JOE HALDEMAN
Raumschiff Enterprise 21 Welt ohne Ende
Aus dem Amerikanischen übertragen von Hermann Martlreiter
GOLDM...
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JOE HALDEMAN
Raumschiff Enterprise 21 Welt ohne Ende
Aus dem Amerikanischen übertragen von Hermann Martlreiter
GOLDMANN VERLAG
Deutsche Erstveröffentlichung
Der Goldmann Verlag
ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann
© STAR TREK ® WORLD WITHOUT END
Copyright 1979 by Paramount Pictures Corporation.
Published by arrangement with Bantam Books,
a division of Bantam Doubleday Dell Publishing Group, Inc.
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 1991
by Wilhelm Goldmann Verlag, München
Umschlaggestaltung: Design Team München
Umschlagillustration: Jones / Schluck, Garbsen
Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin
Druck: Eisnerdruck, Berlin
Verlagsnummer: 23613
SN • Herstellung: Peter Papenbrok/sc
Made in Germany ISBN 3-442-23613-4
Chatalia – eine phantastische künstliche Welt, die von pelzbehaarten, geflügelten Wesen mit fürchterlichen Kräften beherrscht wird. Hier erwartet Kirk, Spock und ihre Kollegen von der Enterprise nach ihrer Gefangennahme ein schrecklicher Tod. Und selbst wenn sie wie durch ein Wunder entkommen sollten, so sind da noch die ruhelosen Killer des gefürchteten Klingonenreiches…
Jede hinlänglich
fortgeschrittene Technologie
läßt sich von Zauberei
nicht mehr unterscheiden.
ARTHUR C. CLARKE
1
Aus dem Logbuch des Captain, Sternzeit 7502.9: Als wir uns heute morgen dem Ende unserer Festpunktmarkierung des Sektors drei näherten, bot sich uns ein seltenes Schauspiel. Um 0739 wurde Deneb von Antares verdeckt – die beiden hellsten Sterne unseres Himmels schienen für einen Augenblick eins zu sein, und ihre roten und blauen Feuer verschmolzen ineinander. Ein Großteil der Mannschaft sah dem Schauspiel zu. Die Reise war nicht gerade aufregend gewesen. »Zopum Bopeispopiel.« Leutnant Martin Larousse beschwatzte Mr. Spock in der Offiziersmesse. »Sopie sopetzopen opein ›opop‹ vopor jopedopen Vopokopal – « »Ich verstehe«, sagte Spock. »Das ist einfach zu dechiffrieren. Sie setzen lediglich die Silbe ›op‹ vor jeden Vokal.« »Das ist vielleicht für Sie einfach. Aber die Kinder auf der Erde benutzen es, um ihre Spielgefährten hinters Licht zu führen oder Geheimnisse weiterzugeben.« »Ich bezweifle, daß Sie damit ein vulkanisches Kind hinters Licht führen könnten.« »Nun, wir haben keines da, um es auszuprobieren, oder?… Glauben Sie, daß Ihnen dieses Beispiel genügt, um es zu beherrschen?« »Selbstverständlich. Vorausgesetzt, daß es in Ihrer inkonsistenten Sprache konsistent angewandt werden kann.« »Ja dann«, Larousse rieb sich am Kinn und blickte zur Decke hoch, »versuchen Sie mal ›Uranhexafluorid‹.«
»Opuropanhopexopaflopuoporopid«, sagte Spock ohne zu zögern. »Wenn man Ihre falsche Aussprache des Wortes ›Fluorid‹ berücksichtigt.« »Das ist unmenschlich.« Der Leutnant schüttelte den Kopf. »Präzise.« Spock lächelte nicht. »Auch Vulkanierkinder benutzen Geheimsprachen, aber sie verändern andauernd die Kodierung ihrer Gestik und Intonation, sonst würden sie nicht lange geheim bleiben.« »Das hat man mir vorenthalten, als ich Vulkanisch studierte.« Larousse war der Linguist der Enterprise. »Das überrascht mich nicht. Vulkanisch – « Spock und Larousse erhoben sich. »Guten Tag, Captain.« »Guten Tag, meine Herren.« Kirk stellte seine Tasse Tee auf ihrem Tisch ab und zog einen Stuhl heran; die drei Männer setzten sich gleichzeitig. »Noch ein Festpunkt«, sagte Kirk und seufzte, oder schnaubte, dabei fast unhörbar. »Genau da, wo er auch sein sollte. Genauso war es mit dem letzten und vorletzten… Ich wünschte, einer von ihnen wäre mal ein oder zwei Meter versetzt. Etwas Abwechslung könnte uns nicht schaden.« »Das ist doch nicht Ihr Ernst, Captain«, sagte Spock. »Nein, natürlich nicht.« Kirks Lächeln war nicht überzeugend. »Aber vier Wochen sind genug. Ich bin sicher, daß sich die Besatzung über eine neue Aufgabe freuen wird.« Spock oder Larousse wußten es vielleicht besser – die Besatzung schien mit der ereignislosen Routinearbeit ganz zufrieden zu sein –, aber sie sagten nichts. »Noch zehn Tage, Sir?« sagte Larousse. »Neun, falls es keine Schwierigkeiten gibt. Dann lassen wir uns von Sternbasis Drei neue Order erteilen.« Er nickte Spock zu. »Wir haben endlich eine Nachricht erhalten. Irgendwelche versiegelten Anordnungen warten auf uns.« »Dann muß es ja etwas Wichtiges sein«, meinte Larousse.
Kirk schlürfte seinen Tee. »Nicht unbedingt. Die Entscheidung, ob Befehle versiegelt werden, liegt nicht immer beim Oberkommando. Ein Sekretär kann das auch beschließen.« Uhuras ruhige Stimme drang durch den Gemeinschaftsraum: »An alle Decks. Alarmstufe Gelb.« Mit einem Klappern stellte Kirk seine Plastiktasse ab und vergoß etwas von dem Tee. »Das ist keine Übung. Alle Besatzungsmitglieder auf ihre Posten.« Spock rannte zum Turbolift, Larousse wischte den Tee von seinem Hosenbein, und Kirk knipste das Intercom an. »Brücke, hier spricht der Captain. Was ist los?« »Captain, die meisten Instrumente sind völlig durchgedreht weißes Rauschen. Es gibt kein… warten Sie.« »Was ist es?« »Alles scheint wieder, äh, normal zu funktionieren.« »Okay, bleiben Sie in Alarmbereitschaft.« Er drückte auf das Intercom. »Maschinenraum.« »Hier Scott.« »Scotty, drosseln Sie die Maschinen. Wir werden ein Wendemanöver mit Sol eins machen. Bleiben Sie in Bereitschaft, entweder für eine langsame Suchaktion oder ein schnelles Ausweichmanöver.« »Aye, Sir.« Spock hielt den Turbolift für ihn an. »Sie wollten doch etwas Abwechslung, Captain.« Kirk stöhnte und sah zu, wie sich die Türen schlossen. »Wenn man vom Teufel spricht…« »Wir haben auf Vulkanisch ein ähnliches Sprichwort.« Kirk sah seinen Freund mit hochgezogener Augenbraue an. »Abergläubisch, Spock?« »Überhaupt nicht, Captain. Beobachtungsgabe.«
Aus dem Logbuch des Captain, Sternzeit 7503.0: Wir haben eine äußerst ungewöhnliche Entdeckung gemacht. Um 7502.931 durchquerte die Enterprise ein extrem starkes Magnetfeld. Alle nicht stark abgeschirmten Instrumente fielen kurzzeitig aus. In der Überzeugung, daß das in meiner Befugnis steht, gab ich Anweisung, unsere momentane Mission aufzuschieben und umzukehren, um die Quelle des Magnetfeldes zu finden. Es handelt sich um eine Art Raumfahrzeug mit den Ausmaßen eines großen Asteroiden (zweihundertsiebzehn Kilometer Durchmesser). In seinem Innern halten sich empfindungsfähige Lebewesen auf. Um achtzehn Uhr dreißig habe ich ein Treffen des Wissenschaftsstabs einberufen. Fünfundzwanzig Leute drängten sich in einem Konferenzraum, der nur für die Hälfte von ihnen bestimmt war. Spock hatte auf Wunsch des Captains alle Wissenschaftsoffiziere und jene Fähnriche eingeladen, deren akademische Ausbildung sich vielleicht als nützlich erweisen konnte. Scotty brachte drei Ingenieure mit, Spezialisten in Sachen Antriebssysteme. »Haben wir jemanden unter uns, der nicht weiß, was ein Strahltriebwerk vom Typ Bussard ist?« Mehrere Hände hoben sich, Larousse und zwei Lebenswissenschaftler – und eine Tatze: Glak Sôn, ein kleiner haariger Außerirdischer von Anacontor, Fähnrich mit Spezialgebiet Mathematik. »Es ist ziemlich einfach: Ein interstellares Raumschiff kann damit Treibstoff für seine primitive Fusionsmaschine aufnehmen. Wir haben einige davon im einundzwanzigsten Jahrhundert hergestellt, bevor der Solantrieb entdeckt wurde. Der interstellare Raum ist voll von Wasserstoff – er ist sehr dünn verteilt, aber es gibt eine Menge davon. Ein Strahltriebwerk vom Typ Bussard benutzt ein starkes
Magnetfeld, um diesen Wasserstoff abzusaugen, der dann wiederum in Antriebsenergie umgewandelt wird. Sie sind sehr langsam und benötigen Jahrhunderte, um von einem Stern zum nächsten zu gelangen. Von den Bussardstrahltriebwerken, die unser Sonnensystem verließen, waren zwei automatische Sonden. Die restlichen drei waren sogenannte Generationenschiffe, deren Originalcrew wußte, daß sie die Ankunft an ihrem Reiseziel nicht mehr erleben würde; ihre Urenkel mußten den Auftrag zu Ende führen. Die Föderation hat zwei dieser Generationenschiffe ausfindig gemacht und sie mit Solgeschwindigkeit zu ihren Zielen befördert. Eins, mit dem Namen Vierzig Familien, ist seit zweihundertfünfzig Jahren verschollen. Wir hatten gehofft, daß es sich in diesem Fall um die Vierzig Familien handelt, aber es stellte sich heraus, daß dieses Schiff viel zu groß ist. Mr. Spock wird auf die Details eingehen.« »Es ist sehr groß und im wesentlichen ein ausgehöhlter Asteroid von ungefähr zweihundertsiebzehn Kilometern Durchmesser. Ich habe zwei Diagramme vorbereitet. Fähnrich Fitzsimmons?« Die junge Frau schaltete die Lichter aus und projizierte die Bilder an die Wand. »Das obere Diagramm ist einfach eine Abbildung des Schiffes. Achten Sie auf die Richtung, die das Schiff einschlägt. Seine Geschwindigkeit nimmt ab. Es bewegt sich mit einem Hundertstel Lichtgeschwindigkeit vorwärts; die Rate seiner Geschwindigkeitsabnahme liegt bei ungefähr einem Millimeter pro Sekundenquadrat.« »Es bleiben ihm also noch fünfundneunzig Jahre, bis es zum Stillstand kommt«, sagte der kleine haarige Mathematiker. »Und siebenundvierzig Tage«, ergänzte Spock. »Natürlich leben die Bewohner innerhalb der Kugel. Diese rotiert, um sie mittels Zentrifugalkraft mit ›Schwerkraft‹ zu versorgen.«
»Dann haben sie also nicht mal eine echte künstliche Gravitation?« fragte jemand. Spock blickte in dessen Richtung, zögerte kurz und entschied sich dann, den Zwischenruf er nicht wegen des Zusammenbringens dieser beiden Adjektive zur Rede zu stellen. »Nein, das haben sie nicht. Das ist ein Teil eines Paradoxons, über das wir in Kürze sprechen werden. Das untere Diagramm zeigt einen Ausschnitt aus dem Inneren der Kugel. Ich habe die Bevölkerungsdichte, wie sie aus den Biosensorendaten errechnet wurde, graphisch dargestellt. Innerhalb dieses kleinen Planeten leben mehr als eine Million Individuen. Neun Zehntel von ihnen sind auf einem Band rund um den Äquator konzentriert. Natürlich ist dort die ›Gravitation‹ am höchsten, wenngleich sie auch etwas weniger als die Hälfte dessen ausmacht, was wir gewohnt sind.« Er gab dem Fähnrich ein Zeichen, und die Lichter gingen wieder an. »Wir haben versucht, mit ihnen zu kommunizieren, aber ohne Erfolg. Alles, was wir zu ihnen hinüberbeamen, wird sofort zu uns zurückreflektiert.« Ein allgemeines Gemurmel setzte ein. »Jawohl, das ist außergewöhnlich. Wir wissen noch nicht, ob der Transporter funktionieren wird. Wir wollen kein lebloses Objekt hinüberbeamen, ohne sofort einen Kontakttrupp hinterherzuschicken. Auf diese Weise wird ihnen keine Zeit bleiben, unsere Motive falsch zu interpretieren.« »Oder sich auf uns vorzubereiten«, sagte jemand. »Auch das wurde selbstverständlich in Betracht gezogen. Sie sind eine Rasse, die die Sterne bereist, wenn auch sehr langsam, und es ist vorstellbar, daß ihnen Waffen mit beträchtlichem Wirkradius zur Verfügung stehen. Außerdem gibt es da noch folgendes Rätsel: Durch Neutrinodiffraktion haben wir herausgefunden, wie unsere
Signale reflektiert werden. Die gesamte Kugel ist unter einer achtzig Meter dicken Schicht aus gewöhnlichem Felsgestein mit einer Haut aus einem Metall von unglaublicher Dichte oder Legierung bedeckt. Ihr Atomgewicht bewegt sich offenbar in einer Ordnung von zwölfhundert.« Spock wartete, bis sich alle wieder beruhigt hatten. »Scheinbar ist das unmöglich, ja. Trotzdem ist die Zahl korrekt. Sie scheinen in der Metallurgie oder der physikalischen Chemie wesentlich weiter fortgeschritten zu sein als in der Astronautik. Der Bordcomputer hat eine Zusammenfassung von allem, was wir über das Objekt wissen, vorbereitet.« Er nickte Fähnrich Fitzsimmons zu, und sie begann, Kopien des aus einer Seite bestehenden Reports zu verteilen. »Nehmen Sie sich ein bis zwei Minuten Zeit, um ihn durchzulesen.« Spock nahm neben Captain Kirk Platz. »Eine ernstzunehmende Sache«, sagte Kirk und starrte weiter auf das Blatt Papier, das er bereits gelesen hatte. »Das ist es in der Tat.« Spock war nicht entgangen, daß Kirks Miene zwar ernst blieb, seine Augen ihn aber verrieten: Er freute sich, daß endlich etwas passierte. »Sehr ernstzunehmend«, wiederholte Kirk lächelnd, ohne aufzusehen.
2
ZUSAMMENFASSUNG 1. Zum Zeitpunkt der Messung (Sternzeit 7502.9576) wird das Objekt mit folgenden Parametern beschrieben: POSITION: 119.7023D, 689.403 psc; -1.038572D, -0.9965 psc w.r.t. Rigel FLUGRICHTUNG: 37.903D, 0.0127D GESCHWINDIGKEIT: 0.008401303 c (2,518,651.8 m/sec) BESCHLEUNIGUNG: -0.000839 m/sec2 (0.0000855 g) RADIUS: 108,576.3 m MASSE: 35.527835 terratonnes ROTATIONSRATE: 0.006578 rad/sec. (jeweils eine 15m55.12s) 2. In die Vergangenheit extrapoliert, hat es den Anschein, daß der Flug des Objekts nahezu dreitausend Jahre andauert. Sein Ausgangspunkt liegt im Zentrum einer dünnen, kugelförmigen Gas schale, dem Überrest einer ehemaligen Supernova. 2a. Diese Supernova explodierte etwa siebenhundertfünfzig vor Christi. Es gibt keine menschlichen Aufzeichnungen von diesem Ereignis, von vulkanischen Astronomen wurde es jedoch identifiziert. 2b. Das Objekt (und vielleicht andere gleicher Art) verließ sein System mehrere Jahrhunderte vor der Explosion. 3. Falls das Objekt seine Geschwindigkeit weiterhin um 0.000839 m/sec2 verringert (und dafür müßte es bald auf eine
an dere Antriebsart umschalten), wird es schließlich ungefähr ein Achtel eines Parsecs von hier zum Stillstand kommen. 3a. An diesem Punkt wird es zwei Parsecs vom nächsten Stern entfernt sein. 3b. Dieser kann nicht sein ursprünglich geplanter Zielort sein. Ohne einen nahegelegenen Stern, den es als externe Energiequelle nutzen könnte, muß seine gesamte Energie schließlich als Ab wärme abgeleitet werden, und die Bewohner werden erfrieren (das kann jedoch Jahrhunderte oder sogar Hunderte von Jahrhunder ten dauern). 4. Es könnte sein, daß sie freiwillig in den Tod gehen wollen. In diesem Fall verlangt die Doktrin des freien Willens, daß wir nicht eingreifen.
DISKUSSION Die Effizienz eines Strahlentriebwerks vom Typ Bussard nimmt analog zu seinem Geschwindigkeitsverlust ab, da pro Zeiteinheit weniger Wasserstoff aufgenommen wird. Deshalb muß das Objekt bald auf eine andere Art der Verlangsamung wechseln. Frühe menschliche Sternenschiffe des Bussardtyps benutzten für die Anfangsbeschleunigung und die Schlußphase der Geschwindigkeitsverringerung einen »Stotterantrieb« (auch Dädalussystem genannt). In dieser Phase wurden die Schiffe durch Strahlungsdruck, der durch die Explosion von Wasserstoffbomben, die längsschiffs angebracht waren, entstand, beschleunigt oder gebremst. Die starke Aushöhlung, die auf diesem Objekt antipodisch zum Generator des Bussardtyps liegt, könnte Teil eines solchen Systems sein.
Angenommen, der Transporter funktioniert ordnungsgemäß und ein Kontakttrupp soll in das Objekt geschickt werden, dann muß ein spezielles Kommunikationssystem entworfen werden. Leutnant Uhura glaubt, daß sie den Partikelgenerator auf Deck Zwei benutzen kann, um ein System zu entwickeln, das die Amplitudenmodulation von Neutrinonen anwendet. Der Kontakttrupp wird zum Äquator, wo die Bevölkerungsdichte am höchsten ist, gebeamt.
3
Captain Kirk leitete den Konfrontationstrupp, der sich aus hohen Offizieren zusammensetzte: Dr. McCoy, Leutnant Larousse und dem Chef des Sicherheitsdienstes, B. »Tuck« Wilson. Moore, ebenfalls vom Sicherheitsdienst, war der einzige Fähnrich. Wilson war ein älterer Herr, ruhig und förmlich. Er stellte einen kleinen schwarzen Kasten mitten auf eine der Transportereinheiten. »Fertig, Sir.« Es handelte sich um einen passiven, einschüssigen Neutrinogenerator, den Spock zusammengebastelt hatte, um Uhuras Kommunikationssystem zu testen. Falls das Gerät erfolgreich hinuntergebeamt werden konnte, würden ihm Kirk und die Männer nachfolgen. »In Ordnung.« Kirk nickte Scotty zu. »Energie.« Mit einem Zwitscherton verblaßte das Gerät und verschwand dann. Uhuras Stimme drang aus dem Intercom: »Es sendet laut und deutlich, Captain.« »Gehen wir.« Die fünf Männer stiegen auf das Podest und nahmen ihre Plätze ein. »Das wird ordentlich unheimlich werden«, meinte McCoy. »Will noch jemand eine Pille?« »Dieser Tranquilizer, von dem du gesprochen hast?« sagte Kirk. »Hast du einen genommen?« »Worauf du Gift nehmen kannst, Jim. Eigentlich ist es kein richtiger Tranquilizer; es beeinflußt lediglich das innere Ohr und bewahrt dich davor, in diesem wirbelnden Wasserball einen Schwindelanfall zu bekommen.« »Nein, danke. Ich werd’ es schon aushalten.« Auch sonst nahm niemand McCoys Angebot an. »Energie.«
Der beunruhigende Schwebezustand des Transportereffekts schien etwas länger als gewöhnlich zu dauern. Und was dann kam, war alles andere als tröstlich. Kirk öffnete die Augen und schloß sie, völlig benommen, gleich wieder. Dann öffnete er sie wieder und hielt sich an Larousse fest, der sich seinerseits an ihn klammerte. Kein Horizont. Über ihnen eine Sonne, aber kein Himmel. Sie blickten fünfzig oder hundert Kilometer nach »unten«. Oder war es nach »oben«? »Wir wußten, daß es verwirrend sein würde«, sagte Wilson ruhig. »Aber auf dieses Ausmaß war ich wirklich nicht gefaßt. Sind Sie in Ordnung, Captain?« »Ja.« Kirk schluckte und löste sich vorsichtig von Larousses Schulter. Er stürzte nicht nach unten. »Sie ignorieren uns«, sagte Larousse. Die Männer waren inmitten eines marktplatzähnlichen Gebildes materialisiert worden, auf dem sich Hunderte von Außerirdischen drängten. Die Geschöpfe trugen entfernt humanoide Züge. Sie hatten die »korrekte« Anzahl von Augen, Händen, Füßen, Nase und Mund. Aber hier hörte die Ähnlichkeit auch schon auf. Sie waren mit einem kurzen, dichten Fell bedeckt und trugen keinerlei Kleidung außer Halsketten mit Bändern. Verschiedene Geschlechter waren nicht zu unterscheiden. Sie alle hatten ein Paar Flügel, die wie bei einem Flughörnchen angeordnet waren: durchgehende lederartige Membranen, die vom Handgelenk bis zum Knöchel seitlich aus ihren Körpern herauswuchsen. Die meisten von ihnen waren ungefähr einen Meter groß, ein paar erreichten allerdings die Größe Kirks. Die Augen auf den Boden gerichtet, gingen sie um die Menschen herum. Ab und zu warf jemand einen Seitenblick auf die Männer, aber immer nur für einen kurzen Augenblick.
Wie geplant befanden sie sich im Stadtzentrum. Gebäude zogen sich nach oben in alle Richtungen; links und rechts grenzten blaßgrüne Felder an die Ausläufer der Stadt an und setzten sich nach oben in den »Himmel« hinein fort, wo sie sich in purpurgrauen Dunst auflösten. Die Gebäude waren alle zwischen zehn und dreißig Stockwerke hoch und aus blaßgelben Ziegeln und glänzendem Metall. Je weiter die Gebäude der Stadt entfernt waren, desto mehr schienen sie sich den Männern entgegen zu neigen und gaben ihnen das ungute Gefühl, mitten in einer in sich zusammenstürzenden Stadt zu sein. Die meisten der weiter entfernten Gebäude, deren Dächer sie sehen konnten, hatten Dachgärten. An den Seitenwänden vieler Häuser befanden sich Wandverzierungen aus komplizierten abstrakten Mosaiken aus gefärbten Stein- oder Keramikfragmenten. Auf jedem Stockwerk war eine oder mehrere offene Türen zu sehen, die durch relativ feinmaschige Kabelnetze miteinander verbunden waren. Die Geschöpfe kletterten und glitten von einem Kabel zum anderen; der Großteil von ihnen schien sich mehr in der Luft als am Boden zu bewegen. Die Gleitbewegungen der Geschöpfe waren von einer anmutigen Schönheit, während ihr Gang eher einem unbeholfenen Torkeln glich. Nach menschlichem Geschmack waren sie ganz einfach häßlich – nicht daß sie nur eigenartig aussahen, sie waren wirklich häßlich. Ihre hellgelben Augen, die etwa doppelt so groß waren wie die eines Menschen, standen hervor und blinzelten seitwärts; die Nase bestand aus zwei roten Löchern; der Mund war zu einem u-förmigen Grinsen festgefroren, wobei die Oberlippe fixiert war, während der Unterkiefer auf- und zuschnappte und dabei mehrere Reihen kleiner scharfer Zähne entblößte. Ihre Köpfe liefen fast spitz zu und waren nach hinten ausgewölbt.
Ihr Körperhaar war seidig, kurz und rötlich-braun. Einige Stellen – wie zum Beispiel Ellbogen, Knie, Füße, Hände und die Spitze ihrer Köpfe – waren jedoch kahl, und da, wo sich die Haut zeigte, war sie von einem toten, fischigen Weiß, ebenso wie Lippen, Augenlider und Mundinneres. Kein schöner Anblick also, aber auf die Leute von der Enterprise wirkten diese Wesen keineswegs abstoßend. Schließlich lebten sie nicht nur ständig mit Glak Sôn – der ebenfalls klein, haarig und alles andere als gutaussehend war – und den anderen außerirdischen Besatzungsmitgliedern auf engstem Raum zusammen, sondern es hätte auch keiner von ihnen einen Posten an Bord des Kreuzers erhalten, wenn die Psychologen der Sternenflotte auch nur das geringste Anzeichen von Fremdenfeindlichkeit an ihnen entdeckt hätten. »Sehr absonderlich«, sagte Fähnrich Moore. Kirk nickte leicht und versuchte, in den Gesichtern irgendein Anzeichen von Interesse auszumachen. »Dann mal los.« Er schaltete den Übersetzer ein. »Äh, hallo… Grüße.« Keine Antwort. Er drehte lauter auf. »Grüße von der Föderation der Vereinigten Planeten.« Der Kreis um sie herum erweiterte sich. Der Lärm wurde lauter. »Ich bin Captain James T. Kirk, vom Sternenschiff…« Einige der Außerirdischen in ihrer Nähe drehten sich um und rannten davon. Dann plötzlich verwandelte sich der ganze Platz wie auf ein Signal hin in ein lärmendes Inferno. Die Geschöpfe rannten oder glitten schweigend davon; sie flohen vor den Menschen in alle Richtungen. Innerhalb von zwanzig Sekunden standen Kirk und seine Männer einsam und verlassen auf dem Platz. »Ich stelle fest«, sagte McCoy schleppend, »dies ist der Beginn einer langen und fruchtbaren Zusammenarbeit.« Kirk nagte nachdenklich an seiner Unterlippe. »Also, ich glaube, ich kann ihre Panik verstehen. Wahrscheinlich haben
sie seit dreitausend Jahren nichts als das hier gesehen.« Er ging zum nächsten offenen Verkaufsstand, der aus drei niedrigen Tischen mit exotischem Gemüse und Früchten bestand, und griff nach einem eckigen purpurfarbenen Ding. Er roch daran, rümpfte die Nase und legte es zurück. »Aber warum reagierten sie erst, nachdem ich den Übersetzer benutzte? Schließlich habe ich nichts Unfreundliches oder Verwirrendes gesagt… oder?« »Schwer zu sagen«, meinte Larousse. »Es kann sein, daß ihnen einige der Wörter nicht geläufig sind – der Ausdruck Föderation sagt ihnen vielleicht überhaupt nichts. Sicher wissen sie, was ein Sternenschiff ist… Vielleicht waren die Worte falsch gewählt. Wir werden warten müssen, bis wir einen dazu gebracht haben, mit uns zu sprechen; beim Rückübersetzen sehen wir dann schon, ob wir verstanden worden sind.« »Überleg doch mal«, sagte McCoy, »so eigentümlich ist ihr Benehmen nun auch wieder nicht. Du kannst den ganzen Tag lang über einem Ameisenhaufen stehen, und die Ameisen arbeiten trotzdem weiter und ignorieren dich mehr oder weniger. Wenn du aber mit einem Stock hineinstichst, gebärden sie sich plötzlich wie wahnsinnig.« »Du meinst also, daß sie Teile eines Gruppenhirns sind? Eines ›Bienenstock‹-Bewußtseins?« Pille zuckte mit den Achseln. »Es wäre nicht das erste Mal, daß uns so was begegnet.« »Was sollen wir tun, Sir?« fragte Leutnant Wilson und ließ seine Augen prüfend über die Gebäude um sie herum gleiten. »Hier sind wir ziemlich ungeschützt.« Ein paar Dutzend der Geschöpfe hingen in sitzender Stellung in den Netzen und beobachteten sie. Die anderen waren offenbar in den Häusern oder dahinter verschwunden. »Haben Sie die Phaser auf Betäubung eingestellt?«
»Ja, Sir.« »Gut, dann warten wir ab.« Selbst Kirk blickte unruhig von einem Fenster zum anderen. Aber was suchte er? Eine weiße Flagge? Einen Gewehrlauf? »Ich würde uns lieber zurückbeamen lassen, als Gewalt anzuwenden, falls es überhaupt soweit kommen sollte.« »Natürlich.« Die Stille war bedrückend, angsteinflößend. »Larousse, die haben doch bestimmt miteinander gesprochen. Welchen Nutzen könnte ein Gruppenhirn aus einer Sprache ziehen?« Larousse, dem die Notwendigkeit bewußt war, das Schweigen zu brechen, antwortete schnell: »Das hängt vom Grad der Integration ab. In gewisser Weise bildet unser eigenes Gehirn zusammen mit den anderen Teilen des Nervensystems ein Gruppenhirn, falls man die einzelnen Zellen als Individuen betrachtet. Selbstverständlich benötigen sie keine Sprache. Auf der anderen Seite repräsentiert die menschliche Zivilisation eine Art langsam agierenden Gruppenhirns, das hauptsächlich durch die Sprache konstituiert wird.« »Durch die Wortbedeutungen«, sagte McCoy. »Aber wie funktioniert ein reales Gruppenbewußtsein oder Herdendenken, wie bei den Termiten – die haben doch keine Sprache, oder?« »Das ist ein weitverbreiteter Irrtum. Termiten arbeiten keinesfalls unter einem Gruppenbewußtsein. Sie scheinen zu kooperieren, jedoch lediglich über eine einfache Reihe instinktiver Reaktionen.« »Das könnte dasselbe sein, nur auf einem etwas geringer entwickelten Niveau.« »Nein.« Sie diskutierten miteinander, ohne einander anzusehen. »Es existiert keine übergeordnete Instanz, keine Integration. Sie schieben ihre Schmutzkugeln auf gut Glück herum. Falls zwei aufeinandertreffen, stellen sie eine dritte
obendrauf – eine instinktive Reaktion. Dann kommt noch ein Haufen dazu, und so weiter. Möglicherweise kommt eine Kathedrale dabei heraus. Rein instinktiv… Was war das?« »Schritte«, flüsterte Wilson. Er legte die Hand auf den Phaser in seinem Gürtel. »Sie marschieren im Gleichschritt.« Kirk schnippte seinen Kommunikator auf. »Kirk an Enterprise. Scotty, es sieht so aus, als könnte es hier Schwierigkeiten geben. Bereite dich darauf vor, uns sofort hochzubeamen – wenn Leutnant Wilson ›los‹ sagt.« »Aye, Sir.« Wilson verstand die Anspielung; er ließ den Phaser los und hielt seinen Kommunikator bereit. Eine Gruppe von ungefähr zwanzig Außerirdischen marschierte um die Ecke und auf den Platz. »Eines jedenfalls steht außer Zweifel«, sagte McCoy, »egal, welcher Planet, welche Kultur… Polizei scheint allgegenwärtig zu sein.« Bis auf einen waren alle bewaffnet – einige mit Stöcken, andere mit zusammengerollten Seilen. Der Unbewaffnete, der die Prozession leitete, trug drei blaue Bänder um den Hals, während die anderen rot-orange-grünfarbene trugen. Der Anführer sagte etwas, worauf sie zu marschieren aufhörten, sich in einem großen Halbkreis formierten und begannen, auf die Männer zuzugehen. »Warten Sie!« sagte Kirk, und das Echo einer stark verstärkten fremdartigen Silbe hallte auf dem Platz wider. Die Polizisten blieben stehen, warfen einen Blick auf ihren Anführer und setzten sich von neuem in Bewegung. Als sie nur noch etwa zehn Meter entfernt waren, sagte Kirk: »Holen Sie uns lieber hier heraus.« »Los!« sagte Wilson. Nichts geschah. »Scotty!« sagte Kirk. »Beamen Sie uns hoch!«
»Es funktioniert nicht. Energie!« Sie konnten im Hintergrund das Trillern des Transporters hören. »Noch mal! Captain – « Dann waren die Kreaturen heran. Sie gingen tief in die Knie, schwangen Stöcke gegen die Beine der Männer und warfen ihre Seile wie Lassos aus. Moore hatte gerade noch Zeit, seinen Phaser zu ziehen, aber er wurde ihm sofort aus der Hand geschlagen. Wilson gelang es, einem der Wesen einen Stock zu entreißen, für ein paar Sekunden auf den Beinen zu bleiben und zurückzuschlagen, aber wie all die anderen bewegte er sich wegen der geringen Schwerkraft zu unbeholfen und lag bald ebenso wie sie am Boden, ein Knäuel hilflos zappelnder Leiber. Die Polizisten zogen sich in einer etwas schwankenden Linie zurück – wobei sich zwei als Ergebnis von Wilsons Handarbeit die Köpfe hielten. Jetzt trat der mit den drei blauen Bändern vor und begann zu sprechen. Es war eine honigsüße, lispelnde Sprache, die in einem angenehmen Singsang auf- und abfiel. Freilich ergab sie nicht mehr Sinn als das Zwitschern eines wilden Vogels. Kirk, dessen Arme gefesselt waren, deutete mit dem Kopf auf den Übersetzer. Er war ihm aus der Hand geschlagen worden und war mehrere Meter über den harten Boden gerutscht. »Ich hoffe, das Ding funktioniert noch«, stöhnte er. »Kann sein. Es ist jedenfalls aus härterem Holz geschnitzt als wir«, ließ sich McCoy hören. Endlich schien der Außerirdische zu verstehen. Er holte den Übersetzer, überprüfte ihn einen Moment lang und sprach dann hinein. »Brauchen Sie diese Maschine, um zu sprechen und zu hören?« »Ja«, sagte Kirk. »Sie können mich jetzt verstehen, oder?« »Natürlich. Sie sprechen die Sprache der Zauberer, die ich auch einmal sprach. Offenbar sind Sie Zauberer, obwohl ich
zugeben muß, daß mir die Existenz kastenloser Zauberer bisher nicht bekannt war. Haben Sie deshalb keine Flügel?« Kirk zögerte ein wenig und wagte dann den Sprung nach vorn. »Ich weiß nicht, was Sie unter ›Zauberern‹ verstehen. Ich bin Captain James T. Kirk vom Sternenschiff Enterprise, und die anderen hier – « »Was bedeutet dieses Wort, ›croblentz‹?« »›Croblentz‹?« »Du lieber Himmel«, sagte Larousse. »Das Croblentz Enterprise. Was ist das?« »Sie haben kein Wort dafür«, sagte Larousse. »Sie wissen überhaupt nicht, daß sie sich in einem Sternenschiff befinden.« »Ach du meine Güte.« »Falls das ein Rätsel sein soll«, sagte der Außerirdische, »verstehe ich nicht, was Sie damit bezwecken.« »Hören Sie«, sagte Larousse, »wir sind von außerhalb Ihrer Welt gekommen. Verstehen Sie?« Nach einer langen Pause: »Ich glaube, ich verstehe Sie. Entweder sind Sie verrückt, oder Sie wollen, daß ich Sie für verrückt halte.« »Nein«, sagte Kirk. »Versuchen Sie doch zu verstehen. Wir sind wirklich… wir sehen Ihnen doch in keinster Weise ähnlich, nicht wahr?« »Und?« »Wir kamen aus dem Nichts«, sagte McCoy. »Kommt Ihnen das nicht außergewöhnlich vor?« Der Außerirdische machte seltsamerweise eine menschliche Gebärde, indem er leicht die Flügel spreizte, so als wolle er mit den Achseln zucken. »Zauberer machen immer solche Dinge.« »Wir sollten vielleicht ein Treffen mit einem Zauberer arrangieren«, wandte sich McCoy an Kirk.
»Das wird sogar ganz bestimmt geschehen«, sagte der Außerirdische. »Sie könnten von keinem Ven-Chatalia-Richter verurteilt werden.« »Verurteilt!« Wilson rappelte sich zu einer sitzenden Stellung hoch. »Was haben wir Ihnen denn getan, daß Sie uns derartig angreifen? Alles, was wir wollen, ist, mit Ihnen zu sprechen.« »Ich glaube, Sie sind wirklich verrückt.« »Lassen Sie es mich so einfach wie möglich ausdrücken«, sagte Kirk. »Wir leben innerhalb einer Welt, die wie die Ihre ist, nur kleiner. Wir sahen, daß Sie in Not waren, und kamen, um zu helfen.« »Noch mehr Rätsel. Theologie. Wo befindet sich denn diese Ihre Welt? Unter dem Boden?« »In gewisser Weise.« »Wenn Sie an der richtigen Stelle graben würden«, sagte Larousse, »können Sie sehen, wie sie längsseits neben Ihnen fliegt.« Das Wesen blickte Larousse lange an. Dann drehte es sich weg. »Wachen – helft diesen Kreaturen auf die Füße.« »Sie könnten sie wirklich sehen!« beteuerte Larousse. »Ich glaube, Sie haben das Falsche gesagt«, ließ sich McCoy vernehmen. »Ich bin weder ein Narr noch ein Gotteslästerer«, sagte der Außerirdische laut. »Versuchen Sie nicht, mich auszutricksen.« Die Wachen zogen die Menschen auf ungehobelte Art hoch – sie waren überraschend stark – und lockerten die Fesseln soweit, daß sie gehen konnten. Um ihn zu beruhigen, sagte Larousse: »Das verstehe ich nicht. Tun Sie so, als ob ich ein kleines Kind wäre. Erklären Sie mir, weshalb ich nicht nach draußen graben kann.« »Nun gut, für den Fall, daß dies ein merkwürdiger Zauberertest ist: Wenn Sie tief genug graben, treffen Sie auf den ›Grund‹. Es gibt kein ›Außen‹; der ›Grund‹ ist überall.
Vielleicht ›unten‹ nicht, aber ich denke, daß werden Sie schon herausfinden.« Kirks Kommunikator piepste, aber er versuchte nicht, den Außerirdischen erneut zu bewegen, ihn loszubinden. »Der ›Grund‹ muß die Metallhaut sein, von der Spock – « »Haut?« sagte der Außerirdische. »Metall? Welches Metall hinterläßt keine Spuren und kann nicht eingedellt werden? Es ist das Ende der Welt, nichts weiter.« Sie gingen los. »Wohin bringen Sie uns?« »Zum Erziehungs- und Gerechtigkeitshaus.« Was das Glätten von gewissen Ausdrücken anging, war der Übersetzer nicht schlecht. »Sie werden dort befragt und verhört und warten dann auf den nächsten Zauberer, nehme ich an.« Es sah so aus, als ob die Stadt wieder normal werden würde; als sie hinausmarschierten, begann sich der Platz wieder zu füllen. Neugierige Außerirdische beobachteten sie von oben, mit Händen oder Füßen an Kabeln hängend. Nur wenige Fußgänger waren zu sehen; es gab hauptsächlich Frachtverkehr. Da waren Gefährte auf Rädern, die leise ächzten und einen scharfen Ozongeruch hinter sich ließen, und pedalbetriebene Karren, die wie Rikschas aussahen, und sogar einige Zugtiere, die kleinen Ochsen ähnelten. Diese wurden immer von den menschengroßen Außerirdischen geführt. »Warum sind einige von Ihnen um so vieles größer als der Rest?« sagte Larousse. Als keine Antwort kam, fügte er hinzu: »Tun Sie noch mal so, als wäre ich ein kleines Kind.« »Würden Sie bitte mit diesem Geschwafel aufhören! Das ist unter der Würde eines Zauberers.« »Daran müssen Sie sich schon gewöhnen«, sagte Kirk. »Wir sind eben keine Zauberer, und wir sind von draußen gekommen.«
»Lästern Sie nur weiter. Mich werden Sie damit nicht hereinlegen.« Sie preßten sich alle gegen eine Wand, weil ein laut quietschender Karren, der mit stechend riechenden Blumen vollgeladen war, heranrumpelte. »Nehmen wir einmal an, Sie sind neu… nun, vielleicht sind Sie es wirklich. Ich habe noch nie einen Neuen gesehen, und erst recht keinen neuen Zauberer. Auf jeden Fall haben Sie es noch zu keinem nennenswerten Haarwuchs gebracht.« Der Karren machte zuviel Lärm. Er wartete, bis er vorbei war. »Die Großen sind Lan-Chatalia und leben auf dem Land. Ich bin ein Ven-Chatalia, weil ich in der Stadt lebe. Es kann sein, daß ich in der Stadt lebe, weil ich ein Ven bin. Ihr Zauberer wohnt in den Zentrumsgebieten über dem ›Unten‹ und seid ElaChatalia.« »Sie meinen, Zauberer sehen wie wir aus?« fragte McCoy. »Oh, Sie sind auch ein Neuer?« Sie gingen wieder weiter. »Die Meister des Lebens können selbstverständlich jegliche Form annehmen. Normalerweise sehen sie wie Lan-Chatalia aus, nur etwas größer. Andere Gesichter. Bessere Flügel.« Er musterte sie eingehend. »Ich würde gern wissen, warum sie Sie ohne Flügel gemacht haben. Da muß irgendeine Absicht dahinterstecken. Ich kenne mich zwar nicht so genau aus, aber es erscheint mir grausam.« »Das muß ich Mutter erzählen«, murmelte McCoy. Nach weniger als einem Kilometer erreichten sie ein großes Gebäude und gingen durch ein scheinbar offenes Portal, obwohl der Chatalia einige Stäbe, die die Funktion von Schlüsseln zu haben schienen, hineinsteckte (er zog sie aus einer Körpertasche an seiner Hüfte). Ein anderer Chatalia, offenbar ein Gefängniswärter, gesellte sich zu ihnen. Man drängte die Männer in einen Lift, der mit seinen Knöpfen und anderen Details in bemerkenswerter
Weise an einen alten Frachtenaufzug erinnerte. Sie fuhren ins oberste Stockwerk. Am Ende eines dunklen Korridors gelangten sie an eine weitere türlose Öffnung, die der Gefängniswärter aufsperrte. Im Raum dahinter befanden sich einige niedrige Polster, die zu klein waren, um darauf zu schlafen, ein dreibeiniger Tisch, eine merkwürdig aussehende Toilette (lediglich eine Vertiefung im Boden mit einem Abfluß und einem tropfenden Wasserschlauch) und ein offenes Erkerfenster, von dem aus man über viele Meter leeren Raum und Kabel blickte. Während sie losgebunden wurden, fragte Kirk: »Was hält uns davon ab, aus dem Fenster zu steigen und zu flüchten?« Der Gefängniswärter – er trüg die gleichen drei Bänder wie die Wächter plus einem zusätzlichen schwarzen – sagte etwas zu einem der Wächter, der seinerseits etwas zu dem Blaubebänderten sagte. »Machen Sie es nicht noch schlimmer«, ließ sich dieser dann vernehmen. »Spielen Sie Ihre Spiele nur mit mir oder anderen Kastenlosen.« »Das Extraband muß etwas mit dem Rang zu tun haben, oder irre ich mich?« fragte Wilson. »Jetzt reicht es mir. Wachen!« Er stellte den Übersetzer ab und sagte etwas zu ihnen. Während die Hände der Menschen immer noch gebunden waren, entfernte er die Phaser und anderes Gerät von ihren Gürteln. »Lassen Sie uns einen Kommunikator zurück«, sagte Kirk, als der Chatalia wieder den Übersetzer an sich nahm. »Noch so ein unsinniges Wort. Was ist ein ›repabclo‹?« Er deutete auf den Stoß von Ausrüstungsgegenständen. »Wozu brauchen Sie das?« »Damit wir mit draußen in Verbindung bleiben können.« Er sagte etwas zu einem Wächter, der mit dem Gefängniswärter sprach und dessen Nachricht wiederholte.
»Trotz Ihrer Verrücktheit haben Sie ein gewisses Recht auf Eigentum. Sie dürfen alles, was keine Waffe ist, behalten.« Er sammelte die Phaser auf. »Aus der Art, wie Sie das hier benutzten, muß ich schließen, daß es sich um Waffen handelt, richtig?« »Ja«, sagte Kirk, »und sie sind sehr gefährlich. Sie dürfen niemandem erlauben, damit… herumzuexperimentieren.« Der Chatalia zuckte die Achseln. »Sie werden für den nächsten Zauberer aufgehoben. Diese anderen Dinge – bürgen Sie dafür, daß es keine Waffen sind?« Es handelte sich um zwei Trikorder, einen medizinischen und einen wissenschaftlichen, fünf Kommunikatoren und McCoys Arzttasche. »Sie haben mein Wort.« »Gut. Sie sollen wissen, daß Sie getötet werden, wenn Sie versuchen sollten, zu entkommen oder jemanden zu verletzen, und zwar ungeachtet Ihrer Kaste oder Ihrer Familie. Das schreibt das Gesetz vor, sogar für Zauberer.« »Wir haben verstanden.« »Man wird nach Ihnen schicken.« Er folgte dem Wärter nach draußen; die Wachen gingen hinterher. Sie versperrten die unsichtbare Tür. Nachdem das Geräusch des Aufzugs verebbt war, ging Kirk zur Türöffnung hinüber und versuchte, seine Hand hindurchzustecken. Etwas hielt ihn davon ab. »Sehr merkwürdig!« Er drückte ein zweites Mal dagegen. »Es ist so etwas ähnliches wie ein Druckfeld, aber kein…« Er legte sein ganzes Gewicht auf einen Finger. »Au!« Er zuckte mit der Hand zurück. Die Fingerspitze war voller Blut. »Laß mich das ansehen.« McCoy tupfte das Blut ab und sah sich die Wunde in dem düsteren Licht an; dann führte er Kirk zum Fenster, um sie noch eingehender mustern zu können.
»Sieht wie eine Kreuzschraffierung aus, mit kleinen Quadraten. Es ist schon verheilt.« Er drückte seinen eigenen Finger gegen das Fenster und stieß auf den gleichen Widerstand. Er stemmte sich fest dagegen und hatte ebenfalls einen Blutstropfen am Finger. Er wischte ihn ab und betrachtete die Fingerkuppe. »Ein Schirm.« »Ein Energieschirm?« fragte Wilson. »Nein, so etwas wie ein Fliegenfenster. Aber aus Metall, nicht aus Plastik. Ein unglaublich dünner Draht.« »Mit der Wirkung einer Messerklinge«, grübelte Wilson. Und zu Larousse sagte er: »Leutnant, könnte Ihnen der wissenschaftliche Trikorder sagen, woraus er besteht?« »Das müßte eigentlich gehen.« Larousse hob den Trikorder auf und brachte ihn zum Fenster. »Ich glaube, ich habe keinen mehr benutzt, seitdem ich auf der Akademie war – als Linguist kann ich damit nicht gerade viel anfangen.« Kirk blickte immer noch argwöhnisch auf seinen Finger. »Aktivieren Sie einfach die Sensorenreihe, Kanal B, und wählen Sie die Platte für die chemische Zusammensetzung. Dann stellen Sie die Anzeige auf Null und bringen das Gerät mit dem Schirm in Berührung.« Larousse warf einen gequälten Blick auf den Captain und tat, wie ihm geheißen. »Rotes Licht. ›Sensorenfehlfunktion‹ wird hier angezeigt. Kann man sie nicht umgehen?« Kirk drehte an einem Knopf. »Versuchen Sie es noch mal.« Auf dem Videodisplay leuchtete ein wirres Durcheinander aus Buchstaben und Ziffern auf. Im Speicher waren weder Element noch Kompendium aufgezeichnet, das die Eigenschaften des Schirms hätte aufzeigen können, aber eine Zeile blieb konstant: »ATOM (MOLKEKULAR-) GEWICHT 1132, 4963.« »Es muß der gleiche Stoff sein, der das Schiff umhüllt«, grübelte Larousse. »Der ›Grund‹.«
McCoy starrte aus dem Fenster. »Sie benutzen Zugtiere und haben Metalle, die unserer Wissenschaft unbekannt sind. Sie leben in einem Sternenschiff und denken, es wäre das Universum. Ich glaube, wir sollten Spock rufen.« »Glauben Sie, daß der sich darauf einen Reim machen kann?« fragte Wilson. »Einen vulkanischen vielleicht. Eigentlich suche ich nur nach einer Chance, ihn verwirrt zu erleben.« Aus dem Logbuch des Captain, Sternzeit 7504.5:
Dies ist eine Aufzeichnung von Wissenschaftsoffizier Spock,
der vorübergehend das Kommando hat.
Captain Kirk und sein Konfrontationstrupp sitzen an Bord des Sternenschiffs fest; der Transporter arbeitet nur in einer Richtung und kann keine Objekte aus dem Innern des Schiffs zurückholen. Es wurde versucht, dieses Phänomen mittels verschiedener Hypothesen zu erklären. Davon scheint die einleuchtendste zu sein, daß die äußere Oberfläche der Metallhaut des Schiffs (die unsichtbar unter einer circa achtzig Meter dicken Felsschicht liegt) optisch völlig glatt bis zum Bruchteil der Wellenlänge eines Elektrons ist. Wir haben keinerlei Hinweis darauf, wie das erreicht werden kann. Was daraus jedoch resultiert, ist, daß der Transporter keine feste Wellenführung beibehalten kann (die konvexe Oberfläche reflektiert seine Energie divergierend); auf diese Weise kann er alles in das Schiff befördern, aber in umgekehrter Richtung keinen Informationsaustausch (und damit auch keinen Materialaustausch) bewirken. Sollte diese Annahme zutreffen, müßten wir lediglich eine Bresche in das Material schlagen und irgendwo auf seiner Oberfläche ein Loch öffnen, um den Transportereffekt wiederherzustellen. Wir verschieben diese Aktion noch, die als
Aggression interpretiert werden und die Bewohner des Schiffs möglicherweise verletzen könnte. Ich habe Sicherheitspersonal beauftragt, sich im Schichtwechsel im Transporterraum in Bereitschaft zu halten. Beim ersten Anzeichen drohender Gefahr für Leib und Leben werden sie hinuntergebeamt. Im Moment werden Captain Kirk und seine Männer in einer Gefängniszelle festgehalten, wo sie auf ihr Verhör warten. Eine Wache sperrte die unsichtbare Tür auf und stellte ein Tablett mit fünf Schüsseln ab, dann zog sie sich hastig zurück. Fähnrich Moore nahm eine Schüssel auf, schnupperte vorsichtig daran und verzog das Gesicht. »Ich war sowieso nicht besonders hungrig.« »Wir sind auch nicht darauf angewiesen«, sagte McCoy und durchquerte den Raum mit seinem Arzttrikorder. »Sie können uns Feldrationen herunterbeamen. Dennoch bin ich neugierig.« Er wählte die Platte für Ernährung und tröpfelte etwas von dem Zeug aus den Schüsseln auf die Sensorenreihe. »Es würde uns nicht umbringen«, sagte er, »außer wir bekämen eine ganze Woche lang nichts anderes. Es enthält eine Spur Arsen.« Sie riefen um Essen hinauf. Während sie die Feldrationen aßen, kam der Wärter zurück und nahm die vollen Schüsseln wieder an sich. Er zuckte die Achseln, daß seine Flügel rauschten, und gab einige gutturale Laute von sich. »Huga-huga«, äffte Moore ihn nach. »Im Ernst«, sagte Larousse, »es hörte sich an, als ob der eine, der mit uns redete, eine ganz andere Sprache als die Wächter benutzt. Sie klang etwas feiner und hatte dieses eigentümliche Pfeifen.« Er demonstrierte es mit einem mehr oder weniger musikalischen Zischen durch die Zähne. »Wie das denn?« fragte Kirk, der vorsichtig eine Packung Pfirsichstücke öffnete. »Selbst wenn sie anfangs verschiedene
Sprachen hatten, möchte man doch meinen, daß sie sich in dreitausend Jahren auf eine geeinigt hätten.« »Es könnte sich um eine Art Tradition handeln; verschiedene Sprachen für verschiedene Aktivitäten. Gottesdienste wurden jahrhundertelang in Latein abgehalten, obwohl die meisten Kirchgänger kein Wort davon verstehen konnten.« »Oder es hat etwas mit der sozialen Klassenzugehörigkeit zu tun«, meinte Wilson. »Der eine mit dem Rangabzeichen, mit dem wir nicht sprechen sollten.« Larousse nickte. »Auch das gab es auf der Erde. Die russische Aristokratie vor der ersten Revolution sprach französisch.« »Ich wette, daß es viel weniger kompliziert ist«, sagte McCoy. »Ein Außerirdischer, der einen Mann und eine Frau englisch sprechen hört, könnte genauso meinen, es handele sich um zwei verschiedene Sprachen – piepsiges Geschnatter und dröhnender Unsinn. Wahrscheinlich sind es nur individuelle Unterschiede in der Sprechanatomie.« »Das glaube ich nicht«, sagte Larousse. »Einen Sprachforscher könnte so etwas nicht täuschen.« Wilsons Kommunikator piepste. Er schnipste ihn auf, und sein Gesprächspartner im Transporterraum sagte: »Situationsreport, Sir.« Sie riefen präzise alle zwanzig Minuten an. »Sit-Rep negativ.« Er bellte es heraus, unterbrach und lächelte. »Wie würden Sie diese Sprache nennen?« »Sicherheitsdienstchinesisch«, sagte McCoy. »Ihr Burschen erinnert mich an…« Sechs Wachen marschierten durch die unsichtbare Tür herein. Ihre Bewaffnung war etwas beeindruckender als zuvor: Sie trugen Speere und eine Art Schleuder mit nadelscharfen Pfeilen. Hinter ihnen tauchte der Chatalia mit dem blauen Band mit dem Übersetzer auf. »Kommen Sie mit.«
Sie folgten ihm schweigend. Im Aufzug blickte er auf den Übersetzer und sagte an niemanden direkt gerichtet: »Ich habe mit dieser Maschine experimentiert. Sie ist sehr gefährlich – warum wurde sie erfunden?« »Damit man sich verständigen kann… ohne die Sprache des anderen zu kennen«, sagte Kirk. »Das ist offensichtlich. Aber warum?« Kirk blickte Larousse fragend an. Der Linguist zeigte sich ebenfalls verdutzt. »Ich glaube, wir verstehen Ihre Frage nicht so ganz«, sagte er. Die Tür öffnete sich. »Man wird Ihnen noch andere Fragen stellen.« Dieses Mal gab es keinen Korridor; sie betraten einen großen Raum. Alle vier Wände waren mit einem durchgehenden Mosaik aus polierten Wandkacheln bedeckt, die hier und da mit glitzernden Kristallen, möglicherweise Juwelen, durchsetzt waren. Die grellen Farben waren so kühn miteinander kombiniert, daß sie sich bissen und für das menschliche Auge keinen Sinn ergaben. Die Decke glühte in einer eintönigen Phosphoreszenz. Von drei Stangenreihen blickten an die dreißig Chatalia auf sie herab. Wie Raubvögel saßen sie, die Füße um die Stangen gekrallt, mit hängenden Flügeln. Im hinteren Teil des Raumes thronte ein weiterer Chatalia über den anderen. In dem scheinbaren Durcheinander war ein Muster zu erkennen: Ihre Anordnung hing von den Bändern ab. Alle trugen vier Bänder, drei davon in den Farben Rot, Orange und Grün. In der ersten Reihe war das vierte Band schwarz, dahinter rot, und in der letzten Reihe war es silberfarben. Der separat thronende Chatalia trug Rot, Orange, Grün und Gold. Er sprach: »Die Zauberer – « Plötzlich würde der Übersetzer abgeschaltet. »He!« sagte McCoy. »Sollen wir vielleicht nicht hören…«
Der Außerirdische blickte ihn teilnahmslos an und drehte ihm den Rücken zu. »Ich frage mich, ob das hier ein Gericht ist«, murmelte Wilson. »Das werden wir schon noch herausfinden«, sagte Kirk. »Auf alle Fälle handelt es sich um eine Art Ritual.« Die letzte Reihe hörte dem Anführer aufmerksam zu, wobei sich die Hälse der Chatalia in einem unmöglichen Winkel verrenkten. Alle anderen blickten geradeaus, mit Ausnahme derjenigen, mit denen sie hereingekommen waren. Diese hielten die Köpfe gesenkt. Als der Führer zu reden aufhörte, drehte sich die mittlere Reihe (mit den roten Bändern) um und hörte einem von den Silberbebänderten zu. Als dieser fertig war, wandte sich einer von den Rotbebänderten an die Schwarzbebänderten. »Es klingt, als ob sie alle das gleiche sagen«, sagte Larousse. »Es ist eine religiöse Zeremonie«, meinte McCoy. »Wir sollen alle geopfert werden.« »Reiß dich zusammen, Pille«, sagte Kirk. »Versuch ein bißchen ernst zu sein.« »Das war ernst gemeint.« Im letzten Abschnitt des Rituals wandte sich ein Chatalia aus der Mitte der vordersten Reihe an die Gruppe, die am Boden stand. Der Übersetzer drehte sich ihnen zu und schaltete die Maschine ein. »Der Polizeichef möchte gern wissen, ob Sie nun bereit sind, die Wahrheit zu sagen.« »Ist das alles, was er gesagt hat?« fragte Kirk. »Alles, was Sie zu hören brauchen.« »Dann ist das auch alles, was er zu hören braucht.« Kirk trat vor die Maschine und sprach mit lauter Stimme: »Wir sagen die Wahrheit.« Er erstarrte plötzlich, als er zwei Speerspitzen in seinem Rücken spürte.
Die Chatalia auf den Stangen sahen auf den Boden, an die Decke oder auf die Wände – nur Kirk gönnten sie keinen Blick. »Wollen Sie sterben?« fragte der mit dem blauen Band. Dann schaltete er den Übersetzer aus und sprach hastig mit der ersten Reihe. Die Wachen ließen Kirk los. Als er fertig war, drehte sich ein Schwarzbebänderter zur nächsten Reihe um, und der gesamte Prozeß wiederholte sich in umgekehrter Reihenfolge. »Ob sie auf diese Weise wohl je etwas zu Ende bringen?« zweifelte McCoy. Ungefähr eine Minute später war die Antwort des Anführers angekommen. »Der Polizeichef möchte Sie daran erinnern, daß er ein Verfechter angemessenen Verhaltens und kein Philosoph ist. Da Sie Zauberer sind, wird er die Verhandlung vertagen und auf einen aus Ihrer Familie warten, der Ihr krankhaftes Verhalten bewerten soll.« »Ich glaube, es wird Zeit zu lügen, Jim«, flüsterte McCoy. »Und ich glaube, daß du recht hast.« Kirk wandte sich an den, der den Übersetzer hielt. »Sie scheinen keine große Angst vor uns zu haben. Warum? Sie wissen, was wir Ihnen antun können – oder Sie glauben zumindest, es zu wissen.« »Dann gestehen Sie also, kastenlose Zauberer zu sein.« »Wir gestehen gar nichts. Wir müssen Ihnen nicht antworten. Aber Sie werden die Folgen tragen müssen, wenn uns etwas zustoßen sollte.« »Wir haben Ihnen nichts getan.« Der Chatalia mit dem Übersetzer machte einige komplizierte Handbewegungen. Dann drehte er sich um und sprach zur Galerie. »Ein Komitee«, ließ sich Pille vernehmen, »ist ein Organismus mit vielen Köpfen, aber ohne Hirn. So fremd ist das hier gar nicht.«
Das Frage-und-Antwort-Spiel begann von neuem. »Der Polizeichef wird keine Drohungen dulden. Er erinnert daran, daß die Kaste Vorrang vor der Familie hat.« »Aber wir gehören keiner Kaste an.« »So ist es. Sie werden also verstehen, daß der Polizeichef Sie einsperren oder sogar töten lassen kann, außer ein Zauberer der ersten Kaste verbietet es.« »Er würde nicht wagen, uns zu töten«, sagte Kirk schüchtern – und erinnerte sich im selben Moment daran, daß sein Tonfall nicht unbedingt eine Rolle spielte. »Meinen Sie nicht, daß das Vergeltungsmaßnahmen zur Folge haben könnte?« »Das habe ich nicht be-« »Wurde jemals ein Zauberer getötet?« Der Captain versuchte sich vorzutasten. »Das ist für meine Familie nicht von Belang. Außerdem haben Sie zuerst behauptet, keine Zauberer zu sein. Jetzt aber beanspruchen Sie den Schutz dieser Familie.« »Warten Sie«, sagte McCoy. »Ich kann das erklären. Wissen Sie, was das Wort ›Amnesie‹ bedeutet?« »Natürlich.« Er holte tief Luft. »Also. Könnte es denn sein, daß wir überhaupt einer anderen Familie als der der Zauberer angehören? So wie wir aussehen?« »Ich glaube nicht«, gab der Chatalia zu, »außer, Sie sind Maschinen, die die Zauberer zu irgendeinem Zweck hergestellt haben.« »Ich gebe sogar diese Möglichkeit zu«, sagte McCoy langsam. »Aber sehen Sie. Unseres Wissens kommen wir von draußen – das mag Blasphemie sein, aber es ist die einzige Wahrheit, die wir kennen. Wir wissen nichts von Familien oder Kasten… wäre es nicht möglich, daß wir Zauberer mit einer Amnesie sind?«
Nach einem langen Schweigen sagte der Außerirdische: »Und mit Wahnvorstellungen.« »Dürften wir dann darum bitten, daß Sie uns einige kleine Orientierungshilfen geben, so daß wir wenigstens verstehen können, wovon Sie sprechen?« »Ich verstehe.« Der Chatalia gab die Frage weiter, und die Antwort kam zurück. »Sie dürfen, aber fassen Sie sich kurz.« »Larousse, es ist besser, wenn Sie das übernehmen«, sagte McCoy. »Gut. Erklären Sie uns bitte den Ausdruck ›Familien‹ – wie viele gibt es, und was stellen sie dar?« »Es gibt zweihundertsechsundfünfzig Familien, einige von ihnen sind ohne Mitglieder. Ich gehöre zur Familie der Dolmetscher. Alle anderen in diesem Raum sind Verhaltensvollstrecker. Mit Ausnahme von Ihnen: Das Fehlen jeglicher Abzeichen weist Sie als Zauberer aus.« »Wie kann eine Familie keine Mitglieder haben?« »Wenn ihre Funktion beendet ist, werden verstorbene Mitglieder nicht ersetzt. Soweit ich mich erinnere, ist der letzte der Alfgan-Hirten gestorben. Selbstverständlich hatten die Alfgan lange Zeit zuvor aufgehört, sich fortzupflanzen.« »Die Bänder kennzeichnen also die Familien?« »Die Familien und die Kaste.« »Und womit Sie Ihren Lebensunterhalt verdienen, wird von der Familie bestimmt, in die Sie hineingeboren werden?« Pause. »Ich verstehe nicht.« »Könnten Sie zum Beispiel ein Verhaltensvollstrecker werden, wenn Sie es wollten? Oder die anderen Dolmetscher?« »Natürlich nicht. Sie werden nicht gemacht.« Wilsons Kommunikator piepste. Er nahm ihn langsam von seinem Gürtel und blickte den Captain an. »Report negativ«, sagte Kirk.
Er schnippte das Gerät auf, und eine metallische Stimme sagte: »Situationsreport, Sir.« »Sit-Rep negativ«, antwortete er. Der Dolmetscher machte mit der Hand ein Zeichen, und einer der Wächter richtete die Spitze seines Speers drohend gegen Wilsons Brust. »Wen meinen Sie mit ›negativer Administrator der ersten Kaste‹?« »Was?« Larousse unterdrückte ein Lächeln. »Die Maschine funktioniert nicht perfekt. Sie kennt das Wort ›Sit-Rep‹ nicht und hat deshalb das, was dem am ähnlichsten ist, übersetzt ›Satrap‹, was ungefähr einem ›Administrator der ersten Kaste‹ gleichkommt.« »Warum hat er mit der kleinen Maschine gesprochen?« »Sie steht mit unseren Leuten draußen in Kontakt. Ein Teil unserer Wahnvorstellungen«, fügte er hastig hinzu. »Sie rufen uns alle zwanzig Minuten, um sicherzugehen, daß wir nicht in Gefahr sind. Antworten wir nicht, schicken sie Hilfe.« »Bemerkenswert«, sagte der Dolmetscher, worauf er sich umdrehte und eine Rede hielt. Wilson sah etwas beunruhigt aus, während sie auf eine Antwort warteten. Der Anführer der Chatalia gab seinem Wächter ein Zeichen und begann sich langsam zurückzuziehen. »Der Polizeichef ist der Meinung, daß sein Verhör gefährlich zu werden beginnt; unser Zauberer kommt morgen; wir vertagen die Angelegenheit bis zu diesem Zeitpunkt.« »Werden Sie weiterhin unsere Fragen beantworten?« erkundigte sich Larousse. »In Ihrer Zelle?« Der Außerirdische drehte sich etwas um, als ob er die Erlaubnis des Polizeichefs einholen wollte, und sagte dann: »Natürlich… Vorausgesetzt, daß auch Sie einige Fragen beantworten.«
4
Aus dem Logbuch des Captain, Sternzeit 7505.2:
Wir bleiben in Alarmbereitschaft.
Dank der geschickten Fragestellung von Captain Kirk und
seinem Team verfügen wir über ein ziemlich vollständiges Bild
der Chataliagesellschaft.
Jedes Individuum gehört zu einer Familie, und es wird ihm der Stand einer Kaste zugeteilt. Er darf nur zu Mitgliedern seiner eigenen Kaste sprechen oder zu denen, die sich unmittelbar über oder unter ihm befinden. Die Isolation des Individuums wird noch durch den Sachverhalt verstärkt, daß jede Familie ihre eigene Sprache hat (einige davon sind eigentlich eher Dialekte als eigenständige Sprachen). Deshalb gehört die Dolmetscherfamilie zu den größten Familien. Fast jede Transaktion, die das Niveau eines einfachen Tauschgeschäfts übersteigt, bedarf eines Dolmetschers. Die Zauberer, von denen es relativ wenige gibt, sind von der Kastenbestimmung ausgenommen. Sie dürfen mit jedem sprechen, aber auch sie benötigen einen Dolmetscher. Sie haben offenbar nur zwei Kasten, die erste und die zweite, und Angehörige der ersten sieht man selten. Sie leben in einem gesonderten Gebiet, einer Insel am »Nordpol« (eigentlich der in Bewegungsrichtung liegende Pol) der Kugel. Ihre Hauptaufgabe scheint die Fortpflanzung zu sein, von der der Informant behauptet, daß sie durch Magie geschieht. Die Bevölkerungsentwicklung wird streng kontrolliert. Stirbt ein Individuum, wird nach Ablauf von zwei Jahren ein Ersatz geliefert. Das Wort »Kind« ist nicht übersetzbar. Laut Informanten werden von den Zauberern vollständig ausgewachsene
Individuen an die Lan-Chatalia geliefert, die in den ländlichen Gebieten, die die Stadt umgeben, leben. Dort werden sie ausgebildet und schließlich ihren Familien übergeben. »Das ist die verrückteste Sozialstruktur, von der ich je gehört habe«, sagte Uhura. Auf der Brücke war nicht viel los; bis Kirk und sein Team unten aufwachten, gab es wenig zu tun. »Sie ist unorthodox«, sagte Spock, »aber von bewundernswerter Logik.« »Logik?« Sulu konnte es nicht glauben. »Ich kann mir keine ineffizientere Art sozialer Organisation vorstellen.« »In diesem Kontext wurde die Effizienz offensichtlich der Stabilität untergeordnet – ein folgerichtiges Denken, wenn man in Betracht zieht, daß eine Bevölkerung von einer Million Individuen Hunderte von Generationen lang auf einem Raum von der Größe einer kleinen Insel erhalten werden mußte.« »Dann glauben Sie also, daß die ersten Chatalia anders waren«, sagte Uhura. »Sie haben mit dieser Gesellschaft so etwas wie eine riesige Raumschiffbesatzung geschaffen – « »Und sie dann vergessen lassen, daß sie auf einem Raumschiff waren?« ergänzte Sulu. »Es muß so gewesen sein«, antwortete Spock. »Es scheint, daß die Familie der Zauberer die eigentliche Schiffsbesatzung ist. Die anderen werden in Unwissenheit gelassen, da das Wissen, sich auf einer Reise zu befinden, die man nie vollenden wird, für sie psychisch unerträglich wäre.« »Selig sind die Armen im Geiste«, sagte Sulu. »Eine merkwürdige Erkenntnis.« Der Kommunikator ertönte, und Spock meldete sich: »Hier Spock.« »Mr. Spock, hier ist Fähnrich Berry aus der Karthographie.« Ihre Stimme überschlug sich vor Aufregung. »Wir haben auf der Oberfläche des Planetoiden die Wrackteile eines Schiffes entdeckt.«
Sie hatten die Oberfläche kartographisch erfaßt in der Hoffnung, einen Eingang in den Planetoiden zu finden. »Welcher Typ von Schiff? Bitte übermitteln Sie uns ein Bild.« »Keines von denen, die gegenwärtig in Gebrauch sind.« Auf dem Hauptmonitor erschien ein Bild, das von den flackernden Streifen und Funken der Magnetfeldinterferenz scharf gemacht wurde. »Der Umriß läßt auf ein Klingonenschiff schließen.« »In der Tat. Obwohl es sich um eine primitive Ausführung handelt. Computer.« »Bereit«, sagte die Maschine. »Es geht um das Schiff auf dem Hauptmonitor. Gibt es Daten eines Schiffs, das von der Ausführung her ähnlich ist – speziell eines klingonischen Schiffs?« »Eine derartige Aufzeichnung gibt es nicht. Erbeutete Klingonendaten enthalten keine Informationen über Schiffe, die älter als einhundertvierzehn Jahre sind. Das abgebildete Schiff ähnelt oberflächlich einem Langstreckenkreuzer jener Epoche, könnte ihm aber, falls unsere Kenntnis der klingonischen Geschichte exakt ist, zeitlich einige Jahrhunderte vorangehen.« »Sehr gut. Fähnrich Berry, haben Sie von dem Schiff irgendwelche Biosensorendaten bekommen?« »Negativ, Sir. Zu viele Interferenzen; das Signal-TonVerhältnis ist für diesen Bereich nicht sensibel genug.« »Danke, Fähnrich. Das ist im Moment alles. Mr. Sulu, stellen Sie einen Trupp aus drei Männern vom Sicherheitsdienst und einem Ethnologen, der am besten über die klingonische Gesellschaft Bescheid weiß, zusammen. Ich glaube, Leutnant Sydny wäre der richtige Mann. Und lassen Sie sich von Mr. Scott jemanden nennen, der sich mit antiken Raumschiffen auskennt – jemanden außer ihm selbst. Holen Sie sich Raumanzüge, und lassen Sie sich in das Raumschiff hinunterbeamen.«
»Ja, Sir!« Sulu war bereits auf halbem Weg zum Turbolift. »Und noch etwas, Mr. Sulu.« »Sir?« »Es ist größte Vorsicht geboten. Der Schein trügt.« Spock betätigte die Kontrollhebel des Suchers, um die stärkste Vergrößerung des Schiffwracks zu erhalten. »Das ist äußerst seltsam. Ich frage mich, was diese Art von Schaden verursacht haben könnte.« Das Schiff hatte offenbar kein Leck, aber es wirkte völlig verbogen und zerknittert, als ob es von einer großen Hand zerdrückt worden wäre. »Traktorstrahlen?« meinte Uhura. »Möglich… aber in diesem Fall müßte die Kompression regelmäßiger sein. Da ist etwas, was mir Kopfzerbrechen bereitet… Natürlich! Es dürfte gar nicht da sein.« »Was meinen Sie, Sir?« Er drückte auf den Schalter des Intercoms. »Mr. Sulu. Melden Sie sich bei der Brücke.« Gleich darauf antwortete Sulu. »Lassen Sie sich nicht direkt ins Schiff beamen, jedenfalls nicht sofort. Da liegt eine Anomalie vor. Es gibt keinen Grund, warum das Schiff auf der Oberfläche bleiben sollte. Der Planetoid dreht sich und verliert an Geschwindigkeit; außerdem verfügt er nicht über genügend Masse, um eine ausreichende Gravitation zu erzeugen. Das Wrack hätte bereits beim Aufprall abdriften müssen. Es wird also Ihre erste Aufgabe sein, herauszufinden, was es auf der Oberfläche festhält. Nehmen Sie die Männer vom Sicherheitsdienst und gehen Sie längsseits. Betreten Sie das Schiff erst, nachdem eine zufriedenstellende Erklärung gefunden wurde.« »Könnte es Magnetismus sein?« sagte Uhura.
»Im Moment halte ich noch alles für möglich. Aber ich glaube, selbst wenn das Wrack komplett aus Eisen bestünde, wäre die Kraft zu gering.« »Vielleicht ist es eine Falle.« »Das scheint unwahrscheinlich.« Spock wandte sich an Chekov, der sich auf dem Kampfstand befand. »Mr. Chekov, bereiten Sie sich darauf vor, Waffengewalt einzusetzen, wenn Mr. Sulu etwas zustößt.« »Aye, Sir.« »Auf mein Kommando feuern Sie Phaserbatterie eins auf den kleinstmöglichen Punkt; das Ziel können Sie sich irgendwo auf dem Planetoiden suchen, aber beanspruchen Sie nicht das Antriebssystem oder den Magnetfeldgenerator. Wir behalten uns die Reparatur des Schadens vor.« Und an Uhura gewandt: »Leutnant, falls ich zu dieser Aktion gezwungen werden sollte, will ich, daß der Konfrontationstrupp heraufgebeamt wird, sobald wir eine Bresche in den Planetoiden geschlagen haben. Würden Sie bitte entsprechende Vorkehrungen treffen?« »Ja, Mr. Spock.« Sie rief Scotty und stellte einen Kontakt zwischen dem Transporterraum und ihrem Kontrollboard her. Spock starrte ausdruckslos auf das Bild auf dem Hauptmonitor. Seit mehr als zwei Jahren hatte Sulu keinen Raumanzug mehr getragen. Er erzeugte bei ihm ein Gefühl der Platzangst, das durch die Notwendigkeit, die Anzüge mit Traktorhandschuhen und -stiefeln auszustatten (um durch die Rotation des Planetoiden nicht umgeworfen zu werden), noch verstärkt wurde. Zu viert stiegen sie auf die Transporterplattform, und Sulu hob den Daumen, um Scott das Signal zu geben. Die Oberfläche des Planetoiden ähnelte der des Mondes ohne Staub- und lose Felsteile. Der Horizont war weniger als einen
Kilometer entfernt; die Sterne gingen zu schnell über dem Himmelsrand auf. Sie schienen zu grell, da ihre Anzüge durch das Nichtvorhandensein einer anderen Lichtquelle automatisch das Sternenlicht verstärkten, um die Umgebung sichtbar zu machen. Das Klingonenschiff lag zu ihrer Rechten, mit der Oberseite nach unten. Als sie sich darauf zubewegten, schien es, als gingen sie durch dickflüssigen Sirup. Nur die Traktorstiefel hielten sie am Boden. »Bislang waren noch keine Kabel oder andere Stützvorrichtungen zu sehen«, berichtete Sulu. Seinen Trikorder hatte er an einem Riemen über die Schulter gehängt, aber durch die Rotation stand er über seinen Kopf hinaus. Plötzlich stolperte der Mann, der neben ihm ging, und schrie um Hilfe. Sulu griff nach ihm, verfehlte ihn aber. Der Mann schwebte zunächst langsam, dann immer schneller, in den Raum. »Mr. Scott – Jakobs ist ausgerutscht und gleitet von uns weg. Können Sie ihn auflesen und zu uns zurückbeamen?« Scotty bejahte. »Jeder bleibt, wo er ist, bis Jakobs zurückkommt.« Sulu zog den Trikorder heran und richtete ihn auf das Klingonenschiff. »Die Hülle des Schiffs besteht hauptsächlich aus Aluminium und Magnesium«, berichtete er Spock. »Damit scheidet eine magnetische Anziehung aus.« Er richtete die Sensoren auf einen anderen Punkt. »Es hat die gleiche Temperatur wie der Planetoid, zwölf Grad Kelvin.« »Sehen Sie sich das an, Mr. Sulu.« Einer der Männer kniete mit ausgestreckter Hand am Boden. »Darüber muß Jakobs gestolpert sein.« Sulu sah hin, konnte aber nichts erkennen. Er streckte die Hand aus und spürte einen Widerstand. »Ein Kraftfeld?«
Als Jakobs wieder bei ihnen war, erklärte er, was ihm passiert war. »Ich ging gerade auf das Schiff zu, als ich ungefähr hier über etwas Unsichtbares stolperte.« Sie tasteten sich an dem unsichtbaren Gegenstand entlang und stellten fest, daß er etwa hundert Meter lang war und fast genau dem Umriß des Schiffes folgte. Wahrscheinlich führte er vollständig um das Schiff herum. Aber außer dem Magnetfeld, das man mit dem Bussardstrahltriebwerk in Verbindung brachte, identifizierte der Trikorder kein weiteres Feld. Spock folgerte daraus, was es sein mußte: »Prüfen Sie, ob Metall vorhanden ist.« Als Sulu diese Anweisung befolgte, erschien auf dem Videodisplay ein Buchstabenkonglomerat, von dem lediglich eine Zeile Sinn ergab: ATOM- (MOLEKULAR-) GEWICHT 1132, 4963. Offenbar wurde das Schiff von einem Netz gehalten, das aus demselben Material bestand wie die Türen und Fenster des Erziehungs- und Gerechtigkeitshauses. Sie versuchten es zu schmelzen. Die konzentrierte Energie von vier Phasern verursachte zwar unter dem Netz eine brodelnde Pfütze aus glühendheißem Gestein, aber das Material selbst widerstand. Spock rief sie zurück; im Transporterraum trafen sie die beiden anderen. Leutnant Sydny war eine junge dunkelhaarige Frau von atemberaubender Schönheit, die sich nur widerstrebend in einen Raumanzug zwängte und die, bevor sie den Helm aufsetzte, Sulu einen Blick zuwarf, der ihn verlegen machte. »Ich glaube nicht, daß wir irgendwelche Klingonen an Bord finden.« »Äh, nein, nein«, sagte Sulu und starrte zu Boden. »Die, äh, Umgebungstemperatur, wissen Sie…« »Das Schiff ist zu kalt.«
»Ja, äh, genau.« »Trotzdem wird es interessant sein.« »Alles klar«, sagte Scotty, der an der Kontrollenkonsole stand. »Sie ist zurückgekommen.« Um denselben Fehler nicht ein zweites Mal zu machen, hatten sie eine Sonde in das Klingonenschiff gesandt und zurückgeholt. Offenbar übte das Netz auf den Transporter nicht den gleichen Blockierungseffekt aus wie die konvexe Oberfläche darunter. Innerhalb des Schiffes war das Deck von einer zentimeterdicken bläulichen Frostschicht bedeckt: gefrorene Luft. Als sie sich ihren Weg durch einen dunklen Korridor bahnten, wirbelten Dampfwolken auf, die durch die Hitze ihrer Stiefelsohlen entstanden. Zweimal standen sie vor verriegelten Türen; Sulu und Jakobs brannten sie problemlos auf. Die zweite führte zum Kontrollraum. Ein Klingone hatte offensichtlich bis zum schrecklichen Ende überlebt. Er trug einen ähnlichen Raumanzug wie sie. Kurz vor seinem Tod hatte er den Helm abgenommen. Sein Mund und seine Augen waren voller Eis und seine Haut gefrorenes Leder. Der Anblick der restlichen Mitglieder, elf an der Zahl, war noch weniger erbaulich; es sah so aus, als hätten sie zusammen Selbstmord begangen, und durch die Kälte waren sie in einem fortgeschrittenen Verwesungszustand konserviert geblieben. »Leutnant Sydny«, ließ sich Sulu vernehmen. Sie antwortete nicht sofort. »Ja, Mr. Sulu.« »Können Sie die Kontrollen soweit enträtseln, daß Sie das Logbuch finden?« »Ich weiß nicht.« Sie bewegte sich langsam an dem starr vor sich hinblickenden Klingonen vorbei und ließ ihr Anzuglicht über die Schaltkonsole gleiten. »Die Buchstaben sind eigenartig, aber die Sprache scheint dem modernen Klingonisch weitestgehend zu entsprechen. Es
ist kein eigentliches Logbuch, aber der Computer hat einen Eingangsmodus, der, wörtlich übersetzt, soviel wie ›Lektionen‹ oder ›belehrende Strafe‹ bedeutet. Ich weiß aber nicht, wie man das Leitungsnetz zurückverfolgen kann, um den Speicher abzutrennen.« »Das könnte ich vielleicht bewerkstelligen«, sagte Fähnrich Masters, der Experte für antike Raumschiffe, den Scott empfohlen hatte. »Würden Sie mich mal ranlassen?« »Nur zu«, sagte Sulu. Ihre vorsichtige Arbeit mit einem Mikrophaser nahm fast eine Stunde in Anspruch. Während dieser Zeit durchsuchten Sydny und die drei Männer vom Sicherheitsdienst den Rest des Schiffes, machten Fotos und nahmen Messungen vor, die sie an das Sternenflottenkommando weiterleiten würden. Obwohl die Größe des Schlafraums auf die normale Besatzung von einhundertdreizehn Mann schließen ließ, fanden sie keine weiteren klingonischen Leichen. Sie beamten zurück und überließen die »Lektionen« dem Computer der Enterprise. AUSZUG AUS DEM KLINGONISCHEN LOGBUCH (Anmerkung: Einige Daten durch Austreten des Magnetfeldes gelöscht. Zeitangaben sind nicht erhalten geblieben, aber die folgenden Auszüge stehen in chronologischer Abfolge, wenn man davon ausgeht, daß das klingonische System von der Basis des Kristalls bis zu seinem Scheitelpunkt aufzeichnete. Plötzlich ist unsere Lage verzweifelt. Es gelang keinem der Soldaten, aus dem Inneren des Planetoiden zu uns Verbindung aufzunehmen, und Versuche, sie zurückzurufen, endeten lediglich in der Überhitzung des Transporterkristalls. In dieser Notlage haben wir uns soweit erniedrigt, mit (den Würmern) Kontakt zu suchen. Sie antworteten auf keinem
Kanal. Wir haben nochmals fünfzig Soldaten hinuntergeschickt. (Nächster Tag) Klägliches Scheitern! Ich habe an dem Altar zwei Finger geopfert und kann dennoch keinen Frieden finden. Mein Unterkapitän hat seinen Kopf angeboten, der gute Soldat. Ich kann nicht ertragen, das aufzuzeichnen. (Viel später) Nur wir Priester sind noch übrig. Es wird kälter. Mit der Aufzeichnung unseres Scheiterns riskiere ich Blasphemie. Fluch über die verderbte Seele jedes hündischen Fremden, der dies sieht, und (bittere) Erlösung für zukünftige Brüder, die daraus lernen. Um diese Tat zu reinigen, fordere ich nunmehr die Köpfe aller überlebenden Priester. Es ist vollbracht. Ich bleibe am Leben, um sie verfaulen zu sehen, meine selbstauferlegte, schreckliche Buße. Die Fakten wie folgt: Wegen des heidnischen Magnetfelds war es uns nicht möglich, mit dem Vaterschiff Kontakt aufzunehmen. Über einen Zeitraum von (mehreren Tagen) sandten wir beide Soldatenkompanien in den Planetoiden. Erst dann unterzog sich der Captain der Peinlichkeit, um Verstärkung zu bitten. Beim Versuch, uns von dem Planeten zu lösen, um das Vaterschiff zu rufen, fanden wir heraus, daß wir in einem Mantel aus offenbar unzerstörbarem Material gefangen waren. Ein Ausbruchsversuch endete mit der Deformation und fast völligen Zerstörung unseres Schiffes. Die Heiden zogen uns (wie Fische im Netz) herein; das Netz entzog unserem Schiff auf irgendeine Weise Energie. Als wir die Oberfläche des Planetoiden berührten, versuchten wir, das Schiff zu verlassen, um im Kampf zu sterben, aber es gab nicht mehr genügend Energie, um uns zu transportieren. Ebenso
erfolglos versuchte der Captain, durch Antriebsüberladung das Schiff zu sprengen. Es geschah nichts. Der Captain und die restliche Besatzung, mit Ausnahme der Priester, beförderten sich in den Raum. Wir blieben zurück, um den schrecklichen Schmerz der Niederlage zu schmecken. Als (die Würmer) unserm Schiff die Hitze entzogen, haben wir uns alle in den Kontrollraum begeben. Hier sollte es warm genug bleiben, so daß die Köpfe meiner Brüder verwesen können, so wie es geschehen muß. Sollten künftige Brüder jemals diese Aufzeichnung finden, so hört auf mich! Diese Welt ist ein Fluch! Versucht nicht, sie zu erobern – zerstört sie! Verwandelt alles, was von uns übrig ist, zu Asche. Schickt uns nach Hause. Schickt uns in die Hölle. »Ein bemerkenswertes Dokument«, sagte Spock. »Sie scheinen sich im Lauf der Jahrhunderte nicht viel verändert zu haben.« »Ich frage mich, wie weit sie vom Planetoiden entfernt waren, als sie eingefangen wurden«, grübelte Chekov. Spock nickte. »Ein wichtiger Punkt. Wir sollten auf größtmöglicher Distanz bleiben, ohne den Kontakt mit dem Konfrontationstrupp zu verlieren.« »Ich bin mir unter diesen Bedingungen über die Reichweite des Transporters nicht sicher«, sagte Uhura, »aber bestimmt sind die Neutrinokommunikatoren durch die umgekehrt quadratische Abschwächung und das schwache Interaktionsgeräusch eingeschränkt. Vielleicht beträgt sie tausend Kilometer, wahrscheinlich aber weniger.« »Wie groß ist der momentane Abstand, Mr. Sulu?« »Zwischen den Massezentren 231,59 Kilometer; vom Transporter zur durchschnittlichen Oberfläche 122,99 Kilometer.«
»Bringen Sie uns auf einen Massezentrumsabstand von siebenhundert.« »Jawohl, Sir.« Seine Finger tanzten über die Konsole. Er zögerte, runzelte die Stirn und drückte mehrere Male auf denselben Knopf. Dann resignierte er. »Sie haben uns, Sir.«
5
Kirk und seine Männer waren kurz nach der Entdeckung des klingonischen Wracks aufgewacht und hatten, bis der Dolmetscher zurückkam, ungefähr eine Stunde lang bei der Erforschung mitgehört. Der Dolmetscher, der sich W’Chaal nannte, war in der Nacht zuvor, als sie Fragen und Antworten austauschten, freundlicher geworden. Zwar glaubte er ihre ungeheuerliche Geschichte nicht, gab aber zu, daß es sich um eine echte Wahnvorstellung handeln könnte. Als sie jedoch anfingen, ihm von einem Schiff zu erzählen, das »draußen« Schiffbruch erlitten hätte, war seine Antwort höflich, aber nachdrücklich: »Ich bitte Sie! Um die Beweisführung zu erleichtern, habe ich akzeptiert, daß schwarz weiß ist. Jetzt wollen Sie mich glauben machen, daß heiß kalt ist. Was kommt dann? Daß niedrig hoch ist? Oder Ven gleich Lan?« »Ich glaube, Sie haben recht«, sagte Kirk lachend. »Moore, würden Sie bitte bei der Wahnvorstellung bleiben, damit der Kontakt erhalten bleibt?« »Gut, Sir.« »Wann treffen wir diesen Zauberer?« fragte McCoy W’Chaal. »Er ist gerade im unteren Stockwerk. Es sind einige Formalitäten zu erledigen, und vielleicht hat er noch geschäftlich zu tun.« »Worauf sollen wir uns einstellen?« sagte Kirk. »Kennen Sie diesen speziellen Zauberer?« »Ich habe mit ihm gesprochen. Er ist so ziemlich wie alle anderen Zauberer.« Als Kirk nichts sagte, fuhr W’Chaal fort:
»Reserviert, kalt, überlegen. Er ist sich seiner Macht sehr bewußt.« »Zumindest ist seine Macht über uns beträchtlich«, sagte Wilson. »Er könnte veranlassen, uns zu töten.« »Ja, Sie nach Unten zu schicken. Der wahre Tod. Tot, ohne ersetzt zu werden.« Er zögerte, vielleicht weil er meinte, sich zu sehr mit ihnen zu verbünden, und fügte dann hastig hinzu: »Aber Sie haben ganz sicher nichts zu befürchten. Schließlich muß er alles über Sie wissen.« »Da wäre ich nicht so sicher«, sagte McCoy. »Letzte Nacht«, sagte Larousse, »haben Sie uns erzählt – « »Moment mal«, sagte Moore, der den Kommunikator ans Ohr hielt. »Da gibt’s Ärger.« Alle blickten ihn an, als plötzlich der Zauberer durch die Tür trat. »Aufstehen, Dummköpfe«, sagte der Zauberer. Er war einen Kopf größer als Kirk und unterschied sich so stark von W’Chaal, daß man meinen konnte, er gehörte einer völlig anderen Spezies an. Unter stachligen Stoppeln schwarzer Behaarung traten Muskeln und Venen hervor, seine Flügel waren aus glänzend schwarzem Leder. Der Kopf war zwar groß und menschlicher, aber aus dem zu breiten Mund grinsten riesige Fangzähne. So etwa mußte sich ein mittelalterlicher Künstler Satan vorgestellt haben. »Mein Gott«, sagte Larousse, der aufgestanden war. »Er hat uns auf klingonisch angesprochen!« Die Enterprise hatte auf Notenergiebetrieb geschaltet, wobei das normale Licht durch dunkelrotes Sicherheitslicht ersetzt wurde. Der Turbolift bewegte sich langsam, und seine Türen mußten von Hand geöffnet werden. Spock schob die Türen auseinander und betrat den Maschinenraum. Er blinzelte in die Dunkelheit. »Mr. Scott? Geben Sie mir doch bitte ein Zeichen.«
»Hier drüben, Sir.« Die normale Schiffsbeleuchtung war für vulkanische Augen sehr dunkel; Spock war jetzt so gut wie blind. Er schaltete eine Taschenlampe an, deren Strahl auf den Chefingenieur fiel. Glak Sôn stand neben Spock. »Irgendeine Veränderung?« »Nein, Sir. Was immer es auch sein mag, das uns Energie entzieht, es tut es mit der Geschwindigkeit von Sol Neun.« »Und je mehr Energie wir einsetzen, desto höher wird die Geschwindigkeit?« »Ganz richtig.« Er wandte sich an Glak Sôn. »Sagen Sie Mr. Scott, was Sie berechnet haben.« »Bei der gegenwärtigen Geschwindigkeit werden die Lebenserhaltungssysteme noch achtzehn Tage und fünf Stunden, sieben Minuten normal arbeiten.« Die Anwesenheit des kleinen, haarigen Außerirdischen war äußerst nützlich, wenn der Computer ausgeschaltet war. »Sollten wir jedoch alle in das Innere des Planetoiden transportieren müssen, so müssen wir das innerhalb von vier Tagen und neun Stunden, achtzehn Minuten schaffen.« »Und das wäre lediglich ein Notbehelf«, sagte Spock. »Am Ende müßten wir noch ihre Nahrung essen. Dr. McCoy hat herausgefunden, daß sie Arsen enthält.« »Ich mag Arsen«, sagte Glak Sôn. Spock fuhr fort: »Wir sollten die Besatzung mit allem notwendigen Versorgungsmaterial auf die kleinstmögliche Fläche konzentrieren und die Lebenserhaltungssysteme für den Rest des Schiffs ausschalten.« »Aye«, sagte Scott. »Wir können den tragbaren Transporter hier aufbauen und die Transporterräume schließen.« »Sehr gut.« Spock zögerte und sprach dann mehr oder weniger zu sich selbst: »Wir können die Behelfsbrücke auf diesem Deck besetzen und alles oberhalb von Deck sechs abschalten. Das Lazarett bauen wir im Freizeitareal auf und
konzentrieren die Besatzung auf den Decks achtzehn bis zwanzig. Kann man das Schiff rotieren lassen?« »Rotieren lassen, Sir?« In Spocks Stimme war jetzt ein Anflug von Wut. »Damit wir, falls wir auf der Oberfläche des Planetoiden zum Stillstand kommen, seine Rotation ausnutzen und die künstliche Gravitation ausschalten können.« »Ja, Mr. Spock, ich glaube, das geht.« Scottys Akzent war fast verschwunden. »Veranlassen Sie alles. Informieren Sie Leutnant Uhura.« Scotty ging zur Kontrollenkonsole. »Können Sie eine neue Berechnung erstellen, Glak Sôn?« »Ich müßte den genauen Energieverbrauch des Gravitationsgenerators nachsehen«, sagte dieser. »Aber es müßte ungefähr beide Zeiträume verdoppeln. Ungefähr dreißig Tage oder, falls wir in den Planetoiden hineintransportieren, sechzehn.« »Sehr gut. Bis dahin müßte Hilfe da sein.« Sobald sie merkten, daß sie in der Falle saßen, hatte Uhura einen Notruf losgeschickt. Die statische Aufladung des Magnetfeldes verhinderte, daß sie eine Antwort erhielten. Sie könnte auch den Notruf verstümmelt haben. Aber niemand sprach über diese Möglichkeit.
Spock: Das alles ist äußerst unangenehm. Daß ein derartiger Notfall unter meinem Kommando passieren konnte! Ich hatte keine Vorsichtsmaßnahmen außer acht gelassen. Es gab keinerlei Daten, bis wir von dem Klingonenschiff erfuhren.
Hypothese: Hätte ich unmittelbar nach der Entdeckung des Wracks eine Trennung von dem Planetoiden in die Wege geleitet, wären wir dann der Gefangenschaft entgangen? Inadäquate Daten, natürlich. Wir hätten gleich nach der Annäherung an den Planetoiden eingefangen werden können. Andererseits ist es möglich, daß die Erforschung des Wracks irgendeine Abwehrautomatik in Bewegung gesetzt hat. Der Konjunktiv ist kein Ersatz für Logik. Wir müssen das Problem als einen gegebenen Zustand betrachten und uns nicht um seine Ursache kümmern, bis wir nicht mehr Informationen haben. Und dann die Ursache lediglich als einen möglichen Lösungsweg erforschen – nicht als ein Mittel, Kritik zu üben oder zurückzuweisen! Das ist ein rein menschlicher Impuls und hieße nur, Energie zu vergeuden. Energie: Zumindest die Dilitiumkristalle sind nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Was immer der Planetoid uns auch antun mag, der Netzeffekt bewirkt jedenfalls eine symmetrische Ableitung der Materie und Antimaterie in unserem Treibstoffvorrat. Je mehr Energie wir einsetzen, desto schneller wird abgeleitet. Daher gilt: Im Moment ist der einzig gangbare Weg, die letzten beiden Stellen der Gleichung auf ein Minimum zu reduzieren, nämlich die Ausgangsleistung und den Strahlungstransfer. Sulu und vielen anderen Besatzungsmitgliedern muß diese Idee auch durch den Kopf gegangen sein. Schlug den Versuch vor, den Planetoiden mit konzentriertem Phaserfeuer zu durchbohren. Obwohl ich selbst dies zu einem früheren Zeitpunkt auch vorgeschlagen hatte (wenn auch nur, um den Konfrontationstrupp zurückbeamen zu können), glaube ich, daß dieses Vorgehen gegenwärtig falsch wäre. Die Energieableitung entspräche vielen Tagen der Lebenserhaltung, außerdem gibt es die Möglichkeit, daß die Phaserbatterien die mysteriöse Metallschale nicht
durchdringen können. Offenbar stellt diese einen fast perfekten Hitzeleiter dar. Hinzu kommt, daß wir, selbst wenn der Notruf durchgekommen ist, für einige Tage der Gnade der Chatalianer ausgeliefert sein werden. Ist er nicht durchgekommen, kann es Monate dauern, bis uns die Föderation findet (in diesem Fall müßten wir einen Weg finden, die Nahrung der Chatalianer dem Stoffwechsel der Besatzung anzupassen; ansonsten würde lediglich Glak Sôn überleben und gerettet werden). Deshalb dürfen wir sie uns nicht zum Feind machen. Ihre Erfahrung mit den Klingonen kann nicht angenehm gewesen sein; wir tragen die Last, zu beweisen, daß wir pazifistisch gesinnt sind. »Ich kenne einige Worte in Ihrer Sprache«, fuhr der Zauberer fort. Larousse hatte vor zwanzig Jahren ein Semester lang Klingonisch studiert. »Nicht sein… Sprache von uns. Menschen nicht klingonisch. Benutzen Übersetzer.« Auf klingonisch gab es kein Wort für »bitte«. »Was zum Teufel ist hier eigentlich los?« fragte McCoy. Der Zauberer wechselte mit W’Chaal einen Blick und hob die Flügel. »Nein! Den Übersetzungsapparat!« Und zu W’Chaal: »Geben Sie ihm den Übersetzer.« »Das ist Blasphemie. Außerdem spricht er Ihre Sprache«, weigerte sich dieser. »Es ist nicht unsere Sprache.« »Das Schiff«, sagte Kirk. »Die Klingonen müssen hier hereingekommen sein.« »Ruhe«, sagte der Zauberer, aber niemand verstand ihn. Larousse trat vor und entriß W’Chaal den Übersetzer. »Hören Sie – «
Der Zauberer schrie »Wache!« (in der Sprache der Verhaltensvollstrecker), und einer von ihnen trat in den Türeingang. Er feuerte seine Schleuder ab. Larousse hob instinktiv den Arm, um das Geschoß abzuwehren, und wurde am rechten Unterarm getroffen. »Au!« Larousse schüttelte den Arm, und der Pfeil fiel zu Boden – keine besonders eindrucksvolle Waffe. Moore blickte Kirk an, weil er einen Befehl erwartete. Dieser schüttelte den Kopf. »Noch nicht«, flüsterte er. »Würden Sie mir jetzt wenigstens eine Sekunde lang zuhören?« sagte Larousse wütend. »Sie sprechen die Sprache unserer Feinde. Unserer Feinde! Wir sind Menschen, keine Klingonen.« Die Arme über dem breiten Brustkasten verschränkt, sah ihn der Zauberer teilnahmslos an. Er sagte nichts. »Wovon sprechen Sie eigentlich?« mischte sich W’Chaal mit wehleidiger Stimme ein. Der Zauberer blickte langsam in seine Richtung. Larousse holte tief Luft. »Nach dem, was wir bisher herausfinden konnten, hat vor vielen Generationen ein klingonisches Schiff mit Ihnen Kontakt aufgenommen, so wie –« »Ruhe!« Der Zauberer wandte sich an W’Chaal. »Mußtest du dir dieses Zeug anhören?« »Ja, Meister. Sie haben viele merkwürdige Wahnvorstellungen.« Er überlegte einen Moment. »Wir sprechen uns später. Es kann sein, daß du wiedergeboren werden mußt.« »Ihr Wille geschehe, Meister.« »Um der Wahrheit willen sterben…«, sagte McCoy. »Sie müßten eigentlich gut mit den Klingonen auskommen.«
»Wache«, sagte der Zauberer, »der eine in der Mitte.« Der Pfeil traf McCoy in den Bauch; er fluchte und zog ihn heraus. »Okay, ich werde den Mund halten.« »Nein, wir waren über die Anwesenheit von euch Teufeln nicht erfreut, als ihr das letzte Mal kamt. Ihr habt Tausende ohne zu zögern getötet. Die Erinnerung an euren Angriff hat die gesamte Welt in Unordnung gebracht, weil man fürchtete, daß ihr wiederkommen würdet. Erst nach vielen Generationen war diese Erinnerung aus dem Gedächtnis der Ven und Lan gelöscht.« »Wir sind keine Klingonen – wirklich!« beschwor Larousse ihn. »Wenn Sie einen sehen könnten, dann wüßten Sie, wie sehr wir uns von ihnen unterscheiden.« »Ich habe mehr als zwanzig Klingonen gesehen. Die Ela haben die Erinnerung an sie nicht verloren. Sie sind Klingonen.« Pille ordnete seinen Umhang, nachdem er die kleine Stichwunde untersucht hatte. »Verstehen Sie denn nicht, Larousse, aus ihrer Perspektive sehen wir identisch aus. Wie zwei verschiedene Arten von derselben Rasse. Zauberer, haben Sie Mediziner, Wissenschaftler?« »Es ist Ihnen nicht gestattet, Fragen an mich zu richten.« »Und Sie, W’Chaal?« Der Dolmetscher blickte den Zauberer an, der ihm aber keinerlei Zeichen gab. »Unter den Zauberern gibt es welche, die die Kunst der Lebenserhaltung beherrschen. Sowohl Wen als auch Lan haben Familien, die sich neben ihrer Hauptbeschäftigung als Barbiere und Masseure der Heilkunde widmen.« Der Bordarzt straffte sich zusehends, als er das hörte. »Nun… der Zauberer muß ja nicht zuhören, aber es dürfte ihn vielleicht interessieren. Es gibt zwischen Menschen und Klingonen grundlegende physiologische und anatomische Unterschiede.
Sicherlich hat schon jemand Ihrer Heilkundigen wenigstens einen Klingonen untersucht.« »Gewiß«, sagte der Zauberer. »Sie haben zwei Lebern.« »Haben das nicht alle?« sagte W’Chaal. »Menschen haben nur eine. Außerdem – « »Wir werden Ihre Lebern noch früh genug zählen«, sagte der Zauberer. »Was Ihre Physiologie angeht, so haben Sie soeben bewiesen, daß Sie Klingonen sind. Sonst hätte der Pfeil ein Koma ausgelöst. Zwei wären tödlich. Wache!« Der Mann trat vor und zielte. »Verpaß dem in der Mitte eine zweite Ladung.« Der Pfeil flog auf McCoys Gesicht zu und bohrte sich in seine Handfläche, die er abwehrend erhoben hatte. McCoy grunzte und zog ihn heraus. »Deshalb konnten Sie so viele Leben auslöschen. Ihre Langstreckenwaffen haben eine Wirkung, die unseren jedoch nicht.« »Haben Sie denn nicht bemerkt«, sagte Kirk, »daß wir Ihnen unsere Waffen freiwillig überlassen haben?« »Ich sagte, Sie sollen keine Fragen an mich richten!« Der Zauberer deutete auf Pille. »Schluß damit. Was machen Sie da?« Pille hatte den Trikorder eingeschaltet und hielt die Pfeilspitze über die Sensoren. »Ich versuche herauszufinden, um welches Gift es sich handelt und ob wir eine medizinische Behandlung brauchen.« Er lächelte. »Natriumchlorid, Kochsalz. Kein Wunder, daß sie den Klingonen nichts anhaben konnten oder uns.« »Bleiben Sie stehen, wenn ich mit Ihnen spreche.« Pille stand langsam auf. »Sie sind es, die dafür dankbar sein sollten, die Waffen abgegeben zu haben. Andernfalls hätte ich Sie in dieser Zelle
töten lassen. Die Information, die ich von Ihnen bekommen habe, ist niemandes Schmerz oder frühen Tod wert.« »Im Gegenteil«, sagte Kirk, »wenn Sie nur eine Minute zu-« »Ich könnte Sie knebeln lassen. Sprechen Sie nur, wenn Sie gefragt werden. Sind Sie der Anführer?« »Ja.« »Sagen Sie die Wahrheit! Wie viele werden kommen?« »Das hängt ganz von Ihnen ab. Im Augenblick sind wir nur fünf. Wenn Sie uns in Gefahr bringen, kommen mehr.« »Sie glauben nicht, daß Sie in Gefahr sind?« »In keiner, mit der wir nicht fertig würden. Auf friedliche Weise.« Der Zauberer schwieg einen Moment. »Sie benehmen sich wirklich anders. Vorher kamen Sie einfach, um zu töten. Und die meisten der Gefangenen haben niemals gesprochen.« »Sie sehen also, daß wir nicht so sind wie sie. Wir sind keine Klingonen.« »Ich halte das eher für einen Trick. Dieses Mal wird es sowieso anders. Wir haben noch Ihre Waffen von damals und erforschen gerade diejenigen, die Sie diesmal dabeihatten.« »Das dürfen Sie nicht zulassen«, sagte Kirk eilig. »Wie wir schon W’Chaal gesagt haben, sie sind sehr gefährlich. Stellt man sie falsch ein, können sie mit großer Gewalt explodieren.« »Ein schlechter Trick. Wir haben die besten Handwerker bestellt, um – « Wie auf Kommando erfolgte irgendwo unter ihnen eine gewaltige Explosion. Putz bröckelte von der Decke. Der Zauberer zeigte keinerlei Reaktion. »Wächter, tötet sie alle – bis auf den Anführer!« Spock tat mehrere Dinge gleichzeitig, eine ihm angemessene Beschäftigung. Der Zauberer war gerade unten in der Zelle aufgetaucht, und Spock hörte die Unterhaltung über Moores Kommunikator mit. Zur gleichen Zeit koordinierte er den
Transfer der Kommandoanlagen und des Kommandopersonals auf die Behelfsbrücke und beförderte das gesamte restliche Personal mit dem notwendigen Versorgungsmaterial zu den unteren Decks, die das Freizeitareal umgaben. Deck acht wurde ebenfalls offen gelassen, einerseits wegen des großen Ersatztransporters, zum anderen wegen der Fauna und Flora in dem kleinen Park, aus dem das Freizeitareal bestand. Die Behelfsbrücke war überfüllt. Fünf Leute vom Sicherheitsdienst saßen auf dem Deck um den Transporter herum. Sulu, Chekov und Uhura befanden sich auf ihren Stationen; ein Fähnrich vom Maschinenraum hatte sich im Kommandosessel niedergelassen, um die Systeme durchzuchecken. Spock stand in der Mitte. »Leutnant Gary«, sagte er zu dem Sicherheitsoffizier, »ich glaube, es wäre besser, wenn Sie sich mit Ihren Männern beim Transporter auf Deck acht postierten. Auf diese Weise müßten Sie nicht einen nach dem anderen hinunterbeamen, falls Schwierigkeiten auftauchen.« »Aye, Sir.« Die Männer standen auf und streckten sich. »Ich werde jemanden abkommandieren, der uns hinunterbeamt.« »Auf meinen Befehl.« »Selbstverständlich, Sir.« Mit einem gedämpften Rasseln ihrer Waffen marschierten sie hinaus. Plötzlich schien der Raum größer. »Mr. Spock«, sagte der Ingenieur, »hier gibt es eine Redundanz, die wir elimieren könnten – « Selbst durch den winzigen Lautsprecher des Kommunikators war das Geräusch der Explosion deutlich vernehmbar. Spock stieg auf die Transporterplattform. »Energie.« Spock materialisierte so nahe beim Zauberer, daß er ihn hätte berühren können, was er schließlich auch tat: nüchtern, kunstgerecht, mit einem harten Schlag aufs Kinn. Der Chatalia
fiel in den Türeingang zurück und stieß dabei einen der Wächter um, wobei er um ein Haar dessen Speerspitze verfehlte. Spock zog seinen Phaser und betäubte vier Wachen. Dann trat er in den Korridor, wich einem Speer aus und betäubte nochmals zehn. Als er wieder zurückkam, fragte er: »Sind Sie in Ordnung, Captain?« »Soweit ja. Wir sollten hier verschwinden.« »Einverstanden. Das ist also W’Chaal?« »Ja.« Der Dolmetscher war in die hinterste Ecke geflüchtet und schien durch die Wand treten zu wollen, so sehr preßte er sich dagegen. »Wir müssen Sie bitten, mit uns zu kommen.« An Kirk gewandt: »Als Geisel.« »Wir sollten auch den Zauberer mitnehmen. Können Sie ihn tragen?« Spock hievte den Außerirdischen hoch und legte ihn sich über eine Schulter. »Wohin?« Sie stürmten den Korridor entlang, Richtung Aufzug. Aber die Tür war verschlossen, und es gab keine Ruftaste. »Irgendwo müssen die Treppen sein«, sagte McCoy. Er lief auf eine offene Tür zu seiner Rechten zu, stoppte plötzlich scharf und prallte zurück. »Mein Gott.« Wesen mit Flügeln benötigen keine Treppen, also ging es geradewegs hundert Meter in die Tiefe. Nur eine dünne Strickleiter hing in einem beängstigenden Abstand von zwei Metern vom Rand entfernt in der Mitte herunter. Sie blickten vorsichtig hinunter. »Ich muß als letzter gehen«, sagte Spock. »Mit dem Zauberer bin ich mit Abstand der schwerste von allen. Die Seile könnten reißen.« Fünf Phaser materialisierten zu ihren Füßen. Während sie sich bewaffneten, sagte Larousse: »Moment! W’Chaal, wie ruft man den Aufzug?«
Der Chatalia legte den Kopf auf eine Seite. »Aufzug.« »Nein, nicht, wie Sie ihn nennen, wie Sie ihn rufen!« »Aufzüge haben keine Ohren.« »Hören Sie. Wenn Sie mit dem Aufzug hinunterfahren wollen, was tun Sie, damit er kommt?« »Niemand fährt mit dem Aufzug hinunter. Nur hinauf.« »Was ist, wenn Sie etwas Schweres tragen? Lassen Sie es einfach hinunterfallen?« »Natürlich nicht. Man läßt es beim Aufzug liegen, gleitet hinunter und fährt wieder hoch.« »Es ist einen Versuch wert«, sagte Wilson. »Geronimo.« Er sprang in den gähnenden Abgrund und packte die Leiter. Sie fing heftig zu schwingen an. Anstatt Schritt für Schritt hinabzusteigen, führte er die beiden Seitenstricke zusammen und begann, vorsichtig hinabzurutschen. »Ich versuche den Aufzug zu holen«, rief er zurück. Während sie Wilson beim Abstieg zusahen, rief Spock die Enterprise und bat darum, ihm zwei zwei Meter lange Seile herunterzubeamen. »Es tut mir leid, Ihnen Unannehmlichkeiten zu bereiten«, sagte er grimmig zu W’Chaal, »aber wir müssen Sie davon abhalten, wegzufliegen.« »Ich verstehe«, sagte er. »Aber ich kann gar nicht richtig fliegen. Nur sanft fallen. Er kann fliegen.« »Interessant.« Der Zauberer war für seine Körpergröße leicht und über und über mit Muskeln bepackt. Seine Flügel schienen mindestens die doppelte Spannweite wie die des kleineren Außerirdischen zu besitzen. »Im Moment muß ich Sie aber darum bitten, meinen Anordnungen Folge zu leisten.« Die Seile erschienen, und Spock fesselte beide Chatalia. Während er sich um den bewußtlosen Zauberer kümmerte, hörten sie schwach tumultartige Geräusche aus dem Schacht.
Moore machte sich fertig zu springen. »Nein, warten Sie«, sagte Kirk. »Wilson kommt vielleicht allein zurecht. Wenn er… wenn sie ihn überwältigen, werden sie auf den nächsten vorbereitet sein.« »Wenn wir hierbleiben, sind wir so gut wie unverwundbar«, fügte Spock hinzu. »Falls sie nicht diese klingonischen Waffen herbringen«, sagte Moore. »Die Waffen sind Jahrhunderte alt. Wenn sie in dieser Zeit nicht fachmännisch gewartet wurden, bezweifle ich, daß sie funktionieren.« Eine Minute später öffneten sich die Aufzugstüren. Dahinter stand ein sichtlich mitgenommener Leutnant Wilson. »War es schlimm?« fragte Moore, als sie hineinstiegen. »Der Kampf war leicht; ich hab’ sie einfach betäubt. Aber unten gibt es ein ziemliches Durcheinander.« Der untere Knopf brachte sie auf ein darunterliegendes Stockwerk. W’Chaal sagte, sie müßten den dritten Knopf drücken, um zum Erdgeschoß zu gelangen. Offenbar war der Phaser in der Nähe der Aufzugstür explodiert. Der Boden war von purpurfarbenem Blut verschmiert. Die Wucht der Explosion hatte mehrere Chatalia in Stücke gerissen. W’Chaal fiel in Ohnmacht. »Es wird schwer sein, das zu erklären«, sagte Spock. Moore hob den schlaffen Körper des Dolmetschers hoch und legte ihn sich über die Schultern. »Machen wir, daß wir hier rauskommen!« Er ging auf die Tür zu und schlug gegen den unsichtbaren Widerstand. »Weg da«, sagte Wilson und stellte seinen Phaser auf die höchste Stufe. »Das wird wahrscheinlich nichts bewirken«, sagte Spock. »Nicht, wenn die Tür aus dem gleichen Material ist, das die Enterprise einschließt.«
Und so war es. Die Tür blieb unversehrt. »Ach, zum Teufel«, murmelte Wilson und zielte auf die Wand. Das Loch, das er hineinsprengte, hätte für einen Elefanten ausgereicht. Die Straße draußen lag verlassen. Einige Chatalia blickten verstohlen aus den oberen Fenstern nahegelegener Gebäude, aber in den Netzen hing niemand. »Moore, geben Sie acht, was über uns passiert«, sagte Wilson. »Wohin gehen wir, Captain?« »Dahin.« Kirk deutete auf die verschwommene Silhouette der Zaubererinsel, die auf halber Höhe im »Himmel« hing. »Ganz schön weit«, sagte Wilson. »Ungefähr einhundertneunundsechzig Kilometer«, sagte Spock. »Wenigstens brauchen wir keinen Kompaß«, meinte Moore. Er sollte nur zur Hälfte recht behalten. Es war nicht schwer, durch die Stadt zu kommen, da die Straßen schachbrettartig angelegt waren. W’Chaal war aus seiner Ohnmacht erwacht, blieb aber stumm, als sie ihm zu erklären versuchten, wie das Unglück zustande gekommen war. Furchtsam trottete er neben ihnen her. Als der Zauberer zu sich kam, hielt Spock es für das beste, ihn wieder ins Reich der Träume zurückzubefördern – auf den Beinen würde er eine größere Last sein als auf seinen Schultern. Am Stadtrand kamen sie zu einem ruhig dahinfließenden breiten Fluß. Eine Brücke war nicht in Sicht. »Wie überquert man ihn, W’Chaal?« fragte McCoy. Der Chatalia brach sein Schweigen. »Gar nicht. Es ist verboten.« »Aber auf dem Platz haben wir Lan-Chatalia gesehen. Sie müssen doch herübergekommen sein.« »Lan oder Ela ist es nicht verboten.« »Und sie fliegen wahrscheinlich.«
»Das ist richtig.« »Das ist nicht möglich«, sagte Spock. »Die Lan beliefern den Markt mit Nahrung, und nach Ihrer eigenen Aussage bringen sie erwachsene Ven-Chatalia als Ersatz mit. Ihre Flügel wären dazu nicht geeignet.« »Ich habe nicht gesagt, daß sie immer fliegen. Manchmal benutzen sie Boote.« Völlig in die Unterhaltung vertieft, wurden sie fast zum Opfer eines Überraschungsangriffs. Moore wurde von einem Speer in den Rücken getroffen und stürzte zu Boden. Mehrere Speere flogen taumelnd durch die Luft. Offensichtlich waren sie nicht genügend ausbalanciert. Etwa zwanzig Chatalia warfen sich auf sie, doch die Feuerfront aus vier Phasern mähte sie alle nieder. Moore stolperte stöhnend auf die Beine. »Was, zum Teufel, hat mich getroffen?« Pille zog den Umhang an Moores Rücken hoch; es war eine Schnittwunde, ungefähr einen halben Zentimeter tief und drei Zentimeter lang. »Sie haben Glück gehabt. Der Speer hat Sie nur gestreift.« »Ich fühle mich jedenfalls wie ein richtiger Glückspilz.« Der Bordarzt wischte das Blut ab und verschloß die Wunde mit dem anabolischen Protophaser. »Sind sie alle tot?« fragte W’Chaal. »Erst wenn sie irgendein Zauberer erwischt«, sagte McCoy. »Diese Waffen können tödlich sein, aber so, wie wir sie jetzt benutzten, haben sie nur eine einschläfernde Wirkung.« W’Chaal kniete neben einem der Opfer nieder und starrte in sein Gesicht. »Das stimmt.« »Alles, was wir Ihnen erzählt haben, stimmt«, sagte Pille scharf. »Wenn ihr Burschen nur keine so verdammten… Ignoranten wärt – «
»Das reicht, Pille«, sagte Kirk. »W’Chaal, wo befinden sich die Boote der Lan?« »Auf der anderen Seite natürlich.« Ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. »Wenn sie hier sind, und wir wissen, daß einige von ihnen hier sind, wo würden sie ihre Boote lassen?« »Ich weiß nicht. Meine Familie geht das nichts an.« »Das sagen Sie nun schon zum wiederholten Male«, sagte Larousse. »Sind Sie denn, außer auf Sprachen, nie auf etwas neugierig?« »Warum sollte ich? Die Zauberer sind neugierig.« »Und das im Übermaß«, murmelte McCoy. »Ich denke, wir sollten lieber weitergehen, Sir«, unterbrach Wilson das Gespräch. »Früher oder später werden wir schon auf ein Boot stoßen.« »Ich denke… W’Chaal, ist das Wasser vielleicht seicht genug, um hindurchzuwaten?« »Das weiß er bestimmt nicht«, sagte Moore. »Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht gibt es eine seichte Stelle – aber Sie würden bestimmt nicht hindurchwaten wollen. Es gibt Fische und Aale, die beißen.« Sie gingen im Eiltempo los. Nach einer halben Stunde machten sie weiter vorn ein Boot aus; bis sie es erreicht hatten, mußten sie eine weitere halbe Stunde flußaufwärts gehen. Es handelte sich um ein etwa vier Quadratmeter großes Floß, das mit Stangen fortbewegt werden mußte. Sie stießen sich ab und fingen an, den Fluß zu überqueren. Eigentlich war es ein See, der um den Planetoiden herumführte und keine Strömung besaß. Sofort bemerkten sie, warum es gut gewesen war, nicht zu waten. Ein schwarzer Aal, breiter als ein Mensch und länger als das Boot, folgte ihnen auf halbem Weg mit gefletschten Zähnen.
»Das ist äußerst seltsam«, sagte Spock. »Wenn ich für dieses Boot eine geeignete Umwelt schaffen müßte, kämen darin bestimmt keine gefährlichen Raubfische vor.« »Ich weiß nicht«, sagte McCoy, der die Zähne der Kreatur anstarrte. »Bisher scheint es, daß Logik nicht gerade ihre Stärke ist. Vielleicht sind sie nur, um die Bauern vom Durchschwimmen abzuhalten.« »Es könnte auch sein, daß so viele Arten wie möglich erhalten werden sollen. Wie bei der Arche Noah in Ihrer Mythologie.« »Lassen Sie mich für eine Weile übernehmen.« McCoy nahm Moores Stange; Spock löste Wilson ab. Die Männer vom Sicherheitsdienst sackten erschöpft auf die Floßplanken. Sie hatten noch mindestens zwei Kilometer vor sich. »Hier hätte ich gerne die Konzession für einen Motorbootverleih«, sagte Pille und rackerte sich ab. »Ein Segel würde eigentlich schon reichen«, sagte Kirk. »Es scheint eine stete Brise zu herrschen.« Spock stimmte ihm zu. »Das Wasser gibt offenbar ununterbrochen Wärme ab. Falls sie sich nicht dazu entscheiden, ein anderes Wettermodell zu schaffen – « Der Zauberer war zu sich gekommen und sagte etwas. Kirk hob den Übersetzer auf, der zu W’Chaals Füßen lag, und hielt ihn näher an den Zauberer. »Was haben Sie gesagt?« »Wohin bringen Sie uns?« »Nach Hause. Auf die Insel der Zauberer.« »Nein. Sie werden dort nicht lebend hinkommen.« »Sind Sie da nicht ein bißchen zu voreilig?« sagte McCoy. »Ihre Waffen haben uns nicht sonderlich beeindruckt.« Seit sie auf dem Floß waren, hatte W’Chaal nichts gesagt. »Das ist es nicht, was er meint – « »Ruhe!«
»Meister, wenn sie gewarnt werden – « »Ruhe.« »Sie müssen ihm nicht gehorchen, W’Chaal«, sagte Kirk, »jetzt haben wir das Kommando. Würden Sie es zulassen, daß wir aus Unwissenheit sterben?« »Das wäre nur gerecht«, sagte W’Chaal. »Diejenigen, die durch Ihre Waffen getötet wurden, starben auch aus Unwissenheit, zumindest behaupten Sie das.« »Ich sagte bereits – «, fing der Zauberer wieder an. Sogar durch die Übersetzung der Maschine war aus W’Chaals Stimme eine Spur von Trotz zu hören: »Es spielt keine Rolle mehr, Meister. Morgen bei Tagesanbruch werden wir alle tot sein.« »Was, zum Teufel, sagen Sie da?« sagte Pille, der, ohne es zu merken, drohend mit der Stange herumfuchtelte. W’Chaal zuckte zurück. »Wie der Meister sagt: Sie dürfen es nicht wissen. Wir werden alle sterben und neu anfangen.« »Sie vielleicht. Zufällig glaube ich nicht an Wiedergeburt.« »Das ist wahr. Wahrscheinlich werden Sie auch wegen Ihrer Ungläubigkeit nicht ersetzt.« »Sagen Sie mal«, sagte Spock. »Sie wissen also tatsächlich, daß Sie wiederkehren? Sie haben erlebt, wie es passiert ist?« »Natürlich. Viele von meinen Freunden sind ersetzt worden.« »Und sie kommen unverändert zurück?« »Nein, sie fangen ganz von vorn an. Sie kennen ihre Verantwortlichkeiten, was ihre Familie betrifft, haben aber keinerlei Erinnerung an ihr früheres Leben – Sie würden sich doch auch nicht an eine ganze Ewigkeit erinnern wollen, oder?« »Klonen«, murmelte McCoy. »Aller Wahrscheinlichkeit nach… Zauberer, stimmt das? Machen Sie aus dem Fleisch der alten Chatalia neue?«
Der Zauberer ignorierte die Frage. »Sie sind eine andere Klingonenart. Ihre Haut und Ohren sind anders.« »Keiner von uns ist Klingone. Ich bin halb Mensch und halb Vulkanier. Die Menschen kommen vom Planeten Erde; Vulkanier vom Planeten Vulkan; Klingonen aus dem Klingonenreich – es gibt viele verschiedene Welten.« »Geschwätz.« »Ich bin von meiner Veranlagung her unfähig, zu lügen oder Unsinn zu reden. Ihre Vorstellung von der Welt ist falsch, wenn sie sich mit der von W’Chaal deckt. Oder sind Sie sich vielleicht der Tatsache bewußt, daß Sie innerhalb einer kleinen, künstlich erbauten Welt, die sich durch den Weltraum bewegt, leben?« »Man hat mir von eurer Blasphemie erzählt. Sie ist die gleiche wie bei denen, die vorher kamen – ein weiterer Beweis, daß Sie Klingonen sind.« »Woher, wenn nicht von draußen, sollten wir denn Ihrer Meinung nach gekommen sein?« »Aus der Zukunft natürlich. Sie sind Zauberer aus der Zukunft.« Er blickte zu W’Chaal hinüber. »Weil du das gehört hast, wirst du sterben müssen, Kleiner.« W’Chaal zuckte mit den Achseln. »Ich sterbe sowieso heute nacht.« »Wie könnten wir denn jemals Zauberer sein?« fragte McCoy. »Wir gehören einer völlig anderen Spezies an – sogar die chemische Zusammensetzung unseres Körpers ist, was die Grundlagen anbelangt, anders.« »Es ist lästig, wie Sie andauernd Unwissenheit vortäuschen.« »Ich frage mich, ob dieser Aal wieder auftauchen würde, wenn Sie ins Wasser fielen.« »Mit Drohungen werden Sie nichts er-« »Das war keine Drohung, das war Wunschdenken.«
6
Aus dem Logbuch des Captain, Sternzeit 7506.5:
Es meldet Korvettenkapitän Montgomery Scott, der in
Abwesenheit von Captain Kirk und Commander Spock das
Kommando innehat.
Wir haben um 7506.1074 Sternzeit Kontakt mit dem Planetoiden aufgenommen. Mr. Spocks Befehl entsprechend habe ich veranlaßt, die künstliche Gravitation der Enterprise zu deaktivieren, um Energie zu sparen und die Rotation des Planetoiden auszunutzen. Der plötzliche Wechsel auf 0.479 g ließ viele Besatzungsmitglieder erkranken, aber alle hatten sich nach ein paar Stunden wieder erholt. Wir haben dem Konfrontationstrupp zwei Hochleistungsphaser hinuntergebeamt. Beide Geiseln behaupten, daß sie sich alle in Todesgefahr befänden, erklären aber nicht, warum. Mein Vorschlag, Verstärkung vom Sicherheitsdienst hinunterzuschicken, wurde vom Captain abgelehnt. Er und Mr. Spock sind der Meinung, daß der unglückliche Phaser Unfall einen irreparablen Schaden an dem Bild, das sich die Chatalianer von uns machen, angerichtet hat, und wir um jeden Preis Handlungen, die aggressiv erscheinen können, vermeiden müssen. » Um jeden Preis« bedeutet für mich jedoch nicht, daß ich die Lehen von sechs Besatzungsmitgliedern opfere. Im Behelfstransporterraum stehen zweiundzwanzig schwerbewaffnete Männer in Bereitschaft. Das gegenüberliegende Ufer bestand aus ein paar Metern Kiesstrand, der abrupt in dichten Dschungel überging.
W’Chaal weigerte sich, das Floß zu verlassen, leistete aber keinen Widerstand, als Spock ihn hochhob. »Es muß einen Pfad geben«, sagte Kirk. Wilson suchte das ansteigende Ufer mit zusammengekniffenen Augen ab. »Normalerweise müßte es auch eine Art Dock geben.« »Kennen Sie einen Weg, der da hindurchführt, Zauberer?« fragte Spock. »Ja, ich habe ihn überflogen.« »Aber Sie haben keine Lust, ihn uns zu zeigen«, sagte Wilson. Der Zauberer hüllte sich in Schweigen. »Es kann nicht weit sein«, sagte Spock, »da das Floß den kürzesten Weg genommen haben muß. Ich schlage vor, wir teilen uns in zwei Gruppen und suchen in entgegengesetzten Richtungen.« »In Ordnung«, sagte Wilson. »Kommen Sie, Sie…« Er packte den Magier am Arm. Der Zauberer stieß einen gellenden Schrei aus und wand sich aus Wilsons Griff. »Was zum Teufel…« An der Schulter des Wesens sproß eine schlimme Blase in der Form von Wilsons Hand hervor. »Salz!« sagte McCoy. »Das Salz in Ihrem Schweiß.« Wilson sah seine Hand und dann den Zauberer an. »Es… Es tut mir leid. Daran hätte ich denken sollen.« »Sie werden keinen von uns beiden mehr anfassen.« Der Zauberer blickte Spock an. »Warum hat Ihre Berührung den Kleinen nicht verletzt?« »Vulkanier transpirieren nicht. Unsere Körper verfügen über eine effektivere Methode der Wärmeregulierung.« »Ich kenne das erste Verb nicht.« »Das Transpirieren ist etwas, was Menschen und auch einige Tiere tun, um ihre Körpertemperatur zu regulieren. Bestimmte Drüsen scheiden eine Flüssigkeit auf die Oberfläche der Haut
aus; wenn diese Flüssigkeit verdampft, gibt die Haut Wärme ab.« »Ekelhaft.« Der Chatalia drehte sich zu Wilson um. »Ich befehle Ihnen, das sofort zu unterlassen.« Wilson mußte unwillkürlich lachen. »Leider haben die Menschen keine Kontrolle darüber«, sagte Spock. »Es ist eine automatische Reaktion auf eine Zunahme der Körpertemperatur.« »Das ist zwar alles sehr interessant«, sagte Kirk, »aber ich denke, wir sollten uns mit Wichtigerem befassen. Moore, Sie gehen mit Mr. Spock und Dr. McCoy dort entlang. Nehmen Sie den Zauberer mit. Der Rest von uns geht in diese Richtung. Der erste, der einen Pfad findet, erhält Landurlaub.« »Sehr witzig«, meinte McCoy. Sie teilten sich und gingen los. Nach ein paar Minuten fand Spocks Gruppe in dem dichten Gebüsch eine Öffnung. Sie warteten, bis Kirk mit den anderen zu ihnen gestoßen war. Es handelte sich um einen geraden Grasweg, der ungefähr drei Meter breit und wie ein Rasen gepflegt war. In weiter Ferne, wo der Dschungel viereckigen Flächen Ackerlandes wich, schrumpfte er zu einem winzigen Faden zusammen. »Ungefähr dreißig oder vierzig Kilometer«, sagte Kirk und blickte auf seine Uhr. »Wahrscheinlich haben wir nicht mal mehr vier Stunden Licht… Ich frage mich – « »Ich muß etwas sagen«, sagte der Zauberer. »Obwohl ich Ihnen in keinster Weise Glauben schenke, muß ich zugeben, daß die Klingonen unseres Wissens nicht diese… diese Transpiration hatten. Also sind Sie vielleicht doch keine Klingonen.« »Endlich sind Sie – « »Halt den Mund, Pille. Dann wollen Sie also mit uns zusammenarbeiten?«
»Ich habe noch keine Entscheidung getroffen. Mir gefällt der Gedanke, daß es das beste wäre, wenigstens einen von Ihnen zu Forschungszwecken überleben zu lassen. Auf der anderen Seite stellen Sie keine Bedrohung mehr da, wenn Sie tot sind. Ich bin mir nicht sicher…« »Dann beziehen Sie mal folgende Variante in Ihren Denkprozeß mit ein: Falls wir sterben, wird morgen die zwanzigfache Anzahl von uns hier sein, und zwar schwerbewaffnet und rachelüstern.« »Was Sie sagen, zählt natürlich nicht. Meine Unentschlossenheit ist jedoch begründet, und deshalb, denke ich, sollten wir die Nacht überleben.« »Das ist unmöglich«, stöhnte W’Chaal. »Nein, nicht mit Waffen.« »Aber die Geister – « »Es sind eigentlich keine Geister. Du darfst das nicht hören. Geh zum Strand!« Als der Kleine weit genug entfernt war, begann der Zauberer zu erzählen. »Lassen Sie es mir erklären. Wie Sie bereits erraten haben, benutzen wir Leben, um neues Leben zu erschaffen; diese Kunst war schon immer die Funktion meiner Familie. Manchmal werden ›Fehler‹ gemacht. Der Brauch verbietet uns, diese Fehler zu töten. Wir verändern ihre Augen, so daß sie das Tageslicht scheuen, und stecken sie hier in diesen Dschungel.« »Dann ist dieser Dschungel voll von mißgebildeten Chatalia?« »Ich denke, Sie benutzen einen falschen Ausdruck. Es ist uns untersagt, zu urteilen, ob ein Fehler ein minderwertiges Lebewesen nach sich zieht. Der Legende nach ist die Einteilung der Chatalia in drei Klassen das Resultat solcher ›Fehler‹.
Und es betrifft nicht nur die Chatalia im Dschungel. Wir kontrollieren auch Gruppen gewisser großer Tierarten durch… Ihr Ausdruck dafür war ›Klonen‹. Andere wiederum pflanzen sich ohne Hilfe fort, durch Austausch von genetischem Material.« »Sehr sexy, wie Sie das sagen«, meinte Pille. »Ich kenne dieses Wort nicht. Der Aal, der unserem Floß folgte, ist das Resultat beider Fälle: Die Fähigkeit zur natürlichen Fortpflanzung, die wir unterdrückt hatten, tauchte als Folge eines Klonierungsunfalls wieder auf. Es passierte zweimal, vor vielen Generationen; ein Unfall, der außerdem ihre Körpergröße auf das Zwanzigfache ansteigen ließ. Jetzt sind sie ein gefährliches Ärgernis.« »Natürliche Auslese«, sagte Pille und nickte. »Natürliche Auslese.« »Sie rechnen damit, daß wir von diesen ›Fehlern‹ angegriffen werden?« sagte Kirk. »Bestimmt. Alle werden angegriffen – sowohl Chatalia als auch andere. Der Kampf ums Überleben ist im Dschungel sehr hart.« »Captain, ich schlage vor, daß wir die Nacht gleich hier verbringen«, sagte Spock. »Zumindest kann uns hier niemand in den Rücken fallen.« »Nein«, sagte der Zauberer. »Das wäre der sichere Tod. Die Wasserkreaturen versammeln sich an dieser Wegöffnung, weil sie hoffen, daß jemand gezwungen ist, sich dem Ufer zu nähern. Sie können das Wasser kurzzeitig verlassen, um anzugreifen.« »Moment mal«, ließ sich Wilson hören. »Er weiß darüber zuviel. Zauberer, Sie fliegen über den Dschungel. Sie werden niemals von den Dschungelkreaturen belästigt. Woher wissen Sie dann soviel über ihre Angriffsstrategien?«
»In der Abenddämmerung habe ich es oft beobachtet. Viele Ela kommen hierher, wenn es Zeit ist, zu sterben. Sie müssen hier sterben, wenn sie für einen Fehler verantwortlich waren.« »Eine recht extreme Form der Bestrafung«, sagte Spock. Wilson schüttelte den Kopf. »Welche Verteidigungsart empfehlen Sie?« »Wir müssen dem Weg so weit folgen, daß wir vor den schwimmenden Kreaturen sicher sind. Dann töten wir den Kleinen und legen seine Leiche vor uns auf den Pfad, um die Fehler anzulocken. Wenn sie kommen, haben Sie Ihre Waffen, um – « »Warten Sie«, sagte Kirk. »Das geht auf keinen Fall. Wir wollen nicht gegen Ihre Bräuche verstoßen, aber das können wir nicht zulassen. Es wäre Mord.« »Ich verstehe nicht.« »Versuchen Sie nicht, es zu verstehen. Wir können es nicht zulassen.« »Aber er ist bereits tot, und zwar seit dem Zeitpunkt, als ich ihm Dinge sagte, die er nicht wissen darf. So ist wenigstens sein Körper nützlich.« »Warum haben Sie ihn dann weggeschickt?« sagte McCoy. »Was macht es für einen Unterschied, wenn er die Wahrheit über diese Geister erfährt?« »Ich bin nicht grausam. Ich will ihm die Qual einer Neubeurteilung ersparen.« Das Sonnenlicht wurde schnell schwächer, hellte plötzlich auf und wurde wieder schwächer, In der Nacht zuvor war genau das gleiche kurz vor Einbruch der Dunkelheit passiert. »Wir müssen uns beeilen«, sagte der Zauberer und rief W’Chaal. Kirk nahm Kontakt mit der Enterprise auf und veranlaßte, daß man vier weitere Phaser und eine Taschenlampe herunterbeamte.
Sie beeilten sich. Kirk skizzierte seinen einfachen Plan. »Stellt die Waffen auf Betäubung. Wir bilden um die Geiseln einen Kreis. Um wach zu bleiben, drehen wir alle fünfzehn Minuten gegen den Uhrzeigersinn eine Runde. Sollte jemand müde werden, so soll er es sagen – Pille, hast du Muntermacher dabei?« »Mehr als genug. Aber wir sollten die Finger davon lassen; man wird zu leicht schieß wütig davon.« Die Farbe der Sonne hatte von Hellgelb auf Hellrot gewechselt und verwandelte das Grün des Dschungels in eine dunkelgraue Masse vor schwarzem Hintergrund. »Das reicht«, sagte der Zauberer. Sie hielten und formierten sich, während sie das Dickicht nach irgendwelchen Anzeichen von Bewegung absuchten. Die Taschenlampe warf lange, groteske Schatten; Kirk ließ noch eine weitere Lampe herunterbeamen, um das restliche Gelände aufzuhellen. »Vielleicht hält sie das Licht auf Distanz«, sagte Wilson. »Ich weiß nicht«, sagte der Zauberer. »Wir haben das noch nie versucht.« Spock warf Kirk einen vielsagenden Blick zu: Der Außerirdische gab Informationen preis, ohne gefragt worden zu sein. Zehn Minuten lang herrschte vollkommene Stille, während die Sonne sich vollends verdunkelte. Angespannt standen sie im grellen Schein der Lampen. Zitternd tanzten helle Blätter und Ranken in der anhaltenden Brise. »Das wird sie teuer zu stehen kommen«, sagte Moore. »Ja?« »Zum Teufel, ich salze alles, was ich esse. Ich brauche sie nur anzuhauchen, und sie fallen tot um.« »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie mich das erleichtert«, sagte McCoy.
»Moment mal«, sagte Kirk. »Das ist eine Idee – wir lassen uns von der Enterprise – « Plötzlich war die Hölle los. Da sie nicht aufgepaßt hatten, was über ihnen passierte, hätten sie McCoy fast an einen »fehlerhaften« Zauberer von doppelter Körpergröße verloren, der lautlos mit entblößten Fängen herunterschwebte. Der Geiselzauberer stieß einen Warnruf aus; drei Phaser betäubten das Wesen, und es flatterte bewußtlos zur Seite. Noch während es langsam zu Boden trudelte, griffen drei kleinere Chatalia am Boden an. Wilson betäubte einen, der zwei Köpfe, vier Arme und statt Flügel nur Fetzen hatte. McCoy schoß auf einen zweiten, der unbehaart und ein Albino war, und Kirk auf einen mit mehreren Augen. Als der fliegende Zauberer auf den Boden prallte, blieb er an einer der Lampen hängen und deckte sie ab. Sie hörten das Zischen von verbranntem Haar. Moore brach aus der Formation aus, um ihn wegzustoßen, und wurde von einem Ven attackiert, der anstelle des Mundes eine große offene Wunde hatte. Er trat der Kreatur kräftig zwischen die Beine, was einem geschlechtslosen Wesen gegenüber zwar eine fragwürdige Taktik war, aber ausreichte, um Wilson Zeit zu geben, das Wesen zu erledigen. Unglücklicherweise streifte der Strahl aus Wilsons Waffe Moore und lähmte seine linke Seite. Er machte noch einen Schritt, dann fiel er zu Boden. Wilson lief zu ihm, und während er den Dschungel mit Dauerfeuer belegte, stieß er den Zauberer von der Lampe und zog Moore in den Kreis zurück. Es kamen immer mehr: eine fliegende Qualle, die glühende Fäden hinter sich herzog. Ein Ven, der bis auf die Blume, die aus seiner Brust herauswuchs, völlig normal aussah. Ein rollender Ball aus Schuppen und Zähnen. Ein Zauberer ohne Flügel. Ein Elch mit Stacheln und Fangzähnen. Zwei Ela, die durch eine schimmernde Fleischröhre miteinander verbunden
waren. Ein Aal, der sich langsam durch das Gras zog und schon fast tot war, als er sie erreichte. Die Körper stapelten sich übereinander. Der Angriffssturm verebbte etwas, da einige Kreaturen ihre betäubten Genossen in den Wald zogen, um sie bei lebendigem Leibe zu verspeisen. Doch alle paar Minuten kroch irgend etwas über die Körperhaufen, um anzugreifen. Andere Kreaturen erwachten aus der Betäubung und taumelten heran, um von neuem zu stürzen. Moore feuerte liegend, bis seine Betäubung nachließ. Er bat um Erlaubnis, seinen Phaser auf »Töten« einzustellen; sie wurde ihm nicht erteilt. Etwas, das wie eine behaarte Gitarre mit Füßen aussah, gelangte in seine Reichweite, ohne betäubt umzufallen; Moore verpaßte ihm mit dem Phasergriff einen Schlag auf den Kopf. Niemand brauchte McCoys Aufputschmittel. An Bord der Enterprise hatte Scotty die Behelfsbrücke verlassen und saß nervös mit der zweiundzwanzig Mann starken Truppe neben den Transportern, bereit, einzuschreiten. Er hatte Captain Kirk mehrere Vorschläge unterbreitet: Wir beamen einige Männer zur Ablösung hinunter. Wir streuen eine Tonne Salz über das Gebiet. Wir schicken die zweiundzwanzig Männer – oder alle – hinunter und machen aus dem ganzen Dschungel Kleinholz. Während der wenigen Kampfpausen hatte Kirk wieder und wieder mit »Nein«, »Nein«, »Spielen Sie nicht verrückt« geantwortet. Aus dem Kommunikator kamen verstärkte Geräusche von etwas, das schnaubte oder miaute, dann hörte man die Phaser blöken, dann ein Krachen. »Situationsreport«, sagte ein Fähnrich mit einer Stimme, die gleichzeitig lakonisch und gespannt war.
Moore antwortete: »Noch so ein Elchding. Warum laßt ihr Jungs uns nicht in Ruhe? Das hier sind nur Zielübungen.« Scott stieß einen rauhen Seufzer aus. »Woher wollen Sie wissen, daß es nicht noch schlimmer kommt?« Leutnant Gary grunzte zustimmend. »Sie sollten uns wenigstens etwas leistungsstärkere Phaser hinunterbeamen lassen. Das tragbare Disrupterfeld zum Beispiel – dann könnten sie beruhigt Schlafengehen.« »Erste Direktive«, sagte Scotty, der nur mit einem Ohr zuhörte. Das war die geltende Richtlinie, daß Forschungstrupps der Föderation den Effekt fortgeschrittenster Technologie auf primitive Kulturen so gering wie möglich halten mußten. »Jemand sollte denen mal die erste Direktive vorlesen. Wir sind über ihre Technologie verblüfft, nicht umgekehrt.« Scotty starrte in den Raum über den Transportern. Er liebte dieses Schiff, und vor allem liebte er die Maschinen – und hier war ein Vampir, der das Leben aus ihnen heraussaugte. Mit Nachdruck sagte er: »Dafür werden sie bezahlen. Und wenn es das letzte ist, was ich tue: Ich sorge dafür, daß sie dafür bezahlen!«
7
Als die Sonne wieder aufging, standen Kirks Leute und die beiden Außerirdischen erschöpft inmitten eines Kreises aus bewußtlosen Monstern, die sich meterhoch stapelten. Sie sackten zu Boden. »Pille, du kannst jetzt deine Wunderpillen verteilen«, sagte Kirk. »Falls wir nicht noch so eine Nacht erleben wollen, haben wir noch einen langen Weg vor uns.« »Keine Pillen«, sagte McCoy und öffnete seine Tasche. »Streckt eure Arme aus.« »Welche Freude«, stöhnte Moore. »Wenn ihr den Arm völlig ruhig haltet, tut es kein bißchen weh.« »Das höre ich nun schon seit meinem fünften Lebensjahr. Und an das Märchen von der Zahnfee glaube ich auch nicht mehr.« (Die Spritze feuerte eine genau abgestimmte Arzneidosis mittels eines Strahls komprimierter Luft ab. Es tat nicht weh, vorausgesetzt, es gelang einem, bei dem Krach nicht zusammenzuzucken, was aber nur bei wenigen der Fall war.) Captain Kirk tat sein Bestes, stillzuhalten. Moore kam aus gutem Grund als letzter dran. Sie kletterten über die Körperhaufen – es roch nach einer Mischung aus Chemiefabrik und Zoo – und eilten den Weg hinunter. Moore und Wilson blieben in Abständen ein Stück zurück, falls eines der Biester sein Frühstück noch im Hellen einnehmen wollte. Als die »Fehler« jedoch das Bewußtsein wiedererlangten, machten sie sich schnurstracks in Richtung der kühlen Dunkelheit des Dschungels davon, und nur wenige
blieben stehen, um sich an dem einen oder anderen Artgenossen zu vergreifen. »Würden Sie uns vielleicht einen Hinweis geben, wie wir uns hier auf effektivere Art fortbewegen könnten?« fragte Spock den Zauberer. »Außer zu fliegen«, fügte er ohne Sarkasmus hinzu. Sowohl der Zauberer als auch W’Chaal konnten nur mit Mühe Schritt halten; auch McCoy mit seinen Spritzen hatte da nichts ausgerichtet. »Wenn wir das Gebiet der Lan-Chatalia erreichen«, sagte der Zauberer, »könnte ich vielleicht einen Zugkarren finden. Aber ich bezweifle, daß der Kleine und ich es bis dahin schaffen.« »Wir tragen Sie, wenn es nötig ist«, sagte Spock. »Aber je länger Sie ohne Hilfe gehen können, desto eher werden wir außer Gefahr sein.« Sie schafften etwa fünf Kilometer. W’Chaal fiel als erster hin, und der Zauberer brach zusammen, während Moore den Kleinen hochhob. McCoy bot ihnen eine weitere Injektion an, aber sowohl Moore als auch Spock lehnten ab. Die Luft schien stillzustehen, und die Morgenhitze stieg auf. Moore ließ sich leichte Handschuhe herunterbeamen, um seinen Schweiß von W’Chaal fernzuhalten. Als sie sich weitermühten, hörten sie hinter der Laubwand das Geräusch von Schritten. Die, die keinen Chatalia trugen, brachten ihre Phaser in Anschlag. Während der fünf Minuten Pause, die sie stündlich einlegten und auf der McCoy bestanden hatte, trauten sie sich nicht, in den Schatten zu gehen. Diese Unterbrechungen waren nicht besonders erholsam, zumal auch das Rascheln im Dschungel in dem Moment aufhörte, in dem sie sich hinsetzten. Sie spürten die Blicke geduldiger Monsterkreaturen, die nur auf den Einbruch der Dunkelheit warteten.
Als sie sich Stunden später dem Rand des Dschungels näherten, griffen zwei der Wesen an. Sie stolperten blindlings auf die Lampen zu, indem sie sich auf ihr Gehör und ihren Geruchssinn verließen. McCoy und Wilson schossen die Angreifer nieder. Ihr erster Blick auf das Gebiet der Lan war nicht gerade beeindruckend. Blaues Gemüse, das wie kranker Kohl aussah, brach mühsam und planlos aus dem harten, grauen Untergrund. Der Großteil davon war staubig und verwelkt, und es gab keinerlei Anzeichen eines Bewässerungssystems. »Sie mögen ja über gewisse Begabungen verfügen«, spottete McCoy, »aber der Ackerbau gehört bestimmt nicht dazu.« »Im Gegenteil«, sagte Spock, dem seine Last nicht das geringste auszumachen schien, »es könnte eine sehr kluge Strategie sein. Wären die Pflanzen hier eßbar, würden sie lediglich die Dschungelkreaturen ernähren. Es ist sogar anzunehmen, daß sie giftig sind.« »Daran hatte ich natürlich nicht gedacht«, sagte Pille mit leisem Spott. Aber der Boden und die Pflanzen sahen nach zwei Kilometern tatsächlich besser aus. Als ein Dorf in Sichtweite kam, weckte Spock den Zauberer, der bestätigte, daß sie in der Nähe des Dschungels giftige Pflanzen anbauten, um nächtliche Raubzüge zu verhindern. Sie gingen eine gerade Straße aus festgestampften Kieselsteinen hinunter, die auf beiden Seiten von Reihen niedriger grüner Büsche mit roten Früchten gesäumt wurde. W’Chaal erwachte ebenfalls, und sein erster Satz galt dem Zauberer. »Wie lange ist es mir noch erlaubt, zu leben?« »Du verfügst jetzt über ein besonderes Wissen, das über das Wissen der Ven hinausgeht. Aber da du es in dieser Situation keinem anderen Ven weitergeben kannst, sehe ich keinen Grund, warum du nicht leben solltest, bis wir die Insel erreichen.«
Durch die Art, wie sie dastanden, hatten ihre beiden Stimmen ein unnatürliches Echo. Man hatte das Übersetzerproblem gelöst, indem ein weiteres Gerät heruntergebeamt wurde; nun trug jeder der beiden Außerirdischen seinen eigenen Übersetzer an einer Schlinge um den Hals. Bei einem Abstand von zwei Metern wurden ihre Stimmen jedoch von beiden Geräten aufgenommen, und das Resultat war eben jenes eigenartige Echo. »Vielleicht können wir Sie von der Unrichtigkeit dieser Denkweise überzeugen, bevor wir Ihre Insel erreichen«, sagte Kirk. »Spar dir deine Luft, Jim«, sagte McCoy. »Genauso gut könntest du versuchen, aus Spock einen Fleischfresser zu machen.« »Ein schlechter Vergleich«, sagte Spock. Kirk verdrehte kurz die Augen zum Himmel. »Zauberer, wie können wir ein Transportmittel finden? Diesen Karren, den Sie erwähnten?« Das Dorf schien verlassen zu sein, obwohl sie einige Lan sahen, die auf den Feldern arbeiteten. »Wir sehen uns um. Wenn wir einen finden, nehmen wir ihn.« »Und was geschieht mit dem Lan, dem er gehört?« »Ich verstehe nicht.« »Mit dem Bauern, von dem wir ihn nehmen. Glauben Sie nicht, er könnte ihn für seine Arbeit brauchen?« »Er wird einen anderen benutzen… warten Sie. Ich glaube, ich verstehe, was Sie meinen. Sie meinen, er könnte etwas dagegen haben, daß Sie ›seinen‹ Karren nehmen?« »Richtig.« Der Zauberer und W’Chaal blickten sich an und gaben ein Geräusch von sich, das vielleicht ein Lachen sein mochte. »Nein, die Lan haben kein Recht auf Eigentum wie die Ven.
Noch treffender wäre es zu sagen, daß sie selbst Eigentum sind, zumindest diejenigen Lan, die Bauern sind. Wenn überhaupt, dann gehört jeglicher Karren, den wir finden, mir, da ich der einzige Zauberer in dieser Gegend bin. Ebenso wie Ihr Leben mir gehört.« In einem niedrigen Schuppen, der bei einem großen, konisch geformten Gebäude stand, fanden sie einige Zugtiere und zwei Wagen. Die Tiere sahen wie große Ratten aus, mit sechs Beinen und ohne Schwanz. Nach einigem Herumprobieren gelang es Kirk, ein Paar vor den größten Wagen zu spannen und diesen auf die Straße hinauszulenken. Er lud einige Ballen Futter auf und ließ die anderen aufsteigen. Sie befreiten die Arme der beiden Chatalia von den Fesseln und banden die Seile statt dessen um ihre Fußknöchel. Keiner der beiden sagte etwas, aber sie dehnten und streckten sich kräftig. Es überraschte Kirk nicht, daß er der einzige war, der sich im Umgang mit Zugtieren auskannte. Seine eigene Erfahrung war das Resultat eines merkwürdigen Anachronismus. Sein Vater war ein politisch ambitionierter Mann gewesen und hatte der konservativen Zurück-zur-Erde-Bewegung angehört. Zu seinem Image (er war Bürgermeister, der mit dem Gedanken spielte, Senator zu werden) gehörte es, daß er – symbolhaft – einen landwirtschaftlichen Betrieb führte, je primitiver, desto besser. Aber er war ein sehr beschäftigter Mann, deshalb wurde die eigentliche Arbeit vom jungen Jim nach der Schule verrichtet. Das Unterfangen, auf elf Hektar schlechtem Ackerboden Getreide anzubauen, hatte Jim gelehrt, wie man mit störrischen Maultieren umgehen mußte. »Hüa!« Zwölf Beine setzten sich widerstrebend in Bewegung. Zunächst war es eine holperige Fahrt, dann wurde die Straße glatter. Die heiße Sonne, die immer direkt über ihnen stand, machte ihn schläfrig, gleichzeitig ließ die
Wirkung von Pilles Aufputschmitteln nach. Hinter sich hörte er den Doktor leise schnarchen. So weit er sehen konnte, streckte sich die Straße schnurgerade vor ihnen aus. Etwas benommen machte Kirk eine Hand frei und zog seinen Kommunikator heraus. »Sit-Rep negativ. Hier spricht Captain Kirk.« Er schaute nach hinten. »Der Sicherheitsdienst macht ein Nickerchen. Sind Sie es, Leutnant Gary?« »Nein, Sir. Hier ist Fähnrich Dunhill.« »Nun, Sie können berichten, daß hier alles ruhig ist und der Großteil des Trupps ausruht. Wir bewegen uns in einem beschlagnahmten Gefährt mit ungefähr fünfzehn Stundenkilometern in Richtung Norden. Wie sieht’s bei euch oben aus?« »Es ist kalt, Sir. Wir sparen Energie… Äh, hier ist der Leutnant, Sir.« Eine andere Stimme. »Captain, laut Glak Sôns letzten Berechnungen bleiben uns noch drei Tage und neun Stunden, bis wir alle hinunterbeamen müssen. Das heißt, bei der momentanen Energieverlustrate. Er bat mich, Sie zu fragen, ob Sie einen baldigen ungewöhnlichen Einsatz des Transporters ins Auge fassen?« »Nein, nur für Nahrung. Keine Nachricht vom Sternenflottenkommando?« »Nein, Sir. Obwohl ich nicht sicher bin, ob wir überhaupt eine Nachricht über Normalraum auffangen können. Ich spreche mit Uhura und berichte darüber im nächsten Sit-Rep.« »Sehr gut.« Er hätte Uhura selbst rufen können, aber auf diese Weise würden sie Energie sparen. »Kirk. Ende.« »Tut mir leid, daß ich nicht geantwortet habe, Captain«, sagte Spock hinter ihm. »Ich habe meditiert.« »Nun, Sie hatten etwas Ruhe nötig.«
Spock zögerte. »Nein, Captain. Es war an der Zeit, zu meditieren. Wegen der hohen Wahrscheinlichkeit, daß unsere Mission scheitern wird.« »Daß wir… hier sterben werden?« »Es gibt viele unbekannte Einflußfaktoren. Aber die meisten von ihnen ziehen lediglich unterschiedliche Formen des Scheiterns nach sich.« »Früher oder später wird uns die Sternenflotte finden.« »Das bezweifle ich auch nicht. Aber das Schiff, das uns findet, wird wahrscheinlich ein ähnliches Schicksal ereilen wie uns. Und ebenso das darauffolgende.« Kirk rieb sich das Kinn. »Also… selbst wenn sie uns tatsächlich glaubten – selbst wenn sie uns zu Königen machten…« »Selbst wenn wir ihre Nahrung so modifizieren könnten, daß es möglich wäre, davon zu leben, so wären wir trotzdem für den Rest unseres Lebens hier gefangen. Und wer immer zu unserer Rettung kommt, ebenfalls.« »Außer sie kommen innerhalb von drei Tagen und neun Stunden und können gewarnt werden«, sinnierte Kirk. »Diese Möglichkeit gehört zu den wenigen positiven Aussichten.« »Nennen Sie mir zur Aufheiterung noch eine.« »Eine Möglichkeit wäre, daß unsere kleine Reise hier erfolgreich verläuft. Daß wir herausfinden, daß unser Freund, der Zauberer – « »Mein Name ist T’Lallis.« Der Zauberer schien hellwach zu sein. Spock nickte. »Falls wir herausfinden, daß T’Lallis kein… typischer Zauberer ist. Daß andere eher geneigt sind, unsere Vorstellung des Universums zu akzeptieren; vielleicht sogar wissen, wie man die Enterprise befreien und wieder aufladen
kann. T’Lallis, Sie sind ein Zauberer der zweiten Kaste, nicht wahr?« Der Außerirdische berührte sein Silberband. »Natürlich.« »Die Angehörigen der ersten Kaste könnten die eigentlichen Piloten des Schiffes sein«, sagte Spock. »Falls das zutrifft, sollten wir versuchen, ihnen wenigstens unsere Lage zu beschreiben. Ob sie uns helfen werden – « »Möglicherweise treffen Sie nie einen aus der ersten Kaste. Sie sind hauptsächlich Pflanzenverwalter.« »Sie meinen wohl Planetenverwalter«, sagte Kirk. »Sie kümmern sich um die Pflanzen. Den Gartenbau.« »Und sonst machen sie nichts?« »Die meisten jedenfalls nicht. Die zweite Kaste leitet die Welt und kümmert sich um die Wiedergeburt. Wir gehorchen der ersten Kaste, wenn sie uns um etwas bittet. Aber das geschieht nicht sehr häufig.« »Interessant«, bemerkte Spock.
8
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Hier spricht Commander Spock vom Sternenschiff Enterprise.
Wir befinden uns in einer ernsten Notlage.
Zur Sternzeit 7502.9 entdeckten wir ein bemerkenswertes Artefakt: ein gigantisches Raumschiff in Form eines hohlen Planetoiden, das sich mit Hilfe eines interstellaren Strahltriebwerks vom Typ Bussard mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegt. Es wird von ungefähr einer Million empfindungsfähiger Wesen bewohnt, die sich Chatalia nennen. Als wir den üblichen Konfrontationstrupp hinunterbeamten, fanden wir heraus, daß er nicht mehr zurückkehren konnte. Eine dünne Schale aus Metall oder einer Legierung mit einem Molekulargewicht von 1132,5 verhindert auf irgendeine Weise, daß der Transporter in beide Richtungen arbeitet. Die Chatalia haben den Konfrontationstrupp gefangengenommen. Offenbar haben sie vergessen, daß sie sich an Bord eines Raumschiffs befinden – es muß bereits seit mindestens dreitausend Jahren unterwegs sein –, und verstehen die Erklärungen des Trupps nicht. Die Situation wird durch die Tatsache verkompliziert, daß der Planetoid vor einigen Jahrhunderten von einem klingonischen Kreuzer attackiert wurde. Daran erinnern sie sich und halten uns deshalb für Klingonen. Wir fanden die Ruinen des Kreuzers auf der Oberfläche des Planetoiden; eine Übersetzung seines Logbuches findet sich weiter unten. Offenbar ist der Enterprise ein ähnliches Schicksal beschieden wie dem klingonischen Kreuzer. Der Planetoid
entzieht dem Schiff durch irgendeinen unbekannten Mechanismus Treibstoff. Der Treibstoffverlust ist direkt proportional zum Energieverbrauch. Eine Warnung an die Retter: Die Enterprise ging einhundert dreiundzwanzig Kilometer von der Oberfläche des Planetoiden entfernt in die Falle. Das Fanggerät hat offenbar die Form eines Netzes, das aus dem erwähnten unnatürlich schweren Metall besteht. In weniger als einer Woche muß die Mannschaft der Enterprise das Schiff verlassen und in den Planetoiden transportieren. Dort müßten wir in der Lage sein, mehrere Monate zu überleben. Wir raten eventuellen Rettern, zu versuchen, den Planetoiden mit einem auf einen kleinen Punkt konzentrierten Phaserfeuer zu durchlöchern. Auf diese Weise wäre der Transporter funktionstüchtig und der Luftverlust der Chatalia unbedeutend. Innerhalb des Planetoiden können wir unmöglich unbegrenzte Zeit überleben. Die Chatalia sind uns feindlich gesinnt, und ihre Nahrung kann von Menschen nicht assimiliert werden. Diese Nachricht wird zur Sternzeit 7504.966 abgesandt, von 119.70238D, 689.4039 psc; -1.038572D, -0.9966 psc; mit Steuerkurs 37.903D, 0.0127D; alle Daten auf Rigel bezogen. Hier die Übersetzung des klingonischen Logbuchs… Entgegen den Befürchtungen von Leutnant Uhura und Mr. Spock hatte das Notsignal sehr wohl das Magnetfeld des Planetoiden durchdrungen und war von einem Schiff aufgefangen worden. Hätte dieses Schiff der Föderation angehört, wäre es sicherlich besser gewesen. Der klingorische Kreuzer war, ähnlich wie die Enterprise, mit dem Markieren von Festpunkten beschäftigt – tatsächlich
folgten sie dem Sternenschiff auch in diskretem Abstand. Dagegen gab es gesetzlich nichts einzuwenden, trotzdem meldeten sie sich über keine der Kommunikationsfrequenzen. Aber sie hörten zu, und das mit äußerster Sorgfalt. »Lord? Haben Sie eine Entscheidung gefällt?« Captain Kulain hatte die Aufzeichnung in seinen Schoß fallen lassen und blickte in die schwarze Nacht des Bildschirms. Ohne seinen Leutnant anzusehen, sagte er: »Hier gibt es nur einen einzigen Weg. Gehen Sie ihn!« Der Erste Leutnant hob die Faust. »Überleben und Erfolg!« Auch der Captain hob die Faust. Nachdem der Leutnant gegangen war, war Kai, der Priester, die einzige Person, die sich außer dem Captain noch im Raum befand. »Ihr Enthusiasmus ist eine Inspiration für uns alle.« »Sehr witzig, Kai. Wenigstens Sie sollten meine Vorbehalte teilen.« Der Priester hob eine Kopie der Aufzeichnung hoch und blickte auf die letzte Seite. »Verwandelt alles, was von uns übrig ist, zu Asche. Schickt uns nach Hause. Schickt uns in die Hölle.« Er summte die ersten vier Noten einer religiösen Hymne. »Ein frommer Mann. Wir werden seiner gedenken, wenn wir dieses Logbuch nach Hause bringen.« Kulain stand auf, warf die Blätter auf den Schreibtisch und machte mit dem Rücken zum Priester ein paar Schritte. »Falls Sie das wünschen, senden Sie das Logbuch lieber auf Subraum. Wir sind nicht – « »Kulain. Ich warne Sie. Auch Brüderlichkeit hat ihre Grenzen. Sie bewegen sich am Rande der Blasphemie.« »Ich bin ein realistischer und praktisch denkender Mann. Deshalb bin ich Captain, alter Freund, und Sie Priester.« Er drehte sich zu ihm um. »Die Sache stinkt nach Tod, und Sie wissen es.« »Na und? Wir müssen alle einmal sterben.«
»Und welche Art des Sterbens könnte besser sein«, sagte der Captain in einem salbungsvollen Ton, »als ein verlorenes Schiff zu rächen und das Universum von der Gegenwart Kirks zu befreien? Zufällig natürlich.« Der Organianische Friedensvertrag zwischen der Föderation und dem Klingonenreich verbot bewaffnete Feindseligkeiten, jedoch durften beide Krieg gegen eine dritte Partei führen. »Genau.« Kai blätterte die Aufzeichnungen durch, um seinem Freund nicht in die Augen blicken zu müssen. »Unsere Waffen sind jetzt wesentlich stärker.« »Lassen Sie es mich in Begriffen erklären, die vielleicht auch ein Priester verstehen kann. Es stimmt, daß wir stärkere Waffen besitzen – aber keine stärkeren als die Enterprise. Glauben Sie denn im Ernst, daß sie nicht versucht haben, zu kämpfen?« »Die menschliche Psyche ist äußerst seltsam. Es ist durchaus möglich, daß sie nicht gekämpft haben.« »Möglich! Kai, ich habe vor dem Vertrag gegen diese Teufel gekämpft. Sie huldigen sanften Worten, aber in ihrem Innersten sind sie grausam. Glauben Sie mir, sie haben es versucht.« »Ich bleibe bei meinem Standpunkt.« Der Priester verschränkte die Arme vor seiner Brust und starrte Kulain an. »Dann sterben wir eben. Aber in der Schlacht.« »Eine gute Philosophie, aber eine schlechte Taktik.« Als Kai schwieg, fügte der Captain hinzu: »Wir sollten Verstärkung holen. Während ein Schiff versucht, den Planetoiden zu zerstören, könnten die anderen im Hintergrund den Ablauf beobachten. Auf diese Art könnte man den Verlust eines Schiffes als Investition betrachten und nicht als Opfer. Außerdem könnte das Schiff ebensogut gerettet werden.« »Und seiner Besatzung würde gleichzeitig die Gelegenheit verweigert, im Kampf zu sterben.«
»Erstens scheint es hier gar nicht um eine Schlacht zu gehen. Es scheint eher so, als würde man an einer Krankheit sterben. Zweitens…« Er zögerte. »Ein Krieger, der nicht getötet wird, kann weiterkämpfen.« Kai erhob sich. »Kulain – « »Gut, gut. Ich nehme das zurück.« »Sie haben die Menschen zu genau studiert. Sie denken schon fast wie sie.« »Gab es an meinem Befehl irgend etwas auszusetzen?« »Nein. Aber die Art, wie Sie ihn formulierten, war alles andere als… überzeugend.« Ein Knurren drang aus Kulains Kehle. Er schritt durch den Raum und riß ein rituelles Schwert aus seiner Scheide an der Wand. »Nur zu«, sagte Kai. »Töten Sie den einzigen Freund auf diesem Schiff. Zeigen Sie mir, daß Sie keinen brauchen.« »Kai«, befahl der Captain, während er das Schwert hob, »strecken Sie Ihre Hand aus.« »Mr. Scott«, sagte Uhura, während sie versuchte, die Aufregung in ihrer Stimme zu verbergen, »wir haben eine Antwort auf Sub-raum.« »Stellen Sie sie auf den Schirm durch.« Bunte Schneeflocken – die Interferenz des Magnetfelds – wirbelten um ein vage nach einem Menschen aussehendes Bild. »Captain Kirk?« sagte das Bild. »Nein, Sir, hier ist Korvettenkapitän Scott. In Abwesenheit meines Vorgesetzten obliegt mir das Kommando.« »Mein Kompliment, Mr. Scott. Hier spricht Captain Kulain vom Kriegsschiff Korezima. Wir wollten Sie freundlichst darauf hinweisen, daß Sie sich in der Nähe eines Planetoiden befinden, den wir in zwei Tagen zerstören werden. Wir raten
Ihnen, sich mindestens hunderttausend Kilometer davon zu entfernen.« Scott saß einen Moment lang wie betäubt, dann sagte er: »Wir können uns nicht bewegen!« »Ach du meine Güte«, sagte Kulain sanft, »und wir haben bereits die Novabombe abgeschossen. Vielleicht sollten Sie sich schon mal auf Ihr letztes Gebet vorbereiten.« Das Bild verschwand und ließ ein buntes Durcheinander von Regenbogenfarben zurück. Scott schaltete aus. »Das zwingt uns zum Handeln. Mr. Chekov, versuchen Sie, diese Bombe zu finden und ihre Flugbahn zu berechnen. Es besteht immer noch die Möglichkeit, daß ein Schiff der Föderation unsere Nachricht aufgefangen hat; sie könnten die Bombe abfangen. Leutnant Uhura, suchen Sie Glak Sôn und bereiten Sie den Transfer der Besatzung vor. Wir sollten so viel Nahrungsmittel wie möglich mitnehmen – und veranlassen Sie, daß Schwester Chapel sich mit einem Chemiker über die Möglichkeit berät, die außerirdische Nahrung zu modifizieren. Es gibt vielleicht Chemikalien, die wir mitnehmen sollten.« »Glauben Sie, daß uns die Metallhaut des Planetoiden schützen wird?« fragte Uhura. »Gegen eine Novabombe? Das glaube ich nicht. Aber ich sehe keinen anderen Weg.« Und ich war auch nie scharf darauf, das Kommando zu übernehmen. Er griff nach dem Kommunikator. Langsam zuckelten sie durch eine vor sich hindämmernde, ländliche Stadt. Obwohl jedes Detail fremd war, war Kirk das Milieu vertraut: viel zu hohe Wohnhäuser mit viel zu großen Zwischenräumen, die mit Blumen statt mit Gras aufgefüllt waren. Ein Wesen, das wie eine Kreuzung aus einer Kakerlake und einem Hund aussah, rannte aus einem der Häuser heraus
und bellte sie an. Kinder gab es nicht, aber jeder Erwachsene, dem sie begegneten, unterbrach seine Tätigkeit, um sie anzustarren. Kaum einer von ihnen hatte jemals einen Ven oder Ela gesehen, der nicht flog – und erst recht nicht Wesen von der Erde oder dem Vulkan. Wilson und Moore hielten ihre Phaser im Anschlag, aber entweder begriff keiner der Gaffer, daß die beiden Chatalia auf dem Karren in der Patsche saßen, oder man war nicht bereit, zu helfen. Sie hatten vielleicht fünfzig Kilometer zurückgelegt, und die Kraft der Pseudogravitation hatte spürbar nachgelassen, je mehr sie sich der Achse des Planetoiden näherten. »Ich bin gespannt, wie lange wir noch den Wagen benutzen können«, sagte Kirk. »Er wird zu schweben angefangen haben, wenn wir die Insel erreichen.« »Ich denke, wir werden es an der Reaktion der Tiere merken«, sagte Spock. »Sie werden bald keinen Halt mehr finden.« »Das erinnert mich an etwas.« Kirk zog den Kommunikator heraus. »Wir werden uns Traktorstiefel schicken lassen.« Das Gerät piepste. »Scott ruft Captain Kirk.« »Was gibt’s, Scotty?« »Sir, wir haben ernste Schwierigkeiten.« »Erzählen Sie… Was ist los?« Scotty informierte ihn über die Bedrohung durch die Klingonen. »Laut Mr. Chekov und Glak Sôn bleiben uns noch sechsundvierzig Stunden, bis uns die Novabombe trifft.« »Das liegt innerhalb der Zeitspanne, die uns der Energieverlust noch läßt, oder?« »Ja. Und mit Ihrer Erlaubnis warten wir bis zur letzten Minute, ehe wir hinunterbeamen.«
»Das wollte ich gerade vorschlagen. Vielleicht kommt doch noch Hilfe… für euch wäre es viel besser, auf ein anderes Schiff zu beamen.« Scotty war still; Kirk kannte ihn gut genug, um zu wissen, was er sagen würde. »Und erzählen Sie mir bloß keinen Unsinn von wegen ›das Schiff aufgeben‹ – « »Aber Sir!« »Oder uns aufgeben. Was diese Sache betrifft, so kennen Sie Ihre Pflicht.« Amüsiert blickte der Captain zu Spock. »Es wird sowieso schon peinlich genug werden, zu erklären, wie es uns gelungen ist, die beiden ranghöchsten Offiziere, den Chefarzt und den Chef des Sicherheitsdienstes derart zu deplazieren.« »Fähnriche und Linguisten sind leicht zu deplazieren«, flüsterte Larousse Moore zu. »Leichter zu ersetzen«, sagte Moore. »Das stört mich manchmal.« Kirk warf ihm einen vernichtenden Blick zu und deutete ihm an, den Mund zu halten. Die beiden Chatalia hörten interessiert zu, während sie schmatzend Obst verschlangen, das sie in einem Garten außerhalb der Stadt aufgelesen hatten. Kirk bat um die Traktorstiefel und das Abendessen und verabschiedete sich. Ein Stapel Schinkensandwiches und für Spock eine Schüssel Rohkost erschienen. »Ich verstehe diesen Zauber nicht«, sagte T’Lallis. »Kommt das aus der Zukunft?« »Es kommt vom Schiff«, sagte McCoy lapidar. »Von draußen, nicht von der Zukunft. Draußen.« »Welche Art von Zauber verstehen Sie denn?« fragte Larousse. »Welchen Zauber machen Sie?« »Lebenszauber natürlich.« »Zeigen Sie ihn mir«, verlangte Pille. »Vielleicht wenn wir auf der Insel sind.« Der Chatalia nahm ein Stück seiner Flügelhaut zwischen die Finger und
betrachtete es eingehend. »Wenn wir dort ankommen… also… ich wünschte, Sie würden mit diesem Gerede über ›draußen‹ und Ihre Enterprise und so weiter aufhören. Vielleicht würden sie Sie dann eine Weile am Leben lassen.« Kirk kam Pilles Antwort zuvor: »In dieser Beziehung haben wir einen toten Punkt erreicht, T’Lallis. Wir wissen beide, daß wir die Wahrheit sagen, und wir wissen beide, daß sich die Gegenpartei völlig im Irrtum befindet. Es besteht keine Veranlassung, noch weiter darüber zu reden.« »Sehen Sie sich das an«, sagte Pille. Er hob die Schale einer Frucht auf, die W’Chaal gerade entfernt hatte. Er hatte sie so geschält, daß die abgetrennte Haut eine stabile Spirale bildete. McCoy drückte sie wieder zusammen und hielt nun in seinen Händen eine unregelmäßige hohle Kugel. »Könnten Sie nicht wenigstens versuchen, es sich bildhaft vorzustellen?« »Sei es auch nur, um unsere Wahnvorstellungen zu verstehen«, fügte Larousse hinzu. »Im Moment befinden wir uns auf der Innenseite des – « »Wir kriegen Ärger«, sagte Wilson. Etwa zwanzig Lan kamen vor ihnen aus einem Gebäude gerannt und formierten sich in zwei Reihen, um die Kieselstraße zu blockieren. Sie richteten ihre langen Speere auf den näherkommenden Wagen. »Können Sie etwas zu ihnen sagen?« sagte Kirk. »Sonst sind wir gezwungen, zu schießen.« »Das würde ich schon«, sagte der Zauberer, »aber sie haben keinen Dolmetscher bei sich.« »W’Chaal, können Sie – « »Nein.« Er richtete sich auf. »Ich bin kein Dolmetscher!« »Wenn Sie den Übersetzer auf sie richten«, sagte Larousse, »wird er in ihrer Sprache arbeiten.« »Schießt auf sie«, sagte Kirk. Moore und Wilson gaben eine kurze Salve ab, und zwanzig Chatalia fielen wie Zinnsoldaten um. Die Zugtiere blieben hartnäckig stehen und weigerten sich,
einen Umweg durch die Blumen zu machen. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als auszusteigen und die bewußtlosen Chatalia aus dem Weg zu räumen. Während dieser Zeit flimmerte das Sonnenlicht zweimal. »Fahren wir in der Dunkelheit weiter?« fragte Wilson, während er einen großen Chatalia hochhob. »Falls es keine Schwierigkeiten gibt, ja. Mit den Lampen müßte die Straße gut zu sehen sein.« Es stellte sich heraus, daß sie die Straße tatsächlich deutlich sehen konnten, aber die Zugtiere blieben einfach stehen. Als es dunkel wurde, zogen sie ihre zwölf Beine ein und waren innerhalb weniger Sekunden fest eingeschlafen. Kirk stieg ab und versuchte, ihnen gut zuzureden, aber es half nichts. Dann kam McCoy mit der Lampe zu Hilfe. Als das Licht in ihre Augen schien, standen sie pflichtbewußt auf. Es ging also weiter. Sie teilten sich in Schichten von jeweils drei Männern auf: Einer fuhr, einer hielt Wache und einer ging rückwärts und schwang dabei die Laterne vor den Augen der Tiere. Da Kirk und McCoy die einzigen waren, die mit den Tieren umgehen konnten und Wilson und Moore professionelle Sicherheitsleute waren, verbrachten Larousse und Spock die Nacht damit, rückwärts zu gehen oder davon zu träumen (falls Spock überhaupt jemals träumte oder schlief).
Spock: Die einzige vernünftige Methode, sich mit diesem Problem auseinanderzusetzen, ist, von einem Erfolg auszugehen und dann die verschiedenen logischen Verästelungen von dort aus zurückzuverfolgen. Als erstes muß die klingonische Novabombe ausgeschaltet werden. Es gibt drei Szenarien, die dies zulassen würden:
1.Intervention eines Schiffs der Föderation. Aus der Anwesenheit des Klingonenschiffes ergibt sich, daß sie unsere Nachricht aufgefangen haben. Daher erscheint diese Möglichkeit nicht zu unwahrscheinlich. Unwahrscheinlich jedoch ist, daß ein Schiff innerhalb von vierzig Flugstunden hier auftaucht. 2.Fehlfunktion der Bombe. Geringe Wahrscheinlichkeit; außer dem würden sie einen neuen Versuch starten. 3.Ungenügende Durchschlagskraft der Bombe, um die Supermetallschale, die uns umgibt, zu zerstören. Dies hat die größte Wahrscheinlichkeit, ist aber wegen Unkenntnis der Hitzekapazität des Metalls unmöglich abzuschätzen. (Eine zweite Möglichkeit wäre, daß die Schale intakt bleibt, die Hitze jedoch so stark abgeleitet wird, daß die Temperatur auf einen tödlichen Wert ansteigt.) Verfolgt man das dritte Szenario weiter, so würden wir am Leben bleiben, aber die Enterprise würde auf der Oberfläche zerstört werden. Es besteht die Möglichkeit, daß die Klingonen zufriedengestellt wären und, darauf vertrauend, daß das Leben im Inneren zerstört wurde, wieder abdrehen – oder dies zumindest gern berichten würden. Wahrscheinlicher ist es jedoch, daß sie einen Kampftrupp hereinschicken. Offenbar waren die Chatalia schon einmal auch ohne fremde Hilfe in der Lage, sie zu besiegen. Mit unserer Hilfe sollte dies ohne größeres Blutvergießen möglich sein, obwohl es sehr wahrscheinlich ist, daß sich kein Klingone erlauben wird, zu überleben. Was auf die Aktionen dann folgt, hängt in erster Linie von den Zauberern ab. 1. Sie exekutieren uns einfach. Das ist zwar nicht unwahrscheinlich, wäre aber als Lösung zu banal.
2. Die Zauberer der ersten Kaste sind die Piloten und gewillt, uns zu helfen. In diesem Fall hinge unser Überleben ab von A: dem Nahrungsmittelvorrat, einer strengen Rationierung. Sollte das Wasser hier Arsen enthalten, könnte dieses durch den Marshprozeß herausgefiltert werden. Es könnte sich jedoch als unmöglich erweisen, die hiesige Nahrung ohne komplizierte Geräte umzuwandeln. B: Auffinden eines Ausgangs zur Oberfläche. Auf diese Weise könnten wir in Sicherheit gebracht werden, wenn das Schiff der Föderation ankommt. Obwohl wir nicht in der Lage wären, mit dem Schiff Kontakt aufzunehmen, würden sie, vorausgesetzt, die Biosensoren zeigen Leben an, ganz sicher ein Forschungsteam herunterbeamen. 3. Sie sind die Piloten, wollen uns aber nicht helfen. Gewaltanwendung ist eine Möglichkeit, aber nicht ratsam; wir können nicht unaufhörlich kämpfen und den gesamten Planetoiden mit Standardwaffen halten. In diesem Fall wäre der beste Weg, sie von der Notwendigkeit unserer Zusammenarbeit zu überzeugen. Selbst wenn die Bombe keine Wirkung auf das Innere des Planetoiden hätte, so würde sie doch ganz sicher den Bussardantrieb zerstören. Ingenieure der Föderation wären in der Lage, ihn zu reparieren oder zu ersetzen. 4. Schließlich wäre es möglich, daß sie nicht die Piloten sind; dem nach wäre das Schiff entweder völlig automatisiert oder ein Relikt. In diesem Fall müssen wir versuchen, seine Herkunft und damit seine Funktionsweise abzuleiten und auf diese Art einen sicheren Weg finden, in die Supermetallhaut eine Bresche zu schlagen. Es könnte sein, daß alle Spekulationen in dieser Hinsicht sinnlos sind. Basiert die Fähigkeit des Supermetalls, den Phasern zu widerstehen, auf einer extrem hohen Wärmeleitfähigkeit, dann erreicht das Innere dieses
Planetoiden in vierzig Stunden die Temperaturen einer Supernova – zwar nur für den Bruchteil einer Sekunde, jedoch ausreichend, alles zu vernichten. »Spock – wachen Sie auf.« Larousse übergab ihm die Lampe, hievte sich auf den Wagen und ließ sich – schon im Halbschlaf – auf den Boden fallen. Spock hatte zwar meditiert und nicht geschlafen, sah jedoch keinen Grund, den Linguisten auf seinen Irrtum aufmerksam zu machen. Er stieg ab und schwebte langsam zu Boden. Die Gravitation war auf ein Viertel ihres normalen Maßes gesunken, was das Gehen erschwerte – vor allem rückwärts. McCoy übernahm die Zügel von Kirk, der sich streckte und gähnte. »Wie lange das wohl noch gehen wird«, sagte er. Spock hatte eine Schnellkalkulation parat. »Wenn wir mit unserer gegenwärtigen Geschwindigkeit Tag und Nacht direkt auf die Achse des Planetoiden zufahren würden, kämen wir in sieben Stunden und zehn Minuten an. Wir müssen jedoch noch ein Gewässer überqueren, was uns vor neuerliche Schwierigkeiten stellen könnte.« »Wir suchen einfach wieder nach einem Boot«, sagte Pille. »Vielleicht finden wir keins. Ich weiß nicht, wie ein Gewässer auf ein Zehntel Gravitation und eine rotierende Umgebung reagiert, aber es dürfte ziemlich interessant sein. Vielleicht ist es nicht befahrbar.« »Und was dann?« »Ich habe mehrere Möglichkeiten erwogen. Wie Ihr Sprichwort sagt: Wir werden das Kind schon schaukeln!« McCoy nahm die Zügel, und die Tiere standen langsam auf. Er blickte Spock ungläubig an. »Haben Sie eben einen Witz gemacht?« »Nicht bewußt. War er gut?«
»Furchtbar.«
Spock nickte ernst und begann rückwärts zu gehen.
9
Kurz nach Sonnenuntergang fingen die Zugtiere erschreckt und entmutigt zu wimmern an. Durch die bereits äußerst niedrige Anziehungskraft schwebten sie mit jedem Schritt für kurze Zeit in der Luft und kamen nur langsam und ruckartig vorwärts. Kirk spannte die Tiere aus und scheuchte sie in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Mit den Traktorstiefeln kamen die Leute von der Enterprise gut zurecht, was man von den Chatalia nicht behaupten konnte. Bei jedem Schritt .waren sie lange Zeit in der Luft, so daß Spock schließlich jeden am Flügel nehmen und mitziehen mußte. Sie gingen in einem scharfen Winkel, so als ob sie einen steilen Hügel erklimmen wollten. Nur am Äquator hätten sie senkrecht stehen können. Es dauerte mehrere Stunden, bis sie das Gewässer erreichten, das die Insel vom Festland trennte. Wie Spock bereits vorausgesagt hatte, bildete es ein beträchtliches Hindernis. Die Wasseroberfläche war unruhig und schwer zu beurteilen. Sie schien leise zu kochen, obwohl keine Hitze vorhanden war. Wassermassen von der Menge eines Schwimmbeckeninhalts lösten sich von der Oberfläche und schwebten kurzzeitig in der Luft, um dann wieder langsam zurückzugleiten; mehrere Meter über dem Wasser hing ein gleichbleibender Nebel von solch einer Dichte, als würde man darin ertrinken können. »Sieht nicht so aus, als könnten wir mit einem Boot viel ausrichten«, bemerkte Pille. »Wie bringen sie Lasten hinüber?« T’Lallis zuckte die Achseln. »Mit Booten… Luftbooten, nicht Wasserbooten.«
»Wie fliegen denn diese Boote?« fragte Kirk. »Die Boote fliegen? Wie kann denn ein Boot fliegen?« »Dieser Ton kommt mir bekannt vor«, sagte Pille. »Was ich meine, ist, wie sie funktionieren«, sagte Kirk. »Ein oder zwei Ela schleppen sie mit Tauen. Sie werden durch Zauberei leichter gemacht.« »Mit Ihrem ›Lebenszauber‹?« sagte Kirk. »Ja. Es ist eine Pflanze, die Hrnii heißt. Wenn man die Samen ins Wasser steckt, formen sie einen Ball, und der Ball füllt sich mit Leichtheit.« »T’Lallis«, sagte Spock, »wenn Sie einen Hrniiball öffnen, brennt dann die Luft in seinem Innern?« »Ja, mit einer hellen Flamme, die man nicht sehen kann. Das sollten Sie wissen.« »Eine wasserstofferzeugende Pflanze«, sagte Pille. »Haben Sie so etwas schon mal gehört, Spock?« »Nur während eines Fäulnisprozesses«, sagte Spock. »Nie während des Wachstums. Ich glaube, Ihr Zauber wird uns sehr interessieren, T’Lallis.« »Wenn wir da jemals hinüberkommen«, sagte Kirk. »Selbst eines dieser Luftboote würde uns nichts nützen.« »Über diese kurze Distanz könnte ich Sie alle mit hinüberziehen«, sagte T’Lallis. »Nein… es könnte ein Unfall passieren«, lehnte Kirk mit einem leichten Anflug von Sarkasmus ab. »Sir?« sagte Moore. »Ich habe eine Idee. Wir könnten selbst hinüberfliegen.« »Sind Sie von allen guten Geistern verlassen, Fähnrich?« fragte Wilson höflich. »Nein, Sir. Aber ich habe gesehen, wie es auf dem Mond passierte, auf dem Erdmond, bei meinem letzten Landurlaub.«
»Ich war schon ein dutzendmal auf dem Mond«, sagte Kirk, »aber ich habe dort noch nie jemanden fliegen sehen.« Wilson stimmte ihm zu und warf Moore einen drohenden Blick zu. »Aber dann waren Sie noch nie in Disneymoon.« »Dem Vergnügungspark?« Kirk und Wilson hatten seit Erhalt ihrer Offiziersstreifen nichts Frivoles mehr unternommen. »Und da fliegt man?« »Jetzt, da Sie es erwähnen«, sagte McCoy. »Ich habe darüber gelesen. Es ist eine natürliche Kuppel unter der Erde – « »Größer als die Enterprise, Sir. Bei einem Sechstel der normalen Gravitation kann man lange Zeit fliegen. Mit großen und leichten Flügeln.« »War es schwer zu lernen?« »Äh, das weiß ich nicht so genau, Sir. Meine, äh, Freundin hatte Angst, es auszuprobieren.« Was für ihn eine große Erleichterung gewesen zu sein schien. »Was sollen wir denn Ihrer Meinung nach als Flügel benutzen«, sagte McCoy. »Soll Scotty vielleicht Federn und Klebstoff herunterbeamen?« »Es dürfte nicht schwer sein, Flügel zu konstruieren«, sagte Spock. »Aber es ist etwas anderes, sie auch richtig zu benutzen.« »Touristen auf dem Mond können es auch, Sir.« »Wahrscheinlich weiß Park Tinney alles darüber«, sagte Larousse. »Sie ist Linguistikfähnrich und ist auf dem Mond geboren und aufgewachsen.« Kirk nickte und schnippte den Kommunikator auf. »Mal sehen, was Scotty dazu meint.« Tatsächlich war Fähnrich Park Tinney von ihrem zehnten Geburtstag an fast jedes Wochenende geflogen, bis zu dem Tag, an dem sie den Mond verließ, um auf die Akademie zu gehen. Sie besaß immer noch ihre Flügel, die in ihrem Spind zusammengerollt waren und schnell ausgepackt werden
konnten, falls sie Landurlaub auf einem Planeten mit geringer Schwerkraft hatten. Die Flügel bestanden aus einem Leichtmetallgewebe, das auf hohle Metallverstrebungen geklebt war. Ein großes Paar war für die Arme, ein kleines für die Füße. Sie rollten sie vorsichtig auf dem Boden des Maschinenraums aus und stellten genauere Messungen an. Glak Sôn berechnete, wie stark die Masse für die einzelnen Besatzungsmitglieder auf dem Planetoiden geändert werden mußte. Zur Herstellung benötigten sie dann weniger als zwei Stunden. Park Tinney meldete sich freiwillig, um sich mit den Flügeln hinunterbeamen zu lassen und die Männer zu trainieren. Scott gefiel der Gedanke überhaupt nicht, ein Mädchen hinunterzuschicken, während er selbst an Bord in Sicherheit war, aber was blieb ihm anderes übrig. Wäre alles genauso wie auf dem Mond gewesen, wäre hier das Fliegen einfacher, da alle nur noch etwa die Hälfte wogen. Aber leider war dies nicht der Fall. Auf dem Mond konnte man sich von einer Stange abstoßen, und man wurde auch nicht von seiner Kleidung behindert, aber Park hütete sich davor, den Männern zu raten, im Feindesland splitternackt herumzufliegen (ihre Stiefel mußten sie jedoch ausziehen, da der Flug mit kleinen Bewegungen der Füße und der Zehen gesteuert werden mußte). Wegen der Fußflügel konnte man nicht im Laufen starten, doch es stellte sich heraus, daß das kein Problem war. Bei dieser geringen Schwerkraft war es möglich, aus dem Stand zehn Meter hoch zu springen. Man mußte die Flügel angelegt halten, bis man den höchsten Punkt erreicht hatte, sich dann nach vorn neigen, die Flügel ausbreiten und wie wahnsinnig losflattern. Während die Männer übten, hatte Park großen Spaß daran, einige akrobatische Kunststücke vorzuführen. Beide Chatalia
sahen wie gebannt zu. Noch nie hatten sie richtige Vögel gesehen, da kein anderes Tier auf dem Planeten fliegen konnte, und die Zauberer selbst pflügten sich mit roher Gewalt durch die Lüfte. Als jeder soweit war, daß er ohne größere Anstrengung in der Luft bleiben und einfache Steuermanöver durchführen konnte, rief Kirk alle zusammen. Moore stieß herab und bremste zu einer federleichten Landung ab; er war ein Naturtalent. Pille brach sich bei der Landung einen seiner Fußflügel und war froh, daß es nicht sein Knöchel war. Park hatte jedoch eine Werkzeugtasche dabei, und es gelang ihr, die Verstrebung geradezubiegen und das Gewebe wieder anzukleben, ohne den Flügel vom Fuß abzunehmen. »Ich glaube, strategisch ist es am besten, so weit wie möglich vom Wasser wegzubleiben«, sagte Kirk. »Wir gehen einen Kilometer zurück und versuchen, die größtmögliche Höhe zu erreichen. T’Lallis, können Sie W’Chaal tragen?« »Schon, aber ich sehe keinen Grund, warum wir ihn mitnehmen sollten. Ob er an diesem Ufer stirbt oder am anderen, ist doch egal.« »Nehmen Sie ihn mit. Vielleicht haben wir da auch noch ein Wörtchen mitzureden.« Spock wirkte nachdenklich, als sie sich halb gehend und halb gleitend zu ihrem Startplatz zurückbewegten. »Captain«, sagte er langsam, »früher haben Sie sich oft darüber lustig gemacht, daß ich keine Fantasie habe. Ich fürchte, das trifft sehr häufig zu, vor allem aber jetzt, bei unserem momentanen Problem.« »Sie meinen den Flug zur Insel?« »Nein, Sir – den Angriff der Klingonen. Es gibt eine Möglichkeit, ihren Plan zum Scheitern zu bringen.« »Und die wäre?« »Sir, die Novabombe mag zwar eine mächtige Waffe sein, aber wie bei allen Allrichtungswaffen findet auch bei ihr der
Prozeß der umgekehrt quadratischen Abschwächung statt: Je weiter entfernt wir sie zur Detonation bringen, desto geringeren Schaden werden die Enterprise und der Planetoid nehmen.« »Natürlich! Wir setzen die Hauptphaser des Schiffs…« Er runzelte die Stirn. »Wie Sie sehen, ist es ein kompliziertes Problem. Auf jeden Fall müssen wir die Besatzung mit ihren Vorräten in den Planetoiden holen. Je mehr Energie wir den Phasern zuteilen, desto weniger bleiben uns für die Transport- und Lebenserhaltungssysteme. Andererseits wollen wir aber, daß die Besatzung so lange wie möglich auf der Enterprise bleibt. Um diese beiden Aspekte in Einklang zu bringen, ist zumindest die Lösung einer Differentialgleichung der fünften Kategorie nötig, und dazu fehlen mir die Parameter. Da Glak Sôn Zugang zu den Schiffsaufzeichnungen hat, müßte er aber in der Lage sein, sie zu lösen.« »Wir werden sehen.« Scotty rieb sich die müden Augen. »Mal sehen. Um 0947 befördern wir alle – bis auf einen – hinunter. Um 0948 wird der Zurückgebliebene – nämlich ich – mit der Hauptphaserbank die Bombe erfassen und sprengen. Dann – « »Versuchen zu sprengen, Sir.« Glak Sôn zitterte. »In dieser Kalkulation steckt ein erheblicher Teil an Vermutungen. Wir können nicht genau wissen, wie stark die Novabombe wirklich ist und wie sie auf das Phaserfeuer reagiert. Unser Zeitplan stellt eine optimale Lösung dar, basiert jedoch auf Nachrichtenmaterial, das veraltet sein könnte.« »Nachrichten-? Sie meinen wohl Spionagematerial.«
»Dennoch würde ich vorschlagen, niemanden an Bord zurückzulassen, Sir. Es ist unwahrscheinlich, daß die Bombe sofort ihre Flugbahn ändert – « »Ich entscheide das, Fähnrich«, sagte Scott etwas zu heftig. Er zwang sein übermüdetes Gehirn zum Nachdenken. »Sie können jede unserer Kalkulationen nachvollziehen. Vielleicht sehen sie auch unsere Gedankengänge voraus und vollziehen sofort einen Kurswechsel, wenn ihnen ihre Biosensoren berichten, daß wir das Schiff verlassen haben. Das würde sie gegen eine vorprogrammierte Phaserattacke schützen.« Glak Sôn murmelte eine Entschuldigung. »Sie haben noch nie gegen sie gekämpft, mein Junge – « (die Anrede war für ein Wesen, das jedes Jahr sein Geschlecht veränderte, nicht ganz exakt), »deshalb können Sie sich nicht in sie hineinversetzen.« Er blickte auf das Chronometer. »Wir haben noch neun Stunden. Leutnant Uhura, ich ziehe mich für ein Weile in mein Quartier zurück. Wenn ich bis 0730 nicht zurück bin, lassen Sie mich bitte wecken.« »Ja, Sir.« Sie lächelte ihn an, worauf er krampfhaft versuchte, etwas Gescheites zu sagen, statt dessen aber mit hochrotem Kopf hinausging. In der Zelle, in der er vorübergehend untergebracht war, goß er sich ein kleines Glas Brandy ein, betrachtete es eine Weile und goß es dann in die Flasche zurück. Die Entscheidung, sich vom Gewässerrand zu entfernen, um Anlauf nehmen zu können, war richtig gewesen, da vom Festland zum Wasser ständig ein warmer Luftstrom wehte. Sie stiegen schnell und zunächst in einer geraden Linie auf. Aber die beiden Außerirdischen fielen immer weiter zurück, wobei T’Lallis W’Chaal wie ein unbeholfener Raubvogel mit den Füßen festhielt. Park und Moore brausten voran – Moore war angenehm überrascht, daß er seine Höhenangst so schnell
abgelegt hatte – und mußten oft auf der Stelle flattern, um von den anderen eingeholt zu werden. »Das macht ja richtig Spaß«, mußte McCoy zugeben, während er neben Kirk dahinruderte. »Wenn sie klug wären, würden sie diesen Planeten an Disney verkaufen und einen ruhigen, kleinen – « »Wo zum Teufel sind sie?« rief Moore zurück und schlug wild mit seinen Flügeln, um an Geschwindigkeit zu verlieren. Die beiden Chatalia waren verschwunden. Gleich darauf erblickten sie sie. Der Zauberer war ein gutes Stück weiter oben, während der Dolmetscher nach unten stürzte. Park legte ihre Flügel eng an den Körper an und vollführte einen Zeitlupensturzflug. In wenigen Sekunden hatte sie W’Chaal eingeholt, dessen Flügel durch den Luftstrom etwas ausgebreitet waren, aber nicht genug, um ihn aufzuhalten. »W’Chaal! Machen Sie einen Gleitflug! Sie können es zum Ufer zurück schaffen!« Er hätte sich nur umdrehen und ein wenig gegen den warmen Luftstrom flattern müssen. »Ich weiß«, sagte er. »Der Meister sagte mir, ich soll mich ins Wasser fallen lassen, um zu sterben.« Park warf einen schnellen Blick nach unten und schätzte, daß ihnen noch zwanzig Sekunden blieben. Nicht genug Zeit für eine Diskussion. Sie packte ihn mit beiden Händen am Pelz, streckte ihre Ellbogen nach außen, wodurch ihre Flügel in ihrer vollen Spannweite ausgebreitet wurden, und spreizte, um Balance zu halten, die Beine. »Nein!« W’Chaal fuchtelte mit beiden Armen herum und versetzte ihr einen harten Schlag in den Solarplexus. Sich vor Schmerz krümmend, ließ sie ihn los. Durch diesen Reflex hatte sie plötzlich keinen Auftrieb mehr und fiel genauso schnell wie er, mit dem Rücken nach unten. Bis sie wieder herumwirbeln konnte, hatte sie wertvolle Sekunden verloren.
W’Chaal schrie etwas Unverständliches und verschwand im Nebel. Park platschte mitten in eine menschengroße Wasserblase und tauchte hustend und würgend wieder daraus hervor. Obwohl sie geblendet war und panische Angst in ihr hochstieg, rettete sie die Tatsache, daß sie ihr halbes Leben lang instinktiv geflogen war. Sie streckte sich und ihre Flügel in voller Länge aus, bis der Husten vorbei war. Als sie merkte, daß sie von feuchtem Nebel umgeben war, vermied sie es, trotz großen Sauerstoffmangels zu atmen, und ruderte langsam nach oben, dem Licht entgegen. Als sich die Luft auf ihrem Gesicht trocken und kalt anfühlte, atmete sie vorsichtig durch die Nase, hustete zweimal und wischte sich die Tränen aus den Augen. Dann arbeitete sie sich mit aller Kraft nach oben, froh darüber, daß das Gewebe der Flügel wasserabstoßend war. Ein Schatten glitt über ihr vorbei, sie blickte nach oben und sah, wie Moore herabschwebte. »Zurück, Sie verdammter Narr!« Er kam längsseits und blieb unbeholfen auf gleicher Höhe. Gar nicht so schlecht für einen Anfänger, mußte sie sich eingestehen. »Es sah so aus, als ob Sie in der Patsche säßen«, sagte er. »Gleich sitzen Sie in der Patsche!« parierte sie lächelnd. Sie hatten ungefähr die Hälfte der Strecke, etwa zehn Kilometer, zurückgelegt, als sie von den Zauberern gefangen wurden. Sie kamen von hinten und waren in dem grellen Sonnenlicht schwer auszumachen gewesen. Sie wickelten die Menschen mit einem breiten Netz aus jenem unsichtbaren Draht ein. »Nicht kämpfen!« sagte Kirk. »Nicht schießen.« Moore hatte seinen Phaser bereits ein Stück herausgezogen und schob ihn
jetzt wieder zurück. Jeder, den sie betäuben würden, würde in den sicheren Tod stürzen. Park hatte sich in die Handrücken geschnitten, als sie sich vom Netz wegstoßen wollte. »Was ist das?« »Mikroskopisch feiner Draht«, sagte Larousse, »der die Wirkung einer Rasierklinge hat, wenn Sie dagegendrücken. Versuchen Sie, sich zu entspannen.« »Es scheinen ungefähr dreißig zu sein«, sagte Wilson, mit der Hand seine Augen abschirmend. »Wir können nur abwarten, bis wir wissen, was sie mit uns vorhaben.« Sein Kommunikator piepste. »Situationsreport, Sir.« Er nestelte ihn vorsichtig von seinem Gürtel und versuchte dabei, das Netz nicht zu berühren. »Es sieht gut aus«, fauchte er, »wir kriegen eine Gratisfahrt.«
10
Sternzeit: 7508.9 Bordzeit: 0820: Ich habe Leutnant Uhura beauftragt, die Durchführung der einzelnen Evakuierungsabschnitte inklusive der logistischen Organisation nach dem Transport zu übernehmen. Auf Anraten von Captain Kirk wird die Besatzung in das dünnbesiedelte und relativ sichere Agrargebiet, in dem die Lan-Chatalia leben, hinunterbeamen. Nach der Absicherung des Geländes und der Bildung einer Verteidigungslinie wird ihre erste Aufgabe sein, die örtlichen Nahrungsmittel und das Wasser zu analysieren. Fähnrich Amstel (ein Chemiker) ist zuversichtlich, daß er sie soweit aufbereiten kann, daß ein unbegrenztes Überleben gewährleistet ist. Ansonsten würde der Vorrat an Nahrungsmitteln für nur neunzehn Tage reichen (bei einer Ration von zweitausendfünfhundert Kilokalorien pro Tag), der Wasservorrat aber nur fünf (bei insgesamt fünf Litern pro Tag). Eine Massenbewegung zur Insel der Zauberer ist nicht ratsam, da wir nur noch zehn Paar Traktorstiefel besitzen. Diese wurden Leuten vom Sicherheitsdienst zugeteilt, die zugleich auch mit Flügeln ausgestattet wurden. Sie werden als Rettungsmannschaft fungieren, die, sobald die Verteidigungslinie steht, die Insel umfliegen wird. Es wird davon abhängen, wie man Kirk und seinen Trupp behandelt, welche Maßnahmen sie ergreifen. Letzten Meldungen zufolge befindet sich der Trupp in den Händen der Zauberer, nachdem er bei der Überquerung des Gewässers, das die Insel vom Festland trennt, gefangen wurde.
Die Evakuierung beginnt um 0945.0, wobei die Transporter ungefähr alle sechs Sekunden in Aktion treten werden. Der Transfer von Mannschaft und Nahrungsmitteln müßte um 0947.5 abgeschlossen sein. Ich bleibe zurück, um mit den Klingonen Kontakt aufzunehmen. - Korvettenkapitän Montgomery Scott Um 0932 studierte Scotty allein im Kontrollraum die Koordinatenliste, die Glak Sôn für ihn ausgearbeitet hatte. Uhura trat leise durch die offene Tür. Er blickte hoch. »Probleme?« »Nein, alle sind auf ihren Plätzen. Allerdings etwas zusammengepfercht. Ich wollte nur für eine Minute weg von ihnen.« Mit zitternder Stimme brach sie die peinliche Stille: »Ich wollte sagen – « »Ach…« Scotty winkte mit einer schwachen Handbewegung ab und blickte zum Deck. »Ich wollte auf Wiedersehen sagen«, fuhr sie fort, »falls es ein Wiedersehen gibt.« Hastig sprach sie weiter. »Ich habe Sie immer sehr gern gemocht, Scotty, und ich bewundere Ihren Mut.« »Danke«, sagte er, ohne den Blick zu heben. »Und ich wußte immer… daß Sie ein guter Offizier sind… eine gute Frau… ich –« Plötzlich lag sie in Scottys Armen. Scotty stand mit geschlossenen Augen da, überwältigt von ihrer Sanftheit und ihrem angenehmen Duft. »Es wird Zeit… Sie sollten langsam wieder hinuntergehen«, sagte er mit einer seltsam heiseren Stimme, deren Klang ihm neu war. Sie drückte ihm einen unschuldigen Kuß auf die glühende Wange. »Wir schaffen es«, flüsterte sie. »Ich weiß nicht, weshalb ich mir dessen so sicher bin, aber wir schaffen es.«
Als sie ging, blickte ihr Scotty nach und bedauerte, daß es so vieles gab, was er ihr in der Vergangenheit nicht gesagt hatte. Was die Zukunft betraf, so waren lediglich die nächsten zwölf Minuten wichtig. Er setzte sich mit der Liste in der Hand und versuchte, sich zu konzentrieren. An Bord des Klingonenschiffs rieb sich Kulain den Schlaf aus den Augen. Auf seinen Lippen zeigte sich ein dünnes Lächeln, als er auf der Anzeigetafel vor sich die rapide abnehmenden Zahlen sah. »Dafür werden Sie einen Orden bekommen, Karez.« Der Wissenschaftsoffizier nickte. »Es war eine von mehreren Möglichkeiten. Wahrscheinlich die, zu der ich mir selbst geraten hätte, wenn ich feige wäre.« Oder wenn du die höchstmögliche Anzahl von Soldaten kämpfen sehen wolltest, dachte Kulain. »Beginnen Sie jetzt mit dem Ausweichmanöver.« Er schaltete den Bildschirm ein und starrte auf die gefangene Enterprise. »Wenn sie immer noch hoffen, das Schiff retten zu können«, sagte er, »dann sollten sie langsam zu feuern anfangen.« Scotty befestigte die Liste in der Nähe des Bildschirms und schaltete ihn ein. Glak Sôns Zahlen basierten auf einem »Zufallsausweichmanöver«, nach dessen Muster die Klingonen früher des öfteren vorgegangen waren. Mit beiden Händen auf der Tastatur und dem Fuß auf dem Feuerhebel starrte er auf das Bild der Novabombe. Die Verzögerung betrug ungefähr ein Zwanzigstel einer Sekunde, deshalb mußte er wie auf einer Entenjagd vor seine Beute zielen. Das Bild zuckte seitwärts: Scotty wählte aus seinen Notizen die entsprechende Ziffer für diese Winkelverschiebung, tippte schnell drei Zahlen ein und betätigte den Feuerhebel.
Ein fahler Lichtstrahl berührte die Bombe, aber ohne sichtbare Wirkung. Der Schweiß lief ihm über das Gesicht, als er auf das nächste Zucken wartete und den Vorgang wiederholte. Dieses Mal sah er nicht einmal den Lichtstrahl. Er schrie die Konsole an, versetzte ihr einen Tritt und verletzte sich an der Zehe. Dann schaltete er den Bildschirm ab und humpelte zum Ersatztransporter. »Energie«, sagte er. Auf dem Automatikkontrollschalter fing ein rotes Licht zu blinken an. Zuwenig Energie. Wenn er jetzt versuchte, sich hinunterzubeamen, würden seine Partikel in sämtliche Winde verstreut werden und könnten niemals mehr zusammengesetzt werden. Das war vielleicht besser, als neun Stunden auf eine Novabombe zu warten, die dasselbe bewirkte. Er wollte Uhura rufen, entschied sich dann aber, noch etwas zu warten. Er würde da unten jetzt eine Panik auslösen, außerdem hatte er noch einiges zu tun. Er ging in die Kombüse hinunter und holte einige Lebensmittel, dann zu seinem Quartier, wo noch eine Flasche denebianischer Brandy stand – genug für neun Stunden. Schließlich schaltete er die Lebenserhaltungssysteme überall ab, ausgenommen im Notkontrollraum und auf Deck acht, wo sich die Pflanzen und Wasserläufe befanden. Er mußte Energie sparen, da es immer noch die entfernte Möglichkeit gab, daß ein Schiff der Föderation kam, um wenigstens ihn vor der Attacke der Klingonen zu retten. Aber weitaus wahrscheinlicher war, daß er als erster um den Bruchteil einer Nanosekunde vor den anderen sterben würde. Im Kontrollraum betätigte er einige Schalter; jetzt konnte er im Freizeitraum per Handkommunikator senden und empfangen. Dann fuhr er mit dem Lift zum Freizeitraum, fand ein kleines, kostbares Kristallglas, setzte sich mit dem Rücken
gegen einen Baum gelehnt ins kühle Gras, goß sich ein und nahm einen kleinen Schluck. Er stellte das Glas vorsichtig ab. »Enterprise an Uhura – oder Jim. Wer immer da unten zuhört. Es muß einen Fehler in den Berechnungen gegeben haben. Obwohl ich die Novabombe getroffen habe, war zuwenig Energie übrig, um sie zu beschädigen. Ebensowenig gab es anschließend genug Energie, um mich hinunterzubeamen. Glak Sôn, ich mache Ihnen deshalb nicht den geringsten Vorwurf. Sie hatten mich gewarnt – außerdem stimmten Ihre Berechnungen für das Zufallsausweichmanöver.« Vorsichtig suchte er nach den richtigen Worten. »Ich kann nicht lange sprechen. Dieses Neutrinoding verbraucht dreißigmal soviel Energie wie ein normaler Kommunikator. Sollte ich nochmals senden, dann deshalb, weil Hilfe gekommen ist. Ich vermisse euch.« »Ich kann es nicht verstehen«, sagte Glak Sôn zitternd und vielleicht von irgendeiner ihm fremden Emotion berührt, die gar nicht so fremd war. »Ich hatte in meinen Berechnungen einen ziemlich großen Spielraum für etwaige Fehler gelassen.« Uhura streckte gedankenverloren die Hand aus und klopfte ihm auf die Schulter. »Es muß an den Daten gelegen haben.« »Ich sehe nicht ein, warum. Ich war mir meiner Sache so sicher.« Er drehte sich um und ging. »Ich mochte ihn.« Vierhundert Leute liefen in dem blauen Kohlfeld herum, gaben Befehle oder führten welche aus. Wären sie Bantu, dachte Uhura, würden sie das einzig Vernünftige tun: neun Stunden lang still dasitzen. Erst wenn sie die Novabombe überlebt hätten, wäre es an der Zeit, Nahrungs- und Wasserverteilungssysteme zu errichten, Latrinen auszuheben und Unterkünfte zu errichten; alles, was im Augenblick wichtig war, hatte im Prinzip nur mit den Eingeborenen zu tun
– vor allem mußten sie im gesamten Umkreis Wachen aufstellen. Außerdem kommandierte sie einige Leute ab, die in der unmittelbaren Umgebung den Kohl ernten und stapeln mußten, damit er nicht zertrampelt wurde. Sie saß im Schneidersitz auf dem ausgetrockneten Boden und beobachtete, ob ihre Befehle ausgeführt wurden. Sie hatte dem Tod schon öfters in die Augen gesehen und wußte, wie sie mit dieser Situation zurechtkommen mußte. Aber sie haßte dieses Gefühl der Ohnmacht, auf die Sekunde genau zu wissen, wann es passieren würde, und nichts dagegen tun zu können. Wenigstens lag über der ganzen Sache etwas Paradoxes, ein ihr vertrautes, afrikanisches Gefühl. »Paradox« war nicht ganz der richtige Ausdruck oder die richtige Übersetzung. Es war, als ob man innerhalb einer winzigen Kugel säße, deren Boden der Himmel ist, in der man völlig eingeschlossen und dennoch in der Weite der Sterne verloren ist. Es war dieses »gemütliche«, idiotisch ordentlich angelegte Kohlfeld, auf dem sie sich alle versammelt hatten, um gemeinsam in einen Tod zu gehen, der normalerweise den Sternen vorbehalten war. Sie hatte dieses merkwürdige Familiengefühl, das Gefühl, für diese Hunderte von Brüdern, Schwestern und Kindern verantwortlich zu sein. Nachdem sie stillschweigend beschlossen hatte, für die Föderation und die Enterprise (und zur Enttäuschung ihrer Familie) kinderlos zu bleiben, hatte sie jetzt das Gefühl, die gesamte Schiffshorde zu bemuttern. Das erinnerte sie an eine Geschichte, die sie von ihrer Urgroßtante gelernt hatte: Das erste Menschenpaar lebte glücklich im Himmel. Eines Tages sagte ihnen Gott, daß sie auf die Erde gehen würden, und fragte, welches Schicksal sie vorzögen: das des Mondes oder das der Banane. Sie konnten sich nicht entscheiden.
Da erklärte er ihnen: Der Mond wächst, dann nimmt er ab, und schließlich stirbt er. Aber er kommt immer zurück. Die Banane sendet, während sie lebt, Schößlinge aus, die sie begleiten, während sie zu- und abnimmt, und sie umgeben, wenn sie stirbt. Aber sie stirbt für immer, nur ihre Kinder leben weiter. Also können wir jederzeit wiedergeboren werden, sagte das Paar, aber wir leben und sterben allein; oder wir teilen unser Leben mit Kindern und sterben für immer. Ihr könnt wählen. Was ist besser? fragten sie. Das sage ich euch nicht. Alle Tiere haben sich für dasselbe entschieden. Da ihr meine Lieblinge seid, habe ich euch bis zum Schluß aufgehoben. Wofür haben sich die Tiere entschieden? Da lachte Gott. Auch das sage ich euch nicht. Der Mann wollte das Schicksal des Mondes, weil er seinem Kopf und seinen Ängsten gehorchte. Die Frau wollte das Schicksal der Banane, weil sie auf ihren Schoß und ihre Hoffnungen hörte. Der Mann gebrauchte Worte, die Frau nicht: Deshalb gab man uns das Leben und den Tod. Meine Urgroßtante wäre nicht überrascht gewesen, wenn sie von den Chatalia erfahren hätte, dachte Uhura. Für sie wären es einfach Leute gewesen, die sich für das Schicksal des Mondes entschieden hatten.
11
Sie waren nur noch wenige Minuten von der Insel entfernt. »Ich denke, wir sollten besser die Stiefel anziehen«, sagte Kirk, wand seinen rechten Arm aus dem Flügel und griff nach den Stiefeln, die er in seinen Gürtel gesteckt hatte. »Können wir überhaupt ohne die Fußflügel fliegen, Fähnrich?« »Man kann sich in der Luft halten«, antwortete Park, »aber das Steuern wird wesentlich schwerer.« »Wir können auch nicht schnell ziehen und feuern«, sagte Wilson, »außer wir verzichten völlig auf die Flügel.« »Das stimmt«, sagte Larousse, »aber bei der Landung entwaffnen sie uns wahrscheinlich sowieso.« »Wir müssen uns über die Situation klarwerden«, sagte Kirk. »Wenn Scotty uns immer noch mit dem Transporter aushelfen könnte, könnten wir ihnen die Waffen getrost übergeben. Aber für den Moment sind dies die einzigen, die uns bleiben.« »Wären es Menschen«, sagte McCoy, »wäre ich dafür, ihnen die Waffen zu übergeben, und würde mich darauf verlassen, daß sie uns aus Neugierde am Leben lassen, zumindest für eine Weile. Aber ich bin gar nicht so sicher, ob sie überhaupt neugierig sind.« »Und was ihre eigene Gattung betrifft, sind sie auch nicht gerade zimperlich«, fügte Park hinzu. »Moment mal«, sagte Wilson, »wir haben noch was in der Hand – zwei von uns sind immer noch im Besitz von Waffen, da sie uns Phasergewehre heruntergebeamt haben. Ich kann einen Phaser in meinem Stiefel verstecken und nur die größere Waffe abgeben. Moore, sind Sie noch im Besitz Ihres Phasers?« Moore lächelte unschuldig. »Ist bereits gut verstaut, Sir.«
»Dann warten wir ab, wie sie sich verhalten«, sagte Kirk. »Wenn es offensichtlich ist, daß sie uns sofort umbringen wollen, halten wir sie uns so lange vom Leib, bis die Phaserkristalle am Ende sind.« Alle wußten es, aber keiner machte eine Bemerkung darüber, daß die Kristallenergie wohl kaum für die gesamte Einwohnerzahl des Planetoiden reichen würde. »Wollen sie verhandeln, uns aber entwaffnen, dann übergeben wir ihnen alle Waffen bis auf die beiden versteckten.« »Es sind drei, Sir«, sagte Park und errötete leicht. »Mr. Scott hat darauf bestanden, daß ich einen kleinen Freund mitnehme.« Der Phaser war unter ihrem Ärmel mit einem Riemen an ihren Unterarm angebunden. »Soll ich ihn jemand anderem geben? Außer im Training habe ich noch nie einen benutzt.« »Nein«, sagte Spock. »Da Sie bei weitem die Kleinste von uns allen sind, werden sie Sie auch für die Ungefährlichste halten.« »Aber genau das bin ich auch!« Sie waren jetzt nahe genug herangekommen, um ihr Empfangskomitee zu sehen. Die meisten von ihnen waren mit Speeren bewaffnet. Es handelte sich ausschließlich um Zauberer. Einer trug als Rangabzeichen das goldene Band. Ein anderer war T’Lallis oder ein anderer Ela mit dem Übersetzer um den Hals – dem einzigen Übersetzer, den sie jetzt noch hatten. Vom Netz befreit, schwebten sie zu Boden. Hier gab es eigentlich überhaupt keine zentrifugale Gravitation mehr; wegen der Traktorstiefel landeten sie auf den Füßen. »Zum Teufel«, flüsterte Moore, »wir könnten sie mit bloßen Händen überwältigen.« Die Zauberer trugen zwar Speere, waren aber auf ihre Flügel angewiesen, um sich zu bewegen. Wie Racheengel schwebten sie um die Mannschaft herum.
»Ich weiß nicht«, sagte Wilson. »Es ist ihr natürliches Element.« Aber es war schwer, sich vorzustellen, wie sie ihre Speere wirkungsvoll einsetzen wollten, denn die Spitzen baumelten herum, als sie näher kamen. Der Zauberer der ersten Kaste sagte etwas Unverständliches. T’Lallis glitt zu ihm hinüber, hielt ihm den Übersetzer hin, und er wiederholte es. »Sie sind unsere Gefangenen. Jegliche Aggression wird mit dem Tode bestraft.« T’Lallis flüsterte ihm etwas zu. »Streckt eure Hände aus, damit wir euch entwaffnen können.« Drei unbewaffnete Zauberer näherten sich von hinten, um ihnen die Waffen abzunehmen. »T’Lallis«, sagte Kirk, »sagen Sie ihnen, sie sollen uns die Kommunikatoren lassen.« »Nein. Sie könnten damit neue Waffen anfordern.« »Denkt daran, nicht ihre Haut zu berühren«, sagte der von der ersten Kaste. »Was ist in diesen Taschen?« »Das hier ist meine medizinische Ausrüstung«, sagte Pille. Er deutete auf die Taschen, die Larousse und Park um die Schultern hängen hatten. »Und darin befinden sich wissenschaftliche Meßgeräte, Nahrungsmittel und Wasser.« »Durchsucht sie.« Die drei untersuchten die Trikordergeräte und die Tasche mit den Vorräten und waren offenbar zufrieden. Sie nahmen die Phaser und die Gewehre, übersahen aber die versteckten Waffen. Einer der Zauberer inspizierte einen Phaser. »Ist es das, was im Erziehungs- und Gerechtigkeitshaus so viele Ven getötet hat?« »Ja«, sagte Kirk, »weil sie unsere Warnungen nicht beachtet hatten.« Er gab ihn dem Zauberer, der sie durchsucht hatte, zurück. »Was gibt Ihnen die Fähigkeit, mit den Füßen auf der Erde zu stehen, als ob eine Anziehungskraft vorhanden wäre?«
»Es ist Zauberei«, sagte Kirk. »Das genügt mir nicht.« »Gut! Wir können einen Handel machen. Je mehr Sie uns erzählen, desto mehr erzählen wir Ihnen.« Der Zauberer war eine Minute lang still. »Vielleicht. Wir können es versuchen. Erzählen Sie uns mehr über das Stehen.« »Wir tragen Traktorstiefel – « »Das Wort ergibt keinen Sinn.« »Ich weiß. Da Sie kein entsprechendes Wort dafür haben, bleibt dem Übersetzer nichts anderes übrig, als eins zu erfinden. Aber ich zeige sie Ihnen.« Er machte den Reißverschluß seiner Stiefel auf, zog sie aus und schwebte einige Meter davon. Dann setzte er unbeholfen am Boden auf und legte die Stiefel wieder an. »Jetzt verstehe ich«, sagte der Magier, »die Dinger an Ihren Füßen sind klebrig. Aber ich sehe nicht ein, was das Ganze soll. Sie können fliegen, warum bringen Sie sich dann selbst um diese Freiheit?« »Wir sind an das Fliegen nicht gewöhnt. Wo wir leben, gibt es immer eine Anziehungskraft.« »Wie bei den Ven und Lan.« »In gewisser Weise ja, aber es ist eine andere Art von Kraft. Eine Frage: Gibt es etwas, was die Ela der ersten Kaste wissen, aber die der zweiten nicht?« »Das kann ich in Anwesenheit all dieser Leute nicht beantworten. Ich kann nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob ich den Unterschied überhaupt kenne.« »Schicken Sie sie weg und versuchen Sie es.« »Nein, das wäre zu gefährlich. Stellen Sie eine andere Frage.« »Darf ich, Captain?« ließ sich Spock hören. Kirk nickte. »Eine einfache Frage: Ist Ihnen klar, daß wir keine Klingonen sind?«
»Wir halten Sie für eine andere Art von Klingonen«, antwortete der Zauberer ohne zu zögern. »Die, die früher kamen, benahmen sich anders. Was aber nicht heißt, daß wir Ihnen trauen können.« »Gut«, sagte Kirk. »Das scheint ein fairer Meinungsaustausch zu sein. Stellen Sie noch eine Frage.« »Diese Waffe.« Der Chatalia nahm sie dem Zauberer, der neben ihm stand, ab. »Wie ist es möglich, daß sie manchmal tötet und manchmal nur einschläfert?« »Sie hat eine Skala, an der – « »Das Wort ergibt keinen Sinn.« »Lassen Sie es mich mal versuchen«, sagte Larousse. »Man kann ihr mitteilen, was sie tun soll. Normalerweise wollen wir nicht, daß sie jemanden tötet. Aber sie kann jemanden verbrennen oder sogar selbst explodieren, wenn man ihr das Falsche sagt.« »Wir haben Tiere gemacht, die das tun.« Er wog die Waffe in seiner Hand. »Das hier lebt aber nicht.« »Nein, es ist eine Maschine.« »Das verstehe ich nicht.« Er schwebte zu Larousse und gab ihm die Waffe. »Töten Sie jemanden. Aber nicht mich.« »Was?« »Einen von der zweiten Kaste.« Larousse blickte zuerst auf den Phaser, dann auf den Zauberer. »Ich… wir… töten nicht ohne Grund.« »Dies ist ein Grund.« »Nein – kein triftiger.« »Es sind nur Wachen.« Wilson und Moore tauschten Blicke. »Sie werden nicht lange weg sein.« »Spopock«, sagte Larousse in Op. »Wopas sopoll opich topun?« Spock – was soll ich tun?
»Was war das?« Der Übersetzer war natürlich nicht in der Lage gewesen, das zu übersetzen. »Gopebopen Sopie sopie zopuropück.« Geben Sie sie zurück. Der Zauberer ruderte nach hinten. »Versuchen wir es mal so: Wache, töte den Kleinen.« Eine der Wachen schlug mit den Flügeln und flog mit ausgestreckter Speerspitze schnurstracks auf Park zu. »Zieh!« schrie Wilson. Er und Moore fingerten nach ihren versteckten Phasern, wobei sie von den Flügeln behindert wurden. Park war schneller: Sie zog genau in dem Moment, als sich der Speer in ihren Bauch rammte. Sie feuerte. Der Wächter zerplatzte in ein purpurfarbenes Etwas, nur der Kopf und seine Gliedmaßen blieben intakt. Park stöhnte vor Schmerz und Verwirrung; die Wucht des Stoßes hatte sie trotz der Traktorstiefel den Halt verlieren lassen. Sie stolperte und trudelte langsam davon, ein dickflüssiges Blutband hinter sich herziehend. Moore und Wilson knieten Rücken an Rücken am Boden und feuerten. Zuerst betäubten sie die, die bewaffnet waren, dann die anderen Wachen. Plötzlich stand Moore auf und trat dem Zauberer entgegen. Er stellte die Wählscheibe auf 9. »Mörder.« Er zielte. »Tun Sie es nicht, Moore«, stieß Kirk hervor. »Vielleicht später.« McCoy schnellte zu Park Tinney hinüber und holte sie sanft auf den Boden zurück. Er öffnete seine Arzttasche und schnitt mit der Schere einen Teil des Anzugs weg. Die Speerspitze ließ er in der Wunde. Sie hatte einen schweren Schock erlitten – ihre Haut war aschfahl, die Augen verdreht, so daß man nur das Weiße sah, der Atem war flach, eher ein leises Keuchen. McCoy stellte den Trikorder auf Tomographie und inspizierte die Wunde aus verschiedenen Winkeln.
»Schlecht«, sagte er. »Retroperitonal. Die untere Körperhohlvene ist geöffnet. Sind Sie als Sanitäter ausgebildet?« »Ja«, sagten Moore und Wilson gleichzeitig. »Wir müssen uns beeilen. Jeder auf eine Seite.« Er schob das sterile Feldgitter unter ihren schmalen Rücken. »Hört zu.« Er gab ihr eine Betäubungsspritze. »Ich muß einen ziemlich langen Schnitt machen. Die Vene liegt ungefähr acht Zentimeter tief. Ihr müßt die Ränder der Wunde auseinanderhalten, während ich mich vorarbeite; zieht nur eben ganz leicht an der Haut, so wie ich. Es wird kein schöner Anblick sein.« Schon jetzt war es schlimm genug: Roter Schaum sprudelte nach allen Seiten, nur nicht zu Boden, und als McCoy die Speerspitze herauszog und sich an die Arbeit machte, wurde es fast unerträglich. Es dauerte ungefähr sechzig Sekunden, bis sich das Skalpell einen Weg durch die verschiedenen Schichten aus Muskeln, Fettgewebe und Knorpeln gebahnt hatte; Pille mußte das Loch, das die Waffe gebohrt hatte, vergrößern, um den Anabolikprotoplaser nahe genug heranbringen zu können und so die verletzte Körperhohlvene zu schließen. Das Schließen der Wunde dauerte weitere sechzig Sekunden. Zu diesem Zeitpunkt sahen die beiden Helfer bereits schlimmer aus als die Patientin – unter roten Blutspritzern hatten ihre Gesichter eine grünliche Farbe angenommen. »Sie wird am Leben bleiben. Aber sie darf einen Tag lang nicht bewegt werden.« »Ich bleibe hier und halte Wache«, sagte Moore. »Nein«, sagte Wilson. »Sie sind schneller als ich. Das könnte wichtig sein, wenn es zu einem weiteren Zwischenfall kommen sollte. Außerdem bin ich alt genug, um ihr Vater zu sein. Wenn ich mich um sie kümmere, wird sie das weniger in Verlegenheit bringen.«
»Und außerdem«, sagte Moore, »ist das sicher ein Befehl.« »Das wollte ich gerade erwähnen.« McCoy wischte sich, so gut es ging, das Blut ab und gab den Lappen an Wilson weiter. Kirk berichtete mit leiser Stimme Uhura von der Situation. Larousse stand mit dem Phaser in der zitternden Hand da und hielt den Zauberer in Schach. »Das verstehe ich nicht«, sagte er. »Er war auf Betäubung gestellt.« McCoy beugte sich über den zerschmetterten Körper des Wächters, der Park angegriffen hatte. »Ich denke, sie konnten von Ihrem Standpunkt aus nicht sehen, daß es Tinneys Phaser war, der ihn erwischte, nicht Ihrer. Vielleicht hatte sie die Einstellung nicht überprüft, oder die Scheibe hat sich auf eine größere Nummer gedreht, während sie zog.« »Das… ist ein kleiner Trost. Ich habe noch nie jemanden getötet. Das fällt nicht in mein Ressort.« »Ich bin überzeugt, daß auch Tinney noch niemals zuvor jemanden getötet hat. Nicht einmal jetzt. Stimmt das, Zauberer?« Er stieß mit der Zehe gegen die sterblichen Überreste. »Es wird nicht lange dauern, bis er zurück ist, oder?« »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen. Sein neuer Körper wird bald lebendig sein, aber es wird viele zwanzig Tage dauern, bis er seine früheren Aufgaben übernehmen kann. Die Ela lernen schneller als unsere niederen Brüder, aber da wir unsere Erinnerungen behalten, gibt es für uns viel mehr zu lernen.« Der Zauberer zögerte. »Sind Sie deshalb so wütend auf mich? Ist es wirklich wahr, daß Sie niemals ersetzt werden?« »Ja, das stimmt, und deshalb sind wir auch so verärgert! Um ein Haar hätten Sie dieses Mädchen getötet – « »Das Wort ergibt keinen Sinn.«
» – und sie würde niemals zurückkehren.« McCoy wandte sich von dem gräßlichen Anblick ab und sah den Zauberer an. »Mädchen. Ein Mädchen, eine Frau oder ein weibliches Wesen, gehört der gleichen Art wie ein Mann, oder ein männliches Wesen, an. Die einzelnen Bestandteile unterscheiden sich jedoch. Das Standardmodell des Mädchens besteht aus Zimt und Nelken, und alles an ihr sieht nett aus. Die Jungen dagegen bestehen aus Holz und Hundeschwänzen. Capito?« »Ich habe gar nichts verstanden.« »Genausoviel Sinn wie dieser Ersatzhumbug ergibt es allemal. Sie klonen sie doch, oder?« »Natürlich nicht.« »Aber Sie wissen, was ein Klon ist, oder?« »Gewiß. Wir klonen viele Arten von Pflanzen und Tieren. Aber der Ersatz ist etwas anderes. Sehen Sie sich zum Beispiel mal das an.« Er zeigte auf eine dicke weiße Linie, die diagonal über seinen Flügel verlief. »Dies ist eine Narbe, die ich vor zehn Generationen von einem eurer Klingonenbrüder erhielt. Wenn wir tatsächlich Chatalia oder gar Ela-Klingonen würden, hätte ein Klon von mir diese Narbe nicht. Und ebensowenig meine Erinnerungen oder meine Individualität.« »Sie reden von Unsterblichkeit, aber wir wissen, daß es sie nicht gibt.« (Einige Menschen besaßen eine sogenannte Fortsetzungsunsterblichkeit, wobei nicht mehr leistungsfähige Organe ersetzt werden, die Zellen sich aber nach einigen hundert Jahren nicht mehr teilen können und ein völliger Zerfall einsetzt.) »Ich glaube, Sie machen sich etwas vor. Oder aber Sie lügen uns an.« »Zauberer lügen nicht«, sagte der Chatalia.
»Das mag schon sein«, mischte sich Spock ein, »weder dieser hier noch T’Lallis haben jemals nachweisbar die Unwahrheit gesagt, zumindest nicht, was das eigene Weltbild betrifft.« »Lassen Sie mich versuchen, es zu erklären. Es ist nicht so, daß wir ewig leben. Wir werden ausgetauscht, wenn wir nicht mehr nützlich sind. Ganze Familien durften aussterben, wenn sich ihre Tätigkeit als überholt erwiesen hatte. Einzelnen Individuen wird erlaubt zu sterben, wenn ihr Verhalten darauf schließen läßt, daß ihr Weiterleben für die anderen eine Belastung darstellen würde.« »Das erklärt immer noch nicht den eigentlichen Vorgang«, sagte McCoy. »Wenn nicht durch Klonen, wie entsteht dann das Duplikat?« »Die Vatermaschine.« Der Zauberer deutete auf den zerrissenen Körper, der in der Nähe von McCoys Füßen schwebte. »Dieser hier, zum Beispiel, heißt T’Kyma. Das nächste Mal, wenn ich nach Unten gehe, werde ich der Vatermaschine sagen, daß T’Kyma ersetzt werden muß. Wir gehen alle zwanzig Tage zur Vatermaschine und verweilen einige Zeit bei ihr. Wenn wir sterben oder so krank sind, daß wir getötet werden müssen, produziert die Maschine eine Kopie von uns, und zwar so, wie sie uns beim letzten Mal angetroffen hat.« »Mit den Erinnerungen und allem Drum und Dran«, sagte Pille. »Was die Ela betrifft, ja. Die Ven und Lan werden von einer anderen Vatermaschine ersetzt, die lediglich den Körper reproduziert. Bestimmte Familien sind darauf spezialisiert, die Neuen zu erziehen.« »Diese Vatermaschine würde ich gern einmal sehen«, sagte Spock. »Und ich würde gern alle anderen Maschinen ebenfalls sehen«, fügte Kirk hinzu. »Führen Sie uns hin?«
»Nach Unten?« »Wo immer es ist. Irgendwohin wollten Sie uns doch von diesen Wachen bringen lassen, oder?« »Ja, und zwar tatsächlich nach Unten. Aber nicht, um Ihnen etwas zu zeigen.« »Ich schlage vor, wir gehen jetzt hin«, sagte Kirk. »Und zwar bewaffnet.« Scotty hatte den Whisky rationiert: Er genehmigte sich nur alle fünfundvierzig Minuten einen Schluck und war deshalb so nüchtern wie Spock. Als er noch die Universität von Glasgow besuchte, war er öfters in die Pubs gegangen. Damals, und vielleicht auch noch heute, gab es eine bestimmte Sitte, die darüber entschied, wer die nächste Runde zu zahlen hatte: Dabei stand der Junge, der gerade die Runde zuvor bezahlt hatte, auf, schlug, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, mit einem Glas auf den Tisch und rezitierte die erste Zeile eines Gedichts, gewöhnlich auf Schottisch. Derjenige, der links von ihm saß, mußte die zweite Zeile liefern; und so ging es weiter, immer gegen den Uhrzeigersinn. Der erste, der eine Zeile verpatzte, mußte die Runde bezahlen. Für Scotty entsprach es durchaus der Art eines Gentlemans, andere für sich bezahlen zu lassen – und ein Mann, der sich, an jede einzelne Linie einer komplizierten technischen Zeichnung erinnern kann, kann auch einige Gedichtzeilen im Kopf behalten. Um sich nicht nur mit der Trinkerei zu befassen, hatte er einige Stunden damit verbracht, dieselben Gedichte wie vor zwanzig Jahren zu rezitieren, und stellte sich dabei vor, mit seinen Kameraden von damals zusammenzusitzen. Er ging auf und ab. Es blieben ihm nur noch zwölf Minuten. Er mußte zur Behelfsbrücke gehen und den Bildschirm warmlaufen lassen.
Als er in den Lift stieg, fing er mit einem Gedicht von Robert Graham an: »Mit tapferen Taten meine Dame zu erfreuen, besteige ich schon bald mein Roß; und ist sein Arm auch noch so stark, mein Lohn wird um so größer sein.« Er ließ es gleich wieder sein; wozu das Heldentum besingen, wenn der Widersacher ein grausamer Heckenschütze war. Während er im Lift war, fielen ihm düstere Zeilen von Donne und Shakespeare ein, aber er wollte nicht vom Tod singen, jedenfalls nicht jetzt. Vielleicht in zehn Minuten. Er setzte sich in den Kommandosessel und schaltete den Bildschirm ein. Auf der niedrigsten Energiestufe dauerte es einige Minuten, bis er die Bombe lokalisiert hatte. Er sah zu, wie sie näher kam, mit sich selbst im Widerstreit, und entschied sich schließlich, Uhura nicht anzurufen. Noch eine Minute. Er goß sich das Glas bis zum Rand voll und trank es feierlich aus. Dann blickte er finster auf die Bombe, die mit jeder Sekunde deutlich größer wurde. »Sei verdammt«, flüsterte er Kulain zu. Er hatte stärkere Sprüche drauf, aber er sagte, was er fühlte. »Hol dich der Teufel.« Der Bildschirm wurde in gleißendes Weiß getaucht. Die Insel der Zauberer bot der Mannschaft einen bizarren Anblick. Der Boden bestand aus trockenem Lehm, der so hart wie Zement schien, aber überall wuchsen Pflanzen ohne jegliche ästhetische oder logische Anordnung. Sowohl Blätter als auch Blumen schillerten in allen Regenbogenfarben und wuchsen in allen Formen und Größen, angefangen von kleinsten Grasbüscheln bis zu verschlungenen, dornigen Kletterpflanzenknäueln, die in Klumpen bis zur Größe eines Hauses auftraten. Als sie sich dem Eingang nach Unten
näherten, wurde das Gehen durch den dick verfilzten Dschungel, den sie mit den Phasern wegbrennen mußten, fast unmöglich. Er war nicht für Fußgänger angelegt, aber Kirk und seine Leute hatten keine Lust, sich neuerlich in die Lüfte zu schwingen. Spock hielt den Zauberer (dessen Name, wie sich herausstellte, T’oomi war) fest am Arm und schob ihn vor sich her. Der Eingang war ein gemeißeltes Loch von etwa fünfhundert Meter Durchmesser. An den Seiten war es schwarz und glatt, wie aus Obsidian gehauen; und natürlich gab es keine Stufen. »Sie gehen voraus, T’oomi«, sagte Kirk. »Ich kann Ihnen eigentlich nicht drohen, da Sie ja nicht ans Sterben glauben.« Er wischte sich den schmutzigen Schweiß aus dem Gesicht, von den Anstrengungen der vergangenen Stunden keuchend. »Aber bevor Sie irgendeinen Gedanken an eine Flucht verschwenden oder sich weigern, mit uns zusammenzuarbeiten… denken Sie daran, was diese Waffen der Vatermaschine antun könnten. Und dem Rest vom Unten.« »Ich verstehe«, sagte der Zauberer. »Ich werde mit Ihnen zusammenarbeiten… Aber ich glaube nicht – « »Captain!« sagte Spock mit einem eigenartigen Unterton. »Die Zeit.« Noch bevor er die Zahlen sah, wußte Kirk, was er meinte. »Wir sind am Leben.« »Die Hülle hat standgehalten.« »Scotty…« Kirk riß den Kommunikator heraus. »Kirk an Enterprise. Mr. Scott, bitte kommen.« Sie hörten nichts weiter als atmosphärisches Rauschen. Er steckte ihn wieder ein. »Gehen wir«, sagte er und trat auf T’oomi zu. »Finger weg!« Der Zauberer wich zurück. Er schwebte in das Loch hinein. »Folgen Sie mir.« »Wir gehen zu Fuß«, sagte Kirk. »Sie bleiben dicht vor uns.«
Halb fliegend, halb gehend bewegten sie sich die glatte Wand hinunter, auf etwas zu, das wie ein dichter Garten aussah. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Das Gehen fiel ihnen leichter als im Dschungel, aber der Eindruck, ständig gegen die Gravitation anzukämpfen, desorientierte und ermüdete sie. Der Schacht von der Länge eines halben Kilometers war in erster Linie ein Luftschacht für das Unten, das sich als riesige Kuppel mit einer Ausdehnung von zehn Kilometern herausstellte. Von ihrer blanken Decke ging gleichmäßig ein kaltes, bläuliches Licht aus. Vorsichtig schwebten sie mit gezogenen Phasern hinunter. Moore trug das schwere Phasergewehr. Das Unten sah wie ein heruntergekommener Garten aus. Zwischen den Pflanzen, die in ordentlichen runden und viereckigen Beeten angeordnet waren, sprossen überall Unkraut und Kletterpflanzen. Die Vielfalt an Größen, Formen und Farben war so überwältigend wie oben, aber in dem kalten Licht wirkte hier alles viel düsterer. Als sie auf dem Boden auftrafen, schwankten sie. Die Traktorstiefel boten keinen Halt mehr. »T’oomi?« sagte Kirk. »Was ist das?« T’oomi schwebte einfach in der Luft und blickte sie an. »Spock?« »Interessant… Einige Substanzen reagieren gegenüber dem Traktorfeld abweisend, und sie sind alle metallisch.« Der Boden sah wie ein Konglomerat aus Kies und Zement aus. »Da steckt noch mehr dahinter«, sagte Larousse. »Überprüfen Sie die Uhrzeit.« Spock und Kirk blickten auf ihre Chronometer, aber die Anzeigen waren verschwunden. Kirk zog den Kommunikator heraus und schnippte ihn auf; kein Piepsgeräusch wies auf irgendein Anzeichen von Aktivität hin. »Kirk an Uhura.« Stille.
T’oomi sagte etwas auf chatalianisch, aber der Übersetzer blieb stumm. »Mein Gott«, sagte McCoy. »Hier unten funktioniert nichts mehr.« Aus allen Richtungen schwebten Zauberer auf sie zu. Die meisten von ihnen waren bewaffnet.
12
Nachdem sich Scotty wegen des gleißenden Lichts die Augen gerieben und sich fest gekniffen hatte, kam er zu der Überzeugung, daß er (erstens) entweder am Leben oder (zweitens) das Leben nach dem Tod ziemlich ernüchternd war. »Uhura an Enterprise, bitte kommen!« Die Meldung kam sehr schwach und stark gestört durch. »Hier ist die Enterprise. Mir geht es gut, Uhura!« »Enterprise, bitte kommen.« Sie hatte ihn nicht gehört. »Bitte kommen!« »Kirk an Enterprise. Mr. Scott, kommen.« Das Signal des Captains war sogar noch schwächer. »Ich bin hier, Captain!« schrie Scotty. »Das Schiff hat es durchgehalten!« Angewidert schaltete er den Kommunikator aus. Es gab nicht genug Energie, um die Neutrinoträgerwelle aufrechtzuerhalten. Er spürte ein Frösteln, das sowohl etwas mit der tatsächlichen Kälte als auch mit einer schrecklichen Erkenntnis zu tun hatte: Wenn es kaum genügend Energie für den Kommunikator gab, wie lange würden dann die Lebenserhaltungssysteme funktionieren? Er hatte das Gefühl, als ob sich die Temperatur auf der Behelfsbrücke bereits um wenigstens zehn Grad gesenkt hatte, seitdem er die Explosion der Bombe verfolgt hatte. Wenn das so weiterging, würde er in Kürze festgefroren sein. Er sprang aus dem Sessel und rannte zum Turbolift. Er mußte noch Nahrung und Wasser aus dem Freizeitraum holen. Und noch einiges mehr. Der Lift kam nicht. Die Energie reichte nicht aus.
Scotty öffnete die Türen mit Gewalt. Es gab zwar eine Passage, die zum nächsten Deck führte, aber sie war mit den Teilen des Schiffs verbunden, deren Lebenserhaltungssysteme bereits ausgeschaltet waren. Glücklicherweise war der Aufzugschacht versiegelt und die Decks miteinander durch Sprossen verbunden. Er kletterte hinunter und stieß die Türen zu Deck acht auf. Er mußte sich beeilen und schleunigst seine Sachen zusammenpacken. Dann würde er, mit Ausnahme der Brücke, alles abschalten. Die Bäume taten ihm leid. Es mußten an die zweihundert Außerirdische sein. Alle trugen das goldene Band der ersten Kaste. T’oomi sprach mit der lauten Stimme eines Redners zu ihnen. »Können Sie irgend etwas davon verstehen, Larousse?« fragte Kirk. »Nichts, was uns nützen könnte. Ich verstehe das Wort ›Zauberer‹ und den Ausdruck für uns, oder vielleicht Klingonen. Er spricht eine andere Sprache als T’Lallis.« »Was halten Sie davon, wenn ich einen Fluchtversuch unternehme?« schlug Moore vor. »Ich kann vielleicht schneller laufen als die Zauberer.« »Wenn sie nur die Speere hätten, wäre es vielleicht eine Möglichkeit«, sagte Kirk. »Aber einige von ihnen sind mit einem Bogen bewaffnet.« »Das heißt noch lange nicht, daß sie mich treffen.« »Lassen wir es nicht darauf ankommen.« Ein Chatalia schwebte auf sie zu. Er war unbewaffnet, aber er trug ein Zeug vor sich her, das wie dunkelblaue Selleriebündel aussah. »Aufgepaßt.« Durch die Enden des blauen Selleries waren Faserschlingen gezogen. Der Zauberer näherte sich Kirk und legte ihm eine Schlinge um den Hals, so daß die Stengel wie eine Krawatte aus Gemüse herunterhingen.
»So«, sagte der Außerirdische, »können Sie mich jetzt verstehen?« »Äh«, sagte Kirk verdutzt. »Eh… ja, ich verstehe Sie. Und Sie mich auch?« »Natürlich.« Er ging zu McCoy. »Was, zum Teufel, geht hier vor?« McCoy versuchte, das Wesen wegzuschubsen. »Es sind Übersetzer«, sagte Kirk, aber McCoy hörte »Grunfoon w’kaiba.« »Aha, ich verstehe.« Er machte mit, und die anderen auch. Als Larousse den Übersetzer erhielt, fragte er: »Wie haben Sie das gemacht?« »Das war nicht ich. Erinnern Sie sich nicht? Die Vatermaschine hat sie gemacht. Das letztemal, als Sie hier waren.« »Moment mal. Sie funktionieren auch mit Klingonisch?« »Natürlich.« »Kopönnopen Sopie mopich voperstopehopen?« Können Sie mich verstehen? »Sicher.« Er schwebte wieder davon. »Sie sind besser als unsere«, sagte Spock. »Sie müssen nicht auf eine bestimmte Sprache geeicht werden.« »Je parle frangais«, sagte Spock. »Pouvez-vous me comprendre?« »Das habe ich auf französisch gehört«, sagte Larousse. »Aber ich verstehe französisch. Wakarimasu ka?« »Das habe ich auf vulkanisch gehört. ›Verstehen Sie?‹« »Es war Japanisch. Unglaublich, diese Maschine.« »Telepathisch«, sagte Spock und blickte interessiert die Stengel an. »Sie ähnelt wirklich der unsrigen, außer, daß sie eine Pflanze ist.« T’oomi sprach: »… und wenn sie sterben, ist es immer ein Tod ohne Ersatz. Auch das ist verdächtig.
Aber ich war einige Zeit mit ihnen zusammen, und auch ein Angehöriger der zweiten Kaste, der ein paar Tage mit ihnen reiste, stimmte mir zu: So, wie wir die Klingonen in Erinnerung haben, handeln sie in keinster Weise.« Kirk meldete sich. »Wir sind keine Klingonen. Die physischen Ähnlichkeiten sind rein äußerer Natur. Eure Wissenschaftler könnten uns untersuchen und würden das sofort bestätigen.« Langes Schweigen. »Die Vatermaschine«, ließ sich jemand aus der Menge hören. »Das wäre möglich«, sagte T’oomi. Er drehte sich zur Mannschaft um. »Aber es könnte sein, daß Sie es nicht überleben. Die Vatermaschine hat jeden Klingonen, den wir ihr geschickt haben, getötet. Ohne Ersatz.« »Wissen Sie, warum?« »Weil sie die allgemeine Ordnung gefährdet haben.« »Nicht, weil sie… bösartig waren?« »Dieses Wort läßt sich nicht übersetzen.« »Aha. Ich nehme an, daß auch wir die allgemeine Ordnung gefährden?« »Das haben Sie bestimmt bereits getan. Ob das für die Maschine ein Grund ist, Sie zu töten, sei dahingestellt.« »Lassen Sie mich eine Alternative vorschlagen«, sagte Spock. »Ihnen ist bekannt, daß Ihnen meine Berührung, im Gegensatz zu den anderen, nichts anhaben kann.« »Unseres Wissens, ja.« »Gut. Mein Volk, die Vulkanier, hat eine besondere Gabe, die Gedankenverschmelzung genannt wird. Sie erlaubt eine intime telepathische Verbindung zwischen zwei Lebewesen, in der es keine Falschheit und nicht die geringste Verstellung gibt. Ist jemand unter Ihnen, der bereit wäre, diese Verbindung mit mir einzugehen?«
»Kann es von dritten abgehört werden?« fragte T’oomi. »Nein, es ist eine Kommunikation zwischen zwei Wesen.« T’oomi ruderte auf ihn zu. »Dann ist es also mit Gefahr verbunden?« »Es ist für beide schmerzhaft, aber nicht unbedingt gefährlich.« »Ich will es versuchen.« Die langen, graziösen Finger Spocks berührten die Schläfen des Außerirdischen. Kirk sah zu und verzog das Gesicht. Er kannte die Prozedur und wußte, wie sehr sie seinen Freund strapazierte. Minuten verstrichen; Spock schwebte lediglich in der Luft, das Gesicht von der intensiven Konzentration angespannt, aber ohne Anzeichen von Schmerz. Erstaunt ließ er T’oomi los. »Nichts. Sie scheinen irgendwie in der Lage zu sein, den Prozeß zu blockieren.« »Ich habe mich nicht widersetzt. Aber ich habe auch nichts gefühlt.« Er drehte Spock den Rücken zu und schwebte davon. »Ich glaube, daß der Vulkanier, wie er sich selbst nennt, lügt. Wie die Ven oder Lan oder die Klingonen.« Kulain saß angespannt in seinem Kommandosessel und blickte nochmals auf das Kristall, vielleicht zum zwanzigsten Mal. Es zeigte, wie die Novabombe auf den Planetoiden stürzte, gerade so, daß sie genau neben der Enterprise detonieren würde. »Die Geschwindigkeit verlangsamen«, sagte er zum Kommunikationsoffizier. »Drosseln Sie sie, soviel Sie können.« Das Bild der Enterprise nahm fast die Hälfte des Bildschirms ein. Die Bombe war auf etwa dreihundert Meter herangekommen und wurde plötzlich zu einem weißen gleißenden Fleck, der sich vergrößerte. Der Feuerball schwoll
an, bis er die Oberfläche des Planetoiden berührte – dann verschwand er plötzlich. »Das ist unmöglich!« raste Kulain. »Energie kann nicht einfach so verschwinden.« Der klingonische Waffenoffizier neben ihm nickte besorgt. »Der Feuerball hätte so weit anschwellen müssen, bis er den Planetoiden umhüllt hätte… um sich dann auf das Zehnfache zu vergrößern. Normalerweise dauert es mehrere Stunden, bis er sich auflöst.« »Was also ist passiert?« Der Offizier blickte besorgt auf den Schirm. »Zauberei.« »Leutnant…« »Im Ernst, Lord. Warum nicht? Die Gesetze der Wärmedynamik bilden die Grundlage unserer gesamten Wissenschaft. Was hier passiert ist, verleugnet sie. Daher ist der Ausdruck Zauberei als funktionale Beschreibung durchaus gerechtfertigt.« »Ich brauche eine Gegenwaffe, keine funktionale Beschreibung.« »Selbstverständlich, Lord.« Er überlegte einen Moment. »Als erstes müssen wir herausfinden, ob diese Abwehrwaffe von der Enterprise oder diesen Chatalia entwickelt wurde.« »Wenn es die Enterprise war, dann war ihr Notruf eine Falschmeldung und ein Köder, der uns zum Angriff verlocken sollte.« Er grübelte. »Vielleicht, um ihr Gerät zu testen. Und uns in bezug auf den Organianischen Vertrag in eine peinliche Verlegenheit zu bringen.« »Aber wenn das Signal echt war«, sagte der Waffenoffizier, »ist es ein Beweis dafür, daß die Chatalia eine mysteriöse Macht über die Energie besitzen. Zauberei eben.« »Was für ein ekelhafter Ausdruck.« Kulain lehnte sich zurück und schloß die Augen. »Was wir brauchen, ist eine Strategie, die in beiden Fällen funktioniert. Haben Sie eine Idee?«
Nach langem Schweigen sagte der Offizier: »Vielleicht fehlt es mir an Fantasie. Ich kann mir nur einen direkten Angriff via Transporter vorstellen. Vielleicht könnten Sie sie zwingen, das Geheimnis herauszugeben, bevor wir sie ausrotten.« Kulain lächelte schwach und öffnete die Augen. »Sie haben Glück, daß Ihr Posten keine Fantasie erfordert. Wir haben noch eine Novabombe übrig, oder?« »Ja, Lord, aber ich würde davon abraten – « »Nein, wir werden unsere Aktion nicht wiederholen. Wir nehmen den Transporter und lassen die Bombe im Inneren des Planetoiden hochgehen.« »Aber Lord… die Bombe ist zu groß, um transportiert zu werden.« Kulain klopfte sich an den Kopf. »Fantasie, Leutnant. Wir senden sie in Einzelteilen. Und dann schicken wir ein Expertenteam, das sie wieder zusammenbaut und zur Detonation bringt.« »Einen Artillerietrupp, Lord?« »Wollen Sie die Köche damit beauftragen?« »Natürlich nicht, Lord.« Der Waffenoffizier erhob sich steif und salutierte. »Überleben und Erfolg.« Kulain blickte ihm nach und befaßte sich dann nochmals mit dem Kristall. Natürlich gab es noch eine andere Möglichkeit, die mit beiden Fällen vereinbar war: Flucht. Ein bedrückend menschlicher Gedanke. Vielleicht hatte Kai recht. Es war obszön. Aber der Gedanke verschaffte ihm ein geheimnisvolles Vergnügen. Die Zauberer hatten ihnen die Übersetzer abgenommen, um nicht belauscht zu werden, und führten eine lebhafte Debatte. Offenbar wußten sie nicht so genau, was sie mit der Mannschaft machen sollten. T’oomi hatte gesagt, daß in dieser Gruppe sämtliche Zauberer der ersten Kaste vereint wären.
Eine derartige Versammlung fand in jeder Generation nur äußerst selten statt. »Wenn es hier unten so etwas wie einen Kontrollraum gibt«, sagte Kirk, »dann haben sie ihn ziemlich gut getarnt.« »Vielleicht suchen wir das Falsche«, sagte Spock. »Ich habe da eine Theorie: Alle ihre Maschinen könnten die Form einer Pflanze haben – ich erinnere mich an T’Lallis’ Bemerkung, daß die Pflanzenzucht die Hauptaktivität der Zauberer der ersten Kaste sei.« »Dann würden sie also Maschinen anpflanzen?« »Das ist durchaus vorstellbar. Nehmen wir einmal an, Sie würden ein Schiff wie dieses planen, eines, das mehrere zehntausend Jahre oder länger unterwegs sein würde. Was wäre Ihre größte Sorge?« Kirk rieb sich das Kinn. »Vermutlich die Instandhaltung. Ersatzteile sind nicht erhältlich, und die meisten Teile würden mit der Zeit verschleißen.« »Ganz richtig. Aber wenn die Erforschung des Lebens weit genug fortgeschritten ist, um Pflanzen zu erzeugen, die die Funktionen von Maschinen übernehmen können, dann kann man durch simple Fortpflanzungsmethoden exakte Ersatzteile herstellen.« Larousse gesellte sich zu ihnen. »Wenn das so ist, ist es wahrscheinlich so, daß keinem von ihnen bewußt ist, daß sie sich in einem Raumschiff befinden. Wenn sie in ihrer Tradition stark genug verwurzelt sind, jede Pflanze also auf eine bestimmte Art behandelt und ausgetauscht wird…« Das Geschnatter wurde leiser. »Es dürfte uns nicht schwerfallen, das herauszufinden«, sagte Kirk. »Da kommt T’oomi.« Es war nicht einfach, die einzelnen Zauberer auseinanderzuhalten, nur T’oomi war leicht an seiner Narbe zu erkennen. Er wurde von einem anderen Ela begleitet, der ihre Übersetzer trug.
»T’oomi«, sagte Kirk, »stimmt es, daß die Pflanzen – « »Vielleicht unterhalten wir uns später darüber. Zuerst zur Vatermaschine. Folgen Sie mir.« Es war ein beunruhigender Ausflug. Jedes einzelne Besatzungsmitglied wurde von einer mit Speeren bewaffneten Eskorte begleitet, und dahinter folgte ihnen eine Phalanx aus Bogenschützen. Sie flogen langsam. Wie Spock vorausgesagt hatte, war die Vatermaschine eine Pflanze, genauer gesagt, ein System von Pflanzen. Sie erhob sich etwa fünfzig Meter über den Boden, und ihr Umfang entsprach ungefähr der Höhe. Blaugrüne übermannsgroße und dornige Blätter überlappten sich wie bei einer Artischocke, aber mit auffallender Regelmäßigkeit. Sie sah aus wie eine Kreuzung zwischen einer Artischocke und einer Wendeltreppe von der Größe eines Bürogebäudes. Als sie näher traten, sahen sie, daß die Pflanze sich bewegte: Sie schien zu atmen. Sie hielten in der Nähe ihrer Krone an und stellten fest, daß sie tatsächlich in warmen und gleichmäßigen Zügen atmete. Ihr Atem roch unangenehm nach verfaultem Fleisch. »Was frißt dieses Ding?« fragte Kirk. »Was immer es will«, sagte T’oomi. Im Versammlungsraum, der direkt neben dem Transporterraum lag, inspizierte Kulain seine Truppen. Es gab zwei Abteilungen: den Artillerietrupp, der zum Schutz noch einen schwerbewaffneten Trupp zugeteilt bekam, und die Gruppe von Priestern und Wissenschaftlern (traditionsgemäß ebenfalls schwerbewaffnet), die hinuntergebeamt werden sollten, um das antike klingonische Schiff zu zerstören. Kulain selbst wollte sich auf die Enterprise beamen lassen. Die Sensoren hatten angezeigt, daß ein Mann zurückgeblieben war. Kulain wollte ihn sehen, zum einen, um sein Interesse an
der menschlichen Psychologie zu befriedigen, zum anderen, um ihn eventuell auf eine Art zu töten, die unter Berücksichtigung des Organianischen Friedensvertrags nicht als »Akt der Aggression« ausgelegt werden konnte. »Hier ist die Transportordnung. Zuerst der Artillerietrupp mit seiner Schutztruppe. Die Einzelteile der Novabombe gleich hinterher. Ihr begebt euch zum Spitzenpol. Dort gibt es keine Zentrifugalgravitation, daher wird es leicht sein, die Maschinenteile zusammenzubauen.« Er wandte sich an die ranghöchsten Priester der zweiten Abteilung. »Dann geht ihr, und ihr werdet euren Auftrag schnell ausführen. Wenn wir dem Notsignal des Föderationsschiffes glauben können, sind wir nahe genug, um in dieselbe Falle zu tappen.« Kulain selbst wollte gleich nach ihnen aufbrechen. Scotty lehnte mit dem Rücken am Podest des unnützen Transporters und war in vier Decken gehüllt. Vor ihm brannte ein kleines Feuer, die einzige Lichtquelle im Behelfsbrückenraum. Links von ihm befand sich ein Holzstoß: herausgerissene Schößlinge und Äste, die er von größeren Bäumen abgehackt hatte (mit einer Tritaniumaxt aus einem Wandschrank mit Feuerwehrgeräten – sie konnte durch Metalltüren hindurchschneiden und machte mit Holz kurzen Prozeß), und einige Klötze von exotischen Möbeln. Rechts von ihm standen siebzehn Sauerstofflaschen. Die achtzehnte hatte er zwischen die Knie geklemmt. Der Regelschalter war fast zerbrochen und die Düse auf das Feuer gerichtet. Neben ihm stand eine Brandyflasche, die bereits zu Eiskristallen gefroren war. Die Temperatur war auf vierzig Grad unter Null gesunken.
Plötzlich war Kulain da, zunächst flimmernd, dann in fester Form. Scotty hatte die Augen geschlossen und wollte schlafen. »Mensch!« sagte Kulain und erlitt sofort einen Hustenanfall. Klingonen sind etwas weniger kälteempfindlich als Menschen, was aber bei dieser extremen Temperatur nicht viel nützte. »Bist du am Leben?« krächzte er. »Ja, zumindest laut meiner letzten Sensorenablesung… aber ich weiß, daß du diese Kälte nicht lange aushältst.« Kulain holte tief Luft; der Frost in seinem Hals verhinderte eine Antwort. Er öffnete den Verschluß seines Halfters. »Das würde ich nicht tun.« Unter der Decke hatte Scotty den Arm ausgestreckt. »Ich werde dich wegblasen.« Kulain sagte laut etwas auf klingonisch. Er zuckte leicht, bewegte sich aber nicht von der Stelle. »Gib es auf, du kommst hier nicht mehr raus.« »Wieso?« »Endstation. Vielleicht für immer.« Der Klingone starrte ihn einen Augenblick lang verdutzt an, dann schien er zusammenzusacken. »Schieß nicht.« Langsam zog er seine Waffe und hielt sie an seine Stirn. Als er den Abzug drückte, war lediglich ein müdes Klicken zu hören. »Auch das funktioniert nicht?« »Nein. Und auch nicht dieser Phaser, selbst wenn er echt wäre.« Die Decke flog zur Seite. Scottys Hand war leer. »Du kannst gern diese Decken mit mir teilen, wenn du dich eine Weile um das Feuer kümmerst.« »Lieber sterbe ich.« Kulain verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie du meinst.« Scotty hüllte sich in seine Decken. »Tiefgekühlt erweist du deinem Vaterland sicher einen großen Dienst. Von mir aus kannst du die Luft anhalten, bis du blau wirst.«
Eine Minute später sagte Kulain mit klappernden Zähnen: »In Ordnung.« Er hob einen Schößling auf und brach ihn entzwei (es klang trocken, wie wenn ein Stück Keramik zerspringt), legte eines der Stücke aufs Feuer und das andere daneben. Die Decken reichten für beide, solange sie Schulter an Schulter saßen. Kulain starrte düster ins Feuer. »Ich war einem Menschen noch nie so nahe, daß ich ihn riechen konnte.« »Du duftest auch nicht gerade nach Rosen.«
13
»Ich gehe als erster«, sagte Spock.
»Moment – «
T’oomi fiel Kirk ins Wort.
»Nein, es muß ein Mensch sein. Es sind zwanzig mal zwanzig
von Ihnen in den Gärten der Lan versammelt. Wir müssen
herausfinden, was wir mit Ihnen tun sollen.«
»Ich gehe«, sagte Moore. »Ich werde am wenigsten gebraucht.« »Moore«, sagte Kirk, zwischen Vernunft und Gefühl schwankend, »ich würde Ihnen nie befehlen…« »Ich weiß, Sir. Gerade deshalb melde ich mich freiwillig.« Er schwebte zu T’oomi hinauf. »Außerdem sieht es so aus, als müßten wir alle sterben.« »Orakelpriester«, sagte T’oomi. Zwei der Zauberer traten vor. »Bereitet ihn vor – so gut es geht, ohne seine Haut zu berühren.« Sie sagten Moore, er solle stillhalten und die Arme herunterhängen lassen. Dann schoben sie ihn, indem sie nur seine Brust berührten, auf die purpurfarbene Blüte an der Krone der Vatermaschine zu. Einer der Orakelpriester pfiff eine Reihe von Tönen, worauf sich die Blüte öffnete. Sie schoben Moore hinein, und die Blütenblätter schlossen sich um ihn. Nach ungefähr zehn Sekunden wurde er gewaltsam heraus und gegen die Decke geschleudert. Zwei Wachen folgten ihm sofort. Sie waren bei ihm, als er schon wieder halb heruntergefallen war. Einer der Orakelpriester legte sich halb in die Blüte, so daß sein Kopf und die Schultern noch herausragten. Mit eintöniger
Stimme sagte er: »Nicht klingonisch. Klingonen schmecken gut, haben böse Gedanken. Dieser schmeckt nach Gift, aber seine Gedanken sind neutral. Wo ist der, der vorgibt, einer anderen Spezies anzugehören?« Spock schwebte hinüber. »Können Sie sie davor warnen, daß ich zur Hälfte ein Mensch bin?« »Sie weiß es«, sagte T’oomi. »Sie weiß von T’Lallis alles über Sie.« »Wird die Kommunikation in beide Richtungen verlaufen?« »Nein, die Vatermaschine spricht nur über die Familie der Orakelpriester.« Aber sie hatte auch noch nie einen Vulkanier getroffen. Spock entschied sich, mit ihr die Gedankenverschmelzung zu versuchen. Das Innere der Blüte war weiß und schimmerte feucht wie ein Schlangenmaul. Spock ließ sich hineinführen. Als sich die Blüte über ihm schloß, streckte er seine Handflächen aus und vollzog den mentalen Sprung, der die Gedankenverschmelzung einleitete. Er schrie auf. »Nicht feuern, solange sie keine Anzeichen von Aggression zeigen«, sagte Uhura. Eine Meute von ungefähr hundert Lan näherte sich schweigend. Ein Dutzend von ihnen trug Speere, aber viele von den anderen trugen Werkzeuge, die sich ebenfalls effektiv als Waffen einsetzen ließen. Ihr Anführer war ein unbewaffneter Ven-Chatalia, der die drei blauen Bänder eines Dolmetschers, der keiner bestimmten Kaste angehörte, trug. Uhura schaltete den Übersetzer ein. »Eh, hallo«, sagte sie unsicher. Die Meute blieb abrupt stehen. Das Flüstern der hundert Stimmen klang wie das Schwirren einer Insektenwolke. Der Dolmetscher und einige Speerträger steckten die Köpfe zusammen; diese sprachen wiederum zu Speerträgern der
höheren Kaste und leiteten darauf deren Antwort zum Dolmetscher. Ganz offensichtlich von der großen schwarzen Frau eingeschüchtert, trat der kleine Ven vor. »Wir tun Ihnen nichts«, sagte Uhura. »Es freut uns, mit Ihnen verhandeln zu können.« »Ich überbringe eine Nachricht«, sagte er. »Von wem?« »Von den Bauern dieses Dorfes und ihren Beschützern. Sie zerstören ihr Land, und Sie müssen es deshalb verlassen.« »Wir haben darauf geachtet, ihre Saat nicht zu zerstören, und nur einen Teil davon geerntet, um Platz zu schaffen.« »Aber durch Ihre Berührung ist sie außen giftig geworden. Und die Gifte aus euren Körpern dringen in den Ackerboden.« Es stimmte – die Pflanzen in der Nähe der Latrine hatten eine grüne Farbe angenommen; bei einem blauen Kohlkopf vermutlich kein Zeichen von Gesundheit. »Aber wenn wir uns entfernen, vergiften wir nur noch ein anderes Gebiet.« »Das wäre dann nicht mehr mein Problem«, sagte er, logisch denkend. Plötzlich blickte er nach oben. Drei Zauberer schossen vom Himmel herab. Einer von ihnen landete zwischen Uhura und dem Dolmetscher. Er ignorierte die Frau und beugte sich über den Ven. »Was hast du hier zu suchen?« »Herr, diese Lan, sie haben, der Acker…« »Du kommst doch aus der Stadt?« »Ja, Meister.« »Weißt du nicht, daß ihr euch nicht mit diesen Zauberern aus der Zukunft einlassen dürft? Daß sie euch Unheil bringen können?« »Ja, Meister.« »Ist dir klar, daß du damit deinen eigenen Tod bestimmt hast, und zwar, ohne ersetzt zu werden?«
»Bitte, Meister.« Er senkte seine Stimme. »Sie wissen doch, wie es mit diesen – « Der Zauberer zog ihn an der lösen Haut hinter seinen Schultern hoch und schleuderte ihn den Speerträgern zu. »Tötet ihn«, sagte er und drehte sich zu Uhura um. »Und was Sie betrifft – « Der Zauberer, der Dolmetscher, die »Beschützer« und an die dreißig Lan fielen betäubt zu Boden. Der Rest der Lan stürmte in panischer Angst in das Dorf zurück. Die beiden anderen Zauberer schwangen sich in die Luft. Einer von ihnen zog ein langes Silbermesser aus einem Beutel. Er stieß auf Uhura herab, aber es war ein ungleicher Kampf. Gelassen betäubte Uhura ihn mitten im Flug – er stürzte zu Boden und landete mit einem lauten Krachen auf dem Kopf. »Soll ich den anderen übernehmen?« fragte einer der Sicherheitsleute, während er auf den dritten Zauberer zielte. »Nein«, sagte Uhura. »Ich denke, wir haben für heute genug Schaden angerichtet.« Schwester Chapel beugte sich über den reglosen Körper des abgestürzten Zauberers. Uhura rannte zu ihr. »Tot?« Sie nickte. »Das ist merkwürdig.« Sie hielt seine Kopfbehaarung zwischen Daumen und Zeigefinger und bewegte den Kopf vorsichtig hin und her. Er ließ sich widerstandslos in alle Richtungen bewegen. »Kann ich eine Autopsie vornehmen?« Uhura zögerte. »Ich denke… wir sollten ihn vielleicht zuerst zudecken, damit es das Dorf nicht sieht.« Uhura hatte keine allzugroße Lust, zuzusehen. Sie war noch in ein langsames Owarispiel mit Sulu vertieft, als Chapel fertig war. Sie schien völlig benommen und hielt immer noch die blutigen Handschuhe in den Händen. »Unglaublich.« Sie setzte sich. »Ich wünschte, Spock wäre hier.«
Uhura schüttelte einige Kieselsteine in der Hand und blickte die Schwester neugierig und besorgt an. »Was haben Sie herausgefunden?« »Er hat überhaupt kein zentrales Nervensystem. Nur eine Anhäufung kleinerer Nervenknoten. Kein Rückenmark, kein Gehirn.« Die Vatermaschine fraß Spock auf. Wie ein Transporter löste sie ihn zunächst auf, nur nicht so schnell; dann setzte sie ihn wieder zusammen. Für Spock war es ziemlich ekelerregend, seiner eigenen Zersetzung zuzusehen, aber der Umkehrungsprozeß war faszinierend. Du versuchst, mit mir zu sprechen. Ja. Um dir die Wahrheit zu sagen, damit du sie an die Zauberer weitergeben kannst. Ich kenne die Wahrheit. Die Zauberer brauchen sie nicht. Weißt du, daß du dich in einem Raumschiff befindest? (Lachen) – Ich habe es gebaut. Ich bin der Pilot. Weißt du, daß du zum Scheitern verurteilt bist? (Erneutes Lachen) – Wirklich? Wenn du deinen gegenwärtigen Kurs nicht änderst, kommst du in einem Raumabschnitt zum Stillstand, der von anderen Sternen Lichtjahre entfernt ist. Ich lebte einst in der Nähe eines Sterns. Er explodierte. Aber versteh doch: Ohne Stern wirst du keine Energie mehr ha ben. Du wirst langsam bis zum Nullpunkt abkühlen. (Lachen) – Du meinst, ich brauchte einen Stern in meiner Nähe? Woher solltest du sonst deine Energie beziehen? Vielleicht ist dir aufgefallen, daß dein Sternenschiff nicht mehr viel Energie besitzt. Ich habe sie abgezogen. Derselbe Prozeß findet gerade mit einem neuen Schiff statt.
Aber du kannst dich nicht auf ein regelmäßiges Erscheinen von Sternenschiffen verlassen. Ich verfüge noch über andere Quellen. Obwohl es langweilig ist und meine gesamte Aufmerksamkeit benötigt, kann ich Materie direkt in Energie umwandeln. Zwischen den Sternen befindet sich genügend Staub, um mich unendlich lang am Leben zu erhalten. In mageren Zeiten kann ich meine eigene Substanz vertilgen und beim nächsten Energieüberschuß neu erschaffen. Deshalb vertilgst du die Chatalia? Gelegentlich, ja. Wie du richtig vermutest, sie sind nicht wirklich lebendig. Sie sind mein Spielzeug; es gefällt mir, sie zu beobachten. Gefällt es dir auch, uns zu beobachten? In kleinen Dosen ja. Aber ihr stellt das System auf den Kopf. Ich muß euch loswerden. Du würdest uns alle töten? Das ist noch nicht entschieden. Es scheint, daß ihr empfindungsfähige Wesen seid. Ich müßte euch auch gar nicht töten; wenn ich euch einfach ignoriere, sterbt ihr sowieso bald. Aber du hast uns in diese Falle gelockt. – Ihr seid von selbst in die Falle gegangen. Niemand hat euch eingeladen. Plötzlich taumelte Spock wieder in der freien Luft, von zwei Zauberern verfolgt. Zusammen flogen sie zu der Blüte zurück, wo einer der Orakelpriester sich an Spocks Stelle begab. »Wie war es, Spock?« fragte Kirk. Spock antwortete mit unterdrückter Stimme: »Die Vatermaschine behauptet, das einzige empfindungsfähige Geschöpf auf diesem Schiff zu sein – « »Aber die Daten der Biosensoren – «
»Waren zweideutig. Meine Theorie ist…«
Der Orakelpriester fing zu sprechen an. »Ich denke, ich lasse euch dorthin zurückkehren, von wo ihr gekommen seid. Zwei Bedingungen: Erstens, ihr dürft nie mehr hierher zurückkommen. Zweitens, ich habe Hunger auf Klingonen. Ein paar von ihnen sind hier. Schickt mir den Rest. Ihr wißt, was ich meine.« »Das wäre Mord«, sagte Kirk. »Nein, Captain«, sagte Spock. »Erlauben Sie, daß ich mich darum kümmere. Diese wenigen Klingonen nähern sich in der Tat soeben dem Unten. Es gab Kämpfe. Sie haben Energie als Geschenk mitgebracht.« Die Novabombe, die sie wieder zusammengebaut hatten, war ein sperriges Stück grauen Metalls von der Größe eines Shuttles. Sie hatten sie mit Hilfe von Backpackraketen durch den Luftschacht gedrückt; in weniger als einer Minute würde sie auf dem Boden des Unten auftreffen. »Ist das wirklich das, wofür ich es halte?« sagte Kirk. »Vielleicht nicht einmal das«, sagte Spock. »Ich glaube nicht, daß wir in Gefahr sind. Außer ihre Energieabsorptionsfähigkeit ist eingeschränkt.« »Wir können sowieso nichts dagegen tun.« Sie starrten beide auf die Bombe, die langsam näher kam. Sie wurde von neun Klingonen begleitet, die tiefdunkle Raumanzüge trugen. Als sie aus dem Luftschacht traten, versagten ihre Raketen, und die Klingonen selbst gerieten wegen des Ausfalls ihrer Lebenserhaltungssysteme in Atemnot. Schließlich gelang es ihnen, die Helme abzunehmen. »Bringt sie zu mir«, sagte der Orakelpriester. »Führt die anderen hinaus.« Die Klingonen bewegten sich mit steifer Würde. Sie erwarteten, jeden Moment zu verdampfen. Als die Novabombe
harmlos auf die Kieselsteine knirschte, berieten sie sich kurz, dann formten acht von ihnen ein Klingonisches Quadrat. Sie zogen ihre Strahler, während der neunte eine Platte an einer Seite der Bombe öffnete und daran herumbastelte. Ohne Flügel schwammen sie alle recht unbeholfen in der Luft herum. Als die Besatzung der Enterprise über ihnen vorüberzog, fanden sie heraus, daß ihre Strahler nicht funktionierten. Sie probierten sie auch noch erfolglos an einer sich nähernden Phalanx von Speerträgern aus. Dann zogen sie ihre Messer und formierten sich zu einer Linie. Als die Mannschaft der Enterprise in den Luftschacht glitt, löste sich ihr Wächter von ihnen, wahrscheinlich, um den Klingonen in den Rücken zu fallen. Die Traktorstiefel funktionierten wieder; das Gehen war eine Erlösung. Der Kommunikator piepste. »Hier Kirk.« »Hier spricht Scott, Sir. Wir scheinen wieder Energie zu haben. Soll ich euch hochbeamen?« »Fragen Sie Leutnant Uhura, ob sie Kranke oder Verwundete hat. Wenn nicht…« Er blickte zu den Klingonen zurück, die sich auf die aussichtslose Schlacht vorbereiteten; dann sah er zu der unheimlichen Sonne, die in alle Ewigkeit in dieser Welt des Stillstands schweben würde. »Beamen Sie mich gestern hoch!«
14
Captain Kirk bemühte sich, ernst zu bleiben, als er vom Transporter auf die Behelfsbrücke stieg. Sie unterschied sich stark von allen Brücken, auf denen er jemals kommandiert hatte: ein schwelendes Lagerfeuer, einige astlose Bäume, Nahrungsbehälter, die zwischen den leeren Brandyflaschen herumlagen. Und dann war da noch ein Klingone. »Captain Quirk, wa… was?« Ein betrunkener Klingone. »Ich bin Captain Kulain, vom Krieg… Kriegsschiff Korezima.« Er verschränkte die Arme über der Brust, wobei er leicht ins Schwanken geriet. Er flimmerte. »Oh, schon Zeit zu gehen. Wiedersehen, Mr. Scott.« Er runzelte die Stirn. »Wie hieß doch… das Wort gleich wieder? Ah. Danke.« »Es war mir ein Vergnügen.« Der Klingone verschwand. »Sieht so aus, als hätten Sie ein Wirtshaus eröffnet, Scotty.« Scott justierte noch einige Wählskalen und drehte sich dann zu Kirk um. »Das ist eine lange Geschichte, Sir.« »Und ich wette, sie ist gut.« »Sie sind gar nicht so üble Burschen, wenn man sie mal näher kennt. Aber sie vertragen nichts.« »Wie haben Sie ihn überhaupt dazu gebracht, etwas zu trinken? Ich dachte, sie tun überhaupt nichts zum Vergnügen.« »Nicht zum Vergnügen, Sir. Zur Temperaturregulierung. Es war so kalt, daß wir den Brandy auftauen mußten.« Er überprüfte eine Anzeige. »Es wird noch mindestens fünf Minuten dauern, bis der Transporterraum aufgeheizt ist, Sir. Soll ich Mr. Spock heraufbeamen?« »Natürlich. Ich will sehen, was er für ein Gesicht macht.«
Vergebens. Der Vulkanier stieg mit seinem üblichen Pokerface vom Transporter. »Es muß sehr kalt gewesen sein, Mr. Scott. Ich bin froh, daß es Ihnen gutgeht.« Er ging zum Bildschirm. »Können Sie mich mit dem Klingonenschiff verbinden?« »Ja.« Er fummelte an einigen Schaltern herum. »Spock – wollen Sie wirklich diese – « »Ich habe mein Wort gegeben, Captain. Aber eigentlich…« Eine verschwommene Gestalt erschien. »Hier spricht Kai, der vorübergehend das Kommando führt. Wer ruft uns?« »Hier spricht Wissenschaftsoffizier Spock vom Sternenschiff Enterprise. Ich muß Sie warnen. Die Kreatur, die diesen Planetoiden beherrscht und sich selbst Vatermaschine nennt, will Sie herausfordern: Sie will Sie alle auffressen. Ich empfehle Ihnen dringend, nicht auf diese Herausforderung einzugehen. Keine Ihrer Waffen wird in ihrem Reich funktionieren, und sie könnte Ihre Rückkehr zum Schiff für immer verhindern.« »Und was ist mit Messern und bloßen Händen?« »Das wäre möglich, aber sie sind Ihnen zahlenmäßig überlegen.« Es war schwer, Kais Miene in den durcheinanderwirbelnden Farben zu erkennen, aber es hatte den Anschein, als lächelte er selbstgefällig. »Gut.« Er schaltete ab. »Sehen Sie, Captain, ich habe nichts als die Wahrheit gesagt.« Die Vatermaschine hatte ihnen genügend Treibstoff zurückgeleitet, um Sternbasis Drei zu erreichen. Kirk hatte der Besatzung leichten Dienst verordnet, und alle konnten eine Woche faulenzen.
Einige der Offiziere saßen im Gesellschaftsraum bei einer Flasche saurianischem Brandy. »Ich wünschte, wir könnten unversehrt dorthin zurückkehren«, sagte Spock. »Es gibt noch so viele Fragen, die unbeantwortet geblieben sind.« »Diese Sache mit der Wiedergeburt?« fragte Pille. »Nein, nicht unbedingt das. Hierbei handelte es sich wirklich nur um Regeneration mit Hilfe einer Art Transportertechnologie. Die Chatalia sind ja tatsächlich nur Verlängerungen der Vatermaschine. Wie Gliedmaßen.« »Ich finde allein das schon sehr beeindruckend«, sagte Kirk. »Andere Geschöpfe machen das auch«, meinte Spock, »nur in geringerem Umfang. Das wahre Geheimnis hat mit Energie zu tun. Was die Vatermaschine macht, verstößt gegen die Grundgesetze der Thermodynamik und das Gesetz von der Erhaltung der Energie. Da sie es aber tut, müssen unsere Gesetze falsch sein. Oder ungenügend.« Wilson kam herein und holte sich einen Stuhl. »Ich war gerade bei Fähnrich Tinney im Bordlazarett. Chapel sagt, sie wird in ein paar Tagen wieder auf den Beinen sein.« »Sie haben nicht zufällig auch Fähnrich Moore getroffen?« sagte Pille. »Stimmt. Der war auch da. Er las ihr gerade vor.« Pille verdrehte die Augen zur Decke, sagte aber nichts. »Ich denke, wir stecken tief in Ihrer Schuld, Mr. Spock«, sagte Wilson. »Man sagte mir, wenn Sie nicht mit dieser ÜberArtischocke in Kontakt getreten wären, wären wir immer noch da unten. Und wahrscheinlich tot.« »Es war das einzig Logische«, sagte Spock. »Und gar nicht so unangenehm, verglichen mit anderen Erfahrungen, die ich mit der Gedankenverschmelzung gemacht habe. Wie ich gerade sagte, ich wünschte, ich könnte mehr Zeit mit ihr verbringen. Oder ihm.« »Ihr hattet vieles gemeinsam«, sagte Pille ausdruckslos.
»Es waren nicht die Ähnlichkeiten, die mich fesselten. Sie scheint zum Beispiel logisch zu denken, aber eine stichhaltige Logik ist bei allen Spezies gleich.« Spock starrte ins Leere. »Nein, was ich an ihr so interessant fand, war ihr Humor. Ich glaube, sie war von allen wirklich intelligenten Wesen, die ich bisher getroffen habe, die einzige mit Sinn für Humor.« Nachdem es einen Augenblick lang ruhig war, sagte Pille: »Jetzt fangen Sie schon wieder an.« »Was meinen Sie?« »Wenn das jemand anders gesagt hätte, würde ich schwören, daß es ein Witz war.« Spock hob die Augenbraue. »Einer von uns macht offenbar einen Lernprozeß durch.«