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über dieses Buch ODYSSEAS ELYTis war, als er 1979 den Nobelpreis für Literatur erhielt, für Leser außerhalb Griechenlands eine Entdeckung. Auch die meisten Journalisten hatten Mühe, in den Archiven Informationen über Leben und Werk zu finden. Dabei galt Elytis in seiner Heimat neben Giorgos Seferis (Nobelpreisträger 1963) und Yannis Ritsos schon lange als bedeutendster Lyriker. A n seinem Hauptwerk >To Axion Esti<, 1948 begonnen, arbeitete er elf Jahre lang. Nach der Vertonung längerer Partien durch Mikis Theodorakis galt es zur Zeit der Militärdiktatur als Signal oppositioneller und freiheitlicher Gesinnung. >To Axion Esti< (der Titel entspricht dem lateinischen >Vere dignum est<) ist ein dreiteiliges Versepos, das historische und mythische Ereignisse beschwön und in einem gewaltigen Preisgesang auf eine kühne Vision zuläuft. »Ein Zauber liegt über dieser so wirklichkeitsnahen Welt, die in dichterischer Trunkenheit schwelgt, ohne im geringsten romantisch oder pathetisch zu sein." (Süddeutsche Zeitung) Der
Autor
1911 auf Kreta geboren, war ODYSSEAS ELYTIS schon bald nach der Befreiung der Insel von der Türkenherrschaft nach Athen gekommen, hatte dort das Gymnasium absolviert und 1930 mit einem Jurastudium begonnen, das er jedoch abbrach, um sich ganz der Dichtung zu widmen. Während des albanischen Feldzugs 1940 zu Tode erkrankt, kehrte er nach Athen zurück, w o er mit seinen Gedichten >Helden- und Klagegesang auf den verlorenen Leutnant in Albanien« (1945) und >Albaniade< (1946) Anerkennung als Resistance-Dichter fand. Elytis ist auch als Kunsthistoriker und Übersetzer bekannt geworden. Neben französischer Literatur (u. a. Eluard, Breton, Lautreamont, Rimbaud) hat er Brechts »Kaukasischen Kreidekreis« ins Griechische übertragen. 1979 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Elytis lebt in Athen.
ODYSSEAS ELYTIS
TOAXIONESTIGEPRIESENSEI
FISCHER TASCHENBUCH VERLAG
Die griechische Originalausgabe erschien unter dem Titel TO ASION E2TI Deutsch von Günter Dietz
Fischer Taschenbuch Verlag März 1981 Ungekürzte Ausgabe Umschlagentwurf: Jan Buchholz / Reni Hinsch Foto: Harro Wolter Fischer Taschenbuch Verlag G m b H , Frankfurt am Main Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung der Ciaassen Verlag G m b H , Hamburg und Düsseldorf Deutsche Ausgabe: © Ciaassen Verlag G m b H , Hamburg und Düsseldorf, 1969 Gesamtherstellung: Hanseatische Druckanstalt GmbH> Hamburg Printed in Germany
680-ISBN-3-596-25029-3
INHALT
DIE GENESIS
II
Im Anfang das Licht Und sie die Wahrheit Als ich hinaufschritt Diese Welt, sprach sie Auch die Brandung Doch zuerst erlebst du Da auch die Stunden sich drehten
13 14 16 17 18 19 21
DIE PASSION
25
1. Sieh also ich . . . • 2. Griechisch war die Sprache I. Im Urschlamm mein Mund Erste Lesung: Der Marsch zur Front II. Blutjung und schon erkannte ich 3. Den Reichtum gabst du 4. Meine Tage versammelte ich I II. Allein war ich Steuermann Der Nachschub IV. Nur eine einzige Schwalbe 5. Auf Berge bin ich gegründet 6. In mir schläft
27 28 29 30 33 35 37 38 40 42 44 45
7-Es kamen/verkleidet wie Freunde 8. Es kamen/mit den goidnen Tressen V. Mit der Fackel des Sterns
46 48 49
DntteZ,e5«Kg.-Der große Auszug .
51
VI. Unvorstellbare Sonne 9. Das ist er 10. Hingeschleudert der Hohn VII. Dies ist diese Welt
53 55 56 57
Vrerte Z,es««g.-Das Grundstück mit den Brennesseln . .
59
VIII. Ich wandte die Augen 11. Brüder, wo immer 12. Im Grund der Nacht 13. Unrecht besudelte . 14. Kirchen im Muster IX. Schon den Wolken entstiegen
61 63 65 66 67 68
fünfte Lesung: Der Schahtall
70
X. Blutstrom der Liebe 15. Du wolltest mich 16. Früh schon weckte XI. Mönch werd ich sein Sechste Lesung: Prophetie
XII. Ich öffne den Mund 17. In fernes Land, weit und ohne Fehl 18. In fernes Land, weit und furchenlos
GEPRIESEN SEI
(1) Gepriesen sei das Licht (2) Gepriesen sei der schmucklose Holztisch (3) GepriesenMyrto (4) Gepriesen die Erde
72 73 74 . 75 76
79 80 81
83
85 86 87 89
(5) Gepriesen die Wolke (6) Das Rauschen geborn (7) Gepriesen die stürmende Woge (8) Gepriesen die Metamorphose des Wolfs (9) Gepriesen des Berges Paß (10) Gepriesen sei die grundlose Träne
NACHWORT
90 91 92 94 95 96
99
Sie haben mich oft bedrängt von meiner Jugend an, aber sie haben mich nicht überwältigt. PSALM 1 2 9
DIE GENESIS
das Licht Und die erste Stunde in der noch die Lippen im Urschlamm schmecken die Dinge der Welt Grünes Blut und golden die Knollen im Erdreich Wunderbar in seinem Schlaf breitete auch das Meer den frischen ätherischen Flor aus unter Johannisbrot und den hohen Dattelpalmen Dort lag ich allein der Welt gegenüber und weinte
IM A N F A N G
Meine Seele suchte Signal und Herold
Da sah ich, ich erinnere mich die drei Dunklen Moiren ihre Hände nach Osten erheben ihren vergoldeten Rücken und den Nebel, der zurückblieb langsam sich lösen nach rechts Sah Pflanzen in Fülle Die Sonne war mit ihrer Achse in mir vielstrahlig in ihrem Rufen Und sie die Wahrheit, die ich war, vor vielen Jahrhunderten mitten im Feuer noch frisch, ungeschieden vom Himmel Ich spürte, sie kam und bückte sich über meine Wiege Gedächtnis wurde Gegenwart sie führte die Stimme der Bäume, der Wogen: »Dein Auftrag - sprach sie - diese Welt und ist dir ins Herz geschrieben Erkenne sie, müh' dich und kämpfe« sprach sie »Jeder hat seine Waffen« sprach sie Und hob ihre Hände, wie sie öffnet 13
ein junger Gott, um Leid zu schaffen zugleich mit Freude. Heruntergezogen mit Gewalt und gelöst von den Zinnen fielen zuerst d i e SIEBEN BEILE
wie beim Sturmwind auf der Marke Null wenn Wohlgeruch aufsteigt vom Ursprung wieder ein Vogel gereinigt strömte das Blut zurück die Wahrzeichen trugen menschliche Züge So verständlich das Unbegreifbare
Dann kamen die Winde zusammen aus meiner Familie die Burschen, gorgonengleich, mit den geschwellten Backen mit den grünen breiten Rockschwänzen und andere - Greise, bekannte, uralte lederhäutige und bärtige Und sie teilten die Wolke zweimal und viermal was zurückbHeb, hauchten sie an, schickten es nordwärts Breit und stolz trat ins Meer der große T Ü R M Die Linie des Horizonts erglänzte deutlich und dicht und undurchdringlich DIES
der erste Hymnos.
UND SIE die Wahrheit, die ich war, vor vielen Jahrhunderten mitten im Feuer noch frisch Die Nicht-Geschaffene zog mit dem Finger die weiten großen Linien hoch drangen die feinen Krümmungen dort wieder fielen sie nieder ineinander gewaltiges Festland, von dem ich aufnahm der Erde Geruch ins Begreifen
Wahrheit so sehr 14
daß Erde mir anhing bei jedem Schritt an entlegenen Stellen wurde sie roter dann wieder bedeckt mit Fichtennadeln Schließlich müder und träg Hügel und Hänge manchrnal säumig die Hand im Verweilen Schluchten und Ebenen doch plötzlich rauhe Felsen getürmt mächtige Ermunterungen Und Augenblick, wo sie säumte und nachsann das Schwere, das Hohe: der Olymp, der Taygetos »Etwas, was dir hilft und beisteht, sprach sie auch wenn du stirbst« Und Adern zog sie durch das Felsmassiv hob aus der Tiefe Schiefergestein gab dem Hang ringsum Stufen, Terrassen Dorthin bestimmte sie weiß schimmernde Marmorbrunnen Windmühlen rosige kleine Kuppeln hohe durchfensterte Taubenhäuser ARETE
mit den vier rechten Winkeln
Und als sie die Lust der Umarmung bedachte füllten sich Mulden und Becken mit Liebe treulich bückten sich Schafe und Rinder als gäb es auf Erden keine Versuchung keine Messer »Der Frieden, sprach sie, will Kraft, ihn zu ertragen« und streute - sich wendend - aus offener Hand Königskerzen Krokus und Glockenblumen die Sterne der Erde mit ihren Arten das Mal der Herkunft an einem Blatt und unbezwingliche Lebenskraft DIES
die Welt die kleine die große! 15
ALS ICH hinaufschritt zur lichten Höhe Winde, Musik vernahm ich noch nicht (roter Sand, unübersehbar mit der Ferse löschte ich die Geschichte) war ich noch Kind. Was ich suchte, war etwas schuldlos und zitternd wie Rebenblätter tief und furchenlos wie das zweite Antlitz des Himmels Etwas Seele im Stoff der Erde
Da sprach sie und das Meer ward geschaffen Ich sah und staunte Kleine Welten streute sie ein nach meinem Gleichnis: steinerne Pferdchen mit ragender Mähne Amphoren der Stille gekrümmte Delphinrücken los Sikinos Seriphos Milos »Auch jedes Wort einer Schwalbe, sprach sie bring' dir im Sommer den Frühling Und zahllos die Ölbäume die mit ihren Händen das Licht sieben daß es sich unbeschwert ausbreite in deinem Schlaf ein Heer von Zikaden und du siehst sie nicht wie du den Puls deiner Hand nicht spürst aber nur wenig Wasser damit du es achtest wie Gott, seine Sprache behältst und den Baum, wie er ist ohne Herde mach' ihn zum Freund und damit du genau seinen Namen erfährst spärlich das Erdreich zu deinen Füßen daß du nicht Wurzel schlägst und ständig Wurzel aus Tiefen emporziehst und breit der Himmel oben daß du für dich begreifst die Unendlichkeit«
i6
DIES
die Welt die kleine die große!
Sprach sie, sollst du sehn und erfassen. Schau!« Meine Augen warfen den Samen aus schneller als Regen fiel er nieder abertausend unbetretene Morgen Funken, die Wurzel faßten im Dunkel, plötzlicher Quellstrahl Urbare Stille, in die ich pflanzte Sprößhnge von Lauten, goldene SchößHnge von Orakeln Noch immer die Hacke in der Hand sah ich die großen kurzfüßigen Pflanzen das Antlitz mir zugewandt hündische Laute stießen sie aus oder zeigten die Zunge: Da der Spargel, die Kresse die krause Petersilie Ingwer und Pelargonie Löwenzahn und Fenchel »DIESE WELT,
Die geheimen Silben, mit denen ich mich bemühte, meine Sprache zu bilden
»Wohlan, sprach sie, auch Lesen lernst du und vieles, was du noch lernst wenn du das UNSCHEINBARE ergründest Ein Tag wird kommen, wo du Helfer gewinnst Vergiß nicht: zum Nahkampf den Zephyr den Granatapfel gegen die Finsternis die brennenden fUnkfüßigen Küsse« Ihre Rede verhauchte wie Wohlgeruch NEUN UHR das Rebhuhn im Herzen des Wohllauts die Häuser aneinandergelehnt klein und quadratisch 17
mit weißem Türbogen und indigoblauem Türflügel Stundenlang unter der Weinlaube träümte ich bei den kurzen Pieptönen dem Quaken und Pfeifen, dem Schrei aus der Ferne: Da das Täubchen, der Storch der Zigeunervogel Nachtschwärmer und Wasserhuhn auch der Wespenbrummer und dort das Pferdchen der Panajia Das Festland mit meinen Schenkeln nackt in der Sonne
und wiederum zwiefach die beiden Meere das dritte dazwischen - Zitronenhain Mandarinen und mit seinem hohen Luftzug den Himmelsozon verändernd der andere Maistros Unter dem Dach der Blätter Knospe wie glatter Kiesel Blütenglöckchen Zweige voll Ungeduld und es ist DIES
die Welt die kleine die große!
vemahm ich bald und das endlose Geflüster der Bäume Sah auf der Mole die roten Krüge und näher beim hölzernen Fensterflügel dort, wo ich schlief, zur Seite gedreht lallte noch lauter der Nordwind Ich sah Mädchen schön und entblößt und glatt wie Kiesel ein wenig dunkler im Bogen der Schenkel strahlend hell am Schulterblatt
A U C H DIE B R A N D U N G
sie bliesen ins Muschelhorn oder schrieben mit Kreide seltsame Rätselworte: SORE
EREM
SENNO
ARIMNA
AIASANTHA
YELTIS
Laute von Vögeln und Hyazinthen oder andere Worte des Juli Elf Uhr schlug es fünf Klafter tief Barsch, Gründhng und Brassen mit gewaltigen Kiemen, kurzen Heckschwänzen Und höher fand ich Schwamm und Seestern schlank und verschwiegen die Seeanemone hoch an den Lippen des Meers Rose und Schüsselschnecke Seegras und Mitternachtsmuschel »Kostbare Worte, sprach sie, alte Schwüre, bewahrt von der Zeit, vom verläßlichen Ohr der Winde« Und nah beim hölzernen Fensterflügel dort, wo ich schlief, zur Seite gedreht hielt ich das Kissen an mich gepreßt und weinte Im sechsten Monat trug ich die Liehe
und deuthch regte sich
der Same im Innern
DIES
die Welt die kleine die große!
erlebst du die Einsamkeit, sprach sie, gibst ihr Sinn und Bedeutung Sie wird sein noch vor deinem Herzen und später kehrt sie dir wieder Wisse nur dies: Was du rettest im Blitz
» D O C H ZUERST
19
wird rein sein und dauern in Ewigkeit« Und hoch über die Wogen türmte sie Dörfer von Felsen Dort zerstäubte der Meerschaum ich sah eine Ziege hungrig an den Felsritzen lecken das Aug in der Schräge, ihr Leib hart wie Quarz Ich erlebte die Heuschrecken, den Durst, die knackenden rauhen Finger Lehrjahre, wie sie reifendes Wissen bestimmt Über Papiere gebeugt, in grundlose Bücher hinunterschwebend an dünnem Seil Nacht für Nacht erforschte ich die Helligkeit bis zur äußersten Dichte der Finsternis Die Hoffnung bis zum Quell der Tränen Die Freude bis zur Verzweiflung
Augenblick, der nach Hilfe schrie das Los fiel auf Regen Bäche rauschten den ganzen Tag wie trunken lief ich brach Mastixzweige am Hang, gab Myrte in offener Hand Nahrung für Atem und Wind »Dies ist die Reinheit, sprach sie auf den Hängen dieselbe, dieselbe in deinem Innern« Und hob ihre Hände, wie sie ausbreitet ein alter bedächtiger Gott, um zu vereinen Tonschlamm und Himmlischkeit Ein wenig nur Heß sie die Gipfel erglühen doch setzte sie Kräuter, unberührte, in Schluchten Minze Lavendel Zitronenkraut und die zierlichen Fußstapfen der Schafe anderswo wieder: von den Höhen fielen die feinen Silberfäden, taufrisches Haar eines Mädchens, das ich sah und begehrte Leibhaftige Frau »Dies ist die Reinheit« sprach sie ihr Leib, den ich in Sehnsucht Hebkoste innig der Kuß die VerschHngung
Sturmgepeitscht war ich reichte wie ein Kap in die Tiefe wo die Höhlen den Wind faßten Echo mit weißer Sandale ging vorüber fhnk die Meernadel unter dem Wasserspiegel und über mir sah ich: der Hügel Fuß, die Sonne gehörnter Kopf aufstieg sie unnahbar Der Große Widder Und sie die Wahrheit, die ich war, vor vielen Jahrhunderten mitten im Feuer noch frisch, ungeschieden vom Himmel ein Raunen, als ich fragte: - Was ist das Gute? Das Böse? - Ein Punkt Eine Stelle dort bist du im Gleichgewicht darüber Verwirrung und Dunkel dahinter das Knirschen der Engel - Ein Punkt Eine Stelle wohin du endlos aufbrechen kannst sonst gibt es nichts mehr Und die WAAGE, die meine Hände streckte, als wöge sie Triebe und Licht, war DIES
die Welt die kleine die große!
sich drehten wie Tage breit violette Blätter auf der Uhr des Gartens Ich war der Zeiger Dienstag Mittwoch Donnerstag Juni Juli August brauchte ich, wie es kam, Salzflut spritzenden Gischt, Mädchen schwirrende Insekten strahlende Bögen der Iris »Dies die Zeit der Unschuld, sprach sie des Welfs und der Knospe DA A U C H DIE STUNDEN
21
lang vor dem Sturm der NOTWENDIGKEIT« Gefahr, die sie anstieß mit ihrem Finger Dunkle Braue Wolke über dem Kap Mit Phosphor getränkt plötzHch die Erde »Damit du siehst, sprach sie in deinem Innern Kaliumadern Mangan und die verblaßten uralten Narben der Liebe« Gewaltig zog sich mein Herz zusammen Das erste Knarren des Holzes
von einer Nacht, die vielleicht nahe bevorstand der Laut des Käuzchens eines getöteten Menschen Blut, das über die Welt kam Doch am Horizont meiner Seele sah ich geheimnisvoll auftauchen wehrhafte Leuchttürme Burgen über felsigem Absturz den Polarstern Dämonen vertreibend Marina Und hinter den Wogen INSEL mit den Buchten der Olivenhaine Ein Augenblick, wo ich den Ahnen erkannte der für mein Fleisch sein Blut gab beschwerlich der Pfad des Heiligen, den er hochschritt noch ein Mal Noch ein Mal legte er seine Hände auf die Wasser von Jera und die fünf Dörfer erglänzten Papädos, Plakädos, Paläökipos Skopelos und Mesagros Reichtum und Erbe meines Geschlechts. »Nun aber soll, wie es bestimmt ist, sprach sie dein anderes Wesen hervortreten« und eh ich begriff die Figur des Feuers, des Grabes dorthin, wo niemand zu sehen vermochte gebückt, vor sich die Hände 22
schuf sie die großen Stellen der LEERE auf der Erde, im Leib der Menschen: die Stelle des Tods für die Ankunft des Kindes die Stelle des Mords für das Gerechte Gericht die Stelle des Opfers für die Gerechte Vergeltung die Stelle der Seele für des Nächsten Verantwortung Und die Nacht Veilchen eines alten von Sehnsucht verzehrten Mondes mit den Trümmern einer verlassenen Mühle, dem Geruch von Schafdung durchdrang mich Veränderte das AntHtz der Dinge, verwandelte die Maße der Schwere Ausgeworfen mein Leib wie ein Anker unter die Menschen kein Klang sonst nur Schreie Jammern und Klagen Furchen auf gequältem Gesicht Welch imaginärem Geschlecht war ich entsprossen
da erst begriff ich die Gedanken der Andern die mit gläserner Schneide schräg den geraden Leib durchschnitten Sah in den Hütten, als gäbe es für mich keine Wände, Greisinnen schreiten, das Licht in der Hand Schatten auf ihrer Stirn, auf der brüchigen Decke und junge Männer mit Schnurrbart, die Waffen anlegten, wortlos zwei Finger am Schwertgriff wie seit Jahrhunderten. »Sieh nur, sprach sie, die Andern und niemals: Sie ohne Dich und niemals: Du ohne Sie Du siehst, sprach sie, die Andern ihnen mußt du dich stellen willst du bleiben, was du bist
unauslöschlich. Denn viele tragen die schwarzen Hemden andere grunzen nach Art der Schweine versammelt die Fleischfresser, die Weinsäufer die Brotverächter, die Bleichgesichter, die Riesenkondoren wüster Haufen, Summe der Kreuzesbalken der Tetraktys. Behältst du die Wahrheit, sprach sie, trittst ihnen entgegen wird dein Leben ein Schwert und du bist der Lenker Jeder hat seine Waffen« sprach sie Und sie die Wahrheit, die ich war, vor vielen Jahrhunderten mitten im Feuer noch frisch, ungeschieden vom Himmel Erfüllte mein Fleisch Wurde der, der ich bin DREI UHR die Nacht hinter den Kasernen krähte der erste Hahn Einen Augenblick sah ich die Aufrechten Säulen, die Metope d e r TIERE
und Menschen im Glanz der WEISHEIT Da nahm die Sonne Gestalt an ENGEL ZU meiner Rechten DIES a l s o i c h
und die Welt die kleine die große!
24
DIE PASSION
SIEH a l s o i c h
geschaffen für die Koren, für die Inseln der Ägäis; Liebhaber der Rehsprünge Myste der Ölbaumblätter; Sonnenschlürf er Töter der Heuschrecke. Sieh ich gegenüber dem schwarzen Gewand der Entschlossenen der Jahre brünstiger Schrei, des leeren Schoßes, der seine Kinder tötete! Sturm entfesselt die Elemente und Donner fällt ins Gebirg. Schicksal der Unschuldigen, wieder allein, sieh dich, a m ENGPASS!
Meine Hände am Engpaß öffnete ich Am Engpaß leerte ich meine Hände anderen Reichtum sah ich nicht, anderen Reichtum hörte ich nicht
als kühle Brunnen, die aus sich verströmten Granatäpfel, Zephyr und Küsse. Jeder hat seine Waffen, sprach ich: Granatäpfel werd' ich am Engpaß entriegeln Am Engpaß stell ich den Zephyr auf Wacht loslassen werd' ich die alten Küsse, die geheiligten! Sturm entfesselt die Elemente und Donner fällt ins Gebirg. Schicksal der Unschuldigen, du bist mein eigenes Schicksal!
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III GRIECHISCH war die Sprache, die man mir gab; armselig die Hütte an den Küsten Homers. Meine einzige Sorge die Sprache an den Küsten Homers. Brassen und Barsche dort windgepeitschte Worte grüne Strömung in der Bläue des Meers wie es aufstieg in meinem Innern Schwämme und Quallen mit dem ersten Gesang der Sirenen rosige Muscheln mit dem ersten dunkleren Schauer. Meine einzige Sorge die Sprache mit dem ersten dunkleren Schauer. Granatäpfel und Quitten dort braunhäutige Götter: der Ohm und der Vetter wenn sie das ö l in die Tonfässer gössen; und Windhauch aus Schluchten mit Wohlgeruch Korbweide und Mastix Ginster und Ingwer mit dem ersten Piepen der Zeisige, süße Psalmodien mit dem ersten Gloria Deo. Meine einzige Sorge die Sprache mit dem ersten Gloria Deo! Lorbeer und Palmzweige dort und geschwungenes Weihrauchfaß Segen für die Schwerter, für die langen Fhnten. Weingärten auf der Erde wie Tücher gebreitet Bratgeruch dort Anstoßen der Gläser und
CHRISTOS ANESTI
mit den ersten Ostersalven der Griechen. Liebesmahle mit den ersten Worten des HYMNOS. Meine einzige Sorge die Sprache mit den ersten Worten des HYMNOS. 28
I mein Mund Kind der Frühe Prägte dir tief Die Linien der Lippen Gab dir die Sprache Den schwebenden Gang
IM URSCHLAMM
Da klaffte in mir Gefängnis und Vögel Stiegen zum Äther Da begriff ich: für dich Jahrhundertelang Zauber und Anmut Im Schwanken der Bäume Der Lanzen und Schwerter Geheime Losung Im funkelnden Glanz Und über dem Abgrund
X raunte auch dich X scheckiger Morgen X im Aufgang der Sonne X den Rauch des Haares X Lambda und Epsilon X das sichere Schreiten X das unbekannte X dunkle und weiße X in ständigem Streit X das Blut und die Tränen X das zehrende Ringen X für dich und die Schönheit X X X X X
im Schlag des Pyrrhichios hört' ich dich geben jungfräuliche Worte grüner Sterne sah ich dich schweben
DIE SCHNEIDE DES SCHWERTS X DEIN FURCHTBARES BEBEN!
29
Erste Lesung
DER MARSCH ZUR FRONT IM MORGENGRAUEN des Johannesfestes, am Tag nach Dreikönig, erhielten wir den Befehl, in eine Gegend zu marschieren, in der es weder Wochen- noch Feiertage gab. Wir sollten, so hieß es, von Chimarra bis Tepeleni Linien besetzen, die bisher von Soldaten aus Arta gehalten wurden. Sie hatten nämlich vom ersten Tag an unaufhörlich im Kampf gestanden und fast die Hälfte ihrer Mannschaft verloren, ihre Widerstandskraft war gebrochen. Schon zwölf Tage lagen wir in den Dörfern hinter der Front. Gerade, als sich unser Ohr wieder an die Laute der Erde gewöhnt hatte und wir zaghaft dem Gebell eines Hundes oder den Glockentönen einer fernen Kirche lauschten, hieß es, wir müßten zu den einzigen Lauten zurückkehren, die uns vertraut waren: zu dem langgezogenen dumpfen Dröhnen der Kanonen und dem trockenen hektischen Knattern der Maschinengewehre. Wir marschierten Nacht für Nacht, rastlos, wie Blinde hintereinander. Mit Mühe gelang es, die Füße aus dem Schlamm herauszuziehen, in den wir manchmal bis zu den Knien versanken; denn häufig fiel Regen auf unsere Wege und in unser Herz. In den kurzen Augenblicken, wo wir haltmachten, um uns zu erholen, kam es zu keiner Unterhaltung. Man saß still und mit ernster Miene, leuchtete mit einer Fackel und verteilte einzelne Rosinen. Bisweilen streiften wir, wenn es möglich war, unsere Kluften ab und kratzten uns, bis die Stellen bluteten. Unvorstellbar, bis zu welcher Raserei uns die Läuse am Leib getrieben hatten. Dann hörte man in der Dunkelheit die Pfeife, bis das Signal auch uns verkündete, daß sich der Zug erneut in Bewegung gesetzt hatte. Wieder trotteten wir weiter wie eine Herde, um
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möglichst viel Weg hinter uns zu bringen, bevor es Tag wurde und wir den Flugzeugen als Angriffsziel dienten. Denn Gott hatte nichts mit Angriffszielen zu schaffen, und wie es seine Gewohnheit war, wurde es immer zur selben Stunde Tag. Tagsüber versteckten wir uns in den Schluchten und ließen unseren Kopf zur Seite fallen, dorthin, wo er schwer war, wo keine Träume aufsteigen. Und die Vögel waren böse auf uns, weil wir ihren Worten keine Bedeutung beimaßen oder vielleicht auch, weil wir die Schöpfung grundlos verunzierten: wir, Dörfler von einer besonderen Sorte, mit den merkwürdigsten Arten von Hacken, Spaten und Eisen, die man alle hätte verwünschen müssen. Zwölf Tage lang hatten wir in den Dörfern hinter der Front stundenlang unsere Gesichter im Spiegel betrachtet. Und gerade als sich unser Auge an die alten Züge gewöhnt hatte und wir zaghaft unsere Lippen und die Wangen probierten, siehe, da hatten wir uns in der zweiten Nacht schon wieder verändert, in der dritten noch mehr, in der vierten waren wir ganz deutlich nicht mehr dieselben. Nur daß wir als ein zusammengewürfelter Haufen dahinzogen, war sichtbar, aus allen Generationen und Jahrgängen, die einen aus der Gegenwart, die andern aus der älteren Vergangenheit, bleich geworden bei reichlichem Bartwuchs. Mürrische Revolutionskapitäne mit Kopftuch, stämmige Popen, Unteroffiziere von 1897 oder 1912, »Beilträger«, schrecklich anzusehen, wenn sie über der Schulter das Haueisen schwangen, alte »Grenzwächter« und »Schildträger«, die noch mit Bulgaren und Türken blutige Kämpfe bestanden hatten. So passierten wir alle, wortlos, endlose Zeit atemlos nebeneinander keuchend, Bergrücken und Schluchten, ohne einen Gedanken zu fassen. Wie ein Übel, das sich häuft, immer dieselben Menschen quält und diese sich daran gewöhnen, schließlich seinen Namen ändern und es VERHÄNGNIS oder SCHICKSAL nennen, so zogen auch wir zu einem Ziel hoch, das wir K A T A R A nannten, so als ob wir NEBEL oder WÖLKE sagten. Mit Mühe gelang es, die Füße aus dem Schlamm herauszuziehen, in den wir manch31
mal bis zu den Knien versanken. Denn häufig fiel Regen auf unsere Wege und unser Herz. Daß wir jener Gegend nahe waren, wo es weder Wochennoch Feiertage gab, weder Kranke noch Alte, weder Reiche noch Bettler, erkannten wir leicht. Denn das Donnern und Krachen, fast wie ein Unwetter hinter den Bergen, verstärkte sich ununterbrochen, bis wir schließlich das langgezogene dumpfe Dröhnen der Kanonen und das trockene hektische Knattern der Maschinengewehre genau unterschieden. Da geschah es zusehends häufiger, daß wir trägen Kolonnen mit Verwundeten begegneten, die von der Front kamen. Sogleich setzten die Sanitäter mit dem roten Kreuz am Arm ihre Tragbahren ab, spuckten in die Hände und gierten nach einer Zigarette. Wenn sie hörten, wohin wir marschierten, schüttelten sie den Kopf und sprachen von Zeichen und Wundern. Das einzige aber, was unser Ohr vernahm, waren Schreie, die durch die Dunkelheit drangen, glühend vom Pech und Schwefel der Hölle: »Mutter!«, »Oh, Mutter!« - und manchmal, seltener freilich, ein ersticktes Gemurmel, ein Röcheln, von dem die Eingeweihten sagten, es sei der Tod. Auch schleppten die Kolonnen zuweilen Gefangene mit, die kurz zuvor bei Überraschungsangriffen der Spähtrupps gefaßt worden waren. Sie rochen nach Wein, in ihren Taschen steckten Konserven und Schokolade. Wir dagegen hatten nichts als zerstörte Brücken hinter uns, ein paar Maultiere und eine unzureichende Ausrüstung im Schnee und schlüpfrigen Morast. Da und dort waren in der Ferne Rauchfahnen sichtbar, die zum Himmel stiegen, und die ersten Leuchtkugeln, die rot am Horizont standen.
II BLUTJUNG u n d s c h o n e r k a n n t e i c h
X
die Stimmen der hundert Jahre Nicht in der einen Stunde am Brunnen X das Fichtenknarren des Waldes Nur das Kläffen des Hunds im Gebirg X von Männern durchzogene Berge .Der niedrigen Hütten Flammenrauch X der Menschen im Todesröcheln Unversöhnlich friedloser BUck X des anderen Reiches Wildnis Nicht der Störche kreischender Laut X der lang verbleibt in den Winden STILLE, die f ä l l t wie Regen X und Blumen gurren wie Tauben Nur des Tiers, das zappelnd erstickt X vergeblich gurgelndes Würgen Zweimal der dunkle Augenkreis X zweimal der Panajia Traueraugen aufs Gräberfeld X Kreis auf der Schürze der Frauen
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Nur das Pochen an deine Tür X wenn du erst öffnest: niemand Nicht die Spur einer zärtlichen Hand X im leichten Rauhreif der Haare Wenn ich auch hoffte jahrelang X nie empfing ich die STILLE Bei der Teilung im Brüderkreis X ward mir das geringste der Lose Die steinerne Last des Sattelgeschirrs X und die Gewohnheit von Schlangen
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3DEN REICHTUM gabst du niemals an mich den von den Völkern der Kontinente Verlassenen den ständig von ihnen hochmütig Gepriesenen! Die Traube nahm sich der Norden der Notos die Ähre der Lauf des Windes in ihrem Dienst die Mühe der Bäume zweimal und wieder schändlich von ihnen versilbert. Ich kannte nur dies: auf der Sonne Nadelkopf Thymian ich spürte nur dies: auf wucherndem Bart den Tropfen des Wassers aber die Wange rauh legte ich aufs rauhste Gestein j ahrhundertelang. Ich schlief auf der Sorge ums Morgen wie der Soldat auf der Waffe durchforschte das Erbarmen der Nacht wie der Asket seinen Gott. Aus meinem Schweiß schufen sie Diamanten vertauschten mir listig die Jungfräulichkeit des Blicks. Sie wogen meine Freude, fanden sie winzig und traten sie zu Boden wie eine Fliege. Die Freude traten sie nieder, verschlossen in Stein so blieb mir der Fels, mein furchtbares Bildnis. Mit Flacheisen behauen sie ihn, mit Spitzeisen durchbohren sie ihn mit Breiteisen durchfurchen sie meinen Fels. Je tiefer die Zeit den Stoff verzehrt, um so reiner strahlt das Orakel aus meinem Anlitz:
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DEN ZORN DER TOTEN FÜRCHTET UND DIE STANDBILDER DER FELSEN!
MEINE TAGE v e r s a m m e l t e i c h
und fand dich nicht
nirgends, niemals, daß du mich führtest
ins Tosen der Klippen, in den Wirbel der Sterne! Andere empfingen das WISSEN, andre die MACHT durchschritten mühsam das Dunkel schufen sich Masken, die Freude den Schmerz, passend für ihr entstelltes Gesicht. Ich allein legte Masken nicht an verwarf die Freude, verschmähte des Schmerz leichtherzig warf ich und großzügig fort d i e MACHT u n d d a s WISSEN.
Meine Tage versammelte ich und blieb allein. Da sprachen die Andern: Auqh er soll wohnen im Haus mit den zahllosen Blumentöpfen, mit der schimmernden Braut. Doch Pferde, die dunklen die feuerroten, weckten den Starrsinn nach Helena-Bräuten! Andere Kühnheit, die ich ersehnte: mehr im Geheimnis und lief, wo sie wehrten, der Unsichtbare, hinaus auf die Felder, den Regen zu bringen, das Blut meiner Toten zurückzuholen, der unbegrabnen! Da sprachen die andern: Auch er soll erkennen das Leben gereimt in den Augen der andern. Doch war mir kein anderes Aug gegenüber nur in der LEERE, die ich umarmte, die Tränen nur die Stürme im Schweigen, das ich ertrug. Meine Tage versammelte ich und fand dich nicht gürtete mich mit den Waffen und trat hinaus ins Tosen der Klippen, in den Wirbel der Sterne!
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III Steuermann X auf wogendem Schmerz Allein zog ich ein X in den verlassenen Mai Allein blies ich an X den blühenden Duft Entlang der Flur X an den Alkyoniden Nährte die Blumen mit Gelb X weidete Hügel Beschoß mit Rot X die Einsamkeit! Ich sprach: Nicht wird der Messerstich X tiefer sein als der Schrei Nicht das U N R E C H T X kostbarer als das Blut! Der Erdbeben Hand X die Hand der Hungersnöte Der Feinde Hand X die Hand der Meinen Verheerten und tobten X verzehrten und rasten Einmal und zweimal. X unzähhge Male Verraten verwaist X auf dem Schlachtfeld allein Erobert geschleift X wie eine Burg allein Die Botschaft, die ich hob X trug ich allein! ALLEIN
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war
ich
Allein verwickelte ich X den Tod in Verzweiflung Allein stieß ich meine X Felszähne in die ZEIT Allein zog ich hin X auf die lange Reise Wie der Stoß der Trompete X zum Äther steigt! In meiner Gewalt die R Ä C H E X der Stahl und die Niedertracht vorzurücken im Staub X mit dem Heer in Waffen Doch ich sprach: Nur mit dem Schwert klaren Wassers X erschein ich zum Kampf Nur mit der Makellosigkeit des Herzens X führ ich den Schlag! Erdbeben zum Trotz X trotz der Hungersnöte Den Feinden zum Trotz X trotz der Meinen Widerstand ich, erstarkte X gestählt und gehärtet Einmal und zweimal X unzählige Male Ich baute meine Häuser X auf das GEDÄCHTNIS allein Mit der hohen Lichtkrone X schmückte ich mich allein Das Korn meiner Botschaft X schnitt ich allein!
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Zweite Lesung
DER NACHSCHUB IN JENEN TAGEN trafen endlich nach drei vollen Wochen die ersten Nachschubkolonnen an unserem Abschnitt ein. Die Leute berichteten viel von den Orten, durch die sie gezogen waren, von Delvino, Aji Saranta und Korytsa; sie luden Heringe ab und Chalwa, wobei sie sehr darauf bedacht waren, eine Stunde früher fertig zu werden und wieder abzuziehen: Nichts war ihnen vertraut, und es schreckte sie das Donnern in den Bergen und der dunkle Bart in unsern ausgemergelten Gesichtern. Es traf sich, daß einer von ihnen einige alte Zeitungen bei sich hatte. Da lasen wir, noch ungläubig, obwohl wir es bereits schon gehört hatten, daß man in der Hauptstadt im Siegestaumel war und daß die Leute, so stand geschrieben, Infanteristen auf die Schultern hoben, die mit Erlaubnis der Behörden von Preveza und Arta zurückgekehrt waren. Und es läuteten den ganzen Tag die Glocken, und abends sang man Lieder im Theater und spielte unser Leben auf der Bühne, damit der einfache Mann Beifall klatschte. Beklemmendes Schweigen erfaßte uns, denn wir waren in der monatelangen Abgeschlossenheit ganz unbürgerlich geworden, verwildert, und ohne ein Wort darüber zu verlieren, dachten wir lange über unsere Zeit nach. Einen Augenblick lang standen sogar Tränen in den Augen von Unteroffizier Zois, dann schob er die Blätter mit den Nachrichten aus der Welt beiseite, wobei er seine fünf Finger gegen sie spreizte. Wir andern sprachen kein Wort, nur in unseren Augen lag etwas wie Dankbarkeit. Da wandte sich Lefteris um, der etwas abseits eine Zigarette drehte, mit einer Gebärde, als ob er die Not der ganzen Welt auf sich genommen hätte, und sagte: »Zois, was ist dir über 40
die Leber gelaufen? Die Leute, die zu Hering und Chalwa abkommandiert sind, werden immer wieder hierher zurückkehren. Und die andern zu ihren Rechnungsbüchern und Verzeichnissen, mit denen sie endlos zu schaffen haben, oder zu ihren weichen Betten, die sie aufschlagen, ohne über sie zu verfügen. Doch damit du's weißt: Nur wer mit der Finsternis in sich selber kämpft, verdient sich morgen einen Platz an der Sonne.« Darauf Zois: »Meinst du nicht, daß auch ich eine Frau habe und Felder und große Sorgen, während ich hier im Exil sitze und wache?« Lefteris erwiderte: »Wenn jemand etwas nicht liebt, mein Guter, hat er zu fürchten, daß er es schon lange verloren hat, mag er es auch noch so sehr an sich pressen. Aber sei unbesorgt, die Dinge des Herzens gehen nicht verloren. In ihrem Dienst stehen auch die Exile. Ob langsamer, ob rascher - wer fähig ist, die Dinge des Herzens zu finden, wird sie finden.« Noch einmal fragte Unteroffizier Zois: »Und wer ist es, der sie nach deiner Meinung zu finden vermag?« Da zeigte Lefteris langsam mit dem Zeigefinger auf ihn: »Du - und ich - bei allem, mein Bruder, was diese Stunde, die uns hört, noch offenbaren wird.« Und im selben AugenbHck vernahmen wir in der Luft wieder das dunkle Pfeifen einer Granate. Sofort warfen wir uns auf die Erde zwischen Christrosen, da wir diese Zeichen des Unsichtbaren schon auswendig kannten; schon vorher bestimmte auch unser Ohr die Stelle, wo die Granate auftraf, in die Erde eindrang und in ihr versank. Alle blieben bei der Explosion unverletzt. Nur ein paar Maultiere erhoben sich auf ihre Hinterfüße, andere wurden unruhig und liefen weg. Durch den sich verziehenden Rauch sah man jene Männer, die unter Strapazen den Nachschub hierher gebracht hatten: Sie beeilten sich, eifrig hinter sich gestikulierend. Ihre Gesichter waren blaß, sie luden Heringe ab und Chalwa, wobei sie sehr darauf bedacht waren, eine Stunde früher fertig zu werden und wieder abzuziehen: Sie hatten keine Erfahrung, und es schreckte sie das Donnern in den Bergen und der dunkle Bart in unsern ausgemergelten Gesichtern. 41
III einzige Schwalbe X der Frühling, er kostet viel Daß wieder Sonne zurückkehrt X viel Müh verströmen will Daß Sonnenräder sich drehen X ist nötig der Toten Flut Die Lebenden sind notwendig X die geben ihr Opferblut NUR EINE
Mein Gott, Baumeister der Welt X du hast mich auf Berge gegründet Mein Gott, Baumeister der Welt X der Tiefe des Meers verbündet! Geholt von Magiern und Weisen X der Körper des frühen Mai Das Grab, wohin sie ihn senkten X im offenen Meer und frei In einen grundlosen Brunnen X versenkten sie seinen Leib Wohlgeruch strömte ins Dunkel X aus abgrundtiefem Verbleib. Mein Gott, Baumeister der Welt X du brachtest im Osterflieder Mein Gott, Baumeister der Welt X die Auferstehung hernieder] Da rührte sich wie der Same X im Leib, der finster und groß Insekt, das furchtbar erwachte X GEDÄCHTNIS i m Erdenschoß 42
Wie eine Spinne sich einsticht X so stach das Licht ringsumher Es spiegelten alle Gestade X es glänzte das ganze Meer. Mein Gott, Baumeister der Welt X du hast mich mit Küsten umgürtet Mein Gott, Baumeister der Welt X den Bergen mich aufgebürdet!
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III AUF BERGE bin ich gegründet Berge heben die Völker auf ihre Schulter GEDÄCHTNIS brennt auf ihrem Gipfel unversehrlicher Dornbusch. Meines Volkes Gedächtnis: dein Name ist Pindos dein Name Athos. Aufgewühlt ist die Zeit an den Füßen hängt sie die Tage auf im prasselnden Fall: die Gebeine der Erniedrigten. Wer sind sie, wie und wann, die dem Abgrund entstiegen? Wer sind sie, von welchen wievielen, die Heerscharen? Verwandelt des Himmels Antliz, entflohen die Feinde. Meines Volkes Gedächtnis: dein Name ist Pindos dein Name Athos Du allein erkennst den Mann am Druck der Ferse Du allein redest aus der Schneide des Felsens Du schärfst den Blick im Antlitz der Heiligen ziehst übers Wasser der Zeiten zum äußersten Rand den Flieder der Auferstehung! Du berührst mich, und schmerzend in mir das Kind des Frühlings! Du züchtigst die Hand, weiß erglänzt sie im Dunkel! Immer durchquerst du das Feuer, um zu erreichen den Glanz. Immer durchquerst du den Glanz, um zu erreichen die Berge im Schnee ihres Ruhms. Und die Berge, wer und warum? Auf Berge bin ich gegründet Berge heben die Völker auf ihre Schulter GEDÄCHTNIS brennt auf ihrem Gipfel unversehrlicher Dornbusch!
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6.
IN MIR schläft der Dichter der Wolken und Wogen! An der Brust des Sturms seine dunklen Lippen immer die Seele mit dem Pulsschlag des Meers zu Füßen der Berge! Eichen entwurzelt und thrazischer Nordwind. Kleine Boote an der Windung des Kaps, die kentern und sinken. Auf Wolken wieder tauchen sie auf im Jenseits der Tiefe. Seetang an ihre Anker geheftet Tang im Bart von betrübten Heiligen. Nimbusstrahlen hell um ihr Haupt lassen den Lichtkreis des Meers erzittern. Dorthin starren hungrig die Greise. Die Frauen tragen vor dem Kalkweiß der Inseln wie ein Gewand ihren Schatten. Mit ihnen auch ich, und ich rühre die Hand Dichter der Wolken und Wogen! In den ehrwürdigen Farbtopf tauch ich mit ihnen den Pinsel und male: Die neuen Kiele die Heiligenbilder in Gold und Schwarz! Unser Helfer und Schutz: Heiliger Kanaris! Unser Helfer und Schutz: Heiliger Miaouhs! Unser Helfer und Schutz: HeiHge Manto!
4S
ES KAMEN
verkleidet wie Freunde meine Feinde zahllose Male traten auf uraltes Land. Aber die Erde verband sich nie mit dem Druck ihrer Ferse. Sie brachten d e n WEISEN, d e n GRÜNDER, d e n
FELDVERMESSER
Bibeln mit Zahlen und Schriftzeichen den strengen GEHORSAM, die strikte GEWALT, das uralte Licht zu regieren. Aber das ^icht verband sich nie mit dem Dach ihrer Herrschaft. Nicht eine Biene summte ihr goldenes Spiel kein einziger Zephyr blähte die hellen Frauenschürzen. Sie bauten und setzten auf die Gipfel der Berge, ins Tal, in die Häfen kraftvolle Burgen, mächtige Schlösser Boote und Schiffe, zu steuern dem Wind; Gesetze, die ihnen Nutzen brachten, wandten sie an auf uraltes Maß. Aber das MASS verband sich nie mit dem Sitz ihres Denkens. Nicht eine Schablone von Gott, die einen Abdruck zurückließ nicht eine Nymphe bHckte nach ihrem Wort. Sie kamen verkleidet wie Freunde meine Feinde zahllose Male brachten die uralten Geschenke. Doch waren ihre Gaben nichts nur Feuer und Schwert. 46
In ihren Fingern, die warteten, nur Waffen und Eisen und Feuer. Nur Waffen, Feuer und Schwert.
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ES KAMEN
mit den goldnen Tressen die Raubhähne des
NORDENS,
die Feuergeier des OSTENS!
Meinen Leib zerteilten sie um meine Leber stritten sie gierig und schwirrten fort. »Für sie, sprach jeder, des Opfers Rauch für uns der Rauch des Ruhms, Amen.« Und das Echo aus vergangnen Zeiten hörten wir deutlich, kannten wir gut kannten das Echo und sangen von neuem das Lied mit dünner Stimme: Für uns, für uns das blutige Schwert der dreifach gewebte Verrat. Für uns der Morgenstrahl auf der Waffe der bis zuletzt verbissene Kampf die List für uns, das verborgene Fangnetz. Für uns das Kriechen über den Erdgrund im Dunkel der heimliche Schwur der andern Augen Härte und nie nie die gerechte VERGELTUNG. Brüder, die uns betrogen haben! »Für sie, sprach jeder, des Opfers Rauch für uns der Rauch des Ruhms, Amen.« Doch entfachtest du in unsrer Hand mit deinem Wort die Fackel des Sterns, o Mund des Unschuldigen, Pforte des Paradieses! Die Kraft des Rauchs in künftigen Tagen, Spiel deines Hauchs, erblicken wir und seine MACHT UND HERRLICHKEIT! 48
Stems X schritt ich dem Himmel entgegen In den Tau der Wiesen X zur einzigen Küste der Welt Finde ich wo meine Seele X die vierblättrige Träne!
MIT DER FACKEL dcS
Myrten, durchwirkt von Trauer X versilbert mit Schlaf Besprengten mein AntHtz X hauch ich und schwebe Finde ich wo meine Seele X die vierblättrige Träne! Magier, Lenker des Strahls X Führer des Traumgemachs Gaukler, der du kennst X die Zukunft, sprich mir und sag Finde ich wo meine Seele X die vierblättrige Träne! Mädchen in Trauer X Trauer um die Jahrhunderte Burschen, die Hand am Gewehr X begreifen es nicht Finde ich wo meine Seele X die vierblättrige Träne! Hundertfingrige Nächte X am ganzen Himmelsgewölbe Zermartern den Leib X DIES i s t der Schmerz 49
Finde ich wo meine Seele X die vierblättrige Träne! Mit der Fackel des Sterns X geh ich dem Himmel entgegen In den Tau der Wiesen X zur einzigen Küste der Welt Finde ich wo meine Seele X die vierblättrige Träne!
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Dritte Lesung
DER GROSSE AUSZUG IN JENEN TAGEN versammelte sich die Jugend insgeheim und faßte den Beschluß, da sich die schhmmen Nachrichten in der Hauptstadt häuften, auf die Straßen und Plätze zu gehen mit dem einzigen, was ihnen geblieben war: mit einer freien Stelle unter dem offenen Hemd, mit den schwarzen Haaren und dem Halskreuz der Sonne. Denn der Frühhng hatte seine Herrschaft angetreten. Und da sich der Tag näherte, an dem die Nation den Märzaufstand feierte, bestimmten sie diesen Tag wieder zum Auszug. In der Frühe erhoben sie sich, der Sonne entgegen, Furchtlosigkeit auf ihr Panier geschrieben - die Jungen, die man »Vagabunden« nannte, mit ihren geschwollenen Füßen. Und es folgten ihnen viele Männer, Frauen und Verwundete mit Bandagen und Krücken. So viele Furchen waren plötzHch in ihren Gesichtern, daß man meinte, in kurzer Zeit seien viele Tage vergangen. Durch solche Verwegenheit wurden die ANDERN, als sie es merkten, außer Fassung gebracht. Und dreimal mit den Augen alles abschätzend, worüber sie verfügten, faßten sie den Beschluß, auf die Straßen und Plätze zu gehen mit dem einzigen, was ihnen geblieben war: mit einem Feuergurt unter der Ausrüstung, mit den schwarzen Gewehren und den Zähnen der Sonne. Denn es gab für sie weder Zweige noch Blüten, und Tränen vergossen sie nie. Wahllos schlugen sie zu, wobei sie verzweifelt die Augen schlössen. Und der Frühling hatte sie alle in seiner Gewalt. Als ob es keinen andern Weg auf der Erde gäbe, auf dem der Frühling vorüberginge, als diesen und als ob sie diesen Weg wortlos eingeschlagen hätten, erblickten die Jungen in der Ferne, jenseits der äußersten Hoffnungslosigkeit, die STILLE, den Frieden, die sie
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erhofften - die Jungen, die man »Vagabunden« nannte, mit ihren geschwollenen Füßen, die Männer und Frauen und die Verwundeten mit ihren Bandagen und Krücken. Und in kurzer Zeit waren viele Tage vergangen. In Fülle ernteten die WILDEN das Feld ab, und andere griffen sie auf. Und am nächsten Tag stellten sie dreißig an die Wand.
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III UNVORSTELLBARE SONNE DER
Gerechtigkeit X und du, würdiger Myrtenzweig niemals vergeßt, bitt ich euch niemals s Adlergestaltig die hohen Berge auf den
X mein Land!
X Vulkanen Kette der Weingärten die Häuser in hellerem Weiß X in der Nähe der Meeresbläue! Berührt mein Land auch ein wenig Asien X lehnt mein Land auch leicht an Europa sieh, da steht es und ragt X allein zwischen Äther und Meer! Doch kein Platz im Denken der Fremden X kein Platz für mein Land in der Liebe der Seinen rings nur Trauer und Leid X und der sengende Lichtstrahl!
Die bitteren Hände im
BLITZ X strecke ich hinter die ZEIT rufe die alten Freunde X mit Drohung, Blut und Sinnlosigkeit!
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Doch das Blut ist verdampft X die Ängste zerschlagen wie Stein zwischen ihnen friedlos X die ringenden Winde! Unvorstellbare Sonne der GERECHTIGKEIT
X
und du, würdiger Myrtenzweig niemals vergeßt, bitt ich euch X niemals mein Land!
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DAS IST e r
der zwischen uns stets unsichtbare Judas! Sieben Türen, die ihn verbergen sieben Legionen, die sich mästen in seinem Dienst. Ihn tragen Maschinen durch die Luft den kostbar Bepelzten, dick Bebrillten setzen ihn in Weiße Häuser, in Elysseenpaläste. Eine Sprache spricht er nicht, er beherrscht sie alle Eine Frau besitzt er nicht, ihm gehören alle der Allgewaltige! Ihn bewundern die Naiven und Leichtgläubigen im KristaUicht lächeln die schwarz Befrackten betroffen sind der Herren des Lykabettos modisch erstarrte Tigerdamen! Aber kein Platz für den Ruhm der Sonne, daß er durchdringt zur Zukunft kein Tag des GERICHTS, denn wir, Brüder, sind der Tag des GERICHTS unser die Hand der Apotheose die hinschleudert alle die Silberlinge!
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III der Hohn der neuen Alexandriner: Seht, sprachen sie, des Jahrhunderts blöden Herumschweif er! Der Abgestumpfte wenn wir klagen, frohlockt er jubeln wir ist er der grundlose Zweifler. Setzt, wenn wir schreien, den Weg fort, kümmert sich picht; auf das Nicht-Sichtbare sein Ohr am Felsklotz achtet er ernsthaft. Hat keine Freunde keine Anhänger vertraut sich selbst sucht das Geheimnis im Dornstrauch der Sonne das ist er der von den Märkten des Zeitalters Ausgeschlossene! Denn er hat keine Unze Verstand erzielt keinen Gewinn aus fremden Tränen und achtet den Busch unsrer Ängste gering: nützlich zum Pissen. Dieser Antichrist, dieser verstockte Dämon unseres Jahrhunderts! Wenn wir Trauer tragen Sonne trägt er. Wenn wir zornig höhnen Ideen trägt er. Wenn wir Frieden verkünden trägt er das Schwert. Also höhnten mir ins Gesicht die neuen Alexandriner. HINGESCHLEUDERT
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III ist diese Welt X ein und dieselbe Welt Des Staubgewölks und der tausend Sonnen X des Stadtlärms und der Klosterstille Die Weberin der Sternfigur X Versilberin der Moose Im Untergang der Erinnerung X zur Stunde im Aufgang der Träume Ein und dieselbe Welt X dies ist diese Welt Zimbelton Zimbelton X und Lachen, das spurlos verhallt! DIES
Dies ist diese Welt X ein und dieselbe Welt Ausbeuterin der Freuden X Erpresserin der Quellen Die über jede Sintflut ragt X die steht unter allen Orkanen Die hart Gekrümmte, die Bucklige X die Buschige, die Rotbehaarte Des Nachts mit dem Syrinxrohr X am Tag mit der Harfe Auf der Städte Asphalt X bei den Windmühlen der Felder Die Breitköpfige X die Schmalhäuptige 57
Der Bereitwillige X der Nichtgewillte Sohn der Haggith X und Salomo. Dies ist diese Welt X ein und dieselbe Welt Der Trockenheit, der Orgasmusflut X des Bebens und der Bewölkung Erfinderin des Zodiaks X Waghals der Himmelsgewölbe Am Rand der ekliptischen Sonnenbahn X ^bis fern zur Grenze der Schöpfung Ein und dieselbe Welt X dies ist diese Welt Tympanon Tympanon X und Wolke, die spurlos entschwebt!
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Vierte Lesung
DAS GRUNDSTÜCK MIT DEN BRENNESSELN Tage Jenes Winters - es war Samstagmorgen - war plötzlich das kleine Quartier des Lefteris, mit seinen löchrigen Blechfenstern und den Abflußrinnen auf der Straße, von Autos und Motorrädern umstellt. Ein wildes Stimmengewirr; Leute stiegen aus und ab mit strohblonden Haaren und bis zum Kinn umgürtet mit Patronen. Befehl erging, daß sich alle Männer auf dem Grundstück mit den Brennesseln versammeln sollten. Und sie waren von Kopf bis Fuß bewaffnet, die Gewehrläufe gegen das Menschenhäuflein gerichtet. Große Angst ergriff die Männer, da es fast immer so war, daß jene noch etwas Geheimes in ihrer Tasche oder in ihrem Innern verbargen. Aber es gab keine andere Möghchkeit, als dem Zwang zu gehorchen, und so nahmen sie in einer Reihe Aufstellung. Jene Leute mit den Patronen bis zum Kinn, den strohblonden Haaren und den kurzen schwarzen Stiefeln zogen einen Drahtverhau um sie. Und die Wolkenwand brach auseinander, bis ein Schneeregen zu fallen begann, und die Kinnlade hatte Mühe, die Zähne zusammenzuhalten, daß sie nicht herausfielen oder zerbrachen. Da erschien auf der Gegenseite mit langsamen Schritten ER mit dem ERLOSCHENEN GESICHT, hob den Finger, und die Stunden erschauerten auf der großen Uhr der Engel. Wen es traf, der mußte vortreten, sofort packten ihn die andern an den Haaren, warfen ihn zur Erde und gaben ihm Fußtritte. Bis der Augenblick auch für Lefteris kam, daß er vortreten sollte. Aber Lefteris rührte sich nicht. Er hob nur bedächtig die Augen, und mit einem Male führte ihn sein Blick so weit weg, - weit in die Zukunft, daß der ANDERE den Stoß spürte, zurückwich und Gefahr lief zu fallen. Wütend wollte er schon AN EINEM DER SONNENARMEN
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seine Maskierung hochreißen, um Lefteris ins Gesicht zu spucken. Doch Lefteris rührte sich nicht. In diesem AugenbHck brach oben der GROSSE FREMDE mit seinen drei Litzen am Kragen - er hatte die Hände in die Hüften gestemmt und alles verfolgt - in ein schallendes Gelächter aus: »Na bittschön, die Herren«, sagte er, »die den Weg in die bessere Welt antreten wollen.« Nicht ahnend, daß er damit die Wahrheit sprach, schlug er dreimal mit der Peitsche in Lefteris' Gesicht. Aber zum dritten Male rührte sich dieser nicht. In blinder Wut über die geringe Wirkung seiner Macht zog der Fremde seinen Revolver und schoß dicht neben das rechte Ohr. Die Männer zitterten vor Entsetzen, und jene Leute mit den Patronen bis zum Kinn und den strohblonden Haaren und den kurzen schwarzen Stiefeln wurden bleich. Da sie ringsherum die niedrigen Hütten durchsuchten, fiel hier und dort die Pappe von den Fenstern, und weit weg, hinter der Sonne, knieten die Frauen in einem verlassenen Grundstück, das voll war von Brennesseln und geronnenem Blut, und weinten. Während die große Uhr der Engel zwölf Uhr schlug.
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VIII die Augen X tränenschwer zum weiten Fenster Draußen erblickend X schneeverhüllt die Bäume der Täler Sprach ich: Brüder X auch sie eines Tags auch sie geschändet Maskierte knüpfen X in der Ferne der Tage den Strick und die Schlingen
I C H WANDTE
Ich biß in den Tag X doch rann kein Tropfen grünen Bluts Ich rief an den Toren X meine Stimme tönte vom Leid der Mörder Im Zentrum der Erde X der Feuerkern wie er alles verfinstert Der Strahl der Sonne X ein Faden wurde der Faden des T O D E S ! O Frauen verzweifelt X im Gewand der Trauer Mädchen und Mütter Am Brunnen gabt ihr X den Nachtigallen der Engel zu trinken Nun gibt auch euch X Charon zu trinken aus voller Hand Den Brunnen hoch X zieht ihr die Schreie der rechtlos Gemordeten So wenig genügt X das Feuer zur Rache daß hungert mein Volk Gottes Getreide X auf Wagen verladen geht in die Fremde 6i
In der Öde der Stadt X bleibt nur die Hand die mit roten Lettern schreibt auf die hohen X Wände der Häuser FREIHEIT U N D B R O T
Nachtwind bhes X die Kerzen erloschen Spätzeit der Seele Niemand hört mich X wo ich auch klopfe ERINNERUNG tötet Brüder, spricht sie X dunkle Stunden bringt die Zeit Neue Wollust X der Menschen befleckte das Herz der Wunder Ich wandte die Augen X tränenschwer zum weiten Fenster Ich rief an den Toren X meine Stimme tönte vom Leid der Mörder Im Zentrum der Erde X der Feuerkern wie er alles verfinstert Der Strahl der Sonne X ein Faden wurde der Faden des T O D E S !
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II. BRÜDER, WO immer ihr seid wohin euer Fuß auch tritt öffnet, sag ich euch, einen Quell in euch den Brunnen des Mavrojenis. Gut ist das Wasser steinern des Mittags Hand in ihr wohnt die Sonne. Belebender Quellstrahl, werde ich Jubeln. Rede ohne Trug und Falschheit daß sie mein Wesen verkünde ' mein Innerstes lesbar werde. Aber ich kann nicht der Strang entweihte die Bäume die Augen werden dunkel. Furcht Beklemmung Sackgassen die Kreuzwege, die ich kannte Seldschuken lauern, die Keulenschwinger Hagane, die Geierhäupter, legen mir Fallen Hundeschläfer Aasfresser Finsterniskauer verheeren die Zukunft. Wo euch auch trifft das BÖSE, Brüder wo sich auch euer Geist trübt erinnert euch seiner: Dionysios Solomos erinnert euch seiner: Alexandros Papadiamaritis. Rede ohne Trug und Falschheit wird das Gesicht des Gequälten erfrischen mit wenig Blau, auf die Lippen gemalt. Gut ist das Wasser steinern des Mittags Hand in ihr wohnt die Sonne. Wohin euer Fuß auch tritt, sag ich euch
öffnet, Brüder öffnet einen Quell in euch den Brunnen des Mavrojenis!
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III IM GRUND der Nacht, im Reisfeld des Schlafs Windstille meine Qual und die Mücke des Monds. Ruhlos, die Augen von Finsternis satt, such ich im Dunkel vergeblich: Winde, ihr bärtigen Greise Wächter der alten Meere, Schlüsselhalter Geheimnis, das ihr bewahrt weht mir vors Aug den DELPHIN. Vors Aug mir bringt den Delphin daß er gleite, griechischer Leib, in der Stunde des Mittags auftauche und lösche den Brandaltar umkehre den Sinn des Opfers, der Marter Schaum sich bäume und weißer Gischt verschhng' den PFAFF und den GEIER! Daß er auftauche und lös' den Kreuzesbalken Holz, das er bheb, dem Baum überlass' tief das Knarren, das mich erinnert: der, der ich bin, MENSCH bin ich wirklich! Furchen schneide sein breiter Schwanz auf makelloser Bahn ins Gedächtnis der Sonne vertrau' er mich wieder an gleich einem alten kykladischen Kiesel! Ruhlos, in Angst, die Hände bhnd, such ich im Dunkel vergeblich: Winde, ihr bärtigen Greise Wächter der alten Meere, Schlüsselhalter Geheimnis, das ihr bewahrt bohrt in mein Herz den DREIZACK, kreuzt ihn kreuzigt mit ihm den Delphin Zeichen, daß ich bin, der ich bin, in der Reinheit der Jugend aufzusteigen zur Bläue des Himmels - dort zu regieren!
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III besudelte meine Hände, wie könnt ich sie öffnen? Die Augen gefüllt mit den Patrouillen der Untat, wohin sollt ich blicken? Menschensöhne, wozu ein Wort? Die Erde mit Entsetzen beladen, die Seele mit dem Allerentsetzlichsten! O Kraft meiner Jugend, furchtlose Lippe die mich lehrte den Kiesel im Toben der Sturmflut die trotzte in den Orkanen dem Donner o Kraft meiner Jugend! So viel Krume gabst du den Wurzeln, daß mein Denken ergrünte so viel Licht in mein Blut, daß die Liebe gewann Wesen und Stärke des Himmels. REIN BIN ICH von Grenze zu Grenze in den Händen des Tods ein unnütz' Ding in den Krallen der Wildheit wertlose Beute. Menschensöhne, was sollt ich fürchten? Nehmt mir mein Herz, sprach ich ihnen entgegen nehmt mir das Meer mit dem weißen Nordwind das Fenster breit mit Zitronenzweigen die Stimmen der Vögel und jenes Mädchen dessen Frohlocken jeder Berührung genügte nehmt mir dies alles, sprach ich ihnen entgegen! Nehmt mir die Träume, wie wollt ihr sie lesen? Nehmt die Gedanken, wie wollt ihr sie nützen? Rein bin ich von Grenze zu Grenze. Mund, der küßte jungfräulichen Leib: meine Freude Mund, der hauchte: mit Atem gefärbt das Fell des Meers. Insel, die ich setzte, ein jeder Gedanke. Zitrone träufelte ich ins Bewußtsein. UNRECHT
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III KIRCHEN im Muster der Himmelskuppel und Mädchen im Ebenmaß Trauben zwischen den Zähnen, wie gebührten sie uns! Vögel, die Schwere des Herzens lösend und Meere von Himmelsazur, wie liebten wir dies! Verloren vorbei der Juli mit dem leuchtenden Brusthemd der August, felsig mit den ungleichen Treppchen Vorbei und im Aug der Tiefe unerklärhch: der Seestern in der Tiefe der Augen stockend: der Sonnenuntergang Der Menschen Planung schloß die Grenzen. Baute die Mauer rings um die Welt gegen den Himmel die neunfache Brustwehr erlegte den Leib auf dem Opferaltar stellte Wächter an alle Tore. Der Menschen Planung schloß die Grenzen. Kirchen im Muster der Himmelskuppel und Mädchen im Ebenmaß Trauben zwischen den Zähnen, wie gebührten sie uns! Vögel, die Schwere des Herzens lösend und Meere von Himmelsazur, wie liebten wir dies! Verloren vorbei der Maistros mit der spitzen Sandale der Graigos, verwegen mit den roten Segeln. Vorbei und tief im Erdreich ballte sich drohend Donner speiend und dunkle Kiesel DER T O T E N Z O R N langsam knirschend im Wind kehrten die Statuen zurück, nach vorn die Brust furchtbar: die STANDBILDER DER FELSEN!
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III Rücken die STANDBILDER den Wolken DER FELSEN entstiegen zur Höhe X vorwärts Zukünftiges dort Nach vorn die Brust, als ob sie stießen X in die Winde und packe im Daß nicht auch dies der Fangflug! ^ GEIER w i t t e r e X SCHON
Des Dorfes Herden Tod verkündete spät die Glocke X zogen Und Stimme erregte Ab von den Hängen, die bücken aufs Meer X die Winde Ach, Hunger, der uns befiel X verdunkelt die Seele! Verwandeln sie Korn In den geheimen Fabriken der Völker X in Kanonen Maul, da seht ihr's riesig Bestie, die sie nicht wollen mästen sie X dehnt sich Bis niemand zurückbleibt X und Gebeine knarren! Aber zuvor im Tal Als stöhnte der Fürst das erbebte X der Tiefe Frauen erschienen Lösten sich Dächer der Hütten und fielen X die hörten Das WUNDER jenseits der im Wimmern der Kinder! Hoffnung Kam hüllenlos wie die Das Leben, das zur Neige den Tod schmeckte X Sonne zurück Leben, das alles Nichts mehr besitzend nichts X vergeudete Pflanzte zwischen die X leuchtenden Mohn! Trümmer 68
Wenn auch nie der GEIER zurückgäbe Mit dem Ohr an den Gräsern hörten wir Plötzlich das Dunkel niederzuschleudern
Die Stimme des Lamms das er riß Den
ZORN DER T O T E N
wie er sich rüstet auf den Rücken zu werfen die Finsternis!
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Fünfte Lesung
DER SCHAFSTALL MEIN VOLK sprach: Das Gerechte, was man mich lehrte, tat ich; Jahrhunderte verzehrte ich meine Kräfte, in meiner Blöße zu warten vor der verschlossenen Tür des Schafstalls. Die Herde kannte meine Stimme; auf jeden Laut, den ich gab, sprang sie auf und blökte. Doch andere und oft dieselben, die meine Ausdauer rühmten, sprangen von Bäumen und Pferchen herbei und setzten als erste den Fuß in den Schafstall. Ich aber stehe in meiner Blöße ohne Herde, seufzte mein Volk. Auf seinen Zähnen schimmerte der alte Hunger, es knirschte in Bitterkeit, wie auf Kieseln der Schuh des Verzweifelten knirscht. Da erschraken jene, die so viel besaßen, daß sie das Knirschen zu hören vermochten. Denn jedes Zeichen kennen sie genau und wissen meilenweit, was ihnen nützt. Sogleich schnürten sie trügerisch ihre Schuhe. Der eine Teil faßt den anderen an der Hand, und von beiden Seiten zogen sie herbei und sprachen: Lobenswert und gut sind eure Taten, seht hier die verschlossene Tür des Schafstalls, hier ist sie. Erhebt die Hand, wir sind auf eurer Seite und kümmern uns um Feuer und Schwert. Fürchtet nicht für euer Zuhause, bangt nicht um eure FamiHen, und wenn der Sohn oder der Vater oder der kleine Bruder etwas einwendet, weicht nicht zurück. Wenn aber einer von euch resigniert, sich fürchtet oder betrübt, soll er wissen: Auf ihn selbst fällt die Schuld, auf seinen Kopf fallen Feuer und Schwert, die wir brachten. Und bevor ihre Rede zu Ende war, hatte sich alles verändert in dem Grau der Wolken und bei der Herde der Menschen. Als ob ein Windzug tief über der Erde mit Gestöhn vorüberwehte und den Leib leersaugte, ohne ihm einen Tropfen Erinnerung zu lassen. Die Gesichter bleich und wortlos 70
hochgewandt, doch die Hand in der Tasche, hingerissen von einem Stück Eisen, vom Feuer oder von solchem, was eine scharfe Spitze oder eine scharfe Schneide hat. Und sie zogen gegeneinander, ohne einander zu kennen. Der Sohn zielte auf den Vater, der ältere Bruder auf den jüngeren. So zerfiel ihr Zuhause, und viele Frauen trugen hintereinander zwei- und dreimal das Gewand der Trauer. Und wenn man sich einen Schritt hinauswagte, herrschte die Leere. Nur der Wind fuhr ins Gebälk, und zwischen den versengten Bausteinen spielten allenthalben Rauchfahnen mit den Skeletten der Toten. Dreiunddreißig Monate und länger wütete das ÜBEL. Während man an die Tür des Schafstalls schlug, um sie zu öffnen. Von den Schafen hörte man keinen Laut, nur den Wehlaut, wenn sie der Dolch traf. Auch die Tür gab keinen Ton außer in der Stunde, als sie sich den Flammen beugte, um zu brennen. Denn dieses mein Volk ist die Tür und dieses mein Volk der Schafstall und die Herde.
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BLUTSTROM der Liebe X färbte mich purpurn Nie geschaute Freuden X warfen den Schatten Ich verging X in der Menschenschwüle X des Südwinds Hohe Mutter X Unverwelkliche Rose
Lauernd auf See X harrten sie meiner Mit bestückten Dreimastern X schnellten die Kugeln Meine Sünde X daß ich besaß X eine Liebe Hohe Mutter X Unverwelkliche Rose Im Juli manchmal X öffneten sich Ihre großen Augen X in meinem Innern Jungfräuliches Leben X für eine Weile X zu bestrahlen Hohe Mutter X Unverwelkliche Rose Seit jenen Tagen X wirbelte über mir Der Zorn des Äons X Fluch der Jahrhunderte »Wer dich sah, im Blut X leb' er sein Leben X zwischen Gestein Hohe Mutter X Unverwelkliche Rose Wieder der Heimat X wurde ich gleich Blühte im Fels X erstarkte und wuchs Das Blut der Mörder X löse ich ein X mit Licht Hohe Mutter X Unverwelkliche Rose
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III DU WOLLTEST mich, Gott, so vergelt ich es wieder. Nicht einem verzieh ich, ihr Flehen verwarf ich, die Einsamkeit trug ich wie jeder Kiesel. Was sonst noch brächt' mir das Schicksal? Die Herde der Sterne führ ich dir zu doch eh ich's vollendet, hat sich der Morgen den du so geschaffen in Netzen geraubt! Hügel mit Burgen, Meere mit Obstbäumen biet ich dem Wind doch trinkt sie die Glocke des Abends, die du so geschaffen! Gräser erheb ich, als ob ich sie riefe doch sieh, wie sie fallen in der Hitze des JuK die du so geschaffen! Was, was sonst noch brächt' mir das Schicksal? Sieh: du sprichst und ich bin es wirkHch. Den Stein schnell' ich hoch, zu mir fällt er nieder. Stollen durchschürf ich, durchgrabe den Himmel. Nach Vögeln jag ich und vergeh in den Flügen. Du wolltest mich, Gott, so vergelt ich es wieder. Die Elemente, die du bist die Nächte und Tage Sonnen und Sterne, Gewitter und Stille stoß ich um, verändre die Ordnung stell sie dem eignen Tod gegenüber, den du so gewollt!
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i6. FRÜH schon weckte ich Freude und Lust früh schon entfachte ich meine Pappel trug sie allein ans offene Meer setzte ans Meer meine Pappel: Du hauchtest und Stürme umringten mich so nahmst du mir Vogel um Vogel Mein Gott, du riefst mich, wie sollt ich fhehn? Ich sah in der Zukunft Monate, Jahre ohne mich gehn und wieder sich drehn so tief saß der Schmerz, daß ich langsam spürte mein Blut, wie es hochquoll und aufwärtsdrang wie es tropfte von Zukunft, strömte und rann. In der Erde die Stunde, wo ich schuldig war, grub ich aus, hob zitternd das Opferlamm sprach so geduldig zu ihm und sanft, daß sein Aug sich auftat und Balsam rann zur Erde, wo ich schuldig war. Da warf ich das Dunkel aufs Bett der Liebe vor mir entblößt die Dinge der Welt mein Same geschleudert in solche Fernen daß die Frauen zur Sonne sich kehrten und kreißten und neu gebaren die sichtbare Welt. Mein Gott, du riefst mich, wie sollt ich fliehn? Früh schon weckte ich Freude und Lust früh schon entfachte ich meine Pappel trug sie allein ans offene Meer setzte ans Meer meine Pappel: Du hauchtest und sieh, mein Herz war entbrannt und Vögel kamen, Heimkehr der Vögel!
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XI Demütig dienen Aus Nächten kommen Erfrischt zu bringen Das Blau des Himmels Anzuzünden Die edlen
X X X X X X X
der sprießenden Dinge im Orden der Vögel zur Mette der Sykomore im Bund meiner Schürze Rosa und Violett die Tropfen des Wassers der Alleredelste
Heiige Ikonen Getaucht in des Meeres Beten werd ich Der Myrte Empfindung Auf das ich ersticke Bleiche Verhärtung Für immer
X X X X X X X
die reinen Mädchen Sommerlinnen daß die Reinheit gewinne die Stärke des Tiers Gemeinheit und Starrsinn in kräftiger Seele der Allerkräftigste
Die Zeit wird kommen Begehrliches Feilschen Rasend stürmt an Einzustampfen Tapferkeit Und plötzlich witternd Wiehert es auf
X X X X X X X
vieler Sinnlosigkeiten Schlagen und Schleppen das Roß des Bluts das Sehnen des Herzens Liebe und Licht des Sehnens Stärke das Allerstärkste
Dann in der sechsten Wenn meine Not Wird aufgehn dem Aug Sein wird die Welt
X X X X
Stunde der Lilien die Zeitspalte aufreißt das elfte Gebot oder wird nicht sein
GEBURT
X
VERKLÄRUNG EWIGE DAUER
MÖNCH w e r d i c h s e i n
Die ich verkündet X nach meiner Seele Gerechtigkeit X der Allergerechteste. 75
Sechste Lesung
PROPHETIE nach der Sünde, die man in den Kirchen Tugend nannte und segnete. Die Überreste alter Gestirne und die versponnenen Ecken des Himmels fegt der Sturm hinweg, den des Menschen GEIST entfesseln wird. Und die Werke der alten Regenten vergilt die Schöpfung. Schauder und Schrekken. Getöse wird in den Hades fallen, nachgeben werden die Dielen unter dem gewaltigen Sengen der Sonne. Aber zuerst wird die Sonne ihre Strahlen verhalten - zum Zeichen, daß es für die Träume Zeit ist, ihr Recht zu erlangen. Dann wird sie sprechen und sagen: Verbannter Dichter, was siehst du in deinem Jahrhundert? »Ich sehe die einst stolzen Völker den Wespen überlassen und den Brennesseln. Ich sehe Beile in der Luft die Büsten der Kaiser und Generäle zerschmettern. Ich sehe, wie die Kaufleute gebückt den Gewinn ihrer eigenen Leichen einstreichen. Ich seh die Verflechtung der geheimen Gedanken.« L A N G E ZEIT
Lange Zeit nach der Sünde, die man in den Kirchen Tugend nannte und segnete. Aber zuvor wird der schöne Narziß, der sich an den Straßenecken bewunderte, ein Philipp werden, ein Robert. Sie werden die Ringe verkehrt tragen, ihr Haar mit Nägeln kämmen, ihre Brust mit Totenköpfen schmücken, um die Weiber zu verführen. Und die Weiber werden gebannt sein und einwilligen. Auf daß sich das Wort erfülle, daß nah ist der Tag, an dem die Schönheit den Fliegen des Marktes überliefert wird. Und der Leib der Dirne wird empört sein, da sie nichts mehr hat für die Eifersucht ihrer Begierde. Ankla76
gen wird sie die Weisen und Großen der Welt und als Beweis den Samen beibringen, dem sie diente. Gen Osten die Hand erhebend, wird sie den Fluch schleudern und sprechen: Verbannter Dichter, sag, was siehst du in deinem Jahrhundert? »Ich seh die Farben des Hymettos am geheiligten Fundament unsres Neuen Bürgerlichen Gesetzbuchs. Ich seh die junge Myrto, Dirne von Sikinos, auf dem Marktplatz stehn: marmornes Standbild bei den Löwenbrunnen. Ich seh die Jünglinge und Mädchen bei der jährlichen AUSLOSUNG der Paare. Ich seh im Äther hoch das Erechtheion der Vögel.« Die Überreste alter Gestirne und die versponnenen Ecken des Himmels fegt der Sturm hinweg, den des Menschen GEIST entfesseln wird. Aber zuvor wird Geschlecht um Geschlecht den Pflug über die unfruchtbare Erde ziehn. Heimlich werden die Regierenden die menschHche Ware taxieren und Kriege verkünden. Worauf satt werden der Gendarm und das Kriegsgericht. Sie werden den Gesichtslosen das Gold überlassen, damit diese den Tribut eintreiben des Frevels und der Qualen. Und große Schiffe werden Flaggen hissen, Marschmusik wird die Straßen füllen, und auf den SIEGER wird es Blumen regnen von den Baikonen. Doch leben wird er im Geruch der Leichen. Nah ist ihm das offene Grab, nach gebührendem Maß wird sich die Finsternis auftun und Schrein: Verbannter Dichter, sag, was siehst du in deinem Jahrhundert? »Ich seh die Gerichtsräte wie Kerzen brennen auf dem großen Tisch der Auferstehung. Ich seh die Gendarmen ihr Blut hingeben zum Opfer für die Reinheit des Himmels. Ich seh die ständige Auferstehung der Pflanzen und Blumen. Ich seh die Kanonenboote der Liebe.« 77
Und die Werke der alten Regenten vergilt die Schöpfung. Schauder und Schrecken. Getöse wird in den Hades fallen, nachgeben werden die Dielen unter dem gewaltigen Sengen der Sonne. Aber zuvor wird die Jugend stöhnen, unschuldiges Blut wird altern. Geschorene Sträflinge werden ihr Kochgeschirr auf das Gitter schlagen. Alle Fabriken werden sich leeren, beschlagnahmt und wieder gefüllt werden, auf daß Tausende von Träumen, in Dosen konserviert, das Fließband verlassen und unzähHge Sorten von Natur, in Flaschen gefüllt. Und es werden Jahre kommen, blaß und matt in ihrem Flor. Jeder wird die winzigen Gramm seines Glücks besitzen. Die Dinge der Welt werden für ihn herrliche Ruinen sein. Dann wird der Dichter, für den es keine zweite Verbannung gibt, keine Klage, aus seiner Brust die Kraft des Sturms entfesseln und zurückkehren, um zwischen den herrlichen Ruinen zu wohnen. Sein erstes Wort wird der Späthng der Menschen sprechen: daß es wieder grün werde, daß die Frau, ihm zur Seite, wie ein Sonnenstrahl aufglänze. Von neuem wird er die FRAU verehren, sie auf Gras betten - so, wie es bestimmt ist. Und die T R Ä U M E werden ihr Recht erlangen und Geschlechter erschaffen in Ewigkeit!
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III den Mund Nimmt meine Worte Murmelt sie wieder Die klagen bei all der
X X X X
und das Meer frohlockt ins Dunkel der Höhlen nächtlich den Seehunden menschhchen Qual.
Ich ritze die Adern Werden zu Springreifen Und Linnen geb ich Um heimlich zu hören
X X X X
und die Träume erröten im Revier der Kinder den Mädchen, die wachen, die Wunder der Liebe.
ICH ÖFFNE
Das Geisblatt betäubt mich X und ich steig zum Garten Begrab die Leichen X der geheimen Toten Die Nabelschnur trenn ich X ihrer verratenen Sterne Daß tief sie fallen X in ewigen Abgrund. Die Schwerter rosten
X und ich strafe die Schwert-Zeit
Ich, der ich spürte X die Schärfe der Khngen Aus Hyazinthen Narzissen X Schmied ich das neue Schwert, das von nun an X ziert seine Helden. Entblößt meine Brust Verjagen die Trümmer Befrein die Erde Daß strahlend erscheint
X und die Winde entfesselt X die zerborstenen Seelen X vom dichten Gewölk X d a s GEFILD DER FREUDE!
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III IN FERNES L A N D , weit Und ohnc Fehl, zieh ich hinab. Jetzt folgen mir schwebende Wesen mit dem Nordlicht des Pols im Haar mit dem Goldglanz mild auf der Haut. Durch Wiesen schreit ich, das Knie wie ein Bug leicht wischt mein Atem aus dem Antlitz der Erde die letzten Streifen von Schlaf. Zu mir rücken die Bäume, dem Wind entgegen. Mysterien seh ich, groß und wunderbar: Elenis Krypta ein Brunnen. Das Zeichen des Kreuzes Delphin und Dreizack. Ein weißes Tor der heillose Marterzaun. Dort werd ich durchziehn im Glanz des Triumphs. Täuschende Rede und jeder Nackenschlag Myrte geworden und wehender Palmzweig: Hosianna dem, der da kommt! Die Lust der Frucht, wo früher ENTBEHRUNG war, seh ich. Wie Ölbäume am Hang, das Blau im Geflecht ihrer Zweige, die Zeiten des ZORNS und der Gitterstäbe. Wie endloser Strand, benetzt vom Zauber herrlicher Augen, der Abgrund Marinas. REINHEIT, die ihn betritt. Täuschende Träne und jede Demütigung Windzug geworden und blendender Vogel: Hosianna dem, der da kommt! In fernes Land, weit und ohne Fehl, zieh ich hinab.
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IN FERNES LAND, wcit Und furchenlos, zieh ich hinab. Jetzt folgen mir Mädchen der Bläue und steinerne Pferdchen auf breiter Stirn das Zeichen des Sonnenrads. Myrtengeschlechter erkennen mich wieder damals bebte mein Anthtz auf dem Tempion des Wassers HEILIG
HEILIG
Der Bezwinger des er ist d e r
TODS
ihr
Ruf.
der Retter der
LIEBE
LILIENPRINZ.
Wieder malten mich so für eine Weile die Winde Kretas. Daß Recht vom Himmel erhielte das Ockergelb. Ins Kalkweiß verschließ ich meine GESETZE, die WAHREN, ihnen vertrau ich und sag: Selig, wer die Geheimschrift des Makellosen entziffert. Für ihn die Beere, die trunken macht auf der Brust des Vulkans, am Weinstock der Jungfrau. Sieh, er mag meinen Spuren folgen! In fernes Land, weit und furchenlos, zieh ich hinab. Die Hand des TODS LEBEN schenkt sie und SCHLAF ist nimmer. Mittagsglocke, die läutet und langsam die Lettern im feurigen Fels: JETZT u n d EWIG, WÜRDIG U n d EHRE SEI.
Ewig und jetzt, jetzt und ewig jubeln die Vögel GEPRIESEN SEI Würde und Preis.
GEPRIESEN SEI
(I) GEPRIESEN SEI das Licht und das erste Gebet des Menschen, gehauen in Fels Urkraft des Tiers im Aufbruch der Sonne Pflanze, die sang, und der Tag erblühte
Land, das in Fluten den Nacken erhebt steinernes Pferd, das reitet der Meergott Myriaden die kleinen Stimmen der Bläue das große weiße Haupt Poseidons GEPRIESEN die Hand der Gorgonenmadonna Boot, das sie hält, als ob sie es schütze als ob sie's den Winden weihe und darbringe als sagte sie: »Nehmt!« und behielte es dennoch
Der zierliche Reiher der weißen Kapelle neun Uhr am Morgen wie Bergamotten Kiesel geläutert in den Tiefen der See des klaren Himmels Gärten und Dächer WINDE DIE KÜNDER Zelebrierende Priester erheben das Meer wie die GOTTESMUTTER entzünden und rühm den Orangenbaum Wind im Gebirg Da erscheinen
Die bartlosen jungen Ritter der Sturmflut Kuriere, die des Himmels Bahnen durcheilten Hermesboten mit spitzem Hut und dunklem Rauch als Heroldszeichen Maistros, Levantes, Garbis Pounentes, Graigos, Schirokko Tramontana und Ostria 85
(9) GEPRIESEN SEI der schmucklose Holztisch goldner Wein mit dem Mal der Sonne Spiele des Wassers auf spiegelnder Decke blättriger Eckbaum im Dienst des Tags
Bänder von Wogen und Steinterrassen Schritte im Sand, die Weisheit erbrachten Zikade, die tausend Antworten schuf Bewußtsein strahlend wie Sommerfülle GEPRIESEN die mächtige Hitze, die brütet unter der Brücke auf herrlichen Steinen die Notdurft der Kinder und grüne Fliege das schäumende Meer die endlose Brandung
Boot, das die sechzehn Fischer hinabziehn unermüdHches Gleiten der Möwe herrenlos frei die Laute der Stille huschend, an Mauern vorbei, der Schatten INSELN mit Mennig und Ruß bei den Kähnen Säulenbrocken aus Tempeln des Zeus Inseln mit einsamen Werftarsenalen Sanfte Vulkane in bläulicher Ferne
Inseln, die fahrn dem Meltemi entgegen Inseln, die steuern im Tal des Garbfs ringsum schäumend an den Gestaden mit blauen Kieseln und Sonnenblumen Siphnos, Amorgos, Alonissos Thasos, Ithaka, Santorin Kos, los, Sikinos 86
(9) GEPRIESEN Myrto, auf der Mauer am Hafen steht sie und schaut, eine herrliche Acht blinkt im Licht wie einer der Krüge hält ihren Strohhut achtlos zur Erde
Silbrig geöffnet die Poren des Mittags Flaumfeder des Schlafs, die aufwärts treibt erloschenes Gold an Kirchengewölben fuchsrotes Pferd, das plötzlich entläuft Hera, das Antlitz uralter Bäume Hain von Lorbeer und Lichtverzehr das Haus wie im Grund der Tiefe ein Anker Kyrä-Penelope mit der Spindel davor Furt der Vögel jenseits am Ufer Zitrusfrucht, die der Himmel erschloß halb unterm Spiegel der See ein Hören langschattiges Flüstern von Nymphen und Ahorn GEPRIESEN am Tag der jährlichen Feier Fest von luHtta und Kerykos Wunder, das brennt in den Höfen des Himmels das große AVE der Priester und Vögel: GEGRÜSST
sei die
BRENNENDE,
gegrüßt die NIEVERBRENNENDE
A v e d e r UNBEUGSAMEN KÄMPFERIN
Gegrüßt, die du schreitest und Spuren verwehn Gegrüßt, die du erwachst und Wunder geschehn 87
Gegrüßt die UNBÄNDIGE der Paradiesestiefen Gegrüßt sei die HEILIGE in der Öde der Inseln Gegrüßt die
TRAUMGEBÄRERIN,
Ave der MEERBEWEGERIN
Gegrüßt die
ANKERTRÄGERIN,
Ave der
STERNENHÜTERIN
Gegrüßt die mit gelöstem Haar den Wind Vergoldende Gegrüßt die mit verklärtem Wort Dämonen Bezwingende Gegrüßt, die du ordnest das Monatsbrevier der GÄRTEN Gegrüßt, die du bindest den Gürtel des SCHLANGENTRÄGERS Gegrüßt die Gegrüßt die
88
sei gegrüßt
SCHWERTGEWALTIGE, HEILIG-HEHRE,
PROPHETISCHE, DÄDALIN,
sei gegrüßt
(9) GEPRIESEN die Erde, aus der entsteigt Schwefelgeruch wie von BHtzen des Berges Grund, wo sprossen und blühn die Toten Blumen des Morgen
Das fraglose, klare Gesetz des Gefühls Pulsschlag der hurtige Spieler des Lebens Blutiger Tropfen, der Sonne gleich Efeu, alle Winter bezwingend GEPRIESEN SEI der Tür-Skarabäus verwegener Biß in die Frische der Sonne April, der auf einmal weiblich empfindet Knospe am Quell, die plötzUch sich öffnet
Handwagen, der sich zur Seite neigt Goldkäfer glüht und entzündet die Zukunft Aorta des Wassers verborgen pocht und Leben saugt die weiße Gardenie DIE BLUMEN Gesinde im Haus des HEIMWEHS Blumen die zitternden Kinder des Regens die vierfüßigen Kleinen an kurzen Pfaden die Hochgestreckten die Traumesschweren
Die Verschämten mit rotem Verlobungszeichen die prunkenden Ritter auf Weiden und Wiesen die für den reinen Himmel Geschaffnen die Nachdenkhchen die Zauberchimären Lilie, Rose, Jasmin Veilchen, Flieder, Hyazinthe Narzisse, Levkoje, Maßliebchen 89
(9) GEPRIESEN die Wolke auf feuchten Gräsern am Knöchel vorbei das »Frt« der Eidechse unergründlich der BHck Mnesaretes verständiges Dienen, Verzeihung gewährend
Wind des Kirchturms, der goldne Erwecker Reiter, der auffährt zur westlichen Sonne und jener vom Himmel, der umkehrt die Zeit und auslöscht alle die Untergänge Windlose Stille von Juninächten Jasmin im Garten, raschelnde Kleider Kreis der Sterne, der prunkend emporsteigt die Stunde der Freude kurz vor dem Weinen Ein Anflug von Trauer und sprachloses Schweigen Aretousa, die wartet, ein leeres Fenster und Liebe erscheint von den Bergen des Himmels gehüllt in wallenden Purpurmantel MÄDCHEN das Moos der Utopien Mädchen wie abgeirrte Plejaden Mädchen Gefäße aller Mysterien zu Rande gefüllt und unerschöpfHch
Die Herben im Dunkel und dennoch HerHchen die ins Licht Gezeichneten und dennoch SchwärzHchen die oben wie Leuchttürme seitwärts Gedrehten die Sonnengierigen und Mondbesessenen Ersi, Myrto, Marina Eleni, Roxani, Photini Anna, Alexandra, Kynthia 90
(9)
Das Rauschen geborn in der Höhlung der Muscheln verloren ging wie ein Traum: Arignota Licht von ferne und flüstert: schlaf! schwindlige Küsse wie ein Wald von Blättern Kurzes Hemd, das vom Wind verzehrt wird Flaumhaar des Beins, frisch und belebend veilchenfarbig das Salz des Glieds kühl das Wasser des hellen Vollmonds GEPRIESEN SEI das Lied aus der Ferne Elenis geheimste Bucht mit der Welle Opuntien, leuchtend in Achselhöhlen Trümmer der Zukunft, Feld der Spinne
Die unerschöpfliche Nachtschicht des Herzens schlaflose Uhr, die nutzlos zurückbleibt dunkel das Bett, das wieder entlangfährt der Milchstraße Küsten rauh und schroff SCHIFFE die hohen mit dunklem Bugfuß Schiffe die Ziegen der Hyperboräer Figuren im Spiel zwischen Schlaf und Polarstern die Siegesschellen die Euadnegebornen
Beladen mit Nordwind und Nüssen vom Athos riechend nach ö l und Johannisbrot hochseits mit Namen bemalt wie Heihge gleichzeitig schräg und regungslos Angelika, Polarstern, die Drei Hierarchen Wagemut, Eisvogel, Herrin der See Marietta, Evangelistria, Gott-hat-das-Ende 91
(9) GEPRIESEN die stürmende Woge, die hochjagt fünf Klafter hinauf mächtig sich aufbäumt flatterndes Haar am Vogel der einschwenkt und schlägt mit dem Sturm an die bebenden Scheiben
Marina, bevor sie von neuem erscheint, mit der Schnauze des Hunds im Kreis der Dämonen Marina gehörnte Sichel des Monds Marina der Welt dunkles Verderben Schutzlos die Molen im Sturm des Schirokko des Wolkenpastors wechelnde Meinung armsehg die Hütten, aneinandergelehnt nicken sie ein, bis sie sanft entschlafen Des kurzen Regens betrübtes Gesicht das Mädchen ein Ölbaum, der den Hügel emporsteigt kein Laut aus den müden, erschöpften Wolken des Dörfchens Schneckenhaus ist zersplittert GEPRIESEN SEI daß du bist der einsame herbe, längst verlorene DICHTER P O E T , der führt mit der unvergänglichen dritten Hand die scharfe KHnge: DENN ER ist der Tod und er ist das Leben Er ist die Zukunft und er das Gesetz
Er die Linie der Pflanze, die den Leib durchschneidet Er der Brennpunkt der Linse, die den Geist entzündet
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Er ist der Durst jenseits der Brunnen und Flüsse Er ist der Kampf jenseits der Friedensschlüsse Er ist Ion der Wogenbetrachter Er aller Wunder Pygmalion Er die Zündschnur, an den Lippen entzügelt Er der Stollen, der Hades überflügelt Er der Räuber der Lust, der nicht gekreuzigte Er die Schlange, die mit der Ähre vereinigte Er das Dunkel und er die lockende Tollheit Er aller Lichtregen klarste FrühHngsreinheit
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(9) GEPRIESEN die Metamorphose des Wolfs Tiermaul, Mund und Engelszunge neun Stufen, die Plotin einst hochschritt des Bebens Abgrund mit Blumen gefüllt
Das wenige, was im Flug die Möwe berührt, und Kiesel leuchten in Reinheit Linie, die eindringt in deine Seele und kündet die Trauer des Paradieses die acherontischen Zeichen und das feurige Gelb GEDICHT, das brennt i m Echo des Todes Worte, die stechen und daran sterben GEPRIESEN
Signal vor der
SCHAU
Licht von innen in flimmernder Helle Gleichnis und Bild der Unendlichkeit ohne Abdruck und Maske die Berge zeichnen das AntUtz der Ewigkeit BERGE, die stolz sind auf Trümmerburgen Berge voll Schwermut, Berge voll Lust Berge wie Klippen im Meer der Visionen verschloßne Berge und vierzig Gänge
Berge wie Klöster im Nieselregen Berge getaucht in die Wolke der Schafe Berge wie Hirten, die ruhig schreiten mit dunklem Mantel und Schäfermütze Pindos, Rhodope, Parnaß Olymp, Tymphrestos, Taygetos Dirphys, Athos und Änos 94
(9) GEPRIESEN des Bergcs Paß, wo sich öffnet umwölkte Bahn ewiger Bläue Stimme verhallt in den Tälern Echo, das aufsog der Tag wie Balsam
. Mühe der Rinder, die vorwärtsziehn des ölhains Schwere gen Westen Rauch, der aufsteigt gelassen der Menschen Werk zu verschwenden GEPRIESEN der Flur des Abendlichts voller Schatten und Risse Blatt, das beschrieben ward unter der Erde Lied, das die SCHLANKE im Hades sang
Tempion mit seltsamen Tieren gekrönt uralte Pappeln, die zittern wie Fische liebliche Koren mit Marmorhänden Helenas Hals wie schimmernder Strand BESTIRNTE BÄUME ein Wohlgefallen Notenschrift einer anderen Welt alter Glaube, daß nah ist und lebt das dennoch verhüllte Geheimnis
Schatten, der sie zur Krume neigt Spur von Erde in ihrem Erinnern alt ihr Tanz auf den Gräbern unermeßlich ihr Wissen Ölbaum, Pomeranzen- und Pfirsichbaum Pappel, Fichte, Platane Eiche Buche, Zypresse 95
(10) GEPRIESEN SEI die grundlosc Träne die langsam aufgeht in schönen Augen Jugend, die fühlt, deren Hände sich finden der Blick zueinander und helles Schweigen
Das Stammeln der Liebe auf rauhen Felsen Leuchtturm, der hochwarf die Trauer der Zeiten Zikade beharrlich wie nagender Schmerz Alleinsein wie Wolle in der Kühle des Morgens Minze des Meineids herb auf den Zähnen Lippen verschlossen dem lösenden Wort doch glänzt unter Wimpern ein kurzes »Adio« dann ist die Welt ein glanzloser Ort Breit und dröhnend die Orgel der Stürme Bruchstück der Stimme des Heraklit das zweite, verborgne Antlitz des Mörders das kleine Warum und nie eine Antwort GEPRIESEN die Hand, die endlich zurückkehrt vom gräßhchen Mord, die für immer begreift die Welt in Wahrheit, die unvergleichliche das Jetzt der Welt und die Ewigkeit: JETZT die wilde
Erregung der Myrte
EWIG die scharfe Bewußtseinshelle
Jetzt die Schreie des Mai unerschöpflich und frei
Jetzt der täuschende Schein und des Schlafes mimisches Spiel Ewig ewig das Wort und ewig der Sterne Kiel
Jetzt der dichte Insektenschwarm, der sich brodelnd ergießt Ewig der Mysterien Licht, das die Welt überfheßt Jetzt der Erde Begrenzung und der Mächtigen strikte Gewalt Ewig die Speise der Seele und der fünfte Wesenshalt Jetzt das Fleckfieber des Monds mit seinen heillosen Malen Ewig der Milchstraße Gold und ewig ihr bläuliches Wallen Jetzt der Völker Vermengung und jetzt ihre dunkle Zahl Ewig die Säule des RECHTS und ewig des AUGES Strahl Jetzt der Götter Erniedrigung, des Menschen versinkende Asche Jetzt ist das Nichts und Ewig die Welt die kleine die GROSSE!
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NACHWORT
Bis etwa zur Mitte unseres Jahrhunderts blieb die junge neugriechische Literatur im Ausland weitgehend unbeachtet. Erst die Gedichte von Konstantin Kavafis (1863-1933) und die Romane von Nikos Kazantzakis (1883-1957) verschafften ihr internationales Ansehen. Im Jahre 1963 erhielt überraschend der Lyriker Giorgos Seferis (geb. 1900) den Nobelpreis. In der englisch sprechenden Welt sah man in ihm den Hauptvertreter der modernen griechischen Dichtung. In Griechenland selbst war außer Seferis ein weiterer Lyriker als Anwärter für den Nobelpreis im Gespräch: Odysseas ^lytis. Elytis hatte i960 für sein Hauptwerk xo A X I O N ESTI den ersten Staatspreis für Lyrik erhalten. Er galt mit seinen Gedichtbänden »Orientierungen« (1940) und »Sonne die erste« (1943) bereits seit 1943, dem Todesjahr von Kostis Palamas, als einer der führenden Lyriker Griechenlands. Elytis (Odysseas Alepoudehs) wurde 1911 auf Kreta geboren. Die wohlhabende Familie stammte von Lesbos, das der Dichter stets als seine eigentliche Geburtsinsel ansah. Er kam mit seinen Eltern bald nach der Befreiung Kretas von türkischer Herrschaft (1912) nach Athen. Dort besuchte er das Gymnasium und schrieb noch als Schüler (1928) seine ersten Gedichte. Im Jahre 1930 begann er mit dem Jurastudium, das er aber (ähnHch wie Palamas) abbrach, um sich ganz der Dichtung und Kunst widmen zu können. Die Sommerferien verbrachte er auf verschiedenen ägäischen Inseln. Ihre Atmosphäre ging in die Thematik und Bildersprache seiner Gedichte ein. Das Erlebnis des Lichts und die Erfahrung der Inselwelt hätten den Dichter aber nur wenig über die Schranken der konventionellen griechischen Stiltradition hinausgetragen, wenn er nicht auf die französischen Symbolisten und Surrealisten gestoßen wäre, mit deren Gedichten er sich eingehend beschäftigte. In einer autobiographischen Notiz
bekennt Elytis, daß der französische Surrealismus es ihm ermöglicht habe, das eigene lyrische Temperament freizuspielen, alte lyrische Formen aufzulösen und neuartige Bildreihen und Wortschöpfungen zu wagen. Den »Orientierungen« ist ein Motto von Rimbaud vorangestellt, den »Wasseruhren des Unbekannten« (1937) ein Wort von Andre Breton. 1935 erschienen die ersten Gedichte von Elytis in der neugegründeten Zeitschrift »Nea Grammata« (»Neue Texte«), um deren Herausgeber (A. Karantonis und G. K. Katsimbahs) sich mit Elytis und Seferis, mit Andreas Empirikos (geb.1901) und Giorgos Sarantaris (1908-1941) ein avantgardistischer Lyrikerkreis bildete. Dieser Kreis wurde für die Entwicklung der griechischen Literatur epochemachend. Er führte die moderne und europäische Lyrik (den französischen Surrealismus, Pound, Eliot u. a.) in Griechenland ein und vermittelte der griechischen Lyrik neue Ausdrucksmöglichkeiten. Elytis übertrug im Laufe der Jahre mehrere moderne Lyriker in Auswahl, so Rimbaud, Lautreaniont (1940), Eluard (1936), P. J. Jouve (1939), Ungaretti, Lorca und Majakowski. Am stärksten wurde er von Paul Eluard (1895-1952), dem Mitbegründer der surrealistischen Bewegung, beeinflußt, von Eluards Liebesmetaphysik, von seiner geschmeidigen und klangvollen, allen Empfindungen und Erfahrungen offenen Sprache. Die Zeit von 1935 bis 1945 nennt Elytis in seinen (1969 noch nicht veröffentlichten) Essays die »heroische Periode« der Jungen Dichtung. Dieses Jahrzehnt zeichnete sich nicht nur durch die Intensität und Dynamik der neuen Ideen aus, die die junge Lyrikergeneration in ihren Bann schlugen, sondern auch durch die Art, wie die ReaHtät ihr Recht forderte: durch den Krieg. 1937 besuchte Elytis die Militärschule in Kerkyra. Im albanischen Feldzug 1940 erkrankte er als Unterleutnant an Typhus und wurde nur durch das beherzte Eingreifen einer Krankenschwester vor dem sicheren Tod bewahrt. In Albanien lernte er das »Wunder« des griechischen Freiheitswillens kennen: »In den Gesichtern meiner Soldaten sah ich das Leuchten, zu dem das Griechentum immer fähig ist, wenn es 102
an sein Recht glaubt.« So wurde der albanische Feldzug zur doppelten Grenzerfahrung für den Dichter. Sie spiegelt sich in dem zuerst von Studenten vervielfältigten »Helden- und Klagegesang auf den verlorenen Leutnant in Albanien« (erschienen 1945) und in der wenig bekannten »Albaniade« (Gedicht für zwei Stimmen, 1946 und 1950). Auch die ersten beiden Lesungen des A X I O N ESTI zeugen von dieser Grenzerfahrung. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Elytis - durch seine schon genannten Dichtungen als Lyriker und auch als Resistance-Dichter anerkannt - Programmdirektor des Athener Rundfunks (1945/46). Noch vor Ende des blutigen Bürgerkriegs zwischen Monarchisten und Kommunisten (1946-1949) ging er 1948 nach Paris, hörte an der Sorbonne philologische Vorlesungen und wurde mit mehreren französischen Dichtern und Malern bekannt. Nach vier Jahren kehrte er in die Heimat zurück (1952), da ihn der literarische Nachkriegsbetrieb in Paris nicht mehr befriedigte. Er machte (wie Giorgos Seferis) die Erfahrung, daß er die heimathch griechische Umgebung brauchte, um schreiben zu können. Diese Erfahrung bestätigte oder verstärkte sich bei den anderen größeren Auslandsreisen nach London sowie offiziell von den Regierungen eingeladen - nach Amerika (1961) und Rußland (Winter 1962/63) und später nach Bulgarien (1965) und Ägypten (1967). Nach seiner Rückkehr aus Paris übernahm Elytis 1953/54 erneut das Amt des Programmdirektors der staatHchen Rundfunkgesellschaft, 1955 bis 1958 war er als Präsident des griechischen Chorspiels tätig, 1963 wurde er MitgHed des Aufsichtsrats des Königlichen Theaters, i960 erhielt er den Staatspreis für Lyrik, 1965 den Phönixorden. Heute lebt Elytis in Athen ziemlich zurückgezogen. Als 1959 das AXION ESTI erschien (1948 begonnen, 1958 vollendet), wurde es von der gebildeten Welt Griechenlands sogleich als Hauptwerk des Dichters anerkannt. Das Werk hat auch neun Jahre nach der Auszeichnung von i960 nichts von seiner hterarischen Bedeutung eingebüßt. Die Vertonung 103
längerer Partien durch den bekannten Komponisten Mikis Theodorakis (1964) hat das A X I O N ESTI breiten Volksschichten nahegebracht. Es ist ein Werk, das in hohem Stil die neugriechische Tradition mit der antiken und christlichbyzantinischen vereint. Das lyrische Ich spricht als Herold einer neuen Welt, in der es sich nach den Schrecken des Kriegs und den Barbareien des Friedens wieder zu leben lohnt. Diese neue Welt ist eine »Welt in der Zeit«, aber zugleich eine »Welt jenseits der Zeit«. Vielfältig sind die Impulse, die das A X I O N ESTI bestimmen: das Alte Testament; Homer, Sappho, Piaton, Plotin; die liturgische Literatur des byzantinischen Mittelalters (besonders der Hymnendichter Romanos); die neugriechische Dichtung (Solomos, Kalvos u. a.) und nicht zuletzt das »magische Spiel« des Surrealismus. In unzähhgen Wortzusammensetzungen, Ausdrücken und Bildern prägt Elytis in seinem Sinne um, was in der Sprache der orthodoxen Liturgie, was bei Homer, was in der neugriechischen Volkssprache oder in der Sprache der SurreaHsten schon geformt war. Außerdem werden Wortzusammensetzungen oder Wortableitungen neu gebildet (z. B. oi^QavoöVVT] = »Himmlischkeit«, S. 20); Umrißskizzen und schwebende Bilder stellen sich ein, die nicht für sich allein gewertet werden wollen, sondern durch ihre frische Direktheit, ihre Klang- und Ausdruckswirkung das Zu-Sagende so enthüllen, wie etwa ein orthodoxer hturgischer Text im würdigen »schönen Bezeichnen« das Wesen göttlichen Lebens enthüllt. Der Dichter äußert sich selbst folgendermaßen über seine Lyrik: »Ich betrachte die Lyrik als eine Quelle kämpferischer U N S C H U L D , die ich in meinem Bewußtsein gegen eine schuldige Welt richte^ um diese unter ständigen Verwandlungen so umzuformen, daß sie mit meinen Träumen in Einklang steht. Es geht um eine moderne Art von Magie, deren magischer Mechanismus auf die Offenbarmachung unserer wahren Wirklichkeit zielt. Ich glaube - bis zur Form der Idealisierung - an die Sinne und versuche, sie in einer bis heute unerforschten Richtung zu entwickeln. Ich hoffe, daß ich so eine Freiheit, die allen Regierungen entge104
gengesetzt ist, und eine Gerechtigkeit, die mit dem absoluten Licht identisch ist, am Leben erhalte.« Dieses Bekenntnis, mit
dem Elytis die Grundlagen seiner Lyrik deutet, enthält auch die beiden Hauptgedanken des AXION ESTI: die Idee des »reinen Menschen kämpferischer Unschuld« und die Idee von der Verwandlung der Welt durch das Wort, die Liebe und die Träume dieses »reinen Menschen«. Eine solche Verwandlung bedeutet nicht eine radikale Strukturänderung der Welt, sondern ein Offenbarmachen der wahren irdischen und metaphysischen Bezüge. Dem Zauber des Worts, dem »magischen Mechanismus«, der die Sinne mit sich fortzieht ins Außerordentliche, ja Ekstatische, soll diese Enthüllung gelingen. Zutage tritt, daß »Freiheit« und »Gerechtigkeit«, diese höchsten Ideen des Menschen, im Absoluten wurzeln. Sie sind »mit dem absoluten Licht identisch«, wie Elytis sagt; sie sind Ausgangspunkt, Antriebskräfte und Ziel der menschhchen Entwicklung. Das AXION ESTI zeigt den Weg des »reinen Menschen« auf der Spur dieser absoluten Freiheit und Gerechtigkeit. Das magische Wort des Dichters bemüht sich, den mataphysischen Charakter beider Ideen in bestimmten Bildern und Metaphern auszudrücken, die wohl der Welt der Bibel, der Hturgischen Texte, der antiken oder modernen Dichtung nahestehen, die aber doch vor allem an der Gegenwärtigkeit griechischen Seins orientiert bleiben: an der bezwingenden Lichtfülle, die kein langes Zweifeln und Grübeln duldet, an der faszinierenden Urtümlichkeit von Gebirge und Meer, die keine verschnörkelten, komplizierten Bilder zuläßt, an der Einfachheit griechischer Lebensformen und der geographisch und historisch reichen und dennoch überschaubaren Ghederung der griechischen Landschaft, in der der Mensch den Impuls zur Regeneration und zum Beginn eines einfachen »wahren Lebens« besonders rein empfängt, so daß sich das magische Wort in richtiger Umgebung und zur rechten Zeit mit Andeutungen und Hinweisen begnügen kann. Die tragende Idee, das Zentrum des Werks ist schon mit dem Titel T O AXION ESTI ausgedrückt. Das Wort AXION ist zu105
nächst das erste Wort der Praefatio in der orthodoxen Meßliturgie (der Anfang entspricht dem lateinischen >Vere dignum est<); sodann beginnt mit der Formel A X I O N ESTI das Preislied zu Ehren der Gottesmutter, das in allen kirchlichen Gesängen zum Lob der Theotokos (z. B. in dem berühmten »Akathistos Hyrpnos«) enthalten ist. Die wörtliche Übersetzung des Preislieds lautet: »Es ist wahrhaftig würdig (Axion estin), dich in deiner Seligkeit zu preisen, Gottesgebärerin, die Ewig-Selige und Ganz-Untadelige und Mutter unseres Gottes. Ehrwürdiger als die Cherubim und unvergleichlich herrlicher als die Seraphim, die G O T T das WORT unversehrt gebar, in Tat und Wahrheit die Gottesgebärerin, dich erheben wir.« Nach der Legende lehrte einst der Erzengel Gabriel während der Nacht einem schlecht singenden Kantor und Marienverehrer aus dem Athos-Kloster Pantokrator Text und Melodie dieses Lieds. Dies sei geschehen vor einer Marien-Ikone, die dann den Namen AXION ESTI erhalten habe. Die Ikone A X I O N ESTI wird als Gnadenbild an jedem Ostermontag in einer Prozession mitgeführt, die viele Gläubige nach Karyä, in die Hauptstadt der MönchsrepubHk Athos, und in die Protaton-Kirche lockt, wo sich die Gnadenikone befindet. Die Tatsache, daß sie 1963 anläßlich der Tausendjahrfeier der Athosklöster zur Verehrung nach Athen gebracht wurde, macht deutlich, daß die Ikone AXION ESTI in besonderer Weise eine »nationale« Ikone ist, die in dem Glauben verehrt wird, daß Griechenland unter dem Schutz der Panagia, der Gottesmutter, steht. Der Titel AXION ESTI hat als tragende Idee der Dichtung zunächst also den Sinn, dem Leser zu sagen, daß er es mit einem religiösen Werk zu tun hat, das rühmen und preisen will. Nicht nur die Theotokos wird gepriesen, die ganze Schöpfung, die »Physis«, der »Kosmos«, wird gerühmt. Damit ist die Dichtung formal auf lyrische Formen eingeschränkt, die auch im religiösen Raum ein solches »Rühmen« erlauben: auf Gesänge und Lieder hohen Stils, auf liturgische Formen. Es sind dies in der GENESIS sieben »biblische« Gesänge, in der PASSION Psalmen, Oden (Preis106
lieder) und Lesungen, im Schlußteil Hymnen. Das lyrische Wort ist in allen drei Teilen der Dichtung in rezitierbaren oder singbaren »liturgischen« Text verwandelt, was der Leser beim bloßen Lesen nicht vergessen sollte. Weiterhin gibt der Titel A x i O N ESTI, indem er an einzelne Züge der Legende, besonders aber an die Gottesmutter in ihrer Tätigkeit als Schutzpatronin Griechenlands und aller Nationen erinnert. Hinweise auf die drei durchgehenden Linien des Werks: die individuelle, die nationale, die allgemein menschliche. Das AXION ESTI zeichnet die individuelle Entwicklung des Dichter-Kantors von seiner Geburt bis zu einer visionären Zukunft, es zeigt den Schicksalsweg des griechischen Volkes von der Befreiung Kretas ( 1 9 1 2 ) bis zu einer visionären Aufhebung von Gesetzes- und Nationenschranken, und es entwirft paradigmatisch den Werdegang des im Spannungsfeld von G U T und BÖSE (vgl S. 20) sich fest behauptenden Menschen, der zusammen mit der individuellen Gestalt des Dichters die oben schon genannte Idee des »reinen Menschen« verkörpert. Diese drei Linien führen unter dem eschatologischen Aspekt der zweiten Grundidee von der Verwandlung der Welt zum Bild einer sich entwickelnden Welt-Erneuerung. Das rühmende Bekennen geht im dritten Teil des Werks, nachdem es das epische Element abgeworfen hat, in ein direktes hymnisches Preisen über. Das Bild dieser ersehnten Erneuerung der Welt ist bereits in den ersten Gedichten von Elytis (abgedruckt in den »Orientierungen«) zu erkennen, zum Teil schon an den Titeln, z. B. »Klima der Entrückung« (1935), »Zweite Natur« und »Fenster zur fünften Jahreszeit«. In den »Liedern der Ägäis« wird die Renovatio als Wirkung eines Eros, der alles Lebendige erfaßt, angesprochen. In den »Fenstern zur fünften Jahreszeit« bilden Liebe, reines Fühlen, Licht und Traum eine enge Einheit; die Kraft einer »Begierde, auf deren Händen die Entrückung brennt« (II), wird wirksam: »Wie schön sie ist! Sie hat die Gestalt des Gedankens angenommen, der sie fühlt, wenn er empfindet, daß er ihr gewidmet ist« (III); oder: »Im Dienst der schwierigsten Träume ein stetiges Sich-Erneu107
ern!« (VII). Im siebenteiligen Gedicht »Orion« heißt es am Schluß: »Als sei das irdische Lärmen vergangen Als sei die Bosheit des Gedächtnisses zu Ende Rein pocht Unser neuer Traum Eine unsichtbare Hand zieht uns fort Wo makelloser Himmel zur STILLE wird Wo sich die Seele erweist als nie wandelbar.« Alle diese Gedichte sind in jener Zeit entstanden, in der sich Elytis dem französischen Surrealismus zugewandt und als ersten Lyriker Paul Eluard übersetzt hat (1936). Bei Eluard fand Elytis, wie oben schon angedeutet, eine undogmatische, poetische Religion der Liebe. »Die Liebe ist der unvollendete Mensch«, sagt Eluard 1932 im Zyklus »La vie immediate« (Zitate nach der Eluard-Ausgabe »Ausgewählte Gedichte«, Luchterhand-Verlag, 1963). Durch das Feuer der Liebe wird der Mensch vollendet, erneuert, verklärt. Das UnveränderHche in den verschiedenen Zuständen der Liebe ist ihre Reinheit. Eluards Gestalt des »rein liebenden« Menschen, der neuen anima Candida, kehrt in Elytis' Idee des »reinen Menschen« wieder. Diese Reinheit der Liebe ist für Eluard wie für Elytis »eins mit der Reinheit der Sprache... Die Verklärung (durch die Liebe) gibt dem surrealistischen Blütenkranz der Bilder die klare Einfachheit und Reinheit« (Georges-Emmanuel Clancier über Eluard, S. 9 und 7). Liebe und Dichtung sind identisch: »L'amourlapoesie« (Titeleines Gedichtbandes, 1929). Beide wollen aber nicht auf das Ich beschränkt bleiben, sondern sind bestrebt, in die Welt zu wirken, Leben zu verändern. Sprechen Eluard und Elytis auch immer von neuem in der ersten Person Singular, so gilt doch auch für sie Clanciers Apologie: »Indem der Dichter im eigenen Namen spricht und seine Einsichten kündet, spricht er im Namen aller und für alle« (S. 5) Eluards LiebesDichtung »ruft nach dem Glück für alle« (S. 13). Elytis' 108
zweite Grundidee von der Verwandlung der Welt schließt sich hier eng an: Auch im A X I O N ESTI wird ein neues Glück, eine neue Unschuld, eine durch die Liebe verklärte Welt gefordert und prophezeit - ganz im Sinne des »Cours naturel« (»Natürlicher Lauf«, 1938), den Eluard in folgenden Versen festhält (S. 261 ff): »Die Erde wird wieder gestaltet sein wie unsre lebendigen Leiber Der Wind wird uns bestehn Sonne und Nacht werden hinziehn in unseren Augen Ohne sie je zu verändern Groß genug unser sicherer Raum unsre reine Luft Den Verzug zu begleichen den die Gewohnheit höhlte Wir werden alle ein neues Gedächtnis erreichen Gemeinsam eine fühlende Sprache sprechen O meine verlorenen Brüder Ich gehe dem Leben entgegen ich habe Menschengestalt Zu beweisen daß die Welt nach meinem Maße gemacht ist« Diese Worte entsprechen Zeile um Zeile der oben (S. 104) zitierten programmatischen Äußerung Elytis' über die Aufgabe des Dichters sowie vergleichbaren Texten seiner Lyrik seit ihren Anfängen (1935), besonders aber dem A X I O N ESTI. Eluards lyrische Vision von der Neugestaltung und WiederBelebung der Erde, von einem neuen Gedächtnis, von einer neuen fühlenden Sprache unter Hebenden Menschen sind in Elytis' »prophetisches« hymnisches Sprechen eingegangen. Offenbar wird - mit Elytis' Worten - »unsere wahre Wirklichkeit«: »Sein wird die Welt X oder wird nicht sein GEBURT X
VERKLÄRUNG EWIGE DAUER
Die ich verkündet X nach meiner Seele Gerechtigkeit X der Allergerechteste« (Ode XI) 109
Das neue Gedächtnis ist eine Bosheit: »Aus Hyazinthen Narzissen X schmied ich das neue Schwert, das von nun an X ziert seine Helden (Ode XII) In der »Prophetie« (sechste Lesung) heißt es; »Von neuem wird er« (der Dichter, der »Menschengestalt« hat, der »dem Leben entgegengeht«, der »betweist«, daß »die Welt nach seinem Maße gemacht ist«) - »von neuem wird er die FRAU verehren... so, wie es bestimmt ist.« Denn - um wiederum Worte Eluards zu gebrauchen: »Es mußte so sein, daß ein AntHtz Antwort gibt auf alle Namen der Welt« (L'Amour la poesie, 1929, S. 139). »Und die T R Ä U M E werden ihr Recht erlangen und Geschlechter erschaffen in Ewigkeit!« (Schluß der »Prophetie«). Wie sehr die Komposition des A X I O N ESTI - der gesamten Dichtung, aber auch der Einzelstücke - bis in letzte Feinheiten hinein durchdacht ist, wird dem Leser bei aufmerksamer Lektüre nicht entgehen. Dreierzahlen bestimmen die Hauptgruppierungen des Werks: drei Hauptteile; im zweiten Teil sechs Lesungen, zwölf Oden, achtzehn Psalmen; im dritten Teil von den zehn Hymnen zwei Dreiereinheiten (Hymnen 1-3, 8-10). Die Dreiteilung des Gesamtwerks versinnbildUcht den »Dreischritt« der Schöpfungsgeschichte: Reinheit der Schöpfung am Anfang, dann Epoche des Abfalls, der Gottferne (Zeit der »Sünde«, der Passion) und schließlich die Rückkehr zur Reinheit in der Form der Verklärung. Daß der erste Hauptteil, die GENESIS, sieben Stücke umfaßt, die nicht numeriert, aber als liturgische Texte mit Großbuchstaben in den Anfangswörtern gekennzeichnet sind, hat seinen Grund in der biblischen Siebenzahl: Die sieben Teile sind eine Parallele zu den sieben Schöpfungstagen. Freilich konnten Reihenfolge und Geschehnisse in der Genesis des Alten Testaments (i. Buch Mose) für die Geschehnisse in der Genesis des Dichters (seiner Kindheit und Jugend) nur einen unauffälligen Rahmen abgeben. Die Beziehung zur Bibel ist HO
im ersten und letzten Gesang der GENESIS am deutlichsten. Die Geburt eines Menschen, des Dichters, ist wie eine zweite Erschaffung der Welt: »Im Anfang das Licht / Und die erste Stunde / in der noch die Lippen im Urschlamm / schmecken die Dinge der Welt... Meine Seele suchte Signal und Herold . . . Die Sonne war mit ihrer Achse in m i r . . . sie kam und bückte sich / über meine Wiege.« Hier wird der Anfang der bibHschen Genesis und des Johannesevangeliums zu einer Mythisierung benutzt, die über die übhche Art metaphorischer Personifizierung weit hinausgeht. Der alttestamentliche Gott und der Logos-Gott des Johannes erscheint als ein griechischer Licht- und Sonnengott, der immer wieder - als Sonne der Idee des Guten - auch platonische Züge trägt. Im siebten GENESis-Gesang wird dann von der Uhr des Paradiesesgartens ge'sprochen, auf der »die Stunden sich drehten wie Tage«, und selbst die Monate drehen sich mit (»Dienstag Mittwoch Donnerstag / Juni Juli August«, S. 21). Die biblische Siebenzahl der Schöpfungstage umschheßt auch den Sonnenlauf eines einzigen Tages in seinen wesentHchen Zeitabschnitten. Die Genesis der Dichter-Psyche dauert vom Tagesanbruch bis zum Mittag, dann fällt die Nacht ein, auf die wieder - »hinter den Kasernen krähte / der erste Hahn«, wie es am Ende des siebten Gesangs heißt - ein neuer Tagesanbruch folgt. Außerdem sind in der Siebenerordnung der Schöpfungstage auch die Etappen des Sonnenjahrs mit seinen zwölf Monaten und die Etappen der neunmonatigen inneren Reifezeit des Dichters (»Im sechsten Monat trug ich die Liebe«, S. 19) eingeschlossen. Am Ende der GENESIS wird der Dichter, der neue Adam, allerdings nicht vom Engel aus dem Paradies vertrieben. Vielmehr werden hier in einem Augenbhck höchster Entrückung vor dem Eintritt in den Bereich des Bösen die Säulen der Akropolis als Weltsäulen sichtbar (»die Aufrechten Säulen«), werden der kosmische Tierkreis (»die Metope der T I E R E « ) und die Heiligen »im Glanz der Weisheit« erkennbar. Der Dichter tritt in den Schutz der Sonne, die in der Wesenheit eines Engels (nicht mehr »ungeschieden vom Himmel«) zu seiner Rechten Ge-
stalt annimmt S. 24). Der Lichtträger und »Sonnenschlürfer« ist für den Kampf mit den versammelten »Entschlossenen« gerüstet (Psalm i). Er vertritt - wenn wir hier auch die »nationale Linie« (S. loy) berücksichtigen - das griechische Volk, das sich in sich selber behaupten und gegen eine feindliche Umwelt zur Wehr setzen muß. Diese »nationale Linie« setzte bereits im ersten GENESIS-Gesang kraftvoll mit den Worten ein: »Heruntergezogen mit Gewalt / und gelöst von den Zinnen fielen zuerst / die SIEBEN BEILE« ; und dann »Gereinigt kehrte das Blut zurück« (S. 14). Im Sturz der sieben Beile - sie waren das Emblem einer türkischen Besatzungseinheit im gleichnamigen Stadtviertel Heraklions, der Geburtsstadt des Dichters - ist exakt der Moment der Befreiung Kretas festgehalten, der historische Augenblick, in dem das tyrannisierte Kreta, von seinen Fesseln gelöst, wieder zu eigener Kraft kam - ein ganz Griechenland mitreißender Vorgang. Im zweiten Hauptteil des A X I O N ESTI, der PASSION, rücken die Leiden des Menschen, des Dichters und des griechischen Volkes nach den Eintritt in die Geschichte in den Vordergrund. Elytis stellt drei liturgische Formen in eine fortlaufende Reihe: die freirhythmischen »Psalmen« (Vorbild: die Psalmen Davids), die formal gebundeneren, im lyrischen Ton höheren »Oden« (Gesänge), für die sowohl Formen und Bilder des byzantinischen KirchenHeds als auch des neugriechischen Volkslieds und der Odendichtung des Andreas Kalvos (1792-1869) verwendet sind, sowie die sogenannten »Lesungen«, die den liturgischen Lesungen (lectiones) aus dem Alten Testament und Neuen Testament entsprechen. Der Stil der Lesungen führt den Legendenstil weiter, den Dionysios Solomos, der Begründer der neugriechischen Dichtung (1798-1857), in seinem Prosafragment »Die Frau von Zakynthos« und der Memoirenautor Joannis Makryjannis (1797-1864) in seiner Darstellung der Epanastasis (Revolution von 1821) geschaffen haben. Die Dreierzahl spielt nicht nur, wie schon erwähnt, in der Gesamtzahl der 18 Psalmen, 12 Oden und 6 Lesungen eine Rolle; sie erscheint auch als
unterste Kompositionseinheit: Eine Lesung wird jeweils von zwei Oden umrahmt, und jeder Ode sind entweder zwei Psalmen voran- oder nachgestellt. Nach diesem Schema ist dann eine Zwölfereinheit aufgebaut (6 Psalmen, 4 Oden, 2 Lesungen), die sich dreimal wiederholt. Das Thema jeder Zwölfergruppe wird in zwei Lesungen unter dem nationalen Aspekt entwickelt und von den dazugehörigen Psalmen und Oden unter dem individuellen und allgemein menschlichen Aspekt vorbereitet bzw. motivisch weitergeführt. Im ersten Teil der PASSION, der ersten Zwölfereinheit, schildern die beiden LESUNGEN, ohne die Schrecken des Krieges direkt vorzuführen, die Leiden und Strapazen im albanischen Feldzug 1940/41, der eine vom Schicksal verhängte Bewährungsprobe für den einzelnen wie für das Volk war. Die zweite Lesung »Der Nachschub« ist dem Kampf gewidmet, den der Mensch im Krieg mit sich selbst gegen Angst und Zweifel führen muß, um sich »einen Platz an der Sonne« zu verdienen (S. 41). Das Thema des zweiten Teils des PASSION (diese Zwölfereinheit reicht bis zum 12. Psalm) ist die Unterdrückung Griechenlands während der Katochi (Besatzungszeit 1941/1944). Die dritte Lesung schildert die Zerschlagung einer Demonstration in Athen am 25. März 1942 durch die anonym bleibende Besatzungsmacht. Diesen Tag hatten die meist jugendlichen Demonstranten in Erinnerung an den 25. März 1821, den Beginn des großen Freiheitskampfes gegen die Türken, gewählt. In der vierten Lesung wird die barbarische Willkür der deutschen SS bloßgestellt, die bei einer Vergeltungsmaßnahme ein Dorf umstellt, die Männer zusammentreibt und auf die Zeichen eines maskierten Denunzianten hin ( » E R . . . MIT DEM ERLOSCHENEN GESICHT«) viele mißhandelt und schließlich tötet. Lefteris, die Hauptgestalt der zweiten und vierten Lesung (der Name bedeutet etwa »Sohn der Freiheit«), zeigt durch sein mutiges Verhalten bis zum Tod, welcher Glaube an eine bessere freie Welt im griechischen Volk wohnt, obwohl das Land in dieser harten Zeit genau wie der »verbannte« Dichter (und wie Christus im Garten Gethsemane) von allen »Freunden« verlassen ist. Das 113
nationale Thema findet seine Fortsetzung im dritten Teil der PASSION (Zwölfereinheit bis zum i8. Psalm). Es geht in der gleichnishaften Rede der fünften und in der prophetischen Rede der sechsten Lesung um das historische Ringen für ein besseres Griechenland, das schließlich visionäre Gegenwart wird. Die schlimmste Prüfung für die Einheit des Volkes in dieser »Endzeit« war der im Gleichnis des Schafstalls (5. Lesung) geschilderte Bürgerkrieg zwischen Monarchisten und Kommunisten, der 33 Tage (Dez. 1944/Jan. 1945) bzw. 33 Monate lang tobte (1946-1949). Er war - wie es das Gleichnis nahelegt - durch die trügerischen Worte der Großmächte veranlaßt. In der sechsten Lesung bekennt der Dichter, daß sich das 20. Jahrhundert von der Natur und der ursprünglichen Reinheit der Schöpfung am weitesten entfernt hat: SchHeßlich werden alle Dinge nur noch »herrliche Ruinen« sein. Zugleich sieht er den Augenblick, in dem er aus seiner inneren Emigration zurückkehren kann, um zwischen diesen herrlichen Ruinen zu wohnen. »Ich sehe die Gendarmen ihr Blut hingeben zum Opfer für die Reinheit des Himmels« (S. 77). Im Geiste dieser »Reinheit des Himmels«, der der Dichter - »REIN bin ich von Grenze zu Grenze« (S, 66) - stets treu bheb, wird das neue Hellas, die neue Welt begründet. Der dritte Teil des AXION ESTI ist ein einziger Lobpreis der »reinen« Schöpfung. An den zehn Hymnen wird klar, wie sehr die belebte und unbelebte Natur, wie sehr auch bestimmte (jungfräuliche) Menschen die Natur der Reinheit in einer Weise verkörpern, daß sich in ihnen schon jetzt die Verklärung der Welt ankündigt. Dieser Lobpreis, dem Elytis statt des gedruckten Titels »xo A X I O N ESTI« den neuen Titel »Doxastikon«, d.h. »Lobgesang«, zu geben beabsichtigt, umfaßt wie die PASSION wiederum drei Teile. In der ersten Dreiergruppe werden die Winde und die Inseln gepriesen, der längere dritte Hymnus schheßt mit einer Vergöttlichung der Gestalt der Jungfrau (Parthenos). Die Vierergruppe enthält den Lobgesang auf die Blumen, die Mädchen, die Schiffe; sie schließt im längeren siebten Hymnus mit der Erhebung des 114
Dichters. Die folgende Dreiergruppe rühmt die Berge und die Bäume und steigert sich im letzten Hymnus zu einer großartigen Bildmetaphysik, in der die Ewigkeit der Schöpfung aufleuchtet: »Jetzt der dichte Insektenschwarm, der sich brodelnd ergießt / Ewig der Mysterien Licht, das die Welt überfließt.« Die biblische Siebenzahl der GENESIS kehrt wieder in der Siebenzahl der gleichlangen Hymnen ( i , 2 ; 4 , 5,6;8, 9), in denen sieben »Dinge« gepriesen werden, die-nach dem Gefühl des Griechen - die Grundstruktur der Schöpfung am reinsten in sich tragen. In den drei längeren Hymnen, deren jede auffällig in sieben Zweizeilern gipfelt, findet die nationa' le (im dritten), die individuelle (im siebten) und die allgemein menschliche Linie (im zehnten) ihr Ende. Im dritten Hymnus singen die Priester und Vögel (die ganze Natur) das neue Ave zu Ehren der Panagia, der Beschützerin Griechenlands, und zu Ehren der »kleinen Jungfrau« Hellas. Beide Gestalten gehen auf im Bild der neuen Frau, die durch die Kette der Namen und Bestimmungen, die ihr beigelegt werden, zum Inbegriff alles wesenhaft Weiblichen in der Schöpfung wird. Die Form dieser parallel rhythmisierten, in Assonanz oder Reim endenden und syntaktisch gleich gebauten Verspaare stammt von den Ave-Gesängen der orthodoxen Liturgie, vor allem aus der Liturgie des »Akathistos Hymnos« (Elytis verwendet lediglich - entsprechend der »Schöpfungszahl« sieben statt sechs Verspaare). Im siebten Hymnus, der die Wesensbestimmung des Poeta bringt, gibt es im ersten Zweizeiler Aussagen über den Dichter, die man zunächst als übertriebenes Pathos oder als Anmaßung empfinden könnte (S. 92): » Denn er ist der Tod und er ist das Leben / Er ist die Zukunft und er das Gesetz«. In diesen abstrakten Definitionen erreicht die individuelle Linie des Dichters ihren Kulminationspunkt. Ihre eigentliche Bedeutung offenbart sich durch die Bilder der folgenden sechs Verspaare. In höchst kunstvoller Weise gelingt es darin Elytis, im bildhaften Paradoxon das »Wesen« des Dichters einzufangen: Der Dichter ist der echte Nachkomme des Ion, des typischen Joniers, der das Maß der Dinge sieht und an der Küste 115
Kleinasiens zum Philosophen wird; er ist aber auch der wundergläubige Pygmalion, der sich in eine weibliche Statue verliebt, die von Aphrodite zum Leben erweckt wurde; er ist ferner die Vereinigung der verführerischen, Not und Tod bringenden Schlange mit der Leben und Segen spendenden Ähre; er ist schließlich »die lockende Tollheit« und zugleich »aller Lichtregen klarste Frühlingsreinheit« (S. 93). Erst ein Bewußtsein, in dem sich alle paradoxen Aussagen und Bilder ineinanderfügen, so daß sie eine einzige dynamische Wirklichkeit hervorbringen, wird diesem Hymnus gerecht. Die Ave-Verspaare der drei Langhymnen stehen an der Grenze des Sagbaren. Sie sind wie die liturgischen Ave-Gesänge Texte der mystischen Feier oder der Meditation. Am meisten gilt dies für den letzten Hymnus des AXION ESTI. Das »Jetzt der Welt« ist auf die Ewigkeit ausgerichtet. Der Schleier hebt sich, das zweite Antlitz des »Mörders«, sein Gesicht als Geschöpf wird sichtbar (Kompositionsendpunkt der »allgemein menschlichen Linie«). Der Mensch findet in der »scharfen Bewußtseinshelle« innerhalb der erneuerten Natur der Welt »Speise« für seine Seele: jene Freiheit und Gerechtigkeit des Seins, auf deren Spur er von Geburt an war. Es muß der wissenschaftlichen Forschung vorbehalten bleiben, genaue Einzelinterpretationen vorzulegen und in ihnen die vielfältigen Beziehungen, Einflüsse, Assoziationen zu klären, die mit jeder Verszeile, jedem Bild, jeder Anspielung im Text gegeben sind. Dagegen scheint es mir unerläßlich, dem Leser (als Ersatz für Anmerkungen) Hinweise zu geben, die ihm das Textverständnis erleichtern: »die drei Dunklen Moiren« (S. ij): Sie werden in Griechenland »von alters her... immer noch in der dritten Nacht nach der Geburt eines Kindes zu Hause erwartet, um ihm sein Lebenslos zu erteilen« (G. A. Megas, Griechische Volksmärchen, Düsseldorf 1965, S. 299). »der große Turm« (S. 14): rundes venezianisches Kastell, das die Einfahrt in den Hafen von HerakHon schützte. »ARETE mit den vier rechten Winkeln« (S. i^): Anspielung auf die schlichte Bauweise auf den Inseln. 116
(S. 19): Anagramm von geliebten Namen und Dingen aus der Welt des Dichters (EROS, MEER, MARINA, SONNE, ATHANASIA = Unsterblichkeit, ELYTIS). »Dämonen vertreibend Marina« (S. 22): Heilige der Inselbewohner, im 7. Hymnos erneut erwähnt (S. 92); zugleich man beachte das obige Anagramm und den 17. Psalm Synonym für die vom Dichter geliebte Frau (1939 erschien in den »Nea Grammata« Elytis' Gedicht »Marina der Felsen«, vgl. dazu Eliots »Marina«, 1930). »INSEL mit den Buchten der Olivenhaine« (S. 22): Insel Lesbos, Heimat der Vorfahren des Dichters. »beschwerlich der Pfad des Heiligen« (S. 22): der heilige Theodorus von Mytilene, einer der jüngsten Heiligen der orthodoxen Kirche, von der örtlichen Überlieferung den Vorfahren des Dichters zugerechnet. »die Wasser von Jera« (5. 22): Bucht der Insel Lesbos, in der sich die im folgenden genannten fünf Dörfer befinden. »mit den ersten Worten des HYMNOS« (S. 28): Die ersten beiden Strophen des »Hymnos an die Freiheit« von Dionysios Solomos (1798-1857) sind die griechische Nationalhymne. »Lambda und Epsilon« (S. 29): ELE(ftheria), Anfangsbuchstaben des griechischen Worts für »Freiheit«. »DIE SCHNEIDE DES S C H W E R T S . . . « (S. 29): leicht geändertes Zitat aus der ersten Strophe der Nationalhymne »An die Freiheit«. »Heringe und Chalwa« fS. 40): Chalwa (türkisch: helva) ist eine Süßspeise, von der es zwei Arten gibt. »Unteroffizier Zois« (S. 40): »Zois« ist abgeleitet von »Zoe« = Leben. »Mein Gott, Baumeister der Welt« (S. 42): erinnert an das Volkslied »Die Brücke von Arta«. »Heiliger Kanaris!... Heiliger Miaoulis!« (S. 4^): Führer des Aufstands von 1821 gegen die Türken, Nationalhelden, hier durch die Voranstellung des Wortes »Aji« den orthodoxen Heiligen gleichgesetzt. Dieselbe Gleichstellung im Gebetsanruf der Frauen von Dervenakia in Zweiten Welt»SORE BREM A R I M N A . . . «
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krieg, die den 1822 siegreichen Revolutionshelden Kolokotronis mit den Worten anriefen: »Heiliger Kolokotronis, hilf, daß unsere Söhne zurückkehren!« »Heilige Manto« (S. 4J): Manto Mavrogenous, berühmt, weil sie mit zwei eigenen Schiffen am Befreiungskampf zur See gegen die Türken teilnahm (gest. 1848). »UNVORSTELLBARE SONNE der Gerechtigkeit« (S. j j J : Ausdruck, der sich eng an die Eingangsformel eines orthodoxen Abendgebets anschließt (xfjg öixaioöi}vr]g "HXie XqiOT£ JXOIJ).
»Herren des Lykabettos« (S. j j J : Berg in der Stadtmitte von Athen mit dem bekannten Stadtviertel Kolonaki in der Nähe des Verfassungsplatzes, wo Elytis wohnt. »Sohn der Haggith / und Salomo« (S. J8): Nach i. Könige 2, 13 ff ist der Sohn der Haggith Adonia, der Bruder Salomos, der von Salomo, weil er nach dem Königtum strebte, getötet wurde. » I C H WANDTE die Augen...« (S. 61): Die achte Ode ist genau im Metrum des dritten Stasislieds vom Ostersamstag geschrieben. »den Brunnen des Mavrojenis« (S. 6J): Brunnen auf der Insel Faros. »Hagane« (S. 6J): byzantinisches Wort für die Führer von Barbarenstämmen des Ostens (z. B. der Avaren und Seldschuken). »Dionysios Solomos... Alexandros Papadiamantis« (S. 6J): Solomos (1798-1857) als Begründer der neugriechischen Lyrik, Papadiamantis (1851-1911) als Begründer der neugriechischen Erzählung. »der Maistros... der Graigos« (S. 6Y): Winde, die in der ersten Hymne des GEPRIESEN SEI erneut erwähnt werden »Unverwelkliche Rose« (S. 72J: direkt aus einem Troparion des Akathistos Hymnos (Marienhymnus) übernommen. »das Roß des Bluts« (S. Y^): im griechischen Text wörtUch »der Bukephalas des Bluts«, womit auf das berühmte Roß Alexanders des Großen angespielt ist. 118
»•die Farben des Hymettos« (S. jj)\ Der langgestreckte Hymettos (1027 m) im Osten Athens war schon im Altertum wegen seiner Purpurfärbung bei Sonnenuntergängen berühmt, »das Erechtheion (der Vögel)« {S. jj)\ mehrere heilige Stätten umfassender Bezirk des mythischen Königs Erechtheus auf der Akropolis von Athen; hier wegen seiner »Korenhalle« genannt. » I C H ÖFFNE den Mund« {S. 79J: Wie Ode VIII ist auch Ode XII genau im Metrum eines byzantinischen Troparion geschrieben (i. Troparion der i. Ode des Akathistos Hymnos, auch die vier Anfangsworte sind gleich), »der LILIENPRINZ« {S. 81)'. Anspielung auf eine bekannte minoische Wandfreske, »die Hand der Gorgonenmadonna« 8^): »In der einen Hand hält sie ein Schiff, in der anderen einen Dreizack, der an den des Poseidon gemahnt« (Stratis Myrivilis in seinem Roman »Die Madonna mit dem Fischleib«, Manesse, 1955, Zürich, 1955, S. 9). »GEPRIESEN Myrto« (S. 8y): »die junge Myrto, Dirne von Sikinos« {6. Lesung, S. 77). »Fest von lulitta und Kerykos« (S. 8y): Fest am 15. Juli zu Ehren der Märtyrerin lulitta und ihres Sohnes Kerykos. Dieser Tag erinnert den Dichter an den Beginn seiner Liebe. »der Tür-Skarabäus« (S. 89): Türklopfer mit SkarabäusVerzierung. »der Blick Mnesaretes« (S. 90): Sklavin, die auf einem bekannten Grabrelief dargestellt ist. »Aretousa, die wartet« ("5. 90): Gestalt aus dem kretischen , Epos »Erotokritos« (Königstochter, die gegen den Willen ihres Vaters ausharrt, bis sie Erotokritos, den sie liebt, heiraten kann), »und Liebe >erscheint von den Bergen des Himmels.. .<« (S.90): im Original ein direktes Zitat aus einem Fragment der Sappho von Lesbos (fr. 56 Diehl). »Kynthia« (S. 90): Dieser an sich ungriechische Name erin119
nert an den Berg Kynthos auf Delos und an die Geliebte des Properz (»Cynthia«). »verloren ging... Arignota« (S. 91): Anspielung auf das Arignota - Lied der Sappho von Lesbos, die von der in Sardeis verheirateten geliebten Freundin sagt: » . . . oftmals von Sardeis her / richtet sie zu uns heimwärts die Gedanken.« (fr. 98 Diehl). »die SCHLANKE im Hades« (S. 9^): die in Volksliedern besungene Mutter des byzantinischen Helden Digenis Akritas. »die Speise der Seele und der fünfte Wesenshalt« (S. 9/): der Himmel als Nahrung der Seele und der (unentstandene) Äther als fünfte Substanz, die nach Aristoteles von den Gegensätzen der übrigen vier Elemente frei ist. Bei der vorhegenden Übersetzung hatte ich es mir zur Aufgabe gemacht, die Stilhöhe des Hymnischen in den verschiedenen Einzelformen des A X I O N ESTI ZU treffen, aber auch den frischen Schwung und die quidige Lebendigkeit des Originals zu erhalten. Gelegentlich mußte ich, um den Versfluß nicht zu unterbrechen, auf eine philologisch exakte Übersetzung verzichten. Das AXION ESTI ist schon wegen der Vielschichtigkeit seiner Sprache schwer übersetzbar. Es besteht - wie bei den Gedichten von Paul Eluard - die Gefahr, daß eine nicht recht eingestimmte Übersetzung die »magische Atmosphäre« des Worts zerstört oder in hohl klingende Banalität auflöst. Es ist zudem aus den verschiedensten Gründen unmöghch, das Zusammenspiel der drei Sprachfaktoren im A X I O N ESTI (des antik-homerischen, byzantinischen und neugriechischen) in sinnvoller Weise im Deutschen »nachzuahmen«. Am leichtesten lassen sich noch die neuen Wortzusammensetzungen übertragen, für die Elytis bei Homer und im Kirchengesang formale Vorbilder fand. Denn das Deutsche steht, was die Fähigkeit zu Wortkonstruktionen anbelangt, dem Griechischen in nichts nach. Die Originahtät des Dichters besteht vor allem in der schöp120
ferlschen Umprägung traditioneller Bilder sowie in der durchsichtigen Einfachheit neuartiger Metaphern. Die flimmernde Leichtigkeit der vielschichtigen Bilder, mag sich in ihr auch die Erfahrung des »magischen Surrealismus« widerspiegeln, ist einem äußerst strengen Kompositionsplan unterworfen, von dem schon die Rede war (Elytis hat ihn z. B. für jede Hymne des dritten Teils mit Zahlen, Farben und geometrischen Figuren ausgearbeitet). Die den Aufbau und die Metaphorik beherrschende Grundidee der Dichtung, die Idee vom neuen »freien« Menschen und der erneuerten Schöpfung, ist weder rein christUch-eschatologisch noch rein antikplatonisch oder gar neuplatonisch-plotinisch. Auch die modernen Einflüsse dürfen nicht überschätzt werden; gleichartige Ideen finden sich nicht nur bei Paul Eluard (lohnend wäre in diesem Zusammenhang für den deutschen Leser ein Vergleich des AXION ESTI mit der Ding-Mystik Rainer Maria Rilkes). Der Dichter des AXION ESTI ist in erster Linie als Grieche »mystisch« am Erlebnis des griechischen Lichts orientiert, in das der Mensch aus dem Norden sich erst eingewöhnt, zu dem er sich, um einen Gedanken Karl Kerenyis anzuführen, erst erziehen muß. Es ist ein »Licht von innen in fUmmernder Helle« (8. Hymnos). Es ist eine Helhgkeit, die das Gegensätzliche aufzeigt, die es beläßt und im Belassen eint und aufhebt. Eine Helligkeit, die zunimmt und nicht verloren geht. Eine Helligkeit, die Einsicht verleiht in das, was wahrhaft ist: »Selig, wer die Geheimschrift des Makellosen entziffert« (i8. Psalm). Sie ergibt eine plötzHche Hellsichtigkeit, eine »hellsichtige Bewußtheit«, wie sie auf ihre Weise Sappho von Lesbos besaß (so Max Treu in seiner Sappho-Ausgabe, München, 1963, S. 155). Von den antiken Dichtern ist Sappho die einzige, die von Elytis mit einem ganzen Vers direkt zitiert wird (5. 90, fr. 56 D). Die »zehnte Muse«, die Begründerin der »subjektiven Lyrik«, ist auch der einzige antike Autor, den Elytis bisher übertragen hat (Übersetzung unveröffentlicht). Ihr Bewußtsein ist »strahlend wie Sommerfülle« (2. Hymne), denn sie bekennt: »Ich aber liebe die Fülle: die Liebe zur Sonne hat auch mir
dies schöne und leuchtende Los zuteil werden lassen« (fr. 65 a D bei Treu, S. 156). Die »Liebe zur Sonne« ist auch das Schicksal des »Sonnenschlürfers« und »Sonnenanbeters« Elytis. Sie ist das Lebensmark seiner Gedichte. Sie hat auch das AXION ESTI hervorgebracht. Denn dieses Werk vermittelt ein überraschend helles, beglückendes Sehen der Dinge, es vermittelt, wie es im Gedichtband SONNE DIE ERSTE (1943) heißt, einen »Blick zur Welt, die entsteht nach dem Maß des Herzens in der Schönheit des Ursprungs«. Günter Dietz
Folgende Texte haben wir für unsere Inszenierung verwendet: Genesis
Passion
Sieben Hymnen
Ode
"An Anfang das Licht..."
(S.13)
"Und sie die Wahrheit...!
{S.14)
"Als ich hinaufschritt..."
(S.16)
"Diese Welt" sprach sie...
(S.17)
"Auch die Brandung..."
{S.18)
"Doch zuerst erlebst du..."
(S.19)
"Nun aber soll..."
{S.22)
Lobpreisung
"Sieh, also ich! Blutjung..."
(S.33)
Psalra "Den Reichtum gabst du..."
(S.35)
Psalra "Heine Tage versammelte ich...'''(S.37)
"Gepriesen sei das Licht..."
(S.85)
"Gepriesen die Erde..."
(S.89)
"Gepriesen die Wolke..."
(S.90)
"Gepriesen die stürmende Woge..."
(S.92)
"Gepriesen des Berges Paß..."
(S.95)
"Gepriesen die grundlose Träne..." (S.96)
Ode "Allein war ich Steuermann..." (S.38)
"Gepriesen die Hand..."
(S.96)
Psalm
"Jetzt die Wilde Erregung..."
(S.96)
"Das ist er..."
(S.55)
Psalm "Hingeschleudert der Hohn..."
{S.56)
Ode "Mit der Fackel des Sterns..." (S.49) Psalra "Brüder, wo inmer ihr seid..." (S.63) Psalm "In fernes Land..."
(S.80/81)
FISCHER ÄSCHENBÜCHER »Der Grieche erhielt die Auszeichnung für seine Poesie, die, in griechischer Tradition fußend, mit sinnlicher Vitalität und intellektuellem Scharfblick den Kampf eines modernen Menschen für Freiheit und Kreativität gestaltet.« Aus der Begründung zur Verleihung des Nobelpreises für Literatur 1979. »Ohne die Schönrednerei der vergangenen Generation und des Symbolismus schafft Elytis eine faszinierende Welt aus Sprache und Licht, eine Welt im Urschoß des Mythos und gleichzeitig in unserer allernächsten Gegenwart.« Süddeutsche Zeitung
ISBN
3-596-25029-3