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Digitally signed by Mannfred Mann DN: cn=Mannfred Mann, o=Giswog, c=DE Date: 2005.02.25 18:01:40 +01'00'
KLEINE
B I B L I O T H E K
DES
WISSENS
LUX-LESEBOGEN NATUR-
UND KULTURRUNDLICHE
HEFTE
OTTO K R Ö S C H E
WIE HOCH IST DER HIMMEL? M E I L E N S T E I N E IM WELTALL
VERLAG SEBASTIAN MURNAU-MÜNCHEN
LUX
-INNSBRUCK-BASEL
Ein Kind fragt Kinder haben noch die unbefangene Wißbegier, die sich nicht mit dem zufrieden gibt, was man gesagt bekommt, sondern weiter fragt bis auf den Grund. Der kleine Siebenjährige hat den Mond entdeckt. Gesehen hat er ihn natürlich längst, aber erst seit er ihn neulich mit dem Feldstecher seines Vaters betrachtet hat, ist es ihm grübelnd aufgegangen, daß dieses milde Licht dort oben etwas Wunderbares, ja Aufregendes ist: ein Ball, eine Kugel, die des Abends und in der Nacht und manchmal auch am Tage geheimnisvoll durch den Himmel schwebt. Auf seine Fragen erzählt ihm der Vater einiges vom Mond und überhaupt von den Wundern des Himmels. Und der kleine Fragesteller erfahrt, daß der Mond, daß die Sonne und alle Sterne Himmelskörper genannt werden, die meist viel viel größer sind als die Erde und nur so klein aussehen, weil sie so sehr weit entfernt von uns ihre Bahn durch den Himmelsraum ziehen. „Und wie weit ist der Mond von uns entfernt?" „So weit, daß du, um dorthin zu kommen, tausendmal mit der. Eisenbahn von hier bis ans Meer fahren müßtest, wo wir im Sommer waren." „Tausendmal?" „Ja, mehr als drei Jahre müßtest du jeden Tag 384 Kilometer weit fahren. 384 000 Kilometer weit ist es bis zum Mond." Väter müssen alles wissen. Und auf die nächste Frage, ob denn schon jemand zum Mond gekommen sei, um das zu messen, erklärt
der Vater seinem Sohn, daß man sidi dazu gar nicht von der Erde wegzubegeben brauche, daß es nicht einmal schwierig sei, dies zu errechnen, anderseits aber wieder nicht so einfach, daß ein Siebenjähriger das schon begreifen könne. Das leuchtet dem unermüdlich Wißbegierigen ein, und so hat der Vater wieder einmal eine Klippe glücklich umschifft, die mit der unvermuteten Frage aufgetaucht war. Wie aber finden die Astronomen tatsachlich heraus, wie weit Mond und Sonne, Sterne und die Milchstraßen von uns entfernt sind?
Messende griechische Astronomen Diese Frage nach der Entfernung der Himmelskörper im Weltraum bewegte schon vor Jahrtausenden die Menschen, die mit forschendem Sinn den Himmel betrachteten. Daß die Himmelshchter offenbar verschieden weit entfernt sind, ergab sich schon daraus, daß der Mond zuweilen vor die Sonne trat und sie verfinsterte und daß er auf seiner Bahn auch Sterne verdeckte. Aber über diese Erkenntnis hinaus strebte man schon im Altertum nach genauen Zahlen Wohl als erster beschäftigte sich der griechische Astronom Anstarch von Samos im 3. Jahrhundert v. Chr. mit dieser Frage. Er erkannte, daß das Dreieck zwischen Erde, Sonne und Mond beim Monde rechtwinklig ist, wenn der Mond sich in seinem ersten oder letzten Viertel befindet, wenn er also von der Sonne genau halb beleuchtet wird (Bild 1). Und aus dem Winkel bei E, den zu dieser Zeit die Sehstrahlen des Beobachters nach der Sonne und dem Mond einschließen, meinte Aristarch berechnen zu können, daß die Entfernung Erde-Sonne neunzehnmal so groß sei wie die Entfernung ErdeMond. Diese Zahl 19 war zwar von der Wirklichkeit weit entfernt — die wahre Zahl ist 389 —, da die Bestimmung, wann der Mond genau
Abb. 1: Wenn der Mond (M) halb beleuchtet ist, bilden Sonne (S), Mond und Erde (E) bei M einen rechten Winkel '
zur Hälfte von der Sonne angestrahlt ist, und auch die Berechnung des Winkels E — Sonne-Erde-Mond — mit den damaligen Mitteln nur höchst unvollkommen gelingen konnten; diese vermeintliche Entfernungszahl 19 behielt ihre Gültigkeit fast zwei Jahrtausende hindurch; erst Kepler*) zweifelte sie an, und sein Freund Wendelin bestimmte im Jahre 1650 ihre Größe, immer noch nicht richtig, mit 229. Den nächsten Schritt nach dem in Alexandria lehrenden, sternkundigen Aristarch unternahm Hipparch von Nicäa, der im zweiten Jahrhundert v. Chr. in Rhodos und Alexandrien lebte. Er war der größte Astronom des Altertums, dem die alten Schriftsteller schon den Beinamen „der Große" gaben und der in der theoretischen und praktischen Astronomie Erkenntnisse gewann, die für anderthalb Jahrtausende als richtungweisend und vorbildlich galten; auf ihnen vor allem fußt das Weltsystem des Ptolemäus, das die Erde als den Mittelpunkt des Weltalls betrachtete. Auch in anderen Wissenschaften war Hipparch fruchtbar tätig. Er begründete die ebene und sphärische Trigonometrie, die Sehnenrechnung und die Teilung des Kreises in 360 Grad. Ferner ist er durch die Einführung der geographischen Längen- und Breitengrade, durch die Herausgabe von Tafeln für die Breitenbestimmung einzelner Orte und durch die Vorausberechnung von Mondfinsternissen der Vater der mathematischen Geographie. Aus seiner Kenntnis des Bahnlaufes von Sonne und Mond ermittelte Hipparch den Halbmesser des Erdschattens, den der Mond bei einer Mondfinsternis durchläuft, mit 41 Bogenminuten; auf der anderen Seite schätzte er die Größe des scheinbaren Halbmessers der Sonnenscheibe ganz richtig mit 16 Bogenminuten, und aus diesen Werten in Verbindung mit der Zahl 19 des Aristarch erhielt er mit Hilfe von mathematischen Gleichungen folgende Ergebnisse: Entfernung Sonne—Erde Entfernung Mond—Erde Halbmesser der Sonne Halbmesser des Mondes
1140 Erdhalbmesser (23 500) 60 Erdhalbmesser (60) 5,5 Erdhalbmesser (109) 1/3 Erdhalbmesser (10/37).
•) vgl. Lux-Lesebogen 343, „Kepler". 4
Auch die Entfernung dieses Spiralnebels — NGC 628 — haben Astronomen gemessen: 5 Millionen Lichtjahre (= 5X9,46 Billionen Kilometer).
Die in Klammern angegebenen Zahlen sind die tatsädilidien Werte, und so ist zu erkennen, daß Hippardi für den Mond zu ziemlidi riditigen Ergebnissen gelangte. Für die Sonne allerdings waren sie so falsch, wie eben die Zahl 19 falsdi war.
Der kluge Eratosthenes Wie groß aber ist der Erdhalbmesser? Das wiederum hatte ein Jahrhundert vor Hippardi bereits Eratosthenes von Alexandrien herausgefunden. Daß die Erde eine Kugel sei, war sdion seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. von vielen Gelehrten angenommen worden, aber man wußte nidit, wie groß diese Kugel sei. Da erfuhr Eratosthenes, daß sidi in Syene, dem heutigen Assuan in Oberägypten, am ZI. Juni mittags die Sonne in einem tiefen Brunnen spiegelt, daß sie sidi also zu diesem Zeitpunkt im Zenit befindet und ihre Strahlen senkredit auf die Erde herabwirft. Zum Vergleidi unternahm Eratosthenes im folgenden Jahre zu demselben Zeitpunkt in Alexandrien eine Messung, indem er den Sdbatten eines Stabes, der im Mittelpunkt einer halbkugeligen Sdiale aufredit stand, in die Sdiale fallen ließ. Er stellte fest, daß die Sdiattenlänge ein Fünfzig-
Links Abb. 2: Die Erdumfangberechnung des griechischen Astronomen Eratosthenes (275—195 v. Chr.); Sy = Syena oder Assuan, AI = Alexandria. — Rechts Abb. 3: Berechnung der Parallaxe des Punktes C, einer Kirchturmspitze am jenseitigen Flußufer stel des Kreisumfangs der Sdiale betrug (Bild 2). Daraus ergab sidb für ihn, daß die Stredce Syene—Alexandrien ebenfalls ein Fünfzigstel des Erdumfangs ausmadien müsse. Fünftausend Stadien waren Alexandrien und Syene-Assuan voneinander entfernt, so hatten es die ägyptisdien Geometer vermessen. Und so ließ sidi der Umfang der
Erdkugel unschwer mit 50 mal 5000 zu 250 000 Stadien berechnen, welche Zahl Eratosthenes wegen der besseren Teilbarkeit durch sechzig auf 252 000 erhöhte. Zwar kennen wir nicht das genaue Maß des Stadions, da dieser Wert in alten Zeiten nicht einheitlich, sondern nach Ort und Zeit verschieden war, doch wenn wir ihm die wahrscheinliche Länge von dreihundert ägyptischen Ellen geben, gelangen wir auf 157,5 Meter und damit auf einen Erdumfang von 39 700 km — ein Betrag, der dem wahren Umfang der Erde von etwa 40 000 km erstaunlich nahe kommt.
Keplers aufschlußreiches Planetengesetz Über anderthalb Jahrtausende, mehr als fünfzig Generationen, vergingen, ehe die Erkenntnisse der alten Astronomen weitergeführt und ihre Irrtümer berichtigt wurden, vor allem der Irrtum, daß die Erde der Mittelpunkt des Alls sei und daß sich die Sonne um die Erde bewege. Kopernikus*, Tycho de Brahe, Kepler, Galilei sind die ersten großen Glieder jener neuen Kette astronomischer Forscher, die von nun an nicht mehr abreißt. Von ihnen ist zu unserem Thema vor allem Johannes Kepler von Bedeutung. Nach langen mühevollen Beobachtungen und Berechnungen fand er die Gesetze der Bewegungen der Planeten um die Sonne, die sogenannten drei Keplerschen Gesetze, deren drittes lautet: Die Quadrate der Umlaufszeiten der Planeten verhalten sich wie die Kuben ihrer mittleren Entfernungen von der Sonne. Das heißt, daß sich aus den Umlaufszeiten der Planeten um die Sonne, die sich durch Beobachtung leicht ermitteln lassen, die gegenseitigen Verhältnisse in den Entfernungen der Planeten von der Sonne ergeben. Nehmen wir an, ein Planet brauche für einen Umlauf um die Sonne achtmal so viel Zeit wie die Erde, dann ist das Quadrat dieser Umlaufszeit 8 mal 8 = 64, und diese Zahl wiederum ist die Kubikzahl — der Kubus — von 4 (4X4X4 = 64), so daß also dieser Planet viermal so weit von der Sonne entfernt wäre wie die Erde. Dieses dritte Keplersche Gesetz also bedeutet nicht weniger, als daß man die gesamten tatsächlichen Maßverhältnisse unseres Sonnensystems erkennen kann, wenn man ein einziges Maß in die Hand bekommt, wenn man zum •) Vergleiche Lux-Lesebogen 369, „Kopernikus".
Beispiel die genaue Entfernung der Erde von der Sonne ermittelt hätte. Und auf dieses Ziel steuerte man in der folgenden Zeit zu.
Der Kirchturm am anderen Ufer Auch auf Erden ergibt sich zuweilen die Notwendigkeit, die Entfernung eines unzugänglichen Punktes, einer Bergspitze oder eines Kirchturms jenseits eines Flusses zu ermitteln. Das geschieht in der Weise, daß man auf dem diesseitigen Ufer eine Strecke AB genau ausmißt und von den beiden Endpunkten der Strecke aus den fernen Punkt C anvisiert (Bild 3). Es ergibt sich so ein Dreieck, dessen Winkelgrößen A und B gemessen werden können, woraus sich die Winkelgröße C leicht errechnen läßt. Dieser Winkel ist die sogenannte Parallaxe des Punktes C, d. h. der Gesichtswinkel, unter dem von C, der Kirchturmspitze, aus die Strecke AB am diesseitigen Flußufer erscheint. Aus diesen Werten (Streckenlänge AB und Winkelgrößen) ist durch weitere Berechnung die Entfernung des Punktes C festzustellen. Auf die gleiche Weise läßt sich die Entfernung eines Himmelskörpers, des Mondes etwa, ermitteln, ohne daß man sich zu ihm hinbegeben muß. Das Meßverfahren ist dasselbe — die praktische Durchführung allerdings bietet mancherlei Schwierigkeiten. Es leuchtet ein, daß bei der gewaltigen Entfernung des Mondes die Grundlinie AB recht groß sein muß, um zu einem brauchbaren Dreieck mit gut meßbaren Winkeln zu gelangen. Und so errichteten die Engländer, für die als seefahrende Nation die Kenntnis des Mondbahnverlaufs von großer Bedeutung für die Navigation war, in Kapstadt ein Gegenstück zu ihrer Sternwarte in Greenwich, nicht zuletzt aus dem Bedürfnis, eine recht ausgedehnte Grundlinie zur Ermittlung der Parallaxe des Mondes zu schaffen. Eine weitere Schwierigkeit astronomischer Messungen liegt darin, daß bei ihnen die drei Punkte des Dreiecks, die beiden auf der Erde und als dritter ein Punkt am Rand des Mondes, mit Erde und Mond in ständiger Bewegung sind, so daß es zur Erzielung eines exakten Ergebnisses darauf ankommt, die Winkelmessungen bei A und B (in Greenwich und in Kapstadt) möglichst gleichzeitig anzustellen; denn bei den großen Entfernungen führen schon geringe Abweichungen zu beträchtlichen Fehlern. 8
Anhäufung von Doppelsternen, die umeinanderkreisen und von denen viele „Bedeckungsveränderliche" sind, sich also gegenseitig zeitweise verfinstern.
Zunächst wurden die Uhren aut der südafrikanischen und der Greenwicher Station haargenau aufeinander abgestimmt. Dann visierten die Astronomen zum gleichen Zeitpunkt von beiden Beobachtungssternwarten aus den gleichen Punkt am Mondrand an und ermittelten die Größe der Winkel, der sich zwischen den beiden Visierlinien und der Grundlinie AB, der Linie Greenwich—Kapstadt, ergab. Damit hatten sie auch die Größe des Winkels beim Mond und durch weitere Berechnungen, die schon ein Schulkind anstellen kann, die Entfernung zum Mond. Vom Mond konnten die Astronomen mit gutem Gewissen sagen, daß sie mit diesem Winkelmeßverfahren seine mittlere Entfernung so genau wie nur möglich herausgefunden hatten; 384 400 km waren gemessen worden. Das gleiche konnten sie aber nicht von der Sonne behaupten, bei ihr versagte diese Methode. Beim Mond konnten die Instrumente haargenau auf dessen scharf abgegrenzten Rand eingestellt werden, nicht jedoch bei der Sonne. Das aber ist wichtig, denn schon eine Meßungenauigkeit von Vioo Bogensekunde verursacht, wie wir heute wissen, eine Ungenauigkeit in der wahren Entfernung von 170 000 km.
Zwischenstationen Aber man brauchte ja nicht die Sonnenentfernung direkt zu messen. Wie aus dem dritten Keplerschen Gesetz hervorgeht, genügte ja das Maß irgendeines Mitglieds der Planetenfamilie, um die Maße aller Mitglieder des Sonnensystems zu erfahren. So unternahm bereits im Jahre 1672 der französische Astronom Richer eine Parallaxenmessung des Mars, als dieser rote Planet in Opposition zur Sonne stand, als also Voll-Mars herrschte und Sonne-Erde-Mars in einer geraden Linie hintereinander standen. Zu diesem Zeitpunkt ist Mars nach dem dritten Keplerschen Gesetz rund einhalbmal so weit von der Erde entfernt als die Erde von der Sonne. Richer stellte seine Messungen in Cayenne im Nordosten Südamerikas an, während die Messungen am anderen Ende der Grundlinie des Dreiecks auf der Sternwarte in Paris vorgenommen wurden. Sie ergaben einen Parallaxenwinkel des Mars von 26 Bogensekunden, woraus 10
sich die Parallaxe der Sonne zu 9,5 Bogensekunden errechnen ließ. Richer hatte damit den ein Vierteljahrhundert zuvor von Wendelin gefundenen Wert von 14 Sekunden verbessert und erheblich an den tatsächlichen Wert herangeführt. Von ähnlichen Überlegungen ging der große englische Astronom Halley aus. Er schlug 1677 vor, die Sonnenparallaxe bei einem Venusdurchgang zu messen, wenn Erde-Venus-Sonne eine gerade Linie bilden und der Planet als ein dunkles Pünktchen vor der Sonnenscheibe vorüberzieht. Zu diesem Zeitpunkt ist nach dem dritten Keplerschen Gesetz die Sonne rund viermal so weit von der Erde entfernt als die Venus. Um das besser zu verstehen, machen wir ein kleines Experiment. Nehmen wir an, auf meinem Schreibtisch steht ein Porträt, davor ein Leuchter, der gerade das rechte Auge des Portrats verdeckt, wenn ich eines meiner Augen schließe. Blicke ich jedoch mit dem anderen Auge auf das Bild, dann verschiebt sich der Leuchter vor dem Bilde scheinbar ein wenig zur Seite, er verdeckt nun das linke Ohr des Porträts. Nun messe ich aus, daß die Entfernung von dem rechten Auge bis zum linken Ohr auf dem Bilde vier Zentimeter beträgt; die Mittelpunkte meiner beiden Augen liegen fünfeinhalb Zentimeter auseinander, der Leuchter steht vierzig Zentimeter von dem Bilde und fünfundfünfzig Zentimeter von mir entfernt. Jetzt nähere ich den Leuchter dem Bilde bis auf die Hälfte der früheren Entfernung und stelle dabei fest, daß die scheinbare Verschiebung des Leuchters auf dem Bilde nur noch die Hälfte der früheren beträgt. Rücke ich dagegen den Leuchter zu mir heran, so daß er mir dreimal näher steht als dem Bilde, so ist die Verschiebung auch dreimal größer als die Entfernung meiner Augen voneinander. Aus diesem Experiment ergibt sich, daß ich die Entfernung des Leuchters sowie die Entfernung des Bildes gar nicht zu kennen brauche; ich muß nur messen, um wieviel die eine Entfernung größer ist als die andere, um die Größe der Verschiebung selbst zu erkennen und daraus die anderer entfernter Gegenstände zu berechnen. Halleys Vorschlag fand allgemeine Billigung; man mußte jedoch bis zum Jahre 1761 mit seiner Erprobung warten, denn solche Ve11
nusdurchgänge ereignen sich nur selten, höchstens zweimal in jedem Jahrhundert.
Venusexpeditionen Mit Spannung erwarteten die Astronomen den 5. Juni 1761. Frankreich, England, Dänemark, Schweden und Rußland hatten Expeditionen in ferne Länder zur Beobachtung des nur kurze Zeit währenden Vorgangs entsandt. Um was es dabei geht, zeigt Bild 4. Das Planetenpünktchen Venus beschreibt bei seinem Vorübergang für zwei Beobachter a und b auf der Nord- und Südhälfte der Erde zwei parallele Sehnengeraden auf der Sonnenscheibe. Aus dem Abstand AB der beiden Sehnen sowie aus den Winkeln der Berüh-
Abb. 4: Bestimmung der Sonnenparallaxe bei einem Venusdurchgang. Der Beobachter a sieht die Venus auf der B-Sehne, der Beobachter b auf der A-Sehne über die Sonnenfläche ziehen. rungspunkt der Venus am Sonnenrand — zwei äußere und zwei innere, wobei besonders die inneren wichtig sind — lassen sich sowohl Durchmesser wie Entfernung der Sonne errechnen. Als der große Augenblick herankam, sahen die Beobachter bei a und b den ersten (äußeren) Kontakt beim Eintritt der Venus in die Sonnenscheibe zwar ungestört vor sich gehen, gerieten aber in große Verwirrung, als sie beim zweiten Kontakt (dem inneren) die sonderbare Erscheinung des „schwarzen Tropfens" bemerkten: Als die
Venus wieder aus der Sonne heraustreten wollte und den Sonnenrand von innen berührte, erschien sie mit einemmal nicht mehr kreisrund, sondern behielt durch ein Anhängsel noch längere Zeit Verbindung mit dem zurückweichenden Sonnenrand, was die genaue zeitliche Festlegung der Kontaktbeobachtung nach der Uhr erheblich störte. So wurde durch die optische Täuschung die nachträgliche Berechnung der Sonnenparallaxe ziemlich ungenau. Sie schwankte in ihren Ergebnissen zwischen 8,5 und 10,5 Bogensekunden. Der nächste Venusdurchgang erfolgte am 3. Juni 1769. Wieder waren zahlreiche Expeditionen unterwegs nach Indien, Tahiti, Amerika und Sibirien. Manche blieben vergeblich, da im entscheidenden Moment die Sonne von Wolken verdeckt wurde. Besonderes Pech hatte der Franzose Le Gentil. Im Jahre 1761 war er, da Kriegshändel unterwegs seine Reise verzögerten, viel zu spät nach Pondichery in Vorderindien gekommen und hatte sich entschlossen, die acht Jahre bis zum nächsten Venusdurchgang dort zu bleiben — aber trotz dieses Opfers war ihm der Himmel nicht gnädig; denn auch seinem Auge verhüllte sich die Sonne am 3. Juni 1769 in einen Wolkenschleier. Trotzdem war das Wetter für andere Expeditionsteilnehmer günstig, und aus ihren Beobachtungen ergab sich, daß der Abstand der beiden Kreissehnen des Venusweges auf der Sonnenscheibe rund 36mal kleiner war als der ganze Sonnendurchmesser. Wir übertragen nun die am Schreibtisch aus dem Verhältnis Beobachter-Leuchter-Porträt gewonnenen Erkenntnisse auf das Verhältnis Erde-Venus-Sonne. Den Augenabstand des Beobachters setzen wir mit dem Erddurchmesser am Äquator gleich — auf diesen nämlich, nicht etwa auf die Linie Kapstadt—Greenwich oder eine ähnliche Strecke beziehen die Astronomen wegen der größeren Genauigkeit und bequemeren Rechnung ihre Parallaxenb"erechnungen der Himmelskörper; er beträgt 12 756,8 km. Aus dem dritten Keplerschen Gesetz wissen wir, daß die Venus bei ihrem Vorübergang vor der Sonne uns etwa dreimal näher steht als der Sonne, folglich ist die Sonne 3 mal 36 = 108 mal größer als der Erddurchmesser, was einen Sonnendurchmesser von 1 379 000 km ergibt. Dieses Ergebnis stimmt zwar mit dem wahren von 1 391 000 km nicht ganz überein, da sowohl die genannten Zahlen des Abstandes der Sehnen auf der 13
Sonnenscheibe wie auch die Zahlen des Entfernungsverhältnisses Sonne-Venus-Erde von 3 : 1 nur abgerundet sind — aber es sollte ja hier nur die Methode aufgezeigt werden. Die Kontaktbeobachtungen wiederum ergaben, daß unserem Auge der scheinbare Durchmesser der Sonne unter einem Winkel von 33 Bogenminuten erscheint, woraus nach trigonometrischer Rechnung die Entfernung der Sonne wiederum rund 108mal so groß ist als ihr Durchmesser. So ergibt ein Wert den anderen; entscheidend jedoch ist, daß dieser eine Wert, auf dem man dann aufbauen könnte, ganz genau ist — das aber zu erreichen, war keineswegs einfach.
Die Ergebnisse werden genauer Nach dem Beobachtungsmaterial der beiden Venusdurchgänge des 18. Jahrhunderts errechnete schließlich der Berliner Astronom Encke 1824 eine Sonnenparallaxe von 8,57 Bogensekunden, was einer Sonnenentfernung von 153 Millionen km entsprach. Diese Parallaxenzahl jedoch hielt 1854 der Mathematiker P. A. Hansen auf Grund seiner Untersuchungen über die Mondbewegung für erheblich zu klein. Es ist nämlich möglich, daß die Entfernung eines Himmelskörpers auch auf anderen Wegen ermittelt werden kann als auf dem der Winkelmessung, wenngleich diese Messung sich schließlich doch als die genaueste erwiesen hat. Eine solche indirekte Methode zur Bestimmung der Sonnenentfernung beruht auf der Wirkung der Anziehung der Sonne auf den Mond. Kepler hatte seinen Berechnungen, die dann zur Auffindung der drei Gesetze der Planetenbewegungen führten, die Annahme zugrunde gelegt, daß von der Sonne eine die Planeten bewegende Kraft ausgehe. Diese Annahme war geistvoll, aber in ihrem Wesensgehalt nicht richtig. Wohl geht von der Sonne — wie von allen Körpern überhaupt — eine Kraft aus, die von dem großen Isaac Newton ein halbes Jahrhundert nach Keplers Entdeckungen aufgefundene Gravitationskraft, auch Anziehungs- oder Schwerkraft genannt; aber die Anziehungskraft ist nur die eine Seite im Wechselspiel der Kräfte, das den Lauf der Himmelskörper reguliert. Ihr gegenübergestellt ist die Eigenbewegung der Himmelskörper, die Fliehkraft, die 14
ihnen bei ihrer Entstehung mitgegeben wurde und in der sie beharren. Im Verhältnis der Sonne und ihrer Trabanten halten sich diese beiden Kräfte die Waage: Die Fliehkraft müßte die Planeten eigentlich hinaus in den Weltraum treiben, die Gravitationskraft der Sonne aber zieht sie zu sich heran, und so entfernen sich die Planeten weder fort in die Weite, noch werden sie völlig auf die Sonne herniedergezogen; sie bewegen sich, fortstrebend und zugleich herangezogen um die Sonne herum. Aber nicht allein die Sonne, sondern, wie das Gravitationsgesetz von Newton besagt, „jedes Massenteilchen zieht jedes andere mit einer Kraft an, die im umgekehrten Verhältnis zu dem Quadrat der Entfernung steht". Auch die Erde übt, wie wir aus eigener Erfahrung wissen, eine Gravitationskraft aus, und sie ist es, die den Mond zu seiner Bahn um die Erde zwingt. Zugleich aber wird der Mond auch von der zwar viel weiter entfernten, jedoch auch sehr viel größeren Sonne angezogen. Diese Anziehung der Sonne hat zur Folge, daß der Mond bei seinem monatlichen Umlauf um die Erde zur Zeit seines ersten Viertels mehr als zwei Bogenminuten hinter seiner mittleren Stellung zurückbleibt, bei Vollmond diese Verzögerung nachholt, beim letzten Viertel zwei Minuten über seine mittlere Stellung hinaus ist und bei Neumond endlich sich wieder in der mittleren Stellung befindet. Die Größe dieser Ungleichheit der Mondbewegung hängt von dem jeweiligen Abstand des Mondes von der Sonne und von der Erde ab, und da die Entfernung des Mondes von der Erde bekannt ist, kann man durch genaue Messung der Abweichungen die Entfernung der Sonne bestimmen. Die rechnerische Bewältigung dieser Aufgabe gehört zu den schwierigsten der Himmelsmechanik und führt auch zu keinem ganz einwandfreien Ergebnis; doch konnte immerhin, wie erwähnt, Hansen erklären, daß die von Encke errechnete Sonnenparallaxe von 8,57 Bogensekunden zu klein sein müsse. Daraufhin verarbeitete der Engländer Stone die Beobachtungsergebnisse der Venusdurchgänge noch einmal und kam zu einer Parallaxenzahl von 8,95 Sekunden; dieser (ebenfalls falsche) Wert blieb in den britischen Schiffskalendern bis 1882 in Geltung, zumal der berühmte Leverrier in Paris — der 1846 das Vorhandensein und !sn Standort des bis dahin unbekannten Planeten Nentun am Schreib15
Blick in den Parabolspiegel eines Radioteleskops. Der „Spiegel" ist eine Zusammenfassung vieler Antennen, die zusammenwirken, besonders empfindlich sind und scharf in eine bestimmte Richtung gelenkt werden (vgl. Seite 31). 16
tisch errechnet hatte — durch eine andere Methode zu demselben Wert gelangt war. Die nächsten Venusdurchgänge erfolgten 1874 und 1882. Fünfzig Expeditionen, darunter sechs aus Deutschland, beobachteten am 8. Dezember 1874 das viereinhalb Stunden dauernde Himmelsschauspiel und hielten es diesmal auch photographisch fest, um später die Messungen in aller Ruhe vornehmen zu können. Ebenso war es 1882, und so standen schließlich fast fünftausend Aufnahmen zur Auswertung zur Verfügung. Dennoch schwankten die nach langen Jahren erzielten Rechenergebnisse immer noch zwischen den Werten 8,86 und 8,79 Bogensekunden, so daß auch diese zahlreichen, kostspieligen Expeditionen noch keinen völlig befriedigenden Erfolg gebracht hatten. Eine noch genauere Messung wäre nur möglich, wenn man einen Himmelskörper zur Verfügung hätte, der erheblich näher an die Erde herankommt als Mars und Venus. Aber gibt es einen solchen?
Der kleine Planet Eros Schon Kepler hatte wahrgenommen, daß in den gegenseitigen Abständen der verschiedenen Planeten von der Sonne eine gewisse Regelmäßigkeit herrschte und daß zwischen Mars und Jupiter eine Lücke klaffte, in die eigentlich noch ein Planet hinein gehörte. Diese Regelmäßigkeit wurde im 18. Jahrhundert von den Astronomen Titius und Bode in zahlenmäßige Form gepaßt, und auch bei dieser Titius-Bodenschen Reihe ergab sich ein leerer Platz zwischen Mars und Jupiter — eines der großen Rätsel unter den Himmelserscheinungen mit einer ganz überraschenden Auflösung, wie sich später herausstellte. Nicht ein einzelner Planet zieht in dieser Lücke seine Bahn um die Sonne, sondern ein aus etwa 44 000 Klein- und Kleinstkörpern bestehender Schwärm von Planetoiden, den „Kleinen Planeten" oder „Asteroiden", deren Durchmesser zehn, hundert oder mehr als hundert Kilometer beträgt. Manche haben Namen, wie die 1801 entdeckte Ceres mit 733 km Durchmesser, oder Pallas, Juno, Vesta, Hermes, Hidalgo oder Eros. Ob es sich bei ihnen um Trümmer eines zerborstenen, ehemals einzigen Planeten handelt, ist ungeklärt. 17
Die Mehrzahl dieser kleinen Planeten bewegt sich in mehr oder minder stark vom Kreis abweichenden Ellipsen um die Sonne in einem breiten Ring zwischen Mars und Jupiter, einige jedoch weichen von dieser allgemeinen Bahn beträchtlich ab. So verläuft z. B. der kleine Planet 944 Hidalgo in einer sehr stark abgeplatteten Ellipse, die ihn fast bis an die Saturnbahn heranführt, während nach der anderen Seite hin einige kleine Planeten bis über die Mars-, Erde- und Venusbahn hinaus verlaufen. Dabei können sie, astronomisch betrachtet, recht dicht an die Erde herankommen, wie etwa Hermes, der die Erde in nur knapp doppelter Mondentfernung passierte. Jedoch ging auch er wie verschiedene andere wieder verloren, da die oft nur wenige Tage möglichen Beobachtungen für eine genaue Bahnbestimmung nicht ausreichten. Gesichert dagegen ist die Bahn des Planetoiden Eros, der 1898 entdeckt wurde und seitdem mehrmals in Erdnähe vorüberzog, zuletzt 1938. Auf rund 22 Millionen km kommt dann der etwa 40 km große Himmelskörper der Erde nahe und bildet ein ausgezeichnetes Objekt für eine Winkelmessung und damit für eine Bestimmung der Sonnenentfernung. Vor wenigen Jahren erst wurden die Ergebnisse der Messungen und Berechnungen des jüngsten erdnahen Vorübergangs des Eros bekanntgegeben: 149 670 000 km war nach ihnen die mittlere Entfernung der Sonne von der Erde, mit einem wahrscheinlichen Fehler nach oben oder unten von nur 17 000 km. Die Entfernung Sonne-Erde wird als Astronomische Einheit (AE) bezeichnet. Mit rund 150 Millionen Kilometern erscheint sie uns ungeheuerlich groß, am Himmel aber ist sie nur wie ein Millimeter auf dem irdischen Metermaß.
Noch tiefer in den Weltraum Wenn wir die Entfernung Sonne-Erde auf ein Millimeter verkleinerten, stünde unser nächster Fixsternnachbar, das aus drei Sternen bestehende Doppelsternsystem Alpha Centauri am südlichen Sternhimmel, mit 45 Billionen Kilometer Entfernung über dreihundert Meter von uns entfernt. Mit diesem Vergleich gewinnen wir eine erste Ahnung von der ungeheuren Weite des Himmelsraums und zugleich auch von der geistigen Kühnheit des Kopernikus: Auf den Haupt18
einwand gegen sein neues Weltsystem, daß die Fixsterne keine Parallaxe zeigten — die man mit den damaligen unvollkommenen Instrumenten nicht nachweisen konnte —, entgegnete er, daß eben die Entfernungen der Fixsterne unermeßlich groß seien. Hi'rrtmetshinterqruAd
Abb. 5: Entfernungsmessung der allernächsten Fixsterne; die Grundlinie AB ist der Durchmesser der Erdbahn um die Sonne.
Für die Messung der Parallaxenwinkel innerhalb unseres Sonnensystems benutzten wir als Dreieckgrundlinie die Verbindung zwischen zwei weit entfernten Punkten auf dem Erdball, etwa zwischen Greenwich und Südafrika, oder noch besser den bekannten Durchmesser der Erde. Zur Entfernungsmessung selbst der allernächsten Fixsterne ist diese Basis jedoch viel zu klein. Die einzig mögliche größere Grundlinie ist der Durchmesser der Erdbahn um die Sonne (Bild 5). Nach dieser Meßmethode wird ein Fixstern erst an einem Ende dieser 300 Millionen km langen Strecke angemessen und ein halbes Jahr später am anderen, wenn nämlich die Erde bei ihrem Umlauf um die Sonne dort angelangt ist. Trotz dieser riesigen Basis ist der sich ergebende Parallaxenwinkel der Fixsterne nur Bruchteile einer Bogensekunde groß.
Wie winzig ein solcher Winkel einer Bogensekunde ist, zeigt folgender Vergleich: An einem Turm sind ein Zentimeter voneinander entfernt zwei Strichmarken angezeichnet — erst in über zwei Kilometer Entfernung, genau in 206 265 Zentimeter Abstand, müßte man ein Fernrohr um eine Bogensekunde verstellen, um mit der Visierlinie im Fernrohr von einer Marke auf die andere überzugehen. Nimmt man als Maßstab nicht 1 Zentimeter, sondern die Astronomische Einheit, die 150 Millionen km des Sonnenabstandes, d. h. des Erdbahnhalbmessers, so folgt daraus, daß ein Stern mit einer Parallaxe von einer Bogensekunde 206 265 Astronomische Einheiten entfernt wäre, 19
rund 31 Billionen Kilometer. Dieser Abstand wird eine Sternweite oder ein Parsek genannt. 1840 erst gelang es Bessel in Königsberg, erstmalig die Parallaxe eines Fixsternes zu messen und zwar die des Sternes 61 im Schwan, deren Wert er zu 0,31 Bogensekunden fand: Stern 61 ist demnach drei Sternweiten oder Parsek, das ist 93 Billionen Kilometer, von uns entfernt. Solche wahrhaft astronomischen Weiten in irdischen Kilometerzahlen auszudrücken, ist unpraktisch, und so hat man für sie außer dem Begriff der Sternweite — Parsek —, den der Lichtzeit eingeführt, jener Zeit, die das Licht benötigt, um von einem Stern bis zu uns zu gelangen.
Wie schnell ist der Lichtstrahl ? Im Jahre 1675 beobachtete der Däne Olaus Römer den Jupiter und seine vier Monde (heute kennen wir deren zwölf, doch damals waren nur vier bekannt). Dabei fiel ihm auf, daß das Wiederauftauchen des einen oder anderen Mondes hinter dem Jupiter erheblich
Abb. 6: Messung der Geschwindigkeit des Lichtes auf Grund des verspäteten Wiederauftauchens eines Jupitermondes, sobald die Erde von Jupiter weiter entfernt ist. später als vorausberechnet erfolgte, wenn die Erde von Jupiter weiter entfernt war als vor einem Vierteljahr (Bild 6). Römer schloß daraus, daß diese Verzögerung nur scheinbar und durch den länge20
ren Weg des Lichtes bedingt sein müsse und errechnete daraus die Geschwindigkeit des Lichtes zu 220 000 km pro Sekunde. Römers Schlußfolgerung fand zunächst wenig Anklang, bis sechzig Jahre später der Engländer Bradley auf einem anderen Wege zu der gleichen Folgerung kam. Bradley versuchte 1725, an dem Stern Gamma im Drachen die Parallaxe zu messen. Das gelang ihm zwar nicht, aber er entdeckte dabei die „Aberration" des Fixsternlichts. Aus einem stehenden Eisenbahnzug heraus gesehen, fallen die Regentropfen draußen senkrecht hernieder und an die Fensterscheibe, aus dem fahrenden Zug gesehen jedoch scheinen sie aus der Fahrtrichtung her herunterzufallen, und zwar um so schräger, je schneller der Zug fährt. Dasselbe stellte Bradley an den Lichtstrahlen fest. Auch sie scheinen unter einem wenn auch winzig kleinen Winkel aus der Fahrtrichtung der mit etwa 30 km Sekundengeschwindigkeit dahinfliegenden Erde aufzutreffen, und aus diesem Winkel und der Fluggeschwindigkeit der Erde errechnete Bradley die Geschwindigkeit des Lichts zu 303 000 km/sek und kam damit der Wahrheit ziemlich nahe. 1849 unternahmen es dann fast zu gleicher Zeit, aber unabhängig voneinander, zwei Franzosen, Fizeau und Foucault, die Lichtgeschwindigkeit hier auf Erden mit Apparaturen zu messen. Ihre verschiedenartigsten Methoden erläutern die Bilder 7 und 8 (S. 28) Fizeau
Abb. 7: So berechnete der Franzose Armand Fizeau die Geschwindigkeit des Lichtes; Sp = Spiegel, die Pfeile kennzeichnen den Hinund Rückweg des Lichtstrahls. 21
ließ den von einer Lichtquelle ausgehenden Strahl auf einen halbdurchsichtigen Spiegel 2 und von diesem auf einen acht Kilometer entfernten Spiegel fallen und wieder zurückstrahlen. Vor dem Spiegel 2 befindet sich ein rotierendes Zahnrad, das den Lichtstrahl je nach der Stellung der Zähne durchläßt oder zurückhält. Das Zahnrad wird in derart rasche Umdrehung versetzt, daß der Lichtstrahl, der eben noch durch eine Lücke zwischen den Zähnen fiel, beim Zurückkehren von seinem 16 km langen Weg auf einen Zahn trifft und so dem Beobachter unsichtbar bleibt. Aus dem Verhältnis zwischen Lichtweg und Zahnradumdrehung errechnete Fizeau die Lichtgeschwindigkeit zu 313 000 km/sek. Foucault hingegen ließ einen Drehspiegel 1 so schnell rotieren, daß ein Lichtstrahl, der eben von ihm auf einen zehn Meter entfernten feststehenden Spiegel 2 geworfen worden war, bei seiner Rückkehr unter einem veränderten Winkel auftrifft, da sich der Spiegel inzwischen weitergedreht hat; aus der Größe dieses Winkels, dem Lichtweg und der Umdrehungsgeschwindigkeit des Spiegels konnte er die Lichtgeschwindigkeit berechnen; Foucault fand sie zu 298 000 km/ sek (vgl. die Abbildung Seite 28). Alle diese astronomischen und irdischen Meßmethoden wurden später immer mehr verfeinert, um zu einem immer genaueren Ergebnis zu gelangen. Besonders sorgfältige und kostspielige Messungen stellte schließlich der amerikanische Nobelpreisträger Michelson an, der lange stählerne Vakuumröhren und rotierende Fazettenspiegel verwandte, womit nach seinem Tode im Jahre 1931 seine Mitarbeiter nach nahezu dreitausend Messungen zu einem Wert von 299 796 km/sek kamen. Man kann also sagen, daß das Licht mit einer Geschwindigkeit von 300 000 km pro Sekunde den Raum durcheilt und innerhalb eines Jahres rund 10 Billionen Kilometer zurücklegt. Nach diesem Maß ist unser nächster Fixsternnachbar Alpha Centauri rund 4Vs Lichtjahre von uns entfernt. 22
Sternhelligkeit und Sterntemperatur als Maßstäbe Die Instrumente zur Messung von Parallaxenwinkeln sind im Laufe der Zeit so weit vervollkommnet worden, daß man mit ihnen Winkel von einer 1/100 Bogensekunde bestimmen kann. Damit gelangten die Astronomen etwa in 150 bis 300 Millionen Lichtjahre Entfernung hinaus. Eine gewaltige Entfernung, so will es uns scheinen, in Wirklichkeit jedoch tasten wir auf diese Weise gleichsam nur mit einem streichholzlangen Zollstock in eine kilometerweite dunkle Wüste hinein. Wie sollen wir da jemals deren Weite ermessen? Einer der Boten, der uns von den fernen unerreichbaren Welt dort draußen kündet, ist das Licht. Von riesigen Sonnen ausgehend, ist es Jahrhunderte, Jahrtausende, ja Jahrmillionen lang durch den Raum gereist und trifft nun als ein feines Pünktchen unser Auge oder macht sich erst nach stundenlanger Belichtung auf der photographischen Platte bemerkbar. Wie der Mensch es verstanden hat, aus dem schwachen Schein dieses Himmelsboten vielerlei über dessen Herkunftsorte herauszulesen, ist wahrhaft wunderbar. Seit Hipparch seinen Sternkatalog angelegt hat, haben die Astronomen die Sterne nach ihrer Helligkeit in Größenklassen eingeteilt; die hellsten gehören der ersten Klasse an und die schwächsten, dem unbewaffneten Auge eben noch wahrnehmbaren, der sechsten. Nach Einführung des Fernrohrs hat man diese Einteilung weitergeführt bis zur 22. Größenklasse, umgekehrt war es notwendig, auch die helleren Planeten, den Mond und unsere Sonne in diese Einteilung einzubeziehen, und so versah man diese Größenklassen mit negativem Vorzeichen. So weist etwa der Jupiter die Klasse —2m.4 auf und unsere Sonne —26m.84. Das Zeichen m bedeutet in dieser Helligkeitsangabe Größe (lat. magnitudo). Die Größenbezeichnungen haben nichts mit der wirklichen Größe des betreffenden Himmelskörpers zu tun; sie geben nur seine Helligkeit an, und zwar nur jene Helligkeit eines Sternes, wie sie dem Auge des Betrachters oder, in den feinsten Abstufungen erkennbar, den lichtempfindlichen Zellen der modernsten Meßgeräte erscheint. Es ist klar, daß unsere nur 8Vs Lichtminuten entfernte Senne uns er23
heblich heller erscheinen muß als der 9 Lichtjahre entfernte Sirius, denn ein physikalisches Gesetz besagt, daß die Lichtstärke mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt: Eine Lichtquelle in zehn Meter Entfernung erscheint uns hundertmal so schwach wie in ein Meter Entfernung. Um ein einheitliches Vergleichsmaß für die Helligkeit der verschiedenen Sterne zu bekommen, hat man sich darauf geeinigt, die scheinbare Helligkeit eines jeden Sternes in jenen Helligkeitsgrad umzurechnen, den dieser Stern in einer Entfernung von 33 Lichtjahren (10 Parsek) aufweisen würde. Aus einer solchen Umrechnung — die man natürlich nur an Sternen von bekannter Entfernung vornehmen kann — ergeben sich ganz andere Werte als zuvor: Unsere Sonne wäre in 10 Parsek Entfernung nur ein Sternchen fünfter Größe, Sirius leuchtete als ein Stern zweiter Größe etwas schwächer als jetzt, dafür erstrahlten Deneb im Schwan oder der Rigel im Orion heller als die Venus; der vordere obere Radstern im Großen Wagen mit fast 35 Lichtjahren Abstand von uns hätte seine jetzige Helligkeit fast gar nicht verändert. Der Unterschied zwischen der scheinbaren und der absoluten, vergleichbaren Helligkeit im Einheitsabstand von 10 Parsek ist der sogenannte Abstandsmodul eines Sternes, und dessen Größe steht mit dem tatsächlichen Abstand des Sternes in Beziehung. So entspricht ein Abstandsmodul von 0 2 4 6 8 10 12
einem Abstand von 33 Lichtjahren 82 Lichtjahren 210 Lichtjahren 520 Lichtjahren 1250 Lichtjahren 3300 Lichtjahren 8200 Lichtjahren usw.
Größen Größen Größen Größen Größen Größen Größen 24
Das Licht der verschiedenen Sterne hat aber auch verschiedene Färbung. Sirius etwa leuchtet weiß, unsere Sonne gelb, Antares im Skorpion rot. Die verschiedene Färbung ist der Ausdruck des Hitzegrades eines Sternes, weißglühendes Eisen ist heißer als rotglühen-
Schema eines kleinen Radioteleskopes (zu Seite 28) t 25
des; mit ihren spektroskopischen Instrumenten, den astronomischen Fernthermometern und nach physikalischen Gesetzen vermögen die Astrophysiker die Temperatur eines Sternes genau zu errechnen, selbst wenn er viele Billionen Kilometer von uns entfernt ist. Diese beiden Werte, die absolute Helligkeit und die Temperatur eines Sternes, stehen nun, wie der Däne Hertzsprung und der Amerikaner Russell entdeckt haben, bei den meisten Sternen in einem gleichmäßig abgestuften Verhältnis. Die beiden Gelehrten trugen alle Sterne, deren absolute Helligkeit und Temperatur bekannt waren, in ein Diagramm, eine zeichnerische Darstellung, ein, in der die senkrechten Eintragungen die Helligkeit in 10 Parsek Entfernung bezeichnen, und die waagerechten die Temperaturen. Dabei stellte sich heraus, daß das Diagramm nicht regellos mit Sternen überstreut wurde, sondern daß sich die Sterne in bestimmten Gegenden zusammendrängten, während andere gänzlich leer blieben. Die meisten Sterne liegen auf der sogenannten Hauptreihe, deren diagonale Anordnung auf dem Diagramm das regelmäßige Verhältnis zwischen absoluter Größe und Temperatur erkennen läßt: Je größer ein Stern, um so heller und heißer brennt er. Die Hauptreihensterne stellen offenbar den Normalzustand der Sterne dar, während die zahlenmäßig weit geringeren Weißen Zwerge, Roten Riesen und andere im Diagramm auftretenden Formen Abweichungen sind, die dem Astrophysiker so manches über die Entwicklung und den „Lebensgang" eines Sternes berichten — doch das gehört nicht zu unserem Thema. Das Hertzsprung-Russell-Diagramm wurde zunächst aus Sternen aufgestellt, deren Entfernung und deren absolute Helligkeitsgröße damit sicher bekannt ist. Aus der Tatsache, daß die meisten Sterne der Hauptreihe angehören, kann man die Entfernung eines Sternes gewissermaßen statistisch ermitteln, wenn man seine Temperatur kennt. Man setzt ihn in das Diagramm auf seinen entsprechenden Temperatur-Ort und ersieht daraus seine absolute Größe; der Unterschied zwischen absoluter Helligkeitsgröße und jener, in der er unserem Auge erscheint — der Abstandsmodul also — ergibt aus der erwähnten Tabelle die Entfernung in Lichtjahren. 26
„Veränderliche" — Kleinode am Himmel Folgt man dem Milchstraßenzug vom Schwan über die Kassiopeia hinaus, trifft man auf das Sternbild des Perseus. In seiner Hand hält dieser an den Himmel versetzte Held der griechischen Sage das fürchterliche Haupt der Medusa. Ras algol, Haupt des Ungeheuers, nannten die Araber den seltsamen Stern, der nicht gleichmäßig unveränderlich leuchtet, sondern dessen Helligkeit regelmäßig ab- und wieder zunimmt. Gewöhnlich ist Algol ein Stern der Größe 2.3, aber alle 69 Stunden läßt seine Helligkeit auf einmal nach und sinkt im Laufe von 5 Stunden auf die Größe 3.5, verweilt dort kurze Zeit und erhöht sich in weiteren fünf Stunden wieder auf den alten Wert. Algol ist ein Doppelstern und gar nicht so einzigartig, wie man früher geglaubt hat. Tatsächlich sind mindestens ein Viertel aller Sterne aus zwei oder gar mehreren gebildete Doppelsterne, die umeinander kreisen und sich, bei entsprechender Lage ihrer Bahnebene zur Erde, regelmäßig verdecken, wodurch die Helligkeitsschwankungen hervorgerufen werden. Solche Bedeckungsveränderliche sind wahre Kleinode der Astrophysik. Aus den Messungen ihres Lichtwechsels lassen sich diese entlegenen Sternsysteme in wesentlichen Dingen so erforschen, als befände man sich unmittelbar in ihrer Nähe; in einzelnen Punkten erteilen sie uns Aufschlüsse, die uns bei unserer eigenen Sonne versagt bleiben. Masse und Durchmesser lassen sich genau bestimmen, ebenso die Umdrehungsgeschwindigkeiten, die Helligkeitsverteilung auf der Oberfläche, die Abweichungen von der Kugelgestalt, die gegenseitige Bestrahlung und Flutwirkung; man kann etwa vorhandene uns unsichtbare, aber störende Planeten nachweisen und schließlich Schlüsse ziehen über die Entwicklung der Sterne. Das sind nur einige Hinweise darauf, was sich alles aus dem fernen schwachen Sternenlicht ersehen läßt. Außer den Doppelsternen, deren Helligkeitsschwankungen sich durch die gegenseitige Bedeckung erklären läßt — man nennt sie deshalb Bedeckungsveränderliche —, gibt es auch andere, einzelne Veränderliche. Der erste dieser Art wurde 1596 im Sternbild des 27
Walfisch entdeckt, er leuchtete in fast erster Größe, verschwand jedoch nach einigen Monaten dem bloßen Auge (da seine Helligkeit bis auf die neunte Größe heruntergeht). Man nannte ihn Mira, den Wunderbaren, und nach ihm heißt die ganze Gruppe der langperiodisch Veränderlichen Mirasterne; die Frist — die Periode — der Helligkeitsschwankungen liegt bei ihnen zwischen 80 und 600 Tagen. Sie gehören zu den Roten Riesen, d. h. sie sind verhältnismäßig kühl, doch von gewaltiger Leuchtkraft. Beteigeuze, der rote Schulterstern in dem schönsten Sternbild des Himmels, dem Orion, ist ein solcher Stern mit veränderlicher Helligkeit; seine Temperatur beträgt nur dreitausend Grad, doch seine Helligkeit ist so groß, daß er uns in 150 Lichtjahren Entfernung noch als ein Stern erster Größe erscheint, was sich aus seiner Größe erklärt, die so riesig ist, daß in seinem Innern der Mars seine Bahn um die Sonne vollführen könnte.
Links Abb. 8: Messung der Lichtgeschwindigkeit durch Foucault mit Hilfe eines rotierenden Spiegels. Rechts Abb. 9: Die amerikanische Astronomin Henrietta Leavitt erkannte, daß die absolute Helligkeit und die Dauer der Lichtschwankung bei den veränderlichen Cepheidensternen in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen und stellte dieses Verhältnis zeichnerisch dar (Leavitt-Diagramm); sie entdeckte damit ein Verfahren, um Entfernungen von Sternen und Sternansammlungen auch jenseits der Milchstraße zu berechnen. 28
Die Cepheiden als Meilensteine Neben den langperiodisch veränderlichen Mirasternen gibt es die kürzerveränderlichen Delta-Cepheiden mit Perioden zwischen 1 und 45 Tagen, die nach dem Stern Delta im Cepheus ihren Namen tragen. Auch sie sind Riesensterne von ungeheurer Helligkeit, die bis zum 50 OOOfachen der Sonnenhelligkeit geht, so daß sie noch in sehr großen Entfernungen zu sehen sind. Dieser Umstand ist zusammen mit einem anderen von großer Bedeutung, denn die Delta-Cepheiden haben sich als die wichtigsten Entfernungsmesser im Weltall erwiesen. Im Jahre 1912 stieß die amerikanische Astronomin Henrietta Leavitt beim Studium von Photographien der Kleinen Magellanschen Wolke am südlichen Sternhimmel auf eine merkwürdige Erscheinung. Diese Sternwolke enthält viele Delta-Cepheiden, und Miss Leavitt fand heraus, daß die Periode der Veränderlichkeit bei den hellen Sternen länger ist als bei den schwächer leuchtenden und daß das Verhältnis zwischen Periode und absoluter Helligkeit in einem bestimmten Verhältnis steht. Aus dem Leavitt-Diagramm auf Bild 9 ist dieses Verhältnis deutlich ersichtlich: Die Senkrechte bezeichnet die absolute Helligkeit, die Waagerechte die Periode in Tagen. Zu erklären ist diese Erscheinung wohl mit der Annahme, daß diese Veränderlichen regelmäßige Pulsationen vollführen, daß der Sternkörper sich aufbläht und wieder zusammenzieht. Die Entdeckung dieser Gesetzlichkeit war von großer Bedeutung: Angenommen, man kennt zwei Cepheiden mit der gleichen Periode von 15 Tagen, dann heißt das, daß sie beide von gleicher absoluter Helligkeit sind. Erscheint der eine uns hundertmal lichtschwächer als der andere, so bedeutet das nach dem physikalischen Gesetz von der Abnahme der Lichtstärke im Quadrat der Entfernung, daß- der schwächere zehnmal so weit entfernt ist als der hellere: Wenn wir also die Entfernung des hellen etwa auf die oben geschilderte statistische Weise herausgefunden haben, so ergibt sich die Entfernung des schwachen von selbst. Mit dieser Entdeckung war ein Meilenstein zur Ausmessung der Weiten des Himmels gefunden. Mit seiner Hilfe untersuchte der Amerikaner Shapley mit dem 60 Zoll-Teleskop auf dem Mount Wilson in Kalifornien die rätselhaften Kugelhaufen, die 29
— etwa 300 an der Zahl — rund um den flachen Diskus unserer Milchstraße angeordnet sind und Zusammenballungen von Hunderttausenden von Sternen bilden. Sie enthalten viele Cepheiden, und an ihnen konnte Shapley die Entfernungen feststellen: So ist der Kugelhaufen im Milchstraßensternbild des Herkules 36 000 Lichtjahre entfernt und der weiteste dieser Kugelhaufen unseres Milchstraßensystems überhaupt 220 000 Lichtjahre. Seinen größten Wert aber erwiesen die Cepheiden-Meilensteine für die Räume außerhalb der Milchstraße.
Milchstraßen weit draußen Wenn man zur Winterzeit das prächtige Sternbild des Orion betrachtet, gewahrt man mit dem bloßen Auge oder besser noch mit einem Feldstecher unterhalb der drei Gürtelsterne ein verwaschenes Lichtwölkchen, den Orionnebel. Ein ähnliches Lichtwölkchen findet man unterhalb des W der Kassiopeia in Richtung auf die Andromeda, es ist der Andromedanebel. Die Bezeichnung Nebel sollte zum Ausdruck bringen, daß es sich bei diesen Lichtgebilden nicht um richtige Sterne sondern um nebelartig verteilte leuchtende Materienmassen handle. So jedenfalls dachte man noch vor wenigen Jahrzehnten — jedoch war das nur zum Teil richtig. Der Orionnebel ist tatsächlich so ein leuchtender Gasnebel, der Andromedanebel hingegen ist eine Welteninsel unzähliger Sterne wie unsere Milchstraße. 1924 gelang es dem Amerikaner Hubble, mit dem Hundertzöller des Mount Wilson-Observatoriums die Lichtwolken des Andromedanebels in Einzelsterne aufzulösen. Eines der ersten erkennbaren Sterngebilde in diesem Nebel war ein Cepheide 18. Größe mit einer Periode von etwa einem Monat. Aus dem Leavitt-Diagramm ergab sich, daß ein Veränderlicher dieser Periode die absolute Größe von nicht ganz —4 besaß. Der Abstandsmodul zwischen scheinbarer und absoluter Helligkeit betrug also 22 Größen und entsprach einer Entfernung von 820 000 Lichtjahren. So weit war also die Welteninsel des Andromedanebels von der unseren mindestens entfernt — ein erstes Maß für unseren nächsten Nachbarn im Weltenraum war ge30
wonnen. Heute weiß man, daß diese erste Messung einer Milchstraße jenseits unserer Milchstraße korrigiert werden muß. Die Entfernung des Andromedanebels wird heute mit 2 Millionen Lichtjahren angegeben, und eine Milliarde Sterne gehören ihm an. Wohl sind die Cepheiden ungeheuer helle Riesensterne, allein sie sind noch nicht die hellsten überhaupt. Noch übertroffen werden sie von anderen: unregelmäßig Veränderlichen, Blauen Riesen, Novae und Supernovae, bei denen man Lichtzunahmen innerhalb weniger Stunden vom Hunderttausendfachen der ursprünglichen Helligkeit beobachtet. Deren Helligkeiten zieht man zu Entfernungsbestimmungen heran, wenn in den immer ferneren „Nebeln" die Cepheiden nicht mehr erkennbar sind. Und wenn auch diese Lichtgiganten in noch weiteren Fernen verglimmen, hilft man sich zuletzt mit der Gesamthelligkeit der Nebel oder von Nebelgruppen selbst. Es hat sich gezeigt, daß die absoluten Gesamthelligkeiten der Nebel nicht allzu stark voneinander abweichen und im Durchschnitt mit der Größe —14 angesetzt werden können. Wenn man diese absolute Helligkeit mit der durch Lichtzellen ermittelten scheinbaren eines Nebels vergleicht, kann man daraus die Entfernung errechnen. Mit dem Hundertzöller von Mount Wilson ist man so bis zu fernen Nebeln 21. Helligkeit vorgedrungen, das heißt bis zu Entfernungen von 500 Millionen Lichtjahren. Seit auf dem Mount Palomar in Kalifornien der neue Zweihundertzöller den Himmel nachmißt, sind weitere Weltalltiefen erschlossen worden. Noch größere Entfernungen von bis zu 6 Milliarden Lichtjahren, haben die riesigen Radiospiegel erfaßt, die in vielen Ländern errichtet wurden. Sie ermöglichen es auch, durch ausgesandte starke und auf die Nachbarn der Erde gerichtete Impulse frühere Entfernungsmessungen nachzuprüfen und gegebenenfalls zu berichtigen. So wurden Funkimpulse gegen den Mond gesandt, — 60 000 Impulse allein im Jahre 1957 — und sein mittlerer Abstand von der Erde auf 384 402 Kilometer festgestellt, bei einer Unsicherheit von nur 2,1 Kilometern. Auch von der Sonne und Venus liegen radioastronomische Funkechos vor. Die Genauigkeit in der Entfernungs31
messung Erde—Venus wurde bis auf etwa 1000 Kilometer erreicht. Künftige astronomische Beobachtungen von Erdsatelliten, vielleicht eines Tages auch vom Mond aus, werden dem Menschen vermutlich noch größere Aufschlüsse über den Bau der Welt und seine Ausmaße vermitteln.
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20 157 250 125 343
Heinrich Hertz 306 Kopernikus 369 Triumphe der Forschung 68 Weltraumraketen 63 Das Raumschiff 160 Die gläserne Landkarte (Radar) ' 26 „Freundschaft sieben, bitte melden" 370 Ebbe und Flut 348
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