Frauena¨rztliche Taschenbu¨cher Herausgeber: Thomas Ro¨mer, Andreas D. Ebert
Meinem operativen Lehrer, Herrn Prof. Dr. med. Rudolf Lober (1934–2001), in Dankbarkeit gewidmet.
Thomas Ro¨mer
Uterusfehlbildungen
DE GRUYTER
Professor Dr. med. Thomas Ro¨mer Evangelisches Krankenhaus Ko¨ln-Weyertal gGmbH Weyertal 76 50931 Ko¨ln
[email protected] Das Buch entha¨lt 90 Abbildungen und 30 Tabellen. Die Buchreihe Frauena¨rztliche Taschenbu¨cher wurde von Prof. Dr. med. Wolfgang Straube, Rostock und Prof. Dr. Thomas Ro¨mer, Ko¨ln, gegru¨ndet. ISBN 978-3-11-021310-2 e-ISBN 978-3-11-021311-9 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Ro¨mer, Thomas, 1962Uterusfehlbildungen / by Thomas Ro¨mer. p. cm. - - (Frauena¨rztliche Taschenbu¨cher) ISBN 978-3-11-021310-2 (acid-free paper) 1. Uterus - - Abnormalities. 2. Uterus - - Ultrasonic imaging. I. Title. RG345.R66 2011 618.1’407543 - - dc22 2011009447 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet u¨ber http://dnb.d-nb.de abrufbar. # 2011 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston. Der Verlag hat fu¨r die Wiedergabe aller in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen etc.) mit Autoren und Herausgebern große Mu¨he darauf verwandt, diese Angaben genau entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abzudrucken. Trotz sorgfa¨ltiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes ko¨nnen Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag u¨bernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen und dergleichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne weiteres von jedermann benutzt werden du¨rfen. Vielmehr handelt es sich ha¨ufig um gesetzlich geschu¨tzte, eingetragene Warenzeichen, auch wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind. Printed in Germany. www.degruyter.com Projektplanung und -durchfu¨hrung: Dr. Petra Kowalski Projektmanagement: Simone Schneider Herstellung: Marie-Rose Dobler Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Mu¨ntzer“ GmbH, Bad Langensalza
Vorwort
Uterusfehlbildungen werden in der gyna¨kologischen Praxis oft unterscha¨tzt und bei geringer Auspra¨gung auch oft spa¨t diagnostiziert. Auch bei der Klassifikation der Uterusfehlbildung und den damit eventuell verbundenen therapeutischen Konsequenzen besteht oft Unklarheit. Da das Bild der Uterusfehlbildungen oft sehr heterogen ist und damit zum Teil auch nicht in die Klassifikationen einzuordnen ist, ist es fu¨r den Frauenarzt, der seltener damit konfrontiert wird, eine Zuordnung schwierig. Andererseits kann eine exakte Diagnostik von Uterusfehlbildungen zu einer fru¨hzeitigen Therapie fu¨hren und damit ist zum Beispiel beim Uterus septus eine Pra¨vention von Aborten mo¨glich. Dieses Frauena¨rztliche Taschenbuch soll in der Praxis helfen, die Diagnostik und Therapie von Uterusfehlbildungen zu erleichtern. Der Sinn dieses Frauena¨rztlichen Taschenbuches ist nicht eine umfassende Darstellung der Gesamtproblematik der genitalen Fehlbildungen, wie in den aktuellen Leitlinien, sondern eine kurzgefasster, mit zahlreichem Bildmaterial aus der eigenen Praxis gestu¨tzte Darstellung der Uterusfehlbildungen. Die endoskopischen Bilder werden daher auch durch umfangreiche schematische Darstellungen unterstu¨tzt. In den letzten 20 Jahren gab es auch zahlreiche Vera¨nderungen in der Diagnostik von Uterusfehlbildungen, z. B. die Verfeinerung der sonographischen Technik sowie die Einbeziehung der MRT-Diagnostik. In der Therapie ist die abdominale Metroplastik von hysteroskopischen und laparoskopischen Operationstechniken ha¨ufig abgelo¨st worden. Fu¨r das Schreiben des Manuskriptes gilt mein besonderer Dank Frau Timm. Fu¨r die MRT-Bilder und hervorragende Zusammenarbeit bei der Diagnostik von Uterusfehlbildungen, danke ich Herrn Dr. Mu¨ller-Lung (MRT-Praxis Ko¨ln-Lindenthal). Frau Paul danke ich fu¨r die Zeichnung der hervorragenden Grafiken. Dem Verlag danke ich fu¨r die langja¨hrige Zusammenarbeit, besonders Frau Dr. Kowalski und Frau Pfitzner, die dem Projekt den no¨tigen Nachdruck verliehen haben.
VI
Vorwort
Ich wu¨nsche mir, dass dieses Frauena¨rztliche Taschenbuch zur verbesserten und fru¨hzeitigen Diagnostik und Therapie von Uterusfehlbildungen fu¨hren mo¨ge. Ko¨ln, im Juni 2011
Thomas Ro¨mer
Inhalt
Abku¨rzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
1.
Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
2.
Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
3. 3.1
Ltiologie der Uterusfehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . Unidirektionale Entstehung des Mu¨ller’schen Ganges. .
8 8
4.
Klassifikation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
5. 5.1 5.1.1 5.1.2 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.3 5.4
Allgemeine Diagnostik von Uterusfehlbildungen . . . . Basisdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Obligate Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fakultative Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezielle Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magnetresonanztomographie (MRT) . . . . . . . . . . . . . . . Hysterosalpingographie (HSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endoskopische Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hysteroskopie in der Sterilita¨ts- und Infertilita¨tsdiagnostik Sonographie versus Hysteroskopie in der Diagnostik von Uterusfehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15 15 15 16 16 16 17 17 17
6. 6.1
Assoziierte Erkrankungen bei Uterusfehlbildungen . . Weitere Fehlbildungen im Genitaltrakt (Vagina, Zervix, Adnexe). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vaginalfehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zervixfehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlbildungen im Adnexbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlbildungen von Nieren- und Harnwegen . . . . . . . . Diagnostik von Fehlbildungen des Urogenitaltraktes . Fehlbildungen an anderen Organsystemen. . . . . . . . . . Endometriose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.2 6.2.1 6.3 6.4 7.
Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Diagnostik und Therapie des MRKH-Syndroms . . . . . . 7.1.1 Vecchietti-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
25 25 27 28 28 29 31 31 34 34 36
VIII
Inhalt
7.1.2 Neovagina (Peritonealscheide) nach Davydov-Friedberg-Ro¨mer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Diagnostik und Therapie des Uterus unicornis . . . . . . . 7.2.1 Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Hysteroskopische Zeichen fu¨r einen Uterus unicornis 7.2.3 Laparoskopische Zeichen fu¨r einen Uterus unicornis . . 7.2.4 Klinik des Uterus unicornis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.5 Kasuistik – Uterus unicornis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.6 Therapie des Uterus unicornis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Diagnostik und Therapie des Uterus didelphys (duplex) 7.4 Diagnostik und Therapie des Uterus bicornis . . . . . . . . 7.4.1 Klinik des Uterus bicornis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.2 Therapie des Uterus unicornis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.3 Kasuistik – Metroplastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Diagnostik und Therapie des Uterus septus. . . . . . . . . . 7.5.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.2 Klinik des Uterus septus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.3 Technik der Septumdissektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4 Kasuistik – Uterus septus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.5 Kasuistik – Uterus septus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.6 Erfolgsraten der hysteroskopischen Septumdissektion . 7.5.7 Erfolgsraten der Septumdissektion bei idiopathischer Sterilita¨t. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.8 Erfolgsraten der Septumdissektion bezu¨glich Schwangerschaftsverla¨ufen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.9 Schwangerschaften nach Septumdissektion . . . . . . . . . . 7.5.10 Besonderheiten in der Diagnostik und Therapie des Uterus septus completus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Diagnostik und Therapie des Uterus arcuatus. . . . . . . . 7.7 Diagnostik und Therapie der DES (Diethylstilbestrol) induzierte Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8 Diagnostik und Therapie in besonderen Fa¨llen von Uterusfehlbildungen (Kasuistiken) . . . . . . . . . . . . . . 7.8.1 Leiomyom am rudimenta¨ren Horn beim MRKH-Syndrom 7.8.2 Neovagina bei Vaginalatresie und Hoden im Leistenkanal 7.8.3 Hysteroskopische Korrektur eines Restseptums nach abdominaler Metroplastik bei Uterus septus completus
38 52 52 53 54 55 56 58 62 64 65 66 70 73 73 74 77 81 83 85 86 87 87 89 91 93 94 94 97 99
Inhalt
IX
7.8.4 Hysteroskopische Ero¨ffnung einer Hemiha¨matometra . 101 7.8.5 Abdominale Metroplastik bei einer Hemiha¨matometra eines Uterus bicornis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 8. 8.1
Geburtshilfliches Management bei Uterusfehlbildungen Geburtshilfliches Management nach Septumdissektion bei Uterus septus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Geburtshilfliches Management nach abdominaler Metroplastik bei Uterus bicornis/didelphys. . . . . . . . . . 8.2.1 Begru¨ndungen fu¨r das aktuelle geburtshilfliche Management (Sectioindikation nach abdominaler Metroplastik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.
108 109 110 111
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
Weiterfu¨hrende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
Abku¨rzungen
AFS CT DES EUG GnRH HSG HSK ICSI IUP IVF LSK MRKH MRT SSW VCUAM
American Fertility Society Computertomographie Diethylstilbestrol Extrauteringravidita¨t Gonadotropin-Releasing-Hormon Hysterosalpingographie Hysteroskopie Intrazytoplasmatische Spermieninjektion Intrauterinpessar In-vitro Fertilisation Laparoskopie Mayer-Rokitansky-Ku¨ster-Hauser-Syndrom Magnetresonanztomographie Schwangerschaftswoche Vaginal-Cervix-Uterus-Adnex-assoziierte Fehlbildung (M)
1. Historische Entwicklung
Bei den Uterusfehlbildungen hat sich in den letzten Jahrzehnten ein großer Wandel in Diagnostik und Therapie vollzogen, wa¨hrend in der Vor-Ultraschall-ura die Diagnose einer Uterusfehlbildungen sich im wesentlichen an der klinischen Symptomatik orientierte, waren es zuna¨chst die radiologischen Verfahren, wie die Hysterosalpingographie, die in der Diagnostik eingesetzt wurde. Mit der Verbesserung der sonographischen Techniken gelingt es heute auch Uterusfehlbildungen bereits vor entsprechender klinischer Symptomatik (z. B. habituellen Aborten) zu diagnostizieren. In den letzten Jahren hat sich die Sonographietechnik durch den Einsatz der 3-D-Sonographie und auch der Hydrosonographie weiter verbessert und fu¨hrt in den meisten Fa¨llen zu einer exakten pra¨operativen Diagnostik. Eine weitere Untersuchung, die in den letzten Jahren zunehmend Bedeutung in der Diagnostik von Uterusfehlbildungen hat, ist die Magnetresonanztomographie, die in geu¨bter Hand eine wertvolle Erga¨nzung darstellt. In der Therapie von Uterusfehlbildungen war fru¨her die klassische Laparotomie (abdominale Metroplastik) auch beim Uterus subseptus die Therapie der Wahl. Weniger bekannt ist meist, dass die eigentliche Strassmann’sche Metroplastik im Jahre 1907 im Zentralblatt fu¨r Gyna¨kologie publiziert, eine vaginale Operation war, bei der ein Uterus bicornis bei einer Patientin mit habituellen Aborten vaginal rekonstruiert wurde. Durch die Einfu¨hrung endoskopischer Verfahren, der Laparoskopie und auch vor allem der Hysteroskopie, wurde in den 60er und 70er Jahren eine weitere Verbesserung der Diagnostik der Uterusfehlbildungen mo¨glich. Seit Anfang der 90er Jahre wurde die Hysteroskopie auch als therapeutisches Verfahren bei der ha¨ufigsten Uterusfehlbildung, dem Uterus septus, angewendet. Inzwischen ist die hysteroskopische Septumdissektion zum Goldstandard geworden ist. Somit kann vielen Patientinnen eine Laparotomie erspart werden. Auch bei anderen Uterusfehlbildungen
2
1. Historische Entwicklung
haben sich laparoskopische Verfahren zunehmend durchgesetzt. Durch die verbesserte Diagnostik besteht natu¨rlich auch die Gefahr einer tbertherapie dieser Fehlbildungen. Insofern ist es in den na¨chsten Jahren die Aufgabe, neben der exakten Diagnostik weiter zu untersuchen, welche Patientinnen von therapeutischen Optionen tatsa¨chlich profitieren. Des Weiteren werden auch Untersuchungen, welche den Zusammenhang zu anderen Erkrankungen, z. B. Endometriose und Nierenfehlbildungen eruieren, weitergefu¨hrt werden, ebenso wie die genetische Ursachenforschung. Die Diagnostik und Therapie von Uterusfehlbildungen ist, wie die gesamte Entwicklung in der Medizin, ein sich immer schneller dynamisierender Prozess. Trotzdem sollte man die historischen und klassischen Untersuchungsmethoden und Therapien kennen und bewahren.
2. Epidemiologie
# Pra¨valenz: 0,2–5 % in der weiblichen Bevo¨lkerung # Sterilita¨tspatientinnen: 3,5–6,5 % # je nach untersuchtem Patientenkollektiv und Untersuchungsmethode # Patientinnen mit habituellen Aborten: Bis 38 % Tab. 2.1: Pra¨valenz von Uterusfehlbildungen (Nahum, 1998). Patientengruppe
Ha¨ufigkeit (Metaanalyse) 22 Studien mit 57 3138 Frauen
Allgemeinbevo¨lkerung
1 : 201 Frauen (0,5 %)
bei fertilen Frauen
1 : 594 Frauen (0,17 %)
bei infertilen Frauen
1 : 29 Frauen (3,5 %)
Literatur: 1. Nahum GG: Uterine anomalies: How common are they, and what is their distribution among subtypes? J Reprod Med 43 (1998) 877–887. Tab. 2.2: Pra¨valenz von Uterusfehlbildungen (Saravelos et al., 2008). Patientengruppe
Pra¨valenz (Metaanalyse von 24 Studien)
Allgemeinbevo¨lkerung
6,7 %
infertile Frauen
7,3 %
habituelle Aborte
16,7 %
Literatur: 1. Saravelos SH, Cocksedge KA, Li TC: Prevalence and diagnosis of congenital uterine anomalies in women with reproductive failure: a critical appraisal. Hum Reprod Update 14 (2008) 415–429.
4
2. Epidemiologie
Tab. 2.3: Untersuchungen zur Pra¨valenz von Uterusfehlbildungen in der Allgemeinbevo¨lkerung oder bei anderen Operationsindikationen. Autor (Jahr)
Fa¨lle (n)
Gutermann (1984) Simon (1991) Maneschi (1995)
4 561 679 322
Jurkovic (1997) Gupta (1998) Byrne (2000) Erez (2007)
1 046 2 639 2 065 5 571
Nahum (1998) Grimbizis (2001) Saravelos (2008)
573 138 2 992 9 690
Untersuchungsmethode
Pra¨valenz
6,4 % Autopsien 3,2 % HSG Hysteroskopie 10 % (bei Blutungssto¨rungen) 5,4 % 3D-Sonographie 0,3 % LSK-Sterilisation 0,4 % Sonographie retrospektive Analyse 2,96 % bei Sectiones Metaanalyse (22 Studien) 0,17 % 4,3 % Metaanalyse (8 Studien) Metaanalyse (11 Studien) 4,6 %
Merke: Die Pra¨valenz ist abha¨ngig von der Untersuchungsmethode und der Selektion der untersuchten Frauen. Tab. 2.4: Untersuchungen zur Pra¨valenz von Uterusfehlbildungen bei Patientinnen mit Kinderwunsch. Autor (Jahr)
Fa¨lle Untersuchungsmethode
Pra¨valenz
Rozewicki (1992) Raga (1997) Nahum (1998) Appelman (2003)
3000 3181 6512 120 94 3640 658
HSG und LSK/HSK HSG, LSK/Laparotomie Metaanalyse (19 Studien) Sonographie Sonographie (PCO-Pat.) Metaanalyse (8 Studien) HSG 9859 Metaanalyse (18 Studien)
13,3 % 2,4–6,3 % 3,5 % 44,2 % 18,1 % 3,5 % 10 % 8,1 %
Grimbizis (2001) Braun (2005) Saravelos (2008)
2. Epidemiologie
5
Merke: Bei Patientinnen mit Kinderwunsch sollte im Rahmen der Diagnostik nach Uterusfehlbildungen gefahndet werden. Tab. 2.5: Pra¨valenz von Uterusfehlbildungen bei Patientinnen mit habituellen Aborten. Autor (Jahr)
Fa¨lle (n)
Untersuchungsmethode
Pra¨valenz
Jurkovic (1995) Acien (1996) Raga (1997) Grimbizis (2001) Salim (2003) Saravelos (2008)
61 189 868 4506 509 1937
HSG/3D-Sonographie HSG HSG/LSK/Laparotomie Metaanalyse (8 Studien) 3D-Sonographie Metaanalyse (20 Studien)
19,7 % 37,6 % 6,3 % 12,6 % 23,8 % 18,2 %
Merke: Die Pra¨valenz von Uterusfehlbildungen ist bei Patientinnen mit habituellen Aborten deutlich erho¨ht im Vergleich zu sterilen Frauen ohne Abortgeschehen und zur Allgemeinbevo¨lkerung. Tab. 2.6: Ha¨ufigkeit von Uterusfehlbildungen in verschiedenen Studien. AFS Uterusfehlbildungen
I II III IV V VI
Rozewicki (1992) HSG, HSK/LSK
Hypo-/Aplasie 0,0 % Uterus unicornis 4,4 % Uterus didelphys 2,5 % Uterus bicornis 20,5 % Uterus septus 3,8 % Uterus arcuatus 72,0 %
Patienten (n)
400
Nahum (1998) Metaanalyse 4% 5% 11 % 39 % 34 % 7% 1092
Grimbizis Eigene Braun (2005) Daten (2001) HSK/LSK HSG Metaanalyse 2,9 % 3 % 9,6 % 6 % 8,2 % 1 % 26,0 % 10 % 34,9 % 62 % 18,3 % 18 % 1392
352
0 4,5 % 3,0 % 10,6 % 24,3 % 57,6 % 66
6
2. Epidemiologie
Merke: Der Uterus septus (meist subseptus) ist mit Abstand die ha¨ufigste klinisch relevante Uterusfehlbildung. Merke: Ein Uterus didelphys ist sehr selten. Post-abortion-Hysteroskopie Diagnostische Hysteroskopie, 6–8 Wochen nach Abortcurettage. Resultate bei 80 Patientinnen: # 40 Patientinnen unauffa¨lliges Cavum # 40 Patientinnen mit auffa¨lligen intrauterinen Befunden: " 17 Uterusfehlbildungen # 7 Uterus arcuatus # 10 Uterus subseptus/bicornis " 2 submuko¨se Myome " 1 Corpuspolyp " 20 intrauterine Adha¨sionen Literatur: 1. Ro¨mer T, Bojahr B, Mu¨ller J, Lober R: Fru¨hdiagnostik von angeborenen und erworbenen intrauterinen Abortursachen durch die Post-Abortion-Hysteroskopie. Geburtsh u Frauenheilk 56 (1996) 542–545.
Merke: Die Pra¨valenz von Uterusfehlbildungen steigt mit der Anzahl der Aborte signifikant an. Merke: Spa¨testens nach zwei wiederholten Aborten ist eine Hysteroskopie zu erwa¨gen, da neben der Diagnostik von Uterusfehlbildungen auch fru¨hzeitig intrauterine Adha¨sionen diagnostiziert werden ko¨nnen.
2. Epidemiologie
Teufelskreis (Infertilität
Sterilität)
Uterus septus
Abort
Abrasio
Abrasio
Abort
intrauterine Adhäsion
intrauterine Adhäsion
Sterilität
Abb. 2.1: Mo¨gliche Folgen der nicht erkannten Uterusfehlbildung.
7
3. etiologie der Uterusfehlbildungen
Das Versta¨ndnis der Entstehung von Uterusfehlbildungen setzt embryologische Grundkenntnisse voraus. Auch aufgrund der embryologischen Prozesse erkla¨rt sich, warum Uterusfehlbildungen ha¨ufig mit vaginalen und cervikalen Anomalien, somit Fehlbildungen der Adnexe und auch des Harntraktes verbunden sind. Die Entstehung von Uterusfehlbildungen beruht im Wesentlichen auf Fusionssto¨rungen der Mu¨ller’schen Ga¨nge bzw. Resorptionssto¨rungen der uterinen Trennwand. Klassische und wahrscheinlichste Theorie ist die unidirektionale Entstehung des Mu¨ller’schen Ganges, welche in 3 Phasen erfolgt (s. Tab. 3.1). Daraus ergeben sich die typischen Fehlbildungen, die in den einzelnen Phasen entstehen. Somit macht hier auch die nachfolgende Klassifikation der American Fertility Society Sinn, da sie sich daran orientiert. Die gesto¨rten Prozesse der Fusion bzw. Resorption erkla¨rt auch, dass die Uterusfehlbildungen sehr heterogen sein ko¨nnen, von einem Uterus arcuatus reichend bis zum kompletten durchgehenden cervikalen und corporalem Septum. Fu¨r isolierte Mu¨llergangsfehlbildungen konnten bisher keine Gendefekte nachgewiesen werden. Lediglich beim MayerRokitansky-Ku¨ster-von-Hauser-Syndrom, das ha¨ufig auch mit weiteren komplexen Fehlbildungen verbunden ist, spielen genetische Mutationen eine Rolle. Exogene Faktoren ko¨nnen die Geschlechtsdifferenzierung beeinflussen. Als klassisches Beispiel gilt der Einfluss von Diethylstilbestrol. 3.1 Unidirektionale Entstehung des Mu¨ller’schen Ganges Voraussetzung: Das Fehlen des Y-Chromosomens und des „mu¨llerian inhibiting factor“ fu¨hrt in 3 Phasen zur Differenzierung der Mu¨ller’schen Ga¨nge.
3.1 Unidirektionale Entstehung des Mu¨ller’schen Ganges
9
Tab. 3.1: Phasen der Genitalentwicklung. Phase 1 6.–9. SSW
# Entstehung der Mu¨ller’schen Ga¨nge und Anordnung parallel zum Sinus urogenitalis # Entwicklung der harnableitenden Wege
Phase 2 # kaudale Abschnitte der Mu¨ller’schen Ga¨nge fusio10.–12. SSW nieren (Uterovaginalkanal) # Auflo¨sung der Trennwand (vom Isthmus ausgehend) # Vereinigung der Uterusho¨rner (11. Woche) # im oberen Abschnitt keine Fusion (! Tuben) Phase 3 # Resorption der bindegewebigen Trennwand der 13.–17. SSW Uterusho¨rner # Einschieben der Vaginalplatte (Epithel) zwischen Mu¨ller’sche Ga¨nge und Sinus urogenitalis # komplette Septumresorption Literatur: 1. Kaskarelis DB: Restaurative Chirurgie bei angeborenen Missbildungen des Uterus und bei Uterussynechien. Gyna¨kologe 13 (1980) 142–151. Tab. 3.2: utiologie der Uterusfehlbildungen. AFS
Uterusfehlbildungen
Ursache
I
Agenesie
II
Uterus unicornis
III
Uterus didelphys
IV V
Uterus bicornis Uterus septus
VI
Uterus arcuatus
VII
DES induziert
fehlende Entwicklung beider Mu¨llerGa¨nge fehlende Entwicklung eines Mu¨llerGanges ausbleibende Fusion der Mu¨llerGa¨nge gesto¨rte Fusion der Mu¨ller-Ga¨nge gesto¨rte Resorption des uterinen Septums partiell gesto¨rte Resorption des uterinen Septums DES induzierte Cavum-Obliteration (exogene Ursache)
10
3. utiologie der Uterusfehlbildungen
Tab. 3.3: Typische Fehlbildungen fu¨r die einzelnen embryologischen Phasen der Genitalentwicklung. Phasen der Genitalentwicklung
entstehende Uterusfehlbildung
Phase 1 (6.–9. SSW)
Uterusagenesie
Phase 2 (10.–12. SSW)
Uterus didelphys/Uterus bicornis
Phase 3 (13.–17. SSW)
Uterus septus/Uterus arcuatus
4. Klassifikation
Fu¨r die Klassifikation der Uterusfehlbildungen hat sich die Klassifikation der AFS von 1988 bewa¨hrt. Dies ist fu¨r den klinischen Alltag allgemein anwendbar. Es gibt einige Sonderformen von Uterusfehlbildungen, die einer speziellen Beschreibung bedu¨rfen und somit nicht sicher einzuordnen sind. Fu¨r die Beschreibung von komplexen Genitalfehlbildungen wurde die VCUAM-Klassifikation entwickelt. Bei komplexen Fehlbildungen ist die Reproduzierbarkeit der Klassifikation damit besser gegeben, allerdings meist nur von damit vertrauten Spezialisten zu verstehen. Merke: Fu¨r den allgemeinen klinischen Gebrauch in der Praxis ist die AFS-Klassifikation zu bevorzugen. Merke: Bei komplexen Genitalfehlbildungen ist mit der VCUAMKlassifikation eine exakte Klassifikation mo¨glich. Literatur: 1. American Fertility Society. The American Fertility Society classification of adnexal adhaesions, distal tubal occlusion, tubal occlusion secondary to tubal ligation, tubal pregnancies, Mullerian anomalies and intrauterine adhaesions. Fertil Steril 49 (1988) 944–955. 2. Oppelt P, Renner SP, Brucker S, Strissel PL, Strick R, Oppelt PG, Doerr HG, Schott HG, Schott GE, Hucke J, Wallwiener D, Beckmann MW: The VCUAM (Vagina Cervix Uterus Adnex-associeted Malformation) Classification: a new classification for genital malformations. Fertil Steril 84 (2005) 1493–1497.
12
4. Klassifikation
Abb. 4.1: AFS-Klassifikation der Uterusfehlbildungen.
4. Klassifikation Tab. 4.1: VCUAM-Klassifikation. Vagina (V)
0 1a 1b 2a 2b 3 4 5a 5b S1 S2 S3 C + #
unauffa¨llig partielle Hymenalatresie komplette Hymenalatresie inkomplettes Scheidenseptum <50 % komplettes Scheidenseptum/Duplex Introitusstenose Hypoplasie einseitige Atresie komplette Atresie Sinus urogenitalis (tiefe Konfluenz) Sinus urogenitalis (mittlere Konfluenz) Sinus urogenitalis (hohe Konfluenz) Kloake Sonstige unbekannt
Cervix #
0 1 2a 2b + #
unauffa¨llig Cervix duplex Atresie/Aplasie einseitig Atresie/Aplasie beidseitig Sonstige unbekannt
Uterus (U)
0 1a 1b 1c 2 3 4a 4b + #
unauffa¨llig arucatus subseptus <50 % des Cavums subseptus >50 % des Cavums bicornis, duplex hypoplastischer Uterus einseitig rudimenta¨r oder aplastisch beidseitig rudimenta¨r oder aplastisch Sonstige unbekannt
13
14
4. Klassifikation
Tab. 4.1 (Fortsetzung) Adnexe (A)
0 1a 1b 2a
assoziierte Fehlbildungen (M)
0 R S C N + #
unauffa¨llig Fehlbildung Tube einseitig, Ovarien unauffa¨llig Fehlbildung Tube beidseitig, Ovarien unauffa¨llig Hypoplasie/Streakgonade einseitig (ggf. inkl. Fehlbildung Tube) 2b Hypoplasie/Streakgonade beidseitig (ggf. inkl. 3a Fehlbildung Tube) 3b Aplasie einseitig + Aplasie beidseitig # Sonstige unbekannt unauffa¨llig Renales System Skelett System Kardiales System Neuro Sonstige unbekannt
5. Allgemeine Diagnostik von Uterusfehlbildungen Anamnese: # Familienanamnese # Eigenanamnese # Schwangerschaftsanamnese (Partus, Aborte, Tubargravidita¨t) # Menstruationskalender (Kaltenbachschema) # Gyna¨kologische Erkrankungen (Endometriose) # Nieren- und Harnleitererkrankungen # Geburtshilfliche Komplikationen und Besonderheiten (Retardierungen, Fru¨hgeburten, Totgeburten, Beckenendlage, Querlage, Plazentakomplikationen) Klinische Untersuchung: # Inspektion (a¨ußeres Genitale unauffa¨llig?) # Spekulumeinstellung " Scheidenseptum? " Zervixfehlbildungen # Gyna¨kologische Palpation " Portio (ein oder zwei) " Uterus: Sinistro- oder Dextropositio Fundus glatt oder eingekerbt " Adnexe palpabel (Differentialdiagnostik: Rudimenta¨res Horn?) 5.1 Basisdiagnostik 5.1.1 Obligate Untersuchungen # Vaginalsonographie (pra¨menstruell!) " Endometrium („Zweiho¨hlenpha¨nomen“?) " Ovarien (Lage?) # Abdominalsonographie (bei Virgo!) bei gefu¨llter Blase # Nierensonographie " Orthotope Lage der Nieren?
16
5. Allgemeine Diagnostik von Uterusfehlbildungen
5.1.2 Fakultative Untersuchungen # Hydrosonographie " Beurteilung des Cavum (heute durch Hysteroskopie ersetzt) # 3 D-Sonographie " Verbesserte Diagnostik zur Differenzierung der Uterusfehlbildung # Farbdopplersonographie " Beurteilung der Vaskularisierung der Septen (ho¨here Rate geburtshilflicher Komplikationen bei Patientinnen mit vaskularisierten Septen) Literatur: 1. Kupesse S, Kurjah A: Septate uterus defection and prediction of obstetrical complication by different forms of ultrasonography. J Ultrasound Med 17 (1998) 631–636.
Merke: Die sonographische Diagnostik pra¨menstruell (bei hoch aufgebautem Endometrium) erho¨ht die Sensitivita¨t bezu¨glich der Diagnostik von Uterusfehlbildungen. 5.2 Spezielle Untersuchungen 5.2.1 Magnetresonanztomographie (MRT) # bei speziellen Fragestellungen # bei seltenen Uterusfehlbildungen # zur Beurteilung von rudimenta¨ren Uterusho¨rnern Folgende Parameter sollten im MRT bei Uterusfehlbildungen beurteilt werden: # Uterusgro¨ße # externe Funduskontur # intercornuale Distanz # zonale Anatomie # Nachweis von Uterus- oder Vaginalsepten
5.3 Hysteroskopie in der Sterilita¨ts- und Infertilita¨tsdiagnostik
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5.2.2 Hysterosalpingographie (HSG) # nur bei spezieller Fragestellung # heute eher obsolet, da prima¨r eine endoskopische Diagnostik erfolgt. Literatur: 1. Saleem SN: MR imaging diagnosis of uterovaginal anomalies: current state of the art. Radiographics 23 (2003) e13 Epub 2003 Jun 20.
5.2.3 Endoskopische Diagnostik # Hysteroskopie (auch als ambulante Minihysteroskopie mo¨glich) # Laparoskopie Merke: Die Kombination aus Hysteroskopie und Laparoskopie gilt als der Goldstandard zur Diagnostik von Uterusfehlbildungen. 5.3 Hysteroskopie in der Sterilita¨ts- und Infertilita¨tsdiagnostik Indikationen zur diagnostischen Hysteroskopie bei Uterusfehlbildungen: # prima¨re Sterilita¨t # sekunda¨re Sterilita¨t # habituelle Aborte # Kontroll-Hysteroskopie nach Septumdissektionen oder abdominale Metroplastiken Merke: Besteht pra¨operativ (klinisch oder sonographisch) bereits der Verdacht auf eine Uterusfehlbildung sollte eine simultane Laparoskopie und ggf. Septumdissektion mit der Patientin besprochen werden.
18
5. Allgemeine Diagnostik von Uterusfehlbildungen
Anamnese Vaginalsonographie Verdacht auf Uterusfehlbildungen diagnostische Hysteroskopie ja
Septum
Laparoskopie zur Differentialdiagnose: Uterus septus/bicornis Fundus glatt
Fundus eingekerbt (herzförmig)
Uterus septus
Uterus bicornis
hysteroskopische Septumdissektion
ggf. in 2. Sitzung bei gegebener Indikation Metroplastik
nein Laparoskopie nur bei zusätzlicher Indikation (z.B. Endometrioseverdacht, Abklärung des Tubenfaktors)
Abb. 5.1: Methodisches Vorgehen bei Verdacht auf eine Uterusfehlbildung.
5.3 Hysteroskopie in der Sterilita¨ts- und Infertilita¨tsdiagnostik
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Tab. 5.1: Hysterosalpingographie versus Hysteroskopie in der Sterilita¨tsdiagnostik. Hysterosalpingographie-Befund
Hysteroskopie
medianer, glatter Kontrastmitteldefekt
Uterus septus Uterus bicornis
unscharf begrenzte Kontrastmitteldefekte
intrauterine Adha¨sionen
rundliche Kontrastmittelaussparung
Myom, Polyp Luftblase
Ein Vorteil der HSG ist die Mitbewertung der Tubensituation (Durchga¨ngigkeit). Bezu¨glich der Diagnostik intrauteriner Pathologien hat die HSG eine hohe Sensitivita¨t (98 %) bei einer geringen Spezifita¨t (35 %). Merke: Mit der HSG ist keine sichere Differentialdiagnostik zwischen Uterus bicornis und Uterus septus mo¨glich. Ein wesentlicher Vorteil der Hysteroskopie ist eine mo¨gliche gleichzeitige Therapie der Uterusfehlbildung. Literatur: 1. Preutthipan S: A prospective comparative study between hysterosalpingography and hysteroscopy in the detection of intrauterine pathology in patients with infertility. J Obstet Gynaecol Res 29 (2003) 33–37. 2. Ro¨mer T, Bojahr B, Lober R: Hysteroskopie versus Hysterosalpingographie in der Sterilita¨ts- und Infertilita¨tsdiagnostik. Zentralbl Gynakol 116 (1994) 24–27.
20
5. Allgemeine Diagnostik von Uterusfehlbildungen
Abb. 5.2: HSG-Befund: Uterus septus/bicornis ! HSK/LSK: Uterus subseptus.
Abb. 5.3: HSGBefund: Uterus septus/bicornis ! HSK/LSK: Uterus bicornis.
5.3 Hysteroskopie in der Sterilita¨ts- und Infertilita¨tsdiagnostik
21
Abb. 5.4: HSG: Uterus septus completus/Uterus bicornis bicollis ! HSK/LSK: Uterus septus completus.
Abb. 5.5: MRT-Befund (transversal) Uterus septus completus.
22
5. Allgemeine Diagnostik von Uterusfehlbildungen
5.4 Sonographie versus Hysteroskopie in der Diagnostik von Uterusfehlbildungen Merke: Die Sonographie bei der Suche nach Uterusfehlbildungen sollte unmittelbar pra¨menstruell (hochaufgebautes Endometrium) durchgefu¨hrt werden. Dann lassen sich ha¨ufiger zwei Endometriuminseln darstellen (Abb. 5.6). Merke: Geringe Uterusfehlbildungen (Septum kleiner als 2 cm) werden sonographisch oft u¨bersehen (in ca. 30 % der Fa¨lle). Eine Verbesserung der Sensitivita¨t und Spezifita¨t ist mit der 3D-Sonographie mo¨glich. Merke: Je geringer ausgepra¨gt die Uterusfehlbildung ist, desto eher entgeht sie einer sonographischen Diagnostik. Merke: Mit der 2D-Vaginalsonographie ist keine sichere Differentialdiagnostik zwischen Uterus septus und bicornis mo¨glich. Eine Laparoskopie ist damit nicht verzichtbar. In einigen Studien konnte mit der Hydrosonographie eine sichere Differentialdiagnostik erreicht werden und es wurde ein Verzicht der Laparoskopie empfohlen. Dies du¨rfte jedoch Spezialisten vorbehalten sein. Neue Daten zur 3D-Sonographie zeigen eine hohe Effektivita¨t der Methode zur Diagnostik. Damit ist auch eine exakte pra¨operative Beurteilung der Septumla¨nge mo¨glich. Literatur: 1. Alborzi S, Debashi S, Khodaee R: Sonohysterosalpingographic screening for infertile patients. Int J Gynaecol Obstet 82 (2003) 57–62. 2. Valenzano MM, Mistrangelo E, Lijoi D, Fortunato T, Lantieri PB, Risso D, Costantini S, Ragni N: Transvaginal sonohysterographic evaluation of uterine malformations. Eur J Obstet. Gynecol Reprod Biol 124 (2006) 246–249.
5.4 Sonographie versus Hysteroskopie in der Diagnostik
23
Abb. 5.6: Vaginalsonographie pra¨menstruell: typisches „Zweiho¨hlenpha¨nomen“, Verdacht auf Uterusfehlbildungen. Empfehlung: Hysteroskopie und Laparoskopie, ggf. mit gleichzeitiger hysteroskopischer Septumdissektion.
Tab. 5.2: Differentialdiagnose: Uterus bicornis – Uterus septus.
Ha¨ufigkeit Abortrate ohne Therapie Rate an Termingeburten ohne Therapie HSG/Hysteroskopie Laparoskopie Therapie
Uterus bicornis
Uterus septus
seltenere Uterusfehlbildung 30 %
ha¨ufigste Uterusfehlbildung 90 %
30 %
<5 %
zweigeteiltes Kavum Fundus uteri: tiefe mediane Einkerbung keine ab 3 Aborten: Metroplastik erwa¨gen
zweigeteiltes Kavum Fundus uteri: glatt oder geringe mediane Raphe hysteroskopische Septumdissektion
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5. Allgemeine Diagnostik von Uterusfehlbildungen
Tab. 5.3: Bewertung der Methoden zur Diagnostik von Uterusfehlbildungen. Methode
Sensitivita¨t
Spezifita¨t Kosten
HSK/LSK Hydrosonographie MRT 3D-Sonographie 2D-Sonographie
+++ ++ +++ ++ +
+++ ++ +++ ++ +
++ + +++ ++ +
+++ ++ ++ + +
++
+
++
++
HSG
+ gering; ++ mittel; +++ hoch
Patientinnenbelastung
6. Assoziierte Erkrankungen bei Uterusfehlbildungen
6.1 Weitere Fehlbildungen im Genitaltrakt (Vagina, Zervix, Adnexe) Merke: Je ausgepra¨gter die Uterusfehlbildungen desto gro¨ßer die Wahrscheinlichkeit von Fehlbildungen von Vagina, Zervix oder Adnexe. Heinonen (1982) fand bei 168 Uterusfehlbildungen in 61 Fa¨llen eine Vaginalseptum, wa¨hrend Oppelt (2007) sogar bei 202 Uterusfehlbildungen 96 Fehlbildungen der Vagina fand. Andererseits sind auch Vaginalsepten ha¨ufig diagnostisch richtungweisend fu¨r die Fahndung nach Uterusfehlbildungen. Merke: Isolierte Fehlbildungen von Vagina und Zervix ohne Uterusmalformationen sind a¨ußerst selten. Literatur: 1. Oppelt P, von Have M, Paulsen M, Strissel PL, Strick R, Brucker S, Wallwiener D, Beckmann MW: Female genital malformations and their associated abnormalities. Fertil Steril 87 (2007) 335–342. 2. Heinonen PK: Longitudinal vaginal septum. Euro J Obstet Gynecol Reprod Biol 13 (1982) 253–258.
6.1.1 Vaginalfehlbildungen Vaginalsepten ko¨nnen longitudinal oder transversal auftreten. Longitudinale Septen treten meist mit cervikalen oder uterinen Fehlbildungen auf, selten isoliert.
26
6. Assoziierte Erkrankungen bei Uterusfehlbildungen
Abb. 6.1: Vaginalseptum bei einer Patientin mit Uterus septus completus cum Vaginae septae. Tab. 6.1: Differentialdiagnostik der Vaginalsepten. longitudinal
transversal
Ha¨ufigkeit
ha¨ufiger
selten
Symptome
Kohabitationsbeschwerden asymptomatisch
prima¨re Amenorrhoe (Ha¨matokolpos)
Op-Indikation
Beschwerden vaginale Geburt
immer gegeben
Operation
komplette Resektion mit Naht der Scheidenwunde
Resektion bzw. Inzision und Querverna¨hung
6.1 Weitere Fehlbildungen im Genitaltrakt
27
Literatur: 1. Gru¨nberger W: Operative Korrektur kongenitaler Fehlbildungen. Frauenarzt 47 (2006) 38–44. 2. Heinonen PK: Longitudinal vaginal septum. Euro J Obstet Gynecol Reprod Biol 13 (1982) 253–258.
6.1.2 Zervixfehlbildungen Zervixaplasien sind a¨ußerst selten und treten in 50 % isoliert auf. Bei vorhandener Vagina und Uterus kann eine uterovaginale Verbindung hergestellt werden, wobei abdominale Operationsmethoden bevorzugt werden. In einem eigenen Fall gelang dieses auch, wie in der Literatur beschrieben, laparoskopisch-vaginal kombiniert. Auch Einzelfa¨lle von nachfolgenden Schwangerschaften nach derartigen Operationen wurden berichtet. Literatur: 1. Creighton SM, Davies MC, Cutner A: Laparoscopic management of cervical agenesis. Fertil Steril 85 (2006) 1510. 2. Chakravarty B, Konar H, Chowdhury NN. Pregnancies after recontructive surgery for congenital atresia. Am J Obstet Gynecol 183 (2000) 421–423. 3. Gurbuz A, Karateke A, Haliloglu B: Abdominal surgical approach to a case of complete cervical and partial vaginal agenesis. Fertil Steril 84 (2005) 217. 4. Welker B, Krebs D, Lang N: Pregnancy following repair of a congenital atresia of the uterine cervix and upper vagina. Arch Gynecol Obstet 243 (1988) 51–54.
Gelingt eine rekonstruktive Herstellung nicht, bleibt bei einer rezidivierenden Ha¨matometra nur die Hysterektomie als Therapieoption. Bei einer Zervix duplex ha¨ngt das therapeutische Vorgehen von den Begleitfehlbildungen des Uterus und der Vagina ab. Eine isolierte Zervix duplex ohne Begleitfehlbildungen stellt eine Rarita¨t dar.
28
6. Assoziierte Erkrankungen bei Uterusfehlbildungen
6.1.3 Fehlbildungen im Adnexbereich Angeborene Fehlbildungen im Adnexbereich sind selten. Beim Uterus unicornis ko¨nnen einseitige Adnexfehlbildungen auftreten, die die Fertilita¨t beeintra¨chtigen. Transpositionsoperationen haben in diesen Fa¨llen durch die Mo¨glichkeit der IVF an Bedeutung verloren. Merke: Bei der Diagnostik von Uterusfehlbildungen sollte stets auch eine genaue Untersuchung beider Adnexe erfolgen. 6.2 Fehlbildungen von Nieren- und Harnwegen Aufgrund der Entstehungen der Uterusfehlbildungen besteht eine hohe Assoziation zu Nieren- und Harnwegsfehlbildungen. Oppelt et al. (2007) konnten bei 36 % der Patientinnen mit Uterusfehlbildungen (72 von 202) Nierenfehlbildungen diagnostizieren. Merke: Eine Abkla¨rung des Urogenitaltraktes ist damit bei allen Uterusfehlbildungen zwingend indiziert (Minimal-Diagnostik: Nierensonographie). Merke: Je ausgepra¨gter bzw. asymmetrischer eine Uterusfehlbildung ist, desto ho¨her ist die Wahrscheinlichkeit einer Fehlbildung der harnableitenden Wege (Uterus unicornis bis 40 %). Literatur: 1. Fedele L, Bianchi S, Agnoli B, Tozzi L, Vignali M: Urinary tract anomalies associated with unicornuate uterus. J Urol 155 (1996) 847–848. 2. Oppelt P, von Have M, Paulsen M, Strissel PL, Strick R, Brucker S, Wallwiener D, Beckmann MW: Female genital malformations and their associated abnormalities. Fertil Steril 87 (2007) 335–342.
6.2 Fehlbildungen von Nieren- und Harnwegen
29
6.2.1 Diagnostik von Fehlbildungen des Urogenitaltraktes # Basisdiagnostik: " Anamnese (Op im Kindesalter?) " Nierensonographie # Spezielle Diagnostik: " i. v. Pyelogramm " Cystoskopie " CT " MRT " Nierenszintigraphie (in Ausnahmefa¨llen) Die MRT-Diagnostik kann bei komplexeren Fehlbildungen und hinreichenden Erfahrungen des Untersuchers sehr effizient sein. Literatur: 1. Troiano RN, McCarthy SM: Mullerian duct anomalies: imaging and clinical issues. Radiology 233 (2004) 19–34.
Abb. 6.2: MRT-Befund: Beckenniere rechts bei MRKH-Syndrom.
30
6. Assoziierte Erkrankungen bei Uterusfehlbildungen
Abb. 6.3: MRT-Urographie: Beckenniere rechts bei MRKH-Syndrom.
Abb. 6.4: LSK-Befund: Beckenniere rechts bei MRKH-Syndrom.
6.4 Endometriose
31
6.3 Fehlbildungen an anderen Organsystemen Weitere assoziierte Fehlbildungen werden am ha¨ufigsten bei rudimenta¨ren oder aplastischen Uterusfehlbildungen diagnostiziert (besonders beim MRKH-Syndrom). Hierbei handelt es sich ha¨ufig um Skelettanomalien. Einige Syndrome, wie das McKusick-Kaufman-Syndrom, das Hand-Fuß-Genital-Syndrom, das Wolff-Hirschhorn-Syndrom, als auch das Bardet-Biedl-Syndrom ko¨nnen mit Uterusfehlbildungen einhergehen (s. Tab. 6.2). Tab. 6.2: Syndrome bei Uterusfehlbildungen. Syndrom
mo¨gliche weitere Symptome
McKusick-Kaufman-Syndrom
Polydaktylie Herzfehler, Dysplasie der Hypophyse, Retinitis pigmentosa, tracheoo¨sophagate Fistel, Peritonealzysten, Wirbelsa¨ulenanomalien
Hand-Fuß-Genital-Syndrom
Daumen- und Großzehendysplasien
Wolff-Hirschhorn-Syndrom
Minderwuchs, Hyperteleorismus, Lippen-Gaumenspalten, geistige Retadierung, Epilepsie, Wirbelsa¨ulenverkru¨mmung, Klumpfu¨ße
Bardet-Biedl-Syndrom
Polydaktylie, Adipositas, Retinopathia pigmentosa, Nierenfunktionssto¨rungen, Minderwuchs, geistige Retardierung
6.4 Endometriose Der Zusammenhang Endometriose und Uterusfehlbildungen ist mo¨glicherweise auf die versta¨rkte retrograde Menstruation zuru¨ckzufu¨hren. Dies betrifft daher besonders obstruktive Fehlbildungen.
32
6. Assoziierte Erkrankungen bei Uterusfehlbildungen
Merke: Uterusfehlbildungen und Endometriose haben eine hohe Koinzidenz, die bei obstruktiven Fehlbildungen deutlich ho¨her ist, als bei nichtobstruktiven Fehlbildungen, deshalb sollte bei Uterusfehlbildungen gezielt nach Endometriose gesucht werden.
Abb. 6.5: Endometriose bei Uterusfehlbildung (Uterus subseptus). Literatur: 1. Fedele L, Bianchi S, Di Nola G, Franchi D, Candiani GB: Endometriosis and nonobstructive mu¨llerian anomalies. Obstet Gynecol 79 (1992) 515–517. 2. Nawroth F, Rahimi G, Nawroth C, Foth D, Ludwig M, Schmidt T: Is there an association between septate uterus and endometriosis? Hum Reprod 21 (2006) 542–544. 3. Ugur M, Turan C, Mungan T, Kuscu E, Seno¨z S, Agis HT, Go¨kmen O: Endometriosis in association with mu¨llerian anomalies. Gynecol Obstet Invest 40 (1995) 261–264.
6.4 Endometriose
33
Tab. 6.3: Assoziation von Uterusfehlbildungen und Endometriose (eigene Daten). AFS
Patienten n
Endometriose histologisch gesichert n
%
I Uterusagenesie II Uterus unicornis III Uterus didelphys IV Uterus bicornis V Uterus septus
20 35 9 15 185
15 28 4 8 95
75,0 80,0 44,4 53,3 51,4
Gesamt
264
150
56,8
55
43
78,2
209
107
51,2
Obstruktive Uterusfehlbildung (I–II) Nichtobstruktive Uterusfehlbildung (III, IV, V)
Merke: Bei Vorliegen einer Endometriose sollte auch stets nach Uterusfehlbildungen gefahndet werden. Bei einer Laparoskopie wegen Endometriose sollte eine simultane Hysteroskopie empfohlen werden.
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
7.1 Diagnostik und Therapie des MRKH-Syndroms Definition: Vaginalatresie oft mit rudimenta¨ren Uterusho¨rnern oder Uterusaplasie Ha¨ufigkeit: 1 : 4000 bei weiblichen Lebendgeborenen Klinik: Prima¨re Amenorrhoe (mit 20 % ha¨ufigste Ursache) Assoziierte Fehlbildungen: # 33 % Niere und Harnwege # 9 % Skelettfehlbildungen (siehe Tab. 6.2) Diagnostik MRKH-Syndrom: # ha¨ufig spa¨te Diagnostik, da a¨ußeres Genitale unauffa¨llig # ha¨ufige Fehldiagnose: Hymenalatresie # Differentialdiagnostik: Unterbauchbeschwerden bei Hymenalatresie # Anamnese (prima¨re Amenorrhoe!) # Vaginale/rektale Untersuchung # Sonographie # i.v. Pyelogramm # Hormonstatus (Differentialdiagnostik) # Chromosomenanalyse # Laparoskopie # Psychologe # ggf. MRT (zur Beurteilung der rudimenta¨ren Uterusho¨rner) Ziel der Operation bei Vaginalatresie: # Rekonstruktion einer Neovagina fu¨r Kohabitationsmo¨glichkeiten Therapieoptionen: # nichtoperative Dehnung " Methode nach Frank (1938) " kontinuierliche Selbstdilatation der Vagina # Operative Methoden (siehe Tab. 7.1)
7.1 Diagnostik und Therapie des MRKH-Syndroms
35
Merke: Langwierige Therapie, die nur bei hochmotivierten Patientinnen mo¨glich ist. Literatur: 1. Frank RT: The formation of an artificial vagina without operation. Am J Obstet Gynecol 35 (1938) 1053–1055. Tab. 7.1: Ausgewa¨hlte operative Therapiemo¨glichkeiten bei Vaginalatresie. Methode
Vorteile
Nachteile
McIndoe-Scheide (Meshgraft) ! Hautlappen
vaginale Methode
Schrumpfungstendenz, Lubrikation vermindert, Vaginalprolaps mo¨glich, langja¨hrige Nachbehandlung
Sigmascheide
# keine Schrumpfung keine Nachbehandlung notwendig # gute Lubrikation
# meist abdominaler (ausgedehnter) Eingriff notwendig # (auch laparoskopisch assistiert mo¨glich)
Vecchetti (Spannapparat)
Laparoskopie, gute Erfolgsrate, lange Nachbehandlung, Spannapparat gute Lubrikation
Davydov-FriedbergRo¨mer (vaginal + gaslose LSK, Peritonealscheide)
Laparoskopie + vaginale Methode, gute Erfolgsraten gute Scheidenla¨nge, gute Lubrikation
Nachbehandlung notwendig
Literatur: 1. Novak F, Kos L, Plesko F: The advantages of the artificial vagina derived from sigmoid colon. Acta Obstet Gynecol Scand 57 (1978) 95–96. 2. Lang N: Operationen zur Wiederherstellung der Funktion bei angeborenem oder erworbenem Verschluss oder Stenose der Vagina. Gyna¨kologe 13 (1980) 112–115. 3. Ratnam SS, Rauff M: Function-saving operations in vaginal atresia. Gyna¨kologe 13 (1980) 116–119. 4. Darai E, Toullalan O, Besse O, Potiron L, Delga P: Anatomic and functional results of laparoscopic-perineal neovagina construction by sigmoid colpoplasty in women with Rokitansky´s syndrome. Hum Reprod 18 (2003) 2454–2459.
36
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
7.1.1 Vecchietti-Methode # 1965 von Vecchietti beschriebene Methode der operativen Dehnung (per Laparotomie) (4) # 1992 Laparoskopische Methode (3) # 2008 modifizierte laparoskopische Technik ohne Tunnelung und Dissektion (1) 7.1.1.1 Operationsschritte der laparoskopischen Vecchietti-Methode (modifiziert nach Brucker) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.
Lagerung/Desinfektion/transurethraler Dauerkatheter Vaginale Befunderhebung Anzeichnen Sitz des Spannapparates Laparoskopie: Beurteilung des intraoperativen Situs und Lokalisation beider Ureteren. Vaginal: Rektovaginale Palpation und Vordehnen des Vaginalgru¨bchens, zystoskopische Diaphanoskopie mit simultaner Laparoskopie zur Festlegung der Stichrichtung der Fa¨den. Durchstechen mit dem Fadenfu¨hrer von vaginal nach intraabdominal ohne vesikorektale Tunnelung, rektale Untersuchung. tbernahme der Fa¨den von abdominal, Zuru¨ckziehen des Fadenfu¨hrers, Einlegen des Steckgliedphantoms. Zystoskopie: Zum Ausschluss einer Blasenla¨sion und Einlage eines suprapubischen Katheters. Laparoskopie: Mit gebogenem Fadenfu¨hrer von transkutan subperitoneal entlang der seitlichen Bauchwand bis zur Einstichstelle der transperinealen Fa¨den. Aufnahme der Spannfa¨den und retroperitoneales Ausstechen bei angespannten Fa¨den; Kontrolle der unversehrten Nachbarstrukturen sowie Darstellen der Ureteren. Beenden der Laparoskopie und Ansetzen des Spannapparates. Fixation der Fa¨den im Spannapparat (1 Steckglied liegt intravaginal) (Abb. 7.1 und 7.2) Transurethraler Dauerkatheter wird entfernt. Dilatation u¨ber 4–6 Tage bei liegender Periduralana¨sthesie. Entfernen des Spannapparates und Steckgliedphantoms sowie suprapubischen Katheters. Vaginalphantom-Einlage.
7.1 Diagnostik und Therapie des MRKH-Syndroms
37
Ausfu¨hrliche Beschreibung: siehe Wallwiener, D. et al., Atlas gyna¨kologischer Operationen. 2009, S. 459–464. 7.1.1.2 Ergebnisse der neuen modizifizierten laparoskopischen Vecchietti-Methode nach Brucker (2008) # Scheidenla¨nge 10,6 cm (>2,5 cm la¨nger als konventionelle Methode) # alle Patientinnen sind kohabitationsfa¨hig # durchschnittliche OP-Zeit wird reduziert von 113 auf 47 Minuten # durchschnittliche Retraktionszeit (Spannzeit) wird verku¨rzt von 11,7 auf 4,8 Tage Literatur: 1. Brucker SY, Gegusch M, Zubke W, Rall K, Gauwerky JF, Wallwiener D: Neovagina creation in vaginal agenesis: development of a new laparoscopic Vecchietti-based procedure and optimized instruments in a prospective comparative interventional study in 101 patients. Fertil Steril 90 (2008) 1940–1952.
Spannapparat
Fixationsfäden
Blasenkatheter
Steckgliedphantom Abb. 7.1: Platzierung des Spannapparates und Steckphantoms.
38
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.2: Platzierung des Spannapparates und Steckphantoms (Außenaufnahme). 2. Vecchietti G: Creation of an artificial vagina in Rokitansky-Ku¨sterHauser syndrome. Attual Obstet Ginecol 11 (1965) 131–147. 3. Fedele L, Bianchi S, Frontino G, Fontana E, Restelli E, Bruni V: The laparoscopic Vecchietti’s modified technique in Rokitansky syndrome: anatomic, functional, and sexual long-term results. Am J Obstet Gynecol 198 (2008) 377. e1–6. 4. Gauwerky JF, Wallwiener D, Bastert G: An endoscopically assisted technique for construction of a neovagina. Arch Gynecol Obstet 252 (1992) 59–63.
7.1.2 Neovagina (Peritonealscheide) nach Davydov-Friedberg-Ro¨mer Peritonealscheide (vaginaler Teil) in Kombination mit gasloser LSK. Die Originalmethode der vaginalen Peritonealscheide wurde prima¨r von Davydov beschrieben und von Friedberg modifiziert.
7.1 Diagnostik und Therapie des MRKH-Syndroms
39
Literatur: 1. Davydov SN, Zhvitiashvili OD. Formation of vagina (colpopoiesis) from peritoneum of Douglas pouch. Acta Chir Plast 16 (1974) 35–41.
Vorteile des zusa¨tzlichen Einsatzes der gaslosen Laparoskopie: # Bessere Mobilisation des Peritoneums (4 Lappen mo¨glich) # Bessere tbersichtlichkeit (Risiko von Blasen- und Darmla¨sion vermindert) # Hoher laparoskopischer Scheidenverschluss mo¨glich (Scheidenla¨nge gu¨nstiger) # Gleichzeitige Entfernung rudimenta¨rer Uterusho¨rner mo¨glich Ein wesentlicher Vorteil der gaslosen Laparoskopie ist die Mo¨glichkeit der Laparoskopie auch bei ero¨ffneter Scheide.
Abb. 7.3: Prinzip der gaslosen Laparoskopie (Anhebung der Bauchdecken mit dem Variolift-System) (Quelle: Kruschinski D: Das Pneumoperitoneum der Kardinalfehler der Laparoskopie? Frauenarzt 2000, Heft 5).
40
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
7.1.2.1 Ablauf bei der Op-Methode nach Davydov-FriedbergRo¨mer (vaginal-gaslose Laparoskopie)
Abb. 7.4: Pra¨operativer vaginaler Ausgangsbefund MRKH-Syndrom. Nur kleines Vaginalgru¨bchen vorhanden.
Abb. 7.5: Gaslose Laparoskopie mit Variolift, Optiktrokar u¨ber Variolift-System, 12 mm ventillose Arbeitstrokare suprasymphysa¨r rechts und links.
7.1 Diagnostik und Therapie des MRKH-Syndroms
41
Abb. 7.6: Laparoskopischer Befund MRKH-Syndrom mit typischer Peritonealleiste und lateral beidseits rudimenta¨ren Uterusho¨rnern.
42
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.7: Laparoskopie: Resektion der rudimenta¨ren Ho¨rner beidseits.
7.1 Diagnostik und Therapie des MRKH-Syndroms
43
Abb. 7.8: Injektion von Methylenblaulo¨sung in die Peritonealfalte zur Markierung fu¨r die Vaginalpra¨paration.
44
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.9: Vaginale Pra¨paration beendet. Ausreichende Scheidenla¨nge (ca. 10 cm) und -weite (ca. 3 cm) erreicht.
7.1 Diagnostik und Therapie des MRKH-Syndroms
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Abb. 7.10: Vaginalpra¨paration beendet, oberer Scheidenpol ist laparoskopisch ero¨ffnet (Tamponade sichtbar).
46
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.11: Mobilisation von 4 Peritoneallappen und Annaht.
7.1 Diagnostik und Therapie des MRKH-Syndroms
47
0 9
3
6 Querschnitt Abb. 7.12: Durchreichen der Peritoneallappen nach vaginal und Fixation bei 0, 3, 6 und 9 Uhr.
48
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.13: Glasphantom liegt in peritonealisierter Neovagina.
7.1 Diagnostik und Therapie des MRKH-Syndroms
49
Abb. 7.14: Laparoskopisch hoher Peritonealverschluss zur weiteren Verla¨ngerung der Peritonealscheide (Vorteil der kombinierten Methode!).
50
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.15: Einlage eines Glasphantoms mit einer Paraffingaze (Jelonet!) fu¨r die ersten 3 postoperativen Tage.
Empfohlene Nachbehandlung der Peritonealscheide: # Glasphantom fu¨r 3 Tage (durchschnittlicher stationa¨rer Aufenthalt) # Ovestin-Tamponade fu¨r ca. 1 Woche (mit ta¨glichem Wechsel) # 4–6 Wochen Silikonphantom (permanentes Tragen) # dann 3 Monate Silikonphantom (8 h nachts) # dann je nach Kohabitationsha¨ufigkeit Anwendung des Phantoms 7.1.2.2 Neovagina nach Davydov-Friedberg-Ro¨mer: Eigene Operationsergebnisse (1998–2010) 15 Operationen: # Alter: 15–21 Jahre # Intraoperative Komplikationen: Keine # Postoperative Komplikationen: " 1 Patientin: 3 Monate post operationem Nachblutung (Koagulation) " 2 Patientinnen: 2 sekunda¨re Dilatationen no¨tig
7.1 Diagnostik und Therapie des MRKH-Syndroms
51
# Ergebnisse: " Scheidenla¨nge 9 cm (7–10 cm) " alle Patientinnen sind kohabitationsfa¨hig " 13 von 15 Patientinnen haben regelma¨ßige Kohabitationen
52
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
7.2 Diagnostik und Therapie des Uterus unicornis 7.2.1 Klassifikation Der Uterus unicornis ist eine seltene Fehlbildung und ist ha¨ufig mit einer Fehlbildung an den harnableitenden Organen und selten auch an den Adnexen assoziiert.
IIA: kommunizierendes Horn
IIB: nicht kommunizierendes Horn mit Endometrium
IIC: nicht kommunizierendes Horn ohne Endometrium
IID: ohne rudimentäres Horn
Abb. 7.16: AFS-Klassifikation des Uterus unicornis.
Merke: Die Variante (II B) stellt die ha¨ufigste Form dar. Kommunizierende rudimenta¨re Ho¨rner sind eher selten (II A). Die Diagnostik des Uterus unicornis kann erhebliche Schwierigkeiten bereiten, da durch die zahlreichen Varianten auch die klinische Symptomatik sehr heterogen sein kann. Merke: In der Sonographie ist nur eine Hypoplasie des Uterus und eine Dextro- oder Sinistropositio ein diskreter Hinweis.
7.2 Diagnostik und Therapie des Uterus unicornis
53
Merke: Mit einer HSG ist eine gute Darstellung des Cavums mo¨glich, allerdings keine Differentialdiagnostik der verschiedenen Varianten. Zur genauen Differentialdiagnostik der Varianten des Uterus unicornis ist eine Hysteroskopie und Laparoskopie unumga¨nglich.
Abb. 7.17: HSG-Bild: Uterus unicornis dextra.
7.2.2 Hysteroskopische Zeichen fu¨r einen Uterus unicornis # # # #
Dextro- oder Sinistropositio des Uterus nur ein Ostium darstellbar Cavum hat typische ringartige Strukturen Cavum schmal
Merke: Eine exakte Inspektion der medialen Cavumwand zur mo¨glichen Auffindung einer Verbindung zu einem kommunizierenden Horn (AFS II A)ist unbedingt notwendig.
54
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.18: HSK-Befund: Uterus unicornis dextra.
7.2.3 Laparoskopische Zeichen fu¨r einen Uterus unicornis # Dextro- oder Sinistropositio des Uterus # fehlender Abgang von Ligamentum teres, Tube und Ligamentum ovarium proprium vom Corpus uteri # rudimenta¨res Horn sichtbar (mit Abgang dieser Strukturen) je nach Variante " direkt am Corpus uteri (II A) " entfernt vom Corpus uteri (II B + C) mit bindegewebigem Strang zum Corpus Merke: Am rudimenta¨ren Horn finden sich der Tubenabgang und der Ansatz der Ligamentae (Ausnahme: zusa¨tzliche Adnexfehlbildung).
7.2 Diagnostik und Therapie des Uterus unicornis
55
Abb. 7.19: LSK-Befund: Uterus unicornis dextra.
7.2.4 Klinik des Uterus unicornis # Beeintra¨chtigung der Fertilita¨t " Abortrate: 29–55 % " Fru¨hgeburtenrate: 18–44 % " Lebendgeburtenrate: 27–40 % # Dysmenorrhoe durch Ha¨matometra oder erho¨hte Endometrioseinzidenz besonders bei AFS-Klasse II B (nicht kommunizierendes Horn mit Endometrium) # Schwangerschaft im rudimenta¨ren Horn # Geburtshilfliche Komplikationen (Fru¨hgeburtlichkeit und Retardierungen ha¨ufiger) Literatur: 1. Akar ME, Bayar D, Yildiz S, Ozel M, Yilmaz Z: Reproductive outcome of women with unicornuate uterus. Aust N Z J Obstet Gynaecol 45 (2005) 148–150.
56
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
2. Donderwinkel PF, Do¨rr JP, Willemsen WN: The unicornuate uterus: clinical implications. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 47 (1992) 135–139. 3. Fedele L, Zaberletti D, Vercellini P, Dorta M, Candiani GB: Reproductive performance of women with unicornuate uterus. Fertil Steril 47 (1987) 416–419. 4. Nahum GG: Rudimentary uterine horn pregnancy. The 20th-century worldwide experience of 588 cases. J Reprod Med 47 (2002) 151–163. 5. Maneschi M, Maneschi F, Fuca` G: Reproductive impairment of women with unicornuate uterus. Acta Eur Fertil 19 (1988) 273–275.
7.2.5 Kasuistik – Uterus unicornis 29ja¨hrige Patientin Klinische Diagnose: # Uterus unicornis Anamnese: # Kinderwunsch seit 2 Jahren, im Kindesalter Nephrektomie rechts Sonographie: # Uterus nach links verzogen, Endometriumdicke 6 mm (post menstruationem) Hysteroskopie: # Cavum schmal, nach links verengt, nur 1 Tubenostium, ringfo¨rmige Struktur des Cavums Therapie: # Laparoskopie: Uterus unicornis links ohne rudimenta¨res Horn rechts (AFS II D), Endometrioseresektion Douglas, Chromopertubation links positiv
7.2 Diagnostik und Therapie des Uterus unicornis
Abb. 7.20: HSK-Befund: Uterus unicornis sinistra.
Abb. 7.21: LSK-Befund: Uterus unicornis sinistra.
57
58
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
7.2.6 Therapie des Uterus unicornis Merke: Die Therapie ha¨ngt entscheidend von der Auspra¨gung des rudimenta¨ren Horns ab. Tab. 7.2: Therapie des Uterus unicornis in Abha¨ngigkeit von der Anatomie des rudimenta¨ren Horns. kein Cavum nachweisbar im rudimenta¨ren Horn
kommunizierendes Horn mit Endometrium
nicht kommunizierendes Horn mit Endometrium
Differentialdiagnostik:
Sonographie ggf. MRT
keine Therapie (ggf. Koagulation des Hornes oder Resektion bei Ha¨matometrabildung)
laparoskopische keine Resektion Therapie des Horns (Ha¨matometragefahr und hohe Endometrioseinzidenz)
Schwangerschaft kein rudimenta¨res im rudimenta¨ren Horn Horn nachweisbar
keine Therapie
laparoskopische Resektion des rudimenta¨ren Horns
Literatur: 1. Fedele L, Bianchi S, Zanconato G, Berlanda N, Bergamini V: Laparoscopic removal of the capitate noncommunicating rudimentary uterine horn: surgical aspects in 10 cases. Fertil Steril 83 (2005) 432–436. 2. Hucke J, De Bruyne F, Campo RL, Freikha AA: Hysteroscopic treatment of congenital uterine malformations causing hemihematometra: a report of three cases. Fertil Steril 58 (1992) 823–825. 3. Liu MM. Unicornuate uterus with rudimentary horn. Int J Gynaecol Obstet 44 (1994) 149–153.
Merke: Die Therapie des Uterus unicornis beschra¨nkt sich auf das rudimenta¨re Horn zur Vermeidung einer Ha¨matometra und Reduktion der Endometrioseinzidenz. Eine Vera¨nderung des hypoplastischen unicornualen Cavums ist nicht mo¨glich und somit keine Verbesserung der Fertilita¨t. Daru¨ber sollte die Patientin umfassend aufgekla¨rt werden.
7.2 Diagnostik und Therapie des Uterus unicornis
59
Abb. 7.22a: Rudimenta¨res Horn rechts bei Uterus unicornis sinistra.
Abb. 7.22b: Operationsschnitte zur Resektion des rudimenta¨ren Horns bei einem Uterus unicornis (AFS II B).
60
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.23: LSK-Befund: Rudimenta¨res Uterushorn rechts (AFS II B).
Abb. 7.24: LSK-Befund: Resektion des rudimenta¨ren Horns rechts.
7.2 Diagnostik und Therapie des Uterus unicornis
61
Abb. 7.25: Endsitus nach Resektion des rudimenta¨ren Horns rechts.
62
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
7.3 Diagnostik und Therapie des Uterus didelphys (duplex) Die Diagnostik eines Uterus didelphys ist meist mit der beschriebenen Basisdiagnostik mo¨glich. Ha¨ufig finden sich auch Vaginalsepten bei 2 komplett getrennten Uteri. Die klinische Symptomatik ist sehr vielfa¨ltig. In der Literatur werden einerseits Fa¨lle von ausgetragenen Gravidita¨ten berichtet (sogar Geminigravidita¨ten), andererseits finden sich erho¨hte Fru¨hgeburtenraten und vermehrt fetale Retardierung, selten aber auch eine Beeintra¨chtigung der Fertilita¨t (habituelle Aborte). Gelegentlich finden sich auch unilaterale Anomalien (z. B. blind endende Hemivagina), die bei entsprechender klinischer Symptomatik (z. B. Ha¨matokolpos oder Kohabitationsbeschwerden) eine operative Intervention erfordern. Bei Fertilita¨tssto¨rungen (habituelle Aborte) kann eine abdominale Metroplastik versucht werden, wobei die große Distanz der beiden Uteri (meist an den Beckenwa¨nden gelegen) die chirurgische Vereinigung deutlich erschwert.
Abb. 7.26: Uterus didelphys.
Merke: Beim Uterus didelphys ist zumeist keine Therapie notwendig. Bei habituellen Aborten stellt der Versuch einer abdominalen Metroplastik eine Ultima ratio dar. Literatur: 1. Heinonen PK: Clinical implications of the didelphic uterus: longterm follow-up of 49 cases. Euro J Obstet Gynecol Reprod Biol 91 (2000) 183–190.
7.3 Diagnostik und Therapie des Uterus didelphys (duplex)
63
2. Vercellini P, Daguati R, Somigliana E, Vigano P, Lanzani A, Fedele L: Asymmetric lateral distribution of obstructed hemivagina and renal agenesis in women with uterus didelphys: institutional case series and a systematic literature review. Fertil Steril 87 (2007) 719–724.
64
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
7.4 Diagnostik und Therapie des Uterus bicornis Eine Diagnostik des Uterus bicornis kann mit den Methoden der Basisdiagnostik erfolgen. Zur sicheren Differentialdiagnostik Uterus bicornis/septus (Fundusbeurteilung) ist nur die Laparoskopie geeignet.
Abb. 7.27: HSG-Befund: Uterus bicornis.
Man unterscheidet je nach Auspra¨gung einen kompletten und partiellen Uterus bicornis (s. AFS-Klassifikation). Des Weiteren kann je nach Zervixbefund ein Uterus bicornis bicollis vom Uterus bicornis bicollis unterschieden werden.
7.4 Diagnostik und Therapie des Uterus bicornis
65
Abb. 7.28: Varianten des Uterus bicornis.
7.4.1 Klinik des Uterus bicornis # Beeintra¨chtigung der Fertilita¨t " Abortrate: bis 47 % " Fru¨hgeburtenrate: bis 35 % " Lebendgeburtenrate: 30–50 % # Unterbauchschmerzen bei Ha¨matometra in einem Horn Literatur: 1. Acie´n P: Reproductive performance of women with uterine malformations. Hum Reprod 8 (1993) 122–126. 2. Arora M, Gupta N, Neelam, Jindal S: Unique case of successful twin pregnancy after spontaneous conception in a patient with uterus bicornis unicollis. Arch Gynecol Obstet 276 (2007) 193–195. 3. Heinonen PK, Saarikoski S, Pystynen P. Reproductive performance of women with uterine anomalies. An evaluation of 182 cases. Acta Obstet Gynecol Scand 61 (1982) 157–162.
Merke: Aufgrund der relativ hohen Lebendgeburtenrate ist die Indikation fu¨r operative Interventionen beim Uterus bicornis sehr kritisch zu stellen. Eine Indikation zur operativen Intervention besteht nur bei habituellen Aborten oder einer Ha¨matometra.
66
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
7.4.2 Therapie des Uterus bicornis Therapie des Uterus bicornis Sterilität
habituelle Aborte (2–3)/ Frühgeburten
unauffällige Anamnese
Sterilitätsdiagnostikund Therapie: (ggf IVF)
abdominale Metroplastik
Spontanschwangerschaften anstreben
habituelle Aborte
experimentell (laparoskopisch / vaginale Metroplastik)
habituelle Aborte
Sonderform: Hämatometra mit Beschwerden in einem gleichwertigen Uterushorn. ! abdominale Metroplastik Abb. 7.29: Stufenplan der Therapie des Uterus bicornis.
7.4.2.1 Operationstechniken # Laparotomie (auch vaginal mo¨glich): Strassmann (Strassmann, 1907; Weise et al., 1983) # Modifikationen der Strassmann-Technik: " Jones (Khalifa et al., 1993) " Tompkins (Khalifa et al., 1993) " Bret-Palmer (Khalifa et al., 1993) # laparoskopisch-vaginal kombiniert (Pelosi et al., 1996) # laparoskopisch (Alborzi et al., 2009) Literatur: 1. Alborzi S, Asadi N, Zolghadri J, Alborzi S, Alborzi M: Laparoscopic metroplasty in bicornuate and didelphic uteri. Fertil Steril 92 (2009) 352–355.
7.4 Diagnostik und Therapie des Uterus bicornis
67
2. Khalifa E, Toner JP, Jones HW Jr: The role of abdominal metroplasty in the era of operative hysteroscopy. Surg Gynecol Obstet 176 (1993) 208–212. 3. Pelosi MA, Pelos MA: Laparoscopic-assisted transvaginal metroplasty for the treatment of bicornute uterus: a case study. Fertil Steril 65 (1996) 886–890. 4. Strassmann P: Die operative Vereinigung eines doppelten Uterus. Zentralbl Gyna¨kol 43 (1907) 1322–1335. 5. Weise W, Bernoth E, Kosmowski A: Die vaginale Metroplastik. Zentralbl Gyna¨kol 105 (1983) 504–509. Tab. 7.3: Abdominale Metroplastik bei Uterus bicornis und habituellen Aborten (Methode nach Bret-Palmer). Eigene Ergebnisse: 32 Patientinnen (1995–2005).
Abortrate Lebendgeburtsrate
pra¨operativ
postoperativ
91 % 11 %
9% 92 %
Merke: Operationsindikationen beim Uterus bicornis sind selten gegeben, aber mit einer hohen Erfolgsrate verbunden.
1
2
3
Abb. 7.30: Schema der Op einer Metroplastik beim Uterus bicornis.
68
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.31: LSK-Befund: Typischer Fundus (Herzform) beim Uterus bicornis (Ausgangsbefund).
Abb. 7.32: Laparoskopische Metroplastik beim Uterus bicornis (Exzision der medialen Wa¨nde).
7.4 Diagnostik und Therapie des Uterus bicornis
69
Abb. 7.33: Intraoperativer Befund einer laparoskopischen Metroplastik – Vereinigung der beiden Uterusha¨lften (Endsitus).
Abb. 7.34: Intraoperativer Endsitus nach abdominaler Metroplastik.
70
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.35: LSK-Befund – 5 Jahre nach einer abdominaler Metroplastik.
7.4.3 Kasuistik – Metroplastik 32ja¨hrige Patientin mit 5 Aborten und Uterus bicornis # abdominale Metroplastik ! 3 Sectiones mit gesunden Kindern Merke: In ausgewa¨hlten Fa¨llen ist die Metroplastik beim Uterus bicornis auch laparoskopisch durchfu¨hrbar.
7.4 Diagnostik und Therapie des Uterus bicornis
Abb. 7.36: Uterus bei einer Re-Re-Sectio bei Z.n. Metroplastik.
71
72
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
habituelle Aborte Diagnostik: Uterus bicornis abdominale oder laparoskopische Metroplastik Nachbehandlung ! intraoperative IUD-Einlage zur Adhäsiolyseprophylaxe ! Estrogenisierung für 3 Monate (z.B. 2–4 mg Estradiol [21 Tage] + 2 mg Chlormadinonacetat [12 Tage]) Kontrollhysteroskopie mit IUD-Extraktion (ggf. Kontrolllaparoskopie) Gravidität großzügig Sectio erwägen Abb. 7.37: Mo¨glicher diagnostischer und therapeutischer Ablauf bei einer Patientin mit Uterus bicornis und Fertilita¨tssto¨rungen.
7.5 Diagnostik und Therapie des Uterus septus
73
7.5 Diagnostik und Therapie des Uterus septus Der Uterus septus/subseptus ist die ha¨ufigste uterine Fehlbildung und hat damit die gro¨ßte Bedeutung fu¨r die Patientin mit Kinderwunsch. Die Diagnostik ist meist mit einer Basisdiagnostik mo¨glich. Mit der Sonographie pra¨menstruell kann durch die Darstellung von 2 Endometriuminseln eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Daran schließt dann eine Hysteroskopie und Laparoskopie an, in deren Rahmen dann auch die Septumdissektion erfolgen kann (siehe S. 18, Abb. 5.1). Merke: Vor jedem Verfahren der assistierten Reproduktion (insbesondere IVF/ICSI) sollte eine hysteroskopische Untersuchung des Cavum uteri erfolgen. Uterusfehlbildungen und auch submuko¨se Myome ko¨nnen sonst nach erfolgreichem Embryotransfer zum Abort fu¨hren. 7.5.1 Definition Der Uterus subseptus/septus ist ein a¨ußerlich normalgeformter Uterus mit einem a¨ußerlich breit ausladenden glatten Fundus mit einem sagittalen medianen Septum. Gelegentlich findet sich am Fundus eine mediane Raphe. Nach der La¨nge des Septums werden 3 Formen unterschieden: # Uterus subseptus: Septum ins Cavum reichend # Uterus septus: Septum bis an die Zervix reichend # Uterus septus completus: Septum reicht bis in die Zervix hinein (oft mit Vaginalsepten verbunden) In seltenen Fa¨llen kann das Septum unterbrochen sein (z. B. Uterus subseptus mit Zervix septa). Die Abgrenzung zum Uterus arcuatus ist nicht klar definiert. Der Uterus arcuatus kann als die geringste Auspra¨gung des Uterus septus betrachtet werden (siehe S. 91, Abb. 7.57).
74
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.38: Diagnostische Hysteroskopie: Uterus subseptus/bicornis.
Abb. 7.39: Diagnostische Laparoskopie: Uterusfundus breit und glatt.
7.5 Diagnostik und Therapie des Uterus septus
Abb. 7.40: Uterus subseptus.
Abb. 7.41: Uterus septus.
Abb. 7.42: Uterus septus completus.
75
76
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
7.5.2 Klinik des Uterus septus # Fertilita¨tssto¨rungen " habituelle Aborte " Sterilita¨t # Geburtshilfliche Komplikationen " Fru¨hgeburtenraten erho¨ht " Lageanomalien des Feten (Beckenendlagen ha¨ufiger) # Dysmenorrhoe " direkt bedingt durch Fehlbildungen und/oder indirekt durch erho¨hte Inzidenz der Endometriose 7.5.2.1 Mo¨gliche Ursachen fu¨r erho¨hte Abortraten bei Uterus septus sind # mechanische Ursachen (Raummangel) # Minderperfusion des Septums (suboptimaler Nidationsort) # koexistente Endometriose 7.5.2.2 Indikationen zur Therapie des Uterus subseptus ergeben sich aus 2 Gesichtspunkten 1. Klinik der Patientin 2. La¨nge des Septums Merke: Je ausgepra¨gter die Klinik der Patientin (z. B. habituelle Aborte) und je tiefreichender das Septum, um so klarer ist die Indikation zur Septumdissektion gegeben. 7.5.2.3 Indikationen zur hysteroskopischen Septumdissektion # Absolut: " Habituelle Aborte (2 oder 3 aufeinander folgende Aborte) # Relativ: " Prima¨re oder sekunda¨re Sterilita¨t " Fru¨hgeburten in vorausgegangenen Schwangerschaften " Lageanomalien in vorausgegangenen Schwangerschaften
7.5 Diagnostik und Therapie des Uterus septus
77
Merke: Eine GnRH-Analoga-Behandlung vor einer Septumdissektion bringt keinen intra- oder postoperativen Vorteil und ist damit verzichtbar, wenn die Operation post menstruationem durchgefu¨hrt wird. Literatur: 1. Ro¨mer T, Schmidt T, Foth D: Pre- and postoperative hormonal treatment in patients with hysteroscopic surgery. Contrib Gynecol Obstet 20 (2000) 1–12.
7.5.3 Technik der Septumdissektion # Dissektion des Septums von kaudal beginnend, mit der Resektionsnadel nach fundal # zwischenzeitlich Orientierung an den Tubenostien u¨ber Ho¨he der Dissektion # bei tiefreichenden Septen zuna¨chst kaudal Bereich dissezieren, danach komplettes Einbringen des Resektoskopes (ausreichende Flow), Abb. 7.43 # anschließend Dissektion von fundal nach kaudal, Abb. 7.44 # sta¨ndige Orientierung an den Tubenostien Merke: Dissektion in der Mitte des Septums! Mediane Dissektion nicht bis in die Ho¨he der Ostien, wenn mediane Raphe bekannt ist! Perforationsgefahr! – Die Rekonstruktion des Cavum uteri im Sinne eines Uterus arcuatus ist fu¨r die Fertilita¨tsoptimierung ausreichend. Merke: Die Tubenostien sind bei der Dissektion zu schonen (ca. 1 cm Abstand mit Schneidestrom) um Funktionssto¨rung der Ostien zu vermeiden.
78
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
7.5.3.1 Ablauf der Septumdissektion
Abb. 7.43: Septumdissektion im kaudalen Abschnitt.
Abb. 7.44: Septumdissektion im fundalen Abschnitt.
7.5.3.2 Postoperatives Management nach Septumdissektionen Bei tiefreichenden oder breitbasigen Septen bzw. zusa¨tzlichen intrauterinen Adha¨sionen: # am Operationsende Einlage einer Intrauterinspirale zur Pra¨vention intrauteriner Adha¨sionen fu¨r die Dauer von 3 Monaten (bevorzugt: IUP Typ DANA oder breitfla¨chiger Kupfer-IUP) # Estrogenisierung fu¨r 3 Monate zur Anregung der Proliferation des Endometriums (z. B. 2–4 mg Estradiol fu¨r 21 Tage + 12 Tage Gestagene) (z. B. 2 mg Chlormadinonacetat) # Kontrollhysteroskopie (eventuell mit IUP-Extraktion), zumeist ambulant, ohne Ana¨sthesie mo¨glich nach 3 Monaten
7.5 Diagnostik und Therapie des Uterus septus
79
Abb. 7.45: Septumdissektion bei einer Patientin mit habituellen Aborten – Beginn der Operation; typische Stra¨nge von Vorder- zur Hinterwand durch Distension sta¨ndiges Anspannen der Septumstra¨nge zuna¨chst Dissektion von kaudal nach fundal bis ausreichender intrakavita¨rer Raumgewinn und tbersicht bestehen, um die Dissektionsrichtung zu a¨ndern.
Abb. 7.46: Septumdissektion: Septum ist kaudal bereits abgetragen. Jetzt weitere Orientierung an den Tubenostien und weitere Dissektion von lateral nach medial und fundal nach kaudal.
80
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.47: Septumdissektion bei einer Patientin mit habituellen Aborten – Ende der Operation; beginnende Blutung aus einzelnen Myometriumgefa¨ßen ! Operation beenden, sonst sehr hohe Perforationsgefahr!
Merke: Eine IUP-Einlage und Estrogenisierung wird nur bei tiefreichenden Septen zur mo¨glichen Adha¨sionsprophylaxe empfohlen (fehlende Datenlage). 7.5.3.3 Ha¨ufige Assoziation von Uterusfehlbildung und Endometriose (bis zu 50 %) Cave: Keine Estrogenisierung, wenn gleichzeitig eine Endometriose nachgewiesen wurde. Merke: Beim gleichzeitigem Vorliegen eines Uterus septus und einer Endometriose sollte die Endometriose im Rahmen der Laparoskopie mo¨glichst komplett reseziert werden (pra¨operative Aufkla¨rung!).
7.5 Diagnostik und Therapie des Uterus septus
81
Merke: Eine GnRH-Analoga-Behandlung nach Septumdissektion und Endometrioseresektion ist nicht zu empfehlen, da zur Wundheilung nach Septumdissektion eher eine Endometriumproliferation erwu¨nscht ist. 7.5.4 Kasuistik – Uterus septus 29ja¨hrige Patientin Klinische Diagnose: # Uterusfehlbildung Anamnese: # Bei einer auswa¨rtigen Laparoskopie wird die Uterusfehlbildung erwa¨hnt, aber nicht exakt definiert. Jetzt nochmalige Abkla¨rung vor geplanter IVF (tubarer Faktor) Sonographie: # 2 Endometriuminseln Hysteroskopie: # Uterus septus bis zum inneren Muttermund reichend (5 cm)
Abb. 7.48: Uterus subseptus.
82
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.49: Beginn der Septumdissektion.
Abb. 7.50: Septumdissektion.
7.5 Diagnostik und Therapie des Uterus septus
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Abb. 7.51: Endsitus nach Septumdissektion.
Therapie: # Laparoskopie: Uterusfundus glatt und breit, transzervikale Septumdissektion und IUD-Einlage 7.5.5 Kasuistik – Uterus septus 29ja¨hrige Patientin Klinische Diagnose: # Uterus septus Anamnese: # Sonographisch: Verdacht auf Uterusfehlbildung bei Dysmenorrhoe und Kinderwunsch Sonographie: # 2 Endometriuminseln Hysteroskopie: # Tiefreichendes Septum bis zum inneren Muttermund (4,5 cm)
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7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.52: Uterus subseptus (Ausgangsbefund).
Abb. 7.53: Septumdissektion.
7.5 Diagnostik und Therapie des Uterus septus
85
Abb. 7.54: Endsitus nach Septumdissektion.
Therapie: # Laparoskopie: Uterusfundus glatt und breit, Endometrioseresektion, transzervikale Septumdissektion und IUD-Einlage 7.5.6 Erfolgsraten der hysteroskopischen Septumdissektion Tab. 7.4: Erfolgsrate der hysteroskopischen Septumdissektion. Literatur – Metaanalyse (9 Studien); 709 Patientinnen (1986–2009).
Abortrate Lebendgeburtsrate
pra¨operativ
postoperativ
77,4–88,9 % 8,9–22,6 %
8,2–27,7 % 59,6–91,8 %
Tab. 7.5: Erfolgsrate der hysteroskopischen Septumdissektion. Eigene Ergebnisse; Patientin mit Infertilita¨t und sekunda¨rer Sterilita¨t; 123 Patientinnen (1995–2005) mit Follow-up (24–60 Monate)
Abortrate Lebendgeburtsrate
pra¨operativ
postoperativ
68,5 % 17,7 %
11,9 % 78,6 %
86
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Merke: Bei Patientinnen mit habituellen Aborten ist die Septumdissektion besonders erfolgreich. 7.5.7 Erfolgsraten der Septumdissektion bei idiopathischer Sterilita¨t Tab. 7.6: Vergleich der Schwangerschaftsraten nach Septumdissektion bei idiopathischer Sterilita¨t (Mollo et al., 2008). Septumdissektion (n = 44)
Kontrollen (n = 132)
p
Schwangerschaftsrate nach 12 Monaten
38,6 % (17/44)
20,4 % (27/132)
<0,05
Lebendgeburtenrate
34,1 %
18,9 %
<0,05
Literatur: 1. Mollo A, De Franciscis P, Colacurci N, Cobellis L, Perino A, Venezia R, Alviggi C, De Placido G: Hysteroscopic resection of the septum improves the pregnancy rate of women with unexplained infertility: a prospective controlled trial. Fertil Steril 91 (2008) 2628–2631. 2. Pabucco R, Gomel V: Reproductive outcome after hysteroscopic metroplasty in women with septate uterus and otherwise unexplained infertility. Fertil Steril 81 (2004) 1675–1678.
Merke: Aufgrund des geringen Risikos der hysteroskopischen Septumdissektion und des potentiellen Benefits sollte die Indikation auch bei idiopathischer Sterilita¨t großzu¨gig gestellt werden.
7.5 Diagnostik und Therapie des Uterus septus
87
7.5.8 Erfolgsraten der Septumdissektion bezu¨glich Schwangerschaftsverla¨ufen Tab. 7.7: Einfluss kleiner (Gruppe A: 1,3–1,5 cm) und großer (Gruppe B: >1,5 cm) Septen auf den Schwangerschaftsverlauf (Tomazevic et al. 2007). Gruppen
vor Resektion
nach p Resektion
Fru¨hgeburt <37. SS-Woche
A B
33,9 % 36,5 %
7,2 % 8,0 %
<0,001 <0,001
Fru¨hgeburt <32. SS-Woche
A B
12,5 % 15,0 %
3,1 % 2,9 %
<0,001 <0,001
Gewicht <1500 g
A B
10,7 % 11,2 %
3,1 % 2,2 %
<0,001 <0,001
Totgeburt/Tod unmittelbar postpartal
A B
8,0 % 15,0 %
0,7 % 1,9 %
<0,001 <0,001
Literatur: 1. Tomazevic T, Ban-Frangez H, Ribic-Pucelj M, Premrusren T, Verdenik I: Small uterine septum ist an important risk variable for preterm birth. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 135 (2007) 154–157.
Merke: Eine hysteroskopische Septumdissektion vermindert geburtshilfliche Komplikationen in nachfolgenden Schwangerschaften. 7.5.9 Schwangerschaften nach Septumdissektion Eine la¨ngere Heilungsphase nach Septumdissektion scheint aufgrund neuer Daten nicht notwendig zu sein. In einer Studie mit ICSI-Behandlung nach Septumdissektion war die Schwangerschaftsrate und Implantationsrate unabha¨ngig von der Wartezeit.
88
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Tab. 7.8: Einfluss des Intervalls zwischen Septumdissektion und ICSI auf die Schwangerschaftsraten. 29 Wochen 10–16 Wochen >17 Wochen Klinische 45,8 Schwangerschaftsrate %
43,1
41,1
Implantationsrate %
17,6
22,1
21,1
Literatur: 1. Berkkanoglu M, Isikoglu M, Arici F, Ozgur K: What is the best time to perform intracytoplasmic sperm injection/embryo transfer cycle after hysteroscopic surgery for an incomplete uterine septum? Fertil Steril 90 (2008) 2112–2115.
Septum ! 3 cm
Septum " 3 cm
1 Zyklus abwarten
IUD + Estrogenisierung für 3 Monate
Gravidität möglich
ambulante Kontroll-HSK + IUD-Extraktion Gravidität möglich
Abb. 7.55: Klinische Empfehlungen fu¨r die Planung postoperativer Gravidita¨ten nach Septumdissektion.
Merke: Je ausgedehnter die Wundfla¨chen (abha¨ngig von Breite und La¨nge des Septums) desto eher ist eine Nachbehandlung erwa¨genswert und desto gro¨ßer sollte der Intervall zur na¨chsten Gravidita¨t sein (maximal 3 Monate). Merke: Die Indikation zur Septumdissektion sollte bei Patientinnen mit Aborten stets individuell gestellt werden.
7.5 Diagnostik und Therapie des Uterus septus
89
Tab. 7.9: Indikation zur Septumdissektion in Abha¨ngigkeit von Septumla¨nge und Anzahl der Aborte. Klinik: Anzahl der Aborte
Septumla¨nge <1 cm
Septumla¨nge 1–2 cm
>2 cm
0 1 2 3
˘ ˘ + +
+ + ++ +++
++ ++ +++ +++
˘ keine Indikation; + Indikation erwa¨genswert; ++ Indikation gegeben; +++ gesicherte Indikation
7.5.10 Besonderheiten in der Diagnostik und Therapie des Uterus septus completus # a¨ußerst seltene Sonderform des Uterus septus # oft mit Vaginalseptum assoziiert # durchgehendes zervikales und korporales Septum # subtile Vordiagnostik erforderlich Differentialdiagnose: # Uterus bicornis bicollis # Uterus didelphys Empfehlung: Dissektion des korporalen Septums unter Erhalt des zervikalen Septums zur Pra¨vention von Fru¨hgeburten. 7.5.10.1 Operative Therapie des Uterus septus completus Vorteile der Ballon-Technik: # Orientierung bei der „blinden“ Perforation des korporalen Septums # Verhinderung des Verlustes von Distensionsmedium u¨ber den zweiten Zervikalkanal bei der Septumdissektion Literatur: 1. Ro¨mer T, Lober R: Hysteroscopic correction of a complete septate uterus using a ballon technique. Hum Reprod 12 (1997) 478–479.
90
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.56: Ballontechnik zur transkorporalen Septumdissektion beim Uterus septus completus. Tab. 7.10: Vergleich zwischen abdominaler Metroplastik und transzervikaler Septumdissektion. abdominale Metroplastik
hysteroskopische Septumdissektion
Zugang
Laparotomie
transzervikal
durchschnittliche Operationszeit
120 Minuten
15 Minuten
mo¨gliche Sekunda¨rKomplikation durch die Operation
intraperitoneale Adha¨sionen (tubare Sterilita¨t)
Perforation
postoperative Geburtenrate
80–90 %
80–90 %
Ero¨ffnung des Cavum uteri
ja
nein
geburtshilfliches Management
ho¨here Sectiofrequenz
keine Sectioindikation
Merke: Die hysteroskopische Septumdissektion ist heute die Standardtherapie beim Uterus septus. Fu¨r die abdominale Metroplastik gibt es beim Uterus septus keine Indikationen.
7.6 Diagnostik und Therapie des Uterus arcuatus
91
7.6 Diagnostik und Therapie des Uterus arcuatus Definition: Der Uterus arcuatus ist eine physiologische Normvariante und die Fehlbildung mit der geringsten Auspra¨gung. Die a¨ußere Uterusform ist meist normal, gelegentlich ist der Fundus etwas weiter ausladend. Die innere Kontur des Fundus uteri ist vermehrt konvex, sodass die Tubenwinkel la¨nger und tiefer angezogen sind. Der Abstand zwischen Ho¨he der Tubenostien und dem tiefsten Punkt des Fundus sollte nicht gro¨ßer als 1 cm sein. Diagnostik: Die Diagnostik wird meist als Zufallsbefund bei einer Hysteroskopie gestellt. Eine Laparoskopie zur Differentialdiagnostik ist nicht indiziert. Therapie: Die Rate von Termingeburten betra¨gt 65 %. Eine Relevanz der Therapie des Uterus arcuatus bei Patientinnen mit Sterilita¨t oder habitueller Aborte konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Literatur: 1. Grimbizis GF, Camus M, Tarlatzis BC, Bontis JN, Devroey P: Clinical implications of uterine malformations and hysteroscopic treatment results. Hum Reprod Update 7 (2001) 161–174.
# 1cm
Uterus arcuatus
Abb. 7.57: Definition Uterus arcuatus.
92
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.58: HSK-Befund: Uterus arcuatus.
In Ausnahmefa¨llen nach Abkla¨rung aller anderen Abortursachen kann bei Patientinnen mit habituellen Aborten und Uterus arcuatus eine Septumdissektion als Ultima ratio erwogen werden. Eine Nachbehandlung ist hier nicht notwendig.
7.7 Diagnostik und Therapie der DES (Diethylstilbestrol)
93
7.7 Diagnostik und Therapie der DES (Diethylstilbestrol) induzierte Fehlbildungen DES ist ein synthetisches, nichtsteroidales Estrogen, das von 1938 bis 1971 in den USA zur Abortpra¨vention eingesetzt wurde. Die Teratogenita¨t der Substanz zeigte sich u. a. darin, dass bei weiblichen Nachkommen pathologische Vera¨nderungen, wie z. B. eine Hypoplasie des Uterus bzw. ein teilweise oder komplette Obliteration des Cavum resultiert (T-Form des Uterus). Merke: Die DES induzierte Fehlbildung spielt in Deutschland nahezu keine Rolle. Die DES induzierte Fehlbildung geht mit einer erho¨hten Abortrate einher. Durch die hysteroskopische Dissektion von Ringstrukturen an den Seitenwa¨nden, kann eine Verbesserung der Schwangerschaftsrate erzielt werden. Literatur: 1. Aubriot FX, Chapron C: Diethylstilbestrol exposure in utero. Polemics about metroplasty. The pros. Gynecol Obstet Fertil 35 (2007) 826–831. 2. Laurent S, Lanove M, Lecomte C, Bourgeois L, Lecomte P: Female fertility prognosis and diethylstilbestrol. Personal data and review of literature. J Gynecol Obstet Biol Reprod 27 (1998) 277–284.
94
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
7.8 Diagnostik und Therapie in besonderen Fa¨llen von Uterusfehlbildungen (Kasuistiken) 7.8.1 Leiomyom am rudimenta¨ren Horn beim MRKH-Syndrom 48ja¨hrige Patientin Anamnese: # Patientin mit einem bekannten MRKH-Syndrom wird vorstellig mit einem Tumor an der rechten Beckenwand zur operativen Therapie # bekannte singula¨re Beckenniere rechts und rudimenta¨re Uterusho¨rner sowie Streak-Gonaden, # Anlage einer MESH-Graft-Scheide 1990 Diagnostik: # Befund: gute funktionelle MESH-Graft-Scheide # Sonographie: 6 cm großer solider Tumor an der Beckenwand oberhalb der bekannten Beckenniere
Abb. 7.59: LSK-Befund: Leiomyom vom rudimena¨ren Horn bei MRKHSyndrom.
7.8 Diagnostik und Therapie in besonderen Fa¨llen
95
# CT-Abdomen: 6 cm großer, vermehrt durchbluteter Tumor im kleinen Becken, Beckenniere rechts kein Hinweis auf Aszites oder Peritonealkarzinose. Therapie: 1. Befund: Linke Beckenwand: Streak-Gonade mit kleinem rudimenta¨ren Uterushorn; rechte Beckenwand, rudimenta¨res Uterushorn mit darunter gelegenem 6 cm großen soliden Tumor, retroperitoneal unter Tumor Beckenniere rechts, 2. Laparoskopische Operation: Ero¨ffnung des Retroperitonealraumes unter simultaner vaginalsonographischer Kontrolle der singula¨ren Beckenniere. Pra¨paration und Entfernung des Tumors rechts (intraoperativer Schnellschnitt: Leiomyom), anschließend komplette Entfernung beider rudimenta¨rer Uterusho¨rner. 3. Postoperativer Verlauf: Unauffa¨llig, Nierenfunktion regelrecht.
Abb. 7.60: Enukleation des Leimyoms mit rudimenta¨ren Horn rechts.
96
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.61: Leiomyom (80 g) komplett enukleiert.
Merke: Bei zuru¨ckgebliebenen rudimenta¨ren Uterusho¨rnern beim MRKH ko¨nnen selten auch nach la¨ngerer Zeit noch pathologische Uterusvera¨nderungen auftreten (Differentialdiagnostik!). Auf die Abgrenzung zu bestehenden Fehlbildungen der Harnwege (z. B. Beckenniere) ist zu achten. Literatur: 1. Fukuda J, Kumazawa Y, Fujimoto T, Tanaka T: Mayer-RokitanskyKu¨ster-Hauser syndrome complicated by either uterine leiomyoma or ovarian tumor. J Obstet Gynaecol Res 36 (2010) 191–194. 2. Lamarca M, Navarro R, Ballesteros ME, Garcia-Aguirre S, Conte MP, Duque JA. Leiomyomas in both uterine remnants in a woman with the Mayer-Rokitansky-Ku¨ster-Hauser syndrome. Fertil Steril 91 (2009) 931.
7.8 Diagnostik und Therapie in besonderen Fa¨llen
97
3. Lanowska M, Favero G, Schneider A, Ko¨hler C: Laparoscopy for differential diagnosis of a pelvic mass in a patient with Mayer-RokitanskyKu¨ster-Hauser (MRKH) syndrome. Fertil Steril 91 (2009) 931.
7.8.2 Neovagina bei Vaginalatresie und Hoden im Leistenkanal 17ja¨hrige Patientin Anamnese: # Familienanamnese: unauffa¨llig, mit prima¨rer Amenorrhoe # gyna¨kologischer Befund: Vaginalatresie, geringe Klitorishypertrophie # Pha¨notyp: weiblich, Brust (B 4) und a¨ußere Geschlechtsmerkmale (P 4) normal entwickelt Diagnostik: # LSK (außerhalb): Fehlen von Uterus und Gonaden # Zytogenetik: Karyotyp 46 XY, Androgenrezeptor-Gen: unauffa¨llig # Hormondiagnostik: normogonadotrop, kein Estradiol
Abb. 7.62: LSK-Befund: Hoden im Leistenkanal.
98
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.63: LSK-Befund: Leistenhodenexstirpation links.
# MRT-Befund: Vaginalatresie, Uterus- und Gonaden fehlen, in beiden Leistenkana¨len atrophe Hoden nachweisbar. Hormontherapie: Mikropille Operation: # bei Kohabitationswunsch Peritonealscheide nach DavydovFriedberg-Ro¨mer (s. Kap. 7.1), laparoskopische Exstirpation beider Hoden aus dem Leistenkanal wegen der Gefahr der Entartung. Histologie: # Atrophische Leistenhoden mit nur noch erhaltenen SertoliStu¨tzzellen, wie beim Sertoli-Cell-Only-Syndrom und atrophischen Nebenhoden beidseits. Postoperativer Verlauf: # 1 Jahr postoperativ regelrechte Scheidenverha¨ltnisse, Kohabitation problemlos mo¨glich.
7.8 Diagnostik und Therapie in besonderen Fa¨llen
99
7.8.3 Hysteroskopische Korrektur eines Restseptums nach abdominaler Metroplastik bei Uterus septus completus Anamnese: # Abdominale Metroplastik und mikrochirurgischer Tubenoperation bei Uterus septus completus (Erhalt der Zervix) (1987). Diagnostik: # Kontroll-HSG: deutliches Restseptum von 3 cm (Abb. 7.64) (1989). Therapie: # Hysteroskopische transcorporale Septumdissektion mit Erhalt des Zervixseptums mit IUD-Einlage und postoperativer Estrogenisierung (1993) Postoperativer Verlauf: # Kontroll-HSG bei noch liegendem IUP (Abb. 7.65): Regelrechtes Cavum (1994)
Abb. 7.64: HSG-Befund: Restseptum nach abdominaler Metroplastik.
100
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.65: HSG-Befund: Zustand nach hysteroskopischer Dissektion des Restseptums (seitliche Aussparung vom IUD Typ DANA).
# Kontroll-HSK: IUD-Extraktion (1994), regelrechtes Cavum: Keine Adha¨sionen und kein Restseptum # wegen des beidseitigen Tubenverschlusses: 1994 IVF: Schwangerschaft # 1995 prima¨re Sectio in der 39. SSW Merke: Auch Restsepten nach prima¨r abdominaler Metroplastik ko¨nnen hysteroskopisch disseziert werden. Eine Re-Laparotomie ist nicht notwendig. Literatur: 1. Ro¨mer T, Lu¨rmann, K, Lober R: Erfolgreiche transzervikale Septumdissektion nach abdominaler Metroplastik – Eine Kasuistik. Fertilita¨t 13 (1997) 140–142.
7.8 Diagnostik und Therapie in besonderen Fa¨llen
101
7.8.4 Hysteroskopische Ero¨ffnung einer Hemiha¨matometra Hysteroskopische Operation einer Hemiha¨matometra 14ja¨hrige Patientin Anamnese: # zyklische rechtsseitige Unterbauchbeschwerden # Appendektomie außerhalb durch Chirurgen wegen der Beschwerden # Laparoskopie außerhalb, Diagnose: großes intramurales Myom rechts # Zuweisung zur weiteren Therapie Diagnostik: # Spiegeleinstellung: 1 Portio # Palpation: Uterus vergro¨ßert nach rechts ausladend # Sonographie: 10 cm solide Struktur mit Ha¨matometra rechts Therapie: 1. Laparoskopie 2. operative Hysteroskopie mit Ero¨ffnung der rechtsseitigen Hemiha¨matometra (Koagel), Freispu¨len der rechten Kavumha¨lfte, Tubenostien rechts sichtbar ! IUP-Einlage fu¨r 3 Monate 3. Kontrollhysteroskopie nach 3 Monaten: Cavum uteri regelrecht mit gut proliferiertem Endometrium
Abb. 7.66: Ausgangsbefund Hemiha¨matometra rechts.
102
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.67: Hysteroskopische Ero¨ffnung der Hemiha¨matometra.
Abb. 7.68: Endsitus bei der Kontroll-Hysteroskopie nach 3 Monaten und IUP Extraktion.
7.8.5 Abdominale Metroplastik bei einer Hemiha¨matometra eines Uterus bicornis 19ja¨hrige Patientin Anamnese: # vor 1 Woche Laparoskopie außerhalb wegen Ha¨matosalpinx links und Schokoladenzyste links " Operation (partielle Salpingektomie und Cystenexstirpation). Verdacht auf Uterusfehlbildung (Uterus bicornis) Diagnostik (02/2008): # Vaginalsonographie: V. a. Uterus bicornis mit Ha¨matometra links,
7.8 Diagnostik und Therapie in besonderen Fa¨llen
103
# MRT-Diagnostik: Uterus bicornis mit Ha¨matometra links (ohne Abfluss) (Abb. 7.69) # Op-Planung: LSK/HSK in Laparotomiebereitschaft " nach 3 Tagen Aufnahme der Patientin mit akuten Beschwerden – Op-Indikation akute Unterbauchbeschwerden bei zunehmender Ha¨matometra links. Therapie (02/2008): # LSK/HSK: Uterus bicornis unicollis, keine Verbindung des rechten Cavums zur Ha¨matometra links # Laparotomie: Metroplastik nach Bret-PALMER (Abb. 7.70–7.74). IUD-Einlage und Estrogenisierung fu¨r 3 Monate. Kontrolle (06/2008): # Vaginalsonographie: Cavum regelrecht mit liegendem IUD # HSK/LSK-Befund: " HSK: IUD-Extraktion, Ostien frei, median 1 straffer Adha¨sionsstrang (IUA Grad 2), intrauterine Adha¨siolyse per hysteroscopiam " LSK: Uterusfundus normal, geringe mediane Einziehung (Abb. 7.75) # MRT-Befund: Regelrechtes vereinigtes Cavum (Abb. 7.76)
104
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.69: MRT-Ausgangsbefund: Uterus bicornis mit Hemiha¨matometra links.
Abb. 7.70: Laparotomie-Befund: Hemiha¨matometra links bei Uterus bicornis.
7.8 Diagnostik und Therapie in besonderen Fa¨llen
105
Abb. 7.71: Metroplastik zu Vereinigung beider Uterusha¨lften (Ero¨ffnung der Cavidita¨ten).
Abb. 7.72: Metroplastik zur Vereinigung beider Uterusha¨lften.
106
7. Diagnostik und Therapie der einzelnen Uterusfehlbildungen
Abb. 7.73: Vereinigung der Ho¨rner.
Abb. 7.74: Endsitus nach Metroplastik.
7.8 Diagnostik und Therapie in besonderen Fa¨llen
107
Abb. 7.75: LSK-Befund: (3 Monate) nach abdominaler Metroplastik.
Abb. 7.76: MRT-Endbefund (3 Monate post operationem).
8. Geburtshilfliches Management bei Uterusfehlbildungen
Merke: Eine Uterusfehlbildung ist per se keine Indikation zur Sectio, sondern es muss je nach Ausmaß und der Art der Fehlbildungen eine individuelle Entscheidung zum Geburtsmodus getroffen werden. Fu¨r die selteneren Uterusfehlbildungen liegen zum Geburtsmodus und geburtshilflichen Management kaum relevante wissenschaftliche Daten vor. Schwangerschaften bei Uterusfehlbildungen sind als Risikoschwangerschaften einzustufen. Tab. 8.1: Frequenz geburtshilflicher Komplikationen bei Uterusfehlbildungen. nichtoperierte Uterusfehlbildungen
Aborte ( %)
vorzeitige Wehen ( %)
Termingeburten ( %)
II – Unicornis
37
16
45
III – Didelphys
32
28
36
IV – Bicornis
36
23
41
V – Septus/Subseptus
44
22
83
VI – Arcuatus
26
8
63
Merke: Auch die Frequenz von Lageanomalien des Feten ist bei Uterusfehlbildungen ho¨her (45 % Beckenendlagen bei Uterusfehlbildungen). Literatur: 1. Heinonen PK, Saarikoski S, Pystynen P: Reproductive performance of women with uterine anomalies. An evaluation of 182 cases. Acta Obstet Gynecol Scand 61 (1982) 157–162.
8.1 Geburtshilfliches Management nach Septumdissektion
109
2. Leitlinien DGGG: Weibliche genitale Fehlbildungen. in: Leitlinien der Gyna¨kologie und Geburtshilfe, Band I, Verlag S. Kramarz, Berlin, 2010, S. 31–89.
8.1 Geburtshilfliches Management nach Septumdissektion bei Uterus septus Merke: Eine hysteroskopische Septumdissektion ist keine prima¨re Indikation fu¨r eine Sectio! Eine erho¨hte Gefahr fu¨r eine Uterusruptur besteht nur bei Patienten mit Septumdissektion, wenn intraoperativ eine Uterusperforation erfolgte und damit die Kontinuita¨t des Myometriums gesto¨rt wurde. Uterusrupturen bei Gravidita¨ten nach komplikationslosen hysteroskopischen Septumdissektionen sind Einzelfallberichte. Literatur: 1. Angell NF, Domingo J: Uterine rupture at term after uncomplicated hysteroscopic metroplasty. Obstet Gynecol 100 (2002) 1089–1099. Tab. 8.2: Geburtshilfliches Management bei 14 Patientinnen mit Zustand nach corporaler Septumdissektion unter Erhalt der Cervix bei Uterus septus completus bzw. Uterus subseptus mit Cervix septus (eigene Ergebnisse). n Spontangeburt vaginal-operative Entbindung Sectiones Gesamt
4 1 9 14
% 28,6 7,1 64,3 100
Merke: Bei Uterus septus completus mit transcorporaler Septumdissektion wird insbesondere bei erhaltenem Zervixseptum die Sectio favorisiert.
110
8. Geburtshilfliches Management bei Uterusfehlbildungen
Tab. 8.3: Geburtshilfliches Management bei 62 Patientinnen nach Septumdissektion bei Uterus septus/subseptus (eigene Ergebnisse). n Spontangeburt vaginal-operative Entbindung Sectiones
36 3 23
Gesamt
62
% 58,1 4,8 37,1 100
Tab. 8.4: Indikationen fu¨r die Sectiones nach Septumdissektion (eigene Ergebnisse). n
%
prima¨re Sectio wegen Uterusfehlbildungen
3
13,1
prima¨re Sectio aus anderer geburtshilflicher Indikation
9
39,1
11
47,8
sekunda¨re Sectio
Gesamt
23
100
8.2 Geburtshilfliches Management nach abdominaler Metroplastik bei Uterus bicornis/didelphys Gro¨ßere Fallzahlen zum geburtshilflichen Management nach Metroplastik beziehen sich auf die Vorhysteroskopie-ura, als die abdominale Metroplastik auch bei Uterus septus noch State of the Art war. Strassmann berichtet 1952 u¨ber 61 problemlose Vaginalentbindungen ohne Uterusruptur bei 71 Patientinnen nach abdominaler Metroplastik. Literatur: 1. Strassmann EO: Surgical unification of double uterus: technic, indications and results. South Med J 45 (1952) 818–827.
8.2 Geburtshilfliches Management
111
Fayez (1986) konnte zeigen, dass nach abdominaler Metroplastik die Sectiofrequenz ho¨her ist (10 von 14 Patientinnen 71 %) gegenu¨ber hysteroskopisch operierten Patientinnen (3 von 19 Patientinnen 16 %) beim Uterus septus. Die niedrigere Sectiorate ist ein weiterer wesentlicher Vorteil der hysteroskopischen Resektion des Uterusseptum. Literatur: 1. Fayez JA: Comparison between abdominal and hysteroscopic metroplasty. Obstet Gynecol 68 (1986) 399–403.
Eigene Erfahrungen: Wa¨hrend in den 90er Jahren bei ca. 50 % der Patientinnen nach Metroplastik vaginale Entbindungen erfolgten, wird heute grundsa¨tzlich den Patientinnen die prima¨re Sectio ca. 1–2 Wochen vor dem Termin empfohlen. Literatur: 1. Ro¨mer T, Lober R: Uterusfehlbildung und Tubenschaden – operative Korrektur in einer Sitzung? Zentralbl Gyna¨kol 114 (1992) 486–490.
Merke: Nach abdominaler Metroplastik wird bei der Mehrzahl der Patientinnen eine prima¨re Sectio wegen der Gefahr der Uterusruptur durchgefu¨hrt. 8.2.1 Begru¨ndungen fu¨r das aktuelle geburtshilfliche Management (Sectioindikation nach abdominaler Metroplastik) # Hohes Sicherheitsbedu¨rfnis der Patientin (Anamnese: habituelle Aborte!) # Potentielles Rupturrisiko bei ausgedehnten Kontinuita¨tssto¨rungen des Myometriums. # Sectio heute deutlich risikoa¨rmer als vor 20 Jahren. # Patientinnen haben ha¨ufiger den Wunsch nach mehreren Kindern (deshalb ist die Vermeidung einer Ruptur hier besonders wichtig) (s. Abb. 8.1).
112
8. Geburtshilfliches Management bei Uterusfehlbildungen
Abb. 8.1: Re-Re-Sectio bei Z.n. abdominaler Metroplastik.
Merke: Sectiones bei Zustand nach abdominaler Metroplastik sollten prima¨r am wehenlosen Uterus zur Vermeidung von Rupturen durchgefu¨hrt werden.
9. Zusammenfassung
Tab. 9.1: Operationsindikation und -methoden bei Uterusfehlbildungen. AFSKlasse
Bezeichnung
1
Uterusagenesie Kohabitationswunsch Neovagina (Mayer-Rokitansky(Peritonealscheide) Ku¨ster-HauserSyndrom)
2
Uterus unicornis
rudimenta¨res Horn mit Endometrium oder Unterbauchbeschwerden
3
Uterus didelphys
Infertilita¨t abdominale (3 habituelle Aborte) Metroplastik
4
Uterus bicornis
Infertilita¨t (>2–3 habituelle Aborte)
abdominale oder laparoskopische Metroplastik
5
Uterus septus
Infertilita¨t (Sterilita¨t)
Hysteroskopische Septumdissektion
6
DES-Anomalien
keine
keine
7
Uterus arcuatus
keine
keine
Infertilita¨t (Sterilita¨t)
hysteroskopisch corporale Septumdissektion mit Erhalt des Zervixseptums (Ballontechnik)
Sonder- Uterus septus form completus
OP-Indikation
OP-Methode
laparoskopische Exzision des rudimenta¨ren Horns
Uterusfehlbildungen werden meist erst klinisch relevant, wenn Fertilita¨tsprobleme auftreten. Eine fru¨hzeitige und exakte Diagnostik, ggf. auch begleitender Fehlbildungen, ist dann erforderlich, um mo¨glichst rechtzeitig eine Indikation zur operativen Korrektur zu pru¨fen.
114
9. Zusammenfassung
Bei exakter Indikationsstellung sind operative Korrekturen von Uterusfehlbildungen sehr erfolgversprechend und ko¨nnen z. B. die Abortrate signifikant senken. Kenntnisse u¨ber Uterusfehlbildungen und deren Therapie sind auch von praktischer geburtshilflicher Relevanz. Jeder Gyna¨kologe sollte die Diagnostik und Therapie der wichtigsten Uterusfehlbildungen kennen.
Weiterfu¨hrende Literatur
Ebert AD: Gyna¨kologische Laparoskopie – Ein Wegweiser fu¨r die Praxis. Walter de Gruyter, Berlin, 2008. Keckstein J, Hucke J: Die endoskopischen Operationen in der Gyna¨kologie. Urban & Fischer, Mu¨nchen, Jena, 2000. Leitlinien DGGG: Weibliche genitale Fehlbildungen. in: Leitlinien der Gyna¨kologie und Geburtshilfe, Band I, Verlag S. Kramarz, Berlin, 2010, S. 31–89. Ro¨mer T: Hysteroskopischer Wegweiser fu¨r Gyna¨kologen. 2. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin, 2007. Ro¨mer T: Operative Hysteroskopie. 2. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin, 2009. Ro¨mer T: Uterine Fehlbildungen. in: Gyna¨kologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Hans Marseille Verlag GmbH, Mu¨nchen, 2010 (Hrsg.: M. Ludwig), 9–20. Wallwiener D, Jonat W, Kreienberg R, Friese K, Diedrich K, Beckmann MW (Hrsg.): Atlas der gyna¨kologischen Operationen. 7. vollsta¨ndig u¨berarbeitete und erweiterte Auflage. Georg Thieme, Stuttgart, New York, 2009
Danksagung Fu¨r die tberlassung der Abbildung 7.1 und 7.2 danke ich Frau Priv.Doz. Dr. C. Brucker (Tu¨bingen).