t es durch Bruders-Blutt ¢ich ein/ Ja wo hat ¢on¢t ¢ich dis begeben/ Was Tullie dem Vater thut? Vom Nero treuft der Mutter Blutt/ Der Prie¢ter bleib’t an Tempeln kleben. !85" Die Berge. Jhr Schutzherrn ihr/ ihr ¢ieben Jrr-ge¢tirne/ Schlag’t ihr ¢o ¢ehr uns aus der Acht? Eroffnet doch: Daß euer Eyfer zurne Wenn uns der Blutt-Fur¢t fleckicht mach’t. Laßt lieber uns die Adern gar ver¢eugen/ Als daß aus ihnen Blutt-¢chaum kwill’t. Wenn gleich kein Purper uns umbhull’t So woll’n wir euch doch ¢att¢am Ehr’ erzeugen. Die Tyber. Diane/ Mutter alles Feuchten/ Nicht floße deinen Thau mir ein! Laß mir nicht mehr dein Antlitz leuchten/ Weil ¢elb¢t durch meinen Wieder¢chein 738 751 752 753
Verhangnus] Verhangniß CD Purper] Purpur BCD erzeugen] erzeigen CD Diane] Diana CD
Die Dritte Abhandlung
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Die weißen Ochßen ¢ich beflecken. Wo nicht ¢o regne Tag und Nacht: Daß meiner ¢turmen Wellen Macht Den Blutthund moge gar er¢tecken. Die Berge. Stopff’ immer auf die Alaba¢ter Rohren Du heil’ger Vater Apennin; Und laße ¢ich der Tyber Wellen mehren: Daß ¢ie den Blutthund reißen hin/ Den un¢re Schultern kaum mehr konnen tragen. Denn/ wo ver¢piel’t der Men¢chen Witz/ Da mußen/ Berge/ Fluße/ Blitz Ja Sternen ¢elb¢t Tirannen nider¢chlagen.
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Epicharis
Die vierdte Abhandlung. Der Schauplatz ¢tellet fur einen Kercker.
Epicharis. Subrius Flavius. Sulpitius Asper. Martius Festus. Maximus Scaurus. Venetus Paulus. !86"
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Epicharis. Wo bin ich? Himmel hilf! Wo bin ich? Leb’ ich noch? Hat mein zergliedert Leib das Demant-fe¢te Joch Der ¢trengen Tiranney noch nicht gantz abge¢chmißen? Hat mein durchmartert Gei¢t noch nicht den Strick zerrißen Des Lebens und der Pein? Wo bin ich? halten mich Die Hencker noch umbring’t? Wie? hat der Blutthund ¢ich Mit meiner Leiche Kwal noch nicht genung ergatzet? Wird itzt die Folterbanck fur Zeit-Vertrieb ge¢chatzet/ Durch die man vormals hat die Wahrheit außgepreß’t? Sag’t Hencker/ ob ein Wurm ¢ich euch vergleichen laßt? Mein außgeadert Leib/ die abgeflei¢chten Beine/ Mein halb-gebraten Flei¢ch erweicht die Kie¢el-¢teine/ Euch Hencker aber nicht; Die gleich wol Men¢chen ¢ind/ Ja Romer! Subrius Flavius. Freilich/ ach! Epicharis mein Kind Die Marmel mochten ¢elb¢t in Thranen-Thau zerrinnen/ Der Panther ra¢end Hertz Erbarmungs-trieb gewinnen Fur deiner Marter Arth. Ja! ob gleich wir die Hand/
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umbring’t] umringt D Zeit-Vertrieb] Zeit-Vertreib CD
Die vierdte Abhandlung
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Nicht legen ¢elb¢t an dich/ ¢o kan¢tu mit Be¢tand Des Rechtens/ dennoch uns hoch¢tbillich Hencker heißen; Weil wir dem Lowen nicht aus Klau und Rachen reißen Die Hinde/ die er friß’t. Der zundet ¢elber an/ Der nicht den Brand außla¢ch’t/ im Fall er retten kan. Epicharis. Wie? Traumt mir? Oder bin ich ¢chon im andern Leben? Hat ¢tatt der Hencker mich der Freinde Schaar umbgeben? War dis des Flavius beliebte Stimme nicht? Sulpitius Asper. Blick’ auf/ Epicharis/ wil¢tu dein holdes Licht/ O Heldin/ noch einmal uns Freinden nicht ver¢tatten?
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Epicharis. Sind’s Men¢chen/ oder ¢ind’s erblaßter Freinde Schatten/ Hat dich/ Sulpitz/ und die des Blutthunds Hencker Schwerd ! 87" Schon Gei¢tern zuge¢ell’t/ in A¢ch’ und Staub verkehr’t? Sulpitius Asper. Nein! Lieb¢tes Kind/ du irr’¢t.
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Epicharis. Komm laß mich dich umbfangen? Sulpitz komm! Aber Ach! Die mor¢chen-Glieder hangen Zerkwet¢ch’t von Schraub und Stock/ von Marck und Kraften leer Komm’t zu der Sterbenden/ hertzlieb¢te Gei¢ter her! Druckt mir die Augen zu! Empfanget meine Seele! Fuhr’t ¢ie aus die¢er Gruft/ aus ihres Karckers Hole! Das Saltz der Thranen bricht fur Wehmuth bey mir fur.
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kan¢tu] kan¢t du CD Freinde] Freunde BC Freinden] Freunden BCD Freinde] Freunde BCD Gei¢tern] ge¢tern CD mor¢chen-Glieder] mor¢chen Glieder CD
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Epicharis
Martius Festus. Epicharis/ mein Licht/ ver¢ichre dich: Daß wir Lebendig deinen Mund/ der Martern Brandmal kußen.
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Epicharis. Wer hat mich aus der Gruft der Tyger denn gerißen. Und wie komm’t ihr hieher? Maximus Scaurus. Als grau¢er Schmertzen Macht Jn Ohnmacht ¢ich verzog/ ward ¢ie in Kercker bracht. Wir folgten/ ¢o bald wir/ daß ¢ie ent¢eelt/ vernommen.
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Epicharis. Der Freinde Gegenwart laßt mich zu Kraften kommen; Jch fuhle/ wie in mir ein neuer Gei¢t ¢ich reg’t. Jedweder Schlag/ damit das Hertze ¢ich beweg’t/ J¢t hertzhaft und bemuh’t den Blutthund zu erdrucken. Venetus Paulus. Mag ¢ich ein Sterblicher wol in’s Verhangnus ¢chicken? Die Boßheit ¢pinnet Seid’ und Tugend leidet Kwal/ Das Gluck’ heb’t jen’ ans Brett/ die aber auf den Pfal. Wir ¢amtlich mußen nicht von Gottern ¢eyn geachtet/ Weil/ itzt/ da Nero bluh’t/ Epicharis ver¢chmachtet. Epicharis. Vergreif durch Ungeduld dich an den Gottern nicht. Sie thun der Tugend wol und helfen ihr an’s Licht/ Wenn in Alcidens Wieg’ ihr Eyfer Schlangen ¢chicket. Die Ro¢e reucht nie mehr/ als wenn ¢ie wird zerdrucket/ Der Mantel ¢chwartzer Nacht gib’t den Ge¢tirnen Schein. !88" Ein Eichbaum wurtzelt ¢ich durch ¢teten Sturm-Wind ein/ Weicht keinem Wetter nicht/ das mor¢che Pappeln fallet Die in den Thalern ¢teh’n. Ein kluger Hauptmann ¢tellet Den ¢chlimm¢ten Kriegsknecht nicht dahin/ wo die Gefahr 44 48 56
Freinde] Freunde BCD Verhangnus] Verhangniß CD nie] nicht BCD
Die vierdte Abhandlung
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Am heftig¢ten ¢ich zeug’t. Ja Tugend ¢chlagt ¢ich gar Jm Kampff umb Vorzugs-Recht/ und halt fur arg¢te Schande Jm Rennen Letzter ¢eyn; Jtzt geh’t dem Vaterlande Das Waßer biß in Mund/ und du halt¢t dich verlatz’t: Daß das Verhangnus uns hier an die Spitze ¢atz’t? Venetus Paulus. Die Boßheit aber ¢ieg’t/ und Un¢chuld geh’t zu Grunde.
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Epicharis. Ein Kriegs-Knecht ruhm’t ¢ich nicht nur Siegens und der Wunde/ Auch derer Lob ¢ih’t man beym Sonnen-Zirckel ¢tehn/ Die in Gefahr und Noth gleich bluttig untergehn. Eil’t doch die Tugend ¢elb¢t dem Ungeluck entgegen. Wie/ aber/ ¢ag’t: ob wir wol Ungluck nennen mogen: Daß Cato durch ¢ein Schwerd die Freyheit ihm erwirb’t? Daß Socrates durch Saft vergifter Krauter ¢tirb’t. Lach’t Mucius nicht nur/ als er die Hand ¢iht brennen? Ja ¢ein verbrandter Strumpf treib’t ab von Rom Por¢ennen/ Dem aller Romer Arm die Wage nicht nur hielt. Wer zweifelt unter euch: Daß Regulus ein Bild Wahrhaften Gluckes ¢ey? er wacht auch mehr vergnuget Als kein Mecenas nicht/ der auf Dama¢ten lieget Wenn Wollu¢t-Nattern ihm ver¢toren Schlaf und Ruh/ Ob jener gleich kein Aug’ am Creutze nicht thut zu. Jch ¢elber rechne mir mein Leid fur ein Ge¢chencke Der Gotter/ ja wenn ich die blutt’gen Glieder ¢chrencke Umb Pfal und Folterbanck/ empfind’ ich großer Lu¢t/ Als Acte/ die gleich ruht dem Kay¢er auf der Bru¢t.
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Mucius] Mucius A Mucius BCD kein] kein’ A kein BCD
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halt¢t] hal’¢t B Verhangnus] Verhangniß CD
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Epicharis
Maximus Scaurus. O Himmel-hoher Gei¢t! Der große Kreiß der Erden/ !89" Gantz Rom er¢tarr’t fur dir. Wir mußen Schamroth werden/ Daß deiner Tugend Glantz der Romer Thaten dampf’t Wenn Witz und Muth bey dir umb Krantz und Vorzug kampf’t/ Und uns ¢chon ¢terbend lehr’t; wie wir erblaßen ¢ollen/ Wo wir mit guttem Recht uns Helden ruhmen wollen. Der Anfang werd’ an mir durch eignen Stahl gemach’t: Der lehre: Daß wer ¢tirb’t nur der Tyrannen lacht! Epicharis. Wo reißt dein Wahn dich hin? Was mein¢tu zu vollbringen? Nicht Porcia kan nur umbflammte Kohlen ¢chlingen/ Auch Arrie kan nicht den warmen Dolch allein’ Aus eigner Wunde zihn/ und andern liefern ein Umb ihres Vorbilds Thun großmuttig nach zu machen. Es wurd’ Epicharis mit unver¢ehrtem Lachen Durch Flammen/ Gift und Ertzt auf-opfern Gei¢t und Blutt/ Jn dem nur Furcht¢amen das Sterben bange thut; Alleine noch zur Zeit i¢t’s gar nicht Zeit zu ¢terben/ Wil¢tu dein hitzig Schwerd im kalten Blutte farben So ¢toß dem Blutthund’ es dem Lowen in die Bru¢t! J¢t un¢rer Freinde Noth euch Helden nicht bewu¢t? Aus Freinden werden ¢ie Verrather werden mußen/ Wo ihre Feßel ihr euch nicht muht aufzu¢chlußen. Erbrech’t des Kerckers Loch/ und treib’t den Stahl durch ihn. Eh als mein Hertze wird den letzten Athem zih’n/ Hoff’ ich die Schlange noch zer¢tuckt und kalt zu ¢ehen. Subrius Flavius. Gerechte Gotter/ laßt dis heilge Werck ge¢chehen; So leb’ ich hochbegluck’t/ und ¢terbe wol vergnug’t. 90 und (das erste)] uud A und BCD 104 kalten] kaltem AB kalten CD 93 95 106 107
eignen] einen CD mein¢tu] mein¢t du CD Freinde] Freunde BCD Freinden] Freunden BCD
kampf’t/] kampf’t? A kampff’t? B kampfft? CD
Die vierdte Abhandlung
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Epicharis. Glaub’t ¢icher: Daß es nur an euch/ ihr Helden/ ligt. Ein Sclave/ deßen Gei¢t nur kan nach Freyheit dur¢ten/ J¢t Halßherr ¢eines Herrn/ und Richter ¢eines Fur¢ten. Was bildet ihr ¢olch Werck euch denn unmoglich ein/ Da doch nichts furcht¢amers kan/ als Tyrannen ¢eyn. !90" Erbrecht Burg und Gemach! Ein kuhner Arm und Degen Schleu¢t alle Schloßer auf/ kan Felß und Ertzt bewegen. Jhr ¢eit die Pforten ¢elb¢t durch die ein Frembder muß Jn’s Kay¢ers Zimmer geh’n. Maximus Scaurus. Ja! hetten wir den Schluß Eh als ein vierdes Theil des Tages war ver¢chwunden Behertz’t ins Werck ge¢atzt; So konten hundert Wunden Die Seele die¢es Wurms und Drachens blutten aus. Jtzt hat die raue Schaar der Teut¢chen Burg und Hauß Des Kay¢ers rings umb¢etz’t/ weil ¢ein verletzt Gewißen Mehr keinem Romer trau’t. Jedwede Romer mußen Vom ¢chlim¢ten Tigillin ver¢eh’n mit Paßen ¢eyn/ Die die geharn¢chte Schaar in’s Schloß ¢ol laßen ein. Epicharis. J¢t die¢er Weg ver¢chranckt muß man auf Mittel ¢innen/ Wie Pi¢o moge Rath/ und Volck und Heer gewinnen.
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Martius Festus. Der Pi¢o i¢t hierzu zu alber und verzag’t. Nach dem ihn nichts bewegt/ was ihm Sulpitz ge¢ag’t/ Laßt ¢ich auf’s Pi¢o Furcht und Wahnwitz wenig bauen.
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Epicharis. Ha! Was taug unver¢ucht? Laßt uns noch ein mahl ¢chauen/ Ob denn kein Hertze mehr in Pi¢ons Hertze ¢ey. Nicht nur ein Lowe bricht des Jagers Spiß entzwey. Wenn er zum Sterben kommt/ braucht auch ein Wurm die Zahne/ Wun¢cht: Daß des Feindes Blutt den Weg zum Tode bahne;
123 vierdes] vierdtes CD
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Epicharis
Und Pi¢o/ wenn man wird den Ern¢t ihm mahlen fur/ Wil Weib- und Knechti¢ch fall’n? Geb’t Feder und Papier Daß/ wo mein ¢chwacher Arm noch einen Kiel kan regen/ Wo eine Ader ¢ich noch hertzhaft kan bewegen/ Die halb verwe¢te Fau¢t dem Pi¢o ¢chreibe zu: Daß er/ was ihm gebuhr’/ und was uns helffe thu’. Martius Festus. Hat iemals hier/ wo Furcht und Nacht den Karcker ¢chwartzen/ Die Tugend einen Gei¢t/ ¢olch Feuer zarte Hertzen ! 91" Mit mehrer Krafft be¢eelt? Der mu¢te ¢teinern ¢eyn Dem ¢olch ein Helden-Strahl nicht flo¢te Flammen ein Zu reger Tapferkeit! Venetus Paulus. Wil ¢ie den Brieff ver¢chlißen? Epicharis. Dis darf Ver¢chlißens nicht/ was alle mogen wißen. Jedoch reicht Wachß und Licht und einen Ring mir her. Sulpitius Asper. Noch einer konte wol was fruchten? Epicharis. melde: wer.
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Sulpitius. Wenn Seneca das Werck dem Pi¢o hulffe treiben. Epicharis. Wol! Laßt dem Seneca mich auch zwey Zeilen ¢chreiben. Subrius Flavius. Gerechte Gotter helfft: Daß dis die Grabe-Schrifft Des ¢chwartzen Blutthund’s ¢ey; Daß die¢e Tinte Gift Jn des Tyrannen Bru¢t/ den Richtern ¢chwartzer Holen 150 ¢olch ein] ¢olch eim A ¢olch ein BCD 159 Bru¢t] Bru¢t’ AB Bru¢t CD
Die vierdte Abhandlung 160
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Erboßte Grau¢amkeit/ in un¢rer Freinde Seelen Behertzte Kraft floß’ ein. Maximus Scaurus. Wie bring’t man ihnen zu Die Schreiben? Martius Festus. Sorge nicht. Zum Pi¢o gehe du. Jch wil beym Seneca Befehl und Brief ablegen. Epicharis. Schopft Muth! Die Sonne ¢chein’t nach Sturm und Donner¢chlagen.
Der Schauplatz ¢tellet fur des Kay¢ers Gemach.
Nero. Sabina Poppæa. Tigillinus. Fenius Rufus. Subrius Flavius. Sulpitius Asper. Lucanus. Quinctianus. Scevinus. Cervarius Proculus. Sene !92"cio. Natalis. Atilla. Julius Tugurinus. Venetus Paulus. Annius Pollio. Munatius Gratus. Vulcatius Araricus. Die Teutsche Leibwache. Cassius. Vejanus Niger. 165
Nero. Willkommen holde Schaar! Hab’t Danck: Daß ihr ¢o gern’ Euch habt fur uns ge¢tell’t! Schau’t mir der Helden Kern Der Romer Außbund an! Hat’s euch noch wol ergangen? Kommt/ laßt mit Kuß und Hold die Treu¢ten uns empfangen?
vor 165 Kay¢ers] Kay¢ets A Kay¢ers A(Errata) Kay¢ers BCD 160 Freinde] Freunde BCD
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Epicharis
Wie? ¢eh’t ihr un¢re Gun¢t mit bloden Augen an? Schau’t/ wie die Einfalt ¢ich ¢o alber ¢tellen kan! Theils ¢ehn einander an/ theils ¢chaun nur auf die Erden! Fur wem mag euer Treu’ er¢chreckt und Schamroth werden? Die Redligkeit erblaß’t fur keinem Richter nicht. Komm’t/ Lieb¢te/ nahert euch/ die Boßheit ¢cheut das Licht/ Die bey euch Frembdling i¢t. Sabina Poppæa. Sind umb uns zu bedienen Sie ¢amtlich fur ¢ich ¢elb¢t in den Pala¢t er¢chienen? So la¢t uns ihnen doch mit Ehrerbittungs-Pflicht’/ Alsbald entgegen gehn!
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Scevinus. Wenn man Verdammung ¢pricht Auf Un¢chuld/ la¢¢et ¢ich das Unrecht noch ver¢chmertzen. Wenn aber Rach’ und Grimm noch mit verdammten Schertzen/ Ein Richter Kurtzweil treib’t/ reißt die Geduld entzwey. Sabina Poppæa. Hor’t/ wie der Boßheit Ohr ¢o ¢ehr empfindlich ¢ey! Vermaledeyte Schaar/ verteufelt-fal¢chen Hunde/ !93" J¢t Boßheit eurer Seel’/ i¢t La¢tern eurem Munde Kein unverdaulicht Gift? Wie/ daß ihr euren Ruhm Zu horn/ ¢o eckel ¢eit? Tigillinus. Der Nattern Eigenthum J¢t: Daß ¢ie pflegen den Be¢chwerer anzuzi¢chen/ Der Boßheit Arth: Verlaumbd- und Dreuung zu vermi¢chen/ Und ihren Schlangen-Je¢cht zu geifern auf die Hand Die Recht und Rach-¢chwerd halt. Julius Tugurinus. Mir i¢t noch unbekand Was die Verlaumbdung mir fur Boßheit angelogen.
169 ¢eh’t] ¢eht’ A ¢eh’t B ¢eht CD
Die vierdte Abhandlung
Atilla. Auch ich weiß nicht warumb man mich in Haft gezogen. Venetus Paulus. Man hat mir nie ge¢ag’t/ was mein Verbrechen ¢ey. Annius Pollio. Jch weiß fur allen mich von allen La¢tern frey.
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Nero. Wer muß der Thorheit nicht auch in dem Grimme lachen? Daß die/ die uberzeug’t/ noch ihnen frembde machen Was jedes Kind ¢chon lall’t. Laß’t hor’n? wuß’t aber ihr/ Warumb ihr Faßel trag’t? Annius Pollio. Diß weiß ich: daß an mir Der Rom’¢chen Burger-Recht hoch¢t unrecht wird ver¢ehret.
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Munatius Gratus. Jch bin be¢chimpf’t/ umb nichts/ verurtheilt/ nie gehoret. Cervarius Proculus. Es ¢chein’t: Daß Un¢chuld man fur mein Verbrechen halt. Vulcatius Araricus. Jm Fall der Tugend ¢ol ein Blutt-Spruch ¢eyn gefalt Wil ich Verbrecher ¢eyn.
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Tigillinus. ver¢tockte Mißethater! Verruchte Be¢tien! Verzweifelte Verrather! Sol/ ¢ich aufs Fur¢ten Halß ver¢chwer’n/ noch Tugend ¢eyn? Annius Pollio. Dis Schelm¢tuck i¢t mir nie im Traume kommen ein. !94" 206 kommen] kommen. A kommen BCD 199 Burger-Recht] Burger Recht CD
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Epicharis
Sabina Poppæa. Hort: Die¢er wird uns was von ¢ußen Traumen ¢agen: Tugurinus. Es thut der Un¢chuld weh ¢ie umb ¢olch La¢ter fragen: Fenius Rufus. Die Martern werden dir bald etwas weher thun.
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Venetus Paulus. Ein wolgeanckert Schief kan auch beym Sturme ruhn. Nero. Stracks! Hencker! Greift ¢ie an/ weil ¢ie noch pochen wollen.
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Atilla. Wenn das Verhangnus wil: Daß wir ¢o leiden ¢ollen/ So find’ ich mich ge¢chick’t und ¢chopffe die¢en Tro¢t: Daß Blitz und Hagel ¢ich oft auf Altar erbo¢t Und Tempel a¢chert ein und Hurenhau¢er ¢chonet. Daß man oft Tugend ¢traft und Ertz-Verrathern lohnet. Jedoch/ der Peit¢chen Drat/ die gleich ein Hencker flicht/ Macht/ auf der Un¢chuld-Haut kein ¢triemicht Brandmal nicht. Tigillinus. Sie fall’t ihrs Urtheil ¢elb¢t/ ¢ie ¢ol durch Rutten ¢terben.
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Sabina Poppæa. Laßt ¢chau’n: Wie ihren Halß die Staupen-¢chlage farben. Wie ¢chon der Kuplerin die Purper-Striemen ¢tehn.
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Schief] Schiff BCD Verhangnus] Verhangniß CD Un¢chuld-Haut] Un¢chuld Haut C Purper-Striemen] Purpur-Striemen CD
Die vierdte Abhandlung
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Atilla. Der Wellen bittre Flutt macht edle Perlen ¢chon/ Des Meeres Schaum und Saltz muß die Korallen rothen. Wie ¢oll denn Tugend nicht mehr glantzen in den Nothen Der Ruhm in Kerckern bluh’n? Ein Stern glantzt in der Nacht/ Das Gold der Berge Marck gebuhr’t ein fin¢ter Schacht; Chry¢tall und Silber muß durch Flamm’ und Stahl vergehen/ Eh es der Glantz bewehr’t. Nero. Die ¢ol¢tu ¢tracks auߢtehen. Reißt ihr die Kleider ab; Streicht bis das Blutt geh nach.
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Munatius Gratus. Atille/ nur behertz’t. Der Wunden warme Bach !95" Wird der Zinober ¢eyn/ der in das Buch der Zeiten Dein Buldnus mahlen ¢ol. Sabina Poppæa. Solln die Hartneckigkeiten Durch Schwefel/ Brand und Pfal nicht werden mirb und weich/ So i¢t’s umb uns ge¢cheh’n.
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Nero. ErtzMorder! Dir ¢ol gleich Auf den ver¢tockten Kopf der Rache Donner ¢chlagen. Lucanus. Frau Mutter/ ach! wil ¢ie nicht ihr Verbrechen ¢agen/ Das ¢chon der Sohn bekenn’t?
vor 222 Atilla] Attilla A Atilla BCD 235 ver¢tockten] ver¢tocken A ver¢tockten BCD 222 225 228 232 233
Flutt] Flucht BCD glantzt] glantz B ¢ol¢tu] ¢ol¢t du CD Buldnus] Bildnus B Bildniß CD mirb] murb BCD
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Epicharis
Atilla. Wer ¢elb¢t ge¢undigt hat/ Kan gar nicht Zeuge ¢eyn von frembder Mißethat. Lucanus. Sie wird nach ¢o viel Kwal ¢ich doch ent¢teinern mußen.
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Atilla. Das Blutt/ das du hier ¢ieh¢t aus Ruck’ und Adern flißen/ Schreib’t deine Schmach in Koth/ mein Lob in Marmel ein/ Nun du Verrather wil¢t/ doch fal¢ch der Mutter ¢eyn. Lucanus. Sind ihre Maje¢tat unmoglich zu erbitten? Wahr i¢t’s: Sie hat gefehlt: Doch wenn man al¢o wutten Auf ieden Fehler wil/ ¢o wird der Erdkreiß leer Und Rom bald Volck-arm ¢eyn. Tigillinus. Die Straff i¢t nicht ¢o ¢chwer/ Als ihr Verbrechen i¢t. Es werden ¢chlechte Wunden Mit Oele von Jaßmin und Ro¢en nicht verbunden/ Der Leib muß dulden Seg’/ und Meßer/ Pfrim und Brand Wenn nur ein Glied erkranckt/ von wenig Kornern Sand/ Wenn drey vier Tropffen Blutt mehr als Naturlich brennen Und die¢er Seuchen Pe¢t die Haupt und Glider trennen Der Seele ¢chlimm¢ter Krebs der gantze Lander Fri¢t/ Sol linder ¢eyn geheil’t. Quinctianus. Wer frembde Fehler miß’t Aus Schatten kleiner Schuld mehr als Coloßen machet/ !96" Des Fur¢ten guttig Hertz zu Grimme veruhr¢achet J¢t arg¢ter Marter wehrt.
237 Atilla] Attilla A Atilla BCD 243 erbitten?] erbitten AB erbitten. CD 252 Seuchen] Seuche ABCD (s. Komm.)
Die vierdte Abhandlung
Tigillinus. Schau’t mir den Hauchler an! Munatius Gratus. Was henckert man mehr die/ die nicht mehr recheln kan? Nero. Sie mag/ weil du der Pein begierig bi¢t/ verbla¢en.
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Munatius Gratus. Die Rechnung i¢t gemacht: Daß ¢trenger Hencker Ra¢en Nicht meiner ¢chonen wird. Sabina Poppæa. Wie/ wird die Zauberin Ohnmachtig? Nero. Lebt ¢ie noch/ ¢o laßt ¢ie gehen hin. Tigillinus. Sie hat verdient: Daß ¢ie neb¢t Aaß’ und Koth verfaule. Nero. Dem Gratus reißt die Zung’ aus dem vergiften Maule.
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Munatius Gratus. Sie wird die Tyranney er¢t/ wenn ¢ie kalt wird ¢eyn/ Recht deutlich ¢prechen aus; Der ¢tumme Marmel¢tein Wird eure Mordthat euch ¢tets in die Ohren ¢chreyen/ Den Augen bilden fur. Nero. Laßt uns den Hund an¢peyen/ Der nichts als La¢tern kan.
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Subrius Flavius. Nun kan ich langer nicht Mehr zu¢ehn. Rufus/ ¢ol ich durch den Dolch das Licht Dem Lowen le¢chen aus?
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Epicharis
Fenius Rufus. Halt! bi¢tu Sinnloß worden? Verrath dich ¢elber nicht. Tugurinus. Macht ¢olch er¢chrecklich Morden Doch harte Steine weich/ nur eure Hertzen nicht.
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Fenius Rufus. Kommt dir dis ¢eltzam vor: Daß man den Stock zerbricht Der ¢ich nicht beugen laß’t. Ver¢tockte Demant Hertzen Enthartet nichts als Blutt. Durch Eßig Pech und Kertzen Zermalmm’t man Berg und Fels und hart¢ten Kie¢el-Stein. Jhr ¢amtlich werdet ¢tracks des Gratus Bey¢piel ¢eyn/ Wo ihr euch ¢elb¢t nicht geb’t. Scevinus. Was ¢oll’n wir mehr bekennen? !97"
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Fenius Rufus. Den Meyneyd ¢peien aus/ die Mit-Verrather nennen. Scevinus. Auf wen i¢t nicht bekenn’t? Fenius Rufus. Da frage dich/ nicht mich. Scevinus. So weiß ich keinen nicht/ der mehr was weiß/ als dich. Fenius Rufus. Was ¢ag¢tu? Was? ¢ol ich/ nein/ wie ¢ol ich was wißen? Scevinus. Ja/ Rufus/ ja du wir¢t dich ¢chuldig geben mußen. 271 bi¢tu] bi¢t du CD 281 i¢t] ich BCD 283 ¢ag¢tu] ¢ag¢t du CD
Die vierdte Abhandlung
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Fenius Rufus. Mich wundert/ was fur Wahn dir dein Gehirn einnimm’t. Scevinus. Daß du aufs Kay¢ers Tod ¢o wol als ich ge¢timm’t/ Dich rein zu brennen mein¢t durch Schwefel ¢charffer Fragen Wird die verklagte Schaar dir in’s Ge¢ichte ¢agen. Ja dein Gewißen muß dich ¢elber geben an. Fenius Rufus.
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Wer ¢agt dis ¢on¢t. Cervarius Proculus. Auch ich. Der ich nicht leugnen kan: Nun ich durch Lang¢amkeit und Kleinmuth bin entdecket/ Daß ich und Rufus hab’ im Bundnuße ge¢tecket Was itzt verrathen i¢t. Fenius Rufus. Hor’t/ wie die Boßheit mag Die Un¢chuld wickeln ein.
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Julius Tugurinus. Dein Stammeln gibt an Tag/ Dein blaßes Antlitz lehr’t/ dein Zittern i¢t Verrather Des An¢chlag’s/ der dich nur darumb zum Ubelthater Und uns zu Weibern mach’t; Weil wir den edlen Schluß/ So knechti¢ch außgefuhr’t. Jch Furcht¢amer ¢elb¢t muß Mich fur die Richtbanck ¢tell’n/ und mich verurtheiln laßen Weil ich was tapferers kan ins Gemutte faßen Als mit der Fau¢t vollzih’n. Kommt Hencker ¢traff’t mich ab/ Weil ich den er¢ten Stich nicht dem Tyrannen gab. Du Rufus aber mu¢t nicht eines Todes ¢terben/ Weil du durchs Nero Blutt den ¢charffen Stahl zu farben
295 i¢t] t¢t A i¢t A(Errata)BCD 292 Bundnuße] Bundni¢¢e CD 300 tapferers] tapferes B tapfferes CD
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Epicharis
Mehr Nachdruck/ ¢eine Bru¢t entbloßet/ das Gemach !98" Stets offen ha¢t gehab’t: Ja noch zu arg¢ter Schmach Dich itzt des An¢chlags ¢cham¢t/ den alle ruhmen mußen/ Die nicht der Tiranney verzagt zu heucheln wißen. Fenius Rufus. Hort des Verzweifelten un¢innig La¢tern an. Sag’t aber ob ein Men¢ch vernunftig glauben kan Daß/ der durch’s Kay¢ers Gun¢t zum hoch¢ten Gipfel kommen Nicht hoher ¢teigen kan/ ¢olch Schelm¢tuck furgenommen/ Sich auf des Fur¢ten Halß ver¢chworen haben ¢ol? Sag’t den Bewegungs-Grund! Wißt ihr auch einen wol? Cervarius Proculus. Dis/ daß dir Tigillin der Knecht ward furgezogen; Daß Nero dir ¢o ¢ehr als ihm nicht war bewogen; Hat dich mit uns verknupft. Drumb gib dich mit Geduld/ Wie ich mich geben muß; und wetze deine Schuld Durch frey Bekantnus aus bey dem ¢o guten Fur¢ten. Fenius Rufus. Verrather/ wil¢tu auch nach meinem Blutte dur¢ten/ Nun nach des Kay¢ers dich umb¢on¢t gelu¢tet hat. Cervarius Proculus. Du ¢teh¢t zu lang¢am umb die Sonnen-klare That/ Und ¢charf¢t dir Straf und Pein. Sag’s ob dir das Geblutte Von der Epicharis/ das du neb¢t uns tranck¢t mitte/ Nicht noch im Gaumen kleb’t und auf der Zunge ¢chwimm’t. Vulcatius Araricus. Was leugne¢tu mehr viel? itzt ¢ind wir uber¢timmt.
316 bewogen] gewogen CD 319 Bekantnus] Bekantniß CD 320 wil¢tu] wil¢t du CD vor 326 Vulcatius] Vulcar B Vulcar. CD 326 leugne¢tu] leugne¢t du CD
Die vierdte Abhandlung
Tigillinus. Woll’n ihre Maje¢tat mehr Zeugnus auf ihn haben?
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Nero. Vermaledeyter Hund! Hat un¢er Strom der Gnaden Jn dein Gemutte Gall’ ins Hertze Gift gefloß’t? Schau’t/ wie der Hund ¢ein Heil mit Fußen von ¢ich ¢toßt! Was hat/ Verrather/ dich zum Meyneyd veranlaßet? Was ¢tammel¢tu du Hund? Schau’t ihr’s? Wie er erblaßet? Reiß ihm den Gurtel ab; nimm ihm das heilge Schwerd/ ! 99" Das er Verrathri¢ch hat auf un¢re Bru¢t gekehrt; Auf un¢ern Halß ge¢charft. Fenius Rufus. Jch wil guttwillig geben Das Kleinod/ das mich ¢turtzt weil andre darnach ¢treben; Weil/ wenn bey Hofe ¢chon der Ehrgeitz Netze ¢pinn’t/ Die Ehren-Aempter Schuld/ die wurden Sunden ¢ind. Nero. Stracks/ mache Ca¢¢ius den Ertzt-Verrather fe¢te.
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Fenius Rufus. Lern’t/ die ihr Fur¢ten dient: Daß ¢chneller Fall das be¢te Von ihren Ubeln i¢t des Gluckes Rad ¢ey rund Bey Hof’/ und Trub¢and ¢ey des Anckers be¢ter Grund; Die Un¢chuld. Nero. Schaft ihn fort. Jhr aber ¢olt entdecken/ Was fur Verrather mehr in eurem Bunde ¢tecken; Eh als mein Gnadig ¢eyn in Blitz und Grimm ¢ich kehr’t.
vor 340 Rufus] Fuf. A Ruf. BCD 327 328 332 342
Maje¢tat] Maje¢tat BCD Zeugnus] Zeugniß CD Gnaden] Gaben CD ¢tammel¢tu] ¢tammel¢t du CD Trub¢and] Trieb-Sand CD
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Epicharis
Cervarius Proculus. Hier ¢teh’t noch Flavius der Nerons Tod begehr’t.
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Subrius Flavius. Was leugt der Ehrendieb/ der Sinn und Scham verlohren? Der kalte Stahl hier ¢ol des Heuchlers Hertz durchbohren/ Der ¢ich an Treu ein Haar mir uberlegen ruhm’t. Wahrhafter Meyneyd wird durch keine Kun¢t verblum’t Das Werck entdeck’t den Gei¢t. Schau’t/ urtheilt Narb’ und Wunden/ Hab’ ich die nicht behertzt in’s Kay¢ers Dien¢t empfunden? Mein Blutt geopffert auf fur ¢eines Reiches Heil? Warumb denn ¢olt’ ich itzt am Meineyd haben Theil. Wie die¢er La¢terer Verlaumbdri¢ch wil verrathen. Tigillinus. Der Anfang lob’t ein Werck/ das Ende kront die Thaten/ Wenn Tugend ¢chlaget umb wird ihr ge¢under Klee Viel gift’ger/ als Napel. Man tilg’t auch Mandeln eh Wenn ¢ie verwildern/ aus/ als wildes Schlee Ge¢trittig. So bald als Manlius wird fal¢ch und ubermuttig Sturtzt man vom Capitol/ das vor ¢ein Arm erhielt/ ! 100" Den Romer Schutzherrn ab. Subrius Flavius. Jch leugne: daß ich wild’ Und untreu worden ¢ey. Wer kan die Uhr¢ach ¢agen/ Warumb mein redlich ¢eyn ¢o ¢chlimm ¢ey umbge¢chlagen?
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Cervarius Proculus. Es i¢t nicht Grubelns noth/ wo ¢ich die That ¢elb¢t zeig’t. Subrius Flavius. Der Kampf mag Richter ¢eyn/ wer von uns zweyen leug’t Der Kay¢er gebe nach: Daß mein un¢chuldig Degen Die Ertz-Verlaumbdung mag dem Hauchler wiederlegen. Cervarius Proculus. Nicht furchte: Daß Cervar verzag’t zum Schlagen ¢ey.
Die vierdte Abhandlung
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Sabina Poppæa. Der Sieg im Ringen ¢teht nicht ¢tets der Wahrheit bey/ Und Boßheit ¢teht oft aus die Flutt und gluend Ei¢en. Subrius Flavius. So muß der Klager ¢on¢t mir meine Schuld erwei¢en. Natalis. Du ha¢t den Pfad fur dir: daß un¢er keiner ¢ich Durch Umb¢teh’n weiß gebrenn’t
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Subrius Flavius. be¢cheide/ Lugner dich/ Daß/ wer ¢elb¢t boßhaft i¢t/ kan keinen Boßheit zeihen. Vulcatius Araricus. Der Kay¢er wird fur Recht uns Gnad’ und Hold verleihen/ Bekenn es/ ¢o wie ich fußfallig nunmehr thu.
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Subrius Flavius. Kont ihr/ ihr Buben/ euch nicht beßer lieben zu; Als: Daß ihr Redligkeit in euer Garn wolt flechten? Nein ¢icher Nero kenn’t fur Fal¢chen die Gerechten; So bald er Unter¢cheid in beyder Sitten macht. Denn; Hette mein Gemutt’ auf ¢olch ein Werck gedacht/ So bildet euch nicht ein/ ihr furcht¢am¢ten der Knechte/ Die man mehr Romer nicht nicht Manner heißt mit Rechte/ Daß Flavius ¢ich hett’ euch Weibern beyge¢ellt; Euch die ein rau¢chend Blatt ein hartes Wort gefall’t; Weil Luch¢e keinen Bund mit feigen Gem¢en machen. Julius Tugurinus. Jch muß des ¢peten Muth’s/ der armen Hoffarth lachen. ! 101" Zwar ja/ wir ¢ind kaum noch des WeiberNahmens werth/ Wo uns die edle Magd Epicharis begehr’t/ Die große Tapferkeit ihr Warnen aufzurucken: Daß un¢er Auf¢chub uns im Dampfe la¢t er¢ticken/ Den un¢er Furcht gebahr: Daß aber du allein Wil¢t frey von un¢er Schmach/ und Held und Rie¢e ¢eyn/ J¢t Hochmuths-voller Wahn/ der itzt in Rauch vergehet/
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Epicharis
Nun auch der Furcht¢am¢te das große Werck ge¢tehet/ Das du verzag’t vernein’¢t. Kenn¢t aber du die Hand? Ha¢tu und A¢per nicht mir die¢en Brieff ge¢and? Aus die¢em kan der Fur¢t ihr Mitver¢tandnus le¢en.
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Sulpitius Asper. Jetzt ¢ind wir hin! Wahr i¢ts: ich/ ich bin der gewe¢en/ Der durch die ¢chone Schrifft die Ha¢en angefri¢cht Die ich fur Lowen hielt: Daß arg¢tes Gift gemi¢ch’t/ Daß Dolch und Schwerd gezuckt auf dich Tirannen werde/ Auf dich des Himmels Haß/ dich Greuel-Thier der Erde. Subrius Flavius. Ver¢telle/ Blutthund/ dich aus Eyfer nicht ¢o ¢ehr; Daß der nicht haucheln kan; und dein verwehnt Gehor’ Mit ¢charffer Wahrheit heil’t! Du ¢olte¢t ¢chon erdrucket Und kalt ¢eyn/ hette mir nicht Fenius verrucket Den ¢chon gezuckten Dolch. Nero. Verdammte Ra¢erey! Sagt: ob dis arg¢te Paar ge¢under Sinnen ¢ey? Ob nicht die Furien in ihrer Seele wutten? Was halt uns? Daß wir nicht Blitz/ Rach’ und Schwefel ¢chutten Auf die¢er Nattern Kopf? Elender Fur¢ten-Stand! Wir kußen un¢ern Freind/ und waffen ¢eine Hand/ Wir laßen einen Wurm in un¢erm Purper ni¢ten/ Wir ¢augen eine Schlang’ an un¢ern Mutter-Bru¢ten/ Die keine Wolthats-Milch nicht zahm und ¢anfte mach’t/ Noch ihren Bluttdur¢t ¢tillt. Hett’ auch ein Men¢ch gedacht: Daß/ die wir ¢o geliebt/ ja noch mehr lieben wolten/ Auf uns ¢olch Meyneyds Gift verrathri¢ch ¢chaumen ¢olten? ! 102" Wo und wem mag ein Fur¢t mehr Hals und Leben traun? Wenn wir die Flugel ¢elb¢t zu Mordpfeiln werden ¢chau’n/ 398 399 408 414 415
Ha¢tu] Ha¢t du CD Mitver¢tandnus] Mitver¢tandniß CD mir] nur C Freind] Freund B Feind CD Purper] Purpur BCD
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Die uns be¢chirmen ¢oll’n. Wir loben Ma¢inißen! Daß er ließ ¢ein Gezelt mit Hunden ring’s umb¢chlußen/ Weil ja der Men¢chen Hertz nur Gall’ und Untreu hegt. Ertzt-Morder aber ¢ag’s: Was hat dich Hund beweg’t Solch Schelm¢tuck anzuziel’n/ den teuren Eyd zu brechen? Subrius Flavius. Du kan¢t an Fingern dir/ der Sache Grund außrechen Weil deine Wißen¢chafft mir ¢elber Zeugnus gib’t/ Daß kein Soldat als ich/ ¢o redlich dich gelieb’t Als du es wurdig war’¢t. Nun aber du durch Morden Zum Bruder-Hencker bi¢t/ zum Mutter-Morder worden/ Nun du zum Gauckler dich/ zum Sanger ha¢t gemacht/ Der Hure zu Gefall’n dein Ehweib umbgebracht/ Nun du Mordbrenner/ Rom vor¢atzlich angezundet/ Man eh’ in deiner Hand die Fuhrmans-Geißel findet/ Als du den Zepter brauch¢t/ ¢o bilde dir auch ein/ Daß keine Spinne dir kein Wurm kan Gramer ¢eyn Als Flavius dich haß’t. Nero. Schlag Donner her/ brich Erde! Daß die¢er Teufel ¢tracks des Abgrunds Burger werde! Pfui! ¢chleppt den Hund hinweg/ wo ihn kein Tag ¢chein’t an! Weil Fur¢t und Sonne nicht den Unmen¢ch ¢ehen kan! Stracks/ Niger/ ¢chaff’ ihn fort zu arg¢ter Pein und Straffen/ Was aber/ Hund/ zwang dich: Daß du die reinen Waffen/ Durch heilig Fur¢ten-Blutt neb¢t die¢er Morder-Schaar Dich zu beflecken muh’¢t. Sulpitius Asper. Weil ¢on¢t kein Mittel war So vieler La¢ter-Meer am Nero zu er¢chopffen.
427 anzuziel’n] auzuziel’n A anzuziel’n B anzuzieln CD 429 Zeugnus] Zeugniß CD
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Epicharis
Nero. Ziht die¢er Buben-Schaum nicht ¢elber ¢einen Kopffen Kwal und Verdammung zu?
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Sulpitius Asper. Jch wu¢t es ja wol vor Daß nichts nicht zarter ¢ey als ein Tyrannen Ohr; !103" Daß der/ der ieden Tag ¢chier tau¢end La¢ter ¢tifftet/ Nicht eines horen kan. Sabina Poppæa. Kein Drach i¢t ¢o vergiftet/ Als bo¢e Zungen ¢ind.
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Tigillinus. Was ein Verlaumder ¢chaum’t/ Macht kein ¢chwartz Brandmal nicht. Alcides hat entraumt: Daß ihn der Wahnwitz mag bey ¢einen Opfern ¢chmehen. Der La¢terer ihr Pfeil pflegt ¢ich ¢tracks umbzudrehen Und macht die eigne Hand/ die ihn geflugelt/ wund. Sulpitius Asper. Wo er auf Un¢chuld ziel’t. Nero. ¢tracks/ Hencker/ kopft den Hund.
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Sulpitius Asper. Ein Wermuth-bitter Tod i¢t ewig Ruhm zu ¢chatzen/ Wo das Gedachtnus ¢ich nicht in Vergaßen ¢etzen Der alten Thaten laßt: Nero. So fallet Kopf und Wahn. Tigillinus. Bell’ itzt du todter Hund mehr Mond und Kay¢er an. 453 Verlaumder] Verlaumbder BCD 460 Gedachtnus] Gedachtniß CD
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Sabina Poppæa. Das kalte La¢ter-Maul laßt noch die Zahne blecken. Nero. Den Kopf laß’t auf den Pfal/ die noch im Kercker ¢tecken.
Nero. Granius Silvanus. Tigillinus. Sabina Poppæa. 465
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Nero. Bring¢tu von Senecen uns einigen Bericht? Granius Silvanus. Er ¢tehet wenig zu und ¢agt: Er pflege nicht Mit Haucheln umbzugehn/ und denen beyzulegen/ Die mit ¢ich ¢elb¢t nicht ruh’n. Ja was ¢olt’ ihn bewegen So eines Burgers Heil dem Seinen vorzuzih’n. Es kenne ¢on¢t kein Men¢ch ¢o wie der Kay¢er/ ihn/ Der ¢eine Redligkeit aus allzeit-freyen Sitten/ Und wie ¢ein Gei¢t niemals nichts knechti¢ches gelitten/ Zum oftern ¢elb¢t erkenn’t. Nero. War er noch ¢o gar frey? Granius Silvanus. Er ¢prach: Daß Nero ¢elb¢t ¢ein be¢ter Zeuge ¢ey. !104"
475
Nero. Wie aber ¢ah¢tu ihn ¢ich nicht zum Tode ¢chicken?
467 Haucheln] Hauchlern AB Heuchlern CD Haucheln A (Lemma AnmL. zu V. 466 ff. – s. Komm.) und] unb A und BCD 465 Bring¢tu] Bring¢t du CD 475 ¢ah¢tu] ¢ah¢t du CD
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Epicharis
Granius Silvanus. Sein groß Gemutte ließ kein Sterbens-Zeichen blicken. Nero. So geh’ und meld ihm an dis; daß er ¢terben muß.
480
Granius Silvanus. Zwar freye Seelen fuhl’n vom Sterben nicht Verdruß/ Weil ¢ie den Leib ¢elb¢t Koth/ die Glieder Faßel ¢chelten: Wie aber mag der Fur¢t ¢o Senecen vergelten Sein ruhmlich Auf-erzih’n? Darf ich mich unter¢teh’n Zu bitten/ laße man fur’s Recht Genade geh’n. Tigillinus. Wer Nattern liebkoo¢’t/ macht auch Schlangen Muth zu ¢techen Granius Silvanus. J¢t bloße Wißen¢chaft ein Sterbens-werth Verbrechen?
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Sabina Poppæa. Wenn man Verratherey weiß/ aber ¢ie ver¢chweig’t. Granius Silvanus. Wie? aber mußen Freind’ auch werden angezeig’t? Tigillinus. Des Fur¢ten Wol¢tand i¢t fur ieden Freund zu ¢atzen. Granius Silvanus. Dem muß man bleiben treu/ und jenen nicht verletzen. Sabina Poppæa. Pau¢anias brach ¢o Themi¢toclen den Hals.
483 liebkoo¢’t] liebkoo’¢t AB liebko¢t C liebeko¢t D 483 auch] fehlt CD 486 Freind’] Freund’ B Freund CD
Die vierdte Abhandlung
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Granius Silvanus. Nicht alle Richter ¢ind Recht¢precher ¢elbten Falls. Tigillinus. Umb ¢o viel Schuld hat auch Philotas ¢terben mußen. Granius Silvanus. Des Senecen Verdien¢t heiß’t uns was milders ¢chlußen. Sabina Poppæa. Der hat fur frembden Schuld/ wer/ was er bau’t/ reiß’t ein. Granius Silvanus. Sol lang- und treuer Dien¢t mehr Nach- als Vortheil ¢eyn?
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Tigillinus. Der Außgang mach’t ein Werck zu Wol- und Ubelthaten Granius Silvanus. Wie bald kan nicht bey Hof’ ein glatter Tritt mißrathen. ! 105" Sabina Poppæa. Wer bleib’t zu ¢traffen/ wenn ein Ancker gleiten mag. Granius Silvanus. Doch/ wenn man ¢traft/ kommt ja Verdien¢t in Uber¢chlag. Tigillinus. Wer/ was er ¢ol/ nur thut/ darf kein Verdien¢t anziehen.
500
Granius Silvanus. Die Tugend/ wenn der Preiß entfall’t/ wird nicht mehr bluhen.
vor 500 Silvanus] Siv. A Silv. A(Errata)BCD 490 ¢elbten] ¢elben CD 491 Philotas] Philotes CD
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Epicharis
Sabina Poppæa. Sie ¢elb¢t/ wo man nicht ¢trafft/ wird ¢ich in La¢ter kehr’n. Granius Silvanus. Zu ¢charffes Straffen pfleg’t mehr Ubel zu gebehr’n Tigillinus. Kein Ubel kan ent¢tehn/ wenn man thut nach Ge¢etzen. Granius Silvanus. Man mag fur Senecen zwolf neue Taffeln etzen.
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Sabina Poppæa. Gewinn’t dem Manlius wol Seneca was ab? Granius Silvanus. Daß jener Rom erhielt/ der uns den Kay¢er gab. Tigillinus. Doch hat ihn ¢eine Schuld vom Capitol ge¢turtzet. Granius Silvanus. Es war dem Richter dort die Gnaden-Hand verkurtzet. Sabina Poppæa. Die Straff und Schuld ¢ind auch bey uns noch Zwillinge.
510
Granius Silvanus. Glaubt: Daß den Fur¢ten nichts ¢o wol als Gnad’ an¢teh? Tigillinus. Wenn ¢ich das Meer erzurn’t/ i¢t’s ¢choner anzu¢chauen. Granius Silvanus. Doch fur dem Himmel muß/ wenn er ¢ich ¢chwartzt/ uns grauen.
504 Taffeln] Taffel BCD 506 jener] jenen BCD
Die vierdte Abhandlung
Sabina Poppæa. Wenn er die Boßheit trifft/ lach’t auch ¢ein Blitz uns an. Granius Silvanus. J¢ts moglich: Daß der Fur¢t den Lehrer ¢traffen kan?
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Tigillinus. Das Gift des Meyneyds laß’t auch Vater-Lieb erkalten. !106" Wenn freche Kinder es mit Catilinen halten/ Mag Fulvius durchbohr’n des eig’nen Sohnes Bru¢t. Granius Silvanus. Des wei¢en Romers Tod wehr’ allzu groß Verlu¢t. Sabina Poppæa. Der fallt ¢o hoch nicht ab/ der ¢chon ¢o tief geglitten.
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Nero. Es ¢terbe Seneca. Spar’ al¢o Rath und Bitten.
Der Schauplatz ¢tellet fur des Pi¢o Gemach.
Maximus Scaurus. C. Piso. Plautius Lateranus. Epaphroditus. Statius Proximus. Etliche Soldaten von der Kay¢erlichen Leibwache. Ein Diener des Pi¢o. Maximus Scaurus. Nun Pi¢o/ nunmehr i¢t’s nicht mehr Bedenckens Zeit. Wir ¢amtlich ¢ind entdeck’t/ und Nero ¢chick’t bereit Die Hencker auf uns aus. Ein Theil ligt ¢chon in Ketten Jch bin mit hoch¢ter Noth durch dich auch uns zu retten
523 uns] uus A uns BCD 519 geglitten] gelitten B
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Epicharis
Entronnen aus der Burg. Jedoch hier dis Pappier Wird un¢ern ¢chweren Stand dir beßer mahlen fur. C. Piso. Jch kenn’ es. Die¢es hat Epicharis ge¢chrieben. Scaurus. Mit Tinte/ die aus ihr die Folter hat getrieben. Lateranus. Was ¢chreibt die Heldin noch?
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Piso. „Lebt in dir Pi¢o noch „Ein Tropffen Romi¢ch Blutt/ ¢o wirf das Zentner-Joch „Des grimm¢ten Blutthund’s ab. Gantz Rom wird Beyfall geben/ „Dich als ihr Haupt in Thron/ ihn auf den Schandkarn heben. !107" „Nimm nur das Rathhaus ein/ und zeuge dich der Schaar. „Die nach dir ¢auftzend wun¢cht. Ein Held wird durch Gefahr „Bewehr’t. Ja wo du’s wag’¢t; Wil ich die Lu¢t noch ¢chmecken: „Daß Nerons Zunge wird mein bluttig Feßel lecken: Scaurus. Floßt nicht die Helden-Schrift auch Marmeln Seelen ein? Piso. Man ¢ucht vergebens Rath nun wir vertorben ¢eyn. Lateranus. Wir konnen/ mißlingt’s gleich/ doch arger nicht verterben. 525 Pappier] Pappier. ABC Pappier D vor 529 Lateranus] „Later. A „Lateran. BCD 529 „Lebt] Lebt ABCD 533 ein] ein’ A ein BCD 529 533 538 539
noch] doch CD zeuge] zeige CD vertorben] verdorben BCD verterben] verderben BCD
Die vierdte Abhandlung
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Piso. Es i¢t mehr Schimpf/ mit Schimpf in allen Augen ¢terben. Scaurus. Kein Men¢ch ¢tirb’t ruhmlicher als den Tyrannen fall’n. Piso. Wer wird nach un¢erm Tod’ uns eine Schutz-¢chrift ¢tell’n? Lateranus. Die Rautte gutten Ruhm’s kan keine Schmach vergiften. Piso. Man tilg’t der Tugend Lob und ehr’t der Hauchler Schriften.
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Scaurus. Das Denckmal kunft’ger Zeit la¢cht kein Tyrann nicht aus. Diener. Geharn¢chte Manner/ Herr/ erbrechen Pfort’ und Hauß. Lateranus. Nun mag dein ¢chmelich Tod / Furcht und Ver¢aumnus bißen. Piso. Gedult ¢teh’t willig aus was GOtt und Himmel ¢chlußen. Scaurus. Miß dem Verhangnuße nicht eigne Fehler bey.
550
Piso. Wen Tod und Feind nicht ¢chreck’t/ i¢t Sorg’ und Fehlers frey.
543 Ruhm’s] Ruh’ms A Ruhm’s B Ruhms CD 547 bißen] bu¢¢en BCD 549 Verhangnuße] Verhangni¢¢e CD
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Epicharis
Epaphroditus. Steck¢tu Verrather/ hier neb¢t deinen Mord-Ge¢ellen? Piso. Was wil/ ich bin bereit/ der Fur¢t fur Urtheil fallen? !108" Epaphroditus. Sag’s: Was fur Anlaß dich zum Meyneyds-Stifter mach’t. Piso. Natal hat mich hierzu durch Zauberey gebracht.
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Epaphroditus. Wie mag ein Zauberer verfal¢chen reine Seelen? Piso. Der Himmel laßt viel zu den Gei¢tern ¢chwartzer Holen. Kont’ er ein wach¢ern Bild begei¢tern: Daß es hat Mir fal¢chlich wahrge¢ag’t: Der großen Gotter Rath Woll’ in des Abgrunds Kluft den fal¢chen Kay¢er ¢turtzen: Wie ¢ol er die Vernunft durch Krauter ¢chlimm¢ter Zirzen !Mit" Hochmuth anzufull’n/ und Wahnwitz zu verirrn Nicht machtig ¢eyn gewe¢t? Epaphroditus. So pfleg’t ¢ich zu verwirrn Die Boßheit in ihr Garn. Du wolte¢t Kay¢er werden. Der Gotz’ hat nicht geirr’t. Nunmehr ¢inckt zu der Erden Dein fal¢ches Kay¢erthumb/ und dein getraumtes Reich. Piso. Erkenn’ ich doch die Schuld; auch werd ich mir itzt gleich Der Adern Drat zertheil’n und ohne Zwang erblaßen/
561 !Mit"] Und ABCD (s. Komm.) 567 zertheil’n] zertheiln’ AB zertheiln CD 551 Steck¢tu] Steck¢t du CD 552 Urtheil] Urthel CD
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Doch wird der gutte Fur¢t mir die¢en Tro¢t ja laßen: Mein letzter Wille werd’ aus Gnaden giltig ¢eyn/ Des Kay¢ers Anwald nicht die Gutter ziehen ein/ Mein Schatz Antonie nicht meiner Schuld entgelten. Epaphroditus. Des Meyneyds Außatz komm’t in ein Ge¢chlechte ¢elten/ Daß nicht ¢ein freßend Gift in alle Zweige ¢tamm’t. Drumb ¢trafft man Weib und Knecht’ und Kinder inge¢ammt.
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Piso. Dis La¢ter i¢t bey mir nicht recht zu Krafften kommen. Jch habe was gedacht/ nichts aber furgenommen/ Aufs Kay¢ers Haupt und Hauß. Epaphroditus. Dis La¢ter i¢t ¢o groß: Daß ¢chlechter Vor¢atz ¢ich nicht wurck’t der Straffe loß. ! 109" Piso. Der Will’ i¢t weit entfern’t von wurcklichem Verbrechen.
580
Epaphroditus. Man todtet Schlang’ und Spinn’ eh’ als ¢ie uns woll’n ¢techen. Piso. Hab’ ich doch bald verflucht/ was ich zu er¢t erwehl’t.
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Epaphroditus. Die Reue folgt der Schuld/ wenn ihr der Auߢchlag fehl’t; Wenn Recht und Hencker ¢chon ¢o Klag als Straff an¢trengen. Doch wird der Fur¢t vielleicht den Urtheln was enthengen/ Weil du die Schuld erkenn’¢t/ und durch ge¢chwinden Tod Dich langer Kwal entzeuch¢t. Piso. Jch folge dem Geboth. Schau wie die Adern Blutt aus beyden Armen ¢pritzen! 569 giltig] gultig BCD
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Epicharis
Maximus Scaurus. Laß/ Lateran/ uns auch den Lebens-Brunn aufritzen Eh’ als ein Henckers-Bub’ in ihm die Hande wa¢cht. Weil der Tyranne doch nicht eh den Bluttdur¢t la¢ch’t/ Als bis er Rom zur Gruft die Welt zur Wu¢ten machet. Epaphroditus. Wol! Biß dein Hencker ¢elb¢t. Die Schlange wird verlachet/ Die ¢terbende noch zi¢ch’t.
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Lateranus. Jch wil eh’ alle Kwal Des Wutterichs ¢tehn aus/ eh ich dis ¢chwartze Mahl Verzagter Kleinmuth mir verzweifelnd an wil brennen. Du Pi¢o bi¢t ein Knecht kein Romer nicht zu nennen Nun dich der Tod/ der ¢on¢t die Feßel bricht entzwey Der ¢treng¢ten Dien¢tbarkeit/ durch Furcht und Heucheley Mehr als zum Sclaven macht. Piso. Jch wil geduldig bußen/ Nun ich zu ¢path erkennt: Daß be¢te Fur¢ten mußen Ehr¢uchtgen Hencker ¢eyn. Son¢t aber ¢chelt’ ich nicht: Daß euren Handen Kraft/ dem Hertzen Muth gebricht Durch eigenhand’gen Tod un¢terblich euch zu machen. Maximus Scaurus. Rom wird dich Hauchler ¢chmeh’n/ die Nach-Welt dich verlachen: !110" Weil auch ein Purpern Tod durch Fal¢chheit wird ver¢tell’t; Denn auch ein Knecht/ der nicht den Tod fur ¢chrecklich halt J¢t Halßherr ¢eines Herrn und Richter des Tyrannen. Mit ¢olcher Freyheit muß man Furcht und Wahn verbannen; Wenn man/ wie ich itzt thu/ kerbt Flach¢’ und Arm entzwey.
595 brennen.] brennen AB brennen. CD 599 geduldig] gedultig CD 609 Flach¢’] Flech¢’ CD
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Lateranus. Auch ¢olcher Eygen-Mord leg’t Schimpf/ nicht Ehre bey. Maximus Scaurus. Dis i¢t des Korpers Wahn/ der Muth und Gei¢t druck’t nieder. Lateranus. Kein Men¢ch auf Erden i¢t Herr uber ¢eine Glieder. Maximus Scaurus. Mag uber ¢einen Leib doch wuten auch ein Knecht. Lateranus. Jhn ¢trafft/ wenn er ¢ich nur ver¢timmelt/ Herr und recht.
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Maximus Scaurus. Man muß die Edlen nicht in knecht¢che Faßel ¢perren. Lateranus. Du bi¢t ein Knecht und ich der Gotter un¢er Herren Maximus Scaurus. Sie ¢perrn zum Sterben uns ja tau¢end Thieren auf. Lateranus. Sie wehr’n der Boßheit ¢elb¢t nicht allzeit ihren Lauf. Maximus Scaurus. Man hemm’t durch freyen Tod der Boßheit Lu¢t und Wercke.
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Lateranus. Ein gluend Pferd auߢteh’n i¢t großrer Seelen Starcke. Maximus Scaurus. Wenn des Tyrannen Brand komm’t Tod und Meßern fur. 615 ¢perren] ¢perrn A ¢perren A(Errata)BCD 617 Thieren] Thuren CD
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Epicharis
Lateranus. Verhalt’ner Athem dien’t zum Mordgewehre dir. Maximus Scaurus. Dein Leben wird zur Kwal/ mein Sterben nun zum Schlaffe. Lateranus. Zeucht das Verhengnus nicht den Eigen-Mord zur Straffe?
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Maximus Scaurus. Sich ¢elber Todten ruhr’t ¢elb¢t vom Verhangnuß her. Lateranus. Wol! ich ergreiffe gleich dein bluttiges Gewehr Die Lebens-Fademe der Adern zu zer¢chneiden. Statius Proximus. Halt. Lateranus. J¢t der Tod verwehrt? Statius Proximus. Du ¢olt ihn anders leiden. ! 111" Lateranus. Was Burgern i¢t vergonn’t/ ¢teht Burgermei¢tern frey.
630
Epaphroditus. Wei¢tu? Daß gleiche Schuld bey Großen großer ¢ey? Lateranus. Jhr Gotter!
vor 623 Scaurus] Scar. B 624 Verhengnus] Verhangniß CD 625 Verhangnuß] Verhangniß CD 630 Wei¢tu] Wei¢t du CD
Die vierdte Abhandlung
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Statius Proximus. Jmmer fort! Lateranus. Wo werd ich hingerißen? Statius Proximus. Dahin/ wo Sclav und Knecht verdammte La¢ter bißen. Lateranus. Laß’t meinen Kindern mich noch reichen einen Kuß. Statius Proximus. Der i¢t kein Vater mehr der ¢chimpflich ¢terben muß.
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Lateranus. Wo bleib’t Natur und Recht? Statius Proximus. Sie ¢tehn auf Fall’ und Schrauben. Lateranus. Geduld! Wer ¢tirbt/ ¢ol auch dem Hencker halten Glauben.
Reyen. Europa. A¢ia. Africa. ! Rom." Die Sibylla von Cuma.
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Europa. Asia. Africa. Große Gotter/ wie viel Jahre Sol der Welt-Kreiß eine Baare Rom der Volcker Zuchthauß ¢eyn? Jeder Abgott tritt mit Fußen
vor 637 !Rom."] fehlt ABCD 638 Baare] Baaren AB Baare CD 632 bißen] bu¢¢en BCD
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Epicharis
Uns/ die wir ihm opffern mußen/ Schleu¢t in Stahl und Stein uns ein. Schickt demnach gerechter Sache/ Große Gotter/ Rache Rache!
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Rom. Jhr Sclavinnen/ wolt ihr das Joch abwerffen Das doch ich ¢elb¢t ich Mutter tragen muß. Wenn auf mein Haupt die Kinder Dolche ¢charffen/ So zin¢’ ich Blutt/ ihr bloß den Uberfluß/ Ja/ wenn ihr nur von ferne Donnern horet/ Wird durch den Blitz mein Hertze ¢elb¢t ver¢ehret. Sibylla. Der Ungeduld i¢t iedes Reich zu ¢chwer; ! 112" Ein bo¢es Kind flucht ¢einer Mutter Rutte. Gott ¢trafft mit Fug mit Drang¢al und mit Blutte Die/ die nicht ¢ind von eigner Blutt¢chuld leer. Ja wiß’t: Daß euer Meer verdammter Mi¢¢ethat Die Tyranney noch nicht halb außgemaßen hat. Rom. Verhangnus nimm mir Kron und Zepter wieder! Jch mag nicht mehr der Volcker Gottin ¢eyn. Der Erden Haupt leg’t fur euch willig nieder Mit ¢o viel Kwal des Purpers fal¢chen Schein! Jedoch laßt mich noch mein Verhangnis wißen/ Weil Gotter doch nichts enderliches ¢chlußen. Sibylla. Verlang¢tu nun Wahr¢agung er¢t von mir? Sie war umb Geld ja dem Tarquin zu theuer. Geh ¢charre Buch und Weißheit aus dem Feuer; Die A¢che wird noch Zeichen wei¢en dir; Geh lis bey Cumens Klufft die Palmen-Bletter auf/ Auf ¢elbten ¢teh’t vermerck’t der kunft’gen Jahre Lauf. 657 660 663 668
Verhangnus] Verhangniß CD Purpers] Purpurs BCD Verlang¢tu] Verlang¢t du CD ¢elbten] ¢elben CD
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Europa. Asia. Africa. Bletter ¢treu’t der Wind von ¢ammen Und wer li¢et/ was in Flammen Fur Geheimnus i¢t ver¢teck’t? Vor¢chmack kunft’ger Ang¢t und Schmertzen Floß’t dem Feinde Tro¢t zum Hertzen/ Wo uns demnach wird entdeck’t/ Was den Abgott Rom ¢ol preßen/ Wolln wir Sorg und Ang¢t vergeßen. Sibylla. Eh als der Glantz der Weißheit kronte mich/ Ward ¢chon ihr Heil gewiedmet Rom zu dienen. Was kommen ¢ol/ und was ¢chon i¢t er¢chienen Sol/ ewigs Rom/ mein Spiegel lehren dich. Denn das Verhangnus ¢chleußt nichts ¢o geheimes nicht Es bringt die Weißheit es/ eh es ge¢chicht/ ans Licht. Rom. Jtzt tritt ein Low’ ein guldnes Bild zu Grunde; Ulyßes ¢chlaft bey der Siren’ itzt ein. !113r" Nun beißt ein Fuchß dem Bilde Narb’ und Wunde; Die Natter ¢ticht itzt bis auf Marck und Bein. Jtzt wil ein Aff’ er¢t mit ihm Kurtzweil treiben/ Nun wil es gar ein Ba¢ili¢ck’ aufreiben. Sibylla. Rom i¢t das Bild/ die Freyheit war das Gold/ Jtzt aber i¢t in Ei¢en es gewandelt; Nun Tiranney ¢o ¢chlimm mit dir gehandelt. Ver¢teh¢tu nun; Was dis Gemalde wolt’? Jedwedes grimme Thier/ das an dem Bilde nag’t/ Mahlt einen Fur¢ten ab/ der dich zeither geplag’t.
687 ihm] ihr ABCD (s. Komm.) 671 Geheimnus] Geheimniß CD 681 Verhangnus] Verhangniß CD 692 Ver¢teh¢tu] Ver¢tehe¢tu B Ver¢teh¢t du CD
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Epicharis
Rom. Wahr/ leider i¢t’s. Des Cæ¢ars Lowen-Klauen Zermalmeten der Freyheit guld’nes Bild. Augu¢ten ¢ehn hieß recht Sirenen ¢chauen/ Sein Glimpf ¢tahl/ was fur Grimm’ ich noch behielt. Kein ¢chlimmer Fuchs kan als Tiber nicht leben/ Er konte Gift in guldnen Pillen geben. Der Cajus war zur Natter mir gebohren/ Und außerwehl’t zum Phaeton der Welt. Hat Claudius der Affe ¢einer Thoren Der Knechte Knecht mehr Romer nicht gefallt/ Als Tiranney. Ja meine Seel empfindet: Daß Nero Ba¢ilißken uberwindet. Europa. Asia. Africa. Ba¢ilißken/ Nattern/ Affen/ Fuchß/ Sirene/ Lowen/ ¢chaffen Nicht ¢o große Kwal und Pein; Als bis itzt auf die¢e Stunde Rom die Wolfin un¢erm Munde Gift und Schmertzen floßet ein. Demnach wollt ihr Gotter ¢chlußen: Daß Rom beßer muße bißen. Sibylla. Rom bißet ja! Kompt ¢chau’t die Thier umb dreh’n. Schaut Ba¢ilißk’ und Aff’ und Nattern kommen; Der Fuchs folg’t/ die Sirene komt ge¢chwommen Und endlich laßt ¢ich auch der Lowe ¢ehn. ! 113v" Doch wil ich dir/ Rom/ klarer ¢telln fur Augen/ Die die dir noch ¢oll’n Marck und Bein außaugen.
698 Glimpf ¢tahl] Glimpf-Stahl A Glimpff¢tahl B Glimpff ¢tahl CD 720 die] dir AB die CD 710 itzt] ietzt BCD 714 bißen] bu¢¢en BCD 715 bißet] bu¢¢et BCD Kompt] Kommt CD
Die vierdte Abhandlung
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Rom. Jch ¢ehe ¢ich itzt einen Beer auf¢etzen/ Nun kratz’t mich eine Katze bis aufs Blutt/ Jtzt wil ein Schwein auf mich die Zahne wetzen/ Nun ¢aug’t mir aus die Aegel Milch und Gutt. Jtzt liebkoß’t mir ein Hund/ der doch auch beißet; Nun ¢eh’ ich/ wie ein Tiger mich zerreißet. Sibylla. Der Beer wird ¢eyn des Galbe ¢trenger Wahn/ Die Katze wird am Otho ¢eyn zu ¢chauen. Das Schwein Vitell wird ra¢end umb ¢ich hauen/ Die Aegel i¢t der Geitz Ve¢pa¢ian/ Wenn Titus leck’t und ko¢t/ ¢iht doch ein Hund herfur; Dem folg’t Domitian das grimm¢te Tygerthier. Rom. Ach! ward ich denn darumb die Sonn’ auf Erden: Daß ich durch die¢en Thier-Kreiß muße geh’n/ Wo nur Jrrlichter glimm- und brennend werden Und ¢olche zwolf erboßte Thiere ¢tehn/ Die zwar im Thron’ als holde Sternen lachen/ Doch wurckende ¢ich zu Cometen machen. Europa. Asia. Africa. Wol! wol! Die gerechte Rache Nimmt ¢ich un¢er gutten Sache Mit gewun¢chtem Nachdruck an. Ja nun Rom nur muß erfahren: Daß kein Wolf geraubte Wahren Ohne Schmertz verdeihen kan; Haben un¢re Schmertz- und Wunden/ Rache/ Salb’ und Pfla¢ter funden.
746 funden] fuuden A funden BCD 735 glimm-] glimm D 744 verdeihen] verdauen CD
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Epicharis
Die Funffte Abhandlung. Der Schauplatz bildet ab des Senece Gemach.
Seneca. Martius Festus. Paulina. Martius Festus. So laß’t uns Seneca in Noth/ ¢ich in Gefahr. Seneca. Natal hat euch entdeck’t was zu ent¢chlußen war !114r" Martius Festus. Wie wird Epicharis nicht die¢en Schlag empfinden. Seneca. Die alles uberwand darf nichts mehr uberwinden.
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Martius Festus. Der Blutthund bluht/ da ihr doch Krafft und Gei¢t gebricht. Seneca. Die Tiranney wiech ihr/ ¢ie dem Tyrannen nicht. Martius Festus. Daß Grimm und Hencker konn’ auf’s neue mit ihr ¢pielen. Seneca. Sie und ein Wei¢er kan die min¢ten Schmertzen fuhlen/ Schleu¢t ihn ¢chon Phalaris in glimmen Ochßen ein.
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Martius Festus. Des Zeno Glieder ¢ind auch flei¢chern/ nicht von Stein’.
Die Funffte Abhandlung
Seneca. Brenn’t aber gleich ¢ein Leib/ ¢o ¢ig’t doch ¢ein Gemutte. Martius Festus. Dis alles lehn’t nicht ab die ¢o gerechte Bitte. Seneca. Was euch vergun¢tigt i¢t/ i¢t Senecen nicht recht. Martius Festus. Wie reim’t ¢ich’s wei¢e ¢eyn/ und ein Tyrannen-Knecht?
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Seneca. Ein Wei¢er bleib’t auch frey in Feßeln des Tyrannen/ Martius Festus. Doch freyer/ der in’s Joch die Tyranney hilft ¢pannen. Seneca. Der dien’t Begierden ¢chon/ wer die nicht dulden kan. Martius Festus. Der Himmel nimm’t ¢ich ¢elb¢t gerechter Racher an. Seneca. Kein Recht vergonnt mir mich am Nero zu vergreiffen.
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Martius Festus. Laßt die Natur nicht zu auf Morder Mordwehrn ¢chleiffen? Seneca. Wie daß die Furcht den Hir¢ch/ die Flucht die Taube ¢chutz’t? Martius Festus. Wie daß dem Lowen ¢ie ¢o Zahn als Klauen ¢pitz’t? Seneca. Am Men¢chen aber i¢t nicht Klau und Zahn zu ¢chauen. 19
am] an BCD
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Epicharis
Martius Festus. Die Waffen der Vernunft bezwingen Low’ und Klauen.
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Seneca. Der hat Vernunft der Mord und Unheil nicht ¢pinn’t an. Martius Festus. Noch mehr der welcher ¢ich erhalt/ im Fall er kan. Seneca. Wir ¢ollen ohne Mord uns der Gefahr enttziehen. Martius Festus. Es ¢chaff’t mehr Ruhm der Noth begegnen/ als ¢ie fliehen. Seneca. Ver¢charr’n auch Thiere doch den Fuß-Pfad umb ihr Ne¢t.
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Martius Festus. Doch i¢t den Furcht¢amen dis oft ihr Grab gewe¢t. !114v" Seneca. Kein beßer Schild i¢t nit als ¢einer Un¢chuld trauen. Martius Festus. Komm’t nicht das Reh ins Wolf- die Taub ins Habichts Klauen? Seneca. Mei¢t ¢chafft der Vorwitz Noth/ und Sicherheit Gefahr. Martius Festus. Wie? Daß ¢elb¢t Seneca fur ihm nicht ¢icher war.
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Seneca. Was hat der Fur¢t erpreßt/ und was i¢t mir genommen? 24
und] uud A und BCD
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nit] nicht BCD Wolf-] Wolffs D
Die Funffte Abhandlung
Martius Festus. Du bi¢t von Hof’ und Gun¢t nach Hauß in Ungun¢t kommen. Seneca. Der Fall i¢t mir ein Gluck’ und der Verlu¢t Gewien. Martius Festus. Was aber muß fur Schmertz ¢olch Undanck nach ¢ich zih’n? Seneca. Auch dem Vertheidigten reck’t Cicero den Nacken.
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Martius Festus. Es wird auch ein Popil dir noch den Kopf abhacken. Seneca. Nicht’s i¢t ¢o herb’/ aus dem ein Wei¢er nicht ¢chopf’t Tro¢t. Martius Festus. Auch wenn der Undanck ¢ich auf die Verdien¢t’ erbo¢t? Seneca. Auch/ wenn dem Socrates Athen ¢chon Gift ein¢chancket. Martius Festus. Es i¢t Naturlich: Daß uns Leid und Unrecht krancket.
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Seneca. Man kan dem Wei¢en Leid und Unrecht nicht thun an. Martius Festus. Der Blutthund Nero lehr’t/ was Boßheit wagen kan. Seneca. Sie wag’t viel/ ¢onder Frucht; ja wenn der Abgrund ¢turmet/ So bleib’t ein Himmli¢ch Gei¢t doch durch ¢ich ¢elb¢t be¢chirmet. 47
wag’t] wagt’ AB wagt CD
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Gewien] Gewinn CD dem] den B
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Epicharis
Der Demant machet ¢tumpf den Stahl/ der Felß die Flutt/ Und Salamandern i¢t noch viel zu kalt die Glutt. Laß jenen Wutterich den Tag mit Pfeilen ¢chwartzen/ Nicht einer trift den Zweck der guldnen Himmels-Kertzen; Und Xerxes/ deßen Wahn das Meer mit Rutten ¢treicht/ Jn Abgrund Ketten wirft/ lernt: Daß ¢ein Arm nicht reicht Dem Waßer weh zu thun/ und den Neptun zu binden. Ja/ wie die Gotter ¢elb¢t nichts ¢chmertzliches empfinden/ Wenn man ihr Bild zerbricht/ die Tempel a¢chert ein’: So/ weil die Wei¢en ja auf Erden Gotter ¢eyn Und Gei¢ter uber Sonn’ und Sternen in ¢ich nehren/ !115r" Kan Unfall zwar den Leib ihr bloßes Bild verzehren/ Nichts aber Jrrdi¢ches dem Gei¢te Schaden thun. Weil in nicht außer ihm ¢o Schatz als We¢en ruh’n. Das Gluck’ i¢t ihm ein Weib/ das nichts hat zu zubringen/ Und/ wenn es mit ihm kampft/ ihm nichts weiß abzuringen; Weil Flamm und Schifbruch nicht ¢ein unbe¢chadet Gutt Die Tugend rauben kan. Als Megara durch Glutt/ Des Stilpons Hauß durch Brand/ ¢ein Geld durch Raub vergangen/ Er ¢amt den Tochtern ¢elb¢t vom Feinde war gefangen/ Ja ¢elb¢t der Tempel La¢t auf ihre Gotter fiel/ Rief er: Poliorcet erhebe wie er wil Des armen Sieg’s Gewien/ und daß itzt ¢ein Gelucke Auf meinem Mei¢ter ¢piel’t und tau¢end andre drucke: Daß Ehrgeitz dort ¢ein Ampt/ der Geitz ¢ein Geld bewein’t; Jch habe nichts verlohr’n. So/ da es nunmehr ¢chein’t: Daß Nero mir nicht mehr die armen Gutter gonne/ Hat er: Daß Seneca den Tand verrathen konne/ Und das ge¢chenckte Nichts ihm wieder bitten an/ Fur lang¢t von mir gelern’t. Weil ja kein Glucks-Gutt kan Be¢itzthumbs wurdig ¢eyn/ nach dem das Hertz uns henget/ Das Ruh und Schlaff uns ¢tor’t/ ¢o bald man es empfanget
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erhebe] er hebe AB erhebe CD meinem] meine ABCD ¢piel’t] ¢pielt’ AB ¢pielt CD und] nnd A und BCD
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Gewien] Gewinn CD bitten] bieten CD
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Und das man fur Verlu¢t/ wenn man’s verlohrn hat/ ¢chatz’t. Wird unter den Vatin auch Cato gleich ge¢atz’t/ Vom Pofel ange¢pie’n/ ¢ein Rock ihm abgerißen/ Hat er vom Richter¢tul’ und Ampte ¢teigen mußen; So tritt ihm Cæ¢ar doch den Thron der Tugend ab/ Ja mit ihm leget ¢ich die Freyheit in ¢ein Grab. So/ und noch minder darf ein Seneca ¢ich ¢chamen/ !115v" Wenn Tigillin fur mir den Vor¢itz ihm darf nehmen. Solch Schimmer/ durch den ¢ich der Ehrgeitz blanden laß’t/ Gleicht Bla¢en/ die ein Kind aus Seif und Waßer blaßt. Laßt denn ein Wutterich uns gar das Liecht außbla¢en/ Und durch ¢innreiche Pein auf Hals und Glieder ra¢en/ Wenn Hencker und Tyrann am ¢charf¢ten wil gebahr’n/ So laßt der Seele Kern des Leibes Schale fahrn/ Ent¢chlippt der Folterbanck/ ¢o wie die Luft den Streichen; Ja/ wenn was irrdi¢ch leb’t/ und Knecht i¢t/ muß erbleichen So bluh’t das Himmli¢che/ der Gei¢t wird Feßel-frey Und Tod und Todfeind leg’t uns Ruhm und Siegs-Krantz bey. Martius Festus. Præxa¢pes heuchelt dir/ und liebkoo¢t dem Tyrannen/ Wenn er mit Lachen ¢iht Camby¢ens Bogen ¢pannen Auf ¢eines Sohnes Hertz/ und der ¢chein’t dir befleckt/ Dem an des Konigs-Ti¢ch der Kinder Flei¢ch gut ¢chmeckt; Und du gib¢t Lachen drein/ dar¢t recht und wei¢’ es loben/ Mit ¢tarrem Auge ¢eh’n auf Recht und Un¢chuld toben/ Gewiß: Wer’s Vaterland nicht rettet wenn er kan/ Steckt Furien ein Licht/ Tyrannen Weyrauch an; Sturtzt Volcker in Verterb/ hilft Freinden auf die Baare Und bau’t mehr als Bu¢ir den Gottern Mord-Altare.
87 darf ein] dar fein A darf ein A(Errata)B darff ein CD 99 Præxa¢pes] Proexa¢pes AB Proxa¢pes CD Præxa¢pes AB (Lemma AnmL.) 82 den] dem BCD 102 Konigs-Ti¢ch] Konigs Ti¢ch CD 107 Verterb] Verderb BCD Freinden] Freunden BCD
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Epicharis
Seneca. Es ¢chein’t nichts Neues mir: Daß Un¢chuld Schuld muß ¢eyn. Kan Cleonicus mir kein Gift-Glaß bringen ein/ So ¢chaumt Suillius auf mein un¢chuldig Leben !116r" Verlaumbdungs Gifft und Ja¢cht. Am Seneca muß kleben Mehr Boßheit/ als er nie verdamm’t in Schriften hat Und andern furgeruckt. Bald ¢ol er haben Rath Zum Bruder-Mord’ ertheilt/ bald ¢ich mit Agrippinen Durch geile Brun¢t befleckt. Martius Festus. Dis alles kan dir dienen Zur Warnung: Daß wer nur Tyrannen Pflaumen ¢treich’t/ Bey ihnen keinen Danck/ bey andern Spott erreicht. Die Nachwelt/ ¢ichre dich/ wird noch den Nero ruhmen/ Und ¢einer La¢ter Schmach durch deine Schuld verblumen/ Des Mutter-Morders Dolch dir mahlen in die Hand. Seneca. Nichts Wunder/ weil Bu¢ir auch eine Lob-¢chrift fand/ Daß meine Un¢chuld muß auch Nerons Schuld weiß brennen. Doch kan kein frembder Wahn den Glantz von Tugend trennen/ Ob bloden Augen ¢chon ihr Schon-¢eyn nicht gefall’t. Bey uns ¢teht’s/ was wir ¢ind/ nicht was man von uns halt. Ge¢atzt: Daß andre nun uns wiedrig urtheil’n mogen/ Der Lauf der Sternen kehr’t ¢ich auch der Welt entgegen/ So/ was der Pofel ¢chilt/ halt mei¢t ein Wei¢er werth; Und lacht des La¢terers. Auch Socrates verkehr’t Jn Lachen und in Schertz/ ¢o/ wenn Xantipp ihm fluchet/ Als wenn in offnem Spiel ein Narr ein Gauckler ¢uchet Jhn ¢tachlicht aufzuzih’n. Kurtz/ wie die Welt bewand J¢t uber Mond/ und Luft/ ¢o i¢t des Wei¢en Stand/ ! 116v" Ge¢atzt/ daß Wolck und Feind ¢on¢t Blitz und Kwal auߢchutte/
116 Martius] Max. AB Mart. CD 126 ¢teht’s] ¢teh’s A ¢teht’s A(Errata)B ¢tehts CD 127 urtheil’n] urtheilen A urtheil’n A(Errata)B urtheiln CD 110 bringen] briugen B
Die Funffte Abhandlung
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Jhm ¢cheinet Sonn’ und Lu¢t doch immer im Gemutte. Paulina. Mein Licht! ach nun wirds wol umb uns ge¢chehen ¢eyn! Seneca. Was ficht/ mein Schatz/ dich an? Paulina. Jn’s Hauß dring’t Kriegs-Volck ein. Martius Festus. Was ich dir wahrge¢agt/ i¢t leider! gegenwartig.
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Seneca. Ein Wei¢er halt ¢ich ¢tets auf ieden Zufall fertig.
Cotuald ein deut¢cher Hauptmann. Seneca. Paulina. Statius Annæus. Martius Festus. Etliche deut¢che Soldaten von der Kay¢erlichen Leib-Wache. Dyphax und etliche andere Knechte des Seneca. Cotuald. Der Fur¢t wil Senecen nicht lebend wißen mehr. Seneca. Vollbringe was er ¢chaff’t. Jch ¢ehne mich ¢o ¢ehr Nach Ang¢t und Leben nicht/ und wenig Kummer-Jahren.
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Cotuald. Der Kay¢er laßt dir noch die Gnade wiederfahren Daß du dir einen Tod willkuhrlich mag¢t erwehl’n.
vor 141 und] nnd A und BCD
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Epicharis
Paulina. Muß man den Sterbens-Zwang noch unter Gnaden zehl’n? Cotuald. Nur ¢ag’s: Ob du nicht ¢elb¢t dein Urtheil wil¢t erfullen? Seneca. Nicet gib mir den Dolch/ Palur den letzten Willen. Cotuald. Den letzten Willen i¢t zu ¢chlußen es nicht Zeit.
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Seneca. Dis i¢t der letzte Wun¢ch und Tro¢t der Sterbligkeit. !117r" Cotuald. Die Gutter ¢ind verfall’n/ die du mein¢t zu vermachen. Statius Annaeus. Man nimm’t mit Schimpfe weg vorhin ge¢chenckte Sachen. Cotuald. Der Kay¢er lern’t an dir: Daß kleine Wolthat Gun¢t/ Zu große Feinde macht.
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Seneca. Durch die¢en blauen Dun¢t Wird Nero aller Welt Ge¢ichte nicht verblanden. Cotuald. Viel minder du durch Schein verdiente Straff abwenden. Seneca. Dem Wei¢en i¢t der Tod auch Armuth keine Pein.
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Statius Annæus. So geht’s/ Tyrannen muß ihr Wol-thun Wucher ¢eyn/ Die Diener nur ein Schwamm/ dem ¢ie Vermogen gonnen: Daß ¢ie aus ihm zur Zeit auf einmal drucken konnen/ Was Sorgen und Verdien¢t und Zeit ge¢amlet hat.
Die Funffte Abhandlung
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Martius Festus. Was i¢t des Senece ¢o große Mißethat? Die Leib und Gutt verwirg’t? Den Opfern/ die man ¢chlachtet/ Nimm’t man den Schmuck ¢on¢t nicht.
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Seneca. Hier wird fur Recht geachtet: Daß des Erwurgten Kleid dem Hencker ¢tehe zu. Glaub’t aber: Daß ¢olch Raub am min¢ten weh mir thu. Des Lebens Rei¢’ i¢t aus/ was i¢t der Vorrath nutze? Die Burde druck’t nur mehr. Ja/ weil ich was be¢itze/ Was einen Tigillin vielleicht in’s Auge ¢ticht/ Ge¢chicht es: Daß man mir ¢o bald den Hals ab¢pricht. Doch hett’ ich ohne Zwang ihm wieder heim gegeben/ Was ¢eine Aegeln reitz’t. Gold/ an dem Seelen kleben/ J¢t ¢chon nicht fein/ weil es das Kupfer ¢chnoder Lu¢t Als ¢chlimmen Bey¢atz hat. Der Weißheit i¢t bewu¢t: Daß die¢er nur ¢ey reich/ der Reichthum weiß zu haßen/ Und/ wenn es Unlu¢t ¢chafft/ kan wieder fahren laßen. Weil ich/ ihr Freinde/ denn euch ¢on¢t nichts laßen kan/ So nemm’t mein Ebenbild des Lebens von mir an/ Das/ i¢t es anders nicht zur Tugend-Gipffel kommen/ Sein Ab¢ehn doch ¢tets hat auf die¢en Zweck genommen. ! 117v" Jedoch das Wollen i¢t in großen Sachen viel/ Ja die Begierd’ allein zu kommen an ihr Ziel’/ Hat ¢chon der Eitelkeit den Vorthel abgerennet. Die Buhlerin hab’ ich vom Nahmen nur gekennet Der Weißheit gro¢ten Theils gewiedmet meine Zeit/ Zu welcher ihr mir ¢elb¢t ein Licht gewe¢en ¢eidt. Und/ wolte Gott/ daß ich verwie¢en blieben wehre/ Jn Cyrnos Ein¢amkeit umbring’t von Felß und Meere Doch Mei¢ter des Geluck’s und im Gemutte frey/ 176 wieder fahren] wiederfahren ACD wieder fahren B 188 Cyrnos] Cynros A Eyrnos A(Errata) Cyrnos BCD 162 163 177 178
Senece] Seneca BCD verwirg’t] verwirckt C verwickt D Freinde] Freunde BCD nemm’t] nehmt CD
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Epicharis
Entfern’t von Hof’ und Neid und ¢trenger Tiranney; Daß Agrippine mich nicht mehr ge¢chatzet hette Als Cajus/ was ich ¢chrieb/ daß ich niemals am Brette Gewe¢t beym Kay¢er wehr’. Jch hette nie ver¢pur’t/ Was der ¢o ¢uße Hoff fur Wermuth bey ¢ich fuhr’t; Noch was die Ehr¢ucht kan in einer Agrippine. Auch nie den Haß verdien’t der geilen Meßaline. Ja Nero hat die Zucht ¢o ¢auer mir gemach’t/ Als den/ der Tyger zahmt/ ein Drachen Ne¢t bewacht/ Nicht ¢eine Muh komm’t an. Noch wil der Argwohn ¢chlußen: Jch hett’ ihm allzu ¢ehr den Zugel laßen ¢chießen; Wenn ich: Umb daß er nicht Rom preßte Thranen aus Jhn ließ die Harffe ¢piel’n. Jtzt nun Poppe ¢ein Hauß Und Tigillin be¢tell’t/ i¢t Unzucht/ Brand und Morden Des Kay¢ers Zeit-Vertrieb der Romer Schau¢piel worden. Sein Raub lehr’t auch den Neid/ der mir mein Gutt wirft fur: Er hab’ es nicht ge¢chenck’t nur einge¢atz’t bey mir/ Umb ¢elbtes zu verwahr’n fur ¢einen Pflaumen-Streichern Und durch Freygebigkeit ¢ich ¢elber zubereichern. Paulina. Jtzt gib’t ¢ein Grau¢am ¢eyn der Wolthat ihren Danck/ Und Un¢chuld fuhlet Straff’ und Tugend Noth und Zwang. Seneca. Der Tugend Fruhlings-Lu¢t i¢t Hagel/ Sturm und Flamme. !118r" Sie hat zur Mutter Schweiß/ und Elend zu der Amme/ Das Ungluck handelt ¢ie wie Phidias Porphier Und macht durch Feil und Brand er¢t ein ¢chon Bild aus Jhr; Ja all’ ihr Schmuck be¢teh’t in Thranen-Blutt und A¢chen. So wird die Perle ¢chon durch ¢charffe Flutt gewa¢chen/ Der Wellen Saltz-Schaum gib’t Korallen ihren Schein Und Stahl und Feuer macht ¢o Gold als Demant rein; Und un¢er Sonnen¢chein be¢teh’t in Blitz und Wettern.
196 Haß] Halß ABCD 199 ¢chlußen:] ¢chlußen. A ¢chlu¢¢en. BCD 204 Zeit-Vertrieb] Zeit-Vertreib CD
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Der Wollu¢t Nattern ¢piel’n in ¢anften Ro¢enbettern/ Sie find’t auf Seide kaum/ wir auch auf Di¢teln Ruh; Wir heil’n die Wunden uns mit Myrrh’ und Eßig zu/ Sie kan Jaßminen-Oel kaum auf dem Schaden leiden. Wir laßen Lung’ und Bru¢t uns aus den Bru¢ten ¢chneiden Und fuhlen minder Pein als Hencker/ die vollzih’n Was Rach und Blutt-Dur¢t hei¢t. Die zwey/ glaubt/ henckern ihn Viel arger/ als er mich/ der/ wenn er’s gnadig meinet/ Spricht Halß und Leben ab. Cotuald. Der Kay¢er ¢elb¢t beweinet Daß er den/ den er lieb’t/ muß ¢und- und ¢trafbar ¢chau’n.
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Statius Annæus. Die Thranen die ein Feind’ laßt aus den Augen thau’n J¢t Waßer/ wie ein Bild aus Marmel von ¢ich ¢pritzet/ Und das bey Hitz’ und Brand aus feuchtem Holtze ¢chwitzet. J¢t ein bluttgierig Hertz nicht von Empfinden frey/ So glaubt: Daß/ wenn es wein’t/ es voller Feuer ¢ey Und Mord und Rache koch’. Seneca. Jch wun¢che zu erblaßen/ Weil es der Kay¢er heiß’t/ die Gotter es zulaßen/ Und das Verhangnus ruff’t/ Hat doch mein Schatten mir Jm Leben ieden Tag den Tod gebildet fur; Und iede Nacht gelehr’t: Daß alles muß’ erkalten. ! 118v" Jch hab auch bey der Lu¢t Egypti¢ch Ti¢ch gehalten/ Ein abgeflei¢cht Geripp’ in letzter Tracht ge¢atz’t Zum Schaugerichte fur; mit Topffen mich ergetz’t Von Todten-A¢ch’ erfull’t. Wer/ was ich ¢chrieb/ wird le¢en/ Wird urtheiln: Daß der Tod mein Mittel-Punct gewe¢en/ Jn dem Gedanck’ und Schrift als Striche ¢ich verlohr’n/
225 225] 285 A 225 A(Errata) 236 Kay¢er] Kayßer A Kay¢er BCD 237 Verhangnus] Verhangniß CD
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Epicharis
Die aus dem Zirckel war’n der Eitelkeit gebohr’n. Mein Licht der Wißen¢chafft ward die¢er Nacht geweihet/ Und alle Blumen hab’ auf Graber ich ge¢treuet/ Wormit die Weißheit prang’t. Nun ¢ol das Werck thun dar/ Ob ¢ich’s ¢o muttig ¢tirb’t ¢o keck die Rede war. Gewis wer nur begreift: Daß wir durch Tod und Sterben/ Des Lebens Unlu¢t flieh’n/ wo nicht mehr Lu¢t erwerben Daß man die Seele nicht ¢atz’t mit dem Leibe bey/ Der weiß ¢chon: Daß ¢on¢t nichts am Tode ¢chrecklich ¢ey/ Als nur die Furcht fur ihm; Daß/ was man nicht kan meiden/ Nicht furchten/ ¢ondern nur erwarten ¢ol zu leiden. Zu dem/ wir ¢terben ja ¢chon vom Geburthstag’ an/ Wie daß der letzte Tropf’ uns er¢t ¢o lieb ¢eyn kan? Da doch das min¢te Theil der Sand-Uhr un¢ers Lebens Lauft nun empfindlich aus. Wie flih’n den Schluß vergebens/ Den das Gebuhrts-Licht uns in’s Himmels-Buch ¢chreib’t ein/ Mit Ziffern/ welche ¢elb¢t Chaldeern frembde ¢eyn/ Die GOtt nur le¢en kan/ und Wei¢e nur ver¢tehen. Paulina. Wie daß Tyrannen es nicht pfleg’t ¢o arg zu gehen? Und mag ein Tod von Schimpf’ und Wehmuth bleiben frey/ !119r" Wenn Todten man ins Grab leg’t grau¢e La¢ter bey? Seneca. Pauline/ Nero wird ¢o froh wie wir nicht ¢terben. Er fuhl’t die Furien ihm ¢chon den Tod erherben/ Der Freinde Thran’ und Wun¢ch dien’t zur Ergetzung mir/ Jhm ¢tell’t der Mutter-Gei¢t ¢ich zur Erinnys fur/ Und ieder Schatten wil ¢ich ¢einem Hencker gleichen. Ja ein gewalt¢am Tod i¢t itzt der Un¢chuld Zeichen. Was ¢chmertz’t mein Tod euch denn? Wir leben in der Pe¢t Der Zeit/ da wer ¢ich nicht zum Wergzeug brauchen laß’t
257 Geburthstag’] Geburhstag’ A Geburthstag’ B Geburthstag CD 260 nun empfindlich] unempfindlich BCD 269 Freinde] Freunde BCD 274 Wergzeug] Werckzeug CD
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Der Boßheit/ wird ihr Ziel; Da/ gleich als Wolff- und Beeren Die Burger in der Welt/ die Tyger Fur¢ten wehren/ Da ¢aufzend Ang¢t-Ge¢chrey gemeines Athemhohl’n/ Mordthaten Kurtzweil ¢ind. Bleib’t al¢o GOtt befohl’n/ Jhr Freinde/ die ich nun zu gutter Nacht ge¢egne; Der helffe: Daß euch nicht was Schmertzlichers begegne. Pauline/ maßige/ mein Schatz/ mein Licht/ dein Leid/ Beginne mit Vernunft/ was andre mit der Zeit. Ob deine Thranenbach zwar dein Ge¢chlecht ent¢chuldigt/ So wei¢e doch: Daß du der Weißheit ha¢t gehuldigt/ Die nichts Empfindlichs hat/ daß du die Seule bi¢t/ Die doch gerade bleib’t/ wenn ¢ie ge¢enck’t gleich i¢t; Daß/ wie behertz’t ich ¢terb’/ auch du den Schlag empfinde¢t/ Und mitten in der See des Unglucks/ Hafen finde¢t. Daß/ wenn man Senecen gleich todtet und begrab’t/ Sein Ebenbild doch noch in der Pauline leb’t. Paulina. Was fur Ge¢atze wil mein Schatz Paulinen ¢chreiben? Sol Seneca vergeh’n/ Pauline lebend bleiben? Sol/ die in Gluck’ und Lu¢t ¢ein halbes Theil ¢ich prieß Jm Hau¢e Senecens/ das Stoa war und hieß/ Aus ¢einen Lehren/ nichts als Furcht gelernet haben? Und ¢ol ¢ein Todten-Topf die A¢che nicht begraben ! 119v" Der¢elben/ die in ihm geleb’t hat/ nicht in ihr? Mahl’t ¢ein Exempel uns nicht/ was zu thun ¢ey/ fur? Die Wurmer konnen nur halb ¢terben und halb leben/ Soll’n die nun un¢rer Seel’ ein fal¢ches Vorbild geben? Der Rath i¢t Senecen nicht ern¢t- auch ahnlich nicht. Denn/ wer das Leben ruhm’t mahl’t mit der Kohl’ ein Licht; Und den der Tod er¢chreck’t/ der furchtet ¢ich fur Schatten. Wil mir nun Seneca zu ¢terben nicht ver¢tatten/ Der mir dis Thor ¢elb¢t hat zur Freyheit aufgethan? Ver¢chrenck’t man mir mit Fug die ¢elb¢t erwehlte Bahn? Nein! Nein! Paulin’ ent¢chleu¢t was Senecen gebuhrte. Ja da die Zagheit auch uns auf den Jrrweg fuhrte/
279 Freinde] Freunde BCD 299 nur halb] nur hald B
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Epicharis
Wurd’ uns der Wutterich/ der die/ die ihn gebahr Zur Welt und auf den Thron/ und zweymal Mutter war/ So wie den Lehrer itzt bluttdur¢tig aufgerieben/ Den Mord-Spruch uber uns drey Tage wol ver¢chieben? Seneca. Was hetz’t auf ¢ie ihn an?
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Paulina. Es i¢t der Boßheit Brauch: Verletzten Feind zu ¢eyn. Ge¢atz’t/ daß Nero auch Das Leben mochte mir ¢o wie ein Gun¢t-Recht gonnen/ Wurd’ ich die blutt’ge Fau¢t als gnadig kußen konnen/ Die durch des Bruders Hertz/ der Mutter Darmer fahr’t. Des Silla Wirth wil nicht des Lebens ¢eyn gewehr’t Von ihm/ umb daß er ¢o auf andre Burger wuttet: Und ich ¢oll/ nun er Rach’ und Mord hat außge¢chuttet/ Auf dich mein halbes Jch/ umbs Leben ihn flehn an; Die/ wenn mein Seneca ¢tirb’t/ nicht mehr leben kan? Seneca. Das Leben zeug’t ich dir/ ¢ein Wermuth nur zu ¢chmecken/ Wie Mutter/ die die Bru¢t zwar ihren Kindern recken/ Die Wartzen aber ¢chmier’n mit bittren Saften ein Wenn ¢ie der Mutter-Milch nunmehr entwehn’t ¢oll’n ¢eyn, ! 120r" Wiß’ auch: Daß ich den Tod darumb nicht rathen wolte/ Daß ¢ie ihn von ¢ich ¢elb¢t ¢o keck erwehlen ¢olte. Gewiß Pauline ¢tirb’t ¢o ruhmlicher als ich. Sie fleucht das Leben recht/ das Leben aber mich; Sie kie¢t freywillig aus/ ich nur aus Zwang die Baare: Sie opfert Bluth und Kern/ ich nur den Schaum der Jahre. Pauline/ nun i¢t’s Zeit zu ¢terben. Dyphax ¢chneid’ Uns Flach¢’ und Adern auf. Dyphax. Herr/ ¢olch ein Hertzeleid Kan nicht mein Auge ¢eh’n/ nicht meine Fau¢t beginnen.
334 Flach¢’] Flech¢’ CD
Die Funffte Abhandlung
Seneca. Du wir¢t ¢o Ruhm als Danck durch die¢en Dien¢t gewinnen. Kom ¢chneid der Adern Drat/ der Seele Kett’ entzwey/ Und ¢chaffe daß dein Herr dein Freygelaß’ner ¢ey. Dyphax. Jch wolt’ eh ¢elb¢t den Dolch in meinem Blutte farben.
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Seneca. Dein Kleinmuth lehret mich: Daß/ wer begehr’t zu ¢terben Zu Gluck und Tode nicht geborgter Armen darf. Gib mir dein Meßer her. J¢t’s ¢pitzig auch und ¢charf? Mir und dem Cato i¢t’s nicht ¢chimpfflicher das Leben Zu bitten/ als den Tod. Zorn und Begierde geben Den Stahl ¢on¢t in die Hand/ mir reicht die Tugend ihn. Die Adern ¢ind zerkerb’t. Nun brauch ihn auch Paulin’. Paulina. Laß’ uns den edlen Dolch in ¢einem Purper kußen! Nun i¢t der Lebens Drat mein Feßel auch zerrißen/ Das Thor zur Ewigkeit geofnet durch die Wund’.
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Seneca. Erwun¢chter Freyheits-Tag! Verlangte Freuden-Stund’! An welchem Tiranney und Tugend wird vergnuget. Danck’t/ ihr Soldaten uns: Daß ihr ein Mittel kriget Den ¢chlim¢ten Hencker-Dien¢t von euch zu lehnen ab. Mich denck’t die Zeit: Daß Rom euch aufzuheben gab Den Fur¢ten und ¢ein Heil/ itzt/ nun die Hofe-Raben Die Adler unter ¢ich/ die Welt zum Aaße haben/ ! 120v" Nach dem des Burrhus Ampt ein Tigillin nimmt ein/ Mu¢t ihr der La¢ter Schirm/ des Blutthunds Schergen ¢eyn; Poppeens geilen Mund/ den andrer Scham be¢chamet/ Das Wort euch geben hor’n. 343 ¢chimpfflicher] ¢chimpfllicher’ A ¢chimpflicher’ B ¢chimpfflicher CD 350 Freyheits-Tag] Freyheiis-Tag A Freyheits-Tag BCD 354 Mich] Mich/ ABC Mich, D 347 Purper] Purpur BCD
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Epicharis
Cotuald. Wer ¢ich der Zeit bekwemet/ Der Fur¢ten Rath nicht for¢ch’t/ i¢t frey von Mißethat. Du mache/ daß es ein¢t mit dir ein Ende hat.
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Statius Annæus. Mein¢tu: Daß Ang¢t und Furcht der Adern Rohr ver¢topffen? Sein faßt ver¢iegen Kwall des Bluttes rinn’t mit Tropffen/ Weil Sorgen Krafte fehl’n/ dem Alter Blutt gebricht. Seneca. Der Fur¢t la¢cht durch mich aus ein ¢chon verglommen Licht/ Ver¢anckt ein mor¢ches Schiff/ das ¢chon fing an zu ¢incken.
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Paulina. Gewiß/ weil Nero nichts als Blutt gewohn’t zu trincken/ Wird ¢ein gefullter Wan¢t ein reicher Spring-Brunn ¢eyn/ Wenn er ¢ein Hencker ihm den Dolch wird ¢toßen ein. Seneca. Der Tod pfleg’t Furcht¢ame nur zeitlich zu be¢tricken/ Wer ihm’s Ge¢ichte kehr’t/ dem wei¢et er den Rucken; Mein Wun¢ch zu ¢terben preß’t vergebens Seel und Blutt. Wie oder fehlet Luft: Daß die ver¢perrte Flutt Nicht ¢ein Behaltnus laß’t? Laßt uns mehr Luft ihr machen Den Dolch her! Cotuald. wer wil nicht der zarten Wunden lachen? Hab’t ihr/ wie ihr euch ruhm’t ¢o ¢ehr zu ¢terben Lu¢t So ¢to¢t den kalten Stahl in’s Hertze durch die Bru¢t/ Und kurtz’t euch Schmertz und Tod. 364 ver¢iegen] ver¢iegeu A ver¢iegen BCD 365 Sorgen] Sorgen’ AB Sorgen CD 372 ihm’s] ih’ms A ihm’s B ihms CD 360 Cotuald] Cor. B 363 Mein¢tu] Mein¢t du CD 375 Behaltnus] Behaltniß CD
Die Funffte Abhandlung
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Seneca. Wer Wermuth nicht verdeuen !121r" Und Schmertz ver¢chmertzen kan/ ver¢chling’t nur ohne Keuen Die Artzney herber Pein. Mir ¢chmeck’t nichts bitter nicht. Denn/ wenn die Marter gleich den Leib den Knecht anficht/ So ¢iht die Seele doch ¢o froh die Glieder zittern/ Als wenn ein Sieger hort der Sclaven Feßel ¢chuttern/ Sing’t/ wenn der durre Leib am Schwefel-Pfale gluht/ Wie Nero/ wenn Rom brenn’t/ ein lu¢tig Sieges-Lied. Nur die¢en Schmertz fuhl’ ich/ den du/ Pauline/ leide¢t; Weil du die Seele mir mehr als dein Flei¢ch durch¢chneide¢t Ja mein ¢o lang¢am Tod die Pein dir großer mach’t. Du ¢chweig¢t! Sie werde bald in’s andre Zimmer bracht. Jhr Gotter/ aber was i¢t Senecens Verkerben: Daß/ wenn ein Wutterich ihm nicht verwehr’t zu ¢terben/ Jhr ihm den Tod mißgonnt? Der nur von hinten zu J¢t ¢chrecklich/ wenn er fleucht. Mein Freind Anneus/ thu’ Uns doch den Libes-Dien¢t/ hilf ab ¢o ¢chwerem Leben Durch Gift/ weil du mir nicht kan¢t beßer Artzney geben/ Die auch dem Gei¢te dient. Statius Annæus. Ach! mutte mir nicht an/ Was Henckern kaum gebuhr’t/ kein Freind beginnen kan.
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Seneca. Die Liebe zuck’t zur Zeit ¢o wol als Zorn den Degen/ Egnatz ent¢chleu¢t ¢ich Stahl und Hand an Sohn zu legen/ Der ¢toßt den Vater durch/ eh als der Feind ¢ich ¢ol Mit ihrem Blutte kuhl’n. Wer Arrien ¢pricht wol: Daß ¢ie den blutt’gen Dolch aus Wund’ und Bru¢ten reißet Dem Ehman ihn ¢tell’t zu/ ihn ihr es nachthun heißet Wer Senecen trau’t zu: Daß er Paulinen libt/ 387 die¢en] die¢em AB die¢en CD 397 mir] mit A mir BCD 391 Verkerben] Verderben BCD 394 Freind] Freund BCD 398 Freind] Freund BCD
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Epicharis
Wenn er den Stahl ihr ¢chon zum Aderlaßen gib’t/ Der wird als einen Artzt dich er¢t in Himmel heben/ !121v" Wenn du durch Gift mir wir¢t das wahre Heil eingeben/ Was nimmermehr erkranck’t. Statius Annæus. Jch folge doch aus Zwang!
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Seneca. Willkommen ¢ußer Saft! Wahrhafter Gotter Tranck! Jch ¢ehe Socraten mir die¢en Kelch zu trincken/ Ja aus den Sternen mir den großen Gei¢t zu wincken. Da auch mein Schatten nicht ¢o einer Sonne gleich’t/ Genung: Daß Seneca wie Socrates erbleich’t. Statius Annæus. Verlang¢tu ¢chnellen Tod und Linderung der Schmertzen/ Begib/ weil ¢on¢t das Gift nicht dringen wird zum Hertzen Jn die mit heißer Flutt gefullte Wanne dich/ Daß das er¢tarrte Blutt in Adern rege ¢ich. Seneca. Viel/ die den Rie¢en ¢ich an Muth und Kraft verglichen/ Sind oft durch einen Ball in Schertz und Spiel erblichen Des Ae¢chilus ¢ein Haupt er¢chell’t ein Schnecken-haus/ Mit dem Anacreon macht’s eine Weinbeer’ aus; Speu¢ippus find den Sarch in geilen Weiber-Huften; Und Flutt/ Gift/ Meßer kan nicht meiner Seele luften Die Außfarth aus der Kwal. Statius Annæus. der Sturm-Wind zwing’t oft nicht/ Den Nachen/ wenn der We¢t ein Orlog-Schiff zerbricht: Doch muß zu letzt ein Kahn auch ¢einen Wirbel finden. 406 gib’t] gibt’ A gib’t B gibt CD 416 wird] wtrd A wird A(Errata)BCD 415 Verlang¢tu] Verlang¢t du CD 423 Sarch] Sarck CD Weiber-Huften] Weiber-Hu¢ten B
Die Funffte Abhandlung
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Seneca. Es ¢chein’t: Daß mir nunmehr ¢o Aug’ als Licht ver¢chwinden/ Die Welt-voll Men¢chen dunckt ein Ameiß-Hauffen mich/ Die Hau¢er baun aus Staub/ und umb ein Senfkorn ¢ich Jn Schlachten laßen ein/ in’s Waßer Furchen graben/ Und weil ¢ie Wind au¢-¢een; nur Rauch zu erndten haben. Mein Gei¢t leg’t nunmehr Schal’ und Leib und Feßel hin/ Und freu’t ¢ich; Daß ich frey von Eitelkeiten bin/ !122r" Und aus der See der Welt in Sterbens Hafen lende. Jhr Freinde gutte Nacht! Mein Leben hat ein Ende. Erlo¢er Jupiter nimm dis mein Opffer an/ Die Hand voll Blutt/ weil ich dir ¢on¢t nichts opffern kan.
Der Schauplatz ¢tellet der Verurtheilten Mord-Platz fur.
Vejanus Niger. Subrius Flavius. Fenius Rufus. Etliche Soldaten und Hencker. Fenius Rufus. Ach! i¢t der Schimpf-Platz uns zum Leich-Stein außge¢tecket?
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Subrius Flavius. Die Tugend wird durch Schimpf und Hencker nicht beflecket. Vejanus Niger. Steht’s ¢chon: Wenn man den Leib ins Grab zu Aeßern leg’t? Subrius Flavius. Ja/ wenn ein Adler nur den Gei¢t in Himmel trag’t Der Tugend guldne Schrift nicht ¢chwartz wird außge¢trichen;
431 Waßer Furchen] Waßer-Furchen A Wa¢¢er-Furchen B Wa¢¢er Furchen CD 435 Sterbens Hafen] Sterbens-Hafen CD 436 Freinde] Freunde BCD
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Epicharis
Mag Krot’ und Fleder-Mauß der Glider Staub bekrichen Die A¢ch’ in Strom ge¢treu’t/ der Kopf gepfalet ¢eyn. Fenius Rufus. Die Sterbens-Arth jag’t auch Behertzten Schrecken ein.
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Subrius Flavius. Das Gold verzuckert nicht die Wermuths bittern Pillen; Laß deines Todes-Bild in Perl’ und Sammet hullen/ Den Sarch mit Wurm-Ge¢pun¢t’ und Purper uberzih’n/ Du wir¢t umb¢on¢t die Furcht dich zu verbannen muh’n/ ! 122v" Wenn ein¢t ¢chon deinen Gei¢t des Todes Schatten ¢chrecket. Wo aber Redligkeit und Hertz’ im Hertzen ¢tecket/ Macht ihr die Tyranney durch keine Hencker nicht/ Durch grau¢er Larven-Kun¢t kein ¢chrecklicher Ge¢icht’. Vejanus Niger. Jhr werdet unverlang’t ihr ¢chones Antlitz ¢ehen. Fenius Rufus. Sol meiner kleinen Schuld ¢o viel als dem ge¢chehen? Natal hat mich ins Garn durch Zauberey gefallt/ Ein wach¢ern redend Bild zum Engel furge¢tell’t/ Das mir viel großes Ding hat fal¢chlich furgelogen/ Ja mir Vernunft und Blutt aus Seel und Ohr ge¢ogen Durch einen ¢chlimmen Biß/ und itzo ¢ol ich mehr Als jener ¢trafbar ¢eyn! Wie? find ich kein Gehohr? Jhr Gotter! Die ihr ¢elb¢t mußt meiner Un¢chuld zeugen. Vejanus Niger. Nur fort! Das Recht laß’t ¢ich nicht durch das Win¢eln beugen.
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Fenius Rufus. Ja; nur den Schuldig¢ten geht’s ungenoßen aus; Verfluchtes Recht! Der Blitz ver¢chon’t ein Huren-Hauß Und ¢chlag’t in Tempel ein; Der Mehltau trift die Saaten Der Frommen; Wenn man ¢ih’t der Bo¢en Frucht gerathen. 448 Todes-Bild] Todes Bild CD 449 Sarch] Sarck CD Purper] Purpur BCD
Die Funffte Abhandlung
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An Felßen ber¢tet offt der Un¢chuld Kahn entzwey Bey dem ein Raub¢chiff ¢ich macht Feind- und Schifbruchs frey. Der/ der vom Kirchen-Raub’ Augu¢ten gab zu eßen/ Hohn’t noch die Gotter aus. Ein ander lach’t vermeßen: Daß ¢ein beladen Schiff mit Eßculapens Barth’ Und Jupiters Gewand/ hat ¢elb¢t gewun¢chte Farth. Subrius Flavius. Hor’t mir dis feige Weib den kurtzen Tod beklagen! Du bi¢t nicht werth gewe¢t das guldne Schwerd zu tragen/ !123r" Die Hauptman¢chafft zu fuhr’n/ nun du dein Leichentuch Mit Thranen fleckicht mach’¢t. Fenius Rufus. Soll’n Sterbende durch Fluch Und Pochen noch mehr Leid auf ihr Ge¢chlechte ziehen?
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Subrius Flavius. Soll’n Sterbende noch viel fur ihren Henckern knien? Vejanus Niger. Fort fort! es i¢t nunmehr hier nicht mehr Zanckens Zeit. Faß’t die Verdammten an.
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Fenius Rufus. Bin ich doch ¢chon bereit; Zum Sterben. Aber/ ach! darf’ ich den Tro¢t noch faßen: Daß man mein Te¢tament wird giltig bleiben laßen! Verbitte/ Niger/ mich beym Kay¢er noch ¢o viel. Vejanus Niger. Stirb/ und ver¢ichre dich: Daß ich’s erbitten wil. Der Meyneyd lag’t den Kopf zu ¢einer Knechte Fußen. Und wir betreten ihn/ den wir vor ehren mußen. Thut nun dem Subrius durch gleichen Tod ¢ein Recht.
473 Eßculapens] Eßculapers B 481 Fort] Fahr CD 484 giltig] gultig CD
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Epicharis
Subrius Flavius. Wil¢tu nicht ¢elber ¢ein des Blutthunds Hencker-Knecht? Vejanus Niger. Man muß die La¢terung verdammten Buben gonnen. Subrius Flavius. Hab’t ihr die Grube nicht geraumer machen konnen? Vejanus Niger. Macht ihr ihm noch nichts recht; nun er gleich uber euch Nichts mehr zu ¢chaffen hat?
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Subrius Flavius. Steht Henckern ¢chon ein Streich Auf Halß und Un¢chuld frey/ ¢o hat ihr ¢trenges Wutten Auf freye Gei¢ter doch kein Haar breit zu gebitten. Vejanus Niger. Erdulde nun behertz’t vom Niger Tod und Schlag. Subrius Flavius. Jch wun¢che: Daß er nicht verzagter ¢chlagen mag.
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Vejanus Niger. Des Meyneyds zehes Gift i¢t un¢chwer zu erkennen/ Weil anderthalber Streich kaum kan die Schlange trennen. !123v"
492 nicht] nicht’ A nicht BCD 496 Gei¢ter] Gei¢tern AB Gei¢ter CD 490 Wil¢tu] Wil¢t du CD 494 Subrius] Suc. B
Die Funffte Abhandlung
Der Schauplatz ¢tellet fur den Kercker.
Nero. Epicharis. Lucanus. Tigillinus. Sabina Poppæa. Scevinus. Quinctianus. Senecio. Natalis. Cervarius Proculus. !Milichus." Soldaten von der Leibwache. Etliche Hencker.
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Nero. J¢t hier der Nattern Hauß/ der Ba¢ili¢ken Ne¢t/ Der Drachen Aufenthalt/ das Sonn und Kay¢er blaßt Mit Gift und Meyneyd an? Jhr ¢olt nun ¢tracks empfinden: Daß Boßheit ¢ich der Straff’ umb¢on¢t muh’t außzuwinden. Sind Hencker/ Flamm’ und Stahl fur die Verdammten dar? Welch herrlich Opfer wird Rom auf das Rach-Altar Der heil’gen Neme¢is durch dis ihr Schand-blutt liefern. Stracks/ Hencker/ nahert euch den gift’gen Ungeziefern Mit Schwefel/ Strang und Mord. Epicharis. Blutt-agel Hund/ Tyrann Ertz-Morder/ Wutterich/ ¢ag’s was fur Kwal noch kan Uns frembd’ und ubrig ¢eyn? nach was dich mehr kan dur¢ten/ Nun uns kein Blutt mehr reg’t? Schaut mir den Kern der Fur¢ten/ Der Kay¢er Außbund an; den bis in Kerckers Nacht Die Mord-Begierde treib’t/ der als ein Sclave wacht Umb der Gefang’nen Band’ und der Verdammten Ketten Nero. Kan¢tu/ vergifter Wurm/ dem ¢chon der Kopf zertretten Der iedes Bein zermalm’t/ der iedes Glied zerflei¢cht/ !124r" Der von der Pein der Gei¢t/ von Glutt das Flei¢ch gekrei¢cht/
vor 501 ! Milichus"] fehlt ABCD (vgl. V. 718) 517 der] dem ABCD (s. Komm.) 516 Kan¢tu] Kan¢t du CD
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Epicharis
Noch von der ¢chwartzen Zung’ auf uns Verlaumbdung ¢chaumen? Laß ¢chau’n: ob kein Gebieß das freche Maul kan zaumen/ Ob ihr kein Brandmal kan Erkantnus drucken ein/ Bekantnus preßen aus! Stracks ¢chraub’t den Kie¢el¢tein Auf Stul und Folterbanck/ bis ¢ie wird Ang¢t-¢chweiß ¢chwitzen/ Bis ihre Beine Marck/ die Adern Blutt auߢpritzen; Bis daß ihr Hertze Gift/ ihr Leib die Seel’ auߢpeit.
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Epicharis. Ver¢ichre/ Blutthund/ dich: Daß deiner Grau¢amkeit/ Die mir nur ¢u¢¢e ¢chmeck’t/ Epicharis wird lachen; Daß meine Un¢chuld nicht dein Fluch zur Schuld kan machen; Die als ein artzten Bild bey Glutt/ Flutt/ Stahl bleibt ¢tehn Das Feilen machen glatt/ Brand glantzend/ Regen ¢chon. So viel der Schaum der Perl/ die Sturme Palmen ¢chaden/ Das Saltz Korallen nimm’t/ die ¢tets in Wellen baden; Der Hammer Diamant’ ein Amboß Gold’ abnutz’t: So viel kan Marter dem/ den ¢ein Gewißen ¢chutzt/ Den Tugend wafnet aus/ den große Thaten kronen Ohnmachtgen Abbruch thun. Laß auch den Pofel hohnen Den/ den der Hencker ¢chimpft/ den Sclav- und Bub’ anbell’n. Der Wahnwitz kan den Glantz der Sternen nicht ver¢tell’n/ Wenn ¢ie die Einfalt ¢chon als Beeren/ Hund/ und Drachen Ans Himmels Abriß mahl’t.
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Tigillinus. Wil¢tu zur Tugend machen/ Du Außwurff der Natur/ du Schaum der Dien¢tbarkeit/ Was Weißheit La¢ter heißt. Die Fur¢ten ¢ind geweiht Zu Gottern die¢er Welt/ fur die die Sternen kampffen; Und dich dunckt’s Heyligthumb ¢o große Sonnen dampfen ! 124v" Fur derer Strahlen dir ¢olt’ Aug und Licht vergehn?
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540 Ans] Aus AB Ans CD 544 dunckt’s] dunck’s A dunckts A(Errata)CD dunckt’s B 521 Erkantnus] Erkantniß CD 522 Bekantnus] Bekantniß CD 540 Wil¢tu] Wil¢t du CD
Die Funffte Abhandlung
Gib’t nicht ein einig Blick des Kay¢ers zu ver¢tehn Des Fur¢ten Maje¢tat/ der Julier Geblutte?
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Epicharis. Jn wie viel Fur¢ten ¢teckt ein knechti¢ches Gemutte? Hof-Heuchler/ Henckers-knecht; Ja tau¢end Sclaven ¢ind Viel edler/ als ihr Herr. Er bleib’ ein Helden-Kind Jch eines Grichen Magd! J¢t mir der Weg ver¢chrencket Zur Tugend: ihm zur Schmach? Die Kraft des Stammes ¢encket Sich in den Propffern ab. Wer Thal und Berg an¢chau’t/ Siht dort mehr Zedern bluh’n/ hier wach¢t kaum Farren-Kraut. Sabina Poppæa. Laß’t uns die Mißgebuhrt die Heßlich¢te der Erden/ Den gar¢t’gen Wurm an¢pein; die Stand/ Ge¢talt/ Gebehrden Verrathen: Daß in ihr nur Schand und Greuel ¢teck’t. Epicharis. Schau’t mir die Sonne ¢tehn/ die nirgends i¢t befleck’t/ Die gar kein Waßer trubt! Solln deiner Schonheit Strahlen Den Schandfleck des Gemutt’s/ der dich ver¢tellt/ ¢chon mahlen? Nein/ ¢icher! Purper-Farb i¢t Roß’ und Mah gemein; Kron’t Di¢teln/ Kraut und Klee: Der Schwantz-Ge¢tirne Schein Sticht rechte Sternen weg/ nichts minder muß man ¢chauen: Daß oft ein Hurenbalg/ wie du bi¢t/ keu¢cher Frauen Ge¢talt und Trieb be¢cham’t. Zu dem/ ¢o glaube fe¢t’: Es ¢ey Epicharis ¢o ¢chon als du gewe¢t/ Eh als der Sorgen-Brand die Blumen ¢o ver¢anget/ Die Hencker ¢ie vertilg’t. Sabina Poppæa. Wie? Daß der Fur¢t enthenget/ Durch Auf¢chub ihres Tod’s: Daß ¢ie des Kay¢ers Ohr So keck verletzen mag? 553 den] der AB den CD
und] uud A und BCD
552 ¢encket] fehlt B 561 Purper-Farb] Purpur-Farb CD
Mah] Mahn CD
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Epicharis
Nero. Die Schlange muß zuvor Jn ihrer Freinde Tod’ ihr herbes Sterben ¢chmecken. ! 125r" Fahr’t fort mit Schraub und Stock mit Stricken ¢ie zu recken; Doch/ wenn die Ohnmacht kommt/ kuhlt ¢ie zu neuer Kwal. Lucan/ dir laßen wir im Sterben noch die Wahl; Daß man des Kay¢ers Gnad’ auch in der Straff erblicke. Lucanus. Wen das Verhangnus preß’t/ dem i¢t ¢olch Tod ein Glucke Die Adern zu zertheil’n reich’t mir ein Meßer her.
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Epicharis. Recht ¢o/ Lucan/ der Tod i¢t Furcht¢amen nur ¢chwer. Behertzte Seelen dunckt’s nur Kurtzweil ¢o zu ¢terben/ Weil ¢olche Schnitte nur uns Haut und Flei¢ch zerkerben/ Den Henckern aber’s Hertz. Ver¢ichre dich: Es beiß’t Dein unverzagter Stoß mehr des Tyrannen Gei¢t Als deiner Glieder Eiß der Wunden Kitzel fuhlet. Lucanus. So i¢t’s Epicharis/ die Tyranney ver¢pielet/ (Weil A¢che keinen Brand/ Stein keinen Schmertz nimmt an/ Der Leib/ der Moder i¢t/ nichts ¢chlechters werden kan/ Was Hencker nit ver¢ehr’n/ doch Faul und Wurmer freßen) Zeit/ Arbeit/ Ko¢ten/ Zeug; wenn ¢ie den Leib wil preßen. Ja un¢re Todten-A¢ch’ ein Schaum der Sterbligkeit/ Der Winde Gauckel¢piel/ wird heylig eingeweih’t/ Mit Narden angenetz’t/ in Helffenbein verwahret/ Wenn Rache/ Feind und Grim aufs ¢chrecklich¢te gebahret Auf un¢re Tugend hat. Dis Blutt mahl’t eine Schrifft/ Die meines Burger-Krieg’s Abbildung ubertrifft;
579 dunckt’s] denckt’s AB dunckts CD 584 Tyranney] Tyrannen A Tyranney A(Errata)BCD 571 Freinde] Freunde BCD 576 Verhangnus] Verhangniß CD 587 nit] nicht BCD
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Ja die in Sand und Staub ver¢pritzte Purper-Tinte Wird/ wenn Euterpe nicht auf mein Gedachtnus ¢inn’te/ Jn’s Buch der Ewigkeit doch ¢chreiben den Lucan. Jch ¢terb’! und ¢eh’ itzt gleich des Kriegs-Knecht’s Bildnus an/ Den meine Feder hat ¢o-¢terbend abgerißen. Der Adern Brunn muht ¢ich des Lebens-Oel zu gißen Durch hundert Rohren aus; die Seele macht ¢ich frey Und reißt der Sinnen Band/ der Glieder Joch entzwey/ Der Leib wird Eiß/ und auf der Zung’ er¢tirbt das letzte Wort. Epicharis. thut dir’s/ Blutthund weh? Daß der kein Auge netzte/ Ja ohne Zucken ¢tarb: und dir traum’t/ leider/ ¢chon: Tyrannen verge¢ell’t auf/ in/ und von dem Thron’ ! 125v" Ang¢t/ Zittern/ Marter/ Furcht/ ja in der Todten-Holen Plag’t ander’ ihr Ge¢pen¢t/ die Teufel ihre Seelen; Die mehr als Furien im Leben ¢ind gewe¢t. Tigillinus. Ein Molch ¢peit’s Gift vor weg/ eh’ er den Gei¢t außblaßt So mein’t auch die¢er Wurm ge¢chwinder zu erkalten/ Weil er nichts giftiges im Hertzen wil behalten. Nero. Nein! Wo ihr Fluch den Tod ¢ol fordern/ irr’t ihr Wahn. Sie ¢ol durch Augen¢chmertz zu ¢terben fangen an. Daß dem Senecio der Kopf werd’ abge¢chlagen. Senecio. Was nicht zu endern i¢t muß man behertz’t ertragen. Wie aber heb’t der Fur¢t dis/ was er uns ver¢prach/ Der Straffen Nachlaß auf? 598 Bildnus] Bilduus A Bildnus B Bildniß CD 607 Ang¢t] Aug¢t A Ang¢t BCD 595 Purper-Tinte] Purpur-Tinte BCD 596 Gedachtnus] Gedachtniß CD 607 der Todten-Holen] den Toden-Holen BCD
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Epicharis
Tigillinus. Kein Fur¢t kan laßen nach Das Urthel/ das Ge¢atz’ und Recht auf La¢ter ¢prechen.
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Scevinus. Der ¢elb¢t Ge¢atze macht und ¢agt: Dis i¢t verbrechen Dis Tugend/ hat Gewalt/ zu ¢traffen/ wenn er wil. Tigillinus. Ja/ eh’ als dis und das zu ¢atzen ihm gefiel. Senecio. Auch nach ge¢atztem Recht’ i¢t ihm kein Arm gebunden. Tigillinus. So ¢ind die Rechte nur zum Gauckel¢piel erfunden.
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Scevinus. Was Richtern i¢t ver¢chrenck’t/ i¢t Kay¢ern doch erlaub’t. Tigillinus. Sie ¢ind ein Glied der Stadt. Senecio. Doch auch der Burger Haupt. Tigillinus. Ein Wei¢er ¢ol die Schuld auch ¢chuldig bleiben laßen. Scevinus. Genade darf nicht bald der Boßheit Schutz¢chwerd faßen: Tigillinus. Wer Unkraut nicht reißt aus/ von dem wird’s ¢elb¢t gebaut.
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Senecio. Viel Baume wachßen mehr/ je mehr man ¢ie behau’t.
627 ¢chuldig] ¢chuldg A ¢chuldig BCD
Die Funffte Abhandlung
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So pfleg’t ein Fur¢t ihm mei¢t mehr Feind¢chaft nur zu ¢amen Durch viel ver¢pritztes Blutt. Ein Kay¢er muß ¢ich ¢chamen Nichts minder als ein Artzt/ dem man viel Schnitt’ und Brand Und Leichen zehlet nach. Mehr als erbarmlich Stand! Wo/ daß man uns nicht wurg’t/ man muß ¢o viel erwurgen! ! 126r" Tigillinus. Der Ertzt-Verrather Kopf’ auf Pfalen ¢ind die Burgen Fur großer Fur¢ten Heil; Erblaßter Mißethat Ein recht Medu¢en-Haupt; Das Kraft und Wurckung hat/ Der Boßheit ¢chnelle Fau¢t in ¢tarren Stein zu wandeln.
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Epicharis. Der Hund ¢chreib’t Lehren fur/ nach der Tyrannen handeln. Tigillinus. Dis i¢t Verlaumbdungs-Arth. Doch ¢chmeht der Straffe Knecht Den Richter ohne Frucht. Der Minos heißt gerecht/ Und Appius wird viel bey rechten Burgern gelten Wenn den gleich Wucherer/ und jenen Rauber ¢chelten. Von Nerons Gutte wird die Nachwelt ein gantz Buch Durchle¢en. Quinctianus. Das der ¢chrieb/ der endlich Schmach und Fluch Auf dich/ du Blutthund/ warf/ nach dem die ¢chonen Bluthen Der Jugend und ¢ein Fleiß ¢o ¢chandlich mißgeriethen. Sabina Poppæa. Soll’n wir den La¢terern fur Straffe Gnad’ außtheil’n?
650
Tigillinus. Ein Artzt muß Seuch’ und Krebs mit Seg’ und Schwefel heil’n Wei¢t’ er gleich Anfangs Oel und Bal¢ame dem Krancken.
635 nicht] ntcht A nicht BCD 636 ¢ind] find A ¢ind BCD 651 dem] den CD
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Epicharis
Das allgemeine Heil ¢atz’t ¢chon gewiße Schrancken Dem/ was ein Fur¢t ¢ag’t zu/ wo dis kommt in Gefahr Der Fur¢t ¢ich ubereil’t/ i¢t kein Verbindnus dar. Zu dem ¢teht’s Richtern frey/ umb hinter die Verbrechen Zu kommen/ auf den Schein Genade zu ver¢prechen. Quinctianus. Vermaledeyter Rath/ der Galg und Raht zum Port/ Betrug zum Ancker hat! Nero. Macht mit den Hunden fort! Sabina Poppæa. Ein linder Her¢cher heißt dem Volck’ ein alber Gotze.
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Nero. Daß man dem Quinctian zu er¢t das Beil an¢etze. Epicharis. Schau/ was die Heucheley bey Men¢chen-Henckern nutz’t. Quinctianus. Ver¢ichre dich/ das Blutt/ was Quinctian ver¢pritz’t/ Wird in’s Tyrannen Kleid viel ¢chwartzre Flecke machen Als auf das Hencker-Klotz.
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Tigillinus. Jch muß der Thorheit lachen: Daß ein Verdammter wil von Richtern Urthel fall’n Sabina Poppæa. Jtzt wird der todte Hund mehr nicht den Mond’ anbell’n. !126v"
657 Port/] Port. AB Port/ C Port, D 666 Mond’] Mund’ AB Mond CD 654 Verbindnus] Verbindniß CD
Die Funffte Abhandlung
Nero. Laßt dem Senecio nun auch ¢ein Recht ge¢chehen. Epicharis. Ja Recht! Das rechtes Recht verfluchen muß und ¢chmehen.
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Senecio. Ein freyer Gei¢t erblaß’t fur Tod und Hencker nicht. Dis i¢t das einige/ was meinen Gei¢t anficht/ Mein Antlitz ¢chamroth mach’t: Daß ich vermocht zu glauben: Der Blutthund wurde nicht uns Halß und Gutter rauben; Und daß dem Wolfe man noch ¢anffte Pflaumen ¢triech. Epicharis. Senecio/ nun lieb’/ und ruhm’ und ¢chatz’ ich dich.
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Sabina Poppæa. Jtzt nun ¢ein bloßer Kopf die gift’gen Zahne blecket. Epicharis. Ja euers Dreuens lach’t/ und ¢eine Hencker ¢chrecket. Sabina Poppæa. Und dich als Buhlerin liebreitzend lachelt an!
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Epicharis. Wol! reicht das ¢chone Haupt mir/ daß ichs kußen kan; Daß ¢ein wolriechend Blutt mit meinem ¢ich vermi¢che; Daß meine Freuden-Thran’ ihm Koth und Sand abwi¢che; Nero. Reicht’s hin der Ra¢enden zu ¢eh’n/ was Wahnwitz thut. Epicharis. Mein lach¢end Mund erkwickt ¢ich durch ¢o kraftig Blutt. Nero. Wir wolln ¢olch Lab¢al dir bald mehr zu ko¢ten geben Haut den Scevin auch ab. 676 und] uud A und BCD
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Epicharis
Scevinus. Jch halte Leib und Leben Fur wenig¢ten Verlu¢t/ die Baare fur Gewien. Tigillinus. Man wird Meyneydiger dir Baar’ und Gruft entzieh’n. !Scevinus. " Beerdigt mich kein Men¢ch/ wird mich die Zeit begraben Epicharis. Die Sternen aber wird der Gei¢t zur Wohnung haben. Scevinus. J¢t kein bequemer Klotz fur einen Rathsherrn dar?
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Sabina Poppæa. Dem Zartlinge taug nicht/ was andern tauglich war?
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Epicharis. Er wird nicht’s ¢chmertzlicher darumb den Gei¢t außbla¢en. Man ¢tirb’t auf Teppichten nichts linder als auf Ra¢en; Ein Seid’ und Hanffen Strick/ ein guld- und ro¢tern Schwerdt/ Gift in Schmarragd und Thon/ i¢t eines Tittels wehrt/ !127r" Hat eine Wurckungen. Nero. Daß man’s Klotz naher rucke. Epicharis. Daß ¢ein behertztes End’ Epicharis erblicke. Sabina Poppæa. Daß das vergifte Blutt ihr ins Ge¢ichte ¢pritz’. vor 687 !Scevinus."] fehlt A Scev. B Scevin. C Scecin. D 693 Hanffen] Hauffen A Hanffen A(Lemma zu AnmL.)BC Hanffen- D 694 Schmarragd] Schmarrragd A Schmarragd B Schmaragd CD und] uud A und BCD 685 Gewien] Gewinn CD
Die Funffte Abhandlung
Epicharis. Jtzt wandelt Tyranney ¢ich er¢t in Aberwitz. Scevinus. Mein Freind Natal/ hilf mich zum letzten mal entkleiden. Tigillinus. 700
Darzu ¢ind Schergen dar. Scevinus. Sol dis ein Rathsherr leiden! Mich ¢ol ein Scherg’ anruhr’n/ dem Luft und Stadt ver¢chrenck’t. Epicharis. Sey ¢icher: Daß ¢ein Arm dem keinen Fleck anhenck’t/ Jn deßen Bru¢ten glantzt ein Schwanenrein Gewißen. Sabina Poppæa. Habt ¢chwartzen Meyneyd ihr nicht ¢elb¢t ge¢tehen mußen?
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Epicharis. Den Vor¢atz zu vollziehn ein Werck/ das Gottern Lu¢t/ Den Men¢chen Wohlfahrt ¢chaft. Tigillinus. Den Gottern i¢t bewu¢t/ Den Sterblichen bekand des frommen Fur¢ten Gnade. Scevinus. Wol! wiße: Daß ich ihn fur Minos Richt¢tul lade.
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Epicharis. Ver¢ichre dich: Es ¢ol nicht Jahr und Tag vergehn/ Wird ¢ein verzweifelt Gei¢t mit Zittern dir ge¢tehn/ Und fuhl’n! Daß ¢eine Seel’ auch dort noch Hencker finde/ Ob ¢ein Gewißen ¢ie ¢chon itzt in ¢ich empfinde. 706 Men¢chen] Meu¢chen A Men¢chen BCD 699 Freind] Freund BCD
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Epicharis
Tigillinus. Man lach’t ohnmachtgen Dreu’ns/ verdammter Ungeduld. Nero. Cervar/ und dir Natal erlaßen wir die Schuld.
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Natalis. Cervarius. Es muße Gluck und Heil ¢tets un¢ern Kay¢er kronen! Epicharis. Du ¢uch’¢t hierdurch umb¢on¢t die Gotter zu ver¢ohnen! Sabina Poppæa. Schau’t wie die Natter Zucht des Kay¢ers Gutte kranckt ! 127v"
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Nero. Du Milichus ¢ol¢t ¢ein recht Kay¢erlich be¢chenck’t. Daß man ihm/ Tigillin/ zehn tau¢end Pfund außzahle. Hier aber die¢en Wurm auf’s allerlang¢te kwale. Epicharis. Kan¢tu du Blutthund nicht dem Foltern mehr ¢eh’n zu? Er gibt nun ¢elber nach: Daß es ihm weher thu’ Auf Pfal und Folterbanck ¢ehn meine Tugend ¢iegen: Tigillinus. Ja Boßheit/ welche Fluch von aller Welt wird kriegen.
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Epicharis. Ein Weib hat zu Athen: Daß dem Tyrannen ¢ie Nach außgelachter Kwal die Zung’ ins Antlitz ¢pie/ Ein ertzten Ehrenbild im Tempel ihr erworben: So/ wenn Epicharis ¢chon lang¢t wird ¢eyn ge¢torben/
713 Dreu’ns] Dreun’s A Dreuns B Drauns CD 716 ¢uch’¢t] ¢uch¢t’ AB ¢uch¢t CD 721 ¢eh’n] ¢ehn’ A ¢eh’n B ¢ehn CD 725 dem] den CD
Die Funffte Abhandlung
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Wird ¢ich die Nachwelt ihr zu einem Tempel weihn Und ihr Gedachtnus-Bild ein ewig Nahme ¢eyn/ Und wenn man mich und dich wird auf den Schauplatz heben/ Wird Nero nur durch Schmach/ ich durch die Tugend leben. Ja deine Tyranney ¢ol auch noch hier ver¢piel’n/ Die ¢ich noch lange mein’t durch meine Pein zu kuhl’n. Schau aber Blutthund her/ hier in der Folter binden Wird itzt Epicharis des Sterbens Hafen finden. Nero. Verwehr’t es/ ¢ie wil ¢ich erwurgen. Hencker. Sie i¢t fort.
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Nero. Der Meyneyd fall’t in Grund/ der Kay¢er hat den Port/ Die Gotter haben ¢elb¢t den wilden Schwarm zertrennet. Fortan ¢ol Milichus Erhalter ¢eyn genennet. Des Tigillinus Bild ¢etzt fur des Kay¢ers Hauß. Dem Heere theilet Geld/ dem Volcke Weitzen aus. Hinfort ¢ol der April des Nero Monath heißen/ Scevinus Wohnung muß man bis in Grund abreißen; Jn eine Marmel-Seul’ ihr Schelm¢tuck graben ein. Dem Racher Jupitern Scevinens Dolch hier weih’n/ ! 128r" Dahin/ wo er ihn ¢tahl/ dem Heile Tempel bauen/ Auf Ceres Fe¢t’ hinfort mehr Pferde-rennen ¢chauen Der Sonne Gottheit ehr’n/ die uns erfreut entdeck’t/ Was in der ¢chwartzen Nacht vergifter Hertzen ¢teckt. Erkwicket Welt und Rom mit tau¢end Freuden-Zeichen/ Den Gottern opfert Vieh/ der Tyber die¢e Leichen.
737 Verwehr’t] Vewehrt’ A Verwehr’t B Verwehrt CD BCD 747 bauen] baueu A bauen BCD 730 Gedachtnus-Bild] Gedachtniß-Bild CD
erwurgen] erwurgeu A erwurgen
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Epicharis
Anmerckungen. !Die er¢te Abhandlung."
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v. 20. Dort muß man Stadt im Meer’/ hier unter Bergen ¢uchen) Be¢iehe hiervon Mon¢ieur de Bal¢ac au Entretien XXX. aus dem ich die hieher fuhrnemlich dienende Wortte allein anziehe. Les habitans de Medoc en cherchent une (ville) dans un Lac, & une autre, ¢ous des montaignes, &c. Welcher Ge¢talt im 1619. Jahre die Stadt Plurs in Schweitzerland von einem daruber fallenden Berge begraben worden/ gedencket viel noch Lebende. Brachel. Hi¢t. no¢tr. tempor. lib. 1. p. m. 10. 11. v. 22. Man hat die Thurme ¢elb¢t vom Nil nach Rom ver¢atzt.) Die er¢ten zwey Obeli¢cos hat Key¢er Augu¢tus nach Rom gefuhret; Derer einen Konig P¢ammirteus in Egypten zu Heliopolis der Sonnen zu Ehren aufgerichtet/ Augu¢tus zu Rom in Campo Martio/ endlich Bap¢t Sixtus V. den 25. Martii, im Jahr 1589. in Campo Flaminio wieder aufge¢etzet/ und dem heiligen Kreutze gewiedmet. Kircher. Oedip. Ægypt. tom. 3. Syntagm. 3. den andern hat Konig Sothis zu Heliopolis auffgerichtet/ Augu¢tus aber zu Rom in Campo Martio der Sonnen gewiedmet; wie die zu Zeiten Bap¢ts Julii II. an de¢¢en Fuße befindliche In¢cription lehret. !128v" CÆSAR. DIVI J. F. AUGUSTUS. PONTIFEX MAXIMUS IMP. XII. COSS. XI. TRIB. POT. XIV. ÆGYPTO IN POTESTATEM POPULI ROMANI REDACTA, SOLI DONUM DEDIT. Von die¢em Obeli¢co meldet Plin. lib. 36. c. 10. daß Augu¢tus durch den Manilium Mathematicum den Sonnen-Schatten die Tag- und
2 !Die er¢te Abhandlung." ] fehlt ABCD 12 P¢ammirteus] P¢ammirtaus A P¢aumirtens B P¢ammirtens CD P¢ammirteus A(Errata) 25 ROMANI] ROMAMI A ROMANI BCD 27–28 durch den Manilium Mathematicum] den Manilium Mathematicum durch AB durch den Manilium Mathematicum CD 3 7 10
Meer’] Mehr’ B in] im CD 22.] 21. BCD
Anmerckungen zu I
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Anmerckungen !Die er¢te Abhandlung" v. 20. Dort muß man Stadt’ im Meer’/ hier unter Bergen ¢uchen] J.L. Guez de Balzac, Entretiens (Leiden 1659), Entretien 30, S. 316 (es geht hier um untergegangene Städte wie Troja, die es auch in Frankreich gebe): „Die Einwohner des Médoc suchen eine in einem See, eine andere unter Bergen usw.“ – J.A. Brachelius, Historia nostri temporis (Köln 1652), lib. 1, S. 10 f. v. 22. Man hat die Thurme ¢elb¢t vom Nil nach Rom ver¢atzt] A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus, tom. 3 (Rom 1654), syntagma 3 (Obeliscus Flaminius, olim Sennesertaeus), S. 214–256 (die Inschrift des Augustus hier S. 216, aber ohne das J. [= Julii] in der ersten Zeile): „Caesar Augustus, Sohn des vergöttlichten Julius, oberster Staatspriester, zwölfmal als siegreicher Feldherr akklamiert, elffacher Konsul, zum vierzehnten Mal Inhaber der tribunizischen Gewalt, weihte !diesen Obelisken" nach der Überführung Ägyptens in die Herrschaftsgewalt des römischen Volkes dem Sonnengott.“ (Belegt in: Inscriptiones Latinae selectae, ed. Hermannus Dessau, vol. 1. Berlin 1892, S. 25,
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Epicharis
Nachtlangen/ daran kun¢tlich abgebildet habe; Alleine/ es habe ¢chon zu Plinii Zeiten 30. Jahr ¢olche Weis-Uhr nicht eingetroffen. De¢¢en Urtheile nach/ entweder der Sonnen-Lauff/ oder des HimmelsBe¢chaffenheit mu¢¢e verendert/ oder die Erde von ihrem MittelPunct verruckt/ oder auch der Stadt Rom Grund durch Erdbeben verwendet ¢ein mu¢te. Einen noch großern hat Cajus Caligula/ welchen hernach Sixtus V. in Vaticano aufgerichtet/ darvon Sveton. in Vitâ Claudii c. 20. meldet/ einen andern/ welcher itzt Obeli¢cus Salu¢tius, oder Ludovi¢ius hei¢¢et/ Key¢er Claudius, ferner Key¢er Caracalla einen/ welchen Bap¢t Innocentius X. aufgerichtet/ und itzt Obeli¢cus Pamphilius heißt; den allergro¢ten aber Key¢er Con¢tantius nach Rom gefuhret/ welchen Konig Rame¢¢es zu Thebe im Tempel der Sonnen mit 20 000. Men¢chen auffgerichtet gehabt/ und Sixtus V. in Campo Lateranen¢i wieder erhoben. Darvon Kircher. in Oedip. tom. 3. Syntagm. 2. 4. und folgend ausfuhrlich handelt. !129" v. 32. 33. Er hat vergnugt ge¢ungen von Jliums Verderb.) Hoc Incendium Nero ê turri Mæcenatiana pro¢pectans lætusque ´ flammæ, ut ajebat, pulchritudine Ϊ Ilii in illo ¢uo ¢cenico habitu decantavit. Sveton. in Neron. c. 38. Tacit. Annal. 15. c. 39. v. 43. Und durch die Flu¢¢e ¢chwam.) Cloelia. worvon Florus lib. 1. cap. 10. v. 45. Und eine geile Nacht hat die Tarquienier.) Wegen Nothzuchtigung der Lucretia. Flor. lib. 1. c. 7. von dergleichen mehr be¢iehe Hieronymum ¢ub fin. lib. 1. adver¢us Jovianum. v. 57. Weil er die Klauen nur in edlem Blutte wa¢cht.) Des Tyrannen Arth. Tacit. 1. Hi¢t. 2. Nobilitas, opes, omi¢¢i ge¢tique ´ honores pro crimine, & ob virtutes certi¢¢imum exitium. Senec. lib. 2. de Benefic. c. 21. Græcinum Julium C. Cæ¢ar occidit ob hoc unum, quod melior vir erat, quam e¢¢e quenquam Tyranno expediret. De¢¢en Ur¢ache erleutert Salu¢tius Catilin. 7. 2. Regibus enim ¢emper boni, quam mali ¢u¢pectiores ¢unt, ¢emperque ´ his aliena virtus formidolo¢a e¢t.
45 50
ajebat] agebat AB ajebat CD 45.] 44. ABCD
29 46 55
Nachtlangen] Nachtlange CD ¢cenico] ¢cenio B c.] cap. CD
Anmerckungen zu I
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Nr. 91.) – Plinius, Nat. hist. 36,72–73. – Sueton, Vitae Caesarum: Claudius 20,3. – Kircher, a.a.O., syntagma 2 (Obeliscus Ramessaeus sive Lateranensis), S. 161–212; 4 (Obeliscus Sallustius sive Ludovisius), S. 257–270. Über weitere Obelisken und Obelisken-Fragmente berichtet K. in den Syntagmata 5–12 (S. 271–386). v. 32. 33. Er hat vergnugt ge¢ungen von Jliums Verderb] Sueton, Vitae Caesarum: Nero 38,2: „Diese Feuersbrunst beobachtete Nero aus der Ferne vom Turm des Maecenas aus, und erfreut über ‚die Schönheit des Flammenscheins‘, wie er sagte, sang er in seinem berühmten Bühnenkostüm ein Lied von der Eroberung Ilions daher.“ – Tacitus, Annales 15,39,3. v. 43. Und durch die Flu¢¢e ¢chwam] Florus, Epitoma I,4,7–8 (I,10,7–8). v. 45. Und eine geile Nacht hat die Tarquienier] Ebd. I,1,11 (I,7,11). – Hieronymus, Adversus Iovinianum 1,44–46: PL 23,274 ff. v. 57. Weil er die Klauen nur in edlem Blutte wa¢cht] Tacitus, Historiae 1,2,3: „Adel, Reichtum, die Niederlegung und die Wahrnehmung von Ehrenstellen galten als Verbrechen, gute Eigenschaften waren die sicherste Voraussetzung für den Untergang.“ – Seneca, De beneficiis 2,21,5: „Den Graecinus Julius hat C. Caesar (Caligula) aus dem einen Grund getötet, daß er ein besserer Mann war, als jemand sein durfte, der dem Tyrannen von Nutzen sein sollte.“ – Sallust, Coniuratio Catilinae 7,2: „Gute Männer sind den Königen nämlich stets verdächtiger als schlechte, und stets erweckt ihnen fremde Tugend Furcht.“
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Epicharis
v. 58. Und durch der Reichen Gutt.) Be¢iehe hievon Vellejum Paterculum lib. 2. c. 22. in fin. & ibi Thy¢ium. v. 73. 74. Weil er den Tigillin ihm vor ¢iht zihn.) Quem vitâ famaque ´ laudatum per ¢ævitiam Impudicitiamque ´ Tigillinus in animo Principis anteibat. Tac. 15. Ann. c. 50. v. 95. 96. 319. Den Proculus dem Anicet zur See i¢t furgezogen.) Chiliarchus in ea cla¢¢e Volu¢ius Proculus, occidendæ matris Neronis inter Mini¢tros non ex magnitudine ¢celeris evectus, ut rebatur. Tacit. 15. Ann. 51. v. 237. Weil man fur ihre That den Mord-Brand halt.) Son¢t hat Nero die¢en Brand auf die Chri¢ten geleget/ und aufs grau¢am¢te auf ¢ie gewuttet. Tacit. 15. Ann. 44. v. 352. Als er ihm jung¢t hat heimlich Gift ge¢chicket.) Tradidere quidam, venenum Senecæ per Libertum ip¢ius, cui nomen Cleonicus, paratum ju¢¢u Neronis: !130" vitatumque ´ à Senecâ proditione Liberti, ¢eu propriâ formidine, dum per¢implici victu & agre¢tibus pomis ac, ¢i ¢itis admoneret, profluente aqua vitam tolerat. Tac. 15. Ann. 45. v. 375. ¢eqq.) Al¢o be¢chreibet den Pi¢o Tacitus 15. Annal. 48. v. 389. 390. Weil Rom auf die¢en Tag kein ¢trenges Her¢chen.) pluribus probabatur, qui in tantâ vitiorum dulcedine ¢ummum Imperium non re¢trictum nec per¢everum volunt. Tac. 15. Ann. c. 48. in fin. & lib. 1. Hi¢t. 5. haud minus vitia Principum amarent, quam olim virtutes verebantur. v. 402. 403. 527. 528. Fur¢ten Morder ¢ind auch denen von ihnen erhobenen Fur¢ten verhaßt. Principis occi¢i ultor enim e¢t, quisquis ¢ucce¢¢it. Tacit. 1. Hi¢t. 40. Daß Claudius den Cheræa/ welcher den Key¢er Cajus ermordet/ unter dem Vorwand: Er habe auch ihm nachge¢tellt/ todten laßen; erzehlet Xiphilin. lib. 60. p. m. 145. 146. Vitellius die Morder des Galbæ getodtet/ tradito Principibus more munimentum ad præ¢ens, in po¢terum ultionem, lehrt Tac. 1. H. 44.
65 74 81
319.] 314. ABCD proditione] ptoditione A proditione BCD 5.] 4. AB 5. CD olim] olmi A olim A(Errata)BCD
60 67 80 84 86 88
hievon] hiervon CD evectus] provectus CD Tac. 15. Ann. c.] Tacit. 15. Annal. cap. CD Hi¢t.] Hi¢tor. CD lib.] libr. BCD H.] Hi¢t. CD
Hi¢t.] Hi¢tor. BCD
Anmerckungen zu I
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v. 58. Und durch der reichen Gutt] Velleius Paterculus, Historia Romana 2,22,5. Der Kommentar von A. Thysius hierzu: Velleius Paterculus, Cum selectis variorum notis, ed. A. Thysius (Leiden 1653), S. 105 f. v. 73. 74. Weil er den Tigillin ihm vor ¢iht zihn] Tacitus, Annales 15,50,3: „Obwohl dieser ! = Faenius Rufus" wegen seines Lebenswandels und guten Rufes Anerkennung genoß, stand Tigellinus wegen seiner Grausamkeit und Schamlosigkeit im Herzen des Princeps an höherer Stelle.“ v. 95. 96. 319. Den Proculus dem Anicet zur See i¢t furgezogen] Ebd. 15,51,2: „Kommandant in dieser Flotte war Volusius Proculus, einer der Helfer Neros bei der Ermordung seiner Mutter, der nicht der Größe des Verbrechens gemäß befördert worden war, wie er glaubte.“ v. 237. Weil man fur ihre That den Mord-Brand halt] Ebd. 15,44,2–5. v. 352. Als er ihm jung¢t hat heimlich Gift ge¢chicket] Ebd. 15,45,3: „Einige haben berichtet, Seneca sei von seinem Freigelassenen namens Cleonicus auf Befehl Neros Gift bereitet worden, und Seneca sei dem Gift entgangen durch Verrat des Freigelassenen oder dank seiner eigenen Ängstlichkeit, da er mit sehr einfacher Nahrung, mit wildwachsendem Obst und, wenn Durst ihn ankam, mit fließendem Wasser, sein Leben fristete.“ v. 375 seqq.] Ebd. 15,48. v. 389. 390. Weil Rom auf die¢en Tag kein ¢trenges Her¢chen] Ebd. 15,48,3: „Dies fand bei sehr vielen Beifall, die angesichts der so großen Süßigkeit der Laster keine straffe und auch keine sehr strenge oberste Herrschaft haben wollen.“ – Tacitus, Historiae 1,5,2: „! …" die Laster der Fürsten nicht weniger zu lieben, als sie einst ihre Tugenden verehrt hatten.“ v. 402. 403. 527. 528] Ebd. 1,40,2 (in sinngemäßer Zusammenfassung): „Jeder Nachfolger eines getöteten Fürsten ist nämlich dessen Rächer.“ – Cassius Dio, Historia Romana 60,3,4; nach Joannes Xiphilinus, E Dione excerptae historiae, ed. H. Stephanus (Genf 1592), S. 145 f. – Tacitus, Historiae 1,44,2: „! …" nach der bei Fürsten hergebrachten Sitte: zur Absicherung für die Gegenwart, zur Rache im Hinblick auf die Zukunft.“
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Epicharis
v. 404. Der doch ent¢chlo¢¢en war den Purpur abzulegen.) Die¢es berichtet von Augu¢to; Xiphilin. in libr. Dion. 53. p. m. 66. wie wol es nur zum Schein ge¢chehen. Von Caroli V. Ablegung ¢einer Reiche i¢t wurdig zu le¢en Strada de Bello Belgico lib. 1. Die Abdanckung der Konigin Chri¢tina in Schweden hat un¢erer Zeit auch viel Reden und Urtheil verur¢achet. v. 416. Laßt meiner Glieder A¢ch in Rom ja nicht begraben.) Hieher gehoret das denckwurdige Exempel des Philip Strozzi, welcher ¢ich wieder die Herr¢chafft der Mediceer zu Florentz eu¢er¢t ge¢atzt/ und/ als er bey Marone ge¢chlagen und gefangen ward/ umb einem ¢chimpflichen Todt zu entfliehen/ ¢ich ¢elb¢t getodtet/ in ¢einem zuvorhergemachten Te¢tamente aber ¢einen Kindern befohlen hat: Daß ¢ie ¢eine Gebeine zu Florentz nach ¢einem Begrabnuße ausgraben/ und: damit ¢ie in Friede und Freyheit ruhen konten/ nach Venedig !131 " fuhren ¢olten. Ja/ er hat mit dem Dolche/ damit er ¢ich getodtet/ noch die¢en Vers des Virgilii gekratzet: Exoriare aliquis no¢tris ex o¢¢ibus ultor. Die¢es erzehlet M. Bal¢ac. in ¢einem XXXIV. Entretien. im 6. Capitel p. m. 345. ¢eqq. allwo er zugleich meldet: Er habe zu Rom das Original ¢olchen Te¢taments unter des Pompeji Frangipane Schrifften ¢elb¢t ge¢ehen. v. 420. 421. 422. Siht man die Schlangen nicht in Ro¢en ¢terben.) Il Seno delle delitie é feretro alla virtù d’un animo grande; ¢i come la ro¢a é culla alla morte di quel ¢erpe, che privo di piaceri la¢civi, per non haver femine nella ¢ua ¢pecie, collocato era dagli Egittii nelle Statue d’huomini forti & de’ piú in¢igni heroi. Ferrant. Pallavicin. nel libr. 3. di San¢on p. m. 125. v. 431. 432. Die der Tugend Reitz beym Ungeluck empfunden.) Tacit. 1. Hi¢t. 15. Secundæ res acrioribus ¢timulis animos explorant: quia mi¢eriæ tolerantur, felicitate corrumpimur.
100 ¢ie] fie A ¢ie BCD 110 Seno] Sen ABC San D 93 101 106 114
Konigin] Konig B Begrabnuße] Begrabni¢¢e CD ¢einem] ¢einen CD Pallavicin.] P¢allavicin. B
Anmerckungen zu I
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v. 404. Der doch ent¢chlo¢¢en war den Purpur abzulegen] Cassius Dio, Historia Romana 53,3–10; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 402), S. 66 E. – F. Strada, De bello Belgico (Rom 1648), Decas 1, lib. 1, S. 13 ff. v. 416. Laßt meiner Glieder A¢ch in Rom ja nicht begraben] Vergil, Aeneis 4,625: „Erstehe aus unseren Gebeinen, du Rächer, wer du auch seist!“ – J.L. Guez de Balzac, Entretiens (Leiden 1659), Entretien 34, chap. 6, S. 345–347. v. 420. 421. 422. Siht man die Schlangen nicht in Ro¢en ¢terben] F. Pallavicino, Il Sansone (Venedig 1655), libro terzo, S. 125: „Das Herz der Vergnügungen ist der Sarg für die Tugend eines großen Geistes, so wie die Rose die Wiege des Todes für jene Schlange ist, die, frei von unzüchtigen Sinnenfreuden, da es in ihrer Art kein Weibchen gab, von den Ägyptern den Statuen starker Männer und sehr ausgezeichneter Helden beigegeben wurde.“ v. 431. 432. Die der Tugend Reitz beym Ungeluck empfunden] Tacitus, Historiae 1,15,3: „Glückliche Lebensumstände stellen den Charakter mit schärferem Stachel auf die Probe, denn das Elend nimmt man hin, durch Wohlergehen aber werden wir verdorben.“
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Epicharis
v. 434. Als er zum Herr¢chen kam.) Nicht nur Nero/ hat es Anfangs gutt/ und hernach ¢chlimm gemacht; ¢ondern dis i¢t die gemeine Arth: Initia Magi¢tratuum no¢trorum meliora ferme. Tac. 15. Ann. 21. ¢olusque ´ omnium ante ¢e Principum Ve¢pa¢ianus in melius mutatus e¢t. Tac. 1. Hi¢t. 50. v. 436. 437. 438. Wormit der Scorpion.) be¢iehe hiervon des Saavedra LII. Symbolum. v. 446. Artzney/ die das Weh der Kranckheit ubertrifft.) Al¢o redet Seneca l. 5. de benefic. c. 16. Ingratus L. Sylla, qui patriam durioribus remediis, quam pericula erant, ¢anavit. Tac. 3. Ann. 28. Cn. Pompejus corrigendis moribus delectus & gravior remediis, quam delicta erant. Und Florus lib. 3. cap. 23. Expediebat ergò qua¢i ægræ ¢auciæque ´ Reip. requie¢cere quomodocunque, ´ ne vulnera curatione ip¢â re¢cinderentur. v. 449. Und auf des Gaucklers Stul ein Trauer-Sanger ¢teigt.) Die¢e des Subrii Flavii Wortte und An¢chlag hat Tac. 15. Ann. c. 65. ! 132" v. 457. Des Reiches gantzen Leib be¢eelet nur ein Gei¢t.) Magnum Imperii corpus magnâ animandum e¢t mente, multis tuendum e¢t manibus. Famian. Strada. de B. B. dec. 1. v. 459. 482. Es i¢t erleidlicher/ als wenn die Menge wuttet.) Plinius in Panegyr. Libertate di¢cordi ¢ervientibus e¢t utilius, unum e¢¢e, cui ¢erviant. v. 461. J¢t ihr die Ra¢erey der Grachen unbekand.) Florus. l. 3. c. 14. Die¢en giebet Seneca in Con¢ol. ad Marciam c. 16. die¢es Zeugnus: quos, qui bonos viros negaverit, magnos fatebitur. v. 465. Des Burgermei¢ters Kopff gerieth dort auff den Pfal.) Florus l. 3. c. 21. Octavii Con¢ulis caput pro ro¢tris exponitur. Cujus necem præce¢¢it prodigium. Val. Maxim. lib. 1. c. 6. n. 10.
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434.] 433. ABCD 449.] 448. ABCD Die¢en] Die¢em ABCD 6.] 16. ABCD
Marciam] Maiciam A Marciam A(Errata)BCD 16.] 19. ABCD
120 Tac. 15. Ann.] Tacit. 15. Annal. CD 121–122 Tac. 1. Hi¢t.] Tacit. 1. Hi¢tor. BCD 126 c.] cap. CD 127 Tac.] Tacit. BCD Ann.] Annal. CD 132 Tac. 15. Ann.] Tacit. 15. Annal. CD 139 Zeugnus] Zeugniß CD
Anmerckungen zu I
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v. 434. Als er zum Herr¢chen kam] Tacitus, Annales 15,21,4: „Der Anfang der Amtszeit unserer Beamten ist in der Regel positiv.“ – Tacitus, Historiae 1,50,4: „Als einziger von allen Kaisern, die vor ihm waren, hat sich Vespasian zum Besseren hin verändert.“ v. 436. 437. 438. Wormit der Scorpion] D. Saavedra Fajardo, Idea principis christiano-politici (Köln 1650), Symbolum 52 („Mas que en la tierra nocivo“ [„Schädlicher als auf der Erde“]: Inschrift zu einem Emblem auf S. 405, das einen im Sternenhimmel schwebenden Skorpion als Repräsentanten des betreffenden Sternbildes darstellt); die dazugehörigen Ausdeutungen S. 404–413. v. 446. Artzney/ die das Weh der Kranckheit ubertrifft] Seneca, De beneficiis 5,16,3: „Undankbar ist L. Sulla, der die Vaterstadt mit härteren Heilmitteln, als die Gefahren erforderten, kurierte.“ – Tacitus, Annales 3,28,1: „Cn. Pompejus war gewählt worden, um die Sitten zu verbessern, und stellte mit den angewandten Heilmitteln eine größere Belastung dar, als es die Missetaten waren.“ – Florus, Epitoma II,11,4 (III,23,4): „Für den gleichsam kranken und verletzten Staat war es also zuträglich, auf jede erdenkliche Art auszuruhen, damit die Wunden nicht durch die Behandlung selbst wieder aufgerissen wurden.“ v. 449. Und auf des Gaucklers Stul ein Trauer -Sanger ¢teigt] Tacitus, Annales 15,65. v. 457. Des Reiches gantzen Leib be¢eelet nur ein Gei¢t] F. Strada, De bello Belgico (Rom 1648), Decas 1, lib. 1, S. 2: „Der große Leib des Reiches muß von einem großen Geist beseelt, von vielen Händen beschützt werden.“ (Auch zit. in AnmL. zu C V 388.) v. 459. 482. Es i¢t erleidlicher/ als wenn die Menge wuttet] Plinius d.J., Panegyricus 32,2: „Ersprießlicher als eine Freiheit in Zwietracht ist für Dienende das Vorhandensein eines einzigen Mannes, dem sie dienen können.“ v. 461. J¢t ihr die Ra¢erey der Grachen unbekand] Florus, Epitoma II,2 (III,14). – Seneca, Ad Marciam de consolatione 16,3: „Wer sie nicht als gute Männer gelten lassen kann, wird doch zugestehen, daß sie bedeutend sind.“ Dieses Zitat übernommen aus dem Florus-Kommentar von J. Freinsheim: L. Annaeus Florus, Rerum Romanarum editio nova, accurante I. Freinshemio (Straßburg 1636), S. 269. v. 465. Des Burgermei¢ters Kopff gerieth dort auff den Pfal] Florus, Epitoma II,9,14 (III,21,14): „Der Kopf des Konsuls Octavius wird auf der Rednerbühne ausgestellt.“ – Folgendes aus Freinsheims Kommentar (wie zu v. 461: S. 301) zu dieser Stelle: „Dessen Tod ging ein Wunderzeichen voraus.“ – Valerius Maximus, Facta et dicta 1,6,10.
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Epicharis
v. 466. Der Cajus todtete die Raths-Herrn allzumal.) daß er dis vorgehabt/ weil ¢ie ihm nicht gottliche Ehre erzeugt/ lehret Xiphilin. in Caligul. l. 59. p. 139. v. 467. Jhr Blutt ward dort ver¢pritzt auf noch be¢eelter Grabe.) Florus. l. 3. cap. 21. Marius juvenis & Carbo Co¢¢. qua¢i de¢peratâ victoriâ, ne inulti perirent, in antece¢¢um ¢angvine Senatûs ¢ibi parentabant. Vellej. Patercul. lib. 2. cap. 26. ¢chreibts alleine dem Dama¢ippo zu. v. 468. Daß Rom nur einen Nacken habe.) Seneca l. 3. de Irâ c. 19. Et hoc loco re¢pondebitur, magnam rem, ¢i tres Senatores, qua¢i nequam mancipia inter verbera & flammas divi¢it, homo, qui de toto Senatu trucidando cogitabat, qui optabat, ut Populus Rom. unam cervicem haberet, ut ¢celera ¢ua tot locis, & temporibus di¢tincta in unum ictum, & unum diem cogeret. Eben die¢en Wun¢ch: , erzehlet von ihm Xiphil. in lib. 59. Dion. p. m. 134. v. 469. Die blutgen Kopffe ¢ind dort ¢chon¢te Schau-Gericht.) Florus lib. 3. c. 21. Antonii Con¢ularis caput exponitur in Marii ip¢ius men¢is. Vellejus. lib. 2. c. 22. Val. Max. l. 9. c. 2. !133" v. 471. Man ¢chlinget Flammen dort/ als Artzney der Be¢chwerden.) Florus. l. 3. c. 21. Catulus ¢e ignis hau¢tu ludibrio ho¢tium exemit. v. 472. Hier muß der Un¢chuld Flei¢ch ein brennend Nachtlicht werden.) Al¢o hat Nero auf die Chri¢ten gewuttet. Tacit. l. 15. Ann. c. 44. Et pereuntibus addita ludibria, ut ferarum tergis contecti, laniatu !canum " interirent, aut crucibus affixi, aut flammandi, atque ´ ubi defeci¢¢et dies, in u¢um nocturni luminis urerentur. Hierauf zielet Juvenalis: Pone Tigellinum, tædâ lucebis in illâ, quæ ¢tantes ardent, qui fixo gutture fumant.
154 cervicem] cerevicem A cervicem BCD 165–166 !canum"] fehlt ABCD 167 nocturni] uocturni A noctorni B nocturni CD 145 150 151 157 159 160 164
erzeugt] erzeigt CD cap.] c. BCD c.] cap. CD lib.] libr. BCD c.] cap. CD c. 22.] cap. 22. BCD c.] cap. CD
Anmerckungen zu I
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v. 466. Der Cajus todtete die Raths-Herrn allzumal] Cassius Dio, Historia Romana 59,25,5; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 402), S. 139 C. v. 467. Jhr Blutt ward dort ver¢pritzt auf noch be¢eelter Grabe] Florus, Epitoma II,9,20 (III,21,20): „Die Konsuln Marius der Jüngere und Carbo brachten sich, als ob sie an ihrem Sieg verzweifelten, um nicht ungerächt zu sterben, im voraus mit dem Blute des Senats ihr eigenes Totenopfer dar.“ – Velleius Paterculus, Historia Romana 2,26,2. v. 468. Daß Rom nur einen Nacken habe] Seneca, De ira 3,19,2: „Und an dieser Stelle wird man antworten, es sei eine große Sache, wenn ein Mann drei Senatoren wie nichtsnutzige Sklaven unter Schlägen und Flammen zerteilt hat, der darauf sann, den ganzen Senat hinzumetzeln, der wünschte, daß das römische Volk nur einen Nacken haben möge, damit er seine auf so viele Orte und Zeiten verteilten Verbrechen in einen Hieb und einen Tag zusammenbrächte.“ – Cassius Dio, Historia Romana 59,30,1c; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 402), S. 134 A: „Hättet ihr doch nur einen einzigen Nacken!“ v. 469. Die blutgen Kopffe ¢ind dort ¢chon¢te Schau-Gericht] Florus, Epitoma II,9,14 (III,21,14): „Der Kopf des Konsularen Antonius wird auf dem Tisch des Marius selbst ausgestellt.“ – Velleius Paterculus, Historia Romana 2,22,3. – Valerius Maximus, Facta et dicta 9,2,2. v. 471. Man ¢chlinget Flammen dort/ als Artzney der Be¢chwerden] Florus, Epitoma II,9,15 (III,21,15): „Catulus entzog sich dem Hohn seiner Feinde durch Verschlucken von Feuer.“ v. 472. Hier muß der Un¢chuld Flei¢ch ein brennend Nachtlicht werden] Tacitus, Annales 15,44,4: „Und als sie in den Tod gingen, trieb man auch noch Spott mit ihnen: In Felle wilder Tiere gehüllt kamen sie dadurch um, daß Hunde sie zerfleischten, oder dadurch, daß sie ans Kreuz geschlagen oder zum Anzünden hergerichtet und, sobald der Tag zur Neige gegangen war, zum Zwecke nächtlicher Beleuchtung verbrannt wurden.“ – Juvenal, Sat. 1,155–156: „Nimm dir Tigellinus zum Thema, und du wirst in jenem berühmten Fackelkleid leuchten, in dem diejenigen stehend brennen, die an der Kehle gefesselt qualmen.“
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Epicharis
v. 473. Dort wird der Gotter Bild durch heiligs Blutt be¢pritzt.) Flor. 3. c. 21. Merula Flamen Dialis in Capitolio Jovis ip¢ius oculos venarum cruore re¢per¢it. Et Vellej. Paterc. lib. 2. c. 22. v. 474. Wie hier Cajus Pferd das Prie¢terthumb be¢itzt.) daß Cajus ¢ich er¢tlich ¢elb¢t hernach ¢ein Pferd zum Prie¢ter gemacht/ und ihm alle Tage ko¢tliche Vogel geopffert habe/ erzehlet Xiphilin. in Dion. lib. 59. p. m. 142. v. 475. Dort mußen Vater/ Sohn einander todten ¢ehen.) Flor. l. 3. c. 21. Cra¢¢i Pater & Filius in mutuo alter alterius a¢pectu trucidantur. Appian. p. 394. refert. Filium, ne veniret in pote¢tatem per¢equentium, à Patre occi¢um. v. 478. Sol fur dem Cajus nicht Neptunus furcht¢am ¢eyn.) Die¢es/ und daß Cajus Darium und Xerxem, weil er eine viel großere Brucke uber die See gemacht/ verlachet habe/ meldet Xiphilin. lib. 59. p. m. 136. v. 479. Der Prie¢ter A¢che wird in Ve¢tens Glutt begraben.) Florus l. 3. c. 21. Scævola Pontifex Ve¢tales amplexus aras, tantum non eodem igne ¢epelitur. v. 480. Wil Cajus nicht den Mohnd’ hier gar be¢chlaffen haben.) Daß Cajus ¢ich geruhmet: Er be¢chlaffe den Mohnden/ werde von dem Siege gekronet; ¢eye Jupiter, und deßwegen vermi¢che er ¢ich mei¢t mit den Schwe¢tern/ wie auch/ daß er ¢ich oft in die Juno/ !134" Diana/ und Venus verkleidet/ be¢chreibet Xiphilin. in Dion. l. 59. p. m. 140. und pag. 141. meldet er: Es habe Cajus einmal L. Vitellium gefragt: Ob er nicht ge¢ehen/ wie er dem Mohnden beyge¢chlaffen habe? Darauf habe Vitellius zitternde unter ¢ich ge¢ehen/ und ge¢agt: « « « $« ²» . Gotter ¢ehen einander nur. Worzu dienet/ was Tacitus de morib. German. c. 34. meldet: Satius ac reverentius vi¢um de actis Deorum credere, quam ¢cire. 170 wird] ward ABCD wird Text Gotter Bild] Gotter-Bild AB Gotter Bild CD be¢pritzt] be¢prittz A be¢pritzt BCD Flor.] For. A Flor. A(Errata)BCD 171 Merula] Metula A Merula BCD venarum] venarnm A venarum BCD 172 lib. 2.] lib. 3. ABCD 179 per¢equentium] per¢equenrium A per¢equentium BCD 193 «] « AB « CD $«] $« ABCD 171 175 177 178 182 187 189 194
c.] cap. CD lib.] l. BCD c.] cap. CD Cra¢¢i] Cra¢¢ii B See] Seel B mei¢t] fehlt CD 59.] 49. CD Tacitus] Tacit. CD
c.] cap. CD
Anmerckungen zu I
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v. 473. Dort wird der Gotter Bild durch heiligs Blutt be¢pritzt] Florus, Epitoma II,9,16 (III,21,16): „Der Jupiter-Priester Merula bespritzte im Kapitol die Augen Jupiters selbst mit Blut aus seinen Adern.“ – Velleius Paterculus, Historia Romana 2,22,2. v. 474. Wie hier Cajus Pferd das Prie¢terthumb be¢itzt] Cassius Dio, Historia Romana 59,28,6; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 402), S. 142 B/C. v. 475. Dort mußen Vater/ Sohn einander todten ¢ehen] Florus, Epitoma II,9,14 (III,21,14): „Crassus Vater und Sohn werden totgeschlagen, der eine vor den Augen des anderen.“ – „Appianus berichtet auf S. 394, der Sohn sei, um nicht in die Gewalt der Verfolger zu geraten, vom Vater getötet worden.“ Zitat aus dem Florus-Kommentar von Freinsheim (wie zu v. 461), S. 301. – Appianus, Historia Romana, Emph. 1,332. v. 478. Sol fur dem Cajus nicht Neptunus furcht¢am ¢eyn] Cassius Dio, Historia Romana 59,17,11; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 402), S. 136 B. v. 479. Der Prie¢ter A¢che wird in Ve¢tens Glutt begraben] Florus, Epitoma II,9,21 (III,21,21): „Der Pontifex Scaevola wird, während er den Altar der Vesta umschlingt, beinahe in ebendem !Altar-" Feuer begraben.“ v. 480. Wil Cajus nicht den Mohnd’ hier gar be¢chlaffen haben] Cassius Dio, Historia Romana 59,26,5–6; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 402), S. 140. – Ebd. 59,27,6 (S. 141 D), von L. selbst übersetzt. – Tacitus, Germania 34,3: „Man hielt es für besser und ehrfurchtsvoller, an die Werke der Götter zu glauben, als von ihnen zu wissen.“
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Epicharis
v. 487. 488. 489. Als eines Hauptes Heil.) Tac. 1. Ann. 9. non aliud di¢cordantis patriæ remedium fui¢¢e, quam ut ab uno regeretur. v. 494. Auch durch des Pi¢o Hertz.) Daß nach dem Nero auch Pi¢o ermordet/ und Seneca zum Key¢er gemacht werden ¢ollen/ lehret Tac. 15. Ann. 65. v. 504. Jch kan dis nicht/ was ¢chon laufft wider die Ge¢atze.) l. 15. ff. de condit. In¢titut. v. 509. 510. Der Per¢en Satzung hei¢t den Konig bethen an.) Hiervon ¢treitet Miltonius pro Popul. Anglican. c. 5. p. m. 126. 127. v. 511. 512. Wenn es ihr Prie¢ter heißt/ muß er ¢ich ¢elb¢t ermorden.) Milton. alleg. loc. pag. m. 124. Æthiopes Regem à Deo electum ut credunt, qua¢i Deum quendam adorant: quoties tamen eum Sacerdotes damnant, ip¢e mortem ¢ibi con¢ci¢cit. v. 514. Athen hat Thra¢ybuln hierumb ¢o hoch ge¢chatzt.) Be¢iehe hiervon Ciceron. Philipp. 1. und Milton. alleg. loc. p. m. 128. da er meldet: daß der Tyrannen Todter Bildnuße in die Tempel ge¢etzt worden. v. 518. Das Volck zu Argos ¢prach den Kopf Ore¢ten ab.) Milton. d. c. 5. p. m. 130. 131. v. 522. Den Mel und Manlius.) Milton. p. 135. ¢eqq. v. 525. Der Morder Blutt gerieth aufs grimme Rach-Altar.) Sveton. in Jul. Cæ¢ar. c. ult. v. 530. 659. 660. Kein Blutt ¢on¢t i¢t ¢o ¢ehr zu ¢ußen Opfern gutt.) Senec. Herc. furent. ––– ––– Victima haud ulla amplior pote¢t, magisve opima mactari Jovi quam Rex iniqvus. !135"
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487.] 486. ABCD 504.] 564. AB 504. CD 509.] 59. AB 509. CD 518.] 517. ABCD Den] Dem ABCD Den Text opima] optima ABCD iniqvus.] iniqvus AB iniquus. CD
196 488.] fehlt BCD Tac.] Tacit. BCD 204 c.] cap. CD 211 Bildnuße] Bildni¢¢e CD
Anmerckungen zu I
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v. 487. 488. 489. Als eines Hauptes Heil] Tacitus, Annales 1,9,4: „!…" habe es gegen die Zwietracht des Vaterlandes kein anderes Heilmittel gegeben als die Ausübung der Regierung durch einen einzigen Mann.“ v. 494. Auch durch des Pi¢o Hertz] Ebd. 15,65. v. 504. Jch kan dis nicht/ was ¢chon laufft wider die Ge¢atze] Digesta 28,7,15. v. 509. 510. Der Per¢en Satzung hei¢t den Konig bethen an] J. Milton, Pro populo Anglicano defensio (London 1651), cap. 5, S. 170. v. 511. 512. Wenn es ihr Prie¢ter heißt/ muß er ¢ich ¢elb¢t ermorden] Ebd., S. 167: „Die Aethiopier beten ihren von Gott, wie sie glauben, erwählten König gleichsam als einen Gott an. Wenn die Priester ihn aber verdammen, tötet er sich selbst.“ v. 514. Athen hat Thra¢ybuln hierumb ¢o hoch ge¢chatzt] Cicero, Orationes Philippicae 1,1. – J. Milton, Pro populo Anglicano defensio (London 1651), cap. 5, S. 172 f. v. 518. Das Volck zu Argos ¢prach den Kopf Ore¢ten ab] Ebd., S. 175. v. 522. Den Mel und Manlius] Ebd., S. 181 ff. v. 525. Der Morder Blutt gerieth aufs grimme Rach-Altar] Sueton, Vitae Caesarum: Iulius 89. v. 530. 659. 660. Kein Blutt ¢on¢t i¢t ¢o ¢ehr zu ¢ußen Opfern gutt] Seneca, Hercules furens 922–924: „Kein herrlicheres und fetteres Opfertier kann Jupiter geschlachtet werden als ein ungerechter König.“
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Epicharis
v. 531. 557. Man muß die Tyranney wie Hagel/ Mißwachs dulden.) Tac. 4. Hi¢t. 8 memini¢¢e temporum, quibus natus ¢it, bonos Imperatores voto expetere, qualescunque ´ tolerare. & 4. Hi¢t. 74. quomodo ¢terilitatem & nimios imbres, & cætera naturæ mala; ita luxum vel avaritiam dominantium tolerate. v. 535. J¢t Rom freywillig nicht den Key¢ern dien¢tbar worden.) Lege Regiâ §. 6. In¢tit. de Jur. Nat. Gent. v. 537. Das Unrecht ¢elb¢t wird Recht.) Indigna digna habenda ¢unt, Rex quæ facit, Plautus. v. 541. Ein Unterthan erwirbt nur durch Gehohr¢am Ruhm.) Tac. 6. Ann. 8. Tibi ¢ummum rerum Judicium ! dii " dedére: nobis ob¢equii gloria relicta e¢t. v. 546. Der i¢t kein Haupt/ den Leib und Volck nicht haben wil.) Ari¢t. Polit. lib. 5. c. 10. v. 548. Die Wache ¢elb¢t mags Schwerdt aufs Fur¢ten Boßheit ¢pitzen.) Trajanus, alls er dem Suburano den Dolch/ als das Kennzeichen des Præfecti Prætorio reichte/ ¢agte wider ihn: Accipe hunc gladium pro me, ¢i rectè agam, ¢in aliter in me magis; quod moderatorem omnium, vel errare minus fas ¢it. Xiphilin. in Trajan. p. m. 248. v. 550. 551. Gib nach: daß Romulus.) Flor. lib. 1. c. 1. v. 553. Das gegenwert’ge Reich i¢t ¢tets ¢chwer.) µ µ $λ « «. – Thucid. lib. 1. v. 555. Die La¢ter werden ¢eyn/ weil Men¢chen werden Leben.) Vitia erunt donec homines: ¢ed neque ´ hæc continua & meliorum Interventu pen¢antur. Tac. 4. Hi¢t. 74. v. 558. Wol dem/ den eh der Tod/ als ein Tyrann anblickt.) Cicer. 1. de Offic. moriendum potius, quam vultus a¢piciendus Tyranni.
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Ruhm.)] Ruhm. AB Ruhm.) CD !dii"] fehlt ABCD Fur¢ten] Fur¢teu A Fur¢ten BCD gegenwert’ge] gegenwerdge A gegenwert’ge A(Errata)B gegenwartge CD «] « AB « CD
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Tac.] Tacit. CD Hi¢t.] Hi¢tor. BCD Hi¢t.] Hi¢tor. CD 541.] 581. D lib.] l. BCD c.] cap. BCD
Anmerckungen zu I
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v. 531. 557. Man muß die Tyranney wie Hagel/ Mißwachs dulden] Tacitus, Historiae 4,8,2: „Er erinnere sich noch an die Zeit, in der er geboren sei; er wünsche sich im Gebet sehnlich gute Herrscher, doch nehme er sie hin, wie sie auch seien.“ – Ebd. 4,74,2: „Nehmt Verschwendung und Habgier der Herrschenden ebenso hin wie Mißwachs, zu starke Regenfälle und sonstige naturgegebene Übelstände.“ v. 535. J¢t Rom freywillig nicht den Key¢ern dien¢tbar worden] Institutiones 1,2,6. v. 537. Das Unrecht ¢elb¢t wird Recht] Plautus, Captivi 200 (hier aber „erus“ statt „rex“): „Schändliche Taten, die ein König !bzw. Herr" begeht, haben als anständig zu gelten.“ v. 541. Ein Unterthan erwirbt nur durch Gehohr¢am Ruhm] Tacitus, Annales 6,8,4: „Dir haben die Götter die höchste Entscheidung anheimgegeben; uns ist nur die Ehre des Gehorsams übrig geblieben.“ v. 546. Der i¢t kein Haupt/ den Leib und Volck nicht haben wil] Aristoteles, Politica 5,10 (1313a 14–15). v. 548. Die Wache ¢elb¢t mags Schwerdt aufs Fur¢ten Boßheit ¢pitzen] Der Ausspruch Trajans (zit. auch in AnmL. zu A I 230) nach Aurelius Victor, Liber de Caesaribus 13,9: „Empfange dieses Schwert zum Gebrauch für mich, wenn ich recht handle; wenn jedoch nicht, dann eher gegen mich, weil bei einem Gebieter über alle selbst ein Irrtum kaum erlaubt ist.“ – Dieselbe Anekdote etwas kürzer bei Cassius Dio, Historia Romana 68,16,12; hier nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 402), S. 248 D. v. 550. 551. Gib nach: daß Romulus] Florus, Epitoma I,1,16–18. v. 553. Das gegenwert’ge Reich i¢t ¢tets ¢chwer] Thukydides, De bello Peloponnesiaco 1,77,5: „Die gegenwärtige Herrschaft ist für die Untertanen stets schwer.“ v. 555. Die La¢ter werden ¢eyn/ weil Men¢chen werden Leben] Tacitus, Historiae 4,74,2: „Laster wird es geben, solange es Menschen geben wird; sie dauern aber nicht ohne Unterbrechung, sondern werden aufgewogen durch das Eintreten besserer Zwischenperioden.“ v. 558. Wol dem/ den eh der Tod/ als ein Tyrann anblickt] Cicero, De officiis 1,112: „! Cato d. J. " mußte den Tod dem Anblick der Miene des Tyrannen != Caesar" vorziehen.“
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v. 561. Der Herr¢cher Grim wird mehr durch Widerwill’n erregt.) Tac. 16. Ann. Contumaciâ Inferiorum lenitatem Imperitantis deminui. & lib. 4. Hi¢t. ne contumaciam cum pernicie, ! quam" ob¢equium cum ¢ecuritate mali ! ti "s. ! 136" v. 563. Die Unmuth ¢chwellt die Schmertzen.) Ege¢ippus lib. 2. cap. 9. Nihil tàm exa¢perat fervorem vulneris, quàm ferendi Impatientia. In ip¢is agre¢tibus feris arcti¢¢ima vincula, ¢i ¢e excitent, imprimuntur, ¢i quie¢cant, relaxantur. v. 569. Ein Schutz-Schild dient hier mehr.) Liv. lib. 3. Scutum tibi magis, quàm gladium, commendo. v. 580. 581. 582. 583. Wie/ daß du nur nicht wil¢t den Pi¢o fur dich la¢¢en.) Was Natal mit dem Seneca gehandelt/ be¢chreibt Tac. 15. Ann. c. 60. v. 590. Weil ich nicht weg darf ziehn.) Ferebatur Seneca, quo Invidiam ¢acrilegii à ¢e averteret, longinqui ruris ¢ece¢¢um oravi¢¢e: & po¢tquam non concedebatur, fictâ valetudine qua¢i æger nervis, cubiculum non egre¢¢us. Tac. 15. Ann. 45. v. 597. Diß machet Freinde nicht/ ver¢ohnt auch keinen Feind.) be¢iehe den Saavedra Symbol. 95. v. 614. 615. Daß iedes edle Weib/ die ¢chon i¢t/ ¢ich muß feil im HurenHau¢e machen.) Tac. 15. Ann. c. 37. v. 616. Daß er ein Weib ¢ein wil.) Und in Weiber-Kleidern ¢ich einem Buben Pythagoræ vermahlen laßen. Be¢chreibet Tac. 15. Ann. 37.
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!quam"] fehlt ABCD mali!ti"s] malis ABCD ¢i quie¢cant] fi quie¢cat A ¢i quie¢cant BCD 569.] 568. ABCD Schutz-Schild] Schutz-Schwerd AB Schutz-Schwerdt CD Schutz-Schild Text 259 581.582.583.] 481.482.483. A 481.483. B 581.583. CD 266 Freinde] Feinde AB Freunde CD Freinde Text 270–274 Die Einträge zu den beiden Lemmata in ABCD in falscher Reihenfolge
249–250 Tac. 16. Ann.] Tacit. 16. Annal. BCD 250–251 lib. 4. Hi¢t.] libr. 4. Hi¢tor. BCD 257 Liv.] Lips. BCD 265 Tac. 15. Ann.] Tacit. 15. Annal. CD 267 95.] 85. BCD 269 Tac.] Tacit. CD 270 einem] einen CD 271 Tac.] Tacit. CD
Anmerckungen zu I
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v. 561. Der Herr¢cher Grim wird mehr durch Widerwill’n erregt] Tacitus, Annales 16,28,1: „Infolge der Halsstarrigkeit der Untertanen nehme die Milde des Herrschers ab.“ – Tacitus, Historiae 4,74,4: „!…" daß ihr nicht einer von Verderben begleiteten Halsstarrigkeit den Vorzug gebt vor einem mit Sicherheit verbundenen Gehorsam.“ v. 563. Die Unmuth ¢chwellt die Schmertzen] Hegesippus, Historia 2,9,1 (ed. V. Ussani, Wien 1960, S. 147, Z. 12–15): „Nichts wühlt die Heftigkeit des Wundschmerzes derart auf wie die Ungeduld, ihn zu ertragen. Selbst bei wilden Tieren schneiden, wenn sie sich erregen, sehr enge Fesseln ins Fleisch; wenn sie sich ruhig verhalten, lockern sie sich.“ v. 569. Ein Schutz-Schild dient hier mehr] Livius 3,53,8 (hier nur in sinngemäßer Wiedergabe!): „Ich empfehle dir eher den Schild als das Schwert.“ v. 580. 581. 582. 583. Wie/ daß du nur nicht wil¢t den Pi¢o fur dich la¢¢en] Tacitus, Annales 15,60,3. v. 590. Weil ich nicht weg darf ziehn] Ebd. 15,45,3: „Man sagte, daß Seneca, um den üblen Vorwurf des Tempelraubs von sich abzuwenden, um die Erlaubnis gebeten habe, sich auf ein weit entferntes Landgut zurückziehen zu dürfen; und als ihm dies verweigert wurde, habe er, eine Krankheit vortäuschend, so als leide er an einer Neuralgie, sein Schlafgemach nicht verlassen.“ v. 597. Diß machet Freinde nicht/ ver¢ohnt auch keinen Feind] D. Saavedra Fajardo, Idea principis christiano-politici (Köln 1650), Symbolum 95 (sic! Korrektur zu „85“ im Errataverzeichnis ist irrig): „Neutri adhaerendum“ („Man darf weder dieser noch jener Seite anhängen“). Der Deutungstext hierzu (S. 735–745) empfiehlt indessen anhand aktueller politischer Beispiele gerade das Gegenteil, nämlich: „Neutralitas nec amicos parit nec placat hostes“ („Neutralität erzeugt weder Freunde noch versöhnt sie Feinde“) – so die Inhaltsangabe zu diesem Kapitel in dem dem Werk vorangestellten Register (‚Symbolorum elenchus‘), mit der L.s Verwendung dieser Quelle übereinstimmt. v. 614. 615. Daß iedes edle Weib/ die ¢chon i¢t/ ¢ich muß feil im HurenHau¢e machen] Tacitus, Annales 15,37,3. v. 616. Daß er ein Weib ¢ein wil] Ebd. 15,37,4.
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v. 616. Daß er Bagradas Drachen.) Der Fluß in Africa/ bey welchem Attilius Regulus einen/ hundert und zwantzig Schuh lang getodtet. Plin. lib. 8. c. 14. Gellius. lib. 6. c. 3. v. 633. Greift mit geharn¢chter Hand den feigen Jgel an.) Be¢iehe des Saavedra. Symb. 59. v. 645. ¢eqq. So lade Pi¢o ihn.) Die¢en An¢chlag hat Pi¢o abge¢chlagen/ invidiam prætendens, ¢i ¢acra men¢æ, Diique ´ ho¢pitales cæde qualiscunque ´ Principis cruentarentur. Tacit. 15. Ann. c. 52. Die¢es aber nennet For¢tner. ad h. l. p. m. 295. intempe¢tam Religionem. Si Neronem occidi fas erat, ubique ´ occidi poterat. Param Armeniæ Regem Valens Imp. & Alberti Fridlandii ¢ocios commilitones Scoti, ¢pontè an ju¢¢u? in Convivio obtruncarunt. ! 137" v. 668. Man fall ihn an/ wenn er durch Knechti¢che Gebehrden.) Tac. 15. Ann. 50. v. 675. Den er wil/ neb¢t der Gedichte Ruhm/ verachtlich unterdrukken.) Lucanum accendebat, quod famam Carminum ejus premebat Nero. Tac. 15. Ann. 49. Eine die¢em zu wider lauffende In¢cription hat Lip¢ius ad h. l. Taciti. M. ANNÆO LUCANO CORDUBENSI POETÆ BENEFICIO NERONIS FAMA SERVATA. v. 680. Weil Wach’ und Pofel ¢tets den Schauplatz rings umbringen.) Tac. 16. Ann. 5. v. 711. ¢eqq. Daß Rom ¢o denn der Ceres Fe¢t begehet.) Die¢es war der letzte Schluß/ den Nero anzugreiffen/ welchen be¢chreibet Tac. 15. Ann. 53.
272 Bagradas] Bagrades ABCD Bagradas Text 294 680.] 679. ABCD 296 711.] 710. ABCD 273 279 288 294
Attilius] Attilus BCD Ann. c.] Annal. cap. CD Tac.] Tacit. CD umbringen] umringen D
Anmerckungen zu I
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v. 616. Daß er Bagradas Drachen] Plinius, Nat. hist. 8,37. – A. Gellius, Noctes Atticae 7(6),3. v. 633. Greift mit geharn¢chter Hand den feigen Jgel an] D. Saavedra Fajardo, Idea principis christiano-politici (Köln 1650), Symbolum 59 („Col senno e con la mano“: das diese Inschrift tragende Emblem auf S. 469 stellt eine gepanzerte Hand dar, die einen Igel ergreift); Ausdeutung hierzu S. 468–488. v. 645 seqq. So lade Pi¢o ihn] Tacitus, Annales 15,52,1: „! …" mit dem Vorwand, sein Ruf könne Schaden nehmen, wenn die Heiligkeit des Tisches und die Götter, die die Gastfreundschaft schützten, durch den Mord an einem wie auch immer gearteten Princeps mit Blut besudelt würden.“ – C. Forstnerus, In tres postremos libros Annalium C. Cornelii Taciti notae politicae (Frankfurt 1661), S. 295: „Eine Besorgnis zur Unzeit. Wenn die Tötung Neros rechtens war, hätte er überall getötet werden können. Bei einem Gastmahl hat Kaiser Valens den armenischen König Para, haben die schottischen Waffenbrüder die Gefährten Albrechts von Friedland (freiwillig oder auf Befehl?) abgeschlachtet.“ v. 668. Man fall ihn an/ wenn er durch Knechti¢che Gebehrden] Tacitus, Annales 15,50,4. v. 675. Den er wil/ neb¢t der Gedichte Ruhm/ verachtlich unterdrucken] Ebd. 15,49,3: „Lukan war aufgebracht, weil Nero den Ruhm seiner Dichtungen unterdrückte.“ – Tacitus, Opera quae exstant, ed. J. Lipsius (Antwerpen 1600): Liber commentarius (mit eig. Titelbl. u. eig. Pagin. dem Textteil folgend), S. 232, Anm. 98: „Für M. Annaeus Lucanus, den Dichter aus Cordoba. Durch Neros Gunst lebt sein Ruhm fort.“ (Gefälschte Inschrift aus Rom, 14. Jh.; s. Corpus Inscriptionum Latinarum, vol. 6, pars 5. Berlin 1885, Nr. 6*.) v. 680. Weil Wach’ und Pofel ¢tets den Schauplatz rings umbringen] Tacitus, Annales 16,5. v. 711 seqq. Daß Rom ¢o denn der Ceres Fe¢t begehet] Ebd. 15,53,1–2.
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v. 738. Die Hirn¢chal un¢er Kelch und Trinck-Ge¢chirre ¢eyn.) Florus lib. 3. c. 4. litare Diis ¢angvinem humanum bibere in o¢¢ibus capitum. Und Livius. lib. 23. Boji purgato capite Po¢thumii, ut mos iis e¢t, calicem !recte: calvam " auro cælavere, idque ´ ¢acrum vas iis erat, quo ¢olennibus libarent, poculumque ´ idem Sacerdoti e¢¢e, ac templi anti¢titibus. Silius. 13. 481. At Celtæ vacui capitis circumdare gaudent o¢¢a auro, & men¢is ea pocula ¢ervant. Gellius. lib. 30. apud Pri¢cianum lib. 7. Calvariæque ´ ejus ip¢um o¢¢um expurgaverunt inauraveruntque. ´ Ein gleichmaßig Exempel erzehlt aus dem Sigonio For¢tner. in l. 15. Ann. Tac. c. 49. p. m. 285. quod Alboinus primus in Italia Longobardorum Rex Rosmundam conjugem ex cranio patris à ¢e occi¢i, bibere ju¢¢it. v. 744. Der muß Cry¢tall und Wein mit ¢einem Blutte farben.) Von die¢er Arth die Bindnuße zu be¢tetigen/ und der Vereinigten Blutt in Weine einander zu zutrincken/ i¢t ein Exempel des Catilina beym Floro. lib. 4. c. 1. Mehr erzehlet Lip¢ius ad lib. 12. Ann. Taciti n. 110. p. m. 170. 171. welchen beyzu¢etzen Solinus. cap. 25. de !138" Scythis. Hau¢tu mutui Sangvinis fœdus ¢anciunt, non ¢uo tantum more, ¢ed Medorum quoque ´ u¢itata di¢ciplina. Und Saxo Grammaticus. Hi¢tor. Danic. lib. 1. p. 11. Spoliatum nutrice Hadingum grandævus fortè quidam altero orbus oculo ¢olitarium mi¢eratus Li¢ero cuidam piratæ, ¢olemni pactionis jure conciliat. Si quidem icturi fœdus veteres, ve¢tigia ¢ua mutui ¢angvinis a¢per¢ione perfundere con¢veverant, amicitiarum pignus alterni cruoris commercio firmaturi. Eine andere Arth erzehlet Plut. Poplicola c. 6. de Brutis Aquiliis & Vitelliis. Omnibus vi¢um e¢t, hominis jugulati ¢angvine libato & vi¢ceribus tactis magnum, & dirum jus jurandum concipere. Hieher gehoret was Famian. Strad. lib. 5. de Bell. Belg. p. m. 189. Von der Niederlander Bindnuße berichtet: Tum univer¢i ¢umtis majoribus poculis, Gheu¢io nomini ¢alutique ´ fau¢tè, ac feliciter comprecati, Vivant Gheu¢ii, plau¢u ingenti ¢trepituque ´ conclamare. Denique ´ Brederodius ¢ub finem Convivii, mantica ad collum more emendicantium ¢u¢pen¢a, ligneoque ´ poculo vini pleno manu elato, convivis ¢imul omnibus propinat, &c. 301 303 309 327
calicem !recte: calvam"] calicem ABCD capitis] apitis A capitis A(Errata)BCD Wein] Weiu A Wein BCD collum] colum ABCD
299 c.] cap. CD 307 c.] cap. CD 309–310 die¢er] die¢es B 310 Bindnuße] Bundni¢¢e CD 320 c.] cap. CD 324 Bindnuße] Bundni¢¢e CD 328 propinat, &c.] propinat, &c. Horn. A.N. p. 470. BCD
Anmerckungen zu I
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v. 738. Die Hirn¢chal un¢er Kelch und Trinck-Ge¢chirre ¢eyn] Florus, Epitoma I,39,2 (III,4,2): „!…" den Göttern Menschenblut als Opfer darzubringen, aus Hirnschädeln zu trinken !…"“ Die folgenden Parallelstellen (außer Forstnerus) stammen aus dem Florus-Kommentar von Freinsheim (wie zu v. 461), S. 223 (hier auch die wohl auf einem Druckfehler beruhende falsche Lesart „calicem“ in dem folgenden Livius-Zitat) – Livius 23,24,12: „Nachdem die Bojer den Kopf des Postumius gesäubert hatten, verzierten sie, wie es bei ihnen Brauch ist, die Hirnschale mit Gold, und diese diente ihnen als heiliges Gefäß, mit dem sie bei Opferfeiern opferten, auch als Trinkschale für den Priester und die Tempelvorsteher.“ – Silius Italicus, Punica 13,482–483: „Die Kelten aber lieben es, die Knochen eines leeren Schädels in Gold einzufassen, und bewahren sie als Becher für Mahlzeiten auf.“ – Priscianus, Institutiones grammaticae 7,37: „Gellius, Buch 30: ‚Den Knochen seiner Hirnschale selbst säuberten und vergoldeten sie.‘“ Es handelt sich hier um ein Zitat aus den nur in Fragmenten überlieferten ‚Annales‘ des römischen Historikers Gnaeus Gellius (2. Jh. v. Chr.): Historicorum Romanorum reliquiae, rec. H. Peter, vol. 1 (Stuttgart 1967), S. 155, frg. 26. – C. Forstnerus (wie zu v. 645), S. 285: „! …" daß Alboin, der erste Langobardenkönig in Italien, seiner Frau Rosimunde befohlen hat, aus der Hirnschale ihres von ihm getöteten Vaters zu trinken.“ – Forstners Quelle: C. Sigonius, Historiarum de regno Italiae libri viginti (Hanau 1613), S. 8 f. v. 744. Der muß Cry¢tall und Wein mit ¢einem Blutte farben] Florus, Epitoma II,12,4 (IV,1,4). Die folgenden Belege (ausgenommen Strada) sämtlich dem Florus-Kommentar von Freinsheim (wie zu v. 461), S. 315 f., entnommen. – Tacitus, Opera, ed. Lipsius (wie zu v. 675), S. 170 f., Anm. 110. – Solinus, Collectanea rerum memorabilium 15,15–16: „(Von den Skythen:) Bündnisse besiegeln sie durch wechselweitiges Trinken von Blut. Dies ist nicht nur bei ihnen Sitte, sondern auch bei den Medern ist dieser Brauch im Schwange.“ – Saxo Grammaticus, Historia Danica (Frankfurt a.M. 1576), lib. 1, S. 11: „Als Hading seiner Pflegemutter beraubt war, erbarmte sich des Vereinsamten zufällig ein hochbetagter Mann, dem ein Auge fehlte, und verband ihn durch einen feierlichen Bündnisvertrag mit Liser, einem Seeräuber. Die Alten hatten ja, wenn sie sich anschickten, ein Bündnis zu schließen, die Gewohnheit, ihre Fußspuren mit Spritzern von Blut beider Seiten zu benetzen, um das Unterpfand der Freundschaftsbündnisse durch den gegenseitigen Austausch von Blut zu bekräftigen.“ – Plutarch, Vitae parallelae: Poplicola (Publicola) 4: „(Von den
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v. 757. Ein Sack mag ¢eyn ¢ein Sarch.) Infamis Parricidarum Culeus. l. un. C. de his, qui parent. vel Liberos. v. 783. 784. 785. 786. Man wirfft ins Rath-Haus Leichen.) Die¢e Wunder-Zeichen alle erzehlet Tacitus. 15. Annal. 47.
Die andere Abhandlung. 335
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v. 32. 33. Zu ¢eines Adels Glantze.) Ro¢in. de Antiquit. Roman. lib. 5. c. 37. p. m. 954. v. 44. Des Cyrus Uhr¢prung glantzt auch in der Hirten-Hole.) Ju¢tin. lib. 1. v. 70. 71. Weiß gleich Egypten nicht des Nilus Mohnden-Kwall.) Von dem Uhr¢prung die¢es großen Flußes i¢t iederzeit großer Streit ge!139"we¢t: Wie aber die¢en allerer¢t den 21. April. im 1618. Jahre neb¢t dem Konige der Abyßiner/ ein Je¢uit/ Nahmens Petrus Pais ! recte: Paez", wahrhaftig erkundigt/ be¢chreibet ausfuhrlich Kircherus. in Oedip. Ægypt. tom. 1. Syntagm. 1. c. 7. v. 121. Boudicea fuhrt der Britten Heers-Krafft an.) Von der Tapfferkeit die¢es Britanni¢chen Weibes ¢chreibet Tac. 14. Ann. c. 35. Noch ausfuhrlicher aber Xiphilin. in Neron. p. m. 169. ¢eqq. welcher ¢ie Bunduica nennet. v. 144. Der Dunckel un¢er Starcke.) quo plus virium ac roboris, è fiducia tarditas inerat. Tac. 2. Hi¢t. 11. & ubi vires re¢pexerant, ¢ecuritate. 1. Hi¢t. 51. v. 147. Nicht Knecht¢chen Auf¢chub blicken.) Barbaris cunctatio ¢ervilis: ¢tatim exequi, Regium videtur. Tac. 6. Ann. 32. v. 150. Der nicht gelobt ¢ein kan/ als nach vollbrachter That.) Nullus cunctationi locus e¢t in eo con¢ilio, quod non pote¢t laudari, ni¢i peractum. Tac. 1. Hi¢t. 38. 336 Ju¢tin.] Ju¢tit. AB Ju¢tin. CD 341–342 Pais !recte: Paez"] Paris A Palis BCD 342 erkundigt] ekundigt A erkundigt BCD 344 Heers-Krafft] Herrs-Krafft AB Heers-Krafft CD 329 332 333 343 345 351 354
Sarch] Sarck CD Tacitus.] Tacit. BCD andere] dritte D c.] cap. BCD Tac. 14. Ann.] Tacit. 14. Annal. CD Tac. 6. Ann.] Tacit. 6. Annal. CD Tac.] Tacit. CD
Anmerckungen zu II
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Söhnen des Brutus sowie den Aquiliern und Vitelliern:) Allen schien es richtig, einen großen und schrecklichen Eid zu schwören, nachdem sie das Blut eines getöteten Menschen als Opfergabe ausgegossen und seine Eingeweide berührt hatten.“ L. zitiert aus der lateinischen Übersetzung von Hermann Cruserius: Plutarch, Quae exstant omnia (Frankfurt 1599), vol. 1, S. 98b. – F. Strada, De bello Belgico (Rom 1648), Decas 1, lib. 5, S. 187: „Dann griffen alle zu ziemlich großen Bechern, wünschten dem Namen und dem Wohlergehen der Geusen Glück und Segen und riefen laut unter gewaltigem Beifall und unter Lärmen: ‚Die Geusen sollen leben!‘ Darauf, gegen Ende des Gastmahls, trank Brederorius allen Tischgenossen gleichzeitig zu, nach Bettlerart einen Mantelsack um den Hals gehängt und einen hölzernen Becher voll mit Wein in der erhobenen Hand usw.“ v. 757. Ein Sack mag ¢eyn ¢ein Sarch] „Der schmachvolle Sack der Elternmörder.“ Bezugnahme auf Codex 9,17,1. v. 783. 784. 785. 786. Man wirfft ins Rath-Haus Leichen] Tacitus, Annales 15,47,1.
Die andere Abhandlung v. 32. 33. Zu ¢eines Adels Glantze] J. Rosinus, Antiquitates Romanae (Köln 1619), lib. 5, cap. 37, Sp. 954. v. 44. Des Cyrus Uhr¢prung glantzt auch in der Hirten-Hole] Justinus, Epitoma 1,5,1–3. v. 70. 71. Weiß gleich Egypten nicht des Nilus Mohnden-Kwall] A. Kircher, Oedipus Aegyptiacus, tom. 1 (Rom 1652), syntagma 1, cap. 7 (De origine et causis incrementi Nili), S. 57–59. v. 121. Boudicea fuhrt der Britten Heers-Krafft an] Tacitus, Annales 14,31.35.37. – Cassius Dio, Historia Romana 62,2–8.12; nach Joannes Xiphilinus, E Dione excerptae historiae, ed. H. Stephanus (Genf 1592), S. 169 ff. v. 144. Der Dunckel un¢er Starcke] Tacitus, Historiae 2,11,1: „Je größer ihre Kraft und Stärke war, um so mehr ließen sie sich Zeit aufgrund ihres Selbstvertrauens.“ – Ebd. 1,51,5: „!…" durch das Bewußtsein der Sicherheit, sobald sie ihre Stärke in Betracht gezogen hatten.“ v. 147. Nicht Knecht¢chen Auf¢chub blicken] Tacitus, Annales 6,32,1: „Den Barbaren scheint Zaudern knechtisch, sofortiges Ausführen königlich.“ v. 150. Der nicht gelobt ¢ein kan/ als nach vollbrachter That] Tacitus, Historiae 1,38,2: „Kein Raum für Zaudern ist bei einem Vorhaben, das erst gelobt werden kann, wenn es ausgeführt worden ist.“
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Epicharis
v. 155. ¢eqq. Umb meinen letzten Willn zu ¢chlu¢¢en.) die¢en gantzen Jnnhalt be¢chreibt Tac. 15. Ann. 54. v. 168. Muß Scheid und Furcht weg werffen.) Alexander Farne¢ius dicere ¢olebat, ei, qui gladium contra Principem ¢uum ¢tringit, vaginam abjiciendam. Davila. 9. Hi¢t. be¢iehe For¢tner. in l. 12. Ann. Tac. c. 66. p. 335. ¢eqq. v. 170. 171. Die Gefahr muß ¢eyn die Artzney fur Gefahr.) Imminentium periculorum reme !140"dium ip¢a pericula ratus. Tac. 11. Ann. 26. & 12. Ann. 67. v. 174. Jn dem es gleiche gilt ein kuhnes Werck vollzihn.) Tac. 2. Ann. 66. Rhe¢cuporis inter metum & iram cunctatus maluit patrati quam incepti facinoris reus e¢¢e. & l. 6. Ann. c. 23. ¢ævitiam, quam pœnitentiam maluit. v. 181. Nehmt beyde die¢en Hutt der Freyheit Merckmal hin.) Ro¢in. de antiqu. Rom. lib. 1. c. 20. v. 191. 192. Er wird zu Haupte ¢tecken des Bettes.) Virgil. l. 6. Æn. v. 524. – Fidum capiti ¢ubduxerat en¢em. be¢iehe L. Ramirez. ad Martial. lib. 1. 43. v. 281. Ein Sohn mag klagen an des Vaters Meyterey.) Novell. 115. c. 3. §. 3. v. 352. Stelle fur nur einen der Gefahrten.) Wie Epicharis deroge¢talt des Proculus Klage zernichtet/ be¢chreibt Tac. 15. Ann. c. 51. v. 357. 358. Wo ¢ich ein Umb¢tand zeugt gefahrlichen Verdachts.) En fait d’E¢tat les pre¢umptions concluent & condemnent. Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 4. p. m. 73. worzu er ein Exempel anziht/ da der Rath zu Venedig einen Donati aus bloßem Verdacht: daß er mit den Spaniern Ver¢tandnus habe/ zum Tode verdammt.
362 26.] 38. ABCD 370 191.192.] 192.193. ABCD 359 364 366 370 373 376 377 381
Hi¢t.] Hi¢tor. BCD Tac.] Tacit. CD 23.] 13. BCD Virgil.] Virg. BCD Meyterey] Meuterey CD Tac.] Tacit. CD zeugt] zeigt CD Ver¢tandnus] Ver¢tandniß CD
Anmerckungen zu II
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v. 155 seqq. Umb meinen letzten Willn zu ¢chlu¢¢en] Tacitus, Annales 15,54,1–3. v. 168. Muß Scheid und Furcht weg werffen] H.C. Davila, Historia delle guerre civili di Francia (Venedig 31638), Kap. 9, S. 498: „Alexander Farnese pflegte zu sagen, daß, wer das Schwert gegen seinen Fürsten ziehe, auf die Scheide !künftig" verzichten müsse.“ Dieses Zitat in lateinischer Übersetzung entnommen aus C. Forstners anschließend genanntem Werk (hier S. 335). – C. Forstnerus, Ad libros Annalium XI., XII., XIII. C. Cornelii Taciti notae politicae (Frankfurt 1662), S. 335 ff. v. 170. 171. Die Gefahr muß ¢eyn die Artzney fur Gefahr] Tacitus, Annales 11,26,1: „! …" in der Meinung, ein Gegenmittel gegen drohende Gefahren seien Gefahren selbst.“ (Auch zit. in AnmL. zu III,150.) – Ebd. 12,67,2. v. 174. Jn dem es gleiche gilt ein kuhnes Werck vollzihn] Ebd. 2,66,1: „Rheskuporis, zwischen Furcht und Zorn schwankend, zog es vor, eines vollzogenen als eines begonnenen Verbrechens angeklagt zu sein.“ – Ebd. 6,23,2: „Er zog die Grausamkeit der Reue vor.“ v. 181. Nehmt beyde die¢en Hutt der Freyheit Merckmal hin] J. Rosinus, Antiquitates Romanae (Köln 1619), lib. 1, cap. 20, Sp. 174. v. 191. 192. Er wird zu Haupte ¢tecken des Bettes] Vergil, Aeneis 6,524: „!…" zog mein treues Schwert unter meinem Kopf hervor.“ – Martialis, Epigrammatum libri XV, Laurentii Ramirez de Prado novis commentariis illustrati (Paris 1607), Hypomnemata ad lib. 1, epigr. 43, S. 76–78 (zu V. 4: „Crediderim satis hoc vos docuisse patrem“ – zu der römischen Sitte, im Bett ein Schwert zu deponieren). v. 281. Ein Sohn mag klagen an des Vaters Meyterey] Novellae 115,3,3. v. 352. Stelle fur nur einen der Gefahrten] Tacitus, Annales 15,51,4. v. 357. 358. Wo ¢ich ein Umb¢tand zeugt gefahrlichen Verdachts] P. Matthieu, Histoire de France, tome 2 (Cologny 1617), livre 4, S. 73: „Wenn es um den Staat geht, sind Vermutungen Beweise und Schuldsprüche.“
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Epicharis
v. 392. 393. Ohnmachtgen Magden/ die nicht den Herren retten.) l. 1. §. 28. l. 19. ff. de SC. Silanian. v. 489. Der Klugheit große Gottheit.) Prudentiam magnam Deitatem vocat Aga !141"tho. Anchora ¢tatuum e¢t, acus nautica Principis. Saavedra. Symbol. 28. v. 514. Errettet Jupiter ¢elb¢t den Sarpedon nicht.) Lip¢. lib. 1. de Con¢tant. c. 20. Stoici Deum Fato ¢ubjiciunt, nec Jupiter ip¢e apud Homerum, cum maximè vellet, Sarpedonem ¢uum eripuit ejus vinclis: at nos Fatum Deo. Arnob. contra Gentes lib. 8. lacht darmit die Heyden artig aus: Jovem narrat (Homerus) Briareo liberatum, ne à Diis cæteris ligaretur: & Sarpedonem filium, quoniam morti non poterat eripere, cruentis imbribus flevi¢¢e & Ce¢to Veneris illectum, flagrantius, quàm in adulteras ¢oleat cum Junone uxore concumbere. Alibi Hercules ¢tercora egerit, & Apollo Admeto pecus pa¢cit. v. 516. Wenn ienes Juno ¢chon/ dis Zyprie verficht.) Hiervon handelt Virgil. l. 1. Æneid. v. 16. ¢eqq. und Homerus in Iliade. v. 524. Der Klugheit Pallas-Bild in ihren Mauren bleibt.) Von dem Trojani¢chen Palladio/ daß/ ¢o lange ¢elbtes in Troja geblieben/ die Stadt nicht einzunehmen gewe¢t/ und dahero vom Ulyße und Diomede ge¢tolen worden wehre/ be¢chreibt Ro¢in. de antiqu. Rom. lib. 2. c. 12. v. 531. 532. 533. 534. Jn Sternen ¢tand ¢chon Nerons Tyranney/ eh’ als die Sonn’ auf ¢eine Wiege ¢chien.) Sveton. in Neron. c. 6. Ausfuhrlicher be¢chreibt die¢es/ und wie ein Stern¢eher/ und des Nero eygener Vater bald bo¢e von ihm wahrge¢agt/ Xiphilin. in Neron. p. m. 156. 157. !142" v. 540. Scharf¢innigkeit legt ¢tumpfe Fehler ein.) Manum injectantibus fatis ¢olent hebetari ¢en¢us hominum & obtundi. Ammian. Marcellin. lib. 14. Be¢iehe For¢tner. in l. 3. Ann. Tac. c. 18. p. m. 392. ¢eqq.
382 389 390 393 400 401
393.] 593. AB 393. CD Ohnmachtgen] Ohnmachten AB Ohnmachtgen CD at] ad A at BCD Deo.] Deo AB Deo. CD flagrantius] flagrantias AB flagrantius CD Diomede] Diamede AB Diomede CD 2. c. 12.] 2.2.12. AB 2. c. 12. CD
396 516.] 517. CD 405 wahrge¢agt] wahrge¢ant B 409 Ann.] Annal. CD
Anmerckungen zu II
501
v. 392. 393. Ohnmachtgen Magden/ die nicht den Herren retten] Digesta 29,5,1,28; 29,5,19. v. 489. Der Klugheit große Gottheit] D. Saavedra Fajardo, Idea principis christiano-politici (Köln 1650), Symbolum 28 („Quae sint, quae fuerint, quae mox ventura trahantur“ [= Vergil, Georg. 4,393]: „Was ist, was war, was die nahe Zukunft bringt“ – in dem dazugehörigen Emblem S. 204 Inschrift über einer sich um einen Stab ringelnden Schlange als Sinnbild der Klugheit, die alle drei Dimensionen der Zeit bedenkt und erfaßt); Ausdeutung S. 203–210, das Zitat S. 203 (zwischen den beiden Sätzen Text ausgelassen): „Agathon nennt die Klugheit eine große Gottheit. Sie ist der Anker der Staaten, die Kompaßnadel des Fürsten.“ v. 514. Errettet Jupiter ¢elb¢t den Sarpedon nicht] J. Lipsius, De constantia (Antwerpen 1585), lib. 1, cap. 20, S. 46: „Die Stoiker unterwerfen Gott dem Fatum, und bei Homer konnte selbst Jupiter, obwohl er es unbedingt wollte, seinen Sohn Sarpedon nicht aus dessen Banden befreien: wir aber das Fatum Gott.“ – Minucius Felix, Octavius 23,4–5 (hier zit. als Arnobius, Contra gentes, lib. 8; s. dazu die Erläuterungen im Autorenverzeichnis unter Minucius Felix): „Von Jupiter berichtet Homer, daß er durch Briareus davor gerettet wurde, von den übrigen Göttern gefesselt zu werden, daß er seinen Sohn Sarpedon, weil er ihn dem Tode nicht entreißen konnte, mit blutigem Regen beweint habe und daß er, vom Gürtel der Venus lüstern gemacht, mit seiner Gattin Juno leidenschaftlicher schlafe, als er es bei seinen Geliebten zu tun pflege. Anderswo fährt Herkules Mist und weidet Apollo für Admetus das Vieh.“ v. 516. Wenn ienes Juno ¢chon/ dis Zyprie verficht] Vergil, Aeneis 1,12–33. – Homer, Ilias: zu Aphrodites Parteinahme für die Trojaner s. u. a. 3,373 f.; 5,311 ff.; 14,192. v. 524. Der Klugheit Pallas-Bild in ihren Mauren bleibt] J. Rosinus, Antiquitates Romanae (Köln 1619), lib. 2, cap. 12, Sp. 333. v. 531. 532. 533. 534. Jn Sternen ¢tand ¢chon Nerons Tyrannei/ eh’ als die Sonn’ auf ¢eine Wiege ¢chien] Sueton, Vitae Caesarum: Nero 6,1. – Cassius Dio, Historia Romana 61,2; nach Joannes Xiphilinus (wie zu v. 121), S. 156 f. v. 540. Scharf¢innigkeit legt ¢tumpfe Fehler ein] Ammianus Marcellinus, Res gestae 14,11,12: „Wenn das Schicksal seine Hand auf sie legt, pflegen die Sinne der Menschen schlaff und stumpf zu werden.“ – C. Forstnerus, In XVI libros Annalium !…" C. Cornelii Taciti notae politicae (Frankfurt 1662), S. 392 ff.
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Die dritte Abhandlung.
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Epicharis
v. 10. 11. Scevin gab mir dis giftige Gewehr.) Hiervon handelt ausfuhrlich Tac. 15. Ann. c. 55. v. 97. 98. 213. 214. Schaut den Philotas an.) von de¢¢en Marterung handelt Curt. lib. 6. und gibt es ein Exempel ab: Cruciatu aut præmio cuncta pervia e¢¢e. Tac. 15. Ann. c. 59. be¢iehe Machiavell. 3. di¢cur¢. 6. v. 136. Das Blutt fri¢t durch den Ro¢t den Stahl/ der es ver¢pritzet.) Saavedra. Symb. 9. Cum proprio ¢uo damno trophæis & gloriæ Herculis ¢e¢e opponit Invidia. Si præacutam ejus clavam mor¢ibus impetat, quid efficiet aliud, quam ut proprias cruentet fauces? Nimirum ¢ui ip¢ius vindex e¢t. Ferro mihi videtur ¢imilis, quod à ¢angvine, quem fundit, rubiginem trahit, & ab eadem po¢t exeditur. v. 150. Durch Gefahr ¢chwingt ¢ich die Kuhnheit aus Gefahr.) Periculorum remedium ip¢a pericula ratus. Tacit. 11. Ann. 26. Indeque ´ traditur regula à Politicis doctioribus: quando eò quis redactus e¢t, ut, ¢eu quie¢cendo, ¢eu agendo eadem illi ¢uper¢int pericula, ¢emper ea, quæ agunt, Con¢ilia apprehendenda e¢¢e. For¢tn. in lib. 6. Ann. Tac. p. m. 731. !143" v. 163. ¢eqq. Nimm’s Rath-Haus ein.) Welcher Ge¢talt aber vergebens Pi¢o bey entdeckter Sache ermahnet worden das Letzte zu wagen/ be¢chreibt Tac. 15. Ann. c. 59. v. 165. Offt/ was unmoglich ¢cheint/ wird leichte/ wenn man’s wag’t.) Tacit. ibid. Multa experiendo confieri, quæ Segnibus ardua videantur. & 5. Hi¢tor. 20. multa au¢is aliqua in parte fortunam affore. v. 175. Perdiccas Kuhnheit ¢igt auch in des Lowen Hole.) als er nemlich in Anwe¢enheit der Lowin ihr die Jungen geraubet. Ælian. de var. Hi¢t.
414 6.] 7. ABCD 416 ver¢pritzet] ver¢pitzet A ver¢pritzet BCD 428 163.] 164. ABCD 423 426 430 433 436
Ann.] Annal. CD Ann. Tac.] Annal. Tacit. CD Ann.] Annal. CD Hi¢tor.] Hi¢t. BCD Hi¢t.] Hi¢tor. CD
Anmerckungen zu III
503
Die dritte Abhandlung v. 10.11. Scevin gab mir dis giftige Gewehr] Tacitus, Annales 15,55,1. v. 97. 98. 213. 214. Schaut den Philotas an] Curtius Rufus, Historiae Alexandri Magni 6,11,13–33. – Tacitus, Annales 15,59,3: „Mit Folter oder Belohnung erreiche man alles.“ – N. Machiavelli, Disputationes de republica, quas discursus nuncupavit (Leiden 1649), lib. 3, cap. 6 (De coniurationibus), S. 303 (Philotas hier nur kurz angeführt als Beispiel für das Scheitern einer Verschwörung infolge unbedachter Vertrauensseligkeit eines Beteiligten; gleich hieran anschließend Scevinus als weiteres Beispiel für den gleichen Fehler von Verschwörern genannt). v. 136. Das Blutt fri¢t durch den Ro¢t den Stahl/ der es ver¢pritzet] D. Saavedra Fajardo, Idea principis christiano-politici (Köln 1650), Symbolum 9 („Sibimet invidia vindex“ [„Neid bestraft sich selbst“] – Inschrift auf einem Emblem S. 62, das zwei Hunde oder Wölfe zeigt, die in die scharfen Zacken an der Spitze einer am Boden liegenden Keule beißen), Ausdeutung S. 62–70, das Zitat ganz am Anfang, S. 62: „Zu seinem eigenen Schaden stellt sich der Neid den Siegeszeichen und dem Ruhm des Herkules entgegen. Wenn er dessen vorn zugespitzte Keule mit Bissen angreift, was wird er anderes ausrichten, als daß er seinen eigenen Rachen blutig macht? Er ist nämlich der Bestrafer seiner selbst. Er scheint mir dem Schwert ähnlich zu sein, das von dem Blut, das es vergießt, Rost ansetzt und von ebendiesem später zerfressen wird.“ v. 150. Durch Gefahr ¢chwingt ¢ich die Kuhnheit aus Gefahr] Tacitus, Annales 11,26,1: „!…" in der Meinung, ein Gegenmittel gegen drohende Gefahren seien Gefahren selbst.“ (Auch zit. in AnmL. zu II,170.) – C. Forstnerus, In XVI libros Annalium !…" C. Cornelii Taciti notae politicae (Frankfurt 1662), S. 731: „Daher wird auch von besseren Sachverständigen in Dingen der Politik der folgende Grundsatz empfohlen: Wenn jemand auf den Punkt gelangt ist, daß er sich, gleichgültig ob er stille hält oder ob er handelt, denselben Gefahren aussetzt, muß er stets zu den Ratschlägen greifen, die zum Handeln auffordern.“ v. 163 seqq. Nimm’s Rath-Haus ein] Tacitus, Annales 15,59,1–3. v. 165. Offt/ was unmoglich ¢cheint/ wird leichte/ wenn man’s wag’t] Ebd. 15,59,2: „Vieles werde auf gut Glück vollbracht, was Trägen allzu schwierig erscheine.“ – Tacitus, Historiae 5,20,1: „!…" wenn man viel wage, werde sich das Glück in irgendeiner Hinsicht einstellen.“ v. 175. Perdiccas Kuhnheit ¢igt auch in des Lowen Hole] Aelianus, Varia historia 12,39.
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Epicharis
v. 206. Nicht einer hat noch gutt und ohne Schimpf geherr¢cht.) Tac. 1. Hi¢tor. 30. Nemo unquam Imperium flagitio quæ¢itum bonis artibus exercuit. & cap. 83. non po¢¢e Principatum ¢celere quæ¢itum, ¢ubitâ mode¢tia & pri¢ca gravitate retineri. v. 232. 233. Den Wol¢tand und den Ruhm ¢chatz ich von gleichem Werthe.) Hone¢ta mors turpi vita potior; & Incolumitas ac decus eodem loco ¢ita ¢unt. Tac. in Agricol. c. 33. v. 234. Was Ehre nicht erwirbt/ das bilde dir nicht ¢icher ein.) Intuta, quæ indecora: vel ¢i cadere nece¢¢e ¢it, occurrendum di¢crimini. Tacit. 1. Hi¢t. 33. & in Agricol. c. 30. quæ fortibus hone¢ta, eadem etiam ignavis tuti¢¢ima ¢unt. Be¢iehe hieher des Saavedra 31. Symbolum. v. 252. Daß durch den Pi¢o wird die Burger¢chafft erhalten.) Senec. lib. 1. de Clement. Nullum ornamentum Principis fa¢tigio dignius pul!144"chriusque ´ e¢t, quam illa corona Ob cives Servatos . Derogleichen Uber¢chrifft findet man in den alten Muntzen/ und ich ¢elb¢t habe eine guldene des Galba; da in einem Krantze ¢tehet: S. P. Q. R. OB
455
C. S.
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v. 255. 256. Der ver¢to¢t gar ¢ehr in zweifelhafften Dingen.) Inter ancipitia Con¢ilia deterrimum e¢t, media ¢equi. Tac. 3. Hi¢t. 40. Hiervon handelt furtrefflich Saavedra. Symb. 85. v. 257. 258. Es i¢t nicht Saumens Zeit/ wo Ruhe mehr ver¢pielt.) Tac. 1. Hi¢t. 21. nec cunctatione opus, ubi pernicio¢ior ¢it quies, quam temeritas. & c. 62. nihil in di¢cordiis civilibus fe¢tinatione tutius, ubi facto magis, quam Con¢ilio opus e¢¢et. v. 292. Man kan auf’s Herren Kopf nicht Freygelaßne fragen.) l. 12. C. de te¢tib.
441 gleichem] gleichen AB gleichem CD 446 Agricol.] Agri. col. A Agricol. BCD 446–447 tuti¢¢ima] tuti¢¢iima A tuti¢¢ima BCD 447 31.] 37. ABCD 437 443 454 457 459
und] fehlt BCD Tac.] Tacit. CD Tac.] Tacit. CD c.] cap. BCD OB] O.B. BCD Tac.] Tacit. CD Tac.] Tacit. CD
Anmerckungen zu III
505
v. 206. Nicht einer hat noch gutt und ohne Schimpf geherr¢cht] Tacitus, Historiae 1,30,1: „Niemals hat jemand eine durch eine Schandtat erworbene Herrschaft auf rechtschaffene Art ausgeübt.“ – Ebd. 1,83,1: „!…" daß es unmöglich sei, eine durch Verbrechen erworbene Herrschaft durch einen unvermittelten Übergang zur Manneszucht und zur früher üblichen Strenge zu behaupten.“ v. 232. 233. Den Wol¢tand und den Ruhm ¢chatz ich von gleichem Werthe] Tacitus, Agricola 33,6: „Ein ehrenvoller Tod ist besser als ein schimpfliches Leben, und Unversehrtheit und Ruhm haben ihren Sitz am selben Ort.“ v. 234. Was Ehre nicht erwirbt/ das bilde dir nicht ¢icher ein] Tacitus, Historiae 1,33,2: „Was unehrenhaft sei, sei auch unsicher; selbst wenn der Tod unausweichlich sei, müsse man der Gefahr entgegengehen.“ – Tacitus, Agricola 30,2: „Was für Tapfere ehrenvoll ist, ebendas bietet auch Feigen die größte Sicherheit.“ – D. Saavedra Fajardo, Idea principis christiano-politici (Köln 1650), Symbolum 31 („Existimatione nixa“ [„Gestützt auf hohes Ansehen“] – das Emblem mit dieser Inschrift auf S. 226 zeigt eine Säule, als Inbegriff von Ehre und gutem Namen, auf deren Kapitell eine Krone ruht); Ausdeutung S. 225–234. v. 252. Daß durch den Pi¢o wird die Burger¢chafft erhalten] Seneca, De clementia 1,26,5 (3,26,5): „Kein Schmuck ist des Hausgiebels des Princeps würdiger und schöner als jener Kranz ‚Für die Rettung der Bürger‘.“ – Münzinschrift („Senatus Populusque Romanus ob Cives Servatos“): „Senat und Volk von Rom: Für die Rettung der Bürger“. Abbildung eines Denars aus der Regierungszeit Galbas mit dieser Inschrift auf der Rückseite (68/69 n. Chr.) in: John P.C. Kent u. a., Die römische Münze. München 1973, Taf. 54, Nr. 209 R. v. 255. 256. Der ver¢to¢t gar ¢ehr in zweifelhafften Dingen] Tacitus, Historiae 3,40,2: „In gefährlichen Situationen ist es das Schlimmste, einen Mittelweg einzuschlagen.“ – D. Saavedra Fajardo, Idea principis christiano-politici (Köln 1650), Symbolum 85 („Consilia media fugienda“ [„Den Mittelweg muß man meiden“]), S. 674–680. v. 257. 258. Es i¢t nicht Saumens Zeit/ wo Ruhe mehr ver¢pielt] Tacitus, Historiae 1,21,2: „Auch sei Zaudern da nicht angebracht, wo ruhiges Verhalten gefährlicher ist als Verwegenheit.“ – Ebd. 1,62,1: „Bei Zwistigkeiten innerhalb der Bürgerschaft, wo Handeln nötiger sei als Überlegen, gebe es nichts Sichereres als Schnelligkeit.“ v. 292. Man kan auf’s Herren Kopf nicht Freygelaßne fragen] Codex 4,20,12.
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Epicharis
v. 304. ¢eqq. Den hat der Bo¢ewicht verrathri¢ch mir entwendet.) Die ¢tattliche Verantwortung des Scevin be¢chreibt Tac. 15. Ann. c. 55. v. 309. Die Boßheit ¢chanckt ihr ¢elb¢t das Gift-Glaß ein.) Dru¢us Tribunus plebis traditur caprinum bibi¢¢e, cum pallore & Invidiâ veneni ¢ibi dati in¢imulare Q. Cepionem Inimicum vellet. Plin. lib. 28. cap. 9. v. 466. Der er¢te/ der bekennt/ dem ¢ey die That verziehn.) Von die¢er Arth hinter Geheimnuße zu kommen/ be¢iehe For¢tner. in 15. Ann. Tac. verb. præmia penes unum fore, qui Indicio præveni¢¢et. p. m. 301. ! 145" v. 494. 496. Und Seneca ver¢chwieg.) das bloße Ver¢chweigen einer Verratherey i¢t halßbruchig. De¢¢entwegen Themi¢tocles, Philotas, und unlang¢t Franci¢cus Thuanus Jacobi Augu¢ti F. zum Tode verurtheilt worden. Die¢e und andere Exempel fuhret an For¢tner. in 15. A. Tac. c. 60. p. m. 307. 308. v. 510. 511. Wo die Boßheit ¢ich mit Tugend-Larven ¢chmuckt.) In apertis vitiis fragilitati locus e¢t; fictis Virtutibus dolus & fraus commi¢ceri ¢olent, neque ´ hoc fortuitò ¢olum & ca¢u; ¢ed ad malos plerumque ´ fines, atque ´ adeò magis noxiæ illæ ¢unt, quam ip¢a vitia, quemadmodum in Sejano notavit Tacitus. (4. Annal. 1.) Extrema e¢t perver¢itas, cum pror¢us Ju¢titiâ vaces, ad id niti, ut vir bonus e¢¢e videaris. Labi in apertum ¢celus imbecillitas quædam e¢t; virtutes ¢imulare, mera malitia; Saavedra Symb. 18. Hierentgegen i¢t es eine Arth großer Vernunfft/ die Tugenden im Fall der Noth zu ver¢tellen/ de¢¢en herrliches Exempel an C. Petronio fur¢tellet Tac. 16. Ann. c. 18. Dicta factaque ´ ejus, quanto ¢olutiora, & quandam ¢ui negligentiam præferentia, tanto gratius in ¢peciem ¢implicitatis accipiebantur, &c. & paulo po¢t: dein revolutus ad vitia, ¢eu vitiorum imitationem. Und von C. Salu¢tio meldet er 3. Ann. 30. copia & affluentia luxu propior: Suberat tamen vigor animi, ingentibus negotiis par; eo acrior, quo ¢omnum & inertiam magis o¢tentabat. ! 146"
465 467 471 472 477 483 488 491
verrathri¢ch] verratheri¢ch B 309.] 30. BCD Geheimnuße] Geheimni¢¢e CD Tac.] Tacit. CD A.] Ann. CD Tacitus.] Tacit. CD Annal.] Ann. BCD Tac. 16. Ann. c.] Tacit. 16. Annal. cap. CD Ann.] Annal. CD
Anmerckungen zu III
507
v. 304 seqq. Den hat der Bo¢ewicht verrathri¢ch mir entwendet] Tacitus, Annales 15,55,2–3. v. 309. Die Boßheit ¢chanckt ihr ¢elb¢t das Gift-Glaß ein] Plinius, Nat. hist. 28,148: „Der Volkstribun Drusus soll Ziegenblut getrunken haben, als er mit bleichem Aussehen und dem gehässigen Vorwurf, man habe ihm Gift verabreicht, seinen Feind Q. Caepio in Verdacht bringen wollte.“ v. 466. Der er¢te/ der bekennt/ dem ¢ey die That verziehn] C. Forstnerus, In tres postremos libros Annalium C. Cornelii Taciti notae politicae (Frankfurt 1661), S. 301, „zu den Worten des Tacitus ! Annales 15,54,4", ‚daß die Belohnungen allein dem zufallen würden, der mit der Anzeige den anderen zuvorgekommen sei‘“. v. 494. 496. Und Seneca ver¢chwieg] Ebd., S. 307 f. v. 510. 511. Wo die Boßheit ¢ich mit Tugend-Larven ¢chmuckt] D. Saavedra Fajardo, Idea principis christiano-politici (Köln 1650), Symbolum 18 („A deo“ [„Von Gott“]; das Emblem mit dieser Inschrift auf S. 124 zeigt einen aus den Wolken ragenden Arm, der in seiner Hand Schwert und Zepter über der unter ihm schwebenden Erdkugel hält); Ausdeutung S. 124–136, das Zitat S. 130 (der Satz „Extrema est !…" esse videaris“ hier kursiv gedruckt und in einer Fußnote als PlatoZitat, ohne Stellenangabe, ausgewiesen): „Offen zur Schau getragenen Lastern wohnt Gebrechlichkeit inne; geheuchelte Tugenden pflegen mit Tücke und Trug untermischt zu sein, und dies nicht allein von ungefähr oder durch Zufall, sondern meist zu bösen Zwecken, und jene Tugenden sind sehr viel schädlicher als die Laster selbst, wie es Tacitus an Sejanus aufgezeigt hat (Annales 4,1). Es ist die äußerste Verderbtheit, wenn man sich, obwohl aller Rechtlichkeit entbehrend, auf sie beruft, um als Ehrenmann zu erscheinen. Sich zu einer offenen Missetat hinreißen zu lassen, ist eine gewisse Schwäche, Tugenden vorzuspiegeln, reine Bosheit.“ – Tacitus, Annales 16,18,1–2: „Und je lockerer seine Reden und Taten waren und je mehr sie ein gewisses Sichgehenlassen kundtaten, um so lieber nahm man sie als Anschein der Ehrlichkeit u¢w. Und kurz danach: Dann zum Lasterleben oder zur Nachahmung eines Lasterlebens zurückgekehrt !…"“ – Ebd. 3,30,2–3: „Durch überschießenden Reichtum kam er einem Luxusleben sehr nahe. Dahinter aber steckte eine Tatkraft, die gewaltigen Aufgaben gewachsen und um so energischer war, je mehr er Schläfrigkeit und Lustlosigkeit zur Schau trug.“
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Epicharis
v. 534. Die ¢terben ¢oll und wil.) Seneca in Troad. v. 572. Tuta e¢t, perire quæ pote¢t, debet, cupit. Und Veget. l. 3. 21. Lubenter cupit commori, qui ¢ine dubio ¢cit ¢e moriturum. v. 538. 552. Nicht/ wenn Tyrannen man die Zung ins Antlitz ¢peit.) Ammian. Marcellin. lib. 14. p. m. 36. 37. meldet von Eu¢ebio: ducebatur intrepidus temporum iniquitati in¢ultans imitatus Zenonem illum veterem Stoicum, qui, ut mentiretur quædam, laceratus diutius, avul¢am ¢edibus linguam ¢uam cum cruento ¢putamine in oculos interrogantis Cyprii regis impegit. v. 560. Sag’s/ was ich ¢oll ¢agen.) Al¢o antwortete Philotas auff der Folter beym Curtio. lib. 6. v. 581. 585. 587. Stopfft ihr das La¢ter-Maul mit trocknen Schwammen voll.) Nemo certè invenietur alius, qui imperaverit his, in quos animadverti jubebat, os in¢erta ¢pongiâ includi, ne vocis emittendæ haberent facultatem. Cui unquam morituro non e¢t relictum, quo gemeret? timuit, ne quam liberiorem vocem extremus dolor mitteret: ne quid, quod nollet, audiret. Sciebat autem innumerabilia e¢¢e, quæ objicere ei nemo ni¢i periturus auderet. Cum ¢pongiæ non invenirentur, ¢cindi ve¢timenta mi¢erorum, & in os farciri pannos imperavit. Quæ i¢ta ¢ævitia e¢t? liceat ultimum Spiritum trahere, liceat illum non per vulnus emittere. !147" v. 599. Das Leugnen pflegt offt eh/ als Schuld/ den Hals zu brechen.) Daß den Mare¢chal und Hertzog von Biron nicht ¢eine mit Spanien und Savoyen wider den Konig Henricum IV. habende gefahrliche Ver¢tandnus/ ¢ondern ¢ein hals¢tarriges Leugnen ge¢turtzt/ be¢chreibet Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narration 3. part. 9. Hardovin. de Perefixe à la part. 3. de la Hi¢toire d’Henry IV. p. m. 355. 356. Gleicher Ge¢talt brachte den Graven von E¢¢ex umbs Leben/ daß er nicht ¢eine Schuld erkennen/ und die Konigin Eli¢abeth in Engelland umb Gnade bitten wolte. Pierr. Matthieu. tom. 2. lib. 4. Narration. 2.
506 6.] 7. ABCD 500 519 520 521
14.] 13. CD Ver¢tandnus] Ver¢tandniß CD part.] pars. CD la Hi¢toire] l’Hi¢toire CD
Anmerckungen zu III
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v. 534. Die ¢terben ¢oll und will] Seneca, Troades 574: „Außer Gefahr ist eine Frau, die sterben kann, soll, will.“ (Worte der Andromache, als Odysseus sie zwingen will, Hektor zu verraten.) – Vegetius, Epitoma rei militaris 3,21,2: „Gern will zusammen ! mit seinen Kameraden" sterben, wer zweifelsfrei weiß, daß er sterben wird.“ v. 538. 552. Nicht/ wenn Tyrannen man die Zung ins Antlitz ¢peit] Ammianus Marcellinus, Res gestae 14,9,6: „Unverzagt wurde er abgeführt, die Ungerechtigkeit der Zeitläufte verspottend und den berühmten alten Stoiker Zenon nachahmend, der, ziemlich lange gemartert, damit er bestimmte Lügen ausspreche, seine ausgerissene Zunge mit blutigem Speichel dem König von Zypern, der ihn verhörte, ins Gesicht spie.“ v. 560. Sag’s/ was ich ¢oll ¢agen] Curtius Rufus, Historiae Alexandri Magni 6,11,18. v. 581. 585. 587. Stopfft ihr das La¢ter-Maul mit trocknen Schwammen voll] Die nicht genannte Quelle ist Seneca, De ira 3,19,3–4: „Gewiß wird man niemand anderen finden, der angeordnet hätte, daß allen, die er hinzurichten befahl, der Mund mit einem hineingesteckten Schwamm verstopft werden solle, damit sie keine Möglichkeit hätten, einen Laut von sich zu geben. Welchem Sterbenden ist jemals die Möglichkeit zu stöhnen verwehrt worden? Er fürchtete, daß der äußerste Schmerz ein zu freies Wort verlauten ließe, daß er etwas zu hören bekäme, was er nicht hören wollte. Er wußte aber, daß es Unzähliges gab, was nur ein Todgeweihter ihm vorzuwerfen wagen könnte. Wenn sich keine Schwämme fanden, befahl er, die Kleider der Unglücklichen zu zerreißen und ihnen die Fetzen in den Mund zu stopfen. Was ist das für eine Grausamkeit! Es soll gestattet sein, den letzten Atemzug zu tun, es soll gestattet sein, ihn nicht durch eine Wunde auszuhauchen.“ v. 599. Das Leugnen pflegt offt eh/ als Schuld/ den Hals zu brechen] P. Matthieu, Histoire de France, tome 2 (Cologny 1617), livre 5, narration 3, § 9, S. 273–275. – H. de Perefixe, Histoire du roy Henry le Grand (Amsterdam 1661), Troisième partie, S. 355 f. – Matthieu, a.a.O., tome 2, livre 4, narration 2, S. 55–69.
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Epicharis
v. 601. Aus Rach’ und Zorn verdammt.) Sen. 3. de Ira c. 29.2. Multos ab¢olvemus, ¢i cœperimus ante judicare, quam Ira¢ci. v. 619. ¢eqq. Man muß auff ¢olchem Fall auch was unglaublich glauben.) In ¢uo quisque ´ periculo magnum animum habere debet; vana quoque ´ deferentes admittere. Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narrat. 2. part. 7. p. m. 232. redet hiervon ¢ehr ¢chon: Il ne faut rien croire legerement, car la calomnie e¢t ¢i ¢ubtile, qu’elle ¢e fourre parmy les plus innocentes actions. Mais ou il y va du ¢alut de l’E¢tat, les cho¢es les plus douteu¢es ne doivent e¢tre ny rejettees ny mespri¢ees. On doit convertir les opinions en creance, les fables en veritè, les apparences en a¢¢eurances. L’Incredulitè aux cho¢es indifferentes ne nuit qu’a l’incredule, mais en ! 148" terme d’E¢tat pour ne’ croire, on advance la ruine, on favori¢e la coniuration. Ce n’e¢t pas Incredulité, mais Infidelité de ne croire rien, chacun en ¢on affaire doit ¢ou¢tenir ¢a creance ferme, & ne ¢e lais¢er emporter à des opinions vaines. Mais quand il y va du ¢alut du Prince & de l’E¢tat, il faut croire tout, & e¢couter ceux lá mesmes, qui rapportent des cho¢es, qui ¢emblent vaines, & que le temps decouvre fau¢¢es. Les advis d’un Serviteur contre ¢on Mai¢tre, de l’obligé contre ¢on amy, du Sujet contre le Seigneur, ¢ont odieux aux autres crimes, auxquels il faut plu¢to¢t croire aux yeux qu’aux oreilles, & retrancher plu¢to¢t que favori¢er ny e¢couter ¢es fune¢tes rapports. Mais en crime de Maje¢té le fils peut accu¢er le Pere, le Pere n’e¢t point excu¢é, ¢’il n’accu¢e ¢on Fils.
525 29.2.] 229. ABCD 532 ou] on AB ou CD 534 creance] ereance AB creance CD 535 terme] termes ABCD 536 advance] avance ABCD 536–537 coniuration. Ce] continuation. Le AB continuation. Il CD 539 ¢alut] ¢alut, ABCD 545 Pere,] Pere AB Pere, CD 546 excu¢é, ¢’il] excu¢e, ¢i A excu¢e. ¢i B excu¢é, ¢i CD 525 c.] cap. BCD 539 quand] quandi B
de l’E¢tat] de’ E¢tat CD
Anmerckungen zu III
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v. 601. Aus Rach’ und Zorn verdammt] Seneca, De ira 3,19,2: „Viele werden wir freisprechen, wenn wir anfangen zu urteilen, bevor wir zürnen.“ v. 619 seqq. Man muß auff ¢olchem Fall auch was unglaublich glauben] Der nicht mit Quellenangabe versehene lateinische Satz am Anfang frei nach Curtius Rufus, Historiae Alexandri Magni 6,8,14: „Jeder, der persönlich gefährdet ist, muß großzügig sein und auch denen Gehör schenken, die nur Nichtigkeiten hinterbringen.“ – P. Matthieu, Histoire de France, tome 2 (Cologny 1617), livre 5, narration 2, § 7, S. 232 f.: „Man darf nichts leichthin glauben, denn die Verleumdung ist so geschickt, daß sie sich in die unschuldigsten Handlungen einschleicht. Wo es aber um das Wohl des Staates geht, dürfen auch die zweifelhaftesten Dinge nicht verworfen noch geringgeschätzt werden. Man muß Meinungen in beglaubigte Tatsachen, Erfindungen in Wahrheit, Anschein in Gewißheit umwandeln. Unglaube in gleichgültigen Dingen schadet nur dem Ungläubigen selbst; glaubt man aber in Staatsdingen nichts, leistet man dem Untergang Vorschub, begünstigt man die Verschwörung. Es ist nicht Unglaube, sondern Unzuverlässigkeit, nichts zu glauben. Ein jeder soll sich in seinem Zuständigkeitsbereich an seine gesicherte Überzeugung halten und sich nicht zu haltlosen Meinungen hinreißen lassen. Wenn es aber um das Wohl des Fürsten und des Staates geht, muß man alles glauben und Gehör selbst denen schenken, die Dinge berichten, welche gehaltlos scheinen und die der Zeitablauf als falsch erweist. Denunziationen eines Dieners gegen seinen Dienstherrn, eines Schuldners gegen seinen Freund, eines Untertans gegen seinen Herrn sind hassenswert bei anderen Verbrechen: solchen, bei denen man eher den Augen als den Ohren glauben muß und hinsichtlich derer man ihre finsteren Berichte eher unterdrücken als begünstigen oder anhören sollte. Im Falle eines Majestätsverbrechens aber kann der Sohn den Vater anklagen, und der Vater ist keineswegs entschuldigt, wenn er seinen Sohn nicht anklagt.“
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Epicharis
v. 634. Der/ der gleich ¢on¢t nichts verbrechen kan/ allhier verdamlich ¢ey.) Pierre Matthieu au me¢me lieu narrat. 3. part. 8. p. m. 271. Le Crime de leze Maje¢té e¢t comme une Libye de¢erte, pleine des mon¢tres, il ¢ouffre au jugement des con¢iderations fort esloignees du ¢ens commun, & contraires a l’equité & humanité naturelle: ce qui Semble de plus desnaturé, il ¢e punit en certaines nations ¢ur la race & la po¢terité, & rend coulpables de crime ceux, qui ne ¢ont capables de pe¢cher. v. 649. 650. Ja! Na¢’ und Ohr verkurtzt/ wenn ein Zopyrus.) Zopyrus hat ihm/ als Darius Baby! 149"lon belagert/ Na¢e/ Ohr und Lippen abge¢chnitten/ i¢t zu den Babyloniern ubergelauffen/ hernach aber hat er die Stadt dem Dario uberliefert. Herodot. lib. 3. in fin. Fa¢t derogleichen hat Synon zum Verderb der Stadt Troja gethan/ welches weitlauftig be¢chreibt Virgil. 2. Æn. v. 57. ¢eqq. v. 654. Die Krahe/ die be¢trickt ¢chon an dem Pflocke ligt.) Be¢iehe des Saavedra Symb. 47. v. 684. 685. Diß i¢t der Weg zun Sternen das Mittel/ durch das ¢ich ein Fur¢t vergottern kan.) Cicero pro Ligar. nec ulla re propius homines ad Deum accedunt, quam ¢alute hominibus danda. Und Seneca in Octaviâ v. !472. ¢eqq." Pulchrum eminere e¢t inter illu¢tres viros, con¢ulere Patriæ; parcere afflictis; fera cæde ab¢tinere; tempus atque ´ iræ dare; orbi quietem; Seculo pacem ¢uo. Hæc ¢umma virtus: petitur hac cœlum viâ.
547 634.] 934. AB 634. CD 550 au] aut A au A(Errata)BCD 551–552 desnaturé] desnature AB desnaturé CD 557 3.] 4. ABCD 562 zun] zum ABD zun C 565 !472. ¢eqq."] 66.3. ABCD 557 lib.] libr. BCD 559 Æn.] Æneid. BCD 560 dem] den BCD
Anmerckungen zu III
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v. 634. Der/ der gleich ¢on¢t nichts verbrechen kan/ allhier verdamlich ¢ey] Ebd., livre 5, narration 3, § 8, S. 271: „Das Majestätsverbrechen ist wie ein wüstes Libyen, voller Ungeheuer. Es erlaubt dem Urteil Betrachtungsweisen, die vom gesunden Menschenverstand weit entfernt sind und im Widerspruch zur Billigkeit und natürlichen Humanität stehen. Und was höchst widernatürlich scheint: Es dehnt seine Strafbarkeit bei bestimmten Nationen auf das Geschlecht und die Nachkommenschaft aus und macht Menschen zu Verbrechern, die zu keiner Verfehlung fähig sind.“ v. 649. 650. Ja! Na¢’ und Ohr verkurtzt/ wenn ein Zopyrus] Herodot 3,154–158. – Vergil, Aeneis 2,57–198. v. 654. Die Krahe/ die be¢trickt ¢chon an dem Pflocke ligt] D. Saavedra Fajardo, Idea principis christiano-politici (Köln 1650), Symbolum 47 („Et iuvisse nocet“ [„Auch Hilfsbereitschaft kann Schaden bringen“]; das Emblem mit dieser Inschrift auf S. 338 zeigt zwei Krähen, die einer an den Boden gefesselten Artgenossin zu Hilfe kommen wollen); Ausdeutung S. 337–347. v. 684. 685. Diß i¢t der Weg zun Sternen das Mittel/ durch das ¢ich ein Fur¢t vergottern kan] Cicero, Pro Ligario 38: „Und durch nichts sonst kommen die Menschen näher an Gott heran als dadurch, daß sie den Menschen das Heil schenken.“ – Pseudo-Seneca, Octavia 472–476: „Schön ist es, unter ausgezeichneten Männern herauszuragen, für sein Vaterland zu sorgen, die Elenden zu schonen, sich wüsten Blutvergießens zu enthalten, dem Zorn ein Zeitmaß zu geben, dem Erdkreis Ruhe, seinem Jahrhundert Frieden. Dies ist der Gipfel der Tugend, dies der Weg, auf dem man zum Himmel gelangt.“ (Versangabe bei L. offensichtlich durch übersehenen Druckfehler verballhornt; Korrektur nach der hier mit der modernen Verszählung übereinstimmenden Ausgabe der Tragödien Senecas von Peter Scriverius, Leiden 1651, S. 368.)
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Epicharis
v. 689. Als ihm Patavin gleich dreute Dolch und Tod.) Sveton. in Augu¢t. c. 51. Junium Novatum & Ca¢¢ium Patavinum, è plebe homines, alterum pecuniâ, alterum levi exilio punire ¢atius habuit: cum ille Agrippæ juvenis nomine, a¢perrimam de ¢e Epi¢tolam in vulgus edidis¢et: hic convivio pleno proclama¢¢et: Neque ´ votum ¢ibi neque ´ animum dee¢¢e confodiendi eum. v. 694. Muß auch der Vater nicht als Vater ¢eyn ge¢chatzt.) Biron hat wider ¢einen Vater/ als der den Alexandrum Farne¢ium an einem vortheil!150"hafften Orthe nicht angegriffen/ die¢e Wortte ausge¢to¢¢en: Wenn er 24. Stunden Konig wehre/ wolte er dem Mare¢chall Biron den Kopf ab¢chlagen laßen. Pierre. Matthieu. au tom. 2. lib. 5. narr. 2. part. 7. p. m. 233. v. 696. und act. 4. ver¢. 516. 517. Man ruhmt des Fulvius.) daß A. Fulvius ¢einen Sohn/ weil er in der Catilini¢chen Verratherey mit gewe¢en/ ¢elb¢t getodtet/ lehret Valer. Maxim. lib. 5. c. 8. §. 5. Welches allerdings Rechtens. l. 35. ff. de religio¢. & ¢umt. funer. v. 720. Daß ¢ie mit dem Ve¢tin.) Ob wohl Ve¢tinus nicht mit in dem Bindnuße war/ ließ ihn gleichwol Nero unter die¢em Vorwandt todten. Tacit. 15. Ann. 68. 69. v. 742. Was Tullie dem Vater thut.) Quæ ut virum Regem ¢alutaret, ¢uper cruentum patrem vecta carpento, con¢ternatos Equos egit. Florus. l. 1. c. 7. Ein gleichmaßiges Exempel hat Ju¢tin. l. 41. cap. 6. Eucratides à filio, quem Socium Regni fecerat, in itinere interficitur: qui non di¢¢imulato Parricidio, vel ut ho¢tem, non patrem occidi¢¢et, & per ¢angvinem ejus currum egit, & corpus abjici in¢epultum ju¢¢it. v. 768. Die Sternen ¢elb¢t Tyrannen nieder¢chlagen.) Jn heiliger Schrifft wird uns di¢es Judic. 5. v. 20. furgehalten: Vom Himmel ward wider ¢ie ge¢tritten/ die Sternen in ihren Lauften ¢tritten wider Si¢¢era. !151"
572 581 583 586 593 595
51.] 57. ABCD 516.517.] 514.515. ABCD lib. 5.] lib. 2. ABCD ihn] ihm AB ihn CD in¢epultum] in ¢epultum AB in¢epultum CD 20.] 27. ABCD
572 586 587 589 592
c.] cap. BCD Bindnuße] Bundni¢¢e CD Ann.] Annal. BCD c.] cap. BCD Parricidio] Patricidio BCD
Anmerckungen zu III
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v. 689. Als ihm Patavin gleich dreute Dolch und Tod] Sueton, Vitae Caesarum: Augustus 51,1: „Er hielt es für dienlicher, Junius Novatus und Cassius Patavinus, zwei Plebejer, so zu bestrafen: den einen mit Geld, den anderen mit einer milden Verbannung, obwohl jener im Namen des jungen Agrippa einen äußerst beleidigenden Brief gegen ihn veröffentlicht und dieser bei einem zahlreich besuchten Gastmahl lautstark verkündet hatte, es fehle ihm weder an Verlangen noch an Mut, ihn zu durchbohren.“ v. 694. Muß auch der Vater nicht als Vater ¢eyn ge¢chatzt] P. Matthieu, Histoire de France, tome 2 (Cologny 1617), livre 5, narration 2, § 7, S. 233. v. 696. und act. 4. vers. 516. 517. Man ruhmt des Fulvius] Valerius Maximus, Facta et dicta 5,8,5. – Digesta 11,7,35. v. 720. Daß ¢ie mit dem Ve¢tin] Tacitus, Annales 15,68,2–69,2. v. 742. Was Tullie dem Vater thut] Florus, Epitoma I,1,7,3 (I,7,3): „Um ihren Mann als König zu begrüßen, trieb sie in ihrer Karosse die scheuenden Pferde über den blutigen Leichnam ihres Vaters.“ – Justinus, Epitoma 41,6,5: „Eucratides wurde von seinem Sohn, den er zu seinem Mitregenten gemacht hatte, auf der Reise umgebracht. Dieser machte aus dem Vatermord gar kein Hehl – so als habe er einen Feind, nicht den Vater getötet – und lenkte seinen Wagen durch dessen Blut und befahl, den Leichnam unbeerdigt beiseite zu schaffen.“ Dieses Zitat übernommen aus dem Florus-Kommentar von J. Freinsheim: L. Annaeus Florus, Rerum Romanarum editio nova, accurante I. Freinshemio (Straßburg 1636), S. 29. v. 768. Die Sternen ¢elb¢t Tyrannen nieder¢chlagen] Idc 5,20.
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Epicharis
Die vierdte Abhandlung.
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v. 8. Wird itzt die Folterbanck fur ZeitVertrieb ge¢chatzet.) Senec. l. 3. de Ira c. 18. C. Cæ¢ar Sextum Papinium, Bethenum Ba¢¢um aliosque ´ Equites Romanos & Senatores uno die flagellis cæcidit, tor¢it, non quæ¢tionis, ¢ed animi cau¢a. v. 80. Als kein Mecænas nicht der auf Dama¢ten lieget.) Seneca urtheilt ziemlich ¢chlecht vom Mecænas. lib. de Mundi gubernat. c. 3. Feliciorem ergò tu Mecœnatem putas, cui amoribus anxio & moro¢æ uxoris quotidiana repudia deflenti, ¢omnus per Symphoniarum cantum ex longinquo lene re¢onantium quæritur? Mero ¢e licet ¢opiat, & aquarum fragoribus avocet, & mille voluptatibus mentem anxiam fallat, tàm vigilavit in pluma, quàm ille in cruce. Hingegen lobt und verficht ihn wider den Seneca M. Bal¢ac au di¢cours nommé; Mecænas. p. 86. 87. Woraus hieher furnemlich die¢e Wortte gehoren. Il ¢e jette ¢ur ¢es mœurs avec tant de pa¢¢ion, qu’il e¢t ai¢é à voir, que l’E¢prit de ¢a Secte le po¢¢ede, & qu’il a des¢ein de faire le Stoique reformé, aux depens du plus honne¢te Epicurien; qui fut jamais. Und kurtz darnach ¢ticht er den Seneca an: Il de¢crioit la Volupté, á fin qu’elle fu¢t !toute" pour luy, & que per¢onne n’en eu¢t d’envie. Endlich: comme il y a une Folie compo¢ée & melancholique, il peut y avoir une Sages¢e libre & joyeu¢e. Und noch viel ¢charffer redet er fur den Mecænas wider den Seneca au entretien XXI. p. 267. !152" v. 96. Nicht Porcie kan nur umbflammte Kohlen ¢chlingen.) Die¢e des Cato Tochter/ des Brutus Ehweib/ nach dem ihr Ehmann erlegt und ihre Freunde ihr alle Waffen ¢ich zu todten nahmen/ ver¢chlang ¢ie feurige Kohlen/ umb nicht in die Dien¢tbarkeit des Key¢ers zu kommen. Valer. Maxim. l. 4. c. 6.
599 602 608 614
Papinium,] Papinium. ABC Papinium, D 80] 70. ABCD wider] widern AB wider CD !toute"] fehlt ABCD
598 599 603 611 623
ZeitVertrieb] Zeit-Vertreib CD c.] cap. C c.] cap. CD &] & & B c.] cap. CD
Anmerckungen zu IV
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Die vierdte Abhandlung v. 8. Wird itzt die Folterbanck fur ZeitVertrieb ge¢chatzet] Seneca, De ira 3,18,3: „C. Caesar (Caligula) hat Sextus Papinius, Bethenus Bassus und andere römische Ritter und Senatoren an einem Tag mit Geißeln schlagen und foltern lassen, nicht zum Verhör, sondern aus Lust und Laune.“ v. 80. Als kein Mecænas nicht der auf Dama¢ten lieget] Seneca, De providentia 3,10: „Für glücklicher also hältst du Maecenas, der, von Liebeskummer geplagt und die täglichen Zurückweisungen seiner mürrischen Gattin beweinend, Schlaf durch den Hall von sanft aus der Ferne erklingender Musik sucht? Mag er sich mit ungemischtem Wein betäuben, mit dem Getöse von Wasserfällen sich zerstreuen, sein betrübtes Herz mit tausend Wonnen täuschen – er hat auf Daunen ebenso wach gelegen wie jener auf der Marterbank.“ – J.L. Guez de Balzac, Discours cinquième: Mecenas. In: ders., Les œuvres diverses (Leiden 1658), S. 86 f.; die drei Zitate sämtlich auf S. 87: (1) „Er stürzt sich auf seinen Lebenswandel mit einer solchen Leidenschaft, daß leicht zu erkennen ist, daß der Geist seiner Sekte ihn beherrscht und er die Absicht hat, den strengen Stoiker zu spielen auf Kosten des ehrbarsten Epikureers, den es je gab.“ (2) „Er brachte die Lust in Verruf, damit sie ganz für ihn da war und niemand danach Verlangen hatte.“ (3) „Wie es eine in sich gekehrte und melancholische Narrheit gibt, so kann es eine freie und fröhliche Weisheit geben.“ – J.L. Guez de Balzac, Entretiens (Leiden 1659), Entretien 21, S. 267. v. 96. Nicht Porcie kan nur umbflammte Kohlen ¢chlingen] Valerius Maximus, Facta et dicta 4,6,5.
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Epicharis
v. 97. 98. act. 5. ver¢. 402. 403. Wer Arrien ¢pricht wol/ daß ¢ie den bluttgen Dolch.) Die¢e des Poeti Cæcinnæ Ehweib/ welcher mit dem Scriboniano wider Key¢er Claudium ¢ich verbunden/ und nach Rom gefuhret ward/ fuhr ihm/ als man ¢ie nicht mit nehmen wolte/ in einem Nachen nach/ und/ weil auf ihr Ermahnen Cæcinna nicht durch eigenen Dolch dem Hencker furkommen wolte/ ¢tach ¢ie ihr ¢elb¢t einen Dolch in die Bru¢t/ zohe ihn heraus/ reichte ihn ihrem Ehmanne/ ¢agende: Nimm ihn Cæcinna, er hat mir nicht weh gethan. Die¢e ¢tellet furtreflich fur: M. Pierre le Moine a la Gallerie des femmes fortes. p. 253. ¢eqq. mit ihr des Antonii Perez Ehweib/ Johannam Coëllo vergleichende; von welcher auch ausfuhrlichen Bericht thut For¢tner. ad l. 3. Ann. Tac. p. m. 385. ¢eqq. v. 165. ¢eqq. Willkommen holde Schaar.) Be¢iehe Tac. 15. Ann. 58. v. 270. Rufus/ ¢oll ich durch den Dolch das Licht dem Lowen le¢chen aus.) Fenius Subrio Flavio a¢¢i¢tenti annuentique, ´ an inter ip¢am cognitionem di¢tringeret gladium, cædemque ´ patraret, renuit, infregitque ´ impetum jam manum ad capulum referentis. Tac. ibid. !153" v. 282. So weiß ich keinen nicht/ der mehr was weiß/ als dich.) Wie Fenius Rufus, als er ¢elb¢t auf ¢eine Nebenverbundene ¢tarck gedrungen/ entdecket worden/ be¢chreibt Tac. 15. Ann. 66. v. 346. ¢eqq.) De¢¢en Offenbarung/ Vertheidigung und endliches Bekantnus be¢chreibt Tacit. 15. Ann. 67. de¢¢en Worte hieher zu ¢etzen wurdig: Oderam te, nec quisquam tibi fidelior militum fuit, dum amari merui¢ti, odi¢¢e cæpi po¢tquam parricida matris & uxoris, auriga & hi¢trio & incendiarius extiti¢ti. Derogleichen freye Reden fur dem Tode und Schmehung auf den Augu¢tum erzehlt vom M. Favonio Sveton. in Augu¢t. c. 13. Plutarch. in Bruto. c. 50. Von Hermolao wider Alexandrum M. Curt. 8. 7. 632 Gallerie] Galorie A Gallerie A(Errata)BCD 647 hi¢trio] his¢trio A hi¢trio BCD 649 Augu¢tum] Augu¢tnm A Augu¢tum BCD 624–625 bluttgen] blutigen BCD 630 Ehmanne] Ehemanne B 633 Coëllo] Goëllo CD 634 For¢tner.] For¢tn. BCD 635 Ann. Tac.] Annal. Tacit. CD 636 Tac.] Tacit. CD 644–645 Bekantnus] Bekantniß CD 645 Ann.] Annal. CD 649 M.] fehlt BC c.] cap. CD 650 c.] cap. BCD
Anmerckungen zu IV
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v. 97. 98. act.5. vers. 402. 403. Wer Arrien ¢pricht wol/ daß ¢ie den bluttgen Dolch] P. LeMoyne, La gallerie des femmes fortes (Paris 51665), Tl. 2, S. 3–29. – C. Forstnerus, In XVI libros Annalium !…" C. Cornelii Taciti notae politicae (Frankfurt 1662), S. 385 ff. v. 165 seqq. Willkommen holde Schaar] Tacitus, Annales 15,58. v. 270. Rufus/ ¢oll ich durch den Dolch das Licht dem Lowen le¢chen aus] Ebd. 15,58,4: „Als Subrius Flavius, der dabeistand, durch eine Kopfbewegung die Frage zu erkennen gab, ob er während des Verhörs das Schwert ziehen und den Mord ausführen solle, winkte Faenius ab und lähmte die plötzliche Initiative des Mannes, der schon die Hand an den Griff legte.“ v. 282. So weiß ich keinen nicht/ der mehr was weiß/ als dich] Ebd. 15,66. v. 346 seqq.] Ebd. 15,67,2: „Ich haßte dich. Keiner der Soldaten war dir treuer, solange du es verdient hattest, geliebt zu werden. Zu hassen begann ich dich, nachdem du zum Mörder deiner Mutter und deiner Gattin, zum Wagenlenker, Schauspieler und Brandstifter geworden warst.“ – Sueton, Vitae Caesarum: Augustus 13,2. – Der Hinweis auf Plutarchs Brutus-Vita ist irrig; Erwähnung des Favonius hier nur in anderen Zusammenhängen (vgl. ebd. 12,3; 34,4–8). – Curtius Rufus, Historiae Alexandri Magni 8,7.
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Epicharis
v. 360. So bald als Manlius.) Ungeachtet ¢einer großen Verdien¢te/ weil er in Verdacht kam: Daß er nach dem Regiment ¢trebte/ ward M. Manlius vom Capitolio ge¢turtzt/ und daß kein Manlius mehr Marcus heißen ¢olte/ ge¢atzet. Livius lib. 6. v. 367. Daß mein un¢chuldig Degen.) Das in allen Rechten verbothene Fau¢t-Recht i¢t dennoch bey unter¢chiedenen Volckern/ in¢onderheit/ den alten Sach¢en brauchlich gewe¢t. Maßen unter dem Othone I. bey Trier Enckel und Vetter umb eine Erb¢chafft gefochten. Hiervon handelt weitlaufftig Bocer. de Duello c. 2. v. 371. Boßheit ¢teht oft aus die Flutt und gluend Ei¢en.) Auch die¢e Arth des Bewei¢es i¢t in Rechten verbothen. c. ex tuarum x. de purg. ! 154" canon. c. dilecti. x. de purg. vulgar. c. con¢ului¢ti. cap. 2. q. 4. Sie i¢t aber gleichwol bey den Alten brauchlich gewe¢t/ maßen Cranzius in Saxon. lib. 4. c. 26. erzehlet: Daß eines Edelmans Frau/ welchen Maria Othonis III. Gemahlin angemutheter Unzucht fal¢chlich be¢chuldigt/ in vieler Anwe¢enheit ein gluend Ei¢en unbe¢chadigt gehalten habe. Und Theodor. lect. l. 2. ¢chreibet: Es habe ein Bi¢chof/ welcher mit dem Ketzer Ario ge¢tritten/ ihme zugemuthet: Daß ein ieder die Wahrheit ¢einer Lehre in Feuer erharten ¢olle. Ungeachtet nun Arius ¢olchen Vor¢chlag nicht annehmen wollen/ ¢o habe ¢ich doch der Bi¢chof ins Feuer begeben/ und daraus ¢eine Lehre ohne Ver¢ehrung vertheydigt.
651 360.] 366. ABCD 654 6.] 2. ABCD 655 367.] 373. ABCD 660 371.] 377. ABCD 662 cap.] caa. AB cap. CD 664–665 Maria] Maxia ABCD 654 ge¢atzet.] ¢etzet CD 664 Edelmans] Edelmaus B
Anmerckungen zu IV
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v. 360. So bald als Manlius] Livius 6,20,4–14. v. 367. Daß mein un¢chuldig Degen] H. Bocerus, De bello et duello tractatus (Tübingen 1607), lib. 2 (De duello), cap. 2, S. 225 ff. v. 371. Boßheit ¢teht oft aus die Flutt und gluend Ei¢en] Drei Verweise auf das Corpus iuris canonici: Decretal. 5,34,8; 5,35,3; Decretum Gratiani 2, causa 2, qu. 5, c. 20. – A. Krantz, Saxonia (Köln 1520), lib. 4, cap. 26, Bl. l3r. – Theodorus Lector, Excerptae ex Ecclesiastica historia 2,43: PG 86, Tl. 1, 205/206 B (L.s Angabe ungenau; es geht hier eigentlich um den Streit zweier Bischöfe, von denen einer orthodox, der andere Arianer ist).
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Epicharis
v. 424. Daß er ließ ¢ein Gezelt mit Hunden rings umb¢chlu¢¢en.) Valer. Max. l. 9. c. 14. Ma¢inis¢a Rex Numidarum Pop. Rom. amici¢¢imus, parum fidei in pectoribus hominum reponens, ¢alutem ¢uam cu¢todia Canum vallavit. Lip¢ius Centur. 1. ad Belgas Epi¢t. 44. Garamantum Regem ducenti Canes ab Exilio reduxêre præliati contra re¢i¢tentes. Hodie in eadem Africâ Regem Cæfalæ ducentos Canes ¢tipatores habere, a¢¢erunt, qui viderunt, &c. Allwo er von der Hunde Eigen¢chafften viel ¢eltzame und le¢ens wurdige Sachen erzehlet. v. 446. Weil ¢on¢t kein Mittel war.) Sulpitius A¢per, cur in cædem ¢uam con¢pira¢¢et, percunctanti Neroni re¢pondit: Non aliter tot flagitiis ejus ¢ubveniri potui¢¢e. Tac. 15. Ann. c. 68. ! 155" v. 454. 455. Alcides hat entraumt: daß ihn der Wahnwitz mag bey ¢einen Opfern ¢chmehn.) Daß die Rhodier dem Hercules Fluche und Schmehwortte/ als einen gar heiligen Gottes-Dien¢t geopfert/ lehret Philo¢t. lib. 2. de Imaginib. Lact. lib. 1. c. 21. v. 459. Ein Wermuth-bitter Tod i¢t ewig Ruhm zu ¢chatzen.) Hieronymus Olgiato, welcher neb¢t andern den Hertzog von Meyland ermorden wollen/ hat/ als der Hencker gleich die Hand an ihn gelegt/ die¢e Worte ausge¢prochen: Mors acerba, fama perpetua, ¢tabit vetus memoria facti. Machiavell. lib. 7. Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narrat. 4. ! part. 14. p." 352. v. 466. ¢eqq. Er pflege nicht mit Haucheln umb zu gehn.) Be¢iehe von die¢em gantzen Jnhalt. Tac. 15. Ann. 61. v. 484. 486. 488. J¢t bloße Wi¢¢en¢chafft.) Die¢es handelt For¢tn. 15. Ann. Tac. c. 60. p. m. 307. 308.
673 681 684 688 692 693 694 696
424.] 430. ABCD 446.] 452. ABCD 454.455.] 460.461. ABCD 459.] 465. A 405. BCD tom. 2.] tom. ABCD !part. 14. p."] n. ABCD 466.] 472. ABCD 484.486.488.] 490.492.494. ABCD
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c.] cap. CD viderunt] vederunt C Tac.] Tacit. CD Tac.] Tacit. BCD Ann.] Annal. CD
Anmerckungen zu IV
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v. 424. Daß er ließ ¢ein Gezelt mit Hunden rings umb¢chlu¢¢en] Valerius Maximus, Facta et dicta 9,13, Ext.2: „Der Numiderkönig Masinissa, ein sehr guter Freund des römischen Volkes, ließ, da er wenig Zutrauen zu den Herzen der Menschen hatte, Hunde über sein Wohlergehen wachen.“ – J. Lipsius, Epistolarum selectarum centuria prima ad Belgas (Antwerpen 1602), epist. 44 (Ad contubernales suos, Franciscum Oranum, Io. Baptistam Perezium Baronium !…"), S. 44 (die weiteren Ausführungen über Hunde S. 44 ff.): „Den König der Garamanten begleiteten bei seiner Rückkehr aus dem Exil zweihundert Hunde, die gegen diejenigen kämpften, die Widerstand leisteten. Augenzeugen berichten, daß heutzutage in selbigem Afrika der König von Caefala zweihundert Hunde als Leibwächter habe.“ Mit dem ersten Satz („Garamantum ! …" resistentes“) zitiert Lipsius Plinius, Nat. hist. 8,142; die darauf hinweisende Parenthese hinter „Regem“ („Plinii verba“) von L. (oder seinem Gewährsmann) weggelassen. v. 446. Weil ¢on¢t kein Mittel war] Tacitus, Annales 15,68,1: „Sulpicius Asper antwortete auf Neros Frage, warum er sich zu seiner Ermordung verschworen habe: Anders habe man seinen zahlreichen Schandtaten nicht beikommen können.“ v. 454. 455. Alcides hat entraumt: daß ihn der Wahnwitz mag bey ¢einen Opfern ¢chmehn] Philostratus, Imagines 2,24. – Lactantius, Divinae institutiones 1,21,31–36: PL 6, 238 f. v. 459. Ein Wermuth-bitter Tod i¢t ewig Ruhm zu ¢chatzen] N. Machiavelli, Historie ! fiorentine" (Vinegia 1540), libro settimo, Bl. 226r: „Bitter ist der Tod, ewig der Ruhm; die Erinnerung an die Tat wird die Zeiten überdauern.“ – P. Matthieu, Histoire de France, tome 2 (Cologny 1617), narration 4, § 14, S. 352 (von hier das vorstehende Zitat aus dem Werk von Machiavelli – die Anekdote zu Hieronymus Olgiato bei Matthieu als Marginalie). v. 466 seqq. Er pflege nicht mit Haucheln umb zu gehn] Tacitus, Annales 15,61. v. 484. 486. 488. J¢t bloße Wi¢¢en¢chafft] C. Forstnerus, In tres postremos libros Annalium C. Cornelii Taciti notae politicae (Frankfurt 1661), S. 307 f.
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Epicharis
v. 493. Der hat fur Frembden Schuld/ wer/ was er baut/ reißt ein.) Von Aufhebung anfanglicher Wolthaten/ wie ¢elbte den Danck verlieren/ lehret Seneca 6. de Benefic. c. 4. v. 499. Wer/ was er ¢oll/ nur thut/ darf kein Verdien¢t anziehen.) Non e¢t beneficium, ¢ed officium facere, quod debes: Senec. de Contr. v. 509. Die Straff und Schuld ¢ind auch bey uns noch Zwillinge.) Pierr. Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narrat. 4. pag. 321. La faute & la peine ¢ont bes¢ons: au mesme in¢tant qu’il a failly, il a attiré ¢ur ¢oy la rigveur de la peine. !156" v. 511. Wenn ¢ich das Meer erzurnt/ i¢t’s ¢choner anzu¢ehen.) Pierr. Matth. au mesme lieu. p. 320. La Ju¢tice rende e¢galement redoutable & admirable l’autorité du Roy comme une mer plus admiree, quand les vagues & les flots s’elevent & ¢e cachent dedans les nues, que quand elle e¢t calme & pai¢ible.
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493.] 499. ABCD 499.] 505. ABCD 509.] 515. ABCD und] nnd A und BCD rigveur] rigeur AB rigveur CD 511.] 517. ABCD redoutable] rodoutable ABCD
699 ¢elbte] ¢elbe CD 700 c.] cap. BCD 710 s’elevent] s’el vent B
Anmerckungen zu IV
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v. 493. Der hat fur Frembden Schuld/ wer/ was er baut/ reißt ein] Seneca, De beneficiis 6,4. v. 499. Wer/ was er ¢oll/ nur thut/ darf kein Verdien¢t anziehen] Seneca d. Ä., Controversiae 2,5,13: „Tun, was man zu tun gehalten ist, ist keine Wohltat, sondern eine Pflicht.“ v. 509. Die Straff und Schuld ¢ind auch bey uns noch Zwillinge] P. Matthieu, Histoire de France, tome 2 (Cologny 1617), livre 5, narration 4, § 8, S. 321: „Schuld und Strafe sind Zwillinge; im Augenblick der Verfehlung hat er schon die Härte der Strafe auf sich gezogen.“ v. 511. Wenn ¢ich das Meer erzurnt/ i¢t’s ¢choner anzu¢ehen] Ebd., S. 320: „Die Ausübung der Gerichtsbarkeit macht die Autorität des Königs gleichermaßen furcht- und bewunderungserregend: So wie ein Meer stärker beeindruckt, wenn die Wogen und Fluten in die Höhe steigen und sich in den Wolken verbergen, als wenn es still und friedlich ist.“
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Epicharis
v. 545. Das Denckmal kunftger Zeit la¢cht kein Tyrann nicht aus.) Tac. 4. Ann. 35. Socordiam eorum inridere libet, qui præ¢enti potentiâ credunt extingvi po¢¢e etiam ¢equentis ævi memoriam. Nam contra punitis Ingeniis, gliscit autoritas, neque ´ aliud externi Reges, aut qui eadem ¢ævitiâ u¢i ¢unt, ni¢i dedecus ¢ibi, atque ´ illis gloriam peperere. Al¢o ungeachtet die Ephe¢ier aufs ¢charf¢te den Nahmen des Hero¢tratus, welcher der Diane Tempel angezundet/ zu nennen verboten/ i¢t ¢elber uns doch nicht ver¢chwiegen blieben. Strabo lib. 14. Ein Exempel der eben Fall vergebens ge¢uchten Unterdruckung eines Nahmens hat Hardovin de Perefixe à la part. 3. d’Henry IV. p. 365. 366. le Baron de Fontanelles fut rompu ¢ur la rouë en Greve pour avoir trempé dans la con¢piration de Biron, par un Are¢t du grand Con¢eil. Le Roy en con¢ideration de ¢a mai¢on, qui e¢t fort illu¢tre, accorda aux parens, que dans l’Are¢t il ne ¢eroit point appellé de ¢on nome propre, mais l’hi¢toire ne l’a pu taire. v. 554. 556. 557. & act. 5. ver¢. 459. 460. 461. 462. Natal hat mich hierzu durch Zauberey ge!157"bracht.) wie verzagt und hauchleri¢ch Pi¢o ge¢torben/ be¢chreibt Tac. 15. Ann. 59. Hieher gehoret/ was der Hertzog von Biron dem M. la Fin zu geme¢¢en beym Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narr. 4. p. 335. Il ne s’approchoit de moy ¢ans enchantement, ne s’en esloignoit qu’il ne m’eu¢t enchanté, me mordoit l’oreille, me fai¢oit boire des eaux fanatiques, m’appelloit ¢on Roy, ¢on Prince, ¢on Seigneur. Il ne dira pas, qu’il ne m’ait fait voir une image de cire parlante, & qui di¢oit ces deux mots latins: Rex impiè peribis. Von andern des Biron Wahr¢agereyen erzehlet M. Hardouin de Perefixe á la part. 3. de l’Hi¢toire d’Henry IV. p. 363. 364. 712 545.] 551. ABCD 722 rouë] ruöe AB rue CD 724 illu¢tre,] illu¢tre ABCD 726 554.556.557.] 560.562.563. ABCD 730–731 enchantement] enchentement AB enchantement CD 731 enchanté] en chanté AB enchanté CD 732 fanatiques] famatiques ABCD 734 qui] que ABCD 735 Wahr¢agereyen] Wahr¢age Reyen AB Wahr¢agereyen CD 712–713 Tac. 4. Ann.] Tacit. 4. Annal. BCD 719 lib.] libr. BCD 719–720 eben Fall] ebenfalls CD 728 Tac. 15. Ann.] Tacit. 15. Annal. CD 732 m’appelloit] m’appellost B 733 fait] fehlt B 734 ces deux mots] des deux mors B des deux mots CD
Anmerckungen zu IV
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v. 545. Das Denckmal kunftger Zeit la¢cht kein Tyrann nicht aus] Tacitus, Annales 4,35,5: „Man mag über die Beschränktheit derer lachen, die aufgrund ihrer gegenwärtigen Machtstellung glauben, auch das Andenken bei dem nachfolgenden Zeitalter auslöschen zu können. Denn im Gegenteil gewinnen bestrafte große Geister an Ansehen, und nichts anderes haben auswärtige Könige oder wer sonst die gleiche Grausamkeit hat walten lassen, erworben als Schande für sich und Ruhm für jene.“ – Strabo, Geographica 14,1,22. – H. de Perefixe, Histoire du roy Henry le Grand (Amsterdam 1661), Troisième partie, S. 365 f.: „Der Baron von Fontanelles wurde aufgrund eines Urteils des Großen Rates auf der Place de Grève dafür gerädert, daß er in die Verschwörung Birons verwickelt war. In Anbetracht seines sehr erlauchten Geschlechts hatte der König den Eltern zugestanden, daß er in dem Urteil nicht mit seinem eigentlichen Namen bezeichnet wurde. Die Geschichte hat ihn aber nicht verschweigen können.“ v. 554. 556. 557.& act.5. vers. 459. 460. 461. 462. Natal hat mich hierzu durch Zauberey gebracht] Tacitus, Annales 15,59,4–5. – P. Matthieu, Histoire de France, tome 2 (Cologny 1617), livre 5, narration 4, § 9, S. 335: „Er näherte sich mir nicht ohne Bezauberung, entfernte sich nicht, ohne mich bezaubert zu haben, lag mir in den Ohren, ließ mich begeisterndes Wasser trinken, nannte mich seinen König, seinen Fürsten, seinen Herrn. Er wird nicht zugeben, daß er mir eine sprechende Wachsfigur zeigte, die diese zwei Worte auf lateinisch sagte: ‚König, frevelhaft wirst du zugrunde gehen.‘“ – H. de Perefixe, Histoire du roy Henry le Grand (Amsterdam 1661), Troisième partie, S. 363 f.
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Epicharis
v. 612. Kein Men¢ch i¢t Herr uber ¢eine Glieder.) l. 13. pr. ff. ad L. Aquil. v. 613. Mag uber ¢einen Leib doch wutten auch ein Knecht.) l. 9. §. 7. ff. de pecul. v. 614. Jhn ¢trafft/ wenn er ¢ich nur ver¢timmelt/ Herr und Recht.) l. 23. §. 3. ff. de ædil Edict. Etiam Stoici Ca¢trationem improbarunt. Lucian. in Evnuch. Die Aus¢chneidung hat auch Key¢er Domitianus ¢charff verbothen. Sueton. in Domitian. c. 7. und zwar zu Verachtligkeit ¢eines Brudern Titi, der ¢ie geliebet. Xiphilin. in Domitian. be¢iehe Martial. l. 6. Epigr. 2. Hieher gehoret der artliche Orth Ulpiani L. 27. ad L. Aquil. ¢i puerum quis ca¢traverit & pretio¢iorem fecerit, Vivianus ¢cribit, ce¢¢are Aquiliam ¢ed Injuriarum erit agendum aut ex Edicto Ædilium. !158" v. 617. Sie ¢pern zum Sterben uns ja tau¢end Thuren auf.) Seneca Epi¢t. 71. & 118. & lib. 3. de Irâ c. 15. v. 625. Sich ¢elber todten/ ruhrt ¢elb¢t vom Verhangnuß’ her.) Fato ad¢cribitur etiam mors voluntaria. Valer. lib. 19. c. 6. n. 8. & mortem voluntariam fatalem metam appellat Petron. in Satyr. horaque, ´ qua quis ¢e interficit dicitur fatalis. Sveton. in Neron. c. 49. & genus mortis voluntariæ via Fati, á Quintil. declam. 17. v. 664. Sie war umb Geld ja dem Tarquin zu theuer.) Welcher ge¢talt Tarquinius Superbus einem alten Weibe drey Sybillini¢che Bucher ¢o hoch/ als ¢ie Anfangs ihrer neun gebothen/ und biß auf drey verbrennet/ be¢chreibt Gellius lib. 1. cap. 19. v. 667. 668. Geh liß bey Cumens Klufft die Palmen-Bletter auf.) Welcher Ge¢talt die Sibylla auf Oel- oder Palmen-Bletter ihre Wei¢¢agungen aufge¢chrieben/ erklaret Taubman. ad v. 444. lib. 3. Æneid. Virgil. 737 738 740 744 745 748 750 755 759
612.] 618. ABCD 613.] 619. ABCD 614.] 620. ABCD ¢ie] fie A ¢ie BCD 2.] 11. ABCD 617.] 623. ABCD 625.] 631. ABCD 664.] 670. ABCD 667.668.] 673.674. ABCD
743 745 750 751 753
c.] cap. CD artliche] fehlt BCD L. 27.] L. 27. § 28. BCD Verhangnuß’] Verhangniß CD c.] cap. CD c.] cap. BCD
Geh liß] Geh-biß A Geh biß BCD Geh lis Text
Anmerckungen zu IV
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v. 612. Kein Men¢ch i¢t Herr uber ¢eine Glieder] Digesta 9,2,13, Praef. v. 613. Mag uber ¢einen Leib doch wutten auch ein Knecht] Digesta 15,1,9,7. v. 614. Jhn ¢trafft/ wenn er ¢ich nur ver¢timmelt/ Herr und Recht] Digesta 21,1,23,3. – Herkunft des lateinischen Satzes „Etiam Stoici !…"“ nicht ermittelt: „Auch die Stoiker haben die Kastration mißbilligt.“ – Lukian, Eunuchus 7. – Sueton, Vitae Caesarum: Domitianus 7,1. – Cassius Dio, Historia Romana 67,2,3; nach Joannes Xiphilinus, E Dione excerptae historiae, ed. H. Stephanus (Genf 1592), S. 230 D. – Martial 6,2. – Digesta 9,2,27,28: „Wenn jemand einen !Sklaven-"Knaben verschnitten und ihn ! dadurch" wertvoller gemacht hat, so, schreibt Vivianus, findet das Aquilische Gesetz keine Anwendung. Man wird aber eine Injurienklage erheben können oder eine Klage aus dem aedilitischen Edikt.“ v. 617. Sie ¢pern zum Sterben uns ja tau¢end Thuren auf] Seneca, Epistulae morales 70,15–28; 117,22–24. – Seneca, De ira 3,15,3–4. v. 625. Sich ¢elber todten/ ruhrt ¢elb¢t vom Verhangnuß’ her] Der ganze lateinische Satz mit den darin eingeschlossenen Literaturhinweisen vermutlich irgendeinem zeitgenössischen Kommentarwerk entlehnt: „Dem Schicksal wird auch der Freitod zugeschrieben (Valerius, Buch 19, Kap. 6, § 8), und Petronius nennt im Satyricon den Freitod ‚Zielpunkt des Schicksals‘; die Stunde, in der jemand sich umbringt, wird Schicksalsstunde genannt (Sueton in der Nero-Vita, Kap. 49), und Quintilian (Declamatio 17) spricht bei der Todesart des Selbstmords von einem ‚Weg des Schicksals‘.“ Nachweise für die genannten Autoren: Valerius Maximus, Facta et dicta 2,6,7–8; Petronius, Satyricon 94,8; Sueton, Vitae Caesarum: Nero 49,2; Pseudo-Quintilian, Declamationes XIX maiores 17,5. v. 664. Sie war umb Geld ja dem Tarquin zu theuer] A. Gellius, Noctes Atticae 1,19. v. 667. 668. Geh liß bey Cumens Klufft die Palmen-Bletter auf] P. Virgilius Maro, Opera omnia, cum commentario F. Taubmanni (Wittenberg 1618), S. 530 f. (zu Aeneis 3,444).
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Epicharis
v. 680. Soll/ ewigs Rom/ mein Spiegel lehren dich.) Dergleichen SichtSpiegel ¢oll die Konigin in Franckreich Catharina Medicea gehabt haben; von welchem Pierre Matthieu á l’Hi¢toire de la mort d’Henry IV. p. 44. 45. Die¢es erzehlet: On a oüy dire á la Mare¢challe de Raiz, que la Royne Caterine de¢ireu¢e de ¢çavoir que deviendroient ¢es enfans, & qui leur ¢uccederoit, celuy qui entreprenoit de l’en as¢urer, luy fit voir en un miroir repre¢entant une ! 159" ¢alle, en la quelle chacun fit autant de tours, qu’il devoit regner années, & que le Roy Henry III. ayant fait les ¢iens, le Duc de Gui¢e le traver¢a comme un e¢clair, puis le Prince de Navarre ¢e pre¢enta en fit vingt-deux, & incontinent apres di¢parut. v. 701. Der Cajus war zur Natter mir gebohren.) von die¢em hat Tiberius wahrge¢agt. Exitio ¢uo omniumque ´ Cajum vivere, & ¢e natricem Pop. Rom. Phäethontem orbi terrarum educare. Auf die¢e Arth nennet Plinius die zwey Agrippinen: faces generis humani. Die ubrigen Bildnu¢¢e derer er¢ten Zwolf Key¢er ¢ind von der Aehnligkeit ihres Lebens genommen. Zu de¢¢en Auslegung dienet der Orth des Seneca. Epi¢t. 104. Erras, ¢i i¢torum tibi, qui occurrunt, vultibus credis: hominum effigies habent, animos ferarum: ni¢i quod illarum pernicio¢ior e¢t primus incur¢us, quos transiere, non quærunt. Und Boëtius de Con¢olat. lib. 4. Ver¢i in malitiam, humanam quoque ´ ami¢ere naturam. Evenit igitur, ut quem transformatum vitiis videas, hominem æ¢timare non po¢¢is. Fuhrnehmlich aber erklaret dis der ¢chone und vollkommen hieher zu ¢etzen wurdige Ohrt des Marino, nella Pittura. part. 1. p. 31. 32. Prohibiva¢i ne’ Simboli Pitagorici il portare impre¢¢a l’imagine di Dio nell’annello, accioche per la ¢overchia frequenza non ¢i veni¢¢e ad auvilire. Mà quanto
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680.] 686. ABCD Konigin] Konigen A Konigin BCD années] aune es A anneés A(Errata)B années CD vingt-deux] vingt, deux AB vingt deux CD 701.] 707. A fehlt BCD zur] zum ABCD zur Text Exitio] Exilio ABCD tran¢iere,] tran¢ire ABCD auvilire] auvitire A auvilire BCD
766 775 780 784
Royne] Reyne CD de¢ireu¢e] de¢ireu¢e de Raiz, que la Royne Caterine de¢ireu¢e B Bildnu¢¢e] Bildni¢¢e CD quos] quod BCD lib.] libr. BCD 31.32.] 3.31. CD
Anmerckungen zu IV
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v. 680. Soll/ ewigs Rom/ mein Spiegel lehren dich] P. Matthieu, Histoire de la mort deplorable de Henri IV (Paris 1613), S. 56 f.: „Man hat den Marschall de Raiz sagen hören, daß die Königin Katharina begierig gewesen sei, zu wissen, was aus ihren Kindern werden und wer ihnen folgen würde. Derjenige, der es unternahm, ihr hierüber Gewißheit zu verschaffen, habe sie in einen Spiegel blicken lassen, der einen Saal darstellte, in dem jeder ebenso viele Runden machte, wie er Jahre regieren sollte. Als König Heinrich III. die seinen absolviert hatte, fuhr der Herzog von Guise durch ihn hindurch wie ein Blitz. Sodann stellte sich der Fürst von Navarra ein, machte 22 Runden und verschwand danach sogleich.“ v. 701. Der Caius war zur Natter mir gebohren] Der Ausspruch des Tiberius nach Sueton, Vitae Caesarum: Caligula 11: „Daß Gaius (Caligula) am Leben sei, bedeute seinen ! = des Tiberius" und aller Menschen Untergang, und er ziehe dem römischen Volk eine Schlange, dem Erdkreis einen Phaëthon heran.“ – Plinius, Nat. hist. 7,45: „Geißeln des Menschengeschlechts“ (damit sind hier aber nicht, wie L. will, die beiden Agrippinen selbst, sondern die von ihnen geborenen Kaiser Caligula und Nero gemeint). – Seneca, Epistulae morales 103,2: „Du irrst, wenn du den Gesichtern derer, die dir begegnen, vertraust. Sie haben die Gesichter von Menschen, die Wesensart wilder Tiere: Nur daß bei diesen der erste Angriff gefährlicher ist; denen, an denen sie vorübergegangen sind, wollen sie nichts anhaben.“ – Boethius, De consolatione philosophiae 4, Prosa 3,11–12: „Diejenigen, die sich der Bosheit zugewandt haben, haben auch die menschliche Natur eingebüßt. So kommt es, daß du den, den du von Lastern verwandelt siehst, nicht als einen Menschen ansehen kannst.“ – G. Marino, Le dicerie sacre (Venedig 1664), Diceria I: La pittura, parte prima, S. 42 f.: „In den !bildlichen" Symbolen der Pythagoreer wurde verboten, das Bild Gottes in einen Ring eingraviert zu tragen, damit es durch übermäßig häufigen Gebrauch nicht entwürdigt werde. Um so
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Epicharis
piú ¢i vuole haver riguardo á quella che dentro l’anima no¢tra portiamo, ! 160" perche nel fango del peccato & nelle Sozzure del ¢en¢o non s’imbrutti, onde perda la divina ¢omiglianza, tirando alla Somiglianza de’ bruti. Que¢ta é la trasformatione de’ Compagni d’Uli¢¢e in fiere. Que¢ta è la metamorfo¢i degli Iddii in be¢tie, Jumentum factus ¢um apud te (P¢. 62.) mi¢ticamente inte¢a per coloro, che data totalmente in preda della Sen¢ualitá ¢ottomettono al appetito la ragione. Que¢ta é la Palingene¢ia & la Metemp¢icho¢i Pitagorica & Platonica, cioé á dire il trapas¢amento dell’anime no¢tre alla natura be¢tiale: quandunque l’anima no¢tra da’ vitii ¢ovrapre¢a perde l’u¢o dell’Intelletto, & fatta ¢erva degli affetti irragionevoli, in certo modo ¢i dishumana & prende qualitá ferina ¢econdo la diver¢itá delle malitio¢e inclinationi. Il ¢uperbo ¢i trasforma in Leone , il rabbio¢o in Tigre , il rapace in Lupo , il mordace in Cane , l’in¢idio¢o in Volpe , l’orgoglio¢o in Toro , il la¢civo in Porco , il ritro¢o in Aspido .
Die funffte Abhandlung.
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v. 21. 22. 23. 24. Wie/ daß die Furcht den Hir¢ch/ die Flucht die Taube ¢chutzt.) Senec. l. 2. de Ira c. 16. Animalia genero¢is¢ima habentur, quibus multum ine¢t Iræ. Errat, qui ea in exemplum hominis adducit, quibus pro ratione e¢t impetus: homini pro impetu ratio e¢t. Sed nec illis quidem omnibus idem prode¢t. Iracundia Leones adjuvat, pavor Cervos, Accipitrem !161" impetus, Columbam fuga. Und lib. 4. de Benefic. c. 18. Cæteris animalibus in tutelam ¢ui ¢atis virium e¢t: quæcunque ´ vaga na¢cuntur & actura vitam ¢egregem, armata ¢unt. Hominem imbecillitas cingit, non ungvium vis, non dentium, terribilem cæteris fecit. Nudum & infirmum Societas munit. Duas res dedit, quæ illum obnoxium cæteris, validi¢¢imum facerent, Rationem & Societatem, &c. 787 789 793 795 796 798
vuole] vudle AB vuole CD perda] per da AB perda CD é la] é AB è CD alla] ulla AB alla CD ¢ovrapre¢a] ¢ovrape¢a ABC fovrape¢a D perde] per de AB perde CD Leone] Lione ABCD
787 788 795 796 803 807
dentro] dento B nelle] uelle B quandunque] quantumque CD affetti] affe¢ti B affecti CD c.] cap. CD c.] cap. BCD
Anmerckungen zu V
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mehr aber will man acht haben auf dasjenige, das wir in unserer Seele tragen, damit es im Kot der Sünde und im Schmutz der Sinne nicht häßlich werde, wodurch es die Ähnlichkeit mit Gott verlöre und Ähnlichkeit mit Bestien annähme. Das ist die Verwandlung der Gefährten des Odysseus in wilde Tiere. Das ist die Metamorphose von Göttern zu Tieren. ‚Jumentum factus sum apud te‘ !‚Ich war ein Tier vor dir‘" (Ps 72,22): mystisch zu verstehen von denjenigen, die völlig zur Beute der Sinnlichkeit geworden sind und die Vernunft der Begierde unterordnen. Das ist die pythagoreische und platonische Wiedergeburt und Seelenwanderung, d. h. der Übergang unserer Seelen in die tierische Natur, wenn unsere Seele, von Lastern überwältigt, den Gebrauch des Verstandes verliert und sich, zur Sklavin der vernunftlosen Affekte gemacht, auf gewisse Weise entmenschlicht und tierische Wesensart annimmt entsprechend der Verschiedenheit der bösen Neigungen. Der Hochmütige verwandelt sich in einen Löwen, der Wütende in einen Tiger, der Raubgierige in einen Wolf, der Bissige in einen Hund, der Hinterhältige in einen Fuchs, der Stolze in einen Stier, der Unzüchtige in ein Schwein, der Widerspenstige in eine Schlange.“
Die fünffte Abhandlung v. 21. 22. 23. 24. Wie/ daß die Furcht den Hir¢ch/ die Flucht die Taube ¢chutzt] Seneca, De ira 2,16,1: „‚Als die edelsten Tiere gelten diejenigen, denen viel Zorn innewohnt.‘ Im Irrtum befindet sich, wer als Vorbild für den Menschen Lebewesen anführt, bei denen der Trieb die Stelle der Vernunft einnimmt; beim Menschen nimmt die Stelle des Triebes die Vernunft ein. Doch nicht einmal jenen Lebewesen ist in ihrer Gesamtheit das gleiche zuträglich. Zorn hilft dem Löwen, Scheu dem Hirsch, dem Habicht Angriff, der Taube Flucht.“ – Seneca, De beneficiis 4,18,2: „Die übrigen Lebewesen haben genügend Kräfte, um sich zu schützen. Alle Lebewesen, die auch immer irgendwo in freier Natur zur Welt kommen und ein abgesondertes Leben führen werden, sind bewaffnet. Den Menschen gürtet Gebrechlichkeit; keine Kraft der Krallen, keine der Zähne hat ihn den übrigen Lebewesen zum Schrecken gemacht. Ihn, der nackt und kraftlos ist, schützt die Gemeinschaft. Zwei Dinge hat ihm !der Gott" verliehen, die ihn, der allen übrigen Lebewesen unterlegen ist, äußerst stark machen sollten: Vernunft und Gemeinschaft. Usw.“
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Epicharis
v. 29. Ver¢charren auch Thiere doch den Fußpfad umb ihr Ne¢t.) Seneca Epi¢t. 69. Gloriari otio iners ambitio e¢t. Animalia quædam, ne inveniri po¢¢int, ve¢tigia ¢ua circa cubile ip¢um confundunt. v. 39. 40. Auch dem Vertheidigten reckt Cicero den Nacken.) Senec. lib. 1. de tranquill. vitæ c. 17. Ut Socrates cogitur in carcere mori, Rutilius in exilio vivere, Pompejus & Cicero Clientibus ¢uis præbere cervicem. Be¢iehe ihn lib. 7. Controver¢. 2. Allda er die¢es von dem Popilio ausleget. v. 41. Nichts i¢t ¢o herb’/ aus dem ein Wei¢er nicht ¢chopft Tro¢t.) Nihil tàm acerbum, in quo non æqvus animus ¢olatium inveniat. Senec. l. 1. de tranq. vitæ, c. 10. v. 45. Man kan den Wei¢en Leid und Unrecht nicht thun an.) Hiervon hat Seneca lib. 2. ad Serenum: In Sapientem non cadere Injuriam, ein gantz Buch ge¢chrieben. v. 51. ¢eqq. Laß jenen Wutterich den Tag mit Pfeilen ¢chwartzen.) Senec. alleg. libr. 2. ad Seren. ! 162" c. 4. Quid tu putas, cum ¢tolidus ille Rex multitudine telorum diem ob¢curas¢et, ullam ¢agittam in Solem incidi¢¢e? aut demi¢¢is in profundum catenis Neptunum potui¢¢e contingi? ut cœle¢tia humanas manus effugiunt, & ab his, qui templa diruunt, aut ¢imulacra conflant, nihil Divinitati nocetur: ita quicquid fit in ¢apientem protervè, petulanter, ¢uperbe, fru¢tra tentatur. Von die¢em des Xerxes thorichtem Beginnen/ und wie er dem Meere 300. Streiche mit Rutten habe geben/ den Berg Athos: Daß man ihn durch¢chiffen konnen/ durchgraben laßen/ ¢chreibet auch Herodot. lib. 7. und Ju¢tin. lib. 2. v. 66. ¢eqq. Als Megara durch Glutt/ des Stilpons Haus durch Brand.) Hiervon meldet Senec. d. l. 2. ad Seren. c. 5.
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ihn] ihn. AB ihn CD inveniat.] inveniat ABCD conflant] con¢tant AB conflant CD Stilpons] Stilpans AB Stilpons CD
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Ver¢charren] Ver¢charrn CD c.] cap. CD c.] cap. CD lib.] libr. BCD c.] cap. BCD humanas manus] humanus B manus CD Streiche] Streichen CD c.] cap. BCD
Anmerckungen zu V
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v. 29. Ver¢charren auch Thiere doch den Fußpfad umb ihr Ne¢t] Seneca, Epistulae morales 68,3–4: „Sich der Muße zu rühmen, ist ein nichtsnutziger Ehrgeiz. Manche Tiere verwischen gerade an ihrem Schlafplatz die Spuren, damit man sie nicht finden kann.“ v. 39. 40. Auch dem Vertheidigten reckt Cicero den Nacken] Seneca, De tranquillitate animi 16,1: „Z. B. ist Sokrates gezwungen, im Kerker zu sterben, Rutilius, im Exil zu leben, Pompejus und Cicero, ihren eigenen Schützlingen den Nacken darzubieten.“ – Seneca d. Ä., Controversiae 7,2. v. 41. Nichts i¢t ¢o herb’/ aus dem ein Wei¢er nicht ¢chopft Tro¢t] Seneca, De tranquillitate animi 10,4: „Nichts ist so bitter, daß ein gleichmütiger Geist darin nicht Trost fände.“ v. 45. Man kan den Wei¢en Leid und Unrecht nicht thun an] Seneca, De constantia sapientis. Diese Serenus gewidmete Schrift handelt davon, „daß den Weisen kein Unrecht treffen könne“. v. 51 seqq. Laß jenen Wutterich den Tag mit Pfeilen ¢chwartzen] Ebd. 4,2: „Was denn? Du meinst, als jener alberne König mit der Menge der Geschosse den Tag verdunkelt hatte, habe auch nur ein einziger Pfeil die Sonne getroffen, oder Neptun habe von den in die Tiefe des Meeres herabgelassenen Ketten berührt werden können? Wie Himmlisches sich menschlichen Händen entzieht und von denen, die Tempel zerstören oder Götterbilder einschmelzen, der Gottheit keinerlei Schaden zugefügt wird, so wird, was immer gegen den Weisen auf unverschämte, freche, überhebliche Art getan wird, vergeblich unternommen.“ – Herodot 7,35. – Justinus, Epitoma 2,10,24. v. 66 seqq. Als Megara durch Glutt/ des Stilpons Haus durch Brand] Seneca, De constantia sapientis 5,6.
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Epicharis
v. 77. Und das ge¢chenckte Nichts ihm wieder bitten.) Die furtreffliche Rede des Seneca, da er dem Nero die ge¢chenckten Gutter wieder geben wollen/ und die ¢chone Ab¢chlagungs Antwort des Nero hat Tacit. 14. Ann. 53. 54. ! 55. 56." v. 99. 100. Præxa¢pes heuchelt dir.) Seneca erzehlet lib. 3. de Irâ c. 14. die ge¢chicht al¢o: Camby¢en Regem nimis deditum vino, Præxa¢pes unus ex charis¢imis monebat, ut parcius biberet: turpem e¢¢e dicens ebrietatem in Rege quem oculi omnium auresque ´ ¢equerentur. Ad hoc ille: Ut ¢cias, inquit, quemadmodum nunquam excidam mihi, approbabo jam & oculos po¢t vinum in officio e¢¢e & manus. Bi !163"bit deinde liberalius, quam alias capacioribus cyphis: & jam gravis & vinolentus, objurgatoris ¢ui filium procedere ultra limen jubet, allevataque ´ ¢uper caput ¢ini¢trâ manu ¢tare. Tunc intendit arcum, & ip¢um cor adole¢centis (id enim ¢e ¢e petere dixerat) figit, reci¢oque ´ pectore hærens in ip¢o corde ¢piculum o¢tendit: ac re¢piciens patrem, an ¢atis certam haberet manum interrogavit: At ille negavit: Apollinem certius potui¢¢e dimittere. Dii illum malè perdant animo magis, quam conditione mancipium. Ejus rei laudator fuit, cujus nimis erat ¢pectatorem fuis¢e. v. 102. Dem an des Konigs Ti¢ch der Kinder Flei¢ch gutt ¢chmeckt.) Seneca. ibid. c. 15. Non dubito, quin Harpagus quoque ´ tale aliquid Regi ¢uo Per¢arumque ´ ¢va¢erit, quo offen¢us, Liberos illi epulandos appo¢uit & ¢ubinde quæ¢iit, an placeret conditura. Deinde, ut ¢atis illum plenum malis ¢uis vidit, afferri capita illorum ju¢¢it, & quomodo e¢¢et acceptus, interrogavit. Non defuerunt mi¢ero verba, non os concurrit. Apud Regem inquit, omnis cœna jucunda e¢t.
842 849 850 851 857
!55.56."] fehlt ABCD vinolentus] vinolentius AB vinolentus CD jubet] jubst A jubet BCD caput] eaput A caput BCD ¢e petere] ¢epetere AB ¢e petere CD 102.] 103. ABCD Dem] Denn ABCD Dem Text
842 843 844 849 856 858 863
Ann.] Annal. BCD c.] cap. CD ge¢chicht] Ge¢chichte D cyphis] ¢cyphis CD fuis¢e.] fui¢¢e. Horn. Orb. Pol. p. 3. pag. 12. BCD c.] cap. BCD e¢t.] e¢t. Horn. Orb. Polit. part. 3. p. 11. BCD
Anmerckungen zu V
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v. 77. Und das ge¢chenckte Nichts ihm wieder bitten] Tacitus, Annales 14,53–56. v. 99. 100. Praexa¢pes heuchelt dir] Seneca, De ira 3,14,1–3: „Den König Kambyses, der allzu sehr dem Wein ergeben war, ermahnte Praexaspes, einer seiner liebsten Gefährten, maßvoller zu trinken; er sagte, bei einem Könige, dem die Augen und Ohren aller folgten, sei Trunkenheit eine Schande. Darauf sagte jener: ‚Damit du erfährst, wie ich niemals die Gewalt über mich verliere, werde ich dir jetzt beweisen, daß sowohl meine Augen wie meine Hände nach dem Wein ihren Dienst erfüllen.‘ Darauf trank er ausgiebiger als sonst aus Bechern mit größerem Fassungsvermögen; und als er bereits schwer beladen und betrunken war, befahl er, daß der Sohn seines Tadlers über die Schwelle treten und stehen bleiben solle, die linke Hand über den Kopf erhoben. Sodann spannte er den Bogen und durchbohrte genau das Herz des jungen Mannes (er hatte nämlich gesagt, daß er darauf ziele), und als man die Brust aufgebrochen hatte, zeigte er den genau im Herzen steckenden Pfeil, und den Vater anblickend fragte er, ob er denn eine ausreichend sichere Hand habe. Dieser aber versicherte, Apollo hätte nicht treffsicherer schießen können. Die Götter sollen jenen Mann verderben, der eher seiner Gesinnung als seiner Lage nach ein Sklave war! Er war der Lobredner einer Sache, deren Zuschauer gewesen zu sein, schon zuviel war.“ v. 102. Dem an des Konigs Ti¢ch der Kinder Flei¢ch gutt ¢chmeckt] Ebd. 3,15,1: „Ich zweifle nicht, daß auch Harpagus etwas Derartiges seinem und der Perser Könige geraten hat. Aus Beleidigung darüber setzte ihm dieser seine != des Harpagus" Kinder zum Essen vor und fragte darauf, ob ihm die Zubereitung munde. Sodann, als er sah, daß jener zur Genüge gesättigt war von seinen Leiden, ließ er die Köpfe jener Kinder herbeibringen und fragte, wie denn seine Bewirtung gewesen sei. Dem Elenden fehlten nicht die Worte, schloß sich nicht der Mund. ‚Bei einem Könige‘, sagte er, ‚ist jede Mahlzeit angenehm.‘“
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Epicharis
v. 111. 119. 122. So ¢chaumt Suillius auf mein un¢chuldig Leben.) Was fur grau¢ame La¢ter P. Suilius dem Seneca aufgeburdet/ be¢chreibt Tacitus 13. Ann. c. 42. Noch arger ¢chmahet ihn Xiphilinus in Neron. p. m. 161. 162. Und was noch neulich von ihm geurtheilt worden/ i¢t aus des Ma¢caron Vorrede á la mort & les dernie!164"res paroles de Seneque ´ zu ¢ehen; Da¢elb¢t: Il e¢t bien honteux á nos derniers ¢iecles d’avoir encheri en mesdi¢ance ¢ur tous les autres, qui les ont precedés, & d’avoir produit un ENCOMIUM NERONIS, ou Cardan de¢charge ¢a bile contre Seneque, ´ & loüe Neron avec tant de froideur & d’effronterie, qu’on peut dire de luy la mesme cho¢e, qu’I¢ocrate de celuy, qui avoit fait un Panegyre pour Bu¢iris: que ¢i Neron e¢toit encore en vie, il le recompen¢eroit comme il faut de ¢a peine, & le feroit bien repentir de l’avoir ¢i mal loüe. Aule Gelle a attaqué l’e¢prit & les ouvrages de Seneque avec la mesme liberté, que Dion employe contre ¢es moeurs, car il va jusques á cet excés, que de l’appeller e¢crivain inepte, in¢ipide & broüillon: quelque re¢pon¢e pourtant, que merite cét in¢upportable mespris, je me contenteray de dire, qu’il s’en faut beaucoup qu’Aule-Gelle ne vaille celuy, qu’il injure plu¢to¢t, qu’il ne le reprend. Und M. de Bal¢ac au Entretien V. chap. 5. p. 141. Seneque ´ arma la cruauté de Neron par ce, qu’il luy fournit des armes, pour la deffendre publiquement, & que les boucliers ne ¢ont pas moins des armes, que les E¢pées. v. 128. Der Lauf der Sternen kehrt ¢ich auch der Welt entgegen.) Sen. d. l. 2. ad Seren. c. 14. Ut Sidera contrarium mundo iter intendunt, ita ¢apiens adver¢us opinionem omnium vadit. ! 165" 866 870 874 875 875 879 883
Xiphilinus] Xiphilinius AB Xiphilinus CD precedés] precedes’ A precedes B precedés CD recompen¢eroit] recompen¢ervit AB recompen¢eroit CD bien] bien, ABCD a] á A in¢upportable] in ¢upportable AB in¢upportable CD les (das erste)] le AB les CD
865 866 867 868 870 875 880 882 883 884 885
aufgeburdet] aufgeburtet B Ann.] Annal. BCD c.] cap. CD geurtheilt] geurtheilet CD paroles] parales B produit] poduit BCD l’avoir … attaqué] fehlt BCD le] fehlt BCD armes] armet B pas] pars BCD kehrt] kehet B c.] cap. CD
Anmerckungen zu V
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v. 111. 119. 122. So ¢chaumt Suillius auf mein un¢chuldig Leben] Tacitus, Annales 13,42. – Cassius Dio, Historia Romana 61,10; nach Joannes Xiphilinus, E Dione excerptae historiae, ed. H. Stephanus (Genf 1592), S. 161 f. – P.A. Mascaron, La mort et les dernieres paroles de Seneque ´ (Paris 21639), Bl. e3r-e3v: „Es ist eine große Schande für unsere letzten Jahrhunderte, in der üblen Nachrede alle übertroffen zu haben, die ihnen vorausgegangen sind, und daß sie ein ‚Lob Neros‘ hervorgebracht haben, in dem Cardano seinem Ärger über Seneca Luft macht und Nero mit einer derartigen Unverfrorenheit und Dreistigkeit lobt, daß man von ihm dasselbe sagen kann wie Isocrates von dem, der einen Pangeyrikus auf Busiris gemacht hatte: daß Nero, wenn er noch am Leben wäre, ihn für seine Mühe gebührend belohnen und dafür sorgen würde, daß er bereute, ihn so unpassend gelobt zu haben. Aulus Gellius hat den Geist und die Werke Senecas mit der gleichen Ungeniertheit angegriffen, mit der Dio seinen Lebenswandel kritisiert, denn er geht so maßlos vor, daß er ihn einen läppischen, faden und konfusen Schriftsteller nennt. Indes, welche Antwort diese unerträgliche Mißachtung auch immer verdienen möge, ich werde mich damit begnügen zu sagen, daß viel daran fehlt, daß Aulus Gellius dem das Wasser reichen könnte, den er eher beschimpft als tadelt.“ – H. Cardanus (G. Cardano), Encomium Neronis, ed. N. Eberl (Berlin 1994), S. 140 ff. – Isocrates, Oratio 11 (Busiris) 6. – A. Gellius, Noctes Atticae 12,2 – J.L. Guez de Balzac, Entretiens (Leiden 1659), Entretien 5, chap. 5, S. 141: „Seneca bewaffnete die Grausamkeit Neros, weil er ihm Waffen lieferte, sie öffentlich zu verteidigen, und weil Schilde nicht weniger Waffen sind als Schwerter.“ v. 128. Der Lauf der Sternen kehrt ¢ich auch der Welt entgegen] Seneca, De constantia sapientis 14,4: „Wie die Sterne einen der Welt entgegengesetzten Weg verfolgen, so schreitet der Weise in der Gegenrichtung zur Meinung aller.“
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Epicharis
v. 130. 131. Auch Socrates verkehrt in Lachen.) Senec. ib. c. 18. Socrates comœdiarum publicatos in ¢e, & ¢pectatos ¢ales in partem bonam accepit ri¢itque ´ non minus, quam cum ab uxore Xantippe immundâ aqua perfunderetur. At Iphicrates, cui mater barbara & Thres¢a objiciebatur, re¢pondit, & Deorum matrem Idæam e¢¢e. v. 133. 134. Wie die Welt bewand i¢t uber Mond’ und Luft.) Senec. Epi¢t. 60. in fin. Talis e¢t Sapientis animus, qualis mundi ¢tatus ¢uper Lunam. Semper illic ¢erenum e¢t. v. 148. Nicet gib mir den Dolch/ Palur den letzten Willen.) Des Seneca Tod be¢chreibet ausfuhrlich Tac. 15. Ann. c. 61. 62. 63. 64. v. 191. 192. Als Cajus, was ich ¢chrieb.) Caligula Senecam tùm maximè placentem, Commis¢iones meras componere & harenam e¢¢e ¢ine calce dixit. Sveton. in Caligul. c. 53. v. 253. Daß man die Seele nicht ¢atzt mit dem Leibe bey.) Die Un¢terbligkeit der Seele lehret Senec. Epi¢t. 36. ausdrucklich: veniet iterum, qui nos in lucem reponat, dies. Das ausdruckliche Wider¢piel aber Epi¢t. 55. Mors e¢t, non e¢¢e. Id quale ¢it, jam ¢cio: hoc erit po¢t me, quod ante me fuit, &c. Und in Epi¢t. 24. verlacht er die Hellen-Martern. Non ¢um tàm ineptus, ut Epicuream cantilenam hoc loco per¢equar, & dicam, vanos e¢¢e Inferorum metus, nec Ixionem rota volvi, nec ¢axum humero Si¢yphi trudi in adver¢um, nec ullius vi¢cera rena¢ci !166" po¢¢e quotidiè & carpi. Nemo tam puer e¢t, ut Cerberum timeat & tenebras, & Larvarum habitum nudis o¢¢ibus cohærentium. v. 258. 259. 260. Wie daß der letzte Tropff.) Senec. ibid. Quemadmodum clep¢ydram non extremum ¢tillicidium exhaurit, ¢ed quicquid ante defluxit: ¢ic ultima hora, qua de¢inimus, non ¢ola mortem facit, ¢ed illam con¢ummat. v. 343. 344. Mir und dem Cato i¢t’s nicht ¢chimpflicher.) Tam turpe e¢t Catoni mortem ab ullo petere, quam vitam. Senec. libr. de mund. gubern. c. 2.
910 Senec.] Sec. A Senec. BCD 911 clep¢ydram] clep¢ydra ABCD 887 892 896 899 900 904 915
c.] cap. CD Luft] Lu¢t B Tac.] Tacit. C c.] cap. C 253.] 53. CD Hellen-Martern] Hollen-Martern BCD c.] cap. BCD
Anmerckungen zu V
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v. 130. 131. Auch Socrates verkehrt in Lachen] Ebd. 19,1: „Sokrates nahm die gegen ihn in die Öffentlichkeit gebrachten und auf ihn gemünzten Witze der Komödie von der guten Seite auf und lachte nicht weniger über sie, als wenn er von seiner Frau Xanthippe mit Schmutzwasser übergossen worden wäre. Iphikrates aber, dem man seine ausländische, aus Thrakien stammende Mutter vorwarf, antwortete, auch die Göttermutter stamme vom Ida.“ v. 133. 134. Wie die Welt bewand i¢t uber Mond’ und Luft] Seneca, Epistulae morales 59,16: „Des Weisen Seele ist so beschaffen wie der Zustand der Welt oberhalb des Mondes. Stets ist es dort heiter.“ v. 148. Nicet gib mir den Dolch/ Palur den letzten Willen] Tacitus, Annales 15,61–64. v. 191. 192. Als Cajus, was ich ¢chrieb] Sueton, Vitae Caesarum: Caligula 53,2: „Caligula sagte, daß Seneca, der damals sehr beliebt war, reine Prunkreden verfasse und Sand ohne Kalk sei.“ v. 253. Daß man die Seele nicht ¢atzt mit dem Leibe bey] Seneca, Epistulae morales 36,10: „Der Tag wird wiederum kommen, der uns ins Licht zurückbringt.“ – Ebd. 54,4: „Tod bedeutet, nicht zu sein. Wie dies beschaffen ist, weiß ich schon; nach mir wird das sein, was vor mir gewesen ist. Usw.“ – Ebd. 24,18: „Ich bin nicht so einfältig, an dieser Stelle der alten Leier der Epikureer zu folgen und zu sagen, die Schrecken der Unterwelt seien nichtig: Ixion drehe sich auf keinem Rad, kein Stein werde von der Schulter des Sisyphus bergauf geschoben, keines Menschen Eingeweide könnten täglich nachwachsen und abgefressen werden. Niemand ist so kindlich, den Zerberus und die Dunkelheit zu fürchten und den Aufzug von Gespenstern, die aus nackten Knochen zusammenhängen.“ v. 258. 259. 260. Wie daß der letzte Tropff] Ebd. 24,20: „So wie nicht der letzte Tropfen die Wasseruhr leer macht, sondern alles, was vorher abgeflossen ist, so macht die letzte Stunde, in der wir endigen, nicht für sich allein den Tod aus, sondern sie vollendet ihn.“ v. 343. 344. Mir und dem Cato i¢t’s nicht ¢chimpflicher] Seneca, De providentia 2,10: „Für Cato ist es ebenso schimpflich, von irgendwem den Tod zu erbitten wie das Leben.“
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Epicharis
v. 359. Poppeens geilen Mund/ der andrer Scham be¢chamet.) Eine Magd der Octaviæ hat dem Tigillin in der Folter geantwortet: ca¢tiora es¢e muliebria Octaviæ, quam os ejus. Tacit. 14. Ann. 60. v. 400. Egnatz ent¢chleu¢t ¢ich Hand und Stahl an Sohn zu legen.) Ma¢caron a la mort de Seneque pag. 80. Egnatius Pere, & fils durant le Triumvirat ¢e voyant pour¢uivis prendrent chacun une e¢pee, & ¢e tuerent l’un l’autre. v. 417. Jn die mit hei¢¢er Flutt gefullte Wanne dich.) Deroge¢talt i¢t auch Seneca ins Kupfer bracht nach der in Borge¢i¢chen Pala¢t bey Rom befindlichen Marmel-Seule. Die¢e be¢chreibt Jacobo Manilli nella Villa Borghe¢e pag. 62. Nella Stanza del Seneca all’altra faccia del muro, trá le due fine¢tre, ¢i vede la ¢tatua antica di Seneca, che ¢tá morendo nel Bagno. Jl Seneca é di marmo nero con vna fa¢cia !167" d’alaba¢tro cotognino, ¢otto la cintura. Jl Bagno é di porfido, per meglio e¢primere il colore, formato dall’aqua me¢chiata co’l ¢angue: e’l va¢o che lo contiene, é opera moderna di pietra d’affricano. Il piede¢tallo, ¢u’l quale po¢a que¢ta Statua, è di marmo bianco à cartocci, con le facce, e co’l piano di ¢opra, di verde antico: & il zoccolo, che gli ¢tà di ¢otto, è di porfido. Vien que¢ta famo¢a ¢tatua me¢¢a in mezzo à due colonne antiche di marmo nero, alte dieci palmi; le quali han di ¢opra, in luogo di capitelli, due ¢tatuette di Gladiatori, di quattro palmi d’altezza.
921 prendrent] prindrent ABCD une] un ABCD tuerent C 924 Seneca] Snneca A Seneca BCD 927 che ¢tá] che¢tá AB che ¢tà CD 927–928 Bagno.] Bagno AB Bagno. CD 931 piede¢tallo,] piede¢tallo. AB piede¢tallo, CD 932 e co] eco AB e co CD 920–921 Triumvirat] Trium virit B 932 facce] faccie CD
tuerent] turrent AB turent D
Anmerckungen zu V
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v. 359. Poppeens geilen Mund/ der andrer Scham be¢chamet] Tacitus, Annales 14,60,3: „Octavias Geschlechtsteil sei reiner als sein Mund.“ v. 400. Egnatz ent¢chleu¢t ¢ich Hand und Stahl an Sohn zu legen] P.A. Mascaron, La mort et les dernieres paroles de Seneque (Paris 21639), S. 80: „Als Egnatius Vater und Sohn sich während des Triumvirats verfolgt sahen, griffen beide zum Schwert und töteten sich gegenseitig.“ v. 417. Jn die mit hei¢¢er Flutt gefullte Wanne dich] J. Manilli, Villa Borghese (Rom 1650), S. 62: „Im Seneca-Zimmer sieht man gegenüber der Mauer, zwischen den beiden Fenstern, die antike Statue Senecas, der sterbend im Bad steht. Seneca ist aus schwarzem Marmor mit einem quittenfarbenen Alabaster-Band unter dem Gürtel. Das Bad ist aus Porphyr, um die Farbe des mit Blut vermischten Wassers besser zum Ausdruck zu bringen, und das Gefäß, das es einschließt, ist eine moderne Arbeit aus afrikanischem Stein. Das Piedestal, auf dem die Statue steht, ist aus weißem Marmor mit Zierrahmen, darauf Gesichter; dessen obere Fläche ist antik grün, der Sockel darunter aus Porphyr. Diese berühmte Statue steht zwischen zwei antiken Säulen aus schwarzem Marmor, die zehn Spannen hoch sind; auf diesen Säulen stehen, anstelle von Kapitellen, zwei Statuetten von Gladiatoren von vier Spannen Höhe.“ Beschreibung dieser vermutlich gegen Ende des 16. Jh.s gefundenen, heute in Paris (Louvre) befindlichen antiken Statue unter Berücksichtigung der nach ihrer Auffindung vorgenommenen Bearbeitungen bei Katrin Kalveram, Die Antikensammlung des Kardinals Scipione Borghese. Worms 1995 (= Römische Studien der Bibliotheca Hertziana 11), S. 122–128, 196 f. u. Abb. 119–122,124. Vgl. auch oben S. 19, Abb. 5 und die Erläuterung hierzu im Kommentarband, S. 644.
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Epicharis
v. 420. ¢eqq. Sind offt durch einen Ball in Schertz und Spiel erblichen.) Foppius ab Æzema lib. 1. di¢¢ert. jur. civil. 17. Æ¢chilus cum effugeret ca¢um domûs, occidebatur conchâ te¢tudinis elabentis ab ungvibus Aquilæ in aëre. Æmilius Lepidus offen¢ione pedis ad limen portæ, Aufidius ex contu¢ione capitis ad januam concilii. Ex Regibus Galliæ olim quis pilâ inter ludendum. Alter quis Regum necabatur incur¢u ¢uis. Et quidem inter fœmora mulierum ex¢pirarunt, Cornelius Gallus prætor, Tigillinus Magi¢ter Excubiarum Romæ, Speu¢ippus Philo¢ophus Platonicus, & olim aliquis ex Pontificibus pejori exemplo. Imperatorum aliquis, dum capillos poliret, ex frictione pectinis. Infelix Bebius Judex cum alteri parti in judicio dierum octo dilationem indulgeret, ne quidem horam ¢uæ vitæ impetra !168"bat, quam eodem momento ex¢pirabat. Cajus Julius Medicus cum oculos ungeret ægroti, eodem momento ¢uos claudebat moriens. v. 437. Erlo¢er Jupiter nim dis mein Opfer an.) Mit gleichmaßigen Worten: Libemus Jovi Liberatori, hat auch Thra¢ea Pœtus ¢ein Leben be¢chlo¢¢en. Tac. 16. Ann. 35. Be¢iehe Lip¢. in l. 15. Ann. n. 128.
937 938 940 942 945
420.] 421. ABCD di¢¢ert.] di¢¢ent. ABCD Lepidus] Lapidus AB Lepidus CD incur¢u] in cur¢u ABCD & olim aliquis ex Pontificibus pejori exemplo.] im Exemplar der UB Wroc ław/Breslau durch Schwärzung unleserlich gemacht, fehlt in BCD; ergänzt nach dem Kölner Exemplar von A 951 437.] 439. ABCD
938 lib.] libr. BCD
Anmerckungen zu V
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v. 420 seqq. Sind offt durch einen Ball in Schertz und Spiel erblichen] Foppius ab Aezema, Dissertationes ex iure civili (Helmstedt 1607), lib. 1, cap. 17, Bl. 26v: „Als Aeschylus dem Einsturz eines Hauses entgangen war, wurde er von dem Panzer einer Schildkröte erschlagen, die den Klauen eines Adlers in der Luft entglitten war. Aemilius Lepidus kam ums Leben, weil er mit dem Fuß an eine Türschwelle stieß, Aufidius, weil er sich den Kopf an der Eingangstür zu einer Versammlung quetschte. Von den Königen Frankreichs kam einstmals einer beim Spiel durch einen Ball zu Tode, ein zweiter durch den Angriff eines Schweins. Und unstreitig hauchten ihr Leben zwischen Frauenschenkeln aus: der Praetor Cornelius Gallus, Tigellinus, der Vorsteher der Wachmannschaft zu Rom, der platonische Philosoph Speusippus sowie dermaleinst irgendeiner von den Päpsten, damit ein sehr übles Beispiel gebend. Irgendein Kaiser starb, als er sich die Haare kämmte, an der Reibung des Kammes. Als der unglückliche Richter Bebius einer der beiden Parteien bei der Gerichtsverhandlung einen Aufschub von acht Tagen gewährte, erlangte er nicht einmal eine Stunde Aufschub für sein eigenes Leben, das er im selben Augenblick aushauchte. Als der Arzt Gaius Julius die Augen eines Kranken salbte, schloß er die seinen im selben Moment im Tode.“ v. 437. Erlo¢er Jupiter nim dis mein Opfer an] Tacitus, Annales 16,35,1: „Wir wollen Jupiter, dem Befreier, ein Opfer bringen.“ – Tacitus, Opera quae exstant, ed. J. Lipsius (Antwerpen 1600): Liber commentarius (mit eig. Titelbl. u. eig. Pagin. dem Textteil folgend), S. 235, Anm. 128.
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980
Epicharis
v. 471. 472. 473. 474. Der von dem Kirchen-Raub/ Augu¢ten gab zu e¢¢en.) Augu¢tus kehrte einmahl zu Bononien bey einem alten KriegsHaupt-Manne ein/ welcher mit M. Antonio den Zug wider die Parthen gethan hatte/ und als er von ihm ko¢tlich ge¢pei¢et ward/ fragte ihn Augu¢tus: Ob es denn wahr ¢ey: daß der¢elbe/ welcher damals ein guldenes Bild in einem geplunderten Tempel in A¢ien zu er¢t angeruhret/ blind- und ¢chlag¢uchtig worden ¢ey. Die¢er antwortete: Er ¢elb¢t were eben der/ der dis Bild geraubet/ und er habe ¢ich ¢eit dem gar wohl befunden/ und wenn er ¢elbtes nicht uberkommen hatte; wurde er dem Key¢er nichts haben zu e¢¢en geben konnen; denn ihre Mahlzeit were gleich !169" ein Stucke von der Hufte des guldenen Bildes. Die¢e/ als eine ¢on¢t ungemeine Ge¢chichte erzehlet M. de Bal¢ac au Entretien XXXIV. Chap. 3. Allwo er auch von dem Diony¢io zu Syracu¢e anfuhrt: nach dem er dem Jupiter einen guldenen Mantel/ vorgebende: daß er ihm im Sommer zu ¢chwer/ im Winter zu kalt wehre/ dem Æ¢culapio den guldenen Barth/ mit Vorwand: daß ¢ein Vater Apollo niemals keinen getragen/ abgeri¢¢en/ und darmit gar gluck¢elig fortge¢chiffet/ er zu ¢einen Gefahrten angefangen: Sehet die KirchenDiebe ¢egeln ¢o gluck¢elig/ als die Andachtigen. v. 492. ¢eqq. Habt ihr die Grube nicht geraumer machen konnen.) Hiervon und welcher Ge¢talt ferner Subrius Flavius behertzt ge¢torben/ be¢chreibet Tac. 15. Ann. c. 67. Son¢t hat zu un¢er Zeit ¢ich auch Carolus Stuardus Konig in Engelland auf gleichmaßige Arth uber die Niedrigkeit ¢eines ihm zur Enthauptung ge¢atzten Richt-Klotzes be¢chweret. v. 500. Weil anderthalber Streich.) Auf die¢en Zweck hat des Caligulæ Befehl gezielt: Ita feri ut mori ¢e ¢entiat. Lip¢. in l. 15. Ann. n. 134. be¢iehe Seneca. l. 2. de benefic. c. 5.
966 XXXIV.] XXIV. ABCD 973–978 Dieser Eintrag steht in ABCD verkehrt hinter dem zu V. 437. 980 feri] fieri ABCD 955–956 Kriegs-Haupt-Manne] Kriegs-Haupt-Manne B Kriegs-Hauptmanne CD 965 au] fehlt CD 975 Tac.] Tacit. BCD Ann.] Annal. CD c.] cap. BCD 981 c.] cap. CD
Anmerckungen zu V
547
v. 471. 472. 473. 474. Der von dem Kirchen-Raub/ Augu¢ten gab zu e¢¢en] J.L. Guez de Balzac, Entretiens (Leiden 1659), Entretien 34, chap. 3, S. 341–343. v. 492 seqq. Habt ihr die Grube nicht geraumer machen konnen] Tacitus, Annales 15,67,4. v. 500. Weil anderthalber Streich] Sueton, Vitae Caesarum: Caligula 30,1: „Schlag so, daß er das Sterben spürt.“ Zit. von Lipsius in: Tacitus, Opera quae exstant, ed. J. Lipsius (wie zu v. 437), S. 236, Anm. 134 (als Erläuterung zu dem Lemma „Sesquiplaga interfectum“). – Seneca, De beneficiis 2,5,3.
548
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Epicharis
v. 598. 599. Jch ¢terb’ und ¢eh itzt gleich des Kriegs-Knechts Bildnuß an.) Wie Lucanus ge¢torben/ und daß er etliche Ver¢e/ welche er von einem/ eben auf ¢eine Arth/ ¢terbenden Kriegs-Knechte gemacht/ zu letzte ge¢prochen/ lehret Tac. 15. Ann. 70. Seine Ver¢e aber ¢ind vermuthlich die¢e gewe¢en: Scinditur avul¢us, nec ¢icut vulnere ¢angvis emicuit lentus, ruptis cadit undique ´ venis. Di¢cur¢usque ´ animæ diver¢a in membra meantis interceptus aquis. !170" v. 623. 624. 625. Auch nach ge¢etztem Recht i¢t ihm kein Arm gebunden.) Ob einem Ober-Haupte die Straffe denen Verbrechern zu erlaßen frey ¢tehe/ fuhret ¢tatlich aus Hugo Grotius lib. 2. de jur. bell. & pac. cap. 20. num. 24. & in Notis. v. 630. 631. 632. 633. Viel Baume wach¢en mehr/ ie mehr man ¢ie behaut.) Senec. l. 1. de Clem. ut arbores quædam reci¢æ pullulant: ita Regia crudelitas auget Inimicorum numerum tollendo. Et: Principi non minus turpia multa ¢upplicia, quam Medico funera. Non e¢t tanti vita, ¢i, ut tu non pereas, tàm multi perdendi ¢int. v. 642. 643. Der Minos bleibt gerecht/ und Appius wird viel bey rechten Burgern gelten.) Be¢iehe hiervon Henning Arni¢æum de Rep. c. 3. ¢ect. 2. n. 11. p. 520. v. 645. 646. Von Nerons Gutte wird die Nachwelt ein gantz Buch.) Eben Seneca hat ¢eine Bucher de Clementia an den Nero ge¢chrieben/ und ihn darinnen furtreflich heraus ge¢trichen. v. 653. Dem was ein Fur¢t ¢agt zu.) Wie weit Fur¢ten verbunden ¢ind ihrem Ver¢prechen nach zu leben/ erortert Grot. lib. 2. c. 14. n. 1. 12. v. 655. Stehts Richtern frey umb hinter die Verbrechen zu kommen.) Be¢iehe hiervon Carpz. Pract. Crim. p. 3. q. 149. !171" v. 687. Beerdigt mich kein Men¢ch/ wird mich die Zeit begraben.) Ne quis in¢epultus e¢¢et, rerum natura pro¢pexit. Quem ¢ævitia projecerit, dies condet. Senec. Epi¢t. 93.
1006 Dem] Denn ABCD Dem Text 982 985 1001 1002
Bildnuß] Bildniß C Bildnis D Tac.] Tacit. BCD Ann.] Annal. CD c.] cap. BCD n.] num. BCD
Anmerckungen zu V
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v. 598. 599. Jch ¢terb’ und ¢eh itzt gleich des Kriegs-Knechts Bildnuß an] Tacitus, Annales 15,70. – Lukan, Bellum civile 3,638–641 (über den Tod eines Soldaten bei einer Seeschlacht, der, von einem feindlichen Enterhaken aufgespießt, ins Meer fiel und bei dem Versuch seiner Kameraden, ihn heraufzuziehen, zerrissen wurde): „Er riß ab und wurde zerteilt, und das Blut brach nicht langsam hervor wie aus einer Wunde; von überallher stürzte es aus den zerrissenen Adern, und der Umlauf des Lebensgeistes, der in die verschiedenen Glieder fließt, wurde durch die Wasserfluten unterbrochen.“ v. 623. 624. 625. Auch nach ge¢etztem Recht i¢t ihm kein Arm gebunden] H. Grotius, De iure belli ac pacis. Editio nova (Amsterdam 1642), S. 311 (lib. 2, cap. 20, num. 24) u. 337 (Annotationes hierzu). v. 630. 631. 632. 633. Viel Baume wach¢en mehr/ ie mehr man ¢ie behaut] Seneca, De clementia 1,8,7: „Wie manche Bäume, wenn sie zurückgeschnitten wurden, ausschlagen, so vergrößert die Grausamkeit eines Königs die Zahl der Feinde, indem sie sie beseitigt.“ – Ebd. 1,24,1: „Für einen Princeps sind viele Hinrichtungen nicht weniger schimpflich als für einen Arzt viele Tote.“ – Letzter Satz Abwandlung von ebd. 1,9,5: „So hoch ist der Wert des Lebens nicht, wenn so viele Menschen dafür geopfert werden müssen, daß du überlebst.“ (Der lateinische Originaltext lautet: „Non est tanti vita, si, ut ego non peream, tam multa perdenda sunt.“) v. 642. 643. Der Minos bleibt gerecht/ und Appius wird viel bey rechten Burgern gelten] H. Arnisaeus, De republica (Frankfurt 1615), lib. 2, cap. 3, sect. 2, n. 11, S. 520. v. 653. Dem was ein Fur¢t ¢agt zu] H. Grotius (wie zu v. 623), lib. 2, cap. 14, S. 236 (n. 1) u. 239 f. (n. 12). v. 655. Stehts Richtern frey umb hinter die Verbrechen zu kommen] B. Carpzov, Practica nova imperialis Saxonica rerum criminalium, pars 3, ed. 2 (Wittenberg 1646), Quaestio 149, Nr. 1 ff., S. 391 f. v. 687. Beerdigt mich kein Men¢ch/ wird mich die Zeit begraben] Seneca, Epistulae morales 92,35: „Die Natur hat vorgesorgt, daß niemand unbeerdigt bleibt: wen Grausamkeit hingestreckt hat, den wird der Tag begraben.“
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Epicharis
v. 693. 694. Ein Seid- und Hanffen Strick/ ein Guld- und Ro¢tern Schwerdt.) Heliogabalus paraverat funes blatta, & ¢erico, & cocco intortos, quibus, ¢i nece¢¢e e¢¢et, laqueo vitam finiret. Paraverat, & gladios aureos, quibus ¢e occideret, ¢i aliqua vis urgeret. Paraverat, & in cerauneis, & hyacinthis, & in ¢maragdis venena, quibus ¢e interimeret, ¢i quid gravius immineret. Æl. Lamprid. in Anton. Heliogabalo. v. 701. Mich ¢oll ein Scherg’ anruhren/ dem Luft und Stadt ver¢chrenckt.) Daß die Scharfrichter fur dem Thore zu Rom nicht in der Stadt wohnen dorfen/ erwei¢et Lip¢ius in Not. ad l. 2. Ann. Tacit. n. 62. verb. extra portam Esquilinam. Und Cicero pro Rabirio ¢aget: Carnificem non modo foro, ¢ed etiam cœlo hoc ac ¢piritu cen¢oriæ leges, atque ´ urbis domicilio carere voluerunt. Daß aber auch das Anruhren des Henckers fur hoch¢t-¢chimpflich gehalten worden/ bezeuget das Exempel beym C. Plinio. Epi¢t. lib. 4. Cornelia Maximilla Ve¢talis, cum in illud ¢ubterraneum cubiculum demitteretur, hæ¢is¢etque ´ de¢cendenti ¢tola, vertit ¢e ac recollegit. Cumque ´ ei Carnifex manum daret, aver¢ata e¢t, & re¢iluit: fœdumque ´ contagium qua¢i planè à ca¢to puroque ´ corpore ! 172" novis¢imâ ¢anctitate rejecit. Gleichmaßig verboth der Hertzog von Biron dem Hencker heftig: Er ¢olte ihn nicht anruhren. Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narr. 4. p. 348. v. 708. Daß ich dich fur Minos Richt-Stul lade.) Von dem Biron und vielen andern/ die ihre Richter furs Jung¢te-Gerichte geladen/ erzehlet P. Matthieu. p. 331. v. 718. Du Milichus ¢ol¢t ¢ein recht Key¢erlich be¢chenckt.) Die¢es/ und daß ihme der Nahme eines Erhalters gegeben worden/ lehret Tacit. 15. Ann. 71. v. 725. Ein Weib hat zu Athen/ etc.) Leæna, eine Hure zu Athen/ hat/ ungeachtet aller Marter/ des Harmodii und Ari¢togitonis Rath-Schlage wider den Tyrannen nicht verrathen wollen/ ¢ondern die abgebi¢¢ene Zunge dem Tyrannen ins Ge¢ichte ge¢pien. Derer Bild/ in Ge¢talt einer Lowin/ iedoch ohne Zunge/ die Athenien¢er zum Gedachtnus in einen Tempel ge¢atzt/ be¢iehe Tiraquell. ad L. Connub. glo¢¢. 1. part. 9. n. 135. p. 163. 164. 1016 cerauneis] ceranneis ABCD 1023 cœlo] cœlo, AB cœlo CD 1039 ungeachtet] ungeachtet/ AB ungeachtet CD 1019 1021 1032 1042 1044
anruhren] anruhrn CD Ann.] Annal. BCD Matthieu] Mattheu B Gedachtnus] Gedachtniß CD 135.] 13. CD
Marter/] Marter AB Marter/ C Marter, D
Anmerckungen zu V
551
v. 693. 694. Ein Seid- und Hanffen Strick/ ein Guld- und Ro¢tern Schwerdt] Scriptores historiae Augustae 17 (Aelius Lampridius: Antoninus Heliogabalus), 33,3–5: „Heliogabalus hatte sich aus Purpur, Seide und Scharlach Stricke drehen lassen, um mit ihnen, falls es nötig sein sollte, seinem Leben durch die Schlinge ein Ende zu setzen. Er hatte auch goldene Schwerter anfertigen lassen, mit denen er sich umbringen wollte, falls irgendeine Gewalt ihn dazu nötigte. Er hatte auch in Behältnissen aus Katzenaugen, Amethysten und Smaragden Gift vorbereitet, um sich damit zu töten, falls eine Notlage eintreten sollte.“ (Auch zit. in AnmL. zu S IV 461.) v. 701. Mich ¢oll ein Scherg’ anruhren/ dem Luft und Stadt ver¢chrenckt] Tacitus, Opera, ed. J. Lipsius (wie zu v. 437), S. 49, Anm. 62 (zu Annales 2,32,3, Lemma „Extra portam Esquilinam“). – Cicero, Pro C. Rabirio 15: „Nach den Gesetzen der Zensoren sollte dem Henker nicht nur das Forum, sondern auch unser Himmel und unsere Atemluft sowie das Wohnen in der Stadt !d. h. Rom" untersagt sein.“ – Plinius d.J., Epistulae 4,11,9: „Als die Vestalin Cornelia Maximilla in jene berüchtigte unterirdische Schlafstätte hinuntergebracht wurde und ihr Gewand beim Hinabsteigen hängen blieb, wandte sie sich um und raffte es wieder zusammen. Und als ihr der Henker die Hand reichte, verschmähte sie sie und wich zurück und wehrte die schmutzige Berührung gleichsam vollständig von ihrem keuschen und reinen Körper ab, so ein letztes Mal ihre Unantastbarkeit zum Ausdruck bringend.“ – P. Matthieu, Histoire de France, tome 2 (Cologny 1617), livre 5, narration 4, S. 348. v. 708. Daß ich dich fur Minos Richt -Stul lade] Ebd., S. 331. v. 718. Du Milichus ¢ol¢t ¢ein recht Key¢erlich be¢chenckt] Tacitus, Annales 15,71,1. v. 725. Ein Weib hat zu Athen/ etc.] A. Tiraquellus, Opera omnia, tom. 2: De legibus connubialibus et iure maritali (Frankfurt 1597), In IX. legem connubialium glossae primae pars IX, § 135, S. 152b (die Geschichte der Leaena hier am Anfang einer Reihe mehrerer historischer Beispiele, die die vom Verfasser allerdings bezweifelte Ansicht belegen könnten, daß Frauen die Folter standhafter ertrügen als Männer; etwas weiter unten auch Erwähnung der Epicharis).
552 1045
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Epicharis
v. 735. Hier in den Folter-Binden.) Welcher Ge¢talt ¢ich Epicharis auf dem Folter-Stule erwurgt/ be¢chreibt Tac. 15. Ann. 57. v. 740. Forthin ¢oll Milichus Erhalter ¢eyn genennet.) Tac. 15. Ann. 71. v. 741. 742. Des Tigillinus Bild.) Be¢iehe Tac. 15. Ann. 72. v. 743. Hinfort ¢oll der April des Nero Monat hei¢¢en.) Die¢es alles be¢chreibet Tac. 15. Ann. 74. !173" Hierzu i¢t von den Monaten ex libr. 16. Ann. c. 12. anzumercken. Et men¢is, qui Aprilem eundemque Neroneum ¢equebatur, Majus Claudii, Junius Germanici, vocabulis mutantur, &c. v. 744. 745. Scevinus Wohnung muß man biß in Grund abrei¢¢en/ in eine Marmel-Seul.) Die¢es i¢t gewohnlich bey ¢chrocklichen Thaten. Al¢o hat Ferdinand/ Hertzog von Alba/ des Grafen von Culemburg Haus/ darinnen ¢ich die Gheu¢ii zu ¢ammen verbunden/ abbrechen/ und an eine dahin ge¢etzte Marmel-Seule in vier Sprachen ¢chreiben laßen: Ea in Areâ ædes Florentii Palantii ¢olo æquatas e¢¢e, ob execrandam memoriam repetitæ in illa Conjurationis adver¢us Religionem, Eccle¢iam Catholicam Romanam, Regiam Maje¢tatem ac patrias Regiones. Famian. Strada de Bell. Belg. dec. 1. lib. 7. Al¢o i¢t in des Konig-Morders/ Franci¢ci Ravalliac, Urtheil auch enthalten gewe¢t: Daß ¢ein Haus/ darinnen er gebohren/ abgeri¢¢en und zum Zeichen ewiger Verfluchung Saltz dahin ge¢eet werden ¢olte. P. Matthieu à l’hi¢toir. de la mort d’Henry IV. p. 172.
F I N I S . !L7 v"
1047 1049 1054 1059
740.] 741. ABCD 743.] 744. ABCD 744.745.] 745.746. ABCD Areâ] Arcâ AB Areâ CD
1046 1047 1048 1050 1051 1063
Tac.] Tacit. BCD Ann.] Annal. CD Tac.] Tacit. CD Tac. 15. Ann.] Tacit. 15. Annal. CD Tac.] Tacit. BCD Ann.] Annal. CD Ann. c.] Annal. cap. CD Ravalliac] Revalliac B
Anmerckungen zu V
553
v. 735. Hier in den Folter -Binden] Tacitus, Annales 15,57,2. v. 740. Forthin ¢oll Milichus Erhalter ¢eyn genennet] Ebd. 15,71,1. v. 741. 742. Des Tigillinus Bild] Ebd. 15,72,1. v. 743. Hinfort ¢oll der April des Nero Monat hei¢¢en] Ebd. 15,74,1. – Ebd. 16,12,2: „Und der Monat, der auf den Aprilis, als den Neroneus, folgte, wurde geändert: der Maius erhielt den Namen Claudius, der Iunius den Namen Germanicus usw.“ v. 744. 745. Scevinus Wohnung muß man biß in Grund abrei¢¢en/ in eine Marmel-Seul] F. Strada, De bello Belgico (Rom 1648), Decas 1, lib. 7, S. 312: „An diesem Ort wurde das Haus des !Grafen" Florentius von Culemberg dem Erdboden gleichgemacht – zum fluchwürdigen Gedenken an die an jenem Ort wiederholt stattgehabte Verschwörung gegen den Glauben, die römische katholische Kirche, die königliche Majestät und die Provinzen des Vaterlandes.“ – P. Matthieu, Histoire de la mort deplorable de Henri IV (Paris 1613), S. 231 f.
ENDE
554
Epicharis
Hoch-geehrter Le¢er!
5
10
15
20
25
Alldieweil noch unverhofft unter¢chiedliche Fehler/ ¢o den Ver¢tand offtmals vertunckeln/ einge¢chlichen/ habe ich ¢olche nach zu ¢etzen vor nothig geachtet: Die ubrigen/ be¢onders/ die Irrthumber der Punctation und Zahl ¢o offt geirret/ beliebe ieder ¢elb¢t zu verbe¢¢ern. Act. 1. v. 29. Verhananus/ ließ Verhangnus. v.56. todtet/ todtet. v.63. den/ l. dem. v.134. hundet/ l. hundert. v.169. dte/ l. die. v.459. erleidllicher!! "/ l. erleidlicher. v.747. ein deleat. v.760. Noerns/ l. Nerons. v.793. Todtenfeld/ l. Todtenfeld. Act. 2. v. 38. Epicharus, l. Epicharis. v.163. Verhaugnus !!" / l. Verhangnus. v.168. Scheu/ l. Scheid. v.228 !recte 258" die/ l. dis. v.302 ¢te/ l. ¢ie. v.405. Lorbeern/ l. Lorbern. v. 454. A¢pet, l. A¢per. v.531. Stand/ l. adject. ¢tand. Act. 3. v. 133. das/ l. daß. v.153. ¢tifren/ l. ¢tiften. v.247. Herr/ l. Heer. v.604. Quictian. l. Quinctian. Act. 4. !Überschrift vor V. 165" Kay¢ets/ l. Kay¢ers. v. 295. t¢t/ l. i¢t. v.467. umb!!" / l. und. v.500. Siv. l. Silv. v.615. ¢perrn/ l. ¢perren. v.720. außaugeu! !"/ l. aus¢augen. Act. 5. v. 87. Darfein/ l. darf ein. v.126. ¢teh’s/ l. ¢teht’s. v.127. Urtheilen/ l. urtheil’n. v.188. Eynros! !" / l. Eyrnos!! ". v.285. l. 225. v.416. wtrd/ l. wird. v.544. dunck’s/ l. dunckts. v.584. Tyrannen/ l. Tyranney.
Anmerckungen. 30
v. 22. lin.3. P¢ammirtans!!" / l. P¢ammirteus. p.130. lin. ! 11." olmi, l. olim. p.132. l.9. Maiciam l. Marciam. p.133. l.14. Eor !! ", l. Flor. p.135. v.553. Gegenwerdge/ l. gegenwert’ge. p.126 ! recte 136 " . l.18 ! recte 17 ". 95. leg. 85! !" . p.137. l.22 apitis. l. capitis. p.148. l.22 !recte 23 ". aut. leg. au. p.149. l.10. dem/ l. den. !! " p.152. l.20. Galorie, leg. Gallerie. p.159. l.2. aunees leg. anneés !! ". p.159. l.7. dem l. der. !! "
Szenar zur ‚Agrippina‘
Szenar zur ‚Agrippina‘ (1666)
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Szenar zur ‚Agrippina‘
Szenar zur ‚Agrippina‘
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Szenar zur ‚Agrippina‘
Szenar zur ‚Agrippina‘
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Jnhalt einer jeden Abhandlung und Auffzuges. Der Er¢ten Abhandlung Auffzuge. 5
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1. OTho halt mit dem Kay¢er Nero Taffel/ und lobet ¢eines Eheweibes Sabina Poppæa anmutige Schonheit/ verachtet aber deß Kay¢ers Gemahlin Octavien. 2. Paris deß Kay¢ers geheim¢ter Freygela¢¢ener berichtet/ daß Agrippine deß Nero Mutter/ die den Rubellius Plautus zu heyrathen gedachte/ dem Kay¢er nach dem Zepter und Leben stehe. 3. Nero fertigt den Burrhus und Seneca ab/ mit Befehl/ Sie/ wo ¢ie ¢chuldig/ hinzurichten. 4. Agrippina und Octavia klagen einander jhr Elend und deß Kay¢ers Verfolgung. 5. Burrhus und Seneca neb¢t andern brechen in der Agrippinen Zimmer/ und setzen jhr harte zu/ sie vertheidiget ¢ich hertzhafft. 6. Nero kommt selb¢t in der Agrippinen Zimmer/ bey dem ¢ich die Mutter derge¢talt reiniget/ daß jhre Anklager ge¢trafft/ jhre Zugethane zu hohen Wurden erhaben werden. 7. Die Gerechtigkeit ¢tellet im Reyen fur: daß doch endlich die Tugend ¢iege/ die La¢ter zu Grunde gehen.
Der andern Abhandlung Auffzuge.
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1. Sabina Poppæa, die Nero zu ¢einem Gefallen zubringen ¢uchet/ reitzet den verliebten Kay¢er an; er ¢olte Octavien versto¢¢en/ Agrippinen hinrichten/ als die beyde jhnen am Wege ¢tunden. 2. Paris gibt dem Kay¢er den Rath/ daß er den Otho umb alle Schal¢ucht zuverhuten/ zum Land-Vogte in Portugall machen ¢olte. ! 2r" 3. Agrippina und Octavia, reitzen den Burrhus und Seneca beweglich/ aber vergebens wider den Kay¢er an.
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Szenar zur ‚Agrippina‘
4. Agrippina und Octavia bemuhen ¢ich abermals umb¢on¢t den Otho zur Eyfer-Sucht wegen ¢eines Ehweibes wider den Kay¢er auffzufri¢chen. 5. Der Kay¢er be¢tatigt und ver¢chickt den Otho als Land-Vogt in Portugall. 6. Jm Reyen klaget Rubria jhren Schwe¢tern den Ve¢tali ¢chen Jungfrauen: daß ¢ie Nero genothzwangt habe/ wei¢¢aget auch dem Kay¢er den Vntergang.
Der dritten Abhandlung Auffzuge.
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1. Burrhus und Seneca von deß Kay¢ers Freygela¢¢enen Acte vernehmende/ daß Agrippine den Nero zur Unkeu¢chheit anreitze/ hei¢¢en ¢ie ins Zimmer dringen und der Kay¢erl. Leibwache Unwillen vorhalten. 2. Agrippina reitzet den Kay¢er zur Blut-Schande an/ umb jhn von der Poppæa abwendig zumachen. 3. Acte ¢toret das Werck mit Andeutung der aufruhri¢chen Soldaten. 4. Paris mahlet dem Kay¢er der Mutter ungezahmte Begierde fur/ beweget jhn daß er sie zu todten williget/ und deß Anicetus Vor¢chlag: Daß er die Agrippine auff einem kun¢tlichen von ¢ich ¢elbst zerfallenden Schiffe er¢auffen wolle; annimt. 5. Nero die Mutter aufs Schiff zulocken/ ladet ¢ie ein jhm nach Bajæ zu folgen. 6. Jm Reyen bilden die See- und Berg-Gottinnen der Agrippinen verratheri¢chen Schiffbruch ab.
Der vierdten Abhandlung Auffzuge. 55
1. Deß Britannicus Gei¢t verwei¢et dem ¢chlaffenden Nero den Bruder-Mord/ und eroffnet jhm zugleich den vergebenen Auߢchlag deß ange¢tellten Schiffbruchs. 2. Paris be¢tatigt solches mit ¢chrecken/ und berichtet daß Agerinus von Agrippinen verhanden. ! 2v" 42 jhn] jhm Sa 51–52 verratheri¢chen] verratheri¢che Sa
Szenar zur ‚Agrippina‘
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3. Seneca gibt dem furcht¢amen Kay¢er an die Hand die Mutter zutodten/ welches er bewilliget auff deß Anicetus li¢tigen Vor¢chlag. 4. Agerinus wird zur Verhor gela¢¢en/ und nach dem jhm Anicetus einen gifftigen Dolch zwi¢chen die Beine wirfft/ be¢chuldiget als were er jhm als einem Meuchel-Morder entfallen. Wird drauff vergebens gemartert und endlich hingerichtet. 5. Jn Reyen wird entworffen/ wie auch die hefftig¢te Liebe durch Zeit und Tod entwaffnet/ von der Ehr=Sucht aber in schreckliche Ge¢talt verendert werde.
Der funfften Abhandlung Auffzuge. 70
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1. Agrippine beklagt jhres Sohnes Nach¢tellung/ erweget jhre Mi¢¢ethaten/ und wei¢¢aget jhr ¢elb¢t jhren nahen Untergang. 2. Anicetus, Herculeus und Oloaritus brechen in jhr Zimmer; Herculeus ¢chlagt ¢ie mit einem Prugel uber den Kopff/ Oloaritus aber ersticht sie. 3. Nero kommt und be¢iehet die ent¢eelte Mutter/ hei¢t ¢ie aufs ¢chlechte¢te verbrennen/ nach dem Seneca allerhand Be¢chonung an die Hand gegeben/ den Mutter-Mord zu Rom zu ent¢chuldigen. 4. Poppæa bewegt den Nero, daß er Octavien noch ¢elbigen Tag zuversto¢¢en ent¢chleu¢t. 5. Der Agrippinen Gei¢t er¢chreckt den Kay¢er. 6. Burrhus aber/ der die Soldaten gegen dem Kay¢er jhre Treu zubezeugen anermahnet/ muntert jhn wieder auff. 7. Paris und Anicetus reden beym eingea¢cherten Holtz¢to¢¢e von der Agrippinen ¢chlechten Begrabnu¢¢e ¢chimpfflich/ Mnester aber jhr Freygela¢¢ener entleibet ¢ich ¢elb¢t. 8. Nero bemuhet ¢ich durch einen Zauberer und Todten-Opfer den Gei¢t der ermordeten Mutter zu be¢chweren und zu ver¢ohnen/ wird aber von den er¢cheinenden Furien und deß Ore¢tes und Alcmæon Gei¢tern er¢chreckt/ daß er neben¢t dem Zauberer in Ohnmacht ¢incket. 9. Jn Reyen wird von Furien die Marter eines bo¢es Gewi¢¢ens furge¢tellet.
74–75 ¢chlechte¢te] ¢chlech¢te Sa
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Szenar zur ‚Agrippina‘
Szenar zur ‚Epicharis‘
Szenar zur ‚Epicharis‘ (1666)
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Szenar zur ‚Epicharis‘
Szenar zur ‚Epicharis‘
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Szenar zur ‚Epicharis‘
Szenar zur ‚Epicharis‘
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Jnhalt einer jeden Abhandlung und Auffzuge. Der er¢ten Abhandlung Auffzuge.
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1. Epicharis erzehlet jhre ¢eltzame Zufalle/ und wie ¢ich Volu¢ius Proculus gegen jhr ausgela¢¢en habe den Nero hinzurichten. 2. Epicharis wil die Mit-ver¢chwornen zu wieder Einfuhrung eines freyen Burger-Regiments bereden/ als ¢ie aber hierinnen uber¢timmet wird/ machet ¢ie mit etlichen den Schluß/ nach dem Nero auch den Pi¢o hinzurichten und den Seneca zum Kay¢er zumachen. 3. Natalis und Sulpitius A¢per locken den Seneca ins Bundnuß wider den Nero, welcher endlich nach harter Wider¢trebung mittelma¢¢ige Antwort gibt. 4. Die Ver¢chwornen alle berath¢chlagen ¢ich/ wie Nero zu ¢turtzen/ la¢¢en zur Ader/ trincken herumb/ und ¢chutten auf den Nero Fluch und Dreuen auß. 5. Jn Reyen erzehlet das Ge¢chrey allerhand Wunderzeichen/ welche die Wahr¢ager dahin außlegen/ daß Rom ein neues Haupt zu¢uchen ¢ich vergebens bemuhe.
Der andern Abhandlung Auffzuge. 20
25
1. Volu¢ius Proculus, als er ¢ich umb der Epicharis Liebe/ und die Eroffnung deß wider den Nero habenden Bundnu¢¢es vergebens bemuhet/ entru¢tet ¢ich und drauet jhr ¢ich zu rachen. 2. Scevinus ein Rath-Herr ¢chwermutig ¢iegelt ¢einen letzten Willen theilet theils Knechten Freyheit/ theils Geld auß/ giebet dem Milichus seinen Freygela¢¢enen einen alten Dolch/ und hei¢t ¢elbten ¢charf machen. !2r" 3. Milichus und ¢ein Weib Corinna, erwegen die¢es deß Scevinus Beginnen/ und werden endlich eins/ dem Kay¢er es zu offenbaren. 4. Proculus klaget die Epicharis beym Nero an/ ¢ie vertheidiget ¢ich zwar/ muß aber doch im Hafft bleiben.
568 30
Szenar zur ‚Epicharis‘
5. Sulpitius A¢per, der die Epicharis verwahren ¢ol/ wird von jhr ermahnet/ den An¢chlag wider den Kay¢er zube¢chleunigen. 6. Jn Reyen kampffen Klugheit/ Gelucke/ Zeit und Verhangnuß theils den Nero zusturtzen/ theils jhn zuerhalten.
Der dritten Abhandlung Auffzuge. 35
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50
1. Milichus und Corinna tragen dem Kay¢er fur daß Scevinus wider ¢ein Leben was furhabe. Epaphroditus wird ge¢chicket jhn in Be¢trickung zunehmen. 2. Sulpitius A¢per berichtet denen Ver¢chwornen die Hafft der Epicharis und ermahnet ¢ie den Nero anzufallen. 3. Epaphroditus nimt den Scevinus gefangen weg. 4. Der furcht¢ame Pi¢o wird vergebens zum Kay¢erthumb angefri¢chet. 5. Scevinus kommt furn Kay¢er/ vertheidiget ¢ich ¢tatlich/ biß auff der Corinna Vor¢chlag er und Natalis ab¢onderlich vernommen werden. Da man ¢ie zweystimmig befindet/ werden ¢ie bedreuet. Natalis, nach dem dem zu er¢t bekennenden Gnade ver¢prochen wird/ gibt ¢ich/ und mit jhm Scevinus, bekennen beyde auf die Mitver¢chwornen. Natalis auch auff den Seneca, zu dem Granius Silvanus ge¢chicket wird 6. Epicharis wird gefoltert/ kan aber durch keine Marter zur Bekantnuß gebracht werden. 7. Lucanus, Quinctianus, Senecio werden furbracht/ und durch dreuen bewogen/ daß der er¢te die Mutter/ der ander und dritte die ubrigen offenbaren. Der Kay¢er hei¢t ¢ie gefanglich einziehen.
Der vierdten Abhandlung Auffzuge. 55
1. Epicharis im Gefangnuß von den Mitver¢chwornen be¢uchet/ hetzet ¢ie auffs neue auff den Nero an/ ¢chreibt an Piso und Seneca. 2. Nero, Poppæa und Tigillin verfahren wider die Gefangenen. ! 2v" Atilla wird mit Ruthen ge¢chmi¢¢en/ dem Munatius Gratus die Zunge
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bedreuet.] bedreuet Se Lucanus, Quinctianus,] Lucanus Quinctianus Se Gefangnuß] Gefaugnuß Se Gefangenen.] Gefangenen Se
Szenar zur ‚Epicharis‘
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außgeri¢¢en. Fenius Rufus, in dem er den andern Ver¢chwornen zu¢etzet/ wird entdeckt und gebunden. Subrius Flavius und Sulpitius A¢per verrathen/ leugnen/ ¢agen aber endlich durch Schreiben uberwie¢en dem Nero ¢eine Boßheiten eifrig unter Augen. Jener wird wegge¢chleppet/ die¢er gekopffet/ die andern bleiben im Kercker. 3. Granius Silvanus bringt Po¢t vom Seneca, und wird befehliget jhm den Tod anzukundigen ungeachtet ¢eines Vorbittens. 4. Maximus Scaurus ubergibt dem Piso der Epicharis Schreiben. Epaphroditus dringt ein und bringt jhn dahin/ daß er nach weibi¢cher Heucheley jhm die Adern ¢elb¢t zer¢chneidet/ Scaurus thut es nach aber behertzter. Dem Lateran wirds verwehret/ und er weggeri¢¢en. 5. Jm Reyen klagen die drey Theile der Welt uber der Romer Bedrengung/ die Sibylla von Cuma aber weiset in einem Spiegel/ was Rom fur Tyranni¢che Kay¢er gehabt/ und ferner haben werde.
Der funfften Abhandlung Auffzuge.
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1. Martius Fe¢tus bemuhet ¢ich vergebens den Seneca zur Emporung wider den Nero zubewegen. 2. Cotuald ¢agt dem Seneca den Tod an/ der ¢ich zum Sterben bereitet/ die Adern ¢ich zer¢chneidet/ auch ¢olches der Paulinen, weil ¢ie zu¢terben verlanget/ zuthun vergonnet. Seneca trinckt ein Glaß voll Gifft/ begibt ¢ich in eine Wanne voll warmen Wa¢¢ers und ¢tirbt hertzhafft. 3. Fenius Rufus und Subrius Flavius werden enthauptet. 4. Nero und Poppæa kommen in Kercker/ la¢¢en die Epicharis auffs neue foltern/ die ¢ich auff dem Folter-Stule in einer Binde ¢elbst erwurget/ nach dem jhm Lucanus die Adern entzwey ge¢chnitten/ Quinctian, Senecio und Scevin enthauptet/ Proculus und Natalis begnadiget/ Milichus be¢chencket werden.
59 63 65 77 79 82
Sulpitius] Sulpitus Se jhm] jhn Se dem] den Se Schreiben.] Schreiben Se Gifft/] Gifft Se Flavius] Fluvius Se ge¢chnitten/] ge¢chnitten Se
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Editionsbericht
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Editionsbericht
Überlieferung
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I. Überlieferung Die beiden in diesem Band vereinigten Trauerspiele, in denen zwei Ereignisse aus der Regierungszeit Kaiser Neros (54–68 n. Chr.) behandelt werden, die Ermordung seiner Mutter Agrippina (59) und die Aufdekkung und Niederschlagung der Pisonischen Verschwörung (65), erschienen beide (gemeinsam) erstmals in Breslau 1665 im Druck. Eine Neuausgabe erfolgte erst zwanzig Jahre später innerhalb der zweiten, 1685 ebenfalls in Breslau erschienenen Sammelausgabe1 von Werken Lohensteins, die der Autor zwar nicht mehr erlebt, aber wohl, wie der Titel (s. u. S. 577) vermuten läßt, noch in die Wege geleitet hat und die daher als Überlieferungszeuge besondere Beachtung verdient. Es folgten dann noch zwei weitere Nachdrucke innerhalb von zwei Sammelausgaben: der vierten (Breslau 1701) und der sechsten (Leipzig 1724). Der zweite Nachdruck (1701) fußt auf dem ersten (1685), der dritte und letzte (1724) seinerseits auf dem zweiten; die Editio princeps blieb bei den Nachdrucken von 1701 und 1724 gänzlich unbeachtet. Restbestände der Agrippina- und Epicharis-Drucke aus der sechsten Sammelausgabe wurden unverändert, mit den Originaltitelblättern von 1724, in die siebente Sammelausgabe (Leipzig 1733) übernommen. Bis zum Erscheinen der kritischen Ausgabe von Klaus Günther Just in dem Band ‚Römische Trauerspiele‘ (1955)2 sind beide Stücke nach 1724 nie wieder gedruckt worden. Die ‚Agrippina‘ nahm Albrecht Schöne in einem von Druckfehlern gereinigten diplomatischen Nachdruck in seine zuerst 1963 erschienene Barock-Anthologie3 auf. Editionsphilologisch 1
2
3
Bei der Zählung der Sammelausgaben orientieren wir uns an Dünnhaupts Systematik: Gerhard Dünnhaupt, Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. 2., verb. u. wesentl. verm. Aufl. des Bibliographischen Handbuches der Barockliteratur. Tl. 4. Stuttgart 1991 (= Hiersemanns Bibliographische Handbücher 9,IV), S. 2592–2595. Daniel Casper von Lohenstein, Römische Trauerspiele. Agrippina – Epicharis. Hrsg. von Klaus Günther Just. Stuttgart 1955 (= Bibliothek des Literarischen Vereins 293). Daniel Casper von Lohenstein, Agrippina. In: Das Zeitalter des Barock. Texte und Zeugnisse. Hrsg. von Albrecht Schöne. München 1963 (= Die deutsche Literatur. Texte und Zeugnisse), S. 537–643. – 2., verb. u. erw. Aufl. ebd. 1968, S. 577–683.
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Editionsbericht
bedeutungslos sind drei Bearbeitungen der ‚Agrippina‘4 und der ‚Epicharis‘5 aus den späten siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Grundlage unserer Edition sind die beiden einzigen eindeutig als autorisiert anzusehenden Drucke der Erstausgaben Breslau 1665 (Handschriften existieren nicht). Anders als Just, der auf Reproduktionen der Abbildungen verzichtet hatte, beziehen wir alle Bildbeigaben der Originaldrucke in unsere Ausgabe ein. Mit der Bezeichnung der Drucke (A: Breslau 1665; B: ebd. 1685; C: ebd. 1701; D: Leipzig 1724) schließen wir uns Just an. Sowohl von der ‚Agrippina‘ wie von der ‚Epicharis‘ sind Szenare der Aufführungen durch Schüler des Breslauer Elisabeth-Gymnasiums im Jahre 1666 überliefert.6 Im Unterschied zu Just haben wir auch diese Texte in unsere Edition aufgenommen.
1. Agrippina 1.1. Erstdruck 1665 (A) Unserer Edition haben wir das Exemplar der Universitätsbibliothek Wrocł aw/Breslau (Sign.: 319 686), enthalten in einem Sammelband7 aus dem Bestand der von Rhedigerschen Stadtbibliothek zu Breslau, zu4
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6
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Daniel Casper von Lohenstein, Agrippina. Trauerspiel Breslau 1665 [szenische Bearbeitung von Hubert Fichte, 1977; als Manuskript vervielfältigt]. Köln: Verlag Kiepenheuer & Witsch Bühnenvertrieb o. J. [1977]. – In Buchform im selben Verlag: Daniel Casper von Lohenstein, Agrippina. Bearb. von Hubert Fichte. Vorwort von Bernhard Asmuth. Köln 1978. – Daniel Casper von Lohenstein, Agrippina. Trauerspiel. Texteinrichtung von Florian Müller. Mitarb. Käthe Jowanowitsch. München, Irschenhausen, Sydney: Werkstattverbund o. J. [ca. 1980] (nicht gesehen; Titel verz. in: Wolfenbütteler Barock-Nachrichten 8 [1981], S. 266, Nr. C 1400). Daniel Casper von Lohenstein, Epicharis. Ein römisches Trauerspiel. Einrichtung: Peter Kleinschmidt, Gerhard Spellerberg [für die Inszenierung von Hansgünther Heyme am Schauspiel Köln 1978]. In: Zu Epicharis. Die Welt des Daniel Casper von Lohenstein. Hrsg. vom Schauspiel Köln. Redigiert von Peter Kleinschmidt, Gerhard Spellerberg u. Hanns-Dietrich Schmidt. Mit Beiträgen von Bernhard Asmuth, Wilfried Barner u. a. Köln 1978, S. 121–161. Grundlegend zu diesem Thema: Gerhard Spellerberg, Szenare zu den Breslauer Aufführungen Lohensteinscher Trauerspiele. In: Daphnis 7 (1978), S. 629–645. Darin außer der ‚Agrippina‘ noch drei Stücke von Gryphius und drei Bearbeitungen Heidenreichs von holländischen bzw. französischen Stücken (alter Pergamenteinband mit hsl. Rückentitel und alter hsl. Signatur: E 2412.).
Überlieferung
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grunde gelegt. Verglichen wurden die Exemplare der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin (Sammelband, Sign.: Yq 6016b R) und der Universitätsbibliothek Köln (zusammengebunden mit der ‚Epicharis‘ 1665; Sign.: Wallraf A VI 979).8 Die folgende Beschreibung basiert auf dem Breslauer Exemplar. A: Daniel Casper‚ | AGRIPPINA | Trauerspiel . | !Trennungslinie" | Breßlau/ | Bey Esaia‚ Fellgiebeln/ 1665. 8°. 2 Bll. (Titelkupfer), 7 Bll., 8 Bll. (Abbildungen), 155 S., 1 S. (= Bl. K6 v, nicht pagin.). Dem Titelblatt gehen ein leeres Blatt und ein Titelkupfer (Format 168 × 130 mm) voraus, das über zwei Seiten eines Doppelblattes (4 Bogen) gedruckt ist (ohne Angabe des Zeichners oder Stechers). Das Titelkupfer ist hinter Blatt 1 des ersten Druckbogens eingefügt, dem das letzte (8.) Blatt fehlt. Die Blätter dieses Bogens sind weder foliiert noch paginiert. Eine Bogensignatur findet sich, mit Angabe der Blattzahl, nur auf Blatt 5: )o( 5. Nimmt man dieses Blatt als Orientierungspunkt, so ergibt sich die folgende Zuordnung von Blattzahlen zu den Bestandteilen des Bogens: Bl.
Bl. Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.
)o( 1:
leer Zwischen Bl. 1 u. 2 eingefügt auf 1 Doppelblatt (4 Bogen): Titelkupfer r )o( 2 : Titelseite v )o( 2 : Motto r r )o( 3 – )o( 4 : Widmung v )o( 4 – )o( 7 r: Inhalt v )o( 7 : Personenverzeichnis )o( 8: leer (fehlt).
In dem Breslauer Exemplar folgen hier auf 8 unsignierten, auch nicht foliierten oder paginierten Blättern 8 als Beigaben sowohl zur ‚Agrippina‘ wie zur ‚Epicharis‘ gedachte Kupferstiche mit Abbildungen der handelnden Hauptpersonen, alle ohne Nennung des Zeichners oder Ste-
8
Exemplare sind auch nachgewiesen in: Dresden, SLUB; Hannover, LB; München, BSB; Stuttgart, LB. Weitere Standortangaben bei Pierre Béhar, Silesia Tragica. Epanouissement et fin de l’école dramatique silésienne dans l’œuvre tragique de Daniel Casper von Lohenstein (1635–1683). Tome II. Wiesbaden 1988 (= Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 18), S. 711; Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2600, Nr. 23.
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Editionsbericht
chers. Die 8 Stiche wurden offensichtlich auf einer Seite eines Bogens gedruckt und dann ausgeschnitten, um nach Belieben auch innerhalb des Textes verteilt werden zu können.9 Der Buchbinder des Breslauer Exemplars hat darauf geachtet, daß sich immer zwei Abbildungen gegenüberstanden, so daß zwangsläufig auf jedes Bildpaar immer zwei Leerseiten folgen. So ergibt sich hier diese Abfolge von leeren und bedruckten Seiten: Leerseite // Sabina Poppæa Aug. / Nero Claudius Cæsar // Leerseite / Leerseite // Germanicus Cæsar / Agrippina // Leerseite / Leerseite // L. Annæus Seneca (stehend) / L. Annæus Seneca (Kopf) // Leerseite / Leerseite // Salvius Otho Cæsar / Octavia // Leerseite. Der Trauerspieltext und die Anmerkungen des Autors stehen auf den Bogen A-K, mit durchgehender Paginierung, gefolgt von einem Errataverzeichnis: Bl. Bl. Bl. Bl.
Ar (= S. 1) – G8v (= S. 112): Trauerspieltext Hr (= S. 113) – K6r (= S. 155): Anmerkungen K6v (nicht pagin.): Errataverzeichnis K7 u. K8: leer.
Das unserer Beschreibung zugrundeliegende Breslauer Exemplar entspricht der von Béhar in seiner Bibliographie der Trauerspiele Lohensteins10 als AI bezeichneten Druckversion der Editio princeps.11 In der Version AII, die lt. Béhar nur durch zwei Prager Exemplare bezeugt ist, wurde der erste Bogen mit abweichender Seitenaufteilung neu gesetzt.12
1.2. Erster Nachdruck 1685 (B) Der zweite Druck der ‚Agrippina‘ erschien 1685 innerhalb der zweiten Sammelausgabe mit Werken Lohensteins13, die mit folgendem Haupttitel versehen ist: 9 10 11 12 13
Vgl. dazu die unten S. 577 zitierte Bindeanweisung des B-Drucks nebst Anm. 15. Béhar, Silesia Tragica, Tome II (wie Anm. 8), S. 697–759. Ebd., S. 710 f. Ebd., S. 711 f. Sie besteht aus 5 Teilen: (1) Ibrahim Sultan; (2) Agrippina; (3) Epicharis; (4) !Der" Erleuchtete Hoffmann; (5) Lebens-Lauff !Lohensteins". Beschrieben bei Béhar, Silesia tragica, Tome II (wie Anm. 8), S. 732–739; Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2593.
Überlieferung
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Daniel Casper‚ | von Lohenstein | JBRAHIM | SULTAN | SÓauspiel / | AGRIPPINA | Traurspiel/ | EPICHARIS | Traurspiel/ | Und | andere Poetische GediÓte/ | so noÓ mit Bewilligung de‚ S . Autoris | Nebenst desselben | Leben‚-Lauff | und Epicediis, | zum Druˆ verfertiget . | !Zierleiste" | Jn Breßlau/ | Verlegt‚ JEsaia‚ Fellgibel/ Buchh¼ndl . – O.J. 8°. Die ‚Agrippina‘ hat ebenso wie alle anderen hier vereinigten Einzelwerke ein eigenes Titelblatt und eigene Bogen- bzw. Seitenzählung: B: Daniel Easper‚ !! " | v. Lohenstein/ | AGRIPPINA | Trauer-Spiel . | ! Trennungslinie" | Breßlau/ | Bey JEsaia‚ Fellgiebeln/ 1685. 8°. 2 Bll. (Titelkupfer), 7 Bll., 101 S., 1 S. (= Bl. G v, nicht pagin.), 20 Bll.; die Bildbeigaben (wie beim A-Druck maximal 8) in einzelnen Bibliotheksexemplaren nach Zahl und Plazierung unterschiedlich. Die Abfolge der Texte, die dem Trauerspiel vorangehen, hier wie in A ohne Blatt- oder Seitenzählung, auf einem ebenfalls nur 7 Blätter umfassenden, mit )o( signierten Bogen, entspricht genau dem A-Druck. Nur die Seitenverteilung von Widmung und Inhaltsangabe ist etwas verändert, da jene etwas größer, diese etwas kleiner gesetzt ist. Die Widmung steht hier Bl. )o( 3r – )o( 4v, die Inhaltsangabe Bl. )o( 5r – )o( 7r. Dem Titelblatt ist das gleiche Titelkupfer wie in A auf einem Doppelblatt vorgeschaltet. Auf Bl. )o( 7r ist der leere Raum unter dem Schluß der Inhaltsangabe mit der folgenden Buchbinderanweisung gefüllt:
An den BuÓbinder.
}
Agrippina & Germanicus Cæsar zu der 1 Abhandl . Nero Claudius Cæsar Octavia Salvus !!" Otho Cæsar Sabina Poppæa Aug.
} zu der 2. Abhandl.
zu der dritten Abhandl. Annæus Seneca Der gantz entblste Seneca wird weg ges Ónitten .
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Editionsbericht
In dem von uns benutzten Exemplar der Forschungsbibliothek Gotha (Sammelband, Sign.: Ma 55 [Poes 2652/4])14 sind diese Anweisungen, was ungewöhnlich zu sein scheint15, mit Ausnahme der letzten eingehalten worden. Zwischen dem Personenverzeichnis und S. 1 des Trauerspiels sind die vier zur 1. Abhandlung gehörigen Porträtstiche, immer auf rechten Seiten stehend, ohne Blatt- oder Seitenzählung, eingeheftet: (1) Agrippina; (2) Germanicus Caesar; (3) Nero Claudius Caesar; (4) Octavia. Die Porträts (5) Salvius Otho Caesar und (6) Sabina Poppaea Aug. sind gegen Ende des Reyens der 1. Abhandlung, zwischen S. 20 und 21, die beiden Seneca-Abbildungen, (7) Kopf, (8) in einer Wanne stehend, zu Anfang der 3. Abhandlung, zwischen S. 40 und 41, alle ebenfalls immer rechtsseitig, eingeschoben. Alle Abbildungen sind mit denen des Erstdrucks identisch. Auch hier ist nirgendwo ein Zeichner oder Stecher angegeben. Die Paginierung (S. 1–101, übersprungen die Seitenzahlen 65–68) erfaßt in B nur den Trauerspieltext. Unter Zugrundelegung der Bogensignaturen ergibt sich für Trauerspieltext und Anmerkungen die folgende Aufteilung: Bl. Ar (= S. 1) – Gr (= S. 101): Trauerspieltext Bl. Gv – I5v: Anmerkungen Bl. I6-I8: leer (fehlen im Gothaer und Berliner Exemplar). Im B-Druck sind, wie schon Just festgestellt hat16, viele Druckversehen in A verbessert worden, aber auch viele neue, z. T. gravierende Fehler hineingekommen. Die wenigen Abweichungen im Dramentext, die
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Zum Vergleich wurde auch das Exemplar der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin (Sammelband, Sign.: Yi 8085 R) eingesehen. Weitere Standorte von Exemplaren verzeichnen Béhar, Silesia tragica, Tome II (wie Anm. 8), S. 736–739; Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2593, Nr. 2. Vgl. Justs Hinweis in der Einleitung zu: Lohenstein, Römische Trauerspiele (wie Anm. 2), S. 4, Anm. 4: „Es handelt sich um insgesamt 8 Stiche, die sich – zu AGRIPPINA und EPICHARIS gehörig – in A, B, C und D finden, allerdings weder in sämtlichen Exemplaren der betr. Drucke, noch immer in vollständiger Zahl. Mitunter fehlen einzelne Stiche, mitunter sind Stiche doppelt ein-, bzw. angebunden. Der Herausgeber ist auf kein Exemplar gestoßen, in welchem die Verteilung dieser Illustrationen gemäß den Anweisungen ‚An den Buchbinder‘, die sich in B, C und D finden, vorgenommen, geschweige denn ‚der gantz entblöste Seneca […] weggeschnitten‘ worden wäre.“ Ebd., S. 8.
Überlieferung
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keine Druckfehler sind17, könnten ebenso wie zwei ergänzende Literaturhinweise im Anmerkungsteil18 auf Notizen Lohensteins in einem Handexemplar von A zurückgehen19.
1.3. Zweiter Nachdruck 1701 (C) Der zweite Nachdruck der ‚Agrippina‘ erschien 1701 innerhalb der vierten Sammelausgabe mit Werken Lohensteins (eines Nachdrucks der zweiten von 1685)20, die mit folgendem Haupttitel versehen ist:
Daniel Caspar‚ !!" | von Lohenstein | IBRAHIM | SULTAN | SÓauspiel/ | AGRIPPINA | Trauerspiel/ | EPICHARIS | Trauerspiel/ | Und | andere Poetis Óe GediÓte/ | so noÓ mit Bewilligung de‚ S . Autoris | Nebenst desselben Leben‚-Lauff | und Epicediis, | zum Druˆ verfertiget . | !Trennungslinie" | Breßlau/ bey Esai¼ Fellgiebel‚ Sel. Wittib | und Erben/ 1701. – 8°. Die ‚Agrippina‘ hat ebenso wie alle anderen hier vereinigten Einzelwerke ein eigenes Titelblatt und eigene Bogen- bzw. Seitenzählung: 17
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I 69 Ambra] Saffran; I 136 entzündet Brand und] verwandelt Mich in; I 142 Biß] Wenn; V 785 welcher] derer. Zu V 649.650 am Schluß folgender Zusatz: „Horn. A.N. p. 539.“; desgleichen zu V 711.712: „Horn. A.N. p. 486.530.“ Es handelt sich hier in beiden Fällen um das folgende, von Lohenstein in den Anmerkungen zur ‚Sophonisbe‘ und zum ‚Ibrahim Sultan‘ mehrmals zitierte Werk des Historikers Georgius Hornius (1620–1670): Arca Noae, sive Historia imperiorum et regnorum à condito orbe ad nostra tempora. Lugd. Bat. et Roterod.: ex officina Hackiana 1666. Die Ausführungen von Hornius an den angegebenen Stellen haben nur einen schwachen Bezug zur Thematik beider Lohensteinscher Anmerkungen. Zu V 649.650: Auf S. 539 findet sich bei Hornius etwas über die ‚upupa‘ (Wiedehopf), aber ohne sachlichen Bezug zum eigentlichen Thema der Anmerkung (es geht hier um Gebräuche von Eingeborenenstämmen im Inneren Brasiliens). Zu V 711.712: Hornius handelt auf den angegebenen Seiten (486 u. 530) über magische Riten südamerikanischer Indianerstämme. Schwacher Bezug zum Thema der Anmerkung wenigstens auf S. 486, wo von der Bereitung einer Salbe gesprochen wird. So auch die Vermutung Justs, Römische Trauerspiele (wie Anm. 2), S. 8. Diese Vermutung wird gestützt durch den folgenden Passus in der Vorrede zu dem Sammelband von 1685, Bl. a4r-a5v, hier a4r-a4v: „die zwey Traur¢piel von der Agrippina und Epicharis ¢ind ¢einer er¢ten Jugend Schulfruchte gewe¢en: Welche Er auch bey Mannlichen Jahren/ und zwar bey die¢er itzigen neuen Auflegung eben ¢o/ wie vor weniger Zeit mit der Cleopatra ge¢chehen/ zu andern/ und zu verbe¢¢ern ge¢onnen gewe¢en: Wenn nicht ¢ein allzu zeitliches Ab¢terben die¢es und ¢ehr viel anders/ ¢o Er unter den Handen gehabt/ unterbrochen hatte;“ Beschrieben bei Béhar, Silesia Tragica, Tome II (wie Anm. 8), S. 748 f.; Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2594, Nr. 4.
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Editionsbericht
C: Daniel Casper‚ | v. Lohenstein | AGRIPPINA | Trauer-Spiel . | !Trennungslinie" | Breßlau/ bey Esai¼ Fellgiebel‚ Sel. Wittib | und Erben/ 1701. 8°. 2 Bll. (Titelkupfer), 6 Bll., 101 S., 1 S. (= Bl. G v, nicht pagin.), 20 Bll.; die Bildbeigaben (wie beim A-Druck maximal 8) in einzelnen Bibliotheksexemplaren nach Zahl und Plazierung unterschiedlich. Die Blattzählung der dem Trauerspiel vorausgehenden Teile (auf einem hier nur 6 Blätter umfassenden Bogen) ist gegenüber B etwas verändert: Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.
)o( 1
r
: Titel )o( 1 : Motto )o( 2 r – )o( 3 v: Widmung r r )o( 4 – )o( 6 : Inhalt v )o( 6 : Personenverzeichnis v
Auf dem leeren Raum auf Bl. )o( 6r nach dem Schluß der Inhaltsangabe wurde der gleiche Buchbinderhinweis wie in B bezüglich der Verteilung der Bildbeigaben untergebracht. In dem von uns benutzten Exemplar der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin (Sammelband, Sign.: Yi 8089 R)21 blieb er unbeachtet.22 Zwischen Personenverzeichnis und der ersten Seite des Dramas wurden 6 Porträts eingeheftet: die zu Germanicus, Agrippina, Nero, Octavia, Otho und Poppaea (in dieser Reihenfolge); die beiden Seneca-Abbildungen fehlen (sie stehen in der ‚Epicharis‘, s. u., S. 587). Vorlage dieses Drucks war B. Dies wird vor allem durch die nahezu identische Textverteilung auf die einzelnen Seiten23 (auch hier wurden die Zahlen 65–68 in der Paginierung übersprungen!), aber auch durch die Übernahme der textlichen Abweichungen und Ergänzungen von B gegenüber A und die willkürliche, ohne Konsultation des authentischen Textes A erfolgte Neufassung der in B fehlenden Verszeile III 10824 deutlich belegt. Im ganzen ist die Textqualität weit besser als die
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Zum Vergleich wurde das Exemplar der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin (Sammelband, Sign.: 14 L 391 Rara) herangezogen. Weitere Exemplarnachweise bei Béhar, Silesia Tragica, Tome II (wie Anm. 8), S. 749; Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2594, Nr. 4. Strikt befolgt wurde er hingegen von dem Buchbinder des Exemplars der UB der FU Berlin (s. o. Anm. 21). Kleine Verschiebungen nur in Widmung und Inhaltsangabe sowie im Anmerkungsteil (Bl. H7v bis Schluß). Sie lautet in C: „Wer i¢t allhier ¢o kuhn/ der in Gefahr ¢ich wagt?“
Überlieferung
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von B. Die meisten der dort enthaltenen Verderbnisse sind hier sorgfältig bereinigt worden.
1.4. Dritter Nachdruck 1724 (D) Der dritte Nachdruck der ‚Agrippina‘ erfolgte 1724 innerhalb der sechsten Sammelausgabe25, die im Unterschied zu allen vorangegangenen nicht mehr in Breslau (bei Jesaias Fellgibel bzw. dessen Erben), sondern in Leipzig, bei Johann Herbord Kloß, erschien. Diese aus sechs Teilen26 bestehende Sammelausgabe ist nicht mit einem Haupttitel ausgestattet. Die ‚Agrippina‘ hat auch hier ein eigenes Titelblatt und eigene Bogenbzw. Seitenzählung. D: Daniel Casper‚ | v. Lohenstein | AGRIPPINA | Trauer-Spiel . | !Ornament u. Trennungsleiste" | Leipzig/ | Zu finden bey Johann Herbord Kloß, | 1724. 8°. 2 Bll. (Titelkupfer), 6 Bll., 101 S., 1 S. (= Bl. G v, nicht pagin.), 20 Bll. – Bildbeigaben in einzelnen Bibliotheksexemplaren nach Zahl und Plazierung unterschiedlich. Die Bogenzählung der dem Trauerspiel vorangehenden Teile und deren Gliederung und Aufteilung auf die einzelnen Blätter einschließlich des identischen Buchbinderhinweises auf Bl. )( 6r entspricht genau dem C-Druck, nur daß die Bogensignatur mit )( statt )o( gegenüber C etwas verändert ist. Auch Paginierung, Bogenzählung und Textverteilung auf die einzelnen Seiten in Trauerspiel und Anmerkungsteil entsprechen genau dem C-Druck, so daß also auch hier die Seitenzahlen 65–68 wie schon in B übersprungen wurden.27 Die einzige Neuerung gegenüber C ist die Ersetzung der Virgeln durch Kommata, von der allerdings der Anfang der Widmung (Bl. )( 2r – )( 2v: Adresse, Anrede und 1. Zeile des Briefes) ausgenommen ist. Das von uns benutzte Exemplar der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin (Sammelband, Sign.: Yi 8097 R) besitzt außer dem Titelkupfer keinerlei Bildbeigaben, so daß die diese betreffende Buchbinderanweisung hier gegenstandslos blieb.
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Beschrieben (mit Standortnachweisen) bei Béhar, Silesia Tragica, Tome II (wie Anm. 8), S. 752–755.; Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2594, Nr. 6. Agrippina; Epicharis; Sophonisbe; Cleopatra; !Der" Erleuchtete Hoffmann; LebensLauff !Lohensteins". Bei der Textverteilung nur eine geringfügige Abweichung beim Übergang Bl. I3r/I3v.
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Editionsbericht
Restbestände dieses Nachdruckes wurden der siebenten Sammelausgabe beigebunden, die 1733 ebenfalls in Leipzig, jetzt aber im Verlag Zedler, erschien28:
Daniel Caspar‚ !!" | von Lohenstein | s¼mtliÓe | Geist- und WeltliÓe | GediÓte | Nebst | nthigen Anmerˆungen . | !Doppelte Trennungslinie" | Leipzig, | In der Zedleris Óen Handlung, | 1733. Uns lag das alle zehn Teile29 vollständig enthaltende Exemplar der Staatsbliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin (Sign.: Yi 8106 R) vor.
2. Epicharis 2.1. Erstdruck 1665 (A) Unserer Edition liegt das Exemplar der Universitätsbibliothek Wrocław/ Breslau (Sign.: 319 701) zugrunde, das aus den Beständen der von Rhedigerschen Stadtbibliothek Breslau stammt (Pappeinband mit alter hsl. Rückensignatur: E 2412h). Verglichen wurden die Exemplare der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin (Sammelband, Sign.: Yq 6016b R) und der Universitätsbibliothek Köln (zusammengebunden mit der ‚Agrippina‘ 1665; Sign.: Wallraf A VI 979).30 Die folgende Beschreibung basiert auf dem Breslauer Exemplar. A: Daniel Casper‚ | EPICHARIS | Trauer-Spiel . | !Trennungslinie" | Breßlau | Bey Esaia‚ Fellgiebeln/ 1665. 8°. 7 Bll., S. 1–112, Bl. 113–128, S. 129–173, 1 S. (= Bl. L7 v, nicht pagin.). Der dem Trauerspieltext vorausgehende Teil des Druckes (1 4 Bogen) ist weder foliiert noch paginiert:
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29
30
Beschrieben (mit Standortnachweisen) bei Béhar, Silesia Tragica, Tome II (wie Anm. 8), S. 756–758; Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2595, Nr. 7. Sophonisbe; Cleopatra; Blumen; Geistliche Gedancken; Agrippina; Epicharis; Ibrahim Sultan; Ibrahim Bassa; !Der" Erleuchtete Hoffmann; Lebens-Lauff !Lohensteins". Exemplare sind auch nachgewiesen in Dresden, SLUB; München, BSB; New Haven, Yale, UL; Wolfenbüttel, HAB (2 Expl.). Weitere Standortangaben bei Béhar, Silesia Tragica, Tome II (wie Anm. 8), S. 714–716; Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2600, Nr. 24.
Überlieferung
583
leer Titelseite v )o( 2 : Motto Zwischen Bl. 2 u. 3 eingeschoben auf 1 Doppelblatt (4 Bogen, nicht signiert): Widmung (der besseren Übersicht wegen im edierten Text markiert mit fiktiven Blattzahlen: )o( 1*r – )o( 2*v ) Bl. )o( 3r – )o( 6v: Inhalt Bl. )o( 7r – )o( 7v: Personenverzeichnis Bl. )o( 8: leer (fehlt) Bl. Bl. Bl.
)o( 1:
)o( 2 r:
Der Trauerspieltext und die Anmerkungen dazu, gefolgt von einem Errataverzeichnis, stehen auf 95 teils paginierten, teils foliierten Blättern (12 Bogen: A-G, H-H8, H9-H16, I, K, L): Bl. Ar (= S. 1) – G8v (= S. 112); Bl. Hr (= Bl. 113r) – H16r (= Bl. 128r): Trauerspieltext Bl. H16r (= Bl. 128r) – H16v (= Bl. 128v); Bl. Ir (= S. 129) – Bl. L7r (= S. 173): Anmerkungen Bl. L7v (nicht pagin.): Errataverzeichnis Bl. L8: leer (fehlt) Von den drei Druckversionen A I, A II, AIII der Editio princeps der ‚Epicharis‘, die Béhar ermittelt hat31, entspricht das Breslauer Exemplar der Version A III32, die sonst nur durch zwei Prager Exemplare bezeugt ist. A III unterscheidet sich von AI und A II dadurch, daß es die Widmung an Otto von Nostitz enthält. Das Breslauer Exemplar besitzt weder einen der 8 für ‚Agrippina‘ und ‚Epicharis‘ gemeinsam vorgesehenen Porträtstiche (s. o., S. 576) noch das doppelseitige Titelkupfer (4 Bogen), das den sonst überlieferten Exemplaren in der Regel beigeheftet ist. Wir haben für unsere Edition das Titelkupfer aus dem Exemplar der UB Köln reproduziert (Format: 168 × 130 mm; weder Zeichner noch Stecher angegeben). Eine Ergänzung der Porträtstiche erübrigte sich, da alle überhaupt vorhandenen mit dem Breslauer Exemplar der ‚Agrippina‘ überliefert und in unserer Edition dieses Trauerspiels auch dort reproduziert sind.
31 32
Béhar, Silesia Tragica, Tome II (wie Anm. 8), S. 713–716. Ebd., S. 715 f. Nach der durch Béhar überholten Einteilung bei Just, der nur zwei Versionen unterschieden hat (Lohenstein, Römische Trauerspiele [wie Anm. 2], S. 148–150), entspräche unser Exemplar der Version A 2.
584
Editionsbericht
Kleine Textverluste im Breslauer Exemplar durch Beschädigungen im unteren Teil der Blätter ab Bl. K8r (= S. 159) wurden nach dem Kölner und Berliner Exemplar ergänzt. Einige sehr auffällige und mit Sicherheit nicht auf Satzversehen beruhende Diskrepanzen zwischen Lemmata des Anmerkungsteils und dem Trauerspieltext selbst legen den Verdacht nahe, daß dieser vor dem Druck eine Überarbeitung erfahren hat und eine darauf abgestimmte Revision des Anmerkungsteils versäumt oder nur unvollständig ausgeführt wurde. Eine Liste sämtlicher Abweichungen der Lemmata sei hier zur schnellen Information des Lesers mitgeteilt (vor der Klammer die Lesart des Trauerspiels): I 489 Wahl] Heil I 494 Brust] Hertz I 738 Glaß] Kelch II 171 der] für III 466 Schuld] That III 635 Hierdurch] allhier III 768 Ja] Die V 45 dem] den V 471 Der/ der vom] Der von dem V 642 heißt] bleibt V 708 ihn] dich V 735 der] den V 740 Fortan] Forthin In die gleiche Richtung weisen auch die um 6 Verse differierenden Zählungen bei Einträgen im Anmerkungsteil zur 4. Abhandlung (von der Anmerkung zu V. 360 fortlaufend bis zum Ende der Anmerkungen zu dieser Abhandlung). Offensichtlich wurden im Text nachträglich 6 Verse vor IV 360 gestrichen. Die Verszählung im Trauerspiel wurde entsprechend geändert, bei den Lemmata des Anmerkungsteils aber blieb die alte Zählung bestehen.
2.2. Erster Nachdruck 1685 (B) Neu gedruckt wurde die ‚Epicharis‘ ebenso wie die ‚Agrippina‘ erstmals innerhalb der zweiten Lohenstein-Sammelausgabe (Titel s. o., S. 577). Wie die ‚Agrippina‘ und alle anderen hier enthaltenen Werke hat auch die ‚Epicharis‘ ein eigenes Titelblatt und eigene Bogen- bzw. Seitenzählung:
Überlieferung
585
B: Daniel Easper‚!! " | von Lohenstein | EPICHARIS | Trauer-Spiel . | ! Trennungslinie" | Breßlau/ | Bey JEsaia Fellgiebeln/ 1685. 8°. 2 Bll. (Titelkupfer), 8 Bll., 127 S., 1 S. (= Bl. H8v, nicht pagin.), 18 Bll., 4 Porträtstiche (deren Plazierung in einzelnen Ausgaben differierend). Dem auch hier über zwei Seiten laufenden Titelkupfer (4 Bogen, identisch mit A) folgen zwei unvollständige, mit ):( und ):():( signierte Bogen. r ):( hat 6 Blätter (Bl. ):( 2 – ):( 7), ):():( hat 2 Blätter (Bl. ):():( – ):():( 2; Bl. ):():( 2 33 versehentlich mit )o()o( signiert ): Bl. Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.
):( 1:
fehlt Titelseite v ):( 2 : Motto r v ):( 3 – Bl. ):( 5 : Widmung ):( 6 r – Bl. )o()o( 2 r [recte: ):():( 2 r]: Inhalt v v )o()o( 2 [recte: ):():( 2 ]: Personenverzeichnis ):( 2 r:
Der leere Raum unterhalb des Personenverzeichnisses wurde mit folgender Buchbinderanweisung gefüllt:
An den Buchbinder. Nero zu der ersten Abhandlung Sabina Poppæa Aug. zur 4ten . Senecæ Bildn½ß beyde zur 5ten . In dem von uns benutzten Exemplar der Forschungsbibliothek Gotha (Sammelband, Sign.: Ma 55 [Poes 2652/4])34 wurde diese Anweisung nicht eingehalten. Alle vier Porträts wurden zwischen dem Personenverzeichnis und dem Beginn der 1. Abhandlung (S. 1) eingeheftet (weder paginiert noch foliiert, stets rechtsstehend): (1) Nero Claudius Cæsar; (2) Sabina Poppæa Aug.; (3) L. Annæus Seneca (Kopf); (4) L. Annæus Seneca (stehend).35
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35
S. dazu Anm. 34. Zum Vergleich wurde auch das Exemplar der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin (Sammelband, Sign.: Yi 8085 R) eingesehen. Weitere Standorte von Exemplaren verzeichnen Béhar, Silesia Tragica, Tome II (wie Anm. 8), S. 736–739; Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2593, Nr. 2. Die Recto-Seite des Blattes, mit dem die Inhaltsangabe endet, hat in dem Berliner Exemplar die korrekte Bogensignatur ):():(. Das vorangehende Blatt dagegen fehlerhaft: )():( statt ):():(. Im Berliner Exemplar fehlen alle Abbildungen außer dem Titelkupfer.
586
Editionsbericht
Der Trauerspieltext ist durchweg paginiert; der dazugehörige Anmerkungsteil besitzt weder Paginierung noch Foliierung. Auf der Basis der Bogensignaturen ergibt sich die folgende Aufteilung: Bl. Ar (= S. 1) – H8r (= S. 127): Trauerspieltext Bl. H8v–L2v: Anmerkungen Bl. L3–8: fehlen Wie im B-Druck der ‚Agrippina‘ sind auch hier Druckfehler des A-Drucks verbessert, aber durch Gedankenlosigkeit des Setzers auch viele neue hinzugekommen. Spuren einer Überarbeitung durch Lohenstein sind, anders als bei der ‚Agrippina‘ (s. o. S. 578 f. mit Anm. 17), im Dramentext der ‚Epicharis‘ nicht auszumachen. Die vier Ergänzungen bei den Literaturangaben im Anmerkungsteil36 könnten allerdings ebenso wie entsprechende Nachträge zur ‚Agrippina‘ (s. o. S. 579, Anm. 18) auf Notizen in einem Handexemplar Lohensteins zurückgehen.
2.3. Zweiter Nachdruck 1701 (C) Der zweite Nachdruck der ‚Epicharis‘ (auf der Grundlage von B) erschien ebenso wie der der ‚Agrippina‘ 1701 innerhalb der vierten Sammelausgabe mit Werken Lohensteins (Titel s. o., S. 579), ebenso wie alle anderen hier vereinigten Werke mit eigenem Titelblatt und eigener Bogen- bzw. Seitenzählung ausgestattet: C: Daniel Caspar‚ ! !" | von Lohenstein | EPICHARIS | Trauer-Spiel | !Trennungslinie" | Breßlau/ bey Esai¼ Fellgiebel‚ Sel. Wittib | und Erben/ 1701.
36
Zu I 744 am Schluß folgender Zusatz: „Horn. A.N. p. 470.“; zu IV 614: Ulpiani L. 27.] Ulpiani L. 27. § 28.; zu V 99.100 am Schluß folgender Zusatz: „Horn. Orb. Pol. p. 3. pag. 12.“; zu V 102 am Schluß folgender Zusatz: „Horn. Orb. Polit. part. 3. p. 11.“ Die Angabe zu I 744, des Historikers Georgius Hornius (1620–1670) ‚Arca Noae‘ (Titel s. o., Anm. 18) betreffend, ist obskur; auf der genannten Seite findet sich nichts, was einen sinnvollen Bezug zum Thema von Lohensteins Anmerkung ergäbe (Hornius handelt hier von Riten südamerikanischer Eingeborener in Krieg und Frieden). – Bei der Änderung zu IV 614 handelt es sich nur um die Präzisierung einer juristischen Allegation (Digesta). – Die letzten beiden Ergänzungen (Seitenangaben korrekt, inhaltlich gut in den Kontext passend) betreffen ebenfalls ein Werk von Georgius Hornius: Orbis politicus imperiorum, regnorum, principatuum, rerumpublicarum. Cum memorabilibus historicis et geographia veteri ac recenti. Editio septima auctior et emendatior. Francofurti: apud Fridericum Arnst, Bibliop. 1675.
Überlieferung
587
8°. 2 Bll. (Titelkupfer), 8 Bll., 127 S., 1 S. (= Bl. H8v, nicht pagin.), maximal 4 Porträtstiche (Plazierung in einzelnen Ausgaben differierend). Wie in B folgen auch hier dem Titelkupfer zwei unvollständige, mit ):( und ):():( signierte Bogen (der erste 6, der zweite 2 Blätter stark). Die Textverteilung weicht aber gegenüber B etwas ab: Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.
):( 1
r
: Titelseite Motto r v ):( 2 – ):( 4 : Widmung r r ):( 5 – ):():( 2 : Inhalt v ):():( 2 : Personenverzeichnis ):( 1 v:
Unterhalb des Personenverzeichnisses steht die gleiche Buchbinderanweisung wie in B, die in dem von uns benutzten Exemplar der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz (Sammelband, Sign.: Yi 8089 R)37 nicht beachtet wurde. Auch hier stehen die beiden Seneca-Stiche (alle anderen Abbildungen fehlen) zwischen dem Personenverzeichnis und dem Beginn der 1. Abhandlung (S. 1), auch hier ohne Seiten- oder Blattzahl: (1) L. Annæus Seneca (Kopf); (2) L. Annæus Seneca (stehend).38 Paginierung und Bogenaufteilung von Trauerspieltext und Anmerkungsteil entsprechen genau dem B-Druck; die Textverteilung auf die einzelnen Seiten ist mit B fast identisch39. Was für den Nachdruck der ‚Agrippina‘ innerhalb der vierten Sammelausgabe festgestellt wurde, gilt auch hier: Der Satz des C-Druckes wurde sorgfältiger hergestellt als der von B.
2.4. Dritter Nachdruck 1724 (D) Wie die ‚Agrippina‘ wurde auch die ‚Epicharis‘ innerhalb der sechsten, 1724 in Leipzig bei Johann Herbord Kloß erschienenen Sammelausgabe (s. o., S. 581) ein drittes Mal nachgedruckt und wie üblich mit eigenem Titelblatt sowie eigener Bogenzählung und Paginierung versehen: 37
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Zum Vergleich wurde das Exemplar der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin (Sammelband, Sign.: 14 L 391 Rara) herangezogen. Weitere Exemplarnachweise bei Béhar, Silesia Tragica, Tome II (wie Anm. 8), S. 749; Dünnhaupt, Personalbibliographien, Tl. 4 (wie Anm. 1), S. 2594, Nr. 4. In dem Exemplar der UB der FU Berlin findet sich nur die eine der beiden Seneca-Abbildungen (der in der Wanne stehende Seneca), anweisungsgemäß der fünften Abhandlung vorgeschaltet (zwischen S. 102 u. 103). Alle anderen Abbildungen fehlen. Kleine Verschiebungen gibt es nur in Widmung und Inhaltsangabe sowie im Anmerkungsteil (hier beim Übergang von Bl. L2r zu L2v).
588
Editionsbericht
D: Daniel Caspar‚ ! !" | v. Lohenstein | EPICHARIS | Trauer-Spiel . | !Ornament u. Trennungsleiste" | Leipzig/ | Zu finden bey Johann Herbord Kloß, | 1724. 8°. 2 Bll. (Titelkupfer), 8 Bll., 127 S., 1 S. (= Bl. H8v, nicht pagin.), 18 Bll. Bildbeigaben in einzelnen Bibliotheksexemplaren nach Zahl und Plazierung unterschiedlich. Was oben (S. 581) zum dritten Nachdruck der ‚Agrippina‘ ausgeführt wurde, gilt analog auch hier: Gliederung und Textverteilung stimmen, von zwei kleinen Abweichungen abgesehen40, mit dem C-Druck überein. Auch hier wurden fast überall die Virgeln durch Kommata ersetzt. Stehen geblieben sind Virgeln nur auf den ersten vier Seiten der Inhaltsangabe (Bl. ):( 5 r – ):( 6v). Der von uns benutzte Epicharis-Druck innerhalb des Sammelbandes der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin (Sign.: Yi 8097 R) besitzt, ungeachtet des auch hier vorhandenen Buchbinderhinweises (auf Bl. ):():( 2v, unterhalb des Personenverzeichnisses) zur Plazierung der vier Porträtstiche ebenso wie der Agrippina-Druck außer dem Titelkupfer keinerlei Bildbeigaben. Restbestände dieses Drucks wurden ebenso wie die der ‚Agrippina‘ der siebenten Sammelausgabe des Jahres 1733 (s. o., S. 582) beigebunden.
3. Die Szenare 3.1. Agrippina Der zwei ungezählte Blätter in 4° umfassende Druck trägt folgenden Titel: Sa: Daniel Casper‚ | AGRIPPINA | Trauer-Spiel/ | DurÓ | Die im Elisabetanis Óen Gymnasio Studierende | Jugend auff offentliÓem SÓau-Platz vorgestellet | Im Jahr 1666. | !Zierleiste" | Breßlau/ | Druˆt‚ Johann Chri¤oph Jacob/ | Baumannis Óer | Factor. Hiervon hat sich nur ein einziges Exemplar in der Universitätsbibliothek Wrocław/Breslau (früher im Bestand der von Rhedigerschen Stadtbibliothek) als Nr. 73 des Sammelbandes Yu 1050,6 erhalten. Abbildun-
40
Übergänge von Bl.
):():(
r
zu Bl.
):():(
v
und von Bl.
):():(
v
zu Bl.
):():( 2
r
.
Überlieferung
589
gen finden sich in dem Werk Martinos zur Lohenstein-Rezeption41 und in Gajeks Dokumentation zum Breslauer Schultheater42. Unserer Edition liegt der Reprint bei Gajek zugrunde.
3.2. Epicharis Der ebenfalls zwei ungezählte Blätter in 4° umfassende Druck trägt folgenden Titel: Se: EPICHARIS | Trauer-Spiel/ | DurÓ | Die im Elisabetanis Óen Gymnasio Studierende | Jugend auff offentliÓem SÓau-Platz vorgestellet | Im Jahr 1666. | !Zierleiste" | Breßlau/ | Druˆt‚ Johann Chri¤oph Jacob/ | Baumannis Óer | Factor. Hiervon sind zwei Exemplare überliefert, beide im Besitz der Universitätsbibliothek Wrocł aw/Breslau; das eine wie das Szenar zur ‚Agrippina‘ in dem Sammelband Yu 1050,6 (hier Nr. 72), das andere in einer Sammlung von ‚Actus scholastici‘ der beiden Breslauer Gymnasien (Sign.: 444 384, Nr. 67, früher Nr. 69). Auch von diesem Szenar bieten Martino43 und Gajek44 Abbildungen, beide nach dem Sammelband Yu 1050,6. Gajeks Buch diente uns auch hier als Editionsvorlage.
41
42
43 44
Alberto Martino, Daniel Casper von Lohenstein. Geschichte seiner Rezeption. Bd. 1: 1661–1800. Tübingen 1978, Anhang, Abb. 23–26 (Fotografien). Das Breslauer Schultheater im 17. und 18. Jahrhundert. Einladungsschriften zu den Schulactus und Szenare zu den Aufführungen förmlicher Comödien an den protestantischen Gymnasien. Hrsg. u. mit einem Nachwort vers. von Konrad Gajek. Tübingen 1994 (= Rara ex bibliothecis Silesiis 3), S. 237–240 (Reprint). Martino, D. Casper von Lohenstein (wie Anm. 41), Anhang, Nr. 19–22 (Fotografien). Das Breslauer Schultheater (wie Anm. 42), S. 233–236 (Reprint).
590
Editionsbericht
II. Grundsätze der Textredaktion (Trauerspieltexte und Szenare) Bei der Wiedergabe der Texte in Graphie und Interpunktion folgen wir strikt den beiden Erstdrucken, da sie als einzige zu Lebzeiten des Autors erschienen sind und somit den höchsten Autorisationsgrad besitzen. Wir wenden also das Prinzip an, das Klaus Günther Just im ersten der drei Bände seiner epochalen Edition von Lohensteins Trauerspielen sich zur Richtschnur gemacht hatte45, von dem er aber bei der Erarbeitung der kritischen Texte abgewichen ist, indem er Lesarten der postum erschienenen Drucke untermengte und so unhistorische Mischtexte herstellte46. Eingriffe in den Text haben wir nur da vorgenommen, wo ganz eindeutige, den Sinn verdunkelnde oder verfälschende Verderbnisse vorlagen. Zweifelsfälle werden im Kommentar diskutiert. Die drei postum erschienenen Nachdrucke in den Sammelausgaben von 1685, 1701 und 1724 wurden von uns nur insoweit beigezogen, als sie Hinweise für eine plausible Emendation solcher Stellen geben konnten, bei denen eindeutig eine Textverderbnis vorlag, die ein Eingreifen des Herausgebers er45
46
Daniel Casper von Lohenstein, Türkische Trauerspiele. Hrsg. von Klaus Günther Just. Stuttgart 1953 (= Bibliothek des Literarischen Vereins 292), S. VIII: „So machte der Herausgeber den Wunsch seines Verlegers bald und gern zu seinem eigenen: jeweils die Erstdrucke zugrunde zu legen und damit die Trauerspiele in ihrer ursprünglichen äußeren Gestalt zu bringen, die ja in untrennbarem Zusammenhang mit dem innersten Wesen steht.“ Eine eingehende Auseinandersetzung mit diesem Thema erübrigt sich, da hierzu alles Nötige bereits von Spellerberg in wünschenswerter Detailgenauigkeit gesagt worden ist: Gerhard Spellerberg, „Schlesisches Kunstdrama“ – Fragen und Probleme der Edition der Dramen Lohensteins und Hallmanns. In: editio 3 (1989), S. 76–89, hier S. 76–82; ders., Anmerkungen zu Klaus Günther Justs Lohenstein-Ausgabe. In: „Der Buchstab tödt – der Geist macht lebendig“. Festschrift zum 60. Geburtstag von HansGert Roloff von Freunden, Schülern und Kollegen. Hrsg. von James Hardin u. Jörg Jungmayr. Bd. 1. Bern, Berlin, Frankfurt a. M. 1992, S. 165–176. Vgl. auch Jane O. Newman, Textual reproduction and the politics of the edition. Spellerberg on Just on Lohenstein. In: Studien zur Literatur des 17. Jahrhunderts. Gedenkschrift für Gerhard Spellerberg (1937–1996). Hrsg. von Hans Feger. Amsterdam, Atlanta 1997 (= Chloe 27), S. 101–124.
Grundsätze der Textredaktion (Trauerspieltexte und Szenare)
591
forderte. Zu Justs Edition muß in diesem Zusammenhang auch kritisch angemerkt werden, daß hier etliche an sich emendationsbedürftige Stellen unverändert stehengeblieben sind, soweit nicht schon die Redaktoren der Nachdrucke bessernd eingegriffen hatten. Spellerbergs Feststellung, daß Just „sich ganz offensichtlich im wesentlichen nur über Varianten auf die eine oder andere notwendige Emendation [hat] bringen lassen“47, wurde durch unsere eigenen Beobachtungen bestätigt. Insofern stellt Justs Arbeit ein eigenartiges Zwitterding aus diplomatischem Nachdruck und historisch-kritischer Edition dar. Die den A-Drucken von ‚Agrippina‘ und ‚Epicharis‘ beigegebenen Erratalisten, die wir ebenso wie Just als Bestandteile der überlieferten Texte angesehen und deshalb an ihrem Ort im Anschluß an die beiden Trauerspiele in diplomatischer Wiedergabe mitgeteilt haben, sind, da sie ihrerseits mehrere Fehler enthalten und überdies zumindest ein Teil der in ihnen postulierten Textveränderungen wenig plausibel schien, von uns bei der Konstitution des kritischen Textes nicht konsequent umgesetzt worden. Wir berücksichtigen sie nur da, wo uns auch ohne Vorliegen dieser sehr oberflächlich, von wem auch immer zusammengestellten Listen ein Eingreifen geboten erschienen wäre. Alle von uns vorgenommenen Eingriffe in die überlieferte Textgestalt (einfache Emendationen wie Konjekturen) sind im oberen Teil des am Fuß jeder Textseite mitgeteilten kritischen Apparates zusammengestellt. Ohne Nachweis im einzelnen wurden Fehler in der Verszählung der Trauerspiele stillschweigend verbessert; Ausnahmen von dieser Regel wurden in Einzelfällen nur dann gemacht, wenn in den Errata-Verzeichnissen der beiden A-Drucke solche Verbesserungen ausdrücklich verlangt wurden. – Gelegentlich verkehrt herum gesetztes m wurde stillschweigend korrigiert. Die folgenden Abkürzungen in den Trauerspieltexten und in den Anmerkungen wurden aufgelöst: – Nasalstriche zu m bzw. n, – un- zu und, – q; ´ zu que, ´ – 9 zu us (nur dreimal belegt: vor E I 603 [Sylvan9 ], vor E III 1 [Milich9 ] und vor E V 501 [Scevin9 ]). Die Darstellung von mb durch m fand sich nur ein einziges Mal: bei „muh¢am“ in A V 110.
47
Spellerberg, Anmerkungen (wie Anm. 46), S. 172.
592
Editionsbericht
In den Trauerspielen werden alle im Original abgekürzt erscheinenden Sprechernamen der besseren Übersicht wegen stillschweigend ausgeschrieben und (in Kapitälchen) in einer eigenen Zeile auf Mitte gesetzt. Bei der Aufteilung eines Verses auf zwei oder mehr Sprecher werden die einzelnen Teile dem Lauf des Verses entsprechend gegeneinander abgestuft. Eine typographische Angleichung unserer Ausgabe an die Originaldrucke, d. h. Übernahme des Fraktursatzes mit allen Konsequenzen (so gehandhabt in der Gryphius-Ausgabe von Szyrocki und Powell48) schien uns zwar wünschenswert, war aber mit Rücksicht auf die verlegerische Verwertbarkeit nicht zu realisieren. So verfahren wir ebenso wie schon Just: Aus Fraktursatz wird Antiqua, und die Hervorhebungen der Originaldrucke in Antiqua sind durch Kursivsatz markiert, mit Ausnahme der Sprechernamen, für die die oben genannte Sonderregelung gilt. Die Tatsache, daß in den Originaldrucken æ-Ligaturen innerhalb sonst in Fraktur gesetzter Textbestandteile in Antiqua gesetzt sind, haben wir ignoriert. Trotz des Verzichts auf Fraktur schien es auch uns angezeigt, die Differenzierung von Schaft-s und Rund-s in den alten Drukken nachzuvollziehen. Darüber hinaus behalten wir im Unterschied zu Just auch die historischen Umlautkennzeichnungen (a, o, u) und die Schreibungen von j/J neben i/I bei. Besonderheiten der Fraktur wie z. B. die tz-Ligatur oder die zwei Formen des r wurden ignoriert. Bei den lateinischen Paratexten (in vorliegendem Band die Motti beider Dramen und der Widmungsbrief zur ‚Epicharis‘) behalten wir die durch die Originaldrucke vorgegebene Unterscheidung von Recte- und Kursivsatz bei, d. h. wir setzen hier die oben genannte Regel, daß Fraktur grundsätzlich durch Rectesatz, Antiqua grundsätzlich durch Kursivsatz wiedergegeben wird, außer Kraft, da bei diesen für sich allein stehenden Texten, die im Original wie bei fremdsprachigen Texten üblich in Antiqua gesetzt sind, keine Notwendigkeit einer Differenzierung besteht und fortlaufender Kursivsatz das Schriftbild unnötig und zudem auf unschöne Weise verfremdet hätte. So bleibt auch die Unterscheidungsfunktion der Kursivierung innerhalb des Antiquasatzes erhalten. Alle Verse beginnen den Vorlagen entsprechend mit Großbuchstaben. – Die Punkte bei den Verszählern der Originaldrucke wurden durchweg fortgelassen. – Stillschweigend wurden fehlende Punkte hin48
Andreas Gryphius, Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Hrsg. von Marian Szyrocki und Hugh Powell. 8 Bde. u. 4 Erg.-Bde. Tübingen 1963–1987 (= Neudrucke deutscher Literaturwerke N.F. 9.10.11.12.14.15.21.23.31.32.33.34).
Grundsätze der Textredaktion (Trauerspieltexte und Szenare)
593
ter abgekürzten Elementen oder Ordnungszahlen bibliographischer Angaben im Anmerkungsteil ergänzt. In den seltenen Fällen, in denen der Setzer dort nach Abkürzungen statt eines Punktes versehentlich ein Komma oder einen Doppelpunkt gesetzt hatte, wurde ebenfalls stillschweigend korrigiert. Alle Einfügungen des Herausgebers einschließlich der Angaben der Seiten- oder Blattwenden stehen in spitzen Klammern. Für die Redaktion der Szenare gelten sinngemäß die oben dargelegten Grundsätze gleichermaßen. Da sie jeweils in nur einem Druck überliefert sind, waren im kritischen Apparat nur die von mir vorgenommenen Eingriffe zu verzeichnen.
594
Editionsbericht
III. Varianten Im Interesse einer möglichst vollständigen Dokumentation des gesamten Überlieferungszusammenhangs haben wir uns entschlossen, nicht nur die wahrscheinlich noch von Lohenstein selbst auf den Weg gebrachten49 B-Drucke, sondern auch die C- und D-Drucke zu vergleichen und das Ergebnis dem Benutzer unserer Ausgabe im unteren Teil des kritischen Apparates mitzuteilen.50 Erfaßt werden alle Abweichungen mit Ausnahme aller derjenigen, die nur Graphie und Interpunktion betreffen, also z. B. Auslassungen und Hinzufügungen, grammatische und lautliche Differenzen51. Darüber hinaus wurden auch Abweichungen verzeichnet, die eindeutig auf Druckfehlern beruhen, ferner auch Differenzen im Modus der Abkürzungen, z. B. in Lohensteins Widmungstexten oder Anmerkungen (z. B. „DN.“ gegen „DNO.“, „cap.“ gegen „c.“, „Sueton.“ gegen „Suet.“ u. dgl.).
49 50
51
S.o. S. 577 (Haupttitel der zweiten Sammelausgabe) u. S. 578 f. mit Anm. 19. Hierin schließen wir uns Justs Intentionen an: „Daß diese Lohenstein-Edition die Varianten sämtlicher Drucke würde bringen müssen, verstand sich von selber.“ (Lohenstein, Türkische Trauerspiele [wie Anm. 45], S. VII). Wie Spellerberg später feststellte, hat Just seine Ankündigung tatsächlich nur in sehr begrenztem Umfang wahr gemacht: „Denn Just hat nur sehr wenige Varianten aus den späteren Drucken mitgeteilt. Was er in starkem Maße getan hat, ist dies, daß er in den Text der zugrunde gelegten Zeugen eingegriffen hat, und die ganz überwiegende Masse der Apparatangaben verzeichnet dementsprechend nichts anderes als den Wortlaut des an dieser Stelle gebesserten ‚Leitdruckes‘.“ (Spellerberg, Anmerkungen [wie Anm. 46], S. 166). Die Schwierigkeiten, die einer klaren Abgrenzung von historischer Graphie und Lautstand entgegenstehen, sind uns wohl bewußt (vgl. hierzu die erhellenden Ausführungen bei Herbert Kraft, Editionsphilologie. 2., neubearb. u. erw. Aufl. Frankfurt am Main, Berlin, Bern 2001, S. 72 ff.). Allerdings schien es uns aus praktischen Gründen – um über ein Kriterium zur Aussonderung von völlig unerheblichen Abweichungen auf der Ebene der Graphie zu verfügen –, unumgänglich, diese Unterscheidung vorzunehmen, ungeachtet möglicher Vorbehalte in Einzelfällen.
Lohensteins Anmerkungen
595
IV. Lohensteins Anmerkungen Alle seine Trauerspiele, ausgenommen den Erstling ‚Ibrahim (Bassa)‘, hat Lohenstein mit erläuternden und die Quellen dokumentierenden Anmerkungen ausgestattet. Unsere Ausgabe bietet zum erstenmal, in Paralleldruck, Übersetzungen und präzise, durchweg auf Autopsie beruhende Nachweise für alle von Lohenstein beigebrachten Zitate und sonstigen Literaturangaben. Die sich mit diesem Werkteil verbindenden editorischen Probleme verlangen eine breitere Darstellung, die in den folgenden vier Abschnitten bereits im Blick auf das dramatische Gesamtwerk geliefert wird.
1. Beobachtungen zu Lohensteins Quellen- und Literaturkenntnissen Aus früheren Untersuchungen52 ist bereits bekannt, daß ein großer Teil der von Lohenstein in seinen Dramen-Anmerkungen zusammengetragenen Quellenhinweise nicht auf die Originalwerke selbst, sondern auf Kommentare zu antiken Autoren sowie auf zeitgenössische Kompendien und gelehrte Standardwerke zu diesem oder jenem Thema zurückgehen. Ein hohes Maß an Sicherheit, daß Lohenstein ein Werk nach dem Originaltext und nicht nur aus zweiter Hand zitiert, besteht nur dann, wenn er der Seitenangabe ein „p.m.“ (pagina mea) voranstellt; er hat in solchen Fällen offenbar Exemplare aus seiner Privatbibliothek benutzt. Asmuths vorsichtige Schätzung, daß Lohenstein „etwa die Hälfte“53 der ca. 300 genannten Autoren nur aus zweiter Hand zitiere, ist wahr52
53
Vgl. Bernhard Asmuth, Lohenstein und Tacitus. Eine quellenkritische Interpretation der Nero-Tragödien und des „Arminius“-Romans. Stuttgart 1971 (= Germanistische Abhandlungen 36), S. 11 u. 239 f. (Anm. 30); Annelies Julia Hofmann, Exkurs. Zu den von Lohenstein in der Erstausgabe der „Cleopatra“ benutzten Textausgaben. In: Joerg C. Juretzka, Zur Dramatik Daniel Caspers von Lohenstein. „Cleopatra“ 1661 und 1680. Meisenheim am Glan 1976 (= Deutsche Studien 18), S. 234–239. Asmuth, Lohenstein u. Tacitus (wie Anm. 52), S. 11.
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scheinlich noch zu niedrig angesetzt; nach Abschluß der Quellenermittlungen zu allen mit Anmerkungen ausgestatteten Tragödien taxiere ich den Anteil der Zitate aus zweiter Hand eher auf ca. zwei Drittel. Daraus ist aber keinesfalls zu schließen, daß Lohenstein überhaupt keine eigenen Kenntnisse von Werken hatte, die er nur aus zweiter Hand zitiert; vielfach wird er Zitate nur deshalb aus Drittautoren herausgeschrieben haben, weil ihm die Originalwerke gerade nicht zur Hand waren oder das Heraussuchen der Stellen zuviel Zeit gekostet hätte. Lohenstein verfährt hier durchaus nicht anders, als es in der Gelehrtenwelt seiner Tage üblich war, Autoritäten wie Athanasius Kircher oder Samuel Bochart nicht ausgenommen.54 Hat man alle von Lohenstein zu einem Thema genannten Gelehrtenwerke vor sich liegen, sind oft starke Übereinstimmungen nicht nur bei der Auswahl der zitierten Quellen, sondern auch in der Reihenfolge ihrer Zitierung feststellbar. Andererseits offenbart Lohensteins Zitierweise zuweilen auch gewisse Unklarheiten, wie z. B. bei dem Dialog ‚Octavius‘ von Minucius Felix, der aufgrund eines philologischen Irrtums erstmals als Buch 8 des thematisch verwandten Werkes von Arnobius (‚Adversus gentes‘) gedruckt wurde (Ed. princ. Rom 1543; ebenso ein zweites Mal Basel 1546; erstmals als eigenes Werk unter dem Namen des wahren Verfassers in der Ausgabe von Franciscus Balduinus, Heidelberg 1560). Der Dialog wird in den Anmerkungen aller Dramen insgesamt achtmal zitiert55, aber nur zweimal56 als eigenes Werk unter dem Namen des tatsächlichen Autors, sonst jedoch als achtes Buch des Werkes von Arnobius. Hieraus ist zu schließen, daß Lohenstein von beiden Autoren keine authentischen Kenntnisse besaß, sondern die entsprechenden Werkverweise aus Publikationen Dritter entlehnt hat, wobei die Publikationen, in denen das Werk unter dem Namen des Arnobius zitiert wird, älteren Datums gewesen sein müssen als die, in denen der Name Minucius Felix genannt wird. Eine ähnliche Beobachtung kann man bei den Verweisen auf die ‚Vitae‘ des Cornelius Nepos in den Anmerkungen zur ‚Agrippina‘ machen. Einmal (zu A V 721)57 zitiert Lohenstein die ‚Vitae‘ unter dem eigentlichen Verfassernamen, ein andermal (zu A III 210) unter dem Namen des Aemilius Probus, der in der handschriftlichen Nepos-Überlie54 55 56 57
S. dazu das instruktive Beispiel bei Hofmann, Exkurs (wie Anm. 52), S. 238 f. Zu A II 87, III 207; C I 320; C2 III 150; E II 514; S I 366.383, V 253. Zu A II 87; S I 366 (Lemma „Schutz-Gottin un¢ers Reichs“). So auch in den Anmerkungen zu S IV 487, V 664.
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ferung vorkommt und anfangs fälschlich als der des Autors angesehen wurde (in Ausgaben des 16./17. Jahrhunderts werden auf den Titelblättern oft beide Namen angegeben58; zu der Zeit, als Lohenstein seine Dramen schrieb, war das Autorproblem aber wohl schon zugunsten der Verfasserschaft des Cornelius Nepos entschieden59). Merkwürdig ist die Tatsache, daß Lohenstein unter dem Namen Plutarchs, den er viel benutzt hat, eine ‚Vita Hannibalis‘ (zu S I 20) zitiert. In Wahrheit handelt es sich um ein Werk des italienischen Humanisten Donato Acciaiuoli (1429–1478): die in der Art Plutarchs geschriebenen ‚Vitae comparatae Annibalis et Scipionis‘, abgedruckt in dem Appendix (Bd. 13) zu der Plutarch-Gesamtausgabe von Henricus Stephanus ([Genf] 1572).60 Völlig obskur sind Lohensteins Hinweise auf Autoren wie Herostratos (zu A V 749), Anaximander de Rhodiano (zu S V 246) oder Nicanor Samius (zu S II 511). ‚Herostratos‘ ist eine von Athanasius Kircher zu verantwortende, wahrscheinlich durch einen Setzerfehler veranlaßte Verschmelzung der Namen Hesychius (Milesius) und Philostratus (s. meine Erläuterung zu dem Kircher-Zitat zu A V 749). Hinter dem ‚Anaximander de Rhodiano‘ (eine Verschlimmbesserung der ebenso falschen Namensform ‚Anaxander de Rhodiano‘ bei Lohensteins Gewährsmann Kircher) verbirgt sich der nur in Fragmenten überlieferte griechische Komödiendichter Anaxandrides. Der Nicanor Samius, den Lohenstein zu S II 511 mit dem fünften Buch („lib. 5.“) eines nicht genannten Werkes als eine der Quellen zur Geschichte der Nymphe Arethusa anführt, ist einzig bekannt aus einer Nennung bei Pseudo-Plutarch, De fluviis 17,2 (hier wird aber, zudem in ganz anderem Sachzusammenhang, nur auf das
58
59
60
Z. B. lautet der in VD 16 (Bd. 14, N 527) an letzter Stelle genannte Nepos-Titel: Aemilii Probi, seu Cornelii Nepotis liber de vita excellentium imperatorum ! …". Ingolstadii: David Sartorius 1593. Vgl. z. B. den Titel der von Johann Heinrich Boecler kommentierten Ausgabe, die 1662 in Leipzig erschienen war: Cornelii Nepotis Non, ut aliquando credebatur, Aemilii Probi, Quae extant: Cum notis Viri Cl. Jo. Henr. Boecleri !…". Lipsiae: impensis C. Kirchneri, typis J. Wittigau 1662. – Bereits in den 60er Jahren des 16. Jahrhunderts hatten zwei Philologen (O. Gifanius und D. Lambinus) die Vitae „mit guten inhaltlichen und sprachlichen Gründen“ Nepos zugewiesen (Michael von Albrecht, Geschichte der römischen Literatur von Andronicus bis Boëthius. Bd. 1. Nachdruck der 2., verb. u. erw. Aufl. München 1994 [= dtv 4618-1], S. 388). Vgl. auch die Anm. zu S I 503, in der ebenfalls auf die angebliche Hannibal-Vita Plutarchs verwiesen wird. Das dazugehörige Zitat stammt hier aber aus einer ganz anderen Quelle, nämlich aus Valerius Maximus, Facta et dicta 9,3,Ext.2–3.
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zweite Buch einer Schrift ‚De fluminibus‘ verwiesen, so daß die Buchzahl 5, die Lohenstein nennt, gänzlich ins Reich der Phantasie gehört, falls nicht eine Verwechslung mit einem anderen Autor vorliegen sollte).
2. Textkritische Probleme Bei genauem Vergleichen der von Lohenstein zitierten Autoren mit den Originaltexten stellt man oft Abweichungen fest, die auf bewußte redaktionelle Eingriffe (z. B. zum Zwecke der Kürzung oder aber der besseren Einpassung in den eigenen Redezusammenhang) zurückzuführen sind. Diesen durchaus zeitüblichen großzügigen Umgang mit dem Wortlaut von Texten fremder Autoren hat Lohenstein nicht nur bei Werken der Frühen Neuzeit, sondern ebenso bei denen aus der Antike praktiziert. Bei der Zitierung antiker Autoren wird man darüber hinaus Abweichungen von der Textgestalt moderner Ausgaben finden, die den zeitspezifischen philologisch-textkritischen Kenntnis- und Bewußtseinsstand der Editoren des 16./17. Jahrhunderts widerspiegeln. Da in vielen Fällen nicht sicher zu entscheiden war, ob Abweichungen vom Wortlaut heutiger Ausgaben tatsächlich dem historischen Stand der textkritischen Erarbeitung der betreffenden Autoren entsprachen oder nicht vielmehr in Transkriptionsfehlern Lohensteins oder seiner gelehrten Gewährsleute ihren Ursprung hatten, wurden zu allen Zitaten, die signifikante Abweichungen dieser Art aufwiesen, ungeachtet der grundsätzlichen Entscheidung, Zitate nichtchristlicher antiker Autoren auf der Basis moderner Textausgaben nachzuweisen, zum Vergleich zeitgenössische Ausgaben (nach Möglichkeit mindestens zwei) beigezogen. Für den Leser, der mit solchen Arbeiten keine Erfahrung hat, sei hier zur Erläuterung bemerkt, daß auch sehr reichhaltige kritische Apparate moderner Ausgaben antiker Autoren für die Klärung solcher textkritischer Zweifelsfälle in der Regel keine Handhabe bieten, da dort Lesarten von Textzeugen, die im 16./17. Jahrhundert noch geschätzt wurden, von späteren Philologengenerationen aber als korrupt, aus anderen Gründen als wertlos oder überflüssig erkannt worden sind, selbstverständlich nicht mehr verzeichnet werden. Für solche Arbeiten brauchte man einen Ausgabentyp, den es nicht gibt, dessen Erarbeitung sich aber bei zunehmender Erforschung der Literatur der Frühen Neuzeit, vor allem der lateinischen, als unverzichtbar erweisen könnte: einen solchen nämlich, der mit einem Apparat ausgestattet ist, an dem die wesentlichen Schritte der Geschichte der philologisch-kritischen Erarbeitung eines Textes seit
Lohensteins Anmerkungen
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seiner Editio princeps ablesbar sind (Reprints maßgeblicher alter Ausgaben wären nützlich, können aber die Funktion eines Hilfsmittels, wie es hier vorgeschlagen wird, nicht hinreichend erfüllen). Bei der textkritischen Überprüfung von Lohensteins Zitaten aus antiken Autoren ergab sich, daß er, abgesehen von den erwähnten redaktionellen Eingriffen, die Lesart der ihm verfügbaren zeitgenössischen Ausgaben getreulich wiedergibt; nur in seltenen, geringfügigen Fällen waren eindeutige, korrekturbedürftige Fehllesungen zu konstatieren. Bei den griechischen Zitaten konnte ich auf die von Spellerberg hinterlassenen, bereits mit Sorgfalt kritisch bearbeiteten Transkriptionen zurückgreifen. Für die Überprüfung dieser Textteile aus gräzistischer Sicht, die erwartungsgemäß nur ganz geringfügige Korrekturen an der Spellerbergschen Redaktion zur Folge hatte, habe ich Herrn Prof. Dr. Diether R. Reinsch (FU Berlin) zu danken. Da eine an sich wünschenswerte umfassende Kommentierung der Lohensteinschen Dramen-Anmerkungen die zeitlichen, organisatorischen und personellen Rahmenbedingungen, der die Arbeiten an vorliegender Ausgabe unterlagen, gesprengt hätte, mußte auf alle textkritischen Erläuterungen zu Lohensteins Zitaten verzichtet werden; es war auch nicht möglich, die von Lohenstein vorgenommenen redaktionellen Eingriffe in die Originaltexte (Auslassungen, Erweiterungen, Umstellungen, Wortersetzungen u. dgl.) kenntlich zu machen. Im folgenden sei aber wenigstens an ein paar einfachen Beispielen verdeutlicht, welche Bedeutungs- und Sinndifferenzen der Wandel der Textgestalt klassischer antiker Autoren seit dem 16./17. Jahrhundert in Einzelfällen mit sich bringen konnte. Ich gebe zu jedem der vier ausgewählten Autoren zunächst den Wortlaut des Zitats in Lohensteins Anmerkungen, sodann den Wortlaut der betreffenden Stelle in der von mir verwendeten modernen Ausgabe. Die differierenden Stellen sind in beiden Versionen durch Kursivsatz hervorgehoben. Zur Verdeutlichung der Sinndifferenzen sind beiden Versionen jeweils Übersetzungen in eckigen Klammern hinzugefügt. Dictys Cretensis, Ephemeridos belli Troiani libri 5,11: A II 535: Ita inviolatum multis tempestatibus Murorum opus Neptunique atque Apollinis maxima Monumenta multo delectu Civium manibus dissolvuntur. [So wird das in vielen Jahrhunderten unversehrt gebliebene Mauerwerk, gewaltige Denkmäler Neptuns und Apollos, mit viel Sorgfalt von den Händen der Bürger abgebrochen.]
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Eisenhut: Ita inviolatum multis tempestatibus murorum opus Neptunique ! …" atque Apollinis maxima monumenta nullo delectu civium manibus dissolvuntur.61 [So wird das in vielen Jahrhunderten unversehrt gebliebene Mauerwerk, gewaltige Denkmäler Neptuns ! …" und Apollos, wahllos von den Händen der Bürger abgebrochen.] Plautus, Poenulus 958: S IV 268: Deum hospitalem atque Tesseram mecum fero. [Den Gott der Gastfreundschaft und das Erkennungszeichen trage ich bei mir.] Lindsay: Ad eum hospitalem hanc tesseram mecum fero.62 [Ich trage diese Gasterkennungsmarke bei mir, um sie ihm zu geben.] Plinius d.Ä.: Naturalis historia 24,17: C V 19: Magni ad lumina usus !sc. cedri succus", ni capiti dolorem inferret. [Er ! nämlich der Zedernsaft" wäre für die Augen von großem Nutzen, wenn er nicht Kopfschmerz erzeugte.] Mayhoff: Magni ad volumina usus, ni capiti dolorem inferret.63 [Er wäre für Schriftrollen von großem Nutzen, wenn er nicht Kopfschmerz erzeugte.] Tacitus, Annales 6,45,3: A II 416: Impulerat Macro post mortem Claudiae, quam nuptam ei (Cajo Caesari) retuli, uxorem suam Enniam immittendo, amore juvenem inlicere pactoque matrimonii vincire !…". [Macro hatte nach dem Tode Claudias, mit der er (C. Caesar != Caligula" ), wie von mir berichtet, verheiratet war, seine eigene Frau Ennia, sie anstiftend, dazu gedrängt, den jungen Mann durch Liebe anzulocken und durch ein Eheversprechen zu fesseln ! …" .] 61
62
63
Dictys Cretensis, Ephemeridos belli Troiani libri a Lucio Septimio ex Graeco in Latinum sermonem translati. Accedunt papyri Dictys Graeci in Aegypto inventae. Edidit Werner Eisenhut. 2. Aufl. Leipzig 1973 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana), S. 112. Titus Maccius Plautus, Comoediae. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit W.M. Lindsay. Tom. 2. Oxford 1950 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxoniensis), nicht paginiert. C. Plinius Secundus, Naturalis historiae libri XXXVII. Edidit Carolus Mayhoff. Editio stereotypa editionis prioris (MDCCCXCVII). Vol. 4. Stuttgart 1967 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana), S. 60.
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Borzsák/Wellesley: !…" impuleratque ! sc. Macro" post mortem Claudiae, quam nuptam ei rettuli, uxorem suam Enniam imitando amorem iuvenem inlicere pactoque matrimonii vincire !…". 64 [Er !Macro nämlich" hatte nach dem Tode Claudias, mit der er ! nämlich Caligula" , wie von mir berichtet, verheiratet war, seine eigene Frau Ennia dazu gedrängt, den jungen Mann mit gespielter Verliebtheit anzulocken und durch ein Eheversprechen zu fesseln !…".]
3. Zur Übersetzung der Zitate Die Übersetzung der in den Anmerkungen Lohensteins angeführten fremdsprachigen Zitate (Zitate aus deutschsprachigen Werken gibt es nicht!) folgt dem von Lohenstein vorgegebenen Wortlaut, soweit dieser nicht auf eine Weise verderbt war, die eine sinnfällige Übersetzung ausschloß (in solchen Fällen findet der Leser einen erklärenden Hinweis). Die Übersetzung griechischer Zitate, für die nicht Lohenstein selbst schon eine Verdeutschung mitgeliefert hatte, erfolgte zunächst in Anlehnung an bereits verfügbare Übertragungen der betreffenden Werke. Die jetzt vorliegende Endfassung ist Ergebnis einer kritischen Durchsicht, für die ich ebenfalls Herrn Prof. Reinsch (s. o., S. 599) zu danken habe. Bei der Übertragung italienischer Zitate war mir Herr Dr. Jörg Jungmayr, mein Kollege an der Forschungsstelle für Mittlere Deutsche Literatur (FU Berlin), behilflich, dem für seine Mühe an dieser Stelle gedankt sei. Für alle anderen Übersetzungen (in der großen Masse aus dem Lateinischen, daneben einiges Wenige aus dem Französischen und Spanischen) trage ich selbst die volle Verantwortung.
64
P. Cornelius Tacitus, Annales. Ediderunt Stephanus Borzsák et Kenneth Wellesley. Pars 1. Stuttgart, Leipzig 1992 (= P. Cornelii Taciti libri qui supersunt I,1 = Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana), S. 153.
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4. Zur Anlage der Nachweise Die Anordnung der Nachweise der bei den einzelnen Lemmata genannten Quellen richtet sich nach der von Lohenstein vorgegebenen Reihenfolge. Bei Werken der Frühen Neuzeit wurden, soweit die bibliothekarischen Voraussetzungen es zuließen, grundsätzlich Drucke verwendet, die vor dem Erscheinungsjahr des betreffenden Lohenstein-Dramas bereits auf dem Markt waren, also vom Autor hätten benutzt werden können. Nur in wenigen Fällen mußte auf Drucke zurückgegriffen werden, die später erschienen sind; diese dürften in aller Regel jedoch textlich mit den Drucken identisch sein, die Lohenstein benutzt haben kann. – Nur bei zwei Autoren (Agrippa von Nettesheim und Cardanus, beide nur einmal angeführt) habe ich statt eines frühneuzeitlichen Druckes eine moderne Ausgabe herangezogen. Alle Zitate aus antiken lateinischen oder griechischen Werken bzw. alle sie betreffenden Stellenangeben werden anhand moderner Ausgaben mit der heute in der Klassischen Philologie üblichen Buch-, Kapiteloder Paragraphenzählung nachgewiesen; für die griechischen und lateinischen Kirchenschriftsteller wird nur auf die Abdrucke in Mignes Patrologia verwiesen. Alle Titelnachweise werden in Kurzform gegeben. Die vollen Titelangaben sowie die Auflösungen der verwendeten Sigel finden sich in dem ‚Alphabetischen Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen‘ (Kommentarband, S. 806–852). Grundsätzlich wurden alle von Lohenstein bei den einzelnen Quellenangaben mitgeteilten Buch-, Kapitel-, Paragraphen- oder Seitenangaben (ggf. mit stillschweigender Korrektur) wiederholt. Es wurde auch keine Quellenangabe etwa deshalb übergangen, weil Lohensteins Zitierweise z. B. bei einem antiken Autor absolut korrekt war oder mit der heutigen genau übereinstimmte, also keiner Richtigstellung oder Aktualisierung bedurfte. Grundsätzlich sind in meinen Nachweisen zu den einzelnen Lemmata ausnahmslos alle Titel enthalten, die sich bei Lohenstein finden. Nachgewiesen werden von mir, soweit nur möglich, auch Zitate oder Quellenverweise innerhalb der von Lohenstein beigebrachten Zitate aus frühneuzeitlichen Autoren oder älteren Kirchenschriftstellern. Die Nachweise dieser Sekundärzitate schließen sich unmittelbar an die der sie einschließenden Primärzitate an. Von Lohenstein vorgenommene Auslassungen innerhalb zitierter Texte oder redaktionelle Eingriffe werden nicht gekennzeichnet.
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Agrippina: Widmung an Herzogin Louise, Bl. )o( 3v – )o( 4 r
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Agrippina: Bl.
)o( 4 v– )o( 5 r
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Agrippina: S. 46/47
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Agrippina: S. 152/153
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Epicharis: Widmung an Otto von Nostitz (Doppelseite, nicht foliiert bzw. paginiert)
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Epicharis: Bl.
)o( 6 v – )o( 7 r
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Epicharis: S. 18/19
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Epicharis: Bl. 128v-129r
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Abbildungsnachweise Frontispiz (Porträt Lohenstein): nach Band 1 (1689) der ersten Ausgabe von Lohensteins ‚Arminius‘ (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Sign.: A 12804). Agrippina: Titelkupfer, Titelseite u. Abb. 1–8 nach der Erstausgabe Breslau 1665 (Exemplar der UB Wrocł aw, Sign.: 319 686). Epicharis: Titelkupfer nach der Erstausgabe Breslau 1665 (Exemplar der UB Köln, Sign.: Wallraf A VI 979); Titelseite nach dem Exemplar der UB Wrocł aw, Sign.: 319 701. Szenare: Titelblätter nach Exemplaren der UB Wrocław, Sammelband Yu 1050. Bildanhang: Seiten aus der ‚Agrippina‘ nach o.g. Exemplar; Seiten aus der ‚Epicharis‘ nach dem Exemplar der UB Wrocł aw, Sign.: 319 701.
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I Daniel Casper von Lohenstein Sämtliche Werke
II
Daniel Casper von Lohenstein Sämtliche Werke Historisch-kritische Ausgabe
Herausgegeben von
Lothar Mundt, Wolfgang Neuber und Thomas Rahn
Walter de Gruyter · Berlin · New York
III
Daniel Casper von Lohenstein Sämtliche Werke Abteilung II Dramen Band 2
Agrippina · Epicharis Teilband 2 Kommentar Unter Verwendung von Vorarbeiten Gerhard Spellerbergs † verfaßt von
Lothar Mundt
Walter de Gruyter · Berlin · New York
IV Die Ausgabe wurde mit Unterstützung der Forschungsstelle für Mittlere Deutsche Literatur, Institut für Deutsche und Niederländische Philologie, Freie Universität Berlin, erarbeitet.
Ü Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 3-11-018156-8 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter < http://dnb.ddb.de > abrufbar.
© Copyright 2005 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen
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Inhalt I. Zur Nero-Dramatik in der Frühen Neuzeit . . . . . . . . . 615 II. Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629 1. Zur Anlage des Kommentars . . . . . . . . . . . . . . . 629 2. Agrippina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633 2.1. Zu den Quellen der ‚Agrippina‘ . . . . . . . . . . . 633 2.2. Stellenkommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633 3. Epicharis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706 3.1. Zu den Quellen der ‚Epicharis‘ . . . . . . . . . . . . 706 3.2. Stellenkommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707 III. Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 2. Autoren- und Werkliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809 3. Verzeichnis der abgekürzt zitierten Nachschlagewerke . . 851 IV. Literaturverzeichnisse
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 853
1. Literatur zu Lohenstein und seinen Trauerspielen ‚Agrippina‘ und ‚Epicharis‘ . . . . . . . . . . . . . . . . 853 2. Sonstige Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 865 V. Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 871
Zur Nero-Dramatik in der Frühen Neuzeit
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I. Zur Nero-Dramatik in der Frühen Neuzeit Mit der folgenden Zusammenstellung soll dem Leser ein Überblick über die dramatische Bearbeitung des Nero-Stoffes vor Lohenstein vermittelt werden (ähnliche stoffgeschichtliche Übersichtsdarstellungen sind auch für die weiteren Kommentarbände der Abteilung ‚Dramen‘ vorgesehen). Als Bezugsgestalt wurde Nero gewählt, da die beiden hier zu behandelnden Stoffkreise (Ermordung Agrippinas; Rolle der Epicharis innerhalb der Pisonischen Verschwörung) mit seiner Person in untrennbarem Zusammenhang stehen und die zu unserer Thematik bislang vorliegende stoffgeschichtliche Literatur ebenfalls auf die Gestalt Neros zentriert ist (spezielle Untersuchungen zur Geschichte des Agrippina- oder Epicharis-Stoffes gibt es meines Wissens nicht). In meiner Darstellung sind alle Nero-Dramen vor Lohenstein erfaßt, die mir bekannt geworden sind (nach den Erscheinungsdaten zeitlich von 1603 bis 1660 reichend). In Anbetracht der unzulänglichen Forschungslage 1 sind Zweifel daran, ob die Liste der hier besprochenen Stücke vollständig ist, durchaus erlaubt. An eine auch nur perspektivische Ausweitung des Untersuchungsthemas auf nichtdramatische Behandlungen des Nero-Stoffes bzw. der ihm inhärenten Stoffkreise um Agrippina und Epicharis oder auch auf die Frage, wie sich das
1
Informativste Übersicht zur Geschichte des Nero-Stoffes in der Weltliteratur, zu der nur wenig Forschungsliteratur vorliegt: Elisabeth Frenzel, Stoffe der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte. 8., überarb. u. erw. Aufl. Stuttgart 1992 (= Kröners Taschenausgabe 300), S. 575–578. Sehr dürftig die ältere Überblicksdarstellung von Jakob Engel, Kaiser Nero in der Dichtung. In: Preußische Jahrbücher 105 (1901), S. 468–487. – Zur Bearbeitung des Nero-Stoffes in der deutschen Literatur: Hans Franz Josef Fluch, Nerodarstellungen, insbesondere in der deutschen Literatur. Diss. Gießen 1924 (im Druck nur auszugsweise vorliegend!). – Über die englischen Nero-Dramen allgemein handelt Egon Mühlbach, Die englischen Nerodramen des XVII. Jahrhunderts, insonderheit Lees Nero. Diss. Leipzig 1910. Hier S. 8–13 auch eine tabellarische Übersicht über Nero-Dramen und -Opern in mehreren europäischen Ländern (Italien, Frankreich, Deutschland, England/Amerika, Spanien/Portugal, Belgien, Dänemark, Schweden, Rußland, Griechenland). Der Wert dieser Übersicht ist aber nur sehr begrenzt, da sie nur solche Werke erfaßt, die den Namen Neros im Titel führen, so daß z. B. alle Agrippina-Dramen fehlen (demnach ist auch Lohenstein in der Deutschland-Liste nicht vertreten).
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Zur Nero-Dramatik in der Frühen Neuzeit
Bild dieser drei Gestalten im Verlaufe der Frühen Neuzeit entwickelt hat, war in Ermangelung von Vorarbeiten nicht zu denken. Eine wichtige Voraussetzung für die Untersuchung etwa der Beurteilung der beiden Frauengestalten in der Frühen Neuzeit (das Gleiche gilt auch für Cleopatra und Sophonisbe) wäre z. B. eine Sichtung und Auswertung der europaweit nicht geringen Zahl von Sammelwerken über berühmte oder ‚starke‘ Frauen von Boccaccios ‚De claris mulieribus‘ (ca. 1361–1375) 2 über die Kompilation ‚De memorabilibus et claris mulieribus‘ von Johannes Ravisius Textor (Paris 1521) 3 bis zu der ‚Gallerie des femmes fortes‘ (zuerst Paris 1647) des Jesuiten Pierre LeMoyne 4. Am Anfang der Nero-Dramatik der Frühen Neuzeit 5 steht das umfängliche lateinische Versdrama des Engländers Matthew Gwinne (ca. 1558–1627), das 1603 in London unter dem Titel ‚Nero tragaedia nova‘ erschien. 6 Gwinne bringt in den fünf Akten seines Stückes, in dem nicht weniger als ca. 80 Personen auftreten, den gesamten Zeitraum der politischen Laufbahn Neros, von der Eheschließung seiner Mutter Agrippina mit Kaiser Claudius (49 n. Chr.) bis zu seinem Selbstmord (68 n. Chr.), auf die Bühne. Im ersten Akt sind die Ereignisse bis zur Ermordung des Kaisers dargestellt. Der zweite zeigt die sich rapide entwickelnde Entfremdung zwischen Mutter und Sohn nach dessen Herrschaftsantritt: Nero beginnt seine Mutter von der Teilhabe an politischen Entscheidungen auszuschließen und geht gegen ihren Willen eine Liebesbeziehung mit der Freigelassenen Acte ein. Als Agrippina, um ihre Macht zu erhalten, damit droht, die kriminellen Voraussetzungen der Thronbesteigung Ne2
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Moderne Ausgabe: Giovanni Boccaccio, Tutte le opere. A cura di Vittore Branca. Volume 10: De mulieribus claris. Verona 1970 (= I Classici Mondadori). Johannes Ravisius (Hrsg.), De memorabilibus et claris mulieribus: aliquot diversorum scriptorum opera. Paris 1521. S.u., Autorenliste, S. 829. Ich übergehe hier die lateinische Tragödie ‚Petrus‘ des Franzosen Claude Roillet bzw. Rouillet (geb. ca. 1520, gest. nach 1578), in der Nero zusammen mit Poppaea als blutiger Verfolger der Christen auftritt. Das Werk ist enthalten in: Claudius Roillet, Varia poemata. Paris 1556. – Inhaltsangabe und Analyse in: Raymond Lebègue, La tragédie religieuse en France. Les débuts (1514–1573). Paris 1929 (= Bibliothèque littéraire de la renaissance N.S. 17), S. 265–270. Matthew Gwinne, Nero tragaedia nova […] collecta è Tacito, Suetonio, Dione, Seneca. London 1603, Reprint: Prepared with an introduction by Heinz-Dieter Leidig. Hildesheim, New York 1983 (= Renaissance Latin Drama in England. First series 13). – Hierzu vgl. George B. Churchill, Wolfgang Keller, Die lateinischen Universitäts-Dramen Englands in der Zeit der Königin Elisabeth. In: Shakespeare-Jahrbuch 34 (1898), S. 221–323, hier S. 267–271; Mühlbach, Die englischen Nerodramen (wie Anm. 1), S. 16 f.; J.W. Binns, Seneca and Neo-Latin tragedy in England. In: Seneca. Ed. by C.D.N. Costa. London, Boston 1974 (= Greek and Latin Studies: Classical literature and its influence), S. 205–234, hier S. 215–224.
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ros offenzulegen, so seine Legitimität in Frage zu stellen und die Ansprüche des seinerzeit übergangenen, aber eigentlich erbberechtigten Kaisersohnes Britannicus, Neros Stiefbruder, zu unterstützen, läßt Nero kurzerhand Britannicus während eines Banketts vergiften. In einem Gespräch mit Otho, gleich nachdem die Leiche fortgeschafft ist, wird Nero auf dessen schöne Frau Poppaea aufmerksam. Deren zielstrebige, von Erfolg gekrönte Bemühungen, die Herrschaft über den in sie verliebten Nero zu gewinnen, sind Thema des dritten Aktes. Poppaea drängt Nero, seine Mutter, in der sie ihre Hauptgegnerin sieht, zu beseitigen. Das von persönlichen Feinden Agrippinas ausgestreute Gerücht, sie habe vor, Rubellius Plautus zu heiraten und diesen, da er im selben Verwandtschaftsverhältnis zu Augustus stehe wie Nero, an dessen Stelle zum Kaiser zu machen, nimmt Nero zum Anlaß, ihre Ermordung in die Wege zu leiten. Wie bei Tacitus geschildert versucht man es zunächst mit einem fingierten Schiffbruch; als dieser Plan mißlingt, wird Agrippina in ihrem Schlafzimmer von drei Beauftragten Neros erschlagen. Hauptinhalt des vierten Aktes ist die Ermordung von Neros Ehefrau, der Claudius-Tochter Octavia, die Poppaeas Plänen noch im Wege steht. Parallel zu den Vorbereitungen dieses Verbrechens läuft die Entmachtung von Burrhus und Seneca, die bisher die Reichsgeschäfte geführt hatten, und der Aufstieg des skrupellosen Tigellinus in der Gunst Neros. Der besonders lange fünfte Akt, der auch als eigenes fünfaktiges Drama gelesen werden kann (dies jedenfalls ist den Ziffern zu entnehmen, die der Autor rechts neben die Szenenüberschriften hat setzen lassen), beginnt mit dem von Nero veranlaßten Brand Roms und führt dem Zuschauer alle wesentlichen sich daran anschließenden Ereignisse bis zu Neros Sturz vor Augen: Entstehung und Aufdeckung der Pisonischen Verschwörung (u. a. Gefangennahme und Selbstmord der Epicharis auf der Folter, Selbstmord Lukans und Senecas); Tod Poppaeas durch einen Fußtritt Neros; Tod des bei Nero in Ungnade gefallenen Petronius Arbiter und des oppositionellen Senators Thrasea Paetus; Zusammenbruch von Neros Herrschaft, als in Gallien eine Revolte ausbricht und in Spanien Galba, Neros Nachfolger, zum Kaiser ausgerufen wird; Selbstmord Neros. Jeder Akt beginnt mit der Erscheinung des Geistes einer in der ihm vorausliegenden Handlung ermordeten Person (1. Akt: Messalina; 2. Akt: Claudius; 3. Akt: Britannicus; 4. Akt: Agrippina; 5. Akt: Octavia). Die Akte 1–3 schließen mit Chorgesängen von drei Furien (1. Akt: Tisiphone; 2. Akt: Alekto; 3. Akt: Megaera), Akt 4 mit einem Chorgesang der Nemesis, Akt 5 mit Chorgesängen der drei Furien und der Nemesis. Die historischen Hauptquellen Gwinnes waren, wie auf der Titelseite angegeben, Tacitus, Suetonius, Cassius Dio und Seneca. Sowohl auf diese Quellen wie auf einige andere, von Fall zu Fall beigezogene (für den 5. Akt z. B. Petronius’ Satyricon) wird in Marginalien zum Dramentext verwiesen. Große Verwandtschaft mit Gwinnes Werk hinsichtlich der stofflichen Spannweite hat das Drama ‚Roma abrasada y crueldades de Nerón‘ (‚Der Brand Roms
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und die Grausamkeiten Neros‘) von Lope de Vega (1562–1635).7 In dem zwischen 1594 und 1603 entstandenen, aber erst 1625 im Druck erschienenen Werk wird ebenfalls die gesamte Epoche der politischen Laufbahn Neros behandelt: von der Tötung Messalinas, der treulosen Gattin des Kaisers Claudius, bis zu Neros Sturz und Selbstmord.8 Der Stoff ist hier auf drei Akte verteilt. Im 1. Akt werden die für den Aufstieg Neros grundlegenden historischen Ereignisse behandelt: Tötungsbefehl des von einem Feldzug heimgekehrten Kaisers Claudius gegen seine Gemahlin Messalina wegen Ehebruchs; Eheschließung des Kaisers mit Agrippina; Adoption Neros; Nachfolgeregelung für die Kaiserwürde zu dessen Gunsten unter Übergehung des leiblichen Kaisersohnes Britannicus; Heirat Neros mit seiner Stiefschwester Octavia; Ermordung des Kaisers Claudius durch Agrippina. – Kernelement der Handlung des 2. Aktes ist Neros Machtkampf mit seiner Mutter, begleitet von der Anbahnung und Festigung seiner Beziehung zu Poppaea. Nachdem Nero Britannicus hat vergiften lassen, um seine Mutter daran zu hindern, in diesem einen Konkurrenten um die Kaiserherrschaft aufzubauen, versucht Agrippina, ihren Sohn zum Geschlechtsverkehr zu verführen und ihn so für alle Zeit von sich abhängig zu machen. Voller Abscheu und Empörung weist Nero Agrippinas Ansinnen zurück und läßt sie umgehend ermorden, unter dem Vorwand, eine Verschwörung gegen ihn angezettelt zu haben. – Im 3. Akt werden weitere Stationen der Grausamkeit und Verworfenheit Neros geschildert: Verfolgung der Christen; Todesbefehl gegen Seneca nach Aufdeckung der Pisonischen Verschwörung; Ermordung Octavias; Brand Roms, von Nero veranlaßt; Tötung Poppaeas. Am Schluß stehen die Absetzung Neros nach Ausbruch der Aufstände in den Provinzen, der Selbstmord Neros und die Ausrufung Galbas zu seinem Nachfolger. Im Unterschied zu Gwinne versucht Lope nicht, die Ereignisse der Regierungszeit Neros in annähernder Vollständigkeit auf die Bühne zu bringen, sondern beschränkt sich auf eine Auswahl von Kernereignissen, die auch für sich eher punktuell abgehandelt werden (z. B. die Pisonische Verschwörung in dem Todesbefehl an Seneca). So kommt er auch mit ca. 30 Personen aus, ca. 50 weniger, als Gwinne gebraucht hat. Hervorzuheben ist, daß Lope das inzestuöse Angebot Agrippinas an Nero, das Gwinne trotz seiner Detailgenauigkeit in der Auswertung der Quellen übergangen hatte, in die Handlung, wenn auch in aller Kürze, einbezogen hat.9 Die Epicharis-Episode spielt bei Lope überhaupt keine Rolle. 7
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Lope Felix de Vega Carpio, Roma abrasada y crueldades de Nerón. In: Lope de Vega, Comedias. Vol. VIII. Génova, Madrid 1994 (= Biblioteca Castro), S. 205–304. – Hierzu vgl. Wilhelm Ruser, Roma abrasada – ein echtes Jugenddrama. Eine Studie zu Lope de Vega. In: Revue hispanique 72 (1928), S. 325–408; Karl Alfred Blüher, Lope de Vega y Séneca. A propósito de la tragedia Roma abrasada. In: Studia in honorem prof. M. de Riquer. Vol. III. Barcelona 1988, S. 237–255. Inhaltsangabe bei Ruser, Roma abrasada (wie Anm. 7), S. 327–329. Lope de Vega, Comedias. Vol. VIII (wie Anm. 7), S. 267.
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Lope hat, anders als Gwinne, für sein Drama nicht auf die Quellen selbst zurückgegriffen, sondern, wie die Untersuchung von Ruser ergeben hat10, ein zeitgenössisches Geschichtswerk, die ‚Historia Imperial y Cesaréa‘ von Pero Mexía11, benutzt. Ein dramatisches Panorama nur der letzten Phase der Herrschaft Neros, von der Pisonischen Verschwörung bis zu seinem Sturz, gibt der anonyme Verfasser der 1624, ein Jahr vor Lopes Werk, in London erschienenen ‚Tragedy of Nero‘.12 Ausgelöst wird hier der Plan zum Sturz Neros im 1. Akt durch dessen triumphale Rückkehr von einer Künstler-Tournee durch Griechenland, mit der der Kaiser, nach all seinen schlimmen Verbrechen, nach Auffassung der Verschwörer nun auch noch die Institution des Kaisertums herabgewürdigt und entehrt habe (eigentlich ein Anachronismus, da Neros Griechenland-Tournee erst 67/68, also nach der Niederschlagung der Pisonischen Verschwörung im Jahre 65, stattgefunden hat). Im 2. Akt nehmen die Planungen der Verschwörer konkrete Formen an. Diese werden nach dem Brand Roms, der das zentrale Thema des 3. Aktes ist, zu Anfang des 4. Aktes von Milichus, dem Freigelassenen des Mitverschwörers Scevinus, an Nero verraten. Darauf folgt sogleich die Aufdekkung der Verschwörung und die Gefangennahme der Beteiligten und Verdächtigen, die teils, wie Piso und Seneca, Selbstmord begehen, teils hingerichtet werden. Der Tod Poppaeas wird, völlig abweichend von den historischen Tatsachen, unmittelbar mit diesem Handlungsstrang verknüpft: Poppaea bittet Nero für einen der Teilnahme an der Verschwörung verdächtigten jungen Mann, der sie an Otho erinnert, um Gnade; Nero argwöhnt, daß sie mit diesem ein Liebesverhältnis habe, und tötet sie in einer Aufwallung von jähzorniger Eifersucht; danach verfällt er in tiefen Schmerz über seine unbedachte Handlung. Nachdem Nero zu Beginn des 5. Aktes sich noch selbstgefällig mit seinem Sieg über die
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Ruser, Roma abrasada (wie Anm. 7), S. 336–348. Pero Mexía, Historia Imperial y Cesaréa, en la cual ensumma se contienen las vidas y hechos de todos los Cesares, Emperadores de Roma, desde Julio Cesar hasta el Emperador Carlos Quinto. Nueva Edicion. Anvers 1588, S. 46 ff. (nach Ruser, Roma abrasada [wie Anm. 7], S. 338, Anm. 2). Anonymus, The tragedy of Nero. Newly written. London 1624. – Kritische Edition: The tragedy of Nero. [Ed. by] Elliott M. Hill. New York, London 1979 (= Renaissance Drama. A Collection of Critical Editions). – Sorgfältige Analyse des Stückes und seiner Beziehungen zu den historischen Quellen bei P. Ernst Schmid, Thomas May’s Tragedy of Julia Agrippina Empresse of Rome. Nebst einem Anhang: Die Tragödie „Nero“ und Thomas May. Louvain 1914, Reprint Vaduz 1963, Anhang, S. 155–217. – Nicht in unseren Zusammenhang gehört die ähnlich betitelte, ebenfalls anonym erschienene ‚Tragedy of Nero, Romes greatest tyrant‘ (London 1607), in der nicht von Kaiser Nero, sondern von Kaiser Tiberius gehandelt wird, der vor seinem Regierungsantritt auch das Cognomen Nero führte (Tiberius Claudius Nero; danach: Tiberius Iulius Caesar). S. hierzu Mühlbach, Die englischen Nerodramen (wie Anm. 1), S. 18–21.
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Verschwörung gebrüstet hat, folgen nun Schlag auf Schlag die Nachrichten von den Aufständen in den Provinzen Gallien und Spanien. Nero wird von allen Gefolgsleuten verlassen und stürzt sich in sein Schwert. In der Schlußszene wird von einem Gefolgsmann Galbas bei Neros Leichnam der Verräter Nymphidius niedergemacht, der den Plan verfolgt hatte, Galbas Machtübernahme in Rom zu vereiteln, um selbst Neros Nachfolger zu werden. Mit der Person dieses Nymphidius, eines Freigelassenen, der zur Zeit von Neros Griechenland-Tournee zusammen mit Tigellinus in Rom die Staatsgeschäfte geleitet hatte und tatsächlich unter Galba den Tod fand, weil er sich selbst zum Kaiser ausrufen lassen wollte, – mit der Person dieses Nymphidius ist eine von dem anonymen Autor erfundene Nebenhandlung verknüpft. Den Nymphidius der ‚Tragedy of Nero‘ verbindet nämlich eine Liebesbeziehung mit Poppaea, die von seiner Seite aus aber nicht ehrlich gemeint ist, sondern nur den Sturz Neros zum Ziel hat. Erfunden ist auch die Rivalitätsbeziehung zwischen Nymphidius und einem gewissen Antonius um die Gunst Poppaeas; Antonius (sein historisches Vorbild war der nur bei Plutarch, Galba 14, genannte Militär Antonius Honoratus) wird von Poppaea abgewiesen, faßt deshalb tiefe Feindschaft zu Nymphidius und verrät ihn am Schluß des Stückes an Galba. Sonst hat sich der Autor ziemlich genau an die antiken Quellen gehalten13: für die Geschichte der Pisonischen Verschwörung Tacitus’ Annalen und Cassius Dios Römische Geschichte, für das Ende von Neros Herrschaft Plutarchs Galba-Biographie. Wie in Lope de Vegas ‚Roma abrasada‘ wird auch hier die Gestalt der Epicharis in der Darstellung der Verschwörung völlig ausgespart; nicht einmal ihr Name wird genannt. Mit Thomas Mays (1595–1650) 1638 erschienener ‚Tragedy of Julia Agrippina‘14 steht erstmals nicht mehr Nero selbst, sondern eine Person aus seinem Umfeld im Zentrum des dramatischen Geschehens. Das Werk ist zugleich die erste und, wie es scheint, einzige dramatische Bearbeitung des Agrippina-Stoffes vor Lohenstein.15 – In einem Vorspiel nach dem Muster von Senecas ‚Thyestes‘ tritt Megaera, eine der Furien, auf und legt zunächst dar, daß in Rom die Tugend nur noch in den einfachsten Schichten des Volkes eine Heimstatt habe, während im Herrscherpalast das Laster regiere. Sodann ruft sie Caligulas Geist aus der Unterwelt herauf und weist ihn an, das römische Kaiserhaus mit allem Bösen, das die Hölle nur zu bieten habe, zu infizieren: 13 14
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Vgl. Schmid, Thomas May’s Tragedy of Julia Agrippina Empresse of Rome (wie Anm. 12). Thomas May, The tragedy of Julia Agrippina; Empresse of Rome. London 1639. – Kommentierte Edition (in diplomatischer Textwiedergabe) in: Schmid, Thomas May’s Tragedy of Julia Agrippina Empresse of Rome (wie Anm. 12), S. [1]-[101] (Text), 103–152 (Kommentar). Vorsorglich sei darauf hingewiesen, daß die Heldin in Cyrano de Bergeracs Tragödie ‚La mort d’Agrippine‘ (Paris 1654) nicht die Mutter Neros, sondern seine Großmutter Agrippina d.Ä. (14 v. Chr.–33 n. Chr.) ist, die von Kaiser Tiberius nach Pandataria verbannt wurde und dort Selbstmord beging.
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„Infect th’Imperiall House with all the ill That Hell and thou canst bring. Let mischiefe still Reigne here, and keep out banish’d Piety, Iustice, and Conscience; let no sacred ty Of Nature, or Religious lawes restraine Their Parricidall hands: all names bee vaine Of brother, childe, or parent. let the wife With impious rage destray[!] her husbands life, The brother kill the brother, and the Sonne Rip up his parents bowels.“16 Der Geist ist willig und verkündet, daß er dafür sorgen wolle, daß Neros Verbrechen selbst die seinigen vergessen machen sollten. Zu Agrippina gewandt bemerkt er: „[…] ambitious Agrippine, Pursue thy cruell projects, and upon A husband’s murther raise thy Impious Sonne, That he may play the Parricide againe, And murder thee, that gav’st him life and reigne. That all the world astonish’d at so high Ingratitude and foule Impiety, May feare the Monsters reigne, yet suffer more Then they could feare, or ere was felt beforo[!].“17 Der 1. Akt präsentiert Agrippina als am Hofe ihres Gemahls Claudius selbstherrlich personelle und politische Entscheidungen treffende Regentin. – Im ersten Teil des 2. Aktes werden Otho und Poppaea, hier noch Gattin des Crispinus, als Liebespaar eingeführt. Otho rechnet fest mit der Unterstützung Neros bei seinem Plan, sie Crispinus zu entziehen, jedoch fürchtet er, daß Nero selbst von Poppaeas unglaublicher Schönheit gefesselt sein und sie für sich verlangen werde. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken und Neros Aufmerksamkeit abzulenken, gibt er im Gespräch mit ihm die schöne Acte als seine Freundin aus, zeigt ihm ein Bild von ihr und lenkt so Neros Begierde in die gewünschte Richtung: Acte wird tatsächlich dessen Mätresse. Im zweiten Teil des Aktes eröffnet Agrippina ihrem Vertrauten Pallas ihre Absicht, ihren Gemahl, den Kaiser Claudius, so schnell wie möglich umzubringen, da er bereits über ihre Ränke hinsichtlich ihres Sohnes Neros im Bilde sei und vorhabe, seinen leiblichen Sohn Britannicus, der Nero zuliebe in den Hintergrund geschoben worden war, in seine angestammten Rechte einzusetzen – womit alle Pläne Agrippinas zugun16
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Schmid, Thomas May’s Tragedy of Julia Agrippina Empresse of Rome (wie Anm. 12), S. [6] f. Ebd., S. [7].
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sten ihres eigenen Sohnes zum Scheitern verurteilt wären. – Die erfolgreiche Ausführung des geplanten Mordanschlags auf Claudius, die Erhebung Neros zum Kaiser durch die Prätorianer, die Bestätigung dieser Würde durch den Senat nach einer Empfehlungsrede Senecas sowie Neros Antrittsrede vor dem Senat, in der er verspricht, ein gerechter und integrer Herrscher zu sein, bilden die wesentlichen Handlungselemente von Akt 3. – Am Anfang von Akt 4 glaubt Agrippina mit der Erhebung ihres Sohnes auf den Kaiserthron selbst auf dem Gipfel der Macht angelangt zu sein. Als Nero ihr auf Empfehlung seiner Berater Seneca und Burrhus die Grenzen ihrer Stellung aufzeigt, indem er sie von dem Empfang einer armenischen Gesandtschaft ausschließt, kommt es zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen Mutter und Sohn in Anwesenheit von Neros Ehefrau Octavia, die sich durch Neros Liebesbeziehung zu Acte gedemütigt fühlt und darüber, bevor Nero dazukommt, gegenüber ihrer Schwiegermutter Klage geführt hatte. Die Drohung Agrippinas, nunmehr die Thronansprüche des Britannicus zu unterstützen, veranlaßt Nero, zur Sicherung seiner Position umgehend den Giftmord an seinem Stiefbruder in die Wege zu leiten. Parallel zu diesem Handlungsstrang bahnt sich in diesem Akt die Liebesbeziehung zwischen Nero und Poppaea an, nachdem Otho gezwungen ist, seine Frau, die er gerade mit Unterstützung Neros ihrem früheren Ehemann Crispinus genommen hat, dem Kaiser bei einem Bankett vorzustellen. – In Akt 5 erfolgt wie geplant die Tötung des Britannicus, mit dem Agrippina, gleichzeitig des Kaiserpalastes verwiesen und ihrer Leibwache beraubt, ihr letztes Machtmittel gegen Nero verliert. Gleich darauf leitet Nero, wie aus einer Nebenbemerkung in seinem letzten, heuchlerischen Gespräch mit der Mutter hervorgeht, die Tötung Agrippinas durch ein fingiertes Schiffsunglück in die Wege. Als dieser Plan mißlingt, läuft alles Weitere ab, wie in den Quellen vorgegeben. Agrippinas Vertrautem Agerinus wird, als er Nero die Rettung seiner Mutter meldet, heimlich ein Schwert untergeschoben und daraufhin ein von Agrippina veranlaßter Attentatsplan unterstellt. Sogleich begibt sich Anicetus mit seinen Spießgesellen ins Haus der von allen Vertrauten verlassenen Agrippina, um sie zu erschlagen. Die Poppaea-Otho-Handlung endet mit der Verabschiedung Othos, der sich über den Verlust der gerade erst gewonnenen Frau mit dem ihm von Nero angebotenen Statthalterposten in Lusitanien gern trösten läßt, und einem Zwiegespräch zwischen Nero und Poppaea, aus dem deutlich wird, daß sie nach der Tötung Agrippinas und der ebenfalls schon ins Auge gefaßten Beseitigung Octavias künftig Neros unumstrittene Favoritin sein wird. Anders als bei Lohenstein kommt Mays Poppaea, obwohl sie durchaus Züge von persönlichem Ehrgeiz und Machtlüsternheit erkennen läßt, nicht die Rolle einer treibenden Kraft zu. In dem ganz auf den Machtkampf zwischen Mutter und Sohn angelegten Stück unternimmt Nero alle Schritte, die zu Agrippinas Untergang führen, zielstrebig und machtbewußt aus eigenem Antrieb. Diesem klar erkennbaren Konzept entspricht die Tatsache, daß er dem letzten Versuch der historischen Agrippina, ihren Sohn durch Verführung zur Blutschande endgültig an sich zu fesseln und zu dominieren, in seinem Drama keinen Platz einräumt.
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Hauptquellen Mays waren, wie Schmid gezeigt hat18, Tacitus’ Annalen und Suetons Nero-Vita, obwohl May in Marginalien nur auf die Römische Geschichte von Cassius Dio und die Auszüge des Xiphilinus aus diesem Werk verweist. Die französische Nero-Dramatik des 17. Jahrhunderts, die mit Racines erst fünf Jahre nach Lohensteins Römerdramen erschienenem ‚Britannicus‘ (1670) ihren Höhepunkt erreicht, beginnt mit dem 1644 in Molières ‚Illustre Théâtre‘ uraufgeführten und ein Jahr später im Druck erschienenen Trauerspiel ‚La mort de Seneque‘ von Tristan L’Hermite (1601–1655).19 Die Anregung zur Wahl dieses Stoffes erhielt Tristan wahrscheinlich durch die Prosaschrift ‚La mort et les dernieres paroles de Seneque‘ (Paris 1637; 21639) von Pierre Antoine Mascaron20, die auch Lohenstein gekannt und in den Anmerkungen zur ‚Epicharis‘ zitiert hat. In der ersten Szene des kurzen, aus nur zwei Szenen bestehenden ersten Aktes wird Nero, nachdem er seine Genugtuung über die Tötung seiner Ehefrau Octavia kundgetan hat, von Poppaea (hier immer mit ihrem Cognomen Sabina) dazu angestachelt, sich auch seines alten Lehrers und Beraters Seneca zu entledigen. In der zweiten Szene bietet Seneca Nero die Rückgabe aller ihm durch dessen Gnade zugeflossenen Reichtümer an, wird damit aber von Nero abgewiesen. – Die fünf Szenen des zweiten Aktes handeln von dem Zustandekommen der Pisonischen Verschwörung. Die große Zahl der Verschwörer, die Lohenstein in getreuer Anlehnung an den Bericht bei Tacitus in sein Trauerspiel einbezogen hat, ist hier, abgesehen von Epicharis, auf vier handelnde Personen reduziert: Rufus, Piso, Scevinus, Lucanus; einige andere werden im Verlauf des Stückes als Beteiligte genannt. Die treibende Kraft unter den Verschwörern ist Epicharis. Lukan, der sie liebt, bemüht sich auf ihren Wunsch, seinen Onkel Se-
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Ebd., S. 10–71. Kritische Ausgabe: Tristan, La mort de Sénèque. Tragédie. Edition critique publiée par Jacques Madeleine. 2e tirage. Paris 1984 [11919] (= Société des Textes Français Modernes). – Aus der Forschungsliteratur vgl. insbes.: N.-M. Bernardin, Un précurseur de Racine. Tristan L’Hermite Sieur du Solier (1601–1655). Sa famille, sa vie, ses œuvres. Paris 1895, S. 418–450; Jürgen von Stackelberg, Senecas Tod (Tacitus, Montaigne, Mascaron, Tristan l’Hermite, Diderot). In: ders., Senecas Tod und andere Rezeptionsfolgen in den romanischen Literaturen der frühen Neuzeit. Tübingen 1992 (= mimesis 14), S. 3–17; Nina Ekstein, Language, power, and gender in Tristan’s La Marianne and La Mort de Sénèque. In: Actes d’Athens: Tristan L’Hermite. Tallemant des Réaux: Les Historiettes. Actes du XXIVe colloque de la North American Society for SeventeenthCentury French Literature Athens, Georgia (1–3 octobre 1992). Etudes réunies par Francis Assaf. Paris, Seattle, Tübingen 1993 (= Biblio 17), S. 9–18. S. hierzu Bernardin, Un précurseur de Racine (wie Anm. 19), S. 419; Madeleines Einleitung zu seiner Ausgabe von ‚La mort de Seneque‘ (wie Anm. 19), S. XIV f.; von Stackelberg, Senecas Tod (wie Anm. 19), S. 8–11.
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neca für das Komplott zu gewinnen, hat damit aber keinen Erfolg: Seneca hält zwar das Vorgehen gegen Nero für gerechtfertigt, möchte sich daran aber nicht beteiligen, da er Nero als seinem Wohltäter zu Dank verpflichtet und Undank ein Verbrechen sei. Am Schluß der Unterredung deutet Seneca an, daß er gerade vorhabe, sich mit einem neuen Propheten (gemeint ist der Apostel Paulus) zu treffen – ein Rekurs auf die spätantike Tradition, derzufolge Seneca mit dem Christentum sympathisiert und mit Paulus einen Briefwechsel unterhalten habe. Epicharis, die das Gespräch heimlich mitangehört hat, sieht in Senecas Haltung zwar eine Schwäche, jedoch eine, die auf ehrenwerten Motiven beruhe und daher Verständnis verdiene. Unmittelbar darauf, in der abschließenden sechsten Szene, kommt der Verräter Proculus mit einer Schar Wachsoldaten heran, um Epicharis festzunehmen (Lukans Warnung in der dritten Szene vor diesem unzuverlässigen Menschen, dem Epicharis schon von dem Verschwörungsplan berichtet hatte, allerdings ohne Namen zu nennen, war zu spät gekommen). – In der ersten Szene des dritten Akts wird Epicharis in Anwesenheit des Proculus verhört. Wie bei Tacitus geschildert, verläuft das Verhör ergebnislos, da Proculus keine Beweismittel hat. Epicharis soll aber in Haft bleiben, bis über die Sachlage endgültig Klarheit bestehe. In der nächsten (zweiten) Szene warnt Poppaea Nero vor einem gegen ihn geplanten Anschlag: Als sie im Palastgarten bei einem Brunnen geschlummert habe, sei ihr Augustus im Traum erschienen, um sie vor einem Attentat auf den Kaiser zu warnen. Als sie aufgewacht sei, habe sich diese Warnung durch eine Meldung des Epaphroditus bestätigt: der Freigelassene Milichus sei gekommen, um den Kaiser über verdächtige Maßnahmen seines Herrn Scevinus zu informieren. Nachdem Milichus vor dem noch ungläubigen Nero seine Meldung gemacht hat, erfolgt eine Gegenüberstellung mit seinem Herrn, die ergebnislos verläuft, da Scevinus die Verdächtigungen seines Freigelassenen geschickt zu entkräften versteht und dieser keine schlüssigen Beweismittel in Händen hat. Am Anfang des vierten Akts erfährt Piso, der Anführer der Verschwörung, durch Lukan von der Verhaftung der Epicharis und sieht die gemeinsame Sache schon als verloren an (Szene 1). Als dann auch noch Rufus hinzukommt und meldet, daß auch Scevinus angezeigt und verhört worden sei, gerät er in völlige Verzweiflung und wehrt alle Ermahnungen des Rufus ab, sich zu ermannen und durch einen schnellen Schlag gegen Nero das Blatt noch zu wenden (Szene 2). In der folgenden (dritten) Szene gelingt es Nero, Scevinus durch Konfrontation mit dem Protokoll seines Mitverschwörers Natalis zu überführen. Der in der Szene anwesende Rufus bedrängt Scevinus, um seine eigene Verstrickung zu verdekken, unter Androhung von Folter, Namen von Mitverschwörern zu nennen. Empört über diese Niedertracht gibt Scevinus Rufus selbst preis, der sofort festgenommen wird. In der vierten Szene wirft sich Scevinus Poppaea zu Füßen, bittet sie um Fürsprache bei Nero und übergibt ihr eine Liste mit Namen von Mitverschwörern. Poppaea gibt die Liste an Nero weiter und drängt ihn, als er Tigellinus Anweisungen gibt, die Verschwörer festzunehmen, ja nicht Seneca zu vergessen, der an dem Unternehmen gewiß beteiligt sei. – Die erste Szene des
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fünften Akts zeigt Seneca im Gespräch mit seiner Gattin Paulina: In Vorahnung des Kommenden bereitet er sich auf seinen baldigen Tod vor. Den Todesbefehl Neros, den ihm ein Hauptmann noch in derselben Szene überbringt, nimmt er geradezu dankbar und mit Freude entgegen. Paulina geht gemeinsam mit ihm in den Tod. In der zweiten Szene fordern Nero und Poppaea Scevinus auf, Epicharis nach weiteren Namen von Verschwörern über die bereits bekannten und überführten hinaus zu befragen, damit die Verschwörung endlich in ihrem ganzen Ausmaß aufgedeckt werde. In der dritten Szene entledigt sich Scevinus dieses Auftrags, jedoch vergeblich, da Epicharis trotz aller Folter- und Todesdrohungen standhaft bleibt und nicht nur niemanden verrät, sondern auch noch Poppaea als Ehebrecherin kritisiert und Nero seine Schandtaten vor Augen hält, so daß diesem nichts mehr übrig bleibt, als Epicharis dem Henker zu übergeben. In der folgenden vierten Szene, mit der das Trauerspiel endet, nimmt Nero den Bericht des Hauptmanns vom Sterben Senecas entgegen. Aus dessen letzten Worten, die der Hauptmann zitiert, geht hervor, daß er als Christ, mit einem Bekenntnis zu dem Gott des Mannes von Tharsus, d. h. des Apostels Paulus, gestorben ist (V. 1837 f.: „Dieu de l’homme de Tharse, où ie mets mon espoir: / Mon ame vient de toy, veuille la recevoir.“). Nero ist am Schluß in großer Unruhe und sieht sich von den Furien verfolgt. Er spürt, daß der Himmel sich anschickt, ihn zu vernichten; vorher aber will er selbst die halbe Welt zerstören. Während sich alle bisher besprochenen Dramatiker relativ eng an die realhistorischen Vorgaben des Nero-Stoffes gehalten haben, benutzt Gabriel Gilbert (1620?-1680?) in seiner Tragödie ‚Arie et Pétus, où les Amours de Néron‘ (1660)21 bestimmte historische Vorgänge oder Handlungsmuster aus der Geschichte der Kaiser Claudius und Nero zur Konstruktion einer Liebeshandlung, die es nicht gegeben hat und so auch nicht geben konnte. Zentrale Figuren der Handlung sind neben Nero der Senator Paetus (voller Name des historischen Vorbilds: P. Clodius Thrasea Paetus) und dessen Ehefrau Arria (d.J.). Weitere Personen der Handlung sind Seneca, Burrus, Poppaea, Petronius, Piso und Tigellinus, von denen eigentlich nur der letztgenannte zur Zeit des Todes des historischen Paetus (66 n. Chr.) noch am Leben war. Der Gang der Handlung ist in wesentlichen Zügen der folgende: Nero, seiner zweiten Ehefrau Poppaea längst überdrüssig, verliebt sich in die schöne Arria, 21
Gabriel Gilbert, Arie et Pétus, ou les Amours de Néron. Tragédie. Paris 1660. – Dieses anscheinend nur in diesem einen Druck erschienene und in keiner deutschen Bibliothek nachgewiesene Werk war mir nicht zugänglich. Meine Kenntnis von seinem Inhalt beruht allein auf dem ihm gewidmeten Kapitel bei Eleanor J. Pellet, A forgotten French dramatist: Gabriel Gilbert (1620?-1680?). Baltimore, Paris 1931, Reprint New York, London 1973, S. 146–164, ferner auf den Hinweisen bei Bernhard Asmuth, Lohenstein und Tacitus. Eine quellenkritische Interpretation der Nero-Tragödien und des „Arminius“-Romans. Stuttgart 1971 (= Germanistische Abhandlungen 36), S. 44, 113 u. ö.
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die Ehefrau des Senators Paetus. Um den Nachstellungen des Kaisers zu entgehen, war Arria in die Provinz Gallien geflohen, wurde aber von Beauftragten Neros verfolgt, aufgegriffen und wieder nach Rom zurückgebracht. Mit ihrer Rückkehr beginnt das Stück. Arria zu Ehren läßt Nero festliche Spiele veranstalten. Paetus, ihr Mann, wird von Nero mit Gnadenbezeugungen überhäuft und erhält für sich und Arria eine Wohnung im kaiserlichen Palast. Damit er Neros Absichten nicht im Wege ist, wird ihm der ehrenvolle Posten eines Statthalters in Britannien angeboten. Gleichzeitig wird Poppaea im Auftrag Neros durch Petronius eröffnet, daß sie von Nero die Scheidung verlangen möge, wenn sie nicht getötet werden wolle. Paetus nimmt den ihm angebotenen Posten gern an, unter der Voraussetzung, daß ihn seine Frau begleiten werde. Als ihm dies verweigert wird, bittet er darum, sich wenigstens von Arria verabschieden zu dürfen. Auch diese Bitte wird ihm zunächst abgeschlagen, dann aber doch gewährt unter der Bedingung, daß er sich damit bis zur Rückkehr Arrias von den Spielen gedulde. Bei diesen Spielen, denen Arria beiwohnen muß, gewinnt Nero im Wettbewerb als Dichter und Musiker Lorbeer- und Rosenkranz und setzt beide der widerstrebenden Arria zum Zeichen ihrer bevorstehenden Verbindung aufs Haupt. Bei ihrem Abschiedsgespräch beraten Arria und Paetus über Maßnahmen, die geeignet sein könnten, Neros Pläne zu vereiteln und ihr Zusammenleben später wieder aufzunehmen. – Paetus begibt sich zum Schein auf die Reise nach Britannien, versteckt sich aber (was Arria bemerkt) in einem Raum des Palastes. Arria begibt sich unterdessen in einen Tempel, um den Göttern für eine glückliche Reise ihres Mannes zu opfern. Dort trifft sie mit Nero zusammen, der ihr leidenschaftlich seine Liebe erklärt, ihr verspricht, sich von Poppaea scheiden zu lassen und sie zur Kaiserin zu machen, und ihr auf ihren Wunsch anheimstellt, einen Richter zu benennen, der darüber befinden soll, ob ihm, Nero, oder ihrem Ehemann Paetus die größeren Verdienste zukämen. Arria benennt nun als Richter einen von ihr nicht näher bezeichneten Mann, der sich in einem bestimmten Zimmer des Palastes aufhalte. Piso wird beauftragt, diesen Mann herbeizuholen. Als sich herausstellt, daß es Paetus ist, gerät Nero in Wut, vergibt aber Arria unter der Bedingung, daß Paetus nun sofort abreise. Paetus bleibt aber weiter in Rom und wird daraufhin von Nero zum Tode verurteilt. Arria soll zwanzig Tage um ihn trauern dürfen, bevor sie Neros Gemahlin wird (inzwischen hat Poppaea den Tod gefunden). Während Nero schon mit den Vorbereitungen zu dem glanzvollen Fest beschäftigt ist, mit dem seine Vermählung mit Arria gefeiert werden soll, wird ihm von Seneca gemeldet, daß Paetus und Arria sich selbst getötet hätten, wobei Arria ihrem Mann vorangegangen sei, indem sie sich den Dolch zuerst in die Brust gestoßen habe. Am Schluß der Tragödie läßt Neros Gewissen vor ihm die Geister der von ihm Ermordeten oder in den Tod Getriebenen erscheinen. Als Arrias Geist erscheint, will er sie zurückhalten; sie entzieht sich ihm aber und folgt dem Schatten des Paetus in die Unterwelt. Gilbert hat bei der Konstruktion der zentralen Dramenhandlung die Grundmuster zweier historischer Vorgänge miteinander verknüpft:
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(1) Das Liebeswerben Neros um Arria ist der Anbahnung der Liebesbeziehung zwischen dem historischen Nero und Poppaea nachgestaltet. Poppaea kommt also bei Gilbert die Rolle der Octavia zu, während Paetus die Rolle des Otho spielen muß – mit dem Unterschied allerdings, daß der historische Otho bereit war, Nero seine Ehefrau für einen Statthalterposten zu überlassen. (2) Der gemeinsame Freitod des Ehepaares, bei dem die Ehefrau dem Mann vorangeht, hat als Muster ein Ereignis aus der Zeit des Kaisers Claudius, an dem die Mutter der Arria unseres Stückes, Arria d.Ä., beteiligt war. Damals, i.J. 42 n. Chr., wurde deren Ehemann, dem Consular Caecina Paetus, vom Kaiser der Todesbefehl erteilt, weil er sich in Dalmatien an dem gegen Claudius gerichteten Aufstand des Scribonianus beteiligt hatte. Als Paetus in seiner Todesstunde mit seiner Frau Arria allein war, griff diese nach dem Dolch, mit dem er sich töten wollte, stieß ihn sich in die Brust und reichte ihn darauf ihrem Mann mit den vom jüngeren Plinius (Epistulae 3,16,6) überlieferten berühmten Worten: „Paete, non dolet.“ („Paetus, es tut nicht weh.“) – Die Tochter dieses Ehepaares, Arria d.J., heiratete P. Clodius Thrasea Paetus (das zweite Cognomen hatte er nach dem Tode seines Schwiegervaters angenommen). Clodius Thrasea war zur Zeit der Herrschaft Neros Konsul und dann Senator. Da er im Senat mehrmals seine oppositionelle Haltung gegenüber Entscheidungen des Kaisers deutlich zu erkennen gab, ließ Nero gegen ihn einen Prozeß inszenieren und ihn i.J. 66 n. Chr. zum Tode verurteilen, wobei ihm die Todesart freigestellt wurde. Seine Frau Arria wollte dem Beispiel ihrer Mutter folgen und mit ihm gemeinsam in den Tod gehen, ließ sich aber durch Zureden ihres Mannes von dieser Absicht abbringen. Nach dem Tod Kaiser Domitians (96 n. Chr.), also dreißig Jahre später, war sie noch am Leben. Von amourösen Interessen des historischen Nero ihr gegenüber ist nichts bekannt. Mit einer gewissen Sicherheit läßt sich nach vorstehender Übersicht sagen, daß Lohenstein der erste Dramatiker war, der die Gestalt der Epicharis in das Zentrum eines Stückes gestellt hat. In der Frage, inwieweit Lohenstein das eine oder andere der besprochenen Dramen gekannt und für seine eigene Produktion ausgewertet hat, lassen sich keine Ansatzpunkte finden, die eine Handhabe böten, über die schon von Asmuth gewonnenen Erkenntnisse hinauszugelangen. D.h., man wird es als sehr wahrscheinlich ansehen dürfen, daß Lohenstein Tristan l’Hermites ‚La mort de Seneque‘ gekannt und für einige strukturelle Elemente seiner ‚Epicharis‘ benutzt hat22 (Weiteres s. u. S. 706 f.). Was die ‚Agrippina‘ betrifft, so erlauben gewisse Übereinstimmungen in einzelnen Elementen wenigstens die Vermutung, daß ihm auch Gilberts ‚Arie et Pétus‘ bekannt war23 (Weiteres s. u. S. 633).
22 23
Asmuth, Lohenstein u.Tacitus (wie Anm. 21), S. 53–60. Ebd., S. 44, 113, 186, 191 f., 197 u. 200.
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Zur Nero-Dramatik in der Frühen Neuzeit
Zur Anlage des Kommentars
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II. Kommentar 1. Zur Anlage des Kommentars Unsere Lohenstein-Ausgabe, die mit Band 2 der Abteilung Dramen zu erscheinen beginnt, ist nicht nur die erste historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke dieses Autors, sie ist auch die erste, die einen Kommentar zu allen Werken anbieten wird. Sowohl Justs Edition der Trauerspiele als auch sämtliche bisher vorliegenden Einzelausgaben sind ohne Kommentar erschienen. Kein Herausgeber hat in dieser Hinsicht mehr unternommen, als wenigstens durch Erläuterungen von Wörtern, Fügungen und Redewendungen ein elementares Verstehen seines Textes für Leser, die mit der Sprache des 17. Jahrhunderts nicht vertraut sind, sicherzustellen. Dies gilt für Bobertags ‚Cleopatra‘-Ausgabe in der Reihe ‚Deutsche National-Litteratur‘1 und Flemmings ‚Sophonisbe‘-Ausgabe in der Reihe ‚Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen‘2 ebenso wie für Schönes ‚Agrippina‘-Nachdruck3 und die Reclam-Ausgaben der ‚Cleopatra‘-Erstfassung4 und der ‚Sophonisbe‘5. Auch Just hat zu diesem Zweck schlichte Worterklärungen in den Lesartenapparat aller drei Bände seiner Edition eingebaut.6
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Daniel Casper von Lohenstein, Cleopatra [Zweitfassung 1680]. In: Zweite schlesische Schule. Bd. 1. Hrsg. von Felix Bobertag. Berlin, Stuttgart o. J. [1883] (= Deutsche National-Litteratur 36), S. 111–333. Daniel Casper von Lohenstein, Sophonisbe. In: Das schlesische Kunstdrama. Hrsg. von Willi Flemming. Leipzig 1930 (= Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen. Reihe Barock: Barockdrama 1), S. 224–321; im Anhang, S. 327–331, sehr wenige Worterklärungen untermischt mit ebenso wenigen Sacherläuterungen. Daniel Casper von Lohenstein, Agrippina. In: Das Zeitalter des Barock. Texte und Zeugnisse. Hrsg. von Albrecht Schöne. 2., verb. u. erw. Aufl. München 1968 (= Die deutsche Literatur. Texte und Zeugnisse), S. 577–683. Daniel Casper von Lohenstein, Cleopatra. Text der Erstfassung von 1661. Besorgt von IlseMarie Barth. Nachwort von Willi Flemming. Stuttgart 1991 (= Universal-Bibliothek 8950). Daniel Casper von Lohenstein, Sophonisbe. Hrsg. von Rolf Tarot. Bibliograph. erg. Ausgabe. Stuttgart 1996 (= Universal-Bibliothek 8394). Vgl. diesen Hinweis in der Vorbemerkung zu seiner Ausgabe der ‚Türkischen Trauerspiele‘: „Eine Anzahl von Wörtern, die heute nicht mehr im Gebrauch sind, bzw. ihre Bedeutung völlig verändert haben, wurden im Lesartenapparat kurz erklärt, teils direkt, teils in übertragenem Sinne.“ (Daniel Casper von Lohenstein, Türkische Trauerspiele: Ibrahim Bassa. Ibrahim Sultan. Hrsg. von Klaus Günther Just. Stuttgart 1953 [= Bibliothek des Literarischen Vereins 292], S. VIII).
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Kommentar
Mit meiner Ausgabe der Trauerspiele (und das soll mutatis mutandis auch für die Bearbeiter der anderen Abteilungen der Gesamtedition gelten) versuche ich schlechthin alles anzubieten, was der Benutzer einer historisch-kritischen Ausgabe von Werken der Frühen Neuzeit an Erläuterungen und Verständnishilfen erwarten darf. In der Hauptsache erstreckt sich mein Kommentar bei den Dramentexten selbst auf die folgenden Aufgabenfelder: – Spracherläuterungen, – Sacherläuterungen der unterschiedlichsten Art, gemäß dem umfassenden Bildungsstand des Autors (historische, geographische, mythologische usw.), – Quellennachweise, – Nachweise von Sentenzen und Sprichwörtern, – Nachweise von Anklängen an literarische Vorbilder (z. B. Seneca oder Gryphius), – Querverweise auf Parallelstellen in dem gerade zu kommentierenden oder in einem anderen Werk Lohensteins, – Vorschläge zum Verständnis von Einzelstellen, die einer Sinnerhellung bedürftig schienen, d. h. zu deren Verständnis sprachliche oder sachliche Erläuterungen allein sich als nicht hinreichend erwiesen oder die aufgrund ihrer Zweideutigkeit nahelegten, das Für und Wider der einen oder anderen Auslegungsmöglichkeit zu diskutieren7, – Diskussion von textkritischen Problemen.
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Damit ist die sich in der Praxis der Kommentararbeit immer wieder stellende Frage des Zusammenhangs und Verhältnisses von Interpretation und Kommentar berührt, die in der germanistischen Editionsphilologie bis heute noch nicht soweit ausdiskutiert ist, daß ein Kommentator sich auf eine Konsenslösung berufen könnte. Allerdings kann die erkenntnistheoretisch nicht haltbare Trennung in ‚objektive‘ Sachinformation, die beizubringen nach älterer Auffassung allein Aufgabe des Kommentars sei, und Interpretation, die, da ‚subjektiv‘ gefärbt, in ihm nichts zu suchen habe, heute in der Editionswissenschaft als überwunden gelten. Auch (scheinbar) rein sachbezogene Erläuterungen, ja schon die Auswahl der Lemmata, unterliegen den Gesetzen der Hermeneutik. Das gleiche gilt für alle textkritischen Entscheidungen. „So heißt die Einsicht, welche auch für die Erläuterungen gilt: Edition ist eine interpretierende Arbeit.“ (Herbert Kraft, Editionsphilologie. 2., neubearb. u. erw. Aufl. Frankfurt am Main, Berlin, Bern 2001, S. 200) Dennoch ist Kommentar nicht gleich Interpretation. Kraft hat in dem gerade zitierten Werk (S. 202 f.) ein m. E. sehr plausibles Unterscheidungskriterium zwischen beiden formuliert. Danach handelt es sich um einen Unterschied zwischen zwei Textsorten. Der Kommentar ist zwar grundsätzlich interpretierenden Charakters, soweit er nicht eine rein dokumentierende Funktion hat, kann und darf aber, solange er Kommentar bleiben soll, nur eine durch Lemmatisierung vorgegebene Summation von Einzelstelleninterpretationen liefern. Die Interpretation in der Form einer Abhandlung hingegen ordnet Einzelinterpretationen nach ihrer Bedeutung und richtet sie perspektivisch auf ein bestimmtes übergreifendes Untersuchungs- oder Erkenntnisziel aus. Mit diesem Hinweis auf die interpretierende Funktion des Kommentars soll natürlich keine Wertung verbunden sein, etwa in dem Sinne, daß diese Funktion wichtiger wäre als die dokumentarische.
Zur Anlage des Kommentars
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Die Anmerkungen Lohensteins8 werden erschlossen durch – bibliographische Nachweise für alle von Lohenstein direkt oder indirekt zitierten oder auch nur genannten Quellen (in Paralleldruck zum Originaltext), – Übersetzungen aller fremdsprachigen Zitate, mit Ausnahme der meisten griechischen, denen Lohenstein selbst schon Übersetzungen beigegeben hat (ebenfalls in Paralleldruck), – Erläuterungen (meist sprachlicher Art) zu den Teilen der Anmerkungen, die nicht Zitate, sondern von Lohenstein selbst verfaßt sind (im Anschluß an die Kommentierung der Dramentexte innerhalb vorliegenden Bandes). Spracherläuterungen sind realisiert durch Ersetzung eines alten Wortes durch ein kongruentes modernes oder durch paraphrasierende Wiedergabe eines Wortes oder einer Fügung in einfacher Anführung. Grundlage für reine Worterklärungen ist in der Regel das Grimmsche Wörterbuch; ein expliziter Hinweis auf diese Quelle (mit Sigel DWb) erfolgt aber nur in abgelegeneren oder schwierigeren Fällen oder auch bei Vorliegen besonders interessanter oder aufschlußreicher Parallel-Belege in einzelnen DWb-Artikeln. Wurden, im Falle des Versagens des DWb, andere Wörterbücher zur Klärung sprachlicher Schwierigkeiten benutzt, so wird ausdrücklich darauf hingewiesen. Für die Klärungen von Sachfragen, für Quellennachweise und manches andere konnten selbstverständlich Lohensteins eigene Anmerkungen verwertet werden. Grundsätzlich habe ich aber nicht etwa darauf verzichtet, etwas zu erklären, weil es schon von Lohenstein selbst korrekt erklärt worden war. Der Kommentar ist also prinzipiell so angelegt, als gebe es diese Anmerkungen nicht, jedenfalls soweit es seine reine Erläuterungsfunktion betrifft. Zur Dokumentation von Quellen werden die Anmerkungen aber ständig herangezogen, und zwar so, daß ich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf schon in Lohensteins Anmerkungen vorhandene Quellenzitate verweise, denen von mir Übersetzungen beigegeben wurden. Der Benutzer unserer Ausgabe, der sich intensiver mit einem Trauerspiel beschäftigt, das Lohenstein mit Anmerkungen versehen hat – und das sind alle außer dem Erstling ‚Ibrahim (Bassa)‘ –, wird also oft genötigt sein, einen Blick in die entsprechenden Seiten des Textbandes zu werfen. In Parenthese stehende Verweise auf Lohensteins Anmerkungen (Sigel: AnmL.) am Schluß vieler Einzelerläuterungen wollen nur besagen, daß sich dort etwas hierzu findet, nicht aber, daß es zur Erhellung eines Sachverhalts unbedingt nötig wäre, dort nachzuschlagen. Abgesehen von der mit diesen Anmerkungen dem Leser auferlegten unvermeidlichen Erschwernis bei der Benutzung der Trauerspielkommentare habe ich mich aber bemüht, Jochen Schmidts goldener Regel für Kommentatoren nachzukommen, welche besagt: „Benutzerökonomie geht vor Herstellerökono-
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S. hierzu auch die näheren Hinweise im Textband, Editionsbericht, S. 595 ff.
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Kommentar
mie.“9 Im allgemeinen habe ich auch lieber etwas zuviel als zu wenig erklärt, so daß der eine oder andere Benutzer den Eindruck haben mag, daß die Grenzen zur Studienausgabe hier und da überschritten worden sind. Allerdings sind diese nicht klar zu definieren, und ich sehe auch keinen Mangel darin, wenn mein Kommentar sich nicht ganz außerhalb des Horizontes etwa eines überdurchschnittlich belesenen, motivierten und lernwilligen Studenten bewegt und, in Maßen natürlich und nicht unterhalb eines bestimmten Niveaus, auch dessen Bedürfnissen gerecht zu werden vermag. Zu Einzelheiten der technischen Gestaltung ist noch folgendes anzumerken: – Drei einfache Punkte innerhalb der Lemmata von kommentierten Stellen bedeuten, daß der gesamte Text vom ersten bis um letzten Wort des Lemmas Gegenstand des Kommentars ist. Stehen die drei Punkte in spitzen Klammern, so besagt dies, daß sich der Kommentar nur auf die vor und hinter diesem Auslassungszeichen stehenden Textbestandteile bezieht. – Alle für das Verständnis der Trauerspiele nötigen Erläuterungen zu den handelnden Personen, einschließlich der allegorischen und mythologischen Gestalten und der als Geister auftretenden historischen Figuren, werden zusammenfassend im Kommentar des Personenverzeichnisses gegeben. – Vollständige Nachweise zu den abgekürzt zitierten Titeln finden sich in den beiden Literaturverzeichnissen, S. 853 ff., und in der Autorenliste, S. 809 ff. Titel, die nur an einer einzigen Stelle des Kommentars beigezogen werden mußten und ganz spezielle Themen betreffen, werden an Ort und Stelle vollständig angeführt.
9
Jochen Schmidt, Die Kommentierung von Studienausgaben. Aufgaben und Probleme. In: Probleme der Kommentierung. Kolloquien der Deutschen Forschungsgemeinschaft Frankfurt am Main 12.–14. Oktober 1970 und 16.–18. März 1972. Referate und Diskussionsbeiträge hrsg. von Wolfgang Frühwald, Herbert Kraft u. Walter Müller-Seidel. Boppard 1975 (= Deutsche Forschungsgemeinschaft: Kommission für Germanistische Forschung. Mitteilung 1), S. 75–89, hier S. 87.
Agrippina, Motto/Widmung
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2. Agrippina 2.1. Zu den Quellen der ‚Agrippina‘ Die zentrale historische Quelle Lohensteins bei der Konzeption der ‚Agrippina‘ waren die Bücher 13 und 14 der Annalen des Tacitus. Daneben wurden von Fall zu Fall auch Suetons Nero-Biographie und die Römische Geschichte von Cassius Dio (hier Buch 61, überliefert in Exzerpten des byzantinischen Gelehrten Ioannes Xiphilinus) benutzt. Zu Einzelheiten der Verarbeitung dieser Quellen s. die erschöpfenden Hinweise bei Asmuth, Lohenstein und Tacitus, S. 14–48 u. 86–200. Nach Asmuths Untersuchungen besteht Grund zu der Vermutung, daß L. Gabriel Gilberts 1660 in Paris erschienene Tragödie ‚Arie et Pétus, ou les Amours de Néron‘ gekannt hat und sich von ihr zu zwei auffällig ähnlichen Handlungselementen hat inspirieren lassen. Wie L.s ‚Agrippina‘ beginnt auch Gilberts Drama mit einer „Tyrannenprahlrede Neros“, die „zu dem Lob einer nicht anwesenden Frau“ übergeleitet wird (Asmuth, ebd., S. 186). Ferner erinnern die Wahnbilder Agrippinas in ihrer Sterbestunde (IV 42–63) stark an die Schlußszene von ‚Arie et Pétus‘, in der dem von Gewissensqualen gepeinigten Nero Schattengeister der Opfer seiner Untaten erscheinen (Asmuth, ebd., S. 197).
2.2. Stellenkommentar Motto Vgl. zu dem Tacitus-Zitat (Ann. 13,19,1) L.s eigene sinngemäße Wiedergabe V 113 f. Widmung Herzogin Louise, die Widmungsempfängerin, war Gemahlin des Piastenherzogs Christian II. von Liegnitz, Brieg und Wohlau (1618–1672). Nach dem Tode ihres Mannes übte sie für drei Jahre (1672–1675), bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes Georg Wilhelm, die Regentschaft über die drei Herzogtümer aus. Als ihr Sohn nach nur knapp einjährigem Regiment 1675 gestorben war (L. widmete ihm eine Gedenkschrift), ließ sie 1677/78 in der Liegnitzer Johanniskirche nach dem Konzept L.s ein Familienmausoleum errichten. Nicht lange danach (1680) starb sie im Alter von 49 Jahren. – Vorstehendes nach: Jaeckel, Geschichte der Liegnitz-Brieger Piasten, Bd. 2, S. 92–116; Spellerberg, Lohensteins Beitrag zum Piasten-Mausoleum. 16, 7 das MordEi¢en !…" entfliehen] ‚entfliehen‘ wurde im Frühneuhochdeutschen entspr. lat. ‚fugere‘ auch mit Akkusativobjekt (neben dem heute allein möglichen Dativ) verwendet. 16,9 nit] Diese Form in der ‚Agrippina‘ nur hier. In der ‚Epicharis‘ dreimal: E I 517, V 31.587. Vgl. auch C I 435.
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Kommentar
16,11–12 Wel¢chlands … liebliche Zunge] Ähnlich in L.s Trauerrede auf Hoffmannswaldau: „Sintemal die¢em [sc. Hoffmannswaldau] es die Deut¢che Sprache zu dancken hat: Daß ihr Spanien mit ¢einer nachdencklichen/ Wel¢chland mit ¢einer ¢charf¢innigen/ Franckreich mit ¢einer lieblichen Feder nicht mehr überlegen i¢t.“ (D. C. von Lohenstein, Lob-Rede Bey des !…" Herrn Christians von Hofmannswaldau !…" Leichbegängnüße. Breslau: Jesaia Fellgibel 1679, Bl. B2v). 16,11–12 Wel¢chlands ¢charf¢innige !…" Zunge] L. meint die von Italien (Hauptvertreter: Giambattista Marino, 1569–1625) ausgehende literarische Strömung, die sich in einer gewollt scharfsinnigen bzw. spitzfindigen, verrätselten und metaphernreichen Darstellungsweise äußerte (Argutia). 16,11–12 Franckreichs liebliche Zunge] Vermutlich nur als allgemeine Charakteristik der französischen Sprache zu verstehen, ohne Bezug auf eine bestimmte aktuelle literarische Strömung. 16,14 Purper -] Gemeint ist die im Meer lebende Purpurschnecke. 16,19 Stralen der] Wir haben uns der in den Drucken BCD vorgenommenen Korrektur zu „¢trahlende“ nicht angeschlossen, da nicht sicher ist, ob der Fehler hier liegt oder nicht vielmehr in der Singularform der beiden Prädikate. Gegen letzteres spricht allerdings die starke Differenz zwischen dem Singular „zeucht“ und dem Plural „ziehen“, jedenfalls wenn man annimmt, daß der Setzer hier einen Fehler gemacht hat und kein Lapsus des Autors vorlag, der sich so auch in der Satzvorlage fand. Jnnhalt Zugethane] ‚Anhänger‘, ‚Getreuen‘. Schal¢ucht] ‚Eifersucht‘. aufzufri¢chen] ‚aufzuwiegeln‘. genothzwangt] ‚vergewaltigt‘. Bajæ] Mondänes römisches Heilbad mit heißen Quellen an der campanischen Küste (zwischen Cumae und Puteoli). 10,50 Verrahteri¢chen] ‚heimtückisch herbeigeführten‘. 10,53 vergebenen Auߢchlag] ‚Fehlschlag‘. 11,60 Be¢cheinigung] ‚Bestätigung‘, ‚Beweis‘. 11,60 Verhor] ‚Audienz‘. 11, 75 lobet und ¢chilt ihre Ge¢talt und Thaten] „lobet“ gehört zu „Ge¢talt“, „¢chilt“ zu „Thaten“ (syntaktischer Parallelismus bei Aufzählung einzelner Satzglieder, ähnlich dem Verfahren bei Versus rapportati). 11, 77–78 ruffet alle … verwie¢ene und andere Straffen zurucke] Ein Zeugma, das semantisch verkompliziert wird durch den zugleich konkreten (Bezug auf „verwie¢ene“ = ‚Verbannte‘) wie bildlichen (Bezug auf „Straffen“) Gebrauch von ‚zurückrufen‘, ferner durch das Adjektiv „andere“, das ein stillschweigendes Mitdenken des Strafsachverhalts ‚Verweisung‘ bei „verwie¢ene“ voraussetzt. 19,16 19,24 10,29 10,32 10,46
Agrippina, Personen
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Per¢onen des Trauer -Spiels 13,2 Agrippina] Agrippina d. J. (Iulia Agrippina) wurde am 6. November 15 n. Chr. in der Stadt der Ubier, der später nach ihr benannten Colonia Agrippinensis, dem heutigen Köln, geboren. Ihr Vater war Iulius Caesar Germanicus (geb. 15 v. Chr.), der damals (seit 11 n. Chr.) römischer Befehlshaber in Germanien war. Kaiser Tiberius hatte ihn (als seinen Neffen) zu seinem Nachfolger bestimmt; er starb aber bereits 19 n. Chr., vier Jahre nach Agrippinas Geburt, in der Nähe des syrischen Antiochia als damaliger Befehlshaber über den römischen Osten (die Thronfolge ging so auf seinen Sohn Caligula über). Agrippinas gleichnamige Mutter (Vipsania Agrippina: Agrippina d.Ä.) war eine Enkelin des Kaisers Augustus. Im Jahre 28 wurde Agrippina von Tiberius mit Cn. Domitius Ahenobarbus verheiratet. Diesem gebar sie am 15. Dezember 37 in Antium ihren Sohn Nero; der Vater soll (lt. Sueton, Nero 6,1) gleich nach der Geburt den ebenso zynischen wie prophetischen Ausspruch getan haben, daß aus der Verbindung zwischen ihm und einer Agrippina nur ein verabscheuungswürdiger und dem Gemeinwohl schädlicher Sproß hervorgehen könne. Nach der Thronbesteigung ihres Bruders Caligula (18. März 37) hatte Agrippina bei Hofe eine hohe und einflußreiche Stellung inne; es heißt, daß sie ebenso wie ihre Schwestern blutschänderische Beziehungen zu Caligula unterhalten habe. Im Zusammenhang mit dem Hochverratsprozeß gegen ihren Liebhaber M. Aemilius Lepidus, den Ehemann ihrer Schwester Drusilla, wurde sie i. J. 39 auf die Pontischen Inseln verbannt. Mit ihr verbannt wurde u. a. auch Ofonius Tigellinus, der spätere berüchtigte Gardepräfekt und Vertraute Neros, zur Strafe dafür, daß auch er mit Agrippina Ehebruch getrieben hatte. Nach dem Tode Caligulas (41) wurde Agrippina von dessen Nachfolger, Kaiser Claudius, wieder nach Rom zurückberufen und erhielt ihr konfisziertes Vermögen zurück. Im Jahr 44 heiratete sie, nachdem ihre Annäherungsversuche an Galba, den späteren Kaiser, erfolglos geblieben waren, den sehr vermögenden C. Passienus Crispus (ihr erster Mann war in der Zwischenzeit verstorben). Als sich ihr mit dem Tode der Kaisergattin Messalina i. J. 48 die Möglichkeit bot, sich Kaiser Claudius als neue Gemahlin zu empfehlen, ließ sie ihren zweiten Mann sogleich umbringen, nicht ohne sich zuvor als Erbin seines Vermögens bestätigen zu lassen. Im Frühjahr 49 kam die Heirat mit Claudius tatsächlich zustande. Allerdings hatte man zunächst das Ehehindernis einer zu nahen Blutsverwandtschaft (Claudius war ein Bruder ihres Vaters Germanicus, also ihr Onkel) beseitigen müssen; dies geschah mittels einer Gesetzesänderung, die besagte, daß es erlaubt sei, die Tochter des Bruders, nicht dagegen die Tochter der Schwester zu heiraten. Daß Agrippinas Plan gelungen war, hatte sie vor allem der Fürsprache des Freigelassenen Pallas, des einflußreichen Finanzministers des Kaisers, zu verdanken, der zum Lohn für diese Dienste ihr Liebhaber wurde. Sogleich begann Agrippina damit, sich eine Machtstellung als un-
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Kommentar
umschränkte Herrscherin aufzubauen und ihrem Sohn Nero den Weg zum Thron zu ebnen. Im Jahre 50 verlieh ihr der schwächliche Kaiser Claudius den Titel der Augusta; im selben Jahr adoptierte er Nero. Ebenfalls in diesem Jahr wurde Agrippinas Geburtsstadt im Ubierland zur römischen Kolonie erhoben und ihr zu Ehren Colonia Agrippinensis genannt. Nero war schon ein Jahr zuvor mit Claudius’ Tochter Octavia (aus seiner Ehe mit Messalina, s. u. Anm. zu 13,4) verlobt worden, wozu die schon bestehende Verlobung Octavias mit L. Iunius Silanus gelöst wurde; i. J. 53 erfolgte die Eheschließung. In den Jahren davor war Nero konsequent (wiederum mit tatkräftiger Hilfe des Pallas) zum Thronfolger aufgebaut worden, obwohl in Britannicus (s. u. Anm. zu 13,14), dem Bruder Octavias, eigentlich ein leiblicher Sohn und natürlicher Nachfolger des Kaisers vorhanden war. Als sich durch die Initiative des mit Agrippina verfeindeten Narcissus, eines anderen einflußreichen Freigelassenen am Hofe des Claudius, eine Annäherung zwischen dem Kaiser und seinem bis dahin in den Hintergrund geschobenen leiblichen Sohn anbahnte und damit die Pläne der Kaiserin für ihren eigenen Sohn in Gefahr gerieten, griff Agrippina zum äußersten Mittel und vergiftete Claudius am 13. Oktober 54 mit einem Pilzgericht. Noch am selben Tage wurde Nero zum Kaiser ausgerufen. An der Machtstellung Agrippinas änderte sich zunächst nicht viel; Nero ließ sie an seiner Seite schalten und walten und duldete sogar ihre Anwesenheit bei Senatssitzungen. Mit der Zeit wurden ihm die Herrschaftsansprüche seiner Mutter aber lästig, und er begann, ihre Vollmachten und Privilegien konsequent einzuschränken (auch das Wohnrecht im kaiserlichen Palast und ihre germanische Leibwache wurden ihr entzogen), darin aus Gründen der Staatsräson bestärkt und unterstützt von seinen Ratgebern Seneca (seinem früheren, von Agrippina selbst bestellten Erzieher) und Burrus, dem Präfekten der Prätorianergarde, der seine Stellung ebenfalls Agrippina verdankte. Als Agrippina durch eine Annäherung an Britannicus Nero politisch unter Druck zu setzen drohte, ließ dieser seinen Stiefbruder i. J. 55 kurzerhand vergiften. Im selben Jahr hatte sich Agrippina der Intrige einer früheren Freundin, jetzt aber erbitterten Feindin, Iunia Silana, zu erwehren, die Nero über einige willige Denunzianten hinterbringen ließ, Agrippina beabsichtige Rubellius Plautus zu heiraten, um mit dessen Hilfe, da er im gleichen Verwandtschaftsgrad zu Augustus stehe wie Nero, also ebensogut dessen Platz einnehmen könne, Nero zu verdrängen und die Herrschaft an sich zu ziehen. In einem von Seneca und Burrus geführten Verhör gelang es ihr, die Vorwürfe zu entkräften und die Bestrafung der Denunzianten durchzusetzen. Eine starke und skrupellose Feindin erwuchs Agrippina i. J. 58 in Neros Mätresse Poppaea Sabina (s. u. Anm. zu 13,8), die den Kaiser drängte, seine Ehegattin Octavia, deren Stelle sie einnehmen wollte, aus dem Wege zu schaffen und den Einfluß Agrippinas, die aus Eigeninteresse für Octavia Partei nahm, endgültig zu brechen. Der verzweifelte Versuch Agrippinas, die Kontrolle über ihren Sohn wiederzugewinnen, indem sie ihm sich selbst
Agrippina, Personen
13,3
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zur Blutschande anbot, scheiterte an der Wachsamkeit Senecas, der die Freigelassene Acte (s. u. Anm. zu 13,11), eine Konkubine Neros, losschickte, um Agrippinas Vorhaben im entscheidenden Moment zu stören. Nach diesem Ereignis ließ Nero einen möglichst zuverlässigen, für die Öffentlichkeit aber nicht durchschaubaren Mordplan gegen seine Mutter ausarbeiten. Diese sollte nach ihrer für den März 59 geplanten Teilnahme an einem Fest in Baiae durch einen fingierten Schiffsunfall zu Tode kommen. Das dafür vorgesehene Schiff ließ Neros Freigelassener Anicetus (s. u. Anm. zu 13,10), Flottenkommandant in Misenum, nahe Baiae, bauen bzw. präparieren. Doch der Plan mißlang, und Agrippina konnte sich an Land retten (zu den näheren Einzelheiten s. u., Anm. zu III 447–526). Nunmehr in Furcht, daß das Komplott auf Betreiben Agrippinas bekannt werden und seine Position als Kaiser dadurch in Gefahr geraten könnte, faßte Nero, beraten von Seneca und Burrus, den Entschluß, Agrippina auf schnellstem Wege zu töten. Um dazu wenigstens den Schein einer Rechtfertigung herzustellen, schob man dem von Agrippina nach ihrer Rettung zu Nero geschickten Freigelassenen Agermus (bei L. Agerinus, s. u. Anm. zu 13,12) ein Schwert unter und bezichtigte ihn eines im Auftrag seiner Herrin unternommenen Mordanschlags auf den Kaiser. Währenddessen hatte sich Anicetus zusammen mit dem Trierarchen Herculeius (s. u. Anm. zu 13,16) und dem Flottenzenturio Obaritus (bei L. Oloaritus, s. u. Anm. zu 13,17) zu Agrippinas Villa begeben. Dort drangen sie in ihr Schlafzimmer ein und umstellten ihr Bett. Herculeius schlug ihr mit einem Knüppel auf den Kopf und Obaritus tötete sie mit dem Schwert (vgl. die dem historischen Hergang entsprechende bildliche Darstellung auf dem Titelkupfer der ‚Agrippina‘). Der genaue Tag der Mordtat ist nicht bekannt; sie spielte sich zwischen dem 19. und 23. März 59 ab. Ob Nero tatsächlich den nackten Leichnam seiner Mutter nach der Tat inspiziert und sich so zynisch, wie bei Sueton (Nero 34,4) berichtet, über die ästhetische Vollkommenheit oder Unvollkommenheit einzelner Gliedmaßen der damals Vierundvierzigjährigen geäußert hat, dabei in aller Seelenruhe einen Becher leerend, muß dahingestellt bleiben. Tacitus berichtet ebenfalls davon (Ann. 14,9,1), kann aber den Wahrheitsgehalt nicht bestätigen. Agrippina wurde auf schlichteste Weise an der Straße nach Misenum, in der Nähe einer Villa Caesars, beigesetzt. Bei dem Scheiterhaufen, auf dem ihr Leichnam verbrannt wurde, stieß sich der ihr besonders treu ergebene Freigelassene Mnester sein Schwert in den Leib. Alle Agrippina zu Ehren aufgestellten Bildwerke wurden zerstört. In einem von Seneca abgefaßten Schreiben ließ Nero dem Senat mitteilen, seine Mutter habe aus Schuldbewußtsein Selbstmord begangen, um an sich die Strafe für das angeblich von Agermus in ihrem Auftrag unternommene und fehlgeschlagene Attentat zu vollziehen, das nur der Schlußpunkt in einer Kette von Versuchen gewesen sei, die Herrschaft im Staat an sich zu reißen. Nero] Eigtl. Name: Lucius Domitius Ahenobarbus; als Kaiser: Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus. Für die Zeit bis zum Muttermord
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13,4
Kommentar
(März 59) sind die für den stofflichen Zusammenhang des vorliegenden Dramas relevanten Daten zu Neros Werdegang in den Agrippina betreffenden biographischen Erläuterungen bereits enthalten. Hier sei nur noch erwähnt, daß die ersten fünf Jahre seiner Regierung (unter der Leitung von Seneca und Burrus) den Zeitgenossen als eine sehr glückliche und erfolgreiche Epoche galten. Nero präsentierte sich in dieser ersten Phase als kluger und geschickter Administrator und das Prinzip der herrscherlichen Milde (clementia) praktizierender Regent; außenpolitischen Erfolg erzielte er in den Auseinandersetzungen mit den Parthern um Armenien. Lukan, später selbst Opfer der Willkürherrschaft Neros (s. u. zur ‚Epicharis‘, S. 794), pries diese Zeit im 1. Buch seines ‚Bellum civile‘ (V. 33 ff.) geradezu als den Beginn eines Goldenen Zeitalters und stellte Neros Herrschaft als die eigentliche Erfüllung des Bürgerkriegs, ja als Ausfluß einer in ihm wirkenden göttlichen Macht dar. Diesen Eindruck der Zeitgenossen von der Frühzeit der Neronischen Epoche läßt L. in der Rede Neros am Anfang der 1. Abhandlung (V. 1 ff.) in der Form kaiserlichen Selbstlobs aufscheinen. – Tacitus zufolge (Ann. 14,10,1) war sich Nero erst nach der Ermordung seiner Mutter der Ungeheuerlichkeit seiner Tat bewußt geworden; er verfiel in depressive Zustände und versuchte, wie Sueton (Nero 34,4) berichtet, mit Hilfe von Magiern den Geist seiner Mutter zu beschwören und zu versöhnen. – Drei Jahre nach dem Tod Agrippinas (62) erfolgte die Scheidung von Octavia und deren Hinrichtung (Näheres s. u. Anm. zu 13,4) und die Hochzeit mit Poppaea Sabina (s. u. Anm. zu 13,8), die Nero i. J. 63 eine Tochter gebar und zwei Jahre später (65),wiederum schwanger, durch einen Fußtritt Neros ums Leben kam. Ein Jahr darauf verheiratete Nero sich ein drittes Mal (mit Statilia Messalina). – Weitere Daten zur Regierungszeit Neros bis zu seinem Selbstmord im Juni 68 (nachdem die Prätorianer von ihm abgefallen waren und der Senat ihn zum Feind des Vaterlandes erklärt hatte) bedürfen hier, als für die Handlung der ‚Agrippina‘ unerheblich, keiner Erwähnung. Eine weitere Episode aus der Regierungszeit Neros, die Pisonische Verschwörung des Jahres 65, hat L. in seiner ‚Epicharis‘ dargestellt. Octavia] Claudia Octavia, Tochter des Kaisers Claudius (Geburtsdatum nicht sicher feststellbar). Obwohl durch die Ehe Agrippinas mit Claudius eigentlich Stiefschwester Neros, wurde sie mit diesem auf Betreiben Agrippinas i. J. 49 verlobt (die bereits bestehende Verlobung mit L. Iunius Silanus wurde gelöst und dieser in den Selbstmord getrieben) und 53 verheiratet. Die Ehe hatte anscheinend von Anfang an nur politische Bedeutung und wurde von Neros Beziehung zunächst zu seiner Freigelassenen Acte (s. u. Anm. zu 13,11), danach zu Poppaea (s. u. Anm. zu 13,8) völlig überschattet. Im Jahre 62 wurde Octavia mit dem Vorwurf der Unfruchtbarkeit aus dem kaiserlichen Palast verstoßen, sodann auf Betreiben Poppaeas wegen angeblichen Ehebruchs mit einem alexandrinischen Flötenspieler unter Anklage gestellt. Nach einer förmlichen Untersuchung der Sache durch Tigellinus (seit 62 Prätorianerpräfekt) erfolgte die Scheidung von Nero und
Agrippina, Personen
13,5
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die Verbannung nach Campanien. Dieser Akt hatte einen Volksaufstand zur Folge, der Nero zwang, die im Volk verehrte Octavia wieder zurückzuholen. Wiederum auf Betreiben Poppaeas, deren Statuen bei dem Aufstand umgestürzt worden waren, entschloß sich Nero, Octavia zur Sicherung seiner Herrschaft mittels einer Intrige endgültig aus dem Wege zu schaffen. Anicetus (s. u. Anm. zu 13,10), Flottenkommandant in Misenum, der schon die Aktion zur Ermordung Agrippinas geleitet hatte, wurde veranlaßt, sich selbst des Ehebruchs mit Octavia zu bezichtigen. In einem Edikt stellte Nero im Anschluß an eine von ihm selbst geleitete Untersuchung fest, Octavia habe Anicetus bewogen, ihr die von ihm befehligte Flotte zu unterstellen, und sich zudem einer Abtreibung schuldig gemacht. Als Strafe wurde die Verbannung nach Pandataria verhängt. Wenige Tage nach ihrer Ankunft ebendort wurde Octavia auf Befehl Neros durch Öffnen der Adern am 7. Juli 62 getötet. Man schlug ihr den Kopf ab und brachte ihn nach Rom zu Poppaea. – Das traurige Schicksal der Tochter des Kaisers Claudius ist von einem unbekannten Autor wahrscheinlich kurze Zeit nach Neros Tod in einer Tragödie (‚Octavia‘) dargestellt worden (sie ist das einzige erhaltene Drama der römischen Literatur, das einen Stoff aus der römischen Geschichte behandelt); das Werk ist zusammen mit den Dramen Senecas überliefert, der früher auch (zu Unrecht) als sein Verfasser galt. Burrhus] Sextus Afranius Burrus. Er war Militärtribun und Procurator (Vermögensverwalter) der Livia (Ehegattin des Kaisers Augustus) sowie der Kaiser Tiberius und Claudius. Auf Betreiben Agrippinas wurde er i. J. 51 zum alleinigen Praefectus praetorio (Chef der Prätorianer, der kaiserlichen Leibgarde) ernannt. Nach dem Tode des Claudius half er Nero bei der Erringung der Kaiserherrschaft und leitete zusammen mit Seneca die Regierungsgeschäfte. Mit der Zeit wurde er Nero unbequem, da er zu Agrippina hielt, die Pläne zu ihrer Ermordung nicht befürwortete und sich auch der Verstoßung Octavias widersetzte. Sein Tod i. J. 62 soll durch Gift herbeigeführt worden sein, das Nero dem Erkrankten anstelle einer Arznei habe reichen lassen (ob es sich so verhalten hat, ist zweifelhaft). Mit Burrus’ Tod endete auch Senecas Einfluß am Kaiserhof. – ober¢ter Hoffmei¢ter] Diese nur hier vorkommende Amtsbezeichnung für Burrus offenbar kein Lapsus. Sie findet sich bei Gryphius auch für Aemilius Paulus Papinianus, der unter Kaiser Caracalla ebenfalls Praefectus praetorio war. Vgl. Gryphius, Sterbender Papinianus: Jnhalt des Trauer-Spils (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 312): „Æmilius Paulus Papinianus !…" Oberster ReichsHofemeister oder Prætorii Præfectus“ (entspr. auch im Pers.-Verz., S. 316). Seneca] Lucius Annaeus Seneca d. J., der Politiker, stoische Philosoph und Dichter, Sohn des gleichnamigen Rhetors, wurde im spanischen Corduba geboren (das Geburtsjahr ist nicht bekannt; allgemein wird 4 oder 5 v. Chr. angenommen, es gibt aber Anhaltspunkte dafür, daß es später anzusetzen ist, und zwar im Jahre 0, dem fiktiven Geburtsjahr Christi; s. Fuhrmann, Seneca u. Kaiser Nero, S. 9 f.). Nach einer rhetorischen und philosophi-
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schen Ausbildung in Rom betätigte er sich dort seit ca. 25 n. Chr. als Anwalt. Ca. 34 wurde er Quästor und Mitglied des Senats. Durch wachsenden Ruhm als Redner erregte er den Neid Caligulas; es heißt, daß ihm deshalb ein Todesurteil drohte, das nur wegen seiner Kränklichkeit, die ein baldiges Ableben anzuzeigen schien, nicht zustande gekommen sei. Unter Kaiser Claudius wurde er i. J. 41 wegen einer von dessen Gemahlin Messalina angezettelten Intrige (angeblicher Ehebruch mit Iulia Livilla, einer Schwester Agrippinas) nach Korsika verbannt. Agrippina berief ihn im Jahr ihrer Heirat mit Claudius (49) aus der Verbannung zurück und übertrug ihm die rhetorische Ausbildung ihres damals elfjährigen Sohnes Nero. Ca. 50 wurde er Prätor. Nach dem Regierungsantritt Neros führte er zusammen mit Burrus, dem Präfekten der Prätorianergarde, in den Jahren 54–62 die Geschäfte der Reichsregierung. In Neros Auseinandersetzungen mit Agrippina stand er aus Gründen der Staatsräson auf der Seite des Kaisers; ihre Ermordung hat er ebendeshalb zumindest politisch gedeckt und mit dem von ihm verfaßten Schreiben Neros an den Senat gerechtfertigt. Als mit dem Tode des Burrus (62) sein Einfluß am Hofe geschwunden war, bat er Nero um seinen Abschied und bot ihm die Rückgabe des riesigen Vermögens an, das er sich im Laufe der Jahre dank kaiserlicher Gunst verschafft hatte. Trotz Neros Ablehnung zog er sich auf seine Besitzungen bei Rom und in Campanien zurück und beschäftigte sich nur noch mit literarischen Arbeiten. Im Zusammenhang mit der Pisonischen Verschwörung i. J. 65 (Thema der ‚Epicharis‘; Weiteres s. in den Erläuterungen zu diesem Drama) wurde er der Mitwisserschaft bezichtigt und erhielt von Nero den Todesbefehl. Er tötete sich durch Öffnen der Adern. Ein Eingehen auf seine zahlreichen philosophischen (stoischen) Schriften und seine Dichtungen (Tragödien und eine Satire auf den Tod des Kaisers Claudius) ist an dieser Stelle nicht erforderlich, da nichts davon für L.s ‚Agrippina‘ von Bedeutung ist; Seneca tritt hier nur als politisch Handelnder bzw. Beratender auf. Otho] Marcus Salvius Otho, geb. am 28. April 32 als Sohn des Consularen L. Salvius Otho. Bereits in jungen Jahren verrufen durch Leichtsinn, Verschwendung, Sittenlosigkeit und geringe geistige Fähigkeiten. Durch Kontakte zu Acte (s. u. Anm. zu 13,11) kam er an den Hof Neros und wurde dessen Vertrauter und Mitwisser bei vielen Plänen und Machenschaften. Im Jahre 58 entführte er die mit dem Ritter Rufrius Crispinus verheiratete schöne Poppaea Sabina (s. u. Anm. zu 13,8). Nachdem Otho mit Poppaea seinerseits die Ehe eingegangen war, wurde Nero durch seine Lobreden auf sie aufmerksam und begann sie an sich zu ziehen. Nach Tacitus, Hist. 1,13, 4, geschah bereits die Entführung Poppaeas auf Neros Weisung, der sie gewissermaßen bei Otho habe aufbewahrt sehen wollen, bis es ihm gelungen wäre, sich von Octavia zu trennen (ähnlich Sueton, Otho 3,1); in den Annalen (13,45–46) führt Tacitus hingegen Othos Verliebtheit als einziges Motiv für die Entführung Poppaeas an (dieser wahrscheinlicheren Version hat sich offenbar auch L. angeschlossen). Um gegenüber Poppaea
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freie Hand zu haben, schickte Nero Otho als Statthalter nach Lusitanien (Portugal). Die weiteren Schicksale Othos, der i. J. 69 als Nachfolger Galbas selbst für drei Monate Kaiser wurde (Selbstmord am 16. April 69), sind für unser Drama nicht mehr von Interesse. Sabina Poppæa] Korrekt: Poppaea Sabina, geb. 32 als Tochter des T. Ollius; sie nannte sich aber zum Zweck der günstigeren Selbstdarstellung nach ihrem Großvater mütterlicherseits, dem als ehemaliger Konsul und Provinzstatthalter hoch angesehenen C. Poppaeus Sabinus, und trug dadurch den gleichen Namen wie ihre Mutter, die als die schönste Frau ihrer Zeit galt. In erster Ehe war sie mit dem Ritter Rufrius Crispinus verheiratet, mit dem sie einen Sohn hatte (ihn ließ Nero noch im Knabenalter umbringen). Durch ihre zweite Ehe mit Otho (s. o. Anm. zu 13,7) kam sie i. J. 58 in Kontakt mit Nero, der sich, auf ihre Schönheit aufmerksam geworden durch die Anpreisungen Othos, in sie verliebte und in der Folgezeit zunehmend unter ihren Einfluß geriet. Bei der Ermordung Agrippinas sowie der Verstoßung und schließlichen Tötung Octavias (s. o. Anm. zu 13,4) war sie die treibende Kraft. Nero heiratete sie, die bereits von ihm schwanger war, i. J. 62, zwölf Tage nach der Scheidung von Octavia. Als Kaiserin entfaltetete sie einen äußerst luxuriösen Lebensstil; es heißt, daß sie auf Reisen stets 500 Eselinnen mitführte, in deren Milch sie zur Erhaltung ihrer Schönheit täglich badete. Nach ungefähr dreijähriger Ehe mit Nero starb sie i. J. 65 an den Folgen einer Frühgeburt, veranlaßt durch einen Tritt in den Bauch, den ihr der Kaiser bei einem Streit versetzt hatte. Paris] Berühmter Pantomime. Ursprünglich Sklave von Neros Tante (Schwester seines Vaters) Domitia, wurde er gegen Zahlung von 10.000 Sesterzen freigelassen. Seine Klage gegen Domitia auf Rückzahlung dieser Summe, weil sie ihn, als eigentlich Freigeborenen, zu Unrecht besessen habe, entschied Nero zu seinen Gunsten. Im Jahre 55 klagte er Agrippina, als einer der Helfershelfer der Iunia Silana, des Hochverrats an (Näheres zu dieser Intrige s. o. S. 636). Obwohl die Klage scheiterte, konnte er sich, anders als die anderen an der Intrige Beteiligten, der Rache Agrippinas entziehen. Im Jahre 67 ließ Nero ihn hinrichten: entweder weil er Nero ohne Erfolg in der Pantomimik unterrichtet hatte oder weil Nero in ihm einen gefährlichen Konkurrenten in dieser Kunst sah. Anicetus] Freigelassener Neros, zunächst sein Paedagogus (Hofmeister/ Erzieher), i. J. 59 ‚Praefectus classis Misenensis‘ (Befehlshaber der Flotte von Misenum). Anicetus diente Nero als williger Handlanger bei der Vollstreckung seiner Mordpläne gegen Agrippina und Octavia. Er starb in der Verbannung auf Sardinien. Acte] Claudia Acte, eine kaiserliche Freigelassene (als Sklavin aus Asien verkauft). Als Neros Konkubine überstand sie die Anfeindungen Agrippinas sowohl wie die Poppaeas, die beide in ihr eine gefährliche Rivalin sahen. Von Seneca geschickt, sorgte sie durch unvermutetes Auftreten dafür, daß Agrippinas Versuch, Nero zur Blutschande zu verleiten, scheiterte. Sie
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überlebte auch Neros Tod und half mit, seinen Leichnam zu bestatten. In Italien und Sardinien verfügte sie über großen Grundbesitz. L. Agerinus] Lesung des Namens in modernen Tacitus-Ausgaben (Ann. 14,6 ff.): Agermus. Freigelassener Agrippinas, i. J. 59, nach der Rettung Agrippinas von dem fingierten Schiffbruch, fälschlich eines Mordversuchs an Nero im Auftrag seiner Herrin beschuldigt und zum Selbstmord gezwungen. Mne¢ter] Ebenfalls ein Freigelassener Agrippinas. Bei ihrer Beisetzung stieß er sich sein Schwert in den Leib. Britannicus] Tiberius Claudius Caesar Britannicus, als Sohn des Kaisers Claudius und dessen dritter Gemahlin Messalina geb. am 12. Februar 41 (den Beinamen erhielt er aus Anlaß des Sieges seines Vaters über Britannien i. J. 43). Nach der vom Kaiser wegen schweren Ehebruchs angeordneten Tötung seiner Mutter, der Eheschließung seines Vaters mit Agrippina und der Adoption Neros wurde Britannicus, obgleich der eigentlich legitime Thronfolger, teils durch Intrigen Agrippinas, die ihn für einen schwachsinnigen Epileptiker erklärte, teils durch Machenschaften derer, die an Messalinas Ermordung beteiligt waren und die spätere Rache des Sohnes fürchten mußten, in den Hintergrund gedrängt und Nero dagegen als Nachfolger des Kaisers systematisch aufgebaut. Zu Anfang des Jahres 55, noch vor dem 14. Geburtstag des Britannicus, ließ Nero seinen Stiefbruder durch einen Gifttrank töten, da er befürchten mußte, daß Agrippina versuchen würde, sich seiner als Instrument gegen ihn zu bedienen. So¢ia] Als Dienerin Agrippinas historisch nicht belegt. Der Name sicher in Anlehnung an Plautus (‚Amphitruo‘) und Terenz (‚Andria‘; ‚Hecyra‘), wo er allerdings nur für männliche Sklaven gebraucht wird. Herculeus Trierarchus] Einer der Mörder Agrippinas. Ein Trierarchus war ein Kommandant eines Kriegsschiffes. Oloaritus] Lesung des Namens in modernen Tacitus-Ausgaben (Ann. 14,8): Obaritus. Er war Zenturio (Hauptmann) der Flotte von Misenum, also nicht, wie L. angibt, Angehöriger der „Leibwache“, d. h. der Prätorianergarde. Einer der Mörder Agrippinas. Zoroa¢ter] Der Zauberer, eine erfundene Gestalt, hat seinen Namen von dem altiranischen Propheten und Religionsstifter Zoroaster (griech. Namensform von Zarathustra, Lebenszeit um 1000 oder 7./6. Jh. v. Chr.), der zu L.s Zeit auch als Erfinder der Magie bzw. der Schwarzen Kunst galt (s. Zedler 63 s.v. ‚Zoroaster‘, 568–598, hier 569–571). Trabanten] Palast- oder Leibwächter. Nachrichter] ‚Scharfrichter‘, ‚Henker‘. Rubria … Ve¢tali¢che Jungfrauen] Rubria, eine Vestalin, wurde von Nero vergewaltigt (Sueton, Nero 28,1): ein Verbrechen von größter Ruchlosigkeit, das bei römischen Bürgern mit der Todesstrafe geahndet wurde. Die Vestalinnen, die das Herdfeuer im Tempel der Vesta (der römischen Göttin des häuslichen Herdes) zu hüten und zu unterhalten hatten, unterlagen
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dem strengsten Gebot der Jungfräulichkeit; bei dessen Verletzung wurden sie lebendigen Leibes in einem unterirdischen Gewölbe eingemauert. 13,30 See- und Berg-Gottinnen] Nereiden und Oreaden. 14,32 Furien] Den griechischen Erinnyen entsprechende furchterregende weibliche Rachegeister (mit Schlangenhaaren und Schlangen als Peitschen in den Händen), die vor allem Verbrechen gegen die Bande des Blutes verfolgten. Drei von ihnen werden in der antiken Literatur mit den im folgenden genannten Namen belegt. 14,32 Ore¢tes] Sohn des Agamemnon und der Klytaemnestra. Er rächte die Ermordung seines Vaters durch seine Mutter und deren Liebhaber Aegisthus, indem er beide tötete. Obwohl er damit eine Weisung Apollos ausführte, den er im Orakel zu Delphi befragt hatte, verfolgten ihn danach die Furien und trieben ihn in den Wahnsinn, von dem er erst geheilt wurde, als er die hölzerne Statue der Artemis im Taurerland mit Hilfe seiner Schwester Iphigenie entwendet und nach Attika gebracht hatte. Entgegen L.s Darstellung im Schluß-Reyen der 5. Abhandlung gehört Orest, da zu Lebzeiten vom Muttermord entsühnt, nicht zu den ewigen Büßern in der Unterwelt (Tartarus) wie z. B. Sisyphus oder Tantalus. 14,33 Alcmæon] Wie Orest ein bekannter Muttermörder. Alkmaeon führte mit der Tötung seiner Mutter Eriphyle eine Weisung seines Vaters Amphiaraus aus, die er noch als Knabe erhalten hatte, bevor der Vater beim Zug der Sieben gegen Theben den Tod fand. Zur Teilnahme an diesem Unternehmen war Amphiaraus aufgrund einer vertraglichen Abmachung von seiner Frau gezwungen worden, obwohl sie (wie auch er selbst) wußte, daß er bei diesem Kriegszug fallen würde (Eriphyle handelte so, weil sie von Polyneikes mit einem Halsband bestochen worden war). Wie Orest wurde auch Alkmaeon von den Furien in den Wahnsinn getrieben; nach längerer Zeit entsühnte ihn der Flußgott Achelous und befreite ihn damit vom Wahnsinn. Auch er gehört deshalb dem antiken Mythos nach nicht zum Kreis der ewigen Büßer. 14,33 Harpyien] Vogelähnliche weibliche Ungeheuer (Frauenleib und -kopf mit Flügeln und Vogelkrallen), die, ursprünglich Sturmgeister, gewöhnlich den Furien bzw. Erinnyen gleichgesetzt wurden und die diesen zugeschriebenen Funktionen (Verfolgung und Bestrafung von Verbrechern) wahrnahmen (vgl. Vergil, Aen. 3,252). 14,34–35 achzehenden Mertz … nach Mitternacht] Also von den ersten Stunden des 18. bis zu den ersten Stunden des 19. März (59). Die in dem Stück als Handlungselemente verarbeiteten historischen Ereignisse erstrecken sich tatsächlich über einen Zeitraum von vier Jahren (von der aufgrund einer Intrige gegen Agrippina erhobenen Hochverratsanklage i. J. 55 bis zu ihrer Ermordung zwischen dem 19. und 23. März 59).
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Bildbeigaben Fünf der acht Abbildungen (die zu Poppaea, Nero, Germanicus, Agrippina und Otho: Abb. 1–4 u. 7) wurden wie die entsprechenden Bildbeigaben zur ‚Cleopatra‘ von einem unbekannten Künstler nach Münzen aus der verschollenen Sammlung L.s angefertigt. Numismatisch interessierte Leser seien auf Bd. 1 des Werkes von Mattingly/Sydenham zur Münzüberlieferung der römischen Kaiserzeit hingewiesen: H. Mattingly, E.A. Sydenham, The Roman Imperial Coinage, vol. 1: Augustus to Vitellius. With an introduction and 16 plates. London 1923 (Reprint ebd. [1962]); viele gute Abbildungen auch in: John P.C. Kent u. a., Die römische Münze. München 1973; B. Ralph Kankelfitz, Römische Münzen. Von Pompejus bis Romulus. Katalog mit aktuellen Marktpreisen. 3., völlig überarb. Aufl. Augsburg 1991. Das Porträt der Octavia (Abb. 8) wurde, wie die Bildunterschrift ausweist, einem Werk des aus Mantua stammenden Antiquars Iacobus de Strada (16. Jh.; s. Zedler 40, 479) entnommen: Iacobus de Strada, Epitome thesauri antiquitatum, hoc est, Impp. Romanorum orientalium et occidentalium iconum, ex antiquis numismatibus quàm fidelissime deliniatarum. !…". !Hrsg.: Diethelm Keller". Tiguri: apud Andream Gesnerum 1557 (Wolfenbüttel, HAB); es findet sich hier auf Seite 35. – Eine frühere Ausgabe von Stradas Werk, Lugduni (Leiden/Lyon?) 1553, angegeben bei Mario Emilio Cosenza, Biographical and bibliographical dictionary of the Italian humanists and of the world of classical scholarship in Italy, 1300–1800, Bd. 4. Boston 1962, S. 3327. Die erste der beiden Seneca-Abbildungen (Abb. 5) stellt den sterbenden Philosophen in einer Wanne stehend dar. Vorlage der Zeichnung dürfte ein Stich von Cornelis Galle nach Rubens’ Gemälde ‚Tod des Seneca‘ (München, Pinakothek) sein (s. Hess, Der Tod des Seneca, S. 200, Abb. 5; Corpus Rubenianum Ludwig Burchard 13/1: Elizabeth McGrath, Rubens Subjects from history. London 1997, Bd. 1, Abb. 190 ff.; Erläuterungen hierzu Bd. 2, S. 282 ff.). Rubens seinerseits hatte sich von einer wahrscheinlich im späten 16. Jh. in Rom aufgefundenen Statue aus schwarzem Marmor (heute Paris, Louvre; im 17. Jh. Rom, Villa Borghese) inspirieren lassen, die die Zeitgenossen auf den sterbenden Seneca deuteten, die heute aber als Darstellung eines afrikanischen Fischers angesehen wird (s. Corpus Rubenianum, a.a.O., Bd. 1, Abb. 192; Bd. 2, S. 285 f.). Vgl. hierzu den von L. in AnmL. zu E V 417 zitierten Passus aus Manillis Beschreibung der Villa Borghese und meinen Hinweis hierzu in AnmLH. zu ebendieser Stelle. Der Seneca-Kopf (Abb. 6) ist eine dürftige Kopie eines Stiches von Rubens nach einer in seinem Besitz befindlichen antiken Büste, die er selbst für die Senecas hielt (Zuweisung bis heute ungeklärt). Abbildung des Stiches in: Peter Paul Rubens 1577–1640. Eine Ausstellung des Wallraf-Richartz-Museums in der Kunsthalle Köln vom 15. Okt. bis 15. Dez. 1977, Katalog 2: Maler mit dem Grabstichel. Rubens und die Druckgraphik. Köln [1977], S. 94 (Abb. 98), Erläuterung hierzu S. 98; s. auch Hess, Der Tod des Seneca, S. 201, Abb. 6.
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Zu Rubens’ Beschäftigung mit Seneca s. Hess, ebd., S. 197 ff. und den Überblick bei Maurach, Seneca, S. 48–54 („Peter Paul Rubens und das Antlitz Senecas“). Erste Abhandlung Szenenfolge: a) V. 1–156; b) V. 157–282; c) V. 283–352; d) V. 353–502; e) V. 503–588; f ) Reyen: V. 589–680. Ort der Handlung: Rom. 2
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Ninus] Ninus war der Sage nach ein gewaltiger Kriegsheld, der das assyrische Reich begründete und die Stadt Ninive erbaute (seine Gemahlin war Semiramis). Mit den Namen Ninus, Kyaxares (V. 3) und dem Stichwort „der Grichen Lorbern“ (V. 5) spielt L. auf die Abfolge der drei dem Römischen Reich vorangehenden Weltreiche nach Daniel 7 an: das babylonischassyrische, das medisch-persische und das griechische. Cyaxarens] Kyaxares war (nach der Angabe bei Herodot 1,103) dritter König der Meder (7./6. Jh. v. Chr.). Er hat vor 606 v. Chr. Ninive erobert und die Assyrer unterjocht. Hier stellvertretend für das persische Weltreich, da Medien schon 550 v. Chr. von dem Perserkönig Kyros erobert wurde und danach persische Provinz war. des Kay¢ers] D. h. Neros; s. u. Anm. zu V. 13 ff. Nerons Blitzen … Lorbern weg] Nach Meinung des Altertums war der Lorbeerbaum gegen Blitzschlag gefeit. Lorbeerzweige benutzte man deshalb als Schutzmittel gegen Blitze; Kaiser Tiberius trug zu diesem Zweck bei Gewitter stets einen Lorbeerkranz. Dieser Aberglaube hängt damit zusammen, daß der Lorbeer wie dem Gott Apollo so auch Jupiter heilig war, von dem Blitze auf die Erde geschleudert wurden, wenn er erzürnt war. Wenn Nero sich hier brüstet, mit seinen Blitzen sogar den Lorbeer der Griechen ‚weggesängt‘ zu haben, maßt er sich mit diesem Bild also eine größere Macht an, als sie Jupiter besaß, gegen dessen Donnerkeile der Lorbeer gefeit war. Vgl. auch V. 337 f. u. III 425 sowie C I 351 f., ferner Gryphius, Sterbender Papinianus II 387 (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 346): „Hat der unverhoffte Blitz/ dein belorbert Haupt getroffen!“ Zur Verwendung des Bildmotivs Lorbeer/Blitz in der Emblematik unter Berücksichtigung L.s s. Schöne, Emblematik u. Drama, S. 90 ff. – der Grichen Lorbern] Gemeint ist das Weltreich Alexanders d. Gr., im Hinblick auf V. 3 vielleicht speziell die Eroberung Mediens durch Alexander i. J. 330 v. Chr. Rom ¢chatz’t ¢ich ¢elb¢t zu tief] ‚Selbst Rom schätzt sich zu gering‘. Des Numa Heyligkeit] Numa Pompilius, als Nachfolger des Romulus legendärer zweiter König Roms. Mit „Heyligkeit“ spielt Nero einerseits auf die Numa zugeschriebene Sakralgesetzgebung an, andererseits auf die sittlich-religiöse Reinheit, die die friedvolle Herrschaft dieses Königs ausgezeichnet haben soll. Vgl. E I 390. – des Rom’¢chen Vaters] Gemeint ist
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Aeneas als Begründer des Römischen Reiches und Stammvater der Römer (in Vergils Aeneis mehrfach „pater Aeneas“). 9 Julius] Gaius Iulius Caesar (100–44 v. Chr.). – Tiberius] Der Kaiser, Nachfolger von Augustus, Regierungszeit 14–37 n. Chr. 11 Saturnus guld’ne Zeit] Das Goldene Zeitalter, das unter der Herrschaft des Gottes Saturn bzw. (griech.) Kronos stand. In diesem ersten der von Hesiod (Erga 109–210) geschilderten fünf Weltzeitalter lebten die Menschen in einem paradiesischen Zustand, völlig sorgenfrei und in absolutem Frieden untereinander und mit allen anderen Lebewesen. – gegen die¢er] ‚im Vergleich zu der heutigen‘ („gegen“ mit Dativ). – ey¢ern] Das eiserne ist das fünfte und letzte der von Hesiod angesetzten Weltzeitalter; es ist das der gegenwärtig lebenden Menschen, von allen das unerfreulichste und moralisch verwerflichste. 13 Araxens gro¢te Stadt] Artaxata, die am Fluß Araxas gelegene Hauptstadt Groß-Armeniens, wurde i. J. 58 nach erfolgreicher Belagerung durch Neros Feldherrn Domitius Corbulo in Brand gesteckt, zerstört und dem Erdboden gleichgemacht (Tacitus, Ann. 13,41). (AnmL.). 14 Tiridates] Tiridates, von seinem Bruder, dem Partherkönig Vologaeses, i. J. 52 als König von Armenien eingesetzt, legte nach kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Römern, die keine Herrschaft von Parthern über Armenien zulassen wollten, 63 das Diadem vor Neros Bild nieder und kündigte an, es aus Neros Hand wieder annehmen zu wollen. Nachdem er seine Tochter als Geisel gestellt hatte, trat er auf Neros Wunsch mit großem Gefolge die Reise nach Rom an und wurde dort i. J. 66 unter großem Gepränge von Nero öffentlich zum König von Armenien gekrönt. Nach seiner Rückreise baute er aus Mitteln, die ihm Nero geschenkt hatte, seine Hauptstadt Artaxata wieder auf. Dieses Ereignis spielte sich also erst sieben Jahre nach der Ermordung Agrippinas ab (s. L.s Rechtfertigung dieses Anachronismus in AnmL.). 16–17 Vologe¢us ¢chick’t … Uns Geißel] Vologaeses, 51–79 König der Parther, Bruder des Tiridates, sandte 55/56 auf römischen Wunsch Mitglieder des Arsakidenhauses, dem er selbst angehörte, als Geiseln nach Rom. (AnmL.). 17 Des Janus Thor ¢teh’t zu] D. h. es herrscht Frieden. Die beiden Tore des Tempels des Janus (des Gottes des Eingangs und Ausgangs) standen nur in Kriegszeiten offen. Nero ließ den Janustempel aber erst i. J. 66, also sieben Jahre nach der Ermordung seiner Mutter, schließen (Sueton, Nero 13,2). Vgl. C I 544. 18 Preiß] ‚Ruhm‘. 19 Die Schoß des Jupiters] Gemeint ist die Jupiter-Statue im Tempel des Iuppiter Optimus Maximus auf dem kapitolinischen Hügel, in deren Schoß ein siegreicher Feldherr am Ende des Triumphzuges seinen Lorbeerkranz niederlegte. (AnmL.). 21 Der neue Schauplatz] Ein hölzernes Amphitheater, das Nero i. J. 57 auf dem Marsfeld errichten ließ (Tacitus, Ann. 13,31,1).
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22 Das Außtheiln … Minderung] S. AnmL. 23–24 Wir haben … begehret] Im ersten Jahr seiner Regierung (54) hatte Nero das Angebot des Senats, ihm Standbilder aus massivem Edelmetall aufzustellen und den Jahresbeginn auf den Dezember, den Monat seiner Geburt, zu verlegen, bescheiden abgelehnt (s. AnmL. zu V. 26). 30 Der wilde Parth’ i¢t zahm] Seit dem 1. Jh. v. Chr. bedeutete das Großreich dieses iranischen Volkes wegen seiner Expansion nach Westen eine ständige Gefahr für die Römer. Otho denkt hier an den Geiselaustausch mit dem Partherkönig Vologaeses und die Huldigung von dessen Bruder Tiridates in Rom (s. o. Anm. zu V. 14 u. 16–17). – der kuhne Mede weicht] Hier: der Bewohner Groß-Mediens (Media maior); da dieses aber Teil des Partherreiches war, ist „Der kühne Mede“ nichts weiter als eine Variation zu „Der wilde Parth“. Vgl. C I 232. 31 Palm !…" Zipreßen] Die Palme als Zeichen des Sieges, die Zypresse (bei Leichenfeiern verwendet) als das des Todes. 34 Amphitritens Bett’] Das Meer (Amphitrite ist eine Meergöttin). Vgl. E I 225. 36 die Tugend] S. AnmL.; ‚virtutes‘ meint an der von L. hier beigezogenen Tacitusstelle (Ann. 13,8,1) aber nicht ‚Tugenden‘ im moralischen Sinne, also das Gegenteil von ‚Laster‘ (V. 37), sondern ‚Leistungen‘ bzw. ‚Tüchtigkeit‘. 41 Des allgemeinen Heil’s] ‚des Gemeinwohls‘. Vgl. E I 35, S I 403. 44 zeugen] ‚verschaffen‘, ‚liefern‘. 49 der Lucriner Flutt] ‚die Gewässer des lacus Lucrinus‘, einer Bucht des Golfs von Baiae, die durch einen Steindamm zur Lagune geworden war; dort gab es Austernkulturen (s. AnmL.). Sollte „der“ nicht Druckfehler sein (vgl. aber IV 254!), müßte man annehmen, daß L. unter „Lucriner“ hier fälschlich Angehörige eines Volksstammes verstanden hat, die bei dem See ansässig gewesen sein und ihm ihren Namen gegeben haben könnten. 50–51 der Schnecke ¢par¢am Blutt … ¢chick’t] Purpur, der kostbare Farbstoff, ist nicht das Blut der Purpurschnecke (vgl. IV 321; C I 588), sondern Sekret einer Drüse; daß gerade im lacus Lucrinus Purpurschnecken gefangen worden seien, ist nirgends belegt (in dem Petronius-Zitat, das L. zu V. 49 anführt, werden auch nur die Austern mit diesem Gewässer in Verbindung gebracht). 51 Phænicopter] = Phoenicopterus: ‚Flamingo‘ (s. AnmL.). 52 Papegayen] S. AnmL. 53 Pfauen und Pha¢an] S. AnmL. 54 Lampreten] Auch unter dem Namen Meer-Neunaugen oder Meerpricken bekannt: eine Art der Neunaugen, einer fischähnlichen Wirbeltierfamilie aus der Klasse der Rundmäuler. Weiteres s. AnmL. – Scarus] Papageifisch (s. AnmL.). 55 zin¢t] ‚(als Zins) liefert‘. – in Berg-Kri¢tallen] D. h. in Gefäßen, die aus Bergkristall hergestellt sind (s. AnmL.). 56 Hunds-¢tern] Der Sirius, Fixstern im Sternbild des Kleinen Hundes; die Zeit seines Frühaufgangs im Sommer galt bei Griechen und Römern als die Peri-
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ode ungesündester Hitze (daher der Ausdruck ‚Hundstage‘). – ¢chmaltz’t] Hier absolut (ohne Objekt) gebraucht: ‚verflüssigt‘ / ‚tauen läßt‘. 57 fern-gepreßten Wein] „fern“ hier sicher im Sinne von ‚in weiter Ferne‘; nicht ganz auszuschließen, aber im Hinblick auf den Aussagekontext wenig wahrscheinlich eine Verbindung zu ‚firn‘ (‚vorjährig‘; vgl. die Lemmata ‚Firnemost‘ und ‚Firnewein‘ in DWb 3,1677). Vgl. Gryphius, Sterbender Papinianus I 390 (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 332): „Und fern-gepresten Wein aus edlen Steinen trinckt“; Hallmann, Mariamne I 441 (J.C. Hallmann, Sämtl. Werke, hrsg. von G. Spellerberg, Bd. 1, S. 229): „Den fern-gepreßten Wein“. 59 Porcellan] S. AnmL. 60 in Eßig wird zerlaßen] Vom Schlürfen aufgelöster wertvollster Perlen als besonders snobistischer Kundgabe eines verschwenderischen Lebensstils wird bei vielen antiken lateinischen Schriftstellern berichtet (s. AnmL.); Glaubwürdigkeit ist nicht immer gewährleistet, besonders was den Essig als Auflösemittel betrifft. 63 Diß alles nachgethan] Nämlich das Baden in Balsam (s. das Plinius-Zitat in AnmL. zu V. 60 am Schluß). 63–66 Daß er … trag’t] S. AnmL. 65 dichtem] ‚massivem‘ oder ‚reinem‘. 67 Das guldne Hauß] Eine von Nero in Rom errichtete gigantische Palastanlage, die auch einen See, verschiedene Landschaftsformationen und Tiergehege einschloß. L. gibt bis V. 70 eine der Beschreibung bei Sueton, Nero 31,1–2, entnommene Aufzählung besonders hervorstechender Elemente. 69 Ambra] Sehr kostbarer Duftstoff, gewonnen aus einer wachsartigen, graubis schwarzfarbigen Masse, die aus dem Darm von Pottwalen stammt. Vgl. C III 386. 70 die guldnen Netze] Nero pflegte mit einem vergoldeten Netz zu fischen, nach Sueton, Nero 30,3, zit. in AnmL. zu V. 63. 73 Mulciber] Ein anderer Name des Feuer- und Schmiedegottes Vulcanus bzw. Hephaestus. 75 Sein ¢chwartzes Hauß] Seine himmlische Schmiede, die vom Ruß des Schmiedefeuers geschwärzt ist. – bey der Venus liegen] Venus war seine Ehegattin; sie betrog ihn allerdings mit Mars. 76 die Sternenburg] Der Palast Jupiters, der die niedriger gelegenen Wohnhäuser aller anderen Götter auf dem Olymp überragt (Olymp hier aber nicht als Götterburg, sondern als Himmel verstanden). 77 ¢teh’ ich an] ‚bin ich im Zweifel‘. 79 verwehnten] Wohl nicht = ‚verwöhnten‘, sondern ‚verwähnten‘, d. h. in Wahn befangenen, vom Wahn betörten (vgl. S IV 448). 82 der Wollu¢t-Libgen Bahn] „Libgen“ hier vermutlich Druckfehler für sinnvolleres ‚Lilgen‘ (vgl. S IV 574: „So wandeln ¢ich in Koth der Wollu¢t Lilgen“). Zwar gilt die Lilie als Sinnbild der Unschuld (vgl. V. 535), Reinheit,
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Keuschheit und Jungfräulichkeit, doch wird sie auch häufig in erotischer Dichtung zur Hervorhebung der Weiße des weiblichen Körpers herangezogen, zumal bei L. Vgl. z. B. diesen Vers aus L.s Hochzeitsgedicht ‚Reine Liebe‘: „Er erndtet von der Bru¢t der Lieb¢ten Wollu¢t-Lilgen“ (Lohenstein, Lyrica, hrsg. von G. Spellerberg, S. [343]). S. auch III 59, V 183, S III 358 und DWb 12,1023 s.v. ‚Lilienbrust‘. „Libgen“ gibt keinen befriedigenden Sinn; zur Not könnte es als Übersetzung von ‚Amoretten‘ (vgl. die Belege in DWb 12,916 s.v. ‚Liebchen‘ u. 930 s.v. ‚Liebelein‘) gedeutet werden. 84 ff. Stoffliche Vorlage für Othos Anpreisungen seiner Ehefrau Poppaea ist Tacitus, Ann. 13,46,1 (s. AnmL. zu V. 132). 86 Schal¢ucht] ‚Mißgunst‘. 87 den] Vermutlich Druckfehler für „der“ (so in den Drucken BCD), falls hier nicht ein nicht nur Othos eigene Person betreffender Gnadenerweis gemeint sein sollte. 90 des Kay¢ers] Des Kaisers Claudius. 93–94 Burger -Mei¢ter … Sieges-Krantze trag’t] Poppaeas Großvater C. Poppaeus Sabinus war Konsul 9 n. Chr., im selben Jahr, als Nachfolger, auch sein Bruder Q. Poppaeus Secundus. Im Jahre 25 erhielt C. Poppaeus Sabinus für die Unterwerfung der thrakischen Stämme die Ornamenta triumphalia. Er starb 35 als Statthalter von Moesien. (AnmL.). 96 die¢er] D. h. der Schönheit Poppaeas („die¢er“ = Gen. Sg. des Demonstrativums, das hier für Poppaea steht). – ¢ie] Subjekt (= Poppaea). Zur Sache s. AnmL. 98 Sabinens] = Poppaeas (voller Name: Poppaea Sabina). 99 ihre Mutter] Poppaea Sabina d.Ä.; sie galt lt. Tacitus (Ann. 13,45,2) als die schönste Frau ihrer Zeit. (AnmL.). 100 bringen] ‚bringen hervor‘. 106 die zwey Fel¢en] Ähnliche Metapher für die Brüste II 55, III 73, V 6. – Die ¢tillen Augen] Augen, die nur blicken, aber nichts ausdrücken, insbesondere keine Liebe erweckende Gefühlsregung zu erkennen geben; Gegenbild: V. 136 (s. auch Anm. hierzu). 108 Tulipane] Die Tulpe als eine Blume von großer Farbenpracht, aber ohne Duft und insoweit duftenden Blumen wie z. B. der Rose (V. 109 f.) unterlegen (s. die Belege im DWb 22,1709 f.). Vgl. auch C II 462, IV 441. Die Nennung der Tulpe ist anachronistisch. Anscheinend wurde sie erst von den Türken als Gartenblume kultiviert. 109 zeicht] ‚zieht‘. 110 Anmuth] Das feminine Substantiv bedeutet im 16./17. Jh. meist (wie hier) ‚Lust‘ oder ‚Begierde‘. Vgl. auch V. 112 u. 149 sowie III 145. 115 vergallet] ‚angewidert‘. 116 Stein Pigmalions] Der Künstler Pygmalion verliebte sich in eine von ihm selbst aus Elfenbein geschnitzte Frauenstatue (bei L. ist sie aus Stein), die dank der Gunst der Göttin Venus lebendig wurde (nach Ovid, Met. 10,243 ff.). Weiteres s. AnmL.
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117–118 den Rom … hor’t] Anspielung auf Neros öffentliche Auftritte als Kitharöde, die in Rom jedoch nur in kleinem Kreis (im Palast und im Park) stattfanden. Vor einer großen Volksmenge trat er erstmals i. J. 64 (also fünf Jahre nach der Ermordung Agrippinas) auf, und zwar nicht in Rom (das wagte er nicht), sondern in dem fast ausschließlich von Griechen bewohnten Neapel (Tacitus, Ann. 15,33); zwei Jahre später unternahm er eine Künstlertournee durch Griechenland (von September 66 bis Anfang 68). (AnmL.). – Orfeus] Der sagenhafte thrakische Sänger, der mit seinem Gesang selbst Tiere und Pflanzen und die unbelebte Natur zu bewegen vermochte. 119 Die Lorbern] Den Lorbeerkranz des Dichters. – in Phœbus Tempel dringet] D. h. sich anschickt, den Rang des Phoebus Apollo (als des Herrn der Musen) zu erreichen. Alle Drucke haben „bringet“ – so als handle es sich bei der Harfe und dem Lorbeerkranz um Weihgaben, die Nero im ApolloTempel niederlegen will. Dagegen sprechen aber die in diesem Fall überflüssigen und störenden adverbialen Attribute zu „Harfen“ („in der Hand“) und „Lorbern“ („auff dem Haupt’“). 120 Umb den Britannicus] Der von Nero umgebrachte Britannicus (s. o. S. 642, Anm. zu Pers.-Verz. 13,14) war Octavias leiblicher Bruder. (AnmL.). 121 ¢tachlicht] ‚bissiges‘. 127 zeuget] ‚zeugen‘ ist hier = ‚zeigen‘ (DWb 31,853). Vgl. V. 281 u. II 119. 131 den Adon] Adonis war ein schöner Jüngling, in den Venus sich verliebte. 133 Lu¢t der Seeligen] D. h. der verstorbenen Heroen und Götterlieblinge, deren Schattengeister im paradiesähnlichen Elysium ihren Aufenthalt haben. Selbst ihnen könnte Poppaeas Schönheit, so will Otho sagen, noch Wonne bereiten (nach Tacitus, Ann. 13,46,1: „gaudia felicium“). (AnmL.). 136 Augen-Blitz … Flammen] Hier wie auch anderswo (vgl. z. B. III 17) lassen sich Bezugnahmen auf eine zeitgenössische Lehre von der physiologisch, im Sinne einer Affekterzeugung wirkenden Kraft der Blicke herauslesen. S. hierzu die Untersuchung von Rahn, Anmerkungen zur Theorie der Liebesblicke in Lohensteins Agrippina. 137 Himmel-brod] Ambrosia, zusammen mit dem Getränk Nektar (V. 138) die Nahrung der Götter. 138 der Donner -Gott] Jupiter. 140 Ganimedes] Ganymed, ein schöner Knabe, der Jupiter als Mundschenk diente. 153 Sie i¢t des Fur¢ten Magd] Dieses kaum verhohlene Angebot macht deutlich, daß Otho mit den voraufgegangenen, sorgfältig vorbereiteten Lobpreisungen seiner Ehegattin einen bestimmten Zweck verfolgte, nämlich über seine Frau bei Nero Einfluß zu gewinnen. In aller Deutlichkeit bestätigt Otho diesen Zweck selbst in seinem Gespräch mit Agrippina und Octavia (II 371 ff.). Tacitus (Ann. 13,46,1) will sich in diesem Punkt nicht festlegen, sondern hält es auch für möglich, daß Otho nur aus unvorsichtiger Verliebtheit zuviel geredet habe. 155 mit der Gramen] D. h. mit Octavia. Das Adjektiv ‚gram‘ hier wohl in der
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passivischen Bedeutung ‚verhaßt‘ (so die Vermutung in DWb 8,1754,A3); möglich aber auch ‚verbittert‘ oder ‚unlustig‘. Vgl. V 330. vor 157 Ein Hauptmann] Es scheint, daß dies eine falsch plazierte Apposition zu „Burrhus“ ist, der in dieser Szene zweimal (V. 229 u. 247) als „Hauptmann“ tituliert wird. Außer den fünf namentlich Genannten tritt in der Szene keine Person auf, zu der der Titel ebenfalls passen könnte. Nicht ganz auszuschließen ist aber, daß damit eine stumme Person gemeint ist, die den zunächst abwesenden Burrhus, der Weisung Senecas (V. 247) folgend, herbeiholt, denn „Hauptmann“ wird in der 5. Abhandlung auch der Untergebene des Burrhus genannt, der auf dessen Weisung im Namen der Prätorianer gegenüber Nero ein Treuegelöbnis ablegt (V 474–479). 157 ff. Stoffliche Vorlage für diese Szene ist Tacitus, Ann. 13,20. (AnmL.). 162 Dreut un¢er Zeder fall] ‚droht unserer Zeder den Fall an‘. Die Zeder ist in der Bibel (z. B. Ez 31,3; Am 2,9) ein Sinnbild starker Herrschaft. Vgl. IV 343 u. C III 29.330. 166 ¢olch eine Wolffin] Ironische Anspielung auf die Wölfin, die Romulus und Remus gesäugt hatte. Vgl. C II 142; E IV 711.743–744. 167 Wurm] ‚Schlange‘. 170 Die Porcellane … entzwey] Im Zedler (10,1457 s.v. ‚Gifft-Schüsseln‘) Angaben zu einer aus China stammenden, sehr schweren, wie aus Stein geformten Schüssel, die zerspringen soll, wenn sie mit Gift in Berührung kommt. Ähnliche Stelle bei Opitz, Weltl. Poemata, Tl. 2 (1644), S. 49: „Wilt du uns Gifft beybringen, | Die Porcellane wird uns in der Hand zerspringen, | Und sagen was du thust.“ Vgl. auch C I 725. Das feminine Genus von „Porcellane“ entspr. ital. ‚porcellana‘, frz. ‚porcelaine‘. 173 Beruff’t] ‚laßt holen‘. 179–180 Daß ¢ie nicht … ¢tellen fur] ‚daß sie bei den Parthern und Persern keine Fürsten einsetzen soll‘. Nur hypothetisch als Beispiel dafür gemeint, wie weit Agrippinas Machtstreben auch auf das Terrain der Außenpolitik ausgreifen würde, wenn man ihr keine Grenzen setzte. In der Sache Bezugnahme auf den zu Beginn von Neros Herrschaft sich anbahnenden Konflikt mit dem Partherkönig Vologaeses um Armenien (Tacitus, Ann. 13,5,2; 6,1). 181 Daß hinter … halt] Agrippina hatte es in ihrem Machtstreben so weit gebracht, daß sie einem Senatsbeschluß, hinter einem Vorhang verborgen, beiwohnen durfte (Tacitus, Ann. 13,5,1). Die Senatsversammlung war zu diesem Zweck auf dem Palatin (in der kaiserlichen Residenz) einberufen worden. (AnmL.). 182 Caractacus] = Caratacus, ein britannischer Stammeshäuptling, der seit 43 n. Chr. die Kämpfe gegen die Römer anführte und ihnen nach einer Niederlage i. J. 51 ausgeliefert worden war. In Rom wurde er zusammen mit seinen Brüdern, seiner Frau und seiner Tochter in einer großen Siegesfeier öffentlich vorgeführt. Als Caratacus in einer Rede an die Milde des Kaisers appelliert hatte, begnadigte ihn Claudius zusammen mit seinen Verwandten. Darauf brachte Caratacus auch Agrippina seine Huldigung dar, die
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dem Schauspiel auf einer eigenen Tribüne wie ein Feldherr beiwohnte (Tacitus, Ann. 12,36–37). (AnmL.). 183 Armeniens Ge¢and¢chafft] Als Nero im ersten Jahr seiner Herrschaft eine armenische Gesandtschaft zu empfangen hatte, bestieg Agrippina seinen Thronsitz, um gemeinsam mit ihm dem Ereignis vorzustehen (Tacitus, Ann. 13,5,2). 185 Hat den Rubellius … auffgehetz’t] Rubellius Plautus (geb. nach 33 n. Chr.) stand durch seine Mutter Iulia, Tochter des Drusus (leiblicher Sohn des Kaisers Tiberius) im selben Verwandtschaftsverhältnis zu Kaiser Augustus wie Nero durch seine Mutter Agrippina, deren Vater Germanicus Adoptivsohn des Tiberius war. Da Tiberius seinerseits Adoptivsohn des Kaisers Augustus war, waren somit Nero und Rubellius dessen Ururenkel. Schon früh galt Rubellius deshalb als Thronanwärter. Nero verbannte ihn i. J. 60 nach Kleinasien und ließ ihn 62 ermorden. Nach der von Iunia Silana (s. u. Anm. zu V. 203) i. J. 55 durch ihre Klienten Calvisius und Iturius (s. u. Anm. zu V. 198) vorgebrachten Anklage verfolgte Agrippina die Absicht, Rubellius zum Sturz Neros zu bewegen und ihn zu heiraten, um so wieder ihren alten Einfluß auf die Kaiserherrschaft zu erringen (Tacitus, Ann. 13,19,3). (AnmL.). 186 ¢o] ‚ebenso‘. 188 Durch Gifft] Durch den von Agrippina veranlaßten Giftmord an Kaiser Claudius. 189–190 als dem … ward vertraut] ‚als derjenige (nämlich Nero selbst), der auf eidbrüchige Weise einer Frau angetraut wurde, die Braut des Silanus war und die er (Nero) seine Schwester nannte‘ (‚eidbrüchig‘ meint hier: ‚unter Bruch des älteren Eheversprechens zwischen Octavia und Silanus‘). Octavia, eigentlich Neros Stiefschwester, war als Kleinkind mit dem ebenfalls noch im Kindesalter befindlichen L. Iunius Silanus (geb. ca. 25 n. Chr.) verlobt worden; um ihrem Sohn die Ehe mit Octavia zu ermöglichen, hatte Agrippina Silanus wegen eines angeblichen Inzestvergehens aus dem Senat verstoßen lassen und ihn in den Selbstmord getrieben (Tacitus, Ann. 12,3.4.8). (AnmL.). 191 Plautus] Rubellius Plautus (s. o. Anm. zu V. 185). 196 Rath] ‚Senat‘. 198 Calvi¢ius !…" Jturius] Zwei Klienten der Iunia Silana (s. u. Anm. zu V. 203), die die hier geschilderte Anklage gegen Agrippina vortrugen (Tacitus, Ann. 13,19,3). Sie wurden wie ihre Patronin i. J. 55 zur Strafe verbannt, nach deren Tod (59) aber begnadigt. (AnmL.). 199 Meyneid] ‚Hochverrat‘. 200–202 Man preß’t … eignet zu] S. AnmL. 202 Betrug] Hier nicht im engeren Sinne, sondern eher allgemein ‚Verbrechen‘. 203 ¢trenger Fragen] D. h. eines peinlichen Verhörs bzw. der Folter (DWb 19,1412). – Silane] Iunia Silana, eine persönliche Feindin (frühere Freundin) Agrippinas. Nachdem sie mit ihrem Versuch, mit Hilfe ihrer Klienten
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Calvisius und Iturius Agrippina bei Nero zu verleumden (Tacitus, Ann. 13,19,2–3), gescheitert war, wurde sie i. J. 55 verbannt; 59 kehrte sie zurück und starb noch vor Agrippina. (AnmL.). HeyrathsSchluß] ‚Ehevertrag‘. Wurm] ‚Schlange‘. Blut und Flamme] Falls „Flamme“ nicht wörtlich zu nehmen ist (als Rötung beim Schmieden des Schwertes), könnte hier ein Hendiadyoin (‚flammend rotes Blut‘) vorliegen. un¢re grimme Gnad’] Das Adjektiv ‚grimm‘ (eigtl. ‚wild‘, ‚grausam‘, ‚wütend‘, ‚schrecklich‘ oder dgl.) hier nur als Ausdruck der Intensivierung oder Steigerung (vgl. DWb 9,345 f.). Lager] Armee, hier im engeren Sinne: die Prätorianergarde, die kaiserliche Leibwache (entspr. lat. ‚castra‘; vgl. DWb 12,64 f.). Vgl. C IV 57. Heyrath-Gutt] ‚Mitgift‘. die Schlange] Vgl. V 158. fordert … ab] S. AnmL. u. II 451. Cæcinen] C. Caecina Tuscus, ein Milchbruder Neros (Sueton, Nero 35,5). Nero ernannte ihn vier Jahre später zum Vizekönig in Ägypten. Bluttsfreund] Blutsverwandten (Rubellius Plautus). Burrhus Treu’] ‚des Burrhus Loyalität‘, an der Nero zweifelte (vgl. V. 246), da Burrhus seine Stellung Agrippina verdankte (Tacitus, Ann. 13,20,1). (AnmL. zu V. 246). uberzeugt] ‚durch Zeugen überführt‘. ¢chleu¢t] ‚einen Schluß zieht‘. die Natur] Hier: die naturgegebene Liebe einer Mutter zu ihren Kindern. Vgl. V. 564 f. Die Flamme … befleck’t] ‚Liebesglut erfaßt kein Herz, das innerlich vergiftet ist‘ (nämlich von Ehrgeiz: s. V. 251). Die Metapher hat einen realen Hintergrund in der forensischen Medizin der Frühen Neuzeit, der es als gesichert galt, daß sich das Herz eines Vergifteten nicht verbrennen lasse (s. dazu Rahn, Affektpathologische Aspekte, S. 203). bruck’t] ‚führt hinüber‘. fur epp’ und Flutt] Vgl. III 493 u. E I 660. man enthartet Stahl] Indem man ihn glühend macht oder ihn schmelzt. Die gleichen Beispiele in ähnlichem Argumentationsgang bei Gryphius, Leo Armenius II 503 f.: „Man kan die Steine selbst mit Weitzen uberzihen/ | Vnd lehrt die wilden Aest’ auf edlen Stammen bluhen“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 56). – Auff wilde Stamme Frucht] Durch Pfropfen oder Okulieren. – Klippen] Hier im allgemeineren Sinn: ‚felsiger Boden‘ oder ‚Berge‘. – ¢amen] Hier im verblaßten allgemeinen Sinne, etwa ‚aufbringen‘. Vgl. III 59.286. ver¢chnitten] ‚durchschnitten‘. 261 Burrhus] Er ist auf Senecas Weisung (V. 247) gerufen worden und betritt jetzt den Schauplatz.
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Lager] S. o. Anm. zu V. 217. Gei¢t] ‚Lebensgeist‘, ‚Leben‘ (DWb 5,2625). Vgl. IV 320, V 364. lauer] ‚nicht mehr erhitzter‘. mit geringerm Haß] „Haß“ hier nicht im heute allein vertrauten aktivischen, sondern im passivischen Sinne: ‚Gehaßtwerden‘ bzw. ‚Sichverhaßtmachen‘ (vgl. DWb 10,555, Z. 1 ff.). Burrhus will sagen, daß ein Unbefangener, der mit der Tötung Agrippinas objektiv eine kaiserliche Weisung ausführte, weniger Haß auf sich zöge als der Kaiser, wenn er an der eigenen Mutter selbst das Amt des Henkers verrichtete. 278 ihr ¢chwartzes Hertz] ‚Schwartz‘ dürfte hier neben der zutage liegenden metaphorischen auch eine reale medizinische Bedeutung haben. Die Schwarzfärbung des Blutes bzw. des Herzmuskels verweist nach der zeitgenössischen Pathologie auf ein Überwiegen der ‚schwarzen Galle‘ (vgl. auch V 185) innerhalb der Blutsäfte, d. h. auf eine melancholische Erkrankung. Der Affekt der ‚Ehrsucht‘, von dem Agrippina beherrscht ist (vgl. das Bild vom „Ehr¢ucht Gifft“ V. 258), steht mit der Melancholie in einem Wechselverhältnis in Gestalt eines ‚circulus vitiosus‘: Der Ehrgeiz wurde sowohl als eine mögliche Ursache der Dyskrasie (= des gestörten Verhältnisses der Blutsäfte) als auch als deren mögliche Folge gedacht. S. dazu Rahn, Affektpathologische Aspekte, S. 204. 281 Zeug’t] ‚Zeigt‘ (s. o. Anm. zu V. 127). 283 Mein Kind Octavie] „Kind“ im doppelten Sinne: als Agrippinas Stief- und zugleich Schwiegertochter. 286–287 Da wir … die Thuren] Agrippinas Klage über ihre Einsamkeit nach Tacitus, Ann. 13,19,1. Vgl. V 112 f. 295 Schalsucht] ‚Abneigung‘, ‚Widerwillen‘. 298 nimm’t keine Schnur in acht] ‚hält keine feste Richtung ein‘ („Schnur“ also = ‚Richtschnur‘). Vielleicht auch (aber weniger wahrscheinlich) Rekurs auf die Schnur, an dem das Senkblei befestigt war, mit dem man in unsicheren Gewässern laufend die Tiefe maß. 306 Sammel-Platz] Der Ort, an dem sich die Teilnehmer an Turnieren oder Pferdewettrennen versammeln, bevor sie auf der „Renn-Bahn“ in Aktion treten. – hallt] ‚besetzt hält‘ (wie lat. ‚tenet‘). 309 eines Kay¢ers Kind … Frau] Nämlich Agrippina (nach Tacitus, Ann.12,42,2): als Tochter des Germanicus (‚Kaiser‘ hier also = ‚Imperator‘ im Sinne von ‚Feldherr‘), als Braut und dann Frau des Kaisers Claudius, als Schwester Caligulas und als Mutter Neros. (AnmL.). 310 enterb’t vom Purper] ‚der Herrschaft beraubt‘ (Purpur als Sinnbild der Herrschaft). 312 Stadt und Ufer] Im Jahre 50 wurde die Stadt der Ubier, in der Agrippina geboren worden war (das heutige Köln), ihr zu Ehren ‚Colonia Agrippinensis‘ genannt (Tacitus, Ann. 12,27,1). Von ‚Ufern‘, die nach ihr benannt worden sein sollen, ist nichts bekannt (vielleicht Hendiadyoin im Sinne von ‚Städte an [Fluß-]Ufern‘). Vgl. V 525. (AnmL.). 262 268 273 275
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313 der Deut¢chen Treu] Gemeint ist Agrippinas frühere germanische Leibwache (s. AnmL.). 317 Jn eines Burgers Haus] Lt. Tacitus (Ann. 13,18,3) brachte Nero seine Mutter nach ihrer Ausweisung aus seiner Residenz in einem Palast unter, der früher einer Antonia (vermutlich ihre Großmutter väterlicherseits, Antonia d. J., gest. 37) gehört hatte. (AnmL.). Gegenüber seiner Quelle verschärft L. also mit der Zutat, es habe sich um eines Bürgers Haus gehandelt, noch die Agrippina angetane Demütigung. 322 ¢chatzt’ ich] ‚hielte ich für‘. 325 Des Brudern Gifft-Glaß] Britannicus war in Gegenwart Neros, Agrippinas und Octavias mit einem stark wirkenden Gifttrank getötet worden (Tacitus, Ann. 13,16). 330–332 mit Knaben-Lu¢t … erwahlet] S. AnmL. 333 Magde] Anspielung auf die Freigelassene Acte, die Nero zu seiner Konkubine gemacht hatte (Tacitus, Ann. 13,46,2). Vgl. II 92. (AnmL.). 334 Fri¢t einer Frauens Hertz] „Frauens“ wohl nicht falscher Genitiv wie in ‚Frauensleute‘ oder ähnlichen Zusammensetzungen, sondern zusammengezogen aus der Dativform ‚Frauen‘ und dem Artikel ‚das‘. 337 die¢es Dach ein Lorber -Schatten] S. o. Anm. zu V. 5. 342 Ein Luchs ¢ih’t durch ein Brett] Ein alter Aberglaube. Vgl. RE 13,2,2475 s.v. ‚lynx‘; HWDA 5,1440. 344 Ab¢eins-Mantel] ‚Schutzmantel der Abwesenheit‘. 347 ¢tifftet] ‚ansetzt‘. 348 Man hat … vergifftet] S. AnmL. Vgl. III 331 – Reben] Rebensaft, Wein. 349 Jn fal¢chen Zimmern] Nachdem mehrere Giftanschläge auf Agrippina infolge ihrer Wachsamkeit mißlungen waren, soll Nero (lt. Sueton, Nero 34,2) im Schlafzimmer seiner Mutter eine künstliche Decke haben anbringen lassen, die bei Nacht herabfallen und die Schlafende erschlagen sollte. Der Plan wurde aber verraten. Das Adjektiv ‚falsch‘ hier also = ‚tückisch hergerichtet‘. Vgl. III 340–342. – auffge¢tell’t] ‚nachgestellt‘ (vgl. V. 444). 350 durch … vergall’t] ‚durch Verleumdung verhaßt gemacht‘. 352 die Morder -Fau¢t … wa¢chet] Vgl. C III 246. 354 Hilff Himmel!] Vgl. V 105.781. 364 eb’ner] ‚passenderes‘, ‚geeigneteres‘. – Fallbrett] Ein Brett, bei dessen Betreten man in eine Grube oder einen Graben fällt (vgl. V 79; E I 585; S I 2). 367 Den] Das Errataverzeichnis verlangt hier eine Besserung zu „Dem“. Wir glaubten ihm hier nicht folgen zu sollen (auch BCD haben „Den“!), da einerseits im 16. und 17. Jh. bei ‚verdrießen‘ ebensogut der Akkusativ wie der Dativ der Person stehen kann (s. DWb 25,246 f.), andererseits aber mit der Form „Dem“ eine Zweideutigkeit der Aussage erzeugt werden würde: insofern nämlich, als sich „Dem“, rein grammatisch gesehen, auch als von „dien¢tbar“ abhängig interpretieren ließe – was aber den Sinn auf wenig plausible Weise verschöbe. 374 ¢ich] ‚uns‘.
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375 Plautus] Rubellius Plautus (s. o. Anm. zu V. 185). – verlobet] ‚durch Gelöbnis versprochen‘. 380 ¢olch Lebens-Netz/ diß Ehren-Garn] „Netz“ und „Garn“ als Utensilien des Jägers, der Tiere mit Netzen und Schlingen fängt. 383 Silane] Iunia Silana (s. o. Anm. zu V. 185 u. 203). – Schluß der Heyrath] ‚Heiratsvertrag‘. 386–480 Agrippinas Rechtfertigungsrede nach Tacitus, Ann. 13,21,2–5. (AnmL.). Meyer-Kalkus (Wollust u. Grausamkeit, S. 254, Anm. 28) verweist auf Parallelen zur Rede der ‚Agrippina Calunniata‘ in Giovanni Francesco Loredanos ‚Scherzi geniali‘. 387 Wurm] ‚Schlange‘. 393 Calvi¢ius/ Jtur] S. o. Anm. zu V. 198. 396 Der alten Be¢tien] Iunia Silana. 397–398 Daß ¢ie den Werth … verzehr’t] Calvisius und Iturius waren dadurch, daß sie ihr Vermögen vergeudet hatten, in finanzielle Abhängigkeit von Silana geraten (Tacitus, Ann. 13,21,2). 398 neben] ‚zusammen mit‘. 399 Kinder -Mord anbrennen] ‚das Schandmal des Kindesmordes aufbrennen‘ (vgl. V. 503). 401 was ¢cheinbar] ‚recht wahrscheinlich/glaubhaft‘. 408 Domitie] Domitia Lepida, eine Tante Neros von seines Vaters Seite; sie war mit Agrippina verfeindet, weil diese ihr ihren Ehemann C. Passienus Crispus abspenstig gemacht und i. J. 44 selbst geheiratet hatte. Domitia war an dem von Iunia Silana ausgehenden Verleumdungsklomplott beteiligt; ihr Freigelassener und Liebhaber Atimetus hatte die ihm von Calvisius und Iturius übermittelte Nachricht von Agrippinas angeblichen Hochverratsplänen dem Pantomimen Paris, einem anderen Freigelassenen der Domitia, anvertraut, und dieser hatte sie sogleich Nero gemeldet (so bei Tacitus, Ann. 13,19,4). (AnmL. zu V. 420). 409 Atimetus] S. o. Anm. zu V. 408. (AnmL.). – Rath] ‚Plan‘ (wie lat. ‚consilium‘, das sowohl ‚Beratschlagung‘ als auch deren Ergebnis bezeichnen kann). 410 vergallter] ‚verbitterter‘. 413 abgewinnen] ‚übertreffen‘. 420 Schal¢ucht] ‚Mißgunst‘. 421 ver¢eig’t] ‚versiegt‘. 424 die geraden Zweig] Die Abkömmlinge in gerader Linie, die leiblichen Kinder. 426 den … geh’t an] Nicht leicht zu fassen; vermutlich so: ‚der mit dem süßen Namen eines Vaters gerufen wird‘. 430 frembde Rauber] Ebenso wie „neue Buhler“ (V. 432) Anspielung auf Rubellius Plautus. 432 Die] Relativpronomen zu „Mutter-Hold“: als Akkusativobjekt zu „an ¢ich zeucht“ und „¢tehlen“ („Ehr¢ucht“ und „Buhler“ also Subjekte!).
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434 di¢er] Gen. Sg. (= ‚derjenigen‘, d. h. Domitias); hieran anknüpfend der Relativsatz V. 435. 435 abzu¢techen] ‚auszustechen‘. 443 in Bajens Lu¢t-Gebauen] Baiae war ein Hafen und mondäner Badeort mit heißen Quellen (vgl. III 404) am gleichnamigen Golf (heute Golf von Neapel). ‚Lust-Gebäue‘ meint die Vielzahl der Villen, die dort den Vergnügen und Erholung suchenden wohlhabenden Römern zu Gebote standen Vgl. III 376.457. 444 Stellt’ !…" auff] ‚aufstellen‘ hier = ‚nachstellen‘ (im Sinne von ‚Netze aufstellen für‘; s. DWb 1,749; vgl. V. 349 u. III 289). – Lampreten] S. o. Anm. zu V. 54. – Cumens] Von Cumae, Kleinstadt in der Nähe von Baiae. 447 anlachte] ‚Vergnügen bereitete‘. 448 Land-Vogt] Gemeint ist die Ernennung Neros zum Praefectus urbi (Stadtpräfekten) während des Latinerfestes i. J. 52; mit dieser Präfektur war auch das Richteramt verbunden (Sueton, Nero 7,2). – Burgermei¢ter] Nero wurde i. J. 51, als er gerade 13 Jahre alt war, vom Senat die prokonsularische Gewalt außerhalb Roms verliehen, ferner das Privileg, bereits im 20. Lebensjahr das Konsulat bekleiden zu dürfen. Tatsächlich trat er sein erstes Konsulat am 1. Januar 55, wenige Monate nach seiner Erhebung zum Kaiser, an. 449 Wurd’ und Thron] Zur Zeit ihrer Ehe mit Claudius; seit dem Jahr 50 war sie Augusta. 453 zer¢tor’t] Fraglich, ob Druckfehler oder alte, nicht umgelautete Partizipialnebenform (s. DWb 31,779). 458 das Heer … wacht] Die Prätorianer. 461 der Lander] Der römischen Provinzen. 464 Adern-quall] Hier wohl ‚Herz‘. Anders dagegen V. 569. Vgl. auch C III 75. 467 mein ander Sohn] Ihr Stiefsohn. 469 ¢ein Erb-recht] Erbrecht des Britannicus als leiblicher Sohn des Kaisers Claudius. – Schein] ‚äußerer Rechtfertigungsgrund‘ (Bezugnahme auf des Burrhus Worte V. 402). 472 Augu¢tus Stamm] Sie meint sich selbst als Urenkelin des Augustus. 474 Denn … Polßken dreh’n] ‚Dann wäre es nicht nötig, daß die Mißgunst aus Worten Pfeile machte‘; „Polßken“ ist Diminutivum von ‚Polz‘ (‚Bolz‘ / ‚Bolzen‘): der Pfeil, der mit einer Armbrust abgeschossen wird; ‚Bolzen drehen‘ meint eigentlich die Herstellung eines Pfeils durch einen ‚Bolzendreher‘ (lat. sagittarius). Vgl. DWb 2, 234 f. s.v. ‚Bolz‘; 236 s.v. ‚Bolzendreher‘; 13,1993 s.v. ‚Polz‘). 479 verfuhr’n] ‚den Beweis führen für‘. 484 mein Un¢chuld-¢child … verwandelt] Anspielung auf das von Athene auf ihrem Schild (der Ägis) befestigte Haupt der Medusa, dessen gräßlicher Anblick Menschen in Stein verwandelte. Vgl. IV 445. 485 Schlangen-Blitz] Hier wäre an den tödlichen Blick des Basilisken zu denken (s. u. Anm. zu V 15). – Tauben-Augen] Vgl. V 326. In Verbindung
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mit dem vorangehenden ‚Schlange‘ Anklang an biblische Bildersprache (Mt 10,16); vgl. E I 433 f. 489 Halt ¢ie die Farbe nur] ‚Erweist sich ihr Vorgeben als begründet‘. Vgl. V. 402 und die Erläuterung des Burrhus V. 496. 491 außer’m] ‚außerhalb von‘. 500 wird die Ertzt -Verlaumbdung lehren] ‚wird die Erzverleumdung als solche sichtbar machen‘ (‚lehren‘ hier nach Bedeutung und Konstruktion genau dem lat. ‚arguere‘ entsprechend). 502 Die Uns] Aposiopesis. Agrippinas Rede wird durch Seneca unterbrochen, weil der Kaiser gerade erscheint. – Gleich recht] ‚Das trifft sich gerade recht‘. vor 503 Trabanten] Palast- oder Leibwächter. 509 ge¢ehen] ‚angesehen‘. 510 drucken ein] ‚aufprägen‘. 523 der Nahme nur der Mutter] ‚allein schon der Name Mutter‘. 524 Die min¢te meiner That] ‚Die unerheblichste von meinen Taten‘; „That“ hier offenbar starke Pluralform (vgl. DWb 21,307). 527–528 Daß nicht … Glutt ver¢anget] Anspielung auf des Herkules siegreichen Kampf mit der vielköpfigen Lernaeischen Schlange (Hydra), der für jeden abgehauenen Kopf zwei neue nachwuchsen. Um dieses Nachwachsen zu unterbinden, brannte Herkules nach dem Abhauen jeden Kopfes den Stumpf mit Feuer aus. Diese beiden Vorgänge hier allegorisiert: das Abhauen der Köpfe als bloßer Akt der Rache, das Ausbrennen als Akt besonnener Klugheit. Vgl. E I 395–399. 531 bilden] ‚abbilden‘, ‚darstellen‘. 534 Flamm’] Todesstrafe durch Verbrennen. – Pfal] Entweder als Instrument der Pfählung (Aufspießung von Verbrechern) oder als der Pfahl, an den der zum Feuertod Verurteilte gefesselt ist. – Mein Schimpff bleib’ unge¢chatzt] ‚Die Ehrverletzung, die mir angetan wurde, bleibe unberücksichtigt.‘ 536 nicht kan die Flecken tilgen] Kann zweierlei bedeuten; entweder: ‚selbst die Todesstrafe kann keine Sühne für die entehrende Verleumdung einer Kaisermutter sein‘, oder: ‚der Makel auch eines angedichteten Verbrechens ist unauslöschlich‘. Das zweite ist aber wahrscheinlicher, wie der folgende Selbsteinwand Agrippinas (V. 537 f.: „Jedoch … kan“) nahelegt. 537 ver¢tell’t] ‚entstellt‘. 538 ¢chimpffen] ‚entehren‘. 540 wei¢e] ‚weise nach‘. 546–547 Wie unbedacht¢am … von der Zungen] Unbesonnen ist ihr Hinweis auf die Wohltaten, die sie ihrem Sohn hat zukommen lassen (V. 547: „Gutthat“), weil er als Entschuldigung verstanden werden könnte, wo es eigentlich nichts zu entschuldigen gibt, da die Vorwürfe ihrer Verleumder von Anfang an nichtig sind und eigentlich eher Lachen als Zorn verdienen (V. 549).
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549–550 Jn dem … mein’t] Als kausales Nebensatzgefüge gehörig zu „So !…" zertreiben“ (V. 551). 550 die ihr Kind bring’t umb] Agrippina ihren Sohn Nero, wenn zuträfe, was ihre Verleumder ihr unterstellen. – wen Frembdes] Wohl Rubellius Plautus, den auf den Thron bringen zu wollen, ihr vorgeworfen wird. – mein’t] ‚liebt‘. 560 Blitz’ und Keil] Hendiadyoin: ‚Donnerkeil‘. Vgl. C I 686. 564–565 Ge¢etze !…" Die die Natur gleich ¢chreib’t] Der Relativsatz hier (durch die Partikel „gleich“) mit konzessivem Sinn: ‚mag diese Gesetze auch die Natur selbst schreiben‘. Vgl. V. 248. 567–568 mit Kinder -Blutte … außgele¢ch’t] Hier wäre an Agamemnon zu denken, der seine Tochter Iphigenie opfern ließ, um die Göttin Artemis zu versöhnen, die er durch Hochmut erzürnt hatte und die zur Strafe die zum Krieg gegen Troja unter seinem Kommando in Aulis versammelte griechische Flotte dadurch am Auslaufen hinderte, daß sie eine Windstille schickte. 568 Schlecht] Fraglich, ob Adverb (im Sinne von ‚einfach‘, ‚ohne weiteres‘) oder Adjektiv zu „Unheil“. 569 Kwall der Adern] Vgl. V. 464; C III 75. 570 neue Purper farb’t] ‚neue (erweiterte) Herrschaftsfelder eröffnet‘ (Purpur bzw. Purpurgewand als Sinnbild königlicher Macht). 572 Vergall’t] ‚macht widerwärtig‘. 573 Schal¢ucht] ‚Mißgunst‘, ‚Neid‘. 578–587 Neros Entscheidungen über das Schicksal von Agrippinas Günstlingen und Feinden getreu nach Tacitus, Ann. 13,22. (AnmL. zu V. 580). 580 Fœnius] Faenius Rufus; er wurde Praefectus annonae (Leiter der Getreideversorgung); i. J. 62 übernahm er zusammen mit Tigellinus das Amt des Praefectus praetorio (Vorsteher der Prätorianergarde). Im Zusammenhang mit der Aufdeckung der Pisonischen Verschwörung, an der er beteiligt war (s. ‚Epicharis‘), wurde er i. J. 65 hingerichtet. 581 Balbillus] Claudius Balbillus, Neros Hofastrologe, wurde Praefectus Aegypti (Statthalter in Ägypten); er hatte das Amt bis 59 inne. 582 Antejus] P. Anteius Rufus; er erhielt aber die ihm zugesprochene Präfektur über Syrien nicht und mußte in Rom bleiben. Als Opfer einer Intrige beging er i. J. 66 Selbstmord. – Stella] L. Arruntius Stella; er bekam das Amt des Aufsehers über die vom Kaiser angeordneten Spiele. 585 Silan’] S. o. Anm. zu V. 203. – das Elend lernen bau’n] ‚lernen, in der Verbannung zu leben‘ (DWb 3,406 f.). Vgl. V 239. 586 Calvi¢ius/ Jtur] S. o. Anm. zu V. 198. 587 Atimetus] S. o. Anm. zu V. 408. 592 das Altar] Zum Genus vgl. II 522 u. E V 506. 601 zaubernde] ‚zauberisch‘,‚bezaubernd‘. 602 Aepffeln] Anspielung auf die goldenen Äpfel, die, von einem Drachen bewacht, in den Gärten der Hesperiden wuchsen. Herkules tötete den Drachen und raubte die Äpfel. Vgl. III 250–252.
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604 Raben] Diese Kennzeichnung des Raben als eines lichtscheuen Tieres ist offenbar nicht antiken Ursprungs (er war dem Lichtgott Apollo heilig), sondern gründet in der christlichen Bildtradition, die ihn als ein der Sphäre der Sünde und des Teufels verhaftetes Wesen sah. S. hierzu den Artikel ‚Rabe‘ von Werner Bies in: Enzyklopädie des Märchens. Bd. 11, Lfg. 1. Berlin, New York 2003, Sp. 119–131, hier 120 f. u. 122 f. 605 Adlers-Augen] Die dem Adler zugeschriebene Fähigkeit, das volle Licht der Sonne ohne Blinzeln ertragen zu können, geht auf die Tierkunde der Antike zurück (vgl. Aristoteles, Hist. animal. 9,34; Plinius, Nat. hist. 10,10; 29,123). Es hieß, daß er daran die Echtbürtigkeit seiner Jungen zu überprüfen pflege und alle die aus dem Nest werfe, die beim Blick in die Sonne blinzelten oder tränende Augen bekämen. Vgl. III 434. 606 Aeßern] ‚Aas‘. 612 Purper] Purpur als Sinnbild der Königsherrschaft (vgl. V. 570). 613 Honig -thau] Süßliche, klebrige Tröpfchen auf Pflanzenblättern, Knospen und Getreideähren, über deren Ursprung man sich im 17. Jh. noch nicht im klaren war. L. scheint auf die Auffassung zu rekurrieren, daß es eine Substanz sei, die wie normaler Tau vom Himmel falle. In Wahrheit ist dieser Tau aber für Pflanzen keine ‚Erfrischung‘, sondern ein Krankheitssymptom, hervorgerufen z. B. durch Blattlaus- oder Pilzbefall. Vgl. Zedler 13,370–378; DWb 10,1793. Vgl. auch Anm. zu V 662. 620 ¢ie erhalt … Flecken] „Fäul“ ist auf „Lilg“ (Lilie), „Flecken“ auf „Bru¢t“ zu beziehen. Für beide der Nessel zugeschriebene Wirkungsweisen war nichts zu ermitteln.Vgl. E I 423 f. 621 Scharlach] Sehr kostbarer Stoff, rot gefärbt, in der Farbgebung etwas ins Gelbe spielend und insofern von Purpur unterschieden. Hier ebenso wie „Purper“ (V. 612) Sinnbild der Königsherrschaft. Vgl. C III 332. – Schnecken] Nämlich der Purpurschnecken, aus denen Purpurfarbe hergestellt wird. 623 i¢t ihr eigen Seelen-Wurm] Zu diesem Bild für das nagende Gewissen (‚Gewissenswurm‘) nach Is 66,24 vgl. V. 646, IV 5–7 u. C III 226. 626 berg’t] ‚birgt‘ (vgl. V. 466). 627–628 Tugend … die Gemutter] Sinngemäß etwa: ‚Tugendhaftes Verhalten ist beschwerlich und kostet Überwindung; das Bewußtsein, es trotzdem geübt zu haben, bringt das Labsal eines guten Gewissens‘ (vgl. V. 678). Ähnliches Sprichwort bei Wander 4,1365, Nr. 184: „Tugend hat bittere Wurzeln, aber eine süße Frucht.“ 629–630 la¢’t euch nicht … Thiere Zunfft] Anspielung auf Homer, Od. 10,230–243, wo die Göttin Kirke die Gefährten des Odysseus in Schweine verwandelt. Vgl. C II 547 f.; S, Widm. 117. 631 Sirenen] Ungeheuer in weiblicher Gestalt, die am Ufer einer Insel saßen und vorbeikommende Seefahrer mit ihren unwiderstehlich bezaubernden Gesängen anlockten, um sie zu töten und zu verzehren (Homer, Od. 12,39 ff. 165 ff.). Dem Rat Kirkes folgend befahl Odysseus seinen Gefähr-
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ten, sich vor der Vorbeifahrt an der Insel die Ohren mit Wachs zu verstopfen; sich selbst ließ er an den Mast des Schiffes binden, um die Gesänge hören zu können, ohne ihnen dabei zum Opfer zu fallen. Vgl. E IV 684.697; C III 112; S IV 548. die !…" in Himmel ¢ich gefluchtet] Die Gerechtigkeit hier unter dem Bild der Sternenjungfrau Astraea, die zum Ende des Goldenen Zeitalters, als die Unmoral unter den Menschen überhand nahm, die Erde verließ. Wie aus dem folgenden hervorgeht (V. 643/644: Attribute Schwert und Waage) identifiziert L. sie mit der Göttin Themis, hierin Martianus Capella (De nuptiis 2,174) folgend. nicht hoch am Brette ¢itz’t] ‚keinen Ehrenplatz am oberen Ende des Tisches einnimmt‘; zur Redensart s. Röhrich 1, 256. Vgl. II 228, E I 318 u. IB I 432. nach uns … richtet] Zur Redensart vgl. II 442. Daß ¢ie … ¢chutz’t] Von „dreu’n“ abhängiger Objektsatz, der das in V. 635 begonnene Satzgefüge beschließt. durch dich] Anrede an die Gerechtigkeit bzw. Astraea/Themis. das itz’ge Haupt der Welt] Nero, der, was die rhetorische Frage bekräftigt, nur durch Verbrechen auf den Thron gelangt ist. Meyneyd] ‚Hochverrat‘. Zunge] Die Zunge bzw. (wie man heute meist sagt) das Zünglein, das anzeigt, ob zwei Waagschalen das gleiche Gewicht haben. Vgl. zur Verdeutlichung V. 653 f. Gottin] Die Gerechtigkeit als Astraea bzw. Themis. – bricht] ‚aufhört‘. Hencker im gewißen] Vgl. V 441 f. So full’t es … nicht] Für die Verblendeten ist dieses Wirken der Gerechtigkeit nicht sichtbar. Ihnen müssen vielmehr durch auffällige äußere Zeichen (V. 650: „der Ehren Zierath-Blätter“ für die Guten; V. 651: „UnglücksWetter“, d. h. Unwetter, für die Bösen) die Augen geöffnet werden. Die Redensart ‚jemandem die Augen füllen‘ auch belegt in der Bedeutung ‚jemanden zufriedenstellen‘ (s. DWb 4,503, Nr. 7). Hellen-Zucht] ‚Höllenbrut‘. Gewichte] Das geeichte Gewicht als Wägemaß auf der Waage der Gerechtigkeit. Gewaffnet aus] ‚ausgerüstet‘. Zirckel] ‚Bannkreis‘. der Tugend Nectar] Vgl. V. 628.
Zweite Abhandlung Szenenfolge: a) V. 1–166; b) V. 167–224; c) V. 225–326; d) V. 327–446; e) V. 447–498; f ) Reyen: V. 499–570. Ort der Handlung: Rom. 2
dich/ Sonne] Poppaea.
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ihr Lob] Die Anpreisungen Othos I 121 ff. Fenix] Der sagenhafte Vogel Phoenix verjüngte sich, indem er sich verbrannte und aus der Asche neu emporstieg (s. Physiologus 7). 20 Sonnen-Rad] Die Sonne. Vgl. V. 387. – die Sonnen-Wende] Eine Pflanze (Heliotrop), deren Blätter und Blüten dem Lauf der Sonne folgen. 21 Norden¢tern] ‚Polarstern‘. – ich aber ihr Magnet] Weil die Magnetnadel im Kompaß stets nach Norden zeigt. Vgl. III 166 u. Anm. zu III 167–168. 23 Zum Weyrauch ange¢teck’t] ‚in Brand gesetzt wie der Weihrauch‘ (als Räucherwerk vor dem Opferaltar; vgl. V. 24). 26–27 Der Sonne … ¢chein’t] Sprichwort. Vgl. Otto, Sprichwörter, S. 326 s.v. ‚sol‘, Nr. 1: „Sol omnibus lucet.“ 31 Gebrechen] ‚Mangelhaftes‘, ‚Unvollkommenes‘. 36 Mein Schatten der Ge¢talt] ‚Der Schatten (d. h. die Unscheinbarkeit) meiner Gestalt‘. 40 zugegeben] ‚zugestanden‘, ‚erlaubt‘. 41–43 Die geben … hull’t es ein] Vgl. die ähnliche Argumentation Agrippinas III 160–162. 52 Die er¢ten Ro¢en] Die zuerst genannten, nämlich Mund, Wangen und Busen (V. 48 f.). 53 vor gab nach] ‚zuvor einräumte‘. 54 Hier … Bru¢t!] Ebenso C II 204. 55 Klippen] Metapher für ‚Brüste‘ (V. 54). Vgl. I 106, III 73. 56 Nelcken] Ebenso wie „Rubinen“ (V. 57) Bild für die Brustwarzen im Hinblick auf ihre Röte (vgl. I 134: „Nelcken-Mund“). Vgl. III 243 u. C I 639. 58 ¢atz’t an mich] ‚setzt mir zu‘, ‚quält mich‘. 59 ein¢t] ‚einmal‘. 63 Gei¢t] Alchemistischer Begriff, soviel wie das innerste Wesen, die Quintessenz eines Stoffes, hier konkret das Öl, das durch Erhitzen und Destillieren von Muskat und Zimt gewonnen werden soll. – Kolben] Destillierkolben, die für die Herstellung der in V. 64 genannten Öle verwendet wurden. 68 Der Monde … feuchtet] Die Annahme, daß der Mond feucht sei und Regen und Tau auf die Erde herabsende, geht auf verbreitete antike Vorstellungen, vor allem die der Stoiker, zurück (s. RE 16,1,81 u. 104 f.; Roscher II,2,3147–3149). Vgl. V 662 mit AnmL., E III 753 f.; S, Widmungsgedicht, V. 35. – der gleich] ‚obgleich er‘ (vgl. V. 80 u. I 565). 71 ungemaßen] ‚uneingeschränkt‘. 79–80 fri¢chet Entleibter Wunden auf] ‚läßt die Wunden von Getöteten wieder bluten‘. Galt im 17. Jh. als gerichtsverwertbares Indiz für die Überführung des Mörders. Vgl. Esther Fischer-Homberger, Medizin vor Gericht. Gerichtsmedizin von der Renaissance bis zur Aufklärung. Bern, Stuttgart, Wien 1983, S. 306–311. 85 Schal¢ucht] ‚Eifersucht‘. – ver¢aug’t] ‚läßt versiegen / wegtrocknen‘. 8 14
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87–107 Jch ¢chwere … Hand] Entspricht der Schilderung von Poppaeas ränkevoller Verführungskunst bei Tacitus, Ann. 13,46,2. 87–88 bey der Seele Des Kay¢ers] S. AnmL. 92 einer Magd] Die in V. 93 genannte Acte (s. AnmL.). Vgl. I 333 u. Anm. hierzu. 93 Ambra] S. o. Anm. zu I 69. 96 das min¢te] Vgl. die ähnliche Verwendung (ohne die heute nötige Negation) in V. 412 u. E III 451. 100–101 Otho … ruh’n] Aussage nicht ganz klar bzw. nicht zur Situation passend, da Poppaea vor diesem Zwiegespräch noch nicht in näheren Kontakt zu Nero getreten ist. Wahrscheinlich hinter „mehr“ sinngemäß, aber nicht ins Metrum passend, ‚als‘ zu ergänzen, wenn hier nicht gar der Versuch einer Nachahmung des lateinischen Ablativus comparativus vorliegt. Vgl. Tacitus, Ann. 13,46,2: „!…" si ultra unam alteramque noctem attineretur, nuptam esse se dictitans !…"“. 102 genaß] Eigtl. das Imperfekt von ‚genesen‘, das hier, wie auch sonst seit dem 16. Jh. nachweisbar, an die Stelle von ‚genoß‘ (zu ‚genießen‘) tritt. 105–106 ein Spiegel … beflecktes Aug’] Im HWDA 9, Nachträge, 570 angeführt als Folge davon, daß eine menstruierende Frau in den Spiegel blickt. Als Quelle ist Paracelsus angegeben, mit Verweis auf: Paracelsus, Sämtliche Werke. Nach der 10bändigen Huserschen Gesamtausgabe (1589–1591) zum erstenmal in neuzeitliches Deutsch übers. !…" von Bernhard Ascher. Bd. 1. Jena 1926, S. 701 u. 705 (die beiden Stellen in einer Schrift ‚Von Ursprung und Heilung der natürlichen Pestilenz‘, ebd. S. 682–717). Das Sprichwort nochmals (leicht variiert) V. 340. 106 ein Turckis wird entfarb’t] Bei Zedler (45,1709), wo mehrere Eigenschaften aufgezählt werden, die der Aberglaube dem Türkis beigelegt hat, wird dies nur für den Fall einer Erkrankung seines Besitzers, nicht aber einer moralischen Verfehlung mitgeteilt. 107 Jn ein nicht-reiner Hand] Unflektierter unbestimmter Artikel vor flektiertem Adjektiv. – Eifer] ‚Eifersucht‘. 108 Nicht ungefal¢chter Gun¢t] Unklar. Es geht wohl um wahnhafte Verirrung aufgrund des Liebsaffekts. 111–112 Wo … ¢ol ¢eyn] ‚wo sogar königliches Geblüt in die Funktion einer Dienerin treten soll‘ (nämlich Poppaea gegenüber, vor deren Schönheit königliche Herrschaftsgewalt ihre Kraft verliert). 114 Der Liebes Mutter] Venus; Kasus zweifelhaft, anscheinend aber eher Dativ (zu ‚loß gegürtet‘) als attributiver Genitiv (zu „Ge¢chooß“). 115 Pfrit¢ch] = ‚Fritsch‘ bzw. ‚Flitsch‘, dasselbe wie ‚Pfeil‘ (s. DWb 3,1804; 4,220); vgl. IV 380. 118 die ¢chon zertheilte Gun¢t] D. h. die sich jetzt schon auf zwei Frauen (Octavia und Acte) verteilende Liebe Neros. 119 zeugen] = ‚zeigen‘ (s. o. Anm. zu I 127). 122 mag¢t] ‚kannst‘.
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127–147 Nach Tacitus, Ann. 14,1,2. (AnmL.). 128 Und daß ¢ie fruchtbar i¢t] Poppaea spielt auf ihr Kind aus erster Ehe an, mit dem sie (im Unterschied zu Octavia, vgl. V. 199 f.) bereits ihre Gebärfähigkeit bewiesen hat. – irgens] ‚etwa‘. 129–130 Da ihr Haus … bekrantz’t] Poppaea denkt hier hauptsächlich an C. Poppaeus Sabinus, ihren Großvater mütterlicherseits, dessen Namen sie seines Ruhmes wegen angenommen hatte (ihr Vater war T. Ollius). S. o. Anm. zu I 93–94. 136 Daß ¢ie … Gifft bereiten] Eine irrige Interpretation der Quelle (Cassius Dio in der Epitome von Xiphilinus, s. AnmL.), die L. in seiner Anmerkung hierzu bekräftigt. Tatsächlich klagt Poppaea dort Agrippina nicht an, weil sie sich selbst, sondern weil sie Nero als Opfer der Agrippina unterstellten Giftanschläge sieht. 141 vergalltes] ‚verbittertes‘. 145 Entfern’t von Rom] Asmuth (Lohenstein u. Tacitus, S. 20) sieht hierin einen Lapsus L.s, da er die ‚Entfernung‘ Othos von Rom, also seine Entsendung auf den Statthalterposten in Lusitanien (Portugal), erst in Szene IIe (V. 449 ff.) von Nero verfügen läßt, der hiermit einem Vorschlag des Paris (V. 220–223) folgt. Tacitus (Ann. 14,1,2) zufolge hat hingegen Othos Entsendung schon vor dem in vorliegender Szene dargestellten Gespräch stattgefunden, so daß es scheint, als sei L. hier in einer Einzelheit unbedacht, entgegen seiner abweichenden Disposition des Handlungsablaufs, seiner Quelle gefolgt. Diese Deutung der Versstelle ist aber nicht zwingend. Man kann sie auch als eine Drohung Poppaeas verstehen, sich mit ihrem Mann von Rom zu entfernen, um Neros für sie auf die Dauer demütigende Entschlußlosigkeit nicht mitansehen zu müssen. Der verstärkte Druck, den sie damit auf Nero ausübt, verfehlt auch nicht seine Wirkung, denn offenbar ist Nero am Ende der Szene zu dem Entschluß gelangt, den er Otho in der Unterredung, zu der er diesen über Poppaea laden läßt (V. 165), verkünden wird, nämlich ihn nach Portugal zu schicken. Denkbar ist auch, daß die L.sche Poppaea mit ihrem „Entfern’t von Rom“ Nero geradezu diesen Entschluß suggerieren will. Vgl. auch Anm. zu V. 431. – ihm] Nero (in V. 144 dagegen Otho). 147 mein Kalt-¢eyn] Angesichts der Situation schwer erklärbar. Vermutlich meint Nero seine erzwungene Selbstbeherrschung oder die augenblickliche ‚langsame Geduld‘ (V. 149) Agrippina gegenüber, die nach den Worten Poppaeas (V. 139 f.) einer Trennung von Octavia im Wege steht. 149 lang¢amen] ‚trägen‘, ‚zaudernden‘. 171 guldnen Aepffel] Vgl. Anm. zu I 602. 180 den Herb¢t der hundert Jahr] „Herb¢t“ = ‚Erntezeit‘; L. bezieht sich auf die zu seiner Zeit verbreitete Meinung, daß die Dattelpalme erst Früchte trage, wenn sie hundert Jahre alt sei (s. Zedler 5,1201 s.v. ‚Caryotae‘). 183 zeigen] ‚erzeugen‘. 184 Wird wilder Stamme … edlen Zweigen] ‚muß man zuvor den Raub, den
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wild wachsende Stämme an edlen Zweigen begehen, unterbinden‘. Sachlicher Hintergrund des Bildes ist wohl die Annahme, daß wilde Obstbäume, die in der Nachbarschaft von veredelten wachsen, diesen die Kraft nehmen. 199 weil ¢i unfruchtbar] So lt. Tacitus (Ann. 14,60,1) Neros offizielle Begründung für die Scheidung von Octavia. (AnmL.). – trennet] ‚verstößt‘. 200 die man … hat erkennet] Poppaea; sie hatte einen Sohn aus ihrer ersten Ehe mit Rufrius Crispinus (s. AnmL.). 204 Augu¢t nahm … zur Ehe] Livia war vor ihrer Ehe mit Augustus mit Tiberius Claudius Nero verheiratet. Als Augustus sie 38 v. Chr. zur Frau nahm, war sie von ihrem ersten Ehemann mit Nero Claudius Drusus schwanger. Vgl. C I 468. (AnmL.). – noch] ‚zudem/dazu noch‘. 205 Otho … dem Cri¢pin] S. o. zu Pers.-Verz. 13,7. 206 ihm anzih’n] ‚sich zurechnen‘ (s. DWb 1,528 f.,5). 208 den Preiß der fortgepfropfften Zweige] ‚den Ruhm, den ihm Zweige einbrachten, die nun auf einen anderen Baum aufgepfropft sind‘. 209 Nero] Tiberius Claudius Nero, der erste Ehemann Livias (s. o. Anm. zu V. 204). – hielt’s fur Ruhm] S. AnmL. zu V. 204. 212 Gab Cato dem Hortens die Martie] M. Porcius Cato d. J. (Uticensis) trat seine Frau Marcia, mit der er schon drei Kinder hatte, an den berühmten Redner Q. Hortensius ab, der, schon in vorgerücktem Alter stehend, eine Frau suchte, die ihm Nachwuchs verschaffen könnte. Nach dem Tode des Hortensius nahm Cato Marcia wieder zu sich (Plutarch, Cato min. 25. 52). S. auch AnmL. 216 Blick] ‚Anblick‘. 217 ein be¢trahltes Aug’] „be¢trahltes“ hier wohl eher ‚von einem Strahl (eines anderen Auges) getroffenes‘ als ‚mit Strahlen umgebenes‘. 218 Ein Weib … reitet fur] Anscheinend sprichwörtlich; anderen Beleg nicht ermittelt. 220 unter’m Schein … ver¢chicken] S. die in AnmL. hierzu zusammengestellten historischen Beispiele. 221 Land-Vogtey] Deutsche Wiedergabe des Amtes eines Legatus (Provinzstatthalters) in der römischen Kaiserzeit. 223 Durchlauch¢ter] Anrede; die übliche Form ‚durchlauchtigst‘ (vgl. IV 73.221, V 8.237) hier anscheinend des Metrums wegen synkopiert. – vertrauen] ‚anvertrauen‘. vor 225 Spatzier -Saal] Galerie; langer Gang mit Fenstern auf einer oder beiden Seiten. 225 grimmer] Komparativ von dem alten, durch ‚grimmig‘ verdrängten Adjektiv ‚grimm‘. 226 Sirenen-Gifft] Nämlich die unheilvollen Einflüsterungen, denen Nero durch Poppaea ausgesetzt ist (ähnlich V. 443). Zu „Sirenen“ s. o. Anm. zu I 631. 228 die Hoch¢t’ am Brette] S. o. Anm. zu I 636. 229 Staffel] ‚Stufe‘.
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der Nachen … bricht] Anderen Beleg für diese Sentenz nicht gefunden. fertigten uns an] ‚gingen gegen uns vor‘. bitten] ‚bieten‘. furchte] ‚hüte sich‘. zeugt’s] ‚bezeugt es‘. gla¢ern Kleid] S. AnmL. Jhr gluhte Stirn’ und Ohr] Anzeichen soeben genossener sexueller Lust (s. AnmL.). – ¢ich ¢ein entbrach] ‚sich von ihm entfernte‘. 267 abgewonnen] ‚den Rang abgelaufen‘. 269 ¢chal’ Antlitz] ‚mürrische, unfreundliche Miene‘. 270 Schal¢ucht] ‚Abneigung‘, ‚Mißgunst‘. 271 Unhold] ‚Ungnade‘. 275 verkehr’t zu Mitternacht den Schatten] ‚macht aus einem bloßen Schatten tiefe, finstere Nacht‘. 277 was durch die Finger ¢eh’n] ‚etwas großzügig nachsehen‘. Vgl. III 280, zur Redensart Röhrich 1, 444. 279 Poppeens Gun¢t] ‚die Zuneigung zu Poppaea‘. 280 Purpur -Kleid] Als Zeichen fürstlichen Ranges. 282 Acte] Neros Konkubine (s. o. Anm. zu I 333). 283 eyfert] ‚macht eifern‘, ‚ficht an‘. 287 Sie wollen beyde] Anrede an Agrippina und Octavia („wollen“ ist Optativ). – ent¢chutten] ‚enthalten‘. 291 Attalus] S. AnmL. zu V. 92. – ihrem] Das Errata-Verzeichnis verlangt hier eine Besserung zu „ihren“. Obwohl BCD ihm gefolgt sind, glaubten wir die Lesung von A als die sinnvollere stehen lassen zu sollen. 297 mehr] ‚noch‘. 298 Pferden Sold] S. AnmL. 301 rucket fur] ‚vorhält‘. 302 Wer … thut] Ähnliche Sentenzen belegt bei Walther/Schmidt, Proverbia sententiaeque, Nova seris 9, S. 308, Nr. 39847c: „Qui non coercet, cum potest, malum, est malus“; S. 309, Nr. 39847e: „Qui non repellit, cum potest, malum facit“. Vgl. auch die Belege zu den diversen Variationen des deutschen Sprichwortes ‚Der Hehler ist schlimmer als der Stehler‘ bei Wander 2,456–458. Vgl. E IV 21 f. 303 Diener ¢oll’n … haben] Ironisch Verantwortung abweisender Einwurf (s. AnmL.). – Diener] ‚Minister‘. 306 Wer … ¢ehr] Nach Aristoteles, Politica 7,6,4 (dort Zitat aus einem unbekannten griechischen Tragiker). (AnmL.). 308 Blutt¢pruch] ‚Todesurteil‘. 312–313 Zeitung] Hier anscheinend bewußt doppeldeutig gebraucht, so daß Stimmigkeit sowohl auf der metaphorischen wie auf der realen Ebene entsteht: im Sinne von ‚Witterung‘ in bezug auf „Ro¢en-Haupt“, im Sinne von ‚Nachricht‘ in bezug auf „der Häuchler Ohr“. – Hauchler] ‚Schmeichler‘, ‚Hofschranzen‘. 233 241 249 251 254 258 262
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316 von ihr !…" ein ¢auer Auge krigen] ‚bei ihr schlecht angeschrieben sein‘ (vgl. V 360). 318 der Armen Fleiß] ‚der Einsatz der Arme‘. 319 forder¢am¢t] ‚aufs schleunigste‘. 331 das Ge¢ichte] ‚den Blick‘ 335 ferner] ‚weitergehender‘. – vergnuget] ‚befriedigt‘. 338 Candaulens Frau] Nach dem Bericht bei Herodot 1,7–15 und Justinus (Epitoma 1,7,14–19) rühmte sich der lydische König Kandaules Gyges gegenüber der Schönheit seiner Frau und versteckte ihn in seinem Schlafzimmer, damit er sich selbst davon überzeugen konnte. Die Königin bemerkte Gyges aber in seinem Versteck und stellte ihn am nächsten Tag vor die Wahl, Kandaules umzubringen oder selbst zu sterben. Gyges tötete Kandaules und heiratete die Königin. (AnmL.). 340 Der klar¢te Spigel … Flecken] S. o. Anm. zu V. 105–106. 344 Eßig] S. o. Anm. zu I 60. – fal¢ch’t] ‚verdirbt‘. 350 Chry¢eis] Die Tochter des Apollopriesters Chryses, die von Achilles im Krieg erbeutet und dann von Agamemnon als Sklavin gehalten wurde. – Jnfel] = infula, die wollene Stirnbinde eines Priesters oder einer Priesterin. Vgl. C I 766. 353 fragen ¢ie] Agrippina und Octavia (Anrede); ebenso V. 355. 356 das Brandmal !…" der Ehren] ‚den der Ehre eingebrannten Makel‘, also die Ehrverletzung (vgl. V. 359). 358 Be¢chimpfung] ‚angetane Schmach oder Schande‘. 362 Glimpf] ‚Nachsicht‘. 364 Purperhillen] ‚Purpurdecken‘. 365–366 Der Mohnd’ … nicht?] Der Mond hier Sinnbild der Frau, die Sonne das des Mannes. „Die Sonne“ in V. 366 ist Apposition zu „den Mann“. Die Konsequenz der bildlichen Rede hätte eigentlich eine umgekehrte Fügung verlangt, nämlich „Mann“ als erklärende Apposition zu „Sonne“; dies ließ sich aber aus metrischen Gründen nicht machen. 367 Anmuth-Strahl] ‚Anmuth‘ hier anders als in I 110.112.149, wo es als ‚Lust‘ oder ‚Begierde‘ zu deuten ist; hier ungefähr: ‚positive persönliche Ausstrahlung‘. 369 des Monden Haupt] Abweichend von dem in V. 365 von Otho gewählten Bild ‚Mond‘ hier (wegen der ‚Hörner‘, die er bei Sichelgestalt aufweist) als Sinnbild des ‚gehörnten‘, d. h. betrogenen Mannes. 373 ihr viel betheil’n] ‚ihrer viele bedenken‘; ‚vielen etwas zukommen lassen‘. 375 eyfern] ‚eifersüchtig sein‘. 382 unver¢eigend] ‚nicht versiegend‘. 384 Unhold] ‚Mißgunst‘. 394 Jm Ehbett’ … Raum] Sentenz nach Seneca, Agamemnon 259: „Nec regna socium ferre nec taedae sciunt.“ Vgl. C V 379 f. 395 Verkennt ¢ich die Natur: Daß] ‚Erkennt die Natur sich selbst nicht darin, daß !…"‘
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Kommentar
403 Trieb] ‚Reiz‘ (vgl. E V 565). – Diß uberrede] ‚Davon überzeuge‘. 405 Schwager] ‚Gevatter‘ (entfernter Verwandter). 412 das min¢te] S. o. Anm. zu V. 96. 414 des Pofels Ruff] Gen. obi.: ‚einen guten Ruf beim gemeinen Volk‘. 416–417 Trug Macro Ennien … an] Macro (Q. Naevius Cordus Sutorius), unter Kaiser Tiberius Prätorianerpräfekt, suchte sich der Gunst des Thronfolgers Gaius Caesar, des späteren Kaisers Caligula, zu versichern, indem er seine Frau Ennia Thrasylla veranlaßte, vor Gaius die Verliebte zu spielen und ihm ein Eheversprechen zu entlocken (Tacitus, Ann. 6,45,3; zit. in AnmL.). 425 ¢tiftet] ‚führt herbei‘, ‚richtet an‘. 426 man] ‚Mann‘. 427 berucket] ‚vereinnahmt‘, ‚fängt‘. 428 bald] ‚gleich‘, ‚sofort‘. 431 Jch ¢ol an Tagus rei¢en] Der Fluß Tejo, als Metonymie für Portugal, wohin Otho als Statthalter entsandt wird (s. V. 220–223 u. 450); der entsprechende Befehl wird ihm aber erst in der nächsten Szene (V. 447–450) von Nero eröffnet, wodurch sich auch hier (ähnlich wie zu V. 145, s. Anm. hierzu) die Frage stellt, ob L. ein Lapsus unterlaufen ist oder ob man annehmen soll, daß Neros Entscheidung Otho schon vorweg als Gerücht zu Ohren gekommen ist (letzteres wird nahegelegt durch Octavias Bemerkung V. 321–324). 436 Clytemne¢tre] Klytaemnestra ermordete zusammen mit ihrem Liebhaber Aegisthus ihren Ehemann Agamemnon. 442 von uns … hingekehr’t] Zur Redensart vgl. I 637. 443 Sirenen-Lied] S. o. Anm. zu I 631. Hier: die Gefahr, die Agrippina von Poppaea droht, wenn diese mit ihrem Werben um Nero Erfolg hat. Ähnliches Bild für Poppaeas Einfluß auf Nero schon V. 226. 444 nur] Druckfehler für ‚nun‘? 445 irre macht] ‚auf den falschen Weg (nicht ans Ziel) führt‘. 451 Schwerdt und Gurtel] S. o. I 230. 458 opffere] ‚bringe dar‘. 461 Zartligkeit] ‚Zartheit‘, ‚Empfindsamkeit‘. – ¢aum’t] ‚verzögert‘, ‚behindert‘. 462–463 Daß kunftig … mit ¢ich fuhren] S. AnmL. 465 Schein’t] ‚leuchtet‘, ‚glänzt‘. 467 Schatz’t] ‚besteuert‘. 468 Uns denck’t] ‚uns (mir) kommt (ist) in Erinnerung‘. 468–469 Daß ¢ich … unter¢tand] S. AnmL. 468 zu ¢tillen] ‚zu besänftigen‘, ruhig zu stellen‘. 473 des Oppius Ge¢atz’] Lex Oppia, ein von dem Volkstribunen C. Oppius 215 v. Chr. eingebrachtes Gesetz gegen den Luxusaufwand von Frauen. Es wurde bereits 195 v. Chr. wieder aufgehoben; von seiner Wiederbelebung durch Nero (V. 474) ist nichts bekannt. Überliefert ist allerdings, daß Nero
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die Verwendung von Purpur und das Tragen purpurner Gewänder verbot (Sueton, Nero 32,3). reich’t uns !…" nicht den Schatten] Bedeutet das gleiche wie ‚reicht uns nicht das Wasser‘ (s. DWb 14,590). Der ¢chwachen Frauen Gun¢t] ‚Gunst‘ hier passivisch im Sinne von ‚Ansehen‘, ‚angenehmes Äußeres‘, ‚Reiz‘ oder dgl. – fa¢t] ‚sehr‘, ‚ganz‘. des Argos Augen] Nach Argos, einem sagenhaften männlichen Wesen, das über den ganzen Körper mit Augen ausgestattet war, also nach allen Richtungen sehen konnte, und dem Juno auftrug, Jupiters in eine Kuh verwandelte Geliebte Io zu bewachen. gegenwartig] Doppeldeutig. Entweder Temporaladverb (‚heutzutage‘) oder, was wahrscheinlicher ist, Prädikativum zu „Argos Augen“ (V. 491), kontrastierend mit „Ab¢ein“ (ebd.): ‚wenn sie gegenwärtig (anwesend / präsent) sind‘. Wer … ¢eyn] Der Gedanke nach Tacitus, Ann. 3,75,2 (zit. in AnmL.). geben] Optativ: ‚mögen geben‘. noch ¢o viel] ‚noch einmal soviel‘. Die Flamm’ … hohl] S. AnmL. Der Gottin Bild] Das im Allerheiligsten des Vesta-Tempels aufbewahrte Palladium, ein Bildnis der Pallas Athene, das Aeneas aus Troja mitgebracht haben soll. Vgl Anm. u. AnmL. zu V. 512. raucht] Hier wohl nicht eine Form von ‚räuchen‘ (‚Rauch machen‘), sondern graphische Variante zu ‚reucht‘ (‚riecht‘). Jlium] Auf Homer zurückgehender anderer Name der Stadt Troja. Vgl. C I 672; E I 33. Paris Helenen dem Menelaus nam] Die Entführung Helenas durch den trojanischen Königssohn Paris löste den Trojanischen Krieg aus, der zum Untergang der Stadt führte. Ward … verzehr’t] In augusteischer Zeit kam in Rom die Vorstellung auf, daß das Vesta-Feuer ebenso wie das Palladium aus Troja stamme. die Gottin] Pallas Athene. – ihr Bild ward fortgetragen] Das Palladium (s. o. Anm. zu V. 505) wurde im Trojanischen Krieg von Odysseus und Diomedes entführt. Nach Meinung der Römer war dieses Bild aber eine Kopie; das echte habe Aeneas nach dem Fall Trojas mitgenommen (s. AnmL.). Dardanus] Stammvater des trojanischen Herrschergeschlechts. Rom wuchs’ aus Trojens Grau¢’] Durch den Trojaner Aeneas, der am Ende seiner Irrfahrten nach der Flucht aus dem brennenden Troja mit der Neubegründung einer Trojanerherrschaft in Latium den Grundstein des Römischen Reiches gelegt hatte (wie in Vergils Epos geschildert). Zu „Trojens Grau¢’“ vgl. C I 673. – Grau¢’] ‚Trümmer‘, ‚Staub‘. der … gebracht] Aeneas (s. o. Anm. zu V. 505). in Cæ¢ars Blutt’ und Stamme] D. h. im julisch-claudischen Geschlecht, dem Nero angehörte (Caesar hier als Bestandteil des Kaisertitels, wie seit Clau-
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Kommentar
dius üblich). Die gens Iulia, deren berühmtester Vertreter C. Iulius Caesar war, führte ihren Ursprung auf Aeneas bzw. dessen Eltern Anchises und Venus zurück. S. auch die Quellenzitate in AnmL. 519–520 Was ¢ag¢t … auf uns wahr?] Die von Nero geschändete Vestalin Rubria hier mit Cassandra verglichen, der mit Weissagekraft begabten Tochter des trojanischen Königs Priamus (Schwester von Paris und Hektor), die den Untergang Trojas (hier umschrieben durch „A¢iens Begräbnüß’“) voraussagte. 521 Wer i¢t … Uppigkeiten?] Die Frage zielt (ebenso wie die nächste) auf Nero, der Otho die Ehefrau raubt wie einst Paris dem Menelaus. Vgl. V. 529 f. – beleg’t] ‚behaftet‘. – Uppigkeiten] ‚Ausschweifungen‘. 523 trag’t ¢elb¢t den Fleck] ‚ist selbst befleckt bzw. besudelt‘ (s. AnmL.). 525 Gurtel] Hier bildlich als Symbol der Jungfräulichkeit (‚der Jungfrau oder Braut den Gürtel lösen‘ = ‚entjungfern‘), entspr. Homer, Od. 11,245 und Catull 2a,3 („zonam solvit diu ligatam“). Dem entsprach der bei den Römern übliche Brauch, daß der Bräutigam der Braut den Knoten, in den der wollene Gürtel ihres Hochzeitskleides (einer ‚tunica recta‘) gebunden war, in der Brautnacht zu lösen hatte (s. RE 8,2132). – Monde] = Luna bzw. Lunula, ein Amulett in Halbmondform, das römische Frauen und Kinder als Schmuck trugen. Als spezifischer Teil der Vestalinnentracht nicht bekannt. 526 Haube/ Krantz und Schleyer] Als Bestandteile der Vestalinnentracht; mit „Krantz“ ist das Stirnband, die ‚vitta‘, gemeint (s. AnmL.). 528 die Fackel ja gebohren] Hier wieder Vergleich Neros mit Paris, dessen Mutter Hecuba, als sie mit ihm schwanger war, träumte, sie gebäre eine Fackel, die Troja in Brand setzte. Vgl. C I 680. 530 fur die … verlohren] Vermischung der Ebene der mythologischen Analogie mit der der Gegenwart: wie Paris mit dem Raub Helenas Troja aufs Spiel gesetzt hat, so Nero mit der Aneignung Poppaeas seine Kaiserherrschaft. 533 Wenn … fangen] ‚Wenn der Hecuba keine Opfergabe Feuer fangen will‘. Wenn das Feuer beim Darbringen von Opfern auf dem Brandaltar verlosch, galt dies als böses Omen: als Anzeichen dafür, daß die Götter aus Zorn die Gabe nicht annehmen wollten (s.AnmL.). 534 Aßarachs ¢ein Hauß] ‚das Geschlecht des Assaracus‘. Assaracus, Ahnherr des Aeneas, war ein Bruder des Ilos, des Erbauers von Troja. Hier stellvertretend für das trojanische Herrscherhaus. 535 Die Mauren] Die Stadtmauern von Troja, die von Neptun und Apollo erbaut worden waren (s. AnmL.) 538 Pallas-bild] S. o. Anm. zu V. 512. 539–540 der Blitz … Zepter ¢chlag’t] Nach dem Bericht Suetons (Galba 1) wurde im letzten Lebensjahr Neros der Tempel der Caesaren vom Blitz getroffen und dabei der Statue des Augustus das Zepter aus der Hand geschlagen. S. auch AnmL. 541 Der Lorber -Wald … geheg’t] Auch das Verdorren eines von Livia, der Gemahlin des Augustus, gepflanzten Lorbeerhains im letzten Lebensjahr Neros wurde als Zeichen seines baldigen Todes gedeutet (Sueton, Galba 1).
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544 die Gottin] Vesta. 546 Vergrab’t … in die Erden] Die Strafe für Vestalinnen, die das Gebot der Keuschheit verletzt hatten. Die grausame Prozedur beschrieben in AnmL. zu V. 544. 547 Un¢chuldig … dreuet] ‚Die Drohungen des Himmels können dadurch, daß man unschuldiges Blut opfert, nur noch vermehrt werden.‘ Die Vestalinnen raten Rubria also ab, sich selbst zu opfern, da sie an dem Verlust ihrer Jungfernschaft keine Schuld trage und nur ihr Körper, nicht aber ihre Seele entweiht worden sei (V. 549 f.). – hauff’t] ‚vermehrt‘. 548 ¢prutz’t weg] ‚speit/spuckt aus‘. 551 geweyhte Flutt ge¢pritzet] S. AnmL. 552 Numicus] Küstenfluß in Latium; sein Wasser wurde beim Vesta-Opfer in Lavinium verwendet (lt. Servius zu Vergil, Aen. 7,150); s. AnmL. Das Bespritzen der vergewaltigten Vestalin zur symbolischen Wiederherstellung ihrer Jungfräulichkeit anscheinend Erfindung L.s. – was] ‚dasselbe wie‘. – Canathus] Quelle bei Nauplia, in der die Göttin Hera jedes Jahr gebadet haben soll, um ihre Jungfräulichkeit wiederzugewinnen (s. AnmL.). 553 er¢itzet] ‚zum Erliegen kommt‘, ‚erlischt‘. 554 Die Seele … Blutt] Der Akzent liegt auf „Seele“: ‚Nur die Seele reinigt man durch Blut.‘ Vgl. III 312. 557 die Keile] ‚die Donnerkeile‘, d. h. die Blitze, die Jupiter im Zorn vom Himmel schleudert. 565 Satz’t … Strahlen] Titan ist der Sonnengott Helios, so benannt, weil sein Vater Hyperion zur Göttergruppe der Titanen gehörte (vgl. C I 330, IV 442, V 443; S III 302.439). Über das hier von L. in Anlehnung an Porcacchi (s. AnmL.) geschilderte Verfahren der Wiederherstellung des erloschenen Vesta-Feuers (nämlich durch die Brennglaswirkung eines mit Wasser gefüllten Glasgefäßes, nach Plinius, Nat. hist. 36,199) ist aus dem Altertum nichts bekannt. Man bediente sich zu diesem besonderen Zweck entweder eines Hohlspiegels oder erzeugte das neue Vesta-Feuer durch Reiben eines Holzscheites auf einer Holzplatte. 566 rothes Saltz] Eigtl. ‚gestoßenes‘ Salz; „rothes“ geht zurück auf einen Irrtum L.s, der in seiner Quelle (s. AnmL.) statt ‚tu¢um‘ (‚gestoßen‘, nämlich im Mörser) ‚rufum‘ (‚rot‘) gelesen hat. Die Vestalinnen brauchten gestoßenes und geröstetes Salz zur Bereitung der bei Opferfeiern Verwendung findenden ‚mola salsa‘, einer Mischung aus Spaltschrot und Salzlake. 567 darf] ‚braucht‘. 569 be¢cheiden] ‚klar/einsichtig machen‘ 570 die Sternen] ‚die Himmelskörper/Gestirne‘.
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Kommentar
Dritte Abhandlung Szenenfolge: a) V. 1–130; b) V. 131–264; c) V. 264–286; d) V. 287–386; e) V. 387–446; f ) Reyen: V. 447–526. Ort der Handlung: Puteoli (s. V. 407 u. Anm.). vor 1 Spatzier -Saal] S. o. Anm. zu II vor 225. 1 Das Tigerthier] Agrippina. Vgl. V 160. – er¢t] ‚eben erst‘. – hat loß gela¢¢en] Durch Freispruch von den in der 1. Abhandlung erhobenen Anklagen ihrer Feinde. 3 ihm] Noch das „Tigerthier“ aus V. 1; mit dem „sie“ in V. 4 verläßt Acte dieses Bild. 5–6 kirret !…" an] ‚reizt an‘. 14 Gold-be¢treutes Haar] S. AnmL. 15 Ambra] ] S. o. Anm. zu I 69. 16 Garn !…" Leim] Als Arbeitsmittel des Vogelfängers. – vergallter] ‚verdorbener‘. 17 Als Libes-augeln … kraftig] S. o. Anm. zu I 136. 24 Leichen] Hier wohl = ‚Körper‘ (ebenso wie V 587.695). 27 Porphyr] Roter Marmor. 34 Der Satyrus … Flamme] Ein bekannter Fabelstoff aus der aesopischen Tradition (s. Perry, Aesopica 1, 506, Nr. 467), überliefert durch Plutarch, Moralia: De capienda ex inimicis utilitate 2 (86e-f ): Ein Satyr, der zum erstenmal in seinem Leben ein Feuer sah, wollte es küssen und umarmen, wurde aber von Prometheus gewarnt, dies zu tun, da das Feuer den brenne, der es berühre. Die hier vorgenommene allegorische Deutung auf die Gefahren, die mit der Liebe zu einer Frau verbunden sind, findet sich auch in der Emblematik (s. Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 1834; Schöne, Emblematik u. Drama, S. 69 f.). 37 ¢chamet ¢ich … zu begehen] ‚schämt sich der Begehung keines Lasters‘. 39 vom Lepidus befleck’t] Agrippina hatte zur Zeit der Regierung ihres Bruders Caligula ein Verhältnis mit M. Aemilius Lepidus, dem Mann ihrer Schwester Drusilla. Lepidus wurde i. J. 39 wegen Teilnahme an einer Verschwörung hingerichtet. S. auch AnmL. 40 die geile Schooß … entdeck’t] Vgl. II 410. – Pallas] Ein Freigelassener des Kaisers Claudius und dessen Finanzminister, dem Agrippina ihre Gunst schenkte, weil er ihr bei der Durchsetzung ihres Plans, Claudius zu heiraten, behilflich war (s. AnmL. zu V. 39). 47 Ver¢uch] Hier im altertümlichen Sinne von ‚Angriff‘ oder ‚Anschlag‘ (s. DWb 25,1822). 50 Der Jugend … pregen] Sprichwort. Vgl. Wander 4,1718 s.v. ‚das Wachs‘, Nr. 4. 51 Voraus] ‚vor allem‘. 52 rau] ‚unempfindlich‘.
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56 ihr ¢chnodes Haupt] Vgl. II 312. 59 ¢am’t] ‚aussät‘, ‚wachsen läßt‘. 62 die¢er Balg’ auf¢chwellen] Dasselbe Bild C IV 427. 71 laß’t ku¢¢en Mund und Bru¢t] Vgl. V. 147 u. 442. 73 der Bru¢te Felß] Vgl. I 106, II 55. – Corallen] Vgl. V. 257. 76 Da] ‚während‘. 77 in dem Grunde … dampffet] Vgl. V. 141 u. II 176. 79 biß’t !…" ein] ‚zieht den kürzeren‘. – fur] ‚gegenüber‘. 81 Jn ¢ie … verlibet] S. AnmL. 82 er¢t] ‚erst noch‘. 85–88 Der Fi¢ch … ¢trick’t] S. AnmL. 85 Tugend] ‚Kraft‘, ‚Vermögen‘. 87 ruck’t] ‚berückt‘. 92–93 Wie kan … ¢eh’n ab?] Paraphrasiert: ‚Wie kann denn eine in sich so widersprüchliche Sache sich auf ein Liebesziel ausrichten, über das deren widerstrebende Elemente sich einig sind?‘ Sinngemäß etwa: ‚Wie kann aus den konträren Interessen der beiden Partner (Herrschsucht der Mutter / eifersüchtiges Bewahren der Herrschaft auf Seiten des Sohnes) eine harmonische Liebesbeziehung entstehen?‘ 97 ver¢treichet] ‚auslöscht‘. 98 erbleichet] ‚stirbt‘. 101 Rath] ‚Abhilfe‘. 102 enthangen] ‚angenommen‘. 104 ubrig Brauch] ‚unnötiger Gebrauch‘. 109 darumb] ‚zu dem Zweck‘. 112 meines] Unklar, ob Druckfehler für ‚meine‘ oder Kontraktion von ‚meine das‘. 114 Vorwitz] Hier etwa: ‚ungebührliches, zudringliches Vorgehen‘. 119 bricht !…" mor¢ch entzwey] ‚etwas morsch entzweibrechen‘ ist feste Redewendung seit dem 16./17. Jh. (s. DWb 12,2590 f.); ‚morsch‘ bezeichnet die Plötzlichkeit und Leichtigkeit des Zerbrechens. Vgl. IV 337. 122 darf] ‚braucht‘. – ver¢chutten] ‚verscherzen‘. 123–125 Sie melde … beflecke] Nach Tacitus, Ann. 14,2,1. (AnmL.). 130 Vergnugung] ‚Zufriedenheit‘. 133 die ¢ich … wigen] ‚die noch in der Wiege liegt (d. h. am Anfange steht), da sie bisher auf Blicke beschränkt ist‘. Vgl. II 239. 134 vergnugen] ‚zufriedenstellen‘. 145 Anmuth] S. o. Anm. zu I 110. 149 wieder] ‚zurück‘. 150 Kap-zaum] Dasselbe wie Brechzaum, ein am Gebiß mit Stacheln oder Zähnen bewehrter Zaum, der widerspenstigen Pferden angelegt wird. Vgl. C IV 103. 156 Wille] Hier offenbar nicht als affektzügelnde Instanz, sondern gerade umgekehrt im Sinne von (fleischlicher) Begierde (vgl. V. 152).
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Kommentar
157 enthengen] ‚locker lassen‘. 160–162 Bilde dir … vorge¢chriben?] Vgl. die ähnliche Argumentation Neros gegenüber Poppaea II 41–43. 161 Wer … uben] Alter Rechtsgrundsatz, in lateinischer Form: „Nullum crimen, nulla poena sine lege“ (s. dazu Liebs, Lat. Rechtsregeln, S. 144 f., Nr. N 161/168). Vgl. auch Rm 4,15: „Denn wo das Gesetz nicht ist, da ist auch keine Übertretung.“ 162 Wer … vorge¢chriben?] S. hierzu die Belege bei Liebs, Lat. Rechtsregeln, S. 161 f., Nr. P 943 („Princeps legibus absolutus“). 164 Jm Himmel … Welt] Sprichwort, in folgender Fassung belegt bei Walther, Proverbia, Tl. 1, S. 184, Nr. 1619: „Astra Deo nil maius habent, nil Caesare terre; | Sic Caesar terras, ut Deus astra regit.“ Vgl. IV 175 u. C I 693. 166 Zierde] Hier in der seltenen abstrakten Bedeutung ‚Schönheit‘ oder ‚Anmut‘ (vgl. DWb 31,1168 f.). 167 Ab¢teigendes Geblutt’] Verwandtschaft in absteigender Linie, hier die zwischen Mutter und Sohn. 167–168 uber’n Mittags-Kreiß … weiß] „Mittags-Kreiß“ meint hier den geographischen Meridian, den auf dem Äquator senkrecht stehenden Kreis, der durch Nord- und Südpol läuft. Das sich dem Leser nicht leicht erschließende Bild, mit dem Nero das topische Argument seiner Mutter in V. 166 pariert, soll folgendes besagen: Wie die Magnetnadel nur auf dem Meridian ihre Funktion auszuüben, also immer nur die Nord-Süd-Richtung anzugeben vermag, so richtet sich auch die geschlechtliche Begierde nur auf Personen, mit denen keine Blutsverwandtschaft in gerader Linie besteht. Würde sie sich auf nahe Blutsverwandte richten, so wäre das gerade so, als sollte die Magnetnadel etwa die Ost-West-Richtung anzeigen, also über die durch den Meridian vorgegebene Richtung hinausgehen, was aber unmöglich ist. Für die Vorstellung einer Analogiebeziehung zwischen Liebe und Magnetkraft vgl. Athanasius Kircher, Magnes, sive de arte magnetica opus tripartitum !…". Coloniae Agrippinae 1643 (Berlin, SB), lib. III, pars 9 (S. 777–789): „E µ« sive de Magnetismo Amoris“ (zur sexuellen Liebe s. insbes. S. 780 f.). 169 Der Liebe mehr denn viel] „Der Liebe“ ist Gen. Sg., Attribut zu „Magnet“ (V. 168): ‚Der Magnet der Liebe kennt mehr als viel Wirkung.‘ – ¢amen] ‚säen‘, ‚pflanzen‘. 172 Unhold] ‚Mißgunst‘. 178 Pfleg’t … zu gatten] Im Altertum glaubte man, daß die Störche ihren Eltern mit besonderer Pietät begegneten. (AnmL.). 184 Umb-trieb] ‚Umlauf‘. – widergeh’n] ‚zurückgehen‘. 186 Der Fruhling muß zum Lentz] Das schon im 17. Jh. nur noch in gehobener Sprache vorkommende „Lentz“ hier (falls nicht zur bloß verbalen Variatio eingesetzt) evtl. bedeutungsmäßig von „Frühling“ im Sinne von ‚Frühlingsanfang‘ abgehoben (in DWb 12,753–756 allerdings keine Belege für eine solche Differenz in der Verwendung der beiden Wörter).
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188 ihrer Mutter Schoos] D. h. ihr Aufgangsort im Osten. Das Bild ist ohne mythologischen Hintergrund; Aurora, die Göttin der Morgenröte, ist nicht die Mutter des Sonnengottes. 193 aus Gleichnu¢¢en nicht ¢chlu¢¢en] Nach der rhetorischen Topik gehören Vergleiche oder Gleichnisse zu den Mitteln, ein Argument glaubhaft zu machen, nicht aber, es schlüssig zu beweisen. 196–197 Ward ein Ge¢atze … wolte leben] Die Eheschließung Agrippinas mit Kaiser Claudius, der als Bruder ihres Vaters Germanicus ihr Onkel war, war erst durch eine eigens auf diesen Fall zugeschnittene Gesetzesänderung möglich geworden (s. AnmL.). 200 ichtwas] ‚irgend etwas‘. 202 Macareus nicht der Canacen] Canace, eine Tochter der thessalischen Königs (oder des Windgottes) Aeolus, verliebte sich in ihren Bruder Macareus und wurde von ihm schwanger. Nach der Geburt ihres Kindes beging sie auf Geheiß ihres Vaters Selbstmord. (AnmL.). 204–205 Als ¢ich … abgetretten] Seleukos, der Gründer des Seleukidenreiches, trat 293 v. Chr. nach fünfjähriger Ehe seine Frau Stratonike an seinen Sohn Antiochos ab, der, wie es heißt, vor unerfüllter Liebe zu seiner Stiefmutter krank geworden war und nach Auffassung des Arztes Erasistratos nur durch eine Ehe mit Stratonike gerettet werden konnte (s. AnmL.). 207 Der Per¢en Recht laß’t zu] Historischer Hintergrund für diese auf Arnobius (s. AnmL.) gestützte Ansicht ist wahrscheinlich die Heirat des Partherkönigs Phraataces mit seiner Mutter Musa 2 n. Chr. Musa war ursprünglich eine Sklavin, die Kaiser Augustus dem König Phraates geschenkt hatte; sie wurde dessen Konkubine und vergiftete ihn 2 v. Chr., um ihren gemeinsamen Sohn, ebenjenen Phraataces, auf den Thron zu setzen (s. Malcom A. R. Colledge, The Parthians. London 1967 [= Ancient Peoples and Places 59], S. 46 f.). 209 be¢trickt] ‚fesselt‘. 210 Viel … Sunde] L. verweist in AnmL. hierzu auf die Praefatio von Cornelius Nepos zu dessen Biographiensammlung ‚De viris illustribus‘. Dort werden aber nicht die Sitten der Perser, sondern die der Griechen denen der Römer gegenübergestellt. 214 kirren] ‚locken‘. 219 Tacht] ‚Docht‘. – entgeh’t] ‚vergeht‘. 220 Ge¢icht’] ‚Auge‘. 224 Zulaßlich] ‚erlaubtermaßen‘. 227 erdur¢tende] ‚verdurstend‘. 230–232 Ich libe … liben kan] Anklang an Seneca, Phaedra 609–610: „Matris superbum nomen et nimium potens: | Nostros humilius nomen affectus decet.“ 242 Oel] Hier ebenso wie in V. 246 gleichbedeutend mit ‚Balsam‘ als Heilmittel für Wunden oder Linderungsmittel gegen Schmerzen. 243 rothe Flamme] Vgl. II 56 f. u. C I 639.
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248 der Richt-platz Jda] Anspielung auf das Paris-Urteil, das im Ida-Gebirge (Phrygien) stattgefunden hat. Paris hatte als Richter darüber zu entscheiden, welcher der drei Göttinnen Juno (Hera), Minerva (Pallas Athene) und Venus (Aphrodite) der goldene Apfel mit der Aufschrift ‚Der Schönsten‘ zustehe, den die Göttin des Streites (Eris) unter sie geworfen hatte. Paris entschied sich für Venus, die ihm die schönste Frau der Welt (Helena) versprochen hatte, und wies damit die Angebote Junos und Minervas ab, ihn zum mächtigsten bzw. klügsten Mann der Welt zu machen. Vgl. C II 437–556 (Reyen). 249 Hoheit] Als Attribut Junos. – Ver¢tand] Als Attribut Minervas. – Schonheit] Als Attribut der Venus. 250–251 ob man … Granaten ¢ind] „mehr“ ist Steigerungspartikel zu „güldner“: ‚ob man hier [= im ‚Garten der Schooß‘ gemäß V. 251] nicht Äpfel findet, die goldener (d. h. herrlicher) noch sind als Granatäpfel‘ (letztere Umschreibung für die Brüste gemäß alter Liebesmetaphorik). – guldner Aepffel] Anspielung auf die goldenen Äpfel im Garten der Hesperiden (vgl. V. 252 „He¢peris“): Nymphen, benannt nach Hesperia, einem sagenhaften Land am westlichen Ende der Welt. Vgl. I 602 f. 252 He¢peris] Singular von ‚Hesperides‘ (eine stellvertretend für alle). 268 Meyneyd] ‚Putsch‘, ‚Umsturz‘. 272 eigen] ‚eigentlich‘, ‚ganz genau‘. 275 erbleich’t] ‚ist des Todes‘. 276 Ange¢icht’s] ‚augenblicklich‘. 280 bei’m Aufruhr] D. h. in einer Situation, in der dem Staat oder dem Herrscher Gefahr durch Aufruhr bzw. Umsturzpläne (wie sie Agrippina unterstellt werden) droht. – was durch die Finger ¢eh’n] S. o. Anm. zu II 277. 289 auf -zu¢tellen] ‚nachzustellen‘ (vgl. I 349.444). 290 in die Garne fallen] ‚in die Fangnetze stürzen lassen‘. 292 Gewi¢¢enhaft] ‚aufrichtigerweise‘. – umb-¢teh’n] ‚in Abrede stellen‘. 294 Es i¢t gethan] ‚Um die Sache (Neros Kaiserherrschaft) ist es geschehen‘. 306 geha¢¢ig] ‚verhaßt‘. 308 Unfall] ‚Fall‘, ‚Sturz‘. 310 Des Ninus … Bru¢te] S. AnmL. 312 Blutt … Taubenrein] Vgl. II 554. 313 gebe !…" nach] ‚gebe zu‘. 314 meine] ‚vorhabe‘. 320 Wurm] ‚Schlange‘, ‚Drachen‘. 322 ff. Die folgenden Erörterungen über die beste Möglichkeit, Agrippina zu töten, und der sich daraus ergebende Beschluß nach Tacitus, Ann. 14,3. 331 Wir haben’s … bey] Vgl. I 348. 333 gewehren] ‚beibringen‘, ‚verabreichen‘. 334 Britannicus … erbla¢¢en] S. o. Anm. zu Pers.-Verz. 13,14. 340–342 in ihrem Zimmer … erdrucken] S. o. Anm. zu I 349. (AnmL.).
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341 kun¢tlich] ‚ausgeklügeltes‘. – Taffelwerck] ‚Täfelung‘. – Todten-brett] In DWb 21,599 dazu die folgende Erklärung (zit. aus Kriegk, Deutsches Bürgertum, N.F. 1871, S. 369): „brett von der form und länge des deckelbrettes am sarge (auf welchem die leiche getragen wurde), mit darauf gezeichnetem anfangsbuchstaben des namens des verstorbenen, das an den grabhügel gelehnt, oder auf kirchwege gelegt, an einen baum geheftet wird usw., damit die darüber- oder vorübergehenden sich der armen seele erinnern und für sie beten mögen.“ – zu rucken] ‚aufzustellen‘, ‚zuzurichten‘. 344 ko¢tbaren Gefahr] ‚aufwendigen Nachstellung‘. 345–346 Ein Vogel … kleben an] Vergleich aus der Vogeljagd mittels Garn („Strick“) und Leim. 348 Ein Schiff … entzwey] Nach Sueton, Nero 34,2; Tacitus, Ann. 14,3,3. (AnmL.). 353 artlich] ‚raffiniert‘. 354 andrer Noth] ‚Gefährdung anderer‘. 357 ¢chnoder] ‚unbeständiger‘, ‚hinfälliger‘. 358 ungepfalte] ‚unbepfählte‘, d. h. an keinem Pfahl befestigte, haltlose. 359–360 drey vier … grantzt] ‚in einer Entfernung von drei oder vier in die Breite gemessenen Fingern an uns grenzt‘ („kwer“ drückt also die Breite der Finger aus, während „breit“ hier eher in der Bedeutung ‚entfernt‘ oder ‚weit‘ zu fassen ist). 363 ungefahr] ‚zufällig‘ 368–370 Man zund’ … Pri¢ter zu] Der Vorschlag besagt, man solle Agrippina nach ihrem Tode konsekrieren, d. h. unter die Staatsgötter aufnehmen. 369 wiedem’] ‚widme‘. 374 die funf geweyhten Tage] Die Quinquatrus, ein am fünften Tag nach den Iden des März beginnendes fünftägiges Fest (19.–23. März) zu Ehren der Göttin Minerva. Weiteres s. AnmL. 375 tau¢end Lu¢t] „tau¢end“ (unflektiert) zur Steigerung des Substantivs; vgl. DWb 21,217, Beleg aus Hagedorn zu 3a, sowie 223 (‚Tausendlust‘) u. 226 (‚Tausendslust‘). 376 Bajens Lu¢t -Hauß] S. o. Anm. zu I 443. – Wel¢chlands Garten] Umschreibung für die prächtige Vegetation in der Umgebung von Baiae (Welschland = Italien) oder aber für den dortigen Myrtenhain (‚murteta‘), in dem aus Erdlöchern heiße Dämpfe emporstiegen (s. Celsus, De medicina 2,17,1; 3,21,6). 379 See-¢chos] ‚Meerbusen‘, ‚Bucht‘ (vgl. V. 459). 380 Brucken] S. AnmL. 381 ¢o kurtzen Weg] Bloßer Akkusativ der räumlichen Entfernung. Gemeint ist der Wasserweg von Puteoli (s. V. 407 u. Anm.) nach Baiae. 382 borgen] ‚aufsparen‘. 384 Be¢telle] ‚richte ein/her‘. – darf’¢t] ‚brauchst‘. 391 ver¢aug’t] ‚versiegt‘.
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396 Wachs] ‚Wachstum‘, ‚Zunahme‘. 397–398 Mich ¢chmertz’t … Seiten] Nero meint die durch Actes Dazukommen verhinderte letzte Erfüllung seiner Begierde. 401 der Minerven Fe¢t] Die Quinquatrus (s. o. Anm. zu V. 374). 403 die geholten Felß’] Die Felsen, deren Hohlräume für Schwitzkuren genutzt wurden, da aus dem porösen Boden heiße Dämpfe emporstiegen. Vgl. Vitruv, De architectura 2,6,2. 404 warme Bader kwall’n] S. AnmL. – zu vergeh’n] ‚abzusondern‘. 407 Hier zu Pozzol] Zwecks Vereinfachung und Straffung der Handlung läßt L. den fingierten Schiffbruch Agrippinas bereits auf der Hinfahrt nach Baiae geschehen und setzt als Abfahrtsort das antike Puteoli (heute Pozzuoli) auf der östlichen, Baiae gegenüberliegenden Seite des Golfs an (unter Caligula waren beide Städte durch eine Schiffsbrücke verbunden worden; s. AnmL. zu V. 380). Die historische Agrippina reiste aber nicht von Puteoli an, sondern von Antium aus, und zwar auf ihrem eigenen Schiff. Das präparierte Unglücksschiff bestieg sie erst nach ihrer Teilnahme an dem Fest in Baiae, um zu ihrer Villa in dem nicht weit von Baiae entfernten Bauli zu fahren. S. hierzu meine zusammenhängende Darstellung der Ereignisse nach Tacitus und der von L. vorgenommenen Änderungen unten in der Anm. zu V. 447–526 (Reyen). Wie Asmuth (Lohenstein u. Tacitus, S. 35) bereits überzeugend dargelegt hat, muß man sich die ganze 3. Abhandlung als von Anfang an in Puteoli spielend vorstellen, da nirgendwo ein Ortswechsel von Rom, dem Schauplatz der Abhandlungen 1 und 2, nach Puteoli angedeutet wird (vgl. auch in der voraufgegangenen Szene, V. 350, die Information des Anicetus, daß er das präparierte Schiff „¢chon bey der Hand/ nech¢t am Ge¢tade ligen“ habe). – Rath] ‚Senat‘. 408 Argos] S. o. Anm. zu II 491. 416 vor] ‚zuvor‘. 421 Schalsucht] ‚Mißgunst‘. 422 mei¢t] ‚zum größten Teil‘. 425 Lorber -Krantz] Als Sinnbild der Herrschaft (ebenso „Purper“ V. 426) und als Schutz gegen Blitzschlag („der Neider blitzen“; s. o. Anm. zu I 5; vgl. IV 62). 429 Jrrgei¢t] ‚in Irrtum befangener Geist‘. 430–431 Der Libe Flugel … entzwey] Metaphorische Anlehnung an die Sage von Ikarus, der bei seinem Fluge mit den von seinem Vater Daedalus konstruierten Flügeln der Sonne zu nahe kam, so daß das Wachs, das die Federn zusammenhielt, schmolz und er selbst abstürzte. 434 nach Adlers-Art] S. o. Anm. zu I 605. 435 ¢ein Gei¢t] ‚sein Leben‘. – ¢ein Spiegel i¢t ihr Licht] Sinngemäß etwa: ‚er bespiegelt sich in ihrem Glanz‘. 437 Anmuths-Blicke] Nämlich die der Geliebten (zu ‚Anmuth‘ s. o. Anm. zu I 110). 441 vor] ‚zuvor‘. 442 ihr Augen … ku¢¢en] S. AnmL.
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446 Seele] Scheinbar liebkosende Anrede (‚meine Seele‘), so wie „Licht“ in V. 429 u. 439. 447–526 (Reyen) Anders als die ‚Reyen‘ am Schluß der übrigen Abhandlungen hat dieser nicht nur eine das voraufgehende Geschehen kommentierende bzw. reflektierende und ausdeutende Funktion, sondern er hat auch den die 3. Abhandlung beschließenden, bühnenmäßig aber schwer darstellbaren Teil der Handlung, den von Nero herbeigeführten Schiffbruch Agrippinas, den Zuschauern durch Teichoskopie (vgl. auch die Botenberichte IV 81 ff. u. 235 ff.) zu vermitteln. Zum besseren Verständnis der Szene sei zunächst der historische Hergang des Geschehens, soweit er sich aus den nicht gerade sehr klaren und kohärenten Angaben bei Tacitus (Ann. 14,5), L.s Quelle, rekonstruieren läßt, referiert. Nach dem Bericht bei Tacitus reiste Agrippina von Antium her auf ihrem eigenen Schiff zu dem nicht weit südlich von Baiae gelegenen Küstenort Bauli, wo sie eine Villa besaß. Dort wurde sie bei ihrer Ankunft von Nero empfangen und zu ebendieser Villa geleitet. Das präparierte Schiff, besonders schön ausgestattet, lag bereits am Gestade von Bauli. Um zu dem in Baiae stattfindenden Fest zu gelangen, benutzte Agrippina jedoch nicht dieses Schiff (Tacitus deutet an, daß ein Gerücht von dem geplanten Attentat möglicherweise schon zu ihr gelangt war), sondern ließ sich in einer Sänfte auf dem Landweg dorthin bringen. Als sie bei Nacht das Fest in Baiae, das eine Versöhnung zwischen Mutter und Sohn gebracht zu haben schien, verließ, gab ihr Nero bis zum Ufer das Geleit. Dort bestieg sie das von Neros Vertrauten offenbar inzwischen von Bauli herangeführte Schiff, das sie wieder zu ihrer dortigen Villa zurückbringen sollte. Da das Meer in dieser Nacht sehr ruhig und der Himmel sternenklar war, schien es Neros Helfershelfern wenig sinnvoll, einen Schiffbruch in der geplanten Form zu simulieren; statt dessen wandten sie, sobald das Schiff sich hinreichend von der Küste entfernt hatte, ein für diesen Fall vorbereitetes anderes Mittel an: durch einen Mechanismus ließen sie das zuvor mit Bleiplatten beschwerte Dach der Kajüte, in der sich Agrippina zusammen mit ihrer Vertrauten Acerronia und einem sonst unbekannten männlichen Begleiter namens Crepereius Gallus aufhielt, herabstürzen. Dabei wurde Crepereius erschlagen; Agrippina und Acerronia aber blieben unverletzt, da sie sich gerade auf Agrippinas Ruhebett lagerten und die Pfeiler des Baldachins dem Druck des Daches standhielten. Danach entschlossen sich die Schiffsleute, das zunächst verworfene Verfahren doch anzuwenden, und betätigten den Mechanismus, der das Schiff auseinanderbrechen lassen sollte. Dieser versagte aber. Darauf griffen sie zu einem allerletzten Mittel und brachten das Schiff durch einseitige Gewichtsverlagerung zum Kentern. Während Agrippina sich nach dem Kentern des Schiffes im Wasser ruhig verhielt, machte Acerronia mit Schreien auf sich aufmerksam und gab sich als ihre Herrin aus. Diese List, mit der sie ihre Rettung erzwingen zu können hoffte, wurde ihr zum Verhängnis; man hielt sie tatsächlich für Agrippina und schlug sie mit Rudern und Stangen tot. Agrip-
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pina gelang es, durch einen Schlag mit einem Ruder nur leicht verletzt, schwimmend Ufernähe zu erreichen, wo sie von ihr entgegenkommenden Barken aufgenommen wurde; anschließend brachte man sie in ihr Landhaus. – Während L. sich bei der Schilderung der manipulierten Schiffkatastrophe im großen und ganzen an den Taciteischen Bericht hält, hat er den vorangehenden Handlungsablauf zum Zweck der dramaturgischen Raffung bzw. der Vermeidung handlungsmäßiger Stagnation stark verändert. L. läßt Agrippina nicht von Antium auf ihrem eigenen Schiff anreisen, sondern von Puteoli aus (s. hierzu die Anm. zu V. 407), mit dem ihr dort schon von Nero zur Verfügung gestellten Unglücksschiff. Sie nimmt also bei L. gar nicht mehr an dem Fest in Baiae teil (dies hätte eine eigene Szene erfordert, die aber die Handlung nicht hätte voranbringen können, sondern nur eine Verlängerung der in IIIe schon erreichten Handlungsebene gewesen wäre). – L. verzichtet auch auf eine genauere Lokalisierung von Agrippinas Villa als Zufluchtsort nach dem Schiffbruch. Der Ortsname Bauli, wo sie sich tatsächlich befand, wird nicht erwähnt; Agerinus meldet Nero später (IV 254), Agrippina habe sich, nachdem sie sich an den Strand habe retten können, „An der Lucriner See ¢ich auf ihr Vorwerg tragen“ lassen. Diese geographische Angabe ist unkorrekt (der ‚Lucriner See‘ lag nicht vor Bauli; s. u. Anm. zu IV 254); ob sie bewußt gewählt wurde oder nur auf einem Lapsus beruht, ist nicht festzustellen. Vgl. zu diesem ganzen Komplex auch die gründliche Darstellung bei Asmuth, Lohenstein u. Tacitus, S. 36 ff. (Karte hierzu nach S. 240, mit Erläuterung auf S. 234). (AnmL. zu V. 469 ff.). – Einen Bericht über die manipulierte Schiffskatastrophe gibt auch der Chor in der früher Seneca zugeschriebenen römischen Tragödie ‚Octavia‘ (V. 310–366). 451 Die Fel¢en … uber¢chuttet] Eine schwer erklärbare Vorwegnahme der Folge des Schiffbruchs, der doch von den Berg-Göttinnen in den vier vorangehenden Versen mit der rhetorischen Frage an die See-Göttinnen (447–450) nur angekündigt und erst ab V. 467 als tatsächlich eintretendes Ereignis geschildert wird. 452 ¢piel’t ab] Hier sicher nicht ‚abspült‘, sondern ‚abspielt‘, d. h. ‚müde spielt‘ (vgl. DWb 16,2336 f.). 454 da !…" Alcyone gleich bruttet] Konzessiver Nebensatz: ‚obgleich doch der Eisvogel brütet‘, d. h. obgleich Windstille herrscht, denn nur zur Zeit der winterlichen Windstille brütete der Eisvogel (hier benannt nach der Tochter des Aeolus, die sich ins Meer stürzte, um ihrem bei einem Schiffbruch ertrunkenen Ehemann Ceyx in den Tod zu folgen, und ebenso wie dieser in einen Eisvogel verwandelt wurde). Wie geläufig den Zeitgenossen dieser Bildbereich war, zeigt das Emblem XXIV in Zincgrefs ‚Emblematum ethico-politicorum centuria‘ (Heidelberg 1664). Die Pictura stellt ein Eisvogelpärchen (das Weibchen brütend auf dem Nest) auf einer kleinen Insel dar. Die deutsche Subscriptio beginnt mit den Versen: „So lang der Eisevogel sitzt und seine Jungen Hegt/ | So ist des Meeres grim gelegt.“ (Bl. Gr ). – neb¢t euch] ‚in eurer Gesellschaft‘.
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457 Bajens Lu¢t-Gefilde] S. o. Anm. zu I 443. 459 Schoos der See] ‚Meerbusen‘, ‚Bucht‘ (vgl. V. 379). 465 Dreyzanks-¢tabe] ‚Dreyzank‘ = ‚Dreizack‘ (‚Zank‘/‚Zanke‘ ist Nebenform von ‚Zacke‘), das Abzeichen des Meergottes Neptun. Vgl. C I 790. 468 uberwi¢en] ‚durch Augenschein eines anderen belehrt‘. 473 ent¢eelet in der See] Paronomasie? Vgl. IV 49. 475 darf¢t] ‚mußt‘. 483 den rechten Steinfelß] D. h. den wirklichen Grund der Schiffskatastrophe, nämlich den Mordplan Neros. 487 ¢turtz’t] Hier zweifellos intransitiv: ‚fließt/strömt heftig‘. 491 Mutter] Besserung zur Pluralform zu erwägen, aber nicht zwingend notwendig; ‚Mutter‘ kann (wie ‚Gott‘ oder ‚Vater‘ usw.) auch im Singular ohne Artikel benutzt werden (s. DWb 2,984). 493 Epp’ und Flutt] Vgl. I 254. 494 Unhold] ‚Feindschaft‘, ‚Haß‘. 497–498 ihr ¢chupffichten Delfinen … dar] S. AnmL. 501 ein Mu¢chel-¢chiff der Schnecken] Auf einer Muschel gelangte Venus (V. 502) nach ihrer Geburt im Meer an Land. „Schnecken“ im Genitivattribut ist als Synonym für ‚Muscheln‘ zu lesen (entspr. lat. ‚concha‘, das beides bedeuten kann); vgl. E II 62. Ähnliche Formulierung in L.s Gedicht ‚Venus‘ (V. 967) wo das Schiff der Göttin als „ihres muschel-schiffs beperltes schnecken-haus“ bezeichnet wird (Brancaforte, Lohensteins Preisgedicht „Venus“, S. 38). 502 Daß] Unklar, ob Konjunktion oder Relativpronomen (zu „Mu¢chel¢chiff“). 503 vom] ‚mit‘. – Fel¢en-lecken] Vgl. AnmL. zu I 54, Lemma „Lampreten Milch“. 508 We¢ten] Plural von ‚West‘ = ‚Westwind‘ (weitere Belege DWb 29,630). 509 in die¢en Kluften] Gemeint sind nicht die Klüfte in den Klippen (vgl. V. 526), auf die Agrippina zuschwimmt, sondern die Klüfte in dem Gebirge, von dem aus die Berg-Göttinnen bzw. Oreaden das Geschehen im Golf von Baiae beobachten. Reminiszenz an die Vorstellung im antiken Mythos, daß die Winde von Aeolus, ihrem von Jupiter eingesetzten Hüter, in einer Höhle verschlossen gehalten werden, solange sie ihre Funktion nicht auszuüben haben. 511 braune Nacht] ‚braun‘ als Epitheton der Nacht meint ‚dunkel‘ (vgl. C II 95: „Deß braunen Abends“). Anders dagegen IV 78: „der braunen Sonne“. 516 ¢trande] ‚scheitert‘. 517 die Un¢chuld] Nicht etwa Agrippina, sondern das Meer, dessen Unschuld nunmehr, nach den anfänglichen Beschuldigungen der Berg-Göttinnen (V. 467 ff., 487 ff.), erwiesen ist. – mit Narzißen] Die Narzisse galt im griechischen und römischen Altertum als Blume des Todes und der Unterwelt und wurde daher als Grabschmuck verwendet. Die Ausschmückung des unschuldigen Meeres mit Narzissen und Rosmarin (V. 518) gilt somit den Opfern der mutwillig herbeigeführten Schiffskatastrophe.
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518 Das blaue Saltz] ‚Salz‘ wie schon bei antiken Autoren Umschreibung für ‚Meer‘; in der Verbindung mit ‚blau‘ auch bei Opitz und Logau (Belege in DWb 14,1707,2b). Vgl. C I 28. – Roßmarin] Rosmarin fand bei den alten Griechen und Römern als Kranzpflanze Verwendung, besonders bei Leichenbegängnissen. Vgl. C III 148, V 25. 519 Ja¢cht] ‚Schaum‘, ‚Gischt‘. 520 Corallen-Zapffen] „Zapffen“ hier sicher soviel wie ‚Zweige‘ (vgl. DWb 31,262,3e: ‚Zapfen‘ für Triebe von Weinreben). 521 Kinder -hold] ‚kindliche Liebe/Zuneigung‘. 522 Flammen] Hinsichtlich der flammend roten Farbe der Korallen. 524 Gedachtnus] ‚Erinnerungszeichen‘, ‚Denkmal‘ (s. DWb 4,1933). 525 di¢e That] Die Rettung Agrippinas dank der Hilfe der See-Göttinnen (vgl. IV 249). Vierte Abhandlung Szenenfolge: a) V. 1–62; b) V. 63–130; c) V. 131–220; d) V. 221–316; e) Reyen: V. 317–448. Ort der Handlung: Baiae (vgl. V. 33 f.). 1–62 Die Rede des Geistes des Britannicus in wechselnden, meist kürzeren Metra. Alexandriner nur am Anfang und am Ende und dazwischen sporadisch eingestreut. Ähnlich gestaltet auch die Rede von Agrippinas Geist V 401–454. Vgl. auch die Geistererscheinungen, die Marcus Antonius in C III 215–298 im Schlaf heimsuchen, und die Prophezeiung des Geistes Didos in S V 77–188. 4 Ang¢t] Hier: ‚drängendes Verlangen‘, ‚Sehnsucht‘ (vgl. den Beleg aus Fleming in DWb 1,358, Z. 6 v.u.). – muntern] ‚wachen‘. 5 J¢t nicht mehr wahr?] ‚Gelten die folgenden Sätze (nämlich die von den Gewissensqualen des Verbrechers) nicht mehr?‘ Zu dieser Frage veranlaßt den Geist des Britannicus Neros ruhiger Schlaf angesichts der von ihm begangenen und geplanten Übeltaten. 5–7 Ein la¢terhaft Gewi¢¢en … zerri¢¢en] Vgl. I 523.646 u. C III 226. 8 Es bill’t … Bru¢t] Das schlechte Gewissen. Vgl. Wander 1,1668, Nr. 72: „Ein böses Gewissen ist ein Hund, der allezeit bellt.“ (Nach Abraham a Sancta Clara). Vgl. V 437. 11 Spinne] Im deutschen Volksaberglauben wurde ihr die Fähigkeit zugeschrieben, Gift an sich zu ziehen bzw. aufzusaugen (HWDA 8,267). 13 Nahm !…" wahr] ‚wahrnehmen‘ mit Genitiv hier nicht im Sinne von ‚gewahr werden‘, sondern von ‚sich (einer Sache) bedienen‘ (s. DWb 27,953, 5c, ). 16–18 Die … bilden kan] Die gleiche Vorstellung, daß die Spinne mit ihrem Gewebe eine Mordtat abbilden kann, auch unten V 59. Es scheint sich um einen speziell in Schlesien beheimateten Aberglauben zu handeln, den L.
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damit wiedergibt. In antiken Quellen ist dergleichen nicht nachweisbar; auch im HWDA findet sich dafür kein Beleg. 19 Schilf] Anspielung auf das Schilf, das mit seinem Flüstern die Eselsohren des Königs Midas verriet, die dieser gern verborgen gehalten hätte (Ovid, Met. 11,192 f.). Apollo hatte sie ihm angezaubert dafür, daß Midas bei einem Wettgesang zwischen Apollo und Pan nicht ihm, sondern dem Hirtengott den Sieg zugesprochen hatte. Vgl. C II 515 f. 22–25 Daß … außwi¢ch’t] S. AnmL. 29 Daß] ‚als daß‘. 33 Bajens Lu¢t-Gefulde] S. o. Anm. zu I 443. 35 Wo doch … nicht rinn’t?] Nicht ganz klar. Wahrscheinlich denkt L. an die Auffassung seiner Zeit, daß die Wunde eines Ermordeten wieder zu bluten beginnt, wenn der Mörder anwesend ist (s. o. Anm. zu II 79–80). Da sich aber in Baiae keine Leichen von Personen befinden, die Nero zum Opfer gefallen sind, kann dieses Phänomen, das in gewisser Weise eine Erweckung des Geistes des Toten darstellt, hier nicht auftreten. Kern der Frage also etwa: ‚Entsetzest du dich, daß sogar hier, an diesem Lustort, an dem deine Mordtaten gar nicht stattgefunden haben, die Geister der Toten auftreten?‘ 39 Ziel] ‚Ende‘. 44 die Gei¢ter ¢ich errothen] Obwohl sie eigentlich blaß sind (V. 34). 46 getaget] ‚zitiert‘. 47 Die rinnenden Chry¢tallen] Umschreibung für ‚das strömende Wasser‘, nämlich des Meeres, in dem Agrippina hätte ertrinken sollen. 49 See !…" Seele] S. o. Anm. zu III 473. 56 Zipreßen] Sinnbild des Todes (bei den Römern bei Leichenfeiern und als Grabschmuck verwendet). 58 den Kay¢er Drachen fre¢¢en] ‚daß Drachen den Kaiser fressen‘ (nämlich im Tartarus, dem Unterweltreich der auf ewig Verdammten, oder auch, nach christlichem Verständnis, das hier mitschwingt, in der Hölle). 62 kein Lorber -Krantz … ¢chutzen] S. o. Anm. zu I 5; vgl. III 425. vor 63 Trabanten] Palast- oder Leibwächter. 66 Aeßern] ‚Kadavern‘. – uberleg’t] ‚überhäuft‘. 78 Aurora] Die Göttin der Morgenröte. – braunen Sonne] ‚braun‘ (vgl. III 511, wo als Epitheton der Nacht) hier im Sinne von ‚verfinstert‘, ‚von Nacht umfangen‘ (vgl Is 13,10: „Die Sonne geht finster auf.“). Vgl. auch C IV 447: „Di Bräune des Rubins“. 79 Auf¢icht] ‚Achtsamkeit‘, ‚Umsicht‘. 81–92 Als ¢ich … Heil] Nach Tacitus, Ann. 14,5–8. (AnmL.). 104 !Gallus"] Die Originallesart „Plautus“ ist Lapsus L.s (vgl. V. 243, III 470 u. AnmL. zu III 469, wo richtig). Gemeint ist Crepereius Gallus, der bei dem Einsturz des Kajütendachs den Tod fand (s. o. Anm. zu III 447–526). 105 alber] ‚naiv‘. 108 Sicherheit] ‚Arglosigkeit‘. 109 fri¢ten] ‚aufschieben‘.
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116 Zepter -Ehr] Wahrscheinlich mit Just, der das Divis durch eine Virgel ersetzt hat, eher als Aufzählung denn als Kompositum (‚Ehre des Zepters‘) zu verstehen. Da es aber keinen zwingenden Grund gibt, dies so zu sehen, haben wir mit dem B-Druck an der Originallesung festgehalten. Vgl. Anm. zu E V 215. 120 beruff’t] ‚ruft herbei‘. 123 ¢chaffe !…" an] ‚sorge dafür‘. 125 Flammen] Hier etwa: ‚hitzige Anteilnahme‘. 130 in Verfa¢¢ung ¢tellen] ‚wappnen‘. 148 un¢er An¢chlag … gefehl’t] ‚fehlen‘ hier einmal mit Dativ („uns“), einmal mit Akkusativ („sie“) der Person; Bedeutung an der ersten Stelle: ‚mißlingen‘, an der zweiten: ‚verfehlen‘. Vgl. DWb 3,1423 ff. 151 darf] ‚erfordert‘. 160 le¢chet aus] ‚erlischt‘. 165 Daß] ‚so daß‘. 171 Clytemne¢tre … Stahl] S. o. Anm. zu Pers.-Verz. 14,32 („Ore¢tes“ ). (AnmL.). 173 dis und mehr] Agrippina hatte nicht nur (wie Klytaemnestra) einen einzigen Gattenmord begangen, sondern zwei: den ersten an Crispus Passienus, den zweiten an Kaiser Claudius. 174 untergeben] ‚zur Beurteilung unterworfen‘. 175 Gotter die¢er Welt] Diese Bezeichnung für die Fürsten auch C I 693. Vgl. dazu die Bezeichnung der Richter als ‚Götter‘ in Ex 21,6; 22,27 sowie oben III 164 u. C III 616, ferner auch Gryphius, Leo Armenius II 633: „Printzen! Gotter diser Erden“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 60). 177 Alcmæon … Eriphyle] S. o. Anm. zu Pers.-Verz. 14,33 („Alcmæon“ ). (AnmL.). 181 Die Schlange] Vgl. V 158. – gar ertretten] ‚ganz zertreten‘. 187 Lager] ‚Heer‘. 188 Germanicus] Agrippinas bei den Römern hoch angesehener Vater C. Iulius Caesar Germanicus (15 v. Chr. – 19 n. Chr.), der unter Kaiser Tiberius den Oberbefehl über die römischen Rheinarmeen (vgl. V. 190) erhielt; den Beinamen verdankte er militärischen Erfolgen bei Kämpfen mit den Germanen. Vgl. V 234 f. – la¢ch’t !…" aus] ‚erlischt‘. 189 Hold] ‚Treue‘, ‚Ergebenheit‘. 190 fur den Adlern] D. h. vor den Feldzeichen der römischen Legionen, einem goldenen Adler auf einem an einer Stange befestigten Postament. Vgl. C V 476. 191 ¢teh’t zu] ‚kommt zu‘. 192 was er hat ver¢prochen] Bei der Entwicklung seines nun gescheiterten Plans eines fingierten Schiffbruchs (III 345–381). 201 ¢cheinbar zu beblumen] ‚glaubwürdig zu bemänteln‘. 203 gebe nach] ‚gestatte‘. 206 muh¢am] ‚bemüht‘. 217 blaue Schwefel-Flutt] Schwefel brennt mit blauer Flamme; hier: geschmolzener brennender Schwefel, zu Folterzwecken eingesetzt. Vgl. V. 281 u. 299.
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218 belib’t] ‚gutgeheißen‘. 220 ¢chlu¢¢ig] ‚entschlossen‘. vor 221 Trabanten] Palast- oder Leibwächter. – Nachrichter] ‚Henker‘. 235–254 Zu diesem Bericht über die Schiffskatastrophe s. die zusammenfassende Darstellung in Anm. zu III 447–526. 239 Ja¢pis] In verschiedenen Färbungen (gelb bis schwarz) vorkommender undurchsichtiger Edelstein; der Vergleich mit dem Nachthimmel läßt darauf schließen, daß L. nur eine schwärzliche Version kannte. 240 glamm] ‚glomm‘. 248 Silber !…" Saffier] Zwei Metaphern für ‚Meer‘ (der Saphir steht für Bläue; vgl. V. 319). 254 der Lucriner See] Bucht im nordwestlichen Teil des Golfs von Baiae, in der Antike durch einen Steindamm, der etwa von Baiae aus zur nordöstlich gegenüberliegenden Küste verlief, vom Meer abgetrennt. Die Villa der historischen Agrippina lag aber nicht hier, sondern in Bauli (südlich von Baiae). Zu „der“ s. o. Anm. zu I 49. – Vorwerg] ‚Landgut‘. 259 eu¢ert ¢ie ¢ich] ‚hält sie sich entfernt‘. 266 vor] ‚erst einmal‘. 267 umb¢teh’n] ‚in Abrede stellen‘. 273 Trabanten] Palast- oder Leibwächter. 286 darf] ‚muß‘. 292 darf] ‚bedarf‘. 295–316 Die blutige Folterszene ist Erfindung und Zutat L.s. Der historische Nero begnügte sich mit der (tatsächlichen oder als solche ausgegebenen) Selbsttötung des Agerinus bzw. (nach moderner Lesart) Agermus als Schuldanerkenntnis (Tacitus, Ann. 14,7,6). 308 durch den Leib !…" ¢eh’n] D. h. durch ihn hindurch, wenn er von der Marter zerfetzt ist (vgl. E III 572). Vielleicht auch zu verstehen als Umschreibung für etwas Unmögliches (‚durch etwas Undurchsichtiges durchsehen‘). 310 gebahret] ‚sich verhalten‘. 311 Fuß-brett] ‚Fußsohle‘. 316 Vollzihe … Schluß] Aufforderung an Anicetus, nunmehr die beschlossene Tötung Agrippinas auszuführen. 319–322 Du aber … Berg -Chry¢tallen] Alle Akkusativobjekte dieses Abschnitts („Gold“, „Saffier“, „Oel“, „Gei¢t“, „Blutt“, „Perl’ und Korallen“, „Safft“, „Berg-Chry¢tallen“) sind auf das „von mir“ in V. 320 zu beziehen. Als Prädikat ist zunächst ‚borgst‘, dann ‚borgt‘/‚borgen‘ zu ergänzen; nämlich: ‚Du aber borgst dein Gold, des Himmels Zelt borgt seinen Saphir, die Sterne borgen ihr Öl !…" von mir.‘ 319 Saffier] Hier wie V. 248 metaphorisch für ‚Bläue‘. 320 Oel] Als Brennstoff für die hier zwar konkret benannten, aber metaphorisch als Laternen des Himmels gefaßten Sterne. Vgl. V. 367. – Gei¢t] ‚Lebenskraft‘, ‚belebende Kraft‘ oder dgl. (vgl. I 268 u. Anm.). 321 Blutt] L. denkt hier an den Saft der Purpurschnecke (s. o. Anm. zu I 50–51).
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327 Der Anmuth Blitz] S. o. Anm. zu I 110; vgl. auch V 16. 334 Lorberzweig’] Als Zeichen des Sieges. – meine Myrten] Die Myrte war der Aphrodite bzw. Venus heilig. Verbindung mit dem Lorbeer auch C IV 465 f. 337 bricht alles mor¢ch entzwey] S. o. Anm. zu III 119. 343 Zedern] Als Sinnbild ungebrochener Herrschaft (zu seinem biblischen Ursprung s. o. Anm. zu I 162). 345 Lorber -Schatten] Bezieht sich auf den Lorbeer als Abwehrmittel gegen Blitzschläge (s. o. Anm. zu I 5). 346 durch … Tod] ‚durch den Blitz, den Zeit und Tod senden‘. 348 Der Himmel … ein] Vgl. Is 34,4: „Und wird alles Heer des Himmels verfaulen, und der Himmel wird eingewickelt werden wie ein Brief“, und hierzu Zedler 54, s.v. ‚Welt‘ (Nr. 14: ‚Untergang der Welt‘), 1678–1694, insbes. 1684 f. 350 Der Sterne … klein] S. AnmL. zu V. 348 (Verweis auf Justus Lipsius, De constantia). 356 Jnfel] S. o. Anm. zu II 350. 366 Kein Blick … nimm’t ab] Verkürzt für: ‚Kein Blick (= Augenblick) verstreicht, ohne daß dein !…"‘ 367 Tacht] ‚Docht‘. – Oele] Als Brennstoff; vgl. V. 320. 380 Pfrit¢ch] S. o. Anm. zu II 115. 387 in der Holen] ‚Höle‘ für ‚Grab‘ auch C IV 569. 395 Wa¢¢er -Gall’n] Aus Wasser bestehende blaßfarbige Ausdünstungen am Himmel (s. DWb 27,2403, Nr. 6). 396 Flutt] Wohl Druckfehler für ‚Glutt‘. Zeit und Tod nehmen Bezug auf das Reimpaar „Glutt“/„Blutt“ in V. 389 u. 391 des voraufgehenden Redebeitrags der Liebe. Vgl. auch das „Glutt“ korrespondierende „Sonnenschein“ in V. 397. 400 Blutt-Comete] Ein Komet, der (als Prodigium) blutige Ereignisse ankündigt. 401 Schwe¢tern] Zeit und Tod (dieser als weibliches Wesen angesprochen gemäß dem grammatischen Geschlecht von lat. ‚mors‘?). 403 be¢cheiden] ‚verständig‘, ‚einsichtig‘. 407 Seiden-Wurm] Hier ist offenbar entgegen dem Sprachgebrauch nicht die Seide produzierende Seidenraupe (vgl. V 695) gemeint, sondern im Gegenteil ein Ungeziefer, das Seide oder andere kostbare Gewebe (V. 408: „Purper“) zerstört. Vgl. C I 19 f. 410 gla¢ern] ‚zerbrechlicher‘. – Donner -Keil] Gewöhnlich der von Jupiter im Zorn herabgesandte Blitzstrahl. 414 der Sophonißben Brun¢t] „der Sophonißben“ sicher Gen. obi.; Sinngemäß also: ‚Dieses Gift (der Ehrsucht) tötete die Liebe (Masinissas) zu Sophonisbe‘, insofern nämlich Masinissa seine Liebe dem für ihn politisch vorteilhaften guten Verhältnis zu Rom opferte (zur Sache s. die Erläuterungen zum Personenverzeichnis von L.s ‚Sophonisbe‘). Nicht ganz auszuschlie-
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ßen ist aber auch eine Deutung, die sich aus dem Verständnis des Genitivs als Gen. subi. ergibt („der Sophonißben Brun¢t“ dann also sinngemäß: ‚die liebende Sophonisbe‘). Muhlthau] Mehltau, eine Pilzerkrankung der Pflanzen. Muß] ‚kann‘. – beklieben] ‚eingewurzelt‘. Daß er] ‚damit er‘, nämlich der vom Feuer der Liebe erfaßte „Gei¢t“ (V. 421), vielleicht aber auch der von der Liebe entfachte „Brand“ (V. 422). Sein Stamm-Baum] Hier: ‚seine Mutter‘. Solch Liben] Die Liebe Poppaeas, die nicht echt, sondern durch den Wunsch nach Macht und Herrschaft motiviert ist. Dreh’ … herfur] In Verbindung mit V. 443 f. Reminiszenz an die mittelalterliche Allegorie der ‚Frau Welt‘: von vorn eine schöne, attraktive Dame, von hinten ein von Würmern, Schlangen und Kröten scheußlich zerfressener Leichnam. glimmen] ‚glimmenden‘. Gorgons-Schild] Der Schild der Göttin Athene (oder der Agamemnons), auf dem nach Angaben Homers (Il. 5,741; 11,36) das von Perseus abgeschlagene Haupt der Medusa, einer der drei Gorgonen, abgebildet war, bei dessen grausigem Anblick Menschen und Tiere in Stein verwandelt wurden. Vgl. I 484. Zirzen] Gen. Sg. von ‚Zirze‘ (= Kirke; s. o. Anm. zu I 629–630).
Fünfte Abhandlung Szenenfolge: a) V. 1–120; b) V. 121–172; c) V. 173–279; d) V. 279–378; e) V. 379–484; f ) V. 485–584; g) V. 585–784; h) Reyen: V. 785–856. Orte der Handlung: Agrippinas Landhaus (Szenen a-d); Rom? (Szene e); „eine wüste Einöde“ (Szenen f-h). 6 15
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Marmel-Klippen] Zu dieser Metapher für die Brüste vgl. I 106, II 55, III 245. Mein Ba¢ilißken-Kind] Ein Basilisk ist ein schlangenartiges Fabeltier, dessen Gift, Atem und Blick tödlich wirkten. In der Anwendung auf Nero ließe sich eine Anspielung auf den Ausspruch von Neros Vater Cn. Domitius Ahenobarbus (nach Sueton, Nero 6,1) herauslesen, aus einer Verbindung zwischen ihm und einer Agrippina könne nur etwas Abscheuliches und für das Gemeinwohl Verderbliches herauskommen. Vgl. C II 24; E I 434.483. Anmuths-Blitz] Vgl. IV 327. regt] ‚erregt‘. – Unruh] Zweideutig. Es kann ‚Unruhe‘ in abstracto, aber auch (anachronistisch) in concreto, nämlich als Bezeichnung für den Bewegungsregler im Uhrwerk (vgl. V. 161!), gemeint sein. – Umb-kreiß] Auch dies zweideutig, je nachdem, ob man „Unruh“ als Abstractum oder als Concretum versteht: im ersten Fall eher ‚kreisförmiger Umlauf‘, im zweiten eher ‚Bezirk‘/‚Bereich‘. Im Hinblick auf „Wirbel“ (V. 20) trifft aber wohl die Deutung ‚kreisförmiger Umlauf‘ eher den gemeinten Sachverhalt. Vgl. V. 161 f.
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Schal¢ucht] ‚Mißgunst‘. Der Wirbel] Hier eine Sache, um die sich etwas dreht, also etwa ‚Achse‘. – ¢cheinbar] Hier sowohl ‚überzeugend‘ wie auch ‚trügerisch‘ (vgl. DWb 14,2436, Nr. 3/4). ¢cheinbarn] Anders als das Adverb in V. 20 das Adjektiv hier in der Bedeutung ‚ausgezeichnet‘. Als er den Kuß uns gab] Beim Abschied nach der Einladung zu dem Fest in Baiae (III 442 f.). – erherb’t] ‚erbost‘. wurck’t in die Tapeten ein] ‚einwirken‘ im konkret handwerklichen Sinne, etwa ‚einweben‘ („Tapeten“ also als Wandteppiche bzw. Gobelins zu verstehen). D. h., Agrippina sieht die Untaten, die sie im Laufe ihres Lebens begangen hat, im Geiste so deutlich vor sich stehen, daß sie bildliche Darstellungen auf diesen Gobelins oder auch in der Form von Marmorplastiken oder -reliefs („Marmel“, V. 44) zu sein scheinen. Bruder] Kaiser Caligula; es hieß, daß Agrippina auch mit ihm inzestuöse Beziehungen unterhalten habe (Sueton, Caligula 24,1). (AnmL.). Pallas] S. o. Anm. zu III 40. Vettern] ‚Onkels (Vaterbruders)‘. – durch arg¢te Zauber -kun¢t] Diese Selbstbezichtigung Agrippinas (sie habe ihren Onkel Claudius mit Zauberei zur Ehe bewogen) beruht auf einem Mißverständnis L.s von Tacitus, Ann. 12,65,1 (s. die Erläuterungen in AnmLH. hierzu). Die Gun¢t des Seneca] Eine Andeutung, daß auch Seneca zum Kreis von Agrippinas Liebhabern gehört habe, bei Cassius Dio 61,10 (s. AnmL.). Vgl. E V 115 f. Silan] L. Iunius Silanus, der Verlobte Octavias, wurde auf Betreiben Agrippinas angeklagt, unerlaubte Beziehungen zu seiner Schwester unterhalten zu haben; Kaiser Claudius löste daraufhin die Verlobung auf, womit der von Agrippina geplanten Heirat Neros mit Octavia nichts mehr im Wege stand. Silanus verlor sein Amt als Prätor und Senator und nahm sich am Tage der Hochzeit („mein Heyraths-Fe¢t“, V. 51) zwischen Agrippina und Claudius das Leben. Stadt] Es scheint, daß L. hier entgegen den bei Tacitus belegten Tatsachen (vgl. Ann. 12,3.4.8, von L. selbst angeführt in AnmL. zu I,189) voraussetzt, daß Silanus in die Verbannung geschickt worden sei – wenn nicht „Stadt“ als Umschreibung für die Ämter verstanden werden soll, die Silanus niederlegen mußte. – Gei¢t] Leben (vgl. I 268, III 435, IV 320). Lollien] Lollia Paulina, eine Konkurrentin Agrippinas bei den Planungen zur Wiederverheiratung des Kaisers Claudius nach der Tötung Messalinas (Tacitus, Ann. 12,1/2), wurde i. J. 49 aufgrund einer von Agrippina eingefädelten Intrige verbannt und anschließend zum Selbstmord gezwungen (ebd. 12,22). (AnmL.). Statilius] T. Statilius Taurus, Proconsul von Afrika 51/52 und 52/53; ihn trieb Agrippina als Kaiserin mit der Inszenierung einer Anklage de repetundis (Erpressung von Untertanen durch Amtspersonen zum Zweck eigener
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Bereicherung) in den Selbstmord, um sich in den Besitz seiner prächtigen Gärten bringen zu können (Tacitus, Ann. 12,59). (AnmL.). 59 web’t … Mordthat] S. o. Anm. zu IV 16–18. 60–61 Wie ich … das Reich] S. AnmL. 60 Schwamm’ und Gift] Hendiadyoin (‚giftige Pilze‘). 62 Verkurtzung] ‚Hintansetzung‘. 70 Mein Sohn hat … gezogen] D. h. Nero wies schon als Säugling eine so verderbte Disposition auf, daß er Muttermilch nicht in ihrer Reinheit in sich aufnehmen, sondern sie in Gift umwandeln mußte, ebenso wie nach den zeitgenössischen Vorstellungen die Spinne denselben Nektar, aus dem die Biene Honig macht, in Gift umwandelt (s. Rahn, Affektpathologische Aspekte, S. 218). 73 hoch ans Brett] S. o. Anm. zu I 636. 75 meiner Pfeiler Grauß] „Grauß“ hier wie auch anderswo = ‚Trümmer‘. – Fußwerck] ‚Fundament‘. 79 Fall-Brett] S. o. Anm. zu I 364. Hier bildlich für die Mordanschläge, die Nero auf Agrippina schon unternommen hat (s. o. Anm. zu I 348 u. 349). – gefehl’t] ‚verfehlt‘. 80 Eifer] ‚Eifersucht‘. – kwall’t] ‚quält‘. 81–82 Agrippinens Leiche … reiche] Vgl. V. 176. 90 Warumb… zu rucke] Agrippinas Befürchtungen aufgrund des Ausbleibens ihres Vertrauten nach Tacitus, Ann. 14,8,3. (AnmL.). 93 den Sternen einge¢chrieben] Vgl. C III 589 f., V 119 f.; E V 260–263. 94 i¢t beklieben] ‚Wurzel gefaßt hat‘. 95 betag’t] ‚vorgeladen‘. 96 Chaldeer] Im engeren Sinne eigentlich die Priester des Gottes Baal bei den Babyloniern, die für ihre Fähigkeiten in Astrologie, Magie und Wahrsagekunst berühmt waren. Bei Tacitus, auf den L. sich hier bezieht (s. AnmL.), nur soviel wie ‚Wahrsager‘. Vgl. E V 262. 97 willkuhrlich] ‚aus freien Stücken‘, ‚willentlich‘. 98 Er todte] Nämlich seine Mutter (nach der Prophezeiung der Chaldäer). 101 Entei¢erung] ‚Entäußerung‘, ‚Ablegung‘. 104 Er i¢t der Men¢chen Sold] Vgl. Rm 6,23: „Denn der Tod ist der Sünde Sold.“ 105 Hilf Himmel!] Vgl. I 354. Gleicher Angstschrei Neros beim Erscheinen des toten Britannicus (IV 63), der toten Agrippina (unten V. 395) und der Furien (unten V. 781). 109 die Deut¢chen Schaaren] Agrippinas germanische Leibwache, die ihr auf Befehl Neros entzogen worden war. 113–114 Wie ¢chwanckend … ¢tutzen] Entspricht dem Motto zur ‚Agrippina‘ (s. Textband, S. 4). 115 du verla¢¢e¢t … auch] Dieser Vorwurf gegen ihre Dienerin, die beim Eintreffen der Mörder davonlief, verbürgt durch Tacitus, Ann. 14,8,3. (AnmL.). 116 Heuchler] ‚Schmeichler‘.
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119–120 Oft wird … Zum Netze] Vgl. die Ähnliches besagenden Sprichwörter in: Thesaurus proverbiorum medii aevi 3, S. 305, Nr. 3.1.2.9.; 4, S. 255, Nr. 5; 10, S. 13, Nr. 39 (208). 121–125 Ja/ ¢ucht … hat befohl’n] Nach Tacitus, Ann. 14,8,4; s. AnmL. zu V. 122. 127 ein Wurm die Mutter todten] Vermutlich ist hier der gleiche Vorstellungsbereich angesprochen wie V. 405 f. (s. Anm. hierzu). Vgl. V. 154. 131 fal¢che Garne] ‚hinterhältige Fangnetze‘. 135 Fund] ‚Anschlag‘. 138 auch un¢ern Ruhm noch rauben?] Vgl. V. 429 ff. 140 Ubermuth] ‚Hochmut‘. 143 fal¢cher Brandfleck] ‚unberechtigt zugefügtes Brandmal‘ (als Kennzeichnung des Verbrechers). Vgl. II 356. – der Mordthat Seiffe ¢eyn] ‚als Vorwand dienen, um den Mord reinzuwaschen bzw. zu rechtfertigen‘. 145 hieher bewogen] ‚hierher in Bewegung gesetzt‘ („bewogen“ ist Part. Perf. des starken Verbums ‚bewegen‘; heute hierfür das schwache Verbum ‚bewegen‘ gebraucht). 148 Ein ¢chimpflich Prugel] Einer der drei Mörder, der Trierarch Herculeius, trug lt. Tacitus (Ann. 14,8,5) einen Knüppel bei sich und schlug Agrippina damit auf den Kopf, so daß sie vermutlich bewußtlos war, als sie von dem Flottenhauptmann Obaritus (so die Namensform in modernen TacitusAusgaben) mit dem Schwert geradezu abgeschlachtet wurde. L. hat den Vorgang etwas verändert und (wegen der Zutat V. 170 f.) zu dem Schwert (V. 159) auch noch einen Dolch (V. 149,151,156) eingeführt, der bei dem Tötungsakt nach seiner Version das wichtigste Instrument ist. 153 Milch’] Die volle Form ‚Milche‘ bei den Schlesiern als Dat. Sg. belegt (vgl. V. 410). Hier aber entweder Akk. Sg. (wofür es im DWb allerdings keinen Beleg gibt) oder Akk. Pl. (lt. DWb 12,2185 aber nur im Friesischen nachweisbar). Vgl. I 105. 154 Stoß durch den nackten Bauch] Nach Tacitus, Ann. 14,8,5: „Ventrem feri!“ (s. AnmL. zu V. 122). – der einen Wurm gezeuget] Vgl. V. 404. 155 Molch] Im 16./17. Jh. verstand man darunter den Salamander, den man für hochgiftig hielt. Vgl. V. 828; E V 610; C I 702. 158 Die Schlange] Vgl. I 225, IV 181. 160 das ¢toltze Thier] Vgl. III 1. 161 Uhrwerck] Zu diesem Anachronismus vgl. Anm. zu V. 18. 163–164 der Sonne !…" vorzuzih’n] ‚vor die Sonne zu schieben‘. 170–171 Jch eile … Jupiters] Von einem solchen Vorgang nach der Tötung Agrippinas ist nichts überliefert. Hier von L. hinzuerfunden in Analogie zu einer entsprechenden Maßnahme Neros, die nach der Niederschlagung der Pisonischen Verschwörung (Thema der ‚Epicharis‘) dem Dolch des Flavius Scaevinus galt (Tacitus, Ann. 15,74,1–2). (AnmL.). vor 173 Trabanten] Palast- oder Leibwächter. 176 Des Feindes … von ihr] Nach dem Ausspruch des Kaisers Vitellius, „optime olere occisum hostem“ (Sueton, Vitellius 10,3). Vgl. V. 81 f.
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177 Laß’t uns … be¢chauen] Zu den Quellen, die davon berichten, daß Nero den nackten Leichnam seiner Mutter begutachtet habe (Tacitus, Ann. 14,9,1, legt sich in der Frage des Wahrheitsgehalts nicht fest), s. AnmL. zu V. 180 ff. 185 ein ¢o kohl ¢chwartzes Hertz] S. o. Anm. zu I 278. 191 Sein Marmel] Bezöge man „Marmel“ auf das hier wie auch sonst feminin gebrauchte „Schooß“ (V. 190), wie es der sprachliche Zusammenhang erfordert, so müßte es ‚Ihr Marmel‘ heißen. Da hier aber anscheinend (V. 192: „Schneeberg“; vgl. auch V. 181, II 153 f. u. III 260) der Busen gemeint ist, auf den die Marmor-Metapher ohnehin besser paßt, muß ein Textverlust zumindest eines Verspaars vor V. 191 angenommen werden oder aber ein Lapsus L.s. – Lieb-reitz] Unklar, ob im Sinne von ‚Anreizung zur Liebe‘ oder von ‚Anmut‘ zu verstehen. 202 mit guttem Scheine] ‚mit überzeugendem Vorwand‘ (vgl. DWb 14,2423, 3c). 203 großen Rath’] ‚Senat‘. – Zufall] ‚Vorfall‘. 206 Sey Gegentheil gewe¢t] „Gegentheil“ = ‚Gegenpartei‘, ‚Widersacher‘; also etwa: ‚habe sich gegen sie gewandt‘. 206–207 Die Hande … ¢eyn] ‚sie habe sich eigenhändig umbringen müssen‘. Etwa so lautete nach Tacitus (Ann. 14,10,3) auch die von Nero schließlich dem Senat offiziell mitgeteilte Darstellung der Todesursache. 208 ¢ich verlauffen hat] ‚fortgelaufen ist‘. 210 darf] ‚braucht‘. – vorhin] ‚ohnehin‘. 212 ff. Die von Seneca hier aneinandergereihten Vorwürfe gegen Agrippina waren in den wesentlichen Teilen in dem Schriftstück enthalten, das Nero zu seiner Rechtfertigung an den Senat richtete (Tacitus, Ann. 14,11). (AnmL.). 214 der Un¢chuld … zu bereitet] Seneca denkt z. B. an Agrippinas Intrigen gegen Silanus, Lollia und Statilius (s. o. Anm. zu V. 50, 53 u. 57). 218 eingerathen] ‚zugeraten‘. 220 außge¢tell’t] ‚angekreidet‘. 221 angefri¢chet] ‚aufgereizt‘. 223 freyen Zaum verhang’t] ‚hat die Zügel schießen lassen‘; ‚verhängen‘ bedeutet schon ‚hängen lassen‘, also ‚nicht anziehen‘, so daß „freyen“ streng genommen eine sachlich überflüssige, den Sachverhalt nur sprachlich stärker akzentuierende Zutat ist. 229 Du ¢ol¢t die Schrift verfa¢¢en] Neros Rechtfertigungsschrift an den Senat war tatsächlich von Seneca aufgesetzt worden, nicht zu dessen Ruhme, wie Tacitus meint (s. das Zitat in AnmL.). 232 Durch Gaben … die Gotter] Nach Ovid, Ars amatoria 3,653: „Munera, crede mihi, capiunt hominesque deosque.“ – Stahl] Hier: ‚Schwerter‘ bzw. im weiteren Sinn ‚Waffengewalt‘. 234 des Germanicus Gedachtnus wird ver¢chwinden] Eigentlich nicht das Andenken an Germanicus, sondern das Bewußtsein dessen, daß Agrippina die Tochter des hochangesehenen Kriegshelden war. Vgl. IV 188. 238 ver¢chnitten] ‚verleumdet hat‘.
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239 das Elend !…" bau’n] ‚in der Verbannung leben‘ (DWb 3,406 f.). Vgl. I 585. 243–250 Nach Tacitus, Ann. 14,12,3. (AnmL.). 243 Calpurnie] Calpurnia, eine vornehme Dame, war auf Betreiben Agrippinas i. J. 49 in die Verbannung geschickt worden, weil Kaiser Claudius ihre Schönheit gerühmt hatte (Tacitus, Ann. 12,22,3). Mit der Rückberufung der Calpurnia und der anderen im folgenden genannten Feinde Agrippinas gedachte Nero einerseits seine Mutter zu diffamieren, andererseits aber seine persönliche Milde unter Beweis zu stellen (Tacitus, Ann. 14,12,3–4). (AnmL.). – Licinius Gabol] Licinius Gabolus, ein früherer Prätor, der ebenfalls auf Veranlassung Agrippinas verbannt worden war. 244 Jtur] S. o. Anm. zu I 198. – Junien] Iunia Calvina, die Schwester von Octavias früherem Verlobten L. Iunius Silanus; wegen des von Agrippina lancierten Verdachts, ein blutschänderisches Verhältnis mit ihrem Bruder zu haben (s. o. Anm. zu V. 50), i. J. 49 verbannt. 245 Calvi¢ius] S. o. Anm. zu I 198. 247 Paulinens] Der Lollia Paulina (s. o. Anm. zu V. 53). 249 Silanens] Der Iunia Silana (s. o. Anm. zu I 203). 251 ¢o gar] ‚so ganz‘. 252 Zeit-Buch] ‚Kalender‘. 253 gleich] ‚gleichwohl‘. 256–261 Nach Tacitus, Ann. 14,12,1 (s. AnmL.). 256 Satz’t] ‚stellt‘. – Rath-hauß’] Die Kurie, das Gebäude, in dem die Senatssitzungen stattfanden. – Minervens guldnes Bild] Ein goldenes Standbild der Göttin Minerva. 258 Dis Fe¢t] Die Quinquatrus (19.–23. März), an denen Agrippinas angeblicher Mordanschlag aufgedeckt worden war. 261 Sol … ¢tehen] Anspielung auf die Praxis der Damnatio memoriae, d. h. der Auslöschung des Andenkens an Personen, die als Staatsfeinde galten (ihr fiel Nero nach seinem Tode selbst anheim). – Zeit-Regi¢ter] ‚Kalender‘ oder auch ‚Annalen‘, ‚Chronik‘. 262 welcher ¢turm’t den Himmel] Nero vergleicht also Agrippina mit den Giganten, Ungeheuern, die gegen die Götter des Olymps Krieg führten, von diesen aber besiegt und vernichtet wurden. Vgl. E I 791 f. 263 im Capitol] Als Nero nach der Ermordung seiner Mutter in Rom einzog, wurden die Statuen Agrippinas umgestürzt (Cassius Dio 61,16; hier allerdings keine Angabe über deren Standort). 267 Schaff’t] ‚sorgt dafür‘. 267–268 Daß man … Pracht] Nach Tacitus, Ann. 14,9,1 (zit. in AnmL.). 267 heinte di¢e Nacht] „heinte“ geht zurück auf ‚heint‘, das, als Verkürzung von ‚heinacht‘, eigentlich schon ‚diese Nacht‘ bedeutet, seit dem 16. Jh. aber auch in der Bedeutung ‚heute‘ verwendet wurde; so auch hier, wo die Annäherung an ‚heute‘ durch das ‚e‘ formal unterstrichen wird. 271 di¢er Todten-grufft] ‚das Grab derjenigen‘.
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272 Die … ¢ih’t] „Die“ ist auf „di¢er“ (Gen. Sg. des hier für Agrippina stehenden Demonstrativums) zu beziehen. Sinngemäß: ‚die den vergöttlichten Ruhm ihrer Ahnen vor Augen hat‘. 274 Trabanten] Palast- oder Leibwächter. 276–278 Du aber … an den Rath] S. o. Anm. zu V. 229. 285 Schal¢uchts-Reif] ‚Reif der Mißgunst‘. 286 weg zu ¢angen] Vgl. IV 419. 287 Muhlthau] S. o. Anm. zu IV 419. 292 Garten … guldner Aepffel] S. o. Anm. zu III 250–251. 296 Argos] S. o. Anm. zu II 491. 298–299 auf Galatheen … Polifem] Polyphem, einer der Kyklopen (barbarischen einäugigen Riesen), verliebte sich in die Meernymphe Galatea, die ihn aber abwies, weil sie schon mit dem schönen Acis ein Liebesverhältnis hatte. Im Zorn über seinen Mißerfolg erschlug er Acis mit einem riesigen Felsen, den er auf ihn warf. Die Geschichte erzählt Ovid, Met. 13,749–897. 303 Jhr] Anrede Poppaeas in der dritten Person (ebenso V. 307 u. 309), gleich danach in der zweiten („dein“). – ¢ternend] ‚wie ein Stern strahlendes‘. 315 ihr] Octavia. 318 Niemand flucht dem Blitz] Weil er ein unabwendbares Naturereignis ist, wie es nach Poppaeas Auffassung auch die Entscheidungen der Fürsten für die Untertanen sind. 320 eine Mauß ent¢eel’t den Krocodil] In der antiken Fabeltradition ist ein solcher Stoff nicht nachweisbar. 321 Ein ¢chwacher Kefer] Anspielung auf die Fabel vom Mistkäfer und dem Adler (vgl. IB I 129 f.). Der Mistkäfer hatte einem vom Adler gejagten Hasen seinen Schutz zugesagt und den Adler gebeten, seinen Schützling zu verschonen. Der Adler wollte sich aber auf nichts einlassen und zerfleischte den Hasen vor des Mistkäfers Augen. Dieser rächte sich für diese Mißachtung, indem er in des Adlers Nest hinaufkroch und dessen Eier hinunterwarf. Ausführlich erzählt bei Erasmus, Adagia, chil. 3, cent. 7, prov. 1: „Scarabaeus aquilam quaerit“ (Erasmus, Opera omnia, ed. I. Clericus, tom. 2, 879F-883E); s. auch Perry, Aesopica 1, 322, Nr. 3; Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 763 (hier weitere literarische Belege); Schöne, Emblematik u. Drama, S. 77. 325 Einfalts-Schein] ‚offenkundige Unschuld‘. 326 Tauben-Augen] Die Taube als Sinnbild der Unschuld; ‚Taubenauge‘ hier also soviel wie ‚Unschuldsmiene‘. Vgl. I 485. 328 Man miß’t … kleiner Licht] Der Ton liegt hier auf „Monden nur“, d. h., in einer dunklen Nacht wünscht man sich, um besser sehen zu können, allenfalls das Licht des Mondes herbei, schwerlich aber das der Sterne, da diese als Lichtspender kaum in Betracht kommen. In der Anwendung auf Octavia: Sie ist nur ein kleines Licht, dessen Verlöschen niemand als Verlust empfinden wird. Vgl. Thesaurus proverbiorum medii aevi 8, 231, Belege zu Nr. 3 („Das Licht des Mondes überstrahlt das Sternenlicht“). – miß’t] ‚vermißt‘.
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330 der Gramen] S. o. Anm. zu I 155. 334 Was Burgern vor war recht] Nach römischem Recht war die Ehescheidung prinzipiell dem freien Belieben der Ehepartner anheimgestellt (ein Scheidungsrecht gab es nicht). Sie konnte in der Kaiserzeit von beiden Partnern einseitig erklärt werden. Vgl. C I 472, II 342 u. AnmL. zu C II 342. 336 des Eyferns] ‚der Eifersucht‘ (Octavias). 343 der Zeiger] Der der Sonnenuhr. 344 ¢ein Glucke] Wohl zu beziehen auf „Schluß“ (V. 343); ‚Glück‘ hier aktivisch gemeint, als Beglückung, die von jenem „Schluß“ für Poppaea ausgeht. 353 Schal¢ucht] ‚Mißgunst‘. 358 Muß] ‚kann‘. 360 kein ¢auer Aug’ !…" bekommen wil] ‚sich nicht unbeliebt machen will‘ (vgl. II 316). 361 erherben] ‚erzürnen‘. 362 Dis Thier … muß ¢terben] S. AnmL. 364 Gei¢ter] ‚Lebensgeister‘ (s. DWb 5,2654–2656). Vgl. I 268, IV 320. 367 Mit die¢em … Diamant] Sprichwörtlich; vgl. Wander 4,1165, Nr. 36 („Thränen zerfressen den Stahl“). 374–375 Am be¢ten … gewehr’t] Sinngemäß etwa: ‚Wenn man Dürstenden den Trank nicht gleich gewährt, kann man es ganz lassen.‘ 378 uns] Verkürzt für ‚unsere‘ (das „-re“ des folgenden „ihre“ als sich auf „uns“ zurückerstreckend zu denken). vor 379 Agrippinens Gei¢t] Agrippinas Geist erscheint Nero auch in der früher Seneca zugeschriebenen römischen Tragödie ‚Octavia‘ (V. 593–645). – Trabanten] Palast- oder Leibwächter. 381–382 ¢o ¢chone Sonnen Geliebter Augen] Nämlich die Poppaeas (vgl. V 366). 388 Syrt’] Hier umschreibend für ‚Sandbank‘ (die Große und die Kleine Syrte, zwei Buchten an der nordafrikanischen Küste, waren in der antiken Schifffahrt gefürchtet wegen ihrer wandernden Sandbänke). Vgl. E I 409 und die lateinische Widmung zu C, V. 27. 397 und ¢ie lebt] ‚und zugleich lebt sie‘. 401–454 Metrische Gestaltung der Rede des Geistes Agrippinas ähnlich wie die des toten Britannicus (s. o. Anm. zu IV 1–62). 401 Schreck’t … Schatten] Nach Sueton, Nero 34,4 (zit. in AnmL., mit Beispielen von Geistererscheinungen bei anderen römischen Kaisern). 404 Wurm] ‚Schlange‘, ‚Drachen‘. 405–406 Die Natter … enttzwey] Mit „Natter“ ist die Viper gemeint, die nach Auffassung der antiken Zoologie zuweilen bei der Geburt ihrer Jungen starb; dann nämlich, wenn diese sich aus Ungeduld aus dem Leib der Mutter ins Freie fraßen (s. u. a. Aristoteles, Hist. animal. 5,34 [558a]; Plinius, Nat. hist. 10,170). Das Motiv auch in der Emblematik verarbeitet (Henkel/ Schöne, Emblemata, Sp. 661 f.; Schöne, Emblematik u. Drama, S. 81 f.). Vgl. V. 127, 154, 158 u. 489.
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412 Farbe dir zum Purper abgegeben] D. h. Agrippinas Einsatz ebensowohl wie ihrem herrschaftslegitimierenden Geblüt hat Nero es zu verdanken, daß er den Kaiserthron besteigen konnte (Purpur als Signum der Herrschaft). 419–422 iedweder Wurm … Rach und Stich] Vgl. die diversen Belege bei Wander 5,462 f., Nr. 3 („Auch der Wurm krümmt sich, wenn er getreten wird“), Nr. 23 („Es ist kein Wurm so klein, er krümmt sich, wenn man ihn tritt“); Erasmus, Adagia, chil. 2, cent. 5, prov. 31: „Inest et formicae et serpho bilis“ (Erasmus, Opera omnia, ed. I. Clericus, tom. 2,562 f.). Vgl. E I 572, IV 139. 420 Die ¢ich … beweget] Weiteren Beleg oder Quelle für diese Auffassung nicht ermittelt. 430 Lethe] Der Strom der antiken Unterwelt, mit dessen Wasser die Seelen der Verstorbenen ewiges Vergessen tranken. 437 Der Hund … bill’t] S. o. Anm. zu IV 8. 438 deinen Branden] ‚deiner Verbrennung‘. 440 er¢chell’n] ‚zerbrechen‘. 441–442 die Gewi¢¢ens Pein … Hencker ¢eyn] Vgl. I 646. 443 er¢t] ‚eben erst‘. – dein Blutt-Rath] Etwa: ‚dein blutiges Planen‘. 445 angego¢¢en] ‚angeschwärzt haben‘. 454 Dein Arm der Pri¢ter] Vorausdeutung auf Neros Selbstmord (ebenso V. 458). (AnmL.). 460 ff. Neros Ängste, der Zuspruch durch Burrhus und den Hauptmann (Zenturio) nach Tacitus, Ann. 14,10,1–2. (AnmL. zu V. 469 ff.). 466 Nichts Wunder] ‚kein Wunder‘. 473 Erzeug’t] ‚Erzeigt‘ (s. o. Anm. zu I 127). 478 Verwun¢chend] ‚verwünschen‘ bei den Schlesiern des 17. Jh.s dasselbe wie ‚wünschen‘. 482 was Agrippin’ entwand] Nero meint die Soldkürzungen, die Agrippina lt. Seneca (V. 217 f.) durchgesetzt hatte. 484 der Mutter Gei¢t … ver¢ohnen] Nach Sueton, Nero 34,4 (zit. in AnmL.). 485–584 Diese Szene, die mit dem Selbstmord von Agrippinas Freigelassenem Mnester endet, hat keine Entsprechung in den historischen Quellen. Bei Tacitus (Anm. 14,9,2) nur Bericht der Selbsttötung mit dem Schwert und die Bemerkung, daß über deren Motiv (Treue zur Herrin oder Angst vor eigener Hinrichtung) keine Klarheit bestehe. 489 Seele … gefahr’n] S. AnmL. 490 Sie ¢tieg … Uhr¢prung war’n] Nach Plato (s. AnmL.). 493 hege] ‚halte‘. 495 Mord-¢chaar] Vgl. V. 107. 498 rechtes Recht] Vgl. E V 668; IB V 186; S V 113. 505 ihr] Gen. Sg. (‚ihrer‘). 506 die Bilder] Die ‚imagines maiorum‘, wächserne Gesichtsmasken der Ahnen, die die vornehmen Römer im Atrium aufbewahrten und die bei Leichenzügen von Schauspielern angelegt wurden, die dem Zug voranschritten. Bei
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der Bestattung der Iunia, Witwe des Caesarmörders C. Cassius 22 n. Chr. wurden diese Masken lt. Tacitus, Ann. 3,76,2 (hierauf ausdrücklicher Bezug in AnmL.) von Mitgliedern berühmter Familien vorangetragen. 517 der Rhein] Als der Fluß, an dem sie geboren wurde. 518 von Helffenbein’] Attribut zu „Bette“! 522 die Fackeln] Bei römischen Leichenfeiern üblich. 525 aus Stadten] S. o. Anm. zu I 312. 527 Ab¢ehn !…" auf] ‚Interesse an‘. 528 Kein Pfau … Gotter] Am Schluß der Bestattungsfeierlichkeiten konsekrierter, d. h. zu Göttern erhobener Kaiser ließ man einen Adler (den Vogel Jupiters) fliegen, der die Seele des Verstorbenen in den Himmel tragen sollte; bei konsekrierten weiblichen Angehörigen des Kaiserhauses wurde seit dem 2. Jh. (also noch nicht zu Neros Zeit!) zuweilen statt des Adlers ein Pfau (der Vogel Junos) verwendet. S. auch AnmL. Vgl. E V 442. 534 Wo ¢ind … opffert ihr?] Gedacht ist hier an den Vorgang der Consecratio, durch den römische Kaiser oder Angehörige des Kaiserhauses nach entsprechendem Senatsbeschluß in den Kreis der Staatsgötter aufgenommen wurden. 535 Der Neid … opffern mu¢¢en] Inspiriert von der Schilderung der Invidia (Göttin der Mißgunst bzw. des Neides) bei Ovid, Met. 2,760–782: einer dürren, bleichen, schielenden Frauensperson mit verfaulten Zähnen, gallengrüner Brust und giftiger Zunge, die in einem düsteren, kalten Gemäuer wohnt und sich von Schlangen ernährt. Die Verbindung Invidia/Schlange auch in der Emblematik (s. Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 1413). Vgl. C II 208. 541 maß’t … zu] Sinngemäß etwa: ‚Was sie euch zu verdanken hat (nämlich das Versagen der letzten Ehre in angemessener Form: V. 542), daran meßt ihr die Schuld ihr selbst zu.‘ 543 Jedoch … euch] Sicher als syntaktische Einheit zu verstehen, so daß Justs Korrektur des A-Drucks durch Setzung eines Doppelpunkts hinter „euch“ ganz plausibel scheint. Es gibt jedoch zu denken, daß der Text dieses Verses auch in allen auf A folgenden Drucken ohne Unterbrechung durch ein Interpunktionszeichen fortläuft. 545 empfindlich fall’t] ‚fühlbar ist‘. 549–554 Viel derer Thaten … ¢chloß ein] Vgl. L.s Gedicht ‚Umbschrifft eines Sarches‘ (Lohenstein, Lyrica, hrsg. von G. Spellerberg, S. [440] f.), V. 12–14. 553 Viel leben unver¢ehr’t] „leben“ hier wohl im Sinne von ‚körperlich überdauern/fortbestehen‘, z. B. durch Mumifizierung aufgrund natürlicher Faktoren. – !Amianten"-Stein] Asbest (s. Zedler 1,1729 f. s.v. ‚Amianthus‘), also ebender Stoff, aus dem man die in V. 554 genannte „Leinwand/ die nicht brenn’t“, herstellt (s. AnmL.). Der hier nach dem Lemma zu L.s Anmerkung verbesserte Originaldruck hat „Adamanten-Stein“, was ‚Diamant‘ bedeutet und hier keinesfalls gemeint sein kann. 557 Ambra] S. o. Anm. zu I 69. – Myrrhen] Die alten Ägypter verwendeten die Myrrhe wegen ihrer fäulnisverhindernden Eigenschaften als Konservierungsmittel von Leichen. Vgl. V. 676 u. C V 18.
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558 Lebens-Oel] Hier: Balsam, der dem Leichnam ein lebensechtes Aussehen bewahrt; vielleicht Zedernöl, das auch in V. 676 zusammen mit der Myrrhe als Mittel gegen Fäulnis genannt wird. 559 geb’ ich nach] ‚räume ich ein‘. – bey den verlangten Gaben] Mnester meint die von Paris und Anicetus im Laufe ihres Gesprächs genannten Totenehrungen und bei vornehmen Verstorbenen üblichen Begräbnisriten und -ausstattungen, die Agrippina vorenthalten wurden, er selbst aber für unentbehrlich hält; ‚verlangen‘ hier anscheinend der Bedeutung ‚vermissen‘ angenähert (analog dem lateinischen ‚desiderare‘, das beides bedeuten kann). 562 Dem/ der doch ¢terben muß] Mnester meint sich selbst: als Vertrauter Agrippinas muß er befürchten, daß ihn Nero ebenfalls in Kürze hinrichten lassen wird (vgl. V. 568); dies als auch mögliches Motiv für Mnesters Freitod angedeutet bei Tacitus, Ann. 14,9,2. 565 aus ko¢tbarm Wa¢¢er] ‚waschen aus Wasser‘ neben ‚waschen in !…"‘ bis ins 18. Jh. hinein üblich (s. DWb 27,2227 f.). Ebenso V. 626. 566 glimme] ‚glimmende‘. 575 Stoß/ Mne¢ter/ ¢toß/ ¢toß zu!] Vgl. das wiederholte „Stoß“ Agrippinas bei ihrer Ermordung (V. 152–154). (AnmL.). 577–578 wenn man der Schlang’ … pflag’t] Eine Quelle oder ein anderer Beleg für diese Vorstellung war nicht zu ermitteln. – Brutt] Hier Druckfehler für ‚Bru¢t‘? 581 Heuchelns] ‚Schmeichelns‘. 585–784 Vgl. zu dieser Szene die Geisterbeschwörung bei Gryphius, Leo Armenius IV 25–134 (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 79–83). 585 zum Opffer dir be¢timm’t] Nero soll lt. Sueton (Nero 34,4) tatsächlich versucht haben, Agrippinas Geist durch ein von Magiern veranstaltetes Opfer zu beschwören und zu versöhnen. 587 eine blutt’ge Leiche] Die des Mnester, der aber noch nicht ganz tot sein kann, wenn er noch „rächelt“; ‚Leiche‘ hier also im Sinne von ‚Körper‘ (ebenso V. 695; vgl. auch III 24). 588 ¢ich ¢elb¢t -le¢chend Brand] Formulierung in Analogie zu Paris’ Bemerkung V. 584: „¢ich ¢elbst-¢türtzend Feind“. „Brand“, verstanden als ‚Feuer‘, könnte besagen, daß in Mnester, als dem treuen Freigelassenen Agrippinas, das von dieser entfachte Hochverratsverbrechen weitergeschwelt habe. Es ist aber auch eine andere Deutung möglich, wenn man „Brand“ als Gewebebrand (Gangrän) und „¢ich ¢elb¢t-le¢chend“ als ‚sich selbst tilgend‘ versteht. Diese zweite Deutung würde auch besser mit „Agrippinens Seuche“ als ebenfalls medizinischer Metapher für die Agrippina unterstellte staatsfeindliche Verschwörung übereinkommen. 589 Todten-Heyligthum] „Heyligthum“ hier (ebenso V. 620 u. 668) in der Bedeutung ‚heilige/kultische Handlung‘ (vgl. auch E III 305, V 544); unten V. 782 dagegen (wie auch E II 79) in gegenständlicher Bedeutung (‚Altar‘ oder ‚Kultstätte‘). 590 Der Zufall] Daß sie gerade vor Beginn der Zeremonie auf einen noch fri-
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schen Leichnam stoßen, der sich zur späteren Verwertung (s. V. 659 u. 777) anbietet. – mein Werck der Weißheit Ruhm] „mein Werck“ ist Akkusativobjekt (in chiastischer Entsprechung zu „meinen Wunsch“), „der Weißheit Ruhm“ (d. h. die glorreiche Weisheit der in V. 592 genannten unterweltlichen Gottheiten) Subjekt. 591 ihr ungeweyhten Seelen] Paris und Anicetus als handelnde Personen der vorangegangenen Szene. Den nun folgenden Zauberhandlungen wohnen also außer Zoroaster selbst nur noch dessen Diener und Nero bei. 593 Mein Sohn] Zoroasters Diener (so auch V. 622, 657, 679 u. 709). 597–618 Die Sternen … Seelen ein] Das großsprecherische Selbstlob Zoroasters auf seine zauberischen Fähigkeiten hauptsächlich inspiriert durch die entsprechenden Reden Medeas bei Ovid, Met. 7,192 ff.; Seneca, Medea 752 ff. Zu vergleichen sind für diese ganze Szene auch die Schilderungen des thessalischen Hexen- und Zauberwesens bei Lukan, Bellum civile 6,438 ff. 605–607 Die Zeichen … auߢpei’n] S. AnmL. 609–611 Daß Strom’ … Gipffeln nehmen] S. AnmL. (Belege aus Vergil und Tibull). 609 die Bach] Sg. der vornehmlich in Schlesien gebräuchlichen femininen Form (vgl. E IV 230, V 283). – ver¢eug’t] ‚versiegt‘, ‚versickert‘. 610 Hecate] Eigentlich eine Göttin der Unterwelt und Schutzpatronin aller Zauberer, in der Spätantike aber zugleich (wie hier) Mondgöttin (vgl. V. 688, 700–702 u. 737–742). Zu den den Lauf des Mondes beeinflussenden Zaubereien s. die zahlreichen Belege in AnmL. 612–614 Ich kan … ins Meer’] S. AnmL. 615–616 Ich kan … treiben] S. AnmL. 620 Heyligthum] S. o. Anm. zu V. 589. 623–624 das gefarbte Tuch … Der Kinder] ‚das mit dem lauwarmen Blut der Kinder gefärbte Tuch‘. 624 Kinder … ¢chnitte] S. AnmL. 625 den Rock/ der Gotter duldet] Ein Gewand, das seinen Träger in die Lage versetzt, das Erscheinen von Göttern unbeschadet zu ertragen (s. AnmL.). 626 wa¢ch aus Wa¢¢er] S. o. Anm. zu V. 565. 627 in drey entweyhten Nachten] Vermutlich eher mit „ran“ als mit „ge¢chöpfft“ zu verbinden; ‚entweyhte Nächte‘ wohl solche, die keinem Unterwelt-Gott geweiht sind bzw. in denen magische Handlungen in der Unterwelt keine Resonanz finden. 628 Cypre¢¢en-Zweige] Die Zypresse hier wie üblich als Baum des Todes. 630 Wacholder -holtz] Lt. HWDA 9,5 in der Antike bei der Beschwörung chthonischer Drachen und der Göttin Hekate verwendet. – Lorber Beeren] Im Altertum wurden Lorbeerzweige bei Opfern und Beschwörungen verwendet; hinsichtlich einer besonderen Verwendung der Beeren war nichts zu ermitteln. 631 Gib Krauter … graben] S. AnmL. 632 So oft … haben] Zur Zeit des Äquinoktiums, der Tag- und Nachtgleiche zu Frühlings- und Herbstanfang, am 21. März und 23. September.
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633–634 Wormit ¢ich Nectabis … gewehr’t] Nektanebos II., ägyptischer König der 30. Dynastie im 4. Jh. v. Chr., wird im 1. Buch des fälschlich Kallisthenes zugeschriebenen Alexanderromans als großer Zauberer und Wahrsager dargestellt, der sich durch eine List die makedonische Königin Olympias gefügig machte und so Vater Alexanders des Großen wurde. Die List bestand nicht eigentlich darin, daß Nektanebos sich, wie L. in V. 633 angibt, mit Zaubermitteln in den von Olympias verehrten Gott Ammon verwandelte; der Beschwörungsritus, den L. hier mit „Wormit“ anspricht, hatte nur den Zweck, der Olympias den Gott im Traum erscheinen zu lassen, um so den geplanten Betrug, bei dem Nektanebos sich nur einer Verkleidung bediente, plausibler erscheinen zu lassen. Der wahre Hergang (s. Alexanderroman 1,4–7) wird in L.s Quelle, Kirchers ‚Oedipus Aegyptiacus‘ (s. AnmL.), korrekt wiedergegeben. Jener traumerzeugende Zauber bestand darin, daß Nektanebos vor einer weiblichen Wachsfigur, die Olympias darstellen sollte, Lichter anzündete, den Saft traumerzeugender Kräuter in die Flammen goß und dann Dämonen beschwor (s. AnmL. zu V. 648). 635–636 Gib her … brachte] Nach Guez de Balzac (s. AnmL. zu V. 633). Primärquelle: Alexanderroman 1,1. 635 Jungfern-Wachs] Wachs von Jungfernbienen (darunter verstand man die Bienen, die gerade nach dem Ausschwärmen ein neues Volk gebildet hatten). 637 Gem¢en-Wurtzel] Gemswurz (Doronicum grandiflorum; Aronicum scorpioides), eine gelbblühende, der Arnika ähnliche Pflanze, die in hochgelegenen Alpenregionen wächst; im deutschen Volksaberglauben als Mittel gegen Schwindel, Schlaflosigkeit und Schlafsucht und zur Abwehr von Kugeln aus Feuerwaffen benutzt (HWDA 3,633 f.). – Maah-Haupter] Mohnköpfe, die Samenkapseln der Mohn-Pflanze (‚Maah/Mah‘ bzw. ‚Mahn‘ sind ältere Formen von ‚Mohn‘). Zur Verwendung im deutschen Aberglauben (u. a. zum Fernhalten böser Geister) s. HWDA 6,450–452. – Ei¢enkraut] Verbena officinalis, das seit dem Altertum (s. den PliniusVerweis in AnmL.) als Zauberkraut gilt. Viele Belege in HWDA 2,733–740. 638 Flei¢ch/ das man … hau’t] S. AnmL. – unzeit’ger] ‚zu früh geborener‘. 639 Wolffs-Milch] Arten der Pflanzengattung Euphorbia: Pflanzen, deren Stengel einen milchigen, giftigen Saft enthalten, in Volksmedizin und -aberglauben vielfach verwendet (HWDA 9,798 f.). Vgl. E I 365. 639–640 Wurtzeln … zu¢ammen] „Saam’“ hier: ‚junge Pflanze‘ (s. DWb 14,1729); gemeint sind Wurzeln von Gewächsen, bei denen männliche auf weibliche Pflanzen (oder umgekehrt) aufgepfropft wurden. 641 Mohren-Kraut] Mohrensalbei (Salvia Aethiopis); s. AnmL. 643 Di¢tel-¢trauch] S. AnmL. 645 Zackel-Kraut] S. AnmL. 646 O¢irite] S. AnmL. 647–648 das Kraut … finden] S. AnmL. zu V. 648. 649 Mauer -Raut’] Wie aus AnmL. zu entnehmen ist, versteht L. darunter die Farngattung Adiantum (Frauen- oder Venushaar).
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651 die Wiede-hopff’] ‚Wiedehopfe‘ (= Wiedehopf, lat. ‚upupa‘) bei L. (vgl. auch V. 686) als Femininum (so vorwiegend im Ahd.; im ostmitteldt. Sprachraum der Frühen Neuzeit noch neben dem Maskulinum im Gebrauch). Zur Sache s. AnmL. zu V. 649. 652 Krau¢emuntz’] Mentha crispa, eine Minzeart, die im Aberglauben der Antike von Bedeutung war (s. AnmL.). – fri¢chen Knobloch] Knoblauch galt im deutschen Volksaberglauben als Abwehrmittel gegen Hexen, böse Geister oder Zauberei (HWDA 5,1–4; Schöpf, Zauberkräuter, S. 102). 653 wach¢ern Ebenbild] S. AnmL. 654 den geheimb¢ten Zeug] ‚Zeug‘ (lange Zeit sowohl als Neutrum wie als Maskulinum im Gebrauch) meint hier vielleicht irgendein Zauberrequisit, vielleicht aber auch Kleiderstoff (‚geheimbster Zeug‘ dann etwa ‚Stoff von sehr intimen Wäschestücken‘). 660 in heil’gen Zirckel] In einen magischen Kreis, in dem man beschworene Geister bannt, so daß sie dem Beschwörer nicht gefährlich werden, der umgekehrt aber auch diesem als Schutzraum dienen kann (s. HWDA 5,462–472). Vgl. V. 716–719 u. 772. 662 Sonnen-¢chweis] Sicher sind damit die tröpfchenförmigen Absonderungen aus Drüsenhaaren auf den Blättern der heute Sonnentau genannten Feuchtwiesenpflanze gemeint. Da diese Tröpfchen (sie sind klebrig und dienen der fleischfressenden Pflanze zum Festhalten von Insekten) auch bei größter Sonnenhitze auftreten bzw. nicht verdunsten, glaubte man, daß ihre Herkunft etwas mit der Sonne zu tun habe. Der Sonnentau galt auch als Zauberpflanze. S. hierzu HWDA 8,74–76; Schöpf, Zauberkräuter, S. 144. Vgl. auch Anm. zu I 613. – Schaum vom Monden] S. o. Anm. zu II 68. Vgl. auch E III 753 f.; S, Widmungsgedicht, V. 35. (AnmL.). 664 Ba¢ilißken] S. o. Anm. zu V. 15. 665 Das Kraut] Das Kraut Myops, dessen Wirkung in AnmL. zu V. 645 (Zitat aus Ps.-Plutarch ‚De fluviis‘) schon beschrieben wurde. – Dianen] Diana, Göttin der Jagd und des Mondes. 667 Habicht -krautes] S. AnmL. sowie ergänzend HWDA 3,1297. – Krafft] Alle Drucke haben hier „Safft“, das aber wegen des folgenden femininen Relativpronomens fragwürdig ist (‚Saft‘ von L. sonst anscheinend immer als Maskulinum gebraucht: vgl. S III 78, IV 531, V 311; auch in DWb kein Beleg für eine feminine Verwendung). Unsere Emendation in Anlehnung an das (allerdings auch seinerseits fehlerhafte) Lemma von L.s Anmerkung zu diesem Vers im A-Druck: „Kafft“ (in den Drucken BCD zu „Safft“ geändert). – Ge¢icht] ‚Sehkraft‘. 668 Heyligthumb] S. o. Anm. zu V. 589. 670 Heydechs-Haut] Das Lemma von AnmL. hierzu hat in A und B die Form „Heydachs“, die sicher kein Druckfehler, sondern mundartlich-schlesische Nebenform ist. Mehrere ähnliche Formen, z. B. „oadaks“ oder „aidaksln“, belegt in: Sudetendeutsches Wörterbuch, Wörterbuch der deutschen
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Mundarten in Böhmen und Mähren-Schlesien. Bd. 3. Hrsg. von Otfrid Ehrismann. München 2002, S. 546 f. (s.v. „Eidechse“). Zur Sache s. AnmL. 676 Myrrh’] S. o. Anm. zu V. 557. – Zeder -Oel] Im Altertum als Konservierungsmittel beim Einbalsamieren von Leichen verwendet. Vgl. V. 558 u. C V 19. 677 Adler -¢tein] Griech. Aëtítes, ein Stein, der sich in Nestern von Adlern findet (lt. Aelianus, De animalium natura 1,35 schützen sie sich damit gegen Zaubereien) und der in der Antike als Amulett verwendet wurde. Frauen sollte er vor Frühgeburten bewahren. Von einer das Gehör schärfenden Wirkung scheinen die antiken Quellen nichts zu wissen (vgl. RE 1,704 f.). 679–681 des Hir¢ches … ver¢chlang] Man meinte, daß der Hirsch, wenn er alt sei, eine Schlange verschlucke, um sich zu verjüngen (HWDA 4,87 f.). 682 Des Fi¢ches … Meer’] S. AnmL. 685 des Maulworffs Hertz] S. AnmL. zu V. 643. 686–687 der Widehopffe … rieß] S. AnmL. (zum Genus von „Widehopffe“ s. o. Anm. zu V. 651). 688 Hecate] Der Mond (s. o. Anm. zu V. 610). 689 ¢chwartzen Kuh] Mit der schwarzfarbigen Kuh verbinden sich viele abergläubische Vorstellungen (s. HWDA 5,788 ff.). 691 Ananchit] S. AnmL. 694 Phoenix] Der sagenhafte Vogel, der sich, wenn er alt geworden ist, selbst verbrennt und aus seiner Asche verjüngt wieder aufsteigt (vgl. V. 698). – Pelickanen Blutt] Der Sage nach (vgl. Physiologus 4) ernährt der Pelikan seine Jungen, wenn sie in der Gefahr sind, zu verhungern, mit seinem eigenen Blut, indem er sich mit dem Schnabel die Brust aufhackt (vgl. V. 697). 695 eines Seiden-Wurms … Leichen] Hintergrund des hier angedeuteten Aberglaubens, daß Seidenraupen prinzipiell unsterblich seien (‚Leiche‘ hier wie oben V. 587 = ‚Körper‘), ist anscheinend (s. V. 696) die bei der Seidenzucht in kälteren Regionen gemachte Erfahrung, daß erstarrte oder im Seidespinnen inaktive Raupen durch erwärmende Maßnahmen lebendig gemacht bzw. aktiviert werden können (s. Zedler 36,1417). 700 zeug’t] ‚zeigt‘. 701 hemmt !…" an] ‚hält an‘. – der wei¢¢en Ochßen] Der Ochsen, die den Mondwagen ziehen. Vgl. E III 757. 703 außge¢tecket] ‚angezeigt‘. 706 entdeckten] ‚aufgedeckten‘, ‚geöffneten‘. 708 Feuer -Krette] Feuerkröte, Gattung der Froschlurche. – girr’t] Lautmalendes Verb von hier nicht näher bestimmbarer Bedeutung. Vgl. C I 324, III 379; S III 441. 709 Schlangen-Krantz] Anscheinend ein Kranz aus ineinander geflochtenen Schlangen. 711–712 mit Salbe … verkehr’t] S. AnmL. 713 Atizok] S. AnmL. zu V. 691. 715 die Grufft der Abgrund] Wohl Aufzählung, d. h. hinter „Grufft“ hätte eine
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Virgel stehen sollen; andernfalls müßte „der Abgrund“ als Gen. Sg. eines Femininums ‚Abgrund‘ interpretiert werden, wofür es aber keinen sprachgeschichtlichen Anhaltspunkt gibt. „Grufft“ und „Abgrund“ (vgl. V. 778, 781 u. 790) hier synonym gebraucht, im Sinne von ‚bodenlose Tiefe‘, ‚(Höllen-)Schlund‘ oder dgl. 716 Zirzens Zauber¢tab] Eigentlich der Zauberstab, mit dem die Göttin Kirke die Gefährten des Odysseus in Schweine verwandelte (s. o. Anm. zu I 629–630). Der Bezug auf Kirke hier aber wohl nur gelehrtes Ornament. – Kreiß] S. o. Anm. zu V. 660. 719–720 die Zeichen … ¢trahlet] S. AnmL. zu V. 720. 721–724 Und in … geben] S. AnmL. 725 ¢pritz’t … Ja¢cht] Zoroaster hat sich offenbar (vgl. V. 769) eine Ader geöffnet, um sein eigenes Blut als Opfer darzubringen. Vgl. Seneca, Medea 805 ff. – Ja¢cht] ‚Schaum‘. 727–766 Die Geisterbeschworung in daktylischen Tetrametern, evtl. nach dem Vorbild Senecas (vgl. Oedipus 449–465 [Chorlied]; Hercules Oetaeus 1947–1962). Vgl. Gryphius, Leo Armenius IV 61 ff. 728 Hellen-Die¢piter] Diespiter ist ein anderer Name für Jupiter (vgl. C II 522; S V 342); „Hellen=Die¢piter“ also: Iuppiter Stygius bzw. Pluto, der oberste Gott der Unterwelt (verchristlicht: ‚Höllenfürst‘). 733–734 mit Blutte … Kraut] S. AnmL. 736 gewidmeter] ‚geweihter‘, ‚heiliger‘. 737–738 dreyfaches Ge¢ichte … mahl’t] Als Mondgöttin wurde Hekate (s. o. Anm. zu V. 610) in der Antike dreigestaltig dargestellt, entsprechend den drei Phasen des zunehmenden, vollen und abnehmenden Mondes. Diese Dreigestalt wurde später auf die dreifache Herrschaft Hekates über Himmel, Erde und Unterwelt umgedeutet (s. Roscher I,2,1889 f., 1903 ff.). 740 ¢ilberner Zirckel] Die Mondscheibe bei Vollmond. 743 Klotho !…" Atropos] Zwei der drei Parzen, der Schicksalsgöttinnen, die den Lebensfaden spinnen und abschneiden (diese letztere Funktion wird gewöhnlich Atropos zugeschrieben); vgl. C III 573 ff.; E II 530. 744 Fademe] ‚fädle‘. 746 verkleinerlich] ‚rufschädigend‘, Schande bereitend‘. 748 Du¢terner] ‚düstern‘ ist eine nicht sehr häufig belegte Nebenform zu ‚düster‘ (s. DWb 2,1762). Vgl. ‚finstern‘ V. 766. 749 Charon] Der Fährmann des Hades, der die Schatten der Verstorbenen gegen Entrichtung einer Gebühr (V. 751: „Schiff-geldt“) über den Fluß Styx übersetzte. – gebildet Ge¢ichte] „gebildet“ = ‚nachgebildet‘, hier: ‚aus Stein geschnitten‘; zur Sache s. AnmL. 763 guldene Wurtzel] S. AnmL. 766 fin¢ternen] ‚finstern‘ offenbar Nebenform zu ‚finster‘ wie ‚düstern‘ (V. 748) zu ‚düster‘; in DWb nicht belegt. 767–772 Wie? … ver¢tricken] Zu Zoroasters Drohungen gegen die ihm nicht gefügige Geisterwelt s. AnmL.
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769 mein ver¢pritztes Blutt] S. o. Anm. zu V. 725. 772 in einen Kreiß ver¢tricken] S. o. Anm. zu V. 660. 773 der Mangel] Im Frühneuhochdeutschen üblicher, aus der Pluralform von ‚Mangel‘ in der Bedeutung ‚Fehler‘/‚Gebrechen‘ entwickelter Singular (so auch in L.s Vorbemerkung zu seinen Anmerkungen, Textband, S. 166,15, u. E III 493). Vgl. die Belege (darunter Logau) in DWb 12,1542,4 u. 5b. 779 Sohn-Altar] ‚Sühnaltar‘. 781 Hilff/ Himmel!] Entsetzensschrei Neros (gleichlautend dem Angstschrei der Mutter V. 105!) über das plötzliche Erscheinen der Furien und der Geister Orests und Alkmaeons, die im anschließenden Reyen (V. 785 ff.) auftreten. Der Zauberer Zoroaster fällt darüber in Ohnmacht (V. 783), mit ihm lt. Inhaltsangabe (Textband, S. 12,88–89) auch Nero, der aber dann dem Reyen, wie es scheint, mit wachem Bewußtsein oder wenigstens träumend beiwohnt (vgl. V. 797, 808, 815, 819 f., 831, 846 f. u. 851). Lt. Sueton (Nero 34,4) lebte auch der historische Nero nach dem Muttermord in der Vorstellung, daß die Furien ihn mit Geißeln und Fackeln verfolgten. 784 Schatten] ‚Schattengeister‘. 785 welcher] ‚deren‘. 786 Lethens !…" Schwefel-Glutt] Die Lethe, der Fluß, mit dessen Wasser die Seelen der Verstorbenen ewiges Vergessen tranken (vgl. V. 430), hier gleichgesetzt bzw. verwechselt mit einem anderen Fluß der Unterwelt, dem Feuerstrom Phlegethon (dieser aber ausdrücklich genannt in V. 811!). – glimmer] ‚glimmender‘. 790 lichten Pful] Eine auf den ersten Blick befremdliche Zusammenstellung, da mit ‚Pfuhl‘ eigentlich Finsternis assoziiert wird (vgl. V. 766); ‚licht‘ hier aber wohl mit Bezug auf den Feuerschein des in V. 786 genannten Unterweltflusses (vgl. das noch heute gebräuchliche Adverb ‚lichterloh‘); in V. 854 u. III 24 auf den Blitz bezogen. vor 791 Die Gei¢ter] Die Seelen der auf ewig Verdammten (sie melden sich V. 833–838 noch einmal zu Wort). 798 Schlangen-Rutte] Die Furien verwenden die Schlangen, die sie in den Händen halten, als Peitschen. Vgl. V. 809 f. 803 Wo Minos … bricht] ‚Sofern das Urteil, das Minos über mich gesprochen hat, gerecht ist‘; entsprechend Alkmaeons Geist in V. 821. Minos ist zusammen mit seinem Bruder Rhadamanthys (V. 821) Richter über die Toten in der Unterwelt. Vgl. E V 708. 807 die mich verletzet] Im übertragenen Sinne: seine Mutter hat ihm Leid zugefügt, indem sie seinen Vater umbrachte. 810 Nattricht Haar] ‚Schlangenhaar‘. 811 Phlegeton] S. o. Anm. zu V. 786. 817 Kinder -hold] ‚kindliche Liebe‘, ‚Liebe des Kindes‘. 828 Ba¢ilißk’] S. o. Anm. zu V. 15. – Molchen-Ja¢cht] ‚Schaum von Molchen‘. S. o. Anm. zu V. 155. 840–841 Nerons Bildnus … tragen] Cassius Dio berichtet (61,16,1), daß jemand
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in Rom nach Bekanntwerden des Mordes an Agrippina einen Ledersack an einer Statue Neros aufgehängt habe, als Anspielung auf die Strafe, die Elternmörder erwartete. Sie wurden mit verschiedenen Tieren in einen Sack eingenäht und in ein fließendes Gewässer geworfen. Vgl. E I 757. 843 Dis Marmel] Die in V. 840 genannte Marmorstatue, an der der Sack aufgehängt wurde. 846 guldnen Aepfel] Besonders prächtige, goldfarben leuchtende Äpfel (vgl. DWb 8,742), ohne Bezug zu denen im Garten der Hesperiden (vgl. III 252). 848 Harpyien] S. o. Anm. zu Pers.-Verz. 14,33. 850 Reiß’t … Handen] In Analogie zu dem Schicksal des mythischen Königs Phineus in Thrakien, dem die Harpyien, um ihn für ein schweres Verbrechen zu strafen, stets die Nahrung aus den Händen rissen. 852 Zucker -¢chilff] ‚Zuckerrohr‘. 853–854 der Himmel … her¢chlag’t] Hinweis auf Prodigien, die lt. Cassius Dio (61,16,4–5) nach der Ermordung Agrippinas beobachtet wurden (s. AnmL. zu V. 848). nach 856 . T. .] Abkürzung für griech. ) ) (‚Ruhm sei Gott‘; nach Rm 4,20). Die Formel auch am Ende der ‚Cleopatra‘. Anmerckungen 166,4 Unkeu¢chheit und Ehren-¢ucht] Beides repräsentiert sowohl von Nero und Poppaea (vgl. IV 432–433.439) wie von Agrippina. 166,5 Kind und Helle zum Hencker] Agrippina wird ihr eigener Sohn (zu „Kind“ vgl. III 446 u. V 15) zum Henker, diesem aber die Unterwelt (‚Hölle‘), die ihn mit Gewissensqualen foltert (im „Reyen“ der 5. Abhandlung; vgl. dort V. 855 f.). 166,6 Myrthen/ und Lorber -Zweige] Hiermit sind Poppaea und Nero angesprochen: Poppaea mit der Myrte als dem der Venus heiligen Baum, Nero mit dem Lorbeer als Signum des Imperators; allerdings paßte die Myrte auch auf diesen, da der Lorbeerkranz beim Triumph durch einen Myrtenkranz ersetzt werden konnte. 166,6 in Cypre¢¢en] Als Sinnbild des Todes (vgl. I 31, IV 56 u. V 628). 166,8 Penelope] Die Frau des Odysseus, Musterbild einer keuschen und treuen Ehegattin. 166,9 Ninus] Sohn der babylonischen Königin Semiramis; er soll seine Mutter getötet haben, als sie mit ihm Blutschande treiben wollte (s. AnmL. zu III 310). 166,9 Lais] Name griechischer Hetären; hier Inbegriff einer Dame von frivolem Lebensstil. 166,11 Cato] Inbegriff eines rigorosen Moralisten und Tugendwächters; der Name zurückgehend auf die beiden Catonen, die sittenstrenges altes Römertum repräsentierten: M. Porcius Cato d.Ä. (Censorius, 3./2. Jh. v. Chr.), M. Porcius Cato d. J. (Uticensis, 1. Jh. v. Chr.).
Agrippina, Anmerckungen
166,11 Marino] Der italienische Dichter Giambattista Marino (1569–1625). 166,15 den Mangel] S. o. Anm. zu V 773. 172,93 Ankunfft] ‚Herkunft‘. 204,524 Leuter] ‚Leiter‘. 218, 707 verfuhret] ‚führt aus‘. 220, 752 vermocht] ‚besessen‘. 222, 783 befihlet] ‚befühlt‘.
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3. Epicharis 3.1. Zu den Quellen der ‚Epicharis‘ Historische Quelle für diese Tragödie war die breite Darstellung der Pisonischen Verschwörung des Jahres 65 n. Chr. im 15. Buch von Tacitus’ ‚Annales‘ (Kap. 48–74). In vielen Einzelheiten des Ablaufs der Ereignisse und des Verhaltens der 21 bei Tacitus genannten Verschwörer, die L. sämtlich in sein Drama einbezogen hat, sowie der mit ihrer Verfolgung und Tötung beauftragten historischen Personen aus dem Kreis der Nero gegenüber loyalen Hofbeamten und Militärs hat sich L. sehr genau an seine Vorlage gehalten und diese Abhängigkeit in vielen seiner Anmerkungen offengelegt und dokumentiert. Um Epicharis zur zentralen Figur des Trauerspiels machen zu können, hat L. allerdings gravierende Eingriffe in den historischen Ablauf vornehmen müssen. Entgegen den Tatsachen beteiligt L. Epicharis an der Verabredung des Mordattentats auf Nero für den Haupttag des Ceres-Festes. Tatsächlich befand sich Epicharis aufgrund der Anzeige des Volusius Proculus zu diesem Zeitpunkt bereits in Haft, und jener Attentatstermin wurde von den vorher eher unschlüssig agierenden Verschwörern in aller Eile angesetzt, weil man fürchtete, von ihr verraten zu werden. Die Folterverhöre der Epicharis, denen sie sich am zweiten Tag mit ihrem Selbstmord entzog, erfolgten kurz nach den durch die Anzeige des Milichus ausgelösten Geständnissen des Antonius Natalis und des Scaevinus. Sie starb also nicht, wie bei L. dargestellt, als letzte nach Vollzug aller der Aufdeckung folgenden Hinrichtungen, sondern als erste. Bezeugt ist jedoch ihre Standhaftigkeit auf der Folter, die Tacitus im Vergleich zu dem größtenteils erbärmlichen Verhalten der männlichen Verschwörer rühmend hervorhebt: Trotz schwerster Qualen habe sie bis zu ihrem Tode keinen der ihr persönlich samt und sonders fernstehenden Beteiligten verraten, während Männer wie Lukan, Senecio und Quintianus auf bloße Drohungen hin Namen in Menge preisgaben, auch die von Personen, mit denen sie eng verwandt oder befreundet waren. Nach den gründlichen Untersuchungen Asmuths (Lohenstein u. Tacitus, S. 53–60, 63–71, 200–227) darf als sicher angesehen werden, daß sich L. bei der dramaturgischen Konzeption des Grundgefüges der Haupthandlung an dem Trauerspiel ‚La mort de Seneque‘ (1645) von François Tristan L’Hermite (1601–1655) orientiert hat: Auch bei diesem spielt Epicharis für die Verabredung des Attentatsplans die zentrale Rolle; auch bei diesem stirbt sie am Schluß des letzten Aktes. Diese Quelle hat L. ebenso verschwiegen wie eine andere, die ebenfalls zwecks Aufwertung der Epicharis zur Tragödienheldin benutzt wurde: den auch von Tristan beigezogenen heroisch-galanten Roman ‚Ariane‘ (1632) von Jean Desmarets de Saint-Sorlin (1595–1676), in dem Epicharis ebenfalls die zentrale Rolle bei der Verschwörung gegen Nero spielt. Ihm hat L. die fiktive Vorgeschichte der Epicharis (von ihr selbst vorgetragen in Szene Ia) entlehnt. Der wesentliche Punkt in dieser Vorgeschichte ist die Feststellung der Tatsache, daß
Epicharis, Motto/Widmung
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Epicharis aus edlem Hause stammt und nur dadurch in den Sklavenstand geraten ist, daß sie als Kind von Seeräubern entfuhrt wurde.1 Eine Darstellung der auch in Einzelzügen anderer Szenen sichtbar werdenden Beziehungen zwischen beiden Werken findet sich in dem Aufsatz von Spellerberg, mit dem 1967 erstmals innerhalb der Lohenstein-Forschung auf sie aufmerksam gemacht wurde (‚Eine unbeachtete Quelle zur Epicharis Daniel Caspers von Lohenstein‘) und bei Asmuth (Lohenstein u. Tacitus, S. 63–71, 200 ff.). Für die Ausgestaltung der Seneca-Sterbeszene (Vb) hat L. ein weiteres literarisches Werk eines zeitgenössischen Franzosen herangezogen: die Prosaschrift ‚La mort et les dernieres paroles de Seneque‘ (Paris 1637; 21639) von Pierre Antoine Mascaron (gest. 1647), die Tristan wahrscheinlich zu seinem SenecaDrama angeregt hatte; s. auch hierzu die Analysen bei Asmuth, Lohenstein u. Tacitus, S. 71–77, 200–227. Auch diese Vorlage hat L. als solche nicht namhaft gemacht; er zitiert sie aber in einem nachgeordneten Sachzusammenhang explizit in zwei Anmerkungen zur 5. Abhandlung (zu V. 111 u. zu V. 400): mit einem längeren Abschnitt zur Verteidigung Senecas gegen seine Kritiker und mit einem kürzeren zur Dokumentation eines von Mascaron angeführten Ereignisses aus der römischen Geschichte.
3.2. Stellenkommentar Motto Das Seneca-Zitat (De ira 3,42,4) läßt sich im Kontext der Dramenhandlung auf die Verschwörer beziehen, die ihre Pläne ohne Kenntnis der längst feststehenden ehernen Beschlüsse des ‚Verhängnüsses‘ gefaßt haben (vgl. insbes. II 577–584). Widmung Otto von Nostitz (1608–1666), Abkömmling eines aus der Lausitz stammenden Adelsgeschlechts, das sich seit dem 13. Jh. nach Schlesien, Böhmen und Polen verzweigte, begründete die böhmische Linie Nostitz-Rokitnitz. Nach Studien in Leipzig und Straßburg wurde er Appellationsrat in Prag, 1637 Kanzler des Oberamts Schlesien, 1642 Landeshauptmann von Breslau und 1651 der Herzogtümer Schweidnitz und Jauer. Das Gut Rokitnitz im Adlergebirge (Sudeten) erwarb er 1643; später kamen in Schlesien u. a. Profen, Herzogswaldau und Lobris hinzu. Otto von Nostitz war der Wissenschaft und der Kunst sehr zugetan (Gründung einer Bibliothek und einer Gemäldesammlung). Wie L. verehrte ihn auch Daniel von Czepko als seinen Förderer (s. Czepko, Sämtl. Werke, u. a. Bd. II,1, S. 292 ff., 306 ff., 318 ff., 496 ff., 638 f.). – Zu seiner Biographie s. Zedler 1
Vgl. hierzu die Erwähnung der Epicharis in L.s Hochzeitsgedicht ‚Gluckliche Heyrathswahl‘: „Die Magd Epicharis mag unter Edlen gehen. | Wenn ¢ich der Purpur gleich vom Mund und Antlitz trenn’t | Bleib’t doch der Tugend Glantz in vollem Schimmer ¢tehen.“ (Lohenstein, Lyrica, hrsg. von G. Spellerberg, S. [319]).
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Kommentar
24,1382 f.; Wurzbach, Biograph. Lexikon d. Kaiserthums Oesterreich 20,396; Karl Gustav Heinrich Berner, Schlesische Landsleute. Ein Gedenkbuch hervorragender, in Schlesien geborener Männer und Frauen aus der Zeit von 1180 bis zur Gegenwart. Leipzig 1901 (der Otto von Nostitz betreffende Abschnitt in: DBA I,905,80); NDB 19,352 (außer bei Berner überall falsches Todesjahr: 1664!). 268,3–4 Clementem] Jacques Clément (ca. 1566–1589), ein Dominikaner, ermordete 1589 König Heinrich III. von Frankreich. 268,4 Ravalliacum] François Ravaillac (1578–1610), ein religiöser Fanatiker, ermordete 1610 König Heinrich IV. von Frankreich. 268,4–5 tantâ fælicitate luxuriat] Vgl. Florus 1,31 (2,15). 268, 7 Maris Impetus … delectat] Vgl. Horaz, Epist. 1,11,10 („Neptunum procul e terra spectare furentem“). 268,8 Roma Magnitudine ¢ua laborans] Vgl. Livius 1, praef. 4. 268,9 Maronis Mu¢a … Trojanum] In Buch 2 der Aeneis. 268,10 Nero … Excidium] S.u. Anm. zu I 32–33. 268,10–11 optimo Trajano] Kaiser Traian (Regierungszeit 98–117), unter dessen Herrschaft das Römische Reich seine größte Ausdehnung erlangte, galt seit der Spätantike aufgrund seiner Tatkraft in der Außen- und Innenpolitik und der ihm nachgesagten Gerechtigkeitsliebe als eine vorbildliche Herrscherpersönlichkeit. In Inschriften wurde sein Name häufig mit der Qualifizierung ‚optimus (princeps)‘ verbunden (so auch in der Epitome de Caesaribus 13); das Bild des Kaisers wurde bis in unsere Zeit durch diese überlieferte Wertung bestimmt; s. hierzu die Untersuchung von Martin Fell, Optimus Princeps? Anspruch und Wirklichkeit der imperialen Programmatik Kaiser Traians. München 1992 (= Quellen u. Forschungen zur Alten Welt 7). 268,11–12 fe¢tales … Cineres] Unter Traian wurden in Rom sehr aufwendige Zirkusspiele veranstaltet. Über die Darbietung eines Schauspiels von der hier etwas undeutlich angesprochenen Art (Darstellung der Zerstörung Karthagos zur Hebung des römischen Nationalstolzes?) war nichts zu ermitteln. 268,12 Leopoldi] Kaiser Leopold I. (Regierungszeit 1658–1705). 270,19–29 Magnum inter eos … Spiritum expres¢it] Diese Schilderung des Todes der Epicharis großenteils wörtlich nach Tacitus, Ann. 15,57. 270,32 Hederæ] Der Efeukranz als Sinnbild des Dichters (der Efeu war nicht nur dem Weingott Dionysos, sondern auch Apollo, dem Gott der Künste, heilig). Jnnhalt des Trauer -Spiels 273,4 Zufalle] ‚Schicksale‘. 273,15 beweglich] Hier anscheinend, anders als unten 274,50 u. 275,53, in dem uns vertrauten Sinne von ‚geschickt‘ oder ‚wendig‘. 273,15–16 mittelmaßige] ‚eine mittlere Linie einhaltende‘.
Epicharis, Personen
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273,19 Bey¢teuer] ‚Unterstützung‘, ‚Gabe‘. 274,31 rechnen] ‚rächen‘. 274,48–49 Be¢trickung] ‚Haft‘ (DWb 1,1686). 274,50 beweglich] Hier eindeutig (wie auch unten 275,53) im Sinne von ‚bewegend‘ (lat. ‚movens‘) entspr. der rhetorischen Zielsetzung des ‚movere‘ (s. DWb 1,1774 f.,2). Vgl. I 716 u. III 57. 274,52–275,54 setzen … zu] ‚zusetzen‘ bis ins 18. Jh. gelegentlich mit Akkusativ statt Dativ (s. DWb 32,829,8 f.). Vgl. 275,55–56: „¢ätzet !…" an den Scevinus“. 275,53 beweglich] S. o. Anm. zu 274,50. 275,58 ab¢onderlich] ‚gesondert‘. 275,61 zwey¢timmig] ‚einander widersprechend‘. 275, 71 zu¢tehen] ‚eingestehen‘. 275, 71 Mutter/ Atilla] „Atilla“ als Apposition zu „Mutter“ zu lesen. 275, 72–73 den Munatius Gratus … offenbaren] Die Namen der von Quinctianus und Senecio Verratenen stimmen nicht mit den Angaben im Dramentext (III 701 ff.) überein; dieser ist seinerseits möglicherweise verderbt, falls nicht Inhaltsangabe und Dramentext zwei verschiedene Handlungskonzepte wiedergeben, die versehentlich nebeneinander stehenblieben (zur Klärung s. u. Anm. zu III vor 706/706). 276,82 ge¢chmißen] ‚geschlagen‘ (vgl. DWb 15,1003,d) Per¢onen des Trauer -Spiels 278,3 Epicharis] Von der historischen Epicharis wissen wir nur das Wenige, was Tacitus im Zusammenhang seiner breiten Schilderung der Pisonischen Verschwörung an zwei Stellen der ‚Annales‘ (15,51.57) über sie mitteilt. Danach war sie eine „libertina mulier“ (15,57,2), d. h. eine freigelassene Sklavin, die in der Anfangsphase der Verschwörung zu den Beteiligten stieß und diese, die noch unschlüssig waren, ob und wie sie das in Aussicht genommene Attentat auf Nero ausführen sollten, wegen ihrer Unentschlossenheit tadelte und sie zum Handeln aufrief. Wie sie von der Verschwörung Kenntnis erlangt hatte und was eigentlich ihr Beweggrund war, sich daran zu beteiligen, ist nicht bekannt. Tacitus macht über ihre Vorgeschichte nur die sehr zweideutige Bemerkung, sie habe sich vorher nie um ehrenhafte Dinge gekümmert: „neque illi ante ulla rerum honestarum cura fuerat“ (15,51,1). Als sie feststellte, daß sie mit ihren Mahnungen an die Verschwörer nichts ausrichtete, unternahm sie eigene Schritte, um Neros Herrschaft ins Wanken zu bringen. Bei einem Aufenthalt in Campanien bemühte sie sich, die Flottenoffiziere in Misenum zum Abfall vom Kaiser zu bewegen. Als Werkzeug für diesen Plan gedachte sie den Flottenkommandanten Volusius Proculus zu benutzen, mit dem sie schon aus früherer Zeit oder vielleicht auch erst seit kürzerem befreundet war. Diesen hoffte sie für sich gewinnen zu können, da sie wußte, daß er gegen Nero aufgebracht war, weil der Kaiser ihn für seine Beteiligung an der Ermordung Agrippinas nicht so
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belohnt hatte, wie er es verdient zu haben glaubte. Sie äußerte ihm gegenüber sehr offen ihre Meinung darüber, wie schädlich Neros Regiment für den Staat sei, ließ ihn wissen, daß schon Pläne zu seinem Sturz entwickelt seien, und forderte ihn auf, sich mit seinen Soldaten an dem Vorhaben zu beteiligen. Volusius Proculus verriet sie sogleich bei Nero. Epicharis konnte bei einem Verhör zwar nichts bewiesen werden, da Proculus keinen Zeugen hatte und Epicharis ihm keinen der Verschwörer namentlich genannt hatte; doch behielt man sie vorsichtshalber in Haft. Als dann durch den Verrat des Milichus die Verschwörung aufgedeckt worden war und Lukan, Quintianus und Senecio sich selbst offenbart und Mitverschwörer verraten hatten, erinnerte sich Nero an sie und ließ sie foltern, um Weiteres zu erfahren. Epicharis hielt aber allen Folterqualen stand und verriet nichts und niemanden. Als man sie am nächsten Tag, um die Folterung fortzusetzen, mit ausgerenkten Gliedern auf einem Tragsessel wieder herbeischleppte, erdrosselte sie sich selbst mit ihrem Brusttuch, das sie an die Stuhllehne gebunden hatte. Erst nach ihrem Tod wurden auch Piso und weitere führende Verschwörer gefaßt und teils zum Selbstmord gezwungen, teils hingerichtet. Auch die erzwungene Selbsttötung Senecas und Lukans erfolgte erst nach dem Tod der historischen Epicharis. – L. hat, um Epicharis zur Tragödienfigur aufzubauen, nicht nur den zeitlichen Ablauf stark verändert, sondern ihr auch in Anlehnung an den Roman ‚Ariane‘ (Paris 1632) von Jean Desmarets de Saint-Sorlin eine fiktive Biographie als Vorgeschichte der Dramenhandlung verliehen. Weiteres hierzu s. u. Anm. zu I 103–338. 278,4 Nero] Dem, was zur Biographie des historischen Nero schon in den Anmerkungen zum Personenverzeichnis der ‚Agrippina‘ (S. 637 f., zu 13,3) mitgeteilt wurde, ist hier nur ergänzend hinzuzufügen, daß mit dem Tode des Prätorianerpräfekten Burrus i. J. 62 auch die Zeit Senecas abgelaufen war und Nero dann zunehmend unter dem Einfluß des üblen Tigellinus (s. u. Anm. zu 278,6) agierte, der seit 62 zusammen mit Faenius Rufus (s. u. Anm. zu 278,7) in der Nachfolge des Burrus das Amt des Praefectus praetorio innehatte. 278,5 Sabina Poppæa] S. o. S. 641, Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,8. 278,6 Tigillinus] Heute liest man: Tigellinus. Ofonius Tigellinus, der berüchtigte Günstling und Intimus Neros, war von einfacher Herkunft, ausgezeichnet durch körperliche Schönheit, Zügellosigkeit, einen niederträchtigen, sadistischen Charakter und absolute Skrupellosigkeit. Von Kaiser Caligula wurde er i. J. 39 wegen ehebrecherischer Beziehungen zu dessen Schwestern Agrippina d. J. (Neros Mutter) und Iulia Livilla verbannt. Unter Kaiser Claudius durfte er wegen einer Erbschaft wieder nach Rom zurückkehren unter der Bedingung, daß er dem Kaiser nicht unter die Augen käme. Tigellinus wurde Grundbesitzer und betrieb eine Zucht von Rennpferden für Zirkusspiele, wodurch er die Aufmerksamkeit Neros weckte. Nach dem Tode des Burrus i. J. 62 übernahm er zusammen mit Faenius Rufus (s. u. Anm. zu 278,7) das Amt des Praefectus praetorio. Obwohl diesem
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gleichrangig, besaß er doch infolge seiner persönlichen Nähe zum Kaiser eine weitaus stärkere Machtposition. Zu seinen übelsten Schandtaten im Dienste Neros gehörte die Mitwirkung bei der Konstruktion eines Ehebruchsvorwurfs gegen Neros erste Frau Octavia gleich im ersten Jahr seiner Amtszeit; die Folterung einer der Zofen Octavias, mit der eine entsprechende Aussage erzwungen werden sollte, leitete er persönlich, ebenso wie später, nach der Aufdeckung der Pisonischen Verschwörung i. J. 65, die der Epicharis. Die Untersuchung aller Vorgänge dieser Verschwörung und die Verhöre aller Beteiligten leitete er mit brutalster Härte. Zum Dank zeichnete ihn Nero mit den Triumphalornamenten aus und ließ ihm zwei Standbilder (auf dem Forum und auf dem Palatin) aufstellen. Nach dem Sturz Neros i. J. 68 setzte er sich sogleich von seinem Herrn ab. Unter Neros Nachfolger Galba blieb er noch verschont; dessen Nachfolger Otho verurteilte ihn aber, dem Druck des Volkes nachgebend, i. J. 69 zum Tode, worauf sich Tigellinus mit einem Rasiermesser die Kehle durchschnitt. 278, 7 Fenius Rufus] Faenius Rufus wurde i. J. 55 Praefectus annonae, d. h. er hatte in Rom die Oberleitung der Getreideversorgung. 62 wurde er zusammen mit Tigellinus Praefectus praetorio. Tigellinus versuchte ihn bei Nero anzuschwärzen, indem er ihn eines Liebesverhältnisses mit Agrippina bezichtigte und so nach deren Ermordung dem Kaiser die Angst suggerierte, Faenius könnte sie eines Tages rächen wollen (Tacitus, Ann. 14,57,1; 15,30,2). Faenius beteiligte sich an der Pisonischen Verschwörung (ebd. 15,53,3), verhielt sich aber, als diese aufgedeckt war, äußerst schäbig: Durch besonders scharfes Vorgehen gegen gefangene Mitverschwörer suchte er seine eigene Verstrickung zu vertuschen (ebd. 15,58,3). Diese ließen ihn aus Erbitterung ihrerseits fallen und verrieten ihn (ebd. 15,66) – woraufhin er unter Wehklagen, die er in sein Testament aufgenommen wissen wollte (ebd. 15,68,1), hingerichtet wurde. L. hat sich somit bei der Zeichnung dieser feigen Persönlichkeit sehr eng an seine Vorlage gehalten. 278,8 C. Pi¢o] Gaius Calpurnius Piso (seine Herkunft ist ungeklärt) wurde von Kaiser Caligula wegen seiner ersten Frau Livia Orestilla, die Caligula für sich beanspruchte, verbannt. Kaiser Claudius erlaubte ihm die Rückkehr nach Rom. In dessen Regierungszeit war er einmal Konsul und wahrscheinlich Statthalter in Dalmatien. Durch eine Erbschaft nach seinem Konsulat reich geworden, führte Piso ein offenes, gastfreundliches Haus. Er war Dichter und Rhetor und trat auch als Tragöde auf; dank seiner gewinnenden Wesensart erfreute er sich großer Beliebtheit. Schon i. J. 62 stand er im Verdacht, gegen Nero eine Verschwörung angezettelt zu haben. Tacitus läßt es offen, ob die nach ihm benannte Verschwörung des Jahres 65 wirklich ihn zum Urheber hatte (Ann. 15,49,1); jedenfalls habe er sich dabei nicht von persönlichem Ehrgeiz leiten lassen. Zunächst war geplant, Nero in Pisos Landhaus in Baiae zu ermorden, das der Kaiser seiner anmutigen Lage wegen gern besuchte. Dies lehnte Piso aber ab, da er sich nicht nachsagen lassen wollte, das Gastrecht verletzt zu haben, und schlug vor, Nero
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in seinem Palast oder auf offener Straße zu töten (ebd. 15,52,1). So beschloß man, das Attentat am 19. April 65, dem Haupttag des Ceres-Festes, bei den Spielen im Zirkus auszuführen. Piso sollte im Ceres-Tempel warten und nach erfolgter Tötung Neros in die Prätorianerkaserne geleitet werden, um dort zum Kaiser ausgerufen zu werden (ebd. 15,53). – Anscheinend gab es im Verschwörerkreis auch Widerstand gegen die Erhebung Pisos zum Kaiser. Tacitus berichtet von einem Gerücht, demzufolge Subrius Flavus mit Zenturionen verabredet hatte, nach dem Attentat auf Nero auch Piso umzubringen und Seneca zum Kaiser zu machen, weil es widersinnig sei, einen Kitharöden (Nero) zu beseitigen, um einen Tragöden (Piso) auf den Thron zu heben (ebd. 15,65); L. hat diese Überlieferung für Szene Ib (V. 444–449, 492–497) aufgegriffen. Nach dem Verrat der Verschwörung begaben sich einige Teilnehmer zu Piso, um ihn zu bewegen, sofort etwas zu unternehmen, um die Sympathien der Prätorianer und des Volkes für sich zu gewinnen. Piso lehnte aber ab und verhielt sich passiv, bis ein von Nero abgesandter Trupp Soldaten kam, um ihn festzunehmen. Er starb, indem er sich die Pulsadern öffnete. Mit Rücksicht auf seine zweite Frau Satria Galla hinterließ er ein Testament, das Schmeicheleien gegenüber Nero enthielt. (Ebd. 15,59). 278,9 L. Annæus Seneca] Zu seiner Biographie s. o. S. 639 f., Anm. zu A, Pers.Verz. 13,6. Anders als in der ‚Agrippina‘, in der Seneca ganz als Politiker handelt, der sich dem Prinzip der Staatsräson verpflichtet weiß, tritt er hier als abgeklärter und den Tod herbeisehnender stoischer Weiser auf. Quellen für die Darstellung von Senecas Persönlichkeit und seinem Sterben waren neben Tacitus (Ann. 15,60–64) und Senecas philosophischen Schriften auch zwei zeitgenössische Werke: Pierre Antoine Mascaron, La mort et les dernieres paroles de Seneque (21639) und Tristan L’Hermite, La mort de Seneque (1645). 278,10 Paulina] Pompeia Paulina, Senecas zweite Ehegattin, schnitt sich, wie von L. (nach Tacitus, Ann. 15,63,2) geschildert, zusammen mit ihrem Mann die Adern auf, wurde aber, was L. nicht erwähnt, auf Weisung Neros, der gegen sie keinen Haß hegte und sich ihren Tod nicht zuschreiben lassen wollte, gerettet: Soldaten wiesen ihre Dienerschaft an, ihr die Arme zu verbinden und das Blut zu stillen. Sie lebte danach noch einige Jahre, durch das Geschehene dauerhaft mit fahler Blässe an Gesicht und Gliedern gezeichnet (ebd. 15,64). 278,11 Plautius Lateranus] Als einer der Liebhaber Messalinas, der dritten Ehegattin des Kaisers Claudius, wurde er nach deren Tötung i. J. 48 aus dem Senat verstoßen, nach dem Regierungsantritt Neros aber wieder aufgenommen. An der Pisonischen Verschwörung nahm er, damals designierter Konsul, nicht wie so mancher andere aus persönlichem Haß gegen Nero, sondern aus Vaterlandsliebe teil (Tacitus, Ann. 15,49,3). Bei der Ausführung des Attentats sollte er, so als wolle er um eine Geldunterstützung bitten, dem Kaiser zu Füßen fallen und ihn dabei scheinbar unbeabsichtigt umwer-
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fen – woraufhin die anderen Beteiligten den wehrlos daliegenden Nero töten sollten (ebd. 15,53,2). Nach der Aufdeckung der Verschwörung ließ Nero ihn in aller Eile, ohne ihm Gelegenheit zum Abschiednehmen von seinen Kindern zu geben, umbringen; auf einem für die Bestrafung von Sklaven vorgesehenen Platz wurde er von dem selbst an der Verschwörung beteiligten Prätorianertribunen Statius Proximus niedergestochen, ohne irgend jemanden, einschließlich der Person seines Henkers, verraten zu haben (ebd. 15,60,1). 278,12 Afranius Quinctianus] Ein Senator (in modernen Tacitus-Ausgaben die Namensform Quintianus), der sich an der Verschwörung nur beteiligte, weil er sich für ein von Nero verfaßtes Schmähgedicht auf seine Päderastie rächen wollte (Tacitus, Ann. 15,49,4). Dies blieb bei L. unberücksichtigt; dagegen tritt er im Trauerspiel ebenso wie bei Tacitus (ebd. 15,56,4; 15,58,1) im Verein mit Lukan und Senecio als besonders eifriger Verräter engster Freunde und anderer Mitverschwörer in Erscheinung. Wie die Dramenfigur wurde auch ihr historisches Vorbild hingerichtet (ebd. 15,70,2). 278,13 Flavius Scevinus] Die historische Rolle des Scaevinus, eines für sein ausschweifendes Leben bekannten Senators (Tacitus, Ann. 15,49,4), bei dem Komplott entspricht im wesentlichen der Darstellung bei L. Als einer der führenden Köpfe hatte er sich eine zentrale Funktion bei dem Attentat auf Nero vorbehalten: Er wollte gegen Nero, wenn dieser von Plautius Lateranus zu Boden geworfen worden war, mit einem aus einem Tempel der Salus geraubten Dolch den ersten Stoß gegen Nero führen (ebd. 15,53,2). Aufgrund bestimmter vorbereitender Maßnahmen (u. a. Versiegelung seines Testaments, Auftrag zum Schleifen des Dolches und zur Beschaffung von Verbandszeug und Mitteln zum Blutstillen) machte er sich bei seinem Freigelassenen Milichus verdächtig (ebd. 15,54). Dieser zeigte ihn bei Nero an. Bei seiner Festnahme bestritt er zunächst seine Beteiligung, verriet dann aber, nachdem Antonius Natalis vor Nero über ein geheimes Gespräch mit ihm ausgesagt hatte, die ganze Verschwörung (ebd. 15,56). Er wurde hingerichtet (ebd. 15,70,2), seine Frau Caedicia aus Italien ausgewiesen. 278,14 Antonius Natalis] Ein römischer Ritter. Er gestand vor Nero als erster nach der Anzeige des Milichus seine Beteiligung an der Verschwörung, wobei er Piso (dessen Vertrauter er war) und Seneca belastete (Tacitus, Ann. 15,56,1–2). Wegen seines frühen Geständnisses und Verrates ging er straffrei aus (ebd. 15,71,1). 278,15 Subrius Flavius] Tribun einer Prätorianerkohorte (sein Kognomen auch in der Form ‚Flavus‘ überliefert, die man heute für die richtige hält). Er gehörte zu den wenigen entschlossenen und beherzten Teilnehmern der Pisonischen Verschwörung; schon vor dem von den Verschwörern ausgearbeiteten Attentatsplan hatte er sich mit dem Gedanken getragen, Nero auf eigene Faust zu töten (Tacitus, Ann. 15,50,4). Noch bevor er selbst in
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Verdacht geraten war, faßte er während der Verhöre von verratenen Verschwörern durch Nero und Tigellinus, denen er beiwohnte, den Entschluß, Nero auf der Stelle niederzumachen, ließ aber auf ein Zeichen des ängstlichen Faenius Rufus, mit dem er sich durch Gesten verständigt hatte, davon ab (ebd. 15,58,4). Nach seiner Festnahme leugnete er zunächst, bekannte sich dann aber mit größter Kaltblütigkeit zu seiner Tat und hielt Nero schonungslos seine Schandtaten vor Augen (ebd. 15,67,1–2). Ebenso kaltblütig nahm er seine Hinrichtung auf sich, die durch den Prätorianertribunen Veianus Niger auf einem Acker ausgeführt wurde (ebd. 15,67,4). L.s Darstellung seiner Persönlichkeit und seines Auftretens entspricht also ziemlich genau der Quelle. 278,16 Sulpitius A¢per] Zenturio einer Prätorianerkohorte. Mit seinem Vorgesetzten, dem Tribunen Subrius Flavus, gehörte er zu den tatkräftigsten und integersten Männern unter den Verschwörern (Tacitus, Ann. 15,49,2). Er trat mit ähnlicher Entschiedenheit gegenüber Nero auf wie Subrius Flavus und starb in standhafter Haltung (ebd. 15,68,1); genauso hat L. ihn dargestellt. 278,17 Annæus Lucanus] Der mit seinem ‚Bellum civile‘, einem Epos über die Kämpfe zwischen Caesar und Pompeius, berühmteste römische Epiker nach Vergil, wurde am 3. November 39 n. Chr. in Corduba geboren. Sein Vater, Annaeus Mela, war ein Bruder Senecas. Ursprünglich war Lukan ein Günstling Neros (i. J. 60 erhielt er einen Preis für einen anläßlich des Festes der Neronia gedichteten Panegyrikus auf den Kaiser). Nach Erscheinen der ersten drei Bücher des ‚Bellum civile‘ kam es zwischen beiden zu einem Zerwürfnis. Es heißt, daß Nero auf Lukans Talent und seine dichterischen Erfolge neidisch gewesen sei und die Veröffentlichung seines Werkes unterbunden habe (die anticaesarianisch-republikanische Tendenz des ‚Bellum civile‘ könnte dabei allerdings auch eine Rolle gespielt haben). Jedenfalls nennt Tacitus (Ann. 15,49,3) den dadurch bei Lukan erregten Haß auf den Kaiser als Beweggrund für seine Beteiligung an der Pisonischen Verschwörung. Nach deren Verrat denunzierte Lukan beim Verhör seine Mutter Acilia (ebd. 15,56,4). Am 30. April 65 beging er auf Befehl Neros Selbstmord durch Öffnen der Pulsadern (gleichzeitig mit seinem Vater und seinem Onkel Seneca). Sterbend soll er Verse aus seinem unvollendeten Epos, dem einzigen seiner Werke, das überliefert ist, rezitiert haben (3,368 ff.: die Beschreibung des Todes eines Marinesoldaten). 278,18 Atilla] Eigtl. Acilia, Tochter des Acilius Lucanus und Mutter des Dichters M. Annaeus Lucanus; sie wurde von ihrem Sohn denunziert (Tacitus, Ann. 15,56,4), blieb aber bei den Maßnahmen gegen die Verschwörer unbeachtet (weder freigesprochen noch bestraft, wie Tacitus, ebd. 15,71,5 vermeldet). Ihre Auspeitschung in Szene IV b ist eine auf dramaturgische Steigerung und Verschärfung berechnete Erfindung L.s. 278,19 Tullius Senecio] Statt „Tullius“ liest man heute ‚Claudius‘. Er war römischer Ritter, Sohn eines Freigelassenen Neros; zusammen mit Otho, dem
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späteren Kaiser (s. o. S. 640 f., Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,7), hatte ihn Nero ins Vertrauen gezogen, als er (i. J. 55) gegen den Widerstand seiner Mutter eine Liebschaft mit der Freigelassenen Claudia Acte unterhielt (Tacitus, Ann. 13,12). Mit Lukan und Quintianus gehörte er zu den Verschwörern, die, um für sich Strafbefreiung zu erwirken, Mitwisser in großer Zahl preisgaben (ebd. 15,56,4; 58,1). Seine Hinrichtung, der er trotzdem nicht entging, ertrug er mit Würde (ebd. 15,70,2). 278,20 Cervarius Proculus] Römischer Ritter, an der Pisonischen Verschwörung beteiligt, aber ebenso wie Antonius Natalis freigesprochen, weil er sich wie dieser durch frühzeitiges Anzeigen von Mitverschwörern ausgezeichnet hatte (Tacitus, Ann. 15,71,1). Besonders bei der Entlarvung des Prätorianerpräfekten Faenius Rufus tat er sich hervor (ebd. 15,66,2). – Nicht zu verwechseln mit Volusius Proculus, dem weiter unten aufgeführten Denunzianten der Epicharis! 278,21 Vulcatius Araricus] Römischer Ritter. Nur bekannt durch die einmalige Nennung seines Namens neben denen anderer Teilnehmer an der Pisonischen Verschwörung bei Tacitus, Ann. 15,50,1. 278,22 Julius Tugurinus] Das Kognomen liest man heute ‚Augurinus‘. Römischer Ritter. Für ihn gilt das gleiche wie für Vulcacius Araricus: Auch von ihm weiß man nur aufgrund einer Namensnennung an derselben Tacitus-Stelle, daß er an der Verschwörung beteiligt war. 278,23–24 Munatius Gratus. Martius Fe¢tus] Römische Ritter. Für sie gilt das Nämliche. 278,25 Glicius Gallus] Senator, von seinem besten Freund Afranius Quintianus (s. o. Anm. zu 278,12) der Teilnahme an der Pisonischen Verschwörung bezichtigt (Tacitus, Ann. 15,56,4). Da der gegen ihn bestehende Verdacht nicht erhärtet werden konnte, begnügte man sich damit, über ihn die Verbannung zu verhängen, in die ihn seine Frau Egnatia Maximilla begleitete (ebd. 15,71,3). 278,26 Annius Pollio] Von seinem besten Freund Senecio (s. o. Anm. zu 278,19) der Teilnahme an der Pisonischen Verschwörung bezichtigt (Tacitus, Ann. 15,56,4). Da ihm ebenso wie Glitius Gallus nichts bewiesen werden konnte, wurde auch er nur verbannt (ebd. 15,71,3; 16,30,3). 278,27 Granius Sylvanus] Den Gentilnamen liest man heute korrekt ‚Gavius‘: Gaius Gavius Silvanus, als Zenturio im britannischen Krieg i. J. 43 ausgezeichnet, war zur Zeit der Pisonischen Verschwörung, an der er sich beteiligte (Tacitus, Ann. 15,50,3; 15, 61,4), Tribun einer Prätorianerkohorte. Da Nero keinen Verdacht gegen ihn hegte, beauftragte er ihn mit den zwei Aktionen, die auf die Tötung Senecas berechnet waren. Zunächst wurde er zu Seneca geschickt, um von diesem zu erfahren, ob des Antonius Natalis Aussage über ein Gespräch mit Seneca, Piso betreffend, korrekt sei. Nachdem er zum Kaiser zurückgekehrt war, um ihm zu berichten, wurde er erneut zu Seneca geschickt, diesmal, um den Todesbefehl zu überbringen (ebd. 15,60–61). Später selbst in Verdacht geraten, wurde er zwar freigesprochen, beging aber Selbstmord (ebd. 15,71,2).
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278,28 Statius Proximus] Tribun einer Prätorianerkohorte. Blieb als Teilnehmer an der Pisonischen Verschwörung (Tacitus, Ann. 15,50,3) nach deren Aufdeckung noch eine Zeitlang unverdächtigt und wurde sogar mit der Tötung eines Mitverschwörers, des Plautius Lateranus, beauftragt, die er auch ausführte, um jeden Verdacht von sich abzulenken (ebd. 15,60,1). Als dann doch seine Beteiligung ans Licht kam, wurde er von Nero begnadigt, beging aber Selbstmord (ebd. 15,71,2). 278,29–30 Maximus Scaurus. Venetus Paulus] Zenturionen einer Prätorianerkohorte; außer der Tatsache, daß sie an der Pisonischen Verschwörung beteiligt waren (Tacitus, Ann. 15,50,3), ist über sie nichts bekannt. 278,31 Volu¢ius Proculus] Schiffskommandant in Misenum. Er zeigte Epicharis an, nachdem sie versucht hatte, ihn für die Verschwörung gegen Nero zu gewinnen (Tacitus, Ann. 15,51). Weiteres s. o. zu Epicharis, S. 709 f. 278,32 Vejanus Niger] Prätorianertribun, der damit beauftragt wurde, Subrius Flavus (s. o. Anm. zu 278,15) hinzurichten, dabei aber vor Aufregung so zitterte, daß er zwei Hiebe brauchte, um dem Delinquenten den Kopf abzuschlagen. Später rühmte er sich vor Nero seiner Grausamkeit, indem er sagte, er habe Subrius Flavus „mit anderthalb Hieben“ umgebracht (Tacitus, Ann. 15,67,4). 278,33 Epaphroditus] Ein Freigelassener Neros, der bei der Aufdeckung der Pisonischen Verschwörung mitwirkte, indem er Milichus nach dessen Anzeige zum Verhör vor Nero brachte (Tacitus, Ann. 15,55,1). Spätestens von diesem Zeitpunkt an (vielleicht zur Belohnung für seine Treue) verwaltete er das Hofamt a libellis (dessen Inhaber hatte dem Kaiser bei der Bearbeitung von Bittschriften behilflich zu sein). Er stand Nero bei seinem Selbstmord i. J. 68 bei, indem er ihm half, sich den Dolch in die Kehle zu stoßen (Sueton, Nero 49,3). Kaiser Domitian, unter dem er sein altes Amt innehatte, ließ ihn i. J. 95 ebendeshalb töten. Lt. Sueton (Domitianus 14,4) wollte der Kaiser damit seinen Hofbediensteten einschärfen, daß man auch in guter Absicht nicht Hand an den Princeps legen dürfe. 278,34 Cotualda ein deut¢cher Hauptmann] Eine erfundene Figur, die den Zenturio darstellt, der nach Tacitus, Ann. 15,61,4 im Auftrag des Tribunen Gavius (bei L.: Granius) Silvanus (s. o. Anm. zu 278,27) Seneca der Weisung Neros entsprechend (s. IV 477.520) den Tod ankündigt. Daß dieser Zenturio sowie die ihn begleitenden Soldaten ‚Deutsche‘ bzw. Germanen sind, entspricht der von Tacitus, Ann. 15,58,2 mitgeteilten Maßnahme Neros, den Truppenteilen, die mit der Festnahme von Verschwörern beauftragt waren, Germanen beizumischen, weil er diesen, als Ausländern, mehr vertraute. Der Name des deutschen Hauptmanns nach dem bei Tacitus, Ann. 2,62 f. (also in ganz anderem Zusammenhang) genannten markomannischen Edeling Catualda. In Szene Vb (vor V. 141 usw.) mit der Namensform Cotuald. 279,35 Statius Annæus] Langjähriger Freund und Leibarzt Senecas, der ihm auch bei seinem Selbstmord beistand. Als Senecas Sterben sich nach dem Öffnen
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der Adern lange hinzog, reichte er ihm Gift, um seine Qualen schneller zu beenden (Tacitus, Ann. 15,64,3). 279,36 Milichus] Freigelassener des Flavius Scaevinus; er verriet die Pisonische Verschwörung (ob er in sie eingeweiht war oder erst wegen der von seinem Herrn getroffenen auffälligen Vorbereitungen Verdacht schöpfte, ist nicht sicher). Treibende Kraft bei seinem Entschluß, bei Nero Anzeige zu erstatten, war seine Ehefrau. Nach der Niederschlagung der Verschwörung wurde er von Nero reich belohnt und legte sich den Beinamen ‚Sotér‘ (griech. ‚Retter‘) zu. (Tacitus, Ann. 15,54.55.59,1.71,1). 279,37 Corinna] Erfundener Name der Ehefrau des Milichus, die diesen zu seinem Verrat im Hinblick auf die zu erwartende Belohnung ermunterte (Tacitus, Ann. 15,54,4). 279,38 Lucius und Sejus] Die Erläuterung „¢eine zwey Knechte“ ist Lapsus L.s; es sind natürlich nicht des Milichus, sondern des Scaevinus Sklaven, denen in Szene IIb (entspr. Tacitus, Ann. 15,54,2) von ihrem Herrn die Freiheit gegeben wird; die Namen sind erfunden. 279,39–40 Ein Diener … Palurus] Erfundene Figuren. 279,41 Ca¢¢ius] Der Soldat (Name historisch), dem nach Tacitus (Ann. 15,66,2) der Prätorianerpräfekt Faenius Rufus (s. o. Anm. zu 278,7) nach seiner Enttarnung übergeben wurde (von Nero angesprochen IV 339). 279,44 Ge¢chreyes] Allegorie der Fama, des Gerüchts. 279,44 Wahr¢ager] Hier nicht im heutigen, eher negativ gefärbten, sondern im ganz wörtlichen, positiven Sinne: Propheten, die absolut Wahres verkünden (s. die Belege für die heute ganz verschwundene positive Bedeutung in DWb 27,973 f.,1). 279,47 Sibylla von Cuma] Sagenhafte römische Seherin, die in einer Felsenhöhle bei Cumae (Campanien) die Sibyllinischen Bücher auf Palmblätter (vgl. IV 667) geschrieben haben soll. Diese enthielten Kultvorschriften und Weissagungen (83 v. Chr. in Rom verbrannt). Im 6. Buch von Vergils Aeneis (V. 83–97) weissagt die Sibylle von Cumae Aeneas die Zukunft. S. auch Anm. zu IV 664. 279,48–49 den ¢iebenden April … an den Morgen] Aus der Darstellung der Pisonischen Verschwörung bei Tacitus geht klar hervor (s. Ann. 15,53–55,1), daß der Mordanschlag auf Nero für den 19. April, den mit Zirkusspielen gefeierten Haupttag des Festes der Ceres, geplant war und die Anzeige des Milichus, die die Aufdeckung des ganzen Unternehmens bewirkte, am Morgen ebendieses Tages erfolgte. Die Verhaftungen der Verdächtigten und der Vollzug von Todesurteilen dauerten anscheinend bis in den Monat Mai hinein an: Seneca und Lukan starben Ende April; ihnen folgten lt. Tacitus (Ann. 15,70,2) Senecio, Quintianus und Scaevinus sowie weitere Verschwörer. – L.s Terminierung des Spielgeschehens der ‚Epicharis‘ setzt voraus, daß er den 10. April für den Haupttag des Ceres-Festes gehalten hat, denn in Szene Id, die nach L.s Vorgabe am 7. April stattfindet, beschließen die Verschwörer auf Vorschlag des Plautius Lateranus, das Attentat in drei Tagen,
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nämlich am Fest der Ceres, bei den Zirkusspielen, stattfinden zu lassen (V. 710–714). Mit dieser heute als falsch anzusehenden Datierung des Ceres-Festes folgt L. zweifellos dem Tacitus-Kommentar von Lipsius zu dem Lemma „qui Cereri celebratur“ (sc. circensium ludorum dies), Ann. 15,53,1; hierauf hat bereits Asmuth (Lohenstein u. Tacitus, S. 206) hingewiesen. Lipsius schreibt nämlich am Anfang seiner Anmerkung: „Qui dies pridie Idus Apriles, ita notatus Kalendario veteri: LVDI. CERERI. et biduo antè, LVDI. IN. CIRCO.“ (C.[!] Cornelius Tacitus, Opera quae exstant. Lipsius postremùm recensuit. Additi commentarii aucti emendatique ab ultimâ manu. Antverpiae: ex officina Plantiniana 1627, S. 282). Darauf folgen noch zwei einschlägige Zitate (Tacitus und Cassius Dio), ein Hinweis auf Ovid, Fasti, Buch 4, und die Zitierung einer Münzinschrift. Lipsius’ Datierung läßt sich eindeutig auf eine heute überholte Interpretation seiner Hauptquelle, der von ihm nur am Rande genannten ‚Fasti‘ Ovids, zurückführen. Die Angabe „pridie Idus Apriles“ (d.i. der 12. April) ist zwar richtig: an ebendiesem Tag (Ovid, Fasti 4,393–620) begannen die Cerialia, die sich bis zum 19. April hinzogen. Erst an diesem Schlußtag, dem Haupttag der Festlichkeiten (Ovid, ebd. 4,679–712), fanden im Zirkus Wagenrennen statt (s. ebd. V. 680: „carcere partitos circus habebit equos“). Die Pferderennen aber, die zwei Tage vor Beginn der Cerialia (bei Lipsius: „biduo antè“), also am 10. April, stattfanden (Ovid, ebd., 4,389–392), galten dem Fest der Megalesien (zu Ehren der Magna mater), das an diesem Tag zu Ende ging, und nicht schon, wie Lipsius annahm, dem Ceres-Fest. – An zwei Stellen seines Trauerspiels ist L. von der durch die Absprache der Verschwörer in Szene Id vorgegebenen Chronologie der Ereignisse abgewichen: in II 574 und III 100; hiernach hätten sich die Attentatsplanungen nicht drei Tage vor dem Ceres-Fest, sondern erst am Vortag, also nicht am 7., sondern am 9. April abgespielt. Erste Abhandlung Szenenfolge: a) V. 1–362; b) V. 363–500; c) V. 501–602; d) V. 603–768; e) Reyen: V. 769–804. Orte der Handlung: a/b) Garten des Flavius Scevinus; c/d) Gemach im Hause des Antonius Natalis. vor 1 ein verbrenntes Hauß und Garten] Die Szene spielt also in einem Viertel Roms, das bei der großen Feuersbrunst, die im Juli des Jahres 64 neun Tage lang in der Stadt wütete, vernichtet wurde (Tacitus, Ann. 15,38–41). Die Zeitgenossen mutmaßten, daß Nero das Feuer selbst habe legen lassen, u. a. um Platz für das Riesenbauprojekt seines ‚Goldenen Hauses‘ (s. o. Anm. zu A I 67) zu gewinnen (Sueton, Nero 38,1; Tacitus, Ann. 15,38,1; 40,2; 42,1; vgl. auch II 244 incl. Anm. u. IV 435). Die Idee, die Szene in einem Garten spielen zu lassen, anscheinend nach Tristan L’Hermite, Mort
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de Seneque, II. Akt; dort treffen sich die Verschwörer aber nicht im Garten des Scevinus, sondern „au jardin de Moecene“ (V. 317), also in dem des Maecenas (vgl. Asmuth, Lohenstein u. Tacitus, S. 58). 3 auch] Gehört zu „Ein mehr als ¢teinern“. 4–7 Jch ¢ehe … Neßeln auf] Vgl. II 244. 4 verwehen] Hier intransitiv gebraucht, im Sinne von ‚verweht werden‘ (s. DWb 25,2163 f.). 9 Die Jahre … eignen Brutt] ‚Die Zeit wütet gegen ihre eigenen Kinder‘ (s. u. Anm. zu II 552). „Brutt“ hier maskulin (vgl. A I 384.664, IV 368). 10 die See an¢atz’t] Gemeint ist ein Zuwachs an Land durch fortschreitende Versandung. 11 Mit Wucher] ‚mit Zins‘. 12 Man mißt … mit dem Stabe] Bild einer verkehrten Welt: Da, wo früher Land war, ist jetzt ein Gewässer, dessen Tiefe man mit dem Senkblei mißt; umgekehrt sind die früheren Seen jetzt ausgetrocknet, so daß man deren Grund mit dem Stab des Landvermessers ausmessen kann. 13 Scheu’t !…" der Gotter selber nicht] ‚macht sogar vor den Göttern nicht Halt‘ (‚scheuen‘ mit Gen.). – Eitelkeit] ‚Vergänglichkeit‘. 14 Wenn ¢ie … zerbricht] Wahrscheinlich denkt L. hier an den Brand des Tempels des Iuppiter Optimus Maximus, des römischen Hauptgottes, auf dem Kapitol i. J. 83 v. Chr., der dadurch vollständig zerstört wurde. 15 Dianens Heyligthumb] Der Diana-Tempel zu Ephesus, zerstört 356 v. Chr. durch Brandstiftung des Herostratos. – Neptunus Mauren] Die Stadtmauer Trojas, die der Meergott Neptun zusammen mit Apollo errichtet haben soll (s. AnmL. zu A II 535). 17 ihre Eltern] Da Rom (V. 16) letztlich, als Nachfolgerin Trojas, dessen Untergang seine Entstehung verdankt und des Scevinus Haus ein Teil Roms ist, sind ‚Fall und Untergang‘ ihre ‚Eltern‘. 18 Carthagens ko¢tbarn Staub] Karthago, auch nach dem 2. Punischen Krieg immer noch eine sehr reiche Handelsstadt (deshalb „kostbarn“), wurde am Ende des 3. Punischen Krieges 146 v. Chr. von den Römern zerstört und dem Erdboden gleich gemacht. – ver¢piel’t] ‚spielt mit ihm und weht ihn dabei fort‘. 20 Stadt’ … ¢uchen] Städte, die im Meer versunken sind oder von Bergen verschüttet wurden (s. AnmL.). 21 ver¢aug’t] ‚versiegt‘. 22 Thurme] Ägyptische Obelisken, die römische Kaiser nach Rom haben bringen und dort aufstellen lassen (s. AnmL.). 23 die er¢te Groß’] ‚den ersten Rang‘. 26 heucheln] ‚schmeicheln‘. 28 be¢chmertzen] ‚beklagen‘. 29 ungefahr] ‚von ungefähr‘. 30 des grimmen Blutthunds] Neros (vgl. V. 74). 32–33 Er hat vergnug’t ge¢ungen Von Jliums Verterb] Nero soll vom Turmpalast
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des Maecenas aus den Brand Roms beobachtet und voller Freude über die Schönheit der Flammen ein Lied über den Untergang Trojas gesungen haben (Sueton, Nero 38,2, zit. in AnmL.; Tacitus, Ann. 15,39,3). Zu Ilium (= Troja) s. o. Anm. zu A II 508. 33 ihm-¢chone] ‚für ihn schöne‘. 36 Curtius] M. Curtius, ein Held der römischen Volkssage. Es heißt, daß sich i. J. 362 v. Chr. auf dem Forum ein tiefer Erdspalt aufgetan habe, von dem die Weissagung ging, er werde sich erst wieder schließen, wenn ihm Rom sein größtes Gut zum Opfer bringe. M. Curtius, ein junger Mann aus edlem Hause, meinte, dieses Gut könne nur kriegerischer Mut sein, und opferte sich selbst, indem er sich in voller Rüstung mit seinem Pferd in die Erdspalte stürzte, die sich danach tatsächlich wieder schloß. 37 weil … zu Ruh] ‚weil man uns gerade einmal heute noch in Ruhe läßt‘ oder aber, bei Beziehung des „nur“ auf „weil“: ‚nur weil man uns heute noch in Ruhe läßt‘. 41 da man durch Flammen lief] Vielleicht bezieht sich L. hier auf eine Episode in der Entscheidungsschlacht vor der Einnahme der von Rom abgefallenen Stadt Fidenae i. J. 426 v. Chr. (Livius 4,33). Unter dem Kommando des Diktators Mamercus Aemilius kämpfte ein römischer Reitertrupp unerschrocken gegen eine mit Feuerbränden und Fackeln ausgerüstete Infanterieabteilung, indem er mitten in sie hineinsprengte und alle Feinde niedermachte, die er erreichen konnte. 42–43 Da auch ein Weib … ¢chwam] Cloelia, eine junge Römerin, die der Etruskerkönig Porsenna mit anderen vornehmen römischen Jungfrauen als Geisel festhielt (508 v. Chr.), konnte ihrer Haft entkommen und gelangte nach Rom, nachdem sie schwimmend den Tiber überquert hatte (s. AnmL.). Sie mußte zwar Porsenna wieder zurückgegeben werden; dieser schenkte ihr aber in Anerkennung ihrer Tapferkeit die Freiheit. Davon, daß Cloelia Porsenna umbringen wollte, ist allerdings nichts überliefert. 45 Er wuttet ¢o viel Jahr’] Zur Zeit der Pisonischen Verschwörung (Frühjahr 65) stand Nero im elften Jahr seiner Herrschaft. Vgl. V. 433–434 u. Anm. 45–46 eine geile Nacht … gebracht] Lucretia, Gattin des L.Tarquinius Collatinus, nahm sich das Leben, als sie von dem ältesten Sohn des Königs Tarquinius Superbus vergewaltigt worden war (s. AnmL.). Ihr Freitod hatte den Sturz der Tarquinier und das Ende der Königsherrschaft über Rom zur Folge. Vgl. V. 394 f. u. 521. 46 Gei¢t] ‚Leben‘ (allerdings verlief der Sturz der Tarquinier unblutig; sie gingen ins Exil; s. u. Anm. zu V 520–521). 48 welcher … achtet wenig] Bezieht sich auf „Sclav“. Ähnlich IV 115–116. 606–607. 49 die ¢chone That] Den Sturz oder die Tötung Neros (vgl. V. 61 f.). 50 der Glutt ¢tracks fur ein Opfer ¢teh’n] Die Deutung dieser Stelle hängt davon ab, wie man „Glutt“ versteht. Drei Möglichkeiten bieten sich an: (1) Epicharis nimmt selbst den Feuertod (auf der Folter oder sonstwie) in Kauf,
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wenn Nero nur beseitigt werden würde. (2) Sie würde sich (zum selben Ziele, also dem Wohle Roms zuliebe) als Brandopfer darbringen. (3) Sie würde sich opfern, wenn die „Glutt“ (d. h. Raserei; vgl. „Brand“ V. 52) dadurch gedämpft werden könnte. 52 den grimmen Brand] Hier ist wohl die Raserei Neros gemeint. Vgl. V. 462 f. – ¢ein] Neros – falls nicht auf „Brand“ zu beziehen. 55–56 Wer mit … todtet nicht] Der gleiche Gedanke auch III 160. Vgl. Gryphius, Leo Armenius IV 190: „Der warn’t: wer nicht zugleich angreifft und todten kan.“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 85). 56 ihn] Nero. 57 Weil er … wa¢ch’t] S. AnmL. 58 durch der Reichen Gutt] S. AnmL. 64 Brand’] Hier der Brand Roms. – ihm ¢elb¢t fang’t an zudreuen] ‚ihn (Nero) selbst zu bedrohen beginnt‘. Will sagen: durch den Brand von Rom, unter dem Arme wie Reiche zu leiden hatten, hat Nero jetzt auch die Sympathie des gemeinen Volkes eingebüßt. 69 Bey uns] Bei den Prätorianern, zu denen Subrius als Tribun einer Kohorte gehörte. 71 AdernBrunn] Das Herz (so auch V. 743). 72 Rufus un¢er Haupt] Faenius Rufus, zusammen mit Tigellinus Präfekt der Prätorianergarde. 73–74 weil er … vor ¢iht zih’n] ‚weil er sieht, daß Tigellinus, des Bluthunds (d. h. Neros [vgl. V. 30]) rechtes Auge (= rechte Hand [s. DWb 1,799,18]), vor ihm selbst bei weitem Vorrang genießt‘. Zu dem heute nicht mehr gebräuchlichen intransitiven ‚vorziehen‘ vgl. die Belege in DWb 26,2004, B1a. – Nach Tacitus, Ann. 15,50,3 (zit. in AnmL.), jedoch nur hinsichtlich der Tatsache, daß Faenius Rufus beim Kaiser weniger beliebt war als Tigellinus; daß dies aber das entscheidende Motiv für seine Teilnahme an der Verschwörung war, ist dem Wortlaut bei Tacitus nicht zu entnehmen. Vgl. IV 315–317. 78 Grufft] Hier wohl nicht ‚Grab‘, sondern ‚Höllenpfuhl‘ (vgl. die Belege in DWb 9, 630 f. unter IIA2d, Anfang). 79 Wo mehr … ¢tecket] Vgl. III 147. 80 die andre nicht] ‚nicht die zweite‘ (d. h. ohne Vorgängerin). 81 Weiber -Ei¢en] ‚von einer Frau gehandhabtes Schwert‘ (kein Beleg in DWb) 83–85 ein Elefant … ¢aug’t aus] Das Motiv vom Elefanten, der den Drachen (oder die Schlange), der (die) ihn durch Blutsaugen umbringt, beim Umfallen selbst tötet, ist in der Emblematik nachgewiesen (s. Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 411 f.). Vgl. II 154, IV 140. 88 lachen] ‚verlachen‘. 90 Rath] ‚Senat‘. – euch billich ¢pricht] Gedanklich zu ergänzen ein auf „Dis“ bezügliches Relativum: ‚was der Senat euch als eine gerechtfertigte Handlung zubilligt‘. 95 Proculus] Volusius Proculus.
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96 Anicet] Anicetus, Befehlshaber der Flotte von Misenum, war Handlanger Neros bei der Ermordung Agrippinas (s. o. Anm. zu A, Pers.-Verz., S. 641, zu 13,10). Vgl. V. 319 f. – zur See i¢t vorgezogen worden] S. AnmL. zu V. 95. 97 Die¢em i¢t … feil] ‚Dieser setzt ebenso wie wir sein Leben ein.‘ 99 uns den verbunden] ‚uns diesen Mann zu Dank / zu Gegenleistung verpflichtet‘. 101 ihm] ‚sich‘ (dem Haß). – wieder ihn] ‚gegen ihn (den Fürsten)‘. 103–338 Diesem Lebensbericht der Epicharis liegt ein Handlungsstrang des heroisch-galanten Romans ‚Ariane‘ (Paris 1632) von Jean Desmarets de Saint-Sorlin zugrunde. Mit der Benutzung dieser von ihm nicht namhaft gemachten Quelle gleicht L. zwei seinem dramatischen Konzept hinderliche Gegebenheiten der Hauptquelle für die Geschichte der Pisonischen Verschwörung, des 15. Buches von Tacitus’ Annalen, aus: insofern nämlich, als Tacitus über die Biographie der Epicharis, einer Freigelassenen („libertina mulier“, Ann. 15,57,2), vor ihrer Beteiligung an der Verschwörung überhaupt nichts vermeldet, sie aber durch die negative Aussage, diese „Epicharis quaedam“ habe sich vorher nie um ehrenhafte Dinge gekümmert (Ann. 15,51,1: „neque illi ante ulla rerum honestarum cura fuerat“) in ein dubioses Licht rückt. Mit der Andeutung der edlen Abkunft der Epicharis in V. 111–118 ist eindeutig eine Aufwertung dieser Gestalt gegenüber der historischen Überlieferung vollzogen und damit ein Erfordernis der zeitgenössischen Tragödientheorie (Ständeklausel) erfüllt. Eine andere Funktion der Einfügung dieses fiktiven Lebensberichts der Epicharis besteht in der Erzeugung eines Motivs für ihren Haß auf Nero: dessen brutales Vorgehen gegen ihre Freunde Palamedes und Melintes. – Im folgenden können nur Hinweise zur Klärung des sachlichen Zusammenhangs einzelner ohne Kenntnis der Vorlage etwas dunkler Elemente des Berichts gegeben werden. Für grundsätzlichere Fragen zur Benutzung des Romans von Desmarets durch L. und eine über Einzelheiten hinausgehende Erhellung der stofflichen Zusammenhänge sei auf die sehr gründliche und genaue Untersuchung und Dokumentation bei Asmuth, Lohenstein u. Tacitus, S. 63–71 u. 200 ff., verwiesen, daneben aber auch auf den Aufsatz Spellerbergs, mit dem 1967 erstmals auf diese Quelle für die ‚Epicharis‘ aufmerksam gemacht wurde: Spellerberg, Eine unbeachtete Quelle zur ‚Epicharis‘ Daniel Caspers von Lohenstein. Asmuth benutzte die französische Originalausgabe; ich meinerseits zog zu meiner eigenen Orientierung ebenso wie Spellerberg die mir allein ständig zugängliche deutsche Übersetzung von Georg Andreas Richter (in der Ausgabe Amsterdam 1659) heran. 104 Ob Mutter -Milch … ge¢auget] Zeugma. 105 Ob Klippen … meine Eltern ¢ind] Diese sonderbare Frage vermutlich in Anlehnung an Ovid, Trist. 3,11,3: „natus es e scopulis“ („dich haben Klippen geboren“, von einem hartherzigen, gefühllosen Menschen; vgl. auch Vergil, Aen. 4,366 f.). Bei L. wohl zu verstehen als Andeutung der nach der
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Auffassung der Zeit für eine Frau sehr ungewöhnlichen unerschrockenen und unbeugsamen Haltung, die Epicharis im Verlauf des Dramas an den Tag legt. Vgl. V 522, wo Nero sie mit einem Kieselstein vergleicht. Vgl. auch Johann von Besser, Einige Helden-brieffe, I („König Ludewich an die Gräffin de Montesp!an"“), V. 69: „Und wärstu gleich gebohrn aus felsen oder Eichen“ (Benjamin Neukirchs Anthologie, Tl. 3, hrsg. von A.G. de Capua u. E.A. Metzger, S. 32). Lylybeer -Strande] Lilybaeum hießen ein Vorgebirge und eine Stadt an der Westspitze Siziliens. in dien¢tbarm Stande] Als Sklavin (vgl. V. 269). warf !…" bey] ‚auferlegte‘. Am] ‚beim‘. – Dicearch] Er war in seiner Jugend in Epicharis’ Mutter Euphrosyne verliebt und begehrte sie zur Frau. Euphrosyne schlug aber seine Werbungen aus und entschied sich für seinen Rivalen Hermokrates (vgl. V. 141). Als die beiden bereits verheiratet waren und Euphrosyne ihr erstes Kind, Melintes, geboren hatte, nahm Dicearch an ihnen grausame Rache: Er beauftragte Seeräuber, das Ehepaar vor Antritt einer Seereise nach Karthago, auf dem Wege zum Hafen Lilybaeum, gefangenzunehmen. Als Gefangene der Seeräuber schenkte Euphrosyne noch einer Tochter, Epicharis, das Leben. Diese wurde im Alter von ungefähr zwei Jahren von den Seeräubern zu Dicearch gebracht, da sie es nicht übers Herz bringen konnten, sie den Weisungen ihres Auftraggebers gemäß zu töten. Dicearch beschloß daraufhin, Epicharis bei sich zu behalten und sie großzuziehen. Den ganzen Hergang dieser Geschichte erzählt Dicearch ausführlich in seinem Lebensbericht bei Desmarets (in Buch 13, Kap. 3). A¢ylas] Ein Sklave Dicearchs (s. V. 118). Vorwand] ‚Einwand‘, ‚Begründung‘; also noch nicht in der sich im 17. Jh. ausprägenden negativen Bedeutung. – zu ¢trenge Rache] Im Hinblick auf das, was er Epicharis und ihren Eltern schon angetan hatte. Zum Ausdruck „¢trenge Rache“ vgl. S III 363! Daß nur … an dir] ‚daß dein Sklaventum nur Folge eines Schicksalsschlages war‘ (also nicht eine gewissermaßen natürliche Konsequenz niedriger Herkunft oder knechtischer Gesinnung). Vgl. C III 429–431. Neffe] ‚Nichte‘. Ari¢tid] Vater der Ariane und des Palamedes (V. 133). Anmuth] Hier wohl, abweichend von der üblichen Bedeutung ‚Lust‘ oder ‚Begierde‘ (vgl. Anm. zu A I 110), eher im Sinne von ‚reizvolles Äußeres‘. zum Ore¢t] D. h. zu einem Freund, dem er ebenso treu ergeben war wie einst Pylades dem Orest. Hermocratens] Dieser Hermokrates ist, wie sich in dem Roman von Desmarets herausstellt (bei L. aber unbeachtet bleibt), auch Vater der Epicharis, ‚der edle Held Melint‘ also eigentlich ihr Bruder. (s. o. Anm. zu V. 111). Marcellins] Römischer Ritter, Höfling bei Nero (erfundene Figur). Emilie] Eine adlige römische Witwe.
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146 Camillen] Schwester Emilies, ebenfalls Witwe. 147 anzugeben] ‚anzustiften‘. 149 den Schau¢pieln] D. h. zirzensischen Spielen, wie sie im kaiserlichen Rom üblich waren. 157 Da¢elb¢t] Hier offenbar Temporaladverb: ‚damals‘ (s. DWb 2,809,4). Falls es eine Ortsbestimmung wäre, könnte nur die Wohnung Camillas gemeint sein, die Palamedes zusammen mit Melintes gemäß V. 152 f. aufsuchen wollte. Aber schon auf dem Gang dorthin werden beide von Nero und seinen Schlägern überfallen (V. 143–146, 173–175). 158 vor] ‚zuvor‘, d. h. vor ihrer Bekanntschaft mit Palamedes. 159 Bemuht … zu zuneigen] ‚bemüht sich, des Kaisers Gunst auf sie zu lenken‘. 161 ihre Kun¢t] Palamedes und Melintes hatten dem Kaiser zwei Gesänge vorgetragen. – das er¢te Kleinod] ‚den ersten Preis‘ (vgl. V. 411 u. C II 446). Nach der Romanfassung an sich nicht ganz richtig, denn der erste Preis wurde Nero selbst für seine Darbietung zuerkannt, Palamedes und Melintes nur der zweite. Allerdings nahm sich der Kaiser nach Beendigung der Preisvergabe den ihm selbst zugedachten Lorbeerkranz vom Kopf und setzte ihn Melintes auf, dessen Vortrag ihm besonders gut gefallen hatte. 163–164 Spricht Syracu¢e frey !…" Von allen Schatzungen] ‚befreit Syrakus von allen steuerlichen Abgaben‘ (ohne historischen Hintergrund). 165 nicht zu karg] Offenbar ironisch gemeint. – Soviel trag’t Marcellin] „träg’t“ hier wohl im Sinne von ‚erträgt‘ bzw. ‚verträgt‘ (vgl. V. 605). Zu erwägen aber auch die Deutung ‚bringt ein‘ (s. DWb 21,1085), d. h.: ‚So viel ist die Bekanntschaft mit Marcellin wert.‘ Marcellin hatte sich ja gerade erst (lt. V. 159) bemüht, Palamedes und Melintes bei Nero beliebt zu machen, so daß kein Grund besteht, bei ihm Eifersucht oder Mißgunst vorauszusetzen. Sein Wohlwollen schlägt erst in Feindschaft um, als er merkt, daß Palamedes Camilla liebt. 167 Cyanen] Kammerfrau der Camilla. 174 Des Palamedes Gang] Zur Wohnung Camillas (wie schon V. 152 f. berichtet). – er] Nero (vgl. V. 143 f.). 175 wie ich erzehlet] S. o. V. 139–141 u. 146. 183 beyder Herren] Palamedes und Melintes. 184 Hatt’ es … außgeblitzet?] ‚Hatte sich das Unwetter mit diesem (Blitz-) Schlag nun gänzlich erschöpft?‘ 185 den Glantz der Arian’ erblick’t] Ariane war, wie V. 134 f. berichtet, auf die Meldung von der Verwundung ihres Bruders Palamedes und dessen Freund Melintes (V. 143–146) mit Epicharis und ihrem Vater Aristides nach Rom gereist. 186 gantz au¢er ihm entzuck’t] ‚sich selbst ganz entrückt hat‘ (vgl. S III 65). 190 des Melintes Hertz] Melintes und Ariane waren ineinander verliebt. 192 durch Wunder] Während Ariane (bei Desmarets begleitet von Epicharis) im Tempel der Diana nackt im Bad liegt, läßt Marcellin einen Mummenschanz ablaufen, der sie überzeugen soll, daß eine Verbindung mit ihm von
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der Göttin gewollt sei. Nachdem er Arianes Bad durch vermeintliche Liebesgötter mit Feuerpfeilen hat beschießen lassen, läßt er sich ihr in prunkvollem Aufzug von der angeblichen Göttin Diana als Bräutigam empfehlen, mit dem sie ihr Glück machen werde. Dianens keu¢ches Hauß] Den Tempel der jungfräulichen Göttin Diana. Diese, bekannt als Göttin der Jagd und des Mondes, war zugleich (und ursprünglich) eine Frauengottheit, d. h. Beschützerin des weiblichen Lebens und seiner Funktionen (Menstruation, Fruchtbarkeit, Gebären). wo ¢ich Arian’ … reinig’t] Ariane hatte sich in den Tempel der Diana begeben, um sich dort nach einem Besuch bei Emilie, durch den sie sich in ihren keuschen Gedanken beschmutzt fühlte, zu reinigen. wie zu Danaen] Jupiter hatte Danae als Goldregen heimgesucht. der Gott] Ironische Bezeichnung für Marcellin in Bezug auf seinen ‚göttlichen‘ Auftritt (s. o. Anm. zu V. 192). ¢tieg in die Lufft] D. h. er verließ den Raum wieder, wie er gekommen war, durch die Decke oder das Dach. Ari¢tid’] S. o. Anm. zu V. 132. – be¢chicken] ‚zu sich bestellen‘. verbroch’ner] ‚gebrochener‘. Des Wiederwillens] Nämlich gegen eine Verbindung Arianes mit Marcellin. laßt ¢ich dar ver¢chlußen] Epicharis hatte ihn, sich als Ariane ausgebend, in eine Gartenhütte am Tiberufer gelockt, mit dem Versprechen, ihm dort in der kommenden Nacht seine Liebeswünsche zu erfüllen, und ihn drei Tage lang in der Hütte eingesperrt gehalten. ver¢chmach’t] Part. Perf. von ‚verschmachen‘, einer Nebenform von ‚verschmachten‘. Die Galle … Hertzen] Humoralpathologischer Rekurs auf die den Affekt des Zorns befördernde gelbe Galle. ¢onder Blutt] ‚ohne Blutvergießen‘. – der Freind¢chafft] ‚der Verwandtschaft‘, ‚der Angehörigen‘, d. h. ihres Bruders Palamedes. Dem] Nero. – es] Blut (V. 223). – Schwamme] ‚Pilze‘. Amphitritens Saltz] ‚Meerwasser‘ (Amphitrite ist eine Meergöttin; vgl. A I 34). Den Weg] D. h. den weiteren Fluchtweg. umb Schutz der Un¢chuld ¢ich bemuhen] ‚sich bemühen, ihre Unschuld zu verteidigen‘. den grau¢en Mord-Brand] Wie L.s Anmerkung hierzu zu entnehmen, will er hierunter den Brand Roms verstanden wissen, dessen Verursacher zu sein Nero lt. Tacitus (Ann. 15,44,2) jedoch die Christen beschuldigte. Gemäß dem aus Desmarets entlehnten fiktiven Lebensbericht der Epicharis wäre Ursprung dieses großen Brandes das Feuer gewesen, das Nero auf Anstiften des Marcellin in der unmittelbaren Umgebung des Wohnhauses von Palamedes und Melintes legen ließ (s. o. V. 226). Vgl. IV 435. Nehm ich … Geld] ‚verkaufe ich mich als Sklaven an einen Kerkermeister‘.
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250 Pi¢i¢traten] Sohn eines vornehmen reichen Mannes in Korinth. 254 Haupt¢tadt in Epir] Hauptstadt der römischen Provinz Epirus (griechische Landschaft zwischen Makedonien, Thessalien und dem Ionischen Meer) war seit Nero Nikopolis. 255 erheben] ‚begeben‘ (s. DWb 3,844,b). 262 Der Kerckermei¢ter] S. o. V. 238. 264 wil er in ¢ich gehen] ‚sein Inneres (Herz) erkunden‘ (vgl. DWb 5,2452,28a/b), d. h. gegen sich selbst ehrlich sein. 265 mich ihm auf Wieder -Kauff ge¢tell’t] ‚mich ihm auf Rückkauf zur Verfügung gestellt habe‘, d. h. es war Freikauf vom Sklavenstand durch Rückerstattung der Kaufsumme vereinbart worden. 266 Nachgeben] ‚zugeben‘. – noch bey ¢ich hat ¢ein Geld] Die Kaufsumme war also noch nicht einmal ausbezahlt worden. 267 Gegentheil] ‚die gegnerische Partei‘. 268 entbrochen] ‚befreit‘. 273 Arcas] Sklave des Melintes. 274 raum’] ‚raumen‘ ist alte Nebenform von ‚raunen‘. 276 daß er … verbinde] ‚um nur ja immer stärker seine Bindung an seinen Herrn zu festigen‘ (vgl. V. 347). 281 Trebaz] Vorsteher von Neros Leibwache (erfundene Figur). 282–283 fur Melintens Mord … Eh und Hold] Emilie trachtete Melintes aus enttäuschter Liebe (vgl. V. 152) nach dem Leben. 285 ¢ein lieb¢tes Kleinod mich] Andeutung der Liebesbeziehung zwischen Arianes Bruder Palamedes und Epicharis, die am Ende von Desmarets’ glücklich ausgehendem Roman heiraten (wie umgekehrt Ariane die Frau von Epicharis’ Bruder Melintes wird). Diese Beziehung hat in L.s Drama keinerlei Funktion für den weiteren Fortgang der Handlung. 296–297 Der Umbweg … entzieh’n] Sprichwort. Vgl. Thesaurus proverbiorum medii aevi 12, S. 403 die Belege unter 6.1. („Der Umweg hat keine Krümmung“). 303 er Proculus] Mit dem Personalpronomen („Proculus“ ist Apposition) weist Epicharis zurück auf den Ausgangspunkt ihres Berichts, die Frage des Venetus Paulus (V. 102) nach dem Anlaß ihrer Bekanntschaft mit Volusius Proculus (V. 95). 308 Trebaz] S. o. Anm. zu V. 281. 311 gehandelt] ‚behandelt‘. 314 beruck’t] ‚überlistet‘. 315 unter ¢einen Schutz] Nämlich unter den Schutz des hier angesprochenen Proculus. 316 dem Lowen] D. h. Nero (vgl. V. 363, 667, 702; III 63). 318 an’s Brett !…" heb’t] ‚auf hohe Stellen befördert‘ (s. o. Anm. zu A I 636). Vgl. V. 705 f. 319–320 Man hat … hat genetzet] S. o. Anm. zu V. 96. 320 Mutter] Agrippina.
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321 Und ich … vollbracht] Es ist nicht ganz klar, ob diese Aussage für bare Münze genommen werden soll oder für eine Lüge, denn der historische Volusius Proculus war lt. Tacitus, Ann. 15,51,2 (zit. in AnmL. zu V. 95!) an der Ermordung Agrippinas beteiligt. Vgl. des Natalis Warnung vor ihm V. 341. 328 die¢en Panther] Vgl. V. 564. 333 die Lu¢t ihn zih’t an den Mi¢ener Strand] Volusius Proculus war Schiffskommandant bei der Flotte von Misenum. Diese Hafenstadt am Nordrand des Golfs von Neapel war nicht weit von dem ‚Lustbad‘ Baiae (vgl. A III 376, IV 238) entfernt, in dem Nero sich aufgehalten hatte, als er seine Mutter ermorden ließ. 339 aus deinen Wundern] ‚aus deinem wundersamen Schicksal‘. 343 mich ¢ein entbrechen] ‚mich von ihm trennen‘. 346 Darf keiner Armen mehr] ‚bedarf keiner weiteren Arme (d. h.Unterstützung)‘. ‚Arm‘ hier schwach dekliniert; vgl. V. 456. 347 Uns … zu verbinden] Vgl. V. 500. 348 Cyneas] = Kineas, Schüler des Demosthenes, kluger Ratgeber und Diplomat des Königs Pyrrhus (306–272 v. Chr. König der Molosser in Epirus). Von ihm sagte man, er habe mehr Städte mit Worten als Pyrrhus mit Waffen gewonnen (Plutarch, Pyrrhus 14,2; Cassius Dio, frg. 40,5). – Ne¢tor] König von Pylos, nahm noch in hohem Alter am Kriegszug der Griechen gegen Troja teil; bei den anderen griechischen Anführern hoch angesehen wegen seines weisen Rates und seiner Beredsamkeit. 349 Achilles] Der kampfstärkste griechische Held vor Troja. 351 Den Grund¢tein … verrucket] Sinngemäß etwa: ‚Nero selbst hat der Loyalität Senecas das Fundament entzogen.‘ 352 heimlich Gifft ge¢chicket] Nero soll i. J. 64 Senecas Freigelassenem Cleonicus befohlen haben, seinem Herrn Gift zu reichen (Tacitus, Ann. 15,45,3; zit. in AnmL.). Grund für den mißlungenen Anschlag war Senecas Weigerung, nach dem Brand von Rom der Ausplünderung von Tempeln in der Stadt und in den Provinzen zum Zweck staatlicher Geldbeschaffung zuzustimmen. Vgl. V 110. 355 ¢einen Schluß … einzuzihen] Dieses Gespräch mit Seneca ist Inhalt von Szene Ic (V. 501–602). 357 hinter der Tapet’] ‚hinter dem Wandbehang bzw. Vorhang‘ (vgl. A I 181; C II 417); lt. V. 603 f. wird des Natalis Gespräch mit Seneca von den Verschwörern „im Vorgemache !…" angehört“. 360 unverlang’t] ‚unverzüglich‘. 363 den Lowen] S. o. Anm. zu V. 316. 365 Wolfs-Milch] S. o. Anm. zu A V 639. 367 Als muhe … ¢pielen] ‚mühen‘ hier intransitiv (s. DWb 12,2635,3b), „¢ich“ also zu „¢pielen“ gehörig: ‚als sei Piso bemüht, sich unvermerkt auf des Kaisers Thron zu bringen‘. 369 bewirb’t] ‚bemüht‘.
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370 Jhn ihm zu liben ein] ‚ihn (Piso) bei ihm beliebt zu machen‘. 375–380 Diese Lobrede auf Piso nach dem ersten Teil der Schilderung seiner Persönlichkeit bei Tacitus, Ann. 15,48,2–3. (AnmL.). 383 Wo ¢ind die ern¢ten Sitten?] Dieser Einwand gibt den zweiten, den eher negativen Seiten der Persönlichkeit Pisos gewidmeten Teil der Schilderung bei Tacitus wieder. 388 Zucker -Rohren] Plural von ‚Zuckerrohr‘, hier in metaphorischer Anwendung der Zuckerrohrstengel, der im 17. Jh. als Genußmittel gebraucht wurde (s. DWb 32,310). Vgl. C IV 555. 389–390 Weil Rom … dulden mag] Nach Tacitus, Ann. 15,48,3 u. Hist. 1,5,2 (beide Stellen zit. in AnmL.). 390 Numa] S. o. Anm. zu A I 8. 391 Joch !…" ein’ger Herr¢chafft] Für sich genommen doppeldeutig: ‚ Joch irgendeiner Herrschaft‘ oder ‚ Joch der Herrschaft eines Einzelnen‘. Epicharis’ folgende Erklärungen (insbes. V. 412) scheinen fast für die erstgenannte Version, der Gang der darauf folgenden Diskussion jedoch eher für die zweite zu sprechen. 394–395 Rom ¢atz’t … es erlo¢t] L. Iunius Brutus führte zusammen mit L. Tarquinius Collatinus die Verschwörung an, die nach dem Freitod der Lucretia (s. o. Anm. zu V. 45–46) den Sturz des Tarquinius Superbus, des letzten römischen Königs, herbeiführte. Brutus bekleidete zusammen mit Tarquinius Collatinus 509 v. Chr. das erste Konsulat der neugeschaffenen Republik. Epicharis will sagen, daß die Dankbarkeit der Römer für den Sturz der verhaßten Tyrannei des Tarquinius Superbus nicht so weit ging, daß sie etwa Brutus als neuen König hätten sehen wollen; die republikanische Staatsform, an der die Römer nun für Jahrhunderte festhielten, gestattete nur eine Herrschaft auf Zeit. Vgl. auch V. 520 f. u. Anm. 395 erlo¢t?] Das Fragezeichen scheint irrig, da es sich um eine Tatsachenfeststellung handelt, die hier als Argument verwendet wird. Es ließe sich aber immerhin noch rechtfertigen, wenn man es als Signal für ein nicht explizit ausgesprochenes ‚Ist es denn nicht so, daß !…"?‘ interpretierte. 395–399 Die Schlang’ … ver¢angen] S. o. Anm. zu A I 527–528. 395 be¢tritten] ‚besiegt‘. 399 Strumpff] ‚Stumpf‘. 402 Cherea] Cassius Chaerea, Tribun einer Prätorianerkohorte, ermordete am 24. Januar 41 Kaiser Caligula aus Rache dafür, daß dieser ihn oft auf demütigende Art verspottet hatte (Sueton, Caligula 56,2; 58,2–3). Kaiser Claudius, den die Prätorianer gegen Chaereas Willen auf den Thron gebracht hatten, ließ ihn als Kaisermörder hinrichten (Cassius Dio, Hist. Rom. 60,3,4). Das Beispiel soll lehren (s. AnmL.!), daß Fürsten bzw. Alleinherrscher auch denen nicht wohlwollen, die ihnen durch Tötung des Vorgängers den Weg frei gemacht haben, und zwar deshalb, weil diese mit der Verletzung der Herrschergewalt einen Präzedenzfall geschaffen haben, der ihnen selbst einmal gefährlich werden könnte. Vgl. V. 526–528 u. 636.
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403 Caßius] C. Cassius Parmensis, einer der Caesar-Mörder, als späterer Parteigänger von Marcus Antonius nach der Schlacht bei Aktium (32 v. Chr.) auf Befehl Octavians, des späteren Augustus, hingerichtet. 404 ent¢chloßen war den Purpur abzulegen] S. AnmL. 409 der knecht¢chen Syrten] Zu „Syrten“ s. o. Anm. zu A V 388; das Adjektiv ‚knechtisch‘ steht in keinem Sachzusammenhang mit den Syrten, sondern zielt auf allein die Bedeutungsebene des Bildes (‚Syrten knechtischer Gesinnung‘). Vgl. V. 668: „knechti¢che Gebehrden“ (in bezug auf Neros Auftritte als Pantomime). 415 der ¢anfte Ruh] „sanfte“ ist Substantiv (s. DWb 14,1782 f., s.v. ‚Sänfte‘, 1b), „der ¢anfte“ Genitivattribut zu „Ruh“; Sinn etwa: ‚Ruhe einer sanften Lagerstätte‘. 416 Laßt … vergraben] S. AnmL. 417 der Erden Haupt] Rom (vgl. V. 451 u. IV 659). – der Knechte Knecht] Insofern, als Rom einem Reich als Hauptstadt dient, dessen Einwohner Knechte eines Tyrannen sind. Vgl. Gryphius, Sterbender Papinianus III 182 (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 363): „der knechte Diner“. Zur Sache (Knechtschaft Roms) vgl. C I 44–46. 418 Ge¢atzt auch nicht entraum’t] ‚Gesetzt auch, doch nicht eingeräumt‘. Vgl. II 59.386. 420–422 Sih’t man … Weiblich war?] S. AnmL. – Bedeutung des Bildes: Es tut der Tugend nicht gut, wenn sie ‚auf Rosen gebettet‘ wird. Komplementäres Bild in V. 423 f.: die heilsame Wirkung der Brennessel. 421 Canopus] Ägyptische Stadt, hier Metonymie für Ägypten. Vgl. C I 110. 423–424 Die Fruchte … Lilg’ und Klee] D. h. Früchte halten sich frisch, wenn man sie in Brennesseln legt; umlegt man sie mit Lilien und Klee, so ist der Anblick schöner, aber die Früchte faulen. Die konservierende Wirkung der Nessel (sachlich nicht zu klären) bildhaft verwendet auch A I 619 f. 426 Die Wollu¢t-Raupe] Vgl. II 97. – Lorbern] Der Lorbeerkranz als Attribut des Kaisers. 428 ¢cheinbaren Gebehrden] ‚glänzendem Verhalten‘. 430 jede We¢pe ¢ucht ein Ne¢t im Purper ihr] Ein plausibler sachlicher Hintergrund oder eine Quelle für diese Behauptung ließ sich nicht ermitteln. Es scheint, daß L. hier entgegen seiner Gepflogenheit zwei disparate Bildelemente (‚Wespe‘ für ‚Schädling‘; ‚Purpur‘ für ‚Herrschaft‘) aufeinander bezogen hat. Vgl. II 99. 431–432 die der Tugend … Geluck’] „die“ ist Relativpronomen, dessen Bezugswort (‚diejenigen‘) im Geiste zu ergänzen ist. Der Gedanke nach Tacitus, Hist. 1,15,3 (zit. in AnmL.). 433–434 aus der Tauben-Arth … kam] Gemeint ist Neros mildes Regiment in den ersten Jahren seiner Herrschaft, die von Zeitgenossen und Nachlebenden als eine sehr glückliche empfunden wurde (s. o. Anm. zu A, Pers.-Verz. unter ‚Nero‘, S. 637 f.; s. auch AnmL.).
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434 Ba¢ili¢cke] S. o. Anm. zu A V 15; vgl. V. 483. Zum emblematischen Motiv der Entgegensetzung von Taube und Basilisk s. Schöne, Emblematik u. Drama, S. 125 ff.; vgl. A I 485. 435 die fruchtbarn Stamm’] ‚fruchtbar‘ meint in diesem Zusammenhang nicht ‚fruchttragend‘ oder ‚ergiebig‘, sondern ‚nutzbringend‘, ‚eßbare Früchte hervorbringend‘ (vgl. DWb 4,265 f., 4). 436 wilde Frucht] „wilde“ hier im Sinne von ‚nicht schmackhafte‘ oder ‚ungenießbare‘ (vgl. DWb 30,16,c,). 438–441 Das Gift … Lander an] Der Gedanke nach einem Emblem von Saavedra (s. AnmLH. zu V. 436 u. Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 907). 440 Der … i¢t ver¢atzet] Der Skorpion als Sternbild; bei Saavedra als Bild für hohe Ämter, mit deren Vergabe die Fürsten vorsichtig sein sollen, denn hohe Ämter ließen bei ihren Inhabern die schon vorhandenen schlechten Eigenschaften noch weiter anwachsen. L. geht in der Deutung des Bildes noch einen Schritt weiter, indem er auch auf die Ansteckungswirkung der Laster hochgestellter Personen hinweist (V. 441–444). 446 Artzney … ubertrifft] Dieser Vergleich nach Seneca, Tacitus und Florus (s. AnmL.). 447–449 Entdecket … ¢teig’t?] Dieses Argument gegen eine Berufung Pisos zum Kaiser – weil er durch seine Auftritte als Tragödienschauspieler ebenso kompromittiert sei wie Nero als Kitharöde (vgl. V. 32 f.) – nach Tacitus, Ann. 15,65 (auch dort dem Subrius Flavus in den Mund gelegt). (AnmL. zu V. 449). 449 des Gaucklers] Diese abfällige Kennzeichnung Neros als ‚Bühnenkünstler‘ bzw. ‚Theaterheld‘ nach Tacitus, Ann. 15,59,2 („ille scaenicus“). Vgl. V. 668 f., III 174, IV 433. 452 Rath und Burger] „Senatus Populusque Romanus“, in der Abkürzung SPQR das offiziöse Signum des römischen Staates. 454 Ein Haupt zum Herren] Sinnvoller scheint das Umgekehrte (‚Einen Herrn zum Haupte‘), zumal Subrius Flavius gerade (V. 451 f.) davon gesprochen hat, daß das Haupt Roms nicht aus einer Mehrzahl von Personen bestehen könne (vgl. V. 489). Vermutlich soll hier aber der Akzent (gegen das Metrum) auf „Ein“ (= ‚ein einziges‘) liegen. 454–455 daß man’s … leiten] Vgl. Homer, Ilias 2,204–206. 456 Armen] Hier wieder (wie V. 346) schwache Pluralform von ‚Arm‘. 457 Des Reiches … Gei¢t] Das Bild nach F. Strada (s. AnmL.). Vgl. C V 388 (hierzu in AnmL. das gleiche Zitat aus Stradas Werk). 459 Es i¢t … wuttet] Nach Plinius d. J. (s. AnmL.). Vgl. V. 482. 461 Ra¢erey der Grachen] Die Brüder Tiberius und Gaius Sempronius Gracchus strebten als Volkstribunen (133 u. 122 v. Chr.) eine Boden- und Agrarreform zugunsten der ärmeren Bevölkerungsschichten an. Beide scheiterten am Widerstand der konservativen Senatspartei, die die Interessen der Großgrundbesitzer vertrat; Tiberius wurde zusammen mit vielen seiner Parteigänger erschlagen, Gaius beging Selbstmord. Der Ausdruck „Ra¢erey“ (im Sinne
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von ‚Volksverhetzung‘) für die Reformbemühungen der Gracchen also eine Bewertung aus patrizischer Sicht (s. AnmL.). In eine ähnliche Richtung geht des Venetus Paulus Argumentation unten V. 481–484. Marius und Sylla] Die Feldherren Gaius Marius (156–86 v. Chr.) und Lucius Cornelius Sulla (138–78 v. Chr.). In dem 88 v. Chr. ausbrechenden Bürgerkrieg führte Marius die Partei der Popularen, Sulla die der Optimaten (Nobilität) an. Der mehrmalige Wechsel ihrer Herrschaft über Rom hatte stets blutigste Verfolgungen der Anhänger der gegnerischen Partei zur Folge. In der Schlacht am Collinischen Tor (82 v. Chr.) besiegte Sulla die Marianer endgültig und herrschte bis 79 v. Chr. unumschränkt als Diktator. Anhand öffentlich ausgehängter Proskriptionslisten ließ Sulla gleich nach seiner Machtübernahme seine politischen Gegner unnachsichtig verfolgen und umbringen. Vgl. V 318 f.; C I 378. Cajus] Gaius Iulius Caesar, d.i. Kaiser Caligula (37–41 n. Chr.). Des Burgermei¢ters Kopf] Der Konsul Gnaeus Octavius gehörte 87 v. Chr. zu den prominenten Opfern nach dem Einmarsch der Truppen von Marius und Cinna (s. u. Anm. zu V. 484) in Rom. Sein Kopf wurde auf der Rednertribüne ausgestellt (s. AnmL.). todtete die Rathsherrn allzumal] „tödtete“ hier Konj. Imp. (Irrealis): d. h. Caligula hätte es fertiggebracht, alle Senatoren auf einmal zu töten, getan hat er es aber nicht (s. AnmL. hierzu u. zu V. 468). Jhr Blutt … ver¢pritz’t] Nach dem Bericht bei Florus (s. AnmL.) haben Gaius Marius und Gnaeus Papirius Carbo, Parteigänger von Marius und Cinna (s. u. Anm. zu V. 484), während ihres Konsulats 82 v. Chr., als ihre militärische Lage gegenüber Sulla prekär wurde, den ganzen Senat umbringen lassen. – dort] Hier wie in den folgenden Versen des Wortwechsels (V. 469, 471, 473, 475, 477) stets als Hinweis auf die Greueltaten unter Marius und Sulla (diese Epicharis entgegengehalten als Belege dafür, daß auch eine republikanische Verfassung dergleichen nicht verhindern könne). Mit ihrem wiederholt entgegengesetzten „Hier“ (V. 468, 472, 474, 476, 480) verweist Epicharis ihrerseits auf Untaten unter zwei Repräsentanten des Prinzipats (Caligula und Nero). – auf noch Be¢eelter Grabe] Soll wohl heißen, daß die sterbend am Boden liegenden Senatoren von dem Blut derjenigen bespritzt wurden, die man gerade hinschlachtete. ein Fur¢t] Caligula (s. AnmL.). Schau-Gericht’] Zielt auf die Ermordung des der Optimatenpartei angehörenden berühmten Redners Marcus Antonius (143–87 v. Chr.), dessen Kopf lt. Florus (s. AnmL.) auf dem Tisch des Marius ausgestellt worden war. Unter ‚Schaugericht‘ im eigentlichen Sinne versteht man eine Nachbildung einer Speise aus nicht für den Verzehr gedachtem Material (vgl. V 242). Britannicus] S. o. S. 642, Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,14. – ans Brudern Taffel] Nero ließ seinen Stiefbruder i. J. 55 durch einen Gifttrank während einer gemeinsamen Mahlzeit, in Anwesenheit Agrippinas und Octavias, töten. Vgl. V. 608 f. u. 628.
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471 Man ¢chlinget Flammen] Der Marius- und Cinna-Gegner Q. Lutatius Catulus tötete sich 87 v. Chr., indem er in einem geschlossenen Raum Gase eines Kohlenfeuers einatmete; Schilderung des Vorgangs bei Florus, auf den L. sich hier beruft (s. AnmL.), sehr verkürzt. Vgl. IV 96. 472 der Un¢chuld Flei¢ch ein brennend Nachtlicht] Gemeint sind die von Nero befohlenen grausamen Verbrennungen von Christen nach dem ihnen angelasteten Brand von Rom (nach Tacitus, Ann. 15,44,4 u. Juvenal, Sat. 1,155 f.; zit. in AnmL.). 473 der Gotter Bild … be¢prutz’t] Der Jupiterpriester (Flamen Dialis) L. Cornelius Merula nahm sich 87 v. Chr. unter der Schreckensherrschaft von Marius und Cinna, zu deren politischen Gegnern er gehörte, im Tempel des kapitolinischen Jupiter das Leben, indem er sich die Pulsadern aufschnitt (s. AnmL.). 474 Caius Pferd das Pri¢terthum be¢itz’t] Caligula (eigtl. Gaius Iulius Caesar) soll (lt. Cassius Dio 59,28,6) sich selbst und sein Pferd zu Priestern für den Gottesdienst an sich selbst als Iuppiter Latiaris geweiht haben; seiner eigenen Göttlichkeit (nicht dem Pferd, wie L. in AnmL. meint!) habe er täglich kostbare Vögel opfern lassen. 475 mußen … ¢ehen] ‚müssen Vater und Sohn wechselseitig ihrer beider Tod mitansehen‘: P. Licinius Crassus, Konsul des Jahres 97 v. Chr., fand bei der Verteidigung Roms gegen die Angriffe von Cinna und Marius zusammen mit einem seiner drei Söhne 87 v. Chr. den Tod (s. AnmL.). 476 der Mutter -Mord] Thema von L.s ‚Agrippina‘ (s. dort). 477 Dort jag’t … ein] Historischer Bezug nicht geklärt. 478 Sol … furcht¢am ¢eyn?] Als der von Caligula in Auftrag gegebene Brückenbau zwischen Puteoli und Bauli (Golf von Neapel) fertiggestellt war, soll sich der Kaiser in seiner Hybris (lt. Cassius Dio 59,17,11) damit gebrüstet haben, daß selbst der Meergott Neptun ihn fürchten müsse (s. AnmL.). 479 Der Pri¢ter A¢che … begraben] Gemeint ist die Ermordung des Pontifex maximus Mucius Scaevola 82 v. Chr. im Vesta-Tempel, in den er sich geflüchtet hatte. Mucius Scaevola war Opfer der Optimatenverfolgungen unter Marius (s. AnmL.). 480 Wil … be¢chlaffen haben?] Zu diesem Wahnwitz des Kaisers Caligula s. L.s Erläuterungen in seiner Anmerkung. 482 Glaubt] Imperativ: ‚Glaubt mir!‘ / ‚Seid überzeugt!‘ Vgl. V. 577. – viel] Unflektierter Nom. Pl. (s. DWb 26,141 f.): ‚viele‘ (nämlich Tyrannen). Der Gedanke schon V. 459. 483 Ba¢ili¢chke] Basilisk; vgl. V. 434 (zur Sache s. o. Anm. zu A V 15). 484 ein Viel-kopficht Thier] Wie z. B. die von Herkules besiegte Lernaeische Schlange (s. o. Anm. zu A I 527–528); vgl. V. 395–399. – Cinna] L. Cornelius Cinna, neben Marius (s. o. Anm. zu V. 463) Führer der Popularenpartei im römischen Bürgerkrieg der Jahre 88–82 v. Chr. Nach Marius’ Tod (Anfang 86) war er unumschränkter Herrscher in Rom. Als er sich anschickte, den Machtkampf mit Sulla, der im Osten den Krieg mit Mithridates 85 v. Chr. durch einen Friedensschluß beendet hatte, wiederaufzu-
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nehmen (84), wurde er von meuternden Soldaten erschlagen. Vgl. C I 378. – gedampffet] ‚getötet‘. 485 Marius … Sylla] S. o. Anm. zu V. 463. – er¢tick’t] ‚stirbt‘. – Sertor] Quintus Sertorius (geb. um 123 v. Chr.), gemäßigter Anhänger von Marius und Cinna; 83 v. Chr. Prätor in Spanien; 81 durch einen sullanischen Statthalter aus seinem Amt verdrängt, ging er zunächst nach Afrika und begann dort – mit Unterstützung von Freiheitsbestrebungen der Iberer – militärische Aktionen, die auf die Etablierung eines von Rom unabhängigen Regiments, einer Gegenregierung mit der Perspektive einer Begründung eines iberisch-römischen Reiches auf demokratischer Grundlage, abzielten. 77 v. Chr. eroberte er Hispania citerior. Nach Niederlagen gegen Pompeius vom Jahre 74 an verlor er in der Provinz an Rückhalt und fiel 72 einer Verschwörung zum Opfer. Sertorius war seiner Persönlichkeit, seinem Wirken und seinen Absichten nach kein blutiger Diktator wie Marius und Sulla, mit denen er hier in einer Reihe genannt wird. 486 Catilinen] L. Sergius Catilina (ca. 108–62 v. Chr.), ein politischer Abenteurer, der die nach ihm benannte Verschwörung (Versuch eines Staatsstreichs) anzettelte. Die Verschwörung wurde von Cicero aufgedeckt; auf sein Betreiben wurden die Beteiligten geächtet und zum Tode verurteilt. Vgl. C I 379. – Pompejens Zwi¢t] Der Bürgerkrieg zwischen Gnaeus Pompeius (106–48 v. Chr.) und Iulius Caesar, der mit dem Sieg Caesars bei Pharsalus 48 v. Chr. entschieden wurde. Pompeius floh nach Ägypten und wurde dort bei seiner Ankunft ermordet. Vgl. C I 384: „deß Pompejus Brand“. 487 Anton] Marcus Antonius, der Triumvir und Gegenspieler des Augustus. – die Zwitracht Wunden] Der hier nach BCD verbesserte A-Druck hat „dir“ statt „die“. Zwingend ist diese Emendation aber nicht; denkbar ist ebenso, daß ‚der‘ gemeint war, zumal hier das sonst bei zusammengesetzten Hauptwörtern in der Regel stehende Divis-Zeichen fehlt (erst in C und D ergänzt). – Zwitracht] Der Bürgerkrieg in der Zeit zwischen der Ermordung Caesars (44 v. Chr.) und der Begründung des Prinzipats durch Augustus (27 v. Chr.). 489 Als eines Hauptes Wahl] Die Übertragung wesentlicher staatlicher Machtbefugnisse auf Augustus durch den Senat i. J. 27 v. Chr. (erweitert 23 v. Chr.); vgl. V. 535. Das Lemma in L.s Anmerkung hierzu (zu V. 486 ff., mit Verweis auf Tacitus, Ann. 1,9,4) hat „Heil“ statt „Wahl“, das also Druckfehler sein könnte, falls es nicht Ergebnis einer Überarbeitung des Dramentextes ist (s. Textband, S. 584). Gemeint wäre dann: ‚als das Heil, das sich in der Person eines einzigen Oberhauptes verkörperte‘ (vgl. die Beispiele für die personifizierende Verwendung von ‚Heil‘ in DWb 10,819 f.,5). 492–495 Zwar … Thron] Ein Kompromißvorschlag: Die beiden des Kaiserthrons unwürdigen Gestalten (Nero, Piso) sollen getötet, am Verfassungsgrundsatz des Prinzipats aber festgehalten und dieser durch Auswahl einer integren Persönlichkeit wieder aufgewertet werden. Die Zuweisung des
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Mordplans, Nero und Piso betreffend, an Subrius Flavius als Urheber nach Tacitus, Ann. 15,65 (s. AnmL. zu V. 494). 492 die guldne Zeit] S. o. Anm. zu A I 11. 496–497 So wird … Seneca] Nach Tacitus (Ann. 15,65) ging der Plan, Seneca zu berufen (nach vorheriger Absprache mit ihm), ebenfalls auf Subrius zurück, ohne irgendeine Beteiligung der Epicharis. Vgl. V. 346 f. 497 ¢tim’t/ ihr] ‚Stimmt ab, ihr‘ (Anrede an die Anwesenden). 501 dis leichte Werck] Die Mitwirkung an dem geplanten Anschlag auf Nero. 502 nicht nur unmoglich] Vielleicht zu verstehen als ‚nicht völlig unmöglich‘, vielleicht aber auch gedanklich zu ergänzen im Sinne von V. 504: ‚sondern auch nicht gesetzwidrig‘. 504 wider die Ge¢atze] S. AnmL. (Hinweis auf die Digesta). 506 Die min¢ten heißen’s wol] ‚Die wenigsten (Völker) heißen es gut‘ (nämlich den Satz aus V. 505, daß man Tyrannen nicht stürzen dürfe). 508 Rom] Natalis denkt hier (vgl. V. 520) an den Sturz der Tarquinier: s. o. Anm. zu V. 45–46. – Grichenland] S.u. Anm. zu V. 514. – Per¢en] S.u. Anm. zu V. 510. 509 Der Per¢en … bethen an] Quelle hierfür war John Miltons ‚Pro populo Anglicano defensio‘ (s. AnmL.). Gemeint sind wohl eigentlich die Parther, die unter den Arsaciden über Persien herrschten (vgl. Zedler 26,1058 unten). 510–522 Die meisten der von Natalis hier angeführten historischen Exempla für die Berechtigung des Tyrannenmordes hat L., wie aus seinen Anmerkungen zu ersehen, Miltons antiroyalistischer ‚Pro populo Anglicano defensio‘ (1651) entlehnt. 510 Smerdes] = Smerdis, eigentlich ein Bruder des persischen Königs Kambyses II. (529–522 v. Chr.), von diesem ermordet. Hier ist aber der Magier Gaumâta gemeint, der sich als den angeblich noch lebenden Smerdis ausgab, sich zum Gegenkönig aufwarf und mehrere Teile des Reiches unter seine Herrschaft brachte. Nach dem Tode Kambyses’ II. wurde er aufgrund einer Verschwörung von sieben Großen des Reiches unter Anführung von Dareios I. erschlagen. – Xerxes] Xerxes I., persischer Großkönig (Regierungszeit 486–465 v. Chr.); er wurde im Gefolge einer Palastrevolution von seinem Gardepräfekten, seinem Obereunuchen und seinem Schwiegersohn im Harem ermordet. 511–512 Der Mohren Oberhaupt … ¢ich ¢elb¢t ermorden] Mit den „Mohren“ sind hier die Äthiopier bzw. Nubier, im engeren Sinne die Bewohner des Niltals südlich von Elephantine, gemeint, die im 8. Jh. v. Chr. von ihrer Hauptstadt Napata aus ihre Herrschaft auf Ägypten ausdehnten. Ihr Staatswesen war streng theokratisch organisiert. Was L. hier unter Berufung auf Milton (s. AnmL.) über ihren König und die Macht der Priester berichtet, findet sich bei Diodor 3,5,1 u. 3,6,1. 514 Tra¢ybuln] Thrasybulos, demokratischer athenischer Feldherr und Staatsmann Ende des 5. u. Anfang des 4. Jh.s v. Chr., beseitigte 404/03 unter dem Beifall des Volkes die seit Frühjahr 404 bestehende oligarchische Herrschaft
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der ‚Dreißig Tyrannen‘, um in Athen wieder demokratische Verhältnisse herzustellen. Zur Finanzierung der Lasten eines Krieges gegen Sparta, den er mit großem Erfolg führte, erhob er eine hohe Vermögenssteuer, die ihm den Haß der Besitzenden in Athen einbrachte und zu seiner Absetzung führte. Bei einer Flottenaktion, die er danach auf eigene Faust unternahm, wurde er von den über die Plünderungen seiner Soldaten empörten Einwohnern der Küstenstadt Aspendos (Pamphylien) erschlagen. Sein Leichnam wurde nach Athen gebracht und auf der Straße nach der Akademie beigesetzt. (AnmL.). 516 man ¢ih’t … tragen] Nur bildlich zu verstehen: Die Nachwelt würdigt und ehrt des Thrasybulos Eintreten für die Demokratie. 517 nit] Diese Form nur noch zweimal: V 31.587. In der ‚Agrippina‘ nur im Widmungsbrief (Textband, S. 6,9). 518 Das Volck … Ore¢ten ab] In Euripides’ ‚Orestes‘ (V. 852–956) werden Orest und Elektra von den Bürgern von Argos für die Tötung ihrer Mutter Klytämnestra, der Mörderin ihres Vaters Agamemnon, zum Tode verurteilt. L. bezieht sich hier aber auf eine abgeleitete Quelle: wiederum auf Miltons o.g. Schrift (s. AnmL.). 520–521 Wie daß ¢ie … den Tarquin] Der letzte römische König Tarquinius Superbus wurde nach dem Freitod der von seinem Sohn geschändeten Lucretia (s. o. Anm. zu V. 45–46) durch eine Verschwörung, der der Ehemann Lucretias (L. Tarquinius Collatinus) und L. Iunius Brutus als führende Köpfe angehörten, abgesetzt und außer Landes getrieben; nach der Gründung der Republik betrieb er vergeblich seine Rückkehr. Vgl. V. 394 f. u. Anm. 522 Mel-] Spurius Maelius, ein wohlhabender Plebejer, soll während einer Hungersnot 440 und 439 v. Chr. die Plebejer mit Getreide unterstützt und danach die Königsherrschaft angestrebt haben. Nach einer Anklage vor dem Senat auf Betreiben der Patrizier soll er vor den Diktator L. Quinctius Cincinnatus zitiert und von dessen Reiteroberst getötet worden sein. Die Vorgeschichte dieser Tötung (als des eigentlichen historischen Kerns) beruht auf legendenhafter Ausgestaltung zu einem Exemplum mit der Tendenz zur Rechtfertigung des Tyrannenmordes (dem entspricht die von L. in AnmL. genannte Quelle, Miltons ‚Defensio‘). – Manlius] M. Manlius Capitolinus, Konsul 392 v. Chr., soll 384 v. Chr. unter der Anklage des Strebens nach Alleinherrschaft hingerichtet worden sein. (AnmL.). Vgl. IV 360–362.505–506 u. AnmL. zu IV 360. – den Vicellin] Sp. Cassius Vicellinus (Vecellinus); von ihm ist überliefert, daß er nach seinem dritten Konsulat (486 v. Chr.) aus dem gleichen Grund hingerichtet wurde. 524 War Cæ¢ar … abgegolten?] Bei seiner Ermordung (44 v. Chr.) war Caesar lt. Senatsbeschluß Diktator auf Lebenszeit; sein Versuch, eine Königsherrschaft zu errichten, war jedoch mißlungen. – abgegolten] ‚heimgezahlt‘. 525 Der Morder … Rach-Altar] In den auf die Ermordung Caesars folgenden Bürgerkriegen (auf der Seite der Caesarianer geführt von dem Triumvirat des Antonius, Octavianus und Lepidus) fanden alle Caesar-Mörder den Tod (Entscheidungsschlacht 42 v. Chr. bei Philippi). (AnmL.).
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526 Wie/ daß … war?] ‚Wie erklärt es sich denn, daß niemand den Mord an Gaius (Caligula) gerächt hat?‘ S. o. Anm. zu V. 402. 527 Hat Claudius … verkurtzet?] S. ebd. – den Gei¢t] ‚das Leben‘. 528 Nicht/ weil … ge¢turtzet] D. h. Claudius ließ Chaerea eigentlich nicht für seine Tat umbringen, sondern weil er einen ihm selbst und der Kaiserherrschaft schlechthin gefährlichen Präzedenzfall aus der Welt schaffen wollte (so bei Cassius Dio 60,3,4; s. o. Anm. zu V. 402). 529 Die Gotter … Fur¢tenBlutt] Die Betonung liegt auf „Götter“: Nur den Göttern steht es zu, Todesurteile über Fürsten zu sprechen. 530 Kein Blutt … gutt] Nach Seneca, Hercules furens 922–924 (zit. in AnmL.). Vgl. V. 659 f. 531 Man muß … dulden] L. zitiert hierzu in AnmL. zwei von Tacitus in den Historien überlieferte Aussprüche: der erste von Eprius Marcellus (Denunziant unter Nero, später u. a. Prokonsul in Asien), der zweite von Petilius Cerialis (Legionskommandeur und Statthalter in Britannien, Verwandter und Feldherr Kaiser Vespasians). Vgl. V. 557. 532 Der Himmel … ver¢chulden] Die Strafe, die der Himmel verhängt, ist dem Ausmaß der Schuld angemessen; die Strafaktionen eines Tyrannen dagegen sind willkürlich und maßlos. 535 J¢t Rom … worden?] Die Begründung des Prinzipats durch Octavianus (27 v. Chr. besiegelt durch seine Ernennung zum ‚Augustus‘) basierte auf einem Konsens des Senates und des Volkes von Rom. L. verweist in AnmL. auf Institutiones 1,2,6. 537 Das Unrecht … gefall’t] Nach Plautus, Captivi 200 (zit. in AnmL.). 539 waget … einzu¢chlußen?] Reflexives ‚wagen‘ mit Infinitiv mit ‚zu‘. Vgl. II 93.312. 541 Ein Unterthan … Ruhm] Der Gedanke nach Tacitus, Ann. 6,8,4 (zit. in AnmL.). 542 vertrautes Gutt des Reiches] ‚der Herrschaftsgewalt anvertrautes Gut‘ (zu ‚Reich‘ im Sinne von ‚Herrschaftsgewalt‘ entspr. lat. ‚regnum‘ s. DWb 14,573 f.,1). 543 des Fur¢ten] Attributiver Genitiv zu dem im Geiste zu ergänzenden ‚Gewalt‘. – zeuget] ‚zeigt‘. 544 weil] ‚solange‘. 546 Der i¢t … haben wil] Nach Aristoteles, Politica 5,10 (1313a 14–15). (AnmL.). 547 Stahl] Das Schwert, d. h. das Militär. 548 Die Wache … ¢pitzen] S. AnmL. – ¢pitzen] ‚wetzen‘. 549 Lorberkrantz … frey] S. o. Anm. zu A I 5 u. III 425. 550 Gib nach] ‚gib zu‘. 550–551 Romulus … aufgenommen] Romulus, der sagenhafte Gründer und erste König Roms, wurde, als er auf dem Marsfeld eine Heerschau abhielt, bei einem Gewitter in Wolken eingehüllt und in den Kreis der Götter entrückt (s. u. a. Livius 1,16). Unter dem Namen Quirinus wurde er danach als Gott verehrt. (AnmL.).
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553 Das gegenwert’ge … ¢chwer] Der Gedanke nach Thukydides 1,77,5 (zit. in AnmL.). 555 Die La¢ter … leben] Der Gedanke nach Tacitus, Hist. 4,74,2 (zit. in AnmL.). 557 Wer auch … ¢chick’t] Vgl. V. 531 u. AnmL. hierzu. 558 Wol dem … anblick’t] Nach Cicero, De officiis 1,112 (zit. in AnmL.). 559 Die Ungedult … Be¢chwerden] Sprichwort. Vgl. Wander 4,1430 s.v. ‚Ungeduld‘ Nr. 6; Logau, Sinngedichte I,2,74: „Leichter träget, was er träget, | wer Geduld zur Bürde leget.“ 561 Der Her¢cher … erreg’t] Der Gedanke nach Tacitus, Ann. 16,28,1; Hist. 7,74,4 (zit. in AnmL.). – Wiederwill’n] ‚Auflehnung‘. 563 Die Unmuth … Wunden] Der Gedanke nach Hegesippus, Historia 2,9,1 (zit. in AnmL.). – Die Unmuth] Die seltene feminine Form (s. DWb 24,1197) hier in der Bedeutung ‚Widerwille‘, ‚Unlust‘. 564 Des Panthers … gebunden] Sinngemäß: ‚Die Wunde, die der Biß eines Panthers verursacht hat, heilt besser, wenn der Verband, mit dem sie versorgt wird, mit dem Blut ebendieses Panthers getränkt wurde‘ (was natürlich dessen Tod voraussetzt – vgl. V. 642). Zu dem diesem Bild zugrunde liegenden Heilverfahren (Gleiches mit Gleichem) vgl. C I 655 f. Nero als Panther auch V. 328. 566 Bu¢iris Blutt-Altar] Busiris ist ein sagenhafter ägyptischer König, der Fremde, die ins Land kamen, auf dem Altar des Zeus abschlachten ließ. Vgl. V 108.122; C III 257. 567 Durch Demuth … Tirannen] Diese Sentenz anderweitig nicht belegt gefunden. Vgl. aber den bekannten, die Sicht der Gegenseite wiedergebenden Grundsatz „Parcere subiectis et debellare superbos“ aus Vergil, Aen. 6,853, und die damit verwandten Sprichwörter in: Thesaurus proverbiorum medii aevi 10, S. 234, Nr. 3 („Die Besiegten und Unterworfenen schonen ist edel und Art des Löwen“). 569 Ein Schutz-Schild … Schwerdt] Das Lemma in AnmL. hierzu hat „SchutzSchwerd“ statt „Schutz-Schild“. Durch den Verweis auf die Quelle für diesen Satz (Livius 3,53,8) in ebendieser Anmerkung ist aber sichergestellt, daß tatsächlich ‚Schild‘ gemeint ist. 572 waffnet … Schnecken] Vgl. IV 139; A V 419–422. 573 Ein Wei¢er] Als ein solcher agiert Seneca selbst sowohl in diesem Dialog wie in dem ganzen Stück, anders als in der ‚Agrippina‘, wo er als politischer Berater und Handelnder auftritt. Vgl. V. 600. 574 Cato] Marcus Porcius Cato d. J. (Uticensis, 1. Jh. v. Chr.), Anhänger der alten römischen republikanischen Verfassung und unbeugsamer Gegner Caesars. Als mit dessen letztem Sieg über die Pompejaner in der Schlacht von Thapsus (46 v. Chr.) die Republik am Ende war und für Caesar der Weg zur Monarchie offen stand, gab sich Cato mit seinem Schwert selbst den Tod. 575 Sein Wahn … ver¢pritzet] Vgl. mit dieser erstaunlich negativen Bewertung der Unbeugsamkeit Catos Senecas Lobeserhebung auf ihn in der 5. Ab-
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handlung (V. 82–86), die eher der Meinung des historischen Seneca gerecht wird (s. Epist. 104,29–32). Vgl. C I 268–270. 580 Wie daß … fur dich laßen?] Erst fast gegen Ende der Szene kommt Natalis bei L. zu dem Punkt, der lt. Tacitus (Ann. 15,60,3) das Hauptthema des Gesprächs und den eigentlichen Anlaß des Zusammentreffens mit Seneca bildete. (AnmL.). 581–583 Gar zu gemein … Pi¢o Leben] Ungefähr so lautete nach Tacitus (ebd.) auch des historischen Seneca Antwort auf die Frage des Natalis. 584 Wie daß … wil geben?] Mit diesen Worten tritt Sulpitius Asper in die Szene, der bisher „im Vorgemache“ (V. 603), für Seneca unsichtbar, gelauscht hatte (gemäß dem von Natalis V. 356 f. gemachten Vorschlag). Diese Deutung des dramaturgischen Ablaufs ergibt sich aus Senecas mißtrauischer Frage und des Natalis beschwichtigender Antwort (V. 585 f.). Nach der Ankündigung in V. 499 f. hatte Sulpitius Asper von Anfang an die Absicht, sich in das Gespräch mit Seneca einzuschalten. 585 Fallbrett] S. o. Anm. zu A I 364. Vgl. II 359.575 590 Weil ich nicht weg darf zieh’n] Lt. Tacitus, Ann. 15,45,3 (zit. in AnmL.) hatte Seneca Nero gebeten, sich auf ein weit entferntes Landgut zurückziehen zu dürfen, um nicht für die Ausplünderungen von Tempeln mitverantwortlich gemacht zu werden, die der Kaiser nach dem Brand Roms angeordnet hatte, um aus dem Verkauf wertvoller Sakralgegenstände Mittel für den Wiederaufbau der Stadt zu gewinnen. Als ihm der Urlaub verweigert wurde, schützte er Krankheit vor, um wenigstens seine Wohnung nicht verlassen zu müssen. 597 Dis machet … Feind] S. AnmL. (Hinweis auf Saavedra). 600 Schatten] ‚Schattenbild‘, ‚Schemen‘ als Bild für die Nichtigkeit einer Sache (vgl. DWb 14,2235). 605 Trag’t] ‚verträgt‘ (vgl. V. 165). 608 Durch Mord des Claudius] Neros Mutter Agrippina hatte Kaiser Claudius, mit dem sie verheiratet war, mit einem Pilzgericht vergiftet, um ihrem Sohn den Weg auf den Thron zu ebnen. – ¢ein Kind] Claudius’ Sohn Britannicus, von Nero vergiftet. Vgl. V. 470 u. 628. – verdrungen] Part. Perf. von dem im 18. Jh. allmählich durch ‚verdrängen‘ ersetzten Verb ‚verdringen‘. 609 Gei¢t] ‚Leben‘. 611–612 auf alle Großen !…" Hencker kaufft] ‚auf alle bedeutenden Persönlichkeiten !…" gedungene Mörder ansetzt‘. 612 ¢ein Gemahl] Octavia (s. o. S. 638 f., Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,4). ‚Gemahl‘ hier als beide Ehepartner bezeichnendes Neutrum. 613 Ein geiler Balg] Sabina Poppaea (s. o. S. 641, Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,8). Zu „Balg“ (Grundbedeutung ‚Haut‘) als abfällige Bezeichnung für unzüchtige oder käufliche Frauen oder Kupplerinnen (ähnlich lat. ‚scortum‘ = ‚Fell‘/ ‚Hure‘) s. DWb 1,1085 f.,4. Vgl. IV 434, V 564. 614–615 jedes edle Weib … machen] Nach Tacitus, Ann. 15,37,3: Schilderung eines von Nero veranstalteten wüsten Gelages an einem künstlichen See, an
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dessen Ufer Bordelle aufgebaut waren, in denen sich vornehme Frauen anboten. (AnmL.). 616 Daß er ein Weib ¢eyn wil] Einige Tage nach diesem Gelage, bei dem auch Lustknaben mitwirkten, heiratete Nero in Frauenkleidern in einer feierlichen Zeremonie einen dieser Lustknaben namens Pythagoras (nach ebd. 15,37,4). (AnmL.). – Bagradas Drachen] M. Atilius Regulus, Feldherr im 1. Punischen Krieg, soll am Fluß Bagrada (bei Karthago) eine Riesenschlange von 120 Fuß Länge mit Wurfgeschützen erlegt haben (s. AnmL.). 617 Cyren’] Kyrene, Hauptstadt der gleichnamigen nordafrikanischen Küstenprovinz; „bei Cyren’“ hier metonymisch für Afrika. 622 dampfft] ‚austilgt‘. 622–623 ein gluend Pferd … Phalaris] Phalaris, Tyrann von Agrigent, (6. Jh. v. Chr.) ist als Prototyp eines grausamen Gewaltherrschers in die Geschichte eingegangen. Der Sage nach hat er sich von einem Metallkünstler namens Perillus einen ehernen Stier bauen lassen, in dessen hohlem Inneren er seine Feinde mittels eines darunter entfachten Feuers rösten ließ (vgl. V 9). Munatius Gratus meint also, daß Nero noch Schlimmeres verdient habe, als mit einer ähnlichen Vorrichtung in der Form eines Pferdes (vgl. III 565.673) zu Tode gequält zu werden. Vgl. Gryphius, Leo Armenius V 238: „ein gluend eisern Pferd“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 103); ebenso Papinianus III 682 (ebd., S. 381). 626 Gifft und Tod] Hendiadyoin: ‚tödliches Gift‘. 628 der Bruder -Mord] Die Ermordung seines Stiefbruders Britannicus. Vgl. V. 470 u. 608. 629 das min¢te bringen bey] ‚kaum etwas vorsetzen‘. 633–634 Greiff’t … ¢techen kan] Nach einem Emblem bei Saavedra (s. AnmL.). Vgl. hierzu auch Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 486 f.; Schöne, Emblematik u. Drama, S. 77 f. 635 Dis] Das von Sulpitius Asper soeben empfohlene schnelle, beherzte Zugreifen mit bewaffneter Hand. 636 So hat Chærea … gerochen] S. o. Anm. zu V. 402. 637 Julius … edlen Stahl] M. Iunius Brutus (85–42 v. Chr.), der führende Kopf der Verschwörung gegen Iulius Caesar, war bei der Ausführung des Attentats an den Iden des März 44 v. Chr. nur einer von vielen, die auf Caesar einstachen. 644–649 Wenn Nero … ent¢chlag’t] Dieser Vorschlag entspricht dem von Tacitus (Ann. 15,52,1) mitgeteilten Beschluß der Verschwörer. 645 Jn Bajens Badern] S. o. Anm. zu V. 333. 646 Anmuth] Zweideutig: ‚Lust‘ oder ‚Reiz (hier: des Ortes)‘. 647 Vorwerg] ‚Landhaus‘. 648 die Wachten] ‚Wacht‘ hier in konkreter Bedeutung, als Bezeichnung eines Kollektivs (‚Wachmannschaft‘) oder eines einzelnen Wachsoldaten (s. DWb 27,168 f.,8). 653 Tinte meines Blutt’s] Vgl. IV 158.528, V 595.
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654–657 aber dis … erzurnen ¢olt’] Diese Ablehnung des Vorschlags durch Piso (ebenso der Gegenvorschlag zur Auswahl eines Ortes in Rom V. 664–667) nach Tacitus, Ann. 15,52,1 (s. dazu AnmL. zu V. 645 ff.). 659–660 Man kan … achten] Nach Seneca, Hercules furens 922–924 (zit. in AnmL. zu V. 530). 660 fur Schaum … achten] Vgl. A I 254 und Gryphius, Leo Armenius III 78 f.: „daß [sc. Blut] du gleich schlechter Flutt/ | Der Amphitrit geschatz’t“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 65). – Thetis] Eine Meergöttin, hier (wie Amphitrite bei Gryphius) schlechthin ‚Meer‘. Vgl. C I 307, IV 493. 661 Hintergrund nicht geklärt. 664 Sein guldnes Wunderhauß] Neros berühmtes ‚Goldenes Haus‘ (s. o. Anm. zu A I 67). 665 das große Capitol] Der Jupiter-Tempel auf dem kapitolinischen Hügel. 666 Das Rathhauß] S. o. Anm. zu A V 256. – ¢ein Spiel-Geru¢te] Das unter Nero erbaute hölzerne Amphitheater (s. o. Anm. zu A I 21). 667 des Lowen] Vgl. V. 316, 363 u. 702. 668–670 Man fall’ … ¢tell’n] Der historische Subrius Flavus hatte (lt. Tacitus, Ann. 15,50,4) für sich selbst ein solches Attentat bereits geplant, aber dann doch aus Furcht wieder davon Abstand genommen. (AnmL.). 668 durch knechti¢che Gebehrden] Nämlich bei Auftritten als Pantomime; ‚knechtisch‘ meint hier ‚subaltern‘, ‚eines Herrschers unwürdig‘. Vgl. oben V. 409: „der knecht¢chen Syrten“. 669 Weibi¢chen Ge¢ang] Bei Auftritten als Kitharöde. 671 Die¢er Mar¢yas] Lukan vergleicht Nero mit dem Faun, der Apollo zu einem musikalischen Wettstreit herausgefordert hatte. Als Marsyas unterlag, hängte ihn Apollo an eine Fichte und zog ihm zur Strafe für seine Vermessenheit die Haut ab, gemäß der getroffenen Vereinbarung, daß der Sieger mit dem Verlierer anstellen dürfe, was ihm beliebe. – wahr empfinden] „wahr“ ist Prädikativum (‚als wahr‘); vgl. V. 691: „er¢prüßlich !…" empfinde“. 673 Thamyris] Ein mythischer Sänger, der, verblendet von seinem Ruhm, die Musen zu einem Wettstreit herausforderte. Nach seiner Niederlage raubten die Musen ihm gemäß der vorher getroffenen Abmachung, daß der Sieger dem Verlierer nach Belieben alles wegnehmen dürfe, das Augenlicht und seine Begabung zur Dichtkunst. Wie Marsyas warnendes Exempel für die Folgen menschlicher Selbstüberhebung. 673–674 der Stiel … ¢pitzig ¢ey] „Stiel“ hier wohl weniger ‚Federkiel‘ (vgl. DWb 18,2841,C,2) als vielmehr der Schreibgriffel der Römer, mit dem man Wachstäfelchen durch Einritzen beschriftete (vgl. DWb 18,2907,I,1); „¢pitzig“ will sagen: ‚nicht nur zum Schreiben, sondern auch zum Stechen geeignet‘ (wie die Blendung des Thamyris zeigt). Vgl. V. 676: „Kiel und Stahl“. 674–675 der auch/ den er wil … unterdrucken] Lukan meint sich selbst, der als Epiker Neros Neid und Mißgunst zu spüren bekam; dies war lt. Tacitus,
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Ann. 15,49,3 (zit. in AnmL. zu V. 675) auch das Motiv für seine Mitwirkung an der Verschwörung. 677–678 Daß bo¢er Thaten … heller macht] Ähnliche Sentenz III 133 f. 679 moglich fall’n] ‚sich als möglich erweisen‘. – uns ¢amtlich durch zu dringen] ‚sich durchdringen‘ hier anscheinend = ‚sich durchdrängen‘, ebenso wie ‚sich eindringen‘ = ‚sich eindrängen‘ in V. 683 (vgl. ‚verdringen‘ = ‚verdrängen‘ V. 608). In DWb 2,1598 ff. s.v. aber kein Beleg. 680 Weil Wach’ … umbringen] Nach Tacitus, Ann. 16,5. (AnmL.). 688 Den Blutthund] Die Wiederholung vielleicht im Sinne einer emotionalen rhetorischen Steigerung, vielleicht aber auch Satzfehler für „Der Blutthund’“ (als Genitivattribut zu „den Blutthund“ in V. 687: ‚den Bluthund der bzw. aller Bluthunde‘) oder auch für ‚den Löwen‘ (in Analogie zu IV 105). 690 neb¢t] ‚neben‘, ‚an der Seite‘. 691 er¢prußlich auch empfinde] „er¢prüßlich“ ist Prädikativum (‚als ersprießlich‘) wie „wahr“ in V. 671. 692 des Henckers Mord-Ge¢inde] Unklar, ob Apposition oder zweites Glied einer Aufzählung. 695 des Cauca¢us Gefilde] Im Altertum Inbegriff einer rauhen, unwirtlichen Gebirgsregion. 696 Hauß’t] ‚beherbergt‘. 698–699 wenn nur … wird ge¢teck’t] ‚wenn nur der Herrschaft Neros ein Ende gesetzt wird‘. Vgl. V. 768. 701 verwehr’n] Erlaubt zwei Deutungen: als ‚verwähren‘ (= ‚gewähren‘ / ‚zulassen‘; s. DWb 25,2083) oder als ‚verwehren‘ (= ‚verhindern‘); im zweiten Fall wäre der Satz als rhetorische Frage zu lesen. 705 ¢chlimm¢ten] Elativ. Bedeutung von ‚schlimm‘ hier nicht präzise zu fassen; möglich sowohl ‚moralisch verwerflich‘ bzw. ‚böse‘ wie ‚schadenstiftend‘ oder ‚streng‘ oder ‚durchtrieben‘. Vgl. IV 129. 705–706 ¢ich … Wird heben an das Brett] ‚sich an die Spitze setzen wird‘ (vgl. V. 318); zur Redensart s. o. Anm. zu A I 636. 708 den Tiger] Vgl. V. 763 u. die entsprechende Kennzeichnung Agrippinas in A III 1. 709 Der … ¢ich ¢chleußt ein] Nach dem Hinweis auf Neros Neigung zu zurückgezogener Lebensweise bei Tacitus, Ann. 15,53,1. – Garte] Bis ins 18. Jh. gebräuchlicher starker Plural von ‚Gart‘ (= ‚Garten‘). 710 der dritte Tag] Vom heutigen an gerechnet. Hierzu im Widerspruch stehende Zeitangabe („morgen“) in II 574 u. III 100. 711–726 Diese Verabredung von Zeit, Ort und Ausführung des Attentats nach Tacitus, Ann. 15,53,1–2. (AnmL.). 711 der Ceres Fe¢t] Die Cerialia, das am 19. April in Rom mit Zirkusspielen, in der Kaiserzeit auch mit szenischen Aufführungen gefeierte Fest der Getreidegöttin Ceres. Vorfeiern begannen aber schon am 12. April, so daß sich das Fest (mit dem abschließenden Höhepunkt an seinem Haupttag)
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über acht Tage erstreckte. L. legt allerdings (in Anlehnung an den TacitusKommentar von Lipsius) eine andere Chronologie zugrunde; Näheres dazu s. o., S. 717 f. im Kommentar zur Zeitangabe am Schluß des Personenverzeichnisses. 714 Vor¢chub] ‚Hilfe‘, ‚Unterstützung‘. – Gluck und Brand] Hendiadyoin: ‚der Schicksalschlag des Brandes von Rom‘. 715 meinen Stand zu fuhrn] ‚ein meinem Stand angemessenes Leben zu führen‘. 716 Beweglich] Im rhetorischen Sinne von ‚bewegend‘ (‚movens‘). Vgl. III 57 u. Jnnhalt, S. 274,50; 275,53. 717 Brand¢tul] Ad-hoc-Prägung, Bezug nehmend auf Neros Verbrechen der Brandstiftung. 718 von euch zihn] ‚die Messer herausziehen‘, ‚vom Leder ziehen‘. Vgl. DWb 31,950,I,8, wo sich aber kein Beleg für diese Form der absoluten Verwendung von ‚ziehen‘ findet. 721 ¢ein ¢chwartz Blutt] Vermutlich humoralpathologischer Bezug auf das von einem Übermaß schwarzer Galle vergiftete Blut (s. o. Anm. zu A I 278). 724–725 Hetrurien … des Heils] Tacitus, an den sich L. hier sehr eng anlehnt, schreibt (Ann. 15,53,2), Scaevinus habe den Dolch aus dem Tempel der Salus (Göttin der öffentlichen Wohlfahrt) in der Stadt der Frentaner mitgenommen; diese siedelten aber nicht, wie L. anscheinend glaubte, in Etrurien, der heutigen Toskana, sondern an der mittelitalienischen Ostküste. 725–726 abgelehn’t Der Gottin Bildnuße] ‚dem Standbild der Göttin (Salus) abgeborgt (bzw. entliehen)‘. 726 Sie wird … ver¢ohn’t] Festus setzt voraus, daß die Göttin wegen der Entwendung des Dolchs erzürnt ist. 730 pruft] ‚stellt auf die Probe‘. – Rath] ‚Besonnenheit‘. 732 be¢tandig] ‚unverrückbar‘. 736–744 Die Ankündigung, Neros Blut aus seiner Hirnschale trinken zu wollen, und der sich anschließende Blutschwur nicht mehr nach Tacitus. Zutat L.s nach diversen Quellen zu anderen historischen Vorgängen (s. AnmL. zu V. 738 u. 744). Vgl. C I 379 f. 739–741 Mein und der¢elben … un¢er Blutt] Vgl. V 679.682. 742 Ein Glaß-voll Reben-Safft!] Aufforderung, ein solches herbeizubringen. 743 Adern-Brunn] Das Herz (so auch V. 71). 744 Chry¢tall] Kristallenes Glas (vgl. A I 55). 748 Gemoner -Schwellen] Die ‚Gemoniae scalae‘, eine Treppe in Rom, die vom Gefängnis (carcer) zur Nordkuppe des kapitolinischen Hügels (arx) führte. Zu ihr wurde vom Henker der Leichnam eines hingerichteten Verbrechers geschleift, um dort von der Öffentlichkeit beschimpft und anschließend in den Tiber geworfen zu werden. 749 Man tilg’ … aus!] Durch die Damnatio memoriae, die auch die Zerstörung von Standbildern u. dgl. (V. 750) zur Folge hatte. 752 den] ‚den Tag‘.
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755 Beine] ‚Knochen‘. 757 Ein Sack … ¢ein Grab!] Anspielung auf die Strafe, die einem Muttermörder wie Nero angemessen wäre (s. AnmL. hierzu u. Anm. zu A V 840–841). 759 muße … brennen] D. h. Verbrecher als solche kennzeichnen durch ein Brandmal in Gestalt eines Nero-Porträts. „müße !…" brennen“ ist zu lesen als verstärktes ‚möge brennen‘ (s. DWb 12,2752,2d). Ebenso V. 763: „müße !…" fahren“. 760 mehr] ‚noch weiterhin‘ 762 Sein Weib] Sabina Poppaea, die als treibende Kraft im Hintergrund an der Ermordung von Neros Mutter Agrippina und seiner ersten Frau Octavia mitschuldig war; sie starb bereits im Frühsommer 65, kurze Zeit nach der Niederschlagung der Pisonischen Verschwörung, durch einen Fußtritt Neros (s. o. S. 641, Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,8). 764 der abgelebten Schaaren] ‚der Schattengeister in der Unterwelt‘. 768 ihr Ziel des Lebens ¢tecken] Vgl. V. 698 f. u. Anm. 769–804 (Reyen) Mit den Deutungen der vom „Ge¢chrey“ (Fama, Gerücht) mitgeteilten Wunderzeichen (Prodigien) durch die Wahrsager (s. o. S. 717, Anm. zu Pers.-Verz. 279,44) kündigt sich das Scheitern der Verschwörung an, da diese dem Beschluß „der Verhängnüs“ zuwiderläuft (V. 802–804). Stoffliche Vorlage für den Reyen war Tacitus, Ann. 15,47 (Zusammenstellung von Prodigien, aus denen man in Rom gegen Ende des Jahres 64 für die Zukunft Schlimmes erwartete: häufige Blitzschläge, Kometen, Mißgeburten). 773–774 die ¢chwantzichten Cometen … rothen] Vgl. C III 223. 777 krachen] Hier keinesfalls in der Bedeutung ‚mit Getöse herabstürzen‘, denn dies hieße ja, daß Neros Tyrannis zusammenbräche, was genau das Gegenteil von dem wäre, was die Wahrsager unter Berufung auf das ‚Verhängnis‘ prophezeien. Gemeint ist vielmehr ‚Donnerkeile herabsenden‘ (vgl. V. 792 u. DWb 11,1920,4c,); dies käme auch überein mit der Mitteilung in der für diesen Reyen ausgewerteten Tacitus-Stelle, daß gegen Ende des Jahres 64 auch das Auftreten zahlreicher Blitzschläge (neben anderen Naturerscheinungen) Böses befürchten ließ. 778 der Edlen Blutt] Inspiriert durch Tacitus, Ann. 15,47,1, wo es heißt, daß Nero das Erscheinen eines Kometen stets ‚mit erlauchtem Blut‘ („sanguine illustri“) zu sühnen pflegte. Hier sind unter den „Edlen“ natürlich die Teilnehmer der Verschwörung zu verstehen. 780 Jhm] Nero als dem Träger der „Tiranney“ (V. 776). Nicht auszuschließen aber auch, daß „Jhm“ Druckfehler ist für ‚ Jhr‘ (Personalpronomen, bezogen auf „Tiranney“). 781 Orions ¢ternicht Gurth] Die drei den Gürtel des Sternbilds Orion bildenden nebeneinanderliegenden Sterne (dem antiken Mythos nach war Orion ein gewaltiger Jäger, der unter die Sterne versetzt wurde). Der Auf- oder Untergang des Orion wurde in der Antike als Anhaltspunkt für Wetterprognosen genommen; darüber, daß der Orion das Auftreten von Prodigien veranlassen soll (V. 782), ließ sich nichts ermitteln.
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782 nicht nur] Wohl zu beziehen auf „Orions !…" Gurth“, nicht auf „WunderZeichen“; d. h.: nicht nur das Sternbild Orion erzeugt Prodigien. 783–786 Man wirfft … ¢chneiden] Nach Tacitus, Ann. 15,47,1. (AnmL.). 783 ins Rathhauß] S. o. Anm. zu A V 256. Bei Tacitus, ebd., steht „in publicum“ (‚auf die Straße‘). 791–792 wer den Himmel ¢turm’t … Donner -Keilen] Die Wahrsager vergleichen die Verschwörer also mit den Giganten, riesenhaften Nachkommen der Gaia (Erde) und des Uranos (Himmel), die einen Krieg gegen die olympischen Götter begannen, von diesen aber vollständig besiegt wurden. Zeus beteiligte sich an dem Krieg durch Einsatz seiner Donnerkeile. Die Prophezeiung der Wahrsager wird im zweiten Reyen (II 584) vom Verhängnis bestätigt. Vgl. A V 262. 794–798 Wo durch … i¢t gewe¢en] Nach Tacitus (Ann. 15,47,2) wurde dieses Kalb in dem Gebiet von Placentia an einer Straße geboren. Diese Stadt liegt an dem Fluß Trebia (V. 796: „Trebens Flutt“), der 218 v. Chr. Schauplatz einer Schlacht war, in der Hannibal, Feldherr der Karthager (V. 794: „Mohren“), im 2. Punischen Krieg über die Römer siegte. 799–804 Die Deutung … werden] So auch die Deutung der römischen Opferschauer bei Tacitus, ebd. 799 fehl’n] ‚fehlgehen‘. 804 Krab¢gangig werden] ‚erfolglos sein‘, ‚scheitern‘ (s. DWb 11,2133). Vgl. II 504. Zweite Abhandlung Szenenfolge: a) V. 1–132; b) V. 133–204; c) V. 205–310; d) V. 311–420; e) V. 421–472; f ) Reyen: V. 473–584. Orte der Handlung: a) ein Lustgarten; b) Gemach im Hause des Flavius Scevinus; c) Haus des Flavius Scevinus; d/e) Gang im kaiserlichen Lustgarten. 1–132 (Szene a) Zur Vorgeschichte der Bekanntschaft der Epicharis mit Volusius Proculus s. I 298 ff. 5 Der Tulpen golden-¢tuck’] „golden“ meint hier wahrscheinlich nicht eine Farbqualität, sondern Kostbarkeit oder Glanz der Tulpe. 6 weichen deiner Hand] „weichen“ (wie lat. ‚cedere‘) im Sinne von ‚unterlegen sein‘, ‚sich nicht messen können mit etwas‘; hier etwa sinngemäß (bei gegenständlicher Deutung von „Hand“): ‚bleiben hinter der Schönheit deiner Hand zurück‘ oder (bei metaphorischer Deutung): ‚fügen sich deiner Gewalt‘. 7 Schein gefarbter Worte] ‚Schminke schönfärberischer Rede‘ (zu „Schein“ vgl. DWb 14,2423,3c; zu „gefärbter“ DWb 3,1325 f.,6). 12 ¢ich !…" entrothen] ‚erröten‘, ‚sich schämen‘. 13 urtheilt] ‚recht einschätzt‘. 14 Die Lieb’ … ein Kind] Vgl. Ovid, Amores 1,10,15–16: „Et puer est et nudus Amor; sine sordibus annos | Et nullas vestes, ut sit apertus, habet.“
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15 heucheln] ‚unaufrichtig schmeicheln‘. 17–19 als mich … angebluckt] S. o. I 298 ff. 18 Epirer] Die Bewohner von Epirus (s. o. Anm. zu I 254), in dessen Hauptstadt Nikopolis Epicharis, als Mann verkleidet, das Schiff des Proculus bestiegen hatte (I 294–296). 18–19 ihr ¢ußer … angebluckt] Vgl. S III 60: „Da das Verhängnüs uns mit holderm Strahl’ anblickt.“ Zu „angeblückt“ statt ‚angeblickt‘ vgl. V. 147: „blücken“. 20 Des Straußes Auge … lebend machen] Eine Imprese mit diesem Motiv abgebildet bei Schöne, Emblematik u. Drama, S. 11 (ein Strauß, der auf seine Eier blickt; Inschrift: „Oculis vitam“). 25 Jm ¢ech¢ten … er¢t] Plinius, Nat. hist. 8,45, berichtet (Aristoteles referierend), daß Löwenjunge mit sechs Monaten kaum laufen könnten („semestres vix ingredi posse“). 26 Stein und Stahl zermalm’t] D. h. sich weder einkerkern noch fesseln läßt (vgl. die in dieser Hinsicht deutlicheren Stellen V. 390 u. IV 642). – Thier und Zeit berher¢cht] Daß der Löwe König der Tiere ist, ist eine geläufige Vorstellung. Wieso er aber auch die Zeit beherrschen soll, war nicht ganz befriedigend zu klären; vielleicht steckt darin eine Anspielung auf das hohe Alter, das er nach den antiken Quellen erreichen soll (Plinius, Nat. hist. 8,47, nach Aristoteles). 27 entglamm] ‚zu brennen anfing‘. 27–29 als am Mi¢ener Strande … werffen ab] S. o. I 316–335. 30 gekaumt] ‚gekeimt‘ (hier: ‚gewachsen‘). 31–32 er !…" ¢eines] Nur in diesen beiden Versen der ganzen Szene redet Epicharis Proculus in der 3. Person an: bewußte Distanzierung angesichts der unverblümten Liebeserklärung. 32 Zu ¢eines Adels Glantze] Nach J. Rosinus, Antiquitates Romanae (s. AnmL.). 33 Freygelaßenheit] Davon, daß Epicharis von ihrem Herrn Dicearch, der sie als Sklavin Seeräubern abgekauft hatte (I 106 ff.) und als solche in seinen Diensten hielt (vgl. auch I 269), inzwischen freigelassen worden sei (vgl. auch V. 40 f.), war bisher noch nicht die Rede. 36 Tugend und Ge¢talt] Vielleicht Hendiadyoin; sinngemäß dann etwa: ‚die auch aus der äußeren Erscheinung sprechenden inneren Werte‘. 39 zeugen] Hier sicher, was das „legen für“ in V. 40 nahelegt, im Sinne von ‚zeigen‘ (DWb 31,853; vgl. A I 127.281, II 119), nicht von ‚bezeugen‘ (DWb 31,851,2c). 43 ver¢aug’t] ‚vertrocknet‘ (zu dem Verb ‚verseigen‘, Nebenform von ‚verseihen‘). 44 Des Cyrus Uhr¢prung] Nach dem Bericht Herodots (1,109 ff.) soll Kyros II., d.Gr. (558?-529 v. Chr.), Begründer des persischen Weltreiches, von einem Rinderhirten großgezogen worden sein; dieser Hirte hätte ihn eigentlich gleich nach seiner Geburt in der Wildnis aussetzen und dem Tode preisge-
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ben sollen, da des Kyros Großvater Astyages, König von Medien, aufgrund eines Traums befürchtete, daß das Kind ihn von der Herrschaft verdrängen werde. Als zehnjähriger Hirtensohn gab Kyros lt. Herodot (1,114 f.) bereits herrscherliche Charakterzüge zu erkennen, indem er sich von seinen Spielkameraden zum König wählen ließ, einem jeden Aufgabenbereiche zuteilte und den, der sich nicht fügen wollte, bestrafte. L.s Quelle war Justinus, Epitoma 1,5,1–3. (AnmL.). Vgl. V 101 f. u. Anm. 45 Ankunfft] ‚Herkunft‘, ‚Abkunft‘. 46–47 Gar nicht ¢eyn … ein Ding] D. h. für das Recht ist etwas, was nicht juristisch stichhaltig verbrieft oder bewiesen ist, nicht existent. Vgl. den Grundsatz „Quod non rite factum est, pro infecto habetur“ („Was nicht formgerecht geschehen ist, gilt als ungeschehen“), zit. bei Liebs, Latein. Rechtsregeln, S. 180, Q 107. 57 Der Purpur … Haar] Im Literalsinn: ‚Auch schlichtes Gewebe ist schon oft mit Purpur eingefärbt worden‘ („Purpur“ als Herrschaftszeichen; „Stroh“ hier als Material für Flechtwerk; „Haar“ bedeutet ‚Flachs‘, s. DWb 10,6 f.). Sinn des Bildes: ‚Fürsten sind schon oft Verbindungen auch mit Frauen niederer Herkunft eingegangen‘. 58 der ¢terblichen] Dat. Sg.: ‚der (einer) sterblichen Frau‘. 59 Ge¢atzt nun/ nicht enthangen] ‚Gesetzt nun, doch nicht eingeräumt‘. Vgl. I 418. 60 Perlen-Mutter] Muschel. 61 Jndus] Der Fluß hier metonymisch für Indien, das im Altertum neben dem Persischen Meerbusen wichtigste Bezugsquelle für Perlen war. 62 Schnecke] Hier = ‚Muschel‘ (vgl. A III 501 u. Anm.). – Schilf] Vermutlich Druckfehler für ‚Schiff‘ (so Druck D), im Sinne von ‚Muschelgehäuse‘, ebenso wie in A III 501. 69 Ankunfft] ‚Herkunft‘, ‚Abkunft‘. 70–71 Weiß gleich … Monden-Kwall] Anachronistische Anspielung auf die auf Ptolemaeus (2. Jh. n. Chr.) zurückgehende Auffassung, daß sich die Quellen des Nils im Mondgebirge (im südöstlichen Äthiopien) befänden (s. AnmL.). Vgl. III 730. 72 ihm Tempel bau’] Wegen seiner elementaren Bedeutung für das Wohlergehen des Landes wurde der Nil von den alten Ägyptern unter dem Namen Hapi als Gott verehrt. Ein Heiligtum des Gottes befand sich in der Stadt Nilupolis bzw. Neilos (Mittelägypten). Vgl. C I 332–334. 74 Dein Opfer] ‚ein dir dargebrachtes Opfer‘. 79 Heyligthum] ‚Tempel‘, ‚heiliger Bezirk‘ (s. o. Anm. zu A V 589). 80 entraumen] ‚gestatten‘, ‚zugestehen‘. 86 eckeln] ‚abweisenden‘, ‚wählerischen‘. 93 ¢ich] Reflexivpronomen zu „wagen“ (vgl. V. 312 u. I 539). 94 ¢atze !…" bey] ‚beisetzen‘ hier wohl: ‚hinzusetzen‘, ‚dreingeben‘ (vgl. S IV 55). 97 die Wollu¢t-Raup’] Vgl. I 426. – ihr] Der Jugend (V. 96).
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99 in] Druckfehler für ‚im‘? – holen Stock] „Stock“ hier: ‚Baumstumpf‘ (s. DWb 19,11 ff.), zu verstehen als der traurige Rest des verdorbenen ‚ Jugendbaumes‘ aus V. 96. – geile We¢pen] Vgl. V. 364 u. I 430. 101 Nach die¢em] ‚Darüber hinaus‘. 104 ¢ie] Akk. Pl.: die Fürsten. 107 i¢t mich die Lu¢t vergangen] Transitiver Gebrauch von ‚vergehen‘ mit persönlichem Objekt (vgl. die Beispiele in DWb 25,401 f.,4b). 115 Des Lowens] Vgl. I 316.363.667.702 u. unten V. 445. 121 Boudicea] Der Name nach dem Metrum hier fünfsilbig auszusprechen: Bo-u-di-cé-a. Boudicea (oder, wie man heute liest, Boudicca) war die Gemahlin des Prasutagus, Königs des britannischen Stammes der Icener. Prasutagus, der für seinen Reichtum berühmt war, hatte neben seinen beiden Töchtern auch Nero zum Erben eingesetzt, in der Hoffnung, seine Familie und sein Land dadurch vor Übergriffen der römischen Besatzungsmacht schützen zu können. Doch geschah gerade das Gegenteil: Boudicca wurde mißhandelt, ihre Töchter vergewaltigt, die Vornehmen des Landes von ihren Gütern vertrieben. Die Folge war ein Aufstand der Icener, an dem sich auch andere britannische Stämme beteiligten, i. J. 61. Die Leitung des Aufstandes hatte Boudicca, die mit ihren Töchtern von Stamm zu Stamm fuhr, um alle gegen die Römer aufzuwiegeln. Als der Aufstand von C. Suetonius Paulinus, dem römischen Statthalter, blutig niedergeschlagen worden war, beging Boudicca Selbstmord (so Tacitus, Ann. 14,37) oder starb an einer Krankheit (so Cassius Dio 62,12). (AnmL.). 129 Hold] ‚Huld‘, ‚Freundlichkeit‘. – durch Magde] Boshafter Hinweis des Abgewiesenen auf Epicharis’ dienstbaren Stand, den er zuvor für unwesentlich erklärt hatte. Vgl. V. 368–370. 131 die Rache] Der Verrat der Verschwörung, der zu Epicharis’ Verhaftung in Szene d (V. 311 ff.) führt. vor 133 Zwey Knechte] Erläuternder Zusatz zu „Lucius. Sejus“. 133–204 (Szene b) Die Handlungslemente dieser Szene (Nachdenklichkeit und innere Unruhe des Scevinus; Versiegelung des Testaments; Freilassung von Sklaven; Auftrag an Milichus, den Dolch zu schärfen und Mittel zur Wundbehandlung zu besorgen) nach Tacitus, Ann. 15,54,1–3. (AnmL. zu V. 155 ff.). 134 Oel] Als Brennstoff zur Unterhaltung der Flamme (vgl. DWb 13,1272 u. V. 141). 138 bahnet Alp’ und Flutt] ‚bahnt Wege auf Bergen und Gewässern‘. 141 Das Mittel] ‚der Mittelteil‘. 144–145 Der Dunckel … ¢chlaffen ein] Der Gedanke inspiriert durch Tacitus, Hist. 2,11,1; 1,51,5 (zit. in AnmL. zu V. 144). 144 Dunckel] Hier wohl noch im älteren, neutralen Sinne: ‚Meinung‘, ‚Ansicht‘. 145 ¢chlaffen] ‚schläfern‘. 147 knecht’¢chen Auf¢chub] Diese Bewertung einer zaudernden Haltung nach Tacitus, Ann. 6,32,1 (zit. in AnmL.). – blucken] Statt des korrekten ‚blicken‘ (so im Lemma zu AnmL.!) nur wegen des Reims auf „verrücken“? Oder
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Druckfehler? Hierfür sprechen Reime wie „willen / erfüllen“ (V. 155/156) oder „Ma¢inißen / umb¢chlüßen“ (IV 423/424). Vgl. aber V. 19 („angeblückt“)! 150 Der nicht … That] Nach Tacitus, Hist. 1,38,2 (zit. in AnmL.). 151 Vgl. Gryphius, Leo Armenius IV 357: „Gold wird durch Glutt/ ein Held durch Angst und Ach bewehrt!“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 92). – be¢tand] Zweideutig; kann ‚Beständigkeit‘ / ‚Festigkeit‘, aber auch ‚Zustandekommen‘ bedeuten (s. DWb 1,1651 f.). 153 Cypreß] D. h. den Tod (die Zypresse galt als Totenbaum); Verbindung mit dem Gegenbild der Palme als Symbol des Sieges auch in A I 31. 154 Ja des be¢iegten … offt] Vgl. I 83–85, IV 140. 156 Wachs und Licht] Das Wachs zum Versiegeln, das Licht, um das Wachs flüssig zu machen. Vgl V. 176, 222 u. IV 153. 158 mehr wenig] ‚weniges mehr‘. 160 verfaßen] ‚verrichten‘, ‚ins Werk setzen‘. 165 ¢tor’n] ‚zunichte machen‘, ‚aufheben‘. 167–168 Wer ¢chon … wegwerffen] Zu der Quelle dieses Gedankens s. AnmL. zu V. 168. 170–171 die Gefahr … der Gefahr] Nach Tacitus, Ann. 11,26,1 (zit. in AnmL.). Der gleiche Gedanke auch III 150 u. C I 83. 172 den Vor¢atz nicht gelinder] Nach Auffassung römischer Juristen „genügte !… " als Voraussetzung der Bestrafung schon das Hervortreten des rechtswidrigen Willens (dolus pro facto accipitur)“ (Kleinfelder in RE V A = 9. Halbband, Sp. 1293). Vgl. III 145, IV 578. 173 Zweifel] ‚Unsicherheit‘. 174–175 Jn dem es gleiche gilt … fangen an] Nach Tacitus, Ann. 2,66,1; 6,23,2 (zit. in AnmL. zu V. 174). 181 die¢en Hutt] Das ‚pileum‘, eine Filzmütze oder -kappe, die freigelassene römische Sklaven als Zeichen der Freiheit trugen (s. AnmL.). 184 be¢treiten] ‚(ihr) gewachsen sein‘. 188 Freymal] ‚Freitisch‘; vielleicht aber auch ‚Schmaus in geselliger Runde‘ (für keine der hier vorauszusetzenden Bedeutungen Beleg in DWb). 191 mein heil’ger Dolch] S. o. I,724–726 u. Anm. 191–192 zu Haupte !…" Des Bettes] Der historische Scevinus sagte (lt. Tacitus, Ann. 15,55,2) nach dem Verrat des Milichus vor Nero aus, er pflege den Dolch in seinem Schlafzimmer aufzubewahren. Die Lokalisierung im Bett inspiriert durch Vergil und Martial (s. AnmL.). 197 Hartzt] Irgendein aus Baumsäften hergestelltes Präparat, hier vermutlich das zur Wundbehandlung eingesetzte Pech (s. Zedler 27,9–12 s.v., hier 11). Vgl. das Lessing-Zitat in DWb 10,520 s.v. ‚Harz‘. 202 Blutt-Stein] Eine Variante des Hämatit, eines Eisenerzes, das zum Blutstillen verwendet wurde (s. Zedler 4,269–272). 205–310 (Szene c) Das Beratungsgespräch zwichen Milichus und seiner Frau nach Tacitus, Ann. 50,54,4. 214 ¢prach] Ebenso wie „ließ“ mit „frey“ zu verbinden.
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232 Das Heil] Salus, die Göttin des Heils bzw. der öffentlichen Wohlfahrt, aus deren Tempel der Dolch entwendet worden war (s. o. Anm. zu I 724–725). 238 ange¢eh’n] ‚abgesehen‘. 240 als Scevin mit mehr Vergnugung] ‚mit mehr Vergnügen (oder auch Befriedigung) als Scevin‘. 241 kalten] ‚erkalteten‘, ‚toten‘. 244 Daß … Gutt gefraßen] Vgl. I 4–7. In den Quellen nicht belegt als Motivierung für des Scevinus Teilnahme an der Verschwörung. – ¢ein !…" Brand] „¢ein“ = Neros; Corinna hält es also für ausgemacht, daß Nero den Brand Roms verursacht hat. 245 ¢ein nech¢tes Blutt] ‚seine nächsten Verwandten‘. Auch hiervon verlautet in den Quellen nichts. 248 Des Unrechts Trieb] „Des Unrechts“ ist Gen. obi.: ‚der innere Antrieb, gegen ein Unrecht vorzugehen, das einem angetan wurde‘. 250 Zunder] Die Ursache für das Aufflammen des Racheaffekts (vgl. DWb 32,559,c). 265 ge¢albte Hal¢’ und Fur¢ten] Hendiadyoin: ‚gesalbte Fürstenhälse‘. 267 bei’m Herren] Bei seinem Dienstherrn Scevinus. 270 Staffel] ‚Stufe‘, ‚Treppe‘. 278 Jedwedes Recht … mir] ‚Die Rechtslage entbindet mich in jeder Hinsicht von einer Verpflichtung zur Offenlegung.‘ Weil nämlich der Freigelassene (libertinus) seinen früheren Eigentümer nicht verraten durfte; er stand nach römischem Recht lebenslang unter dessen Patronat und war ihm gegenüber zu Gehorsam und Ehrerbietung verpflichtet, auch zu materieller Hilfeleistung bzw. zum Unterhalt. Ohne seine Zustimmung durfte er ihn nicht vor Gericht fordern. Bei grober Verletzung dieser Pflichten konnte der libertinus wieder in den Sklavenstand zurückversetzt werden (vgl. V. 286). 279 Des Fur¢ten hoch¢tes Recht] Die Machtvollkommenheit des Fürsten, die über allem Recht steht. 280 Palmen] Wie in V. 153 bildlich für ‚Sieg‘ oder ‚guter Erfolg‘ (als positives Ergebnis der von Corinna empfohlenen Anzeige). 281 Ein Sohn … Meiterey] Nach Novellae 115,3,3. (AnmL.). 282 Freyling] Freigelassener (s. o. Anm. zu V. 278). 283 Meineyd] ‚Hochverrat‘. 286 Daß Undanck … macht?] S. o. Anm. zu V. 278. 292 Verterbens-Spigel] „Spigel“ in diesem etwas dunklen Vergleich entweder entspr. V. 290 im Sinne von ‚spiegelglatte Eisfläche‘ oder aber von ‚Musterbild‘. Vielleicht aber auch durch V. 290 induzierter Druckfehler für ‚Sigel‘ (im Sinne von ‚Besiegelung‘, ‚Bestätigung‘, ‚Unterpfand‘). 294 Der Luffte Fackel] Komet, Sternschnuppe. 301 Sie hat … kahl] Die sprichwörtlich gewordene Allegorie der Occasio, der günstigen Gelegenheit, die man sofort beim Schopfe packen muß, wenn sie sich zeigt. Vgl. Erasmus, Adagia, chil. 1, cent. 7, prov. 70: „Nosce tempus“ (Erasmus, Opera omnia, ed. I. Clericus, tom. 2, 289 f.); Horst Rüdiger,
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Göttin Gelegenheit. Gestaltwandel einer Allegorie. In: Arcadia 1(1966), S. 121–166. Zur Verwendung in der Emblematik: Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 1809–1811. 305 Bi¢am] Ein begehrter Duftstoff (= Moschus), der hier der Geruchstarnung dienen soll. Vgl. Gryphius, Sterbender Papinianus I 409: „gebiesamt Gifft“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 332). 306 Brand] Meint wohl das Einbrennen des Gifts in die glühend gemachte Klinge. 308 Rath ge¢tifftet] ‚Hilfe geleistet‘. 310 Garten des Servil] Die Horti Serviliani, wahrscheinlich im Südwesten Roms (Ortsangabe nach Tacitus, Ann. 15,55,1). Hierhin begibt sich Milichus mit seiner Frau, um bei Nero seine Anzeige zu machen (Szene IIIa). vor 311 Sulpit: Asper] Wohnt als stumme Person der Szene bei; von Nero angesprochen V. 418. 311–420 (Szene d) Proculus hat die V. 131 f. angedrohte Rache an Epicharis inzwischen vollzogen und sie bei Nero des Hochverrats angeklagt. Verlauf und Ergebnis des Verhörs, das den Inhalt dieser Szene bildet, entsprechen den Vorgaben bei Tacitus (Ann. 15,51,4): Proculus kann seine Anklage zwar nicht beweisen, da er in die Verschwörung nicht eingeweiht worden ist, Epicharis bleibt aber dennoch verdächtig und kommt in Haft. 312 ¢ich] Reflexivpronomen zu „wag’t“ (vgl. V. 93 u. I 539). 314 la¢tern] ‚verleumden‘. 316 der Ehrendib] Meint Proculus. 317 Ba¢ilißk’] S. o. Anm. zu A V 15. 318 der Bubin] Dativ, von „leid“ abhängig. 320 mir] Dativus ethicus. 321 Bey dir nur] Zu ergänzen: ‚weiß ich mich schuldig‘ (weil Proculus Tatsachen verdreht und aus Tugenden Laster macht). 323 Zu Mi¢en] Bei ihrer ersten Zusammenkunft (I 316–335). Vgl. auch II 27–29. 324 Dis … mußen] „dein Buben¢tück“ ist Akkusativobjekt, „Dis“ meint das Gewissen, wobei aber sowohl dasjenige des Angesprochenen wie dasjenige der Sprecherin gemeint sein kann. In paraphrasierender Wiedergabe also etwa: ‚Dieses wird dir selbst vor Augen halten müssen, was für ein Verbrechen du begehst [nämlich mit der Denunziation der Epicharis]‘. 327 durch Lu¢t] Durch das Angebot sexuellen Kontakts als Lockmittel. 330 Mein … Schein] ‚Meine körperliche Schwäche (als Frau) nimmt der Verleumdung jede Beweiskraft.‘ 332 Mutter -Men¢ch] Verstärktes ‚Mensch‘ (s. DWb 12,2823). – mit mir verpflichtet] ‚mir gegenüber verpflichtet hat‘. 335 klag’t] ‚zur Anklage bringt‘. 336 trennen] ‚zersprengen‘, ‚auseinandertreiben‘. 338 Umb¢teh¢tu] ‚leugnest du‘. 339 vermummt … be¢chritten] S. o. I 290–295.301–307. 351 Verboßtes] ‚bösartiges‘.
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352–353 Stelle fur … gehor’t] Diese Taktik, Proculus zum Schweigen zu bringen, wendet Epicharis auch bei Tacitus (Ann. 15,51,4) an. (AnmL.). 355–358 Man kan … Verdacht’s] D. h. wenn es um die Abwendung eines Verbrechens gegen einen Fürsten geht, gilt der von Epicharis V. 353 f. angeführte Rechtsgrundsatz nicht, daß niemand zugleich Kläger und Zeuge sein dürfe. Hier genügt ein von einem einzelnen Zeugen vorgebrachter Verdacht für eine Verurteilung (s. AnmL. zu V. 357). 359 Fallbrett] S. o. Anm. zu A I 364. Vgl. V. 575 u. I 585. – erhitz’t vergallen] ‚hitziges Anschwärzen‘. 363 der Jugend Krantz] Vgl. V. 96! Diese Parallele verbietet die sonst an sich plausible Ersetzung von „Jugend“ durch „Tugend“, wie sie in den Drucken CD vorgenommen wurde. 364 die¢e We¢pe] Vgl. V. 99. 368–369 die¢e Magd !…" geilen Magd] Zu diesem wiederholten herabsetzenden „Magd“ vgl. oben V. 129 u. Anm. 370 vertag’t] ‚vergangen‘. 371–372 Da ich dir … hieß?] S. o. V. 34–38 u. 59–72. 376 aus Epir … zu fliehen] S. o. I 279–283.308–315. – Trebaz] S. o. Anm. zu I 281. 379 blitzen] Dat. Sg. des Substantivs ‚Blitz‘ (s. DWb 2,130; dort Beleg aus Luthers Übersetzung von Hiob 38,25). 380 Der nur die Cedern trifft] Variante der bekannten äsopischen Fabel von der Eiche und dem Schilfrohr (Perry, Aesopica: Fabulae Graecae 70, S. 348): Das Große und Starke fällt, da es Widerstand bietet, der übermächtigen Gewalt zum Opfer; das Kleine und Schwache bleibt verschont, da es sich der Gewalt beugt. Vgl. Henkel/Schöne, Emblemata, S. 1212 f. („Turmspitze vom Blitz getroffen“). Ähnlich C I 350. 386 Ge¢atzt … entraumt] S. o. Anm. zu I 418. 387 gegen ihm] ‚ihm (Proculus) gegenüber‘. 390 in Stein und Stahl] ‚in Gefängnismauern und eiserne Fesseln‘. Zu „Stein“ als Metonymie für ‚Kerker‘ vgl. Gryphius, Leo Armenius II 614 f.: „Besetzt den rauen Stein | Des Kerckers umb und umb mit Huttern auff das beste“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 60). Vgl. oben V. 26. 392–394 Ohnmachtgen Magden … außge¢atz’t] Nach den Digesten (s. AnmL.). 407 Aus La¢tern] D. h. aus der ihr vorgeworfenen Verfehlung, wenn sie sie gemäß Neros Angebot offenlegte. 413 ungenoßen] ‚ungestraft‘. 414 Graus] ‚Trümmern‘. 415 auf Trub¢and bauen] Vgl. V. 562. 427 uber¢timm’t] ‚übertönt‘, ‚überwunden‘. – wo der gleich recht ge¢eßen] Relativischer Bezug auf einen gedachten Ort mit einem durch die Partikel „gleich“ ausgedrückten konzessiven Nebensinn: ‚an einem Ort, an dem doch der (= Nero) zu Gericht gesessen hat, dem !…"‘. 431 ¢ich] Reflexipronomen zu „ver¢chworen“.
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433 Einfalt … Labyrinth] Vgl. die Zurechtweisung dieses Anspruchs durch die Allegorien von Klugheit und Zeit in V. 476–478 436 hat gelucket] Hier noch, mit ‚haben‘ als Hilfsverb verbunden, das alte Part. Perf. des vom Mnd. ins Hochdeutsche eingewanderten ‚lucken‘/‚lücken‘ = ‚glücken‘(s. DWb 8,285). 437 Vor¢icht] ‚Weitsicht‘, ‚Weisheit‘. 440 dampffen] ‚niederschlagen‘. 443–445 Ja daß … kehrt] Steigernde Fortführung des ‚weil‘-Nebensatzes in V. 442. Darin eingeschlossen ein von „kehrt“ abhängiger Finalsatz: „daß [= damit] der Wütterich !…" erfahre“. 445 Des Lowen] Vgl. V. 115 u. I 316.363.667.702. 446 Ei¢en] ‚eiserne Bande‘, metonymisch für ‚Gefangenschaft‘; vgl. „Stahl“ in V. 26 u. 390. – fur] ‚statt‘. – Brand und Pfal] Als Foltermittel (zu „Pfal“ s. o. Anm. zu A I 534). 462 Entgei¢terten] ‚Entseelten‘. 465 Gerathet] 3. Pers. Sg. Präs. von ‚geraten‘, mit noch nicht synkopierter Endsilbe. 468 angehoben] ‚angefangen‘. 473–584 (Reyen) Zu diesem für das Verständnis von L.s Geschichtsauffassung (Dominanz des Verhängnisses über alle anderen geschichtlichen Mächte) sehr wichtigen Reyen vgl. Pfligersdorffer, Fatum u. Fortuna; Kirchner, Fortuna, S. 41–45; Verhofstadt, D. Casper von Lohenstein, S. 149 ff.; Vosskamp, Untersuchungen zur Zeit- u. Geschichtsauffassung im 17. Jh., S. 161 ff.; Spellerberg, Verhängnis u. Geschichte, bes. S. 181 ff., 201 ff. 476 abgewinnen] ‚überwinden‘, ‚den Sieg nehmen‘. 477 Einfalt] Vgl. V. 433. 479 ¢ie Schwachen] „Thorheit“ und „Einfalt“ (V. 476/477). 484 Grund] Zweideutig: kann ‚Tiefe (des Meeres)‘, aber auch das Gegenteil, ‚Untiefe‘/‚seichte Stelle‘ bedeuten (s. DWb 9,669 f.). Im Kontext des Bildes, d. h. als Gegensatz zu „Ufer“, ist die erstgenannte Bedeutung (im Sinne einer Metonymie für ‚offenes Meer‘) wohl als die wahrscheinlichere anzusehen (vgl. III 184.226 u. IB II 155). – We¢t] Westwind (vgl. A III 97.508); wie ‚Zephyr‘ in der Dichtung seit dem 17. Jh. Inbegriff eines sanften, lauen, säuselnden Windes (s. DWb 29,618 f.,3). 487 mein Rad] Das den ewigen Wechsel von Auf und Ab repräsentierende Glücksrad. Vgl. V. 497 u. C V 1. 489 Der Klugheit große Gottheit] S. L.s Erläuterung hierzu in AnmL. 492 Vor¢icht] ‚Weitsicht‘, ‚Weisheit‘. 495 Daß Ulyßes ¢ieg’t] Odysseus hier traditionsgemäß als Repräsentant menschlicher Klugheit, die alle Fährnisse geschickt und erfolgreich überwindet. 496 Alcyone] Hier die Geliebte des Meergottes Poseidon, als Metonymie für ‚Meer‘ (anders A III 454).
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497 des Gluckes Fahn] ‚Fahne‘ hier in der Grundbedeutung ‚Tuch‘ (DWb 3,1241,1); gemeint ist das Segel, das Fortuna in vielen bildlichen Darstellungen in den Händen ausgespannt hält, während sie auf einer Kugel oder auf einem Rad steht (s. Kirchner, Fortuna, nach S. 24 die Abb. 2, 3, 9, 19 f., 23, 30; Meyer-Landrut, Fortuna, S. 159, Abb. 50; S. 173, Abb. 57). 499 Typhis] Eigtl. Tiphys: der Steuermann der Argonauten, die nach Kolchis fuhren, um das Goldene Vlies zu holen. Vgl. C V 496. 502 wahr¢agend] Das Verb ‚wahrsagen‘ hier in der ursprgl. Bedeutung: ‚als Wahrheit aussprechen‘. 503 Ne¢tors Rath] S. o. Anm. zu I 348. – geht krumm’ und hinterruck’s] ‚geht schief bzw. hat schlechten Erfolg‘ (zu ‚krumm gehen‘ s. DWb 11,2448,3a,; beim Lemma ‚hinterrücks‘, DWb 10,1514, kein Beleg, der der hier gemeinten Bedeutung nahekäme). 504 den Krebsgang wollen gehn] ‚in entgegengesetzter Richtung gehen wollen‘ (vgl. I 804). 505 der Gottheit Augen-Apfel] Das Verhängnis meint sich selbst. 509 Die Sternen … Macht] Vgl. A V 92 f., S II 299. – Zeuger] ‚Zeiger‘, ‚Signale‘. 513–514 Patroclus … Sarpedon] Sarpedon, im Trojanischen Krieg Anführer der mit Troja verbündeten Lykier, wurde im Kampf gegen die griechischen Belagerer von Patroklus, dem Freund des Achilles, getötet. Damit vollzog sich seine ihm vom Schicksal gesetzte Bestimmung, an der selbst Zeus nichts ändern konnte, obwohl er Sarpedon, den er mit der lykischen Königin Deïdameia gezeugt hatte und der sein Lieblingssohn war, gern gerettet hätte (s. auch die Zitate aus Lipsius und Arnobius bzw. Minucius Felix in AnmL.). 516 Juno] Vergil führt im 1. Buch der Aeneis (V. 12–33) Juno als Schirmherrin Karthagos ein; in ihrem Haß auf die Trojaner wünschte sie, daß diese Stadt Kern eines mächtigen Reiches werde, das vielleicht eines fernen Tages den Nachfahren des Aeneas, also den Römern, die Weltherrschaft würde streitig machen können. (AnmL.). – Zyprie] Aphrodite bzw. Venus, hier nach der Hauptstätte ihres Kults auf der Insel Zypern benannt. Aphrodite stand wegen ihrer Verpflichtungen gegenüber Paris (Hilfe bei der Entführung Helenas als Einlösung ihres Versprechens beim Paris-Urteil) im ganzen Trojanischen Krieg auf der Seite der Trojaner (s. auch AnmLH.). 517 Zwey] D. h. zwei Menschen gleichzeitig. 518 ¢chneidet Stein’] ‚behaut/klopft Steine‘, d. h. verrichtet eine körperlich schwere und niedere Arbeit. 520 Palinur] Der Steuermann auf des Aeneas Flaggschiff; er wurde vor der italienischen Küste über Bord gespült und ertrank. Vgl. C IV 129. – Hannibal] Der karthagische Feldherr, der im 2. Punischen Krieg von Scipio Africanus d. Ä. bei Zama 202 v. Chr. besiegt wurde. – biß’t ein] ‚unterliegt‘. 524 Pallas-Bild] Das Palladium (s. AnmL. hierzu u. Anm. zu A II 505 u. 512).
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526 Scyllens offen Grab] Skylla war ein Ungeheuer auf einem Vorgebirge der Straße von Messina, das vorbeifahrende Seeleute aus ihren Schiffen zog und auffraß (eigentlich ein der Schiffahrt gefährlicher Felsen). Vgl. C III 497. 528 Socrates gewinn’t … ab] ‚Sokrates setzt sich sogar gegen den Stern durch, unter dem seine Geburt stand.‘ Gemeint ist wohl seine schlichte Herkunft als Sohn eines Bildhauers und einer Hebamme, die ihn nicht daran hinderte, ein berühmter Philosoph zu werden. 530 Clotho] Eine der drei Parzen, die den Lebensfaden spinnen und abschneiden. Vgl. C III 573 ff., A V 743. 531–532 Jn Sternen … ¢chien] S. AnmL. 533–534 wieß den Chaldeern … ¢eyn] S. AnmL. hierzu u. Anm. zu A V 96. 534 Morder] Die unumgelautete Form war im Frühnhd. neben der umgelauteten gebräuchlich. Vgl. III 203.265. 538 Ca¢tor] Die Zwillingsbrüder Kastor und Pollux, die Dioskuren, wurden als Sterne an den Himmel versetzt und fungierten dort als Beschützer von Seeleuten, die von Stürmen bedroht waren. – Eudora] Eine der Hyaden: Nymphen, die als Sterne an den Himmel versetzt wurden und das nach ihnen benannte Sternbild darstellten; dessen Frühaufgang vom 7. bis 21. Mai kündigte Regen an. 540 Scharf-Sinnigkeit … ein] Zu den Quellen dieses Gedankens s. AnmL. 541 Alcides] Beiname des Herakles, nach seinem Großvater Alkaios. Vgl. IV 55. – bleib’t nicht ¢tarck] Vermutlich Anspielung auf die Omphale-Episode: Herakles soll in der Zeit, als er Sklave dieser Königin von Lydien war, auf deren Wunsch Frauenkleider getragen und am Spinnrad gesessen haben. Vgl. C I 621 f. – ver¢chmitz’t] Hier wohl ohne den Nebensinn des Arglistigen, nur im Sinne von ‚schlau‘ oder ‚weltgewandt‘. 545–548 Es ¢ey … gene¢en] Sinngemäß etwa: ‚Es mag wohl so sein, daß Glück, Klugheit und Zeit nicht das Überdauern der Herrschaft Neros gewährleistet haben und es auch nicht könnten. Wohl aber wären sie in der Lage, mit ihrem Grimm ihn zu stürzen, und nur weil diese ihre negative Kraft sich noch nicht entfaltet hat, konnte das Verhängnis ihn retten.‘ 550 un¢ers Wergzeugs Glaß] Im Sinne von V. 545–548 die dem Verfall unterworfenen positiven, schützenden Kräfte dieser drei ‚Schwestern‘, im Gegensatz zu den nach ihrer Meinung auch gegen das Verhängnis wirksamen negativen, zerstörerischen, die sie in V. 552 aufzählen. 552 Sichel] Wie die Sense (V. 572) Attribut der Zeit, zurückgehend auf den Mythos des Titanen Kronos, der seinen Vater Uranos mit einer Sichel kastrierte und anschließend entmachtete. Da ihm prophezeit worden war, daß eines seiner Kinder ihn ebenfalls absetzen würde, verschlang er alle seine Kinder, die ihm seine Schwester und Gattin Rhea gebar. Kronos wurde schon in der Antike mit dem Zeitgott Chronos verwechselt, teils wegen des ähnlichen Klangs beider Namen, teils deshalb, weil sich das Zeugen und Verschlingen der Kinder durch Kronos leicht als Allegorie auf das schaffende und zerstörende Wirken der Zeit deuten ließ. Vgl. die allegori-
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schen Abbildungen der Zeit bei Kirchner, Fortuna, nach S. 24, Abb. 39 f.; Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 1814 f. – Pfeil] Attribut des Glücks (vgl. V. 559 u. bei Kirchner, Fortuna, nach S. 24 Abb. 6–8). – Schlangen] Attribut der Klugheit (vgl. V. 568), nach Mt 10,16. verfallt] ‚fällt herab‘. Den] Das grammatisch korrekte neutrale Relativpronomen (zu „SchooßKind“, V. 554) zur Verdeutlichung des Bezugs auf Nero durch das maskuline ersetzt. Das] Konjunktion, in Parallele zu „Daß“ in V. 558, oder Druckfehler für ‚Des‘. Sicher kein bestimmter Artikel, da für die Verwendung von ‚Pfeil‘ als Neutrum in DWb s.v. (13,1655 ff.) kein Hinweis oder Beleg; vgl. auch A IV 364.377; S II 374. Trub¢and] Vgl. V. 415. ¢etzt !…" ab] ‚fällt ab‘. Die Sen¢e] Wie die Sichel (V. 552) Sinnbild der Zeit. Zeres Fe¢t] Die Cerialia (s. o. Anm. zu I 711), der von den Verschwörern verabredete Termin für die Ermordung Neros (I 710 ff.). – das morgen fruh anbricht] Diese Zeitangabe steht im Widerspruch zu I 710, demzufolge die Attentatsplanung drei Tage vor dem Ceresfest stattfand. Die gleiche widersprüchliche Zeitangabe auch III 100. S. auch meine Anm. zur Datumsangabe am Schluß des Personenverzeichnisses (S. 717 f.). Fall-brett] S. o. Anm. zu A I 364. Vgl. V. 359 u. I 585. ¢ein Geburths-Stern] Neros Geburtstag war am 15. Dezember, fiel also nicht in den April, den Monat der Cerialia, wie L. hier irrig vorauszusetzen scheint. Was das Verhangnus … tilgen aus] Vgl. C I 676, III 199. Wer Gott … Graus] Das Verhängnis bestätigt damit die Prophezeiung der Wahrsager im ersten Reyen (I 791 f.; s. auch Anm. hierzu). Ähnlich Gryphius, Leo Armenius III 63 f.: „Wer Gott zum Streit austagt/ | Wird Asch/ und Staub/ und Dunst/ und Rauch und Wind.“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 64).
Dritte Abhandlung Szenenfolge: a) V. 1–32; b) V. 33–120; c) V. 121–136; d) V. 137–262; e) V. 263–520; f ) V. 521–592; g) V. 593–720; h) Reyen: V. 721–768. Orte der Handlung: a) Lustgarten (Horti Serviliani); b-d) Gemach im Hause des Scevinus; e-g) Gemach im kaiserlichen Palast. vor 1 Lu¢t-Garten] Die Horti Serviliani (s. o. Anm. zu II 310). 1–11 Die Denunziation durch Milichus nach Tacitus, Ann. 15,55,1. (AnmL. zu V. 10). 6 empor’t] ‚aufbegehrt‘. 11 Gewehr] ‚(blanke) Waffe‘.
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Flamm … vieler Zeit] ‚dürfen‘ (= ‚nötig haben‘) mit Akk. der Sache: ‚bei Feuer und Hochverrat bedarf es keiner langwierigen Sachverhaltsprüfung‘. Ähnlicher Gedanke V. 33 f. 18 ruff’t den Tigillin] Dieser erscheint sehr schnell auf der Bildfläche (in V. 22 ist er schon da), aber erst, nachdem Epaphroditus nach Entgegennahme von Neros Befehl (V. 21 f.) verschwunden ist, denn wie aus seiner Frage V. 27 hervorgeht, hat er von dem Vorgang noch keine Kunde. 21 vom Lager] Aus dem Kreis der Prätorianerkohorten (s. o. Anm. zu A I 217). Vgl. V. 23. 31 Die … Zwey] Milichus und seine Frau Corinna. 33–34 Ein Augenblick … kun¢teln wil] Vgl. V. 17. 34 kun¢teln] ‚möglichst gescheit verfahren‘. 43 Jch habe ¢ie gewarn’t] S. o. I 341 f. – gewarn’t] ‚ermahnt‘. 47–49 Weil … verzehr’t] Sulpitius Asper hat die Szene II d (V. 311 ff.), in der Epicharis Proculus gegenübergestellt und verhört wurde, als stumme Person miterlebt und gibt hier der Epicharis Darstellung von des Proculus wahren Motiven (II 362–366) wieder. 51 Furie] S. o. S. 643 Anm. zu A, Pers.-Verz. 14,32. 55–59 Der Ertzverrather … zu geben] Vgl. dazu den Bericht der Epicharis über ihr erstes Gespräch mit Proculus I 316–335. 57 Beweglich] Im rhetorischen Sinne von ‚bewegend‘ (‚movens‘). Vgl. I 716 u. Jnnhalt, S. 274,50; 275,53. 58 den Meyneyd einzugeh’n] ‚sich an dem Hochverrat zu beteiligen‘. 59 ¢o Nahm’ als Eid zu geben] ‚sich sowohl zu erkennen zu geben wie eidlich zu verpflichten‘. „Nahm’ geben“ offenbar Lehnübersetzung von lat. ‚nomen dare‘ (‚sich melden‘). 60 den ¢o frommen Printz] Nero; ironische Wiedergabe des Wortlauts der verlogenen Denunziation des Proculus. 61–65 Hoffheuchler … des Tyrannen Bru¢t] Der Ausbruch gilt dem Proculus, der zuerst (V. 61/62) in der zweiten, dann (V. 64) in der dritten Person angesprochen wird. Vgl. dessen Äußerungen in dem Bericht der Epicharis I 316–324.330–334. 63 Tiger] Vgl. V. 144 u. I 708.763. – Lowen] Vgl. I 316.363.667.702. 65–66 Die Spinne … trifft] D. h., Proculus hängt Epicharis etwas an, was er zuerst selber zu tun beabsichtigte. Das von L. gewählte Bild ist allerdings nur in einem sehr abgehobenen Sinne stimmig, denn in strikter Auslegung bedeutete es auch eine (hier selbstverständlich nicht beabsichtigte) Herabsetzung der Absichten der Epicharis, die zu der Rolle des Sulpitius Asper, dem das Gleichnis in den Mund gelegt ist, nicht paßt. Vgl. V. 273 f. u. II 325. 66 trifft] ‚trieft‘, ‚tropft‘. 67 enthangen] ‚zugegeben‘. 72 Großmuttig] ‚beherzt‘. 73 ihn] Proculus. 17
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75–76 Wo Witz … nicht verdammen] Vgl. Tristan d’Hermite, La mort de Seneque 1093 f.: „La noble Epicaris durant cette rigueur | Ne manquera iamais, ny d’esprit, ny de coeur.“ 76 Phalaris] S. o. Anm. zu I 622–623. 79 Tyrannen furchten] Vgl. IV 118. 84 zweymal nicht Memnons Mutter ¢chauen] D. h. nicht zweimal den Tag anbrechen sehen (des sagenhaften äthiopischen Königs Memnon Mutter war Eos, die Göttin der Morgenröte). 85 die¢es Jrrlicht] Proculus. 86 Faßel] Akk. Pl. vom alten neutralen Genus (s. DWb 3,1556). Vgl. V. 268 u. S V 397. 89 hat ge¢piel’t] ‚umgegangen ist‘. 90 der Knechte Knecht] ‚Oberknecht‘ – herabsetzende Bezeichnung für Tigillinus (vgl. IV 315), der, als williger Vollstrecker aller grausamen Pläne Neros, auch die Verhöre und Folterungen der Teilnehmer an der Pisonischen Verschwörung leitete. Vgl. auch V. 282, I 417 u. IV 704. 95 ¢ich erklar’t] S. o. II 453 f. 97–98 So ¢chaut … dulden kan] S. AnmL. 97 Philotas] Der Teilnahme an einer Verschwörung gegen Alexander d.Gr. bezichtigter Sohn des Makedonen Parmenion, eines Feldherrn des Königs. Während Philotas bei einem ersten Verhör seine Unschuld beteuerte, offenbarte er auf der Folter die auf die Ermordung Alexanders abzielende Verschwörung in allen Einzelheiten (Curtius, Historiae Alexandri Magni 6,11). (AnmL.; s. auch AnmL. zu V. 494). Bei Gryphius, Leo Armenius II 309 f., ebenfalls als Musterbeispiel für die Wirksamkeit der Folter angeführt. Vgl. auch IV 491. 100 bis morgen] Die gleiche im Widerspruch zu I 710 stehende Zeitangabe schon II 574. 102 Schlang’ und Argwohn] Hendiadyoin: ‚des Argwohns Schlange‘. 103 Empfind’t es … Wutten] ‚läßt ihm das Wüten beider Würmer keine Luft‘. – beyder Wurmer] Blutdurst und Argwohn. 107 Aegeln] ‚Blutegel‘. 108 ¢etzt] ‚schlagt los‘, ‚greift an‘. 109 Theils] Hier in der Funktion des Subjekts (= ‚ein Teil‘, ‚einige‘) mit nachfolgendem Plural des Verbs (s. DWb 21,349). Ebenso IV 171. – bereit] ‚bereits‘. 110 Was ich dreut’] ‚was ich warnend zu bedenken gab‘. 116 das Werck ¢etz’t auf die Spitze] ‚das Unternehmen auf die Spitze (zum äußersten) treibt‘. 122 ¢chafft’] ‚befahl‘. Vgl. V. 21 f. 124 Der Zeuge] Nämlich das Gewissen (die Betonung liegt auf „Der“). 126 Mache dir dis nicht ¢o frembd’] ‚etwas sich fremd machen‘ = ‚etwas von sich abwehren‘, ‚etwas ableugnen‘ (s. DWb 4,128,6). Vgl. V. 597 u. 653 u. IV 196.
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133–134 Daß La¢tern und die Nacht … heller mach’t] Ähnliche Sentenz I 677 f. Vgl. IV 57.225. 135 ihr Schirm] Der der Unschuld. 136 Das Blutt … ver¢pritzet] Nach Saavedra (zit. in AnmL.). 137–262 (Szene d) Der vergebliche Versuch, Piso nach dem Verrat der Verschwörung dazu zu bewegen, durch schnelles und energisches Vorgehen das Blatt doch noch zu wenden und das Vorhaben zu retten, nach Tacitus, Ann. 15,59,1–3. 137 lauff’t nun an Strand] ‚fährt (mit seinem Schiff ) auf den Strand‘, d. h. ‚strandet‘, ‚erleidet Schiffbruch‘. 139 Scyllen] S. o. Anm. zu II 526. 140 Jch ¢ehe … verlieren] „Compaß“ gehört zu „Witz“, „Ma¢t“ zu „Muth“. 141 das ¢tranden ¢ol] ‚das im Begriff / in Gefahr ist, zu stranden‘. 144 die¢es Tigers] Vgl. V. 63 u. I 708.763. 145 Der Vor¢atz … Lohn] Vgl. II 172, IV 578. 147 Ja/ nun … ¢tecket] Vgl. I 79 und Gryphius, Leo Armenius I 29: „wo ein Weiberhertz in eurem Busen steckt!“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 17). 148 hat aus] ‚hat ausgespielt‘. 150 Und durch Gefahr … aus Gefahr] Nach Tacitus, Ann. 11,26,1 u. Kommentar von Forstner (beides zit. in AnmL.). Der gleiche Gedanke schon II 170 f. Vgl. auch C I 83. 152 mehr] Akk. Pl.: ‚mehr Menschen‘. – erbleichen] ‚umkommen‘. 154 die Burg] Die Zitadelle auf dem kapitolinischen Hügel. Vgl. V. 714 u. 718. 157 Haupt] ‚führender Kopf‘. 158 Lager] Wie in V. 21 u. 23 die Prätorianer (s. o. Anm. zu A I 217). 160 Der warn’t nur … verletzen] Der gleiche Gedanke schon I 55 f. 163 Rathhaus] Die Kurie, das Gebäude für die Senatssitzungen. (AnmL.). 165 Oft … wag’t] Nach Tacitus, Ann. 15,59,2; Hist. 5,20,1 (zit. in AnmL.). 167 neuen Sachen] Im Sinne von lat. ‚res novae‘ (‚Umsturz‘). 170 Schloß] Neros Palast. – Platz] Wohl das Forum Romanum. 174 ein Gauckler und ein Kind] Hendiadyoin: ‚ein kindsköpfiger Komödiant‘. Vgl. I 449.668–669 u. unten V. 185: „Der Sänger“. 175 Perdiccas … Hole] Der Makedone Perdikkas, Gefährte Alexanders d. Gr. auf dessen Feldzug, besaß den Mut, in eine Höhle zu gehen, in der eine Löwin mit ihren Jungen ihr Lager hatte; er traf dort die Löwin nicht an, brachte aber die Jungen mit heraus (nach Aelianus, Varia historia 12,39). (AnmL.). 176 Brutus] M. Iunius Brutus (85–42 v. Chr.), einer der Mörder Caesars. 177 Cajus] Gaius Iulius Caesar, d.i. Kaiser Caligula (37–41). Zu den Umständen seiner Ermordung s. o. Anm. zu I 402. 178 Claudius] Kaiser Claudius (41–54), von seiner Ehefrau Agrippina, Neros Mutter, mit einem Pilzgericht vergiftet (s. o. S. 635 f., Anm. zu A, Pers.Verz. 13,2).
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179 den Salmoneus] Lateranus vergleicht Nero mit dem durch seine wahnwitzige Selbstüberhebung berühmt gewordenen König der Stadt Salmonia in Elis. Salmoneus nannte sich Zeus und behauptete, mächtiger zu sein als dieser. Um zu demonstrieren, daß auch er Donnerkeile auf die Erde senden könne, fuhr er mit einem Wagen durch seine Stadt und warf Fackeln in die Luft; den dazugehörigen Donner erzeugte er mit fellbespannten Bronzekesseln, die er hinter sich herzog. Zeus vernichtete ihn und seine Stadt mit einem Blitzschlag. 180–181 Der fur der Mutter Grimm’ … vergieng] Nero hatte ernsthafte Befürchtungen, daß seine Mutter zur Sicherung ihrer Herrschaftsansprüche nicht davor zurückscheuen würde, ihn umbringen zu lassen. Vgl. Tacitus, Ann. 13,18,2–3; 13,20. 182 Seneca !…" Burrhus] Beide leiteten damals die Regierungsgeschäfte. Zu Burrus (Präfekt der Prätorianergarde, nach seinem Tode i. J. 62 in diesem Amt durch Tigellinus und Faenius Rufus ersetzt) s. o. S. 639, Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,5. 183 Der Ancker i¢t ver¢anck’t] Die Betonung liegt auf „Der“; gemeint ist der soeben genannte Burrhus, mit dessen Tod Neros „Nachen“ einen zuverlässigen Rettungsanker eingebüßt hat. Vgl. IV 497. 183–184 und jener … in Grund] Nämlich Seneca, der für Nero nicht mehr nur keinen Halt biete, sondern durch seine Sympathien für die Verschwörer (vgl. I 602) an dessen Sturz mitwirke. Vgl. IV 497. 186 Der Boßheit … Schaum] Apposition zu „Tigillin“. Zu „Schaum“ (= ‚Abschaum‘) vgl. V. 507 u. IV 448. 188–189 der feige Reiger … Falcken ¢eh’n] Der Reiher wurde in Mittelalter und Neuzeit mit Falken gejagt. 189 fri¢che] ‚muntere‘. 197 ¢ich !…" befahr’t] ‚für sich befürchtet‘. 200 des großen Raths] Des Senats; er hatte seit Augustus wieder 600 Mitglieder (entsprechend dem unter Sulla festgesetzten Regelbestand). 201 vergallten Stadt] Die römische Bevölkerung ist gegen Nero erbittert wegen des Brandes, als dessen Verursacher er angesehen wird. Vgl. I 51 ff. 63 f. 203 Ertz-Morders] Zur Form ‚Morder‘ s. o. Anm. zu II 534. 206–208 Nicht einer hat … Thron ge¢pielt] Der Gedanke nach Tacitus, Hist. 1,30,1 u. 1,83,1 (beide Stellen zit. in AnmL.). 211 ¢ich !…" ver¢pielen] ‚verlorengehen‘. 213–214 Man ¢chleu¢t … auf] Nach Tacitus, Ann. 15,59,3: „cruciatui aut praemio cuncta pervia esse“ (zit. in AnmL. zu V. 97). 218 in einen kuhnen Straus] Warum L. gerade den Strauß ‚kühn‘ nennt, war nicht zu ermitteln; vielleicht im Hinblick auf die von Plinius (Nat. hist. 10,1) behauptete Eigenheit dieses Vogels, auf der Flucht mit seinen Klauen Steine auf die Verfolger zu schleudern. 219 Ba¢ili¢k’] S. o. Anm. zu A V 15. 224–226 Wer aber … in Grund] Vgl. V. 259 f.
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228 Charybdis] Für die antike Seefahrt gefährlicher Strudel an der Westseite der nördlichen Einfahrt in die Straße von Messina, gegenüber dem Felsen Skylla (s. o. Anm. zu II 526); in der Mythologie dargestellt als ein weibliches Ungeheuer, das dreimal täglich das Wasser an jener Stelle einsog und wieder ausspie. 232–233 Den Wol¢tand … Leben fur] Nach Tacitus, Agricola 33,6 (zit. in AnmL.). Vgl. auch Cicero, De officiis 1,81: „Sed cum tempus necessitasque postulat, decertandum manu est et mors servituti turpitudinique anteponenda.“ „Wol¢tand“ und Ruhm würde Piso nach Sulpitius’ Meinung einbüßen, wenn er sich jetzt zurückhielte. 234–235 Was Ehre … ein] Nach Tacitus, Hist. 1,33,2; Agricola 30,2 (beides zit. in AnmL.; hier auch Hinweis auf Saavedra – s. AnmLH.!). 248 Lebens-Drat … zer¢chnitten] Das Bild hat seinen Ursprung in der Vorstellung von den drei Schicksalsgöttinnen (Parzen), die den Lebensfaden spinnen und durchschneiden (vgl. C III 591), wird aber von L. ebenso wie hier auch anderswo außerhalb dieses mythologischen Rahmens verwendet, z. B. V. 442 u. S IV 212, V 368. 253 Burger -Krantzen] Den Bürgerkranz, die ‚corona civica‘, erhielt man für die Errettung eines römischen Bürgers (s. AnmL. zu V. 252). 255–257 Der ver¢to¢’t … irr’t] Der Gedanke nach Tacitus, Hist. 3,40,2 (zit. in AnmL.; hier auch Hinweis auf Saavedra – s. AnmLH.!). Vgl. C I 135, III 23. 257 in dem Mittel irr’t] ‚fälschlich den Mittelweg einschlägt‘ (auch möglich, hier aber nicht wahrscheinlich: ‚das falsche Mittel anwendet‘). 257–258 Es i¢t … die Verwegenheit] Nach Tacitus, Hist. 1,21,2 u. 1,62,1 (beide Stellen zit. in AnmL.). 262 Syllens Brand] ‚Sullas Wüten‘ (s. o. Anm. zu I 463). Zu „Brand“ vgl. IV 621; A III 300, IV 422, V 588. 268 die Feßel] Sicher Akk. Pl. (s. o. Anm. zu V. 86). 273–274 Mißgun¢t-Ja¢cht … ¢prie’n] Vgl. V. 65 f. u. II 325. 275 fal¢ches La¢ter] ‚zu Unrecht unterstelltes Verbrechen‘. Vgl. „fal¢che Sünde“ V. 667. 277 umb¢teh’n] ‚Leugnen‘. 278 rede !…" ein] ‚rede dazwischen‘, ‚biete Widerrede‘. 282 der Knechte Knecht] Anspielung auf Tigillinus. Vgl. V. 90 u. Anm. 285 uberzeug’t] ‚überführt‘. 286 zeugen] ‚bezeugen‘. – den Gottern leug’t] ‚lügen‘ hier mit persönlichem Dativ (vgl. DWb 12,1275,6). 290 Meyneydige] Hier schwerlich im Sinne von ‚Verräter‘ im engeren Sinn, denn damit würde Scevinus die sachliche Berechtigung der Klage seines Dieners eingestehen. Das Wort zielt vielmehr auf die grobe Verletzung der Treueund Loyalitätspflicht, deren sich Milichus als Freigelassener (s. V. 292 u. 339 f. u. Anm. zu II 278) schuldig gemacht hat. Gleiches gilt auch für den Ausruf „Verräther“ in V. 375.
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292 Man kan … fragen] ‚Es ist nicht erlaubt, Freigelassene in einer ihren ehemaligen Eigentümer betreffenden Sache zu verhören.‘ Nach Codex 4,20,12. (AnmL.). 293 Wol … Maje¢tat] ‚Wohl aber dort, wo die Anklage ein Majestätsverbrechen betrifft.‘ 295 kehr’n auch la¢ter zu Genaden] ‚können auch Verbrechen begnadigen‘ (zu „kehr’n !…" zu“ vgl. DWb 11,423 f.,14). 300 verwerffen] ‚für nichtig erklären‘. 301 den Schlangen-Gang] D. h. sein (lautloses) Schleichen. 303 Weil dich die Boßheit ¢o verblendet?] Der Sinn ist dunkel. Vielleicht als Ironie zu verstehen: ‚Da dich doch (sonst) deine Bosheit so blind macht, kennst du vielleicht auch diesen Dolch nicht.‘ 304–378 Die Ausführungen des Scevinus zu seiner Verteidigung nach Tacitus, Ann. 15,55,2–3. (AnmL.). 305 Heyligthumb] Zu der hier vorliegenden Bedeutung ‚heilige Handlung‘ vgl. Anm. zu A V 589. 306 gebahr’t] ‚getan‘. 309 die Boßheit … ein] S. AnmL. 313–314 das ¢elb¢t … eingeweyh’t] S. o. I 724–726. Zu „eingeweyh’t“ vgl. V. 740. 320 er¢tecket] ‚erstickt‘, ‚erwürgt‘. 326 Zum Tode dich ge¢chickt] ‚dich auf den Tod vorbereitet‘. 329 Die Ro¢e … ins Graß] Vgl. Thesaurus proverbiorum medii aevi 9, S. 362, Nr. 19/20. 334 ohn’ ein’ger Tage Wahl] ‚ohne zwischen irgendwelchen Tagen zu unterscheiden‘, d. h. an einem beliebigen Tag. 345–347 Zumal … hat gelitten] Nach Tacitus, Ann. 15,55,2. 349 Tracht] ‚das Aufgetragene/Aufgetafelte‘. 351–353 Jch hab’ … gelieb’t] Diese Selbstcharakteristik nach Tacitus, Ann. 15,55,2. 374 Ti¢iphone mit Schlangen-Peit¢chen] Eine der Furien (s. o. S. 643, Anm. zu A, Pers.-Verz. 14,32). Vgl. C II 422. 375 Verrather] S. o. Anm. zu V. 290. 379–398 Das Eingreifen der Frau des Milichus, den die Rechtfertigungsreden des Scevinus verunsichert haben, nach Tacitus, Ann. 15,55,3. 380–381 Der Crocodil … barmhertzig an] Zielt auf den Aberglauben, daß das Krokodil Menschen durch falsche Tränen an sich lockt, um sie zu fressen. Zur Verwendung des Motivs in der Emblematik s. Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 672 f.; Schöne, Emblematik u. Drama, S. 73 ff. Vgl. C III 111. 384 wenn Scevin abtreten mu¢te] „mü¢te“ hier in verblaßter Bedeutung, etwa = ‚sollte‘ / ‚könnte‘ (s. DWb 12,2758,g,ß). Corinna schlägt Nero mit diesem Konditionalsatz vor, Scevinus hinauszuschicken, um Natalis in derselben Sache separat zu verhören und so beide der Lüge zu überführen (V. 392–396). Mit dem Befehl V. 386 geht Nero auf diesen Vorschlag ein. 393 faßen ¢ie] Aufforderung an Nero („¢ie“ also Anrede).
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394 ihr Reden] Ihre Gespräche bei dem Gastmahl, das Scevinus gegeben hat (V. 348 ff.). 400 Das Blatt ¢cheint ihm zu fall’n] Redensart (= ‚Das Herz scheint ihm in die Hose zu fallen‘). „Blatt“ meint hier ‚Herzblatt‘ (= ‚Zwerchfell‘; s. DWb 2,75,6). 403 Wie kommt Natal hieher?] ‚Was hat Natal mit dieser Angelegenheit zu tun?‘ Etwas anderes kann nicht gemeint sein, da Natalis, den Nero in des Scevinus Abwesenheit hat herbeirufen lassen (V. 397), noch nicht eingetroffen ist; er ist erst V. 431–433 zur Stelle. 408 Grußen] ‚freundlicher Zuwendung‘. 419–422 Das Volck … zu nennen pfleg’t] Diese Schilderung der Beliebtheit Pisos beim Volk nach Tacitus, Ann. 15,48,2–3. 424 Weil … erwachen] Sprichwort. Vgl. Wander 4,840 s.v. ‚Stern‘, Nr. 9: „Die Sterne sieht man nicht, wenn die Sonne scheint“; Walther/Schmidt, Proverbia sententiaeque Latinitatis medii ac recentioris aevi, Nova Series, Tl. 9, S. 666, Nr. 43088: „Stella nulla audet videri, sol ubi exerit caput“. 429 machen wahr] ‚bestätigen‘. Darin steckt die Andeutung, daß Milichus mit seinem Verrat der Vollstrecker der Nero betreffenden ehernen Beschlüsse des Verhängnisses ist (vgl. II 577–580). 434–478 Das Verhör des Natalis und die Gegenüberstellung seiner Aussagen mit denen des Scevinus sowie beider Geständnisse unter Androhung der Folter nach Tacitus, Ann. 15,56,1–3. 442 mein Lebens-Drat] S. o. Anm. zu V. 248. 444 die Gift] In frühnhd. Zeit war das Femininum neben dem heute allein zulässigen Neutrum noch in Gebrauch. L. gebraucht das Wort in beiden Genera; als Neutrum in der ‚Sophonisbe‘ (u. a. S II 132, III 217, IV 91). 451 auf’s min¢te] ‚so gut wie gar nicht‘. Vgl. die entsprechende Verwendung des Substantivs „min¢te“ (ohne die heute unerläßliche Negation) in A II 96. 464 Was wil … haben?] Vgl. V. 560. 466 Der er¢te … verzihn] S. AnmL. 469 es hat … ge¢timm’t] ‚Mit meinem Votum bin ich für den Sturz des Kaisers eingetreten.‘ Zu „Rath“ vgl. V. 482. 483 Statius] Statius Proximus, Prätorianertribun. – außfuhr’n was befohlen] Dies geschieht IV 551 ff. 485–486 Jn deßen … ¢teck’t] Fast wörtlich nach Tacitus, Ann. 15,57,1: „Atque interim Nero recordatus !…" Epicharin attineri !…"“ (im Anschluß an den Bericht über die Reaktionen der von Scaevinus verratenen Verschwörer auf die mit ihnen angestellten Verhöre). 486 Jn Band und Argwohn ¢teck’t] Zeugma. 487 Kopf von die¢em Drachen] Nero denkt an die Hydra bzw. die Lernaeische Schlange, das vielköpfige Ungeheuer, das Herkules getötet hat (s. o. Anm. zu A I 527–528). 493 fur Mangel außge¢tell’t] ‚als Fehler getadelt‘; „Mangel“ ist in Anlehnung an die Pluralform umgelauteter Singular (s. o. Anm. zu A V 773).
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494–496 Und Seneca … Ver¢chwieg] L. verweist hierzu in AnmL. anhand historischer Beispiele auf die Todesstrafe, die schon das bloße Verschweigen hochverräterischer Pläne nach sich zieht. 495 Graus] ‚Schmutz‘. 496 verhieng] ‚ließ zu‘. 498–502 Des Pi¢o … Wortte macht] Zu dieser Wiedergabe des Gesprächs mit Seneca vgl. I 580 ff. – V. 502 wohl als Interpretation von I 602 zu verstehen. Quelle für des Natalis Aussagen über Seneca: Tacitus, Ann. 15,60,3. 505 mehr] ‚weiterhin‘. 507 Schaum] Zur Bedeutung ‚Abschaum‘ vgl. V. 186 u. IV 448. – anzuwehren] ‚auszugeben‘. 510–512 als wo die Boßheit … bring’t bey] S. AnmL. (Zitate aus Saavedra und Tacitus zur Frage der Unmoral der Vorspiegelung von Tugenden und der moralischen Zulässigkeit, tatsächlich vorhandene gelegentlich zu verbergen). 517–519 Geh’ und befrag’ … uberleg’t?] Der Auftrag nach Tacitus, Ann. 15,60,4. Das Ergebnis überbringt Silvanus am Anfang von Szene IVc (V. 465 ff.). 523 uberzeugte] ‚Überführte‘. 525 Zeucht !…" an] ‚beruft sich auf‘. 527 Umb¢teh¢tu] ‚stellst du in Abrede‘. 532 Kund¢chafft] ‚Mitwisserschaft‘. 533 Pochens] ‚Trotzens‘, ‚Widerstrebens‘. 534 Die ¢terben … nicht graun] Nach Seneca, Troades 574; Vegetius, Epitoma rei militaris 3,21,2 (beides zit. in AnmL.). 536 Du mu¢t … dem Leben] Nach Seneca, Troades 576 f.: „Si vis, Ulixe, cogere Andromacham metu, | Vitam minare; nam mori votum est mihi.“ 538 wenn Tyrannen … ¢pei’t] L. zitiert hierzu in AnmL. Ammianus Marcellinus (Res gestae 14,9,6), der berichtet, daß sich der Arianer Eusebius (4. Jh., unter Kaiser Constantius II.) auf der Folter ebenso die Zunge abgebissen habe wie in gleicher Situation Zenon von Elea (s. Anm. zu V. 552). Vgl. das ähnliche Beispiel der Hetäre Leaena, das Epicharis kurz vor ihrem Selbstmord (V 725 ff.) erzählt. 539 ¢pann’t den Wurm] „Wurm“ hier wohl nicht verächtliche Bezeichnung für Epicharis, sondern Name einer technischen Vorrichtung, vermutlich eines Schraubgewindes (s. DWb 30,2256,d,); also etwa: ‚zieht die Schraube an!‘ Vgl. V. 661. 551 Der Leib … Diamanten] Vgl. V. 662 f. 552 Des Zeno Hertze ¢iegt] Der Philosoph Zenon von Elea (5. Jh. v. Chr.) soll sich nach legendenhafter Überlieferung (u. a. Diogenes Laertius 9,26–28) an einer Verschwörung gegen einen Tyrannen beteiligt haben und, als diese gescheitert war, unter furchtbaren Folterqualen größte Standhaftigkeit bis zum Tode bewiesen haben. Um keine Mitverschwörer veraten zu können, habe er seine Zunge abgebissen und sie dem Tyrannen ins Gesicht gespuckt. Vgl. V. 538 incl. Anm. u. V 10 f. 553 Ziht an] Nämlich die Schrauben des Streckbetts (vgl. V. 539).
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555 Zauberin] ‚Hexe‘; so nennt auch Sabina Poppaea IV 261 die bei der Auspeitschung ohnmächtig gewordene Atilla. 559 ¢charffe Fragen] ‚peinliches Verhör‘ (vgl. IV 287). 560 ¢ag’s/ was ich ¢ol ¢agen] Nach der gleichlautenden Frage, die, lt. Curtius, Historiae Alexandri Magni 6,11,18, Philotas (s. o. Anm. zu V. 97) auf der Folter stellte. (AnmL.). Vgl. V. 464. 561 Setz’t … an] Vgl. Gryphius, Catharina von Georgien V 73: „Der hencker setzt in sie mit gluend-rothen Zangen.“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 209) – der Verzweifelten] Im Unterschied zu der eher das Gegenteil besagenden heutigen Bedeutung: ‚der zu allem Entschlossenen‘; möglich aber auch: ‚der Verwünschten / Verworfenen / Verdammten‘ (s. DWb 25,2690 ff.). Vgl. IV 204.309. 565 gluend Pferd] Ein Foltergerät (vgl. V. 673 u. I 622). Man hat sich darunter wahrscheinlich eine metallene Variante des hölzernen Marterpferdes (‚equuleus‘) vorzustellen, mit dem die Römer widersetzliche Sklaven zu foltern pflegten. 570 Die Noth] Zweideutig. Kann ebenso die von außen wirkende Gewalt wie das durch sie bewirkte Leiden (Schmerz, Todesangst) bezeichnen. 571 es meinen] ‚es (auf mich) abgesehen haben‘ (wie in Luthers ‚Ein feste Burg‘: „der alt böse feind mit ernst ers jitzt meint“; vgl. DWb 12,1927,4c). 574 Darmer] Im Frühnhd. neben ‚Därme‘ gebräuchliche Pluralform. 576 die Furien] S. o. S. 643, Anm. zu A, Pers.-Verz. 14,32. 578 Ver¢chaffe] ‚ordne an‘. 581 Stopf’t … voll] L. zitiert in AnmL. hierzu (wie zu V. 585 u. 587) Seneca, De ira 3,19,3–4. 588 ihr] Der Seele. – ihrer Hole] Dem menschlichen Körper. vor 590 Nachrichter] Henker bzw. Henkers- oder Folterknechte. 590 mehr keine Staffeln] ‚keine höheren Stufen‘. 593–708 Der Gang der Handlung – anfängliche Standhaftigkeit der drei Beschuldigten (Lucanus, Quinctianus, Senecio), schließlich Geständnis nach Zusage der Straffreiheit und Verrat der nächsten Verwandten und Freunde nach der Vorgabe bei Tacitus, Ann. 15,56,4. 597 Mach’t euch … die Ertz-Verratherey] ‚Tut nicht so, als ob euch Hochverrat so fern läge!‘ Vgl. V. 126 u. 653 u. IV 196. 599 Das Leugnen … brechen] Hierzu in AnmL. Hinweis auf zwei Exempel aus der neueren Geschichte. 600 ledig] ‚frei‘. 601 Aus Rach’ und Zorn verdamm’t] Hierzu Zitat aus Seneca, De ira (3,19,2) in AnmL. – das Recht außfuhr’n] ‚die Rechtslage darlegen‘ oder auch ‚das Recht umsetzen‘. 606 umb¢on¢t] Gehört zu „müh’n sich“. 608 Ein Ubelthater … zeugen] Vermutlich nach Digesta 22,5,20: „In testimonium accusator citare non debet eum, qui iudicio publico reus erit aut qui minor viginti annis erit.“ Vgl. IV 237–238.375.
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609 So weit] Gemeint ist wohl: ‚Vielmehr in einem so hohen Grade (ist dies zulässig)‘. 611 Garn] ‚Fallstrick‘. 614 verwerflich] ‚untauglich‘. 617–618 Wo Jo … zu ¢chlaffen ein] L. zieht hier die Sage von Io, der Geliebten des Zeus, als Gleichnis heran. Um Io dem Liebeswerben des Zeus zu entziehen, verwandelte die eifersüchtige Hera sie in eine Kuh und ließ diese von dem vieläugigen Argus bewachen. Zeus schickte daraufhin Hermes, der sich Argus als Ziegenhirt näherte, ihn mit Geschichten und Flötenspiel einschläferte, bis alle seine Augen zugefallen waren, und ihm dann mit einem Schwert den Kopf abschlug. 619–621 Man muß … Zweifeln ¢tell’n] Zu diesem Gedanken in AnmL. Belege aus Curtius und P. Matthieu. Vgl. Hallmann, Mariamne I 469: „Man muß im Hof’ auch was unglaublich glauben“ ( J.C. Hallmann, Sämtl. Werke, hrsg. von G. Spellerberg, Bd. 1, S. 230). 620–621 auf ¢chrauben !…" ¢tell’n] ‚auf Schrauben stellen‘, redensartlich, hier etwa: ‚allzu genau oder umständlich handhaben‘. Vgl. IV 635. 621 lang¢am] ‚langwieriges‘. 622 Ab-weg] ‚Abweichung‘. 623–624 der Nutz … leicht] ‚Mag damit auch ein Verstoß verbunden sein, so macht doch der daraus erwachsende Nutzen die Verfahrensfehler ohne weiteres wett.‘ 632 feindliche Be¢chwerden] Beschwerden in feindseliger Absicht. 634–635 Wei¢tu? Daß der … verdamlich ¢ey] Gemeint ist, daß auch ein sonst völlig Unschuldiger, sobald er nur in den geringsten Verdacht gerät, ein Majestätsverbrechen geplant zu haben oder an dessen Planung beteiligt gewesen zu sein, ohne Nachweis einer Schuld schuldig gesprochen werden kann – und zwar deshalb, weil, wie V. 616–624 ausgeführt, die Erhaltung der Sicherheit des Souveräns als Prinzip so hoch über allem Recht steht, daß ein Bruch des formalen Rechtsganges in solchen Fällen ohne Bedeutung ist (s. AnmLH.!). 639 ¢eichten] ‚flachen‘. 643 enthenget] ‚einräumt‘. 645 Willkuhr] ‚freier Wille‘. 649 Zopyrus] Ein vornehmer Perser, der mit einer List seinem König Dareios I. die Eroberung der von ihm lange vergeblich belagerten Stadt Babylon ermöglichte (Herodot 3,154–158). Zopyrus verstümmelte sich selbst, indem er sich Nase und Ohren abschnitt, schlich sich sodann zu den Babyloniern und gab sich als Opfer grausamer Willkür des Dareios aus. Nachdem er auf diese Weise das Vertrauen der Babylonier gewonnen hatte, öffnete er den persischen Truppen zwei Tore der Stadtbefestigung. (AnmL.). 650 Fallbrett] S. o. Anm. zu A V 79. – Sinon] Ein sehr geschickter griechischer Spion, der sich bei den Trojanern als Feind der Griechen ausgab, sie glauben machte, daß diese ihre Kriegsabsichten aufgegeben hätten und
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nach Hause gesegelt seien, und sie schließlich dazu brachte, das trojanische Pferd in die Stadt zu ziehen (Vergil, Aen. 2,57–198). (AnmL.). 650–651 die Stadt Des Dardans] Troja, der Sage nach von Dardanus gegründet. 654–656 Die Krahe … zihet] L. macht in AnmL. selbst auf die emblematische Herkunft (Saavedra) des Bildes aufmerksam; s. auch Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 885 f. 661 Schraub’t Stock und Folter an] „Stock und Folter“ ist Hendiadyoin. ‚Zieht die Schrauben an der Folterbank an!‘ Vgl. V. 539. 662–663 Ein Kie¢el-¢teinern Hertz … benehmen] Vgl. V. 551. 667 fal¢che Sunde] ‚nicht begangenes Verbrechen‘ (vgl. V. 548 u. „falsches Laster“ V. 275). 669 Die Tugend … nur einmal] Vgl. Cicero, Tusc. disput. 1,91. 673 gluend Pferd] S. o. Anm. zu V. 565. 675–676 ¢olch einen Tod … Der … leb’t] Apposition zu „was ärgers“. 684–687 Dis i¢t … verdammet] Lukan sind hier Worte Ciceros (Pro Ligario 38) und der Figur des Seneca in Ps.-Seneca, Octavia 472–476, in den Mund gelegt (s. die Zitate in AnmL.). Zu V. 684 vgl. auch Vergil, Aen. 9,641: „Sic itur ad astra.“ 688 der Fur¢t] Nero. – von dem Augu¢tus ¢tammet] Nero war über seine Mutter und deren Vater Germanicus ein Ururenkel des Kaisers Augustus. 689–690 Der … verboth] Von Sueton (Augustus 51,1; s. Zitat in AnmL.) als Beispiel für die Milde des Augustus angeführt: Den Plebejer Cassius Patavinus, der ihm öffentlich den Tod durch Erdolchen angedroht hatte, bestrafte er nur mit leichter Verbannung. – Dolch und Tod] Hendiadyoin: ‚Tod durch den Dolch‘. 691 Zweigen] ‚Abkömmlingen‘. 692 euch verknupf’t] „euch“ ist Dativ: ‚mit euch verbündet‘. 694 Muß auch … ge¢chatz’t] Hierzu in AnmL. ein Beispiel aus der neueren Geschichte. 696–698 des Fulvius … zu bekampffen muh’t] Nach Valerius Maximus 5,8,5 hat der Senator A. Fulvius seinen Sohn getötet, um zu verhindern, daß dieser dem Catilina (s. o. Anm. zu I 486) in die Schlacht folgte. In AnmL. neben dieser Information auch Hinweis auf die juristische Zulässigkeit solchen Handelns gemäß Digesta 11,7,35. Vgl. IV 516 f. 699–703 Die Reihenfolge der drei Denunziationen und die Zuordnung von Denunzianten und Denunzierten genau nach Tacitus, Ann. 15,56,4. 699 Atillen] Lukans Mutter (s. o. S. 714, Anm. zu Pers.-Verz. 278,18). 701 Gallus] Glitius Gallus (s. o. S. 715, Anm. zu Pers.-Verz. 278,25). 703 Pollio] Annius Pollio (s. o. S. 715, Anm. zu Pers.-Verz. 278,26). 705–708 Die Fortführung der Denunziationen über die drei schon ausgeführten hinaus entsprechend Tacitus, Ann. 15,58,1: „Non enim omittebant Lucanus quoque et Senecio et Quintianus passim conscios edere !…"“ Tacitus nennt an dieser Stelle aber keine Namen von Denunzierten, so daß L. gezwungen war, diese Lücke mit Namen aus der großen Zahl der bei Tacitus anderswo
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genannten Verschwörer zu füllen. Bei der Auswahl dieser Namen differiert einerseits der Dramentext von der Inhaltsangabe, andererseits könnte in V. 706 der Dramentext sowohl hinsichtlich des Namens des Denunzierten (Pollio) wie des Denunzianten (Senecio) verderbt sein (s. Anm. hierzu). 705 Tugurin] Iulius Tugurinus (s. o. S. 715, Anm. zu Pers.-Verz. 278,22). vor 706/706 Senecio. Und ich den Pollio] Die Stelle ist problematisch, da derselbe Senecio ebendiesen Pollio bereits im ersten Teil der Denunziationen verraten hat (V. 703) und zudem nach der Zwischenbemerkung Neros (V. 706 f.) die dritte und letzte Denunziation (V. 707 f.) nochmals Senecio zugewiesen wird, so daß Quinctianus in dieser zweiten Denunziationsserie überhaupt nicht vertreten ist. Da nun letzteres weder mit der Quelle (Tacitus, Ann. 15,58,1) noch mit den Angaben im „Jnnhalt“ (S. 275,72–73) zu vereinbaren ist und der (im „Jnnhalt“ bestätigten) Symmetrie der beiden Aussageserien zufolge Quinctianus hier ebenso wie in der ersten Serie (V. 699–703) eine Mittelposition einnehmen müßte, nahm Asmuth (Lohenstein u. Tacitus, S. 97 f.) an, daß hier ein Fehler vorliegen und statt des Sprechernamens „Senecio“ vor V. 706 ‚Quinctianus‘ eingesetzt werden müsse. Was nun die Person des Verratenen angeht, so nennt L. im „Jnnhalt“ als Opfer der Denunziation des Quinctianus „Munatius Gratus und Martius Fe¢tus“, wobei „Munatius Gratus“ wohl eine Verwechslung mit dem schon in V. 701 (quellengetreu) genannten Glitius Gallus darstellt (so Asmuth, Lohenstein u. Tacitus, S. 97). Es bliebe also, um Asmuths Argumentation weiter zu folgen, Martius Festus übrig, und metrisch wäre der Ersatz von „Pollio“ durch „Martius“ vollkommen akzeptabel. Dagegen spricht aber wiederum, daß Martius Festus in Szene IVa noch als freier Mann Epicharis im Kerker besucht und späterhin auch nicht gefangengenommen oder verhört wird (vgl. dazu Neros ausdrückliche Weisung V. 717 f.). Asmuth schlägt nun vor, aus den verbleibenden Verschwörernamen den des Cervarius Proculus (nicht zu verwechseln mit dem EpicharisDenunzianten Volusius Proculus!) auszuwählen und ‚Proculus‘ an die Stelle von „Pollio“ zu setzen. Die Begründung lautet wie folgt (ebd., S. 97 f.): „Für Proculus spricht, daß er im Personenregister des Stücks unmittelbar vor den ebenfalls angezeigten Araricus und Tugurin erwähnt wird, sich zusammen mit diesen als Ankläger gegen Rufus und Flavius betätigt und daß er klanglich leichter mit Pollio zu verwechseln ist. Die Personenliste zu IVb führt zwar nicht ihn, sondern Venetus im Kreis der Verhafteten auf, doch erweist sich dieser mit nur zwei gesprochenen Versteilen in IVb als bloße Randfigur. Auch paßt er als Soldat nicht so recht in den Kreis der sonst ausschließlich zivilen Denunzianten und Denunzierten. Vers 706 müßte also wohl beginnen: ‚Quinct(ian). Und ich den Proculus.‘ Vielleicht wurde der Name aufgrund einer Verwechslung mit dem Epicharis-Ankläger Volusius Proculus nachträglich als scheinbar fehlerhaft gestrichen.“ – Asmuths Argumentation ist zwar in sich schlüssig, aber doch nicht zwingend, da das Abgehen von der Dreiersymmetrie der Quelle und
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die zweimalige Nennung des Pollio durch Senecio beabsichtigt sein können, etwa zur Demonstration einer von Todesangst diktierten nervösen Beflissenheit dieser Gestalt. Die Unstimmigkeiten im Verhältnis zur Inhaltsangabe ließen sich so erklären, daß L., als er diese niederschrieb, ein anderes Konzept vorschwebte, als er es im Stück, etwa im Zuge einer letzten Überarbeitung, bei der die Inhaltsangabe unverändert stehenblieb, tatsächlich realisiert hat (ähnliche Vermutung auch bei Asmuth, Lohenstein u. Tacitus, S. 98). – Ve¢tin] M. (Iulius?) Vestinus Atticus, einst vertrauter Freund Neros, im Jahr der Pisonischen Verschwörung (65) Konsul. Vestinus war an der Verschwörung nicht beteiligt und nicht in sie eingeweiht (Tacitus, Ann. 15,52,3; 68,2). Nero ließ ihn trotzdem umbringen, nur aus schon länger bestehendem persönlichen Haß auf des Vestinus freimütige Kritik an seinen charakterlichen Anlagen. Der L.sche Nero hält ihn anscheinend für das Haupt der Verschwörung (vgl. den Befehl V. 720). (AnmL. zu V. 720). 711 Hilf Himmel!] Gleicher Entsetzensschrei Neros mehrmals in A: beim Erscheinen des toten Britannicus (IV 63), der toten Agrippina (V 395) und der Furien (V 781). Vgl. auch Agrippinas gleichlautende Ausrufe A I 354, V 105. – leider!] Diese Interjektion zu verstehen als Kommentar zu der für Nero schon feststehenden negativen Antwort auf die gerade gestellte rhetorische Frage. 714 Burg] S. o. Anm. zu V. 154. 715–716 Laß/ Tigillin … ¢icher ¢chatzen] In Anlehnung an Tacitus, Ann. 15,58,2, wo berichtet wird, daß Nero nach Aufdeckung der Verschwörung die Soldatentrupps, die in Rom ausschwärmten, um Verdächtige gefangen zu nehmen, mit Germanen untermischte, weil er diesen, als Ausländern, mehr vertraute. 717 auf die bekenn’t] ‚die angezeigt worden sind‘. 720 mit dem] Hier: ‚in Gestalt des‘, nicht: ‚zusammen mit‘! S. o. Anm. zu V. 706. (AnmL.). 725 Das Haupt der Welt] Rom. 729 Taurus] Gebirgszug in Kleinasien. 730 wo der Nil ent¢pring’t] S. o. II 70 f. u. Anm. 731 Calpens] Calpe ist ein hoher Berg an der gaditanischen Meerenge (Straße von Gibraltar), heute Gibraltar; mit dem Berg Abila auf der gegenüberliegenden afrikanischen Küste bildete er die ‚Säulen des Herkules‘. 732 Anas] Fluß in Spanien, heute: Guadiana. – ¢ich ver¢chling’t] Nicht klar, was damit gemeint ist; vielleicht die von Plinius (Nat. hist. 3,6) berichtete Tatsache, daß sich dieser Fluß in seinem Lauf, bevor er sich in den Atlantik ergießt, zu Sümpfen verbreitert, in Schluchten verliert oder in unterirdischen Höhlen verbirgt. 734 Klippen] Hier: ‚felsige Berge‘. 739 es] Das Verhängnis. – frembde] Substantiv, Akk. Pl.: ‚Nichtrömer‘. 740 Weich’t] ‚weiht‘ (vgl. V. 314). – durch Bruders-Blutt] Hinweis auf des Romgründers Romulus Mord an seinem Bruder Remus.
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742 Was Tullie dem Vater thut] Tullia, sagenhafte Tochter des römischen Königs Servius Tullius, überfuhr mit ihrer Karosse den Leichnam ihres von ihrem Ehemann, dem Usurpator Tarquinius Superbus, ermordeten Vaters (nach Florus, Epit. I,1,7,3; nebst ähnlichem Exempel aus Justinus zit. in AnmL.). Vgl. C I 466. 744 Der Prie¢ter … kleben] Vermutlich Anspielung auf den Mord an dem Pontifex maximus Mucius Scaevola 82 v. Chr., von dem oben (I 479; s. Anm.) die Rede war; „bleib’t !…" kleben“ meint wohl, daß Scaevola den VestaAltar umklammerte, als er getötet wurde. Sollte die Vermutung zutreffen, fiele dieses letzte Beispiel etwas aus dem Rahmen, da die vorangehenden Beispiele für Greueltaten alle mit Verwandtenmord zu tun haben. 745 Jhr Schutzherrn ihr] Die sieben Planeten bzw. die ihnen zugeordneten Götter als die Schutzherren der sieben Hügel Roms. 749 ver¢eugen] ‚versiegen‘. 751 Purper] Sonst gewöhnlich Sinnbild der Fürstenherrschaft, hier bitter-ironische Umschreibung für den „Blutt-¢chaum“ (V. 750). 753 Diane] Hier als Mondgöttin (vgl. A V 665). – Mutter alles Feuchten] Der Mond galt als feuchter Planet, von dem Tau auf die Erde herabtropft (s. o. Anm. zu A II 68; vgl. auch A V 662). 757 Die weißen Ochßen] Die Ochsen, die den Wagen der Mondgöttin ziehen. Vgl. A V 701. 758 Wo nicht] ‚Falls du nicht darauf verzichten willst, deinen Tau auf die Erde fallen zu lassen‘. 759 meiner ¢turmen Wellen Macht] „¢türmen“ wohl kein Adjektiv im Sinne von ‚stürmisch‘, ‚tosend‘ oder dgl., wie man vermuten möchte (in DWb kein Nachweis), sondern schwacher Gen. Pl. von ‚Sturm‘, hier aber in enger Beziehung zu den Kräften des Wassers (vgl. die Beispiele für verwandte Anwendungen in DWb 20,588). Zu umschreiben etwa so: ‚die Wellenmacht meines brausenden Stromes‘. 760 er¢tecken] ‚ersticken‘. 761–762 Stopff’ … Apennin] Im Apennin liegt das Quellgebiet des Tiber (im Altertum bei Arretium). L. stellt hier den Apennin unter dem Bild eines wasserspendenden Quellgottes dar, wie man es ähnlich von Darstellungen von Flußgöttern in Brunnenanlagen kennt. 768 Ja Sternen … nider¢chlagen] S. AnmL. (Zitat Idc 5,20). Vierte Abhandlung Szenenfolge: a) V. 1–164; b) V. 165–464; c) V. 465–520; d) V. 521–636; e) Reyen: V. 637–746. Orte der Handlung: a) Kerker; b/c) Gemach im kaiserlichen Palast; d) Gemach im Hause Pisos. 1–164 (Szene a) Der Stoff dieser Szene, in der noch auf freiem Fuß befindliche Verschwörer Epicharis im Kerker besuchen, ist erfunden.
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2–3 das Demant-fe¢te Joch Der ¢trengen Tiranney] Vgl. Gryphius, Leo Armenius V 221: „Das Demand-feste Joch der grausen Tyranney“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 102). 7 meiner Leiche Kwal] „Leiche“ hier anscheinend noch in der alten Bedeutung ‚Körper‘. 8 Wird itzt … ge¢chatzet] L. zitiert hierzu in AnmL. Seneca, De ira 3,18,3 (willkürliche Grausamkeiten Caligulas). 10 Wurm] ‚Drache‘. 11 außgeadert] ‚ausgebluteter‘, ‚entkräfteter‘. 21–22 Der zundet … retten kan] Sprichwort? Anderweitigen Beleg nicht ermittelt. Vgl. Anm. zu A II 302. 26 Licht] ‚Auge‘ (vgl. DWb 12,872,15). 29–30 und die … zuge¢ell’t] ‚und diejenigen, welche !…" zugesellt hat‘. 42 ¢ie] Anrede (wie auch V. 151). 49 ¢pinnet Seid’] ‚läßt sich’s gut gehen‘ (s. DWb 16,175). 50 ans Brett] ‚auf einen Ehrenplatz‘ (s. o. Anm. zu A I 636). – heb’t … auf den Pfal] ‚spießt auf‘. 54–55 Sie thun … ¢chicket] Vgl. Seneca, De providentia 4,5 ff. Ähnlicher Gedanke V. 224. 55 in Alcidens … ¢chicket] Herakles, nach seinem Großvater Alkaios (dem Vater seines nur juristischen Vaters Amphitryon) auch ‚der Alkide‘ genannt (vgl. II 541), war von Zeus mit Alkmene, Gattin Amphitryons, gezeugt worden. Aus Eifersucht versuchte Hera, des Zeus Gattin, zunächst, die Geburt des Kindes zu verhindern. Als dies mißlang, schickte sie zwei Schlangen, die das Neugeborene in der Wiege töten sollten. Herakles ergriff sie und erwürgte sie sogleich, womit er schon in zartestem Alter seine göttliche Herkunft unter Beweis stellte. 56 Die Ro¢e … zerdrucket] Vgl. den mlat. Hymnenvers „Reddit pressus flos odorem“, zit. in: Theaurus proverbiorum medii aevi, Bd. 2, S. 46, Nr. 35. 57 Der Mantel … Schein] Vgl. V. 225 u. III 134 f. 61 ¢chlimm¢ten] ‚unfähigsten‘. 65 halt¢t dich verlatz’t] ‚hältst dich für geschädigt‘. 66 Daß das Verhangnus … ¢atz’t] Im Lichte des im Reyen zur 2. Abhandlung (V. 577–584) vom Verhängnis verkündeten Spruchs Ausdruck höchster Verblendung. 69–70 Auch derer Lob … bluttig untergehn] Gemeint sind Heroen, die nach einem blutigen Tod unter die Sterne versetzt wurden. Vornehmlich wäre hier an Herakles zu denken. Vgl. S IV 286–287.601. 73 Daß Cato … ihm erwirb’t] S. o. Anm. zu I 574. 74 vergifter] Gehört zu dem aus dem Part. Prät. von ‚vergiften‘ entwickelten Adjektiv ‚vergift‘ (= ‚Gift enthaltend‘); s. DWb 25,438 f.,1d. Vgl. V. 264 u. V 516.697.750. 75–76 Lach’t Mucius … Por¢ennen] Eine altrömische patriotische Geschichtslegende um die Eroberung Roms durch den Etruskerkönig Porsenna zu An-
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fang des 6. Jh.s v. Chr.: C. Mucius Cordus Scaevola schlich sich ins Lager Porsennas, um ihn zu erdolchen, tötete aber versehentlich nicht diesen selbst, sondern dessen Schreiber. Als er danach von Porsenna verhört wurde, gestand er seinen Mordplan offen ein und hielt zur Bekräftigung seiner vor nichts zurückschreckenden Vaterlandsliebe seine Hand ins Altarfeuer. Diese Handlung soll Porsenna so beeindruckt und demoralisiert haben, daß er Mucius frei ließ und von seinem Plan, Rom zu erobern, Abstand nahm (die Eroberung Roms fand aber 507 v. Chr. tatsächlich statt). Vgl. C I 371. verbrandter Strumpf] „Strumpf“ = ‚Stumpf‘ (der Stumpf des Armes, von dem Mucius sich die Hand abgebrannt hat). Dem aller Romer … hielt] ‚dessen Macht auch die Arme aller Römer zusammengenommen noch nicht einmal die Waage hielten‘. Regulus] M. Atilius Regulus, römischer Feldherr im 2. Punischen Krieg, wurde von den Karthagern gefangengenommen und zu Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch oder einen Friedensschluß nach Rom geschickt. Entgegen den Erwartungen der Karthager, denen er hatte versprechen müssen, beim Scheitern der Unterhandlungen wieder zurückzukehren, riet er seinen Landsleuten, fest zu bleiben und auf keine Bedingung der Feinde einzugehen. Als er unter Einhaltung seines Versprechens wieder nach Karthago zurückgekehrt war, wurde er dort zu Tode gemartert. Mecenas] C. Cilnius Maecenas (gest. 8 v. Chr.), der berühmte Förderer von römischen Dichtern des augusteischen Zeitalters, hier nur als Inbegriff eines steinreichen Mannes (s. AnmL.: Zitate aus Seneca und Guez des Balzac mit unterschiedlichen Bewertungen der Persönlichkeit des Maecenas). jener] Regulus. Acte] Claudia Acte, eine Freigelassene, Neros Mätresse (s. o. S. 641 f., Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,11). dampf’t] ‚auslöscht‘. Nicht … ¢chlingen] ‚Nicht allein Porcia kann !…" schlingen‘. Porcia, Tochter Catos d. J. (s. o. Anm. zu I 574) tötete sich, als sie von der Niederlage und dem Tod ihres Ehemannes M. Brutus, eines der Caesar-Mörder, bei Philippi (42 v. Chr.) erfuhr, indem sie (nach Valerius Maximus 4,6,5) ‚glühende Kohlen verschlang‘ (vgl. I 471) – worunter das Einatmen heißen Kohlendunstes zu verstehen ist (s. AnmL.). Auch Arrie kan nicht … allein’] ‚Auch Arrie ist nicht die einzige, die imstande ist, !…"‘. Arria d.Ä., Gattin des Caecina Paetus, der sich i. J. 42 dem Aufstand des Scribonianus gegen Kaiser Claudius zur Wiederherstellung der Republik angeschlossen hatte. Nach dem Scheitern des Aufstandes gab sich Paetus in Gefangenschaft selbst den Tod, wobei ihm seine Frau voranging, indem sie sich einen Dolch in die Brust stieß und ihn dann sterbend Paetus, der sich nicht hatte entschließen können, mit den berühmten Worten reichte: „Paete, non dolet.“ (Plinius, Epist. 3,16,6.13). Weiteres s. AnmL. Das Beispiel Arrias unten V 402–404 auch von Seneca angeführt. großmuttig] Entspr. lat. ‚magnanimiter‘: ‚mit Seelenstärke‘.
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105 dem Lowen] Vgl. I 316.363.667.702, III 63. 109 ihn] Nero. 115–116 Ein Sclave … ¢eines Fur¢ten] Der gleiche Gedanke nochmals V. 606 f. (ähnlich schon I 47 f.). Für beide Stellen vgl. Gryphius, Leo Armenius V 288: „Der minste von dem Volck’ ist Hals-Herr des Tyrannen“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 105). 116 Halßherr] Herr über einen Hörigen oder Leibeigenen. 117 Was bildet … ein] ‚Warum bildet ihr euch ein, daß solch ein Vorhaben undurchführbar sei?‘ 118 Da doch … ¢eyn] Vgl. III 79. 121 Jhr ¢eit die Pforten ¢elb¢t] Als Angehörige der Prätorianergarde, die den Kaiser zu bewachen hat. 126 die raue Schaar der Teut¢chen] S. o. III 715 f. u. Anm. 127 verletzt Gewißen] ‚versehrtes / nicht intaktes (d. h. schlechtes) Gewissen‘ (vgl. die Parallelbelege in DWb 6,6271). 129 ¢chlim¢ten] S. o. Anm. zu I 705. 133 alber] ‚töricht‘, ‚uneinsichtig‘. 134 was ihm Sulpitz ge¢ag’t] In Szene IIId (hier V. 226–258). 135 Wahnwitz] Meint hier ‚törichte Verblendung‘, die nach Meinung des Sprechers Piso daran hindert, den Ernst der Lage (vgl. V. 141) zu erfassen und das Begonnene entschlossen zu Ende zu führen. Ähnlich der schon von Sulpitius Asper selbst gegenüber Piso in Szene IIId, V. 229 erhobene Vorwurf: „Es i¢t ein thörchter Wahn“. Vgl. andererseits auch die entsprechende Qualifizierung des Verschwörerplans selbst durch Quinctianus im Verhör vor Nero (III 680). 137 kein Hertze mehr in Pi¢ons Hertze] Vgl. V 452. Uneigentliche Bedeutung von ‚Herz‘ (hier = ‚Mut‘) mit der eigentlichen auf ähnliche Weise verbunden auch bei P. Fleming, Deutsche Gedichte, hrsg. von J.M. Lappenberg, Bd. 1, S. 148, V. 15 f.: „Wein will von Nöten sein, | der gibt dem Herzen Herz’ und stärket Mark und Bein.“ 139 Wenn er … die Zahne] Vgl. I 572. 140 Wun¢cht … bahne] Ähnlicher Gedanke I 83 f. u. II 154. 144 Wo eine Ader … bewegen] Fraglich, ob im Sinne des Pulsschlags zu deuten oder ob „Ader“ hier nicht weniger ‚Blutader‘ als vielmehr ‚Nerv‘ oder sogar ‚Muskel‘ meint (hierzu vgl. Frünhd. Wb. 1,631 f.,4). 153 Wachß … Ring] Zum Versiegeln (vgl. II 156.176). 158 die¢e Tinte] Ihr eigenes Blut, wie aus V. 528 zu entnehmen ist. 159 den Richtern ¢chwartzer Holen] Den Richtern der Toten in der Unterwelt (Minos und Rhadamanthys). Vgl. V. 556; A V 803. 162 Zum Pi¢o gehe du] Übergabe des Briefes in Szene d (V. 525). 164 Die Sonne … Donner¢chlagen] Sprichwort; vgl. Wander 3,1578 f., Nr. 70 („Nach dem Regen scheinet die Sonn“). Vgl. C III 550. vor 165 Teut¢che Leibwache] Wachpersonal aus Germanen (vgl. V. 126 u. III 715 f.). – Ca¢¢ius] Lt. Pers.-Verz. (S. 279,41) „ein großer Soldat“, stumme
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Figur; V. 339 von Nero angesprochen. – Vejanus Niger] Hier ebenfalls stumm. 165 ff. L. verweist in AnmL. hierzu auf Tacitus, Ann. 15,58. 166 habt fur uns ge¢tell’t] ‚(schützend) vor uns gestellt habt‘. 170 alber ¢tellen] Etwa: ‚kindisch gebärden‘. 171 Theils ¢ehn !…" theils ¢chaun] „Theils“ (wie schon III 109) als Subjekt mit nachfolgender Pluralform des Verbs („Theils !…" theils“ also: ‚die einen !… " die anderen‘). 174 Lieb¢te] Immer noch ironische Ansprache an die gefangen genommenen Verschwörer. 176 fur ¢ich ¢elb¢t] ‚von sich aus‘. – in den Pala¢t er¢chienen] ‚erscheinen‘ hier mit Akkusativ der Bewegung. 180 mit verdammten Schertzen] „verdammten“ ist Substantiv (Dat. Pl.), „Schertzen“ finite Verbform; in moderner Orthographie also: ‚mit Verdammten (= Verurteilten) scherzen‘. 186 Eigenthum] ‚Eigenart‘. 187 Be¢chwerer] ‚Beschwörer‘. 189 Je¢cht] ‚Schaum‘, ‚Geifer‘. 195 auch in dem Grimme] ‚trotz allen Grimms‘. 196 uberzeug’t] ‚überführt‘. – ihnen frembde machen] S. o. Anm. zu III 126. 202 Jm Fall] ‚Falls‘. – Blutt-Spruch] ‚Todesurteil‘. 204 Verzweifelte] S. o. Anm. zu III 561. 208 ¢ie umb ¢olch La¢ter fragen] ‚daß sie wegen eines solchen Verbrechens befragt (verhört) wird‘. 211 pochen] ‚trotzen‘. 213 ge¢chick’t] ‚bereit‘, ‚vorbereitet‘. 221 der Kuplerin] Ohne historischen Hintergrund; hier wohl bloßes Schimpfwort, ebenso wie „Zauberin“ V. 261. 224 Wie ¢oll … den Nothen] Vgl. V. 54 f. 225 Ein Stern glantzt in der Nacht] Vgl. V. 57 u. III 133 f. 226 der Berge Marck] Apposition zu „Das Gold“. – gebuhr’t] ‚gebiert‘. 227 durch Flamm’ und Stahl vergehen] „Flamm’“ meint das Erhitzen und Schmelzen von Kristallglas und Silber, das am Anfang der Verarbeitung beider Werkstoffe steht, „Stahl“ das weitere Bearbeiten mit eisernem Werkzeug. 228 Eh es … bewehr’t] ‚bevor der Glanz bestätigt, daß es sich um solche (edlen) Materialien handelt‘ („bewehr’t“ im Sinne von lat. ‚probat‘; vgl. V. 534 f.). – Die] Nämlich „Flamm’ und Stahl“ (V. 227). 229 geh nach] ‚fließt‘. 230–232 Der Wunden … mahlen ¢ol] Vgl. V 595–597. 230 Bach] Zum femininen Genus vgl. V 283 u. A V 609. 231 Zinober] Schöner hochroter Farbstoff, im Mittelalter zum Rubrizieren von Handschriften verwendet. 237 ¢chon der Sohn bekenn’t] Vgl. III 699 f. 237–238 Wer ¢elb¢t … frembder Mißethat] S. o. Anm. zu III 608; vgl. V. 375.
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Kommentar
239 ¢ich !…" ent¢teinern] ‚weich werden‘. 240 Ruck’] Der Apostroph ersetzt entweder die im folgenden „Adern“ ausgeführte Endung oder das Dativ-e der im Frühnhd. neben der schwachen vorkommenden starken Flexion. 242 Nun du … ¢eyn] ‚indem du – jedoch mit falscher Aussage – Verräter deiner Mutter sein willst‘. 247–249 Es werden … Pfrim und Brand] Vgl. V 650 f. u. C I 101 f. 250 von wenig Kornern Sand] D. h. bei nur geringer Verschmutzung einer Wunde. 251 Wenn drey … brennen] D. h. wohl, wenn sie stärker oder intensiver brennen als bei dem Blut eines Gesunden natürlicherweise üblich („mehr“ könnte aber auch zeitlich im Sinne von ‚länger‘ verstanden werden). Es ist unklar, ob hier etwa auf ein zeitgenössisches Diagnoseverfahren angespielt wird, mit dem man evtl. feststellte, ob eine Operation angezeigt war, z. B. im Fall einer Blutvergiftung, an die L. hier wohl gedacht hat. 252 die¢er Seuchen] Plural, Genitivattribut zu „Pe¢t“. Die Emendation von „Seuche“ zu ‚Seuchen‘ erzwungen durch die Pluralform des Verbs im Relativsatz (die falsche Singularform des Originaldrucks offenbar Setzerfehler, induziert durch das darunter stehende ähnliche Wort „Seele“); vgl. das Zitat aus A. Gryphius in DWb 16,697: „die der seuchen pest auszehrt! die der nahe tod umfasset“. Mit diesem Vers verläßt Tigillinus den Vergleich aus der Wundmedizin und wendet sich, allerdings immer noch bildlich redend, dem aktuellen politischen Fall zu, zu dessen Beurteilung jener Vergleich dienen sollte; „Seuchen“ also = ‚Hochverratshandlungen‘. – die Haupt und Glider trennen] Relativsatz zu „Seuchen“. Gemeint ist, daß durch hochverräterische Unternehmungen der für den Bestand des Staatswesens wichtige Zusammenhalt zwischen Souverän und Untertanen gestört wird. 254 Wer frembde Fehler miß’t] Nicht, wie man zunächst meinen möchte, Subjektsatz zu V. 255 (was eine sinnvolle Sentenz ergäbe), sondern zu V. 257 („I¢t ärg¢ter Marter wehrt“), als erster von drei diesem zugehörigen parallel geschalteten Subjektsätzen. Problematisch wird damit die Interpretation des „miß’t“, mit dem etwas Negatives ausgedrückt sein muß, und zwar im Sinne von ‚unberechtigterweise zumißt bzw. beilegt‘ (s. dazu DWb 12,2117 f.). Zu erwägen daher Emendation zu „frembden“ (= ‚fremden Menschen‘ bzw. ‚Menschen, die man nicht kennt‘). Vgl. S V 371. 259 verbla¢en] ‚verschnaufen‘. 260 Die Rechnung i¢t gemacht] ‚Die Schlußfolgerung steht fest‘ (vgl. DWb 14,361,11). 261 Zauberin] ‚Hexe‘, Beschimpfung wie oben V. 221 „Kuplerin“. „Zauberin“ nennt Nero auch III 555 die gefolterte Epicharis. 264 vergiften] S. o. Anm. zu V. 74. 270–272 Rufus/ ¢ol ich … ¢elber nicht] Dieses von den anderen nicht bemerkte kurze Zwiegespräch nach Tacitus, Ann. 15,58,4 (wo die beiden sich aber nur mimisch verständigen – zit. in AnmL.). Vgl. V. 407–409.
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273 nur eure Hertzen nicht] Bewundernder Ausruf, der Atilla und Munatius Gratus gilt und bei dem sich der Sprecher der eigenen Schwäche (vgl. V. 298) bewußt ist. 276 Durch Eßig] Im Altertum verwendete man Essig als Sprengmittel. Livius (21,37) berichtet, daß Hannibal beim Zug über die Alpen einen Felsen, der seinem Heer im Wege war, durch Feuer von einem brennenden Holzstoß zunächst erhitzen und darauf mit Essig habe begießen lassen. Der so mürbe gemachte Stein ließ sich dann mit eisernen Werkzeugen zertrümmern. Vom Zersprengen von Felsen mit Essig und Feuer spricht auch Plinius, Nat. hist. 33,71. – Pech] Zur Beschleunigung und Intensivierung des Feuers bzw. zur Erzeugung größerer Hitze. – Kertzen] Metonymie für ‚Feuer‘. 278 des Gratus Bey¢piel] D. h. abschreckende Beispiele nach dem Vorbild der Bestrafung, die an Gratus bereits vollzogen wurde. 279 geb’t] ‚schuldig bekennt‘. – Was ¢oll’n wir mehr bekennen?] Vgl. III 464.560. 281 Auf wen i¢t nicht bekenn’t?] ‚Wer ist denn noch nicht angezeigt worden?‘ Vgl. DWb 1,1416,6. 283 Was ¢ag¢tu … was wißen?] Die stammelnde Redeweise verdeutlicht die Nervosität des Fenius Rufus, der durch besonderen Eifer bei der Aufdeckung der Verschwörung seine eigene Beteiligung zu verdecken gedenkt (so auch bei Tacitus, Ann. 15,58,3) und nun diese Strategie ins Wanken geraten sieht. Vgl. V. 287, 294 f. u. 332. Seine Entlarvung durch die über ihn erbitterten Mitverschwörer nach Tacitus, Ann. 15,66. (AnmL. zu V. 282). 287 Dich rein zu brennen] ‚sich rein brennen‘ bzw. ‚sich weiß brennen‘ (so V. 374) = ‚sich reinwaschen‘, d. h. sich als unschuldig darstellen. – durch Schwefel ¢charffer Fragen] D. h., indem er seine Mitverschwörer auf die Folter schickt; ‚scharfe Fragen‘ = ‚Verhör auf der Folter‘ (vgl. III 559); zu „Schwefel“ vgl. V. 412 u. A IV 217.281.299. 303 eines] ‚nur eines‘. 305–306 Mehr Nachdruck … ha¢t gehab’t] In seiner Eigenschaft als zweiter Präfekt (neben Tigillinus) der Prätorianer, der kaiserlichen Leibgarde. 305 Nachdruck] ‚Macht‘ bzw. ‚Machtpotential‘. 308 heucheln] ‚schmeicheln‘. 309 des Verzweifelten] S. o. Anm. zu III 561. 312 Nicht hoher ¢teigen kan] Zweiter, zum vorangehenden paralleler Relativsatz; am Anfang zu ergänzen: ‚jemand, der‘. 315–317 Dis/ daß … mit uns verknupft] S. o. Anm. zu I 73–74. 315 Tigillin der Knecht] Vgl. III 90. 320 Verrather] Hier im weiteren Sinn: ‚Denunziant‘; engere Bedeutung unmöglich, da Fenius Rufus hier noch jede Beteiligung von sich weist. Vgl. das Verb „verrathen“ in V. 355. 322 ¢teh¢t zu lang¢am umb] ‚leugnest zu lange‘. 324 das du … tranck¢t mitte] S. o. I 739 ff. 326 uber¢timmt] ‚übertönt‘, ‚unterlegen‘.
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Kommentar
328 Gnaden] Der Reim erforderte ‚Gaben‘ (so auch geändert in C und D). Da aber auch B „Gnaden“ hat und dieses in der Sache nicht zu beanstanden, hier eigentlich treffender (vgl. V. 311) ist als ‚Gaben‘, haben wir von einem Eingriff abgesehen, in der Vermutung, daß hier kein Druckfehler vorliegt, sondern die (versehentlich) reimwidrige Lesart schon in L.s Manuskript stand. 333 den Gurtel] Den Schwertgürtel als Abzeichen seines Ranges (vgl. V. 336: „Kleinod“). 339 Ca¢¢ius] Lt. Personenverzeichnis „ein großer Soldat“; auch bei Tacitus (Ann. 15,66,2) genannt als derjenige Soldat, dem Fenius Rufus nach der Aufdeckung seiner Teilnahme an der Verschwörung übergeben wird. 341 des Gluckes Rad ¢ey rund] „rund“ hier im Sinne von ‚unbeständig‘. Vgl. die Parallelbeispiele in DWb 14,1501,4a. 342–343 Trub¢and ¢ey … Die Un¢chuld] ‚daß Unschuld, anderswo der beste Ankergrund, hier (bei Hofe) Treibsand ist‘; d. h., wer bei Hofe redlich zu bleiben sucht, ist verloren. 346–439 Die Entlarvung des Subrius Flavius, sein anfängliches Leugnen und sein schließliches Geständnis mit scharfen Angriffen auf Nero nach Tacitus, Ann. 15,67,1–2 (s. AnmL.). 351 Schau’t/ urtheilt Narb’ und Wunden] Auf diese Weise suchte auch Manlius Capitolinus (s. o. Anm. zu I 522) bei Livius (6,20,8) seine Richter von seiner Unschuld zu überzeugen. Tigillinus kennt diesen historischen Vorgang und kommt deshalb in seiner Erwiderung ausdrücklich auf Manlius zu sprechen (V. 360–362). 355 verrathen] Hier (entspr. „Verräther“ V. 320) im Sinne von ‚denunzieren‘, ‚ans Messer liefern‘. 358 Napel] Napellus oder Napellenkraut bzw. Eisenhut (Aconitum), eine giftige Pflanze aus der Familie der Hahnenfußgewächse. S. dazu Zedler 8,627–630 s.v. ‚Eisen-Hütlein‘. Vgl. C III 20; S III 455. 358–359 Man tilg’t … als wildes Schlee Ge¢trittig] Sinngemäß etwa: Verwilderte Mandelbäume muß man abhauen, weil sie nicht mehr zu gebrauchen sind; Schlehen hingegen nehmen keinen Schaden dadurch, daß sie wild wachsen. Die Mandel wegen ihres angenehmen, milden Geschmacks als wertvolle Nutzpflanze den sauren, geringwertigen, wild wachsenden Schlehen gegenübergestellt. Im übertragenen Sinn: Mandelbaum = besonders tugendhafter, mit vielen guten Eigenschaften ausgestatteter Mensch (vgl. als Gegenbild V. 362 f.: „wild Und untreu“); Schlehenbusch = der gewöhnliche, nicht durch besondere Tugenden ausgezeichnete Mensch. 359 Ge¢trittig] ‚Gestrüpp‘. 360 Manlius] S. o. Anm. zu I 522. Vgl. V. 505 f. (s. AnmL.). – ubermuttig] ‚hochmütig‘. 361 erhielt] ‚unbeschädigt bewahrte‘ (vgl. V. 506). 367 gebe nach] ‚erlaube‘. – Daß mein un¢chuldig Degen] Hierzu in AnmL. juristischer Hinweis auf die bei verschiedenen Völkern verbreitete Praxis des Faustrechts.
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371 die Flutt] D. h. das Unterwassertauchen im Rahmen eines Gottesurteils. – gluend Ei¢en] Ebenfalls als Requisit eines Gottesurteils (s. AnmL.: Hinweise auf die juristische Unzulässigkeit eines Gottesurteils und seine Anwendung in früheren Zeiten). 373 Du ha¢t den Pfad fur dir] ‚Der rechte Weg liegt dir vor Augen‘. 373–374 ¢ich … weiß gebrenn’t] S. o. Anm. zu V. 287. 374 Umb¢teh’n] ‚Leugnen‘. – be¢cheide !…" dich] ‚gib zu‘. 375 wer ¢elb¢t … zeihen] Vgl. V. 237 f. u. III 608. 378 lieben zu] ‚lieb Kind machen‘. 379 in euer Garn wolt flechten] ‚in euer (Intrigen-)Gespinst verwickeln wollt‘. Zu „Garn“ vgl. V. 563. 380 kenn’t fur] ‚unterscheidet von‘. 386 gefall’t] ‚zu Fall gebracht hat‘. 390 uns] Dativ zu „aufzurücken“ (V. 391). – die edle Magd] „Magd“ hier wohl eher im Sinne von ‚ Jungfrau‘ als von ‚Sklavin‘ oder ‚Dienerin‘ (zu letzterem vgl. I 108–111.762, II 33.39–41). 391 Die große Tapferkeit] Anscheinend Apposition zu „die edle Magd Epicharis“. Vgl. V. 149–151. – ihr Warnen] Vgl. I 359.605–606. 393 un¢er Furcht] Alter unflektierter Gebrauch des femininen Nom. Sg. vom Possessivpronomen (s. DWb 24,1370); ebenso der feminine Dat. Sg. in V. 394 („unser Schmach“). 399 der Fur¢t] Nero. 405 Ver¢telle !…" dich !…" nicht ¢o ¢ehr] ‚Verzerre dich (d. h.: verziehe dein Gesicht) nicht so sehr‘; vgl. DWb 25,1730, B1, hier bes. das Zitat aus der Luther-Bibel (Ex 4,5): „da ergrimmet Kain seer und sein geberde verstellet sich“. 406 der] Meint Sulpitius Asper. 408–409 hette mir … Dolch] S. o. V. 270–272. 410 arg¢te] Elativ. 411 Furien] S. o. S. 643, Anm. zu A, Pers.-Verz. 14,32. 414 Freind] Vermutlich Druckfehler für ein hier sinnvolleres ‚Feind‘ (so in den Drucken C und D). 415 einen Wurm] Hier sicher nicht, wie häufig, ‚Schlange‘ oder ‚Drache‘, sondern ‚Ungeziefer‘, ‚Mottenlarve‘ oder dgl. Vgl. C I 19 f.; A IV 407; S V 222. 421 traun] ‚anvertrauen‘. 422 Wenn wir … werden ¢chau’n] ‚wenn wir sehen, daß selbst Flügel zu Mordpfeilen werden‘. 422–423 Flugel … Die uns be¢chirmen ¢oll’n] Vgl. Is 31,5: „Und der Herr Zebaoth wird Jerusalem beschirmen, wie die Vögel tun mit Flügeln.“ Hier ist aber auch in bezug auf „Mordpfeiln“ an die Federn zu denken, mit denen die Pfeilenden ausgestattet werden (vgl. 456 f.). 423–425 Wir loben Ma¢inißen … Untreu hegt] Diese Anekdote über den im 2. Punischen Krieg mit den Römern verbündeten Numiderkönig Massinissa nach Valerius Maximus 9,13,ext.2 (zit. in AnmL. zu V. 424).
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Kommentar
427 teuren Eyd] ‚teuer‘ hier: ‚mit Beteuerung (oder Anrufung einer göttlichen Macht) ausgesprochen bzw. abgelegt‘ (s. DWb 21,370,7). Vgl. S III 152: „den theuren Bund“. 429–437 Weil deine … Zepter brauch¢t] Diese Vorwürfe hat auch der historische Subrius (nach Tacitus, Ann. 15,67,2) gegen Nero erhoben (zit. in AnmL. zu V. 346 ff., mit Hinweis auf andere Beispiele für freie Reden gegenüber Mächtigen). 432 Bruder -Hencker] Meint den Mord an Britannicus (s. o. S. 642, Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,14). 433 zum Gauckler dich/ zum Sanger] Vgl. I 449.668–669, III 174.185. 434 Der Hure] Sabina Poppaea. Vgl. I 613, V 564. – dein Ehweib] Octavia (s. o. S. 638 f., Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,4). Vgl. I 612. 435 Rom vor¢atzlich angezundet] S. o. Anm. zu I vor 1. 436 die Fuhrmans-Geißel] Bei der Teilnahme an Wagenrennen. 438 Daß keine Spinne … ¢eyn] Vgl. den auch schon in der Frühen Neuzeit geläufigen Ausdruck ‚spinnefeind‘, der sich davon herleitet, daß die Spinnen sich untereinander feind sind, genauer gesagt, die Weibchen den Männchen, die von ihnen nach der Paarung getötet und ausgesogen werden. L. versteht die Redensart hier aber so, als seien die Spinnen gegen Menschen oder andere Lebewesen feindselig eingestellt. Vgl. I 93–94.191. 439 brich Erde!] ‚Erde, tu dich auf!‘ 440 des Abgrunds Burger] ‚Bewohner der Unterwelt / des Totenreichs‘. 443 Niger] Vejanus Niger, der in Szene Vc (hier V. 489 ff.) die Hinrichtung vollzieht. 446–447 Weil ¢on¢t kein Mittel … zu er¢chopffen] So sinngemäß auch die Antwort des historischen Sulpicius Asper auf Neros Frage (lt. Tacitus, Ann. 15,68,1; zit. in AnmL.). 448 Buben-Schaum] Zu „Schaum“ (= ‚Abschaum‘) vgl. III 186.507. 451–452 Daß der … Nicht eines horen kan] Hiermit legt L. Sulpitius Asper sinngemäß eine Bemerkung des Tacitus zu Neros Betroffenheit, als er des Subrius offene Anklagerede (hier V. 431–439) angehört hatte, in den Mund: „qui [sc. Nero] ut faciendis sceleribus promptus, ita audiendi, quae faceret, insolens erat“ (Tacitus, Ann. 15,67,3). 453 ¢chaum’t] ‚schäumend ausstößt‘. 454–455 Alcides hat … ¢chmehen] Zu L.s Quellen s. AnmL. 454 Alcides] Herakles (s. o. Anm. zu II 541). – entraumt] ‚erlaubt‘. 455 bey ¢einen Opfern] ‚während man ihm an seinem Altar Opfer darbringt‘ (Herakles war nach seinem Tode unter die Götter aufgenommen worden). 457 geflugelt] = ‚beflügelt‘ in doppeltem (metaphorischem und konkretem) Sinne; metaphorisch: ‚Flügel verliehen‘; konkret: ‚befiedert‘, d. h. mit Federn am Pfeilende versehen, die der Stabilisierung der Flugbahn dienen (zu dieser zweiten Bedeutung vgl. V. 422). 459–461 Ein Wermuth-bitter Tod … laßt] Die Sentenz nach Machiavelli, Historie !fiorentine" (s. AnmL. zu V. 459).
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464 die … ¢tecken] „die“ ist Demonstrativum, Akk. Pl.; „¢tecken“ abhängig von „laß’t“: ‚die übrigen (Verschwörer) haltet noch im Kerker gefangen‘. 465–520 (Szene c) Die Zusammenkunft der vier Personen in dieser Szene sowie Gegenstand und Ergebnis ihres Gesprächs nach Tacitus, Ann. 15,61,1–2. Die Fürsprache des an der Verschwörung beteiligten Granius Silvanus (s. Szene Id) für Seneca ist allerdings Zutat L.s. 465 Bring¢t du … Bericht?] Gemäß dem am Schluß von Szene IIIe (hier V. 514– 520) an Silvanus erteilten Auftrag. 466 ¢tehet !…" zu] ‚gesteht‘. 467 Mit Haucheln umbzugehn] ‚zu schmeicheln‘. Senecas Worte hier korrekt in Anlehnung an Tacitus, Ann. 15,61,1: „nec sibi promptum in adulationes ingenium“ (s. auch AnmL.). Das „Häuchlern“ des Originaldrucks an dieser Stelle ergäbe keinen Sinn, ist also eindeutig Druckfehler, der durch die der Vorlage ebenso wie dem Sinnzusammenhang gerecht werdende Lesart „Häucheln“ im Lemma von L.s Anmerkung zu V. 466 emendiert werden mußte. – beyzulegen] ‚beizupflichten‘. 468 mit ¢ich ¢elb¢t nicht ruh’n] ‚nicht in sich selbst ruhen‘, d. h. denen die Seelenruhe im Sinne der Stoa fehlt. 468–473 Ja was … ¢elb¢t erkenn’t] Nach Tacitus, Ann. 15,61,1. 469 eines Burgers] Gemeint ist Piso, der sich über Natalis bei Seneca beschwert hatte, daß dieser ihn nicht zu einem Besuch empfange (s. o. III 489 ff.). 471 aus allzeit-freyen Sitten] ‚aus seinem steten Freimut [= ‚libertas‘ bei Tacitus, a.a.O.]‘. 473 noch ¢o gar frey?] Ironische Spitze als Reaktion auf V. 471. 475–477 Wie aber … ¢terben muß] Nach Tacitus, Ann. 15,61,2. 475 Wie aber] Teils erstaunter, teils unwilliger Ausruf. Vgl. V. 486. 481 Sein … Auf-erzih’n] Seine Tätigkeit als Erzieher Neors. Vgl. V. 514. 484–488 Zu diesem Disput über die Strafwürdigkeit der Mitwisserschaft bei Hochverrat verweist L. in AnmL. auf den Kommentar von C. Forstner zu Tacitus, Ann. 15,60. 485 Wenn man … ver¢chweig’t] Vgl. III 494–496 u. AnmL. hierzu. 489 Pau¢anias brach ¢o Themi¢toclen den Hals] Themistokles, der große athenische Staatsmann zur Zeit der Perserkriege (5. Jh. v. Chr.), wurde von dem mit ihm befreundeten Spartiaten Pausanias ermuntert, sich an hochverräterischen Beziehungen, die er selbst zu den Persern unterhielt, zu beteiligen. Themistokles wies zwar des Pausanias Ansinnen zurück, schwieg aber über dessen Pläne. Deshalb geriet er nach des Pausanias Tod, als in dessen Nachlaß Schriftstücke aufgefunden wurden, die ihn belasteten, in schwere Bedrängnis. Seine politischen Gegner in Athen nutzten die Gelegenheit und ließen ihn wegen Hochverrats zum Tode verurteilen, dem er sich aber durch Flucht zu dem Perserkönig Artaxerxes entziehen konnte (Plutarch, Themistokles 23 ff.). Das Exempel soll lehren: Es zahlt sich nicht aus, den Hochverrat eines Freundes zu decken; man liefert sich damit am Ende nur selbst ans Messer (s. auch AnmL. zu III 494).
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Kommentar
490 Nicht alle … Falls] Das Argument ist: Jeder Richter hat es mit einer spezifischen Ausformung eines Tatbestandes zu tun, auf die im Urteil Rücksicht genommen werden muß. D. h., der gleiche Tatbestand (‚selbte Fall‘) stellt sich immer etwas anders dar, so daß eine schematische Anwendung des für den Tatbestand vorgesehenen Gesetzes nicht möglich ist. 491 Philotas] S. o. Anm. zu III 97. 493 Der hat fur frembden Schuld] ‚Der lädt mehr Schuld auf sich als uns nicht nahestehende Personen‘. Die Sentenz nach Seneca, De beneficiis 6,4. (AnmL.). 496 ein glatter Tritt] ‚glatt‘ hier: ‚leicht ausgleitend‘ oder ‚der Gefahr des Ausgleitens ausgesetzt‘. Vgl. P. Fleming, Deutsche Gedichte, hrsg. von J. M. Lappenberg, Bd. 1, S. 85, V. 313: „Glücke steht auf glattem Fuß“. 497 Ancker] Vgl. III 183 f. 498 Uber¢chlag] ‚Anrechnung‘. 499 Wer … anziehen] Diese Sentenz nach Seneca d. Ä., Controversiae 2,5,13 (zit. in AnmL.). – anziehen] ‚geltend machen‘. 500 Preiß] ‚Anerkennung‘. 504 zwolf neue Taffeln] Anspielung auf das Zwölftafelgesetz (Lex duodecim tabularum), von der Mitte des 5. Jh.s v. Chr. bis zu Kaiser Justinian Grundlage des römischen Rechts. 505 Gewinn’t … was ab?] ‚Ist Seneca etwa besser als Manlius (Capitolinus)?‘ S. o. Anm. zu I 522. Vgl. auch V. 360–362. 506 erhielt] ‚bewahrte‘ (vgl. V. 361). – der] Demonstrativum: Seneca. – uns den Kay¢er gab] D. h. Nero so gut unterwies, daß er imstande war, das Amt eines Kaisers auszufüllen. 507 ihn] Manlius. 508 Es war … verkurtzet] Soll wohl heißen, daß das Kollegium, das Manlius Capitolinus zum Tode verurteilte, keine verfassungsrechtliche Handhabe zu einer Begnadigung hatte, wie sie einem souveränen Herrscher ohne weiteres zu Gebote steht. 509 Die Straff … Zwillinge] Die Sentenz nach P. Matthieu, Histoire de France (zit. in AnmL.). 511 Wenn ¢ich … anzu¢chauen] Ebenfalls aus Matthieu, ebd. (zit. in AnmL.). 516–517 Wenn freche … Sohnes Bru¢t] S. o. Anm. zu III 696–698. (AnmL. zu III 696). 521–545 Die vergeblichen Versuche der Mitverschwörer, Piso, bevor alles zu spät ist, zu entschlossenem Handeln zu bewegen, nach Tacitus, Ann. 15,59,1–3 (ohne inhaltliche Parallelen zu dem von L. gestalteten Disput). 522 bereit] ‚bereits‘. 525 dis Pappier] Der Brief, den Epicharis aus dem Kerker (V. 142 ff.) an Piso geschrieben hat und den Maximus Scaurus lt. V. 162 überbringen sollte. 528 Mit Tinte … getrieben] D. h. mit Blut. 529 Heldin noch] Dieses „noch“ möglicherweise Druckfehler für ‚doch‘ (so Cund D-Druck). Nicht nur, daß es sachlich wenig überzeugend ist: Seine
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Wiederholung im selben Vers ist auch ein L. kaum zuzutrauender stilistischer Mißgriff. 532 ihr] D. h. Roms (als Femininum nach der latein. Namensform). – Schandkarn] Kein Beleg in DWb! Meint sicher ein Gefährt, auf dem Verbrecher zur öffentlichen Verhöhnung herumgefahren wurden. 533 das Rathhaus] S. o. Anm. zu III 163. 534–535 wird !…" Bewehr’t] ‚bewährt sich‘ (vgl. V. 228). 543 Die Rautte … vergiften] „Rautte“ ist Akkusativobjekt. Sie galt schon im Altertum als Heil- und Schutzpflanze gegen Gift von Schlangen und Insekten. 545 Das Denckmal … nicht aus] In AnmL. hierzu mehrere Belege. 547 bißen] ‚strafen‘. 549 Miß … bey] Vgl. die ähnliche Mahnung der Epicharis I 28–30. 554 Natal … gebracht] Von L. hinzuerfunden (s. AnmL.), um die von Tacitus (Ann. 15,59,4–5) angedeutete Schäbigkeit von Pisos Verhalten in seiner Sterbestunde möglichst drastisch zu illustrieren. Ebenso seine Ausführungen im weiteren Verlauf der Szene, ausgenommen die (authentische) testamentarische Vorsorge für seine Ehefrau, V. 568–571. Mit der Ausrede, von Natalis bezaubert worden zu sein, rechtfertigt sich später (V 457–461) auch Fenius Rufus kurz vor seiner Hinrichtung. 556 ¢chwartzer Holen] D. h. der Unterwelt (vgl. V. 159). 557–559 Kont’ er … ¢turtzen] Nach einer von Matthieu in seiner ‚Histoire de France‘ mitgeteilten Aussage des Herzogs von Biron, Charles de Gontaut (1562–1602), mit dem dieser, des Hochverrats angeklagt, zu seiner Verteidigung seinen früheren Vertrauten Jacques de la Fin belastete (s. das Zitat in AnmL. zu V. 554). 560 Zirzen] Hier soviel wie ‚Hexen‘ (nach der zauberischen Göttin Kirke, die die Gefährten des Odysseus in Schweine verwandelt hat). 561 !Mit"] Die Konjektur war notwendig zur Herstellung eines klaren und schlüssigen Sinnzusammenhangs. Die Konjunktion „Und“, die sich in allen vier Drucken findet, ist hier gänzlich fehl am Platze, denn „Hochmut“ ist nicht der zweite Bestandteil neben den „Krauter[n] ¢chlimm¢ter Zirzen“, mit denen die „Vernunft“ Pisos seiner Ausrede nach ,angefüllt‘ wurde, sondern jener „Hochmut“ (im Sinne von Hybris) war eine Folge der berauschenden oder benebelnden Wirkung der „Krauter“ (im modernen Sinne: Drogen), die ihm Natalis eingegeben haben soll. – und Wahnwitz] Sinngemäß zu beziehen auf ! Mit"; also: ‚und mit Wahnwitz‘. – verirrn] ‚in die Irre zu führen‘. 563 in ihr Garn] ‚in ihr (Lügen-)Gespinst‘ (vgl. V. 379). 564 Der Gotz’ hat nicht geirr’t] Ironische Replik auf Pisos lügenhaften Rechtfertigungsversuch V. 557–559. 569–571 Mein letzter Wille … entgelten] Nach Tacitus (Ann. 15,59,5) hinterließ Piso ein mit Schmeicheleien Nero gegenüber versehenes Testament zugunsten seiner Ehefrau, die aber nicht Antonia hieß (V. 571), sondern Satria Galla. L. verwechselt hier deren Namen mit dem der ältesten Tochter des
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Kaisers Claudius, die Piso nach erfolgreichem Attentat auf Nero vom Ceres-Tempel zur Prätorianerkaserne hätte begleiten sollen, um ihm als seine zukünftige Gemahlin aufgrund ihrer Beliebtheit die Gunst des Volkes zu gewinnen (Tacitus beruft sich für diese Information, die er selbst für unglaubwürdig hält, auf ein Geschichtswerk von Plinius d. Ä.: Ann. 15, 53,3–4). 571 meiner Schuld entgelten] ‚für mein Verschulden büßen‘. 572 Außatz] Vielleicht Druckfehler für „Aus¢atz“ (so BCD), da im Errataverzeichnis für „außaugen“ in V. 720 ausdrücklich die Besserung zu „aus¢augen“ verlangt wird. Zwingend erscheint uns ein Eingriff weder dort noch hier. 573 Daß nicht] ‚ohne daß‘. – ¢tamm’t] ‚sich vererbt‘. 578 Daß ¢chlechter Vor¢atz … loß] ‚daß bloßer Vorsatz sich nicht von Strafe befreit‘.Vgl. II 172, III 145. 582 der Auߢchlag fehl’t] ‚das Ergebnis ein Fehlschlag ist‘. 584 enthengen] ‚erlassen‘. 592 Biß] ‚sei‘. 606–607 auch ein Knecht … des Tyrannen] Der gleiche Gedanke schon V. 115 f. und I 47 f. von Epicharis geäußert. 607 Halßherr] S. o. Anm. zu V. 116. 609 kerbt] ‚schneidet‘. – Flach¢’] ‚Flechse‘, ‚Sehne‘ (vgl. V 334). 612 Kein Men¢ch … Glieder] Hierzu in AnmL. Hinweis auf Digesta 9,2,13, Praef. 613 Mag … Knecht] Hierzu in AnmL. Hinweis auf Digesta 15,1,9,7. 614 Jhn ¢trafft … recht] Bei ‚verstimmeln‘ ist an Kastration zu denken. In AnmL. Diskussion hierzu. 616 Du bi¢t … un¢er Herren] ‚Du bist, wie auch ich, ein Knecht der Götter, unserer Herren.‘ 617 Sie ¢perrn … auf] Nach Seneca, Epist. 70,15–28; 117,22–24; De ira 3,15,3–4. (AnmL.). 618 Sie wehr’n … Lauf] ‚Sie behindern sogar das Böse nicht zu jeder Zeit‘; also auch nicht die Selbsttötung: D. h., wenn die Götter diese auch zulassen mögen, so billigen sie sie deshalb doch noch nicht. 620 gluend Pferd] S. o. Anm. zu III 565. 621 des Tyrannen Brand] Vgl. III 262 incl. Anm. – Tod und Meßern] Hendiadyoin: ‚dem Tod durch Messer (mit denen Selbstmörder sich die Adern aufschneiden)‘. 625 Sich ¢elber … her] In AnmL. verschiedene Belege für diesen Gedanken. Vgl. C III 619 f. 628 ihn anders leiden] Dies von L. nicht mehr dargestellt. Nach Tacitus (Ann. 15,60,1) wurde er auf einem Platz, der der Bestrafung von Sklaven vorbehalten war (s. V. 632), in aller Eile, ohne Gelegenheit, von seinen Kindern Abschied zu nehmen (s. V. 633–635), von Statius Proximus niedergestochen. 629 Burgermei¢tern] Plautius Lateranus war zu dieser Zeit designierter Konsul (Tacitus, Ann. 15,60,1).
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632 verdammte La¢ter] ‚abgeurteilte Verbrechen‘. 635 Recht] Meint hier das Lateranus verweigerte Recht, sich die Todesart auszusuchen (Tacitus, Ann. 15,60,1). – Sie ¢tehn auf Fall’ und Schrauben] ‚Sie sind hinfällig (Natur) und vieldeutig (Recht)‘. Zu den beiden Redensarten s. DWb 3,1271,1a (‚Fall‘) und 15,1651 f. (‚Schraube‘). Vgl. III 620 f. 636 auch dem Hencker halten Glauben] ‚auch ein dem Henker gegebenes Wort halten‘ (s. DWb 7,7802): eine Anspielung auf die Mitbeteiligung des Statius Proximus an der Verschwörung (s. Szene Id, hier V. 764), über die Lateranus Stillschweigen bewahren will, obwohl jener an ihm, um seine eigene Haut zu retten, zum Henker geworden ist. Diese ‚constantia‘ des Lateranus ausdrücklich von Tacitus (Ann. 15,60,1) hervorgehoben. Bei L. scheint aber aus des Lateranus Worten nicht nur Edelmut, sondern auch eine leise Drohung zu sprechen, die unterstrichen wird durch den voraufgehenden ironischen Ruf „Geduld!“ (d. h.: ‚Nicht so voreilig!‘). 637–746 Der Grundgedanke dieses Reyens, daß die Herrschaft eines grausamen Tyrannen eine gerechte Strafe für die Verfehlungen der von ihm beherrschten Untertanen sei, ähnlich schon in IB I 521–532. 640 Jeder Abgott] Jeder römische Kaiser, sofern er sich selbst göttliche Eigenschaften zuschreibt. Vgl. aber V. 675: „den Abgott Rom“. 642 Stahl und Stein] ‚eiserne Fesseln und Gefängnismauern‘ (s. o. II 26.390 u. Anm.). 648 den Uberfluß] D. h. Reichtum. 655–656 Daß euer Meer … außgemaßen hat] „euer Meer“ ist Akkusativobjekt, „Die Tyranney“ Subjekt. Sinngemäß etwa: ‚Eure der Verurteilung unterworfenen Missetaten sind so unermeßlich groß, daß sie durch die Tyrannenherrschaft der römischen Kaiser (vgl. V. 695 ff.), die Gott als Strafe verhängt hat, noch nicht einmal zur Hälfte gesühnt wurden.‘ 659 Der Erden Haupt] Rom selbst. Vgl. I 417.451. – fur euch] Bezug unklar. Angesprochen vermutlich eher die Allegorien der drei Erdteile (Europa, Asien, Afrika) als die „Völcker“ in V. 658. Vgl. „laßt“ in V. 661. 660 Mit ¢o viel Kwal] Adverbiales Attribut zu „fal¢chen Schein“: ‚den mit soviel Qual verbundenen trügerischen Glanz‘. 661 mein Verhangnis] Hier gewöhnliches Abstraktum, am Anfang der Rede (V. 657) dagegen noch als allegorische Gestalt angesprochen. 664 Sie war … zu theuer] Wie Aulus Gellius (Noctes Att. 1,19) erzählt, kam eine unbekannte alte Frau zu Tarquinius Superbus, dem letzten römischen König, und bot ihm neun Bücher mit göttlichen Orakeln zum Kauf an. Als Tarquinius den Kauf wegen des verlangten immensen Preises ablehnte, verbrannte die Alte drei Bücher und bot ihm die restlichen sechs zum selben Preis an. Nach erneuter Ablehnung durch den König verbrannte sie weitere drei. Nachdenklich geworden, kaufte Tarquinius ihr schließlich die übrig gebliebenen drei Bücher zu demselben Preis ab, der anfänglich für alle neun gefordert worden war. Darauf verschwand die Alte und wurde nie mehr ge-
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sehen. Die drei Bücher wurden die ‚sibyllinischen‘ genannt, weil man in der alten Frau eine Sibylle, d. h. eine Seherin oder Wahrsagerin, vermutete, und in einem Schrein verwahrt. (AnmL.). 667 Geh lis … auf] S. o. S. 717, Anm. zu Pers.-Verz. 279,47; L. verweist in AnmL. auf Taubmanns Kommentar zu Vergil, Aen. 3,444. 675 preßen] ‚peinigen‘, ‚quälen‘. 678 ihr Heil] „Heil“ hier aktivisch: ‚ihre (= der Weisheit) wohltätige / segensreiche Wirkung‘. 680 mein Spiegel] Ein magischer Spiegel, in dem man Vergangenheit und Zukunft sehen kann. Die Idee hierzu entnahm L. Matthieus ‚Histoire de la mort deplorable de Henri IV‘ (s.AnmL.). 683–688 Rom beschreibt mit diesen Versen, was es in dem Spiegel, den die Sibylle ihm vorhält, erblickt. Die Deutung folgt in V. 689 u. 693–706. 684 Ulyßes ¢chlaft … itzt ein] Zum mythologischen Hintergrund s. o. Anm. zu A I 631. Das von der List des Augustus (s. V. 697 f.) übertölpelte freie Römertum verglichen mit einem Odysseus, der sich von dem Gesang der Sirenen ungeschützt einlullen läßt und ihnen dadurch zur Beute wird. 687 ihm] Alle vier Drucke haben das Femininum „ihr“, das sachlich eindeutig falsch ist, denn nicht „Die Natter“ (V. 686) kann hier gemeint sein, sondern nur das ‚güldne Bild‘ (V. 683), mit dem die Tiere Unfug treiben (vgl. „dem Bilde“ V. 685 und das abschließende „es“ V. 688). 688 gar !…" aufreiben] ‚völlig zerstören‘. – Ba¢ili¢ck’] S. o. Anm. zu A V 15. 689–690 Gold … Ei¢en] Parallele zu der Entwicklung der Welt vom Goldenen zum jetzt herrschenden Eisernen Zeitalter (s. o. Anm. zu A I 11). 695–732 Zur Darstellung der ersten elf römischen Kaiser (Augustus bis Domitian) und ihres politischen Vorläufers Caesar unter dem Bilde von Tieren s. die Erläuterungen L.s in AnmL. zu V. 701. 695–696 Des Cæ¢ars … Bild] Gaius Iulius Caesar (100–44 v. Chr.) als Vernichter der römischen Republik und Begründer monarchischer Herrschaft. 697 Augu¢ten … ¢chauen] S. o. Anm. zu V. 684. 698 Sein Glimpf … behielt] Sinngemäß etwa: ‚Seine Milde raubte mir, was ich mir (als Widerstandskraft) gegenüber einer grausamen Herrschaft bewahrt hätte‘: Anspielung auf die geschickte Taktik des Augustus, die Senatsopposition dadurch ruhigzustellen, daß er die Institutionen der Republik pro forma beibehielt. 699 Tiber] Kaiser Tiberius (Regierungszeit 14–37). 701–702 Der Caius … der Welt] Nach der durch Sueton (Caligula 11) überlieferten prophetischen Aussage des Kaisers Tiberius über seinen Nachfolger Caligula (eigtl. Gaius Caesar Germanicus; Regierungszeit 37–41); zit. in AnmL. 702 Phaeton] Der Sohn des Sonnengottes, der sich als unfähig erwies, den Sonnenwagen, den er sich von seinem Vater ausgeliehen hatte, zu lenken und zu beherrschen. Als er bei seinem Absturz die Welt in Brand setzte, tötete ihn Jupiter mit seinem Blitz, um weiteres Unheil zu verhüten.
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703–704 Claudius der Affe … Knecht] Gemeint ist die Hörigkeit des Kaisers Claudius (Regierungszeit 41–54) gegenüber seinen mächtigen Günstlingen, den Freigelassenen Narcissus und Pallas (Sueton, Claudius 28 f.). 704 der Knechte Knecht] Vgl. III 90 (dort von Tigillinus). – mehr Romer nicht gefallt] Zielt auf Suetons Bericht (Claudius 29), der Kaiser habe unter dem Einfluß seiner Berater Todesurteile verhängt und vollstrecken lassen, ohne genau zu wissen, weshalb (u. a. an 35 Senatoren und mehr als 300 Rittern). 704–705 mehr … Als Tiranney] Rom macht also einen Unterschied zwischen den Kaisern, indem sie Claudius trotz seiner vielen Todesurteile nicht zu den Tyrannen zählt – was eigentlich im Widerspruch zu den von ihr zustimmend (V. 695 f.; vgl. auch V. 733–738) aufgenommenen Erklärungen der Sibylle (V. 689–694, dort insbes. V. 691!) steht, denen zufolge die Tyrannei mit der Einführung des Kaisertums schlechthin ihren Anfang genommen habe. 706 uberwindet] ‚übertrifft‘. 711 die Wolfin] Anspielung auf die Wölfin, die Romulus und Remus gesäugt hat. Vgl. V. 743, A I 166, C II 142. 714 Daß Rom beßer muße bißen] „beßer“ kann hier ‚lieber‘ bzw. ‚eher‘ bedeuten (‚daß lieber/eher Rom büßen soll‘), aber auch ‚stärker‘ (s. DWb 1,1646,2). Der Gesamtkontext legt eher die zweitgenannte Bedeutung nahe, obwohl die Antwort der Sibylle (V. 715: „Rom bißet ja!“) besser zu der ersteren paßt. 715 umb dreh’n] ‚in umgekehrter Folge erscheinen‘. Die Sibylle führt den Erdteilen in ihrem Spiegel die bis jetzt regierenden römischen Selbstherrscher in umgekehrter Chronologie vor, von Nero (Basilisk) bis Caesar (Löwe). 720 außaugen] Entgegen dem Postulat des ohnehin unzuverlässigen Errataverzeichnisses haben wir hier nicht zu „aus¢augen“ gebessert, da dergleichen bei „Außatz“ in V. 572 auch nicht verlangt wurde. 721–726 Rom sieht nun im Spiegel, wieder unter dem Bild von sechs Tieren, die sechs Kaiser voraus, die auf Nero folgen werden; Deutung durch die Sibylle V. 727–732. 724 die Aegel] ‚der Blutegel‘. 727 Galbe] Kaiser Galba, der Nachfolger Neros (Regierungszeit 68–69). – ¢trenger Wahn] „Wahn“ hier etwa ‚Bestreben‘ oder ‚innere Einstellung‘ bzw. ‚Denkweise‘ (s. DWb 27,610 ff.). Gemeint ist Galbas Sparsamkeit, mit der er sich bei seinen Soldaten und den Prätorianern unbeliebt machte und die nach nur siebenmonatiger Herrschaft zu seiner Ermordung führte. 728 Die Katze … Otho] Der Freund Neros und frühere Ehemann der Poppaea Sabina (s. ‚Agrippina‘) führte die Verschwörung an, die zum Sturz Galbas führte. Er selbst regierte i. J. 69 etwa ein Vierteljahr; nach einer verlorenen Schlacht gegen seinen Rivalen und Nachfolger Vitellius nahm er sich das Leben. Unter dem Bild der Katze führt L. ihn wohl im Hinblick auf Sueton, Otho 4,2 ein, wo Othos schmeichlerische und liebedienerische Haltung gegenüber den Soldaten von Galbas Leibwache beschrieben wird.
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729 Das Schwein Vitell] Kaiser Vitellius, der nach dem Selbstmord Othos im April 69 die Herrschaft übernahm (die obergermanischen Legionen hatten ihn schon am 1. Januar d. J. zum Kaiser ausgerufen). Seine von Willkür, Grausamkeit und Verschwendungssucht gekennzeichnete Herrschaft wurde im Dezember 69 durch die Truppen seines Gegenspielers und Nachfolgers Vespasianus beendet; er selbst wurde gefangen durch die Straßen Roms geführt und den Mißhandlungen des Pöbels preisgegeben, an denen er eines elenden Todes starb. Die Kennzeichnung als „Schwein“ zielt auf des Kaisers bis zu würdeloser Gefräßigkeit gehende Neigung zur Völlerei (Sueton, Vitellius 13). 730 der Geitz Ve¢pa¢ian] Sinngemäß etwa: ‚der Geiz, der Vespasian heißt‘ (vgl. dazu die Beispiele für personifizierende Verwendungen von ‚Geiz‘ in DWb 5,281 f.,4a). Diese Kennzeichnung des Kaisers (Regierungszeit 69–79) zielt auf seine Sparsamkeit, zu der ihn die Bereinigung der Folgen der von seinen Vorgängern angerichteten Mißwirtschaft zwang. Besonders bekannt ist in diesem Zusammenhang die Einführung einer Steuer auf den Urin, den sich die römischen Gerber aus den öffentlichen Bedürfnisanstalten holten; als ihm sein Sohn Titus deshalb Vorwürfe machte, hielt er diesem ein Geldstück aus der ersten Eintreibung dieser Steuer unter die Nase und fragte ihn, ob er etwa einen schlechten Geruch wahrnehme (Sueton, Vespasianus 23,3; daher die Redensart ‚Geld stinkt nicht‘). 731 Titus] Sohn, Mitregent (seit 70) und Nachfolger Vespasians (Regierungszeit 79–81). Wegen seiner Güte und Milde erfreute er sich während seiner kurzen Herrschaft großer Beliebtheit bei der Bevölkerung. Mit der negativen Kennzeichnung als Hund scheint sich L. auf gewisse Vorgänge in Titus’ Zeit als Mitregent seines Vaters zu beziehen, die die Befürchtung aufkommen ließen, in ihm wachse ein zweiter Nero heran. Als Vorsteher der Prätorianergarde seines Vaters pflegte er Personen, die seine Stellung zu gefährden schienen, auf sehr hinterhältige Weise umbringen zu lassen; in dieser Zeit wurden ihm auch sexuelle Ausschweifungen, Habsucht und Bestechlichkeit nachgesagt (Sueton, Titus 6; 7,1). 732 Domitian] Kaiser Domitianus, Bruder des Titus, regierte 81–96; berüchtigt für sein grausames Schreckensregiment. 734 Thier -Kreiß] Vergleich der oben aufgeführten ‚Menagerie‘ der zwölf Kaiser (einschl. Caesar) mit den zwölf Häusern des Tierkreises, den die Sonne nach astrologischer Vorstellung innerhalb eines Jahres durchläuft. 736 erboßte] ‚wütende‘, ‚wild gewordene‘. 738 wurckende] ‚wenn sie tätig werden‘. – zu Cometen] Hinsichtlich der üblen Vorbedeutung dieser oft als Prodigium genommenen Himmelserscheinung. 742–746 Ja nun … funden] Vgl. V. 672–676. 743 Wolf] Vgl. V. 711. 744 verdeihen] ‚verdauen‘.
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Fünfte Abhandlung Szenenfolge: a) V. 1–140; b) V. 141–438; c) V. 439–500; d) V. 501–752. Orte der Handlung: a/b) Gemach im Hause Senecas; c) Hinrichtungsstätte irgendwo auf freiem Feld; d) Kerker. 1–140 (Szene a) Ausgangssituation: Martius Festus hat Seneca, wie in IV 163 angekündigt, das Schreiben der Epicharis überbracht und darauf, wie aus seinen Worten in V. 1 u. 3 zu entnehmen, eine abweisende Antwort erhalten. Sowohl Martius Festus wie Seneca scheinen noch nicht zu wissen, daß die Verschwörung schon zerschlagen ist, ihrem Gespräch somit die Grundlage fehlt. 2 Natal … war] Rückbezug auf Senecas Gespräch mit Natalis in Szene Ic, die die in dessen Haus versammelten Verschwörer heimlich mitangehört haben (I 603 f.). 7 Daß] ‚Doch nur, damit‘. – Grimm und Hencker] Hendiadyoin: ‚der Grimm des Henkers‘. 8 ein Wei¢er kan die min¢ten Schmertzen fuhlen] Der Nachweis dessen ist Thema des zweiten Buches von Ciceros Tusculanae disputationes. Vgl. auch Seneca, De constantia 10,4. 9 Phalaris in glimmen Ochßen] S. o. Anm. zu I 622–623. – glimmen] ‚glühenden‘. 10–11 Des Zeno … Gemutte] S. o. Anm. zu III 552. 12 die ¢o gerechte Bitte] Die Aufforderung an Seneca, der Verschwörung zum Erfolg zu verhelfen. 13 nicht recht] Zu der hier anzusetzenden Bedeutung ‚nicht erlaubt‘ s. DWb 14,398,4c. 17 die] Die Tyrannei. 20 Mordwehrn] ‚Dolche‘. 21–24 Wie daß die Furcht … Klauen] Nach Gedanken aus Seneca, De ira 2,16,1; De beneficiis 4,18,2 (die Stellen zit. in AnmL.). 24 Low’ und Klauen] Hendiadyoin: ‚des Löwen Klauen‘. 29 Ver¢charr’n … ihr Ne¢t] Nach Seneca, Epist. 68,3–4 (zit. in AnmL.). 31 nit] S. o. Anm. zu I 517. 33 Sicherheit] ‚Sorglosigkeit‘. 35 erpreßt] ‚abgepreßt‘. 39 Auch dem Vertheidigten … den Nacken] ‚Verteidigter‘ meint hier ‚früherer Klient‘. Einen seiner beiden Mörder, den Kriegstribunen Popilius (s. V. 40), hatte Cicero einst, als er wegen Vatermordes angeklagt war, verteidigt. Sinn der Sentenz: ‚Auch Cicero nahm diese Manifestation äußersten Undanks gelassen hin‘. Der Gedanke nach Seneca, De tranquillitate 16,1 (zit. in AnmL.). 40 Es wird … abhacken] Nach Seneca d.Ä., Controversiae 7,2 (AnmL.); „auch“ gehört zu „dir“. – Popil] S. o. Anm. zu V. 39.
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Nicht’s … Tro¢t] Nach Seneca, De tranquillitate 10,4 (zit. in AnmL.). ¢ich auf die Verdien¢t’ erbo¢t] ‚Verdienste mit bösartigem Verhalten vergilt‘. Man kan … nicht thun an] Thema von Senecas Schrift ‚De constantia‘. (AnmL.). 47 der Abgrund] Hier nicht einfach ‚Tiefe‘ (so V. 54), sondern, wegen der Gegenüberstellung mit „Himmli¢ch Geist“ (V. 48), ‚Unterwelt‘, ‚Reich der Finsternis‘ oder dgl. 49 Der Demant … Stahl] Vgl. Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 85 f. 50 Salamandern] Nach dem bekannten Aberglauben kann dem Salamander Feuer nichts anhaben (s. AnmL. zu S II 496). Vgl. Henkel/Schöne, Emblemata, Sp. 739 f. 51 Laß … ¢chwartzen] Nach Seneca, De constantia 4,2 (zit. in AnmL.). Der Perserkönig Xerxes habe durch eine Masse von Pfeilen den Tag verdunkeln lassen, ohne daß doch einer von ihnen die Sonne getroffen hätte. Cicero (Tusc. disput. 1,101) erzählt die Anekdote etwas anders: Ein (unbekannter) Perser habe den Spartanern gedroht, sie würden vor der Menge der persischen Pfeile und Speere die Sonne nicht mehr sehen; ein Spartaner habe darauf geantwortet, dann werde man eben im Schatten kämpfen. 52 Zweck] ‚Ziel‘. – der guldnen Himmels-Kertzen] Gen. Sg.: ‚der Sonne‘. 53–54 Xerxes … Ketten wirft] Der Perserkönig Xerxes ließ (nach Herodot 7,35) das Meer mit Geißelhieben schlagen und Fußfesseln (zur Fesselung des Gottes Neptun) ins Meer werfen, um es dafür zu bestrafen, daß es mit einem Sturm die Brücke, die er zur Verbindung von Asien und Europa über den Hellespont hatte schlagen lassen, zerstört hatte. L. verweist hierfür außer auf Herodot auch auf Seneca, De constantia 4,2, und Justinus, Epitoma 2,10,24. (AnmL.). 59 nehren] ‚hegen‘. 60 ihr bloßes Bild] Apposition zu „Leib“. 62 ¢o] ‚sowohl‘. 66–74 Als Megara … nichts verlohr’n] Diese Anekdote aus dem Leben des griechischen Philosophen Stilpon von Megara (ca. 380–300 v. Chr.) in freier Wiedergabe nach Seneca, De constantia 5,6. Historischer Hintergrund ist die Eroberung der Stadt Megara 307 v. Chr. durch Demetrius (Beiname Poliorketes, d. h. ‚der Städtebelagerer‘) während der Diadochenkämpfe. (AnmL.). 69 auf ihre Gotter] D. h. auf die Götterstandbilder ebendieser Tempel. 70 erhebe] ‚ziehe ein‘. 72 Auf meinem Mei¢ter ¢piel’t] ‚über das meinige dominiert‘. – tau¢end andre] ‚zahllose andere (Bürger Megaras)‘. 74 So] ‚ebenso‘, ‚auf gleiche Weise‘, ‚nicht anders‘ (Rückbezug auf das gerade angeführte Beispiel: Wie Stilpon gibt auch Seneca ohne Bedauern seine weltlichen Güter preis). 75 die armen Gutter] „armen“ hier nicht wörtlich (Seneca war ein steinreicher Mann), sondern im wertenden Sinne von ‚armselig‘ oder ‚nichtsnutzig‘ (vgl. „Tand“ und „Nichts“ in V. 76 u. 77). 41 42 45
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76–78 Hat er … von mir gelern’t] Die Rede, in der Seneca Nero um Demission gebeten und ihm die Rückgabe aller in seinem Dienst erworbenen Reichtümer angeboten hatte, bei Tacitus, Ann. 14,53 f.; Neros sehr geschickte, äußerlich abschlägige, in Wahrheit aber Senecas Absetzung besiegelnde Antwort ebd. 55 f. (s. AnmL. zu V. 77). 76 verrathen] ‚entbehren‘. 77 bitten an] ‚anbieten‘. 82–86 Vgl. mit diesen rühmenden Ausführungen über Cato d. J. (s. o. Anm. zu I 574) Senecas abfällige Bemerkung über dessen politische Unbeugsamkeit in I 575. 82 unter den Vatin] Im Jahre 55 v. Chr. unterlag der Caesar-Gegner Cato bei der Wahl zur Prätur dem Caesar-Gefolgsmann P. Vatinius. 83–84 Vom Pofel ange¢pie’n … ¢teigen mußen] Wohl Anspielung auf eine Episode aus Catos Amtszeit als Prätor des Jahres 54 v. Chr.: Als der Senat auf seinen Vorschlag einen Beschluß gefaßt hatte, mit dem das Bestechungsunwesen bei der Wahl von Staatsbeamten eingedämmt werden sollte, wurden die Senatoren in der Volksversammlung wegen dieses Beschlusses tätlich angegriffen. Nur Cato ließ sich nicht abschrecken, bahnte sich einen Weg zur Rednertribüne und verstand es, mit einer Rede die aufgebrachte Mange zu beruhigen und von weiteren Tumulten abzuhalten. 85 Cæ¢ar] Gaius Iulius Caesar, Catos politischer Gegenspieler, mit dessen Sieg bei Thapsus (46 v. Chr.) die Sache der alten römischen Republik, für die Cato gekämpft hatte, endgültig verloren war. 86 die Freyheit] Die bürgerliche Freiheit im Sinne der späten römischen Republik. 88 Wenn Tigillin … darf nehmen] Mit dem Tode des Gardepräfekten Burrus (s. o. S. 639, Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,5) und dem Sturz Senecas begann der Aufstieg des Tigellinus (Tacitus, Ann. 14,52.57). Vgl. V. 169 u. 357. – fur mir] ‚mit Vorrang vor mir‘. 95 wie die Luft den Streichen] ‚wie die Luft, wenn man auf sie schlägt‘. 99–101 Praexa¢pes … Hertz] Zum Verständnis dieser Verse s. das von L. in AnmL. beigebrachte Zitat aus seiner Quelle, Seneca, De ira 3,14,1–3. Diese Anekdote über die Grausamkeit des persischen Großkönigs Kambyses (529–522 v. Chr.) auch bei Herodot 3,34 f. 99 heuchelt dir] „dir“ ist Dat. ethicus und auch noch auf das folgende „liebkoo¢t“ zu beziehen: ‚für dich (d. h. aus deiner Sicht) schmeichelt Praexaspes dem Tyrannen und verhält sich liebedienerisch ihm gegenüber‘. 101–102 und der … ¢chmeckt] Nach der bei Herodot 1,108–119 erzählten Sage von der Kindheit des Perserkönigs Kyros II., d.Gr. (558?-529 v. Chr.) hatte dessen Großvater, der Mederkönig Astyages, seinem Vertrauten Harpagos befohlen, Kyros gleich nach der Geburt zu töten, weil er aufgrund eines Traumes Böses von ihm befürchtete. Harpagos führte aber den Befehl nicht aus, sondern übergab das Kind einem Hirten, der es aussetzen sollte, es aber anstelle seines eigenen, gerade verstorbenen Sohnes aufzog. Als
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Astyages später davon erfuhr, rächte er sich für den Ungehorsam, indem er des Harpagos Sohn töten und dem Vater sein Fleisch zur Mahlzeit vorsetzen ließ. L.s Quelle war auch hier Seneca, De ira 3,15,1 (zit. in AnmL.), wo von mehreren getöteten Kindern des Harpagos die Rede ist. Vgl. II 44. 103 recht und wei¢’] Prädikativum: ‚als richtig und weise‘. 106 Furien] S. o. S. 643, Anm. zu A, Pers.-Verz. 14,32. 108 Bu¢ir] S. o. Anm. zu I 566; vgl. V. 122. 110 Cleonicus] Ein Freigelassener Senecas, der seinem Herrn auf Befehl Neros Gift gereicht hatte (vgl. I 352). Der Anschlag blieb aber erfolglos, entweder weil Cleonicus Seneca gewarnt hatte oder weil Seneca, der sehr vorsichtig war, sich in acht zu nehmen wußte (Tacitus, Ann. 15,45,3). 111 Suillius] P. Suillius Rufus, unter Kaiser Claudius gefürchteter käuflicher Ankläger; seine Beschimpfungen Senecas wurden zum Anlaß genommen, gegen ihn i. J. 58 wegen verschiedener Verfehlungen einen Prozeß zu eröffnen, der mit seiner Verbannung auf die Balearen endete (Tacitus, Ann. 13,42 f.). Suillius hatte Seneca Ehebruch mit des Germanicus jüngster Tochter Iulia Livilla und schamlose Bereicherung mit unredlichen Mitteln vorgeworfen. (AnmL.). 115 Zum Bruder -Mord’] Zu Neros Mord an seinem Stiefbruder Britannicus i. J. 55 (s. o. S. 642, Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,14). – Agrippinen] Agrippina d. J., Neros Mutter. 116 Durch geile Gun¢t befleckt] S. o. Anm. zu A V 49. 117 wer nur] Vielleicht = ‚wer immer‘; vielleicht aber auch das „nur“ zu „Pflaumen ¢treich’t“ zu ziehen (auf keinen Fall zu „Tyrannen“). – Pflaumen ¢treich’t] ‚schmeichelt‘, ‚zum Munde redet‘. Die in der Frühen Neuzeit beliebte bildliche Wendung ‚Pflaumen streichen‘ bedeutet eigentlich ‚Flaumfedern streichend absuchen oder lesen‘, also etwa das gleiche wie ‚Federlesen‘ (s. DWb 13,1729 s.v. ‚Pflaum‘), in übertragener Bedeutung: ‚jemandem übertriebene Zuwendung widmen‘ (indem man ihm z. B. liebedienerisch ein Haar oder ein Stäubchen von der Kleidung abliest). Vgl. V. 207 u. 673. 121 Des Mutter -Morders Dolch dir mahlen in die Hand] Eine gegenüber dem historischen Seneca, der den Mord an Agrippina politisch gedeckt und gerechtfertigt hat, nicht unbegründete Prophezeiung. Dem historischen Seneca entspricht in diesem Punkt auch der der ‚Agrippina‘. 122 weil Bu¢ir auch eine Lob-¢chrift fand] Der griechische Redner Isokrates (5./4. Jh. v. Chr.) verfaßte eine Apologie (Oratio 11) auf den grausamen ägyptischen König Busiris (s. o. Anm. zu I 566). L.s Quelle war der in AnmL. zu V. 111 zitierte Passus aus Mascaron, La mort !…" de Seneque. 123 weiß brennen] ‚reinwaschen‘ (vgl. IV 287.373–374). 124 frembder Wahn] ‚befremdliche Verblendung‘. – den Glantz von Tugend trennen] ‚der Tugend ihren Glanz nehmen‘. 127 wiedrig] ‚gegenteilig‘. 128–129 Der Lauf … ein Wei¢er werth] Der Vergleich nach Seneca, De constantia 14,4 (zit. in AnmL.).
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130–133 Auch Socrates … aufzuzih’n] Die Anekdote zu Sokrates und seiner Frau Xanthippe nach ebd. 19,1 (zit. in AnmL.). 133–136 wie die Welt … im Gemutte] Nach Seneca, Epist. 59,16 (zit. in AnmL.). 141–438 (Szene b) Für diese Szene, die das Sterben Senecas darstellt, waren nicht die vier einschlägigen Tacitus-Kapitel (Ann. 15,61–64) L.s Hauptquelle, sondern das in AnmL. zu V. 111 u. 400 beiläufig genannte Buch von Mascaron (La mort !…" de Seneque). Im Rahmen dieses Stellenkommentars ist ein laufender Nachweis für die Parallelen zu Mascaron nicht möglich. Der interessierte Leser sei auf die präzise Darstellung der Zusammenhänge bei Asmuth, Lohenstein u. Tacitus, S. 71–77 und die Synopsen ebd., S. 217–226 hingewiesen. vor 141 Cotuald ] Im Personenverzeichnis die Namensform Cotualda. 142 ¢chaff’t] ‚befiehlt‘. 144–145 Der Kay¢er … mag¢t erwehl’n] Die Freistellung der Todesart weder bei Tacitus noch bei Mascaron; Vorlage war hier Tristan l’Hermite, La mort !… " de Seneque, V. 1533–1535. 148 Nicet !…" Palur] Zwei von L. erfundene stumme Figuren, Sklaven Senecas. 152 Man nimm’t … Sachen] ‚Es ist schändlich, einmal geschenkte Dinge dem Beschenkten wieder wegzunehmen.‘ 153–154 Daß kleine Wolthat … macht] Sprichwörtlich. Vgl. Wander 5,343, Nr. 33: „Grosse wolthaten geberen offtermal grossen hass.“ 155 Ge¢ichte] ‚Augen‘. 161 Sorgen] ‚Sichkümmern‘. 164 Schmuck] Ausschmückung von Opfertieren, z. B. durch Bekränzung. 169 einen Tigillin] Vgl. V. 88 u. Anm. 171 ihm] Nero. 172 Aegeln] ‚Blutegel‘. 176 es] Reichtum (hier als Neutrum). 180 Zweck] ‚Ziel‘. 181 das Wollen i¢t in großen Sachen viel] Nach Properz 2,10,6: „in magnis et voluisse sat est“. 182–183 Ja die Begierd’ … abgerennet] ‚ Ja allein die Begierde, ein hohes Ziel zu erreichen, kann schon einen möglichen Mißerfolg wettmachen.‘ 184 Die Buhlerin] Gemeint ist wohl Venus. Zu erwägen aber auch Druckfehler für ‚Buhlerei‘. 187–188 daß ich verwie¢en … Felß und Meere] Seneca meint die Zeit seiner Verbannung auf Korsika (griech. Kyrnos) in den Jahren 41–49. 189 Mei¢ter des Geluck’s] ‚Herr über mein Schicksal‘. 191–192 Daß Agrippine … was ich ¢chrieb] ‚daß Agrippina meine Person nicht mehr geschätzt hätte als Gaius (= Gaius Iulius Caesar = Kaiser Caligula) meine Schriftstellerei‘. Agrippina berief Seneca nach ihrer Eheschließung mit Kaiser Claudius (49) aus der Verbannung zurück und machte ihn zum Lehrer ihres Sohnes Nero. Der Vergleich mit Caligula zielt auf dessen von
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Sueton (Caligula 53,2) überlieferte abfällige Bemerkung über Seneca als Schriftsteller: Er sei Sand ohne Kalk (zit. in AnmL.). 192 am Brette] ‚in Gunst‘ (s. o. Anm. zu A I 636). 193 beym Kay¢er] Bei Nero. 196 den Haß !…" der geilen Meßaline] Messalina, die für ihre maßlosen sexuellen Begierden bekannte Gemahlin des Kaisers Claudius, hatte Seneca bezichtigt, mit Iulia Livilla, einer Schwester Agrippinas, Ehebruch getrieben zu haben. Dies war der Grund für die von Claudius gegen Seneca i. J. 41 verfügte Strafe der Verbannung (der Senat hatte beabsichtigt, Seneca mit dem Tode zu bestrafen). Lesart „Halß“ (in allen Drucken!) eindeutig verderbt. 197–199 Ja Nero … komm’t an] ‚ Ja derjenige, der Tiger zähmt !…", ist nicht mit soviel Mühe belastet, wie mir die Erziehung Neros sauer geworden ist.‘ 205 Sein Raub] Die Einziehung von Senecas nachgelassenem Vermögen durch Nero (s. o. V. 151). 207 Pflaumen-Streichern] S. o. Anm. zu V. 117. 209 der Wolthat] Den Diensten, die Seneca Nero geleistet hat. 213 handelt] ‚behandelt‘. – wie Phidias Porphier] ‚wie Phidias (der berühmte griechische Bildhauer des 5. Jh.s v. Chr.) den Porphyr‘, nämlich mit Meißel und Hammer. 214 durch Feil … ¢chon Bild] Ein ähnliches Gleichnis verwendet Epicharis V. 529 f. Aus ebendieser Stelle geht hervor, daß „Brand“, also Feuer, dazu dienen soll, ein erzenes Standbild glänzend zu machen. Man darf hier also „Brand“ nicht mehr mit „Porphier“ in Verbindung bringen, sondern muß es als Element eines neuen Bildes verstehen. 215 be¢teh’t] ‚hat Bestand‘ (ebenso V. 219). – Thranen-Blutt] Obwohl hier vermutlich kein Kompositum, sondern eine Aufzählung gemeint ist, scheint eine Ersetzung des Divis durch eine Virgel unter dieser Voraussetzung nicht unbedingt geboten, da das Divis durchaus auch als Aufzählungszeichen verwendet wurde. Die Zweideutigkeit der Stelle bleibt so gewahrt. Vgl. Anm. zu A IV 116. 220 Ro¢enbettern] ‚Rosenbeeten‘. 221 wir] Stoische Weise wie Seneca. 222 Myrrh’] Myrrhe ist hauptsächlich bekannt als Räuchersubstanz oder aromatische Beimischung von Salbölen. Sie wurde aber auch als Heilmittel verwendet. Hier ist wahrscheinlich an eine Aufbereitung (als Myrrhentinktur oder -öl) zu denken, die beim Auftragen auf eine Wunde starkes Brennen verursacht, so wie der an zweiter Stelle genannte Essig. 223 Jaßminen-Oel] Öl aus Jasminblüten (vgl. Zedler 14,264 f.). 224 Bru¢t] Offenbar als ‚Herz‘ zu verstehen (vgl. DWb 2,445 f., Nr. 3), ähnlich dem Doppelsinn von lat. ‚pectus‘. – Bru¢ten] Zur Pluralform vgl. V. 703. 226 Die zwey] „Rach und Blutt-Dur¢t“. 231–232 Waßer … ¢chwitzet] Die beiden Bilder scheinen zu besagen, daß des Feindes Tränen nicht aus einer wahren Gefühlsregung kommen. Bei dem „Bild von Marmel“ ist vielleicht an eine wasserspeiende Brunnenfigur zu
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denken (Bildaussage dann: das Wasser ist kein Produkt des Marmors, sondern ihm von außen zugeführt, insofern also ‚unecht‘ wie die erkünstelten Tränen des Feindes). Allerdings ist damit das folgende Bild von dem feuchten Holz, das beim Brennen Wasser abgibt, nicht kompatibel, da hier die Feuchtigkeit nichts von außen Zugeführtes ist. Deshalb wäre (unter der Voraussetzung, daß man „Hitz und Brand“ auch noch auf das „Bild aus Marmel“ bezieht) noch eine andere Erwägung anzustellen, durch die beide Bilder miteinander harmonisiert werden könnten: die nämlich, daß L. vielleicht daran dachte, daß Marmorstatuen, die man nicht mehr brauchte, weil sie vielleicht schadhaft waren, Kalkbrennöfen zugeführt werden konnten, um dort zu Kalk gebrannt zu werden, wobei Wasser und Kohlensäure frei werden (das Brennen von Marmor im Altertum belegt durch Theophrast, De lapidibus 9 u. 69). Damit würde auch gut die abschließende Sentenz des Statius Annaeus V. 233–235 harmonieren: daß „ein bluttgierig Hertz !…" voller Feuer ¢ey | Und Mord und Rache koch’“. Egypti¢ch Ti¢ch gehalten] Nach Herodot 2,78 pflegten die alten Ägypter den Teilnehmern an üppigen Gastmählern eine eingesargte Mumie vor Augen zu halten, um sie angesichts des auch sie einst erwartenden Todes zu um so größerem Genuß der angebotenen Speisen und Getränke anzuregen. Diese Metapher Senecas wie so vieles andere in dieser Szene aus Mascaron, La mort !…" de Seneque (s. das Zitat bei Asmuth, Lohenstein u. Tacitus, S. 219). in letzter Tracht] ‚beim letzten Gang der Mahlzeit‘. Zum Schaugerichte] S. o. Anm. zu I 469. als Striche] D. h. als Radien, die von der Peripherie des ‚Zirkels der Eitelkeit‘ (V. 246) auf dessen Mittelpunkt zulaufen. Wormit] Zu beziehen auf „Blumen“ (V. 248). – das Werck] ‚das praktische Handeln‘. Ob … war] ‚ob ich ebenso beherzt sterbe, wie ich vom Tod geredet habe‘. Daß man … bey] S. AnmL. (Belege aus Senecas Schriften zur Unsterblichkeit der Seele). der letzte Tropf’] Der letzte Tropfen einer Wasseruhr, obwohl im nächsten Vers von einer Sanduhr die Rede ist. Der Vergleich nach Seneca, Epist. 24,20 (zit. in AnmL.). Gebuhrts-Licht] „Licht“ hier als Zeitbestimmung: ‚Tag‘ (entspr. lat. ‚lux‘); s. DWb 12,868,7. Chaldeern] S. o. Anm. zu A V 96. Furien] S. o. S. 643, Anm. zu A, Pers.-Verz. 14,32. der Mutter -Gei¢t] Der Geist der in seinem Auftrag ermordeten Agrippina. – Erinnys] Griechischer Name für Furie. ieder Schatten … gleichen] D. h. in jedem Schatten sieht er in seiner panischen Angst schon seinen Henker. Beginne … Zeit] Sinngemäß etwa: ‚Erkenne durch Anwendung der Vernunft sogleich, was andere erst durch Erfahrung über einen längeren Zeitraum hin lernen müssen.‘
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283 deine Thranenbach] Akkusativobjekt; ‚Bach‘ hier wieder als Femininum wie IV 230 (vgl. auch A V 609). 284 wei¢e] ‚gib zu erkennen‘. 285 nichts Empfindlichs hat] ‚empfindungslos ist‘. 286 gerade] Meint hier ‚unzerbrochen‘. – ge¢enck’t] ‚vornüber geneigt‘ oder sogar ‚am Boden liegend‘, vielleicht aber auch: ‚(unter der Last) in den Boden gepreßt‘. 287 Daß/ wie … empfinde¢t] ‚daß du diesen Schicksalsschlag ebenso beherzt hinnimmst, wie ich in den Tod gehe‘. 294 das Stoa war und hieß] Das Wort ‚Stoa‘ bezeichnet eigentlich eine langgestreckte Wandelhalle; die so genannte philosophische Schule erhielt ihren Namen, weil ihre Begründer ihre Lehre in einer solchen öffentlichen Wandelhalle am Marktplatz von Athen vortrugen. Paulina meint mit ihrer doppeldeutigen Formulierung aber sicher nur die von Seneca vertretene philosophische Schule, nicht etwa zugleich auch die Anlage seines Wohnhauses, zumal auch nichts Derartiges über die Wohnverhältnisse des historischen Seneca überliefert ist. 296 begraben] ‚bergen‘. 299 Die Wurmer … halb leben] Innerhalb des Redekontexts nur so zu verstehen, daß von ‚Würmern‘, die in zwei Hälften zertrennt wurden, die eine Hälfte weiterzuleben imstande sei. Da ‚Wurm‘ auch ‚Schlange‘ bedeuten kann, paßt hierzu gut eine Geschichte bei Aelianus, De natura animalium 11,32: Ein Winzer zerteilte bei der Arbeit in seinem Weingarten mit der Hacke versehentlich eine Schlange. Deren Hinterleib blieb leblos im Sand stecken, während der Vorderteil am Leben geblieben war und weiterkroch. – nur] Gehört als einschränkende Partikel zu „Würmer“.‘ 302 mahl’t mit der Kohl’ ein Licht] D. h. verfährt paradox, indem er das Helle mit dem Dunklen abbilden will. 310 und zweymal Mutter] Nur Variation des unmittelbar Vorangehenden („ihn gebahr !…" Thron“): Agrippina, deren einziges Kind Nero war, war Mutter seiner biologischen Existenz und, da sie ihm durch geeignete Vorkehrungen auch den Kaiserthron verschafft hat, auch seiner herrscherlichen. 312 uns] Paulina meint sich selbst. 313 Was hetz’t auf ¢ie ihn an?] „¢ie“ ist Anrede: ‚Was bringt ihn (Nero) gegen sie auf?‘ Vgl. Gryphius, Leo Armenius I 485: „Was hetzt euch auff mich an?“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 34). 314 Verletzten] ‚Leidtragenden‘. 317 des Bruders] Seines Stiefbruders Britannicus (s. o. S. 642, Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,14). 318–319 Des Silla Wirth … wuttet] Nach Plutarch, Sulla 32: Im Verlauf der brutalen Ächtungen politischer Gegner (s. o. Anm. zu I 463) wollte Sulla bei einer Hinrichtungsaktion, die er in der Stadt Praeneste selbst leitete, seinem Gastfreund, der auch zu den Proskribierten gehörte, als einzigem von 12.000 Todeskandidaten das Leben schenken. Dieser weigerte sich aber, die
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Gnade anzunehmen, und zog es vor, sich mit seinen Mitbürgern erschlagen zu lassen, als deren Mörder zu Dank verpflichtet zu sein. 323 zeug’t] ‚zeigte‘. – ¢ein Wermuth nur zu ¢chmecken] Infinitivsatz mit finalem Sinn („Wermuth“ als Neutrum): ‚damit du nur seinen Wermut (d. h. seine Bitternis) schmeckst‘. 333 Dyphax] Nicht historische, von Mascaron eingeführte Sklavenfigur. 334 Flach¢’] ‚Flechse‘, ‚Sehne‘ (vgl. IV 609). 338 Freygelaß’ner] Nämlich aus der Sklaverei des Lebens. 343–344 Mir … den Tod] Nach Seneca, De providentia 2,10 (zit. in AnmL.). – Cato] Cato d. J. (s. o. Anm. zu I 574). – nicht ¢chimpfflicher !…" als] = ‚ebenso schimpflich !…" wie‘. 354 Mich denck’t] ‚mir kommt in Erinnerung‘. – aufzuheben] ‚zu bewahren/ beschützen‘. 356 Die Adler] Der Adler über seine Fabeltierfunktion (im Kontrast zu den Raben) hinaus hier auch angesprochen im Hinblick auf seine Stellung als Feldzeichen der römischen Legionen (s. o. Anm. zu A IV 190). Vgl. das dieser Stelle entsprechende Mascaron-Zitat bei Asmuth, Lohenstein u. Tacitus, S. 222. – unter ¢ich] Als ihre Untertanen. 357 Burrhus] Als Prätorianerpräfekt Vorgänger des Tigellinus (s. o. S. 639, Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,5). 359 Poppeens … be¢chamet] Angeregt durch Tacitus, Ann. 14,60,3 (zit. in AnmL.). – andrer] ‚anderer Frauen‘. 360 Das Wort euch geben] ‚das Wort an euch richten‘ (s. DWb 30,1501,c,). 361 Der Fur¢ten Rath nicht for¢ch’t] ‚nicht die Pläne der Fürsten zu ergründen sucht‘. 364 ver¢iegen] Part. Perf. des starken Verbums ‚verseigen‘ (= ‚austrocknen‘, ‚versiegen‘). 365 Sorgen] Dat. Pl.: Bedeutung schwer zu fassen; vielleicht: ‚zur Bewältigung der Sorgen‘. 366 durch mich] ‚mit/in mir‘. 370 er ¢ein Henker] ‚er als sein eigener Henker‘ (Paulina sieht hier schon Neros tatsächliches Ende voraus). 371–372 Der Tod … den Rucken] Vgl. V. 391–394. 371 zeitlich zu be¢tricken] ‚frühzeitig in Fesseln zu schlagen‘. 375 ¢ein] = ‚des Blutes‘ (V. 573). – laß’t] ‚verläßt‘. 379 verdeuen] ‚verdauen‘, ‚vertragen‘. 380 Schmertz ver¢chmertzen] Das „nicht“ in V. 379 erstreckt sich auch hierauf. 382 den Knecht] Apposition zu „den Leib“. 383 froh] Adverb zu „siht“. 384 Als wenn ein Sieger … ¢chuttern] Hier ist an den Sieger in einer Schlacht zu denken, der die Besiegten als Sklaven mit sich führt und sich an dem klappernden Geräusch ihrer Fesseln erfreut. Vgl. die von L. leicht abgewandelte Stelle bei Mascaron: „Ou plustost comme vn vainqueur entend les gemissements des captifs !…"“ (zit. nach Asmuth, Lohenstein u. Tacitus, S. 223).
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385 am Schwefel-Pfale] Bedeutet wohl: ‚an einem Pfahl inmitten eines mit Hilfe von Schwefel entzündeten Scheiterhaufens‘, vielleicht aber auch: ‚an einem Pfahl, an dem man mit brennendem Schwefel zu Tode gemartert wird‘. 386 Wie Nero/ wenn Rom brenn’t] S. o. Anm. zu I 32–33. 391 Verkerben] ‚Verschulden‘. 393–394 Der nur … wenn er fleucht] Aus der Sicht des stoischen Weisen, der den Tod ersehnt und sein Ausbleiben für ein Unglück hält. Vgl. V. 371 f. 397 Die auch dem Gei¢te dient] D. h. die hilft, den Geist vom Körper und den Leiden, denen dieser unterworfen ist, zu befreien (vgl. V. 433). 399 zur Zeit] Hier: ‚zuweilen‘, wie aus dem folgenden klar hervorgeht. Vgl. S II 138! 400–402 Egnatz ent¢chleu¢t ¢ich … Blutte kuhl’n] L.s Quelle (s. AnmL.) ist eine Marginalie bei Mascaron, La mort !…" de Seneque, S. 80. Mascaron muß das Schicksal der beiden Egnatii (Vater und Sohn), von dem wir nur durch Appianus (Hist. Romana: Bellum civ. 4,84) wissen, mit einem anderen historischen Exempel für die gut gemeinte gegenseitige Tötung von Vater und Sohn angesichts des von einem Feind drohenden unausweichlichen Todes verwechselt haben. Appianus berichtet nämlich, daß Vater und Sohn Egnatius, die zu den Proskribierten des Jahres 43 v. Chr. gehörten, mit einem einzigen Schwertstreich die Köpfe abgeschlagen wurden, während sie sich fest umschlungen hielten. 402–404 Wer Arrien … nachthun heißet] Das Beispiel oben IV 97 f. auch von Epicharis angeführt (s. Anm. u. AnmL. hierzu). – ¢pricht wol] ‚Lob ausspricht‘, ‚Beifall zollt‘. 411 die¢en Kelch] D. h. den Giftkelch, den Sokrates leeren mußte („die¢en“ = ‚einen solchen‘). 412 den großen Gei¢t] Meint noch Sokrates (zweites Akkusativobjekt zu „¢ehe“, V. 411). 413 Da auch] Konzessiv: ‚wenngleich auch‘ (s. DWb 2,653 f., 15c). 417 Jn die … Wanne dich] Hierzu in AnmL. Zitat aus Manilli, Villa Borghese: Beschreibung der im 17. Jh. dort aufgestellten Statue, die die Zeitgenossen als Darstellung des sterbenden Seneca deuteten. Stich nach dieser Statue im Bildteil zur ‚Agrippina‘, Textband, S. 19, Abb. 5 (s. meine Erläuterungen hierzu S. 644). 420 durch einen Ball … erblichen] So soll es einem französischen König ergangen sein. Dieses und die in V. 421 u. 423 genannten Beispiele für ausgefallene Todesarten zusammengestellt nach Foppius ab Aezema, Dissertationes ex iure civili (s. AnmL.). 421 Des Ae¢chilus … Schnecken-haus] Der Legende nach ist der griechische Dramatiker Aeschylus durch eine Schildkröte zu Tode gekommen, die ihm ein Adler auf den Kopf fallen ließ, da er diesen für einen Felsen hielt. „Schnecken-haus“ seltsamer Lapsus L.s; in seiner Quelle, Foppius ab Aezema (zit. in AnmL. zu V. 420) richtig ‚concha testudinis‘ (‚Schildkrötenpanzer‘).
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422 Mit dem Anacreon macht’s eine Weinbeer’ aus] ‚Den Anakreon befördert eine Weinbeere zu Tode.‘ Der griechische Lyriker des 6. Jh.s v. Chr., Sänger des Weins und der Liebe, soll an dem Kern einer Weinbeere erstickt sein (Valerius Maximus 9,12,ext.8). 423 Speu¢ippus … Weiber -Huften] Der griechische Philosoph des 4. Jh.s v. Chr., Schüler Platos, soll, nach christlicher Überlieferung (Tertullian, Apologeticum 46,10), beim Ehebruch gestorben sein. 426 Orlog-Schiff] ‚Kriegsschiff‘. 427 ¢einen Wirbel] Den Wirbelsturm oder den Strudel, der ihn versenkt. 435 lende] ‚anlande‘. 437 Erlo¢er … Opffer an] In Anlehnung an die letzten Worte des von Nero i. J. 66 zum Selbstmord gezwungenen T. Cornelius Thrasea Paetus (Tacitus, Ann. 16,35,1; zit. in AnmL.). 439–500 (Szene c) L. hat für diese Szene Tacitus, Ann. 15,67,4 zugrunde gelegt, wo geschildert wird, wie Veianus Niger, dem befohlen wurde, Subrius Flavus zu töten, diesen auf den nächstgelegenen Acker führt und ihm neben einer schnell ausgehobenen Grube den Kopf abschlägt (wobei er aber so zittert, daß er zweimal zuschlagen muß). Dem Subrius, der bei Tacitus wie bei L. seinen Tod mit Fassung trägt (s. auch oben IV 405 ff. u. 428 ff.) und seinen Henker auch noch verulkt (s. V. 492), hat L. hier als Kontrastfigur den Faenius Rufus beigesellt, der lt. Tacitus (Ann. 15,68,1) erst etwas später hingerichtet wurde und dabei wenig Haltung zeigte, indem er Wehklagen äußerte und diese sogar in sein Testament aufnehmen ließ (vgl. auch sein würdeloses Verhalten beim Verhör IV 274 ff.). 439 Schimpf-Platz] ‚Schandplatz‘. Bei Tacitus (Ann. 15,67,4) ist es ein Acker, auf den Subrius Flavus von Veianus Niger geführt wird. V. 441 („Aeßern“ = ‚Aas‘!) gibt Anlaß zu der Vermutung, daß ein Druckfehler für ‚Schind= Platz‘ (= ‚Schindanger‘, d. h. öffentlicher Ablageplatz für Tierkadaver) vorliegen könnte, induziert durch „Schimpf“ in V. 440. Die damit gegebene Verschärfung entspräche durchaus einer auch sonst bei L. zu beobachtenden Tendenz. – uns zum Leich-Stein außge¢tecket] ‚für die Aufstellung unseres Grabsteins abgesteckt‘ (zu dem der Bedeutung ‚bezeichnen‘ bzw. ‚markieren‘ sehr nahekommenden Verb ‚ausstecken‘ s. Frühnhd. Wb. 2,1426,3). 441 Aeßern] ‚Aas‘. 442 ein Adler … trag’t] Anspielung auf den Brauch, bei der Beisetzung eines Kaisers einen Adler (den Vogel Jupiters) fliegen zu lassen, der die Seele des Verstorbenen zum Olymp bringen sollte (s. auch A V 528 u. Anm.). 449 Wurm-Ge¢pun¢t’] ‚Seide‘. – Purper] Hier ebenso wie „Wurm-Ge¢pün¢t’“ als besonders kostbarer Stoff. 452 Hertz’ im Hertzen] S. o. Anm. zu IV 137. 453–454 Macht ihr … Ge¢icht’] ‚da kann sich die Tyrannei weder durch Henker noch durch grausige Maskierung ein schrecklicheres Aussehen zulegen‘. 455 unverlang’t] ‚unverzüglich‘.
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456 dem] Subrius Flavius. 457–461 Natal hat mich … ¢chlimmen Biß] Auf die gleiche Art versuchte sich auch Piso bei seiner Festnahme durch Epaphroditus (IV 554 ff.) herauszureden (s. AnmL. zu IV 554 ff.). 457 ins Garn … gefallt] ‚in den Fallstrick gestürzt‘. 462 jener] Natalis. 465 ungenoßen] ‚ungestraft‘. 468 Wenn] ‚während‘ (adversativ). 470 ¢ich macht Feind- und Schifbruchs frey] ‚sich vor seinen Feinden in Sicherheit bringt (weil diese sich nicht in die Nähe des Felsens wagen) und dem Schiffbruch entgeht‘. 471–472 der vom Kirchen-Raub’ … Gotter aus] Nach einer von Plinius (Nat. hist. 33,83) erzählten Anekdote. Ein Veteran aus dem Partherkrieg des Marcus Antonius, in dessen Verlauf die Römer eine Götterstatue aus massivem Gold geraubt hatten, richtete für Kaiser Augustus in Bononia ein Gastmahl aus. Als man ihn fragte, ob ihm bekannt sei, daß der erste, der besagte Statue entweiht habe, blind und völlig gelähmt gestorben sei, gab er zur Antwort, er selbst sei dieser Mann und sein ganzes Vermögen rühre von diesem Raub her. Augustus sei übrigens gerade dabei, von dem Schenkel dieser Götterstatue zu essen (womit er sagen wollte, daß er diesen Teil zu Geld gemacht habe, um das Gastmahl zu finanzieren). L. hat die Anekdote aber nicht von Plinius, sondern aus einer Sekundärquelle, J. L. Guez de Balzacs ‚Entretiens‘ (s. AnmL.). 472–474 Ein ander … gewun¢chte Farth] Eine Anekdote über den Tyrannen Dionysius I. von Syrakus (430–367 v. Chr.), der zur Finanzierung seines Regimes und seiner Kriege skrupellos Tempelraub betrieb – ebenfalls nach Guez de Balzac (s. AnmL.). Dessen Quelle war offenbar Cicero, De natura deorum 3,83 f. 472 lach’t vermeßen] Als Dionysius nach Plünderung des Heiligtums der Proserpina in Lokri mit günstigem Fahrtwind nach Sizilien zurücksegelte, spottete er lachend über die Götter, die es doch gut mit Tempelräubern meinten (Cicero, ebd. 3,83). 473 Eßculapens Barth’] Dionysius hatte befohlen, der Statue des Heilgottes Asclepius in Epidaurus ihren goldenen Bart abzubrechen und ihn mitzunehmen (Cicero, ebd. 3,84). 474 Jupiters Gewand] Nach der Landung auf der Peloponnes requirierte Dionysius im Heiligtum des olympischen Zeus den goldenen Mantel, mit dem der Tyrann Gelon die Statue geschmückt hatte (Cicero, ebd. 3,83). 475 kurtzen Tod] ‚kurz bevorstehenden / baldigen‘ oder ‚schnell eintretenden‘ (s. DWb 11,2837,II 9b). 476–477 das guldne Schwerd … zu fuhr’n] In seiner Eigenschaft als zweiter Prätorianerpräfekt neben Tigillinus. 479 Pochen] ‚Trotz‘. – auf ihr Ge¢chlechte] Auf die überlebenden Angehörigen.
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484 Daß man … laßen] Änderung gegenüber Tacitus, der von Faenius Rufus mitteilt, er habe seine Wehklagen in der Todesstunde in sein Testament aufnehmen lassen (Ann. 15,68,1). 485 Verbitte … ¢o viel] ‚Lege für mich beim Kaiser noch insoweit Fürbitte ein‘. 488 betreten ihn] ‚treten auf ihn‘. 491 die La¢terung] Die Beschimpfungen in V. 490. – verdammten Buben] ‚verurteilten Schurken‘. 492 Hab’t ihr … konnen?] Diese ironische Beanstandung der Größe des eigenen Grabes nach Tacitus, Ann. 15,67,4 (s. AnmL.). 494 ¢chaffen] ‚befehlen‘. 496 freye Gei¢ter] Vgl. V. 669. 497 Tod und Schlag] Hendiadyoin: ‚den tödlichen Schlag‘. 498 nicht verzagter] D. h. ebenso beherzt, wie Subrius den Schlag ertragen will (nach Tacitus, Ann. 15,67,4). 500 anderthalber Streich] Nach Tacitus (ebd.) zitterte Veianus Niger bei der Exekution so, daß er nur mit Mühe den Kopf des Delinquenten mit zwei Hieben abschlagen konnte. Gegenüber Nero rühmte er sich seiner Grausamkeit: Er habe Subrius Flavus mit anderthalb Hieben, also auf eine möglichst qualvolle Art, getötet (ebd.; s. auch AnmL.). 501 Ba¢ili¢ken] S. o. Anm. zu A V 15. 503 Gift und Meyneyd] Hendiadyoin: ‚Gift des Hochverrats‘. 506 das Rach-Altar] Zu „Altar“ als Neutrum vgl. A I 592, II 522. 507 Neme¢is] Göttin der Rache und Vergeltung. 512 reg’t] ‚rege macht‘. – den Kern] D. h. (ungefähr) die Quintessenz und das Musterbild dessen, was einen Fürsten ausmacht. Insofern fast gleichbedeutend mit „Außbund“ in V. 513 (vgl. dazu die Kombination beider Wörter in dem Zitat aus einer Schrift von Balthasar Schupp in DWb 1,840 s.v. ‚Ausbund‘: „der kern und ausbund der kaufleut aus Hamburg“). 516 vergifter] S. o. Anm. zu IV 74. 517 Bein] ‚Knochen‘. – der] Das „dem“ des Originaldrucks sicher Setzerfehler, induziert durch das darüber stehende „dem“ in V. 516. Zweifellos ist hier wie bei dem vorangehenden und dem in V. 518 folgenden „Der“ ein Rückbezug auf das ‚du‘ in „Kan¢tu“ (V. 516) gewollt und nicht ein den Sinnzusammenhang störender erneuter Bezug auf „Wurm“. 518 gekrei¢cht] ‚geröstet‘. 520 Gebieß] ‚Mundstück des Pferdezaums‘. 522 den Kie¢el¢tein] Meint Epicharis im Hinblick auf ihre Unempfindlichkeit im Ertragen der Folter. Vgl. I 105 u. III 662. 524 Beine] ‚Knochen‘. 530 Feilen … Brand] Vgl. V. 214. 532 nimm’t] ‚Abbruch tut‘. 537 Bub’] ‚Schurke‘. 538 ver¢tell’n] Läßt sich auf zweierlei Weise verstehen: sowohl im Sinne von
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‚verbergen‘ (vgl. S IV 95) wie auch im Sinne von ‚verrücken‘ oder ‚anders gruppieren‘ (hierzu vgl. auch „ver¢tellt“ in V. 560). 539–540 Wenn ¢ie … mahl’t] Sinn: ‚mag auch die Einfalt die naturgegebene Anordnung der Sterne willkürlich als Abbildungen bestimmter Tiere (i.e. Sternbilder) am Panorama des Himmels deuten‘. 541 Schaum] ‚Abschaum‘. 544 Heyligthumb] ‚heilige Handlung‘, ‚Heiligmäßiges‘ (s. o. Anm. zu A V 589). – dampfen] ‚auszulöschen‘. 545 Aug und Licht] Hendiadyoin: ‚Augenlicht‘. 547 der Julier Geblutte] D. h. der gens Iulia, mit deren berühmtestem Vertreter, Julius Caesar, Nero über seine Mutter Agrippina verwandt war. 549 Hof-Heuchler/ Henckers-knecht] Wohl eher als gegen Tigillinus gerichtete Beschimpfungen zu verstehen denn als konkretisierend erläuternde Appositionen zu „knechti¢ches Gemütte“. 550 Er] Nero. 552–553 Die Kraft … ab] Soll heißen: ‚Die Kraft der Ahnen schwächt sich in den Nachkommen ab.‘ Replik auf des Tigillinus Hinweis auf Neros julische Abkunft (V. 547). 553 Propffern] ‚Pfropfreisern‘. 554 dort mehr Zedern … hier … kaum Farren-Kraut] D. h. beim einfachen Volk („Thal“) findet man mehr wahre Größe als bei Hofe („Berg“), wo nur Dürre und Ödnis herrscht (versinnbildlicht im Farnkraut als Inbegriff wertloser Vegetation). Bemerkenswert hier die Inanspruchnahme der Zeder, sonst Sinnbild starker Herrschaft (vgl. A I 162 mit Anm. u. A IV 343), als Metapher für die Tugenden des einfachen Volkes. 555 die Heßlich¢te der Erden] Unklar, ob zweites Glied einer Aufzählung oder Apposition zu „Mißgeburth“. 558 die Sonne … die nirgends i¢t befleck’t] D. h. Poppaea ist so anmaßend, daß sie sich fleckenloser dünkt als die Sonne selbst, mit der Tigillinus Nero in V. 544 verglichen hat (in Epicharis’ ironischer Bildverwendung steckt ein Anachronismus, denn die Sonnenflecken wurden erst 1611 von Galilei und, unabhängig von ihm, von zwei anderen Gelehrten entdeckt). Vgl. C II 350 f. 560 ver¢tellt] ‚entstellt‘. 561 Mah] ‚Mohn‘. 562 Kraut] Die Stellung inmitten von zwei durch purpurne Blüten ‚gekrönten‘ Pflanzenarten (Distel und Klee) legt nahe, daß „Kraut“ hier nicht als Kollektivname für niedrig wachsende Pflanzen beliebiger Art zu verstehen ist, sondern eine ganz besondere Pflanze bezeichnen soll. Die sich zuerst anbietende Deutung als Kohl (Brassica) scheidet aber aus, da dieser gelb blüht. Vielleicht ist hier eine purpurn blühende Art der Melde (Atriplex hortensis rubra) gemeint, eines in früheren Jahrhunderten beliebten Gartengemüses (s. Zedler 20,560 f. s.v. ‚Melte‘), vielleicht auch der ebenfalls purpurn blühende Erdrauch (Fumaria), ein Unkraut. – Faßt man das „Krön’t“ nicht so konkret, wie der Kontext es nahelegt, ist allerdings auch
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eine sehr einfache und von der gemeinten Farbe her sich fast von selbst verstehende Deutung von „Kraut“ möglich, nämlich als Rotkohl (‚Krönung‘ wäre dann in Bezug hierauf eher im Sinne von ‚Auszeichnung‘ zu verstehen). 563 Sticht rechte Sternen weg] ‚überstrahlt das Licht wirklicher Sterne‘. 564 ein Hurenbalg] Vgl. I 613, IV 434. 565 Trieb] In gleicher Bedeutung (‚Reiz‘) auch A II 403. 568 enthenget] ‚zuläßt‘. 579 dunckt’s] Der Originaldruck hat hier „denckt’s“. Zur Begründung der nach den Drucken CD vorgenommenen Emendation verweise ich außer auf V. 354 („Mich denck’t die Zeit“) auch auf DWb 2,938 f.,22. Das unpersönliche ‚es denkt mich‘ in allen bekannten Belegen nur in der hier nicht passenden Bedeutung ‚ich erinnere mich‘. Vgl. dagegen z. B. S II 333: „Es dunckt mich/ was du ¢ag¢t/ ein leer- und blo¢¢er Traum.“ 583 deiner Glieder Eiß] Das Bild der durch Kälte gefühllos gewordenen Glieder als Umschreibung für die Geringschätzung körperlichen Leidens durch den zum Sterben entschlossenen stoischen Weisen. Vgl. V. 603. 584–604 So i¢t’s … Wort] Vgl. die Schilderung des Sterbens Lukans in L.s Vorlage, Tacitus, Ann. 15,70,1. 587 nit] S. o. Anm. zu I 517. 588 Zeug] ‚Material‘. 591 Narden] Schwacher Dat. Sg. von ‚Narde‘: Sammelname für verschiedene wohlriechende Pflanzen (u. a. Baldrian), aus denen gleichnamige Duftund Salböle und Arzneien hergestellt wurden (s. Zedler 23, 655–660). Vgl. C III 167. – angenetz’t] ‚benetzt‘. 592–593 gebahret … hat] ‚gegen unsere Tugend vorgegangen ist‘. 594 meines Burger -Krieg’s Abbildung] ‚die Darstellung meines Epos vom römischen Bürgerkrieg (Bellum civile)‘. 595–597 Ja die … den Lucan] Vgl. IV 230–232. 595 Purper -Tinte] Vgl. I 653, IV 158.528. 596 wenn Euterpe … ¢inn’te] Euterpe paßt als Muse der lyrischen Poesie nicht zu dem Epiker Lukan (für den heroischen Gesang bzw. das Epos ist Kalliope zuständig). Sie steht daher hier offenbar nur stellvertretend für die neun Musen schlechthin. Sinngemäß etwa: ‚falls die Musen nicht für die Erhaltung meines Dichterruhms sorgten‘ (d. h. wenn die Nachwelt sein Epos vergessen sollte). 598–599 des Kriegs-Knecht’s … abgerißen] Gemeint ist die Schilderung (‚Abriß‘) des gräßlichen Todes des Marinesoldaten Lycidas in Lukans Bellum civile 3,635 ff. (s. das Zitat in AnmL.). Der historische Lukan soll (lt. Tacitus, Ann. 15,70,1) die betreffenden Verse aus seinem Epos sterbend rezitiert haben. 606 verge¢ell’t] ‚gesellt sich zu‘. – von dem Thron’] Sinn nicht ganz klar; vermutlich: ‚(auch) entfernt von dem Thron‘. Vielleicht aber auch Druckfehler für ‚vor‘.
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607 in der Todten-Holen] ‚in der Unterwelt‘. 608 ander’ ihr Ge¢pen¢t] ‚die Geister anderer Verstorbener‘. – die Teufel] Zweites Subjekt zu „Plag’t“. – ihre Seelen] ‚die Seelen derer‘. 610 Ein Molch ¢peit’s Gift] S. o. Anm. zu A V 155. 614 durch Augen¢chmertz] D. h. durch die Leiden, die sie empfinden soll beim Anblick des Todes ihrer Mitverschwörer. 615 Daß … werd’ abge¢chlagen] Befehl (vgl. V. 660). 616 Was nicht … ertragen] Sprichwort. Vgl. Wander 1,78 f., Nr. 10. 617 was er uns ver¢prach] S. o. III 466.676–678. 623 Auch nach … gebunden] Senecio vertritt hier den Satz „Princeps legibus absolutus“ (Liebs, Lat. Rechtsregeln, S. 161 f., Nr. P 943). Ähnlich A III 162. Zur Diskussion der Frage, wie weit die Freiheit des Souveräns beim Straferlaß für verurteilte Verbrecher geht, verweist L. in AnmL. auf Grotius, De iure belli ac pacis. 624 So] ‚in diesem Fall‘. 630–634 Viel Baume … zehlet nach] Die Vergleiche nach Seneca, De clementia 1,8,7; 1,24,1 (zit. in AnmL.). 631 ¢amen] ‚einzupflanzen‘, ‚zu erzeugen‘. 633 viel Schnitt’ und Brand] Viele Operationen, bei denen geschnitten und gebrannt wird (vgl. IV 249). Die Verbindung ‚schneiden und brennen‘ für die Tätigkeit des Chirurgen ist redensartlich (vgl. den Hinweis hierauf in DWb 15,1257,e) und kommt schon in der Antike vor (z. B. in Ciceros 8. Philippica 5,15: „In corpore si quid eius modi est, quod reliquo corpori noceat, id uri secarique patimur, ut membrum aliquod potius quam totum corpus intereat.“). 635 uns] Aus der Perspektive der Fürsten gesprochen. 637 Erblaßter Mißethat] Attributiver Genitiv zu „Medu¢en-Haupt“ (V. 638); „Erblaßter“ = ‚erstorbener‘ (‚durch Tötung des Verbrechers zunichte gewordener‘). 638 Medu¢en-Haupt] S. o. Anm. zu A IV 445. 641 der Straffe Knecht] ‚der einer Strafe Verfallene‘. 642–644 Der Minos … ¢chelten] Für dieses Argument verweist L. in AnmL. auf Arnisaeus, De republica. 642 Minos] Der sagenhafte König von Kreta, der auch ein großer Gesetzgeber und gerechter Richter gewesen sein soll. Nach seinem Tode setzte er seine Richtertätigkeit zusammen mit seinem Bruder Rhadamanthys als Totenrichter in der Unterwelt fort. 643 Appius] Appius Claudius Crassus Inregillensis Sabinus, Leiter des Kollegiums der Decemviri, die 451–449 v. Chr. das Zwölftafelgesetz (Lex duodecim tabularum) verfaßten. In der 8. Tafel waren Bestimmungen über die zulässige Höhe des Zinses und zur Bestrafung von Wucher enthalten (s. Das Zwölftafelgesetz, hrsg. von R. Düll, 51976, S. 53, Nr. 18). 644 Rauber] Zielt sicher auf die Seeräuber, die Minos im Umkreis seines Herrschaftsgebietes (Kreta) erfolgreich bekämpfte.
Epicharis V
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645 ein gantz Buch] Wie die Reaktion des Quinctianus (V. 646–648) zeigt, meint Tigillinus Senecas als Fürstenspiegel für den jungen Nero verfaßte Schrift ‚De clementia‘ (s. AnmL.). 647 Auf dich/ du Blutthund] An Nero gewandt. 647–648 die ¢chonen Bluthen Der Jugend] Die guten Hoffnungen, zu denen der junge Nero Anlaß gegeben hatte (s. o. S. 637 f., Anm. zu A, Pers.-Verz. 13,3). 648 ¢ein Fleiß] Senecas Bemühen, in Nero einen guten Herrscher heranzubilden. 650–651 Ein Artzt … dem Krancken] Vgl. IV 247–249; C I 101 f. 652–653 Das allgemeine Heil … ¢ag’t zu] In AnmL. zu V. 653 Hinweis auf die Erörterung dieser Frage bei Grotius, De iure belli ac pacis. 654 i¢t kein Verbindnus dar] ‚gibt es keine Verbindlichkeit (für die früher gemachte Zusage)‘. 655–656 ¢teht’s Richtern frey … zu ver¢prechen] In AnmL. hierzu Hinweis auf Carpzov, Practica nova imperialis Saxonica rerum criminalium. 657 Raht] ‚Rad‘. 660 Daß man … an¢etze] Befehl (wie V. 615). 661 die Heucheley … nutz’t] Epicharis meint die vorstehenden Ausführungen, mit denen Tigillinus Nero zum Munde redete, indem er dessen grausames tyrannisches Wüten als zur Erhaltung des Gemeinwohls notwendig darstellte. Diese Schmeichelei hat prompt den Erfolg (Epicharis sagt ironisch „nütz’t“), daß Nero sogleich erneut (V. 660) einen Todesbefehl gibt. – Heucheley] ‚Schmeichelei‘. 664 das Hencker -Klotz] ‚Klotz‘ im Frühnhd. sowohl als Makulinum wie als Neutrum im Gebrauch. Vgl. V. 695. 668 rechtes Recht] Subjekt des Relativsatzes. Vgl. A V 498; IB V 186; S V 113. 669 freyer Gei¢t] Vgl. V. 496. 673 ¢anffte] Adverb. – Pflaumen ¢triech] S. o. Anm. zu V. 117. 675 bloßer] ‚abgetrennter‘. 679 Daß ¢ein … vermi¢che] Vgl. I 739–741. 687 Beerdigt … begraben] Nach Seneca, Epist. 92,35 (zit. in AnmL.). 689 kein bequemer Klotz] „bequemer“ ist Komparativ: ‚bequemeres‘ (zum Genus vgl. V. 664 u. 695). 693–694 Ein Seid’ und Hanffen Strick … Schmarragd] Angeregt von der Schilderung der Vorkehrungen des Kaisers Heliogabalus für einen eventuell notwendig werdenden Selbstmord in der Historia Augusta (Scriptores historiae Augustae 17,33,3–5, zit. in AnmL.). 693 ro¢tern] ‚rostiges‘. 694 in Schmarragd und Thon] ‚in einem smaragdenen oder tönernen Becher‘. – i¢t eines Tittels wehrt] Der Ton liegt auf „eines“: ‚ist von einerlei Würdigkeit‘. 695 ’s Klotz] S. o. Anm. zu V. 664. 697 vergifte] S. o. Anm. zu IV 74. 701 Mich ¢ol … ver¢chrenck’t] S. hierzu L.s Hinweise in AnmL.
804
Kommentar
703 Jn deßen Bru¢ten] Der Plural auf einen Mann bezogen auch in V. 224. 708 Minos] Hier als Totenrichter in der Unterwelt (s. o. Anm. zu V. 642; vgl. A V 803). 710 Wird] Im modernen Deutsch wäre hier der Anschluß zum Vorangehenden durch ein vorangestelltes ‚so‘ oder ‚dann‘ zu markieren. – ¢ein] D. h. Neros. 711 auch dort] Auch im Totenreich, bei den Seelen der Verdammten. 713 verdammter Ungeduld] ‚über die Unbeherrschtheit von Abgeurteilten‘. 714 Cervar !…" Natal] Lt. Tacitus, Ann. 15,71,1 freigesprochen wegen schneller Anzeige der Verschwörung. 716 Du] Meint Nero. 718 Du Milichus … be¢chenck’t] Nach Tacitus, Ann. 15,70,1 wurde Milichus durch Neros Belohnungen ein reicher Mann. (AnmL.). 722 gibt !…" nach] ‚gibt zu‘. 725–727 Ein Weib … erworben] Die legendäre athenische Hetäre Leaena (Leaina), Geliebte des Harmodios oder des Aristogeiton, die beide die Ermordung des Tyrannen Hippias 514 v. Chr. planten. Bei einem Verhör auf der Folter, bei dem sie den Tod fand, soll sie sich die Zunge abgebissen haben, um nichts von den Planungen der Tyrannenmörder verraten zu können. Zu ihrem Gedenken sollen die Athener auf der Akropolis eine eherne Löwin (griech. ‚leaina‘ = ‚Löwin‘) aufgestellt haben (s. AnmL.). Mit dem Motiv, daß Leaena dem Tyrannen ihre Zunge ins Gesicht gespuckt habe, scheint L. ihre Geschichte mit einer Anekdote über den Philosophen Zenon von Elea zu vermengen (s. III 538.552 incl. Anm.). Vgl. den rühmenden Hinweis auf Epicharis und Leaena bei Gryphius, Leo Armenius II 313 f.: „Man ruhmt das Weib von Rom/ die sich zureissen liß | Vnd die/ die in der Quall die Zung in stucken biß.“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 48). 726 Nach außgelachter Kwal] D. h. nach einer Folter, für die sie nur Spott übrig hatte. 731 dich] D. h. Nero. – auf den Schauplatz heben] ‚auf die Bühne / aufs Theater bringen‘. 733 noch hier] ‚noch jetzt‘, d. h. noch in gegenwärtigem Zeitalter. 735–736 in der Folter … Hafen finden] Sie erdrosselt sich mit diesen Worten selbst mit ihrem Brusttuch (Tacitus, Ann. 15,57,2). (AnmL.). 738 Der Meyneyd fall’t in Grund] ‚der Hochverrat bricht zusammen‘. – hat den Port] ‚ist im sicheren Hafen‘. Deutliche Parallele zu Gryphius, Leo Armenius II 420: „Jtzt sinckt sein Kahn zu Grund/ und Leo findt den Haven!“ (A. Gryphius, Dramen, hrsg. von E. Mannack, S. 52). 740 Milichus Erhalter ¢eyn genennet] Der historische Milichus legte sich selbst den griechischen Namen Sotér (‚Retter‘) bei (Tacitus, Ann. 15,71,1). (AnmL.). 741 Des Tigillinus Bild] Nero ließ ein Standbild von ihm auf dem Palatin aufstellen (Tacitus, Ann. 15,72,1). (AnmL.).
Epicharis, Anmerckungen
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742 Dem Heere … aus] Nach ebd. 743 Hinfort … heißen] Nach ebd. 15,74,1. Der April deshalb, weil das Fest der Ceres (s. V. 748), an dem das Attentat auf Nero stattfinden sollte (s. o. I 711 ff.) in diesen Monat fiel (s. auch AnmL.). 744–745 Scevinus … graben ein] Dies eine Zutat L.s, angeregt von historischen Ereignissen der Frühen Neuzeit (s. AnmL.). 746–748 Dem Racher … ¢chauen] Dies alles wieder nach Tacitus (Ann. 15,74,1–2). 746 Scevinens Dolch] S. o. I 724–726, II 191 ff., III 8 ff. 303 ff. 748 Ceres Fe¢t’] S. o. Anm. zu I 711. 749 erfreut] Adverb. 750 vergifter] S. o. Anm. zu IV 74. 752 der Tyber] D. h. die Leichen sollen, wie bei hingerichteten Verbrechern üblich, in den Tiber geworfen werden. Anmerckungen 474,34 verwendet] ‚verschoben‘.
806 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen
III. Alphabetisches Autorenund Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen 1. Vorbemerkung Ebenso wie die bibliographische Erschließung von Lohensteins Anmerkungen zu seinen Trauerspielen wäre auch die Zusammenstellung dieses Verzeichnisses innerhalb der verfügbaren Zeit nicht zu bewältigen gewesen, wenn mir nicht das Autorenregister von Klaus Günther Just zu sämtlichen Trauerspiel-Anmerkungen Lohensteins mit kompletten Fundstellennachweisen1 als Orientierungsund Arbeitsgrundlage zur Verfügung gestanden hätte. Für die ‚Cleopatra‘, bei Just nur in der Neubearbeitung von 1680 erfaßt, konnte ich auch auf das von Juretzka angefertigte ergänzende Register zur Erstfassung2 zurückgreifen; für die ‚Sophonisbe‘ stand ein eigenes, von Rolf Tarot erarbeitetes Verzeichnis innerhalb seiner Reclam-Ausgabe des Textes3 zur Verfügung. Diese zu ihrer Zeit sehr verdienstvollen und nützlichen Register und Fundstellennachweise enthalten mancherlei Fehler und Lücken, die sich nicht aus mangelnder Sorgfalt ihrer Bearbeiter erklären, sondern allein daraus, daß es ihnen nicht möglich war, sämtliche Quellenangaben und Zitate Lohensteins vollständig bibliographisch zu verifizieren und anhand der Originalausgaben zu überprüfen. Für unsere Ausgabe konnte diese sehr aufwendige Arbeit nachgeholt werden, so daß hinsichtlich ihrer nach Erscheinen der kompletten Abteilung Dramen alle früheren Verzeichnisse als überholt angesehen werden können.
1
2
3
Daniel Casper von Lohenstein, Römische Trauerspiele. Agrippina – Epicharis. Hrsg. von Klaus Günther Just. Stuttgart 1955 (= Bibliothek des Literarischen Vereins 293), S. 297–316. Joerg C. Juretzka, Zur Dramatik Daniel Caspers von Lohenstein. „Cleopatra“ 1661 und 1680. Meisenheim am Glan 1976 (= Deutsche Studien 18), S. 232 f. Daniel Casper von Lohenstein, Sophonisbe. Trauerspiel. Hrsg. von Rolf Tarot. Bibliographisch ergänzte Ausgabe. Stuttgart 1996 (= Universal-Bibliothek 8394), S. 211–228. – Sehr schlichtes „Autoren- und Werkverzeichnis“ zur ‚Sophonisbe‘ und zur Neufassung der ‚Cleopatra‘, ohne Fundstellenangaben, in: Daniel Casper von Lohenstein, Cleopatra. Sophonisbe. Hrsg. von Wilhelm Voßkamp. [Reinbek] 1968 (= Rowohlts Klassiker der Literatur und der Wissenschaft: Deutsche Literatur 27), S. 267–272.
Vorbemerkung
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In der folgenden Liste sind alle Autoren und Werke erfaßt, – die Lohenstein (L.) in seinen Anmerkungen zu den in Band 2,1 enthaltenen Dramen zitiert oder erwähnt, – ferner, soweit nur irgend möglich, auch alle diejenigen Autoren und Werke, die innerhalb der zitierten Passagen fremder Autoren angeführt werden, – schließlich auch diejenigen, die von mir erschlossen wurden (z. B. beim Nachweis von lateinischen Zitaten, für die L. weder Autor noch Titel angibt). Alle Titel des 16./17. Jahrhunderts, bei denen Sicherheit oder wenigstens große Wahrscheinlichkeit besteht, daß L. sie in den von mir genannten Ausgaben benutzt hat, sind mit Sternchen gekennzeichnet; die Annahme der Wahrscheinlichkeit fußt meist darauf, daß von L. mitgeteilte Seitenangaben mit den von mir beigezogenen Ausgaben korrespondierten (hier ist aber zu bedenken, daß es von demselben Werk verschiedene seitenidentische Drucke geben kann). Unter den vielen Literaturhinweisen in L.s Anmerkungen findet sich nur ein einziger, bei dem Erscheinungsort und -jahr genannt werden (es handelt sich um ein englisches Werk: Spelmans ‚Aspilogia‘, London 1654, angeführt zu S I 372). Sofern bei Titeln der Frühen Neuzeit kein anderer Standort vermerkt ist, finden sie sich ausnahmslos in den Beständen der Herzog August Bibliothek zu Wolfenbüttel. In den auf die einzelnen Werktitel folgenden Fundstellen-Listen stehen alle Fundstellen, an denen das betreffende Werk von L. eindeutig aus zweiter Hand zitiert wird oder an denen ein Fremdautor, den L. zitiert, es innerhalb seiner Ausführungen erwähnt oder seinerseits zitiert, in runden Klammern. In eckigen Klammern stehen alle Fundstellen, an denen Werk und Autor von mir erschlossen werden mußten. – Bei Titeln, auf die keine Fundstellenliste folgt, handelt es sich um Werkausgaben, die zusätzlich, zur Klärung bestimmter Detailprobleme, beigezogen werden mußten. Den Autorennamen habe ich ganz kurz gefaßte biographische Hinweise beigegeben, in der Regel Geburts- bzw. Sterbejahr und -ort, gefolgt von einer kurzen Angabe über Beruf, Stand oder schriftstellerisches Betätigungsfeld (hierauf glaubte ich bei Aristoteles, Caesar, Cicero und Plato verzichten zu können). Am Schluß dieser Daten sind ein oder zwei leicht zugängliche Nachschlagewerke angegeben, in denen der interessierte Leser weiterführende bio-bibliographische Informationen findet. Bei ausländischen frühneuzeitlichen Autoren verweise ich, wenn die bibliographischen Voraussetzungen es erlauben, zuerst auf eine Nationalbiographie, sodann auf ein Autorenlexikon. Bei nichtchristlichen antiken Autoren wird in der Regel nur auf die seit 1996 erscheinende Neubearbeitung des ‚Kleinen Pauly‘ (DNP = Der Neue Pauly) verwiesen. – Aufschluß über abgekürzt zitierte Werke findet man in dem Titelverzeichnis im Anschluß an diese Autorenliste (S. 851 f.). Alle Namen frühneuzeitlicher Autoren lateinischsprachiger Werke sind in der latinisierten Fassung wiedergegeben, in der sie auf den Titelblättern der alten
808 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Drucke erscheinen und in der sie auch von L. genannt werden (also z. B. ‚Ioannes Miltonius‘ für John Milton). Auch Autoren der griechischen Antike sind in der lateinischen Namensform verzeichnet. Bei den Abkürzungen biblischer Bücher orientieren wir uns an der VulgataAusgabe von Robert Weber.4
4
Biblia sacra iuxta vulgatam versionem. Rec. Robertus Weber OSB. Editio tertia emendata. 2 tom. Stuttgart 1983.
Autoren- und Werkliste
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2. Autoren- und Werkliste Aelianus, Claudius Geb. wahrscheinlich nach ca. 193 n. Chr. Rom oder Praeneste, gest. zwischen 222 u. 238. – Griechischer Schriftsteller. Sein Werk ‚De natura animalium‘ ist eine Sammlung von Merkwürdigkeiten des Tierlebens; die ‚Varia historia‘ besteht größtenteils aus einer Sammlung von Anekdoten. – DNP 1 (1996), 327 f. On the characteristics of animals !De natura animalium". With an English translation by A.F. Scholfield. 3 vols. London, Cambridge/Mass. 1958–1959 (= The Loeb Classical Library). (A V 649) Historical miscellany !Varia historia". Edited and translated by N.G. Wilson. London, Cambridge/Mass. 1997 (= The Loeb Classical Library). E III 175. Aelius Lampridius f Scriptores Historiae Augustae. Aemilius Probus f Nepos, Cornelius. Aezema, Foppius ab Eigtl. Foppe van Aitzema, geb. ca. 1580 (wahrscheinlich) Midlum (Niederlande), gest. Oktober 1637 Wien. – Niederländischer Jurist und Diplomat. – NNBW 4 (1918), 15–17. Dissertationum ex iure civili libri II. Helmaestadii: Iacobus Lucius 1607. E V 420. Agrippa, Henricus Cornelius (Agrippa von Nettesheim) Eigtl. Heinrich Cornelius, geb. 14. 9. 1486 Köln, gest. 18. 12. 1535 Grenoble. – Philosoph, Arzt. – ADB 1 (1875), 156–158; NDB 1 (1953), 105 f.; Rhein. Lebensbilder 4 (1970), 57–77. De occulta philosophia libri tres. Ed. by V. Perrone Compagni. Leiden, New York, Köln 1992 (= Studies in the History of Christian Thought 48). (A V 615). Ammianus Marcellinus Geb. nicht lange vor 333 n. Chr. Antiochia (Syrien), gest. ca. 400 Rom. – Historiker; von seinen lateinisch geschriebenen ‚Res gestae‘, die in ursprünglich 31 Büchern im Anschluß an die ‚Historiae‘ von Tacitus die römische Geschichte
810 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen von Kaiser Nerva (96) bis zum Tode des Kaisers Valens (378) behandelten, sind nur die Bücher 14–31 erhalten (umfassend die Zeit von 353 bis 378). – DNP 1 (1996), 596–598. Römische Geschichte ! Res gestae". Lateinisch und deutsch und mit einem Kommentar versehen von Wolfgang Seyfarth. 4 Tle. Berlin 1968–1971 (= Schriften und Quellen der Alten Welt 21,1–4). E II 540, III 538. Anaxagoras Geb. 500 v. Chr. Klazomenai, gest. 428 Lampsakos. – Griechischer Naturphilosoph (Vorsokratiker). Von seinen Schriften sind nur Fragmente überliefert. – DNP 1 (1996), 667 f. (Lemma fehlt!). Fragmente. In: Hermann Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und deutsch. Hrsg. von Walther Kranz. Bd. 2. 16. Aufl. (unveränd. Nachdruck d. 6. Aufl.). O.O. 1972, S. 5–44. (A V 610). Appianus Geb. zwischen 90 u. 95 n. Chr. Alexandria, gest. 160 n. Chr. Rom. – Griechischer Historiker; seine ‚Römische Geschichte‘ reicht von der Zeit der Könige bis zu den Eroberungen Kaiser Trajans. – DNP 1 (1996), 903–905. Roman History !Historia Romana". With an English translation by Horace White. 4 vols. London, Cambridge/Mass. 1968–1972 (= The Loeb Classical Library). A III 204; (E I 475). Apuleius Madaurensis, Lucius Römischer Schriftsteller des 2. Jh.s n. Chr. (Rhetor, Erzähler, Philosoph), gebürtig aus Madaura (Numidien). Sein berühmtestes Werk ist der Roman ‚Metamorphoseon libri XI‘, bekannter unter dem Titel ‚Asinus aureus‘ (‚Der goldene Esel‘). – DNP 1 (1996), 910–914. Verteidigungsrede !Apologia". – Blütenlese !Florida". Lateinisch und deutsch von Rudolf Helm. Berlin 1977 (= Schriften und Quellen der Alten Welt 36). Apologia: [A I 54]. De medicaminibus herbarum !unechte Schrift". In: In hoc opere contenta: Ant. Musae de herba Vetonica liber 1. L. Apulei de medicaminibus herbarum liber 1. Per Gabrielem Humelbergium Ravenspurgensem, Archiatrum Isinensem, recogniti et emendati, adiuncto commentariolo eiusdem. O.O. [1537] (Berlin, SB). (A V 652).
Autoren- und Werkliste
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Aristophanes Geb. um 445 v. Chr. Athen, gest. um 385 ebenda. – Griechischer Komödiendichter. – DNP 1 (1996), 1122–1130. !Comoediae. "
Texte établi par Victor Coulon et traduit par Hilaire van Daele. Paris 1948–1954 (= Collection des Universités de France). Nubes: A V 610. Aristoteles Geb. 384 v. Chr. Stagira, gest. Chalkis (Euboea) 322. – DNP 1 (1996), 1134–1145. Politics !Politica". With an English translation by H. Rackham. London, Cambridge/Mass. 1967 (= The Loeb Classical Library). A II 306; E I 546.
De temulentia !Fragmente". In: Aristotelis qui ferebantur librorum fragmenta. Collegit Valentinus Rose. Leipzig 1886 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana), S. 97–104. (A I 59). Arnisaeus, Henningus Geb. Schlanstedt bei Halberstadt, Geburtsjahr unbekannt, gest. 1636 oder 1635 Kopenhagen. – Mediziner, Philosoph und Staatsrechtler. – ADB 1 (1875), 575. *De republica seu Relectionis politicae libri II. Quorum primus agit de civitate et familiis, secundus de rerumpubl. natura et differentiis !…". Francofurti: impensis Johannis Thymii, typis Nicolai Voltzii 1615. E V 642. Arnobius A. wirkte zur Zeit Kaiser Diokletians (284–305) als Rhetoriklehrer in Sicca (im prokonsularischen Afrika). Die einzige von ihm überlieferte Schrift ‚Adversus gentes/nationes‘, eine Apologie des Christentums, umfaßt eigentlich nur sieben Bücher; bei dem in der handschriftlichen Überlieferung und noch in Ausgaben des 16. Jh.s enthaltenen achten Buch (vgl. L.s Angaben zu A III 207, C I 320, E II 514, S I 383, V 253) handelt es sich um ein eigenes Werk, den Dialog ‚Octavius‘ von Minucius Felix (s. dort). – LACL (21999), 52–54. Opera omnia: PL 5. Disputationum adversus gentes libri VII: A III 207; E II 514. Athenaeus Aus Naukratis stammender griechischer Schriftsteller, der um 200 n. Chr. lebte. Seine ‚Deipnosophistae‘ (andere Werke sind verloren) sind Tischgespräche in der Art von Platos Symposion zu diversen philologischen, historisch-politischen und kulturgeschichtlichen Themen. – DNP 2 (1997), 196–199.
812 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen The deipnosophists !Deipnosophistae". With an English translation by Charles Burton Gulick. 7 vols. London, Cambridge/Mass. 1961–1970 (= The Loeb Classical Library). (A I 59). Augustinus, Aurelius Geb. 13. 11. 354 Thagaste (Numidien), gest. 28. 8. 430 Hippo Regius. – Seit 395 Bischof von Hippo Regius. Lateinischer Kirchenvater. – LACL (21999), 65–85. Opera omnia: PL 32–46. De civitate dei: A I 55, (IV 348). Aurelius Victor, Sextus Römischer Historiker des 4. Jh.s n. Chr. Sein ‚Liber de Caesaribus‘ ist eine kurzgefaßte Geschichte des Römischen Reiches in Form von Kaiserbiographien von Augustus bis zum Tode von Constantius II. (361). – DNP 12/2 (2003), 187 f. Liber de Caesaribus. Praecedunt Origo gentis Romanae et Liber de viris illustribus urbis Romae. Subsequitur Epitome de Caesaribus. Recensuit F. Pichlmayr. Editio stereotypa correctior editionis primae. Addenda et corrigenda collegit et adiecit R. Gruendel. Leipzig 1961 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). [A I 230]; [E I 548]. Balzac, Jean Louis Guez de Geb. 1595 Angoulême, gest. 18. 2. 1654 Paris. – Schriftsteller, verfaßte vornehmlich Briefe und philosophisch-moralische Abhandlungen. – DBF 5 (1951), 38–43; DLF 17 (1996), 103–106. *Le barbon. In: Les œuvres diverses du Sieur de Balzac. Augmentées en cette édition des plusieurs pieces nouvelles. Leide: chez Jean Elsevier 1658, S. 333–381. A V 633. *Discours cinquième: Mecenas. In: ebd., S. 72–89. E IV 80. *Les entretiens de feu Monsieur de Balzac. Leide: chez Jean Elsevier 1659. E I 20.416, IV 80, V 111.471. Barbosus, Odoardus Zu diesem von Eyndius ab Haemstede genannten Autor war nicht das Geringste zu ermitteln. (A I 59).
Autoren- und Werkliste
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Biblia sacra Idc: E III 768. – Sm: A V 721. Bocerus, Henricus Geb. 6. 1. 1561 Salzkotten, gest. 5. 7. 1630 Tübingen. – Jurist. – ADB 2 (1875), 759 f. De bello et duello tractatus iuris, sedecim abhinc annis primùm divulgatus, nuper autem variis in locis recognitus, quaestionibus nonnullis auctus, reformatus et denuo editus. !…". Tubingae: typis et impensis Cellianis 1607. E IV 367. Boethius, Anicius Manlius Severinus Geb. ca. 480 Rom, hingerichtet Oktober 524 bei Pavia. – Römischer Philosoph christlichen Bekenntnisses. – LACL (21999), 108–110. De consolatione philosophiae libri quinque, quos denuo recognovit, adnotationibus illustravit !…" Adrianus a Forti Scuto. Opus mortuo auctore edendum curavit Georgius D. Smith. London 1925. – Reprint Hildesheim, New York 1976. E IV 701. Brachelius, Johannes Adolphus Eigtl. Brahel, Geburtsort u. -jahr unbekannt, gest. 1652 Köln als Vikar an St. Kunibert. – Jöcher 1 (1750), 1323; Kosch, Das kathol. Dtld. 1 (1933), 224. Historiarum nostri temporis !…" editio secunda in duas partes divisa. Priore emendatior, et continuata in annum 1652. diversis variorum principum et virorum illustrium figuris exornata. Coloniae: apud Ioannem Antonium Kinckium 1652. E I 20. Ps.-Callisthenes Fälschlich unter dem Namen des Callisthenes (griechischer Historiker des 4. Jh.s v. Chr.) überlieferter griechischer Roman über Alexander den Großen (in der vorliegenden Fassung wahrscheinlich im 3. Jh. n. Chr. von einem Alexandriner zusammengeschrieben). – RE X,2 (1919), 1707–1726. Vita Alexandri magni. – Leben und Taten Alexanders von Makedonien. Der griechische Alexanderroman nach der Handschrift L. Hrsg. u. übers. von Helmut van Thiel. Darmstadt 1972 (= Texte zur Forschung 13). (A V 648). Capitolinus, Iulius f Scriptores Historiae Augustae.
814 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Cardanus, Hieronymus Eigtl. Girolamo Cardano, geb. 24. 9. 1501 Pavia, gest. 21. 9. 1576 Rom. – Italienischer Philosoph, Mathematiker und Mediziner. Sein ,Encomium Neronis‘ erschien zuerst Basel 1562 in einem Sammelband mit anderen Schriften aus seiner Feder. – DBI 19 (1976), 758–763; DELI 1 (1966), 588. Encomium Neronis. Edition, Übersetzung und Kommentar !von" Nikolaus Eberl. Frankfurt a. M., Berlin, Bern 1994 (= Europäische Hochschulschriften XV,66). (E V 111). Carpzov, Benedictus Geb. 27. 5. 1595 Wittenberg, gest. 30. 8. 1666 Leipzig. – Jurist. – ADB 4 (1876), 11–20; NDB 3 (1957), 156 f. Practicae novae imperialis Saxonicae rerum criminalium pars III. !…". Editio secunda, correctior !…". Wittebergae: sumptibus haered. Doct. Tobiae Mevii 1646 (Berlin, SB). E V 655. Cassius Dio Geb. um 164 n. Chr. Nikaia (Bithynien), gest. nach 229 Bithynien. – Hoher römischer Staatsbeamter; Historiker. Von den 80 Büchern seiner griechisch geschriebenen ‚Römischen Geschichte‘ sind nur die Bücher 36–60 und Teile der Bücher 78–79 erhalten. Einen Ersatz für verlorene Bücher bieten Exzerpte aus späterer Zeit, u. a. die des byzantinischen Gelehrten Ioannes Xiphilinus, der in der zweiten Hälfte des 11. Jh.s als Mönch in Konstantinopel lebte. Des Xiphilinus Auszüge, die L. nachweislich in der Ausgabe von Henricus Stephanus (Genf 1592) ausgiebig benutzt hat, erfassen nur die Bücher 36–80. – DNP 2 (1997), 1014 f.; zu Xiphilinus: Krumbacher, 369 f. Historiarum Romanorum quae supersunt. Edidit Ursulus Philippus Boissevain. 5 vol. Berlin 1895–1931. A I [230].330, II 92.136.204.220.298.523, III 79.196.442, IV 22.177, V 49.122. 180.267.401.624.848; E I 402.404.466.468.474.478.480.[548], II 121.531, IV 614, V 111. *!…". E Dione excerptae historiae ab Ioanne Xiphilino. Ex interpretatione Guilielmi Blanci, à Guilielmo Xylandro recognita. Henrici Stephani in Ioannem Xiphilinum post duos egregios messores spicilegium. !Genf:" excudebat Henricus Stephanus 1592 (Berlin, SB). Cedrenus, Georgius f Georgius Cedrenus.
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Cicero, Marcus Tullius Geb. 106 v. Chr. Arpinum, ermordet 43 v. Chr. – DNP 2 (1997), 1191–1202. De officiis. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit M. Winterbottom. Oxford 1994 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxoniensis). E I 558. Orationes. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit Albertus Curtis Clark. 6 vols. Oxford 1948–1952 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxoniensis). Orationes Philippicae: E I 514. – Pro Ligario: E III 684. – Pro Rabirio: E V 701. Claudianus, Claudius Griechisch-lateinischer Dichter, gebürtig wahrscheinlich aus Alexandria (um 400 n. Chr.). – DNP 3 (1997), 3–6. Carmina. Edidit John Barrie Hall. Leipzig 1985 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). Bellum Geticum: A V 610. – In Rufinum: A V 610. Clemens Alexandrinus Eigtl. Titus Flavius Clemens, geb. ca. 140/150 vielleicht in Athen, gest. ca. 220. – Leiter der Katechetenschule in Alexandria, später Priester in Jerusalem. Griechischer Kirchenschriftsteller und Philosoph. – LACL (21999), 128–131. Opera quae exstant omnia: PG 8–9. Stromata: (A V 720). Codex Iustiniani f Corpus iuris civilis. Comes, Natalis Eigtl. Natale Conti (lat. auch: de Comitibus), geb. wahrscheinlich 1520 Mailand, gest. 1582 Venedig. – Italienischer neulateinischer Dichter, Philologe und Historiker. – DBI 28 (1983), 454–457; DELI 2 (1966), 115 f. *Mythologiae sive explicationis fabularum libri decem, in quibus omnia propè naturalis et moralis philosophiae dogmata contenta fuisse demonstratur. Nuper ab ipso autore recogniti et locupletati !…". Genevae: sumptibus Ioannis de Tournes 1653. A II 551, V 615. Corpus iuris canonici Zwischen 1140 und 1503 entstandene Sammlung kirchlicher Rechtsquellen, bestehend aus 6 Teilen: Decretum Gratiani; Decretales (Liber Extra); Liber Sextus; Clementinae; Extravagantes Iohannis XXII.; Extravagantes communes. Bis 1917 Grundlage des katholischen Kirchenrechts. – LM 3 (1986), 263–270.
816 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Corpus iuris canonici. Editio Lipsiensis secunda. Post Aemilii Ludouici Richteri curas ad librorum manu scriptorum et editionis Romanae fidem recognouit et adnotatione critica instruxit Aemilius Friedberg. 2 Tle. Leipzig 1879. – Reprint Graz 1955. E IV 371. Corpus iuris civilis Von Kaiser Iustinianus (527–565) in Auftrag gegebene, 533/534 abgeschlossene Kodifizierung der gesamten römischen Rechtsüberlieferung, bestehend aus dem Codex (systematisch gegliederte Sammlung aller Kaisergesetze), den Digesta bzw. Pandectae (systematische Zusammenstellung von Auszügen aus den Werken klassischer römischer Rechtsgelehrter) und den Institutiones (Lehrbuch zur Einführung in die Digesta mit Gesetzeskraft). Später kamen als vierter Teil die Novellae hinzu (Gesetze, die von Kaiser Iustinianus selbst und späteren römischen Kaisern erlassen wurden). – DNP 3 (1997), 54 f. (Codex); 560–563 (Digesta); 5 (1998), 1021 f. (Institutiones); 8 (2000), 1023 f. (Novellae). Corpus iuris civilis. Vol. 1: Institutiones. Recognovit Paulus Krueger; Digesta. Recognovit Theodorus Mommsen. Retractavit Paulus Krueger. Reprint Dublin, Zürich 1968. – Vol. 2: Codex Iustinianus. Recognovit et retractavit Paulus Krueger. Reprint ebd. 1967. – Vol. 3: Novellae. Recognovit Rudolfus Schoell; opus Schoellii morte interceptum absolvit Guilelmus Kroll. Reprint ebd. 1968. Codex: A II 87, IV 177; E I 757, III 292. – Digesta: A II 87, III 196; E I 504, II 392, III 696, IV 612. 613.614. – Institutiones: A III 196; E I 535. – Novellae: E II 281. Cranzius, Albertus f Krantz, Albert. Curtius Rufus, Quintus Römischer Historiker, dessen Lebensdaten unbekannt sind. Wahrscheinlich schrieb er seine (nicht vollständig überlieferte) Geschichte Alexanders des Großen unter der Regierung Kaiser Vespasians (69–79). – DNP 3 (1997), 248 f. Histoires !Historiae Alexandri Magni". Texte établi et traduit par H. Bardon. 2 tomes. Paris 1947–1948 (= Collection des Universités de France). E III 97.560.[619], IV 346. Davila, Enrico Caterino Geb. 30. 10. 1576 Piove di Sacco, gest. 1631 bei Verona. – Italienischer Historiker. – DBI 33 (1987), 163–171; DCLI 2 (1986), 104. Historia delle guerre civili di Francia !…", nella quale si contengono le operationi di quattro ré Francecso II., Carlo IX., Henrico III. & Henrico IV., cognominato il Grande. Terza impressione, corretta dall’ istesso auttore !…". Venetia: preßo Paolo Baglioni 1638. (E II 168).
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Delrio, Martinus Geb. 17. 5. 1551 Antwerpen, gest. 19. 10. 1608 Löwen. – Niederländischer Philologe, Theologe, Jurist; Jesuit. – BNB 5 (1876), 476–491; de Backer/Sommervogel 2 (1891), 1894–1905. Disquisitionum magicarum libri sex in tres tomos partiti. !…". Moguntiae: Ioannes Albinus 1603. A V 721. Dempsterus, Thomas Geb. 23. 8. 1579 (?) Cliftbog, gest. 6. 9. 1625 Bologna. – Vielgereister schottischer Altertumsforscher, Philologe, Historiker und neulateinischer Dichter. – DNB 5 (Repr. 1921/22), 785–790; Allibone 1 (1888), 492. *Antiquitatum Romanarum corpus absolutissimum, in quo praeter ea, quae Ioannes Rosinus delineaverat, infinita supplentur, mutantur, adduntur. Ex criticis et omnibus utriusque linguae auctoribus collectum !…". Thoma Dempstero à Muresk, I.C. Scoto auctore. Huic postremae editioni accesserunt electa, I. De priscis Rom. gentil. ac familiis, II. De tribubus Rom. XXXV rusticis atque urbanis, III. De ludis festisque Rom. ex Kalendario vetere. Studio And. Schotti, Soc. I. Permissu superiorum. Coloniae: sumptibus Bernardi Gvalteri 1619. – Seitenidentischer Druck: Köln 1662. A II 504.544. Dictys Cretensis ‚Der Kreter Dictys‘ ist Pseudonym eines unbekannten Autors, der einen angeblichen Tatsachenbericht über den Trojanischen Krieg niederschrieb, an dem er vorgab selbst beteiligt gewesen zu sein. Das griechische Original (wahrscheinlich aus dem 1. Jh. n. Chr.) ist verloren; erhalten hat sich eine von einem gewissen Septimius angefertigte lateinische Übersetzung (vielleicht aus dem 4. Jh.). – DNP 3 (1997), 537. Ephemeridos belli Troiani libri a Lucio Septimio ex Graeco in Latinum sermonem translati. Accedunt papyri Dictys Graeci in Aegypto inventae. Edidit Werner Eisenhut. 2. Aufl. Leipzig 1973 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A II 533.535. Digesta f Corpus iuris civilis. Dio Cassius f Cassius Dio.
818 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Diodorus Siculus Aus Agyrion (Sizilien) stammender griechischer Universalhistoriker des 1. Jh.s v. Chr. Von seiner ‚Bibliotheca historica‘, einer Weltgeschichte von den Anfängen bis zur Eroberung Britanniens durch Caesar (54 v. Chr.), die 40 Bücher umfaßte, sind nur die Bücher 1–5 und 11–20 vollständig überliefert. – DNP 3 (1997), 592–594. !Bibliotheca historica. " With an English translation by C.H. Oldfather !and others". 12 vols. London, Cambridge/Mass. 1960–1967 (= The Loeb Classical
Library). A III 310. Diogenes Laertius Griechischer Schriftsteller des 3. Jh.s n. Chr. Verfasser einer bis zum 2. Jh. reichenden Geschichte der griechischen Philosophie in Gestalt einer Abfolge von Philosophen-Biographien. – DNP 3 (1997), 601–603. Lives of eminent philosophers !Vitae philosophorum". With an English translation by R.D. Hicks. 2 vols. London, Cambridge/Mass. 1958–1959 (= The Loeb Classical Library). A V 610. Diogenianus Aus Herakleia stammender griechischer Grammatiker des 2. Jh.s n. Chr. Er stellte ein alphabetisch geordnetes Lexikon von Redensarten zusammen. – DNP 3 (1997), 605 f. Vulgaria proverbia. Graecè nunc primum eruta, Latinè reddita ac scholiis illustrata ab Andrea Schotto. – In: Adagia sive proverbia Graecorum ex Zenobio seu Zenodoto, Diogeniano et Suidae collectaneis. Partim edita nunc primùm, partim Latinè reddita scholiisque parallelis illustrata ab Andrea Schotto Antwerpiano, Soc. Iesu Presbytero. Antwerpiae: ex officina Plantiniana 1612. (A V 720). Ennius, Quintus Geb. 239 v. Chr. Rudiae (Unteritalien), gest. 169 Rom. – Vielseitiger Dichter der Frühzeit römischer Literatur (Adaptation griechischer Vorbilder, Einführung des Hexameters). Von seinen Werken (am wichtigsten die ‚Annales‘, ein römisches Nationalepos, das durch Vergils ‚Aeneis‘ völlig verdrängt wurde) sind nur Fragmente erhalten. – DNP 3 (1997), 1040–1046. Ennianae poesis reliquiae. Iteratis curis recensuit Ioannes Vahlen. Exemplar photomechanice iteratum. Leipzig 1928. (A I 54).
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Euripides Geb. zwischen 485 u. 480 v. Chr. Salamis, gest. 406 Pella. – Griechischer Tragiker. – DNP 4 (1998), 280–288. Sämtliche Tragödien und Fragmente. Griechisch-deutsch. Übersetzt von Ernst Buschor. Hrsg. von Adolf Seeck. 6 Bde. München 1972–1981 (= TusculumBücherei). Orest: A IV 171. Eusebius Caesariensis Geb. vor 264/265, gest. 339/340. – Seit 314 Bischof von Caesarea. Griechischer Kirchenlehrer. – LACL (21999), 209–214. Opera omnia quae exstant: PG 19–24. Praeparatio evangelica: A V 625. La préparation évangélique !Praeparatio evangelica". Introduction, texte grec, traduction et commentaire par Jean Sirinelli et Edouard des Places. !Bd. 1 ff.". Paris 1974 ff. (= Sources chrétiennes). Eyndius ab Haemstede, Iacobus Eigtl. J. van der Eynde, geb. 1575 Delft, gest. 1. 9. 1614 Schloß Haemstede. – Niederländischer Historiker, neulateinischer Dichter. – BWN 5, 300 f. *Convivalis senatus super pace ab Hispan. foeder. Belgicae provinciis anno MDCIX oblata. Accedunt Flandrici belli lib. II. Cum poëmatiis. Lugduni Batavorum: Henricus Ludovicus ab Haestens 1611. A I 59. Faëtano, Matteo Eigtl. Giovanni Matteo Faitani, geb. ca. 1505/06 wahrscheinlich Rimini, gest. ca. 1567/68. – Italienischer Humanist; neulateinischer Dichter. – DBI (1994), 225–229. Ein Epigramm von ihm zit. nach Mazzella in AnmL. zu A III 404 (Primärquelle nicht ermittelt). Festus, Sextus Pompeius Römischer Grammatiker des 2. Jh.s n. Chr., der einen Auszug aus dem umfangreichen (im Original verlorenen) Lexikon ‚Über die Bedeutung der Wörter‘ von Verrius Flaccus (Zeitalter des Kaisers Augustus) angefertigt hat. Von diesem Auszug ist nur die zweite Hälfte (M-V) in lückenhafter Form erhalten; vom ersten Teil gibt es aber eine ihrerseits reduzierende Bearbeitung von Paulus Diaconus (8. Jh.). – DNP 4 (1998), 495 f.
820 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen De verborum significatu quae supersunt cum Pauli epitome. Thewrewkianis copiis usus edidit Wallace M. Lindsay. Leipzig 1913 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A II 526. Florus, Lucius Annaeus Verfasser einer kurzgefaßten panegyrischen Darstellung der römischen Geschichte von den Anfängen bis Augustus, die wahrscheinlich unter der Regierung Kaiser Hadrians (117–138) entstanden ist. Lebensdaten sind nicht überliefert. – DNP 4 (1998), 566 f. Quae exstant, Henrica Malcovati iterum edidit. Editio altera. Rom 1972 (= Scriptores Graeci et Latini consilio Academiae Lynceorum editi). E I 43.45.446.461.465.467.469.471.473.475.479.550.738.744, III 742. f Freinshemius, Ioannes. Forstnerus, Christophorus Eigtl. Christoph von Forstner, geb. 7. 10. 1598 auf Schloß Birckenstein (Österreich), gest. 29. 12. 1667 Mömpelgard. – Diplomat, Kanzler des Herzogs von Württemberg; politischer Schriftsteller und Tacitus-Kommentator. – ADB 7 (1877), 191 f. *Ad libros Annalium XI., XII., XIII. C. Cornelii Taciti notae politicae. Quae sunt continuatio notarum politicarum eiusdem authoris ad sex libros priores. Francofurti: sumptibus Iohannis Beyeri 1662. E II 168. *In tres postremos libros Annalium C. Cornelii Taciti notae politicae. Francofurti: impensis Ioannis Beyeri 1661. E I 645.738, III 466.494, IV 484. *In XVI libros Annalium (quatenus extant) C. Cornelii Taciti notae politicae. Hac ultimâ editione longè, quàm antè, emendatiores. Francofurti: sumptibus Iohannis Beyeri 1662. E II 540, III 150, IV 97. Franzius, Wolfgangus Geb. Oktober 1564 Wittenberg, gest. 26. 10. 1628 ebenda. – Theologe. – ADB 7 (1877), 319 f.; Bautz 2 (1990), 112. *Historia animalium sacra, in qua plerorumque animalium praecipuae proprietates in gratiam studiosorum theologiae et ministrorum verbi ad usum µ breviter accommodantur. In Academia Witebergensi ante annos aliquot dictata à Wolfgango Franzio, SS. Theolog. Doct. Witebergae: sumtibus Zachariae Schureri et Johannis Gormanni 1612. A III 178, V 682.
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Freinshemius, Ioannes Geb. 16. 11. 1608 Ulm, gest. 31. 8. 1660 Heidelberg. – Philologe und Historiker. – ADB 7 (1877), 348 f.; Killy, LL 3 (1989), 514 f. L. Annaeus Florus: Rerum Romanarum editio nova, accurante Ioanne Freinshemio. !…". Argentorati: sumptibus heredum Lazari Zetzneri 1636 (Berlin, SB). [E I 461.465.475.738.744, III 742]. Gelaldinus Arabs Eigtl. Malaladdin as-Suyuti, geb. 3. 10. 1445, gest. 17. 10. 1505. – Ägyptischer Polyhistor. – Carl Brockelmann, Geschichte der arabischen Literatur. 2. Aufl. Bd. 2. Leiden 1949, S. 180–204. Husn al-muhadara fi ta’ riä Misr wa l-Qahira. !Hrsg.:" M. Abu l-Fadl Ibrahim. Kairo 1387/1967. (A V 612). Gellius, Aulus Geb. ca. 130 n. Chr. – Römischer Schriftsteller. Seine ‚Noctes Atticae‘, erschienen um 170, sind eine bunte, unterhaltsame und zugleich lehrreiche Sammlung von Beiträgen zu vielen Wissensgebieten, für die eine Vielzahl von Quellen ausgeschöpft wurde. – DNP 4 (1998), 896 f. Noctes Atticae. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit P.K. Marshall. 2 tom. Oxford 1968 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxoniensis). (A III 497); E I 616, IV 664, (V 111). Gellius, Gnaeus Römischer Historiker des 2. Jh.s v. Chr., von dessen Werk, den sehr umfangreichen ‚Annales‘, nur Fragmente überliefert sind. – DNP 4 (1998), 895. Annales-Fragmente. In: Historicorum Romanorum reliquiae. Iteratis curis recensuit Hermannus Peter. !…". Vol. 1. Stuttgart 1967 (= Sammlung wissenschaftlicher Kommentare), S. 148–157. (E I 738). Geoponica Titel einer Sammlung von Exzerpten aus den Schriften von 30 griechischen und römischen Fachschriftstellern zu Fragen der Land-, Forst- und Gartenwirtschaft (alles in griechischer Sprache). Sie ist die Quelle für die von Kircher (‚Obeliscus Pamphilius‘; Zitat in AnmL. zu A V 649) mitgeteilte Verhaltensweise des Wiedehopfs. – DNP 4 (1998), 938–941. Geoponica sive Cassiani Bassi Scholastici De re rustica eclogae. Recensuit Henricus Beckh. Leipzig 1895. (A V 649).
822 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Georgius Cedrenus Ein nach seiner Biographie völlig unbekannter byzantinischer Autor einer Weltchronik, geschrieben am Ende des 11. oder Anfang des 12. Jh.s. – Krumbacher, 368 f. Compendium historiarum !griech./lat.". Ex versione Guillelmi Xylandri, cum eiusdem annotationibus. Accedunt huic editioni praeter lacunas tres ingentes et alias expletas notae in Cedrenum P. Iacobi Goar !…" et Caroli Annibalis Fabroti I.C. glossarium ad eundem Cedrenum. Item Ioannes Scylitzes Curopalates, excipiens ubi Cedrenus desinit !…". 2 tomi. Parisiis: e typographia regia 1647 (Berlin, SB). A V 605. Gonzales de Mendosa, Ioannes Geb. ca. 1540 Toledo, gest. 1617 Mexiko. – Spanischer Missionar, Augustiner, tätig in China und Mexiko; über seine Reisegebiete verfaßte er historische und kulturgeschichtliche Werke. – NBG 34 (1861), 955 f. Rerum morumque in regno Chinensi maxime notabilium historia. Ex ipsis Chinensium libris et religiosorum, qui in illo primi fuerunt, literis ac relatione concinnata. !…". Ex Hispanica lingua in Latinam transtulit F. Ioachimus Brulius !… ". Antverpiae: apud viduam et haeredes Francisci Fickaert 1655 (Berlin, SB). (A I 59). Gorion, Iosephus ben f Iosephus ben Gorion. Grotius, Hugo Eigtl. Huig de Groot, geb. 10. 4. 1583 Delft, gest. 28. 8. 1645 Rostock. – Niederländischer Jurist (Begründer des Völkerrechts) und Staatsmann. – NNBW 2 (1912), 523–528. De iure belli ac pacis libri tres, in quibus ius naturae et gentium, item iuris publici praecipua explicantur. Editio nova cum annotatis auctoris. Accesserunt et annotata in Epistolam Pauli ad Philemonem. Amsterdam: apud Ioh. et Cornelium Blaeu 1642. E V 623.653. Gyraldus, Lilius Gregorius Eigtl. Lilio Gregorio Giraldi, geb. 13. 6. 1479 Ferrara, gest. Februar 1552 ebenda. – Italienischer Humanist; Dichter und Philologe. – NBG 20 (1857), 644–647; DELI 3 (1967), 133 f. De deis gentium libri sive syntagma XVII. gentium historia, imagines ac cognomina, ignota explicantur clarissimeque tractantur
Quibus varia ac multiplex deorum plurimaque simul multis hactenus !… ". Postrema editio, qua quae in
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caeteris vel praetermissa vel brevius descripta separatim in auctarium congesta fuerant, nunc in locum suum digesta fuere. Lugduni: apud haeredes Iacobi Iunctae 1565. (A II 566). Verglichen wurde die folgende frühere Ausgabe: De deis gentium varia et multiplex historia !…". Basileae: Ioannes Oporinus 1548. Hegesippus qui dicitur Unter dem Namen Hegesippus ist eine lateinische Übersetzung und Bearbeitung des ‚Bellum Iudaicum‘ von Flavius Iosephus (s. dort) überliefert; ‚Hegesippus‘ ist nichts anderes als eine Entstellung des wahren Autornamens ‚Iosephus‘. Verfasser der um 370 n. Chr. entstandenen lateinischen Fasssung ist wahrscheinlich jemand aus dem Umfeld des Kirchenvaters Ambrosius. – LACL (21999), 278 f. Historiae libri V. Edidit Vincentius Ussani. Wien 1960 (= Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum 60). E I 563. f Iosephus, Flavius. Heilige Schrift f Biblia sacra. Herodotus Geb. ca. 485 v. Chr. Halikarnassos, gest. ca. 424. – Griechischer Historiker, „Vater der Geschichte“; seine ‚Historiae‘ umfassen die Zeit vom Trojanischen Krieg bis zu den Perserkriegen (Einnahme von Sestos 479 v. Chr.). – DNP 5 (1998), 469–475. Historiae. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit Carolus Hude. Editio tertia. 2 vol. Oxford 1941–1947 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxoniensis). E III 649, V 51. Herostratus Fehlzuschreibung in Kircher-Zitat zu A V 749 (s. AnmLH. hierzu). f Hesychius Milesius; f Philostratus. Hesychius Alexandrinus Alexandrinischer Gelehrter, der ein alphabetisch angelegtes Lexikon verfaßt hat (5. oder 6. Jh. n. Chr.). – DNP 5 (1998), 514 f. Lexicon, post Ioannem Albertum recensuit Mauricius Schmidt. 5 Bde. Jena 1858–1868. (A V 720).
824 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Hesychius Milesius Aus Milet stammender, nichtchristlicher griechischer Geschichtsschreiber des 5./6. Jh.s (gest. wahrscheinlich um 530 n. Chr.). Von seiner Weltgeschichte in 6 Büchern haben sich nur Fragmente erhalten. – DNP 5 (1998), 516 f. Fragmenta. In: Felix Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker (F GR HIST), Tl. III B. Leiden 1950, Nr. 390, S. 266–272. [A V 749]. Hieronymus, Sophronius Eusebius Geb. ca. 347 Stridon (Dalmatien), gest. 30. 9. 419 Bethlehem. – Lateinischer Kirchenvater. – LACL (21999), 286–290. Opera omnia: PL 22–30. Adversus Iovinianum: E I 45. Historia Augusta f Scriptores Historiae Augustae. Homerus Über die Person dieses ältesten griechischen Dichters ist nichts historisch Zuverlässiges bekannt. Wahrscheinlich lebte er als Wanderrhapsode in Ionien in der zweiten Hälfte des 8. Jh.s v. Chr. Von den beiden Epen Ilias und Odyssee, den einzigen als echt geltenden von den unter Homers Namen überlieferten Werken, ist die Odyssee das jüngere. – DNP 5 (1998), 686–699. Ilias. Übertragen von Hans Rupé. Mit Urtext, Anhang und Registern. 5. Aufl. Darmstadt 1974 (= Tusculum-Bücherei). (A IV 348); E II 516. Odyssee. Griechisch und deutsch. Übertragung von Anton Weiher. Mit Urtext, Anhang und Registern. Einführung von A. Heubeck. 5. Aufl. München 1977 (= Tusculum-Bücherei). A V 721. Horapollo Name eines Ägypters, der um 500 n. Chr. in Alexandria eine Schrift ‚Hieroglyphica‘ verfaßte (die Übersetzung ins Griechische soll ein gewisser Philippos besorgt haben). Das Werk enthält allegorisch-symbolische Erläuterungen von Hieroglyphen und wirkte in dieser Hinsicht prägend für das Verständnis der Hieroglyphenschrift bei Gelehrten der Frühen Neuzeit (z. B. Athanasius Kircher). – DNP 5 (1998), 717 f. Hieroglyphica. Saggio introduttivo, edizione critica del testo e commento di Francesco Sbordone. Napoli 1940. (A V 649).
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Horatius Flaccus, Quintus Geb. 8. 12. 65 v. Chr. Venusia, gest. 27.11.8 v. Chr. – Römischer Lyriker. – DNP 5 (1998), 720–727. Opera. Edidit D.R. Shackleton Bailey. Stuttgart 1985 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A I 60, II 258, V 610.721. Hornius, Georgius Geb. 1620 Kemnath (Oberpfalz), gest. 10. 11. 1670 Leiden. – Historiker. – ADB 13 (1881), 137 f.; Killy: LL 5 (1990), 467–469. *Arca Noae, sive Historia imperiorum et regnorum à condito orbe ad nostra tempora. Lugd. Bat. et Roterod.: ex officina Hackiana 1666. A[B-Druck] V 649.711; E[B-Druck] I 744. Orbis politicus imperiorum, regnorum, pincipatuum, rerumpublicarum. Cum memorabilibus historicis et geographia veteri ac recenti. Editio septima auctior et emendatior. Francofurti: apud Fridericum Arnst Bibliop. 1675. E[B-Druck] V 99.102. Horus f Horapollo. Iamblichus Aus dem syrischen Chalkis stammender griechischer Philosoph des 3./4. Jh.s n. Chr. (wahrscheinlich 240–325); Neuplatoniker. – DNP 5 (1998), 848–852, Nr. 2. Les mystères d’Egypte !De mysteriis". Texte établi et traduit par Edouard Des Places, S.J. Paris 1966 (= Collection des Universités de France). [A V 767]. Inschriften Nachweise s. Fundstellen. (E I 22.675). Institutiones f Corpus iuris civilis. Ioannes Tzetzes f Tzetzes, Ioannes. Ioannes Xiphilinus f Cassius Dio.
826 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Ionstonus, Ioannes Als Abkömmling einer schottischen Familie geb. 3. 9. 1603 Sambter (Polen), gest. 8. 6. 1675 Ziebendorf bei Liegnitz. Guter Bekannter Daniel Czepkos. – Mediziner, Verfasser zahlreicher, hauptsächlich naturwissenschaftlicher Schriften. – Zedler 14 (1753), 1071; NBG 25 (1861), 927 f.; Michaud 21 (Repr. 1968), 147 f. *Polyhistor, seu Rerum ab exortu universi ad nostra usque tempora, per Asiam, Africam, Europam et Americam, in sacris et profanis gestarum succincta et methodica series. Ienae: sumtibus Viti Iacobi Trescher, typis Iohannis Nisii 1660. A V 612. Iosephus, Flavius Geb. 37/38 n. Chr. Jerusalem, gest. vermutlich 100 n. Chr. Rom. – Jüdisch-griechischer Historiker. Seine ‚Antiquitates Iudaicae‘ sind eine Darstellung der jüdischen Geschichte von der Erschaffung der Welt bis zum jüdisch-römischen Krieg. – DNP 5 (1998), 1089–1091. !Opera omnia. " With an English translation by H.St.J. Thackeray, !Ralph Marcus, and Louis H. Feldman". 9 vols. London, Cambridge/Mass. 1926–1965 (= The Loeb Classical Library). Antiquitates Iudaicae: A I 313.
Opera !…", quae ad nostram aetatem pervenerunt omnia !…". Antehac in Latinum sermonem translata !…". !Übers.: Sigismund Gelenius". Francofurti: sumptibus Rulandiorum, typis Iohannis Bringeri 1617. f Hegesippus qui dicitur. Iosephus ben Gorion Lebte in der Zeit des jüdisch-römischen Krieges (66 n. Chr. zum Oberbefehlshaber von Jerusalem gewählt). Er galt als Verfasser des vielgelesenen Buches ‚ Josippon‘ (auch ‚Sefer Josef ben Gorion‘ oder ‚Sefer ben Gorion‘), eines hauptsächlich auf Flavius Josephus (in der unter dem Namen Hegesippus verbreiteten lateinischen Fassung seines Werkes) beruhenden jüdischen Geschichte im Rahmen der Weltgeschichte. – EJ 9 (1932), 340 u. 420–425. (A V 633). Iovius, Paulus Eigtl. Paolo Giovio, geb. 19. 4. 1483 Como, gest. 10. 11. 1552 Florenz. – Italienischer Humanist; Historiker. – NBG 20 (1857), 634–638; DCLI 2 (1986), 390–392. De Romanis piscibus libellus ad Ludovicum Borbonium Cardinalem amplissimum. Basileae: in officina Frobeniana 1531. A I 54.
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Isocrates Griechischer Redner und Rhetoriklehrer. Geb. 436 v. Chr. Athen, gest. 338 ebenda. – DNP 5 (1998), 1138–1143. Isocrates in three volumes. With an English translation by George Norlin !vol. 1; 2" and Larue van Hook !vol. 3". London, Cambridge/Mass. 1961–1962 (= The Loeb Classical Library). Oratio 11 (Busiris): (E V 111). Iulius Capitolinus f Scriptores Historiae Augustae. Iustinus, Marcus Iunianus Römischer Historiker des 2. oder 3. Jh.s n. Chr., der einen Auszug (Epitome) aus dem Geschichtswerk (‚Historiae Philippicae‘) des Pompeius Trogus verfertigt hat. – DNP 6 (1999), 106, Nr. 5. Epitoma Historiarum Philippicarum Pompei Trogi. Accedunt prologi in Pompeium Trogum. Post Franciscum Ruehl iterum edidit Otto Seel. Stuttgart 1972 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A II 338, III 310; E II 44, III (742), V 51. Iuvenalis, Decimus Iunius Römischer Satiriker des 2. Jh.s n. Chr. – DNP 6 (1999), 112–114. Saturae sedecim. Edidit Iacobus Willis. Stuttgart, Leipzig 1997 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A II 262; E I 472. Kircherus, Athanasius Geb. 2. 5. 1602 Geisa (Rhön), gest. 27. 11. 1680 Rom. – Jesuit, Polyhistor. – ADB 16 (1882), 1–4; NDB 11 (1977), 641–645; Killy, DBE 5 (1997), 548 f. *Obeliscus Pamphilius, hoc est, Interpretatio nova et hucusque intentata obelisci hieroglyphici, quem non ita pridem ex veteri hippodromi Antonini Caracallae Caesaris in Agonale Forum transtulit, integritati restituit et in Urbis aeternae ornamentum erexit Innocentius X. Pont. Max. !…". Romae: typis Ludovici Grignani 1650. A V 490.649.667.686.733. *Oedipus Aegytiacus. 3 tomi. Romae: ex typographia Vitalis Mascardi 1652– 1654. A III 310, V 489.612.633.641.[645.646.]652.691.720.749.767; E I 22, II 70.
828 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Krantz, Albertus Geb. 1448 Hamburg, gest. 7. 12. 1517 ebenda. – Historiker und Theologe. – ADB 17 (1883), 43 f.; NDB 12 (1980), 673 f. Saxonia. Coloniae: o.Dr. !Joh. Soter" 1520. E IV 371. Kyranides Sammelname mehrerer aus dem Altertum überlieferter Schriften magisch-medizinischen, botanischen, zoologischen, allgemein naturkundlichen und astrologischen Inhalts. – RE 12 (1925), 127–134. Kiranides, et ad eas Rhyakini !i.e. Andreae Rivii" Koronides !…". O.O. !Leipzig" 1638. (A V 686). Lactantius Firmianus, Lucius Caecilius Geb. ca. 250 n. Chr. in Afrika, gest. wahrscheinlich 325. – Lateinischer Kirchenschriftsteller. – LACL (21999), 387 f. Opera omnia: PL 6–7. Divinae institutiones: E IV 454. Lampridius, Aelius f Scriptores Historiae Augustae. Lansius, Thomas Geb. 16. 2. 1577 Bergen, gest. 22. 12. 1657 Tübingen. – Jurist. – ADB 17 (1883), 700. F. A. D. W. != Friderici Achillis Ducis Wirtembergiae" Consultatio de principatu inter provincias Europae. Editio novissima opera Thomae Lansii. Tubingae: sumptibus Philiberti Brunnii 1655. A V 612. Lavaterus, Ludovicus Geb. 1. 3. 1527 Schloß Kyburg bei Zürich, gest. 15. 7. 1586 Zürich. – Reformierter Theologe. – ADB 18 (1883), 83 f. *De spectris, lemuribus et magnis atque insolitis fragoribus variisque praesagitionibus, quae plerunque obitum hominum, magnas clades mutationesque imperiorum praecedunt, liber unus. In tres partes distributus. !…". Editio secunda priori multò emendatior. [Nebentitel: De spectris, lemuribus variisque praesagitionibus tractatus vere aureus.] Lugduni Batavorum: apud Henricum Verbiest 1659. A V 721.
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LeMoyne, Pierre Geb. 5. 3. 1602 Chaumont-en-Bassigny, gest. 22./23. 8. 1671 Paris. – Jesuit, Dichter. – DLF 17 (1996), 742 f. La gallerie des femmes fortes !…". Cinquième édition, reveuë et corrigée. 2 Tle. Paris: par la Compagnie des Marchands Libraires du Palais 1665 (Berlin, UB der HUB). E IV 97. Lipsius, Iustus Geb. 18. 10. 1547 Overijssche, gest. 24. 3. 1606 Löwen. – Niederländischer Philologe, Historiker, Politologe. – NNBW 3 (1914), 675–782. *Admiranda, sive de magnitudine Romana libri quattuor. Tertia editio correctior auctiorque. Antverpiae: ex officina Plantiniana, apud Ioannem Moretum 1605. A I 52.60. De constantia libri duo, qui alloquium praecipuè continent in publicis malis. Iterata editio, melior et notis auctior. Antverpiae: apud Christophorum Plantinum 1585. A IV 348; E II 514. Epistolarum selectarum centuria prima ad Belgas. Antverpiae: ex officina Plantiniana, apud Ioannem Moretum 1602. E IV 424. De re nummaria breviarium. Opus postumum. Cura Ioannis Rhodii. Patavii: typis Pauli Frambotti 1648. A V 49. *P. Cornelius Tacitus: Opera quae exstant. Iustus Lipsius postremum recensuit. Additi commentarii meliores plenioresque, cum curis secundis. !…". Antverpiae: ex officina Plantiniana, apud Ioannem Moretum 1600. Kommentar: E I 675. (744), V 437.500.701. Livius, Titus Geb. 59 (?) v. Chr. Patavium (Padua), gest. 17 n. Chr. ebenda. – Römischer Historiker. – DNP 7 (1999), 377–382. Ab urbe condita libri. Bearb. von W. Weissenborn u. H.J. Müller. 10 Bde. Reprint Berlin 1962–1963. E I 569.738, IV 360. Loredano, Giovanni Francesco Geb. 28. 2. 1606 Venedig, gest. 13. 8. 1661 Peschiera. – Italienischer Schriftsteller. – NBG 31 (1862), 641 f.; DCLI 2 (1986), 634–636.
830 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Scherzi geniali. !…". Quinta decima impressione. Venetia: ad instanza dell’ Academia 1643. A V 362. Lucanus, Marcus Annaeus Geb. 3. 11. 39 n. Chr. Corduba, gest. (Selbstmord auf Befehl Neros) 30. 4. 65. – Römischer Epiker. Sein unvollendetes Epos über den römischen Bürgerkrieg (Machtkampf zwischen Pompeius und Caesar), betitelt ‚Bellum civile‘ bzw. ‚Pharsalia‘, ist als einziges seiner Werke erhalten geblieben. S. auch die Erläuterungen zur ‚Epicharis‘, in der er als handelnde Person auftritt. – DNP 7 (1999), 454–457. De bello civili libri X. Edidit D.R. Shackleton Bailey. Editio altera. Stuttgart, Leipzig 1997 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A II 512.526, V 631.721; E V 598. Lucianus Geb. um 120 Samosata (Kommagene/Syrien), gest. nach 180. – Griechisch schreibender Sophist und Satiriker. – DNP 7 (1999), 493–501. !Opera. " !vol. 6 ",
With an English translation by A.M. Harmon !vol. 1–5", K. Kilburn M.D. Macleod !vol. 7–8". 8 vols. London, Cambridge/Mass. 1947–1967 (= The Loeb Classical Library). (A V 763). – Eunuchus: E IV 614. Lucilius, Gaius Römischer Satiriker des 2. Jh.s v. Chr., gebürtig aus Suessa Aurunca (Campanien). Von seinen zahlreichen Dichtungen sind nur Fragmente überliefert. – DNP 7 (1999), 463–465. Carminum reliquiae. Recensuit enarravit Fridericus Marx. 2 vol. Leipzig 1904–1905. A V 605. Lysimachus Alexandrinus Griechischer Grammatiker und Mythograph, um 200 v. Chr. – DNP 7 (1999), 608, Nr. 6. – Fälschlich als Quelle zit. in AnmL. zu A II 552. Machiavelli, Niccolò Geb. 3. 5. 1469 Florenz, gest. 22. 6. 1527 ebenda. – Italienischer Politiker und Schriftsteller. – ContEras 2 (1986), 364 f.; DCLI 3 (1986), 1–10. Disputationum de republica, quas discursus nuncupavit, libri III. Quo modo in rebusp. ad antiquorum Romanorum imitationem actiones omnes bene maleve instituantur. Ex Italico Latini facti. Lugduni Batavorum: apud Petrum Leffen 1649. E III 97.
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Historie !fiorentine" !…". Nuovamente con diligenza ristampate. Vinegia: Aldus 1540. E IV 459. Macrobius, Ambrosius Theodosius Römischer Antiquar und Philosoph aus dem Anfang des 5. Jh.s. Seine ‚Saturnalia‘ enthalten, in der Form eines Symposions, gelehrte Gespräche über verschiedene Gegenstände. – DNP 7 (1999), 627–630. Saturnalia. Apparatu critico instruxit !…" Iacobus Willis. Editio correctior editionis secundae (MCMLXX) cum addendis et corrigendis. Stuttgart, Leipzig 1994 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A I 54. Manilli, Jacomo Ein römischer Gelehrter des 17. Jh.s, zu dessen Biographie nichts zu ermitteln war. Die Beschreibung der Villa Borghese (auch in lateinischer Übersetzung vorliegend) scheint sein einziges Werk zu sein. – Jöcher 3 (1751), 113; Jöcher/ Adelung 4 (1813), 579. *Villa Borghese fuori di Porta Pinciana !…". Roma: per Ludovico Grignani 1650 (Berlin, SB). E V 417. Marino, Giambattista Geb. 18. 10. 1569 Neapel, gest. 25. 3. 1625 ebenda. – Italienischer Dichter. – NBG 33 (1860), 780–783; DCLI 3 (1986), 86–96. L’Adone, poema del Cavallier Marino, con gli argomenti del Conte Fortuniano Sanvitale e l’allegorie di Don Lorenzo Scoto. Amsterdam: o.Dr./Verl. 1651. A: Vorbemerkung, S. 166. Le dicerie sacre !…". In quest’ultima impressione ricorrette e migliorate. Venetia: presso Gio. Pietro Brigonci 1664. A I 116; E IV 701. Martialis, Marcus Valerius Geb. um 40 n. Chr. Bilbilis (Spanien), gest. 104. – Römischer Epigrammatiker. – DNP 7 (1999), 957–961. Epigrammata. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit W.M. Lindsay. Editio altera. Oxford 1962 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxoniensis). A I 51.53; E II 191, IV 614. f Ramirez de Prado, Laurentius.
832 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Mascaron, Pierre Antoine Aus Avignon gebürtiger Parlamentsadvokat in Aix-en-Provence, gest. 1647. Jöcher/Adelung verzeichnet außer dem Seneca-Buch von ihm noch vier verschiedene Schriften, darunter eine Grabrede auf Richelieu. – Jöcher/Adelung 4 (1813), 901. *La mort et les dernieres paroles de Seneque. Seconde edition. Paris: Jean Camusat 1639 (Hannover, LB). E V 111.400. Matthaeus Sylvaticus Geb. um 1280 wahrscheinlich Mantua, gest. Salerno 1342. – Italienischer Arzt, Pharmakologe und Botaniker. – Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte 4 (1932), 117; LM 6 (1993), 400. Opus pandectarum !sc. medicinalium" cum quotationibus auctoritatum Ply!nii," Gal!eni" et aliorum in locis suis: nec non cum Simone Januense: ac tabula. Venetiis: per Simonem de Luere 1511. (A V 686). Matthieu, Pierre Geb. 10. 12. 1563 Pesmes (Franche-Comté), gest. 12. 10. 1621 Toulouse. – Dichter, Historiker, Verfasser moralischer Abhandlungen. – NBG 34 (1861), 319–322; DLF 16 (1951), 498 f. *Histoire de France et des choses memorables advenues aux provinces estrangeres durant sept annees de paix du regne du Roy Henri IIII. Roy de France et de Navarre. Divisee en sept livres. 2 tomes. Cologny: par Philippe Albert 1617. E II 357, III 599.619.634.694, IV 459.509.511.554, V 701.708. Histoire de la mort deplorable de Henry IIII. Roy de France et de Navarre. Ensemble un poème, un panegyrique, un discours funebre et un eloge. Dressé à sa memoire immortelle. Paris: chez la Vefue [!] M. Guillemot et S. Thiboust 1613. E IV 680, V 744. Mazzella, Scipione Gelehrter Neapolitaner aus der zweiten Hälfte des 16. und dem Anfang des 17. Jh.s, über den genauere Lebensdaten nicht zu ermitteln waren. Schrieb historische Werke. – Jöcher 3 (1751), 339; Jöcher/Adelung 4 (1813), 1125. Sito et antichita della citta di Pozzuolo e del suo amenissimo distretto !…". Napoli: nella stamperia di Tarquinio Longo 1606. A I 54, III 404.497.
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Mendosa, Juan Gonzales de f Gonzales de Mendosa, Juan. Miltonius, Ioannes Eigtl. John Milton, geb. 9. 12. 1608 London, gest. 8. 11. 1674 ebenda. – Englischer Dichter und politischer Schriftsteller. – DNB 13 (Repr. 1921/22), 471–488; Allibone 2 (1888), 1296–1324. Pro populo Anglicano defensio. Contra Claudii Anonymi, aliàs Salmasii, defensionem regiam. Londini: typis Du Gardianis 1651. E I 509.511.514.518.522. Minucius Felix Wahrscheinlich aus Afrika stammender Verfasser eines vermutlich in der ersten Hälfte des 3. Jh.s entstandenen Dialogs ‚Octavius‘, einer Apologie des Christentums auf der Grundlage einer Kritik an der heidnischen Götterwelt. Das Werk ist als Buch 8 des thematisch verwandten Werkes ‚Adversus nationes/gentes‘ von Arnobius überliefert und in den ersten beiden Editionen (Arnobius, ed. Faustus Sabaeus, Rom 1543; ed. Sigismundus Gelenius, Basel 1546) auch als solches gedruckt. Dieser Überlieferungsfehler wurde korrgiert durch den französischen Rechtsgelehrten Franciscus Balduinus (Baudouin), der den ‚Octavius‘ 1560 in Heidelberg erstmals als eigenes Werk unter dem Namen seines Verfassers herausgab. – DNP 8 (2000), 241 f. Octavius. Edidit Bernhard Kytzler. 2. Aufl. Stuttgart, Leipzig 1992 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A II 87, III 207; E II 514. Münzinschriften Nachweise s. Fundstellen. A I 22; E III 252. Nepos, Cornelius Geb. vermutlich um 100, gest. um 24 v. Chr. – Römischer Biograph und Historiker. Bis weit ins 16. Jh. hinein erschienen seine ‚Vitae‘ unter dem Namen eines Aemilius Probus, der in der handschriftlichen Überlieferung vorkommt und irrtümlich als der des Autors angesehen wurde (s. Textband, S. 596 f.). – DNP 8 (2000), 839 f. Vitae cum fragmentis. Edidit Peter K. Marshall. Leipzig 1977 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A III 210, V 721.
834 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Nonius Marcellus Aus Nordafrika stammender römischer Grammatiker des 4. Jh.s n. Chr. Sein unvollständig überliefertes Werk ‚De compendiosa doctrina‘ ist eine Sammlung von sprachlichen und sachlichen Erklärungen zu einzelnen Wörtern, die teils alphabetisch, teils nach Sachgruppen angeordnet sind. – DNP 8 (2000), 994 f. De compendiosa doctrina libros XX Onionsianis copiis usus edidit Wallace M. Lindsay. 3 vol. Leipzig 1903. – Editio stereotypa Hildesheim 1964. A II 258. Novellae f Corpus iuris civilis. Obsequens, Iulius Römischer Historiker des 4. Jh.s n. Chr. Er stellte eine nur teilweise erhaltene Sammlung von Wundern und als Omen zu deutenden Naturereignissen aus der römischen Geschichte der Jahre 249–12 v. Chr. zusammen. – DNP 8 (2000), 1085 f. Prodigiorum liber. In: T. Livii periochae omnium librorum !…". Edidit Otto Rossbach. Leipzig 1910, S. 149–181. A II 504. Oppianus Aus Korykos (Kilikien) stammender griechischer Dichter des 2. Jh.s n. Chr. Er verfaßte ein Lehrgedicht über Fischerei. – DNP 8 (2000), 1259, Nr. 1. Halieutica. In: Oppian, Colluthus, Tryphiodorus, !Opera". With an English translation by A.W. Mair. London, Cambridge/Mass. 1958 (= The Loeb Classical Library), S. 200–515. A I 54. Ovidius Naso, Publius Geb. 20. 3. 43 v. Chr. Sulmo (Mittelitalien), gest. 17 oder 18 n. Chr. in der Verbannung in Tomis (am Schwarzen Meer). – Römischer Dichter der augusteischen Zeit. – DNP 9 (2000), 110–119. Amores. Testo, introduzione, traduzione e note di Franco Munari. 5a edizione. Firenze 1970. A V 610. Epistulae heroidum, quas Henricus Dörrie ad fidem codicum edidit. Berlin, New York 1971 (= Texte und Kommentare 6). A III 202. Fastorum libri sex. Recensuerunt E.H. Alton, D.E.W. Wormell, E. Courtney. Leipzig 1978 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A III 374. (497).
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Metamorphoses. Edidit William S. Anderson. !Korrig. Nachdruck d. 5. Aufl." Stuttgart, Leipzig 1993 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A I 116, V 605.662. Pacatus Drepanius, Latinius Aus Gallien stammender römischer Rhetor des 4. Jh.s n. Chr., der in der Sammlung ‚Panegyrici Latini‘ mit einer Lobrede auf Kaiser Theodosius vertreten ist. Die Rede hielt Pacatus als Mitglied einer gallischen Delegation 389 vor dem römischen Senat. – DNP 9 (2000), 125. f Panegyrici Latini. Pallavicino, Ferrante Geb. 1616 Piacenza, hingerichtet 5. 3. 1644 Avignon. – Italienischer Romanschriftsteller; verfaßte auch antikirchliche, antijesuitische und gegen Papst Urban VIII. gerichtete satirische Schriften. – NBG 39 (1863), 102 f.; DELI 4 (1967), 223–225. *Il Sansone !…". Libri tre. Venetia: nella stamperia del Turrini 1655 [mit eigenem Titelblatt u. eigener Paginierung enthalten in: Ferrante Pallavicino, Opere permesse, tomo primo, ebd. 1655]. E I 420. *Scena retorica !…". Venetia: nella stamperia del Turrini 1655 [mit eigenem Titelblatt u. eigener Paginierung enthalten in: Ferrante Pallavicino, Opere permesse, tomo primo, ebd. 1655]. A II 212. *Il sole ne’ pianeti. Panegirico. In lode della Serenissima Republica di Venetia. In: Ferrante Pallavicino, Panegirici, epitalami, discorsi academici, novelle et lettere amorose. Venetia: appresso il Turrini 1654 [mit eigenem Titelblatt u. eigener Paginierung enthalten in: Ferrante Pallavicino, Opere permesse, tomo primo, ebd. 1655 !!"], S. 6–59. A III 85. Panegyrici Latini Eine Sammlung von 12 Lobreden auf römische Kaiser, die mit Ausnahme der ersten (von Plinius d. J. auf Kaiser Trajan, 100 n. Chr.) alle aus dem 3./4. Jh. n. Chr. stammen. Die Lobrede von Pacatus, aus der L. zitiert, ist Nr. 2 der Sammlung. – DNP 9 (2000), 239. XII Panegyrici Latini. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit R.A.B. Mynors. Oxford 1964 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxoniensis). Pacatus Drepanius: A I 55.
836 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Pausanias Griechischer Reiseschriftsteller des 2. Jh.s n. Chr. Schrieb ein Reisehandbuch über Griechenland. – DNP 9 (2000), 445–449. Description of Greece !Graeciae descriptio". With an English translation by W.H.S. Jones and H. A. Ormerod. 5 vols. London, Cambridge/Mass. 1959–1961 (= The Loeb Classical Library). A [II 552], (III 497). Péréfixe, Hardouin de Beaumont de Geb. 1605 Beaumont (bei Châtellerault), gest. 1. 1. 1671 Paris. – Geistlicher, seit 1648 Bischof von Rodez, seit 1662 Erzbischof von Paris; schriftstellerischen Ruhm erlangte er als Biograph Heinrichs IV. – NBG 39 (1862), 567–569; DLF 17 (1996), 983. *Histoire du roy Henry le Grand. Amsterdam: chez Louys et Daniel Elzevier 1661. E III 599, IV 545.554. Petrarca, Francesco Geb. 20. 7. 1304 Arezzo, gest. 18. 7. 1374 Arquà (bei Padua). – Der erste große italienische Humanist; Dichter, Philologe und Moralphilosoph. – DCLI 3 (1986), 419–432. Il Petrarca nuovamente ridotto alla vera lettione !Rime / Trionfi". Con un nuovo discorso sopra la qualità del suo amore. !…". Venetia: appresso Mattio Zanetti et Comino Presegni 1595. A III 204. Petronius Arbiter Römischer Politiker und Schriftsteller des 1. Jh.s n. Chr.; galt am Hofe Neros als Autorität (daher der Beiname ‚Arbiter‘) in Fragen des feinen Geschmacks und eines luxuriösen Lebensstils; wegen der ihm (zu Recht?) vorgeworfenen Teilnahme an der Pisonischen Verschwörung (s. die Erläuterungen zur ‚Epicharis‘) zwang Nero ihn 66 n. Chr. zum Selbstmord. – Mit seinem nicht vollständig überlieferten Roman ‚Satyricon‘ lieferte er ein Sittengemälde seines Zeitalters von hohem literarischen Rang. – DNP 9 (2000), 672–676. Satyricon. Reliquiae. Quartum edidit Konrad Mueller. Stuttgart, Leipzig 1995 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A I 49; (E IV 625).
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Philostratus, Flavius Griechischer Schriftsteller des 2./3. Jh.s n. Chr., geb. auf Lemnos. Verfaßte u. a. eine Biographie des pythagoreischen Wanderphilosophen Apollonius von Tyana und eine Sammlung von Gemäldebeschreibungen (‚Imagines‘). – DNP 9 (2000), 888–891, Nr. 5. Philostratorum et Callistrati Opera recognovit Antonius Westermann. – Eunapii Vitae sophistarum iterum edidit Jo. Fr. Boissonade. – Himerii Sophistae Declamationes accurate excusso codice optimo et unico XXII declamationum emendavit Fr. Dübner. Paris 1849. Imagines: E IV 454. The life of Apollonius of Tyana !Vita Apollonii Tyanensis". The epistles of Apollonius and the treatise of Eusebius. With an English translation by F.C. Conybeare. 2 vols. London, Cambridge/Mass. 1960 (= The Loeb Classical Library). [A V 749]. Plato Geb. 428/27 v. Chr. Athen, gest. 348/47 ebenda. – DNP 9 (2000), 1095–1109. !Opera. "
With an English translation by Harold North Fowler !and others". 12 vols. London, Cambridge/Mass. 1963–1971 (= The Loeb Classical Library). Phaidon: (A V 489). – Phaidros: A V 490. Opera omnia quae extant, ex Latina Marsilii Ficini versione, nunc multo accuratius quàm antea cum Graeco contextu collata et quàm plurimis locis emendata. !…". 3 tomi. !Genf: " apud Iacobum Stoer 1592. Plautus, Titus Maccius Geb. ca. 250 v. Chr., gest. 184. – Römischer Komödiendichter. – DNP 9 (2000), 1118–1123. Comoediae. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit W.M. Lindsay. 2 tom. Oxford 1946–1950 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxoniensis). Amphitruo: (A IV 348). – Captivi: E I 537. Plinius d.Ä. (Gaius Plinius Secundus) Geb. 23/24 n. Chr. Novum Comum (heute Como), gest. 24. 8. 79 Stabiae (bei der Beobachtung des Vesuvausbruchs). – Römischer Offizier, Staatsbeamter, Historiker und Fachschriftsteller. Von seinen Werken ist nur das letzte und umfangreichste, die ‚Naturalis historia‘, erhalten, eine enzyklopädische Naturkunde in 37 Büchern. – DNP 9 (2000), 1135–1141. Naturalis historiae libri XXXVII. Edidit Carolus Mayhoff. Editio stereotypa editionis prioris. 6 vol. Stuttgart 1967–1970 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana).
838 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen A I 51.52.54.55. (59).60, (III 497), V 553.637.638. (646). (652). (691).711.721; E I 22.616, III 309, IV [424].701. Naturalis historiae opus, ab innumeris mendis à D. Iohanne Caesario Iuliacen. !… " vindicatum !… ". 3 vol. Coloniae: apud Maternum Cholinum 1565. Plinius d. J. (Gaius Plinius Caecilius Secundus) Geb. 61/62 n. Chr. Novum Comum (heute Como), gest. nach 112 Bithynien; Neffe des älteren Plinius. – Römischer Politiker und Redner. Von seinen Reden ist nur ein Panegyrikus auf Kaiser Trajan überliefert. Zweites erhaltenes Werk ist eine von ihm selbst für die Veröffentlichung bestimmte Sammlung von Briefen in 10 Büchern. – DNP 9 (2000), 1141–1144. Epistularum libri novem; Epistularum ad Traianum liber; Panegyricus. Recensuit Mauritius Schuster. Editionem tertiam curavit Rudolphus Hanslik. Editio stereotypa editionis tertiae (MCMLVIII). Stuttgart, Leipzig 1992 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). Epistulae: E V 701. – Panegyricus: E I 459. Plotinus Geb. ca. 205 n. Chr. (Ort unbekannt), gest. 270 bei Minturnae. – Griechischer Philosoph, Platoniker. – DNP 9 (2000), 1146–1155. De proprio cuiusque daemone (= Enneades 3,4). In: Plotinus, !Enneades". With an English translation by A.H. Armstrong. Vol. 3. London, Cambridge/Mass. 1967 (= The Loeb Classical Library), S. 139–161. (A V 489). Plutarchus Geb. um 45 n. Chr. Chaironeia (Böotien), gest. vor 125. – Griechischer Biograph und Popularphilosoph. In seinen ‚Vitae parallelae‘ konfrontiert Plutarch paarweise die Lebensläufe von 22 (ursprünglich 23) Griechen und ebenso vielen Römern (mit einer abschließenden vergleichenden Betrachtung); hinzu kommen noch mehrere Einzelviten (davon 4 erhalten). Die ‚Moralia‘ sind eine Sammlung von 78 längeren und kürzeren Schriften zu verschiedenen Themen. Die unter Plutarchs Namen überlieferte kleine Schrift ‚De fluviis‘ ist apokryph. – DNP 9 (2000), 1159–1175. De fluviis !unechte Schrift". In: Plutarchus, Fragmenta et spuria !Graece et Latine". Cum codicibus contulit et emendavit Fr. Dübner. Cum novo indice nominum et rerum in omnia opera Plutarchi. Parisiis 1855, S. 80–100. (A V 645). Moralia. With an English translation by Frank Cole Babbitt, W.C. Helmbold, Phillip H. de Lacy !and others". 15 vols. London, Cambridge/Mass. 1949–1993 (= The Loeb Classical Library). De Iside et Osiride: [A V 733]. – De superstitione: A V 610.
Autoren- und Werkliste
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Vies !Vitae parallelae". !Herausgeber u. Übersetzer:" Robert Flacelière, Emile Chambry, Marcel Juneaux, Edouard Simon. 16 tomes. Paris 1957–1983 (Collection des Universités de France). Aemilius Paulus: A V 610. – Brutus: E IV 346. – Crassus: A I 63. – Kimon: A V 721. – Poplicola (Publicola): (E I 744). !…".
Quae extant opera, cum Latina interpretatione. Ex vetustis codicibus plurima nunc primùm emendata sunt, ut ex Henr. Stephani annotationibus intelliges, quibus et suam quorundam libellorum interpretationem adiunxit. !…". 13 vol. !Genf:" Henr. Stephanus 1572. !…".
Quae exstant omnia, cùm Latina interpretatione Hermanni Cruserii, Gulielmi Xylandri et doctorum virorum notis !…". 2 vol. Francofurti: apud Andreae Wecheli heredes 1599. Pompeius Trogus Römischer Historiker der augusteischen Zeit. Seine Universalgeschichte (‚Historiae Philippicae‘ in 44 Büchern) ist nur in der von Iustinus angefertigten Kurzfassung überliefert. – DNP 10 (2001), 115–117. f Iustinus, Marcus Iunianus. Porcacchi, Thomaso Geb. ca. 1530 Castiglion Fiorentino, gest. 1585 Venedig. – Italienischer Historiker. – NBG 40 (1862), 815 f.; DELI 4 (1967), 432. *Funerali antichi di diversi popoli et nationi; forma, ordine et pompa di sepolture, di eßequie, di consecrationi antiche et d’altro. Descritti in dialogo !…". Venetia: appresso Simon Galignani de Karera 1574 (Berlin, SB). A II 544.565, V 528.553. Porphyrius Geb. ca. 234 n. Chr. Tyros, gest. zwischen 301 u. 304/05 Rom. – Griechischer Philosoph, Schüler Plotins. In seiner Schrift über Enthaltsamkeit (‚De abstinentia‘) lehrt er vor allem den Verzicht auf fleischliche Nahrung. – DNP 10 (2001), 174–182. De l’abstinence !De abstinentia". Texte établi, traduit et annoté par Jean Bouffartigue et Michel Patillon !tome 3: par Michel Patillon et Alain Ph. Segonds". 3 tomes. Paris 1977–1995 (Collection des Universités de France). (A V 767). Priscianus Aus Caesarea (Mauretanien) stammender römischer Grammatiker des 5./6. Jh.s n. Chr. – DNP 10 (2001), 338 f.
840 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Opera. Ad vetustissimorum codicum, nunc primum collatorum, fidem recensuit !…" Augustus Krehl. 2 vol. Leipzig 1819–1820. (E I 738). Probus, Aemilius f Nepos, Cornelius. Proclus Geb. 412 Konstantinopel, gest. 485 Athen. – Neuplatonischer Philosoph. – DNP 10 (2001), 383–388. De sacrificio et magia. Marsilio Ficino Florentino interprete. In: Mercurius Trismegistus, Pymander !…". Basileae: Mich. Isengrinus 1532, S. 474–480. A V 643. Propertius, Sextus Geb. ca. 50 v. Chr. Assisi, gest. vor 2 v. Chr. – Römischer Elegiker. – DNP 10 (2001), 415–418. Carmina. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit E.A. Barber. Editio altera. Oxford 1960 (= Scriptorum classicorum Bibliotheca Oxonsiensis). A V 711. Psellus, Michael Geb. 1018 Nikomedeia (?), gest. nach 1078. – Byzantinischer Staatsmann und Polyhistor. Sein eigentlicher Vorname war Konstantin; Michael ist sein Mönchsname, den er während eines vorübergehenden Klosteraufenthalts angenommen hatte. – Krumbacher, 433–444; DNP 10 (2001), 506–508. Dialogus de energia seu operatione daemonum è Graeco translatus. Petro Morello Turonensi interprete. !…". Parisiis: apud Guillelmum Chaudiere 1577. (A V 767). Quintilianus, Marcus Fabius Geb. um 35 n. Chr. Calagurris (Spanien), gest. um 100 n. Chr. – Römischer Schriftsteller und Rhetoriklehrer. Von seinen Werken ist sein großes Handbuch der Rhetorik, die ‚Institutio oratoria‘, erhalten; zwei unter seinem Namen laufende Sammlungen mit Schulreden (19 ‚Declamationes maiores‘, 145 [von ursprünglich 388] ‚Declamationes minores‘) gelten heute als unecht. – DNP 10 (2001), 716–721. Declamationes XIX maiores Quintiliano falso ascriptae. Edidit Lennart Håkanson. Stuttgart 1982 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). (E IV 625).
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Ramirez de Prado, Laurentius Geburtsdaten nicht zu ermitteln; gest. 23. 10. 1658. – Spanischer Jurist, Diplomat, Rat von Kastilien, Verfasser diverser Schriften. – Jöcher 3 (1751), 1891 f.; Jöcher/Adelung 6 (1819), 1305 f. M. Valerius Martialis: Epigrammatum libri XV. Laurentii Ramirez de Prado Hispani novis commentariis illustrati. !…". Parisiis: apud Michaelem Sonnium 1607 !der Kommentarteil unter der Überschrift ‚Hypomnemata‘ dem Textteil mit eig. Pagin. angehängt" (Berlin, SB). E II 191. Rosinus, Ioannes Eigtl. Roßfeld, geb. 1551 Eisenach, gest. 7. 10. 1626 Naumburg/Saale. – Ev. Theologe, Altertumsforscher. – ADB 29 (1889), 237–239. *Antiquitatum Romanarum corpus absolutissimum, in quo praeter ea, quae Ioannes Rosinus delineaverat, infinita supplentur, mutantur, adduntur. Ex criticis et omnibus utriusque linguae auctoribus collectum !…". Thoma Dempstero à Muresk, I.C. Scoto auctore. Huic postremae editioni accesserunt electa, I. De priscis Rom. gentil. ac familiis, II. De tribubus Rom. XXXV rusticis atque urbanis, III. De ludis festisque Rom. ex Kalendario vetere. Studio And. Schotti, Soc. I. Permissu superiorum. Coloniae: sumptibus Bernardi Gvalteri 1619. – Seitenidentischer Druck: Köln 1662. A I 230, II 504.512.544; E II 32.181.524. f Dempsterus, Thomas. Saavedra Fajardo, Diego Geb. 1584 Algezares, gest. 24. 2. 1648 Madrid. – Spanischer Diplomat, politischer Schriftsteller, Historiker. – NBG 42 (1863), 954 f.; MLE 3 (1980), 314–323; DLE 2 (1993), 1482–1484. Idea principis christiano-politici centum symbolis expressa !…". Coloniae: apud Constantinum Munich 1650 (Titelblatt: 1649; Titelkupfer: 1650). A II 303, V 670; E I 436.597.633, II 489, III 136.234.255.510.654. Sallustius Crispus, Gaius Geb. 86 v. Chr. Amiternum (Sabinerland), gest. 34 v. Chr. – Römischer Politiker und Historiker. – DNP 10 (2001), 1254–1258. Catilina. Jugurtha. Fragmenta ampliora. Post A.W. Ahlberg edidit Alphonsus Kurfess. Editio stereotypa editionis tertiae. Leipzig 1968 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). De coniuratione Catilinae: E I 57.
842 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Saxo Grammaticus Geb. ca. 1150 Seeland, gest. ca. 1220. – Dänischer Geschichtsschreiber. – LM 7 (1995), 1422 f. Danica historia, libris XVI !…" conscripta. !…". Francofurti ad Moenum: ex officina typographica And. Wecheli 1576. (E I 744). Schildius, Ioannes Lebensdaten unbekannt; er war Sohn des gleichnamigen Bremer Theologen (1595–1667) und als Lehrer in Vliessingen (Seeland) tätig. – Eckstein, Nomenclator (1871), 502. Gaius Suetonius Tranquillus: !Vitae Caesarum." Et in eum !sc. Suetonium" commentarius, exhibente Ioanne Schildio. Editio quarta. Lugd. Batav. et Roterod.: ex officina Hackiana 1667. A I 53.54.59, V 46. Scriptores Historiae Augustae Sammlung von 30 Biographien römischer Kaiser, Gegenkaiser, Usurpatoren und Prätendenten von Hadrianus bis Numerianus (117–284 n. Chr.). Hinter den sechs Autorennamen, die genannt werden, verbirgt sich nach Auffassung der modernen Forschung ein einziger, unbekannter Autor, der alle Texte in der zweiten Hälfte des 4. Jh.s verfaßt hat. Das Werk ist ein Gemisch von Tatsachenmitteilungen, unterhaltenden Anekdoten, Fälschungen und freien Erfindungen. Welche Absicht der Verfasser mit einer so gearteten Biographiensammlung verfolgt hat, ist bis heute nicht geklärt. – DNP 5 (1998), 637–640, s.v. Historia Augusta. Scriptores historiae Augustae. Edidit Ernestus Hohl. Editio stereotypa correctior. Addenda et corrigenda adiecerunt Ch. Samberger et W. Seyfarth. Leipzig 1965 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). Iulius Capitolinus: A III 14.196. – Aelius Lampridius: A I 55, III 14; E V 693. Seneca, Lucius Annaeus (d.Ä.) Geb. ca. 55 v. Chr. Corduba, gest. ca. 40 n. Chr. – Historiker und Rhetor. Erhalten sind 10 Bücher ‚Controversiae‘ (z. T. nur in Exzerpten), Erörterungen von Rechtsfällen, und 7 ‚Suasoriae‘ (‚Beratungsfälle‘: Erörterungen des Für und Wider einer Entscheidung): alles den Zwecken der Schulrhetorik dienend. – DNP 11 (2001), 409–411. Declamations !Controversiae / Suasoriae". Translated by M. Winterbottom. Cambridge/Mass. 1974 (= The Loeb Classical Library). A II 258; E IV 499, V 39.
Autoren- und Werkliste
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Seneca, Lucius Annaeus (d. J.) Geb. wahrscheinlich 4 oder 5 v. Chr. Corduba als Sohn des älteren Seneca, gest. April 65 n. Chr. bei Rom (Selbstmord auf Befehl Neros). – Römischer Politiker, stoischer Philosoph und Dichter (Tragiker und Satiriker). – DNP 11 (2001), 411–419. – S. die Erläuterungen zu ‚Agrippina‘ und ‚Epicharis‘, wo L. Seneca als handelnde Figur auftreten läßt. Philosophische Schriften. Lateinisch und deutsch. Hrsg. von Manfred Rosenbach. 5 Bde. Darmstadt 1987–1989 (verschied. Auflagen). De beneficiis: A II 258; E I 57.446, IV 493, V 21.500. – De clementia: E III 252, V 630.645. – Ad Marciam de consolatione: (E I 461). – De constantia sapientis: E V 45.51.66.128.130. – Epistulae morales: E IV 617.701, V 29.133.253.258.687. – De ira: E I 468, III [581].601, IV 8.617, V 21.99.102. – De providentia: E IV 80, V 343. – De tranquillitate animi E V 39.41. Tragoediae. Incertorum auctorum Hercules !Oetaeus", Octavia. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit Otto Zwierlein. Oxford 1986 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxoniensis). Hercules furens: A I 14; E I 530. – Octavia (unecht): E III 684. – Thyestes: A II 512. – Troades: E III 534. Servius Grammaticus Römischer Grammatiker (u. a. Vergil-Kommentator), um 400 n. Chr. – DNP 11 (2001), 470–472, Nr. 2. Qui feruntur in Vergilii carmina commentarii. Recensuerunt Georgius Thilo et Hermannus Hagen. 4 Bde. Leipzig 1878–1902. – Reprint in 3 Bdn. Hildesheim 1961. A II 552. Sigonius, Carolus Eigtl. Carlo Sigonio, geb. ca. 1524 Modena, gest. 1584 ebenda. – Italienischer Historiker und Philologe. – DCLI 4 (1986), 193 f. Historiarum de regno Italiae libri viginti. !…". Qui libri historiam ab anno DLXX usque ad MCCLXXXVI, quo regnum interiit et libertas Italiae redempta est, continent. !…". Hanoviae: typis Wechelianis apud haeredes Claudii Marnii 1613 (Berlin, SB). (E I 738). Silhon, Jean de Geb. 1596 Sos (bei Nérac), gest. Februar 1667 Paris. – Sekretär Mazarins 1642–1661; Verfasser von Schriften zur Theologie und zur politischen Theorie. – NBG 43 (1864), 991 f.; DLF 17 (1996), 1181 f. Le ministre d’estat. Avec le veritable usage de la politique moderne. 2 Tle. Leyde: chez Iacob Marci 1643. A II 220.303.
844 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Silius Italicus Römischer Epiker des 1. Jh.s n. Chr. Thema seiner ‚Punica‘ ist der 2. Punische Krieg (Kämpfe mit Hannibal). – DNP 11 (2001), 557–559, Nr. II 5. Punica. Edidit Iosephus Delz. Stuttgart 1987 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A II 512; (E I 738). Solinus, Gaius Iulius Römischer Schriftsteller des 3. oder 4. Jh.s n. Chr. Seine ‚Collectanea‘ sind eine Sammlung von Informationen diverser Art auf der Grundlage eines alle Erdteile erfassenden geographischen Abrisses. – DNP 11 (2001), 701 f. Collectanea rerum memorabilium. Iterum recensuit Th. Mommsen. Berlin 1958 (Reprint der Ausgabe 1895). (A III 497); (E I 744). Sophocles Geb. 497/496 v. Chr. Kolonos, gest. 406/05 Athen. – Griechischer Tragiker. – DNP 11 (2001), 726–735. !Opera
omnia." Ed. and translated by Hugh Lloyd-Jones. 3 vols. Cambridge/ Mass., London 1994–1996 (= The Loeb Classical Library). Elektra: A IV 171.
Statius, Publius Papinius Geb. ca. 45 n. Chr. Neapel, gest. ca. 96 ebenda. – Römischer Lyriker und Epiker. Seine Gedichte sind in der Sammlung ‚Silvae‘ zusammengefaßt. Sein Epos ‚Thebais‘ behandelt in 12 Büchern den Kampf der Sieben gegen Theben; ein zweites Epos, die ‚Achilleis‘ (Leben des Achilles), ist unvollendet. – DNP 11 (2001), 925–928, Nr. II 2. Thebais. Edidit Alfredus Klotz. Editionem correctiorem curavit Thomas C. Klinnert. Leipzig 1973 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A V 767. Strabo Geb. 64/63 v. Chr. Amaseia, gest. nach 23 n. Chr. – Griechischer Historiker und Geograph. Seine z. T. auf ausgedehnten Reisen fußenden ‚Geographica‘, Länderbeschreibungen mit vielen historischen, kultur- und kunstgeschichtlichen Exkursen, erfassen die ganze damals bekannte Welt. Von seinem Geschichtswerk sind nur Fragmente überliefert. – DNP 11 (2001), 1021–1025. The geography !Geographica". With an English translation by Horace Leonard Jones. 8 vols. London, Cambridge/Mass. 1959–1961 (= The Loeb Classical Library). E IV 545.
Autoren- und Werkliste
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Rerum geographicarum libri XVII. Isaacus Casaubonus recensuit !…". Adiuncta est etiam Gulielmi Xylandri Augustani Latina versio ab eodem Casaubono recognita. !…". Lutetiae Parisiorum: typis Regiis 1620. Strada, Famianus Geb. 1572 Rom, gest. 6. 9. 1649 ebenda. – Italienischer Historiker und Rhetoriker; Jesuit. – NBG 44 (1865), 540 f.; de Backer/Sommervogel 7 (1896), 1605–1617; DELI 5 (1968), 202. De bello Belgico Decas prima ab excessu Caroli V. Imp. usque ad initia praefecturae Alexandri Farnesii Parmae ac Placentiae Ducis III. !…". Editio novissima, emendatior et accuratior. Romae: impressum apud Hermannum Scheus 1648. E I 404.457.744, V 744. Suetonius Tranquillus, Gaius Geb. ca. 70 n. Chr. (wahrscheinlich in Hippo Regius), Todesjahr und -ort unbekannt. – Römischer Biograph und Antiquar. Seine Lebensbeschreibungen römischer Kaiser in 8 Büchern umfassen die Zeit von Caesar bis Domitianus. – DNP 11 (2001), 1084–1088, Nr. 2. Opera, vol. 1: De vita Caesarum libri VIII. Recensuit Maximilianus Ihm. Editio minor. Editio stereotypa editionis prioris (MCMVIII). Stuttgart 1978 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). Augustus: A I 59.313, II 262; E III 689, IV 346. – Caligula: A I 53.60.313, II 87, III 380, V 401; E IV 701, V 191.[500]. – Claudius: E I 22. – Domitianus: A I 19; E IV 614. – Galba: A I 313, II 539. – Iulius: A II 87.516; E I 525. – Nero: A I 14.19.22.55.63.117.313.330.348, II 92.523, III 79.341.348.374.442, V 46.60. 180.401.454.484; E I 32, II 531, IV (625). – Otho: A V 401. – Vitellius: A I 51.54. f Schildius, Ioannes. Suidas Bis ins 20. Jh. hinein glaubte man in ‚Suidas‘, korrekt eigentlich ‚Suda‘, den Namen des Verfassers eines sehr umfangreichen, ca. 30.000 Lemmata umfassenden byzantinischen Lexikons aus dem 10. Jh. sehen zu sollen. Heute gilt als sicher, daß ‚Suda‘ der Titel des Werkes ist (Bedeutung nicht zweifelsfrei geklärt). – DNP 11 (2001), 1075 f. Lexicon. Graece et Latine. Ad fidem optimorum librorum exactum post Thomam Gaisfordum recensuit et annotatione critica instruxit Godofredus Bernhardy. 2 tomi !davon jeder in 2 Tln.". Halle, Braunschweig 1853. (A V 720). Sylvaticus, Matthaeus f Matthaeus Sylvaticus.
846 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Tacitus, Publius Cornelius Geb. um 55 n. Chr., gest. vermutlich um 120. – Römischer Historiker. Seine ‚Annales‘ waren L.s wichtigste Quelle für die ‚Agrippina‘ und die ‚Epicharis‘ (s. die Erläuterungen hierzu). – DNP 11 (2001), 1209–1214. Agricola. Edidit Iosephus Delz. Stuttgart 1983 (= P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. II,3 = Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). E III 232.234. Annales. Ediderunt Stephanus Borzsák et Kenneth Wellesley. 2 Bde. Stuttgart, Leipzig 1986–1992 (= P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. I,1.2 = Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A I 13.16.22.26.36.63.93.96.99.117.120.132.157.181.182.185.189.198.200.203.229. 246.309.312.313.317.330.333.386.409.420.580, II 92.127.199.200.220.303.416.462. 468.494.516.539, III 39.79.123.196.348.374.442.469, IV 81, V 48.53.57.60.90.96. 115.122.170.180.212.229.243.256.267.469.506.575.610; E I 32.73.95.237.352.375. 389.434.446.449.472.486.494.541.561.580.590.614.616.645.668.675.680.711.783, II 121.147.155.170.174.352, III 10.97.150.163.165.304.466.510.720, IV 165.270.282. 346.452.466.545.554, V 77.111.148.359.437.492.598.718.735.740.741.743. !Germania. "
De origine et situ Germanorum liber. Recensuit Alf Önnerfors. Stuttgart 1983 (= P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. II,2 = Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). E I 480. Historiarum libri. Edidit Kenneth Wellesley. Leipzig 1989 (= P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. II,1 = Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A II 220; E I 57.389.402.431.434.531.555.561, II 144.150, III 165.206.234.255.257. *Opera quae exstant. Iustus Lipsius postremum recensuit. Additi commentarii meliores plenioresque, cum curis secundis. !…". Antverpiae: ex officina Plantiniana, apud Ioannem Moretum 1600. *!Opera omnia." Accurante Matthia Berneggero. Argentorati: haeredes Lazari Zezneri 1638. f Forstnerus, Christophorus. Taubmannus, Fridericus Geb. 15. oder 16. 5. 1565 Wonsees an der Keinach (Franken), gest. 24. 3. 1613 Wittenberg. – Humanistischer Philologe und Dichter. – ADB 37 (1894), 433–440; Killy, LL 11 (1991), 310. P. Vergilius Maro: Opera omnia: Bucolica, Georgica, Aeneis; Ciris et Culex. Cum commentario Friderici Taubmanni, curante et edente Christiano Taubmanno Frid. f. !…". !Wittenberg:" apud Zachariam Schurerum 1618. A II 552, V 653; E IV 667.
Autoren- und Werkliste
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Tertullianus, Quintus Septimius Florens Der früheste lateinische Kirchenlehrer (Lebenszeit ca. 160–220; um die Wende vom 2. zum 3. Jh. in Karthago tätig). Seine vorwiegend apologetischen Schriften entstanden in den Jahren 196–214. – LACL (21999), 582–587. Opera omnia: PL 1–2. Apologeticum: A II 87. Theodorus Lector War in der ersten Hälfte des 6. Jh.s Vorleser (daher der Beiname) an der Hagia Sophia in Konstantinopel. Verfaßte kirchengeschichtliche Werke in griechischer Sprache, die nur teilweise erhalten sind. – LACL (21999), 591 f. Excerpta ex Historia ecclesiastica. In: PG 86 (1865), Tl. 1, Sp. 165–216. E IV 371. Thucydides Geb. um 460 v. Chr. Athen, gest. um 400. – Griechischer Historiker; sein nicht abgeschlossenes Werk behandelt die Geschichte des Peloponnesischen Krieges (431–404 v. Chr.). – DNP 12/1 (2002), 506–512. La guerre du Péloponnèse !De bello Peloponnesiaco". Texte établi et traduit par Jacqueline de Romilly. 6 Bde. Paris 1953–1972 (= Collection des Universités de France). E I 553. Thysius, Antonius Geb. ca. 1603 Harderwijk, gest. 25. 1. 1665 Leiden. – Niederländischer Jurist, Historiker, Philologe. – NNBW 5 (1921), 924 f. Velleius Paterculus: !Historiarum libri duo." Cum selectis variorum notis. Antonius Thysius J.C. edidit et accuratè recensuit. Lugduni Batavorum: ex officina Francisci Hackii 1653 (Berlin, SB). E I 58. Tibullus, Albius Geb. ca. 50 v. Chr., gest. 19 oder 17 v. Chr. – Römischer Elegiker. – DNP 12/1 (2002), 537–539. Carmina. Edidit Georg Luck. Stuttgart 1988 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A V 609.
848 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Tiraquellus, Andreas Eigtl. André Tiraqueau, geb. ca. 1480 Fontenay-le-Comte, gest. 1558 Paris. – Jurist. – NBG 45 (1866), 420 f.; DLF 16 (1951), 665. Opera omnia, tomus 2.: Ex commentariis in Pictonum consuetudines sectio: De legibus connubialibus et iure maritali. Editio postrema !…". Francofurti: impensis haeredum Sigismundi Feyrabendii 1597. E V 725. Turnebus, Adrianus Eigtl. Adrien Turnèbe, geb. 1512 Les Andelys (Normandie), gest. 12. 6. 1565 Paris. – Philologe. – NBG 45 (1866), 732 f.; DLF 16 (1951), 674. Adversariorum tomi III. !…". Omnia verò in hac altera editione summa fide ac diligentia recognita atque emendata !…". Argentinae: sumtibus Lazari Zetzneri 1599. A II 258, V (638).[662]. Tzetzes, Ioannes Geb. um 1110 Konstantinopel, gest. um 1180. – Byzantinischer Grammatiker und Literat. Die ‚Variae historiae‘ (nach der von Nikolaus Gerbel in der Editio princeps Basel 1546 vorgenommenen Einteilung in Tausendergruppen auch als ‚Chiliades‘ bekannt) sind sein umfangreichstes Werk: eine Sammlung von versifizierten historisch-philologischen Erläuterungen zu seinen eigenen Briefen. – Krumbacher, 526–536; DNP 12/1 (2002), 959 f. Variarum historiarum liber versibus politicis ab eodem Graecè conscriptus et Pauli Lacisii Veronensis opera ad verbum Latinè conversus, nuncque primùm in lucem editus. Accessit quoque Nicolai Gerbelii praefatio !…". Basileae: ex officina Ioannis Oporini 1546. A II 539, (V 749). Ulpianus, Domitius Aus Tyros (Phönizien) stammender römischer Jurist des 2./3. Jh.s n. Chr., gest. 223 Rom. Keines seiner zahlreichen Werke ist vollständig erhalten; sehr vieles von ihm ist in die Digesta eingegangen. – DNP 12/1 (2002), 980 f. f Corpus iuris civilis: Digesta (zu E IV 614). Valerius Flaccus, Gaius Römischer Dichter des 1. Jh.s n. Chr.; schrieb ein unvollendetes Epos über den Argonautenzug (‚Argonautica‘). – DNP 12/1 (2002), 1115 f., Nr. III 4. Argonauticon libros octo recensuit Widu-Wolfgang Ehlers. Stuttgart 1980 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A V 631.
Autoren- und Werkliste
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Valerius Maximus Römischer Schriftsteller des 1. Jh.s n. Chr., verfaßte zur Zeit des Kaisers Tiberius (14–37 n. Chr.) ein diesem gewidmetes Sammelwerk über denkwürdige historische Taten und Aussprüche, das als Fundgrube für Redner bzw. rhetorische Übungen gedacht war. – DNP 12/1 (2002), 1116 f., Nr. III 5. Facta et dicta memorabilia. Edidit John Briscoe. 2 vol. Stuttgart, Leipzig 1998 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). A II 504; E I 465.469, III 696, IV 96.424. (625). Varro, Marcus Terentius Geb. 116 v. Chr. Rom oder Reate, gest. 27 v. Chr. – Römischer Staatsmann und Polyhistor. Von seinen sehr zahlreichen Werken ist nur eines, ‚De re rustica‘, vollständig erhalten. ‚De lingua Latina‘ ist in Teilen (6 von insgesamt 25 Büchern), alles andere nur in Fragmenten überliefert. – DNP 12/1 (2002), 1130–1144. De gente populi Romani (Fragmente). In: Historicorum Romanorum reliquiae. Iteratis curis recensuit Hermannus Peter. !…". Vol. 2. Stuttgart 1967 (= Sammlung wissenschaftlicher Kommentare), S. 10–24. (A IV 348). Vegetius Renatus, Publius Flavius Römischer Schriftsteller zu Ende des 4. Jh.s n. Chr. Verfaßte neben der ‚Epitoma rei militaris‘, einer kriegskundlichen Schrift, auch ein veterinärmedizinisches Handbuch (‚Digesta artis mulomedicinae‘). – DNP 12/1 (2002), 1155–1157. Epitoma rei militaris. Edidit Alf Önnerfors. Stuttgart, Leipzig 1995 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). E III 534. Velleius Paterculus Römischer Offizier und Historiker zur Zeit der Kaiser Augustus und Tiberius (geb. ca. 20 v. Chr.). Seine ‚Römische Geschichte‘ in 2 Büchern beginnt mit der Zerstörung Trojas und reicht bis in seine eigene Gegenwart (der gesamte Zeitraum bis 49 v. Chr. aber nur in skizzenhafter Darstellung). – DNP 12/1 (2002), 1169–1171. Historiarum ad M. Vicinium Consulem libri duo. Recognovit W.S. Watt. Leipzig 1988 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). E I 58.467.469.473. f Thysius, Antonius. Vergilius Maro, Publius Geb. 15. 10. 70 v. Chr. Andes bei Mantua, gest. 21. 9. 19 v. Chr. Brundisium (Brindisi). – Römischer Dichter zur Zeit des Kaisers Augustus. – DNP 12/2 (2003), 42–60.
850 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen Opera. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit Fridericus Arturus Hirtzel. Oxford 1963 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxoniensis). Aeneis: A II 512.552, V 609.631.638.653; E I 416, II 191.516, III 649, IV 667. – Bucolica: A V 605.610.711. – Georgica: A V 638. f Servius Grammaticus; f Taubmannus, Fridericus. Victor, Aurelius f Aurelius Victor. Xiphilinus, Ioannes f Cassius Dio. Zonaras, Ioannes Byzantinischer Geschichtsschreiber (Lebenszeit vom Ende des 11. bis etwa zur Mitte des 12. Jh.s). Seine ‚Annales‘ sind eine Weltchronik, beginnend mit der Schöpfungsgeschichte, endend mit der Thronbesteigung des Joannes Komnenos 1118. – Krumbacher, 370–376; DNP 12/2 (2003), 831 f. Annales. In: PG 134–135, 1–438. A IV 22, (V 720). Zoroaster Auch Zarathustra: altiranischer Prophet und Religionsstifter (Lebenszeit umstritten: um 1000 oder 7./6. Jh. v. Chr.). – DNP 12/2 (2003), 837 f. (A V 490.649).
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Nachschlagewerke
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3. Verzeichnis der abgekürzt zitierten Nachschlagewerke ADB = Allgemeine Deutsche Biographie. 56 Bde. Leipzig 1875–1912. Allibone = S. Austin Allibone: A critical dictionary of English literature and British and American authors living and deceased from the earliest accounts to the latter half of the nineteenth century. 3 Bde. Philadelphia 1888. Bautz = Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon. Bearb. u. hrsg. von Friedrich Wilhelm Bautz. Fortgef. von Traugott Bautz. 14 Bde. Hamm (ab Bd. 3: Herzberg) [1975]-1998. Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. Hrsg. von August Hirsch. 2., durchges. u. erg. Aufl. 5 Bde. u. 1 Erg.-Bd. Berlin, Wien 1929–1935. BNB = Biographie Nationale !…" de Belgique. 44 Bde. Bruxelles 1866–1986. BWN = Abraham Jakob van der Aa: Biographisch Woordenboek der Nederlanden !…". 21 Bde. Haarlem o. J. (Bd. 19 ff.: 1876–1878). ContEras = Contemporaries of Erasmus. A biographical register of the renaissance and reformation. Peter G. Bietenholz editor, Thomas B. Deutscher associate editor. 3 Bde. Toronto, Buffalo, London 1985–1987. DBF = Dictionnaire de Biographie Française. Bd. 1 ff. Paris 1933 ff. DBI = Dizionario Biografico degli Italiani. Bd. 1 ff. Roma 1960 ff. DCLI = Dizionario Critico della Letteratura Italiana. Diretto da Vittore Branca. Seconda edizione. 4 Bde. Torino 1986. de Backer/Sommervogel = Bibliothèque de la Compagnie de Jésus. Première partie: Bibliographie par les Pères Augustin et Aloys de Backer. !…". Nouvelle édition par Carlos Sommervogel, S.J. Bde. 1–10. Bruxelles, Paris 1890–1909. DELI = Dizionario Enciclopedico della Letteratura Italiana. Direttore Giuseppe Petronio. 6 Bde. Bari, Roma 1966–1970. DLE = Diccionario de Literatura Española e Hispanoamericana. Dirigido por Ricardo Gullón. 2 Bde (A-M u. N-Z). Madrid 1993 (= Allianza Diccionarios). DLF 16 = Dictionnaire des Lettres Françaises publié sous la direction de Monseigneur Georges Grente: Le seizième siècle. Paris 1951. DLF 17 = Dictionnaire des Lettres Françaises publié sous la direction du Cardinal Georges Grente: Le XVIIe siècle. Edition entièrement révisée, amendée et mise à jour sous la direction de Patrick Dondrey. Paris 1996. DNB = The Dictionary of National Biography. Founded in 1882 by George Smith. Edited by Sir Leslie Stephen and Sir Sidney Lee. From the earliest times to 1900. Bde 1–21. Reprint Oxford, London 1921–1922. DNP = Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Hrsg. von Hubert Cancik u. Helmuth Schneider. – Altertum. 13. Bde. Stuttgart, Weimar 1996–2003. Eckstein, Friedrich August: Nomenclator philologorum. Leipzig 1871.
852 Alphabetisches Autoren- und Werkverzeichnis zu Lohensteins Anmerkungen EJ = Encyclopaedia Judaica. Das Judentum in Geschichte und Gegenwart. 10 Bde. Berlin 1928–1934 (bis ‚Lyra‘; mehr nicht ersch.). Jöcher = Christian Gottlieb Jöcher: Allgemeines Gelehrten-Lexicon !…". 4 Tle. Leipzig 1750–1751. Jöcher/Adelung = Johann Christoph Adelung, Heinrich Wilhelm Rotermund: Fortsetzungen und Ergänzungen zu Christian Gottlieb Jöchers allgemeinem Gelehrten-Lexico !…". 7 Bde. Leipzig !Bd. 3: Delmenhorst, Bd. 4–6: Bremen" 1784–1897. – Reprint Hildesheim 1960–1961. Killy: DBE = Deutsche Biographische Enzyklopädie. Hrsg. von Walther Killy u. Rudolf Vierhaus. 14 Bde. u. 1. Supplementbd. München (Bd. 1–4: München, New Providence, London, Paris) 1995–2003. Killy: LL = Walther Killy (Hrsg.): Literatur Lexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. 15 Bde. Gütersloh 1988–1993. Kosch, Wilhelm, Das katholische Deutschland. Bde. 1 u. 2 u. Lfg. 25–27. Augsburg 1933–1938 (bis ‚Schlüter, W.‘; mehr nicht ersch.). Krumbacher = Karl Krumbacher: Geschichte der byzantinischen Literatur bis zum Ende des Oströmischen Reiches. 2. Aufl. München 1897 (= Handbuch der Klassischen Altertums-Wissenschaft 9,1). LACL (21999) = Lexikon der antiken christlichen Literatur. Hrsg. von Siegmar Döpp u. Wilhelm Geerlings. 2. Aufl. Freiburg, Basel, Wien 1999. LM = Lexikon des Mittelalters. 9 Bde. München, Zürich 1980–1998. Michaud = J!oseph" Fr!ançois" Michaud: Biographie universelle ancienne et moderne. Nouvelle édition, revue, corrigée et considérablement augmentée. 45 Bde. Paris 1843–1865. – Reprint Graz 1966–1970. MLE 3 = Felipe B. Pedraza Jimenez, Milagros Rodríguez Cáceres: Manual de literatura española III. Barrocco: Introducción, prosa y poesía. Tafalla (Navarra) 1980. NBG = Nouvelle biographie générale depuis les temps les plus reculés jusqu’à 1850–60. !…" Publié !…" sous la direction de M. le Dr Hoefer. 46 Bde. Paris 1852–1866. NDB = Neue Deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayer. Akademie der Wissenschaften. Bd. 1 ff. Berlin 1953 ff. NNBW = Nieuw Nederlandsch Biografisch Woordenboek. Onder redactie van P.C. Molhuysen !u. a.". 9 Bde. Leiden 1911–1933. RE = Paulys Realencyclopädie der Classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung. Hrsg. von Georg Wissowa. Bd. 1 ff. Stuttgart 1894–1997. Rheinische Lebensbilder. Hrsg. von Edmund Strutz u. a. Bd. 1 ff. Düsseldorf (Bd. 5: Bonn; ab Bd. 6: Köln, Bonn) 1961 ff. Zedler = Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste !…". 64 Bde. u. 4 Suppl.-Bde. Halle, Leipzig 1732–1754. – Reprint Graz 1961–1964.
Literatur zu Lohenstein
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IV. Literaturverzeichnisse 1. Literatur zu Lohenstein und seinen Trauerspielen ‚Agrippina‘ und ‚Epicharis‘ 1.1. Bibliographien Béhar, Pierre: Bibliographie de l’œuvre tragique de Daniel Casper von Lohenstein (1653–1748). In: ders., Silesia Tragica. Epanouissement et fin de l’école dramatique silésienne dans l’œuvre tragique de Daniel Casper von Lohenstein (1635–1683). Tome II. Wiesbaden 1988 (= Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 18), S. 697–759. Dünnhaupt, Gerhard: Daniel Casper von Lohenstein. In: ders., Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. 2., verb. u. wesentl. verm. Aufl. des Bibliographischen Handbuches der Barockliteratur. Tl. 4. Stuttgart 1991 (= Hiersemanns Bibliographische Handbücher 9,IV), S. 2589–2606. Gabel, Gernot Uwe: Daniel Casper von Lohenstein. A bibliography. Chapel Hill, N.C. 1973. Heiduk, Franz: Bio-bibliographischer Abriß. In: Erdmann Neumeister, De Poetis Germanicis. Hrsg. von Franz Heiduk in Zusammenarbeit mit Günter Merwald. Bern, München 1978, S. 402–406. Müller, Hans von: Bibliographie der Schriften Daniel Caspers von Lohenstein, 1652–1748. Zugleich als ein Beispiel für die buchgewerblich exakte Beschreibung von deutschen illustrierten Büchern des 17. Jahrhunderts. In: Werden und Wirken. Ein Festgruß Karl W. Hiersemann zugesandt. Hrsg. von Martin Breslauer u. Kurt Koehler. Leipzig 1924, S. 184–261. Pyritz, Ilse: Daniel Casper von Lohenstein. In: dies., Bibliographie zur deutschen Literaturgeschichte des Barockzeitalters. Tl. 2. Bern 1985, S. 435–443.
1.2. Forschungsberichte Stadler, Ulrich: Neuere Literatur über Lohenstein. In: Wirkendes Wort 23 (1973), S. 271–281. Tarot, Rolf: Literatur zum deutschen Drama und Theater des 16. und 17. Jahrhunderts. Ein Forschungsbericht (1945–1962). In: Euphorion 57 (1963), S. 411–453, hier S. 448–451.
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Literaturverzeichnisse
1.3. Neuere Ausgaben und Bearbeitungen von ‚Agrippina‘ und ‚Epicharis‘ Römische Trauerspiele. Agrippina; Epicharis. Hrsg. von Klaus Günther Just. Stuttgart 1955 (= Bibliothek des Literarischen Vereins 293). Agrippina. In: Das Zeitalter des Barock. Texte und Zeugnisse. Hrsg. von Albrecht Schöne. München 1963 (= Die deutsche Literatur. Texte und Zeugnisse), S. 537–643. – 2., verb. u. erw. Aufl. ebd. 1968, S. 577–683. Agrippina. Trauerspiel Breslau 1665 [szenische Bearbeitung von Hubert Fichte, 1977; als Manuskript vervielfältigt]. Köln: Verlag Kiepenheuer & Witsch Bühnenvertrieb o. J. [1977]. Agrippina. Bearb. von Hubert Fichte. Vorwort von Bernhard Asmuth. Köln 1978. Agrippina. Trauerspiel. Texteinrichtung von Florian Müller. Mitarb. Käthe Jowanowitsch. München, Irschenhausen, Sydney: Werkstattverbund o. J. [ca. 1980]. Epicharis. Ein römisches Trauerspiel. Einrichtung: Peter Kleinschmidt, Gerhard Spellerberg [für die Inszenierung von Hansgünther Heyme am Schauspiel Köln 1978]. In: Zu Epicharis. Die Welt des Daniel Casper von Lohenstein. Hrsg. vom Schauspiel Köln. Redigiert von Peter Kleinschmidt, Gerhard Spellerberg u. Hanns-Dietrich Schmidt. Köln 1978, S. 121–161.
1.4. Neuausgaben der Szenare zu ‚Agrippina‘ und ‚Epicharis‘ Zur Agrippina-Aufführung Breslau, Elisabeth-Gymnasium, 1666. – Abbildung (nach dem Exemplar der Universitätsbibliothek Wrocław/Breslau, Sammelband Yu 1050,6) in: Alberto Martino, Daniel Casper von Lohenstein. Geschichte seiner Rezeption. Bd. 1: 1661–1800. Tübingen 1978, Anhang, Abb. 23–26. Zur Agrippina-Aufführung Breslau, Elisabeth-Gymnasium, 1666. – Reprint (nach demselben Exemplar) in: Konrad Gajek (Hrsg.), Das Breslauer Schultheater im 17. und 18. Jahrhundert. Einladungsschriften zu den Schulactus und Szenare zu den Aufführungen förmlicher Comödien an den protestantischen Gymnasien. Tübingen 1994 (= Rara ex bibliothecis Silesiis 3), S. 237–240. Zur Epicharis-Aufführung Breslau, Elisabeth-Gymnasium, 1666. – Abbildung (nach dem Exemplar der Universitätsbibliothek Wrocław/Breslau, Sammelband Yu 1050,6) in: Alberto Martino, Daniel Casper von Lohenstein. Geschichte seiner Rezeption. Bd. 1: 1661–1800. Tübingen 1978, Anhang, Abb. 19–22. Zur Epicharis-Aufführung Breslau, Elisabeth-Gymnasium, 1666. – Reprint (nach demselben Exemplar) in: Konrad Gajek (Hrsg.), Das Breslauer Schultheater im 17. und 18. Jahrhundert. Einladungsschriften zu den Schulactus und Szenare zu den Aufführungen förmlicher Comödien an den protestantischen Gymnasien. Tübingen 1994 (= Rara ex bibliothecis Silesiis 3), S. 233–236.
Literatur zu Lohenstein
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1.5. Forschungsliteratur 1.5.1. Allgemeines zu Leben und Werk Lohensteins Studien zum Werk Daniel Caspers von Lohenstein. Anläßlich der 300. Wiederkehr des Todesjahres hrsg. von Gerald Gillespie u. Gerhard Spellerberg. Amsterdam 1983. – Zugleich Daphnis 12 (1983), Heft 2/3. Zu Epicharis. Die Welt des Daniel Casper von Lohenstein. Hrsg. vom Schauspiel Köln. Redigiert von Peter Kleinschmidt, Gerhard Spellerberg u. Hanns-Dietrich Schmidt [Sammelband mit wissenschaftlichen Beiträgen und angehängter Bühnenbearbeitung des Textes]. Köln 1978. Asmuth, Bernhard: Daniel Casper von Lohenstein. Stuttgart 1971 (= Sammlung Metzler 97). Asmuth, Bernhard: Lohensteins Leben. In: Zu Epicharis. Die Welt des Daniel Casper von Lohenstein (1978), S. 70–77. Baier, Lothar: Persona und Exemplum. Formeln der Erkenntnis bei Gryphius und Lohenstein. In: Text und Kritik 7/8: Andreas Gryphius. 2., revid. u. erweit. Aufl. (März 1980), S. 58–67. Banet, Ilona: Vom Trauerspieldichter zum Romanautor. Lohensteins literarische Wende im Lichte der politischen Verhältnisse in Schlesien während des letzten Drittels des 17. Jahrhunderts. In: Daphnis 12 (1983), S. 169–186. Banet, Ilona: Die Entwicklungstendenzen des Schulwesens der Stadt Breslau zur Zeit Daniel Caspers von Lohenstein. In: Virtus et Fortuna. Die deutsche Literatur zwischen 1400 und 1720. Festschrift für Hans-Gert Roloff. Hrsg. von Joseph P. Strelka u. Jörg Jungmayr 1983, S. 479–495. Banet, Ilona: Daniel Casper von Lohenstein. Neues Quellenmaterial zu seiner Tätigkeit als Syndikus. In: Germanica Wratislaviensia 55 [= Acta Universitatis Wratislaviensis 712] (1984), S. 195–204. Béhar, Pierre: La ‚Weltanschauung‘ de Lohenstein. Une thésophie de la renaissance? In: Daphnis 7 (1978), S. 569–615. Borgstedt, Thomas: Scharfsinnige Figuration. Zur Semantik des Herrscherlobs bei Lohenstein. In: Typologie. Internationale Beiträge zur Poetik. Hrsg. von Volker Bohn. Frankfurt a. M. 1988 (= Poetik 2 = edition suhrkamp 1451), S. 206–235. Cysarz, Herbert: Daniel Casper von Lohenstein. In: Schlesische Lebensbilder. Bd. 3: Schlesier des 17. bis 19. Jahrhunderts. Breslau 1928, S. 126–131. Fichte, Hubert: Wer war Daniel Casper von Lohenstein? In: ders., Homosexualität und Literatur. Bd.1. Polemiken. Frankfurt a. M. 1987, S. 469–477. Forssmann, Knut: Spuren Gracians im Werk Daniel Caspers von Lohenstein. In: Daphnis 12 (1983), S. 481–505. Gruppe, O[tto] F[riedrich]: Daniel Caspar[!] von Lohenstein. In: ders., Leben und Werke deutscher Dichter. Geschichte der deutschen Poesie in den drei letzten Jahrhunderten.Bd. 1. 2. Ausg. Leipzig 1872, S. 390–417.
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Literaturverzeichnisse
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Literatur zu Lohenstein
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Literaturverzeichnisse
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Literatur zu Lohenstein
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Literatur zu Lohenstein
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Literaturverzeichnisse
Spellerberg, Gerhard: Der Kommentar einer „Studienausgabe“. Ausgewählte Werke Lohensteins im Rahmen der „Bibliothek deutscher Klassiker“. In: Probleme der Edition von Texten der Frühen Neuzeit. Hrsg. von Lothar Mundt, Hans-Gert Roloff u. Ulrich Seelbach. Tübingen 1992 (= Beihefte zu editio 3), S. 140–153.
Sonstige Literatur
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2. Sonstige Literatur Werke antiker Autoren, die bereits in der Liste der in Lohensteins Anmerkungen genannten Autoren (S. 809–850) enthalten sind, werden hier nicht nochmals aufgeführt.
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Literaturverzeichnisse
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Sonstige Literatur
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Literaturverzeichnisse
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Literaturverzeichnisse
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Abkürzungen
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V. Abkürzungen (Ohne die für die zitierte Literatur verwendeten Sigel; hierzu s. die Literaturverzeichnisse)
1. Werke Lohensteins A C C2 E IB IS S
= = = = = = =
Agrippina Cleopatra (Erstfassung 1661) Cleopatra (Neufassung 1680) Epicharis Ibrahim (Bassa) Ibrahim Sultan Sophonisbe
2. Sonstiges Anm. = erläuternde Anmerkung des Kommentators AnmL. = Anmerkung Lohensteins zu einer Stelle seiner Trauerspiele AnmLH. = erschließende Anmerkung des Herausgebers zu einer Anmerkung Lohensteins Jh. = Jahrhundert Komm. = Kommentar des Herausgebers L. = Lohenstein Pers.-Verz. = Personenverzeichnis Abkürzungen für biblische Bücher nach der Vulgata-Ausgabe von R. Weber: Biblia sacra iuxta vulgatam versionem. Rec. Robertus Weber OSB. Editio tertia emendata. 2 tom. Stuttgart 1983.