CALVIN M. KNOX
Sie stahlen seine Welt (ONE OF OUR ASTEROIDS IS MISSING)
ERICH PABEL VERLAG • RASTATT (BADEN)
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CALVIN M. KNOX
Sie stahlen seine Welt (ONE OF OUR ASTEROIDS IS MISSING)
ERICH PABEL VERLAG • RASTATT (BADEN)
PERSONEN: John Storm, Mineningenieur und Prospektor Liz Chase, seine Freundin und spätere Frau Sam Fletcher, Prospektor Charlie Byrd, Bürgermeister von Marsville Ellins, Agent der Universal Mining Comp. Der Fremde
1. Kapitel Der Asteroid war nur einer der vielen in der Endlosigkeit des Alls schwebenden Felsbrocken. Vor dem Hintergrund des trostlosen Mars hatte der Brocken einen rötlichen Schimmer, seine scharfen Zacken hoben sich klar gegen das dunkle Universum ab. Storm traf die notwendigen Landevorbereitungen, denn er wollte sich den Asteroiden genauer ansehen. Seit eineinhalb Jahren trieb Storm sich im Asteroidengürtel umher und suchte nach seltenen Materialien. Obschon er wohl kaum noch mit einem Fund rechnete, wollte er keine Nachlässigkeit begehen. Vielleicht war dieser Asteroid noch nicht erforscht, noch nicht beansprucht. Vielleicht gab es dort unten die Materialien, die den Finder reich machen würden. Storm war müde. Zu oft war er auf ähnlichen Brocken gelandet, hatte den Boden umgewühlt, Analysen gemacht, Enttäuschungen erlebt. Er stellte den Computer ein. Die Schwere des Asteroiden mußte genau berücksichtigt werden. Das war keine leichte Aufgabe, denn der Computer war schon alt. Das Schiff war auch nicht gerade ein Prunkstück. Storm hatte beim Kauf nicht allzu wählerisch sein können. Der Typ Hawthorn 13 war um die Jahrtausendwende der letzte Schrei gewesen, doch die inzwischen vergangenen achtzehn Jahre hatten erstaunliche Entwicklungen gebracht. Jetzt gab es schon den Schiffstyp 127. Storm wußte nur zu gut, daß es pures Glück war, wenn der alte Kasten die kurzen Brems- und Beschleunigungsstöße aushielt. 4
Der Asteroid glitzerte jetzt genau in der Mitte des Bildschirmes. Storm machte ein grimmig entschlossenes Gesicht und fuhr mit der Hand über seine Bartstoppeln. Die Haut juckte und verlangte nach Wasser und Seife. Die Steuerorgane am Bug des Schiffes reagierten auf die vom Computer gegebenen Befehle und richteten den kleinen Raumer auf den Asteroiden. Das Schiff ging automatisch in einen Orbit um den Asteroiden und paßte sich der Rotation des rohen Klotzes an. Storm zog sich einen Druckanzug über und bereitete sich auf die Landung vor. Die Bezeichnungen seltener Materialien gingen ihm durch den Kopf. Cesium, Tantalum, Lithium, Praseodymium, Neodymium. Das waren seltene Leichtmetalle, reaktive Metalle, seltene und kostbare Mineralien. Noch vor wenigen Jahren waren sie nutzlos gewesen wie das Uran im Jahre 1875. Aber jetzt waren sie die wichtigsten Materialien der Raumfahrtindustrie. Fünfzig Millionen Raumschiffe waren mit Cesium-Ionen-Motoren ausgerüstet. Auf der Erde gab es aber nicht genug Cesium, um den Bedarf dieser Schiffe zu decken. Tantalum und Niobium ermöglichten den Bau von Hochleistungscomputoren. Es war nicht mehr möglich, irgendwo fünfhundert Kilo Niobium zu bestellen, und die Metalle Rubidium und Lanthanum waren noch seltener. Und doch verlangte die Elektronik-Industrie nach diesen Rohstoffen. Die Preise stiegen immer höher. Die großen Lager in Kanada waren fast ausgebeutet, der Tag, an dem sie erschöpft sein würden, ließ sich schon vorausberechnen. In Afrika gab es Beryllium, in Südamerika wurde Cesium gefunden. Die dortigen Minen wurden aber von Re5
volutionen bedroht und lieferten nicht zuverlässig genug. Jede Störung legte gewaltige Industriezweige für lange Zeit lahm. Die Erde brauchte diese seltenen Metalle. Wer sie lieferte, konnte in kurzer Zeit ein Riesenvermögen erwerben. Aber wo waren diese seltenen Stoffe zu finden? Etwa unter der Eiskappe der unwirtlichen Antarktis? Die Suche und der Abbau waren äußerst schwierig. Die Lage war auch noch nicht schlimm genug, um die enorm hohen Abbaukosten zu rechtfertigen. Es gab ja auch andere Möglichkeiten – draußen im All, besonders im Asteroidengürtel. Harte Burschen wagten sich in die Einsamkeit. Sie flogen in Scharen hinaus und riskierten Leben und Besitz. Sie suchten aber kein Gold, sondern Metalle mit merkwürdigen Namen: Gallium, Tantalum, Cesium, Lanthanum und wie sie alle hießen. Storm war einer dieser wagemutigen Prospektoren. Alle seine Freunde hatten ihn für verrückt erklärt. Im Jahre 2016 hatte er seinen vierundzwanzigsten Geburtstag gefeiert und bald darauf sein mit Auszeichnung bestandenes Examen. Er war Mineningenieur geworden, ein Fachmann mit besten Aussichten. Es gab genug Jobs für einen guten Ingenieur. Donovan, der Personalchef der Universal Mining, hatte sich persönlich um ihn bemüht. Donovan war ein kleiner Mann mit stark wuchernden Augenbrauen, einem massiven Kinn und gütigen Augen. „Sie können im August bei uns anfangen, Storm“, hatte er gesagt. „Wir brauchen Sie für unsere Minen in Tierra del 6
Fuego. Wir bieten ein Anfangsgehalt von 36 000 Dollar plus Bonus, Spesen und Wohnungsgeld.“ „Kann ich den Job in zwei Jahren bekommen?“ hatte Storm gefragt. „Warum erst in zwei Jahren?“ „Ich will mich zuvor etwas umsehen. Die Arbeit eines Prospektors reizt mich. Wenn ich in zwei Jahren nichts gefunden habe, werde ich zurückkommen und den Job annehmen.“ „Sie sind verrückt!“ hatte Donovan ausgerufen. „Greifen Sie zu, Storm! Solche Jobs werden nicht jedem geboten.“ „Warten Sie zwei Jahre.“ „Sie können in zwei Jahren schon achtzigtausend Dollar verdienen, Aktien erwerben und noch bessere Chancen haben. Ich verstehe Sie nicht.“ „Wenn ich finde, was ich suche, werden die achtzigtausend nur ein Trinkgeld für mich sein“, hatte Storm geantwortet. Donovan hatte nur traurig den Kopf geschüttelt. „Sie sind ein Narr, Storm. Hunderte treiben sich dort draußen herum. Ich meine nicht die Expeditionen der großen Gesellschaften, sondern die Einzelgänger. Sie wissen doch, wie gering die Erfolgsaussichten sind.“ „Ich will es trotzdem versuchen.“ „Die meisten kommen dabei um, Storm. Wollen Sie sich für eine Illusion opfern? Sie haben doch ein Mädchen, Storm.“ „Und?“ „Heiraten Sie! Sie sind vierundzwanzig Jahre alt. Worauf warten Sie denn noch? Wir bieten Ihnen ein bequemes 7
Haus und eine sichere Stellung. Sie können jeden Monat einen fetten Scheck kassieren, gemütlich leben, Kinder aufziehen. Lassen Sie die Asteroiden den Verrückten, die es nicht besser verdienen.“ Storm hatte lachend geantwortet: „Ich soll nach Tierra del Fuego? Warum nicht gleich zum Mars?“ „Sie haben keine Ahnung, wie es dort unten aussieht, Storm“, hatte Donovan gesagt. „Wer dort lebt, glaubt nicht, daß er in Patagonien ist. Es ist ein Paradies. Sie können zehn Monate im Jahr im Freien schwimmen; die Häuser sind mit Klimaanlagen versehen. Sie haben die Wahl, Storm. Sehen Sie sich die Gegend an. Wir bezahlen die Reise. Riechen Sie die Luft dort unten. Es wird Ihnen gefallen. Die Aufstiegsaussichten sind gut. Ein Mann wie Sie kann es in den Minen zu etwas bringen. Sie sind intelligent und energisch. Ihrer Karriere sind keine Grenzen gesetzt.“ Storm hatte gegen die Versuchung ankämpfen müssen, sich aber doch für das freie Leben entschieden, für den Versuch, sein Glück selber zu schmieden. Ein vorfabriziertes Reihenhaus mit Klimaanlage würde er sein Leben lang bewohnen müssen, wenn sein Experiment fehlschlug. „In zwei Jahren“, hatte er beharrlich gesagt. „Sie müssen tatsächlich verrückt sein“, lautete Donovans Kommentar. Storms Freunde dachten nicht anders. Er kannte sie lange und gut. Alle jungen Ingenieure waren mit der Situation des Arbeitsmarktes vertraut. Wenn die Universal Mining einem jungen Mann einen Job anbot, dann konnte er nichts Besseres tun, als ihn anzunehmen. Das Herumtreiben im 8
Asteroidengürtel sollte den weniger begabten Leuten überlassen bleiben. „Das ist nur etwas für Verrückte“, hatte Storms Freund Ned Lyons erklärt. „Die Erfolgschancen sind viel zu gering.“ „Ich will es trotzdem versuchen“, hatte Storm geantwortet. „Es werden ja nur zwei Jahre sein.“ „Sei vernünftig, Johnny!“ hatte der wohlmeinende Freund gesagt. „Denk an Liz! Sie will dich heiraten. Du hast einen guten Job in Aussicht und willst ein unüberschaubares Risiko eingehen. Das ist unvernünftig. Nur ein Verrückter kann diesen Tausch machen.“ „Dann bin ich eben ein Verrückter“, hatte Storm unbeirrbar gesagt, und auf seine kraftvollen Hände geblickt. Er war groß und stark. Er bildete sich ein, Wikingerblut in den Adern zu haben, und wahrscheinlich stimmte das auch. „Wenn ich mich der Universal Mining verpflichte, kann ich nie mehr als vierzigtausend im Jahr verdienen. Das ist zwar nicht schlecht, aber …“ „Das ist verdammt gut!“ hatte Ned Lyons ihn zornig unterbrochen. „Zugegeben. Nehmen wir aber an, ich finde Cesium im Werte von einer Million Dollar. Wenn ich dieses Geld investiere und nur vier Prozent Zinsen erhalte, bekomme ich auch vierzigtausend im Jahr, behalte aber meine Freiheit. Ich brauche dann nicht zu springen, wenn ein Bonze von der Gesellschaft nach mir pfeift. Stell dir dieses Leben vor! Ich kann dann Studien treiben, vielleicht ein Buch schreiben, malen oder einfach faulenzen.“ „Es ist ein gewagtes Spiel, Johnny.“ 9
„Das weiß ich. Der Einsatz lohnt sich aber. Ich setze zwei Jahre meines Lebens und kann die Unabhängigkeit für immer gewinnen.“ Storm hatte auch mit Liz gesprochen – so oft, daß beide sicher waren, sich aufeinander verlassen zu können. Liz wollte ihn nicht zurückhalten. „Ich werde warten, das verspreche ich dir“, hatte sie feierlich gesagt. „Ich weiß, daß ich dich sonst nicht haben kann. Eine sofortige Heirat würde dich unglücklich machen. Du würdest immer zu den Sternen hinaufblicken und dir einbilden, etwas versäumt zu haben. Das würde mir das Leben vergällen. Die meisten Frauen halten ihre Männer zurück. Ich bin anders, Johnny. Ich wünschte nur, ich könnte dich begleiten.“ „Das geht leider nicht“, hatte Storm geantwortet. „Ich muß es allein schaffen.“ Liz hatte ihm lange in die Augen gesehen und schließlich gesagt: „Finde deinen Schatz recht schnell, Johnny. Finde ihn schnell und kehre gesund zurück.“ „Ich will es versuchen“, hatte er geantwortet und sich auf den beschwerlichen und gefahrvollen Weg gemacht. Inzwischen hatte er seinen Entschluß oft genug bitter bereut und sich manchmal nach einem geruhsameren und erfolgreicheren Leben gesehnt. Eineinhalb Jahre waren schon vergangen. Die Hoffnung auf den großen Fund hatte er kaum noch; er wollte lediglich die zwei vollen Jahre durchhalten und dann Schluß machen. Keinesfalls wollte er sich zu dem Heer der ziellosen Herumtreiber gesellen, die durch das All vagabundieren, immer auf der Suche nach dem Glück, aber längst ohne jede Hoffnung. Storm 10
hatte sich eine Grenze gesetzt und wollte sich daran halten. Trotzdem fiel es ihm schwer, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, erfolglos aufgeben zu müssen. Irgendwo mußte es die seltenen Metalle geben. Zwischen Jupiter und Mars hatte vor Millionen von Jahren ein weiterer Planet die Sonne umkreist. Er war aus irgendwelchen Gründen in Stücke zerplatzt, die jetzt als Asteroiden auf der alten Bahn um die Sonne rasten. Bemerkenswerte Funde hatten bereits bewiesen, daß einige der Asteroiden kostbare Mineralien enthielten. Storm hatte von Anfang an nur Pech gehabt. Erst nach einem vollen Jahr hatte er Spuren von Lithium gefunden. Das Gestein war aber so arm, daß sich eine Ausbeutung der Fundstelle nicht lohnte. Es war ermüdend, von einem öden Felsbrocken zum anderen zu fliegen, die Routinemanöver ständig zu wiederholen, um dann enttäuscht wieder ins Raumschiff zu klettern. Die meisten Asteroiden bestanden aus Basalt oder Granit. Storm hatte sich aber an eine vielversprechende Zone herangearbeitet, wo die Asteroiden Spuren der verschiedensten Metalle aufwiesen. Jetzt suchte er nur noch einen großen Asteroiden mit abbauwürdigen Lagern. Endlich hatte er einen vielversprechenden Asteroiden vor sich. Der im All schwebende Brocken hatte einen Durchmesser von ungefähr zwölf Kilometern und glänzte im vom Mars reflektierten Sonnenlicht. Storm brachte das kleine Raumschiff in einen Parkorbit. Es schwebte etwa dreißig Meter über der Oberfläche und war der Rotation des Asteroiden so genau angepaßt, daß es immer über ei11
nem Punkt verharrte. Storm prüfte seinen Druckanzug und kletterte ins Freie. An einem flexiblen Titaniumseil turnte er nach unten und ließ sich die letzten fünf Meter fallen. Bei der geringen Gravitation des kleinen Asteroiden war das nicht weiter schlimm. Es war aber gefährlich, eine Landung zu versuchen, denn der Startdruck des Raumschiffes konnte den Asteroiden aus der Bahn schleudern und unerwartete Komplikationen verursachen. Storm sah sich um. Die scharf zackigen Felsnadeln bildeten eine gespenstische Kulisse. Da der Asteroid keine Atmosphäre hatte, glänzten die Sterne wie unwahrscheinlich prachtvolle Juwelen. Der Prospektor kannte dieses Bild so gut, daß es ihn nicht mehr beeindruckte. Er machte sich an die Erforschung des Bodens, drehte hier einen Brocken um, zerschlug dort einen anderen. Er hatte eine gute Ausbildung genossen und brauchte sich nicht wie andere Prospektoren auf sein Glück zu verlassen. Er verstand es, die Anzeichen zu deuten. Schon bald nach der Landung ging sein Puls vor Aufregung schneller als sonst. Sollte er diesmal Glück haben? Der Ingenieur sammelte einige glänzende Brocken ein und eilte so schnell es ging zum Seil zurück. Er mußte vorsichtig sein, denn ein unbedacht heftiger Schritt konnte ihn in den Raum befördern. Dort würde er hilflos treiben und nie wieder festen Boden unter den Füßen finden. Es erforderte schon große Selbstkontrolle, sich langsam zu bewegen. Unter dem Schiff stampfte Storm hart auf und wurde durch den entstehenden Gegendruck ruckartig nach oben geschnellt. Er bekam das Seil zu fassen und zog sich daran höher. Nachdem er die Luftschleuse geschlossen und den nor12
malen Luftdruck hergestellt hatte, riß er den Helm vom Kopf. Er machte sich nicht die Mühe, den hinderlichen Anzug auszuziehen, so aufgeregt war er. Die gesammelten Gesteinsproben wanderten nach einander in eine Analysiermaschine, in der sie zermahlen und geprüft wurden. Das ging relativ schnell, so daß Storm das Ergebnis schon nach wenigen Minuten ablesen konnte. Er hatte wertvolle Metalle gefunden. Die Konzentration war so hoch, daß sich der Abbau lohnen würde. Storm hatte einen aus hochwertigem Erz bestehenden Asteroiden gefunden! Das war der Sieg! Der junge Ingenieur wunderte sich über seine Reaktion. Eineinhalb Jahre lang hatte er eine Enttäuschung nach der anderen erlebt. Das hatte viel Kraft gekostet. Jetzt, da er sein Ziel erreicht hatte, konnte er sich kaum darüber freuen. Er nahm es hin, ohne in Jubel auszubrechen. Er war nun froh, daß er nicht als geschlagener Mann zurückkehren mußte. Sein Fund machte ihn zum Millionär. Ich bin reich! sagte er sich immer wieder. Ich habe das Spiel gewonnen und kann Donovan auslachen. Die Freude war aber nicht überwältigend. Sie war nicht so, wie Storm sie sich vorgestellt hatte. Es war, als hätte er einen halben Dollar gefunden, nicht ein Erzlager, das ihm viele Millionen Dollar einbringen würde. Er zuckte die Achseln und machte sich an die Arbeit. Es gab viel zu tun. Nach einer kurzen Mahlzeit stieg er wieder hinab und sammelte weitere Gesteinsproben. Danach bestimmte er die Position des Asteroiden, stellte seine Masse fest und nahm all die anderen erforderlichen Messungen vor. Acht Stunden später wußte er alles. Das Ergebnis seiner 13
Untersuchungen war überwältigend. Sein Fund war so reich, daß sich der Gewinn kaum abschätzen ließ. Der Asteroid war ein aus Erzen bestehender Brocken. Es gab Lepodolita, Lithium und Gallium sowie ein halbes Dutzend weiterer Metalle. Storm war während seines Studiums in Manitoba gewesen, um die reichen Erzlager von Bernice Lake zu besichtigen. Auch dort gab es Erze, die alle möglichen Metalle enthielten. „Dieser Asteroid ist noch besser!“ rief er unbewußt aus. „Der Abbau wird viel leichter sein.“ Es hatte keinen Sinn, den voraussichtlichen Gewinn auszurechnen. Schon die einfache Schätzung war schwindelerregend. Storm wußte, daß er ein reicher Mann sein würde, sobald der Claim angemeldet war. Das war seine nächste Aufgabe: Er mußte seine Ansprüche anmelden und sich die Rechte an dem Asteroiden sichern. Der Mars war einhundertfünfzig Millionen Kilometer entfernt; das war fast die gleiche Distanz, die zwischen Erde und Sonne lag. Und doch war Storm gezwungen, zum Mars zu fliegen, denn er mußte sich nach den Bewegungen der Planeten richten. Er prüfte noch einmal die Position seines Asteroiden, zog das Seil ein und legte dann den Kurs zum Mars fest. Als das Raumschiff losraste, schossen keine Flammen aus den Heckdüsen, nur eine unsichtbare Ionenwolke, die von der Cesiummaschine ausgestoßen wurde. Dieser Treibstoff wurde immer knapper und teurer. Storm war froh, ein reiches Lager entdeckt zu haben. Nichts war so wichtig und so kostbar wie Cesium. Er beschleunigte sehr rasch. Die Wucht des Antriebs 14
preßte ihn in seine weiche Liege. Er spürte es kaum, denn er war ganz von dem Gedanken beherrscht, so schnell wie möglich zum Mars zu gelangen. Von dort aus wollte er dann zur Erde zurück – zu Liz. Storm kämpfte gegen die Versuchung an, ihr ein Telegramm zu schicken. Er brauchte seine Nachricht nur zum Mars zu funken. Ein Relaissatellit würde sie aufnehmen und zur Erde strahlen. Er war so guter Stimmung, daß er alle Bedenken überwand und das Telegramm schließlich abschickte. „An Miß Elizabeth Chase“, gab er durch. „11735 Coolidge Lane, Greater New York, Appalachia, Westliche Hemisphäre, Erde: Bringe den großen Schinken nach Hause. Bitte große Feier vorbereiten. Johnny.“ Er wartete auf die Bestätigung durch den Satelliten und schaltete dann das Gerät ab. Liz würde das Telegramm spätestens am nächsten Tag haben. Storms Ungeduld wuchs. Es ärgerte ihn, daß sein alter Kasten so langsam flog. Aber er hatte jetzt ein Ziel vor den Augen und konnte die Wartezeit mit Träumen vom zukünftigen Leben ausfüllen. Die Reaktion auf den glücklichen Fund setzte erst allmählich ein. Erst nach Tagen wurde Storm immer lustiger und optimistischer. Was er kaum noch zu hoffen gewagt hatte, war tatsächlich eingetreten. Jetzt brauchte er nicht mehr als ein kleines Rädchen in einem großen Getriebe zu funktionieren, jetzt konnte er sein Leben nach seinen Wünschen gestalten. *
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„Ich möchte einen Claim anmelden“, sagte Storm ungeduldig zu dem Angestellten des Claim Offices. Der Mann deutete gleichgültig auf eine im Hintergrund des Raumes stehende Maschine. „Benutzen Sie das vorgeschriebene Formblatt“, sagte er kühl. Storm machte sich an die Arbeit. Auf dem Mars war kein Platz für unnötige Angestellte; Maschinen mußten untergeordnete Arbeiten verrichten. Storm mußte erst zwei Dollar in den Zahlschlitz stecken, ehe er den Apparat benutzen konnte. Nach kurzer Zeit begann die Maschine leise zu summen. Eine grüne Lampe leuchtete auf und eine Glasplatte, unter der ein Formblatt lag. Storm las die Bedienungsvorschriften und begann vorsichtig und sorgfältig auf die verschiedenen Knöpfe zu drücken. Noch nie in seinem Leben hatte er ein Dokument mit so großer Sorgfalt ausgefüllt. Zuletzt schrieb er seinen Namen und seine Identifikationsnummer. Orbit, Katalognummer und Größe des Asteroiden hatte er schon vorher eingetragen. Endlich war er fertig. Er las das ausgefüllte Blatt noch einmal durch und nickte zufrieden. Dann drückte er auf einen Knopf und bekam kurz darauf eine Kopie des Originals. Sein Fund gehörte ihm noch nicht. Nach dem Raumgesetz aus dem Jahre 1997 konnte jeder jeden Fund beanspruchen, der geringer als die Masse eines irdischen Planeten war. Wer Ansprüche anmeldete, mußte seinen Besitz nach spätestens sechs Monaten ausbeuten, oder der Claim verfiel. Außerdem war die Zahl der Claims, die jemand besitzen durfte, begrenzt. Auch die großen Gesellschaften konnten nicht beliebig viele Fundstellen für sich beanspru16
chen. Da alle Nationen diesem Gesetz zugestimmt hatten, mußten die Nutznießer wichtiger Funde Anteile an die Vereinten Nationen zahlen, genossen dafür aber den Schutz dieser Organisation. Storms Claimanmeldung wurde mit einem Lichtstrahl zur Erde gesendet und dort von einem Riesencomputer verarbeitet. Wenn alles glatt lief, konnte er in ein bis zwei Monaten mit der Bestätigung seiner Anmeldung rechnen. Zuvor mußte natürlich sorgfältig geprüft werden, ob der Asteroid noch nicht im Besitz eines anderen war. Im Katalog war aber noch kein Besitzer verzeichnet. Es bestand nur noch die Möglichkeit, daß der Fund kurz vorher schon von einem anderen angemeldet worden war. Diese Möglichkeit war aber so gering, daß Storm kaum daran dachte. Er steckte die Kopie seines Formulars ein und verließ das Verwaltungsgebäude. Marsville sah noch immer wie eine Kolonialsiedlung aus. Die Kolonie war erst zwanzig Jahre alt und entwickelte sich nur langsam. Mehrere miteinander verbundene Dome sorgten für Bewegungsfreiheit in annehmbarer Atmosphäre. Die meisten Häuser bestanden aus Wellblech und anderen Leichtbaumaterialien. Der Ingenieur schlenderte durch die öden Straßen zum Startplatz der Raumer. „Wann startet das nächste Schiff zur Erde?“ fragte er den Angestellten. „In drei Tagen.“ „Erd- oder Marstage?“ „Marstage natürlich“, antwortete der Mann humorlos. „Andere haben wir hier nicht, mein Freund.“ „Ist noch ein Platz frei?“ 17
„Kann sein. Aber nur gegen Barzahlung. Rückreisen auf Kredit gibt es nicht.“ „Keine Sorge“, antwortete Storm und holte seine zerknitterte Rückflugkarte aus der Tasche. Der Angestellte musterte ihn nun etwas respektvoller. „Einer von den Schlauen, was? Die wenigsten kommen mit einer Rückfahrkarte an.“ „Ich habe eine“, sagte Storm ungerührt. „Prospektor?“ „Ja.“ „Dann haben Sie wohl das letzte Hemd verloren und wollen wieder nach Hause? Die alte Geschichte.“ Storm zuckte die Achseln. „So schlimm ist es nun auch wieder nicht.“ Der Kolonist grinste verständnisvoll. „Ich sehe die Burschen kommen und gehen“, erklärte er. „Manche sind jung, andere nicht mehr ganz so jung. Aber alle sind verdammte Idioten. Anwesende ausgeschlossen“, fügte er lachend hinzu. „Schon gut“, sagte Storm und winkte ab. Er war nicht leicht zu beleidigen. „Sind Sie schon lange hier?“ fragte er den Mann. „Warum sind Sie hergekommen?“ Jetzt zuckte der andere die Achseln. „Ich hatte mir alles anders vorgestellt. Schließlich gibt es hier nur zehntausend Menschen. Auf der Erde leben jetzt über sieben Milliarden. Ich bildete mir ein, hier oben bessere Chancen zu haben. Ich wollte nicht reich werden, sondern einfach leben.“ „Gefällt es Ihnen hier?“ fragte Storm. „Ich habe keine Rückflugkarte“, entgegnete der Mann grimmig. „Es tut mir auch nicht leid.“ Der Mann verschloß 18
sich plötzlich und wurde kalt. „Sie wollen doch sicher Ihr Schiff verkaufen, wie?“ fragte er ablenkend. „Natürlich! Ich brauche es nicht mehr.“ „Gehen Sie zu dem Burschen gegenüber. Sagen Sie ihm, daß ich Sie geschickt habe. Er zahlt halbwegs annehmbare Preise.“ Storm nahm seine Buchung entgegen und schlenderte dann über die Straße. Es lohnte sich nicht, ein kleines Schiff zur Erde zu fliegen. Es war weitaus billiger und vor allem sicherer, sich einem der Handelsschiffe anzuvertrauen, die regelmäßig zwischen Erde und Mars verkehrten. Nach einer halben Stunde zähen Handelns hatte Storm sein Raumschiff verkauft. Er hatte es für zwanzigtausend Dollar gekauft und jetzt noch fünfzehntausend Dollar dafür bekommen. Das war nicht übel. Nach Abzug der Steuern würde ihm noch genug bleiben, um ins Geschäft zu kommen. Er grinste vor sich hin. Von nun an würde er viele Steuern zahlen müssen, mehr als die meisten anderen Menschen. Der Ingenieur saß drei Tage lang in Marsville fest. Die Marsstunden waren eineinhalb Minuten länger als die Erdstunden. Das war nicht viel, aber für Storm wollte die Wartezeit kein Ende nehmen. Dabei hatte er noch Glück, denn das Schiff landete und startete nur einmal im Monat. Er hatte einen günstigen Augenblick erwischt. Drei Tage lang schlenderte er durch die Dome und sah sich die Wellblechhütten an. Es gab keine Urbevölkerung und keine nennenswerte Flora. Trotzdem hegte Storm nicht den geringsten Zweifel daran, daß sich die Kolonie sehr schnell entwickeln würde. Die Erde war überbevölkert, Millionen suchten Lebensraum. 19
Im Augenblick war der Mars aber wenig anziehend und Storm froh, daß die Wartezeit endete. Das große Linienschiff hob mit einer gewaltigen Fracht und einhundert Passagieren an Bord leicht von der Marsoberfläche ab und raste im günstigsten Winkel auf die entgegenkommende Erde zu. * Die Zentralregistratur in Greater New York war ein imposantes Bauwerk, das höchste der an Wolkenkratzern reichen Stadt. John Storm verlor keine Zeit und fuhr gleich nach der Landung dorthin. Vom Flugplatz aus hatte er Liz angerufen und sie gebeten, ihn von der Zentralregistratur abzuholen. „Ist es wahr?“ hatte sie ihn aufgeregt gefragt. „Du hast tatsächlich Glück gehabt?“ „Ich kann es dir nicht so schnell erklären“, hatte er geantwortet. „Wir treffen uns nachher und unterhalten uns darüber, Liz.“ Jetzt stand Storm in einer langen Reihe ziemlich weit hinten und wartete ungeduldig. Er hatte Schwierigkeiten, denn seine Muskeln waren nicht mehr an die Gravitation der Erde gewöhnt und schmerzten stark. Nach der Landung wäre er fast gestürzt, so stark hatte er den Wechsel empfunden. Er wußte, daß es einige Wochen dauern würde, bis er sich wieder an die Verhältnisse auf der Erde gewöhnt hatte. Endlich war er an der Reihe. Hier gab es keine Maschinen. Bei einer Erdbevölkerung von sieben Milliarden Men20
schen mußten möglichst viele Jobs erhalten bleiben oder gar geschaffen werden. Hinter der Barriere stand ein überlastet aussehender dürrer Mann, der ihn teilnahmslos musterte. „Ich komme wegen eines Claims“, erklärte Storm und zeigte seine Kopie vor. „Ich möchte eine Gültigkeitserklärung haben.“ Der Mann nahm die Kopie ab und spannte sie in ein Gerät. Storm wartete ungeduldig. Irgendwo in dem gigantischen Computer war sein Claim registriert. Wenn nun doch schon ein anderer …? Storm begann zu schwitzen. Der Mann hinter der Barriere runzelte die Stirn und warf Storm einen mißtrauischen Blick zu. Dann riß er einen aus der Maschine kommenden Bogen ab und legte ihn auf die Barriere. „Tut mir leid, Sir“, sagte er abweisend. „Dieser Claim ist nicht registriert worden.“ Ein Schlag mit einem Dampfhammer hätte Storm nicht schlimmer treffen können. „Was …?“ schrie er. „Das ist unmöglich!“ Der Angestellte zeigte ihm den von der Maschine ausgefüllten Bogen. „Es ist kein auf dem Mars angemeldeter Claim bekannt!“ erklärte er sachlich. „Aber ich habe doch eine Kopie!“ rief Storm entgeistert. „Hier ist der Stempel. Mein Claim ist registriert und hierher vermittelt worden.“ „Nein, Sir.“ „Ich sage Ihnen doch …“ „Tut mir leid, Sir. Der Nächste bitte.“ „So geht das nicht!“ begehrte Storm auf und hielt den 21
hageren Mann am Ärmel fest. Er kümmerte sich nicht um das Murmeln der anderen Wartenden. Mit allem hatte er gerechnet, nur damit nicht. „Wollen Sie damit sagen, daß mein Claim verlorengegangen ist?“ „Nein, Sir. Das ist unmöglich. Das Übermittlungsverfahren ist absolut sicher. Wenn der Claim angemeldet wäre, hätten wir ihn hier registriert. Da kein Claim registriert ist, können Sie keine Ansprüche stellen. Bitte stören Sie mich nicht länger bei der Arbeit.“ „Ich habe eine Kopie!“ brüllte Storm, rot vor Wut. „Sie brauchen doch nur zu prüfen …“ „Das habe ich getan, Sir“, antwortete der Mann verärgert. Gleichzeitig drückte er auf einen Klingelknopf. Storm drehte sich um. Würden jetzt starke Männer kommen und ihn an die Luft befördern? Es kam aber eine dunkel gekleidete junge Frau. Storm sah den Blick ihrer harten Augen und erkannte, daß diese Frau eine leitende Position innehatte. „Schwierigkeiten?“ fragte sie den Mann hinter der Barriere. Storm hielt ihr seine Kopie entgegen. Er fühlte sich plötzlich in die Mühlen der Bürokratie geraten. „Der Computer muß sich geirrt haben“, sagte er so ruhig wie unter diesen Umständen möglich. „Vielleicht hat einer auf einen falschen Knopf gedrückt.“ Die Frau warf einen Blick auf das Dokument. Ihr Blick war kälter als ein Gletscher. „Kommen Sie mit, Mr. Storm“, sagte sie ausdruckslos. „Wir werden Ihre Beschwerde prüfen. Hier geht das natürlich nicht.“ John Storm war wie betäubt. Er folgte der etwa drei22
ßigjährigen Frau durch die große Halle. Die Wartenden sahen ihm nach. Wahrscheinlich hielten sie ihn für einen Verrückten oder einen auf frischer Tat ertappten Betrüger. Das Büro der eiskalten, abweisenden Frau war klein und spartanisch eingerichtet. Storm setzte sich auf einen harten Stuhl vor dem Schreibtisch und fühlte sich immer unsicherer. Er kam sich vor wie ein armer Mann, der einen Bankdirektor um einen Kredit bat. „Mrs. Vyzinski“ stand auf einem kleinen Pappschild. War diese Frau damit beauftragt, die Verrückten abzuwimmeln? Sie setzte sich ebenfalls und las Storms Kopie. „Sieht echt aus“, sagte sie zögernd. „Das Papier ist echt!“ begehrte der Ingenieur auf. „Das werden wir bald wissen“, antwortete sie kühl. „Ich werde eine Prüfung veranlassen.“ Hinter ihrem Schreibtisch befand sich ein Gerät, in das sie die Kopie legte. Storm hörte ein leises Brummen. Jetzt würde sich zeigen, ob … Schon kam ein Streifen aus der Maschine. Storm beugte sich vor und konnte die Zahl 324 erkennen. „Was bedeutet das?“ fragte er. Mrs. Vyzinski sah ihn vorwurfsvoll an und antwortete streng: „Das bedeutet, daß Ihr Claim nicht registriert ist.“ „Aber ich …“ „Einen Augenblick!“ unterbrach sie ihn. „Ich will noch einen Versuch machen. Es ist unwahrscheinlich, daß Ihr Claim falsch registriert worden ist. Trotzdem will ich alles versuchen. Es ist noch nie passiert, daß ein Claim in der falschen Abteilung registriert wurde.“ 23
Wieder vergingen einige Minuten, ehe ein Streifen aus dem Gerät kam. „Und?“ fragte Storm gebannt. „Nichts“, antwortete Mrs. Vyzinski. „Ihr Claim existiert nicht.“ „Aber …“ Mrs. Vyzinski winkte ab. „Wir wollen nichts unversucht lassen, Mr. Storm. Das Blatt hat eine Registriernummer. Wir werden prüfen, was unter dieser Nummer, registriert ist.“ „Ich warte!“ knurrte Storm. Die Frau drückte auf einige Schalter und setzte das komplizierte Gerät in Tätigkeit. Storm hatte Mühe, ruhig zu bleiben. Diesmal dauerte es volle vier Minuten, ehe die gelbe Abschrift eines Formulars aus der Maschine kam. Storm atmete auf. Das mußte die Klärung sein. Er wollte das Gebäude nicht verlassen, ohne die Angelegenheit geordnet zu haben. Mrs. Vyzinski las das Blatt sorgfältig durch und runzelte die Stirn. „Ist das nun mein Claim oder nicht?“ fragte Storm ungeduldig. „Nein.“ Mrs. Vyzinski sah ihn abschätzend an, ehe sie ihm das Blatt reichte. „Überzeugen Sie sich selber“, sagte sie kalt und schob ihm die beiden Papiere zu. John Storm beugte sich über die beiden gelben Blätter. Die Nummern und der Zeitstempel stimmten genau überein. Storm wollte schon aufatmen, als er den Namen las. Es war der Claim eines Richard F. McDermott. Der Mann beanspruchte einen Asteroiden, der sich aber an einer anderen Stelle im Asteroidengürtel befand. 24
Storm schüttelte den Kopf. „Das verstehe ich nicht“, murmelte er. „Es ist doch nicht möglich, daß zwei verschiedene Menschen zur selben Zeit einen Claim anmelden können. Die Zeit stimmt genau überein.“ „Ich zeige Ihnen lediglich, was wir registriert haben“, antwortete Mrs. Vyzinski kühl. „Wenn Sie unbedingt meine Meinung hören wollen, dann …“ „Ich bestehe darauf!“ „Ich nehme an, daß Sie einen üblen Trick versuchen, Mr. Storm“, antwortete sie hart. „Ihre Kopie sieht echt aus, kann es aber nicht sein. Es handelt sich offensichtlich um eine sehr geschickt angefertigte Fälschung. Ich verstehe nur nicht, daß Sie sich überhaupt Hoffnungen gemacht haben. Sie mußten doch wissen, daß die Kopie wertlos ist, wenn sie nicht mit dem hier registrierten Original übereinstimmt.“ Der Ingenieur brachte für lange Zeit kein Wort heraus. Er konnte das alles nicht begreifen. Endlich murmelte er: „Also gut, machen wir es anders. Nehmen wir an, ich habe wirklich keinen Claim angemeldet. Das denken Sie doch, nicht wahr?“ Mrs. Vyzinski nickte. „Fangen wir also von vorn an. Ich habe etwas gefunden und beanspruche die Besitzrechte. Mein Claim ist verwechselt worden. Vergessen wir das alles. Ich will jetzt nur wissen, ob ich einen neuen Claim anmelden kann.“ „Das können Sie.“ „Gut!“ Storm atmete auf. „Dann werde ich den Claim in Ihrer Gegenwart anmelden. Ich will einen Zeugen haben, damit ich nicht wieder in Schwierigkeiten komme, wenn der Computer versagt.“ 25
Mrs. Vyzinski lächelte kühl. „Diesmal wird alles glatt ablaufen“, erklärte sie. „Bitte, folgen Sie mir in den Nebenraum.“ Sie führte ihn in einen anderen Raum, wo eine Registriermaschine stand. Diesmal ging es schneller, denn Storm brauchte nur die schon einmal geschriebenen Daten zu wiederholen. Zum Schluß drückte Mrs. Vyzinski auf einen Knopf und übermittelte den Claim in den Computer. „Jetzt kann es nicht mehr lange dauern“, sagte sie. „Der Computer vergleicht Ihre Angaben mit …“ Sie sprach nicht weiter, denn das ausgefüllte Blatt wurde von dem Gerät ausgeworfen. Storm sah die quer über das Blatt geschriebenen Zahlen 217 XX. „Was hat das nun wieder zu bedeuten?“ fragte er mißtrauisch. Mrs. Vyzinski gab sich jetzt keine Mühe mehr, ihre Ablehnung zu verbergen. „Wann haben Sie die Erde verlassen, Mr. Storm?“ wollte sie wissen. „Vor mehr als eineinhalb Jahren. Warum wollen Sie das wissen?“ „Haben Sie die Identifikationsnummern richtig geschrieben?“ „ Selbstverständlich!“ „Zeigen Sie mir bitte Ihren Ausweis“, verlangte Mrs. Vyzinski. Storm ärgerte sich über das Verhalten der Frau, zog aber seinen Ausweis aus der Tasche und gab ihn ihr. Sie verglich die Zahlen mit seinen Angaben und nickte. „Das stimmt wenigstens“, sagte sie. 26
„Was soll das eigentlich?“ knurrte Storm. „Meine Papiere sind in Ordnung. Was hat die rote Zahl auf dem Formular zu bedeuten?“ „Daß der Computer keine Angaben über Sie enthält!“ „Keine Angaben über mich?“ Storm starrte die Frau ungläubig an. Sie beobachtete ihn genau. „Es gibt keinen Mann namens John Storm. Was bezwecken Sie eigentlich? Für dumme Scherze sind wir hier nicht zu haben. Sie bringen ein gefälschtes Dokument und nennen die Personalien eines nicht existierenden Mannes. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.“ Storm entriß ihr die Papiere. Sie starrte ihn wütend an und wollte ihn festhalten. „Wo wollen Sie hin, Mr. Storm?“ rief sie ihm nach. Der Ingenieur war schon an der Tür. Er raste hinaus, gelangte in die Halle und dann auf die Straße. „Johnny, Johnny! Da bist du ja endlich!“ Storm fuhr herum. Liz kam auf ihn zu. Ihre Absätze klapperten über den Gehsteig, ihr Gesicht war von der Wiedersehensfreude gerötet. John eilte ihr nicht entgegen. Liz blieb kurz vor ihm stehen. „Was ist denn los, Johnny?“ fragte sie ängstlich. „Du siehst so eigenartig aus.“ „Ich existiere nicht!“ sagte er rauh. „Mir ist eben gesagt worden, daß es mich gar nicht gibt.“ Liz benötigte einige Minuten, um ihn zu beruhigen. Erst nach längerer Zeit konnte er ihr einigermaßen zusammenhängend von seinen Erlebnissen berichten. Liz sah verständnislos zu ihm auf. 27
„Keine Angaben über dich, Johnny?“ flüsterte sie beklommen. „Das wurde mir eben gesagt.“ „Unmöglich! Das gibt es doch nicht, Johnny!“ „Geh hinein und sag es dieser Mrs. Vyzinski“, antwortete Storm niedergeschlagen. „Wir gehen zusammen zu ihr“, entschied Liz. Storm war damit einverstanden. Erst jetzt betrachtete er Liz. Sie war etwas voller und reifer geworden. Er hatte sich das Wiedersehen anders vorgestellt. Statt sich zu freuen, schrak er fast vor ihr zurück. Mrs. Vyzinski wartete noch. „Sie sind also zurückgekommen“, sagte sie triumphierend. „Natürlich!“ knurrte Storm. „Die Angelegenheit muß geklärt werden.“ „Ich bürge für ihn“, erklärte Liz. „Ich kenne ihn seit vielen Jahren. Er ist tatsächlich John Storm.“ „Der Computer enthält keine Angaben über ihn“, lautete die kalte Antwort. „Seine Identifikationsnummern stimmen nicht.“ „Ich muß doch wissen, wer ich bin“, murmelte der Ingenieur verzweifelt. „Meine Nummern stimmen. So ein Computer kann sich doch irren. Es ist nur eine Maschine, und Maschinen sind nun einmal nicht unfehlbar.“ „Wir bilden uns das aber, ein“, antwortete Mrs. Vyzinski pikiert. „Wir können jedoch noch einen Versuch machen.“ Sie schloß die Tür und rief einige Leute an. Die Bürokraten kamen zusammen, um zu beraten. Storm blickte in die besorgten Gesichter einiger Männer, die ihm immer 28
wieder mißtrauische und abschätzende Blicke zuwarfen, während sie den seltenen Fall diskutierten. Storm wartete. Er war ebenso verwirrt wie die Bürokraten, aber noch viel besorgter als sie. Ein nicht existierender Mann hatte nicht das Recht, einen Claim anzumelden. Ohne offizielle Anerkennung war er eine Art Geist. Ein Geist konnte aber kein Geld kassieren, keine Wohnung mieten, keine Arbeit annehmen. Die Erdbevölkerung nahm täglich in beängstigender Weise zu. Es war nur noch mit Hilfe des Zentralarchivs möglich, die Menschen zu registrieren. Der Riesencomputer schaffte diese Aufgabe mit Hilfe eines Nummernsystems. Schon bei der Geburt erhielt jeder Mensch eine Nummer. Im Laufe seines Lebens wurde diese Nummer durch weitere Zahlen ergänzt. Der Mensch war schließlich durch diese Nummern zu identifizieren. Idioten hatten Nummern, Zuchthäusler, Babys, Greise, Frauen und Kinder. Nur John Storm hatte keine. Er war plötzlich ausgeschlossen. Von vielen Milliarden Menschen war er der einzige ohne Identifikationsnummer. Kein Wunder, daß die Bürokraten bleich wurden und Storm mit Mißtrauen betrachteten. Das komplizierte System der Registrierung war plötzlich in Gefahr, nur weil plötzlich ein Mensch auftauchte, den es eigentlich gar nicht geben durfte. Ein Mann mit einem runden, melancholischen Gesicht stellte sich vor. „Ich bin Dawes, der Oberkontrolleur dieses Bezirks. Kann ich Ihren Ausweis sehen, Mr. Storm?“ Der Ingenieur übergab ihm das Papier und wartete wei29
ter. Die sorgenvoll dreinblickenden Männer hielten noch eine Konferenz ab. Liz beugte sich zu Storm hinüber. „Was hast du denn gefunden?“ fragte sie flüsternd. „Einen aus kostbaren Erzen bestehenden Asteroiden von zwölf Kilometer Durchmesser. Das Erz ist abbauwürdig und wird einen Riesengewinn bringen.“ „Großartig, Johnny!“ „Ja, aber nur, wenn ich den Claim zugesprochen bekomme“, murmelte Storm grimmig. Dawes kam wieder zu ihm. „Nach diesen Papieren sind Sie am 6. Mai 1992 geboren, Mr. Storm. Stimmt das?“ „Ja.“ „Wir überprüfen diesen Jahrgang und zur Sicherheit noch die Jahrgänge 91 und 93.“ „Das können Sie sich sparen“, sagte der Ingenieur. „Ich bin tatsächlich am 6. Mai 1992 zur Welt gekommen.“ „Wir wollen alles versuchen“, antwortete Dawes. „Wir werden auch Ihren Bildungsgang überprüfen, außerdem die Steuerliste und noch andere Dinge.“ „Und wenn Sie nirgendwo Angaben über mich finden?“ fragte Storm verärgert. „Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll“, murmelte Dawes verlegen. „Ich weiß es wirklich nicht, Mr. Storm.“ Wenige Minuten später kannten die Männer das Ergebnis der Nachforschungen. Nichts stimmte mit Storms Angaben überein. Der riesige Computer hatte keine Angaben über ihn gespeichert. Storm war nach diesen Angaben nie geboren worden, nie zur Schule gegangen, hatte nirgendwo gewohnt, nicht studiert, nie gewählt. 30
„Wie erklären Sie das?“ fragte der Ingenieur grimmig. „Ich soll es erklären?“ Dawes zögerte eine Weile. „Es gibt zwei Möglichkeiten“, sagte er dann nachdenklich, „eine wahrscheinliche und eine sehr unwahrscheinliche. Die unwahrscheinliche Erklärung ist die, daß Sie zum erstenmal auf der Erde sind und nie registriert waren. Wenn das stimmt, dann sind Sie ein Wesen aus einer anderen Welt und wollen durch Bluff einen offiziellen Status erringen.“ Storm lachte bitter auf. „Sie übersehen die wahrscheinlichste Erklärung, Mr. Dawes“, sagte er grimmig. „Jemand hat alle Unterlagen über meine Existenz gelöscht.“ „Unmöglich!“ Dawes wehrte entsetzt ab. „Das ist absolut unmöglich. Die Unterlagen können weder gelöscht noch gefälscht werden.“ „Wirklich? Und wie ist es in meinem Fall?“ Dawes wurde noch bleicher. „Ich kann es mir nicht vorstellen, Mr. Storm“, sagte er kopfschüttelnd. „Wer sollte daran interessiert sein, Sie zu einem Schattenwesen zu machen?“ „Ist das so schwer zu erraten?“ knurrte Storm wütend. „Ich war draußen im All und habe einen wertvollen Fund gemacht. Ich komme her, um die Rechte an dem Fund zu erwerben und stelle dabei fest, daß mein Claim nicht mehr existiert. Sogar die Unterlagen über mich selbst sind nicht mehr vorhanden. Da ist doch etwas faul, Mr. Dawes. Mein Gott, ich bin ein Mensch. Bis gestern wurde das noch überall anerkannt.“ „Sie meinen, jemand will Sie um Ihren Fund bringen, Mr. Storm?“ „Es ist die einzige plausible Erklärung für diese Vorgänge.“ 31
Dawes dachte nach. „Ist allgemein bekannt, daß Sie Erfolg hatten?“ fragte er. Storm schüttelte den Kopf. „Ich habe es keinem Menschen erzählt. Mein Telegramm an Miß Chase war verschlüsselt. Diese Telegramme können auch nicht abgefangen werden. Wahrscheinlich hat einer auf dem Mars mit meiner Anmeldung ein krummes Ding gedreht. Ich weiß nicht, wie das möglich war. Nur eines weiß ich: daß ich ein sehr reicher Mann sein werde, wenn ich den Claim zugesprochen bekomme.“ „Das verstehe ich alles, Mr. Storm. Allerdings …“ Der Ingenieur wollte nichts mehr hören. „Ich möchte nur meinen Claim registriert haben, Dawes“, sagte er Wütend. „Über meine persönlichen Unterlagen können wir uns später unterhalten. Der Claim ist mir im Augenblick wichtiger.“ Dawes schüttelte bedauernd den Konf. „Das geht nicht, Mr. Storm“, sagte er entschieden. „Nur nachweisbar existierende Personen dürfen Claims einbringen. Für uns existieren Sie nicht. Ihre Dokumente können nicht echt sein, da sie nicht bestätigt werden.“ „Ich kann deshalb unmöglich alles verlieren!“ begehrte Storm auf. „Ich werde sehen, was sich machen läßt, Mr. Storm“, antwortete Dawes kühl. „Es ist schon spät. Kommen Sie morgen wieder. Wir werden dann versuchen, diesen geheimnisvollen Fall zu klären. Ich werde die anderen Oberkontrolleure zu einer Konferenz rufen.“ „Und wenn ein anderer Ansprüche stellt und mir den Fund wegnimmt?“ fragte Storm verzweifelt. 32
Dawes zuckte die Achseln. „Ich kann Ihnen nicht helfen“, sagte er bedauernd. „Es gibt Richtlinien, an die ich mich halten muß. Auf Wiedersehen, Mr. Storm!“ 2. Kapitel John Storm mußte sehr bald erkennen, daß das Leben eines Geistes nicht einfach war. Er besaß nur fünf Dollar in freier Währung. Der Rest seines Vermögens bestand aus Reiseschecks, die aber nur nach Kontrolle der Identifikationsnummer eingelöst wurden. Storm versuchte es erst gar nicht, sie einzulösen, denn er wollte nicht als Betrüger verhaftet werden. Er lieh sich zehn Dollar von Liz, in der Hoffnung, sich damit bis zum nächsten Tag durchschlagen zu können. Er konnte sich kein Hotelzimmer nehmen, denn auch die Hotels vermieteten ihre Räume nur an Personen mit bestätigter Existenz. „Ich würde dich gern mitnehmen“, sagte Liz bedauernd. „Das geht aber nicht. Meine Freundin Helen und ich bewohnen nur ein kleines Zimmer und …“ „Ich werde schon eine Unterkunft finden“, brummte Storm. „Vielleicht treffe ich alte Freunde. Möglicherweise ist Ned in der Nähe.“ Nach einem kurzen Imbiß nahmen sie sich das umfangreiche Telefonbuch vor und suchten nach den Namen früherer Freunde. Storm fand aber keinen. Wahrscheinlich waren alle seine ehemaligen Kommilitonen von der Universität auf Feuerland und arbeiteten dort für die Universal Mining. John Storm kam sich verlassen vor. Liz war sein einziger 33
Trost. Er hatte lange genug einsam leben müssen. In seinem kleinen Raumschiff hatte er aber immer hoffen dürfen. Hier in der Riesenstadt war er viel verlorener als im Weltraum, denn hier kümmerte sich keiner außer Liz um ihn. „Wir werden schon ein Bett für dich finden“, sagte sie hoffnungsvoll. „Wo denn?“ „Helen hat einen Freund, bei dem du sicher unterkommen kannst.“ Es klappte. Nach zwei Telefonanrufen hatte Storm die Gewißheit, daß er die Nacht in einem Bett verbringen konnte. „Und jetzt wird deine Rückkehr gefeiert“, sagte Liz. „Wir werden ein nettes Restaurant aufsuchen und uns amüsieren.“ „Mir ist nicht danach zumute“, knurrte Storm. Liz wollte ihn aber unbedingt aufheitern und blieb beharrlich. „Der Irrtum wird sich schnell aufklären, lieber Johnny“, tröstete sie ihn. „Du darfst jetzt nicht grübeln. Du wirst morgen deinen Claim anmelden und sofort reich und berühmt werden. Diese Schwierigkeiten lassen sich bestimmt aus der Welt schaffen. Wo hast du denn deinen sagenhaften Asteroiden gefunden?“ Der Ingenieur sah zum Himmel auf. Die Lichter der Stadt überstrahlten die Sterne, so daß nur die hellsten Himmelskörper zu sehen waren. Storm suchte den Mars, fand ihn aber nicht. „Irgendwo da oben“, sagte er müde. „Es ist nur ein kleiner Brocken.“ „Dein Brocken, Johnny!“ „Wirklich?“ 34
Liz hielt ihn fest. „Hast du auch bestimmt keinem etwas davon gesagt, Johnny?“ „Nein.“ Er ergriff ihre Hand und drückte sie fest. Die Spannung war fast zuviel für ihn. Er lächelte matt, und dieses Lächeln kostete ihn große Mühe. Jemand wollte ihn auslöschen, und er ahnte nicht einmal, wer dieser Feind war. Es mußten einflußreiche und mächtige Leute sein. Sie hatten alle ihn betreffenden Daten gelöscht, um ihm den Asteroiden zu stehlen. John Storm schüttelte den Kopf und atmete tief durch. „Gehen wir!“ sagte er zu Liz. „Ich weiß schon nicht mehr, wie eine Großstadt aussieht. Wir werden irgendwo essen und dann in ein Theater gehen.“ „Ja, Johnny“, sagte Liz liebevoll. „Du bist wieder da, und das ist wahrhaftig ein Grund zum Feiern.“ „Johnny!“ Aber er blieb nachdenklich. Storm blickte in die Augen seiner Liz. „Ja?“ „Denk nicht daran!“ „Ich wünschte, ich könnte es vergessen“, murmelte er niedergeschlagen. „Sieh zu den Sternen auf, Johnny!“ sagte Liz tröstend. „Dein Asteroid ist ja noch da. Bisher gehört er keinem anderen.“ „Das wissen wir nicht“, antwortete Storm rauh. „Sie wollen ihn mir nehmen, Liz. Ich weiß nicht einmal, mit wem ich es zu tun habe.“ Liz deutete auf eine Leuchtreklame. „Ich habe Hunger“, sagte sie. „Gehen wir hinein?“ 35
„Natürlich, Liz!“ Storm ging voran. Er hatte keinen Appetit, aber er wollte Liz nicht die Stimmung verderben. Sie saßen, in einem sogenannten Marsrestaurant. Liz erklärte Storm, daß diese Restaurants in Mode gekommen seien. Die Wände waren mit den Bildern von Marslandschaften und einigen echten Gegenständen vom Mars dekoriert; auf die Speisenkarte war ein Bild von Marsville gedruckt. Storm kannte die Wirklichkeit und fand die Dekoration ein wenig utopisch. Allerdings verschwieg er Liz seine Kenntnis von der Trostlosigkeit der Marskolonie, denn er wollte ihr die Illusionen nicht nehmen. Sein Geld reichte gerade aus, um das Menü zu bezahlen. Liz wollte ihn unbedingt von seinen Sorgen ablenken und schleppte ihn in eine Show. Storm gefiel die Vorstellung nicht. Er war mit seinen Gedanken nicht bei der Sache und hörte kaum auf die Worte der Schauspieler. Die erkünstelte Geschichte war ihm zu flach und zu durchsichtig. Seine eigene Geschichte war viel dramatischer, aber auch unwahrscheinlicher. Vielleicht bin ich tatsächlich ein Wesen aus einer anderen Welt, dachte er betrübt. Ich gehöre nicht hierher. Die Stunden vergingen. Storm brachte Liz nach Hause. Helen und ihr Freund waren schon in der kleinen Wohnung. Der Freund von Helen arbeitete als Chemiker für einen großen Konzern. Liz, Helen und deren Freund gaben sich die größte Mühe, Storm aufzuheitern. Sie fragten ihn nach seinen Erlebnissen, bekamen aber nur einsilbige Antworten. „John ist müde“, erklärte Liz schließlich. „Er ist erst heute angekommen und hat allerhand durchgemacht. Wir sollten ihn in Ruhe lassen.“ 36
Helens Freund sah das ein und nahm Storm mit. „Du kannst mich morgen früh hier abholen“, sagte Liz zum Abschied. „Ich werde dich begleiten und moralisch stützen.“ Storm lächelte matt. Er spürte, daß er Hilfe und Vertrauen brauchte. Eine schwierige Aufgabe lag vor ihm. Er mußte beweisen, daß er tatsächlich existierte. * Die Leiter des Zentralarchivs hatten sich versammelt, um den mysteriösen Fall zu klären. Storm stellte zu seiner Befriedigung fest, daß Mrs. Vyzinski nicht zu diesem Kreis gehörte. Sie zählte zu den unteren Rängen und hatte hier nichts zu suchen. Das war ein Fall für Dawes und noch höher eingestufte Leute. Storm konzentrierte sich. Er mußte jetzt alle Kraft aufbieten, um seine Rechte zu verteidigen. Er hatte nicht viel Schlaf gefunden und sich unruhig von einer Seite auf die andere geworfen. Um die Qual des Wartens zu verringern, ging er auf Dawes zu und fragte: „Nun, existiere ich oder nicht?“ Dawes lächelte ein wenig überheblich. „Ihre Existenz kann wohl nicht angezweifelt werden, Mr. Storm. Sie stehen ja vor mir. Was uns in Sorge versetzt, ist das Fehlen jeglicher Unterlagen über Ihre Person.“ „Das hat es noch nie gegeben!“ warf ein am Konferenztisch sitzender hagerer Mann ein. „Dieser Fall ist unverständlich, absolut unverständlich.“ „Jeder Mensch wird registriert“, fuhr Dawes fort. „Das 37
geschieht nach einem festgelegten Verfahren und ist relativ einfach. Einen Mann zu registrieren, der schon einmal registriert war, ist weitaus schwieriger.“ „Ich habe meine Papiere“, trumpfte Storm auf. „Wollen Sie diese Papiere als Fälschungen bezeichnen?“ Ein Mann mit einem geröteten Gesicht schüttelte den Kopf. „Wir haben Ihre Unterlagen von Experten prüfen lassen“, erklärte er. „Sie sind zweifellos echt.“ „Wenigstens ein Lichtblick“, brummte Storm. „Die Papiere sind echt.“ „Es hat den Anschein“, murmelte der Hagere. „Aber wenn die Papiere echt sind, muß es entsprechende Unterlagen geben. Der Computer enthält sie jedoch nicht.“ Der Ingenieur blieb ruhig. „Können diese Unterlagen nicht gelöscht worden sein?“ fragte er. „So etwas ist noch nie vorgekommen!“ rief der Hagere entsetzt. „Das ist unvorstellbar.“ „Anscheinend doch nicht“, antwortete Storm. „Sie müssen die Möglichkeit eines solchen Verfahrens anerkennen. Angestellte lassen sich bestechen. Es kann nicht sehr schwer sein, bestimmte Daten zu löschen. Unzählige Leute haben Zutritt zu den wichtigsten Räumen. Der Computer wird von vielen bedient, von Technikern gewartet und …“ John Storm sprach nicht weiter, denn die hohen Beamten warfen sich ernste Blicke zu. Sie hatten Angst, das war ihnen deutlich anzusehen. Das seit langer Zeit fehlerlos funktionierende System war in Gefahr. Die Männer konnten nicht verstehen, was geschehen war. Storm erkannte, daß er nicht der einzige war, der in der letzten Nacht schlecht geschlafen hatte. 38
„Wir müssen eine neue Methode entwickeln“, schlug einer der Beamten vor. „Schließlich muß er wieder eingetragen werden.“ „Schön und gut“, murrte Storm. „Das kann eine Weile dauern. Was wird inzwischen aus meinem Claim? Wenn ein anderer die Zeit nutzt und Ansprüche anmeldet, verliere ich meine Rechte.“ „Wir werden eine Untersuchung einleiten“, erklärte Dawes. „Sie sind also bereit, mir zu glauben?“ Storm atmete auf. Er hatte einen Teilerfolg errungen. Dawes zuckte die Achseln. „Ganz offensichtlich ist Ihr Fall eine dunkle Sache, Mr. Storm. Es scheint sich um einen großangelegten Betrug zu handeln. Alles ist fast perfekt eingefädelt worden. Andere Leute sind an Ihre Stelle getreten. Die Schwierigkeiten waren aber so groß, daß den Betrügern Fehler unterlaufen sind. Die Unterlagen Ihrer Universität beweisen, daß 1132 Ingenieure das Examen bestanden haben. Nach den jetzt vorhandenen Unterlagen des Computers sind es aber nur 1131. Ihr Name fehlt.“ „Da haben wir’s!“ rief Storm. „Das ist der Beweis. Jemand ist bestochen worden, um die Anmeldung meines Claims zu verhindern oder zumindest zu verzögern.“ „Vorsicht!“ sagte der Mann mit dem hochroten Gesicht. Storm gewann den Eindruck, daß das sympathische Äußere des Mannes nur täuschte. Der harmlos aussehende Mann war offensichtlich sehr hart und auch recht einflußreich. *
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John Storm kam der Lösung seiner Probleme näher. Er mußte einen halben Tag in Vorräumen verbringen und warten. Unruhig lief er auf und ab, las Zeitschriften, unterhielt sich mit Liz. Endlich tauchte ein Bote auf und brachte ihn zu Mrs. Vyzinski. Der Fall war also an eine untergeordnete Verwaltungsstelle zurückgegeben worden. „Wir stellen Ihnen eine neue Identitätskarte aus“, erklärte Mrs. Vyzinski kühl. „Sie bekommen Ihre alte Nummer, aber wir werden vermerken, daß es sich um eine Neuausstellung handelt. Außerdem werden wir nichts unversucht lassen, diesen Fall aufzuklären.“ „Vielen. Dank!“ antwortete Storm. „Und was wird aus meinem Claim?“ „Sobald Sie den neuen Ausweis haben, müssen Sie ihn neu anmelden, Mr. Storm. Bis dahin wird kaum mehr als eine Stunde vergehen.“ Der Ingenieur war nicht damit einverstanden. „Ich habe den Claim vor einem Monat angemeldet“, protestierte er. „Wenn ihn ein anderer inzwischen neu angemeldet hat, verliere ich meine Rechte. Ich verlange die Anerkennung des alten Datums.“ Mrs. Vyzinski machte einen sehr nervösen Eindruck. „Das muß an höherer Stelle entschieden werden“, sagte sie abschließend und verließ den Raum. Storm und Liz blieben zurück. Liz lächelte und war guter Dinge. „Wie kannst du dich freuen, wenn ich um die Anerkennung meiner Existenz kämpfen muß?“ fragte Storm verständnislos. „Du brauchst nicht mehr zu kämpfen, Johnny. Sie erkennen dich ja an“, antwortete Liz. 40
„Sie tun es aber nicht gern“, brummte Storm. „Es wäre ihnen lieber gewesen, wenn ich über Nacht verschwunden wäre.“ „Das glaube ich nicht, Johnny.“ Liz lachte auf. „Stell dir die Verwirrung vor, wenn du auf irgendeine Weise umgekommen wärst. Kann man eine nicht-existierende Person begraben, ihren Tod registrieren?“ Storm mußte nun auch grinsen. Er wurde aber schnell wieder ernst und sagte nachdenklich: „Warum ist das alles geschehen, Liz? Stell dir vor, ich wäre zurückgekommen, und alles wäre glatt abgelaufen! Nach der langen Einsamkeit und dem Erfolg ist dies nun alles ein schwerer Schlag für mich.“ „Die Schwierigkeiten werden bald behoben sein, Johnny“, sagte Liz tröstend. „Du wirst anerkannte Papiere besitzen, man wird deinen Claim anerkennen, alles wird wieder in Ordnung sein.“ Der Ingenieur antwortete nicht. Er war nervös und gereizt – kein Wunder nach der langen Suche, der Freude über den Fund und die nachfolgenden enttäuschenden Ereignisse. Er wußte nur zu gut, daß er nicht noch einmal so großes Glück haben würde. Einen so reichen Fund konnte ein Mann nur einmal im Leben machen. John Storm fand keine Ruhe. Unablässig grübelte er. Wer hatte ihm diesen üblen Streich gespielt? Der Ingenieur beschäftigte sich wieder mit den Zeitschriften und interessierte sich besonders für die Aktienwerte. Er hatte noch nie eine Aktie besessen. Wenn er sich durchsetzen konnte, würde er sich aber mit Aktien und Dividenden beschäftigen müssen. Seine Arbeit würde dar41
in bestehen, Coupons abzuschneiden und Geld zu kassieren. Seine Unruhe wuchs. Mrs. Vyzinski wirkte deshalb wie ein rettender Engel, als sie endlich kam und den neuen Ausweis schwenkte. „Herzlichen Glückwunsch zur Wiedergeburt!“ rief sie fröhlich und gab ihm den neuen Ausweis. * John und Liz fuhren ins Zentrum der Stadt zurück. Storm fühlte sich wie gerädert und verhielt sich schweigend. Er wußte genau, daß er bis zur Anerkennung seines Claims keine ruhige Minute finden würde. Lohnte sich der Ärger überhaupt? Er dachte an die Monate der Einsamkeit. Gerade nach dem Erfolg, nach den wilden Hoffnungen und Wunschträumen wirkte das Schattenboxen gegen einen unsichtbaren Gegner besonders deprimierend. Die Ungewißheit machte ihn elend und krank. Sein Leben wäre ruhiger verlaufen, wenn er Donovans Angebot akzeptiert hätte. Er und Liz wären längst verheiratet, hätten ein Bankkonto, vielleicht schon ein Baby. Jetzt hatte er nichts als Sorgen und Ärger. Die Depression ging aber rasch vorüber. Storm dachte an seinen Asteroiden, an den zu erwartenden Reichtum und die ihm dadurch garantierte Freiheit. Er würde sich ein Laboratorium einrichten, Forschungsarbeit leisten, unabhängig Seih. Keine allmächtige Minengesellschaft würde ihn von einem Kontinent zum anderen schicken und ihn zwin42
gen können, in höllischen Wüstengegenden oder eiskalten Polarregionen zu arbeiten. Wenn er seine Ansprüche durchsetzen konnte, würde er bis ans Ende seines Lebens sein eigener Herr sein. Wenn … Sie fuhren mit der U-Bahn zurück. Storm wollte seinen Koffer holen und dann ein Zimmer mieten. Jetzt war er wieder anerkannt, konnte er seine Schecks einlösen und einen Mietvertrag abschließen. „Ohne diesen verdammten Ausweis hätten wir nicht einmal heiraten können“, sagte er grinsend und zog Liz an sich. „Jetzt steht diesem Akt nichts mehr im Wege.“ Liz wurde plötzlich scheu und verlegen. „Du willst mich wirklich heiraten?“ fragte sie leise. „Das wollte ich doch immer.“ „Vor zwei Jahren wollte ich das auch“, antwortete Liz ernst. Storm blieb stehen. „Jetzt nicht mehr?“ fragte er betroffen. „Ich muß nachdenken“, antwortete Liz. „Wir haben uns lange nicht gesehen, Johnny. Menschen ändern sich. Wie soll ich wissen, daß ich dich noch liebe?“ „Du kannst es dir wenigstens einbilden.“ „Das wäre nicht richtig, Johnny.“ Liz konnte nicht länger ernst bleiben und begann zu kichern. „Weshalb habe ich denn so lange auf dich gewartet, du alberner Kerl? Wir können das Aufgebot noch heute bestellen.“ „Heute nicht.“ Storm schüttelte den Kopf. „Ich will keinen Bürokraten mehr sehen. Morgen ist auch noch ein Tag.“ 43
Ein paar Schritte weiter fuhr Storm plötzlich herum. Es war reine Intuition, denn nichts deutete auf eine außergewöhnliche Gefahr hin. Ein schwarzer Wagen kam um die Ecke gebogen und fuhr dicht am Gehsteig entlang. Liz schrie auf, als Storm sie packte und durch das Luftkissen einer Türöffnung drückte. Er sprang sofort nach und warf sich flach auf den Boden. Dabei roch er den Ozon der elektrifizierten Luft, die die Tür ersetzte. Das alles dauerte nur eine Sekunde. Der Wagen rollte vorbei. Gleichzeitig wurde einer der Milchglasscheiben heruntergekurbelt und eine Waffe durch die Öffnung gesteckt. Kugeln prasselten in schneller Folge gegen das Mauerwerk und pfiffen in das Gebäude. Irgendwo schrie jemand auf. Menschen rannten in wilder Panik durcheinander. Storm starrte auf die Einschlaglöcher und faßte sich an den Kopf. Liz setzte sich auf. Sie war unverletzt und nur sehr verwirrt. Storm taumelte hoch. Etwas Warmes rann von seiner Stirn. Es war der plötzlich ausgebrochene Schweiß. Storm bemerkte, daß seine Knie vor Schwäche zitterten. Instinktiv hatte er richtig reagiert und sich und Liz dadurch gerettet. Die vielen Einschläge bewiesen die Absicht des heimtückischen Schützen sehr eindeutig. John Storm ging zur Türöffnung und spähte vorsichtig hinaus. Der Wagen war nicht mehr zu sehen. Überall lagen Steinsplitter umher. Polizisten kamen herbeigeeilt und drückten die Neugierigen zurück. „Was ist hier passiert?“ fragte ein Beamter: „Man hat geschossen!“ schrie eine Frau hysterisch. „Ein Wagen kam heran“, rief ein Mann. „Plötzlich wur44
de auf uns gefeuert.“ Storm kümmerte sich nicht um die aufgeregten Menschen und starrte unverwand auf die Kette der Einschußlöcher. Dann bemerkte er Liz, die ihn angstvoll ansah. „Johnny, sie wollten doch nicht etwa …?“ hauchte sie. „Doch, Liz! – Genau das!“ „Es muß ein Irrtum gewesen sein“, flüsterte Liz. „Vielleicht waren es Gangster, die dich mit einem anderen verwechselten.“ „Nein, Liz.“ Storms Stimme klang wieder fest. „Sie wollten mich töten!“ „Wer denn, Johnny?“ rief Liz verzweifelt. „Das weiß ich nicht“, antwortete er. „Sie haben herausgefunden, daß es nicht genügt, einfach alle offiziellen Daten auszulöschen, um einen Konkurrenten zu beseitigen. Jetzt versuchen sie eine wirksamere Methode.“ Liz biß sich auf die Lippen und kämpfte gegen die Tränen an. „Warum nur, Johnny?“ fragte sie schluchzend. „Warum wollen sie dich töten? Du hast doch keinem Menschen etwas getan.“ „Doch, Liz“, antwortete Storm abermals. „Ich habe einen wertvollen Fund gemacht. Der Asteroid ist eine Menge Geld wert, aber nicht mein Leben.“ Die Polizisten nahmen die Zeugenaussagen auf und kamen schließlich auch zu Liz und Storm. Der Ingenieur zuckte gleichmütig die Achseln und antwortete auf die Fragen: „Ein Wagen kam heran, ein Fenster wurde geöffnet, und dann fielen Schüsse. Wir konnten uns gerade noch in Sicherheit bringen.“ „Haben Sie Gesichter gesehen?“ 45
„Ich sah nur den Wagen und die Waffe“, antwortete Storm. „Mir blieb keine Zeit, auf Einzelheiten zu achten.“ Er dachte nicht daran, den Polizisten zu erklären, daß die Attentäter es auf ihn abgesehen hatten. Storm wollte nicht wieder in ein Büro geschleppt und womöglich in Schutzhaft genommen werden. Er war entschlossen, auf die Hilfe der Behörden zu verzichten und seinen eigenen Weg zu gehen. „Was willst du jetzt tun?“ fragte Liz ängstlich. „Etwas, womit du sicher nicht einverstanden bist“, antwortete er entschlossen. „Was denn, Johnny? Du mußt es mir sagen!“ „Ich will zum Mars zurück.“ „Zum Mars? Warum?“ „Mein Claim wurde auf dem Mars angemeldet, Liz“, erklärte Storm geduldig. „Ich muß alle Zweifel aus der Welt schaffen und meine Rechte sichern. Das kann ich nur an Ort und Stelle. Nur auf dem Mars kann ich erfahren, wer mir diesen Streich gespielt hat.“ „Bleib hier, Johnny!“ bat Liz. „Die Gefahren sind zu groß.“ „Hier vielleicht nicht? Soll ich hierbleiben und mich abknallen lassen, Liz? Wenn ich nichts unternehme, werde ich meinen Claim verlieren.“ „Der Einsatz ist zu hoch“, sagte Liz heftig. „Das glaub ich nicht.“ Storm ließ sich nicht von seinem Entschluß abbringen. „Ich muß die Sache durchstehen, Liz. Ich kann nicht mehr zurück.“ „Dann nimm mich mit!“ „Unsinn!“ sagte Storm rauh. Er bereute seinen scharfen 46
Ton sofort und entschuldigte sich. „Das ist nichts für eine Frau, Liz“, sagte er versöhnlich. „Ich kann nicht für deine Sicherheit garantieren. Der Unsicherheitsfaktor ist schon unter normalen Umständen viel zu groß. Du würdest mich nur behindern.“ „Ich soll also wieder allein bleiben und wer weiß wie lange auf dich warten?“ fragte Liz tonlos. Storm suchte nach Worten. Er wollte Liz nicht kränken und dachte über einen Ausweg nach. Da er keinen gangbaren Weg finden konnte, biß er sich wütend auf die Lippen und schwieg. Er war nervös und aufgeregt. Die vorangegangenen Erlebnisse hatten ihn reizbar gemacht. Liz wollte ihn auf der Erde behalten. Das bedeutete einen Job in Patagonien und ein Durchschnittsleben. Das behagte ihm nicht. Er konnte andererseits nicht erwarten, daß sie ihn freudig gehen ließ. Er mußte aber fort. Sein Gerechtigkeitsgefühl bäumte sich gegen das ihm angetane Unrecht auf. Er wollte keinem etwas nehmen, sondern nur seinen Besitz verteidigen. Storm sah die Tränen in Liz’ Augen. „Du bleibst bei deinem Entschluß, nicht wahr?“ fragte sie. „Mir bleibt keine andere Wahl.“ „Und wenn sie dich dort umbringen?“ Storm zeigte auf die Reihe der kleinen Einschlagstellen in der Hausmauer und sagte verbittert: „Hier auf der Erde bin ich auch nicht sicher.“ „Wie du willst.“ Liz trocknete ihre Tränen. „Aber diesmal kann ich dir nicht versprechen, daß ich warten werde.“ „Sei vernünftig, Liz!“ sagte Storm beschwörend. „Ich bin vernünftig.“‘ Liz machte sich mit einem Ruck frei und verschwand in der Menge. Storm blieb noch eine 47
Weile stehen und sah sich die Einschußlöcher in der Wand an. Dann schüttelte er den Kopf und ging weiter. Er blieb wachsam, denn von nun an mußte er mit allem rechnen. * Einen Tag später befand er sich an Bord eines zum Mars startenden Raumschiffes. Es war dasselbe Schiff, mit dem er zur Erde gekommen war. Die Besatzungsmitglieder erkannten und begrüßten ihn. Sie konnten allerdings nicht verstehen, warum er so schnell zum Mars zurückfliegen wollte. „Der Trip hat mir gefallen“, antwortete Storm lustlos. „Warum soll ich nicht wiederholen, was mir Spaß macht?“ Seine Stimmung war jedoch alles andere als gut. Eine Reise zum Mars war ein ausgesprochener Luxus und kostete viel Geld. Er hatte eine Anleihe aufnehmen müssen, um den Trip bezahlen zu können. Wenn er seinen Claim nicht durchbringen konnte, würde er für den Rest seines Lebens Schuldner bleiben. Er mußte nun seine Rechte allein schon deshalb durchsetzen, um sich vor dem Ruin zu bewahren. Allerdings konnte er von Glück sagen, überhaupt noch am Leben zu sein. Er hatte es mit einflußreichen Leuten zu tun, die sogar an den großen Computer heran konnten. Das mißlungene Attentat hatte bewiesen, daß diese Leute vor nichts zurückschreckten. Storm mußte jederzeit mit einem neuen Angriff rechnen. Er hatte sich vorgesehen, dabei aber genau gewußt, daß er der Unterlegene war. Hätten seine Feinde einen neuen Versuch gemacht, wäre er bestimmt nicht mit heiler Haut davongekommen. 48
Warum hatten sie ihn starten lassen? Wollten sie ihn auf dem Mars haben, weil sie ihn dort leichter und unauffälliger aus dem Wege räumen konnten? Vielleicht waren seine Feinde auch nur auf seine nächsten Schritte gespannt und fühlten sich so sicher, daß sie ihn gewähren ließen. Storm war unglücklich. Sein Leben war plötzlich sehr schwierig geworden. Er war eine Figur in einem Spiel um Reichtum und Macht. Vorerst konnte er sich Ruhe gönnen. Seine Feinde würden kaum wagen, das große Linienschiff zu vernichten. Erst nach der Landung würde er sich wieder vorsehen müssen. Es tat ihm leid, daß Liz nicht zum Flugplatz gekommen war. Er hatte gehofft, sie beruhigen zu können. Liz war ein vernünftiges und verständiges Mädchen, das wußte er genau. Sie war nur ein Opfer der Umstände geworden. Nach der langen Wartezeit hatte sie gehofft, endlich am Ziel zu sein, das war alles. Die Enttäuschung mußte sie schwer getroffen haben. Außerdem war sie Zeugin des Überfalls gewesen und wußte nun, womit ihr Verlobter zu rechnen hatte. John Storm sah schwermütig durch ein Bullauge. Der Mars glitzerte wie eine polierte Kupfermünze. Der Planet Jupiter befand sich auf der anderen Seite und war nicht zu sehen. Der Saturn hing aber in einem so günstigen Winkel, daß die Touristen seine Ringe gut erkennen konnten. Der Ingenieur machte sich, nicht die Mühe, zur Erde zurückzublicken. Er hätte dazu zur anderen Seite gehen müssen. Vorerst hatte er genug von der Erde und ihren Bewohnern. Er starrte auf den Mars und glaubte, die beiden kleinen Monde zu erkennen. Storm lächelte matt. Das war na49
türlich nur Einbildung, denn die Marsmonde Deimos und Phobos waren aus so großer Entfernung nicht zu sehen. * Der Angestellte in der Registratur von Marsville sah erstaunt auf. „Sie sind schon wieder hier?“ „Haben Sie etwas dagegen?“ knurrte Storm feindselig. „Ich wundere mich nur“, antwortete der Mann. „Sie haben doch den Claim angemeldet, nicht wahr?“ Die Spannung wurde fast unerträglich. Storm hätte den Mann am liebsten an der Jacke gepackt. Er sagte aber ruhig: „Ich bin zurückgekommen, um in dieser Angelegenheit einige Fragen zu stellen.“ Die Augen des Angestellten wurden eiskalt und abweisend. „Was sind das für Fragen?“ Storm beugte sich vor. Außer ihm und dem Angestellten befand sich niemand im Raum. „Als ich meinen Claim bestätigt haben wollte, mußte ich feststellen, daß er überhaupt nicht registriert worden ist.“ „Unmöglich!“ rief der Mann. „Das dachte ich auch. Meine Claim-Nummer wurde natürlich geprüft. Dabei stellte sich heraus, daß diese Nummer zu einem Claim eines gewissen McDermott gehört. Von meinem Claim war keine Spur zu entdecken.“ „Unglaublich!“ rief der Angestellte. „Das haben die da unten auch gesagt“, knurrte Storm. „Jetzt werden Sie mir die Unterlagen zeigen. Ich möchte wissen, ob sie noch zu finden sind.“ „Das läßt sich sofort feststellen, Sir“, antwortete der 50
Mann bereitwillig. „Allerdings bin ich nicht dazu berechtigt.“ „Irgendeiner muß dazu berechtigt sein!“ herrschte Storm den Angestellten an. „Der Chefregistrator.“ „Wo finde ich ihn?“ „Im Augenblick ist er nicht erreichbar, Sir“, antwortete der Angestellte grinsend. „Er ist unterwegs. Er steckt irgendwo in der Gegend von Syrtis Major und wird erst gegen Ende des Monats zurückkehren. Nur er kann Ihnen helfen.“ „Sonst keiner?“ fragte Storm wütend. „Vielleicht sein Vertreter.“ Der Ingenieur hatte längst erkannt, daß der Mann ihn hinhalten wollte. „Wo finde ich ihn?“ fragte er rauh. „Antworten Sie gefälligst!“ „Ich bin es, Sir.“ „Das hätten Sie doch gleich sagen können!“ schrie Storm aufgebracht. „Sie haben mich nicht gefragt, Sir.“ „Das hol’ ich jetzt nach.“ Storm konnte sich nur mit großer Mühe beherrschen. „Ich möchte die Unterlagen einsehen.“ Der Mann lächelte kalt. Seine Augen wirkten jetzt noch eisiger. „Tut mir leid“, sagte er. „Ich verweigere Ihnen die Einsicht in die Unterlagen.“ „Was …?“ Storm war sprachlos. „Sie haben mich richtig verstanden, Sir“, antwortete der Angestellte. „Ich kann doch nicht jeden hergelaufenen 51
Fremden in unseren Unterlagen herumschnüffeln lassen. Sie können auf den Chefregistrator warten und ihm Ihre Bitte vortragen. Die Antwort wird nicht anders lauten. Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe! Ich habe zu tun.“ John Storm starrte den kleine Mann an. Er kochte vor Wut. Seine Geduld war erschöpft. Wollte der Mann etwa bestochen werden? „Hören Sie“, sagte Storm, „diese fünfzig Dollar hier, wenn …“ „Lassen Sie das!“ unterbrach ihn der Angestellte. „Ich bin nicht käuflich – wenigstens nicht für fünfzig Dollar.“ Diese Offenheit wirkte wie ein zündender Funke. Storm verlor die Beherrschung und stürzte sich auf den Mann. Er packte ihn an der Brust und riß ihn mit einem Ruck hoch. „Hören Sie auf! Was soll das?“ brüllte der Angestellte ängstlich. „Verdammt noch mal – ich spiele nicht mehr mit!“ keuchte Storm und schüttelte den kleinen Mann. „Wir sind allein. Wenn ich Sie umbringe, wird niemand erfahren, wer es gewesen ist. Keiner wird mich daran hindern!“ „Nicht doch!“ wimmerte der verängstigte Angestellte. „Wollen Sie mir helfen?“ „J-ja.“ „Ehrlich?“ „Ich schwöre es!“ Storm ließ den Mann los. Der Kleine wich zurück und betastete seinen Hals. „Sie haben mich beinahe erwürgt“, jammerte er. John Storm antwortete nicht. Er zitterte vor Wut und wunderte sich über seine Gewalttätigkeit. Er war stark, das 52
wußte er. Aber er hatte diese Kraft nie ausgenutzt, hatte sich immer zurückgehalten, weil er keinem anderen Menschen Schaden zufügen wollte. Seit seinem zehnten Lebensjahr hatte er keinen anderen geschlagen. Jetzt verlangte ihn danach. Es war, als wäre eine zu straff gespannte Saite gesprungen. „Kommen Sie!“ sagte der verängstigte Angestellte. „Beeilen Sie sich! Und wenn Sie später gefragt werden, geben Sie um Gottes willen nicht zu, daß ich Ihnen die Unterlagen gezeigt habe.“ „Ich warte!“ brummte Storm und folgte dem Registratur an eine der Maschinen. Der Kleine nahm einige Einstellungen vor, worauf ein Bildschirm zu leuchten begann. „Welchen Monat wollen Sie?“ John Storm holte seine Kopie aus der Tasche und las die Daten vor. Ein Mikrofilm lief ab. Der Ingenieur achtete auf die Nummern und hob schließlich die Hände. „Langsam!“ rief er aufgeregt. „Jetzt kommt meine Nummer.“ Wieder spürte er ein flaues Gefühl im Magen. Die Nummer des Claims stimmte mit seiner Kopie überein, nicht aber der Name und die Positionsangabe des Asteroiden. Der registrierte Claim war auf den Namen McDermott ausgestellt. „Das ist nicht mein Claim!“ rief John Storm. „Die Nummer stimmt“, murrte der Registratur. „Das ist nicht der von mir eingebrachte Claim“, wiederholte Storm wütend. „Das wissen Sie genau!“ Er beobachtete das abwechselnd bleich und rot werdende Gesicht des kleinen Mannes. Der Registratur zeigte alle Anzeichen von Furcht und Scham. „Dies ist eine Fälschung!“ 53
Der Angestellte wurde unruhig. „Sie haben die Unterlagen sehen wollen, und ich habe sie Ihnen gezeigt, Sir“, sagte er nervös. „Mehr kann ich nicht für Sie tun.“ Storm sah den Kleinen kalt an. „Ich habe einen Claim mit dieser Nummer angemeldet. Mein Name ist aber Storm und nicht McDermott. Ich habe die Kopie mitgebracht. Sie waren hier in diesem Büro, als ich den Claim registrierte. Ich will Ihnen sagen, was geschehen ist. Jemand hat meinen Namen getilgt und durch einen anderen ersetzt. Jetzt will ich nur noch wissen, wer es war.“ „Warum sehen Sie mich dabei an?“ fragte der Kleine ängstlich. Der Ingenieur drehte den Film weiter zurück. Er hatte noch immer die Hoffnung, seinen Claim zu finden. Seine Wut wurde noch größer. Wer immer seine Feinde sein mochten, sie waren gründlich. Bedeutete das nun, daß ein anderer seinen Asteroiden beanspruchte? „Sind Sie jetzt zufrieden?“ fragte der Registratur mürrisch. Storm starrte weiter auf den langsam abrollenden Film, obwohl er nichts mehr erwartete. Plötzlich zuckte er zusammen. „Lassen Sie den Film rückwärts laufen!“ herrschte er den Registratur an. „Aber …“ „Machen Sie schon, verdammt noch mal!“ brüllte Storm. Der Registratur zitterte vor Angst. Er ließ den Film rückwärts laufen und projizierte jeden einzelnen Claim auf die Mattscheibe. Ein Schauer rann über Storms Rücken. Er las die Positionsangaben seines Asteroiden. Ein anderer hatte ihn sechs 54
Tage nach seiner Anmeldung beansprucht, und zwar ein Mann namens Clyde Ellins. Storm wußte nun Bescheid. Jetzt war kein Zweifel mehr möglich. Er hatte einen Rivalen, der den Claim erst später anmeldete. Schlimm wurde das erst durch das Fehlen der eigenen Unterlagen. Der Ingenieur zweifelte nun nicht mehr daran, daß es sich um einen bewußt durchgeführten Betrug handelte. „Wer ist dieser Ellins?“ fuhr er den Registratur an. „Wahrscheinlich ein Prospektor.“ „Sie kennen ihn!“ „N-nein.“ „Wo steckt der Bursche? Ist er noch hier auf dem Mars?“ „Ich kann es wirklich nicht sagen, Sir“, antwortete der zitternde Registratur. Storm näherte sich dem Mann. Seine Augen ließen keinen Zweifel an seinen Absichten. Der Registratur starrte angstvoll auf die kräftigen Hände des Ingenieurs. „Wenn Sie lebend hier herauskommen wollen, müssen Sie mir alles erzählen!“ knurrte Storm drohend. „Wieviel hat Ellins Ihnen dafür gezahlt? Sie haben meinen Claim durch seinen ersetzt, das ist jetzt klar.“ „Ich weiß wirklich nicht …“ „‘raus mit der Sprache!“ brüllte John Storm wütend. „Sie denken falsch, Sir. Ich habe nichts damit zu tun“, wimmerte der kleine Mann und wich ängstlich zurück. John Storm packte den Registratur am Hals und drückte fest zu. Der Kleine riß die Augen auf und hob abwehrend die Hände. „Ich will ja alles sagen!“ wimmerte er leise. 55
„Ich warte!“ Storm lockerte den Würgegriff ein wenig. Die Lippen des Registrators bewegten sich eine Weile, ohne daß der Mann ein Wort hervorbringen konnte. „Er hat – er hat mir tausend Dollar gegeben“, gestand er schließlich. „Ich mußte Ihre Anmeldung herausnehmen und durch seine ersetzen.“ „Wann war das?“ fauchte Storm den Kleinen an. „Eine Woche nach Ihrem ersten Besuch, Sir. Ellins brachte das Geld gleich mit und überrumpelte mich mit seinem Vorschlag.“ „Wer ist dieser Ellins?“ „Sie kennen ihn nicht?“ fragte der Registratur erstaunt. „Natürlich nicht! Würde ich sonst versuchen, etwas über ihn zu erfahren? Reden Sie! Wer ist Ellins?“ „Der hiesige Vertreter der Universal Mining, Sir.“ Der Registratur fühlte sich wieder sicherer und riskierte ein überhebliches Grinsen. „Gegen die Großen kommen Sie nicht an“, murmelte er. „Ich kann Ihnen nur raten, es gar nicht erst zu versuchen.“ Storm war entsetzt. Die Universal Mining also! Das war die alles an sich reißende Gesellschaft, deren Personalchef ihm einen Job in Patagonien angeboten hatte. Die Universal Mining war eine weitverzweigte, überall einflußreiche und vor allem sehr finanzstarke Organisation, eine hundertköpfige Hydra, die alle fetten Bissen verschlang. Die Gesellschaft war gleich nach der Aufhebung des Anti-Trust-Gesetzes entstanden, hatte sich schnell entwickelt und . alle Konkurrenzunternehmen ruiniert. John Storm machte sich keine Illusionen. Die Universal 56
Mining verfügte über Einfluß, Macht und Geld. Wenn eine Gesellschaft an das Zentralarchiv herankommen konnte, um Gegnern Schwierigkeiten zu bereiten, dann die Universal Mining. Kein Mensch und keine Organisation durfte es wagen, einem anderen Rechte streitig zu machen, bis auf die Universal Mining. Sie konnte Mörder dingen, um einen Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Niemand würde es wagen, die Bosse der Gesellschaft anzuklagen. Und doch war dieser Fall ungewöhnlich Eine so große und reiche Gesellschaft hatte es doch nicht nötig, den relativ geringwertigen Fund eines Einzelgängers zu stehlen. Der Asteroid war wertvoll, doch für die Universal Mining konnte er nicht mehr sein, als ein Tropfen in einem großen Faß. Die Rohstoffknappheit war schließlich noch nicht so schlimm. Storm sah keinen Grund für die Gewaltaktionen der Gesellschaft. Nur Ellins konnte dieses Rätsel lösen. „Wo steckt Ellins jetzt?“ fragte er den Registrator. „Ist er noch auf dem Mars?“ Der kleine Mann zuckte die Achseln. „Vor ein paar Tagen war er noch hier. Er beschäftigte sich mit der Ausrüstung einer Expedition. Wo er jetzt ist, kann ich nicht sagen.“ „Ist das die Wahrheit?“ Storm schüttelte den Mann. „Natürlich! Lassen Sie mich los! Wagen Sie sich doch an die Großen!“ Storm ließ von dem Mann ab. Er hatte eine furchtbare Wut auf ihn, sah aber ein, daß er nur ein Werkzeug war. Der Ingenieur ging nervös auf und ab und dachte nach. Was sollte er tun? Konnte er überhaupt noch etwas tun? Die Universal Mining hatte ihn um seinen Fund betrogen, 57
und zwar so raffiniert, daß es nicht zu beweisen war. Die Universal Mining würde schon dafür sorgen, daß keiner den Mund aufmachte. Die Gesellschaft hatte ja demonstriert, daß sie selbst vor einem Mord .nicht zurückschreckte. Storm mußte wohl oder übel einsehen, daß es keinen legalen Weg zur Verteidigung seiner Rechte gab. Er war erledigt. Jetzt konnte er nur noch zur Erde zurückkehren, demütig um einen Job bitten und für die Gesellschaft arbeiten, die ihn um seinen Reichtum betrogen hatte. John Storm blieb stehen und schüttelte den Kopf. „Nur das nicht!“ murmelte er. „Ich werde kämpfen!“ Er war entschlossen, sich seinen Besitz zurückzuholen und gegen die allmächtige Gesellschaft zur Wehr zu setzen. Da ihm legale Mittel versagt waren, wollte er mit ungesetzlichen Mitteln zurückschlagen. Die Tür wurde von einem eintretenden Mann geöffnet. Storm fuhr verteidigungsbereit herum. Er witterte überall Feinde. Der eintretende Mann war etwas älter als er und machte einen zähen Eindruck. Er war offensichtlich Prospektor. Grinsend kam er näher. Er schien die Spannung nicht zu spüren. „Hello, Jimmy!“ begrüßte er den Registrator. „Wer ist dein neuer Freund?“ „Er heißt Storm“, brummte der Angestellte und rieb sich den noch schmerzenden Hals, an dem sich rote Würgemale zeigten. Der Prospektor reichte Storm die Hand und stellte sich vor. „Fletcher, Sam Fletcher“, sagte er freundlich. „Ich treibe mich seit sieben Jahren im Asteroidengürtel umher. 58
Jetzt habe ich endlich etwas gefunden. Gib mir ein Formular, Jimmy!“ „Wo haben Sie den Fund gemacht?“ fragte Storm interessiert. „Im siebenten Sektor“, antwortete Fletcher. „Der Asteroid besteht fast vollständig aus Lithium. Er ist nicht groß, aber das Erz hochwertig. Es wird eine Menge Geld einbringen.“ „Ich war vor kurzem auch in der Gegend“, brummte Storm. „Was gefunden?“ Storm nickte. „Jetzt habe ich aber Schwierigkeiten und möchte sie gern bereinigen.“ Fletcher sah auf. „Schwierigkeiten? Hoffentlich war das nicht Ihr Claim, mit dem sich die Burschen gestern beschäftigten.“ „Was meinen Sie damit?“ Storm witterte Neuigkeiten. „Einen Augenblick!“ sagte Fletcher freundlich. „Ich will nur erst meinen Claim registrieren lassen.“ Der Ingenieur wartete ungeduldig, bis Fletcher die umständliche Arbeit des Registrierens erledigt hatte. Endlich stand der Prospektor auf und berichtete: „Ich sah ein Schiff der Universal Mining. Die Techniker waren damit beschäftigt, Raketen an einen Asteroiden zu bauen. Ich schätze, sie wollen das Ding in einen anderen Orbit bringen.“ „War es wirklich ein Schiff der Universal Mining?“ „Ich hielt mich nicht lange auf. Schließlich wollte ich meinen Claim so schnell wie möglich registriert haben. Ich sah die Kennzeichen des Schiffes und dachte mir gleich, daß etwas faul war. Man sollte meinen, die verdammte Gesellschaft hat Geld genug.“ 59
Storm sah den Registratur an. Der senkte den Blick und wandte sich ab. „Haben Sie Ihr Schiff schon verkauft, Fletcher?“ fragte er den Prospektor. „Ja. Wollen Sie eins haben?“ John Storm nickte. „Ich brauche eins.“ „Mit meinem alten Kahn wären Sie nicht weit gekommen. Ich habe ihn nur mit Mühe nach Hause gebracht“, erklärte Fletcher. „Am Startplatz wohnt ein Mann, der Ihnen ein Schiff verkaufen kann. Aber warum haben Sie es so verdammt eilig?“ Storm gab keine Antwort mehr. Er stürmte aus der Tür und rannte davon. Auf dem Weg zum Startplatz fügte er die Einzelteile des Bildes zusammen. Sein Lage war alles andere als rosig. Die Schwierigkeiten wurden immer größer und unüberwindlicher. Sie wollten ihm seinen Asteroiden nehmen! Die mächtige Universal Mining war ein zu starker Gegner. Storm dachte aber nicht daran, den Kampf deswegen aufzugeben, obwohl er genau wußte, daß die Gesellschaft in ähnlichen Fällen immer gesiegt hatte. Warum brauchte die Gesellschaft den Asteroiden so dringend? Storm war deprimiert. Die Gesellschaft würde weder Kosten noch Mühe scheuen, den Asteroiden in einen anderen Orbit zu bringen. Danach konnte die Universal Mining Ansprüche stellen und Rechte erwerben. Kein Gericht der Welt würde sich dann noch um seine Klage kümmern. Das Unternehmen war so kostspielig, daß Storm sich 60
unwillkürlich nach den Gründen fragte. Je länger er darüber nachdachte, desto unwahrscheinlicher schien ihm, daß es der Gesellschaft nur um die von ihm entdeckten Materialien ging. Hatte er bei seiner Analyse etwas übersehen? Die Universal Mining mußte wichtige Gründe haben, sich auf ein so gefährliches Spiel einzulassen. Um diese Gründe herauszufinden, mußte John Storm noch einmal auf dem Asteroiden landen. 3. Kapitel Der Schiffshändler, ein untersetzter, braungebrannter Mann, musterte John Storm. „Ich kenne Sie“, sagte er mit Bestimmtheit. Storm nickte. „Ich habe Ihnen vor einem Monat ein kleines Raumschiff verkauft. Es war ein Hawthorne 113. Sie gaben mir fünfzehntausend Dollar dafür.“ „Ich erinnere mich daran.“ Der Händler verhielt sich betont zurückhaltend. „Ich brauche ein neues Schiff“, erklärte Storm. „Wenn mein alter Kasten noch hier ist, kauf ich ihn zurück.“ „Er ist leider schon verkauft“, antwortete der Händler bedauernd. „Ich habe im Augenblick keine große Auswahl. Auf dem Platz steht ein Modell 122. Sie können es für sechzigtausend Dollar haben. Es ist ein Prachtstück.“ „Zu teuer“, brummte Storm. „Wie wär’s mit einer alten Mclntire B 8 für nur siebenundzwanzigtausend Dollar? Das Schiff müßte allerdings erst überholt werden.“ „Ich habe nur dreitausend“, antwortete Storm. 61
„Dafür werden Sie kaum ein brauchbares Raumschiff finden“, sagte der enttäuschte Händler. Storm zog die Kopie der Anmeldung seines Claims aus der Tasche. „Vielleicht kommen wir doch ins Geschäft“, sagte er hoffnungsvoll. „Ich habe einen sehr wertvollen Fund gemacht. Aus bestimmten Gründen muß ich noch einmal hinaus. Wenn ich mich nicht sehr beeile, kann ich meine Ansprüche verlieren. Wenn alles klappt, werde ich aber in kurzer Zeit Millionär sein.“ Der Händler kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Geben Sie mir ein Schiff!“ drängte Storm. „Ich gebe Ihnen meine dreitausend Dollar und eine Hypothek auf das Schiff. Die Zinsen können Sie selber festsetzen. Außerdem biete ich Ihnen eine Beteiligung an meinem Asteroiden. Ich brauche das Schiff.“ Der Händler dachte intensiv nach. „Sie müssen mich für verrückt halten“, brummte er schließlich. „Wenn Sie Bruch machen, verliere ich viel Geld. Was soll ich mit einem Anteil an einem Claim, der vielleicht völlig wertlos ist? Nein, mein Freund. Solche Geschäfte mache ich nicht.“ Storm begann zu schwitzen. „Ich war zwei Jahre draußen und hatte keinen Unfall“, sagte er beschwörend. Der Händler schüttelte den Kopf. „Dieses Geschäft ist mir zu riskant, junger Mann.“ Der Ingenieur mußte weiter nachgeben. „Nennen Sie beliebige Bedingungen!“ keuchte er. „Ich stecke in einer Klemme.“ „Was soll’s?“ brummte der Händler. „Was nützen die günstigsten Bedingungen, wenn Sie meine Forderungen doch nicht erfüllen können. Und wenn Sie mir zehn Mil62
lionen versprechen, kann ich mich nicht darauf einlassen. Ich verkaufe nur gegen bar.“ „Gibt es denn keinen, der etwas riskieren will?“ stöhnte Storm. „Auf diesem lausigen Planeten existieren wohl nur Leute, die allein der Sicherheit leben?“ „Nicht unbedingt“, sagte der Händler grinsend. „Gehen Sie zu Charlie Byrd. Er ist der Bürgermeister von Marsville. Sie werden ihn im Rathaus finden. Der Kerl ist ein Spieler durch und durch. Reden Sie mit ihm und sagen Sie mir später Bescheid. Vielleicht steigt er in dieses Geschäft ein.“ * Charlie Byrd war ein hagerer Mann mit einer mächtigen Hakennase. Storm mußte lange nach ihm suchen, ehe er ihn endlich am Rande von Marsville fand. Byrd beaufsichtigte dort das Verlegen von Kanalisationsrohren. Storm schätzte Byrds Alter auf sechzig Jahre. Der Mann war über zwei Meter groß, wog aber höchstens einhundertsechzig Pfund. „Ich habe Ihnen einen Vorschlag zu machen, Mr. Byrd“, begann Storm. „Ich höre, junger Mann“, antwortete Byrd bereitwillig. Storm trug sein Anliegen vor. Es kam ihm irrsinnig vor, einen Fremden um etwas zu bitten. Er durfte jedoch nichts unversucht lassen. Byrd hörte schweigend zu, sein Gesicht war unbewegt. Storm wußte nicht, ob Byrd sich amüsierte oder langweilte. Nie zuvor in seinem Leben hatte er ein so ausdrucksloses Pokergesicht gesehen. Nachdem Storm geendet hatte, verlangte Byrd die Kopie 63
der Anmeldung des Claims zu sehen. Er warf nur einen Blick darauf und sagte dann: „Sieht echt aus.“ John Storm begann wieder zu schwitzen. Byrd brauchte nur die Registratur anzurufen, um alles zu erfahren. Anscheinend dachte er auch daran, denn er zögerte verdächtig lange. Aber dann sagte er: „Sie brauchen also zwanzigtausend Dollar, junger Mann?“ „Ja.“ „Was halten Sie vom Wucher? Sind Sie dagegen, mein Freund?“ „Ich brauche Geld“, antwortete Storm. „Na schön! Ich kann Ihnen die zwanzigtausend Dollar leihen“, sagte Byrd verschmitzt. „Aber zu meinen Bedingungen. Ich verlange fünfzehn Prozent Zinsen pro Jahr. Sie müssen mir also dreiundzwanzigtausend Dollar zurückzahlen. Sie werden einen Vertrag unterzeichnen und sich verpflichten, diese Summe von den ersten Gewinnen aus Ihrem Claim zu begleichen. Sind Sie damit einverstanden?“ „Einverstanden!“ sagte Storm aufatmend. Byrd begann zu grinsen. „Soll ich Ihnen etwas sagen, junger Mann?“ fragte er. „Wir sind beide verdammte Narren. Sie, weil Sie sich so ausnehmen lassen, ich, weil ich mich auf ein so windiges Geschäft einlasse. Aber wir haben den Handel abgeschlossen. Sie können das Geld in einer halben Stunde haben.“ Storm nickte. „Ich brauche es auch sehr schnell, Mr. Byrd“, sagte er abschließend. *
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Das Raumschiff war ein Modell Hawthorne 117, ein EinMann-Schiff. Es war sehr klein, kaum sechs Meter lang, aber sehr schnell und wendig. Treibstoff und Maschinen nahmen den größten Teil des Platzes ein. Für den Piloten blieb nur eine winzige Kabine. Storm war das gleichgültig. Er wollte keine Luxusreise unternehmen oder sich monatelang im All herumtreiben. Er kannte sein Ziel und wollte es direkt anfliegen. Nachdem er den Vertrag unterschrieben hatte, erkannte er, daß er kein schlechtes Geschäft machte. Gemessen an dem Risiko, das Byrd einging, waren die fünfzehn Prozent keine allzu hohe Forderung. Byrd war offenbar mehr Menschenfreund als Wucherer. Natürlich wußte er nicht, wie gering Storms Chancen waren. Er wußte nichts von der fieberhaften Aktivität der Universal Mining-Techniker und den Schwierigkeiten, die Storm bevorstanden. Der Ingenieur prüfte sein Schiff, kontrollierte den Steuermechanismus, die Funkanlage und all die anderen wichtigen Teile. Alles war in Ordnung. Er brauchte sich nicht erst mit dem kleinen Raumschiff vertraut zu machen, denn er kannte diesen Typ bereits genau. Das Fliegen eines Raumschiffes war nicht schwieriger als das Steuern eines Autos, weil ein Computer die nötigen Kursberechnungen erledigte und die Steuerung betätigte. Der Aktionsradius des kleinen Schiffes war nicht sehr groß, was die Gefahren noch verringerte. Storm studierte die Sternkarten. Sein Asteroid kam dem Mars schnell entgegen. Die Entfernung war demzufolge nicht sehr groß. Er konnte die Distanz in einer einzigen Nacht zurücklegen. Es war nur ein Katzensprung, selbst für 65
ein Schiff vom Typ 117. Der Treibstoff reichte immerhin für eine Reise zum Jupiter und zurück. Storm kannte sich im Asteroidengürtel aus und brauchte keine besonderen Vorkehrungen zu treffen. Wenn er sich der Flugrichtung der Asteroiden anpaßte, konnte kaum etwas passieren. Nach der sorgfältigen Kontrolle des Schiffes bat er den Kontrollturm um Starterlaubnis. Eine gelangweilte Frau fragte ihn nach der Startzeit. „Sofort, wenn es geht!“ gab Storm zurück. „Eine Brewster-II kommt gerade herein“, antwortete die Frau. „Sie können in drei Minuten starten.“ „Danke!“ Storm wartete. Noch nie waren ihm drei Minuten so lang erschienen. Es waren Marsminuten, kaum länger als Erdminuten. Daß die Zeit nicht vergehen wollte, war wohl eine Folge seiner Ungeduld. Die Sekunden verrannen. Storm blickte durch das kleine Fenster hinaus. Er sah eine große Sandfläche und im Hintergrund die Dome von Marsville. Die Raketen startender Schiffe hatten schwarze Stellen in den Sand gebrannt und hohe Wälle aufgeworfen. Würde er den Mars wiedersehen? Wenn er den Männern von der Universal Mining in die Hände fiel, würde er nicht mehr zurückkehren, das war klar. Sie brauchten nur die Scheibe seines Helms zu zerschlagen, ihn wieder ins Schiff zu setzen und auf die Bahn in Richtung Sonne zu bringen. Danach würden sie sich nicht einmal mehr die Mühe machen müssen, den Asteroiden in eine andere Position zu bringen. Der hilfsbereite Charlie Byrd würde dann um zwanzigtausend Dollar ärmer sein. 66
Für einen kurzen Augenblick dachte Storm daran, das Abenteuer aufzugeben. Es war sicher vernünftiger, die Träume von Ruhm und Reichtum zu begraben und ein normales, friedliches Leben zu führen. Ein Mann konnte unmöglich gegen die Universal Mining ankämpfen. Er konnte noch mit sechzig Lebensjahren rechnen, mit langen Jahren irgendwo in einem bescheidenen Haus, mit Liz und einem ausreichenden Einkommen. Es war geradezu idiotisch, eine machtvolle Organisation herauszufordern. Das konnte nicht gut ausgehen. Die Frau vom Kontrollturm meldete sich wieder und gab Storm Starterlaubnis. Er mußte innerhalb der nächsten zwanzig Sekunden starten. John Storm zuckte die Achseln. Jetzt konnte er nicht mehr zurück. Er drückte auf die Schaltknöpfe der Bedienungsanlage des kleinen Raumschiffes und wartete ab. Der Rest der Arbeit wurde vom Computer erledigt. Die in flüssigem Helium untergebrachten Elemente arbeiteten blitzschnell. Alle wesentlichen Organe des Schiffes wurden noch einmal automatisch geprüft, und der Zündkreis schloß sich. Storm lehnte sich zurück und wartete mit zusammengebissenen Zähnen auf den gewaltigen Ruck des Starts. Einen Augenblick später wurde er in den Sitz gepreßt. Merkwürdigerweise war dieser Augenblick immer ein Moment der Entspannung, denn die Erwartung des Startandrucks war weit aufregender. Wenn der Pilot wie von einer Riesenfaust in den Sitz gepreßt wurde, war das ein Beweis für das Gelingen des Starts. Storm schloß die Augen. Er spürte, wie das Raumschiff die Anziehungskraft des Mars überwand und immer 67
schneller senkrecht in die Höhe schoß. Die Würfel waren gefallen. Er brauchte jetzt nur noch zu warten, denn er hatte den Computer auf das Ziel eingestellt. Das Abenteuer würde erst auf dem Asteroiden beginnen. Storm konnte keine Pläne machen. Von nun an war er auf sich gestellt und mußte improvisieren. Der Mars fiel schnell zurück, wurde zu einer rötlichen Riesenscheibe und später zu einem großen Punkt. Storm blickte nicht zurück, denn nicht die Vergangenheit zählte, sondern nur das, was vor ihm lag. * Es war fast wie eine Heimkehr. John Storm erblickte den vertrauten Asteroiden – seinen Asteroiden. Der mächtige Brocken befand sich noch immer auf seinem alten Orbit. Storm schaltete auf Handsteuerung um und näherte sich dem Asteroiden, der ihm Reichtum versprach, aber auch den Tod bringen konnte. Er paßte das Schiff jedoch nicht der Rotation des Asteroiden an, sondern steuerte es in eine Kreisbahn. Aus einer Entfernung von hundert Kilometern konnte er die Oberfläche beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Er brauchte keine vorzeitige Entdeckung zu befürchten, denn im leeren Raum setzten sich die Schallwellen nicht fort. Außerdem war sein Schiff so winzig, daß es bei der großen Entfernung für einen kleinen Asteroiden gehalten werden mußte, falls es überhaupt gesehen wurde. Storm schaltete sein Periskop auf stärkste Vergrößerung und beobachtete die fieberhafte Aktivität auf seinem Asteroiden. Er konnte genau erkennen, was unter ihm geschah. 68
Auf der dem Jupiter zugewandten Seite des Asteroiden waren Männer mit dem Einbau starker Raketensätze beschäftigt. Ein großes Raumschiff hing scheinbar unbeweglich über dem Asteroiden. Storm konnte die Initialen genau erkennen. Es war ein Raumschiff der Universal Mining. Die sich auf dem Asteroiden bewegenden Baufahrzeuge wirkten wie winzige Ameisen. An der Zahl dieser Fahrzeuge konnte Storm ermessen, wie fieberhaft dort unten gearbeitet wurde. Er umkreiste den Asteroiden und änderte den Orbit, um die gesamte Oberfläche des kleinen Himmelskörpers beobachten zu können. Er wollte feststellen, ob sich die Eindringlinge alle an einer Stelle befanden. Vorläufig hatte er noch keinen Plan. Er wußte nur, daß er so lange wie möglich unentdeckt bleiben mußte. Es hatte keinen Sinn, die Männer der Universal Mining direkt herauszufordern. Nur ein Narr hätte das versucht. Storm war sich über seine Lage im klaren. Er besaß zwar eine Waffe, aber das Verhältnis war fünfzig zu eins. Die Männer auf dem Asteroiden waren bestimmt ebenfalls bewaffnet und zu allem bereit. Sie hatten zweifellos den Auftrag, jede Störung des Unternehmens mit allen Mitteln zu verhindern. Der Ingenieur konnte nur versuchen, eine Serie von Aufnahmen zu machen. Er brauchte Beweise für seine Behauptungen. Zumindest würde er mit diesen Aufnahmen beweisen können, daß die Männer der Universal Mining Raketen einbauten, um den Asteroiden in eine andere Bahn zu bringen. Trotzdem war John Storm nicht glücklich. Auch mit diesen Beweisen würde er nicht weit kommen, weil die Uni69
versal Mining über ein Heer ausgekochter Juristen verfügte. Er, ein kleiner Mann ohne Geld, würde keine Chance haben, seine Ansprüche durchzusetzen. Die Universal würde doch siegen und ihm den Asteroiden nehmen. Storm konnte sich vorstellen, wie es weitergehen würde. Die Gesellschaft würde ihn danach beschäftigen, vielleicht sogar auf seinem eigenen Asteroiden. Er würde für immer in der Riesenorganisation verschwinden, ein kleines Rädchen in einem großen Getriebe werden. Aber so leicht wollte er es seinen Feinden nicht machen. Sein Traum von Glück und Reichtum war noch nicht ausgeträumt. Solange noch eine Chance bestand, sein Ziel zu erreichen, wollte er nicht aufgeben. Storm blickte grimmig auf den Computer und stellte ein Programm auf. Er wollte auf der anderen Seite des Asteroiden landen. Das kleine Schiff würde in der wilden Landschaft nicht auffallen. Allein die Landung war schwierig. Das kleine Raumschiff ging in einer engen Spirale nieder. Storm konnte nur abwarten und auf die Perfektion seines Computers vertrauen. Alles klappte. Der winzige Raumer landete nicht auf der harten Oberfläche des Asteroiden, sondern blieb einige Meter über den gezackten Felsen in der Schwebe. Der Ingenieur zog seinen Druckanzug an, öffnete das Schott und kletterte über eine Strickleiter nach unten. Es war ein gutes Gefühl, wieder auf dem Asteroiden zu stehen. Es war sein Asteroid. Niemand sollte ihm den Reichtum nehmen. Storm sah grimmig lächelnd zu seinem Schiff empor. Er fühlte sich einigermaßen sicher, obwohl er genau wußte, was auf der anderen Seite des Asteroiden vorging. 70
Was jetzt? fragte er sich. Wie soll ich vorgehen? Die Entfernung spielte keine große Rolle, denn die geringe Schwerkraft des Asteroiden ermöglichte weite Sprünge. Storm mußte sich sogar zurückhalten, um nicht zu hoch zu schnellen, denn wenn er schwebte, war er hilflos. Das hatte aber den Vorteil, daß er sich ohne Mühe bewegen und seine Kräfte schonen konnte. John sah sich nachdenklich um. Er konnte nicht einfach in das Lager seiner Feinde eindringen und sie zum Kampf herausfordern. Er war am Rande einer von einem Ringwall eingefaßten Ebene gelandet. Das grünlich bleiche Licht der fernen Sonne machte die scharfen Kanten noch kontrastreicher und gespenstischer. Immerhin war das Licht so stark, daß die meisten Sterne nicht zu erkennen waren. An der anderen Seite des Asteroiden herrschte jedoch tiefe Nacht, so daß die Gestirne prachtvoll leuchteten. Auch der Mars und die Erde würden von dort aus zu sehen sein. Der Ingenieur wanderte eine Weile hin und her, um die nähere Umgebung zu erforschen. Dabei wäre er beinahe in die Öffnung einer Höhle gestürzt, die er im schwachen Licht nicht bemerkt hatte. Er blieb eine Weile stehen und starrte auf das dunkle Loch. Während sich der Asteroid langsam drehte, wurde es heller, und Storm konnte den dunklen Höhleneingang besser erkennen. Das runde Loch befand sich in dem steilen Ringwall. Storm schätzte den Durchmesser auf etwa drei Meter. Das Vorhandensein einer Höhle verblüffte ihn. Der Eingang war kaum auf natürliche Weise entstanden, denn er bildete einen sauberen Kreis. Storm wagte sich näher und blickte in die dunkle Öffnung. 71
Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, denn als Mineningenieur wußte er genau, auf welche Weise Höhlen entstanden. Die meisten wurden vom Wasser ausgewaschen, das war eine alte Tatsache. Auf dem Asteroiden konnte es jedoch niemals Wasser gegeben haben. War diese Höhle vielleicht ein Überbleibsel aus der Zeit, in der der Asteroid noch Teil eines Planeten gewesen war? Auch diese Erklärung war nicht begründet, denn natürliche Höhlen entstanden fast immer nur in weichem Gestein, nicht aber in Granit oder Basalt. Die Höhle war also nicht auf natürliche Weise entstanden. Aber wie dann? Storm dachte in diesem Augenblick nicht an seine Feinde. Er hatte ein Geheimnis entdeckt und wollte es ergründen, bevor er sich an seine eigentliche Aufgabe machte. Er schaltete seine Helmlampe ein und bewegte sich vorsichtig in die Höhle hinein. Boden und Wände des Ganges waren völlig glatt, so, als seien sie abgeschliffen worden. Offensichtlich war der Gang in das Gestein gebrannt worden. Storm kannte aber keine Möglichkeit, thermonukleare Vorgänge so genau zu kontrollieren. Er ging langsam weiter und zählte seine Schritte. Nach dem zwölften machte der Gang einen scharfen Knick nach rechts und verlief parallel zum Ringwall weiter. Jetzt war kein Zweifel mehr möglich: Der Tunnel war ein künstliches Bauwerk. Storm runzelte die Stirn. Wie war das möglich? Der Gang machte nun einen Knick nach links. Storm tastete sich weiter. Die Helmlampe war nur sehr schwach und leuchtete kaum drei Meter weit. Storm hatte nicht die geringste Ahnung, auf was er stoßen konnte, denn außer72
halb des Lichtkreises sah er nur ein gähnendes Loch. Nach weiteren zwanzig Schritten gelangte er wieder an einen scharfen Knick. Die Wand des Tunnels glänzte wie geschmolzenes Glas. Storm bog um den Knick und machte noch einen Schritt. Was er dann sah, kam so unerwartet, daß er vor Schreck erstarrte. Er war so verblüfft, daß er mehrere Sekunden reglos auf der Stelle verharrte. Storm konnte einfach nicht begreifen, was er wahrnahm. Der Tunnel war an dieser Stelle zu einer kugelförmigen Kammer erweitert. Eine Art Gardine verschloß die Kammer. Es war keine gewebte Gardine, sondern ein leuchtender, scharf abgegrenzter Nebel. Dieser gelbgrün schimmernde Nebel war so hell, daß Storm seine Helmlampe ausschalten konnte. Aber nicht dieser Nebel faszinierte und entsetzte ihn, sondern was hinter dem leuchtenden Vorhang lag. Storms Augen mußten sich erst an das Licht gewöhnen. Der leuchtende Nebelvorhang war in Bewegung und verschleierte das Bild. Doch dann bildete sich eine klare Stelle heraus und Storm konnte die in der Kammer befindlichen Gegenstände besser erkennen. Es waren vor allem Maschinen und Geräte. Die Wände der Kammer waren mit glänzenden Apparaten bestückt; offene Schränke enthielten Geräte, deren Sinn Storm nicht zu erkennen vermochte. Er erblickte Zellen, die von oben bis unten mit Drähten, Röhren und unbekannten Bauelementen gefüllt waren. Überall befanden sich Skalen, Meßinstrumente und Relais. Eine so große Konzentration von Maschinen auf so engem Raum war erstaunlich. 73
Aber das war nicht alles. Etwa drei Meter über dem Boden schwebte ein länglicher Gegenstand. Storm wollte seinen Augen nicht trauen und schüttelte verwundert den Kopf. Der Gegenstand hing tatsächlich frei in der Luft. Er war länglich und in eine gelbgrüne Wolke von dichter Konsistenz gehüllt. Storm kniff die Augen zusammen, um den leuchtenden Nebel besser durchdringen zu können. Trotzdem konnte er den darin eingeschlossenen Gegenstand nur sehr undeutlich erkennen. Er erblickte röhrenförmige Glieder, ein kopfähnliches Gebilde und zusammengerollte Fühler. Der Ingenieur erkannte benommen, daß es sich um ein fremdes Lebewesen handelte, um eine unbekannte Lebensform, von der kein Mensch je etwas geahnt hatte. Es gab keine andere Erklärung. Alle von den Menschen erforschten Himmelskörper beherbergten keine intelligenten Lebewesen. Auf dem Merkur gab es nichts, auf der Venus wurden nur Insekten gefunden, auf dem Mars niedrigere Tierarten; Saturn, Uranus und Jupiter konnten wegen ihrer ungeheuren Schwerkraft nicht erforscht werden. Auf den Planeten Pluto und Neptun war es so kalt, daß dort kein Leben existieren konnte. Und hier auf einem obskuren Asteroiden befand sich ein rätselhaftes Lebewesen. Storm sah es mit eigenen Augen und wollte es trotzdem nicht glauben. Das merkwürdige Wesen schwebte frei im Raum in einem leuchtenden Nebelkokon. Das allein war ein unbegreifliches Wunder. Storm erblickte Maschinen und Geräte, die von einer überragenden Intelligenz ihrer Schöpfer zeugten. Fassungslos stand er da und starrte auf das in der Wolke 74
ruhende Geschöpf. Er zweifelte keinen Augenblick daran, daß es sich um ein ihm geistig überlegenes Wesen handelte. War es ein Besucher aus einer fernen Welt, ein auf dem Asteroiden gestrandeter Raumfahrer? John Storm konnte- vor Erregung kaum denken. Er starrte unentwegt auf das rätselhafte Etwas, das er kaum erkennen konnte. Lichtete sich der Nebel, wurde er dünner und durchscheinender? Es schien so zu sein. Aber vielleicht war das nur eine Illusion. Storm war viel zu erregt, um sich darüber klar werden zu können. Es war keine Illusion. Der leuchtende Vorhang löste sich langsam auf, die Maschinen wurden besser erkennbar, ebenso das in der merkwürdigen Wolke schwebende Wesen. Storm konnte nun besser sehen. Und doch nahm er das fremde Wesen wie durch eine Wasserwand wahr. Er erkannte Glieder und schlaff herabhängende Fühler. Der mächtige Schädel war besonders eindrucksvoll, obwohl er viel zu groß wirkte. Und die Augen! Waren diese wie glitzernde Diamanten leuchtenden Gebilde überhaupt Augen? Jetzt bestand kein Zweifel mehr: Storm sah ein lebendes Wesen aus einer fernen Welt. Er konnte sich nicht vorstellen, daß dieses bizarre Wesen von einem Planeten des irdischen Sonnensystems stammen sollte. Die Wolke wurde immer dünner. Der Ingenieur rührte sich nicht, denn er wollte das fremde Wesen nicht erschrecken. Sein Herz schlug rasend schnell. Er war aufgeregt wie nie zuvor in seinem Leben. Was würde nun kommen? War dieses Wesen feindselig oder freundlich? Plötzlich spürte er ein eigenartiges Gefühl. Er wich ent75
setzt zurück. In panischer Angst wollte er aus der Höhle fliehen. Es war wie … Storm suchte nach einer Erklärung für dieses Gefühl. Es war so neuartig, daß er es nicht genau bezeichnen konnte. Es war, als fasse eine Hand hinter seine Stirn und umklammere sein Gehirn. John kämpfte gegen eine aufkommende Übelkeit an. Es war gefährlich, sich in einem engen Raumanzug zu übergeben. Er riß all seine Energie zusammen, um sich von dem unheimlichen fremden Einfluß zu befreien. Er wollte sich umdrehen und fliehen, blieb aber wie gelähmt stehen. Wieder spürte er das beängstigende Gefühl. Er mußte sich an die Wand lehnen, um nicht umzufallen. „Hinaus!“ murmelte er leise. „Ich muß hinaus!“ Sein Selbsterhaltungstrieb machte sich bemerkbar und aktivierte seinen Körper. Und doch blieb er in der Höhle. Die Angst wich bald der Neugier. Er überwand die lähmende Furcht und sah zu dem noch immer schwebenden Wesen auf. Er fühlte, daß etwas in sein Gehirn, in sein Bewußtsein einzudringen versuchte. Eine schleimige Hülle schien sein Gehirn zu umschließen, die Gedanken herauszusaugen. Aber dieses Gefühl war nach Überwindung der panischen Angst nicht mehr unangenehm. Storm spürte nicht nur den Versuch des fremden Wesens, in ihn einzudringen. Er spürte auch starke Emotionen, ein starkes Verlangen, ein Flehen und eine überwältigende Einsamkeit. „Es nimmt Kontakt auf!“ sagte er erstaunt. Das war die einzige Erklärung. Das fremde Wesen war 76
fieberhaft bemüht, sich auf rein geistigem Wege mit ihm in Verbindung zu setzen. War das überhaupt möglich? Storm wollte es nicht glauben. Ich weigere mich nicht, dachte er intensiv. Ich leiste keinen Widerstand. Versuch es nur! Ich habe keine Ahnung, wer du bist und was du von mir willst, aber ich will dich anhören. Storm hatte nie an Telepathie geglaubt. Psychische Kommunikation hielt er für Unsinn oder gar ausgemachten Schwindel. Diesmal ging es aber nicht um blasse Theorien, um Glauben oder Unglauben. Was er jetzt erlebte, war Wirklichkeit. Storm konnte nur passiv bleiben und die merkwürdigen Geschehnisse registrieren. Er hatte keine Ahnung, was der nächste Augenblick bringen würde. Wie sollte er sich verständlich machen? Gab es überhaupt eine Möglichkeit, das andere Wesen zu verstehen? Er konnte nur dastehen, die passive Rolle übernehmen und auf die überlegene Intelligenz des anderen bauen. Er spürte genau, wie sich das Wesen an sein Bewußtsein heranarbeitete. Die Versuche wurden immer erfolgreicher. Storm spürte eine ungewisse Angst. Es war aber nicht seine Angst, sondern die des anderen Wesens, das sich verzweifelt um eine Kontaktaufnahme bemühte. Offensichtlich wollte der Fremde eine sehr wichtige Nachricht übermitteln und suchte noch nach einem geeigneten Weg. „Ich höre“, murmelte Storm. „Vielleicht klappt es.“ Die Versuche des fremden Wesens wurden immer intensiver. Storm bekam furchtbare Kopfschmerzen, hielt aber durch. Er spürte nämlich genau, daß der andere keine feindlichen Absichten hatte. Irgendwie wußte er, daß der 77
Kontakt bald Zustandekommen würde. Der andere besaß offenbar die Fähigkeit, sich ohne die Kenntnis einer fremden Sprache verständlich zu machen. Es gelang aber nicht. Das fremde Wesen gab seine Bemühungen auf. John Storm blieb enttäuscht stehen und ließ die Arme hängen. Im nächsten Augenblick wurde er von hinten gepackt und brutal festgehalten. Aus den Augenwinkeln sah er die Schutzhandschuhe eines Raumanzuges. „Keine Bewegung!“ sagte eine rauhe Stimme. Er konnte den Mann verstehen, weil dieser den Helm fest an seinen Helm drückte. „Wenn Sie Widerstand leisten, werde ich Sie umbringen!“ fuhr der Mann fort. „Es hat keinen Zweck.“ Storm wollte dem ersten Impuls nachgeben, sich umdrehen und kämpfen. Er blieb aber vernünftig und sah ein, daß dies einem Selbstmord gleichgekommen wäre. Zögernd schaltete er seine Gegensprechanlage ein, so daß er den Gegner auch ohne direkten Kontakt hören konnte. „Dreh dich langsam um!“ sagte der andere. „Bei der geringsten verdächtigen Bewegung, schieße ich dir ein Loch in den Anzug!“ Storm hob die Hände und drehte sich langsam um. Der Gegner trug einen kupferfarbenen Raumanzug mit dem Monogramm der Universal Mining. Im Gang standen noch drei bewaffnete Männer. Storm erblickte kalte, rücksichtslose Gesichter und machte sich keine Illusionen. Diese Männer waren willige Werkzeuge der Universal Mining. Gegen Bezahlung verübten sie jedes Verbrechen. „‘raus hier!“ sagte der Mann, der Storm von hinten über78
rascht hatte. „Geh langsam und achte auf jeden Befehl! Wenn du eine Anordnung mißachtest, werden wir dich umlegen!“ Der Ingenieur blickte über die Schulter zurück. Er erhoffte sich Hilfe von dem fremden Wesen, aber der Kontakt war endgültig verloren. John bemerkte aber farbige Streifen. Sie zuckten wie Blitze durch den leuchtenden Nebel und schienen die ohnmächtige Wut des fremden Wesens zu offenbaren. Mit über dem Kopf erhobenen Händen machte sich John Storm langsam auf den Weg nach draußen. An jedem Knick war ein Mann mit einer Waffe postiert. Vor dem. Höhleneingang standen weitere Männer,: alle trugen Raumanzüge der Universal-Mining. Storm sah mit einem Blick, was geschehen war. Neben seinem Raumschiff standen zwei Raupenfahrzeuge. Ein Mann kam gerade aus der Kabine geklettert. Der Ingenieur wußte allerdings nicht, ob er durch Zufall entdeckt worden war. Wenig später befanden sich alle Männer wieder im Freien. Der Anführer wandte sich an Storm und sagte drohend: „Du gehst jetzt mit uns zu den Fahrzeugen! Widerstand ist zwecklos. Wir sind in der Überzahl.“ John Storm gehorchte. Die Überrumpelung war gelungen. Er stand noch immer so stark unter dem Einfluß der Begegnung mit dem fremden Wesen, daß er die Tragödie seiner Niederlage noch nicht richtig begriff. Die Schnelligkeit, mit der die Ereignisse abrollten, wirkte lähmend auf ihn. Er war gefangen worden, ohne sich verteidigen zu können. Jetzt war alles aus. Er hatte das Spiel verloren. 79
Storm ließ sich willenlos in eins der Fahrzeuge schieben. Zwei Männer postierten sich rechts und links von ihm und richteten ihre Waffen auf ihn. Er dachte überhaupt nicht daran, sich zu verteidigen, denn er hatte seine Waffe im Raumschiff gelassen. Die Männer hatten aber offenbar den Auftrag, ihn streng zu bewachen und ihm nicht die geringste Chance zu lassen. Das Raupenfahrzeug war für den Betrieb unter verschiedenen klimatischen Bedingungen gebaut. Es hatte die Form eines schlanken Torpedos und konnte sich wahlweise auf Raupenketten oder sechs Beinpaaren bewegen. Eine Plastikhaube schützte die Kabine, gewährte aber einen freien Rundblick. Das Fahrzeug bewegte sich über den unebenen Boden auf das Lager der Universal-Mining-Leute zu. Storm saß still da und starrte in die Ferne. Er war noch immer wie betäubt und dachte an sein unheimliches Erlebnis in der Höhle. Dabei wunderte er sich über das Verhalten seiner Feinde. Sie hatten sich nicht um die Einrichtung der Höhle gekümmert. * Das Lager war größer, als Storm vermutet hatte. Es befand sich auf einem kleinen Plateau zwischen zwei hohen Hügelketten. Storm sah drei große Dome aus Thermoplast, in denen sich die auf Luft angewiesenen Menschen frei bewegen konnten. Ein Dom schien das Hauptquartier der Universal-Mining-Leute zu sein, der zweite diente als Lagerraum, der dritte schützte die Raketenanlagen. 80
Storm wurde unsanft aus dem Fahrzeug gestoßen und in den großen Dom gedrängt. Ein kleinerer Mann trat auf ihn zu, riß ihm die Schutzscheibe vom Helm und starrte ihm ins Gesicht. „Da ist er, Mr. Ellins“, sagte der Anführer der Gruppe. „Wir fanden ihn in der Höhle.“ „Ihr seid Idioten!“ brüllte Ellins die Männer an. „Warum habt ihr ihn nicht früher abgefangen?“ „Wir haben es versucht, Mr. Ellins. Es ging leider nicht.“ „Unfähige Bande!“ knurrte Ellins wütend. Storm musterte den Mann, der für ihn der Repräsentant der feindlichen Mächte war. Das also war Ellins. Der Mann wirkte hart und brutal. Er war kein eleganter, aalglatter Verwaltungsbeamter, sondern ein Abenteurertyp, ein rauher und harter Bursche. Ellins war klein, aber sein Körper schien nur aus harten Muskeln und Sehnen zu bestehen. Das Gesicht war kantig, die Augen zeugten von großer Gefühlskälte. Ellins war offensichtlich sehr aufgebracht. „Was suchen Sie hier?“ herrschte er Storm an. „Das möchte ich Sie fragen“, antwortete Storm ärgerlich. „Ich habe jedes Recht, mich hier aufzuhalten. Von Ihnen und Ihren Leuten läßt sich das wohl kaum behaupten.“ „Dieser Asteroid ist Eigentum der Universal Mining“, erklärte Ellins kategorisch. „Wir sind Angestellte der Gesellschaft, Sie sind ein Eindringling.“ John Storm lächelte grimmig. „Ich bin ein Eindringling?“ fragte er ironisch. „Das soll wohl ein Witz sein? Ich 81
habe diesen Asteroiden entdeckt und sofort einen Claim eingebracht. Ich war eine Woche vor Ihnen hier, Mr. Ellins.“ „Wie heißen Sie?“ fragte Ellins kalt und musterte den Ingenieur von oben bis unten. „John Storm.“ Ellins grinste höhnisch. Er verschränkte die Arme und sagte: „Storm? Diesen Namen hab’ ich noch nie gehört.“ „Kann sein.“ Storm blieb erstaunlich ruhig. „Aber irgendeiner hier kennt meinen Namen sehr gut. Mein Claim ist unterschlagen und durch einen anderen ersetzt worden. Der Betrüger heißt Clayde Ellins. Übrigens ist der zweite Claim illegal.“ Ellins spuckte auf den Boden und knurrte: „Der Claim ist gültig, mein Freund! Wollen Sie die Universal Mining als eine Piratenorganisation bezeichnen?“ „Soll ich diese Frage wirklich beantworten?“ Storm lachte auf. „Sie wissen genau, was ich denke, Ellins!“ „Was Sie denken, interessiert mich nicht“, brummte Ellins. „Der Claim ist auf dem Mars registriert worden. Das Zentralarchiv auf der Erde hat die Anmeldung akzeptiert. Damit ist einwandfrei bewiesen, daß eine Expedition der Universal Mining hier gelandet ist und einen Fund gemacht hat. Der Asteroid gehört uns, Storm. Sie sind ein Eindringling. Sie wissen doch sicher, was mit Leuten geschieht, die anderen einen Claim wegnehmen wollen.“ „Ich weiß es“, antwortete Storm eiskalt. „Hoffentlich haben auch Sie sich schon mit diesem Gedanken beschäftigt, Ellins!“ Ellins grinste boshaft. „Sie stören uns hier, Storm“, 82
knurrte er. „Ich warne Sie! Wir haben die Möglichkeit, Sie sehr streng zu bestrafen. Sie haben sich unbefugterweise hier eingeschlichen. Zum Glück haben unsere Detektoren ihr Schiff sofort registriert. Was suchen Sie hier? ‘raus mit der Sprache!“ Storm blieb auch jetzt noch ruhig. „Ich wollte mir meinen Besitz noch einmal ansehen“, antwortete er gelassen. „Dieser Asteroid ist nicht Ihr Besitz!“ brauste Ellins auf. „Doch, Mr. Ellins! Und Sie wissen das genau. Sie sind nämlich für den Betrug verantwortlich. Ich habe noch eine Kopie meiner Anmeldung. Außerdem kann ich beweisen, daß alle mich betreffenden Daten im Zentralarchiv gelöscht worden sind. Es gibt auch einen Prospektor, der vor Gericht aussagen wird, daß die Universal Mining Raketenanlagen aufbaut, um diesen Asteroiden in eine andere Position zu bringen. Wer macht sich schon die Mühe, einen Asteroiden in einen anderen Orbit zu lenken, wenn die Besitzrechte zweifelsfrei geklärt sind?“ Ellins lachte auf. „Wir wollen den Asteroiden in eine günstigere Position bringen, um die Abbaukosten zu verringern, Mr. Storm. Dagegen ist wohl nichts einzuwenden.“ „Das ist doch nur Geschwätz, Ellins.“ Storm schüttelte den Kopf. „Die Sache geht schief, mein Lieber; darauf können Sie Gift nehmen. Meine Beweise reichen aus, um einen Riesenwirbel zu verursachen. Vielleicht werde ich den Asteroiden verlieren. Ich kenne die Macht der Universal Mining nur zu gut. Ich werde aber dafür sorgen, daß die Gesellschaft ihren guten Ruf verliert. Alle Nachrichtenorganisationen der Erde werden diesen Fall begierig aufgreifen.“ 83
„Wenn Sie das …“ Storm schnitt Ellins das Wort ab. „Ich weiß, wie sehr die Universal Mining auf einen guten Ruf bedacht ist, Ellins. Es gibt noch zu viele Menschen, die diesen Riesentrust nicht lieben. Es gibt auch .Richter, die nur auf eine Gelegenheit warten, den alles umfassenden Polypen zu vernichten. Die Gesellschaft wird sich irgendwie aus der Affäre ziehen, dessen bin ich sicher. Aber was wird wohl aus dem Mann werden, der die Angelegenheit ins Rollen gebracht hat?“ Ellins schwieg. Storm war sicher, ihn an einer empfindlichen Stelle getroffen zu haben. Die Gesellschaft stieß jeden aus, der ihren Ruf schädigte. Versagen bedeutete Unfähigkeit. Ellins wußte das genau. Doch dann atmete er tief ein und zuckte die Achseln. Storm blieb gelassen. Er hatte nichts zu verlieren und konnte sich selbstsicher geben. Es war ein Bluff, weiter nichts. Ellins brauchte das aber nicht zu wissen. „Was wollen Sie eigentlich, Storm?“ fragte er schließlich. „Den Asteroiden.“ „Sie sind ein Idiot, Storm!“ knurrte Ellins. „Wir haben für alles gesorgt. Wenn Sie Schwierigkeiten machen, werden wir Sie wie eine lästige Wanze zerquetschen.“ „Täuschen Sie sich nur nicht, Ellins! So einfach ist das nicht“, entgegnete der Ingenieur. „Also gut, Storm! Ich will meinen guten Willen zeigen“, sagte Ellins. „Was verlangen Sie?“ „Das habe ich schon gesagt.“ „Und ich habe Ihnen darauf geantwortet“, gab Ellins bis84
sig zurück. „Den Asteroiden bekommen Sie nicht. Welche Entschädigung verlangen Sie?“ „Sie wollen mich entschädigen?“ Der Ingenieur war überrascht. Mit diesem Angebot gab Ellins offen zu, daß ein krummes Ding gedreht worden war. „Sie können es nennen, wie Sie wollen“, sagte Ellins mürrisch. „Sagen Sie mir jetzt den Preis.“ „Ich verkaufe nicht.“ „Jetzt verhalten Sie sich wirklich dumm!“ knurrte Ellins. Seine Augen funkelten. Storm ahnte nichts Gutes. Er hatte Ellins in die Enge getrieben. Männer wie Ellins waren von Natur aus gewalttätig und rücksichtslos. Die Folgen waren nicht abzusehen. „Ich gebe damit keinesfalls zu, daß Sie gültige Ansprüche stellen können“, fuhr Ellins fort. „Es gehört aber zu meinen Aufgaben, den Ruf der Gesellschaft zu schützen. Sehen Sie, wenn es zu einem Prozeß kommt, wird es tatsächlich einen Riesenwirbel geben. Der Prozeß wird der Gesellschaft viel Geld kosten, auch wenn sie ihn gewinnt. Von Ihnen ist ja nichts zu holen. Ich biete Ihnen eine hohe Summe, damit Sie auf Ihre Ansprüche verzichten.“ „Ich denke nicht daran!“ antwortete Storm entschieden. „Ich biete eine Million Dollar“, sagte Ellins lockend. „Wir können den Vertrag aufsetzen, wann Sie wollen. Ich kann die Zweigstelle der Bank auf dem Mars anweisen, Ihnen eine Million Dollar auszuzahlen. Sie brauchen nur eine Erklärung zu unterschreiben, daß …“ „Geben Sie sich keine Mühe, Ellins!“ unterbrach ihn Storm geringschätzig. „Sie haben einen verdammten Dickschädel!“ sagte El85
lins. Er verlor allmählich die Geduld. „Eine Million Dollar, mein Freund! Das ist mehr, als Sie sich vorstellen können. Mit dieser Summe könnten Sie sich jetzt schon zur Ruhe setzen und das Leben genießen. Sie brauchen das Geld nur zu investieren und können von den Zinsen leben. Dieses Angebot wird Ihnen nie wieder gemacht werden.“ Storm zögerte keinen Augenblick. „Ich lasse mich nicht darauf ein“, erklärte er. „Dieser Asteroid ist eine Milliarde wert, Ellins. Ich wäre ein Idiot, wenn ich ihn für eine Million verkaufen würde.“ Ellins begann zu schwitzen. „Sie sind ein zäher Verhandlungspartner“, sagte er anerkennend. „Also, gut! Zwei Millionen. Nehmen Sie an, Storm?“ „Nein.“ „Fünf Millionen!“ Ellins hauchte es nur heraus. „Auch nicht für fünfzig“, antwortete Storm fest. „Sie können ruhig noch höher gehen. Ich bin ein interessierter Zuhörer. Wenn wir bei einer halben Milliarde angelangt sind, werde ich mir die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen.“ „Sie sind ein komischer Kauz, Storm“, murrte Ellins. „Ich biete Ihnen noch einmal fünf Millionen. Es ist Wahnsinn. Die Bosse der Universal Mining werden mir das Leben zur Hölle machen, wenn sie das erfahren. Ich will Sie loswerden, Storm. Nur deshalb biete ich Ihnen diese Riesensumme. Nehmen Sie an!“ „Und wenn ich das Angebot ausschlage?“ Ellins sah auf. Seine Augen hatten jetzt einen kalten Glanz. „Wenn Sie dieses Angebot nicht annehmen, werden Sie mich von der anderen Seite kennenlernen“, sagte er 86
drohend. „Wir können Sie nicht einfach gehen lassen. Sie würden ein großes Geschrei machen und uns in Schwierigkeiten bringen. Das darf nicht sein.“ „Was wollen Sie tun?“ fragte Storm gelassen. „Ich kenne alle in diesem Fall anwendbaren Methoden“, erklärte Ellins. „Wenn Sie sich weigern, die von mir geforderte Erklärung zu unterschreiben, werden Sie bedauerlicherweise einem Unfall zum Opfer fallen. Es gibt viele Möglichkeiten. Wir brauchen Sie nur in das Schiff zu setzen und die Scheibe Ihres Helmes zu zertrümmern. Wir könnten Sie auch starten lassen, nachdem wir die Steuergeräte unbrauchbar gemacht haben. Sie sehen also, daß es, wie ich eben schon sagte, viele Möglichkeiten gibt. Niemand wird Sie finden, kein Mensch wird uns mit Ihrem Verschwinden in Zusammenhang bringen. Unfälle passieren leider recht häufig.“ Storm zweifelte nicht daran, daß Ellins seine Drohung wahrmachen würde. Er starrte seinem Gegner in die Augen und versuchte, die Tiefen auszuloten. Konnte er noch weitergehen, ohne den Bogen zu überspannen? Er hatte Ellins zu erstaunlichen Konzessionen veranlaßt, und war neugierig, wie weit er es noch treiben konnte. „Sie lassen mir keine große Auswahl, Ellins“, sagte er ernst. „Entweder ich nehme das Geld oder …“ „Fünf Millionen Dollar sind kein Pappenstiel“, gab Ellins zu bedenken. „Verglichen mit dem Wert des Asteroiden ist diese Summe nur ein Trinkgeld“, antwortete Storm trocken. „Außerdem ist da noch die Höhle.“ Ellins Verhalten änderte sich schlagartig. „Vergessen 87
Sie, was Sie gesehen haben!“ schrie er unbeherrscht. „Das gehört zu unserem Handel. Sie dürfen keinem Menschen etwas davon erzählen!“ „Warum eigentlich?“ Storm war nicht bereit, so einfach nachzugeben. „Ich möchte nicht darüber reden“, sagte Ellins ausweichend. „Das ist jetzt auch nicht wichtig. Es geht um den Claim. Ich warne Sie noch einmal, Storm. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder nehmen Sie die fünf Millionen an und unterschreiben eine Verzichterklärung …“ „… oder Sie sorgen für einen tödlichen Unfall“, beendete Storm den Satz. „Ich muß darüber nachdenken. Lassen Sie mir etwas Zeit, Ellins!“ „Soviel Sie wollen, Storm. Meinetwegen einen ganzen Monat. Sie müssen aber hierbleiben, damit wir Sie beobachten können. Lassen Sie sich Zeit für Ihre Entscheidung. Ich kann Ihnen nur raten, sich vernünftig zu entscheiden.“ Ellins drehte sich wütend um und winkte seine Kumpane heran. „Fesselt ihn!“ knurrte er ungnädig. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ 4. Kapitel Die Männer von der Universal Mining waren nicht zimperlich. Sie fesselten Storm. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: sich nicht mehr rühren konnte. Es war sein Glück, daß er einen festen Druckanzug trug, denn der dünne Draht hätte ihm sonst das Fleisch zerschnitten. Sie banden ihm die Hände auf den Rücken und verbanden die Hand- und Fuß88
fesseln miteinander. Zur Sicherheit nahmen sie ihm noch den Helm ab. Falls er sich doch befreien sollte, was nicht zu erwarten war, würde er den Dom nicht verlassen können. Storm sah den Männern nach. Er lag in unglücklich verkrampfter Haltung auf dem Boden und dachte über sein Schicksal nach. Durch die transparente Haut des Domes konnte er die Arbeiten verfolgen. Mißmutig mußte er sich eingestehen, daß die Männer gute Arbeit leisteten. Die Anlagen standen vor der Fertigstellung. Wenn alles fertig war, brauchte Ellins nur noch die Raketen in Betrieb zu setzen, um den Asteroiden in einen anderen Orbit zu bringen. Der Asteroid, der seit Millionen von Jahren immer die gleiche Bahn zog, würde diese Bahn verlassen und nie wieder zurückkehren. Storm war sich darüber im klaren, daß er seinen Claim dann nicht mehr durchbringen konnte. Er saß in der Falle, gefesselt, gedemütigt, verloren. Seine Gedanken kreisten um das Angebot, das Ellins ihm gemacht hatte. Oberflächlich gesehen, hatte er kaum eine andere Chance, sich einigermaßen günstig aus der Affäre zu ziehen. Er mußte sich entscheiden. Es ging um fünf Millionen Dollar oder den Tod. Jeder andere hätte sich in dieser Lage für die fünf Millionen Dollar entschieden. Die Angelegenheit war aber nicht so einfach, wie es den Anschein hatte. Storm hatte das Gefühl, daß Ellins seine Drohung nicht wahrmachen würde. Wahrscheinlich würde es zu weiteren Verhandlungen kommen, zu einem Nervenkrieg mit weiteren Versprechungen und Drohungen. Jetzt konnte nur noch ein Bluff helfen. Würde Ellins den Mord begehen, wenn er damit rechnen mußte, überführt zu wer89
den? Storm wollte behaupten, daß er einen Brief zurückgelassen hatte, der von den Zeitungen veröffentlicht werden sollte, falls er nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Erde zurückkehrte. Würde Ellins auf diesen Trick hereinfallen oder nur darüber lachen? Storm ärgerte sich über seinen Leichtsinn. Er hatte nicht die geringsten Schutzvorkehrungen getroffen, sondern sich Hals über Kopf in dieses Abenteuer gestürzt. Das war übereilt und dumm gewesen. Wenn er umkam, würde keiner auf den Gedanken verfallen, die Universal Mining deshalb zur Rechenschaft zu ziehen. Ein vorgetäuschter Brief war aber fast so gut wie ein wirklich vorhandener. Ellins mußte nur glauben, daß dieser Brief tatsächlich existierte. Dieser Bluff war die einzige Möglichkeit, ihn von der Verwirklichung seiner Mordabsichten abzuhalten. Ellins war der Universal Mining verantwortlich und mußte auf den Ruf der Gesellschaft achten. Wenn er einen entscheidenden Fehler beging, würde er seine Stellung verlieren. Die Gesellschaft würde ihn ausstoßen und sich nicht mehr um seine Zukunft kümmern. Ellins wußte das und mußte darauf bedacht sein, keinen Fehler zu begehen. Wenn ich die Verzichterklärung unterschreibe und fünf Millionen Dollar bekomme, werde ich bequem leben können, dachte Storm. Ich werde aber keine Ansprüche mehr stellen können. Wenn ich später zu einem Gericht gehe, wird man mich auslachen. Die Entscheidung fiel ihm nicht leicht. Er lebte noch und hatte also noch die Möglichkeit, seine Rechte zu verteidi90
gen. Er durfte sich nicht von blinder Furcht leiten lassen und nach dem vorgehaltenen Köder schnappen. Vielleicht war dieser Ellins gar nicht so zäh und brutal, wie er aussah und sich gab. Storm war entschlossen, den Kampf noch nicht aufzugeben. Es blieb ihm Zeit genug, sich auf den Handel einzulassen. Fünf Millionen Dollar stellten eine starke Verlockung dar, aber wenn die Gesellschaft einen so hohen Preis zahlen wollte, war der Asteroid mindestens das Hundertfache wert. Der Ingenieur hatte sich entschieden. Er wollte Ellins bluffen und nur im äußersten Notfall nachgeben. Irgendwie spürte er, daß er mit Beharrlichkeit zum Ziel kommen würde. Das merkwürdige fremde Wesen in der Höhle fiel ihm wieder ein. Ellins und seine Leute wußten von der Existenz dieses Wesens. Anscheinend wußten sie sogar noch mehr. Hatten sie Kontakt mit dem sonderbaren Geschöpf aufgenommen? Vielleicht war ihnen geglückt, was er, Storm, vergeblich versucht hatte. Wenn es den Männern von der Universal Mining nicht um die Mineralien, sondern hauptsächlich um das rätselhafte Wesen ging, war ihr Verhalten verständlicher. Die Universal Mining hatte es nicht nötig, kleinen Prospektoren einen Fund zu stehlen. Der Asteroid war wertvoll, aber nicht so wertvoll wie die Reputation einer großen Gesellschaft. In Storm verstärkte sich der Verdacht, daß Ellins und seine Leute interessantere und wichtigere Entdeckungen gemacht hatten. Die Geräte und Maschinen waren vielleicht Wunderwerke, die die gesamte Technik revolutionieren konnten. 91
Das würde den Eifer der Leute erklären. Ellins legte großen Wert darauf, Storm loszuwerden. Warum? Der Ingenieur stand vor einem Rätsel. Er wußte nicht genug und konnte nur raten. Damit kam er aber nicht weiter. Statt noch länger zu grübeln, konzentrierte er seine Aufmerksamkeit auf die Fesseln. Die Männer von der Universal Mining hatten ganze Arbeit geleistet. Nicht einmal ein Entfesselungskünstler hätte sich von diesen Fesseln befreien können. Storm war verzweifelt. Er hatte keine Möglichkeit, mit den Zähnen an die Drähte heranzukommen. Es war sinnlos, an Flucht zu denken. Er mußte sich seinem Schicksal fügen und auf spätere Gelegenheiten hoffen. Er blieb still liegen. Seine Muskeln verkrampften sich. Er lag erst wenige Minuten in Fesseln, und schon machten sich unangenehme Folgen bemerkbar. Das Blut staute sich in den Adern, seine Glieder wurden gefühllos. In wenigen Stunden würde er keine Chance mehr haben und wahrscheinlich schwere Gesundheitsschäden erleiden. Storm bewegte sich ein wenig. Es verursachte ihm starke Schmerzen, doch er biß die Zähne zusammen und machte weiter. Die draußen arbeitenden Männer kümmerten sich nicht um ihn. Sie hatten ihn so gut gefesselt, daß sie sich keine Sorgen zu machen brauchten. John Storm fluchte leise vor sich hin. Eine unbeschreibliche Wut verlieh ihm neue Energien. „Wenn ich dich erwische, Ellins …“, keuchte er. „Du wirst dafür bezahlen, das versichere ich …“ Er zuckte plötzlich zurück. Was war das? Ein eigenartiges Gefühl durchflutete ihn. Es erinnerte 92
ihn sofort an sein Erlebnis in der merkwürdigen Höhle. Er war jetzt mindestens fünfzehn Kilometer von der Höhle entfernt. Hatte das fremde Wesen die Macht, über diese Entfernung Kontakt aufzunehmen? Storm blieb still liegen und wartete. War das nur eine Illusion gewesen? Doch da spürte er es wieder, und diesmal noch deutlicher und stärker. Jetzt war kein Zweifel mehr möglich. Eine weiche Feder schien über die Furchen seines Gehirns zu streichen und die Gedanken abzutasten. Es schien, als wäre sein Schädel geöffnet und das Gehirn freigelegt, und das war kein schönes Gefühl. Die Versuche wurden immer intensiver. Storms Haare richteten sich auf, ein Schauer rann über seinen Rücken. Das Gefühl war bei jedem Versuch etwas anders. Offenbar probierte das fremde Wesen verschiedene Möglichkeiten aus. Storm konnte noch keine anderen Gedanken aufnehmen, wohl aber starke Empfindungen. Da war es wieder, das starke Verlangen, die Sehnsucht und das Gefühl unsäglicher Einsamkeit. Er spürte genau, daß das fremde Wesen krampfhaft bemüht war, sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Storm entspannte sich. „Ich höre“, murmelte er gelöst. „Ich warte.“ Seine Fesseln erschwerten ihm die körperliche Entspannung. Er schloß die Augen und entspannte wenigstens die Gesichtsmuskeln. Er wußte, daß jede Anstrengung vom Willen abhängig war und eine Barriere bildete, eine Mauer, die der Wille des fremden Wesens erst durchdringen mußte. 93
Lange Zeit geschah nichts. Storm wartete und kämpfte gegen die aufkommende Ungeduld an. Nach drei oder vier Minuten spürte er es wieder. Wahrscheinlich hatte das fremde Wesen neue Kraft gesammelt und sich auf einen starken Versuch konzentriert. Es traf ihn wie ein Hammerschlag. Er hatte sich entspannt und die geistigen Barrieren niedergerissen. Irgend etwas drang mit unvorstellbarer Wucht in seinen Schädel ein. Es war fast wie ein Schlag mit einer Picke. Ein heißer Schmerz raste vom Gehirn aus durch den Körper, durch die Nervenbahnen bis in die letzte Zelle. Storm schrie auf. Es war wie ein elektrischer Schlag, der seinen Körper in Zuckungen versetzte. Schweißgebadet und entkräftet sank er zurück. Der durch den Körper zuckende Schmerz hatte ihm beinahe das Bewußtsein geraubt. Doch dann geschah das Wunderbare. Storm wußte nicht, ob er eine Stimme hörte oder reine Gedanken empfing. „Es tut mir leid. Ich wollte dir keine Schmerzen bereiten.“ Es war keine Stimme, denn die Worte wurden in seinem eigenen Sprachzentrum formuliert, obwohl es die Gedanken eines anderen Lebewesens waren. „Wer – wer sind Sie?“ keuchte John Storm erschöpft. Der Schmerz war noch nicht überwunden. „Wo sind Sie?“ „Noch immer in meiner Kammer. Aber wir können uns jetzt verständigen.“ „Einfach so?“ fragte Storm verblüfft. „Wir sind gedanklich miteinander verbunden“, antwortete das fremde Wesen. „Ich muß mich entschuldigen, weil ich dir Schmerzen bereitet habe. Es war nicht leicht, in dich zu dringen. Du bist anders als ich.“ 94
Storm antwortete nicht gleich. Die Schmerzen ließen allmählich nach. Der Kontakt blieb erhalten, aber nicht mehr wie eine ins Gehirn gerammte Spitze, sondern mehr wie eine über das Gehirn gezogene unsichtbare Kappe. Storm hatte das Gefühl, daß sich das andere Wesen um ihn bemühte. Unsichtbare Finger schienen über seinen Körper zu gleiten und ihm das Gefühl des Unbehagens zu nehmen. Er beruhigte sich schnell und schloß die Augen. Etwas später bemerkte er die Gegenwart anderer Menschen und schlug die Augen wieder auf. Ellins und ein paar Männer standen neben ihm. Sie hatten seinen lauten Schrei gehört und sich darüber gewundert. Ellins machte ein sehr ärgerliches Gesicht und beugte sich über ihn. „Warum haben Sie nach uns gerufen, Storm?“ fragte er rauh. „Haben Sie es sich anders überlegt?“ Storm schüttelte den Kopf. „Ich habe nicht gerufen“, antwortete er mit schwacher Stimme. „Ich könnte schwören …“ „Sie haben sich getäuscht, Ellins.“ Ellins kniete neben Storm nieder und sah ihn besorgt an. „Ist Ihnen nicht gut?“ „Seh’ ich krank aus?“ „Sie haben stark geschwitzt. Was ist los? Sie sind bleich wie ein Gespenst, wie ein krankes Gespenst.“ „Ich bin gesund und munter“, knurrte Storm. „Vorläufig bin ich noch kein Geist. Aber eines Tages werde ich Ihnen erscheinen, das verspreche ich Ihnen, Ellins.“ Ellins richtete sich wieder auf und stand einen Augenblick unschlüssig da. „Was ist, Storm?“ fragte er ungeduldig. „Haben Sie nachgedacht?“ 95
„Ich bin noch dabei.“ „Auch gut!“ Ellins zögerte. „Sie sehen krank aus. Können wir irgend etwas für Sie tun?“ „Dieses plötzliche Mitgefühl verstehe ich nicht“, brummte Storm. „Wenn es Ihr Gewissen beruhigt, können Sie mir eine Aspirintablette geben, dazu einen Schluck Whisky.“ Ellins drehte sich um und verließ den Plastikdom. Storm schloß die Augen und entspannte sich wieder. Er fühlte sich noch sehr schwach und konnte sich vorstellen, wie er auf andere wirkte. Die Kontaktaufnahme mit dem rätselhaften Wesen war mit großen Strapazen verbunden gewesen. Storm fühlte sich wie nach einem Marathonlauf. „Sind Sie noch da?“ fragte er neugierig. „Ja. Ich habe nur das Verschwinden der anderen Männer abgewartet.“ „Wer sind Sie?“ fragte Storm noch einmal. „Du sollst alles erfahren“, lautete die geduldige Antwort. „Aber erst später. Die Zeit ist noch nicht reif dafür.“ „Hoffentlich bald!“ murmelte Storm. „Mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Wenn Sie meine Gedanken kennen, wissen Sie ja, in welcher Klemme ich mich befinde.“ „Wir werden einen Ausweg finden“, sagte die Stimme. „Du bist vorläufig nicht stark genug, um mir helfen zu können.“ „Wie soll ich Ihnen helfen, wenn ich selber hilflos bin“, sagte Storm enttäuscht. „Du wirst mir helfen“, sagte der Fremde zuversichtlich. „Die Kontaktaufnahme hat dich aber zu sehr geschwächt. Du mußt dich erst erholen.“ 96
„Das sehe ich ein.“ Storm wunderte sich über sich selber. Die Situation schien ihm unwirklich. Er lag mit Draht gefesselt am Boden und lauschte auf eine fremde Stimme in seinem Innern. Zum Glück hatte er das Wesen in der Höhle gesehen. Unter anderen Umständen hätte er an seinem Verstand gezweifelt und die Stimme für eine Halluzination gehalten. Der Fremde ließ ihn eine Weile in Ruhe. Storm lag mit offenen Augen da und beobachtete die draußen arbeitenden Männer. Wenig später begann der Wechsel. Storm wurde sich merkwürdiger Vorgänge bewußt. Zuerst ließ der Schmerz nach. Die Fesseln quälten ihn nicht mehr, die Verkrampfung der Glieder löste sich. Sein Körper schien sich auf rätselhafte Weise der Lage anzupassen, Kniegelenke und Handgelenke schmerzten nicht mehr, seine Wirbelsäule litt nicht mehr unter der starken Krümmung. Das alles geschah sehr langsam und schonend, ohne Übergänge. Es war offenbar das Werk des fremden Wesens. Auch die Kopfschmerzen ließen rasch nach. Storm empfand ein völlig neuartiges Gefühl. Er war noch er selber, ein selbständig handelndes und denkendes Individuum, aber gleichzeitig war sein Geist mit dem des Fremden verschmolzen. Er fühlte sich wieder stark und lebensfroh. Die Depression, unter der er kurze Zeit gelitten hatte, fiel von ihm ab. Es war ein Wunder. Das andere Wesen heilte ihn von seinen Schmerzen, gab ihm Kraft und vor allem eine erstaunliche geistige Überlegenheit. Nur das Gefühl der körperlichen Unterlegenheit blieb. Storm war wie ein Stück Lehm, das unter den geschickten Händen eines Künstlers 97
zu einer neuen Form gestaltet wurde. Er fühlte sich jung und kraftvoll. Der Übergang ging langsam und stufenlos, aber unaufhaltsam vor sich. Der Verwandlungsprozeß war noch nicht abgeschlossen, als sich der Fremde wieder meldete. „Jetzt will ich dir sagen, wer ich bin“, hörte Storm ihn sagen. „Ich will dir auch erklären, wie ich auf diesen winzigen Planetoiden gelangt bin und warum ich in der Kammer ruhte.“ Storm leistete keinen Widerstand. Bilder tauchten vor seinem geistigen Auge auf, ein Chaos ungeordneter Eindrücke und Erlebnisse. Gleichzeitig nahm der Fremde Storms Erinnerungen auf. Alles geschah auf einmal. Es war unvorstellbar, daß dieses Gewirr unzähliger Eindrücke und Erfahrungen in einem Block aufgenommen und verarbeitet werden konnte. Der Ingenieur war nicht in der Lage, die vielen Bilder und scheinbar zusammenhanglosen Ereignisse zu ordnen. Das Gewirr machte ihn nur nervös und irritierte ihn. „Das ist zuviel für mich!“ stöhnte er. „Ich spüre es“, sagte der Fremde. „Ich suche noch nach einer besseren Möglichkeit. Deine Aufnahmefähigkeit ist leider sehr begrenzt. Vielleicht finde ich einen Weg.“ John Storm schloß die Augen. Er hätte am liebsten geschrien und um sich geschlagen. Es war nicht die Schuld des Fremden, sondern sein Unvermögen, dessen Gedanken geordnet aufzunehmen. Die Zeiteinteilung des anderen Wesens war anscheinend anders. Storm war entsetzt, denn die schnelle Folge unzähliger Ereignisse war zuviel für ihn. Er war einfach nicht in der Lage, auch nur ein einziges Bild klar zu erkennen, einen Gedanken voll zu erfassen. 98
„Es tut mir sehr leid“, sagte der Fremde. „Ich gebe mir große Mühe. Wir werden es bestimmt schaffen. Du mußt Geduld haben.“ Der Ingenieur kämpfte gegen die Angst an. Es war nicht leicht, denn seine Nerven waren ohnehin zum Zerreißen gespannt. Was war das für ein Wesen, das ein Leben in einem einzigen Augenblick erfassen konnte, all die vielen kleinen und großen Ereignisse, die Eindrücke, die ein Mensch nur im Unterbewußtsein aufbewahrt? Es war ein unfaßbares Wunder. Storm gab es auf, sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Er konnte nur hoffen, daß der Fremde einen bequemeren Weg der Kommunikation finden würde. Der Ansturm nicht zu ordnender Bilder ebbte ab, die Verwirrung wich einer großen Ruhe. Storm fühlte, daß der Fremde seinen Bericht anders ordnete und vereinfachte. „Jetzt versuchen wir es noch einmal“, sagte das fremde Wesen in der fernen Höhle. „Vielleicht geht es so.“ Storm nahm Eindrücke von erstaunlicher Lebendigkeit auf. Kein Film hätte ihm diese Bilder plastischer vermitteln können. Es war wie das Nacherleben der Wirklichkeit – keine Illusion, sondern das Erleben der Erfahrungen eines anderen. Alles war wie von einem Zeitraffer zusammengedrängt, aber nicht allzu stark, so daß Storm einen guten Überblick gewann. Er hatte sich mit dem anderen Wesen vereinigt und fühlte mit ihm. Es war eine geistige Verbindung von unheimlicher Intensität. John Storm erblickte die Weiten des Universums, die unzähligen leuchtenden Gestirne, riesige Sternenhaufen von eindrucksvoller Schönheit. Die Konstellationen waren ihm jedoch nicht bekannt. Er kannte die Sternbilder, wie 99
sie von der Erde aus zu sehen waren. Selbst aus der Umgebung des Mars wirkten diese Bilder nur leicht verändert. Jetzt konnte er nicht sagen, ob er die vertrauten Sternbilder aus einem anderen Winkel sah, oder ob es sich um fremde Konstellationen handelte. Er brauchte nicht lange herumzurätseln, denn mit den Bildern kam auch das Verstehen. Er sah den Kosmos, wie er vor Millionen von Jahren ausgesehen hatte. Irgendwo in weiter Ferne erblickte er einen winzigen Spiralnebel; es war fast nur eine Ahnung. Und doch war es eine gigantische Galaxis, zu der die irdische Sonne gehörte. Irgendwo in diesem fernen Lichtfleck schien die Sonne und wurde von neun Planeten umkreist. Da er die Gedanken des anderen Wesens wie seine eigenen empfand, hatte er die Illusion, sich in einem Raumschiff zu befinden. Dieses Gefühl wirkte, erleichternd, denn zuvor hatte er den Eindruck gehabt, frei im All zu schweben. Das Raumschiff sah nicht sehr fremdartig aus. Die Außenhaut bestand aus einem polierten, bläulich glänzenden Material. Es war ein eigenartiges Gefühl, an Bord des Schiffes zu sein und es gleichzeitig von außen zu sehen. Storm nahm auch dieses Wunder hin und akzeptierte die Art zu sehen als eine Selbstverständlichkeit. Für den Fremden war das wohl auch nichts Besonderes. Das Raumschiff war nicht groß. Der Ingenieur konnte die Größe des in der Kammer entdeckten Wesens als Maßstab nehmen. Der Fremde war ungefähr neunzig Zentimeter groß, das Schiff etwa hundert Meter lang und sehr schlank. Die Korridore waren über zwei Meter hoch und fast ebenso breit. 100
In der Kammer war der Fremde von einer verzerrenden Wolke umgeben gewesen, doch jetzt konnte Storm die Gestalt genau erkennen. Es waren noch andere da, insgesamt zwanzig. Storm fand die kleinen Wesen etwas bizarr, aber keinesfalls abstoßend. Vielleicht lag es daran, daß er sie mit den Augen des anderen Wesens sah. Er empfand keinen Schock und keine Ablehnung; alles war selbstverständlich. Die kleinen Wesen standen auf zwei röhrenförmigen Beinen und hielten sich mit Saugfüßen fest. Jedes hatte vier kurze Ärmchen und zwei sich schlangenartig bewegende Fühler. Die Köpfe waren im Verhältnis zum Körper riesengroß, die wie geschliffene Diamanten aussehenden Augen funkelten hell und intelligent. Diese Augen machten den stärksten Eindruck. Sie waren unverhältnismäßig groß und offenbarten das Innerste der kleinen Wesen. Keines trug irgendwelche Kleidung, aber trotzdem konnte Storm keine Geschlechtsmerkmale erkennen. Sie sahen alle gleich aus und waren doch sehr verschieden. Da Storm die Gedanken des anderen dachte, konnte er die kleinen Wesen in Gruppen unterteilen. Storm zählte zehn Männer, sieben Frauen und drei geschlechtslose Wesen Aber gerade diese drei schienen für die Fortpflanzung wichtig zu sein. Storm nahm das alles auf, verstand es auch sofort und verschmolz das neue Wissen mit seinen eigenen Erfahrungen. Die Ereignisse liefen schnell ab. Das Schiff flog durch das All. Storm war nun ein Besatzungsmitglied, das seit langen Jahren die Heimat nicht mehr gesehen hatte. Die Zeitbegriffe waren etwas verschwommen. Storm ahnte, daß die Fremden die Zeit nicht linear maßen. Er wußte nur, daß 101
bis zur Rückkehr noch sehr viel Zeit vergehen würde. Er bewunderte die Einrichtung des Raumschiffes, sah es gleichzeitig von innen und von außen. Das Schiff raste wie ein glänzendes Projektil einem fernen Ziel entgegen. Storm wußte noch nicht, wohin die Reise ging. Handelte es sich um eine Expedition oder um einen Routineflug? Möglicherweise war es auch ein militärisches Unternehmen. Storm lernte viel, stellte dabei aber fest, daß doch noch eine Barriere bestehen blieb. Er erfuhr nur das, was der Fremde ihm mitteilen wollte. Vielleicht lag es auch daran, daß er den Grund für die lange Reise der Fremden nicht verstehen konnte. Er spürte sehr deutlich, daß es sich um Dinge handelte, die sein Vorstellungsvermögen überstiegen. Der Sinn der Reise blieb ihm so fremd wie ein abstraktes Kunstwerk oder eine moderne Komposition. Der Ingenieur hielt sich zurück. Er hätte den Fremden nach dem Grund der Reise fragen können, unterließ es aber. Er wollte nicht drängen. Jede Erkenntnis, die ihm der rätselhafte Fremde vermittelte, war ohnehin schon ein Wunder. Er konnte nur abwarten. Das Raumschiff flog mit unvorstellbarer Geschwindigkeit durch das All. Storm konnte die Maschinen sehen, aber nicht begreifen. Die Technik der Fremden war völlig anders als die der Menschen. Er sah keine beweglichen Teile, spürte keine Hitze und keine Vibrationen. Selbst ein Raumfahrtingenieur hätte die Arbeitsweise dieser eigenartigen Maschinen nicht ergründen können. Es stand nur fest, daß das Schiff in jedem Augenblick Lichtjahre zurücklegte. Das allein war so erstaunlich und unfaßbar, daß Storm gar nicht erst nach einer Erklärung suchte. 102
Der Fremde ließ ihn an einer Landung teilnehmen. John Storm sah den Planeten einer bläulichen Sonne, einen dampfenden Dschungel mit gigantischen Ungeheuern, die durch das dichte Buschwerk stampften oder sich durch Sümpfe schlängelten. Da waren ungeheuer große Untiere mit Schuppenpanzern und dreihundert Meter hohe Riesenbäume, unter denen selbst die Urwelttiere winzig wirkten. Storm sah einen landlosen Planeten mit flachen Gewässern, aus denen die Bäume ragten, die in der Erdgeschichte zu Steinkohle geworden waren. Das Wasser beherbergte Leben im Überfluß: Säugetiere mit Flossen, Riesenfische und gewaltige Kraken. Storm sah auch andere Planeten, öde Himmelskörper ohne jede Vegetation, endlose Wüsten unter einem wolkenlosen Himmel. Er erblickte auch einen Planeten, der der Erde ähnlich sah. Da waren grüne Pflanzen, blaue Gewässer, harmlose Tiere und goldener Sonnenschein. Ein ewiger Frühling machte diesen Planeten zu einem Paradies. Es war aber nicht die Erde, denn die Bewohner waren grünhäutig und geschwänzt. In der Nacht leuchteten zwei schnell um eine Sonne kreisende Planeten und tauchten das paradiesische Land in ein mildes Licht. Storm sah auch einen toten Planeten, einen Himmelskörper ohne Leben. Lava kochte aus der Tiefe hoch und verschlang die leeren Städte, radioaktive Wolken zogen träge dahin und vergifteten die Atmosphäre. Später sah er einen grauenhaft übervölkerten Planeten. Es gab hier keine Bäume, keine Sträucher, keine Flüsse. Alles wurde ausgenutzt, denn einhundert Milliarden Menschen brauchten Lebensraum. Die gesamte Oberfläche des 103
Planeten war mit Häusern bebaut, und selbst die vielen Häuser waren hoffnungslos überfüllt. Storm erlebte eine gespenstische Reise, sah unvorstellbare Dinge, wurde immer verwirrter und demütiger. Das waren also die Dinge, die ein Mensch nur ahnen konnte. Die wildeste Phantasie konnte nichts Derartiges hervorbringen. Storm wäre wahnsinnig geworden, wenn er all das nicht mit den Augen eines überlegenen Wesens erblickt hätte. Überall dort draußen im All gab es Leben in den vielfältigsten Formen, gab es Glück und Unglück. Und die Reise ging weiter. Die Zeit wurde wie durch ein Wunder zusammengepreßt und verlor ihre Bedeutung. Nach und nach lernte er die anderen Besatzungsmitglieder kennen. Sie waren nun nicht mehr Fremde, sondern Kameraden. Er sah sie mit den Schwächen und Stärken. Storm gehörte plötzlich zu ihnen wie zu einer großen Familie, kannte die Hoffnungen, die Ängste und Träume der anderen. Vieles blieb ihm aber unverständlich und fremd. Es gab Dinge, die sich wohl überall glichen, aber auch andere, die nur eine bestimmte Rasse unter besonderen Bedingungen hervorbringen konnte. Natürlich .hatten die Fremden ein anderes Schönheitsideal als er. Sie reagierten aber wie er auf die Schönheiten des Universums, freuten sich über die gefährlichen Meteoriten. Vor allem das Gemeinschaftsgefühl war stark ausgeprägt. Storm fühlte sich plötzlich für die anderen verantwortlich und wußte gleichzeitig, daß sie jederzeit für ihn eintreten würden. Immer weiter ging die lange Reise. Millionen von Jahren wurden auf Bruchteile von Sekunden zusammengepreßt. 104
Und doch war das für den Fremden noch sehr langsam. Er hatte diese Langsamkeit erst entwickeln müssen, um sich überhaupt mit Storm verständigen zu können. Das Raumschiff näherte sich nun der Region, in der sich die Heimat der kleinen Wesen befand. Ein Sternenhaufen, erst klein und unscheinbar, wuchs beim Näherkommen zu majestätischer Größe und Schönheit. Irgendwo dort in diesem Gewimmel von Sternen glühte eine Sonne, die Storm sofort wieder erkannte. Es war eine kleinere Sonne, aber sie strahlte hell und klar und vermittelte ihm ein Gefühl der Geborgenheit. Das Schiff durchraste den Spiralnebel, landete hier und dort. Überall schwebten bewohnte Planeten. Es gab rote Riesensonnen, blaue Sonnen und grellweiße, gelbe und grünliche Zwergsonnen. Die Reise war aber noch nicht beendet. Storm spürte die Nähe einer ihm bekannten Region. Dann sah er einen kleinen gelben Punkt und zweifelte nicht mehr. Er war wieder zu Hause, denn die Sonne war die Sonne, unter der er aufgewachsen war. Das Schiff näherte sich dieser Sonne, kreuzte die Bahn der Planeten, landete auf dem Saturn, später auf der Venus, durchdrang die Ringe des Saturns und setzte eine Forschungsgruppe ab. Storm wunderte sich über die Ruhe der Fremden, die sogar auf den Planeten landeten, die von den Menschen gemieden wurden. Die ungeheure Gravitation der Riesenplaneten schien sie nicht zu stören. Jedes Besatzungsmitglied trug ein winziges Gerät, das die starke Anziehungskraft aufhob und freie und ungefährdete Bewegungen ermöglichte. Die Erforschung der großen Planeten des irdischen Son105
nensystems war unbefriedigend. Die Reise ging also weiter. Das Schiff näherte sich dem Mars. Storm starrte ungläubig durch ein Fenster, denn der Mars sah jetzt anders aus, als er ihn kannte. Er bemerkte Wasserflächen, große Städte und andere Bauwerke, die nur von intelligenten Wesen geschaffen sein konnten. Storm spürte genau, daß diese Reise vor vielen Millionen Jahren stattgefunden hatte. Dieses Wissen erschreckte ihn sehr. Immerhin zeichnete sich jetzt das Ende der Reise ab. Bald würde er alles wissen. Zwischen Mars und Jupiter gab es keinen Planeten mehr, nur noch einen aus großen und kleinen Trümmern bestehenden Ring. John Storm wollte die Erde sehen. Wie hatte sie ausgesehen, als der Mars noch bewohnt war? Was erwartete er eigentlich? Wahrscheinlich gab es dort nur Urwelttiere, gewaltige Amphibien, die sich gerade an Land gewagt hatten. Leider fand er nie heraus, wie die Erde zu dieser Zeit ausgesehen hatte, denn die Expedition drang nie bis dorthin vor. Die Katastrophe ereignete sich, während das Schiff durch den dichten Asteroidengürtel kreuzte, um zum Mars zu gelangen. Es war kein Bericht, sondern eigenes Erleben. Der Fremde vermittelte ihm keine Reue, keine Angst, nur nackte Tatsachen. Die wunderbare Antriebsmaschine des Raumschiffes versagte. Die ungeheuer begabten Besatzungsmitglieder konnten das Ende nicht aufhalten und mußten sich ihrem grausamen Schicksal ergeben. Das Schiff explodierte. 106
Storm empfand das alles nach. Er sah den rasch aufreißenden Schlitz in der Schiffswand, und hatte das Gefühl, selbst in Atome zu zerstäuben. Er schrie auf. Das Schiff platzte wie eine überreife Frucht. Der Inhalt spritzte wie weißer Samen in alle Richtungen. Es war wie das Aufplatzen einer Baumwollfrucht, nur daß der helle Inhalt langsam davonglitt und eine Reise ohne Ende antrat. Fünf kleine Gestalten wurden in den Raum geschleudert. Sie starben sofort, blieben aber wie winzige Puppen in der Nähe des Schiffes. Nach einer weiteren Explosion flogen noch vier der kleinen Wesen in den Raum hinaus. Zwei davon trugen die Masken, die sie auch bei der Erforschung anderer Welten zu tragen pflegten. Das genügte aber nicht. Auch diese beiden starben sehr schnell. Die Luft und die Wärme waren aus dem Schiff gewichen. Die Weltraumkälte kühlte nun auch die wenigen Kammern ab, deren Insassen die Katastrophe überlebt hatten. Die Überlebenden starben nacheinander einen sehr qualvollen Tod. Nur einer konnte sich retten. Er hatte schon die ersten Warnzeichen richtig gedeutet und sich einen Raumanzug übergezogen. Benommen und erschüttert klammerte er sich an einen Träger, während das Schiff von Explosionen geschüttelt wurde. Er überlebte die Katastrophe und wurde Zeuge des qualvollen Todes seiner Kameraden. Die Atmosphäre des Schiffes entwich schlagartig in den freien Raum und riß alle losen Gegenstände mit sich fort. Endlich war es wieder ruhig. Traurig und entsetzt blickte der einzige Überlebende auf 107
das Wrack, Das Schiff, das ihn und die Kameraden so weit getragen hatte, war nur noch ein wertloser Schrotthaufen. Der Überlebende schloß die Augen, weil er die zerrissenen Leiber seiner in der Nähe schwebenden Gefährten nicht mehr sehen wollte. Die Kleidung hielt die aufgeplatzten und zerrissenen Körper noch zusammen, aber die Köpfe waren abgerissen. Der Überlebende faßte sich endlich und machte sich an die Inspektion des Wracks. Er durchsuchte alle Abteilungen, fand aber nur Tote. Er war allein. Er konnte es nicht glauben und weigerte sich lange, die traurige Tatsache anzuerkennen. Der Überlebende war aber viel zu intelligent, um zu verzweifeln. Nachdem er den Schmerz überwunden hatte, machte er sich wieder auf die Suche und entdeckte eine Rettungskapsel, die keine Schäden erlitten hatte. Hastig demontierte er alle noch brauchbaren Geräte, suchte die Vorräte zusammen und verstaute alles in der Kapsel. Storm sah nun die Instrumente, die er auch in der Höhle gesehen hatte. Als der einzige Überlebende schon in der Kapsel saß, wurde das Schiff von einer letzten Explosion zerfetzt. Die Wucht der Explosion schleuderte ihn gegen eine Wand, so daß er besinnungslos zu Boden fiel. Nach längerer Zeit raffte er sich wieder auf und betätigte die Steuerung der Kapsel. Die Nähe des Wracks war ihm plötzlich unheimlich. Bei der letzten Explosion hatte sich der Überlebende einige Knochen gebrochen und schwere Prellungen zugezogen. Trotzdem war er noch in der Lage, die Rettungskapsel richtig zu bedienen. Er hatte trotz allem noch Glück 108
gehabt. Seine toten Kameraden waren nicht mehr zu sehen, denn die Wucht der letzten Explosion hatte sie in den Raum geschleudert. Aber was sollte er tun? Er dachte daran, den Mars anzufliegen. Die Entfernung war nicht allzu groß, und die Meßinstrumente deuteten die Bewohnbarkeit des Planeten an. Die letzte Explosion hatte aber einige wichtige Teile der Kapsel beschädigt, so daß eine weite Reise nicht mehr möglich war. Außerdem entfernte sich der Mars schnell von der Kapsel. Es war nicht möglich, den Planeten einzuholen. Gab es noch eine Möglichkeit? Da war der Asteroidengürtel. In kurzer Entfernung zog ein größerer Brocken seine Bahn. Es war ein wenig einladend aussehender roher Klotz ohne Wasser und Luft. Immerhin bedeutete der Asteroid festen Boden unter den Füßen. Der Überlebende beschloß, erst einmal auf dem Asteroiden zu landen, seine Verletzungen zu behandeln und die Schäden an der Kapsel zu reparieren. Sein geschundener Körper machte kaum noch mit. Es gelang ihm aber, die Kapsel leicht aufzusetzen. Ein kleines Plateau bot eine günstige Landemöglichkeit auf dem sonst rauhen und gezackten Asteroiden. Nach der Landung blieb er lange Zeit untätig sitzen und dachte an seine toten Kameraden. Dann erhob er sich und taumelte stöhnend ins Freie. Seine Verletzungen waren sehr schwer. Der Selbsterhaltungstrieb bewahrte ihn aber vor einer Verzweiflungstat und aktivierte Energien, von denen er nichts geahnt hatte. Da die Kapsel mit allen notwendigen Werkzeugen ausge109
stattet war, konnte sich der Überlebende eine Höhle in den Ringwald brennen. Mühselig schleppte er alle Apparate in die Höhle, baute sie auf und schützte seine Unterkunft mit einem Kraftfeld. Hinter diesem Kraftfeld konnte er eine atembare Atmosphäre erzeugen und endlich den störenden Raumanzug ablegen. Die Genesung dauerte sehr lange. Der Überlebende hatte jedoch die Möglichkeit, sich mit chemischen Mitteln in einen langen Heilschlaf zu versetzen. Sein Körper war nie besonders stark und widerstandsfähig gewesen. Nach den schweren Verletzungen war er noch schwächer und anfälliger geworden. Die Knochen heilten wieder zusammen. Der Überlebende schlief einige tausend Jahre und erholte sich. Trotzdem gewann er den alten Elan nicht wieder zurück. Das lag zum Teil auch an der entnervenden Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit. Tausende von Jahren vergingen, ehe sich der einzige Überlebende aus dem Raumschiff so sicher fühlte, daß er die Höhle verließ. Er war allein. Es war schwer, sich mit dieser Tatsache abzufinden. Die Angehörigen seiner Rasse hatten ein besonders starkes Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt und scheuten die Einsamkeit. Jetzt war er aber allein und konnte nicht einmal hoffen, jemals gefunden zu werden. Die furchtbare Stille war entsetzlich. Seine Angehörigen waren unvorstellbar weit von ihm entfernt, viel zu weit, um Kontakt mit ihnen aufnehmen zu können. Nicht einmal die stärksten Gehirne seiner Rasse vermochten diese Entfernung zu überbrücken. 110
Er war verloren. Natürlich hatte er noch seine vielen Erinnerungen, die er jederzeit ins Gedächtnis zurückrufen konnte. Aber das war schon gelebtes Leben, ein Traum und keine Wirklichkeit. Lange Zeit konnte er sich mit der Vergangenheit beschäftigen, aber nach mehreren Tausend Jahren wurde selbst das langweilig und unbefriedigend. Es folgte die Leere, die absolute Einsamkeit. Er war allein, zur Einsamkeit verdammt und mußte sein Schicksal erdulden. Der Selbsterhaltungstrieb hielt ihn am Leben, obwohl dieses Leben längst sinnlos geworden war. Er war ein Gefangener der Ewigkeit. Der Überlebende blieb aber nicht untätig. Er hatte ja noch einige brauchbare Geräte gerettet. Er wollte einen starken Sender bauen, einen starken Richtstrahler. Dazu mußte er sogar seine Rettungskapsel ausschlachten. Die Zeit wurde unerträglich lang. Jahrtausende vergingen. Die Meere des Mars trockneten ein, scharfe Winde wirbelten Staubstürme auf, das Leben starb ab. Auf der Erde entwickelte sich ein zweibeiniges Säugetier zum vorherrschenden Wesen, schuf eine Zivilisation, organisierte sich zu Staaten. Und während all dieser Zeit dachte der Gefangene auf dem Asteroiden immer nur an seine Rettung. Er baute den Sender und setzte ihn in Tätigkeit. Es gelang ihm, eine Nachricht auf den Weg zu schicken. Trotzdem konnte er nicht auf eine schnelle Rettung hoffen. Seine Gedanken bewegten sich mit einer nicht meßbaren Geschwindigkeit, doch die Reichweite dieser Gedankenwellen war relativ gering. Die Energie seines Senders konnte sich aber nur mit Lichtgeschwindigkeit fortsetzen und mußte 111
sehr lange durch den Raum eilen, um auf einen Empfänger zu treffen. Der Schiffbrüchige wartete. Auch die Geduld eines Unsterblichen ist begrenzt und muß einmal ein Ende haben. Die Perioden tiefster Verzweiflung währten Jahrtausende. Die schwebende Wolke bildete ein angenehmes Lager. Der Schiffbrüchige schonte sich und konservierte seine Kräfte. Er schlief, träumte, dachte an die lange Vergangenheit und die vielen Ereignisse seines Lebens. Dann endlich kam der Eindringling. Der Fremde spürte die Anwesenheit eines anderen Wesens und schickte seine Gedankenfühler aus. Vorsichtig und argwöhnisch stellte er die Identität des Eindringlings fest. Es war ein zweibeiniges Wesen von dem blaugrünen Planeten. Nach langem Grübeln entschloß sich der Schiffbrüchige, keinen Kontakt aufzunehmen. Er wollte auf seine eigenen Leute warten und nichts riskieren. Die Reaktionen der zweibeinigen Wesen von dem blaugrünen Planeten waren nicht leicht vorauszusagen. Diese Wesen waren noch zu primitiv und unverständig. Sie verhielten sich in vielem noch wie wilde Tiere, so daß es sehr gefährlich war, sich ihnen anzuvertrauen. Zum Glück hielt sich der Eindringling nicht lange auf. Die Freude des Schiffbrüchigen dauerte aber nicht lange, denn kurze Zeit später kamen weitere Männer auf den Asteroiden. Ihre Gedankenvibrationen entsetzten das Wesen in der Höhle. Er spürte die Nähe rücksichtsloser und habgieriger Bestien. Der erste Besucher schien dagegen ein wahrer Engel gewesen zu sein. Das Wesen in der Höhle hielt sich zurück 112
und dachte nicht daran, sich mit den primitiven, zweibeinigen Geschöpfen in Verbindung zu setzen. Das Schicksal war aber dagegen. Die Männer erforschten den Asteroiden, fanden die Höhle und drangen in sie ein. Sie stießen auf das schützende Kraftfeld und erblickten das in der leuchtenden Wolke schwebende Wesen. Sie sahen auch die aus dem Schiff geretteten Instrumente und staunten ehrfürchtig. Obwohl diese Geräte einige Millionen Jahre alt waren, würden sie den Menschen enorme Vorteile bringen und die gesamte Technik revolutionieren. Nach Art der Menschen dachten die Entdecker sofort ans Ausnutzen ihres Fundes. Ihre Gedanken waren abstoßend und erschreckend. Das fremde Wesen in der leuchtenden Wolke ekelte sich vor den primitiven Bewohnern des blaugrünen Planeten und verstärkte das Kraftfeld. Mehr konnte es aber nicht tun. Es konnte die Gedanken der Eindringlinge nicht lesen, ahnte aber die bösen Absichten. Die zweibeinigen Menschen verfügten nur über eine in den Anfängen steckende Technik, aber mit ihren primitiven Mittel waren sie sehr wohl in der Lage, früher oder später in die Höhle vorzudringen. Das würde dann das Ende sein. Die Visionen hörten plötzlich auf. Storm hatte den Eindruck, als sei ein Film gerissen. Jäh wurde er in die Wirklichkeit zurückgeschleudert und sah die Welt wieder mit eigenen Augen. 5. Kapitel Storm empfand tiefes Mitgefühl mit dem Fremden. Er dachte jetzt nicht an sein eigenes Schicksal, sondern mehr 113
an die Zukunft des wunderbaren Wesens aus einer fernen Welt. „Haben Sie eine Ahnung, was die Burschen mit Ihnen vorhaben?“ fragte er neugierig. „Sie wollen mich wahrscheinlich töten.“ „Warum? Das wäre Wahnsinn!“ „Sie fühlen sich durch mich bedroht“, antwortete der Fremde. „Sie werden mich foltern, um das Geheimnis meiner Maschinen zu ergründen. Wenn sie alles wissen, werden sie mich gnadenlos umbringen.“ „Sie wissen doch aber nicht, wozu die Apparate dienen“, entgegnete Storm. „Nicht direkt. Sie sind aber nicht dumm und können sich einiges zusammenreimen. Sie ahnen, daß meine Geräte sie in die Lage versetzen werden, das gesamte irdische System zu beherrschen.“ „Sie verstehen aber nicht mit den Geräten umzugehen“, warf Storm ein. „Diese Männer wissen, wie man andere ausfragt“, antwortete der Fremde. „Ich bin auch nur ein schwaches Lebewesen. Sie werden mich quälen, bis ich ihnen alles verrate.“ John Storm blickte durch die transparente Plastikwand nach draußen, wo Ellins und seine Leute bei der Arbeit waren. Die wunderbaren Visionen waren noch immer in seiner Erinnerung. Ihm war zuteil geworden, was andere Menschen nicht einmal ahnen konnten. Er konnte den Sinn der geretteten Geräte nur erraten, doch das allein genügte schon, um ihn deren enorme Wichtigkeit erkennen zu lassen. Der Fremde war in der Lage gewesen, trotz seiner 114
Krankheit einen Gang und eine Kammer in das harte Gestein zu schmelzen. Es handelte sich um AntiGravitationsgeräte, um Apparate zur Erzeugung von Sauerstoff, um Maschinen, mit denen große Energien freigesetzt werden konnten. Für die Menschen waren die Geräte in der Höhle wahre Wunder der Technik. Wenn diese Dinge in die Hände von rücksichtslosen und machthungrigen Egoisten fielen, würde das eine unvorstellbare Katastrophe auslösen. Das durfte einfach nicht geschehen. Die Universal Mining war ohnehin schon ein alles verschlingender Polyp, eine ungeheure Konzentration politischer und wirtschaftlicher Macht. „Das kann nur verhindert werden, wenn du mir dabei hilfst“, sagte der Fremde eindringlich. „Wie kann ich Ihnen helfen?“ fragte Storm. „Sagen Sie mir, was ich tun soll.“ „Später“, antwortete der Fremde. Storm bemerkte eine tiefe Trauer. Er hörte ja nicht nur die Gedanken des anderen, sondern er empfand mit ihm. „Wir müssen beide Kräfte sammeln“, fuhr der Fremde fort, „und eine furchtbare Tat vorbereiten. Mir ist nicht ein einziger Fall bekannt, daß einer unserer Rasse das Leben eines intelligenten Wesens vernichtet hat. Unsere Geschichte reicht sehr weit zurück, aber es gibt keine Überlieferung von Morden und Kriegen. Manchmal ist eine Gewalttat jedoch unabdingbar notwendig. Wir müssen uns dazu entschließen, um noch schlimmeres Unheil abzuwenden.“ Storm schwieg. Er dachte an die Möglichkeiten, die die heuen Geräte boten. Wenn sie in die Hände skrupelloser Despoten fielen, konnte das das Ende der Zivilisation be115
deuten. Es lag teilweise bei ihm, das zu verhindern. Die Universal Mining war nach außen hin eine anonyme Organisation, ein Kartell mit vielen Aktionären. Die große Organisation wurde aber von einer verhältnismäßig kleinen Gruppe rücksichtsloser Männer geleitet. Diese Männer waren noch nie vor Gemeinheiten zurückgeschreckt und beugten sich dem Gesetz nur dann, wenn es unumgänglich war. Der Ingenieur hatte aber auch eine andere Vision. Er sah nicht nur Zerstörung, Despotie und Unfreiheit, sondern die Anfänge eines neuen Zeitalters. Er konnte sich indessen keinen Menschen vorstellen, der gegen die Anfechtungen der absoluten Macht gefeit war. Jetzt blieb nur noch die Frage zu klären, ob die Techniker der Universal Mining überhaupt in der Lage waren, die Arbeitsweise der fremdartigen Geräte zu enträtseln. Sie würden es wahrscheinlich schaffen und ihren Bossen eine nie gekannte Macht in die Hände geben. Es würde Zeit kosten, das war klar. Vielleicht würden sich mehrere Generationen bemühen müssen, die Geheimnisse der fremden Geräte zu ergründen. Eine Entwicklung, die viele Millionen Jahre gedauert hatte, ließ sich nicht in kurzer Zeit nachholen. Da war aber noch das Wesen aus einer fernen Welt. Es besaß das notwendige Wissen und konnte alle Erklärungen abgeben. Die Leute von der Universal Mining würden unter diesen Umständen kaum vor der Folter zurückschrecken. Würde der Fremde standhalten? Storm bezweifelte das. Der Fremde hatte enorme geisti116
ge Fähigkeiten, aber nur einen schwachen Körper. Er gehörte einer physisch schwachen Rasse an und litt außerdem an den Folgen des Unglücks. Die lange Einsamkeit hatte ihn noch mehr geschwächt und seinen Willen gebrochen. Storm erkannte die Sanftheit des anderen. Dieses Wesen war kaum in der Lage, sich zu verteidigen. Die Methoden der Folterer würden sicher sehr bald zum Ziel führen. Das durfte- nicht geschehen. „Wir müssen etwas unternehmen!“ keuchte Storm. „Deshalb habe ich Verbindung zu dir aufgenommen“, antwortete der Fremde. „Ich spürte gleich, daß ich dir vertrauen kann. Es war eine Hoffnung, die sich zum Glück erfüllt hat.“ „An mir soll’s nicht liegen“, murmelte Storm. „Ich kann aber beim besten Willen nicht erkennen, wie ich helfen kann. Ich bin selber ein hilfloser Gefangener dieser Leute.“ „Geduld, mein Freund“, antwortete das fremde Wesen aufmunternd. „Du wirst bald alles verstehen.“ Storm war nicht so sicher. Er dachte fortwährend an die Geräte in der Höhle. Sie durften nicht in die Hände der Pi-. raten fallen. Aber wie sollte das verhindert werden? Es gab keine Möglichkeit, das Unheil abzuwenden. Die Hoffnungslosigkeit war niederdrückend. Storm wußte jetzt, warum sich die Leute von der Universal Mining so große Mühe gegeben hatten, ihn um seine Ansprüche zu bringen. Es ging nicht um Cesium, Lithium, Gallium oder andere wertvolle Stoffe, denn dafür lohnte sich der hohe Einsatz nicht. Die Expedition der Universal Mining hätte nicht versucht, einen Claim zu stehlen, wenn es nur um seltene Metalle gegangen wäre. Die Anwesenheit des 117
fremden Wesen hatte Ellins dazu veranlaßt. Die Existenz des Fremden und das Vorhandensein seiner wunderbaren Geräte hatte die Chefs der Universal Mining dazu gebracht, einen hohen Einsatz zu wagen. Es ging nicht um wenige Millionen, sondern um Macht. Wer die Macht hatte, der konnte auch über den materiellen Reichtum des Systems verfügen. „Wir werden sie schlagen“, sagte der Fremde zuversichtlich. „Wie?“ fragte Storm skeptisch. „Ich sehe keine Möglichkeit. Wir sind beide gefangen. Sie in der Höhle, ich hier in diesem Plastikdom.“ Der Ingenieur bekam keine Antwort. Die Nähe des Fremden blieb aber spürbar. Mit der Zeit bemerkte Storm eine merkwürdige Verwandlung. Er fühlte sich stärker und stärker. Es war keine physische Kraft, sondern eine Energie, die er bis dahin nur geahnt hatte. Er zweifelte nicht mehr, überwand die Depressionen, fühlte sich vital und jung. Er war aber noch gefesselt und lag gedemütigt im Staub. Seine Vernunft sagte ihm, daß er dem Tod näher war als der Freiheit. Das lag aber nur daran, daß seine Verwandlung noch nicht vollständig war. * Ellins kam mit seinen Leuten in den Plastikdom zurück. Sie mußten eine Pause einlegen und sich von der harten Arbeit erholen. Der Asteroid drehte sich langsam um seine Achse und wurde von der fernen Sonne beschienen. Storm 118
sah die Männer essen und erinnerte sich daran, daß er lange Zeit nichts zu sich genommen hatte. Er hätte eigentlich hungrig sein müssen, spürte aber keinen Hunger. Auch dieses Phänomen schrieb er dem fremden Wesen zu. Ellins streifte seinen Helm ab und kam herüber. Sein Gesicht war noch finsterer als zuvor. „Überlegen Sie immer noch?“ fragte er bissig. „Sie wollen mich doch nicht etwa drängen?“ gab Storm ironisch zurück. „Ich will endlich wissen, woran ich bin“, knurrte Ellins erbost. „Warum nur so eilig? Ich lauf Ihnen ja nicht weg.“ „Ihre gegenwärtige Lage scheint Ihnen zu behagen.“ Ellins lachte zynisch auf. „Es könnte schlimmer sein“, antwortete Storm gleichmütig. „Es wird schlimmer werden“, entgegnete Ellins drohend. „Ich habe es satt, mich mit Ihnen herumzuärgern, Storm.“ „Das liegt doch an Ihnen“, gab der Ingenieur zurück. „Ein einziges Wort genügt. Wenn Sie meine Rechte anerkennen, mache ich mich sofort auf den Rückweg.“ Ellins lachte auf. „Sie haben Nerven“, knurrte er. „Sie werden nur noch als Leiche in Ihr Schiff gelangen.“ „Das klingt nicht sehr freundlich.“ Storms Ruhe regte Ellins auf. Er kniete nieder und blickte dem Ingenieur in die Augen. „Lassen Sie diesen Unsinn, Storm!“ sagte er erregt. „Sie kommen auf diese Weise nicht weiter. Nehmen Sie die fünf Millionen! Es ist ein einmaliges Angebot. Sie brauchen nur zu unterschreiben.“ „Ich denke nicht daran!“ 119
„Sie sind ein Narr, Storm! Begreifen Sie doch, daß Sie auf verlorenem Posten stehen. Mein Angebot ist mehr als großzügig.“ „Geben Sie sich keine Mühe!“ Ellins richtete sich wieder auf. „Zur Hölle mit Ihnen!“ fauchte er. „Nicht mit mir“, antwortete Storm gelassen. „Wenn Sie ein frommer Mensch sind, dann sollten Sie jetzt beten, Ellins. Sie werden sonst keine Gelegenheit mehr dazu finden.“ „Sie bluffen“, antwortete Ellins geringschätzig. „Sie sind in meiner Hand. Ich kann tun und lassen, was ich will. Und ich werde tun, was ich für richtig halte.“ „Tun Sie es nur“, antwortete Storm überlegen lächelnd. „Ich habe einen Brief zurückgelassen. Er liegt in einem Banksafe und wird den Behörden übergeben werden, wenn ich nicht pünktlich zurückkehre. Der Brief wird den Schwindel aufklären, Ellins. Er enthalt auch Angaben über die Bestechung des Registrators. Sie haben den Mann korrumpiert, Ellins!“ Ellins ließ sich kaum etwas anmerken. Storm hatte seinen Trumpf ausgespielt, aber scheinbar keine Wirkung erzielt. „Ich habe nichts zu fürchten“, antwortete Ellins. „Die Gesellschaft wird mich schützen und eine Untersuchung verhindern. Außerdem kann jeder einen Anklagebrief schreiben und dann einfach verschwinden.“ „Sie scheinen Ihrer Sache sehr sicher zu sein“, murmelte Storm. „Warum auch nicht? Ich habe diesen Asteroiden gefun120
den, Storm. Die Bosse der Universal Mining müssen mir dafür sehr dankbar sein.“ „Wegen des Fremden?“ „Auch deshalb. Ihr Brief wird mir nicht schaden. Wir konnten alle Angaben über Sie löschen, Storm. Das war schon etwas, meinen Sie nicht auch? Daran können Sie unsere Macht erkennen. Der Brief beunruhigt mich nicht im geringsten.“ „Weil Sie seine Bedeutung jetzt noch unterschätzen. Aber Sie werden sie noch erkennen, Ellins!“ sagte Storm warnend. „Das ist Ihre Meinung.“ Ellins lachte auf. „Ich will Ihnen noch eine Chance geben. Sie unterschreiben die Verzichterklärung, oder …“ „Oder was?“ „Wir brauchen Sie nur ins Freie zu bringen. Ohne Helm wird das etwas unangenehm werden.“ Storm dachte fieberhaft nach. Sein Bluff hatte nicht gewirkt. Jetzt konnte er Ellins nicht länger hinhalten. Der Fremde in der Höhle hatte versprochen, gegen die Männer der Universal vorzugehen. Konnte er sich darauf verlassen? Storm hegte Zweifel. Er war nicht einmal sicher, noch mit dem fremden We sen in Verbindung zu stehen. Wenn er die Verzichterklärung unterschrieb, war er erledigt. Ellins würde die Nachricht sofort weitergeben. Wenn er sich aber weigerte, würde er sterben. Ellins bot ihm eine hohe Summe. Er konnte nicht hoffen, viel Geld zu verdienen. In seinem ganzen Leben würde er nicht soviel verdienen. Es war ein Betrug, aber die Abfindung war hoch. Storm mußte sich entscheiden. Was wollte er wählen, fünf 121
Millionen und das Gefühl, der Unterlegene zu sein, oder den Tod? Er konnte sich nicht entscheiden. Warum hörte er nichts von dem Fremden? „Reden Sie endlich!“ herrschte Ellins ihn an. „Sie haben nicht mehr viel Zeit.“ „Ich kann nicht unterschreiben“, würgte Storm hervor. „Es geht nicht, Ellins. Sie müssen mich verstehen.“ „Sie wissen, was das bedeutet?“ „Ja.“ Ellins zuckte die Achseln. „Wie Sie wollen, Storm.“ Er winkte seine Leute heran und befahl ihnen, dem Gefangenen die Fesseln zu lösen. „Wenn er schon krepiert, soll er es auf eigenen Füßen tun“, brummte er ärgerlich. „Wir sind schließlich keine Mörder, die einen Mann in den luftleeren Raum stoßen.“ Die Männer schnitten die Drähte auf. Sie machten das sehr vorsichtig, denn es sollten keine Spuren zurückbleiben. Storms Tod sollte wie ein Unfall aussehen. Der Ingenieur wehrte sich nicht. Er sah reglos zu, wie Ellins den Helm aufhob und sich am Luftventil zu schaffen machte, danach die Scheibe öffnete und den Mechanismus so einstellte, daß die Scheibe nicht mehr geschlossen werden konnte. „Ein großes Unglück“, sagte Ellins höhnisch. „Die Feder ist gebrochen. Wenn die Sichtscheibe deshalb plötzlich aufspringt, wirkt sich das fatal aus. Es ist ein seltener Unfall.“ Ellins lachte grimmig auf und warnte seine Männer: „Haltet ihn fest! Der Kerl ist stark. Ich möchte nicht, daß er hier Amok läuft.“ 122
Zwei Männer packten Storm, während ein anderer eine Waffe auf ihn richtete. Ellins kam näher. Storm machte keinen Versuch, sich zu befreien. Ellins setzte ihm den Helm auf. Die Scheibe klapperte lose gegen das Metall. „Die Vorstellung kann beginnen“, sagte Ellins rauh. „Drückt ihm eine Waffe in den Rücken, damit er keine Dummheiten macht! Viel Spaß, Storm! Noch ist Zeit. Noch können Sie zurück. Ich wüßte, wie ich mich in Ihrer Lage zu entscheiden hätte. Ich gebe Ihnen noch sechzig Sekunden.“ Storms Gesicht wirkte wie grauer Granit. Er ging langsam auf die Luftschleuse zu. Ein schrecklicher Tod erwartete ihn. Es würde schnell gehen, das wußte er. Es war aber nur ein sehr schwacher Trost. Er konnte sich alles genau vorstellen. Wenn er sich in der Schleuse befand, würden sie die druckdichte Tür hinter ihm schließen und die Außentür öffnen. Die im Druckanzug eingeschlossene Luft würde mit einem Ruck entweichen, der Körper würde im Vakuum zerplatzen. John Storm stellte sich vor, was danach geschehen würde. Sie würden ihn auf einen Raupenschlepper laden und zu seinem Schiff fahren. Dann würden sie das Schiff in Richtung Sonne starten. Wahrscheinlich würde er nie gefunden werden. Falls der Zufall es doch wollte, würden die Entdecker des führerlos treibenden Raumschiffes nur einen bedauerlichen Unfall melden können. Das sollte also das Ende sein! Nur wenige Schritte trennten John Storm vom Tod. Der Ingenieur dachte an die Erde, an Liz. Er dachte auch an 123
Patagonien, die Minen und die bequemen, vorfabrizierten Häuser. Hatte er sich richtig entschieden? Fünf Millionen Dollar waren ein Riesenvermögen. Doch dann dachte er an die Zukunft. Was würde werden, wenn Ellins und seine Leute in den Besitz der Geräte des Fremden gelangten? „Hilf mir!“ sagte er leise. Er erhielt aber keine Antwort. Die Tür der Luftschleuse glitt mit einem zischenden Geräusch auf. „Das ist das Ende!“ sagte Ellins zynisch. Ich brauche Hilfe! dachte Storm intensiv. Wenn jetzt kein Wunder geschieht, bin ich verloren. Schritt für Schritt ging er weiter und betrat die Luftschleuse. In diesem Augenblick hörte er den Fremden. „Ich bin fast fertig. Du mußt noch ein paar Minuten zögern! Es muß sein! Wenn du das schaffst, kann nichts mehr passieren.“ Storm blieb stehen und drehte sich um. Ellins sah sich schon am Ziel, wollte seinen Triumph aber auskosten. „Gehen Sie weiter!“ befahl er brutal. „Ich habe es mir überlegt“, meinte Storm. „Ich unterschreibe den Wisch und nehme das Geld.“ Ellins lachte zufrieden. „Ich habe es gewußt! Kein Mensch kann so dumm sein, dieses Angebot auszuschlagen, zumal dann nicht, wenn ihm sonst sein Ende sicher ist.“ Er drehte sich um und winkte einen Mann heran. „Whitey, bringen Sie das Papier!“ befahl er. „Und Sie stellen eine Funkverbindung zum Mars her, Gus!“ Storm blieb stehen. „Ist es soweit?“ flüsterte er kaum hörbar. 124
„Noch einen kurzen Augenblick.“ Ellins hatte den vorbereiteten Vertrag schon in der Hand und las ihn noch einmal durch. „Das sollte genügen“, sagte er zufrieden und kam auf Storm zu. John Storm hörte das fremde Wesen sagen: „Wir können keine Gewalt anwenden. Es widerspricht unserer Natur. Du gehörst aber einer Rasse an, die solche Hemmungen überwinden kann.“ „Besonders wenn es um die Verteidigung des eigenen Lebens geht“, antwortete Storm. Ellins blieb verblüfft stehen. „Was sagen Sie da?“ „Haben Sie etwas gehört?“ Storm lachte überlegen. Gleichzeitig vernahm er die Botschaft des Fremden. „Der Versuch ist gefährlich und kann uns beiden das Leben kosten. Willst du das riskieren?“ „Ja“, flüsterte Storm und dachte dabei an die Geräte in der Kammer. „Wir werden uns geistig vereinen“, fuhr der Fremde fort. „Ich werde dich als Werkzeug benutzen. Ich habe zwar die nötige Energie, aber zu starke Hemmungen. Wenn ich die Energie auf dich übertrage, kann der Plan vielleicht klappen.“ Ellins hielt Storm den Vertrag hin. „Unterschreiben Sie!“ sagte er barsch. „Wir werden den Vertrag sofort zum Mars schicken und die Bestätigung des Schecks anfordern. Danach können Sie sich zur Hölle scheren. Sie werden dann keine Veranlassung mehr haben, uns hier zu stören.“ „Ich will den Vertrag erst lesen“, antwortete Storm. „Bitte!“ Ellins grinste zynisch. „Sie sollen nicht glauben, daß wir Sie betrügen wollen.“ 125
Storm überflog die Zeilen. Es war eine einfache Verzichtserklärung. Die Formulierungen waren klar und deutlich. Die unterschriebene Erklärung würde von jedem Gericht anerkannt werden. „Ich bin bereit“, ließ sich der Fremde vernehmen. „Ich werde jetzt in dich eingehen. Es wird sehr unangenehm für dich werden, aber das ist nicht zu vermeiden. Du mußt mir helfen. Wenn du den geringsten Widerstand leistest, kann ich nicht in dich eindringen.“ „Was ist?“ brummte Ellins ungeduldig. „Unterschreiben Sie endlich!“ „Das ist ein schwerer Entschluß“, sagte Storm hinhaltend. „Ich muß noch überlegen.“ „Dazu ist jetzt keine Zeit mehr. Ich will die Angelegenheit endlich erledigt haben.“ „Das ist doch nur Verzögerungstaktik“, sagte einer der Männer. „Was bezweckt er damit?“ „Es ist nicht leicht“, murmelte Storm. „Nur noch eine Sekunde. Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an.“ Er spürte den Versuch des Fremden, ganz in ihn einzudringen. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Er hatte es schon einmal erlebt, aber es traf ihn wieder mit großer Wucht. Was konnte er tun? Wie sollte er sein Bewußtsein empfangsbereit machen? Da waren Barrieren, die er nur ahnen konnte. Es handelte sich schließlich um Dinge, die den Menschen nicht geläufig waren. Da waren Hemmungen, natürliche Sperren. Der Mensch war eben nicht zur Selbstaufgabe geschaffen. Die Versuche des fremden Wesens wurden intensiver 126
und durchdringender. Wenn er es nun nicht schafft? dachte Storm entsetzt. „Du darfst überhaupt nicht denken!“ mahnte der Fremde. „Ich kann es sonst nicht vollbringen. Du mußt unbedingt aufnahmebereit sein.“ „Ich versuche es doch!“ murmelte Storm. Er spürte, daß eine geheimnisvolle Macht in ihn gedrungen war. Der Vorgang war aber noch nicht beendet. Der Druck wurde stärker. Storm war froh, daß der Fremde seine körperliche Widerstandskraft gestärkt hatte. Ohne diese Stützung hätte er den merkwürdigen Vorgang nicht ausgehalten. Ellins sagte etwas, doch Storm hörte nicht hin. Er konzentrierte sich völlig auf seine Aufgabe. Immer wieder spürte er geistige Fühler in sein Inneres dringen. „Ich warte!“ murmelte er. „Mehr kann ich nicht tun.“ Die Gesichter der Männer verschwammen vor Storms Augen. Er schloß die Lider und legte den Kopf in den Nacken. Jetzt war ihm gleichgültig, was die Männer von ihm dachten. Das Experiment mußte gelingen. Dann kam der Anprall. Der Stoß war so stark, daß Storm in die Knie sank. „Was ist denn mit dem los?“ fragte einer der Männer. Storm hörte die Worte, doch sie waren plötzlich bedeutungslos. Sein Gesicht zuckte. Irgendeine Macht flutete in ihn hinein, füllte ihn aus, verwandelte ihn. Er vereinigte sich mit dem Wesen aus einer fernen Welt. Er behielt seinen Körper und seine eigenen Gedanken, doch sein Geist wurde auf wunderbare Weise ergänzt. Ein zuckender Schmerz fuhr durch sein Gehirn. Der Schädel drohte zu 127
platzen. Es war ein Gefühl, als hinge er an einer Hochspannungsleitung. Die Schmerzen waren aber nicht vergeblich. Die Vereinigung fand statt. Storm spürte sie genau und freute sich darüber. Selbst die Qualen bedeuteten jetzt nichts mehr. Die Einheit kam zustande. Storm wußte nicht, wie lange die Vereinigung mit dem anderen Wesen dauerte. Es hätten Millisekunden, aber ebensogut auch viele Millionen Jahre gewesen sein können. Die Zeit war einfach ausgeschaltet. Er schwankte ein wenig. Das Erkennen war wie ein furchtbarer Schlag. Von einem Augenblick zum anderen kannte er das Gefühl, viele Millionen Jahre alt zu sein. Er war noch er selbst und gleichzeitig ein anderer. Er sah eine andere Welt, die Welt des Fremden, der sich mit ihm vereint hatte. Eine grüne Sonne erhellte einen wunderbaren Planeten. Überall waren freundliche Nachbarn, die friedlich ihrer Arbeit nachgingen. Storm sah fremdartige Bäume und Sträucher; herrliche Häuser aus einem glasartigen Material. Die Harmonie der Architektur war perfekt. Glänzende Flugschiffe glitten lautlos und wie von Geisterhand gesteuert vorüber. Dieser Welt war anzusehen, daß sie eine sehr lange Entwicklung hinter sich hatte. Die auf diesem Planten lebenden Wesen waren zu Halbgöttern geworden, zu Beherrschern ihrer Welt. Es war herrlich, zu dieser Gesellschaft zu gehören. Storm konnte sich keinen besseren Ort vorstellen. Hier wurde nur geliebt, keiner neidete dem anderen etwa, denn alles gehörte allen. Storm wußte aber auch, was es bedeutete, zu dieser wunderbaren Gemeinschaft zu gehören und 128
trotzdem das Wagnis einer langen Reise durch das All auf sich zu nehmen. Er hatte diese Reise zum Teil miterlebt. Damals waren ihm die Eindrücke einmalig lebendig erschienen. Jetzt war er aber ein Teil der Einheit und spürte die unsichtbaren Fäden, die die Besatzungsmitglieder miteinander verbanden. Die Freude, die Begeisterung und die Trauer – alle Emotionen wurden von allen gleichzeitig empfunden. Das war der Grund für die unwahrscheinliche Harmonie zwischen den Besatzungsmitgliedern. Jetzt begriff Storm, was es für einen Angehörigen der unsterblichen Rasse bedeutete, doch untergehen zu müssen. Nur die Gewalt konnte ein solches Leben beenden. Gleichzeitig empfand er mit dem einzigen Überlebenden, was das Überleben auf einem einsamen Asteroiden bedeutete. Zum erstenmal in seinem Leben bekam Storm einen klaren Begriff von der Einsamkeit. Im Bruchteil einer Sekunde fühlte er den Schmerz des Fremden nach. Jahrmillionen hatte dieses Wesen aus einer fernen Welt als Schiffbrüchiger auf dem Asteroiden verbracht, immer in klarer Erkenntnis seiner furchtbaren Isolierung. Storm empfand das alles nach, die Qualen, die Hoffnungen und Enttäuschungen. Er hoffte mit dem Fremden, daß der Sender Hilfe herbeiholen würde, wußte aber genau, daß wiederum Millionen von Jahren vergehen würden, ehe diese Hilfe kommen konnte. Es war ein Wunder. Storm hörte nichts, er empfand alles, ja, er war der Fremde, ohne sich selbst aufgeben zu müssen. Ein Gefühl unendlicher Stärke brauste in seinem Körper. Das Universum gehörte ihm; alle Geheimnisse der Welt 129
waren erkannt. Er war nicht mehr auf seinen schwachen Körper angewiesen und konnte seinen Geist frei schweifen lassen. Storm konnte alles auf einmal wahrnehmen und erkennen. Er empfand die Gedanken der elenden Gestalten in seiner Nähe und scheute vor der Dunkelheit dieser erbärmlichen Seelen zurück. Das war aber nicht alles. Er konnte seine Gedanken noch viel weiter schicken. Und er tat es. Der Mars war sein erstes Ziel. Er konnte alle auf dem Mars lebenden Menschen gleichzeitig erkennen. Er sah nicht die Körper, sondern die Seelen. Er bemerkte die Geschäftigkeit der Menschen, empfand die vielen starken Gefühle, die guten wie die bösen. Er verstand plötzlich alles. So ungefähr mußte ein Gott seine Geschöpfe sehen. Es war möglich, Millionen auf einmal zu umarmen, jeden einzelnen Menschen zu verstehen. Die Kraft seiner Gedanken reichte aber noch weiter. Storm schickte einen starken Impuls zur Erde. Der erste Kontakt war wie ein Schock. Die Gefühle der schwärmenden Milliarden brandeten wie eine gischtende Welle in sein Bewußtsein. Storm suchte aber nur einen einzigen Menschen: Liz. Er fand sie schnell, gab ihr seine Liebe zu verstehen und empfand mit ihr. Er konnte sie auch sehen. Liz runzelte die Stirn und blickte nach oben. Sie begriff nicht, was geschah, sie fühlte nur. Sie sehnte sich nach ihm und freute sich auf seine Rückkehr. Storm erkannte die Reinheit ihrer Gefühle und war dem Schicksal für diese Gnade dankbar. Sie liebte ihn. John Storm war jedoch nicht allein. Er verfügte über 130
unwahrscheinliche Kräfte, die er einsetzen mußte. Es gab Arbeit zu verrichten. Er war bereit, diese Arbeit zu tun. * Es war lächerlich einfach. Genau wie er Liz sehen und ihr Innerstes erkennen konnte, vermochte er auch in die Seelen der ihn umgebenden Männer zu dringen. Er beschäftigte sich zuerst mit Ellins. Seine Gedanken drangen wie Fühler ins Bewußtsein des Gegners ein, bohrten sich in die Seele und entschleierten sie. Ellins leistete Widerstand, doch die Gegenwehr brach bald zusammen. Storm konnte die Hemmungen aufheben und ungehindert ins Bewußtsein des Feindes vordringen. Es war wie der Abstieg in eine Schlangengrube. Storm ekelte sich und hielt sich nicht lange mit Ellins’ Gedanken und Gefühlen auf. Er wollte die unangenehme Aufgabe so schnell wie möglich hinter sich bringen und sich danach nicht mehr daran erinnern. Es war leicht. Das Abdrehen eines Wasserhahns war schwieriger. Storm brauchte sich nicht einmal zu bewegen. Ein einziger Gedanke genügte, um den Lebensfluß des Feindes abzuschnüren. Die anderen Männer waren noch leichter zu überwältigen. Sie waren nicht so stark wie Ellins, aber so gefährlich, daß sie nicht am Leben bleiben durften. Storm drang auch in sie ein und schaltete ihren Lebensstrom ab. Einer nach dem anderen sank leblos zu Boden, ohne daß auch nur einer die Vorgänge erfaßte. Dann war alles vorbei. 131
Der Ingenieur spürte ein gewaltiges Reißen. Reue durchpulste ihn mit unwahrscheinlicher Wucht. Das war die Reaktion auf seine Tat. Ich habe getötet! dachte er angewidert. Diesmal waren es die Gedanken des Fremden. Wir haben getötet, korrigierte Storm tröstend. Die Verbindung wurde schnell schwächer. Die Aufgabe war gelöst, der Fremde zog sich wieder zurück. „Bitte nicht!“ rief Storm entsetzt. Er verlor etwas Unwiederbringliches, und das Gefühl des Verlusts war ihm unerträglich. „Es muß sein“, antwortete der Fremde. Storm kämpfte dagegen an. Seine Kraft ließ aber schnell nach. Er war wie eine Marionette, deren Fäden plötzlich durchtrennt wurden. Einen Augenblick später war er allein – allein in einer beängstigend eingeengten Welt. Die Rückkehr in die normale Bewußtseinssphäre war niederschmetternd. Storm sank auf die Knie und begann hemmungslos zu weinen. Die Schwäche wurde so überwältigend, daß er vornüber aufs Gesicht fiel und reglos liegenblieb. * Das Wiedererwachen war qualvoll. Storm öffnete unsicher die Augen und sah sich verwirrt um. In seinem Schädel pochte und dröhnte es unerträglich. Der Ingenieur fühlte sich wie nach einer langen und heftigen Beschleunigung in einem Raumschiff. Die Nachwehen seines Erlebnisses waren unangenehm und verwirrend. Er erhob sich taumelnd und torkelte herum. Seine Augen schmerzten furchtbar. 132
Storm stieß an einen Körper und blieb entsetzt stehen. Er sah die Männer und erinnerte sich an alles. Sie wirkten freundlich und harmlos. Wahrscheinlich hatten sie nichts gespürt. Storm bedauerte seine ehemaligen Feinde. Sie waren Fremde für ihn. Er hatte sie töten müssen, um sein eigenes Leben zu retten. John Storm hatte es aber nicht nur für sich getan. Er konzentrierte sich, spürte aber nichts mehr. Der Fremde hatte sich wieder von ihm gelöst. Die plötzliche Einsamkeit war bedrückend. Nach der Vereinigung mit dem Wunderwesen aus einer fernen Welt war das Alleinsein doppelt so schwer wie vorher. „Alles in Ordnung?“ fragte Storm laut. Er sehnte sich nach dem Kontakt mit dem Fremden, nach der Wärme seiner Persönlichkeit. Er erhielt keine Antwort. Die enorme Anstrengung mußte das Wesen in der Höhle furchtbar erschöpft haben. Wahrscheinlich mußte es sich jetzt ausruhen. Storm fühlte sich noch schwach, doch er wollte nicht länger warten. Er beugte sich zu Ellins hinab und ging dann zu den anderen Männern. Sie waren alle tot. Nachdenklich hob er die Verzichterklärung auf und steckte sie unter seinen Raumanzug. Dann nahm er einen anderen Helm und setzte ihn sich auf. Jetzt konnte nichts mehr passieren. Zufrieden und doch etwas traurig, drehte er sich um und betrachtete sein Werk. Wie sollte er das alles erklären? Die Behörden würden einen genauen Bericht anfordern. Storm machte sich keine Sorgen. Sollte sich ein anderer den Kopf zerbrechen. Er 133
wollte nur sagen, daß er die Männer der Expedition tot vorgefunden hatte. Sollten andere an der Todesursache der Universal Mining-Leute herumrätseln. Keiner würde jemals erfahren, was wirklich passiert war. Der Ingenieur atmete auf. Er hatte die Gefahr abgewendet und den Asteroiden zurückerobert. Jetzt hatte er genügend Beweise gegen die Universal Mining. Die schon fast fertiggestellten Raketenanlagen mußten jeden Richter von den unredlichen Absichten der Gesellschaft überzeugen. Wahrscheinlich würde es gar nicht erst zu einem Prozeß kommen. Storm war überzeugt, daß die Agenten der Universal Mining die Angelegenheit geradebiegen würden. Es dürfte ihnen nicht allzu schwerfallen, den alten Claim wieder an die richtige Stelle zu bringen und alle Spuren zu verwischen. Das sollte genügen. Storm wollte sich zuerst um den Fremden in der Höhle kümmern. Ohne diesen wäre er verloren gewesen. Er hatte allen Grund, ihm dankbar zu sein. Wenige Minuten später startete er eins der Raupenfahrzeuge und steuerte es über den felsigen Grund. Er brauchte nicht lange zu suchen, denn sein Schiff schwebte noch über dem Plateau und ermöglichte ihm die Orientierung. Das Plateau lag jetzt aber auf der Nachtseite des Asteroiden. Storm konnte den Höhleneingang nur mit Hilfe einer Lampe finden. Er tastete sich durch den Gang, erreichte den ersten Knick, dann den zweiten. Auch jetzt hatte er keine Verbindung mit dem fremden Wesen. An der letzten Biegung des Ganges blieb er stehen und riß vor Schreck den Mund auf. Der leuchtende Schutzvor134
hang war bis auf einige kleine Irrlichter verschwunden. Auch das aus einem Kraftfeld bestehende Ruhekissen war nicht mehr vorhanden. Das kleine Wesen lag zusammengekrümmt auf dem harten Boden. Und die Maschinen, die wunderbaren Geräte aus der anderen Welt, die glitzernden Apparate an den Wänden – alles war zertrümmert und verbrannt. Storm sah nur noch rauchende Asche. Er mußte sich stützen, so schwer traf es ihn. Was war geschehen? Warum waren die kostbaren Geräte vernichtet worden? Er beugte sich über den Fremden und blickte in die übergroßen Augen. „Was ist passiert?“ fragte er mit zitternder Stimme. Die Antwort klang schwach und abgehackt. „Ich – ich möchte dir danken. Du – hast mir sehr geholfen.“ „Was ist denn passiert?“ fragte Storm aufgeregt. „Warum ist alles zertrümmert und verbrannt?“ „Ich habe es getan!“ lautete die Antwort. „Warum denn?“ „Sie durften nicht in eure Hände fallen. Ihr seid noch nicht soweit“, antwortete der Fremde. „Diese Geräte hätten eine unvorstellbare Katastrophe ausgelöst und eure Entwicklung gestört. Eine noch sehr junge Rasse muß sich aus sich selbst entwickeln. Äußere Einflüsse wirken sich immer verderblich aus. Eure geistige Entwicklung hinkt schon jetzt hinter dem technischen Fortschritt her. Nur was kontinuierlich wächst, kann Nutzen bringen. Fremde Einflüsse würden euch nur verwirren.“ „Ich hätte für die Kontrolle gesorgt“, flüsterte Storm. „Die Geräte wären nicht in die falschen Hände gefallen.“ 135
„Doch!“ Der Fremde war schon sehr schwach. „Ihr seid noch lange nicht soweit. Es gibt keinen einzigen Menschen, dem ich diese Geräte mit gutem Gewissen anvertraut hätte – keinem!“ Storm verstand die Bedeutung dieser Worte. Der kleine Fremde wollte ihn nicht kränken. Kein vernünftiger Mensch würde einem Kind eine geladene Waffe in die Hand geben. Für den Fremden waren selbst die klügsten Menschen wie lallende Kinder. Der Fremde hatte die Geräte geopfert, weil er sie nicht noch einmal in Gefahr sehen wollte. „Was soll aus Ihnen werden?“ flüsterte Storm mitfühlend. „Sie sind stark geschwächt.“ „Ich sterbe!“ lautete die gehauchte Antwort. „Was ich getan habe, hat mich sehr geschwächt. Wir hätten beide dabei umkommen können. Ich bin froh, daß ich sterben muß, nicht du.“ „Sie dürfen nicht sterben!“ schrie Storm auf. „Eines Tages werden Ihre Freunde kommen und Sie holen!“ „Nein!“ entgegnete der Kleine sehr bestimmt. „Vorläufig nicht. Ich bin auch nicht traurig darüber, daß ich sterben muß. Ich werde endlich Ruhe finden und nicht mehr so furchtbar allein sein. Ich bin müde und möchte endlich ausruhen.“ Der Ingenieur starrte auf das sterbende, kleine Wesen. Der Kontakt war noch da, wurde aber rasch schwächer. Die große Kraftanstrengung hatte dem Fremden die Lebenskraft genommen. Storm mußte hilflos zusehen. Dabei konnte er das Abebben des Lebensstromes genau fühlen. Bald darauf war er wirklich allein. 136
Benommen drehte er sich um und ging langsam durch den Tunnel. Sein Schiff stand mitten auf dem Plateau und deutete wie ein Finger zu den Sternen empor. Müde ging er hinüber, kletterte in die Kabine und suchte eine kleine Sprengladung. Diese Ladungen wurden von den Prospektoren für Bodenuntersuchungen gebraucht, weil sich damit große Löcher in den Boden sprengen ließen. John Storm ging zur Höhle zurück, brachte die Ladung und stellte den elektrischen Zünder ein. Dann eilte er ins Freie und versteckte sich hinter einem Felsbrocken. Er hörte keine Explosion und spürte keine Erschütterung. Nach genau sechzig Sekunden ging er wieder in den Gang hinein. Die Sprengladung hatte die Höhle und einen Teil des Ganges zum Einsturz gebracht. Die Kammer war zum Grab des Wesens aus einer anderen Welt geworden. Danach ging Storm wieder zu seinem Raumschiff zurück und setzte sich in die Kabine. Lange Zeit saß er still da und dachte über seine Erlebnisse nach. Er hatte den Eindruck, aus einem Traum zu erwachen, und konnte sich doch an alle Einzelheiten erinnern. Endlich schüttelte er die trübe Stimmung ab und setzte das Triebwerk in Tätigkeit. Er hatte sein Ziel erreicht. Jetzt brauchte er nur zum Mars zurückzukehren und seine Angelegenheiten zu ordnen. Diesmal würde es bestimmt keine Schwierigkeiten geben. Kein Mensch brauchte von dem geheimnisvollen Wesen in der Höhle zu erfahren. Storm hatte beschlossen, dieses Geheimnis zu wahren. *
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Liz sah lächelnd zu ihm auf. „Ich habe oft darüber nachgedacht, wie das Leben an der Seite eines Multimillionärs ist“, sagte sie verschmitzt. Storm grinste und trat mit ihr auf die Terrasse des großen Luxushotels hinaus. „Jetzt weißt du es ja“, sagte er gutmütig. „Wie ist es denn?“ „Ich hätte dich auch geheiratet, wenn du arm geblieben wärst“, antwortete sie glücklich. „Der Unterschied ist nicht allzu groß. Wir leben jetzt bequemer, das ist alles.“ John ließ seinen Blick über das blaue Meer schweifen. Nach seinen Abenteuern erschien ihm die tropische Küstenlandschaft doppelt schön. „Leider müssen drei Wochen genügen“, sagte er seufzend. „Danach muß ich wieder hinauf, um den Beginn der Arbeiten zu beaufsichtigen. Es ist aber das letztenmal, das versprech’ ich dir.“ Liz war damit zufrieden. „Da ist noch etwas“, sagte sie zögernd. „Du darfst mich aber nicht für albern halten, Johnny.“ „Worum geht es denn?“ fragte Storm ahnungsvoll. „Ich hatte einmal ein merkwürdiges Erlebnis, Johnny. Du warst noch auf deinem Asteroiden. Es war unheimlich. Ich hatte plötzlich das Gefühl, daß du in meiner Nähe seist, daß du von dort oben nach mir faßtest. Es war keine körperliche Berührung, sondern eine geistige Verbindung. Ich spürte es sehr deutlich und nachhaltig. Ich sagte dir, du solltest nach Hause kommen.“ „Und?“ „Du hast es mir versprochen, Johnny.“ „Das war wohl nur ein Traum, eine Halluzination“, erwiderte Storm ablenkend. 138
„Das glaub’ ich nicht.“ Liz sah ihm prüfend in die Augen. Storm antwortete nicht. Er dachte an das kleine Wesen in der Höhle und wurde sehr traurig. Seit seiner Rückkehr hatte er oft an den Fremden denken müssen. Seit Tausenden von Jahren waren Hilferufe ins All gestrahlt worden. Diese Rufe mußten irgendwann aufgefangen werden. Dann würde sich ein Schiff auf den Weg machen, um den Schiffbrüchigen zu holen. Wann das sein würde, ließ sich nicht sagen. Es konnte bald oder auch erst in zehntausend Jahren geschehen. Was würde dann passieren? Storm stellte sich die Begegnung der Menschen mit den kleinen Wesen vor. Wahrscheinlich würden die andern auf einen dauernden Kontakt verzichten. Kopfschüttelnd blickte John Storm auf das weite Meer hinaus. Wir halten uns für die Krone der Schöpfung, dachte er. Aber diese kleinen Wesen sind uns ungeheuer überlegen. Sie sind gütig, weise und freundlich. Sie sind uns so stark überlegen, wie wir den Schnecken und Würmern. Storm zuckte die Achseln. Er hatte jetzt an andere Dinge zu denken. Der Asteroid war ihm zugesprochen worden, und die Ausbeutung konnte beginnen. Die Zukunft gehörte ihm. Von nun an brauchte er sich nicht mehr zu fürchten. Liz war seine Frau und würde immer treu zu ihm halten. Er war ein glücklicher Mann, denn er hatte einmal einen Blick in die Seele seiner Frau werfen dürfen und nichts als Liebe und Verständnis gefunden. In seinem Herzen trug er Erinnerungen, die ihm keiner nehmen konnte. – Erinnerungen an eine wunderbare Stadt, an eine große Gemeinschaft gleichgesinnter Seelen. Er er139
innerte sich an die Reise und an die unwahrscheinliche Geisteskraft des fremden Wesens. Für einen kurzen Augenblick hatte er sich wie ein Gott fühlen dürfen, hatte er die Wunder des Kosmos nicht nur erahnt, sondern erkannt. „Ich würde hundert Dollar geben, wenn ich deine Gedanken lesen könnte“, sagte Liz schelmisch und riß ihn aus seinen Träumen. „Warum so verschwenderisch?“ „Ich bemühe mich, das Leben einer Multimillionärin zu führen“, antwortete Liz lachend. „Oder hast du etwas dagegen?“ „Nicht das geringste.“ Storm lachte ebenfalls. „Meine Gedanken waren aber nicht soviel wert, mein Schatz. Ich habe nur geträumt.“ „Willst du mir nicht sagen, was du geträumt hast, Johnny?“ Er schüttelte den Kopf. „Es war ein alberner Traum, Liz. Er war nicht einmal komisch. Wie wär’s jetzt mit einem Bad im Ozean?“ „Ich kann mir nichts Besseres vorstellen, Johnny.“ Storm zog Liz mit sich zum weißen Strand hinunter. Hand in Hand rannten beide ins schäumende Wasser und genossen die Freude ihres Lebens auf der Erde.
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Ich verstehe nicht, Sir! (I do not hear you, Sir) von Avram Davidson Bloodgood Bixbee verstand nichts von Kunst, aber er wußte, was er nicht mochte. Und er mochte nicht – das sagte er laut, deutlich, ungeschminkt und fluchend – zum Narren gehalten werden. Kapiert? Milo Anderson kapierte. Er sah ein, daß er Bixbee den unsignierten Wilson Peale nie hätte verkaufen und die fünf Prozent der Vertragssumme nicht hätte einnehmen dürfen, da er wußte, daß er den Vertrag nicht erfüllen konnte. Aber in der Hauptstadt gab es nur noch wenige Leute, die sich voraussichtlich von ihm übers Ohr hauen lassen würden – und er brauchte Geld. Er hatte sich zu sehr darauf verlassen, daß Bixbee davor zurückschrecken würde, zuzugeben, in eine illegale Angelegenheit verwickelt worden zu sein. Und selbstverständlich quälten ihn keine moralischen Skrupel, weil er dem Sägewerksbesitzer verschwiegen hatte, daß den Titel des Gemäldes ein dunkles Geheimnis umgab, obgleich ihn diese Tatsache beunruhigte. Bisher hatte er in bezug auf Bixbee überhaupt keine Skrupel gehabt, denn wer in Qualliupp, Washington, kannte denn den Unterschied zwischen Wilson Peale und Harry Piel? Ihm war lediglich daran gelegen gewesen, den Scheck rechtzeitig zur Bank zu bringen. Und dann ans Telefon. Schecks, Schecks, Telefone, Telefone, und … 141
Zum Teufel mit ihnen, mit ihren gierigen offenen Händen und ihren quatschenden Mäulern! Die großen Gangster bringen die kleinen um; sie fressen sie auf – und so weiter – ad infinitum. War Bixbee nicht auch ein Verbrecher? Er trieb Raubbau in den Wäldern, stahl die Schlagrechte und wütete unbarmherzig mit eiserner Faust. Natürlich war er ein Verbrecher. Und dann versuchte er nach althergebrachter Methode, sich als Freund der Künste aufzuspielen, indem er sich „echte Ölgemälde“ an die Wände hängte. Wie – verflixt noch eins – war er eigentlich dahintergekommen? War es möglich, daß auch in Qualliupp jemand lebte wie Edmond Hart Ransome, von dem Milo das Bild bekommen hatte? Nein, ausgeschlossen! Der ganze Staat Washington War zu jung, als daß sich der alte E. H. R. dafür interessiert hätte. Sein Hauptinteresse galt dem Ende des 18. Jahrhunderts. Im Geiste ließ Anderson die Namen der Leute an sich Revue passieren, mit denen er Geschäftsbeziehungen unterhalten hatte. Einer von ihnen – wenigstens einer – mußte doch gewillt sein, ihm in seiner mißlichen Lage zu helfen und Geld vorzuschießen, wenn ihm weitere Mitarbeit zugesichert wurde. Er wählte eine Nummer, die nicht im Telefonbuch zu finden war, und versuchte, zu schlucken. Ein Mann meldete sich. Seine Stimme klang ruhig und überlegt. „Ja?“ „Ovlomov?“ Um keinen Preis durfte er den Anschein erwecken, als sei er … „Wer ist dort?“ fragte die Stimme. Ein Mann, mit dem Mr. Ovlomov vielleicht Geschäfte 142
abgewickelt hatte? Ja, wußte er denn nicht, daß Mr. Ovlomov gerade an diesem Tag in seine Heimat zurückgekehrt war? Er hätte sich in der Presse informieren sollen. Nein, nein, er, der Mann am Apparat, interessierte sich nicht für die Geschäftsfreunde des Herrn Ovlomov. Nein, auch weitere Anrufe wären zwecklos. Der Anschluß würde aufgegeben werden. So war also dieses Spiel – das Spiel eines ParterreSpions, der versucht hatte, sich als Meisterspion aufzuspielen – ausgespielt, und Milo hatte sich noch immer nicht aus den Fangarmen seiner Gläubiger befreit. Noch immer bedrängten ihn Schecks, Telefonanrufe. Es blieben ihm die von ihm Erpreßten, von denen er kleine Summen forderte, und die Erpresser, die von ihm große Summen verlangten. Eine Zeitlang hatte er es sich auf Ransomes Grundstück gutgehen lassen können. Die Pacht lief in einigen Tagen ab, aber das war ein anderes Problem. Nicht etwa, daß das Gemälde nicht seines gewesen wäre, Ransome hatte es ihm zurückgelassen, das war ganz klar zum Ausdruck gekommen. Das war das Teuflische daran. Anstatt einfach zu schreiben: „Der ganze Rest meines Eigentums in meiner Wohnung“, hinterließ er eine Liste, die jeden Gegenstand aufzeigte, den Milo gestohlen hatte. Er hatte es gewußt. „Und dieser Umstand ist meinem Sekretär, dem besagten Milo Anderson, gut bekannt.“ Vielleicht wäre es besser gewesen, nicht mit den Medizinflaschen des alten Mannes zu manipulieren, aber es war so einfach gewesen – und bald darauf hatte der Doktor den Totenschein ausgestellt – der Rest meines Eigentums – 143
meinem Sekretär Milo Anderson, ist dieser Umstand wohl bekannt … Aber jetzt war nur mehr wenig von dem Eigentum in dieser Wohnung vorhanden. * Im Augenblick stürmte alles auf einmal herein. Bixbee verlangte sein Geld zurück und drohte mit allen möglichen Torturen, wenn er es nicht bekäme. Big Patsy, der Buchmacher, wollte seine Bücher in Ordnung bringen. Er drohte nicht, aber er drängte. Und Mrs. Pritchard äußerte mit einer Stimme, die das Bild geschmolzener Margarine heraufbeschwor. „Sie haben die Einsätze lange behalten, Milo … Wir waren gut zu Ihnen, wir meinten es alle gut mit Ihnen, aber nun müssen wir das Geld haben, weil das Syndikat morgen die Bücher überprüft, und Sie wissen, was das bedeutet, Milo.“ Er wußte es, oh, er wußte es genau. Bis das Telefon läutete und die Stimme – eine gewöhnliche, rauhe, ungebildete Stimme, die ans Organ eines Taxifahrers erinnerte, sagte: „Anderson! Halte das Geld bereit! Wir nehmen es mit, wenn wir so gegen Mitternacht in der Gegend aufkreuzen.“ Milos Blick irrte hilflos in der Wohnung umher – über den Platz, wo früher der Wilson Peal gehangen hatte, bevor er in die Wohnung von Bixbee überwechselte, um dort über dem HI-FI-Radiokasten zu hängen. (Wer beschäftigt sich schon mit HI-FI, wenn das Fernsehprogramm ohnedies so gut war?) Die Schatulle mit der Münzensammlung hatte dort gestanden – die Pinienschillinge, die Yorkstücke, 144
die Taler, die Drachmen. Alle waren sie verkauft und das Geld längst schon verbraucht. Big Patsy, Mrs. Pritchard, und all die anderen … Edward Hart Ransoms Zimmer waren mit den Schätzen des späten siebzehnten Jahrhunderts angefüllt gewesen, aber alles war nun verkauft oder verpfändet, außer einigen Einrichtungsgegenständen, die er unbedingt benötigte. Er hatte in Gedanken überschlagen, was sie einbringen würden, aber der Betrag reichte bei weitem nicht zur Deckung seiner Schulden. Milo Anderson hatte nicht mehr Angst als andere Männer, vielleicht war er sogar ein wenig zu sorglos. Aber zu viele Dinge stürmten jetzt auf ihn ein. Jeder zog die Schrauben an, und es gab niemanden, dessen Forderungen er hätte befriedigen können – nicht jetzt – nicht heute nacht … Wie ein Mann, der immer und immer wieder seinen Kühlschrank oder seine Speisekammer öffnet mit dem Gedanken, es muß noch etwas zu essen da sein. Ich werde nochmals nachsehen; genauso streifte Milo Anderson in der Wohnung umher, schauend, suchend, bangend und hoffend, etwas zu finden, das er verkaufen könnte, irgend etwas, irgend etwas … Der kalte Schweiß rann ihm den Rücken hinunter, und seine Knie zitterten, als er an den Karten, die verschiedene Vertreter zurückgelassen hatten, herumfummelte. Gebläse, Wollkrempier, Dreifüße, Apfelentkerner und Nußknacker, neue Modelle von Spinnrädern – und dieses verdammte Ding. Was es auch war? Der Vertreter hatte gelacht. Milo war nahe daran, es mit dem Fuß wegzustoßen. Er grunzte, seufzte tief und fing an, es zu untersuchen. Es war ein Kistchen, eine kleine Schachtel aus gemaser145
tem Kirschholz, einem bevorzugten Holz in jener Epoche. Es stand auf vier Beinen; an einer Seite befand sich ein kleines Rad, und auf der anderen Seite ragte ein kupferner Trichter heraus. Milo bewegte das Metallhorn, das sich leicht herumdrehen ließ. Dann drehte er an dem Rad. Nichts geschah. Das war schlecht, denn welcher Handwerker würde seine Zeit dafür verschwenden, etwas herzustellen, das nichts machte und keinen Nutzen brachte. Milo drehte das Rad von neuem, und eine Glocke läutete im Innern. Ja, natürlich; eine Schachtel mußte auch ein Inneres haben. Warum hatte er nicht hineingesehen? Die Leute verstecken immer Geld in solchen … Da! Die Täfelung ließ sich leicht öffnen. Die Glocke bimmelte wieder, eine kleine silberne Glocke in einer der oberen Ecken. Ein kleines Horn hing auf einer Gabel. Kupferdrähte gingen vom schmalen Ende des Hornes aus, und Pergament bedeckte das dicke Ende, wie bei einer kleinen Trommel. Hinter einer gläsernen Schalttafel befanden sich zwei gläserne Kolben, die mit Metall überzogen waren. Das einzige, was er jetzt brauchte, war ein Hammer. Die Glocke läutete wieder, ein drittes Mal. Der Tod wartet, dachte Milo, und hier war er und spielte mit diesem antiken Kram. Er faßte das Horn an und führte es an sein Ohr. Plötzlich ließ er es fallen und sprang zur Seite. „Ihr Gesprächspartner, Sir?“ Das hatte ihm das Horn ins Ohr geflüstert. Was war das für ein Apparat? Ein Musikschrank mit menschlicher Stimme? Ein alter Plattenspieler? Ein … Nein, wenn es ein Gerät war, das er kannte, dann konnte es nur Telefon sein. Ohne aufzuhören, über einen 146
Ausweg aus seiner verfahrenen Situation nachzugrübeln, dachte er: Wollen wir einmal sehen: Büffelhorn ans Ohr, sprechen in – diesen Kupfertrichter an der Außenseite. Er kam sich etwas dumm vor, als er sagte – was hätte er sonst sagen sollen? – „Hallo!“ Die seltsame Stimme wiederholte ihm, was sie schon gesagt hatte. Milo fragte: „Welchen Gesprächspartner?“ . „Ihren Gesprächspartner, Sir“, erinnerte ihn die Stimme, und dann, als er überrascht schwieg, sagte sie: „Ich höre Sie nicht, Sir. Bitte schlagen Sie in dem Verzeichnis die Nummer des gewünschten Gesprächspartners nach, Sir. – Zu Diensten, Sir.“ „Hallo! Hallo! He!“ Er pfiff schrill, aber es kam keine Antwort. Er legte das Horn nieder und fing an, das Gehäuse abzusuchen. Dann zog er etwas unter dem schmalen Raum hervor, wo sich die Kolben befanden. Es war ein kleines, ledergebundenes Buch. Er öffnete es. Altes vergilbtes Papier, das schon einige braune Flecken aufwies und an den Rändern aufgebogen war, zeigte ihm Namen und Nummern in engen Spalten. Er besah sich den Einband. Darauf stand: Verzeichnis aller Namen, Aufenthaltsorte und Nummern der ehrenwerten und würdigen Besitzer der elektromagnetischen Intelligenzmaschine Anmaßend und verrückt war dieser Text. Milo blätterte um.
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Einleitung: Die Urheber dieser Erfindung haben weder Mühen noch Unkosten gescheut, die notwendigen Materialien und Arbeitskräfte zu erhalten. Die Schatulle war das Werk von Mr. D. Phyfe, die Leydener Flaschen und die anderen magnetischen Einrichtungen sind von Dr. B. Franklin beigestellt worden. Mr. Revere hat das Kupfer und das Messing und Mr. Meyer das Silber und das Zinn zur Verfügung gestellt. Vorwarnung: Die Nummer jedes Besitzers ist alphabetisch eingetragen. Drehen Sie das Rad, und wenn das Klingeln der Glocke ertönt, sagen Sie dem Ingenieur die Nummer des gewünschten Gesprächspartners. Warnung: Es ist ausdrücklich untersagt, an den Leydener Flaschen etwas zu verändern. Immer noch zweifelnd, aber immerhin so sehr überrascht, daß er die Gefahr, in der er schwebte, völlig vergaß, blätterte Anderson das Büchlein durch. Fast automatisch hielt sein Finger bei: Washington, Geo. Gent. Pflanzer, Mt. Vernon, an. Er drehte das Rad. Das Glöckchen bimmelte. Milo nahm das kleine Horn ans Ohr. „Ihr Gesprächspartner, Sir?“ Diesmal war er vorbereitet. Er räusperte sich und sagte: „Patriot 1-7-7-0.“ „Zu Diensten, Sir.“ Irgendwo begann eine andere Glocke zu schlagen. „Sagen Sie – Ingenieur …“, unterbrach Milo. 148
„Zu Diensten, Sir.“ „Äh – wie heißen Sie?“ „Hier gibt es keine Namen, Sir.“ Trrrinnggg – Trrrinnggg … „Gut, ah, in welcher Zeit sind Sie – oder wo sind Sie?“ „Da ist weder Zeit noch Raum, Sir. Und es ist nicht gestattet, langmächtige, unwichtige Diskussionen zu führen, während die Maschine in Tätigkeit ist, Sir.“ Trrrinnggg … Plötzlich knackte das Pergament, und eine tiefe Stimme tönte aus dem Horn: „Ah, hör’n Sie, Sir!“ Milo schnaufte. „Mr. Washington?“ „Ja, Sir. Lassen Sie sich bloß nicht von mir erwischen, Sir! Was haben Sie sich eigentlich gedacht, Sie verdammter Pferdedieb? Mir diese verfluchten künstlichen Zähne anzudrehen. Nicht einmal ein alter, ausrangierter Ackergaul bringt sie in sein Maul!“ Man hörte die falschen Zähne klappern und mahlen. Die Stimme des Patrioten erhob sich. „Habe seit Tagen kein anständiges Stück Fleisch mehr gegessen. Ernähre mich von Haferbrei und Syrup! Der Schlag soll euch verdammte Briten treffen. Gebt mir anständige Kolonialfabriken, sage ich!“ Die erzürnte Stimme klang noch eine Weile in Milos Ohren nach und erstarb dann. Er war mit einem Quacksalberdentisten verwechselt worden. Dabei war Quacksalberei das einzige Verbrechen, das er nicht begangen hatte. Milo wollte nochmals anrufen, fand aber heraus, daß er die Nummer vergessen hatte, und an der Stelle, wo die Nummer gewesen war, befand sich nichts mehr. Er schüttelte sich. Die Stimme des Ingenieurs 149
wurde wieder hörbar, als er das Rad drehte. „Wie lautet George Washingtons Nummer?“ fragte Milo. „Diese Intelligenz ist nicht erreichbar. Sehen Sie im Verzeichnis nach!“ „Aber da ist sie ja nicht mehr.“ „Nummern die nicht im Verzeichnis stehen, existieren nicht. Zu Diensten, Sir.“ * Na, schön. Soviel über den Vater seines Landes. Anderson hatte zwar einen zwingenden Grund für die „Amerikanische Revolution“ entdeckt, aber was half ihm das jetzt? Nochmals überdachte er seine Situation. Es gab niemanden, der ihm helfen konnte, keinen, an den er sich wenden konnte. Da er nicht wußte, was er sonst hätte tun sollen, wandte er sich neuerdings der Vergangenheit zu. Er drehte das Rad und öffnete das Buch. „Ihr Gesprächspartner, Sir?“ „Printinghouse 1-7-7-1.“ Trrrinnggg. Die. Stimme war forsch, hatte noch immer einen leichten Bostoner Akzent. „Wir müssen alle zusammenhalten, oder wir hängen in der Luft. Was wollen Sie, Nachbar? Die Kolonien sollen und müssen sich vereinigen, aber einstweilen geht alles den gewohnten Gang.“ „Benjamin Franklin, hoffe ich?“ „Der nämliche, mein Freund. Ein Druckauftrag? Neue nette Flugblätter zur Information und Unterhaltung? Letzte Nummer von Poor Richard’s Almanach? Psalmbuch? He?“ „Nein, nein.“ 150
Die Stimme wechselte den Tonfall und wurde vertraulich. „Gerade ist mit dem letzten Schiff eine französische Novelle in drei Bänden angekommen – nicht? Ich mache Ihnen einen Sonderpreis für Fanny Hill!“ „Dr. Franklin“ – Milo wurde besorgt –, „ich brauche Ihre Hilfe. Ich – ich appelliere an Sie – ein amerikanischer Kollege …“, stotterte er. Der Partner wurde vorsichtig, gleich darauf aber heiter. „Na, na, ich bin schon viel zu erfahren, um an einem solchen Köder anzubeißen. Keinen von Ihren Tory-Tricks! Falls Sie für Sir William John arbeiten, dann sagen sie ihm …“ „Aber …“ „Sagen Sie ihm, ich sei ein treuer Diener des Königs, bis er das Gegenteil beweisen kann. Ich schlage eine Kontinentalunion gegen den französischen Ludwig, gegen die Dons und die wilden Indianer vor. Wenn also die Vorsehung nicht genügend von ihnen vernichtet, werden unsere Hände …“ Milo schrie: „Mein Leben ist in schrecklicher Gefahr!“ „Ich verkaufe Ihnen einen netten astrologischen Almanach. Daraus können Sie Ihr Horoskop entnehmen und sehen … Ofen? Ich verkaufe Ihnen einen Franklin-Of…“ * Natürlich, die Zahl war aus dem Buch verschwunden und ebenso aus Milos Gedächtnis. Es war klar, daß ihm immer nur ein Anruf mit einer Person gestattet war. Und die Zeit verrann weiter. Es ging immer weiter auf Mitternacht zu, und er konnte sich vorstellen, was er vom Syndikat zu hö151
ren bekommen würde – über das Geld, das er Mrs. Pritchard schuldete –, falls nicht Bixbee und dessen Freunde oder Big Patsy und seine Freunde früher ankämen. Na, schön! Von den Kontinentalen war keine Hilfe zu erwarten. Versuchen wir die Tories! Das Rad drehen und das Klingeln hören. „… Sir?“ „Slaugther 1-7-7-7 – Hallo!“ „Ich höre Sie, Sir.“ Kalt, diese Stimme, und glatt wie die Haut eines Aales. „Sir Henry Hamilton? Ich bin ein treuer Anhänger des Königs und ich habe Informationen, ich verkaufe …“ Milo hielt sein Gesicht nahe an das Mundstück. Nun hatte er nicht die geringsten Zweifel mehr, daß alles Wirklichkeit war. „Oh, verdammt seien die treuen Anhänger des Königs! Ich kaufe keine Informationen; ich kaufe Haare, Sir! So mache ich Rebellen zu treuen Anhängern des Königs, Sir! Ich kaufe ihre Skalps! Haben Sie welche zu verkaufen, Kumpel? Ich zahle Höchstpreise, um den Handel in Fluß zu bringen – für Skalps von männnlichen Yankees; zwei Pfund zehn – weibliche Yankees, zwei Pfund sieben – Yankeekinder, zehn Schilling.“ „Helfen Sie mir – helfen Sie mir, zu Ihnen zu gelangen – Sir Henry. – Ich mache …“ Die Stimme des Toryagenten nahm einen warnenden Tonfall an. „Hören Sie“, sagte er, „Sie sind kuriert, aber da ist etwas, das ich einfach nicht ausstehen kann, und das ist ein schimmliger, stinkender Skalp. Pfui Teufel!“ „Sie können es herausfinden – einen Weg, es muß einen 152
Weg geben, daß ich zu Ihnen hinüber kann.“ Die Stimme wurde leiser. „Haare; nicht den ganzen Kopf, nur die Haaa-reee …“ Sie verstummte ganz, und Milo beobachtete, wie der Name aus dem Verzeichnis verschwand. * Einen nach dem anderen rief er sie an. Und einer nach dem anderen merkte sofort, daß der Anrufer ein Schuft und Halunke war. Er konnte sich ihnen nicht verständlich machen, er vermochte nicht herauszufinden, wie er von seiner Zeit in die ihre, aus seinem Raum in den ihren gelangen konnte. Stimmen konnten es, warum sollten es nicht auch Körper können? Verzweifelt suchte er die Seiten des Verzeichnisses ab. Ein anderer Name fiel ihm auf. Dieser Mann würde ihn nicht zurückweisen. Er drehte das Rad. „Ihr Gesprächspartner, Sir?“ „Tammany 1-7-8-9. Etwas Eile, bitte.“ „… Diener, Sir.“ Trrinnggg! Ein Durcheinander von Stimmen – Gelächter – die Töne einer Fiedel. Milos Stimme wurde ängstlich. „Colonel Aaron Burr?“ Die Stimme des Colonels war sanft wie Sahne. „Der selbige, Sir.“ Leg die Karten auf den Tisch! „Colonel Burr, ich bin ein Dieb, ein Schwindler, ein Erpresser und Verräter.“ Der Colonel lachte glucksend. „Ein Gauner, aber alles in allem ein ehrlicher Knabe. Na, Baby, na, Püppchen, spring nicht so.“ 153
„Ich brauche Ihre Hilfe. Ich brauche sie jetzt!“ „Ah, nicht heute nacht, mein Freund! Burr verkauft zwar seine Seele für Gold, aber er rührt sich nicht vor die Tür, wenn ein hübsches Mädchen auf seinen Knien sitzt.“ * War überhaupt noch ein einziger Name in dem Verzeichnis zurückgeblieben? Ja, einer. „Ihr Gesprächspartner, Sir?“ Milo leckte sich die trockenen Lippen. „West Point 1-7-8-0.“ Diesmal schellte keine silberne Glocke. Er hörte langsamen, schmetternden Trommelwirbel. Ein Schwall von beißendem, gelbem, schwefeligem Rauch stieg aus dem Kupfertrichter. Milo zog den Kopf ein. „Ich höre, Sir!“ drang ihm eine bittere Stimme entgegen. Milo krächzte: „General Benedict Arnold?“ Und er erzählte ihm die ganze Geschichte. Er blieb still, aber Milo fühlte, daß sein Zuhörer immer noch da war. Und schließlich … „Ich kann Ihnen helfen. Materie kann die Barriere von Zeit und Raum durchdringen. Um meines in Saratoga verlorenen Beines willen, das im Dienst für mein Vaterland zerschmettert wurde, will ich meinem Heimatland diesen letzten Dienst erweisen.“ Milo dankte brabbelnd. Die bittere und müde Stimme sprach weiter: „Für meinen Verrat erhielt ich Geld für meine Frau, mich und meine Söhne. Staub, alles Staub und Asche … Ich werde bitten, daß ich in meiner Uniform begraben werden darf …“ 154
„Aber ich … Sie sagten, Sie wollten mir helfen.“ „Ich will für Sie tun, was ich für mich getan hätte. Früher einmal hatte ich in Hartford einen Beruf. Bevor ich Soldat wurde, lernte ich … Aber dazu ist es jetzt zu spät. Ich hätte es heute nacht in West Point tun sollen, bevor ich der armen Andre schrieb.“ Eine der Leydener Flaschen zerplatzte mit lautem Krach und zersplitterte die gläserne Schalttafel. Milo, taumelte vor dem Hitzeschwall, der ihm entgegenschlug, zurück. Inmitten des Staubes und der Scherben sah er eine kleine runde Dose. „Nein!“ schrie er. Die Uhr schlug sanft die Stunde. Ein Wagen fuhr vor. Schwere Schritte trampelten den Gang entlang und blieben vor seiner Tür stehen. Ohne länger zu zögern, öffnete er die Dose und stopfte irgend etwas in seinen Mund. Er zuckte zusammen, fiel nach vorn und umklammerte das Rad. Fäuste schlugen gegen die Tür, Füße traten dagegen, rauhe Stimmen riefen. Das Glöckchen im Gehäuse läutete noch einmal. „Ihr Gesprächspartner, Sir?“ fragte eine leise Stimme. Sie wiederholte die Frage. „Ich kann Sie nicht hören, Sir!“ rief sie etwas später. „Ich kann Sie nicht hören …“
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Attentat auf Domega (The Puppet Planet) von Russ Winterbotham Captain Jerry Main entdeckt ein verlassenes Raumschiff und zahlreiche Tote an Bord. Ein Mann sitzt im Speisesaal des Raumers. Sein Kopf ist auf die Tischplatte gesunken. Und vor dem Toten liegen zwei Messer. Sie weisen im spitzen Winkel auf ein Päckchen mit einer Aufschrift. Ist es eine Nachricht des Toten? Captain Main entschließt sich, den Mördern nachzuspüren. Dies ist ein Utopia-Thriller für alle, die Spannung und Abenteuer lieben. Utopia-Zukunftsroman Nr. 429 erhalten Sie nächste Woche bei Ihrem Zeitschriftenhändler. UTOPIA-ZUKUNFTSROMANE SIND SPITZENKLASSE VOM SF-WELTMARKT Utopia-Zukunftsroman erscheint wöchentlich im Verlagshaus Erich Pabel GmbH. & Co. 7550 Rastatt (Baden), Pabel-Haus. Einzelpreis 0,70 DM. Anzeigenpreise laut Preisliste Nr. 16. Die Gesamtherstellung erfolgt in Druckerei Erich Pabel GmbH. 7550 Rastatt (Baden) Verantwortlich für die Herausgabe und den Inhalt in Österreich: Eduard Verbik; Alleinvertrieb und -auslieferung in Österreich: Zeitschriftenvertrieb Verbik & Pabel KG – alle in Salzburg, Bahnhofstraße 15. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie gewerbsmäßige Weiterverbreitung in Lesezirkeln nur mit vorheriger Zustimmung des Verlegers gestattet. Gewerbsmäßiger Umtausch, Verleih oder Handel unter Ladenpreis vom Verleger untersagt. Zuwiderhandlungen verpflichten zu Schadenersatz. Für unverlangte Manuskriptsendungen wird keine Gewähr übernommen. Printed in Germany 1965. – Scan by Brrazo 06/2008 – Titel der amerikanischen Originalausgabe – ONE OF OUR ASTEROIDS IS MISSING von Calvin M. Knox, © 1964 by Ace Books, Inc.: Kurzgeschichte aus OR ALL THE SEAS WITH OYSTERS. published by arrangement with Berkley Publishing Corporation, 15 East 26th Street, New York, N. Y. 10010, © 1962, by Avram Davidson. Gepr. Rechtsanwalt Horn
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