Stephan M. Kalhamer
Dem Optimismus Detlef Erhardts, dem Einsatz Sven Luchas, den Entbehrungen meiner Familie.
Inhaltsverzeichnis Vorwort 1. Spielregeln 1.1 Basics 1.2 Spielablauf 1.3 Kartenkombinationen 1.4 Spielvarianten 1.4.1 Draw Poker 1.4.2 Texas Hold’em 1.4.3 Omaha 1.4.4 Seven Card Stud 1.5 Setzstrukturen 1.5.1 Limit 1.5.2 Pot-limit 1.5.3 No-limit
2. Strategie 2.1 Handlungsspielraum 2.1.1 Check 2.1.2 Bet
2.1.3 Fold 2.1.4 Raise 2.1.5 Call
Extra: 10 Gebote 2.2 Ablauf 2.2.1 Pre-flop 2.2.2 Flop 2.2.3 Turn 2.2.4 River 2.3 Generelle Taktik 2.3.1 Spieleranzahl 2.3.2 Spielertypen 2.3.3 Table-Image 2.3.4 Position 2.3.5 Blinds & Stacks 2.3.6 Pot-odds 2.4 Situationsspezifische Taktik 2.4.1 Made-Hands & Draw-Hands 2.4.2 Deception 2.4.3 Bluff
2.4.4 Semi-bluff 2.4.5 Slowplay 2.4.6 Check-raise 2.4.7 Free-card 2.5 Das Lesen der Gegenseite 2.5.1 Nachvollziehen einer Hand 2.5.2 Tells 2.6 Online-Poker 2.6.1 Pro und Contra 2.6.2 Grundvoraussetzungen 2.6.3 Unterschiede zum traditionellen Poker 2.6.4 Tischwahl 2.6.5 Geldmanagement 2.7 Turniere 2.7.1 Unterschiede zu Cash-Games 2.7.2 Turnierverlauf und Taktik
3. Berechnungen und Tabellen 3.1 Berechnungen 3.2 Tabellen
4. Hall of Fame
Phil Ivey Howard Lederer Phil Hellmuth Jr. Chris Ferguson Gustav „Gus“ Hansen Dave Ulliott Thuan „Scotty“ Nguyen Jennifer Harman Chris Moneymaker Doyle Brunson Johnny Chan Stuart „Stu“ Ungar
5. Glossar
Vorwort In Frankreich geboren. In Amerika berühmt geworden: Poker – das spannendste aller Kartenspiele. Jedermann hat schon davon gehört, doch gespielt haben es bis vor einigen Jahren die wenigsten Europäer. Durch die amerikanische Filmindustrie entsprechend typisiert, verbindet man das Spiel hier zu Lande häufig mit Gaunereien. Ob im Western oder Mafiafilm: Immer sitzen dubiose Gestalten zwischen grünem Filz und grauem Rauch. Zu große Gewinne oder eine Niederlage kosten nicht selten das Leben. Solche Szenen sind dafür verantwortlich, dass Poker in den Köpfen vieler nicht den Ruf als herausragendes Strategiespiel genießt, den es verdient hätte. Statt dessen wird es als Glücksspiel verkannt. Wie sehr man hier irrt, werden Sie bei der Lektüre des Buches nach und nach erfahren. Poker stellt die ultimative Verbindung von Mathematik und Kunst dar. Gutes Spiel verlangt eine ausgeklügelte Mischung rationaler und emotionaler Entscheidungen. So macht uns ein Studium der Wahrscheinlichkeitsrechnung oder Statistik nicht notwendigerweise zu einem guten Spieler, doch die gänzliche Ausblendung mathematischer Grundgegebenheiten verdammt uns zu schlechtem Spiel.
Das fantastische Moment des Spiels ist es, dass die vielen rationalen Elemente so gut in der zufälligen Verteilung der Spielkarten versteckt sind, dass erfolgreiche Spieler häufig eher als Glücksritter, denn als große Taktiker gesehen werden. Glück tarnt gutes Spiel. Hier kommt die Komponente Kunst zum Tragen. Dauerhaft erfolgreich zu spielen, ist vor allem dann möglich, wenn das eigene Spiel besser ist, als es von den Gegnern gesehen wird. Zudem darf das Spiel der Gegner nie auf die leichte Schulter genommen werden. „Der häufigst begangene Fehler in der Geschichte ist die Unterschätzung des Gegners; trotzdem passiert dies am Pokertisch andauernd.“David Shoup, amerikanischer General Schwächer zu wirken, als man ist und jeden Gegner unvoreingenommen zu respektieren, ist eine Kunst. Am Pokertisch ist kein Platz für Eitelkeiten. Beim Poker gibt es keinen allgemein gültigen Königsweg, spieltheoretisch gesprochen: keine dominierende Strategie. Genau das macht Poker aus. Was gestern und heute richtig war und ist, kann im nächsten Moment schon völlig falsch sein. Denn der Gegner lernt! Im Schach gibt es auf jede noch so verzwickte Situation einen optimalen Zug und dieser ist auch dann optimal, wenn die gleiche Situation bei anderen Spielern zu einer anderen Zeit auf einem anderen Brett auftritt. Beim Poker dagegen ist jede Situation einzigartig.
Durch die Vorausberechnung eines immer größeren Anteils der möglichen Konstellationen am Schachbrett wird es immer leistungsfähigeren Computern letzten Endes gelingen, besser Schach zu spielen, als jeder Mensch. Doch Poker spielen können wir Menschen besser, denn es bedarf der Unvorhersehbarkeit der menschlichen Intelligenz, das Spiel zu beherrschen und von Zeit zu Zeit neu zu gestalten: „Das Falsche zu tun, aber im richtigen Augenblick“, wurde von Edward G. Robinson alias Lancey Howard, dem Pokermeister im Film „Cincinnati Kid“ als das Wesen des Pokerspiels bezeichnet, nachdem er seinen Herausforderer Steve McQueen alias Cincinnati Kid durch eine sehr unorthodox gespielte und glücklich gewonnene Hand endgültig besiegt hatte. Das ständige Pendeln zwischen zwei Polen macht Poker für Maschinen unberechenbar. Der eine Pol ist der bluff. Er ist die Hoffnung. Blufft der Gegner, gewinnen wir. Der andere ist die unsterbliche Hand, das nuts. Sie ist die Angst. Ist sie in Händen des Gegners, verlieren wir. So sind wir immer hin-und hergerissen, zwischen der Versuchung, Gegner in das Spiel zu locken, um mehr zu gewinnen, und dem Verlangen, Gegner aus dem Spiel zu nehmen, um den aktuellen Gewinn zu sichern. Poker ist ein ewiges Ringen: Mal drücken wir, mal ziehen wir. Das Buch gliedert sich in zwei große Blöcke. Der erste widmet sich vor allem dem Neuling. Es werden generelle Gegebenheiten, Regeln und Spielarten erklärt. Der zweite
geht ins Detail und taucht in das tiefere Verständnis des Spiels ab. Es werden verschiedene taktische und strategische Konzepte vorgestellt und erläutert. Es kann vorkommen, dass einzelne Passagen nicht unmittelbar verstanden werden oder in scheinbarem Widerspruch zu anderen Stellen stehen. Manches kann zu vage, anderes zu exakt erscheinen. Wichtig ist das Konzept, den generellen Gedanken zu verstehen und das eigene Spiel dadurch zu verbessern. Es gibt im Poker keine unumstößliche Wahrheit. Das Buch versucht, Denkanstöße zu geben, ein Kompass bei der Findung des eigenen Spiels zu sein. Kein Pokerspieler ist am Ziel, jeder ist unterwegs. Gute Reise!
Ehe es nun endlich losgehen kann, verlieren wir noch ein paar Worte zum Sprachgebrauch. Wir haben versucht einen sinnvollen Kompromiss zwischen dem Gebrauch der deutschen Sprache und der Verwendung international üblicher Fachausdrücke zu finden. So kommt es manchmal zu Wortneuschöpfungen, manchmal zu Übersetzungen, wie die folgende Tabelle exemplarisch zeigt:
1. Spielregeln Poker zu erlernen dauert nur Minuten, Poker zu beherrschen ein Leben lang. Wir beginnen bei der Klärung der Frage nach den Spielregeln. Dass dies einige Seiten in Anspruch nimmt, sollte nicht gleich abschrecken. Poker spielen ist grundsätzlich sehr leicht. Dennoch möchten wir ein solides Regelwerk als Fundament bieten, von dem ausgehend an jeder noch so individuell gestalteten Pokerrunde ohne Probleme teilgenommen werden kann. Zudem führen wir wichtige Begrifflichkeiten ein, die für das Verständnis des weit reichenden Strategieteils hilfreich sind. Für sich gesehen ist Poker geradezu einfältig: Es werden Karten verteilt, diese verglichen und wieder eingesammelt. Worin besteht also die Faszination? Anders als beim Skat oder Rommé macht Poker nur Sinn in Kombination mit Einsätzen. Spielkultur entsteht beim Poker ausschließlich über das Management der Jetons. Die Chancen eines Sieges mit den Risiken einer Niederlage abzuwägen und entsprechend zu handeln, macht den Reiz des Spieles aus. In diesem ersten Abschnitt des Buches werden der
generelle Spielablauf, die Kartenrangfolgen, gängige Regeln und Setzweisen erläutert.
1.1 Basics Alles braucht einen Anfang. An einem vollbesetzten Pokertisch finden zehn Spieler Platz. Poker kann ab zwei Teilnehmern gespielt werden. Es wird mit einem Kartenspiel von 52 Blatt und Jetons gespielt. Die Spieler treten gegeneinander mit dem Ziel an, das aktuelle Spiel und damit das Recht auf den pot – alle Jetons in der Tischmitte – zu gewinnen. Dazu müssen sie entweder in der vorteilhaften Situation sein, aus den jeweils zur Verfügung stehenden Karten die beste Pokerhand aller noch am Spiel beteiligten Spieler zu formen, oder einen vorzeitigen Sieg erringen, indem sie sich als letzter am Spiel beteiligter Spieler erweisen. Noch am Spiel beteiligte Spieler werden als aktiv (active) bezeichnet. Jeder Spieler erhält im Laufe eines Spiels mindestens 5 Karten, aus denen er seine stärkste Hand – eine Hand besteht immer aus exakt fünf Karten – bildet. Die höchste Hand gewinnt das Spiel. Nicht vergessen: Das Spiel wird vorzeitig ohne Kartenvergleich gewonnen, wenn es nur noch einen aktiven Spieler am Tisch gibt.
1.2 Spielablauf „Same procedure as every year.”1 1Aus dem legendären TV-Sketch „Dinner for One“
Es gibt gewisse grundsätzliche Abläufe, die jedem Pokerspiel gemein sind. Der Geber gibt zunächst Karten im Uhrzeigersinn aus. Die Anzahl der auszuteilenden Karten richtet sich nach der Spielvariante. Gehen wir von einem mit zehn Spielern vollbesetzten Pokertisch aus (vgl. folgende Grafik), bekommt Spieler eins die erste, Spieler zehn die letzte Karte.
Diese letzte Position wird auch button genannt und erfüllt im privaten Rahmen die Funktion des Gebers (dealer). Die Spieler links des Gebers müssen vor Ausgabe der
Karten erste erzwungene Einsätze entrichten (blinds). Der Spieler nach den blinds (under-the-gun) eröffnet die erste Setzrunde. In jeder Setzrunde haben die Spieler der Reihe nach die Möglichkeit zu handeln (act). Die Spieler i n early position erklären sich immer zuerst, gefolgt von denen in middle position. Das letzte Wort haben die Spieler in late position. Man kann zunächst abwarten (check) oder einen Einsatz (bet) tätigen. Sobald aber ein Einsatz gebracht ist, sind die nachfolgenden Spieler aufgefordert, diesem zu entsprechen. Tun sie dies nicht, so scheiden sie aus dem Spiel aus (fold), sind also nicht mehr aktiv. Die Pflicht einem Einsatz nachzukommen (call), ist immer gekoppelt mit dem zusätzlichen Recht, selbst den Einsatz zu erhöhen (raise). Eine Setzrunde ist zu Ende, wenn alle noch aktiven Spieler den gleichen Einsatz zur Mitte (pot) gebracht haben. Nachdem sich alle Mitspieler erklärt haben, werden weitere Karten ausgegeben bzw. es erfolgen neue Setzrunden. Das Spiel wird vorzeitig beendet, wenn nur noch ein Spieler aktiv ist. Verbleiben mindestens zwei Spieler im Spiel, erfolgt nach der letzten Setzrunde der Abgleich der Karten (showdown). Es gewinnt die höchste, aktive Pokerhand den gesamten pot. Bei gleichwertigen höchsten Händen wird unter diesen geteilt (splitpot). Ist das Spiel beendet, wandern alle Positionen im Uhrzeigersinn zum nächsten Spieler weiter. So wird Spieler eins zum dealer. Er befindet sich on the button, der ultimativen late position.
Zum Benehmen am Pokertisch: Man handelt erst dann, wenn man an der
Reihe ist. Frühzeitiges Handeln beeinflusst das Spiel, ist somit unfair. Solange man nicht als aktiver Spieler in einer eins gegen eins Situation (heads-up) ist, spricht man nicht über das aktuelle Spiel. Auch dies hat Fairness-Gründe. Man handelt eindeutig. Fehlinterpretiertes Handeln wirkt sich negativ auf das eigene Spiel aus. Wollen wir zum Beispiel erhöhen, setzen wir den gesamten Betrag in einem Zug, statt „portionsweise“ vorzugehen. Man ist höflich. Das hat auch taktischen Hintergrund: Wir wollen unsere Gegner nicht zusätzlich motivieren, mit maximaler Aufmerksamkeit gegen uns zu spielen.
1.3 Kartenkombinationen Der Royal Flush und seine Untergebenen Ein Pokerspiel besteht aus 52 Karten. Es gibt 13 Ränge – von der 2 bis zum Ass – zu je vier Farben: Kreuz (clubs), Karo (diamonds), Herz (hearts), Pik (spades). 2<3<4<5<6<7<8<9
Zu beachten ist hierbei: • Alle Farben sind gleichwertig: K♣ = K♦ = K♥ = K♠ • Asse können zusätzlich als „1“ eingesetzt werden, um eine Straße (straight) oder einen straight flush zu bilden. Gängige Symbol-Schreibweisen: AK(s) – Ass und König (in einer Farbe) Ax – Ass und eine beliebige andere Karte Ac, Ad, Ah, As – A♣ , A♦, A♥, A♠ Eine
Pokerhand
besteht
grundsätzlich aus
einer
Kombination von fünf Karten. Die gültigen Kombinationen in absteigender Reihenfolge sind:
1. Royal Flush Die höchstmögliche Hand im Poker: Ass, König, Dame, Bube, Zehn von einer Farbe.
A♥ K♥ Q♥ J♥ T♥ = A♣ K♣ Q♣ J♣ T♣
2. Straight Flush Fünf Karten in einer Reihe in der gleichen Farbe. Bei Vergleichen innerhalb der Kategorie entscheidet das obere Ende der Straße.
5♠ 4♠ 3♠ 2♠ A♠ = 5♣ 4♣ 3♣ 2♣ A♣ 5♦ 4♦ 3♦ 2♦ A♦ < 6♥ 5♥ 4♥ 3♥ 2♥
3. Vierling
Alle vier Karten desselben Rangs. Im Zweifel entscheidet die fünfte Karte.
K♠ K♦ K♥ K♣ 2♠ > Q♠ Q♦ Q♥ Q♣ A♦
4. Full House Drei Karten eines Rangs (Drilling), dazu zwei Karten eines anderen Rangs (Paar), wobei die Höhe des Drillings zunächst den Ausschlag gibt.
8♠ 8♦ 8♥ A♣ A♠ < 9♦ 9♠ 9♣ 2♥ 2♠
5. Flush Fünf Karten von einer Farbe, wobei die höchsten Karten der Reihe nach den Ausschlag geben.
K♠ Q♠ J♠ T♠ 7♠ = K♣ Q♣ J♣ T♣ 7♣ K♠ Q♠ J♠ T♠ 7♠ < A♠ 6♠ 4♠ 3♠ 2♠
6. Straße Fünf Karten in einer Reihe, wobei das obere Ende den Ausschlag gibt.
8♠ 7♦ 6♥ 5♣ 4♠ = 8♦ 7♠ 6♣ 5♥ 4♣ 8♠ 7♦ 6♥ 5♣ 4♠ < A♠ K♦ Q♠ J♣ T♦
7. Drilling Drei Karten eines Rangs. Bei Gleichstand entscheiden die weiteren Karten der Höhe nach.
9♠ 9♦ 9♥ A♣ K♠ < T♠ T♦ T♥ 3♣ 2♠
8. Doppelpaar Zwei Paare. Es entscheidet zunächst das höchste Paar.
K♠ K♦ Q♠ Q♣ A♣ < A♦ A♠ 2♣ 2♥ 3♣
9. Paar Zwei Karten eines Rangs. Bei Gleichstand entscheiden die weiteren Karten der Höhe nach.
7♥ 7♣ A♥ 3♣ 2♠ > 7♠ 7♦ K♥ Q♣ J♠
10. Höchste Karte Keine der eben beschriebenen neun Kombinationen wird erreicht. Es entscheiden die Karten der Höhe nach.
K♦ Q♠ J♦ T♠ 5♦ < A♦ T♦ 7♦ 4♦ 2♥ Diese Abstufung der Wertigkeiten der verschiedenen Kartenkombinationen begründet sich durch die Wahrscheinlichkeit, wie oft eine bestimmte Kartenkombination auftritt. Die folgende Tabelle stellt die Anzahl der Möglichkeiten der verschiedenen Kartenkombinationen dar und die prozentuale Wahrscheinlichkeit, die man für den Erhalt eines bestimmten Pokerblatts (man erhält exakt fünf Karten) hat.
Wie man sieht, ist die Wahrscheinlichkeit, einen royal flush in Händen zu halten, mit 0,00015% verschwindend gering. Hingegen hat man nach fünf zufällig ausgeteilten Karten fast jedes 20ste Spiel ein Doppelpaar und fast in jedem zweiten Spiel zumindest ein Paar auf der Hand. Diese Tabelle soll Anfängern vor allem dazu dienen, ein Gefühl für die Wertigkeiten von verschiedenen Blättern zu gewinnen und somit die Stärke der eigenen Hand besser einschätzen zu lernen: Wie wahrscheinlich ist es, dass ein anderer Spieler unser aktuelles Blatt besiegt? Diese Wertigkeiten sind in jeder Spielvariante identisch,
besitzen folglich Allgemeingültigkeit im Poker. Sie sind eine der beiden großen Säulen, auf denen gutes Pokerspiel basiert. Auf diesen Wahrscheinlichkeiten aufbauend, haben sich alle etablierten Strategien, ja sogar die verschiedenen Pokervarianten selbst, entwickelt. Die andere Säule ist wesentlich schwerer greifbar. War die erste der rationale, so ist die zweite der emotionale Aspekt im Pokerspiel. Menschenkenntnis, Intuition, das Gefühl für die Situation sind passende Umschreibungen. Auch diese Stärken lassen sich wie ein Muskel trainieren. In den späteren Kapiteln versuchen wir Ratschläge dazu zu geben.
1.4 Spielvarianten Poker ist nicht gleich Poker. Zwar wird beim Poker immer der royal flush das höchstmögliche Blatt sein und ein flush immer die Straße besiegen, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass man diese Pokerhände in Händen hält, nicht in jeder Pokervariante gleich. Denn den Pokerspielern stehen je nach Spielart nicht nur exakt fünf Karten (wie beim draw poker) zur Verfügung, um eine Hand zu bilden. Es gibt Spielvarianten, in denen man zwei (texas hold´em) bzw. vier (omaha) Startkarten (auch hole cards oder pocket cards genannt), mit fünf Gemeinschaftskarten kombinieren muss. Eine weitere Variante mit drei verdeckten und vier zwar persönlichen, aber offenen Karten ist seven card stud. Im Folgenden werden wir die verschiedenen Varianten erläutern. Alle Varianten beginnen mit ersten erzwungenen Einsätzen. Diese werden entweder von allen Spielern (antes) oder positionsabhängig (blinds) erbracht:
• Antes: Entscheidet man sich für das Spiel mit antes, dann deshalb, um dem pot einen ersten Startwert zu verleihen, um den es sich zu spielen lohnt.
• Blinds: Einen ersten Anreiz, am Spiel teilzunehmen, bieten auch blinds. Diese müssen nicht alle Spieler, sondern nur die
ersten Spieler links des dealers entrichten. Nach üblichen Regeln bringt der erste Spieler einen kleinen, der darauf folgende Spieler einen großen Zwangseinsatz, der oft der doppelten Größe des kleinen entspricht. Diese Zwangseinsätze werden small und big blind genannt. Spieler, die blinds gebracht haben, müssen im Falle von Erhöhungen nur den Differenzbeträgen nachkommen. Auch wenn es keine Erhöhung gab, haben sie für die erste Setzrunde das letzte Wort und dürfen erhöhen. Wussten Sie, dass … … Richard Nixon seine erste Kongress-Kampagne teilweise durch Gelder finanzierte, die er als Soldat bei der U.S Navy während des Zweiten Weltkriegs beim Pokern gewann?
1.4.1 Draw Poker Der Klassiker Die in Europa unter Laien bekannteste Pokervariante ist das klassische draw poker. Je nach vereinbarten Regeln erfolgen evtl. antes. Blinds bieten sich in der beschriebenen üblichen Variante mit small und big blind links des Gebers an. Nun erhält jeder Spieler fünf Karten. Es folgt die erste Setzrunde. Danach dürfen die aktiven Spieler Karten tauschen. Es erfolgt die zweite, schon letzte Setzrunde. Verbleibt mehr als ein Spieler aktiv, so folgt der showdown. Es gewinnt die höchste Hand den pot. Wie man sieht, sind die Handlungsmöglichkeiten der Spieler in dieser Variante eingeschränkt. Nach nur zwei Setzrunden ist ein Spiel beendet. Da keine offenen Karten im Spiel sind, haben wir äußerst wenig Information über die Hand der Gegner. Außer dem Setzverhalten und persönlichen Einschätzungen bleibt uns nur die Anzahl der getauschten Karten zur Interpretation.
Beispiel: Das Finale im Film „Maverick“ Draw Poker: All Rivers Championship1
1 Buy-in 25.000 $, 25 Teilnehmer, Sieger erhält alles, noch 3 Spieler
im Turnier
Commodore James Coburn ca. 30.000
Commodore setzt 5.000 und callt weitere 5.000 vor dem Wechsel. Danach setzt er alles.
Angel Alfred Molina ca. 235.000
Angel raist auf 10.000 vor dem Wechsel. Nach dem Wechsel setzt auch er alles.
Maverick Mel Gibson ca. 235.000
Maverick callt vor dem Wechsel 10.000. Nach dem Wechsel callt er das all-in beider Gegner, ohne seine neue Karte anzusehen. Maverick schlägt mit seinem royal flush, der höchstmöglichen Kartenkombination in jedem Pokerspiel, sowohl den Vierling des Commodore, als auch den straight flush von Angel und gewinnt somit das Turnier. Dieses Beispiel ist natürlich völlig überzogen, doch sowohl die Szene, als auch der gesamte Film, ist ein Genuss. Das Beispiel steht am Anfang vieler – dann tatsächlich stattgefundener – Fallbeispiele, um den Unterschied zwischen filmischer und tatsächlicher Wirklichkeit deutlich zu machen. Es bedarf aber nicht unbedingt des Vergleichs zwischen Hollywood und dem echten Leben, um festzustellen, dass beim draw poker wesentlich mehr Glück im Spiel ist, als bei den nun folgenden Varianten. Die Pokerlegende Johnny Moss meint dazu, dass sich hold’em zu draw oder stud verhalte, wie Schach zu Dame.
1.4.2 Texas Hold’em „The Cadillac of poker“ Texas hold’em ist ein anspruchsvolles Pokerspiel von hohem strategischen Niveau und wird nicht zuletzt deshalb der Cadillac des Poker genannt. Wussten Sie, dass … … das Hauptturnier der World Series of Poker in der Variante Texas Hold’em ausgetragen wird? 2005 betrug der buy-in $ 10.000! Es werden zunächst small und big blind gebracht. Üblicherweise spielt man ohne antes. Jeder Spieler erhält zwei verdeckte Karten (pocket cards), die nur ihm gehören. Es erfolgt die erste Setzrunde. Danach werden drei Gemeinschaftskarten (flop) aufgedeckt. Jeder Spieler nutzt diese offenen Karten und formt damit seine persönliche Pokerhand aus seinen beiden pocket cards und den drei Gemeinschaftskarten. Es folgt die zweite Setzrunde. Im Anschluss kommt eine vierte Gemeinschaftskarte (turn) ins Spiel. Jeder Spieler formt erneut aus seinen pocket cards und den nun vier offenen Karten (board) seine bestmögliche Hand. Es erfolgt die dritte Setzrunde. Nicht vergessen: Eine Pokerhand besteht immer aus exakt fünf
Karten! Nach der fünften und letzten Gemeinschaftskarte (river) wird die finale Setzrunde eröffnet. Den showdown gewinnt die beste Kombination aus pocket cards und board. Dabei dürfen beide pocket cards verwendet werden. Es ist aber auch erlaubt, eine oder sogar keine pocket card (play-the-board) zu gebrauchen. Letzteres kann natürlich nicht zum alleinigen Sieg führen, da auch allen anderen aktiven Spielern diese Option offen steht. Die folgende Grafik verdeutlicht exemplarisch den beschriebenen Spielablauf:
Beispiel: Bilden einer Texas Hold’em Hand
Board: 7♣ 6♦ 5♠ 4♣ 3♥
a) Mit den pocket cards 9♣ 8♥ können beide Karten eingebracht werden. Bestmögliche Pokerhand: 9♣ 8♥ 7♣ 6♦ 5♠ b) Mit den pocket cards 8♠ 2♠ kann nur die 8 eingebracht werden. Bestmögliche Pokerhand: 8♠ 7♣ 6♦ 5♠ 4♣ c) Mit pocket cards A♠ A ♥ kann keine Karte eingebracht werden. Man ist gezwungen das board zu spielen. Bestmögliche Pokerhand: 7♣ 6♦ 5♠ 4♣ 3♥ Der Fall c) stellt das besonders traurige Szenario dar, mit zwei Assen auf der Hand nichts ausrichten zu können. Gerade an dieser Stelle sei trotzdem der Pokerspieler und Autor Mike Caro zitiert: „Aces are larger than life and greater than mountains.“: Asse sind großartiger als das Leben und gewaltiger denn Berge. Zumeist stimmt das auch.
1.4.3 Omaha „The Rolls Royce of poker“ Eine dem texas hold´em sehr ähnliche Spielvariante ist omaha (hold’em) 2. 2 Hold’em Varianten ist das Auftreten von Gemeinschaftskarten
gemein.
Nachdem die vereinbarten blinds gebracht wurden, erhält jeder Spieler vier pocket cards. Es erfolgt eine erste Setzrunde. Es folgt der flop. Jeder Spieler formt seine persönliche Hand aus exakt zwei seiner pocket cards und dem flop. Nun beginnt die zweite Setzrunde. Im Anschluss erscheint mit der vierten Gemeinschaftskarte der turn. Wiederum wird die bestmögliche Kombination aus dem board und zwei pocket cards gebildet. Es erfolgt die dritte Setzrunde. Nach dem river wird die finale Setzrunde eröffnet. Den showdown gewinnt die beste aktive Pokerhand, kombiniert aus exakt zwei pocket cards und drei Karten des boards. Die Regeln und Spielabläufe bei omaha sind identisch m i t texas hold’em. Doch gibt es zwei wichtige Ausnahmen:
• Erstens werden jedem Spieler vier verdeckte Karten gegeben. • Zweitens muss jeder Spieler exakt zwei dieser vier Karten einbringen und sie mit genau drei Karten aus dem board zu seiner bestmöglichen Pokerhand kombinieren.
Beispiel: Bilden einer Omaha Hand Board: Q♥ 7♥ 5♥ 4♣ 3♥ a) Mit den pocket cards Q♠ T♥ 8♠ 6♥ ergibt sich folgende bestmögliche Pokerhand: Q♥ T♥ 7♥ 6♥ 5♥ , flush. b) Mit pocket cards Q♦ Q♣ 5♣ 3♦ ergibt sich folgende bestmögliche Pokerhand: Q♦ Q♣ Q♥ 7♥ 5♥ , Drilling Damen. c) Mit den pocket cards A♥ J♣ J♠ 6♠ ergibt sich folgende bestmögliche Pokerhand: J♣ J♠ Q♥ 7♥ 5♥ , Paar Buben. Beachte: Im Fall a) hält man auch die Karten, um eine Straße bzw. das top-pair Damen zu bilden. Benutzt werden aber die beiden Herz zur Bildung des flush. Im Fall b) helfen die gehaltenen Karten 5 bzw. 3 nicht zur Bildung eines full house. Man darf nur zwei Karten einbringen! Im Fall c) hilft das blanke Herz Ass nicht zur Bildung eines flush. Ebenso verhält es sich mit der nicht unterstützten 6
hinsichtlich Straßenbildung. Man muss exakt zwei Karten einbringen!
1.4.4 Seven Card Stud Spiel der offenen Karten Als das Spiel der offenen Karten kann seven card stud deshalb bezeichnet werden, da im Laufe des Spieles relativ viele Karten und somit reichlich Informationen offen gelegt werden. Es müssen vor Ausgabe der Karten grundsätzlich keine blinds gebracht werden, eventuell antes. Jeder Spieler erhält zwei pocket cards und eine weitere persönliche, aber offen liegende Karte. Es erfolgt eine erste Setzrunde, die mit dem erzwungenen kleinen Einsatz des Spielers mit der kleinsten offenen Karte beginnt. Liegen zwei oder mehrere Karten desselben Rangs, gibt bei dieser Entscheidungsfindung ausnahmsweise die Farbe den Ausschlag. Es gilt dabei folgende Farbwertigkeit: ♣ Kreuz < ♦ Karo < ♥ Herz < ♠ Pik Nach dieser Setzrunde erhält jeder aktive Spieler eine weitere offene Karte. Es erfolgt die zweite Setzrunde, die nun der Spieler mit dem höchsten offenen Blatt eröffnet. Danach erhält jeder Spieler erneut eine offene Karte. Es erfolgt die dritte Setzrunde, die wiederum der Spieler mit dem höchsten offenen Blatt beginnt. Selbiges geschieht mit und nach der vierten offenen Karte. Zuletzt erhält jeder Spieler noch eine dritte verdeckte
Karte. Es erfolgt eine letzte Setzrunde. Den showdown gewinnt die beste aktive Hand, frei kombiniert aus den drei verdeckten und den vier offenen Karten des jeweiligen Spielers. Wussten Sie, dass… … der Karo König ursprünglich Julius Caesar, der Kreuz König Alexander den Großen repräsentierte?
Beispiel: Bilden einer Seven Card Stud Hand Wir halten T♠ 9♦ 8♥ 7♣ A♣ J♥ 3♦, die offenen Karten zweier aktiver Mitspieler sind: 7♥ 5♥ 4♣ 3♥ Q♣ T♦ 7♠ 2♥ Wir wissen außerdem die 9♥ und die 2♠ von zwei sofort gefoldeten Spielern und 2♦ 6♥ von einem in der zweiten Setzrunde ausgestiegenen Kontrahenten, der die erste Setzrunde wegen der 2♦ eröffnen musste. Analyse: • Wir halten eine Straße bis zum Buben. • Spieler zwei genügt eine sechs, um ebenfalls eine Straße zu bilden, die wir aber besiegen können. Er benötigt zwei passende Karten zum flush, der uns besiegen würde. Wir halten zwei Herz und es sind zwei weitere aus dem Spiel. Dies verringert die Wahrscheinlichkeit, dass Spieler zwei einen flush hält. • Spieler drei hält keine offensichtlichen Optionen, doch selbst er kann einen Vierling oder ein full house halten. Wir haben viele Informationen, die uns bei unserer Entscheidungsfindung von Nutzen sein können.
Allerdings kann man sich gerade bei seven card stud seiner Sache nie sicher sein: Durch den Einsatz von bis zu drei (statt zwei bei texas hold’em oder omaha) pocket cards ist unabhängig von den offenen Karten prinzipiell alles möglich!
1.5 Setzstrukturen Ist die Einsatzhöhe die Endgeschwindigkeit eines Wagens, so ist die Setzstruktur seine Beschleunigung. Es gibt nicht nur die verschiedenen Spielvarianten, sondern auch unterschiedliche Setzstrukturen. Man unterscheidet zwischen limit, pot-limit und no-limit. W ä hr e nd texas hold’em mit allen Setzstrukturen verbreitet ist, wird omaha entweder limit oder pot-limit gespielt. Seven card stud eignet sich vor allem als limitpoker. An dieser Stelle bietet sich ein kurzer Exkurs zur Wahl der Einsätze an: Da beim Poker keine Spieltechniken wie Trumpfkarten oder ähnliches verwendet werden, sind die Einsätze wesentliches Element des Spiels. Diese werden meist in Form von Jetons ausgegeben. Ist nun jeder Teilnehmer ehrgeizig genug, allein um des Sieges willen vernünftig zu spielen, ist alles in Ordnung. Ansonsten muss in irgendeiner Form ein Preis ausgelobt werden, um den jeder Spieler zu spielen bereit ist. Der optimale Einsatz ist minimal zu wählen, muss aber von jedem respektiert werden.
1.5.1 Limit Steter Tropfen höhlt den Stein. Die Setzweise limit besagt, dass mit starren Einsätzen gespielt wird. Meist gibt es zwei Level: Ein kleines und ein großes (oft doppelte Größe des kleinen Einsatzes). Will ein Spieler setzen, so hat er abhängig von der Setzrunde den entsprechenden Einsatz zu bringen. Abweichungen sind nicht möglich. Merke: Man entscheidet bei limit nur, ob, nicht aber, in welcher Höhe man setzt. Das limit gibt die Höhe der Einsätze an. Das niedrigere limit wird zu Beginn gesetzt. Später können nur noch Einsätze in der Höhe des höheren limits gebracht werden. Häufig wird seven card stud in der Version limit gespielt. Der Übergang zum großen limit erfolgt ab der vierten Setzrunde. Bilden bei einem Spieler die ersten beiden offenen Karten (zweite Setzrunde) ein Paar, kann das höhere limit bereits gesetzt werden. Wurde das höhere limit einmal gespielt, ist fortan jeder bet in dieser Höhe zu tätigen. Aufgrund der vielen offenen Karten ist seven card stud technisch so anspruchsvoll, dass ansteigende limits nicht von Nöten sind. Zudem erscheint das Setzen vieler Jetons in frühen Runden nicht sinnvoll, da bei dieser Variante
derartige Ungewissheit zu Beginn herrscht, dass ein teures frühes Spiel einer Lotterie gleichkommt.
1.5.2 Pot-limit Bet potsize! B e i pot-limit ist es dem Spieler gestattet, einen frei wählbaren Betrag bis zur Höhe des aktuellen pots zu setzen, jedoch nicht darüber hinaus. Der große Unterschied zu limit-poker ist, dass bei pot-limit jede weitere Setzrunde größere bets hervorrufen kann. Die Höhe der Einsätze ist zu Beginn eines Spiels noch nicht abzusehen. Den Unterschied sieht man am besten an folgendem Beispiel: Spielt man texas hold’em in der Version limit kann man sich durch vorhersehbare vier bets (angenommen, wir spielen gegen einen Kontrahenten und callen alle seine bets) entweder sechsmal den flop ansehen oder einmal bis zum showdown durchspielen (x+x+2x+2x=6x). Würden wir bei pot-limit einen Spieler, der immer potsize, also in Höhe des pots, setzt, bis zum showdown callen, (ungefähr x+3x+9x+27x=40x), könnten wir uns dafür ca. 40 unraised flops (kein Spieler hat pre-flop erhöht) ansehen. Omaha wird am häufigsten in der pot-limit Version gespielt. Der Grund hierfür ist, dass no-limit für diese Pokervariante wenig sinnvoll erscheint, da die Stärke einer Starthand bei omaha abhängiger vom board ist, als etwa bei texas hold’em. Des weiteren ist wegen der vier pocket cards schon nach dem flop zu oft das nuts, die
aktuell höchstmögliche Hand im Spiel. Somit lähmt die Möglichkeit, zu jedem Zeitpunkt all-in zu spielen, das Spiel. Limit omaha dagegen hat zur Folge, dass es zu oft Sinn macht, bis zum Schluss dabei zu bleiben. Das bluff Element geht also verloren. Pot-limit stellt einen passablen Mittelweg dar und ist für omaha sehr geeignet. Wussten Sie, dass … … der Begriff Jackpot um 1870 von einer Gruppe sehr restriktiv spielender Herren in Toledo geprägt wurde? Sie spielten so vorsichtig, dass nur ab einem Paar Buben (jacks) eröffnet wurde. Das machten sie zu einer verbindlichen Regel und schon konnten die Zwangseinsätze – der anfängliche pot – nur noch mit Jacks oder besser errungen werden. ➛ Jackpot
1.5.3 No-limit Each hand can make you or break you!1 1 Ein Slogan der WSOP-Übertragungen
Jeder Spieler ist in der Wahl seines Einsatzes zu jedem Zeitpunkt frei. Man ist bei no-limit jeder Zeit in der Lage, alle seine Jetons zu setzen, das heißt all-in zu gehen. Daher auch der passende Ausspruch, dass jede Hand alles gewinnen, aber auch alles verlieren kann. No-limit wird vor allem in der Spielvariante texas hold’em gespielt. Dieses Spiel eignet sich perfekt für die Versi on no-limit. Vor allem diese allgegenwärtige, ultimative (Be-)drohung (je nach Standpunkt) erklärt die Faszination, die dem Spiel in dieser Version zu so großem Interesse, nicht zuletzt der Medien, verholfen hat. No-limit Poker kommt einem Duell ausgetragen mit Jetons statt Pistolen gleich. Texas hold’em eignet sich deshalb so hervorragend für no-limit Duelle, weil schon in die erste Setzrunde alle wesentlichen Elemente des Pokerspiels gepackt sind. Ein schnelles Spiel macht ausreichend Sinn, es birgt aber auch genug Risiken, um lieber abzuwarten. Die nächsten Setzrunden steigern die Spannung wohl dosiert, so dass das Spiel auf konstantem, hohem taktischen Niveau verläuft. Die letzten Entscheidungen schließlich können noch einmal alles vorher Gewesene auf den Kopf stellen.
Das perfekte Spiel!
2. Strategie Über das Spiel entscheidet das Blatt, über den Erfolg die Strategie. Nachdem wir im ersten Abschnitt die nötigen Grundlagen für Ihren ersten Pokerabend gelegt haben, sorgen wir nun dafür, dass er in guter Erinnerung bleibt. Jeder, der schon einmal Poker gespielt hat, weiß, wie die Laune mit dem eigenen stack steigt und fällt. Es gilt also, die Jetons zu mehren und so den Spielspaß zu erhöhen. Kurzfristig ist im Poker alles möglich. Auf Legenden von Anfängerglück und bad-beats stößt man überall. Doch langfristig setzt sich der aufgrund einer überlegenen Spielweise bessere Spieler stets durch. Diesen erkennt man daran, dass er die richtigen Entscheidungen trifft. Eine allgemeingültige Definition für die Richtigkeit einer Entscheidung im Pokerspiel zu finden, ist schwierig. Sehr viele Faktoren bestimmen dies in entscheidendem Maße. Im Folgenden werden wir zunächst den Handlungsspielraum betrachten, der den Spielern im Rahmen von Pokerentscheidungen offen steht. Danach stellen wir die verschiedenen Zeitpunkte im Spiel dar, zu denen die Spieler Entscheidungen treffen.
Anschließend gehen wir auf generelle sowie situationsspezifische Taktiken ein. Diese werden noch effizienter durch das Lesen der Gegenseite, womit sich ein weiteres Kapitel beschäftigt. Wir schließen den Abschnitt mit Einblicken in die Welt des onlinepoker und Ratschlägen zum Turnierspiel. Wussten Sie, dass … … Pokerlegende Johnny Moss am dritten Tag eines Pokermarathons eine Herzattacke erlitt? Er wurde ins Krankenhaus gebracht. Sechs Stunden später kam er zurück und spielte zwei weitere Tage.
2.1 Handlungsspielraum Alles dreht sich um check, bet, call, raise oder fold. Wir beginnen den Abschnitt Strategie mit einer Übersicht der Handlungsmöglichkeiten, die den Pokerspielern zur Verfügung stehen. Die folgenden Kapitel befassen sich mit den fünf verschiedenen Handlungsoptionen: Zu Beginn jeder Setzrunde1 kann man check, bet oder fold spielen. Sobald gesetzt worden ist, hat man die Wahl mit fold, call oder raise zu antworten. 1 Die erste Setzrunde bildet eine Ausnahme: Durch die blinds hat
man immer die Situation bereits erfolgter Einsätze
Diese Struktur ist allen Pokervarianten gemein und zugleich die einzige Möglichkeit, handelnd ins Spiel einzugreifen. Deshalb liefert ein gutes Verständnis dieses Kapitels das Fundament für alle weiteren strategischen Betrachtungen. Glossarauszug (vgl. Seite 224ff) check …
abwarten, äquivalent zu einem bet in Höhe von 0
bet …
setzen
fold …
aussteigen
call …
halten des geforderten Einsatzes
raise …
erhöhen
2.1.1 Check Check, check, check! All night long!2 2 Ausspruch von John Malkovich alias Teddy KGB im Pokerfilm
„Rounders“ (1998), nachdem er gegen das slowplay von Gegenspieler Matt Damon alias Mike McDermot alle Jetons verloren hat.
Mit check verbleibt man im Spiel, ohne einen Einsatz zu bringen: Man wartet ab, schiebt den nächsten Spieler an. Nicht vergessen: Check ist zu Beginn jeder Setzrunde möglich, bis erstmals gesetzt worden ist! Diese Handlung ist bei einer schlechten Hand nahe liegend: In schlechte Blätter sollte man im Allgemeinen keine Einsätze investieren. Aber auch wenn man eine sehr gute Hand hält, kann man über check nachdenken: Man checkt in einem solchen Fall als Variante, um anschließend zu raisen (vgl. 2.4.6 Check-raise) oder ein slowplay zu starten (vgl. 2.4.5 Slowplay).
2.1.2 Bet Bet bedeutet Aktion am Tisch. Bet ist in exakt den gleichen Situationen (und nur in diesen!) wie check möglich. Es bedeutet, aktiv Jetons zu setzen. Dies ist hauptsächlich mit guten bis sehr guten Händen anzuraten. Man besitzt in einem solchen Fall überdurchschnittlich große Siegwahrscheinlichkeiten und möchte deshalb den pot mit mehr Jetons anreichern. Zusätzlich besteht die taktische Möglichkeit, auch mit einer schlechten Hand zu setzen. Dann will man die Gegenspieler zum Aussteigen bewegen, man blufft also (vgl. 2.4.3 Bluff). Bet ist folglich immer eine Option. Wussten Sie, dass … … das längste Pokerspiel in der Geschichte acht Jahre, fünf Monate und zwei Tage dauerte? Es fand im Birdcage Theatre in Tombstone, Arizona, statt.
2.1.3 Fold Die meisten Spielsituationen erlebt der gute Spieler als Betrachter. Fold ist zu jedem Zeitpunkt des Spiels möglich. Mit fold steigt man aus dem Spiel aus, man gibt den aktuellen pot auf. Allerdings zieht man in Situationen, in denen keinem bet nachzukommen ist, check dem fold vor. Merke: Einsatzforderungen sind der einzige Grund, ein Spiel aufzugeben. Grundsätzlich quittiert man Forderungen, die durch bets der Gegner gestellt werden, bei schlechten bis mittelmäßigen Blättern mit fold. Dies sollte schon in der ersten Setzrunde sehr oft der Fall sein, wenn wir erfolgreiches Poker spielen wollen (vgl. 2.2.1 Pre-flop). Merke: Fold ist die häufigste Handlung jedes guten Spielers. Eine herausragende Kunst des guten Pokerspielers besteht darin, ein gutes oder gar sehr gutes Blatt zu folden, wenn es die Situation erfordert.
Beispiel: O’Dea’s hervorragender fold Poker Million (2. Halbfinale) 3
London, 2005 3 Sechs Teilnehmer, drei qualifizieren sich für das Finale.
Davide Poole ca. 100.000 under-the-gun
Martin Wendt ca. 100.000 late position
Blinds: 1.000 2.000p>
Donnacha O’Dea ca. 100.000 button
Pre-flop: Poole eröffnet mit 8.000. Wendt callt. O’Dea raist auf 27.000. Poole geht all-in. Wendt und O’Dea folden. Poole gewinnt den pot.
Analyse: Viel Bemerkenswertes geschieht in diesem kurzen Spiel. Doch O’Dea´s Entscheidung seine Damen pre-flop zu folden, ist absolut ungewöhnlich, in diesem Fall jedoch äußerst schlüssig und somit brilliant! Schon Poole’s erster bet zeigt enorme Stärke, denn er sitzt denkbar schlecht: under-the-gun! Auch Wendt’s call signalisiert ein gutes Blatt. Doch O’Dea hat ein hervorragendes Startblatt, das er mit seinem soliden reraise schützt. Dass Poole nach diesem Spielverlauf gegen zwei aktive Spieler mit all-in antwortet, lässt nur auf wenige logische Blätter in seinen Händen schließen: AA: Pocket Rockets! KK: Cowboys! AK: Big Slick! Unter diesen Annahmen ist O’Dea entweder klarer Außenseiter (vs.: AA, KK) oder bestenfalls in einer Münzwurfsituation (vs.: AK) 4. Dass selbst diese angenommene 50% Chance für O’Dea kein erstrebenswertes Szenario darstellt, zeigt ein Blick auf die Turniersituation, in der sich O’Dea befindet: 4 Erläuterung folgt im Kapitel 2.2.1 Pre-flop.
Durch Poole’s all-in muss O’Dea zu einen sehr frühen Zeitpunkt des Halbfinales zwischen der Chance auf eine klare Führungsrolle für den Rest des Turniers 5 und dem
Risiko eines sofortigen Ausscheidens abwägen. Obwohl die Damen per se ein hervorragendes Blatt sind und fold den kampflosen Verlust ca. 30% seines Kapitals bedeuten, trifft O’Dea die richtige Entscheidung: Er will lieber mit den verbleibenden 70% als Basis um den Finaleinzug kämpfen, als hier und jetzt alles auf ein höchstwahrscheinlich dominiertes Blatt zu setzen. Daran erkennt man, dass O’Dea, der Titelverteidiger des Turniers, sich selbst eine Favoritenrolle auf den Finaleinzug zuschreibt: Er ist zu gut, als dass er mit seinen Damen zocken müsste. Seine Zeit wird kommen. Und sie kam…6 5 Alle im Halbfinale erkämpften Jetons werden mit ins Finale
genommen. 6 O’Dea erreichte das Finale.
2.1.4 Raise Wie du mir, so ich dir! Raise ist nach dem ersten getätigten Einsatz jeder Setzrunde möglich. Ist dies geschehen, kann man den durch den bet verspürten Druck umkehren, indem man über die bestehende Forderung hinaus selbst erhöht. Dies nennt man raise. Re-raise ist das Erhöhen eines raises. Auch ein re-raise darf mit einer Erhöhung beantwortet werden. Weitere Erhöhungen sind nur dann erlaubt, wenn nur noch zwei Spieler aktiv am Spiel beteiligt sind. Frage: Wir halten Big Slick AK, unser Gegner Ajax AJ. Der flop ist: A 8 4 in verschiedenen Farben. Wie steht es um unsere Siegwahrscheinlichkeiten? Für Einsteiger ist es an dieser Stelle besonders wichtig, das Wesen gegenseitiger Erhöhungen verstanden zu haben: Die Pflicht, gegnerischen Erhöhungen nachzukommen, ist immer an das Recht gekoppelt, selbst zu erhöhen. Alle Setzrunden enden, nachdem jeder Spieler die Möglichkeit hatte, auf die letzte Erhöhung zu reagieren. Somit ist es niemals möglich, dass derselbe Spieler innerhalb einer Setzrunde mehrfach in Folge erhöht. Es gibt verschiedene Gründe zu raisen:
Man will möglichst viele Jetons im pot sehen, weil man glaubt, aktuell die beste Hand zu haben. Man will eine made-hand vor draw-hands schützen. Man spielt bluff oder semi-bluff. Man will eine free-card in der nächsten Setzrunde. Man will zusätzliche Informationen sammeln: „Raise to see where you stand!“7 7 Zitat des mehrfachen WSOP-Gewinners Phil Helmuth
Diese Gründe werden in den Strategiekapiteln genauer erläutert.
entsprechenden
Antwort: Wir sind mehr als 7:1 (ca. 87 %) Favorit! Ein guter Grund für einen raise!
2.1.5 Call Weder Fisch noch Fleisch Mit call entspricht man allen in der Setzrunde getätigten bets. Callen wir, so verbleiben wir im Spiel. Allerdings ist unser Spiel passiv, da wir ausschließlich auf Aktionen der Gegenseite reagieren. Eben diese Passivität macht den korrekten Einsatz von call extrem schwierig. Vorsicht: Call ist einer der häufigsten kostspieligsten Einsteigerfehler!
und
Oftmals wird „aus Mangel an Alternativen“ gecallt: „Das call ich jetzt mal“. Man ist sich seiner Sache nicht sicher, hält sich für zu stark für den fold, wagt aber auch keinen raise. Schließlich geht man durch die scheinbar goldene Mitte. Doch golden ist diese Entscheidung häufig nur für den Gegner! Es gibt keinen Platz für „zweite Sieger“ am Pokertisch. Die zweitbeste Hand ist die tragische: Diese verleitet in stärkerem Maße als schwache Blätter zu investieren, obwohl die Situation ungünstig ist.
Alles dreht sich um Entscheidungen: Man sollte versuchen, eigene schwierige Entscheidungen zu
vermeiden, die Gegner aber vor solche zu stellen. Call findet sich mit der Situation, in einer Zwickmühle zu sein, ab: Auf call muss nicht reagiert werden. Wir geben den Mitspielern keine Möglichkeit einen Fehler zu begehen. Doch: „Ein kluger Mann macht nicht alle Fehler selbst. Er gibt auch anderen eine Chance.“8 8 Winston Churchill, britischer Politiker und Nobelpreisträger
In unseren Spielen wollen wir die Gegner vor Entscheidungsprobleme stellen. Wir wollen aktiv sein, den Kontrahenten unser Spiel aufzwingen und nicht ausschließlich ihren Setzweisen gehorchen. Natürlich gibt es Szenarien, für die call eine passable Entscheidung ist: Draw-hands in geeigneten Situationen (vgl. 2.4.1 Made-Hands & Draw-Hands) Zur Einleitung einer slowplay-Taktik (vgl. 2.4.5 Slowplay) Zur Kontrolle gegnerischer Hände Der letzte Punkt ist als Hauptmotiv zu sehen. Der Gegner bietet durch seinen bet eine Wette auf sein Blatt an. Durch call gehen wir diese Wette ein und behaupten implizit, das bessere Blatt zu halten.
Beispiel: Call zur Kontrolle Full Tilt Invitational9 Monaco, 2005
9 7 Teilnehmer, Buy-in 120.000 $, Gewinne: 1st: 600.000 $, 2nd:
280.000 $, 3rd: 120.000 $
Chris „Jesus“ Ferguson ca. 140.000 early position
Dave „Devilfish“ Ulliott ca. 170.000 late position
Antes: 500, blinds: 1000 2000p> Pre-flop: Ferguson eröffnet mit 8.000. Ulliott callt: Das ist korrekt unter der Annahme, dass Ferguson kein Paar hält. Dieses wäre dann fast sicher höher als die 4er. Flop:
Turn:
River:
Flop: Ferguson setzt 12.000. Ulliott callt. Der flop bietet prinzipiell nur Händen, die einen König beinhalten, Hilfestellung. Ulliott glaubt an kein solches Blatt bei Ferguson. Er kontrolliert den bet.
Turn: Ferguson setzt 20.000. Ulliott callt, denn seine Situation ist unverändert in folgendem Sinne: Wenn die bisherigen Annahmen über Ferguson’s Blatt richtig waren, ist auch dieser call korrekt oder zumindest konsequent. Ulliott setzt Ferguson auf bluff und hat mit seinen pocket cards auch die Möglichkeit, einen solchen zu schlagen.
River: Beide checken. Ulliott gewinnt mit Doppelpaar: 5er über 4er. Ulliott hat dreimal mit zunehmendem Mut gecallt. Dadurch hat er sich bei Ferguson Respekt erarbeitet und so die extrem schwierige Situation umgangen, über einen möglichen vierten bet von Ferguson nachdenken zu müssen. Dafür ist er mit dem Gewinn des pots belohnt worden. Last night I stayed up late playing poker with Tarot cards. I got a full house and four people died. (Steven Wright, amerikanischer Komiker) Ich blieb letzte Nacht lange auf und spielte
Poker mit Tarot-Karten. Ich bekam ein Full House und vier Leute starben.
10 Gebote
erstes Gebot Ich bin der Stack, dein Antrieb. Du sollst nicht spielen, wenn du dich aus persönlichen, zeitlichen, finanziellen oder anderen Gründen in einer Stresssituation befindest. zweites Gebot Du sollst dein Spiel der Anzahl der Mitspieler anpassen. drittes Gebot Du sollst dein Spiel den Charaktereigenschaften deiner Mitspieler anpassen. viertes Gebot Du sollst dir dein Außenbild stets aufs Neue bewußt machen. fünftes Gebot Du sollst deine Karten achten. sechstes Gebot Du sollst stets auf alle relevanten Jetonmengen und deren Zusammenwirken achten. siebtes Gebot Du sollst bemüht sein, als Letzter agieren zu dürfen. achtes Gebot Du sollst im Blick nach vorne den Wahrscheinlichkeiten vertrauen. neuntes Gebot Du sollst im Blick nach hinten jede Information nutzen.
zehntes Gebot Du sollst täuschen.
2.2 Ablauf Heute back’ ich, morgen brau’ ich, übermorgen hol’ ich der Königin ihr Kind!1 Selbst im Märchen machen sich die Protagonisten ihre Gedanken, über welche Etappen sie ihre Ziele erreichen wollen. Im Folgenden werden wir die verschiedenen Zeitpunkte im Spiel vorstellen, zu denen wir mittels der eben erklärten Handlungsmöglichkeiten aktiv ins Spiel eingreifen. Diese Zeitpunkte sind die verschiedenen Setzrunden während jeder texas hold’em Partie. Wie sie technisch ablaufen, wurde bereits im ersten Abschnitt dargestellt. Die ersten Entscheidungen werden nach Erhalt der beiden persönlichen Karten, also pre-flop getroffen. Oft stellt man zu diesem Zeitpunkt schon die Weichen für das gesamte Spiel. Die nächste Möglichkeit zu setzen bietet sich nach dem flop, der die ersten drei Gemeinschaftskarten bringt. Dem Erscheinen der vierten Gemeinschaftskarte, der turn card, folgt die vorletzte Möglichkeit, handelnd ins Spiel einzugreifen. Nach dem river, der das board mit der fünften und letzten Gemeinschaftskarte komplettiert, darf man letztmalig die Initiative ergreifen. 1 Der Gebrüder Grimms Rumpelstilzchen bei der nächtlichen Aufzählung des
geplanten weiteren Fortgangs.
2.2.1 Pre-flop Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Gleich zu Beginn steht die vielleicht wichtigste Entscheidung des gesamten Spiels ins Haus: Wollen wir mitspielen? Die Antwort sollte sehr häufig „nein“ lauten. Ziel des Kapitels ist es zu verstehen, warum dem so ist. Dazu werden wir wie folgt vorgehen: Zunächst stellen wir das Konzept „no fold’em“ vor, das erste Einbli - cke in die Siegwahrscheinlichkeiten der verschiedenen hole card Kombinationen gibt. Danach stellen wir typische Startblätter schematisch gegenüber und bewerten sie hinsichtlich ihrer Stärke. Zuletzt geben wir ein Schema zur Hand, mit dessen Hilfe pre-flop Entscheidungen getroffen werden können.
No Fold’em Hierbei handelt Betrachtungsweise Starthänden.
es zur
sich um eine gängige Messung der Stärke von
Die Methode simuliert sehr viele Texas hold’em Spiele unter bestimmten, immer gleichen Bedingungen. Es werden hole cards an zehn symbolische Spieler verteilt. Dann werden die Gemeinschaftskarten aufgedeckt und das siegreiche Startblatt ermittelt. Zuletzt wird
festgehalten, welche Hände im Spiel waren und welches Blatt gewonnen hat. Frage: Warum gibt es exakt 169 verschiedene Texas hold’em Startblätter? Durchschnittlich gewinnt bei einem solchen Aufbau jeder Spieler zehn Prozent aller Spiele, denn es gibt keine Handlungsmöglichkeiten die eigenen Chancen zu steigern (oder auch zu mindern). Darum hat jeder Teilnehmer die gleiche Chance auf einen Sieg. Antwort: Es sind die 13 möglichen Paare und je 78 Kombinationen off-suit bzw. suited: 78+78+13=169. Unter Missachtung der Farben gibt man eine von 13 möglichen Karten (z.B.: A) vor und kombiniert eine von noch 12 möglichen Karten (z.B.: K) dazu. Da nun AK = KA, ist nur jede zweite mögliche Kombination zu zählen, also:
Gänzlich anders verhält es sich bei der Betrachtung der verschiedenen Startblätter. Hier gibt es eklatante Unterschiede bezüglich der Siegwahrscheinlichkeiten, wie die folgende Tabellenauszüge zeigen.
Welche Informationen können wir den Tabellen entnehmen? Wozu können uns diese von Nutzen sein? Sitzt man an einem vollbesetzten Tisch, so ist man – unabhängig von der Hand – ein Außenseiter auf den Sieg, falls alle bis zum Ende mitspielen. Dennoch gibt es enorme Unterschiede bezüglich der Qualität der verschiedenen Starthände:
• AA hat selbst im simultanen Wettbewerb gegen neun Mitstreiter 31% Siegwahrscheinlichkeit. Diese ist in etwa dreimal so hoch wie die zu erwartende
Siegwahrscheinlichkeit für eine zufällige Hand.
•
QQ hat mit 22% gut die doppelte Standardgewinnerwartung und ist somit eine sehr gute Hand. Man sieht jedoch den enormen Unterschied im Vergleich zum Topblatt AA.
• AK ist mit 16,7% ebenfalls ein sehr gutes Blatt. In diesem No Fold’em Setup braucht es häufiger als im realen Spiel die Hilfe des boards, um zu gewinnen. Darum steht es „nur“ auf Rangplatz 11.
• 55 hat mit 12,2% eine noch überdurchschnittliche Siegwahrscheinlichkeit. Man findet es im ersten Drittel des Rankings auf Platz 46.
• K7 liegt mit 7,9% unter dem Durchschnitt und mit Rangplatz 122 im letzten Drittel.
• 72 bildet mit 4,0% und Platz 169 das Schlusslicht. Interessant ist, dass zwischen Rang 1 und 11 annähernd 100% Qualitätsunterschied (31% ist ungefähr 2 x 16,7%) besteht. Dagegen ist Rang 46 nur gut 50% besser zu sehen als Rang 122 (12,2% ist ungefähr 1,5 x 7,9%). Im letzten Drittel fällt die Siegwahrscheinlichkeit dann wieder relativ schnell von Platz 122 bis Platz 169 um ca. 100% (7,9% ist ungefähr 2 x 4,0%). Das Experiment zeigt also, dass in der Spitze die Luft sehr dünn ist, ein sehr breiter Mittelteil existiert und Blätter am Ende des Rankings wieder schneller schwach werden.
Merke: Es gibt nur sehr wenige echte Topblätter. Die folgende Grafik verdeutlicht diese Beobachtungen:
Wegen dieser breiten Mitte liefert die No Fold’em Betrachtung für sich gesehen nur für die Randbereiche fundamentale Aussagen. In realen Spielen muss die eigene Hand oft nur gegen eine (allerdings nicht zufällige) weitere Hand bestehen. Das verändert die Situation entscheidend. Deshalb beschäftigen wir uns im nächsten Schritt mit der Stärke von Starthänden im direkten Vergleich.
Hand vs. Hand Frage: Wir halten 22 und spielen gegen AK. Wie hoch ist unsere Siegwahrscheinlichkeit?
Wir durchleuchten mit vier exemplarisch gewählten Karten alle möglichen Szenarien dieser Situation. • A, als die höchste Karte beider Hände (1) • K, als die zweithöchste Karte (2) • Q, als die dritthöchste Karte (3) • J, als die vierthöchste Karte (4) Spielt also real K9 vs. Q5 also (1)(3) gegen (2)(4), so entspricht dieses Szenario der Situation AQ vs KJ im gleich folgenden Schema. Es spielt alle möglichen headsup Konstellationen durch und gibt die Siegwahrscheinlichkeit für die stets favorisierte Hand A an. Eine detaillierte Aufschlüsselung mit Einbeziehung der Farben ist im Kapitel III, Berechnungen und Tabellen, zu finden.
Welche Informationen können wir der Tabelle entnehmen? Wozu können uns diese von Nutzen sein? Fast jede Hand hat das Potenzial, als Favorit zu agieren, aber auch das Risiko, in die Position des Außenseiters zu geraten. Die Ausnahmen bilden AA als sicherer Favorit und 32 als definitiver Außenseiter. Für alle anderen Blätter gilt es immer wieder aufs Neue, die aktuelle Situation zu bewerten. Ziel muss es sein,in Traumsituationen,wie das Halten eines overpairs oder einer dominierenden Hand,zu gelangen.
Dies ist Entscheidungsgrundlage für unsere folgenden, konkreten Startblattempfehlungen.
nun
Antwort: 22 ist mit ca. 53% leichter Favorit gegen AK. Frage: Wie hoch ist eigentlich die Wahrscheinlichkeit, dass man 22 hält? Wie hoch ist sie für AK oder AKs?
Pre-flop Spielweise Nachdem wir zwei verschiedene Ansätze zur Beurteilung d e r hole cards betrachtet haben, ziehen wir nun die Schlüsse. Wir stellen ein System vor, das alle Startblätter in Handlungskategorien unterteilt.
Antwort: Die Auftrittswahrscheinlichkeit von 22 liegt bei 0,45%. AK zu halten hat eine Wahrscheinlichkeit von 0,9%. AKs ist mit 0,3% der unwahrscheinlichste Fall.2 Natürlich gelten die Wahrscheinlichkeiten analog für beliebige Kombinationen der drei Grund kategorien für Starthände: ein bestimmtes Paar (0,45%) zwei bestimmte unterschiedliche Ränge von verschiedenen Farben (0,9%) zwei bestimmte unterschiedliche Ränge von einer Farbe (0,3%) Die zusammengesetzte Kategorie zwei bestimmte unterschiedliche Ränge tritt mit der Wahrscheinlichkeit 1,2% = 0,9 % + 0,3%, also der Summe ihrer Bestandteile, ein.
2 Eine exakte Erklärung dieser Ergebnisse findet man im
entsprechenden Kapitel III, Berechnungen und Tabellen.
Kategorie: „furchtlos“
Hier und auch im Folgenden ist der Name Programm. Es gibt keinen Grund, mit diesen Startblättern ängstlich zu agieren. Wir setzen oder erhöhen und sind auch bereit, weiterem Druck entgegenzutreten. Zu beachten ist das ausgewogene Verhältnis der Auftrittswahrscheinlichkeiten von Paaren und high-cards. Dadurch ist unser Spiel schwerer auszurechnen, als wenn wir nur mit großen Paaren bereit sind, alles zu setzen. Denn der Gegner kann nicht wissen, ob wir auf Hilfe im flop hoffen (AK(s)), oder im Besitz eines fertigen hohen Paares sind (AA, KK, QQ). Diese Kategorie sehen wir leider nur ca. alle 40 Hände. Kategorie: „überzeugt“
Durchschnittlich etwa alle 20 Hände werden wir ein Blatt aus dieser Kategorie halten dürfen. In diesen Fällen spielen wir kontrolliert offensiv und üben Druck aus. Uns ist allerdings bewusst, dass der Gegner möglicherweise – wenn auch nur in seltenen Fällen – ein dominierendes Blatt hält. Durch das Verhältnis von Paaren und high cards (ca. 2:3) fällt dem Gegner auch in dieser Kategorie das Lesen unserer Hand schwer. Dass unser Spiel in beiden Unterkategorien identisch aussieht, bedeutet nicht, dass wir identische Ziele für die Paare wie für die high-cards verfolgen. Erstere haben mehr made, letztere mehr draw-Charakter. Kategorie:„überredet“
Diese Kategorie ist doppelt so umfassend wie die beiden ersten zusammen. Durchschnittlich erhalten wir jedes fünfte Spiel ein solches Blatt. Die Sektoren „Ax(s)“ und die kleinen pocket pairs stehen in etwa im innerkategoriellen Verhältnis 1:1 zu den übrigen Blätter aus der großzügig gehaltenen Gruppe der suited connectors.3
3 In Missbrauch der gängigen Notation wird hier der Begriff suited
connector ausgedehnt.
Während mit ersterer Gruppe ein aktives pre-flop Spiel noch mit kalkulierbarem Risiko verbunden ist, versuchen wir mit der Gruppe der „suited connectors“ billig oder zumindest nicht zu teuer ins Spiel zu kommen. Denn diese Gruppe kann selbst gegen trash-hands wie Q6 ein Außenseiter sein! Der Name der Kategorie „überredet“ darf nicht außer Acht gelassen werden. Es bedarf günstiger Umstände, um diese gefährlichen Blätter zu spielen. Dabei kann es sich um Positionsargumente, das Ausnutzen eines geeigneten table-images, etc. handeln. Hierauf gehen wir in den entsprechenden Kapiteln genauer ein.
Kategorie: „enttäuscht“
Für viele Anfänger könnte diese Kategorie auch „trotzdem“ oder „ich will aber dabei sein“ heißen. Deshalb hier nochmals der Hinweis: Fold ist die häufigste Handlung jedes guten Pokerspielers.
Fazit: Nach der Vorstellung einführender theoretischer Überlegungen haben wir zu einem sehr weiten Feld spielbarer Pokerblätter geraten. Dieser angeratene Spielanteil von 30% hat Vor-, aber auch Nachteile. Im Detail werden wir darauf in den nachfolgenden Kapiteln eingehen. Schon an dieser Stelle muss klargestellt werden:
In keinem Fall sollten noch mehr Blätter gespielt werden. Beispiel: Pre-flop All-in Full Tilt Invitational4 Monaco, 2005 4 Turnierangaben bereits bekannt, noch fünf Spieler im Spiel
John Juanda über 100.000 small blind
Gus Hansen ca.100.000 big blind
Ante: 1.500, blinds: 3.000/6.000 Pre-flop: Juanda geht im small blind all-in, Hansen callt, gleichbedeutend mit seinem all-in. Das board bringt keine Hilfe für Hansen. Juanda gewinnt den pot und Hansen scheidet aus.
Analyse: Dieses Spiel zeigt deutlich, wie stark bzw. schwach Hände pre-flop schon sind und welche Folgen dies hat. Juanda hält mit KQ eine ordentliche Hand und attackiert mit seinem gewichtigem all-in den big blind von Hansen. Juanda befindet sich in einer Idealsitua tion. Er dominiert die Hand Hansens. Dieser hat mit Q8 nur ein mittelmäßiges Blatt und callt unverständlicherweise. Es wird kaum eine Situa tion geben, in der er mit seiner Dame Favorit sein wird. Sehr wahrscheinlich hält Juanda eine overcard, womit Hansen schon Außenseiter wäre. Hat er sogar ein overpair oder auch eine Dame mit einer besseren Beikarte, ist Hansen auf verlorenem Posten. Man sieht, dass Q8 kein Blatt für einen call ist, wenn preflop all-in gespielt wird. Hansen hat eine schlechte Entscheidung getroffen und ist zu Recht aus dem Turnier ausgeschieden.
2.2.2 Flop „Mut ist oft Mangel an Einsicht, Feigheit dagegen beruht nicht selten auf guten Informationen.“4 4 Sir Peter Ustinow, Schauspielgröße
D e r flop ist die Informationsquelle schlechthin. Das ist sowohl quantitativ als auch qualitativ zu verstehen: Zu keinem Zeitpunkt gibt es mehr zusätzliche Informationen auf einmal. Zu keinem früheren Zeitpunkt ist das Bilden einer vollständigen Pokerhand möglich. Wir haben im pre-flop Spiel die Weichen gestellt. Nun gilt es, die neuen Informationen zu verwerten und eine weitere gewichtige Entscheidung zu treffen. Frage: Was versteht der Pokerspieler unter dem Begriff „Regenbogen“? Zunächst betrachten wir unabhängig von unseren Karten die verschiedenen Möglichkeiten, wie der flop kategoriell aussehen kann. Dann gehen wir auf einzelne Kategorien ein und beziehen dabei die eigene Starthand mit ein. Wir geben Empfehlungen, wie in den jeweiligen Situationen zu handeln ist.
Zum Abschluss erläutern wir ausgewählte Standardsituationen anhand konkreter Beispiele. Antwort: Unter „Regenbogen“ versteht man in der Pokerwelt einen flop in drei verschiedenen Farben.
Flop Kategorien D e r flop kann folgende zu unterscheidende Formen annehmen:
Erstrebenswerte und zugleich noch realistische Hände für den showdown im texas hold’em sind: • Full House/Drilling/Doppelpaar • Flush • Straße Natürlich können solche Hände auch schon unmittelbar b e i m flop erreicht werden. Doch dies ist äußerst unwahrscheinlich5. Meist befinden wir uns noch nicht am Ziel, aber auf dem Weg:
• Paired flop z.B.: K♣ 7♦ 7♥
• Suited flop z.B.: K♣ 7♦ 2♦
• Connected flop z.B.: K♣ 7♦ 6♠ Liegt ein paired flop vor, so ist das Ziel für river ein full house. Es sollten also made-hands gegeneinander spielen. E i n suited flop impliziert zusätzlich das Setup madehand vs. flush draw, ein connected flop das Duell made-hand vs. straight draw. Komplexer wird die Situation für kombinierte flops.
• Paired suited connected flop z.B.: 8♦ 7♦ 7♥
• Paired suited flop oder paired connected flop z.B.: K♦ 7♦ 7♥ bzw.: 8♣ 7♦ 7♥
• Suited connected flop z.B.: K♦ 7♦ 6♥ Die Straße fürchtet den flush, der flush aber das full house. Analog wird der connected vom suited flop, der suited vom paired flop dominiert. Diese hierarchische Struktur wird an folgendem Beispiel deutlich. Es liege ein paired suited flop vor: 4 9 9 . Wir halten A 8 , also einen flush draw. Da das board aber ein Paar enthält, können wir selbst bei Erscheinen eines weiteren Piks, das uns den flush geben würde, nicht sicher sein, dass wir das Spiel gewinnen. Unser Gegner könnte ein full-house halten und wir befänden uns in einer drawing dead Situation.
Somit macht das Spielen eines flush draws bei einem paired suited flop wenig Sinn. Treffen wir unseren flush nicht, müssen wir das Spiel aufgeben und selbst im Falle des Treffers können wir uns niemals sicher fühlen. Denn wir zeichnen nicht auf nuts. Analog ist die Situation beim paired connected flop. Ähnlich verhält es sich beim suited connected flop, da man in diesem Fall mit einem straight draw zusätzlich zum Hoffen auf den Eintritt des draws stets das Erscheinen eines flush fürchten muss. Die Situation beim paired suited connected flop ist für einen flush draw identisch mit der Situation unseres Beispiels. In einem solchem Fall einen straight draw zu spielen, sollte nicht in Betracht gezogen werden. Dachten Sie, dass … … im folgenden Beispiel die beiden Spieler nach Siegwahrscheinlichkeiten gleich auf sind? Ein Spieler hält K♦ 8♥ , sein Kontrahent 9♣ 7♥ . Im flop liegt 8♣ 7♣ 6♦ . Flop und pocket cards Im nächsten Schritt beleuchten wir das Zusammenwirken der Starthand mit dem flop. Der Normalfall:
6 Die Wertung hängt stark von Einflüssen, wie den Farb-oder
Konnektivitätseigenschaften des Flops, ab. 7 Ein top-pair einzuschätzen, ist extrem situationsabhängig und äußerst schwierig. Mehr dazu folgt in späteren Kapiteln.
Welche Informationen können wir der Tabelle entnehmen? Wozu können uns diese von Nutzen sein? Der primären Einteilung in pocket pair und unpaired pocket cards folgt die Aufteilung in als günstig zu bewertende Spielverläufe (overpair oder besser bzw. toppair oder besser) und die entsprechenden negativen Situationen (eine overcard oder schlechter bzw. middlepair oder schlechter). Die Tabelle zeigt also, ab welchem positiven Zusammenwirken von Starthand und flop wir uns wohl fühlen. Ebenso wichtig ist es, der Tabelle zu entnehmen, dass wir weder ein pocket pair überschätzen, sobald eine overcard im flop ist, noch den middlepair hit vorbehaltlos spielen. Die folgenden Tabellen zeigen die Eintrittswahrscheinlichkeiten und Entwicklungspotenziale für konkret ausgewählte Situationen. Die Schiene „full house“:
Befindet man sich in einer dieser Situationen, ist man höchstwahrscheinlich in einer starken Favoritenrolle. Wie man an der Tabelle unschwer erkennen kann, gelangt man wesentlich häufiger mit einem pocket pair in solche Situationen. Sollte man sich dennoch bis zum river verbessern müssen (möglicherweise gegen eine bereits fertige Straße oder einen schon kompletten flush), hat man dafür folgende Chancen:
Ziel full house oder besser
Beide Hände sind hochgradige Gewinnblätter. Doch der Drilling schlägt nicht nur das Doppelpaar, auch die Chance sich damit zu verbessern ist etwa doppelt so hoch, wie die mit einem Doppelpaar.
Erwähnenswert ist zudem, dass die Chancen, sich zu verbessern, unabhängig von der Zusammensetzung pocket cards – flop sind.
Die Schiene „flush und Straße“
Wie man hier sieht, erhält man wesentlich häufiger draws, die schwer zu komplettieren sind. Solche Hände sind nichts Besonderes. Spielbare draws wird man bei entsprechender Starthand nur etwa jedes zehnte Mal erhalten. Merke: Da Farbeigenschaften und Konnektivitäts eigenschaften quasi unabhängig voneinander sind, „verdoppeln“ sich für die Startblattgruppe der suited connectors die Möglichkeiten, einen spielbaren draw am flop zu halten. Diese Eigenschaften, kombiniert mit der eventuellen Möglichkeit, sogar auf straight flush zu zeichnen, den normalen hit-Möglichkeiten und der erschwerten Lesbarkeit der eigenen Hand, machen suited connectors zu attraktiven Starthänden, obwohl sie in Hand-vs.-HandVergleichen aus dem vorangegangenen
Kapitel fast zwangsläufig eine Außenseiterrolle einnehmen. All diese Hände sind grundsätzlich immer auf Hilfe durch weitere Karten angewiesen. Die Möglichkeiten, bis zum river sein Ziel zu erreichen, gliedern sich wie folgt:
Ziel flush oder besser, bzw. Straße oder besser
Die spielbaren draw Blätter werden sich ungefähr jedes dritte Mal gewünscht entwickeln. Die Wahrscheinlichkeiten zur Verwirklichung eines inside straight draws und vor alllem back door flushs sprechen dafür, diese Chancen nicht überzubewerten und sie nicht als vorrangiges Ziel zu spielen (eventuell als Zusatzoption zu einem Paar).
Standardsituationen Ca. 40% einer fünf Karten Kombination im Poker ist aus der Kategorie Paar (vergleiche Kapitel 1.3, Tabelle). Alles darunter muss meist gefoldet werden, alles darüber ist höchst selten. Darum unterscheiden wir zunächst Konstellationen mit
Händen der Kategorie Paar.
Flop: A♥ Q♦ 2♣ a) Man hält: A♠ K♣ b) Man hält: A♦ 6♦ c) Man hält: K♥ K♠ a) Man hält top-pair mit top-kicker und ist hier von einer einzelnen Karte nicht zu schlagen. Eine wünschenswerte Situation, in der wir im Allgemeinen furchtlos agieren. b) Man hält top-pair mit schlechtem kicker. Hier handeln wir nach dem Prinzip: „Setze, um zu sehen, wo du stehst!“ Kassiert man einen raise, sollte man folden. Bei einem call muss man für das weitere Spiel in Betracht ziehen, nicht die beste Hand zu haben. c) Man hält das zweit höchst mögliche Paar. Wir haben schon eine Einschätzung der Stärke von einer „overcard oder schlechter“ am flop gegeben. Das exzellente Startblatt cowboys hat bei einem derartigen flop enorm an Stärke eingebüßt. Sie sind in dieser Situation Quelle fataler Überschätzungen der eigenen Hand. Wir setzen zunächst unser den Königen entsprechendes pre-flop Spiel fort, indem wir setzen. Das ist dann aber fast schon als bluff zu verstehen. Denn werden wir gecallt, spielen wir fast sicher mindestens gegen ein Ass und sind Außenseiter. Abschließend unterscheiden wir zwischen guten und sehr guten flops mit Händen der Kategorie Paar.
Starthand: A♣ T♦
a) Flop ist: T♠ 7♣ 2♦ b) Flop ist: A♠ 7♦ 2♣ c) Flop ist: A♥ 7♥ 6♦ a) Wir halten top-pair mit top-kicker. Dies ist ein sehr guter flop für uns. Denn AT dominiert hier viele Hände potenzieller Mitstreiter: KT, QT, JT, T9, …, dazu jede Starthand mit Ass (außer AA) und kleine pockett pairs (außer 77, 22). Fürchten müssen wir nur die großen Paare. b) Wir halten top-pair mit akzeptablen kicker. Der flop ist gut. Situation a) ist jedoch besser, weil wir hier von den sehr häufig gespielten Starthänden AK, AQ und AJ (3x1,21% = 3,63%) dominiert werden. Diese treten wahrscheinlicher auf als die gefährlichen Startblätter im Fall a) AA, KK, QQ und JJ8 (4x0,45% = 1,8%). 8 TT ist hier wegen der Zehn in AT ein sehr unwahrscheinliches Blatt.
c) Wieder halten wir top-pair mit akzeptablen kicker. Der flop ist in Ordnung. Im Unterschied zu Fall b) sind hier draws auf flush bzw. Straße möglich. Auf die Zweischneidigkeit dieser zusätzlichen Optionen gehen wir später im Detail ein.
2.2.3 Turn Aprilwetter und Kartenglück wechseln jeden Augenblick. Pre-flop sind fundamentale Entscheidungen zu treffen. Am flop kommen wesentliche neue Informationen ins Spiel. Verglichen damit, passiert bei turn nicht viel: Die vierte und vorletzte Gemeinschaftskarte kommt ins Spiel. Es bietet sich die konsequente Fortsetzung des in den Setzrunden pre-flop und flop begonnenen Spiels an. Denn unsere Strategieempfehlungen für die ersten Runden implizieren logische Fortführungen am turn. Der turn kann also als Korridor zwischen den großen Räumen flop und river gesehen werden. Turn bietet eine weitere Chance, beim Gegner unkomfortable Entscheidungen hervorzurufen, wie etwa das Spiel gegen eine vermutete draw-hand. Hier sind die Standardszenarien zu unterscheiden, dass sich der draw a m turn realisiert hat oder seine Eintrittswahrscheinlichkeit quasi halbiert wurde. Welcher Preis unter den verschiedenen Umständen risikoneutral zu bezahlen ist, wird im Kapitel potodds beschrieben. Als weitere taktische Manöver bieten sich je nach Situation slowplay, bluff oder deception an. Im Detail gehen wir darauf in den entsprechenden Taktikkapiteln ein.
2.2.4 River „Alea iacta est.“9 9 „Die Entscheidung ist gefallen.“ Julius Caesar beim Überschreiten
des Rubikon.
Nichts geht mehr! Alle Karten stehen fest. Mit river ist das Spiel spätestens entschieden. Wir können zu diesem späten Zeitpunkt im Spiel auf eine lange Kette von Informationen zurückgreifen. Hauptaufgabe ist es, dieses Puzzle zu einem Gesamtbild zu formen und eine korrekte Entscheidung zu treffen. Wir müssen uns vor allem über die Tragweite dieser Entscheidung bewusst sein. Entscheidungen bei river sind mit der Situation eines Fußballtorhüters zu vergleichen: Wenn wir einen Fehler begehen, ist dieser meist sehr entscheidend. Ein Fehler, der uns pre-flop vielleicht ein paar Jetons kostet, mag ärgerlich sein, ein Fehler bei river, der uns den gesamten stack kostet, ist ein Desaster. Wir verfügen jedoch bei river über maximale Informationen und können so fundierter agieren. Dabei hilft uns vor allem das Rekapitulieren der Hand (vgl. Kapitel 2.5.1 Nachvollziehen einer Hand). B e i river steht auch endgültig fest, ob ein draw verwirklicht wurde. Da dies auch häufig nicht der Fall sein
wird, wird bei river öfter geblufft. Dies können wir selbst ausnutzen, in dem wir mit einer guten Hand in early position checken, um den Gegner zum bluff einzuladen. Eröffnet er nun, können wir ihn callen und haben extra Jetons in den pot gebracht. Denn einen bet hätte unser Gegner mit nichts auf der Hand nicht gecallt. Merke: Geben Sie Ihrem Kontrahenten die Chance, einen Fehler zu begehen! Wie man unschwer erkennen kann, birgt die Situation bei river Risiken in sich. Allerdings bieten sich auch Chancen. Wichtig ist vor allem bei river nicht übereilt und unüberlegt zu handeln. Das kann schwerwiegende Folgen haben! Es bleibt festzuhalten, dass mit zunehmendem Fortgang eines Spiels die rein mathematisch-rationalen Aspekte von ihrer anfänglich allumfassenden Rolle in die Rolle eines gleichberechtigten Partners von persönlichemotionalen Auffassungsgaben schlüpfen. Am Ende alle Hinweise auf die Hand des Gegners richtig zusammenzufügen und entsprechend korrekt die finale Runde am river zu spielen, ist eine hohe Kunst, die vielseitiger Begabung, aber auch Erfahrung bedarf. In welchen Disziplinen man sich hier misst, folgt in den nächsten beiden Kapiteln.
2.3 Generelle Taktik Ein Pokertisch ist so individuell wie ein Fingerabdruck. In den letzten beiden Kapiteln haben wir uns mit der Frage beschäftigt, was man wann tun kann. Nun widmen wir uns der Betrachtung des wo, das heißt, im welchem Umfeld wir unsere Entscheidungen fällen. Wir beginnen mit Feststellungen über den Einfluss der bloßen Anzahl der Mitspieler auf das eigene Spiel. Dann gehen wir auf deren spezielle Eigenschaften ein und versuchen eine Einordnung der Spielertypen in Kategorien. Hierauf bringen wir uns selbst ins Spiel: Wir befassen uns damit, wie wir als Pokerspieler von unseren Kontrahenten gesehen werden, also mit unserem tableimage. Auf die Betrachtung der handelnden Personen folgt die Einbindung der übrigen relevanten Faktoren: In welchem Verhältnis stehen die blinds zum eigenen stack? Wie viele Jetons haben die Gegner? Welche Taktik ist in der derzeitigen position angebracht? In welchem Verhältnis stehen Chancen und Risiken: potodds!
2.3.1 Spieleranzahl Solche sechs wie uns fünf gibt es keine viermal, weil wir drei die zwei Einzigen sind. Der erste Punkt, der die generelle Taktik beeinflusst, ist die Anzahl der Spieler. Es macht einen großen Unterschied, wie viele Mitspieler am Tisch sitzen. Je weniger Spieler am Tisch sitzen, desto größer sind unsere allgemeinen Chancen, die beste Hand zu halten. Diese Aussage liegt zwar auf der Hand, doch weil sie von entscheidender Bedeutung ist und interessante, tiefere Aspekte bietet, gehen wir näher darauf ein. Die allgemeinen Chancen, den pot zu gewinnen, liegen bekanntlich bei So hatten wir bei der Vorstellung des no fold’em Konzeptes zur Evaluierung unserer Starthand1 als Maßstab eine 10% Marke in die Grafik eingefügt. Befinden wir uns in einer Situation, in der wir zu sechst am Tisch sitzen und spielen „no foldem“, so könnten wir im wahrsten Sinne des Wortes auch würfeln: Unsere Siegchancen liegen pro Spiel bei .
1 Vergleiche Kapitel 2.2.1 Pre-flop.
Spielen wir gar heads-up, so wäre der Münzwurf eine passende Entsprechung. Da wir umso öfter die beste Hand halten, je weniger Mitstreiter wir haben, spielen wir auch öfter – sprich weniger selektiv – mit. Denn wir müssen weniger Angst davor haben, in einer dominierten Situation zu enden. Dies veranschaulicht die folgende Tabelle am Beispiel eines Asses:
Die erste Spalte gibt an, wie viele Spieler am Tisch sitzen. Die zweite Spalte berechnet zu den verschiedenen Anzahlen die Wahrscheinlichkeit, dass niemand ein Ass in Händen hält. Die dritte bzw. vierte Spalte geben die bedingten Wahrscheinlichkeiten wieder, dass die anderen
kein Ass haben. Einmal unter der Voraussetzung, dass wir selbst eines halten, dann dass wir keines halten. Diese Verläufe werden anhand der Grafik auf der kommenden Seite besonders deutlich:
Halten wir also ein Ass, so halten wir es im heads-up zu 88,2%, gegen fünf weitere Spieler zu 50,4% und gegen neun Spieler zu 25,3% exklusiv. Während wir also am kleinen Tisch mit Ax selbstbewusst auftreten dürfen, sollten wir uns im Spiel gegen viele nicht unbedingt darauf verlassen, dass das potentiell vorhandene Ass gefoldet wurde. Wie exklusiv sind unsere Karten? Halten wir hingegen kein Ass, sondern Kx in Händen, so verhalten sich die Chancenverteilungen für andere Könige im Spiel natürlich analog. Die Beikarte wird bei schwindender Exklusivität des Königs immer wichtiger. Ob nun aber ein Ass gegen uns antritt, liegt gegen neun Mitspieler bei 84,4% (= 100% - 15,6%), gegen vier bei
51,4% und gegen einen bei 15,5%.
2.3.2 Spielertypen Kein Baum ist wie der andere. Eben haben wir uns mit der Situation an verschieden stark besetzten Tischen beschäftigt. Nun setzen wir uns mit den einzelnen Spielern im Detail auseinander, um unser Spiel auf sie abzustimmen. „If you can’t spot the sucker within the first half hour at the table, then you are the sucker.“ 2 (Wenn man nach einer halben Stunde nicht weiß, wer das Opfer am Tisch ist, ist man es selbst.) 2 Ausspruch von „Amarillo Slim“ Preston, Pokerlegende und WSOP
Gewinner 1972
Grundsätzlich gibt es zwei Spielweisen am Pokertisch, die loose und die tighte Spielart. Loose Pokerspieler spielen eine hohe Prozentzahl ihrer Hände. Sie haben eine relativ geringe Anforderung an ihre Starthände und bleiben teilweise auch mit relativ schwachen Händen im weiteren Verlauf des Spiels dabei. Im Gegensatz dazu handeln tighte Spielertypen sehr restriktiv, spielen also eine sehr geringe Anzahl von Händen. Ihre Startblattauswahl ist stark limitiert und sie werfen schwächere bis mittelmäßige Hände schnell weg. Einige spielen stets loose, andere konsequent tight. Gute Spieler allerdings passen ihre Taktik dem Spiel an.
In der Abwägung, ob looses oder tightes Spiel angebracht ist, sind die Höhe der blinds und stacks, das ei gene table-image und natürlich auch die position (darauf werden wir in den gleich folgenden Kapiteln noch genauer eingehen) ausschlaggebende Punkte. Auch die Spielweise der Gegner ist entscheidend. So kann man gegen tighte Spieler erfolgreicher mit irgendeiner Hand – also durch looses Spiel – kleine pots stehlen, da diese ihre mittelmäßigen Hände folden werden. Anders ist dies gegen loose Typen, da diese einen mit ein und denselben Blättern callen werden. Dennoch bedarf das Prinzip des loosen Spiels gegen tighte Spieler und des tighten Spiels gegen loose Spieler einer Verbesserung durch Differenzierungen, die wir teilweise in den entsprechenden situationsspezifischen Taktikkapiteln noch genauer erläutern werden. Diese Differenzierung gelingt uns grundsätzlich, indem wir Spielertypen bestimmten Kategorien zuweisen. Zur besseren Veranschaulichung benutzen wir Metaphern aus der Welt der Bäume. D e n sehr guten Spieler kann man mit einer Weide vergleichen. Sie ist sehr biegsam und ihre Äste brechen nicht so leicht wie die Zweige von anderen Bäumen. Ein solcher Spielertyp ist sehr flexibel, kann sowohl restriktiv als auch loose spielen. Er passt seine Spielweise der Situation an, beherrscht viele Varianten und ist zudem meist schwer lesbar. Merke: Das Spiel gegen die Weide mag reizvoll sein, doch der Wald ist groß! Man kann seine Jetons auf einfacherem und sichererem Weg
vermehren! Einen äußerst restriktiven Spielertypen ordnen wir der Eiche zu. Dieser ist stabil und nur schwer umzuwerfen; allerdings ist er auch unflexibel. Die Schwäche der Eiche liegt darin, dass sie sehr hohe Anforderung an ihr Blatt hat und deshalb nur äußerst wenige Hände spielt. Somit kann der bluff oder semi-bluff eine gute Waffe gegen tighte Spieler sein. Die Kunst gegen derart tighte Gegner ist es, seine guten Hände abzuwerten und im Falle etwa eines raises öfter mit guten Händen zu folden. Gegen die Eiche trifft folgende Feststellung den Nagel ziemlich auf den Kopf: Mit schlechten Blättern spielt man großartig gegen die Eiche, es sind die guten Karten, die gegen die Eiche Jetons kosten können. Merke: Zwar sind bluffs gegen einen solchen Spieler häufiger erfolgreich, aber selbst eine scheinbar gute Hand ist gegen eine Eiche oft bloß underdog! Das krasse Gegenteil zur Eiche stellt der Bambus dar. Er wächst zwar sehr schnell, allerdings sind seine Zweige hohl und leicht zu kappen. Dieser Spielertyp legt äußerst looses Spiel an den Tag, ist oft dabei und blufft sehr viel. Somit kann man ihn meistens sogar mit einer mittleren Hand besiegen. Die made-hands müssen folglich nicht so stark sein wie üblich. Gegen solche Spieler sollte man allerdings sehr selten zum semi-bluff oder puren bluff ansetzen, da sie gerne zur Kontrolle callen. Dafür sind draw-hands gegen mehrere, aktiv am pot beteiligte, loose Mitstreiter öfter einen call wert, da man große pots gewinnen kann. Das gefährliche am Bambus ist allerdings,
dass er mit seinen guten Blättern einen ordentlichen payoff bekommt. Seine bets werden bereitwillig gecallt, da man durch seine Spielweise öfter einen bluff dahinter vermutet. Merke: Versuchen Sie nur selten bis gar nicht, den Bambus zu bluffen! Kontrollieren Sie seine bets, wenn es die Karten zulassen, aber vergessen Sie nie, dass auch er manchmal eine sehr gute Hand hält! Das Opfer am Tisch stellen wir als Fichte dar. Sie besitzt kein richtiges Profil und dient hauptsächlich als Holzlieferant. Dieser Spielertyp ist am Pokertisch herzlich willkommen, wird stets der Jetonlieferant sein. Er überschätzt bzw. unterschätzt die Stärke seiner Blätter, liest Situationen falsch, spielt alles in allem einfach schlechten Poker. Merke: Die Fichte ist zwar der beste Freund eines Pokerspielers, aber selbst ein blindes Huhn findet mal ein Weizenkorn! Auch der Fichte ist es möglich, das Gewinnerblatt zu halten! Wir haben also zwischen schlechten und guten sowie zwischen loosen und tighten Spielern unterschieden und diese Grundtypen bildlich dargestellt. Nun geben wir diese Typen als Himmelsrichtungen vor, in die tatsächliche Spieler tendieren. Die folgende Grafik veranschaulicht dieses Konzept:
Sowohl das Spiel des Bambus als auch das der Eiche umfassen Eigenschaften der Fichte und der Weide. Setzt man einen Spieler also auf die Merkmale loose oder tight, so ist noch nichts über die Qualität der jeweiligen Entscheidungen ausgesagt. Man urteilt lediglich über den Stil. Ist man jedoch von der Spielweise eines Kontrahenten so überzeugt, dass man ihn als Weide einstuft, so urteilt man über die Güte, nicht aber über den Stil des Betreffenden. Er mag von Zeit zu Zeit loose, aber auch wieder tight erscheinen. Genau das macht die Weide auch aus. Analog gilt dies auch für die Fichte im negativen Sinne. Sie weiß selbst nicht, was sie gerade spielt. Wie sollen wir das dann beurteilen?
2.3.3 Table-Image Γ ν θ ι σ ε α υ τ ó ν .3 Erkenne dich selbst. 3 Gn ˆothi seautón, Inschrift am Apollontempel in Delphi
In den letzten beiden Kapiteln haben wir uns zunächst quantitativ, dann qualitativ mit unseren Gegnern beschäftigt. Nun wenden wir uns unserem eigenen Spiel, und dabei vor allem seinem Außenbild zu. Auch wir werden als Spielertyp von unseren Gegnern wahrgenommen und beurteilt. Die Meinung, die die anderen Spieler von uns haben, ist unser table-image. Ein Gespür dafür zu haben, wie das eigene Spiel wohl auf unsere Umgebung wirkt, ist sehr wichtig. Man richtet sein Spiel danach aus und zieht Nutzen daraus. So wie wir unsere Gegner beobachten, sollten wir uns auch selbst aus potenzieller Sicht unserer Gegner – also meist ohne Wissen um unsere Hand – beobachten und uns selbst als Spielertyp beurteilen. Einflussfaktoren auf das eigene table-image sind zunächst all die Dinge, die das Persönlichkeitsbild auch im Alltag prägen: Der optische Eindruck, das Auftreten, das Benehmen, Charisma, … Pokerspezifische Details sollten aber den Ausschlag geben. Diese sind: • Spielfrequenz: Wie oft spielen wir mit? • Spielintensivität: Wie aggressiv spielen wir?
• Spielqualität: Wie gut spielen wir? Wer häufig spielt, wirkt loose. Wer oft oder hoch setzt, wirkt aggressiv. Wer verliert oder glücklich gewinnt, wirkt schlecht. Wir spielen zunächst unseren bevorzugten Stil. Es werden sich zwangsläufig Situationen ergeben, durch die unser Außenbild in die eine oder andere Richtung verschoben wird. Dies zu erkennen und darauf zu reagieren hat erstens den generellen Vorteil, dass das eigene Spiel variabler wird, zweitens den unmittelbaren Vorteil, überraschend zu agieren. Hat man beispielsweise ein restriktives, tightes tableimage, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, mit bluffs o d e r semi-bluffs erfolgreich zu spielen. Deswegen werden wir unmittelbar pots gewinnen, die wir mit einem a l s loose eingestuften table-image nicht kampflos bekommen hätten. Jedoch sind jetzt mit unseren guten Händen selten große pots zu erwarten. Werden wir nun b e i m bluff ertappt, wird man auch viele unserer vergangenen Spiele neu überdenken und auf andere bluffs schließen. Das Spiel beginnt also erneut: Diesmal finden wir uns in der Rolle eines loosen Spielertypen wieder. Statt der vielen kleinen Attacken unter dem Schutzmantel des tighten images, warten wir nun auf gute Hände, um großes auf einmal zu bewegen. Wir pendeln ständig zwischen tight und loose hin und her. Wir versuchen, das jeweilige Gegenteil der aktuell über uns vorherrschenden Meinung zu spielen.
2.3.4 Position „In a horse race you like being first, in a poker game you like being last.“4 4 In einem Pferderennen will man immer erster sein, beim Poker ist
die letzte Posi - tion die beliebteste (David Slansky, Pokerprofi und Autor).
Die Relevanz der vorangegangenen Kapitel war immer unmittelbar einleuchtend. Beim Thema position jedoch mag es sich gerade für Anfänger etwas anders verhalten. Die eigene Hand gewinnt unabhängig von der postition i m showdown. Warum also sollte die Einschätzung der Stärke unserer Hand und somit unser Spiel von der position abhängen? Die beste Hand im showdown zu haben, ist nur ein Weg, ein Pokerspiel als Sieger zu beenden. Zudem variieren vor allem beim no-limit Poker die Größen der einzelnen pots so stark, dass es nur bedingt Sinn macht, möglichst v i e l e pots zu gewinnen. Dies ist natürlich nicht kontraproduktiv, aber in erster Linie wollen wir möglichst viele Jetons gewinnen. Dies erreichen wir, indem wir große pots gewinnen und möglichst wenige Jetons im Fall einer Niederlage verlieren. Das heißt, wir wollen viele Jetons in einen pot bringen, den wir zu gewinnen glauben, und möglichst billig mit Optionen, die beste Hand noch zu bekommen, im pot verbleiben. Dies ist abhängig von der jeweiligen position unterschiedlich schwer. Je mehr
Informationen wir besitzen, desto besser und einfacher treffen wir unsere Entscheidungen. Wir unterteilen in die üblichen drei Sektoren in Relation zum button5: • early position • middle position • late position 5 Vergleiche Grafik Kapitel 1.2 Spielablauf
early-position: Wir müssen zuerst handeln, wissen nicht, was hinter uns passiert. Setzen wir, besteht die erhöhte Gefahr, gegen starke Hände zu laufen. Setzen wir aber nicht, haben wir es vielleicht versäumt, mit der aktuell besten Hand Druck auszuüben. Allerdings haben auch beide Handlungsoptionen aus früher Position ihre Vorzüge: Platzieren wir aus früher position einen bet, so wirkt dieser besonders stark und hat bluff Potential. Checken wir hingegen, so wirkt auch dies nicht nur als Zeichen von Schwäche. Schließlich kann es sich auch um den ersten Teil eines check–raise handeln.
middle-position: Wir haben schon Informationen sammeln können, tappen aber bezüglich der Spieler in late position noch im Dunkeln. Besonders problematisch ist die Situation, wenn ein Spieler in early position das Spiel eröffnet hat und wir gerne gegen diesen spielen würden. Es kann dann vorkommen, dass wir zwar berechtigterweise gegen
diesen antreten, aber aus einer late position weiteres unerwartetes Gegenspiel auftritt. In einem solchen Fall sitzen wir in der Zange und dort fühlen wir uns nur mit einem wirklich exzellentem Blatt wohl.
late position: Wir können uns zunächst das Spiel der gegnerischen Parteien ansehen, ein Maximum an Informationen sammeln und entsprechend reagieren. Wir haben häufig das letzte Wort, verfügen in solchen Fällen über Wissen um die volle Tragweite unserer Handlung. Wir sitzen am Ruder und entscheiden, wie gespielt wird. Die Vorteile der late position überwiegen eindeutig. Ein und dasselbe Blatt kann in manchen Situationen in late position bis zum Ende durchgespielt werden, also einen call oder gar einen bet wert sein, während dies in anderer position nicht durchgehalten werden kann und man damit sinnvoller Weise folden muss.
Beispiel: Position WPT: Europa Classics6 Costa Rica, 2003 6 Preisgeld 250.000 $, noch fünf Spieler im Turnier
Dewey Tomko ca. 30.000 middle position
Jamie Ligator ca. 60.000 small blind
Jose Rosenkrantz ca. 55.000 big blind
Blinds: 1.500/3.000 Pre-flop: Tomko limpt in, Ligator vervollständigt den blind, Rosenkrantz checkt.
Flop:
Flop: Ligator und Rosenkrantz checken. Tomko setzt 6.000, beide folden.
Analyse: Sowohl Tomko als auch Ligator haben ein Paar Sechser auf der Hand. Sie haben die identische Siegwahrscheinlichkeit. Jedoch gewinnt Tomko den pot. Grund dafür ist seine position. Sowohl Rosenkrantz als auch Ligator mussten vor ihm handeln. Durch check haben sie Tomko signalisiert, dass sie den flop nicht getroffen haben. Somit hält Tomko sein Paar Sechser für die momentan stärkste Hand. Diese Information besaß Ligator nicht.
2.3.5 Blinds & Stacks „The guy who invented poker was bright, but the guy who invented the chip was a genius.“7 7 „Derjenige, der Poker erfand, war intelligent, doch der, der den Jeton
erfand, war ein Genie.“ (Big Julie, Pokerspieler)
Im Poker ist jeder mit dem Wissen um seine Hand allein. Den Rest kennt man nur in der Sprache der Jetons. Der eigentliche Gegenstand von Poker sind nicht die Karten, sondern die Jetons. Die Karten in ihrer vereinbarten Rangfolge dienen als Werkzeug zur Umverteilung. In anderen Kartenspielen wird das bessere Blatt automatisch bezahlt, im Poker ist dies nicht zwangsläufig der Fall. Wir setzen unsere Hände in Verbindung mit allen relevanten, in Jetons gemessenen Größen und deren Interaktion. Diese sind der eigene und die gegnerischen stacks sowie die blinds. Der Betrachtung des pots ist das separate Kapitel pot-odds gewidmet und wird hier nur aus Gründen der Vollständigkeit erwähnt. Wir beginnen mit der Betrachtung des eigenen stacks. Dessen absolute Größe für sich gesehen, sagt nichts aus. Erst eine relative Betrachtung zeichnet ein Bild der Situation, in der wir uns befinden. Unser stack ist in Beziehung zu den stacks der Gegner und den blinds zu setzen.
Folgende zwei Situationen sind also vollkommen identisch: Heads-up: wir 30, Gegner 50, blinds 1/2 Heads-up: wir 90, Gegner 150, blinds 3/6 Wir haben jeweils 40% weniger zur Verfügung als unser Kontrahent und würden bei ständiger Aufgabe der blinds noch 10 Runden überleben. In diesen beiden Größen beurteilt man die eigene Situation und handelt entsprechend. Zunächst betrachten wir das Verhältnis
und teilen
dies in drei Kategorien auf.
• „ca. 100“ • „ca. 40“ • „ca. 10“ „ca. 100“: Wir befinden uns in einer komfortablen Situation, stehen durch die blinds nicht unter Druck. Wir spielen unser Spiel. „ca. 40“: Wir befinden uns gerade zwischen den beiden Polen. Wir stehen zwar unter Druck, sollten also aggressiv zu Werke gehen, haben aber auch Handlungsspielraum. „ca. 10“: Wir befinden uns mächtig unter Druck. Unser nächster bet wird wohl der gesamte stack sein. Das Warten auf eine günstige Situation ist unter diesen Umständen nicht mehr möglich. Wir sind gezwungen, unter schlechten Optionen
die beste zu ergreifen. Am sinnvollsten ist der Rücktausch der verbleibenden Jetons. Die scheinbar willkürliche Wahl der Grenzen erklärt sich durch die Anzahl von potsize bets, die wir innerhalb eines Spieles platzieren können. Die folgende Grafik erläutert diesen Ansatz:
Zunächst befinden sich lediglich die blinds im Spiel. Diese werden in der Grafik als eins bewertet. Steigen wir mi t raise in das Spiel ein, kostet uns das in etwa vier
Einheiten, wenn wir uns an der Höhe des aktuellen pots orientieren. Unser erster Zug (Z1) setzt sich also aus dem Bringen des big blind und einem raise in Höhe von drei zusammen. Ein zweiter potsize Zug (Z2) kostet für sich neun Einheiten, insgesamt also schon 13. Dadurch ist die erste Grenze mit Faktor 10 gut gewählt, da sich hier unser Spiel nur noch auf einen einzigen sinnvollen Zug beschränken kann: all-in. Ein dritter potsize bet (Z3) kostet 27 bzw. insgesamt 40. Ein vierter Zug (Z4) kostet 81 per se und 121 insgesamt. Dieser ist also erst mit Durchbrechen der zweiten faktoriellen Schranke in Höhe von 100 möglich. Wollen wir also von pre-flop über flop und turn hin zum river immer aggressiv potsize Forderungen stellen, so ist dies erst ab einem stack/blinds Verhältnis über 100 möglich. Jetzt widmen wir uns dem Verhältnis:
Hier sind die folgenden Kategorien von Bedeutung: • „wir haben substanziell mehr“ • „wir sind in etwa gleich auf“ • „wir haben substanziell weniger“
„wir haben substanziell mehr“: Unser stack ist eine ständige Bedrohung für das gesamte Kapital unseres Gegners. Dieser Tatsache wird er sich bewusst sein. Dieser psychologische Vorteil erleichtert aggresive Spieltaktiken.
„wir sind in etwa gleich auf“ Beide Parteien bedrohen sich in gleichem Maße.
„wir haben substanziell weniger“ Die Situation ist umgekehrt zur ersten Kategorie. Gegnerische bets zu callen ist schwierig, da immer alle Jetons in Gefahr sind. Paradoxerweise bieten sich aber auch für uns gute Chancen mit einem aktiven, aggressiven Spiel. Denn auch der Gegner weiß, dass wir mit dem Rücken zur Wand stehen und nimmt folglich an, dass wir nicht leichtfertig alles riskieren. Die beiden wesentlichen Verhältnisse sind erklärt. Es gibt unzählig viele weitere interessante Verhältnisse, die zur eigenen Entscheidungsfindung beitragen können. Wichtig ist an dieser Stelle, die generelle Denkweise verstanden zu haben und diese dann auf das eigene Spiel anzuwenden.
2.3.6 Pot-odds Alles ist relativ.8 8 Albert Einstein, Physiker und Nobelpreisträger
Im letzten Kapitel haben wir einer absoluten Betrachtung von blinds und stacks eine Absage erteilt. Nun werden wir erläutern, warum auch die Höhe von Einsätzen relativ betrachtet werden muss. Dazu führen wir die Begriffe potodds und outs ein. Dieses Konzept ist absolut essentiell und muss bei jeder Entscheidung als wichtiges Argument einfließen.
pot-odds = Besteht also beispielsweise ein potsize bet gegen uns, so haben die pot-odds den Wert 3:
Unter pot-odds versteht man also den Quotienten aus der Höhe des zu gewinnenden pots und des zu bringenden Einsatzes. Beachte: Die hier verwendete Schreibweise als Quotient steht in scheinbarem Widerspruch zur in den USA verbreiteten Formulierung als
Verhältnis: (pot + gegnerischer bet) : eigener bet Wie sich gleich zeigen wird, liegt der entscheidende Vorteil des Quotienten in der Aussagekraft des gestürzten Bruchs. Wofür ist uns diese Kennzahl von Nutzen? Diese Kennzahl gibt Auskunft darüber, ab welcher Gewinnwahrscheinlichkeit sich eine Investition in den pot lohnt: Dazu bilden wir den Kehrbruch, also: Im Beispiel mit dem potsize bet gegen uns benötigen wir folglich eine angenommene Gewinnwahrscheinlichkeit von mindestens 1/3, um mathematisch korrekterweise zu callen. Müssen wir einen kleineren/größeren Betrag als die aktuelle potsize entrichten, um im Spiel zu bleiben, benötigen wir entsprechend kleinere/größere Gewinnwahrscheinlichkeiten. Merke: Je größer die pot-odds, desto kleiner die benötigten Gewinnwahrscheinlichkeiten. Glauben wir, als Favorit das weitere Spiel bestreiten zu können, also mehr als 50% Siegwahrscheinlichkeit zu besitzen, so dürfen wir bets in jeglicher Höhe callen. Denn pot-odds sind in einer call-Situation niemals kleiner als 2.
Frage: Im pot sind 90, unser Gegner setzt 30. Welche Gewinnwahrscheinlichkeit müssen wir unserem Blatt mindestens zuschreiben, um einen mit pot-odds zu rechtfertigenden call tätigen zu können? Wie errechnen wir Gewinnwahrscheinlichkeiten in gegnerischen Blattes?
aber unsere Unkenntnis des
Wir kennen unsere Hand und das board, sind somit in der Lage, darüber zu urteilen, mit welchen verbleibenden Karten unsere Hand so stark verbessert wird, dass wir von einem Sieg im showdown ausgehen dürfen. Die Anzahl dieser helpcards nennt man outs. Die Siegwahrscheinlichkeit für eine aufzudeckende Karte berechnet sich folgendermaßen:
So hat eine Hand mit x outs von flop nach turn turn nach river
von
Wahrscheinlichkeit auf eine positive
Entwicklung. Merke: Als Faustregel für die prozentuale Wahrscheinlichkeit der Realisierung einer helpcard bei der nächsten Karte gilt: 2 x outs Schwieriger stellt sich die Situation für noch zwei ausstehende Karten dar. Wir fragen also nach der
Gewinnwahrscheinlichkeit von flop bis river. Antwort: Wir benötigen mindestens 20% angenommene Gewinnwahrscheinlichkeit: pot-odds = = 5, Kehrbruch: 1/5 Diese Siegwahrscheinlichkeit berechnet sich für x outs folgendermaßen:
Da diese Formel zu aufwendig für eine Anwendung am Spieltisch ist, merke man sich folgende Faustregel: Merke: Für die prozentuale Wahrscheinlichkeit der Realisierung einer helpcard bei zwei ausstehenden Karten gilt in etwa: 4 x outs Meist trifft die Faustregel gut zu. Lediglich bei sehr vielen outs beginnt sie, das exakte Ergebnis signifikant zu überschätzen. Dies wird auch anhand der folgenden Grafik mit den korrekten Ergebnissen für eine bzw. zwei ausstehende Karten für outs von eins bis 21 deutlich:
Wollen wir einen call mit dem Argument pot-odds rechtfertigen, so benötigen wir mehr als 33% Gewinnwahrscheinlichkeit für den potsize call, mehr als 50% für einen call in beliebiger Höhe. Die Tabelle auf der folgenden Seite zeigt abschließend für diese Situationen bei noch zwei (flop) bzw. einer (turn) ausstehenden Karte(n) die exakten Wahrscheinlichkeiten für die jeweiligen outs:
9 Wir halten einen flush draw mit einer overcard. Natürlich können
beliebige andere Kombiszenarien gebildet werden.
Beispiel: Kamikaze WPT: Legends of Poker10 Bicycle Casino, LA, 2003 10 Preisgeld: 670.000 $, Finaltisch, vier Spieler übrig
Mark Seif ca. 150.000 middle position
Hon „Kamikaze“ Le ca. 120.000 button
Antes: 1.000, blinds: 3.000/6.000 Pre-flop: Seif raist auf 16.000, Le callt am button. Flop
Turn
River
Flop: Seif checkt, Le setzt 30.000. Seif raist um weitere 50.000, Le callt.
Turn: Seif setzt Le all-in. Le callt. River: Le gewinnt den pot mit seinem flush. Analyse: Seif hält mit den Pocket Rockets das bestmögliche Startblatt. Le callt pre-flop mit seinem suited-connector. Nach dem flop spielt Seif slow und Lee setzt 30.000 auf seinen flush-draw. Nachdem Seif um weitere 50.000 erhöht, stellt sich für Le die entscheidende Frage, ob er callen soll. Tut er dies, verbleiben ihm nur noch ca. 20.000, die Seif wohl nach der nächsten Karte von ihm fordern wird. Ein call wäre also fast gleichbedeutend mit dem all-in und somit dem Risiko, aus dem Turnier auszuscheiden. Die pot-odds für einen call sind etwa 4. Nun muss Le durch den check-raise von Seif davon ausgehen, dass Seif zumindest den Buben getroffen hat. Somit bringt ihm wohl nur der flush den Sieg. Ihm bleiben also mindestens neun outs, 35%, zur möglichen besten Hand. Berücksichtigt man hier nur die pot-odds, war Le’s call beim flop gar nicht so „Kamikaze“,
wie man zunächst glaubt: Die pot-odds sprechen für einen call. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass es in einem Turnier das Entscheidende ist, dabei zu bleiben. Selbst wenn die pot-odds dafür sprechen, muss man immer noch das Risiko des Ausscheidens berücksichtigen. Nach turn ist Le´s call ebenfalls den potodds entsprechend. Schließlich gewinnt er glücklich durch bad-beat: Le handelte gemäß den pot-odds. Er war aber klarer Außenseiter.
Pot-odds sind ein wichtiges Argument für einen call, sollten aber nicht das Einzige sein!
2.4 Situationsspezifische Taktik Wer gute Arbeit leisten will, schärfe zuerst das Werkzeug.1 1 Chinesisches Sprichwort
Jetzt, da Ort, Zeit und Umfeld nähert bestimmt sind, präsentieren wir strategische Empfehlungen und taktische Werkzeuge. Wir beantworten also Fragen, wie man sich in spezifischen Situationen verhält, um am Pokertisch erfolgreich zu sein. Zunächst beschäftigen wir uns mit der generellen Unterscheidung von made und draw-hands. Es folgt eine Betrachtung über deception im Allgemeinen, dann über bluff, semi-bluff, slowplay und check-raise im Speziellen. Abgerundet wird dieser Abschnit mit Ausführungen zum Thema free-card.
2.4.1 MadeHands & Draw-Hands David gegen Goliath Eine Pokerhand ist nach zweierlei Maß zu beurteilen: Ihre aktuelle, konkrete Stärke sowie ihr Entwicklungspotenzial für die noch ausstehenden Karten. Von Setzrunde zu Setzrunde, also mit näher rückendem Spielende, wird die erste Komponente immer wichtiger, bis sie schließlich im showdown die einzige Wahrheit bedeutet. Eine Hand, die ihre Stärke aktuell ausspielen kann, nennt m a n madehand. Eine draw-hand ist ein Blatt, das weiterer Hilfe bedarf, um im showdown bestehen zu können. Beispiele für madehands sind Paare und alle Kategorien darüber. Klassische Beispiele für draw-hands sind vier Karten in einer Reihe (straight draw) oder vier Karten von einer Farbe (flush draw). Diese verlieren aktuell gegen noch so kleine Paare, besiegen aber im Falle einer fünften passenden Karte (straight bzw. flush) sogar Drillinge. Merke: Draw-hands holen im Allgemeinen nicht auf. Sie bleiben entweder abgeschlagen oder überholen madehands. Aus diesem Grund schützt man madehands durch bets vor Bedrohungen durch draw-hands. Man muss drawhands für jede weitere Karte bezahlen lassen: Aktuell
besiegt die made die draw-hand. Realisiert sich jedoch der draw, so ist die madehand besiegt, aber bezahlt womöglich weitere Jetons. Verbleibt der draw jedoch unkomplettiert, so wird er keine weiteren Jetons einbringen. Merke: Draw-hands callen nie nach river. Entweder man bezahlt sie (wenn sie verwirklicht wurden) oder man erhält nichts mehr. Der Untertitel David gegen Goliath ist also dahingehend zu verstehen, dass Goliath (madehand) im Kampf mit David (draw-hand) meist2 favorisiert ist. Nimmt er den Gegner aber nicht ernst (verzichtet auf einen bet), kann das die berühmten Folgen haben. Weil es also korrektes Spiel ei ner madehand ist, zu setzen und sich somit vieler gegnerischer draw-hands zu entledigen, lautet das Standard setup madehand vs. madehand. Eine Einschätzung der Güte verschiedener madehands findet man im Kapitel 2.2.2 Flop. 2 Vergleiche Tabelle im vorhergehenden Kapitel 2.3.6 Pot-odds.
2.4.2 Deception Tarnen und täuschen Das grundsätzliche Dilemma beim Poker ist, dass man seine Siege bei möglichst großen pots einfahren, seine Verluste bei Niederlagen aber so klein wie möglich halten will. Hilfreich zur Durchsetzung dieser Ziele ist deception, die Verschleierung des eigenen Spiels. Denn folgt man ausschließlich dem natürlichen Ansatz, Poker zu spielen, nämlich mit guten Händen zu setzen und mit schlechten auszusteigen, ist das eigene Spiel leicht zu durchschauen. Dass dies zu vermeiden ist, besagt das folgende Zitat. Es ist auch bekannt als David Sklansky’s (Pokerspieler und Autor) Fundamental theorem of Poker, also dem „Hauptsatz des Pokerspiels“: „Every time opponents play a hand differently from the way they would have if they could see all your cards, you gain; (…)“ (Jedes Mal, wenn unser Gegner ein Blatt anders spielt, als er es in Kenntnis unserer Karten gespielt hätte, entstehen uns Vorteile.) • Hätte der Gegner bei Kenntnis unserer Karten sein Blatt gefoldet, gewinnen wir durch seine Fehleinschätzung einen größeren pot.
• Hätte er bei Kenntnis unserer Karten gecallt, gewinnen wir einen pot, den wir ansonsten verloren hätten.
• Hätte er bei Kenntnis unserer Karten gesetzt, hätten wir entweder den pot aufgegeben oder mehr bezahlt. Wenn unsere Kontrahenten wissen, welche Karten wir
haben, werden sie keine Fehler begehen. Je mehr wir also von unserer Hand preisgeben, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Gegner fehlerhaft handelt. Fehler hervorzurufen ist aber ein großes Ziel des Spiels. Wir gestalten unser Spiel folglich variantenreich, indem wir von Zeit zu Zeit verschiedene Täuschungsmanöver in unser Spiel einfließen lassen. Diese sind: • Bluff und semi-bluff
• Slowplay und check-raise Diese speziellen Varianten von deception werden in den folgenden Kapiteln vorgestellt. Wussten Sie, dass … … laut Pokerlegende T.J. Cloutier die meisten bluffs aus den Positionen button und small blind gespielt werden?
2.4.3 Bluff Mehr Schein als Sein Unter bluffen versteht man das Repräsentieren einer starken Hand, obwohl man eine schwache hält. Wir bluffen, um zwei Gattungen von Zielen zu erreichen: unmittelbare und mittelbare. Vorrangiges Ziel ist der Gewinn eines pots, auf den wir auf Basis unseres schlechten Blatts keinen Anspruch haben. Haben wir dieses Ziel erreicht, steht uns durch die Offenbarung des bluffs die Möglichkeit offen, Frustration beim Gegner zu erzeugen. Somit emotionalisieren wir sein Spiel, machen Fehler wahrscheinlicher. Verfehlen wir das Ziel, den pot zu gewinnen, so sieht der Gegner zwangsläufig unsere Karten. Doch auch diese Situation ist nicht nur negativ zu sehen. Merke: Ein gezeigter bluff ist ein einschneidendes Erlebnis für alle Spieler am Tisch und wirkt sich entscheidend auf unser table-image aus. Sowohl der freiwillige, als auch der gezwungener Maßen gezeigte bluff verändert unser table-image in Richtung aggressives Spiel. Grundsätzlich ist bluffen angebracht, wenn man glaubt, dass die Größe des pots in Relation zur angenommenen Wahrscheinlichkeit für einen fold aller
Gegner angemessen ist. Dies berechnet man wieder über pot-odds. D er pot ist 90, wir setzen 30 als bluff. Dies ist korrekt unter der Annahme, dass der Gegner in mehr als 25% der Fälle fold spielt Setzen wir 60 als bluff, ist dies korrekt unter der Annahme, dass der Gegner in mehr als 40% der Fälle fold spielt Ein billigerer bluff soll also auch noch leichter rentabel werden? Dem ist nicht so. Zieht man die pot-odds des Gegners mit ins Kalkül, erkennt man die Krux zu billig angesetzter bluffs: Diese sind 60 und
= 3,5 für den bluff in Höhe von = 5 für den bluff in Höhe von 30.
Der Gegner braucht für den kostspieligeren call ein besseres Blatt (ca. 30% Gewinnwahrscheinlichkeit), als für den billigen (20%). Weitere Aspekte, die beim bluffen eine wichtige Rolle spielen, sind:
• die Gegnerauswahl: spielen wir gegen einen restriktiven Gegner, der wahrscheinlicher foldet, oder gegen einen aggressiven Kontrahenten, der uns eher kontrollieren wird?
• das eigene table-image: werden wir eher tight oder loose gesehen? Hierbei wird im ersten Fall ein bluff wesentlich häufiger von Erfolg gekrönt sein, da man bei unseren bets auf starke Hände schließt.
• der bisherige Spielverlauf: haben wir durch unser bisheriges Vorgehen im Spiel (z.B. durch deception) schon einen Grundstein für einen bluff gelegt?
• die position: bets aus frühen Positionen wirken stärker, müssen aber wahrscheinlicher gegen hits bestehen.
• Spieleranzahl: wir sollten auf das bluffen gegen mehrere Kontrahenten verzichten, da jeder weitere Spieler die Wahrscheinlichkeit eines calls erhöht. Achten sollte man auch auf die Frequenz des bluffens. Merke: Mit jedem bluff steigt die Wahrscheinlichkeit, kontrolliert zu werden. Wie gehen wir selbst mit vermuteten bluffs der Kontrahenten um? Als Basis für die Entscheidung, ob wir einen möglichen bluff des Gegners callen, wenden wir mit vertauschten Rollen die gleichen Kriterien wie beim Platzieren eines eigenen bluffs an:
• pot-odds: Selbst wenn man einen bluff des Gegners mit großer Sicherheit erkannt zu haben glaubt, muss man diesen auch besiegen können. Dazu braucht man
entweder die bessere Hand oder den Mut, mit bluff zu antworten. Letzteres ist sehr teuer und gefährlich.
• table-image: Hier spielen beide Bilder, die die Kontrahenten von einander haben, eine Rolle. Wir werden ö fte r geblufft, wenn wir als tight gelten. Umgekehrt kontrollieren wir aggressivere Spieler öfter.
Beispiel: Nguyens mutige Kontrolle WPT: Five diamond classics3 Bellagio Hotel, Las Vegas, 2003 3 Preisgeld: 1,5 Mio. $, Finaltisch, noch sechs Spieler im Turnier
Scotty Nguyen ca. 400.000 small blind
Gus Hansen ca. 1.060.000 big blind
Antes: 1.000, blinds: 3.000/6.000 Pre-flop: Nguyen komplettiert den blind. Hansen raist um 18.000, Nguyen callt. Flop
Turn
River
Flop: Nguyen checkt, Hansen setzt 24.000. Nguyen callt.
Turn/river: Beide checken. Nguyen gewinnt den pot. Analyse: Hansen versucht sowohl pre-flop, als auch nach dem flop seine position auszuspielen und Druck zu machen. Nguyen hat den flop nicht getroffen. Er glaubt aber, dass Hansen ebenfalls keinen hit hat, seinen Vorteil der besseren position ausspielt und seine Hand mit Ass hoch momentan die stärkere ist. Hansen gilt als sehr aggressiver Spieler, der teilweise auch setzt, wenn er nicht getroffen hat. Dies unterstützt Nguyens Meinung, mit der Ass die aktuell beste Hand zu halten. Er callt. Dies ist eine sehr mutige Aktion, aber in diesem Umfeld korrekt. Nachdem er sowohl pre-flop, als auch nach dem flop gecallt wurde, vermutet Hansen eine starke Hand bei Nguyen und sieht von weiteren bets ab. Somit stellt er Nguyen auch nicht mehr vor eine erneute schwierige Entscheidung, ohne hit zu callen. Nguyen hat den bluff Hansens erkannt und kontrolliert. Er konnte diesen auch mit seiner Ass besiegen, hat damit einen schönen pot gewonnen und zugleich Hansen gezeigt, dass er schwer zu bluffen ist.
2.4.4 Semibluff Viel Schein, vielleicht auch Sein Beim semibluff setzt man mit einer Hand, die in diesem Moment mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die beste am Tisch ist, aber eine angemessene Chance besitzt, die zu diesem Zeitpunkt beste Hand später besiegen zu können (beat-the-board). Ein semibluff hat zwei verschiedene Wege, die zum Sieg führen. Bekommt man keinen caller, gewinnt man den pot sofort. Wird man gecallt, hat man immer noch die Möglichkeit, den pot dadurch zu gewinnen, dass man das beste Blatt bekommt. Die Kombination aus diesen zwei Siegmöglichkeiten macht den semibluff profitabel. Um einen semibluff spielen zu können, müssen noch weitere Karten kommen. Trifft man bei einem semibluff nicht und man setzt nach river weiter, wird er zum puren bluff. Eines der bekanntesten Beispiele eines semibluffs, der zu einem puren bluff wurde, ereignete sich im Finale der WSOP 2003. Im heads-up standen sich der Profi Sam Farha und der Hobbyspieler Chris Moneymaker gegenüber. Zu diesem Zeitpunkt des Spiels besaß Moneymaker 4,6 Mio., Farha 3,8 Mio. in Jetons. Moneymaker bekam K♠ 7♥ und setzte pre-flop 100.000, die Farha mit Q♠ 9♥ callte. Der Flop brachte 9♠ 2♦ 6♠ . Farha checkte und Moneymaker auch. Die 8♠ erschien und Farha setzte 300.000 mit dem höchsten Paar und dem flush-draw. Moneymaker erhöhte um 800.000. Zu diesem Zeitpunkt hatte Moneymaker keine Hand, er besaß nicht einmal ein Paar. Er hatte aber sowohl einen
open-ended straight-draw, als auch einen flush-draw und zudem den König als overcard, spielte folglich einen semibluff. Farha ging mit. River brachte die 3 . Farha checkte und Moneymaker ging all-in. Nun hatte sich sein semibluff in einen puren bluff verwandelt, da keiner seiner draws getroffen hatte. Moneymaker musste hoffen, dass Farha aussteigt. Farha überlegte lange, immerhin hatte er das top-pair des boards. Allerdings würde ihn eine Niederlage in diesem Spiel all seine Chips und somit den Titel kosten. Er stieg aus. Moneymaker gewann den pot und kurze Zeit darauf die Weltmeisterschaft. Hätte Farha gecallt, wäre er mit einem Vorsprung von 7,54 Mio. zu 850.000 in die nächsten Spiele gegangen und mit hoher Wahrscheinlichkeit Weltmeister geworden. Je mehr outs man noch auf eine gute Hand besitzt, umso besser ist natürlich der semibluff. Semibluff eignet sich besonders in früher position. Da bets aus einer early position grundsätzlich auf eine made-hand schließen lassen, bietet das Einstreuen von semibluffs eine gute Möglichkeit zur deception. Es entsteht folgende Wechselwirkung: Wir gelangen aufgrund vermuteter Stärke mit unseren semibluffs leichter zum Ziel des unmittelbaren Gewinns des pots, umgekehrt erhalten tatsächliche made-hands einen besseren payoff. Außerdem können wir in einem solchen Fall nicht in eine check-raise Falle tappen. I n early position kann man zudem semibluff zum Ergattern einer free-card benutzen (vgl. Kapitel 2.4.7 Free-card). Ein weiterer Vorteil des semibluffs ist das generelle deception Argument. Da man schon setzt, bevor die Hand stark wird, ist man anschließend schwerlich auf diese
einzuschätzen. Zusammenfassend ist zu sagen, dass ein semibluff ein bluff ist mit zusätzlichen Optionen, sich in die beste Hand zu verwandeln. Somit ist er grundsätzlich dem purem bluff vorzuziehen. Da geeignete Situationen häufig genug auftreten, besteht keine Notwendigkeit für einen puren bluff. Es gibt jedoch zwei Ausnahmen: • Am river ist semibluff naturgemäß ausgeschlossen. • Das Zeigen eines puren bluffs ist psychologisch wesentlich wirkungsvoller.
2.4.5 Slowplay Mehr Sein als Schein B e i m slowplay erweckt man den Eindruck, eine schwächere Hand zu halten, als dies tatsächlich der Fall ist – es handelt sich also um das genaue Gegenteil des bluffs. Damit bezweckt man, Leute in den pot zu locken bzw. im Spiel zu halten, um dann in späteren Setzrunden mehr Jetons zu bekommen. Ein typisches slowplay wäre in einer Situation nur zu checken bzw. zu callen, die auch für einen bet bzw. raise gut wäre. Man verrät folglich nicht die volle Stärke seiner Hand. Vorraussetzung für diese Spielweise ist, dass man eine sehr starke Hand besitzt. Zusätzlich sollte es wahrscheinlich sein, dass die Gegner bei Repräsentation von Stärke zu diesem Zeitpunkt folden würden, man aber zu einem späteren Zeitpunkt einen sehr großen pot gewinnen kann. Diese billige oder gar kostenlose Karte, die wir dem Gegner gewähren, muss ihm die Chance geben, die zweitbeste Hand zu kreieren, und darf ihn nur mit geringer Wahrscheinlichkeit so verbessern können, dass er uns besiegt. Ist der pot allerdings schon sehr groß, sollte man auf das slowplay verzichten, da einerseits ein bet bei einem größeren pot eher gecallt wird, das slowplay also nicht notwendig ist (pot-odds!) und man andererseits selbst im Fall des unmittelbaren Sieges ohne weiteres Risiko einen ordentlichen pot gewinnt. Man sollte bei slowplay immer daran denken, dass wir
den Verlust eines pots riskieren, den wir bei standardmäßigem Spiel mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen würden. Merke: Slowplay baut bewusst den Gegner auf. Äußerste Vorsicht ist geboten! Verlieren wir einen sicher geglaubten pot durch ein selbstverschuldetes outdraw, stellt dies nicht nur einen enormen Rückschlag für unseren stack dar, sondern ist zudem psychologisch schwer zu verdauen. Alles in allem stellt bei korrekter Anwendung slowplay eine äußerst effiziente Variante von deception dar.
Beispiel: Slowplay WPT: Legends of poker4 Bicycle Casino, LA, 2003 4 Preisgeld: 670.000 $, Finaltisch, noch vier Spieler im Turnier
Mark Seif ca. 60.000 button
Hon Le 230.000 big blind
Antes: 500, blinds: 2.000/4.000 Pre-flop: Seif limpt in am button. Le checkt. Flop
Turn
River
Flop: Le setzt 10.000, Seif callt. Turn: Le setzt 30.000, Seif geht mit 45.000 all-in. Le callt die weiteren 15.000.
River: Seif gewinnt den pot und verdoppelt seinen stack. Analyse: Le hat das top-pair des flops getroffen und setzt deshalb. Seif hält schon einen kompletten flush, kann also mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, momentan die stärkste Hand zu haben. Würde er nun allerdings raisen, wäre ein fold von Le sehr wahrscheinlich. Seif will Le aber weiterhin im pot dabei haben, um weitere Jetons von ihm
zu gewinnen. Deshalb callt er nur. Er setzt folglich ein slowplay an. Le fällt darauf herein und setzt nach turn weiter auf sein top-pair. Den raise von Seif um weitere 15.000 muss er nun fast zwangsläufig callen, da dies in keinem Verhältnis mehr zu dem bisher investierten Jetons steht. Er drawt allerdings zu diesem Zeitpunkt schon dead, das heißt, dass er diesen pot, egal welche Karte erscheint, nicht mehr gewinnen kann. Seif gewinnt den pot und hat aufgrund des slowplays seinen stack sogar aufgedoppelt.
2.4.6 Checkraise Kein Schein, nur Sein Eine weitere Variante, den Gegner durch Repräsentieren von Schwäche in eine Falle zu locken, ist checkraise. Teilweise wird auf checkraise als unsportliches, sogar unmoralisches Verhalten herabgesehen. Dies jedoch widerspricht allem, wofür Poker steht: Wer gegen checkraise ist, dürfte konsequenterweise weder bluffen noch auf andere Art den Gegner in die Irre führen, müsste letztendlich mit offenen Karten spielen. Wie schon Pokerlegende Doyle Brunson feststellte, gleiche ein Pokerspiel ohne die Möglichkeit des checkraise einem Fußballspiel ohne Pass in die Spitze. Unt e r checkraise ist das checken einer Hand zu verstehen, um dann in derselben Runde einen gegnerischen bet zu raisen. Im Gegensatz zum slowplay handeln wir bei checkraise in der Intention, in dieser Setzrunde unsere eigentliche Stärke zu offenbaren. Es besteht folglich auch die Möglichkeit, Gegner damit zum Aussteigen zu bewegen und den pot zu diesem Zeitpunkt des Spiels zu gewinnen (checkraise kann also auch als bluff gespielt werden, ist aber sehr teuer und gefährlich). Vorraussetzung für diese Spielweise ist zuerst grundsätzlich eine starke Hand. Da man in der Absicht checkt, später zu raisen, muss dieses Blatt aber nicht so stark sein wie beim slowplay. Zusätzlich müssen wir berechtigte Hoffnung haben, dass ein Gegenspieler nach unserem check setzt. Bei dieser Variante muss uns aber immer bewusst sein,
dass wir durch den check einen schweren Fehler begehen können. Indem man checkt, gibt man möglicherweise einem Gegner eine freecard, der einen anschließend durch out-draw besiegt und einen bet gefoldet hätte. Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass man eventuell eine Setzrunde gegen einen Kontrahenten verschenkt, der gecallt hätte. Zusammenfassend ist zu sagen, dass für die checkraise Variante ähnliches gilt wie für das slowplay: Es birgt gewisse Risiken in sich, hat aber auch das Potential, damit zusätzlich Jetons zu gewinnen. Auch der psychologische Aspekt ist nicht zu verachten. Die Gegner halten uns nun für trickreicher und verschlagener, haben somit mehr Respekt. Dies kann anschließend vor allem relevant bezüglich freecard, unserem nächsten Kapitel, sein.
2.4.7 Freecard Im Leben ist nichts umsonst. Eine freecard ist eine Gemeinschaftskarte, die man zu sehen bekommt, ohne Jetons dafür zu investieren. Vorweg ist grundsätzlich zu diesem Thema zu sagen, dass wir standardmäßig mit der vermuteten besten Hand setzen, um unseren Gegnern eben keine freecard und somit die Chance eines out-draws zu gewähren. Denn eine freecard nutzt allen Spielern, die nicht die beste Hand besitzen. Eine weitere Karte kann Veränderung bringen und eine andere Hand als die aktuell stärkste zum Gewinnerblatt machen. Wie wir bereits erörtert haben, sollte man dem Gegner nur in Ausnahmefällen das Privileg einer freecard gestatten und sich der Risiken, die diese Aktion in sich birgt, bewusst sein (vgl. Kapitel 2.4.5 Slowplay). Es ist aber einleuchtend, dass es sehr wichtig ist, selbst freecards zu bekommen, wenn man nicht die beste Hand hat. Die freecard dreht möglicherweise eine Hand, die man bei einem bet gefoldet hätte, in ein Gewinnerblatt oder erspart einen call, den wir in Kauf genommen hätten. Der zuerst handelnde Spieler kann sich selbst keine freecard verschaffen, er kann sie nur anbieten. Ist man nun in besserer position und vermutet, die schlechtere Hand zu besitzen, kann man, vorausgesetzt der Gegner checkt, selbst checken und sich eine freecard verschaffen. Dies geht natürlich nicht, wenn der Gegner setzt. Wir können
aber unsere Gegner in beiden Situationen, sowohl in early als auch in late positions, dahingehend beeinflussen, dass wir öfter über freecards entscheiden können. Spielen wir check-raise, nehmen wir psychologisch Einfluss auf die Kontrahenten. Die Gegner sehen unseren check nicht ausschließlich als Zeichen von Schwäche und werden wohlüberlegter in late posi - tion setzen, da sie befürchten in ein check-raise zu laufen. Somit werden wir auch in early position öfter freecards bekommen. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, in late position einen raise in einer frühen Setzrunde in der Hoffnung zu tätigen, dass die im pot verbliebenen Spieler dahinter Stärke vermuten und die nächste Runde durchchecken. Nun kann man selbst checken. Ein semi-bluff kann hierbei gut dafür geeignet sein, einen gegnerischen bet bei flop als Variante sogar zu raisen, damit der Gegner entweder foldet oder zumindest bei turn nicht mehr setzt. Schon können wir uns river umsonst ansehen. Wie man sieht, gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich ei ne freecard zu erspielen. Dies beeinflusst wiederum unseren stack positiv dahingehend, indem wir entweder e i n e n call vermieden oder einen zusätzlichen pot gewonnen haben.
2.5 Das Lesen der Gegenseite Mancher überführt sich selbst. Eine der reizvollsten Aufgaben am Pokertisch ist das Lesen der Gegner. Zu ahnen, welche Karten der Kontrahent in Händen hält, ist eine effiziente Waffe. Wer häufig „weiß“, welche Blätter der Gegner hat, kann nicht verlieren. Mal erspart man sich einen call, mal stiehlt man e i ne n pot, weil man erkannt hat, dass der Gegner ebenfalls keine berauschenden Karten hält. Wir beginnen damit, auf das grundsätzliche Setzverhalten des Gegners einzugehen, also darauf, was er tut. Anschließend werten wir seine Körpersprache, also wie er handelt, aus. Auch die Körpersprache spielt eine wichtige Rolle bei der Analyse der Hand des Kontrahenten. Spieler haben häufig situationsbedingte Angewohnheiten. Sie werden hektisch, wenn sie stark sind, oder beginnen zu reden, wenn sie bluffen. Dies sind so genannte tells. Klassische tells, die wir vorstellen werden, sind der quick call, defensive check, der strong bet in Kombination mit dem stare down, der quiet bet und der early peek.
2.5.1 Nachvollziehen einer Hand Nichts geschieht ohne Grund. Wenn man in jedem Spiel wüsste, welche Hand der Gegner hält, kann man nicht verlieren. Man könnte immer sorglos setzen, wüsste man, der Bessere zu sein, und würde sich bets oder calls sparen, wenn man der underdog wäre. Ziel muss es demnach sein, so genau wie möglich herauszufinden, welche realistischen Hände der Gegner hält. Folglich wird das eigene Spiel besser, je genauer man den Gegner einschätzen und dessen Blätter lesen kann. Um die Kontrahenten besser lesen zu können, muss eine gewisse Zeit mit ihnen am Pokertisch verbracht werden. Dadurch erkennt man, wie sie Blätter gegen uns spielen. Ebenfalls interessant sind die Spiele, die man beobachten kann, wenn man selbst nicht mehr im Spiel integriert ist. In diesen Spielen kann man viele Informationen über die Gegenspieler herausfinden. Zum Beispiel grundsätzliche Dinge wie, um welche Spielertypen es sich handelt – spielen sie tight oder loose, bluffen sie oft oder offenbart der eine oder andere möglicherweise tells. Diese Details nimmt man besser wahr, wenn man nicht mehr am Spiel beteiligt ist, da man nicht mehr mit dem eigenen Spiel beschäftigt ist und den Gegner objektiver beobachten kann. Man wird feststellen, dass es abhängig vom Spielertyp, aber auch aufgrund der Qualität der Spieler unterschiedlich schwer ist, Handlungen des Gegners
nachzuvollziehen. So paradox das klingen mag, aber ein schlechter Spieler ist oft schwerer zu lesen als ein guter. Der schwache Spieler weiß oft selbst nicht, was er gerade tut und handelt aus falschen Beweggründen scheinbar variabel. So kann man sich nie sicher sein, ob man aus seiner Handlung eine Hand ableiten kann oder nicht. Manchmal kann uns ein solcher Gegner in eine schwere Entscheidung drängen, obwohl ihm das gar nicht bewusst ist. Gute Spieler sind wegen des höheren Grades an Rationalität einfacher zu durchschauen. Erst sehr gute Spieler verstehen es, scheinbaren Wahnsinn mit richtigen Entscheidungen zu verknüpfen. Nichtsdestotrotz spielen wir gerne gegen schlechte Spieler. Man sollte sich auch von möglichen bad-beats, die es gegen solche Spieler zeitweise setzt, nicht aus der Ruhe bringen lassen. Natürlich ist es immer besonders bitter, als Favorit noch zu verlieren. Doch meist dauert es nicht lange, bis sich die Glücksauslenkungen wieder normalisieren und die Jetons von den schwachen Spielern, obgleich sie schwer zu lesen sind, zu den guten wandern. Wie bereits erwähnt, sind durchschnittliche bis gute Spieler leichter zu lesen. Sie vollziehen ihre Handlungen meist aus bestimmten, logischen Gründen und sind deshalb einfacher nachzuvollziehen. Je stärker die Gegner werden, desto schwieriger wird es wieder, mögliche Hände einzuschätzen. Sehr gute Spieler können ihre Hände verschleiern und spielen zeitweise absichtlich unkonventionell. Sie streuen Spielvarianten,
w i e slowplay oder check-raise ein. Dann wiederum spielen sie eine Hand auf so offensichtlich konventionelle Weise, dass dies ebenfalls zum irreführenden Spielzug wird. Sie greifen mindestens auf alle Varianten zurück, die wir bisher dargestellt haben. Sie machen es uns so schwer wie nur möglich, herauszufinden, was sie in Händen halten. Eine Möglichkeit, den Gegner zu durchschauen, ist das Analysieren des Setzverhaltens. Jede Handlung des Gegners, jeder check, call, bet oder raise hat eine bestimmte Bedeutung und sagt folglich etwas über die Stärke und Art der Hand des Gegners aus. Zusätzlich kann man das board noch in diese Überlegungen mit einbeziehen. Kombiniert man die Informationen der offenen Karten mit denen, die die Handlungen des Kontrahenten verraten, kann dies Aufschluss über die wahrscheinlichste Hand des Gegenübers geben. Geht man chronologisch vor, setzt man den Gegner am Anfang auf eine bestimmte Auswahl von Blättern. Das Spiel geht nun weiter und man eliminiert manche dieser Blätter aufgrund der weiteren Spielweise im Zusammenspiel mit den hinzugekommenen Karten. Durch dieses Ausschlussverfahren versucht man, eine gute Vorstellung von der möglichen Hand des Gegners zu bekommen, um selbst die bestmögliche Entscheidung zu treffen. Da es äußerst schwierig ist, die genaue Hand des Gegners festzustellen, versucht man zumindest eine ungefähre Vorstellung davon zu bekommen, ob der andere nun blufft, gut oder gar sehr stark ist. Die meisten Informationen hat man natürlich nach der letzten offenen Karte. Nach dem river stehen meist äußerst wichtige Entscheidungen an, da sie oft den
ganzen stack kosten können. Nun sollte man noch einmal alle gesammelten Informationen verwenden, um nachvollziehen zu können, welche Hand unser Kontrahent wahrscheinlich hält.
Beispiel.: Nachvollziehen einer Hand WPT: Five diamond classics1 Bellagio Hotel, Las Vegas, 2003 1 Preisgeld: 1,5 Mio. $, Finaltisch, sechs Spieler übrig
John Hennigan ca. 410.000 button
Scotty Nguyen ca. 420.000 small blind
Ante: 2.000, blinds: 5.000/10.000 Pre-flop: Hennigan callt am button und Nguyen callt 5.000 im small blind. Flop
Turn
River
Flop: Nguyen eröffnet mit 20.000, Hennigan raist ihn um
weitere 20.000. Nguyen re-raist um weitere 50.000, Hennigan callt.
Turn: Nguyen setzt 120.000, Hennigan callt. River: Nguyen checkt, Hennigan geht all-in. Bei einem call Nguyens würden diesem noch 10.000 bleiben. Das würde zu diesem Zeitpunkt noch einem big blind entsprechen. Er überlegt lange und steigt aus. Nguyen macht hier einen großen fold. Obwohl ihm das Ass am river Doppelpaar Asse und Achter 2 mit einem König kicker bringt, foldet er Hennigans all-in Forderung. Er rekonstruiert das Spiel noch einmal nach. Hennigan hat ihn nach dem flop geraist und seinen re-raise gecallt. Auch Nguyens weiteren, sehr großen bet nach turn hat Hennigan gecallt. Dass Hennigan nach dem river all-in geht, lässt zwar immer noch verschiedene mögliche Hände offen. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass er zumindest eine Acht hält, mit der er Nguyen schon besiegen würde. Deshalb war die Entscheidung Ngu yens, seine Hand zu folden, völlig korrekt. Diese Handlung war besonders schwer, da Nguyen schon sehr viel in diesen pot investiert hatte. 2 Doppelpaar Asse und Achter wird auch „dead man’s hand“ genannt,
da der Cowboy Wild Bill Hickok dieses Blatt in Händen hielt, als er erschossen wurde.
Somit ist zusammenfassend zu sagen, dass man durch die Analyse des Setzverhaltens einiges über die Stärke der Hand des Gegners erfahren kann, wenn man zusätzlich noch die offenen Karten mit einbezieht.
2.5.2 Tells Ich sehe was, was du nicht siehst. Bei der Analyse der gegnerischen Hand werden wir nun noch die Körpersprache und Angewohnheiten des Kontrahenten berücksichtigen. Manchmal verrät ein Spieler durch gewisse Handlungen mehr über seine Karten, als ihm lieb ist. Solche Muster nennt man tells. Grundsätzlich ist jeder Mensch verschieden. Mancher redet, wenn er nervös wird, ein anderer hingegen wird sehr ruhig. Diese individuellen tells kann man durch das Beobachten der Gegner während des Spiels nach und nach feststellen. Es gibt aber auch klassische tells, die häufig Anfängern oder mittelmäßigen Spielern unterlaufen. Der quick call ist das unmittelbare, schnelle callen eines gegnerischen bets. Man mag im ersten Moment dahinter Stärke vermuten, jedoch handelt es sich dabei oft um einen Spieler mit einer drawhand. Eine drawhand lässt wenig Entscheidungsspielraum. Er hat momentan nichts auf der Hand, möchte aber im Spiel bleiben, und tut dies schnell, um Entschlossenheit und Stärke zu zeigen. So hofft er, den Gegner von weiteren bets abhalten zu können. Dies kann man in die Überlegungen einbeziehen: Wenn etwa durch river kein draw ermöglicht wurde und man nichts in Händen hält, kann ein bluff gegen einen quick caller die Waffe der Wahl sein. Bei dem defensive check überlegt ein Gegner offensichtlich lange, ob er setzen will. Er zählt seine Jetons, setzt zum bet an und checkt dann aber doch. Dies
ist meist ein Zeichen von Schwäche oder eines schlechten draws. Er will den Eindruck erwecken, stark zu sein und somit die anderen von möglichen bets abhalten, um eine free-card zu bekommen. In einem solchen Fall wird der Gegner einen bet mit ziemlicher Sicherheit folden. Setzt ein Spieler seine Jetons lautstark und legt ein sehr selbstbewusstes, vielleicht sogar arrogantes Verhalten an den Tag, platziert er einen so genannten strong bet. Sitzt er zudem auffallend aufrecht und sucht den Augenkontakt zum Gegner, stare down genannt, deutet dies auf einen bluff hin. Dieser Spieler versucht, den Gegner einzuschüchtern und ihn zum Aussteigen zu bewegen. Einen solchen bet sollte man in der Regel, wenn es die eigenen Karten zulassen, callen oder sogar raisen. Im Gegensatz dazu steht der quiet bet, also wenn ein Spieler seine Jetons sehr leise, sogar ängstlich setzt und anschließend wegsieht. Dieser Spieler ist meist sehr stark und will dies verheimlichen, indem er den Ängstlichen mimt. Pre-flop kann man manchmal den early peek beobachten, das heißt, ein Spieler, der noch nicht zum Handeln an der Reihe ist, hat schon einen schnellen Blick in seine Karten geworfen. Setzt er sich nun auf und verfolgt interessiert das Spielgeschehen, das vor ihm abläuft, deutet dies auf gute Karten hin. Blickt er desinteressiert und gelangweilt drein, ist er meist schwach. An diesen „Klassikern“ kann man erkennen, wie man durch Kleinigkeiten viel über die Hand des Gegners in Erfahrung bringt und es für das eigene Spiel nutzt. Natürlich ist die Vermeidung der eigenen tells genauso
wichtig, wie das Erkennen fremder tells. Man sollte genau darauf achten, dem Gegner nichts über die eigene Hand zu verraten, da das möglicherweise den Sieg oder zumindest zusätzliche Jetons kostet. Wir sehen uns unsere Hand also erst an, wenn wir an der Reihe sind. Wir reagieren bei leichten Entscheidungen auch nicht schnell, sondern lassen uns immer etwas Zeit, so dass der Gegner nie weiß, ob wir tatsächlich überlegen müssen oder gerade über das morgige Wetter nachdenken.
“I learned, that the people who have the cards are usually the ones who talk the least and the softest; those who are bluffing tend to talk loudly and give themselves away.” (Richard Nixon, ehemaliger amerikanischer Präsident) Leise und angenehm sprechende Personen halten meist ein gutes Blatt; wer blufft, neigt dagegen zu lautem und auffälligem Verhalten.
2.6 Online-Poker 24/7: Poker immer und überall Seinen seit Jahren andauernden weltweiten Siegeszug verdankt Poker in erster Linie dem Internet. Immer mehr Leute lernen billig oder umsonst das Pokerspiel im Netz. Dieser Prozess wird sich auch ungebrochen in der Zukunft fortsetzen. Im Folgenden werden wir die Vor-und Nachteile von online-poker erörtern. Wir stellen Grundvoraussetzungen fürs online-poker vor. Wir werden auch die vorgestellten Strategien und Konzepte unter dem neuen Aspekt, ohne physisch präsente Gegner zu spielen, Revue passieren lassen und Unterschiede zum traditionellen Spiel erläutern. Abschließend wird ein mögliches GeldmanagementKonzept für online-poker vorgestellt.
2.6.1 Pro und Contra Jede Medaille hat zwei Seiten. Es gibt Gründe, die für, aber auch welche, die gegen online-poker sprechen. Im Folgenden werden wir versuchen, beide Seiten darzustellen. Online-poker kann aus mehreren Gründen eine sehr gute Einstiegsmöglichkeit in die Welt des Pokers sein. Man kann sehr billig und sogar umsonst spielen. Dies ist auf echten Tischen oft nicht möglich, da zum Beispiel für Casinos die Kosten zu hoch sind, als dass sie billige Einsteigertische anbieten könnten. Dadurch ist es online möglich, ohne zu großen Druck und ohne das Risiko großer Verluste die Atmosphäre eines Pokerspiels kennen zu lernen. Tische, an denen man umsonst mit so genanntem play-money spielt, dürfen aber nicht als Gradmesser für real-money Tische genommen werden, da an diesen Spielgeldtischen sehr loose gespielt wird. Man muss immer berücksichtigen, dass man an diesen Tischen nichts verlieren kann (außer seiner Ehre natürlich). Man kann als Einsteiger diese Tische dazu benutzen, sich an den Spielfluss und die generelle Handhabung des Spiels zu gewöhnen. Man wird beim online-poker auch nicht von den Kontrahenten Auge in Auge gemustert, was häufig bei Anfängern dazu führt, dass sie sich durch mögliche tells verraten. Diese Gefahr besteht online nicht. Man ist anonym. Diese Anonymität hat den Vorteil, dass man nicht gleich gerügt wird, wenn man Fehler begeht oder längere
Zeit für eine Entscheidung benötigt. In einem privaten Spiel oder auch im Casino wird es meist Leute geben, die Anfängern eher unfreundlich begegnen und sie deutlich auf ihre Fehler hinweisen. Dieser persönlichen Kritik und der Gefahr der Bloßstellung vor anderen Spielern ist man online nicht ausgeliefert. Auch hat man zu Hause vor dem Computer mehr Ruhe, als etwa in einem Casino, in dem der Lärmpegel recht hoch sein kann. Online-poker ist also sehr gut für die ersten Schritte am Pokertisch geeignet. Auch ist es möglich, jederzeit zu spielen. Man kann sich rund um die Uhr online an einen Tisch setzen und pokern. Wo gibt es im realen Leben diese Möglichkeit? (Wir wohnen nicht alle in Las Vegas!). So kann man beispielsweise die Mittagspause dazu nutzen, eine paar Starthände zu zocken, und dann entspannt vom siegreichen Spiel weiter seiner Arbeit nachgehen. Zudem ist das Poker via Internet ortsunabhängig. Man muss nicht eine private Runde organisieren oder ins Casino fahren, um spielen zu können. Mit Laptop und Netz ausgestattet, kann man nahezu überall sofort loslegen. Auch das Outfit ist nicht relevant. Wer ins Casino zum Pokern fährt, macht sich zuerst schick. Online-poker kann zu Hause im Bademantel oder Joggingklamotten gespielt werden. Man macht es sich zu Hause vor dem Computer gemütlich und pokert. Des weiteren spielt man online wesentlich mehr Blätter pro Stunde. Online werden die Karten schneller eingesammelt und wieder ausgeteilt, als zum Beispiel von einem Casinogeber. Somit ist der Lerneffekt pro Stunde online
sehr hoch. Empfindet man das Spieltempo trotzdem als zu niedrig, besteht die Möglichkeit, an mehreren Tischen gleichzeitig zu spielen. Dies ist allerdings erst bei fortgeschritteneren Spielern zu empfehlen, da dies über kurz oder lang zu stressigen Situationen führt. Online kann man jederzeit den Pokertisch verlassen, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Gewinnt man etwa an einem privaten Tisch ein großes Spiel und verlässt kurz darauf die Runde, wird man sich einiger Kritik ausgesetzt sehen. Die Leute werden auf ihre Chance pochen, die Jetons zurückgewinnen zu können. Online dagegen spielen viele Leute nur für kurze Zeit und verlassen dann wieder den Tisch. Es ist also nicht unüblich, nur kurze Zeit an einem Tisch zu verbringen. Zudem ist man ja – wie oben erwähnt – anonym. Kritik kann so auch nicht persönlich werden. Sehr groß ist auch das Angebot von online-Turnieren. Es gibt dabei wiederum verschiedene Optionen – man kann a n multi-table Turnieren teilnehmen, die zu gewissen festgelegten Zeiten beginnen, aber auch sit and go Turniere besuchen. Dies sind Turniere, die immer dann beginnen, wenn sich die festgelegte Anzahl von Spielern registriert hat. Dabei ist auch diese Zahl sehr unterschiedlich: Vom bekannten Zehnertisch bis zur sofortigen heads-up Situation. Auch der buy-in ist variabel. Man kann sehr günstig oder umsonst an Turnieren teilnehmen, aber auch Qualifikationsturniere für die großen Pokermeisterschaften (etwa WSOP oder WPT) bestreiten. Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass man an einem online Tisch mit völlig unterschiedlichen Leuten aus verschiedenen Ländern sitzt. Man kann mit einem Chinesen und einem Amerikaner pokern, obwohl diese
tausende Kilometer entfernt von uns sind. So ist Poker eine weltweit gemeinsame Sprache des Spielens und Wetteiferns. G e g e n online-poker spricht, dass die Ein-bzw. Auszahlung von Geldern wesentlich weniger transparant ist, als wenn man Geld aus dem Geldbeutel nimmt bzw. welches einsteckt. Es bedarf einiger Formalitäten einen account zu aktivieren. Auszahlungen benötigen einige Tage zur Realisierung. Zudem läuft man Gefahr, den Überblick über die Ausgaben zu verlieren, und um Beträge zu spielen, die man nicht riskieren würde, wenn direkt aus der Börse bezahlen würde. Vernünftige Spieler führen Buch, spielen also nur im abgesteckten Rahmen und sind vor allem konsequent, wenn es schlecht laufen sollte. Online besteht keine Möglichkeit, die Gegner zu lesen. Dies mag für den Anfänger ein Vorteil sein, für den geübten Pokerspieler können mögliche tells ausschlaggebend sein, ob er folden, callen oder raisen möchte. Diese Möglichkeit, den Gegner durch dessen Körpersprache oder Blickkontakt zu durchschauen, besteht also online nicht. Noch nicht: Womöglich wird sich bald das Spiel mit Einbindung von webcams etablieren. Das online Spiel verlangt viel mehr Disziplin als das Spiel gegen reale Gegner. Der Einsatz ist wesentlich abstrakter. Man muss sich nicht vor anderen, nur vor sich selbst rechtfertigen. Ein call mit einem einfachen Mausklick, erfordert viel weniger Überwindung, als reale Jetons in den pot zu schieben. Man muss sich immer wieder vor Augen
halten, dass es realer Einsatz ist, um den man gerade spielt! Man hat online eher als beim realen Spiel die Befürchtung, dass man betrogen wird. Es könnten sich verschiedene Personen, die an einem online Tisch sitzen, etwa per Telefon verständigen, welche Karten sie halten und ihr gemeinsames Vorgehen absprechen. Natürlich ist es ein Vorteil, zu wissen, welche Karten andere (in diesem Falle befreundete) Spieler in Händen halten, da die Gruppe dann über besonders viel Information verfügt. Allerdings ist ein derartiger Betrug, vor allem bei einem Spiel wie texas hold’em, nur sehr schwer effizient umzusetzen. Darüber hinaus ist die Gefahr, erwischt zu werden, sehr hoch, da die Pokersites effektive Erkennungsalgorithmen zur Findung auffälligen Spiels einsetzen. Zwar kann Betrug nicht völlig ausgeschlossen werden, jedoch ist er sehr unwahrscheinlich. Die Gefahr, aufgrund eigener Fehler zu verlieren, ist wesentlich größer, als die, einem Betrügerkartell aufzusitzen. Aber der Mensch ist nun einmal so gestrickt, dass er die Fehler gerne wo anders sucht… Eine viel größere Gefahr stellt der oben gepriesene einfache Zugang, die Omnipräsenz von online-Spielen dar. Wer immer und überall zocken kann, verschiebt leicht seine Präferenzen und opfert dem Spiel zu viel an Zeit und Geld. Hier ist gesunder Menschenverstand gefragt, um aus einem strategisch fordernden, spannenden Spiel keine Sucht werden zu lassen. Hat man die Nachteile im Griff, überwiegen die Vorteile bei weitem. Online-poker kann eine sehr geeignete Einstiegsmöglichkeit und interessante Alternative zu üblichen Pokerspielen sein.
2.6.2 Grundvoraussetzungen Bevor es losgehen kann … Grundsätzlich sollten gewisse Überlegungen gemacht werden, ehe man beginnt, online zu spielen. Unumstößliche Vorraussetzung ist das Vertrauen in den Anbieter der Pokerseite. Spielt man um Einsatz, darf man nie auf ein Benutzerkonto einzahlen, dessen Inhabern man nicht zu 100% vertraut. Anfangs sollten auch Fortgeschrittene kostenlose oder billige Tische aufsuchen, um sich mit der Grafik – fast jede online-poker Seite hat einen anderen Aufbau – und der Geschwindigkeit vertraut zu machen. Auch der Benutzername will gut überlegt sein. Zwar werden sich gute Spieler nicht von einem Namen, wie „CrazyEddy“ oder „Der Kontrolleur“ aufs Glatteis führen lassen. Jedoch kann unterbewusst der Spielername bei einer schwierigen Entscheidung den Ausschlag geben. Wir geben uns also einen Namen, der entweder neutral ist, oder unserem Spiel eher nutzt als schadet. Bei variablen Spiel ist zweiteres natürlich schwer.
2.6.3 Unterschiede zum traditionellen Poker Zwei essen aus derselben Schale und halten ganz verschiedene Mahle.1 1 Jüdische Spruchweisheit
Auch bei den Taktikvarianten gibt es Dinge, auf die man beim onlinepoker speziell achten sollte. Mit guten Händen sollte check-raise seltener gespielt werden. Ein großer Unterschied zwischen realen und online Spielen ist, dass online mehr gecallt wird. Da aber natürlich die Wahrscheinlichkeit für die Blätter online identisch ist mit der bei realen Spielen, wird folglich mit schwächeren Karten gecallt: Wie wir bereits oben erläutert haben, ist ein Spieler bei online Spielen nicht der Peinlichkeit ausgesetzt, sich vor seinen Mitspielern rechtfertigen zu müssen und wenn dies doch der Fall ist, hat man noch den Schutz der Anonymität. Folglich callen manche Spieler mit Blättern, die eigentlich keinen call wert gewesen wären. Demzufolge macht check-raise weniger Sinn, da ein bet wahrscheinlicher gecallt wird. Ist dies der Fall, können wir den „entgangenen“ raise auch in der nächsten Runde als bet spielen und haben nicht das Risiko, dass durchgecheckt wird, nachdem wir checkraise ansetzen. Aus demselben Grund ist der bluff in frühen Setzrunden schwerer von Erfolg gekrönt. Viele Spieler callen
bereitwilliger bis zum river. Wenn man blufft, sollte man dies online vermehrt am river tun, da dann mögliche Optionen geplatzt sind und die ehemalige draw-hand keinen call rechtfertigt. Hat man eine sehr starke Hand, kann man online besonders gut slowplay spielen. In den meisten Fällen findet sich ein Spieler, der das Spiel macht und wir geben erst spät unsere Stärke preis. Dies hat den Vorteil, dass selbst hohe bets nach river öfter gecallt werden, da uns kein starkes Blatt zugetraut wird. Selbst wenn sich kein Spielmacher findet und wir am Ende des Spiels unserem super Blatt ein kleiner pot (wir spielten slowplay) gegenübersteht, haben wir online besonders gute Chancen auf einen bet in astronomischer Höhe (gemessen an der potsize) einen schlechten call zu bekommen: Die Aufmerksamkeit und das Interesse ist uns durch den hohen Einsatz gewiss. Der Gegner ist nur einen Mausklick vom call entfernt und keiner wird ihm unangenehme Fragen stellen… Man sollte auch eigene schlechte Blätter hin und wieder herzeigen. Durch die fehlende reale Präsenz der Spieler haben wir kaum Profil. Zeigen wir freiwillig Karten, so gelangen wir in die Köpfe der Gegner. Wir erwecken den Eindruck, mit schlechten Händen zu spielen und wir werden in der Folge öfter gecallt. Verfolgt man diese Taktik, hat man ein looses table-image, muss folglich restriktiv spielen, um erfolgreich zu sein. Die meisten anderen Pokerstrategien, angefangen von der Startblattauswahl bis hin zu den verschiedenen taktischen Manövern, sind beim onlinepoker natürlich ebenso einsetzbar wie bei normalen Pokerspielen.
2.6.4 Tischwahl Nicht der Hunger unseres Leibes kommt uns teuer zu stehen, sondern der Ehrgeiz.2 2 Lucius Annaeus Seneca, römischer Schriftsteller und Philosoph in
seinen moralischen Briefen
Poker ist nicht Tennis. In vielen Sportarten sucht man sich gerne gleichwertige oder etwas bessere Gegner, um das Spiel reizvoll zu gestalten und auch selbst daran zu wachsen. Das ist sehr ehrenhaft, doch im Poker – gerade i m online-poker – absolut fehl am Platz. Wir haben die freie Auswahl. Das Spiel beginnt mit der Wahl des Tisches. Vermutlich stellt die Wichtigkeit dieser Frage alles andere bisher Beschriebene in den Schatten. Der eigene Ehrgeiz ist ein großer Feind des stacks. Man sollte sich immer an Tische setzen, an denen man sich den Gegnern überlegen oder mindestens gleichwertig fühlt. Dies ist auch nicht unsportlich, denn fragen wir die anderen, so werden auch sie hier sitzen, weil sie sich überlegen fühlen. Es kann keinen rationalen Spieler geben, der sich nicht den anderen überlegen fühlt. Denn dann würde er nicht mitspielen. Hat man nun den richtigen Tisch gefunden, sollte man auch hier darauf achten, sich richtig zu platzieren. Ideal ist die
Position links des besten Spielers, da man so in den meisten Spielen nach ihm handeln darf. Dieser ist auch oft der Spielmacher am Tisch. Sitzt man diesem nun im Nacken, kann man einfacher auf dessen Aktionen reagieren. Als einziger Anhaltspunkt, die Stärke eines uns unbekannten Gegners zu erkennen, dient uns sein stack. Wie schon das Sprichwort besagt: „Den Baum erkennt man an den Früchten“, sind die Spieler mit den großen stacks auch meist die besseren. Wir versuchen, links neben dem chipleader Platz zu nehmen. Teilweise spielen Leute an mehreren Tischen gleichzeitig. Wir können überall nachsehen, wie viele Jetons sie an den anderen Tischen besitzen. Ist jemand häufig chipleader, gilt das bereits Gesagte: Vorsicht walten lassen, man spielt gegen einen guten Spieler! Wussten Sie, dass … … schon in den frühen 90ern im Netz gegeneinander gepokert wurde? So war z.B. Microgaming 1994 mit einem online-casino vertreten.
2.6.5 Geldmanagement Geld regiert die Welt. Im Folgenden stellen wir ein System vor, das dabei helfen soll, die der eigenen Einsatzbereitschaft angepasste Tischauswahl zu treffen. Wir sind bereit für einen Betrag X zu spielen. Wir suchen uns einen Tisch, an dem das obere Limit des Betrages, den wir zu Beginn mit an den Tisch bringen dürfen, ist. Stellen wir also 100 bereit, setzen wir uns an einen Tisch mit maximalem buy-in von 25. Der big blind ist dann meist
, also 0,25.
Wir können also solange spielen, bis wir entweder viermal alles verloren haben, oder im Laufe der Zeit insgesamt zweimal X an Spielkapital angehäuft haben. In diesem Fall gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wir lassen uns den Betrag X auszahlen und spielen wie zu Beginn mit dem verbleibenden Betrag X weiter. Wir verfügen aber schon über mehr Erfahrung. Wir können aber auch den „Aufstieg“ wagen. Wir spielen ab einem Betrag von 2 x X solange „eine Liga höher“, also auf einem Tisch mit maximalen buy-in von
bis wir etwa nach zweimaligem Bankrott in der höheren Liga wieder absteigen, unser Kapital also wieder auf X geschrumpft ist. Sollten wir jedoch auch in der -Liga erfolgreich sein, ist der erneute Aufstieg in die X-Liga ab einem Kapital von 4 x X schon vorprogrammiert u.s.w. Hält man sich strikt an dieses oder ein ähnliches Schema, so ist man davor gefeit, alles auf eine Karte zu setzen und schließlich irgendwann zu verlieren. Spielt man konstant besser als der Schnitt, so trägt dieses System schnell Früchte. Wenn nicht, hat man zumindest relativ viel Poker fürs Geld. Abschließend ist zum Thema online-poker zu sagen, dass es viel schwerer ist, eine passende reale Pokerrunde zu finden, als online zu spielen. Dort ist immer ein passendes Spiel möglich, 24 Stunden am Tag, überall auf der Welt. Wenn man die nötige Ruhe, Geduld und das nötige Wissen über die Strategie mitbringt, wird man auch erfolgreich spielen.
2.7 Turniere Ein Pokerturnier kann zu Beginn nicht gewonnen, sehr wohl aber verloren werden. Poker wird oft in Form von Turnieren gespielt. Das bekannteste ist die World Series of Poker in Las Vegas. Bei dieser wird das Hauptturnier in der Variante no-limit texas hold’em gespielt und der buy-in beträgt aktuell 10.000 $. Der Sieger geht nicht nur als Millionär nach Hause, sondern darf sich auch Pokerweltmeister nennen. Sehr viele Turniere werden online angeboten. Dabei gibt es die unterschiedlichsten Spielarten von Turnieren. Die Anzahl der Mitspieler reicht von sehr großen Turnieren, mit mehreren tausend Teilnehmern, bis zu kleinen Turnieren an einem einzigen Tisch. Auch der buy-in variiert von kostenlosen Turnieren bis zu Turnieren mit enorm hohen Startgeldern. Man kann auch so genannte Satellites spielen. Dies sind Veranstaltungen, in denen man sich für größere Turniere qualifizieren kann. Ebenso ist es möglich, sich über onlineTurniere für reale Großveranstaltungen zu qualifizieren. Das berühmteste Beispiel hierfür ist Chris Moneymaker, dessen Name wahrlich Programm ist. Moneymaker hatte sich 2003 durch ein Internetturnier (buy-in 40 $) für die World Series of Poker qualifiziert und diese anschließend gewonnen. Das stattliche Preisgeld betrug über 2,5 Millionen $. Moneymaker hat seinen Einsatz von
40 $ mehr als versechzigtausendfacht!
2.7.1 Unterschiede zu CashGames Es gibt keinen Weg mehr zurück. Ein großer Unterschied zwischen cashgames und Turnieren ist, dass man bei Turnieren eine bestimmte, exakte Anzahl von Jetons be kommt. Wenn diese Jetons verloren sind, ist man draußen. Bei cashgames bleibt immer noch die Möglichkeit, erneut Jetons an den Tisch zu bringen, um weiter am Spiel teilzunehmen. Bei Turnieren ist eine Niederlage, die die letzten Jetons kostet, endgültig.1 Dies muss bei der Wahl des Strategiekonzepts berücksichtigt werden. 1 Eine Ausnahme bilden Turniere mit re-buy-in, hier kann man sich
erneut einkaufen.
Wir können uns keine Strategie erlauben, die schon zu Beginn viele Jetons kostet, wir also sehr loose spielen. Diese Taktik ist in einem cashgame leichter erfolgreich, da wir selbst bei Verlusten zumindest ein looses tableimage erringen und somit einen höheren pay-off im weiteren Spiel erhalten. Ein Turnier dagegen kann für uns schon zu Ende sein, bevor die Gegner beginnen, über unser table-image nachzudenken. Ein weiterer entscheidender Unterschied zu ring-games ist die Struktur der ansteigenden antes und blinds. Da in einem Turnier die Anzahl der sich im Umlauf befindlichen Jetons konstant bleibt, die Anzahl der Spieler aber nach und nach abnimmt, steigen die stacks pro Teilnehmer an.
Also müssen die antes und blinds ebenfalls sukzessive ansteigen, um das Spiel am Leben zu erhalten: Sind die stacks im Verhältnis zu den Zwangseinsätzen zu groß geworden, gibt es kaum mehr einen Grund, ein Risiko einzugehen und am Spiel teilzunehmen. Man könnte einfach abwarten bis sich die anderen gegenseitig eliminiert haben. Um dieser Taktik Einhalt zu gebieten, wachsen also die Zwangseinsätze mit zunehmender Spieldauer an. Der Wert des stacks verfällt automatisch bei zu passivem Spiel. Das motiviert die Aussagen des folgenden Kapitels.
2.7.2 Turnierverlauf und Taktik Von tight zu loose Wir werden nun den Verlauf eines no-limit texas holdem Turniers vorstellen und Vorschläge machen, wie man sich in den bestimmten Phasen verhalten kann. Üblicherweise erhält man für sein Startgeld immer Jetons im Wert einer glatten Zahl, etwa 1.000 oder 100.000. Die blinds starten auf geringem Level, erhöhen sich dann abhängig von der Turnierstruktur schneller oder langsamer. Bei großen Turnieren, also multi-table Turnieren, mit einer hohen Teilnehmerzahl, wird, wie der Name schon sagt, an vielen vollbesetzten Tischen gleichzeitig gespielt. Fraglich ist, welche Taktik man nun zu einem frühen Zeitpunkt des Turniers verwenden soll. Oft wird man, vor allem bei online Turnieren, die all-in Strategie sehen, das heißt, dass ein Spieler früh alle Chips riskiert. Dann doppeln einige Spieler ihre stacks in frühen Runden auf und andere Spieler scheiden aus. Dies mag zumindest für die Siegerseite effizient klingen, aber es stellt im Allgemeinen keine sehr erfolgreiche Taktik dar. Denn auch wenn man mit einem Vorteil in ein solches Spiel geht, riskiert man, aus dem Turnier zu fliegen. Oft rechtfertigt die Hand dieses Risiko nicht. Man kann es sich zu einem frühen Zeitpunkt im Turnier leisten, auf einen großen Vorteil zu warten, um dann als hoher Favorit einen Großteil der oder alle Jetons zu setzen. Wie der Untertitel des Turnierkapitels besagt, gewinnt man Turniere nicht zu Beginn, wir versuchen lediglich, ein Ausscheiden zu
vermeiden. Wir spielen zu Beginn eines Turniers tight. Wir wollen die frühen Runden „überleben“, unseren stack Schritt für Schritt durch den Gewinn kleiner Pötte aufbauen, und, wenn wir wirklich eine sehr gute Hand halten, aktiv ein großes Spiel einleiten. In einem Turnier ist das Verhältnis eigener stacks zu blinds mindestens so wichtig wie in cash-games. Da die blinds in Turnieren ständig ansteigen, müssen wir mit unserem tighten Spiel besonders aufpassen, dass wir nicht langsam durch die blinds bankrott gehen. Haben wir nur noch wenige Jetons, sollten wir immer noch die Ruhe bewahren und vor allem nie aufgeben. Allerdings müssen wir uns bei schlechtem Verlauf rechtzeitig darauf einstellen, vernünftige Risiken einzugehen. Haben wir dagegen viele Jetons, können wir uns zurücklehnen und abwarten, bis wir wieder eine sehr gute Hand erhalten. Alternativ können wir in einer solchen Situation auch offensiver werden. Meist erzeugt der große stack bei den Spielern mit kleineren stacks Angst und sie werden einen raise eher folden, da sie wissen, dass sie ein Spiel gegen uns alles kosten wird, während es uns nur einen Bruchteil kosten kann. Eine zunehmend wichtig werdende taktische Maßnahme ist das Stehlen der blinds. Wir versuchen, bevorzugt in später Position, die blinds mit einem bet so unter Druck zu setzen, dass wir sie kampflos erhalten. Hat man dies erfolgreich geschafft, spielen wir selbst eine Runde „umsonst“ mit.
„Wer viel Geld hat, kann spekulieren, wer wenig Geld hat, darf nicht spekulieren, wer kein Geld hat, muss spekulieren.“ (André Kostolany, Börsenexperte) Hat man es in einem großen Turnier an den Finaltisch geschafft, sollte man auf jeden Fall die Ruhe bewahren. Viele Spieler denken, sie müssten nun möglichst schnell versuchen, eine führende Position aufzubauen. Angenommen man besitzt nicht den größten stack am Tisch, dann sollte man auf Fehler der Gegner warten und zugreifen. Meist werden die Spieler mit größeren stacks versuchen, sehr aggressiv zu spielen, um die blinds der Kleinen zu stehlen. Diesen Druck kann man, vorausgesetzt natürlich man hat ein zur Situation passendes Blatt, mit e i ne m re-raise zurückgeben. Dies setzt ein klares Zeichen. Man hat dadurch das table-image, dass man auf bets teils aggressiv antwortet, und wird nicht mehr so oft in den blinds unter Druck gesetzt. Jetzt kann man sich auch einmal mit einem mäßigen Blatt den flop nur für den blind ansehen. Vielleicht wird mancher big blind sogar kampflos überlassen. Wussten Sie, dass … … bei großen Pokerturnieren 80% – 95% der Spieler das Turnier mit nichts als Erinnerungen an aufregende Spiele verlassen?
Beispiel: Anna Kournikova WPT: Legends of poker2 Bicycle Casino, LA, 2003 2 Preisgeld: 670.000 $, Finaltisch, sechs Spieler übrig
Chris Karagulleyan ca.160.000 late position
Kathy Liebert ca. 150.000 middle position
Ante: 500, blinds: 2.000/4.000 Pre-flop: Liebert raist auf 20.000. Karagulleyan re-raist
auf 40.000, worauf Liebert mit weiteren 89.000 all-in geht. Karagulleyan callt. Das board bringt mit 5 6 567keine Hilfe für Liebert und sie scheidet aus.
Analyse: Kathy Liebert liegt mit ihrem stack an dritter Position, sechs Spieler sind noch übrig. Liebert liegt in aussichtsreicher Position. Chris Karagulleyan ist chipleader und gilt als äußerst tighter Spieler. Lieberts erster raise um 16.000 ist einleuchtend, immerhin hält sie eines der besten Startblätter. Sie bekommt nun aber einen re-raise vom tight auftretenden Karagulleyan. Es handelt sich zudem um einen cold re-raise, denn Karagulleyan hat noch nichts in den pot investiert und somit keine Veranlassung ein großes Risiko einzugehen. Dass Liebert nun mit all-in antwortet, ist diskutabel. Sie muss unter den gegebenen Umständen mit einem call rechnen, riskiert also ein sofortiges Ausscheiden. Natürlich ist AK eine Hand für ein pre-flop all-in. Doch AK trägt nicht umsonst den Beinamen Anna Kournikova (sieht blendend aus, gewinnt aber selten). In dieser Situation ist es sogar sehr wahrscheinlich, dass Karagulleyan, wenn er Lieberts all-in callt, ein pocket pair hält und Liebert sich somit in einer Münzwurfsituation befindet. Liebert hätte einfach callen und sich den flop ansehen können. Hätte dieser ihr keine Hilfe gebracht, hätte sie bei einem weiterem bet Karagulleyans aussteigen und mit 89.000 weiterspielen können. Ihr Risiko war zu diesem Zeitpunkt des Turniers gerade im Hinblick auf die Verteilung der Preisgelder bei Pokerturnieren3 unverhältnismäßig. 3 Den Siegern winken riesige Summen, die dann schnell abfallen.
Jeder Platzierungsunterschied macht also ein kleines Vermögen aus.
Haben wir nun zwar tight, aber glücklos gespielt, und ist
unse r stack schon beängstigend klein, bleiben zwei Möglichkeiten. Entweder spie len wir auf Platzierung, sprich sehr defensiv, und hoffen darauf, dass noch andere Spieler eliminiert werden, bevor wir selbst ausscheiden. Das kann sich rechnen und bedarf einer realistischen Beurteilung der konkreten Situation. Allerdings sollten wir berücksichtigen, dass im Allgemeinen 70% des Gewinns auf die ersten drei Plätze verteilt wird. Es sollte also immer unser Ziel sein, einen dieser Plätze zu belegen. Man kann auch mit einem kleinen stack noch etwas bewegen, indem man günstige Chancen zum Aufdoppeln sucht, auch wenn sie zwangsläufig waghalsig sind. Ein Turnier gewinnt man nur mit Glück! Man wird es in einem großen Turnier nie schaffen, immer als Favorit in ein Spiel zu gehen, wobei dies natürlich das Ziel bleiben muss. Aber selbst dann ist es als Glück zu sehen, wenn man etwa bei fünfmaliger Erprobung einer 70% Favoritenrolle nie gescheitert ist. Die Wahrscheinlichkeit, mindestens einmal zu fallen (und das bedeutet im Turnier das „Aus“) liegt bei 1 - 0,75 = 83,2%. Denn 0,75 = 16,8% ist die Wahrscheinlichkeit, alle fünf 70% Chancen für sich zu nutzen. Wenn es nicht sein muss, sollte man also keine unnötigen Risiken eingehen. Wir vertrauen erst auf das Glück, wenn wir müssen!
Beispiel: Fergusons schlechter call Full Tilt Invitational4 Monaco, 2005
4 4 Teilnehmer übrig, Gewinne: 1st: 600.000, 2nd: 280.000, 3rd:
120.000, 4th: nichts
Phil Ivey ca. 180.000 button
Chris Ferguson ca. 210.000 small blind
Ante: 1.000, blinds: 2.000/4.000 Pre-flop: Ivey geht am button all-in, Ferguson callt. Board bringt mit 3 9 7 5 K Ivey ein Paar Siebener und Ferguson keine Hilfe. Ivey verdoppelt seinen stack und Ferguson verbleiben nur noch 30.000 („nächst schlechtester“ Spieler bezüglich des stacks ist Ulliott mit 260.000!).
Analyse: Ivey übt mit einem ordentlichen short-handed Blatt durch seinen all-in Druck auf die blinds aus. Fergusons call ist äußerst fragwürdig. Er hält zwar ein Ass, aber nur eine Zwei als kicker. Hält Ivey kein Ass und auch kein Paar, geht er, selbst bei einem bluff Iveys mit jeder Kartenkombination ohne die zwei in seiner Hand, nur als leichter Favorit ins Rennen. Hat Ivey aber ein pocket pair oder ein Ass (die er dann fast sicher mit einem besseren kicker hätte) ist Ferguson klarer Außenseiter. Es sind also zwei Szenarien für Ferguson denkbar: Entweder er ist leichter Favorit oder klarer underdog! Zudem hat er eine ordentliche Turnierposition, das heißt, er steht nicht aufgrund eines zu kleinen stacks unter Druck. Berücksichtigt man zudem, dass ausschließlich die ersten drei Plätze ein Preisgeld bekommen und nur noch der nächste ausscheidende Spieler leer ausgeht, ist dieser call Fergusons als schlecht zu beurteilen. Ihm verbleiben mit nunmehr nur 30.000 Jetons so gut wie keine realistischen Chancen mehr, einen der ersten drei Plätze zu belegen. Ferguson schied wenige Minuten später als Viertplatzierter aus. Je weniger Spieler sich am Finaltisch befinden, desto mehr muss man natürlich die Taktik eines short-handed Tisches anwenden. Man muss sich wieder bewusst machen, dass die Wertigkeit ein und derselben
Hand unterschiedlich zu sehen ist, wenn anstatt zehn etwa nur noch fünf Spieler beteiligt sind. Es wird zudem immer interessanter, die blinds zu stehlen, da diese zu diesem Zeitpunkt meist schon sehr hoch sind. Dies kann man bei wenigen verbliebenen Spielern auch mit schlechteren Blättern versuchen.
Beispiel: Battle of the blinds Full Tilt Invitational5 Monaco, 2005, drei Spieler übrig 5 Turnierdaten bereits bekannt.
Die blinds sind mit 30.000/60.000 an einem sehr hohem Level angelangt. Ulliott foldet am button. Ivey hält im small blind Q3 und greift mit einem all-in den big blind von Juanda an. Dieser hält 53 und foldet. Ivey stiehlt somit mit einer trash-hand, die er an einem vollbesetzten Tisch wohl nie spielen würde, den big blind in Höhe von 60.000 von Juanda. Diesen Kampf der blinds untereinander nennt man auch battle of the blinds. Hat man es wirklich unter die letzten zwei geschafft, befindet man sich im so genannten heads-up. Man muss sich nun vor Augen halten, dass man zwar schon sehr viel erreicht hat, aber der Weg zum Sieg immer noch steinig ist. I m heads-up muss der erste Spieler den big blind bringen und der dealer den small blind. Folglich ist in der ersten Setzrunde der dealer als erster zum Handeln verpflichtet. Zudem muss man berücksichtigen, dass beim eins gegen eins die Qualität der Karten, die gegeneinander antreten, nicht mehr so gut ist wie üblich.
Beim heads-up ist die Position äußerst entscheidend. Sitzt man am button, sollte man im Normalfall Druck ausüben. Man hat das gesamte Spiel hindurch die bessere Position und kann auf die Aktionen des Gegners reagieren. Oft kann man durch einen bet schon pre-flop die blinds stehlen. Hat man das Spiel pre-flop gemacht, sollten wir es, selbst wenn wir keinen hit haben, in den meisten Fällen nach dem flop und häufig auch am turn nicht aus der Hand geben, da es im heads-up sehr wahrscheinlich ist, dass der Gegner auch nicht getroffen hat. Den Folge-bet am flop callen einige Spieler, aber für einen weiteren call am turn brauchen sie eine überzeugende Hand. Checken sollte man in solchen Situationen, wenn man sich sicher ist, dass der Gegner eine sehr starke Hand hat und auf Konter spielt (slowplay) oder auf jeden Fall einen bluff unsererseits kontrollieren wird. Heads-up hat sehr viel mit Psychologie zu tun. Der Spieler mit den besseren Nerven wird oft die Oberhand behalten. Auch wenn man einmal aus einem ansehnlichen pot geblufft wurde und der Gegner einem anschließend die Karten zeigt, darf man nicht trotzig reagieren und alles callen. Genau dies bezweckt nämlich der Kontrahent damit. Dann kann das heads-up sehr schnell beendet sein. Man muss auf den richtigen Moment warten, um zuzugreifen. Geduld ist folglich sehr wichtig. Man darf es nicht erzwingen wollen. Ist allerdings der richtige Moment gekommen, wir haben eine gute Hand und der Gegner leitet ein großes Spiel ein, müssen wir zwar diesen Augenblick nutzen, dürfen aber nicht überhastet handeln. Womöglich können wir durch ein slowplay ein all-in Spiel daraus machen und somit den Turniersieg landen.
Zusammenfassend ist nochmals zu sagen, dass Turniere nicht in der Anfangsphase gewonnen, allerdings verloren werden können. Zu Beginn sollte man versuchen, zu große Risiken zu vermeiden, dabei zu bleiben und Schritt für Schritt seinen stack zu vergrößern. Ist das Turnier einmal weiter fortgeschritten, kann auch zocken von Nöten sein, allerdings sollte man dies erst tun, wenn man es muss, dann aber rechtzeitig und wohlüberlegt. Am Finaltisch gilt es, Ruhe zu bewahren und das Spiel der Spieleranzahl anzupassen. Ist man im heads-up, heißt es steten Druck auf den Kontrahenten auszuüben und auf den richtigen Moment zu warten, um dann eiskalt zuzupacken.
„Mr. Moss, I have to let you go.“ (Nick „the greek“ Dandalos)
3. Berechnungen und Tabellen Dieser Teil bietet Ihnen in Form von ausgewählten Lösungswegen mathematische Hilfestellung zum leichteren Nachvollziehen mancher Rechnung. Des weiteren finden Sie hier nützliche Tabellen, die für ein Erscheinen im Lauftext entweder zu umfangreich oder zu kompliziert erschienen.
3.1 Berechnungen Die folgenden, erläuternden Berechnungen entsprechend ihrem Kapitelbezug angeordnet.
sind
Kartenkombinationen (siehe Kapitel 1.3) Es wird die „Mutter aller Pokertabellen“ vorgestellt. Nun soll Ihnen anhand dreier Beispiele ein selbstständiges Nachrechnen ermöglicht werden. Diese Ansätze lassen sich natürlich auch auf viele andere pokerrelevante, mathematische Fragestellungen anwenden.
• Wie viele Kombinationen gibt es? Jeder kennt 6 aus 49, Lotto. Die ca. 14 Mio. möglicher Kombinationen berechnen sich wie folgt:
Dabei steht das Zeichen „!“ für die Berechnung der
Fakultät, das bedeutet die Multiplikation aller ganzen Zahlen von 1 bis zur in die Fakultät zu setzenden Zahl selbst. So ist 6! = 1x2x3x4x5x6 = 720. Zieht man also 6 Kugeln (ohne Zurücklegen) aus der Lotto-Urne, so kennen wir nun das Ergebnis. Analog läßt sich die Anzahl aller möglichen Kombinationen von fünf Karten aus einem Kartenspiel mit 52 Blatt berechnen. Wir ziehen 5 aus 52, berechnen den Binomialkoeffizienten („52 über 5“):
… das entspricht der Summe der Anzahlen aller Kombinationen, von „Royal Flush“ bis zu „Höchste Karte“ in der Tabelle.
• Wie viele Vierlingskombinationen gibt es? Vier Karten jedes Vierlings sind recht eindeutig: Es sind die einzigen vier Karten eines Rangs. Da unser Kartenspiel aus dreizehn verschiedenen Rängen besteht, gibt es für vier Karten der Kombination aus fünf Karten nur die dreizehn Möglichkeiten: 2222, 3333, …, AAAA. Die fünfte Karte nun ist frei wählbar, da das Resultat unabhängig von ihr ein Vierling bleibt. Es stehen jeweils noch 48=52-4 Karten zur Wahl. Es gibt also 13x48=624 Kombinationen aus fünf Karten, die einen Vierling bilden.
• Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, einen Vierling auf die Hand zu bekommen? Zur Beantwortung dieser Frage benutzt man Ergebnisse der beiden vorangegangenen Fragen folgenden allgemeingültigen Ansatz aus Wahrscheinlichkeitsrechnung: Zur Berechnung Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ereignisses
die und der der teilt
man die Anzahl aller günstigen Fälle durch die Anzahl aller möglichen Fälle: , also für unsere Frage, die Anzahl aller Vierlinge durch die Anzahl aller Kartenkombinationen:
Zum Abschluss dieser Beispielsserie noch eine etwas knifflige Frage: Wir halten einen connector, etwa JT. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass uns der flop mindestens einen „backdoor-straight-draw“ (im Sinne: QJT oder JT9) beschert? Da die Frage auf „mindestens“ lautet, dürfen wir den Ansatz wählen, das Gegenteil zu berechnen. Wir berechnen also die Wahrscheinlichkeit, dass die Karten d e s flops keine Dame und keine Neun beinhalten und ziehen dann das Ergebnis vom sicheren Ereignis (1=100%) ab, da wir das genaue Gegenteil der gestellten Frage berechnet haben. Da wir selbst zwei Karten halten, bleiben dem flop zunächst 50, dann 49, dann 48, also insgesamt 50x49x48=117.600 Möglichkeiten, sich darzustellen. Da keine dieser Karten eine der vier Damen und keine der vier Neunen im Stapel sein darf, bleiben dem flop 42x41x40=68.880 Möglichkeiten, sich wie gewünscht darzustellen. Also lautet die Antwort: 100% -
= 41,4%
Mit diesen Beispielen ausgestattet, wird es Ihnen
gelingen, auch die Wahrscheinlichkeiten anderer für Sie relevanter Pokerereignisse zu berechnen oder manches Ihnen seltsam erscheinende Ergebnis nachzuprüfen. Viel Interessantes haben wir natürlich bereits für Sie erledigt…
Pre-flop (siehe Kapitel 2.2.1) Es werden die drei Grundauftrittswahrscheinlichkeiten für eine texas hold’em Starthand in einem Frage–AntwortSpiel eingeführt. Hier wird Ihnen nun erklärt, warum es sich gerade um drei Wahrscheinlichkeiten handelt und wie sich diese berechnen lassen. Karten haben Rang und Farbe. Zwei Karten können entweder in beidem verschieden sein (z.B.: AK), sie können von gleicher Farbe sein (z.B.: AKs), sie können von gleichem Rang sein (z.B.: AA). Es gibt folglich drei Grundtypen.
• „AK“ Wir geben eine der vier Asse vor und gesellen einen andersfarbigen König dazu, was natürlich auch umgekehrt möglich ist. Wir haben also 2x(4x3)=24 geeignete Möglichkeiten aus insgesamt 52x51=2.652 Möglichkeiten, also eine Wahrscheinlichkeit von: = 0,9%
• „AKs“ Die Situation ist analog, aber es gibt jeweils statt drei nur eine passende Karte. Wir haben also 2x(4x1)=8 geeignete Möglichkeiten aus insgesamt 52x51=2.652 Möglichkeiten, also eine Wahrscheinlichkeit von:
= 0,3%
• „AA“ Wir geben eine der vier Asse vor und gesellen eine weitere dazu. Wir haben also 4x3=12 geeignete Möglichkeiten aus insgesamt 52x51=2.652 Möglichkeiten, also eine Wahrscheinlichkeit von: = 0,45%
3.2 Tabellen Die folgenden Tabellen sind entsprechend ihrem Kapitelbezug angeordnet.
Ablauf (siehe Kapitel 2.2)
• Wie entwickeln sich ausgewählte Situationen?
1 Vergleiche Berechnungen zu 1.3 Kartenkombinationen, das
abschließende Beispiel
2 Gilt für flop nach turn, von turn nach river: 22%
Pre-flop (siehe Kapitel 2.2.1)
• Wie häufig halten wir ausgewählte Kategorien von Starthänden?
3
Es werden nur Hände mit maximalen Straßenchancen berücksichtigt, also JTs, T9s, … 54s
• Wie gestaltet sich die Tabelle aus „Hand vs. Hand“ mit Einbeziehungen der Farben?
• Wie sieht die vollständige No Fold’em Tabelle aus?
Flop (siehe Kapitel 2.2.2)
• Welche Siegwahrscheinlichkeiten haben die Hände bei ausgewählten match-ups? (Die Ergebnisse sind hier bewusst sehr vage gehalten, da auch die Angabenseite vage formuliert ist.)
Turniere (siehe Kapitel 2.7)
Die letzte Tabelle stellt die mögliche Struktur eines kleinen Pokerturniers dar. Jeder Teilnehmer erhält 1000 zum Start: 8 x 25 und 8 x 100. Nach einer festgelegten Anzahl gespielter Minuten oder ggf. auch Spiele, erhöht sich das Level.
4. Hall of Fame Auf den folgenden Seiten stellen wir einige aktuelle oder legendäre Größen der Pokerszene vor. Die Auswahl ist auf zwölf Porträts beschränkt und persönlich geprägt. Es könnten hier mit selbem Recht weitere zwölf oder zwölf mal zwölf Spieler oder Spielerinnen aus heutigen oder vergangenen Tagen stehen. Die Stars kommen und gehen, das Spiel jedoch bleibt. Interessant ist, dass viele dieser gleich vorgestellten Größen auf keine einfache Vergangenheit zurückschauen dürfen. Es stellt sich also die Frage, wie viele Menschen dem Poker ein „geordnetes Leben“ geopfert haben und dabei erfolglos blieben? Bei allem Enthusiasmus dem Spiel gegenüber, sollte es für die meisten unter uns doch ein Spiel bleiben. Das Leben der Profis besteht nicht nur aus den Phasen, in denen wir sie in Siegerpose am Bildschirm sehen.
Phil Ivey „Tiger Poker“
Woods
of
Geboren 1977 in New Jersey Phil Ivey ist verheiratet und lebt mit seiner Frau in Las Vegas. Vor seiner Pokerkarriere schlug er sich als professioneller Videogamer durch. Poker lernte er schon als Kind von seinem Großvater, der ihn auch auf die Gefahren des Spielens hinwies. Mit 16 Jahren begann er beim Vater eines Freundes um Geld zu spielen und suchte öfters die Casinos von Atlantic City auf. Aus dieser Zeit stammt auch sein Spitzname „No Home Gerome“, weil er seinen Ausweis fälschte, um als Teenager dort spielen zu können. Mit 21 zog er nach Atlantic City, um Vollzeit Poker zu spielen. Sein Stern ging bei der WSOP 2000 auf, bei der er zwei final tables erreichte und seinen ersten Titel holte. Dabei besiegte er am Finaltisch Pokergrößen wie Dave Ulliott, Phil Hellmuth Jr. und Amarillo Slim Preston. 2002 gelang es ihm, in einem Jahr drei „gold bracelets“ zu gewinnen. Diese Armbänder sind die Siegtrophäen der großen WSOP Turniere, was etwa im Tennis Grandslam Pokalen entsprechen würde. Dieses Kunststück gelang
außer ihm bis heute nur Phil Hellmuth Jr. und Ted Forrest. Ivey gilt momentan als der wohl begabteste Pokerspieler in der Szene und wird deshalb auch der „Tiger Woods des Poker“ genannt. Normalerweise fin-det man ihn in highlimit games im Bellagio Hotel in Las Vegas mit Legenden wie Doyle Brunson und Chip Reese. Im Februar 2006 nahm Ivey dem Milliar-där Andrew Beal in drei Tagen 16 Millionen $ ab (blinds 50.000/100.000). Sein lässiges Auftreten – man sieht Ivey oft mit Basketballshirts am Pokertisch – ist auf seine Leidenschaft für die NBA zurückzuführen. Er ist Fan der LA Lakers und der Houston Rockets. Als Ziel für seine Karriere hat er sich, auf die Frage eines Reporters hin, ob er auch 10 Bracelets wie Brunson, Hellmuth oder Chan gewinnen wolle, 30 Titel vorgenommen.
Seine größten Erfolge:
Monte Carlo Millions1 (November 2005) 1. Platz 1 Mio. $
WSOP 5’ $ Bl PL2 Omaha (Juni 2005) 1. Platz 635.000 $
WSOP 50’ $ BI H.O.R.S.E. (Juli 2006) 3. Platz 618.000 $
Full Tilt Invitational (November 2005) 1. Platz 600.000 $
WSOP Main Event3 (Juli 2005) 20. Platz 304.000 $
WSOP Championsship (Mai 2005) 2. Platz 300.000 $
World Poker Open (Januar 2003) 2. Platz 290.000 $
WPT Finale (März 2005) 6. Platz 264.000 $
WSOP Omaha Hi-Lo (Juli 2006)
2. Platz 220.000 $
WSOP 2.5’ $ Bl PL Omaha (April 2000) 1. Platz 195.000 $
WSOP 1.5’ $ Bl Seven Card Stud (April 2002) 1. Platz 132.000 $
WSOP 2.5’ $ Bl Seven Card Hi-Lo (April 2002) 1. Platz 118.000 $
WSOP 2’ $ Bl S.H.O.E. (Mai 2002) 1. Platz 108.000 $
1 Bei allen Turnieren ohne weitere Angaben handelt es sich um No-
Limit Hold’em Events
2 Pot-Limit 3 Das 10.000 $ No-Limit Texas Hold’em Turnier.
Howard Lederer „The Professor“
Poker
Geboren 1965 in New Hampshire Howard Lederer lebt in Las Vegas. Er ist verheiratet und hat einen Sohn. Von früher Jugend an suchte er den Wettkampf. In der Familie Lederer wur-den alle Arten von Kartenspielen gespielt, natürlich auch Poker. Vor allem die Duelle am Kartentisch mit seinem Vater, einem Autor und Linguisten, der an der St. Pauls School in New Hampshire unterrichtete, prägten ihn. Dieser ließ ihn von Anfang an nie gewinnen und stachelte dadurch seinen Ehrgeiz immer weiter an. Lederer ging anschließend nach New York und schrieb sich an der Columbia University ein. Mit 18 verließ Lederer das College, um professionell Schach zu spielen. Gleichzeitig wandte er sich aber immer mehr dem Pokerspiel zu. Dabei spielte er meist im Mayfair Club mit heute bekannten Größen wie Erik Seidel oder Dan Harrington. Anfangs machte er allerdings oft Verluste. Er schaffte es dennoch, sein Leben durch Poker zu finanzieren. 1994 zog er nach Las Vegas. Später brachte er das Spiel seiner Schwester Annie Duke bei, die heute ebenfalls Pokerprofi ist. Seinen Spitznamen trägt Lederer wegen seines
analytischen Stils und seines ruhigen, konzentrierten Verhaltens am Pokertisch. Bekannt ist der „Pokerprofessor“ vor allem durch seine Poker-DVDs wie „Secrets of No Limit Hold’em“, Pokerseminare auf dem „Howard Lederer Poker Fantasy Camp“ und TV-Moderationen. Dass aber auch Howard Lederer durch und durch ein Spieler ist, erkennt man an einer Wette, bei der Lederer 10.000 $ gewann, als er als überzeugter Vegetarier einen Cheeseburger aß. Seine größten Erfolge:
World Poker Classics (April 2004) 1. Platz 340.000 $
WPT World Poker Finals (November 2002) 1. Platz 320.000 $
WPT Party Poker Million (Mai 2003) 1. Platz 298.000 $
World Poker Classics (April 2003)
1. Platz 220.000 $
WSOP 5’ $ BI Omaha h/l4 (Mai 2000) 1. Platz 198.000 $
WSOP 5’ $ BI Deuce to Seven (Mai 2001) 1. Platz 166.000 $
Bellagio PL Omaha (April 2004) 1. Platz 140.000 $ 4 high/low: Eine Variante, in der unter bestimmten Umständen die
höchste Hand nur den halben pot gewinnt. Die andere Hälfte steht dann der niedrigsten Hand zu.
Phil Hellmuth Jr. „The Poker Brat“ Geboren 1964 in Madison, Wisconsin Phil Hellmuth lebt in Palo Alto mit seiner Frau Kathy und seinen Söhnen Phillip III. und Nicholas. Zu pokern begann Hellmuth als Student an der Uni Wisconsin. Er verließ die Uni nach drei Jahren, um sich ganz dem Poker zu widmen. 1989 wurde er mit 24 der jüngste Pokerweltmeister aller Zeiten. 1996 ehrte man ihn als den besten Turnierpokerspieler der Welt. Auf EAsports nannte man ihn „pokericon“, eine Pokerikone. Bis heute hat er über 50 Turniersiege errungen und hält mehrere Rekorde bei der WSOP: Jüngster Weltmeister, am häufigsten in den Preisrängen und die meisten Titel (zusammen mit Doyle Brunson und Johnny Chan). Wegen seinem exzentrischen und überheblichen Benehmen bekam er den Spitznamen „Poker Brat“ (Pokerrüpel). Sprüche wie „If luck weren’t involved, I guess I’d win every one (Wenn Glück keine Rolle spielen würde, würde ich immer gewinnen) sind bei ihm keine Seltenheit. Nachdem er bei der WSOP 2005 einen pot unglücklich gegen einen Amateurspieler verloren hatte, beschimpfte er diesen, dass er das Wort „Poker“ nicht einmal buchstabieren könne! In Anlehnung an seinen Nachnamen
wird er auch Hell Mouth (Höllenmund) genannt. Diesen verbrannte sich Hellmuth 2002, als er bei der WSOP anbot, sich die Haare abrasieren zu lassen, falls der Amateur Robert Varkonyi das Turnier gewinnen sollte. Varkonyi gewann und Hellmuth ließ sich live bei ESPN eine Glatze rasieren. Neben dem Pokerspielen ist Hellmuth auch als Autor tätig. Er schreibt Artikel für das „Card Player Magazine“ und hat selbst Bücher wie „Playing like the Pros“, „Bad Beats and Lucky Draws“ und „The Greatest Hands ever played“ veröffentlicht. Zudem hat er auch ein Pokervideo, „Phil Hellmuth’s Million Dollar Poker Secrets“ auf den Markt gebracht. Trotz all seiner Macken ist Hellmuth einer der respektiertesten Spieler auf der Tour.
Seine größten Erfolge:
WSOP Main Event (Mai 1989) 1. Platz 755.000 $
WSOP 1’ $ BI (Rebuy (Mai 2006) 1. Platz 632.000 $
Heads-up Championship (März 2005) 1. Platz 500.000 $
WSOP 5’ $ BI (Juli 2006) 2. Platz 424.000 $
WSOP 3’ $ BI (Mai 2003) 1. Platz 411.000 $
WSOP 2’ $ BI (April 2001) 1. Platz 316.000 $
WSOP Main Event (Mai 2001) 5. Platz 303.000 $
WPT World Poker Finals (November 2003) 3. Platz 282.000 $
WSOP Champions (November 2005) 3. Platz 250.000 $
WSOP 3’ $ BI Limit (Mai 1997) 1. Platz 204.000 $
WSOP 5’ $ BI Limit (Mai 1992) 1. Platz 188.000 $
WSOP 2’ $ BI (Mai 1993) 1. Platz 173.000 $
WSOP 2.5’ $ BI Limit (Mai 2003) 1. Platz 171.000 $
WSOP 2.5’ $ BI (Mai 1993) 1. Platz 161.000 $
WSOP 5’ $ BI Limit (Mai 1993) 1. Platz 138.000 $
Chris Ferguson „Jesus“ Geboren 1963 in Los Angeles Chris Ferguson lebt in Pacific Palisades in Kalifornien. Fergusons Eltern studierten beide Mathematik, sein Vater lehrt als Mathematikprofessor sogar Spieltheorie an der UCLA. Chris Ferguson selbst machte seinen Doktor in Computerwissenschaften. Poker spielte er schon, bevor er zehn Jahre alt war. Während seiner Collegezeit zockte er online im IRC um Spielgeld. 1994 begann er mit Turnierpoker in Kalifornien, 1995 nahm er erstmals an der WSOP teil. 1999 verließ er unfreiwillig nach 18 Jahren die UCAL, an der er fünf Jahre als Unterabsolvent und 13 als Universitätsabsolvent verbracht hatte. An der Universität war er zudem der Präsident des SwingTanzClubs. 2000 gewann er das Main Event der WSOP. Im heads-up setzte er sich gegen die Legende T.J. Cloutier erfolgreich durch. Das entscheidende Spiel gewann er allerdings glücklich mit A9 gegen AQ durch eine 9 auf dem river. Seinen Spitznamen „Jesus“ erhielt er wegen seiner braunen, langen Haare und seines Vollbarts. Ferguson besitzt neben seinen überragenden pokerskills noch eine weitere
außergewöhnliche Fähigkeit. Er kann Karten so schnell und exakt werfen, dass er damit Bananen oder Essiggurken auseinanderschneiden kann. Ferguson ist heute in der online-poker Szene sehr aktiv und arbeitet zudem an der Börse als day-trader. Seine größten Erfolge:
WSOP Main Event (Mai 2000) 1. Platz 1.5 Mio. $
WSOP Circuit Champion (März 2005) 1. Platz 655.000 $
WSOP Tournament Circuit (September 2005) 1. Platz 362.000 $
Heads-up Championship (März 2006) 2. Platz 250.000 $
Heads-up Championship (März 2005) 2. Platz 250.000 $
WSOP 2’ $ BI PL Omaha (Juni 2005) 2. Platz 210.000 $
WSOP 1.5’ $ BI PL Omaha h/l (April 2001) 1. Platz 165.000 $
WSOP 2.5’ $ BI Seven Card Stud (Mai 2000) 1. Platz 151.000 $
WSOP 2’ $ BI Omaha h/l (Mai 2003) 1. Platz 124.000 $
WSOP 2’ $ BI Seven Card Stud (April 2003)
1. Platz 66.000 $
Gustav Hansen
„Gus“
„The Great Dane“ Geboren 1973 in Kopenhagen Gus Hansen nennt zwei Orte sein zu Hause: Monaco und Las Vegas. In seiner Jugend war er ein Tennisass. Er liebte es von jeher, sich mit ande-ren zu messen und wurde auch deshalb schon in frühen Jahren ein Weltklasse Backgammon-Spieler. 1993 reiste er nach Amerika, um mehr von der Welt kennen zu lernen und um Geld zu machen, da in Dänemark nur sehr wenige Leute um hohe Geldbeträge Backgammon spielen wollten. Seine Pokerkarriere begann in seiner Studienzeit in Santa Cruz, in der ihn ein Freund in entsprechende Pokerräume mitnahm. Er erfasste das Spiel schnell und gewann sehr häufig. Von diesem Zeitpunkt an spielte er regelmäßig Poker und finanzierte sich dadurch seinen Lebensunterhalt. Seine Berühmt-heit erlangte er 2002 bei der WPT, als er sich als Newcomer vor laufenden TVKameras spektakulär gegen 146 Gegner durchsetzte und über eine halbe Million Dollar gewann. Bekannt machte ihn auch sein aggressiver und unorthodoxer Pokerstil. Aufgrund seiner Pokerphilosophie spielt er teilweise nicht die Karten, sondern die Spieler, und übt sehr viel Druck
aus. Seine Spielweise, auch mit schwachen Karten zu spielen, kann er nur mit seinem überragenden Post-FlopSpiel so erfolgreich managen. Aus diesem Spiel entstand die Floskel „Einen Gus spielen“, was gleichbedeutend ist, mit einer schlechten Hand viel zu setzen. 2006 gewann er den bis dato höchsten pot in der Geschichte von „Highstakes Poker“ gegen Daniel Negreanu. Hansen (5♦ 5♣ ) gewann 575.700 $ mit einem Vierling 5er gegen Negreanus (6♠ 6♥ ) full house 6er über 5er (board: 9♣ 6♦ 5♥ – 5♠ – 8♠ ). Hansen bezeichnet sich selbst als Zocker und liebt jegliche Art von Sport. Es ist ein offenes Geheimnis, dass er eine Schwäche für Glücksspiel hat und dort schon einen beträchtlichen Teil seines erspielten Vermögens wieder verzockt hat. In der Pokerszene jedoch gilt er als einer der gefährlichsten und gefürchtetsten Spieler.
Seine größten Erfolge:
Superstars Invitational (Februar 2005) 1. Platz 1 Mio. $
WPT Five Diamond Classic (Mai 2002) 1. Platz 556.000 $
WPT L.A. Poker Classic (Februar 2003)
1. Platz 532.000 $
WPT Caribbean Adventure (Januar 2004) 1. Platz 456.000 $
WPT Poker Shooting Stars (März 2005) 3. Platz 332.000 $
WPT Five Diamond Classic (Dezember 2003) 3. Platz 276.000 $
Dave Ulliott „Devilfish“ Geboren 1954 in Hull, North Humberside Dave Ulliott lebt noch in seinem Geburtsort Hull in England. Er ist verheiratet und hat sieben Kinder. Ulliot arbeitete schon in verschiedenen Berufen. Unter anderem war er als Juwelier und Pfandleiher tätig. Mit 15 Jahren begann der Sohn eines Lastwagenfahrers Poker zu spielen. Als junger Spieler erhielt er den Namen „Dave The Clock“, da er anfangs wenig Geld besaß und einmal die Uhr seines Großvaters als buy-in für ein Pokerspiel benutzte. In den 90ern wollte niemand in seiner Heimatgegend mehr mit ihm spielen, weil er so erfolgreich war. Daher ging er schließlich nach Las Vegas, um sich mit den „Großen“ seines Sports zu messen. Auch dort bewies er sich hauptsächlich in cash-games. 1997 gewann er dann sein erstes großes Turnier, bei dem er unter anderem Men „The Master“ Nguyen besiegte und dank seiner skills den heute bekannten Spitznamen „Devilfish“ erhielt. Die Schlagzeile am nächsten Tag lautete: Devilfish bezwingt den Master. In seiner Freizeit spielt der „Devilfish“ Gitarre und Piano. Zudem sind seine Elvis-Imitationen bekannt. Wohl aus seiner Zeit als Juwelier rührt sein Fable für
ausgefallene Ringe. Er trägt meist zwei an beiden Händen, die teilweise sogar Eigenkreationen sein sollen. Er gilt momentan als einer der besten europäischen Pokerspieler und ist eine der schillernden Persönlichkeiten der Pokerwelt. Seine größten Erfolge:
WPT Jack Binion Open (Januar 2003) 1. Platz 589.000 $
WSOP 1.5’ $ BI (Juni 2005) 3. Platz 232.000 $
WSOP 2’ $ BI PL (April 1997) 1. Platz 180.000 $
British Open (März 2004) 1. Platz 162.000 $
WSOP 2’ $ BI (April 2000) 2. Platz 150.000 $
Poker Million The Masters (Juli 2004) 2. Platz 125.000 $
Full Tilt Poker Invitational (November 2005) 3. Platz 120.000 $
Thuan Nguyen
„Scotty“
„The Prince Poker“
of
Geboren 1962 in Nha Trang (Vietnam) Thuan, genannt Scotty, Nguyen, lebt mit seiner Frau und fünf Kindern in Henderson, Nevada. 1976 siedelte er mit dem Schiff von seiner Heimat Vietnam in die USA über und lebte bei einer Gastfamilie in Chicago, die für ihn sorgte. Danach zog er zu einer anderen Familie nach Orange County, widmete sich mehr dem Poker als seiner Ausbildung und flog deshalb von der Schule. Beim Poker verlor er allerdings sein gesamtes Geld. Dann kam jedoch der Wendepunkt in seinem Leben. Er wurde Casino-Dealer. Dabei lernte er viel durch das Beobachten von Spielern und verbesserte dadurch sein eigenes Spiel. Nachdem er sich in cash-games etabliert hatte, versuchte er sein Glück bei einigen Turnieren, und das mit großem Erfolg. 1997 gewann er sein erstes bracelet. 1998 stand ihm im WSOP Main Event im heads-up Kevin McBride gegenüber. Dort entstand sein legendärer Spruch: “You call this one, and it’s all over, baby!” (Wenn du jetzt callst, ist alles vorbei, Baby!). McBride callte und Nguyen
gewann die Weltmeisterschaft. Nguyen spielt seither eine hohe Anzahl von Turnieren pro Jahr. Zwischen 2000 und 2004 landete er sensationellerweise in mehr als 100 Turnieren in den Preisrängen. Nguyen hat trotz seines Erfolges seine Wurzeln nie vergessen. Mit seinen Gewinnen hat er seiner Mutter in Vietnam ein Haus gekauft und besucht sie dort regelmäßig. „The Prince of Poker“ gilt als einer der charismatischsten und emotionalsten Spieler der Pokerwelt. So prägte er auch den Satz „That’s poker baby“ (Das ist Poker, Baby) für eine unglücklich verlorene Hand. Seine größten Erfolge:
WSOP Main Event (Mai 1998) 1. Platz 1 Mio. $
WPT Gold Strike WPO (Januar 2006) 1. Platz 969.000 $
WPT Jack Binion Open (Januar 2005)
4. Platz 336.000 $
WSOP 5’ $ BI PL Omaha h/l (Mai 2001) 1. Platz 208.000 $
Fest al Lago III (Oktober 2004) 1. Platz 185.000 $
WSOP 2.5’ $ BI PL Omaha (Mai 2001) 1. Platz 178.000 $
World Poker Finals (November 2001) 1. Platz 160.000 $
WSOP 2’ $ BI Omaha 80B 1. Platz 157.000 $
WPT Limit Party Poker (März 2004) 6. Platz 130.000 $
WPT Mirage Showdown (Juli 2004) 5. Platz 122.000 $
Jennifer Harman Geboren 1964 in Reno, Nevada Jennifer Harman lebt mit ihrem Mann Marco Traniello in Las Vegas. Mit acht Jahren begann sie schon zu pokern. Ihr Vater spielte zu Hause immer mit seinen Freunden, verlor jedoch meist. Dann musste er seine Tochter rufen, die ihn dann am Pokertisch „rächte“ und seine Verluste ausbügelte. Manche bezeichneten sie schon damals als Wunderkind. Als Teenager jobbte sie gelegentlich als Kellnerin bei Cocktailpartys, begann aber dann ihre gesamte Zeit dem Poker zu widmen, nachdem sie sich erfolgreich in den Pokerräumen Las Vegas versucht hatte. Sie spielt hauptsächlich in cashgames und ist dort sehr erfolgreich. Dort misst sie sich mit Größen wie Doyle Brunson, Chip Reese oder Daniel Negreanu. Zusätzlich hat sie aber auch schon einige beachtliche Turniererfolge erzielt. Allerdings hat sie seit ihrer Kindheit oft mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Während der WSOP 2004 musste sie sich sogar einer Nierentransplantation unterziehen. Sie engagiert sich für Organspenden und hat eine eigene Organisation (CODA, Creating Organ Donation Awardness) gegründet. Darüber hinaus trägt sie gemeinnützige Poker events aus. In der Pokerwelt
gilt sie als die bekannteste weibliche Vertreterin. Auch ihre männlichen Kollegen zollen ihr großen Respekt. So hält Daniel Degreanu sie nicht nur für die beste Pokerspielerin auf dem Planeten, sondern zählt sie zu den besten Pokerspielern überhaupt. Harman ist trotz ihrer Erfolge stets bemüht, ihr Spiel noch zu verbessern. So sagte die Perfektionistin von sich selbst: „I still learn something new every day.“ (Ich lerne immer noch jeden Tag etwas Neues.) Ihre größten Erfolge:
Rio Las Vegas Festival (März 2005) 2. Platz 384.000 $
WPT Five Diamond Classic (Dezember 2004) 4. Platz 300.000 $
WSOP 5’ $ BI Limit (Mai 2002) 1. Platz 221.000 $
WSOP 5’ $ BI Deuce To Seven (Mai 2000)
1. Platz 146.000 $
Chris Moneymaker „Money“ Geboren 1976 in Brentwood Tennessee Chris Moneymaker (das ist sein echter Name!) lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in New York. Er wuchs in Tennessee auf. In seiner Kindheit spielte er Bridge mit seiner Großmutter, später entdeckte er mit seinem Vater die Liebe zum Black Jack. Nach seinem Studienabschluss arbeitete er als Buchhalter. Der Film „Rounders“ inspirierte ihn, im Freundeskreis zu pokern. Da das nächste Casino über vier Stunden entfernt war und er nicht nur mit seinen Freunden spielen wollte, versuchte er sein Glück beim online-poker. Dabei gewann er den Eintritt für die WSOP durch ein 40 $ online-Turnier. Um auch wirklich teilnehmen zu können, musste er sich von seinem Vater und einem Freund Geld für die Reise nach Las Vegas und die Unterkunft leihen. Sensationellerweise gewann er als Amateur die Weltmeisterschaft und machte aus 40 $ über 2,5 Mio $. Viele Leute glauben, dass mehr Glück als Können im Spiel war und verweisen auf einige bad beats Moneymakers, unter anderem als er mit 88 gegen AA von Humberto Brenes durch eine 8 am turn gewann und vor allem als er Phil Ivey durch eine lucky rivercard aus dem Turnier kickte. Natürlich hatte er viel Glück, aber er hat auch das Turnier seines
Lebens gespielt. Er lag bei sehr vielen Entscheidungen richtig, was vielerorts in Vergessenheit geraten ist. Mit seinem Turniersieg sorgte er für einen riesigen Pokerboom, vor allem in den USA. Viele Amateure glauben nun, gegen Profis bestehen zu können und versuchen ihr Glück. Dies sorgt u.a. bei der WSOP für ständig wachsende Teilnehmerzahlen. Inzwischen reist Moneymaker durch die Welt als Promoter für verschiedene Pokerprodukte und spielt Turniere, wenn er Zeit hat. Seine größten Erfolge: WSOP Main Event (Mai 2003) 1. Platz
2.5 Mio. $
WPT Bay 101 Shooting Star (März 2004) 2. Platz
200.000 $
Doyle Brunson „Texas Dolly“ Geboren 1933 in Longworth Texas Doyle Brunson lebt in Las Vegas, ist verheiratet und hatte ursprünglich vier Kinder. Seine Tochter Doyla starb mit 18 Jahren an einem Herzklappenleiden. Er ist der wohl bekannteste Pokerspieler aller Zeiten. Da er in einem abgele-genen 100 Seelen Dorf aufwuchs, musste er regelmäßig lange Distanzen zu anderen Städten laufen. So wurde er ein aussichtsreicher Sportler: Er spielte im All-State-Texas Basketball Team, war StateChampion im Meilenlauf und wurde er zu den Minneapolis Lakers gedraftet, aber eine Knieverletzung beendet früh seine Träume von einer erfolgreichen Sportlerkarriere, als ihm während eines Ferienjobs eine schwere Platte auf das Bein fiel und dieses brach. Er musste zwei Jahre einen Gips tragen und benötigt auch heute manchmal noch eine Krücke zur Unterstützung beim Gehen. Deshalb konzentrierte er sich auf seine Ausbildung und auf das Pokerspielen, das er während seiner Collegezeit begann. Schließlich machte er seinen Abschluss in Pädagogik. Das geringe Lehrergehalt trieb ihn dazu, sich nur dem Pokerspiel zu widmen. Anfangs zog er mit einem Freund
von Stadt zu Stadt, um an größeren Spielen teilzunehmen. Schließlich landete er in Las Vegas und ließ sich dort nieder. Er war der erste Spieler, der 1 Mio. $ in einem Pokerturnier gewann. Bekannt wurden vor allem auch seine Pokerbücher „Super System I + II“, die als die „Pokerbibeln“ gelten. Sein Spitzname „Texas Dolly“ entstand, als Jimmy „The Greek“ Snyder Brunsons Vornamen falsch vorgelesen hatte. Seither trägt er den Namen „Dolly“ in der Pokerszene, in der die „lebende Legende“ Brunson auch heute immer noch sehr erfolgreich Poker spielt. Brunson ist auch berühmt für eine Wette, als er 1 Mio. $ gewann, indem er 100 Pfund abnahm. 2005 holten sowohl er, als auch sein Sohn Todd ein bracelet bei der WSOP und waren somit die erste VaterSohnKombination, der dieses Kunststück gelang.
Seine größten Erfolge:
WPT Legends of Poker (August 2004) 1. Platz 1.2 Mio. $
WPT Main Event (Dezember 2005) 3. Platz 563.000 $
WSOP 5’ $ BI Short-handed (Juni 2005)
1. Platz 368.000 $
WSOP Main Event (Mai 1977) 1. Platz 340.000 $
WSOP 50’ $ BI H.O.R.S.E. (Juli 2006) 8. Platz 275.000 $
WSOP Main Event (Mai 1976) 1. Platz 220.000 $
WSOP 2.5’ $ BI (Mai 1991) 1. Platz 208.000 $
WPT Five-Star World (April 2003) 4. Platz
160.000 $
WSOP Main Event (Mai 1983) 3. Platz 108.000 $
WSOP 1.5’ $ BI Razz (April 1998) 1. Platz 93.000 $
WSOP 2’ $ BI H.O.R.S.E. (Juli 2003) 1. Platz 84.000 $
WSOP 5’ $ BI Deucte to Seven (April 1977) 1. Platz 80.000 $
WSOP 5’ $ BI Seven Card Stud (Juli 1978) 1. Platz 68.000 $
WSOP 1’ $ BI Seven Card Stud Split (Juli 1977) 1. Platz 63.000 $
WSOP 600 $ BI Mixed Doubles (mit Starla Brodic, Mai 1979) 1. Platz 4.500 $
Johnny Chan „Orient Express“ Geboren 1957 in Canton, China Johnny Chan lebt in Las Vegas, ist verheiratet und hat sechs Kinder. In frühester Kindheit siedelte seine Familie zuerst nach Hongkong und von dort aus 1968 nach Phoenix in die USA über. Anschließend zog die Familie nach Houston und eröffnete einige Restaurants. Eigentlich wollte er das Familiengeschäft fortführen, aber in den frühen 80er Jahren packte ihn das Pokerspiel. Er ging nach Las Vegas, um professioneller Spieler zu werden. Die ersten Jahre als Profi entpuppten sich aber als sehr schwierig, er muss-te sogar zusätzliche Jobs annehmen, um sein Leben zu finanzieren. Chan blieb allerdings hartnäckig, verbesserte sein Spiel und entwickelte eine sehr große Disziplin, die ihn bis heute zu einem so erfolgreichen Spieler gemacht hat. Er ist einer von drei Spielern (neben Stu Ungar und Doyle Brunson), die zweimal in Folge die Weltmeisterschaft (1987, 1988) gewinnen konnten. 1989 stand er kurz vor dem Triple, musste sich im heads-up aber Phil Hellmuth Jr. geschlagen geben. Mit eben diesem und Doyle Brunson teilt er sich momentan mit 10 WSOP bracelets auch den 1. Platz in der Rangliste der meisten Titel. Bekannt wurde er zudem durch den Film
„Rounders“, in dem er sich selbst spielte. Gezeigt wurde in diesem Film unter anderem die entscheidende Sze-ne seines WSOP-Sieges 1988, als Eric Seidel mit einem Paar Damen gegen seine nuts-Straße all-in ging. 2002 wurde er in die „Poker Hall of Fame“ auf-genommen. An den Pokertischen ist Chan immer mit einer Orange anzutreffen. Diese Angewohnheit stammt aus der Zeit, als Rauchen am Pokertisch bei großen Turnieren noch erlaubt war. Chan nahm deshalb eine Orange mit und atmete den Orangenduft ein, um so einen klaren Kopf in den verqualmten Casinos zu bekommen. Heute ist sie eher aus Aberglaube sein Begleiter. Verrückt ist auch sein Autokennzeichen, JJ333, eine Hand, mit der er einmal viel Geld gewonnen hat. Chan ist zudem Pokermentor von Jamie Gold, der die WSOP 2006 und somit 12 Mio. $ gewann. Seine größten Erfolge:
Superstars Invitational (November 2005) 1. Platz 703.000 $
WSOP Main Event (Mai 1988) 1. Platz 700.000 $
WSOP Main Event (Mai 1987) 1. Platz 625.000 $
WSOP 2.5’ $ BI PL Omaha (Juni 2005) 1. Platz 303.000 $
WSOP Main Event (Mai 1989) 2. Platz 302.000 $
WSOP 5’ $ BI (April 2003) 1. Platz 224.000 $
WSOP 3’ $ BI (Mai 2001) 2. Platz 211.000 $
WSOP 1.5’ $ BI PL Omaha (Mai 2000) 1. Platz 179.000 $
WSOP 1’ $ BI Limit (Mai 1985) 1. Platz 171.000 $
WSOP 5’ $ BI Deuce to Seven (April 1997) 1. Platz 164.000 $
WSOP 5’ $ BI Omaha PL (Mai 2003) 1. Platz 158.000 $
WSOP 1.5’ $ BI Seven Card Stud (April 1994) 1. Platz 136.000 $
WSOP 2.5’ $ BI Gold Bracelet Match Play 1. Platz 34.000 $
Stuart „Stu“ Ungar „The Kid“ Geboren 1953 in New York, gestorben 1998 Stu Ungar gilt als Legende und als Wunderkind unter den Pokerspielern. Er begann schon in frühster Jugend mit dem Kartenspielen, neben Poker beherrschte er vor allem das Kartenspiel Gin Rummy. Mit zehn Jahren gewann er sein erstes lokales Turnier. 1968 verließ er die Schule, um Vollzeit Gin Rummy zu spielen. Dies tat er sehr erfolgreich und zog von Stadt zu Stadt, bis er 1976 in Las Vegas landete. 1980 gewann er als damals jüngster Spieler die WSOP und verteidigte den Titel auch im darauf folgenden Jahr. Er heiratete und bekam mit seiner Frau eine Tochter. 1986 ließ sie sich schei-den, auch aufgrund von Drogenproblemen und seiner Spielsucht. Er liebte es, Sportwetten, vor allem Pferdewetten, zu platzieren. Seine Probleme wurden immer schlimmer. Am dritten Tag der WSOP 1990 wurde er sogar besinnungslos in seinem Hotelzimmer aufgefunden, obwohl er noch im Turnier war. Er hatte allerdings so einen großen Jetonsvorsprung, dass er, obwohl die Dealer ihm wegen seiner Abwesenheit die blinds vom stack nahmen, als Neunter das Turnier beendete. 1997, äußerlich gekennzeichnet durch Jahre
der Abhängigkeit, lieh er sich von seinem Freund Billy Baxter 10.000 $, um an der WSOP teilnehmen zu können. Er triumphierte erneut und widmete den Sieg seiner Tochter, dessen Foto er das ganze Turnier über in seiner Jackentasche trug. Baxter und er teilten die 1 Mio. $ zu gleichen Teilen. Im Jahr darauf war Ungar erneut pleite und Baxter schlug ihm den gleichen Deal vor, wie im Jahr zuvor. Ungar jedoch zog zehn Minuten vor Turnierstart zurück, da er müde sei und „sich nicht nach spielen“ fühlte. Sieben Monate später wurde Ungar tot in einem Motelzimmer aufgefunden. Todesursache war Herzversagen aufgrund der vielen Jahre der Drogenabhängigkeit. Alles was Ungar zu diesem Zeitpunkt noch besaß, hatte er bei sich: Es waren 800 $. Ungar hatte niemals einen Job. Ungar wird von vielen als der wohl beste No-limit Texas Hold’em Spieler aller Zeiten gesehen. Ein Genie, das vor allem an seiner Sucht scheiterte. Mit „High Roller – The Stu Ungar Story“ wurde 2003 die Lebensgeschichte Ungars verfilmt.
Seine größten Erfolge:
WSOP Main Event (Mai 1997) 1. Platz 1 Mio. $
WSOP Main Event (Mai 1980)
1. Platz 385.000 $
WSOP Main Event (Mai 1981) 1. Platz 375.000 $
WSOP 5’ $ BI Seven Card Stud (Mai 1983) 1. Platz 110.000 $
WSOP 10’ $ BI Deuce To Seven (Mai 1981) 1. Platz 95.000 $
Dazu noch weitere zehn Siege bei Major Turnieren mit buy-ins 5.000 $ oder höher.
5. Glossar Die wichtigsten Begriffe für Sie im Überblick:
Begriff
Erklärung
act die Hand spielen: checken, setzen oder folden
active am pot beteiligter Spieler
ajax die Kombination Ass, Bube als Startkarten
all-in alle Jetons setzen
ante erzwungener, von jedem Spieler zu bringender Einsatz
backdoor die turn und river Karten zum Bilden einer Hand benutzen
bad-beat eine favorsierte Hand verlieren
beat-theboard
eine Hand, die die aktuellen nuts schlagen kann
belly buster siehe inside straight
bet setzen
big chick die Kombination Ass, Dame als Startkarten
big slick die Kombination Ass, König als Startkarten
blank eine Gemeinschaftskarte, die vordergründig nichts bewirkt
blind ein von bestimmten Sitzpositionen erzwungener Mindesteinsatz
bluff eine schwache Hand spielen, als ob sie stark wäre
board alle offenen Karten
boat siehe full house
bottom pair ein Paar mit der niedrigsten Gemeinschaftskarte
broke pleite
button ein Zeichen für den Geber
buy-in zu entrichtende Summe, um mitspielen zu dürfen
call halten des geforderten Einsatzes
cash-game normales Pokerspiel ohne Turnierstruktur
check abwarten, äquivalent zu einem bet in Höhe von 0
check-raise
zunächst checken, um einen eventuellen bet zu raisen
chip Jeton
chipleader der Spieler mit den meisten Jetons
community card
siehe Gemeinschaftskarte
connector Startkarten von zwei aufeinander folgenden Rängen
cowboys zwei Könige als Startkarten
dealer Geber
deception das Täuschen der Gegner
dog Kurzform von underdog
dominated hand
eine Hand, die gegen eine ähnliche, aber bessere
Hand fast sicher verliert
Doppelpaar zwei Karten eines Rangs und zwei Karten eines weiteren Rangs
draw dead unabhängig von den ausstehenden Karten die schlechtere Hand halten
draw poker Pokerpiel mit fünf Startkarten und Kartentausch
draw-hand eine aktuell schwache Hand, die im weiteren Verlauf besonders stark werden kann
Drilling drei Karten eines Rangs
early position eine Position, die früh handeln muss, also links vom Geber
fifth street siehe river
flop die
ersten
drei,
gleichzeitig
gegeben
Gemeinschaftskarten
flush fünf Karten derselben Farbe
fold aussteigen
fourth street siehe turn
free-card das Erhalten einer Gemeinschaftskarte ohne dafür Einsatz bringen zu müssen
full house drei Karten eines Rangs, dazu zwei Karten eines anderen Rangs
Gemeinschaftskarte offene Karte in der Tischmitte, die jedem Spieler gleichzeitig zur Verfügung steht
gutshot straight
siehe inside straight
Hand eine nach Wertigkeit messbare Kombination aus fünf Karten
heads-up zu zweit spielen
helpcard siehe out
high-card eine hohe Karte
hit das board trifft die Startkarten
höchste Karte die niedrigste Kategorie von Pokerhänden
hole cards siehe pocket cards
hooks zwei Buben als Startkarten
implied odds die aktuellen pot-odds mit angenommenen zukünfitgen Gewinnen
inside straight
eine Straße, der zuletzt eine Innenkarte fehlte
jack ein Bube
kicker nicht gepaarte Beikarte, um über die bessere zweier ähnlicher Hände zu entscheiden
kojak die Kombination König, Bube als Startkarten
ladies zwei Damen als Startblatt
late position eine Position, die spät handeln muss, also rechts vom Geber
limit Poker mit festgelegten Einsatzhöhen
limp ohne raise ins Spiel einsteigen
loose wenig selektive Spielweise
made-hand auch ohne weitere Unterstützung des boards als stark
einzustufende Hand
made-hand auch ohne weitere Unterstützung des boards als stark einzustufende Hand
marriage die Kombination König, Dame als Startkarten
maverick die Kombination Dame, Bube als Startkarten
middle position
eine Position, die weder besonders früh noch spät handeln muss, also vom Geber entfernt
multiway pot pot mit mehr als zwei aktiven Spielern
no-limit die Einsätze sind jederzeit in beliebiger Höhe erlaubt
nuts die in der aktuellen Situation stärkste Hand
offsuit verschiedenfarbige Startkarten
omaha
Pokerpiel mit vier Gemeinschaftskarten
Startkarten
und
fünf
online-poker Poker, gespielt über das Internet
open-ended straight
eine Straße, der zuletzt eine Außenkarte fehlte
out Karte im Deck, die die Hand entscheidend verbessert
outdraw das Spiel aufgrund des Erscheinens einer helpcard gewinnen
overcard eine Karte, höher als die höchste offene Karte
overpair pocket pair, das höher als die höchste Karte am board ist
Paar zwei Karten eines Rangs
pair siehe Paar
play-theboard
keine pocket card einbringen können
pocket cards Startkarten
pocket pair ein Paar als Startkarten
pocket rockets
zwei Asse als Startkarten
position Position am Tisch in Relation zum button
pot alle Jetons in der Mitte des Tisches als Gewinn für den Sieger
potcommitted
eine Situation, in der das Verhältnis pot:stack so beschaffen ist, dass das Weiterspielen sehr nahe liegt
pot-limit der Höchsteinsatz ist gleich dem aktuellen pot
pot-odds die Jetons im pot im Verhältnis zu den zu entrichtenden
Jetons
potsize aktuelle Größe des pots
pre-flop die Situation vor dem flop
quads Vierling
rag unbedeutende, oft niedrige Karte
raise erhöhen
rake erhobener Anteil der ausrichtenden Partei am pot
re-raise einen raise erhöhen
ring-game siehe cash-game
river die fünfte und letzte Gemeinschaftskarte
royal flush höchstmöglicher straight flush, die beste Hand im Poker
runner-runner siehe: backdoor
scare card eine Gemeinschaftskarte, die die Spielsituation stark verändert
second pair ein Paar mit der zweithöchsten Gemeinschaftskarte
semi-bluff bluff in Kombination mit einem draw
set ein mit einem pocket pair gebildeter Drilling
seven card stud
Pokerpiel mit zwei verdeckten, vier offenen und einer finalen verdeckten Karte
short-handed unvollständig besetzter Pokertisch
short-stack
ein Spieler mit relativ wenig Jetons
showdown finaler Kartenabgleich um den Sieger des pots festzustellen
sit and go ein Turnier, das startet, sobald genügend Teilnehmer vorhanden sind
slowplay eine starke Hand spielen, als ob sie schwach wäre
split-pot pot, der mehr als einen Sieger hat
stack die Anzahl der Jetons eines Spielers
stehlen den pot durch bluffen gewinnen
straight siehe Straße
straight flush fünf Karten derselben Farbe in einer Reihe
Straße fünf Karten in einer Reihe
suited gleichfarbige Startkarten
table-image aktuell wahrgenommenes Spielers
Charakterbild
eines
aktuell wahrgenommenes Spielers
Charakterbild
eines
table-image
table-stakes Pokerregel, nach der jeder Spieler höchstens seinen stack setzen kann
tell ein versehentlicher Hinweis auf die Stärke persönlicher Karten oder zukünftige Aktionen
texas hold’em Pokerpiel mit zwei Gemeinschaftskarten
Startkarten
tight sehr selektive, restriktive Spielweise
und
fünf
top-kicker bestmögliche Beikarte
top-pair ein Paar mit der höchsten Gemeinschaftskarte
trash-hand schwache Startkarten
trips Drilling
turn die vierte Gemeinschaftskarte
underdog Außenseiter
under-the-gun Position, die als erste im Spiel handeln muss
unsuited siehe: offsuit
Vierling vier Karten eines Rangs
WPT
World Poker Tour
WSOP World Series of Poker
Beteiligte Personen: Projektleiter: Detlef Erhardt Autor: Dipl. Math. Stephan M. Kalhamer Co-Autor: Sven Lucha Zeichnungen: Stephanie Rügert
Korrektoren: Fachlich: Dipl. Betriebswirt Alexander Grenz Mathematisch: Dipl. Math. Andreas Eberl Sprachlich: Christoph Steinbach Allgemein: Dipl. Wirtsch. Inf. Jochen Kranz
Zweite Auflage Alle Informationen und Angaben in diesem Buch wurden vom Verlag sehr sorgfältig zusammengetragen und recherchiert. Inhaltliche Fehler können wir jedoch nicht ausschließen. Für Fehler, Änderungen und Irrtümer können die Autoren und der Verlag keinerlei Haftung übernehmen. Ihre Hinweise und Anregungen nehmen wir gerne entgegen und werden diese in Folgeauflagen berücksichtigen. © 2011 AniMazing GmbH, Grunewaldstraße 5, 93053 Regensburg Nachdruck, auch auszugsweise, Vervielfältigung, Übersetzung oder Nutzung des Fotomaterials und der Grafiken bedürfen der ausdrücklichen, schriftlichen Genehmigung des Verlags.
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