Nr. 386
Raumschiff der Magier Die GOL'DHOR erwacht von Marianne Sydow
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Nr. 386
Raumschiff der Magier Die GOL'DHOR erwacht von Marianne Sydow
Der Flug von Atlantis-Pthor durch die Dimensionen ist erneut unterbrochen wor den. Der Kontinent, der auf die Schwarze Galaxis zusteuerte, wurde durch den Kor sallophur-Stau gestoppt. Pthor ist nun umschlossen von Staub und planetarischen Trümmermassen, die von einem gewaltigen kosmischen Desaster zeugen, das sich in ferner Vergangenheit zugetragen hat. Die Zukunft sieht also nicht gerade rosig aus für Atlan und seine Mitstreiter. Alles, was sie gegenwärtig tun können, ist, die Lage auf Pthor zu stabilisieren und eine ge wisse Einigkeit unter den verschiedenartigen Clans, Stämmen und Völkern herbeizu führen. Die angestrebte Einigkeit der Pthorer ist auch bitter nötig, denn Pthor bekommt es mit den Krolocs zu tun, den Beherrschern des Korsallophur-Staus. Diese spinnen ähnlichen Wesen haben bereits eine rege Spähertätigkeit auf Pthor entfaltet, die auf eine drohende Invasion schließen läßt. Glücklicherweise findet die Invasion jedoch nicht sofort statt, so daß Atlan, dem neuen König von Pthor, die Zeit bleibt, Nachforschungen nach Balduur und Raza mon, seinen verschollenen Spähern, anzustellen, von denen er annimmt, daß sie sich in der Gefangenschaft der Krolocs befinden. Das Fahrzeug, mit dem Atlan sich in das Gebiet der Gegner begibt, ist das RAUM SCHIFF DER MAGIER …
Raumschiff der Magier
3
Die Hautpersonen des Romans:
Atlan - Der Arkonide geht auf die Suche nach Razamon und Balduur.
Copasallior und Koratzo - Die Magier stellen ein Raumschiff zur Verfügung.
Pemar Gayn - Oberster Kroloc von Cornac.
Snarv - Pemar Gayns Berater.
1. »Wir können nicht länger warten«, sagte Atlan besorgt. »Es werden immer neue Spä herkommandos der Krolocs gemeldet. Die Fremden dürften ihre Vorbereitungen bald abgeschlossen haben.« »Und wenn schon«, antwortete Thalia de primiert. »Wie willst du sie davon abhalten, über Pthor herzufallen? Wenn nicht einmal der Wölbmantel sie aufhalten kann …« »Wir dürfen nicht aufgeben.« »Das ist eine schöne Phrase, Atlan«, sagte die Tochter Odins ernst. »Niemand in ganz Pthor ist auf eine Bedrohung von außen vor bereitet. Es scheint, als hätten selbst die Her ren der FESTUNG so etwas nicht einge plant.« »Wir müssen uns auf die Gegebenheiten einstellen.« Thalia seufzte. »Wie?« fragte sie lakonisch. Atlan setzte zum Sprechen an. Dann schüttelte er ärgerlich den Kopf. »Du hast ja recht«, murmelte er. »Wir ha ben den Krolocs nichts entgegenzusetzen. Mit ihren Fahrzeugen kommen sie auf die Oberfläche von Pthor herab, und mit Spee ren und Steinschleudern kann man sie nicht aufhalten. Die wenigen echten Waffen, die es in diesem Land gibt, werden die Invasion hier und da ins Stocken bringen, aber die Krolocs werden jeden Widerstand brechen. Bestenfalls gelingt es uns, für ein paar Wo chen die inneren Bezirke der FESTUNG ab zuschirmen. Das hilft unseren Pthorern da draußen allerdings wenig.« Er sah Thalia an. »Du siehst, ich sehe unsere Lage durchaus realistisch«, sagte er. »Stimmt dich das friedlicher.«
»Nein«, gab die Pthorerin zu. »Aha«, nickte Atlan. »Dann laß uns noch einmal gemeinsam darüber nachdenken, ob sich nicht doch irgendwo ein Schlupfloch findet.« Er sah auf eine Landkarte und verzog das Gesicht. »Um die Barriere von Oth brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Die Magier wissen sich ihrer Haut zu wehren. Sie haben versprochen, überall einzugreifen, wo es brenzlig wird. Das mag sich vielverspre chend anhören, aber Pthor ist groß, und es wird unzählige Krisenherde geben. Copasal lior sagte mir, die Zahl der Magier wäre auf knapp zweihundert gesunken. Auch wenn man bedenkt, daß einige davon über ganz verheerende Kräfte verfügen, dürfte das Mißverhältnis ganz offensichtlich sein.« »In den Techno-Städten und in Aghmonth werden die Krolocs auf starken Widerstand stoßen.« »Gewiß. Aber der größte Teil des Landes ist so dünn besiedelt, daß die Fremden es leicht in ihre Gewalt bringen werden.« »Alle Stämme und Bevölkerungsgruppen haben sich inzwischen auf die Invasion vor bereitet«, gab Thalia zu bedenken. »Eben noch hast du dir Mühe gegeben, mir die Sinnlosigkeit unseres Tuns begreif lich zu machen«, sagte Atlan spöttisch. Thalia zuckte nur mit den Schultern. »Wenn wir wüßten, wo der wunde Punkt bei diesen Krolocs liegt«, überlegte sie. »Razamon und Balduur könnten uns viel leicht allerlei zu diesem Thema mitteilen.« »Sie könnten«, betonte Thalia, »wenn sie nicht die Gefangenen unserer Gegner wä ren.« »Man sagte uns, daß es ihnen gelungen sei, zu fliehen.« »Wenn das stimmt, sitzen sie längst in der
4 nächsten Falle«, erklärte die Pthorerin über zeugt. »Sie wären sonst zurückgekehrt.« Atlan nickte. Razamon, Balduur und der Fenriswolf waren mit einem Beiboot der FE STUNG aufgebrochen, um zu erforschen, was die rasende Fahrt des Kontinents durch den Dimensionskorridor gestoppt hatte. Da bei stießen sie auf die Krolocs, die das ganze Gebiet da draußen als ihren Herrschaftsbe reich betrachteten und erbarmungslos zu schlugen, wenn jemand sich nicht auf An hieb bereit erklärte, sich den Krolocs zu un terwerfen. Die beiden Männer und der Wolf wurden zu einem krolocischen Stützpunkt innerhalb des Gebildes gebracht, den man als Korsallophur-Stau bezeichnete – genau darin saß Pthor gefangen. In dem Stützpunkt trafen sie auf ein Wesen, das dem Volk der Eripäer angehörte und sich Pona nannte. Razamon und Balduur verhalfen Pona zur Flucht, in der Hoffnung, damit etwas zur Verbesserung der eigenen Lage beizutragen. Das Vorhaben gelang. Atlan und Thalia wußten das alles, weil Pona einen unbe mannten Flugkörper nach Pthor gesandt hat te, um die Freunde Razamons und Balduurs über den Stand der Dinge zu unterrichten. Die Eripäerin mußte aber leider auch mittei len, daß sie nichts für die Gefangenen der Krolocs zu tun vermochte, weil ihr eigenes Volk, das in einer »Lichtung« innerhalb des Korsallophur-Staus lebte, genug zu tun hat te, sich der eigenen Haut zu wehren. Es war anzunehmen, daß die beiden Ptho rer inzwischen wieder den Krolocs in die Hände gefallen waren. Das hieß nichts ande res, als daß die Krolocs Zeit hatten, immer neue Informationen über Pthor zu erhalten. Die Späher, die überall unter dem Wölb mantel auftauchten, konnten das Bild ver vollständigen. So gesehen waren die Gefan genen ein Sicherheitsrisiko für Pthor. Die Angreifer aus dem Stau würden über sie her ausbekommen, wo sie das Land entschei dend treffen konnten. »Wir müssen die beiden herausholen«, sagte Atlan plötzlich. Thalia sah ihn verblüfft an. »Wovon
Marianne Sydow sprichst du überhaupt?« erkundigte sie sich. »Von Razamon und Balduur.« Je länger er sich mit der Idee beschäftigte, desto mehr begeisterte sie ihn. »Der Stau kann nicht unendlich groß sein«, erklärte er. »Es scheint auch, als wä ren die beiden nicht weit gekommen und schon früh auf die Krolocs gestoßen. Hyrco nia ist ganz nahe. Wir werden es finden!« »Wir?« »Der Steuermann und ich – beziehungs weise ein Ableger deines speziellen Freun des.« »Du willst noch eine Pyramide starten«, rief Thalia überrascht. »Aber denke doch an das, was Pona uns sagen ließ! Dort draußen ist es schwer, die Richtung zu finden und einzuhalten.« »Wir wissen ziemlich genau, wo wir nach Hyrconia zu suchen haben«, behauptete At lan hartnäckig. »Außerdem vergißt du den Steuermann. Der Ableger in der BERSER KER hat um Hilfe gerufen, es existiert eine telepathische Verbindung zwischen ihm und dem Hauptwesen hier in Pthor.« »Sie ist sehr schwach«, murmelte Thalia skeptisch. Atlan winkte ungeduldig ab. »Natürlich. Der Wölbmantel liegt dazwi schen. Ich werde mit einer der kleinen Pyra miden hindurchstoßen – wenn wir erst drau ßen im Stau sind, wird die Verbindung ein wandfrei funktionieren. Die beiden Ableger können sich gegenseitig einweisen.« Thalia seufzte. »Nun gut. Angenommen, du findest Hyr conia – was dann? Die Station ist groß. Rundherum gibt es die Krolocs mit ihren Flugscheiben. Sie sind bewaffnet, und das Schicksal der BERSERKER ist ein schla gender Beweis dafür, daß der Gegner mit ei ner Pyramide nur zu leicht fertig wird. Die Krolocs werden sich freuen, wenn du zu ih nen kommst. Auf so bequeme Weise macht man nicht oft Gefangene!« »Sie werden mich so leicht nicht erwi schen«, versicherte der Arkonide grimmig. »Es gibt immer Mittel und Wege, ungesehen
Raumschiff der Magier in eine solche Station einzudringen.« »Ja, wenn nicht vorher schon ganz Hyrco nia weiß, daß du dich im Anmarsch befin dest.« »Worauf willst du eigentlich hinaus?« fragte Atlan ärgerlich. »Ich werde dich begleiten«, verkündete Thalia. Atlan zuckte leicht zusammen. An ihrer Stimme ließ sich mühelos erkennen, daß sie nicht bereit war, sich von ihrem Entschluß abbringen zu lassen. »Dann haben die Krolocs zwei Gefange ne«, sagte er spöttisch. »Wenn die Pyramide neben ihrem Stütz punkt erscheint«, erklärte Thalia, die gar nicht hingehört hatte, »werden die Krolocs das Schiff durchsuchen. Wenn sie nieman den finden, kann es sein, daß sie das Beiboot vernichten, denn wahrscheinlich rechnen sie mit einem Trick, einer Bombe oder etwas Ähnlichem. Aber sie werden alles ganz nor mal finden, wenn sie an Bord einen Gefan genen machen können.« »Wen hast du für diese Rolle vorgese hen?« »Mich. Nein, laß mich zuerst ausreden! Ich glaube nicht, daß diese Wesen besonders schlau und listig sind. Sie scheinen sich für unüberwindlich zu halten. Eine solche Ein stellung macht unvorsichtig. Ich bin über zeugt davon, daß sie nicht lange nach dir su chen werden. Du brauchst dich nur versteckt zu halten, bis sie die Pyramide verlassen. Dann hast du freie Bahn.« »Und du?« Thalia lächelte. »Mein Bruder wird von den Krolocs ge fangengehalten«, rief sie dem Arkoniden in Erinnerung. »Ist es nicht verständlich, daß ich ihm helfen will?« »Du glaubst doch nicht, daß die Krolocs das für ein Motiv halten? Wir wissen nicht einmal, ob sie familiäre Bande überhaupt kennen.« »Denke an Pona«, empfahl die Tochter Odins nüchtern. »Sie ist die Enkelin eines Lichtfürsten, und das machte sie zu einer
5 wertvollen Geisel für die Krolocs. Sie wis sen also zumindest, daß andere Wesen auf derartige Verbindungen Rücksicht nehmen. Ich werde ihnen eine besorgte Schwester vorspielen, daß ihnen die Augen überge hen.« »Na schön. Dann sperren sie dich ein. Wenn du Glück hast, kommst du mit Baldu ur in eine Zelle. Wenn nicht, benutzen sie dich, um deinen Bruder zu erpressen.« Thalia schien entschlossen, kein Argu ment des Arkoniden unzerpflückt zu lassen. »Wenn es dazu kommt, gehe ich auf ihr Spiel ein. Dann biete ich ihnen an, höchst persönlich Balduur weitere Informationen zu entlocken, und als Preis für mein Wohlver halten verlange ich Freiheit für ihn und Raz amon.« Atlan gab es auf. Er kannte Thalia inzwi schen gut genug. Sie hatte sich zu tief in die se Sache verbissen. Je länger er auf sie ein redete, desto unmöglicher schien es, sie von dieser haarsträubenden Idee abzubringen. Wenn er ehrlich war, mußte er sogar zu geben, daß der Plan gar nicht so übel war. Von Thalia würden Balduur und Razamon erfahren, daß Hilfe nahe war, und sie konn ten sich darauf vorbereiten. Und er selbst be kam eine Chance, nicht nur in den Asteroi den einzudringen, sondern sich auch um die BERSERKER zu kümmern. Unter den gege benen Umständen war sicher sogar Fenrir bereit, die alte Kampfgemeinschaft wieder aufleben zu lassen. Der Wolf war ein groß artiger Verbündeter, wenn nicht gerade Bal duur ihn in der falschen Richtung beeinfluß te. »Gut«, sagte Atlan schließlich. »Wir ma chen es so, wie du es gesagt hast.« »Es wäre besser«, murmelte Thalia vor sichtig, »wenn an deiner Stelle ein anderer mich begleiten könnte. Der König von Pthor sollte das Land in einer so kritischen Lage lieber nicht verlassen.« »Wen willst du mitnehmen? Kolphyr et wa? Er ist für solche Aktionen nicht geeig net.« »Die Magier …«
6 Atlan stand ärgerlich auf. »Sie werden hier gebraucht«, sagte er ab weisend. »Außerdem bezweifle ich, daß sie sich da draußen zurechtfinden werden.« Thalia schwieg. Diesmal war es Atlan, der bereit war, notfalls mit dem Kopf durch die Wand zu gehen. Die Motive des Arkoniden waren für sie ganz klar: Erstens hatte er selbst Razamon und Balduur auf die Reise geschickt, er fühlte sich daher verantwort lich für alles, was ihnen im KorsallophurStau zustoßen mochte. Zweitens – und da hatte er zweifellos recht – gab es niemanden in diesem Land, der sich mit den Aspekten der Raumfahrt und des Agierens im Einfluß bereich feindlicher Wesen so gut auskannte wie der neue Herrscher von Pthor. »Komm«, sagte der Arkonide schließlich. »Wir müssen mit dem Steuermann reden.« Das seltsame Wesen, das diesen Namen trug, durchspann mit seinen unzähligen Kör perfäden fast die ganze FESTUNG, und so war es im Grunde genommen gleichgültig, von wo aus sie versuchten, Kontakt zu ihm zu bekommen. Aber es hatte sich so erge ben, daß sie die kleinen Pyramiden zu die sem Zweck aufsuchten. Thalia, die sich in der letzten Zeit sehr in tensiv um dieses Wesen gekümmert hatte, fand schnell einen Ort, an dem die telepathi sche Verbindung sich fast von selbst aufbau te. »Ich kenne euren Wunsch«, wisperte die lautlose »Stimme« des Steuermanns in ihren Gehirnen. »Ihr möchtet mit einem zweiten Beiboot starten und euren Freunden zu Hilfe eilen. Wartet noch damit. Ihr werdet bald mehr über das erfahren, was jenseits des Wölbmantels geschieht.« Atlan runzelte die Stirn und warf Thalia einen fragenden Blick zu. Die Pthorerin zuckte die Schultern. »Es bleibt uns nicht viel Zeit«, erklärte sie dem Steuermann. »Noch sind die Krolocs dabei, dieses Land auszuspionieren. Aber die Invasion kann schon in der nächsten Stunde beginnen. Dann ist es zu spät, um noch nach Hyrconia zu starten.«
Marianne Sydow »Die BERSERKER wird zurückkehren!« verkündete der Steuermann. »Wir hoffen genau wie du darauf, daß das Schiff nicht verloren ist«, sagte Thalia mit leidig. Sie konnte sich vorstellen, wie schlimm es für dieses Wesen war, einen Teil seiner selbst weit entfernt und in großer Gefahr zu wissen. »Die BERSERKER ist bereits unter wegs«, behauptete der Steuermann. Thalia seufzte, denn sie glaubte, dieses Wesen sei dabei, eine neue fixe Idee zu ent wickeln. Vor kurzem erst war es ihr gelun gen, den Steuermann zum Bleiben zu über reden – das Wesen war bereits drauf und dran gewesen, mit den FESTUNGs-Pyrami den zu starten und aus dem Land Pthor zu fliehen. Es hatte gehofft, auf diese Weise den aus der Schwarzen Galaxis drohenden Gefahren zu entkommen. Mußten sie sich nun darauf vorbereiten, dem Steuermann die nächste Illusion auszureden? »Ihr glaubt mir nicht«, klagte die Gedan kenstimme des Steuermanns. »Ihr könnt es nicht spüren, wie die BERSERKER sich nä hert. Es ist kein leichter Flug, darum wird es noch etwas dauern, bis das Schiff seinen Platz wieder einnimmt. Wartet noch, ich bit te euch darum.« Sie sahen sich schweigend an. »Wie lange wird es dauern?« fragte Atlan schließlich. »Ich kann es nicht so genau sagen. Weni ger als einen Tag auf jeden Fall.« »Wir warten einen Tag lang«, entschied der Arkonide. »Wenn die BERSERKER bis dahin nicht aufgetaucht ist, werden wir star ten. Bist du damit einverstanden, Steuer mann?« Das Wesen gab einen zustimmenden Im puls ab, äußerte sich jedoch nicht weiter zu der von Atlan gesetzten Frist. Thalia hatte den Eindruck, als sei der Steuermann ander weitig stark in Anspruch genommen. »Vielleicht lag es daran, daß er versuchte, seine wahren Gedanken vor uns zu verber gen«, meinte Atlan, als sie ihn auf die unge wohnte Schweigsamkeit des Steuermanns
Raumschiff der Magier aufmerksam machte. »Du traust ihm nicht.« »Ist das ein Wunder? Er ist nicht gerade das, was man sich unter einem vorbildlichen Verbündeten vorstellt.« »Aber er könnte doch wirklich Verbin dung mit der BERSERKER haben. Du hast selbst einmal gesagt, diese Art von Gedan kenverbindung könne über gewaltige Entfer nungen hinweg funktionieren.« »Du vergißt den Wölbmantel«, murmelte der Arkonide nachdenklich. »Als Pthor sich noch auf der Erde aufhielt, habe ich immer wieder versucht, auf dieselbe Weise Kontakt zu meinen Freunden aufzunehmen. Es hat nicht geklappt. Warum sollte es jetzt anders sein?« Plötzlich drehte er sich um und kehrte in den Raum zurück, in dem die Unterhaltung stattgefunden hatte. Thalia folgte ihm hastig. »Ist die BERSERKER inzwischen näher an Pthor herangekommen?« fragte der Arko nide den Steuermann. »Ja«, antwortete das seltsame Wesen, aber in der Gedankenstimme schwang Unsi cherheit mit. »Ich glaube schon.« »Sind Razamon und Balduur an Bord?« Der Steuermann schwieg. »Antworte!« befahl Atlan grob. »Ich kann es nicht feststellen«, teilte der Steuermann kleinlaut mit. »Die Verbindung ist sehr schlecht.« Atlan ging wortlos hinaus. »Da hast du es«, sagte er wenig später zu Thalia. »Unser Freund weiß selbst nicht ge nau, was er tatsächlich spürt. Da er auf die Rückkehr der BERSERKER hofft, interpre tiert er irgendwelche vagen Impulse einfach als Zeichen dafür, daß das Beiboot sich auf dem Weg nach Pthor befindet. Wenn die Frist verstrichen ist, wird der Steuermann ei ne herbe Enttäuschung erleben.« »Das mag sein«, antwortete Thalia sehr leise. »Aber nur dann, wenn das da drüben trotz seines Aussehens ein Werk der Krolocs ist.« Atlan fuhr herum. Am grauen, verhangenen Himmel war ein
7 schwarzes Quadrat erschienen. Es hing scheinbar regungslos dort oben. Erst bei ge nauerem Hinsehen konnte man erkennen, daß es langsam größer wurde. Für einen Augenblick war er wie erstarrt. Dann rannte er über die schmalen Wege zu der leeren Stelle im FESTUNGs-Ring hin über, an der vorher die BERSERKER ge standen hatte. Er warf sich vorwärts und brach durch eine Hecke von blühenden Sträuchern. Vor ihm lag eine freie Fläche. Technos rannten verwirrt durcheinander. Ein Gartendello bearbeitete mitten in dem Ge wimmel unverdrossen einen Weg, auf dem sich zähe Unkräuter festgesetzt hatten. We nige Meter weiter rechts entdeckte Atlan ei ne Gruppe von bleichen Kelotten. Die We sen aus Aghmonth starrten ausdruckslos nach oben. Atlan erfaßte diese Szene im Bruchteil ei ner Sekunde. Mit grenzenloser Erleichterung bemerkte er, daß niemand sich dort aufhielt, wo die achtzehn Meter hohe BERSERKER gestanden hatte. Aber durfte man eine punktgenaue Lan dung von diesem uralten Boot erwarten? Wenn das Ding irgendwo mitten in der FE STUNG herunterkam … Er wollte vorwärts springen, da wurde er von hinten zurückgerissen. »Es gäbe eine Panik!« sagte Thalia ein dringlich. »Retten kannst du niemanden mehr. Es geht viel zu schnell. Sieh doch nur!« Das Quadrat schwoll deutlich sichtbar an. Aber der Arkonide erkannte auch, daß die Pyramide fast genau senkrecht herunterkam und – wenn nicht im letzten Augenblick et was schiefging – auf ihrem alten Platz zum Stillstand kommen mußte. Er atmete tief durch. Endlich hatten auch die Technos und Del los begriffen, daß die ungewohnte Erschei nung am Himmel mit der BERSERKER identisch war. Sie zogen sich zurück und warteten gebannt auf die Landung. Der Gar tendello, dessen kümmerlicher Verstand nicht ausreichte, die Gefahr überhaupt zu er
8 kennen, kratzte immer noch Unkraut aus den Rissen zwischen den uralten Steinplatten, und niemand holte ihn aus dem Gefahrenbe reich. Auch Atlan verzichtete auf ein solches Rettungsunternehmen. Der Dello war so groß und schwer, daß vermutlich ein Dut zend ausgewachsene Männer dazugehörten, dieses Wesen auch nur um Zentimeter von seinem Weg abzudrängen. Und dann war die Pyramide heran. Sie senkte sich völlig lautlos herab. Als das Boot nur noch etwa zehn Meter hoch war, glaubte Atlan unter der Pyramide das Flimmern von Kraftfeldern zu sehen. Aber da schwebte das Boot schon auf sein altes Fundament herab. Ein durchdringendes Knirschen erklang. Dann erinnerten nur noch einige abgerissene Äste der rundherum aufragenden Bäume daran, daß dieses Bau werk jemals seinen Platz verlassen hatte. »Jetzt bin ich gespannt«, murmelte Atlan. Er stand auf und ging auf die Pyramide zu. Hinter sich hörte er aufgeregte Stimmen. Als er vor der schrägen Wand stand, wun derte er sich nachträglich darüber, wie rei bungslos die Landung verlaufen war. Es hat te nicht einmal eine Druckwelle gegeben. Thalia deutete auf die Hauptschleuse. »Sie kommen!« flüsterte sie aufgeregt. Die Schleuse öffnete sich. Sekunden ver gingen, dann löste sich ein großer, grauer Schatten aus der dunklen Öffnung und sprang geschmeidig in das graue Licht des pthorischen Tages hinaus. »Fenrir!« rief Atlan überrascht. »Wo sind die anderen, Alter? Wo hast du deinen Herrn gelassen?« Der Wolf stieß Atlan mit der Schnauze an und winselte leise auf. Dann warf er sich herum und trabte in die Pyramide zurück. »Das muß gar nichts zu bedeuten haben«, versuchte der Arkonide Thalia zu trösten, die dem Wolf ängstlich nachsah. »Gehen wir hinein. Der Steuermann der BERSER KER wird uns verraten können, was mit Balduur und Razamon geschehen ist.« So war es auch. Eine halbe Stunde später kannten sie auch
Marianne Sydow den zweiten Teil der unerfreulichen Ge schichte: Balduur und Razamon waren nach Ponas Flucht erneut eingefangen worden. Und diesmal paßten die Krolocs besser auf ihre Gefangenen auf. Die beiden wurden bald von Hyrconia weggebracht, nach Cor nac, der größten krolocischen Station, wo weitere Verhöre stattfinden sollten. Der Steuermann aber, von dessen Anwesenheit die Krolocs nichts ahnten, hatte sich des Wolfes bedient und ihn immer aufs Neue ausgesandt, bis Fenrir genug Informationen und Material zusammengetragen hatte. Von der BERSERKER aus waren die Ortungsan lagen von Hyrconia lahmgelegt worden, so daß der Start der BERSERKER unbemerkt blieb – wenigstens solange der Steuermann noch Kontakt zu dem Asteroiden hatte. An dere Geräte waren dem seltsamen Wesen sehr nützlich, als es galt, die BERSERKER durch den Korsallophur-Stau zu steuern. »Die Krolocs«, berichtete das Steuer mannfragment der BERSERKER, »bereiten einen Angriff auf Pthor vor. Aber zuerst wollen sie offensichtlich die Lichtung ein nehmen. Große Verbände von Spaccahs wurden in Bewegung gesetzt, zunächst nach Cornac, wo sie sich für den Angriff auf die Eripäer sammeln sollen. Wegen der Vorbe reitungen für diesen Kampf war die Flucht nicht schwierig.« »Das nützt Balduur und Razamon wenig«, murmelte Atlan. »Die Koordinaten des Stützpunkts Cornac sind bekannt«, fuhr der Steuermann unge rührt fort. »Es ist anzunehmen, daß die Kro locs in diesen Tagen in Richtung auf die Lichtung aufbrechen. Dann hat ein Befrei ungsschlag gute Aussichten auf Erfolg.« Atlan sah sich mißtrauisch in der kleinen Kommandozentrale um. Er war irritiert durch die Tatsache, daß man von diesem Steuermannfragment tatsächlich nichts sah. »Welche Bedeutung hat Cornac?« fragte er laut. »Du sagtest, es wäre der größte Stützpunkt der Krolocs.« »Cornac ist die Zentrale«, behauptete der Steuermann. »Dort laufen alle Fäden zusam
Raumschiff der Magier men.« »Das ist gut«, murmelte der Arkonide. »In diesem Fall wird man Razamon und Balduur nicht noch weiter verschleppen. Vor allem aber werden die Krolocs so wertvolle Gefan gene nicht vorzeitig umbringen. Thalia, wenn wir uns beeilen, kommen wir gerade noch zur rechten Zeit zu diesem Stütz punkt!« Thalia nickte. Atlans Argumente leuchte ten ihr ein. Die Krolocs schienen sich an die Gesetze der Logik und der Vernunft zu hal ten. Ehe sie sich mit Pthor, das neu und rela tiv unbekannt war, anlegten, wollten sie ihre alten Feinde, die Eripäer, aus dem Verkehr ziehen. Es wäre totaler Unsinn gewesen, die beiden Gefangenen in der Zwischenzeit überflüssigen Risiken auszusetzen. Also hielt man sie in Cornac gefangen, bis der Sturm auf Pthor begann. Dann erst wurde die Lage der beiden Männer kritisch. »Wir kommen bald wieder«, wandte sich Atlan an den Steuermann. »Bereite dich dar auf vor, mich und Thalia nach Cornac zu bringen.« Der Steuermann gab keine Antwort. Fenrir lief erleichtert vor ihnen her zum Ausgang. Der Wolf verhielt in der Schleuse, hob die Nase in den Wind und verschwand wie der Blitz im nächstbesten Gehölz. Atlan lächelte. So diszipliniert der halbintelligente Wolf auch sein mochte – die Jagdleiden schaft packte ihn schnell, und Fenrir hatte eine für ihn sicher recht unangenehme Zeit an Bord der Pyramide verbracht. Die Pthorer schienen mittlerweile alle seltsamen Ereignisse in der FESTUNG mit Gelassenheit zu ertragen. Sie hatten sich schnell genug von ihrem Schrecken erholt, um jetzt ihre Neugier offen zu zeigen. In Scharen standen sie vor der Pyramide und warteten. Atlan und Thalia wurden fast be geistert begrüßt. Eine große, grüne Gestalt drängte sich durch die Menge. »Sind sie zurückgekommen?« rief Kol phyr mit schriller Stimme. Atlan sah den Bera bedrückt an. Kolphyr
9 und Razamon hatten sich eng miteinander angefreundet. »Leider nicht«, antwortete er ernst. »Aber wir wissen jetzt, wo man sie gefangenhält.« »Dann holen wir sie heraus!« verkündete Kolphyr. »Ja«, nickte Atlan. »Wir befreien sie, Kolphyr. Thalia und ich werden starten, so bald der Steuermann bereit ist.« Der Bera blieb abrupt stehen. Seine Blicke flogen zwischen Atlan und der Toch ter Odins hin und her. Tödliche Stille breite te sich aus. »Du willst gehen?« erkundigte sich Kol phyr verblüfft. »Ja«, antwortete Atlan lakonisch. »Das ist unmöglich«, behauptete Kolphyr. »Du kannst das Land nicht verlassen. Nicht jetzt.« Atlans abwehrende Geste kam zu spät. Die Worte waren heraus. Die auf dem Platz versammelten Pthorer drängten schweigend näher. Sie waren mit ihrem neuen König nicht gerade glücklich, denn bisher schien Atlan nur das Pech gepachtet zu haben – was nicht seine Schuld war, auf die aber gläubischen Pthorer aber eine starke Wir kung ausübte. Aber gerade aus dieser Ein stellung heraus neigten die Bewohner dieses Landes zu der Auffassung, ein glückloser Herrscher sei immer noch besser als gar kei ner. Ihn jetzt in den Korsallophur-Stau hinaus fliegen zu lassen, hieß aber auch, das letzte bißchen Hoffnung aufs Spiel zu setzen. Pthor würde herrenlos sein, neue Kämpfe um die Macht mußten ausgetragen werden, und wer immer dabei auch gewann, es war ein totes Rennen – die Wirren konnten den Krolocs nur den Weg zur Macht bahnen. Atlan war ärgerlich. Jetzt, da er die Mie nen der Pthorer sah, wußte er, daß er diese Entwicklung hätte vorhersehen müssen. Aber was sollte er tun? Wie er sich auch verhielt – man würde ihn entweder für einen Narren oder für einen Feigling halten. In diese Situation hinein platzten zwei
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Marianne Sydow
Männer, die wenige Stunden vor der Rück kehr der BERSERKER ebenfalls zu dem Entschluß gekommen waren, den beiden pthorischen Gefangenen zu helfen und bei dieser Gelegenheit einige Untersuchungen im Reich der Krolocs anzustellen.
2. Die Pthorer waren mittlerweile an die sporadische Anwesenheit einiger Magier ge wöhnt. Die Leute aus der Großen Barriere von Oth tauchten ab und an in der FE STUNG auf, und sie kamen und gingen auf oft absonderliche Weise. Manche kamen mit skurrilen Transportmitteln angereist, andere ritten auf allerlei gefährlichem Getier durch die Luft, einer reiste vorzugsweise im Innern rotierender Sandwolken, und einige standen einfach vor ihren erschrockenen Gastgebern, lautlos aus dem Nichts erscheinend und da hin zurückkehrend, sobald sie ihre Mission für beendet hielten. Einer der unheimlichsten unter diesen seltsamen Besuchern war zweifellos Copa sallior, der Weltenmagier. Ausgerechnet er stand plötzlich neben Atlan, und er hatte den Stimmenmagier Koratzo mitgebracht. »Wir sind gekommen, weil wir ein Bünd nis mit dir geschlossen haben«, sagte eine körperlose Stimme ganz dicht an seinem lin ken Ohr. Die Stimme war so leise, daß selbst Thalia, die nur einen Schritt weit entfernt stand, sie nicht einmal bemerkte. Unterdessen hatte Copasallior seine sechs Arme erhoben. Vorher war es auf dem Platz vor dem Beiboot still gewesen. Jetzt schien eine Glocke der Lautlosigkeit sich über die Menge zu wölben. Atlan betrachtete den Weltenmagier ver stohlen. Wie er dort stand, groß und dürr, von einem dunklen Gewand umweht, das sich im leichten Wind wie ein düsterer Ne belstreifen blähte, sah er in der Tat unheim lich aus. Am eindrucksvollsten war das Ge sicht des Magiers. Es wurde beherrscht von riesigen, völlig ausdruckslosen Augen, die aussahen, als hätte jemand zwei Halbkugeln
aus gebrochenem Basalt in das Gesicht des Weltenmagiers gepflanzt. Copasallior wandte sich leicht um und fi xierte den Arkoniden mit diesen steinernen Augen. »Die Magier von Oth entbieten dir ihren Gruß, König von Pthor«, sagte er laut. »In unseren Bergen befindet sich ein Gerät, das in der gegenwärtigen Lage von großem Nut zen sein könnte, wenn die richtige Person es anzuwenden vermag. Wir bitten dich, uns nach Oth zu begleiten, damit du dieses Gerät einer Überprüfung unterziehen kannst. Wirst du uns begleiten?« Atlan hatte Mühe, ein Lächeln zu unter drücken, aber er wußte auch, daß Copasalli or sich mit Absicht so geschraubt ausdrückte – er wollte die anwesenden Pthorer beein drucken. Und es gelang ihm. Das Schauspiel war so recht nach dem Herzen dieses aber gläubischen Volkes. »Wenn du die Lage kennst, woran ich nicht zweifle«, antwortete der Arkonide, »dann weißt du auch, was die Pthorer zu diesem Zeitpunkt von ihrem König erwar ten.« »Von der FESTUNG aus wirst du kaum ein Rätsel lösen«, bemerkte Copasallior nüchtern. »Und gegen die Krolocs kannst du von hier aus nichts unternehmen. Du wirst nur für kurze Zeit abwesend sein. Es ist da für gesorgt, daß eine ständige Verbindung zwischen dir und deinen Vertrauten beste hen wird. Im Notfall werde ich dich in weni ger als einer Sekunde hierher zurückbrin gen.« »Du hast es gehört«, wandte Atlan sich an den Bera. Kolphyrs ewig lächelndes Gesicht konnte ihn nicht täuschen. Der Dimensions forscher war besorgt und so erregt, wie man ihn selten erlebt hatte. »Ich werde dich begleiten!« erklärte Kol phyr. »Der Weg ist gefährlich für alle, die den Kräften der Magie nicht gewachsen sind«, konterte Copasallior gelassen. »Dem König von Pthor droht keine Gefahr, denn das Gol dene Vlies wird ihn schützen. Aber du,
Raumschiff der Magier Mann aus dem großartigen Volk der Bera, würdest nicht nur unser aller Leben, sondern auch den Erfolg unserer Mission gefähr den.« »In diesem Fall …« Thalias Ansatz zum Protest scheiterte an einer heftigen Geste des Weltenmagiers. Die Tochter des Odin starrte den dürren Magier wie hypnotisiert an. »Wir warten auf deine Entscheidung«, sagte Koratzo zu Atlan. »Die Krolocs wer den erst später angreifen, so viel wissen wir bereits. Aber wir sollten auch keine Zeit ver schwenden.« Und gleichzeitig sagte die andere, körper lose Stimme, die das Werk Koratzos war: »Wir müssen mit dir reden, und zwar so schnell wie möglich. Aber nicht hier in der FESTUNG, und schon gar nicht vor dieser Meute. Komm mit uns. Es geschieht dir nichts. Copasalliors Versprechen war ernst gemeint: Du wirst nichts versäumen.« »Gehen wir«, erklärte der Arkonide. Er wandte sich an Thalia. »Sorge du zusammen mit Kolphyr dafür, daß die Vorbereitungen fortgesetzt werden. Und ihr«, rief er den gaf fenden Pthorern zu, »solltet an eure Arbeit zurückkehren.« Gemurmel erhob sich. Copasallior stand neben dem Arkoniden und blickte die Men ge an. Kolphyr resignierte. Nur Thalia woll te sich noch nicht geschlagen geben. Sie beugte sich vor, um Atlan hastig etwas ins Ohr zu flüstern, aber Koratzo schob die Tochter Odins sanft zur Seite. Im nächsten Augenblick ergriff Copasallior die Hand des Arkoniden – und einen Lidschlag später standen der Weltenmagier, Atlan und Korat zo auf einem hochgelegenen Felsplateau.
* Atlan sah sich aufmerksam um. »Du bist auf dem Crallion«, erklärte Ko ratzo. »Hinter diesen Eingängen beginnt Co pasalliors Höhlenreich!« Der Crallion war ein sechstausendfünf hundert Meter hoher Bergriese im westli
11 chen Teil des Randgebirges, das man die Große Barriere von Oth nannte. Das Plateau lag etwa zweihundert Meter unter dem Gip fel. Ganz in der Nähe donnerten gewaltige Wasserfälle zu Tal. Man hätte meinen sol len, daß es schneidend kalt in dieser Höhe sein mußte. Aber die Magier hatten vor den natürlichen Umweltbedingungen nur bedingt Respekt. Wenn es um ihre Bequemlichkeit ging, stellten sie alle Gesetzmäßigkeiten ein fach auf den Kopf. Und so kam es, daß jen seits der steinernen Brüstung bunte Blüten in einem warmen Wind schwankten. Der ganze Crallion war ein blühender Garten. »Ich würde dir gerne alles zeigen«, sagte Copasallior. Atlan stellte zufrieden fest, daß auch ein Magier ganz normalen Besitzerstolz kulti vieren konnte. »Später«, versicherte der Stimmenmagier. »Wenn Zeit dafür ist.« »Kommt herein«, forderte Copasallior die beiden anderen auf. »Wann werden die Krolocs angreifen?« fragte Atlan, als sich eine Tür hinter ihnen schloß. Copasallior führte seine Gäste in einen großen Raum, der taghell erleuchtet war. Kristallene Lampen hingen an den Wänden. Hinter fensterähnlichen Öffnungen wucherten fremdartige Pflanzen. Atlan ent deckte seltsame Statuen und grausige Mas ken, wie er sie noch nie gesehen hatte, und er mußte sich gewaltsam zwingen, sich auf das eigentliche Problem zu konzentrieren. Er wünschte sich, er hätte genug Zeit, sich aus giebig mit Copasalliors Schätzen zu befas sen. »Wir wissen es nicht«, sagte Koratzo ge lassen. Atlan zuckte zusammen. »Nicht?« fragte er. »Einer der Unseren beherrschte die Fähig keit, in die Zeiten zu sehen«, erklärte Korat zo. »Aber seit einiger Zeit funktioniert es nicht mehr. Der Blick in die Zukunft bleibt ihm verwehrt.« »Ein Hellseher!« stieß Atlan hervor. »Nennt man es so bei euch? Nun, im Au
12 genblick sieht er eher dunkel. Er dachte zu erst, es läge daran, daß Ragnarök endlich kam. Hinterher suchte er die Schuld bei dem bevorstehenden Kampf der Magier. Beides ging vorbei, und Glyndiszorn ist immer noch nicht fähig, die Zukunft zu erkunden. Inzwischen glaubt er fest daran, daß der VONTHARA etwas damit zu tun hat. Er und die Mächte der Schwarzen Galaxis.« »Was wißt ihr Magier über diese Mäch te?« fragte Atlan gespannt. »Nichts«, erwiderte Copasallior trocken. Atlan hegte den Verdacht, daß der Wel tenmagier in diesem Punkt nicht die Wahr heit sagte. Koratzo wich für seinen Ge schmack auch etwas zu hastig vom Thema ab. »Auch ohne Glyndiszorns Voraussagen wissen wir, daß bis zum Angriff noch etwas Zeit vergehen wird«, behauptete er. »Opkul kann ein kurzes Stück in den Stau hineinse hen. Noch gibt es keine auffälligen Massie rungen von Flugscheiben in unmittelbarer Nähe.« Es war gut, das zu wissen, dachte Atlan. Das Wache Auge funktionierte zur Zeit nicht sehr zuverlässig. Wenigstens die Ma gier konnten rechtzeitig eine Warnung an die Völker Pthors geben. »Die Zeit, die uns noch bleibt«, fuhr Ko ratzo fort, »sollten wir darauf verwenden, er stens Informationen über die Krolocs zu sammeln und zweitens Razamon und Baldu ur nach Pthor zurückzuholen.« »Der Steuermann der BERSERKER hat die Koordinaten des Stützpunkts, in dem an die beiden festhält«, murmelte Atlan und warf Copasallior einen fragenden Blick zu. Der Weltenmagier verstand es, sich nach Art eines Teleporters von Ort zu Ort zu verset zen. Da Copasallior die stumme Frage igno rierte, schlug Atlan den direkten Weg ein. »Warum springst du nicht einfach hin und bringst sie zurück?« Copasalliors Gesicht schien endgültig zu Stein zu erstarren. Koratzo blickte betroffen zu Boden. Der Arkonide dachte an die un zähligen Schwierigkeiten, mit denen er oh-
Marianne Sydow nehin schon zu kämpfen hatte, und Ärger stieg in ihm auf. »Ich kenne eure Sitten nicht besonders ge nau«, sagte er grob. »Ich habe auch keine Zeit, mich mit solchen Kleinigkeiten abzu plagen. Wenn ihr diesem Land wirklich hel fen wollt, dann dürft ihr nicht weiterhin je des Wort auf die Goldwaage legen. So kom men wir nämlich nicht weiter. Überlegt es euch. Seid ihr nicht fähig, offen und ehrlich mit mir zu reden, dann sollten wir unser Bündnis vergessen!« Die beiden Magier sahen ihn entsetzt an. Atlan stand wütend auf und ging nach drau ßen. Kaum eine halbe Minute später kam Koratzo zu ihm. »Copasallior kann Pthor nicht mehr ver lassen, seit wir in diesem Stau gelandet sind«, erklärte er bedrückt. Atlan nickte nur. »Ist es wirklich so schwer, so etwas zuzu geben?« fragte er ärgerlich. »Für ihn schon«, murmelte Koratzo. »Und was ist mit dir?« Der Stimmenmagier sah Atlan nachdenk lich an. »Solange ich denken kann, nennt man mich einen Rebellen, weil ich die Traditio nen nicht achten mag. Man sollte also an nehmen, daß ich leichter damit fertig werde. Aber ich war gleichzeitig immer gezwun gen, mit den anderen auszukommen. Feinde hatte ich genug – hätte ich mich nicht we nigstens ab und zu an die Gesetze gehalten, wäre ich längst tot und vergessen. Ich muß mich immer wieder selbst daran erinnern, daß du nicht zu uns gehörst.« Er sah nach denklich in die treibenden Nebel, die den Crallion umhüllten. »Wir haben zu lange zu rückgezogen in unserer eigenen Welt gelebt. Es wird Zeit, daß sich das ändert. Wir haben versprochen, dir zu helfen, und wir werden dieses Versprechen halten.« Der Arkonide schwieg. Was waren die Magier als Verbündete wirklich wert, überlegte er. Zweifellos hatten sie verblüffende Fähig keiten, und sie waren sehr mächtig. Sie
Raumschiff der Magier konnten viel für Pthor tun – aber sie waren durch einen Wust von Gesetzen und Tradi tionen gebunden und in der Entfaltung ihrer Talente eingeengt. Atlan fragte sich, wie viele dieser Gesetze nicht längst jede Da seinsberechtigung eingebüßt hatten. Aber das änderte nichts daran, daß die Magier sich an all die Vorschriften hielten. Koratzo schien noch der aufgeschlossenste von ihnen zu sein, aber auch er hatte ständig gegen die Schablonen, mit denen er so lange Zeit ge lebt hatte, anzukämpfen. Hinter Atlan räusperte sich Copasallior. Atlan drehte sich um. Der Weltenmagier starrte ihn mit seinen unheimlichen Augen an. »Ich weiß, daß es draußen viele Stationen und belebte Orte gibt«, sagte Copasallior dumpf. »Ich fühle das. Aber ich dringe nicht bis dorthin vor. Ich habe es versucht. Direkt unter dem Wölbmantel wirft mich etwas in diese Welt zurück.« Es mußte den Magier einige Überwin dung gekostet haben, dem Arkoniden das mitzuteilen. Ein anderer Aspekt ließ den neuen König von Pthor zwischen Erleichterung und Ent täuschung schwanken. Es wäre eine elegante Lösung des Problems gewesen, hätte Copa sallior die Krolocs heimsuchen können. An dererseits … Koratzo lächelte spöttisch. »Wir kennen viele Welten«, sagte er ge dehnt. »Auch solche mit giftiger Atmosphä re und andere, die gar keine Gashülle haben. Wir sind über die Verhältnisse im Raum zwischen den Sonnen recht gut informiert. Selbstverständlich haben wir auch Mittel, um uns vor der Leere zu schützen.« Atlan schnitt eine Grimasse. Da war sie wieder, diese unverständliche Mischung zwischen den Errungenschaften einer hoch entwickelten Zivilisation und barbarischer Unwissenheit. Die Magier erzeugten schwe relose Felder und manipulierten mit Zeitlini en und Raumkrümmungen herum. Und gleichzeitig duckten sie sich vor der angebli chen Macht obskurer Gesetze, von denen sie
13 nicht einmal zu wissen schienen, wer sie überhaupt geschaffen hatte. Ihm wurde bewußt, daß Koratzo jeden dieser Gedanken verfolgen konnte. Das war ihm peinlich. Er sah den Stimmenmagier an, aber der blickte zu Copasallior hinüber. Ent weder hatte er den Arkoniden diesmal nicht belauscht, oder sein Taktgefühl gebot ihm, sein Wissen zu verbergen. »Wir werden ein Fahrzeug benutzen müs sen, um zu den Krolocs zu gelangen«, sagte Copasallior. »Der Steuermann bereitet sich auf einen solchen Flug bereits vor«, murmelte Atlan enttäuscht. Was sollte das alles? Hatten die beiden ihn nur in die Barriere geholt, um ihn über Copasalliors momentanes Unvermögen, fremde Welten mit seinem Besuch zu beeh ren, zu informieren? »Wenn unser Plan aufgeht, brauchen wir die Hilfe des Steuermanns nicht«, deutete Copasallior an. »Und was die Pyramiden boote betrifft – sie sind sehr alte Gebilde. Ich hoffe, wir werden ein besseres Trans portmittel beschaffen können.« Atlan sah ihn skeptisch an. Ein Raumschiff in der Barriere von Oth! Die Vorstellung war ebenso phantastisch wie absurd. Welche Veranlassung hätte ir gendein Magier haben sollen, einen solchen Flugkörper zu bauen? Pthor reiste ohnehin von einem Planeten zum anderen, und es war bequemer, sich von diesem Land zu im mer neuen Welten tragen zu lassen, als die Strapazen eines interstellaren Fluges auf sich zu laden. Und was die zum Raumflug erforderliche Technik anging – Atlan konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie sie sich mit den magischen Wissen schaften vertragen sollte. »Du wirst es sehen«, versprach Koratzo. »Wir sollten uns jetzt auf den Weg machen, Weltenmagier. Die Zeit drängt.« »Welch wahres Wort«, murmelte Atlan sarkastisch. Die beiden Magier sahen sich schweigend an. Dann stieß Copasallior einen lauten Ruf
14 aus. Eine Tür in der Bergwand öffnete sich wie von Geisterhand bewegt. Ein erstaunli ches Gebilde trabte daraus hervor: Ein Ro bottier, einem pthorischen Yassel nachgebil det, aber größer als diese einhornähnlichen Reittiere. Die Hülle der Maschine bestand aus grausilbernen Metallsegmenten. Von ei ner Verkleidung, die organisches Leben hät te vortäuschen können, gab es keine Spur. »Das ist Saisja«, erklärte Koratzo. »Das eiserne Yassel wird dich tragen. Copasallior kann auf diesem Weg Flugfelder einsetzen, und ich selbst bediene mich meiner Magie. Leider können wir beide dich dabei nicht einfach mitnehmen.« Atlan betrachtete Saisja mißtrauisch. Das eiserne Yassel erwiderte den Blick aus rot glühenden Kristallaugen. Saisja wirkte trotz seiner metallenen Haut auf unbestimmbare Weise lebendig. »Warum springst du nicht einfach mit uns dahin, wo dieses geheimnisvolle Fahrzeug sich befindet?« fragte er Copasallior. Falls er mit dieser Frage wieder einmal ins Fettnäpfchen getreten war, so zeigte es der Weltenmagier diesmal nicht. »Du wirst bald erkennen, warum das un möglich ist«, erwiderte er gelassen. »Steig auf!« Mit gemischten Gefühlen kletterte Atlan auf den Rücken des eisernen Yassels. Saisja drehte die Ohren nach hinten, wie es ein le bendiges Tier auch getan hätte. Atlan sah sich vergeblich nach Zügeln oder ähnlichen Hilfsmitteln um. Copasallior trat heran, zeigte dem Arkoniden einige druckempfind liche Stellen an Hals und Nacken der Me tallkonstruktion und erklärte ihm, was er zu tun hatte, um Saisja im Notfall zu lenken. »Sie kennt den Weg«, betonte er jedoch. »Und es ist eigentlich nicht zu erwarten, daß wir unterwegs auf Hindernisse treffen.« Atlan sah, wie Copasallior sich sanft in die Luft erhob und über die Brüstung des Plateaus schwebte. Koratzo war bereits ver schwunden, während Atlan sich noch be mühte, sich mit dem eisernen Yassel ver traut zu machen. Und dann setzte auch Sais-
Marianne Sydow ja sich in Bewegung. Der Ritt durch die Bar riere begann.
3. Fast gegen seinen Willen war Atlan schon nach kurzer Zeit fasziniert von diesem tech nischen Wunderwerk, auf dessen Rücken er saß. Saisja stob eine Serpentinenstraße hinun ter, dem Fuß des Crallion entgegen. Das ei serne Yassel erreichte ein Tempo, bei dem jede einzelne Kurve zu einer Todesfalle zu werden schien. Aber die scharfen Hufe, die auf gerader Strecke den Boden kaum berühr ten, trugen die schwere Maschine leicht und sicher selbst um die engsten Biegungen. Da bei saß Atlan so bequem im Sattel, als befin de er sich in einem gut gefederten Fahrzeug. Selbst im wildesten Galopp drang kaum eine Vibration durch, und selbst der Fahrtwind schien gedämpft zu werden. Nur ein leichter Luftzug strich am Gesicht des Arkoniden vorbei. Aber wenn er nach unten blickte, sah er Funken sprühen, und das Donnern der Hufe brach sich in grollendem Echo an den Felswänden. Die Serpentinenstraße mündete auf einen Weg, den die Magier als »neutrale Straße« bezeichneten. Flüchtig erkannte Atlan ein paar Geländemarken, denn hier war er schon einmal gewesen. Saisja raste weiter, einem Wall aus eisblau schimmernden Felsen ent gegen. Ab und zu bemerkte Atlan Copasallior oder Koratzo neben sich. Die beiden Magier folgten dem eisernen Yassel scheinbar mü helos, und es schien, als könnten sie tatsäch lich auf die eine oder andere Weise durch die Luft fliegen. Eine volle Stunde ging es so. Viel sah der Arkonide in dieser Zeit nicht von den Ber gen der Barriere. Die Straße führte meistens zwischen engen Felswänden dahin. Plötzlich wurde Saisja langsamer. Die Felswände wuchsen immer höher zu beiden Seiten auf, und es drang kaum noch Licht bis auf den Weg hinab. Dann stäubte Sand
Raumschiff der Magier unter den metallenen Hufen auf. Das eiserne Yassel blieb abrupt stehen. Der Arkonide blieb vorläufig im Sattel. Staunend sah er sich um. Er befand sich am Eingang zu einer ge waltigen Schlucht. Der Boden war mit Sand bedeckt, der so weiß war, daß Atlan zuerst dachte, mitten im Schnee gelandet zu sein. Hier und da ragten blutrote Felsnadeln aus dem Sand hervor. Auch die Wände der Schlucht waren zum größten Teil rot und weiß, wie aus besonders intensiv gefärbtem Marmor. An einigen Stellen zeichneten sich die Eingänge zu gigantischen Höhlen ab. Nirgends gab es eine Bewegung, keine Pflanze wuchs auf dem sterilen Boden oder an den glatten Felsen. Nicht einmal Vögel schienen in der Schlucht zu nisten. Kein Windhauch war zu spüren. Eine geisterhafte Stille erfüllte diesen Ort. Nicht einmal der allgegenwärtige Nebel drang in die Schlucht hinab. »Du mußt jetzt absteigen«, sagte Copasal lior, der wie aus dem Nichts neben Saisja auftauchte. Der Weltenmagier schwebte noch etwa zwei Meter über dem Sand, aber er sank rasch zu Boden und bewegte sich von da an wie ein normaler Mensch auf sei nen Beinen vorwärts. Atlan sah sich nach dem Stimmenmagier um. Er entdeckte ihn etwa fünfzig Meter weiter hinten. Als er Koratzos Spuren mit den Blicken zurückverfolgte, stellte er be fremdet fest, daß diese genau da begannen, wo der dunkle Fels auf den rotweißen Mar mor traf. »Unser Ziel liegt dort drinnen«, erklärte Copasallior, als Atlan in dem weichen, schneeweißen Sand stand. »Dies ist die Pa lamandiro-Schlucht, in der GOL'DHOR seit undenkbaren Zeiten auf den wartet, der es sich nutzbar machen kann.« »Aha«, machte Atlan. »Und wer oder was ist GOL'DHOR?« Copasallior antwortete nicht. Während Koratzo herankam, bückte sich Atlan und hob eine Handvoll Sand auf. Das Zeug fühlte sich seltsam an, kalt und körnig, als wäre es wirklich so etwas wie
15 Schnee. Als er ein paar Körner zwischen sei nen Fingern rieb, verfärbten sie sich zu in tensivem Blau. Einen Augenblick später hat te er das Gefühl, eine unerträgliche Hitze strahle von ihnen aus. Entsetzt schüttelte er die Körner von seiner Hand. Sie fielen – und waren so weiß und kalt wie zuvor. Verblüfft betrachtete er seine Hand. Keine Spur von Verbrennungen war zu sehen. »Soll Saisja hier warten?« fragte Koratzo, als er neben den beiden Männern stand. »Das wird nicht nötig sein«, erwiderte Copasallior. »Entweder haben wir Erfolg, und dann brauchen wir das eiserne Yassel nicht für den Rückweg, oder …« »Oder was?« fragte Atlan, als der Welten magier verstummte. »Oder wir brauchen überhaupt kein Transportmittel mehr!« erklärte Copasallior grimmig. Er gab Saisja einen Befehl. Das ei serne Yassel machte kehrt und trabte davon. »Ist GOL'DHOR ein Raumschiff?« fragte Atlan. »GOL'DHOR ist vieles«, lautete Copasal liors rätselhafte Antwort. »Was es für uns sein wird, muß sich erst zeigen. Komm. Der Weg ist nicht weit, aber gefährlich.« Atlan schnitt eine Grimasse und sah zu den leblosen Felswänden auf. Er trug eine Waggu bei sich – hätte er gewußt, wohin die beiden Magier ihn zu führen gedachten, so hätte er die Lähmwaffe vermutlich gegen einen Energiestrahler ausgetauscht. Koratzo und Copasallior waren unbewaffnet. Ange sichts der ständigen Rederei über allerlei Gefahren fand Atlan es unverständlich, daß die Magier nicht wenigstens Schwerter mit genommen hatten. Copasallior ging voran, und Atlan folgte ihm. Nach kurzer Zeit hatte er sich an die Umgebung so sehr gewöhnt, daß er kaum noch einen Blick darauf verschwendete. Sei ne Gedanken kreisten um GOL'DHOR. Ein dumpfes Rumpeln ließ ihn aufschrecken. Wenige Meter vor ihm stand plötzlich ei ne Wand aus hochgewirbeltem Sand. Copa sallior war nicht zu sehen. Atlan tat einen Schritt nach vorne, da fühlte er sich zurück
16 gerissen. »Warte!« sagte Koratzo hastig. Und dann breitete ein dumpfes Pochen sich aus. Es war ein Geräusch, das aus dem Sand selbst zu kommen schien. Der Boden unter seinen Füßen bebte in diesem Rhythmus. Er fühlte, daß er die Orientierung verlieren würde, wenn er diesem Geräusch einige Zeit ausgesetzt war. Aber immerhin sank der Sand langsam herab. Die Sicht wurde besser – aber Copasallior tauchte nicht auf. »Wo steckt er denn?« fragte Atlan ver wundert. Koratzo antwortete nicht. Er nahm einen kleinen Stein und warf ihn dahin, wo der Weltenmagier sich noch vor wenigen Au genblicken befunden haben mochte. Der Stein löste sich mitten im Flug auf. Er zersprang zu einem sich rasch ausdehnen den, buntschillernden Funkenregen. »Eine Energiesperre«, murmelte Atlan verblüfft. »Wie kommt die hierher?« »Irgendein Magier hat sie hinterlassen«, erwiderte Koratzo nüchtern. »Wir werden noch mehr davon finden.« »Vorausgesetzt, wir geraten hinein, bevor wir etwas unternehmen können.« Koratzo sah den Arkoniden überrascht an. Dann lachte er laut auf. »Oh, nein«, wehrte er ab. »Diese hier ist harmlos. Sie wirkt nur auf tote Materie, und das auch nur dann, wenn keine fremden Kräfte am Werk sind. Copasallior steht dort drüben. Er kann uns sehen und hören, aber es wäre sinnlos, wenn er herüberkäme. Wir müssen die Sperre lösen.« Atlan fragte sich, woher Koratzo so gut über das Hindernis informiert war. Aber der Stimmenmagier ging auf die stumme Frage nicht ein. Er ging bis an die unsichtbare Wand heran. Atlan, der ihn beobachtete, sah, daß der Stimmenmagier die Lippen bewegte. Aber es war kein Laut zu hören. Wahr scheinlich projizierte er seine Stimme wie der einmal auf »magische« Weise ans Ziel. Eine Minute verging, in der Karatzo den Boden vor der Sperre untersuchte und sich dabei immer näher an die rechte Wand der
Marianne Sydow Schlucht heranarbeitete. Atlan folgte ihm. Unwillkürlich musterte er die Felsen in der Hoffnung, dort einen verborgenen Projektor oder etwas Ähnliches zu sehen. Aber es schien ganz so, als wären die Kräfte der Ma gie auf so profane Hilfsmittel nicht angewie sen. »Es ist gleich vorbei«, behauptete Koratzo gleichmütig. Er legte die Hände auf den Fels. Atlan sah genau hin. Tatsächlich – der Magier konzen trierte sich, wie es auch die Mutanten auf der Erde zu tun pflegten. Atlan war darauf hin nicht mehr überrascht, als es ein leises, puffendes Geräusch gab und er Copasallior plötzlich wieder sehen konnte. Der Weltenmagier stand ebenfalls dicht am Fels. Er und Koratzo waren sich die gan ze Zeit hindurch so nahe gewesen, daß sich ihre Hände fast berührt hätten. Dem Arkoni den lag eine spöttische Bemerkung auf der Zunge. Aber dann sah er, was die unsichtba re Wand bisher vor den neugierigen Blicken eventueller Besucher verborgen hatte, und er schwieg betroffen. Ein Wall von Skeletten durchzog die Schlucht. Dort hinten lagen die Überreste von vielen hundert Wesen, und Atlan wußte auf Anhieb, daß nicht eines davon eines na türlichen Todes gestorben war. »Müssen wir da hindurch?« fragte er. Koratzo nickte. Copasallior dagegen deu tete mit einer Hand auf eine Lücke, die zwi schen zwei riesenhaften Schädelknochen klaffte. »Die tödliche Schneise!« erklärte er. »Es hat keinen Sinn, diesen Weg zu nehmen oder über die Skelette hinwegzuklettern. Die einzige Öffnung gibt es drüben, dicht an der Wand der Schlucht.« Während sie an den Skeletten entlang schritten, hielt Atlan Ausschau nach Wesen, deren Herkunft ihm bekannt war. Er sah die Überreste von etlichen Yassels, auch huma noide Skelette, die von Magiern oder ande ren Pthorern stammen mochten. Aber viel war nicht mehr zu erkennen, und so gab er es auf.
Raumschiff der Magier »Das wäre etwas für Fesler gewesen«, sagte Copasallior plötzlich. Er drehte sich zu Atlan um. »Das ist ein Knochenmagier. Ich glaube, du hast ihn sogar noch kennenge lernt. Es machte ihm viel Vergnügen, die ab scheulichsten Gerippe zu magischem Leben zu erwecken. Es ist nur ein Glück, daß er niemals hierher gelangte.« Er deutete auf einen bestimmten Kno chenberg und setzte zu einer weiteren Erklä rung an. Ein spitzer Schrei ließ ihn auf der Stelle erstarren. Mitten in den Skeletten schien sich eine kleine Windhose zu erhe ben. Knochen wirbelten durch die Luft und fielen prasselnd in den Sand. Atlan wich ha stig einem heranfliegenden Gewirr kleiner Skelette aus, rutschte durch den weichen Sand und fing sich im letzten Moment ab. Fast wäre er in den Knochenwall hineingera ten. Die Vorstellung erfüllte ihn durchaus nicht mit Grauen, aber aus dem Verhalten der beiden Magier schloß er, daß dort drin nen Gefahren lauerten. Inzwischen war diese Mauer allem An schein nach in der Auflösung begriffen. At lan stellte fest, daß er einen günstigen Platz erwischt hatte, denn die meisten Trümmer fielen mehrere Meter von ihm entfernt in den Sand. Also blieb er vorerst liegen und vertraute darauf, daß sein Glück ihn vor ei nem Zusammenstoß mit den fliegenden Knochen schützte. Allmählich wurde es ruhiger. Im Kno chenwall knisterte und knarrte es bedrohlich, aber das Bombardement mit Knochen hatte aufgehört. Atlan wollte sich aufrichten. Im gleichen Augenblick stieß Copasallior, den er im Moment nicht sehen konnte, einen wü tenden Schrei aus. »Hört denn das nie auf!« schimpfte der Weltenmagier empört. »Was hast du hier zu suchen?« Atlan beeilte sich. Aber da stellte er fest, daß sein rechter Fuß sich verklemmt hatte. Er sah nach unten – und blickte geradewegs in zwei leere Augenhöhlen. Er schluckte. Sein Fuß steckte im Mund eines überdimensionalen Totenschädels von
17 humanoiden Formen. In einem Anflug von Panik riß er den Fuß zu sich heran, aber der Schädel war seinerseits von einer so großen Last schwerer Knochen eingeklemmt, daß er sich nicht von der Stelle rührte. »Laß es gut sein, alter Junge«, murmelte Atlan. »Du brauchst kein Fleisch mehr. Komm, laß schon los!« Er untersuchte den Schädel. Das Ding mußte gerade in dem Augenblick ein Stück chen nach unten gerutscht sein, als Atlan an dieser Stelle Schutz suchte. Er wunderte sich darüber, daß er gar nichts gemerkt hatte, als diese riesigen Kiefer seinen Fuß zu packen bekamen. Auf jeden Fall war an der ganzen Sache nichts Magisches oder gar Unheimli ches. Atlans unerfreuliche Situation war das Resultat eines Zusammenwirkens von un glücklichen Zufällen und einer naturgegebe nen Schwerkraft. Endlich sah er ein, daß er seine Kräfte verschwendete. Zweifellos wäre es ihm ge lungen, aus eigener Kraft dieser Falle zu ent rinnen. Aber warum sollte er sich ganz allei ne abrackern, wenn Hilfe nahe war? Als hätte er nur auf diesen Augenblick ge wartet, tauchte Koratzo hinter einem herun tergebrochenen Skeletteil auf. Der Magier erfaßte die Lage auf den ersten Blick. Hastig kam er heran und stemmte sich gegen die zuoberst liegenden Knochen. Atlan zog und zerrte und rollte rückwärts in den Sand, als sich der Schädel endlich löste. Die Kiefer öffneten sich von selbst. Atlan rieb sich das Bein und kämpfte ge gen die Versuchung an, den Stiefel auszu ziehen, um sich davon zu überzeugen, daß darunter alles in Ordnung war. »Bist du verletzt?« fragte Koratzo be sorgt. »Unsinn«, knurrte Atlan. »Diese Umge bung geht mir nur auf die Nerven. Was ist dort los?« Copasallior schimpfte immer noch. Aber dazwischen keifte und quietschte jemand so laut und anhaltend, daß man kein einziges Wort verstehen konnte. »Komm und sieh es dir an«, empfahl Ko
18 ratzo. Als er den Mann erblickte, blieb Atlan wie vom Donner gerührt stehen. Dieses faßförmige Individuum dort vorne kannte er nur zu gut. Es war Heix, der Alte renkel des Bodenmagiers Gofruun, und die beiden zusammen waren in die FESTUNG gezogen, um in Copasalliors Auftrag Kon takte zu knüpfen – das war zu einem Zeit punkt geschehen, als alle anderen Magier noch der vom VONTHARA erzeugten Läh mung unterlagen. Copasallior selbst war ge zwungen gewesen, sich in einem Versteck aufzuhalten. Anderenfalls hätte er sicher nicht ausgerechnet Gofruun und dieses blau häutige Trampeltier in den Stand von Diplo maten erhoben. »Die gestohlenen Kräfte sind immer noch wirksam«, erklärte Koratzo, der die Szene ganz ungerührt beobachtete. »Heix kann ei gentlich gar nichts dafür, daß er hier auf tauchte. Es reißt ihn immer wieder einmal davon.« Copasallior mußte etwas von dieser Er klärung aufgeschnappt haben. »Er hat Kromyat getrunken«, fauchte er. »Er stinkt wie ein altes Weinfaß. Ich habe ihm ausdrücklich verboten, dieses Zeug an zurühren, solange noch ein Funken magi scher Kraft in ihm steckt. Er wird zu einer Gefahr für alle Magier, wenn es so weiter geht.« »Er hat die Sperre dort drüben aufgelöst«, sagte Koratzo seelenruhig. »Am liebsten würde ich ihn …« Copasal lior stockte. Er schüttelte verwundert den Kopf. »Was sagst du da? Die Sperre aufge löst?« »Es gibt keine andere Erklärung. Ich habe nicht daran gerührt. Du etwa?« »Nein.« »Dann kann es nur Heix gewesen sein.« Copasallior musterte mißtrauisch den Knochenberg. »Bist du sicher, daß dort nichts mehr ist?« fragte er. Koratzo nickte und berichtete, wie er At lan gefunden hatte. Der Arkonide hörte ge-
Marianne Sydow spannt zu. Nach Koratzos Worten zu urtei len, hatte er in allerlei gräßlichen Gefahren geschwebt, weil er dem Schädel ins Gehege gekommen war. Atlan lächelte amüsiert. Er war überzeugt davon, daß es so schlimm auf keinen Fall gekommen wäre. Schließlich trug er das Goldene Vlies. »Der endgültige Beweis ist Heix selbst«, fuhr Koratzo fort. »Er hat mitten drin ge steckt. Und er hat es überlebt.« »Fast wünschte ich mir, du könntest mir jetzt das entgegengesetzte Argument nen nen«, murmelte Copasallior düster. »Ich ha be keine Ahnung, wie wir ihn jemals wieder zur Vernunft bringen sollen.« Heix stierte den Weltenmagier an. Der Alterenkel schwankte leicht. Atlan hatte be reits gehört, daß viele Magier keinen Alko hol vertrugen – es brachte ihre magischen Fähigkeiten so nachdrücklich durcheinander, daß schwere Unfälle nicht ausblieben. Heix allerdings würde auch durch den Kromyat nicht untergehen. Das wußten auch Copasal lior und Koratzo. »Er muß von hier verschwinden«, meinte der Stimmenmagier. »Schade, daß Saisja nicht mehr in Rufweite ist.« Heix nickte freundlich und murmelte un verständliches Zeug vor sich hin. Dann drehte er sich schwerfällig im Kreis – und war verschwunden. »Der kommt wieder«, murmelte Copasal lior wütend. »Das weiß ich. Irgendwie hat er sich auf unsere Spur gesetzt.« »Wenigstens ist dieses eine Hindernis be seitigt«, tröstete Koratzo. Atlan hielt sich im Hintergrund. Er fühlte sich hier, im Reich der Magier, alles als wohl. Er sehnte den Augenblick herbei, an dem sie draußen, außerhalb dieser Berge, agieren konnten. Dort kannte er sich aus … Koratzo brachte mit einem Fingerschnip pen den Knochenwall in Bewegung, die Skelette zerfielen auf einer breiten Bahn zu Staub, und die drei Männer konnten unge hindert tiefer in die Schlucht eindringen. Die Entfernungen verschoben sich hier drinnen. Mit jedem Schritt wurde es düsterer um sie
Raumschiff der Magier herum. Als Atlan einmal in die Richtung zu rücksah, aus der sie gekommen waren, da erkannte er die Gegend kaum noch wieder. Aus niedrigen Felsnadeln waren riesige, alp traumhafte Gebilde geworden, die sich zu bewegen und immer noch zu wachsen schie nen. Wo sich vorher glatte Sandflächen hin gezogen hatten, taten sich Bodenspalten auf. »Sinnestäuschungen«, erklärte Copasalli or. »Wir durchschreiten ständig neue Sper ren. Sie sind zu schwach, um uns aufzuhal ten, aber wir können sie auch nicht im Vor beigehen beseitigen. Sie wirken hinter uns weiter. Laß dich dadurch nicht irritieren.« Aber warum spürte er nichts von diesen sogenannten Sperren? Er achtete darauf. Wenn er die beiden Magier genau beobachtete, merkte er oft, wie sie kurz im Schritt verhielten, sich su chend umsahen und dann weitergingen, als wäre nichts geschehen. Einmal glaubte At lan bei einer solchen Gelegenheit, eine Ver änderung des Lichtes zu bemerken, und ein Kribbeln ging über seine Haut. Das war al les. Nach einer halben Stunde verschwammen die, weißen und roten Streifen der Felsen zu einem trüben, rötlichen Braun. Der Fels wurde rissig, tiefe Spalten taten sich auf. Höhleneingänge, deren Ränder mit schnee weißen Tropfsteinen besetzt waren, säumten den Weg. Sie sahen aus wie die Mäuler gi gantischer Ungeheuer, die jederzeit erwa chen und die drei winzigen Eindringlinge verschlingen mochten. Dann wurde auch der Boden härter, der Sand wich rauhem Ge stein. Aus winzigen Löchern quoll schwar zer Rauch. Es ging steil bergab. »Wir haben gleich den inneren Bezirk er reicht«, flüsterte Copasallior. »Haltet euch bereit!« Wozu? dachte Atlan, aber er sprach es nicht aus. Er griff nach der Waggu und be hielt die Waffe schußbereit in der Hand. Der Rauch – falls es wirklich welcher war – wurde immer dichter. Man roch ihn nicht, fühlte ich nicht, und das Atmen bereitete keinerlei Mühe. Aber die Sicht wurde so
19 schlecht, daß man sich fragen mußte, wie die Magier GOL'DHOR überhaupt zu finden gedachten. Nebeneinander rutschten und kletterten sie abwärts, hielten sich an schartigen Fels vorsprüngen fest und lauschten dem Poltern von Steinen, die sich unter ihren Füßen lös ten und davonrollten. In einer solchen Pause vernahm Atlan ein fernes Rauschen wie von einem Wasserfall. Dieses Geräusch brachte ihm schlagartig etwas Erstaunliches zu Be wußtsein – nirgends in dieser Schlucht wa ren sie bisher auf Wasser gestoßen. Das war ungewöhnlich. Die Barriere von Oth war durchzogen von Flüssen und Bä chen. Die Palamandiro-Schlucht war mit Abstand der trockenste Ort, den es in diesem Gebirge gab. Nicht der leiseste Hauch von Feuchtigkeit hing in der Luft, und der rauhe Felsen war völlig trocken. Das Rauschen wurde allmählich lauter. Atlan versuchte, die schwarzen Rauch schwaden mit den Blicken zu durchdringen, aber das Zeug wurde immer dichter. »Kannst du mit diesem Gestein etwas an fangen?« drang Copasalliors Stimme aus ei ner schwarzen Wolke. »Nein«, antwortete Koratzo knapp. Auch er war hinter Rauchschwaden verschwun den. Atlan registrierte beunruhigt, daß sie es versäumt hatten, sich mit Hilfe von Seilen oder ähnlichem zu sichern und zu verbinden. »Wir brauchen Licht«, sagte er laut. »Unsere Kräfte versagen an diesem Ort«, antwortete Copasallior. Seine Stimme klang plötzlich leise und weit entfernt, näherte sich dann wieder, als befinde sich der Magier in rascher Bewegung kreuz und quer durch die Schlucht. »Wir müssen weiter. Die Zone der Nebel kann nicht so groß sein, daß wir uns darin verirren werden.« »Eine Lampe müßte man haben«, seufzte Atlan. Ein wildes Fauchen antwortete ihm. Die schwarzen Wolken trieben auseinander. Für einen Augenblick sah er die beiden Magier, die schräg vor ihm standen und wie erstarrt nach oben blickten. Dann bewegte sich der
20 Rauch. Rund um den Arkoniden blieb eine Art Lichtung, ein freier Raum von etwa fünf Metern Durchmesser, in dem die Sicht gut war. Jenseits dieser Grenze wirkte der Rauch kompakt wie eine Mauer. Das Fauchen! Atlan entdeckte hoch über sich, am Ende eines sich scheinbar verjüngenden Tunnels im schwarzen Nebel, einen blauen Licht punkt, der sich bewegte und dabei seine Hel ligkeit veränderte. Unschlüssig drehte er die Waggu in der Hand. Er beobachtete das Licht, aber er konnte nichts mit dieser Er scheinung anfangen. Hilfesuchend hielt er Ausschau nach den Magiern. Sie waren nicht zu sehen. Als er nach ihnen rief, erhielt er keine Antwort. »Nun gut«, sagte Atlan zu dem irrlich ternden Ding in der Höhe. »Von der Magie verstehe ich zwar nichts, aber wenn du es auf mich abgesehen haben solltest, dann ma che dich auf etwas gefaßt. Du wirst dir eine Menge Zähne an mir ausbeißen – falls du welche hast.« Das Irrlicht tanzte zwischen den Wänden aus Rauch hin und her. Der Arkonide warte te fast eine Minute lang. Dann wurde ihm die Sache zu dumm. Er wandte sich ab und schritt in die Richtung, in der er kurz zuvor Koratzo gesehen hatte. Als er den Rauch erreichte, gab es einen Donnerschlag, der ihn vorübergehend taub machte. Grelles Licht blendete ihn, und er spürte die Hitze auf seinem Gesicht. Irgendwie schaffte er es, den Helm des Goldenen Vlieses zu schließen. Es war ihm kaum ge lungen, da rasten von allen Seiten Blitze auf ihn zu, und er stand mitten in diesem Infer no, von den Entladungen zur Regungslosig keit verdammt, aber durch den rätselhaften Anzug aus der Dunklen Region selbst vor der sonnenheißen Glut geschützt. Ungeduldig suchte er nach einem Gegner, den er packen konnte, denn gegen die Blitze war er machtlos, und eine seltsame Unge duld erfaßte ihn. Warte noch! mahnte der Extrasinn. Dies dürfte eine der alten Fallen sein. Die Ener-
Marianne Sydow giequelle, aus der die Blitze kommen, dürfte sich bald erschöpft haben. »Bald!« murmelte Atlan ärgerlich. »Das kann tagelang so gehen. Ich will nicht war ten!« Sei vernünftig! beschwor ihn der Extra sinn. Der Arkonide wischte den Einwand mit einem wütenden Lachen zur Seite. Er löste die Waggu aus. Es geschah nichts. Die Waffe arbeitete fast lautlos, und in dem infernalischen Kra chen ging ohnehin jedes andere Geräusch unter. Aber Atlan spürte durch den Hand schuh hindurch das leichte Vibrieren. Die Waffe funktionierte also. Aber dadurch än derte sich nichts. Was hast du erwartet? erkundigte sich der Logiksektor mit beißendem Spott. Blitze las sen sich nun mal nicht paralysieren. Allmählich wurde es ungemütlich, trotz des Goldenen Vlieses. Der so zerbrechlich scheinende Helm schützte den Arkoniden zwar vor der Hitze, dämpfte auch die grelle Helligkeit und schirmte ihn sogar teilweise vor dem höllischen Krach ab. Aber die pau senlos herabpeitschenden Blitze mußten frü her oder später irgendeine Wirkung erzielen. Die Luft glühte förmlich. Der Felsen unter Atlans Füßen war alt und brüchig … Erschrocken sah er nach unten. Feurige Schlieren verbargen den Boden vor seinen Blicken. Er achtete nicht mehr auf die Blit ze, sondern bückte sich hastig. Durch den Handschuh hindurch spürte er das rauhe Ge stein. Es war eiskalt. Eine Sinnestäuschung! meldete der Extra sinn. Atlan schüttelte benommen den Kopf. Sollte die Erklärung so einfach sein? Die Hitze, die er gespürt hatte – sein Gesicht brannte jetzt noch, und die Haut schien ihm wie ausgetrocknet. Aber auch das konnte et was Ähnliches wie Hypnose sein, genau wie die Blitze, der Donner, dieser ganze wilde Spuk. Er setzte vorsichtig einen Fuß vor den an deren. Als er die Grenze seines glühenden
Raumschiff der Magier Gefängnisses erreichte, schreckte er instink tiv zurück. Er zwang sich weiter, streckte die rechte Hand aus. Die Waggu geriet in den Ausläufer einer Entladung und verging in einer Explosion. Ohne das Goldene Vlies wäre Atlan wohl kaum mit dem Leben da vongekommen. So wurde er nur zu Boden geschleudert, und seine Hand war taub und gefühllos. Der wunderbare Anzug milderte den Aufprall. Der Arkonide blieb regungslos liegen. Es war also keine Sinnestäuschung. Die Blitze mußten wohl echt sein, denn mit Hal luzinationen alleine konnte man keine Waffe zur Explosion bringen. Die Waggu war ver loren. Jetzt hatte er nur noch das Goldene Vlies. Wo blieben die Magier? Warum unter nahmen sie nichts, um ihn herauszuholen? Waren auch sie machtlos, oder hatten sie selbst genug Schwierigkeiten, so daß sie sich um ihren Begleiter nicht kümmern konnten? Atlan verfluchte seinen Leichtsinn. Das Unternehmen war entschieden zu schlecht vorbereitet. Ohne vernünftige Ausrüstung war er in diese Schlucht gezogen, als handle es sich nur um einen Spaziergang. Aber er mußte sich eingestehen, daß die Magier ihn gewarnt hatten und er selbst schuld daran war, wenn er ihren Worten so wenig Aufmerksamkeit schenkte. Er hätte sich auch nicht durch die Tatsache irritieren lassen dürfen, daß Copasallior und Koratzo auf die Mitnahme von Waffen verzichteten. Ratlos starrte er abwechselnd auf den kah len Boden und die dicht an dicht einschla genden Blitze. Es schien, als könne er dies mal wirklich aus eigener Kraft nichts unter nehmen, um sich aus dieser Falle zu befrei en. Ärgerlich schlug er mit der Faust auf den Boden. Es gab einen durchdringenden Ton, wie von einer riesigen Glocke. Der Hand schuh glühte grell auf. Erschrocken wollte Atlan die Hand zurückziehen. Es ging nicht. Er hing fest, als habe etwas den Handschuh mit dem Felsen verschweißt.
21 Verzweifelt überlegte er, ob es einen Sinn hatte, notfalls das Goldene Vlies zu opfern. Aber wenn er den Anzug ablegte – und es war nicht gesagt, daß er das schaffte, denn von dem glühenden Handschuh ging eine allmählich wachsende Kraft aus, die ihn zu Boden zwang – würde er vermutlich in der Hitze verglühen. Sekunden später stellte er fest, daß die Blitze dünner wurden. Sie schienen zu schrumpfen. Er wagte nicht darüber nachzudenken, um was für eine Art von Entladungen es sich hier handelte. Gewöhnliche Blitze waren es nicht, das war ihm längst klar. Aber was die se Erscheinungen jetzt taten, schien ihm wie eine Verhöhnung aller bekannten Naturge setze. Aus schenkeldicken Energiebahnen wur den filigranzarte Fäden, die sich verzweigten und sich netzartig miteinander verbanden. Ein Kokon aus grellblauen Maschen spann sich um den Arkoniden. Er wurde angeho ben und ruderte überrascht mit den Armen in der Luft herum, als plötzlich seine Hand sich vom Boden löste und er frei in der Luft schwebte. Die Fäden flirrten und zitterten, der Kokon begann zu rotieren, dann spürte Atlan, daß er sich samt diesem Gebilde vor wärtsbewegte. Seine Instinkte schrien ihm zu, dagegen anzukämpfen, sich zu wehren, zu fliehen. Mühsam gelang es ihm, solche Regungen zu unterdrücken. Allmählich, als die Sekunden verstrichen und der Kokon weiterglitt, ohne daß die feu rigen Maschen sich dem Arkoniden näher ten, gelang es ihm, der Situation positive Züge abzugewinnen. Immerhin war es jetzt still um ihn her. Seine Ohren waren noch nicht imstande, leisere Geräusche aufzufan gen, aber allmählich vernahm er ein trockenes Knistern, das wohl aus dem ener getischen Netz stammte, und darüber hin weg hörte er ein leises Rauschen. Er entspannte sich ein wenig und konzen trierte sich. Das Rauschen schwoll an. Aber noch konnte er nicht sagen, ob er sich wirk lich der Quelle dieses Geräusches näherte,
22 oder ob es nur sein Gehör war, das sich all mählich erholte. Durch die Maschen des Ko kons sah er nichts als Schwärze. Unter ihm war der Rauch so dicht wie über ihm, und der felsige Boden mochte Zentimeter ent fernt sein oder auch hundert Meter – es gab keine Möglichkeit, sich darüber Gewißheit zu verschaffen. Nach einigen Minuten platzte der Kokon mit einem leisen Knall. Funken sprühten da von. Atlan breitete automatisch die Arme aus, als er in die Tiefe stürzte. Dann schlug eiskaltes Wasser über ihm zusammen. Das Goldene Vlies schützte ihn vor dem ärgsten Schock. Der geschlossene Helm ga rantierte ihm, daß er auch unter Wasser frei atmen konnte. Er gab jede Abwehr auf, hielt still und ließ sich sinken, bis seine Füße auf Grund trafen. Die Finsternis war er schreckend. Atlan wartete mehr als eine Mi nute lang, schloß ab und zu die Augen, um sich schneller an die Dunkelheit zu gewöh nen, aber auch dann nahm er nicht den ge ringsten Lichtschimmer wahr. Auch über ihm war es absolut dunkel. Behutsam bewegte er die Hände. Er spür te, daß er nach oben stieg, aber er hatte kei ne Möglichkeit, seine Geschwindigkeit ab zuschätzen. Er hob eine Hand über den Kopf, um sich notfalls an einem Hindernis abfangen zu können. Er hatte keine Ahnung, um wieviel Meter er gestiegen war, als er mit der Hand gegen etwas Hartes stieß. Blitzschnell hielt er sich fest. Er tastete das Hindernis ab. Er hing an einer Felsnadel. Vorsichtig hangelte er sich daran weiter, bis er abermals auf Widerstand stieß. Nach mehreren Minuten, in denen er sich von einem Punkt zum nächsten getastet hat te, kam er zu dem Schluß, daß er an dieser Stelle keinen Weg in die Freiheit finden würde. Er befand sich in einer Grotte, die völlig mit Wasser gefüllt war. Ohne das Goldene Vlies wäre er verloren gewesen. Er suchte nach einem Weg in die Tiefe. Wenn du Pech hast, gerätst du immer tiefer in ein Labyrinth, bemerkte der Extra-
Marianne Sydow sinn nüchtern. »Du kannst einem wirklich Mut machen«, murmelte Atlan. Er tastete über senkrecht nach unten füh renden Fels. Langsam ließ er sich sinken, ständig in Kontakt mit der Wand, um nicht endgültig die Orientierung zu verlieren. Ir gendwo mußte diese Grotte ja einen Aus gang haben, und der konnte eigentlich nicht weit entfernt sein. Als das energetische Netz zerplatzte, hatte Atlan sehr deutlich gespürt, daß er zunächst einige Meter tief gefallen war, ehe das Wasser ihn aufnahm. Wahr scheinlich war er nicht genau senkrecht ab gesunken, sondern in einem Winkel, der ihn unter den Felsen hindurch in die Höhle ge bracht hatte. Wenn er den Grund erreicht hatte, konnte es nicht schwer sein, den Aus gang zu finden. Aber auch vom Grund der Grotte aus ent deckte er nichts, was ihn nach draußen füh ren konnte. »So etwas gibt es doch gar nicht!« mur melte er wütend vor sich hin. Die Wände waren ringsum geschlossen. Er stand offenbar auf dem Boden eines Kes sels, und fast sah es aus, als wäre dies ein mit Wasser gefüllter Hohlraum, der mit der Außenwelt nicht in Verbindung stand. Es würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als die Wände Stück für Stück abzusuchen. In dieser Finsternis war das eine mühevolle Angelegenheit, die viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Resignierend machte er sich an die Ar beit. Er verlor jedes Gefühl für die Zeit, die darüber verging. Ab und zu dachte er mit leisem Entsetzen daran, daß er kaum eine Kontrollmöglichkeit darüber hatte, welche Teile der Grotte er bereits untersucht hatte und welche nicht. Es mochte geschehen, daß er sich einen Abschnitt der Wände mehrmals vornahm und darüber ausgerechnet jenen Streifen, in dem sich der Ausgang befand, übersah. Nach einer Weile legte er eine Pau se ein. Aber er kam nicht zur Ruhe. Mit an gespannten Sinnen forschte er nach irgend einem Zeichen, einem Geräusch, dem sanf
Raumschiff der Magier ten Ziehen einer Strömung, irgendeiner Er scheinung, die sich auf die Außenwelt be zog. Aber um ihn herum gab es nichts als Stille und Finsternis. Seine Zuversicht sank. Trotzdem machte er weiter.
4. Für die beiden Magier stellte sich das Ge schehen in der Schlucht etwas anders dar. Sie sahen mitten in dem schwarzen Rauch einen Lichtpunkt entstehen. Als sie erkann ten, daß Atlan mit dieser Erscheinung in Zu sammenhang stand, war es bereits zu spät, um irgend etwas zu unternehmen. Copasalli or sah, daß Koratzo vorwärtsstürmte, und er schrie eine Warnung. Der Stimmenmagier reagierte zu spät. Er prallte gegen die leuch tende Wand, die immer höher aufwuchs. Der Magier wurde durch die Luft geschleudert und landete zwischen den Felsen, wo er be nommen liegenblieb. »Komm schon!« knurrte Copasallior un geduldig und zog Koratzo in die Höhe. »Hilf mir!« Sie tasteten sich an das Lichtgebilde her an. Deutlich spürten sie die unheimlichen Kräfte, die tief unter dem Boden verankert waren. »Kommt dir das nicht bekannt vor?« frag te Copasallior. Koratzo versuchte, aus dem Schwall von magischer Energie jene charakteristischen Strömungen herauszufiltern, die ihm den Namen dessen verraten würden, der diese Falle vor langer Zeit errichtet hatte. Er ahnte die Wahrheit schon nach kurzer Zeit, aber er schwieg verbissen und suchte weiter, bis er der bitteren Erkenntnis nicht länger auswei chen konnte. Allersheim hatte diese Falle errichtet. Der Name Allersheim markierte einen der dunkelsten Punkte in der Geschichte der Magier von Oth. Dieser Konstruktionsma gier beherrschte Künste, die ihm große Macht verliehen, besonders bei den Sterbli chen draußen im Lande. Allersheim formte
23 Materie und verlieh ihr magisches Leben, und er verwandelte umgekehrt lebende We sen in scheinbar künstliche Gebilde. Und bei alledem verfolgte Allersheim konsequent düstere Absichten, denn unter den negativen Magiern war er einer der Schlimmsten. Zu einem Zeitpunkt, als die positiven Bewohner von Oth sich noch damit abmühten, die Spu ren des grausamen Kir Ban zu tilgen, errich tete Allersheim bereits Zentren der Macht überall in Pthor, und es lag an seinen spezi ellen Fähigkeiten, daß er ganz offen dabei vorgehen konnte – seine Werke konnten die positiven Magier erst dann erkennen, wenn es schon fast zu spät war. Trotzdem kam man ihm auf die Schliche. Da hatte er be reits Tausende von Pthorern in seine Gewalt gebracht, und das Maß dessen, was irgend ein Magier sich, erlauben durfte, war längst voll. Allersheim wurde verbannt. Koratzo ge hörte zu denen, die das Urteil fällten. Copa sallior hatte es vollstreckt. Beide kannten – trotz der Zeit, die seitdem vergangen war – die charakteristische Ausstrahlung des Kon struktionsmagiers sehr genau. »Was hatte er hier zu suchen?« überlegte Copasallior. »Wie kam er überhaupt in die Schlucht?« »Es dürfte ihm wenig Mühe bereitet ha ben«, murmelte Koratzo bitter. »Natürlich nicht«, stimmte Copasallior zu. »Koratzo – was befand sich in der Pala mandiro-Schlucht, ehe wir GOL'DHOR dort fanden?« Der Stimmenmagier stutzte. »Du hast recht«, sagte er nachdenklich. »Als du Allersheim in die Verbannung brachtest, wußten wir noch gar nichts von GOL'DHOR. Allerdings – niemand konnte damals genau sagen, ob dieser magische Schatz nicht schon seit ungezählten Jahren in der Schlucht gestanden hat.« »Ich kenne diese Theorie«, wehrte Copa sallior ab. »Du weißt auch, was ich davon halte.« »Mit Allersheim«, fuhr Koratzo ungerührt fort, »verschwand der damals mächtigste
24 Vertreter der negativen Magie aus diesen Bergen. Jarsynthia und Wortz waren noch nicht soweit, daß sie die Stelle des Kon struktionsmagiers einnehmen konnten. Es schien, als hätte die negative Magie einen Rückschlag erhalten, von dem sie sich lange Zeit nicht erholen konnte. Die positiven Kräfte waren für einige Zeit in der Über macht. Und ausgerechnet zu diesem Zeit punkt wurde GOL'DHOR entdeckt.« »Ja, und ein paar Narren glauben heute noch«, sagte Copasallior anzüglich. »daß ir gendeine geheime Macht den positiven Ma giern auf diese Weise ein Zeichen geben wollte. GOL'DHOR als Bestätigung dafür, daß man auf dem richtigen Weg sei.« »Ich habe niemals behauptet, daß es so sein müsse«, lächelte Koratzo. Copasallior winkte ungeduldig ab. »Atlan ist da drin«, erinnerte er den Stimmenmagier und deutete auf das Lichtgebilde, das mittlerweile bis in den Himmel hinauf zu reichen schien. »Stell dir mal vor, was geschieht, wenn ihm ausge rechnet hier, in der Barriere, etwas zustößt!« Koratzo nickte nur. Er hatte das keinen Augenblick lang vergessen. Er spürte jedoch den Arkoniden durch die glühende Wand hindurch, hörte seinen Herzschlag und sei nen Atem und war daher sicher, daß Atlan in keiner realen Gefahr schwebte. Allerdings wußte Koratzo auch, daß es von drinnen ganz anders aussehen mochte, und auch wenn Atlan durch das Goldene Vlies vor vielem geschützt war, mochte es doch sein, daß Allersheims Tricks ihn an einem wun den Punkt erwischten. Copasallior trat plötzlich einen Schritt zu rück, verschränkte seine sechs Arme in ei nem komplizierten Muster vor der Brust und sah so gleichmütig drein, als habe er jedes Interesse an der Falle verloren. Koratzo wußte, was das bedeutete: Der Weltenma gier hatte herausgefunden, daß er der glü henden Wand nichts anhaben und auch nicht in die Falle hineinwirken konnte. Die Ge wißheit, daß er alleine damit fertig werden mußte, jagte dem Stimmenmagier einen ge linden Schrecken ein. Schließlich war es der
Marianne Sydow neue König von Pthor, den Allersheims Erbe gefangenhielt. Aber Koratzo fing sich schnell. Er stellte fest, daß auch er den Bann nicht einfach lösen konnte, und erst nach einigem Suchen entdeckte er einen schwachen Punkt – tief unten im Gestein saß das, worin Al lersheim die Kraft der Falle gesammelt hat te, und zufällig gab es in der Nähe dieses Reservoirs ein paar von den Kristallen, die Koratzo besonders leicht und schnell beein flussen konnte. Eine Sekunde später zer brach die Verbindung zwischen dem Reser voir und dem flammenden Etwas, in dem der Arkonide sich befand. Aber Allersheim, dieser gerissene alte Magier, dessen Spuren nach so langer Zeit längst hätten vergessen sein müssen, war noch nicht geschlagen. Zwar riß der Bann, der die Falle mit dem Fels verband, aber die Leuchterscheinung an sich blieb erhalten. Ein flimmerndes Oval trieb schräg in die Höhe und driftete mit dem leichten Wind davon. »Wo ist Atlan?« fragte Copasallior er schrocken. »Da drin«, antwortete Koratzo lakonisch. Ehe er zur Verfolgung ansetzte, murmelte er eine Formel, die den Rauch vertreiben sollte. Lange genug waren sie im Dunkeln herumgetappt und hatten sich darauf be schränkt, Sperren zu neutralisieren und di verse Fallen zu entschärfen. Denn sobald sie in der Palamandiro-Schlucht ihre magischen Fähigkeiten anwendeten, würde all das er wachen, was längst vergessene Magier einst hier deponiert hatten. Nun jedoch hatte Ko ratzo keine Lust mehr, auf solche Dinge Rücksicht zu nehmen. Die glitzernde Hülle trieb davon und entführte den König von Pthor – schlimmer konnte es gar nicht mehr kommen. Der Rauch reagierte zuerst nicht. Koratzo griff zu einer stärkeren Formel. Zögernd kroch das schwarze Zeug über den Boden, aber es war immer noch zu dicht, als daß Koratzo erkennen konnte, wohin Atlan ge bracht wurde. Da formten seine Lippen die
Raumschiff der Magier uralten Laute der Stimmenmagie, und ein unheilvolles Rauschen ging durch die Schlucht. Der Rauch verschwand. Die Sicht war plötzlich klar. »Da drüben!« Koratzo wirbelte herum. Aber auch Copa sallior vergaß jetzt jede Vorsicht. Ehe der Stimmenmagier noch erfaßte, was Copasal lior gesehen hatte, riß ihn der Sechsarmige fort, mitten in diese Welt jenseits der Wirk lichkeit hinein, in der alles grau und wesen los war – im nächsten Augenblick standen sie vor einer rostfarbenen Felswand, die fu genlos und glatt in die Höhe ragte. »Das Ding ist hier verschwunden«, mur melte Copasallior mißtrauisch. »Und es hat Atlan mitgenommen.« Koratzo klopfte prüfend gegen den Fel sen. Er spürte etwas Fremdes darin. Aber ehe er noch genauer nachforschen konnte, erhob sich in der Schlucht ein infernalisches Schreien und Kreischen. Die Gespenster der Vergangenheit waren erwacht. Von den zweihundert Magiern, die jetzt noch in der Barriere von Oth lebten, wären mehr als einhundertfünfzig sicher schon dem ersten Ansturm zum Opfer gefallen. Weitere vierzig hätten nur dann eine Chance gehabt, wenn sie im Verbund arbeiteten. Co pasallior und Koratzo gehörten zu den weni gen, die sich aus eigener Kraft zu behaupten vermochten. Was da die Palamandiro-Schlucht herauf gestürmt kam, gab sich den Anschein, halb wegs faßbare Körperformen zu besitzen. Die beiden Magier wußten jedoch, daß es ge fährlich war, auf solche Illusionen hereinzu fallen. Das Yassel mit den drei Hörnern zum Beispiel war nur eine Tarnung für eine An sammlung feindlicher Energien, die nur lose gebündelt waren, den Tarnkörper einzeln verließen und sich auf die Eindringlinge stürzten. Riesen stapften heran und schwan gen Speere und Schwerter, aber die eigentli chen Waffen, die mit diesen Gestalten ver bunden waren, krochen durch den Fels und blieben völlig unsichtbar. Andere Wesen – bekannter und unbekannter Form – enthiel
25 ten gar nichts, waren nur leere Hüllen, ein zig dazu gedacht, die Magier zu verwirren. Copasallior und Koratzo standen dicht ne beneinander vor der rostfarbenen Felswand. Wer sie sah und noch dazu fähig war, den Strom der Angreifer zu erfassen, den mochte es grausen angesichts der Ruhe, mit der die beiden der Auseinandersetzung entgegensa hen. Und auch als der Kampf entbrannte, rührten sie sich kaum. Copasallior wandte ab und zu den Kopf, und Koratzo murmelte eigenartige Laute vor sich hin, und nur sel ten bewegte einer von ihnen die Arme oder trat einen Schritt vor. Und doch erzielten sie eine verheerende Wirkung. Jeder Blick des Weltenmagiers löste einen Gegner einfach auf, jede Formel, die Koratzo sprach, fegte die Angreifer auf einer geraden Bahn davon, und keiner von ihnen kehrte zurück. Die Zahl der geisterhaften Gegner sank schnell, aber Copasallior und Koratzo durf ten vorerst in ihrer Aufmerksamkeit nicht nachlassen. Dies war die Barriere, die die positiven Magier geschaffen hatten, und mit ten in dem Gewimmel steckte auch das, was sie selbst vor langer Zeit in die PalamandiroSchlucht geschickt hatten, als es galt, GOL'DHOR gegen alles Unheil abzuschir men. Niemand hatte jemals daran gedacht, daß ein nicht magisch Befähigter in die Pala mandiro-Schlucht gebracht werden sollte. Und kein Bewohner von Oth wäre auf die Idee gekommen, Sicherungen einzuplanen, die solchen Umständen Rechnung trugen oder wenigstens im akuten Notfall den ge samten Fallenmechanismus außer Betrieb setzten. GOL'DHOR war ein Schatz der positiven Magier. Jarsynthia und die anderen, die in den Höhlen des Kir Ban ihr Schicksal gefun den hatten, waren niemals in die Nähe GOL'DHORs gelangt. Die Überlegung de rer, die die Fallen geplant hatten, lief darauf hinaus, daß ein positiver Magier sich mit Leichtigkeit gegen die verwendeten Energi en behaupten konnte. Das entsprach auch der Wahrheit. Wer dazu berechtigt war,
26 GOL'DHOR zu besuchen, mußte auf der Seite der positiven Magier stehen, und er al leine hatte eine Chance, das Hindernis zu überwinden. Aber nicht jeder positive Ma gier konnte etwas mit GOL'DHOR anfan gen. Niemand wußte so ganz genau, welche Kräfte erforderlich waren, um diesen Schatz zu heben, aber es mußte sich wohl um au ßergewöhnliche Fähigkeiten handeln. Dar um durften nur die Mächtigen von Oth zu GOL'DHOR vordringen. Dementsprechend war diese letzte Sperre aufgebaut. Copasalli or und Koratzo wurden mit den Angreifern fertig, aber sie mußten sich Zeit nehmen und mit aller Sorgfalt zu Werke gehen. Atlan trug zwar das Goldene Vlies, aber es war ungewiß, ob dieser Anzug ihn tat sächlich gegen magische Energien der ag gressivsten Art schützte. Es hatte keinen Sinn, nach ihm zu suchen oder ihn gar zu befreien, solange diese Gespenster sich noch in der Schlucht herumtrieben. Auf diese Weise verging kostbare Zeit. Die beiden Magier kämpften schweigend, aber mit wachsender Ungeduld. Zu allem Überfluß durften sie nur einen Teil ihrer na türlichen Waffen einsetzen. Auch das war eine Vorsichtsmaßnahme, die dem Schutz GOL'DHORs diente. Als endlich die letzten blassen Ungeheuer in sich zusammensanken und im Boden ver sickerten, atmete Koratzo erleichtert auf. Copasallior winkte ihm beruhigend zu. »Den Rest übernehme ich«, sagte er. »Kümmere du dich um Atlan.« Es gab Nachzügler unter den Gespenstern. Sie quollen unverhofft aus dem Boden und stürmten vorwärts, aber keiner von ihnen kam den Magiern nahe genug, um ihnen ge fährlich zu werden. Koratzo widmete sich der Wand und überließ es dem Weltenma gier, für die nötige Sicherheit zu sorgen. Sorgfältig untersuchte er das rostrote Ge stein. Er fand heraus, daß diese Wand wirk lich existierte und keineswegs nur ein ma gisch erzeugtes Scheingebilde war. Das Ge stein war aber zweifellos beeinflußt. Es lei tete den Schall so schlecht, daß Koratzo Mü-
Marianne Sydow he hatte, mit seinen Sinnen das zu erfassen, was jenseits der Wand lag. Endlich spürte er Wasser. Viel Wasser. Es war still und kalt und sehr ruhig. Er fahndete nach einer Öffnung. Die Lichtblase war hier hindurchgeglitten, und wenn sie auch ver mutlich von dem Gestein nicht aufgehalten werden konnte, so trug sie doch Atlan bei sich, an dessen unverrückbar materieller Existenz kein Zweifel bestehen konnte. Er fand keinen Ausgang, dafür spürte er den Arkoniden auf. Atlan tastete sich auf der anderen Seite der Felswand entlang, kaum einen Meter weit von Koratzo entfernt. Wäre der Hohl raum mit Luft statt mit Wasser gefüllt gewe sen, so hätte Copasallior ihn sofort heraus holen können. Koratzo wünschte sich jetzt, er hätte es vorher weniger eilig gehabt. Er hätte die leuchtende Wand gründlicher untersuchen sollen. Dann wüßte er jetzt wahrscheinlich mehr über das, was Allersheim in seine Falle gesteckt hatte, und damit hätte sich ein An haltspunkt dafür ergeben, wie man den Ar koniden aus der Höhle befreien konnte. Aber die Lichtblase hatte sich längst aufge löst, ihr Geheimnis war verflogen, und er stand vor dieser massiven Wand, die aus ei nem Gestein bestand, das den Mitteln der Stimmenmagie mühelos widerstand. Die einfacheren magischen Laute wurden von dem Zeug glatt verschluckt. Kräftigere Mit tel hätten sicher mehr Erfolg gebracht, aber das Risiko war dem Magier vorerst noch zu groß, denn wenn er die Wand gewaltsam aufbrach, konnte er Atlan leicht in noch grö ßere Gefahr bringen. Copasallior sah ungeduldig zu ihm her über. Koratzo suchte verbissen weiter. Und dann endlich entdeckte er kristalline Strukturen in der gegenüberliegenden Wand des Hohlraums, dicht über dem Grund der Grotte. Dahinter begann eine andere Höhle, und sie war ebenfalls zum Teil mit Wasser gefüllt. Sie reichte tief in den Berg hinein und besaß mehrere Ausgänge. Einer davon lag rechts von Koratzos jetzigem Standort,
Raumschiff der Magier gar nicht weit entfernt. Er versuchte Atlan zu warnen und ihm den Weg zu weisen. Aber seine Stimme, die er sogar durch die Zeit projizieren konnte, reichte nicht bis ins Innere des Hohlraums. Resignierend ging er am Felsen entlang, bis er eine Verbindung zu den kristallinen Schichten fand. Das Mineral gehorchte sei nem Befehl sofort und wurde brüchig. Ko ratzo spürte, wie das Wasser in die Ritzen drang und sich seinen Weg zu bahnen be gann. Hastig rief er Copasallior eine War nung zu und rannte dem Höhlenausgang ent gegen. Der Weltenmagier ließ sich Zeit. Erst als er sicher war, daß keine neuen Spukgestal ten auftauchen würden, machte auch er sich auf den Weg. Am Eingang der Höhle blieb er stehen. Überall glühten Kristalle. Sie ver breiteten ein vielfarbiges, geisterhaftes Licht. Koratzo eilte zwischen dicken Tropf steinen hindurch und berührte die Säulen. Viele begannen daraufhin zu glühen, so daß es immer heller wurde. Copasallior schritt mißtrauisch tiefer in die Höhle hinein. Nach wenigen Metern hör te er ein seltsames Knistern und Knirschen. Wasser rauschte auf. Der Weltenmagier blieb neben Koratzo unter einem Bogen aus blauen Tropfsteinen stehen und beobachtete besorgt den Riß, der sich in der Wand der Höhle bildete.
* Atlan neigte nicht so leicht zur Panik, und die Grotte mit ihren undurchdringlichen Wänden würde ihn nicht lange festhalten können. Er vertraute darauf, daß die Magier ihm zu Hilfe kommen würden. Aber er be mühte sich auch, aus eigener Kraft den Weg in die Freiheit zu finden. Allmählich wurde er jedoch ungeduldig. Er tastete sich an den Wänden auf und ab, und die absolute Finsternis und die lähmen de Stille zerrten an seinen Nerven. Einmal glaubte er, eine Stimme zu hören, die seinen Namen rief – ganz leise und unendlich weit
27 entfernt. Er hielt still und lauschte. Aber dann kam er zu dem Schluß, daß seine Phan tasie ihm einen Streich gespielt hatte. Er suchte weiter – und dann entdeckte er einen grauen Fleck rechts von seinem Standort. Er sah hin – der Fleck war verschwunden. Hastig blickte er wieder geradeaus, und so fort fand er den matten Lichtfleck wieder. Er kannte dieses Phänomen. Behutsam schob er sich seitlich an der Wand entlang, bemüht, starr nach vorne zu schauen und den grauen Fleck auf keinen Fall direkt anzusehen, ehe er ihn erreicht hatte. Seine Augen tränten, weil er sich bemühte, jedes Blinzeln zu un terdrücken. Ein paarmal verlor er die Rich tung dann kostete es ihn jedesmal kostbare Minuten, bis er sein Ziel erneut angepeilt hatte. Aber schließlich hing er in dem eiskal ten, dunklen Wasser vor einem Felszacken, an dessen Grund etwas ganz schwach leuch tete. Er befühlte die Fläche. Sie war glatt. Als er das Gesicht dagegen drückte, glaubte er, jenseits des glasartigen Gesteins einen großen Saal zu sehen. Er wartete geduldig, und allmählich gewöhnten sich seine Augen an das fahle Licht. Er sah tatsächlich in eine Höhle hinein. Es war, als blicke er durch ein Fenster aus ural tem, fast blindem Glas, das so dick und un regelmäßig war, daß alle Konturen hoff nungslos verzerrt wurden. Jenseits dieses seltsamen Fensters gab es jedenfalls keine einzige gerade oder wenigstens klare Linie, alles war krumm und schief. Die Höhle mußte sehr groß sein. Von ir gendwoher sickerte graues Licht herein. Die Säulen und statuenhaften Bodenerhebungen mochten Tropfsteine und natürlichen Ur sprungs sein. Aber das Ding in der Mitte des Raumes war mit Sicherheit künstlich herge stellt. So wie er es jetzt sehen konnte, bot es den Anblick einer riesigen, plumpen Heu schrecke, die zusammengekauert am Boden hockte, die Sprungbeine an den geschwolle nen Leib gezogen. Im ersten Augenblick dachte Atlan, tatsächlich ein Tier zu sehen.
28 In den Bergen von Oth mochte es auch sol che Ungeheuer geben. Aber dann entdeckte er die Tür. Eine Rie senheuschrecke, in deren Bauch eine Rampe führte – das kam ihm denn doch zu unwahr scheinlich vor. Und ausgerechnet die Rampe und die Tür darüber vermochte er einiger maßen klar zu erkennen, wenn er in einem bestimmten Winkel durch das »Fenster« sah. Er versuchte, die Größe der Heuschrecke abzuschätzen. Es gelang ihm nicht. Er spürte jedoch eine finstere Drohung, die von dem Gebilde ausging. Ein Geräusch ließ ihn zusammen schrecken. Er klammerte sich an der Felsna del fest und lauschte. Unter ihm knisterte es. Sekunden später perlten Luftblasen an sei nem Gesicht vorbei. Die Wand bricht! rief der Extrasinn. Atlan stieß sich ab. Er hatte inzwischen ein recht sicheres Gefühl dafür entwickelt, wie er sich in der Grotte zu bewegen hatte. Er schwamm nach schräg unten, bis seine ausgestreckten Hände gegen den Fels stie ßen. Dann ließ er sich sinken, stieß sich ab, um schneller vorwärts zu kommen und lauschte dabei dem Knistern und Knirschen, das immer lauter wurde. Jetzt begann es zu gurgeln – das Wasser floß bereits ab. Atlan schätzte, daß auf der anderen Seite minde stens ein Dutzend größere Öffnungen ent standen waren. Er erreichte den Grund und klammerte sich fest. Er hörte das Poltern von Steinen, und das Wasser rauschte auf. Luft drang in die Grotte. Nach der totalen Stille erschie nen ihm alle Geräusche unerträglich laut. In Wirklichkeit lief der ganze Vorgang erstaun lich ruhig ab. Das Wasser strömte nur lang sam nach draußen, und er spürte kaum einen Sog. Dafür entdeckte er schließlich dort, wo die Einbrüche stattfinden mußten, unregel mäßige Lichtflecken. Gleich darauf hörte er Stimmen. Die Magier! Er hatte keine Ahnung, wie sie es anstellten, aber zweifellos waren sie es, die die Wand der Grotte zum Einsturz brachten.
Marianne Sydow Er hatte den Eindruck, daß sie versuchten, ihm eine Nachricht zukommen zu lassen. Aber er konnte kein Wort verstehen. Das Wasser sank jetzt rasch, es gurgelte und zischte, polterte und knirschte so laut, daß die Stimmen der beiden Männer dort drau ßen hoffnungslos darin untergingen. Atlan wußte ohnehin, was er zu tun hatte. Er preß te sich dicht an den Boden und wartete ge duldig. Als das Wasser kaum noch strömte, drang von draußen ein lauter, warnender Ruf herein. Gleich darauf brach mit Donnergetö se ein Teil des brüchig gewordenen Gesteins zusammen. Einige Brocken klatschten neben dem Arkoniden ins Wasser, die anderen fie len nach draußen. Atlan lauschte mit ange haltenem Atem. Sobald das Gestein sich be ruhigt hatte, watete er zu dem unregelmäßi gen Loch hinüber und kletterte hindurch. Auf der anderen Seite war es hell, aber das Licht verwirrte den Arkoniden, denn es hatte ungewöhnliche Farben und breitete sich in seltsamer Weise in der riesigen Höh le aus, ohne daß die verschiedenen Farbtöne sich miteinander vermischten. Durch eine Zone von silbrigem Blau rannte er einen kurzen Geröllhang hinab, gelangte an eine in Purpur getauchte, natürlich gewachsene Treppe aus Sintergestein und traf endlich die beiden Magier in einer blaßgoldenen Licht säule, die aus dem felsigen Boden aufstieg. Er drehte sich um und blickte schaudernd auf die finstere Öffnung, durch die er ge kommen war. Erst jetzt erkannte er, daß er in einer tatsächlich fast perfekten Falle ge sessen hatte. Nirgends in dieser Felswand gab es Anzeichen dafür, daß das Gestein oh ne das Eingreifen der Magier irgendwo nachgegeben hätte. Das Wasser war fast völ lig abgeflossen. Rechts dehnte sich die dü stere Fläche eines Höhlensees. Die Szenerie erinnerte ihn an das Gebilde von der Form einer Heuschrecke. Unwill kürlich atmete er auf, als er feststellte, daß er nicht in der Nähe dieser Konstruktion her ausgekommen war. Er schalt sich einen Nar ren, weil er vagen Gefühlen nachgab, aber er hatte nicht die leiseste Sehnsucht, die
Raumschiff der Magier »Heuschrecke« jemals aus der Nähe be trachten zu müssen. Ärger und Ungeduld befielen ihn. Sie ver loren nur Zeit in dieser Schlucht. Wären sie mit einem Beiboot aus der FESTUNG auf gebrochen, so könnten sie sich schon jetzt auf dem Weg zum Stützpunkt der Krolocs befinden. Atlan hielt es für sehr fraglich, daß all die Schwierigkeiten sich letzten Endes lohnen sollten. »Der Weg ist jetzt frei«, sagte Copasalli or, der den Gesichtsausdruck des Arkoniden richtig deutete. »Wenn du GOL'DHOR siehst, wirst du alles verstehen. Komm.« Sie verließen die Höhle und gingen einen Teil des Weges zurück, dann wandte Copa sallior sich nach rechts, wo die Felswand leicht überhing. Atlan bemerkte, daß die Umgebung sich abermals veränderte. Er stens war der Rauch verschwunden. Zwei tens wurde der Boden der Schlucht fast eben. Nach kurzer Zeit sahen sie einen ge waltigen Wasserfall, der in einer Bodenspal te verschwand. Die beiden Magier schritten direkt auf das Wasser zu, und ein schmaler Pfad öffnete sich, der unter dem Wasserfall hindurchführte. Als Copasallior einen Schritt in den stäubenden Gischt hinein ge tan hatte, verschwand der ganze Wasserfall, als hätte jemand weiter oben in der Schlucht einen imaginären Wasserhahn zugedreht. Atlan hielt den Atem an. Keine fünfzig Meter weit entfernt stand GOL'DHOR.
5. Was immer er sich auch vorgestellt hatte – die Wirklichkeit übertraf alles. GOL'DHOR glich einem riesigen Insekt. Für einen Moment fühlte Atlan sich an das Heuschrecken-Gebilde erinnert, aber dieser Gedanke verflog ganz von selbst. Es gab einfach nichts, was diese beiden Dinge mit einander gemeinsam hatten. GOL'DHOR sah einer Gottesanbeterin ähnlich. Die Formen waren nur angedeutet, aber unverkennbar. Der Körper war etwa
29 fünfzig Meter lang, schlank und elegant ge formt. Die sechs Beine dienten als Landes tützen. Zwei leicht angewinkelte »Fangarme« ragten über den als Kopf ausge bildeten Bug hinaus. Dieser Kopf war kuge lig, mit aufgesetzten, vorgewölbten Augen. Sechs »Fühler« von unterschiedlicher Länge waren fächerförmig ausgebreitet. Das ganze Gebilde schimmerte golden, war dabei aber von einer seltsamen Transpa renz. Mühelos konnte Atlan alles erkennen, was sich im Rumpf der Gottesanbeterin ver barg, und auch diese inneren Teile waren golden und in sich teilweise durchsichtig. Aus der Nähe betrachtet, war jedes einzelne Teil so beschaffen, daß man selbst die win zigsten Konstruktionsteile erkennen konnte. Atlan hatte noch niemals ein Material gese hen wie das, aus dem GOL'DHOR bestand. Genauer gesagt, kannte er überhaupt nichts, womit dieses Gebilde sich vergleichen ließ. »Das goldene Raumschiff«, sagte Koratzo leise. Es klang andächtig. Raumschiff? Atlan war überrascht. Er hatte fast verges sen, warum sie nach GOL'DHOR gesucht hatten. Es sah eher wie ein Kunstwerk aus, so zerbrechlich und zart, daß er es kaum zu berühren wagte. Aber je länger er hinsah, desto deutlicher erkannte er, daß GOL'DHOR zu nichts an derem bestimmt war, als die Weiten zwi schen den Sternen zu durchmessen. Eine ge heimnisvolle Kraft schien in diesem Schiff zu stecken. GOL'DHOR wirkte sprungbe reit, aber nicht in der Form, daß es sich auf einen Angriff vorbereitete. Eher so, als war te es nur darauf, aus dieser Höhle befreit zu werden, um endlich seine volle Kraft entfal ten und sich triumphierend in die Lüfte schwingen zu dürfen. Es war das schönste Raumschiff, das At lan in seinem langen Leben jemals gesehen hatte. Langsam schritten sie um das Schiff her um, und der Arkonide konnte die Blicke nicht von der GOL'DHOR wenden. Als er die offene Schleuse im Rumpf sah, war er fast erschrocken. Die Öffnung wirkte wie ei
30 ne Wunde in diesem graziösen Körper. »Jetzt wird es sich zeigen«, murmelte Co pasallior. »Was?« fragte Atlan verständnislos. »Ob wir etwas mit ihm anfangen können oder nicht.« Der Arkonide starrte den Weltenmagier verblüfft an. »Wir wissen nicht, wer GOL'DHOR ge schaffen hat«, erklärte Copasallior verlegen. »Wir fanden es eines Tages, und natürlich wollten wir wissen, wozu es bestimmt war. Aber wer immer auch durch die Schleuse trat, vernahm nur eine Botschaft. Es hieß, daß GOL'DHOR ein Schiff sei, bestimmt, in einer großen Gefahr den Magiern zu helfen. Wenn der Zeitpunkt gekommen sei, werde GOL'DHOR erwachen und bereit sein. Aber es könne nicht jedem Magier gehorchen. Der Richtige müsse kommen. Nur ihm wer de GOL'DHOR gehorchen. Nachdem GOL'DHOR diese Botschaft wohl hundert Magiern mitgeteilt hatte, schwieg es lange Zeit. Und dann kam einer hierher, mit dem GOL'DHOR offenbar nicht einverstanden war. Dieses wunderbare Schiff raubte ihm den Verstand. Wir fanden ihn in dieser Höh le. Er starb wenig später. Seitdem kam nie mand mehr an GOL'DHOR heran. Wir er richteten Sperren – du hast sie kennenge lernt.« Atlan fühlte sich ernüchtert. Mißtrauisch musterte er die goldenen Fangarme. »Du meinst also, daß dieses Schiff uns prüfen wird?« fragte er. »Ja. Ich bin sicher, daß der Zeitpunkt ge kommen ist, an dem GOL'DHOR erwacht. Pthor wird aus dem Weltraum heraus be droht. Mit den Krolocs sind zum erstenmal Gegner aufgetaucht, die sich nicht einmal durch den Wölbmantel aufhalten lassen. Wir brauchen das Schiff.« »Dann fehlt nur noch jener Magier, von dem die Rede war!« stellte Atlan sarkastisch fest. »Es muß kein Magier sein«, bemerkte Koratzo. Der Arkonide sah ihn fragend an.
Marianne Sydow »In der Botschaft wurde stets nur von ›dem Richtigen‹ gesprochen«, erklärte der Stimmenmagier. »GOL'DHOR ist ohne jeden Zweifel ein Produkt der positiven Ma gie. Und du bist der erste Herrscher von Pthor, der positive Ziele verfolgt. Wir hof fen, daß dieses Raumschiff dich anerkennen wird.« Atlan betrachtete die GOL'DHOR nach denklich. »Also gut«, murmelte er schließlich. »Versuchen wir es.« Er schloß den Helm des Goldenen Vlieses und marschierte auf die Rampe zu. Die bei den Magier sahen ihm schweigend nach. At lan überlegte, was sie tun würden, wenn ihre Hoffnung sich nicht erfüllte. Er rechnete nicht damit, daß GOL'DHOR ihn töten wür de, aber er kannte die Magier inzwischen gut genug, um zu wissen, daß jeder Mißerfolg ihnen schwer zu schaffen machte. Aber dann hatte er die goldene Rampe erreicht. Er setz te den rechten Fuß darauf. »Rufe deine beiden Begleiter!« Atlan zuckte zusammen. Unwillkürlich sah er sich nach Copasallior und Koratzo um. Die bei den Magier hatten sich nicht von der Stelle gerührt, aber das hatte nichts zu bedeuten. Versuchte Koratzo einen seiner Tricks mit ihm? Der Stimmenmagier gehörte nicht zu de nen, die andere für sich die Kastanien aus dem Feuer holen ließen. Atlan wußte genau, daß Koratzo viel lieber selbst diesen ersten Vorstoß in die GOL'DHOR unternommen hätte. »Auch er wäre mir willkommen gewe sen«, erklärte die geisterhafte Stimme, die er eben schon gehört hatte. »Rufe ihn. Rufe auch Copasallior. Die Zeit des Wartens ist vorüber. Ich werde euch tragen, wohin ihr wollt.« »GOL'DHOR?« fragte Atlan halblaut. »Ja. Ich bin es, das goldene Raumschiff. Ich spreche zu dir, weil ich dir vertraue. Du und deine Gefährten – ihr seid die, denen ich dienen soll.« Atlan sah sich zweifelnd um. Ein spre
Raumschiff der Magier chendes Schiff – an einem anderen Ort hätte er sich nicht darüber gewundert, daß GOL'DHOR Verbindung zu ihm aufnahm. Eine entsprechende Automatik war nichts Ungewöhnliches. Aber er bezweifelte, daß ein Roboter diese Kontaktaufnahme betrieb, denn so etwas würde es in diesem magi schen Schiff sicher nicht geben. Aber wem gehörte dann diese Stimme? »Mir!« kam die lautlose Antwort. »Mir, GOL'DHOR! Ich kann dich sehen und hören und deine Gedanken erkennen.« »Was bist du?« fragte Atlan. »Eine Ma schine, oder ein lebendes Wesen?« »Ich bin mehr als beides zusammen«, er klärte GOL'DHOR nüchtern. »Hast du Angst vor mir?« Atlan schwieg. »Du kannst mir vertrauen«, sagte GOL'DHOR. »Fühlst du das nicht?« Der Arkonide wandte sich wortlos um und winkte den beiden Magiern zu. Sie eil ten heran und blieben dicht vor der Rampe stehen. »Kommt endlich!« rief das Schiff auf sei ne geisterhafte Weise. »Die Zeit verrinnt, und die Gefahr wächst. Wie lange wollt ihr noch warten?« Copasallior und Koratzo tauschten einen vielsagenden Blick, dann kamen sie die Rampe herauf. »Es könnte eine Falle sein«, sagte Atlan leise. »Mir geht das alles ein bißchen zu glatt! Warum ist das Ding so freundlich und hilfsbereit?« Koratzo legte den Kopf schief, als lausche er. Dann lehnte er sich lächelnd an den Rah men der Schleuse. »Du bist mit den Gesetzen der Magie nicht vertraut und hast keine Erfahrung mit Umgang mit Dingen wie GOL'DHOR«, be merkte Copasallior gelassen. »Sonst wäre es dir unmöglich, einen so absurden Verdacht zu entwickeln. Ich spüre die magischen Kräfte um uns herum. Sie sind positiv. Das Böse hat keine Chance in diesem Schiff.« Atlan zuckte schweigend mit den Schul tern. Copasallior und Koratzo waren sich ih
31 rer Fähigkeiten bewußt und vertrauten dar auf, daß sie das Schiff richtig einschätzten. Jeder weitere Zweifel, den der Arkonide vorbrachte, mußte die beiden Magier belei digen. Also hielt er den Mund. Aber er be schloß, wachsam zu bleiben. Sie gingen durch die Schleuse in den Rumpf der GOL'DHOR. Drinnen war es hell, und natürlich besaß das Licht eine gol dene Farbe. Sie standen in einem Raum, der das Innere des ganzen Rumpfes einnahm. Golden schimmernde, durchsichtige Geräte ragten hier und da aus dem Boden auf. Au ßerdem gab es ein paar einfache Möbel und Schlafstätten, aber auch sie bestanden aus diesem glasartigen Material. Atlan betastete mißtrauisch so ein Bett. Überrascht stellte er fest, daß die kaum sichtbaren Decken und Kissen weich und warm waren. »Ich kann Trennwände errichten«, ver nahm er die lautlose Erklärung des Schiffes. »Wenn es euch angenehmer ist, werde ich diese Wände undurchsichtig machen.« Atlan mußte lächeln. Das Schiff schien an alles zu denken. »Ich bemühe mich«, versicherte GOL'DHOR geschmeichelt. Durch einen flirrenden Vorhang aus win zigen, goldgläsernen Plättchen gelangten sie in den Brustabschnitt der »Gottesanbeterin«. Dieser Raum war vollgestopft mit Geräten, die allesamt so fremdartig aussahen, daß At lan nichts mit ihnen anzufangen wußte. Es gab keine Parallelen zu den Produkten ihm bekannter Technologien. In der Zentrale da gegen, die im Kopf GOL'DHORs unterge bracht war, sah es beinahe vertraut aus. Es gab Sitzgelegenheiten, vor denen sich Be dienungselemente befanden, und Atlan ent deckte Vorrichtungen, die offenbar der Or tung und der Navigation dienten. »Wohin soll ich euch bringen?« fragte die geisterhafte Stimme diensteifrig. »Zum Crallion«, bestimmte Copasallior und ließ sich in einen durchsichtigen Sessel sinken. »Wir werden ein paar Dinge an Bord nehmen, die uns unterwegs von Nutzen sein könnten. Kennst du den Weg?«
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»Alles in der Barriere von Oth ist mir ver traut«, versicherte das Schiff freundlich. Atlan hielt den Atem an, als die GOL'DHOR lautlos vom Boden abhob. Durch die Wände hindurch sah er die Höhle, in der das Raumschiff wer weiß wie lange gestanden hatte. Die GOL'DHOR glitt ele gant über den Boden dahin. Die nach außen gewölbten »Augen« verloren ihren goldenen Schimmer und wurden zu kristallklaren Fen stern. Das Schiff verließ die Höhle und begann zu steigen, schwebte senkrecht zwischen den Wänden der Palamandiro-Schlucht hinauf und wich völlig selbständig jedem Hindernis aus. Die Felsen glitten vorbei, dann schwang das Schiff herum, und für einen Augenblick spürte Atlan ein leichtes Vibrieren unter den Füßen. Vor den Augenfenstern erhob sich ein düsterer Berggipfel. Nebelschwaden trie ben heran. Die GOL'DHOR verharrte auf der Stelle, und der Arkonide hatte den Ein druck, als sei dieses seltsame Gebilde tat sächlich aufgeregt und gespannt – dann tat die GOL'DHOR einen Satz, der Boden sack te unter ihnen weg, und im nächsten Augen blick sahen sie die Barriere schon tief unter sich. Der Flug dauerte kaum eine Minute. Dann hatten sie den Crallion erreicht. Die GOL'DHOR landete nicht auf dem Plateau, sondern blieb neben der Brüstung in der Luft hängen und fuhr nur die Rampe aus. Copasallior verließ das Schiff, um die Aus rüstung zu besorgen. Atlan blieb vor den noch immer fremden Kontrollen sitzen und hing seinen Gedanken nach. Eine halbe Stunde später waren sie auf dem Weg in die FESTUNG.
* Die Ankunft der GOL'DHOR war eine Sensation. Atlan fand es bezeichnend, daß die Pthorer das Schiff mit spontaner Freude begrüßten. Sie jubelten der GOL'DHOR schon zu, als sie noch gar nicht wissen konnten, wer sich in diesem erstaunlichen
Flugobjekt aufhielt. Das Schiff landete ele gant und lautlos direkt vor der großen Pyra mide. Atlan entdeckte Thalia und Kolphyr, die herbeigeeilt kamen. »Der Steuermann weiß, wo die Station Cornac liegt«, sagte er zu den beiden Magi ern. »Er wird uns die genauen Koordinaten geben. Hoffentlich kann dieses Schiff damit etwas anfangen.« »Ich kenne den Steuermann und weiß, in welchen Bahnen er denkt«, antwortete Ko ratzo. »Notfalls werde ich seine Angaben für die GOL'DHOR übersetzen.« Atlan nickte nur. Er hatte eigentlich eine ähnliche Antwort erwartet. Als er die Rampe verließ, befiel ihn ein Gefühl der Einsamkeit. Überrascht sah er sich um. Die GOL'DHOR war immer noch zum Greifen nahe, aber die Verbindung zu dem eigenartigen Schiff war unterbrochen. Umso besser, dachte der Arkonide. End lich konnte er sein eigenes Mißtrauen unter die Lupe nehmen, ohne damit rechnen zu müssen, daß GOL'DHOR jeden Gedanken verfolgte. Aber vorerst blieb ihm wenig Zeit zum Nachdenken. Er berichtete Thalia und Kolphyr kurz, wie sie GOL'DHOR gefunden hatten und was sich die beiden Magier von dem Raum schiff versprachen. Natürlich wollten die beiden den Flug am liebsten mitmachen. Im Gegensatz zu Atlan waren sie hell begeistert über das Schiff und überhaupt nicht mißtrau isch, was die Motive für dessen Hilfsbereit schaft betraf. Nur widerwillig sahen sie ein, daß sie in der FESTUNG bleiben mußten. Atlan überzeugte sie schließlich mit dem Ar gument, daß GOL'DHOR selbst diese Ent scheidung bereits getroffen hatte, indem sie Atlan und die beiden Magier als die »richtigen« Personen anerkannte, denen sie dienen wollte. Atlan hatte außerdem erwartet, daß der Steuermann ihm Schwierigkeiten bereiten werde. Immerhin hatte dieses Wesen bereits eigene Erfahrungen im Korsallophur-Stau und im Umgang mit den Krolocs gesam melt, und verschiedene Begebenheiten in der
Raumschiff der Magier Vergangenheit deuteten darauf hin, daß der Steuermann durchaus fähig war, Gefühle der Eifersucht zu entwickeln. Nun kam die GOL'DHOR daher und machte den Steuer mann entbehrlich – wenigstens für den Flug nach Cornac. Aber der Steuermann gab dazu keinen Kommentar. Vielleicht war er froh, nicht gleich wieder einen Teil seiner selbst aus senden zu müssen, in einen unbekannten Le bensraum hinein, in dem tausend Gefahren drohten. Jedenfalls erbot er sich spontan, selbst eine Verbindung zur GOL'DHOR zu suchen, um die benötigten Daten dem Schiff direkt übermitteln zu können. Zu Atlans Überraschung kam der Kontakt schon im er sten Anlauf zustande. Binnen weniger Minu ten waren alle Fragen geklärt. Der Steuer mann und die GOL'DHOR erklärten über einstimmend, daß der Flug nach Cornac so fort beginnen könne. Atlan war damit ein verstanden. Sie hatten in der PalamandiroSchlucht genug Zeit verloren. Für seine Be griffe wurde es höchste Zeit, daß etwas für Razamon und Balduur getan wurde. Copasallior und Koratzo waren inzwi schen nicht untätig gewesen. Sie hatten ein paar Dellos zusammengetrommelt, die Pro viant herbeischafften. Die GOL'DHOR hatte sich willig beladen lassen. Als Atlan aller dings die Packen und Kisten mit den Vorrä ten mitten zwischen den goldgläsernen Ge räten sah, tat ihm dieser Anblick weh. Das Schiff war durch die Fracht regelrecht ver schandelt worden. Schönheit kann man nicht essen, kom mentierte der Extrasinn trocken. Der Abschied war kurz. Thalia ließ den Arkoniden ungern ziehen, und Kolphyr schmollte. Fenrir ließ sich nicht blicken. Der »Stumme« und Grizzard, mit denen Atlan gerne noch ein paar Worte gewechselt hätte, hielten sich von der GOL'DHOR fern. Atlan hatte ein paar Dellos damit beauftragt, diese beiden Männer im Auge zu behalten, damit nichts Schlimmes geschah. Die Beobachter ließen mitteilen, daß ihre Schützlinge düste rer Stimmung waren, sich aber ruhig ver
33 hielten. Als die GOL'DHOR zu ihrem Flug in den Korsallophur-Stau startete, hatte Atlan den noch das ungute Gefühl, im Lande Pthor zu viele ungelöste Probleme zurückzulassen. Nachdenklich starrte er durch die Augen fenster auf die Pyramiden der FESTUNG, die schnell zurückfielen. Er schob die trüben Gedanken zur Seite und ließ sich in einem durchsichtigen Sessel nieder. »GOL'DHOR!« sagte er laut. »Was gibt es?« fragte das Schiff eifrig. »Erkläre mir, was man mit den Schaltern auf dieser Tafel alles anfangen kann. Ich möchte alles wissen und jede Funktion ken nenlernen.« »Warum?« Irrte er sich, oder klang die Gedanken stimme beunruhigt? »Im Notfall«, antwortete er bedächtig, »möchte ich die Möglichkeit haben, die Steuerung zu übernehmen.« »Ich selbst bin die Steuerung.« »Welche Bedeutung haben dann die Be dienungspulte?« Für einen Augenblick blieb es still. Atlan fühlte die erstaunten Blicke der Magier, aber er sah nicht auf. »Ich werde dich einweisen«, sagte die GOL'DHOR schließlich. Der Arkonide atmete tief durch und lehnte sich zurück. Das Schiff begann, Atlan in der Bedie nung der Kontrollen zu unterrichten. GOL'DHORs Erklärungen waren erstaunlich präzise und leicht verständlich. Atlan stellte fest, daß es sehr leicht sein mußte, dieses Schiff zu beherrschen – vorausgesetzt, die GOL'DHOR hielt nicht einige wichtige In formationen zurück. Manchmal schämte er sich seines Mißtrauens, denn das goldene Raumschiff schien wahrhaft rührend um sei ne Passagiere bemüht. Es verströmte so viel Freundlichkeit, daß es absurd schien, ihm unlautere Motive zu unterstellen. Zu Atlans Erleichterung gingen die bei den Magier auf das Spiel ein. Als die GOL'DHOR den Wölbmantel erreichte,
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wußten die drei Passagiere bereits genug, um die verschiedenen Manöver mit einigem Sachverstand zu verfolgen. Der Korsallophur-Stau nahm das Schiff der Magier auf.
* Übergangslos war das neblige Grau des pthorischen Himmels verschwunden, und ei ne stauberfüllte Dunkelheit breitete sich jen seits der Augenfenster aus. Sie schauderten beim Anblick dieser düsteren Welt. Hier gab es keine blitzenden Sterne und leuchtenden Gasnebel, nichts von der erhabenen Unend lichkeit des freien Raumes – nur Staub und Trümmerbrocken erfüllten das, was man den Korsallophur-Stau nannte. »Das ist grauenhaft«, flüsterte Koratzo nach geraumer Zeit. Schweigend sahen sie nach draußen, bis das Raumschiff die Initiative ergriff. Die Fenster färbten sich leicht golden ein. Die Staubwirbel bekamen plötzlich ein freundli cheres Aussehen. Sie glühten in sanften Far ben zwischen Gelb und Purpur, und die Ge steinsbrocken, die an dem Raumschiff vor beitrieben, leuchteten wie winzige goldene Monde. Atlan setzte zu einem Protest an, weil er fürchtete, durch die Verfälschung des Bildes drohende Gefahren zu spät erkennen zu kön nen, aber er behielt seine Bemerkungen für sich. Was immer an Geheimnissen in diesem Raumschiff stecken mochte – GOL'DHOR würde die eigene Existenz zu sichern wis sen. Er versuchte sich vorzustellen, wie dieses Schiff von draußen aussehen mochte. Am unteren Rand des Blickfelds konnte er die »Fangarme« sehen, die sich wiegend auf und ab bewegten. Das Raumschiff war hell beleuchtet – an Energie schien es jedenfalls nicht zu fehlen. Atlan lächelte unwillkürlich. Die GOL'DHOR bot sicher ein beein druckendes Bild. Die Frage war nur, ob die Krolocs auf einen solchen Anblick über haupt reagierten.
Über allem vergaßen sie nicht, auch wei terhin die Kontrollen zu beobachten. Die GOL'DHOR gab ihre Erklärungen geduldig und unermüdlich und beantwortete jede Fra ge. Die Bilder von draußen änderten sich kaum, nur der Staub war von unterschiedli cher Dichte, und die Trümmerbrocken ka men bald einzeln, bald in verschieden großen Schwärmen. Sie sahen immer selte ner hin und konzentrierten sich auf das Ler nen, bis sie zu müde wurden. Copasallior verschwand als erster durch den goldflirren den Vorhang. Koratzo war der nächste. At lan blieb noch eine Weile sitzen und sah ta tenlos zu, wie die GOL'DHOR durch den Staub pflügte. »Warum mißtraust du mir eigentlich?« wollte das Raumschiff plötzlich wissen. Atlan überlegte sich die Antwort sehr sorgfältig. »Welchen Grund hast du, uns zu helfen?« »Ich wurde dazu geschaffen.« »Von wem?« »Das weiß niemand.« Es hörte sich tatsächlich so an, als sei das Schiff traurig über diese Unkenntnis. »Wann bist du entstanden?« fragte Atlan. »Wie wurdest du gebaut? Was weißt du über deinen Auftrag?« »Ich kann dir nur die letzte Frage beant worten. Ich hatte zu warten, bis eine Bedro hung von jenseits des Wölbmantels auftrat. Erst dann durfte ich mich den Magiern für einen solchen Flug zur Verfügung stellen.« »Welchen Magiern? Wußtest du, daß Co pasallior und Koratzo dich suchen würden?« »Die Namen der beiden waren mir be kannt. Ausschlaggebend ist jedoch die posi tive Kraft, die von beiden ausgeht. Nur echte Vertreter der positiven Magie dürfen mich benutzen.« Atlan war unzufrieden mit diesen Ant worten. Er hatte das Gefühl, etwas Wichti ges übersehen zu haben. Aber er kam nicht darauf, was das war. »Wenn wir auf die Krolocs treffen«, sagte er nachdenklich, »was wirst du dann tun? Hast du Waffen, mit denen du sie zwingen
Raumschiff der Magier könntest, Pthor in Ruhe zu lassen?« »Nein!« Die GOL'DHOR schien empört zu sein. Atlan runzelte unwillig die Stirn. »Keine Waffen?« erkundigte er sich un gläubig. »Ich bin ein Erzeugnis der positiven Ma gie«, antwortete das Raumschiff streng. »Ich wurde für den Frieden gemacht, nicht für den Krieg.« »Gut und schön, aber die Krolocs werden darauf keine Rücksicht nehmen. Was nützen all die schönen Worte, wenn man dich bei der erstbesten Gelegenheit zerstört?« »Die Krolocs können mich nicht zerstö ren. Es ist für alles gesorgt. Du solltest dir jetzt etwas Ruhe gönnen. Wir werden Cor nac erreichen, sobald du und deine Gefähr ten dazu bereit sind.« »Was soll das heißen?« fragte Atlan un willig. Aber die GOL'DHOR antwortete nicht. Mißtrauisch betrachtete er die vorbeitrei benden Staubwolken. Die Anzeigen vor ihm waren unverändert – die GOL'DHOR flog mit hoher Geschwindigkeit durch den Kor sallophur-Stau. Dennoch wurde Atlan den Verdacht nicht los, daß das Raumschiff ei genmächtig die Fahrzeit verkürzen oder ver längern würde, wenn ihm das im Interesse seiner Passagiere zu liegen schien. Das ist nur vernünftig, behauptete der Ex trasinn gelassen. Ihr bekommt es mit einem überlegenen Gegner zu tun. Du wirst deine Kräfte noch brauchen. Atlan kapitulierte und begab sich in den Wohnbereich im Rumpf der GOL'DHOR. Ein sanfter Gongschlag weckte ihn Stun den später. Er richtete sich auf, reckte sich und sah dabei durch die Wand nach draußen. Mitten im Staub zeichneten sich die Um risse ovaler Flugscheiben ab. Es waren acht Spaccahs unterschiedlicher Größe. Ver mummte Gestalten hockten darauf. Jetzt würde es sich zeigen, ob die GOL'DHOR wirklich den Flammenspeeren der Krolocs gewachsen war.
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6. Die Krolocs hatten ihre Spaccahs abge bremst und auf einen Parallelkurs zur GOL'DHOR gebracht. Sie schienen jede Überraschung überaus schnell zu verdauen. Als Atlan in den Kommandoraum kam, deu tete Koratzo gerade anklagend auf die bis zur Unkenntlichkeit vermummten Gestalten auf den Flugscheiben. »Sie unterhalten sich«, sagte er. »Aber ich kann sie nicht verstehen.« Atlan verstand seine Aufregung nicht ganz. Bis jetzt kann ten sie nicht einmal die Grundbegriffe der krolocischen Sprache. Wahrscheinlich wür de es in Cornac Translatoren oder Ähnliches geben, was eine Verständigung ermöglichte. Die Fremden dort draußen jedoch hatten wahrscheinlich in ihrem ganzen Leben noch keine Silbe Pthora vernommen. »Meine Magie ist unwirksam«, sagte Ko ratzo kleinlaut, als er Atlans verständnislose Miene sah. »Ich dringe einfach nicht zu den Fremden durch. Es muß an diesen Staubwol ken liegen. Wer weiß, welche Kräfte darin wirksam sind!« Atlan zuckte nur die Schultern. »Wir werden es herausfinden«, murmelte er. »Abgesehen davon – ich kann dir auch ohne magische Fähigkeiten sagen, was die Fremden dort draußen jetzt bewegt. Sie wis sen mit uns nichts anzufangen, und sie über legen, ob sie uns angreifen oder nur beob achten sollen.« »Sie hätten die Möglichkeit, Verbindung zu uns aufzunehmen«, erklärte die GOL'DHOR plötzlich. »Ihnen stehen Geräte zur Verfügung, mit denen sich die Entfer nung zwischen den Spaccahs und uns leicht überbrücken läßt. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß gerade jetzt eine Verbindung nach Cornac aufgenommen wird.« Einen Augenblick später richteten sich Dutzende von Flammenspeeren auf die GOL'DHOR. Feuerstrahlen hüllten das Schiff ein. Sie erreichten das Schiff jedoch nicht, sondern prallten gegen ein unsichtba
36 res Hindernis. »Frage sie, warum sie auf uns schießen!« befahl Atlan. »In unserer Sprache?« erkundigte sich die GOL'DHOR. »Sie werden uns nicht verste hen.« »Versuche es trotzdem.« Eine halbe Minute später meldete sich das Raumschiff wieder. »Sie hören gar nicht erst zu.« Atlan nickte. Das war zu erwarten gewe sen. Die Krolocs schossen blindlings auf einen fremden Flugkörper und taten nicht einmal zum Schein so, als wären sie an Ver handlungen interessiert. »Wir fliegen weiter«, verkündete die GOL'DHOR. »Hier verlieren wir nur Zeit.« Ehe Atlan und die beiden Magier eine Antwort geben konnten, machte die GOL'DHOR einen Satz in die nächste Staubwolke hinein. Die Spaccahs mit ihren unförmigen Passagieren verschwanden aus dem Gesichtsfeld. Atlan erwartete, daß die Krolocs sofort die Verfolgung aufnahmen. Sicher versuchten sie es auch, aber sie hol ten die GOL'DHOR nicht ein. Beruhigt stell te der Arkonide fest, daß die GOL'DHOR weit schneller als die Spaccahs war. »Wie weit ist es noch bis nach Cornac?« fragte er. »Wir sind gleich da.« »Merkwürdig«, murmelte Copasallior. »Man sollte meinen, daß es in der Nähe der zentralen Station von Krolocs und Spaccahs wimmelt. Wo stecken die Kerle denn nur?« »Ich habe keine Sehnsucht nach ihnen«, kommentierte Koratzo. Er blickte nach drau ßen und schüttelte sich. »Es sind unsympathische Wesen«, stimm te der Weltenmagier zu. »Sie haben eine un angenehme Ausstrahlung, und ich wäre froh, wenn ich mich nicht mit ihnen zu befassen brauchte. Aber wir haben nun einmal keine andere Wahl. Und wenn die Krolocs nicht in Cornac sind, stehen sie vielleicht mit ihren Flugscheiben schon über Pthor.« »Sie bereiten einen Überfall auf die Lich tung der Eripäer vor«, bemerkte Atlan. »Ist
Marianne Sydow das dort schon Cornac?« »Wir sind am Ziel«, bestätigte die GOL'DHOR. Aus den Staubschwaden schälten sich die Umrisse eines seltsamen Gebildes. Etwas an den Augenfenstern veränderte sich, und plötzlich waren die Staubwolken wie weg gewischt. Klar und deutlich konnten sie jede Einzelheit von der vor ihnen liegen den Sta tion erkennen. Cornac bestand aus drei unregelmäßig knollenförmigen Riesentrümmern. Zweifel los hatten die Krolocs die Felsbrocken zu sammengeführt und miteinander verbunden. Eine solche Konstellation konnte nicht ein mal im Korsallophur-Stau auf natürlichem Wege zustande kommen. Die drei Brocken waren aneinandergereiht. Vom derzeitigen Standort der GOL'DHOR aus schien es, als balancierten die Teile der Station aufeinan der. Gewaltige Verbindungsröhren zogen sich zwischen ihnen durch den Raum, einige starr, andere flexibel – sie bewegten sich langsam, als zerrten unsichtbare Kräfte an den drei Felsbrocken. Metallene Trassen bil deten ein Gewirr rund um diese Verbin dungswege. Dazwischen stachen steinerne Pfeiler aus der dunklen Oberfläche der Stati onsteile. Ihre Spitzen berührten sich hier und da, und jedesmal umzuckten Blitze die Fels brocken. Der Rest der Oberfläche war bedeckt von einem chaotischen Gemisch von Kuppeln und Türmen, würfelförmigen Gebäudeklöt zen und unregelmäßig geformten Plattfor men, die wie flache Pilze auf verschieden langen Stielen in den Raum hinausragten. Am Rande der Plattformen waren Spaccahs verankert, kleine und große bunt durchein ander. Aber viele Liegeplätze waren leer. Noch während sie hinsahen, lösten sich weitere Flugscheiben von der Station. Die Krolocs hatten die GOL'DHOR entdeckt und flogen ihr entgegen. Sie kamen gewiß nicht, um die Ankömmlinge willkommen zu heißen. »Solange sie nur mit ihren Flammenspee ren auf uns schießen, kann nicht viel passie
Raumschiff der Magier ren«, meinte Copasallior optimistisch. »Ich bin sicher, daß den Krolocs auch noch andere Mittel zur Verfügung stehen«, murmelte Atlan. Er beobachtete ein paar dünne, hohe Tür me, an denen metallene Gebilde befestigt waren, die ihn an Antennen und Hohlspiegel erinnerten. Diese Anbauten bewegten sich langsam. Sie richteten sich auf die GOL'DHOR aus. Die ersten Spaccahs waren heran. »Können wir denn gar nichts tun?« fragte Koratzo unruhig. »Nein«, erwiderte das Raumschiff knapp. »Einfach hier herumstehen und abwarten …« Copasallior stieß den Stimmenmagier an. Er schüttelte kaum merklich den Kopf. Sie mußten sich wohl oder übel auf die GOL'DHOR verlassen. Innerhalb des Schif fes waren sie durch die Schutzschirme gegen die Energiestrahlen der Krolocs abge schirmt. Draußen dagegen hatten sie keine Chance, auch nur den Beginn der Kämpfe zu überstehen – trotz der magischen Anzüge. Atlan fühlte sich in der durchsichtigen Kanzel wie auf dem Präsentierteller. Unge duldig ging er an den Pulten entlang, be trachtete die Schalter und Geräte und über legte, daß es auch hier Möglichkeiten geben mußte, die Defensivwaffen der GOL'DHOR zu bedienen. Das Raumschiff hatte ihnen zu diesem Punkt bisher keine Informationen gegeben. Er folgte einem plötzlichen Impuls und ließ sich vor einem der Pulte nieder. Auf merksam beobachtete er jede Veränderung. Die Krolocs umschlossen die GOL'DHOR von allen Seiten. Sie trugen ihre Stabwaffen mit sich, lange und kürzere, deren Spitzen verhalten glühten. Die GOL'DHOR machte nur noch wenig Fahrt. Langsam glitt sie nä her an Cornac heran. Unvermittelt griffen die Krolocs an. Von einer Sekunde zur anderen war die GOL'DHOR in eine Flammenwand gehüllt. Der Raum um die GOL'DHOR herum schi en aufzureißen. Die Umgebung wurde un
37 sichtbar, die Spaccahs und der Stützpunkt Cornac verschwanden hinter einem grellen Glühen und Wabern. Aber das goldene Raumschiff glitt unauf haltsam weiter. Es schob sich durch die glü hende Wand. Atlan bemerkte ein paar An zeigen, die sich langsam veränderten – die Schutzschirme wurden verstärkt. Da die Kontrollelemente sehr übersichtlich ange ordnet waren, gelang es ihm ziemlich schnell, die richtigen Verbindungen heraus zufinden. Er prägte sich jede Einzelheit ein. Die Flammenwand zerriß, als die GOL'DHOR sich langsam hindurchschob. Die Spaccahs tauchten vor den Fenstern auf. Die Krolocs sprangen aufgeregt auf den Flugscheiben herum. Die meisten richteten unbeirrbar ihre Waffen auf das goldene Raumschiff und feuerten, aber die Energie strahlen reichten nur noch wenige Meter weit in den Raum. Dann verschwanden sie spurlos. Und als die GOL'DHOR noch näher herankam, versagten die Waffen der Kro locs. Die Wesen in den unförmigen Raumanzü gen warfen ihre Flammenspeere und die kurzläufigeren Strahler mit allen Anzeichen von Panik weg. Die meisten Waffen fielen auf die Spaccahs, aber viele trieben auch da von in die Staubwolken des KorsallophurStaus. Einige Krolocs sprangen über Bord, als die GOL'DHOR wie ein riesiges, gold schimmerndes Insekt über ihre Fahrzeuge hinwegglitt. Eine Spaccah scherte aus und raste auf das Schiff zu. Eines der Landebeine streifte die Flugscheibe und riß sie auf. Es gab eine Stichflamme, Trümmer wirbel ten um die GOL'DHOR, aber das Schiff schüttelte sich nur leicht und setzte seinen Flug fort. Die Krolocs mochten einsehen, daß sie diesem Gegner nicht gewachsen waren. Die Spaccahs wendeten, der Ring der Angreifer löste sich in hektischer Eile auf. Die Flug scheiben schossen wirr durcheinander. Es gab Kollisionen, aber zu Atlans Erleichte rung kamen fast alle Krolocs mit dem Schrecken davon. Sie konnten sich auf ande
38 re Fahrzeuge retten oder trieben auf die nahe Station zu. Die führerlosen Flugscheiben wurden automatisch abgebremst und blieben somit ebenfalls in der Nähe von Cornac. »Das ging schneller als ich dachte«, mur melte Copasallior. »Es ist noch nicht vorbei«, antwortete Ko ratzo trocken. »Ich spüre etwas. Große Waf fen richten sich auf die GOL'DHOR!« Atlan stellte fest, daß die Schirmfelder immer noch stärker wurden. Das goldene Raumschiff verfügte über erhebliche Reser ven, und es paßte sich der jeweiligen Situati on an. Immer noch trieben zwischen der GOL'DHOR und der Station Hunderte von Spaccahs im Raum. Atlan schloß geblendet die Augen, als plötzlich ein Energiestrahl von etwa zehn Metern Durchmesser über die Flugscheiben hinwegzuckte. Zahlreiche Fahrzeuge vergingen in diesem Feuer – die Besitzer von Cornac nahmen offenbar wenig Rücksicht auf ihre geschlagenen Artgenos sen. Der Strahl erreichte die Schirme der GOL'DHOR und zerfaserte, ohne weiteren Schaden anzurichten. »Was sind das für Waffen?« fragte Korat zo entsetzt. »So furchtbar habe ich mir ihre Wirkung nicht vorgestellt. Wenn die Kro locs damit über Pthor auftauchen, ist alles verloren.« Atlan war zu dem Entschluß gekommen, daß die GOL'DHOR tatsächlich ganz alleine mit dieser Situation fertig wurde. Die Strahl geschütze der Krolocs konnten dem Raum schiff nichts anhaben. Der Arkonide konzen trierte sich völlig auf die Kontrollen. Im Notfall wollte er fähig sein, ohne die Hilfe der GOL'DHOR die Defensivwaffe dieses phantastischen Schutzschirms bedienen zu können. Die Krolocs in der Station stellten das Feuer ein. Aber Atlan glaubte nicht daran, daß sie den Kampf jetzt schon aufgaben. Die GOL'DHOR verringerte die Geschwindig keit weiter. »Du mußt schneller an die Station heran«, sagte Atlan leise. »GOL'DHOR – hörst du
Marianne Sydow nicht? Du solltest dich ein wenig beeilen. Verankere dich an der Station.« Das Raumschiff reagierte nicht. Es sch lich förmlich voran, und Atlans Befürchtun gen erfüllten sich nur zu schnell. Aus der Tiefe zwischen den Plattformen schossen kleine, wendige Flugscheiben her vor. Sie waren meistens nur mit zwei Kro locs besetzt, von denen einer die Steuerung übernahm, während der andere im Bug des Fahrzeugs hinter fest montierten Strahlwaf fen kauerte. Die Spaccahs waren blitzschnell heran, verteilten sich sehr geschickt und eröffneten das Feuer. Die GOL'DHOR zeigte zum er stenmal Wirkung. Sie schlingerte kurz, und die Anzeigen veränderten sich hektisch. Dann gerieten die Fahrzeuge der Krolocs in den Bann des goldenen Schiffes, und die Waffen setzten aus. Die unförmigen Gestal ten standen diesem Phänomen ohnmächtig gegenüber. Einige waren so nahe, daß man durch die Augenfenster sehen konnte, wie sie verzweifelt an ihren Waffen hantierten. Aber kein Feuerstrahl löste sich noch aus den plötzlich erloschenen Mündungen. »Jetzt bleibt den Krolocs nur noch eines«, murmelte Atlan. Als hätte er ein Stichwort gegeben, be gannen die Geschütze an den Türmen zu ar beiten. Sie gingen auf Dauerfeuer und ent fesselten einen solchen Feuersturm, daß alle Bilder von draußen in einem grellen Glühen verschwanden. Die GOL'DHOR rüttelte und stampfte. »Näher heran!« ächzte Atlan. »Los doch, du mußt in den toten Winkel kommen, ehe die Schirme zusammenbrechen!« Diesmal nahm die GOL'DHOR die War nung des Arkoniden ernst. Die Beschleuni gung kostete Energie – auch die Reserven des goldenen Raumschiffs waren offenbar nicht unerschöpflich, denn die Schirme flackerten, und ein dumpfes Summen erfüll te die Zentrale. Atlan starrte gebannt auf die Kontrollen. Er sah nichts, womit sich her ausfinden ließ, wie weit sie noch von Cornac entfernt waren. Er hoffte nur, daß die Zeit
Raumschiff der Magier ausreichte. Die GOL'DHOR würde diese Überbelastung nur wenige Minuten lang durchhalten. Schneller als er es erwartet hatte, blieben die Energiebahnen hinter ihnen zurück. Die GOL'DHOR machte einen Satz, als sie die Gluthölle verließ, bockte und schüttelte sich, fing sich dann jedoch und glitt mit hoher Geschwindigkeit über die am weitesten in den Raum hinausragenden Plattformen hin weg. Atlan lehnte sich aufatmend zurück. Das Raumschiff bremste sanft ab und steuerte schließlich eine der Landeflächen an. Die schlanken Beine des Schiffes berührten den Boden. Krolocs rannten in wilder Hast da von und tauchten in den lichtlosen Zonen rund um die Plattform unter. Als die GOL'DHOR endgültig zum Stillstand kam, war keines der unförmigen Wesen mehr zu sehen. Atlan sah sich nach den beiden Magiern um. Fast hatte er damit gerechnet, daß sie bleich und entsetzt in einer Ecke lehnten, denn dies war gewiß die erste Raum schlacht, die sie miterlebt hatten, und es hat te manchmal auch für den Arkoniden er schreckend genug ausgesehen. Aber Copasallior und Koratzo blickten gelassen nach draußen. Es sah nicht so aus, als wären sie übermäßig beeindruckt. »Wie geht es weiter?« fragte Koratzo. »Sollen wir warten, bis die Krolocs von sich aus Kontakt zu uns aufnehmen, oder gehen wir zu ihnen?« »Wir warten«, entschied Atlan. »Aber nicht zu lange.« Er blickte nach draußen und dachte daran, daß irgendwo dort drüben Razamon und Balduur gefangen saßen. Hofften die beiden Männer auf Hilfe, oder hatten sie schon resi gniert? Wie es auch sein mochte – seinen ur sprünglichen Plan konnte Atlan getrost ver gessen. Den Überraschungseffekt hatten sie verschenkt, und an ein unbemerktes Vor dringen in die Tiefen von Cornac war nicht mehr zu denken. Er würde sich wohl oder übel mit den Krolocs direkt auseinanderset
39 zen müssen. Noch blieb alles still. Wenn man jedoch genau hinsah, entdeckte man unförmige Ge stalten, die am Rand der unbeleuchteten Flä che umherschlichen und sich an einigen markanten Stellen sammelten. Dort lagen vermutlich die Eingänge zu den Verbin dungsröhren, die in die Station hinunterführ ten. Eine halbe Stunde verging. Dann tauchten in der Nähe eines solchen Eingangs zehn Krolocs auf, die im Gänsemarsch über die Plattform marschiert kamen. Sie trugen kei ne Waffen, dafür aber einen unförmigen Ka sten mit sich. »Sie wollen verhandeln«, stellte Koratzo erleichtert fest. »Ich fühle, daß sie keine di rekten Angriffspläne haben.« »Direkte nicht«, brummte Atlan. »Aber diesen Burschen traue ich alles zu. Sie haben vorerst keinen Grund, klein beizugeben. Im Gegenteil. Sie halten alle Trümpfe in der Hand. Solange wir uns in der GOL'DHOR aufhalten, können sie uns zwar nichts anha ben, aber dafür sind uns die Hände gebun den. Gegen ihren Willen können wir gar nichts unternehmen, höchstens starten, und damit ist Razamon und Balduur schließlich nicht geholfen.« »Dir tut es leid, daß du dich auf dieses Abenteuer eingelassen hast«, stellte Koratzo bedrückt fest. »Du glaubst, daß du ohne die GOL'DHOR inzwischen mehr erreicht hät test.« Atlan zuckte die Schultern. »Warten wir ab, was die Fremden uns zu sagen haben«, murmelte er verlegen. Er wollte die beiden Magier nicht krän ken. Sie hatten es wirklich gut gemeint, und unter anderen Umständen hätte Atlan sich glücklich geschätzt, in einem so wunderba ren Raumschiff zu sitzen. Aber wie die Din ge nun einmal lagen, bedeutete die Überle genheit der GOL'DHOR paradoxerweise ein Handikap. Die Parlamentäre der Krolocs bauten ih ren Kasten zehn Meter von der Schleuse der GOL'DHOR entfernt auf.
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Marianne Sydow
»Sie wollen mit euch reden«, verkündete das Raumschiff. »Ich werde für euch hörbar machen, was sie dort draußen sagen.« »Kommt heraus und redet mit uns!« ver langte gleich darauf eine fremdartige, me chanisch klingende Stimme.
7. Seine Vielbeinigkeit Pemar Gayn war der oberste der Krolocs von Cornac, und da in dieser Station die höchsten seines Volkes versammelt waren, durfte man getrost be haupten, daß Pemar einer der Mächtigsten im Reiche der Krolocs überhaupt war. Im Augenblick empfand Seine Vielbei nigkeit Pemar Gayn diese hohe Position al lerdings als eine arge Last, denn er verdank te ihr allerlei Schwierigkeiten. Da war einmal die Tatsache, daß der An griff auf die Lichtung der Eripäer vorbereitet wurde. Normalerweise kannte Pemar Gayn kein höheres Vergnügen als das Planen von Feldzügen. Aber in diesem Fall bedrückte ihn das Bewußtsein, daß man ihm jeden noch so kleinen Mißerfolg als persönliches Versagen ankreiden würde. Die Eripäer wa ren die Erbfeinde der Krolocs, und sie und ihre Lichtung waren das Ziel so vieler Er oberungsversuche geworden, daß Pemar Gayn mitunter aus dem tiefen Schlaf schreckte und sich verzweifelt fragte, wie er überhaupt dazu gekommen war, sich auf ein solches Wahnsinnsunternehmen einzulassen. Wie konnte er sich einbilden, als erster einen Erfolg zu erzielen, wo unzählige Krolocs vor ihm gescheitert waren? Pemar Gayn bekämpfte solche Anwand lungen von Kleinmut energisch. Er war der klügste, fähigste und gerissenste aller krolo cischen Feldherren. Wenn er anfing, daran zu zweifeln, konnte er ebenso gut all seine Privilegien vergessen. Aber da waren die anderen Punkte. Zwei sehr wichtige Gefangene hatte man von Hyrconia aus nach Cornac geschickt. Pemar Gayn selbst hatte darauf gedrungen, diese Wesen in den größten Stützpunkt sei-
nes Volkes zu bringen. Niemand konnte ihm die Schuld daran geben, daß den beiden Ge fangenen schließlich die Flucht glückte und sie nun spurlos in den Tiefen des Korsallo phur-Staus verschwunden waren. Aber der Vorfall war eingetreten, und Seine Vielbei nigkeit war grundsätzlich für alles verant wortlich, was in seinem Reich geschah. Die Flucht der Gefangenen verunsicherte Pemar Gayn. Schlimmer: Sie verleitete man chen Untergebenen zu respektlosen Bemer kungen. Und wenn erst einmal Seine Viel beinigkeit zum Ziel versteckten Spottes wur de, so stand es schlecht um die Moral in Cornac. Mitten in diese Aufregungen hinein platz te nun auch noch die GOL'DHOR. Pemar Gayn hatte keine Ahnung, woher dieser merkwürdige Flugkörper gekommen sein mochte. Das Ding war draußen im Staub aufgetaucht und hatte die Besatzungen einiger Spaccahs in Angst und Schrecken versetzt. Man sprach von einem Raumschiff, einer Super-Spaccah, der keine Macht der Welt etwas anhaben konnte. Die Krolocs waren ziemlich phantasielose Wesen. Wenn sie solche Reden führten, mußte etwas an der Sache sein. Pemar Gayn hatte trotzdem nicht ernsthaft damit gerechnet, daß der merkwürdige Flugkörper nach Cornac kom men und die Station in Gefahr bringen kön ne. Aber die GOL'DHOR traf nur zu schnell über Pemar Gayns Reich ein. Sie schoß mit atemberaubender Geschwindigkeit heran, und sie bewegte sich so zielsicher, daß an ei nem überhaupt kein Zweifel aufkommen konnte: Die Wesen in diesem Flugkörper wußten, wonach sie suchten. Pemar Gayn hatte das Begehren seiner Ratgeber in den Wind geschlagen. Als die Warnung von jenen ersten Spaccahs, die das goldene Ding gesichtet hatten, in Cornac eintraf, drängten sie alle, daß Seine Vielbei nigkeit eine erhöhte Alarmbereitschaft an ordnen solle. Er dagegen war der Ansicht, daß seine Krolocs immer wachsam genug waren, um einen so auffälligen Feind auch
Raumschiff der Magier ohne besondere Anweisung rechtzeitig zu bemerken. Sie waren es nicht. Oder das fremde Schiff war zu schnell. Jedenfalls war das goldene Ding plötzlich da, und die Spac cahs, die sofort starteten, um den Gegner noch im Raum abzufangen, scheiterten kläg lich. Gayns Befehl, die schweren Geschütze auf den Flugkörper zu richten, kostete ihn einige seiner treuesten Untergebenen, aber er sah sich gezwungen, alle diesbezüglichen Bedenken zur Seite zu wischen. Hätte er da mit Erfolg gehabt, so hätte man ihm die Toten leicht verziehen. Aber auch diese Opfer erwiesen sich als sinnlos und überflüssig, denn das fremde Schiff überstand den kon zentrierten Beschuß, ohne den winzigsten Kratzer davonzutragen. Pemar Gayns Image sank rapide. Das Schlimmste an der ganzen Sache war, daß die tapferen Krolocs auf die schmach vollste Art und Weise gestorben waren, die man sich in Cornac vorstellen konnte. Nicht der Feind hatte sie getötet. Sie waren dem Feuer der Stationswaffen zum Opfer gefal len. Pemar Gayn beobachtete düster das Bild, das ihm diesen seltsamen Gegner zeigte. Es war eine Zumutung, sich mit einem Feind befassen zu müssen, der es nicht einmal für nötig hielt, einen anständigen Angriff auf die Station zu fliegen. Diese arroganten Fremden in ihrer goldenen Super-Spaccah reizten Pemar Gayn zur Weißglut und erfüll ten ihn gleichzeitig mit tiefer Sorge. Er war alleine und frönte einer Leiden schaft, die er sorgsam vor seinen Untergebe nen geheimhielt: Er träumte. Normalerweise fiel es ihm leicht, sich in eine Wunschwelt zu versetzen, in der alle Gesetze der Realität aufgehoben waren. Dort war er noch mehr als der oberste aller Krolocs – dort war er der unumschränkte Herrscher des Korsallo phur-Staus. Aber das verflixte Ding auf der Plattform trotzte selbst der Macht dieser Träume. Sei ne Vielbeinigkeit wurde immer wieder ge gen seinen Willen in die Wirklichkeit zu
41 rückgeschleudert. Er malte sich aus, wie er die Super-Spaccah zerstrahlen ließ. Aber als das goldene Gebilde sich eben aufzulösen begann, verflog der Rausch, und Pemar Gayn sah die unversehrte GOL'DHOR auf dem Bildschirm. Er konzentrierte sich auf die drei Wesen, die in dem durchsichtigen Ding zu erkennen waren, malte sich genuß voll in allen Einzelheiten aus, wie er sie ge fangennahm und einsperrte, verhörte, ihnen ihre Geheimnisse entriß und sie schließlich ihrem Schicksal übergab – aber auch da machte sich seine Traumwelt im ungünstig sten Augenblick selbständig und gaukelte ihm vor, daß die Fremden den Spieß um drehten und Seine Vielbeinigkeit zuerst nie derschlugen und besiegten, um ihn dann vor versammelter Mannschaft der Lächerlichkeit preiszugeben. Das war ein Schicksal, das in Pemar Gayns acht Augen schlimmer war als der Tod. Als einer seiner Ratgeber Einlaß begehrte, war Pemar Gayn geradezu erleichtert, weil ihm die Möglichkeit genommen wurde, sich weiteren Träumen mit ähnlich entsetzlichem Ende hinzugeben. Snarv, der Kroloc, der sich als einziger selbst dann vor die Augen Seiner Vielbei nigkeit wagte, wenn alle anderen Ratgeber sich feige hinter den dicken Türen versteck ten, wunderte sich nicht wenig, als Pemar Gayn ihn freundlich empfing. Snarv hatte sich bereits darauf eingerichtet, mit Pemar Gayns Hinterklauen unliebsame Bekannt schaft zu schließen – Pemar Gayn verstand sich ausgezeichnet auf die Kunst, schmerz hafte Tritte zu verteilen, wenn ihm etwas nicht paßte. »Wir wissen jetzt, woher die Fremden in dem goldenen Ding kommen«, sagte Snarv schüchtern. »So«, machte Pemar Gayn geistesabwe send. »Wir werden einen Flottenverband zu ihrem Trümmerbrocken schicken und ihre Heimat den Staubwolken gleichmachen. Wo liegt ihre Heimat?« »Sie kommen von Pthor.« Seine Vielbeinigkeit stand im Ruf, nie
42 mals um eine Antwort verlegen zu sein. Jetzt aber war er unfähig, auch nur den leisesten Laut von sich zu geben. »Pthor?« fragte er schließlich einfältig. »Pthor«, wiederholte Snarv. In der quiet schenden Sprache der Krolocs hörte sich das Wort höchst seltsam an, aber für Pemar Gayn hatte es einen unheimlichen, fast ma gischen Klang. Der fremde Name war ihm bekannt, seit er die Berichte über die Gefangenen ver nommen hatte, die von Hyrconia geflohen waren. Pthor bezeichnete etwas, das neu war im Korsallophur-Stau, eine verlockende, rei che Welt, die aus dem Nichts aufgetaucht war und reiche Beute für die Krolocs ver sprach. Pemar Gayn stand wie alle seine Artgenossen auf dem Standpunkt, daß alles, was in diesem staubigen Reich erschien, den Krolocs gehörte. Er war fasziniert, als er die ersten Berichte über Pthor hörte. Diese Welt war in ihrem ganzen Reichtum nur mit der Lichtung zu vergleichen, die von den Eripä ern so hartnäckig verteidigt wurde. Der krolocischen Weltanschauung ent sprechend, hatte Pemar Gayn die Eroberung Pthor als eine Art Naturgesetz angesehen. Es gab nichts, was diesem Schicksal auf die Dauer entgehen konnte. Auch jetzt noch zweifelte er überhaupt nicht daran, daß Pthor im Grunde für die Krolocs bestimmt war. Er betrachtete die fremde Welt schon jetzt als sein Eigentum. Aber ihm dämmerte, daß es diesmal ähnliche Schwierigkeiten wie mit den Eripäern geben könne. Ein erstes Warnzeichen hatte darin be standen, daß Bewohner von Pthor aus eige ner Kraft ihre Welt verlassen hatten und in einem krolocischen Stützpunkt aufgetaucht waren. Das war ungeheuerlich. Die Eripäer besaßen einige Raumschiffe, aber diese We sen waren in jeder Hinsicht eine Ausnahme. Alle anderen Bewohner des Staus be schränkten sich darauf, ab und zu eine Spac cah zu stehlen. Die Späher hatten allerdings berichtet, daß der Raumflug für die Wesen von Pthor nicht gerade alltäglich war. Pemar Gayn begann zu hoffen, daß der Besuch
Marianne Sydow zweier Pthorer in Hyrconia eher ein Zufalls treffer gewesen war. »Wir haben das Aussehen der Fremden in dem goldenen Schiff mit dem der Gefange nen von Hyrconia verglichen«, fuhr Snarv vorsichtig fort, als Seine Vielbeinigkeit nach langen Minuten immer noch schwieg. »Darauf seid ihr jetzt erst gekommen?« erkundigte sich Pemar Gayn mißmutig. »Die Bilder standen nicht sofort zur Ver fügung«, erklärte Snarv hastig. »Strafe die Saumseligen«, befahl Pemar Gayn automatisch. »Darf man fragen, was ihr noch herausgefunden habt?« Snarv knickte in seinen vier Laufbeinen ein und berührte mit den Greifklauen de mutsvoll den Boden. Pemar Gayn fand zuse hends zu sich selbst zurück. »Nichts«, gestand der Ratgeber. »Nichts!« wiederholte Pemar Gayn zor nig. »Und das wagst du mir zu sagen? Ihr hattet genug Zeit, euch mit dem goldenen Ding zu befassen.« »So ist es«, murmelte Snarv schicksalser geben. »Geh und strafe diese Narren!« rief Pemar Gayn. Ein gewaltiger Tritt traf den am Boden kauernden Kroloc, der sich geistesgegen wärtig umgedreht hatte, damit die Strafe einen weniger edlen Körperteil als seinen Kopf traf. Snarv rutschte quer durch den Raum. Seine Klauen kratzten hörbar über den Steinboden. Snarv zog den Kopf ein, prallte gegen die Tür und blieb einen Au genblick lang benommen sitzen. Dann erhob er sich taumelig und eilte davon, um Pemar Gayns Befehl zu erfüllen. Seine Vielbeinigkeit aber blickte seufzend auf den Bildschirm. Er würde wieder einmal alle Probleme selbst lösen müssen. »Was wollen die Fremden hier?« fragte er sich und gab sich gleich selbst die Antwort. »Sie suchen nach ihren Artgenossen.« Er war überrascht, daß ihm die richtige Lösung so schnell eingefallen war. »Weiter«, murmelte er begeistert. »Sie wollen diese Leute befreien. Aber die Ge
Raumschiff der Magier fangenen sind nicht hier. Wenn sie das er fahren, werden sie ganz Cornac auseinander nehmen und Rache üben.« Er betrachtete das goldene Schiff. »Vielleicht sind sie gar nicht so feige, wie es bis jetzt schien«, überlegte er halblaut. »Vielleicht sind ihre Waffen einfach so furchtbar, daß sie schon beim ersten Angriff Cornac zerstören könnten. Kein Wunder, daß sie sich zurückhalten. Sie wollen die Gefangenen ja lebend befreien. Hm, wenn sie es herausfinden, werden sie jede Rück sicht vergessen. Ich muß sie unschädlich machen, ehe sie etwas über die Gefangenen erfahren. Aber wie? Das verflixte Ding scheint unzerstörbar zu sein.« Er grübelte lange Zeit, dann hatte er eine Idee. Er rief nach Snarv. Es dauerte geraume Zeit, bis sein Ratgeber endlich kam. Snarv humpelte stark. Er hatte sich redliche Mühe gegeben, Pemar Gayns strafenden Fußtritt allen unmittelbar verantwortlichen Krolocs zuteil werden zu lassen. Er war richtig außer Atem, so sehr hatte ihn diese Aktion ange strengt. »Sind die Bombenträger noch einsatzfä hig?« fragte Pemar Gayn. Snarv zuckte zusammen. »Selbstverständlich«, zischelte er, aber es klang unsicher. »Bist du sicher?« Snarv riß sich zusammen. »Körperlich sind sie in guter Verfassung«, erklärte er. »Aber ihre Nerven haben gelit ten. Sie sollten vor langer Zeit in den Ein satz gehen. Es ist sicher kein schönes Gefühl …« »Das interessiert mich nicht«, fuhr Seine Vielbeinigkeit grob dazwischen. »Ich brau che die drei.« »Ich werde sie zu dir bringen.« »Nein!« schrie Pemar Gayn hinter seinem Ratgeber her. Snarv, der bereits auf dem Rückzug war, bremste verwirrt. »Sie sollen sich sofort auf dieser Platt form einfinden!« zischte Pemar Gayn und
43 deutete auf den Bildschirm. »Du wirst sie darauf vorbereiten, daß sich ihre Bestim mung nun erfüllt. Ich werde selbst mit die sen Wesen sprechen – sorge dafür, daß die Übersetzer zur Hand sind.« Snarv rannte so schnell er konnte davon, ehe Pemar Gayn seine Befehle mit einem Tritt bekräftigen konnte. Seine Vielbeinig keit sah seinem Ratgeber nach und wandte sich dann noch einmal dem Bildschirm zu. »Meiner Klugheit kannst auch du nicht widerstehen«, sprach er zu dem goldenen Raumschiff. »Dinge wie dich können wir in unserer Nähe nicht dulden.« Wenn es sich herumsprach, daß die Kro locs es nicht geschafft hatten, ein so zer brechlich aussehendes Gebilde zu zerstören, war der Ruf dieses kriegerischen Volkes in ernsthafter Gefahr. Pemar Gayn war fest entschlossen, einer solchen Entwicklung vorzubeugen.
* Als Pemar Gayn am Rand der Plattform auftauchte, wartete man bereits auf ihn. Zwei Spezialisten standen neben einem klo bigen Gerät, dem Übersetzer, und neben ih nen hatten sich die drei Bombenträger auf gebaut. Da sie ihre Schutzanzüge trugen, konnte Pemar Gayn schlecht erkennen, in welcher Gemütsverfassung sie waren. Aber Seine Vielbeinigkeit machte sich darüber gar nicht lange Gedanken, denn schließlich waren diese drei Krolocs, die genau wußten, was sie ihrem Volk schuldig waren. Pemar Gayn betrachtete mißmutig das goldene Gebilde draußen auf der Plattform. Er hatte natürlich gewußt, wie groß das Ding war, aber der Anblick erschütterte ihn doch ein wenig. Er sah auch die drei Wesen, die in dem durchsichtigen Fahrzeug umhergin gen. Plötzlich überfiel ihn ein gräßlicher Ge danke: Was, wenn seine Ratgeber sich geirrt hatten? Wenn dieses Ding gar nicht von dem fremden Land namens Pthor kam, sondern aus der Lichtung stammte? Diese Wesen je
44 denfalls sahen den Eripäern erschreckend ähnlich – wenigstens zwei von ihnen. Er rief sich energisch zur Ordnung. Auch wenn das Fluggerät eine Geheimwaffe der Eripäer sein sollte, würde es doch in weni gen Zeiteinheiten seine Existenz beenden. Er befahl Snarv zu sich und wählte noch drei Ratgeber aus, die ihn begleiten sollten. Sie folgten ihm willig. Niemand fand es un gewöhnlich, daß Pemar Gayn sich selbst dem Schiff zu nähern gedachte und dabei sich und drei hochgestellte Krolocs in Ge fahr brachte. Ein solches Verhalten war ty pisch krolocisch. Bevor er aber auf die Plattform hinaustrat, wandte er sich an die drei Bombenträger. »Ihr werdet zu den Fremden in diesen Flugkörper steigen«, teilte er ihnen mit. »Ihr wißt, was das bedeutet. Damit aber der Plan gelingt und dieses entsetzliche Gebilde ver schwindet, ist es wichtig, daß die Fremden euch als Verhandlungspartner anerkennen. Das werden sie nur dann tun, wenn sie euch für die wichtigsten Mitglieder unserer Grup pe halten. Darum werde ich ausnahmsweise im Hintergrund bleiben. Ihr drei werdet un ter meiner Leitung das Gespräch mit den Fremden führen.« Die drei Bombenträger nahmen es schweigend zur Kenntnis. Es spielte für sie keine besondere Rolle mehr, daß Pemar Gayn ihnen eine große Ehre zuteil werden ließ. Sie würden keine Gelegenheit mehr ha ben, die Auszeichnung zu genießen. Die Krolocs machten sich auf den Weg. Die drei Bombenträger marschierten voran, dann kam Pemar Gayn, hinter ihm trabten die beiden Spezialisten mit dem Übersetzer daher, und Snarv bildete mit den anderen drei Beratern das Ende des Zuges. Als sie dem goldenen Flugkörper immer näher ka men und das fremde Monstrum vor ihnen aufragte, beschlich manchen eine heimliche Angst, aber niemand schritt deshalb langsa mer aus oder verriet sich durch eine unvor sichtige Bemerkung, eine verräterische Ge ste. Trotzdem waren alle erleichtert, als Pe mar Gayn den Befehl zum Anhalten gab.
Marianne Sydow Der Übersetzer wurde aufgebaut. Die drei Bombenträger warteten, bis die Spezialisten sich zurückzogen. »Los jetzt!« zischte Pemar Gayn. »Kommt heraus und redet mit uns!« for derte der erste Bombenträger. »So ein Narr!« wütete Pemar Gayn, und zum Glück war er dem Übersetzer nicht na he genug, sonst hätte das Gerät vielleicht auch das in die Sprache der Fremden über tragen. »Was hast du dir dabei gedacht? Ihr drei sollt dort hineingehen! Draußen nützen die Fremden uns gar nichts!« Der Bombenträger reagierte nicht auf die Vorwürfe. »Kommt heraus!« rief er noch einmal. Pemar Gayn wollte vorstürzen und den Bombenträger von dem Gerät wegzerren. Aber da hielt ihn jemand fest. Er fuhr herum und starrte Snarv fassungslos an. Der Ratge ber war an den gelben Punkten zu erkennen, die er am Kopfteil seines Anzugs trug. »Laß mich sofort los!« zischte Seine Viel beinigkeit. Snarvs acht Augen blitzten kalt durch die Sehschlitze. »Laß ihn reden!« forderte er. »Er macht es genau richtig.« Pemar Gayn starrte den Ratgeber fas sungslos an. Waren denn alle hier verrückt geworden? Wie konnte Snarv es wagen, dem obersten Kroloc von Cornac solche Antworten zu geben? Da aber erklang eine unsagbar fremde, unheimliche Stimme, und die Laute, die über die Plattform hallten, waren so fremd artig, daß Pemar Gayn sogar Snarvs Re spektlosigkeit vergaß. Er duckte sich unwill kürlich tief auf den Boden hinab. Kein einziger Kroloc verstand ein Wort von dem, was die Fremden in dem goldenen Schiff ihnen mitteilten. Snarv, der näher als Seine Vielbeinigkeit am Übersetzer lag, ver nahm zwar, daß das Gerät vertraute Silben formulierte, aber bei diesem Lärm bekam er nur Bruchstücke der Botschaft mit. Er kam schneller als alle anderen auf die richtige Idee. Er wagte es nicht, sich aufzurichten,
Raumschiff der Magier sondern krabbelte auf allen sechsen zu dem Kasten hinüber und schaltete die Speiche rung ein. Dann wartete er ergeben darauf, daß die fremde Stimme ihr Geschrei einstell te. Erst nach mehreren Minuten, als es be reits still geworden war und die Krolocs sich um den Übersetzer versammelten, ging Snarv auf, daß es mit der Antwort der Frem den zumindest in einem Punkt eine ganz be sondere Bewandtnis haben mußte: Die Ant wort war auf dem in Cornac gebräuchlichen Funkkanal gekommen. Woher kannten diese Wesen den überhaupt? Und wenn sie diese Art der Verständigung beherrschten – wa rum hatten sie dann nicht längst ein Ultima tum gestellt? Snarv fand das alles sehr verdächtig. Am meisten aber wunderte er sich darüber, daß niemand außer ihm – nicht einmal Pemar Gayn – die vielen Unstimmigkeiten zu be merken schien. Der Übersetzer begann zu arbeiten. Die ersten Sätze der Fremden waren verlorenge gangen. Aber der Rest der Botschaft war aufschlußreich genug. »… fordern wir euch auf, die Gefangenen freizulassen und an uns zu übergeben. So bald diese Forderung erfüllt ist, sind wir be reit, Verhandlungen mit euch aufzuneh men.« Es kamen noch einige Bemerkungen, die Snarv als leeres Gerede abtat. Man merkte, daß die Fremden von krolocischer Lebensart keine Ahnung hatten. Krolocs machten nicht viele Worte. Sie sagten, was sie wollten, und machten sich nicht erst die Mühe, ihre Wün sche zu erklären. »Sie wollen also die Gefangenen«, mur melte Pemar Gayn. »Wußte ich es doch! Da wir sie gar nicht ausliefern können …« Seine Vielbeinigkeit stockte. Dann blickte Pemar Gayn seine Ratgeber an. »Sie sagen nicht, was sie dann tun wer den«, wunderte er sich. »Die Botschaft ent hält keine einzige Drohung!« »Das läßt sich nicht so genau sagen«, gab Queru, der jüngste in der Runde, zu beden
45 ken. »Es könnte unter dem sein, was von dem Gerät nicht gespeichert wurde.« »Unsinn«, zischte Pemar Gayn ungedul dig. »Drohungen setzt man immer an den Schluß einer Botschaft, da wirken sie näm lich besser. Nein, hier stimmt etwas nicht. Sie haben keinen einzigen Schuß abgegeben, als unsere Spaccahs sie in die Zange nah men. Sie haben sich auch gegen das Ge schützfeuer nicht gewehrt. Sie haben nach der Landung keinen einzigen Turm zer schossen, um unsere Verhandlungsbereit schaft zu erhöhen. Diese Wesen benehmen sich einfach unmöglich.« Snarv dachte, daß die seltsamen Besucher eben nicht krolocisch dachten und ihre Gründe haben mochten, sich so friedlich zu geben. Aber er sagte nichts. Pemar Gayn hätte ihm solche Äußerungen übelgenom men. »Es gibt eigentlich nur eine Antwort«, fuhr Seine Vielbeinigkeit mit erhobener Stimme fort. »Diese Wesen haben gar keine Waffen, mit denen sie uns Schaden zufügen können! Sie haben nur dieses Schiff, das un angreifbar scheint. In Wirklichkeit sind sie verletzlich wie ein panzerloser Gylt nach der Häutung. Sie werden alles daran setzen, in ihrem Schiff bleiben zu können. Sie dürfen sich gar nicht zu uns heraus wagen! Wenn sie es tun, genügt ein Schuß, und wir sind al le Sorgen los.« Er drehte sich in seinem unförmigen An zug und blickte triumphierend seine Beglei ter an. »Sie sind primitiv«, behauptete er. »Ich weiß jetzt, wie wir sie mühelos umstimmen können.« Snarv hoffte schon, Pemar Gayn würde beschließen, die Fremden nun doch nach draußen zu locken und sie zu töten. Das gol dene Schiff war eine verlockende Beute. Als Pemar Gayn dann den drei Bomben trägern seine Anweisungen gab, mußte Snarv seine Hoffnung fallenlassen. Aber vielleicht war es besser so. Das fremde Schiff mochte ungeahnte Gefahren in sich bergen, von denen ein Kroloc nichts ahnte.
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Die drei Bombenträger nahmen neben dem Übersetzer Aufstellung. Das Spiel um das goldene Raumschiff ging weiter.
8. Atlan und die beiden Magier brauchten sich nicht lange zu beraten, ehe sie eine Ant wort für die Krolocs formulierten. Die Fremden dagegen ließen sich Zeit. »Glaubst du, daß sie die Gefangenen her ausgeben?« fragte Koratzo den Arkoniden. Atlan schüttelte den Kopf. »Sie werden versuchen, uns hinzuhalten.« »Wir hätten drohen sollen, daß wir den ganzen Stützpunkt zerstören, wenn sie nicht tun, was wir von ihnen verlangen«, murmel te Copasallior ärgerlich. »Das wäre ein Fehler gewesen«, antwor tete Atlan ruhig. »Wir haben keine solchen Waffen. Stell dir nur vor, die Krolocs provo zieren uns zum Äußersten, und dann passiert nichts. Wir hätten nichts mehr zu bestellen und könnten noch von Glück sagen, wenn wir ungeschoren von Cornac wegkommen. Drohen können wir immer noch. Fürs erste reicht es, sie über unsere Mittel im unklaren zu lassen.« Da endlich traf die nächste Botschaft der Krolocs ein. »Wir bitten euch, euer Schiff für einige Vertreter unseres Volkes zu öffnen. Unsere Sitten erlauben es nicht, über Funk so wich tige Entscheidungen zu treffen. Wir warten auf euer Signal. Die Abordnung wird drei Krolocs umfassen.« Atlan lächelte. »Was für ein dummer Trick«, meinte er abfällig. »Sie legen es nur darauf an, zu uns herein zu dürfen. Aber warum? Was haben sie vor?« »Das herauszufinden, dürfte nicht schwie rig sein«, meinte Koratzo. »Wenn wir sie erst einmal im Schiff ha ben, könnte es zu spät sein!« »Du vergißt unsere magischen Fähigkei ten«, erwiderte Koratzo gelassen. »Sie sind hier in der GOL'DHOR voll wirksam. Was
immer die Krolocs auch planen mögen – ich werde jeden Trick erkennen, sobald sie durch die Schleuse kommen. Und Copasalli or kann dann ebenfalls sofort eingreifen.« Atlan zögerte. Ausgerechnet der Hinweis auf die magischen Künste seiner Begleiter behagte ihm gar nicht. Aber er wollte die beiden nicht unnötig verärgern, und so stimmte er schließlich zu. Die GOL'DHOR enthielt sich jeden Kommentars. Sie gab die Nachricht an die Krolocs weiter und öffnete die Schleuse, als drei der vermummten Ge stalten sich von den anderen lösten und nä her kamen. Die drei Krolocs schleppten den unförmi gen Kasten mit sich. Atlan nahm an, daß dies ein Translator sei. Die Fremden beweg ten sich ohne Scheu zwischen den Landebei nen der GOL'DHOR hindurch und betraten die Schleuse. Der Arkonide warf Koratzo einen fragen den Blick zu. Er sah, wie der Stimmenma gier zusammenzuckte und den Mund öffne te, und er rannte aus der Zentrale in Rich tung Schleuse, ehe der Magier noch etwas sagen konnte. Im Laufen zog er die Waggu, die er aus der FESTUNG an Bord gebracht hatte. Er sah die drei Krolocs vor sich auf tauchen und hob die Waffe.
* Pemar Gayn triumphierte. Die Angehörigen primitiver Völker, wie es sie in geringer Zahl auch im Korsallo phur-Stau gab, richteten sich stets nach einer Vielzahl umständlicher und überflüssiger Gesetze. Davon war er ausgegangen, als er seine Bombenträger behaupten ließ, sie könnten die Sache mit den Gefangenen nur in einem persönlichen Gespräch klären. Die Fremden in dem goldenen Schiff hatten die se Ausrede sofort geschluckt. Damit hatten sie ihre eigenes Todesurteil unterschrieben. Denn die drei Gesandten waren Bomben träger ganz besonderer Art. Die Eripäer hatten längst gelernt, keinem
Raumschiff der Magier Kroloc zu trauen. Ab und zu ergab sich die Notwendigkeit, Verhandlungen zu führen. Da waren wichtige Gefangene auszutau schen, wobei sich der eine oder andere Han del anderer Art gleich mit einschließen ließ, und die Krolocs nutzten solche Gelegenhei ten prinzipiell zu den heimtückischsten An schlägen auf ihre Verhandlungspartner. Da aber die Eripäer wachsam waren, kamen die Krolocs so gut wie nie zu einem Erfolg. Angestachelt von dem Ehrgeiz, aus jedem Kampf am Ende doch als sicherer Sieger hervorzugehen, verfielen die Krolocs auf immer neue Listen. Sie tarnten winzige Waffen als harmlose Gegenstände, schmug gelten tödliche Gifte durch alle Kontrollen und scheiterten am Ende doch. Denn die Eripäer entwickelten mit der Zeit eine Art sechsten Sinn für alles, was die Krolocs planten. Mittlerweile war es fast schon soweit ge kommen, daß die Krolocs nur unbekleidet zu den Verhandlungen erscheinen durften. Sie hatten den Bogen überspannt. Aber sie wären eben keine Krolocs gewesen, hätten sie nicht auch jetzt noch versucht, die Si cherheitsvorkehrungen der Eripäer zu unter laufen. Anorganische Gegenstände, die am oder sogar im Körper verborgen waren, konnten die Eripäer mit Hilfe empfindlicher Geräte leicht aufspüren. Die drei Bombenträger je doch bildeten die neueste und geheimste Waffe, die die Krolocs bei diesem tödlichen Spiel zum Einsatz zu bringen gedachten. Der Beiname, den man ihnen verlieh, wirkte irreführend. Die drei trugen in Wirklichkeit keine Sprengkörper irgendwelcher Art mit sich herum – sie waren Bomben. Organische Bomben, die jedem noch so raffinierten Un tersuchungsapparat wie normale Krolocs er scheinen mußten und doch stark genug wa ren, um gemeinsam eine Raumstation von der Größe Hyrconias aufreißen zu können. Solche Waffen setzt man nicht willkürlich ein. Die Krolocs hatten lange Zeit geduldig auf die beste Gelegenheit gewartet. Mit die sen dreien wollten sie die Eripäer entschei
47 dend treffen. Sie warteten darauf, einige der höchsten Würdenträger von der Lichtung an einem Ort zu erwischen, an dem sie sie auf einen Schlag auslöschen konnten. Parallel dazu lief ein Unternehmen, das die Macht der Eripäer von innen her aufbrechen sollte. Wenn dieser Plan aufging, war die Lichtung schon so gut wie erobert. Es wurde höchste Zeit, daß dieser Schandfleck in der Ge schichte krolocischer Eroberungskünste ge tilgt wurde. Leider aber gab es eine höchst bedauerli che Panne. Die Krolocs fingen eine Eripäe rin und ahnten nicht, daß sie der Schlüssel zum Erfolg war. Die Tochter eines Lichtfür sten war in ihrer Hand, die wertvollste Gei sel, die die Krolocs sich wünschen konnten – und sie wußten es nicht. Sie erfuhren es viel zu spät. Pona konnte fliehen. Die Pla nungen, so genau und gerissen sie auch wa ren, erwiesen sich als ziemlich nutzlos. Zwar liefen die Vorbereitungen für den Schlag ge gen die Eripäer, den die Krolocs unter den Augen dieser Gegner in der Lichtung selbst führen würden, reibungslos. Die drei Bom benträger aber wurden von Tag zu Tag ner vöser. Ihre krolocische Mentalität sagte ih nen, daß sie nicht um ihr Leben fürchten durften. Aber die Natur richtete sich nicht nach den Vorschriften der Krolocs. Die Bombenträger kämpften tapfer gegen die Furcht, die sich in ihre Herzen schlich. Aber der Zeitpunkt war abzusehen, an dem sie un terliegen würden. Was dann geschah, wußte nicht einmal Pemar Gayn. Nur darum war er bereit, diese Geheim waffe in Gestalt harmlos wirkender Artge nossen für die Vernichtung des goldenen Raumschiffs zu opfern. Eigentlich war das Verschwendung. Pemar Gayn war fest da von überzeugt, daß man dem Flugobjekt von Pthor auch mit einfacheren Mittel beikom men könne. Aber ehe er die drei Bombenträger in den Staub des Korsallophur-Staus schickte und sie dort explodieren ließ, wo sie keinen Schaden anzurichten vermochten, sandte er sie doch lieber in das Schiff der Fremden.
48 »Es wird halb Cornac zerfetzen«, warnte Snarv besorgt. »Wir sollten warten, bis das Schiff startet.« Pemar Gayn mußte im stillen zugeben, daß sein Berater recht hatte, und er ärgerte sich darüber, hütete sich jedoch, dies mit auch nur einem Wort oder einer Geste ein zugestehen. Pemar Gayn winkte einen anderen Ratge ber zu sich heran. »Welche Gefahren drohen Cornac«, be gann Seine Vielbeinigkeit, »wenn die Zün dung erfolgt, solange dieses goldene Ding auf der Plattform steht?« Der Ratgeber dachte lange nach. Er er kannte natürlich, daß Pemar Gayn in einer mißlichen Lage steckte. Er war zu spät, die drei Bombenträger mit den entsprechenden Anweisungen zu versor gen. Dabei wäre es leicht gewesen, Snarvs Ratschlag in die Tat umzusetzen, ohne daß die Krolocs sich mit einer längeren Warte zeit abfinden mußten. Sie hätten nur behaup ten müssen, daß die drei den Weg kannten, der zu den Freunden ihrer Gegner führte. Die Fremden hätten sicher keinen Verdacht geschöpft und auch keine bösen Absichten hinter dem Angebot vermutet, das goldene Raumschiff zu dem Ort zu lotsen, an dem die armen Gefangenen dem Augenblick ih rer Befreiung entgegenfieberten. Schließlich mußte es für sie so aussehen, als begäben sich die drei Bombenträger geradewegs in ihre Gewalt. Nun, es hatte keinen Sinn, der verpaßten Gelegenheit nachzutrauern. Und für den Ratgeber wäre es sehr ungesund gewesen, Pemar Gayn mit nur einem Wort auf seinen Fehler hinzuweisen. Fast ebenso gefährlich schien es, weitere Denkfehler Seiner Viel beinigkeit aufzudecken. Pemar Gayn war aufs Höchste gereizt. Wenn er die drei Bom benträger zurückrufen mußte, wurde es un gemütlich für all jene, deren Aufgabe es war, Pemar Gayn vor Fehlentscheidungen zu bewahren. »Die Gefahr ist gering«, behauptete der Ratgeber daher, als er die Angelegenheit
Marianne Sydow von allen Seiten bedacht hatte. »Dieses Flugobjekt wird von einer unsichtbaren Wand umgeben. Mit unseren Geräten konn ten wir feststellen, daß diese Wand auch jetzt noch vorhanden ist. Es ist ein merkwür diges Gebilde. Unsere Waffen können es nicht zerstören. Aber es läßt alles hindurch, was sich langsam bewegt. Wenn die Bom benträger explodieren, muß sich die Wir kung der Bomben auf den Raum beschrän ken, den die unsichtbare Wand umschließt. Vielleicht gelangen einige Trümmerstücke nach draußen – falls es welche gibt. Aber diese werden kaum Schaden anrichten.« Pemar Gayn war zufrieden. Er glaubte seinem Ratgeber, dessen Erklärungen ihm logisch erschienen. Nichts hielt die Bombenträger auf. Sie konnten die unsichtbare Wand mühelos durchschreiten. Auch der Übersetzer gelang te unbeschadet in das goldene Raumschiff. Das war für Pemar Gayn der endgültige Be weis dafür, daß sein Berater recht hatte. Er tastete im Innern seines Schutzanzugs nach dem kleinen Kästchen und legte die Greifklauen auf die Knöpfe. Er hatte das Ge rät so oft in den Händen gehalten und einge hend betrachtet, daß er es nicht mehr anzu sehen brauchte, um die richtigen Stellen zu finden. Mit dem Kästchen in der Hand fühlte er sich mächtig und groß. Dann war es soweit. Die Schleuse des goldenen Raumschiffs stand offen. Die Bombenträger gingen über eine schimmernde Rampe. Für einen Augen blick empfand Pemar Gayn flüchtiges Be dauern bei dem Gedanken, daß er dieses wunderbare Gebilde zerstören mußte. Es ging ihm wie Snarv. Das goldene Schiff faszinierte ihn. Er wünschte sich, er hätte Zeit, sich eingehend mit diesem Flug gerät zu beschäftigen. Aber es war nicht krolocisch, solchen Träumen nachzuhängen. Die Bombenträger standen in der Schleu senkammer. Pemar Gayn hob das Kästchen – da schrie neben ihm Snarv unterdrückt auf. »Da!« rief der Ratgeber erschrocken.
Raumschiff der Magier »Die Fremden – sie haben etwas bemerkt.« Durch die gläsernen Wände konnte Pemar Gayn einen der Fremden erkennen. Es war ein hochgewachsenes Wesen, das bis auf die hellen Haare den Eripäern auf geradezu be klemmende Weise ähnlich sah. Der Fremde rannte vom Bug des Schiffes in Richtung Schleuse. Jetzt mußte er die drei Bombenträ ger sehen können. Er hob etwas, was nur ei ne Waffe sein konnte. Gleichzeitig hasteten die beiden anderen Fremden im Bug herum, als wären sie fie berhaft damit beschäftigt, das Schiff auf einen Start vorzubereiten. »Sie werden die unsichtbare Mauer ab schalten!« kreischte Snarv. »Sie werden sterben, aber sie werden halb Cornac mit ins Nebelreich nehmen!« Pemar Gayn wollte sich impulsiv umdre hen, um seinem Ratgeber auf der Stelle die fällige Strafe für seine undisziplinierten Äu ßerungen zu erteilen. Er hob bereits den Fuß zum Tritt, da wurde ihm erst bewußt, wie unsinnig das war, was er zu tun beabsichtig te. Er zwang sich, den Fremden mit der Waf fe anzusehen. Als dieser den Finger zu krümmen versuchte, drückte Pemar Gayn auf die Knöpfe an seinem Kästchen. Er schloß seine acht Augen und blockierte alle anderen Sinne, denn auch wenn sich die Gewalten der dreifachen Explosion inner halb der unsichtbaren Mauer austobten, so rechnete Pemar Gayn doch damit, daß er und seine Begleiter einigen Unannehmlich keiten würden ausgesetzt sein. Es blieb alles ganz still. Kein Lichtblitz, keine Erschütterung des Bodens, nichts. Pemar Gayn blinzelte mit der Hälfte sei ner Augen. Was er sah, veranlaßte ihn, auch die anderen aufzureißen. Und als er die Blockade aller anderen Sinne fallenließ, ver nahm er in seinem Schutzhelm das unartiku lierte Zwitschern seiner Ratgeber. Dort drüben stand das goldene Raum schiff. Es war unversehrt. Deutlich konnte man die drei Bombenträger sehen. Sie stan den immer noch in der Schleuse, aber das
49 Schott hatte sich hinter ihnen geschlossen. Sie rührten sich nicht vom Fleck. Wie er starrt standen sie da, und keine zwei Meter von ihnen entfernt stand der Fremde mit der Waffe, auch er regungslos, als hätte etwas ihn blitzartig gelähmt. Die Zündung hatte versagt. Pemar Gayn drückte ein zweitesmal auf seine Knöpfe, und es geschah noch immer nichts. Es gab keine Explosion. Pemar Gayn verlor die Beherrschung. Lautstark auf die Spezialisten fluchend, die für diese Panne verantwortlich waren, bearbeitete er das Kästchen mit seinen Greifklauen, ohne ir gend etwas zu erreichen. »Ich werde sie in den Staub schicken!« schrie er mit überschnappender Stimme. »Man soll ihnen die Fühler einzeln ausrei ßen. Ich werde …« Snarv sah sich gezwungen, Seiner Viel beinigkeit auf recht rauhe Weise in die Wirklichkeit zurückzuverhelfen. Er trat zu. Es schmerzte in seinem überanspruchten Bein, aber das störte ihn nicht. Es war seine Pflicht, Pemar Gayn daran zu hindern, sich vor den lauschenden Krolocs lächerlich zu machen. Schließlich wußte jeder, daß krolo cische Spezialisten zuverlässig arbeiteten. An ihnen konnte es nicht liegen, wenn die drei Bombenträger immer noch nicht explo diert waren. Eher war schon dieser seltsame Flugkörper schuld. Pemar Gayn verlor fast das Gleichge wicht. Snarv wunderte sich darüber. Er hatte nicht sehr kräftig zugetreten. Eigentlich hät te er Seine Vielbeinigkeit für standhafter ge halten. Aber immerhin wurde Pemar Gayn vorübergehend zum Schweigen gebracht. In dieser erzwungenen Pause ging Seiner Viel beinigkeit auf, daß er sich ausgesprochen unkrolocisch benahm. »Ruft sie zurück!« befahl er. Snarv setzte zu einem erschrockenen Pro test an. Pemar Gayn hatte schon wieder et was vergessen: Die Zündung der Bomben träger erfolgte ohne jede Möglichkeit zum Widerruf. Man mußte also damit rechnen, daß sie explodierten, sobald sie das goldene
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Raumschiff verließen. Aber Snarv brauchte sich diesmal nicht schon wieder dem Zorn Seiner Vielbeinigkeit auszusetzen. Das fremde Schiff selbst machte jede Warnung überflüssig. Es löste sich nämlich auf. Bisher war es durchsichtig gewesen, nun aber schien es alle Substanz zu verlieren. Seine Umrisse verschwammen. Die drei Bombenträger verflüchtigten sich wie leich ter Rauch, und auch die Fremden verblaßten zu kaum erkennbaren Schemen. Binnen Se kunden verschwand das goldene Raumschiff mit allem, was sich darin befand. Entsetzt starrten die Krolocs auf die Stelle, an der der Flugkörper eben noch gestanden hatte. »Sie haben uns besiegt«, flüsterte Snarv fassungslos. »Ich weiß nicht, wie sie es ge macht haben, aber sie haben uns tatsächlich besiegt.« Er war Pemar Gayn nicht böse wegen des Trittes, den Seine Vielbeinigkeit dem Ratge-
ber versetzte. Demutsvoll rutschte Snarv über die Plattform. Seine Gedanken kreisten um das goldene Schiff. Würden sie es jemals wiedersehen? Würde es schon bald zurück kehren, um schreckliche Rache zu nehmen? Snarv besann sich auf seine krolocischen Pflichten, rappelte sich auf und ging, um Pe mar Gayns Strafe gerecht auf alle Verant wortlichen zu verteilen. Die GOL'DHOR blieb verschwunden. In der Station Cornac kehrte man zur Tages ordnung zurück. Niemand machte sich noch Gedanken darüber, was wohl aus den Bom benträgern und den drei Fremden geworden sein mochte. Denn es war nicht krolocisch, sich mit haltlosen Spekulationen abzugeben.
E N D E
ENDE