Physik für Ingenieure

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Ekbert Hering • Rolf Martin • Martin Stohrer

Physik fiir Ingenieure 9. Auflage

Mit 775 Abbildungen, 102 Tabellen und 2 Falttafeln

Springer

Prof. Dr. rer. nat. Dr. rer. pol. Ekbert Hering Fachhochschule Aalen Prof. Dr. rer. nat. Dr. h.c. Rolf Martin Fachhochschule Esslingen Prof. Dr. rer. nat. Martin Stohrer Fachhochschule fiir Technik Stuttgart unter Mitarbeit von Prof. Dr. G. Kurz, Fachhochschule Esslingen Dipl. Ing. (FH) W. Schulz, vedewa Stuttgart

ISBN 3-540-21036-9 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen NationalbibUografie; detaiUierte bibUografische Daten sind im Internet uber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Obersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulassig. Sie ist grundsatzlich vergutungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media Springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1995,1997,1999,2002 and 2004 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. SoUte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. DIN VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewahr fiir die Richtigkeit, VoUstandigkeit oder Aktualitat iibernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls fiir die eigenen Arbeiten die voUstandigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils giiltigen Fassung hinzuzuziehen. Einbandgestaltung: Design & Production, Heidelberg Satz: Fotosatz-Service Kohler GmbH, Wurzburg Gedruckt auf saurefreiem Papier

7/3020KK - 5 4 3 2 1 0

Zum Geleit

Physikalische Grundlagen sindfur den Ingenieur unerldfilich, weil sie sowohlprinzipielle Grenzen aufzeigen als auch eine klare Orientierung im schneller werdenden technischen Wandel bieten. Quantentheorie und Festkorperphysik sind derzeit die Schrittmacher des technischen Fortschritts; deshalb wird ihnen in diesem Buch der gebiihrende Platz eingerdumt. Mein Wunsch ist, dafi die Erkenntnisse aus derphysikalischen Grundlagenforschung einen erkennbaren praktischen Nutzen zeigen. So wie der Quanten-Hall-Effekt nicht nur die physikalischen Grundlagen gefordert hat, sondern auch in der Prdzisionsmefitechnik als Widerstandsnormal von Bedeutung ist, sollte die Verbindung zwischen physikalischen Grundlagen und ingenieurmdfiiger Umsetzung enger und effektiver werden. Moge dieses Buch einen Beitrag dazu leisten. P^of. DK Klaus von Klitzing Nobelpreistrdger der Physik 1985

Vorwort zur neunten iiberarbeiteten Auflage In der neunten Auflage wurden das bewahrte strukturierte Konzept und der praxisorientierte Inhalt dieses Lehrwerkes beibehalten. Alle Bilder und Tabellen wurden aktualisiert, die neuesten CODATA-Werte fur die Naturkonstanten angegeben und in manchen Teilen auf klarere Formulierungen geachtet. In der Optik und Akustik wurden die neuen Normen und Festlegungen eingearbeitet. Femer wurden die Kapitel 7 (Akustik) und Kapitel 8 (Atom- und Kemphysik) urn Ubungsaufgaben erganzt. Dank sagen mochten wir hier vor allem Herm Dr. Hubertus von Riedesel und Frau Eva Hestermann-Beyerie vom Springer-Verlag fur die kompetente Betreuung des Werkes. Wir legen groBen Wert darauf, Anregungen, Neuerungen und Verbesserungen in fast alien Abschnitten einzuarbeiten. Besonders gefreut haben wir uns iiber die sehr positive Resonanz zu diesem Buch und die vielen ermuntemden Zuschriften und Verbesserungsvorschlage von Studenten, Kollegen und Mitarbeitern aus den Untemehmen. Stellvertretend fur alle, die dieses Werk verbessern halfen, mochten wir nennen: Herm Magister K. Motz fur das Durchrechnen der Ubungsaufgaben, Hem H. D. Ruter von der Universitat Hamburg fur die kritische Durchsicht der Quantenmechanik, sowie Herm Prof. Dr. J. de Boer, Herm Prof. Dr. K. E. G. Lobner und Herrn Prof. Dr. K.-H. Speidel von der Technischen Universitat Miinchen fur ihre intensive Mitarbeit. Dank sagen wir den Herren Prof Dr. P. Paufler (Technische Universitat Dresden), Prof Dr. O. Krisch (Fachhochschule GieBen-Friedberg) und Herm Dr. G. Wittek (Fachhochschule Kiel) fur ihre Anregungen und unseren Kollegen Prof Dr. J. Massig und Herm Prof Dr. D. Weber von der Fachhochschule Aalen fur die standige, kritische Begleitung. Sehr geme nehmen wir konstmktive Hinweise aus dem sachkundigen Leserkreis auf Aalen, Esslingen und Stuttgart Fnihjahr 2004

Ekbert Bering Rolf Martin Martin Stohrer

VI

Vorwort

Vorwort zur ersten Auflage

Das vorliegende Lehrbuch gibt eine Einfiihrung in die physikalischen Grundlagen der Ingenieurwissenschaften. Es ist das Anliegen des Buches, eine Briicke zu schlagen zwischen grundlegenden physikalischen Effekten und den Anwendungsfeldem der Ingenieurpraxis. Es ist deshalb selbstverstandHch, daB ausschlieBlich SI-MaBeinheiten verwendet werden und in den entsprechenden Abschnitten auf DIN- bzw. ISO-Normen hingewiesen wird. Bei der Stoffauswahl sind besonders die modernen Teilgebiete berucksichtigt, wie beispielsweise Festkorperphysik (einschliefilich Halbleiterphysik und Optoelektronik), technische Akustik, Lasertechnik, Holographie, Klimatechnik und Warmeiibertragung sowie in der Atom- und Kernphysik der quantisierte Hall-Effekt. Ein Sonderabschnitt Strahlenschutz informiert iiber die Strahlenbelastung aus Kernkraftwerken, iiber die physikaUsche und biologische Wirksamkeit radioaktiver Stoffe, die StrahlenmeBtechnik sowie iiber die neuen gesetzhchen Vorschriften zum Strahlenschutz. Zum mathematischen Verstandnis sind die Verfahren der Differential-, Integral- und Vektorrechnung notwendig; allerdings sind die entsprechenden Herleitungen so ausfiihrlich, daB auch der Leser mit geringen Vorkenntnissen zu folgen vermag. Das Buch ist so konzipiert, daB es sich nicht nur an Studenten wendet, sondem auch praktizierenden Ingenieuren die physikalischen Grundlagen zur Einarbeitung in neue Fachgebiete und zur Weiterbildung liefert. Somit ist es auch eine Basis fiir eine flexible berufliche Entwicklung. Im ersten Abschnitt sind die Methode physikalischen Erkennens und der Aufbau der Physik erlautert. Die Physik soil in ihren Zusammenhangen begriffen und nicht als bloBe Aneinanderreihung spezieller physikalischer Gesetze miBdeutet werden. Der Stoff ist in die Abschnitte Mechanik, Thermodynamik, Elektrizitat und Magnetismus, Schwingungen und Wellen, Optik, Akustik, Atom- und Kernphysik, Festkorperphysik sowie Relativitatstheorie eingeteilt. Jedem Abschnitt ist ein Strukturbild vorangestellt, das die jeweiligen Teilbereiche und ihre gesetzmaBigen Zusammenhange aufzeigt. Damit soil das Denken in Zusammenhangen gefordert und den Details ihren Platz im Gesamtgefiige zugewiesen werden. Ubergreifende Darstellungen (z. B. beim Feldbegriff in der Mechanik, Thermodynamik und Elektrizitatslehre) sollen dem Leser dariiber hinaus das universelle Denkkonzept der Physik vor Augen fiihren. Komplizierte Zusammenhange sind in zweifarbigen Skizzen oder durch Rechnerausdrucke veranschaulicht; zahlreiche Bilder aus der Technik vermitteln einen aktuellen Praxisbezug. Um zu zeigen, wie sich die physikalische Erkenntnis durch die Genialitat einzelner Physiker sprunghaft entwickelt hat, sind in den entsprechenden Abschnitten die Meilensteine der Physik und ihre Wegbereiter genannt und im Anhang die Physik-Nobelpreistrager aufgefiihrt. Zur Vertiefung des Verstandnisses enthalten viele Unterabschnitte aus der Ingenieurpraxis stammende Berechnungsbeispiele. Aufgaben (mit Losungen im Anhang) ermdglichen es dem Leser, selbst den Stoff zu iiben und sein physikalisches Wissen zu vertiefen. Um alternative Fragestellungen zu untersuchen und physikalische Sachverhalte graphisch zu veranschaulichen, wurden programmierbare Rechner verwendet. Den Firmen Casio und Sharp, insbesondere den Herren Newerkla und Wachter, mochten wir fur die Bereitstellung programmierbarer Taschenrechner danken. Wir danken unseren akademischen Lehrem und Vorbildern, die uns zur physikalischen Erkenntnis gefiihrt haben, vor allem den Professoren U. Dehlinger, H. Haken, M. Pilkuhn, A. Seeger und C. F. von Weizsdcker, Fiir konstruktive Kritik bedanken wir uns bei unseren Kollegen H. Bauer, M. KdB, P. Kleinheins, G. Kneer, J. Linser und R. Schempp. Frau G. Folz und den Herren K. Schmid und A. Plath danken wir fiir ihre tatkraftige Mithilfe. Der Unterstiitzung vieler Firmen ist es zu verdanken, daB aktuelles Anschauungsmaterial bereitgestellt werden konnte. Hierbei sind besonders folgende Firmenmitarbeiter zu erwahnen: B. Imb (BBC), P. Gradischnig (BMW), D. Stockel und P. Tautzenherger (Rau), M. Mayer (Osram), F. Schreiber (Siemens), H. Garrels

Vorwort

VII

(Varta) und H. Schweikart (Voith). Ganz besonderer Dank gebiihrt dem VDI-Verlag, speziell Herrn Dipl.-Ing. H. Kurt, der das Lektorieren ubernahm und fiir die reibungslose Abwicklung in erfreulicher Atmosphare sorgte. Dabei wurde er in den Abschnitten 2, 3 und 6 von Professor F. Hell in besonders sachkundiger Weise unterstutzt. Zuletzt mochten wir unseren Familien fiir ihre Geduld, ihre moralische Unterstiitzung und ihr groBes Verstandnis danken. Wir hoffen, daB dieses Buch den Ingenieurstudenten eine gute Hilfe beim Erarbeiten physikalischer Zusammenhange und den Ingenieuren in der Praxis ein brauchbares Nachschlagewerk ist Gern nehmen wir Kritik und Verbesserungsvorschlage entgegen. Aalen, Esslingen und Stuttgart, Januar 1988

Ekbert Hering Rolf Martin Martin Stohrer

Inhalt Verwendete physikalische Symbole 1.

Einfiihrung

XIX 1

1.1. Physikalischer ErkenntnisprozeB

1

1.2. Bereiche der physikalischen Erkenntnis

2

1.3. Physikalische GroBen 1.3.1. Definition und MaBeinheit 1.3.2. MeBgenauigkeit 1.3.3. Fehlerfortpflanzung 1.3.4. Kurvenanpassung 1.3.5. Ausgleichsgeradenkonstruktion 1.3.6. Korrelationsanalyse

5 5 9 13 13 15 16

2.

19

Mechanik

2.1. Einfiihrung 2.2. Kinematik des Punktes 2.2.1. Eindimensionale Kinematik 2.2.1.1. Geschwindigkeit 2.2.1.2. Beschleunigung 2.2.1.3. Einfache Spezialfalle 2.2.2. Dreidimensionale Kinematik 2.2.2.1. Ortsvektor und Bahnkurve 2.2.2.2. Geschwindigkeitsvektor 2.2.2.3. Beschleunigungsvektor 2.2.3. Kreisbewegungen

19 19 19 19 22 24 25 25 25 26 28

2.3. Grundgesetze der klassischen Mechanik 2.3.1. Konzept der klassischen Dynamik 2.3.2. Die Newtonschen Axiome 2.3.3. Masse 2.3.4. Kraft

31 31 31 32 33

2.4. Dynamik in bewegten Bezugssystemen 2.4.1. Relativ zueinander geradlinig bewegte Bezugssysteme 2.4.2. Gleichformig rotierende Bezugssysteme

37 37 39

2.5. Impuls 2.5.1. 2.5.2. 2.5.2.1. 2.5.2.2. 2.5.2.3. 2.5.3.

42 42 43 44 44 45 45

Impuls eines materiellen Punktes Impuls eines Systems materieller Punkte Impulssatz Massenmittelpunkt und Schwerpunktsatz Impulserhaltungssatz Raketengleichung

X

Inhalt

2.6. Arbeit und Energie 2.6.1. Arbeit 2.6.2. Leistung, Wirkungsgrad 2.6.3. Energie 2.6.4. Energieerhaltungssatz

47 47 50 51 51

2.7. StoBprozesse 2.7.1. Ubersicht und Grundbegriffe 2.7.2. Gerader, zentraler, elastischer StoB 2.7.3. Gerader, zentraler, inelastischer StoB 2.7.4. Schiefe, zentrale StoBe 2.7.4.1. Elastische StoBe 2.7.4.2. Inelastische StoBe

52 52 53 55 56 56 57

2.8. Drehbewegungen 2.8.1. Drehmoment 2.8.2. Newtonsches Aktionsgesetz der Drehbewegung 2.8.2.1. Drehimpuls eines materiellen Punktes 2.8.2.2. Dynamisches Grundgesetz der Rotation 2.8.3. Arbeit, Leistung und Energie bei der Drehbewegung 2.8.4. Drehbewegungen von Systemen materieller Punkte 2.8.4.1. Drehimpulssatz 2.8.4.2. Drehimpulserhaltungssatz 2.8.4.3. Energieerhaltungssatz 2.8.5. Analogie Translation und Rotation

58 58 59 59 59 60 61 61 61 63 63

2.9. Mechanik starrer Korper 2.9.1. Freiheitsgrade und Kinematik 2.9.2. Krafte am starren Korper 2.9.3. Schwerpunkte und potentielle Energie eines starren Korpers 2.9.4. Kinetische Energie eines starren Korpers 2.9.5. Massentragheitsmomente starrer Korper 2.9.6. Kreisel

63 64 65 67 68 70 74

2.10. Gravitation 2.10.1. Beobachtungen 2.10.2. Newtonsches Gravitationsgesetz 2.10.3. Hubarbeit und potentielle Energie

79 79 81 83

2.11. Mechanik deformierbarer Korper 84 2.11.1. Deformierbarer fester Korper 84 2.11.1.1. Elastische Verformung 85 2.11.1.2. Plastische Verformung 92 2.11.1.3. Harte fester Korper 94 2.11.2. Ruhende Fliissigkeiten (Hydrostatik) und Gase (Aerostatik) 96 2.11.2.1. Druck 96 2.11.2.2. Kompressibilitat 98 2.11.2.3. Raumausdehnungskoeffizient 99 2.11.2.4. Schweredruck 100 2.11.2.5. Auftrieb 102 2.11.2.6. Grenzflacheneffekte 104 2.11.3. Fluide - Stromende Fliissigkeiten (Hydrodynamik) und Gase (Aerodynamik). 107 2.11.3.1. Stromungsfeld 107

Inhalt

3.

XI

2.11.3.2. Grundgleichungen idealer (reibungsfreier) Stromungen 2.11.3.3. Stromungen realer Fliissigkeiten und Gase 2.11.3.4. Anwendungen

109 120 133

Thermodynamik

140

3.1. Grundlagen 3.1.1. Einfiihrung 3.1.2. Thermodynamische Grundbegriffe 3.1.3. Temperatur 3.1.4. Thermische Ausdehnung 3.1.5. Allgemeine Zustandsgleichung idealer Gase 3.2. Kinetische Gastheorie 3.2.1. Gasdruck 3.2.2. Thermische Energie und Temperatur 3.2.3. Geschwindigkeitsverteilung der Gasmolekiile

140 140 140 143 147 149 151 . 151 153 154

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik 3.3.1. Warme 3.3.2. Erster Hauptsatz der Thermodynamik 3.3.3. Berechnung der Warmekapazitaten 3.3.4. Spezielle Zustandsanderungen idealer Gase 3.3.4.1. Isotherme Zustandsanderung 3.3.4.2. Isochore Zustandsanderung 3.3.4.3. Isobare Zustandsanderung 3.3.4.4. Isentrope Zustandsanderung 3.3.4.5. Polytrope Zustandsanderung 3.3.5. Kreisprozesse 3.3.5.1. Carnotscher KreisprozeB 3.3.5.2. Technische Kreisprozesse 3.3.6. Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik 3.3.6.1. Reversible und irreversible Prozesse 3.3.6.2. Formulierungen des zweiten Hauptsatzes 3.3.6.3. Entropie 3.3.6.4. Statistische Deutung der Entropie 3.3.7. Thermodynamische Potentiale 3.3.8. Dritter Hauptsatz der Thermodynamik

156 156 159 162 165 165 166 167 167 169 171 172 176 180 180 181 182 185 187 188

3.4. Zustandsanderungen realer Gase 3.4.1. Van-der-Waalssche Zustandsgleichung 3.4.2. Gasverfliissigung (Joule-Thomson-Effekt) 3.4.3. Phasenumwandlungen 3.4.3.1. Thermodynamisches Gleichgewicht 3.4.3.2. Gleichgewicht zvv^ischen fliissiger und gasformiger Phase 3.4.3.3. Gleichgew^icht zwischen fester und fliissiger Phase 3.4.3.4. Koexistenz dreier Phasen 3.4.4. Dampfe und Luftfeuchtigkeit

189 190 192 193 195 196 198 198 199

3.5. Warmeiibertragung 3.5.1. Warmeleitung 3.5.2. Konvektion

203 204 208

XII

Inhalt 3.5.3. 3.5.4.

4.

Warmestrahlung Warmedurchgang

Elektrizitat und Magnetismus

214 217 220

4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen 4.1.1. Ladung 4.1.2. Stromstarke 4.1.3. Spannung 4.1.4. Widerstand und Leitwert 4.1.5. Ohmsches Gesetz 4.1.6. Kirchhoffsche Regeln im verzweigten Stromkreis 4.1.7. Schaltung von Widerstand en 4.1.8. MeBbereichserweiterung 4.1.9. Ausgewahlte MeBanordnungen 4.1.10. Klemmenspannung und innerer Widerstand 4.1.11. Schaltung von Spannungsquellen 4.1.12. Elektrische Leistung und elektrische Arbeit

221 221 223 224 225 228 228 230 232 234 235 236 238

4.2. Ladungstransport in Fliissigkeiten und Gasen 4.2.1. Ladungstransport in Fliissigkeiten 4.2.1.1. Dissoziation und Elektrolyse 4.2.1.2. Faradaysche Gesetze 4.2.1.3. Elektrochemische Spannungsquellen 4.2.1.4. Elektrokinetische Vorgange 4.2.2. Ladungstransport im Vakuum und in Gasen 4.2.2.1. Ladungstransport im Vakuum 4.2.2.2. Ladungstransport in Gasen 4.2.3. Plasmastrome

240 240 240 241 243 248 250 250 251 256

4.3. Elektrisches Feld 257 4.3.1. Allgemeiner Feldbegriff 257 4.3.2. Beschreibung des elektrischen Feldes 258 4.3.3. Elektrische Feldstarke und Kraft 259 4.3.4. Elektrische Feldstarke und elektrostatisches Potential 260 4.3.5. Bewegung geladener Teilchen im elektrischen Feld 264 4.3.5.1. Grundlegende Betrachtungen 264 4.3.5.2. Bewegung eines geladenen Teilchens quer zum elektrischen Feld . . . . 266 4.3.5.3. Bewegung eines geladenen Teilchens parallel zum elektrischen Feld . . . 267 4.3.5.4. Elektronenstrahl-Oszilloskop 267 4.3.5.5. Bewegung elektrisch geladener Korper in einer Fliissigkeit und im elektrischen Feld 268 4.3.6. Leiter im elektrischen Feld 269 4.3.6.1. Elektrische Influenz, elektrische Verschiebungsdichte und elektrische Feldstarke 269 4.3.6.2. Kondensator und Kapazitat 272 4.3.7. Nichtleiter im elektrischen Feld, elektrische Polarisation und Permittivitatszahl 276 4.3.8. Energieinhalt des elektrischen Feldes 285 4.4. Magnetisches Feld 4.4.1. Beschreibung des magnetischen Feldes

286 286

Inhalt

4.4.2. 4.4.3. 4.4.3.1. 4.4.3.2. 4.4.4. 4.4.4.1. 4.4.4.2. 4.4.4.3.

Magnetische Feldstarke und Durchflutungsgesetz Magnetische FluBdichte und Kraftwirkungen im Magnetfeld Magnetischer FluB, magnetische FluBdichte Kraftwirkungen im Magnetfeld Materie im Magnetfeld Grundbegriffe Stoffmagnetismus Magnetische Werkstoffe

XIII

287 292 292 293 300 300 301 306

4.5. Instationare Felder 4.5.1. Elektromagnetische Induktion 4.5.1.1. Induktionsgesetz 4.5.1.2. Induktionsvorgange 4.5.1.3. Selbstinduktion 4.5.1.4. Energie des magnetischen Feldes 4.5.2. Periodische Felder (Wechselstromkreis) 4.5.2.1. Grundlagen des Wechselstromkreises 4.5.2.2. Bauelemente im Wechselstromkreis 4.5.2.3. Reihenschaltung von Bauelementen im Wechselstromkreis 4.5.2.4. Parallelschaltung von Bauelementen im Wechselstromkreis 4.5.2.5. Leistung im Wechselstromkreis 4.5.2.6. Drehstrom 4.5.2.7. Transformation von Wechselstromen 4.5.2.8. Elektrische Maschinen 4.5.3. Ein-und Ausschaltvorgange in Stromkreisen 4.5.3.1. Ein-und Ausschalten mit einem Kondensator 4.5.3.2. Ein- und Ausschalten mit einer Induktivitat 4.5.4. MeBgerate 4.5.5. Zusammenhang elektrischer und magnetischer GroBen 4.5.5.1. Vergleich elektrischer und magnetischer GroBen 4.5.5.2. Maxwellsche Gleichungen

312 312 312 313 316 317 318 319 320 320 323 323 326 327 328 331 331 332 334 338 338 340

5.

343

Schwingungen und Wellen

5.1. Schwingungen 5.1.1. Physikalische Grundlagen schwingungsfahiger Systeme 5.1.2. Freie Schwingung 5.1.2.1. Differentialgleichung des ungedampften Feder-Masse-Systems 5.1.2.2. Allgemeine Differentialgleichung der freien, ungedampften harmonischen Schwingung 5.1.2.3. Differentialgleichungen und Losungen spezieller mechanischer Schwingungssysteme 5.1.2.4. Gesamtenergie der freien, ungedampften Schwingung 5.1.2.5. Elektromagnetische Schwingung 5.1.2.6. Freie gedampfte Schwingung 5.1.2.7. Gedampfte elektromagnetische Schwingung 5.1.3. Erzwungene Schwingung 5.1.3.1. Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung 5.1.3.2. Losung der Differentialgleichung der erzwungenen gedampften Schwingung 5.1.3.3. Amplitudenresonanzfunktion 5.1.3.4. Phasenresonanzfunktion

343 343 347 347 349 350 354 355 358 363 365 365 365 367 369

XIV

Inhalt 5.1.4. Uberlagerung von Schwingungen 5.1.4.1. Uberlagerung harmonischer Schwingungen gleicher Raumrichtung und gleicher Frequenz 5.1.4.2. Uberlagerung harmonischer Schwingungen gleicher Raumrichtung mit geringen Frequenzunterschieden (Schwebung) 5.1.4.3. Uberlagerung harmonischer Schwingungen gleicher Raumrichtung mit ganzzahligen Frequenzverhaltnissen (Fourier-Analyse) 5.1.4.4. Uberlagerung harmonischer Schwingungen mit ganzzahligem Frequenzverhaltnis, die senkrecht zueinander schwingen (Lissajous-Figuren) 5.1.5. Schwingungen mit mehreren Freiheitsgraden (gekoppeltes Schwingungssystem) 5.1.6. Nichtlineare Schwinger 5.1.7. Parametrisch erregte Schwingungen

5.2. Wellen 5.2.1. 5.2.2. 5.2.2.1. 5.2.2.2. 5.2.2.3. 5.2.3. 5.2.4. 5.2.4.1. 5.2.4.2. 5.2.4.3. 5.2.4.4. 6.

Physikalische Grundlagen der Wellenausbreitung Harmonische Wellen Mathematische Beschreibung harmonischer Wellen Energietransport Phasengeschwindigkeit Doppler-Effekt Interferenz Uberlagerung von Wellen gleicher Frequenz Stehende Wellen Beugung , . . . Uberlagerung von Wellen unterschiedlicher Frequenz

370 370 372 373 376 378 381 382 382 382 386 386 386 387 390 392 . 392 394 397 399

Optik

402

6.1. Einfuhrung

402

6.2. Geometrische Optik 6.2.1. Lichtstrahlen 6.2.2. Reflexion des Lichtes 6.2.2.1. Reflexion an ebenen Flachen 6.2.2.2. Reflexion an gekriimmten Flachen 6.2.3. Brechung des Lichtes 6.2.3.1. Brechung an ebenen Grenzflachen 6.2.3.2. Brechung an einem Prisma 6.2.3.3. Brechung an Kugelflachen 6.2.4. Abbildung durch Linsen 6.2.4.1. Diinne Linsen 6.2.4.2. Dicke Linsen 6.2.4.3. Linsensysteme 6.2.5. Blenden im Strahlengang 6.2.6. Abbildungsfehler 6.2.7. Optische Instrumente 6.2.7.1. Das menschliche Auge 6.2.7.2. Lupe 6.2.7.3. Mikroskop 6.2.7.4. Fernrohr 6.2.7.5. Photoapparat

403 403 404 404 405 409 409 413 416 418 418 422 424 425 426 426 426 429 430 431 434

Inhalt

XV

6.3. Radio-und Photometric 6.3.1. Einftihrung 6.3.2. Strahlungsphysikalische GroBen 6.3.3. Lichttechnische GroBen

435 435 436 441

6.4. Wellenoptik 6.4.1. Interferenz und Beugung 6.4.1.1. Koharenz 6.4.1.2. Interferenzen an diinnen Schichten 6.4.1.3. Interferometer 6.4.1.4. Beugung am Spalt 6.4.1.5. Auflosungsvermogen optischer Instrumente 6.4.1.6. Beugung am Gitter 6.4.1.7. Spektralapparate 6.4.1.8. Rontgenbeugung an Kristallgittern 6.4.1.9. Holographie 6.4.2. Polarisation des Lichtes 6.4.2.1. Einfiihrung 6.4.2.2. Erzeugung von polarisiertem Licht 6.4.2.3. Technische Anwendungen der Doppelbrechung 6.4.2.4. Optische Aktivitat

444 444 444 446 450 452 455 456 459 462 465 468 468 470 473 475

6.5. Quantenoptik 6.5.1. Lichtquanten 6.5.1.1. Lichtelektrischer Effekt 6.5.1.2. Compton-Effekt 6.5.2. Dualismus Teilchen-Welle 6.5.3. Warmestrahlung 6.5.4. Laser 6.5.5. Materiewellen 6.5.5.1. De-Broglie-Beziehung 6.5.5.2. Heisenbergsche Unscharferelation 7.

Akustik

477 477 477 479 . 481 482 483 486 486 488 490

7.1. Einfuhrung

490

7.2. Schallwellen 7.2.1. Schallausbreitung 7.2.2. Schallwandler 7.2.3. Schallwellen an Grenzflachen

490 490 495 499

7.3. Schallempfindung 7.3.1. Physiologische Akustik 7.3.2. Musikalische Akustik

504 504 507

7.4. Technische Akustik 7.4.1. Raumakustik 7.4.2. Luftschalldammung 7.4.3. Korperschalldammung 7.4.4. Stromungsgerausche 7.4.5. Ultraschall

510 510 512 513 516 517

XVI 8.

Inhalt Atom-und Kernphysik

519

8.1. Bohrsches Atommodell 8.1.1. Optisches Spektrum des Wasserstoffatoms 8.1.2. Bohrsche Postulate 8.1.3. Quantenbedingungen nach Bohr/Sommerfeld

520 520 522 524

8.2. Quantentheorie 8.2.1. Hamilton-Operator 8.2.2. Schrodinger-Gleichung 8.2.3. Unscharferelation 8.2.4. Quantenmechanik des Wasserstoffatoms 8.2.5. Quanten-Hall-Effekt 8.2.5.1. Freies Elektron im Magnetfeld (quantenmechanisch) 8.2.5.2. Quanten-Hall-Effekt 8.2.6. Tunnelmikroskop

525 525 528 533 537 541 541 543 546

8.3. Bahn- und Spinmagnetismus 8.3.1. Zeeman-und Stark-Effekt 8.3.2. Elektronen- und Kernspinresonanz

548 549 549

8.4. Systematik des Atombaus 8.4.1. Periodensystem der Elemente 8.4.2. Aufbau der Elektronenhulle

553 553 553

8.5. Rontgenstrahlung 8.5.1. Bremsstrahlung und charakteristische Strahlung 8.5.2. Absorption von Rontgenstrahlung, Computertomographie

555 555 556

8.6. Molekulspektren 8.6.1. Potentialkurve 8.6.2. Rotations-Schwingungs-Spektrum 8.6.3. Raman-Effekt

558 558 560 562

8.7. Aufbau 8.7.1. 8.7.2. 8.7.2.1. 8.7.2.2.

563 563 565 567 570

der Atomkerne GroBe und Ladungsverteilung Kernmodelle Tropfchenmodell Schalenmodell

8.8. Kernumwandlung 8.8.1. Radioaktiver Zerfall 8.8.1.1. Strahlenarten 8.8.1.2. Zerfallsreaktionen 8.8.1.3. Radioaktives Zerfallsgesetz 8.8.1.4. Messung ionisierender Strahlung 8.8.1.5. Anwendung radioaktiver Stoffe 8.8.2. Kernreaktionen 8.8.2.1. Energetik 8.8.2.2. Wirkungsquerschnitt 8.8.3. Kernspaltung und Kernreaktoren 8.8.3.1. Kernspaltung 8.8.3.2. Kernreaktoren

573 573 573 573 576 578 581 586 587 588 590 590 592

Inhalt

8.8.3.3. 8.8.4. 8.8.4.1. 8.8.4.2.

Reaktortypen Kernfusion Fusionsreaktion Experimente zur kontrollierten Kernfusion

XVII

594 596 596 599

1.9. Elementarteilchen 8.9.1. Einteilung 8.9.2. Erhaltungssatze 8.9.3. Fundamentale Wechselwirkungen

601 603 607 608

.10. Strahlenschutz 8.10.1. Wechselv/irkung der Strahlung mit Materie 8.10.2. DosisgroBen 8.10.3. Biologische Wirkung der Strahlung 8.10.4. Dosismessung 8.10.5. StrahlenschutzmaBnahmen

610 610 618 622 625 627

9.

Festkorperphysik

9.1. Struktur 9.1.1. 9.1.1.1. 9.1.1.2. 9.1.1.3. 9.1.1.4. 9.1.2. 9.1.2.1. 9.1.2.2. 9.1.2.3. 9.1.3. 9.1.3.1. 9.1.3.2. 9.1.3.3. 9.1.4. 9.1.5. 9.1.5.1. 9.1.5.2. 9.1.6. 9.1.6.1. 9.1.6.2. 9.1.7. 9.1.7.1. 9.1.7.2. 9.1.7.3.

fester Korper Kristallbindungsarten Van-der-Waalssche Bindung Kovalente (homoopolare) Bindung lonenbindung Metallische Bindung Kristalline Strukturen Kristallsysteme Dichteste Kugelpackungen Richtungen und Ebenen im Kristallgitter Gitterfehler Punktfehler Linienfehler Flachenfehler Amorphe Werkstoffe Makromolekulare Festkorper Struktur und Eigenschaften der Polymerwerkstoffe Spezielle Eigenschaften der Polymerwerkstoffe Ausgewahlte Werkstoffe Verbundwerkstoffe Formgedachtnis-Legierungen Fliissigkristalle Aufbau und Struktur Eigenschaften Anwendungsbereiche

9.2. Elektronen in Festkorpern 9.2.1. Energiebander-Modell 9.2.2. Metalle 9.2.3. Halbleiter 9.2.3.1. Eigenleitung 9.2.3.2. Storstellenleitung 9.2.3.3. pn-Ubergang

633 633 633 633 634 634 635 636 636 637 638 639 639 639 641 641 642 643 644 646 646 650 652 652 653 653 654 654 657 662 663 665 667

XVIII

Inhalt 9.2.3.4. Transistor 9.2.4. Supraleitung

9.3. Thermodynamik fester Korper 9.3.1. Gitterschwingungen 9.3.1.1. Schwingende Gitterbausteine und Phononen 9.3.1.2. Molare und spezifische Warmekapazitat 9.3.1.3. Warmeleitfahigkeit 9.3.2. Effekte im Zusammenhang mit WarmefluB und elektrischem Strom 9.3.2.1. Galvanomagnetische und thermomagnetische Effekte 9.3.2.2. Thermoelektrische Effekte 9.3.3. Piezoelektrizitat

671 674 678 678 678 681 683 . . . 685 685 686 688

9.4. Optoelektronische Halbleiter-Bauelemente 9.4.1. Strahlungsquellen 9.4.1.1. Lumineszenzdioden 9.4.1.2. Halbleiterlaser 9.4.2. Empfanger 9.4.2.1. Absorption elektromagnetischer Strahlung 9.4.2.2. Photowiderstand 9.4.2.3. Photodioden 9.4.2.4. Phototransistor

690 690 690 691 693 693 694 695 698

10.

699

Spezielle Relativitatstheorie

10.1. Relativitat des Bezugssystems

699

10.2. Lorentz-Transformation

701

10.3. Relativistische Effekte 10.3.1. Langenkontraktion 10.3.2. Zeitdilatation 10.3.3. Relativistische Addition der Geschwindigkeiten

703 703 703 705

10.4. Relativistische Dynamik

705

10.5. Spezielle Relativitatstheorie in der Elektrodynamik 10.5.1. Elektrodynamische Kraft 10.5.2. Doppler-Effekt des Lichtes

708 708 709

11.

712

Anhang

11.1. Losungen der Ubungsaufgaben

712

11.2. Nobelpreistrager der Physik

717

12.

Sachwortverzeichnis

725

13.

Periodensystem der Elemente

747

Verwendete physikalische Symbole (Symbole, die in nachfolgenden Abschnitten die gleiche Bedeutung haben, sind nur einmal angegeben.)

2. Mechanik A a c CA CD

<^M Cw

c* d E e F Fr G g 9 H h I J

i

K k L I M Ma m m n P P P Q

Flache Beschleunigung Federkonstante; Lichtgeschwindigkeit; Schallgeschwindigkeit Auftriebsbeiwert Druckwiderstandsbeiwert Momentenbeiwert Widerstandsbeiwert Richtmoment Abstand; Dickenanderung Energie; Elastizitatsmodul Einheitsvektor Kraft Froudezahl Schubmodul, Gravitationskonstante Gravitationsfeldstarke Fallbeschleunigung Fallhohe; Forderhohe Hohe Flachentragheitsmoment Massentragheitsmoment TransportfluBdichte; Massenstromdichte Kompressionsmodul Rauhigkeit Drehimpuls Lange Drehmoment Machsche Zahl Masse Massenstrom Drehzahl Leistung Impuls Druck; Anteil Forderstrom (Pumpen); Volumenstrom (Turbinen)

R r Re s s T t V V V

W w a

A

r

y

A E

n S

X

X M V

Q

a T

0 9 (PG 0)

Gaskonstante; Kriimmungsradius Ortsvektor Reynoldszahl Ortskoordinate Weg; Bogenlange Kelvin-Temperatur; Periodendauer Zeit Volumen Volumenstrom Geschwindigkeit Arbeit spezifische (massebezogene) Arbeit DurchfluBzahl; Kontraktionszahl; Winkelbeschleunigung Winkel Zirkulation Schiebung; Scherwinkel; Raumausdehnungskoeffizient Differenz Neigungswinkel; Dehnung; Expansionszahl; Gleitzahl dynamische Viskositat; Wirkungsgrad Celsius-Temperatur Kompressibilitat Rohrreibungszahl Reibungszahl; AusfluBzahl; Poissonzahl kinematische Viskositat Dichte Spannung; Normalspannung Schubspannung TransportgroBe Drehwinkel; Potentialfunktion; Geschwindigkeitsziffer; Fluiditat Gravitationspotential Winkelgeschwindigkeit

3. Thermodynamik a Temperaturleitfahigkeit C Cm, c Warmekapazitat, molare bzw. spezifische Warmekapazitat Cmp, Cp isobare molare bzw. isobare spezifische Warmekapazitat C^v, Cv isochore molare bzw. isochore spezifische Warmekapazitat Ci2 Strahlungsaustauschkoeffizient c Schallgeschwindigkeit

EA ^kin

f

Akti vi erungs energi e mittlere kinetische Energie eines Molekuls freie Energie, freie molare bzw. freie spezifische Energie Anzahl der Freiheitsgrade; Warmequellendichte freie Enthalpie, freie molare bzw. freie spezifische Enthalpie statistisches Gewicht des Zustandes /

XX

Verwendete physikalische Symbole

H, Hjn , h Enthalpie, molare bzw.

spezifische Enthalpie Warmestromdichte h Boltzmann-Konstante; Warmedurchk gangskoeffizient M Molmasse Me spezifische Ausstrahlung Masse eines Molekuls WM N Teilchenanzahl eines Systems n Polytropenexponent, Teilchenzahldichte Avogadro-Konstante NA WahrscheinHchkeit der Besetzung P. des Zustands / Druck P Q.Qra , q Warme, molare bzw. spezifische Warme Warmestrom Q individuelle bzw. allgemeine (molare) ^i. ^m Gaskonstante Entropie, molare bzw. spezifische ^,^m, s Entropie T thermodynamische Temperatur , u innere Energie, molare bzw. spezifische innere Energie K ^ m , V Volumen, molares bzw. spezifisches Volumen

u,u^..

Vm^V^^v^

W X

Z a a* y 8 £K,£W ^th X

k V Q T ^e

(P (P^ (P\2

mittlere, durchschnittliche bzw. wahrscheinlichste Geschwindigkeit von Gasmolekulen thermodynamisches Wahrscheinlichkeitsverhaltnis Feuchtegrad Realgasfaktor Langenausdehnungskoeffizient; Absorptionsgrad Warmeubergangskoeffizient Raumausdehnungskoeffizient Emissionsgrad; Kompressionsverhaltnis Leistungszahl einer Kaltemaschine bzw. einer Warmepumpe thermischer Wirkungsgrad Isentropen- (Adiabaten-) Exponent Warmeleitfahigkeit Stoffmenge (Teilchenmenge) Dichte; Reflexionsgrad Transmissionsgrad Strahlungsleistung relative Luftfeuchte absolute Luftfeuchte Einstrahlzahl

4. Elektrizitat und Magnetismus Ar A B B BK

Bs C D E EH

e FL

F

f

G H He IJ I

I ^'eff

/ j L M '"A

ntc N P P^P

relative Atommasse elektrochemisches Aquivalent magnetische Induktion, FluBdichte Blindleitwert, Suszeptanz Remanenzinduktion Sattigungsinduktion Kapazitat elektrische Verschiebungsdichte elektrische Feldstarke Hall-Feldstarke Elementarladung Lorentz-Kraft Faraday-Konstante Spulenformfaktor Leitwert, Konduktanz magnetische Feldstarke Koerzitivfeldstarke elektrische Stromstarke Amplitude der elektrischen Stromstarke Effektivwert der Wechselstromstarke magnetische Polarisation elektrische Stromdichte Induktivitat Magnetisierung Amperesches magnetisches Moment Coulombsches magnetisches Moment Windungszahl elektrische Polarisation Leistung

P Q R RH ^m

S Tc Tn U,u u U, Weff ^H "ind ^A ^el ^d

w

^^'^ mmagn agn

X

zz GC

y 8 ^0 £r

elektrisches Dipolmoment elektrische Ladung; Blindleistung elektrischer Widerstand Hall-Koeffizient magnetischer Widerstand Scheinleistung Curie-Temperatur Neel-Temperatur elektrische Spannung Amplitude der elektrischen Spannung Effektivwert der elektrischen Spannung Hall-Spannung induzierte Spannung Austrittsarbeit elektrische Arbeit und Feldenergie elektrische Energiedichte magnetische Arbeit und Feldenergie magnetische Energiedichte Blindwiderstand, Reaktanz Scheinwiderstand, Impedanz Wertigkeit

Temperaturkoeffizient des elektrischen Widerstandes Spannungsfaktor Permittivitat elektrische Feldkonstante Permittivitatszahl

Verwendete physikalische Symbole 6 % // II0 //r Q

elektrische Durchflutung elektrische Leitfahigkeit, Konduktivitat Permeabilitat magnetische Feldkonstante Permeabilitatszahl spezifischer elektrischer Widerstand, Resist! vitat Raumladungsdichte

Q

G

XXI

T 0 (p XQ X^ y/

Streufaktor; elektrische Flachenladungsdichte Zeitkonstante magnetischer FluB elektrisches Potential; Verlustwinkel elektrische Suszeptibilitat magnetische Suszeptibilitat elektrischer FluB

y y

Auslenkung Amplitude

A P

Auslenkungswinkel Amplitude des Auslenkungswinkels Phasenverschiebung zwischen Erreger und Schwinger Gangunterschied Abklingkoeffizient Kreisfrequenzverhaltnis logarithmisches Dekrement Wellenlange Phasenwinkel Nullphasenwinkel Phasenverschiebung zwischen zwei Schwingungen Kreisfrequenz Kreisfrequenz der freien ungedampften bzw. gedampften Schwingung Erregerkreisfrequenz Resonanzkreisfrequenz

5. Schwingungen und Wellen

/E /Res /s

Dampfungskoeffizient Federkonstante; Phasengeschwindigkeit WinkelrichtgroBe Gruppengeschwindigkeit Dampfungsgrad Verlustfaktor Frequenz Eigenfrequenz der freien ungedampften bzw. gedampften Schwingung Erregerfrequenz Resonanzfrequenz Schwebungsfrequenz

j

y=r

k Q S T TQ , T^

Dampfungsverhaltnis; Wellenzahl Gute Intensitat Periodendauer Periodendauer der freien ungedampften bzw. gedampften Schwingung Periodendauer der Schwebung Energiedichte

D d / /o, /d

Tg w

y A S V A X (P

n A(p CO COo^COd

co^ <^Res

6. Optik numerische Apertur Gegenstands- bzw. Bildweite a, a' Einstein-Koeffizienten A,B Spaltbreite b Brechkraft D' ^ A P , Z)EP Durchmesser von Austritts- bzw. Eintrittspupille Bestrahlungsstarke E, Beleuchtungsstarke E. Energie eines Photons ^ph Abstand zweier Linsen e' gegenstandseitige bzw. bildseitige fj' Brennweite Gitterkonstante g H Helligkeit H, Bestrahlung Beleuchtung H, h Plancksche Konstante I Intensitat Strahlstarke /e Lichtstarke h ^N

K^ k / Lg Ly Mg M^ m TVj n p ge gv r s, s' u' V y, y' Z z, z'

photometrisches Strahlungsaquivalent Blendenzahl Koharenzlange Strahldichte Leuchtdichte spezifische Ausstrahlung spezifische Lichtausstrahlung Ordnungszahl bei Interferenzen Besetzungszahl des Niveaus / Brechungsindex Gitterstrichzahl Strahlungsenergie Lichtmenge Kriimmungsradius gegenstandseitige bzw. bildseitige Schnittweite Durchmesser des Unscharfekreises Hellempfindlichkeitsgrad Gegenstands- bzw. BildgroBe Dammerungszahl Abstand vom Gegenstand bzw. Bild zum jeweiligen Brennpunkt

XXII a

A'

r'

3 €

^r

e' £p

Verwendete physikalische Symbole brechender Winkel eines Prismas AbbildungsmaBstab VergroBerung Ablenkungswinkel Einfallswinkel Reflexionswinkel Brechungswinkel Polarisationswinkel

e a T ^e ^v

^ Q

Glanzwinkel Winkel zwischen Strahl und optischer Achse Lebensdauer Strahlungsleistung Lichtstrom Zentriwinkel Raumwinkel

7. Akustik A B d /G

<^pU

/ L Ls Ln

m' P P R

aquivalente Schallabsorptionsflache Biegesteifigkeit Absorberdicke Grenzfrequenz der Spuranpassung UbertragungsmaB elektroakustischer Wandler Schallintensitat Schallpegel Lautstarke Norm-Trittschallpegel flachenbezogene Masse Schalleistung Schalldruck Schalldamm-MaB

r S T V

w y

z a as 3 A Qs

T^s

Reflexionsfaktor Lautheit; Flache Nachhallzeit Schallschnelle Schallenergiedichte Elongation Schallkennimpedanz Schallausbreitungs-Dampfungskoeffizient Schallabsorptionsgrad Einfallswinkel Bewertungsfaktor Schallreflexionsgrad Schalltransmissionsgrad

8. Atom- und Kernphysik A ^s «0

B D,D D^.D^ d E EB

Es F,F

9 H H h I J J,J

JJ L,L L

Nuklepnenzahl; Aktivitat spezifische Aktivitat Bohrscher Radius des Wasserstoffatoms im Grundzustand Baryonenzahl Energiedosis, Energiedosisleistung Aquivalentdosis, Aquivalentdosisleistung Flachenmasse Energie-Eigenwert Bindungsenergie Schwellenenergie Gesamtdrehimpuls des Atoms einschliei31ich Kerndrehimpuls, zugehorige Quantenzahl Faktor nach Lande Hamilton-Funktion Hamilton-Operator Plancksches Wirkungsquantum (h = h/{2n)) Kerndrehimpuls, zugehorige Quantenzahl Gesamtdrehimpuls der Elektronenhiille, zugehorige Quantenzahl Gesamtdrehimpuls eines Elektrons, zugehorige Quantenzahl Gesamtbahndrehimpuls der Elektronenhiille, zugehorige Quantenzahl Leptonenzahl

11 m^ m. mj

mo A^ n Q R RH

S 5, S

hii

u X

Z

Oi

y X f*,M

Bahndrehimpuls eines Elektrons, zugehorige Quantenzahl magnetische Quantenzahl des Drehimpulses magnetische Quantenzahl des Spins magnetische Quantenzahl des Gesamtdrehimpulses Ruhemasse Neutronenzahl Hauptquantenzahl Kem-Quadrupolmoment Reichweite Rydberg-Konstante Gesamtspinmoment Elektronenspin, zugehorige Quantenzahl (Spinquantenzahl) Halbwertszeit atomare Masseneinheit Schichtdicke Kernladungszahl (Ordnungszahl, Protonenzahl)

Feinstrukturkonstante gyromagnetisches Verhaltnis Zerfallskonstante; Wellenlange magnetisches Moment

Verwendete physikalische Symbole

y"K y"B

Absorptionskoeffizient Kern-Magneton Bohrsches Magneton

V

Freniienz

77

Paritatsquantenzahl

XXIII

Z (7 0 W y/

makroskopischer Wirkungsquerschnitt Wirkungsquerschnitt FluBdichte zeitabhangige Wellenfunktion Wellenfunktion

«A,«D

Akzeptoren- bzw. Donatorenkonzentration Eigenleitungsdichte Phononendichte Brechungsindex Locherkonzentration Empfindlichkeit kritische Temperatur Debye-Temperatur Einstein-Temperatur Fermi-Temperatur charakteristische Temperatur Diffusionsspannung FluBspannung Kontaktspannung Leerlaufspannung Thermospannung Hellempfindlichkeitsgrad Driftgeschwindigkeit Fermi-Geschwindigkeit

9. Festkorperphysik

a B

D(E) D* EB

E. Ev E, f{E) hJcJ IF

V h Ah ./c

k L I M

Flache; Transistor-Stromverstarkung in Basisschaltung Gitterkonstante Transistor-Stromverstarkung in Emitterschaltung kritische magnetische FluBdichte Gruppengeschwindigkeit Phasengeschwindigkeit Zustandsdichte Detektivitat Bindungsenergie Bestrahlungsstarke Fermi-Energie Breite der verbotenen Zone Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion Basis-, Kollektor- bzw. Emitterstrom FluBstrom Photostrom Sperrsattigungsstrom Schwellstrom kritische Stromdichte Wellenzahl Fermi-Vektor Kristall-Lange; Lorenzsche Zahl mittlere freie Weglange Molmasse; Multiplikationsfaktor effektive Zustandsdichte im Leitungsband bzw. im Valenzband El ektronenkonzentration

10. Spezielle Relativitatstheorie /, r m, MQ /, t' u V

Lange im System S bzw. S' bewegte Masse bzw. Ruhemasse Zeit im System S bzw. S' Geschwindigkeit Systemgeschwindigkeit relativistischer Faktor

«ph

n P S To Tj, TE TF

To

UL

I'F

CC

Mn^Mp 00

Absorptionskoeffizient; MadelungKonstante; thermischer Ausdehnungskoeffizient mittlere Energie eines Atoms Quantenausbeute Beweglichkeit, Elektronen- bzw. Locherbeweglichkeit magnetisches FluBquantum

1

1. Einfiihrung 1.1. Physikalischer ErkenntnisprozeB Die Physik ist ein Teilgebiet der Naturwissenschaften. Sie beschaftigt sich im Gegensatz zur Medizin oder Biologie mit der leblosen Umwelt. Dieser eingeengte Betrachtungsbereich mu5 beachtet werden, wenn es um die Frage geht, ob die Methoden der physikalischen Erkenntnis auch auf andere Wissenschaftsgebiete direkt iibertragbar sind. In der Physik versucht man, die GesetzmaBigkeiten der unbelebten Umwelt zu erfassen. Sind diese bekannt, so kann man die physikalischen Gesetze fiir technische Zwecke ausnlitzen. Die Ingenieurwissenschaft ist ein Beispiel hierfiir, weil man in alien ihren Bereichen, beispielsweise im Maschinenbau, in der Feinwerktechnik und in der Elektronik, erfolgreich physikalische Gesetze in die industrielle Praxis umsetzt. Der ProzeB der physikalischen Erkenntnis ist in Bild 1-1 als geschlossener Regelkreis dargestellt. Er umfaBt vier Stationen: a) Experiment Im ersten Schritt werden Merkmale der leblosen Umwelt, die physikalischen GroBen, gesucht. Zur praziseren Beschreibung mussen auch Merkmale durch physikalische Definitionen festgelegt werden (z. B. die Definition der Kraft). In einem Experiment werden durch b) InduktionsschluB

,^ (n^n+^) ^-"^ Verallgemeinerung (Abstraktion)

a)

/

^ c)

V

Experiment

physikalische Gesetze

Zusammenhange physikalischer GroKen

System gesetzmaSiger Zusammenhange

Verifikation

MeBvorschrift d)

\

V^

Deduktion

^

Ableiten konkreter Verhaltensweisen durch die Logik

;

y

* - ^

Bild 1-1. Regelkreis der physikalischen Erkenntnis.

Messungen zwei oder mehr physikalische GroBen miteinander verglichen und die dabei aufgestellten Zusammenhange aufgeschrieben. Auf geniale und faszinierende Weise ist es dem menschlichen Geist gelungen, alle denkbaren physikalischen Erscheinungen auf hochstens sieben physikalische GrundgroBen (BasisgroBen) zuriickzufuhren (Zeit, Masse, Lange, Temperatur, Stromstarke, Lichtstarke und Stoffmenge, s. Abschn. 1.3.1). Diese Reduktion der Komplexitat auf verhaltnismaBig wenige relevante Faktoren ist ein Grund fiir den Erfolg bei der ingenieurmaBigen Umsetzung physikalischer Erkenntnisse in der Technik. In der Ingenieurpraxis konnen physikalische Zusammenhange jedoch auch so komplex sein, daB empirisch gefundene Beziehungen in Tabellen und Graphiken niedergelegt werden mussen, weil sie theoretisch nicht exakt genug vorhergesagt werden konnen (z.B. der EinfluB der Reibung bei der Stromung realer Fliissigkeiten und Gase). b) InduktionsschluB Werden physikalische Zusammenhange immer wieder experimentell bestatigt, dann kann gefolgert werden, daB sie zu jeder Zeit und an jedem Ort giiltig sind. Dieser SchluB, der eine Verallgemeinerung darstellt, wird in der Mathematik InduktionsschluB (SchluB von n auf A? -h 1) genannt. Eine derartige Verallgemeinerung ist nur zulassig, wenn sich die physikalischen Konstanten nicht andern. Diese wichtige Forderung nach der Konstanz der Naturereignisse auBert sich in der Physik in der Existenz von Naturkonstanten (z. B. Lichtgeschwindigkeit c). Beim Ubertragen des physikalischen Erkenntnisprozesses auf andere Disziplinen, z. B. auf die Psychologic, muB daher genau gepruft werden, ob die Konstanz der Aussageparameter gegeben und damit eine Verallgemeinerung der Beziehungen zulassig ist. c) Physikalische Gesetze Mit der Verallgemeinerung durch den InduktionsschluB ist ein physikalisches Gesetz formuliert (z.B. die Kraft ist proportional zur Masse und Beschleunigung). Das physikalische Gesetz wird fiir die weitere Analyse und die Anwendung mathematisch formuliert (z.B. F=ma). Bildet die Vielzahl an physikalischen Gesetzen ein widerspruchsfreies System

2

l.Einfuhrung

wissenschaftlicher Aussagen iiber die gesetzmaBigen Zusammenhange eines physikalischen Bereiches, so wird dieses System Theorie genannt. Die Theorie ermoglicht einerseits eine Vorhersage durch die Deduktion (d) und andererseits die Uberpriifung ihres eigenen Wahrheits- bzw. Giiltigkeitsanspruches durch das Experiment (a). d) Deduktion Aus den physikalischen Theorien oder Gesetzen konnen mit Hilfe der Logik spezielle, auf ein konkretes Problem bezogene Aussagen hergeleitet werden. In der klassischen Mechanik kann beispielsweise aus der Bahnkurve fur den schiefen Wurf zu jeder Zeit jeder Ort des sich bewegenden Korpers vorhergesagt werden. Der groBe Erfolg der physikalischen Erkenntnismethode beruht hauptsachlich auf der Genauigkeit und Zuverlassigkeit der Vorhersage. Zum Beispiel ware die Mondlandung nicht moglich gewesen, wenn auf der Erde nicht alle GesetzmaBigkeiten bekannt gewesen waren, so daB alle moglichen Ereignisse wahrend des Fluges auf der Erde simuliert werden konnten. Es war moglich, die Mondlandung gleichsam im Geist vorwegzunehmen, weil die physikalischen Theorien richtig und zuverlassig sind und eine giiltige Aussage im konkreten Fall erlauben. Ein wichtiger Bestandteil der ingenieurmaBigen Denkweise besteht namlich darin, zukiinftiges Verhalten beispielsweise von Maschinen oder elektronischen Schaltungen durch die gultigen physikalischen Gesetze vorauszusehen. Diese Methode wird vor allem auf dem Gebiet der Schadensverhiitung auBerordentlich wirkungsvoll eingesetzt. a) Experiment Auch die sorgfaltigste Vorhersage physikalischer Zustande kann fehlerhaft sein, weil bestimmte EinfluBgrdBen nicht beriicksichtigt sind. Aus diesem Grund muB die Vorhersage eines physikalischen Gesetzes durch ein Experiment auf ihre Richtigkeit iiberpruft werden (Verifikation). Voraussetzung dafiir ist, daB mit dem physikalischen Gesetz ein realer MeBaufbau definiert ist, der die Verifizierung der Prognose erlaubt. Diese harte Forderung von Albert Einstein, daB jedes physikalische Gesetz zugleich eine MeBvorschrift

fur eine reproduzierbare Messung darstellen muB, hat die Physik davor bewahrt, in geistreiche Phantastereien abzugleiten. Mit der Priifung der Prognose am Experiment ist der physikalische ErkenntnisprozeB wie in einem Regelkreis geschlossen. Die Wirklichkeit korrigiert damit im Verifikationstest den physikalischen ErkenntnisprozeB. Auf diese Weise ist ausgeschlossen, daB dieser auf das rein geistige Denkvermogen des Menschen beschrankt bleibt.

1.2. Bereiche der physikalischen Erkenntnis Wie Bild 1-2 zeigt, laBt sich die Physik in zwei Hauptbereiche einteilen, in die Makrophysik und in die Mikrophysik. Entscheidend fiir die Zuordnung ist die GroBe der Wirkung (Wirkung = Energie x Zeit). Sind die Wirkungen sehr groB im Vergleich zum Planckschen Wirkungsquantum h = 6,626176 • 10"^"^ Js, dann handelt es sich um Vorgange in der Makrophysik. Sind die Wirkungen dagegen in der GroBenordnung von h, so liegt die Mikrophysik vor. Anschaulich konnte diese Einteilung auch in dieser Weise vorgenommen werden: Die Mikrophysik beschaftigt sich mit Phanomenen im atomaren und subatomaren Bereich (Langen in der GroBenordnung ;SlO~'^m), wahrend sich die Makrophysik mit bis zu lichtmikroskopisch sichtbaren Phdnomenen auseinandersetzt (Langen in der GroBenordnung ^ 10"^ m). Die wesentlichen Unterschiede zwischen Makro- und Mikrophysik gehen aus Bild 1-2 hervor: — Erfahrbarkeit Makrophysikalische Vorgange sind unmittelbar erfahrbar, mikrophysikalische dagegen nicht. Dies bedeutet, daB die Mikrophysik im Prinzip nicht anschaulich sein kann, weil sie sich der Anschauung entzieht. — Zerlegung Die Makrophysik beschaftigt sich mit Phanomenen, die in kleinere Telle zerlegbar sind und nach ihrer Zerlegung getrennt untersucht werden konnen. In der Mikrophysik handelt es sich grundsatzlich um unzerlegbare Teilchen (Quanten). Aufgrund dieser Tatsache miissen die praktizierten analytischen, auf Zerlegung basierenden

1.2. Bereiche der physikalischen Erkenntnis

3

PHYSIK

X

Wirkung ^h

Wirkung5«>/7

I MAKROPHYSIK

unmittelbar erfahrbar

mittelbar erfahrbar

zerlegbare Teile

unzerlegbare Teile (Quanten)

kontinuierliche, stetlge Ablaufe

diskontinuierliche, unstetige Ablaufe

klassische Physik

anschaulich

— streng deterministisch

genaue Messungen

MIKROPHYSIK

Quantenphysik

unanschaulich, abstrakt

statistisch deterministisch

Unscharferelationen

—'

Bild 1-2. Bereiche der physikalischen Erkenntnis. Experimente versagen. Dies hat zur Folge, dal3 unser experimenteller Zugriff auf die unzerlegbaren Teile vollig anders geartet sein muB. — Ablaufstruktur Wahrend die Makrophysik kontinuierliche, stetige Ablaufe zum Inhalt hat, die es gestatten, die zeitliche Entwicklung physikalischer Vorgange genau zu verfolgen, spielen sich mikrophysikalische Vorgange diskontinuierlich und unstetig ab. Die klassische Physik beschreibt die Phanomene der Makrophysik, die Quantenphysik die Effekte der Mikrophysik. Klassische Physik und Quantenphysik haben in ihrer Beschreibungsmethodik in drei Punkten fundamentale Unterschiede:

dern sie gehorchen einer statistischen GesetzmaBigkeit. — MeBgenauigkeit In der Quantenphysik konnen im Gegensatz zur klassischen Physik bestimmte physikalische Zustande (z. B. Ort und Geschwindigkeit eines Teilchens) nicht exakt, sondern nur innerhalb bestimmter Unscharfen experimentell bestimmt werden: Durch die Messung eines Wertes u wird ein anderer MeBwert v so beeinfluBt, daB dieser nicht mehr exakt meBbar ist (Abschn. 8.2.3). Der physikalische Zustand ist deshalb nicht mehr durch einen genauen Wert beschreibbar, sondern durch eine statistische Wahrscheinlichkeit, bestimmte Werte vorzufinden.

— Anschaulichkeit Weil die Quantenphysik nicht unmittelbar erfahrbare Effekte beschreibt, ist sie im Gegensatz zur klassischen Physik unanschaulich und abstrakt.

In Bild 1-3 sind die physikalischen Gebiete dargestellt. In der Mitte befindet sich das Gebiet der klassischen Physik. Ihre Erscheinungen konnen vollig gleichwertig entweder durch das Wellenbild oder durch das Partikelbild erklart werden. Die klassische Physik wird durch zwei Erfahrungen erweitert: Zum einen fiihrt die Tatsache der endlichen Signalgeschwindigkeit zur Relativitdtstheorie (links), und zum andern fiihren die Unscharferelationen zur Quantentheorie (rechts), die die

— Determiniertheit In der Quantenphysik laufen keine streng vorherbestimmten (deterministischen) Prozesse ab wie in der klassischen Physik. Die Ablaufe sind deshalb nicht chaotisch, son-

4

1. Einfuhrung Wellenbild (Felder)

Thermodynamik

Molekulund Atomphysik

Temperatur

' endliche Signalgeschwindigkeit

^

Akustik

c

1 Masse

—

l-g

0)

Mecl-lanik |Lange| Zeit

C 01

1 Ladung 1

C

0) m C m

l| •E g,

Unscharferelation Kern- und Elementarteilchenphysik

i

Elektrizitat Magnetismus

Partikelbild

Bild 1-3. Gebiete der Physik.

Gebiete Molektil- und Atomphysik sowie Kern- und Elementarteilchenphysik umfaBt. Beide Theorien wurden durch P.A.M. DIRAC miteinander verkniipft. Die klassische Physik hat vier Hauptbereiche: — Mechanik Sie beschreibt die Zustandsanderungen eines massebehafteten Korpers in Raum und Zeit. — Thermodynamik In der Thermodynamik beschreibt man physikalische Erscheinungen, bei denen die Temperatur eine wichtige zusatzliche ZustandsgroBe ist. — Elektrizitat und Magnetismus Die Elektrizitat und fur bewegte Ladungen die Theorie des Magnetismus befassen sich mit den Effekten eines physikalischen Systems, wenn zusatzlich zu den mechanischen GrundgroBen (Masse, Lange und Zeit) noch die Eigenschaft der Ladung vorhanden ist. — Wellenlehre In diesem Lehrgebiet werden periodische Zustandsanderungen beschrieben. Wellen konnen sowohl materiegebunden (z.B. Akustik) als auch nicht an Materie gebunden sein(z.B. Optik).

Bis zum ersten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts herrschte das streng kausale und deterministische Denkprinzip der klassischen Physik Newtonscher Pragung vor. Da es sehr erfolgreich war, wurde es von anderen Wissenschaften iibernommen. Beispielsweise erklart der Darwinismus in klaren, kausalen Gedankenketten die Entwicklung der Arten (Evolutionstheorie). GemaB der Schulmedizin wird die Krankheit von isolierbaren Einfliissen verursacht (z.B. Bakterien, Viren oder Organdefekten); durch Beseitigung dieser einzelnen Krankheitsursachen wird der Mensch gesund. In der geschichtlichen Beurteilung durch den Marxismus (historischer Materialismus) wird eine kausale Argumentation verwendet und die Determiniertheit des geschichtlichen Ablaufes postuliert. Die kausaldeterministische Denkweise Newtonscher Pragung nach dem Regelkreis physikalischen Erkennens (Bild 1-1) auf andere Gebiete zu iibertragen, ist aber bedenklich, wenn - die fiir den InduktionsschluB geforderte Konstanz der Systemvariablen nicht gegeben ist, weil diese je nach Situation unterschiedliche Werte einnehmen (z.B. hangt die Antwort eines Interviews auch von der Art der Fragestellung ab), und wenn — die fiir einen DeduktionsschluB notwendige, vollstandige Kenntnis der Anfangsbedingungen eines Systems nicht gegeben ist.

1.3. Physikalische GroBen Die heute beklagte „Unmenschlichkeit" der Technik und die Zukunftslosigkeit vieler Menschen hat ihren Grund auch darin, daB die rein kausale, deterministische Denkweise, von der klassischen Physik ausgehend, weite Bereiche der geistigen Welt erfaBt hat. In letzter Konsequenz fiihrt dieses Denken zu dem SchluB, das menschliche Leben sei ein sinnloses, vorherbestimmtes Existieren. Der Begriff Freiheit als Gegenteil von Determiniertheit wird dann ebenso sinnlos wie ein Moralbegriff, da vorherbestimmte Ablaufe keinen Schuldigen kennen. Mit der Begriindung der Quantenphysik Mitte der zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts wurde deutHch, daB sich atomare und subatomare Strukturen nicht mehr deterministisch verhalten und die klassische Physik ein Spezialfall der Quantenphysik ist. Damit wurde in der Physik erstmalig die deterministische Denkweise in ihrer generellen Giiltigkeit in Frage gestellt. Dies bedeutet freilich nicht, daB der in Bild 1-1 dargestellte Regelkreis der physikalischen Erkenntnis in der Quantenphysik falsch wird. Er ist nach wie vor giiltig. Es wird beim InduktionsschluB die Konstanz der Variablen ersetzt durch die Konstanz der statistischen Zusammenhange, weshalb die Deduktion keine determinierten, sondern lediglich wahrscheinliche Vorhersagen erlaubt. Weil in quantenmechanischen Systemen die Elemente unteilbar sind, sind sie ganzheitlich und diirfen nicht analytisch betrachtet werden. Zudem besteht zwischen den quantenmechanischen Systemkomponenten eine so Starke Wechselwirkung, daB bei einer Trennung der Komponenten fur eine Einzelanalyse diese erheblich verandert werden; somit ist ein Denken in wechselwirkenden Zusammenhangen (Regelkreisen) bei quantenmechanischen Systemen notwendig. Das fiir viele Probleme unserer Zeit (z. B. Umweltzerstorung) notwendige vemetzte Denken in ganzheitlichen Kategorien als erforderliche Korrektur zur isolierten, analytischen Denkweise war in der Physik bereits vor sechzig Jahren notwendig, um quantenphysikalische Effekte erklaren zu konnen. Sicherlich wird ein iiber die statistische Determiniertheit hinausgehendes Denkkonzept benotigt, um soziale und lebendige Systeme in ihrem Verhalten richtig beschreiben zu konnen. Aus

5

diesem Grund wird von einigen Physikern versucht, die Quantenphysik in ihrer ganzheitlichen, auf Regelkreisen beruhenden Betrachtungsweise als Denkmodell beispielsweise fiir gesellschaftliche Strukturen und deren Veranderungen oder zur asthetischen Beurteilung von Kunstwerken heranzuziehen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Ubertragungsversuche quantenmechanischer Denkkonzepte auf andere Wissenschaften erfolgreich sind.

1.3, Physikalische GroBen 1.3.1. Definition und Mafieinheit Eine physikalische GroBe kennzeichnet Eigenschaften und beschreibt Zustande sowie Zustandsanderungen von Objekten der Umwelt. Sie muB nach der Forderung Einsteins (Bild 1-1) meBbar sein, d.h. ein MeBverfahren definieren. Die Vereinbarung, nach der die beobachtete physikalische Einheit quantifiziert wird, ist die Einheit der physikalischen GroBe. Beispielsweise wurde fur die Temperatur T als Einheit K (Kelvin) der 273,16te Teil der Temperatur des Tripelpunktes von Wasser festgelegt (Abschn. 3.1.3). Der Zahlenwert vor der Einheit gibt an, wie oft der VergleichsmaBstab der Einheit angelegt werden kann. Somit besteht eine physikalische GroBe G immer aus einer quantitativen Aussage {G} (ausgedriickt durch den Zahlenwert) und einer qualitativen Aussage [G\ (ausgedriickt durch die Einheit): G={G]'[G].

(1-1)

Durch das Gesetz iiber Einheiten im MeBwesen vom 2. Juli 1969 (BGBl. I S. 709) wurden ab 1.1. 1978 die Vereinbarungen der Internationalen Organisation fur Standardisation (ISO), die sogenannten SI-Einheiten (Systeme International d'Unites), in der Bundesrepublik Deutschland eingeftihrt. Im amtlichen und geschaftlichen Verkehr diirfen seither fur physikalische GroBen nur noch die SI-Einheiten benutzt werden. Durch Vorsatze oder Prafixe konnen dezimale Vielfache oder Teile der Einheiten gebildet und damit umstandlich zu schreibende Zehnerpotenzen der MaBzahlen vermieden werden. In Tabelle 1-1 sind die Vorsilben und Kurzzeichen fiir die Vorsatze zusam-

6

1. Einfuhrung

Tabellel-1. Bezeichnung der dezimalen Vielfachen und Telle von Elnhelten Vorsilbe

Kurzzeichen

Beispiel

10^5 10^2 109 10^ 103 102 10'

Exa Peta Tera Giga Mega Kilo Hekto Deka

E P T G M k h da

Em, EJ Pm,PJ Tm,TJ Gm,GJ Mm,MJ km, kJ hPa, hJ dam, daJ

10-' 10-2 10-3 10-6 10-9 10-'2 io-'5 io-'8

Dezi Zenti Milli Mikro Nano Piko Femto Atto

d c m

dm, dJ cm, cJ mm, mJ fim, |iJ nm, nJ pm, pJ fm, fJ am, aJ

Zehnerpotenz

Ho^s

\i-

n P f a

mengestellt. Doppelvorsatze wie z.B. [imrn, sind nicht zulassig. Hohe Anforderungen an die Genauigkeit des Vergleichs mit der Einheit, d.h. an die MeBgenauigkeit, konnen nur mit sehr aufwendigen Apparaturen erfiillt werden, bei denen Storeinfliisse auf den VergleichsmaBstab weitgehend ausgeschlossen und die Ablesung des VergleichsmaBstabs hochverfeinert ist. Weltweit kann ein solcher mefitechnischer Aufwand nur in wenigen MeB- und Eichlaboratorien getrieben werden. In der Bundesrepublik Deutschland ist dafiir die PhysikalischTechnische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig zustandig. Bild 1-4 zeigt das primdre Zeitnormal der PTB Braunschweig, die Atomuhr. Schon wegen dieses meBtechnischen Aufwandes wurde in den Sl-Vereinbarungen darauf geachtet, die Einheiten der physikalischen Grofien auf moglichst wenige, voneinander unabhangige Basiseinheiten zuriickzu-

Bild 1-4. Die Cdsium-Atomuhren CSl, CS2 und CSS der PTB Braunschweig, aufgestellt in der abgeschirmten und klimatisierten Atomuhrenhalle.

1.3. Physikalische GroBen fiihren. Von deren absoluter MeBgenauigkeit sind unsere physikalischen Beobachtungen bestimmt. In Tabelle 1-2 sind die sieben BasisgroBen im SI-Einheitensystem wiedergegeben, ihre Definitionen und. ihre relative MeBunsicherheit angegeben. Durch die ISO-Festlegung der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit vom 20. 10. 1983 auf c = 299792458 m/s ist das Meter von der Se-

7

kunde metrologisch abhangig geworden. Durch die Beziehung c^=l//zo£o ist bei Kenntnis der Lichtgeschwindigkeit c und der magnetischen Feldkonstanten /io der Wert fiir die elektrische Feldkonstante ^o exakt festgelegt (Abschn. 4.5.5.1). Nach dem von K.vonKlitzing 1980 entdeckten quantisierten Hall-Effekt laBt sich auch eine aus Naturkonstanten sehr exakt bestimmbare BasisgroBe fur den elektrischen Widerstand R = h/{i e^) bestim-

Tabelle 1-2. BasisgroBen, Basiseinheiten und Definitionen im SI-MaBsystem. BasisgroBe

Basiseinheit

Symbol

Definition

relative Unsicherheit

Zeit

Sekunde

s

1 Sekunde ist das 9 192 631 770fache der Periodendauer der dem Ubergang zwischen den beiden Hyperfeinstruktumiveaus des Grundzustands von Atomen des Nuklids ^^^Cs entsprechenden Strahlung.

10-14

Lange

Meter

m

1 Meter ist die Lange der Strecke, die Licht im Vakuum wahrend der Dauer von 1/299792458 Sekunden durchlauft.

10-14

Masse

Kilogramm

kg

1 Kilogramm ist die Masse des intemationalen Kilogrammprototyps.

10-9

elektrische Stromstarke

Ampere

A

1 Ampere ist die Starke eines zeitlich unveranderlichen Stroms, der, durch zwei im Vakuum parallel im Abstand von 1 Meter voneinander angeordnete, geradlinige, unendlich lange Leiter von vernachlassigbar kleinem kreisformigem Querschnitt flieBend, zwischen diesen Leitem je 1 Meter Leiterlange die Kraft 2 • 10"^ Newton hervorruft.

10-6

Temperatur

Kelvin

K

1 Kelvin ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes des Wassers.

10-6

Lichtstarke

Candela

cd

1 Candela ist die Lichtstarke in einer bestimmten Richtung einer Strahlungsquelle, die monochromatische Strahlung der Frequenz 540 THz aussendet und deren Strahlstarke in dieser Richtung 1 /683 W/sr betragt.

5-10-3

Stoffmenge

Mol

mol

1 Mol ist die Stoffmenge eines Systems, das aus ebensoviel Einzelteilchen besteht, wie Atome in 12/1000 Kilogramm des Kohlenstoffnuklids ^^C enthalten sind.

10-6

1

1

8

1. Einfuhrung

Tabelle 1-3. Zusammenstellung einiger physikalischer GroBen mit ihren SI-Einheiten, die von den Basiseinheiten abgeleitet sind. Physikalische GroBe

Formel- Berechnung zeichen

Einheit

Flache

A

A = Lange x Breite

m2

Winkel

(P

(p =

Raumwinkel

Q

Frequenz

v,/

Bogen Radius Flache des Kugelabschnitts Quadrat des Kugelradius 1 Periodendauer

Radiant

— = rad m m2

Steradiant

l=Hz

Wegintervall Zeitintervall

s m s

Geschwindigkeitsanderung Zeitintervall

m i2

Hertz

Geschwindigkeit

V

Beschleunigung

a

a =

Kraft

F

F = Masse x Beschleunigung

kg-^ = N s^

Newton

Arbeit, Energie

W,E

W = Kraft X Weg

kg- — = J

Joule

Leistung

P

Warme

Q

Q = Energie

Warmekapazitat

c

^

elektrische Ladung

Qe

Qe= elektr. Stromstarke x Zeit

elektrische Feldstarke

E

E =

elektrische Spannung

u

elektrischer Widerstand

R

^

R =

Arbeit Zeitintervall

Warme Temperaturintervall

Watt

s-^ kg--^=Ws = J s^ J kg • m^ s ^ K ~"K

Joule

As =C

Coulomb

elektrische Kraft elektrische Ladung

kg • m _ N _ V s^ • A A• s m

elektrische Arbeit elektrische Ladung

kg • m2 _ W _ ^ A-s3 A

elektrische Spannung elektrische Stromstarke elektr. WindungsStromstarke zahl Spulenlange

magnetische Feldstarke

H

If

magnetischer FluB

0

0 _ magnetische Induktion X Flache

magnetische Induktion

B

^ — Permeabilitat X magnetische Feldstarke

Beleuchtungsstarke

E

Lichtstrom Flache

A2 • s^

A

Volt Ohm

A m kg • m^ : , =V-s = Wb Weber A- s^ kg _ W b _ ^ Tesla A-s^ m^ cd • sr m^

Lux

1.3. Physikalische GroBen

9

Tabelle 1-4. Wichtige Naturkonstanten (international empfohlene CODATA-Werte von 2002). Bezeichnung

Symbol

Wert

relative Unsicherheit

Vakuum-Lichtgeschwindigkeit

c

0

Gravitationskonstante

G

2,99792458-10^ — s Nm2 6,6742- 10-11 kg2 6,0221415- 1023mol-i 1,60217653- 10-19 A s 9,1093826 • 10-31 j^g

1,0- 10-4

Avogadro-Konstante

NA

Elementarladung

e

Ruhemasse des Elektrons

niQ^

Ruhemasse des Protons

'"Op

1,67262171 - 10-27 kg

1,7 • 10-7

Plancksches Wirkungsquantum

h

6,6260693- lO-^^Js

1,7 - 10-7

Sommerfeldsche Feinstrukturkonstante

OL

7,297352568 - 10-^

3,3 - 10-9

elektrische Feldkonstante

£o

8,854187817-10-12-^ Vm

0

magnetische Feldkonstante

Mo

An- 1 0 - ^ - — Am

Faraday-Konstante

F

9,64853383- 10^

universelle Gaskonstante

I^m

811AAll

Boltzmann-Konstante

k

Stefan-Boltzmann-Konstante

G

7

Vs

1.3.2. Mefigenauigkeit Die Messung einer physikalischen GroBe erfolgt durch den Vergleich der Einheit dieser GroBe nach der MeBmethode der SIVereinbarung oder einem darauf geeichten MeBverfahren. Oft werden die MeBwerte von Wiederholungsmessungen Abweichungen un-

1,7 - 10-7

0 As mol

J

men (/= 1, 2, 3 . . . ) . Die SI-Einheiten der iibrigen physikalischen GroBen werden aus den Basiseinheiten entsprechend ihrer Definitionsgleichung abgeleitet. Bine Auswahl abgeleiteter Einheiten zeigt Tabelle 1-3. Bei der theoretischen Beschreibung der ermittelten Zusammenhange zwischen den physikalischen GroBen ergeben sich universelle Proportionalitatskonstanten, die Naturkonstanten. Einige dieser Naturkonstanten sind in Tabelle 1 -4 aufgefiihrt.

1,7 • 10-7 8,5 • 10-8

molK

J 1,3806505- 10-23 — K W 5,670400- 10-8 m^K^

8,6 - 10-8 1,7 • 10-6 1,8 • 10-6 7,0 - 10-6

tereinander haben, die kennzeichnend fiir die MeBgenauigkeit sind. Wie Tabelle 1-5 zeigt, ist dabei zwischen den systematischen, fiir das MeBverfahren charakteristischen Abweichungen und den zufdlligen oder statistischen, vom Experimentator abhangigen Abweichungen zu unterscheiden. Um systematische Abweichungen aufzudekken, werden in der Priifpraxis Ringversuche durchgefiihrt, bei denen dieselbe Probe von verschiedenen Priifstellen gemessen und die Ergebnisse anschlieBend verglichen werden. Aus den zufalligen Abweichungen wird durch die Fehlerrechnung die MeBgenauigkeit des angewandten MeBverfahrens bestimmt. Die mathematischen Grundlagen fiir diese Analyse der MeBgenauigkeit sind in Lehrbiichern der Statistik und Wahrscheinlichkeitstheorie beschrieben. Die praxisgerechten Verfahren sind in Normen zusammengefaBt:

10

l.Einfuhrung

Tabelle 1-5. Abgrenzung zwischen systematischen und statistischen Abweichungen. systematische Abweichungen

statistische Abweichungen

Hinweise

unsymmetrische Haufung der MeBwerte von Wiederholungsmessungen

symmetrische Haufung der MeBwerte um einen haufigsten Wert

Ursachen

falsche Kalibrierung der MeBgerate (z. B. falsch eingestellter Nullpunkt) Ablesefehler (z. B. Parallaxenfehler bei Zeigerinstrumenten) falsche MeBgeratejustierung (z. B. nicht horizontale Aufstellung) MeBwertdriften (z. B. MeBverfahren verandert die MeBgroBe)

Schwankungen beim Anlegen von MaBstaben (z. B. mangelnde Geschicklichkeit, elektronische Triggerschwankungen) Schatzung von Zwischenwerten auf MaBstaben

Abhilfen

Konsistenzmessungen (z. B. Eichpunkte, MeBbereichsumschaltung) stabilisierende MaBnahmen (z. B. Thermostatisierung, Vakuumschutz) Einsatz unterschiedlicher MeBverfahren

keine (MeBgenauigkeit des MeBverfahrens entspricht MeBfehler)

Charakterisierung

Angabe von Namen, Institut (amtliche Zulassung, Prufstelle), Mefidatum und verwendeten MeBgeraten

Angabe der Abweichung nach mathematischer Analyse der MeBwerte (Fehlerrechnung)

DIN 1319: Grundbegriffe der MeBtechnik, DIN 55302: Statistische Auswerteverfahren, DIN 55303: Statistische Auswertung von Daten, DIN 55350: Qualitatssicherung und Statistik. Zur graphischen Analyse der MeBwertschwankungen dient das Histogramm. Ein Beispiel hierfur zeigt Bild 1-5. In dieses wird balkenformig iiber dem MeBwert .v die relative 0.30T

1,28

Schwingungsdauer T/s Bild 1-5. Histogramm der Hdufigkeitsverteilung h^ (T) bei einer Schwingungsdauermessung sowie die Normalverteilungskurve nach Gl. (1-2) fur fi= T und 0-^ = si mit T = 1,2116 s und Sj = 0,0172 s.

Haufigkeit Iv^ des MeBwerts aufgetragen:

yVj ist die Anzahl des MeBwerts AJ bei A^ Messungen der MeBgroBe .v. Bei zufalligen MeBabweichungen ist die Haufigkeitsverteilung symmetrisch zu einem haufigsten Wert, dem Erwartungswert ju. Bei einer Wiederholungsmessung wird dieser Erwartungswert mit groBter Wahrscheinlichkeit gemessen. Vom haufigsten Wert abweichende MeBwerte x-^ werden um so seltener gemessen, je groBer ihre Abweichung d^ = x^ — /u vom Erwartungswert ju ist. Wird die Anzahl der Wiederholungsmessungen stark erhoht, so geht die Haufigkeitsverteilung hixj) in eine glockenformige NormalVerteilung der MeBwerte iiber. Im Grenzfall liegen die Werte des Histogramms auf der von C. F. GauB aufgestellten Verteilungsfunktion h{x) =

c '^"^

pna^ ^

(1-3)

1.3. Physikalische GroBen

11

h {x) dx ist die Wahrscheinlichkeit, daB bei einer Wiederholungsmessung der MeBwert x zwischen x und x -\- dx liegt. Die Funktion h{x) ist symmetrisch zum Erwartungswert fi und durch den Faktor l/]/2 na'^ so normiert, daB die Wahrscheinlichkeit 1 ist, bei einer Wiederholungsmessung einen Wert x im Bereich — o o < x < + oo zu finden. Die Varianz G^ ist ein MaB fiir die Breite der Verteilungsfunktion h(x): 68,3% der MeBwerte liegen im Bereich x = ju ± a und 95,4% im Bereich X = ju±2 a. Die Varianz a'^ kann auch aus der Halbwertsbreite Z?i/2, d. h. der Breite der Glockenkurve in halber Hohe des Maximums der GauB-Verteilung, bestimmt werden; es ist

Charakteristisch fiir die Varianz G'^ und damit die Breite der Haufigkeitsverteilung ist die Summe der quadratischen Abweichungen (Xj —Xo)^ von einem Festwert XQ, die Fehlersumme FS. Die Fehlersumme hat den minimalen Wert FS'^jn, wenn fur den Festwert der arithmetische Mittelwert x eingesetzt wird. Mit Hilfe der minimalen Fehlersumme laBt sich als BreitenmaB der Haufigkeitsverteilung die Standardabweichung s berechnen; s ist die minimale Fehlersumme FS^^^, normiert auf die Anzahl n^ = N — 1 der Wiederholungsmessungen. Die Standardabweichung s hat dieselbe MaBeinheit wie die MeBgroBe x. Nach der Theorie der Beobachtungsfehler ist S'^ der beste Schatzwert fur die Varianz a^. In Bild 1 - 5 ist in das Histogramm die Verteilungsfunktion h{x) nach Gl. (1-3) eingezeichnet, wenn an Stelle fi und G^ die nach Tabelle 1-6 berechneten Werte x und 5*^ gesetzt werden.

Aus der Haufigkeitsverteilung h(xj) einer endlichen Anzahl A^ von Messungen der m diskreten MeBwerte Xi,..., x^ lassen sich fur den Erwartungswert // und die Varianz a^ nach der Theorie der Beobachtungsfehler von GauB" Schatzwerte berechnen. Demnach ist die beste Naherung fiir // der arithmetische Mittelwert x aus den MeBwerten. Die theoretischen Beziehungen zur Berechnung der Schatzwerte sind in Tabelle 1-6 zusammengestellt.

Die Genauigkeit eines MeBverfahrens bestimmt die Breite der Haufigkeitsverteilung. Die Standardabweichung s charakterisiert somit die MeBgenauigkeit des verwendeten MeBverfahrens und kann deshalb durch Wiederholungsmessungen nicht erhoht werden; dazu muB das MeBverfahren geandert werden. Dagegen erhohen Wiederholungsmessungen die Genauigkeit, so daB der berechnete arithmetische Mittelwert x mit dem Erwartungswert fi als wahrem haufigsten Wert der MeB-

Tabelle 1-6. Beziehungen zur Berechnung der Kennwerte der Fehlerrechnung. Kennwerte der Fehlerrechnung X

arithmetischer Mittelwert; Schatzwert fiir den Erwartungswert

Beziehungen 1 ^ X = — y Xi

(1-5)

N

F5min minimale Fehlersumme einer Anzahl von N MeBwerten N

(1-6) s

Standardabweichung des MeBwerts bzw. MeBverfahrens; Schatzwert fiir die Varianz

Ax

Standardabweichung des arithmetischen Mittelwerts

Wz

Zufallskomponente der MeBunsicherheit mit /p-Faktor der Student-Verteilung

1 / FSjj^in

(1-7) (1-8)

Wz = Ax tp

(1-9)

12

LEinfiihrung

groBe ubereinstimmt. Die Standardabweichung des arithmetischen Mittelwerts Ax in Tabelle 1-6 ist ein MaB fiir die Abweichung zwischen Schatzwert .Y und wahrem Wert ju. Haufig liegt bei Messungen die Anzahl der Wiederholungsmessungen, d.h. die Anzahl der Messungen A^ abziiglich der Anzahl der gesuchten Erwartungswerte unter zehn. Bei einer solchen kleinen Anzahl von Messungen ahnelt in der Regel das Histogramm Bild 1-5 nur sehr entfernt einer Normalverteilungskurve nach Gl. (1-3). Dementsprechend ungenau ist die Abschatzung des Erwartungswertes der MeBgroBe durch das arithmetische Mittel der MeBwerte. Die Giite dieser Abschatzung wird durch einen Vertrauensbereich um den arithmetischen Mittelwert gekennzeichnet, in dem der Erwartungswert der MeBgroBe mit einer vom Experimentator vorzugebenden Wahrscheinlichkeit, der statistischen Sicherheit P, liegt. Nach der Theorie der Beobachtungsfehler (t-Verteihmg nach Student, alias W. S. GOSSET, 1876 bis 1937) sind bei normalverteilten MeBgroBen die Vertrauensgrenzen fiir den Erwartungswert abhangig von der Anzahl A^ der Messungen und der Standardabweichung s des MeBverfahrens: obere Vertrauensgrenze: XQ = Jc -I- w^, untere Vertrauensgrenze: Xu = x — w^. Die MeBunsicherheit u^, die den Vertrauensbereich des statischen MeBwerts abgrenzt, berechnet sich nach Gl. (1-9) in Tabelle 1-6 und hangt von der Standardabweichung Ax des arithmetischen Mittelwerts ab. Der Faktor / folgt aus der Student-t-Verteilung und ist abhangig von der Anzahl der Wiederholungsmessungen und der geforderten statistischen Sicherheit P. In Tabelle 1-7 sind fiir verschiedene Werte der statistischen Sicherheit P Werte fiir den /-Faktor aufgefuhrt. In der Physik und in der Vermessungstechnik rechnet man mit der statistischen Sicherheit P = 68,3%- In diesem Fall entspricht die MeBunsicherheit Wz gerade der Standardabweichung A.Y des arithmetischen Mittelwerts. In der Industrie dagegen bevorzugt man die hohere statistische Sicherheit von P = 95,4%. Deshalb muB bei der Angabe der MeBunsicherheit bzw. des Vertrauensbereichs stets die gewahlte statistische Sicherheit P angegeben werden.

Tabelle 1-7. Zahlenwerte nach DIN 1319 und Anpassungspolynom des r-Faktors der Vertrauensgrenzen fur verschiedene statistische Sicherheiten. Anzahl der

\

statistische Sicherheit P

messungen

68,3%

95,4%

ny, = N — k

^,68

^,95

1 2 3 4 5 7 10 20 50 100 >100

1,84 1,32 1,20 1,15 1,11 1,08 1,06 1,03 1,01 1,00 1,00

12,71 4,30 3,18 2,78 2,57 2,37 2,25 2,09 2,01 1,98 1,96

Anpassungspolynom

^,68 = 1

^,95=1,96

0,584

3,012

-1«w

"w

0,032

1,273

«w

«w

0,288

8,992

Liegt neben der statistischen MeBunsicherheit Wz auch noch eine systematische MeBunsicherheit Ws vor, so ist als Gesamt-MeBunsicherheit die Summe, also der Wert Wg=Wz+Ws» anzugeben. Das Ergebnis von N Messungen der MeBgroBe X mit einem MeBverfahren, dessen MeBgenauigkeit durch die Standardabweichung s gekennzeichnet ist, wird in der Form

angegeben. Der Index P kennzeichnet bei sehr genauen Messungen die gewahlte statistische Sicherheit. Die Angabe der statistischen Sicherheit wird allerdings in der Praxis oft weggelassen. Dies kann zu Verwirrungen fiihren. So kann beispielsweise die Temperaturmessung mit einem Thermometer mit 1/10 °C Teilung bei einer Kalibrierung mit der statistischen Sicherheit von 68,3% eine MeBge-

1.3. Physikalische GroBen

13

nauigkeit von Wg = 0,l K aufweisen. Fiir den Hohe. Als MeBergebnisse liegen also die arithmetischen Mittelwerte und die StandardEinsatz in der Industrie mit einer Anforderung an die statistische Sicherheit von 95,4% abweichungen der TeilgroBen vor. Nach dem muB fiir dieses Thermometer die doppelte Fehlerfortpflanzungsgesetz von GauB lassen MeBungenauigkeit Wg = 0,2 K angegeben wer- sich aus diesen Werten der TeilgroBen der wahrscheinliche W e r t / d e r indirekt gemesseden. Wie aus Gl. (1-10) hervorgeht, nimmt die nen GroBe / ( A , y , z , . . . ) und deren StandardMeBunsicherheit von x nur mit der Wurzel abweichungen nach den Beziehungen in Tader Messungen ab. Deshalb steigern viele belle 1-8 errechnen. Wiederholungsmessungen die MeBgenauigkeit Haufig wird Gl. (1-12) in Tabelle 1-8 fiir die Standardabweichung mit Hilfe des absoluten des Erwartungswertes der MeBgroBe nur noch GroBtfehlers 4 / nach Gl. (1-13) abgeschatzt. wenig. Besonders ^infach laBt sich der relative GroBtIn Tabelle 1-6 sind die absoluten Standardabfehler Af/f tm^r GroBe / = A^y"^ z" berechweichungen zusammengestellt. Zum Vergleich der Genauigkeiten verschiedener MeBverfah- nen, die iiber Potenzprodukte von den Teilren werden haufig die relativen Standardab- groBen abhangt: weichungen des MeBverfahrens s/x bzw. des Az Ay arithmetischen Mittelwerts Ax/x herangezo^/ , , , Ax gen. Die Relativwerte werden dabei jeweils -J=\k\ X + \m\ y + l«l z auf den arithmetischen Mittelwert x bezogen (1-14) und in Prozentwerten (1%=10~^), Promille (l%o=10~^) Oder parts per million (1 ppm = 10"^) angegeben. 1.3.4. Kurvenanpassung AuBer der direkten Bestimmung von MeB1.3.3. Fehlerfortpflanzung werten fiir einzelne physikalische GroBen / , Oft werden die physikalischen GroBen beispielsweise der Lange oder der Masse eines Korpers, wird in Physik und Technik die / (A', } \ r,...) nicht direkt gemessen, sondern MeBtechnik dazu eingesetzt, Theorien von Naindirekt aus den Messungen der TeilgroBen turvorgangen zu iiberpriifen und die ParaA', J, r,... bestimmt, beispielsweise die Dichte Q eines zylindrischen Korpers aus den Mes- meter dieser Theorien experimentell zu besungen der Masse, des Durchmessers und der stimmen. Dabei werden fiir unterschiedliche Tabelle 1-8. Beziehungen fiir die Kennwerte der Fehlerrechnung indirekt gemessener physikalischer GroBen. Kennwerte der Fehlerfortpflanzung der Fehlerrechnung /

Beziehun gen

wahrscheinlichster Wert der indirekt gemessenen physikalischen GroBe/

^f Standardabweichung der GroBe/bzw. des indirekten MeBverfahrens fur/ Af absoluter GroBtfehler der GroBe/bzw. des MeBverfahrens fiir/

^f=

y,z,...)

(1-11)

^h'-m^Hij''--

(1-12)

8 / Ax + 8 / Ay + 9 / Az + ... 8y ez

(1-13)

x,y,z,... Ax, Ay, Az,...

arithmetische Mittelwerte der TeilmeBgroBen x,y,z,... Standardabweichungen der Mittelwerte x, y, z,...

dx' dy' dz '

partielle Ableitungen der Funktion/(A,y, z,...) nach den TeilgroBen x,y,z,... an der Stelle x,y,z,...

14

l.Einfuhrung

MeBvariablen Xi, X2, x^,... die MeBwerte f\j2^.h^'-der physikalischen GroBe / gemessen, mit den theoretischen Werten /(-Yi; ^0, «b •••),/(-^2; ^0. « b •••),/(->^3; «o, « b •••)•• •

verglichen und die Parameter ^0,^1,... der Theorie so gewahlt, daB die theoretischen Werte der physikalischen GroBe / im Rahmen der MeBgenauigkeit mit den MeBwerten iibereinstimmen. Lassen sich die MeBwerte nicht durch die theoretischen Kurven anpassen, so ist entweder die zugrundeliegende Theorie falsch oder die Messung mit systematischen" MeBfehlern behaftet. Eine fiir die theoretisehe Elem^ntarteilchenphysik bahnbrechende experimentelle Untersuchung mit Fehleranalyse zeigt Bild 1-6. 12 nb GeV2

-§12 9

S

QED+WEAK

^

6

-1,0

^4^ii.

•<.*=4U.<*,*-

-0,5

0,5

1,0

Streuwinkel cos 0 am Deutschen ElekBild 1-6. PETRA-Experimente tronen-Synchrotron (DESY) bewiesen 1983 das Versagen der reinen Quanten-Elektwdynamik (QED) bei der Erzeugung von Myonen und bestdtigten im Rahmen der MeBgenauigkeit die Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung (QED + WEAK).

Sind die MeBfehler der MeBwerte/i,/2,... zufallig und unterliegen sie dem Normalverteilungsgesetz, so sind nach der Theorie der Beobachtungsfehler von GauB die Parameter <3o, a i , . . . der Theorie am wahrscheinlichsten, fiir die die Fehlersumme, d.h. die Summe der Quadrate der Abweichungen, ein Minimum ist: N

FS =-i=l

Z 9^ [./;- - / ( ^ i ,ao -» Minimum (1-15)

Es wird bei diesem Ansatz vorausgesetzt, daB die Abweichungen /j —/(xj; a^.ax,...) voneinander unabhangig sind und die Standardabweichung der Messungen /; fiir alle MaBvariablen x^ denselben Wert s hat. Die Forderung dieser Methode der kleinsten Quadrate fiihrt auf ein System von Normalgleichungen fiir die Parameter «o, « i , . . . : N

;^o,

^1

9\ [./i -- / U i ;«o,

«i

gdJi-

dao

= 0,

N

-2Z /=1

und so fort.

=0 cai (1 -16a), (l-16b)

Fiir Linearkombinationen der Parameter aQ,ai,... ist das Normalgleichungssystem linear und geschlossen losbar. Bild 1-7 gibt einen Uberblick iiber Funktionen / mit linearen Normalgleichungen. Die Standardabweichungen ^ao'-^ai^--- ^^^ Parameter lassen sich aus dem Wert des Minimums der Fehlersumme /^5'min, der Anzahl der Wiederholungsmessungen n^ und aus den Gewichten g\,g2, ••' der MeBwerte ermitteln. Oft laBt sich eine theoretisehe Beziehung y = f{x\aQ,a\) durch eine Transformation r = r(y) in eine Geradendarstellung v = mx + a umformen. Die Parameter Steigung m und Achsenabschnitt a dieser Geradendarstellung r(x) konnen dann entweder rechnerisch oder graphisch durch eine Regressionsgerade ermittelt werden. Durch die Umformung von y=f{x) in v = v{x) andern sich jedoch die Gewichte g^ der einzelnen MeBwerte; die Fehlersumme lautet dann TV

Fs = Y.g\ (^'i — m /=i

X\

~af.

(1-17)

1st die Standardabweichung ^-y fiir alle Werte y\ gleich und kann die MeBungenauigkeit der Werte x-^ vernachlassigt werden, so ergeben sich die Gewichte g\ aus 1

Mit den Gewichten g^ konnen die Beitrage einzelner MeBwerte zur Fehlersumme unterschiedlich gewichtet werden.

-/(-^i

i=\

(1-18)

1.3. Physikalische GroBen

15

Kurvenanpassung — Regression

lineare Regression

X

logarithmische Regression

exponentielle Regression

Ansatz: v=y u=x

Ansatz: v=y u = \nx

Ansatz: v=\ny a^=\nc a.=b

Gewicht:

Gewicht:

Gewicht:

X

polynonne Regression

multilineare Regression y = a^ + a^x^ + a^x^-^

f^S=Yl

^ 5 = Z ^y- ^0 ~ ^1 ^1 / ~ 5 2 ^ 2 / - - )^

I

X

X

9=^

^r-;

< > ' / - ^ o - ^ i ^ - ^ 2 ^ ^ -•••)^

Normalgleichungen der Regressionsparameter dFS ^

dFS

d a^

'da.

dFS c'a.

\

Regressionsparameter 1 Standardabweichung IVlittelwerte ^"o

^aO

^^

^a1

^2

^32

Bild 1-7. Funktionen mil einem linearen Normalgleichungssystemfur die Parameter der Kurvenanpassung.

In Bild 1-8 sind fiir die Spezialfalle der linearen, logarithmischen und exponentiellen Regression die Losungen fiir die Mittelwerte und Standardabweichungen der Parameter zusammengestellt. Die Vertrauensgrenzen u^, die die statistische MeBungenauigkeit begrenzen, ergeben sich je nach geforderter statistischer Sicherheit aus dem Faktor t von Tabelle 1-7. Es ist zu beachten, daB bei k Parametern und A^ Messungen die Anzahl der Wiederholungsmessungen n^ = N — k betragt. So ist bei der Regressionsgeraden die Anzahl der Wiederholungsmessungen n^ = N —2. Das Ergebnis der Kurvenanpassung ist

1.3.5. Ausgleichsgeradenkonstruktion Eine zeichnerische Darstellung der MeBpunkte und des Verlaufs der angepaBten theoretischen Kurve eignet sich besonders gut fiir die schnelle Beurteilung, ob die Theorie im Rahmen der MeBgenauigkeit mit den MeBwerten iibereinstimmt. Wird ein linearer Zusammenhang y = m X -\- a zwischen der MeBvariablen X und der MeBgroBe y erwartet, so kann im MeBdiagramm die Ausgleichsgerade auch graphisch durch die MeBwerte gelegt werden. Der Parameter a ergibt sich aus dem Achsenabschnitt der Ausgleichsgerade, m aus der Steigung. Die Standardabweichungen Am und A a der Parameter lassen sich durch 2 Grenzgeraden I und II an die MeBwerte abschatzen, die durch 1 ^ den Schwerpunkt der MeBwerte y^ = — Y^ yi ^

i=\

16

l.Einfuhrung

Einlesen Anzahl MeBpunkte N MeBwertex^.,/. P—_________^ logarithmische

lineare

exponentielle

u.= lnx.

u.= x.

U.= X.

9r^

9r'i

9i= yf

v.= \ny.

N

Aa =±

(1-20 a) + |zf>^s| . (l-20b)

N

\A=Yi 9,

D =E 9>v.

N

N

B= E, 9,u.

E= E

N

9iU,v.

N

C= E 9,uf

F= nF-2a^D-2a^E

CD-BE ^o~ AC-B^

'^°

\

'^'

<

+

AC-B'

2a^aQB^alA+a]C)C\^i^ /

(N-2){AC-B^) F-2aQD-2a^E

AE-BD ^'^

m^ — m^^

Am = i:

Regressionsfall

+ 2a^a^B +

alA+a^^C)A\'^ )

{N-2)(AC-B^) r———-______^

AusgabefaH

logarithmische Regression

lineare Regression

exponentielle Regression

Ansatz: y^c^ + c^ Inx

Ansatz: y = CQ+c^x

Ansatz: / = £06*^1'

Anpassung:

Anpassung:

Anpassung:

S^^O

^cO^^aO

^0 = ^0

'cO = 'eO

Co=e*°

'^1=^1

'c^='e^

^1=^1

'c^='a^

*~~—

Ay^ ist die geschatzte Standardabweichung der Ordinate y^ des Schwerpunkts der MeBwerte. Die graphische Bestimmung der Ausgleichsgeraden und die Analyse der Anpassungsgenauigkeit iiber Randgeraden sind naturgemaB sehr subjektiv. Doch bei einiger MeBerfahrung gelingt es, die rechnerisch ermittelten wahrscheinlichsten Werte und den Vertrauensbereich fiir eine statistische Sicherheit von 68,3% in guter Annaherung auch auf graphischem Weg wiederzugeben.

1.3.6. Korrelationsanalyse

In der MeBwertanalyse wird die Methode der Regressionsgeraden benutzt, um zu untersuc, = a^ s^, = s^, chen, ob zwischen den A^ Mefiwerten oder Merkmalen y^ und x\ einer zweidimensionalen Bild 1-8. Kurvenanpassung durch lineare, logarithHaufigkeitsverteilung y\ = y{x{) ein Zusammische und exponentielle Regression. menhang besteht. Ist der Zusammenhang linear bzw. ist eine Proportionalitat zwischen 1 ^ und Xs = — X ^i zu legen sind. Eine der den Werten y-^ und x\ vorhanden, dann liegen diese Wertepaare auf einer Regressionsgera^ i=\ den. Sind die Werte y\ und x\ dagegen vonGrenzgeraden ist die steilste, die andere die flachste mogliche Gerade durch die MeB- einander unabhangig, dann streuen die Punkte in der y^ (Xi)-Darstellung regellos, so daB sich werte, wie Bild 1-9 zeigt. Aus den der Zeichein „Sternenhimmer' gemaB Bild 1-10 a ernung entnommenen Parametem m^ a^ sowie m" und a" der Grenzgeraden werden die gibt. Ein MaB fiir die Wahrscheinlichkeit, daB ein Anpassungsfehler in folgender Weise bestimmt: linearer Zusammenhang zwischen y\ und x-^ besteht, ist der Betrag des Koirelationskoeffi0,044 z lent en r: J-5^ . my

0,038

I

.-rJ

^

r

20 40 60 Temperatur i>

80

K 0,040

ScO='eO^"'

U"J^

, ^

U ^

-IT*"^

II f"^

0,036 -60-40-20 >

0

°C 120 I

1=1

(1-21 a)

Ausgleichsgerade Grenzgeraden I, II -\-

Schwerpunkt der MeBwerte

Bild 1-9. Graphische Kurvenanpassung Jur das Thermoelement Cu—CuNi an die Eichkurve nach DIN 43 710.

1=1

i=\

(1-21b)

1.3. Physikalische GroBen 120

120 a)

kW o

100

o

•^

80

o

o°

60

b)

kW ? 100 S

v O

o \

O X

17

o

^VO 80

o

o •sOO O

o o c>

c ^^^sp

o

60

o

o

o

o

o^\^

40

40 r = (),45 20 -4

L

0 +2 +4 AuBenlufttemperatur

20 -4

+6 °C +8

3,93 -2

0 +2 +4 +6 aquivalente AuRentemperatur ^^

°C +8

Bild 1-10. Korrelationsanalyse der mittleren tdglichen Heizleistung eines Wohnhauses: a) Zusammenhang zwischen Heizleistung und Aufienlufttemperatur; Korrelation unwahrscheinlich (r < 0,5); b) Zusammenhang zwischen Heizleistung und dquivalenter Aufientemperatur (unter Bemcksichtigung von Sonnenzustrahlung und Windeinflufi); Korrelation wahrscheinlich (r>0,9).

Zur Ubung

mit YJ -^'i A^ '^'

als dem Mittelwert der Merkmale x;,

U 1.3-1: Die Schwingungsdauer eines Fadenpendels wird mit einer Stoppuhr 25mal gemessen. Es ergeben sich folgende MeBwerte:

1 y ^ — ^ j^i ^ '='

als dem Mittelwert des Merkmals >^i

T= 1,21 s; 1,20 s; 1,23 s; 1,19 s; 1,21 s; 1,22 s; 1,18 s; 1.21 s; 1,24 s; 1,20 s; 1,21 s; 1,25 s; 1,19 s; 1,20 s; 1.22 s; 1,21 s; 1,19 s; 1,23 s; 1,21 s; 1,22 s; 1,20 s; 1,24 s; 1,21 s; 1,22 s; 1,20 s.

und X-Vi>^i-7VA--J^ m

••

y x-^ - N x^ ,= 1

als der Steigung der Regressionsgeraden.

Der Korrelationskoejfizlent r ist also proportional zur Steigung m der Regressionsgeraden durch die MeBwerte x.^yi. Nach Gl. (1-21 b) berechnet eine Reihe von Taschenrechnerprogrammen den Korrelationskoeffizienten r. Liegt der Korrelationskoeffizient nahe bei r= 1 (also 0,8 < r ^ 1,0), etwa entsprechend Bild 1-lOb, dann besteht mit groBer Wahrscheinlichkeit eine lineare Beziehung zwischen den MeBwerten bzw. Merkmalen y^ und ncQmmp»n hcjrjfr

'7\]i/icr'hp»n

K(=»iHp

Merkmalen y^ und X[ ist unwahrscheinlich, wenn der Korrelationskoeffizient wie in Bild 1-lOa im Bereich 0 ^ r < 0,5 liegt.

a) Berechnet werden soil der wahrscheinlichste Wert der Schwingungsdauer. b) Wie groB ist die Standardabweichung und damit die Genauigkeit des MeBverfahrens? c) Wie groB ist die Standardabweichung des arithmetischen Mittelwerts? d) Welchen Wert hat die Grenze u^ des Vertrauensbereichs, wenn eine statistische Sicherheit von /^ = 95% verlangtwird? U 1.3-2: Die Warmeleitfahigkeit ?. eines Stoffes wird im Plattengerat nach DIN 52 612 unter stationaren Temperaturbedingungen aus der Messung der Probendicke s, der Kantenlangen a und b der plattenformigen Probe, aus den Oberflachentemperaturen T, und T2 auf der Kalt- und Warmseite sowie aus dem Warmestrom 0 durch die Probe bestimmt. Es gilt 2=

0s ab{T2-T,)

Die MeBwerte bei einer Leichtbetonprobe sind 0= (16±0,1)W, s = (80±l)mm, fl=(500±l)mm,

b =(495+1) mm, T2= (15 ± 0,1) °C, T, = (6±0,1)°C.

18

1. Einfuhrung

a) Wie groB ist der wahrscheinlichste Wert der Warmeleitfahigkeit? b) Wie groB ist die Standardabweichung s^ der Warmeleitfahigkeit ? c) Wie groB ist der relative GroBtfehler der Warmeleitfahigkeitmessung ? U 1.3-3: Fiir das Thermoelement-Material Cu-CuNi soil die thermoelektrische Beziehung fiir die Bezugstemperatur i9o = 0 °C an die Werte der DIN 43 710 rechnerisch und graphisch angepaBt werden. Zu bestimmen sind die wahrscheinlichsten Werte der Thermomaterialkonstanten a^ und ^2 und der Vertrauensbereich fiir eine statistische Sicherheit P = 68,3%. Auszug aus der Wertetabelle nach DIN 43 710 fiir Cu-CuNi: 30

-20

-10

-1,50

-1,14

-0,77

-0,39

^/°C

-40

^th/mV

S/°C

0

+10

+ 20

+ 30

+ 40

t/th/mV

0

+0,40

+0,80

+1,21

+1,63

^/°C

+ 50

+ 60

+ 70

+ 80

^th/mV

+ 2,05

+2,48

+2,91

+3,35

.9/°C

+ 90

+ 100

+ 110

+ 120

tion und wird aus den lokalen Klimadaten berechnet. Fur einen 17tagigen MeBzyklus ergeben sich folgende Daten: TagNr.

mittlere tagliche Heizleistung kW

mittlere AuBenlufttemperatur °C

aquivalente AuBentemperatur °C

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

85 81 67 93 81 88 102 73 65 64 78 65 81 74 65 52 59

2,3 1,5 0,6 0,6 3,2 2,8 2,2 6,0 6,2 3,4 1,0 0,5 1,8 3,0 4,0 4,4 5,3

0,8 0,4 3,2 -3,0 1,2 -0,7 -2 0,6 4,2 3,5 0,2 2,0 0,7 1,4 2,6 4,4 3,4

a) Wie groB sind die Steigung und der Achsenabschnitt der Regressionsgeraden bei der Abhangigkeit der mittleren Heizleistung von der AuBenlufttemperatur bzw. von der aquivalenten AuBentemperatur (Bild 1-10)?

b) Beurteilt werden soil anhand der Korrelationskoeffizienten die Abhangigkeit der mittleren Heizleistung von den beiden Parametern AuBenU 1.3-4: Bei der energetischen Analyse eines Mehrlufttemperatur und aquivalenter AuBentemperafamilienhauses mit Zentralheizung wird die Abhantur. gigkeit der mittleren Heizleistung je Tag von der c) Wie groB sind die Standardabweichungen der mittleren AuBenlufttemperatur untersucht. In einem Steigung und des Achsenabschnitts bei den beiweiteren Schritt wird zum Vergleich der Zusamden Regressionsgeraden? menhang der Heizleistung mit einer aquivalenten d) Wie groB sind die Vertrauensbereiche fiir die AuBentemperatur analysiert. Diese beriicksichtigt Steigung und den Achsenabschnitt der Regresdie Einflusse der Sonnenzustrahlung, der mittleren sionsgeraden bei der statistischen Sicherheit Windgeschwindigkeit an den AuBenflachen und die Warmespeicherfahigkeit der AuBenwandkonstrukP = 68,3%?

^th/mV

+ 3,80

+4,25

+4,71

+ 5,18

2.2. Kinematik des Punktes

2. Mechanik 2.1. Einfiihrung Die Mechanik ist der Teil der Physik, der sich mit der Zusammensetzung und dem Gleichgewicht von Kraften, die auf einen ruhenden Korper wirken (Statik), mit Bewegungsvorgangen (Kinematik) und den Kraften als Ursache der Bewegung (Dynamik) befaBt. Die Dynamik wird auch als Kinetik bezeichnet Oder dient als Sammelbegriff fiir Statik und Kinetik. Eine Ubersicht iiber die Bereiche der Mechanik, die Zusammenhange zwischen ihren Teilgebieten und ihren wichtigsten Beziehungen vermitteltBild2-l. Die Mechanik nimmt unter den Teilgebieten der Physik eine besondere Stellung ein. Die planmaBige Erforschung der Naturgesetze begann im 16. und 17. Jahrhundert in der Mechanik. So wurde beispielsweise durch die Fallversuche von Galilei (G. GALILEI, 1564 bis 1642) erstmals das gezielte Experiment als Hilfsmittel wissenschaftlicher Erkenntnis in der Physik eingefiihrt (Abschn. 1.1, Bild 1-1). Galileis Untersuchungen zur Dynamik wurden von Huygens (CHR. HUYGENS, 1629 bis 1695) fortgefiihrt und von Newton (I. NEWTON, 1643 bis 1727) zu einem gewissen AbschluB gebracht. Auf den Newtonschen Axiomen fuBt das ganze Gebaude der klassischen Mechanik, die ihm zu Ehren auch als Newtonsche Mechanik bezeichnet wird. Die allgemeinen Begriffe der Mechanik, wie z. B. Masse, Kraft, Arbeit, Energie und Impuls, und ihre mathematischen Methoden, wie z.B. die Beschreibung von Bewegungsablaufen mit Hilfe von Differential- und Integralgleichungen, sind fiir die ganze Physik von grundlegender Bedeutung. Die auBerordentlichen Erfolge der Newtonschen Mechanik beispielsweise auch in den Gebieten Astronomic und Warmelehre nahrten lange Zeit den Glauben, daB sich alle Naturerscheinungen auf die Mechanik zuruckfiihren lieBen. Um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert wurde klar, daB dies bei der Elektrodynamik nicht moglich ist. Ferner erkannte man, daB die Newtonsche Mechanik ganz klare GUltigkeitsgrenzen hat. So liefert die

19

klassische Mechanik falsche Voraussagen, wenn sich Objekte mit sehr groBer Geschwindigkeit (insbesondere nahe Lichtgeschwindigkeit) bewegen. Dort wird sie abgelost von der durch Einstein (A. EINSTEIN, 1879 bis 1955) begriindeten relativistischen Mechanik. Im Bereich der atomaren Dimensionen versagt die klassische Mechanik ebenfalls: Mikroobjekte gehorchen der Quantenmechanik (Abschn. 1.2, Bild 1-3). In diesem Abschnitt werden lediglich Gesetze der klassischen Mechanik beschrieben (Bild 2-1).

2.2. Kinematik des Punktes Die Kinematik hat zur Aufgabe, die Bewegung von Korpern zu beschreiben. Dies geschieht durch die Angabe von Ortskoordinaten und deren Zeitabhangigkeit. Bei komplizierten Gebilden konnen einzelne Teile ganz verschiedene Bewegungen ausfiihren. So ist etwa bei einem fahrenden Auto die Bewegung eines Punktes der Karosserie vollig verschieden von jener eines Punktes auf einem Reifen. Fiir die vollstandige Beschreibung des Bewegungszustands eines Systems sind demnach unter Umstanden viele Angaben erforderlich. Da aber jedes System aus einzelnen Punkten zusammengesetzt ist, hat die Beschreibung der Bewegung eines einzelnen Punktes eine vorrangige Bedeutung. In diesem Abschnitt ist deshalb ausschlieBlich die Kinematik des einzelnen Punktes beschrieben. Die Kinematik der starren Korper wird in Abschn. 2.9.1 erlautert. Die Kinematik befaBt sich nicht mit der Frage nach der Ursache einer bestimmten Bewegung. Dies ist Aufgabe der Dynamik oder Kinetik. Die Kinematik ist eine reine Bewegungsgeometrie. 2.2.1. Eindimensionale Kinematik 2.2.1.1. Geschwindigkeit Eindimensional ist die Kinematik eines Punktes, wenn die Bewegung nur auf einer vorgegebenen Bahn erfolgt, wie es beispielsweise bei Schienenfahrzeugen und Werkzeugschlitten der Fall ist. Eindimensional wird die Bewegung deshalb genannt, weil zur eindeuti-

20

2. Mechanik MECHANIK

1 test

flussig

gasfdrmig

Masse m

Massenelement dm = pd V

Massenelement dm = pdV

1

I

Hydromechanik

Aeromechanik

1 kein Feld

Mechanik des starren KSrpers

— •

VektorRechnung

Strdmungsmechanik

Rotation

Ursache

—u~ ^

Wirkung

Ursache

ma = my(t)

IMa

^Fa{r) = ma = ml'

Ja 1 I M a = J a = Jcp

rXF=Ma

Energie E

Impuisp P=

GravitationsKraft

^ DrehimpulsL L=Jix}=yMa(t)dt

= 0

l-Mdt) = 0

ImpulsErhaltung

DrehimpulsErhaltung

EnergieErhaltung

Reibungsmoment

Reibungskraft FR

Energie E E = /M(cp)d
my=/F^(t)dt

IFJt)

EnergieErhaltung

Wirkung

zr

1

E=/F(s)ds

Feld

Vektor1 Analysis

1

^:i:iiiiiiiiiii;

-|

Re i b u ny

MR

Bild. 2-1. Strukturbild der Mechanik.

gen Ortsbestimmung die Angabe einer Koordinate ausreicht, ein solcher spurgefiihrter Punkt also nur einen Freiheitsgrad hat. Die Lage eines Punktes P ist eindeutig beschrieben, wenn gemaB Bild 2-2 die langs der Bahn gemessene Entfernung s von einem Anfangspunkt A angegeben ist.

Eine wichtige GrundgroBe der Kinematik ist die Geschwindigkeit. Je groBer die Geschwindigkeit eines Punktes ist, urn so groBer ist der zuriickgelegte Weg innerhalb einer bestimmten Zeitspanne. Befindet sich nach Bild 2-3 ein Punkt zur Zeit / am Ort P], charakterisiert durch die Entfernung s{t) vom Ausgangspunkt A, und zur Zeit t -\- A/ am Ort P2 mit der Entfernung ^ (/ -I- A^, dann ist die mittlere Gesch windigkeit s{t-^ ^t)- s {t) (t -\-At)-t

Bild 2-2. Ortskoordinate eines Punktes P auf vorgegebener Bahn. s Weg vom Anfangspunkt A

As At

(2-1)

Die abgeleitete SI-MaBeinheit der Geschwindigkeit V ist 1 m/s. Andere Quotienten gesetz-

2.2. Kinematik des Punktes

Bahn

Bild 2-3. Zur Definition der Geschwindigkeit. t Zeit (sonstige Bezeichnungen wie in Bild 2-1) lich zugelassener Langen- und Zeiteinheiten, wie z. B. km/h, sind ebenfalls moglich Wird die Zeitdifferenz A/ zu groB gewahlt, dann kann die tatsachliche Momentangeschwindigkeit v von der mittleren Geschwindigkeit Vjn erheblich abweichen. Um die Momentangeschwindigkeit zu erhalten, muB nach Gl. (2-1) ein Quotient aus der Weg- und Zeitdifferenz bei verschwindend kurzem Zeitintervall gebildet werden. Mathematisch driickt man diesen Sachverhalt durch den Grenziibergang At -^ 0 aus: V = lim

A/-^0

A,v

(\s

At

dt

= s.

21

Die mittlere Geschwindigkeit fiir den Gesamtvorgang betragt 30 km ^'m = -; — = 0,75 km/min = 45 km/h. 40 mm Bestimmt man nun im s, /-Diagramm von Bild 2-4 a an jedem Punkt die Steigung, so erhalt man das kontinuierliche Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm von Bild 2-4 b. Liegt aber das V, ^Diagramm durch eine Messung bereits vor, dann kann das zugehorige s, /-Diagramm durch Integration ermittelt werden. Ist ^0 der Ort zur Zeit to, dann ist der Ort s(ti) zur Zeit ti gegeben durch das Integral (2-3) to

(2-2)

Der Differentialquotient nach der Zeit wird in der Mechanik haufig mit einem aufgesetzten Punkt symbolisiert. Der Differentialquotient ds/dt hat eine anschauliche Bedeutung: Die Geschwindigkeit ist die Steigung der Kurve in einem Weg-Zeit-Diagramm. Beispiel 2.2-7.- Bild 2-4 a zeigt ein Weg-Zeit-Diagramm eines Fahrzeugs. Wie groB ist dessen minimale, maximale und mittlere Geschwindigkeit? Losung: Am Anfang und Ende des s, /-Diagramms hat die Kurve eine waagrechte Tangente; hier liegt also die minimale Geschwindigkeit v = 0 vor. Der Punkt P auf der Kurve kennzeichnet den Ort maximaler Steigung. Der Betrag der Steigung laBt sich aus dem eingezeichneten Steigungsdreieck ablesen, dessen Hypothenuse eine Tangente zur Kurve in P ist. Man erhalt 30 km = 2,36 km/min = 142 km/h. 12,7 min

min 40

Zeitf Bild 2-4. Bewegung mit ungleichformiger Geschwindigkeit (Beispiel 2.2-1). a) Weg-Zeit-Diagramm, b) Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm.

22

2. Mechanik

Weil dieses Integral die Bedeutung der Flache unter einer Kurve hat, kann der zuriickgelegte Weg durch Flachenbestimmung aus dem v, tDiagramm gewonnen werden. Sehr haufig liegen in der Praxis gemessene Kurven vor, die nicht analytisch beschrieben werden konnen. Bei solchen Kurven muB die Integration bzw. Flachenbestimmung „numerisch" durchgefiihrt werden. Als Beispiel einer solchen Integration ist in Bild 2-4 b die Flache zwischen 0 ^ ^ ^ 15 min rot eingezeichnet. Durch Auszahlen von Karos auf Millimeterpapier ergibt sich die „Flache" 6,7 km. Zur Zeit / = 15 min ist also 5(15 min)= 6,7 km. Dieses Ergebnis stimmt mit dem Diagramm 2-4 a gut iiberein. 2.2.1.2. Beschleunigung Fine beschleunigte Bewegung liegt vor, wenn sich die Geschwindigkeit im Lauf der Zeit andert. Die Beschleunigung ist um so groBer, je starker sich die Geschwindigkeit innerhalb einer Zeitspanne A/ andert. Sind v (t) die Geschwindigkeit eines Punktes zur Zeit / und V (t + At) die Geschwindigkeit zur spateren Zeit / -h A/, so ist die mittlere Beschleunigung V (t + At) - V (t) ^"^"

{t^At)-t

Av ^~At'

(2-4)

Die abgeleitete SI-Ma6einheit der Beschleunigung a ist 1 m/s^. Wie bei der Geschwindigkeit weicht im allgemeinen die Momentanbeschleunigung a von der mittleren Beschleunigung a^ ab. Die Momentanbeschleunigung erhalt man nach einem Grenziibergang fur verschwindend kurze Mefizeiten aus

a = lim A/->0

Av

(\v

At

dt

= V.

(2-5)

Die Beschleunigung kann anschaulich interpretiert werden: Die Beschleunigung ist die Steigung der Kurve in einem Geschwindigkeit-ZeitDiagramm. Beispiel 2.2-2: Bei einem mathematischen Pendel hangt an einem Faden ein kleiner Korper mit vernachlassigbarer Ausdehnung. Die Geschwindigkeit dieses

a)

m/s 0)

0,2

0,4

0,6

0,8 s 1

Zeitr b)

1m/s2

^ ( r = 0,5 s)

0,5 0

0,2

0,4

\ b , 6 0,8 s i

-0,5 -1 Zeitr

Bild 2-5. Beschleunigte Bewegung (Beispiel 2.2-2). a) Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm, b) Beschleunigung-Zeit-Diagramm. Massenpunktes wird durch die Beziehung v{t) = 0,25 m/s • sin (3,14 s~* /) beschrieben und ist in Bild 2-5 a dargestellt in der Zeitspanne 0 ^ / ^ 1 s. Wie lautet der Ausdruck fiir die Beschleunigung des Punktes? Wie groB sind die Extremwerte? Losung: Fiir die Beschleunigung gilt a = dv/dt = 0,79 m/s^ • cos(3,14 s'^ /). Die Extremwerte sind fl^ax = i 0 J 9 m/s^ bei / = 0 bzw. / = 1 s. Den Verlauf zeigt Bild 2-5 b. Liegt die a, /-Kurve vor (z. B. mit einem Beschleunigungsaufnehmer gemessen), dann ergibt sich daraus die v, /-Kurve durch Integration: v(tx) = v^^\

a(Od/

(2-6)

^0

mit 1^0 als der Geschwindigkeit zur Zeit /QDie rot eingezeichnete Flache in Bild 2-5 b stellt beispielsweise die Geschwindigkeit zur Zeit /j = 0,5 s dar. Weil die Beschleunigung analytisch vorliegt, kann sofort integriert werden. Man erhalt 0,5 s

i;(0,5s)= j 0,79m/s2-cos(3,14s-'0d/ 0

= 0,25 m/s.

2.2. Kinematik des Punktes

i^

V

\

s s oj

\

bO ^

a

\\ \

V

i*-

\ \

\\ \\

J

^

s — •'>f

CO

-^

1

\^ \^ "^ \ ""^ ^ \ \ \ \\\

\

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.0 13 'bbOQ

23

24

2. Mechanik

2.2.1.3. Einfache Spezialfalle Von Bedeutung sind die Spezialfalle der gleichmafiigen Geschwindigkeit v = konstant und der gleichmaBigen Beschleunigung a = konstant. Fur diese Falle liefern die allgemeinen Gleichungen verhaltnismaBig einfache Ausdriicke, die in Bild 2-6 zusammengefaBt sind. Sehr einfache Beschreibungen ergeben sich, wenn die jeweiligen Integrationskonstanten VQ und ^o gleich null gesetzt werden. Ein allgemein bekanntes Beispiel fiir die Bewegung mit konstanter Beschleunigung ist der freie Fall an der Erdoberflache. Alle Korper erfahren beim Fall im Vakuum die Fallbeschleunigung ^ = 9,81 m / s l Beim Fall in der Luft wirkt sich der Stromungswiderstand storend aus, der aber in vielen Fallen vernachlassigt werden kann. Beispiel 2.2-3: Von einem h= 10 m hohen Turm wird eine kleine Stahlkugel mit der Anfangsgeschwindigkeit VQ = 5 m/s senkrecht nach oben geworfen. Fiir diesen Fall sind die r, /- und y, /-Diagramme zu zeichnen. Zu berechnen sind die maximale Steighohe, die Gesamtzeit, die vergeht, bis die Kugel auf der Erde aufschlagt, und die Endgeschwindigkeit, mit der die Kugel auf der Erde ankommt. Losung: Bild 2-7 a zeigt die gewahlte Hohenkoordinate. Die >'-Achse weist senkrecht nach oben; y = 0 entspricht der Erdoberflache. Die Anfangsbedingungen zur Zeit / = 0 sind y(0) = h und V(0) = + VQ. Die Beschleunigung ist a = - g = konstant. Das Minuszeichen bringt zum Ausdruck, daB die Beschleunigung der positiven ^-Richtung entgegengesetzt ist. Aus Gl. (2-6) bzw. Bild 2-6 folgt fiir die Geschwindigkeit v{t) = vo-gt

(I).

Der Ort der Kugel ergibt sich aus Gl. (2-3) bzw. Bild 2-6 zu y(t) =

h-\-Vot-

Ut^

(II).

Die Gleichungen (I) und (II) sind in den kinematischen Diagrammen Bild 2-7 b und 2-7 c dargestellt. Die maximale Steighohe ist erreicht, wenn v = 0 geworden ist (Umkehrpunkt). Aus Gl. (I) folgt fur diesen Zeitpunkt t (j^max) = ^0^9 = 0,51 s. Bild2-7. Zu Beispiel 2.2-3: Senkrechter Wurf nach oben. a) Hohenkoordinate, b) Geschwindigkeit-ZeitDiagramm, c) Weg-Zeit-Diagramm.

Zeitr

2.2. Kinematik des Punktes

25

Aus Gl. (II) erhalt man die zugehorige Ortskoordinate ymax =

h-\-jvl/g=\\,21m.

Der Fall ist beendet, wenn >^ = 0 wird. Die zugehorige Zeit tf folgt aus der quadratischen Gleichung (II): jgt}-votf-h

= 0.

Fiir die Fallzeit des freien Falls ergibt sich allgemein h=

v^ +

yvl^lgh

•

(2-7)

In Beispiel 2.2-3 ist /f= 2,03 s (Bild2-7c). Die Geschwindigkeit v^ der Kugel am Ende des Falls ergibt sich aus Gl. (I) mit der Zeit t^ zu v^ = -yvl

+ 2gh .

Bild 2-8. Ortsvektor und Bahnkurve. X, y, z Raumkoordinaten, t Zeit

(2-8)

r(0 = In Beispiel 2.2-3 ist |i;f| = 14,9 m/s (Bild 2-7 b). Der freie Fall aus der Ruhe ist als Spezialfall fiir t^o = 0 in den vorgenannten Ableitungen enthalten. So gelten z. B. fiir die Fallzeit aus der Hohe h

^-n

(2-9)

und fiir die Endgeschwindigkeit \vf\ =

][2jh.

(2-10)

2.2.2. Dreidimensionale Kinematik 2.2.2.1. Ortsvektor und Bahnkurve Die Bewegung eines Punktes im dreidimensionalen Raum hat drei Freiheitsgrade; zu seiner eindeutigen Lagebestimmung ist die Kenntnis von drei Koordinaten erforderlich. Dazu konnen beispielsweise die Komponenten eines Ortsvektors r, der vom Ursprung eines Koordinatensytems bis zum Ort des betreffenden Punktes zeigt, benutzt werden. Wird gemaB Bild 2-8 ein kartesisches Koordinatensystem verwendet, dann hat der Ortsvektor r(t), als Spaltenmatrix geschrieben, die Komponenten

Werden die Ortsvektoren zu verschiedenen Zeiten aufgezeichnet, wandert die Spitze der Ortsvektoren auf der Bahnkurve des Punktes. In diesem Abschnitt wird ausschliefilich mit kartesischen Koordinaten gearbeitet. Bei bestimmten Bewegungsablaufen ist jedoch die Verwendung anderer Koordinatensysteme (z.B. Kugelkoordinaten oder Zylinderkoordinaten) vorteilhaft. 2.2.2.2. Geschwindigkeitsvektor Bild 2-9 zeigt die Bewegung eines Punktes auf einer gekriimmten Bahnkurve. Es sind zwei Ortsvektoren r zu den Zeiten t und t -\- ts.t eingezeichnet. In Analogie zur Definitionsgleichung (2-1) fiir die mittlere Geschwindigkeit wird ein Vektor der mittleren Geschwindigkeit definiert: r ( / + A O - / • ( / ) _ Ar = — . (t -\- At)- t ~~~^t

(2-11)

Dieser Vektor hat die Richtung des Differenzvektors Ai* und gibt grob die Bewegungsrichtung an. Wenn die Zeitspanne At geniigend klein ist, gilt \Ar\^ As. Damit ist der Betrag des Vektors v^^ ungefahr gleich der mittleren Geschwindigkeit, wie sie in Gl. (2-1) definiert ist.

26

2. Mechanik

Dieser Vektor steht, wie in Bild 2-10 gezeigt, im allgemeinen schief zur Bahnkurve. Seine Tangential- und Normalkomponenten a^^^ und a„orm konnen berechnet werden, indem der Geschwindigkeitsvektor v = v e^^^ nach der Zeit differenziert wird. Dies ergibt mit Hilfe der Produktregel der Differentialrechnung Bild2-9. Zur Definition des Geschmndigkeitsvektors V. X, y, z Raumkoordinaten, t Zeit, s Weg, r Ortsrektor

dv dt

de,. dt

Der Vektor der Momentangeschwindigkeit v ergibt sich wieder durch den Grenziibergang

Ar = lim

V =

~Kf

dr dt

1']

W

(2- 12)

Der Betrag des Vektors v ist exakt gl^ich der friiher in Gl. (2-2) eingefiihrten Geschwindigkeit, denn nach dem Grenziibergang besteht zwischen Bogen und Sehne kein Unterschied mehr. Fiir die Richtung des Vektors gilt (Bild 2-9):

Bild 2-10. Tangential- und Normalkomponenten des Beschleun igungs vek tors.

Das erste Glied hat die Richtung der Tangente und stellt die Tangentialkomponente der Beschleunigung _dv

(2-15)

Der Vektor v der Momentangeschwindigkeit liegt stets tangential zur Bahnkurve.

dar. Der Betrag der Tangentialbeschleunigung dv/dt ist identisch mit der Beschleunigung, die bei der eindimensionalen Bewegung durch Mit Hilfe des Tangenteneinheitsvektors e^^^ (Be- Gl. (2-5) definiert wurde. trag eins, Richtung der Tangente an die Bahnkurve) kann der Vektor der Geschwindigkeit Zur Bestimmung der Normalkomponente a^^^^ muB die Differentiation de^^Jdt durchgefiihrt werden, Daauch so geschrieben werden: zu wird zuerst der Differenzenquotient A^^^^/Ar be(2-13)

2.2.2.3. Beschleunigungsvektor Der Vektor der Beschleunigung wird als Ableitung des Geschwindigkeitsvektors nach der Zeit definiert:

stimmt. Bild 2-11 zeigt die Konstruktion des Differenzvektors ^e,^^ = e^^^(t+At) - e,^^{t). Jede gekriimmte Bahn lafit sich auf einem mehr oder weniger langen Bogenstuck A^ als Kreis mit dem Kriimmungsradius R annahern. A^j^^ steht senkrecht auf der Bahnkurve in Richtung Kriimmungsmittelpunkt M. Fiir die Betrage gilt A^

lA^tanl

,.

I

2.2. Kinematik des Punktes

27

Der Ortsvektor hat die Form I'o cos 131 I'o sin /] t -

r(t)-

(t+t^t)

Wird aus der x- und >^-Komponente des Ortsvektors die Zeit / eliminiert, so erhalt man die Gleichung der Bahnkurve, die Wurfparabel: y = tan p x -

(2-17)

b) An welchem Punkt Pi befindet sich die Kugel zur Zeit r, = 2 s ? Zur Bestimmung der Differentialquotien-

Bild2-li.

Damit ist der Betrag des Differenzenquotienten ^e,. At R R At Nach dem Grenziibergang At^O ergibt sich d^.. dt

V

R'

Somit ist die Normalkomponente der Beschleunigung dt ''norm

Oder

^ *^norm

mit ^norm ^^^ dem Normaleinheitsvcktor Bahnkurve.

(2-16) an der

30,00 m 32,34 m

Der zugehorige Ortsvektor lautet r^

c) Wie groB sind Betrag und Richtung der Geschwindigkeit I'I zur Zeit t\ ? /15,00 m/s Der Geschwindigkeitsvektor lautet V\ = \ \ 6,36 m/s Der Betrag der Geschwindigkeit ist 1*^11 = 16,3 m/s. Der Geschwindigkeitsvektor liegt tangential an der Parabel, sein Winkel gegen die x-Achse folgt aus 6,36 tan A, = - ^ — = 0,424 zu y^, = 23°. d) Wie groB sind Normal- und Tangentialbeschleunigung a„„rm(^) ^nd a,^^{tjl Bild 2-12 zeigt die Komponentenzerlegung von a. Es ergeben sich l«„orm(^)l =gcosP,

= 9,03 m/s^

l«tan(^)l

=3,83m/s^

=g^inp,

und

e) Zu welchem Zeitpunkt t^ erreicht die Kugel den Scheitel 5"?

Am Scheitel ist I'y = 0 bzw. VQ sinpBeispiel aus folgt 2.2-4: Eine kleine Kugel wird zur Zeit t = 0 mit der ^^0 sin fi Anfangsgeschwindigkeit t'o = 30 m/s unter dem Win/s = = 2,65 s. kel y? = 60 ° gegen die Horizontale abgeschossen. Unter Vernachlassigung des Luftwiderstands soil die Bewegung diskutiert werden. V^ il a) Wie lauten die allgemeinen Ausdriicke fiir a(t), v(t)undr{t)? Bild2-12 zeigt das verwendete Koordinatensystem. Beschleunigt wird die Kugel infolge der Schwerkraft nur senkrecht nach unten, also ist die Beschleunigung a = /\ 0\ . Fur die Geschwindigkeit gilt ^-^^ cos jS vosinfi-g t VQ

t' (0

g t^ = 0; dar-

P^ 30m 20-

3 tarn

\ ^^^ M

10'^

0

^\

'-r-

1

20s

40

1

\ \ 1 ^ TT

—^^—^^

1 —

y e o m 80

Lange x

Bild 2-12. Zu Beispiel 2.2-4: Wurfparabel.

28

2. Mechanik

f) Wie groB ist der Krummungsradius R^ der Wurfparabel im Scheitel ?

Bogenlange, bezogen auf den Radius, zu verwenden:

Die Geschwindigkeit im Scheitel betragt v^ = VQ COS P = 15 m/s. Nach Gl. (2-16) gilt |fl„„,„| = v^/R; somit ist R^ = vllg = 22,94 m.

2.2.3. Kreisbewegungen Bei einer Kreisbewegung ist die Normalkomponente der Beschleunigung stets zum Kreismittelpunkt gerichtet; man nennt sie deshalb auch Zentripetalbeschleunigung. Ist r der Radius des Kreises und v die Bahngeschwindigkeit, so gilt flir die Zentripetalbeschleunigung

Die SI-MaBeinheit fiir (p ist 1 m/m = 1 rad (Radiant). Der Winkel wird von der positiven x-Achse aus im mathematisch positiven Sinn (Gegenuhrzeigersinn) gemessen. Andert sich der Winkel mit der Zeit, dann gibt die Winkelgeschwindigkeit an, welcher Drehwinkel in der Zeiteinheit iiberstrichen wird. Die Winkelgeschwindigkeit CD = l i m —— = ——

A/^o A/

Die Tangentialbeschleunigung | a^^^ \ = di;/d/ hangt da von ab, ob sich die Geschwindigkeit betragsmaBig andert. Fiir Kreisbewegungen mit konstanter Geschwindigkeit is «tan = ^^ Bei der Kreisbewegung ist es haufig vorteilhaft, anstatt der GroBen r, v und a andere, speziell auf die Kreisbewegung angepaBte GroBen zur Beschreibung des Bewegungsablaufs zu verwenden. Nach Bild2-13 laBt sich der Ort eines Punktes P auf einem Kreis sowohl durch den Drehwinkel (p als auch durch die Bogenlange s angeben. In der Kinematik empfiehlt es sich, den Winkel im BogenmaB als

(2-20)

at

hat die MaBeinheit 1 rad/s oder kurz 1 s I Der Winkelgeschwindigkeit m wird der Charakter eines axialen Vektors zugeschrieben. Dieser steht senkrecht auf der Ebene der Kreisbahn. Die Richtung von (o ist nach Bild 2-14 der Drehrichtung einer Rechtsschraube zugeordnet. Liegt, wie in der oberen Halfte von Bild 2-14 dargestellt ist, die Kreisbahn in der Zeichenebene, wird die Richtung von w durch die Symbole fiir die Pfeilspitze O oder das Pfeilende ® angezeigt. Die Winkelgeschwindigkeit hangt mit der Drehzahl oder Drehfrequenz n und der Periodendauer T zusammen: (jj = 2n

n=-

271

(2-21)

Mit der Winkelgeschwindigkeit co schreibt man die Zentripetalbeschleunigung a^p nach Gl. (2-18) in vektorieller Form: (2-22)

Bei beschleunigter Kreisbewegung gibt die Winkelbeschleunigung a an, wie sich die Winkelgeschwindigkeit mit der Zeit andert:

Bild 2-13. Definition des Drehwinkels cp der KreisbeDie SI-MaBeinheit fiir a ist 1 rad/s^ oder wegung. kurz 1 s"^. Auch die Winkelbeschleunigung ist r Radius, s Bogenlange

2.2. Kinematik des Punktes

29

Bild2-14. Zur Definition der vektoriellen Winkelgeschwindigkeit o) bei verschiedenen Drehrichtungen.

ein axialer Vektor. Bei positiver Beschleunigung ist a gleichsinnig parallel zu (o. Bei Bremsvorgangen sind a und m entgegengesetzt gerichtet. Da die GroBen cp, oj und a genauso miteinander verkniipft sind wie die GroBen s, v und a der eindimensionalen Kinematik, sind alle Gleichungen in Bild 2-6 direkt auf Kreisbe-

wegungen anwendbar, wenn jeweils einander zugeordnete GroBen nach dem Schema V . -^ (p, V -^ OJ, a -^ OL ausgetauscht werden. Die Vektoren v und a der allgemeinen dreidimensionalen Kinematik sind auf einfache Weise mit den entsprechenden GroBen a> und a verkniipft. Eine Zusammenstellung der Beziehungen enthalt Tabelle 2-1.

Tabelle2-1. Kreisbewegungsgleichungen (r Radius, t Zeit, TV Anzahl Umdrehungen) BewegungsgroBen

gleichmaBige Kreisbewegung

Winkelbeschleunigung Winkelgeschwindigkeit Drehwinkel

a-0

gleichmaBig beschleunigte Kreisbewegung

gleichmaBig beschleunigte Kreisbewegung

(X =

CILQ

CO = COQ-\-0iQ{t — tQ}

(P=(PQ+COQ{t-to)

2

(p = (Po + cOo{t-tQ) + + ^CCoit-t^f

ZOLQ

Umfangsgeschwindigkeit v= m X r

v = rcoQ

v = r[(OQ + GCQ{t-tQ)]

Zentripetalbeschleunigung a^^ = 0}xv= —ox^ r Tangentialbeschleunigung

v = r(XQt

a.p = rcclt^ «tan = a o ^

30

2. Mechanik

Beispiel

mentan auf der Fahrbahn. Nach einer Viertelum-

2.2-5: Ein Autoreifen mit dem Radius r = 0,28 m rollt auf einer Ebene mit der Geschwindigkeit I'o = 100 km/h. Die Bewegung eines Punktes auf der Laufflache soil diskutiert werden, und zwar a) vom Standpunkt eines mitfahrenden Beobachters, wo der Punkt eine Kreisbahn beschreibt, und b) vom Standpunkt eines Beobachters auf der Strafie, von dem aus der Punkt auf der in Bild2-15 gezeigten Zykloide lauft. Die Parameterdarstellung der Zykloide isi X = r{oj t - sin co t) undy = r{\ — cos w /).

drehung ist die Geschwindigkeit v{T/4)=vA

y I

^ Y r

\

jyi ^

\ ^^

\

verlauft also unter 45° und hat den Betrag j/Si^o = 141 km/h. Scheitelpunkte sind gegeben durch t=T/2, 3/2 7;.... In einem Scheitelpunkt ist die Geschwindigkeit v{T/2) = vAV

also 11^ I = 200 km/h. Sie ist waage-

recht gerichtet und doppelt so groB wie die Geschwindigkeit der Achse.

IS

1 1 1 1 1 1

'

b2) Wie lautet der Vektor der Beschleunigung a (0?

^ \

/ \

1

lu

,

U

dt^ «/sin CO t = r co^ d/ \cos CO t Dieser Vektor lauft auf einem Kreis um und ist stets zum Radmittelpunkt gerichtet. Sein Betrag ist

a=

/ X

Bild2-15. Zykloide als Bahnkurve eines Punktes auf der Laufflache eines Rads (Beispiel 2.2-5). a 1) Wie groB ist die Winkelgeschwindigkeit co?

b3) Wie groB ist der Kriimmungsradius der Zykloide im Scheitelpunkt?

Beim Abrollen eines Rads ohne Schlupf ist die Ge- Nach Gl. (2-16) ist R = v^/a„^^^ = 4r= 1,12 m. schwindigkeit des Mittelpunktes identisch mit der Umfangsgeschwindigkeit. Deshalb gilt co = VQ/r = 99,2 rad/s. Zur Ubung a2) Wie groB ist die Beschleunigung des Punktes, und welche Richtung hat sie? U 2.2-1: Ein Fahrzeug wird aus dem Stand wechselnd beschleunigt, und zwar Da es sich um eine gleichformige Kreisbewegung handelt, besteht die Beschleunigung lediglich aus fiir 0 ^ / ^ 2 s mii a= \ m/s^ der Zentripetalbeschleunigung, die zum Kreismitfiir 2 s < / < 4 s mit a = 0 und telpunkt weist. Sie betragt a^p = co^ r= 2156 m/s^ fiir 4 s ^ / ^ 5 s mit a = -2 m/s^. Oder das 281 fache der Erdbeschleunigung. a 3) Wie groB sind Drehzahl und Periodendauer? Nach Gl. (2-21) ergeben sich « = co/27t = 15,8 s~' = 947 min-' und T= 63,3 ms. b l ) Wie lautet der Vektor der Geschwindigkeit v(t)7 Welchen Betrag und welche Richtung hat v in den Umkehrpunkten U, in der gezeichneten Stellung zur Zeit / = T/4 und in den Scheitelpunkten 5? Der Ortsvektor lautet

/•(0 =

lx{t)\

I CO t - sin CO t\

\y(t)l

\

\ - cos CO tl'

Daraus ergibt sich durch Ableiten nach der Zeit v = rco\

' \ - cos CO t

.

I = ^0

cos CO t

sm CO t sin o) t Umkehrpunkte liegen bei / = 0, T, 2 T,.... In einem /0\ Umkehrpunkt ist t? (0) = I I; der Punkt ruht mo-

a) Zeichnen Sie die kinematischen Diagramme, d.h. das a, /-Diagramm, das v, /-Diagramm und das s, /-Diagramm fiir 0 ^ / ^ 5 s. b) Wie groB ist die maximale Geschwindigkeit? c) Welche Geschwindigkeit hat das Fahrzeug zur Zeit r = 5 s? d) Wie groB ist der insgesamt zuriickgelegte Weg? U 2.2-2: Ein Bauteil wird ungleichmaBig aus der Ruhe beschleunigt. In kurzen Zeitabstanden wird die Geschwindigkeit gemessen; es ergibt sich eine Wertetabelle:

V in m/s

0

1

0

0,2

0,7

1,6

3,2

6,0

a) Zeichnen Sie maBstablich das v, /-Diagramm (Millimeterpapier). b) Ermitteln Sie aus dem v, tDiagramm das a, /-Diagramm. Wie groB ist die Beschleunigung zur Zeit t^ = 4 s? c) Bestimmen Sie durch graphische bzw. numerische Integration den zuriickgelegten Weg nach /2 = 5 s.

2.3. Grundgesetze der klassischen Mechanik U 2.2-3: Ein Ball rollt auf einem waagerechten Tisch von der Hohe h = 0,75 m iiber die Kante und fallt zu Boden. Der Auftreffpunkt ist in horizontaler Richtung s = 0,40 m von der Kante entfemt. Wie groB war die Geschwindigkeit des Balls auf dem Tisch? U 2.2-4: Ein Elektromotor lauft mit der Drehzahl «o = 1400 min~'. Nach dem Abschalten wird er mit konstanter Winkelverzogerung a abgebremst, bis er nach A^ = 50 Umdrehungen stehen bleibt. a) Wie groB ist die Winkelverzogerung a? b) Wie lange dauert der Bremsvorgang? U 2.2-5: Ein Eisenbahnzug fahrt mit gleichmaBiger Tangentialbeschleunigung auf einem Kreisbogen mit dem Radius r = 2 km. Dabei legt er die Strecke A5= 1200 m zuriick. Zu Beginn der betrachteten Bewegung hat er die Geschwindigkeit v^ = 30 km/h, am Ende V2= 100 km/h. a) Wie lange dauert der Beschleunigungsvorgang? b) Wie groB ist die Tangentialbeschleunigung? c) Berechnen Sie die Winkelbeschleunigung. d) Wie groB ist die Zentripetalbeschleunigung zu Beginn und am Ende des Vorgangs? U 2.2-6: Die Erde benotigt fiir eine vollstandige Umdrehung die Zeit 7 = 8 6 163 s (einen Sternentag). a) Wie groB ist die Winkelgeschwindigkeit co^ der Erde? b) Welche Richtung hat der Vektor COE? c) Wie groB ist die Umfangsgeschwindigkeit an einem Ort mit dem Breitenwinkel (pi Berechnen Sie die Umfangsgeschwindigkeit am Aquator und in Stuttgart mit ^ = 48° 4 r nordlicher Breite (Erdradius R = 6370 km), d) Wie groB ist die Zentripetalbeschleunigung am Aquator und in Stuttgart?

23. Grundgesetze der klassischen Mechanik 2.3.1. Konzept der klassischen Dynamik Die Kinematik (Abschn. 2.2) hat die Bewegung materieller Punkte geometrisch-analytisch beschrieben, ohne die Frage zu stellen: „Was ist die Ursache fiir die Bewegung?" Die Dynamik untersucht die Ursachen fur die Bewegung eines Korpers. Jeder Korper besteht aus Materie; er hat eine Masse und eine geometrische Ausdehnung, d. h. ein Volumen. Einfache Verhaltnisse liegen dann vor, wenn die geometrische Ausdehnung des Korpers klein ist im Vergleich zu den Dimensionen (Abmessungen, Abstande), in denen sich der Korper bewegt. In hochster Idealisierung ist

31

die Masse des Korpers in einem materiellen Punkt vereinigt, der keine raumliche Ausdehnung mehr hat. Mit der Modellvorstellung des materiellen Punktes werden einfachste Verhaltnisse geschaffen, denn ein materieller Punkt kann nicht rotieren und sich nicht verformen. Wie ein Korper ist auch ein materieller Punkt Einwirkungen von auBen ausgesetzt; physikalisch bezeichnet man dies als die Einwirkung der Umgebung auf das System oder — noch allgemeiner — als die Wechselwirkung zweier Systeme. Die Kraft ist die physikalische GroBe, welche die Einwirkung beschreibt, die den Bewegungszustand des Korpers andert. Dabei werden Korper unterschiedlicher Masse durch die gleiche Kraft unterschiedlich beschleunigt. Begriindet auf Erfahrung und durch kiihne Extrapolation erfaBte Newton die Wechselwirkungen zwischen beschleunigendem und beschleunigtem System und formulierte drei Axiome zur Mechanik, welche die Begriffe Kraft und Masse definieren, ihre Verkniipfung angeben und ein MaBsystem festlegen.

2.3.2. Die Newtonschen Axiome In Tabelle 2-2 sind die drei Axiome in moderner Schreibweise zusammengefaBt, wie sie I. N E W T O N (1643 bis 1727) im Jahr 1687 ver-

offentlichte. Die Newtonschen Axiome beschreiben die makroskopische Welt der klassischen Physik exakt; sie versagen jedoch bei der Beschreibung der mikroskopischen Welt der Atome (Quantenphysik, Abschn. 8) und bei Geschwindigkeiten, die nicht mehr klein gegen die Lichtgeschwindigkeit c sind (Relativitatstheorie, Abschn. 10). Das erste Axiom definiert ein Bezugssystem, in dem die drei Axiome gelten. Die physikalischen GesetzmaBigkeiten der Mechanik nehmen ihre einfachste mathematische Form an, wenn sie fur ein Bezugssystem aufgeschrieben werden, in dem die Geschwindigkeit eines Korpers ohne auBere Einwirkungen konstant ist. Man nennt solche Systeme Inertialsysteme. Es gibt beliebig viele Inertialsysteme; sie alle haben die Eigenschaft, sich gegen den Fixsternhimmel geradlinig und gleichformig zu bewegen. Absolute Ruhe laBt sich nicht fest-

32

2. Mechanik

Tabelle 2-2. Die Newtonschen Axiome. Beziehung

Newtonsche Axiome

Formulierung

1. Axiom Tragheitsgesetz

Jeder Korper behalt seine Geschwindigkeit nach Betrag und Richtung so lange bei, wie er nicht durch auBere Krafte gezwungen wird, seinen Bewegungszustand zu andern. Die zeitliche Anderung der BewegungsgroBe, des Impulses p — mv, ist gleich der resultierenden Kraft F. Um einen Korper konstanter Masse zu beschleunigen, ist eine Kraft F erforderlich, die gleich dem Produkt aus Masse m und Beschleunigung a ist.

2. Axiom Aktionsgesetz Grundgesetz der Mechanik

3. Axiom Wechselwirkungsgesetz actio = reactio

Wirkt ein Korper 1 auf einen Korper 2 mit der Kraft /'12, so wirkt der Korper 2 auf den Korper 1 mit der Kraft ^21; beide Krafte haben den gleichen Betrag, aber entgegengesetzte Richtungen.

stellen, es gibt deshalb kein ausgezeichnetes Inertialsystem. Die Erde rotiert relativ zum Fixstemhimmel, das Bezugssystem Erde stellt deshalb kein Inertialsystem dar. Ist die Erdrotation im Vergleich zum Zeitablauf eines Experiments vernachlassigbar langsam, dann ist ein mit der Erde verbundenes Bezugssystem in sehr guter Naherung ein Inertialsystem. Das zweite Newtonsche Axiom heiBt Aktionsprinzip, weil es den Zusammenhang zwischen der Bewegungsanderung eines Korpers und der Einwirkung von Kraften herstellt. Newton verstand unter Bewegungsanderung nicht nur die Beschleunigung; seine mathematische Formulierung umfaBte bereits den Impuls p = m V (Abschn. 2.5). Somit laBt sich das Aktionsgesetz schreiben: F=

dp

d

dt ~ dt

{m v) =-- m

dv dt

dm -h V

~d7' (2-24)

Fiir den im taglichen Leben haufigen Fall einer konstanten Masse ergibt sich daraus das Newtonsche Grundgesetz ma.

(2-25)

Wenn die Summe der auBeren Krafte gleich null ist, dann ist auch die Beschleunigung null und damit die Geschwindigkeit konstant, entsprechend der Forderung des ersten Axioms.

allgemein: d F = — {mv) at speziell: F= m a f\2 = - ^21

Das dritte Axiom, das Axiom iiber die Wechselwirkungen, sagt aus, daB es eine einzelne, isolierte Kraft nicht gibt. Es wirkt immer ein Korper (oder ein System 1) auf einen zweiten Korper (oder System 2). Wird eine Systemgrenze vorgegeben, dann kann zwischen auBeren Kraften, die von einem Korper auBerhalb des Systems herriihren, und inneren Kraften, die nur innerhalb des Systems wirken, unterschieden werden. Diese Systemgrenzen konnen nach ZweckmaBigkeit gewahlt werden. Das dritte Axiom setzt voraus, daB die Krafte gleichzeitig, d.h. ohne Zeitverzogerung, wahrgenommen werden. Weil die Lichtgeschwindigkeit die Grenzgeschwindigkeit fiir die Ausbreitung eines Signals oder einer Information ist, dauert es eine endliche Zeitspanne, bis ein Korper die Anderung einer Kraftwirkung spiirt, die von einem zweiten Kdrper ausgeiibt wird. Fiir dieses Problem der Gleichzeitigkeit hat Einstein die Losung in den Grundgesetzen der relativistischen Mechanik angegeben (Abschn. 10).

23.3. Masse Trdgheit ist der Widerstand eines Korpers gegen eine Bewegungsanderung. Das MaB fiir die Tragheit ist die Masse. Die Masse ist unabhangig vom Ort, an dem sich ein Korper befmdet, und in der klassischen Mechanik unabhangig vom Bewegungszustand des Korpers. Damit ist die Masse auch ein geeignetes MaB fiir die Menge, d. h. fiir die Anzahl der Teilchen

2.3. Grundgesetze der klassischen Mechanik (Atome, Molekiile) in einem Korper. Die Addition von Massen entspricht der Addition von Mengen. Die MaBeinheit der Masse ist durch einen Eichkorper festgelegt (Abschn. 1.3). Eine Moglichkeit zum Vergleich von Massen gibt das Newtonsche Aktionsgesetz. Man lasse auf zwei Korper mit den Massen m\ und mi jeweils die gleiche Kraft wirken und bestimme experimentell die Beschleunigungen ax und (^2, die den beiden Korpern erteilt werden. Dann gilt im eindimensionalen Fall nach Gl. (2-25)

Damit ist das Verhaltnis zweier Massen durch eine dynamische Messung bestimmbar. Die physikalische GroBe Masse hat auBer der Eigenschaft Tragheit auch die Eigenschaft Schwere. Auf Korper im Wirkungsbereich der Riesenmassen kosmischer Korper (z.B. der Sonne oder der Erde) wirken Gravitationskrdfte (Abschn. 2.10), die proportional zu den Massen der beteiligten Korper sind. Die Schwere einer Masse ist also ein Kennzeichen fiir die Kraft des Zentralgestirns auf diesen Korper. Experimentell laBt sich kein Unterschied zwischen trdger und schwerer Masse nachweisen. Die Identitat von trager und schwerer Masse ist die Grundlage fiir die Einsteinsche Relativitatstheorie (Abschn. 10).

2.3.4. Kraft Nach dem zweiten Newtonschen Axiom ist die Kraft F fiir Korper mit konstanter Masse proportional zur Momentanbeschleunigung a. Die Kraft ist also eine vektorielle physikalische GroBe, deren Richtung parallel zur Beschleunigung a und deren Betrag F=ma ist. Im Sl-System ist die Einheit fiir die Kraft 1 kg m s"^ = 1 N (Newton). Fiir die Addition von Krdften und die Zerlegung einer Kraft in verschiedene Kraftrichtungen gelten die Regeln der Vektorrechnung. In Bild2-16 sind fiir die Addition von zwei Kraften und fur die Zerlegung einer Kraft in zwei Richtungen die graphischen Losungswege im Krdfteparallelogramm und die trigonome-

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33

34

2. Mechanik

trischen Ldsungen angegeben. Die Addition von mehr als zwei Kraften erfolgt zweckmaBigerweise durch die Methode der Komponentenzerlegung in einem kartesischen Koordinatensystem. 1st die Beschleunigung eines Korpers a = 0, so ist auch die resultierende Kraft auf den Korper nach dem Newtonschen Aktionsprinzip null. Dies ist die Bedingung des stadschen Krdftegleichgewichts: X / ; = /'i + ^2 + ... = 0.

(2-27)

Korper fallen auf der Erde mit einer konstanten Fallbeschleunigung ^ = 9,81 m/s^ (Abschn. 2.2.1.3). Die Ursache dieser gleichmafiig beschleunigten Bewegung ist die Schwerkraft Oder Gewichtskraft auf die Masse m der Korper. Nach dem zweiten Newtonschen Axiom betragt die Schwerkraft (2-28)

FQ = mg

und wirkt in Richtung der Fallbeschleunigung (naherungsweise zum Erdmittelpunkt). Die Massenanziehung durch die Erdmasse ist die Ursache der Schwerkraft (Abschn. 2-10). Die Schwerkraft auf Korper an der Erdoberflache fiihrt bei Korpern auf einer schiefen Ebene mit dem Neigungswinkel e gemaB Bild2-17 zu einer hangabwarts, parallel zur schiefen Ebene gerichteten beschleunigenden Kraft, der Hangabtriehskraft Fn, mit dem Betrag FH = m g sine

(2-29)

und zu einer senkrecht auf die Ebene wirkenden Kraft, der Normalkraft F^, mit dem Betrag F^ = m a cos s.

-m(o^r.

Sie ist zum Mittelpunkt der Kreisbahn gerichtet. Krafte verursachen nicht nur beschleunigte Bewegungen (dynamische Kraftwirkung), sondern andern auch die geometrische Form von Korpern. Umgekehrt liben deformierte Korper Krafte aus, die elastischen Krdfte oder Federkrdfte. Bild 2-18 gibt hierzu Erlauterungen. Nach dem dritten Newtonschen Axiom ist die der Deformation entgegenwirkende,

mmm^

Fs=0

lA/WWWVV b)

i

hartere Feder

(2-30)

Die beschleunigende Kraft, die einen Korper bei der gleichformigen Kreisbewegung auf einer Kreisbahn halt und die Zentripetalbeschleunigung a^^ nach Gl. (2-22) verursacht, ist nach dem Newtonschen Grundgesetz die Zentripetalkraft F^p =

Bild 2-17. Krdfte aufschiefer Ebene. € Neigungswinkel

(2-31)

Langenanderung (Auslenkung) 5

Bild 2-18. Elast isc he Deformation, a) duBere Kraft F^ und elastische RUckstellkraft F^i, b) Federkonstante c.

2.3. Grundgesetze der klassischen Mechanik elastische Kraft Fgi entgegengesetzt gleich der von auBen wirkenden Kraft F^\ die Langenanderung s ist also ein MaB fiir die verursachende Kraft. Alle Festkorper zeigen innerhalb maximaler Deformationsgrenzen ein elastisches Verhalten (Abschn. 2.11), das durch das Hookesche Gesetz (Bild 2-18 b) beschrieben wird:

Die Proportionalitatskonstante c wird als Federkonstante oder RichtgroBe bezeichnet. GroBe elastische Langenanderungen, hervorgerufen schon durch kleine Krafte, weisen Metallfedern auf; Federwaagen werden deshalb in der Praxis als Kraftmesser eingesetzt. Bild 2-19 zeigt eine Ubersicht uber den Aufbau von Kraftmessem entsprechend DIN 51301 und den VDI/VDE-Richtlinien 2635 und 2637.

Feder

Werden mehrere Federn gekoppelt, so ist die resultierende Richtgrofie c^^^ bei der Parallelschaltung (verschiedene Krafte, gleicher Weg) FJs + F^ls + .. . = Cy + C2 + c^... = c,,,,J und bei der Serienschaltung (verschiedene Wege, gleiche Kraft)

(2-32)

- cs.

Sensorelement

35

Unter realen Bedingungen wird die Bewegung von Korpern durch Reibung an der Unterlage, der umgebenden Flussigkeit oder dem umgebenden Gas beeinfluBt. Nach dem Newtonschen Aktionsprinzip ist die Ursache der Bewegungsanderung durch Reibung eine Kraft, die Reibungskraft /"R. Die Richtung der Reibungskraft F^ ist der Bewegungsrichtung, also der Momentangeschwindigkeit v des Korpers stets entgegengerichtet: F^\\v. Der Betrag von FR setzt sich je nach Situation

MeSprinzip

Aufbau der MeRapparatur

Verlangerung der Feder ist proportional zur Kraft (Hookesches Gesetz).

- ^ — o - ^ — ^

Deformationen des Verformungskorpers werden auf die aufgeklebten DehnungsmeSstreifen (DMS) iJbertragen. Der elektrische Widerstand R der DMS andert sich proportional zur Dehnung e. Die Widerstandsanderung wird in einer Wheatstoneschen BriJckenschaitung gennessen: A/? A/ ^ -R-^ — = '-

Dehnungs-

meSstreifen

Kristalle ohne Synnmetriezentrum (z. B. Quarz) zeigen den piezoelektrischen Effekt. Bei Belastung treten an den Kristalloberflachen elektrische Ladungen auf, die mit einem Ladungsverstarker nachgewiesen werden. Die Ladungsnnenge ist proportional zur Kraft AQ ~ /^.

piezoelektrischer Kristall

^a ^^^^^^^y?^

V. Glasfaser Sender

Bild 2-19. Methoden der Kraftmessung.

Ennpfanger

Bei Belastung verbiegt sich die Glasfaser. Dadurch werden Lichtwellen vom Faserkern in den -nnantel ausgekoppelt (Leckwellen), und das Ennpfangersignal geht zuruck.

36

2. Mechanik auSere Reibung Festkorperreibung

Reibungskraft

innere Reibung FliJssigkeitsreibung

turbulente Reibung Luftreibung

FH

^^^ICS^^Fp

Ansatz

f'R=

F^ = bv

f^^N

FR

= dvi

Proportionalitatsfaktor

/u: Reibungszahl

b\ Zahigkeitskoeffizient

d\ Luftreibungskoeffizient

/U ist unabhangig von der Kontaktflache zwischen Korper und Unterlage; hangt ab von der Kontaktgeometrie und den Materialien von Korper und Unterlage.

b hangt von der Form des Korpers und der Viskositat 77 der Fliissigkeit ab. Es wird laminare Stromung vorausgesetzt.

d hangt von der Anstromflache und der Oberflachenbeschaffenheit des Korpers sowie von der Dichte und Art des stromenden Mediums ab.

Spezialfalle

^ R : Rollreibung //Q: Gleitreibung AH- Haftreibung

b = 6^rj r

^ = Y cw ^>4

laminare Umstromung einer Kugel vom Radius r in einem Medium mit der Zahigkeit?;

Korper mit Anstromflache A und dem Widerstandsbeiwert c^ im Medium der Dichte g

Bild 2-20. Reibungskrdfte. in unterschiedlicher Weise aus den drei Grenzfallen in Bild 2-20 zusammen. Die Festkorperreibung hangt von der Oberflachenbeschaffenheit der reibenden Korper a b ; die Reibungszahlen fiir die Haft- und Gleitreibungskraft unterscheiden sich stark. In Tabelle 2-3 sind die Werte einiger Stoffpaare zusammengestellt. Der Laufwiderstand beim Abrollen eines Rades auf einer Unterlage hangt nicht nur von der Verformung des Bodens durch die Normalkraft und vom Raddurchmesser ab, sondern auch noch von den Reibungsverhaltnissen in der Radnabe. Tabelle 2-3. Haft- und Gleitreibungszahlen. Stoffpaar

/^H

/^G

StahlaufStahl StahlaufHolz StahlaufEis Holzauf Holz Holz auf Leder Gummi auf Asphalt Gummi auf Beton Gummi auf Eis

0,15 0,5 bis 0,6 0,027 0,65 0,47 0,9 0,65 0,2

0,12 0,2 bis 0,5 0,014 0,2 bis 0,4 0,27 0,85 0,5 0,15

Bei niedrigen Geschwindigkeiten ist die Laufwiderstandskraft naherungsweise proportional zur Normalkraft. Die Proportionalitatskonstante ist die Rollreibungszahl //R. Bei Eisenbahnradem ist yUR = 0,002; StraBenfahrzeuge haben Werte von etwa //R = 0,02 bis/^R = 0,05. Die Reibungskraft bei der Bewegung von Korpern in Fliissigkeiten und Gasen hangt von der Dichte und Viskositat der Medien, der Geometrie (Stromlinienform, Spoiler) der Korper und dem Stromungstyp (laminar, turbulent) ab (Abschn. 2.11.3). In laminaren Stromungen ist der Stromungswiderstand FR proportional zur Geschwindigkeit: FR -^ v. Kommt es durch die Reibungskraft an der Korperoberflache in der Stromung zu Rotationsbewegungen (Wirbel), so nimmt der Stromungswiderstand erheblich zu, und die Reibungskraft ist FR ~ r^. Nur Bewegungen mit Festkorperreibung verlaufen gleichmaBig beschleunigt oder verzogert; dominieren die anderen Reibungsarten, dann sind die Bewegungsgesetze kompliziert. Zur Ubung U 2.3-1: Z\Nt\ Korper (Masse m, < mi) hangen an einem diinnen, masselosen Faden, der uber eine masselose Rolle lauft. Zwischen der Rolle und dem

2.4. Dynamik in bewegten Bezugssystemen Faden soil es keine Reibung geben. a) Wie groB ist die Beschleunigung a der beiden Korper? b) Wie groB ist die Seilkraft F^ im Faden? U 2.3-2: Ein Radiergummi (m = 40 g) liegt auf einer Metallscheibe (Radius r = 20 cm). Die Scheibe rotiert mit konstanter Winkelgeschwindigkeit co. Die Haftreibungszahl zwischen Scheibe und Radiergummi ist//H = 0,5. a) Welche Krafte wirken auf den Radiergummi (Skizze)? b) Welche Kraft oder welche Krafte bringen die Zentripetalkraft auf den Radiergummi auf? c) Der Radiergummi wird rj = 5 cm vom Drehzentrum positioniert. Wie groB mu6 die Drehzahl «i mindestens sein, damit der Radierer zu rutschen anfangt? d) Die Scheibe rotiere mit der Drehzahl «2 = 70min~'. In welchem Radius-Bereich bleibt der Radiergummi liegen? U 2.3-3: Aus einem Maschinengewehr treten in einer Sekunde sechs Geschosse (Masse jeweils m = 25 g) aus. Die Geschwindigkeit der Kugeln ist v = 800 m s - ^ a) Die Kugeln treffen auf einen fest im Boden verankerten groBen Holzklotz und bleiben in ihm stecken. Welche mittlere Kraft F^i wird auf den Klotz ausgeiibt? b) Welche mittlere Kraft ^^2 ist aufzuwenden, um einen RiickstoB des Gewehres zu unterdriicken? c) Angenommen, die Kugeln bleiben nicht stecken; sie sollen abprallen und mit einem Zehntel ihrer Anfangsgeschwindigkeit auf der alten Flugbahn zuriickfliegen. Welche mittlere Kraft F^ wird unter diesen Bedingungen auf den Klotz ausgeiibt? U 2.3-4: Auf einen Korper (Masse m = 2,0kg) wirken drei Krafte (F,, F2 und ^3). Unter ihrem EinfluB bewegt er sich mit der konstanten Beschleunigung a = 1 m s"'^ nach Siiden. Die Kraft F^ weist nach Norden, ihr Betrag ist F^ = 3,0 N. Die Kraft F2 weist nach Osten, ihr Betrag ist F2 = 2,0 N. Wie groB ist F2 nach Betrag und Richtung? U 2.3-5: Fine Aufzugskabine hat die Masse WA = 1200 kg, die Masse des Gegengewichts ist mQ = 1100 kg. In der Kabine befindet sich eine Person (Masse m^ = 75 kg). a) Mit welcher Beschleunigung a fiele die Kabine, wenn die Bremseinrichtungen versagten? (Vereinfachend seien z.B. die Tragheit der Seiltrommeln und die Reibung vernachlassigt.) b) Welches ware unter diesen Fallbedingungen das scheinbare Gewicht der Person? c) Nach einer Fallhohe von h= \5m wird die Kabine durch Fedem aufgefangen und nach einem Bremsweg von 5 = 20 cm zum Stillstand gebracht. Welche mittlere Kraft F^ spiirt die Person beim Bremsvorgang in den Beinen?

37

U 2.3-6: Eine schwere Last soil an einem Stahlseil hochgezogen werden. In Ruhestellung zeigt ein Kraftmesser eine Gewichtskraft FQ = 8 • 10"* N an; die zulassige Hochstbelastung des Seils ist F^ax = 10^ N. Welches ist die groBte erlaubte Beschleunigung beim Hochziehen der Last?

2.4. Dynamik in bewegten Bezugssystemen 2.4.1. Relativ zueinander geradlinig bewegte Bezugssysteme Betrachtet sei die Bew^egung zweier Bezugssysteme gegeneinander, wobei eines der beiden Systeme vereinfachend als ruhend (Inertialsystem) angenommen wird. Die Koordinaten des materiellen Punkts P im ruhenden System S sind x, y, z, die im bewegten System S' dagegen x\ y\ z\ Zur Zeit / = 0 sollen die beiden Systeme zusammenfallen. Fiir den Fall, daB die Relativbewegung der beiden Bezugssysteme gleichmaBig beschleunigt, ^s also konstant ist, sind die sich ergebenden Transformationen der Koordinaten, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen in Bild2-21 angegeben. In der klassischen Physik wird der ZeitmaBstab in beiden Bezugssystemen als gleich angenommen, die Zeitkoordinaten also mit / = t' transformiert und damit eine absolute Zeit vorausgesetzt. Wie die Relativitatstheorie (Abschn. 10.1) zeigt, gilt diese Annahme nur in der klassischen Naherung, daI3 die Relativgeschwindigkeit I's im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit c klein ist. Ist die Geschwindigkeit des bewegten Systems I's = konstant, dann ist die Beschleunigung fls = 0 und damit a = a'\ die Beschleunigung eines Korpers ist also in beiden Systemen gleich. In diesem Spezialfall (GalileiTransformation) ist auch die Kraft, die eine Beschleunigung bewirkt, in beiden Systemen gleich. Samtliche Gleichungen der Mechanik haben im bewegten Bezugssystem dieselbe Struktur wie im ruhenden, die Gesetze sind Galilei-invariant. Werden beispielsweise in einem mit konstanter Geschwindigkeit fahrenden Zug Fallexperimente durchgefuhrt, dann sind die MeBergebnisse, wie z. B. Fallzeit

38

2. Mechanik gleichmaflig beschleunigtes Bezugssystem S'

ruhendes Bezugssystem S

KoordinatenSysteme

i" = r- rs = r-las?^

Ortsvektoren

r = r' + rs = r' +^

asr

Geschwindigkeitsvektoren

v= }/ + Vs = V + ast

y/=V-Vs=V-ast

Beschleunigungsvektoren

a = a' + as

a' = a - as

Bild 2-21. Galilei-Transformation in gleichmdBig gegeneinander beschleunigten Bezugssystemen. und Endgeschwindigkeit, dieselben wie auf dem Bahnsteig. Beispiel 2.4-1: Es soil gezeigt werden, daB der Abstand zweier Punkte P| und P2 Galilei-invariant ist, d. h. nicht von der Relativbewegung zweier Bezugssysteme gegeneinander abhangt. Vereinfachend sollen die beiden Punkte in der x, >^-Ebene liegen und sich das System S' langs der x-Richtung bewegen. Losung: Die Koordinaten der beiden Punkte sind im ruhenden System S: Pi(xi,>'i,0) und P2fe,>^2,0), im bewegten System S': P; (xj, j^i, 0) und Fiir die Abstandsquadrate ergeben sich nach dem Satz des Pythagoras

52 ={x2-x^f-^{y2-y\f und s'^ = {x!,-x[f + {y2-y\f = [te - ^'s 0-(^i - ^'s 0]^+ [yi-yi? = (x2-xO^ + {y2-yiy = s^. Ein Beobachter im bewegten Koordinatensystem S' miBt also den gleichen Abstand wie

ein Beobachter im ruhenden System S. Bewegt sich das System S' gegeniiber S beschleunigt mit der Beschleunigung as, dann gilt nach Bild 2-21 fiir die Beschleunigung im bewegten System a' = a-a^. In jedem System wird ein Beobachter die Beschleunigung auf die Wirkung einer Kraft zuruckfuhren: im Bezugssystem S auf F= ma und in S' auf F' = ma' = ma- m a^. Die Differenz der beiden Krafte ist die Trdgheitskraft oder Scheinkrqft F^ =

-ma^.

(2-33)

Diese Tragheitskraft muB zusatzlich zu den realen physikalischen Kraften, wie beispielsweise der Gravitation oder elektrostatischen Kraft, die im ruhenden System S die Beschleunigung a verursachen, im beschleunigten System S' in Rechnung gesetzt werden, damit auch in S' das Newtonsche Grundgesetz F' = m a' angewendet werden kann. Prinzip von d'Alembert Krafte auf einen Korper bewirken eine Beschleunigung. Schreibt man das Newtonsche Aktionsgesetz Gl. (2-25) um, so lautet es

2.4. Dynamik in bewegten Bezugssystemen

F + ( - m a) = 0 .

(2-34)

J. d'ALEMBERT (1717 bis 1783) interpretierte den Ausdruck (— m a) als die von Gl. (2-33) bekannte Tragheitskraft F^ = — ma^. Mit der d'Alembertschen Tragheitskraft konnen dynamische Probleme auf statische zuriickgefuhrt werden. Hierbei wird zusatzlich zu realen physikalischen Kraften, die auf einen K5rper wirken und durch ihre Resultierende /'res beschrieben werden, eine Tragheitskraft Ft eingefiihrt. Im beschleunigten System S' ist der Korper im statischen Gleichgewicht, wenn gemaB Gl. (2-27) die Summe aller Krafte (einschlieBlich der Tragheitskraft) null ist: ^res + ^ t = 0 .

(2-35)

Beispiel 2.4-2: Welche Krafte wirken auf eine Person, die sich in einem an der Erdoberflache frei fallenden Aufzug befindet? Losung: Es wird ein ruhendes, mit der Erde yerbundenes Koordinatensystem gewahlt, in dem der Vektor der Fallbeschleunigung nach unten zeigt. In diesem

39

ruhenden System ist die Kraft auf die Person gleich der Gravitationskraft F =m g. Das beschleunigte Koordinatensystem ist fest mit der Aufzugskabine verbunden. Dieses System beschleunigt mit a^ = g gegen das ruhende System. Deshalb wirkt auf die Person im beschleunigten System zusatzlich zur Gravitationskraft noch die Tragheitskraft F^ = — ma^ = — m g. Fiir die Kraft im beschleunigten System der Aufzugskabine gilt F' = F -\- F[ = m g — m g = ^. Der beschleunigte - also mitfallende - Beobachter spiirt keine resultierende Kraft, er fiihlt sich krdftefreil - Auf dieselbe Weise entsteht die Kraftefreiheit in Raumstationen.

2.4.2. Gleichformig rotierende Bezugssysteme In rotierenden Bezugssystemen treten zusatzlich zu den realen physikahschen Kraften weitere Tragheits- oder Scheinkrafte auf, die der mitbewegte Beobachter benotigt, um die Beschleunigung eines Korpers erklaren zu konnen: die Zentrifugalkraft und die Coriolis-Kraft (G. G. CoRiOLis, 1792 bis 1843). Fallen die Nullpunkte 0 des ruhenden Systems S und des mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit

y'{t2)

Bild 2-22. Rotierendes Koordinatensystem.

40

2. Mechanik

tt> rotierenden Systems S' zusammen, dann sind die Abstande r und r' vom Nullpunkt in beiden Koordinatensystemen gleich: r= r' = X i-\-yj-\- z k = x' V +y' y + z' k\

(2-36)

Dabei sind i,y und k die Einheitsvektoren des ruhenden Koordinatensystems und V, / und kf diejenigen des rotierenden. Bild 2-22 zeigt den graphisch leichter darstellbaren Fall einer Rotation, bei der die z- und z'-Achsen zusammenfallen und die z-Achse Rotationsachse ist. Die Einheitsvektoren im rotierenden Koordinatensystem andem ihre Richtung relativ zum ruhenden und sind zeitlich nicht konstant; es ist daher dr dx' d/ dz' dt (\t dt d/ , dV d/ dk' dt -^ dt dt Im rotierenden System wird die Geschwindigkeit dx' . d/ / gemessen. Fiir die zeitlichen Anv' = 1' H d/ dt derungen der Einheitsvektoren gelten nach Bild 2-22 = o) XI

&v'

, --\-a)x

&r

\-0) X v'-\-o) x(o) X r).

dt dt In einem rotierenden Koordinatensystem nach Bild 2-22 ist die Beschleunigung a' = a — 2 o) X v' — o) x{cD X r).

(2-39)

Wird der Ortsvektor r in eine Komponente R senkrecht zur Winkelgeschwindigkeit co (o) R = 0) und eine Komponente A parallel dazu (c?> X ^ = 0) zerlegt, so wird ct> x (a> x #•) = o) X (o) X R) = (o) R) (o — (o) oj) R = —(o^R. Somit ist die Beschleunigung a' = a -\- 2 v' X o) -{- 0)^R.

(2-40)

Im gleichformig rotierenden Bezugssystem treten also zwei zusatzliche Beschleunigungen auf, namlich die Coriolis-Beschleunigung

und

dt dt

dv/dt ist die Ableitung im Inertialsystem, d'v/dt im rotierenden System. Der erste Teil in Gl. (2-38) beschreibt die Geschwindigkeitsanderung im rotierenden System, der zweite Teil kommt durch die Drehbewegung des Koordinatensystems S' zustande. Gl. (2-37) in Gl. (2-38) eingesetzt, ergibt d\ a = — (v' -\- Q) X r) -\- o) x{v' -{• CD X r) = dt

= —2v' X o) = 2 a) X v'

^

(2-41)

Entsprechend ist im dreidimensionalen Fall dk' dt

senkrecht auf der Bewegungsrichtung v' und der Drehachse w und die Zentrifugalbeschleunigung

o) X k\

Zwischen der im ruhenden Koordinatensystem gemessenen Geschwindigkeit v = (dx/dt) i -\-(dy/dt)j und der Geschwindigkeit v' des rotierenden Systems besteht der Zusammenhang v = v' + (o xr.

(2-37)

Eine nochmalige Differentiation der Geschwindigkeit V ergibt die Beschleunigung a = dv/dt. Wird diese Differentiation nach dem Muster der Differentiation von r zur Herleitung von Gl. (2-37) ausgefuhrt, dann gilt dv dt

=

d'v dt

1- 0) XV.

(2-38)

a^f=(a)xr)xa>

= co^R =

«zp (2-42)

senkrecht zur Drehachse. Die Zentrifugalbeschleunigung ist betragsmaBig gleich groB wie die Zentripetalbeschleunigung a^p nach Gl. (2-22), dieser aber entgegengesetzt gerichtet. Beispiel 2.4-3: Wegen der Eigenrotation der Erde addiert sich zur Fallbeschleunigung g die ortsabhangige Zentrifugalbeschleunigung a^f. Deshalb ist die effektive Fallbeschleunigung ^gff i^ach Betrag und Richtung abhangig von der geographischen Breite s. Wie groB ist der Korrekturterm Ag fiir den Betrag der Fallbeschleunigung?

2.4. Dynamik in bewegten Bezugssystemen

41

auf, wenn der w-Vektor nicht parallel zum Geschwindigkeitsvektor v' verlauft. Die Coriolis-Kraft ist null, wenn die Relativbewegung parallel zur Drehachse erfolgt. Alle mit der Erde starr verbundenen Koordinatensysteme sind wegen der Rotation um die Erdachse streng genommen keine Inertialsysteme. Relativbewegungen auf der Erdoberflache erfolgen in einer Tangentialebene an die Erdkugel, wie Bild 2-24 zeigt. Auf der Nordhalbkugel bewirkt die Coriolis-Kraft fiir alle nicht gefiihrten Bewegungen eine Abweichung nach rechts. ^^

Bild 2-23. Zu Beispiel 2.4-3.

Losung: Mit den Bezeichnungen in Bild 2-23 gilt R = r^ cos e undmitGl. (2-42) und (2-21) a^f=co^R = \—j

r^cose

mit T^ als der Periodendauer. Aus Bild 2-23 folgt durch Anwendung des Kosinussatzes fur die effektive Erdbeschleunigung S'eff = 9^/^+ {aj9Y - 2 {ajg) cos s. Der Korrekturterm fur den Betrag der Erdbeschleunigung ist Agf = gf — ^gff. Mit r^ = 6370 km und T^ = 23,93 h (Sternentag) errechnet sich der Korrekturterm bei der mittleren geographischen Breite £ = 50° der Bundesrepublik Deutschland zu Agf (50°) = 0,014 m s - ^ Ein Lot zeigt also nicht zum Massenmittelpunkt der Erde, sondern nach Bild 2-23 in Richtung ^gff •

Nach dem Newtonschen Grundgesetz fiihren die Beschleunigungen nach Gl. (2-41) und (2-42) im rotierenden Bezugssystem zu zwei Tragheitskraften, der Zentrifugalkraft F^f=m(a}xr)xa)

== mco^R

(2-43)

und der Coriolis-Kraft FQ = 2mv'

X CO.

(2-44) j

Die Coriolis-Kraft hangt nicht vom Ort r' des materiellen Punktes ab und tritt immer

Bild 2-24. Coriolis-Kraft F^ auf der Nordhalbkugel der Erde. v' Geschwindigkeit, B nordliche Breite, m^ Winkelgeschwindigkeit

Die Rotation der Erde lal3t sich mit dem Foucaultschen Pendel nachweisen. Wegen der Coriolis-Kraft dreht sich die Schwingungsebene des Pendels im rotierenden System. Die Winkelgeschwindigkeit, mit der sich die Erde unter dem schwingenden Pendel wegdreht, ist gleich der Azimutalkomponente co^ der Winkelgeschwindigkeit der Erddrehung am Ort der geographischen Breite e: 271 .

coa = —;- sm e. Bei e = 50 ° betragt die Winkelgeschwindigkeit co^ = 11,5 °/h. Auch bei atmospharischen Stromungen macht sich die Coriolis-Kraft bemerkbar: Die Bahnen der Hoch- und Tiefdruckgebiete sind (spiralformig) gekriimmt. Bei Drehbewegungen von Maschinenteilen mit groBen Winkelund Arbeitsgeschwindigkeiten kann sich die Coriolis-Kraft deutlich auf die Beanspruchung von Lagern und Fuhrungen auswirken.

42

2. Mechanik

Beispiel 2.4-4: Ein Fahrzeug mit der Masse w = 1000 kg fahrt mit der Geschwindigkeit v' = 12 km/h von Siiden nach Norden. Wie groB ist bei der geographischen Breite £ = 50 ° Nord die Coriolis-Kraft und die Coriolis-Beschleunigung (?£ « 24 h)? Losung: Nach Gl. (2-44) ist die Coriolis-Kraft F^ = 2m v' (BE sin (v', w) = 2 • 10' kg • 20 m/s • 7,2 • 10^^ 3-1 . jj^

JQO

= 2,2 N ; sie wirkt nach Osten. Aus Gl. (2-41) und (2-44) ergibt sich fur die Coriolis-Beschleunigung a^ = FJm — 2,2 • 10" ^ m/sl Im Vergleich zu den anderen, die Bewegung beeinflussenden Kraften, wie z. B. die Gravitationskraft, die Antriebskraft oder der Fahrwiderstand, ist die Coriolis-Kraft in der Regel vernachlassigbar. Zur tlbung U2.4-1: An einem Ort der geographischen Breite £ = 50 ° fallt ein Korper mil der Masse m= 10 kg mit der Geschwindigkeit v' = 100 m/s auf die Erdoberfiache. Berechnen Sie fiir den Aufprall nach Betrag und Richtung jeweils die Zentrifugalkraft und die Coriolis-Kraft. V 2.4-2: Wie groB ist die Coriolis-Beschleunigung fiir ein Flugzeug, das horizontal iiber einen Ort der geographischen Breite e = 50 ° in jeweils eine der vier Himmelsrichtungen fliegt? U 2.4-3: Um die Rotation der Erde zu demonstrieren, fiihrt man in einem Bergwerksschacht folgenden Versuch aus: Man hangt ein langes Lot (/ = 50 m) auf und markiert den Endpunkt des Lots auf einem horizontalen MeBtisch. Danach laBt man vom Aufhangepunkt des Lots aus eine kleine Kugel fallen und beobachtet den Auftreffpunkt auf der Platte. a) Wodurch ist die Richtung des Lots an einem Ort mit £=50° nordlicher Breite bestimmt; b) In welche Himmelsrichtung wird die fallende Kugel abgelenkt, und wie weit entfernt ist der Auftreffpunkt der Kugel vom Endpunkt des Lots? ij 2.4-4: Bei einem Kettenantrieb entsprechend Bild 2-25 werden die Kettengliederbolzen bei der Kettenumlenkung durch die Zentrifugalkraft f^f belastet Wie grofi ist die daraus bedingte Zugkraft F, wenn das Kettenglied die Masse m = 4 g und den Bolzenabstand c/=12,6mm hat, der Kettenradius /? = 116 mm betragt und sich das Kettenrad mit der Drehzahl n = 3500 min" ^ dreht?

Bild 2-25. ZuU 2.4-4.

2.5. Impuls 2.5.1. Impuls eines materiellen Punktes Nach dem zweiten Newtonschen Axiom andert sich der Bewegungszustand eines Korpers unter dem EinfluB einer Kraft; seine Momentangeschwindigkeit erhoht oder erniedrigt sich. Nach der Newtonschen Formulierung (Gl. (2-24)) ist die BewegungsgroBe eines Korpers der Impuls: p = m V.

(2-45)

Die abgeleitete Einheit des Impulses 1st 1 kg m s~' = 1 N s, Der Impuls p andert sich unter dem EinfluB einer Kraft F gemaB

F=

dp_

(2-24)

At Die Kraft ist gleich der zeitlichen Anderung des Impulses.

Die Wirkung einer Kraft F auf einen Korper im Zeitintervall A/ wird als KraftstoB bezeich-

2.5. Impuls

43

net. Dieser fiihrt zu einer Anderung des Impulses p eines materiellen Punktes mit der konstanten Masse m. Gleiche KraftstoBe fiihren zu gleichen Impulsanderungen; die Geschwindigkeitsanderungen sind jedoch unterschiedlich und hangen von der Masse des Korpers ab. Der KraftstoB P2

t2

\F(t)dt- = J dp-=

P2--P\

= Ap

(2-46)

Pi

tl

ist gleich dem Zeitintegral der Kraft und gleich der Impulsanderung des materiellen Punktes. Im allgemeinen hangt die wirkende Kraft F von der Zeit ab, wie es in Bild 2-26 zum Ausdruck kommt. Ist die Kraft jedoch wahrend der Kontaktzeit konstant, dann vereinfacht sich Gl. (2-46) zu Ap = F{t2-t^)

(2-47)

= FAt.

5 • 10-3

S 10-2

ZeWt

Bild2-27.

Zu Beispiel 2.5-1.

funktion entsprechend Bild 2-27. Mit welcher Geschwindigkeit v^ bewegt sich der Ball fort? Losung: Nach Gl. (2-46) ist der ausgeiibte KraftstoB gleich der Impulsanderung. Weil der Ball anfangs in Ruhe war, ist der Anfangsimpuls null. Aus dem Endimpuls laBt sich bei bekannter Masse sofort die Endgeschwindigkeit angeben:

u. ^

8 ms 0

Die Flache unter der Dreiecksfunktion reprasentiert das Integral; also errechnet man 8 ms

J F{t) d/ = {• 200 N • 8 • 10-^ s = 0,80 Ns, Zeitr b)

= 8,0 m/s.

2.5.2. Impuls eines S y s t e m s materieller Punkte

I

F^6t=F^{t2-t^)\

fi

0

0,80 kg m/s V. = 0,1 kg

f2

Zeit t

Bild 2-26. KraftstoBe mit a) zeitabhdngigem Kraftverlaufundb) zeitlich konstanter Kraft. Beispiel 2.5-1: Beim Minigolfspiel wird ein urspriinglich ruhender Ball der Masse w = 0,lkg weggeschlagen. Der zeitliche Verlauf der vom Schlager auf den Ball ausgeubten Kraft ist naherungsweise eine Dreiecks-

Bisher wurde ein einzelner materieller Punkt betrachtet. Krafte, die auf ihn wirken, miissen notwendigerweise von auBen kommen. Im folgenden wird ein System betrachtet, das aus mehreren materiellen Punkten aufgebaut ist. Zu den Kraften, die von auBen, also uber die Systemgrenze, an den materiellen Punkten des Systems angreifen, kommen noch innere Krafte, die zwischen den materiellen Punkten innerhalb des Systems wirken. Das System ist ein abgeschlossenes System, wenn nur innere Krafte wirken.

44

2. Mechanik

2.5.2.1. Impulssatz

Werden die Summe der auBeren Krafte zur

Es liege ein abgegrenztes System materieller Punkte vor, das insgesamt n Teilchen enthalte, deren Koordinaten r^^it) von einem beliebigen Koordinatennullpunkt 0 aus gemessen werden, wie es Bild 2-28 verdeutlicht. Auf jeden Punkt k des Systems wirken eine duBere Kraft F^, die ihren Ursprung aufierhalb des Systems hat, und innere Krafte Fj^^, die von der Wechselwirkung des k-ten materiellen Punktes mit alien iibrigen materiellen Punkten j (j =1= k) herriihren. Die Gesamtkraft F^ auf den /c-ten materiellen Punkt ist gleich seiner Impulsanderung d/^k/d/.

resultierenden Kraft F^= X ^k und die Sum-

n k=l

me der Einzelimpulse zum

Gesamtimpuls

n

P=YJ

Pk zusammengefaBt, dann entspricht k=l

der Impulssatz Punkte F =

fur

ein

System

dp_

materieller

(2-50)

dt

vollig dem fiir einen einzelnen materiellen Punkt.

2.5.2.2. Massenmittelpunkt und Schwerpunktsatz

Bild 2-28. Krafte auf Punkt k in einem System materieller Punkte.

Der Impulssatz erhalt eine besonders einfache Form, wenn fur ein System materieller Punkte der Massenmittelpunkt oder Schwerpunkt S eingefiihrt wird. Fiir ein System materieller Punkte ist der Ortsvektor dieses speziellen Punktes S

Die Bewegungsgleichungen fiir samtliche n materiellen Punkte des Systems sind /r, = /ra + 1

•

+ fi

+ /-i

. /ri

. ... + /ri =

d/>i d/ '

R = n + FU + F\. 4w k - + ... + FL = ^2k + F L + FA

dPk dt

und so fort. Zusammenfassend ergibt sich k= l

(2-51)

m

. + n.=

und so fort;

ih-in+

k=l

dp2 dt

F 2 = F | + Fi2 +

k=l

Z ^k • '•k (0 h{t)-

i ^'k=i%. j,k=l j4=k

k=l

(2-48)

a/

Bei der Summation sind die nicht existierenden Krafte Fi^ wegzulassen. Nach dem dritten Newtonschen Axiom gibt es fur jede auftretende innere Kraft Fjy^ eine entsprechende Gegenkraft F^j. Diese beiden Krafte kompensieren sich; deshalb vereinfacht sich das Gleichungssystem (2-48) erheblich. Die Gesamtsumme der inneren Krafte verschwindet:

Hierbei ist w = XI ^ k die Gesamtmasse des k=l

Systems und r^ der Ortsvektor des einzelnen materiellen Punktes. Weisen Systeme aus gleichen Massenpunkten eine Symmetrieachse auf, dann liegt der Massenmittelpunkt auf dieser Achse. Die Geschwindigkeit des Schwerpunktes ergibt sich durch die Differentiation von Gl. (2-51) zu n

dt

^^v)-

m

n

ZFk(0 k=l

m

^P^ m

Bezogen auf die Schw^erpunktsbewegung v^ laBt sich der Impulssatz aus Gl. (2-50) um-

2.5. Impuls formen in den Schwerpunktsatz = m dv^/dtodQY F^=ma^.

F^ =

dp/dt

(2-52)

Der Schwerpunkt eines beliebigen Systems materieller Punkte bewegt sich so, als sei im Schwerpunkt die Gesamtmasse m des Korpers vereinigt, und als griffen die auBeren Krafte im Schwerpunkt an. Wirken auf ein System von Massenpunkten keine auBeren Krafte, dann bleibt der Massenmittelpunkt nach dem Newtonschen Tragheitsgesetz in Ruhe, oder er bewegt sich gleichformig geradlinig.

45

Losung: Aus den Bremsspurlangen werden die Geschwindigkeiten v\ und V2 kurz nach dem Aufprall berechnet: Bremsverzogerung: a^ = (F^ — Fii)/m

^B = v'^/2 a^,

Bremsweg:

Geschwindigkeiten nach dem StoB: v\ = ]/2si a^ = 8,3 m/s; V2 = ]/2s2aB = 10,6 m/s. Mit dem Impulserhaltungssatz nach Gl. (2-54) berechnet man die Auffahrgeschwindigkeit Vi: mi v'l +

m2V2

= 16,4m/s = 59km/h.

2.5.2.3. Impulserhaltungssatz

2.5.3. Raketengleichung

Wirkt auf ein System materieller Punkte keine resultierende auBere Kraft, ist also

Die Beschleunigung einer Rakete ist der besondere Bewegungsfall, bei dem die Masse des Korpers, der eine Bewegungsanderung erfahrt, nicht konstant ist. Durch den MassenausstoB heiBer Gase gemaB Bild 2-29 wird die Schubkraft der Rakete erzeugt. In der Zeitspanne dt andert sich die Raketenmasse m um dm, die Geschwindigkeit v andert sich um dv.

n

X ^k = 0, dann ist nach Gl. (2-50) dp/dt = 0. k=l

Der Gesamtimpuls des Systems p ist konstant. Fur die Summe der Einzelimpulse des Systems gilt der Impulserhaltungssatz

(2-53) Pi + ^2 + • • • + Pn = konstant oder mi Vi -\- m2 V2 + ... -\- m^ Vj^

IliS.

^

= miV\-\-m2V2 + ...+m^v!^. (2-54) d/77T

Wirken auBere Krafte, wie beispielsweise beim StoB auf einer schiefen Ebene, so gilt der Impulserhaltungssatz - eingeschrankt auf die Zeitpunkte kurz vor und kurz nach dem StoB - , wenn die Wirkung der auBeren Krafte im StoBintervall vernachlassigbar ist. Beispiel 2.5-2: Ein Pkw mit der Masse mi = 1,3 t fahrt auf einer abschussigen StraBe mit dem Neigungswinkel ^=5° auf einen stehenden Wagen mit der Masse W2 = 11 auf Nach dem Aufprall rutscht der gestoBene Wagen vollgebremst ^2 = 8 m weit. Die Bremsspur des auffahrenden Wagens ist ^i = 5 m lang. Bei den StraBenverhaltnissen betragt die Gleitreibungszahl JUQ = 0,8. Mit welch er Geschwindigkeit Vi fuhr der Pkw auf, wenn ein gleichmafiig verzogerter Bremsvorgang angenommen wird?

-m

t + dt

m + dm ||i|||||||i|li^ iiiililiiiliiill^

v + dv ^

Bild 2-29. Massen und Geschwindigkeiten von Rakete und Treibstoff zur Zeit t und t-\- dt. Mit dem Impulssatz nach Gl. (2-50) laBt sich der Verlauf der Raketengeschwindigkeit, die Raketengleichung, ableiten. Die Impulsanderung des Systems aus Rakete und Gas im Zeitintervall dt ist dp = [(m + dm) (v + dv) -h dmj Vj] — m v oder mit dmj = - dm dp = m dv - dm [Vj - (v -\- dv)]. Mit der v,^i =

Strahlgeschwindigkeit vj-{v^dv).

46

2. Mechanik

mit der sich das Treibgas relativ zur Rakete entfernt, lautet der Impulssatz ^

dp

dv

dm

Die fiir den Raketenantrieb charakteristische Schubkraft ist

Die Bewegungsgleichung der Rakete hangt von der Schubkraft /'schub ^^d den auBeren Kraften F^, wie beispielsweise den Gravitationskraften, ab:

Mit folgenden Naherungen soil Gl. (2-56) integriert werden: — Der Treibstoff wird im Zeitintervall 0 ^ t ^ /B bis zur BrennschluBzeit ^B ausgestoBen; — die Relativgeschwindigkeit t^rei ist wahrend der Brennzeit konstant; — der Massenstwm m der ausgestoBenen Treibgase ist konstant. Ist mo die Anfangsmasse, bestehend aus Rakete und Treibstoff, und mieer die Masse der ausgebrannten Rakete, dann ist der Massenstrom m o - mieer

m=

h und die Abnahme der Raketenmasse m(t) = mQ — m t.

(2-57)

In Tabelle 2-4 sind einige charakteristische Daten der Saturn-V-Rakete angegeben, mit Tabelle 2-4. P a t e n der Mondrakete Saturn V mit dem Treibsatz der ersten Stufe. Startmasse WQ Leermasse wjeer BrennschluBzeit t^ Relativgeschwindigkeit v^^i Massenstrom m Schub Fschub

2,9- 10^ kg 0,82- 10^ kg 160 s 2,6 • 10^ m s-i 1,3- lO^kgs-i 3,4- 10^ N

der 1969 das amerikanische Apollo-Raumschiff die erste bemannte Mondlandung durchfiihrte. Die erreichbare Endgeschwindigkeit hangt linear von der Ausstromgeschwindigkeit t^rei ab. Bei mehrstufigen Raketen wird die ausgebrannte Stufe abgeworfen. Der Start der nachsten Stufe erfolgt mit der Endgeschwindigkeit der Vorstufe als Anfangsgeschwindigkeit i^oErfolgt der Start der ersten Stufe der Rakete im Schwerefeld der Erde, dann ist als auBere Kraft die Gravitationskraft auf die Rakete zu beriicksichtigen. Die Gravitationskraft ist der Schubkraft entgegengerichtet. Werden fiir die Startphase der Luftwiderstand und die Anderung der Fallbeschleunigung mit der Steighohe vernachlassigt, rechnet man also mit 9 = do = konstant, dann ist die auBere Kraft Fa, = m{t) QQ. Fur den Betrag der Beschleunigung gilt

Durch Integration ergibt sich fiir den Betrag der Geschwindigkeit mo mo — m t

V (0 = i;rei In

•got

+ VQ.

(2-59)

Beim Start von der Erdoberflache mit der Anfangsgeschwindigkeit i^o = 0 erhalt man fur die BrennschluBzeit t^ die Endgeschwindigkeit

(2-60)

V (h) = t'rel In \Wleer/

(Raketengleichung nach K. ZIOLKOWSKIJ (1857 bis 1935).) Durch eine weitere Integration folgt aus Gl. (2-59) die Hohe h (t) der Rakete iiber der Erdoberflache:

h(t) =

^rei ('^o

-rht)

(2-61)

m mo m^ — mt

1-ln

mo mQ — m t

100?'.

2.6. Arbeit und Energie

47

Zur tJbung

Bei BrennschluB t^ ist die Hohe

U 2.5-1: Auf einer ebenen Unterlage liegt eine Kugel (Masse m = 2,0 kg). Die Kugel wird parallel zur Unterlage mit einem Hammer angeschlagen. Die Kontaktzeit ist t = 5 ms, die mittlere Kraft i^= lOON. a) Wie groB sind Geschwindigkeit und Impuls der Kugel nach dem StoB; b) Wie groB ist die Beschleunigung wahrend der StoBzeit?

Mit der Geschwindigkeit I'(^B) aus Gl. (2-60)

erreicht die Rakete nach BrennschluB noch (GL (2-10)). eine Steighohe h, = v^{t^)/2gQ Der Bahnscheitel des senkrechten einstufigen Raketenaufstiegs liegt nach dieser Naherungsrechnung in der Hohe /ztotai uber Startniveau gemaB

U2.5-2: Bin Auto hat die Masse m= 1000 kg. Es fahrt mit r = 50 km/h geradeaus. Welche Impulsanderung A/? - nach Betrag und Richtung - muB aufgebracht werden, um eine Richtungsanderung von 120° zu bewerkstelligen, ohne den Betrag der Geschwindigkeit v zu andern? U 2.5-3: Die Mondmasse w^ betragt etwa 0,0123 m^ (m^ = Erdmasse). Der Abstand zwischen Erdmittelpunkt und Mondmittelpunkt ist R^u = 3,8 • 10^ km, der Erdradius R^ = 6370 km. Wo liegt der Massenmittelpunkt S des Systems Erde und Mond? U 2.5-4: Beim spontanen radioaktiven Zerfall sendet ein U-238-Kern ein a-Teilchen gemaB folgender Reaktion aus:

In Bild 2-30 ist jeweils der Verlauf der GeH | U ^ 2 3 U h + !He. schwindigkeit fur den Fall, daB - wie im Weltraum - keine auBere Kraft wirkt (^o = 0), Die Geschwindigkeit des a-Teilchens wird zu und fiir den Fall, daB der Start gegen die I'a = 1,4 • lO^m/s gemessen. Welches ist die GeErdgravitation erfolgt, wiedergegeben. Den schwindigkeit i;jh cles RiickstoBkems Thorium? angegebenen Zahlenwerten liegen die Daten U 2.5-5: Wieviel Treibstoff muB eine Einstufenrader Startstufe der Saturn V-Rakete nach Takete aufnehmen, damit sie nach Verbrennen des gebelle 2-4 zugrunde. samten Treibstoffs die erste kosmische Geschwindigkeit von V = 7,9 km/s erreicht? Die Leermasse der Rakete ist Wieer = 1000 kg, die Ausstromgeschwindigkeit gegen die Rakete ist v^^i = 3000 m/s, die BrennschluBzeit ist /B = 120 s. Unterscheiden Sie zwischen einem „Start" im Weltraum auBerhalb des km Graviationsbereichs eines Himmelskorpers und einem Start im Schwerefeld der Erde.

«

2 II

/

r

I'

2.6. Arbeit und Energie 2.6.1. Arbeit

I ^

O 50

100

150

Zeit t Bild 2-30. Geschwindigkeit der Saturn-V-Rakete (1. Stufe) bei senkrechtem Start auf der Erde mit ndherungsweise konstantem Schwerefeld (I) und ZUndung im Weltraum ohne Einwirkung dufierer Krdfte (II).

Wirkt eine Kraft F auf einen materiellen Punkt Oder Korper und verschiebt ihn dabei um ein Wegelement A*, so hat die Kraft den Zustand des Korpers verandert, sie hat Arbeit verrichtet. Die mechanische Arbeit ist definiert als

^w=\F\ \^s\co^{F,^s)

(2-64)

48

2. Mechanik

entsprechend Bild2-31 oder in different!eller Schreibweise als Skalarprodukt (2-65)

dW=F'ds.

Die insgesamt langs eines Weges von s^ nach 52 von einer Kraft F{r, t) verrichtete Arbeit ergibt sich durch Integration der Einzelbeitrage, wie Bild 2-32 verdeutlicht:

Bild 2-3L Zur Definition der Arbeit.

^2

^2

W^2=\ dW=\ S\

F'ds.

(2-66)

Si

Nach der Definitionsgleichung (2-64) ist die MaBeinheit der Arbeit 1 N m = 1 J (Joule). In Bild 2-33 sind Falle zusammengestellt, bei denen die Kraft F Arbeit gegen ortsBild 2-32. Arbeit einer ortsabhdngigen Kraft F (x, y) unabhangige Krafte verrichtet. Dazu zahlen die im erdnahen Gravitationsfeld naherungsIdngs des Wegs von s^ (x^,yj nach s^ (X2,y2). Geometric

Hubarbeit gegen Gewichtskraft

1

i

erforderliche konstante Kraft

Weg

verrichtete Arbeit

F = mg

s = hi— h\ = h

Wi2 = m g h nur abhangig von der Hohendifferenz

F= mg since

s=

F = MF^

S = $2 — Sx

F

() - 0

Arbeit auf reibungsfreier schiefer Ebene gegen Hangabtriebskraft

s

F F H ^

h sin a

h

i a

Wi2 = mgh nur abhangig von der Hohendifferenz

M FG

Festkorperreibungsarbeit gegen Reibungskraft FR

= jumg

F

-^

»-

=

Wi2 = Mf^Q

s

Reibungszahl ^ auf Weg konstant

».

1

Beschleunigungsarbeit ohne Reibung gegen Tragheitskraft F^

^t

r O

n

F=

h

:>

(

s

Bild 2-33. Arbeit gegen ortsunabhdngige Krafte.

ma

2a

V^i2 = im(vl-v^) nur abhangig von Anfangs- und Endgeschwindigkeit

2.6. Arbeit und Energie

Verformungsarbeit

System

Kraftgesetz

Feder-Masse-System

'nick

Arbeit

^ -^

normiert: H^= 0 fiir Xi = 0 I

•

X

Xy

Hubarbeit gegen die Gravitationskraft

49

Zentralgestirn und Satellit

Fr.= ^G =

X2

X

mM r - y G — 2 —

r^

X-i

X

lVi2 = yGMm\ r,

r

r2

normiert: W^ = 0 fiir ^2 -• oo

FrA

Wk

Bild 2-34. Arbeit gegen ortsabhdngige Krdfte. weise konstante Schwerkraft FQ und die von ihr verursachte Hangabtriebskraft sowie die auf dem Verschiebungsweg konstante Festkorperreibungskraft F R . Mit aufgenommen ist die Beschleunigungsarbeit gegen die Tragheitskraft F^ der beschleunigten Masse (Gl. (2-33)):

Wn^Fds S2

I

ken wird nicht mehr gegen konstante Krafte geleistet. Bild 2-34 enthalt fur diese Falle ortsabhangiger Krafte die Integration von Gl. (2-66). Die Arbeit entspricht dabei der Flache zwischen der Kraftkurve und der Wegachse innerhalb der Integrationsgrenzen.

Beispiel ^ ^ \

2.6-1: Wie groB ist der Arbeitsaufwand beim Dehnen Oder Stauchen einer idealen Feder?

V2{S2)

Losung: Die Integration zeigt, daB die Beschleunigungsarbeit nur von der Differenz der Quadrate der Geschwindigkeiten abhangt: Wnn=2^i^2=

v]).

(2-67)

Nach Gl. (2-32) gilt als lineares Kraftgesetz fiir die Federauslenkung /^riick = — ex. Beim Stauchen oder Dehnen halt die Kraft F der rucktreibenden Systemkraft zu jedem Zeitpunkt das Gleichgewicht: /'=-/'ruck- Die aufzuwendende Arbeit Wx2 beim Dehnen von x^ auf ^2 ist W,2=lF'dx=l{-){-cx)-dx.

Die Beschleunigungsarbeit ist null, wenn, wie bei der gleichformigen Kreisbewegung, dv und V senkrecht aufeinander stehen, sich der Geschwindigkeitsbetrag also nicht andert. Die Arbeit beim Dehnen und Stauchen einer Feder und beim Anheben eines Korpers gegen die Gravitationskraft iiber groBere Strek-

X und dx sind parallel gerichtet, daher ergibt sich W,2 = kc(xi-

A).

(2-68)

Die aufzuwendende Verformungsarbeit nimmt quadratisch mit der Auslenkung zu.

50

2. Mechanik

2.6.2. Leistung, Wirkungsgrad Das MaB dafiir, in welcher Zeitspanne eine Arbeit verrichtet wird, ist die Leistung

Werden mehrere Antriebe und Wandler hintereinandergeschaltet, dann ist der Gesamtwirkungsgrad der Anlage das Produkt aus den Einzel wirkungsgrad en: ^

^ab,n

%es

Die MaBeinheit der Leistung ist 1 N m s"^ = 1 J s~' = 1 W (Watt). Die Leistung hangt vom Zeitintervall A/ ab. Die Momentanleistung P ergibt sich mit Gl. (2-65) zu

p=

AW

= Fv.

(2-70)

Aus der uber die Gesamtzeit /g verrichteten Gesamtarbeit W^ errechnet sich die mittlere Leistung ^m =

^^ab,l

W-. ZU, 1

w.ab,n

oder

^ab,n-l

rjgts =

(2-74)

rjirj2...rjr,.

Beispiel 2.6-2: Ein Forderkorb, dessen Masse einschlieBlich maximaler Nutzlast mi = 1000 kg betragt und dessen Gegengewicht die Masse nii = 450 kg hat, fahrt mit der Beschleunigung Ui = 1 m/s^ aufwarts, bis er

(2-71)

Leistungen von Antrieben miBt man, indem die in der Zeitspanne abgegebene Arbeit definiert in meBbare Reibungsarbeit oder Reibungswarme umgewandelt wird. Die abgegebene effektive Leistung Pgff eines Antriebs oder mechanischen Wandlers ist wegen der Reibungsverluste Py kleiner als die zugefiihrte Nennleistung P^. Das Kennzeichen fiir die Effektivitat der Leistungswandler ist der Wirkungsgrad

I

Der Wirkungsgrad ist dimensionslos, der Wertebereich liegt zwischen 0 ^ rj^ I. Stimmen die Zeitintervalle der Leistungszufuhr und Leistungsabgabe nicht iiberein, beispielsweise bei dem langsamen Anheben eines Rammbars mit anschlieBendem raschem Aufprall, dann wird der Wirkungsgrad iiber das Verhaltnis von Nutzarbeit ^ab zur zugefiihrten Arbeit W:,^ definiert:

Ft2--A772a

FG2 = /772g

Fr\--mia

B ild 2-35.

Zu Beispiel 2.6-2.

2.6. Arbeit und Energie die konstante Fordergeschwindigkeit i;2 = 5 m/s erreicht. Die gesamte Reibungskraft ist FR = 500 N. Bild 2-35 verdeudicht den Vorgang. Welche Spitzenleistung und welche Dauerleistung benotigt der Antrieb, wenn der Wirkungsgrad rj = 0,9 betragt?

Die Energie wird in der gleichen MaBeinheit 1 J angegeben wie die Arbeit, durch die sie verandert wird. Es gilt also der Energiesatz der Mechanik: AE = E,nachher -E.

Losung: Die Kraft F^ an dem Umfang der Trommel wahrend des Anfahrens ergibt sich aus ^1 •^^2{g-a)

= wi {g + a) + F^

zu F\ = mi(g-\-a)-

^2 (g -a)-\-F^ = 7450 N.

Im Bewegungsabschnitt mit konstanter Fordergeschwindigkeit ist F2 = (wj -m2)g-\-F^=

6000 N.

Die maximale Nennleistung wahrend des Anfahrens betragt ^1^2

N,max •

= 41,4kW.

Die Dauer-Nennleistung bei der anschliefienden gleichformigen Bewegung des Forderkorbes ist Fj v-j

Antriebsaggregate miissen so ausgelegt werden, dal3 sie uber die Dauerleistung hinaus kurzfristig eine wesentlich hohere Spitzenleistung aufbringen kon-

51

vorher "

AW.

(2-75)

Die Energieanteile eines Korpers werden durch die Arbeit, die sie erzeugt haben, beschrieben und ergeben wie diese additiv die Gesamtenergie. Die mechanische Energie eines Korpers ist r,

— xSj^^in '

^^pot 1

•

(2-76)

Sie setzt sich zusammen aus der durch die Beschleunigungsarbeit W^ erzeugten kinetischen Energie ^kin = •

m V"

(2-77)

und der potentiellen Energie ^pot, in der die Energieanteile zusammengefaBt sind, die nur von einer Ortskoordinate abhangen. Hierzu gehoren die von der Verformungsarbeit Wy herriihrende elastische Energie -^elast

2 *^ "^

(2-78)

und die durch die Hubarbeit Wu erzeugte Lageenergie 2.6.3. Energie Fiihrt man einem Korper mechanische Arbeit zu, dann andert sich der physikalische Zustand des Korpers: Eine gespannte Feder kann einen an ihr befestigten Korper beschleunigen, also Beschleunigungsarbeit verrichten; ein durch Arbeitsverrichtung beschleunigter Wagen kann eine schiefe Ebene bergauf fahren und damit Hubarbeit verrichten. Korper unterscheiden sich also dadurch, in welchem MaB ihnen Arbeit zugefiihrt wurde. Das MaB dafiir ist die Energie E. Durch Zufuhr oder Abgabe von Arbeit wird die Energie eines Korpers oder die Gesamtenergie eines Systems materieller Punkte erhoht oder erniedrigt.

^Lage =

mgh.

(2-79)

Die Energieanteile hangen betragsmaBig davon ab, wo das Bezugsniveau h = 0 und der Ausgangszustand ^ = 0 liegen und auf welches Koordinatensystem die Geschwindigkeit v bezogen ist.

2.6.4. Energieerhaltungssatz Die als Energie gespeicherte Arbeit muB nicht in der Arbeitsform abgegeben werden, in der sie aufgenommen wurde. Diese Abgabe ist auch in anderen Arbeitsformen moglich. Beim BogenschieBen wird beispielsweise die elastische Energie in Beschleunigungsarbeit des Pfeils und eventuell beim SchuB bergauf in Hubarbeit umgewandelt. AUe Naturerschei-

52

2. Mechanik

nungen gehorchen einem fundamentalen Gesetz, der Erhaltung der Energie: In einem abgeschlossenen System bleibt der Energieinhalt konstant. Energie kann weder vernichtet werden noch aus nichts entstehen; sie kann sich in verschiedene Formen umwandeln oder zwischen verschiedenen Teilen des Systems ausgetauscht werden. Es gibt kein Perpetuum mobile erster Art; d.h., es ist unmoglich, eine Maschine zu bauen, die dauernd Arbeit verrichtet, ohne daB ihr von auBen ein entsprechender Energiebetrag zugefuhrt wird (s. Abschn. 3.3.2). Der Energieerhaltungssatz ist nicht beweisbar; er faBt die jahrhundertelangen Erfahrungen mit Energieumwandlungsexperimenten zusammen. In seiner allgemeinen Form beinhaltet er auBer den mechanischen Energieformen der kinetischen und der potentiellen Energie auch thermische Energien, chemische Energien, elektrische und magnetische Feldenergien. Bleiben in Systemen die nichtmechanischen Energien der Korper konstant, ist also in idealisierten mechanischen Systemen die Reibungsarbeit vernachlassigbar, dann gilt fiir die kinetische Energie und die potentielle Energie des Systems materieller Punkte der Energieerhaltungssatz der Mechanik (2-80)

Evin + Er^f ^pot = konstant.

In diesem Fall hangen die mechanischen Energien zu zwei Zeitpunkten t und /' folgendermaBen zusammen:

+ ^cds]-s\')^^C2(sl-s'2')-^... -\-m^g(hi-

h\) + m2g{h2-

(2-81) h'2) +

...=0.

Im mechanischen Energieerhaltungssatz ist die potentielle Energie des Systems durch die Lagekoordinaten s oder h eindeutig bestimmt; sie hangt nicht vom Weg und den Wechselwirkungen auf diesem Weg ab. Die elastische Kraft und die Gewichtskraft, die die potentielle Energie bestimmen, werden als konservative Krdfte bezeichnet. Im Gegensatz dazu gilt Gl. (2-81) nicht mehr, wenn Reibungsvor-

gange und nichtelastische Verformungen bewirken, daB der Energiezustand vom gewahlten Weg abhangt. In dieser Weise vom Weg abhangige Krafte sind dissipative Krdfte. Zur tJbung U 2.6-1: Eine Stahlkugel (Masse m) fallt frei aus der Hohe h auf eine Stahlplatte und springt danach auf eine Hohe hi = 0,9 h zuriick. a) Wie groB ist ihre Geschwindigkeit i^o unmittelbar vor dem Aufprall? b) Wie groB ist die Geschwindigkeit unmittelbar nach dem Aufprall? c) Wie groB ist die Impulsanderung Ap der Stahlkugel nach Betrag und Richtung? d) Welch er Anteil der ursprunglichen kinetischen Energie wurde in nicht-mechanische Energieformen umgesetzt? U 2.6-2: Eine Feder (Federkonstante c = 200N/m) wird um Ay= 15 cm zusammengedriickt. Dann wird eine Kugel (Masse m = 80 g) auf sie gelegt. Wie hoch springt die Kugel, wenn die Feder plotzlich entspannt wird? U 2.6-3: Eine Schraubenfeder ist durch eine Kraft 7^1 = SON gespannt. Wirkt zusatzlich eine Kraft AF = 30 N an der Feder, wird diese um A/ = 20 cm verlangert. a) Wie groB ist die fur diese Verlangerung erforderliche Arbeit? b) Wie groB ist die Gesamtenergie der gespannten Feder? 0 2.6-4: Bei groBen Deformationen wird das Kraftgesetz einer realen Feder nicht-linear. Fiir eine Pufferfeder gilt c{x) = k^-\- ^2-^^ i^it ^i = 10^ N/m und A:^ = 10^ N/m^. Wie wcit wird diese Feder zusammengedruckt, wenn ein Korper, der die kinetische Energie Ej^j^ = 0,3 N m hat, in Jc-Richtung aufprallt?

2.7. StoBprozesse 2.7.1. Ubersicht und Grundbegriffe Bei einem StoBprozeB beruhren sich zwei (oder auch mehrere) Korper kurzzeitig unter Anderung ihres jeweiligen Bewegungszustands, wie Bild 2-36 verdeutlicht. Kennzeichnend ist die Einmaligkeit und die im Vergleich zur gesamten Beobachtungsdauer kurze Kontaktzeit der beteiligten Korper. In dieser Wechselwirkungszeit treten verhaltnismaBig groBe Krafte auf. Die Bewegung wenigstens eines der beteiligten Korper andert sich abrupt. StoB-Beispiele sind Billard-, Tennis- oder FuBballstoBe und Auto-Unfallversuche. Bild

2.7. StoBprozesse

53

2-37 zeigt ein Beispiel hierfiir. StoBprozesse treten auch bei atomaren Vorgangen auf. Bei ZusammenstoBen zwischen Atomen und Molekiilen treten an die Stelle der elastischen Krafte der Mechanik elektrostatische Wechselwirkungskrafte. Eine Klassifikation der StoBe zwischen makroskopischen Korpern laBt sich nach den geometrischen Verhaltnissen und den Anderungen der kinetischen Energie der StoBpartner treffen. Bild 2-38 zeigt eine Ubersicht. nachher

Bild2-36. Zeitlicher Verlauf des StoBes zweier elastischer Korper.

2.7.2. Gerader, zentraler, elastischer StoB Fiir ein Zeitintervall kurz vor und kurz nach dem StoB sind die Anderungen der potentiellen Energien der StoBpartner und die Reibungsverluste vernachlassigbar gegeniiber den kinetischen Energien; fur den StoBzeitraum ist das System abgeschlossen und ohne Einwirkung auBerer Krafte. Zwischen den Geschwindigkeiten der StoBpartner vor dem StoB Vx sowie V2 und nach dem StoB v\ sowie v^ besteht nach dem Impulserhaltungssatz gemaB Gl. (2-54) der Zusammenhang rrix Vx -h m2 ^'2 = ^ i i^\ + mi Vi-

(2-82)

Die Vektoren konnen algebraisch addiert werden, weil der gerade zentrale StoB eindimensional ist, wie Bild 2-39 verdeutlicht. Die zweite Bestimmungsgleichung ist der Energieerhaltungssatz nach Gl. (2-81): ^m\ v\ + Y ^ 2 1'2 = T m\ V\^ + J ^ 2 V2^.

(2-83) Durch Umformung von Gl. (2-83) ergibt sich m^{v^+ v\) (v^ - v\) = m^ {v'2 + v^) {v'2 - ^2) und mit Gl. (2-82) r, -V2 = - (^'1 - ^2) .

Bild 2-3 7. Crash-Test-Zeitverlauf. Auffahrgeschwindigkeit 50 km/h, Zeitspanne seit dem Aufprall a) 234 ms, b) 1886 ms, c) Endzustand. Werkphoto: Daimler-Benz AG

(2-84)

Vom Korper 2 aus gesehen, bewegt sich der Korper 1 nach dem StoB mit derselben Relativgeschwindigkeit weg, mit der er vor dem StoB auf den Korper 2 zugelaufen ist.

54

2. Mechanik

Beriihrungsebene

Im Beruhrpunkt P der beiden StoBpartner Iddt sich eine BerUhrungsebene (Tangentialebene) und senkrecht darauf die StoRnormale konstruieren. Ohne du&ere Krdfte gilt fur die impuis^nderungen (Kraflstdde) der beiden Stofipartner:

Ap, = JF21 df =-Ap2 = J F I 2 df Entsprechend gilt fur die Komponenten: ^ . t a n = - ^ . t a n ""d Apt^porm = -^Pz.norm

Stofinomiale glatter Stod

Api tan = Ap2,tan = 0 , tritt auf, wenn im Beruhrpunkt keine Reibungskrafl wirksam wird

rauher SioQ>

^ . t a n = -AP2,tan ^^ 0 , im BerUhrpunkt wirkt eine Reibungskrafl

zentraler Stod

Die Wirkungslinie der Kraftst5&e Ap geht durch die beiden Schwerpunkte Si und S2. Die Sto&partner werden durch den Stofivorgang nicht in Rotation versetzt. Homogene, glatte Kugein stoBen stets zentral

exzentrischer (nicht zentraler) Stoa

Die Wirkungslinie der Kraftstd&e Ap geht nicht durch die beiden Schwerpunkte Si und S2; mindestens einer der StoSpartner wird durch den StoBvorgang in Rotation versetzt

gerader StoB

Die Geschwindigkeiten vi und V2 der beiden Schwerpunkte Si und S2 bewegen sich parallel zur Stodnonnalen. Bei stoBenden Kugein laufen die Schwerpunkte Si und S2 vor und nach dem StoB auf derselben Geraden

schiefer StoS

Die Geschwindigkeit wenigstens eines der beiden Schwerpunkte Si und S2 besitzt eine Komponente in tangentialerRichtung: v^ tan .^2,tan "^^ •

eiastischer StoB

Es tritt kein Verlust an kinetischer Energie auf

unelastischerStoB Ein Teil der kinetischen Energie wird in andere Energiefomrien umgewandelt

Bild 2-38. Klassifikation der Stofiprozesse. Betrachtet werden nur Stofie, bei denen die Stofipartner vor dem Stofi reine Translationsbewegungen ausfUhren.

vor dem StoB

G>

o

V2

nach dem StoS "2

o-

Bild 2-39. Gerader, zentraler StoB. Setzt man Gl. (2-84) in Gl. (2-82) ein, so fiihrt dies auf die Bestimmungsgleichungen flir die Geschwindigkeiten nach dem StoB:

v[ =

( ^ 1 — ^ 2 ) I'l + 2 fn2V2

(2-85)

m ] + W2 2 ni] Vi -\-{m2 — m\) V'2 =

m\ + nil

t'2

(2-86)

Sind die Massen der Stofipartner gleich, so tauschen die beiden Korper Geschwindigkeit, Impuls und kinetische Energie aus; war vor dem StoB der gestoBene Korper in Ruhe, so ist nach dem StoB der stoBende Korper in Ruhe. StoBt ein schwerer Korper einen leichten, dann bewegen sich beide nach dem StoB in der gleichen Richtung weiter. Ist dagegen die Masse des gestoBenen Korpers groBer als die des stoBenden, so wird der stoBende Korper reflektiert, und nach dem StoB laufen die Korper entgegengesetzt auseinander. KolUdieren Korper extrem unterschiedhcher Massen — prallt beispielsweise ein Ball auf eine Wand - , dann wird beim elastischen StoB der stoBende Korper vollstandig reflektiert. Er behalt seine kinetische Energie; der Impuls und die Geschwindigkeit sind nach dem StoB entgegengesetzt zur Einfallsrichtung gerichtet. Beispiel 2.7-1: Ein Neutron mit der Masse mi = m^ stoBt zentral auf einen ruhenden Atomkem mit der Masse

2.7. StoBprozesse m2 = Nm^. Die Kollision ist naherungsweise elastisch. Welcher Anteil/der kinetischen Energie des Neutrons wird auf den Atomkern iibertragen? Losung: — 1

2

^kin,Nvor — I ' ^ l ^1 •

Beim StoB wird die Energie AE iibertragen:

Der Anteil / der ubertragenen kinetischen Energie ist A^"

/=

ist also Wasser (H2O) oder schweres Wasser (D2O) sehr viel effektiver als etwa eine Bleiabschirmung.

2.7.3. Gerader, zentraler, unelastischer Stofi

Die Energie des stoBenden Neutrons ist J7

55

1-

=1

-^kin,Nvor

4 m\ mi

Geht beim StoBvorgang kinetische Energie beispielsweise durch Reibungs- oder inelastische Verformungsarbeit verloren, dann muB der allgemeine Energiesatz nach Gl. (2-75) zur Berechnung der Geschwindigkeiten nach dem StoB herangezogen und der Energieverlust A ^ beriicksichtigt werden:

m, -m,V mi -\-m2i

AN {\+NY

{mi+miY

Der Anteil / der Energieubertragung bei einem geraden, zentralen, elastischen StoB eines ruhenden StoBpartners ist in Abhangigkeit vom Massenverhaltnis m^-.mi in Bild 2-40 aufgetragen. Der Energieiibertrag ist um so hoher, je geringer der Massenunterschied zwischen den StoBpartnern ist. Zum Abbremsen schneller Neutronen in Kernreaktoren l\J^-

Zusatzlich zum Impulserhaltungssatz nach Gl. (2-82) ist eine weitere Bestimmungsgleichung notwendig, um die Geschwindigkeiten v\ und V2 nach dem StoB und den Energieverlust AW berechnen zu konnen (Beispiel 2.5-2). Besonders interessant ist der unelastische Stofi, bei dem die beiden Korper miteinander verkoppelt werden und sich nach dem Stofi mit der gemeinsamen Geschwindigkeit

O"

gemaB Bild 2-41 bewegen. Der Impulserhaltungssatz dieses unelastischen StoBes lautet z •

^ i n

ni] Vi -h m2 V2 = (^1 + ^ 2 ) ^'' 5

1-

< vor dem StoS

5"

IQ2

9.

my

A772

nach dem StoS 10-210-2

5 10-1

5 100

5

101

5 102

Massenverhaltnis — /772 /77-I+/772 Bild 2-40. Gerader, zentraler StoB: Anteil f der Energieiibertragung in Abhangigkeit vom Massenverhalt- Bild 2-41. Gerader, zentraler, unelastischer Stofi mit nis der StoBpartner. Kopplung (vollplastischer Stofi).

56

2. Mechanik

daraus folgt v' =

mi v\ + m2V2 mi + m2

.

(2-88)

Die fur den elastischen StoB gefiindene Gl. (2-84) fur die Geschwindigkeitsdifferenzen vor und nach dem StoB gilt fur den unelastischen StoB nicht mehr. Vielmehr gilt fiir den StoB mit Kopplung, der auch als vollkommen plastischer StoB bezeichnet wird Es liegt nahe, den teilplastischen StoB zu definieren, bei dem folgender Zusammenhang gilt: v;=£:i(Vi-V2).

(2-89)

e wird als Stofizahl bezeichnet und kann folgende Werte annehmen: £=1 £=0

elastischer StoB vollkommen plastischer StoB 0< £< \ teilweise plastischer StoB Die StoBzahl kann experimentell bestimmt werden. Beispielsweise betragt sie iur Korper aus gehartetem Stahl e = 0,95; fur Blei gilt £=0.

Der Verlust an kinetischer Energie ergibt sich zu AW = - m, m^

2 (mi + m2)

( l - £ 2 ) ( v 2 - v 2 ) . (2-90)

Beispiel 2.7-2: Die StoBzahl laBt sich aus Fallversuchen bestimmen. Dabei laBt man eine kleine Kugel aus der Fallhohe h auf einen schweren (m2 > m^) ruhenden Korper fallen (Bild 2-42). Wie groB ist die StoBzahl £, wenn die Fallhohe /? = 70 cm betragt und die Zeitspanne zwischen dem ersten und dem zweiten AufprallAr-0,72 s? Losung: Nach dem freien Fall kommt es zum ersten Aufprall nach der Zeit 2h_ ^ 0,378 s. g

m2»m^,

Bild 2-42. Stofizahl.

\/2=0

Zu Beispiel 2.7-2: Bestimmung der

Die Aufprallgeschwindigkeit der kleinen Kugel ist v,=yl2gh=gt^ Nach Gl. (2-89) pralk die Kugel ab mit der Geschwindigkeit dabei sind V2 und V2 jeweils null. Die Zeitspanne bis zu einem emeuten Aufprall ist ^

2\v[\

2£v,

^

Damit wird die StoBzahl . - ^ = 0,95. It,

2.1.4. Schiefe, zentrale StoBe 2.7.4.1. ElastischeStoBe Bild 2-43 skizziert die Lage der StoBpartner fiir den Augenblick, in dem sie sich beriihren. Die Verbindungslinie der beiden Massenmittelpunkte in diesem Augenblick ist die StoBgerade; in Bild 2-43 ist es die >^-Achse. Ohne Reibung kann in die x-Richtung senkrecht zur StoBgeraden keine Kraft iibertragen werden. Die Komponenten der Impulse in xRichtung sind vor und nach dem StoB gleich: mivi^ = mivi^.

(2-91) (2-92)

Der Impulserhaltungssatz nach Gl. (2-54) in Richtung der StoBgeraden ergibt eine weitere skalare Bestimmungsgleichung: mi i;iy + m2V2y = mi [;'iy + m2?^2y

(2-93)

2.7. StoBprozesse

57

Sind die Massen der beiden StoBpartner gleich, und ist der gestoBene Korper in Ruhe, dann folgt aus Gl. (2-94) V\ — Vi i^ V2

(2-95)

Die Geschwindigkeitsrichtungen der StoBpartner stehen in diesem Fall nach dem StoB senkrecht aufeinander. Erfolgt andererseits der schiefe, zentrale, elastische StoB gegen eine Wand (^2 > mi), dann folgt aus Tabelle 2-5 t^ly =

Bild2-43. Schiefer, zentraler, elastischer StoB.

Beim elastischen StoB entsteht kein Energieverlust; der Energieerhaltungssatz nach Gl. (2-81) lautet also 1 mi (r?x + vl^) + 1 m2 {vl^ + vly) (2-94)

-|^ly.

(2-96)

Die Winkel y^i = tan (viy/v\ x) und fi[ = = tan(i;iy/z;ix) sind gleich groB. Dies ist das Reflexionsgesetz fiir den schiefen elastischen StoB eines Korpers an einer Wand: Ai = A .

(2-97)

Der Ausfallwinkel ist also gleich dem Einfallwinkel. Gl. (2-91) bis (2-94) sind vier Bestimmungsgleichungen fiir die unbekannten Komponen2.7.4.2. Inelastische StoBe ten ^ix, ^iy, V2x und i'2y ^^r StoBpartner nach dem StoB. Die Losungen des GleichungssyWenn der StoBvorgang nicht mehr elastisch stems sind in Tabelle 2-5 dargestellt. erfolgt, dann gilt der Energieerhaltungssatz der Mechanik nicht mehr. Zwar liefert der Tabelle 2-5. Schiefer, zentraler, elastischer StoB. Impulserhaltungssatz fiir die beiden kartesischen Koordinaten zwei skalare Gleichungen, aber es sind zusatzlich noch zwei geometriGeschwindigkeiten sche Bedingungen fur den StoBvorgang notwendig. Diese konnen beobachtete Ablenkvor dem nach dem winkel oder gemessene GeschwindigkeitsbeStoB StoB trage sein. Hat man die Geschwindigkeiten Korper 1 nach dem StoBvorgang bestimmt, so kann Masse mx VXy man durch Vergleich der kinetischen Energien vor und nach dem StoB den Energiean(wi - mi) viy-\- ImiViy teil ermitteln, der in nichtmechanische Enermj + mi gieformen umgesetzt wurde. Ein grundlegendes Beispiel fiir einen inelaKorper 2 l^2x = ^2x V2x stischen StoB ist der Franck-Hertz-Versuch Masse mi V'ly = ^2y (Abschn. 8.1). Gasatome nehmen beim StoB 2 mi ?;iy+ (mi- mi) viy mit Elektronen nur diskrete Energien auf und mi-\-mi geben sie kurze Zeit spater als Lichtquant ab.

58

2. Mechanik

Zur tJbung U2.7-1: Im Weltraum, wo auBere Krafte vernachlassigt werden durfen, soil von einer Tragerrakete (Masse m, Geschwindigkeit v) eine Raumkapsel (Masse m/1) abgesprengt werden. Das nicht mehr gebrauchte Bruchstuck (Masse m/2) soil dabei zur Ruhe kommen. Welcher Energiebetrag ist dem System zuzufiihren? t)2.7-2: Ein Eisenbahnwaggon (Masse mi = 24000kg) rollt mit einer Geschwindigkeit i^i = 3 m/s auf geraden, ebenen Schienen. Er st6I3t mit einem zweiten Waggon (Masse mi = 20 000 kg), der sich mit der Geschwindigkeit vi = 1 ^8 m/s in derselben Richtung bewegt, zusammen. a) Nehmen Sie an, die Waggons kuppeln beim StoB zusammen. Welches ist die gemeinsame Endgeschwindigkeit v'l Welcher Betrag an Energie wurde in Warme umgesetzt? b) Nehmen Sie an, der ZusammenstoB sei vollstandig elastisch und die Waggons trennen sich dann wieder. Welches sind dann die Endgeschwindigkeiten v\ und v'2 der beiden Waggons? c) Was andert sich an den Antworten zu den Teilfragen a) und b), wenn sich die beiden Waggons anfangs aufeinander zu bewegen? U2.7-3: Ein GeschoB (Masse mj = 20 g) fliegt horizontal mit der Geschwindigkeit v^ = 200 m/s. Es trifft auf einen als Pendel an einem langen Draht aufgehangten Holzklotz (Masse w = 1,0 kg) und durchschlagt ihn. Nachdem die Kugel aus dem Klotz ausgetreten ist, hat das Pendel eine Geschwindigkeit von I'p = 2,0 m/s. a) Wie groB ist die Geschwindigkeit v\ des Geschosses nach Durchschlagen des Pendelklotzes? (Dabei darf die Bewegung des Pendels in der Wechselwirkungszeit mit dem GeschoB vernachlassigt werden.) b) Ist der ZusammenstoB vollstandig unelastisch? Welcher Anteil der kinetischen Energie wird in nichtmechanische Energien umgesetzt? U2.7-4: Ein Korper (Masse Wi = 50 g) hat eine Geschwindigkeit v^ = \0 m/s. Er trifft auf ein ruhendes Objekt (^2 = 100 g). Nach dem ZusammenstoB ist die Geschwindigkeit des ersten Korpers auf vi = 6 m/s vermindert; er fliegt in eine Richtung, die um 45° gegen seine ursprungliche Flugrichtung abweicht. a) Wie groB ist die Geschwindigkeit V2- nach Betrag und Richtung - des zweiten Korpers nach dem StoB? b) Wieviel Energie wird beim StoB in nichtmechanische Energieformen umgesetzt?

2.8. Drehbewegungen 2.8.1. Drehmoment Um einen materiellen Punkt oder einen Korper in Rotation um eine vorgegebene Drehach^e zu versetzen, muB ein Drehmoment ausgeiibt werden. Das Drehmoment hangt gemaB Bild 2-44 ab von Betrag und Richtung der Kraft F und dem Abstand r des Angriffspunkts der Kraft von der Drehachse. Die Richtung des Drehmoments steht senkrecht auf der von r und F aufgespannten Ebene. Das Drehmoment ist definiert als Vektorprodukt aus dem Radiusvektor r und der auBeren Kraft F: M= rx F.

(2-98)

Bild 2-44. Zur Definition des Drehmoments M. Ein Drehmoment hat seinen groBten Wert, wenn der Radiusvektor r und die Kraft F senkrecht aufeinander stehen. Die MaBeinheit des Drehmoments ist 1 N m. Dies ist formal die gleiche Einheit, die auch Arbeit und Energie haben; im Gegensatz zu diesen skalaren GroBen ist das Drehmoment jedoch eine VektorgroBe. Fiir die Berechnung von Gleichgewichten, besonders bei starren Korpern (Abschn. 2.9), spielt das Drehmoment eine zentrale Rolle.

2.8.2. Newtonsches Aktionsgesetz der Drehbewegung 2.8.2.1. Drehimpuls eines materiellen Punktes Der momentane Ort eines materiellen Punktes der Masse m, der sich unter dem EinfluB

2.8. Drehbewegungen

einer Kraft F auf einer Bahnkurve bewegt, wird durch den Radiusvektor r vom Ursprung eines Inertialsystems aus beschrieben, wie aus Bild 2-45 hervorgeht. Seine Momentangeschwindigkeit ist v, der Impuls p = m V. Der materielle Punkt fiihrt eine Drehbewegung aus, wenn sein Impuls p eine Komponente senkrecht zum Ortsvektor r des materiellen Punkts hat, das Vektorprodukt rxp also nicht verschwindet. Diese fiir die Drehbewegung charakteristische GroBe wird als Drehimpuls L definiert: L=rxp.

(2-99)

Bahn kurve

59

Proportionalitatskonstante ist das Massentrdgheitsmoment J des materiellen Punktes im Abstand r von der Drehachse: J = mr^.

(2-101)

Der Drehimpuls L als die BewegungsgroBe der Drehbewegung ergibt sich damit zu L = J 0).

(2-102)

Verglichen mit dem Impuls p der Translationsbewegung tritt beim Drehimpuls L der Rotationsbewegung an die Stelle der Masse m das geometrieabhangige Massentragheitsmoment / und an die Stelle der Bahngeschwindigkeit v die Winkelgeschwindigkeit m. 2.8.2.2. Dynamisches Grundgesetz der Rotation

Koordinatennullpunkt

Bild 2-45. Zur Definition des Drehimpulses L.

Die MaBeinheit des Drehimpulses ergibt sich zu 1 N m s. Fur einen materiellen Punkt, der mit der Winkelgeschwindigkeit o auf einer Kreisbahn umlauft, ist die momentane Bahngeschwindigkeit nach Tabelle 2-1 gegeben durch V = (D xr. Der Drehimpuls L der Drehbewegung des materiellen Punktes ist somit L = r Xp = m rx{(D X r) = m[{r ' r) o) - {r' m) r], Weil r senkrecht auf w steht, ist (r • co) = 0 und L = (mr^) 0) .

(2-100)

Der Drehimpuls L ist proportional zur Winkelgeschwindigkeit (o der Drehbewegung. Die

Aus Gl. (2-99) folgt fiir die zeitliche Anderung des Drehimpulses dr dp dL d = — (rxp) •• — xp -\- rx dt dt ^ ^^ dt ^ dt Die Bahngeschwindigkeit v = dr/dt und der Impuls p = m V sind gleichgerichtet, ihr Vektorprodukt verschwindet. Nach dem Newtonschen Aktionsprinzip Gl. (2-24) ist die Impulsanderung dp/dt gleich der auBeren Kraft F auf die Masse m, und somit ist

(2-103) M. dt Die zeitliche Anderung des Drehimpulses ist gleich dem Drehmoment der auBeren Krafte auf den Korper.

Wirken keine auBeren Momente, dann bleibt der Drehimpuls L nach Betrag und Richtung konstant, der Drehimpuls des materiellen Punkts bleibt erhalten. Zentralkrafte, wie beispielsweise die Gravitationskraft (Abschn. 2.10), die dem Radiusvektor r des materiellen Punktes entgegengesetzt gerichtet sind, uben auf diesen kein Drehmoment aus; der Bahndrehimpuls der Korper ist konstant. Wird das Massentragheitsmoment durch eine

60

2. Mechanik

Verkiirzung des Abstands der Masse zur Drehachse vermindert, so erhoht sich die Winkelgeschwindigkeit des Korpers. Auf einer Kreisbahn ist das Massentragheitsmoment J eines materiellen Punktes konstant. AusGl. (2-102) folgt dL d dco dt d/ dt und mit Gl. (2-103) und der Winkelbeschleunigung a = dco/d/ ergibt sich das dynamische Grundgesetz der Rotation: (2-104)

M = 7a.

Wie bei der Newtonschen Grundgleichung (2-25) gilt: Die Winkelbeschleunigung a der Drehbewegung ist der Ursache, dem auBeren Drehmoment M, proportional. Die Integration von Gl. (2-103) ergibt den DrehmomentenstoB: \Mdt

= M.

(2-105)

Die Drehimpulsanderung AZ ist gleich dem Integral des von den auBeren Kraften ausgeiibten Drehmoments. Ist das auBere Drehmoment M = MQ = konstant, dann ist die Drehimpulsanderung durch den DrehmomentenstoB AL = MQ A/.

2.8.3. Arbeit, Leistung und Energie bei der Drehbewegung Ein Drehmoment M, das einen Korper um eine Achse in eine Drehbewegung versetzt, verrichtet Arbeit. Die Arbeit W bei der Rotationsbewegung ist nach Bild 2-32

W=iF(s)'ds=iFi(p)'(dipxr) So

(Po

= j

(rxF{(p))'d(p

Oder

Ist das Drehmoment konstant, dann gilt W=M{cp,-(p^). Das aufzuwendende Drehmoment M ist proportional zum Drehw^inkel cp bei der Torsion von Korpern im elastischen Bereich oder bei Torsionsfedern. Die Proportionalitatskonstante wird analog zum Hookeschen Gesetz der longitudinalen Dehnung als Richtmoment c* bezeichnet. Die Arbeit gegen das winkelabhangige Torsionsmoment ergibt sich aus der Integration von Gl. (2-106):

W=^cHcp]-(pl).

(2-107)

Die Torsionsarbeit wird in der elastischen Verformung des deformierbaren Korpers gespeichert. Die sehr kleinen Richtmomente von Torsionsfaden ermoglichen es, aus der Drehwinkelanderung sehr kleine Energien, wie beispielsweise bei der Bestimmung der Gravitationskraft mit der Torsionswaage (Abschn. 2.10.2), zu messen. Aus Gl. (2-106) folgt fiir die momentane Leistung der Kraft, die das Drehmoment bewirkt. dW P = -—- = Ma). dt

(2-108)

Durch die Arbeitszufuhr oder -abfuhr andert sich die kinetische Energie eines im Abstand r um eine Drehachse rotierenden materiellen Punktes. Seine Rotationsenergie betragt n^ ^=J.J^Vm 7 v^ m^ oder m v"r^ co^ ^kin ^kin •

rJco'

(2-109)

Nach dem Energiesatz Gl. (2-75) andert die Arbeit der auBeren Kraft eines Drehmoments die Rotationsenergie. Mit Gl. (2-104) und (2-106) ergibt sich der Energiesatz fiir Drehbewegungen:

2.8. Drehbewegungen

W=iJad(p = J j 90

61

-r-codt

ticpo) dt

=J

j

codco

bzw.

W=\Jicoj-ajl).

(2-110)

Die Differenz der Rotationsenergie in der End- und Anfangslage ist gleich der Arbeit, die von dem am Korper angreifenden, auBeren Drehmoment bei der Drehung des Korpers um eine feste Drehachse verrichtet wird.

Bezugspunkt

Bild 2-46. Zum Drehimpulssatz: System aus drei materiellen Punkten.

ren Momente zu einem resultierenden GeN

samtdrehmoment M=^ 2.8.4. Drehbewegungen von Systemen materieller Punkte 2.8.4.1. Drehimpulssatz In einem System von A^ materiellen Punkten, deren Koordinaten von einem beliebigen Koordinatennullpunkt aus gemessen werden, wirken auf jeden materiellen Punkt k am Ort r^{t) eine resultierende auBere Kraft F^ und innere Krafte /Vj^k, die von alien iibrigen materiellen Punkten j =^ k des Systems ausgehen. Der Drehimpulssatz (Gl. 2-103) lautet dann fiir den materiellen Punkt k dLi dt

-'•kxf/'l+Z /^/kj

Mg zusammengek=\

faBt, dann folgt der Drehimpulssatz fiir ein System von materiellen Punkten: dL dt

M.

(2-111)

Der Drehimpulssatz fiir ein System entspricht formal v511ig dem fiir einen einzelnen materiellen Punkt (Gl. (2-103)). 2.8.4.2. Drehimpulserhaltungssatz Wirken auf ein System von A^ materiellen Punkten mit dem Gesamtdrehimpuls A^

L= Y^ L^ keine auBeren Momente (M^ = 0), k=\ j+k

Es ergeben sich A^ Gleichungen fur die materiellen Punkte des Systems. Werden diese summiert, dann verschwindet die Summe der Momente der inneren Krafte:

dann ist nach dem Drehimpulssatz Gl. (2-111) die Drehimpulsanderung dL/dt = 0. Die Summe der Einzeldrehimpulse des Massensystems ist konstant, und der Gesamtdrehimpuls L bleibt nach Betrag und Richtung erhalten: L = Li + L2 -\-... + L^ = konstant. (2-112)

k=l j+k

Nach Gl. (2-98) und dem dritten Newtonschen Axiom F^\ = - F^-^ ergibt sich 1-1 X /'ji + #-2 X FI2 = ir2-ri)

X FI2 = 0,

weil ^2~''i parallel zu FI2 ist, wie man in Bild 2-46 erkennt. Werden die Drehimpulse der einzelnen materiellen Punkte zu einem N

Gesamtdrehimpuls L= ^ A:=l

L^ und die auBe-

Verschwindet das Gesamtdrehmoment der auBeren Krafte auf ein System materieller Punkte, dann gilt der Drehimpulserhaltungssatz. Ji wi (ti) + / 2 ^ 2 (^1) + . . . + -^N ^ N (^1) = / l COi (^2) + Jl 0)2 ih) + . . . + ^N ^ N (^2)

(2-113)

62

2. Mechanik

Beispiel

Losung:

2.8-1: Eine Eiskunstlauferin dreht sich mit ausgebreiteten Armen mit der Drehfrequenz nQ = 2s~K Zur Pirouette verkleinert sie ihr Massentragheitsmoment von /Q = 6 kg m^ auf Ji = 1,2 kg m^ in der Zeit A/= 1,0 s. Wie groB ist die neue Drehfrequenz «i und die mittlere Leistung, die sie aufbringt?

Bei Vernachlassigung der Reibung zwischen Schlittschuhen und Bis bleibt der Drehimpuls erhalten: LQ = Lx OdernQjQ = niJ\. Daraus folgt«i = HQJQ/JI = 10 s~'. Die mittlere Leistung ist AW _

1 J^CO^I-JQCOI

At

At

= l,9kW.

Tabelle 2-6. Analogic Translation und Rotation. Rotation

Translation GroBe, Formelzeichen

Einheit

GroBe, Formelzeichen

Einheit

Weg s, ds

m

Winkel

rad= 1

Geschwindigkeit ds v=— dt

m/s

Beschleunigung dv d^s ^^~dt^~dt^

m/s^

Masse m

kg


Winkelgeschwindigkeit dip

rad/s = 1/s

0) =

dt Winkelbeschleunigung do) d^
rad/s2=l/s2

kg m^

i

kg m/s^ = N

Kraft F=ma=

Drehmoment M = r x F

^^ dt

Nm

dt kg m^/s = N m s

Impuls p=m V

kg m/s = N s

Kraf YkO]istante F c= s

N/m

Wink elri :;htgroBe M c* =

N m/rad = N m

Arbeit

N m = J = Ws

Arbeit dW = Md(p

N m = J = Ws

Spannarbeit

J

Spannarbeit

N m rad^ = J

kinetische Energie

J

kinetische Energie

J

Drehimpuls L = J 0)

dW=Fds

17 rot _ 1 T f,Jl E kin - 2" -^ <^

Leistung dW P= = Fv dt

W = J/s

Leistung dW P= = Mo} dt

W = J/s

2.9. Mechanik starrer Korper

63

2.8.4.3. Energieerhaltungssatz

Zur Ubung

Wenn einem Systen materieller Punkte keine Arbeit zugefuhrt wird, bleibt die Energie der Rotationsbewegung konstant. Fur das System gilt nach Gl. (2-110) der Energieerhaltungssatz fur die Rotationsenergie der Massenpunkte:

t) 2.8-1: Ein Korper der Masse m fallt aus der Ruhe im Gravitationsfeld der Erde. Er bewegt sich vom Punkt A parallel zur >^-Achse, wie Bild 2-47 verdeutlicht. a) Wie groB ist das Drehmoment M beziiglich des Koordinatenursprungs? b) Wie groB ist der Drehimpuls L beziiglich des Koordinatenursprungs in Abhangigkeit von der Zeit? c) Zeigen Sie, dal3 der Drehimpulssatz gilt, daB also M=dl/dnst.

X i-^k <^k = konstant.

(2-114)

k=\

N u r bei starren Korpern sind die Winkelgeschwindigkeiten der materiellen Punkte gleich; dann gilt fiir die Rotationsenergie die einfachereGl. (2-130).

2.8.5. Analogic Translation und Rotation Die mathematische Struktur der Bewegungsgleichungen und die Beziehungen fiir Arbeit und Energie der Rotationsbewegung entsprechen vollig denjenigen der Translationsbewegung. An die Stelle der Kraft F, der Geschwindigkeit v, der Beschleunigung a und der Masse m in den Beziehungen fur die Translation treten bei der Rotation die physikalischen GroBen Drehmoment M, Winkelgeschwindigkeit co, Winkelbeschleunigung a und Massentragheitsmoment J. In Tabelle 2-6 sind die entsprechenden Beziehungen und Gleichungen einander gegeniibergestellt.

U 2.8-2: Vier gleiche Massen befinden sich an den Ecken eines Quadrats der Seitenlange b gemaB Bild 2-48. Wie groB sind die vier Massentragheitsmomente a) J^ beziiglich einer Achse senkrecht zur Zeichenebene durch das Zentrum des Quadrats, b) / B bezuglich einer Achse senkrecht zur Zeichenebene durch einen Eckpunkt, c) JQ beziiglich einer Achse in der Zeichenebene in einer Diagonalen und d) ^D beziiglich einer Achse in der Zeichenebene langs einer Quadratseite?

Bild2-48.

Zu U 2.8-2.

2.9. Mechanik starrer Korper

Bild2-47.

Zu U2.8-1.

Ein starrer Korper ist ein System aus N einzelnen Massenpunkten, deren gegenseitige Abstande voUkommen unveranderlich sind. Auch unter dem EinfluB auBerer Krafte soil der starre Korper seine Form nicht andern. Obwohl ein solcher idealisierter Korper in der Natur nicht existiert, ist das Konzept des starren Korpers sehr hilfreich, um viele technische und physikalische Probleme auf einfache

64

2. Mechanik

Weise und mit genugender Genauigkeit zu losen. 2.9.1. Freiheitsgrade und Kinematik Ein einzelner Massenpunkt benotigt zu seiner Lokalisierung in einem Koordinatensystem drei Angaben, d.h., ein Massenpunkt h a t / = 3 Freiheitsgrade. Ein System von A^voneinander unabhangigen Massenpunkten (etwa ein Gas) hat demnach/= 3 N Freiheitsgrade. Da aber bei einem starren Korper die Abstande zwischen den einzelnen Punkten fest sind, vermindert sich die Anzahl der Freiheitsgrade erheblich, und zwar auf sechs. Ein starrer Korper hat also / = 6 Freiheitsgrade. Die Kenntnis von sechs GroBen reicht demnach aus, um die Lage und Orientierung eines starren Korpers im Raum eindeutig zu beschreiben. So kann in einem kartesischen Koordinatensystem ein Punkt des Korpers, beispielsweise der Massenmittelpunkt, mit Hilfe von drei Koordinaten festgelegt werden. Drehungen des Korpers um diesen Punkt sind durch weitere drei Winkel gegen die Koordinatenachsen vollstandig definiert. Die sechs Freiheitsgrade des starren Korpers lassen sich aufspalten in je drei Freiheitsgrade der Translations- und der Rotationsbewegung. Bei einer Translation werden alle Punkte des starren Korpers um die gleiche Strecke parallel verschoben. Bild 2-49 a zeigt die Translation eines Korpers in der x, >'-Ebene. Verschiebungen in der zRichtung sind selbstverstandlich ebenfalls moglich. Der Punkt P lauft auf der gestrichelten Bahnkurve. Die Bahnkurven der anderen Punkte des Korpers haben dieselbe Form, sie sind lediglich parallel verschoben.

Bild 2-49. Bewegung eines starren Korpers: a) Translation, b).Rotation, c) zusammengesetzte Bewegung Die allgemeine Bewegung eines starren Korpers setzt sich aus Translation und Rotation zusammen. So entsteht z.B. die in Bild 2-15 gezeigte Zykloide durch Oberlagerung einer geradlinigen Translationsbewegung konstanter Geschwindigkeit mit einer Rotationsbewegung konstanter Winkelgeschwindigkeit. Beispiel

Bei der Rotation eines starren Korpers rotieren samtliche Massenpunkte mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit. Bild 2-49 b zeigt die Rotation um den feststehenden Punkt P. Die Drehachse steht senkrecht zur Zeichenebene. Der Vektor o der Winkelgeschwindigkeit verlauft parallel zur z-Achse (Abschn. 2.2.4). Aus Bild 2-49 c geht hervor:

2.9-1: Ein Rad rollt entsprechend Bild 2-50 auf einer ebenen Unterlage. Sein Radius betragt r = 0,28 m. Die Geschwindigkeit des Mittelpunkts betragt i^M = 100 km/h. Wie groB sind die Geschwindigkeiten der Punkte A, B und C relativ zur Fahrbahn (s. auch Beispiel 2.2-5)1 Losung: Die Geschwindigkeit der Punkte erhalt man durch Oberlagerung der gemeinsamen Translationsge-

2.9. Mechanik starrer Korper

A

^'u

A

^M

Bild 2-50. Zu Beispiel 2.9-1: Abrollendes Rad. schwindigkeit (^M nach rechts mit einer Umfangsgeschwindigkeit, die jeweils tangential zum Kreis verlauft. Der Betrag der Umfangsgeschwindigkeit ist fur alle Punkte gleich, namlich vxi = cor. Die GroBe folgt aus der Forderung, daB die Geschwindigkeit des Punktes A, der mit der ruhenden Fahrbahn in Kontakt ist, null sein muB. Dies ist nur dann der Fall, wenn vy^ = V]j ist. Die Geschwindigkeit des Punktes B ist unter 45° nach oben gerichtet. Ihr Betrag ist v^=^}/2vy^=\4\km/\i. Die Geschwindigkeit des Punktes C ist VQ = lvyi = 200 km/h.

65

Der Begriff des Angriffspunktes einer Kraft ist demnach beim starren Korper ohne Bedeutung. Jeder Punkt des Korpers langs der Wirkungslinie kann mit gleichem Recht als Angriffspunkt betrachtet werden. Bild 2-52 zeigt, wie von zwei an verschiedenen Punkten A und B an einem starren Korper angreifenden Kraften, die in einer Ebene liegen, die Resultierende ermittelt wird. Im Schnittpunkt C der beiden Wirkungslinien wird die Resultierende F R z.B. mit Hilfe des Krafteparallelogramms ermittelt. Der Angriffspunkt der Resultierenden am starren Korper kann irgendwo langs ihrer Wirkungslinie angenommen werden. C

2.9.2. Krafte am starren Korper Krafte, die am starren Korper angreifen, sind linienfliichtig. Diese Eigenschaft sei anhand von Bild 2-51 erlautert. An einem starren Korper greift im Punkt Pi die Kraft Fi an. Im Punkt P2, der auf der Wirkungslinie der Kraft F^ liegt, werden nun die Krafte F2 und F2 angebracht, die entgegengesetzt gleich groB sind (F2 + /'2 = 0) und deshalb auf den Bewegungszustand des Korpers keinen EinfluB haben. F^ und F2 sollen gleich groB sein: Fi = F2. Nun faBt man in Gedanken F^ und F2 zusammen. Die beiden Krafte haben zwar keine Resultierende, wiirden aber einen elastischen Korper (z.B. ein Gummiband) in die Lange Ziehen. Da der starre Korper keine Deformation erleidet, heben sich diese beiden Krafte auf, ohne irgend eine Veranderung am Zustand des Korpers zu bewirken. Als einzige Kraft bleibt damit die Kraft F2 am Punkt P2 iibrig, welche die gleiche Wirkung hat wie die urspriingliche Kraft Fi am Punkt Pj. Daraus folgt:

Bild 2-52. Resultierende Kraft am starren Korper. Von besonderem Interesse ist der Fall, wenn zwei gleich groBe entgegengesetzt gerichtete Krafte F^ und F2 an einem starren Korper angreifen, wobei die Wirkungslinien nicht auf einer Geraden liegen. Ein solches Kraftesystem, das in Bild 2-53 gezeigt ist, nennt man ein Krdftepaar.

Man darf bei einem starren Korper eine Kraft beliebig langs ihrer Wirkungslinie verschieben, ohne daB sich sein Bewegungszustand andert.

Bild 2-51. LinienflUchtigkeit der Kraft am starren Korper.

Bild 2-53. Drehmoment eines Krdftepaars.

66

2. Mechanik

Die Result!erende eines solchen Kraftepaars ist null: Fi -\-F2 = 0. Aus dem Impulssatz fiir Systeme gemaB Gl. (2-50) folgt: Ein starrer Korper erfahrt unter der Wirkung eines Kraftepaars keine Translationsbeschleunigung. Mit anderen Worten: Wenn der Massenmittelpunkt des Korpers (Abschn. 2.5.22) in Ruhe ist, wird er diesen Zustand auch beibehalten, wenn ein Kraftepaar an ihm angreift. Ein Kraftepaar versucht aber, den Korper in Rotation zu versetzen; es ubt ein Drehmoment aus. Die beiden Einzelkrafte Fi und F2 haben bezuglich des willkiirlich gewahlten Nullpunkts 0 in Bild 2-53 die Drehmomente Ml = ri X F^ und

M2 = r2 x 7^2 •

Mit F2 = - F^ folgt fiir das gesamte Drehmoment M=M]-\-

M2 = I*! X f i — r2 X /^i

M =

(r^-r2)xF^.

Oder

parallel verschiebbar. Man bezeichnet diesen Vektor deshalb als freien Vektor (im Gegensatz etwa zum gebundenen Vektor der Kraft Oder dem linienfliichtigen Kraftvektor am starren Korper). Wirkt ein Kraftepaar auf einen zunachst ruhenden, frei beweglichen starren Korper, dann wird dieser in Drehung versetzt; d. h., er erfahrt eine Winkelbeschleunigung. Dabei rotiert der Korper um seinen Massenmittelpunkt, denn jener wird nach obigen Aussagen nicht beschleunigt, er ist also der einzige Punkt, der in Ruhe bleibt. Soil ein starrer Korper in Ruhe bleiben (Grundaufgabe der Statik), dann muB das Drehmoment eines Kraftepaars durch ein anderes kompensiert werden, so daB insgesamt kein resultierendes Drehmoment ubrig bleibt. Eine Translationsbeschleunigung des Korpers unterbleibt, wenn keine resultierende Kraft auf ihn wirkt. Diese Forderungen werden zusammengefaBt in den Gleichgewichtsbedingungen der Statik: (2-117)

(2-115)

(2-118) Der Vektor M steht senkrecht auf der Ebene, die von den Kraften aufgespannt wird. Er weist in Bild 2-53 in die Zeichenebene hinein. Fiir den Betrag des Drehmoments gilt

M=sF:

(2-116)

dabei ist s der Abstand der beiden Wirkungslinien, F d e r Betrag der Krafte: F = l/^i | = |/'2|• Das Drehmoment eines Kraftepaars ist nach Gl. (2-116) unabhangig von der Lage des Bezugspunkts 0. Es hangt nur von den Kraften selbst und deren gegenseitigem Abstand ab. Dies bedeutet: Das Kraftepaar darf auf dem starren Korper beliebig verschoben werden, ohne dal3 sich an der Wirkung des ausgeiibten Drehmoments etwas andert. Die Ebene, in der die Krafte liegen, darf dabei nicht gekippt werden. Der Vektor M des Drehmoments ist auch nicht an einen bestimmten Punkt gebunden, sondem beliebig

Ein starrer Korper ist im statischen Gleichgewicht, wenn die Summe aller an ihm angreifenden auBeren Krafte und Drehmomente null ist. Beispiel 2.9-2: Der in Bild 2-54 gezeigte Trager ist im Punkt A drehbar gelagert und wird im Punkt C von einer Kette gehalten. Im Punkt B greift unter 45° die Kraft F = 5 0 0 N an. Welche Lagerkrafte F^ und FQ werden durch F verursacht? Losung: Wenn an einem Korper nur drei Krafte angreifen, miissen die Wirkungslinien aller Krafte durch einen

-5,5 m-3 m

^ ^

V I I

Bild 2-54. Zu Beispiel 2.9-2: Belasteter Trager.

2.9. Mechanik starrer Korper Punkt gehen, denn nur dann laBt sich nach Gl. (2-118) die Bedingung Z ^ a = 0 erfiillen. Alle drei Krafte diirfen beziiglich des gemeinsamen Schnittpunkts kein Drehmoment besitzen. Da eine Kette nur Krafte in Langsrichtung aufnehmen kann, ist die Wirkungslinie der Kettenkraft FQ durch die Verlangerung der Kette gegeben. Durch ihren Schnittpunkt P mit der Wirkungslinie von F muB auch die Wirkungslinie der Lagerkraft F^ gehen. Da nun die Richtungen der Krafte bekannt sind, konnen die Betrage z.B. durch graphische Konstruktion eines Kraftecks ermittelt werden.

67

Nach Gl. (2-118) gilt fiir das Drehmomentengleichgewicht beziiglich einer beliebigen Drehachse Z ^k X mk ^ 4- rs X /'s = 0

oder

k=\

( S ^k'•k - ^ '-sl X^ = 0. Der Korper ist im statischen Gleichgewicht, wenn er am Ort

Aus dem Krafteck liest man mit einer entsprechenden Ungenauigkeit ab F^ = 390 N und Fc = 190 N. Eine rechnerische Losung des Problems durch systematische Anwendung von GL (2-117) und (2-118) ist ebenfalls moglich.

2.9.3. Schwerpunkt und potentielle Energie eines starren Korpers Der Schwerpunkt S eines starren Korpers ist der Ort, an dem eine entgegengesetzt zur Fallbeschleunigung g wirkende Kraft F^ angreifen muB, damit dieser unter der Wirkung der Schwerkraft im statischen Gleichgewicht ist, wie Bild 2-55 zeigt. Die Gleichgewichtsbedingungen der Statik nach Gl. (2-117) fordern das Kraftegleichgewicht zwischen den Gewichtskraften F\^ = m\^g der materiellen Punkte und der Stutzkraft F^: N

unterstutzt wird. Der Schwerpunkt S eines starren Korpers ist also der bei der Bewegung eines Systems materieller Punkte nach dem Schwerpunktsatz Gl. (2-51) ausgezeichnete Ort. Im kartesischen Koordinatensystem sind die Schwerpunktskoordinaten A^

A^

s

Z ^k-^k >^s= N

^k>^k

^=1

k=\

m

,

Fs =

9

m

Z '^k^k k=\

(2-121) m

X mk^-hFs = 0; k=\ N

Fs = -9Y.

m^ = -mg.

(2-119)

k=\

Bei starren Korpern mit kontinuierlicher Massenverteilung und homogener Dichte laBt sich die Schwerpunktskoordinate uber das Volumenintegral ^s = — iii r(x, y, z) dx dy dz berechnen. Bei homogenen symmetrischen Korpern liegt der Schwerpunkt auf den Symmetrieachsen.

Bild 2-55. Gleichgewicht eines starren Korpers.

Ein starrer Korper laBt sich nicht deformieren; der elastische Anteil der potentiellen Energie ist also null. Ein starrer Korper hat als potentielle mechanische Energie nur die Lageenergie des Schwerpunkts. Wird die z-Koordinate parallel zur Fallbeschleunigung g gelegt, dann gilt nach Gl. (2-121)

68

2. Mechanik

stabil

iabil

indifferent

Minimum

Maximum

konstant

Gleichgewicht

Verlauf der potentiellen Energie in Richtung einer Koordinatex

Di

Gleichgewichtslage

Reaktion auf eine Verriickung aus der Gleichgewichtslage XQ

Korper kehrt zuriick

Korper entfernt sich

Korper bleibt iiegen

Schwerpunktslage S bei Verriickung aus der Gleichgewichtslage XQ

S wird angehoben

S senkt sich

S bleibt in gleicher Hohe

Bild 2-56. Gleichgewichtslagen.

1 /drs(0 mg

^pot •

k=\

(2-122)

zs.

Die Hohe des Schwerpunkts S iiber dem Bezugsniveau bestimmt die potentielle Energie eines starren Korpers. Die raumliche Anderung der potentiellen Energie bei der Auslenkung des Korpers aus der Gleichgewichtslage ist das Kennzeichen fiir die drei Gleichgewichtslagen starrer Korper. In Bild 2-56 sind die Falle des stabilen, labilen und indifferenten Gleichgewichts einander gegeniibergestellt. 2.9.4. Kinetische Energie eines starren Korpers

^kin = "

. drsCO ^ _dri(0_ + ., L ^k—7—• at k=\ d/ Der letzte Term ist der Gesamtimpuls der Massenpunkte im Schwerpunkt-Koordinatensystem S', der nach der Schwerpunktsdefinition gemaB Gl. (2-120) null ist. Die kinetische Energie eines Systems materieller Punkte ist also die Summe aus der kinetischen Energie der Schwerpunktsbewegung mit der Schwerpunktsgeschwindigkeit v^ und der GesamtN

Werden die Geschwindigkeiten i^k = dr^{i)/dt der materiellen Punkte eines Systems zerlegt in eine Geschwindigkeit v{^ = dr{^{t)/dt relativ zum Schwerpunkt S und die Bahngeschwindigkeit v^ = dir^{t)/dt des Schwerpunktes, dann ist die kinetische Energie des Systems

masse m= YJ ^k Energie punkt:

der Bewegung

V 1 1

kinetischen Schwer-

(2-123)

^ k=\

/d'-kWV

N

mk ^ k= 1

relativ zum

1 1 ^ ^kin = ^ ^ v l + —Y. ^kV\,^. ^

^kin •

und aus der

k=\

d^s(0 dt

dt

Bei starren Korpern sind wegen der Konstanz der Abstande zwischen den Massenpunkten keine radialen Bewegungen relativ zum Schwerpunkt moglich, sondern nur Drehbe-

2.9. Mechanik starrer Korper wegungen um den Schwerpunkt (Abschn. 2.9.1). Die kinetische Energie eines starren Korpers setzt sich also zusammen aus dem Anteil E^^^ der Translation des Schwerpunkts und dem Anteil ^fni der Rotation der Massenpunkte um den Schwerpunkt:

Em = E^ + E^,

(2-124)

Nach Gl. (2-123) ist die Translationsenergie des starren Korpers mit der Gesamtmasse m rtrans _ 1 j ^ ,,2

(2-125)

/p = j r^ dm = j g(r) r^ d F

69

(2-128)

V

uber. Das Massentragheitsmoment eines starren Korpers mit homogener Dichte wird uber das Volumenintegral J? = Q i n r^ {X, y. ^) dx Ay dz

(2-129)

berechnet. Die kinetische Energie der Rotation eines starren Korpers um die Achse P mit dem Massentragheitsmoment Jp ist also LTTOt _

1

T

,.,2

(2-130) Die Rotationsenergie eines starren Korpers, dessen Massenpunkte w^, wie in Bild 2-57 Gl. (2-130) fiir den starren Korper stimmt mit skizziert, um eine Achse durch den Punkt P Gl. (2-109) fiir die Rotationsenergie eines mamit der gemeinsamen Winkelgeschwindigkeit teriellen Punktes auf einer Kreisbahn exakt CO und der Umlaufgeschwindigkeit vp\^ = co rpkuberein. Auch Gl. (2-102) fiir den Drehimrotieren, wobei der Punkt P sich mit der Mo- puls L eines einzelnen materiellen Punktes mentangeschwindigkeit Vp auf einer Bahn- und das dynamische Grundgesetz nach Gl. kurve bewegt, ist nach Gl. (2-123) (2-104) fiir die Drehbewegung eines Massenpunktes gelten fiir den starren Korper, wenn statt des Massentragheitsmoments des materiellen Punktes auf einer Kreisbahn das Massentragheitsmoment Jp des starren Kdrpers beziiglich der Drehachse P nach Gl. (2-127) eingesetzt wird. Ein kraftefreier starrer Korper rotiert immer um den Schwerpunkt. Fiir die Berechnung der Rotationsenergie ist die Kenntnis des Massentragheitsmoments / s um die durch den Schwerpunkt gehende Rotationsachse erforderlich. Beispiel 2.9-3: Bei einer Reibungskupplung gemaB Bild 2-58 rotiert die Kupplungsscheibe ohne Antrieb mit der Bild 2-57. Zur Berechnung der Rotationsenergie eiDrehzahl «i = 3000min~\ ihr Massentragheitsmones starren Korpers. ment ist /i = 0,5 kg m^. Sie wird auf die anfangs Der Klammerausdruck wird analog zur Defi- stillstehende Scheibe mit dem Massentragheitsmoment J2 = 0,4 kg m^ gedriickt. Die Lager- und Luftnitionsgleichung (2-101) als Massentrdgheits- reibung soil vemachlassigt werden. Wie groB ist die moment Jp des starren Korpers bezUglich der Drehzahl «' nach dem Kupplungsvorgang, und welDrehachse P bezeichnet: cher Anteil der urspriinglichen Rotationsenergie wurde in Warme und Abriebarbeit umgesetzt?

Fur einen Korper mit kontinuierlicher Massenverteilung geht die Summe in das Integral

Losung: Ohne auBere Drehmomente gilt nach dem Drehimpulserhaltungssatz nach Gl. (2-113) /] coi —J\ a>' + J2 (£>'- Mit a> = 2 7c « ergibt sich die Drehzahl nach dem Kupplungsvorgang:

70

2. Mechanik 2. Dickwandiger Hohlzylinder, Massentragheitsmoment bezuglich Rotationssymmetrieachse (Bild 2-59). Der dickwandige Hohlzylinder kann erzeugt werden durch Ineinanderstellen von unendlich vielen dunnwandigen Hohlzylindern, von denen in Bild 2-59 einer rot eingezeichnet ist. Die Masse dieses Hohlzylinders der Dichte Q mit Radius r und Wandstarke dr ist dm = 2n r Igdr. Sein Massentragheitsmoment ist nach Gl. (2-131) dJ = dm r'^ = 2K Igr^

Bild 2-58.

dr.

Zu Beispiel 2.9-3.

«i = 1667 min ' . Die Verlustarbeit Wy ist nach dem Energiesatz GL (2-110)

Wy =

\j,w] 1^1(271 «,)2

1--

/,+/2

= llkJ;

der Verlustanteil belauft sich auf Wy y, (D\

Ji

- = 44%

Jx'^Ji

Die Enddrehzahl n' und der Energieverlust H^y sind unabhangig von der Kupplungszeit. Wahrend der Kupplungsdauer wird der Drehimpuls der Kupplungsscheibe verandert; das dabei am Kupplungsbelag auftretende Drehmoment ist nach Gl. (2-105) von der Kupplungsdauer abhangig und bestimmt die maximale Abriebkraft.

2.9.5. Massentragheitsmomente starrer Korper Das Massentragheitsmoment hangt auBer von der Masse selbst ganz wesentlich von der Form des Kdrpers und der Verteilung der Masse beziiglich der Drehachse ab. An einigen Beispielen soil die Berechnung mit Hilfe von Gl. (2-129) gezeigt werden. 1. Dtinnwandiger Hohlzylinder, Massentragheitsmoment bezuglich Rotationssymmetrieachse. Ein Hohlzylinder wird diinnwandig genannt, wenn die Wandstarke s gegenuber seinem Radius r vernachlassigbar ist: s < r. Alle Masseteilchen haben dann praktisch den gleichen Abstand r von der Drehachse, so da6 die Summation nach Gl. (2-127) ergibt J = mr^

(2-131)

Bild 2-59. Zum Massentragheitsmoment wandigen Hohlzylinders.

des dick-

Das Massentragheitsmoment des dickwandigen Hohlzylinders erhalt man durch Summation (Integration) der Massentragheitsmomente aller diinnwandigen Hohlzylinder: J = 2n IQ \ r^ dr=2n

IQ-

inlQ(rt-ri).

Dieser Ausdruck kann mit Hilfe der Masse des Korpers m = 7i (r^ - rf) / ^ umgeschrieben werden

7 = l m ( r 2 + r?).

(2-132)

3. VoUzylinder, Massentragheitsmoment bezuglich Rotationssymmetrieachse. Das Massentragheitsmoment eines Vollzylinders mit dem Radius r und der Masse m folgt sofort aus Gl. (2-132) fiir rj = 0 und r^ = r.

J=

\mr^.

(2-133)

Bild 2-60 zeigt e i n e Z u s a m m e n s t e l l u n g v o n Massentragheitsmomenten einiger Korper.

2.9. Mechanik starrer Korper

Hohlzylinder

diinnwandiger Hohlzylinder

J^ = m n

Vollzylinder

J^ = Jy

jmr^ J^

1

2 . 1

1

2

diinne Scheibe (/ < r) T

diinner Stab (/ > r) unabhangig von der Form des Querschnitts

J =J

=-^

diinner Ring Jy = Jz = ^mr^

Kugel, massiv

J^ = Jy = J^ =

diinne Kugelschale

Jx^Jy^Jz^J^f"^

jmr^

Quader / , = ^ m ( / 2 + /,2)

Bild 2-60.

Massentrdgheitsmomente

einiger Korper.

a

71

72

2. Mechanik

Beispiel 2.9-4: Ein Vollzylinder mit der Masse m und dem Radius r rollt eine schiefe Ebene mit dem Neigungswinkel P hinab, wie in Bild2-61 verdeutlicht. Wie groB ist seine Beschleunigung?

Bild 2-62. Zum Steinerschen Satz.

Bild2-6L Ebene.

Zu Beispiel 2.9-4: Walze auf schiefer

Losung: Vemachlassigt man die Rollreibungsverluste, so lauft der Vorgang unter Energieerhaltung ab. Wenn die Walze langs der schiefen Ebene den Weg s zuriicklegt, nimmt ihre potentielle Energie um ab. Um den gleichen A£'pot = mgh = mgssinp Betrag nimmt die Bewegungsenergie zu, die sich als Summe von Translationsenergie und Rotationsenergie bezuglich der Symmetrieachse darstellen laBt: A£win -kin ==^^mv^-\-T^''^^ -ri«/s<^

durch den Punkt P rotiert, die im Abstand r parallel zu einer Achse durch den Schwerpunkt S verlauft. Die Bewegungsenergie des Korpers ist nach Gl. (2-130) E'^i = ^ / p w l Die Bewegung des Korpers, namlich die Rotation um die Achse durch P, kann auch dargestellt werden als Translationsbewegung des Schwerpunkts und Rotation des Korpers um den Schwerpunkt. Interpretiert man die Bewegung auf diese Weise, dann setzt sich die kinetische Energie aus der Translationsenergie des Schwerpunktes (Masse m, Geschwindigkeit v^) und der Rotationsenergie um den Schwerpunkt zusammen: ^kin "

\mvl-^^J^w'^

M.i\v^ = r (o erhalt man

Mit CO = v/r ergibt sich mg ssinfi = ^mv'^-\-jJs— Img s sin p 4

oder

Aus der fiir gleichmafiige Beschleunigung giiltigen kinematischen Beziehung v^ = 2as folgt a=

Beide Betrachtungsweisen miissen selbstverstandlich dieselbe Bewegungsenergie ergeben. Ein Vergleich mit Gl. (2-130) liefert daher J^ = Js + mr^

(2-134)

^gsmp.

Wiirde die Walze reibungsfrei abrutschen, ohne zu rotieren, dann ware die Beschleunigung a = g sin p. Steinerscher Satz Die in Bild 2-60 angegebenen Massentragheitsmomente beziehen sich auf Achsen, die durch den Schwerpunkt gehen. Aus diesen Massentragheitsmomenten J^ lassen sich die Massentragheitsmomente / p bezuglich anderer Achsen schnell berechnen. Bild 2-62 zeigt einen starren Korper, der um eine Achse

Diese Gleichung ist als Steinerscher

Satz

(J. STEINER, 1796 bis 1863) bekannt. Aus

dem

Steinerschen Satz folgt unmittelbar, daB fiir eine Schar paralleler Achsen das Tragheitsmoment minimal wird bezuglich der Achse, die durch den Schwerpunkt geht. Die in Bild 2-60 gezeigten Korper sind hochsymmetrisch. Fiir kompliziert geformte Gebilde laBt sich das Tragheitsmoment i. a. nicht mehr berechnen, sondern es muB experimentell bestimmt werden. Dazu eignen sich bei-

2.9. Mechanik starrer Korper

73

spielsweise Drehschwingungen, bei denen die Schwingungsdauer vom Massentragheitsmoment um die Drehachse abhangt (Abschn. 5.1). Freie Achsen Bestimmt man beziiglich aller Achsen durch den Schwerpunkt eines starren Korpers das Massentragheitsmoment, dann stellt man fest, daB die Achsen mit dem groBten und dem kleinsten Tragheitsmoment senkrecht aufeinander stehen. Diese beiden und die darauf senkrecht stehende dritte Achse werden als Haupttrdgheitsachsen bezeichnet. Die Tragheitsmomente beziiglich dieser Achsen heiBen Haupttrdgheitsmomente. Bei rotationssymmetrischen Korpem (z.B. Zylinder, Scheibe und Ring) sind zwei Haupttragheitsmomente gleich. Alle zur Symmetrieachse senkrechten Achsen durch den Schwerpunkt haben das gleiche Tragheitsmoment. Bei einigen Korpern, deren Schwerpunkt Symmetriezentrum ist (z. B. Kugel, Wiirfel und Tetraeder), nimmt das Tragheitsmoment beziiglich jeder Achse durch den Schwerpunkt denselben Wert an. Das Besondere an den Haupttragheitsachsen ist, daB bei der Rotation eines Korpers um eine Haupttragheitsachse keine Lagerreaktionen auftreten. Solche Drehachsen mussen also nicht im Raum fixiert werden; deshalb bezeichnet man sie als freie Achsen. Durch Hochwerfen eines quaderformigen Kastens kann man sich leicht davon iiberzeugen, daB die Rotation um die Achsen mit dem kleinsten und groBten Tragheitsmoment stabil, um die Achse mit dem mittleren dagegen labil ist. Bild2-63 zeigt einige Korper, die um freie Achsen rotieren. Das Auftreten der Lagerkrafte bei der Rotation um eine Achse, die nicht Haupttragheitsachse ist, ist unmittelbar einleuchtend, wenn z. B. die Rotation einer Hantel nach Bild 2-64 betrachtet wird. Vemachlassigt man die Masse des Stabes, dann greift an jeder Kugel eine Zentrifugalkraft F^^ an, die versucht, die Kugel nach auBen zu ziehen (d'Alembertsches Prinzip). Das Kraftepaar der beiden Zentrifugalkrafte iibt auf die Hantel das Drehmoment M^f aus, das versucht, die ganze Anordnung im Gegenuhrzeigersinn zu drehen. Von den Lagern miissen daher die Lagerkrafte /'L auf die Welle ausgeiibt werden, deren Dreh-

Bild2-63. Korper, die um freie Achsen (Symmetrieachsen mit groBtem Massentragheitsmoment) rotieren: a) Scheibe, b) Stab, c) Perlenkette.

moment M L das Kippmoment kompensiert. Fiir den Betrag des Drehmoments M^f ergibt sich(s. U 2.9-4) M^f = 2 m r^ sin ^ cos S co^ = mr^co^ sin 2^. Das Drehmoment und damit die erforderlichen Fiihrungskf-afte verschwinden fur ,9 = 0

74

2. Mechanik

-F.

OM,f 0

ML

f-F, 5//(i 2-5^. Rotation einer Hantel.

und .9 = 90°. In diesen Extremlagen rotiert die Hantel um eine Haupttragheitsachse bzw. freie Achse. Fiir den Maschinenbau ergibt sich hieraus die Konsequenz, daB alle schnell rotierenden Teile ausgewuchtet sein miissen, um unnotige Lagerbeanspruchungen zu vermeiden.

2.9.6. Kreisel Jeder starre Korper, der eine Drehbewegung ausiibt, ist ein Kreisel. Symmetrische Kreisel sind starre Korper, bei denen zwei Haupttragheitsmomente gleich groB sind. Diese Bedingung erfiillen alle auf einer Drehmaschine hergestellten Teile, aber auch andere, beispielsweise quadratische Scheiben. Beim abgeplatteten Kreisel (z. B. Scheibe) ist das Tragheitsmoment um die Figurenachse gro6er, beim verldngerten Kreisel (z. B. Stab) kleiner als die aquatorialen Tragheitsmomente. Kraftefreier Kreisel, Nutation Ein Kreisel, der in seinem Schwerpunkt unterstiitzt wird und in alien Raumrichtungen drehbar ist, wird kraftefreier Kreisel genannt. Technisch kann dies z.B. durch eine kardanische Aufhangung entsprechend Bild 2-65 realisiert werden. Da auf einen solchen Kreisel von auBen kein Drehmoment ausgeubt werden kann, muB nach dem Drehimpulserhaltungssatz der Vektor L des Drehimpulses in einem Inertialsystem seine Richtung beibehalten. Rotiert der Kreisel so, daB seine Figurenachse und die Drehimpulsachse zusammenfallen, dann bleibt auch die Richtung der Figurenachse im Raum fest. Der freie Kreisel kann an seinem auBeren Rahmen beliebig be-

Bild 2-65. Kraftefreier symmetrischer Kreisel in kardanischer Aufhangung.

--^^

Nutationskegel

Bild 2-66. Nutationsbewegung eines abgeplatteten Kreisels.

2.9. Mechanik starrer Korper

wegt werden, ohne daB sich die einmal eingestellte Richtung verandert. Dieser Effekt wird beim Kurskreisel zur Navigation ausgenutzt. Bei modernen Geraten weicht die Achse von der eingestellten Richtung um weniger als 0,1 °/h ab. Versetzt man einem kraftefreien Kreisel einen kurzzeitigen Schlag, dann andert sich der Drehimpuls L um AL = \M{t) d/, bleibt dann aber wieder konstant nach GroBe und Richtung. Die Folge des Schlages aber ist, daB der Kreisel eine Taumelbewegung ausfiihrt, die als Nutation bezeichnet wird. Die Nutationsbewegung kann nach Bild 2-66 anschaulich so erklart werden, daB zwei Kegel aufeinander abrollen, wobei die Kegelspitzen im festgehaltenen Schwerpunkt des Kreisels liegen. Der Rastpolkegel, dessen Achse die Drehimpulsachse ist, steht fest im Raum. Der Gangpolkegel ist mit dem Kreisel fest verbunden und walzt sich auf dem Rastpolkegel ab. Die Figurenachse als Achse des Gangpolkegels lauft damit auf dem rot gestrichelten Nutationskegel um. Die momen-

75

tane Drehachse o des Kreisels ist die Beruhrungslinie der beiden Kegel. Sie steht ebenfalls nicht fest im Raum, sondern lauft auf der Oberflache des Rastpolkegels um die Drehimpulsachse L. Bild 2-66 skizziert die Verhaltnisse des abgeplatteten Kreisels. Beim verlangerten Kreisel rollt der Gangpolkegel mit seiner AuBenseite auf dem Rastpolkegel ab. Prazession Bild 2-67 a zeigt einen rotierenden Kreisel, der an einer Leine unsymmetrisch aufgehangt ist. Wahrend ein nicht rotierender starrer Korper bei dieser Art der Aufhangung sofort herunterfalien wiirde, dreht sich der rotierende Kreisel um den Aufhangepunkt, wobei b)

a)

AL = MM

Bild 2-67, Prazession eines Kreisels: a) unsymmetrisch aufgehdngter, horizontal prdzedierender Fahrradkreisel, b) Krdfte und Drehmomente auf den Kreisel, c) Drehimpulsdnderung durch das Drehmoment.

76

2. Mechanik

die horizontale Lage der Kreiselachse erhalten bleibt. Diese hochst erstaunliche Bewegung wird als Prdzession bezeichnet. Die Ursache der Prazession ist das Drehmoment, das infolge der unsymmetrischen Aufhangung auf den Kreisel ausgeiibt wird. Bild 2-67 b zeigt, dafi das Kraftepaar aus Gewichtskraft und Stiitzkraft ein Drehmoment M erzeugt, das in der Horizontalebene liegt und auf dem Vektor L des Drehimpulses senkrecht steht. Ein solches Drehmoment kann aber den Betrag des Drehimpules nicht andern, sondern nur seine Richtung, wie Bild 2-67 c zeigt. Innerhalb einer kurzen Zeitspanne A/ andert sich der Drehimpuls um AL = M A/. Der neue Drehimpuls L{t-\- A/) steht wieder senkrecht zum ebenfalls kreisenden Drehmoment M(/ + Ar). Unter der Wirkung des Drehmoments M lauft daher die Spitze des Drehimpulsvektors L mit konstanter Winkelgeschwindigkeit auf einem Kreis. Dies ist vollig analog zur Kreisbewegung eines Korpers mit konstanter Geschwindigkeit, wobei die Zentripetalkraft auch immer senkrecht auf der Geschwindigkeit steht und sich nur deren Richtung, nicht aber deren Betrag andert. Die Winkelgeschwindigkeit der Prazession w^ kann aus Bild 2-67 c abgelesen werden. Innerhalb der Zeitspanne A/ dreht sich der Drehimpulsvektor um den Winkel A(^ =

AL

Kreiselmomente

Erzwingt man bei einem rotierenden Kreisel von auBen her eine Richtungsanderung der Drehachse, dann miissen die Lager bei dieser kiinstlichen Prazession Krafte und Momente aufnehmen. Die Kenntnis des wirkenden Drehmoments ist wichtig bei rotierenden Maschinenteilen, deren Drehachse einer Richtungsanderung unterzogen wird. In Bild 2-68 ist eine rotierende Scheibe gezeigt, die um die Hochachse gedreht wird. Nach dem Satz vom gleichsinnigen Parallelismus versucht der Vektor L, sich parallel zum Vektor cop der erzwungenen Prazession einzustellen. Die Kreiselachse driickt also im hinteren Lager nach unten und im vorderen nach oben. Entsprechend reagieren die Lager auf den Kreisel mit den eingezeichneten Lagerkraften F^. Das Drehmoment M, das der Kreisel auf die Lager ausiibt, ergibt sich sofort durch Umkehr von Gl. (2-135): M=

Lxio p-

(2-136)

Von den zahlreichen Anwendungen des Kreisels seien einige Beispiele aus der Navigation kurz beschrieben.

M^t

Dann ist aber die <^p = A^/A^ Oder

Winkelgeschwindigkeit

Die Richtung, in der die Kreiselachse wandert, wird durch den Satz vom gleichsinnigen Pamllelismus festgelegt: Ein Kreisel verhalt sich unter dem EinfluB einer Storung (Drehmoment, Zwangsdrehung) so, daB er versucht, die Richtung seines Drehimpulsvektors auf kiirzestem Wege gleichsinnig parallel zum Vektor der Storung einzustellen.

Bild 2-68. Kreiselmoment bei einer erzwungenen Prdzession.

2.9. Mechanik starrer Korper

77

Kreiselhorizont Bei einem Flugzeug, das in oder iiber den Wolken fliegt, braucht der Pilot zur Orientierung einen kiinstlichen Horizont. Ein einfaches Lot, das in der Kanzel aufgehangt ist, erfullt diesen Zweck nicht, da es bei einem Kurvenflug nicht in Richtung der Vertikalen, sondem in Richtung der Resultierenden aus Schwerkraft und Zentrifugalkraft weist (Scheinlot). Der freie Kreisel, der in Richtung der Horizontalen eingestellt wird, kann fur eine bestimmte Zeit den Horizont darstellen. Da er aber aufgrund technischer Unzulanglichkeit mit der Zeit auswandert, wurden Gerate entwickelt, die selbsttatig Abweichungen von der Horizontalrichtung ausgleichen. Bei einer Methode bedient man sich des Kreiselpendels, bei dem ein Kreisel etwas auBerhalb des Schwerpunktes unterstiitzt wird. Infolge des Schweremoments fiihrt der Kreisel langsame Prazessionsbewegungen um die Vertikale aus. Im Gegensatz zu einem einfachen Lot, das alle Schwankungen des Flugzeugs relativ rasch mitmacht, hat ein Kreiselpendel eine sehr groBe Schwingungsdauer (bis zu einer Stunde) und mittelt daher aus alien Richtungen die Vertikalrichtung heraus. Bild 2-69 zeigt eine technische Ausfiihrung des Kreiselhorizonts.

Bild 2-69. Kreiselhorizont. Werkphoto: Bodenseewerk. Kreiselkompafi Der KreiselkompaB ist ein gefesselter Kreisel, dessen Achse sich nur in einer Horizontalebene bewegen kann. Haufig wird dies dadurch erreicht, dafi das Rotorgehause in einer Flussigkeit schwimmt. Im Gegensatz zu einem freien Kreisel, der seine Achsenrichtung in einem Inertialsystem konstant halt, mu6 der gefesselte Kreisel die Erdrotation mitmachen. Die Kreiselachse erfahrt also eine Zwangsdrehung mit der Winkelgeschwindigkeit der Erdrotation (o^. Das auftretende Kreiselmoment dreht die Kreiselachse nach dem Satz vom gleichsinnigen Parallelismus so, daft der Drehimpulsvektor L und die Richtung der Zwangsdrehung O>E parallel werden.

Bild 2-70. Einstellung Nordrichtung.

des Kreiselkompasses in

Wie Bild 2-70 zeigt, gelingt dies vollkommen fur einen KreiselkompaB, der am Aquator A aufgestellt ist. Befmdet sich der Kreisel auf einem beliebigen Breitenkreis am Punkt P, dann kann sich sein Drehimpuls L nicht parallel zu o^ einstellen, denn die Kreiselachse ist ja an eine Tangentialebene zur Erde gefesselt. Immerhin ist eine Optimierung der Lage dann erreicht, wenn die Kreiselachse tangential zu einem Meridian eingestellt ist, d.h., wenn sie nach Norden weist. Befmdet sich der Kreisel am Nordoder Siidpol N bzw. S, dann steht L immer senkrecht auf m^. Jede Richtung der Kreiselachse ist gleich ungunstig, der Kreisel hat keine Vorzugsrichtung. Der KreiselkompaB versagt also wie der magnetische Kompal3 an den Polen. U-Boote, die sich unter dem Packeis des Nordpols befinden, bedienen sich aus diesem Grund der Trdgheitsnavigation, die hier nicht erlautert sei. Auf fahrenden Schiffen oder Flugzeugen zeigt der KreiselkompaB nicht exakt nach Norden, er weist einen Fahrtfehler (Mifiweisung) auf. Fahrt ein Schiff z.B. entsprechend Bild 2-71 auf einem Meridian nach Norden, dann entspricht dieser Bewegung eine zusatzliche Winkelgeschwindigkeit ca^, die vektoriell zu OE addiert wird. Der KreiselkompaB versucht dann, seine Achse parallel zur resultierenden Winkelgeschwindigkeit GJR einzustellen, was zu einem Anzeigefehler in westlicher Richtung fiihrt. Bei einer Bewegung auf einem Breitenkreis ist die zusatzliche Winkelgeschwindigkeit tt>z parallel zu CWE, so daB kein Fehler entsteht. Der Fahrtfehler muB rechnerisch korrigiert werden.

78

2. Mechanik U 2.9-2: Eine starre Hantel besteht aus zwei Kugeln mit jeweils der Masse w = 2 kg, die durch einen runden Stab mit dem Durchmesser d^= \0 mm verbunden sind. Der Abstand der beiden Kugelmittelpunkte betragt / = 1 m. Kugeln und Stab bestehen aus Stahl der Dichte Q = 7,85 kg/dm^. Wie groB ist das Massentragheitsmoment /§ beziiglich einer Achse, die auf der Stabachse senkrecht steht und durch den Schwerpunkt geht, wenn die Stabmasse und die Ausdehnung der Kugeln a) vernachlassigt, b) nicht vernachlassigt werden?

Bild2-7L kompaB.

Entstehung des Fahrtfehlers beim Kreisel-

Wendekreisel Der Wendekreisel dient dazu, Drehungen und Drehgeschwindigkeiten zu messen. Soil z.B. die Drehung eines Schiffes um eine vertikale Achse gemessen werden, dann wird ein Kreisel so eingebaut, dafi seine Achse horizontal liegt. Die horizontale Lage wird z.B. durch Fedem erzwungen. Bei einer Drehung des Schiffs wird nach dem Satz vom gleichsinnigen Parallelismus der Kreisel versuchen, seine Achse senkrecht zu stellen. Dies wird aber durch die Fedem verhindert. Der Kreisel nimmt deshalb eine Schraglage ein, bei der das von der Drehung verursachte Kreiselmoment vom rucktreibenden Moment der Federn im Gleichgewicht gehalten wird. Der Ausschlag des Kreisels ist damit porportional zur Drehgeschwindigkeit des Schiffs. Gerate mittlerer Qualitat sind in der Lage, Drehgeschwindigkeiten bis herab zu 0,01 °/h nachzuweisen. Der Drehwinkel wird von integrierenden Wendekreiseln gemessen. Optische Faserkreisel bzw. Laserkreisel enthalten keine rotierenden Teile, sind also im Grunde keine Kreisel. Mit Hilfe des Sagnac-Effekts (G. M. M. SAGNAC, 1869 bis 1928) werden Drehungen eines Systems gegeniiber einem Inertialsystem nachgewiesen. Laserkreisel erreichen die vorgenannte Genauigkeit bei einer Winkelauflosung von 2 Winkelsekunden; sie werden bereits in der Luftfahrt eingesetzt. Zur Ubung U 2.9-1: Losen Sie das Problem von Beispiel 2.9-2 rechnerisch.

U 2.9-3: Zur experimentellen Bestimmung des Massentragheitsmoments eines Rades wird ein Faden iiber dieses gelegt, an dem zwei Korper mit den Massen mi = 1 kg und m2= 1,5 kg befestigt sind. Das Rad ist reibungsfrei gelagert, sein Radius betragt r = 30 cm. Man beobachtet, daB die Korper in der Zeit / = 2 s aus dem Stand den Hohenunterschied h= \ m zuriicklegen. a) Berechnen Sie die Beschleunigung a, mit der sich die angehangten Korper bewegen. b) Bestimmen Sie die Kraft im Faden jeweils uber den Korpem 1 und 2. c) Wie groB ist das Massentragheitsmoment des Rades beziiglich seiner Drehachse? U 2.9-4: Fiir die rotierende Hantel in Bild 2-64 soil das Drehmoment auf die Lager berechnet werden. Zeichnen Sie die Funktion M(S) auf. Fiir welchen Winkel wird das Drehmoment maximal? U 2.9-5: Wie groB ist bei einem rollenden diinnwandigen Zylinder das Verhaltnis Translations- zu Rotationsenergie? U 2.9-6: Ein langer diinner Stab mit der Masse m= 1,4 kg und der Lange / = 1,8 m ist an einem Ende drehbar gelagert. Er wird aus waagrechter Lage losgelassen. a) Wie groB ist die Winkelbeschleunigung a und die Beschleunigung ^s ^^s Schwerpunktes zu Beginn der Bewegung? b) Wie groB ist die Auflagerkraft zu Beginn der Bewegung? c) Mit welcher Winkelgeschwindigkeit co geht der Stab durch die vertikale Lage? U 2.9-7: Ein Rad mit dem Radius r = 20 cm und der Masse w = 20 kg rollt nach Bild 2-61 eine schiefe Ebene mit dem Neigungswinkel fi= \5° hinab. Aus dem Stand legt es nach / = 2 s den Weg 5 = 2,9 m zuruck. a) Wie groB ist das Massentragheitsmoment / s beziiglich der Drehachse durch den Schwerpunkt? b) Wie groB muB der Haftreibungskoeffizient zwischen Rad und Unterlage mindestens sein, damit das Rad nicht rutscht? U 2.9-8: Ein rotierendes Rad (Masse w = 2 kg, Massentragheitsmoment / s = 300 kg cm^, Drehzahl n^ = 2800 min~^ Radius r= 15 cm) wird auf den hori-

2.10. Gravitation zontalen FuBboden aufgesetzt. Infolge Reibung zwischen Rad und Unterlage wird das Rad beschleunigt. a) Wie groB ist die Endgeschwindigkeit, die sich einstellt, nachdem der Rutschvorgang abgeschlossen ist? b) Wie lange rutscht das Rad, wenn der Reibungskoeffizient zwischen Rad und Unterlage IX = 0,2 betragt? U 2.9-9: Ein schwerer Kreisel sei wie in Bild 2-67 einseitig aufgehangt. Die Kreiselachse verlaufe nicht waagerecht sondem schlieBe mit der Vertikalen den Winkel .9 ein. Zeigen Sie, dafi die Winkelgeschwindigkeit der Prazession co^ nicht vom Winkel .9 abhangt. U 2.9-10: Ein Schiff fahrt vom Aquator aus mit der Geschwindigkeit t; = 40 km/h nach Norden. Welchen Fahrtfehler zeigt ein eingebauter KreiselkompaB?

Keplersche Gesetze

Beobachtung

1. Keplersches Gesetz (Astronomia nova 1609)

Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren gemeinsannen Brennpunkt die Sonne steht.

2.10, Gravitation 2.10.1. Beobachtungen Bewegungen der Gestirne oder Erscheinungen am Himmel haben die Menschen schon immer fasziniert und zu einer Erklarung herausgefordert. Die Geschichte des Verstehens der Bewegungen am Firmament, der Himmelsmechanik, ist verkniipft mit beriihmten Namen und Theorien. CLAUDIUS PTOLEMAUS (um

100 bis 160 n. Chr.)

3. Keplersches Gesetz (Harmonices mundi 1619)

be-

grundete im 2. Jahrhundert das geozentrische Weltsystem, das philosophisch die Sonderstellung der Erde hervorhob. Eine richtige, wenn auch komplizierte Beschreibung der Planetenbahnen war durch Epizykeln moglich. Dieses Weltbild gait als Glaubenssatz liber 14 Jahrhunderte lang.

Planet

Aphel (Sonnenfeme)

Perihel (Sonnennahe)

2. Keplersches Gesetz (Astronomia nova 1609)

79

Der von der Sonne zum Planeten gezogene Radiusvektor r ijberstreicht in gleichen Zeiten Af gleiche Flachen LA: LA = konstant. Lt

Die Quadrate der Umlaufzeiten 7"^, T2 zweier Planeten verhalten sich wie die Kuben der groSen Halbachsen a^ unda2:

Planet

Planet

ay

4

Bild 2- 72. Die Keplerschen Gesetze.

Planet

80

2. Mechanik

NiKOLAUS KOPERNIKUS (1473 bis 1543) konnte mit dem heliozentrischen Weltsystem, das die Sonne in den Mittelpunkt stellte, die Bewegung der Planeten einfacher beschreiben.

JOHANNES KEPLER (1571 bis 1630) leitete aus der

TYCHO DE BRAKE (1546 bis 1601) lieferte als letzter

Analyse der Braheschen MeBdaten des Mars drei empirische GesetzmaBigkeiten iiber die Bewegung der Planeten her. Sie sind in Bild 2-72 aufgefuhrt und erlautert.

groBer Astronom ohne Fernrohr exaktes Beobachtungsmaterial uber die Bewegung der Gestime.

nen Bewegungsgesetze fiir mechanische Systeme

ISAAC NEWTON (1643 bis 1727) stellte die allgemei-

Tabelle 2-7. Planetendaten des Sonnensystems. Planet

Merkur Venus Erde Mars Jupiter Saturn Uranus Neptun Pluto

groBe UmlaufBahnhalb- z e i t r achse a ms mm

5,79 • 1,08 • 1,502,28 • 7,78 • 1,43 • 2,87 • 4,50 • 5,91 •

10^0 W W W W 10»2 10^2 10»2 10»2

7,60 • 10^ 1,94- 10^ 3,16- 10^ 5,94 • 10^ 3,74 • 108 9,29 • 108 2,64 • W 5,17- 10^ 7,83 • 10^

numeRadius Masse rische Erdradius Erdmasse Exzentrizitat der El- Erdradius Erdmasse lipsen- ^E-6,371 WE = 5,972 •1024 k g • lO^m bahn e

mittlere FallbeDichte (? schleum nigung kgm~^ 6Aquator

0,206 0,0067 0,017 0,093 0,048 0,054 0,047 0,0086 0,249

5,4 • 10^ 3,7 5,2 • 10^ 8 5,5 • 103 9,78 3,9 • 10^ 3 1,3 • 103 23 0,69 • 103 8 1,3 • 103 8 1,6 • 103 11 2,0 • 103 0,68

0,383 0,950 1,00 0,532 10,97 9,14 3,98 3,87 0,19

0,055 0,815 1,00 0,107 317,8 95,2 14,5 17,1 0,00225

Rotationsdauer ms

Anzahl der Monde

5,07 • 10^ 2,10- 10^ 8,62 • 104 8,86 • 104 3,57 • 104 3,84 • 104 6,21 • 104 5,80 • 104 5,52 • 10^

0 0 1 2 17 18 20 8 1

in m s~2

Bild 2-73. Planetariumsprojektor Zeiss-Modell Universarium VIII mit Faseroptiken Photo: Planetarium Jena

2.10. Gravitation und das Gravitationsgesetz (Abschn. 2.10.2) auf. Damit konnte er die Keplerschen Gesetze herleiten. ALBERT EINSTEIN (1879 bis 1955) entwickelte 1915

die allgemeine Relativitatstheorie, die die Newtonsche Gravitationstheorie als Naherung enthalt. Damit konnten die mit der Newtonschen Mechanik nicht erklarbare Periheldrehung der Merkurbahn und die Kriimmung von Lichtstrahlen unter dem EinfluB der Gravitation erklart werden. Die aus diesen Beobachtungen und Theorien bestimmten Bahndaten und PlanetenkenngroBen sind in Tabelle 2-7 zusammengestellt. Simulationen der Bewegungen am Himmel vor dem Hintergrund des Fixsternhimmels werden in Planetarien mit aufwendigen dreidimensionalen Projektionstechniken dargestellt; Bild 2-73 vermittelt einen Eindruck von dieser optomechanischen Spitzentechnik.

81

Die Proportionalitatskonstante G, die Gravitations konstante, hat den Wert m^ . G = (6,673 ± 0,010) • 10-11 kgs^ Die Gravitationskonstante wird mit der Gravitationsdrehwaage nach Bild 2-75 bestimmt. Aus Symmetriegrunden gilt Gl. (2-137) auch fiir homogene Kugeln, wenn r der Abstand des Mittelpunktes ist. Durch Verlagerung der Kugeln mit den Massen W2 von den Lagen A und B in die Lagen A' und B' wird die Richtung der Gravitationskraft auf die kleinen Probemassen m^ umgekehrt, wodurch diese ein Drehmoment auf den Torsionsfaden ausiiben. Die Probemassen m^ drehen sich dadurch um den Drehwinkel Acp, bis erneut das rucktreibende Torsionsmoment des Torsionsfadens das Drehmoment der Gravitationskraft zwischen den Massen mi und m2 kompensiert. Durch eine Lichtzeigeranordnung wird der sehr kleine Drehwinkel A(p meBbar. Torsionsfaden

2.10.2. Newtonsches Gravitationsgesetz Aus der Modellvorstellung elliptischer Planeals Keplersche Gesetze in tenbahnen, Bild 2-72 zusammengestellt, leitete Newton eine Beziehung iiber die gegenseitige Anziehung zweier Korper, die Gravitation, her und verallgemeinerte dies auf die Wechselwirkung zwischen alien materiellen K5rpern. Zwischen zwei beliebigen materiellen Punkten mit den Massen m\ und rui wirkt eine anziehende Kraft, die Gravitationskraft FQ, die dem Abstandsvektor ri2 der materiellen Punkte entgegengerichtet ist, wie Bild 2-74 verdeutlicht. Der Betrag der Gravitationskraft ist

Bild 2-75. Prinzip der Cavendishschen Gravitationsdrehwaage. Ein Vergleich der Gravitationskraft nach Gl. (2-137) mit der Gewichtskraft nach Gl. (2-28) ergibt, daB die Fallbeschleunigung g auf der Erdoberfldche durch die Gravitation der Erdmasse m^ und den Erdradius r^ bestimmt wird:

Bild 2-74. Massenanziehung, Gravitation.

Aus Gl. (2-138) laBt sich mit Hilfe des Zahlenwerts der Gravitationskonstante und d e m bekannten Erdradius r^ = 6370 km die Erdmasse zu m^ = 5,97 • 10^"^ kg berechnen.

82

2. Mechanik

Nach der Newtonschen Gravitationstheorie ist die Zentralkraft, die die Planeten auf den elliptischen Bahnen um die Sonne halt, die Massenanziehung der Planetenmasse durch die Sonnenmasse. Daraus folgt direkt das dritte Keplersche Gesetz (Beispiel 2.10-1). Die Gravitationskraft der Sonne auf die Planeten wirkt parallel zum Radiusvektor und ubt daher auf die Planetenbewegung kein Drehmoment aus, der Drehimpuls ist auf der Planetenumlaufbahn konstant. In der Bahnebene ist die Halfte des Produkts rxdr gerade die vom Radiusvektor iiberstrichene Flache d^ = { | r x d r | . Der Flachensatz (dA/dt = konstant) des zweiten Keplerschen Gesetzes veranschaulicht geometrisch die Drehimpulserhaltung \L\ =

\rxp\=m^

Losung: Wie die Werte der numerischen Exzentrizitat in Tabelle 2-7 ausweisen, haben die meisten Planetenbahnen unseres Sonnensystems Werte von ungefahr null und konnen daher in guter Naherung als Kreisbahnen beschrieben werden. Fiir eine gleichformige Kreisbewegung eines Planeten mit der Masse m^ muB die Gravitationskraft die Zentripetalkraft aufbringen. Bezeichnet man die Masse des Zentralgestirns, der Sonne, mit m^, den Bahnradius der Planeten mit r^ und die Umlaufzeit mit Tp, dann gilt nach GL (2-31) fiir die Zentripetalkraft 4n^ I ^zn I = Wn r„

(DI

^p

Die Gravitationskraft zwischen Sonne und Planet ist nach Gl. (2-137)

dA

dr

Beispiel 2.10-1: Ableitung des dritten Keplerschen Gesetzes fiir kreisformige Planetenbahnen (Mitbewegung der Sonne wird vernachlassigt).

'd/

auf der Planetenbahn. Das erste Keplersche Gesetz folgt aus dem Energieerhaltungssatz auf der Planetenbahn nach Gl. (2-80). Die Herleitung iiber die Kegelschnittgleichung ist mathematisch recht umstandlich.

Durch Gleichsetzen erhalt man ^P

1013

Pluto

m

h

Neptun^/^^ Uranus^^^

Saturn ^ 1012

Jupiter ^ / ^

Mars^/ C2 O

Venus^^ 1011

Z

1010

Merkur^/

. . .....

1

106

107

108

. . ..... 109

1

1

1

1

1 1 1 11

S

1010

Umlaufzeit T Bild2-76. Planeten des Sonnensystems: Zusammenhang zwischen der groBen Halbachse der Planetenbahn und der Umlaufzeit.

2.10. Gravitation

83

Das dritte Keplersche Gesetz lautet (nach der Herleitung in Beispiel 2.10-1) rl G ms . —^ = —:—:r- = Konstant. 7^2 471^

(2-139)

Die Konstante ist unabhangig von der Masse ffip des Planeten. In die Konstante geht nur die Masse m^ des Zentralgestirns, der Sonne, ein. Sie ist fiir alle Planeten eines Sonnensystems gleich. Gl. (2-139) gilt auch fiir den Umlauf von Monden oder Satelliten um Planeten; die Konstante wird dann durch die Planetenmasse bestimmt und betragt beispielsweise bei der Erde 1,01 • 10^^ mVs^. Gl. (2-139) gilt auch fiir elliptische Bahnen; als Radius ist die groBe Halbachse der Ellipsenbahn einzusetzen. Bild 2-76 zeigt in doppellogarithmischer Auftragung die Giiltigkeit des dritten Keplerschen Gesetzes am Beispiel der Planeten der Sonne. Aus den Absolutwerten der Gerade kann die Sonnenmasse zu m^ = 2 • 10^^ kg - 300 000 WE ermittelt werden. 2.10.3. Hubarbeit und potentielle Energie Wird ein Korper der Masse ^2 von einem Korper der Masse mi, beispielsweise der Erde, wegtransportiert oder angehoben, so ist gegen die Gravitationskraft FQ durch eine auBere Kraft F^ Arbeit zu verrichten. Bild 2-77 erlautert dies. Die erforderliche Hubarbeit ist nach Gl. (2-64) K

K

Alle Wegelemente A% auf Kugelschalen um den Massenmittelpunkt von rrix verlaufen senkrecht zur Richtung der Gravitationskraft; die Arbeit auf diesen Teilwegen ist null. Die aufzuwendende Hubarbeit ist, wenn man zu infinitesimalen Wegstiicken iibergeht, ^AB=I^a-dr=-JFG-dr

Bild 2-77. Hubweg gegen die Schwerkraft: Zerlegung in radiate Wegetemente Ar und KugetschalenWegetemente Asj^.

Die Hubarbeit des Korpers mit der Masse ^2 gegen die Gravitationskraft der Masse mj hangt nur vom Abstand r^ und ^2 der Orte vom Massenmittelpunkt von m, ab, nicht aber vom Weg. Diese Hubarbeit wird nach dem Energiesatz Gl. (2-75) als potentielle Energie des Korpers mit der Masse ^ 2 , bezogen auf die Masse mi, gespeichert. Das Bezugsniveau fiir die potentielle Energie einer Masse m2 unter der Massenanziehung der Masse mi wird mit r = oo so gewahlt, daB die Masse m2 die Gravitationskraft der Masse mi nicht mehr spiirt. Wird von diesem Bezugsniveau aus m2 auf mi zubewegt, dann wird Arbeit frei; die potentielle Energie, die zur Umwandlung in andere Energiearten verwendet werden kann, vermindert sich und ist ^pot = J Gmim2 — = - G 00

dr = J Gmim2 —.

Gm\

m2\

1' 1

1 \

vn

-Tj^

. ^

(2-141)

Daraus erhalt man ^AB =

^

(2-140)

Gl. (2-139) bis (2-141) gelten nicht nur fiir Massenpunkte, sondern auch fiir ausgedehnte Korper mit Kugelform. Die Radien sind dabei die Abstande der Massenmittelpunkte. Im Innern von Systemen aus materiellen Punkten

84

2. Mechanik

kommen innere Krafte dazu; die Gravitationskraft stimmt nicht mehr mit Gl. (2-137) liberein. Die potentielle Energie einer Masse mo, die von mehreren Massen mi bis m^ angezogen wird, setzt sich additiv aus den Einzelanteilen nach Gl. (2-141) zusammen: -^pot ~"

- G

mo mi

G

r,

mo 1712 ^2

Die KenngroBe, die sich am Ort r(xo,yQ,zo) der Masse mo summiert, ist das Gravitationspotential (PQ der Einzelmassen m\ bis m^:

(2-142) k=\

^k

Flachen im Raum, auf denen das Gravitationspotential einer Massenverteilung konstant ist, werden als Aquipotentialfldchen bezeichnet; die Aquipotentialflache einer Zentralmasse ist eine Kugelschale um deren Massenmittelpunkt. Ist das Gravitationspotential (pQ an einem Ort r bekannt, so betragt die potentielle Energie einer Masse mo an diesem Ort (2-143)

^pot = ^ 0 (PG {r).

Zur t)bung U 2.10-1: In welcher Hohe H iiber der Erdoberflache hat die Fallbeschleunigung den Wert ^H = 5 m s-2? (Der Erdradius ist R^ = 6,4 • 10^ m.) U 2.10-2: Zwischen Erde und Mond gibt es einen geometrischen Ort, an dem sich die Gravitationskrafte auf einen Korper der Masse m gerade aufheben. Wo liegt dieser „neutrale Punkt"? U 2.10-3: Ein kiinstlicher Satellit lauft in einer Flughohe h = 1000 km auf einer Kreisbahn um die Erde (Erdradius R^ = 6400 km), a) Wie groB ist die Bahngeschwindigkeit v des Satelliten? b) Wie groB ist seine Umlaufzeit T? c) Welche spezifische Arbeit w (auf die Masse m = 1 kg bezogen) ist aufzuwenden, um den Satelliten in diese Bahn zu bringen? d) Welcher Anteil/dieser spezifischen Arbeit entspricht der kinetischen Energie des Satelliten? U 2.10-4: Ein Meteor kommt ohne Anfangsgeschwindigkeit in den Anziehungsbereich der Sonne und fallt auf diese zu. Wie groB ist die Geschwindigkeit des Meteors, wenn er a) sich im Bahnabstand der Erde von der Sonne befindet? b) an einem Ort mit halbem Erdbahnradius ist? c) an der Sonnenoberflache unvergluht ankame? (Sonnenmasse Ws = 2 • lO^^kg; Sonnenradius R^ = 696 000 km; Erdbahnradius /?SE = 150 • 10^ km.) U 2.10-5: Der mittlere Abstand des Jupiter-Mondes Jo vom Planeten Jupiter betragt 4,2 • 10^ km; seine Umlaufzeit ist T = 1 d 18 h 28 min. Berechnen Sie aus diesen Angaben die Masse Wj des Planeten Jupiter.

Die Gravitationskraft auf mo an diesem Ort ergibt sich aus der Umkehrung von Gl. (2-65)

Fc(r) = -mo—^

=

mog(r).

(2-144)

Der Gradient des Gravitationspotentials am Ort r wird als Gravitationsfeldstdrke g definiert. Der Vergleich mit der Beziehung fiir die Schwerkraft nach Gl. (2-28) zeigt, daB Betrag und Richtung der Fallbeschleunigung g an einem Ort die Gravitationsfeldstarke angeben. Ist der raumliche Verlauf der Fallbeschleunigung aus Experimenten oder Simulationsrechnungen bekannt, dann kann iiber eine Integration von Gl. (2-144) der Verlauf der potentiellen Energie berechnet werden.

2.11. Mechanik deformierbarer Korper - Elastomechanik 2.11.1. Deformierbarer fester Korper Beim Einsatz von Werkstoffen in Maschinen sind die Reaktionen auf auBere Kraft- bzw. Momenteinwirkungen auBerordentlich wichtig. Gehen die Form- oder Gestaltanderungen fester Korper nach Beendigung der auBeren Kraft- bzw. Momentenwirkungen wieder vollstandig zuruck, so find en reversible Verformungsprozesse statt, die elastisch sind. Bleiben dagegen Formanderungen zuruck, dann haben irreversible Verformungsprozesse stattge-

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

85

funden, und es sind plastische Verformungen aufgetreten. 2.11.1.1. Elastische Verformung Spannungen Die KenngroBe fiir die Beanspruchung von Festkorperteilchen ist die Spannung S. Sie ist der Quotient aus der Teilkraft dF und dem Flachenelement dA, wie Bild 2-78 zeigt:

Bild 2-79. Dreiachsiger Spannungszustand. o Normalspannung, T Schubspannung drei Normalspannungen CTX, (jy,
Verformungen

In der Praxis mechanischer Beanspruchungen wird die Spannung in der MaBeinheit N/mm^ gemessen; es ergeben sich dann handliche MaBzahlen. Wird nach Bild 2-78 die Teilkraft dF in ihre Normalkomponente dF^ und ihre Tangentialkomponente dF^ zerlegt, dann ergeben sich eine Normalspannung a und eine Schubspannung x (Tangentialspannung):

Wirken auf einen Korper auBere Krafte bzw. auBere Momente ein, so erfahrt er Verformungen. Grundsatzlich sind zwei Verformungsmoglichkeiten denkbar, die Dehnung e und die Schiebung y. Fiir die Dehnung gilt allgemein

Dabei bleiben die rechten Winkel am Korperelement erhalten. Mit Schiebung oder Scherung wird eine Winkeldnderung bezeichnet: In einem wurfelformigen Korperelement laBt sich, wie Bild 2-79 zeigt, der Spannungszustand vollstandig beschreiben durch — drei Normalspannungen o^.Oy, (TZ und — sechs Schubspannungen Tx,y, TXZ? 'z^yx? 'Z'yz, ^z X 9 ^z

y

Dabei gibt der erste Index die Schnittebene und der zweite die Wirkungsrichtung an; z.B. liegt Txy in der ;v:-Ebene und wirkt in der j-Richtung. Da aus Symmetriegrunden ^xy = '^yx,

Txz = Tzx

UUd

Tyz = Tzy

ist,

wird

der Spannungszustand durch die Angabe von

Schiebung 7= Winkelanderung y. (2-149) In diesem Fall bleiben die Kantenlangen /Q des Korperelementes gleich, und es ergibt sich ein Abweichungswinkel y vom rechten Winkel (ausgedriickt im BogenmaB). In der Praxis werden iiblicherweise vier Verformungsarten unterschieden. Bild 2-80 zeigt die Unterschiede, KenngroBen und GesetzmaBigkeiten.

86

2. Mechanik

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2.11. Mechanik deformierbarer Korper Dehnung Im elastischen Bereich ist die Langenanderung A/ proportional zur Normalkraft F^. Mit der Definition der Dehnung e als relative Langenanderung £ = A/// (Gl. (2-148)) und Gl. (2-146) fur die Zug- bzw. Druckspannung (7 = dFJdA ergibt sich das Hookesche Gesetz (R. HooKE, 1635 bis 1703) fur die elastische Verformung:

87

Querdehnung £q ist die relative Dickenanderung:

Die Querdehnung ist der Dehnung proportional, so daB gilt (2-153)

eQ = — fxs.

(2-150)

a = E e.

Der Proportionalitatsfaktor ist der Elastizitdtsmodul E, der im allgemeinen Fall die Normalspannungsanderung da, bezogen auf die Dehnungsanderung de, beschreibt und zeitabhangig sein kann:

Der Proportionalitatsfaktor fi wird als Querdehnungszahl oder Poissonzahl (S. D. POISSON, 1781 bis 1840) bezeichnet. Ihr Wert ist immer positiv, aber kleiner als 0,5. Das Minuszeichen in Gl. (2-153) kennzeichnet die Gegenlaufigkeit von Langenanderung und Dickenanderung. Die bei der Querkontraktion auftretende Volumendifferenz A V errechnet sich fur einen achsensymmetrischen, prismatischen Stab aus der Differenz zwischen dem Volumen nach der Verformung V und dem urspriinglichen Volumen Vo zu

Der Elastizitatsmodul ist eine WerkstoffkenngroBe, die fur praktische Zwecke meist in der ^V= V'-Vo = (d+ Ady (I + M)-d^L MaBeinheit N/mm^ oder GN/m^ geschrieben ist. Tabelle 2-8 enthalt einige Festigkeitskenn- Die Summenglieder hoherer Ordnung sind zahlen. — In Gl. (2-151) sind Zugspannungen gegeniiber den Gliedern erster Ordnung verpositiv und Druckspannungen negativ einzu- nachlassigbar. Somit ergibt sich setzen. AV=d^M-^2dlAd. Querdehnung Die angreifende Normalkraft F^ verursacht auBer der Langenanderung A/ auch eine materialspezifische Dickenanderung A^f. Die

Fur die relative Volumenanderung eines stabformigen Korpers unter eindimensionaler Zugbeanspruchung gilt 2d I Ad A/ Ad AF d^M •+ d'l d'l

Tabelle 2-8. Kennzahlen fiir die Festigkeit einiger Werkstoffe. Werkstoff

Eis Blei Al (rein) Glas Gold Messing (kaltverf) Kupfer (kaltverf) V2A-Stahl

Bruchdehnung

Zug- bzw. Druckfestigkeit CTB in GN/m^

Querdehnungszahl M

KompressionsModul K in GN/m^

SchubModul G in GN/m^

0,33 0,44 0,34 0,17 0,42

10 44 75 38 180

3,7 5,5 bis 7,5 27 33 28

0,5 0,5

0,014 0,013 0,09 0,14

100

0,38

125

36

0,05

0,55

126 195

0,35 0,28

140 170

47 80

0,02 0,45

0,45 0,7

ElastizitatsModul E in GN/m^ 9,9 17 72 76 81

^B

88

2. Mechanik lang. Er wird um 5 mm verlangert. Zu berechnen sind die Dehnung e, die Zugspannung (T^ und die ZugkraftF^.

Man erhalt also AV

(2-154)

= £(1-2//).

Der Volumenunterschied ist fur positive Spannungen definitionsgemafi positiv; nach Gl. (2-154) istdaher 1 - 2 / / > 0 und 0 < / i ^ 0,5.

Losung: Fiir die Dehnung gilt €=M/l= 1,67 • 10^ = 0,17%. Die Zugspannung ist GJ, = E 8 = 333 N/mm^, und die Zugkraft betragt F,=(7^^ = 333,33 • j d^=5S9 N. Scherung

Allseitige

Kompression

Wenn ein Korper einer allseitigen isotropen Druckbeanspruchung G = — Ap unterliegt, dann ist die Volumenanderung nach Gl. (2-154) —

=3£(l-2//).

(2-155)

Wirken Querkrafte F^ parallel zur Oberflache auf einen Korper, dann erfahrt dieser eine Scherung um den Scherwinkel y (siehe Bild 2-80). Diese Beanspruchungsart ruft also eine Gestaltsanderung des Korpers hervor. Zwischen der Schubspannung r = Fi/A und dem Scherwinkel y gilt der dem Hookeschen Gesetz analoge Zusammenhang

Mit e = G/E und a = — Ap erhalt man ApV

E

AV

3(1-2//)

T= G y.

Analog zum Elastizitatsmodul E beschreibt der Kompressionsmodul

die erforderliche Druckanderung, bezogen auf die relative Volumenanderung; er ist immer positiv. In der Praxis wird K meist in MN/m^ angegeben. Zwischen den KenngroBen der elastischen Verformung besteht der Zusammenhang K =3(1-2//)

(2-159)

K.

(2-157)

Der Proportionalitatsfaktor wird Schubmodul G genannt. Er ist ein MaB fur die Gestaltelastizitdt fester Korper. (In Gl. (2-159) ist der Scherwinkel y im BogenmaB einzusetzen.) Analog zum Elastizitatsmodul E nach Gl. (2-151) ist der Schubmodul

das Verhaltnis der Schubspannung zum Scherwinkel. Zwischen Elastizitatsmodul E, Querdehnungszahl // und Schubmodul G besteht der Zusammenhang

Die relative Volumenanderung AV/V eines Korpers bei einer isotropen Druckanderung Ap ist die Kompressibilitdt AF V_ x= — Ap

Durch Umformen ergibt sich E/2 G = 1 +//. Da // zwischen 0 und 0,5 liegt, ergibt sich fur den Schubmodul ein Bereich von K'

(2-158)

Beispiel 2.11-1: Ein Draht aus Federstahl (£ = 2 • 10^ N/mm^) hat einen Durchmesser d=\,5 mm und ist / = 3 m

Diese Beziehungen gelten nur fur isotrope Werkstoffe. Konstruktionswerkstoffe sind meist

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

89

Tabelle 2-9. Raumliche Spannungszustande.

x-Komponente

>^-Komponente

z-Komponente

Normalspannung a

Dehnung e

E 1 1 +// \

E

fie \ 1 -2jul

^^^if^^^T^) E 1 l+ju \

MS \ 1 -2fil

quasiisotrope Werkstoffe. Fiir anisotrope Einkristalle miissen dagegen die Richtungsabhangigkeiten der KenngroBen beriicksichtigt werden. Die in diesem Abschnitt aufgezeigten Zusammenhange zwischen Normalspannungen a und Dehnungen e bzw. Schubspannungen T und Schiebungen y gestatten die allgemeine Formulierung des Hookeschen Gesetzes fur alle drei Raumrichtungen. Alle moglichen Belastungsfalle konnen hieraus errechnet werden. Tabelle 2-9 vermittelt eine Ubersicht. Elementare Belastungsfalle Bild2-81 zeigt die vier elementaren Belastungsfalle Zug bzw. Druck, Scherung, Biegung und Torsion, ihre zugehorigen Normalund Schubspannungen, Dehnungen und Schiebungen sowie einige Beispiele. Daraus ist ersichtlich, dafi bei reinem Zug bzw. Druck sowie reiner Biegung keine Schubspannungen und Schiebungen vorhanden sind, wahrend bei reiner Scherung bzw. Torsion keine Normalspannungen und Dehnungen auftreten. In der Praxis treten diese vier elementaren Belastungsfalle kombiniert auf Dann konnen sie unter Verwendung von Tabelle 2-9 und Bild 2-81 ermittelt werden.

Schiebung y

^xy = ^

^xy ~ ~^ "^xy

1 7x7

1

1

1

^xz = <^ 7xz

/xz

T^^ = G yyz

>^yz — ~

^

^xz

1 ^yz

Haufig treten Beanspruchungen an Bauteiloberflachen auf, in denen die Hauptachsen 1, 2 und 3 mit den Koordinatenachsen x, y und z zusammenfallen. Fiir diese Falle lassen sich die gesuchten Hauptspannungen durch ein graphisches Verfahren nach Mohr (C. O. MOHR, 1835 bis 1918) ermitteln. Es ergeben sich drei Kreise, die Mohrschen Spannungskreise. Wenn jedoch in alien Ebenen x, y und z von null verschiedene Schubspannungen auftreten, dann versagt diese Methode. Die gesuchten Hauptspannungen miissen dann durch aufwendigere mathematische Verfahren errechnet werden. Um die Gleichung fiir den Mohrschen Spannungskreis aufzustellen, wird ein Bauteil mit einer Zugkraft F^ beansprucht. Deshalb ist die Normalspannung a^ bereits Hauptspannung, wie Bild 2-82 zeigt. Wird eine Ebene A'^ betrachtet, die um den Winkel (p verdreht ist, dann kann die Zugkraft F^ in eine Komponente F^ senkrecht zur Ebene A'^ und in eine Komponente F^ tangential dazu zerlegt werden. Es gel ten F^ = F^ cos (p und F^ = F^ sin (p. Damit ergeben sich fiir die beziiglich der Ebene A'^ = A/coscp wirkende Normalspannung G^ bzw. die Schubspannung T^ ^n ^(p

=

''^^

Hauptspannungen Als Hauptspannungen werden die Normalspannungen G bezeichnet, fiir die keine Schubspannungen auftreten. Die Hauptspannungsrichtung nennt man Hauptachse. Ein Spannungszustand ist demnach vollstandig beschrieben, wenn alle drei Hauptspannungen G\, (72, 0-3 und deren Hauptachsen bekannt sind.

Schubspannung r

<7x (^(p =

F

1

=

(2-163) (2-164)

+ cos (2 (p)) und F

T^

cos^ (p = cTx cos''(p Oder

' A^ "A

sin (p cos (p = -

2

sin ( 2 ^ ) . (2-165)

In dem skizzierten Fall gilt fiir die Hauptspannungsrichtung r^ = 0, weil ^ = 0 ist.

90

2. Mechanik

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175

PQ

^

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

91

Die maximale Schubspannung z^ax tritt fur sin (2(p)= \ auf. Aus dieser Bedingung folgt 2(p = 90° Oder (p = 45°. Fiir diesen Winkel wird nach Gl. (2-165) die maximale Schubspannung Tmax = - ^x/2. Die zugehorige Normalspannung betragt ebenfalls a = a^/2. Werden aus Gl. (2-164) und (2-165) unter Beriicksichtigung von sin^ (2 cp) + cos^ (2 ^) = 1 die Winkelfunktionen eliminiert, so ergibt sich folgender Zusammenhang zwischen a^p und r^:

Diese Gleichung beschreibt den Mohrschen Spannungskreis in der o-^-r^-Ebene mit dem Radius r = {(jJ2) und dem Mittelpunkt (^x/2/0) (Bild 2-82 b). Der Spannungskreis zeigt die Normal- bzw. Schubspannungen, die an einem um den Winkel cp verschobenen

Bild 2-82. Zur Herleitung des Mohrschen Spannungskreises.

^ ,I N mm^

—-^-^Kreis 3 Kreis 1 ^ ^.

/

/ o =o ^ mm

I

^

y

// \ \ ^ \\

mm

^x - ^ ^^ = 20 mm

10Kreis 2

\\l

/ /.2(p=67°

V 1

-20

\^^^^

20-

K-io

jK

10

\

/ ~^^~

mm

\^^

^

\

A

1

/20

30

^y

Bild 2-83. Mohrsche Spannungskreise fur Beispiel 2.11-2.

H^

40 I

J

^

''

'

mm mm

- ^

^^^1=^2,5^

0

92

2. Mechanik

Flachenelement wirken, wenn die Normalspannung Oy^ bereits Hauptspannung ist. Beispiel 2.11-2: Gegeben sei folgender Spannungszustand (dreiachsige Zugbeanspruchung): o^= ay=

lON/mm^, 30N/mm^,

^2 = - 15 N/mm^,

Txy = - 20N/mm^, TXZ = 0 , Tyx= 20N/mm^, Tyz = 0, TZX=

0,

Tzy = 0.

Gesucht sind die Hauptspannungen o\, oi und o^ sowie die Winkelabstande der Hauptachsen 1, 2 und 3 von den Raumachsen x, y und z.

Q -at Bild 2-84. Mechanische Hysterese.

Losung: Zur Losung wird das graphische Verfahren nach Mohr angewandt. Die Mohrschen Spannungskreise werden gemafi Bild 2-83 konstruiert. a) Es werden alle Angaben der Normal- bzw. Schubspannungen in das cr-T-Diagramm eingezeichnet (schwarze Punkte in Bild 2-83). b) Die Punkte iajxy^^) und (o-y/iyx) mussen auf einem Kreis liegen. Ihre Verbindungsgerade ist der Durchmesser dieses Kreises, der die cr-Achse im Mittelpunkt Mi schneidet. Damit kann der Kreis 1 gezeichnet werden. c) Der Mohrsche Spannungskreis 1 liefert als Schnittpunkte mit der cr-Achse (T = 0) die Werte o\ = 42,5 N/mm^ und ^2 = - 2,5 N/mm^ fiir die Hauptspannungen (weiBe Punkte in Bild 2-83). d) Die beiden anderen Kreise 2 und 3 lassen sich eindeutig konstruieren. e) Zwischen der Hauptachse 1 und der >^-Ebene liegt der Winkel 2(p = 61° oder (p = 33,5°.

nen, und der Kdrper bleibt deformiert. Bild 2-84 zeigt die Hysteresekurve einer elastischplastischen Verformung. Ihr Verlauf ist analog zur magnetischen Hysterese B =f(H) (Abschn. 4.4.4.2, Bild 4-106). Wird der Korper erstmalig elastisch verformt, dann durchlauft er die Kurve OP. Bei Verringerung der Spannung wird eine andere Kurve durchlaufen. Ist der Korper vollig spannungsfrei, so bleibt eine Restdehnung CQI tibrig, die nur durch einen entgegengesetzten Druck aufgehoben werden kann. Wird der Druck nach dem Hochstwert Q wieder zuriickgenommen, so bleibt der Korper um £92 gestaucht, so daB es eines Zugs bedarf, um ihn wieder in die Ausgangslage zu bringen. Die Arbeit, die wahrend eines Spannungs-Dehnungs-Zyklus im Korper bleibt, ist p

w=

Elastische Energie Bei der Langen- bzw. Volumenanderung von Korpem wird Arbeit verrichtet. Nach der Definitionsgleichung fiir die Arbeit W=^Fdl gilt wegen F= oA und dl= Is

W=iaAlde=

FJade;

(2-167)

hierin ist V das Ausgangsvolumen. Ist die Verformung v511ig elastisch, so wird die Verformungsarbeit als potentielle Energie im Korper gespeichert und bei der Entlastung wieder freigesetzt. 2.11.1.2. Plastische Verformung Bei der plastischen Verformung wird nur ein Teil der Verformungsenergie wiedergewon-

• ^ ( ! "

de +1" d£ U-v^ ode. Q (2-168)

Die Verlustenergiedichte w* = W/V= § a de der plastischen Verformung entspricht der Fldche der Hysteresekurve im SpannungsDehnungs-Diagramm. In dem Spannungs-Dehnungs-Diagramm lassen sich unter Zugbeanspruchung mehrere Bereiche unterscheiden. In Bild 2-85 sind diese anhand des Spannungs-Dehnungs-Diagramms von Federstahl 55 Si 7 erlautert: - elastischer Bereich (0 bis El): Es gilt das Hookesche Gesetz, d.h., die Verformung geht bei Entlastung wieder zuriick; — elastisch-plastischer Bereich (El bis PI): Nach der Entlastung geht die Dehnung

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

93

nicht mehr vollstandig zuriick, ein Teil der Verformung bleibt; — plastischer Bereich (PI bis S): Nach der Entlastung bleibt die Dehnung naherungsweise erhalten, der Korper ist verformt; — Bruchpunkt B: Bei dieser Spannung bricht das Material.

Q. CO

2

3

4

5

6

7 % 8

Dehnung e

Bild2-85. Spannungs-Dehnungs-Diagramm Zugversuchs fur den Federstahl 55Si7.

eines

Bild2-86. Prufmaschine fur den Zugversuch nach DIN 50 145. Werkphoto: Zwick^

Zur Messung des Spannungs-Dehnungs-Verlaufs fiir metallische Werkstoffe wird der Zugversuch nach DIN 50145 durchgefuhrt. Bild 2-86 zeigt eine Universal-Prufmaschine. Beim Zugversuch sind zwei unterschiedliche Spannungs-Dehnungs-Verlaufe zu unterscheiden, wie Bild 2-87 zeigt. Entweder erfolgt der Ubergang vom elastischen in den plastischen Bereich monoton oder nicht monoton. Erfolgt der Ubergang stetig (Bild 2-87 a), dann wird als Dehngrenze R^ diejenige Spannung herangezogen, die zu einer bestimmten plastischen (bleibenden) Dehnung ^r gefuhrt hat. Ublich ist die 0,2%-Dehngrenze Rpo,2- Ei^^ Parallele zur Hookeschen Geraden (gestrichelte Linie) schneidet die Spannungs-Dehnungs-Kurve im Punkt mit der Ordinate Rpoa- ^^ ^^^^ 2-85 ist Rpo,2= 1080N/mml Die Spannung, die zur Hochstzugkraft gehort, ist die Zugfestigkeit R^. In Bild 2-85 ist /?m= 1275 N/mm^. Die Zugfestigkeit reiner Metalle betragt /?m= 10 bis /?„! = 20 N/mm^ (z.B. Blei), diejenige hochfester Stable i?m = 2500 bis Rm = 4500 N / m m l Die sehr haufig im Maschinenbau eingesetzten Bau- und Vergiitungsstahle haben eine Zugfestigkeit zwischen R^ = 400 und /?„!= 1200 N/mm^. Bleibt bei zunehmender Dehnung die Zugkraft erstmalig gleich oder fallt sie ab, dann ist die Streckgrenze erreicht. Beim nicht monotonen Ubergang vom elastischen in den plastischen Bereich wird eine obere Streckgrenze RQH und eine untere Streckgrenze 7?eL unterschieden (Bild 2-87 b). Aus der Spannungs-Dehnungs-Kurve laBt sich auch der Elastizitdtsmodul E nach Gl. (2-151) ableiten. Er ist die Steigung der SpannungsDehnungs-Kurve im Ursprung. In Bild 2-85 ist £ = 2 • 10^ N/mm^. Eine weitere WerkstoffkenngroBe ist die Bruchdehnung e^, also die Dehnung im Bruchpunkt B. In Bild 2-85 ist £B = 6%. Die plastische Verformung hinterlaBt keine Volumenanderung (AF=0). Dies bedeutet,

94

2. Mechanik b)

i

R'eHu

U

/?P.

-

-£ =

da de

la e% 0,2%

Bild2-87. Spannungs-Dehnungs-Verlaufe bei Zugversuchen mit a) stetigem Ubergang vom elastischen in den plastischen Bereich und b) unstetigem Ubergang.

daB die Querdehnungszahl nach Gl. (2-155) V = 0,5 betragt. Flir diese reinen Gestaltsanderungen sind also nur Schubspannungen verantwortlich. Sie bringen ganze Kristallebenen entlang bestimmter Gitterbaufehler {Versetzungen, Abschn. 9.1.3.2) zum Abgleiten, ohne daB sich das Kristallgitter geandert hat. Die aus den Zugversuchen errechneten Materialkennwerte miissen unter gleichen Versuchsbedingungen (DIN 50 145) stattfinden. Hierzu zahlen die Versuchstemperatur (z.B. 18 bis 25 °C) und die im Zugversuch gefahrene Zuggeschwindigkeit zwischen den Spannungswerten 10 N/mm^ und 30 N/mm^.

wendungsgebiete aufgezeigt. Wichtig ist die Angabe der Prufbedingungen beim Dokumentieren der Hartegrade. Brinell-Verfahren (HB) nach DIN 50 351

Hierbei wird eine Kugel aus gehartetem Stahl oder Hartmetall mit einer Prufkraft F in die Oberflache des zu priifenden Werkstoffs gedriickt und der Durchmesser d der Eindriickkalotte gemessen. Der Quotient aus Prufkraft F und eingedriickter Oberflache A ist der Brinell-Hdrtewert HB. Er wird nach Gl. (2-169) in Bild 2-88 errechnet. Der Faktor 0,102 rechnet die SI-Krafteinheit N in kp um (1 N ^ 0,102 kp). Durch diesen Kunstgriff 2.11.1.3. Harte fester Korper bleiben die alten Hartewerte unverandert. Letztendlich bedeutet dies jedoch, daB unverDie Hdrte eines Stoffs ist der Widerstand gegen das Eindringen eines anderen Korpers. standlicherweise die Einheit kp/mm^ kiinstlich beibehalten wird. In Bild 2-88 sind die Am haufigsten werden in der Materialpriifung zur Hartebestimmung metallischer Werk- Prufbedingungen angegeben. Dieses Hartestoffe statische Eindring-Hdrteprufverfahren ein- priifverfahren wird nur flir weiche Werkstoffe gesetzt. Dabei driickt man einen Probekorper angewandt. mit einer Priifkraft F stoBfrei in einer bestimmten Zeit in das zu prufende Material Vickers-Verfahren (HV) nach DIN 50 137 und miBt den Eindruck oder bestimmt die Eindringtiefe. In Bild 2-88 sind die drei Hierbei wird statt einer harten Kugel eine Diamantpyramide mit einer quadratischen wichtigsten Verfahren, das Grundflache mit einer Prufkraft F (Kleinlast— Brinell-Verfahren, bereich 1,96 N bis 49 N, Normallastbereich — Vickers-Verfahren und 49 N bis 980 N) in den zu prufenden Werk— Rockwell-Verfahren stoff gedriickt und der Eindruck d = {dx-\- d-i)/! ermittelt. Die Auswertung erfolgt nach Gl. vergleichend gegeniibergestellt und das MeB(2-170). Der Faktor 0,102 riihrt wie bei der prinzip, die Auswertungsformeln und die An-

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

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96

2. Mechanik

Formel zur Errechnung der Brinell-Harte (Gl. (2-169)) von der Umrechnung von N in kp her. Diese Hartepriifmethode ist fiir weiche und harte Werkstoffe einsetzbar. Die BrinellHarte kann naherungsweise 1:1 in die VickersHarte umgerechnet werden. Nach DIN 50 150 kann man die Zugfestigkeit R^ fiir Stahl aus der Vickers-Harte nach der Beziehung Rm ~ 3,38 HV als ersten Anhaltspunkt abschatzen. Rockwell-Verfahren (HR) nach DIN 50 103 Hierbei wird die Harte aus der Eindringtiefe eines Probekorpers direkt ermittelt. Eine Priifvorkraft FQ (98 N) stellt einen sicheren Kontakt zum Priifling her und erzeugt die Eindringtiefe ^0, die die Bezugsskala darstellt. Durch mindestens viermal so groBe Priifkrafte wird die Eindringtiefe 5^ bestimmt, aus der an einer Skala der Hartewert direkt abgelesen werden kann. In der Praxis werden zwei Varianten eingesetzt, das Rockwell-B-Verfahren (HRB) und das Rockwell-C-Verfahren (HRC). Beide Verfahren benutzen die Prlifvorkraft /^o = 98 N und legen den HartemaBstab auf 2 |am je Harteeinheit fest. Der groBe Vorteil bei der Hartemessung nach Rockwell ist die Automatisierbarkeit der Methode. Ein Nachteil ist die im Vergleich zum Brinell- und VickersVerfahren geringere MeBgenauigkeit. Obwohl die Hartewerte nach Brinell, Vickers und Rockwell auf unterschiedliche Weise ermittelt werden, konnen die Hartegrade innerhalb bestimmter Bereiche ineinander umgerechnet werden. Die Vickers-Harte ist der BezugsmaBstab, weil diese Methode das ganze Hartespektrum von weich bis extrem hart iiberdeckt. Die Hartevergleichstabellen sind in DIN 50 150genormt.

2.11.2. Ruhende Fliissigkeiten (Hydrostatik) und Gase (Aerostatik) Wahrend bei festen Korpern das Volumen (Dichte) und die Gestalt (Form) bestimmt sind, weil die Atome wechselseitig fest aneinander gebunden sind (Abschn. 9.1.1), haben Fliissigkeiten zwar ein bestimmtes Volumen, aber eine unbestimmte Gestalt. Die Molekulbindungen der fliissigen Stoffe sind verhaltnismaBig schwach, so daB sich die Molekiile leicht gegeneinander verschieben konnen. Die Molekiilabstande in Fliissigkeiten sind jedoch noch vergleichbar mit denjenigen von Festkorpern, so daB sich Fliissigkeiten kaum zusammenpressen lassen. Gase haben weder ein bestimmtes Volumen noch eine bestimmte Gestalt. Die Bindungskrafte sind so gering, daB sich die Gasteile sehr leicht gegeneinander verschieben und die Gasvolumina zusammendriicken lassen. 2.11.2.1. Druck Aufgrund der leichten Verschiebbarkeit der Molekiile in Fliissigkeiten und Gasen wirken sich Krafte auf Fliissigkeits- und Gasvolumina im Grenzfall unendlich langsamer Veranderungen (statischer Grenzfall) sofort auf das Gesamtvolumen aus. Es kommt zu einem einheitlichen Zustand in den Fliissigkeiten und Gasen, der durch den Druck p beschrieben wird. Dieser ist definiert als Quotient aus der Kraft dF, die senkrecht auf ein Flachenelement dA der Begrenzungsflache wirkt:

Zur Ubung U 2.11-1: Ein Stahlstab der Lange /= 1,5 m rotiert um eine Achse, die senkrecht zur Stabachse durch ein Stabende geht. Bei welcher Drehzahl reiBt der Stab? (i?jn = 450 N/mm^). U 2.11-2: Eine Taucherkugel aus V2A-Stahl {E = 2- 10^N/mm^ und v = 0,3) hat einen Innenradius von 2 m und eine Wanddicke von 12 cm. Sie wird in eine Wassertiefe von 10 km gebracht. Wie 6A ^ ^ 1 groB sind die prozentuale Anderung des Radius Bild 2-89. Zur Definition des Drucks. und die Spannungen?

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

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98

2. Mechanik

Durch die Vereinbarung, dafi, wie in Bild 2-89 gezeigt, dFdie Kraftkomponente senkrecht zur Begrenzungsflache dA ist, wird die Kraftrichtung festgelegt. Der Druck ist also eine skalare physikalische GroBe mit der MaBeinheit 1 N/m^ = 1 Pa. Die DruckmaBeinheit ist nach dem franzdsischen Physiker Pascal (B. PASCAL^ 1623 bis 1662) benannt. Eine weitere spezielle SI-Einheit fiir den Druck ist 1 bar= 10^ Pa. Der irdische Luftdruck liegt bei /? ^ 1 bar. Bild 2-90 zeigt die zur Druckmessung eingesetzten MeBgerate (Manometer), deren Anwendungsgebiete und einzelne Manometerbauformen. Im wesentlichen gibt es vier Arten: Flussigkeits-, Kolben- und Federmanometer sowie elektrische Druckmesser. Die Flussigkeitsmanometer eignen sich zur Messung geringer Druckdifferenzen, und die Kolbenmanometer sind robuste MeBgerate. Weil sie einfach gebaut, robust und preiswert sind, sind die federelastischen Manometer am weitesten verbreitet (z. B. das Aneroid-Barometer zur Messung des barometrischen Drucks). Bei den elektrischen Druckmessern wird die mechanische Druckenergie durch verschiedene Effekte direkt in elektrische Energie umgewandelt. Sie werden zur Messung sehr kleiner oder sehr groBer Driicke sowie zur Druckverfolgung bei schnell wechselnden Druckverteilungen hoher Frequenzen eingesetzt. Sie haben den Vorteil, daB ihre elektrischen Ausgangssignale direkt zur Steuerung und Regelung weiterverarbeitet werden konnen. Bei der Auswahl eines geeigneten Manometers sind vor allem folgende Punkte zu beriicksichtigen: - Aggregatszustand des MeBstoffs - Druck, Temperatur und weitere Stoffeigenschaften des MeBstoffs sowie - Beeinflussung des Zeitverhaltens der MeBeinrichtung durch die MeBanordnung.

—

(2-172)

=-KAp.

Die Kompressibilitat x mit der MaBeinheit Pa~^ ist die Proportionalitatskonstante; das Minuszeichen kennzeichnet die gegenlaufigen Anderungen von Volumen und Druck. Wegen der Volumenanderung erfolgt auch eine Anderung der Dichte Q= m/V dev Flussigkeiten und Gase. Es gilt AV m—7

AV = — P

und damit ^^

A

= xAp.

(2-173)

Q

Die Kompressibilitat x der Flussigkeiten ist im Vergleich zu den Werten bei Gasen sehr klein. Die Eigenschaft von Flussigkeiten, leicht verschiebbar und ndherungsweise inkompressibel zu sein, wird in der Technik zur raumlichen Kraftiibertragung ausgeniitzt (Hydraulik). Bild 2-91 zeigt als Anwendung dieses Effekts die hydraulische Presse. Diese hat zwei bewegliche Kolben mit unterschiedlichen Querschnittsflachen A^ und A2. Die Riickschlagventile ermoglichen wiederholte PumpstoBe auf den PreBkolben: Durch Offnen des Absperrventils kann der PreBkolben wieder zuriickgefahren werden. Wird der Pumpenkolben durch eine Kraft F^ reibungsfrei um die Wegstrecke s^ verschoben, so druckt das verschobene Volumen den PreBkolben mit einer Kraft F2 um die Wegstrecke ^2 i^ach oben. Wegen der Gleichheit des Volumens (Inkompressibilitat der Flussigkeiten) gilt A^Sx=A2S2.

Empfehlungen fiir eine meBtechnisch sinnvolle Druckbestimmung sind in der VDI/ VDE-Richtlinie 3512, Blatt 3 (MeBanordnungen fiir Druckmessungen) enthalten.

Ferner muB die am Pumpenkolben aufgewandte Arbeit W^ = Fx s^ gleich der am PreBkolben frei werdenden Arbeit W2 = F2 ^2 sein. Es gilt FxSx = F2S2. Durch Division erhalt man

2.11.2.2. Kompressibilitat Druckerhohungen bewirken bei Flussigkeiten und Gasen eine Volumenabnahme. Naherungsweise ist die relative Volumenanderung AF/Kproportional zur Druckanderung Ap:

= Odtx P\=P2=P' Ax A2 Fiir die Kraft F2 am PreBkolben folgt

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

VorratsgefaS

99

kF.

U PumpenKolben -4,

wsmm Ventil

///7/////y/////7//A

U FT PreSkolben

T

^2

Ventil Absperrventil

Bild2-9L

Hydraulische Presse, schematisch.

Dies bedeutet, daB die Kraft Fi im PreBkolben um das Verbaltnis A2'.Ax groBer ist als die Pumpkraft F\. Fiir kreisformige Kolben mit den Durchmessem dx und di ergibt sich (2-174) Weitere Hydraulikanwendungen sind Flussigkeitsbremsen, hydraulische Hebebuhnen oder Druckwandler. Bild 2-92 zeigt das Prinzip. Wird die Kraft auf zwei Kolben unterschiedlicher Flache konstant gehalten, so treten Druckunterschiede auf (/7i
Sie hangt nur vom Gasdruck und nicht von der Gasart ab. Die in komprimierten Gasen gespeicherte mechanische Arbeit laBt sich wegen der leichten Verschiebbarkeit der Gasmolekiile in einem Gasvolumen an jeder Stelle entnehmen. Komprimierte Gase, vor allem PreBluft, werden in Maschinenanlagen als Energietrager fiir Arbeitsprozesse und Steuerungen eingesetzt (Pneumatik). Die Expansionsvorgange, besonders bei pneumatischen Regelungen, erfolgen dabei im allgemeinen so schnell, daB die Arbeitsabgabe isentrop erfolgt (Abschn. 3.3.4.4). 2.11.2.3. VolumenausdehnungskoefHzient

-

Pi

-

m^ M ^ : - ^ 2 - : W

Bild 2-92. Druckwandlung.

Gase sind sehr kompressibel. Fiir ideale Gase kann die isotherme Kompressibilitat Xi^ Gas aus der Zustandsgleichung (Abschn. 3.1.5, Gl. (3-20)) berechnet werden: 1 ^ i d . Gas "~ •

(2-175)

Temperaturanderungen hT andern ebenfalls das Volumen von Fliissigkeiten und Gasen. Die relative Volumenanderung AK/FQ ist na-

herungsweise proportional zur Temperaturanderung:

y ist der Volumenausdehnungskoeffizient; seine MaBeinheit ist K~^ In der Technik wird als Bezugsvolumen das Volumen FQ bei i9o = 0°C angesetzt. Betragt die Dichte bei ^o = 0 ° C ^0 = m/Fo, so andert sie sich infolge der tem-

100

2. Mechanik

peraturbedingten Volumenanderung. Bezogen auf das Volumen V=Vo-\-AV=Vo(l-\-yAS) ist die Dichte

Der Volumenausdehnungskoeffizient der Fliissigkeiten ist klein im Vergleich zu dem von Gasen (Abschn. 3.1.4). Fiir alle idealen Gase ist er gleich und betragt y = I/TQ = 1/273,15 K"^ = 0,00366 K - \ 2.11.2.4. Schweredruck Durch die Gewichtskraft der Molekiile wird in tieferen Schichten von Fliissigkeiten und Gasen die Kraft auf die Begrenzungsflache des Fliissigkeits- oder Gasvolumens erhoht. In groBeren Tiefen ist der Druck in der Fliissigkeit Oder im Gas um den Schweredruck erhoht. Die Druckerhohung dp bei einer kleinen Zunahme dy der Hohe der Fliissigkeits- oder Gassaule betragt dp =

(2-178)

Qgdy.

Q ist die Dichte der Fliissigkeits- oder Gasschicht in der Hohe y.

Dies bedeutet, dai3 der Schweredruck von Fliissigkeiten lediglich von der Fiillhohe, nicht aber von der Form des GefaBes abhangt. Man spricht hierbei vom hydrostatischen Paradoxon. Die Summe von auBerem Druck/?^ und Schweredruck Py wird hydrostatischer Druck p^^y^ genannt. Die Abhangigkeit des hydrostatischen Drucks von der Hohe j (Bild 2-93 ergibt sich aus

Wie Gl. (2-180) zeigt, kann zur Druckmessung die Hohe einer Flussigkeitssaule verwendet werden {Flussigkeitsmanometer). Der Schweredruck von 10 m Wasser betragt nach Gl. (2-179) etwa 1 bar = 10^ Pa. Der Schweredruck auf eine seitliche Flache ^s wird Seitendruck genannt. Da der Schweredruck proportional zur Tiefe y zunimmt, greift die resultierende Kraft F^ nicht im Flachenschwerpunkt S, sondem in einem tiefer gelegenen Punkt, dem Druckmittelpunkt S' an, wie Bild 2-94 verdeutlicht. Zur Berechnung der seitlich wirkenden Kraft wird die Flache in Teilflachenstucke dA unterteilt. Die Seitenkraft dFg innerhalb einer Teilflache dA betragt
Schweredruck in Fliissigkeiten

^s= j QgydA^^qg

Wegen der Schwerkraft wirkt auf eine Flache zusatzlich zu einem auBeren Druck /?a die Gewichtskraft FQ der uber dieser Flache liegenden Fliissigkeitssaule, wie Bild 2-93 zeigt. Diese Gewichtskraft betragt FQ = mg = QA y g. Fiir den Fliissigkeitsdruck am Ende der Saule ergibt sich durch Integration von Gl. (2-178)

y=yi

ydA.

y = y2

ydA wird statisches Moment

y=y\

^s = Js^s genannt. {y^ ist die Tiefe vom Fliis-

y^ 72

kPa-

j y=y\

Das Integral j

(2-179)

Py=QQyo

(2-180)

P\iyAr=P^ + Qgy -

Ys .6A clF<,

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Phydr

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^^^Pa +

Bild 2-93.

Zum Schweredruck

QQVo

\^

in einer Fliissigkeit.

Bild 2-94.

Seitendruck in einer

Fliissigkeit.

2.11. Mechanik deformierbarer Korper sigkeitsspiegel bis zum Schwerpunkt S.) Somit gilt fiir die Seitendruckkraft (2-181)

f^s^QgysA-

Weil das Moment der Seitendruckkraft F^ beziiglich S ubereinstimmen muB mit der Summe (Integral) der Einzelmomente, gilt

F^a=-

J

zrgiy^ -z) dA, oder ^=yi-ys

ysAs^=-ys

/ ^=ys-y2

^=y\-ys

zdA-\-

J

z^6A.

^=ys-y2

Das erste Integral ist null, das zweite ist das Fldchentrdgheitsmoment I^ der Flache A^ beziiglich S:

h

M.

(2- 182)

mit dem Flachentragheitsmoment I^ = b h^/l2. Somit errechnet man bh^ 1 h^ = 7,5 cm. 12 Lbh 120 Schweredruck in Gasen Der Schweredruck eines Gases errechnet sich aus der iiber einer Bezugsebene stehenden Gassaule. Da die Gase durch die Wirkung der Erdanziehungskraft komprimiert werden, nimmt die Dichte des Gases mit zunehmender Hohe ab. Aus diesem Grund kann Gl. (2-178) nur fiir eine kleine Hohendifferenz dh giiltig sein, innerhalb derer die Dichte annahernd konstant ist. Bei einer Hohenzunahme dh iiber Meereshohe nimmt die Hohe der Gassaule und damit der hydrostatische Druck um dp = - Q g dh ab. Unter der Voraussetzung einer konstanten Temperatur (BoyleMariottesches Gesetz, Abschn. 3.1.5, Gl. (3-17)) gilt fiir den Zusammenhang zwischen Druck und Dichte q = (Qop)/po. Somit gilt

Damit ergibt sich fur den Druckmittelpunktabstand Po P

a=

h

-^jd/. Po 0

(2- 183) In

Die Seitendruckkrafte konnen besonders am FuB von Staudammen erhebliche Werte erreichen und erfordern deshalb in diesem Bereich groBe Staudammquerschnitte.

Losung: Fiir die Seitendruckkraft F^ gilt nach Gl. (2-181) fs = QgysAs= 10^-9,81 • 10-2-3N = 5,89- lO^N. Dieser Wert zeigt, wie auBerordendlich groB die Seitendruckkrafte sind. Den Druckmittelpunktsabstand a erhalt man nach Gl. (2-183): a = I^/iy^A^)

Qog h Po

Po,

p=PoQ

P'

bzw.

oder

und

go 9 Q=Q0Q

Beispiel 2.11-3: Bin b = 2m breites und h = 3m hohes seitliches Loch in einer Schleusenwand wird von einer Platte verschlossen, deren Schwerpunkt 10m unter dem Wasserspiegel (^=1-10^ kg/m^) liegt. Berechnet werden sollen die Seitendruckkraft F^ und der Abstand a des Schwerpunkts vom Angriffspunkt der resultierenden Seitenkraft F..

101

P^

(2-184)

Dies ist die barometrische Hohenformel. Sie zeigt, daB der Schweredruck eines Gases mit steigender Hohe h uber dem Ausgangsniveau exponentiell abfallt, und gilt, wenn in jeder Hohe dieselbe Temperatur ,9 herrscht. Fur die Normatmosphare nach DIN 5450 ist fiir eine Lufttemperatur ^ = 0°C /7o = 1,01325 • 10^ Pa und ^o = 1.293 kg/m^ Somit betragt der Exponent in der barometrischen Hohenformel QOQIPO = 1,256 • 10"^ m - ^ Bild 2-95 zeigt die Druckabhangigkeit von der Hohe h fiir Luft. Zum besseren Vergleich ist der Druck normiert als p/pQ aufgetragen. Werden die errechneten Werte in die barometrische Hohenformel eingesetzt, so gilt fiir Luft

102

2. Mechanik einer selbsterfundenen Luftpumpe nahezu luftleer. Der auBere Luftdruck preBte deshalb die beiden Halbkugeln mit einer Kraft F = /7o ^ ^^^ 1^4 - lO'^N zusammen. Diese Kraft war so groB, daB acht Pferde an jeder Seite die Kugel nicht auseinanderziehen konnten.

2.11.2.5. Auftrieb Wegen des Schweredrucks von Fliissigkeiten und Gasen sind alle in Fliissigkeiten und Bild 2-95. Barometrische Hohenformelfur Luft nachGasen eingetauchte Korper leichter als auBerhalb dieser Medien {Archimedisches Prinzip) Gl. (2-185). (ARCHIMEDES, 287 bis 212 v. Chr.). Diese Erscheinung wird Auftrieb genannt. Bild 2-96 zeigt einen in eine Flussigkeit oder ein Gas /7= 1,01325-10^ Pa-e-^'256ioeingetauchten Korper. Da sich die Seiten(2-185) krafte F^x und F^2 gegenseitig aufheben, bleibt wegen der Hohendifferenz hi — h\ eine KraftDie Hohe, bei der der Ausgangspunkt nur differenz F2 - Fx auf die Unterflache bestenoch halb so groB ist {p = pjl, Halbwerts- hen, die gleich der Auftriebskraft Ffs, ist. hohe), betragt h^i2 = ^,5Akm. Dies bedeutet, Wenn die Dichte Q^ der Flussigkeit oder des daB der Luftdruck nach A = 5,54 km auf die Gases konstant ist, betragt die Auftriebskraft Halfte abnimmt (Bild 2-95). Fh = F2-Fx=A(p2-px) Die internationale Hohenformel beriicksich= ^Qng{h2-hx). tigt die Temperaturabnahme mit steigender Hohe. Sie ist bis zur Tropopause {h= \\ km) giiltig und lautet ;?= 1,013- lO'Pa

1-

6,5 288 km

5,255

(2-186) Mit der Temperaturkorrektur ergibt sich fiir den Dichteverlauf in der Erdatmosphare 6,5 g= 1,2255^ 1 - m^ 288 km

Bild 2-96. Zur Entstehung der Auftriebskraft.

4,255

(2-187) Der Luftdruck in Meereshohe betragt im Jahresdurchschnitt p = 101325 Pa (Normdruck). Der aktuelle Luftdruck ist zusatzlich noch von der jeweiligen Temperatur und der Wetterlage abhangig. OTTO VON GUERICKE (1602 bis 1686) bewies 1654 die Wirkung des Luftdrucks durch sein Experiment mit den Magdeburger Halbkugeln. Er pumpte zwei Halbkugelschalen (Halbmesser r = 21 cm) mit

Da AQii—hx) das Volumen des Korpers bzw. das durch den eingetauchten Korper verdrangte Fliissigkeitsvolumen Fyerd ist, gilt FA-

Qn9

^verd - ^ v e r d d " ^G,verd

(2-188) mit ^verd bzw. /'cverd ^Is dcr Massc bzw. der Gewichtskraft des verdrangten Fliissigkeitsoder Gasvolumens. Die Auftriebskraft FA ist demnach gleich der Gewichtskraft des verdrangten Flussigkeits- bzw. Gasvolumens. Sie hangt nur vom Volumen des eingetauchten

2.11. Mechanik deformierbarer Korper Korpers bzw. von der verdrangten Flussigkeitsmenge, nicht aber von seinem Gewicht ab. Bei gleichem Eintauchvolumen erfahrt also ein Stuck Holz dieselbe Auftriebskraft wie ein Stuck Blei. Je nach dem Gewicht FQ des eingetauchten Korpers sind drei Falle zu unterscheiden: ^G < ^A- Der Korper schwimmt. FQ = F^\ Der Korper schwebt. FG> FK' Der Korper sinkt. Durch die Wirkung ihrer Auftriebskraft konnen die Dichten von festen Korpern und Fliissigkeiten bestimmt werden. Dabei ist es erforderlich, daB die Gewichtskrafte des festen Kdrpers in Luft {FQI) und nach dem Eintauchen in eine Fliissigkeit (FG,E) gemessen werden, z.B. durch eine hydrostatische Waage. Der Gewichtsunterschied FG,L - ^G,E ist gleich der Auftriebskraft: Wird fiir das Volumen des festen Korpers V= m/QYi gesetzt und das Gewicht des festen Korpers durch i^G,L = i^g ausgedriickt, ergibt sich

Bei bekannter Dichte Q^ der Fliissigkeit laBt sich die Dichte ^K des festen Korpers berechnen: ^K=^fl-

9fl

^G,L

FnA-F,

G,E

^G,E

(2-190) Ist dagegen die Dichte des festen Korpers bekannt, so ergibt sich die Dichte der Flussigkeit gemaB

In Fliissigkeiten verschiedener Dichten taucht ein schwimmender Korper unterschiedlich tief ein. Aus der Bestimmung der Senktiefe wird durch Benutzung von Senkwaagen oder Ardometern in der Praxis haufig die Dichte von Fliissigkeiten ermittelt. Bei einem schwimmenden Korper konnen sich Stabilitdtspwbleme ergeben, wie Bild 2-97 zeigt. Die Gewichtskraft FQ greift im Schwerpunkt des Korpers SK und die Auftriebskraft

Metazentrum M* oberhalb des Korperschwerpunktes S^

B ild 2-9 7. Stabilitdt sch wimmender Korper.

103

Metazentrum M* unterhalb des Korperschwerpunktes S^

104

2. Mechanik

Fp^ im Schwerpunkt Spi an. Im Gleichgewichtszustand fallen die Wirkungslinien der beiden Krafte zusammen, so daB kein Drehmoment M wirksam werden kann. Wird der Korper gedreht, so gibt es einen Schnittpunkt zwischen der Symmetrielinie des Korpers und der Auftriebskraft F^. Er wird Metazentrum M* genannt. Der Abstand zwischen den beiden Schwerpunkten SK und Spi ist der Ortsvektor r. Liegt das Metazentrum M* iiber dem Korperschwerpunkt SK, dann wird der Korper vom Drehmoment M=rxFj^ in die Gleichgewichtslage zuriickgedreht (stabile Lage, Bild2-97b). Befindet sich das Metazentrum M* unterhalb des Korperschwerpunktes SK, SO kippt der Korper wegen des Momentes M=rxF/^ um (instabile Lage, Bild 2-97 c). 2.11.2.6. Grenzflacheneffekte Krafte, die zwischen gleichartigen Atomen Oder Molekiilen eines Stoffes wirken, werden Kohdsionskrdfte {Zusammenhangskrdfte) genannt. Sie sind elektrischen Ursprungs und werden auch van der Waalssche Krdfte genannt (Abschn. 9.1.1.1). Kohasionskrafte treten in festen Korpern und Fliissigkeiten auf. Bei Gasen ist ihre Wirkung erst kurz oberhalb der Siedepunkte feststellbar; die Kohasionskrafte verursachen die Abweichungen vom idealen Gasverhalten und den Ubergang zum realen Gas (Abschn. 3.4). Die Kohasionskrafte sind allgemein wesentlich starker als die Gravitationskrafte. Wirken zwischen den Molekiilen zweier verschiedener Stoffe Anziehungskrafte, so werden sie Adhds ions krdfte (Anhangs krdfte) genannt. Sie konnen zwischen festen Korpern, festen Korpern und Fliissigkeiten sowie zwischen festen Korpern und Gasen (Adsorption) wirken. Oberflachenspannung Die zwischen den Molekiilen einer Fliissigkeit wirkenden Kohasionskrafte heben sich im Innem der Fliissigkeit auf, da jedes Molekiil allseitig von gleichartigen Molekiilen umgeben ist, wie Bild 2-98 zeigt. An der Oberflache fehlen die nach auBen gerichteten Krafte. Deshalb entsteht eine resultierende Kraft /'res ins Innere der Flussigkeit. Um Molekule gegen diese Kraft an die Oberflache zu brin-

Gas ^?—TC

X r\

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_ ^ jT " - - \X , - ^ ^ K~ / y 'r XX

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y

^ — X >

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^

:

Flussigkeit Bild 2-98. Kohdsionskrdfte in Fliissigkeiten.

gen, muB die Arbeit H^ verrichtet werden. Aus diesem Grund haben auch Molekiile an der Oberflache einer Fliissigkeit eine potentielle Energie, die Oberfldchenenergie genannt wird. Wird die Arbeit dW zur OberflachenvergroBerung auf die Oberflachenanderung dA bezogen, so ergibt sich die Oberfldchenspannung

Die Einheit ist 1 J/m^ = 1 kg/s^ = 1 N/m. Da ein System immer den Zustand kleinstmoglicher potentieller Energie einnimmt, sind FlUssigkeitsoberfldchen stets Minimalfldchen\ z. B. besitzt die Kugel die kleinste Oberflache unter alien Korpern gleichen Volumens. Die Oberflachenspannung wird haufig mit einem beweglichen Biigel nach Bild 2-99 gemessen. Ein Drahtbiigel der Lange / wird in die Fliissigkeit getaucht und mit einer Kraft F herausgezogen. Dabei bildet sich zwischen den Eckpunkten ABCD eine diinne Fliissigkeitshaut. Werden die Kraft F, bei der die f I

°l

1m

A

Bild 2-99.

1

(\

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As

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Zur Messung der Oberflachenspannung.

2.11. Mechanik deforaiierbarer Korper Fliissigkeitshaut reifit, und der Weg A^ gemessen, so kann die Oberflachenspannung berechnet werden. Es gilt nach Gl. (2-192)

105

groBere Seifenblase aufblasen. Dadurch wird die groBere Seifenblase groBer und die kleinere kleiner werden; die groBere Seifenblase „schluckt". also die kleinere. Kapillaritat

Hierbei ist 2 / die gesamte Randldnge der Fliissigkeitshaut an der Vorder- und Ruckseite des Biigels. Aus Gl. (2-193) wird ersichtlich, daB die Oberflachenspannung als eine auf eine Randlinie bezogene Oberflachenkraft verstanden werden kann. Beispiel 2.11-4: Es ist der Oberflachendruck p in einer Fliissigkeitskugel (oder einer Gaskugel innerhalb einer Fliissigkeit) bei bekannter Oberflachenspannung a und dem Kugelradius r zu bestimmen (cr= 30- 10"^ N/m, r = 1,8 cm). Was wird geschehen, wenn zwei Seifenblasen unterschiedlicher Radien miteinander verbunden werden? Losung: Wird der Kugelradius r um dr vergroBert, so wird auch die Oberflache A um dA groBer. Somit gilt fiir die hierfiir aufzuwendende Arbeit

Bei der Beriihrung eines Flussigkeitstropfens mit einer festen Unterlage konnen gemaB Bild 2-100 zwei Extremfalle auftreten: — vollkommene Benetzung: Die Adhasionskrafte sind groBer als die Kohasionskrafte. Deshalb wird sich die Fliissigkeit auf der Oberflache des festen Korpers ausbreiten; — unvollkommene Benetzung: DIQ Adhasionskrafte sind wesentlich kleiner als die Kohasionskrafte. Deshalb wird sich die Fliissigkeit tropfenformig zusammenziehen. Es wirken die Grenzfldchenspannungen a^2> zwischen gasformiger (1) und fester Phase (3), GX2 zwischen gasformiger (1) und fliissiger (2) und cr23 zwischen fliissiger (2) und fester Phase (3). Der Winkel zwischen der festen Phase und der • Fliissigkeitsoberflache ist a. Wie aus Bild 2-100 hervorgeht, mussen die waagrechten Spannungskomponenten gleich groB sein, damit sich die Fliissigkeit nicht verschiebt: (^n = ^23 + cri2 cos a

oder

dW^^^= F dr = p A dr = p An r'^ dr. Andererseits errechnet man nach Gl. (2-192) fiir die VergroBerung der Oberflachenenergie dW^^ = o dA^ a{An{r + drY - ATZ r^) = cr(47r r^+ 8 71 r d r + 47C dr^-47r r^). Weil dr^ <2r dr ist, kann der Ausdruck 4 n dr^ vernachlassigt werden, und man erhalt dW^^^ cr 8 71 r dr. Da die aufzuwendende Arbeit d W^^f zur VergroBerung der Oberflachenenergie d W^^ verwendet wurde, mussen beide gleich groB sein, so daB also d ^^auf = d H^ob ist. Aus j9 4 71 r^ dr = cr 8 71 r dr folgt der Oberflachendruck

In diesem Beispiel ist 2 • 30 • 10-3 N/m2 = 3,33N/m2. 1,8-10Aus Gl. (2-194) ist ersichtlich, daB der Druck/? mit abnehmendem Radius r groBer wird. Deshalb wird der hohere Druck der kleineren Seifenblase die

(T12COS a = (713 — ^ 2 3 -

(2-195)

Hinsichtlich der Benetzung gilt: 0 ^ a ^ 7c/2: vollkommene Benetzung (z. B. Wasser/Glasa»0°). 71/2 < a ^ Ti: keine Benetzung (z. B. Quecksilber/Glasa=140°). Benetzungsvorgange sind beispielsweise wichtig fiir die Wirksamkeit von Waschmitteln, Herstellung von Emulsionen oder bei der Schwimmaufbereitung von Erzen. Benetzungserscheinungen spielen auch eine Rolle, wenn enge Rohrchen (Kapillaren) in Fliissigkeiten getaucht werden. Wie Bild 2-100 zeigt, tritt der Fall ein, daB in der Kapillare die Fliissigkeit um die Hohe h hoher {Kapillaraszension oder kapillare Hebung) oder tiefer steht {Kapillardepression oder kapillare Senkung). Diese Erscheinung wird allgemein Kapillaritdt genannt. Im folgenden ist die Kapillaraszension (kapillare Hebung) von Interesse. Die von der

106

2. Mechanik

Benetzungsform

Benetzung

keine Benetzung

Ursache

Adhasionskrafte > Kohasionskrafte

Adhasionskrafte < Kohasionskrafte

Wirkung

Ausbreitung der FliJssigkeit auf der Oberflache des festen Korpers

Fliissigkeit zieht sich tropfenformig zusammen gasformig (1)

gasformig (1) Skizze (Die Pfeile symbolisieren die aufgrund der Grenzflachenspannungen auftretenden Krafte)

flijssjg (2)

fliissig (2)

Gleichung

a-|2 cos a = C7i3 — O23

0
Randwinkel

^
Kapillaraszension Kapillaritat

kJ z.B. Wasser

''steig

Z.B. Quecksilber

:v7?N

/,-r..

k^f^sp: Bild 2-100. Benetzung. Oberflachenspannung a herruhrende Kraft F^ und die Gewichtskraft der angehobenen Fliissigkeitssaule FQ miissen gleich groB sein: F, = Fo.Mix F„= G1= aln

r

FG = m^g=VQg

und =

nr^hQg

ergibt sich

Diese Formel liefert fiir nicht benetzende Fliissigkeiten {n/l < OL^K) negative Steighohen. Sie zeigt ferner, daB die kapillare Hebung bzw. Senkung um so groBer ist, je kleiner der Radius der Kapillare ist. Die Kapillarwirkung ist fiir das Aufsteigen von Flussigkeiten in alien porosen Korpern verantwortlich, beispielsweise in Pflanzenfasern, Dochten oder Mauersteinen.

G2nr=nr^hQg. Zur Ubung Bei nicht vollstandiger Benetzung ist die Steighohe h vom Randwinkel a abhangig, so daB o = (T12 cos a gesetzt werden muB. Dann ist G\2 COS OLln r = n r^ h qg . Somit gilt fiir die kapillare Steighohe h • — ''steig ~

2 (712 COS a

Qgr

(2-196)

U 2.11-3: In ein teilweise mit Wasser gefiilltes URohr mit der Querschnittsflache A = \ cm^ werden in einen Schenkel 4,8 g einer zweiten, wasserunloslichen Fliissigkeit eingefiillt. Der Spiegel dieser Flussigkeit liegt um den Abstand « = 1,2 cm iiber dem Wasserspiegel des anderen Schenkels. Wie groB ist die Dichte Q der Flussigkeit? U 2.11-4: Fine Schiffsladung wird im Hafen geloscht. Es passiert ein Unfall, bei dem die entladenen Giiter ins Wasser fallen, das Schiff durch

2.11. Mechanik deformierbarer Korper einen umstiirzenden Kran leek geschlagen wird und sinkt. Hebt oder senkt sich der Wasserspiegel, a) wenn die Giiter in das Wasser fallen, b) wenn das Schiff untergeht? U 2.11-5: Die Wassermenge eines Teiches kann durch einen Schieber abgelassen werden. Dieser hat eine Masse m = 120 kg, er ist h=\,5m hoch und b = lm breit. Mit welcher Offnungskraft mu6 der Schieber zunachst betatigt werden, wenn das Wasser bis zum oberen Schieberrand steht (Reibungszahl zwischen Fiihrungsschiene und Schieber jj, = 0,45)? Wie groB ist diese, nachdem der Schieber 60 cm hochgezogen wurde? U 2.11-6: Bin Wassertropfen mit dem Radius rw = 0,lcm wird in Tropfchen mit dem Radius rT=10~^cm zerstaubt. Auf das Wievielfache erhoht sich die Oberflachenenergie?

2.11.3. Fluide - Stromende Flussigkeiten (Hydrodynamik) und Gase (Aerodynamik) Stromende Flussigkeiten und Gase sind Gegenstand der Stromungsmechanik. Diese beschreibt den Transport von Massen (Flussigkeiten Oder Gasen) aufgrund der Schwerkraft oder von Druckdifferenzen unter Beriicksichtigung der Molekiilreibung. In der Hydrodynamik werden die inkompressiblen und in der Aerodynamik die kompressiblen Stromungen untersucht. Auch Gase sind naherungsweise inkompressibel, wenn ihre Stromungsgeschwindigkeit hochstens ein Drittel der Schallgeschwindigkeit betragt. Die Stromungsmechanik kann je nach Beriicksichtigung der molekularen Reibung in die Stromung idealer Flussigkeiten und Gase und in die Stromung realer Flussigkeiten und Gase eingeteilt werden. 2.11.3.1. Stromungsfeld

Die stromenden Masseteilchen weisen eine raumliche Geschwindigkeitsverteilung auf; es liegt ein Stromungsfeld vor (zum Feldbegriff s. Abschn. 4.3.1). Das Stromungsfeld ist ein Vektorfeld: Es beschreibt die Geschwindigkeitsvektoren der transportierten Masseteilchen an jedem Ort fiir jeden Augenblick. Es kann ortsabhdngig (inhomogen) oder ortsunabhdngig (homogen) und zeitabhdngig (instationdr) oder zeitunabhdngig {stationdr) sein. Bild 2-101 zeigt die divergierenden Feldlinien des Stromungsfeldes (Stromlinien) eines Diffusors. Die Tangenten an die Stromlinien des Stromungsfeldes beschreiben in jedem Raum-

107

Stromlinien

Strom roh re

Bild 2-101. Stromlinien in einer Stromrohre.

punkt die Richtung der Stromungsgeschwindigkeit. Von den Stromlinien zu unterscheiden sind die Bahnlinien einer Stromung, die die tatsachliche Bewegung der Masseteilchen wahrend der Stromung beschreiben. Die Bahnlinien konnen durch Farbstoffe, Rauchoder Schwebeteilchen (z. B. Barlappsamen) sichtbar gemacht werden. Im instationaren Zustand andert sich das Stromlinienbild von Augenblick zu Augenblick: Bis das Masseteilchen auf seiner Bahn einen Ort erreicht, hat sich die Geschwindigkeit an diesem Ort gegeniiber dem vorhergehenden Augenblick schon geandert. Nur in stationaren Stromungsfeldern fallen Bahnlinien und Stromlinien zusammen. Bild 2-101 zeigt die Stromlinien in einem geschlossenen Raumgebiet (Stromrohre). Je groBer die Anzahl der Stromlinien ist, die eine senkrechte Flache durchstromen, desto hoher ist die Stromdichte durch diese Flache. In Bild 2-101 ist die Stromdichte durch die Flache Ax hoher als durch die Flache A2. Stromen aus einer Stromrohre mehr Teilchen heraus, als hineinflieBen, dann befindet sich in der Stromrohre eine Quelle, im umgekehrten Falle eine Senke, FlieBen gleich viele Teilchen aus der Stromrohre heraus wie hineinflieBen, so ist die Stromrohre quellen- und senkenfrei. Die Darstellung der Ursache des Massentransports durch eine FeldgroBe, die die Wechselwirkung des Masseteilchens mit der Umgebung beschreibt, ist ein allgemeines Konzept der Physik. Wie aus Bild 2-102 hervorgeht, unterscheidet sich die Beschreibung des Mas-

108

2. Mechanik

sCO

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2.11. Mechanik deformierbarer Korper

sentransports als Folge des Gefalles {Gradienten) des Stromungspotentials mathematisch nicht von derjenigen des Warmetransports bei einem Temperaturgradienten oder des Ladungstransports bei einem elektrischen Potentialgradienten. 1st die jeweilige TransportgroBe (Masse, Warmemenge, Ladung) in einem abgegrenzten Raumteil konstant, existieren in diesem Feldbereich also keine Quellen oder Senken der Transportgr513e, so gilt fiir die jeweilige Feldstdrke E die Kontinuitdtsgleichung, namlich div£'=0, die die Massenerhaltung, die Warmeerhaltung oder die Ladungserhaltung beschreibt. Die Verknupfung der Kontinuitatsgleichung mit der Felddefinitionsgleichung fiihrt in alien Fallen von Bild 2-102 zu einer gleichartigen Differentialgleichung fiir die Potentialfunktion cp, die den raumlichen Verlauf des Geschwindigkeitspotentials, der Temperatur oder des elektrischen Potentials beschreibt. Fiir das jeweilige Transportproblem ist also diese Differentialgleichung fur die Potentialfunktion, die sogenannte Laplace-Gleichung (P. LAPLACE, 1749 bis 1827), unter den geometrischen Randbedingungen des Transportproblems zu losen:

ox^

oy^

oz^

109

oder zweidimensional auf Leitfdhigkeitspapier bestimmt werden. Dazu werden die Geometrien der Transportwege als Elektroden in einem Elektrolyten (z. B. Wasser) bzw. auf Spezialpapier aufgezeichnet, durch das Anlegen einer elektrischen Spannung an die Elektroden die Randbedingungen festgelegt und der Verlauf der elektrischen Spannung und damit das Potentialfeld gemessen. Bild 2-104 zeigt die Stromlinien eines Stromungsfeldes bei einer plotzlichen Querschnittsveranderung, wie man sie mittels eines automatischen Aquipotentiallinienschreibers (Bild 4-50, Abschn. 4.3.4) aufzeichnen kann. Werden die Randbedingungen der Temperatur bzw. des Drucks durch proportionale elektrische Spannungen nachgebildet, so konnen im elektrolytischen Trog auch Probleme des Massentransports (z.B. Stauzonen) oder des Warmetransports (z.B. Warmebriicken) analysiert werden.

(2-197)

Die Mathematik hat dafiir in der Potentialtheorie eine Vielzahl an Losungswegen und Losungen entwickelt. Experimentell kann die raumliche Potentialverteilung dreidimensional im elektwlytischen Trog gemal3 Bild 2-103

Bild 2-104. Stromlinien bei plotzlicher Querschnittsverdnderung (Auftreten eines Eckenwirbels).

1st die Potentialfunktion (p (x, y, z) ermittelt, konnen durch Gradientenbildung die raumliche Feldstarkeverteilung bestimmt und damit die zur Feldstarke proportional en TransportfluBdichten, namlich die MassenstromdichteyH? die Warmestromdichte y'w und die elektrische Stromdichteyei berechnet werden.

Bild 2-103. Elektrolytischer Trog (schematisch).

2.11.3.2. Grundgleichungen idealer (reibungsfreier) Stromungen Ideale Gase sind Gase, deren Kohasion vernachlassigbar klein ist, und ideale Fliissigkeiten sind inkompressibel. Die Stromungen idealer Gase und idealer Fliissigkeiten sind definitionsgemaB reibungsfrei.

no

2. Mechanik

Kontinuitatsgleichung(DurchfluBgleichung) Fiir den Vektor der Massenstromdichte gilt nachBild 2-102 J=Q^'

(2-198)

Im allgemeinen Fall wird weder die Stromungsgeschwindigkeit v konstant sein (keine parallele Stromlinien), noch die Flache A senkrecht durchstromt werden, wie aus Bild 2-105 hervorgeht. Der Anteil des Massenstroms dm, der ein kleines Flachenelement dA durchstromt, betragt (mit dem Winkel a zwischen dem Stromungsgeschwindigkeitsvektor V und dem Vektor dA des Flachenelements, der senkrecht auf der Flache dA steht) dm = Iy 11 d^ I cos a =y d^ .

stant bleibt. Fiir eine solche stationare Stromung existiert eine Kontinuitatsgleichung; sie ergibt sich aus Gl. (2-200) fiir dmidt = const durch Integration zu

(2-199)

Bild 2-105. Zur Kontinuitdtsgleichung.

Dies bedeutet: Der Anteil des Massestroms dm ist gleich dem Skalarprodukt aus der Massestromdichte j und dem Flachenelement dA. Durch Integration iiber die geschlossene Oberflache ergibt sich der gesamte, durch die Oberflache des eingeschlossenen Volumens ein- und austretende Massenstrom (analog zum elektrischen FluB ij/, Gl. (4-134) in Abschn. 4.3.6.1):

Drei Falle treten auf: Quelle: Das Integral ist > 0; Senke: Das Integral ist < 0 und Quellenfreiheit: Das Integral ist = 0. Quellen- bzw. Senkenfreiheit bedeutet, daB der Massenstrom durch ein Volumenelement kon-

m = QiViAi = Q2V2A2 = QvA = konstant. (2-201) Bei inkompressiblen Fliissigkeiten ist die Dichte Q konstant. Fiir diese und Gasstromungen mit vemachlassigbaren Druckunterschieden geht Gl. (2-201) in m V= — = Av= konstant

(2-202)

Q

iiber. Der Volumenstrom F, das Produkt aus der Querschnittsflache A und der Stromungsgeschwindigkeit v = ds/dt, ist entsprechend Bild 2-106 konstant.

Bild 2-106. Konstanz des Volumenstroms in einer Stromrohre (stationare Stromung).

Bernoulli-Gleichung Um ein Fliissigkeitsvolumen AFi=y4iA^i durch die Querschnittsflache Ax in die Stromungsrohre einzubringen, muB bei dem dort herrschenden Druck p\ die Arbeit W\ =/7i AKi = /7iy4iA5i aufgebracht werden. Wegen der Inkompressibilitat der Flussigkeit tritt bei A2 dann ein gleich groBes Volumen AF2 = AKi = A F aus und verrichtet die Arbeit W2 = /72 AK2 = /72^2 A5'2. Hat das Flussigkeitsvolumen am Ort der Querschnittsflache Ax die potentielle Energie Q AFi ^ /?i und die kinetische Energie ^qd^Vv] sowie bei A2 die potentielle Energie QAVgh2 und die kinetische Energie J Q AVvl, so gilt nach dem Energieerhaltungssatz bei vernachlassigbarer Reibung gemaB Bild 2-107 a

AW^i^gAVv^+gAVghi)-(^QAVvi-hQAVgh2).

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

111

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1 1 1

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®

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©

statischer Druck Druckenergie

Pi

statischer Druck m

dynamischer Druck

P2

2^ 2

kinetische Energie

^"^^^^^^ ^""""^---.^.^^ dynamischer Druck Q^2 2

geodatischer Druck Pfl'^ potentielle Energie

1

geodatischer Druck gghi

Bild 2-107. Zur Bemoulli-Gleichung: a) Stromrohre, b) Druck- und Energieverlauf.

MiiAW = p2AV-pi

AKfolgtdaraus

(2-203) Oder allgemein

statischer Druck

dynamischer Druck (Staudruck)

geodatischer Druck

(2-204)

Diese Gleichung wird nach ihrem Entdecker Bemoulli-Gleichung genannt (D. BERNOULLI,

1700 bis 1782). Sie besagt, daB an jedem Ort

fiir eine Stromlinie die Summe aus statischem, geodatischem und dynamischem Druck (Staudruck) konstant ist. Analog zur Energieerhaltung ist in Bild 2-107 b an der Seite die Druckerhaltung nach der Bemoulli-Gleichung aufgezeigt. Aus Bild 2-107 a ist erkennbar, daB an Punkt (D wegen der groBeren Flache A2 die Durchstromgeschwindigkeit V2 kleiner und damit auch die kinetische Energie bzw. der dynamische Druck geringer ist als in Punkt 0 . Zudem ist die Lage des Punktes (D tiefer, so daB auch der geodatische Druck abnimmt. Da aber die Summe aller Driicke konstant sein muB, hat dies zur Folge, daB der statische Druck/72 stark zunehmen muB.

112

2. Mechanik

Wahrend der geodatische Druck qg h und der Betriebsdruck p bereits aus der Mechanik der ruhenden Fliissigkeiten und Gase bekannt sind {hydrostatischer Druck, Gl. (2-180) in Abschn. 2.11.2.4), tritt der dynamische Druck (Staudruck) nur in stromenden Medien auf.

stimmung der Stromungsgeschwindigkeit v. Fiir reibungsfreie Stromungen ergibt sich aus Gl. (2-204)

Anwendungen der Kontinuitats- und der BernouUi-Gleichung

Mit dem Prandtlschen Staurohr werden lokale Stromungsgeschwindigkeiten ermittelt. Soil der Volumenstrom durch eine Querschnittsflache A nach Gl. (2-202) berechnet werden, dann muB durch Ausmessen des Stromungsgeschwindigkeitsprofils uber die Querschnittsflache die mittlere Stromungsgeschwindigkeit abgeschatzt werden.

Druck- und Volumenstrommessung Bild 2-108 zeigt die Wirkungsweise von Druckmessern, deren MefigroBen sowie die Berechnungsgleichungen. Die Drucksonde miBt durch radiale Offnungen im Mantel der Sonde (parallel zu den Stromlinien) den statischen Druck /?stat- Bei den Drucksonden wird meist ein piezoelektrischer Drucksensor eingesetzt. Den statischen Druck />stat und den Staudruck p^y^ miBt das Pitot-Rohr (H. PITOT, 1695 bis 1771), das eine axiale Bohrung hat. Das Prandtlsche Staurohr (L. PRANDTL, 1875 bis 1953) ist eine Kombination von Drucksonde und Pitot-Rohr. Es miBt den Differenzdruck zwischen Gesamtdruck und statischem Druck, d.h. den dynamischen Druck bzw. den Staudruck /?dyn direkt. Sind Druck und Dichte konstant, dann eignet sich das Prandtlsche Staurohr auch zur BeBezeichnung

Besser geeignet zur Volumenstrommessung sind die Drosselgerdte nach DIN 1952, mit denen man direkt die mittlere Stromungsgeschwindigkeit I'm rniBt. In Drosselgeraten wird durch Diisen oder Blenden der Stromungsquerschnitt vermindert - Bild 2-109 zeigt drei Ausfiihrungen - und aus der Differenz der statischen Driicke vor und im Bereich der Drosselstelle die mittlere Stromungsgeschwindigkeit berechnet. Mit Beriicksichtigung der Reibungsarbeit W^R und der Kompressionsverluste W^K am Drosselgerat lautet die Beziehung fiir ein Volumenelement AV

Pitot-Rohr

Drucksonde

Prandtlsches Staurohr

J

3::^>

L

1

Skizze

E:§^I) Psts

Pstat

Pstat

^T MeSgroSe

statischer Druck

statischer Druck und Staudruck

BerechnungsFormel

P = Psi

Pges Psl ^ges ~ A'Stat ^

T Differenzmessung von Pitot-Rohr und Drucksonde Staudruck, Stromungsgeschwindigkeit

A'dyn

Bild 2-108. Messung des Drucks und des Volumenstroms.

2

,=V

o

^Pdyi

2.11. Mechanik deforaiierbarer Korper Venturi-DiJse

113

Blende

Einlaufduse

_L APst

Bild 2-109. Drosselgerdte nach DIN 1952.

PX+\Q\V\=P2

+ \Q2VI +

^v

^v'

V2 = OL 8

1 /

2(pi-p2)

(2-206) (2-209) Die Kompressionsarbeit Wy^ ist abhangig vom Isentropenexponenten K = C^/C^ (Abschn. 3.3.3), bei inkompressiblen Medien aber vemachlas- Somit betragt der Volumenstrom sigbar. Die Reibungsverluste W^ der Fliissig(2-210) V=A2V2 keit Oder des Gases an der Grenzschicht des Drosselgerats konnen auch zur Entstehung / ^(P\-P2) von Wirbeln fiihren. Die Verlustanteile in = a £^2 Gl. (2-206) werden mit Hilfe der Expansionszahl 8 und der DurchfluBzahl a auf die kinetische Energie der Stromung im Drosselgerat bezogen: Das Korrekturfaktorprodukt oc 8 ist abhangig von der Drosselgeratbauweise und von der Starke des Volumenstroms. Es muB auf einer Eichstrecke bestimmt werden; fiir Normdrosselgerdte ist a £ in DIN 1952 tabelliert. 8 = (2-207) Das Venturi-Rohr wird haufig zur BestimV \Q2VV mung der Stromungsgeschwindigkeit in Fliissigkeiten eingesetzt. Bei ihm ist in weiten / ^v Volumenstrombereichen a £ = 1; allerdings ist (2-208) beim Venturi-Rohr, besonders bei der Messung von Gasstromen, der Wirkdruck px —p2 im Vergleich zu den anderen Drosselgeraten Werden Gl. (2-207) und (2-208) in Gl. (2-206) klein. Blenden in Gasstromungen liefern einen eingesetzt und die quadratischen Glieder der hohen, leicht mefibaren Wirkdruck. Bei BlenVerluste vernachlassigt, dann ergibt sich der den ist a £ < 1 und stark stromungsabhangig. Staudruck

v4-f.i"'']'

A—^

J Q2VI= a^ 8^ (Pl - P2-^ J Ql V^l) und mit Gl. (2-201) die Stromungsgeschwindigkeit an der Drosselstelle:

AusflieBen von Flussigkeiten aus GefdBen Ein mit Fliissigkeit gefulltes GefaB entsprechend Bild 2-110 habe in der Hohe h unter-

114

2. Mechanik

(2-213)

(pOL.

Po.^2

^ 2-fl_-_ -_

Bild2-110. Zum Torricellischen AusfluBgesetz. halb des Fliissigkeitsspiegels ein Loch, das so klein ist, daB der Fliissigkeitsspiegel beim Ausstromen kaum sinkt {vi'^vi). Fiir das Niveau 1 und das Niveau 2 ist der statische Druck gleich dem Luftdruck p^. Nach der Bemoulli-Gleichung (2-204) gilt

Mit der AusfluBzahl // miissen die Werte fiir die AusfluBgeschwindigkeit V2 (Gl. 2-211) und den Massenstrom rh (Gl. 2-212) multipliziert werden, um realistische Ergebnisse zu erzielen (z.B. fiir Wasser bei scharfkantiger AusfluBoffnung i^ = (pa = 0,59). Saugeffekt von

Stromungen

Wie Bild 2-111 zeigt, nimmt (bei gleichbleibendem geodatischem Druck) mit zunehmender Stromungsgeschwindigkeit v der Betriebsdruck p nach der Bernoulli-Gleichung ab. Dies fiihrt zu Saugeffekten bei Stromungen. i

Daraus folgt

i

V2 = ]/2g h .

(2-211)

Pstatl

statischer Druck

dynamischer Druck

P

Die AusfluBgeschwindigkeit V2 ist gleich der Geschwindigkeit des freien Falls irgendeines Korpers (auch der Fliissigkeitssaule) aus der Hohe h (Bild 2-110 b). Dies wurde bereits von E. ToRRiCELLi (1608 bis 1647) festgestellt. Nach Gl. (2-201) erhalt man den Massenstrom aus m = QAV oder

m = QA

yigh.

(2-212)

In der Praxis sind weit geringere Werte fiir die AusfluBgeschwindigkeit V2 oder den Massenstrom m festzustellen. Dies ist auf zwei Einfliisse zuruckzufiihren:

Pdynl

L—^-^—"""^

'

Qv2 2

Geschwindigkeit v Bild 2-111. Statischer und dynamischer Druck in Abhdngigkeit von der Geschwindigkeit (BernoulliGleichung). — Zerstduber: Durch ein waagrechtes Rohr stromt Luft. Die Stromungsgeschwindigkeit nimmt im Punkt A in Bild 2-112 wegen der Einengung des Rohrs zu, so daB auch der dynamische Druck an der Stelle A zunimmt und sich der Betriebsdruck im Steigrohr vermindert. Der Luftdruck p^ wirkt auf die Fliissigkeit im Steigrohr, die im Luftstrahl zerstaubt wird.

— Flussigkeitsreibung: Die Fliissigkeitsreibung wird durch die Geschwindigkeitsziffer cp beriicksichtigt (fiir Wasser betragt (p ^ 0,97); — Verengung des austretenden Strahls (Kontraktion): Am AusfluBloch tritt eine Einschnurung des austretenden Fliissigkeitsstrahls ein, so daB sich der AusfluBquerschnitt verkleinert. Der Grad der Einschnurung wird durch die Kontraktionszahl OL berucksichtigt, die von der AusfluBform abhangt (fiir scharfkantige AusfluBoffnung e n a ^ 0,61). Das Produkt aus beiden EinfluBgroBen ist die AusfluBzahl

Pdyn

Bild 2-112. Prinzip des Zerstdubers.

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

115

Wasserstrahlpumpe: Durch eine Duse wird der Wasserstrahl eingeschniirt, so daB am Punkt A in Bild 2-113 eine hohere Stromungsgeschwindigkeit auftritt (hoherer dynamischer Druck). Der dadurch verminderte statische Druck bewirkt, daB Luftteilchen in der Umgebung angesaugt werden. Einen angeschlossenen Rezipienten kann man auf diese Weise leerpumpen. Die untere Grenze der Wirksamkeit der Wasserstrahlpumpe wird durch den Dampfdruck des Wassers gesetzt; bei Raumtemperatur liegt der Grenzwert bei /? » 2,7 • 10^ Pa. Bild 2-115. Magnus-Effekt. kurz vor dem Boden direkt an den Eimerboden gepreBt. Mit diesem Effekt ist auch erklarbar, weshalb sich dicht nebeneinander fahrende Fahrzeuge anziehen konnen. — Magnus-Effekt: Rotiert ein Zylinder in einer stromenden Fliissigkeit oder in Gas entsprechend Bild 2-115, so nimmt die Stromungsgeschwindigkeit an der Oberseite zu. Weil dadurch der statische Druck an der Oberseite kleiner wird als an der Unterseite, erfahrt der Zylinder eine senkrecht zur Stromung wirkende, Magnus-Effekt genannte Kraft /'(H. G. MAGNUS, 1802 bis 1870). Beispiel Bild 2-113. Prinzip der Wasserstrahlpumpe. — Hydrodynamisches (aerodynamisches) Paradoxon: Ein Fliissigkeits- oder Gasstrahl, der gemaB Bild 2-114 gegen eine bewegliche Platte gerichtet ist, driickt diese nicht weg, sondern zieht sie an. Der statische Druck p^^.^^ nimmt an der Plattenoberflache ab, so daB der auBere Druck p^ die bewegliche Platte an den Strahl preBt. Dieser Effekt kann leicht nachvoUzogen werden, wenn ein spritzender Gartenschlauch in einen sich fiillenden Eimer getaucht wird. Wird der Schlauch in Richtung des Eimerbodens gefiihrt, so wird er

2.11-5: In einer Stahlflasche befindet sich Gas unter dem Druck/^Gas- E)er auBere Druck betragt/7o. Wie groB ist die Ausstromgeschwindigkeit v^^^^ beim Offnen des Ventils? Losung: Nach der Bernoulli-Gleichung (2-204) gilt im vorliegenden Fall /?Gas = Q^aus/2+/?o- Daraus ergibt sich das Ausstromgesetz nach Bunsen:

y

2(/?Gas-Po)

(2-214)

Stromungsimpuls

Bild 2-114. Hydrodynamisches Paradoxon.

Geschwindigkeitsanderungen stromender Medien bewirken Impulsanderungen, die nach dem Impulssatz (Abschn. 2.5.2.1) Krafte ergeben. Solche Krafte treten in der Stromungslehre vor allem beim Verzogem oder Beschleunigen der Medien sowie beim Umlenken auf. Der Impulssatz wird im folgenden auf reibungsfreie, inkompressible Medien und stationare Stromungen beschrankt. Der Vorteil bei der Anwendung des Impulssatzes ist, daB nur die Stromungsverhaltnisse beim Eintritt in und Austritt aus dem Stromungsraum bekannt sein miissen, um die Kraftwirkungen zu

116

2. Mechanik

bestimmen, nicht aber die Stromungsvorgange im Inneren des Stromungsraumes. Der Impulssatz lautet nach Gl. (2-50)

Z^a =

dp

y^

(2-215)

QVV.

In inkompressiblen, stationaren Stromungen sind Dichte und Geschwindigkeit konstant. Dann gilt fiir die Impulsanderung

-di =

1J

A---^

dr

Darin ist der Impuls p = m v. Mit der Dichte Q = m/V kann fiir den Impuls in stromenden Medien geschrieben werden P =

DiJse

dV

''^-

Bild2-116. Zum Impulssatz in der Hydrodynamik: Wasserstrahl aus einer Diise a) auf eine feststehende Platte, b) auf eine mit der Geschwindigkeit u bewegte Platte.

(2-216)

Der Impulssatz fiir einen beliebigen Stromungsraum lautet damit

Rolle. Ein Strahl, der aus einer Diise austritt, wird an einer Wand so umgelenkt, daB er parallel zur Wand abstromt. Wird der Strahl wie in Bild2-116 senkrecht auf eine Platte gerichtet, so gilt fur die Kraft in x-Richtung F^^^Qvd V/dt und wegen d V/dt = Av F^ = Qv^A.

X ^a

auBere Krafte, die an den Grenzen des Stromungsraums von auBen angreifen (z. B. Druck- oder Schwerekrafte),

VdV ZJQV—— Impulskrafte, die an den Grenzen des Stromungsraums nach auBen wirken. Das Vorzeichen ist beim Eintritt in den Stromungsraum positiv und beim Verlassen negativ. Bei der Anwendung des Impulssatzes ist folgende Vorgehensweise zweckmaBig: - Abgrenzen des Systems (Stromungsraums) und Festlegen des Ein- und Austritts des Stromungsraums; - Ermitteln der Querschnitte, der Stromungsgeschwindigkeiten und Driicke am Ein- und Austritt; - Bestimmen der auBeren Krafte und der Impulskrafte sowie - Ermitteln der resultierenden Kraft (graphisch und analytisch). Der Impulssatz spielt bei Wasserkraftmaschinen wegen der Strahlablenkung eine wichtige

(2-218)

Bewegt sich die Wand mit der Geschwindigkeit u in Strahlrichtung, dann nimmt die Kraft ab(Bild 2-116b):

F^ =

QA{v-uy

(2-219)

Je nach Form der Wand und Auftreffwinkel des Strahls ergeben sich unterschiedliche Krafte bzw. Drehmomente.

Beispiel 2.11-6: Ein Rohrkrummer von 90° hat einen Durchmesser (Nennweite) d= 10 cm. Bei einem auBeren Druck /? = 5 • 10^ Pa flieBen V= 0,2 mVs Wasser hindurch. Der Krummer ist am Eintritt und am Austritt an ein gerades Rohrstuck angeflanscht. Berechnet werden sollen die resultierende Kraft F^es auf den Kriimmer und die Kraft /'schr auf die Flanschschrauben entsprechend Bild 2-117. Losung: Die Geschwindigkeiten am Ein- und Austritt sind V\=V2

= V.

2.11. Mechanik deformierbarer Korper Man erhalt mit z; = 4 V/d'^ n = 25,46 m/s, = 103kg/m3unda = 90°

117 Q=

i^res=12,76kN. Die Kraft fschr ^uf die Flanschschrauben ist gleich der Summe aus der Druckkraft F^ und der Impulskraftfi: :d' -{Pi + Qv^) = 9fikN. F^chr — ^ np i1' + ^T 1 = Stromungs-Drehimpuls Ein Masseteilchen dm, das sich gemaB Bild 2-118 im Abstand r von einem Bezugspunkt D mit der Geschwindigkeit v bewegt, besitzt beziiglich D den Drehimpuls dL = dmrx

v

Mit der Umfangsgeschwindigkeit v^ gilt fiir den Betrag des Drehimpulses dL = dmrv^ Nach dem Drehimpulssatz (2-103) ist die zeitliche Anderung des Drehimpulses mit einem auftretenden Moment verknupft: M=

rhru,.

(2-221)

Bild 2-117. Beispiel 2.11-6: Krdfte in einem durchstromten Rohrkrilmmer. Krafte am Eintritt ® (in Stromungsrichtung): nd^ pi

6m

-yi^--yi—^^

dV . .nd^ Impulskraft i^i i = ^ v—- = QAV'^ = QV^ -——. at 4 Krafte am Austritt (D (gegen die Stromungsrichtung): nd^ Druckkraft F^2 = Pi^= Pi ~~7~' ,nd^ Impulskraft Fi2 = Qv"^ ——.

Bild 2-118.

Nach dem Kraftedreieck in Bild 2-117 b ist . a Fre^ 1 nd^ nd^

Das in einer Turbine dem Laufrad vorgeschaltete Leitrad in Bild 2-119 steht fest. In ihm wird die Stromung von der Geschwindigkeit I'l auf die Geschwindigkeit V2 beschleunigt. Das auf die Leitschaufeln ausgeiibte Drehmoment M ist die Differenz aus Austrittsmoment M2 und Eintrittsmoment M i . Es ergibt sich aus der Anderung des Drehimpulses L.

^ , . _ _ + ^ j _

Daraus folgt nd^ ^

-,, . oc

^res = ^ - ( P l + Qi^ ) s i n y

(2-220)

Zum Drehimpulssatz.

118

2. Mechanik tiven Stromungsgeschwindigkeit v des Mediums iiber Vektorraddition die absolute Stromungsgeschwindigkeit c = u + V ermitteln. Diese laBt sich in eine Komponente, die in die Mitte weist {Mediankomponente c^) und eine Komponente, die am Umfang angreift (Cu), zerlegen. Daraus ergibt sich nach Gl. (2-222) das Drehmoment fiir eine Turbine: dV M=Q—-{c^xr\a/

Bild 2-119. Turbinenleitrad, schematisch.

MaBgebend sind die Komponenten der Geschwindigkeiten in Umfangsrichtung z;u2 bzw. i^ui.NachGl. (2-221) ist

Bei Pumpen ist das feststehende Leitrad dem Laufrad zur Druckerhohung nachgeschaltet. Deshalb sind die Komponenten der Umfangsgeschwindigkeiten v^i kleiner als v^i, so daB nach Gl. (2-222) ein verzogerndes Moment auftritt. In Bild 2-120 sind die Stromungsverhaltnisse fiir radiale Laufrader in Turbinen und Pumpen vergleichend gegeniibergestellt. Hierin sind u Umfangsgeschwindigkeit am Laufrad (u = (jo r), V relative Stromungsgeschwindigkeit des Mediums, c absolute Stromungsgeschwindigkeit des Fluidums, bezogen auf die ruhende Umgebung, c^ Mediankomponente von c, c^ Umfangskomponente von c. Fiir die Berechnung des Drehmomentes M ist die absolute Stromungsgeschwindigkeit am Umfang Cy von Bedeutung. Aus dem Geschwindigkeitsdiagramm am Eintritt bzw. am Austritt laBt sich durch Messen der Umlaufgeschwindigkeit u des Laufrades und der rela-

c^i rj) .

(2-223)

Bei Pumpen werden die Indizes im Klammerausdruck vertauscht. Die Leistung des Laufrades kann aus P = M at ermittelt oder aus der Fallhohe H^: der Turbine und dem Volumenstrom dV/dt errechnet werden: dK

(2-224)

Wird diese Gleichung nach der Fallhohe Hp umgestellt und fiir M Gl. (2-223) eingesetzt (co = v/r), dann ergibt sich die Eulersche Gleichung fiir die Turbine: (2-225)

G (Fiir Pumpen werden die Indizes in dem Klammerausdruck vertauscht.) Als Folge von Verlusten wird die wirkliche Fallhohe i/F,reai einer Turbine kleiner, die wirkliche Forderhohe //F,reai ciucr Pumpe groBer sein, als sich aus Gl. (2-225) ergibt. Ist eine Stromung drehimpulsfrei, gilt fiir die Turbine Cu2 = 0, fiir die Pumpe Cui = 0. Fiir die Fallh5he //pT einer Turbine bzw. die Forderhohe i/pp einer Pumpe ergibt sich dann

9 9

bzw. (2-226)

Beispiel 2.11-7: Eine Forderpumpe (Radialkreiselpumpe) hat einen Laufraddurchmesser d = 250 mm und lauft

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

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(L)

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C5

119

120

2. Mechanik

mit einer Drehzahl « = 2950min~'. Die absolute Austrittsgeschwindigkeit ist ci = 35 m/s, und der Winkel zwischen Ci und der Umfangsgeschwindigkeit ui betragt 30°. Berechnet werden soil die Forderhohe bei drehimpulsfreier Stromung (unter Vernachlassigung der Reibung).

2.11.3.3. Stromungen realer FlUssigkeiten und Case Laminare Stromung und innere Reibung

In diesem Abschnitt werden, wie im vorigen, die inkompressiblen Fliissigkeiten und Gase unter dem Begriff Fluide zusammengefaBt. Nach Gl. (2-226) gilt fiir die Forderhdhe bei drehZwischen den Molekiilen eines Fluidums wirimpulsfreier Anstromung ken Kohasionskrafte (Abschn. 2.11.2.6). Aus 1 diesem Grund treten bei der Stromung zwig schenmolekulare Reibungskrafte auf, deren Es ist W2 = cor2 = 27r-«/60-r2 und Cu2 = C2-cos(30°); Wirkung innere Reibung genannt wird. somit erhalt man Zwischen zwei Flatten der Dicke d befmde sich eine Fliissigkeit, wie Bild2-121a zeigt. Hp = — C2- cos (30 °) —^ ^2 = 119,3 m. g 60 Die untere Platte 1 ist in Ruhe (u = 0), wahrend die obere Platte 2 mit der konstanten Zur Obung Geschwindigkeit v = VQ nach rechts bewegt U 2.11-7: Zur Messung des Volumenstroms in wird. Da somit die obere Fliissigkeitsschicht einer horizontalen Wasserzufiihrung (Q = 1 kg/dm^) die Geschwindigkeit VQ hat und die untere mit einem Rohrdurchmesser
U 2.11-11: Ein Prandtl-Rohr ist mit Alkohol gefullt (Q = 0,9 kg/dm^) und wird in ein Flugzeug eingebaut. Es zeigt bei ^ = 0 °C eine Hohendifferenz Ah = 20 cm. Wie groB ist die Flugzeuggeschwindigkeit?

Mit F^/A als der Schubspannung T gilt auch dv r=ri-—. dx

(2-228)

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

121

b) pyyyyyyyyyyyyyyyyyyy^yy/yyyj 2

dx '^dv

\///////////////////////zzzz

I

yyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyy/y/i 1

a

dx:

J

Idvl

d mmmmmm?^^

Bild 2-121. Zum Newtonschen Reibungsgesetz: a) lineares Geschwindigkeitsgefdlle, b) Abgleiten der Flussigkeitsschichten.

Dieses Gesetz wird nach seinem Entdecker Newtonsches Reibungsgesetz genannt. Der Proportionalitatsfaktor rj ist die dynamische Viskositdt {Zdhigkeit). Sie hat die Einheit Ns/m^ = Pa s (Pascalsekunde). Der Kehrwert der dynamischen Viskositat ;; ist die Fluiditdt:

mit der Einheit mV(Ns). Das Verhaltnis der dynamischen Viskositat r] zur Dichte q des Mediums wird als kinematische Zdhigkeit v bezeichnet:

Anwendung des Reibungsgesetzes Laminare Rohrstromung Bei einer laminaren Stromung durch ein Rohr haftet die Fliissigkeit am Rand und bewegt sich in der Mitte am schnellsten. Die Stromung kann zusammengesetzt gedacht werden aus kleinen Zylindern, die reibungsbehaftet aneinander vorbeigleiten. Bild 2-122 zeigt die Geschwindigkeitsverteilung in einer Rohrstromung. Ein Fllissigkeitszylinder mit dem Radius r gleitet am angrenzenden Hohlzylinder (rot) ab. An der Grenzflache ist die Druckkraft Fp gleich der Reibungskraft F^\ F^ = F^. Aus -, dt' {P\-P2)'^r^ = -riA-— bzw. Qr

(P\ -P2)nr^

=

-rj2nrl-— dr

ihre Einheit ist mVs. Die dynamische Viskositat rj ist ein Materialwert, der stark temperatur- und druckabhangig ist. Die Temperaturabhangigkeit kann naherungsweise mit

beschrieben werden. Hierbei sind A und b empirisch ermittelte Konstanten. Die dynamische Viskositat von Gasen ist sehr viel geringer als die von Fliissigkeiten, unabhangig vom Gasdruck und nimmt mit steigender Temperatur proportional zur steigenden mittleren Geschwindigkeit der Gasmolekiile zu. Stoffe, fiir die das Newtonsche Reibungsgesetz (Gl. (2-228)) nicht gilt, wie beispielsweise fiir Fette, werden nichtnewtonsche Substanzen genannt. Sie sind Sonderfalle, fur die alle folgenden Uberlegungen nicht gel ten.

Bild 2-122. Laminare Rohrstromung nach dem Hagen-Poiseuilleschen Gesetz.

122

2. Mechanik

ergibt sich rdr = -

2r]l

(Pi-Pi)'^

(2-235)

I'

-dv.

{P\-Pi) Durch Integration wird daraus 4;?/ (Pl-Pl) Mit der Randbedingung, daB bei r = R die Stromungsgeschwindigkeit v = 0 ist, erhalt man die Integrationskonstante C = R^, und es gilt . , r2 = v-\-R^. (Pi-Pi) Wird diese Gleichung nach der Stromungsgeschwindigkeit V aufgelost, so ergibt sich das Hagen-Poiseuillesche Gesetz (G. HAGEN, 1797 2

Aus der Bedingung, daB die Reibungskraft F R gleich der an den Rohrenden wirkenden Druckkraft F^ ist, laBt sich die Reibungskraft ^R = ^p = iP\ -P2)A

= {px

-p2)nR^

bestimmen. Wird pi - p2 aus Gl. (2-234) eingesetzt, so ergibt sich fR =

^rjl

V R2•

Der Volumenstrom V hangt iiber die Beziehung V^nR-^Vj^ mit der mittleren Stromungsgeschwindigkeit v^n zusammen, so daB fiir die Reibungskraft F^ gilt

bis 1884; J. L. M. POISEUILLE, 1799 bis 1869):

(2-236)

F^=S7irjlVrr v{r) = ElZllri?2(R^-r^). 4rjl

(2-232) Beispiel

Gl. (2-232) beschreibt einen parabelformigen Verlauf der Geschwindigkeit in Abhangigkeit vom Radius. Der Massenstrom dm errechnet sich nach Gl. (2-200) aus dm = Qv(r)dA = 2nQv(r)rdr. Wird v{r) nach dem HagenPoisseuilleschen Gesetz eingesetzt und integriert, dann resultiert dm m

••

~di m=

I

Qn(pi-p2) 2rjl

QnR'^(pi-p2) Srjl

(R^—r^)rdr

oder

(2-233)

2.11-8: In einem Warmwasserrohr verringert sich infolge von Kalkablagerungen der Rohrdurchmesser um 20%. Berechnet werden soil die prozentuale Anderung des Massenstroms m. Losung: Nach Gl. (2-233) verhalt sich 0,8^ ^^Kalk ^Kalk Wo

^0

V=

KR\P^-P2)

(2-234)

Diese Aussage zeigt, daB der Volumenstrom bzw. der Massenstrom durch VergroBerung des Radius {V^ R"^) wesentlich mehr gesteigert werden kann als durch die Erhohung der Druckdifferenz {V^(pi-p2)). Beispielsweise wird bei der Verdoppelung des Rohrradius R das DurchfluBvolumen 16mal groBer. Ferner folgt aus dieser Gleichung, daB bei konstantem Querschnitt A der Druckabfall (pi - P2) proportional zur Rohrlange / ist:

0,41.

Bei dieser Verringerung des Rohrdurchmessers durch Verkalken bleiben also nur noch 41% des urspriinglichen Warmwasserstroms erhalten. Laminare

Mit m = QV ergibt sich der Volumenstrom V des Durchflusses durch das Rohr:

1^

Umstromung

Durch eine ahnliche Rechnung wie fiir das Hagen-Poiseuillesche Gesetz ergibt sich fiir die Reibungskraft bei der laminaren UmstroReibungsmung einer Kugel das Stokessche gesetz (C. G. STOKES, 1819 bis 1903): FR

= 6 71 T] rv

(2-237)

mit V als der Relativgeschwindigkeit zwischen Kugel und Fliissigkeit und r als dem Radius der Kugel. Durch Bestimmung der Sinkgeschwindigkeit V einer Kugel in einem Rohr konstanten Querschnitts kann die dynamische Viskositat rj bestimmt werden. Bild 2-123 zeigt das in

2.11. Mechanik deformierbarer Korper Pw = Qghy.

123

(2-241)

Die Verlusthohe hy ist diejenige Hohe, um die der ZufluB angehoben werden mu6, um am AusfluB aus der Stromrohre denselben Druck wie im reibungsfreien Fall zu erzeugen. Fiir die Verlusthdhe hy in geraden Rohrleitungen mit konstantem Querschnitt gilt das Rohrwiderstandsgesetz

Hierin sind Bild 2-123. Hoppler-Kugelfallviskosimeter. Werhfoto: Haake

der Praxis weit verbreitete Hoppler-Kugelfallviskosimeter. Die Reibungskraft F^ errechnet sich aus der Differenz zwischen der Gewichtskraft FQ und der Auftriebskraft F^ zu

/ Lange der Rohrleitung, d Durchmesser des Rohres, V Stromungsgeschwindigkeit, ^ = 9,81 m/s^ Fallbeschleunigung.

^R = ^ G - ^ A . Aus

Der dimensionslose Proportionalitatsfaktor A ist die Rohrreibungszahl. Sie ist stark abhangig von der Oberflachenrauhigkeit und der Reynoldszahl (S. 127).

folgen mit dem Kugelvolumen KK = j TT r^

Umstromen von Korpern

V=

und

(2-238)

9// '^g

r^{QY.-Q¥\)

(2-239)

9v

BernouUi-Gleichung bei Newtonscher Reibung Die Reibungskraft verursacht in der Stromrohre (Bild 2-101) einen Druckverlust/?v und vermindert dadurch die Druckdifferenz pi —p2. Wird die Bernoulli-Gleichung (Gl. (2-203)) um den Druckverlust erweitert, so ergibt sich

^Qdh

Qvl + ^^+Pi

+ Pv-

(2-240)

In der Praxis wird der Druckverlust oft als Verlusthohe hy angegeben:

Wahrend bei der laminaren Stromung die Geschwindigkeitsvektoren der Fliissigkeitsteilchen parallel verlaufen, andern sich in der turbulenten Stromung die Geschwindigkeitsvektoren standig nach Richtung und GroBe. Streng genommen ist eine turbulente Stromung deshalb immer instationdr. Als stationar wird sie angesehen, wenn die iiber den Querschnitt gemittelte Geschwindigkeit von der Zeit unabhangig ist. Eine Wirbelbildung tritt auf, wenn sich die Flussigkeitsschichten ablosen. Die Entstehung von Wirbeln kann modellmaBig erklart werden. Bild 2-124 a zeigt den reibungsfreien Idealfall. Wahrend an den Punkten A und C die Stromungsgeschwindigkeit i; = 0 und deshalb nach der Bernoulli-Gleichung der statische Druck maximal ist, wird an den Punkten B und D die Geschwindigkeit am groBten (^ = ^max) und deshalb der Druck am geringsten. Ohne Wirkung einer Reibungskraft werden die Fliissigkeitsteilchen von A nach B beschleunigt und durch die zunehmende

124

2. Mechanik

reibungsbehaftete Umstromung

reibungsfreie Umstromung a)

b)

Bild 2-124. Umstromung von zylindrischen Korpern.

Druckkraft von B nach C auf v = 0 wieder abgebremst; entsprechendes gilt fur den Weg ADC. Unter der Wirkung von Reibungskraften werden die Fliissigkeitsteilchen vor dem Punkt C zur Ruhe kommen. Die Reibungskraft wird sie zwingen, ihre Richtung zu andern. Dadurch treten Wirbel auf, die nach dem Drehimpulserhaltungssatz (Abschn. 2.8.4) paarweise auftreten (Bild 2-124 b). Die Widerstandskraft /^w setzt sich aus zwei Anteilen zusammen. Dies verdeutlicht Bild 2-125, — Reibungswiderstandskraft F^ (z. B. langs einer iiberstromten Platte, Bild 2-125 a). Dies ist die bei der Stromung wirkende Reibungskraft. Nach einer bestimmten „Lauflange" entlang der Platte wird die Grenzschicht der Strdmung turbulent. Der remer Reibungswiderstand

a)

Umschlag in Turbulenz hangt von der Form der Plattenvorderkante, aber auch von der Rauhigkeit der Oberflache ab. Druckwiderstandskraft F^ (z. B. quer angestromte Platte, Bild 2-125 b). Beispielsweise bilden sich auf der Riickseite einer quer angestromten Platte Wirbel, in denen sich die Fliissigkeitsteilchen sehr schnell bewegen. Nach der Bernoulli-Gleichung hat dies einen verminderten statischen Druck zur Folge. Dadurch entsteht eine Druckdifferenz vor und hinter der Platte. Die dieser Druckdifferenz entsprechende Kraft ist die Druckwiderstandskraft. Sie tritt auch bei Umlenkungen und Querschnittsveranderungen auf. Sie ist proportional zum Staudruck und zur angestromten Stirnflache A, d.h. dem in Stromungsrichtung wirkenden Profil:

remer Druckwiderstand

Reibungs- und Druckwiderstand

quer angestromte Platte

uberstromte Kugel

b)

langs uberstromte Platte

Bild 2-125. Widerstdnde bei Stromungen.

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

Korper

1

Cj) ist der Druckwiderstandsbeiwert. Fur den gesamten Widerstand (Bild2-125c) ergibt sich die Widerstandskraft aus

^W = ^R + ^D = ^w 2 " ^ ^ ^ -

(2-244)

Platte • n langer Zylinder

=o =o Kugel

Sie nimmt quadratisch mit der Stromungsgeschwindigkeit zu. Der Proportionalitatsfaktor Cw in Gl. (2-244) ist dimensionslos und wird Widerstandsbeiwert genannt. Man miBt ihn experimentell im Windkanal, und er ist nur bei Vemachlassigung der Reibungswiderstandskraft konstant, d.h. bei hohen Anstromgeschwindigkeiten. Bild 2-126 zeigt einen Pkw im Stromungskanal. In Bild 2-127 sind einige Widerstandsbeiwerte Cw fiir unterschiedliche Anstromgeometrien zusammengestellt. Ein Korper in Stromlinienform mit Cw = 0,055 zeigt den geringsten Widerstandsbeiwert. Diese Geometrie hat die Besonderheit, daB der Druckabfall entlang des Korpers so langsam stattfindet, dai3 keine Wirbel auftreten konnen. In der Praxis wiirden bei Fahrzeugen dadurch allerdings sehr lange Heckteile notwendig werden. Um sie zu verkiirzen und trotzdem giinstige Cw-Werte zu erreichen, wird das Stromungsprofil nur schwach verjiingt und dann plotzlich senkrecht mit einer AbriBkante begrenzt. Die storende Reibungswirkung von Wirbeln kann auch dadurch gemildert werden, daB die Wirbel durch Schlitze an der Oberflache abgesaugt werden. Die Leistung, die gegen eine

Bild 2-126. Pkw mit dem Widerstandsbeiwert Cj^=0,30im Windkanal. Werkphoto: Audi.

Halbkugel (vorn)

125

Widerstandsbeiwert

Re > 103 1,1 bis 1,3 Re>5'105 c^ = 0,35 5- 1 0 2 < R e < 5 - 10^ Cw=1.2 Re>106 Cw = 0,18 103
0,42

ohne Boden 0,34 Halbkugel (hinten)

\ \\J

-

AL-/J Kegel mit Halbkugel

—^—==^::IIII3

mit Boden

1,17

ohne Boden 1,34

0,16 bis 0,2

Halbkugel mit Kegel 0,07 bis 0,09

Stromlinienkorper 0,055

Bild 2-127. Widerstandsbeiwerte unterschiedlicher Korper.

turbulente Stromung aufgebracht werden muB, errechnet sich wegen P = Fizu

Die Stromungsleistung nimmt also mit der dritten Potenz der Anstrdmgeschwindigkeit zu. (Bei der Verdopplung der Anstromgeschwindigkeit z. B. verachtfacht sich die Stromungsleistung.) Bei der Umstromung von Korpem bildet sich eine Grenzschicht D aus, innerhalb der die Stromungsgeschwindigkeit von ?; = 0 auf den vollen Wert ansteigt. Wie Bild 2-128 am Beispiel eines umstromten Profils zeigt, bildet sich zunachst eine laminare Grenzschicht aus. In diesem Bereich werden die Teilchen beschleunigt. Bei der weiteren Stromung entlang

126

2. Mechanik

Beschleunigung Verzogerung

turbulente Grenzschicht laminare Grenzschicht

Umschlagspunkt turbulente Grenzschicht

laminare Grenzschicht yf

ungestorte Stronnung

0.99 K^ Geschwindigkeitsverlauf

turbulente L Oberschicht *^' laminare I ^Unterschicht i

v////y/?////J///////////l

7//////////////////. Grenzschichtdicke

V

q=5

A = 0,37 /: Lauflange langs der Platte vom Staupunkt aus v: kinematische Viskositat v^: Geschwindigkeit der ungestorten Stromung

Bild 2-128. Laminare und turbulente Grenzschichtbildung bei der Umstromung von Korpern.

der Platte nimmt der Stromungsdruck zu, so daB wegen der jetzt beginnenden Verzogerung der stromenden Teilchen eine Wirbelbildung einsetzt. Es entsteht auf einer laminaren Grenzschicht eine turbulente Stromung. Der Begriff Grenzschicht wurde von L. PRANDTL (1875 bis 1957) in die Stromungslehre eingefiihrt. Die Grenzschichtdicke D^ der laminaren Stromung nimmt mit zunehmender Lange des Profils proportional zu j/7 zu. Fur die turbulente Stromung sind die Vorgange wegen der Wirbelbildung komplizierter. Gleichungen zur Berechnung der Dicke der Grenzschicht einer laminaren Stromung D\ und der einer turbulenten Stromung i)t sind fiir eine ebene Platte in Bild 2-128 aufgefiihrt, Ahnlichkeitsgesetze Um Vorgange der Stromungsmechanik im LabormaBstab studieren und um stromungsmechanische Anlagen, z. B. Wasserkraftwerke, entwerfen zu konnen, werden im verkleinerten

MaBstab Modelle angefertigt. Damit man richtige Aussagen erhalt, muB das Modell dem Original ahnlich sein. Wie Bild 2-129 Ahnlichkelt

X geometrisch H

Lange

hydromechanisch H

Geschwindigkeit

Flache

Beschleunigung

Volumen

Kraft

Oberfiachenbeschaffenheit

H

Dichte Viskositat kinematische Zahigkeit

Bild 2-129. Geometrische und hydromechanische Ahnlichkeit.

2.11. Mechanik deformierbarer Korper zeigt, mul3 fiir stromungsmechanische Modelle Ahnlichkeit in zwei Bereichen vorliegen: - Geometrische Ahnlichkeit: Model! und Original miissen in ihren geometrischen Abmessungen proportional sein (Lange, Flache und Volumen). Ein besonderes Problem ist die Abbildung der Oberflachenrauhigkeit; — hydromechanische Ahnlichkeit: Modell und Original mussen in ihren hydromechanischen Eigenschaften proportional sein (Geschwindigkeit, Beschleunigung, Kraft, Dichte, Viskositat und kinematische Zahigkeit). Nach O. REYNOLDS (1842 bis 1912) ist die hydrodynamische Ahnlichkeit erreicht, wenn eine dimensionslose Zahl, die nach ihm benannte Reynoldszahl Re, von Original und Modell iibereinstimmen.

[m] [L2] [vi]

[Q2][L2f[V2V

127

Oder

[Q2\[L2\[V2]

Mit der kinematischen Zahigkeit v = rj/q ergibt sich die Bedingungsgleichung fiir die stromungsmechanische Ahnlichkeit:

Hierbei ist v die Stromungsgeschwindigkeit und L eine charakteristische Lange. Diese wird durch den Versuchsaufbau bestimmt, mit dem die Reynoldszahl gemessen wird (z. B. ein Rohroder Kugeldurchmesser oder die Lange einer Platte). Die beiden gleichzusetzenden Ausdriicke sind die dimensionslose Reynoldssche Zahl

Reynoldszahl Re An den stromenden Teilchen wirken als auBere Krafte Druckkrafte F^ und Reibungskrafte /^R sowie die Tragheitskraft F^ = — ma. Bei hydromechanischer Ahnlichkeit muB an jeder Stelle des Stromungsraums das Verhaltnis dieser drei Krafte gleich sein:

>1.

^Rl

^P2

^R2

Fa

(2-248)

Da Fp -h T^R + Ft = 0 ist, geniigt es fiir die Ahnlichkeitsbetrachtungen, wenn lediglich zwei Kraftarten proportional sind, beispielsweise die Reibungskraft und die Tragheitskraft: FRI/F^2 = F^I/F^2- Nach Gl. (2-227) gilt fiir die Reibungskraft F^= rjA{dv/dx) oder, in Dimensionen ausgedriickt.

Die Reynoldszahl ist durch den Zusammenhang mit der kinematischen Zahigkeit v temperatur- und bei Gasstromungen druckabhangigWie bereits erlautert, ist Re ein MaB fiir das Verhaltnis der Tragheitskraft F^ zur Reibungskraft FR und ein Kriterium fur den Stromungszustand. Bei einer laminaren Stromung ist Re < RCkrit JTiit Rckrit als der kritischen Reynoldszahl. Die Stromung ist turbulent, wenn Re > i^^krit ist. Der Umschlag der beiden Zustande (bei Rcknt) ist nicht sprunghaft Tabelle 2-10. Kritische Reynoldszahl Re^Ht sowie Rohrreibungszahl X bzw. Widerstandsbeiwert Cw (bei Re <^ RCkrit) f^i* verschiedene Stromungsgeometrien.

[FK] = [ri][Lf^^= M [L] [V] Fur die Tragheitskraft gilt nach Gl. (2-33) F[ = — m a = — qVa oder, in Dimensionen geschrieben, [F,] = {Q]{L'][a] = [Q][Lf[v]\ Werden die beiden Dimensionsgleichungen in Gl. (2-248) fiir die Ahnlichkeitsbeziehung eingesetzt, erhalt man

R^krit

kreisrundes Rohr 2320

Kugel

1,7-I05bis4-105

Platte 3,2-10^ bis 106 (langs angestromt)

X\ C^^

Re 24

1,328

128

2. Mechanik

und hangt beispielsweise auch von der Storfreiheit an der Einlaufstelle ab. Tabelle 2-10 zeigt die kritischen Reynoldszahlen und die Widerstandsbeiwerte fur ein kreisrundes Rohr, eine Kugel und eine Platte im Laminarbereich. (Fiir ein kreisrundes Rohr wird statt c^^ iiblicherweise die Rohrreibungszahl X verwendet, s. Gl. (2-242).) Bei turbulenten Stromungen spielt die Oberflachenrauhigkeit k eine wichtige Rolle. Sie hangt sehr von der Bearbeitung der Werkstiickoberflache ab. Die Rauhigkeitswerte dieser Oberflachen werden ermittelt, indem man ihre Stromungswiderstande vergleicht mit denen, die kunstlich erzeugte Sandrauhigkeiten verursachen. In Bild 2-130 ist fiir Rohre das Rohrreibungszahl {X), Reynoldszahl (Re)Diagramm dargestellt. Es ist doppeltlogarithmisch ausgefiihrt und zeigt vier Bereiche: — Laminarer Bereich (schrag abwarts geneigte Gerade fiir /I = 64/Re; Re < 2320); — turbulenter Bereich (Re > 2320), und zwar fiir

103

• hydraulisch glatte Rohre (k = 0; Kurve a; A = f(Re))undfur • hydraulisch rauhe Rohre (Bereich II; /I = f(k/D)) sowie das • Ubergangsgebiet (Bereich I; 2 = f(Re,A:/i))). Der in der Praxis wichtige Bereich ist in Bild 2-130 hervorgehoben. Tabelle 2-11 zeigt den Zusammenhang zwischen der Rohrreibungszahl ^ bzw. dem Widerstandsbeiwert Cw und der Reynoldszahl Re fiir Rohre und Platten in diesen vier Stromungsgebieten. Beispiel 2.11-9: Das Modell eines Pkw wird im MaBstab 1:10 im Windkanal erprobt. Berechnet werden soil die Anblasgeschwindigkeit vi, wenn die Stromungsverhaltnisse des Fahrzeugs bei einer Fahrtgeschwindigkeit i;i = 120km/h untersucht werden sollen (gleiche kinematische Zahigkeit Vi = V2). Losung: Da die Reynoldszahlen vom Original (1) und Modell (2) iibereinstimmen miissen, gilt Rej = Re2.

2

Re

Bild 2-130. Rohrreibungszahl(k)-Reynoldszahl-(Re)-Diagramm: k Rauhigkeit, D Rohrdurchmesser, kID relative Rauhigkeit (aus: WdrmetechnischeArbeitsmappe, VDI-Verlag 1980).

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

129

Tabelle 2-11. Rohrreibungszahl X und Widerstandsbeiwert Cw fiir Rohre mit dem Durchmesser D und Flatten mit der Lange / in Abhangigkeit von der Rauhigkeit k und der Reynoldszahl Re. laminare Grenzschicht

turbulente Grenzschicht hydraulisch glatt

Rohre 64 /l = Re" (2-251)

Blasius _ 0,3164

Ubergangsgebiet

hydraulisch rauh

(2-252) Nikuradse

Colebrook 1 2,51 - F - = - 2 1 g Re|/A

(2320 < Re < 10^)

^ _ ^ D (2-255)

(2-254)

Prandtl/Karman (2-253) = 21g

2,31 0,309

C^^ '

(lg(Re/7)2)

Flatten

Voraussetzung: 1,328 Cw = " l/Re (2-256)

0,0745 Cyfj--

Re — ^ 100

5-

(2-257)

0,418 Cw —

kO

^2^2 V2

erhalt man 10 i^2 = ^'i — ^ = 1 2 0

2,53

(2-258)

Schwerkraft Fi = — m a:

Aus V,

Cw aus empirischen Tabellenwerken

km/h = 333,3 m/s.

Dieser Wert liegt kurz unterhalb der Schallgeschwindigkeit fiir Luft (c = 344 m/s bei ,9 = 20 °C). Es ist deshalb empfehlenswert, den ModellmaBstab zu vergroBern (z. B. auf 1:8).

FG = ^ 9

m\g

m\a\

m2 g

W2 ai

und

Tragheitskraft

Wie bei der Reynoldszahl Re kann fiir die Beschleunigung [a] = [t']V[L] gesetzt werden. Dann gilt nach Kiirzen der Massen —=—

g

Oder

9

Fwudezahl Fr Die

Fwudezahl

. Fr ( F R O U D E , 1810 bis

1879)

ist ebenfalls eine dimensionslose Kennzahl und beschreibt ahnliche Stromungen, bei denen vor allem die Schwerkraft FQ von Bedeutung ist. Dies ist beispielsweise bei der hydraulischen bzw. pneumatischen Forderung von Staub, Sand oder Kornern der Fall, spielt aber auch bei der Widerstandsermittlung von Oberflachenwellen fiir Schiffskorper eine Rolle. Die hydrodynamische Ahnlichkeit (Bild 2-129) fordert hier die Proportionalitat von

[Lx][g]

[L2][g]

(2-259)

[L][g\

Die Froudezahl ist die Wurzel aus diesem Ausdruck: Frrr

'

.

(2-260)

Bei Stromungsuntersuchungen fiir Schiffsmodelle im Schleppkanal miiBten idealerweise

130

2. Mechanik

der Widerstand durch die Oberflachenwellen (Froudezahl Fr) und der Reibungswiderstand im Wasser (Reynoldszahl Re) gleich sein. Wie Gl. (2-250) und (2-260) zeigen, liegen allerdings vollig unterschiedliche Abhangigkeiten von der umstromten Lange vor; es ist Re ~ L und Fr ~ 1 /j/ZT In der Praxis wird bei Schiffen vor allem auf Gleichheit der Froudezahl geachtet, weil der Einflufi der Oberflachenwellen groBer ist als derjenige der Reibungskraft.

Spezielle Probleme der Stromungsmechanik Auftrieb an umstromten

Korpern

Treten bei der Umstromung von Korpern an der Oberseite hohere Stromungsgeschwindigkeiten als an der Unterseite auf, so hat dies nach der BernouUi-Gleichung zur Folge, da6 an der Oberseite ein Unterdruckgebiet und an der Unterseite ein Uberdruckgebiet entsteht, wie Bild2-131a zeigt. Aus diesem Grund wird eine dynamische Auftriebskraft Fj^ wirksam, die analog zur Druckkraft F^ (Gl. 2-243)

Beispiel 2.11-10: Das Modell eines Schiffes im Mafistab 1:15 wird im Schleppkanal untersucht. Berechnet werden soil die Geschwindigkeit im Schleppkanal vi fur eine Fahrtgeschwindigkeit des Schiffes von v\ = 20 km/h a) bei gleicher Reynoldszahl Rcj = Re2 und b) bei gleicher Froudezahl Fri = Fr2. Losung: a) GemaB Beispiel 2.11-9 errechnet man fur gleiche Reynoldszahlen L, 15 j,2 = y, —^ = 20 km/h = 83,3 m/s. Li 1 b) Fur gleiche Froudezahlen ist "1

yz,, ^

"2

yiig

Daraus folgt »2

= t ' i l / — = 2 0 ] / - ^ km/h-l,4m/s.

Die beiden Geschwindigkeiten unterscheiden sich also um den Faktor 60.

(2-261)

^ 2

betragt mit CA als dem Auftriebsbeiwert. Die Flache A ist die maximale Projektionsflache des Korpers (z.B. bei einem Tragfliigel: A = Spannweite s mal Spanntiefe /). Die Auftriebskraft /"A und die Widerstandskraft F^f^ — C\fjQ/2v^A ergeben vektoriell addiert die resultierende Kraft (2-262)

FA + F^

Die Analyse der Laplace-Gleichung (2-197) fiir den raumlichen Verlauf der Geschwindigkeitsfunktion der Stromung um das Hindemis ergibt, daB in wirbelfreien Stromungsfeldern keine Auftriebskrafte entstehen. Erst der Anfahrwirbel, der sich wegen der Grenzschichtreibung an der hinteren Tragfliigelkante ablost, fiihrt zu Druckkraften auf den angestromten Korper. Dieser Anfahrwirbel verursacht um den Tragfliigel eine Zirkulation

b)

Bild 2-131. Zum dynamischen Auftrieb an umstromten Korpern: a) Krdfte, b) „Zirkulation'

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

r = § vds =

\roivdA

(2-263)

gemaB Bild 2-231 b, deren Drehimpuls den Drehimpuls des Anfahrwirbels kompensiert. Nach der Theorie von Kutta (1867 bis 1944) und Joukowsky (1847 bis 1921) erzeugt die Zirkulation auf einen Tragfliigel der Spannweite s die Auftriebskraft Ff^ = Qv s r.

(2-264)

Die resultierende Kraft FQ greift am Druckpunkt P an (Bild 2-131 a). Aus dem Drehmoment M um den vorderen Punkt 0, das vom Anstellwinkel a abhangt, kann der Abstand r = OP des Druckpunkts bestimmt werden. Mit Gl. (2-261) und Gl. (2-244) folgt M= r (FA COS a H- FW sin a) M=^-v^A

Mit CMI=

131

r (CA COS a + CW sin a) resultiert

M=Cu —

v^AL

(2-266)

Cy[ wird Momentenbeiwert genannt. Durch die Messung des Drehmomentes M im Windkanal kann der Momentenbeiwert CM und damit die Lage des Druckpunktes eines Tragfliigelprofils bestimmt werden. Fiir einen Tragfliigel soil die Auftriebskraft FA moglichst groB und die Widerstandskraft Fw moglichst gering werden. Ein MaB dafur ist die Gleitzahl

oder

r(cA cos a + Cw sin a ) . (2-265)

-6.0° ^ 4 . 0 °

-2.0°

0.0°

2.0°

4.0° 6.0° 8.0° Anstellwinkel a

10.0°

12.0°

14.0°

Bild 2-132. Auftriebs- und Widerstandsbeiwerte fur das Rotorblatt eines Hubschraubers. Werkbild: MBB

16.0°

18.0°

132

2. Mechanik

Die Werte fiir den Widerstandsbeiwert Cw und den Auftriebsbeiwert c^ sind vom Anstellwinkel a (Bild2-131a) abhangig. Diese Zusammenhange werden empirisch im Windkanal ermittelt und in ein Polardiagramm eingezeichnet. Bild 2-132 zeigt das Polardiagramm der Auftriebs- und Widerstandsbeiwerte eines Hubschrauberrotorblatts.

Bewirkt eine Querschnittsanderung dA eine Geschwindigkeitsanderung dv, so spielt bei kompressiblen Stromungen das Verhaltnis der Stromungsgeschwindigkeit v zur Schallgeschwindigkeit c des Mediums eine wichtige Rolle. Dieses dimensionslose Verhaltnis wird als Machzahl Ma bezeichnet (E. MACH, 1838 bis 1916):

Bernoulli-Gleichung fur kompressible Medien Gase zeigen bei hohen Stromungsgeschwindigkeiten {v> 0,?> c\ c Schallgeschwindigkeit) nicht vernachlassigbare Dichteanderungen. Die Bernoulli-Gleichung (2-204) gilt dann nur noch fiir sehr kleine Stromungsbereiche, in denen die Hohendifferenzen vemachlassigbar klein sind und die Dichte naherungsweise konstant ist. Eine differentielle Druckanderung &p bewirkt dann eine differentielle Anderung der Stromungsgeschwindigkeit v dv\ dp •• 0 Oder integriert V dv + v'^ .dp ^ h = konstant. 2 Q

dA

Fiir die adiabatischen Stromungen idealer Gase ergibt sich nach Gl. (3-66) (Abschn. 3.3.4.4) /7/g^ = konstant. Wird daraus die Dichte Q in Gl. (2-268) eingesetzt und diese integriert, ergibt sich V

X

2

X— \

P

— = konstant. Q

(2-269)

Bei idealen Gasen ist der Isentropenexponent x = Cp/(Cp-/?i) (Abschn. 3.3.3, Gl. (3-60)). Mit Hilfe der Zustandsgleichung idealer Gase (Abschn. 3.1.5, Gl. (3-20)) erhalt man fiir die adiabatischen Gasstromungen den folgenden Zusammenhang zwischen der Strdmungsgeschwindigkeit v und der absoluten Gastemperatur T\ — + Cp r = konstant.

Mit der differentiellen Schreibweise der verallgemeinerten Bernoulli-Gleichung (2-268) vdv^ dp/g = 0 und c^ = dp/dg ergibt sich aus Gl. (2-272) — V dv dA dv r— + + = 0 Oder

(2-268)

Diese Gleichung ist die verallgemeinerte Bernoulli-Gleichung fur kompressible Medien.

—+

Fiir eine stationare Stromung gilt dm/dt = QAV = konstant oder in differentieller Form

(2-270)

=^ - -

dv.

Damit gilt fiir die Querschnittsabhangigkeit von Uber- und Unterschallstromungen {v/c = Ma) dA

dv

A

V

(Ma2-- 1 ) .

(2-273)

Tabelle2-12 gibt das Geschwindigkeitsverhalten bei Querschnittsanderungen fur den Unterschall- bzw. Uberschallbereich an. Es ist ersichtlich, daB sich Unterschallstromungen entgegengesetzt zu den tJberschallstromungen verhalten. Im Unterschallbereich erhoht sich bei Querschnittsverengung die Geschwindigkeit, wahrend sie sich im Uberschallbereich vermindert. In Hohen oberhalb /z = 180 km ist die Atmosphare allerdings so diinn, daB keine Schallausbreitung mehr stattfinden kann. Die Machzahl ist dann bedeutungslos. — Wichtig ist ebenfalls das unterschiedliche Verhalten bei einer Querschnittserweiterung. Bei einer LavaldUse ist dies beispielsweise der Fall. Deshalb ist am Einlauf v < c, so daB am

2.11. Mechanik deformierbarer Korper Tabelle2-12. Unterschall- und Uberschallstromung bei Querschnittsanderung (v Stromungsgeschwindigkeit, c Schallgeschwindigkeit). Querschnittsverengung

Querschnittserweiterung

dA<0

dA>0

Unterschall Ma< 1

dy>0

d?;<0

Uberschall Ma> 1

di;<0

dr>0

QuerschnittsMinimum dA = 0 entweder d[; = 0 Oder v= c

engsten Querschnitt v = c wird. Bei einem Diffusor hingegen wird v > c, wenn p genugend abgesenkt wird. 2.11.3.4. Anwendungen Pumpen Pumpen sind Arbeitsmaschinen zur Forderung von fliissigen Medien von einem niedrigen auf ein hoheres Energieniveau. Die verschiedenen Eigenschaften der Fordermedien (z.B. geringe oder groBe Viskositat, chemische Aggressivital), die Forderungen nach bestimmten Forderstromen und die Uberwindung genau definierter Forderhohen sind der Grund fiir die Vielzahl von Pumpentypen. In Bild 2-133 sind sie vergleichend gegenubergestellt. In der Hydrodynamik sind die Kreiselpumpen und die Strahlpumpen von Bedeutung. Die folgenden Beispiele beziehen sich auf die in der Praxis haufig eingesetzte Kreiselpumpe und auf die Begriffe, Zeichen und Einheiten nach DIN 24260, die im Pumpenbau ublich sind. Die Funktion Hp,=f(Q) wird Anlagekennlinie (Rohrleitungskennlinie) genannt. Sie hat den schematischen Verlauf gemaB Bild 2-134. Bei der Pumpenkennlinie H=f(Q) dagegen nimmt bei Stromungspumpen mit zunehmendem Forderstrom Q die Forderhohe H ab (Bild 2-133). Bild 2-135 zeigt den Verlauf der Anlagenkennlinie und der Pumpenkennlinie. Im Schnittpunkt ist die Forderhohe der Anlage / / A gleich der Pumpenforderhohe H. Dies stellt den Betriebspunkt B der Pumpe dar. In Bild 2-135 b ist eine g,//-Kennlinie einer Spiralgehause-Kreiselpumpe dargestellt.

133

Fur Pumpenanlagen aller Art sind folgende charakteristischen GroBen wichtig: Forderstrom Q = vA(in mVs), Forderhohe H (in m), Forderleistung PQ = gg QH, Wirkungsgrad rj = PQ/P, Leistungsbedarf P = Pq/rj = {Qg QH)/n sowie Drehzahl n (in min~^). Bild 2-136 zeigt das Schema einer Pumpstation. Die Bernoulli-Gleichung (2-204) fiir diese Anlage lautet unter der Beriicksichtigung der Reibungsverluste durch die Verlusthohe hy fiir den Eintritt e bzw. den Austritt a h^ + Hp,^-

+ -—

Q9 ^9 Die Geschwindigkeiten v^ und v^ sind in den Punkten e und a zu messen. Daraus errechnet sich die Forderhohe H^ zu

statischer Anteil

+-

2^

- + /zv

(2-274)

dynamischer Anteil

Gl. {1-21 A) enthalt einen statischen Anteil, der vom Forderstrom Q unabhangig ist, und einen dynamischen Anteil, der eine Funktion des Forderstromes 2 ist. (Hierbei ist die Verlusthohe hy durch den Forderstrom Q bedingt.) Wegen v = Q/A resultiert

Mit zunehmendem Forderstrom Q nimmt die erforderliche Forderhohe ^ A der Pumpe zu. Bild 2-137 a zeigt eine Spiralgehause-Kreiselpumpe nach DIN 24 255, Bild2-137b eine Querschnittszeichnung sowie Bild 2-137 c die Fordermenge-Leistungs-Kurve {Q, P-Kennlinie).

134

2. Mechanik

^a 05 > C D ^ 0)

O

V

ro S

•*-* ^c»

cn 0) - Q -*^. < c^

CO CO

S^ o

J 3 T3 CD C X 3

ia

(U Q.

O)

c

E :0 CO

Qi Q.

E D

b

Q. CD C CO

Q. CD (D

c 0)

^

CO

1

O) O

V

'55

E

1

O)

o

E

O)

>

:0

O)

^

c

U

:C0

0) Q.

Aa

CD O)

^

J3 CO

E D O)

c 3

^ 0) DC

Q.

CD

c

(D

:0

o V

^ O 0}

c

C3) C

CD

sr

CO

N

E

E

'^

CO T 3

H| C

CD' N •-

1

(D

o

JZ

o

CO

4a

(D Q.

E D

-^ •£ < 3

Q.

LO

•4-'

3

O

b

V

E CD

^

/,C : 0

>

CD CD

0)

^

CD

1

0) Q.

c D

c :C0

•a CD

>

E Q. •o CO

c CD

N

V Q. CD

a D E Q. C (D

o

^

Aa

E

O)

^ o

3 Q. C (D

CD

W

a3

^ -o -E E

O CO (D

CD

O

p >

1

1

•o C

d V sr

V CN

a d

S

Q E CD (^

3 Q.

2 ^ 0 > CO ._ O -C Q CD

1

o c

II

C *^

N3 CO

^

.E 0) LLi CD

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

135

,l [^ dynamischer Anteil Pumpenkennlinie •a :0

statischer Anteil

^"X.

N&/

:0

Forderstrom Q BiId 2-134. Forderstrom Q in Abhdngigkeit von der Forderhohe H^.

"E :0 U-

^^^^

Anlagenkennlinie

Forderstrom Q Bild 2-135. Pumpenkennlinien. a) Verlauf der Pumpen- und Anlagenkennlinien, b) Q, H-Kennlinie einer Spiralgehduse-Kreiselpumpe. rj Wirkungsgrad Werkbild: Ritz b)

1^ 1470 min" 50 Hz

L-40 rj< V

- 0 >30D —

-1

K}—^

6u bb ^u- /t 3

80 fi'o R 1 * • »

vJ

35

- 0 32 1

85

- 0 30 R

\ttif,t)

h30

y0

0 291 0) •O

0

- 2 5 - 0 ?7 6

^7!

•D

^0-

^ 0 ^D 1

-20

-15

C):L lufr,addurclim€»SS€»rin mn

100

200

300 Forderstrom Q

400

500

m3/ h

600

136

2. Mechanik Beispiel 2.11-11: Die Forderhohe //^ und der Leistungsbedarf P einer Kesselspeisepumpe (Hohenunterschied /Za - /^e = 5 m; Q = 907 kg/m^) sollen errechnet werden (analog DIN 24 260). Die Anlage weist folgende Betriebsdaten auf: Eintrittsdruck Austrittsdruck Forderstrom Verlusthohe Eintrittsquerschnitt Austrittsquerschnitt Wirkungsgrad

/7e=6 105Pa, /7a = 11 10^ Pa, Q = 0,06 mVs, A^= 1,5 m^, ^a = 0,8 m^, n =0,85.

Bild 2-136. Schema einer Pumpstation.

0

I

(

20

40

60

1

I

80

100

I

120

140

160

kW 50

^ ^° I

30

CO

0) _J

180

l/s

1 1 ^ 0 336 0 321

-r

1 13 306 0 291 • 0 276 - 0 261

20 1

10

1 1 1 1 1 1 1

- d

Forderstrom Q Bild2-137. Spiralgehduse-Kreiselpumpe nach DIN 24 255. a) Pumpe, b) Querschnitt durch die Pumpe, c) Q, P-Kennlinien. Werkphotos: Ritz

2.11. Mechanik deformierbarer Korper Losung: a) Nach Gl. (2-275) ergibt sich fiir die Forderhohe

^A = ( / ^ a - W + ^ ^ ^ - ^ + Q9

137

1829 bis 1908), Francis-Turbinen (J. B. 1815 bis 1892) und Kaplan-Turbinen

FRANCIS,

(V. KAPLAN, 1876 bis 1934) genannt werden;

auBerdem gibt es noch S-Turbinen (S-formiger Stromungskanal) und Rohrturbinen. Nach der Fallhohe werden die Wasserturbinen eingeteilt in

— Hochdruck'Turbinen: Bei ihnen ist die Fallhohe H groB {H > 200 m) und der Volumenstrom Q klein. Beispiele dafiir sind +7 m Pelton- und Francis-Turbinen; — Mitteldruck-Turbinen: Bei ihnen ist die Fallhohe H mittelgroB und der Volumenstrom b) Der Leistungsbedarf ist P = ^ ^ ^ = 42,8 kW. Q ebenfalls. Beispiele dafiir sind Francisund Kaplan-Turbinen; — Niederdruck-Turbinen: Bei ihnen ist die Fallhohe H klein {H < 50 m) und der VoluWasserturbinen menstrom Q groB. Beispiele hierfur sind Kaplan-, S- und Rohr-Turbinen. Wasserturbinen sind Wasserkraftmaschinen, in denen hydraulische Energie (Lageenergie und Um diese verschiedenen Turbinentypen sowie Stromungsenergie) in mechanische Arbeit unterschiedliche BaugroBen desselben Typs umgewandelt wird. Je nach Anteil der Lage- untereinander vergleichen zu konnen, dient energie (bestimmt durch die Fallhohe H) im die spezifische Drehzahl ric^. Sie ergibt sich Verhaltnis zur Stromungsenergie unterschei- aufgrund von Ahnlichkeitsgesetzen aus anadet man drei Ausfiihrungen, die nach ihren logen Uberlegungen wie die Reynolds- bzw. Konstrukteuren Pelton-Turbinen (L. A. PELTON, die Froudezahl (Abschn. 2.11.3.3). Sie ist die 0,06^ 0,06^ (ll-6)-105 \ 0,82 152 5+-^^ 907-9,81 — + 2-9,81 68,19 m.

2000

0 1020

40

60

80

100

150

200

250

Spezifische Drehzahl n^ Bild 2-138. Anwendungsbereiche der verschiedenen Arten von Wasserturbinen. Werkbild: Voith

300

350

138

2. Mechanik

Drehzahl, die sich ergibt, wenn die Turbinen bei einer Fallhohe / / = 1 m einen Volumenstrom Q = 1 m^/s verarbeiten. Der Zusammenhang zwischen Fallhohe und Volumenstrom ergibt sich aus

mit n als der Drehzahl der Anlage. Die Anwendungsbereiche von Wasserturbinen in Abhangigkeit von Fallhohe H und spezifischer Drehzahl «q sind in Bild 2-138 dargestellt. Daraus ist ersichtlich, daB Pelton-Turbinen fur hohe Fallhohen bei niedrigen spezifischen Drehzahlen und Kaplan- bzw. S- oder Rohrturbinen bei niedrigen Fallhohen und hohen spezifischen Drehzahlen zum Einsatz kommen. In den Uberschneidungsbereichen muB man die Vor- und Nachteile der Turbinenart abwagen. Haufig sind die ortlichen Gegebenheiten ausschlaggebend. In Bild 2-139 sind die Turbinentypen vergleichend gegeniibergestellt. Es sind auBerdem Einbaubeispiele und Laufrader der verschiedenen Turbinenarten sowie konstruktive Merkmale und Einsatzbereiche aufgefiihrt. In Abschn. 2.11.3.2 ist darauf hingewiesen, daB nach der Bernoulli-Gleichung (2-204) der statische Druck /7stat rnit zunehmender Stromungsgeschwindigkeit v abnimmt. Sinkt der statische Druck unter den Dampfdruck /?D der Fliissigkeit, dann bilden sich Dampfblasen, oder vorhandene Blasen vergroBern sich. Steigt der Druck wieder an, dann kondensiert der Dampf in den Hohlraumen, und das Stromungsmedium schlagt mit hoher Geschwindigkeit auf das Turbinenmaterial. Dieser Vorgang wird Kavitation (Hohlraumbildung) genannt. Dabei konnen Drucke bis 10^^ Pa bei Frequenzen um 2 kHz auftreten. Diese standigen Beanspruchungen fuhren zur Zerstorung der Materialoberflache. Die kritische Geschwindigkeit, oberhalb der Kavitation

eintritt, lal3t sich aus der Bernoulli-Gleichung (2-204) zu

^krit

=

/

/2(Pges-PD) Q

(2-277)

errechnen. Sie ist fiir Wasser bei p^^^ = 1 bar und 20 °C (;?D = 2340 Pa) t;krit = 14 m/s. Dies bedeutet, daB mit der Kavitation bei vielen Wassermaschinen gerechnet werden muB. Bei der Konstruktion von Wasserturbinen sollte daher darauf geachtet werden, daB — moglichst hohe auBere Drucke auftreten, — diinne Schaufelprofile verwendet werden und — nur kleine Anstellwinkel moglich sind.

Zur Ubung U 2.11-12: Ein Oltankeinlauf liegt 6 m hoher als die Pumpe (Forderstrom Q = 0,8 1/s). Das Zuleitungsrohr hat eine Lange von 1=1 m und einen Durchmesser d= \,1 cm. Wie groB ist der erforderliche Pumpendruck (QQ^ = 0,85 kg/1; voi = 0,2 Ns/m^)? U 2.11-13: Zur Messung der dynamischen Viskositat rj eines 01s (QQI = 0,85 kg/1) wird ein Kugelfallviskosimeter benutzt. Die Stahlkugel (QK = 7,85 kg/ dm^) hat einen Durchmesser d=2 mm und fallt in t = 2s s= 10 cm weit. Wie groB ist //? U 2.11-14: Ein Segelflugzeug der Masse m = 200 kg und der Projektionsflache A= 18 m^ fliegt mit einer Geschwindigkeit i^ = 60 km/h unter einem Anstellwinkel a = 8°. Wie groB sind Auftriebs- und Widerstandskraft? Zu bestimmen sind ferner der Widerstandsbeiwert c^^ und der Auftriebsbeiwert c^ (^Luft= 1,25 kg/m^). U 2.11-15: Ein Wasserbehalter hat am Boden eine waagerechte AusfluBrohre mit dem Durchmesser d=\,2mm, die / = 5 0 c m lang ist. Aus welcher Hohe h iiber der AusfluBrohre sinkt der Wasserspiegel ab, wenn turbulente Stromung in laminare Stromung umschlagt {r}^^= 10"^ Ns/m^)?

2.11. Mechanik deformierbarer Korper

139

J 8 i E .i o

i J O ^ "^ _ ^

^

p .E

CD :Q - - a ^ (0 CO CD

!o ^ « 2

9 -E c 2* -si 22 i -2

CD

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111

CD

CD O)

« 5= J

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140

3. Thermodynamik

3. Thermodynamik 3.1. Grundlagen 3.1.1. Einfiihrung Die Thermodynamik beschreibt die Zustande und deren Anderung infolge der Wechselwirkung mit der Umgebung von kompliziert zusammengesetzten makroskopischen Systemen durch eine geringe Anzahl makroskopischer Variablen, wie z.B. Druck oder Temperatur, sowie durch thermodynamische Potentiale. Das System kann makroskopisch betrachtet werden. Hierbei wird das gesamte System durch makroskopisch meBbare Systemeigenschaften und deren Zusammenhange beschrieben. Dies wird als phdnomenologische Thermodynamik bezeichnet, die der alteste Zweig der Thermodynamik ist. Das System kann auch mikroskopisch betrachtet werden. Hierbei werden die makroskopischen Systemeigenschaften auf die Wechselwirkungen der Systembestandteile (Atome, Molekiile) zuriickgefiihrt. Die Beschreibung erfolgt mit den statistischen Methoden der klassischen Mechanik bzw. der Quantenmechanik. Beispielsweise erklart die kinetische Gastheorie das Zustandekommen des Gasdrucks und ermoglicht ein tieferes Verstandnis des Temperaturbegriffs. Oder es konnen mit Hilfe der Statistik thermodynamische Potentiale hergeleitet werden, aus denen sich alle ZustandsgroBen und Materialeigenschaften (z. B. die spezifische Warmekapazitat) ergeben. In Bild 3-1 sind diese Betrachtungsweisen gegeniibergestellt. Ein thermodynamisches System kann mit seiner Umgebung in Wechselwirkung stehen. Findet kein Austausch von Energie und Masse liber die Systemgrenzen statt, so ist das System abgeschlossen. Wird nur die Arbeit W (z.B. mechanische, elektrische, magnetische Arbeit) ausgetauscht, Hegt ein adiabates System vor. Bei geschlossenen Systemen findet ein Austausch von Arbeit W und Warme Q und bei offenen Systemen noch zusatzHch ein Masseaustausch statt. Die wichtigsten Erkenntnisse in der Thermodynamik sind in vier Hauptsdtzen formuliert.

Der erste Hauptsatz ist der Energieerhaltungssatz. Er besagt, dal3 die Anderung der inneren Energie IS.U durch Warmezufuhr Q und (oder) Arbeitsverrichtung W erfolgen kann. Der zweite Hauptsatz sagt mit Hilfe des Entropiebegriffs etwas iiber die Richtung von Zustandsanderungen aus. Bei reversiblen Prozessen ist die Entropieanderung null; bei irreversiblen Prozessen ist sie positiv, d.h., die Warme ist nicht vollstandig in andere Energieformen umwandelbar. Von der Thermodynamik irreversibler Prozesse sind die Transport- und Ausgleichsvorgdnge von besonderer praktischer Bedeutung. Die Entropie S laBt sich auch mikroskopisch als Wahrscheinlichkeitsfunktion deuten (Logarithmus der Zustandswahrscheinlichkeit In P multipliziert mit der BoltzmannKonstanten k). Zustandsanderungen werden in Richtung maximaler Wahrscheinlichkeit (maximale Entropie) ablaufen. Der dritte Hauptsatz (Satz von Nernst) zeigt, daB bei Annaherung der Temperatur an den absoluten Nullpunkt (T -• 0) die Entropie konstant wird. Diese Konstante wird gleich null gesetzt. Aus dem dritten Hauptsatz folgt auch, dafi der absolute Nullpunkt ( r = 0 ) nicht erreicht werden kann. Ein thermodynamisches System - sei es gasformig (ideale oder reale Gase), fliissig oder fest — kann durch Zustandsgleichungen und Zustandsfunktionen, die nur vom Anfangsund Endzustand abhangen, beschrieben werden. Zu den Zustandsfunktionen (thermodynamischen Potentialen) gehoren die innere Energie U, die Enthalpie //, die freie Energie F, die freie Enthalpie G und die Entropie 5. Mit den Zustandsgleichungen und Zustandsfunktionen ist die Beschreibung von Gleichgewichtszustdnden und Gleichgewichtsbedingungen moglich. 3.1.2. Thermodynamische Grundbegriffe Systeme Ein raumlich abgrenzbarer Bereich, der herausgelost von seiner Umgebung betrachtet werden soil, wird als System bezeichnet. Nach Art der Systemgrenzen werden verschiedenartige Systeme unterschieden, wie aus Tabelle 3-1 hervorgeht.

3.1. Grundlagen

141

THERMODYNAMIK Umgebung

\\N_ adiabat

abgeschlossen

des

Systems

tl/1/ t o

tl/y t o tm

geschlossen

often

Energiesatz (erster Hauptsatz)

makroskopische Betrachtung

Gleichungen

ideale Gase

Beschreibung des

durch makroskopische Variable (Z.B. A y, T, p, c)

Zustandsbeschreibung des Systems

O)

_o o c

reale Gase (van der Waals)

0)

E o

mikroskopische Betrachtung

Beschreibung innere Energie U

(z. B. p, V, J)

gesamten Systems

thermodynamische Potentiale, nurvomAnfangsund Endzustand abhangig (Zustandsfunktion)

Zustands-

Gleichgewichtszustand Gleichgewichtsbedingungen

basierend Enthalpie H

H=U+pV frele Energie F

F=U-TS

Flussigkelten

V = i{pJ)

des Systems

freie Enthalpie G

G = H-TS Festkorper Entropie S

Satz von Nernst (III. Hauptsatz)

auf den statistischen Methoden der klassischen bzw. Quantenmechanik

lim S(p,r,VO = ^ " ° =konst = 0 Richtung der Zustandsanderung (zweiter Hauptsatz) Orev

: AS

Entropie S

reversible Vorg&nge .= 0 ASs, + ASu,

S = /c • In P

^^

irreversible VorgSnge Aosystem + ASumgebung > 0

S = f (Zeit)

X

Bild 3-1. Strukturbild der Thermodynamik.

Zustand, ZustandsgroBen, Prozeftgroften In der Mechanik wird die Lage eines Punktes im Raum durch drei Koordinaten festgelegt; in der Thermodynamik benutzt man ZustandsgroBen, um den Zustand eines Systems zu beschreiben. Historisch bedingt wird zwischen den direkt mefibaren thermischen ZustandsgroBen — Druck/7,

Thermodynamik irreversibler Proze3 Transport- und Ausgleichsvorgange (z. B. WSrmeleitung, Diffusion)

— Volumen F, — Temperatur T und den davon abgeleiteten kalorischen ZustandsgroBen, wie z. B. — innere Energie U, — Enthalpie H und — Entropie S unterschieden.

142

3. Thermodynamik

Tabelle 3.1. Thermodynamische Systeme. Bezeichnung des Systems

Kennzeichen der Systemgrenzen

Beispiele

offen

durchlassig fur Materie und Energie

Warmeiibertrager, Gasturbine

geschlossen

durchlassig fiir Energie, undurchlassig fiir Materie

geschlossener Kiihlschrank, Warmwasserheizung, HeiBluftmotor

abgeschlossen

undurchlassig fiir Energie und Materie

verschlossenes ThermosgefaB

adiabat

undurchlassig fiir Materie und Warme, durchlassig fur mechanische Arbeit

rasche Kompression in einem Gasmotor

Bleiben die ZustandsgroBen zeitlich konstant, dann befindet sich das System in einem Gleichgewichtszustand. Der Zustand eines Systems kann auf verschiedene Weise verandert werden (z.B. durch Warmezufuhr von auBen). Hat sich, ausgehend von dem Gleichgewichtszustand 1, ein neuer Gleichgewichtszustand 2 eingestellt, dann haben alle ZustandsgroBen wieder wohldefinierte Werte angenommen. Die Anderung AZ einer Zustandsgr56e Z hangt nicht von der Art der ProzeBfiihrung ab, sondern nur vom Anfangs- und Endzustand. Es gilt AZ = Zo - Zi

(3-1)

Im Gegensatz zu den wegunabhangigen ZustandsgroBen sind Wdrme und mechanische Arbeit wegabhangige ProzeBgroBen. Die mit dem System bei einer Zustandsanderung ausgetauschten Energiebetrage sind von dem Verlauf des Prozesses abhangig. Fur jeden Gleichgewichtszustand sind die ZustandsgroBen durch eine Zustandsgleichung miteinander verkniipft. So gilt z. B. fur ideale Gase ein einfacher Zusammenhang zwischen Druck, Volumen und Temperatur (Abschn. 3.1.5). Bei realen Gasen ist der Zusammenhang komplizierter und muB empirisch und mit Hilfe von Modellrechnungen ermittelt werden (Abschn. 3.4). Spezifische und molare GroBen Viele thermodynamische GroBen sind extensiv, d.h., sie hangen von der Substanzmenge (Masse m, Stoffmenge v) des Systems ab (z. B.

innere Energie U, Enthalpie H). Intensive GroBen sind da von unabhangig (z. B. Druck/?, Temperatur T). Wird eine extensive GroBe durch die Substanzmenge dividiert, ergibt sich eine intensive GroBe. Eine spezifische GroBe x ergibt sich nach DIN 5490 aus einer gemessenen extensiven GroBe X, indem durch die Masse m des Systems dividiert wird:

In der MaBeinheit einer spezifischen GroBe steht immer x = . .. kg~^ Spezifische GroBen werden nach DIN 1345 mit kleinen Formelbuchstaben geschrieben. Der Quotient aus einer gemessenen GroBe X und der Stoffmenge v ist die molare GroBe X^^, die durch den Index m gekennzeichnet wird:

Die MaBeinheit einer molaren GroBe enthalt stets X^ = ... mol~^. Jede spezifische GroBe kann leicht in die entsprechende molare GroBe umgerechnet werden. Aus Gl. (3-2) und (3-3) folgt sofort X= xm = X^ V, Oder V

^

Ti^

X^ = X— = xM.

(3-4)

S.l.Grundlagen

143

Darin ist M die Molmasse der betreffenden Substanz (Einheit kg/mol). Beispiel 3.1-1: Um m = 2 kg Wasser zu verdampfen, ist die Verdampfungswarme 2d = 4,512 MJ erforderlich. Wie groB sind die spezifische und die molare Verdampfungswarme von Wasser? Losung: Fur die spezifische Verdampfungswarme erhalt man ^d = Qd^^ = 2,256 MJ/kg. Die Molmasse von Wasser ist M = 18 g/mol. Somit betragt die molare Verdampfungswarme e^d = 2,256 MJ/kg • 18 g/mol = 40,6 kJ/mol.

3.1.3. Temperatur Die Temperatur ist der menschlichen Empfindung direkt zuganglich und wird mit Begriffen wie „warm" und „kalt" umschrieben. Korper, die sich auf verschiedener Temperatur befinden, konnen durch Beflihlen unterschieden und entsprechend ihrer Temperatur klassifiziert werden. Bringt man zwei Korper verschiedener Temperatur in Kontakt, so stellt man fest, daB der warme Korper kalter und der kalte warmer wird. Es findet ein Temperaturausgleich statt, der dann beendet ist, wenn das System einen Gleichgewichtszustand erreicht hat. Dieser Sachverhalt wird durch den nullten Hauptsatz der Thermodynamik ausgedriickt: Im thermodynamischen Gleichgewicht haben alle Bestandteile eines Systems dieselbe Temperatur. Der vorgenannte subjektive Temperaturbegriff muB natiirlich durch eine Temperaturdefinition mit entsprechenden MeBvorschriften ersetzt werden. Die exakte Definition der sog. thermodynamischen Temperatur geschieht iiber detl Wirkungsgrad einer idealen Warmekraftmaschine und wird in Abschn. 3.3.5 behandelt. Bereits im Jahr 1704 stellte G. AMONTONS (1663 bis 1705) fest, daB der Druck eines Gases, dessen Volumen konstant gehalten wird, von der Temperatur abhangt. Er schlug vor, die Temperatur proportional zum Druck des Gases zu setzen {T ^ p) und damit die

Bild 3-2. Prinzip eines Gasthermometers mit konstantem Gasvolumen. Durch Heben oder Senken des AusgleichsgefdBes A wird der Quecksilberspiegel im linken Schenkel des U-Rohrs auf der Nullmarke gehalten. p Druck T absolute Temperatur.

Temperaturmessung auf eine Druckmessung zuriickzufiihren. Man erreicht dies mit Hilfe des in Bild 3-2 dargestellten Gasthermometers. Es laBt sich zeigen, daB die Temperatur des Gasthermometers fiir ideale Gase (Abschn. 3.1.4 und 3.1.5) identisch ist mit der oben erwahnten thermodynamischen Temperatur. Die Abweichungen, die reale Gase zeigen, kann man rechnerisch beriicksichtigen. Der im Gasthermometer bestimmte Gasdruck p kann erst dann in eine Temperatur T umgerechnet werden, wenn die Proportionalitatskonstante zwischen Druck und Temperatur festgelegt ist. Alle Experimente, besonders die in Abschn. 3.1.4 geschilderten von Gay-Lussac, zeigen, daB es einen absoluten Nullpunkt der Temperatur gibt. Um eine Temperaturskala festzulegen, ist daher nur noch die Temperatur eines weiteren Punktes zu definieren. Dazu wurde der Tripelpunkt des Wassers zu rTr= 273,16 K (Kelvin) festgelegt. Der Tripelpunkt ist der Zustand, bei dem in einem GefaB der feste, fliissige und gasformige Aggregatzustand miteinander im Gleichgewicht sind. Der Tripelpunkt des Wassers ist leicht herzustellen und mit einer Toleranz von einigen Millikelvin reproduzierbar. Die 13. Gene-

144

3; Thenriodynamik

ralkonferenz fiir MaBe und Gewichte (GKMG) legte 1967 als Einheit fiir die Temperatur fest:

Durch diese Definition wird erreicht, dafi Temperaturdifferenzen in beiden Einheiten dieselbe MaBzahl haben.

1 Kelvin ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes von Wasser.

Fur den praktischen Gebrauch vmrde die Internationale Temperaturskala von 1990 (ITS-90) erarbeitet. Sie stutzt sich auf 17 gut reproduzierbare thermodynamische Gleichgewichtszustande als definierende Fixpunkte (Tabelle 3-2) und gilt als derzeit beste Darstellung thermodynamischer Temperaturen. Zur Interpolation zwischen den Fixpunkten wird zwischen 0,65 K und 5 K die Temperatur aus dem Dampfdruck von ^He bzw. '^He bestimmt; zwischen 3 K und 24,5561 K mit einem Gasthermometer. Oberhalb 13,8033 K bis 1234,93 K werden Pt-Widerstandsthermometer und fiir noch hohere Temperaturen Spektralpyrometer eingesetzt.

Die Einheit Kelvin (K) fiir die absolute Temperatur wurde zu Ehren von W. THOMSON (1824 bis 1907), dem spateren Lord Kelvin gewahlt, auf den die Temperaturskala zuriickgeht Die so defmierte Kelvin-Skala hat dieselbe Skalenteilung wie die bereits 1742 von A. CELSIUS (1701 bis 1744) vorgeschlagene Skala, bei der Schmelz- und Siedepunkte des Wassers unter Normdruck (0°C bzw. 100 °C) als Fixpunkte dienen. Der Zusammenhang zwischen der absoluten Temperatur T in Kelvin und der Temperatur ,9 in Grad Celsius ergibt sich aus S

T

(3-5)

Temperaturmessung Jede physikalische GroBe, die sich mit der Temperatur andert, kann zur Temperaturmessung herangezogen werden. Fur die verschiedensten MeBaufgaben, MeBobjekte und Temperaturbereiche wurden unterschiedliche Mel3verfahren entwickelt. Fine Zusammenstellung gangiger Methoden enthalt Tabelle 3-3. Die

Tabelle 3-2. Definierende Fixpunkte der ITS-90. Wenn nicht anders angegeben, betragt der Druck /7„ = 101,325 kPa. Gleichgewichtszustand Siedepunkt von Helium bei verschiedenen Dampfdriicken Tripelpunkt des Gleichgewichtswasserstoffs Siedepunkt von Wasserstoff beim Dampfdruck 32,9 kPa und 102,2 kPa Tripelpunkt des Neons Tripelpunkt des Sauerstoffs Tripelpunkt des Argons Tripelpunkt des Quecksilbers Tripelpunkt des Wassers Schmelzpunkt der Galliums Erstarrungspunkt des Indiums Erstarrungspunkt des Zinns Erstarrungspunkt des Zinks Erstarrungspunkt des Aluminiums Erstarrungspunkt des Silbers Erstarrungspunkt des Goldes Erstarrungspunkt des Kupfers

7^0 in K

3 bis 5 13,8033 17 20,3 24,5561 54,3584 83,8058 234,3156 273,16 302,9146 429,7485 505,078 692,677 933,473 1234,93 1337,33 1357,77

i?9o in °C

-270,15 bis -268,15 -259,3467 -256,15 -252,85 -248,5939 -218,7916 -189,3442 -38,8344 0,01 29,7646 156,5985 231,928 419,527 660,323 961,78 1064,18 1084,62

3.1.Grundlagen

145

Tabelle 3-3. TemperaturmeBverfahren. Thermometertyp

MeBbereich in °C

Fehlergrenzen

physikalisches Mefiprinzip

Naherungsweise in GroBenordnung der Skalenteilung. Details in VDE/VDI3511

Thermische Ausdehnung einer Fliissigkeit wird zur Temperaturmessung verwendet. Die Temperatur wird aus dem Stand der Flussigkeit in einer Glaskapillare ermittelt.

1 bis 2% des Anzeigebereichs

Thermische Ausdehnung einer Fliissigkeit (z.B. Hg unter 100 bis 150 bar) wird auf eine Rohr- oder Schneckenfeder ubertragen.

FliissigkeitsGlasthermometer Fiillung: Pentangemisch Alkohol Toluol Hg-Tl Quecksilber Galliumlegierung

200 bis 30 n o b i s 210 - 90 bis 100 - 58 bis 30 - 38 bis 800 bis 1000

a o

FlussigkeitsFederthermometer

35 bis 500

PQ

DampfdruckFederthermometer

- 5 0 bis 350

1 bis 2% des Anzeigebereichs

Dampfdruck einer Flussigkeit (Ethylether, Hexan, Toluol, Xylol) wird auf eine Rohr- oder Schneckenfeder ubertragen.

Stabausdehnungsthermometer

Obis 1000

1 bis 2% des Anzeigebereichs

Thermische Ausdehnung eines Metallstabs bewegt ein MeBwerk.

Bimetallthermometer

50 bis 400

1 bis 3% des Anzeigebereichs

Thermobimetall besteht aus zwei fest miteinander verbundenen Schichten aus Werkstoffen mit unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten und kriimmt sich bei Temperaturanderung.

270 bis 0 200 bis 400 200 bis 700 200 bis 900 Obis 1600 0 bis 3300

0,75% des Temperatur-Sollwerts, mindestens 3 K

Zwischen zwei Verbindungsstellen verschiedener Metalle entsteht eine Thermospannung, wenn die Verbindungsstellen auf verschiedenen Temperaturen sind (Seebeck-Effekt).

0,3 bis 5 K 0,2 bis 2,1 K 0,5 bis 1,5 K

Temperaturabhangigkeit des elektrischen Widerstandes von Metallen und Halbleitern dient zur Temperaturbestimmung.

Thermoelemente AuFe-NiCr Cu-Konstantan Fe-Konstantan NiCr-Konstantan Pt-PtRh W-WMo

PQ

Widerstandsthermometer Platin Nickel HeiBleiter Kaldeiter

250 bis - 6 0 bis 273 bis 40 bis

1000 180 400 270

146

3. Thermodynamik

Tabelle 3-3. (Fortsetzung) Thermometertyp

o

Strahlungspyrometer Spektralpyrom. Bandstrahlungsp. Gesamtstrahlungspyrometer

Fehlergrenzen

physikalisches MeBprinzip

650 bis 5000 50 bis 2000 - 40 bis 3000

1 bis 35 K 1 bis 1,5% des Bereichs

Temperatur eines Korpers wird aus der Warmestromdichte seiner elektromagnetischen Strahlung bestimmt. Messung erfolgt entweder in engem Spektralbereich, breitem Spektralband oder im gesamten Spektrum.

1150 bis 2000 200 bis 2200

10 bis 25 K 1 bis 1,5% des Bereichs

Rote und grune Strahlungsanteile von MeBstelle und Referenzlampe werden verglichen. Vergleich erfolgt subjektiv durch Farbvergleich oder objektiv durch Photoempfanger.

Mefibereich in °C

H (U on

1 §> t-i

C
> CG

Verteilungspyrometer Farbangleichpyr. Verhaltnispyrometer

Photothermometrie

250 bis 1000

±1K

Die Oberflache eines heiBen Korpers wird mit infrarotempfindlichen Flatten photographisch aufgenommen. Zur Untersuchung von Temperaturfeldern geeignet.

Temperaturmefifarben

40 bis 1350

±5K

Auf MeBkorper wird Farbe aufgebracht, die bei Erreichen einer bestimmten Temperatur den Farbton andert.

Temperaturkennkorper

100 bis 1600

±7K

Zylindrische Korper aus Metallegierungen zeigen durch Schmelzen eine bestimmte Temperatur an.

Segerkegel

600 bis 2000

s

(D ; - i (U C 0

Mischung aus Ton und Feldspat wird bei Erreichen einer bestimmten Temperatur weich, der Kegel neigt sich zur Seite.

C/D

X)

akustisches Thermometer

-271 bis-253

Temperaturabhangigkeit der Schallgeschwindigkeit in Gasen ist ein MaB fiir die Temperatur.

magnetisches Thermometer

- 273 bis - 200

Magnetische Suszeptibilitat paramagnetischer Salze hangt reziprok von der absoluten Temperatur ab.

Glasfaserthermometer

50 bis

250 Auflosung 0,1 K

Die Fahigkeit einer Glasfaser, Lichtwellen zu fiihren, hangt vom temperaturempfindlichen Brechungsindex ab.

3.1. Grundlagen VDEADI-Richtlinien 3511 geben eine ausfiihrlichere Darstellung sowie eine Zusammenstellung der relevanten DIN-Normen.

Temperatur ,92 gilt nach Gl. (3-7), wenn Vi das Volumen bei ,9i ist V2 = ll = l\[\+ai{^2-^x)?

=

= Fi [1 + 3 a (.92 - ^1) + 3 a^{S2 - S^Y

3.1.4. Thermische Ausdehnung

+

Festkorper Die meisten Festkorper dehnen sich bei Erwarmung aus. Die relative Verlangerung A/// eines Stabes kann innerhalb bestimmter Grenzen proportional zur Temperaturanderung A r gesetzt werden: A/

147

(3-6)

a^T.

a\s2-hy].

Die beiden letzten Glieder der Klammer sind gegenuber dem linearen Glied vemachlassigbar. Daher erhalt man in guter Naherung F2 = v,[\ +

y{S2-S,)]

Oder fur c iie relative Volumenanderung AK

1st die Lange /i bei der Temperatur i9i bekannt, so folgt fiir die Lange li bei der Temperatur .92

(3-8)

(3-9)

= yAT V ~

mit A r = r 2 - r i = .92-i9i und dem Rauma usdeh n u ngskoeffiz ien ten

(3-7)

/2 = / i [ l + a ( . 9 2 - ^ i ) ]

(3-10)

y=3 cc. mit AT=T2 — Ti = S2—Si. Die Proportionalitatskonstante a ist der Ldngenausdehnungskoeffizient. Sie ist ein Materialparameter und kann naherungsweise konstant gesetzt werden. In der Wirklichkeit steigt der Langenausdehnungskoeffizient a mit der Temperatur leicht an; Tabelle 3-4 enthalt einige mit 10^ multiplizierte Mittelwerte fiir die Temperaturbereiche 0 °C ^ .9 ^ 100 °C und 0 °C ^ .9 ^ 500 ° C Mit der Langenausdehnung der Korper ist zwangslaufig eine Volumenanderung verkniipft. Fiir das Volumen V2 eines Wurfels bei der Tabelle 3-4. Mittlerer linearer Langenausdehnungskoeffizient a einiger Festkorper in verschiedenen Temperaturbereichen. 10^ a inK-i

10^ a inK-^

Temperaturbereich

0°C^.9 ^ 100 °C

0°C^.9 ^500°C

Aluminium Kupfer Stahl C 60 rostfreier Stahl Invarstahl Quarzglas gewohnliches Glas

23,8 16,4 11,1 16,4 0,9 0,51 9

27,4 17,9 13,9 18,2 0,61 10,2

Beispiel 3.1-2: Eine Messingkugel (a = 19 • lO'^K"!) hat bei der Temperatur .9i = 20°C den Durchmesser ^1 = 20,00 mm. Auf welche Temperatur .92 muB sie erwarmt werden, damit sie in einem Ring mit dem Innendurchmesser di = 20,03 mm stecken bleibt? Wie hat sich das Kugelvolumen verandert? Losung: Nach Gl. (3-6) ist die Temperaturanderung M 0,03 mm - = 79K. doL 20 mm- 19-10-^K-^ Also ist die erforderliche Temperatur .92 = 99°C. Die relative VolumenvergroBerung betragt nach Gl. (3-9) und (3-10) AV

V

= y A r = 3 a A r = 4 , 5 - 10"^

Die Dichte g eines Korpers ist umgekehrt proportional zum Volumen. Fiir die Temperaturabhangigkeit gilt Ko(l + 7.9) Ist Qo = m/Vo die Dichte bei .9o = 0 ° C , dann ist die Dichte bei der Temperatur .9 QiS)-

Qo 1+7.9

Qo(\-yS).

(3-11)

148

3. Thermodynamik

Flussigkeiten

1 273,15 K Ein Gas in diesem Grenzzustand wird als ideales Gas bezeichnet. Wie die graphische Darstellung des GayLussacschen Gesetzes in Bild 3-3 zeigt, wird das Volumen bei ,9 = - 273,15 °C gleich null. Dies ist der absolute Nullpunkt der Temperatur. Natiirlich gilt das Gay-Lussacsche Gesetz bei sehr tiefen Temperaturen nicht mehr. Reale Gase kondensieren beim Abkiihlen; selbst am absoluten Nullpunkt muB noch ein bestimmtes Restvolumen, namlich das Eigenvolumen der Atome, ubrig bleiben. Die absolute Temperatur T erlaubt eine einfache Formulierung des Gay-Lussacschen Gesetzes: 7=0,003661 K-^ =

Weil Flussigkeiten keine Eigengestalt haben, ist nur die Volumenanderung von Interesse. Es gelten Gl. (3-8), (3-9) und (3-11); allerdings ist der Raumausdehnungskoeffizient y groBer als bei Festkorpern. Einige Zahlenwerte enthalt Tabelle 3-5. Tabelle 3-5. Raumausdehnungskoeffizient y einiger Flussigkeiten bei der Temperatur ^ = 20 °C. Stoff

lO^yinK-i

Wasser Quecksilber Pentan Ethylalkohol Heizol

0,208 0,182 1,58 1,10 0,9 bis 1,0

Bemerkenswert ist die Anomalie des Wassers. Bei der Temperatur ,9 = 4 ° C hat die Dichte ihr Maximum mit g^ax = 0,999973 kg/dm^ Wenn im Winter ein See zufriert, sammelt sich das Wasser von i9 = 4 ° C und groBter Dichte am Grund; dariiber liegen die kalteren und leichteren Schichten. Weil die kalten Schichten nicht absinken, erfolgt keine Warmeiibertragung durch Konvektion. Der Warmetransport durch Warmeleitung ist nicht sehr effektiv (Abschn. 3.5), so daB tiefe Seen nicht bis zum Grund durchgefrieren.

V(T)=V,^

Hierbei ist To = 273,15 K. :^

«= \ (D

E D o

> ^

y

y

y

y

y

y

y

y

y

y

^

f - 2 7 3 , 1 5 °C

0°C Temperatur d

Gase Bei Gasen hangt das Volumen vom Druck und der Temperatur ab. Messungen von J. A. C. CHARLES (1746 bis 1823), die von J. L. GAY-LUSSAC (1778 bis 1823) vertieft

wurden, ergaben, daB bei einem Gas unter konstantem Druck das Volumen linear mit der Temperatur gemaB Gl. (3-9) variiert:

Bild 3-3. Zusammenhang zwischen dem Volumen V und der Temperatur T eines idealen Gases bei konstantem Druck.

Wird das Volumen eines Gases konstant gehalten und die Temperatur verandert, dann variiert der Druck p gemaB (3-13)

p{S)=p,{\^yS)

F(^)=Fo(l+7^), wenn FQ das Volumen bei .9o = 0 °C ist. Experimente liefern fiir den Raumausdehnungskoeffizienten y im Gay-Lussacschen Gesetz fiir fast alle Gase den gleichen Wert. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Gasen werden um so geringer, je niedriger der Druck p ist. Im Grenzfall /> ^ 0 ergibt sich fiir alle Gase

V

— = konst. (3-12)

bzw.

Oder P(T)=PQ—

bzw. ^0

— = konst.

(3-14)

^

Diese Gleichung ist die Grundlage der Temperaturbestimmung nach Amontons mit Hilfe des Gasthermometers.

3.1. Grundlagen 3.1.5. Allgemeine Zustandsgleichung idealer Gase Das Volumen V und der Druck p einer abgeschlossenen Menge eines idealen Gases sind bei konstanter Temperatur durch das Gesetz von Boyle-Mariotte verkniipft: pV=

konst.

(3-15)

149

m Qn

zusammen. Somit wird aus Gl. (3-17) PV^

Pn

•

m.

Die Werte fiir /?„, T^ und ^n werden zusammengefaBt zu der individuellen (speziellen) Gaskonstanten

Der Zusammenhang wurde 1662 von R. BOYLE (1627 bis 1691) und unabhangig von ihm 1679 von E. MARIOTTE (1620 bis 1684) experimen-

tell gefunden. Die Gesetze von Boyle-Mariotte, Gay-Lussac und Charles, formuliert in Gl. (3-15), (3-12) sowie (3-14), lassen sich in einer Gleichung, der Zustandsgleichung idealer Gase kombinieren: = konst.

(3-16)

Die Zustandsgleichung idealer Gase erhalt demnach die Form

pV=mR,T.

(3-19)

Da die Gaskonstante R^ von der Dichte ^n des Gases abhangt, ergibt sich fiir jede Gasart eine eigene, individuelle Konstante.

T Reale Gase befolgen Gl. (3-16) um so besser, je geringer der Druck und je hoher die Temperatur ist. Die physikalischen Griinde hierfur sind in Abschn. 3.2.1 erlautert. Die ZustandsgroBen Druck/?, Volumen F u n d Temperatur T einer konstanten Stoffmenge eines idealen Gases gehorchen stets Gl. (316). Durch Auflosung nach dem Druck ergibt sich/7 = konst. • T/V. Werden das GefaBvolumen und die Temperatur vorgegeben, dann hangt der Gasdruck und damit die Konstante von der Gasmenge ab, die sich im GefaB befindet. Zur Bestimmung der Konstante wird Gl. (3-16) in die Form pV

T

_P.V.

r„

(3-17)

gebracht. Die GroBen mit dem Index n beziehen sich auf den in DIN 1343 festgelegten Normzustand mit der Normtemperatur T^ = 273,15 K (^n = 0 ° C ) und dem Normdruck /?n=101 325 Pa. Das Volumen V^ des Gases hangt mit der Dichte Q^ beim Normzustand und der Masse m gemaB

Beispiel 3.1-3: Wie groB ist die individuelle Gaskonstante von Luft? Losung: Die Dichte beim Normzustand betragt ^n = 1 ?293 kg/m^. Damit errechnet man fiir die Gaskonstante 101325Nm-2 _^ ^ J R, = 273,15 K- 1,293 kg m" T = 286,9 - kgK Der Nachteil, fiir jedes Gas eine besondere Gaskonstante in Gl. (3-19) einsetzen zu miissen, entfallt, wenn in Gl. (3-17) das Volumen F„ durch die Stoffmenge v ausgedruckt wird. Nach dem Satz von A. AVOGADRO (1776 bis 1856) benotigt eine bestimmte Teilchenmenge eines idealen Gases bei bestimmten Werten des Drucks und der Temperatur stets das gleiche Volumen, und zwar unabhangig von der Gasart. Fur die Stoffmenge v = 1 mol betragt beim Normzustand nach D I N 1443 das Molvolumen F^n = 22,414 dmVmol. Somit ist das Volumen Fn der Teilchenmenge v V =vV

,

und Gl. (3-17) erhalt die Form PV T

_PnK. V. T„

150

3. Thermodynamik

Die Konstanten der rechten Seite faBt man zur universellen (molaren) Gaskonstante R^ zusammen: PnVm

R„

= 8,3145

J molK'

Losung:

Damit erhalt man die Zustandsgleichung der idealen Gase:

pV=vR^T.

bar eingestellt hat. Wie groB sind die Teilchenanzahl A^, die Teilchenmenge v und die Masse m des Gases?

(3-20)

Der Druck des Gases betragt/7=/?L+/?U=3,016-10^ Pa. Die absolute Temperatur ist r = 295,15 K. Nach Gl. (3-22) folgt fiir die Teilchenanzahl pV 3,016- 105Nm-2-2- IQ-^m^ N 1,381 • 10-23 N m K" 295,15 K = 1,48- 1023.

Diese Form hat den Vorteil, daB fur alle Gase dieselbe Gaskonstante verwendet werden kann. Die individuelle Gaskonstante R^ kann bei Kenntnis der Molmasse M des Gases aus der molaren Gaskonstante 7?^ berechnet werden. Nach Gl. (3-4), die den allgemeinen Zusammenhang zwischen spezifischen und molaren GroBen beschreibt, gilt R.=-

(3-21)

M

Die Anzahl der Teilchen in der Teilchenmenge V = 1 mol wird durch die Avogadrosche KonSt ante angegeben: 7VA = 6,0221 • l O ^ ^ m o r ^

Die Teilchenmenge ist N pV = 0,246 mol. TR„ N^ Helium hat die Molmasse M = 4,003 g/mol. Damit ist die Masse des Gases m = v M = 0,985 g. Der funktionale Zusammenhang der drei ZustandsgroBen Druck, Volumen und Temperatur in der Zustandsgleichung der idealen Gase kann in einem dreidimensionalen Raum nach Bild 3-4 anschaulich dargestellt werden. Alle Gleichgewichtszustande liegen auf der gekrlimmten Flache. Schnitte durch die Flache bei konstanter Temperatur liefern die Hyperbeln des Boyle-Mariotteschen Gesetzes im /7, F-Diagramm. Schnitte bei konstantem Druck erzeugen die Geraden des Gay-Lussac-

Mit der Avogadro-Konstante kann die rechte Seite von Gl. (3-20) umgeformt werden:

pV=vN,

T.

Hierin ist A^^ = v A^^ die Teilchenanzahl Systems. Der Quotient k= ^

= 1,38065 10"

wird als Boltzmann-Konstante

des

K (L. BOLTZMANN,

1844 bis 1906) bezeichnet. Hiermit ergibt sich eine weitere Form der Zustandsgleichung idealer Gase:

pV=NkT.

(3-22)

40 ^^

Beispiel 3.1-4: Ein GefaB mit K=21 Inhalt wird bei der Temperatur i9 = 22°C evakuiert und anschlieBend mit Helium gefiillt, bis sich gegeniiber dem auBeren Luftdruck ;7L=1016hPa der Uberdruck /?u = 2,0

Bild 3-4. Zustandsfldche der Zustandsgleichung idealer Gase. p Druck, V^ molares Volumen, T absolute Temperatur

3.2. Kinetische Gastheorie schen Gesetzes im K r-Diagramm, und schlieBlich ergeben Schnitte bei konstantem Volumen die Geraden des Charlesschen Gesetzes im p, r-Diagramm. Zur Ubung U 3.1-1: Ein Glasstab aus Pyrex-Glas und ein Mafistab aus Messing Ms 58 sind bei .9i = 20 °C genau 11 = 1000 mm lang. Welche Lange liest man fur den Glasstab ab, wenn beide Korper auf .92= 100 °C erwarmt werden? (aoias = 3,2 • 10~^ K~'; a^s = 19-10-6K-1) U 3.1-2: Eine kreisformige Stahlplatte hat bei .9i = 20°C den Durchmesser ^i = 1200 mm. Um welchen Betrag nimmt ihre Flache zu, wenn sie auf ,92 = 96 °C erwarmt wird? U 3.1-3: Wie groB ist die Zugspannung in Eisenbahnschienen bei .9, = - 2 0 ° C , wenn sie bei ,92 = + 20 °C spannungsfrei verschweiBt wurden? Der Elastizitatsmodul des Stahls betragt E = 2- 10^ N/mm2(Abschn. 2.11). U 3.1-4: Bei ,9i = 20°C betragt die Dichte von Quecksilber ^i = 13,546 kg/dm^. Bei welcher Temperatur ,92 ist die Dichte ^2 = 13,5 kg/dm^? U 3.1-5: Wie groB ist die individuelle Gaskonstante von Wasserdampf, wenn bei der Temperatur .9 = 800 °C und dem Druck p = 9,807 bar das spezifische Volumen v = 0,5 m^/kg betragt?

151

Ein ideales Gas zeichnet sich dadurch aus, daB es die Zustandsgleichung idealer Gase (Gl. (3-15) und folgende in Abschn. 3.1-5)) befolgt. Ein reales Gas verhalt sich dann ideal, wenn die Teilchendichte gering und die Temperatur wesentlich iiber der Siedetemperatur der Substanz liegt. In diesem Zustand ist das Eigenvolumen der Molekiile sehr viel kleiner als das GefaBvolumen; auBerdem sind die zwischenmolekularen Krafte vernachlassigbar, da diese eine sehr kurze Reichweite haben. Die Modellsubstanz des idealen Gases hat folgende Eigenschaften: — Das Gas besteht aus einer groBen Anzahl gleichartiger Teilchen, den Molekiilen. — Die raumliche Ausdehnung der Teilchen ist so klein, daB ihr Eigenvolumen gegeniiber dem GefaBvolumen vernachlassigbar ist (Konzept des Massenpunktes). — Zwischen den Teilchen existieren keine Wechselwirkungskrafte, ausgenommen bei einem ZusammenstoB. — Die ZusammenstoBe der Teilchen untereinander und mit den GefaBwanden verlaufen vollig elastisch innerhalb einer vernachlassigbaren Zeitspanne.

Der Druck, den ein Gas auf die GefaBwand auslibt, wurde bereits 1738 von Bernoulli so erklart, daB die Teilchen bei ihren ZusamU 3.1-6: In ein GefaB mit dem Volumen F = 20 1 menstoBen mit der Wand an diese einen bewird bei der Temperatur ,9 = 22°C Luft gepumpt, bis sich der Uberdruck pij= 100 bar einstellt. Wel/' i che Masse hat das Gas, wenn der auBere Luftdruck Pi = 1 bar betragt? U 3.1-7: In einem GefaB mit V= 1 m^ Inhalt befindet sich bei der Temperatur T = 250 K und dem Druck p = 2,5 bar ein ideales Gas. Wie groB ist dessen Teilchenmenge?

/ a

V^

3.2. Kinetische Gastheorie

X

3.2.1. Gasdruck Die bisher phanomenologisch eingefiihrten ZustandsgroBen erhalten eine mechanische Interpretation durch die kinetische Gastheorie. Hierbei legt man die atomare Struktur der Materie zugrunde und leitet die thermodynamischen Eigenschaften der Gase aus der Bewegung der Gasmolekule unter Anwendung der Gesetze der Mechanik ab.

/a

Bild 3-5. Zur kinetischen Gastheorie: WUrfel mit einem Molekit I der Geschwindigkeit Vf. X, y, z Koordinaten a Kantenldnge

152

3. Thermodynamik

stimmten Impuls iibertragen und dadurch eine Kraft ausiiben. Zur Bestimmung des_ Drucks sei zunachst nach Bild 3-5 ein Wiirfel der Kantenlange a als GefaB betrachtet, in dem sich lediglich ein Molekiil der Masse ^ M befinden soil. Das Molekiil bewege sich mit der Geschwindigkeit v-^ und treffe auf die rechte Wand des Wiirfels. GemaB den StoBgesetzen von Abschn. 2.7 wird das Teilchen wie beim optischen Reflexionsgesetz reflektiert und gibt dabei den Impuls A/^j = 2 mu ^xi an die Wand ab. Nach einer bestimmten Laufzeit A/ wiederholt sich der Vorgang, so daB in regelmaBigen Abstanden nach Bild 3-6 ein KraftstoB auf die rechte Wand ausgeiibt wird. Die mittlere Kraft F[ auf die rechte Wand betragt 2mui\i

Fi

At '

muvl

Bei den iiblichen Teilchenanzahlen verschwindet das in Bild 3-6 angedeutete diskrete Auftreten der StoBe vollkommen. Tatsachlich treffen beispielsweise bei einem mit Luft gefiillten GefaB im Normzustand auf jeden Quadratzentimeter der Wand je Sekunde etwa 3-10^^ Teilchen. Die Geschwindigkeiten der einzelnen Molekiile messen zu wollen, ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Sinnvoll sind nur statistische Aussagen, z.B. eine Berechnung des Mittelwerts. Der obige Ausdruck laBt sich mit dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat —

1 ^

^'x =

X ^xi

vereinfachen zu

2a/t\

Nun gilt fur jedes Teilchen Da bei vielen Teilchen alle Raumrichtungen gleichmaBig vorkommen, gilt fiir die Mittelwerte der Geschwindigkeitsquadrate *^x

^z

^y

3

Demnach erhalt man fiir den Druck 1 N Bild 3-6. Zur kinetischen Gastheorie: KraftstoBe auf die Wand. Fi Kraft, t Zeit, a Kantenlange, v^j Geschwindigkeit

Damit ist der „Druck", von einem Molekiil herruhrend, _

^Mt'xi

^i

^M^'xi

Nun sollen sich A^ Teilchen mit verschiedenen Geschwindigkeiten im Wiirfel befinden. Falls sie untereinander nicht zusammenstoBen, ergibt sich der Druck auf die Wand durch Summation iiber alle N Einzelbeitrage:

m

+ Vi2 + 1^x3 + • • • + ^XN) ^

(3-23)

Diese Grundgleichung der kinetischen Gastheorie ist auch giiltig, wenn ZusammenstdBe zwischen den Teilchen stattfinden, sowie bei beliebiger GefaBform. Gl. (3-23) laBt sich mit Hilfe der Dichte Q = m/ V= N m^/ Kumschreiben: 1

P=—ivi\

^

2

(3-24)

Diese Beziehung kann benutzt werden, um die mittleren Molekiilgeschwindigkeiten in Gasen zu berechnen. Als mittlere Geschwindigkeit Vjn wird die Wurzel aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat v^ definiert: Yt^-

1/?

(3-25)

3.2. Kinetische Gastheorie

153

Beispiel ^myiv'^ = kT, 3.2-1: Beim Normzustand betragt die Dichte von die zeigt, daB das mittlere GeschwindigkeitsStickstoff Q^= 1,2505 kg/m^. Wie groB ist die mittquadrat proportional zur Temperatur ist. lere Geschwindigkeit? Daraus folgt sofort fur die Temperaturabhangigkeit der mittleren Geschwindigkeit: Losung: 101325Nm-2 = 493m/s. ,2505 kg mDie mittlere Geschwindigkeit der Molekiile ist in der GroBenordnung der Schallgeschwindigkeit. Nach Gl. (5-186) gilt fiir die Schallgeschwindigkeit

i/f

^[^-^[W <->

Beispiel 3.2-2: Wie groB ist die mittlere Geschwindigkeit v^ und die Schallgeschwindigkeit c von Luft bei5 = 20°C?

K ist der in Abschn. 3.3.4 definierte Isentro- Losung: penexponent, der im Bereich 1 < % ^ 5/3 liegt. Tabelle 3-6 enthalt Werte der mittleren Aus Gl. (3-26) folgt Geschwindigkeit v^ und der Schallgeschwin1 / 293 ^m20 und digkeit c fur einige Gase. ' r ^73" Tabelle 3-6. Mittlere Geschwindigkeit v^ und Schallgeschwindigkeit c einiger Gase beim Normzustand ^n = 0 ° C und /?„= 1,013 bar {Q Dichte, x Isentropenexponent). Gas

Q

X

in kg/m^ Helium Argon Wasserstoff Sauerstoff Stickstoff Luft

0,1785 1,784 0,0899 1,4289 1,2505 1,2928

1,67 1,67 1,41 1,40 1,40 1,40

^m

c

in

in

m/s

m/s

1305 413 1840 461 493 485

974 308 1260 315 337 331

Mit v^Q = 485 m/s (Tabelle 3-6) ergibt sich v^ia = 502 m/s. Im gleichen Verhaltnis nimmt die Schallgeschwindigkeit von Co = 331 m/s auf C20 = 343 m/s zu. Eine sehr plastische Deutung des Temperaturbegriffs wird moglich durch Einfuhrung der mittleren kinetischen Energie E^i^ eines Teilchens der Masse m^: ^kin = T W M ^ ^ -

Wird die Grundgleichung (3-23) der kinetischen Gastheorie in der Form

pV=\Nmu^ geschrieben, so ist. eine Verwandtschaft mit der allgemeinen Zustandsgleichung (3-22) idealer Gase

pV=NkT offensichtlich. Durch Gleichsetzen der rechten Seiten entsteht die Beziehung

(3-27)

Aus Gl. (3-26) und (3-27) folgt -^kin = ^ k 1 .

3.2.2. Thermische Energie und Temperatur

)= 1,036 i;„

(3-28)

Dieser Ausdruck erlaubt eine anschauliche Interpretation der phanomenologisch eingefiihrten ZustandsgroBen „Temperatur": Die Temperatur ist ein MaB fiir die mittlere kinetische Energie der Molekiile. Durch die Verkniipfung von Temperatur und kinetischer Energie wird auch wieder auf die Existenz eines absoluten Temperatur-Nullpunkts hingewiesen, bei dem jede Teilchenbe-

154

3. Thermodynamik

wegung aufhort. (Die Quantentheorie lehrt, daB bei T=OK noch eine Nullpunktsenergie vorhanden ist.)

Der Exponent laBt sich leicht umformen:

Gleichverteilungssatz

Da die Teilchenanzahldichte n = N/V proportional zum Druck ist, gilt fiir das Verhaltnis der Teilchenanzahldichten in der Hohe h und am Erdboden bei h = 0:

Die Modellsubstanz - die Grundlage der vorgenannten abgeleiteten Gleichungen - besteht aus punktformigen Teilchen mit jeweils / = 3 Freiheitsgraden. Da sich im zeitlichen Mittel die Bewegung der Molekule gleichmaBig auf alle drei Raumrichtungen verteilt, kann man die kinetische Energie eines Molekiils in drei gleiche Teile aufspalten. Auf jeden Freiheitsgrad entfallt somit die mittlere thermische Energie pro Molekul (3-29)

^.r=^kT.

Dieses Ergebnis kann verallgemeinert werden auf Gase, deren Teilchen nicht punktformig sind (z. B. das hantelformige N2-Molekul) und daher mehr als drei Freiheitsgrade haben:

Ph=PoQ

= e

kT

kT •

Der Zahler im Exponenten entspricht der Differenz der potentiellen Energie A£'pot im Schwerefeld zwischen den beiden betrachteten Zustanden, so daB auch gilt ^

= e " kT .

Dieses Ergebnis laBt sich verallgemeinem auf zwei beliebige Energiezustande Ei und E2. Werden auf diese beiden Energieniveaus A^ Teilchen verteilt, dann gilt fur die Besetzungszahlen bzw. Teilchenanzahldichten

Die thermische Energie eines Molekiils verteilt sich gleichmaBig auf alle seine Freiheitsgrade. Jeder Freiheitsgrad hat die Energie E^=\kT. Dieser Gleichverteilungssatz (Aquipartionsprin- Diese Exponentialfunktion ist als Boltzmannzip) liefert fiir die mittlere kinetische Energie Faktor bekannt und spielt in den Gleichungen der Gleichgewichtsstatistik eine groBe Rolle. eines Molekuls mit / Freiheitsgraden E^^ =

^kT,

(3-30)

Der Gleichverteilungssatz verliert seine Giiltigkeit bei tiefen Temperaturen, wo Quanteneffekte wirksam werden (Abschn. 3.3.3).

3.2.3. Geschwindigkeitsverteilung der Gasmolekiile Boltzmann-Faktor Die barometrische Hohenformel gemaB Gl. (2-184) beschreibt die Druckabnahme in der Atmosphare mit zunehmender Hohe h\ QpTpgh

Der Boltzmann-Faktor gibt an, welcher Bruchteil der Teilchen aufgrund ihrer thermischen Bewegung die Energieschwelle E2 — El iiberschritten hat. Er tritt auf in den Gleichungen der Leitfahigkeit von Halbleitern, in der Diodenkennlinie, beim Verdampfen von Fliissigkeiten und beim Elektronenaustritt aus Gluhkathoden, um einige Beispiele zu nennen. Haben mehrere Zustande dieselbe Energie (entartete Zustande), dann kann dies durch ein statistisches Gewicht g beriicksichtigt werden. Aus Gl. (3-31) wird dann

3.2. Kinetische Gastheorie 155 Wenn ein System verschiedene Zustande mit dann ergibt sich die Normierungskonstante C den Energien E\,E2,... einnimmt, so ist die aus der Forderung 00 Wahrscheinlichkeit dafur, dafi der Zustand mit der Energie E^ besetzt ist, gegeben durch y\v)dv = \. 0

Maxwellsche Verteilungsfunktion

Dies ist der mathematische Ausdruck dafiir, daB ein Teilchen mit Sicherheit irgend eine Geschwindigkeit zwischen null und unendlich haben muB. Durch Bestimmung des Integrals folgt

3/2 Bei einem Gas andern sich infolge der ZuC= sammenstoBe zwischen den Gasmolekulen 2nkT, standig deren Geschwindigkeiten. Trotzdem ist eine statistische Aussage dariiber moglich, Die Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimm- lautet demnach te Geschwindigkeit vorkommt. Nach Gl. (3-33) ist die Wahrscheinlichkeit fiir das Auf3/2 ^Mt'^ treten einer Geschwindigkeit zwischen v und f{v)dv = An V' •e 2/:rdt,. InkT, V + dv gegeben durch die Verteilungsfunktion (3-34)

f(v)dv=Cg(v)Q

2/:r(it,.

Darin beriicksichtigt g (v) dv das statistische Gewicht des Geschwindigkeitsintervalls. Im dreidimensionalen Geschwindigkeitsraum nach Bild 3-7 liegen die Spitzen aller Geschwindigkeitsvektoren mit den Betragen zwischen V und V + dr in einer Kugelschale mit dem Radius v und der Dicke dv. Die Anzahl der moglichen Geschwindigkeitsvektoren ist proportional zum Volumen dieser Kugelschale 4 711'^ dr. Setzt man

Sie wurde von J. C. MAXWELL im Jahr 1859 gefunden und 1876 von L. BOLTZMANN theoretisch begriindet. Bild 3-8 zeigt die Verteilungsfunktion fiir Stickstoff-Molekiile bei den Temperaturen r=300Kund r=900K.

1,5-10-3

g{v) = 4nv\ ^

M0-3H

0,5-10-3

Geschwindigkeit v

Bild 3-8. Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung fUr StickstoffmolekiAle. Die wahrscheinlichste Geschwindigkeit v^, also diejenige, die am haufigsten auftritt, kann aus Gl. (3-34) durch Bestimmung des Maximums ermittelt werden: Bild 3-7. Zur Maxwellschen Geschwindigkeitsverteilung: Geschwindigkeiten zwischen v und v + dv.

156

3. Thermodynamik

Die durchschnittliche Geschwindigkeit v, also der arithmetische Mittelwert der Geschwindigkeitsbetrage aller Teilchen, liegt zwischen , und V

1st die Mindestgeschwindigkeit v^) sehr viel groBer als die mittlere Geschwindigkeit v^, dann gilt in guter Naherung fiir den Bruchteil X der reaktionsfahigen Teilchen

An vielen Prozessen sind nur jene Teilchen beteiligt, deren Energie eine bestimmte Schwelle iiberschreitet. Beispiele sind chemische Reaktionen, Gluhemission von Elektronen aus Metallen, StoBionisation in Gasen. Mit Hilfe von Gl. (3-34) laBt sich berechnen, welcher Bruchteil der Teilchen die erforderliche Mindestenergie bzw. Mindestgeschwindigkeit besitzt

Zur tJbung

Beispiel 3.2-3: Eine chemische Reaktion wird eingeleitet, wenn die Gasatome eine Aktivierungsenergie von ^-^^ 1 eV= 1,6 • 10"^^ J aufbringen. Welcher Bruchteil der Molekiile ist dazu in der Lage, wenn die Masse der Molekule /^M = 4,65 • 10~^^kg betragt? Die Temperatur sei T, = 300 K bzw. 72 = 900 K. Wie groB ist jeweils die mittlere Geschwindigkeit i'^? Losung: Die Aktivierungsenergie entspricht einer Mindest2E. = 2625 m/s. Im geschwindigkeit von WM

Vergleich hierzu sind die mittleren Geschwindigkeiten klein:

f

^m,l •

3kT^

= 517 m/s und i;^^ 2 = 895 m/s.

U 3.2-1: Ein GefaB mit V= 1 1 Inhalt ist mit Helium gefullt. Das Gas befindet sich im Normzustand. a) Wie groB ist die mittlere Geschwindigkeit v^^ der Atome? b) Wie groB ist die gesamte kinetische Energie aller He-Atome, die sich in dem GefaB befinden? U 3.2-2: Eine Orgelpfeife einer Kirchenorgel schwingt bei ^1 = 20 °C mit der Frequenz /i = 440 Hz. Die Frequenz einer Pfeife ist proportional zur Schallgeschwindigkeit in der Luft. Welche Frequenz gibt die Pfeife im Winter ab, wenn die Temperatur der angesaugten Luft .92 = 5°C betragt? (Zur Temperaturabhangigkeit der Schallgeschwindigkeit siehe Beispiel 3.2-2.Die Langenanderung der Pfeife ist ein vernachlassigbarer Effekt.) U 3.2-3: Wie groB ist die Wahrscheinlichkeit dafiir, daB Stickstoff-Molekiile bei Raumtemperatur ( r = 3 0 0 K ) Geschwindigkeiten im Intervall 1000 m/s ^ r ^ 1100 m/s haben? Wieviel Molekule erfiillen diese Bedingung, wenn das Gas beim Normdruck das Volumen F = 1 1 ausfiillt? U 3.2-4: Bei der Gluhemission von Wolfram miissen die Elektronen die Austrittsarbeit W^ = 4,5 eV iiberwinden. Welcher Bruchteil der Elektronen ist dazu bei Raumtemperatur bzw. bei T= 1500 K in der Lage? (Elektronengas wird naherungsweise wie ein ideales Gas angesehen.)

Der Bruchteil x der Molekule mit V^VQ betragt 00

•=inv)dv. lf(v)dv 0

Eine numerische Integration mit einem programmierbaren Rechner liefert fur Ti = 300 K: Xj = 1,14 • 10"'^ und fiir T2 = 900 K: xj = 1,06 • 10"^ Obwohl die Temperatur nur um den Faktor drei variiert, verandert sich die Anzahl der reaktionsfahigen Teilchen um viele GroBenordnungen.

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik 3.3.1. Warme Aus dem letzten Abschnitt geht hervor, daB die Temperatur ein MaB ist fur die Energie, die in der ungeordneten thermischen Bewegung der Teilchen steckt. Bei Gasen und Flussigkeiten ist dies die kinetische Energie der Translation und Rotation der Molekule sowie die Schwingungsenergie der Molekulschwingungen. In Festkorpern schwingen die Atome um ihre Ruhelagen; hierbei werden mit zu-

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik nehmender Temperatur die Schwingungsamplituden immer groBer. Bringt man zwei Korper, die sich auf verschiedenen Temperaturen befinden, in Kontakt, dann findet ein Temperaturausgleich statt: Die Temperatur des kalteren Korpers nimmt zu und die des warmeren nimmt ab. Dies bedeutet nach den vorgenannten Erlauterungen, daB vom warmen System an das kalte System Energie iibertragen wird. Diese Energieubertragung belegt man mit dem Begriff Warme: Warme ist Energie, die aufgrund eines Temperaturunterschieds zwischen zwei Systemen iibertragen wird. Diese Energieiibertragung hat eine eindeutige Richtung. Die Warme flieBt stets in Richtung der niedrigeren Temperatur. Der Warmeiibergang ist also ein irreversibler ProzeB.

Die SI-MaBeinheit der Warme ist wie fiir jede Energieform 1 J (Joule). Somit erhalten die Warmekapazitaten die MaBeinheiten C: 1 J/(K), c: 1 J/(kg K), C„,: 1 J/(mol K). Im alteren Schrifttum und im praktischen Gebrauch findet man haufig noch die fruher iibliche MaBeinheit fiir die Warme, die Kilokalorie. Fur die Internationale Tafelkalorie gilt der Umrechnungsfaktor 1 kcaliT=4,1868kJ. (Molare Warmekapazitaten einiger Gase enthalt Tabelle 3-8, spezifische Warmekapazitaten von einigen Festkorpern und Fliissigkeiten Tabelle 3-12.) Die Warmekapazitat kann nur in bestimmten Grenzen als Konstante angesehen werden. Tatsachlich hangt sie von der Temperatur ab. Bei einer endlichen Temperaturanderung von Tx auf T2 betragt die iibertragene Warme T2

Wird einem Festkorper oder einer Fliissigkeit Warme zugefiihrt, dann ist dies immer mit einer Temperaturerhohung verkniipft, falls kein Phasenubergang stattfindet (Abschn. 3.4.3). Um die Temperatur T eines Systems um d r zu erhohen, ist eine Warmezufuhr dQ erforderlich, die proportional zu dTist: dQ = CdT.

157

T2

212 =--m j c{T)dT = V j. C„.{T)dT. Ti 7-1 (3-41) Ist das Temperaturintervall klein, kann die Warmekapazitat naherungsweise als konstant angenommen werden, und Gl. (3-41) vereinfacht sich zu

(3-38)

mc{T2-T,)=vC^{T2 (3-42)

Die Proportionalitatskonstante C ist die Wdrmekapazitdt des Systems. Sie hangt von der Art des Stoffs und von der Menge ab, sie ist also eine extensive GroBe. Je nachdem, ob die Warmekapazitat C auf die Masse m oder die Teilchenmenge v bezogen wird, ergibt sich die spezifische Warmekapazitat

c

(3-39)

m oder die molare Warmekapazitat

c =^

(3-40)

V

Nach

Gl. (3-4)

Crr, = CM.

gilt

der

Diese Gleichung gilt auch fiir einen grdBeren Temperaturbereich, wenn anstatt der wahren eine mittlere Warmekapazitat eingesetzt wird. Beispiel 3.3-1: Wie groB ist die Warme, die einem Bauteil aus Eisen von der Masse m = 0,8 kg zugefiihrt werden muB, um es von ^1 = 20 °C auf ,92 = 400 °C zu erwarmen? Losung: In diesem Temperaturintervall ist die spezifische Warmekapazitat linear von der Temperatur abhangig c, = 465 J/(kg K), C2 = 615 J/(kg K). Die mittlere spezifische Warmekapazitat betragt c = 540 J/(kg K). Damit ist die erforderliche Warme

Zusammenhang = 0,8 kg • 540 J/(kg K) • 380 K = 164 kJ.

158

3. Thermodynamik

Zur Veranschaulichung: Mit der gleichen Energie konnte man das Bauteil von vi = 0 auf V2 = 640 m/s beschleunigen. Die spezifische bzw. molare Wdrmekapazitdt von Gasen hangt auBer von der Gasart auch ab von — der Temperatur, — dem Druck (nicht bei idealen Gasen) und von — der ProzeBfiihrung. Die umgesetzte Warme kann deshalb i. a. nicht nach Gl. (3-41) berechnet werden, da je nach Versuchsbedingungen eine ganz bestimmte Warmekapazitat einzusetzen ware. Flir die Praxis sind besonders zwei Versuchsbedingungen von Bedeutung, flir die die Warmekapazitaten vieler Gase gemessen sind: a) Temperaturanderung bei konstantem Volumen; die isochore Warmekapazitat wird mit dem Index „v'' gekennzeichnet: Q , c C • b) Temperaturanderung bei konstantem Druck; Die isobare Warmekapazitat erhalt den Index „p": Cp, Cp, C,mpKalorimetrie Warmekapazitaten werden in Kalorimetem gemessen. Bild 3-9 zeigt das Prinzip eines Mischungskalorimeters, das geeignet ist, die Warmekapazitat von Festkorpern und Fiiissigkeiten zu messen. Im Innern des gut isolierten Dewar-GefdBes befindet sich eine Fliis-

sigkeit (meist Wasser) der Masse mj bei der Temperatur T^. Wird ein Korper der Masse mi mit der Temperatur T2 in die Fliissigkeit eingetaucht, so stellt sich nach einiger Zeit die Mischungstemperatur T^ ein. Es muB folgende Energiebilanzgleichung erfiillt sein: m,c,{T^-T,)

+ C^{T,,-T,) =

=

m2C2{T2-T^).

CK ist die Warmekapazitat des Kalorimeters. Daraus bestimmt sich die zu messende spezifische Warmekapazitat des Korpers 2: (miCi + C K ) ( r m - r i ) C2 =

(3-43)

m2{T2-T^)

Es ist einleuchtend, daB mit dieser Methode die spezifische Warmekapazitat nur relativ zu der des Wassers Cx gemessen werden kann. Aus diesem Grund hat man friiher die spezifische Warmekapazitat des Wassers mit c\ = 1 kcal/(kg K)festgelegtunddaraufalleanderen Warmekapazitaten bezogen. Die Bestimmung der spezifischen Warmekapazitat Cv von Gasen bei konstantem Volumen ist verhaltnismaBig schwierig. Das Gas wird in ein KalorimetergefaB eingeschlossen und z. B. mit einer elektrischen Heizung — aufgeheizt. Da die Warmekapazitat des GefaBes sehr viel groBer ist als die des Gases, ist das MeBergebnis nicht sonderlich genau. Einfacher ist die Bestimmung der spezifischen Warmekapazitat c^ unter konstantem Druck:

Q -A77i

Bild 3-9. Mischungskalorimeter. m Masse, c spezifische Wdrmekapazitdt 1 Fliissigkeit, 2 Festkorper

Bild 3-10. Kalorimeter zur Bestimmung der isobaren spezifischen Wdrmekapazitdt Cp von Gasen. T Temperatur

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik GemaB Bild3-10 leitet man eine bestimmte Menge erhitztes Gas in einer Rohrschlange durch ein Wasserkalorimeter. Aus der Temperaturdifferenz T1-T2, dem Massenstrom und der Temperaturzunahme der Fliissigkeit laBt sich die Warmekapazitat c^ bestimmen. Cy kann aus Cp berechnet werden (Abschn. 3.3.3).

159

heiBen auf eine kalten Korper ein Wdrmestoff, das „Phlogiston", iiberwechselt. Von den zahlreichen Experimenten, die im Lauf der Zeit die Theorie des Warmestoffs zu Fall brachten, seien kurz zwei erwahnt:

Im Jahr 1797 beaufsichtigte Graf Rumford (B. THOMPSON, 1753 bis 1814) das Kanonenbohren im Mtinchener Zeughaus. Mit Hilfe eines von Pferden angetriebenen Bohrers wurde Zur tJbung eine Kanone aufgebohrt. Die dabei entwikU 3.3-1: Die Warmekapazitat C^ eines Kalorime- kelte Warme wurde an Kiihlwasser abgegeters soil bestimmt werden. Dazu wird ein Kupfer- ben. In 2,5 Stunden wurden 8,5 kg Wasser block der Masse m2=150g und der Temperatur zum Kochen gebracht. Rumford zog aus sei.92 = 35 °C in das Wasserbad der Masse mi = 250 g nen Beobachtungen den SchluB, daB die und der Temperatur ,9i = 15 °C getaucht. Die MiTemperaturerhohung durch die mechanische schungstemperatur betragt S^ = 15,9 °C. Arbeit der Pferde verrichtet wurde: „Mehr U 3.3-2: In ein Kalorimeter, das mit Methylalkohol Energie laBt sich erzeugen, indem man mehr Pferdefutter verwendet." - 1799 brachte H. der Masse mi = 0,3 kg gefiillt ist, wird eine HeizDAVY (1778 bis 1829) zwei Eisstiicke von wicklung getaucht und mit elektrischem Strom geheizt. Die Heizleistung betragt P=100W. Die (9 = 0 °C durch Reiben zum Schmelzen. Auch Temperaturzunahme der Flussigkeit ist dr/d/ = hierbei wurde die erforderliche Schmelzwar0,119 K/s. Wie groB ist die spezifische Warmekapame durch mechanische Arbeit zugefuhrt. zitat von Methylalkohol, wenn die Warmekapazitat des Kalorimeters Q = 95 J/K betragt? Im Jahr 1842 erkannte der Arzt R. MAYER (1814 bis 1878) als erster die Existenz eines U 3.3-3: Um die isobare spezifische Warmekapazi- allgemeinen Energieerhaltungssatzes, der auBer tat von Stickstoffmonoxid (NO) zu bestimmen, den bisher bekannten mechanischen Energiewird das Gas gemafi Bild 3-10 durch ein Kalorimeter geleitet. Dieses ist mit mi = 1 kg Wasser gefullt. formen die Warme mit einschlieBt. Er stellte fest, daB der Energiesatz der Mechanik uneinDie Warmekapazitat des GefaBes ist vernachlassiggeschrankt gilt, wenn die Warme als weitere bar. Die Temperaturdifferenz zwischen ein- und ausstromendem Gas ist Ti — 7^2 = 5 K. Der Volu- Energieform beriicksichtigt wird. Aus vorliemenstrom betragt V= 1 1/s. Die Dichte von NO ist genden Daten der spezifischen Warmekapazi^=l,34kg/m^. Die Temperaturzunahme der Fliis- taten c^ und Cj von Luft berechnete er als sigkeit ist dr3/d/ = 1,6 • 10"^ K/s. Wie groB ist die erster das mechanische Wdrmedquivalent, also isobare spezifische Warmekapazitat Cp und die iso- den Umrechnungsfaktor der (damals) in Kalobare molare Warmekapazitat Cm,p? rien gemessenen Warme in mechanische Energieeinheiten. Aufgrund ungenauer MeBdaten U 3.3-4: Die spezifische Warmekapazitat der Fest- erhielt Mayer einen Zahlenwert, der um 14% korper entspricht bei tiefen Temperaturen dem Debyeschen T^-Gesetz c = konst. T^. Fiir Zink gilt vom korrekten Wert abwich. Cm = 1,76 J/mol K ( r = 20 K). Welche Warme muB Von 1843 bis 1850 bemiihte sich J. P. JOULE einem Bauteil der Masse m = 200 g entzogen werden, wenn es von 72 = 20 K auf Ti = 4,2 K abge- (1818 bis 1889) in vielen verschiedenartigen Experimenten um eine genaue Bestimmung kiihlt werden soil? des mechanischen Warmeaquivalents. Er erhielt einen Zahlenwert fiir das mechanische Warmeaquivalent, der lediglich um 1% von 3.3.2. Erster Hauptsatz der dem heute anerkannten Wert 4,1868 kJ Thermodynamik Aus der kinetischen Gastheorie folgt sehr ein- (= 1 kcal) abweicht. leuchtend, daB Warme eine Energieform ist. Unabhangig von Mayer entwickelte 1847 Diese Theorie wurde erst um die Mitte des H. V. HELMHOLTZ (1821 bis 1894) den allge19. Jahrhunderts entwickelt. Bis zu Beginn des meinen Energiesatz, der auBer mechanischer 19. Jahrhunderts war die Meinung vorherrund Warmeenergie auch alle anderen Enerschend, daB beim Warmeiibergang von einem gieformen, wie z.B. elektrische, magnetische

160

3. Thermodynamik

und chemische Energie, einschlieBt. Dieser erste Hauptsatz der Thermodynamik lautet: In einem abgeschlossenen System bleibt der Gesamtbetrag der Energie konstant. Innerhalb des Systems konnen die verschiedenen Energieformen ineinander umgewandelt werden. Helmholtz kam zu seiner SchluBfolgerung aufgrund der Tatsache, daB es nicht gelingt, ein Perpetuum mobile zu bauen, also eine Maschine, die standig Arbeit abgibt, ohne gleichzeitig entsprechende Energie aufzunehmen. Eine solche Maschine, die dem ersten Hauptsatz widersprechen wurde, ware ein Perpetuum mobile erster Art.

halten ein positives Vorzeichen. Wenn das System Energie nach auBen abgibt, ist diese negativ. Die innere Energie ist eine ZustandsgroBe (Abschn. 3.1.2), d.h., sie hangt nur vom augenblicklichen Zustand des Systems ab, nicht aber davon, wie das System in diesen Zustand gelangt ist. Ware dies nicht so, dann lieBe sich ein perpetuum mobile konstruieren. Speziell bei den idealen Gasen gilt nach Gl. (3-30) fiir die innere Energie

U=NE^, =

N^kT=v^R^T. (3-45)

Die innere Energie der idealen Gase hangt auBer von der Stoffmenge nur von der Temperatur ab.

Es gibt kein Perpetuum mobile erster Art. Dieser Erfahrungssatz ist schon recht alt. Bereits 1775 beschloB die franzosische Akademie der Wissenschaften, Vorschlage von Erfindern flir ein Perpetuum mobile nicht mehr zu priifen. Innere Energie Die gesamte thermische Energie eines Systems, die in der ungeordneten Bewegung der Teilchen steckt, wird nach Kelvin als innere Energie U des Systems bezeichnet. Diese kann nach den obigen Erlauterungen nur geandert werden, wenn uber die Systemgrenzen Energie mit der Umgebung ausgetauscht wird. Die Energieiibertragung umfaBt in den folgenden Betrachtungen lediglich Warme und mechanische Arbeit, kann aber jederzeit auf alle vorhandenen Energieformen ausgedehnt werden. Fur die Anderung dU der inneren Energie gilt somit dU=3Q + SW.

(3-44)

Wird bei einer Zustandsanderung das Volumen konstant gehalten, dann kann am System keine Volumenanderungsarbeit verrichtet werden. Nach Gl. (3-44) gilt fiir eine solche isochore Zustandsanderung dU=dQ\p^^konst = VCmvdr = m Cvdr. Da die innere Energie eine ZustandsgroBe ist, kann fiir eine beliebige Zustandsanderung, die nicht isochor zu sein braucht, die Anderung der inneren Energie nach der vorgenannten Beziehung berechnet werden: d(7= vCn,vdr = mCvdr.

(3-46)

Fiir beliebige Zustandsanderungen idealer Gase hangt die Anderung der inneren Energie nur von der isochoren Warmekapazitat und der Temperaturanderung ab. Bei einer endlichen Temperaturanderung ist die gesamte Anderung der inneren Energie

^u=-U2-

Cr.AT)AT Ti

Die Anderung der inneren Energie eines geschlossenen Systems entspricht der Summe von libertragener Warme und Arbeit. Das Vorzeichen der umgesetzten Energiebetrage wird wie folgt festgelegt: Warme und Arbeit, die dem System zugefiihrt werden, er-

m j c^iT)dT

(3-47)

Oder nach Gl. (3-44) -U2^u =

Ui = Qn + Wi2.

(3-48)

Die umgesetzte Warme Q12 und die mechanische Arbeit W12 sind ProzeBgroBen (Abschn.

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik

161

3.1.2). Sie hangen von der Art der ProzeBfiihrung ab, lassen sich also nicht nach der Art der inneren Energie als Differenz zweier fester Werte bechreiben. Zur Berechnung der Volumendnderungsarbeit bei einemgeschlossenen System sei die Kompression eines Gases gemaB Bild3-ll betrachtet. In einem Zylinder mit verschiebbarem Kolben befindet sich ein Gas unter dem Druck p. Zur Verschiebung des Kolbens mit der Flache A um die Strecke d^ ist die Arbeit dW = Fds=pAds erforderlich. Das Produkt Ads = dV entspricht der Anderung des Gasvolumens. Das Differential der Arbeit ist also — mit dem Minuszeichen nach der Vorzeichenvereinbarung —

dW=-pdV.

(3-49)

V2

V, Volumen V

Bild3-12. Volumendnderungsarbeit im p,V-Diagramm. 1, 2 Grenzpunkte, W^^ Volumendnderungsarbeit, a. b Wege

Enthalpie

1—1

AuBer der inneren Energie U ist eine weitere ZustandsgroBe, die Enthalpie H, sehr niitzlich: ['.

;.

1 1

H=U+pV.

ds

Bild3-ll. Zur Bestimmung der Volumendnderungsarbeit. A Kolbenfldche, F Kraft, p Druck, ds Wegelement

Wird das Volumen von Vi nach V2 geandert, so ist die Gesamtarbeit

Wn =

-\p{V)dV.

(3-50)

Bild 3-12 erlaubt eine anschauliche Interpretation:

(3-51)

Das totale Differential der Enthalpie ist dH = dU-\-pdV+Vdp. Fur Zustandsanderungen, die unter konstantem Druck ablaufen, vereinfacht es sich zu dH = dU-\-p dV. Mit der Volumenanderungsarbeit in geschlossenen Systemen bW=— pdV ergibt sich dH = dU — dW. Diese Beziehung laBt sich mit dem ersten Hauptsatz (Gl. (3-44)) so schreiben: d//=^Gl;,=konst=vCn,pdr=mCpdr. (3-52)

Die Volumenanderungsarbeit entspricht der Flache unter der Kurve der Zustandsanderung im p, F-Diagramm.

Bei einer isobaren Zustandsanderung ist umgesetzte Warmemenge gleich der Anderung der Enthalpie.

Es wird noch einmal deutlich, da6 die Arbeit als FrozeBgroBe vom Weg im p, K-Diagramm abhangt. Fiir dieselben Endpunkte 1 und 2 erfordert der Weg a eine geringere Arbeit als der Weg b.

Die Einfiihrung der Enthalpie vereinfacht thermodynamische Berechnungen bei Zustandsanderungen, die bei konstantem Druck ablaufen.

162

3. Thermodynamik

3.3.3. Berechnung der Warmekapazitaten In diesem Abschnitt soil gezeigt werden, dafi die isochore spezifische bzw. molare Warmekapazitat einfach gebauter Molekiile mit Hilfe der Ergebnisse der kinetischen Gastheorie berechnet werden kann. Die isobaren Warmekapazitaten Cp und Cmp hangen mit den isochoren Warmekapazitaten c^ und C^v wie folgt zusammen: Die Temperatur eines idealen Gases der Teilchenmenge v soil isobar um dT erhoht werden. Die erforderliche Warme ist

Die Temperaturabhangigkeit der inneren Energie wird durch Gl. (3-45) beschrieben:

U(T) =

j-vR,,T.

Die Basis dieser Beziehung ist der Gleichverteilungssatz (Abschn. 3.2.2), nach dem die thermische Energie eines Molekuls gleichmaBig auf seine verschiedenen Freiheitsgrade / verteilt ist. Somit gilt fiir die isochore molare Warmekapazitat c

f

=— p

(3-56)

^2l/^=konst= V Cmp d r . Die innere Energie andert sich dabei nach Gl. (3-44) und (3-49) um

dU =

Die isobare molare Warmekapazitat folgt aus Gl. (3-53)

dQ^bW=vC^^dT-pdV.

Da die innere Energie eine ZustandsgroBe ist, laBt sich ihre Anderung fiir beliebige Zustandsanderungen nach Gl. (3-46) berechnen:

// \ Cmp — l ^ + 1 1 ^m-

(3-57)

Entsprechend sind die spezifischen Warmekapazitaten

(XU=vC^^dT. Durch Gleichsetzen dieser beiden Ausdriicke erhalt man

/

(3-58)

und

Cy = — Ri

vCm,dr=vCmpdr-/7dK Oder

(3-59)

p dV

c

- c

=—

V dT Aus der Zustandsgleichung idealer Gase ergibt sich d F / d r = vR^/p und schlieBlich ^mp

^mv

^n

(3-53)

Ebenso gilt mit der individuellen Gaskonstante R\ fiir die spezifischen Warmekapazitaten R,,

(3-54)

Die isochore molare Warmekapazitat kann nun aus der inneren Energie des Systems berechnet werden. Nach Gl. (3-46) gilt

Das Verhaltnis von isobarer und isochorer Warmekapazitat ist der Isentropenexponent x, der bei isentropen Zustandsanderungen eine wichtige Rolle spielt (Abschn. 3.3.4). Mit Gl. (3-56) bis (3-59) folgt ^mp

^p

1+-

/

(3-60)

Zur Berechnung der Warmekapazitaten von Gasen nach Gl. (3-56) bis (3-59) ist die Kenntnis der Molekiilform erforderlich, um die moglichen Freiheitsgrade / des Molekiils angeben zu konnen. Fiir verschiedene Molekiiltypen sind in Tabelle 3-7 die Freiheitsgrade und die daraus berechneten molaren Warmekapazitaten sowie der Isentropenexponent angegeben. Jedes Teilchen hat drei Translationsfreiheitsgrade. Dazu kommen bei

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik

163

Tabelle 3-7. Freiheitsgrade, molare Warmekapazitaten C^ und Isentropenexponent x fur verschiedene Molekiilformen. Symbol

Molekulform

Freiheitsgrade

•

punktformig starre Hantel schwingende Hantel mehratomig, starr

A

A

w

w

^^.A/Sy'^^^

A w

c in

J molK

J molK

K

Translation

Rotation

Oszillation

gesamt

3

-

-

3

12,47

20,79

1,67

3

2

5

20,79

29,10

1,40

3

2

7

29,10

37,41

1,29

3

3

6

24,94

33,26

1,33

2

"

w

mehratomigen Molekulen noch drei Freiheitsgrade der Rotation. Bei zweiatomigen Molekulen in Form einer gestreckten starren Hantel werden nur zwei Freiheitsgrade fiir die Rotation angesetzt. Diese entfallen auf die Rotation um Achsen, die senkrecht zur Hantelachse stehen. Die Rotation um die Hantelachse tritt nicht auf, da infolge des geringen Massentragheitsmoments dafur extrem hohe Temperaturen notig waren (Begriindung auf S. 164). Fiir die Schwingung einer Hantel werden zwei Freiheitsgrade angesetzt, da bei eiTabelle 3-8. Gemessene molare Warmekapazitaten Cm einiger Gase beim Normdruck /7n = 1,013 bar und der Temperatur i9 = 20 °C. Gas

c in

c

c

in

in

J molK

J molK

X

Helium Argon

He Ar

12,47 12,47

20,80 20,80

1,67 1,67

Wasserstoff Sauerstoff Stickstoff Luft Chlor

H2 O7, N2 CI2

20,43 21,06 20,76 20J1 25,74

28,76 29,43 29,09 29,10 34,70

1,41 1,40 1,40 1,40 1,35

Kohlendioxid Schwefeldioxid Methan Ethan Ammoniak

CO2 SO2 CH4 C2H, NH3

28,46 31,40 26,19 43,12 27,84

36,96 40,39 34,59 51,70 36,84

1,30 1,29 1,32 1,20 1,31

nem schwingenden System im Mittel derselbe Energiebetrag als kinetische und als potentielle Energie vorliegt (Abschn. 5.1). Die theoretisch berechneten molaren Warmekapazitaten in Tabelle 3-7 konnen nun mit den gemessenen Werten in Tabelle 3-8 verglichen werden. Bei den Edelgasen stimmen die Messungen hervorragend mit den theoretischen Berechnungen fiir punktformige Teilchen iiberein. Die zweiatomigen Gase zeigen mit Ausnahme von Chlor eine gute Ubereinstimmung mit den theoretischen Werten der starren Hantel. Dies bedeuet: Die Molekiile von H2, O2 und N2 verhalten sich bei Raumtemperatur wie starre Hanteln. Die Zahlenwerte von CI2 liegen zwischen den erwarteten fur die starre und die schwingende Hantel. Tatsachlich schwingt bei Raumtemperatur etwa die Halfte der Cl2-Molekiile, wahrend die andere Halfte starr ist. Dieses auf den ersten Blick merkwiirdige Verhalten wird verstandlich, wenn die Temperaturabhangigkeit der Warmekapazitat betrachtet wird. Bild 3-13 zeigt den Verlauf der molaren Warmekapazitat Cjnv von Wasserstoff in Abhangigkeit von der Temperatur. Offenbar verhalt sich H2 bei tiefen Temperaturen wie ein einatomiges Gas mit drei Freiheitsgraden. Mit steigender Temperatur beginnen die Molekiile ab etwa T = 80 K zu rotieren, dies bewirkt einen Anstieg der Warmekapazitat. Bei Raumtemperatur rotieren praktisch alle Molekule. Die Warmekapazitat nimmt erneut zu, wenn ab etwa T = 800 K die Molekiile zu schwingen beginnen. Die Schwelle, bei der

164

3. Thermodynamik

^ D

•¥•>

(0 0) Q.

7 — R 2 m

E

30-

0)

J mol K

•"

^^"^

^^~

— ^

"""•

"~~

E CO

/

> ^^

^/? 2 m

1^

^\j

:+-< 1o "N (0 Q. CD

3.0 2 ^m

E :(D

5

2? l o co

o E

2f

^ 0

y

^

1

50

<

1

• ' '

100

1

1

1

1—1

1—1—

1

.

1

1

1

1

1 1 1

200

Temperatur T Bild3-13. Temperaturabhdngigkeit der isochoren molaren Wdrmekapazitdt C^^ von Wasserstoff. Wasserstoff dissoziiert bei etwa T= 3200 K. Die fortgesetzte gestrichelte Linie giltfiir ein stabiles zweiatomiges MolekUl.

die Oszillation einsetzt, liegt fiir CI2 tiefer als fiir H2, so daB bei CI2 unterhalb der Raumtemperatur bereits ein GroBteil der Molekiile schwingt. Vom klassischen Gleichverteilungssatz her ist das Ausfrieren von Freiheitsgraden mit abnehmender Temperatur nicht verstandlich. Nach den Gesetzen der Quantenmechanik aber ist der Drehimpuls eines Molekuls gequantelt. Der minimale Drehimpuls L^\^ betragt h = h/2n mit der Planckschen Konstanten h. Damit ist die minimale Rotationsenergie eines Molekuls mit dem Massentragheitsmoment / •rot, mm "

1 L^ 2 J

1^ 2 J

Ist die mittlere thermische Energie \kT ]Q Freiheitsgrad kleiner als diese minimale Rotationsenergie, so wird das Molekiil bei einem StoB i.a. nicht in Rotation versetzt werden konnen. Nach den Regeln der Quantenmechanik ist auch die Schwingungsenergie gequantelt mit der Mindestenergie hf,f ist hierbei die Schwingungsfrequenz. Diese Energie liegt iiblicherweise hoher als die Schwellenenergie fur die Rotation.

Beispiel 3.3-2: Bei welcher Temperatur beginnen die Wasserstoff-Molekiile zu rotieren? Losung: Die Grenze ist naherungsweise gegeben durch JkT^^h^/J. Fiir das Massentragheitsmoment gilt J = 2mr\ Mit w= 1,67 • 10-27kg und r « 5 - 1 0 - " m ergibt sich J « 8,35 • lO""^^ kg m^. Die Temperaturschwelle ist dann etwa T « h^/k 7 = 95 K. Die letzte Gruppe der Gase in Tabelle 3-7 besteht aus mehratomigen Molekiilen, die jeweils mehrere Schwingungsformen haben konnen. Bei Raumtemperatur sind die meisten Schwingungen noch nicht angeregt, so daB keine Systematik in die gemessenen Warmekapazitaten gebracht werden kann. Bei kristallinen Festkorpern sitzen die einzelnen Atome bzw. Molekiile an festen Platzen eines Raumgitters. Punktformige Atome konnen dabei Schwingungen in den drei Raumrichtungen ausfuhren. Da jede Schwingungsrichtung formal mit zwei Freiheitsgraden in die Rechnung eingeht, haben die Atome jeweils sechs Freiheitsgrade fiir die Berechnung der Warmekapazitat. Nach Gl. (3-56) ist dann die molare Warmekapazitat eines Festkorpers

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik

165

mit verschiebbarem Kolben eingeschlossen. J Die ProzeBfiihrung sei so kontrolliert, daB zu molK jeder Zeit Druck und Temperatur des Gases Dieses Ergebnis ist als Dulong-Petitsches Ge- mit Umgebungsdruck und -temperatur im setz (P. L. DULONG, 1785 bis 1838, und A. T. Gleichgewicht sind. Ferner erfolge die BewePETIT, 1791 bis 1820) bekannt. Wie Bild3-14 gung des Kolbens reibungsfrei. Unter diesen zeigt, wird das Dulong-Petitsche Gesetz bei Voraussetzungen sind die beschriebenen Prohohen Temperaturen gut befolgt, wahrend zesse jederzeit umkehrbar (reversibel). mit abnehmender Temperatur durch AusfrieFiir alle Prozesse wird anhand einer Darstelren der Freiheitsgrade die Warmekapazitat lung im /7, F-Diagramm die umgesetzte Energegen null geht. gie (mechanische Arbeit bzw. Warme) berechnet. Alle Gleichungen werden mit mola25ren GroBen geschrieben. Fur Berechnungen kJ Blei mit spezifischen GroBen mussen lediglich folkmolK gende Vertauschungen durchgefuhrt werden: r

= 3 7? = 24 9

20-

/Kupfer/^^

i

^^,y^^

r /^Aluminium

g 15-

yr

/

II f-Eisen

Q. CO

1 10-

/Beryllium

/

/

(Die wichtigsten Ergebnisse der folgenden Betrachtungen sind in Bild 3-22 am Ende von Abschn. 3.3.4 tabellarisch zusammengefaBt.)

X

:C5

o

5

-

m Ri, mcp.

vCrr

"N

CO

vR vC,mp

/

// ///

ii

—,

0

100

jT

/

-1

y/^

1

200

1

Kohlenstoff (Diamant)

1

1

300

1

400

Temperatur T

Bild3-14. Temperaturabhdngigkeit Warmekapazitat einiger Festkorper.

1

3.3.4.1. Isotherme Zustandsanderung 1—

500 K

der molaren

Bei komplizierten Molekiilkristallen (beispielsweise Eis) kommen auBer den Schwingungen auch Rotationen ganzer Molekulgruppen vor, so daI3 die molare Warmekapazitat oberhalb des Wertes liegt, den die Dulong-Petitsche Regel angibt.

Die isotherme Zustandsanderung ( r = konst) kann nach Bild 3-15 so realisiert werden, daB ein Zylinder mit guter Warmeleitfahigkeit an ein Wdrmebad groBer Warmekapazitat angekoppelt wird. Die Zustandsanderung soil sehr langsam (quasistatisch) erfolgen. Die allgemeine Zustandsgleichung idealer Gase (Gl. (3-20)) nimmt im Fall konstanter Temperatur die Form des Boyle-Mariotteschen Gesetzes (Gl. (3-15)) an: pV= V R^T

=komi.

3.3.4. Spezielle Zustandsanderungen idealer Gase Zustandsanderungen, die in realen Systemen ablaufen, sind meist recht komplex, lassen sich aber durch verhaltnismaBig einfach zu behandelnde spezielle Zustandsanderungen annahern. Die Zustandsanderungen sollen mit einem idealen Gas konstanter Teilchenmenge in einem geschlossenen System durchgefiihrt werden. Das Gas sei in einem dichten Zylinder

V2

' V,

Bild 3-15. Realisierung der isothermen Zustandsdnderung.

Im p, K-Diagramm von Bild 3-16 ist die Isotherme eine Hyperbel. Das Gas wird vom Anfangszustand 1 auf den Endzustand 2 kompri-

166

3. Thermodynamik

\

\

\

r"

\ V"

dU=dQ^

\ \ ' \

konst

\

\ >

v

\ 2

P2

Pi Wn

vRrr^TXn-

miert Hierbei muB dem System eine Volumenanderungsarbeit zugefiihrt werden. Nach Gl. (3-50) ist diese Arbeit -\p{V)dV.

Mit dem Boyle-Mariotteschen Gesetz p = vR^ r/Kergibt sich hieraus W,2=

vR^Tln-^.

Oder

W^2 = -Q\2

an. Dies bedeutet, daB die gesamte bei einer Kompression zugefuhrte Arbeit quantitativ als Warme an die Umgebung abgegeben werden muB. (Dieser Warmeiibergang findet nur dann statt, wenn die Systemtemperatur hoher ist als die Umgebungstemperatur; damit der Temperaturanstieg vernachlassigbar klein bleibt, muB der ProzeB unendlich langsam gefiihrt werden.) Umgekehrt muB bei einer isothermen Expansion die vom System nach auBen abgegebene Arbeit zunachst als Warme aus dem umgebenden Warmebad dem System zuflieBen. Fiir die umgesetzte Warme gilt

Volumen V

Bild3-16. Isotherme Kompression vom Zustand 1 zum Zustand 2. Temperaturen der Isothermen: T < T' < T". W^2 Volumendnderungsarbeit

Wn =

dW={)

(3-62)

3.3.4.2. Isochore Zustandsanderung Bei der isochoren Zustandsanderung wird durch ein geniigend steifes GefaB das Volumen der eingeschlossenen Gasmenge konstant gehalten. Die Zustandsgleichung idealer Gase entspricht im Fall V= konst dem Gesetz von Charles und Gay-Lussac, Gl. (3-14): P_ vRn • = konst. T Im /?, K-Diagramm nach Bild 3-17 kann die Isochore als vertikale Gerade dargestellt wer-

(3-61)

In Ubereinstimmung mit der Vorzeichenkonvention von Abschn. 3.3.2 wird die zugefuhrte Kompressionsarbeit positiv. Bei einer Expansion wird die abgegebene Arbeit negativ. GemaB der Bedeutung des Integrals kann die Arbeit im p, F-Diagramm anschaulich sichtbar gemacht werden: Die Volumenanderungsarbeit entspricht der Flache unter der Kurve im p, K-Diagramm. Da bei einer isothermen Zustandsanderung die innere Energie konstant bleibt (sie hangt nur von T ab), nimmt der erste Hauptsatz die Form

2

P^

\

I

Pi

Volumen V Bild 3-17. Isochore Erwdrmung vom Zustand 1 zum Zustand 2.

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik

167

den. Bei der skizzierten isochoren Erwarmung muB man dem System Warme zufiihren. Es gilt bQ= V Cmv dT und hieraus Gi2= vCmv(7^2-7^i).

(3-63)

Cmv ist in diesem Fall die mittlere molare Warmekapazitat zwischen den Temperaturen

A=P2

V

_

\2

Ti und T2.

Da bei konstantem Volumen keine Volumenanderungsarbeit vorkommt, nimmt der erste Hauptsatz die Form d(7 = (3g und U2-U\ = Q12 an. Dies bedeutet, daB die zugefuhrte Warme ausschlieBlich der Erhohung der inneren Energie dient. 3.3.4.3. Isobare Zustandsanderung Die isobare Zustandsanderung (p = konst) kann nach Bild3-18 verwirklicht werden. Durch statische Belastung des Kolbens ist der Druck im Innenraum konstant, unabhangig von der Hohe des Kolbens. Die Zustandsgleichung idealer Gase nimmt die Form des Gay-Lussacschen Gesetzes nach Gl. (3-12) an: V

VRn

= konst.

imti

Volumen V

Bild 3-19. Isobare Expansion vom Zustand 1 zum Zustand 2. W-^2 Volumenanderungsarbeit

(3-65)

W,2=P{V^-V2).

Diese Arbeit ist bei einer Expansion negativ, d. h., sie wird vom System nach auBen abgegeben. Bei einer Kompression ist die Arbeit positiv, da sie dem System zugeflihrt werden muB. Nach dem ersten Hauptsatz ist

dQ = (\U-bW

Oder

QM=U2-U,+P{V2-V,).

Bild3-18. Realisierung der isobaren Zustandsanderung.

Im p, F-Diagramm von Bild3-19 ist die Isobare eine waagrechte Gerade. Die gezeigte Expansion verlauft so, daB dem System von Bild3-18 durch eine geeignete Heizung die Warme Q12 zugeflihrt wird, worauf sich der Kolben nach oben schiebt. Fiir die erforderliche Warme gilt (5Q = v C^p dToder

212= vCn,p(r2-r,).

(3-64)

Die Volumenanderungsarbeit entspricht der Flache unter der Isobare. Sie betragt

Dies bedeutet, daB bei einer Erwarmung sowohl die Erhohung der inneren Energie als auch die abgegebene mechanische Arbeit durch die zugefuhrte Warme gedeckt werden mussen. Zur Erinnerung: Bei der isochoren Erwarmung wurde durch die zugefuhrte Warme lediglich die innere Energie vergroBert. Dies ist der anschauliche Grund, weshalb die isobare Warmekapazitat stets groBer ist als die isochore: C^p > C^y. 3.3.4.4. Isentrope Zustandsanderung Die isentrope Zustandsanderung kann in einem adiabaten System realisiert werden, bei dem jeglicher Warmeiibergang zur Umgebung unterbunden wird. Im Gegensatz zur isothermen Zustandsanderung, bei der gemaB

168

3. Thermodynamik

Bild 3-15 ein guter Warmekontakt zur Umgebung notwendig ist, muB der Zylinder jctzt mit einer geeigneten Warmeisolation versehen werden. Die adiabate Zustandsanderung laBt sich leicht verwirklichen, wenn der ProzeB sehr schnell ablauft, so da6 fiir eine Warmeiibertragung keine Zeit bleibt. Der Name Isentrope riihrt daher, daB die ZustandsgroBe Entropie, die in Abschn. 3.3.6 definiert ist, bei einer reibungsfrei und quasistatisch verlaufenden Zustandsanderung konstant bleibt. Die reversibel durchlaufende Adiabate ist mit der Isentrope identisch (Einzelheiten hierzu in Abschn. 3.3.6). Bei einem adiabaten System {^Q = ^) nimmt der erste Hauptsatz die Form dU = bWoder d^+/7dF=0

(1)

an. Mit Gl. (3-46) gilt vCn,vdr + / 7 d K = 0 .

(2)

Die Anderung der Enthalpie ist nach Gl. (3-51) und (3-52) d// = d ^ + pdV-^Vdp

SchlieBlich laBt sich noch eine Beziehung zwischen Druck und Temperatur herstellen: ,1-

P\

^ \ — Pi

^2

Oder

(3-68)

?'~^r^ = konst.

Gl. (3-66) bis (3-68) werden als Poissonsche Gleichungen bezeichnet. Sie wurden von D. PoissoN (1781 bis 1840) im Jahr 1822 gefunden. Im /7, F-Diagramm von Bild 3-20 ist eine isentrope Kompression dargestellt. Der Kurvenverlauf 1 nach 2 entspricht /? = konst/K^ (Gl. (3-66)) und ist steiler als bei einer isothermen Zustandsanderung. Dies bedeutet, daB die Temperatur des Systems wahrend der Kompression zunimmt. Umgekehrt kiihlt sich das Gas bei einer isentropen Entspannung ab.

= vC mpdr.

Mit Gl. (1) ergibt sich hieraus vCn,pdr = Vdp.

(3)

Durch Elimination von dTaus Gl. (2) und (3) folgt Cn,pdK dp C V P Diese Gleichung laBt sich direkt integrieren. Fiihrt man noch zur Abkiirzung den bereits in Gl. (3-60) definierten Isentropenexponenten (Adiabatenexponenten) yi= C^^/C^y ein, so ergibt sich 1

^2

%ln—— Vx =

In^. P2

Aus dieser Beziehung folgt sofort die Isentropengleichung (Adiabatengleichung) P\ ^x^Pi

^2

pV^= konst.

Oder

(3-66)

Eine Verkniipfung zwischen Temperatur und Volumen ergibt sich, wenn mit Hilfe der Zustandsgleichung idealer Gase der Druck eliminiert wird:

Volumen V

Bild 3-20. Isentrope zum Zustand 2.

Kompression

vom Zustand

1

Die Volumenanderungsarbeit laBt sich auch hierbei als Flache unter der Kurve ermitteln bzw. durch Integration von Gl. (3-66) berechnen: V2

Wy

-\p{V)dV,

miip{V)=p^

Kf/K^ ergibt sich

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik

Diese Beziehung ist mit Hilfe der Poissonschen Gleichungen und der Zustandsgleichung idealer Gase auf vielfaltige Art und Weise umformbar. Eine wesentlich einfachere Berechnung der Arbeit hingegen ist durch den ersten Hauptsatz moglich. Fiir ein adiabates System (<5Q = 0) nimmt dieser die Form dU= dW an. Dies besagt, daB die bei einer isentropen Kompression zugefuhrte Volumenanderungsarbeit ausschliefilich der Erhohung der inneren Energie dient. Diese betragt aber nach Gl. (3-46) bW= dU = vC^.dT bzw. nach Integration

169

rung p V^ = konst sind Extreme, die sich in der Praxis kaum verwirklichen lassen. Bei der Kompression bzw. Expansion eines Gases in einem Verdichter oder Motor wird eher eine polytrope Zustandsanderung der Form p K"= konst.

(3-71)

ablaufen, wobei der Polytropenexponent n im allgemeinen zwischen 1 und x liegt: 1
(3-70)

WM=VC^AT2-T,).

Beispiel 3.3-3: Eine Luftfeder besteht aus einem Zylinder mit 250 mm Durchmesser und 500 mm Lange, der durch einen verschiebbaren Kolben abgeschlossen ist. Die Luft im Zylinder habe zunachst ebenso wie die Umgebungsluft die Temperatur ,9i = 20 °C und den Druck /?i = 1 bar. Welche kinetische Energie hat ein auffahrendes Fahrzeug, wenn beim Aufprall der Kolben 400 mm weit eindringt? Welche Temperatur und welcher Druck wird erreicht?

n = o\

Losung: n = x]

Der Enddruck ist nach Gl. (3-66) Volumen V

Pi = Pi [-j-f

= 1 bar • ( y J '•' = 9,52 bar.

Die Temperatur betragt nach Gl. (3-67) T2 = T,[Y-J

' = 293K-

= 558K;

6l2 = 285°C. Die Teilchenmenge ist v=/?i Vi/R r, = l,01 mol. Mit der molaren Warmekapazitat C,n,v=20,8J/molK errechnet man die Kompressionsarbeit nach Gl (3-70) zu W^i2 = 5567 J. Ein Teil dieser Arbeit, namlich Wi = {V^-V2)Pi = 1963 J, wird von der Umgebungsluft geleistet, und nur die Differenz stammt vom auffahrenden Fahrzeug. Demnach ist Ey^^^ = 3604 J. 3.3.4.5. Polytrope Zustandsanderung Sowohl die isotherme Zustandsanderung p V^ = konst als auch die isentrope Zustandsande-

Bild 3-21. Polytropen. n Polytropenexponent, X Isentropenexponent; hervorgehoben: Bereich 1
\, x, 0, cc.

Die Poissonschen Gleichungen (3-66) bis (3-68) gelten auch fiir polytrope Zustandsanderungen, wenn der Isentropenexponent x durch den Polytropenexponenten n ersetzt

170

3. Thermodynamik

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3.3. Hauptsatze der Thermodynamik wird. Ebenso gilt Gl. (3-69) fiir die Berechnung der Volumenanderungsarbeit, wenn anstelle des Isentropenexponenten der Polytropenexponent eingesetzt wird. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse von Abschn. 3.3.4 zeigt Bild 3-22. Zur tJbung U 3.3-5: Beim Dieselmotor wird im Kompressionstakt Luft so rasch verdichtet, dafi keine Warmeabgabe an die Umgebung erfolgt und die hohe Temperatur zur Entziindung des eingespritzten Kraftstoffs ausreicht. Gegeben sei ein Motor mit dem Verdichtungsverhaltnis Fi/F2 = 20. Zu Beginn der Kompression ist das Volumen V^ = 0,6 1 mit Luft der Temperatur i9]=27°C und dem Druck pi = 950 mbar gefiillt. - a) Wie hoch ist die Endtemperatur i92 nach der Kompression? b) Welcher Druck P2 stellt sich ein? c) Welche Arbeit ^12 muB wahrend der Kompression von auBen am Kolben verrichtet werden?

171

U 3.3-8: Wasserstoff mit der Teilchenmenge v wird in einem Zylinder mit verschiebbarem Kolben einer Zustandsanderung unterworfen. Der Ausgangszustand ist gekennzeichnet durch Pi = \ bar, Fi = 2 1 und 5, = 20°C. Die Zustandsanderung erfolgt im p, K-Diagramm langs einer Geraden vom Anfangszum Endzustand, der bestimmt ist durch den Druck /?2 = 2 bar und das Volumen F2 = 3 1. - a) Wie groB ist die Teilchenmengeiv des Gases? b) Wie groB ist die Endtemperatur .92? c) Welche Arbeit Pf^i2 gibt das Gas nach auBen ab? d) Um welchen Betrag AU steigt die innere Energie des Gases? e) Welche Warmemenge 212 wird bei der Zustandsanderung zugefiihrt?

3.3.5. Kreisprozesse

Durchlauft ein System eine Folge von Zustandsanderungen, so daB der Endzustand wieder mit dem Anfangszustand iibereinstimmt, so handelt es sich um einen KreisU 3.3-6: Ein Wetterballon hatte prall gefullt das prozeB. Ein rechtsldufiger KreisprozeB liegt vor, wenn die Zustandsanderungen im p, Volumen F^ax = 50 m^. Am Erdboden ist er nur F-Diagramm im Uhrzeigersinn durchlaufen teilweise gefullt worden: Beim Druck p\ = I bar werden. Beim KreisprozeB in Bild 3-23 wird und der Temperatur S] = 1°C nimmt das eingefiillte Wasserstoffgas nur das Volumen Vi = -^ V^ax wahrend der Expansion von 1 nach 2 Voluein. menanderungsarbeit nach auBen abgegeben, die der Flache unter der oberen Kurve enta) Welche Gasmenge v und welche Masse m enthalt spricht. Bei der anschlieBenden Kompression der Ballon? von 2 nach 1 wird Arbeit zugefiihrt, die der b) Der Aufstieg geschieht so rasch, dai3 durch die Ballonhiille praktisch keine Warme iibertragen Flache unter der unteren Kurve entspricht. wird. In einer bestimmten Hohe ist der InnenInsgesamt wird also bei einem rechtslaiufigen druck gleich dem AuBendruck /?2 = 0,2 bar. WelKreisprozeB mehr Arbeit abgegeben als zugeches Gas volumen V2 enthalt dann der Ballon? fiihrt. c) Wie groB ist in diesem Fall die Temperatur T2 der Gasfiillung? d) Sonneneinstrahlung heizt danach den Ballon auf Das Fiillgas dehnt sich solange aus, bis der Ballon prall gefullt ist. Dabei bleibt der Druck konstant (p^ = Pi) • Auf welchen Wert T^, steigt dabei die Gastemperatur? e) Welche Warme ^23 bat das Gas aufgenommen? U 3.3-7: Eine abgeschlossene Menge eines idealen Gases wird vom Ausgangszustand P\ = \ bar, Kj = 11 und i9i = 22 °C auf die Halfte seines Volumens verdichtet. Wahrend der Kompression wird Warme zugefiihrt, so daB eine Zustandsanderung gemaB der Beziehung pV^ = konst durchlaufen wird. a) Wie groB ist der erreichte Enddruck/72? b) Welche Endtemperatur .92 stellt sich ein? c) Welche Arbeit H^i2 wurde dem System bei der Kompression zugefiihrt? d) Wie groB ist die zugefuhrte Warme Q12, wenn das Gas aus Molekulen in Form einer starren Hantel besteht, bei denen die Freiheitsgrade der Translation und Rotation angeregt sind?

Volumen V

Bild 3-23. Rechtsldufiger KreisprozeB. 1, 2 Zustandspunkte, helle Graufldche: zugefuhrte Volumendnderungsarbeit, gesamte Graufldche: abgegebene Volumendnderungsarbeit, umfahrene Fide he: Nutzarbeit

172

3. Thermodynamik

Die je Umlauf nach auBen abgegebene Nutzarbeit entspricht dem Flacheninhalt der vom KreisprozeB eingeschlossenen Figur im /7, K-Diagramm. Sie kann als Kreisintegral geschrieben werden: W=§ dlV=-§pdV.

(3-72)

Der erste Hauptsatz nimmt bei einem kompletten Umlauf die Form ^dl[/ = 0 = | SQ-\-§ dW

(3-73)

an. Das Kreisintegral iiber alle Anderungen der inneren Energie ist null, da die innere Energie als ZustandsgroBe nach einem vollen Umlauf wieder den Anfangswert annimmt. Dies bedeutet, daB sich die je Zyklus abgegebene Nutzarbeit aus der Differenz der zuund abgefuhrten Warmen ergibt. Bei einem linksIdufigen KreisprozeB wird die Figur im p, K-Diagramm im Gegenuhrzeigersinn durchlaufen. Da hierbei die abgegebene Expansionsarbeit stets kleiner ist als die zugefiihrte Kompressionsarbeit, lauft der ProzeB nur, wenn mit Hilfe eines Motors periTabelle 3-9. Eigenschaften von Kreisprozessen. Umlauf- rechtslaufig sinn

linkslaufig

Bezeich- KraftmaschinenprozeB nung

ArbeitsmaschinenprozeB

Warme- Warme wird bei fluB hoher Temperatur aufgenommen und bei tiefer Temperatur abgegeben.

Warme wird bei tiefer Temperatur aufgenommen und bei hoher Temperatur abgegeben.

mechanische Arbeit

Differenz von abund zugefuhrter Warme wird als mechanische Arbeit zugefiihrt.

odisch mechanische Arbeit zugefuhrt wird. Tabelle 3-9 zeigt eine Gegeniiberstellung der Eigenschaften von rechts- und linkslaufigen Kreisprozessen. Die Kreisprozesse, die im folgenden beschrieben werden, sollen reibungsfrei durchlaufen werden. Ferner soil sich das Gas stets im thermodynamischen Gleichgewicht mit der Umgebung befinden. Unter diesen Voraussetzungen sind alle Kreisprozesse reversibel fiihrbar, d. h., sie konnen sowohl rechts- als auch linkslaufig sein.

3.3.5.1. Carnotscher KreisprozeB Rechtslauflger Prozeft Von S. CARNOT (1796 bis 1832) wurde ein KreisprozeB vorgeschlagen, mit dem Warme in einer periodisch arbeitenden Maschine in mechanische Arbeit umgeformt werden kann. Nach Bild 3-24 verlauft der ProzeB im /?, VDiagramm zwischen zwei Isothermen und zwei Isentropen. Als Arbeitsmedium dient ein ideales Gas der Teilchenmenge v. Folgende Einzelprozesse werden aneinandergereiht: 1 -^ 2: Isotherme Kompression von V^ auf V2 bei der tiefen Temperatur T\: zugefiihrte Arbeit

abgegebene Warme Qn =

-vRrnTx\n-—. V2

Beispiele

Differenz von zu- und abgefuhrter Warme wird als mechanische Nutzarbeit abgegeben. Verbrennungsmotor, Warmekraftmaschine

Kaltemaschine, Warmepumpe

3: Isentrope Kompression von Vi auf F3; die Temperatur steigt von T^ auf T^,: zugefiihrte Arbeit W^23= vCmv(7^3 -TO4 : Isotherme Expansion von K3 auf K4 bei der hohen Temperatur Ty. zugefiihrte Warme 234= vRn^T^Xn-

K3'

abgegebene Arbeit ^34 = -

vRmT^

1

^4

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik

2^3 isentrope Kompression

1-^2 isotherme Kompression

173

4^1 isentrope Expansion

3^4 isotherme Expansion

^4

"'"] ^ ^

In

Warmeisolation

Warmebad

V^2

^3

V^

Volumen V

Bild 3-24. Carnotscher KraftmaschinenprozeB. Q Wdrme, W Arbeit, rot umgrenzte Fldche: Nutzarbeit

4 ^ 1 : Isentrope Expansion von V4 auf Vi; die Temperatur fallt von T^ auf Ti: abgegebene Arbeit

^4i=-

Daraus folgt fur die Volumina V4/V^= V\/V2 und schlieBlich fiir die Nutzarbeit W=-

Tx).

vRr

vC^,iT,-T,),

Die Nutzarbeit je Zyklus entspricht dem Inhalt der rot begrenzten Flache im /?, F-Diagramm von Bild 3-24. Sie betragt W=§ SIV= Wi2+ H^23+ ^^34+ ^41. Mit W23 = - H^4i ergibt sich

= - VRr. T2 In

Tx In V3

V21

Fiir die beiden Isentropen gilt nach Gl. (3-67)

T,Vr^ = T,Vr^ 2 ^3 x-l

und

Sie ist negativ, weil sie vom System nach auBen abgegeben wird. Die Energiestrome, die bei der Carnot-Kraftmaschine (und im Prinzip bei jeder Warmekraftmaschine) umgesetzt werden, sind in Bild 3-25 anschaulich dargestellt. Von der zugefiihrten Warme kann nur ein Teil (meist der kleinere) als mechanische Arbeit abgegeben werden. Den anderen Teil muB das System als Abwarme an eine Warmesenke tiefer Temperatur abfiihren. Aus dem ersten Hauptsatz folgt die Bilanzgleichung ^1 = Q.

^abl

174

3. Thermodynamik hohen Wirkungsgrades die Temperatur der Warmequelle so hoch wie moglich sein.

Warmequelle Temperatur T^ Q^u

Warmemenge, die von der Warmequelle dem System zugefuhrt wird

-7^ Warmekraftmaschine I

abgegebene mechanische Nutzarbeit

W= -f p6V

I

Warmemenge, die vom System an die Warmesenke abegegeben wird

Beispiel 3.3-4: Welcher thermische Wirkungsgrad ist mit einem Carnot-ProzeB erreichbar, der zwischen den Temperaturen ^3 = 500 °C und ,9, = 50 °C ablauft? Losung: Nach Gl. (3-76) ist 450 K = 0,58 = 58%.

Der Carnot-ProzeB laBt sich praktisch nicht realisieren, da zu viele widerspruchliche I Eigenschaften in einem System vereinigt sein BiId 3-25. EnergiefluBdiagramm eines rechtsldufimiiBten. Seine groBe Bedeutung liegt in der gen Carnot-Prozesses. Abschatzung des maximalen Nutzeffekts einer Oder, mil den Bezeichnungen des Carnot-Pro- Warmekraftmaschine, die zwischen zwei Temperaturgrenzen Warme in Arbeit umwandeln zesses und richtigen Vorzeichen, soil. Ein Vergleich verschiedener rechtslaufiger Kreisprozesse, die zwischen der Maximal(3-74) 212+234+^^=0. temperatur T^ und der Minimaltemperatur Tx ablaufen, zeigt, daB der hochstmogliche therVerschiedene Kreisprozesse lassen sich mit- mische Wirkungsgrad durch den Carnot-Proeinander vergleichen durch Berechnung des zeB erreicht wird. thermischen Wirkungsgrades rji^^, der den Nutzen (abgegebene Arbeit) zum Aufwand Thermodynamische Temperatur (zugefiihrte Warme) ins Verbaltnis setzt: Da der thermische Wirkungsgrad des CarnotProzesses nur von den Temperaturen der beteiligten Warmebader, aber nicht vom Arbeitsstoff abhangt, ist eine Temperaturdefinition moglich, die von speziellen ThermomeBeim Carnot-ProzeB ist die zugefiihrte Warme tereigenschaften unabhangig ist. Nach Gl. (3-74) bis (3-76) gilt Warmesenke Temperatur T^
^4

ezu-IGabl = 1 ^th = -

f^3

Damit ist der thermische Wirkungsgrad -3^1 ^th,c=-

T,

(3-76)

iGa

= 1

T3' Hieraus folgt die Beziehung zwischen den umgesetzten Warmemengen und den Temperaturen der Warmebader:

Der thermische Wirkungsgrad des CarnotProzesses ist nur von den Temperaturen der beiden Warmebader abhangig. Der thermische Wirkungsgrad des CarnotProzesses konnte dann 100% werden, wenn die Temperatur der Warmesenke Tj = 0 K ware. Da in der Praxis die Warmesenke z.B. das Kiihlwasser eines Flusses oder die Umgebungsluft ist, muB fur die Erzielung eines

Gl. (3-77) erlaubt nach W. Thomson (Lord Kelvin) die Definition der thermodynamischen Temperatur. Die Temperaturen zweier Warmebader lassen sich dadurch vergleichen, daB man zwischen ihnen einen idealen CarnotProzeB ablaufen laBt und die iibertragenen Warmen miBt. Wird die Temperatur eines

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik Warmebads festgelegt, z.B. die Temperatur von Wasser am Tripelpunkt mit rTr=273,16K, dann kann die ganze Temperaturskala ausgemessen werden. Die so definierte thermodynamische Temperatur ist identisch mit der Gastemperatur des Gasthermometers (Abschn. 3.1.3). Linkslaufiger ProzeB Beim linkslaufigen Carnot-ProzeB wird das p, K-Diagramm von Bild 3-24 im Gegenuhrzeigersinn durchlaufen. Dabei wird bei der tiefen Temperatur T^ Warme aus der Umgebung aufgenommen und bei der hohen Temperatur Tj, wieder abgegeben. Das EnergiefluBdiagramm des linkslaufigen Prozesses ist in Bild 3-26 dargestellt. Die Energiebilanz sagt aus, daB die abgegebene Warme betragsmafiig gleich ist der Summe aus zugefuhrter Warme und mechanischer Arbeit: (3-78)

lGabl = ezu+^^Warmesenke Temperatur T^

Warmemenge, die vom System an die Warmesenke abgegeben wird

zugefijhrte mechanische Arbeit

W=-fp6V Warmemenge, die von der Warmequelle dem System zugefuhrt wird

175

temperatur T^, die Warme Qzu entzogen und dem System zugefuhrt. Als Warmesenke dient i.a. die Umgebung. Das Verhaltnis von Nutzen zu Aufwand wird bei linkslaufigen Kreisprozessen als Leistungszahl bezeichnet. Bei einer Kaltemaschine ist der Nutzen die Warme 2zu? der Aufwand ist die Arbeit W des Antriebsmotors. Die Leistungszahl einer Kaltemaschine wird deshalb definiert als Szu

Q zu

^K =

(3-79)

Fiir den Carnot-ProzeB ergibt sich mit den bereits berechneten Energiebetragen T^ fiK,C

Ti-T, •

(3-80)

Die Leistungszahl ist um so giinstiger, je naher die Temperaturen von Warmequelle und Warmesenke beeinander liegen. Beispiel 3.3-5: Eine Kaltemaschine nach Carnot soil eine Kuhlraumtemperatur von .9i = 5 °C bei einer AuBentemperatur von 53 = 35°C erreichen. Wie groB ist die Leistungszahl £KC?

Losung: Nach Gl. (3-80) ist £K,C = 278 K/30 K = 9,27. Dies bedeutet, daB die Leistung des Antriebsmotors nur rund ein neuntel der Warmeleistung sein muB, die dem Kuhlraum entzogen werden soil. b) Wdrmepumpe

Bei der Warmepumpe ist die Warmequelle die Umgebung (z.B. Luft, Erdreich, Grundwasser), der die Warme bei tiefer Temperatur Bild 3-26. EnergiefluBdiagramm eines linkslaufigen entzogen und dem System zugefuhrt wird. Carnot'Prozesses. Warmesenke ist z. B. die Warmwasserheizung eines Hauses. Der Nutzen bei der WarmeDer linkslaufige KreisprozeB kann auf zwei- pumpe liegt also in der bei hoher Temperatur erlei Arten genutzt werden: abgegebenen Warme Qab; der Aufwand ist auch in diesem Fall die Arbeit des Antriebsa) Kdltemaschine motors. Die Leistungszahl der Warmepumpe Eine Kaltemaschine hat die Aufgabe, einen wird deshalb definiert als Raum zu kiihlen, in dem z.B. Lebensmittel gelagert werden. Der zu kuhlende Raum dient als Warmequelle. Ihm wird bei der Temperatur Ti, die niedriger ist als die UmgebungsWarmequelle Temperatur Ty < T^

176

3. Thermodynamik

Fur den Carnot-ProzeB ergibt sich

^w,c '•

(3-82) T3 - Ti

rjth,c

Die Leistungszahl der Warmepumpe nach Carnot ist immer groBer als eins, und zwar um so groBer, je kleiner der thermische Wirkungsgrad eines rechtslaufigen CarnotProzesses zwischen denselben Temperaturgrenzen ist, d.h., je kleiner die Temperaturdifferenz T^ — T\ ist. Beispiel 3.3-6: Eine Warmepumpe nimmt Warme aus der Umgebungsluft bei i9i = - 10 °C auf und gibt Warme an eine Warmwasserheizung mit der Vorlauftemperatur .93 = 40°C ab. Wie groB ist die Leistungszahl nach Carnot? Losung: Nach Gl. (3-82) gilt £w,c = 313 K/50 K = 6,26. In der Praxis werden Kaltemaschinen und Warmepumpen meist mit Kdltemitteln, wie z. B. Frigen und Ammoniak, betrieben, die wahrend des Kreisprozesses Phasenanderungen (Abschn. 3.4.3) durchlaufen. Das Prinzip des Kreislaufs zeigt Bild 3-27. In einem Verdampfer wird dem fliissigen Kaltemittel, das geringen Druck und niedrige Temperatur hat, die Warme g^u zugeflihrt, so daB es verdampft. Der Dampf wird in einem Kompressor verdichtet und somit erwarmt. Im Kondensator wird dem heiBen Dampf die Warmemenge gab entzogen, so daB das Kaltemittel kondensiert. Die unter hohem Druck stehende Fliissigkeit wird durch ein DrosselKompressor Dampf Verdampfer

Kondensator

Flussigkeit

D,o33e,^e„tj|

Bild 3-27. Kreislauf einer Kompressor-Kdltemaschine bzw. -Warmepumpe.

ventil entspannt. Dabei kiihlt sie sich ab und wird dem Verdampfer fiir den nachsten Kreislauf zugeleitet. Die Leistungszahlen realer Warmepumpen sind niedriger als die Leistungszahl eines Carnot-Prozesses. Fiir elektrisch betriebene LuftAVasser-Warmepumpen ist beispielsweise £w ^ 3. Bei groBen Anlagen, die mit einem Dieselmotor angetrieben werden, sind die erreichbaren Leistungszahlen groBer.

3.3.5.2. Technische Kreisprozesse Die Kreisprozesse, die in realen Maschinen ablaufen, konnen durch idealisierte Vergleichsprozesse angenahert werden. Bild 3-28 zeigt eine Zusammenstellung von Vergleichsprozessen, die in technischen Warmekraftmaschinen idealisiert ablaufen. Die Pfeile im p, K-Diagramm zeigen die Prozesse, bei denen Warme zu- bzw. abgeftihrt wird. Obwohl Verbrennungsmotoren offene Systeme sind, konnen sie naherungsweise als geschlossene Systeme angesehen werden. Beim Seiliger-ProzeB (nach einem Vorschlag von M. SEILIGER, 1922) wird Frischluft isentrop verdichtet. Nach Zundung des Luft-KraftstoffGemisches lauft eine Verbrennung ab, die naherungsweise durch eine isochore und isobare Warmezufuhr beschrieben wird. Die Expansion des verbrannten Gemisches erfolgt isentrop. Der nachfolgende Austausch von verbrannten Gasen durch Frischluft wird als isochore Warmeabgabe angenahert. Der thermische Wirkungsgrad ist abhangig von den Temperaturen der fiinf Eckpunkte. Ein

Spezialfall

des

K2 = F3 = K4 ist der

Seiliger-Prozesses Otto-PwzeB

(N.

mit

OTTO,

1832 bis 1892). Hierbei verbrennt das LuftKraftstoff-Gemisch nach der Zundung so schnell, daB die Warmezufuhr idealisierend wie eine isochore Zustandsanderung erfolgt. Der thermische Wirkungsgrad hangt ab vom Kompressionsverhaltnis 8= K1/K2. Ein weiterer Spezialfall des Seiliger-Prozesses mit P2 = P3= PA ist der Diesel-ProzeB (R. DIESEL, 1858 bis 1913). Der Kraftstoff wird so in die komprimierte Luft eingespritzt, daB die Verbrennung naherungsweise isobar erfolgt. Bild 3-29 zeigt ein Original-/?, F-Diagramm eines Dieselmotors. Der thermische

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik

Bezeichnung

p, V-Diagramm

Elnzelprozesse

thermischer Wirkungsgrad

2 Isentropen,

o o E

SeiligerProzeB

2 Isochoren,

OttoProzeB

2 Isentropen,

Ts-Ti

'nth= 1

r3-r2+;<;(r4-r3)

1 Isobare

2 Isochoren

tlth = 1 •

2 Isentropen,

tith =

CO

O)

c

D C C 0

^

DieselProzeB

o o E

StirlingFroze B

(V

=1

>i-\

(V-

1 Isochore, 1 Isobare

Viv-1

<^')(0

2 Isothermen, 2 Isochoren

i ^1 Tith = ' ~ ^—"nth.c '3

_3

f= "
X

0

JouleProzeB

TO

'^^n^'

o 0 C 0 0 C CO-^

2 Isentropen, 2 Isobaren

EricssonProzeB

CO P

tlth -

1-

^ '2

= ' - ( & ) '

7^1

T)th — 1 - •=

'3

o ^

ClausiusRankine-ProzeB

5//t/ 3-25.

Technische Kreisprozesse.

;^-1

2 Isothermen, 2 Isobaren

2 Isentropen, 2 Isobaren

177

_

^3 -

^4

Tjth.C

178

3. Thermodynamik

D r y c k *- Kolbenuieg -

Diagramm

indfz* firfoeltsffiltteldruck « f f « k ^ t v e r l=lrtea!t»in!tteldruck mech. W t r k u n g s g r a d

80 r

pm!«« 5 . 0 9 b a r pin«« 3 b a r E:TR*» 5 8 . 5 JC

a

3 1.

a 40

20 :

1

0

HflTZ E79

10

20 n~ 2773 t/iiiln

30 H« 10.1 N»

40

50

60 70 Kolbenaieg /mm

80

F« 2 , 9 kN

Bild 3-29. p, V-Diagramm eines Dieselmotors (Rechnerausdruck).

Wirkungsgrad des Diesel-Prozesses iibertrifft den des Otto-Prozesses, allerdings ist der mittlere Kolbendruck im Dieselmotor wesentlich hoher als im Ottomotor. Das Arbeitsmedium beim Stirling-ProzeB

stromen der heiBen Luft Warme aufnehmen und diese nachher wieder an die durchstromende kalte Luft abgeben. Bild 3-31 zeigt ein Demonstrationsmodell eines HeiBluftmotors. Im Deckel ist eine Gliihwendel eingebaut, die als elektrische Warme(R. STIRLING, 1790 bis 1878) ist ein Gas (meistens Luft). Die Warmezufuhr erfolgt bei quelle dient. Die Warmesenke ist Kiihlwasser, das den unteren Teil des doppelwandigen der isochoren Erwarmung und der isothermen Expansion. Die wahrend der isochoren Ab- Zylinders durchflieBt. Der HeiBluftmotor kann beziiglich des thermischen Wirkungsgrakiihlung abgegebene Warme ist betragsmaBig des bislang nicht mit den Verbrennungsmotoso groB wie die bei der isochoren Erwarmung zugefuhrte: 023 = ~ G41 • Gelingt es, die abge- ren konkurrieren, weil die interne Warmeubertragung (Q4, -^ Q23) nur unvollkommen gebene Warme Q^\ zwischenzuspeichern und gelingt. Der linkslaufige Stirling-ProzeB wurbei der isochoren Erwarmung wieder dem Syde z. B. bei der Philips-Gaskaltemaschine verstem zuzufiihren, dann muB von auBen her wirklicht, die mit dem Arbeitsmedium Wasnur noch die Warme ^34 zugefuhrt werden, serstoff Oder Helium bei der Luftverflussiund der thermische Wirkungsgrad erreicht gung eingesetzt wird. den Wert des Carnot-Prozesses. Der Stirling-ProzeB kann nach Bild 3-30 na- In der offenen Gasturbine, die hauptsachlich herungsweise so realisiert werden, daB ein Arbei Flugzeugen verwendet wird, lauft ein Probeitskolben und ein Verdrangerkolben, um zeB ab, den man naherungsweise durch den 90° phasenverschoben, auf eine Kurbelwelle Joule-PwzeB beschreiben kann. Luft wird im arbeiten. Der Verdrangerkolben schiebt die Verdichter isentrop komprimiert. In der BrennLuft im Zylinder hin und her und bringt sie kammer wird eingespritzter Treibstoff (Keroabwechselnd in Kontakt mit dem heiBen bzw. sin) mit der heiBen Luft verbrannt (isobare kalten Teil der Maschine. Der Regenerator Erwarmung) und anschlieBend in der Turbine besteht aus Metallspanen, die beim Durchisentrop entspannt. Die verbrannten Gase

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik

179

4-^1 Warmebad der hohen Temperatur T^

Verdrangerkolben Regenerator

Warmebad der tiefen Temperatur T^ Arbeitskolben

isotherme Kompression

isochore Erwarmung

isochore Abkuhlung

isotherme Expansion

Bild 3-30. Realisierung eines Stirlingschen Kreisprozesses. werden beim realen ProzeB ausgestoBen. Der idealisierte KreisprozeB wird durch eine isobare Abkuhlung geschlossen. Ortsfeste Gasturbinen arbeiten nach dem geschlossenen Ericsson-ProzeB (J. ERICSSON, 1803 bis 1899), der von J. ACKERET und C. KELLER

naherungsweise verwirklicht wurde. Unter der Voraussetzung, daB die bei den isobaren Zustandsanderungen umgesetzten Warmemengen intern iibertragen werden konnen, erreicht der Ericsson-ProzeB den thermischen Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses. In Dampfkraftanlagen lauft i. a. der ClausiusRankine-ProzeB 1885;

(R. J. E. CLAUSIUS, 1822 bis

W. J. M. RANKINE, 1802 bis

1872)

ab.

Die Speisewasserpumpe erhoht von 1 nach 2 isentrop den Druck des Wassers. Durch isobare Warmezufuhr wird das Wasser verdampft und der HeiBdampf von 3 nach 4 in der Turbine isentrop entspannt. Im Kondensator verfliissigt sich der entspannte Dampf durch Warmeabfuhr an das Kuhlwasser, und Kondensat wird wieder der Speisewasserpumpe zugeleitet. Der thermische Wirkungsgrad ist im wesentlichen von der Enthalpie des Dampfes vor und nach der Entspannung abhangig. Zur Ubung Bild 3-31. Demonstrationsmodell eines HeiBluftmotors.

U 3.3-9: Mit einem ideal en Gas wird der rechtslaufige KreisprozeB gemaB Bild 3-32 durchgefiihrt, der sich aus Isobaren und Isochoren zusammensetzt. Die ZustandsgroBen der Eckpunkte im p, K-Dia-

180

3. Thermodynamik

1\ P7 = A

\'

^.

\

3

)

i

1400 min"^ Zyklen durchlaufen werden? c) Wie groB ist die erforderliche Leistung P des Antriebsmotors? d) Welche Warmeleistung \Q.^\j\ wird an die Umgebung abgegeben?

3.3.6. Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik 3.3.6.1. Reversible und irreversible Prozesse

P^ =PA

'4

1

Wird vom elastischen StoB zweier Billardkugeln eine Filmaufnahme gemacht und der Film anschlieBend vorwarts- und riickwartslaufend betrachtet, so kann ein Zuschauer, ^ der bei der Aufnahme nicht dabei war, nicht V,= Vo sagen, welche Laufrichtung des Film das ExVolumen V periment richtig wiedergibt. In beiden RichBild3-32. Zu Aufgabe U 3.3-9: KreisprozeB aus tungen konnte der Vorgang abgelaufen sein; 2 Isobaren und 2 Isochoren. keine der beiden Varianten verletzt die StoBgesetze. Solche umkehrbaren oder reversiblen gramm sind pi = l,5 bar, p2= 10 bar, K2 = 1 1, F3 = Vorgange werden in der Mechanik beobach1,5 1. Das Gas besteht aus zweiatomigen Molekiilen, tet, wenn keine Warmeentwicklung infolge die im betrachteten Temperaturbereich rotieren, von Reibung auftritt. ohne zu schwingen. Die Teilchenmenge betragt V = 0,3 mol. - a) Wie groB sind die Temperaturen Ein ProzeB ist reversibel, wenn bei seiner Tj, T2 und 73? b) Welche Nutzarbeit W wird je Umkehr der Ausgangszustand wieder erUmlauf abgegeben? c) Welche Warme 2zu "^^6 je reicht wird, ohne daB Anderungen in der Zyklus zugefiihrt werden? d) Wie groB ist der thermische Wirkungsgrad //th des Kreisprozesses? e) Umgebung zuriickbleiben. Welch en Wirkungsgrad hatte eine Carnot-Maschine, die zwischen denselben Maximal- und MinimalReversible Zustandsanderungen von Gasen temperaturen T^ und T^ arbeitet? sind als idealisierte Grenzfalle denkbar, wenn die Prozesse reibungsfrei und quasistatisch U 3.3-10: Eine Warmepumpe mit der Leistungszahl verlaufen, so daB der Druck und die Tempeew = 3 soil ein Haus heizen. Die erforderliche Heizleistung ist |e^b| = 15kW bei ,93 = 45°C. Die ratur des Gases zu jeder Zeit mit der Umgebung im Gleichgewicht sind. AuBentemperatur betragt .9i = - 5 °C. - a) Welche Wird der Fall eines Apfels von einem Baum elektrische Leistung P nimmt der Motor auf? b) Wie groB ware die Leistung PQ des Antriebsmotors, gefilmt und der Film spater riickwartslaufend wenn ein Carnot-ProzeB ablaufen wiirde? betrachtet, so lost die Szene allgemeine Heiterkeit aus. Jedermann weiB aus Erfahrung, U 3.3-11: In einer mit Wasserstoff betriebenen Gas- daB dieser Vorgang irreversibel ist, also nicht kaltemaschine lauft ein linkslaufiger Stirling-ProzeB von allein in umgekehrter Richtung ablauft. mit folgenden Einzelprozessen ab:

^ \ ^

1 -• 2: Isochore Erwarmung vom Anfangszustand /7, = 9bar, Kj = 0,28 1 und Tj = 77 K auf T2 = 300 K; 2 ^ 3 : Isotherme Kompression von Vi = V2 auf K3 = F4 = 0,141; 3 ->• 4: Isochore Abkuhlung von T2 auf T]; 4 ^ 1 : Isotherme Expansion von K4 auf Kp

Ein Vorgang ist irreversibel, wenn seine Umkehr zum Ausgangszustand nur unter auBerer Einvs^irkung moglich ist, wobei eine Veranderung in der Umgebung zu-

a) Wie groB ist die Leistungszahl % ^^^ Prozesses unter der Voraussetzung, daB die interne Warmeiibertragung - Q24 = Qn ideal gelingt? b) Welche Kalteleistung Q^u liefert die Maschine, wenn n =

Beim unelastischen Aufprall des Apfels auf dem Boden wird seine kinetische Energie in thermische Energie umgesetzt; die Temperatur des Apfels und der unmittelbaren Umge-

riickbleibt.

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik

bung erhoht sich demnach geringfiigig. Der umgekehrte Vorgang, daB der Apfel sich abkiihlt und dann nach oben hiipft, ist noch nie beobachtet worden, obwohl er den ersten Hauptsatz nicht verletzen wiirde. Weitere Beispiele fiir irreversible Vorgange sind — Diffusion: Stoffe breiten sich aufgrund eines Konzentrationsgefalles so lange aus, bis die Konzentration raumlich konstant ist. Konzentrationsunterschiede dagegen bauen sich nicht von selbst auf; — Warmelibergang: Warme geht von einem warmen auf einen kalten Korper iiber, bis die Temperatur ausgeglichen ist. Temperaturunterschiede jedoch entstehen nicht von selbst; — Chemische Reaktionen, die von selbst ablaufen: Wasserstoff verbindet sich mit Sauerstoff zu Wasser. Fiir die Zersetzung des Wassers in seine Bestandteile hingegen mu6 Energie aufgewendet werden.

181

heuerer Betrag an innerer Energie steckt, konnten durch geringfiigiges Abkiihlen des Meerwassers nahezu unbegrenzte Energiereserven freigesetzt werden. Eine solche Maschine, die zwar den zweiten, nicht aber den ersten Hauptsatz verletzt, wird als Perpetuum mobile zweiter Art bezeichnet. Eine weitere Formulierung des zweiten Hauptsatzes lautet also: Es gibt kein Perpetuum mobile zweiter Art. Die linkslaufigen Kreisprozesse zeigen, daB Warme unter Arbeitsaufwand einem kalten Korper entzogen und einem warmen Korper zugefiihrt werden kann (Bild 3-26). Clausius formulierte 1850 den zweiten Hauptsatz so: Warme geht nicht von selbst von einem kalten auf einen warmen Korper iiber. a)

Bei genauer Betrachtung sind alle natiirlich ablaufenden und technischen Prozesse irreversibel. Reversible Vorgange sind lediglich idealisierte Grenzfalle. 3.3.6.2. Formulierungen des zweiten Hauptsatzes Die Irreversibilitat natiirlicher und technischer Prozesse ist der Inhalt des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik. Dieser legt die Richtung der von selbst ablaufenden Vorgange fest, die stets einem Gleichgewichtszustand zustreben. Eine klassische Formulierung des zweiten Hauptsatzes stammt von Thomson (Lord Kelvin) aus dem Jahr 1851:

b)

Es gibt keine periodisch arbeitende Maschine, die Warme aus einer Warmequelle entnimmt und voUstandig in mechanische Arbeit umwandelt. Die Erfahrung zeigt, daB eine Warmekraftmaschine stets auch Warme an eine Warmesenke tiefer Temperaturen abgeben muB (Bild 3-25). LieBe sich eine Maschine konstruieren, die ohne Warmeabgabe bei tiefer Temperatur auskame, so waren die Energieprobleme der Menschheit fiir alle Zeiten gelost. Da z. B. in den Weltmeeren ein unge-

Bild 3-33. Es existiert keine Maschine, die einen hoheren Nutzeffekt als die Carnot-Maschine hat: a) Kopplung von rechts- und linkslaufender CarnotMaschine, b) Kopplung einer rechtsIdujigen „Super"Maschine mit einer linkslaufigen Carnot-Maschine.

182

3. Thermodynamik

Anhand von Bild 3-33 erkennt man, dafi der thermische Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses nicht iibertroffen werden kann. Zwischen den Temperaturgrenzen T2, = 600 K und Tj = 300 K wirkt je ein rechts- und ein linkslaufiger KreisprozeB. Bild 3-33 a zeigt eine Carnot-Warmekraftmaschine, die nach Gl. (3-76) den thermischen Wirkungsgrad ?/th,c = 0,5 hat. Ihre mechanische Nutzarbeit wird eingesetzt, um eine Warmepumpe zu betreiben, die nach Gl. (3-82) die Leistungszahl £w,c = 2 aufweist. Aus den Daten geht klar hervor, daB im Endeffekt jedem Warmebad die Warmemenge, die ihm eine Maschine entnimmt, von der anderen wieder zugefiihrt wird. Bild 3-33 b zeigt eine hypothetische „Super"Warmekraftmaschine mit einem thermischen Wirkungsgrad, der den Carnotschen iibertrifft (z.B. //th,s = 0,75). Nimmt diese Maschine beispielsweise die Warmeleistung 4kW vom oberen Warmebad auf, dann gibt sie Q = 1 kW an das kalte Reservoir und P = 3 kW an die Warmepumpe ab. Die Carnot-Warmepumpe nimmt aus dem unteren Warmebad g = 3 kW an Warmeleistung auf und gibt an das obere 2 = 6 kW ab. Dies bedeutet schluBendlich, daB Warme ohne auBere Arbeitszufuhr von einem kalten auf einen warmen Korper iibergeht, was gegen den zweiten Hauptsatz verstoBt. Daraus folgt: Ein hoherer thermischer Wirkungsgrad als der des Carnot-Prozesses ist nicht moglich.

Isentropen Isothermen

Volumen V Bild 3-34. Ersatz eines beliebigen Kreisprozesses durch ein System von Carnot-Prozessen.

zeichnet. Offensichtlich ist die Summe der reduzierten Warmen bei einem kompletten Umlauf eines reversiblen Carnot-Prozesses null. Wird ein beliebiger KreisprozeB reversibel durchlaufen, dann kann er nach Bild 3-34 durch unendlich viele differentiell schmale Camot-Prozesse ersetzt werden. Auch hierbei ist die Summe aller reduzierten Warmen null:

Der Index rev soil daran erinnern, daB die ProzeBfuhrung reversibel sein muB. Wenn die GroBe — - 7 ^ bei einem kompletten

3.3.6.3. Entropie Die bisherigen Formulierungen des zweiten Hauptsatzes kdnnen mathematisch ausgedriickt werden mit Hilfe der ZustandsgroBe Entropie, die gestattet, den Grad der Irreversibilitat eines Vorganges zu berechnen. Ausgangspunkt der folgenden Betrachtungen ist der ideale reversibel gefiihrte Carnot-ProzeB (Bild 3-24). Fiir die umgesetzten Warmen und die Temperaturen der Warmebader gilt nach Gl. (3-77)

Der Quotient von iibertragener Warme und der absoluten Temperatur, bei der sie iibertragen wurde, wird als reduzierte Warme be-

Umlauf keine Anderung erfahrt, erfiillt sie die Voraussetzungen, die an eine ZustandsgroBe gestellt werden. Diese ZustandsgroBe bezeichnet man nach Clausius als Entropie S. Ihr Differential ist definiert als

Die MaBeinheit der Entropie ist J/K. Der Nullpunkt kann willkiirlich gewahlt werden. Die Entropiedifferenz zwischen einem Ausgangszustand 1 und einem Endzustand 2 ist

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik Die Entropieanderung ist als Differenz zweier ZustandsgroBen wegunabhangig. Zu ihrer Berechnung mul3 aber ein - wenigstens in Gedanken — realisierbarer reversibler Weg beschritten werden. Bei reversibel gefiihrten adiabaten Zustandsanderungen ist (5grev = 0. Somit gibt es keine Anderung der Entropie {Si = S2); die Zustandsanderung verlauft isentrop. Die Entropieanderung bei einer Zustandsanderung eines idealen Gases laJ3t sich aus Gl. (3-84) mit Hilfe des ersten Hauptsatzes berechnen: dS =

dU^pdV

^Qn

Mit Gl. (3-46) fiir die Anderung der inneren Energie ergibt sich daraus dr

p

Nach der Zustandsgleichung idealer Gase ist p/T= V R^/Vundsomii dT

dV

Wird die molare Warmekapazitat C^v als konstant vorausgesetzt, kann integriert werden:

AS -S2

-s

— vC

In

+

Bild3-35. such.

183

Zu Beispiel 3.3-7: Gay-Lussacscher Ver-

halter in einen zunachst evakuierten Rezipienten stromen. Die Anordnung war nach auBen warmeisoHert (adiabates System). Gay-Lussac fand, dafi nach Erreichen des Gleichgewichtszustands die Temperatur des Gases nicht verandert war und schloB daraus, daB die innere Energie idealer Gase nicht vom Volumen abhangt. Wie groB ist die Entropieanderung bei dem geschilderten Vorgang? Losung: Obwohl die Ausstromung ins Vakuum ein hochgradig irreversibler ProzeB ist, laBt sich die Entropieanderung mit Hilfe eines reversiblen Ersatzprozesses berechnen. Ein denkbarer ErsatzprozeB ist die isotherme Expansion mit jeweils dem gleichen Anfangs- und Endzustand wie der tatsachHche ProzeB. Nach Gl. (3-86) gilt dann mit T, = T2

Die Entropieanderung ist groBer als null, weil V2 > Vx ist. Ist z.B. v= 1 mol und F2/K1 = 2, dann betragt die Entropieanderung A 5 = l mol-8,314

+ VRm In-

V2

(3-86)

Nach Gl. (3-51) kann die innere Energie durch die Enthalpie ausgedriickt werden: dU=dH-pdVDamit gilt

Vdp.

dH-Vdp d^ =

dT = V Cn,p — - -

T und nach der Integration

T

dp ^m

p

AS--= S,--Sr- = ^C'mp 1 ^ 2 vR^ln — . In Ti —(3-87) Beispiel 3.3-7: In einem beruhmt gewordenen Versuch lieB Gay-Lussac nach Bild 3-35 ein Gas aus einem Be-

In 2 = 5,76 K' molK Hat der Carnotsche KreisprozeB irreversible Anteile (z.B. Reibungsarbeit oder Warmeiibertragung mit Temperaturgefalle zwischen Warmebad und Gas), so ist der thermische Wirkungsgrad geringer als bei vollkommen reversibler ProzeBfuhrung: ^th,irr =

G12+G34

< ^th,r

^34

Anstelle von Gl. (3-77) gilt dann

Fiir beliebige irreversible Kreisprozesse gilt entsprechend (im Gegensatz zu Gl. (3-83), die nur bei reversibler ProzeBfiihrung giiltig ist)

184

3. Thermodynamik

In einem adiabaten geschlossenen System konnen von selbst nur Vorgange ablaufen, bei denen die Entropie ansteigt. Ein Beispiel fur den Entropieanstieg ist die Ausstromung eines Gases ins Vakuum {Beispiel 3.3-11). Ist ein System abgeschlossen, dann ist die innere Energie des Systems konstant, und die Entropie des Systems strebt einem Maximalwert zu, den sie im Gleichgewichtszustand erreicht hat.

Volumen W Bild 3-36. KreisprozeB mit reversiblem und irreversiblem Anteil.

Aus der Definitionsgleichung der Entropie dS= dQ^Qy/T folgt, daB in einem T, S'-Diagramm die reversibel umgesetzte Warmemenge als Flache unter der Kurve einer Zustandsanderung abgelesen werden kann: ^Grev= TdS

Nach Bild 3-36 sei jetzt ein KreisprozeB betrachtet, der aus einem irreversible!! ( 1 ^ 2 ) und einem reversiblen (2 ->• 1) Weg besteht. Der GesamtprozeB ist damit irreversibel, und nach Gl. (3-88) gilt

Mit Gl. (3-85) kann man schreiben

I

^Qn

- + S*, - 52 < 0.

Betrachtet man insbesondere adiabate Systeme, bei denen keine Warmeubertragung stattfindet {dQnx = 0), dann gilt ^2 - 5i > 0

Oder

ei2,rev = j 3 ^ d 5 .

(3-91)

Bild 3-37 zeigt das Wdrmeschaubild des Carnot-Prozesses. Die zugefiihrte Warme entspricht der Flache unterhalb der Geraden 3-4, die abgegebene Warme ist sichtbar als Flache unterhalb der Geraden 1-2. Die Nutzarbeit entspricht wie beim p, F-Diagramm dem Flacheninhalt der umfahrenen Figur.

(3-89)

In einem adiabaten geschlossenen System sind irreversible Prozesse stets mit einem Anstieg der Entropie verknupft. Bei reversibler ProzeBfiihrung bleibt die Entropie konstant.

0} Q.

*^

T

Mathematisch kann diese Aussage auch so formuliert werden: d5^0.

(3-90) $2 - S2

Das Gleichheitszeichen gilt fiir reversible, das GroBer-als-Zeichen ftir irreversible Prozesse. Da in der Natur von selbst nur irreversible Prozesse ablaufen, gilt:

«Si - S 4

Entropie S B ild 3-3 7. T, S-Diagramm des Carnot-Prozesses. W Arbeit 1 bis 4 Zustandspunkte

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik

3.3.6.4. Statistische Deutung der Entropie Mit Hilfe statistischer Betrachtungen soil gezeigt werden, daB die Entropie in engem Zusammenhang steht zu der Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmter Zustand realisiert werden kann. Es sei zunachst ein GefaB mit dem Volumen V betrachtet, in dem sich nur ein Gasmolekiil befindet. Die Wahrscheinlichkeit, das Molekiil bei einer Kontrolle im Volumen V anzutreffen, ist P\ = \, d.h., es ist — gemaB der Voraussetzung - mit Sicherheit darin. Denkt man sich jetzt das GefaB halbiert, so ist die Wahrscheinlichkeit dafiir, das Molekul bei einer Stichprobe im Teilvolumen V2 = -^ V\ zu finden, P 1/2 _ 1 Wird das Volumen in drei gleiche Teile geteilt, dann ist die Wahrscheinlichkeit, daB das Volumen K3 = | K besetzt Dieses Gedankenspiel kann fortgesetzt werden bis zu einer Ai-fachen Unterteilung des Raumes. Die Wahrscheinlichkeit, das Molekiil in einer Zelle vom Volumen F^ = | K anzutreffen, ist dann PY" = ^. Befinden sich zwei Molekiile im Volumen F, dann ist die Wahrscheinlichkeit, beide gleichzeitig in derselben Zelle vom Volumen Fn = { F anzutreffen, gleich dem Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten (Satz vom „sowohl als auch"): pWn^pWnpWn^[l_

Sind A^ Molekiile vorhanden, dann ist die Wahrscheinhchkeit dafiir, daB sich alle im Volumen Vn= -j; Faufhalten, gegeben durch pl/n .

Nach Bild 3-38 werden nun zwei an sich sehr unwahrscheinliche Zustande miteinander verglichen: A^ Molekiile sollen sich bei einer Stichprobe im Teilvolumen K3 = y F bzw. V2 = \V aufhalten. Das thermodynamische Wahrscheinlichkeitsverhaltnis fiir die beiden Zustande ist w

••

Pi

\V3I

Fur ein Gas mit der Teilchenanzahl N= 10^^ ergibt sich die auBerordentlich groBe Zahl

Zustand I: P]

185

= (¥

^3

Zustand

-«-(^r

Bild3-38. Vergleich zwischen zwei thermodynamischen Zustdnden.

w= lO^'^^'^^^l Um zu Zahlen verniinftiger GroBenordnungen zu gelangen, bestimmt man den natiirlichen Logarithmus des Wahrscheinlichkeitsverhaltnisses:

Fiir das genannte Beispiel ergibt sich In w = 4,05 • 10^'. Diese GroBe steht in einem direkten Zusammenhang mit der Entropiedifferenz zwischen den Zustanden I und II. Die Anderung der Entropie vom Zustand I zum Zustand II kann mit Hilfe eines reversiblen Ersatzprozesses berechnet werden. Zu diesem Zweck wird das Gas in einem Zylinder mit verschiebbarem Kolben vom Ausgangsvolumen F3 isotherm auf das Endvolumen V2 entspannt. Die Entropieanderung ist nach Gl. (3-86)

^s = s, w

vR^\n\^\

= Nk\n

Ein Vergleich mit Gl. (3-92) zeigt den von Boltzmann gefundenen Zusammenhang zwischen Entropieanderung und thermodynamischem Wahrscheinlichkeitsverhaltnis:

^S=^k\nw.

(3-93)

Fiir die Entropie selbst gilt

S = k\nP.

(3-94)

Die Entropie eines Systems ist um so hoher, je groBer die Wahrscheinlichkeit ist, mit welcher der Zustand des Systems realisiert werden kann.

186

3. Theraiodynamik

Beispiel 3.3-8: Wie groB ist die Wahrscheinlichkeit dafiir, dafi sich ein Stein mit der Masse w = 1 kg und der Temperatur T = 300 K spontan abkiihlt und dafiir um /2 = 10 cm in die Hohe springt? Losung: Die Energiebilanz des Vorganges ist A£pot = - A t / Oder m g h = - m c AT. Daraus folgt fiir die Temperaturabnahme AT= - g h/c. Mit der spezifischen Warmekapazitat c % 0,8 kJ/kg K ergibt sich AT = — 1,2 • 10~^ K. Die Temperaturanderung ist so minimal, dafi der Vorgang naherungweise als isotherm betrachtet werden kann. Die Entropieanderung kann durch folgenden ErsatzprozeB berechnet werden: Dem Stein wird reversibel die Warme 2rev= —mgh bei der Temperatur T entzogen. Dann ist die Entropieanderung mgh -3,27 10-^ J/K. T Die negative Entropieanderung besagt nach der klassischen Thermodynamik, daB der Vorgang nicht beobachtet wird. Statistisch besteht jedoch eine — wenn auch verschwindend kleine - Wahrscheinlichkeit dafur, daB der Vorgang eintritt. Das WahrscheinHchkeitsverhaltnis der beiden Zustande des Steins ist A^ =

grev

p H; = —A = gAS/A:^ g-2,37-10=*° ^ 10~'^^°

Fiillt man in einen Behalter weiBen Sand und schichtet dariiber vorsichtig dunklen Sand, dann werden sich die beiden Sandsorten beim Schiitteln des GefaBes mischen. Dieser typisch irreversible Mischungsvorgang kann vom Standpunkt der Wahrscheinlichkeitsrechnung so interpretiert werden, daB das System vom unwahrscheinlichen Zustand hoher Ordnung in den wahrscheinlicheren Zustand groBer Unordnung iibergeht. Von selbst ablaufende Vorgange gehen stets von geordneten Zustanden in Richtung groBerer Unordnung. Da sie gleichzeitig mit einem Entropieanstieg verkniipft sind, folgt: Die Entropie ist ein MaB fiir den Grad der Unordnung eines Systems. Das Prinzip des Entropieanstiegs gilt nur fiir abgeschlossene Systeme, nicht aber fiir offene. Ist ein offenes System weit entfemt vom thermischen Gleichgewicht, so bewirken einerseits die Energiezufuhr oder auch der Zu-

strom neuer Stoffe und andererseits die Umwandlung im System in andere Energie- und Stofformen, daB sich im System standig neue Lagen der Systemteile zueinander, neuartige Bewegungsablaufe oder neuartige Reaktionsablaufe bilden, an denen groBere Bereiche des Systems beteiligt sind. Unter den sich kurzzeitig bildenden, miteinander konkurrierenden Strukturen (Moden) kommt es ab einem charakteristischen Schwellwert der Energieoder Stoffzufuhr plotzlich zu makroskopisch wahrnehmbaren Ordnungszustanden. Durch Selbstorganisation setzen sich jene neuartigen Moden (Ordner) durch, die den anderen Systemteilen ihre Ordnung am erfolgreichsten aufpragen (Versklavung) und die hochsten Wachstumsraten haben. Aus der Unordnung (Chaos) entstehen also in offenen Systemen geordnete Strukturen. Welche Ordnungszustande sich unter gegebenen Randbedingungen bilden, ist Untersuchungsgegenstand der von H. HAKEN (* 1927) begriindeten Lehre vom Zusammenwirken der Einzelteile offener Systeme, der Synergetik. Zur Cbung V 3.3-12: Wie groB ist die Energie, die man mit einem Perpetuum mobile zweiter Art aus dem Meerwasser gewinnen konnte, wenn dieses um A.9 = 1 °C abgekuhlt wiirde? Die Masse des Meerwassers ist w ^ 1,4 • 10^' kg. Wie lange wiirde dieser Energievorrat reichen bei einem mittleren Leistungsbedarf der Menschheit von ungefahr P = 13 TW? U 3.3-13: Stickstoff wird vom Normzustand /?„, T^ und Kn = 1 1 a) isobar, b) isochor auf die Temperatur r, = 500 K erwarmt. Wie groB ist in beiden Fallen die Entropieanderung? U 3.3-14: Welche Kurvenform hat eine Isochore im T, 5'-Diagramm? Wie sieht demnach das T, 5'-Diagramm des Stirling-Prozesses aus? Wie kann man zeigen, daB der thermische Wirkungsgrad des idealen Stirling-Prozesses mit funktionierender interner Warmeiibertragung mit dem des Carnot-Prozesses identisch ist? tj 3.3-15: Ein Teil aus Kupfer mit der Masse m = 1 kg und der Temperatur i9i = 10 °C wird in Kontakt gebracht mit einem gleich schweren Kupferteil mit ,92 = 30°C. - a) Um welchen Betrag andert sich die Entropie der beiden Korper beim Temperaturausgleich, wenn kein Warmetransport zur Umgebung erfolgt? b) Wie groB ist die Wahrscheinlichkeit, daB der umgekehrte Vorgang von selbst ablauft?

3.3. Hauptsatze der Thermodynamik 3.3.7. Thermodynaitiische Potentiale Der zweite Hauptsatz erlaubt Aussagen iiber die Richtung von selbst ablaufender Prozesse in adiabaten bzw. abgeschlossenen Systemen. Viele Prozesse, besonders chemische Reaktionen, laufen bei konstanter Temperatur ab. Hierbei kann die Richtung von selbst ablaufender Vorgange mit der von Helmholtz eingQfVihriQnfreien Energie FhQ^iimmX werden: F=U-TS.

(3-95)

Das totale Differential dieser ZustandsgroBe

isi(\F=dU-TdS-SdT.

Fur isotherme Sy-

steme gilt d r = 0 und dF=dU-TdS. Mit dem ersten Hauptsatz dU = Sgrev + ^^rev und der Definitionsgleichung (3-84) fiir die Entropie TdS= dQ^^^ folgt fiir reversible Prozesse dF= d H^rev oder - d H^rev = - ^F. Die Arbeit, die ein isothermes System bei reversiblen Prozessen abgeben kann, entspricht der Abnahme der freien Energie. Bei irreversibler ProzeBfiihrung ist die abgegebene Arbeit stets kleiner als bei reversibler Fiihrung, also - d W-^^^ <- 6 W^^^. Damit gilt

-

dW^~dF.

(3-96)

Das Gleichheitszeichen gilt im Fall reversibler, das Kleiner-als-Zeichen bei irreversibler ProzeBfiihrung. Der maximale Arbeitsbetrag, den ein isothermes System nach auBen abgeben kann, ist gleich der Abnahme der freien Energie. Nimmt beispielsweise bei einer isothermen chemischen Reaktion die innere Energie von Ux auf U2 ab, dann kann nicht die ganze Differenz /S.U als Arbeit nach auBen abgegeben werden, sondern nur der Anteil der freien Energie ^F=^U-T^S. Der Teilbetrag T^S, die gebundene Energie, wird in Warme umgesetzt. Es wird ausdriicklich darauf hingewiesen, daB unter „Arbeit" in diesem Fall nicht nur die Volumenanderungsarbeit SW^ = -pdV, sondern auch jede andere Form von Arbeit S W (z. B. elektrische Arbeit bei elektrochemischen Reaktionen und Oberflachenarbeit) verstanden wird: SW= SWy-\- S W\

187

Wird das Vblumen eines Systems konstant gehalten, dann ist dW^ = 0, und aus Gl. (3-96)

folgt- SW'^-dFodQvdF-

SW'^O,

Bei spontan ablaufenden Reaktionen wird Nutzarbeit abgegeben, d.h. - SW ^ 0. Fiir die freie Energie folgt daraus di^^O.

(3-97)

In einem isotherm-isochoren System verlaufen reversible Vorgange bei konstanter freier Energie, irreversible Prozesse unter Abnahme der freien Energie. Im Gleichgewicht hat die freie Energie ein Minimum. Somit ist auch die Richtung chemischer Reaktionen aufgezeigt: In isotherm-isochoren Systemen verlaufen chemische Reaktionen spontan, wenn die freie Energie der Reaktionspartner nach der Reaktion geringer ist als vorher. Die freie Energie gehort zu den thermodynamischen Potentialen. Wie in der Mechanik die Komponenten einer Kraft durch Differentiation des Potentials nach den Koordinaten ermittelt werden konnen, besteht in der Thermodynamik die Moglichkeit, alle ZustandsgroBen durch Differentiation aus thermodynamischen Potentialen zu gewinnen. Fiir die freie Energie gilt

dF=dU-TdS-SdT. Mit dem ersten und zweiten Hauptsatz

dU=dQ-pdV=TdS-pdV folgt dF^-pdV-SdT.

(1)

Das totale Differential der Funktion F{V, T) kann geschrieben werden

Aus dem Vergleich der Beziehungen (1) und (2) folgt

188

3. Thermodynamik

1st ein thermodynamisches Potential als Funktion seiner naturlichen Variablen bekannt, so kann man durch reine Differentiationsprozesse andere thermodynamische Potentiale Oder ZustandsgroBen gewinnen. Auf diese Weise werden beispielsweise Dampftafeln berechnet. Ein weiteres thermodynamisches Potential ist die freie Enthalpie G oder Gibbssches Potential (J. W. GiBBS, 1839 bis 1903):

G = H-TS=U^pV-TS.

weiBes und graues Zinn bei T=0 dieselbe Entropie: S^.^Q (0) = 5grau (0). Bei Annaherung eines homogenen Systems an den absoluten Nullpunkt ist im Gleichgewicht die molare Entropie unabhangig von thermodynamischen Parametern (z.B. Druck, Volumen, Kristallstruktur, Magnetfeld) und nimmt einen konstanten Wert S^^^ an. Dieser Nernstsche Wdrmesatz wurde von Planck erweitert, der die Entropie am absoluten Nullpunkt null setzte:

(3-100) ^0 = 0 fur

Fur das totale Differential der ZustandsgroBe

G(p,T)gnt dG=dU-\-pdV-\-Vdp-TdS-SdT. Mit dU^pdV=dQ==TdS folgt dG= Vdp - 5 dr. Durch Vergleich mit

='f)/-(i

dG =

dT

ergeben sich

H^i"""

(3-101)

-m.

(3-102)

dG^O.

(3-103)

Die freie Enthalpie hat eine ahnliche Bedeutung wie die freie Energie. In einem isothermisobaren System gilt

Das Gleichheitszeichen gilt fiir reversible, das Kleiner-als-Zeichen fiir irreversible Vorgange.

r = 0.

(3-104)

Die Entropie reiner Stoffe ist am absoluten TemperaturnuUpunkt null. Diese Festlegung der Entropie durch den dritten Hauptsatz ist im Einklang mit der statistischen Deutung der Entropie. Der Gleichgewichtszustand am absoluten Nullpunkt zeichnet sich durch maximale Ordnung aus. Die Unordnung und damit die Entropie sind null. Der dritte Hauptsatz ist nur giiltig fiir reine Stoffe. Mischkristalle haben bei T = 0 eine endliche Entropie. AuBerdem miissen die Systeme im thermodynamischen Gleichgewicht sein. Dies ist z. B. bei Glasern nicht der Fall. Glaser haben auch bei T = 0 noch eine Unordnung, demnach ist S^ > 0. Der Ubergang in eine geordnete kristalline Phase findet nicht statt, weil bei tiefen Temperaturen die Reaktionsgeschwindigkeiten vemachlassigbar klein werden. Die Entropie eines Systems kann nach dem dritten Hauptsatz absolut berechnet werden

In isotherm-isobaren Systemen strebt die freie Enthalpie ein Minimum an, das sie im Gleichgewichtszustand erreicht hat. 3.3.8. Dritter Hauptsatz der Thermodynamik Durch experimentelle Untersuchungen fand Nemst (W. NERNST, 1864 bis 1941) im Jahr 1906, daB die Entropie fester Korper am absoluten TemperaturnuUpunkt nicht von der Kristallmodifikation abhangt. So hat z.B.

Die Entropie bleibt nur dann endlich, wenn die spezifische Warmekapazitat c(T) mit abnehmender Temperatur hinreichend schnell gegen null geht. Dies ist in der Tat der Fall: Bei vielen Festkorpern gilt bei tiefen Temperaturen das Debyesche T^-Gesetz c (T) = konst- T^ (Abschn. 9.3.1.2).

3.4. Zustandsanderungen realer Gase

Aus dem dritten Hauptsatz folgt auch, daB der thermische Ausdehnungskoeffizient (QF/9r)p und der Druckkoeffizient {dp/dT)^ bei Annaherung an den absoluten Nullpunkt null werden. In Abschn. 3.3.5 ist erwahnt, daB ein CarnotProzeB, bei dem die tiefe Temperatur Ti=0 ist, einen thermischen Wirkungsgrad von ;/th = 1 hat. Bei einem reversiblen CarnotProzeB (Bild 3-24) gilt nach dem zweiten Hauptsatz fiir das Kreisintegral der Entropie ^ d 5 = ^,2 + 523 + ^ 3 4 + ^ 4 1 = 0 .

189

mit Ri als der spezifischen Gaskonstante. Fiir reale Gase mit molekularen Wechselwirkungen wird die Zustandsgleichung mit dem Realgasfaktor Z korrigiert:

Bild 3-39 zeigt den Verlauf der Realgasfaktoren Z von Luft in Abhangigkeit vom Druck p (von 0 bis 300 bar).

Nun ist 5*23 = ^41 = 0 wegen isentroper ProzeBfiihrung. Nach dem dritten Hauptsatz ist 5*12 = 0 fiir Ti = 0. Also gilt §8 = 824 = 0. Die Entropieanderung wahrend der isothermen Expansion von 3 nach 4 ist aber nach Gl. (3-85) 634 ^34 —

>0.

Der Widerspruch lost sich nur, wenn die tiefe Temperatur Tj > 0 gesetzt wird. Daraus folgt: Der absolute Temperaturnullpunkt laBt sich nicht erreichen. Der dritte Hauptsatz wird deshalb gelegentlich auch als Satz von der Unerreichbarkeit des absoluten Nullpunkts bezeichnet.

3.4. Zustandsanderungen realer Gase Sind die Wechselwirkungen zwischen den Gasmolekiilen — beispielsweise in der Nahe von Phasenumwandlungen — nicht mehr zu vernachlassigen, so handelt es sich um reale Gase. Mit der allgemeinen Zustandsgleichung idealer Gase (Abschn. 3.1.5) laBt sich die Dichte Q aus der absoluten Temperatur T und dem Druck p ableiten: p V=mR[T ergibt wegen g = m/ V

300

Druck p Bild 3-39. Realgasfaktor Z von Luft.

Die Dichte von Gasgemischen ^G errechnet sich aus den jeweiligen Dichten Q\, Q2, •" Qn und deren prozentualen Volumenanteilen:

190

3. Thermodynamik

3.4.1. Van-der-Waalssche Zustandsgleichung Die fiir ideale Gase abgeleiteten Gesetze vernachlassigen zwei EinfluBgroBen, die bei hohen Driicken und tiefen Temperaturen besonders deutlich in Erscheinung treten, namlich

Gebiet des idealen Gases

— die zwischen den Gasmolekulen stattfindenden Anziehungskrafte (Kohdsion) und — das Eigenvolumen der Gase (Kovolumen). J. D. VAN DER WAALS (1837 bis 1923) hat

den

Druck und das Volumen in der allgemeinen Gasgleichung dementsprechend korrigiert. Die van-der-Waalssche Zustandsgleichung lautet mit molaren GroBen

Darin sind K^ das Molvolumen und a sowie b gasspezifische Materialkonstanten. Den Korrekturterm a/V^ nennt man Binnendruck. Er beriicksichtigt die Wirkung der zwischenmolekularen Anziehungskrafte {Van-derWaals-Krdfte, Abschn. 9.1.1.1), die Kohasionskrafte zwischen den Flussigkeitsmolekiilen, die auch fiir die Oberflachenspannung verantwortlich sind (Abschn. 2.3.2.3.1, Bild 2-98). Im Innern der Gasphase heben sich die zwischenmolekularen Krafte zwar auf, an den Grenzflachen (z. B. einer Gasoberflache) aber weisen sie eine resultierende Kraft in Richtung des Gasinneren auf. Dadurch erhoht sich der Innendruck im Gas (Binnendruck); das Korrekturglied ist deshalb positiv. Der Binnendruck /7bi ist proportional zur Dichte der anziehenden Teilchen und zur Dichte der stoBenden Umgebungsteilchen. Insgesamt ist also der Binnendruck proportional zum Quadrat der Dichte: /7bi ~ ^^ oder wegen g^ 1/^m ist

0,1

0,2

0,3

0,4

Molvolumen V;^

0,5

0,6

0,7

•^"^°'

Bild 3-40. Verlauf der Isothermen fur Kohlendioxid im p, V-Diagramm.

(fiir CO2 ist Tk = 304,2 K) weisen die Isothermen mit abnehmendem Molvolumen ein Druckmaximum und ein Druckmimimum auf. Dies widerspricht jedoch der experimentellen Erfahrung: Mit fallendem Volumen durchlauft der Druck nicht die Kurve EDCBA (Isotherme 273 K), sondern verlauft horizontal langs der Geraden EGA. Dies liegt daran, daB bei realen Gasen ab dem Punkt E eine Verfliissigung eintritt, die am Punkt A abgeschlossen ist. Der bei weiterer Komprimierung erfolgende steile Druckanstieg riihrt von der im Vergleich zu Gasen sehr kleinen Kompressibilitat von Fliissigkeiten her. Der Druck p^ in Bild 3-40, bei dem eine Verfliissigung einsetzt, ist der Dampfdruck. Nach Der Faktor b beriicksichtigt das Wechselwir- dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik kungsvolumen der Molekiilkrafte, das van-der- (Abschn. 3.3.6) miissen die Flacheninhalte Waalssche Kovolumen; es entspricht etwa dem iiber der Linie CDE und unter der Linie vierfachen Eigenvolumen des Molekiils. Die ABC gleich sein. Werden fiir jede Isotherme van-der-Waalssche Zustandsgleichung stellt jeweils die Punkte E der beginnenden Verflusfiir konstante Temperaturen (Isothermen) im sigung des Gases und jeweils die Punkte A p, K-Diagramm eine Funktion dritten Grades des Endes der Verfliissigung miteinander verdar. Bild 3-40 zeigt den Verlauf der Isother- bunden, so ergibt sich ein Bereich, innerhalb men fiir Kohlendioxid (CO 2). Unterhalb der dessen eine Umwandlung von der gasformiIsothermen fiir die kritische Temperatur Ty. gen Phase in die fliissige stattfindet (rot um-

3.4. Zustandsanderungen realer Gase grenzte Zone in Bild 3-40). Links von diesem Gebiet liegt nur die fliissige und rechts nur die gasformige Phase vor. Im Koexistenzgebiet sind beide Phasen vorhanden. Bei Wasser heiBen diese Gebiete: iiberhitzter Dampf (vQin gasformiger Zustand), trocken gesdttigter Dampf (Grenzkurve) und NaBdampf (innerhalb des Verfliissigungsgebiets). Der hochste Dampfdruckpunkt ist der kritische Punkt K. Die zugehorige Temperatur ist die kritische Temperatur T^. Sie ist der Wendepunkt der entsprechenden Isotherme. Die zugehorigen Werte sind der kritische Druck p^ (fiir CO2 ist /7k = 7,38 MPa) und das kritische Volumen Fk (fiir CO2 ist Fn,k = 0,1275 mVkmol). Oberhalb des Punktes K ist eine Verflussigung durch alleinige Komprimierung (kleineres Volumen und hoherer Druck) nicht moglich. Tabelle3-10 enthalt die kritischen Werte fiir Temperatur und Druck sowie die van-der-Waalsschen Konstanten a und b fiir einige ausgewahlte Stoffe. Da der kritische Punkt K einen Wendepunkt mit waagrechter Tangente darstellt, konnen die drei kritischen Werte von Gasen {T^^.P]^

191

und Fk) durch folgende drei Bestimmungsgleichungen errechnet werden: /? = f(F) (vander-Waalssche Zustandsgleichung fur die Isotherme T=T^), (8/>/9F)7:=0 (waagrechte Tangente) und (9^/7/9 F^)7^ = 0 (Wendepunkt). Aus {dp/hV)T^ = 0 und (a2;7/8F2)7^^ = 0folgen K^k = 3 /?

(3-110)

und

8«

(3-111)

n=-21 bR^

Werden diese beiden Gleichungen in die van der Waalssche Zustandsgleichung (3-109) eingesetzt, ergibt sich

Aus der Kombination aller drei Gleichungen erhalt man

Tabelle 3-10. Kritische Temperatur Ty., kritischer Druck/?^ sowie van-der-Waalssche Konstanten a und b verschiedener Stoffe. Stoff

^

in K

in MPa

Elemente

XT

4

. .^5 N m* in 10^^ kmor

^

^3

in 1 0 - ^ ^ kmol

Wasserstoff (H2) Helium (He) Stickstoff (N2) Sauerstoff (O2)

33,240 5,2010 126,20 154,576

1,296 0,2275 3,400 5,043

0,2486 0,0347 1,366 1,382

2,666 2,376 3,858 3,186

Luft

132,507

3,766

1,360

3,657

417 647,30 405,6 304,2

7,70 22,120 11,30 7,3825

6,59 5,5242 4,246 3,656

5,63 3,041 3,730 4,282

190,56 370 425,18

4,5950 4,26 3,796

2,3047 9,37 13,89

4,310 9,03 11,64

anorganische Verbindungen Chlor (CI2) Wasser (H2O) Ammoniak (NH3) Kohlendioxid (CO2) organische Verbindungen Methan (CH J Propan (CgHg) Butan (C4H10)

192

3. Thermodynamik

Bei dem Vergleich mit dem Wert des Realgasfaktors Z (Gl. (3-107)) ergibt sich fiir den kritischen Punkt

Wenn die allgemeine Gasgleichung fiir ideale Case am kritischen Punkt giiltig ware, miiBte Zk = 1 sein. Der Realgasfaktor Z gibt also den Grad der Abweichung von der allgemeinen Gasgleichung an (Bild 3-39). Sind zwei der kritischen Werte p^, V^y^ und 7^ bekannt, dann konnen die van-der-Waalsschen Konstanten a und b errechnet werden:

3

(3-115) 8/^k '

a = ^P^Vl^ = 21b^p^,

(3-116)

men wird. Dieser Effekt wird Joule-ThomsonEffekt genannt (J. P. JOULE, 1818 bis 1889,

und W. THOMSON, 1824 bis 1907). Die druckbezogenen Temperaturdifferenzen betragen beispielsweise fiir Luft Ar/A/? = 2,5 K/MPa und fiir Kohlendioxid Ar/A/7 = 7,5 K/MPa. Die Luftverflussigung gelang erstmalig Linde (C. V. LINDE, 1842 bis 1934) im Jahr 1876. Genaue Rechnungen ergeben, daB der JouleThomson-Effekt auch zu einer Erwarmung fuhren kann. Oberhalb der Inversionstemperatur Ti erwarmt sich ein Gas, und unterhalb dieser kuhlt es sich ab. Naherungsweise ist

Da fur die kritische Temperatur eines realen Gases nach Gl. (3-111) Tk = 8 a/(21 bR^) gilt, ist die Inversionstemperatur

T^^6J5T^. Beispiel 3.4-i: Fiir Kohlendioxid (CO2) gilt am kritischen Punkt 7; = 304,2 K und py, = 7,38 MPa. Es sollen hieraus die van-der-Waalsschen Konstanten a und b berechnet werden. Losung: NachGl. (3-115) giU R T •" "^ = 0,0428 m^kmol, 8/7, nachGl. (3-116) giU « = 27^7^^ = 3,66-10^

kmoP

3.4.2. GasverflUssigung (Joule-Thomson-Effekt) Bei einem realen Gas ist wegen der zwischenmolekularen Wechselwirkungen und des Eigenvolumens der Molekiile die innere Energie U volumen- und druckabhangig. Wird ein reales Gas adiabat (ohne Warmeubertragung) und ohne Arbeitsverrichtung (Drosselung) entspannt, so kiihlt es sich im Gegensatz zum idealen Gas ab. Zur Uberwindung der zwischenmolekularen Anziehungskrafte muB namlich Energie aufgewendet werden, die aus dem Vorrat der inneren Energie U entnom-

(3-118)

Weil fiir Luft, Stickstoff, Sauerstoff und Kohlendioxid die Inversionstemperatur T^ weit oberhalb der Raumtemperatur liegt, kuhlen sich diese Gase nach dem Joule-ThomsonEffekt ab, wahrend sich Wasserstoff bei Raumtemperatur (7^^= 33,3 K) erwarmt. Deshalb wird Wasserstoff zwecks Verfliissigung erst mit fliissigem Stickstoff vorgekiihlt. In Bild 3-41 sind einige technisch bedeutsame Temperaturen und die entsprechenden physikalischen Effekte zusammengestellt. Zwecks Untersuchung von Werkstoffen bei tiefen Temperaturen kiihlt man die Proben mit fliissiger Luft (r=79K) oder fliissigem Stickstoff ( r = 7 7 K ) ab. Zur Untersuchung des supraleitenden Zustandes (Abschn. 9.2.3) kiihlt man meist mit flussigem Helium (r=4,2K bis 0,83 K). Um tiefere Temperaturen, die durch den Joule-Thomson-Effekt nicht mehr erreicht werden, zu erhalten, miissen paramagnetische Sake adiabat entmagnetisiert werden. Infolge der wahrend der Entmagnetisierung zunehmenden Unordnung der magnetischen Struktur wird - analog zum VerdampfungsprozeB - dem Stoff Warme entzogen, so daB eine Abkiihlung eintritt (z. B. Casium-Titan-Alaun, r = 0,0034 K). Nach diesem magnetokalorischen Effekt werden Temperaturen bis r=10"-^K erzeugt. Noch tie-

3.4. Zustandsanderungen realer Gase

Adiabate Entmagnetisierung der Molekular- bzw. Atomarmagnete

Adiabate Entmagnetisierung der Kernmagnete

I

I

0,05

0,13

Schmelzpunkte

Joule-Thomson-Effekt

KaliumChrom- CerlumAlaun fluorid

Gold Wasser sieden schmelzen H2 No Luft Eis I \ / 1336 20 7 7 7 9 273 373

He 0,84

4,2

Siedetemperatur I (druckabh.)l

1 I 11 I T

10-6

10-

10-

10-

10

1

193

103

102

I

K

10*

Temperatur T

Bild 3-41. Physikalische Effekte und einige technisch bedeutsame Temperaturen.

fere Temperaturen (bis T = 10"^ K) kann man durch Entmagnetisierung von Atomkemen erreichen. 3.4.3. Phasenumwandlungen Eine Phase ist ein raumlich abgegrenztes Gebiet eines Stoffes mit gleichen physikalischen Eigenschaften. Der Begriff Phase kann sowohl auf die drei Aggregatzustdnde der Materie (fest, fliissig, gasformig), als auch auf die verschiedenen Modifikationen desselben Stoffs (z.B. a- und y-Eisen) angewandt werden. Die unterschiedlichen chemischen Bestandteile werden Komponenten genannt und zweckmaBigerweise durch eine chemische Strukturformel angegeben. ^N. von

nach fest

fiOssig

gasfbrmig

Modifikationsanderung (Modifikationsenthalpie AHM)

Schmelzen

Sublimieren

(Schmelzenthalpie AHs)

(Sublimationsenthalpie AHsub = AHs + AHv)

^Ns^

fest

flussig

i

Bild 3-42 zeigt die moglichen Phaseniibergange fiir die drei Aggregatzustande fest, flussig und gasformig unter Beriicksichtigung von Modifikationsanderungen innerhalb des festen Zustands. Allen Phasenubergangen ist gemeinsam, dai3 Warme zu- bzw. abgefiihrt werden mui3, ohne daB eine Temperaturanderung eintritt. Diese Warme wird deshalb als latente Warme bezeichnet. Wird beispielsweise der Phaseniibergang von fest nach flussig betrachtet, dann dient die zugefiihrte Warme der Aufbrechung des Festkorpergitters. Die bei konstantem Druck und konstanter Temperatur zugefiihrte Warme erhoht die Enthalpie der Substanz: ^fliissig = ^fest + ^ ^ s • ^ ^ s wird als Schmelz-

gasfdrmig

Erstarren

Sieden

(Erstarrungsenthalpie - AHs)

(Verdampfungsenthalpie AHv)

Desublimieren (Desublimationsenthalpie -AHsub = - A H s - A H v )

Kondensieren (Kondensationsenthalpie-AHv)

Bild 3-42. Phaseniibergdnge und zugehorige Enthalpien (Einstoffsystem).

194

3. Thermodynamik spezifische Verdampfungsenthalpie

Siedepunkt 373

330

Q.

E

Schmelzpunkt 2 3 0 J 273

419

3094

spezifische Enthalpie h Bild 3-43. Temperaturverlauf der spezifischen Enthalpie von Wasser.

Tabelle 3-11. Schmelz- bzw. Verdampfungstemperatur ^ sowie spezifische Schmelzenthalpie l^h^ und spezifische Verdampfungsenthalpie A/zy verschiedener Stoffe beim Druck /?„ = 1013 hPa. Stoff

Schmelzen in °C

Verdampfen A/^s in kJ/kg

^hy

in °C

in kJ/kg

Elemente Wasserstoff(H2) Helium (He) Stickstoff(N2) Sauerstoff(02) Luft

- 259,15 - 270,7 - 209,85 - 218,75 -213

58,6 3,52 25,75 13,82

-

252,75 268,94 195,75 182,95 192,3

461 20,9 201 214 197

anorganische Verbindungen Chlor (CI2) Wasser (H2O) Ammoniak (NH3) Kohlendioxid (CO2)

- 100,95 0,00 -80 - 56,55

90,4 335 339 184

- 34,45 100,00 - 33,45 - 78,45

289 2257 1369 574

- 182,45 - 187,65 - 138,35

58,6 80,0 77,5

- 161,45 - 42,05 -0,65

510 426 386

organische Verbindungen Methan (CH4) Propan (CjHg) Butan (C4H10)

3.4. Zustandsanderungen realer Gase

enthalpie bezeichnet Sie wird bei der Erstarrung wieder frei ( - A//s). Beim Ubergang vom festen in den gasformigen Zustand mul3 die Summe aus Schmelzenthalpie l^H^ und Verdampfungsenthalpie A/Zy als Sublimationsenthalpie A//sub = A//s + AT/y zugefiihrt werden. Bild 3-43 zeigt den Temperaturverlauf als Funktion der zugefiihrten spezifischen Enthalpie fiir Wasser vom Aggregatzustand fest (Eis) bis gasformig (Wasserdampf). In Tabelle3-ll sind die Schmelz- bzw. Siedepunkte sowie die spezifischen Schmelz- bzw. Verdampfungsenthalpien zusammengestellt (die Siedepunkte und Verdampfungsenthalpien beziehen sich auf den Normdruck /?n= 1,013- 10^ Pa).

gewichtszustand zuriicktreibt, forttreibt oder keinen EinfluB zeigt. In der Mechanik (Abschn. 2.9.3) liegt bei einem stabilen Gleichgewicht ein Minimum der potentiellen Energie vor. Unterschiede in der potentiellen Energie (Gradient des mechanischen Potentials) sind die treibenden Krafte, die im Minimum verschwinden. In der Warmelehre konnen je nach Systemzustand fiinf Gleichgewichtsforderungen auftreten (Abschn. 3.3.7). Sie sind in Bild 3-44 zusammengestellt: — Maximum der Entropie S fiir ein abgeschlossenes System ohne Materie- und Energieaustausch; — Minimum derfreien Enthalpie G fiir ein isobar-isothermes System; — Minimum derfreien Energie F fiir ein isochor-isothermes System; — Minimum der Enthalpie H fur ein isobar-adiabates System sowie — Minimum der inneren Energie U fiir ein isochor-adiabates System.

3.4.3.1. Thermodynamisches Gleichgewicht Ein physikalisches System befindet sich im Gleichgewicht, wenn sein physikalischer Zustand gleich bleibt. Es gibt stabile, labile und indifferente Gleichgewichte, je nachdem, ob eine auBere Storung das System zum Gleichisobar dp = 0

isochor 6V=0

isotherm dr=0

6U=0

Maximum der Entropie dS^ 0 Minimum der freien Entiia pie dG< 0 Minimum der freien Energie dF< 0 Minimum der Enthalpie dH< 0 Minimum der inneren Energie dC/< 0 Enthalpie H freie Enthalpie - G

1

U

1

+

pV

195

-

TS 1

freie Energie F

Bild 3-44. Gleichgewichtsbedingungen jur die verschiedenen thermodynamischen Zustdnde.

adiabat 6Q = 0

196

3. Thermodynamik

Chemische Reaktionen, die isobar und isotherm spontan ablaufen, haben alle eine negative molare freie Enthalpie AGj^. Dabei kann entweder Warme frei werden (A// < 0), oder der Endzustand der Reaktion weist eine sehr viel hohere Entropie auf (A^S = (AH-AG)/

T<0). 3.4.3.2. Gleichgewicht zwischen flUssiger und gasformiger Phase Analog zur Maxwellschen Geschwindigkeitsverteilung in Gasen (Abschn. 3.2.3) gibt es auch in Fllissigkeiten eine temperaturabhangige Verteilungsfunktion. Es ist immer eine bestimmte Anzahl von Teilchen vorhanden, deren Geschwindigkeit und somit deren kinetische Energie groB genug ist, um gegen die Kohasionskrafte der Nachbarteilchen die Fltissigkeitsoberflache zu durchstoBen. Betrachtet sei ein GefaB, in dem sich eine Fliissigkeit befindet. Wird der Gasraum evakuiert, so steigt der Dampfdruck so lange, bis

sich ein Gleichgewicht zwischen der Verdampfungs- und der Kondensationsrate einstellt. Dann Hegt ein gesattigter Dampf vor, und der zugehorige Dampfdruck heiBt Sdttigungsdampfdruck p^. Er ist unabhangig vom Volumen, da sich bei VergroBerung bzw. bei Verkleinerung des Volumens entsprechend mehr Dampf bildet bzw. kondensiert. Auch das Einbringen von Korpern oder anderen Gasmolekiilen beeinfluBt also den Sattigungsdampfdruck nicht. Flir die Dampfdriicke eines Gasgemischs (Partialdriicke) gilt deshalb das Daltonsche Gesetz (J. DALTON, 1766 bis 1844): Der gesamte Druck eines Gasgemisches ist gleich der Summe der Partialdriicke: ^ges

= ZA.

(3-119)

Der Sattigungsdampfdruck steigt mit zunehmender Temperatur, da zusatzlich Fliissigkeit verdampft, und nimmt ab mit fallender Tem-

120 -20

-10

0

5

10-2p, 0,96

2,59

6,09

8,7

^

10

15

20

25

30

35

40

50

°C

123

Pa

102 Pa 12,25 17,01 23,33 31,60 42,32 56,1 73,57

100

90 80 2

flijssiger Bereich

70

/ /

Q.

E CO

•S

60

c

•t

50

:(0

(/)

40 ^ ^ ^.^^

30

gasformiger Bereich

20 10 1

1

1

1

10

20

30

40

°C

Temperatur •& Bild 3-45. Verlaufdes Sdttigungsdampfdrucks ps von Wasser in Abhdngigkeit von der Temperatur.

50

3.4. Zustandsanderungen realer Gase peratur, well Dampf kondensiert. Bild 3-45 zeigt den Verlauf des Sattigungsdampfdruckes p^ von Wasser in Abhangigkeit von der Temperatur. Diese Dampfdmckkurve beschreibt die fur das Gleichgewicht zwischen fliissiger und gasformiger Phase maBgebenden Wertepaare von Sattigungsdampfdruck p^ und Temperatur. Die Dampfdmckkurve wird durch den Boltzmann-Faktor (Gl. (3-31)) beschrieben:

^E ist die Energie, die benotigt wird, um vom fliissigen in den gasformigen Zustand zu gelangen. Der Verlauf der Dampfdruckkurve kann genauer berechnet werden. Hierbei geht man davon aus, daB mit einem Mol verdampfender Flussigkeit ein Camotscher KreisprozeB (Abschn. 3.3.5) durchlaufen wird. Wie Bild 3-46 zeigt, wird die Flussigkeit auf dem Weg 3 - 4 bei der Temperatur T-\- dT und dem Sattigungsdruck p^ + dp^ durch Zufuhr der molaren Verdampfungsenthalpie A^mv verdampft. Auf dem Weg 1-2 erfolgt bei der Temperatur T und dem Dampfdruck p^ eine Kondensation. Zunachst liegt das Volumen V^ in gasformigem Zustand vor, am Ende ist das Volumen F^' flussig. (Die adiabaten Teilstiicke 4 - 1 und 2 - 3 sind infinitesimal klein und daher bedeutungslos.) Die in diesem Diagramm verrichtete Arbeit ist — dW = ( ^ m - O c i A - Nach Gl. (3-75) und (3-76) laBt sich der thermische Wirkungsgrad des Camotschen Kreisprozesses ermitteln aus mh-

dr

{v^-vl')dp. ^Hr.

Ps+Clp.

c 3

Molvolumen V^j^

Bild 3-46. Camotscher KreisprozeB fUr eine verdampfende und kondensierende Fltissigkeit.

197

Daraus ergibt sich als Steigung der Dampfdruckkurve die Clausius-Clapeyronsche-GleiChung (R. E. CLAUSIUS, 1822 bis 1888, und B. P. E. CLAPEYRON, 1799 bis 1864):

A//„

(3-121)

Da das Molvolumen des Dampfes V^ stets groBer ist als das der Flussigkeit V^, ist die Steigung positiv, d.h., der Sattigungsdampfdruck steigt — wie erwartet - mit zunehmender Temperatur. Wird das Molvolumen der Flussigkeit V^ vernachlassigt und der gesattigte Dampf als ideales Gas betrachtet {V^ = Rra T/pd, dann gilt d/?s^ A^mvA

dT

Oder

RmT^

dA Nach Integration erhalt man

Dies entspricht dem Boltzmann-Faktor (Gl. (3-120)). Die Dampfdruckkurve laBt sich unter Beriicksichtigung der Temperaturabhangigkeit der Verdampfungsenthalpie fiir viele Substanzen in folgender Form darstellen:

a, b und c sind materialabhangige Konstanten. Die Dampfdruckkurve endet bei hohen Temperaturen am kritischen Punkt. Ist der Dampfdruck einer Flussigkeit gleich dem auf der Flussigkeit wirkenden Druck eines anderen Gases (z.B. Luft auf Wasser), so bilden sich auch im Innem der Flussigkeit Dampfblasen; die Flussigkeit siedet. Wird der auf der Fliissigkeitsoberflache liegende Druck erhoht, dann steigt der Siedepunkt. Dieser Effekt wird bei einem Dampfkochtopf ausgeniitzt. Wird der Druck erniedrigt, so fallt der Siedepunkt, so daB beispielsweise Wasser in groBen Hohen deutlich unterhalb i9 = 100°C kocht. Die Temperaturabhangigkeit des Siedepunkts wird aus der Dampfdruckkurve (Bild 3-45) erkennbar.

198

3. Thermodynamik

Eine Verdampfung in offener Umgebung ist eine Verdunstung. Da der Dampf standig wegtransportiert wird, kann sich kein Phasengleichgewicht bilden, so daB groBe Mengen Fliissigkeit verdunsten konnen. Die aufzuwendende Verdampfungswarme wird zum Teil der Fliissigkeit entzogen, die sich deshalb abkiihlt {Verdunstungskdlte).

sprechend niedrigen Driicken und Temperaturen statt. Diesen Vorgang kann man bei Normaldruck bei Kohlensaureschnee (Trockeneis) beobachten. 3.4.3.4. Koexistenz dreier Phasen

Der Verlauf der Phasengrenzen zwischen den drei Aggregatzustand en fest, flussig und gasformig in Abhangigkeit von Druck, Temperatur und Volumen wird durch ein Zustands3.4.3.3. Gleichgewicht zwischen fester diagramm beschrieben. Bild 3-47 a zeigt dieundflussigerPhase ses dreidimensionale „Gebirge" Bild 3-47 b das Auch zwischen flussiger und fester Phase be- /?, r-Zustandsdiagramm und Bild 3-47 c das steht ein Gleichgewicht. Die Schmelztempe- /?, T-Zustandsdiagramm fiir Kohlendioxid. Beratur ist wie bei der Phasenumwandlung fliis- sonders wichtig sind die Gleichgewichtsgesig-gasformig nach der Clausius-Clapeyron- biete (Koexistenzgebiete). Die grauen Flaschen Gleichung vom Druck abhangig. Diese chen in Bild 3-47 a zeigen die GleichgewichtsSchmelzdruckkurve beschreibt die fur das gebiete zwischen Festkorper und Fliissigkeit Gleichgewicht zwischen fester und flussiger (1), Fliissigkeit und Gas (2) sowie Festkorper Phase maBgebenden Wertepaare von Schmelz- und Gas (3). AuBerdem ist der kritische druck /7f und Temperatur T\ Punkt K ersichtlich. Das Fliissigkeitsgebiet wird oberhalb des kritischen Drucks p^ durch A//. die kritische Isotherme T\^ gegen das Gasgebiet (3-124) abgegrenzt (gestrichelte rote Linie in Bild dr" (V^'-V^''')T 3-47). Die Begrenzungshyperbel am rechten Hierbei ist AT/^s die molare Schmelzenthal- Bildrand gibt den Ubergang zum idealen Gas pie, V^^ bzw. V^^^^ das Molvolumen der fliis-an. Am kritischen Punkt K fiir Kohlendioxid sigen bzw. festen Substanz und T die Schmelz- betragen die Werte fiir die ZustandsgroBen temperatur. Die Volumenanderung V^^ — V^^^/7k = 75 bar und 7\ = 304,2 K. An der Sublimationsdruckkurve von Kohlendioxid beim Ubergang vom festen in den fliissigen laBt sich der Vorgang der Sublimation bei Zustand ist wesentlich geringer als vom gasNormaldruck zeigen. fiir den Normdruck formigen in den fliissigen Zustand. Deshalb /?„= 1,013 bar ergibt sich im Gleichgewicht zeigen die Schmelzdruckkurven einen steileaus der Sublimationsdruckkurve die Temperen Anstieg als die Dampfdruckkurven (Bild ratur r = 1 9 5 K (^ = - 7 8 ° C ) . Bei dieser 3-47). In den meisten Fallen ist das Volumen Temperatur findet ein direkter Ubergang vom des festen Korpers V^^^^ kleiner als das Fliis-festen in den gasformigen Zustand statt (Subsigkeitsvolumen V^\ so daB die Schmelz- limation). Im p, r-Zustandsdiagramm gibt es druckkurve mit zunehmender Temperatur einen einzigen Punkt Tr, in dem die feste, fliissteigt. Bei Wasser dagegen ist das Eisvolumen sige und gasformige Phase im Gleichgewicht groBer als das Fliissigkeitsvolumen {Anomalie stehen. Er wird Tripelpunkt genannt. Die Kodes Wassers). Dann wird nach Gl. (3-124) die existenz von drei Phasen tritt nur bei einer Steigung der Schmelzdruckkurve dp^/dT ne- wohldefinierten Temperatur auf, weshalb der gativ. Dies hat zur Folge, daB die Schmelz- Tripelpunkt zur Temperaturdefinition geeignet temperatur mit zunehmendem Druck sinkt, so * ist. Der Tripelpunkt des Wassers ist der FundaB Eis bei gleichbleibender Temperatur damentalpunkt fiir die Temperaturskala nach durch Druckerhohung schmilzt. Dieser Effekt Kelvin. Er liegt bei der Temperatur 7^^ = macht Eissportarten, z.B. Schlittschuhlaufen, 273,16 K, der Druck betragt;7Tr = 612 Pa. Fiir moglich: Infolge des Drucks schmilzt das Eis; Kohlendioxid betragen die Werte T^^ = 216,6 K wird der Druck weggenommen, dann ge- und PJ, = 0,52 MPa (Bild 3-47 c). friert der Wasserfilm wieder. Der Ubergang vom festen in den gasformigen Befinden sich in einem GefaB mehrere PhaAggregatzustand {Sublimieren) findet bei entsen, dann sind die Zustandsvariablen Druck

3.4. Zustandsanderungen realer Gase

199

Bild3-47. Zustandsdiagramm. a) Dreidimensionales p,V,T-Diagramm (schematisch), b) zweidimensionales p, T-Diagramm (schematisch). p Druck, V Volumen, T absolute Temperatur, Tr Tripelpunkt, K kritischer Punkt, 1, 2, 3 Gleichgewichtsgebiete

und Temperatur nicht voneinander unabhangigDie Anzahl der Freiheitsgrade f, d.h. die Anzahl der physikalischen ZustandsgroBen, die frei variiert werden konnen, sind durch die Gibbssche Phasenregel gegeben: f=k^2-P.

(3-125)

Es bedeuten hierbei k die Anzahl der unabhangigen chemischen Komponenten und P die Anzahl der Phasen. Fiir reines Wasser ist k=\. Liegt nur eine Phase vor (z.B. die Gasphase), dann ist P = 1, und es g i b t / = 2 Freiheitsgrade. Dies bedeutet, da6 die Temperatur und der Druck unabhangig voneinander variieren konnen. Liegen aber zwei

Phasen gleichzeitig vor (z.B. entlang der Dampfdruckkurve), so gibt es nur noch einen Freiheitsgrad ( / = 1); beispielsweise ist dann nur die Temperatur unabhangig variierbar. Im Tripelpunkt liegen alle drei Phasen nebeneinander vor (P = 3). In diesem Fall gibt es keinen Freiheitsgrad mehr ( / = 0), d.h., die physikalischen ZustandsgroBen Druck p und Temperatur T sind festgelegt. 3.4.4. Dampfe und Luftfeuchtigkeit Die Berechnung und Auslegung von Luftzustanden {Konditionierung) ist ein wichtiges Arbeitsfeld der Klimatechnik und Luft das technisch wichtigste Dampf-Gas-Gemisch. Wenn in der Luft Wasserdampf enthalten ist,

200

3. Thermodynamik

MPa

102-

^^^"^®'^^"

10 -

/

«

fest

Pk = 7,38 MPa

/

i/ t /

flUSSig

7k = 304,2 K

Erstarren

^

P^ = 466,1 ^^f

^/ ^^'''^^^^^''"^'''^

^^'^'^'^

1 -

J^ /

170

Bild3-47c.

\

gasformig

Sublimieren

^ /

0-2-

Kondensieren

p-r,= 0,52 MPa 7^^= 216,6 K

/ T r

10-^-

Verdampfen

Desublimieren

\

1

200

p, T-Diagrammfur

1

\

1

1

1

1

230 260 absolute Temperatur T Kohlendioxid.

liegt feuchte Luft vor. Die Aufgabe der Klimatechnik besteht darin, Luftmassen zu befeuchten oder zu trocknen. Nach Bild 3-48 gibt es hierfiir drei Moglichkeiten: — Mischung von Luftmassen, — Wdrmezu- bzw. -abfuhr und — Wasserzu- bzw. -abfuhr. Diese Konditionierungskonzepte fur Luft werden beispielsweise zur Losung folgender Aufgaben eingesetzt: — Auslegung von stationaren Klimaanlagen, — Auslegung der Klimatisierung von Verkehrsmitteln {air condition in Bussen und Flugzeugen) sowie — Auslegung von Produktionshallen zur Kunststoffverarbeitung. (Einige Kunststoffe geben

1

\

1

290

1

\

320

nach zu feuchter Verarbeitung Wasser ab. Dann schrumpft das Kunststoffteil, es ist nicht mehr maBhaltig.) Die zahlenmaBigen Angaben in den folgenden Gleichungen sind auf den Normdruck (;?„= 1,013 • 10^ Pa) bezogen und fiir den in der Klimatechnik iiblichen Temperaturbereich zwischen ^ = - 10 °C und ^ = + 40 °C naherungsweise giiltig. Druck der feuchten Luft Der Druck /7FL der feuchten Luft wird unmittelbar an einem Barometer abgelesen (Abschn. 2.11.2.1) und setzt sich nach dem Daltonschen Gesetz aus der Summe der Partialdriicke (Druck der trockenen Luft p^L und Druck des Wasserdampfes piy) zusammen: /7FL = PIL+/^D •

3.4. Zustandsanderungen realer Gase ^^^^"^-^^^

201

Aufgaben Befeuchten

Trocknen

Mischung von Luftmassen

Zufuhr feuchter Luft

Zufuhr trockener Luft

Warmezubzw. -abfuhr

Temperaturabsenkung

Temperaturerhdhung

Wasserzubzw. -abfuhr

Wasserzufuhr (durch Einspruhen)

Wasserentzug (durch Abkuhlen unterTaupunkt)

technische L G s u n g ^

^.^^.^^

Bild 3-48. Aufgaben der Klimatechnik und ihre technische Realisierung.

Absolute Luftfeuchtigkeit

das Beschlagen abgekuhlter Spiegel (Taupunktsspiegel) zur Feuchtemessung. Die absolute Luftfeuchtigkeit cp^ ist der QuoDie fortlaufende Messung der Temperatur tient aus der Masse des in der Luft enthalteund der relativen Luftfeuchtigkeit ist fiir die nen Wasserdampfes m^ und dem Volumen Uberwachung von technischen und baulichen der feuchten Luft V^L'Anlagen von Bedeutung (z. B. Telefonzentralen Oder Kunstausstellungen). Sie kann mit ThermO'Hygrographen gemaB Bild 3-49 erfolgen. Relative Luftfeuchtigkeit Die relative Luftfeuchtigkeit (p ist der Quotient aus dem Partialdruck des Wasserdampfes /7D und dem Sattigungsdampfdruck des Wasserdampfes/?s (bei der jeweiligen Temperatur): PD

(p = -

(3-127)

(Der Wert wird manchmal noch mit 100 multipliziert, und die relative Luftfeuchtigkeit cp in Prozent angegeben.) Je nachdem, ob die relative Luftfeuchtigkeit (p<\, (p=\ oder (p > 1 ist, ist die Luft ungesattigt, gesattigt oder ubersattigt. Physikalische Effekte, die stark abhangig von der Feuchtigkeit sind, dienen zur Messung und Regelung der relativen Luftfeuchtigkeit. Friiher wurde vorwiegend die Langenanderung hygroskopischer Stoffe zur Messung herangezogen. In Feuchtesensoren modernerer Art nutzt man die Anderung von elektrischen Eigenschaften (z. B. Widerstands- oder Kapazitdtshygrometer), die vom Sattigungsgrad der Luft abhangige Abkiihlung befeuchteter Thermometer {Aspirationspsychrometer) oder

Bild 3-49. Thermo-Hydrograph. Werkphoto: Lufft

Feuchtegrad Unter dem Feuchtegrad x versteht man den Quotienten aus der Masse des Wasserdampfes mn und der Masse der trockenen Luft mxL*

202

3. Thermodynamik

Der Feuchtegrad kann mit der allgemeinen Gasgleichung pV=mR\T in Druckverhaltnisse umgerechnet werden; dabei ist flir trockene Luft /^JTL = 287 J/kg K und fur Wasserdampf/?iD = 462 J/kg K zu setzen. Dichte der feuchten Luft

Speziflsche Enthalpie feuchter Luft Die speziflsche Enthalpie (h = H/m [kJ/kg]) der feuchten Luft /^FL ist die Summe aus der spezifischen Enthalpie der trockenen Luft /ZXL und der mit dem Feuchtegrad x multiplizierter spezifischen Enthalpie des Wasserdampfes /iD^also

Die Dichte der feuchten Luft gpL setzt sich aus der Dichte der trockenen Luft ^ L ^nd des Dampfes QQ zusammen: ^FL = ^ L + QD- Wird das allgemeine Gasgesetz verwendet, so ist ^L=/?TL/^iTL7' und gD = /?D/^iD^- Nach dem Daltonschen Gesetz (Gl. (3-119)) ist PTL =PFL - / ? D » SO da6 sich fiir die Dichte der feuchten Luft ergibt

Da /?iD grdfier als /^JTL ist, ergibt sich nach Gl. (3-129), daB feuchte Luft leichter ist als trockene.

hpL = hj]^ + X /z^D-

(3-130)

Setzt man fiir ro = 273,15 K die Enthalpie willkiirlich gleich null, dann gilt nach Gl. (3-52) fiir die speziflsche Enthalpie der trockenen Luft hji = CpTL (T- To) und fur die des Wasserdampfes unter Beriicksichtigung der spezifischen Verdampfungsenthalpie A/zy des Wassers h^ = Cpo (T- TQ) + Ahy. Fur klimatechnische Berechnungen geeigneter ist das Mollier-Diagmmm (R. MOLLIER, 1863 bis 1935), eine graphische Darstellung der Zusammenhange von Gl. (3-128) bis (3-130) zwischen der Temperatur .9 der spezifischen En-

Feuchtegrad x 8

10

Bild3-50. h,x-Diagramm nach Mollier fUr feuchte Luft beim Druckp = 1013 hPa (VDI-Richtlinie 2067, BlattS). (p relative Feuchte Die roten Linien beziehen sich auf Beispiel 3.4-2.

3.5. Warmeubertragung thalpie h der feuchten Luft, der relativen Luftfeuchtigkeit cp und dem Feuchtegrad x. Ublicherweise erstellt man das Mollier-Diagramm fur Normaldruck gemafi Bild 3-50. Beispiel 3.4-2: Gegeben sind m = 50 kg feuchte Luft vom Umgebungsdruck /? = 1,013 • 10^ Pa mit einer Temperatur 5 = 35 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit (pi = 0,5 (50%). Berechnet werden soil die Warmemenge, die dieser Luftmasse zu entziehen ist, um als neuen Luftzustand eine Temperatur .92 = 20°C bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von (p= 1 (100%) zu erzielen. Ferner soil bestimmt werden, welche Kondenswassermenge hierbei anfallt. Losung: In Bild 3-50 ist dieser Vorgang rot eingezeichnet. Der Luftzustand 1 hat einen Feuchtegrad von X] = 17,5 g/kg und eine spezifische Enthalpie von /?i = 80 kJ/kg. Da der Feuchtegrad sich bis zur relativen Luftfeuchtigkeit von (p= 100% nicht andert, wird im /z, ;x:-Diagramm eine senkrechte Wegstrecke zuriickgelegt. Entlang der Sattigungslinie verlauft der ProzeB weiter bis zum Zustand 2. Dieser hat einen Feuchtegrad X2= 1^,6 g/kg und eine spezifische Enthalpie hi = 57 kJ/kg. Daraus laBt sich die Kondenswassermenge AWHJO = AX W berechnen, wobei Ax = xi - X2 = 2,9 g/kg ist. Somit errechnet sich AwHgO = 2,9 • 50 g = 145 g Kondenswasser. Fiir die abgefiihrte Warmemenge gilt kJ ^H = (/?2 - /ii) w = - 23 -— • 50 kg = - 1550 kJ. kg

203

3.5. Warmeubertragung Durch die Trennwand zwischen thermodynamischen Systemen mit unterschiedlichen Temperaturen und damit untersfchiedlichen kinetischen Energien wird vom System hoherer Temperatur Warme an das System mit niedrigerer Temperatur abgegeben. Der Wdrmedurchgang laBt sich gemaB Bild 3-51 in die drei Obertragungsmechanismen Wdrmeleitung, Konvektion und Wdrmestrahlung einteilen. In Festkorpern tritt nur Wdrmeleitung in Form einer Ubertragung der Schwingungsenergien benachbarter Moleklile und der kinetischen Energien der Leitungselektronen in StoBprozessen auf (Abschn. 9.3.1). In Fliissigkeiten kommt es auch ohne von auBen aufgepragter Zw^angsstromung zu Stromungen erwarmter Teilmengen, zur freien Konvektion. Wird die Flussigkeit durch auBere Druckkrafte in Bewegung versetzt, so wird dieser Warmetransportmechanismus als erzwungene Konvektion bezeichnet. In stehenden Fliissigkeiten bestimmt die Warmeleitung den Warmetransport. Mit Ausnahme dunner ruhender Gasschichten, in denen die Warmeleitung nicht vernachlassigbar ist, dominieren in Gasen die Konvektion und die Wdrmestrahlung zwischen den Wanden des Gasvolumens. Im Vakuum ist der Warmetransport durch Warmestrahlung der einzige Warmelibertragungsmechanismus.

Warmeubertragung

Warmeleitung

Konvektion

Warmestrahlung

m

"•(d) Energieubertragung gekoppeiter Gitterschwingungen (Phononentransport) und durch bewegliche Ladungstrager (freie Elektronenbewegung)

Warmeubertragung durch die freie oder erzwungene Stronnung von Materie (Massentransport)

Bild 3-51. WdrmeUbertragungsmechanismen.

•1

K

Warmeubertragung durch elektromagnetische Strahlung (Photonentransport)

204

3. Theraiodynamik

tional zum wachsenden Porenanteil (abnehmende Rohdichte) ab. Porosierte, luft- oder Den Zusammenhang zwischen der Ursache schwergasgeschaumte, sowie faserartige Stofeines Warmetransports, einem raumlichen fe mit einer Warmeleitfahigkeit unter y^ = 0,l Temperaturgradienten dS/dn in einer RaumW/mK werden als Wdrmeddmmstoffe berichtung n und der in der Zeitspanne At durch zeichnet. eine Grenzflache A transportierten Warme Die Warmeleitfahigkeit ist temperaturabhanAQ, der Warmestromdichte j \ = AQ/A At gig und besonders bei porosierten Stoffen = Q/A, beschreibt das Fouriersche Grundgesetz stark abhangig von der Materialfeuchtigkeit. des molekularen Warmetransports (J. B. J. Zur Beurteilung des Wdrmeschutzes im HochFOURIER, 1768 bis 1830): bau nach DIN 4108 werden deshalb nur Rechenwerte der Wdrmeleitfahigkeit AR verwendet, die einen der praktischen Baufeuchtigkeit (3-131) on entsprechenden Zuschlag zu den experimentell im trockenen Zustand gemessenen Warmit dem Temperaturgradienten meleitfahigkeitswerten enthalten. In Tabelle 6^ a^ a^ a^, 3-12 sind einige warmetechnische Stoffwerte ^ - = ^— / + ^ - 7 + ^ - ^ = grad ^. on ox oy oz zusammengestellt. ^ (3-132) Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik (Abschn. 3.3.2) ist die Zunahme der Die Proportionalitatskonstante X ist die Wdr- inneren Energie c dm dS/dt (c ist die spezimeleitfdhigkeit des Warmekontakts. Die Ma6- fische Warmekapazitat dm = gdV die Masse einheit der Warmeleitfahigkeit ist W/mK. des Volumenelementes dV= dx dy dz.) gleich Die Warmeleitfahigkeitswerte der Stoffe sind der Energiezufuhr durch die intemen Warmesehr unterschiedlich. Die Warmeleitfahigkeit quellen mit der Energiedichte / im Volumenist besonders gering, wenn bei ruhenden Gaelement dK, abziiglich der Warmestrome sen die Dichte der energieiibertragenden Mo- 7q dA durch die Oberflachen dA des Volumenlekiile niedrig ist. Sie ist besonders hoch — elements gemaB Bild 3-52: etwa in Metallen - , wenn parallel zur Energieleitung durch Ubertragung der Schwina^ . c dm^:— = fdV gungsenergien der Atomriimpfe frei bewegdt ^ liche Elektronen bei StoBprozessen Energie {L/q (-^ + dx) -7q (x)] dy dz transportieren. In elektrisch gut leitenden Metallen ist bei nicht zu tiefen Temperaturen + [7q(>^ + d;;)-7q(^)]dxdz nach dem Wiedemann-Franzschen Gesetz (G. + [j^{z + dz)-j^{z)]dxdy}. (3-134) H. WIEDEMANN, 1826 bis 1899, R. FRANZ, 1827 bis 1902) die Warmeleitfahigkeit A proportional zur elektrischen Leitfahigkeit x In einem infinitesimalen Volumenelement sind die Warmestromdichten, entwickelt in eine (Abschn. 9.3.1.3) gemaB Taylorreihe j^ {x + dx) = j \ (x) + (djjdx) dx, jq(y+dy)=j\{y)-^(dj\y/dy)dy und 7q(z + dz) X = LT}i. (3-133) =7q (z) + (a^qz/az) dz. Dicsc Beziehungen in Gl. (3-134) eingesetzt ergibt die Fouriersche T ist die absolute Temperatur des Stoffs, L Differentialgleichung Jur den Transport durch wird als Lorenzsche Zahl bezeichnet und hat Warmeleitung: fur alle Metalle annahernd denselben Wert L = 2,45 -10-^ V V K I Isolatoren, beispielsweise die nichtmetallischen Baustoffe, sind schlechte Warmeleiter. Ruhende Gasschichten in Poren oder zwischen Mineral-, Glas-, Holz- Oder Korkfasern vermindern die WarDie Elimination der Warmestromdichten in meleitfahigkeit erheblich. Bei Mauersteinen nimmt die Warmeleitfahigkeit etwa proporGl. (3-135) mit Hilfe von Gl. (3-131) fiihrt auf 3.5.1. Warmeleitung

3.5. Warmeiibertragung

205

Tabelle 3-12. Warmetechnische Stoffwerte. Stoff

S in°C

Q

, kg n 10^-^ m^

m

a

A

Cp

J kgK

. w m

mK

.^'

in 10^

s

Festkorper Aluminium Eisen GrauguB Stahl0.6C Gold Kupfer Schamottestein Normalbeton Gasbeton Ziegelstein Eis Schnee Fichtenholz Polystyrol fest Glas Schaumglas Mineralfaser

20 20 20 20 20 20 100 10 10 10 0 0 10 20 20 10 10

2,70 7,86 ca. 7,2 7,84 19,30 8,90 1,7 2,4 0,5 1,2 0,92 0,1 0,6 1,05 2,5 0,1 0,2

920 465 545 460 125 390 835 880 850 835 1930 2090 2000 1300 800 800 800

221 67 ca. 50 46 314 393 0,5 2,1^ 0,22 R 0,5 R 2,2 0,11 0,13^ 0,17 0,8 0,045 R 0,04 R

20 20 -20

0,998 0,87 1,46

4182 1830 900

0,600 0,134 0,086

20 0 150

0,00119 0,00195 0,00255

1007 827 2320

0,026 0,015 0,031

88,89 18,33 ca. 13 12,78 130,57 113,34 0,35

1,0

1

0,5 0,5 1,25 0,53 0,11 0,125 0,4 0,6 0,3

Fliissigkeiten Wasser Warmetragerol KaltemittelR12

0,144 0,084 0,065

Gase Luft Kohlendioxid Wasserdampf

21,8

1

9,08 5,21

3 Temperatur X Warmeleitfahigkeit C Rechenwert DIN 4108) 1 a Temperaturleitfahigkeit Q Dichte Cp spezifische Warmekapa2dtat bei k onstantem Drucl c

die Bestimmungsgleichung fiir den raumlichen Verlauf der Isothermen und das zeitliche Verhalten des skalaren Temperaturfeldes S{x,y, z, t)\

Rand- und Anfangsbedingungen bestimmen die Losungsfamilien der partiellen Differentialgleichung (3-136). Interne Warmequellen konnen vernachlassigt und / = 0 gesetzt werden, wenn die Losungen nur fiir den warmequellenfreien Bereich des Temperaturfeldes gesucht und die Warmequellen bei der Wahl der Randbedingungen berucksichtigt werden. Im stationdren Fall sind die Temperaturen zeitlich konstant und 9i9/9/ = 0. Das static-

206

3. Thermodynamik y'ql' ? + dz)

Grenzflachen gleich' gesetzt werden. Die Losungen fiir mehrschichtige Trennwande sind ebenfalls in Bild 3-53 aufgefiihrt.

i

z

Beispiel ^...^-•^

^^-^ yq(x + dx)jL

y'qW

dz

\0^

•^

/h

^--"^dx ^ ^ ^ ^ ( D

-

i

3^

^ X

3.5-7; Wie groB ist der stationare Warmestrom durch eine 52 = 24cm dicke Hochlochziegelwand (AR = 0,50 W/m K) mit einer auBenseitigen 53 = 60 mm dicken Polystyrol-Dammplattenschicht (>IR = 0,04 W/m K) und 54 = 6 mm Kunstharzputz (AR = 0,70 W/m K) gemafi Bild 3-54, auf die raumseitig ein 5i = 15mm dicker Kalkgipsputz (>IR = 0,70 W/m K) aufgebracht ist? Wie ist der Temperaturverlauf im Beharrungszustand in der Wand, wenn die Oberflachentemperaturen innen .9oi=17°C und auBen ,9oa = - 10 °C betragen? Losung:

5//6? J-52. Wdrmestrome durch die Oberfldche eines Volumenelements dV=dx dy dz mit der Wdrmequellendichtef.

nare, warmequellenfreie Temperaturfeld folgt aus der Losung der Laplace-Gleichung (Gl. (2-197))

Die Energieerhaltung fordert, daB die Warmestromdichte j ^ in alien Schichten gleich ist. Mit Gl. (3-140) fiihrt diese Forderung auf ^ = - ( • 9 0 1 - 5,) = - (^1 Sx

^2)=-{^2-h)

52

53

(3-152)

•^Qa)-

54

Der Quotient A = X/s ist der WdrmedurchlaBkoefflzient einer Schicht, der Kehrwert R = \/A der WdrmedurchlaBwiderstand mit der MaBeinheit m^K/W. Wird Gl. (3-152) in die Beziehung '9oi-«9oa = ( 5 o i - 5 l ) + ( 5 , - 6 l 2 ) +

Der Laplace-Gleichungstyp kommt auch in anderen Bereichen der Physik, beispielsweise in der Elektrostatik, vor. Dort experimentell fiir spezielle Randbedingungen gefundene Losungen konnen auf Warmetransportprobleme iibertragen werden {elektrisches Analogon der Wdrmeleitung, Abschn. 2.11.3, Bild 2-102). Sind das Temperaturfeld und der Verlauf der Isothermen bekannt, dann berechnen sich daraus die Warmestrome nach Gl. (3-131), wobei die Warmestromrichtung senkrecht auf den Isothermen steht. So lassen sich die in Bild 3-53 dargestellten Ldsungen fiir die stationare Warmeleitung durch eine Platte, eine Rohrwand und eine Hohlkugel ableiten. Der Warmestrom durch mehrschichtige Bauteile wird durch die sukzessive Aneinanderreihung der Berechnungen fiir die Einzelschichten ermittelt, wobei wegen des Energieerhaltungssatzes die Warmestrome an den

+ (-92-^3) + ( • 9 3 - 5 o a )

(3-153)

eingesetzt, so folgt

A\

Ai

A3

/L4

Wird als Gesamt- WdrmedurchlaBwiderstand S\

S2

S-i

SA

/?g = - + - + f + ^ A\

A2

/-3

(3-155)

/,4

defmiert, der im vorliegenden Fall /?g=2,01 m^K/W ist, so errechnet sich die Warmestromdichte y'q durch die Wand zu 7q = — (-^oi - ^oa) = 13,4 W/m2.

(3-156)

Die Temperaturen an den Schichtgrenzen lassen sich mit Hilfe von Gl. (3-152) bestimmen: •9i = ^ o i - i ? i 7 q = 1 7 , 0 ° C - (0,02 • 13,4) K = 16,7 °C,

(3-157)

h = ^i- RiJq = 10,3 °C,

(3-158)

3.5. Warmeubertragung

f^

oo'

^

^1

1 CO

CO,

s ?

LO

s

i

1

52

S2

207

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52

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CO

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X CT

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[CO 0

0

gEji:

^

208

3. Thermodynamik a) Auf^enwandwinkel auden

^

h

b) Rippenwarmerohr

-HA^

A^

^

^4

Bild 3-54. Temperaturverlauf in einer mehrschichtU gen Wand nach Beispiel 3.5-1. ^3 = ^2-^3yq = - 9 , 9 ° C

und

6ioa = "93-i?47q = - 1 0 ° C .

(3-159) (3-160)

Nach Gl. (3-139) ist in plattenformigen Schichten der Temperaturabfall linear. Das Temperaturprofil in der AuBenwand hat also den in Bild 3-54 eingezeichneten Verlauf.

Gl. (3-155) fiir den Gesamt-WdrmedurchlaBwiderstand R^ gilt nur fiir eindimensionale Warmestrome durch plattenformige Bauteile. Sind die Warmestrome in einem Bauteil divergent und mehrdimensional, wie z. B. bei einer AuBenecke oder in der Rippe eines Warmerohrs gemaB Bild 3-55 (gekrummte Isothermen), dann ergibt die Anwendung von Gl. (3-155) falsche WarmedurchlaBwiderstandswerte; dies zeigt schon der Vergleich von Gl. (3-155) mit Gl. (3-144) im einfachen Fall der radialen Warmestromlinien eines zylindrischen Rohrs. Instationdre

Wdrmeleitungsvorgdnge,

beispiels-

weise der Aufheizvorgang einer Wand oder periodische Warmelibertragungsprozesse, erfordern die Losung der zeitabhangigen Warmeleitungsgleichung Gl. (3-136). Die Losungen haben als charakteristische KenngroBe die Tempemturleitfdhigkeit a der Trennwand in mVs:

Bild 3-55. Divergente Warmestrome geometrischer WdrmebrUcken.

In der Regel laBt sich Gl. (3-136) ebenso wie Gl. (3-137) fiir praktische Falle nicht geschlossen losen, sondern muB durch ein Iterationsverfahren numerisch integriert werden {Methode derfiniten Elemente). 3.5.2. Konvektion Beim konvektiven Wdrmeiibergang findet die Warmeiibertragung zwischen zwei thermodynamischen Systemen statt, die sich relativ zueinander bewegen, wie es beispielsweise bei der Warmeiibertragung von einem Fluid, also einer Fliissigkeit oder einem Gas, an eine Wand der Fall ist, wie Bild 3-56 zeigt. Erfolgt die Stromung des Fluids nur durch Auftriebskrdfte, die ein temperaturabhangiges Dichtegefalle im Fluid verursacht, dann wird dieser Warmeiibergang als freie Konvektion bezeichnet. Bei der erzwungenen Konvektion handelt es sich um eine Zwangsstromung unter der Wirkung auBerer Krafte, beispielsweise von Antriebskraften von Pumpen oder Ventilatoren. Auch beim konvektiven Warmeiibergang an windausgesetzten Bauteilen iiber-

3.5. Warmeubertragung

lii

- •

V

209

Fluid vor der Wand eine Grenzsschicht entsprechend Bild 3-57 ausbildet, in der die Stromungsgeschwindigkeit der Fluidmolekiile null ist. Durch diese ruhende Fluidschicht vor der Wand wird die Warme nur durch Warmeleitung transportiert, so daB in diesem Bereich das Fouriersche Grundgesetz (Gl. (3-131)) gilt:

Bild3-56. Konvektiver Wdrmeuhergang bei einer erzwungenen Kanalstromung. S Temperatur der Wand (Index W) bzw. des Fluids (Index F) jqw Wdrmestromdichte V Stromungsgeschwindigkeit

(A ist die Warmeleitfahigkeit der stehenden Fliissigkeit oder des ruhenden Gases, dS/dn der Temperaturgradient in der Grenzschicht normal zur Wand und y'q die Warmestromdichte in die Wand.)

wiegt in der Regel der Anteil der erzwungenen Konvektion. Die Proportionalitatskonstante zwischen der auf die warmeiibertragende Wandflache A bezogenen Warmestromdichte y'q und dem Temperaturgefalle zwischen der Fluidtemperatur .9F und der Wandtemperatur .9w wird als Wdrmeubergangskoeffizient aJc definiert:

Im Gegensatz zur Wandtemperatur ,9w ist die Festlegung und Messung der Fluidtemperatur I9F, besonders bei der freien Konvektion, nicht einfach, weil im allgemeinen die Temperaturverteilung im Fluid sehr inhomogen ist. Der Zahlenwert des konvektiven WarmeUbergangskoeffizienten hangt also im konkreten Fall von der Festlegung der Temperaturdifferenz A.9 = »9F - «9w ab.

(3-162)

7q = aJ^('9F-'9w).

Adhdsionskrdfte zwischen den Fluid- und Wandatomen sind die Ursache, da6 sich im Wand

Grenzschicht

Bild 3-57. Temperaturprojil des konvektiven Wdrmeubergangs mit Grenzschicht vor der wdrmeaufnehmenden Wand.

Im Fall des konvektiven Warmeiibergangs ist die Berechnung des Warmestroms mit der Fourier-Differentialgleichung (Gl. (3-136)) wegen der raumlichen Mitfuhrung des Temperaturfelds mit der Fluidbewegung extrem kompliziert. Um einen von der Stromungsgeschwindigkeit V abhangigen Transportanteil erweitert, lautet Gl. (3-136) fur den warmequellenfreien Bereich

Betrag und Richtung der Stromungsgeschwindigkeit zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort im Fluid folgen aus dem dynamischen Kraftegleichgewicht fiir ein Volumenelement der Stromung, den Navier-Stokes-Gleichungen der Hydromechanik. Nach diesen gilt fur die x-Komponente der Stromungsgeschwindigkeit

210

3. Thermodynamik dvj^ ox

8fx ^ oy

8V

8^x dz

Qh.

1 ^P Q dx (3-165)

,/;.

f

^1 ,/a

' /cp '

^1

^T2 fbJ'-

h ' / . = _Q2 h _a2

/«=

/p =

8r;x

dyi

Die Losungen der Differentialgleichung (Gl. (3-165)) konnen laminare und turbulente Stromungsformen sein. Der Wdrmeubergangskoefflzient der Konvektion a^ wird in der Praxis mit Hilfe von Modellversuchen ermittelt. Die Versuchsergebnisse lassen sich auf andere konvektive Warmeubergangsverhaltnisse iibertragen, wenn diese geometrisch und hydrodynamisch dhnlich sind, also die charakteristischen Langen L, die Viskositaten v, die Stromungsgeschwindigkeiten i\ Dichten Q, thermische Ausdehnungs- und Warmeiibergangskoeffizienten y, a* sowie die Warmeleitfahigkeiten 2, die Temperaturdifferenzen A T u. a. zueinander proportional sind (Abschn. 2.11.3.3). Damit die Losung eines Modellfalls auf ein konkretes Problem iibertragen werden kann, miissen die MaBstabsfaktoren ^

/v/

dhjr,

In Gl. (3-165) halt der auf das Volumen bezogenen Tragheitskraft neben der von der Dichte Q abhangigen Druckkraft und der zur kinematischen Viskositdt v proportional en Reibungskraft auch eine Auftriebskmft das Gleichgewicht (AT ist das Temperaturgefalle im Fluid, das den Auftrieb verursacht, g die Fallbeschleunigung und y der thermische Ausdehnungskoeffizient des Fluids).

/L =

^ (•^2» 72» ^2 5 ^2^ Q29 <^p2» h) die MaBstabsfaktoren (Gl. (3-166)) eingesetzt gemaB

^Pi'

El fy = P\'

72_

(3-166)

Zwangsbedingungen geniigen; dann stimmen die Differentialgleichungen (3-164) und (3165) des Problems mit denjenigen des Modellfalls iiberein. Werden beispielsweise in Gl. (3-165) fur die Temperaturverteilung

1

S/^i

Q

dXi

zi"^—

dzil

h + I

-^fyfgfATirig

AT,),

(3-167)

SO stimmt diese Gleichung mit der Differentialgleichung einer Losung .9{xi,yi,zi,vi, QI, Cpi,2i) iiberein, wenn die MaBstabsfaktoren folgenden Bedingungen geniigen: /v _

A

/p

_JvJ\

/Q/L

/L

'- fy /g /AT •

(3-168)

Die KenngroBen des Warmeiibergangs miissen also in folgender Relation zueinander stehen: r^Li

/^ v /^v

V2L2

I'l L i

V2

Vl

..-.,-^2 V2 1'2 ^1

= Re.

Oder (3-169) (3-170)

Das dimensionslose Verhaltnis vL/v wird Reynoldszahl Re genannt und entspricht dem Verhaltnis der Tragheitskraft zur Reibungskraft. Die Tragheits- und Reibungskrafte in den Stromungen zweier Warmeiibergange mit erzwungener Konvektion sind einander ahnlich, wenn die Reynoldszahlen ubereinstimmen. Mit Hilfe der Reynoldszahl kann der Umschlagpunkt bestimmt werden, bei dem eine laminare Stromung in eine turbulente „umkippt". Diese kritische Reynoldszahl Rckr ist stark geometrieabhangig. Bei einem Kreisrohr mit dem Rohrinnendurchmesser als charakteristische Lange L ist die Stromung laminar fiir Re < 2300, oberhalb dieses Wertes, ausgelost durch kleinste Storungen, turbulent (Abschn. 2.11.3.3, Bild 2-128).

3.5. Warmeubertragung Charakteristisch fiir die freie Konvektion ist die Grashofzahl Gr. Sie folgt aus der Bedingung

folgt = Nu.

(3-174)

AT2

/v/v

fi'

211

Vlt'l

'fyfgfM-

y\g\ "AT;(3- 171)

Wird die Stromungsgeschwindigkeit v mit Hilfe von Gl. (3-170) eliminiert, ergibt sich

il =ji ll

AT,

i± =

Gr. (3- 172)

Die Auftriebs- und Reibungsverhaltnisse zweier Stromungen mit gleichen Grashofzahlen entsprechen sich. Auch aus der Fourier-Gleichung (Gl. (3-163)) laBt sich unter Beriicksichtigung von Gl. (3-162) eine Ahnlichkeitsforderung ableiten, wenn der MaBstabsfaktor/^ = aK2/ofKi gebildet wird. Aus

Die NuBeltzahl Nu ist fiir den konvektiven Warmeiibergang die charakteristische Kennzahl. Einige weitere dimensionslose KenngroBen sind in Tabelle 3-13 zusammengestellt. Werden die Versuchsergebnisse von Modellfallen verallgemeinert, so ergeben sich Beziehungen zwischen den dimensionslosen KenngroBen der Warmeiibertragung. Tab. 3-14 enthalt die experimentell gefundenen Beziehungen fiir die NuBeltzahl Nu einiger spezieller Warmeiibergange. LaBt sich ein konvektiver Warmeiibergang auf einen solchen Modellfall abbilden, dann kann aus dessen NuBeltzahl Nu der Wdrmeubergangskoeffizient ajc bestimmt werden: a^

Nu/

(3-188)

Im Einzelfall ist die Wahl der charakteristischen Lange L problematisch. Sie muB entsprechend der Festlegung im Modellfall gewahlt werden. Tabelle 3-13. Dimensionslose KenngroBen der konvektiven Warmeiibertragung. Definition

KenngroBe

Zeichen

Fourierzahl

Fo

Froudezahl

Fr

Fr =

Grashofzahl

Gr

Gr =

NuBeltzahl

Nu

XT

Pecletzahl

Pe

Pe =

Prandtlzahl

Pr

P r = ^ ^

Reynoldszahl

Re

Re =

at

g y ATL^ j "Ki

Nu = vL a

vL V

Gl.

Problembereich

(3-175)

instationare Warmeleitung

(3-176)

Stromungen unter SchwerkrafteinfluB

(3-172)

freie Konvektion bei Temperaturgradient

(3-174)

stationarer konvektiver Warmeiibergang

(3-177)

erzwungene instationare Konvektion

(3-178)

WarmeiibertragungskenngroBe des Fluids

(3-170)

Stromungen unter ReibungseinfluB

212

3. Thermodynamik

(/)

O C/3

^^

C/3

I ^

a>

D

5

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g s ^I 8

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o S iS t^ u ft,

c^ §Pti

^ -53 ^

e

3.5. Warmeiibertragung Die Stoffwerte der fluiden Medien sind temperaturabhangig, wie aus Tabelle 3-15 hervorgeht. Als Bezugstemperatur wird eine mittlere Temperatur ^9^ des Fluids angesetzt, bei einer Rohrstromung beispielsweise das arithmetische Mittel aus den Bin- und Austrittstemperaturen.

Mit der Raumhohe h als charakteristischer Lange L und der Naherung fiir den Warmeausdehnungskoeffizienten der Luft y = \/T^ sowie mit den Zahlenwerten aus Tabelle 3-15 fiir eine mittlere Temperatur von Tm = 290 K ergibt sich Wm'

'^KJam- 5,7-

Beispiel

m^K

AT XTrr^h

W

3.5-2: Wie hangt der konvektive Warmeiibergangskoeffizient einer Wand von der Oberflachentemperatur der Wand ab? Wie groB ist er auf der Raumseite einer AuBenwand, deren Warmeschutz nach DIN 4108 so bemessen ist, dafi bei einer Raumlufttemperatur von i9Li = 20°C die Oberflachentemperatur nicht unter .9oi = 13,7 °C absinkt? Die Raumhohe ist normalerweise etwa h = 2,5 m. Losung: Fur Luft mit ,9Li = 20°C ist nach Tabelle 3-15 Pr = 0,7. Nach Gl. (3-183) ist bei freier, laminarer Konvektion vor einer senkrechten Wand Nu = 0,53 (Gr Pr)i/^ und mit Gl. (3-188) (3-189)

213

AT m^KXT^ h/m

(3-190)

Dies ist eine haufig angefuhrte Naherungsformel fiir die freie Konvektion in Luft. Mit den angegebenen Daten des Beispiels ist der konvektive Warmeubergangskoeffizient auf der Raumseite der AuBenwand ajja^ = 1,8 W/m^ K. Bei der freien Konvektion in Luft kann jedoch vor Wanden der turbulente Anteil des konvektiven Warmeiibergangs nicht vernachlassigt werden. Die NuBeltzahl Nu ist groBer als der Naherung ag ~ T^^^ zugrunde liegt. - Im vorliegenden Beispiel ist die Grashofzahl Gr=l,47-10^^ und die NuBeltzahl fur den turbulenten Bereich nach Gl. (3-184) in Tabelle 3-14 Nu = 254. Der sich mit diesem Wert nach Gl. (3-188) fiir den turbulenten konvektiven Warmeiibergangskoeffizienten ergeben-

Tabelle3-15. Warmetechnische Stoffwerte von Wasser und trockener Luft bei dem Druck /? = 1 bar (aus: VDI-Warmeatlas, 7. Aufl. 1994).

^ °c

Q

^P

kg/m^

kJ/kgK

y lO-^K

X 10"^W/mK

n

999,8 998,2 988,0 958,6

4,218 4,181 4,180 4,216

-0,0672 0,2067 0,4578 0,7487

561,0 598,4 643,6 678,9

1791,3 1002,0 547,1 293,0

1,011 1,006 1,007 1,012 1,026 1,093 1,185

5,852 3,674 3,421 2,683 2,115 1,293 0,785

lO-^m^/s

a lO-^m^/s

1,792 1,004 0,554 0,295

0,133 0,143 0,156 0,168

V

10"^kg/ms

Pr

Wasser 0 20 50 99,63

13,48 7,00 3,55 1,76

trockene Luft -100 0 20 100 200 500 1000

2,019 1,275 1,188 0,9329 0,7356 0,4502 0,2734

16,02 24,18 25,69 31,39 37,95 55,64 80,77

^ Celsius-Tempera tur Q Dichte Cp spezifische Warn[lekapazitat bei konsta ntem Druck y Warmeausdehnu ngskoeffizient

11,77 17,24 18,24 21,94 26,09 36,62 50,82

5,829 13,52 15,35 23,51 35,47 81,35 185,9

X Warmeleitfahigkeit n dynamische Viskositat v kinematische Viskositat a Temperaturleitfahigkeit Pr Prandtlzahl

7,85 18,83 21,47 33,26 50,30 113,1 249,2

0,742 0,718 0,715 0,707 0,705 0,719 0,746

214

3. Thermodynamik

de Wert ist aK,turb = 2,6 W/m^ K. Im Ubergangsbereich der Stromungsarten kann der effektive Warmeubergangskoeffizient abgeschatzt werden mit der Beziehung ^K,eff

= fc K,lam

+ ^K,turb

^3,2-

w

(3-191)

Tabelle3-16. Emissionsgrad e fiir die Gesamtstrahlung bei der Temperatur i?'(aus: VDIWarmeatlas, 8. Auflage 1997 und Kohlrausch Praktische Physik, 24. Auflage). Oberflache

£

in°C

Bei der erzwungenen Konvektion ist haufig der EinfluB der Anstromgeschwindigkeit auf den libertragenen Warmestrom von Interesse. In diesem Fall muB der Faktor der Stromungsgeschwindigkeit v aus der NuBeltzahl abgespalten werden. 3.5.3. Warmestrahlung Die Abgabe von Warmestrahlung hangt auBer von der Temperatur T nur noch von der GroBe und der Struktur der Oberflache ab. Die h5chste Strahlungsdichte emittiert ein schwarzer Korper (Hohlraumstrahler, Bild 6-62 in Abschn. 6.3.2). Ein solcher schwarzer Korper absorbiert andererseits auch die gesamte auffallende Strahlungsenergie und wandelt sie in Warme um. Bei nicht schwarzen Korpern ist das Abstrahlungsvermogen gleich dem Absorptionsgrad. Blanke Metalloberflachen haben deshalb ein geringes Abstrahlungsvermogen, weil sie wenig absorbieren. Wenn das Absorptionsvermogen eines nicht schwarzen Korpers < 1 und unabhangig von der Wellenlange ist, dann liegt ein grauer Korper vor. Auf den schwarzen Korper wird das Emissions- und Absorptionsvermogen anderer grauer Korper bezogen und durch den Emissionsgrad a und den Absorptionsgrad a gekennzeichnet. Ist M^ die spezifische Ausstrahlung des grauen Korpers und Mg s die des schwarzen, dann ist der Emissionsgrad e des grauen Korpers

Metalle Aluminium poliert oxidiert Chrom poliert Gold poliert Eisen poliert angerostet verzinkt Messing nicht oxidiert oxidiert

a=

M, Ma,s'

(3-193)

0,12 0,23 0,071 0,021

100 20 28

0,20 0,62 0,26

25 200

0,045 0,61

20 20 20 20 20 20 100 20 20

0,94 0,86 0,88 0,90 0,91 0,92 0,88 bis 0,92 0,90 0,93

Nichtmetalle Beton Dachpappe Glas Holz (Eiche) Mauerwerk, Putz Kunststoffe Lacke, Farben Wasser Ziegelstein, rot

DefinitionsgemaB sind fiir einen schwarzen Korper £= 1 und a = 1. Die Emissionszahlen ausgewahlter grauer Korper sind in Tabelle 3-16 aufgefiihrt. Der Emissionsgrad und der Absorptionsgrad eines Temperaturstrahlers sind nach dem Kirchhojfschen Strahlungsgesetz (G. R. KIRCHHOFF, 1824 bis 1887) immer gleich: 8= a.

Entsprechend hangt der Absorptionsgrad a des grauen Korpers vom Verhaltnis der absorbierten Strahlungsleistungen M^ des grauen und Ma s des schwarzen Korpers ab:

100 93 150 227

(3-194)

Ware dies nicht so, dann konnte durch eine geeignete Fiihrung des Strahlungsaustausches erreicht werden, daB der Korper mehr Strahlung von der Umgebung absorbiert, als er emittiert. Er wiirde sich dadurch unter Abkiihlung der Umgebung immer mehr erwarmen. Dies widerspricht jedoch dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik (Abschn. 3.3.6).

3.5. Warmeiibertragung M,{T) = eGT'

215

(3-197)

(7=5,670-10-^ W m - 2 K - 4 ist die StefanBoltzmann-Konstante. Beim Warmetransport durch Warmestrahlung sind die Flachen, die die elektromagnetische Energie iibertragen, nicht mehr klein. In diesem Fall muB das photometrische Grundgesetz (Abschn. 6.3.2., Gl. (6-63)) iiber die Strahlungsaustauschflachen Ax und A2 integriert werden. Zur dimensionslosen Einstrahlzahl (pn wird der nur von der Geometric abhangige Teil von Gl. (6-63) zusammengefaBt: Bild 3-58. Reflexion, Transmission und Absorption von St rah lung bei einer Trennwand. Die Strahlungsleistung 0Q der auf eine Trennwand einfallenden Strahlung gemaB Bild 3-58 verteilt sich auf die reflektierte Strahlungsleistung 0^, die durch die Trennwand durchgehende Strahlungsleistung 0^ und auf den absorbierten und in Warmeenergie umgewandelten Anteil 0^. Nach dem Energieerhaltungssatz besteht zwischen dem Reflex ionsgrad Q=0^/0Q, dem Transmissionsgrad x=0J0^ und dem Absorptionsgrad (i = 0J0^ der Zusammenhang ^-h T + a = 1.

(3-195)

Fiir einen nicht transparenten Stoff mit dem Transmissionsgrad r = 0, wie es die meisten technischen Stoffe im Infrarotbereich der elektromagnetischen Strahlung sind, gilt q= 1 — a = 1 — £.

(3-196)

Bei der Warmestrahlung gelten die gleichen Gesetze wie bei der elektromagnetischen Strahlung im Sichtbaren {Photometrie, Abschn. 6.3), nur hegen, wie Abschn. 6.3, Bild 6-63 zeigt, die Strahlungsmaxima der Temperaturstrahler mit einer Oberflachentemperatur unter 600 °C weit im infraroten Wellenlangenbereich der elektromagnetischen Strahlung. Nach dem Stefan-Boltzmann-Gesetz (Abschn. 6.3.2, Gl. (6-74)), ist die spezifische Ausstrahlung Mg eines grauen Temp era turstrahlers

(Pn-

1 J I cos A cos A2^^^^^^ nA 1 A^A2 (3-198)

Hierbei ist r der Abstand der Flachen A^ und A2\ P\ und ^2 sind die Winkel zwischen der Strahlungsrichtung und den jeweiligen Flachennormalen. Fin grauer Temperaturstrahler mit der Strahldichte Lei=Mei/(7rf2o) (Gl. (6-66)), der Temperatur Tx, der Flache Ax und dem Emissionsgrad £1 strahlt also an eine Flache A2 die Strahlungsleistung 0QX ab: 0ei =Axex (P\2(JT\.

(3-199)

Der graue Temperaturstrahler mit den Strahlungskennwerten ^ 1 , £1 und Tx emittiert nicht nur die Strahlungsleistung (Pgi an die Flache A2, sondern empfangt auch von dieser die Strahlungsleistung 0^2- E)er von der Flache Ax mit der hoheren absoluten Temperatur Tx din die Flache A2 mit der niedrigeren absoluten Temperatur T2 durch Warmestrahlung transportierte Warmestrom 212 ist Qx2-Cx2Ax{Tt-n)-

(3-200)

Cx2 mit der MaBeinheit W/m^K^ ist der Strahlungsaustauschkoeffizient. Aus der Bilanz der ausgetauschten Strahlungsleistungen zwischen den beiden grauen Korpem unterschiedlicher Temperatur folgt fiir den Strahlungsaustauschkoeffizienten

216

3. Thermodynamik Geometrie

Strahlungsaustauschkoeffizient

Ci2 —

(3-203)

C12 —

(3-204)

I I parallele Flachen

Di

>!\2 ^^2

^

konvexe Flache A^ von konkaver Flache A2 umschlossen

Si 6 2 0

(3-205)

C12 —

1 - 1 ( 1 - c ) (1-62)

Halbraum A2 iiber ebener Flache A

1 f

b

.

i/F+F •i/?T?'

Z!7A/^,

arctan

-i/?TF (3-206)

y?• + c V

Rechteckflache parallel zum Flachenelement LA^

C12 = a 8182 7r~ V Cretan - —

£.'u \

Z7AA Rechteckflache senkrecht zum Flachenelement t^A-^

Bild 3-59. Strahlungsaustauschkoeffizienten Qg.

a

arctan

/ a" + c"

/ j2 + c V

(3-207)

3.5. Warmeubertragung

Cn =

Ex 82(7 (pn

-.(3-201) A2

217

Die absoluten Temperaturen der Temperaturstrahler bestimmen den Warmetransport durch Warmestrahlung. Wird Gl. (3-200) umgeschriebenin

Fiir nichtmetallische Strahler mit (1 — e) < 0,1 kann Gl. (3-201) naherungsweise ersetzt werden durch C 12 = £1 £2 0(px2'

(3-202)

In Bild 3-59 sind die Strahlungsaustauschkoeffizienten C12 einiger Spezialfalle zusammengestellt.

so laBt sich entsprechend Gl. (3-162) als Proportionalitatskonstante zwischen der Warmestromdichte der Warmestrahlung 7qs ^^^ der Temperaturdifferenz {T^ — T2) ein Wdrmeubergangskoeffizient fur Warmestrahlung a* definieren:

Beispiel 3.5-3: Wie groB ist die Warmestromdichte y'qs des Warmestrahlungsaustausches zwischen zwei sehr groBen Flatten mit den Oberflachentemperaturen Tx und T2 sowie den Emissionszahlen £1 und £2? Losung: Die von der Platte 1 abgestrahlte Gesamt-Ausstrahlung Mg^/g^es ist die spezifische Ausstrahlung Mgi der Platte 1 zuziiglich der an der Oberflache 1 reflektierten Gesamt-Ausstrahlung M^l^^ der Platte 2. Dasselbe trifft auf die Ausstrahlung der Platte 2 zu. Mit der Gl. (3-197) gilt also, wenn fiir nichttransparente Platten Gl. (2-196) beriicksichtigt wird M^l, = e,GTt + QxMi%, = £,arf + (l-£l)Me%, M^%, =

e2on^Q2Mi%,

= e2GT^ + {\-82)M^%,. Werden aus diesen beiden Gleichungen die Gesamt-Ausstrahlungen der Platten £1 G T\ + (1 — £1) £2 G T2 und l-(l-£l)(l-£2)

^t = Cx2{n + n){Tx

+ T2).

(3-209)

Er beschreibt den Warmeiibergang von der warmeren Flache A^ zur kalteren Flache A2. Die gesamte Strahlungswarmeabgabe oder -aufnahme einer Flache Ax ergibt sich, wenn der Strahlungsaustausch mit alien Flachen im Halbraum iiber der Flache Ax aufsummiert wird. 3.5.4. Warmedurchgang Die KenngroBe fiir den Warmetransport von einem Medium 1 mit der Temperatur .9^1 in ein Medium 2 mit der Temperatur I9M2 < '^MI durch die Flache A einer warmedammenden Trennwand, beispielsweise von der Raumluft durch die AuBenwand an die AuBenluft, ist der Wdrmedurchgangskoeffizient k. Im Beharrungszustand ist der Warmestrom

- ' • ^ e .
e = /:^(^Mi-^M2).

(3-210)

82GT^ + {\ -£2)^1 GTf

bestimmt, dann betragt die Warmestromdichte y'qs der Warmestrahlung l-(l-£l)(l-£2) Ein Vergleich mit Gl. (3-200) bestatigt Gl. (3-203) fiir den Strahlungsaustauschkoeffizienten C12 zwischen zwei parallelen Flachen. Die Strahlungswarmestromdichte zwischen den beiden Scheiben einer Isolierverglasung (£1 = £2 = 0,88) mit den Temperaturen .9oi = 10°C und i9o2 = 0°C betragt beispielsweise 7qS = 38,4W/m2.

Die MaBeinheit des Warmedurchgangskoeffizienten ist W/m^ K. Bei gekriimmten warmeubertragenden Flachen, wie beispielsweise einem dickwandigen Heizungsrohr, bezieht man den Warmedurchgangskoeffizient auf die Innenoberflache A[ oder die AuBenoberflache^aEine Analyse der Fourierschen Wdrmeleitungsgleichung (Gl. (3-135)) ergibt, daB die unter stationaren Bedingungen nach Gl. (3-210) ermittelten Warmedurchgangskoeffizienten die Warmedammung auch beschreiben, wenn

218

3. Thermodynamik

die Warmestrome instationar, aber, wie beispielsweise bei einer Heizperiode, mit einer Zykluszeit t^ periodisch verlaufen. In diesen Fallen sind die in Gl. (3-210) iiber die Zykluszeit tz gemittelten Werte 1 '^ e=—leWd/

und

(3-211)

tz 0

1 '^ ^M = — J ^ M ( O d /

(3-212)

^Z 0

einzusetzen. Der Warmedurchgangskoeffizient ist also die warmetechnische KenngroBe fiir die Warmedammung einer Trennwand. Der Warmedurchgang durch eine Trennwand setzt sich aus dem Warmeiibergang innen vom abgebenden Medium mit der Temperatur ,9M i auf die Trennwand mit der Oberflachentemperatur innen ,9oi, der Warmeleitung durch die Trennwand mit dem Temperaturgefalle zur Oberflachentemperatur auBen ,9oa und dem Warmeubergang auBen an das aufnehmende Medium mit der Temperatur ,9^2 zu sammen. Bei den Warmeiibergangen innen und auBen addieren sich die Warmestrome der Konvektion und Strahlung.

52

^3

2

3

Bild 3-60. Warmedurchgang durch eine mehrschichtige Trennwand. 7qi — ^i («9M1 "" ^^Oi) .

(3-215) (3-216)

' 1

: ,

(3-217)

7q2=-(^l-^2), ^2 1

Sind die Umgebungsflachentemperaturen innen ,9ui und auBen S^^ etwa so hoch wie die jeweiligen Fluidtemperaturen ,9M i und ,9M2 5 dann konnen die einzelnen Warmeiibergangs koeffizienten addiert werden. Der Anteil der Warmeleitung bei freier und erzwungener Konvektion wird nicht getrennt ausgewiesen, sondern ist in ajc enthalten (Bild 3-57): 5

und

(3-213) (3-214)

Der Warmedurchgangskoeffizient einer ebenen planparallelen Trennwand laBt sich einfach berechnen, auch wenn diese aus mehreren Schichten aufgebaut ist, wie in Bild 3-60 verdeutlicht. Die Warmestromdichten der einzelnen Warmestrome

Jq3=—(^2-^Oa)

UUd

(3-218)

^^3 . / q a = <^a (•^Oa ~

^Ml)

(3-219)

sind nach dem Energieerhaltungssatz bei warmequellenfreien Trennwanden alle gleich und so groB wie die Warmestromdichte j \ = Q/A des Warmedurchgangs nach Gl. (3-210) Jq— kiSui

~ ^Ml) •

(3-220)

Durch Umformen der Temperaturdifferenz zwischen den beiden Medien zu »^M1 ""

'^Ml — ('^Ml ~ '^oi) + ('9oi — '9i)

+ (9^-92) + {9o.-9u2}

+(92-90.) (3-221)

3.5. Waraieiibertragung und Einsetzen von Gl. (3-215) bis (3-220) in Gl. (3-221) lafit sich die _ Bestimmungsgleichung des Wdrmedurchgangskoeffizienten k dtvplattenformigen Trennwand aufstellen:

k=

1 1

Sx

S2

(3-222) ^3

1

Bei gekriimmten Trennwanden ist Gl. (3-222) nicht anwendbar. In einem solchen Fall miissen die Faktoren von Gl. (3-222) mit den Warmeiibertragungsflachen der Einzelschichten gewichtet werden, weshalb die Bestimmungsgleichungen des Warmeiibergangskoeffizienten mathematisch auBerst kompliziert sind. Die Oberflachentemperaturen zu beiden Seiten der Trennwand werden berechnet, indem Gl. (3-220) in Gl. (3-215) oder Gl. (3-219) eingesetzt wird:

.9oi = .9 Ml ''Oa — i^M2 '^M2 +

/:(^Mi ~

^ui)

^('^^Ml ~ '^M2)

(3-223) (3-224)

Die Temperaturen .9i und .92 der Beriihrungsflachen der Trennwandschichten in Bild 3-60 lassen sich dann iiber Gl. (3-157) und (3-158) bestimmen.

Zur tJbung

U 3.5-1: Welchen konvektiven Warmestrom gibt ein senkrechter Plattenheizkorper mit der Hohe h = 0,6 m und der Breite ^ = 1,2 m turbulent an die Um-

219

gebungsluft ab, wenn die gleichformige Oberflachentemperatur 5Q = 40 °C und die Lufttemperatur \ = 20°Cbetragt? U 3.5-2: Wir groB sind die Teilwarmestrome der Warmeleitung, Konvektion (turbulent ohne Verkniipfung mit der Warmeleitung) und Warmestrahlung durch die 12 mm dicke Luftschicht einer 1 m mal 1 m groBen Zweischeiben-Isolierverglasung (AuBenscheibe 0°C, Innenscheibe 10 °C)? - Um welchen Prozentsatz vermindert sich der Gesamtwarmestrom, wenn eine der beiden Scheiben zur Luftschicht hin durch eine Bedampfung nur noch einen Emissionsgrad £ = 0,08 aufweist? U 3.5-3: Das Flachdach iiber einer Halle mit einer Lufttemperatur .9L = 2 0 ° C hat von auBen nach innen den folgenden Aufbau: Dachhaut (UV-geschiitzt, Warmedammung vernachlassigbar), 60 mm Warmedammung (A = 0,04 W/m K), 160 mm Stahlbetondecke (/ = 2,lW/mK), 10 mm Innenputz (A = 0,70 W/mK). Man rechne mit den Norm-Ubergangswiderstanden 1/a* = 0,13 m^ K/W und 1/aJ = 0,035 m^K/W gemaB DIN 4108. - Welchen Warmedurchgangskoeffizienten hat dieses Flachdach? Wie groB ist zwischen Sommer und Winter der Temperaturunterschied an der Beriihrungsflache von Betondecke und Warmedammung, wenn fur die Sommerzeit mit einer durch Sonneneinstrahlung auf ,9o = 60°C angehobenen Oberflachentemperatur auBen und fiir die Winterzeit mit einer AuBenlufttemperatur ^a = ~ 15 °C gerechnet wird? U 3.5-4: Die Korperkerntemperatur des Menschen betragt I9K = 37 ° C , der WarmedurchlaBwiderstand des menschlichen Gewebes etwa RQ = 0,08 m^ K/ W. - Wie groB ist die Warmestromdichte auf der menschUchen Haut, wenn der Mensch, bekleidet mit einer Kleidung, deren WarmedurchlaBwiderstand ^KL = 0,2 m^ K/W betragt, sich in einem Raum befindet, dessen Raumlufttemperatur ^Li = 21°C ist und dessen Wande, Decke und Boden eine Oberflachentemperatur von ,9u=14°C haben? Die Warmeiibergangskoeffizienten seien naherungsweise a | = 3,3 W/(m2 K) und a?= 5,1 W/(m2 K).

220

4. Elektrizitat und Magnetismus

4. Elektrizitat und Magnetismus

Ruhende Ladungen Dies ist das Gebiet der Elektrostatik. Krafte zwischen zwei Ladungen werden durch das Coulombsche Gesetz beschrieben. Die Beschreibung der Kraftwirkung auf Ladungen (elektrisches Feld) erfolgt durch die am Ort der Ladung herrschende elektrische FeldStarke E. Dieses elektrische Feld hat Quellen (positive Ladungen) und Senken (negative Ladungen), weshalb die Feldlinien nicht in sich geschlossen sind (wirbelfrei).

Die Eigenschaften der Elektrizitat und des Magnetismus lassen sich nicht — wie in der Thermodynamik — aus der Mechanik ableiten. Ein Grund hierfur ist, daB eine neue Eigenschaft der Materie mit einbezogen werden muB: die Ladung. Sie ist materiegebunden, als Elementarladung e quantisiert und hat zwei Auspragungen: positive und negative Ladungen. Bild4-1 zeigt, wie die Gebiete Elektrizitat und Magnetismus zusammenhangen. Grundsatzlich sind drei Bewegungszustande der Ladungen moglich:

Ladungsbewegung mit konstanter Gesch windigkeit Dieses Gebiet nennt man Magnetostatik. Es „flieBt" ein konstanter Strom, der ein zeit-

Elektrizitat und Magnetismus

I

Ladung Q

zwei A r t e n : quantisiert

X

0 ©

Ladungsbewegung mit konstanter Geschwindigkeit Stromstarke /

beschleunigte Ladungsbewegung

ruhende Ladung

Magnetostatik

Elektrostatik df

7r°

df

Kraft auf eine Ladung

Krafte zwischen zwei Stromen

F =E Q Induktionsgesetz

elektrisches Feld (Quellen, wirbelfrei)

magnetisches Feld (quellenfrei, Wirbel)

elektrische Feldstarke E

magnetische I n d u k t i o n B

elektromagnetische Wei len

elektromagnetische Kraft F = Q[£ + (VXS)] elektrische und magnetische Felder in Materie Polarisation

[elektrische

M

Polarisation

[Leitfahigkeit K

Verschiebungsdichte

Potentialdifferenz je Lange 6s

Ferroelektrika

Ursache

lOhmsches Gesetz EK=i

K = ') Halbleiter ( K > 0 )

Bild 4-1. Strukturbild Elektrizitat und Magnetismus.

magnetische I n d u k t i o n in Materie]

Wirkung

[isolatoren ( / < « 0 ) I

-|Metalle

Stromdichte /

(K»0)~|

jDiamagnetismus X ^ < 0 JParamagnetismusXn, jFerromagnetismus

^0

Xm»0

4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen lich konstantes Magnetfeld erzeugt (dB/dt = 0). Es ist quellenfrei, da es keine magnetischen Elementarladungen gibt, und die magnetischen Feldlinien sind in sich geschlossen {Wirbel). — Beschleunigte Ladungsbewegung Hierbei andert sich das elektrische und magnetische Feld. Ein zeitlich sich anderndes Magnetfeld B induziert ein elektrisches Feld £", das zur Beschleunigung der Ladungen fiihren kann {Induktionsgesetz). Aus den Eigenschaften des elektrischen Feldes (Quellen, wirbelfrei) und des magnetischen Feldes (quellenfrei, Wirbel) ergeben sich in Verbindung mit dem Induktionsgesetz periodisch sich andernde elektromagnetische Felder, die sich unabhangig von Materie ausbreiten konnen {elektromagnetische Wellen). — Die Kraftwirkung auf eine Ladung im elektrischen und magnetischen Feld wird durch die elektromagnetische Kraft beschrieben. Elektrische und magnetische Felder in Materie fiihren zu einer Wechselwirkung mit den atomaren Bausteinen {Polarisation), so daB sich die im Material herrschende elektrische bzw. magnetische Feldstarke von der auBeren Feldstarke unterscheidet. Diese Wechselwirkung wird durch Materialgleichungen beschrieben: im elektrischen Feld durch D= eE und im magnetischen Feld durch B = juH. Eine weitere Materialgleichung verkniipft die Stromdichte j iiber die Leitfahigkeit x mit der elektrischen Feldstarke E {Ohmsches Gesetz). Die gesamten elektrischen und magnetischen Erscheinungen {Elektrodynamik) werden in vier Differentialgleichungen (bzw. Vektorgleichungen) zusammengefafit, die die FeldgroBen E, Z), H und 5 miteinander verkniipfen {Maxwellsche Gleichungen). Zur Losung der Maxwellschen Gleichungen sind die drei Feldgleichungen {D = sE, B = juH und j = xE erforderlich. Die Maxwellschen Gleichungen beinhalten bereits die endliche Geschwindigkeit der Informationsausbreitung (Konstanz der Vakuumlichtgeschwindigkeit c); aufgrund der Relativitdtstheorie Einsteins (Abschn. 10.5) bedurfen sie deshalb keiner Korrektur.

221

4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen In diesem Abschnitt sind die grundlegenden Erscheinungen der Elektrizitatslehre beschrieben, die wichtigsten physikalischen GroBen definiert und die physikalischen Gesetze am Beispiel des metallischen Leiters wiedergegeben.

4.1.1. Ladung Die Ladung Q hat folgende Eigenschaften: — Es gibt nur zwei Sorten von Ladungen: positive und negative. Sie dienen zur Erklarung der AbstoBung und Anziehung von Ladungen sowie der Ladungsneutralitat. - Die Ladung ist quantisiert, d.h., es gibt eine kleinste elektrische Ladungsmenge, die Elementarladung e. Sie ist eine Naturkonstante und hat den Wert ^ = 1,602177 lO-^^C

(4-1)

Diese Elementarladung tragen z. B. die Elementarteilchen Proton (positive Ladung) und Elektron (negative Ladung). Jede elektrische Ladung ist damit ein Vielfaches der elektrischen Elementarladung. So entspricht die Ladungseinheit von 1 C etwa der Ladung von 6,24 -10'^ Elektronen. Die Messung der Elementarladung gluckte erstmalig R. A. MiLLiKAN im Jahr 1910 (Abschn. 4.3.5.5). Die Ladung ist an Materie gebunden, sie ist — wie bereits ausgefiihrt — eine diskrete Eigenschaft der Materie. Elementarladungen tragen beispielsweise folgende Elementarteilchen (Abschn. 8.9): -\-e: Proton, Positron, + Myon, + Pion — e: Elektron, Antiproton, — Myon, — Pion 0: Neutron, Neutrino, Photon, 0 Pion. Fiir die Ladung gilt der Erhaltungssatz: In einem abgeschlossenen System bleibt die Nettoladung (Menge aller positiver abziiglich Menge aller negativer Ladungen) erhalten. Im makroskopischen Bereich bedeutet negative Ladung ElektroneniiberschuB und positive Ladung Elektronenmangel. Die Ladung wird durch Elektronen bzw. lonen transportiert (Abschn. 4.2).

222

4. Elektrizitat und Magnetismus

Elektrische Ladungen iiben Krafte aufeinander aus. Gleichnamige Ladungen stoBen sich ab, und ungleichnamige Ladungen ziehen sich an. Fiir die anziehende oder abstoBende Kraft, die eine Punktladung Q^ auf eine im Abstand ri2 sich befindende Punktladung Q2 ausiibt, gilt das Coulombsche Gesetz (benannt nach dem franzosichen Physiker C.A. COULOMB):

^

1 e. a rn 4neo

r^2

Diese Kraft weist dabei in Richtung der Verbindungslinie beider Ladungen. Die MaBstabskonstante SQ ist die elektrische FeldkonSt ante bzw. die Dielektrizitdtskonstante des Vakuums: 8,854- 10-'2

C^

(4-3)

Nm^

Mit ihr errechnet sich der Proportionalitatsfaktor des Coulombschen Gesetzes:

(2-137)

F = -Y,

(4-2)

r^

— : Einheitsvektor von Q^ nach Q2

^0 =

Ladungen (g, = - 10"^ C und ^2 = 3 • 10"^ C) in Abhangigkeit von der Ladungsentfernung (Rechner-Graphik). Es wird deudich, daB die Coulomb-Kraft fur kleine Ladungsabstande sehr groB ist, aber mit zunehmendem Ladungsabstand schnell an Bedeutung verliert Die Coulomb-Kraft weist mathematisch dieselbe Struktur auf wie die Gravitationskraft, namlich ^12

^^12

da sie — eine Zentralkraft ist, — quadratisch mit der Teilchenentfernung abnimmt und — symmetrisch in den Ladungen isL In Tabelle4-1 sind die wichtigsten Unterschiede zwischen der elektrischen CoulombKraft und der Gravitationskraft zusammengestellt. Sind mehr als zwei Ladungen vorhanden, so gilt das Coulombsche Gesetz fiir jedes Ladungspaar. Betragen die Ladungen Q\, Qj,

Tabelle 4-1. Unterschiede zwischen der Coulomb- und der Gravitationskraft. Das Coulombsche Gesetz gilt nicht nur fiir punktformige Ladungen, sondern auch noch naherungsweise fiir Kugeln, wenn deren Abstand (von Kugelmitte zu Kugelmitte) groB im Vergleich zu den Kugelradien ist. Bild 4-2 zeigt den Verlauf der Coulomb-Kraft fiir zwei

\

COULOMB'SCHES GESETZ Q1«Q2

Krafte

Coulomb-Kraft

Gravitationskraft

Ursache

Ladungen

Massen

Kraftrichtung

Anziehung Anziehung AbstoBung, je nach Vorzeichen der Ladungen

Starke

groB

sehr klein

Abschirmbarkeit

ja

nein

Zusammenhalt der Atome

Zusammenhalt des Makrokosmos

UnterX schei- \ dungs\ merkmale \

Bedeutung RBSTRND R

M

Bild 4-2. Coulombsches Gesetz (Rechnerausdruck).

4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen Ga-- G«» so ist die Kraft, die beispielsweise auf Qi ausgelibt wird, die Resultierende der Kraftvektoren Beispiel 4.1-1: Drei Ladungen Qi, Q2 und Q^ befinden sich in den Eckpunkten eines gleichschenkligen Dreiecks gemaB Bild 4-3. Wie groB ist die Kraft auf die

223

Die Einheit der Stromstarke / ist nach dem franzosischen Physiker A. M. AMPERE (1775

bis 1839) benannt. Aus Gl. (4-6) folgt, daB auch die Ladung aus der Dauer des Stromflusses berechnet werden kann als Q=\l{t)dt.

(4-7)

h

Dies ist eine wichtige Methode der Ladungsbestimmung fur zeitabhangige Str5me. Die Ladung ist anschaulich als Flache unter der /(/)-Kurve zu verstehen. Ist die Stromstarke in der Zeit konstant, d. h. der Ladungstransport stationar, so gilt Q = It.

(4-8)

Die Stromstarke / ist in den Internationalen Bild4-3. Resultierende Kraft bei drei Ladungen Einheiten als BasisgroBe iiber die Kraftwir(Kraftwirkung eines Dipols). kung zweier stromdurchflossener Leiter definiert (Abschn. 1.3): Losung: Das Ladungsdreieck Qi Q2 Q3 niuB dem KrafteEine Stromstarke / besitzt dann den Wert dreieck F^^^ F^i F^i ahnlich sein, so daB gilt 1 Ampere, wenn die durch zwei im Ab1 /^rP. I d stand von 1 m befindliche geradlinige, parallele Leiter (mit Durchmesser null) flieDaraus folgt Bende Stromstarke je Meter Lange eine . . d d 1 QiQ3 Kraft von 2 • 10~^ Nm~' hervorruft. I ^ r e s I = — ^ 3 1 = r 4 n £Q

QiQ3

r^

Diese Definition wurde gewahlt, um die elektrische Energie und die mechanische Energie in gleichen Einheiten messen zu konnen; es (Wird Qi und Q2 im Abstand d als Dipol aufgefaBt, dann isi Qi d das Dipolmoment. Dies bedeutet, daBgilt die von einem Dipol auf eine Ladung QT, (in glei1 VAs = I J = 1 N m . chem Abstand von Qi und Q2) ausgeubte Kraft umgekehrt proportional zur dritten Potenz des AbAls Stromrichtung wurde die Bewegungsrichstandes ist.) tung von plus (+) nach minus (-) festgelegt. Diese sogenannte „technische" Stromrichtung 4.1.2. Stromstarke ist entgegengesetzt der tatsachlichen ElektroWird in der Zeitspanne dt durch eine Quer- nenbewegung. schnittsflache die Ladung dQ hindurchbewegt, Die Stromdichte in einem stromdurchflossedann berechnet sich die Stromstarke / zu nen Draht des Querschnitts A ist definiert als \F^J=-

4n£o

(4-5)

224

4. Elektrizitat und Magnetismus

Wie in nachfolgenden Abschnitten ausfiihrlich erlautert ist, zeigt der elektrische Strom drei Wirkungen: — Wdrmewirkung Stromdurchflossene Leiter erwarmen sich, andern ihre Lange (ihr Volumen) und oft andere temperaturabhangige GroBen, z.B. den elektrischen Widerstand oder die Farbe. — Chemische Wirkung {Elektwchemie) In elektrolytischen Leitern konnen Ladungen und lonen transportiert und an Festkorpern, den sogenannten Elektroden, abgeschieden werden (Galvanotechnik). Diese Wirkung wurde friiher zur Definition des Ampere herangezogen: 1 A scheidet namlich in 1 s aus einer waBrigen Silbernitratlosung 1,118 mg Silber ab. — Magnetische Wirkung {Elektwmagnetismus) Stromdurchflossene, gerade Leiter werden von einem zylindersymmetrischen Magnetfeld umgeben.

und die Spannung U. Die Spannung L^ in V ist liber die elektrische Energie definiert: Spannung U

Stromstarke /

u= + ^5y

/

= +5A -^o-

o— +

+

L/=-15V

Bild 4-4. Richtungssinn jur Strom und Spannung. Ein Volt liegt dann zwischen zwei Punkten eines metallischen Leiters, wenn beim Transport der Ladung von 1 Coulomb eine Energie von 1 Joule umgesetzt wird. Es gilt U= ^ .

(4-10)

4.1.3. Spannung Die Spannung U ist ein MaB fiir die hineingesteckte Ladungstrennungsarbeit je Ladung: U = WjQ. Sind positive und negative Ladungen raumlich getrennt als positiver oder negativer Pol, dann liegt zwischen diesen Polen eine Spannung, die elektrische Urspannung genannt wird. Werden diese Pole miteinander verbunden, so findet ein Ladungstransport und damit ein StromfluB statt, und die Ladungsunterschiede gleichen sich aus. In leitenden Festkorpern (z. B. Metallen) sind nur Elektronen frei bewegUch, so daB am Plus-Pol Elektronenmangel und am Minus-Pol ElektroneniiberschuB herrscht. Werden diese Pole miteinander verbunden, dann flieBen die Elektronen vom Minus- zum Plus-Pol. Die technische Stromrichtung legt im Gegensatz zum physikalischen Verhalten folgendes fest: Bei passiven Bauelementen (z. B. Ohmscher Widerstand) flieBt im auBeren Stromkreis der Strom vom Pluspol der Spannungsquelle zu ihrem Minuspol. Konsequent durchgefuhrt erhalt man auch so keine physikalisch falschen Ergebnisse. Bild 4-4 zeigt die Pfeilrichtungen fur die Stromstarke /

In Abschn. 4.3 ist der wichtige Zusammenhang zwischen elektrischer Feldstarke, elektrischem Potential und Spannung hergeleitet. An dieser Stelle soil lediglich angemerkt werden, daB im Falle elektrischer Krafte die Spannung ^AB zwischen zwei Punkten gleich der Potentialdifferenz A^ zwischen diesen Punkten ist: (4-11)

UAB- ^(P=n-(P\-

Spannungsquellen halten zwischen zwei Punkten eine Spannung aufrecht. Dies geschieht durch Umwandlung von chemischer Energie (galvanische Elemente), mechanischer Energie 1 Spannungsquellen 1

chemische Energie

mechanische Energie

Lichtenergie

1

Magnetfeldanderung galvanische Elemente

1 Generatoren

Solarzellen

Bild 4-5. Arten von Spannungsquellen.

^

4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen

(Generatoren) oder Lichtenergie (Solarzellen) in elektrische Energie. Bild 4-5 gibt eine Ubersicht. Die elektrochemischen Vorgange in den galvanischen Elementen sind in Abschn. 4.2, die durch mechanische Anderung des Magnetflusses erzeugte Spannung in Abschn. 4.4.3 und der photovoltaische UmwandlungsprozeB in Abschn. 9.4 ausfiihriich beschrieben. 4.1.4. Widerstand und Leitwert Der elektrische Widerstand R ist ein Ma6 fiir die Hemmung des Ladungstransports und bestimmt deshalb die Stromstarke bei einer bestimmten Spannung. Er ist folgendermafien definiert: Der elektrische Widerstand R betragt 1 Ohm, wenn zwischen zwei Punkten eines metallischen Leiters beim Spannungsabfall von 1 Volt genau 1 Ampere fliefit. Die Einheit ist 1 V/A = 1 Q. Mit der Entdeckung des Quanten-Hall-Effektes durch K. v. KLITZING (Abschn. 8.2.5) laBt sich das Ohm unabhangig von der Geometric und den physikalischen Eigenschaften verschiedener Werkstoffe allein durch Naturkonstanten mit hoher Genauigkeit (10~^Q) darstellen (/z/^^)=25812,8 ^ ; hierbei ist h das Plancksche Wirkungsquantum h = 6,626176 • lO"^'* Js und e die Elementarladung. Der Kehrwert des elektrischen Widerstandes ist der Leitwert G:

Er wird in Siemens S oder in Q ^ gemessen. Der elektrische Widerstand R eines metallischen Leiters der Lange / und dem Querschnitt A ist (4-13)

"-7-

Die Proportionalitatskonstante ist der spezifische Widerstand Q (Resistivitat). RA =

—

Er wird iiblicherweise fiir Festkorper in (Q • mm^)/m und fiir Flussigkeiten in Q cm gemessen. Analog zum Leitwert ist der Kehrwert des spezifischen elektrischen Widerstandes, die elektrische Leitfahigkeit x: _\ _ I ^~ Q~ RA

(4-15)

Bild 4-6 zeigt einen Uberblick iiber die gangigen technischen Widerstande, iiber ihre Werkstoffe, ihre Eigenschaften, ihre normierten Bauausfiihrungen (nach DIN) und ihre Anwendungsfelder. Zur besseren Anschauung sind einige Widerstandstypen abgebildet. Widerstande konnen in feste oder einstellbare Widerstande eingeteilt werden. Die Festwiderstande lassen sich weiter untergliedern in lineare oder nicht lineare Widerstande. Die linearen Widerstande geniigen dem Ohmschen Gesetz (unter Beriicksichtigung des Temperaturverhaltens). Sie bestehen aus Cr—Ni-Draht (wegen des geringen Temperaturkoeffizienten) oder aus SchichtmateriaHen, wie z. B. Kohlenstoff, Cr-Ni, SnOs, A u - P t oder in Lack dispergierten Kohlenstoffteilchen. Bild 4-6 zeigt weitere Unterscheidungsmerkmale und die bevorzugten Anwendungsfelder. Der Widerstandswert und die Toleranzen werden haufig als Farbringe aufgebracht. Bei den nicht-linearen Widerstanden ist der Widerstand abhangig von folgenden physikalischen GroBen:

(4-12)

R

'

225

•

(4-14)

Temperatur • HeiBleiter: fallender Widerstand bei zunehmender Temperatur (NTC: Negative Temperature Coefficient). Sie werden als Temperaturfuhler, zur Messung von Stromungsgeschwindigkeiten oder zur Spannungsstabilisierung verwendet und bestehen aus einer halbleitenden Oxidkeramik. • Kaltleiter: stark zunehmender Widerstand bei zunehmender Temperatur (PTC: Positive Temperature Coefficient). Sie werden als Temperaturfiihler, als Thermostat und zur Stromstabilisierung verwendet und bestehen aus Metalldrahten.

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1

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4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen

- Spannung VDR-Widerstande oder Variatoren (VDR: Voltage Dependent Resistance) sind stark spannungsabhangig und werden zur Spannungsstabilisierung und zur StoBspannungsbegrenzung eingesetzt. - Licht In diesem Fall handelt es sich um lichtempfindliche Widerstande (LDR: Light Dependent Resistance), die z. B. in Belichtungsmessern eingebaut werden. Die einstellbaren Widerstande andern den Widerstand entweder linear oder logarithmisch (positiv oder negativ). Linear einteilbare Widerstande werden als Spannungsteiler (Potentiometer oder Trimmer) eingesetzt, logarithmisch verstellbare Widerstande zur Lautstarkeregelung verwendet. Als Werkstoffe werden Draht, Kohleschichten und Cermet (Keramiktrager mit eingebranntem Metalloxid und Glaspulver) eingesetzt. Da der spezifische elektrische Widerstand zu denjenigen physikalischen GroBen gehort, die den groBten MeBbereich abdecken (von Q = \0~^ Qm bei Edelmetallen bis zur 10'^ Qm bei Isolatoren, dies sind 21 Zehnerpotenzen), gibt seine Analyse oftmals genauen AufschluB iiber die physikalischen Prozesse im atomaren Bereich. Elektrischer Widerstand und spezifischer Widerstand (und selbstverstandlich auch Leitwert und elektrische Leitfahigkeit) sind temperaturabhangig. Bild 4-7 zeigt den prinzipiellen Verlauf des spezifischen Widerstandes von der Temperatur T fiir einen metallischen Leiter, einen Halbleiter und einen Supraleiter. Beim metallischen Leiter nimmt der Widerstand R bzw. der spezifische elektrische Widerstand g mit der Temperatur zu. Es gelten folgende lineare Naherungen: metal lischer Leiter P

I

Halbleiter

^

T

P

Supraleiter

/

P,

I

T

T;

T

Bild 4-7. Prinzipieller Verlauf des spezifischen Widerstandes fiir einen metallischen Leiter, einen Halbleiter und einen Supraleiter.

227

R{S) = R2o{\ + a ( ^ - 2 0 ° C ) ) ,

(4-16)

Q(&) = Q2o{\+oi{S-20

(4-17)

°C)).

Hierbei ist R20 bzw. ^20 der Widerstand bzw. der spezifische elektrische Widerstand eines metallischen Leiters bei 20 °C, 3 die Temperatur in °C und a der Temperaturkoeffizient des elektrischen Widerstandes bei 20 °C. Der Temperaturkoeffizient a gibt an, welche relative Widerstandsanderung AR/R der Leiter bei Anderung um A r = 1 K erfahrt:

(Hinweis: Die Gleichungen sind ledighch lineare Naherungen.) Tabelle 4-2 zeigt ausgewahlte Zahlenwerte fur den spezifischen elektrischen Widerstand Q (Resistivitat) und den Temperaturkoeffizienten a. Bei vielen reinen Metallen liegt der Temperaturkoeffizient a bei 1/250 K~ ^. Kaum temperaturabhangige Speziallegierungen sind Konstantan (60% Cu, 40% Ni: a = 3 - 1 0 - ' K - ^ ) und Manganin (86% Cu, 2% Ni, 12%, Mm a = 2 • 10"^ K"^). Solche Werkstoffe werden beispielsweise zur Herstellung konstanter Widerstande verwendet. Tabelle 4-2. Eigenschaften einiger werkstoffe (Bezugswiderstand Rjo)Werkstoff

Silber Kupfer Gold Aluminium Platin PlatinIridium PlatinRhodium Zinn

Leiter-

spezifischer elektrischer Widerstand g in Q cm

Temperaturkoeffizient a

1,6 10-^ 1,7-10-6 2,2 • 10-6 2,7 • 10-6 1 •10-5

3,8 3,9 3,9 4,7 3,9

3,2 • 10-5

2

2-10-5 1,1 -10-5

1,7 4,6

in 10-3 K-^

Bei Halbleitem fallt der spezifische Widerstand mit steigender Temperatur zunachst und steigt dann entsprechend dem Widerstandsverhalten der Metalle mit zunehmender Temperatur an.

228

4. Elektrizitat und Magnetismus

Supraleiter zeigen unterhalb der Sprungtemperatur TQ iiberhaupt keinen meBbaren Widerstand mehr. Die Erklarungen fiir den unterschiedlichen Widerstandsverlauf in Abhangigkeit von der Temperatur erfolgen in Abschn. 9.2. 4.1.5. Ohmsches Gesetz Der Zusammenhang zwischen der Spannung U als Ursache des Ladungstransports und der Stromstarke als Wirkung wird Strom-Spannungs-Kennlinie genannt. Bild 4-8 zeigt drei typische Verlaufe fiir einen metallischen Leiter, der dem Ohmschen Gesetz folgt, eine Halbleiterdiode und eine Gasentladungsrohre. Metal 1

r^ 1

/

/-

/

Nach dem Gesetz der Ladungserhaltung miissen alle einem Stromknoten zugefiihrten Ladungen (+) gleich den abflieBenden Ladungen (-) sein. Dies bedeutet fiir die Strome an einem Knoten: Die Summe aller Strome eines Stromknotens ist null:

Z / i = o.

(4-21)

/=1

Hierbei werden zuflieBende Strome positiv und abflieBende Strome negativ eingesetzt. Dies zeigt Bild 4-9. Danach gilt /,+/2-/3-/4-/5-/6 =0

Gasentladungsrohre

Halbleiterdiode

1. Kirchhoffsches Gesetz (Knotenregel)

Oder

1

/ l + / 2 = /3-H/4+/5 + /6.

) . u

U

\l

Bild 4-8. Stwm-SpannungS'Kennlinien fiir einen metallischen Leiter nach dem Ohmschen Gesetz, eine Halbleiterdiode und eine Gasentladungsrohre.

Ohm fand fiir viele Leiter einen linearen Zusammenhang zwischen Strom / und Spannung U: I ^ U. Fiir den Widerstand R gilt dann (4-19) U = RI.

(4-20)

Es sei besonders betont, daB das Ohmsche Gesetz zwar fiir Metalle und Elektrolyte bei konstanter Temperatur gut erfiillt ist, im allgemeinen aber nur einen — wenn auch bedeutenden - Spezialfall darstellt. 4.1.6. Kirchhoffsche Regeln im verzweigten Stromkreis Die Kirchhoffschen Regeln (G. KIRCHHOFF,

1824 bis 1887) beschreiben das Verhalten der elektrischen Strome in einem verzweigten Stromkreis (Knotenregel) und der Spannungen in einem geschlossenen Stromkreis (Maschenregel).

Bild 4-9. Knotenregel.

Die Knotenregel spielt bei der Aufteilung des Stromflusses eine Rolle, wie dies bei Parallelschaltungen vorkommt. Hier gilt aufgrund des Ohmschen Gesetzes / = U/R fiir die Strom- bzw. Widerstandsverhaltnisse: In einer Parallelschaltung verhalt sich der Gesamtstrom zu den einzelnen Teilstromen umgekehrt wie der Gesamtwiderstand zu den Teilwiderstanden. /ges'. I\'. I2'' h1

'In =

-L:^:...:-L.

R ges

^2

(4-22)

Rn

^3

Fiir den Fall dreier parallel geschalteter Widerstande gemaB Bild 4-10 gilt z.B. I\Ix'.l2\h

1 1 1 1 =—\ : : . R R\ Ri R3

Fiir den haufig vorkommenden Fall zweier parallelgeschalteter Widerstande schreibt man 1 ^

^

R

Ri

Ry

4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen

<^,

U02

—+

A

1

-tZ3Z3Bild4-10. Stromverteilung bei Parallellschaltung von drei Widerstdnden. Fiir die Stromstarke I\ und I2 folgt daraus

h-h-

1

1

R,

R,

^ !"• ^

^

f>3

^

u.

'2

_ 1

ko3 U

Bild 4-11. Maschenregel.

(4-23) Ri

zen. Fiir die vorliegende Masche gemafi Bild 4-11 gilt also nach Gl. (4-25) ^ 1 - ^ 0 2 + ^ 4 + ^ 0 3 - ^ 3 - t / 2 - ^01 = 0 .

Die Teilstrome verhalten sich in diesem Fall umgekehrt wie die zugehorigen Teilwiderstande. 2. Kirchhoffsches Gesetz (Maschenregel) Nach dem Energieerhaltungssatz m u 6 beim Transport einer elektrischen Ladung in einem geschlossenen Stromkreis (Masche) die zugefiihrte und die abgegebene elektrische Arbeit gleich groB sein. Fiir die elektrische Spannung U als MaB dafur gilt:

Die Summe aller treibenden Spannungen (L^oi) ist gleich der Summe aller Spannungsabfalle (^abj)k

s

-T) > y

, 1 1 UoA t 1

u3

1 1

^

*

229

(4-24)

Bei der Reihenschaltung von Widerstanden gilt fiir die Teilspannungen nach der Maschenregel und wegen des Ohmschen Gesetzes In einer Reihenschaltung verhalten sich die Teilspannungen wie die zugehorigen Widerstande. Ur-U2:U,:'':U,

=

R,:R2-R3--'Rn(4-26)

Fiir drei Reihenwiderstande lautet das Verhaltnis

Ur.Ui-.Ui^Rr.Ri-R}. Fiir den haufig vorkommenden Fall zweier Widerstande, wiedergegeben in Bild 4-12, ergibt sich

7=1

Werden die Spannungspfeile entsprechend den Vorschriften (fur Spannungsquellen von Plus nach Minus und fur Spannungsabfalle in Richtung der Stromstarke, Bild 4-4) eingesetzt, so kann die Maschenregel auch folgendermaBen formuliert werden:

Die Summe aller Spannungen Stromkreises (Masche) ist null

C/2

(4-27)

R2

Oder Up _ (/?i+/?2) /?r

eines (4-25)

/=1

Es sind in Zahlrichtung verlaufende Spannungen positiv und gegen die Zahlrichtung verlaufende Spannungen negativ einzuset-

Bild 4-12. Spannungsverteilung bei Reihenschaltung von zwei Widerstanden.

230

4. Elektrizitat und Magnetismus

hieraus folgt (4-28)

t / , = ^ Uo. (R1+R2)

Der gesamte Spannungsabfall kann auch durch einen Gesamtwiderstand ausgedriickt werden, so daB gilt U = /?ges / .

Diese Gleichung spielt bei der Spannungsteilerschaltung (Abschn. 4.1.9) eine wichtige Rolle. Bestehen Stromkreise aus einer Vielzahl von Maschen (Maschenanzahl m) mit mehreren Verzweigungsknoten (Knotenanzahl k), dann liegt ein „Netzwerk" vor. Fiir die Anzahl zj der Gleichungen zur Errechnung aller Teilstrome gilt bei gegebenen Spannungsquellen und Widerstiinden

Damit ergibt sich /?ges I=RxI+

R2I+

R ^ I ^ ' ^

Rnl

und nach Divsion durch die konstante Stromstarke /

/=1

1 G\

+

1 G2

1 +

+•••+ GT,

1 G„

(4-29)

m + /: > Zj.

- Z TT-^gesDies bedeutet, daB die Summe aus der Anzahl der Maschen m und der Anzahl der Knoten k immer groBer als die Anzahl Zj der zu errechnenden Teilstrome ist. Somit stehen mehr Gleichungen als zu losende Variablen zur Verfiigung. Die nicht zur Losung verwendeten Gleichungen werden sinnvollerweise zur Probe der errechneten Stromwerte eingesetzt.

(4-30), (4-31)

In einer Reihenschaltung ist der Gesamtwiderstand die Summe der Einzelwiderstande. Der Kehrwert des Gesamtleitwertes ist gleich der Summe der Kehrwerte der Einzelleitwerte. Parallelschaltung

4.1.7. Schaltung von Widerstanden Reihenschaltung Bild4-13 zeigt die Reihenschaltung von n Widerstanden. Da keine Knoten vorhanden sind, kann keine Stromaufteilung erfolgen. Dies bedeutet, daB bei einer Reihenschaltung die Stromstdrke konstant bleibt, d. h., alle Bauelemente werden von derselben Stromstarke durchlaufen. Die zugehorige Maschenregel (Gl. (4-24)) lautet + R2l-\-R3l+''

Knotenregel: (a) Maschenregel:

U= ^,-f 6/2+ ^3+--- + ^«, U=R^I

Bild4-14 zeigt die Parallelschaltung von Widerstanden. Nach der Maschenregel muB in jedem Stromkreis dieselbe Spannung U abfallen. Dies bedeutet, daB bei einer Parallelschaltung die Spannung konstant bleibt, d. h. an jedem Bauelement fallt dieselbe Spannung U ab. Das vorliegende Netzwerk hat einen Knoten und n Maschen.

+ RnI.

U=I^Ri

ergibt

U /i = " T - ,

(b)

^1

^

.,

^

«,

,_,

«3

h - —- - - 1

«„ [

"

mmsmmMm^:..::mmmm / = konst

Bild 4-13. Gesamtwiderstand bei der Reihenschaltung.

4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen ^

— a = KonsT

\

/'1

r~

7 /?ges

^

.' 1 -1

1

1

1

R\ Rl " 1

R3

1

•+ — R

(4-32)

"2

^ges = C7l + (^2 + ^3 "•

^ G„=2]

Gj.

^3

(4-33)

• : n

c

1

231

In einer Parallelschaltung ist der Kehrwert des Gesamtwiderstandes gleich der Summe der Kehrwerte der Einzelwiderstande. Dies hat zur Folge, daB der Gesamtwiderstand kleiner als der kleinste Einzelwiderstand ist. Der gesamte Leitwert ist die Summe der Einzelleitwerte.

1 1 "n

J

1

^ «^ + 1

1

Beispiel Bild4-14. tung.

Gesamtwiderstand bei der Parallelschal-

U= I2R2

ergibt

/2 =

f/ = /3/?3

ergibt

h =

und so fort bis

U /?2'

u

(d)

u

U=I,R„ ergibt

(c)

(«+l)

/„ = - D

Werden die aus den Maschenregeln berechneten Stromstarken I\ bis /„ (Gleichungen (b) bis ( « + l ) ) in die Formel fiir die Gesamtstromstarke / (a) eingesetzt, so ist U

U

U

U

+ + +•••+ . Ri Ri R2 Rn Wird die gesamte Stromstarke / durch den Gesamtwiderstand /?ges ausgedriickt, so erhalt man

4.1-2: Gegeben seien die Widerstande einer Dreiecksschaltung (/?D) oder einer Sternschaltung (/?s) gemafi Bild4-15. Es sollen aus der Dreiecksschaltung die Stemwiderstande (Dreieck-Stern-Transformation) bzw. aus der Sternschaltung die Dreieckswiderstande (Stern-Dreieck-Transformation) errechnet werden. Wie groB sind die entsprechenden Widerstande, wenn a) alle Widerstande gleich, bzw. b) lOOQ, i?D23 = 150Q, i?D3i=200Q wenn Rr. und Rsio = 12Q, i?s20 = 48Q, i?s30 = 720 sind? Losung: a) Dreieck-Stem-Transformation fiir gleiche Widerstande: Fiir den Widerstand zwischen zwei Klemmen (Bild 4-15) gilt 2/?c=-

RoiRo'^ RD) 3Rr

2

Oder

(4-34)

1=

Rs = —r- und

(4-35)

Rr> = 3 /?s-

(4-36)

7= - ^ Ro Somit ist

b) Dreieck-Stern-Transformation fur unterschiedliche Widerstande:

U U U U U •+ +• R.vges R7 R2 ^<\ 1^2 ^3 ^n Oder, nach Division mit der konstanten Spannung U

Dabei geht man folgendermaBen vor. Zunachst bildet man die drei moglichen Summen zweier Stemwiderstande Rs\ + Rs2 (4-37), Rsi + /?S3 (4-38) und Rs2 + Rs3 (4-39). Wird Gl. (4-38) von Gl. (4-37) abgezogen, dann erhalt man Gl. (4-40):

232

4. Elektrizitat und Magnetismus

Sternschaltung

Dreieckschaltung 2

1

1

3

Bild4-15.

W

3

2

Dreieck-Stern-Schaltung (a) und Stem-Dreieck-Schaltung (b) fur gleiche Widerstdnde.

^si + ^ S 2 -

(4-37) ^D12 + ^D23 + -^D31

^D12 = ^ S l + ^ S 2 +

^Sl ^S2

(4-45)

^S3

-{Rs,\ +^S3) -

-^D3l(-^D12 + -^D23)

(4-38)

^D12 + -^023 + ^D31

^S2-^S3=

(4-40)

^D23 = ^ S 2 + ^ S 3 +

RS2RS3

(4-46)

Rsi

(4-47)

^D31 = ^ S 3 + ^ S 1 +

Rs2

^D12 ^D23 + ^D12 ^D31 ~ -^D31 ^D12 ~ -^D31 ^D23 ^D12 + ^ D23 "^^D31

Wird zu dieser Gleichung Gl. (4-39) addiert (Eliminierung des Stemwiderstands R^i), erhalt man folgenden Ausdruck fiir 2i?s2 (Gl- 4-41) bzw. (4-42): (4-39)

+ R^i + Rs, ^D12 + ^D23 + ^D31

2/?c2 — -

2Rn\7 R D12^D23

(4-41)

Rn\7 + Rri7->, + -^r

Mit den angegebenen Widerstanden errechnen sich die Stemwiderstande (Gl. (4-42) bis (4-44)) zu 100-200 ^ ^ _ _ Q = 44,44 Q; 100+150 + 200 100 150 Q = 33,33 Q; Rs2 = 100+150 + 200 150-200 Q = 66,67 Q. Rs3 = 100+150 + 200 Fiir die Dreieckswiderstande gelten nach Gl. (4-45) bis (4-47) 12-48 Rui2= 12n + 48Q + Q = 68Q; 72 48-72 RD23 = 48 Q + 72 Q +

RQ,2

—-

Rn\7 RT

(4-42)

Q = 408 Q\

12-12

RD]7 + Rn7^ + -^r

i?D3i = 72 Q + 12 Q +

Q = 102 Q. 48

Entsprechend gelten die Umrechnungsgleichungen 4.1.8. MeBbereichserweiterung ^D12^D31

^si =-^D12 + ^D23 + ^D31 ^S3 -

^D23^D31

(4-43) (4-44)

^D12 + ^D23 + R D31

Fiir die drei Unbekannten i?Di2» ^D23 und RD2I gelten folgende Umrechnungsbeziehungen:

Strommesser (Amperemeter) Um die Stromstarke in einem Stromkreis messen zu konnen, m u 6 der Strommesser im Stromkreis (HauptschluB) liegen. Der Innenwiderstand Ri des Strommessers muB moglichst klein sein, damit die voile Spannung UQ am auBeren Widerstand R. abfallen kann.

4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen

233

iibersteigende Teil der Spannung an einem Vorwiderstand Ry abfallen, verdeutlicht in Bild4-17. Die neu zu messende Spannung wird mit U^ und der hochstmogliche Spannungsabfall im Voltmeter mit U^ bezeichnet. Da sowohl der Vorwiderstand R^ als auch das Voltmeter von demselben Strom / durchflossen werden, gilt

I'.

0

/=

Rv R. Daraus ergibt sich der Vorwiderstand Bild4-16. MeBbereichserweiterung eines Strommessers. Miissen Strome gemessen werden, die den MeBbereich des Strommessers iiberschreiten wiirden, so muB der iiberschiissige Stromanteil am Amperemeter vorbeigeleitet werden. Dies bezweckt ein parallel geschalteter Widerstand Rp (Shunt, Nebenwiderstand). Bild4-16 zeigt die Schaltung zur MeBbereichserweiterung eines Strommessers. Wird die neu zu messende Stromstarke mit /„ und die hochstmogliche Stromstarke durch das Amperemeter mit /a bezeichnet, so flieBt durch den Parallelwiderstand R^ die Stromstarke / „ - / a . Da sich gemaB Gl. (4-23) bei der Parallelschaltung die Stromstarken umgekehrt wie die Widerstande verhalten gilt

/.

R,

R. In-I. Daraus laBt sich der parallelzuschaltende Widerstand errechnen:

-C3Zh

Bild4-17. MeBbereichserweiterung eines Spannungsmessers.

Beispiel 4.1-3: a) Der MeBbereich eines Amperemeters (/a = 10 mA; R, = 0,5 Q) soil auf 100 mA, 1 A, 10 A und 20 A und b) der MeBbereich eines Voltmeters {U^ = 100 mV; R, = 100 Q) auf 1 V, 10 V, 100 V und 1 kV erweitert werden. Die entsprechenden Widerstande sind zu ermitteln. Losung: a) MeBbereichserweiterung des Amperemeters: Nach Gl. (4-48) gilt im vorliegenden Fall 0,5 Q

Rr.=

Spannungsmesser (Voltmeter) Um den Spannungsabfall in einem Stromkreis messen zu kdnnen, muB der Strommesser parallel zum zu messenden Spannungsabfall (NebenschluB) liegen. Der Innenwiderstand R[ des Spannungsmessers muB moglichst groB sein, damit moglichst wenig Strom durch das Voltmeter flieBt und der ganze Strom durch /?a flieBen kann. Miissen Spannungen gemessen werden, die den MeBbereich des Spannungsmessers iiberschreiten, so muB der die Hochstspannung

0,01

1

Erweiterung auf 100 mA: 1 A: 10 A: 20 A:

0,5 Q R^ = — 1 0 - 1 = 0,055 Q; 0,5 Q R^ = -^ = 5,050 • 10-3 Q. P 100-1 5,005-10-^ Q; R^ = - 0,5 Q P 1000 - 1 0,5 Q = 2,501 lO-^Q. R P 2000 - 1

234

4. Elektrizitat und Magnetismus

b) MeBbereichserweiterung des Voltmeters: Nach Gl. (4-49) gilt im vorliegenden Fall i?v=100Q

Damit errechnet sich der gewiinschte Widerstand zu

t/n --1 \0,1 V

R2

(4-50)

Erweiterung auf IV:

i?v = 100 Q • (10 - 1) = 900 Q;

10 V:

Ry= 100 Q • (100 - 1) = 9900 D;

100 V:

Ry= 100 Q • (1000 - 1) = 99 900 Q ;

1 kV:

Ry= 100 Q (10 000 - 1) = 999 900 Q .

Potentiometerschaltung

4.1.9. Ausgewahlte MeBanordnungen Wheatstonesche Briicke Mit der Wheatstoneschen Briicke (C. WHEATSTONE, 1802 bis 1875) lassen sich ohmsche Widerstande bestimmen. Bild4-18 zeigt das Schaltschema der Wheatstoneschen Briicke.

Mit Hilfe der Schaltung entsprechend Bild 4-19 wird eine Aufteilung der Gesamtspannung Ui in kleinere Teilspannungen moglich (Spannungsteiler), indem ein Schleifkontakt den Gesamtwiderstand R^^^ in die Anteile Ri und R2 aufteilt (zur technischen Ausfiihrung s. Bild 4-6). Fiir die abgegriffene Spannung U^ ist es entscheidend, ob der Spannungsteiler unbelastet (Bild 4-19 a) oder wegen des Stromflusses durch einen auBeren Widerstand R.^ belastetist(Bild4-19b).

b)

Jl'

H' Rgesi\\

^1

? "'411 ^ I

RA

L

'' rfr 1 1 1 1

u

1 Li

U

± Jl1 / ~^ -/ «.

1 ""•T 0

t ^

1 u 1 1

1

T 0

i

- 1-

ii

4

4

Bild 4-19. Potentiometerschaltung. Bild 4-18. Wheatstonesche Briicke.

Fiir den unbelasteten Fall gilt

Der zu messende Widerstand R^ wird zwischen die Klemmen C und B eingesteckt. Der Gleitkontakt wird auf einem Widerstandsdraht zwischen A und B solange verschoben, bis iiber die Briicke CD kein Strom mehr flieBt. ( P u n k t D ist der Gleitkontakt.) Dann gilt die Maschenregel (Gl. (4-25)) fiir

/=

^1

(a)

und

U^ = R2l

(b).

Wird (a) in (b) eingesetzt, so ergibt sich fiir die gesuchte Teilspannung U^

MascheACD: R,I,-R,l2

=0

Oder

Rr,L = LlRiI12

(a)

Oder

R^ L = Rj2 ^I2

(b)

Masche CBD: 7^,7,-7^2/2 = 0

Durch Division von (b) und (a) erhalt man ^x _

^2

7?n

Rl

Dies bedeutet, daB sich die Gesamtspannung Ui im Verhaltnis des Teilwiderstandes zum Gesamtwiderstand aufteilt. Im Belastungsfall flieBt durch R,^ der Strom L^ und durch R2 nur noch die Stromstarke / - / a . Da 7?2 und R.^ parallel geschaltet sind, ist der Gesamtwiderstand

6

4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen

Wird dieser in Gl. (4-51) eingesetzt, dann betragt die Spannung U'^

Oder

/o=o

)"

235

n.

Bild 4-20. Schema der Kompensationsmethode.

U'.- -U^

^

.

(4-52)

Gl. (4-52) geht in Gl. (4-51) iiber, wenn R^R2 R^R2/ (R^ -\- R2)' Dann ist der Strom /^ durch den AuBenwiderstand R^ vernachlassigbar. Beispiel 4.1-4: Eine Spannungsquelle mit (7i=24V ist an einem Gesamtwiderstand von 8 Q angeschlossen. An einem Teilwiderstand von R2= I Q. wird die Spannung U^ abgegriffen. Wie groB ist sie im unbelasteten und im belasteten Zustand, wenn der auBere Widerstand a) gering (R^ = 0,5 Q) bzw. wenn er b) hoch ist (R^ = 100 Q)?

durch eine entgegengesetzt gleich groBe Spannung „kompensiert" wird (daher der N a m e Kompensationsmethode). Bild 4-20 zeigt die zugehorige Schaltung. Eine Spannungsquelle mit der Spannung U wird mit den gleichen Polen uber einen Spannungsteiler an die zu messende Urspannung ^0 angeschlossen. Ein Schleifkontakt wird so verschoben, daB der Stromkreis mit der Urspannung 6^0 stromlos wird (/o = 0). Dann fallt am Teilwiderstand i?x die Spannung U^^ ab, so daB gilt 6^0 = ^x JMit / = U/R erhalt man

u. = -fu.

(4-53)

Losung: a) Geringer auBerer Widerstand R^ = 0,5 Q. Unbelasteter Zustand: (7. = 24 — V = 3 V, 8 1 -0,5 belasteter Zustand: U' = 24-V= 1,09 V 7 • 1 + 0,5 • 1 b) Hoher auBerer Widerstand R^=\OOQ. Unbelasteter Zustand: unverandert t/^ = 3 V, 1100 belasteter Zustand: U' = 24 V = 2,97 V. 7-1 + 100-8

4.1.10. Klemmenspannung und innerer Widerstand Spannungsquellen erzeugen zwischen zwei Punkten (den Klemmen) eine Spannung (Klemmenspannung ^ K I ) - ta Inneren der Spannungsquellen findet eine Umwandlung in elektrische Energie statt (z. B. bei galvanischen Elementen von chemischer in elektrische Energie, Bild 4-5). Die dadurch erzeugte Urspannung C/Q, angelegt an einen Stromkreis, fiihrt zum Transport der Ladungstrager.

Der Wert der abgegriffenen Spannung U'^^ im bela- Wegen des inneren Widerstandes R]^ der Spannungsquellen selbst (z. B. Widerstand der Eleksteten Fall weicht bei einem groBen auBeren Widertrolytfliissigkeit bei einem galvanischen Elestand kaum vom unbelasteten Fall ab (in diesem ment) fallt ein Teil der Urspannung als inneBeispiel lediglich um 1%). rer Spannungsabfall 1/^ = R[I bereits in der Spannungsquelle ab, wie es Bild 4-21 verdeutKompensationsmethode nach Poggendorf licht. Damit steht zum Abfall an einem VerDie nach J. C. POGGENDORF (1796 bis 1877) braucherwiderstand nur noch die Klemmenbenannte Methode gestattet es, die „Urspanspannung [/KJ zur Verfiigung: nung" ^0 von solchen Spannungsquellen zu ermitteln, deren Spannung mit steigendem (4-54) StromdurchfluB absinkt (z.B. bei galvanischen Elementen, Bild 4-5 und Abschn. 4.2). (4-55) U^=Uo-RiI. Dies geschieht dadurch, daB der StromfluB

236

4. Elektrizitat und Magnetismus Aus Gl. (4-56) folgt fiir den auBeren Verhraucherwiderstand

i Spannungsquelle

1 1

1 1

—r

/?.

—1 1

u.

^

1 1 1 1

UQ 12,6 /?„ = — ^ - ;?i = — ^ Q - 0,13 Q = 0,08 Q . ^ / ' 60

-1

1 ^K.

r

^a

4.1.11. Schaltung von Spannungsquellen 1

J

Bild4-2L Stromkreis mit Spannungsquelle (Urspannung UQ und innerem Widerstand Ri) und duBerem Verhraucherwiderstand Ra.

Aus Gl. (4-55) ist ersichtlich, daB die Klemmenspannung UYI um so kleiner wird, je groBer die Stromstarke / ist. Diese errechnet sich nach dem Ohmschen Gesetz zu

Eingesetzt in Gl. (4-55) erhalt man fur die Klemmenspannung

Soil die Stromstarke durch einen Stromkreis moglichst groB werden, so konnen Spannungselemente in Reihe oder parallel geschaltet werden. Ausschlaggebend ist der auBere Widerstand. Bei einem groBen auBeren Widerstand /?a ist die Reihenschaltung und bei einem kleinen auBeren Widerstand R^ die Parallelschaltung vorteilhaft. Am Beispiel gleich groBer Spannungselemente seien die Zusammenhange erlautert. Reihenschaltung Werden n Spannungsquellen in Reihe geschaltet, wie es Bild 4-22 zeigt, so addieren sich die Urspannungen zu n UQ und die inneren Widerstande zu n R^. Damit erhalt man nach Gl. (4-56) fiir die Stromstarke / nUn

(4-59)

R^^nR, Hieraus laBt sich der innere Widerstand einer Spannungsquelle berechnen:

nR. +1 -

-H I ^n

Beispiel 4.1-5: Ein Autobatterie hat eine Urspannung von 12,6 V und einen inneren Widerstand i?i = 120 mH. Der Zuleitungswiderstand zum Anlasser betragt 10 mQ. Zum Anlassen wird eine Stromstarke von 60 A benotigt. Wie groB ist beim Beginn des Anlassens die Klemmenspannung an der Batterie und am Anlasser sowie der Verhraucherwiderstand R^l

Fiir die Klemmenspannung gilt nach Gl. (4-55)

I^n

U,

Reihenschaltung

von

Spannungsquellen.

Ist 7?a klein im Vergleich zu i?i, so kann der auBere Widerstand vernachlassigt werden. Dann ist / = Uo/Ri, d.h., die Stromstarke ist nur so groB wie bei einem einzigen Spannungselement, und die Schaltung bietet keinen Vorteil. 7^/ dagegen /?a vergleichsweise zu UQ/R^,

d.h. die

Strom-

starke wird proportional zur Anzahl der Spannungsquellen vergroBert.

U^-R,I.

/?j = 0,12 Q fiir Batterieklemmen: U^ = 12,6 V - 0,12 Q • 60 A = 5,4 V; R{ = 0,13 Q fiir Anlasserklemmen: C/KI

-

n Ri groB, so ist I=n

Losung: U^ =

Bild 4-22.

+

= 12,6 V - 0,13 Q • 60 A = 4,8 V.

Parallelschaltung Werden n Spannungsquellen gemaB Bild 4-23 parallel geschaltet, so ist die Urspannung zwar gleich der eines einzelnen Elementes, aber der gesamte Innenwiderstand vermindert sich

4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen

237

Beispiele

-j'h -y'h -y'h -y'hp 5//6? ^-23. Parallelschaltung von Spannungsquellen. auf /?i/«. Damit betragt die Stromstarke / nach Gl. (4-56)

4.1-6: Zehn Trockenbatterien mit einer Nennspannung von je 1,5 V und einem Innenwiderstand von i?i = 7 kO werden an einen Verbraucher mit i?a = 80Q angeschlossen. Wie groB ist die Stromstarke bei a) Reihenschaltung, b) Parallelschaltung und c) bei der Gruppenschaltung 2 x 5 sowie 5x2? Bei welcher Schaltung ist die Stromstarke am groBten? Losung:

Bei einem groBen Verbraucherwiderstand R.^ im Vergleich zum inneren Widerstand R^ ist R^/n vernachlassigbar klein, so daB die Stromstarke nur so groB ist wie bei einem einzigen Spannungselement, und die Schaltung bietet keinen Vorteil. Ist dagegen R.^ vergleichsweise vernachlassigbar zu R^/n, dann steigt die Stromstarke um das n-fache an. Gruppenschaltung Warden n Spannungsquellen hintereinander und m solcher Reihen parallel geschaltet, so liegt eine Gruppenschaltung vor. Bild 4-24 zeigt das Prinzip. Die gesamte Urspannung betragt dann n UQ und der gesamte innere Widerstand n RJm. Damit ist die Stromstarke / nach Gl. (4-56)

a) Reihenschaltung. Nach Gl. (4-59) gih 10 1,5 / = 80 - + 10 • 7000 A = 2,14- 10-^A. b) Parallelschaltung. Nach Gl. (4-60) gilt 1,5 A = 1,92 10-3 A. / =7000

80 + -

10

c) Gruppenschaltung 2 x 5 . Nach Gl. (4-61) gilt 2 1,5 A =1,04- 10-3 A. / =2 • 7000

80 + -

d) Gruppenschaltung 5 x 2 . Nach Gl. (4-61) gih

/=-

5-1,5 5 • 7000

A = 4,27- 10-4 A.

Die Stromstarke bei der Parallelschaltung ist am groBten {R.^ > R{).

H

I

H

H"M

^-^ r^ n Elemente

Losung:

+1 -

+1 -

Nach Gl. (4-61) gih

+1 -

+1 -

1=

m Elemente

+ -

4.1-7: Fur eine Gruppenschaltung soil die Stromstarke maximiert werden. Gegeben ist die Gesamtanzahl z = mn Elemente.

nUo , da n R\ R.+

n = —; m

\nR.

+

Bild 4-24. Gruppenschaltung von Spannungsquellen.

z m UQ m^R^ + zR; Fiir eine maximale Stromstarke gilt d/ _ (m^R^-\-zR{)zUo-zmUo{2mR^) (m^ R^-\-z Ri)^ dm 1=

238

4. Elektrizitat und Magnetismus

Da der Nenner ungleich 0 ist, kann mit diesem die Gleichung multipliziert werden, so daB nur noch der Zahler gleich 0 ubrigbleibt: (m^R^ + zRi)z UQ- zm Uo(2mR^) = 0, m^zR^Uo-^z^RiUo-2m^zR^Uo m^R^-\-zRi-2m^R^ = 0, m^R^ = zRi, m=

y-

= 0\:zUo,

Ri R.

•

Setzt man fur z= mn, so gilt m^R^--= mn R. Oder m n

Bild 4-25 zeigt den Verlauf der Stromstarke in Abhangigkeit von der Anzahl m der parallel geschalteten Spannungselemente (Rechner-Diagramm). Wie bereits ermittelt, liegt das Maximum der Stromstarke bei m=\6.

4.1.12. Elektrische Leistung und elektrische Arbeit Wie bereits in Abschn. 4.1.3 erlautert, ist die Spannung U iiber die abgegebene Leistung definiert (Gl. (4-10)), so da6 man fiir die Leistung schreibt P= UI.

(4-62)

R.

Das Maximum der Stromstarke ist von der Urspannung unabhangig. Fiir i?i = 1,2 Q, R^, = 0,3 Q und z = mn = 64 gilt

'=1^=

16 und

« = 4.

Die Einheit ist 1 VA = 1 W (Watt). Gebrauchlich ist auch die Einheit kW = 10^ W. Mit Hilfe des Ohmschen Gesetzes kann die Leistung in weiteren Schreibweisen dargestellt werden. In Tabelle 4-3 sind die mit der elektrischen Leistung P zusammenhangenden Gleichungen fur U, R und / zusammengestellt. Die Arbeit ist definiert als Produkt aus Leistung und Zeit: (4-72)

W=Pt.

Dies bedeutet, daB alle Gleichungen in Tabelle 4-3 fiir die elektrische Arbeit entsprechend Gl. (4-72) anwendbar sind. Wird fiir P das Produkt UI gesetzt, so erhalt man

flNZRHL DER E L E I « : N T E PflRflLLEL

Bild 4-25. Verlauf der Stromstarke in Abhdngigkeit von der Anzahl parallel geschalteter Spannungsquellen (Rechnerausdruck).

(4-73)

IV= Ult.

Tabelle 4-3. Gleichungen zur elektrischen Leistung. Elektrische Leistung P

Spannung U

P=UI

(4-62)

U=RI

(4-19)

U R=— I

t/2 P=—

(4-63)

P U=— I

(4-65)

R=

p = pR

(4-64)

U = YRP

(4-66)

Widerstand R

U' P P

Stromstarke / (4-18)

U / =-

(4-69)

(4-67)

7= ^

(4-70)

(4-68)

/=]/f

(4-71)

4.1. Physikalische Gesetze und Definitionen Die Umrechnung mit dem Ohmschen Gesetz (Gl. (4-20) und (4-67)) ergibt

w= RPt,

(4-74)

w=

(4-75)

Da It= Q ist, kann Gl. (4-73) auch geschrieben werden W= UQ.

(4-76)

Es sei darauf hingewiesen, daB die Beziehungen fiir die elektrische Leistung bzw. Arbeit, in denen die Stromstarke / vorkommt, nur dann giiltig sind, wenn die Stromstarke / konstant ist. In diesem Fall ist die abgegebene Arbeit W proportional zur Zeit, so daB die Leistung P kunstant ist. FlieBt dagegen keine konstante Stromstarke, so muB die Momentanleistung bestimmt werden, die als Differentialquotient der Arbeit W nach der Zeit t definiert ist (vgl. dazu die Ausfuhrungen in der Mechanik, Abschn. 2.6.2, Gl. (2-70)):

dW ^(')=^-

(2-70)

239

engen Beziehungen zwischen Warme und elektrischer Leitfahigkeit sind in Abschn. 9.3.2 (thermoelektrische Effekte) ausfiihrlich beschrieben. Die Zusammenhange zwischen elektrischer Arbeit, elektrischer Feldstarke E und der elektrischen Kraft /'ei sind in Abschn. 4.3 hergeleitet. Beispiel 4.1-8: An einer Spule mit einem Widerstand von 8Q liegt eine konstante Spannung von 12 V. Der Strom steigt in 0,3 s von 0 auf 1,5 A und bleibt dann konstant. Wie groB ist die elektrische Arbeit nach 0,3 s und nach 1 s? - Wird die abgegebene Leistung bei 0,5 A, l A und 1,5 A nach den Beziehungen P = UI Oder P = P/R berechnet, so ergeben sich teilweise unterschiedliche Werte. Warum treten diese Abweichungen auf, und welche Gleichung beschreibt die Leistungsabgabe richtig? Anmerkung: Der zeitlich lineare Stromanstieg ist eine Vereinfachung. Der exakte Verlauf ist durch Gl. (4-349) in Abschn. 4.5.3.2 gegeben. Losung: a) Arbeit innerhalb / = 0,3 s. Da die Stromstarke bis zur Zeit / = 0,3 s stetig zunimmt, muB Gl. (4-78) angewendet werden: 0,3 s

H^ei = j ^^(0 d^ niit 7(0 = A: / ist (k Konstante).

Daraus ergibt sich Damit gilt

W=\P{t)dt

(4-77)

0,3 s

W,i= j Uktdt

und mit P = UI{t) W=\UI{t)dt.

(4-78)

Die elektrische Arbeit hat die Einheit VAs = Ws = N m = J. Damit ist die Gleichheit der elektrischen und der mechanischen Arbeit hergestellt, die es direkt gestattet, elektrische GroBen in mechanische umzurechnen. Gebrauchlich als Einheit fiir die elektrische Arbeit ist auch 1 kWh = 3,6 • 10^ Ws (Nm Oder J). Die Arbeit des elektrischen Stromes besteht sehr haufig in der Reibungsarbeit der flieBenden Ladungstrager (Elektronen), die Stromwarme oder Joulesche Warme erzeugen. Die

1

= —Ukt^\^o'^'.

0

2

(a)

Fiir die Konstante ergibt sich , ^ 1'5 A . ^ ^ . k= — = , m (a) emgesetzt ergibt A/j 0,3 Sj^ ^f^ei = — • 12 • ^ • 0,32 VAs = 2,7 Ws. 0,3 '' 2 b) Arbeit innerhalb / = 1 s. Von 0,3 s bis 1 s, d. h. 0,7 s lang flieBt der konstante Strom von 1,5 A. Dann gilt nach Gl. (4-73) W^^ =UIt=\2'\,5-

0,7 VAs = 12,6 Ws.

Insgesamt betragt die elektrische Arbeit dann W^i = 2,7 Ws + 12,6 Ws = 15,3 Ws. c) Leistungsberechnung. 0,5 A: P = pR= 2W lA: p = pR= SW PR=\SW 1,5 A: P =

p=UI= 6W; P = t//=12W; P=C//=18W.

240

4. Elektrizitat und Magnetismus

Die gesamte Leistungsabgabe wird durch die Beziehung P = UI ermittelt. Die Gleichung P = PR beschreibt lediglich die Leistungsabgabe in Form von Warme (Warmeleistung). Die Leistungsdifferenz P = UI - P R wird zum Aufbau eines Magnetfeldes in der Spule verwendet (Abschn. 4.4.2). Zur Ubung U 4.1-1: Fiir den in Bild 4-26 angegebenen „Stromkreis" sind der Gesamtwiderstand, die zum Mittelpunkt M fiihrenden Teilstrome /IM, hu und /3M sowie der gesamte Leistungsverbrauch zu bestimmen.

4.2.1.1. Dissoziation und Elektrolyse

In metallisch leitenden Festkorpern bewegen sich beim Stromdurchgang Elektronen. Im Unterschied dazu wandern in Fliissigkeiten lonen, dies sind positiv oder negativ geladene Atome Oder Molekiile. Diese Ladungstrager entstehen dadurch, daB sich Salze, Sauren Oder Laugen beim Eintragen in Losungsmitteln in positiv oder negativ geladene Molekiile aufspalten, sie dissoziieren. Die Ladungstrager eines Salzes (Kupfersulfat, CUSO4), einer Saure (Salzsaure, HCl) und einer Lauge (Natronlauge, NaOH) sind in Tabelle 4-4 aufgefuhrt. Die lonen tragen elektrische Elementarladungen entsprechend ihrer chemischen Wertigkeit. Tabelle 4-4. Dissoziation (Beispiele). Stoff

Ration

Anion

CUSO4

Cu2+ H+

ci-

Na-^

OH-

HCl NaOH

Bild 4-26. Schaltung zu U 4.1-1. U 4.1-2: Bei einer Heizwicklung soil zur Werkstoffauswahl der spezifische Widerstand ermittelt werden. Die Wicklung ist 5 m lang, 0,15 mm dick (Durchmesser) und muB bei einer Spannung von 220 V eine Stromstarke von 3 A tragen konnen.

sol-

Bei der Dissoziation in Wasser schieben sich die Wassermolekiile durch ihr anisotropes Dipolmoment (Beispiel 4.1 -1 und Bild 4-3) zwischen die lonen und ordnen sich um diese an, etwa wie es Bild 4-27 zeigt. Die lonen sind in diesem Fall hydratisiert, d. h. von einer Wolke von Wasserdipolen umgeben.

U 4.1-3: Zwei gleichnamig geladene Kugeln mit der Masse m = 2 g hangen an einem als masselos zu betrachtenden Faden mit der Lange / = 7 5 c m und sind wegen der Wirkung der abstoBenden Kraft 5 = 25 cm voneinander entfemt. Wie groB ist die Ladung Q der Kugeln?

4.2. Ladungstransport in Fliissigkeiten und Gasen 4.2.1. Ladungstransport in Fliissigkeiten Die Leitungsvorgange in Fliissigkeiten gehoren zu den komplizierten Gebieten der physikalischen Chemie, speziell der Elektrochemie. In diesem Abschnitt sollen nur die wichtigsten Erscheinungen und die einfachsten Gesetze beschrieben werden.

^

^

Bild 4-27. Hydratisierung von lonen.

Da die positiven lonen zur Kathode (Minuspol) wandern, werden sie Kationen genannt, im Gegensatz zu den Anionen, die zur Anode (Pluspol) wandern. Elektrisch leitende Losungen, die aus Kationen und Anionen bestehen, heiBen Elektwlyte.

4.2. Ladungstransport in Fliissigkeiten und Gasen

241

zur Verbesserung der elektrischen Leitfahigkeit (Vergolden oder Versilbern von Kontakten) oder aber auch nur zur Verschonerung. Selbst auf Kunststoffen konnen galvanische Uberziige abgeschieden werden (Galvanoplastik).

'm

e ) Anion Elektrolyt

Bild 4-28. Elektrolyse (schematisch). Werden zwei Elektroden (Kathode und Anode) gemaB Bild 4-28 in einen Elektrolyten getaucht und an eine Spannungsquelle angeschlossen, dann findet eine elektrolytische Stromleitung statt {Elektrolyse). Sie unterscheidet sich von der metallischen Leitung sehr wesentlich, weil zusammen mit den lonen nicht nur Elementarladungen, sondern auch Materie transportiert wird. Grundsatzlich laufen an den Elektroden folgende Reduktions- bzw. Oxidationsprozesse, die Recloxrcaktionen, ab: An die Anode werden vom Elektrolyten Elektronen abgegeben; es findet eine Oxidation statt. Fur eine metallische Anode gilt Me -> Me"^ -f- e~. Dies bedeutet: Das Metall lost sich an der Anode auf und geht in Losung. An der Kathode findet dagegen durch Elektronenaufnahme immer eine Reduktion statt. Bei dem genannten Beispiel wird das Metallion zum Metall reduziert: Me+ + e~

Me.

In diesem Fall wird das Metall an der Kathode abgeschieden. Die Elektrolyse spielt in der Technik bei dem Aufbringen von Metalliiberzugen, dem Galvanisieren (nach L. GALVANI, 1737 bis 1798), eine wichtige RoUe. Die haufigsten galvanischen Metalliiberzuge bestehen aus Chrom, Nickel, Cadmium, Gold und Silber. Sie dienen vor allem zur Erhohung der mechanischen (Hartverchromen) oder chemischen Widerstandsfahigkeit (Vernickeln von Eisen),

Auch zur Metallgewinnung werden elektrolytische Verfahren eingesetzt. In diesem Fall verwendet man eine unlosliche Anode, und eine Metallsalzlosung dient als Elektrolyt. An der Kathode wird dann das sehr reine Metall (99,9%) abgeschieden. Fin spezielles Verfahren zur Metallgewinnung auf diesem Wege ist die SchmelzfluB-Elektrolyse. Hierbei werden niedriger schmelzende Metallgemische erschmolzen und aus dieser Schmelze das Metall an der Kathode elektrolytisch abgeschieden. Bei Aluminium besteht die Schmelze aus Aluminiumoxid (AI2O3) in geschmolzenem Kryolith (Na3AlF6). Der Schmelzpunkt fiir AI2O3 ist 2000 °C; durch das Zusatzmittel Kryolith wird er auf 935 °C herabgesetzt. Auf diese Weise werden auBer Aluminium auch Magnesium, Beryllium und Cergewonnen. AuBerdem setzt man die Elektrolyse ein, um aus Wasser Knallgas oder Wasserstoff herzustellen oder um A tznatron bzw. A tzkali zu gewinnen. An der Anode konnen auch Oxidschichten abgeschieden werden (anodische Oxidation). Besondere Anwendung findet dies beim Eloxalverfahren (elektrolytisch oxidiertes Aluminium), in dem der anodisch gepolte Aluminiumkorper mit einer einfarbbaren korrosionsbestandigen Oxidhaut uberzogen wird. Beim elektrolytischen Polieren (z. B. von Aluminium und Edelstahl) wird das Metall anodisch so abgetragen, daB besonders glatte Oberflachen entstehen. In einem fertigungstechnischen Verfahren konnen auch elektrolytisch feinste Locher gebohrt (Elektroerosion) Oder gezielt Bohrl5cher entgratet werden. 4.2.1.2. Faradaysche Gesetze Die beiden Faradayschen Gesetze (M. FARADAY, 1791 bis 1867) beschreiben den Zusammenhang zwischen transportierter Masse und Ladung. Die transportierte Masse wird durch das Produkt aus der Stoffmenge n und der Molmasse Mbestimmt: m = n M. Die Molzahl

242

4. Elektrizitat und Magnetismus

n errechnet sich aus der Molekiilanzahl A^ dividiert durch die Avogadro-Konstante Np^:

Die Molekulanzahl A^ laBt sich auch aus dem Quotienten aus transportierter Ladung Q und Ladung je transportiertem Molektil z e (e ist die Elementarladung) errechnen:

nen Stoffmengen zu messen (Voltameter nach A. VOLTA, 1745 bis 1827, bzw. Coulombmeter nach A. COULOMB, 1736 bis 1806). Fur Silber gilt i*= 1,11817 mg/As. Dies bedeutet, daB bei einer Stromstarke von 1 A in I s m = 1,11817 mg Silber abgeschieden werden (friihere Definition des Ampere als Einheit der Stromstarke). Weiterhin gelten folgende Definitionen: Das Produkt aus Avogadro-Zahl A^A und Elementarladung e wird Faraday-Konstante F genannt: F = N^e = 96485 As/mol.

Mit Gl. (4-79) und (4-80) gilt fiir die Masse in Abhangigkeit der transportierten Ladung

m=

(4-82)

Das elektrochemische Aquivalent A ist definiert als

nM=Q/(zeNjOM, A=

M ^ m=———It. zN^e

(4-81)

Dies ist das erste Faradaysche Gesetz: Die Masse m des abgeschiedenen Stoffes ist nur der transportierten Ladungsmenge Q = 11 proportional. Sie hangt weder von der Geometrie der Elektroden noch von der Konzentration des Elektrolyten ab.

M

m

(4-83)

VF' "~Q'

Das elektrochemische Aquivalent A hat die Einheit kg/As und gibt an, wieviel kg eines Stoffes bei einer Stromstarke von 1 A in 1 s abgeschieden werden. GemaB Gl. (4-83) ist die Masse m proportional zur Molmasse Af, aber umgekehrt proportional zur Wertigkeit z (Anzahl der Elementarladungen), so daB gilt

Aufgrund des ersten Faradayschen Gesetzes ist es moglich, die Stromstarke / bzv^. die elektrische Ladung Q durch die abgeschiedeTabelle 4-5. Elektrochemische Daten einiger Elemente. Element

Wasserstoff Sauerstoff Aluminium Eisen Nickel Kupfer Zink Silber Zinn Platin

Wertigkeit

1 2 3 3 2 2 2 1 4 4

Molmasse

Molmasse Wertigkeit

elektrochemisches Aquivalent

g mol

g mol

10"^-^ As

1,00797 15,9994 26,9815 55,847 58,71 63,54 65,37 107,870 118,69 195,09

1,00797 7,9997 8,9938 18,616 29,355 31,77 32,685 107,870 29,673 48,773

0,01046 0,08291 0,09321 0,19303 0,30415 0,32945 0,33875 1,11817 0,30755 0,50588

4.2. Ladungstransport in Fliissigkeiten und Gasen

243

Somit lautet das zweite Faradaysche Gesetz: Die von gleichen Elektrizitatsmengen abgeschiedenen Massen (elektrochemische Aquivalente) verhalten sich wie die Molmassen je Wertigkeit. In Tabelle 4-5 sind die Wertigkeiten, die Molmassen, die Molmassen je Wertigkeit und die elektrochemischen Aquivalente angegeben. Zur KontroUe wurde in der letzten Spalte aus den Zahlenwerten (Division der Molmasse je Wertigkeit mit dem elektrochemischen Aquivalent) die Faraday-Konstante errechnet. Bild 4-30. Standardwasserstoffelektrode. 4.2.1.3. Elektrochemische Spannungsquellen

Wird ein Metall in einen Elektrolyten getaucht, so gibt es - wie im vorhergehenden Abschnitt an einer Anodenreaktion gezeigt — positive lonen ab. Dadurch entsteht, wie Bild 4-29 zeigt, cine elektrische Doppelschicht zwischen positivem Elektrolyt und negativer Elektrode. Je mehr Metallionen in Losung gehen, urn so groBer wird die Gegenkraft des elektrischen Feldes der Doppelschicht, bis der LosungsprozeB zum Stillstand kommt. Die dann erreichte Spannung zwischen Metall und Elektrolyt wird Urspannung genannt. Sie kann nur mit einer zweiten Elektrode gemessen werden. Ublicherweise wird als Bezugselektrode die Standardwasserstoffelektrode (SWE) gewahlt. Bild 4-30 zeigt eine Ausflihrung. Sie besteht aus einem Platinblech, das in eine waBrige Losung von H30'^-Ionen taucht und gleichzeitig von Wasserstoffgas umspiilt wird. Das Potential dieser Elektrode wird willklirlich gleich null gesetzt. Mit dieser Anordnung miBt man die elektrochemische Spannungsreihe der Metall

Losung

/

o ' e

1e

e : e

T V Elektrolyt

T T T Doppelschicht elektrisches Feld

Bild 4-29. Elektrische Doppelschicht (schematisch).

Metalle. Tabelle 4-6 zeigt die elektrochemische Spannungsreihe der wichtigsten Metalle (bei 25 °C). Im oberen Teil sind die Metalle mit negativem (d. h. Elektronen werden abgegeben) und im unteren Teil mit positivem elektrochemischen Potential (Abschn. 4.3.4) zusammengestellt. Tauchen zwei unterschiedliche Metalle in denselben Elektrolyt, dann entsteht zwischen ihnen eine Spannung, die gleich der PotentialTabelle 4-6. Elektrochemische Spannungsreihe der Metalle. Metall

Spannung (/ in V

Li/Li+ Cs/Cs+ K/K+ Ca/Ca2+ Na/Na+ Mg/Mg2+ Al/Al^^ Mn/Mn2+ Zn/Zn2+ Fe/Fe2+ Cd/Cd2+ Ni/Ni2+ Sn/Sn2+ Pb/Pb2+ H/H+ Cu/Cu2+ Cu/Cu+

-3,02 -2,92 -2,92 -2,84 -2,71 -2,38 -1,66 -1,05 -0,76 -0,44 -0,40 -0,25 -0,136 -0,126

YLg/YLgl^

Ag/Ag-^ Hg/Hg2+ Pt/Pt2+ Au/Au+ Au/Au3+

±0

+ + + + + + + +

0,34 0,52 0,798 0,80 0,854 1,2 1,42 1,5

244

4. Elektrizitat und Magnetismus

differenz der elektrochemischen Einzelpotentiale ist. So gilt beispielsweise fiir eine Kombination von Zink und Kupfer U = (7cu ~ ^zn = 0,34-(-0,76) V = 1,1 V. Solche Kombinationen werden galvanische Zellen genannt. Sie liefem Strom aufgrund des umgekehrten Vorgangs der Elektrolyse. Mehrere zusammengeschaltete galvanische Zellen ergeben eine Batterie. Bild4-31 zeigt eine Einteilung der galvanischen Elemente. In ihnen findet immer eine Umwandlung von chemischer in elektrische Energie statt. Ist diese Umwandlung nicht mehr riickgangig zu machen (nicht aufladbar), wird von Primdrelementen gesprochen, ist dagegen eine Riickwandlung moglich (wieder aufladbar), so liegen Sekunddrelemente (Akkumulatoren) vor. Im Unterschied zu galvanischen Zellen befinden sich in Brennstoffzellen die Reaktionspartner nicht in derselben Zelle, sondern werden als Brennstoffe von auBen zugefiihrt. Zudem kommt es in den Zellen nicht zu einer Abscheidung von festen Reaktionsprodukten. Die Brennstoffzellen werden den Primarelementen zugerechnet.

Wie Bild 4-32 zu entnehmen ist, liegt bei den Primarelementen der Schwerpunkt bei den Zink- und Lithium-Systemen. Die chemische Reaktion, die den elektrischen Strom erzeugt, ist trotz unterschiedlicher Reaktionspartner grundsatzlich immer dieselbe: An der negativen Elektrode (Anode) wird ein Metall (in diesem Fall Zink oder Lithium) oxidiert (Freisetzung von Elektronen) und eine oxidische Metallverbindung (Mangan-, Silber-, Quecksilberoxid) als positive Elektrode (Kathode) reduziert.

Eine wichtige VergleichsgroBe sind die volumen- bzw. gewichtsbezogenen Energiedichten. Hierbei wird deutlich, daB das LeclancheSystem den niedrigsten Wert hat und die alkalischen Zink/Luft- sowie die Lithium-Systeme die hochsten Energiedichten aufweisen. Hinsichtlich der Strombelastbarkeit stehen die Lithiumsysteme den iibrigen deutlich nach. Dies muB nicht immer ein Nachteil sein, da elektronische Anwendungen zunehmend geringere Strome benotigen. Eine Fiille weiterer EinfluBgroBen, wie z. B. Selbstentladung, Materialpreis und Herstellkosten, erklaren die Typenvielfalt der Primarelemente und ihre unterschiedlichen Einsatzbereiche. So Galvanische Elemente sind beispielsweise Silber- und Lithium-^ Systeme vom Materialpreis her iiber lOOmal chemische teurer als die Zink/Braunstein-Elemente. DesEnergie halb finden fiir den gewohnlichen Batterieeinelektrischel satz (Taschenrechner, Radios, Taschenlampen, Energie Spielgerate u. a.) die preiswerten LeclancheElemente Verwendung. Die teuren SilberI nicht aufladbar aufladbar und Lithium-Systeme sind fiir spezielle An1 wendungsfalle geeignet, z. B. das Zink/SilberSekundarelemente Prinnarelemente Brennstoff(Akkumulatoren) zellen oxid-System fiir Armbanduhren und HorgeBild 4-31. Einteilung der galvanischen Elemente. rate. Die Lithium/Braunstein-Elemente werden wegen ihrer hohen Energiedichte, ihrer Aufgrund der elektrochemischen Spannungs- Auslaufsicherheit und des groBen Temperareihe (Tabelle 4-6) sind eine Vielzahl von turbereiches (von - 40 °C bis + 70 °C) in KaPrimarelementen denkbar. Die in der Praxis meras, Computern und medizinischen Geraam haufigsten eingesetzten chemischen Sy- ten bevorzugt eingesetzt. Einem ganz spezielsteme zeigt Bild 4-32. Es sind die zugehorigen len Verwendungszweck dient die Lithium/ chemischen Reaktionen beschrieben und fol- Thionylchlorid-Batterie als Stromlieferant fiir gende wichtige KenngroBen gegenubergestellt: den Herzschrittmacher. Die hohen volumenvolumen- bzw. gewichtsbezogene Energie- bezogenen Energiedichten des alkalischen dichte in Wh/1 bzw. in Wh/kg, Nennspannung Zink/Luft-Systems gestatten die Fertigung in V und Strombelastung in mA/cm^. Ferner kleinster Knopfzellen fiir Miniatur-Horgerate. sind die wichtigsten Einsatzgebiete aufgefiihrt sowie der Aufbau und die Ausfiihrung einiger Bei den wiederaufladbaren galvanischen Elegalvanischen Zellen gezeigt. menten (Sekundarelemente oder Akkumula-

4.2. Ladungstransport in Fltissigkeiten und Gasen

245

toren) spielen in der technischen Anwendung vor allem die bewahrten Blei (Pb/Pb02)- und die Stahlakkumulatoren in der Kombination Ni/Fe Oder Fe/Cd eine wichtige Rolle. In Bild4-33 sind sie vergleichend gegeniibergestellt. Wie viele Lade- und Entladezyklen ein Akkumulator unbeschadet iiberstehen kann, ist besonders wichtig fur die Lebensdauer der wiederaufladbaren Systeme.

marbatterien. Deshalb sind sie, mit diesen austauschbar, baugleich auf dem Markt (Bild 4-33 e). Allerdings sind die volumen- und gewichtsbezogenen Energiedichten bei den Nickel/Cadmium-Zellen bedeutend ungiinstiger als bei vergleichbaren Primarbatterien (s. Bild 4-32 im Vergleich mit Bild 4-33), sie sind jedoch wieder aufladbar.

In Bild 4-33 sind auBerdem die Einsatzbereiche der Akkumulatortypen angegeben sowie deren Aufbau gezeigt. Alle Systeme konnen als offene oder als geschlossene (gasdichte) Ausfiihrungen verwendet werden. So ist beispielsweise auBer dem als Starterbatterie bekannten Blei-Akkumulator (Bild 4-33 a) auch eine gasdichte Ausfiihrung in zylindrischer Form abgebildet (Bild 4-33 b). Bei ihr befindet sich die galvanische Zelle in einem dichten Polypropylengehause mit einer schlagfesten Metallummantelung. Die diinnen Elektroden (Pb02 und Pb) sind als Wickel in der Zelle untergebracht. Ein saugfahiges Glasfaservlies dient zur elektrischen Potentialtrennung sowie zur Aufnahme und Bindung des Elektrolyten.

Gasdichte Nickel/Cadmium-Akkumulatoren unterscheiden sich im Elektrodenaufbau. Es gibt die Ausfiihrung mit einer Masse- oder einer Sinterelektrode (Bild 4-33 c und d). Die Sinterelektroden bestehen aus einem hochporosen Geriist (Pluspol: Nickel-Sauerstoff; Minuspol: Cadmium-Sauerstoff), das vom Elektrolyten (Kalilauge) durchtrankt ist. Die Isolierung der Elektroden erfolgt durch einen Separator aus Kunststoffgewebe. Die Sinterzellen sind besonders fiir hohe Belastungen geeignet (lOOfacher Nennstrom). Deshalb ist auch ein Schnelladen bei volliger Entladung moglich.

Die Blei-Akkumulatoren finden hauptsachlich in drei Bereichen Anwendung, fiir die Normen vorliegen: — Starterbatterien (Batterien zum Anlassen von Verbrennungsmotoren; DIN 72310, DIN 72311, DIN 72331 bis DIN 72333), — Antriebsbatterien (DIN 43 534 bis DIN 43 539, DIN 43 595), — ortsfeste Bleibatterien (DIN 40734, DIN 40735). Die herkommliche Bleibatterie ist kostengiinstig und hat ihre Vorteile vor allem bei einer stark wechselnden Stromentnahme, z. B. als Starter- oder Antriebsbatterie. In vielen Anwendungsbereichen tritt sie in Konkurrenz zu den Nickel/Cadmium-Stahlakkumulatoren. Diese zeichnen sich vor allem durch die Moglichkeit eines lageunabhangigen Einbaus, eine lange Lebensdauer und eine hohe Belastbarkeit aus. In zunehmendem MaB ersetzen die wiederaufladbaren Nickel/Cadmium-Zellen die Pri-

Ein weiterer Vorteil der wieder aufladbaren Nickel/Cadmium-Zellen besteht in ihren hervorragenden Eigenschaften bei tiefer Temperatur. Die ebenfalls zu den Stahlakkumulatoren zahlenden Nickel/Eisen-Systeme sind wegen des Nachteils der schnellen Selbstentladung durch die Nickel/Cadmium-Akkumulatoren ersetzt worden. Ihr Einsatzgebiet liegt noch in Schienenfahrzeugen und Schiffen. Beispiel 4.2-1: Eine alkalische Zink/Braunstein-Babybatterie (IECLR14) hat eine Masse m = 64,5 g und ein Volumen K= 26,53 cm^. Berechnet werden soil die Nutzungsdauer bei einem konstanten Stromverbrauch von / = 30 mA und einer mittleren Lastspannung von ^ = 1,2 V. Losung: GemaB Bild 4-32 gilt fiir die Energiedichte des Elementes H^=100Wh/kg. Daraus errechnet sich die Energie £ = 100 Wh/kg • 0,0645 kg = 6,45 Wh. Fur die gespeicherte Ladung errechnet sich Q = 6,45Wh/l,2V = 5,4Ah. Bei einem Stromverbrauch von 0,03 A ergibt dies eine Nutzungsdauer von ^^ = 5,4Ah/0,03A=180h.

246

4. Elektrizitat und Magnetismus

Bezeichnung

positive Elektrode

negative Elektrode

Zink/ Braunstein (Leclanche)

Zink/ Braunstein (alkalisch)

Zink/ Luft (alkalisch)

Zink/ Luft (sauer) 02 + e - + NH4'"

MnO^ + e-+NH^'" MnOOH+NH^

MnOOH+OH-

40H-

20H-+NH^

Zn

Zn + 2 0 H -

Zn + 2 0 H -

Zn

Zn2+ + 2 e Zellenreaktion

Zn2-^ + 2 e -

Zn + 2MnO^ + 4NH^CI 2MnOOHH

2MnOOH + ZnO

2Zn(0H),

2H^0 +

Energiedichte in Wh/I

120 bis 190

200 bis 300

650 bis 800

200 bis 300

Energiedichte in Wh/kg

25 bis 70

80 bis 120

300 bis 380

130 bis 170

Nennspannung in V

1,5

1,5

1,4

1,45

Konsumtechnik: Taschenlampen, MelJgerate, Spielzeug, Radio, Tonband, Haushalt

Horgerate, Nachrichtengerate (Sender), Rechner, GroBuhren, MeRgerate

Langzeitanwendungen, Horgerate

Langzeitanwendungen, Fernmeldegerate, Baustellenbeleuchtung. Weidezaun

Stronnbelastung in m A / c m ^ Einsatzgebiete

1 Pluskontaktkappe, Stahl verzinnt 2 BitumenverguB

io-(^S> 0

3 positive Ableitung (Kohlestift) 4 Abdeckscheibe, polyethylenbeschichtet 5 mehrlagiger Scheidercup mit Kaschierung auf Basis vernetzter Starke, A m m o n i u m und Zinkchlorid 6 negative Losungselektrode (Zinkbecher) 7 positive Elektrodenmasse, Manganoxid, RuK, Grafit, Elektrolyt 8 Isolierhulle, Kraftpapier mit Polyethylen laminiert 9 Stahlmantel 10 Minuskontaktscheibe, Stahl verzinnt

I®?

1 positive AbschluRkappe 2 Metallmantel 3 IsolierhiJIse 4 Stahlbecher, vernickelt (positiver Zellenpol)

Kontaktschraube Abdeckscheibe Kohlestift

5 positive Elektrode Ringelektrode

LuftzufiJhrung

6 negative Losungselektrode (Zink, Zinkpulver)

positive Elektrode mit Gaze umwickelt

7 Separator

1 Zinkpulveranode

8 negative Elektrodenableitung

2 Kathode "Luftelektrode"

9

Kunststoffdichtung

10 negativer Zellenpol Bodenkontaktscheibe

6 Elektrolytpaste 7 Zinkbecher 8

Drahtableitung

9 Isolierbecher

4.2. Ladungstransport in Fliissigkeiten und Gasen Zink/ Silberoxid

Cadmium/ Quecksilber

Zink/ Quecksilber

Lithium/ Braunstein

Lithium/ Thionylchlorid

Ag20 + 2e-+ HJD

HgO+2e-+H2 0

HgO + 2e-+H20

Mn02 + e-+ Li"*"

2SOCi2 + 4e-

Ag+20H-

Hg+20H-

Hg + 2 0 H -

Mn02{Li^)

SO2 + S +4C|-

Zn + 2 0 H -

Cd + 2 0 H -

Zn + 2 0 H -

Li

Li

ZnO+H20 + 2e-

CdO + H20 + 2e

ZnO + H20 + 2e

Li"'+e-

Li^+e-

Zn + AgjO

Cd + HgO

Zn + HgO

Li + Mn02

4Li + 2SOCl2

ZnO + 2Ag

Hg + CdO

Hg + ZnO

Mn02(Li^)

4LiCI + S02 + S

350 bis 650

250 bis 350

400 bis 520

500 bis 800

700 bis 900

70 bis 100

50 bis 70

90 bis 120

300 bis 500

500 bis 700

1,55

1,03

1,35

1,5 bis 3,8

3,7

2

2

2

0,5

0,5

Armbanduhren, Horgerate

militarische Anwendungen

Photos, Blitzgerate, Horgerate, Belichtungsmesser, Uhren

Konsumtechnik: Photos, Blitzgerate, Computer, Notstrom, Medizintechnik

Speichersicherung fur CMOS-RAM Bojenbeleuchtung Echtzeituhren Heizkostenverteiler

^-

247

1

1

^ 6 1 Deckel, Trimetall Kupfer,Stahl, Nickel 2 Zinkpulveranode 3 Elektrolyt-Vlies 4 Scheider 5 Kathode 6 Zellenbecher, Stahl, nickelplattiert

. Bild4-32,

Primdrelemente (Werkfotos: Sonnenstein und VARIA).

248

4. Elektrizitat und Magnetismus Batterietypen Blei

Nickel/Cadmium

positive Elektrode

Pb02

NiOOH

NiOOH

negative Elektrode

Pb

Cd

Fe

Elektrolyt

H2SO4+H2O

Reaktion

2PbS04+H20 Laden

KOH + HjO Cd(OH)2 + 2Ni(OH)2 Laden

Entladen

Pb02 + 2H2S04+Pb

Entladen Cd + 2NiOOH + H20

Kapazitat in Ah

1 bis 63

10-2bis15

bis 100

Energiedichte in Wh/I

10 bis 100

CO

x: Energiedichte in Wii/kg 25 bis 35 c 2
Fe{OH)2 + 2Ni{OH)2 Laden

^

Entladen

c

Nickel/Eisen

*

Fe + 2NiOOH + H20

30 bis 80

30 bis 70

15 bis 45

10 bis 32

1,20

1,20

1

1

Strombelastung in A

1 bis 20

2-10-3 bis 24

bis 300

Lade-ZEntiadezyklen

500 bis 1 500

bis 8 000

bis 4 000

Normen

DIN 72310,72311, 72331,72333, 43534 bis 43539 40 734, 40735

DIN 40751 bis 40759 40761 40764 bis 40768

DIN 40752(2) 40760 40764

Einsatzbereiche

Notstrom Starter Antriebe

Konsumelektronik Horgerate Kameras Datensicherung

Schienenfahrzeuge Schiffe

pos. LOtfahne

1

J

1 IB

Zellendeckel — H j ^ .

neg. LOtfahne

^M^

Dichtring

g ^ —

pos. Polkappe

^ ^ 1 ^ —

Scheider

^BTW, H ••

P°^- Elektrode neg. Elektrode

^ ^

Ni-Drahtgewebe

Zellenbecher -

a b c d e f g h I k

-

AMPAnschliJsse Kunststoffdeckel Sicherheitsventil Innere Ableiter Kunststoffgehause positive Elektrode Scheider negative Elektrode Metallmantel Metallbodenscheibe

Bild 4-33. Sekundarelemente.

4.2.1.4. Elektrokinetische Vorgange Bewegt sich aufgrund entgegengesetzter Ladungsverteilung die feste Phase relativ zur fliissigen, so treten elektrokinetische Effekte auf, von denen zwei von besonderer technischer Bedeutung sind:

Elektrophorese (Bewegung kleinster Teilchen in einer Fliissigkeit aufgrund eines elektrischen Feldes) und Elektroosmose (Bewegung einer stromfuhrenden Fliissigkeit durch einen porosen Festkorper).

4.2. Ladungstransport in Fltissigkeiten und Gasen Im Gegensatz zur Elektrolyse findet eine Ladungstragerbewegung nur in einer Richtung statt (unipolare Wanderung). Bel der Elektrophorese (gr. phor, tragen) werden Teilchen kolloidaler GroBenordnung (10~^mm bis 10""^ mm) dispergiert, die sich gegeniiber dem Dispersionsmittel aufladen. In einem elektrischen Feld bewegen sich die Teilchen zur gegenpoligen Elektrode. Bild 4-34 zeigt, wie sich durch Elektrophorese feinste geladene Kieselgurteilchen (10~^ mm Durchmesser) auf einem metallischen Filtersieb niedergeschlagen haben. Solche kieselgurbeschichteten Metallsiebe dienen z. B. in Brauereien zur Bierfiltration. Im Vergleich zum mechanischen Anstromen von Kieselgur ist die elektrophoretisch aufgebrachte Schicht wesentlich gleichmaBiger. Ist die Filterschicht verbraucht, so kann durch Umpolen des elektrischen Feldes die verschmutzte Kieselgurschicht vom Metallsieb entfernt werden.

249

iiberall durchgesetzt. Als wesentliche Vorteile seien genannt: — Vollstdndiger Umgriff Beim Beschichten von Automobilkarossen werden zuerst die AuBenhautteile beschichtet. Diese isolieren sich bei hoherer Schichtdicke von selbst, so daB die elektrische Stromdichte von auBen nach innen in die Hohlraume wandert. — Unterwanderungsbestdndigkeit Die Unterwanderungsbestandigkeit der KTL-Materialien ist im Vergleich zu den ATL-Lacken um den Faktor drei besser. — Gute Haftung KTL-Lackschichten sind sehr gleichmaBig und haften mechanisch sehr fest auf der Phosphatierung. Bild 4-35 zeigt eine Kataphoreseanlage. In dem Tauchbecken befinden sich in Wasser geloste, positiv geladene Lackteilchen. Wird das metallische Werkstiick negativ und der Tauchbeckenrand bzw. geeignete Anoden positiv geladen, so wandern die Lackkolloide zum Werkstiick. Normalerweise betragt die Schichtdicke bei einer Spannung von 80 V bis 350 V und einer Beschichtungsdauer von 2 bis 43 Minuten etwa 10 |im bis 35 jim.

Bild 4-34. Elektrophoretisch abgeschiedene Kieselgur. Unterschiedliche Teilchen weisen verschiedene Wanderungsgeschwindigkeiten auf, so daB eine elektrophoretische Trennung von Substanzen moglich ist. Dies wird beispielsweise in der Biomedizin zur Analyse von Proteinen ausgenutzt. Das elektrophoretische Tauchlackieren (ETL) ist ein in der Automobilindustrie weit verbreitetes Verfahren zur Grund- und Einschichtlackierung von Karossen und Fahrzeugteilen. Man unterscheidet zwischen anodisch und kathodisch abgeschiedenen Lackmaterialien {ATL und KTL). Das KTL-Verfahren hat sich in den letzten Jahren fast

Bild 4-35. Kataphorese-Anlage. Werkphoto: DUrr Bei der Elektroosmose lauft der WanderungsprozeB umgekehrt ab. Ein poroser Korper wird beispielsweise von zwei entgegengesetzt geladenen Wassersaulen umgeben, wie es Bild 4-36 a zeigt. An den Porenwanden bilden sich entgegengesetzte Ladungen. So entstehen z. B. positive lonen, die auf ihrer Wanderung zum

250

4. Elektrizitat und Magnetismus

a) poroser Korp er

1

/

i.rz^^zn:rn — 1f

—

^

—

^^M

4

»

b)

© Porenwande

© ©

©

©

® ®

®

©

1 thermische Emission (GliJhemission)

1 Photoemission

1 elektrisches Feld

1

Feldemission

1 kinetische Energie

1

Sekundarelektronenemission

W^ erfordern, am Verlassen gehindert. Bild 4-37 zeigt, daB hierfiir die Zufuhr von kinetischer Energie in Form von Warme {thermische Emission), Licht {Photoemission) und elektrischer Energie {Feldemission) notig ist, oder daB kinetische Energie durch StoBprozesse bereits erzeugter Ladungstrager {Sekunddrelektronenemission) zugefiihrt werden muB.

r

©

Licht

B ild 4-3 7. Art en der Elektronenem ission.

1

+

1

1 Warme

JEmissionj 1

©

® ^

/ ^ ^ © 0 6 \© 0 /

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©•

Thermische Emission (Gliihemission) Durch Erwarmen der Gliihkathode nimmt die mittlere kinetische Energie der Elektronen an den Elektroden so stark zu, daB Elektronen austreten konnen. Die Abhangigkeit der Stromdichte / der austretenden Elektronen von der Austrittsarbeit W/^ und der Temperatur T beschreibt die Richardson-Gleichung (O. RICHARDSON, 1879 bis 1959):

Bild 4-36. Elektroosmose, schematisch.

negativen Pol noch hydratisierte Wasserdipole mitschleppen, etwa gemaB Bild 4-36 b. Auf diese Weise steigt der Wasserspiegel auf der rechten Seite und sinkt auf der linken. Mit Hilfe elektroosmotischer Wasserbewegungen konnen u.a. Mauerwerke oder Schlammassen entwassert werden. 4.2.2. Ladungstransport im Vakuum und in Gasen 4.2.2.1. Ladungstransport im Vakuum Fiir einen Ladungstransport im Vakuum (bei einem Druck von etwa 10"^ Pa bis 10""^ Pa) miissen freie Ladungstrager erzeugt werden. Dieser Vorgang wird Ladungstrdgerinjektion Oder Emission genannt. Von groBer praktischer Bedeutung ist die Elektronenemission. Elektronen sind im Metallverbund zwar leicht beweglich, doch werden sie an der Oberflache wegen der Anziehungskrafte der zuriickbleibenden Atomriimpfe, die die Austrittsarbeit

Die Richardson-Konstante A ist materialabhangig und liegt zwischen 10^A/(m^K^) (Wolfram) und lO^A/Cm^K^) (Metalloxide). Die ebenfalls werkstoffabhangige Austrittsarbeit H^A liegt zwischen 1 eV bei Metalloxiden und 5 eV bei Nickel (zum Begriff eV, Elektronenvolt, s. Abschn. 4.3.5.1, Gl. (4-105)). Photoemission Werden Lichtquanten mit der Energie W=hf (Abschn. 6.5.1.1) auf eine Metalloberflache gestrahlt, dann losen sich Elektronen aus dem Metallverbund, wenn die Energie der Photonen groBer als die Austrittsarbeit Wp^ ist. Diese Elektronen werden als Photostrom auBerhalb des Metalls registriert. Der Photostrom ist ein MaB fiir die Lichtintensitat. Als Kathode wird eine mit Cadmium, Casium oder Kalium verspiegelte evakuierte Glas-

4.2. Ladungstransport in Fliissigkeiten und Gasen

251

rohre verwendet, die bei Lichteinfall Elektronen zur ringformigen Anode aussendet. Die kinetische Energie H^kjn der freigesetzten Elektronen berechnet sich dann zu

Kathodenmaterials auf dem Leuchtschirm (Feldelektronenmikroskop, Bild 4-38).

Als Anode dient eine Glaskugel, die um die Kathodenspitze angeordnet ist und mit einer Leuchtschicht (ZnS) iiberzogen ist. Die von der Kathodenspitze emittierten Elektronen geben ihre kinetische Energie beim Aufprall auf die Anode als Lichtquanten ab. Dadurch entsteht ein Abbild der atomaren Struktur des

schieht die lonisation des Gases durch auBere Einwirkung, wie z. B. durch Bestrahlung mit UV-Licht, durch radioaktive Strahlung oder Rontgenstrahlung oder durch Warmezufuhr, so findet eine unselbstdndige Gasentladung statt. Bei einer selbstdndigen Gasentladung werden die Gase durch die Bewegung ihrer eigenen Molekiile selbst ionisiert, z. B. durch ihre kinetische Energie in starken elektrischen Feldern.

Sekundarelektronenemission Die kinetische Energie der bereits freigesetz(4-86) ten Elektronen kann wiederum die AustrittsW^, = hf-W^. arbeit W/^ liberwinden und nochmals Elektronen (Sekundarelektronen) freisetzen. Der SeInnerhalb bestimmter Grenzen ist in diesen kunddremissionsfaktor gibt an, wie viele SePhotozellen der gemessene Photostrom pro- kundarelektronen im Verhaltnis zu den Priportional zur Intensitat des Lichtes. Die Pho- marelektronen emittiert werden. Er liegt bei tozellen ersetzt man in zunehmendem MaB reinen Metallen bei 1, fiir Halbleiter zwischen durch Halbleiter-Photodetektoren (Abschn. 2 und 15. Durch geeignet angeordnete Elek9.4). troden (Dynoden), zwischen denen Beschleunigungsspannungen liegen, konnen sehr kleine Feldemission Strome rauscharm bis auf das lO'^fache verZur Uberwindung der Austrittsarbeit Wp^ be- starkt werden. Als Photo-Multiplier wird er darf es elektrischer Feldstarken von etwa zur Messung sehr kleiner Lichtintensitaten lO^V/m (Zusammenhang zwischen elektri- (sogar einzelner Lichtquanten) eingesetzt. scher Feldstarke E und Spannung U siehe Abschn. 4.3.4., Gl. (4-93)). Urn diese hohen 4.2.2.2. Ladungstransport in Gasen Feldstarken fiir verhaltnismaBig geringe SpanGase sind gewohnlich Nichtleiter. Um sie nungen (etwa 100 V) zu erzeugen, wird die elektrisch leitend zu machen, miissen entweder Kathode zu einer feinen Spitze geformt (RaLadungstrager eingebracht (Ladungstragerindius der Spitze etwa 10"^ m). jektion) oder die Gase ionisiert werden. Ge-

Unselbstandige Gasentladung Befindet sich ein ionisiertes Gas zwischen zwei Elektroden der Spannung U, dann ist der in Bild 4-39 typische Strom-Spannungsverlauf zu beobachten. Im Bereich I gilt das Ohmsche Gesetz. Die Gasionen stoBen auf dem Weg zur gegenpoligen Elektrode auf den Widerstand anderer Gasatome. Ferner konnen sie durch Anlagern an lonen entgegengesetzter Ladung wieder zu neutralen Gasatomen werden (Rekombination). Dieser Bereich wird daher Rekombinationsbereich genannt. Steigt die Spannung zwischen den Elektroden weiter, dann gelangen die Gasionen so schnell zur entsprechenden Elektrode, daB keine Rekombinationsprozesse mehr ablaufen konnen. Es Bild4-38. Monoatomarer Thorium-Film auf WolfflieBen also alle Gasionen ab. Der jetzt meBram.

252

4. Elektrizitat und Magnetismus

bzw. Spannung (bezogen auf den gleichen Druck) ionisiert werden. Die lonisierung lauft I" lawinenartig ab; jedes Ion ionisiert seinerseits ein anderes, das wiederum neue zu ionisieren vermag. Mit der lawinenartigen Zunahme der lonen — entsprechend einer Kettenreaktion — nimmt der innere Widerstand zwischen den Elektroden ab. Um den Strom zu begrenzen, muB man deshalb Vorwiderstande einschalten. Hierzu dient vielfach der induktive Wechselstromwiderstand einer Spule (Abschn. Sel
Bereich I

j Bereich

I Bereich

I III

4.2. Ladungstransport in Fliissigkeiten und Gasen a)

Astonscher Dunkelraum

anodischer Dunkelraum

Faradayscher Dunkelraum

n-T

Kathode

e-

Hittorfscher Dunkelraum

^

—

^

Glimm- Kathoden- Gllmmhaut licht saum

253

Anode

-€)

:i;

kathodisches Glimmlicht

positive Saule

^ anodisches Glimmlicht

b)

d)

Bild 4-40. Vorgdnge bei einer Glimmentladung.

stanten elektrischen Feld entnommen. Die positive Saule ist der langste leuchtende Teil einer Glimmentladung. Zwischen ihr und der Anode kann ein kleiner glimmender Bereich liegen {anodisches Glimmlicht). Unmittelbar vor der Anode ist ein Feldstarkeanstieg festzustellen, der von der negativen Raumladung der schnell abfliefienden Elektronen herrtihrt. Bogen- und Funkenentladung

FlieBen durch eine Gasentladungsrohre groBe Strome, dann werden die Elektroden sehr heiB. Die gluhende Kathode sendet sehr viele Elektronen aus, so daB die Leuchtstarke in der positiven Saule entsprechend groB wird. Dies ist eine Bogenentladung. Sie kann sowohl bei kleinem Druck {Vakuumbogenentladung) als auch bei hohem Druck (10^ Pa bis 10^ Pa in Hochdmcklampen) stattfinden. Rasch geloschte und deshalb nur kurz aufleuchtende Bogenentladungen werden Funkenentladungen genannt. Kathoden- und Kanalstrahlen

Wird in einer Gasentladungsrohre der Druck auf 10 Pa bis 1 Pa vermindert, so ist die

Wahrscheinlichkeit fiir StoBprozesse gering. Aus diesem Grunde konnen die Elektronen aus der Kathode das Feld nahezu ungestort und mit unverminderter Geschwindigkeit geradlinig durchlaufen. Diese Elektronenstrahlen werden Kathodenstrahlen genannt. Mit abnehmendem Druck werden zunachst die Dunkelraume groBer und die positive Saule verschwindet, bis eine Glimmerscheinung aus dem Hittorfschen Dunkelraum iibrigbleibt. Bei weiterer Druckabnahme hort die Glimmerscheinung auf und die Wande beginnen zu fluoreszieren. Wird statt einer massiven Kathode eine Lochplatte verwendet, dann setzt sich die Leuchterscheinung hinter der Kathode fort. Die durch das Kathodenloch hindurchtretenden positiven lonen werden Kanalstrahlen genannt. Da sie sich im feldfreien Raum bewegen, bleibt ihre Geschwindigkeit konstant. Die wichtigste Anwendung der Strahlung gliihender Korper ist die GlUhlampe. Bild 4-41 zeigt eine Ubersicht. Eine Anwendung der Entladungserscheinungen ist die Entladungslampe. Die gebrauchlichen Arten sind in Bild 4-42 zusammengestellt.

254

4. Elektrizitat und Magnetismus Gliihlampen

Vakuum

gasgefiiilt Normatdruck

gasgefijiit Oberdruck/Halogen

gasgefullt Dberdruck

Lj Argon (Ar + N2)

Krypton (Kr + N )

U Krypton (Kr + N2)

Xenon (Xe)

K r y p t o n (Kr)

Xenon (Xe) + CH2Br2, CBrCl3, I,

Leistung in W

bis 25

5 bis 2 000

10 bis 60

2,4 bis 10 000

Lichtausbeute in Im/W

bis 10

bis 25

bis 20

bis 40

Leuchtkorpertennperatur in K

2 000 bis 2 400

2 200 bis 3 200

2 500 bis 3 000

2 900 bis 3 400

Normen

DIN 49846 DIN 49851

DIN 49810 DIN 49812 IEC-Publ.64 DIN 49818

DIN 49841

DIN 49820 DIN 72601

Anwendungsbereiche

Allgemeinbeleuchtung Anzeigelampen

Allgemeinbeleuchtung Kfz-Lampen Photolampen

Eisenbahn- und Verkehrssignallampen (Niedervolt)

Allgemeinbeleuchtung Scheinwerfer Kfz, Photo, Studio, BiJhne

i DU 300

100

Bild 4-41. Art en der Gliihlampen.

Gliihlampen zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus:

Spannung

— Die Lichtausbeute ist groBer als bei Gliihlampen; — die Lebensdauer ist hoher als bei Gliih— Sie haben ein kontinuierliches Spektrum lampen, und (Temperaturstrahler); — das Farbspektrum ist durch Zusatze und — sie sind liber alle Spannungsbreiche ohne Leuchtstoffe beeinfluBbar. Vorschaltgerate betreibbar, und — sie sind sofort betriebsbereit (d. h. kein Bild 4-41 zeigt eine Einteilung der Gliihlampen, ihre besonderen Eigenschaften, ihre Ziindvorgang, keine Einbrennzeit). Normvorschriften und typische AnwendungsDie wichtigsten Vorziige von Entladungslam- bereiche sowie einige typische Bauarten. Das zugehorige Diagramm zeigt den Zusammenpensind:

4.2. Ladungstransport in Flussigkeiten und Gasen

255

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256

4. Elektrizitat und Magnetismus

hang zwischen Lichtstrom, Lichtausbeute und Lebensdauer in Abhangigkeit von der Spannung. Im gemeinsamen Schnittpunkt aller Kurven ist 100% Lebensdauer, Lichtstrom und Lichtausbeute bei 100% Spannung. Es wird besonders deutlich, daB eine Spannungsabsenkung um nur 10% eine merkliche Verlangerung der Lebensdauer bis zu 450% mit sich bringen kann, wahrend eine Spannungsiiberschreitung um 10% zwar eine Erhohung der Lichtausbeute um etwa 25%, dafiir aber eine Lebensdauerverringerung um 75% zur Folge hat. Je nach Fiillgas und Fiilldruck konnen Gliihlampen eingeteilt werden in Vakuumlampen, gasgefullte Lampen mit Normal- und Uberdruck sowie in gasgefullte Uberdrucklampen mit Halogenzusdtzen (Halogenlampen). Bei Lampen mit geringer Leistungsaufnahme (z. B. Allgebrauchsgliihlampen bis 15 W) sind Vakuumlampen infolge geringerer Verluste durch fehlende Warmeableitung uber das Fullgas im Vergleich zu gasgefullten vorteilhafter. Bei hoheren Leistungen kann dieser Warmeverlust durch hohere Temperaturbelastung des Leuchtkorpers ausgeglichen, die damit verbundene Erhohung der Verdampfungsgeschwindigkeit des Wolframs (Leuchtkorper) durch GroBe und Anzahl (Fiilldruck) der Gasmolekiile (inaktive Edelgase wie Argon (Ar), Xenon (Xe) oder Krypton (Kr)) reduziert und somit der SchwarzungsprozeB durch Wolframablagerungen an den kalten Lampenteilen (Kolben) verzogert werden. Halogenzusatze zum Fullgas in Form halogenierter Kohlenwasserstoffe oder Jod (I2) bewirken einen KreisprozeB zwischen den vom Leuchtkorper abdampfenden Wolframteilchen und dem Halogen. Bei Temperaturen um 250 °C (also in der Nahe der kalteren Kolbenwand) verbinden sich diese Wolframteilchen mit dem Halogen zu Wolframhalogeniden. Gelangen diese infolge der Konvektion wieder in Temperaturbereiche um 1500 °C (in Leuchtkorpernahe), so zerfalien diese Verbindungen wieder in Wolfram und Halogen. Damit stehen die freigewordenen Halogenbestandteile erneut zum KreisprozeB zur Verfiigung. Durch diesen KreisprozeB wird bewirkt, daB sich die abdampfenden Wolframteilchen nicht auf der kalteren Kolbenwandung niederschlagen, so daB eine Schwarzung

des Lampenkolbens wahrend der Lebensdauer weitgehend unterbunden wird. Halogengliihlampen konnen heute in Leistungsstufen zwischen 2,4 W und 10 000 W hergestellt werden. Halogenzusatze in Verbindung mit der Uberdrucktechnik ermoglichen in Relation zur herkommlichen Gliihlampentechnik auch bei Lampen mit hoher Leistung kleine Bauabmessungen sowie hohere Temperaturbelastungen des Leuchtkorpers oder alternativ hierzu langere Lebensdauern. Typische Anwendungsgebiete sind Fahrzeugscheinwerfer, Allgemeinbeleuchtung (z. B. Flutlichtanlagen, Effektbeleuchtung) und fiir Photo, Studio und Buhne. In Bild 4-42 sind die Entladungslampen in Glimm-, Niederdruck-, Spektral-, Hochdruckund Hochstdrucklampen eingeteilt, die entsprechenden KenngroBen zusammengestellt, die wichtigsten Normen erwahnt und hauptsachlichsten Anwendungsfelder aufgezeigt sowie einige Lampentypen schematisch.dargestellt. Bei den Entladungslampen werden beim Stromdurchgang Gase oder Metalldampfe (z. B. Quecksilber, Hg) angeregt. Die dabei aufgenommene kinetische Energie wird als Strahlung wieder abgegeben. Je nach Gas, Druck, Zusatzen und Leuchtstoffen konnen Lichtfarbe, der Lichtstrom und die Strahlungsintensitat beeinfluBt werden. Entladungslampen benotigen eine Ziindhilfe (z. B. Glimmstarter, Ziindelektrode oder Ziindgerat) und strombegrenzende Vorschaltgerate (VG), z. B. Drosselspulen, Streufeldtransformatoren oder elektronische Strombegrenzer. Infolge der geringeren Leistungsaufnahme bei gleicher Lichtemission (z. B. 9 W-Leuchtstofflampe statt 60 W-Gllihlampe) sowie wegen der hoheren Lebensdauer haben Entladungslampen in vielen lichttechnischen Anwendungen die Gluhlampen ersetzt.

4.2.3. Plasmastrome Ein Plasma besteht aus positiven lonen und negativen Elektronen groBer Dichte. Wegen der annahernd vollstandigen lonisation der Materie (bis zu 99%) wird der Plasmazustand auch als vierter Aggregatszustand bezeichnet. Ein Beispiel eines quasineutralen Plasmas (gleich viel positive wie negative Ladungstra-

4.3. Elektrisches Feld ger) ist die positive Saule einer Glimmentladung(Bild4-40a). Das physikalische Verhalten von Materie im Plasmazustand spielt vor allem in der Astrophysik und in der Kernphysik eine Rolle. Die Ladungstragerkonzentrationen liegen z. B. in der lonosphare bei 10^^ Ladungstragem je m^ in der Sternatmosphare bei 10^^ je m^ und im Sterninnern sogar bei 10^^ je m^ Diese hohen Konzentrationen warden durch extrem hohe Temperaturen (10 000 bis 30 000 K) verursacht. Die Atomkerne und die Elektronen werden bei einer Temperatur von 10^ K vollig voneinander getrennt, so daB es zu einer Atomkernverschmelzung (Kernfusion) kommen kann (Abschn. 8.8.4). Beim magnetohydrodynamischen Generator (MHD-G.) wird ein Plasmastrom durch ein transversales Magnetfeld geschickt. Ahnlich wie beim Hall-Effekt (Abschn. 4.4.3.2) werden positive und negative Teilchen getrennt, so daB eine elektrische Spannung auftritt. Dadurch wird thermische direkt in elektrische Energie umgewandelt.

Die Aluminiumofen sind in Reihe geschaltet, und an jedem liegt eine Spannung von 4,6 V. Jeder Ofen soil je Schicht (8 h) 100 kg Aluminium erzeugen (i* = 0,09321 mg/(As)). Wie groB muB die am Generator erzeugte Leistung sein? U 4.2-2: Ein Stahlzylinder (Lange / = 1,50 m; Radius r = 5 cm) soil galvanisch mit einer Schichtdicke ^=5-10""^ mm vernickelt werden (^i = 8,7kg/dm3; i* = 0,30415 mg/(As)). Welche Stromstarke ist dazu erforderlich, und wie lange muB das Werkstiick im Bad bleiben, wenn die Stromdichte j = 25 A/m^ nicht uberschritten werden darf ?

Zur Ubung tj 4.2-1: Fiir ein Aluminiumwerk mit 20 Schmelzofen steht in einer Entfemung von 500 m ein Generator eines Kraftwerks, der diese mit Strom versorgt. Die Verbindungsleitungen bestehen aus Kupfer (^cu = 0,018 f^ • mm Vm; Querschnitt A = 64 cm^).

4.3. Elektrisches Feld 4.3.1. Allgemeiner Feldbegriff In der Physik tritt die Bezeichnung Feld in verschiedenen Zusammenhangen auf (z. B. in Abschn. 2.11.3.1). Ein Feld ist allgemein eine physikalische GroBe Z, die nicht nur in einem einzigen Punkt, sondern im gesamten Raum wirksam und damit meBbar ist. Ein Feld kann daher mathematisch beschrieben werden: Z=Z{x,y,z\t).

abhangig

•Temperaturfeld T

•Gravitationsfeld

Richtung

•Stromungsgeschwindigkeit v einer Fliissigkeit

/ Feld Z =

• magnetisches Feld H

Z{x,y,z;t)

X homogen

Ort

inhomogen

/ Zeit

•laminare Stromung In einem Rohr

Bild 4-43. Einteilung der Felder.

—

r / i\ 1

• magnetisches Feld (Spule)

stationar

|

Vektor

Skaiar

•elektrisches Feld (Plattenkondensator)

(4-87)

Bild 4-43 zeigt, daB Felder eingeteilt werden konnen je nach ihrer Unabhangigkeit bzw. Abhangigkeit von bestimmten GroBen:

1 1

unabhangig

/ l\ '

257

\

instationar

258

4. Elektrizitat und Magnetismus

- Richtung Richtungsunahhdngige Felder sind skalare (z.B. Temperaturfelder) und richtungsabhdngige sind Vektorfelder. - On Im allgemeinen Fall sind die Felder abhdngig vom On (inhomogen). Nur in Spezialfallen sind sie unabhdngig vom On {homogen), z.B. das elektrische Feld zwischen den Flatten eines Plattenkondensators oder das magnetische Feld im Innern einer langgestreckten Spule. - Zeit Zeitunabhdngige Felder werden stationdr (z.B. laminare Stromung durch ein Rohr) und zeitabhdngige Felder instationdr genannt. 4.3.2. Beschreibung des elektrischen Feldes Aus Abschn. 4.1 geht hervor, da6 eine der Ursachen fur elektrischen Kraftwirkungen die Ladungen sind. Diese elektrische Krafte lassen sich nach dem Coulombschen Gesetz (Gl. (4-2)) berechnen (nicht fiir zeitlich sich andernde

d)

Bild 4-44. Feldlinienbilder.

Felder). Sie wirken nicht nur im Ort der Ladung selbst, sondern auch in deren Umgebung. Es ist deshalb ein elektrisches Feld vorhanden: Das elektrische Feld wird mathematisch durch ein Vektorfeld beschrieben. Es riihrt von (an den Feldgrenzen) sitzenden elektrischen Ladungen her und beschreibt die Wirkungslinien der elektrischen Krafte in Betrag und Raumrichtung. Als anschauliches Hilfsmittel verwendet man hierfiir den Begriff elektrische Feldlinien. Die elektrischen Feldlinien weisen folgende Eigenschaften auf: — Sie beschreiben die elektrischen Kraftwirkungen: • die Tangente an die Feldlinie gibt die Kraftrichtung an; • die Kraftwirkungen sind eindeutig, d.h. die Feldlinien schneiden sich nicht; • die Dichte der Feldlinien gibt Anhaltspunkte fur die Starke der Kraftwirkungen an verschiedenen Stellen; — sie besitzen einen Anfang (positive Ladung) und ein Ende (negative Ladung).

4.3. Elektrisches Feld Dies bedeutet, daB es keine in sich geschlossenen Feldlinien gibt. Die Richtung von positiver zu negativer Ladung ist willkiirlich festgelegt; - positiv geladene Korper werden in Richtung der Feldlinien beschleunigt, negativ geladene den Feldlinien entgegen; - da auf metallischen Leitern die Elektronen frei beweglich sind, werden sie solange verschoben, bis keine tangentiale Kraftkomponente mehr vorhanden ist. Dies bedeutet, daB auf elektrischen Leitern die elektrischen Feldlinien senkrecht stehen; - befinden sich metallische Korper im elektrischen Feld, so sitzen die Ladungen immer an der Oberflache. Dies bedeutet, daB das Innere von metallischen Korpern immer feldfrei ist, wie es in Bild 4-44 f angedeutet ist. Mit metallischen Umhiillungen konnen deshalb elektrische Felder abgeschirmt werden {Faradayscher Kdfig). Bild 4-44 zeigt den Verlauf der elektrischen Feldlinien fur eine positive Ladung (a), fiir zwei gleich groBe, entgegengesetzte Ladungen (b), fiir zwei gleich groBe gleichnamige Ladungen (c), fiir zwei gleich groBe Metallplatten (d), fiir eine Metallplatte und eine Metallspitze (e) und fiir einen Metallrahmen zwischen zwei Metallplatten (f).

4.3.3. Elektrische Feldstarke und Kraft Wird in ein elektrisches Feld eine punktfbrmige Priifladung Q gebracht, so spiirt diese eine Kraft F. Der Quotient aus der Kraft F und der Priifladung Q wird elektrische Feldstarke E genannt: F E=— . Q

(4-88)

Die MaBeinheit ist 1 N/C = 1 V/m. Die elektrische Feldstarke ist ein Vektor in Richtung der Kraft. Die Definition der elektrischen Feldstarke E als Kraft je Probeladung erfolgt analog der Gravitationsfeldstarke G (Gravitationskraft pro Masse, Abschn. 2.10.3). Fiir die Kraft im elektrischen Feld ergibt sich aus Gl. (4-88)

F=EQ.

259

(4-89)

Am Beispiel einer Punktladung kann der Zusammenhang zwischen Feldstarke und Kraft gut gezeigt werden. Nach dem Coulombschen Gesetz (Gl. (4-2)) gilt F=

1 QiQi >o. 4 71 eo

Fiir die Feldstarke E der Punktladung Qi am Ort der Priifladung Q2 folgt nach Gl. (4-88)

Dabei ist r der Abstandsvektor des Aufpunktes von der felderzeugenden Punktladung Q^. Die elektrische Feldstarke £'(Po) am Ort PQ einer Priifladung errechnet sich bei n Ladungen 2 i , Q2 bis Q^zu E(Po) =

1 4nSn Qi y3 ' 1 0 '10

+ ^1-20 + . . . +

e„

'20

Dabei ist r^^ der Abstand der «-ten Ladung vom Ort der Priifladung. Die Feldlinien gehen strahlenformig (radial) von der Punktladung aus (Bild 4-44 a) oder fuhren zu ihr hin, und die Feldstarke nimmt quadratisch mit der Entfemung von der Punktladung Qi ab. In inhomogenen Feldem (Ubersicht Bild 4-43) ist die elektrische Feldstarke und damit die Kraftwirkung in unterschiedlichen Raumpunkten verschieden groB. In homogenen Feldern dagegen, z.B. zwischen zwei geladenen parallelen Platten (Bild 4-44 d), ist die elektrische Feldstarke und folglich die Kraft iiberall gleich groB. Fiir die Spannung U zwischen den Platten gilt: U = ^Eds. Fiir homogene Felder ergibt sich U = E'd, oder fiir die elektrische Feldstarke E

260

4. Elektrizitat und Magnetismus

Diese Beziehung beschreibt als Spezialfall die elektrische Feldstarke E zwischen zwei geladenen Flatten (Plattenkondensator) vom Abstand d. Fiir den allgemeinen (inhomogenen) Feldfall jedoch muB man auf Gl. (4-88) zuriickgreifen. Beispiel 43-1: An den Eckpunkten eines Quadrates mit der Seitenlange von 10 cm befinden sich gleiche Ladungen gl bis Q^ von je 5 • 10~^ C, wie es Bild 4-45 verdeutlicht. Ermitteln Sie mit einem Rechenprogramm die Feldstarke E (Betrag und Richtung) im a) LADUHG Ql= -9.0i?90ei05C LADUNG Q2= -0.00900050 LADUHG Q3= -0.0000005C LADLING Q4= -0.0000005C AESTAND Ii= 0.01»*1 FAKTOR (R>= 1. HARSTELLUNG:

ERGEBNIS: E-PELD IM PUNK! P= 0'. V/M KEIN ;JIMKEL

c) LADLING Ql= -0.0000005C. LADIJNG Q2= 0.0000005C LADLING 03= -0.00008050 LADLING Q4= 0.0000005C ABSTAMD D= 0.01M FAKTOR ( R ; ' = 1. DARSTELLUNG:

-. . . . + ERGEBNIS: E-FELD IM PUNKT P= 25432*^643. V/M WINKEL= 90.GRAD

e) LADUHG Q1.= LADUHO G2^ LADUNC 83= LABUHG Q4= ABSTAHB D-

b) LADLING Ql= -0.09000050 LA.DUHG Q2= -0.00009050 LADUNG Q3= 0.99900050 LADUNG Q4= 9.99900950 ABSTAND D= 0.91M FAKTOR (R>= 1. DARSTELLUNG5

ERGEBNIS: E-FELD VA PUNKT 254326643.V/M WINKEL= 9.GRAD

d) LADUNG Ql= -9.00900050 LADUNG Q2= -0.00990050 LADUNG Q3= 9.00090950 LADUNG Q4= -9.90000050 ABSTAND D= 0.01M FAKTOR (R)= 1. DARSTELLUNG:

ERGEBNIS: E-FELD Itl PUNKT P = 179836993.9V/M WINKEL= 315.GRAD

-l.C 2.C 5„C --1.5C 1980.M

IIARSTELLUHG;

ERGEBI^IS: E-FELJ) IH PUHKT P= 54695.3126BV/H W1HKEL= 3e5.537677aGRftD

Bild 4-45. Rechnerausdruck der Losungen yon Beispiel 43-1.

Mittelpunkt P des Quadrates fiir folgende vier Ladungsanordnungen:

a) b) c) d)

Qx

Qi

Qi

04

-

+ -

-h +

+ + -

Fassen Sie das Programm so ab, dal3 beliebige Ladungen in den Eckpunkten sitzen konnen und die Ladungsabstande unterschiedlich sein konnen. Losung: Fiir die Feldstarke E der Punktladung gj am Ort P gilt nach Gl. (4-90) ^Q,Pl

47r.o(|-y2)'

D 8 TT £o

D ist der Ladungsabstand. Durch Vektoraddition werden alle vier elektrischen Feldstarken (herriihrend von den vier Ladungen) im Punkt P addiert und ergeben die resultierende Feldstarke E am Ort P in Betrag und Richtung. Im Programm werden die Ladungen Qi bis Q^ und der Ladungsabstand D eingegeben. Ausgegeben werden eine kurze Darstellung des Problems und der Vektor der elektrischen Feldstarke E im Punkt P in Betrag und Richtung. Die Richtungsangabe erfolgt in Grad, 0° bedeutet die Linie senkrecht nach oben. Der Winkel wird in mathematisch positiver Richtung groBer. Bild 4-45 zeigt den Ausdruck fiir die Falle a) bis d) sowie fiir eine beliebige Ladungseingabe (Fall e). Man erhalt folgende Ergebnisse: Fiir den Fall gleicher Ladungen (Fall a)) gibt es keine Feldstarke im Punkt P. Im Fall b) herrscht eine Feldstarke von 2,54 • 10^ V/m senkrecht nach oben (Winkel gleich 0°). Im Fall c) herrscht dieselbe Feldstarke, um 90° verschoben, und im Fall d) betragt die Feldstarke 1,79-10^ V/m in einem Winkel von 315°. Im allgemeinen Fall e) seien als Ladungen eingegeben: e , = - l C , e2 = 2C, 23 = 5 0 und e4 = - l , 5 C sowie ein Ladungsabstand von 1000 m. Man erhalt eine Feldstarke von 5,46 • 10"^ V/m und einen Winkel von 305,53°.

4.3.4. Elektrische Feldstarke und elektrostatisches Potential Um eine positive, punktformige Probeladung Q im elektrischen Feld vom Punkt A nach

4.3. Elektrisches Feld

261

Gl. (4-90) die Spannung zwischen den Punkten AundB 1 ^A«

=

1

(4-94)

47180

Wird die Probeladung Q vom Unendlichen (^A = oo) zum Punkt B gefuhrt, dann ist die Spannung zwischen unendlich und Punkt B U^

Bild 4-46. Verschiebung von Ladung im elektrischen Feld.

(PB = -iEds

^ooB

=

A

Daraus ergibt sich Oder

- ^AB = (PB-(PA

Wegen des Energieerhaltungssatzes muB diese Verschiebungsarbeit unabhangig vom Weg von A nach B (z. B. © oder (D in Bild 4-46) sein, so daB gilt A

(4-96)

= ^(P '

(4-92)

^AB = - G j ^ ^ ^ .

Somit schreibt man fiir den Zusammenhang zwischen Ladungsverschiebearbeit Wj^, Spannung C/AB? Potentialdifferenz A^ und elektrischer Feldstarke E

A

\Eds+\Eds=§Eds

(4-95)

Die elektrische Spannung U/^ zwischen zwei Punkten A und B eines elektrischen Feldes laBt sich durch Kombination von Gl. (4-93) und (4-94) als Differenz der elektrischen Potentiale cp^ und ^A darstellen, wie Bild 4-47 zeigt:

B

B

4n8or^

Sie hangt also nur von der Lage des Punktes B im elektrischen Feld ab. Als elektrisches Potential cp^ des Punktes B wird bezeichnet:

Punkt B zu verschieben (Bild 4-46), muss gegen die Feldkraft F = QE eine Verschiebungsarbeit verrichtet werden:

B ^AB = -^QEds

iEds =

^AB

= {),

= U^^ = -Acp=iEds.

(4-97)

B

d.h., die Aufsummierung aller skalaren Produkte £• d5 (= I £• I • I d51 • cos {E, ds)) entlangFiir sehr kleine Verschiebungen ist eines geschlossenen Weges muB null sein. d^ = - £" d5 = - I £" I • I d51 cos (£", ds). Der Quotient aus negativer Verschiebungsar^. beit Wj^^ und Ladung Q ist die elektrische Spannung Uj^^ zwischen den Punkten A und B. I

^B B

U,^ = - ^ Q

J

_

= JEds. A

(4-93)

Wird im Feld einer Punktladung 2i eine positive Probeladung Q vom Ort A (r^) zum Ort B (^B) verschoben, so ist mit Hilfe von

^AB|

^^S,^^^A

c!^ ^1

'B

''A

'

Bild 4-47. Elektrostatisches Potential und Spannung zwischen zwei Punkten.

262

4. Elektrizitat und Magnetismus

Findet diese sehr geringe Verschiebung in Feldrichtung statt (cos(£', ds) = 1), so gilt

tialunterschied ist null (A^ = 0). Dann folgt nach Gl. (4-98) 0 = Eds= \E\ |d5|cos(£',d5).

Oder fiir die raumlichen Komponenten des Feldes , J(2?

dw

do) ,

(4-101)

Das Skalarprodukt Eds wird null, wenn die beiden Vektoren senkrecht aufeinander stehen, wie es Bild 4-48 zeigt (dann ist cos (E ds) = 0), so daB gilt £" _L d5. In der Zeichenebene entsprechen den Aquipotentialflachen die Aquipotentiallinien. Aquipotentiallinien^

\ Gl. (4-99) kann auch mit dem Vektoroperator Gradient

Feldlinien

gra d = - — I + - - y + - - A T ox oy oz formuliert werden: E = — grad cp.

\

(4-100)

Folglich kann man die Komponenten des elektrischen Feldes durch die Potentialanderung in den entsprechenden Richtungen bestimmen. Das Minuszeichen besagt, da6 der Vektor E in Richtung abnehmenden Potentials zeigt (entsprechend der Feldrichtung von + nach —). Der Vektor E zeigt dabei in Richtung der maximalen Anderung des Potentials (p. Ein Vergleich von Gl. (4-97) und (4-100) zeigt: - Wird dem Punkt oo das Potential 0 zugeordnet, dann erhalt man das Potential des Aufpunktes P durch Integration der elektrischen Feldstarke auf dem Weg von P nach oo. Das Ergebnis ist unabhangig vom genauen Verlauf des Weges. - Aus dem elektrostatischen Potential (p lafit sich durch Anwendung des Vektoroperators Gradient die elektrische Feldstarke E (bzw. deren Komponenten E^, Ey und E^) errechnen (Gl. (4-99) bzw. (4-100)). - Beide Beschreibungsweisen des elektrischen Feldes, also durch die elektrische Feldstarke E und andererseits durch das elektrostatische Potential cp, sind gleichberechtigt. Aquipotentialflachen Auf Aquipotentialflachen herrscht immer gleiches Potential (^ = konstant), d.h. der Poten-

Bild 4-48. A quipotentiallinien und elektrische FeldliDiese Aussage bedeutet: - Wird die Ladung auf den Aquipotentiallinien verschoben, so ist aufgrund Gl. (4-97) die Verschiebungsarbeit H^AB = 0. — Die elektrischen Feldlinien stehen immer senkrecht auf den Aquipotentiallinien. Da die elektrischen Feldlinien ihrerseits immer senkrecht auf den metallischen Oberflachen stehen, sind die Oberflachen von metallischen Leitern immer Aquipotentialflachen. Die Bewegung geladener Teilchen im elektrischen Feld la6t sich gut mit der reibungsfreien Bewegung von Wasserteilchen in einer bergigen Landschaft vergleichen. Dies ruhrt u.a. von der Ahnlichkeit der Gravitationskraft mit der elektrostatischen CoulombKraft her. Wie Bild 4-49 zeigt, ist der Verlauf des elektrostatischen Potentials einem Gebirge vergleichbar, in dem die Aquipotentiallinien den Hohenlinien (Linien gleicher potentieller Energie) entsprechen. Wie die Wasserteilchen senkrecht zu den Hohenlinien in Richtung des Gefalles reibungsfrei nach

4.3. Elektrisches Feld

Kraft

Gravitationsfeld

elektrisches Feld

Massenanziehungskraft (Gravitationskraft)

Ladungsanziehungskraft (Coulombkraft)

Fe, = Q E ; E = ^'^

263

^

m

Energie

^Gr

Potentialanderung

d^^Gr = - Srd K

dv^ei

Potentialinien

Linien gleicher potentieller Energie (Hohenlinien)

Linien gleichen elektrischen Potentials (Aquipotentiallinien)

^e, = Q^e,

=^'/'Gr

1

=-^dK

E= - grad ^^^ Teilchenbeschleunigung

Veranschaulichung

senkrecht zu den Hohenlinien in Richtung des steilsten Abfalls

Fallinien

\

senkrecht zu den Aquipotentiallinien in Richtung der groBten Potentialanderung

^,/^Z^'^^i><^

Feldlinien

Aquipotentiallinien ^ —

Hohenlinien

.

Bild4-49. Vergleich Gravitationsfeld- elektrisches Feld.

unten laufen, so werden die Ladungen senkrecht zu den Aquipotentiallinien beschleunigt. In Richtung des steilsten Abfalls sind die Hohenlinien wie die AquipotentiaUinien dicht gedrangt, und dies ist die bevorzugte Bewegungsrichtung. Wegen dieser Eigenschaft, daI3 die elektrischen Feldlinien immer senkrecht zu den Linien gleichen Potentials stehen, ist es hauflg weniger aufwendig, aus den Linien gleichen Potentials - die leicht zu messen sind - die elektrischen Feldlinien (die schwieriger zu messen waren) zu ermitteln. In der Praxis setzt man dazu Aquipotentiallinienschreiber ein; hierbei zeichnet man die Leitergeometrien mit Leitsilber auf Widerstandspapier und ermittelt bei angelegter Spannung zwischen den Leitsilberlinien die Linien gleicher Spannung mit einem Voltmeter. Bild4-50 zeigt einen automatisch arbeitenden Aquipo-

Bild4-50. Automatischer Aquipotentiallinienschreiber.

tentiallinienschreiber, der mikroprozessorgesteuert die Linien gleicher Spannung selbsttatig abfahrt und programmgesteuert die Aquipotentiallinien ermittelt, sie sofort mit Schreiber aufzeichnet und iiber ein Compu-

264

4. Elektrizitat und Magnetismus

Bild 4-51. A quipotentiallinien und elektrische Feldlinien an einer metallischen Spitze. terprogramm gleichzeitig die elektrischen Feldlinien registrieren kann. Bild 4-51 stellt die Aquipotentiallinien bzw. die elektrischen Feldlinien zwischen einer ebenen Platte und einer metallischen Spitze dar. Es wird deutlich, wie dicht die Aquipotentiallinien Oder wie stark das elektrische Feld Oder die elektrischen Krafte in unmittelbarer Umgebung der Spitze sind. Es kann gezeigt werden, daB die Feldstarke — umso groBer ist, je kleiner der Spitzenradius ist, und — kaum von der Geometric der Gegenelektrode beeinfluBt wird. Die hohe elektrische Feldstarke und damit die groBen elektrischen Krafte um metallische Spitzen nutzt man in der Technik — beim Blitzableiter, — im Geigerschen Spitzenzahler zum Nachweis ionisierender Strahlung (Abschn. 8.8.1.4) und — Im Feldelektronenmikroskop zwecks Untersuchung atomarer Strukturen (Abschn. 4.2.2.1). Beispiel

Bild 4-52. Zu Beispiel 4.3-2. Eine duBere Kraft F bewegt eine Ladung Q aufdem Weg ABC. Die Punkte B und C haben gleiches Potential, da die Feldstarke E senkrecht zum Wegelement d/ steht, so daB £" d/ = 0 wird. Es handelt sich also um die Aquipotentiallinie (BC), so daB gilt t/^c = U^^ = Ed. 4.3.5. Bewegung geladener Teilchen im elektrischen Feld 4.3.5.1. Grundlegende Betrachtungen Fin elektrisch geladenes Teilchen (z. B. ein Elektron oder ein Proton) wird im elektrischen Feld der Feldstarke E wegen der elektrischen Kraft FQ\ = QE in Feldrichtung beschleunigt, so daB das Teilchen mit der Masse m nach dem Newtonschen Grundgesetz der Dynamik eine Beschleunigung erfahrt: FQI

=

ma,

QE= m a.

4.3-2: Eine Ladung Q wird mit konstanter Geschwindigkeit vom Punkt A zum Punkt C uber die Strecke ABC bewegt (Bild 4-52). Berechnet werden soil die Potentialdifferenz zwischen den Punkten C undA(^Ac)-

Daraus ergibt sich die Beschleunigung

Losung:

Ist das elektrische Feld homogen, so durchlauft ein geladenes Teilchen eine Bewegung mit konstanter Beschleunigung. Deshalb nimmt die kinetische Energie ^km standig zu, und zwar auf Kosten der potentiellen Energie, d. h. des Potentialunterschieds entlang des Beschleunigungswegs. Nach dem Energieerhaltungssatz gilt

^

Nach Gl. (4-97) gilt UJS£ = -]E<M. sich A B ^ B ^AB = - j £• COS a d / = - ^ j d / = A y2 A V F

= -—l = |/2 1/2

--]fid=Ed.

Somit ergibt

a = — E.

(4-102)

4.3. Elektrisches Feld

\m{v'-vl)

= QU.

(4-103)

Hierin ist WQ die Ruhmasse des Teilchens und c die Vakuumlichtgeschwindigkeit. Es gilt nach Gl. (10-16) fiir die kinetische Energie E]an = fnc'^- moc^. Eingesetzt in Gl. (4-104) resultiert QU = (m-mo)

Man erkennt, da6 die kinetische Energie proportional zur durchlaufenden Beschleunigungsspannung U zunimmt. Falls die Anfangsgeschwindigkeit VQ = 0 ist, setzt man an

E^n-^mv^^QU.

(4-104)

=

1 Elektronenvolt (eV) = 1,60219 • 10"^^ J. (4-105) AuBer der Einheit eV werden auch andere groBere Einheiten verwendet:

lMeV == 10^eV = 1,60219- 10- ^^J, 1 GeV == 109eV = 1,60219 10(4-106) Aus Gl. (4-104) laBt sich die Endgeschwindigkeit geladener Teilchen berechnen:

-M

2QU

\y

(4-108)

•-1

1-1-

(A l^Q^

\

v= c \

Beispiel 4.3-3: Fiir ein Elektron (Ruhemasse Wo = 9,ll • 10~^^ kg) sollen anhand eines Programms fiir einen Taschenrechner fiir die durchlaufenen Spannungen von 1 V bis 10'^ V (in 10 V-Schritten) die Elektronengeschwindigkeit v, die Elektronenmasse m sowie die relative Massenzunahme m/rriQ errechnet werden. Bei wieviel eV ist die Elektronenmasse im Vergleich zur Ruhemasse um 5%, 10%,..., 100% groBer? Zeichnen Sie v in Abhangigkeit von U im klassischen und im relativistischen Fall auf Losung: a) Es sind folgende Beziehungen zu verwenden: Wo = 9,ll-lO-^^kg; ^=1,602-10-19C; c =2,998 • 10^ m/s. Fur ein Elektron gilt weiterhin die Elektronengeschwindigkeit (klassisch) ?;J = 5,93-I05l/777V m/s.

(4-110)

(4-107)

m

Gl. (4-103) bis (4-107) sind nur fur kleine Geschwindigkeiten gultig. Fur sehr schnelle fliegende Teilchen (ab etwa 10% der Vakuumlichtgeschwindigkeit c\ bei Elektronen schon bei der relativ kleinen Spannung von 2500 V) ist der relativistische Massenzuwachs spurbar (Abschn. 10.4): mo

fTi

moc"

c 1

und fur v errechnet sich nach Gl. (4-108)

In der Atom- und Kemphysik (Abschn. 8) werden die Energien von Elementarteilchen ublicherweise in Elektronenvolt (eV) gemessen: Ein Elementarteilchen mit der Elementarladung ^ = 1,60219 • 10"^^ As erhalt beim Durchlaufen einer Potentialdifferenz von 1 V eine Energiezunahme von

265

relativistisch i;J=2,998 10^

F=

1 m/s, ,957-10-6 t//V+1)2

9,11- 10-31 kg

m rriQ

2,998-1lO^m/s 1

][7- 2,998-10'm/s

(4-111), (4-112)

(4-113)

266

4. Elektrizitat und Magnetismus

b) Bild 4-53 zeigt die Abhangigkeit der Elektronengeschwindgkeit von der Spannung im klassischen bzw. im relativistischen Fall: Die Geschwindigkeit nach der klassischen Formel wiirde ab 10^ V sehr schnell ins Unendliche anwachsen, wahrend sie im relativistischen Fall in die Gerade v^i = c einmundet.

, 2.0E+0e

— in x-Richtung eine Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit t'ox und — in y-Richtung eine Bewegung mit konstanter Beschleunigung ay = e E/m^ (Gl. (4-102)) erfolgt. (Die Gravitationskraft kann im Vergleich zur Feldkraft vernachlassigt werden.) Daraus errechnet sich eine Geschwindigkeit in >^-Richtung von Vy = Uy t. Analog zum waagrechten Wurf erhalt man fiir die Bewegung in x-Richtung x = t'ox ^ tind in

h

>^-Richtung y = > 1.0E+0B

h

1,0E0

1.0E2

1.0E4 U in

1.0E6 VoU

1.0E8

i.0E10

Bild 4-53. Abhangigkeit der Elektronengeschwindigkeit von der Spannung im klassischen und relativistischen Fall.

1 ^ ^ayt'^ 2 '

eE ^ 2m^

Durch Eliminieren von / ergibt sich die Bahngleichung (s. waagrechter Wurf, Gl. (2-17) in Abschn. 2.2.2.3): y-

Oder

2Vr eE

4.3.5.2. Bewegung eines geladenen Teilchens quer zum elektrischen Feld Es sei angenommen, da6 Elektronen mit einer Geschwindigkeit von

r We

(4-114)

2 m, i'o\

(4-107)

in ein homogenes Querfeld E einstromen. Dieses Feld kann durch einen Plattenkondensator der Plattenlange / und dem Plattenabstand d erzeugt werden. Dies geschieht u.a. beim Elektronenstrahl-Oszilloskop (Abschn. 4.3.5.4) und ist schematisch in Bild 4-54 dargestellt. Die Bahnkurve des Elektrons entspricht der eines waagrechten Wurfes (Abschn. 2.2.1.3), da

Da fiir die elektrische Feldstarke im Kondensator £'=6^Kond/^ gesetzt werden kann und I'ox = 2e UJmQ ist, erhalt man

v=

^Kond 2 ; X .

(4-115)

Fiir den Ablenkwinkel (p gilt Vy

tan (p = —^ =

e E

t.

(4-116)

Bild 4-54. Flugbahn eines Elektrons im homogenen elektrischen Querfeld.

4.3. Elektrisches Feld

267

Wegen t = UVQ^ gilt nach Verlassen des Feldes tan (p =

eEl

(4-117) F„, = e E

Mit der Gl. (4-91) fiir E und Gl. (4-107) fur v^T^ erhalt man I ^Kond

tan (p =

(4-118)

Fiir die Ablenkung aus der Flugrichtung nach Verlassen des Feldes bedeutet dies:

K?

I

f

Bild 4-55. Bewegung eines geladenen Teilchens parallel zum elektrischen Feld. 4-49). Die konstante Beschleunigung des Protons errechnet sich nach Gl. (4-102) zu eE a= .

— Je groBer / (oder die Flugdauer t), desto mp groBer die Ablenkung; Es ergeben sich die bekannten Beziehungen - j e groBer die Kondensatorspannung C/Kond der Mechanik fiir den freien Fall, wenn anoder die Feldstarke E = f/Kond/d? desto stelle von g der obige Ausdruck fur a gesetzt groBer die Ablenkung und wird: v = at, — je groBer die Anodenspannung U^, (oder die Geschwindigkeit v), desto kleiner die AbeE v= 1. lenkung. (4-120) mp Wenn sich im Abstand s von der Kondensatormitte ein Auffangschirm befindet, dann kann die Ablenkung b (Bild 4-54) berechnet Fiir den Weg gilty = jat-^. werden gemaB 1 eE t\ (4-121) y = 2 mp Mit den Beziehungen fiir J^A (Gl. (4-114)) und tan (p (Gl. (4-117)) ergibt sich fiir den Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit, Beschleunigung und Weg v = ]/2ay. eE eEl b= 2 ^' + (^-4)2 2 m e l^ox ^ e i^ox 2eE eEl (4-122) -y . 2 (i + ^- i), mp m^v,

Y

4.3.5.3. Bewegung eines geladenen Teilchens parallel zum elektrischen Feld Als Beispiel sei ein positiv geladenes Teilchen gewahlt, ein Proton mit der Masse mp und der Ladung -\-e. Wie Bild 4-55 zeigt, entspricht die elektrische Kraft FQ\ = e E der Gravitationskraft FQ^. = m g (S. dazu auch Bild

4.3.5.4. Elektronenstrahl-Oszilloskop In der sogenannten Braunschen Rohre des Elektronenstrahl-Oszilloskops (F. BRAUN, 1850 bis 1918) flieBen die aus der Heizkathode austretenden und durch die Anodenspannung beschleunigten Elektronen nicht uber die Anode zuriick, sondern treten aufgrund ihrer Tragheit durch das Anodenblech hindurch und treffen am anderen Ende der Rohre auf eine lumineszierende Substanz (z.B. Zinksulfid) auf, die durch die Energieabsorption der auftreffenden Elektronen zum Aussenden von sichtbarem Licht angeregt wird. Zur Horizontal- und Vertikalablenkung des Elektro-

268

4. Elektrizitat und Magnetismus

Bildschirm

Gluhkathode

zu messende GroKe

Kippspannung

4.3.5.5. Bewegung elektrisch geladener Korper in einer Flussigkeit und im elektrischen Feld Es sei angenommen, daB sich in einem senkrechten elektrischen Feld ein geladener Korper in einer Flussigkeit befindet. Es wirken auf ihn drei Krafte, wie Bild 4-58 a zeigt: die des elekrischen Feldes Fgb die Auftriebskraft ^Auftrieb und die Gewichtskraft FQ. Wird das elektrische Feld so eingestellt, da6 der geladene Korper schwebt, dann muB die Summe aller auBeren Krafte gleich null sein (X ^au6en = 0): (4-123)

^el + ^Auftrieb + ^ G = 0 .

Bild 4-56. Braunsche Rohre, schematisch.

nenstrahls dienen um 90° versetzt angeordnete Ablenkkondensatoren. Bild 4-56 lafit das Prinzip des Aufbaus erkennen. In Bild 4-57 wird als Beispiel die Schaltung zur Messung der Strom-Spannungs-Kennlinie eines spannungsabhangigen Widerstandes (VDR) gezeigt. Die horizontale Ablenkung (x) wird von der am VDR-Widerstand abfallenden Spannung bestimmt, wahrend die vertikale Ablenkung (y) einer Spannung entspricht, die dem StromfluB durch den VDRWiderstand proportional ist. Bei der Messung eines Spannungssignals wird die zu messende Spannung an die Vertikalplatte angelegt; an der Horizontalplatte befindet sich in diesem Fall eine zeitlich einstellbare, interne Sagezahnspannung {Kippspannung). Wird die zeitliche Ablenkung (von links nach rechts) synchron zur Ablenkung der zu untersuchenden MeBgroBe geschaltet (getriggert), dann entsteht auf dem Schirm ein stehendes Bild.

Schwebezustand ^e,

+

^-'u^ QE +

y^.f^.,>,^=0

Auftrieb

VFI^

Ladung Q-^K^
(4-134)

=0

^G

|

-

^K^K^

==

Djchte der Flussigkeit V^p^g-EQ

(4-135)

0

Dichte des festen Korpers |

(4-136)

Bild 4-58. a) Krafte auf einen geladenen Korper in einer FlUssigkeit, b) Krdftegleichgewicht beim Schweben eines Korpers in einer Fliissigkeit unter der Wirkung eines elektrischen Feldes.

In Bild 4-58 b ist zusammengestellt, wie mit dieser Anordnung die Bestimmung Bild 4-57. MeBanordnung zur Bestimmung des Ver- - der Ladung Q der Kugel, laufs der Strom-Spannungskennlinie eines spannungs- - der Dichte q^x der Flussigkeit und abhangigen Widerstandes (VDR). - der Dichte ^K des festen Korpers

4.3. Elektrisches Feld erfolgen kann. Dabei ist KK das Volumen der Kugel, Q die Ladungsmenge des Korpers, E die elektrische Feldstarke und g die Erdbeschleunigung. Mit einer ahnlichen MeBanordnung (mit Luftfiillung) gelang es im Jahr 1910 R. A. MiLLiKAN (1868 bis 1953), die Elementarladung zu bestimmen und ihre Quantisierung nachzuweisen. Fiir diesen Schwebezustand gilt dann (ohne die Auftriebskraft der Fliissigkeit) ^ U

269

Nachfolgend sind die Erscheinungen in Leitern, in Abschn. 4.3.7 die in Nichtleitern beschrieben. 4.3.6.1. Elektrische Influenz, elektrische Verschiebungsdichte und elektrische Feldstarke In einem Leiter sind die Ladungstrager (im allgemeinen Elektronen) frei beweglich. Das Leiterinnere ist deshalb immer feldfrei; zusatzlich aufgebrachte Ladungstrager sitzen nur an der Oberflache. Sie haben alle das gleiche Potential. Die Flachenladungsdichte a ist ein MaI3 dafiir, wieviel Teilladung Ag sich in einer Teilflache /S.A befindet:

Die Teilchenmasse kann durch die Sinkgeschwindigkeit im Gravitationsfeld unter Beriicksichtigung der Stokesschen Reibungskraft (Abschn. 2.11.3.3, Gl. (2-237)) bestimmt werden; hierbei wird der Radius des Masseteilchens mikroskopisch ermittelt.

Die MaBeinheit ist 1 C/m^ = 1 As/m^. Anhand der Messung der influenzierten Ladung ist eine Beschreibung und Berechnung des elektrischen Feldes moglich. Bringt man beispielsweise gemaB Bild 4-60 ein metallisches Doppelplattchen in ein homogenes elek4.3.6. Leiter im elektrischen Feld trisches Feld, so konnen die Ladungen auf Befindet sich Materie in einem elektrischen diesem metallischen Doppelplattchen durch Feld, so wirkt auf alle Ladungen in dieser Influenz getrennt werden (Bild4-60b). WerMaterie eine elektrische Kraft. Wegen der den anschliefiend die Plattchen innerhalb des unterschiedlichen Beweglichkeit der Ladungs- Feldes getrennt (Bild 4-60c), so konnen die trager im Leiter (frei beweglich) und im influenzierten Ladungen auBerhalb des elekNichtleiter (gering beweglich) lassen sich die trischen Feldes gemessen werden (Bild 4-60d). in Bild 4-59 zusammengestellten Effekte be- Diese influenzierte Ladungsdichte wird nach Gl. (4-128) bestimmt und ist gleich der elektriobachten: schen Verschiebungsdichte D = a- E. Bei — Im Leiter werden die beweglichen Elektro- schrag gestellter Influenzplatte verringert sich nen relativ zu den Atomriimpfen verscho- die influenzierte Ladung mit dem cos des ben und dadurch positive und negative La- Winkels zwischen dA und E. Es gilt deshalb dungstrager getrennt {Influenz). - Im Nichtleiter werden die Ladungstrager nur geringfiigig verschoben {Polarisation). Materie Im elektrischen Feld

I

X

Leiter

Nichtleiter

Influenz

Polarisation

Ladungsverschiebung

Dipolerzeugung Oder -ausrichtung

T

Bild 4-59. Materie im elektrischen Feld.

Hierbei ist d^x der Anteil des Flachenelements dA, der senkrecht zu den Feldlinien steht, wie Bild 4-61 zeigt. Die Verschiebungsdichte D muB von der Orientierung der Flachennormalen dA relativ zur elektrischen Feldstarke E abhangig sein, weil entsprechend viele Oder wenige elektrische Feldlinien am Flachenelement enden. Die Verschiebungs-

270

4. Elektrizitat und Magnetismus b)

u

^ ^ ^ ^ —^ + r

—^dA

+

•A

,>

L^ —E

^ ^ ^

c)

PI [^ v\

f^

^

f \~

l-l

r1 V

1 v\ i

[4.1

1H

^-

N"| \A

—

^ d>l

1

dQ

-»-]•*

5//^ ^-(50. Zur Herleitung der elektrischen Verschiebungsdichte.

dichte D ist maximal fiir dA parallel zu E (Bild 4-61 a) und null, wenn dA senkrecht auf E steht (Bild 4-61 b). Fiir die von elektrischen Feldlinien senkrecht durchsetzte Flache dA^ gilt dA<^ = dA cos (p.

(4-130)

d>IIIE ••D maximal

Bei einem homogenen Feld ist die Verschiebungsdichte

b)

(4-131) Der Betrag des Vektors der Verschiebungsdichte IZ) I ist gleich der Flachenladungsdichte (Vergleich Gl. (4-129) mit (4-128)): o=\D\.

(4-132)

Elektrische Feldlinien, die ein Flachenelement dA senkrecht durchdringen, bilden einen

dQ d4,

d>!\x=d>4 cosv'

Bild 4-61. Lage der Fldchennormalen im elektrischen Feld.

4.3. Elektrisches Feld elektrischen FluB y/ (analog zur Stromungsmechanik, Abschn. 2.11.3). Damit ergibt sich eine weitere Definition fiir die Verschiebungsdichte D: D=

d|//

und

dy/=DdA.

(4-133)

Die elektrische Verschiebungsdichte ist gleich dem elektrischen FluB je Flacheneinheit. Aus Gl. (4-129) und (4-133) folgt fiir eine geschlossene Oberflache der GauBsche Satz (C. F.GAUSS, 1777 bis

1855)

(4-134) Der durch eine geschlossene, beliebig geformte Oberflache A gehende elektrische FluB yj ist gleich der Summe der von dieser Flache eingeschlossenen Ladungen. Es gilt folgende Vorzeichenregel: Treten die Feldlinien aus der Oberflache, ist der elektrische FluB positiv, dringen sie in die Oberflache ein, ist er negativ. Bild 4-62 zeigt die Oberflache eines Raumvolumens, in dem sich keine Ladungen befinden. Deshalb muB nach Gl. (4-134) gelten V/ = ^ Z> d^ = 0. Da sich der GesamtfluB aus folgenden Teilfliissen ergibt, kann man schreiben

^Ges = i e + 3e + 2 e - 3 e - 3 e = o.

271

Da um so mehr Ladungen verschoben werden konnen, je mehr Feldlinien auf der Leiteroberflache enden, d. h. je groBer die elektrische Feldstarke E ist, muB die Verschiebungsdichte D von der Feldstarke E abhangen. Im materiefreien Raum gilt D=eoE.

(4-135)

Der Proportionalitatsfaktor SQ als MaBstabskonstante betragt \D\

As (4-136) Vm Die elektrische Feldkonstante ^o git)t an, welche Ladungsdichte a (in As/m^) von der Feldstarke E = 1 V/m gebunden wird. £o =

= 8,854- 10-

Beide Vektoren E und D sind ineinander umrechenbar; die elektrische Feldstarke ist die Ursache fiir die Ladungsverschiebung und diese selbst die Wirkung. Damit ergibt sich gemaBGl. (4-134)

Die Integration bezieht sich nur auf die Oberflache desjenigen Volumens, in dem sich die Ladungen Q^ befinden. Diese Formulierung ermoglicht die Berechnung elektrischer Felder aufgrund gegebener Ladungsverteilungen. Gl. (4-137) ist eine der vier grundlegenden Maxwellschen Gleichungen (Abschn. 4.5.5.2, Bild 4-144), die die gesamten elektromagnetischen Erscheinungen mathematisch einheitlich beschreiben. In Beispiel 4.3-4 wird das Coulombsche Gesetz anhand des GauBschen Satzes hergeleitet. Beispiel 4.3-4: Bestimmen Sie die elektrische Feldstarke E an der Oberflache einer Kugel mit dem Radius r in Bild 4-63 schematisch dargestellt -, wenn im Innern der Kugel die Ladung Q sitzt. Losung: Nach Gl. (4-137) gilt ^EdA= — Q. Das Integral

uber alle Teilflachen ist die Oberflache der Kugel ^Kug = 4 TT r^. Damit ist Bild 4-62. Elektrische Feldlinien durch die OberflaEAnr^ = —Q Oder E = che eines Raumvolumens. 4 7r £o ^

272

4. Elektrizitat und Magnetismus 4.3.6.2. Kondensator und Kapazitat Kondensatoren sind zwei gegeneinander isolierte, entgegengesetzt geladene Leiteroberflachen beliebiger Geometrie, zwischen denen eine Potentialdifferenz A(p oder eine Spannung U herrscht, wie Bild 4-66 zeigt. Ein Kondensator ist ein wichtiges elektrisches Bauelement und dient u.a. zur Speicherung elektrischer Ladung und elektrischer Energie.

Bild 4-63. Elektrische Feldstdrke an der Oberfldche einer Kugel mit der Ladung Q im Zentrum. Dieser Ausdruck entspricht der Feldstarke einer Punkdadung nach dem Coulombschen Gesetz (Gl. (4-90)): F 1 Q — E= = Q

4

7i€or^'

Dies bedeutet aber auch, daB die elektrische Feldstarke E einer Ladung Q im Abstand r gemaB Bild 4-64 a gleich groB ist wie die elektrische Feldstarke auf der Oberflache einer Kugel mit dem Radius r (Bild 4-64 b). Eine elektrisch geladene Kugeloberflache erzeugt im Raum hinter der Blende dasselbe elektrische Feld, als wenn seine gesamte Ladung im Kugelmittelpunkt vereinigt ware. Wegen des vollig identischen elektrischen Feldes in diesem Bereich besteht deshalb keine Moglichkeit, eindeutige Ruckschlusse auf die Ladungen vor der Blende zu ziehen. An diesem Beispiel wird der groBe Vorteil des Feldbegriffs sichtbar, der u. a. darin besteht, daB er von den Einzelheiten der Quellen vollig unabhangig ist. In Bild 4-65 ist die elektrische Feldstarke E von einigen geladenen Korpern unterschiedlicher Geometric zusammengestellt.

Die Geometrie und der Abstand der Leiteroberflachen bestimmen die Ladungstrennungsarbeit und damit die Spannung, die je getrennte Ladungsmenge Q entsteht. Das MaB dafiir ist die Kapazitat C des Kondensators, d.h. die Ladungsmenge Q, die bei einer Spannung U auf den Kondensatoroberflachen gespeichert wird. Es gilt

Allgemein schreibt man

C =

iDdA j£d5 •

(4-148)

Die Kapazitat C gibt an, wieviel Ladung Q je Spannungseinheit 1 V gespeichert werden kann.

Bild 4-64. Elektrisches Feld einer Punktladung und einer Kugel.

4.3. Elektrisches Feld Korper

Ort

Geometrle

homogene Kugelladung aul^en

homogen belegte Kugelschicht

273

elektrische Feldstarke

^ =^ ^ 3 ^

(4-138)

1 E =Aire^

Q J r^

(4-139)

Q 2

(4-140)

£ = 0

auBen

1 E =-

Stab

(E

X7

auKen

(4-141)

X: Ladung je Lange Zylinder

n

^ = ^ ; ; r ^ ^

(4-142)

beide Seiten

£ =26,

(4-143)

zwischen

£ = —a

(4-144)

Abstand x von der Mittellinie

E = — px

(4-145)

dijnne Platte

+ + + + + a:Flachenladungsdichte zwei diJnne Flatten

dicke Platte

+a X T ]

p: Rau laumladungsjdungsirhtP dichte

i / ^ T" ^ r —!—r I

^0

Leiter Oberflache £ = — a

(4-146)

Bild 4-65. Elektrische Feldstarke von geladenen Korpern verschiedener Geometrien.

Bild 4-66. Kapazitdt beliebiger Korper.

Die Einheit der Kapazitat ist das Farad F: 1 F = 1 As/V. Ein Farad ist eine sehr groBe Einheit; in der Praxis sind kleinere Einheiten iiblich, z.B. \i¥ = 10-^ F, nF = 10-9 p^ pp ^ 10-12 p Bild 4-67 zeigt das Schaltungssymbol eines Kondensators mit den MeBvorschriften fiir Ladung und Spannung.

274

4. Elektrizitat und Magnetismus

+Q

:i' Bild 4-67. Symbolfur die Kapazitdt.

Kapazitat eines Plattenkondensators Ein Plattenkondensator besteht aus zwei parallelen Flatten im Abstand d. Liegt zwischen ihnen eine Spannung U, dann herrscht zwischen den Flatten an jeder Stelle dasselbe elektrische Feld (homogene Feldstarke E). Fiir den Zusammenhang zwischen elektrischer Feldstarke E und der Verschiebungsdichte D gilt nachGl. (4-135) Z) = £o^. Im homogenen Feld ist D = Q/A (Gl. (4-131)) und E= U/d (Gl. (4-91)), so dafi man schreiben kann Q

u

Hieraus folgt fiir die Kapazitat des Plattenkondensators Cpi

e

_

-^E

Bild 4-68. Plattenkondensator.

C= eo

(n~\)A

(4-150)

Kapazitat eines Kugelkondensators Ein Kugelkondensator besteht aus zwei konzentrisch angeordneten Hohlkugeln mit den Radien rj und ^2 gemaB Bild 4-69. Ist der Abstand der beiden Hohlkugeln Ar sehr klein, dann kann naherungsweise die Bestimmung der Kapazitat nach Gl. (4-149) fiir den Plattenkondensator erfolgen; hierbei ist die Flache A = 4 nr'^ und d = Ar, so daB sich ^Kug = 4 71 £o

A

(4-149)

Diese Beziehung ist nur giiltig, wenn zwischen den Flatten Vakuum (oder naherungsweise Luft) ist. In anderen Fallen ist EQ durch die Fermittivitat £(s = e^ s^) zu ersetzen (Abschn. 4.3.7). Wie man aus Gl. (4-149) folgern kann, ist die Kapazitat eines Plattenkondensators Cpi nur abhangig von der Plattenflache A und dem

W

Plattenabstand d. Sie ist urn so groBer, je groBer die Plattenflache A und je kleiner der Plattenabstand d ist. In der Technik vergroBert man die Flache durch Aufwickeln von Metallfolie (oder Aufrauhen der Oberflache durch Atzen bei Elektrolytkondensatoren) und verkleinert die Abstande, indem man diinne Kunststoffolien (oder Oxidschichten) als Zwischenlagen verwendet. Fiir einen Kondensator mit n Flatten gilt

Ar

(4-151)

ergibt. Fiir groBere Abstande der beiden Hohlkugeln gilt ^Kug = 4 7r £o

(^2-n)

(4-152)

Die Kapazitat einer einzigen Kugel mit dem Radius r ist ^Kug = 4 71 £o ^ •

k)

Bild 4-69. Kugelkondensator.

(4-153)

4.3. Elektrisches Feld Korper

275

Kapazitat

Geometrie

zwel gleiche Kugein C = lire^r 1+—^ " L a(a^-ar-r^)j (4-154) Zylinder lire J

'"(?) Doppelleitung

>/

^

(4-155)

7re„/ C=

"(T)

Q:

Bild 4-70 gibt die Gleichungen fiir die Kapazitaten anderer Geometrien wieder.

Bild4-70. Kapazitdten von Korpern versehiedener Geometrien.

(4-156)

U= j £ ' d r = j ^ dr = n r^lne^rl

Beispiel 4.3-5: Die Gleichung fiir die Kapazitat eines Zylinders (Gl. (4-155)) soil hergeleitet werden. Losung: Nach Gl. (4-137) gilt ^EdA=

Ine^l

— Q.

^EdA=E{2nr)l, SQ2 nr I Die Potentialdifferenz zwischen den Flatten betragt nach Gl. (4-97)

2 TIEQI

\ rj

Fiir die Kapazitat gilt g_

Fur eine geschlossene Flache im Abstand r und unter Berucksichtigung der Lange / des Zylinders entsprechend Bild 4-71 gilt

n f

Q2n€ol

^

ein —

2neol

In

Beispiel 4.3-6: Die Erdkugel ist stets negativ geladen mit der Ladung Q^- 900000 C. Die positive Gegenladung sitzt in den hoheren Schichten der Atmosphare (h ^100 km). Wie groB ist die Kapazitat dieses riesigen Kugelkondensators ? Losung: Nach Gl. (4-152) gilt 45,85 mF.

Qug = 47reo (^2-^i)

Schaltung von Kapazitaten

Bild 4-71. Quersehnitt eines Zylinderkondensators.

Bei der Parallelschaltung addieren sich die speichernden Flachen fiir die Speicherung der negativen bzw. positiven Ladungen (Gl. (4-149)), und deshalb ist die Gesamtkapazitat gleich der Summe der parallelen Einzelkapazitaten. Bei der Reihenschaltung addieren

276

4. Elektrizitat und Magnetismus

Schaltungsart

| Reihenschaltung

Parallelschaltung

1 konstante GroBe Spannung 6/= konstant Anordnung

| LadungQ^konstant

+

+

H

]Q,[

-

+

] n ^21_ U c,lJ U c ^ l

-

f] [ U I

1-

^Ges

+ • H1-

:

1

: — H -

LJ]Q„[U Addition

1 Ersatzkapazitat

Gesamtladung

Gesamtspannung

c<^u = c,u*c^u^...c„u

Q Q Q Q -— =— + — + ... + — 1 1

c

1 1 1 = —+ +... + —

c c

c

n

\/=1

/= 1

(4-157)

1

//

(4-158

Bild 4-72. Ersatzkapazitdt bei Reihen- und Parallelschaltung von Kondensatoren. sich jedoch die Einzelspannungen und somit die Kehrwerte der Kapazitaten (Gl. (4-149)). In Bild 4-72 sind die Gleichungen fur die Ersatzkapazitaten bei der Parallel- und Reihenschaltung zusammengestellt.

schieben sich die Ladungen auf dem Isolator, so daB ein geringeres Feld E^ im Dielektrikum zwischen den Flatten herrscht (Bild 4-73 b). Es ist E^ < EQ und deshalb 1/^ < UQ; es gilt Eo

4.3.7. Nichtleiter im elektrischen Feld, elektrische Polarisation und Permittivitatszahl In Nichtleitern (Isolatoren) sind die Ladungstrager nicht frei beweglich. Deshalb ist auch das Innere eines Nichtleiters im elektrischen Feld nicht feldfrei. Das Feld greift gleichsam durch den Isolator hindurch. Solche Stoffe werden deshalb auch Dielektrika genannt (nach dem griechischen Wort „dia" fur „durch"). Bild 4-73 zeigt die Vorgange in einem Plattenkondensator. Vor Einbringen des Dielektrikums herrsche die elektrische Feldstarke E^^U^/d (Bild 4-73a). Wird ein Dielektrikum zwischen die Flatten gebracht, so ver-

Uo Um

(4-159)

= £r-

Wegen C = Q/U fuhrt dies bei konstanter Ladung zu Cm Co

ET,

^m =

S^CQ.

(4-160)

Wird ein Dielektrikum in ein elektrisches Feld gebracht, so nimmt die elektrische Feldstarke gegeniiber der des Vakuums auf den e^-ten Teil ab, wahrend die Kapazitat durch das Einbringen des Dielektrikums auf das E^-fache steigt.

4.3. Elektrisches Feld

-1

'=0 d

sationsladungen auf der Dielektrikumsoberflache erhoht:

f-

4.1

m4^

4»'T

m^ZT^

^\

^-

4.^

»J-

^j

»J^

^\

»J^

4.^

»J-

D^ = erDo^Do + P.

J

^£

b)

(4-162)

Da die Verschiebungsdichte DQ = SQ EQ ist (Gl. (4-144)), ergibtsich D^ = eoerE=eE=eoE-\-P.

(4-163)

Ferner gilt

L

£ = eofir(4-164) Fiir das elektrische Feld in einem Dielektrikum steht bei alien physikalischen Gleichungen statt £0 das Produkt e = eoSr (Permit tivitdt).

^'^~~d^ Dielektrikum

—

277

^1

»j — * — + — ^

Tabelle4-7 zeigt die Permittivitatszahl einiger wichtiger Dielektrika. Aus Gl. (4-163) folgt fur die elektrische Polarisation

P=D^-eoE=eoerE-eoE oder P=SoE(8r-\). Bild4-73. Feldverlauf zwischen den Flatten eines Kondensators mit und ohne Dielektrikum.

Die GroBe e^ wird Permittivitdtszahl oder relative Dielektrizitdtszahl genannt und ist dimensionslos. Ihr Wert ist stets ^ 1. Wie Bild 4-73 b zeigt, wird die urspriingliche Feldstarke EQ um das Gegenfeld E^, d.h. um das elektrische Feld der Polarisationsladungen im Dielektrikum geschwacht: Em-

-

EQ-

Ep.

(4-161)

Wird der Kondensator an die Spannungsquelle angeschlossen, so konnen so viele Ladungen auf die Plattenoberflache des Kondensators nachflieBen, daB das Polarisationsfeld ^p {Elektrisierung) kompensiert wird und wieder das urspriingliche Feld herrscht. Dann nimmt aber die Verschiebungsdichte D^ auf das fir-fache zu oder wird um die elektrische Polarisation P, d. h. um die Dichte der Polari-

(4-165)

Der Faktor {e^- 1) ist die elektrische Suszeptibilitdt Xt' Somit gilt P=Xt^^E.

(4-166)

Tabelle4-7. Permittivitatszahl einiger Werkstoffe. Werkstoffe

Permittivitatszahl fir

Paraffin Polypropylen Polystyrol Polycarbonat Polyester Kondensatorpapier Zellulose AI2O3 Ta205 Wasser Keramik (NDK) Keramik (HDK)

2,2 2,2 2,5 2,8 3,3 4 bis 6 4,5 12 27 81 10 bis 200 10^ bis 10^

278

4. Elektrizitat und Magnetismus

Tabelle 4-8. Kondensator und Dielektrikum.

konstante GroBen

Kondensator bleibt mit der Spannungsquelle verbunden

Kondensator wird von der Spannungsquelle getrennt

elektrische Spannung C/, elektrische Feldstarke

Ladung Q, Verschiebungsdichte

-7 sich andernde GroBen

A

Ladung Q bzw. Verschiebungsdichte D, Q Kapazitat C = — ~ £r»

Spannung U bzw. Feldstarke E,

Q Kapazitat C = — ~ e^,

elektrische Energie elektrische Energie W = jCU^^

Flir das zur Polarisation P gehorende elektrische Gegenfeld Ep folgt aus Gl. (4-161) unter Beriicksichtigung von Gl. (4-165)

—

uber zwolf Dekaden (von 1 pF bis 1 F). In sehr unterschiedlichen Bereichen werden Kondensatoren eingesetzt, beispielsweise

- beim Speichern von Ladung und elektrischer Energie (Elektronen-Blitzgerat, Plasmaerzeugung, Laser, Kopierer); - bei der Trennung von Gleich- und Wechselstrom bzw^. von Wechselstromen unterschiedlicher Frequenzen (Lautsprecherankopplung, Flir Dielektrika ist Sr > 1 und deshalb Xe > 0. Verstarker, Storschutz) sowie zur Siebung Fiir Vakuum gilt ^r = 1 bzw. Xe = 0und Glattung von pulsierenden GleichBei einer Verbindung einer Spannungsquelle mit spannungen (Brumm-Siebung bei netzbetrieeinem Kondensator ist die Spannung U und damit E benen Elektrogeraten); konstant, wahrend bei Trennung des Kondensators von der Spannungsquelle die Ladung Q und damit - in Schwingkreisen, beispielsweise zur Sendie Verschiebungsdichte D gleichbleibt. In beiden derabstimmung bei Rundfunk- und FernFallen steigt die Kapazitat auf das e^-fsLchc an, wenn sehempfangern; ein Dielektrikum in den Kondensator eingebracht wird. Bleibt der Kondensator mit der Spannungs- - in Zeitkreisen (RC-Glieder, Blinkschaltungen, Anzugs- und quelle verbunden, dann erhoht sich die elektrische Abfallsverzdgerungen fiir Relais); Energie W^i auf das Sr-fache, wahrend sie sich im anderen Fall auf den £r-ten Teil verringert. - als Phasenschieber Tabelle 4-8 zeigt in den Spalten die beiden Falle • zur Blindstromkompensation (Kondensator mit der Spannungsquelle verbunden (Leuchtstofflampen mit Spule oder LeiOder getrennt) und in den Zeilen, welche der elekstungskondensatoren nach VDE 0560-4); trischen GroBen konstant bleiben bzw. sich andern. • zur Drehfelderzeugung (Hilfsphase fiir Motoranlauf oder MotorKondensatoren als Bauelemente in der betrieb an ein Ein-Phasen-Netz, MotorElektrotechnik betriebs-Kondensatoren nach VDE 0560-8); Kondensatoren gehoren zu den wichtigsten - in der Leistungselektronik Bauelementen in der Elektrotechnik. Die (Bedampfen von Spannungsspitzen, KomWerte fiir die Kapazitaten erstrecken sich mutierung, Filtern von Oberwellen).

4.3. Elektrisches Feld Bild 4-74 zeigt eine Einteilung von Fest-Kondensatoren nach ihren Technologien sowie die einstellbaren Kondensatoren. Diese Ubersicht enthalt die einzelnen Kondensatortypen, ferner die zugehorigen Nennspannungs- und Kapazitatsbereiche, die Verlustfaktoren, wichtige Normen und typische Anwendungsfelder. Schnittbilder, Prinzipskizzen und Bilder veranschaulichen die Funktionsweise bzw. die Bauformen von Kondensatoren. Das Diagramm rechts zeigt, fur welche Spannungs-Kapazitats-Bereiche die entsprechenden Kondensatorentypen Verwendung finden. Bei den Folien-Kondensatoren bestehen die Kondensatorplatten aus Metallfolien (meist Aluminium) und die Dielektrika aus Papieroder aus Kunststoffolien. Metallfolien und Dielektrika werden aufgewickelt. Kunststoffolien haben wegen ihres niedrigeren Verlustfaktors, ihrer groBen Homogenitat und ihrer kleineren Dicken (bis zu 1,5 jim) Papier als Dielektrikum z.T. verdrangt. Papier ist pflanzlicher Herkunft, das oft die geforderten engen Toleranzen elektrischer Werte nicht einhalten kann. Bild 4-75 zeigt eine elektronenmikroskopische Aufnahme von Kondensatorpapier (32000fach vergroBert). Hierbei wird die zerkliiftete Oberflachenstruktur deutlich. Von den Kunststoffen sind als Dielektrikum vor allem Polycarbonat (C), Polypropylen (P), Polystyrol (S) und Polyester (Polyethylenterephthalat (T)) im Einsatz. Die in KJammern gesetzten Abkiirzungen werden zur Kennzeichnung des Kunststoffes verwendet. Der wichtigste Kunststoff ist Polypropylen (P). Besondere Bedeutung hat auch Polystyrol (S) im „Styroflex"-Kondensator, da dieser Kunststoff einen negativen Temperaturkoeffizienten aufweist und damit gut zur Temperaturkompensation verwendet werden kann. Ein spezielles Anwendungsgebiet fiir KunststoffFolien-Kondensatoren ist in der Leistungselektronik der Bereich hoher Spannungen (500 V bis 10 000 V) und hoher Kapazitaten (1 mF bis 0,1 F). Diese Kondensatoren werden als Leistungs-Kondensatoren (Lei-Ko) bezeichnet. Bei Kondensatoren mit metallisierten Elektroden werden die Dielektrika mit Metall (meist Aluminium oder Zink) bedampft. Metalli-

279

sierte Papierfolien werden haufig mit MP, metallisierte Kunststoffolien mit MK abgekiirzt. Bei den Kunststoffen dient ein weiterer Buchstabe zur Kennzeichnung der Kunststoffart (z.B. MKP: metallisierte Kunststoffolie aus Polypropylen). Die Kunststoffolien werden in Dicken bis unter 2 i^m verwendet. Eine wichtige Eigenschaft der MK-Kondensatoren ist die Fahigkeit zur Ausheilung nach erfolgten Durchschlagen. Die Elektrolytkondensatoren iiberdecken den groBten Bereich an Spannung und Kapazitat und zahlen zu den zuverlassigsten Bauelementen. AuBer dem verhaltnismaBig preisgiinstigen Aluminium-Elektrolyt-Kondensator (AluElko) ist der Tantal-Elko (Ta-Elko) vor allem wegen seiner hohen Ladungsdichte begehrt. Bei einem Elko besteht die Anode aus Metall (Al oder Ta). In Al-Elkos werden Aluminiumfolien (100 |im dick) verwendet, deren Oberflache durch Atzen etwa um das 20- bis lOOfache vergroBert ist. Bei Tantal wird die groBe Oberflache durch Sintern von TantalPulver erzeugt (1 cm^ gesintertes Ta-Pulver hat eine Oberflache bis zu etwa lOOOOcm^ d.h. Im^). Bild 4-76 zeigt eine Aufnahme mit dem Rasterelektronenmikroskop (3000fache VergroBerung) von der Oberflache einer geatzten Aluminium-Folie. Die groBere Oberflache und die doppelt so groBe Permittivitat von Tantaloxid {e^ = 27) im Vergleich zu Aluminiumoxid (£r=12) erlauben fur Tantal-Elkos kleinere Bauformen bei gleichen Kapazitatswerten. Das Dielektrikum eines Elkos besteht aus einer atomaren Oxidschicht (AI2O3 bzw. Ta205). Durch einen fliissigen Elektrolyten wird die Leitung zur negativen Kathodenfolie aus hochreinem Metall sichergestellt. Die Elkos miissen polungsrichtig eingebaut werden. Haufig kennzeichnet der langere AnschluBdraht den positiven Pol. Den Aufbau fiir Al- bzw. Ta-Elkos zeigt eine Skizze in Bild 4-74. AuBer den gesinterten Ta-Elkos werden auch Keramik-Kondensatoren in Sintertechnik hergestellt. Man unterscheidet drei Typen: - Typ-I-Kondensatoren Das Dielektrikum besteht aus einer Keramikschicht mit niedriger Dielektrizitatszahl

280

4. Elektrizitat und Magnetismus Kondensatoren

Metal If olie und Dielektrikumsfolif

Kunststoff

metallisierte Dielektrikumsfolie

metallisiertes Papier

MK

Aluminium

metallisierte Kunststoff olie

(AI-EIko)

MKC MKI MKP MKS MKT MKU (ZeJIulose)

• KC (Polycarbonat • Kl (Polyphenylensulfid) • KP (Polypropylen) • KS (Polystrol „Styroflex") • KT (Polyethylenterephthalat)

Elektrolyt

Dielektrikum (Papier, Kunststoff)

Fest-Alu

®-^M

Anode

/

Elektrolyt

Dielektrikum Nennspannung

50 V bis 630 V

200 V bis 5 k V

50 V bis 2 k V

6 V bis 600 V

Kapazitatsbereich

2pF bis 500 nF

lOOpF bis lOmF

lOOpF bis lO/iF

1/LiF bis 1 F

Verlustfaktor tan6-10-3

10kHz: 0,1 bis 1

1 kHz: 4 bis 15

10 kHz: 0,25 bis 10

50 Hz: 80

gespeicherte Energie pro Volumen

mittel

mittel

mittel

hoch

GiJte

1000

1000

1000

gering

Frequenzbereich

Gleichspannung und Nie derfrequenz bis MHz-Bereich

NFund Gleichspannung

Normen

1 EC 384-7/11/12/13 CECC 30100 CECC 30900 CECC 31700 CECC 31800 DIN 45910-22/25/26 /27

1 EC 384-11 CECC 30300

Anwendungsbereiche

Schwingkreise, Koppel- FilterKondensator, Kfz-Elektronik, Schaltnetzteile, Impulsschaltungen

Bauformen

1 EC 384-2/6/16 CECC 30400 CECC 30500 CECC 31200 CECC 32200 DIN 45910-11/13/23 /28

Energiespeicher, Sieben bei niedrigen und hohen Frequenzen

Motorkondensator, Filterkondensator, StoRkondensator, Funkentstorkondensator

^P

, ,,

SA

CFC

Bild 4- 74. Einteilung der Kondensatoren.

^

^

Kathode

j

^

f i|-(i

"'\

^' ^ 1 1

(Chip)

^ y

4.3. Elektrisches Feld

281

Sinter

Tantal

DrehKondensator

(Ta-EIko)

Keramlk^. , , ., Dielektnkum

AnschliJsse (Palladiumgjiber)

Luft-/KeramikTrimmer

integrierter Kondensator

SiOo

Rotor jKlasse 1: N D K | niedrige Dielektrizitatskonstante |Klasse2: H D K ] MOSKondensator

hohe Dielektrizitatskonstante belage M Klasse 3

AnschluSdrahte 6 V bis 125V

4 V bis 500 V

lOOnF bis 1 mF

1 pF bis 1 juF

120 Hz: 40 bis 350

1 kHz: ^ 6 0

hoch

gering (Klasse 3: mittel)

gering

Klasse 1: hoch bis sehr hoch Klasse 2,3: gering

NFund Gleichstrom

NF und HF

CECC 30200 CECC 30800

CECC CECC CECC CECC CECC CECC

30600 30700 31100 31400 31500 32100

Einfachscheibe

(GFB-B)

Vielschicht

(GA)

^

Spannungs-Kapazitats-Bereiche

Datentechnik, Kfz-Elektronik, Kommunikationstechnik, automatisch bestijckbar auf Leiterplatten

Mefi- und Regeltechnik, Datentechnik, Kommunikationstechnik, Schaltnetzteile

Chip

Werkfoto: Tronser

hochste Dielektrizitatskonstante

^

Chip

(J f j

1 1 O V—^

1 1 ffW

IpF

IMF

Kapazitat / F

282

4. Elektrizitat und Magnetismus

(ND; Er von 10 bis 200), z.B. Titandioxid und Magnesiumtitanat; — Typ-II-Kondensatoren Die dielektrische Keramikschicht besitzt eine hohe Dielektrizitatszahl (HD; e^ von 700 bis 10^), z.B. Bariumtitanat; - Typ-III-Kondensatoren Als Ausgangsmaterial wird eine ferroelektrische Scheibe verwendet (z.B. Bariumtitanat), die durch Reduktions- und Oxidationsprozesse Halbleitersperrschichten bildet, die wie ein Dielektrikum wirken. Diese Kondensatoren haben spannungsabhangige Kapazitatswerte. Die Keramik-Kondensatoren werden haufig in Chip-Ausfuhrung als Vielschicht-Kondensator hergestellt. Besonders geschatzt sind die erzielbaren kleinen Abmessungen, die hohe Volumenkapazitat sowie die gute Lotbarkeit auf Leiterplatten. Bild4-75. Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Kondensatorpapiers (32000fache VergroBerung).

Bei den einstellbaren Kondensatoren wird zwischen Drehkondensatoren, Luft- und Keramiktrimmern und Kapazitatsdioden unterschieden. Drehkondensatoren bestehen aus Plattenpaketen mit je einer festen Einheit (Stator) und einer drehbaren Platte (Rotor). Bis zu vier Plattenpakete werden ublicherweise hintereinandergeschaltet. Werden die Rotorplatten gedreht, dann andern sich die Kapazitaten (Hnear oder logarithmisch). Trimmer dienen zum Feinabgleich von Kapazitatswerten. Die Plattenflachen werden entweder wie beim Drehkondensator gedreht oder bestehen aus konzentrisch angeordneten zylindrischen Elektroden (aus Aluminium oder verzinktem Messing). Die Kapazitatsdioden sind die modernsten Bauelemente fur einstellbare Kapazitaten, wie sie u.a. beim automatischen Sendeabgleich in Rundfunkgeraten Einsatz finden.

Das Diagramm rechts in Bild 4-74 zeigt die Spannungs-Kapazitats-Bereiche der verschiedenen Kondensatortypen. Leistungskondensatoren (Lei-Ko) werden u. a. in der Leistungselektronik eingesetzt, z. B. zur Unterdriickung von Spannungsspitzen an Leistungshalbleitern (Tragerstaueffekt). Fiir den Bereich der Stromversorgung werden iiberwiegend Elektrolytkondensatoren verwendet. Bei der KoppBild4-76. Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer gedtzten Aluminiumfolie (SOOOfache Vergro- lung und HF-Anwendung spielen die KeraBerung). mikkondensatoren, die metallisierten Folien-

4.3. Elektrisches Feld

283

setzt, es liegt kein permanenter Dipol vor. Beim Abschalten des Feldes verschwindet der Dipol, und die Ladungsschwerpunkte fallen wieder in einem Punkt zusammen. Atomistische Deutung der elektrischen Die paraelektrische Polarisation (in Analogic Polarisation zum Paramagnetismus, Abschn. 4.4.4.2) oder Orientierungspolarisation tritt nur bei MoFallen die Schwerpunkte der positiven Lalekiilen mit einem Dipolmoment auf (z.B. dung + Q und der negativen Ladung - Q nicht in einem Punkt zusammen, so entsteht ein Wasser). Im elektrischen Feld erfolgt eine elektrischer Dipol. Dieser wird durch das Orientierung der Dipole. Da die Warmebewegung die Orientierung behindert, ist die paraelektrische Dipolmomentp beschrieben: elektrische Polarisation stark temperaturabhangig. (4-168) P-Qd. Ist die Verschiebungspolarisation oder die d ist der Abstand der beiden Ladungen. Der paraelektrische Polarisation in alien drei Vektor p zeigt von der negativen zur positiven Raumrichtungen gleich groB, so liegt ein isotropes Verhalten vor. Die drei Vektoren elekLadung. trische Feldstarke E, Verschiebungsdichte D Wird nichtleitende Materie in ein elektrisches und Polarisation P stehen parallel zueinander Feld gebracht, so verschieben sich die Ladungsund konnen anhand von Gl. (4-163) und schwerpunkte der Molekiile, sie werden elek(4-166) umgerechnet werden. Fiir den Fall trisch polarisiert. Grundsatzlich sind zwei Arten einer richtungsabhdngigen, d. h. anisotropen von Polarisation moglich, wie Bild4-77 verPolarisation wird 8^ ein symmetrischer Tensor deutlicht: zweiter Stufe. So gilt fiir die Umrechnung — Verschiebungspolarisation {dielektrische Po- des Vektors der elektrischen Feldstarke larisation) E{x,y, z) in den Vektor der elektrischen Ver— Orientierungspolarisation {paraelektrische Po-schiebungsdichte/) (x, >;, z) (Gl. (4-163)) larisation). Bei der Verschiebungspolarisation werden die •?^'>'»? ^0 ^^ x,y,z ursprunglich zusammenfallenden positiven und negativen Ladungen verschoben, sobald diese 1 ^x X ^xy ^x z\ Molekiile ins elektrische Feld geraten. (Die (4-169) £r^\ ^yx ^yy ^yz 1 leichter beweglichen Elektronenhiillen werden \ ^z X ^z y ^z zl auf die positive Seite gezogen.) Das so induzierte Dipolmoment ist in bestimmten Dabei stellt z.B. das Element Sxz den £r-Wert Grenzen von der Feldstarke abhangig und im elektrischen Feld immer wirksam, vorausge- dar, der von der x-Komponente der elektriKondensatoren sowie die Metall- und Kunststoffolien-Kondensatoren eine bedeutende Rolle.

Poiarisation I

E =0

©

Verschiebungspolarisation

paraelektrische Polartsatior^

• induziertes elektrisches Dipolmoment

• permanentes elektrisches Dipolelement

• immer wirksam

• nur bei vorhandenen Dipolen wirksam

£4=0

£ =0

£=^0

Bild4-77. Arten der elektrischen Polarisation.

284

4. Elektrizitat und Magnetismus -reniperatu^

Temperawfg^

120 °C__ g ' " g .

^^o °C_

6 Hz /^"^''^ 4

5//J ^- 7<^. Temperatur- und Frequenzabhdngigkeit der Permittivitdtszahl und des Verlustwinkels von Polyester.

schen Feldstarke E herriihrt und einen Beitrag zur z-Komponente der elektrischen Verschiebungsdichte D liefert. Die Zeilen des Tensors Sj. geben deshalb die Aufteilung der Raumkomponenten von E und die Spalten die Herkunft der Raumkomponenten von D wieder. Die Permittivitatszahl s^. ist haufig auch noch temperatur- und frequenzabhangig. Bild 4-78 zeigt die Permittivitatszahl und den Verlustwinkel (Abschn. 4.5.2.3) von Polyester in Abhangigkeit von der Temperatur und der Frequenz. Elektrische Feldstarke und elektrische Verschiebungsdichte an Grenzflachen Bild 4-79 zeigt, daB sich bei senkrechtem Verlauf der elektrischen Feldlinien zur Grenzflache die elektrische Feldstarke E an der Grenzflache zwischen Vakuum und Dielektri-

kum sprungartig andert, wahrend die Verschiebungsdichte D stetig die Grenzflache durchdringt. Dieser Sachverhalt gilt auch fiir die Grenzflache von Stoffen unterschiedlicher Permittivitat ^rVerlaufen die elektrischen Feldlinien schrag zur Grenzflache der Dielektrika, so gelten gemaB Bild 4-79 fiir die Normal- bzw. Tangentialkomponenten des E- bzw. Z)-Vektors folgende GesetzmaBigkeiten: tan (p] = daraus folgt tan (p\ D\ tan (p2 D\ und mit Gl. (4-170)

£1

tan (p2 =

4.3. Elektrisches Feld Verschiebungsdichte D

elektrische Feldstarke E

Vi

^r1

^?

\V

6s 1—-*—1

1

285

^;

1

\

^2

^

ds

^r2>^r1

^r2

Stetigkeit der Tangentialkomponente

Stetigkeit der Normalkomponente

Oder —! = —£

6 F" = t: /=•" ^1^1 ^2'^2

(4-171)

(4-170) (da E d s = 0) Sprung in der Normalkomponente

Sprung in der Tangentialkomponente

Bild4-79. Elektrische Feldstarke und Verschiebungsdichte an der Grenzfldche zweier unterschiedlicher Dielektrika. tan (px

_£rl_

tan (pi

(4-172)

^r2

Die elektrischen Feldlinien an der Grenzflache zweier unterschiedlicher Dielektrika gehorchen einem Brechungsgesetz (analog zur Optik). Das Brechungsgesetz sagt aus, dafi beim Eintritt in ein Dielektrikum mit groBerem e^ (kleinerem 8^) die Feldlinien (fiir E und D) vom Lot weg (zum Lot hin) gebrochen werden. 4.3.8. Energieinhalt des elektrischen Feldes

1

1 1 QU = CU^ 2"

"I c

^el =

(4-174) WQX gibt die elektrische Arbeit an, die benotigt wird, um einen Kondensator mit der Kapazitat C auf eine Spannung U aufzuladen. Fur den speziellen Fall des Plattenkondensators ist U = Ed und C= eoSrA/d. Deshalb gilt fiir die in einem Kondensator gespeicherte elektrische Energie 1 W. = — SoSr—jiEdy

W,, =

-e,8r(Ad)E'.

(4-175)

Fiir die elektrische Energie gilt gemafi Gl. (4-76) (4-173) 0

D3, Ad das Volumen zwischen den Kondensatorplatten ist, schreibt man fur die elektrische Energiedichte W.

und wegen U {Q) = — lauten die Umformungen

H^el=-

1

•soerE^

(4-176)

286

4. Elektrizitat und Magnetismus

Oder wegen eoerE = D

3MF

(4-177) Gl. (4-177) ist nicht nur fiir den Plattenkondensator, sondern allgemein gultig. 5MF

Kraft zwischen zwei Kondensatorplatten Aus dem Zusammenhang zwischen Arbeit und Kraft dW= Fds errechnet sich die Anziehungskraft zu F=

dW 3/1F

ds

Bild 4-80. Schaltung von Kapazitdten gemdB U 4.3-3.

D a d ^ = ^ e d ( 7 i s t , gilt QdU

F = —-—— und wegen Ids

(4-178)

2 Wird fiir Q=CU dann ist

dU

—— = E ds

U und fiir E = — gesetzt, a (4-179)

und wegen C = Si^e^ — a

Bild4-81.

(4-180)

Zu U 4.3-4.

U 4.3-4: Ein Flattenkondensator ist mit zwei unterschiedlichen Dielektrika (Sri und fir2) nach Bild 4-81 a und 4-81 b gefiillt. Ermittelt werden soil jeweils die Gleichung fiir die Gesamtkapazitat.

Zur tlbung U4.3-1: Zwei Flatten mit einem Radius r = 8 c m befinden sich im Abstand d=Amm voneinander. Welche Kapazitat hat der Kondensator? Wie groB ist die elektrische Feldstarke zwischen den Flatten, und wie groB ist die Ladung und die Verschiebungsdichte auf jeder der beiden Flatten bei f/ = 10 V? U4.3-2: Ein Wattebausch mit der Masse m = 3- 10"-^g ist mit einer Ladung g = 4- 10~^C geladen. Wie groB muB die Spannung zwischen den Flatten eines waagrecht liegenden Kondensators (Flattenabstand d=5 cm) sein, damit der Wattebausch schwebt? U 4.3-3: Berechnet werden soil die Gesamtkapazitat der Kondensator-Anordnung nach Bild 4-80.

4.4. Magnetisches Feld 4.4.1. Beschreibung des magnetischen Feldes Stromdurchflossene Letter und Werkstoffe, deren atomare Elektronenstrome speziell ausgerichtet sind, die Magnete, iiben aufeinander Krafte aus, die sich von der Coulomb-Kraft und der Gravitationskraft beziiglich Starke und Richtung grundlegend unterscheiden. Die magnetischen Krafte wirken jedoch genau wie diese im gesamten Raum. Die Starke und die Richtung der magnetischen Kraft an einem Ort lassen sich durch die Kraftwirkung auf

4.4. Magnetisches Feld

einen kleinen Probemagneten (Magnetnadel) Oder einen kleinen stromdurchflossenen Leiter bestimmen und werden durch ein Vektorfeld, das magnetische Feld, beschrieben: Das magnetische Feld riihrt von elektrischen Stromen her. Von seiner Richtung hangt die Richtung der magnetischen Krafte ab, stimmt aber nicht mit ihr uberein und beschreibt die Wirkungslinien der magnetischen Krafte in Betrag und Richtung. Entsprechend Bild 4-82 sind folgende Bezeichnungen und Richtungen charakteristisch fiir magnetische Krafte: Ein Magnet besitzt einen Nord- und einen Siidpol. AuBerhalb des Magneten laufen die Feldlinien vom Nordzum Siidpol (positive Feldrichtung). Gleichnamige Pole stoBen sich ab, und ungleichnamige Ziehen sich an.

Bild 4-82, Stabmagnet und magnetische Feldlinien.

287

geographischen Nordpols (74° nordlicher Breite und 100° westlicher Lange auf der Halbinsel Boothia im Norden Kanadas). Der magnetische Nordpol befindet sich in der Nahe des geographischen Sudpols (72° sudlicher Breite und 155° ostlicher Lange in der Antarktis). Die Abweichung des Erdmagnetfeldes von der geographischen Nord-Siid-Richtung wird Deklination genannt und betragt fiir Deutschland etwa (p = 2° westlich. Die magnetischen Feldlinien verlaufen am Aquator parallel zur Erdoberflache. An den anderen Orten sind sie gemaB Bild 4-83 zur Horizontalen geneigt (Inklination), und zwar um so starker, je naher die Pole sind. Das Magnetfeld der Erde ist nicht ortsfest, sondem wandert geringfugig.

Bild 4-83. Erdmagnetfeld.

Die magnetischen Feldlinien weisen analog zu den elektrischen Feldlinien bestimmte Eigenschaften auf: • die Tangente an die Feldlinien gibt die Kraftrichtungan; • die Kraftwirkung ist eindeutig, d. h., die Feldlinien schneiden sich nicht; • die Dichte der gezeichneten Feldlinien ist ein MaB fur die Starke der Kraftwirkungen. Im Gegensatz zum elektrischen Feld zeigt das magnetische Feld Besonderheiten: • es gibt keine magnetischen Monopole, • die magnetischen Feldlinien sind in sich geschlossen, sie haben keinen Anfang und kein Ende. Das Magnetfeld der Erde

Experimentell kann festgestellt werden, daB ein stromdurchflossener gerader Leiter ein Magnetfeld aufweist, dessen Feldlinien konzentrische Kreise in der Ebene senkrecht zum stromdurchflossenen Leiter sind, wie es Bild 4-84 zeigt. Dieser fundamental Zusammenhang wurde 1820 von H. C. OERSTED (1777 bis 1851) entdeckt. Die Stromstarke / und das zugehorige Magnetfeld bilden vektoriell ein Rechtssystem, d.h., bei positivem StromfluB (von unten nach oben) ist die Feldlinienrichtung mathematisch positiv (entgegen dem Uhrzeigersinn).

Die Erde ist von einem Magnetfeld umgeben. Der magnetische Siidpol liegt in der Nahe des

Dies laBt sich gut merken: Zeigt der Daumen der rechten Hand in die Stromrichtung, dann

4.4.2. Magnetische Feldstarke und Durchflutungsgesetz

288

4. Elektrizitat und Magnetismus

Bild 4-85. Zum Begriff Durchflutung.

Bild4-84. Magnetfeld eines geraden, stromdurchflossenen Letters.

weisen die gekrummten Finger in Feldrichtung. Wird die Starke des magnetischen Feldes entlang der magnetischen Feldlinien mit H bezeichnet, so beschreibt das Durchflutungsgesetz (Amperesches Gesetz) den Zusammenhang zwischen Stromdichtey = I/A und magnetischer Feldstarke (magnetischer Erregung) H:

0 = §Hds = jjdA = Y.Ii'

(4-181)

Das Integral der magnetischen Feldstarke / / langs einer geschlossenen Umlauflinie ist gleich dem gesamten durch diese Flache hindurchflieBenden Strom /. Die magnetische Feldstarke H hat die MaBeinheit 1 A/m. Analog zur elektrischen Spannung U = ^ E ds wird j / / d 5 als magnetische Spannung bezeichnet. Der Wert der magnetischen Spannung auf einer geschlossenen magnetischen Feldlinie § H ds ist die magnetische Randspannung 0. Das Integral der Stromdichte j iiber die Flache innerhalb der geschlossenen magnetischen Feldlinie, bei einzelnen Stromfaden wie in Bild 4-85 also die Summe der Strome /i -h /2 + ..., ist die elektrische Durchflutung 0 der magnetischen Feldlinie: 0 = ^jdA. Bei mehreren Stromen A

innerhalb eines Integrationsweges uberlagern sich also deren Magnetfelder, und es gilt beispielsweise fiir den Fall in Bild 4-85 nach dem Durchflutungsgesetz | / / d 5 = - / , + / 2 + / 3 - / 4 - / 5 + /6.

UmschlieBt der in sich geschlossene Integrationsweg keine Strome, dann gilt, day = 0,

§Hds = 0.

(4-182)

Das Durchflutungsgesetz ist allgemein giiltig. Mit ihm kann die magnetische Feldstarke H beliebig verlaufender stromfiihrender Leiter berechnet werden. Magnetische Feldstarke eines geradlinigen, stromdurchflossenen Leiters

Das Durchflutungsgesetz lautet in diesem Fall nach Gl. (4-181) n

Experimentell zeigt sich, daB die magnetische Feldstarke H auf konzentrischen Kreisen um den stromdurchflossenen Leiter konstant ist. Der Weg auf der geschlossenen Feldlinie in Bild 4-86 mit dem Radius r betragt s = 2nr, so daB gilt / / • 2 71 / = / ,

/

(4-183)

Die magnetische Feldstarke H nimmt also mit zunehmender Entfernung proportional zu \/r ab.

u;

Bild 4-86. Magnetische Feldstarke H um einen einzelnen geradlinigen stromdurchflossenen Leiter.

4.4. Magnetisches Feld

Magnetische Feldstarke einer Zylinderspule Die magnetische Feldstarke H^ in einer im Vergleich zum Durchmesser langen, stromdurchflossenen Zylinderspule (Solenoid) gemaB Bild 4-87 ist parallel zur Spulenachse und uber die gesamte Querschnittsflache hinweg konstant; die Feldliniendichte ist groB (Bild 4-87b). AuBerhalb der Spule ist das Magnetfeld sehr schwach, die Feldliniendichte ist gering (//a ^ 0).

289

Finger der rechten Hand in Stromrichtung, dann weist der Daumen zum Nordpol der Spule. Magnetische Feldstarke einer Ringspule Das magnetische Feld im Innern einer dicht gewickelten ringformigen Spule gemaB Bild 4-88 ist kreisformig innerhalb der Grenzen ^

d 2

^

d 2

n WIndungen

Bild 4-87. Magnetische Feldlinien in einer Zylinderspule (Solenoid).

Da eine geschlossene magnetische Feldlinie A^ Windungen mit jeweils der Stromstarke / umschlieBt (Bild 4-87 a), gilt nach dem Durchflutungsgesetz (Gl. (4-181)) ^ Hds = \H,{s)

d5i + | / / , ( 5 ) d5, = AT/.

Im Innern der Spule ist H^{s) konstant: Hi = H, das Wegintegral ergibt die Spulenlange l\ H,\ds = H I. Der Integralanteil auBerhalb der Spule ist wegen H.^ < H^ vernachlassigbar klein. Fiir das Magnetfeld im Innern einer langen Zylinderspule gilt deshalb

Die magnetische Polung einer Zylinderspule laBt sich folgendermaBen merken: Zeigen die

Bild 4-88. Magnetische Feldlinien in einer Ringspule (Toroid).

290

4. Elektrizitat und Magnetismus

Nach dem Durchflutungsgesetz gilt

H2Kr=NI. 1st der Radius der Spule R > d/1, dann herrscht in der Spule ein annahernd homogenes kreisfdrmiges Feld (Bild 4-88 b) mit der magnetischen Feldstarke

Losung: Da der Radius r gemaB Bild 4-90 senkrecht zum Linienelement ds steht, ist s i n ^ = l . Somit lautet das Biot-Savartsche Gesetz (Gl. (4-186)) d// =

Anr^

rd5

Oder / / = 4 ni

' ds.

Magnetische Feldstarke stromdurchflossener Leiter beliebiger Geometrie Ein kleines Leiterstiick der Lange d^ liefert in einem Punkt P in der Entfernung r den Beitrag Bild 4-90. Magnetische Feldstarke im Mittelpunkt eines Kreisstroms.

zur magnetischen Feldstarke. Dabei ist (p der Winkel zwischen dem Abstand des Punktes P vom Linienelement d^ (Radius r) und der Tangente des Linienelementes, wie Bild 4-89 zeigt. Gl. (4-186) ist das Biot-Savartsche Gesetz (J. B. BiOT, 1774 bis 1862, und F. SAVART, 1791 bis 1841). Dieses ist, wie die Beispiele 4.4-1 und 4.4-2 zeigen, die differentielle Form des Durchflutungsgesetzes (Gl. (4-181)) und diesem vollig aquivalent. Mit seiner Hilfe werden im folgenden die magnetische Feldstarke im Mittelpunkt eines Kreisstroms und die magnetische Feldstarke in einer kurzen Zylinderspule berechnet.

Das geschlossene Wegintegral f d^ ist der Umfang des Kreises Inr. Man schreibt also H-

/ Anr^

•Inr.

Daraus ergibt sich fiir die magnetische Feldstarke im Mittelpunkt des stromdurchflossenen Kreises

Es resultiert H =

10 A A = 50—. 2 0,1 m m

4.4-2: Zu berechnen ist die magnetische Feldstarke in der Mitte und am inneren Rand einer kurzen Zylinderspule mit zwei Windungen, der Lange / = 1 cm und dem Durchmesser d der Windungen von 0,8 cm. Durch diese Spule flieBt ein Strom von / = 8 A. Wie groB ist der Fehler, wenn Gl. (4-184) fiir eine langgestreckte Zylinderspule verwendetwird? Losung:

Bild 4-89. Zum Biot-Savartschen Gesetz. Beispiele 4.4-1: Die magnetische Feldstarke H im Mittelpunkt eines kreisformigen fliefienden Stromes (/ = 10 A, r = 10 cm) ist zu berechnen.

In diesem Fall wendet man entsprechend Bild 4-91 das Biot-Savartsche Gesetz (Gl. (4-186)) an: / dH = r sin (p ds. 4nr^ Es beschreibt den Anteil der magnetischen Feldstarke dH im Abstand r eines stromdurchflossenen Kreisleiters. Der Winkel zwischen dem Kreisradius R und dem Leiterelement d^ ist (^ = 90°, deshalb w^ird sin (p = 1, so daB gilt

4.4. Magnetisches Feld

H=

A

dHsin/3

Bild 4-91. Biot-Savartsches Gesetz fur die Feldstdrke eines Kreisstroms in einem beliebigen Punkt.

47rH

(4-188)

-ds.

Der Feldstarkeanteil in Achsenrichtung ist dHdH sin p. Mit Gl. (4-188) ergibt dies

Isinfi An

.ds r^

(4-189)

I —T .

Aus Bild 4-91 geht hervor r = /?/sin P und ds = R da. Infolgedessen andert sich Gl. (4-189) zu Isir? P ^"^ / sin y^ » Rdp H = —: J An ' R^/sm^P AnR \ /^i

V /

11 7 ^ A

^

IR' 2P

(4-192)

Aus Gl. (4-190) laBt sich die Feldstarke in der Mitte einer stromdurchflossenen Spule nach Bild 4-92 ermitteln: Fiir einen Teil der Spulenlange d/ betragt bei N Windungen auf der Spulenlange / der Anteil der magnetischen Feldstarke gemafi Gl. (4-190) dH = — dI sin^y^. / 2R

/ / = J s i n y ^ d / / = JsinA-^ rd^, *' *' 4nr^ H =

(4-191)

2(y/?2+/2)3'

Aus Gl. (4-191) lafit sich eine Vereinfachung herleiten: In groBer Entfernung vom Kreisleiter {l> R) ist H=

dH=-

IR^

II

291

(4-193)

—R ^ dp. Somit verandert Aus 1 = Rcoip folgt d/ = sin^y^ sich Gl. (4-193) zu N -R / , /iV7

H-

IN

YJ

(4-194)

(C0S;^2-C0S;^l).

Ferner gilt cos Pi = 1/2 a und cos pi = — 112 a. Damit ist cos p2 - cos Px = l/a, und mit a = y\l^-\-R^ gilt IN I ij ^ 2 / l/|/2 + i?2 ' NI Mitte

^/-p^

T^TT"

|//2 + 4i?2

—/ —

NI

Yi^T^'

(4-195)

Bild 4-92. Magnetische Feldstarke in der Mitte einer Am Spulenrand ist nach einer ahnlichen Rechnung kurzen ZyUnderspule. die magnetische Feldstarke nur halb so groB, so dafi sich ergibt Integriert ergibt dies NI (4-196) -^Rand — 2 y^2+/2 • H= sm^ p. (4-190) 2R ^ Im Mittelpunkt des Kreisleiters ist P = 90°, d.h. siny^=l. Daraus folgt dann fiir die magnetische Feldstarke im Mittelpunkt eines kreisformigen Leiters (vgl. Gl. (4-187)) H = I/{2R). Da man schrei-

Fiir eine langgestreckte Zylinderspule l> d kann in Gl. (4-195) d^ gegenuber /^ vemachlassigt werden, so daB der Ausdruck fiir die magnetische Feldstarke einer langestreckten Spule entsteht:

benkann sin y^ = — und r = y R^ -\-1^, gilt

IN H=-

(4-184)

292

4. Elektrizitat und Magnetismus

GemaB Gl. (4-195) ergibt sich mit den Werten von Beispiel 4.4-2 H,Mitte

2-8

"~"

A ,A y(0,8-10-2)2+10-4 m = 1,25 103-m

Aus der Gleichung fur eine langgestreckte Zylinderspule (Gl. (4-184)) errechnet sich 2-8 A ,A H = lo- - — = 1 , 6 - 10^—. rn m Daraus errechnet sich ein absoluter Fehler //fe^&ler =(1,6 " 1,25) -103—= 325 — m m und ein prozentualer Fehler 1,25

100% = 28%.

4.4.3. Magnetische Flufidichte und Kraftwirkungen im Magnetfeld 4.4.3.1. Magnetischer Flufi, magnetische FluBdichte Aus dem vorhergehenden Abschnitt geht hervor, daB die Ursache fiir das Auftreten eines Magnetfeldes ein FlieBen elektrischer Ladungen bzw. das Vorhandensein einer Stromstarke / ist. In diesem Magnetfeld kann man folgende Wirkungen beobachten: Wird eine im Magnetfeld befindliche Leiterschleife aus dem Magnetfeld gezogen, wie es Bild 4-93 a zeigt, so wird ein SpannungsstoB \ U 6t gemessen (Bild 4-93 b). Der SpannungsZeit-Verlauf ist bei einer schnellen Durchquerung des Magnetfeldes steiler und bei einer langsameren flacher. Die Flachen unter diesen Kurven sind jedoch immer gleich groB. Der SpannungsstoB ist davon abhangig, wie viele magnetische Feldlinien beim Herausziehen durch die von der Leiterschleife aufgespannte Flache gekreuzt werden und aus wie vielen Windungen N die Leiterschleife gewickelt ist. Dies bedeutet, daB der SpannungsstoB der Anzahl der parallel zur Flachennormalen dA^ befindlichen magnetischen Feldlinien entspricht (Bild 4-93 a). Die Anzahl der magnetischen Feldlinien wird in Analogic zu Wasserfliissen der magnetische FluB 0 genannt. Der FluB durch die Leiterschleife andert sich durch das Herausziehen der Leiterschleife von ursprunglich 0 auf null

Bild 4-93. SpannungsstoB und magnetischer FluB.

um A 0 = 0 — 0 = 0. Die Anderung des magnetischen Flusses wird direkt dem SpannungsstoB zugeordnet:

Entsprechend gilt fiir den SpannungsstoB jU{t)dt

= NA0.

(4-198)

Der SpannungsstoB ^ U dt ist gleich der Anderung des magnetischen Flusses 0, der die Flache eines Leiters senkrecht durchsetzt. Die Einheit des Flusses ist 1 Vs = 1 W b (Weber). Wegen der Abhangigkeit des SpannungsstoBes von der GroBe und der Orientierung der Leiterschleifenflache zur Richtung des magnetischen Flusses wird auBer der magne-

4.4. Magnetisches Feld

tischen Feldstarke H eine weitere vektorielle magnetische FeldgroBe, die magnetische FluBdichte Oder die magnetische Induktion B definiert: ^ 0 , d0 B= — bzw. . (4-199) A dA Die magnetische Induktion oder FluBdichte B beschreibt den magnetischen FluB 0 pro Flacheneinheit. Die Richtung von B ist die Richtung des magnetischen Flusses. Die Einheit der magnetischen Induktion ist 1 Vs/m2 = 1 T (Tesla). Aus Gl. (4-199) laBt sich der magnetische FluB 0 durch eine Flache z.B. einer beliebig orientierten Leiterschleife berechnen:

magnetische Feldstarke H, z.B. in einer Iangen Zylinderspule, und die magnetische FluBdichte B, z. B. bestimmt aus dem SpannungsstoB in einer nach Bild 4-94 im Winkel (p zur Zylinderspulenachse herausgezogenen Leiterschleife, stets gleichgerichtet und zueinander proportional. Es gilt die Beziehung

iBdA=JBcos(pdA.

(4-200)

(4-201)

B = fi^H.

Die Proportionalitatskonstante ist die magnetische Feldkonstante JUQ. Ihr Zahlenwert ergibt sich aus den Kraftwirkungen elektrischer Strome (s. Definition des Ampere in Abschn. 1.3.1 und 4.1.2). Die magnetische Feldkonstante betragt demnach ju, =

0 =

293

4n'\\0-'

Vs Am

1,257- 10"^

Vs Am

(4-202)

Sind also die magnetischen Feldlinien unter Gl. (4-201) gilt nur im materiefreien Raum. einem Winkel (p zur Flachennormalen geneigt, so ist nur die FluBdichte senkrecht zur Flache B cos (p maBgebend, wie Bild 4-94 zeigt. 4.4.3.2. Kraftwirkungen im Magnetfeld Die magnetische FluBdichte B und die magnetische Feldstarke H dienen beide zur Be- Verschiedene Magnetfelder iiberlagern sich schreibung der Richtung und Starke einer zu einem resultierenden Magnetfeld, z.B. das magnetischen Wirkung. Im Vakuum sind die Magnetfeld eines Permanentmagneten und das eines stromdurchflossenen Leiters. Aus diesem resultierenden Feld lassen sich Kraftwirkungen ableiten. Stromdurchflossener Leiter im Magnetfeld

Bild 4-94. Beliebig orientierte Leiterschleife im Magnetfeld.

Bild 4-95 a zeigt einen stromdurchflossenen Leiter im Feld eines Permanentmagneten. Die im mathematisch negativen Sinne umlaufenden magnetischen Feldlinien des stromdurchflossenen Leiters iiberlagern sich mit den vom Nord- zum Siidpol laufenden Feldlinien des Permanentmagneten, wie Bild 4-95 b zeigt. Das resultierende Feld hat in diesem Fall eine Feldlinienverdichtung auf der linken und eine Feldlinienverdiinnung auf der rechten Seite. Auf den Leiter wird eine Kraft in Richtung der Feldverdunnung (nach rechts) wirksam. Experimentell gilt fiir den Kraftbeitrag dF eines stromdurchflossenen Leiterelementes der Lange d/

294

b)

4. Elektrizitat und Magnetismus

i i

i

i^t

i

i

i

t i^

Magnetfeldlinien des Leiters I

Bild 4-95. Kraftwirkung aufeinen stromdurchflossenen Letter im Magnetfeld.

dF=I(dlxB).

(4-203)

Verlauft der stromfuhrende Leiterabschnitt mit der Lange / senkrecht zum Magnetfeld, so gilt

/ F^lUdlxB) 0 f=-jBxl

/ = -l{Bxdl=-IBx{dl, 0 Oder

F=I(lxB),

/ 0 (4-204)

Die Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter hat den Betrag

F= 11B sin (p.

(4-205)

(p ist der Winkel zwischen Magnetfeld B und dem geraden Leiterstuck /.

I ^^^ ^^^^ ^ ^^f ^^^^^ stromdurchflosse^^^ Leiter der Lange / in einem Magnet^^^^ ^ wirkt senkrecht zur Flache, die von den Vektoren /und B aufgespannt wird. (Veranschaulichung durch die Rechte-HandRegel: Daumen in Stromrichtung, Zeigefinger in magnetischer Feldrichtung: dann zeigt der Mittelfinger in Kraftrichtung.)

4.4. Magnetisches Feld Befindet sich der stromdurchflossene Leiter senkrecht zum Magnetfeld, dann gilt (da sin (p= 1): F=IIB.

(4-206)

295

Femer gilt M M= c* (p Oder ^ = ^ ^ = 36°. c* b) Es gilt fiir das Drehmoment M=

c*(p=NIBl^.

Daraus folgt fiir die Stromstarke c* (p

GemaB Gl. (4-206) laBt sich die magnetische Induktion B uber die Kraftwirkung im Magnetfeld erklaren:

B

F^ II'

(4-207)

Die magnetische FluBdichte B gibt an, wie groB die Kraft ist, die je Stromstarkeund je Langeneinheit auf einen stromdurchflossenen Leiter wirkt. Die Einheit von B ist damit auch 1 N / A m . Beispiel 4.4-3: Zwischen den kreisformigen Polen eines Permanentmagneten befindet sich ein Weicheisenkem, der 100 Wicklungen einer quadratischen Leiterschleife mit der Kantenlange / = 3 cm tragt (Prinzip des Drehspulinstrumentes gemafi Bild 4-96). Die Induktion betragt B = 2,5 T, und die Wicklungen werden von einer Stromstarke / = 4,8 A durchflossen. a) Welches Drehmoment erfahrt ein Zeiger, und wie groB ist der Winkelausschlag bei einer WinkelrichtgroBe von c* = 3 • lO'^ Nm/° ? b) Wie groB ist die Stromstarke bei einem Zeigerausschlag von 40 ° ?

/ = NBl^ : 5,33 A. Magnetisches Moment Eine weitere wichtige magnetische KenngroBe ist das magnetische Moment m. Es wird analog zum elektrischen Dipolmoment (Gl. (4-168)) definiert: m = 0 I.

(4-208)

/ ist der fiktive Abstand zwischen Nord- und Siidpol. Dabei steht anstelle der Ladung Q die magnetische Polstarke 0 . Sie errechnet sich aus der Kraft je magnetischer Feldstarke 0 = F/H (analog zur elektrischen Ladung Q als Quotient aus Kraft und elektrischer Feldstarke Q = F/E). Das magnetische Moment m wird durch die Messung eines Drehmomentes M in einem auBeren Magnetfeld bestimmt. Je nachdem, ob das auBere Magnetfeld durch die magnetische FluBdichte B bzw. durch die magnetische Feldstarke H beschrieben wird, ergibt sich das Amperesche magnetische Moment /WA, das vor allem in der Atomphysik verwendet wird, bzw. das Coulombsche magnetische Moment niQ: 0 1 IWA =

Mo \M\ I'WA|=-

B\

M = WA X B

(4-210)

M^mcxH

(4-211)

mc = 0 I Bild 4-96. Prinzip des Drehspulinstrumentes. Losung: Fiir die magnetische Kraft Fmagn gih nach Gl. (4-206) f„,g, = i V / / 5 . a) Es ergibt sich ein Drehmoment von M= F^^^l = NIBl^ = 1,08 Nm.

l'Wc|=-

H\

Das magnetische Moment m ist der Quotient aus dem Drehmoment der magnetischen Kraft und dem magnetischen Feld {B Oder H). Der Vektor des magnetischen Momentes zeigt vom Slid- zum Nordpol. Bild 4-97 verdeutlicht den Zusammenhang.

296

4. Elektrizitat und Magnetismus Es ist / =

^ A = 71 r^

e TQ

eco =-7—, so da6 man schreiben kann In

eco In

econ

Fiir ein Elektron mit Drehimpuls h wird das magnetische Moment Bild 4-9 7. Magnetise hes Moment. Eine vom Strom / durchflossene Schleife der Flache A erfahrt in einem auBeren Magnetfeld mit der Induktion B ein Drehmoment M, das versucht, die Schleifenflache senkrecht zu den Feldlinien zu stellen. Es gilt M=mp^xB mit mj^ = A I.

(4-211)

Der Vektor des magnetischen Moments /WA steht senkrecht auf der Schleifenflache. Beispiel 4.4-4: Das magnetische Moment ni/^ eines Elektrons, das mit der Winkelgeschwindigkeit co im Abstand r um den Atomkem kreist, ist zu berechnen.

WA = - : ^ = 9,27-10-24 Am2. 2 We Dieser Wert wird als Bohrsches Magneton //g bezeichnet (Abschn. 8.3).

Kraft zwischen zwei parallelen stromdurchflossenen Leitern Befinden sich zwei stromdurchflossene Leiter im Abstand d voneinander, so spiirt der Leiter 1 das Magnetfeld des Leiters 2. Dessen magnetische Feldstarke ist gemaB Gl. (4-183) H,=

2nd'

Fiir die Kraft zwischen zwei Leitern gilt entsprechend Gl. (4.206)

Losung: Es gilt nach Gl. (4-211) m^ = AI.

und unter Beriicksichtigung von H2

Bild 4-98. Kraft zwischen zwei parallelen stromdurchflossenen Leitern.

4.4. Magnetisches Feld

Bild 4-98 zeigt die Uberlagerung der magnetischen Feldlinien fiir zwei parallele stromdurchflossene Leiter. Bei zwei gleichgerichteten Stromen wirkt zwischen den Leitem eine Anziehungskraft (Bild 4-98 a), wahrend bei entgegengesetzt fliefienden Stromen zwischen den Leitem eine AbstoBungskraft wirkt (Bild 4-98 b). Kraft auf bewegte Ladungstrager im Magnetfeld Bewegte Ladungstrager erfahren im Magnetfeld eine Kraft. Gl. (4-203) dF=I(dlxB) laBt sich fiir diesen Fall umformen: Fiir die Geschwindigkeit der Ladungstrager gilt v = d//d/, hieraus folgt dl= v dt. Eingesetzt ergibt dies dF=Idt(vxB), Mit Idt = dQ erhalt man dF=dQ(vxB) F^=Q(vxB).

oder

(4-213)

Bewegt sich eine Ladung Q mit der Geschwindigkeit v durch ein Magnetfeld der magnetischen Induktion B, so spiirt die Ladung eine Kraft. Diese wirkt senkrecht zu V und senkrecht zu B. Bild 4-99 verdeutlicht den Zusammenhang. Die Kraft wird nach ihrem Entdecker LorentzKraft genannt (H. A. LORENTZ, 1853 bis 1928). Der Betrag der Lorentz-Kraft ist \F^\ =

QvBsm{v,B).

Die Lorentz-Kraft ist demnach maximal, wenn V und B senkrecht zueinander stehen und null, wenn sich die Ladungstrager in Richtung des magnetischen Feldes bewegen. Sind die flieBenden Ladungen in einem Leiter Elektronen, so erfahren die mit einer Geschwindigkeit VQI in x-Richtung flieBenden Elektronen in einem Querfeld By in >^-Richtung eine Lorentz-Kraft in z-Richtung. Sie betragtjeElektron Fi^, =

-e(v^'By).

(4-215)

Sie wirkt wegen der negativen Ladung der Elektronen in die negative z-Richtung. Hall-Effekt Durch ein leitendes Plattchen mit der Breite b und der Dicke d flieBe in x-Richtung ein Strom Ix. Senkrecht hierzu herrsche ein Magnetfeld B^. Dann wirkt auf jedes Elektron die Lorentz-Kraft B,

^i^y'-

Durch diese Lorentz-Kraft werden die Elektronen in >^-Richtung verschoben, so daB an der linken Stirnseite ein ElektroneniiberschuB und an der rechten Stirnseite ein Elektronenmangel herrscht, wie Bild 4-100 zeigt. Dies hat zur Folge, daB in ji^-Richtung ein elektrisches Gegenfeld aufgebaut wird und eine elektrische Gegenkraft FQ\ = — e Ey auftritt. Die Verschiebung der Elektronen aufgrund der Lorentz-Kraft kommt dann zum Stillstand, wenn sich ein Gleichgewicht der Krafte einstellt: F.

=F,Ly

oder

eEy = - e Vy B,

Es ist Ey= Uy/b, so daB fiir die zwischen den Stirnseiten in j-Richtung meBbare Spannung Uy folgt

y^

y^ /+^

(4-214)

297

/

B

y

^''A

^ ' -z

B ild 4-99. Kraft auf bewegte (negative) Ladungstrager im Magnetfeld.

298

4. Elektrizitat und Magnetismus

4^z

'2.77

^ ^ -

p.<:._-p>

^ -

. - " '-''^^

:-^

y-

-*

+

b

- ^

y^

+

den zur Messung von Magnetfeldem verwendet. In Hall-Generator en geschieht die Multiplikation zweier elektrischer GroBen (Ix^z) durch Messung der Hallspannung C/H-

:3> y^

y

>^

^

Mit Hilfe des Hall-Koeffizienten A^ konnen folgende physikalische GroBen ermittelt werden:

^ ^

Bild 4-100. Hall-Effekt (negative Ladungstrdger). (4-216)

Uy=B,l,b=U^

Die Spannung 11^ wird Hall-Spannung genannt (E. H. HALL, 1855 bis 1938). Die Stromdichte j ^ der Elektronen in x-Richtung ist j ^ = nev^ = xE^.

(4-217)

Dabei ist n die Anzahl der Elektronen je Volumen und e die Elementarladung. Eingesetzt in die Gleichung fiir die Hall-Spannung ergibt sich UH =

JxB.b.

(4-218)

ne Der Faktor genannt:

Bei dem von K. v. KLITZING entdeckten Quanist der Hall-Widerstand R^ ten-Hall-Effekt gequantelt. Er hat eine groBe Bedeutung als Widerstandsnormal (Abschn. 4.1.4 und 8.2.5).

- die Ladungstragerkonzentration n (wichtig u.a. bei Halbleitern, s. Abschn. 9.2.3), - das Vorzeichen der Ladungstrager (Locherleitung plus und Elektronenleitung minus), - die Ladungstragerbeweglichkeit jj = xA^. Tabelle4-9 zeigt die Werte des Hall-Koeffizienten All fur einige ausgewahlte Werkstoffe.

Tabelle4-9. Hall-Koeffizienten einiger Werkstoffe. .4HinlO- i i i n !

Werkstoff

c

Elektronenleitung Kupfer Gold Natrium Caesium

Cu Au Na Cs

wird Hall-Koeffizient A^i

-5,5 -7,5 -25 -28 Locherleitung

^^

1

Au = ne

(4-219)

Cadmium Cd Sn Zinn Beryllium Be

+ 6 + 14 + 24,4 Halbleiter

Somit kann Gl. (4-218) geschrieben werden

Un^^wJxBzb,

(4-220)

Wismut IndiumArsenid

Bi

-5-10^

InAs

-10^

Wegeny-;, = I^/{b d) gilt u . - ^ i . - R . i . .

(4-221)

Da die Hall-Spannung proportional zur magnetischen Induktion B ist, werden Hall-Son-

Beispiel 4.4-5: Durch eine 0,1 mm dicke Silberfolie flieBt ein Strom von 4 A Im senkrecht zur Folie befindlichen Magnetfeld (B = 6,2 Vs/m^) wird eine HallSpannung Uii = — 22 [iV gemessen. Bestimmt wer-

4.4. Magnetisches Feld

299

den sollen die Hall-Konstante A^ von Silber, die Ladungstragerkonzentation n und die Elektronenbeweglichkeit //. Losung: Nach Gl. (4-221) gilt fur den Hall-Koeffizienten An =

IB

= - 8 , 8 7 - 1 0 - ' ' m^ "^

Aus Gl. (4-219) ergibt sich n= Aiie

= 7 • lO^^—m^

M Aus ^H = — resultiert M = ^H>^(>^Siiber = 6,25 • 1 0 ' - ^ ) = 5,54 • 1 0 " ^ ^

Kraftwirkungen auf frei bewegliche Ladungstrager Bewegen sich freie Ladungstrager (z.B. Elektronen in einem Oszilloskop oder Protonen in einem Beschleuniger) mit einer konstanten Geschwindigkeit v in einem magnetischen Querfeld, so wirkt auf sie die Lorentz-Kraft Sie steht — analog zur Zen^1= Q(^'x^)tripetalkraft einer Kreisbewegung in der Mechanik - senkrecht zur Geschwindigkeit v und andert lediglich die Richtung, nicht aber den Betrag der Teilchengeschwindigkeit, wie Bild4-101a zeigt. Deshalb fiihren die geladenen Teilchen im Magnetfeld eine Kreisbewegung aus, wenn sie mit konstanter Geschwindigkeit V in ein homogenes magnetisches Querfeld gelangen (Bild 4-101 b). Durchlaufen geladene Teilchen einen Kreis mit dem Radius r, so ist die Zentrifugalkraft gleich der Lorentz-Kraft: = QvB

Diese Beziehung zeigt, daB bei konstantem magnetischen Querfeld der Bahnradius um so kleiner wird, je groBer das Magnetfeld ist. Mit zunehmender Geschwindigkeit der geladenen Teilchen wird der Radius groBer. Dies wird bei den Teilchenbeschleunigern ausgenutzt. In Bild 4-102 erkennt man das Prinzip. Bei einem Zyklotron herrscht ein konstantes Magnetfeld, und die Teilchen werden durch ein elektrisches Wechselfeld zwischen den Bereichen I und II auf hohere Geschwindigkeiten gebracht (Bild 4-102 a). Dadurch entsteht eine spiralformige Bahn, die aus aneinandergrenzenden Halbkreisen besteht. (Bei hohen Teilchengeschwindigkeiten ist der relativistische Massenzuwachs zu berucksichtigen, s. Abschn. 10.4.) In einem Synchrotron (Bild 4-102 b) bleibt der Radius der beschleunigten Teilchen gleich, weil entsprechend der zunehmenden Geschwindigkeit V das Magnetfeld B ebenfalls erhoht wird. Aus Gl. (4-222) ist auch die spezifische Ladung eines Elementarteilchens bestimmbar:

m

(4-223)

rB

Flir ein Elektron gilt dann -^ = — = -1,76-10^^ — .

Oder

m

mei

kg

(4-224)

b)

0

O 0 O O O

0'''^/OYO0 0 0 (D 0 ) 0 0) 0 0 0
Bild 4-101. Kreisbewegung freier Elektronen im Magnetfeld.

300

4. Elektrizitat und Magnetismus Kraftwirkung im elektrischen und magnetischen Feld Bewegen sich geladene Teilchen sowohl in einem elektrischen als auch in einem magnetischen Feld, dann wirkt die resultierende Kraft

F^QE+Q{vxB).

(4-226)

Sind beide Felder — d.h. das elektrische und das magnetische Feld - parallel, so bewegen sich geladene Teilchen auf einer Schraubenbahn, da das Magnetfeld eine Kreisbahn um die Magnetfeldachse erzwingt und das elektrische Feld eine Kraft in Langsrichtung bewirkt. 4.4.4. Materie im Magnetfeld 4.4.4.1. Grundbegriffe Wird Materie in ein magnetisches Feld geBild 4-102. a) Zyklotron, schematisch und b) Synbracht, so andert sich - analog zur Materie chrotron. im elektrischen Feld (Abschn. 4.3.7) - die Entsprechend der spezifischen Ladung von magnetische FluBdichte B. Es ist Teilchen entstehen unterschiedliche Auftreff*punkte. Mit einem geeignet konstruierten Massenspektrograph nach F. W. ASTON (1877 bis 1945) konnen diese sichtbar gemacht und somit die relativen Atommassen ermittelt werden.

\B„ (4-227) B^ Die Permeabilitatszahl //r ist eine dimensionslose Verbaltniszahl, sie gibt an, um das Wievielfache sich die magnetische FluBdichte mit Materie {B^) im Verhaltnis zur magnetischen FluBdichte ohne Materie (^o) verandert. J^T=-

Beispiel 4.4-6: In einem Zyklotron werden Protonen in einem Magnetfeld von B = 2 T beschleunigt. Zeigen Sie, daB die Anzahl der Umlaufe je Sekunde von der Aus Gl. (4-227) folgt Teilchengeschwindigkeit und vom Radius unabhangig ist. Berechnen Sie diese im vorliegenden Fall.

^m = /^r^O=/^0/^r^O-

Losung: Q Nach Gl. (4-223) gilt v = — rB. Fur die Frequenz gilt/=-—mitco = -. In r Wird V in die Gleichung fur die Frequenz eingesetzt, so ergibt sich

Analog zum elektrischen Feld wird die durch die Materie zusatzlich hervorgerufene magnetische FluBdichte magnetische Polarisation J genannt: / = = ^m - ^ 0

/=

V

Inr

^

QB

Inm

(4-225)

Im vorliegenden Fall ermittelt man mit gp = 1,602- lO-^^C und wp= 1,672- lO'^^kg / = 30,49 MHz.

(4-228)

MiiB^ =

/^r ^0

(4-229)

ergibt sich aus Gl (4-229)

/ == (/^r - 1 ) ^ 0

= ( / ^ r --1)

/lo^o- (4-230)

4.4. Magnetisches Feld Der Faktor (jUr~^) heifit analog zur elektrischen Suszeptibilitat Gl. (4-166) magnetische Suszeptibilitdt Xm- Somit formt sich Gl. (4-230) urn zu (4-231) Am

\J\ l^ol

\J\ f^o\H\'

(4-232)

Die magnetische Suszeptibilitat Xm beschreibt das Verhaltnis von Polarisation / , hervorgerufen durch Materie im Magnetfeld, und der magnetischen FluBdichte BQ (ohne Materie). Wird am System auBer dem Einbringen von Materie nichts geandert, dann bleibt der eingepragte Strom in der Spule konstant und damit auch die Feldstarke; Hist also im Vakuum und in Materie gleich (H invariant). Fiir die Magnetisierung M gilt: M =

Tabelle4-10. Magnetische Suszeptibilitat magnetischer Werkstoffe. Werkstoff

(4-233)

M={fi,~l)H=XmH.

(4-234)

Fiir die magnetische Induktion B ergibt sich dann B=

fioH-\-J=lio(H+J/fio) (4-235)

Die Magnetisierung ist bei vielen Stoffen proportional zur magnetischen Feldstarke H. Ausgenommen hiervon sind die nichtlinearen magnetischen Werkstoffe (z.B. die Ferromai'MJ i ferromagnetisch

f

gnetika). Werkstoffe konnen nach ihrem Verhalten im Magnetfeld (/i^ = BJBQ) gemaB Bild 4-103 eingeteilt werden in — diamagnetische Stoffe jLiy. wenig kleiner als 1 bzw. Xm geringfiigig negativ, Beispiele: Cu, Bi, Pb; — paramagnetische Stoffe //r wenig groBer als 1 bzw. Xm geringfugig positiv, Beispiele: Al, Pt, Ta; — ferromagnetische Stoffe jUj. wesentlich groBer als 1 bzw. Xm deutlich positiv, Beispiele: Co, Fe, Ni. Tabelle4-10 vermittelt eine Ubersicht uber die magnetische Suszeptibilitat einiger dia-, para- und ferromagnetischer Werkstoffe bei Raumtemperatur.

magnetische Suszeptibilitat Ferromagnetika

/^o

Nach weiteren Umformungen ergeben sich folgende Formulierungen:

301

Mu-Metall (75 Ni-Fe) Fe (rein) Fe-Si Ferrite (weich) AlNiCo Ferrite (hart)

bis9 104 10^ 6- 10^ 1 • 10^ 3 0,3 Paramagnetika

O2 (flussig) Pt Al O2 (gasformig)

3,6 • 2,5 • 2.4 • 1.5 •

10-3 10-4 10-5 10-6

Diamagnetika N2 (gasformig) Bi Au Cu H2O

- 6,75 • 10-9 - 1,5 • 10-4 - 2 , 9 10-5 - 1•10-5 -7-10-6

paramagnetisch 10-6<X^<10-2

4.4.4.2. StofTmagnetisinus Das unterschiedliche magnetische Verhalten -io-^<x^<-iovon Materie ist auf deren Elektronenstruktur zuruckzufiihren. Die Elektronen erzeugen als Bild 4-103. Einteilung magnetischer Werkstoffe sich bewegende elektrische Ladungen magnetische Momente, und zwar durch nach den Zahlenwerten von ju^ bzw. Xm-

•

diamagnetisch

302

4. Elektrizitat und Magnetismus

0

O 0)

.-

i*-

g

i5 c ^

0 ^ 0 0 ^

O O ^

0

C (0 <

CO

CO 2

o O

CD . E

O

o

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(1) CO H

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2 3 CO

(D c D LU

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CO -J


CO

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0 ^

O CO

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E CO

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V

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0 C O

0 52 o) 0• c C

0 C 0

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-1

E ^

Q. 0 CO i_ N_

0 .Q 0 0 ,C5O H CO -D T5 CO

0 g

I! p EcO

0

c5

4.4. Magnetisches Feld — die Bahnbewegung ein magnetisches Bahnmoment meahn senkrecht zur Cmlaufflache und durch — die Eigenrotation (Elektronen-Spin) ein magnetisches Spinmoment /Wspj^. Das von der Kernbewegung herriihrende Kernspinmoment kann wegen der geringen Magnetwirkung vernachlassigt werden. Bild 4-104 zeigt die Arten des Stoffmagnetismus, die jeweiligen Ursachen und Wirkungen, die Temperaturabhangigkeit des Kehrwertes der Suszeptibilitat sowie typische magnetische Werkstoffe. Der Ferromagnetismus ist wegen seiner groBen technischen Bedeutung ausfuhrlich beschrieben.

303

seine Wechselwirkung mit dem magnetischen Spinmoment aus; dieser vollstandigen Ausrichtung steht jedoch die Warmebewegung der Atome entgegen. Die thermische Bewegung der Atome nimmt mit steigender Temperatur zu, dementsprechend der Grad der Ausrichtung der magnetischen Spinmomente und damit die magnetische Suszeptibilitat ab. Es gilt hierbei das Curiesche Gesetz (P. CURIE, 1859 bis 1906):

Der Faktor C ist eine stoffabhangige GroBe.

Diamagnetismus Der Diamagnetismus ist eine Eigenschaft aller Korper; er kann aber durch andere magnetische Erscheinungen iiberdeckt werden. In reiner Form tritt er auf, wenn sich die magnetischen Spinmomente aller Atomelektronen aufheben. Dies ist bei Elementen mit abgeschlossenen Elektronenschalen der Fall (PauliPrinzip, Abschn. 8.4). Wird ein diamagnetischer Stoff in ein auBeres Magnetfeld gebracht, erzeugt die Wechselwirkung des magnetischen Elektronen-Bahnmomentes m^.^^^ mit diesem auBeren Magnetfeld eine Prazession der Elektronenbahn. Durch diese Kopplung der Elektronenbewegung entstehen inneratomare Ringstrome, deren Magnetfeld dem auBeren Magnetfeld entgegengesetzt gerichtet ist {Lenzsche Kegel, Abschn. 4.5). Das gesamte Magnetfeld wird dadurch schwacher. Aus diesem Grund ist die Permeabilitatszahl jUj. < 1 bzw. die magnetische Suszeptibilitat Xm < 0Der Diamagnetismus verschwindet wieder, wenn das auBere Feld abgeschaltet wird. Eine Temperaturabhangigkeit der Suszeptibilitat ist nicht festzustellen. Typische Stoffe mit diamagnetischem Verhalten sind Ag, Au, Cu, Bi Oder H2. Paramagnetismus Unaufgefiillte Elektronenschalen (bzw. eine ungerade Anzahl von Elektronen) fiihren zu nicht vollstandig kompensierten magnetischen Spinmomenten. Diese magnetischen Spinmomente sind regellos verteilt. Das auBere Magnetfeld richtet die Elementarmagnete durch

Ferromagnetismus Unaufgefiillte innere Elektronenschalen, wie sie vor allem bei den Ubergangsmetallen (Fe, Ni, Co, Gd, Er) vorkommen, fiihren zu gleichgerichteten Spinmomenten. Es existieren ganze Kristallbereiche gleicher Magnetisierung in der GroBe von etwa 10 |am bis 1 mm. Sie werden WeiBsche Bezirke genannt (P. E. WEISS, 1865 bis 1940). Sie sind im unmagnetisierten Zustand regellos verteilt, so daB der Werkstoff nach auBen unmagnetisch ist. Durch Anlegen eines auBeren Feldes werden die WeiBschen Bezirke zunehmend in Feldrichtung ausgerichtet. Die parallele Ausrichtung der magnetischen Spinmomente wird mit zunehmender Temperatur zerstort, bis sie oberhalb der ferromagnetischen Curie-Temperatur TQ vollig aufgehoben ist und die ferromagnetischen Stoffe nur noch ein paramagnetisches Verhalten aufweisen. Fiir Temperaturen oberhalb TQ gilt das CurieWeiBsche Gesetz:

Die Curie-Temperaturen einiger ferromagnetischer Werkstoffe sind in Tabelle 4-11 zusammengestellt. Ferromagnetika weisen ein nichtlineares Verhalten der magnetischen Induktion B in Abhangigkeit von der magnetischen Feldstarke H auf, d.h., die Permeabilitatszahl fi^ bzw.

304

4. Elektrizitat und Magnetismus

Tabelle4-ll. Ferromagnetische Curie-Temperatur einiger Werkstoffe. Werkstoff

ferromagnetische Curi e-Temperatur TcinK

Dy Gd Cu2MnAl Ni Fe Co

87 289 603 631 1042 1400

die magnetische Suszeptibilitat Xm ist nicht konstant, sondern eine komplizierte Funktion von H. Einen typischen Verlauf der Permeabilitatszahl bei zunehmender magnetischer Feldstarke H zeigt schematisch Bild 4-105. Der spezielle Verlauf von //r ^^ Abhangigkeit von der magnetischen Feldstarke H ist vom Werkstoff und von der Vorbehandlung des Werkstoffs abhangig. In Bild 4-106 ist die Abhangigkeit der magnetischen FluBdichte B von der magnetischen Feldstarke H (Hysteresekurve) dargestellt. Bei

vollig unmagnetisiertem Material (Punkt 0) wird als erstes die Neukurve bis zur Sattigungsinduktion ^s durchlaufen. Bild 4-107 zeigt die WeiBschen Bezirke eines NickelEinkristalls im unmagnetischen Zustand (Bild 4-107 a, entspricht dem Punkt 0 der Neukurve), bei teilweiser Magnetisierung (Bild 4-107 b, entspricht dem Gebiet II der Neukurve) und bei vollstandiger Magnetisierung (Bild 4-107 c, entspricht der Sattigungsinduktion 5s). Besonders gut sichtbar ist die einheitliche Magnetisierung der WeiBschen Bezirke, die durch die Bloch-Wdnde (F. BLOCK, *1905) voneinander getrennt sind. Diese Bloch-Wande sind die Ubergangszonen, in denen sich die Magnetisierung von einem WeiBschen Bezirk zum andern andert.

In der Neukurve laufen drei Elementarprozesse ab: Bei der Erhohung der auBeren magnetischen Feldstarke H nimmt die magnetische Induktion B aufgrund von Bloch-WandVersehiebungen schnell zu. Zunachst finden die leichter verschiebbaren reversiblen Wandverschiebungen (Bereich I) und spater die schwerer verschiebbaren irreversiblen Wandverschiebungen statt (Bereich II). Die Bezirke, die annahemd in Feldrichtung ausgerichtet sind, vergroBern sich in diesen beiden Phasen auf Kosten der anderen. Das Material ist teilweise magnetisiert (Bild 4-107 b). Bei weiter zunehmendem Magnetfeld H nimmt die magnetische Induktion B nur noch geringfiigig zu. In diesem Bereich finden Drehprozesse statt (Bereich III), bei denen sich die maBild 4-105. Verlauf der Permeabilitdtszahl //^ in Ab-gnetischen Momente vollends in die vorgegebene Feldrichtung drehen. Das Material ist hangigkeit von der Feldstarke H fur einen Ferromadann bis zur Sattigungsinduktion ^s magnetigneten. siert (Bild 4-107 c). Von diesem Punkt an nimmt B nur noch proportional zu H zu.

Entmagnetisierungskurve

irreversible Wandverschiebung reversible Wandverschiebung

Bild 4-106, Hysteresekurve.

Wird das magnetische Feld ausgeschaltet {H = 0), dann bleibt eine Restinduktion iibrig, die man RemanenzfluBdiehte (Remanenz) B^ nennt. Um wieder einen unmagnetischen Materialzustand zu erreichen (5 = 0), muB eine Gegenfeldstarke eingestellt werden. Sie wird Koerzitivfeldstdrke HQ genannt. Bei weiter zunehmendem Gegenfeld wird das Material bis zur Sattigung in Gegenrichtung (— B^ aufmagnetisiert. Beim Ausschalten des Magnetfeldes {H = 0) fallt die magnetische Induktion wieder bis zur RemanenzfluBdiehte ( - 5 R ) , und erst ein positives Magnetfeld {HQ) erzeugt

4.4. Magnetisches Feld

305

groBe fenomagnetische Untergitter vor, die sich antipamllel einstellen. Deshalb ist die Suszeptibilitat auch nur schwach positiv. Die Suszeptibilitat entspricht oberhalb der NeelTemperatur T^ (A. Nf.EL, *1904) dem abgewandelten Curie-Gesetz:

Unterhalb dieser Temperatur verlauft die Temperaturabhangigkeit der magnetischen Suszeptibilitat Xm nieist sehr unterschiedlich. Sie ist zudem stark von der Kristallrichtung abhangig. Typische antiferromagnetische Substanzen sind MnO, NiO, CoO, CrFs, FeFs, C0F3 (Bild 4-104). Sind die magnetischen Momente der antiparallel eingestellten Untergitter nicht gleich groB, dann ist ein resultierendes magnetisches Moment vorhanden. Dies wird Ferrimagnetismus genannt. Er hat teils antiferromagnetische und teils ferromagnetische Eigenschaften (z.B. Hysterese). Die Werkstoffe heiBen Ferrite. Typische Kristallstrukturen sind Spinelle der Form MeOFe203 - fiir Me kann z.B. Fe, Ni, Co stehen — aber auch hexagonale Ferrite der Form MeO • 6 FesOs (Me: Ba, Sr, Pb) oder Granate der Form 3 Me203 • 5 Fe203 (Me: dreiwertiges Selten-Erdmetall, z.B. Ce^"^, Sm^^). Die Ferrite haben groBe technische Bedeutung sowohl als weichmagnetische als auch als dauermagnetische Werkstoffe. Sie sind keine Metalle, sondern lonenkristalle. Deshalb weisen sie einen hohen spezifischen Widerstand auf ( l < ^ < 1 0 ^ Q m ) im Vergleich zu den Metallen ( ^ ^ 10" •^Qm). Aus diesem Grund treten kaum meBbare Wirbelstrome (Abschn. Bild 4-107. Verdnderung der WeiBschen Bezirke eines Nickel-Einkristalls bei Zunahme des Magnetfel- 4.5.1.2) auf, so daB Ferrite vor allem fiir magnetische Anwendungen bei hohen Frequendes. zen (z.B. Spulenkerne bei Frequenzen bis wieder ein unmagnetisches Material. Bei er- 5 MHz) eingesetzt werden. neuter Erhohung des magnetischen Feldes Der Temperaturverlauf der Suszeptibilitat ist wird wieder die Sattigungsinduktion ^s er- im allgemeinen sehr kompliziert, oberhalb reicht. Die durchlaufene Kurve nennt man der ferrimagnetischen Curie-Temperatur TQ zeigt sie einen paramagnetischen Verlauf. Hysteresekurve. Antiferromagnetismus und Ferrimagnetismus Unaufgefiillte innere Elektronenschalen fiihren zu parallelen magnetischen Spinmomenten. Bei Antiferromagnetika liegen zwei gleich

Magnetostriktion Durch Blochwandverschiebungen aufgrund eines auBeren Magnetfeldes kann eine Langenanderung eintreten. Diese elastische Form-

306

4. Elektrizitat und Magnetismus ohne Feld

mit Feld Eisen

Koerzitivfeldstarke /f^j konnen sie in drei Hauptgruppen eingeteilt werden, namlich in - weichmagnetische

Werkstoffe

entsprechend

0,1
A

ohne Feld

Nickel

._! Bild 4-108. Magnetostriktion bei Eisen und Nickel. anderung bei Anwesenheit eines magnetischen Feldes heiBt Magnetostriktion. Bild 4-108 zeigt schematisch die positive Magnetostriktion (gestrichelt) bei Eisen (LangenvergroBerung bei kleinerer Breite) und die negative Magnetostriktion bei Nickel (Langenverkiirzung bei zunehmender Breite). Die Langenanderungen A / / / liegen im allgemeinen zwischen - 3 • 10~^ und + 5 • 10"^. Magnetostriktive Materialien dienen der Erzeugung von Ultraschall mit einer Frequenz bis 60 kHz und einer Schallintensitat bis 10^ W/m^. 4.4.4.3. Magnetische Werkstoffe Bild 4-109 zeigt eine Einteilung der magnetischen Werkstoffe nach l E C 404-1. Je nach

- magnetisch halbharte Werkstoffe entsprechend 10^ < //cj < 4,5 • 10"^ A/m und in - magnetisch harte Werkstoffe entsprechend ^ c j > 4 . 5 10^A/m. Die niedrigsten Koerzitivfeldstarken {H^^ ^ 1 A/m) weisen hochnickelhaltige Legierungen (75% NiFe, Permalloy und amorphe Werkstoffe auf Co-Basis) auf, gefolgt von Legierungen mit mittlerem Nickelgehalt (50% NiFe; HQJ ^ 1 0 A/m) und amorphen Werkstoffen auf Fe-Basis, Eisen (Silicium) (HQJ ^ 100 A/m) und Kobalt-Eisen (//^j » 300 A/m). Magnetwerkstoffe mit Koerzitivfeldstarken groBer als 4,5 • 10"^ A/m sind die hartmagnetischen Werkstoffe. Hierzu zahlen die Legierungen aus AlNiCo, FeTi, PtCo, FeCoV und CuNiFe sowie die Selten-Erd-Kobaltverbindungen (SECo, z. B. SmCos) und die NdFeB-Magnete. Im weichmagnetischen wie im hartmagnetischen Bereich werden auch Ferrite eingesetzt (s. Ferrimagnetismus). Die Flache der Hysteresekurve ist ein MaB fiir die Energie, die zur Ummagnetisierung notwendig ist. Fiir weichmagnetische Materialien muB sie moglichst gering gehalten werden. Die Verluste liegen fiir Bleche mit

Bild 4-109. Ubersicht Uber die magnetischen Werkstoffe.

4.4. Magnetisches Feld

307

Tabelle 4-12. Dauermagnetwerkstoffe.

Werkstoffe

abschreckungsgeharteter Stahl

ausscheidungsgehartete Legierungen

kaltbearbeitete Legierungen

36% Co

AlNiCo (9A115Ni 23Co4Cu) CuNiCo (35Cu24Ni 41 Co) CoFe (52 Co 38 Fe lOV) FeMo (68 Fe 20 Mo 12 Co)

CuNiFe (60 Cu 20Ni20Fe) CoV (53 Co 14 V 33 Fe)

64% Fe

^RinT rj • k A — / / p . in —

Bemerkungen

0,9

1,3

1

Pulvermagnete

Legierungen mit Ordnungsstruktur

Ba-Ferrit

CoPt

Sr-Ferrit

FePt

0,38

0,6

Seltene Erden (SE)

SEC05 (SE: Sm, Ce); NdFeB

0,9; 1,2

20

56

42

132

360

700; 800

8

56

28

25

64

160; 280

gute magnetische Stabilitat

Anwendung: Drahte zur Tonaufzeichnung

gute Formbarkeit; teuer; kleines

beliebig formbar; sehr hart

teuer; Spezialmagnete

teuer; Spezialmagnete

(^^)max

der Dicke 0,2 mm bis 0,5 mm bei 5 = 1 T und / = 5 0 H z zwischen 0,06 W/kg (65% NiFe) und 10 W/kg (Eisen). Amorphe Weichmagnete bilden die neueste weichmagnetische Werkstoffgruppe. Sie zeichnen sich durch besonders hohe Permeabilitatswerte {fi^ bis zu 200 000) bei kleinen Koerzitivfeldstarken (//^j von 0,3 A/m bis 2 A/m) aus. In Tabelle 4-12 sind die wichtigsten dauermagnetischen Werkstoffgruppen, ihre Zusammensetzung, die Kennzahlen Remanenzinduktion 5 R , Koerzitivfeldstarke - H^j und das maximale Energieprodukt (BH)^.^^ (Abschn. 4.5.1.4, Gl. (4-273)) sowie typische Eigenschaften aufgefiihrt. Zu den altesten und bewahrtesten Dauermagnetwerkstoffen gehoren die AlNiCo-Legierungen. Sie haben zwar eine hohe Remanenzinduktion, jedoch eine

sehr kleine Koerzitivfeldstarke. Die Strontiumbzw. Bariumhexaferrite (SrO(Fe203)6) sind Sinterkorper, die in beliebige Formen gepreBt und in jede gewiinschte Magnetisierungsrichtung gebracht werden konnen. Sie haben keine so groBe Remanenzinduktion, aber eine lineare Entmagnetisierungskurve. H5here Koerzitivfeldstarken (H^j ^ — 360 kA/m) weisen PtCo-Dauermagnete auf. Die hochste magnetische Energiedichte ((BH)^^^ ^ 160 kJ/m^) haben die Selten-ErdKobalt-Magneten (z.B. SmCog) und Magnete aus NdFeB. Zu den groBtechnisch im Versuch befindlichen magnetischen Fordersystemen gehort die magnetische Schwebebahn Transrapid. Bild 4-110 zeigt die Schnellbahn und Bild 4-11 schematisch die Funktionsweise.

308

4. Elektrizitat und Magnetismus

Dauermagnet

Polschuhe

Bild4-110. Magnetschwebebahn Transrapid auf der Versuchsstrecke. Photo: Thyssen Henschel Fijhrmagnet

Bild 4-112. Dauermagnetsystem.

Flir ein Magnetsystem gilt das Durchflutungsgesetz

Schiene - ' ^ m *m •

Fahrzeug

Bild 4-111. Funktionsweise bahn.

der Magnetschwebe-

Berechnung von Dauermagnetsystemen Ein Dauermagnetsystem, etwa gemaB Bild 4-112, besteht aus einem Dauermagneten und zwei weichmagnetischen Polschuhen, die den magnetischen FluB verlustarm zum Luftspalt leiten, in dem die magnetische Energie genutzt wird. Grundlage zur Berechnung der Scherungsgeraden des Entmagnetisierungsfaktors N und der maximalen Energie je Volumen (5//)n,,x-Wert sind - das Durchflutungsgesetz fiir 6> = 0 ^ J / d 5 = 0 (4-182) und - das Gesetz der Erhaltung des magnetischen Flusses (FluBgleichung) ^BdA=

konstant

(4-200).

-y//i/i

\n

(4-239)

mit //m bzw. H\ als der magnetischen Feldstarke im Magneten bzw. im Luftspalt und /m bzw. /i als der Lange des Magneten bzw. des Luftspaltes. Der Spahnungsfaktor y {y> 1) beriicksichtigt die zusatzlich zum Luftspalt vorhandenen unmagnetischen Bereiche im Verlauf der magnetischen Spannung, z. B. die Weicheisenanteile und die unmagnetischen Zwischenraume von Klebeschichten. In der Praxis weist er Werte zwischen 1 und 1,3 auf. Aus dem Durchflutungsgesetz flir den Dauermagnetkreis (Gl. (4-239)) ist ersichtlich, daB Dauermagnete mit einer hohen Koerzitivfeldstarke eine geringe Lange aufweisen konnen und umgekehrt. Das Gesetz zur Erhaltung des magnetischen Flusses in einem magnetischen Kreis lautet B^Ar,, = o B^A 1^1

(4-240)

mit B^ bzw. Bx als der magnetischen FluBdichte im Magneten bzw. im Luftspalt und A^ bzw. Ax als Querschnittsflache des Magneten bzw. des Luftspaltes. Der Streufaktor G{G> 1) beriicksichtigt die Streuung, d.h. die magnetischen Feldlinien, die nicht den Luftspalt durchsetzen. Er variiert in der Praxis zwischen 1 und 10. (Fiir cr=10 bedeutet dies, daB lediglich 10% des Dauermagnetflusses als NutzfluB im Arbeitsluftspalt genutzt werden konnen.)

ArbeitspunktyA

4.4. Magnetisches Feld

309

Tabelle4-13. Entmagnetisierungsfaktor ausgewahlte Geometrien.

fiir

Geometrie

Magnetisierung

Entmagnetisierungsfaktor A^

diinne Platte

in Plattenebene

0

senkrecht zur Plattenebene

1

Bild 4-113. Scherungsgerade und Arbeitspunkt eines Dauermagnetsystems. sehr langer Stab

Bild 4-113 zeigt den Verlauf der Entmagnetisierungskurve. Aufgrund der Geometrie wird ein Arbeitspunkt A eingestellt, der die Koordinaten ( - H^/B^ hat. Die Gleichung der Geraden durch den Arbeitspunkt A und den Nullpunkt 0 wird Scherungsgerade genannt. Es gilt tan a = -

^ n

//.

Die Steigung tan a ergibt sich durch Division der Gleichung der FluBerhaltung (4-240) und des Durchflutungsgesetzes (4-239): a A^l^ = /^o-

y ^mh Daraus folgt fiir die Gleichung der Scherungsgeraden D

_

,,

^

^ > ^"^ A /

y ^mh

Kugel

in Langsrichtung 0 in Querrichtung 1/2 1/3

In Tabelle4-13 sind die wichtigsten Entmagnetisierungsfaktoren fur eine diinne Platte, einen sehr langen Stab und eine Kugel zusammengestellt. Da das Produkt BH die magnetische Energie je Volumen darstellt, ergibt sich die im Luftspalt gespeicherte magnetische Energie durch Multiplikation der FluBgleichung (4-240) mit dem Durchflutungsgesetz (4-239):

(4-243)

Lost man nach B\ auf, so ergibt sich als nutzbare magnetische FluBdichte im Luftspalt

(4-241)

Hieraus ist ersichtlich, daB die Scherungsgerade vom Werkstoff unabhangig ist und nur von der Geometrie des Magneten abhangt. Ist kein geschlossenes, sondern ein offenes Magnetsystem vorhanden, dann laBt sich die Scherungsgerade durch die Angabe eines Entmagnetisierungsfaktors A^ bestimmen. Es gilt fiir das entmagnetisierende magnetische Feld J_ H,ni = -N Mo'

Mil B = jUoH~\-J und 7fent = ^ n ist die Scherungsgerade

Die im Luftspalt zur Verfiigung stehende magnetische FluBdichte B\ ist proportional zum Magnetvolumen und zum {BH)^-WQxi. Dies bedeutet, daB bei hohem (5//)m-Wert das Magnetvolumen klein gewahlt werden kann. Der optimale Arbeitspunkt wird dort liegen, wo BH maximal ist, d. h. wo sich der (jB//^)max-Wert und die Scherungsgerade schneiden. Dann kann die hochste Luftspaltinduktion bei kleinstem Magnetvolumen erreicht werden. Beispiel 4.4-7: Ein Magnetsystem soil aus einem AlNiCoWerkstoff entworfen werden. Der Arbeitspunkt liegt bei i/A = -40kA/m und 5A = 800mT (a =3,

310

4. Elektrizitat und Magnetismus

7 = 1 ) . Aus konstruktiven Griinden muB ein Luftspalt des Querschnitts A\ = 2,4 cm^ und der Lange /] = 3,6 cm sowie eine Lange des dauermagnetischen Werkstoffs von l^ = 6,4 cm vorgesehen werden. a) Wie groB muB die magnetische Flache A^ bzw. das Magnetvolumen V^ gewahlt werden, um diese Anforderungen zu erfullen? b) Wie groB ist die im Luftspalt nutzbare magnetische FluBdichte? c) Der (5//)n^ax-Wert der AlNiCo-Legierung liegt bei 42 kJ/m^. Wie lautet der optimale Arbeitspunkt A(-H^/B^)? d) Um wieviel Prozent kann das Magnetvolumen verringert werden, wenn der Dauermagnetwerkstoff SmCo5 mit (BH)^.^^ = 144 kJ/m^ eingesetzt wird?

d e r s t a n d R gibt, so ist i m m a g n e t i s c h e n K r e i s d i e m a g n e t i s c h e S p a n n u n g § H ds ( D u r c h f l u tung), der magnetische FluB 0 und der mag n e t i s c h e W i d e r s t a n d R^ v o r h a n d e n . Bild 4-114 zeigt d i e s e A n a l o g i c . A u s g a n g s p u n k t fiir d e n m a g n e t i s c h e n Kreis ist d i e elektrische D u r c h f l u t u n g 0, d i e d u r c h d a s D u r c h f l u tungsgesetz ( G l . (4-181)) b e s c h r i e b e n w i r d u n d als m a g n e t i s c h e S p a n n u n g w i r k t :

0=§Hds

= NI.

(4-181)

Im v o r l i e g e n d e n Beispiel (s. Skizze in Bild 4-114) gilt

Losung: a) Die Gleichung der Scherungsgeraden wird nach A^^ aufgelost:

(4-241)

/UoaAil^

-//„, = 0,805 cm2. rhBrr Das Magnetvolumen ist V^ = A^lj^ = 5,15 cm^. b) Die im Luftspalt nutzbare magnetische FluBdichte ist gemaB Gl. (4-244) Am ~ •

B^

y yaV,

( 5 / / ) ^ = 0,28 T .

c) Es gelten folgende Gleichungen: ( 5 A / /^A) A ) = 424 2 - lO^J/m^ = /^o-

//A = 2

H

0

B 1^0 Mr

I^Ol^vA

ersetzt w e r d e n . D a d e r m a g n e t i s c h e F l u B 0 (wie a u c h d i e e l e k t r i s c h e S t r o m s t a r k e / ) k o n stant bleibt, gilt 0 =

0

0

/i+

I^O/^r,A

l2 =

NI.

IUQfi,^A2

Aufgelost n a c h 0 e r g i b t sich

a Ail„ 5A

m i t /i bzw. I2 als W e g l a n g e i m M a g n e t e n bzw. im Luftspalt. D i e m a g n e t i s c h e F e l d s t a r k e kann durch den Ausdruck

10-^//A

y ^mh

Daraus errechnet sich = - 4 5 , 8 k A / m und 5.AA - - 9 1 7 m T . d) Es gilt Gl. (4-244) fiir die magnetische Induktion im Luftspalt

f.

/^o yaVi

Da V^{BH)^ konstant bleiben muB und (BH)j^a^ von SmCo5 im Verhaltnis zu AlNiCo 144/42 = 3,43 fach so hoch ist, kann das Volumen um den Faktor 3,43 abnehmen. Dies bedeutet, daB lediglich 29% des urspriinglichen Magnetvolumens erforderlich waren, um dieselbe Luftspaltinduktion zu erzeugen. Analogic elektrischer Stromkreis und magnetischer Kreis D e r m a g n e t i s c h e Kreis k a n n a n a l o g z u m elekt r i s c h e n S t r o m k r e i s a n g e s e h e n w e r d e n . W i e es i m elektrischen S t r o m k r e i s d i e S p a n n u n g U, die Stromstarke / und den elektrischen Wi-

NI

0= /) /^O/^n^l

,

(4-245) /2

•

y"0/^r2^2

In A n a l o g i c z u m O h m s c h e n G e s e t z I = U/ f/?i-h/?2) k a n n d e r m a g n e t i s c h e W i d e r s t a n d definiert w e r d e n :

Im Vergleich z u m e l e k t r i s c h e n W i d e r s t a n d R = (\/x) (I/A) k a n n jUoju^ als magnetische Leitfdhigkeit g e d e u t e t w e r d e n . T a t s a c h l i c h ist d i e relative P e r m e a b i l i t a t jx^ ein M a B fiir d i e F a h i g k e i t , m a g n e t i s c h e F e l d l i n i e n zu leiten. Es m u B an d i e s e r Stelle b e t o n t w e r d e n , dal3 d i e s e A n a l o g i c k e i n e n tieferen p h y s i k a l i s c h e n H i n t e r g r u n d aufweist, s o n d e r n l e d i g l i c h d e n U m g a n g mit magnetischen G r o B e n erleich-

4.4. Magnetisches Feld

311

magnetischer Stromkreis

elektrischer Stromkreis

r

Skizze

Ursache

elektrische Spannung UinV

magnetische Spannung 0=^Hds = A//inA

elektrische StromstSrke /in A

magnetischer FluB 0 in Wb

Wirkung

/=

U R^ + f?2

U

0 =

^g

NI

0

°m1 + °m2

'^m

(4-261) Ohmsches Gesetz

R

R=

-^ (4-262)

WIderstand

R =

l_.

—T\nQ

xA

_A^

^ ' " " M o H r ^ ' " Wb

(4-263) Leitfahigkeit

X in

Wb MoMrin^^

Vm

Bild 4-114. Analogic zwischen elektrischem und magnetischem Kreis. tert, well letztere analog zum elektrischen Stromkreis verwendet werden konnen. Beispiel 4.4-8: Ein Ringkern entsprechend Bild 4-115 mit /^r = 2000 hat die Abmessungen flf| = 16 mm, ^2 = 12,5 mm und /z = 6 mm. Der Luftspalt betragt 1 mm. Wie groB ist der magnetische Widerstand a) im Ringkern und b) im Luftspalt? c) Welche Stromstarke muB durch die Spule {N = 1200) flieBen, wenn eine Luftspaltinduktion von 5 L = 1,8 T gefordertwird? Losung: a) Der magnetische Widerstand im Ringkern betragt gemaB Gl. (4-248) Rn

1

h

mit

1,66-106 A/Wb.

A = {di- di) h/1 = 10,5-10-6]

Bild 4-115. Zu Beispiel 4.4-8. b) Der magnetische Widerstand im Luftspalt betragt bei gleicher Berechnungsweise wie unter a) ^m2 = '7,58 • lO^A/Wb. Somit ist der gesamte magnetische Widerstand des Kreises Rrr

••Rm\+Rm2 = 7,74 • 10^ AAVb.

312

4. Elektrizitat und Magnetismus

c) Nach dem Ohmschen Gesetz gilt (Gl. (4-248)) Ni e D

_

-

0

B^A

Daraus folgt / = ^ " ^ " ^ ^ ^ = 1,22 A. Zur Ubung U 4.4-1: In einem waagrechten homogenen Magnetfeld mit der magnetischen FluBdichte 5 = 2,5 T bewegt sich senkrecht ein Proton mit der Energie ^p = 3 MeV. Wie groB ist die Kraft, die auf das Proton wirkt? U 4.4-2: Nachzuweisen ist, dal3 das Verhaltnis der Hall-Feldstarke E^^ zur elektrischen Feldstarke E der Beziehung E^/E = B/{n e Q) entspricht. q ist die Resistivitat des Werkstoffs. V 4.4-3: Ein Holzzylinder mit der Masse m= 100 g, dem Radius r und der Lange / = 20 cm hat N = 20 Drahtwicklungen. Wie groB ist die Stromstarke / durch die Wicklungen, die den Zylinder am Abrollen auf der schiefen Ebene mit dem Winkel a hindert? Bild4-116 verdeutlicht die Anordnung. Die magnetische FluBdichte betragt B = 0,85 T.

4.5. Instationare Felder In diesem Abschnitt sind die Eigenschaften zeitlich sich andernder elektrischer und magnetischer GroBen beschrieben. Zur Unterscheidung von den zeitlich konstant bleibenden GroBen sind sie mit kleinen Buchstaben bezeichnet. 4.5.1. Elektromagnetische Induktion 4.5.1.1. Induktionsgesetz Aus Abschn. 4.4.3.1 geht hervor, daB der SpannungsstoB \ U dt gleich der Anderung des magnetischen Flusses A(P ist, der die Flache eines Leiters senkrecht durchdringt (Gl. (4-198) und Bild 4-93). M. FARADAY (1791 bis 1867) erkannte 1831:

Jede zeitliche Anderung des magnetischen Flusses 0 induziert eine elektrische Spannung Wjnd"ind '-=

d0 -N--. dr

(4-249)

Die induzierte Spannung ist proportional zur Windungszahl A^ und zur zeitlichen Anderung des magnetischen Flusses d ^ / d / . In einem geschlossenen Stromkreis flieBt dann ein Induktionsstrom. Er ist nach H. F. E. L E N Z (1804

I Bild4-116.

I

I

I

I I

ZuU 4.4-3.

bis 1865) der Ursache der Induktion entgegengesetzt gerichtet (bewegungshemmende Wirkung). Dies wird durch das Minuszeichen zum Ausdruck gebracht. Es ist demnach unmoglich, ein perpetuum mobile so zu entwerfen, daB durch die induzierte Spannung ein Strom flieBt, der das Magnetfeld verstarken konnte, um wieder weitere Spannung zu induzieren. Der magnetische FluB ist definiert als 0 = \BdA Oder 0 = BA cos (p = BA^. Hierbei

i Bx

A

® Bild 4-117. Zu U 4.4-4. U 4.4-4: Zwei parallele Leiter sind gemaB Bild 4-117 im Abstand d voneinander entfernt und werden vom gleichen Strom / in unterschiedlichen Richtungen durchflossen. Wie groB ist die magnetische FluBdichte B im Abstand x vom Mittelpunkt?

ist (p der Winkel zwischen der Flachennormalen von A, durch die der magnetische FluB tritt, und der Richtung der magnetischen Induktion B (Abschn. 4.4.3.1, Bild 4-94). A^ ist der Flachenanteil senkrecht zu den Feldlinien. Wird der Term fur den magnetischen FluB in Gl. (4-249) eingesetzt, so ergibt sich

4.5. Instationare Felder Aus dieser Gleichung geht hervor, daB es gleichgiiltig ist, ob sich — das Magnetfeld (dB/dt) bei gleichbleibender Flache A^ {Transformatorprinzip) oder — die senkrecht zum Magnetfeld stehende Flache {dA^/dt) bei gleichbleibender Induktion B {Generatorprinzip) andert. Das Induktionsgesetz zeigt den Zusammenhang zwischen elektrischem und magnetischem Feld (zweite Maxwellsche Gleichung, Abschn. 4.5.5) und hat eine liberragende Bedeutung in den elektrotechnischen Anwendungen. 4.5.1.2. Induktionsvorgange Die verschiedenen Moglichkeiten, Spannungen zu induzieren, sind in Bild4-118 zusammengestellt. Zunachst ist zu unterscheiden, ob die Anderung des magnetischen Flusses durch die Anderung des Magnetfeldes oder durch die Flachenanderung geschieht. Diese unterschiedlichen Falle sind in einer Skizze veranschaulicht, die sich andernde GroBe ist beschrieben und das Induktionsgesetz formuliert. Zum SchluB ist auf mogliche Anwendungen hingewiesen, Zur Erklarung von Induktionsvorgangen bei Spulen ist es wichtig, Feldspule und Induktionsspule zu unterscheiden. Die Feldspule erzeugt wegen des Stromflusses durch einen wendelformig gewickelten Draht ein magnetisches Feld (Abschn. 4.4.2, Bild 4-87). In der Induktionsspule wird aufgrund der Anderung des magnetischen Flusses eine Spannung induziert. Relativbewegung eines Magneten und einer Induktionsspule (Fall a) In diesem Fall ist es gleichgiiltig, ob — das Magnetfeld von einem Dauermagneten oder einem Elektromagneten herriihrt und — der Magnet sich gegen eine Spule oder die Spule sich gegen einen Magneten bewegt. Beispiel 4.5-1: Ein balUstisches Galvanometer kann zur Messung der magnetischen FluBdichte B benutzt werden. Dazu zeigt die Skala die Ladungsmenge an. Die Galvanometerspule hat 50 Windungen und einen Windungsquerschnitt von 4 cm^. (Der Vektor der magnetischen FluBdichte B ist parallel zur Fla-

313

chennormalen A^.) Wie groB ist die magnetische FluBdichte B, wenn beim schnellen Entfernen der Spule aus dem Magnetfeld die Skala eine Ladungsmenge von 8,3 • 10"^ C anzeigt (innerer Widerstand des Galvanometers /^j = 40 Q, MeBspulenwiderstand /?s = 18a)? Losung: Nach dem Induktionsgesetz (Gl. (249)) folgt Wjnd = - A^ d0/d/. Daraus wird i/jn^ dt = N d0 und j Wind dt = N0 = NBA. Nach dem Ohmschen Gesetz ist U = I(Ri-\- Rs). Dann ist {R^-\-Rs)jidt

= NBA,

und da j / d? = 2 ist, gilt (R,^Rs)Q

= NBA.

Daraus folgt (Ri + Rs)Q B=^-^ ^Z_^ = 2,4- 10-2 T. NA A nderung des Erregerstromes in einer Feldspule (Fall b) Das Magnetfeld wird in diesem Fall durch Anderung des Erregerstroms dl^^^/dt geandert (Gl. (4-253)). Beim Induktionsgesetz muB beachtet werden, welches die Windungszahl der Feldspule Aipeid und welches die Windungszahl der Induktionsspule A^ind ist (Gl. (4-254)). Bewegter Leiter im Magnetfeld (Fall c) Wird ein Leiter der Lange / senkrecht zur magnetischen Induktion mit einer Geschwindigkeit v = ds/dt bewegt, so andert sich die Flache um dA/dt = lv (Gl. (4-255)). Somit wird die Spannung u;^^-=-NBlv (Gl. (4-256)) induziert. Das Auftreten der Induktionsspannung Wind im bewegten Leiter laBt sich auch mit der Wirkung der Lorentz-Kraft auf bewegte Ladungstrager erklaren (Abschn. 4.4.3.2). Die Lorentz-Kraft Fi^^-e{vxB) (Gl. (4-213)) greift an jedem Elektron an und flihrt zur Ladungstrennung. Dadurch tritt ein Gegenfeld £'ind auf, in dem die Gegenkraft /^ind = -e£'ind wirksam ist. Bild 4-119 verdeutlicht den Zusammenhang. Die Ladungen konnen so lange verschoben werden, bis ein Gleichgewicht zv/ischen der Lorentz-Kraft F L und der Feldkraft F-^^^ existiert.

314

4. Elektrizitat und Magnetismus c

.2fe

in CO

c

O

o ^

o

CNJ I

CO

3

•o|S

d E Q

O)

c

^

o

CO CO

§, 0 >

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5I<

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D (D •o C :C0

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LO LO (N I

CO

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In c

•D|T='

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CO

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c

0

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C O) CO

D) ^ ^

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?ls I

bo

0 ^ "2 DC ^

^

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N N

CO

0 "D C

<

CO 0 •D , U) CO C C CO

c

if

o6

0) ^ — ^

It

IS

CO 0

0

O)

4.5. Instationare Felder

315

Dies wird z. B. bei Transformatorenblechen dadurch erreicht, dafi die Blechpakete aus vielen diinnen, gegeneinander isolierten Blechlamellen bestehen. Die Wirbelstromverluste in weichmagnetischen Werkstoffen sind eine wichtige elektrische Kennziffer (Abschn. 4.4.4.2).

Bild 4-119. Induktionsgesetz fur einen bewegten Letter im Magnetfeld. Fiir die Betrage gilt: I^L| = |^ind|, eiB

= e £'ind,

VB

= Eind.

Wegen Ei^d = Ux^d^l gilt fur die Windung Wind =

Blv.

(4-256)

Wirbelstrome Werden ausgedehnte leitende Korper in einem Magnetfeld bewegt oder sind sie ruhend wechselnden Magnetfeldern ausgesetzt, so werden in dem Leiter durch die induzierte Spannung Strome induziert. Man nennt diese Wirbelstrome, weil die Induktionsstromlinien wie Wirbel in sich geschlossen sind. Die Wirbelstrome hemmen nach der Lenzschen Regel durch ihr magnetisches Gegenfeld die Bewegung und wirken wegen der Proportionalitat zu V (Gl. (4-256)) wie die Reibung fester Korper in Fliissigkeiten (Abschn. 2.3.4, Newtonsches Reibungsgesetz). Technische Anwendungen sind WirbelstromDrehzahlmesser zur Direktanzeige unmittelbar an der MeBstelle, ferner Elektro-Leistungsmesser (von 0,03 kW bis 2250 kW) z.B. fiir Kraftmaschinenpriifstande oder Wirbelstromddmpfungen in MeBgeraten. Die Wirbelstrome zwischen Aluminiumscheibe und den Polen eines Dauermagneten sorgen bei einem Wechselstromzahler fiir eine gleichformige Rotation der Zdhlscheibe. Sind dagegen Wirbelstr5me unerwunscht (z.B. bei Transformatorenblechen), dann muB der spezifische Widerstand des Leiters entsprechend vergroBert werden, urn den StromfluB zu unterbinden.

Auch in einem von Wechselstrom durchflossenen geraden Leiter treten Wirbelstrome in der Weise auf, daB diese im Innern entgegen dem Wechselstrom und an der Oberflache mit dem Wechselstrom flieBen. Der Effekt wird mit zunehmender Wechselstromfrequenz groBer, so daB bei hohen Frequenzen (f> 10'^ Hz) nur noch die AuBenhaut des Leiters Strom fiihrt {Skin- oder Hauteffekt). In der Hochfrequenztechnik werden deshalb entweder Kabel aus vielen diinnen Einzeldrahten zu einer Litze verdrillt, damit die Stromfuhrung abwechselnd innen und auBen verlauft, oder es werden Hohlleiter verwendet. Mit dem Wirbelstrom-MeBverfahren konnen zerstorungsfrei Werkstoffe auf Fehler untersucht werden. Dazu wird im Prufling ein elektrischer Wechselstrom geeigneter Amplitude, Frequenz und Richtung erzeugt. Die auftretenden UnregelmaBigkeiten dieses Stroms werden elektronisch ausgewertet. Diese Priifmethode ist besonders schnell und findet u.a. Einsatz bei der zerstdrungsfreien Werkstoffpriifung im Triebwerksbau. Fldchendnderung durch Klappen (Fall d)

Die Flache kann auch durch Klappen geandert werden. Dann wechselt je 90° (oder K/2) jeweils einmal der Flacheninhalt. Fiir die Anzahl der Flachenanderungen k gilt dann k=

A 90°

2A n

(4-257)

Fldchenrotation mit konstanter Drehzahl (Fall e) Wird in einem Magnetfeld eine Flache mit einer konstanten Drehzahl n (oder Winkelgeschwindigkeit co) gedreht, so ist die induzierte Spannung abhangig von der das Feld senkrecht durchsetzenden Flache A^ = A cos {co t). Daraus errechnet sich eine Flachenanderung von dA^/dt = — ^ CO sin (co t). Eingesetzt in

316

4. Elektrizitat und Magnetismus

das Induktionsgesetz ergibt sich ein sinusformiger Verlauf einer Wechselspannung: Wind = ^BA CD sin (co t).

(4-260)

Die Amplitude betragt u = NBA co. Ein Wechselstrom kann dann flieBen, wenn die Enden der rotierenden Flachen iiber einen auBeren Widerstand zu einem Stromkreis geschlossen werden. Die wichtigste Anwendung ist der Wechselstromgenerator, der zur Erzeugung von Wechselspannungen bzw. -stromen dient. Er besteht aus einem ruhenden Teil (Stator), der z.B. das Magnetfeld erzeugt, und einem rotierenden Teil (Rotor oder Ldufer), der z.B. von einer Spule gebildet wird. An Schleifringen wird in diesem Fall die erzeugte Spannung abgenommen (Abschn. 4.5.2.8).

4.5.1.3. Selbstinduktion FlieBt ein Wechselstrom durch einen Leiter, dann andert sich das Magnetfeld entsprechend periodisch. Diese standige Anderung des magnetischen Flusses wiederum induziert nicht nur in einer raumlich getrennten Spule eine Wechselspannung, sondern auch im Leiter selbst. Diese Erscheinung wird Selbstinduktion genannt. Sie fiihrt aufgrund des entgegengesetzten Vorzeichens (Lenzsche Regel) beispielsweise beim Einschalten von Spulen zu Stromverzogerungen und sorgt beim Ausschalten des Stroms fiir ein WeiterflieBen des Stroms (Abschn. 4.5.3). Nach dem Induktionsgesetz gilt d0 d^ Wind = - ^ - 7 7 = - ^ ^ n - 7 7 , at at dH Wind = - A ^ ^ n y " 0 / ^ r - ^ -

l

at

Die Induktivitat L einer Zylinderspule betragt allgemein UOJUrA, i ^

(4-252)

(4-261)

Der Faktor vor der Stromanderung (di/dt) wird Induktivitat L einer Spule genannt, so daB gilt

(4-263)

Die Induktivitat L ist wie die Kapazitat C einer Leiteranordnung ein reiner Geometriefaktor. Der Spulenformfaktor / beschreibt die geometrischen Streufeldverluste kurzer Spulen (0 < / < 1). Fur eine Ringspule und eine langgestreckte Zylinderspule (Spulenlange > Spulendurchmesser) i s t / = 1. Die Einheit der Induktivitat Oder Selbstinduktivitat L ist 1 Vs/A = 1 Qs = 1 Henry (H), benannt nach dem amerikanischen Physiker J. HENRY (1797 bis 1878): Die Induktivitat betragt 1 Henry, wenn bei der Anderung der Stromstarke um 1 A innerhalb von 1 s eine Spannung von 1 V induziert wird. Das Induktionsgesetz erlaubt eine weitere Betrachtungsweise: d0

d0

di

da ^ ~ /, ist d

N0 i

Wind '

Fiir eine langgestreckte Zylinderspule ist nach Gl. (4-184) H = IN/l und damit wird aus Gl. (4-252) N^ dz

(4-262)

di dt

(4-264)

Daraus folgt fiir die Selbstinduktivitat L=

N0 i

(4-265)

Die Selbstinduktivitat spielt in Wechselstromkreisen eine groBe Rolle (Abschn. 4.5.2). Sie ist fiir beliebige Leiteranordnungen und -geometrien schwierig zu berechnen, laBt sich im Wechselstromkreis aber gut durch Messen bestimmen. Die Selbstinduktivitat L einer geraden Einfach- oder Doppelleitung gemaB Bild 4-120 betragt

4.5. Instationare Felder

317

Wie bei den Ohmschen Widerstanden ist bei einer Parallelschaltung die gesamte Selbstinduktivitat Lpges kleiner als die kleinste einzelne Selbstinduktivitat. Beispiel

Bild 4-120. Selbstinduktivitdt einer Doppelleitung. Einfachleitung

4.5-2: Der Radius eines Leiters betragt r = 0,25 mm und der Abstand der beiden Leiter einer Doppelleitung a= 10 cm. Wie groB muB die Lange / der Leiter sein, wenn das Verhaltnis der Selbstinduktivitaten von Einfachleitung und Doppelleitung Li/L2 = 0,5 betragt? Losung:

(4-266)

In

Fur L, gilt Gl. (4-266) und fiir L2 Gl. (4-267), so daB man schreiben kann

Doppelleitung

2/ Mo Mr I In 2% (4-267)

+—

r j 4 Soil eine mit Draht gewickelte Spule eine nur vernachlassigbar kleine Induktivitat haben, beispielsweise fur MeBwiderstande, dann wird diese aus entgegengesetzt gleichen (bifilaren) Wicklungen hergestellt. Dann heben sich die Magnetfelder annahernd auf, so daB keine Selbstinduktion stattfinden kann. - Die Selbstinduktivitaten verhalten sich bei einer Schaltung wie Ohmsche Widerstande, so daB gilt: Bei der Reihenschaltung ist die gesamte Selbstinduktivitat Lges gleich der Summe der einzelnen Selbstinduktivitaten.

L2

= 0,5,

MQMXI

<

*

\

Aus dieser Gleichung folgt fur die Lange / = 0,136 m.

4.5.1.4. Energie des magnetischen Feldes Die Energie des magnetischen Feldes kann aus der elektrischen Energie des induzierten Feldes hergeleitet werden: ' W=]u,r,^idt 0 W=\L

mit

— idt,

dz Wind = L - - , ar W=\Lidi,

^R,ges

(4-268) Bei der Parallelschaltung ist der Kehrwert der gesamten Selbstinduktivitat 1/Lges gleich der Summe der Kehrwerte der einzelnen Selbstinduktivitaten.

P,ges

1

1

^1

^2

"

1

1=1

^i

Oder

1

+ •

=1 r T^

w '^^ magn

Diese tische gie in mit L HUN

2

'

(4-271)

Formel ist allgemein fiir jedes magneFeld gliltig. Fur die magnetische Enereiner langen Zylinderspule ergibt sich = juojUrANyi und H = IN/l oder / =

^3

(4-269)

^magn = T / ^ 0 / ^ r ^ ^ ^ /

(4-272)

und mit jUojUrH = B sowie A l=V

^-•^^'"iSi^i

(4-270)

W

=^BHV

(4-273)

318

4. Elektrizitat und Magnetismus

Fiir die Energiedichte in einem homogenen Feld gilt W

\BH.

(4-274)

Diese Formel zeigt Ahnlichkeit mit der Energiedichte im elektrischen Feld vvgi = y DE (Gl. 4-177). Sie ist allgemein giiltig, da sich die Magnetfelder aus kleinen homogenen Bereichen aufbauen lassen. Fiir die magnetische Energie eines inhomogenen Magnetfeldes gilt deshalb W,magn =

{\BHdV.

2 Es kiirzt sich der Weg / heraus, so daB ubrigbleibt F= jjUoju^H'^A

(4-275)

Daraus ergibt sich, daB der Flacheninhalt der Hysteresekurve ein Ma6 fur die Energiedichte darstellt (Abschn. 4.4.4.2). Eine andere Moglichkeit, die magnetische Feldenergie zu bestimmen, besteht liber den magnetischen FluB 0 (oder die Magnetisierungskurve). Fiir die elektrische Arbeit gilt allgemein dW = Uldt. Mit dem Induktionsgesetz u^^^ = Nd

W.magn =

Im allgemeinen Fall muB die Flache berechnet oder numerisch ermittelt werden. Aus der Energie des Magnetfeldes laBt sich die Tragkraft eines Magneten berechnen. Die mechanische Arbeit W,mech • FI wird dabei mit der magnetischen Arbeit ^magn gleichgesetzt. Es ergibt sich

jINd0.

(4-276)

0

Bild 4-121 zeigt die Magnetisierungskurve (Abschn. 4.4.4.2) fiir ju^ = konstant (Fall a) und fiir ein ferromagnetisches, nichtlineares /ir- Die hervorgehobene Flache stellt die magnetische Energie dar. Fiir den Fall eines linearen Magnetisierungsverlaufes ist der Flacheninhalt

F=-

BHA

2 ^

(4-278) (4-279)

Beispiel 4.5-3: Bei der Abschaltung von Spulen konnen Funken entstehen. Sie werden vermieden, wenn ein Loschkondensator parallel zum Schalter geschaltet wird. Die Induktivitat einer Schaltspule betragt L = 4 H, der Spulenstrom / = 5 A, und der Loschkondensator wurde bei einer Priifspannung von 10 kV getestet. Wie groB ist die Kapazitat C des Loschkondensators zu wahlen? Losung: Die Energie des elektrischen Feldes eines Kondensators E^i muB gleich der Energie des magnetischen Feldes einer Spule £'magn sein. Es gilt £'ei = £'magnAus Gl. (4-174) fiir E,^ und Gl. (4-271) fur ^'n.agn gilt Daraus errechnet sich die Kapazitat zu

(4-277)

'

B^A 2jUoJUr

Vs ^^ magn

oder

C=

LP

•25A2

lO^V^

l|iF.

Wegen N 0 = LI folgt wieder Gl. (4-271). b) 4.5.2. Periodische Felder (Wechselstromkreis)

Bild 4-121. Magnetische Energie.

Dieser Abschnitt beschreibt elektrische Wechselfelder, die durch harmonische Funktionen (z.B. sin oder cos) beschrieben werden konnen. Zur ausfiihrlichen Erlauterung der Definitionen und Begriffe aus der Schwingungslehre wird auf Abschn. 5.1 verwiesen.

4.5. Instationare Felder

4.5.2.1. Grundlagen des Wechselstromkreises Im vorhergehenden Abschnitt wurde anhand des Induktionsgesetzes gezeigt, daB beim Drehen einer Leiterschleife mit konstanter Drehzahl n (bzw. konstanter Winkelgeschwindigkeit co) in einem homogenen Magnetfeld eine periodische Spannung induziert wird (Bild 4-118, Fall e). Diese periodische Spannung kann entsprechend Bild 4-122 beschrieben werden als u(t)= u cos (co t + ^u) •

(4-280)

9u-9\ u(t) = ucos{cjt+9u) i{t) = I cos {(jjt-\-9\)

In einem Wechselstromkreis sind cp^ und cp-^ oft nicht gleich, so daB gilt

Dabei ist u die maximale Spannung oder die Amplitude der Spannung, co die Winkelgeschwindigkeit {co = 2n n mit n als der Drehzahl in s~^) und cp^ der Nullphasenwinkel der Wechselspannung. Die Frequenz der technischen Wechselspannung bzw. des -stroms i s t / = 50 Hz, was einer Winkelgeschwindigkeit von CJO= 100 TT S~^ ent-

spricht. In einem geschlossenen Wechselstromkreis flieBt durch die Bauelemente ein Wechselstrom derselben Frequenz. Er lautet allgemein (Bild 4-122)

(4-282)

(P=(Pn-(p\'

Die Phasenverschiebung (p zwischen Spannung und Strom hangt im Wechselstromkreis von der Selbstinduktivitat L und der Kapazitat C ab (Abschn. 4.5.2.2). Ist (^ > 0, so eilt die Spannung dem Strom voraus, ist ^ < 0, so eilt die Spannung dem Strom nach, wie Bild 4-122 zeigt. Gerate zur Messung von WechselstromgroBen zeigen den sogenannten Effektivwert an. Er ist ein zeitlicher quadratischer Mittelwert der entsprechenden elektrischen GroBe. (Zwei Grunde sind fur die Bestimmung des Quadrates ausschlaggebend: Zum einen werden Abweichungen positiver und negativer Art durch Quadrieren immer positiv, und zum anderen wiirde ein iiber die Zeitdauer T integrierter arithmetischer Mittelwert genau null ergeben, da sich im Integrationsintervall gleich viele positive wie negative Flachenanteile befmden.) Der Effektivwert des Wechselstroms / rr errechnet sich dann zu

/eff=/

Bild 4-122. Wechselstrom und Wechselspannung.

319

/eff = i

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(4-283)

/-j"cos^(a;r + 9i)dr = f

/ 2r'

/ e f f = / - - ^ ^ 0,707 f.

(4-284)

Entsprechend gilt fiir den Effektivwert der Spannung "eff = ^ = ^

^ 0,707 u.

(4-285)

In der Wechselstromtechnik werden bei eindeutiger Zuordnung die Effektivwerte durch U= u^ff und / = /eff bezeichnet. /(/) = f cos(co t + (p-^). (4-281) Zur Darstellung, zur Berechnung und zum besseren Verstandnis des Wechselstromkreises Hierbei ist i die Amplitude und (pi der Null- werden Wechselspannung, Wechselstrom und Widerstand als komplexe GroBen in Form phasenwinkel des Wechselstroms.

320

4. Elektrizitat und Magnetismus

von Zeigern in der GauBschen Zahlenebene dargestellt. Dies ist deshalb vorteilhaft, weil sich nach der Eulerschen Formel der komplexe Exponent einer Exponentialfunktion durch die harmonischen trigonometrischen Funktionen ausdriicken laBt als Z = IZI e^> = IZI (cos cp +./ sin cp) (4-286) = IZI cos cp-\-j\Z\sm(p . Realteil

Imaginarteil

Dies bedeutet, daB die komplexe Zahl Z = Realteil + j • Imaginarteil (j = ]/—1) in der GauBschen Zahlenebene liegt und einen Realteil von \Z\cos(p und einen Imaginarteil von \Z\sm(p hat (Bild 4-123). Der Betrag \Z\ und derWinkel cp zwischen reeller Achse und dem Zeiger errechnet sich nach \Z\ = f(Realteil)2 +(Imaginarteil) 2, (4-287) Imaginarteil tan (p = ^^ , ., . (4-288) ^ Realteil ^ ^

Zlsin9>

Realteil

Bild 4-]23. Darstellung komplexer GroBen im Zeigerdiagramm.

Da nur der Realteil eines Zeigers physikalische Wirkungen zeigt, werden die elektrischen WechselstromgroBen (Spannung, Strom, Widerstand und Leistung) auch gemaB Bild 4-124 bezeichnet: Der Realteil ist der Wirkanteil, der Imaginarteil der Blindanteil einer WechselstromgroBe; beide zusammen ergeben als komplexen Zeiger die ScheingroBe.

I BlindI anteil Realteil

Bild 4-124. Bezeichnung elektrischer WechselstromgroBen im Zeigerdiagramm.

4.5.2.2. Bauelemente im Wechselstromkreis Bild 4-125 zeigt das Verhalten der drei Bauelemente Widerstand (R), Spule (L) und Kapazitat (C) im Wechselstromkreis. Die erste Zeile dieser Ubersicht bezeichnet das graphische Symbol und zeigt, daB jedes Bauelement von dem gleichen Wechselstrom i{t) = ico^{(Dt) durchflossen wird und in ihm ein Spannungsabfall u{t) stattfindet. Den Zusammenhang zwischen Stromstarke / und Spannung u liefert ein fiir jedes Bauelement spezifisches Gesetz (Zeile 2), z.B. das Ohmsche Gesetz fiir den Widerstand, das Induktionsgesetz fiir die Spule und den Zusammenhang zwischen Ladung und Spannung fur die Kapazitat. Die nachste Zeile zeigt den zeitlichen Verlauf von Strom und Spannung (Momentanwerte). So ist daraus ersichtlich, daB - beim Widerstand Strom und Spannung nicht phasenverschoben sind, - bei der Spule die Spannung dem Strom um n/2 vorauseilt und - bei der Kapazitat die Spannung dem Strom um n/2 nacheilt. Diese Ergebnisse lassen sich auch in einem Zeigerdiagramm (Zeile 4) anschaulich darstellen. In ihm rotieren die eventuell phasenverschobenen Strom- und Spannungszeiger mit der Winkelgeschwindigkeit CD und erzeugen so die Momentanwerte. Die Widerstande sind entweder reell (beim ohmschen Widerstand R) Oder imaginar (bei der Spule Xi^=j oj L und bei der Kapazitat XQ = —j{co Cy^). Die reellen Widerstande (Wirkwiderstande) werden prinzipiell mit dem Buchstaben R und die imaginaren Widerstande (Blindwiderstande) mit X bezeichnet. Die Formeln fiir die Widerstande der Bauelemente besagen etwas iiber die Frequenzabhangigkeit der Widerstande: — der ohmsche Widerstand ist frequenzunabhangig, — der induktive Widerstand Xi^ nimmt mit steigender Frequenz zu, und — der kapazitiveWiderstand XQ nimmt mit steigender Frequenz ab. 4.5.2.3. Reihenschaltung von Bauelementen im Wechselstromkreis Bild 4-126 zeigt die Verbaltnisse bei der Reihenschaltung von Widerstand R und Spule L

4.5. Instationare Felder

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321

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322

4. Elektrizitat und Magnetismus

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3 1

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0

DC

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4.5. Instationare Felder (RL-Glied), Widerstand R und Kapazitat C (RC-Glied) sowie von Widerstand R, Spule L und Kapazitat C (RLC-Glied). Da bei einer Reihenschaltung die Strome konstant bleiben, addieren sich die jeweiligen Spannungszeiger der Bauelemente (Zeigerdiagramm in Zeile 1 und Spannung in Zeile 2). Nach dem Ohmschen Gesetz fiir den Wechselstromkreis gilt fiir die Effektivwerte U und /

U=IZ.

(4-295)

Daraus ergeben sich die schaltungstypischen komplexen Wechselstromwiderstande Z sowie die Verlustwinkel tan (p. Bei der Reihenschaltung aller drei Bauelemente R, L und C besteht die Moglichkeit, die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung aufzuheben. Dies ist der Fall, wenn WL = ^c ist. Dann gilt die Thomson-Gleichung (W. THOMSON, 1824 bis 1907, spater Lord Kelvin) fiir Reihenresonanz:

(s. Differentialgleichung eines elektrischen Schwingkreises in Abschn. 5.1). Bei der Reihenresonanz bleibt die Spannung mit der Resonanzfrequenz bevorzugt erhalten, alle Spannungen mit anderen Frequenzen werden unterdriickt (z.B. Reihenschaltung eines speziellen RLC-Gliedes als Siebelement). Gleichzeitig flieBt bei der Resonanzfrequenz wegen der fehlenden induktiven und kapazitiven Widerstandsanteile eine maximale Stromstarke. Zu beachten ist aber, daB sich die Blindspannungen an Spule und Kondensator zwar aufheben, beim einzelnen Bauelement aber betrachtlich hoch sein konnen und in der Lage sind, die Bauelemente zu zerstoren.

323

legte Spannung konstant. Deshalb addieren sich in diesem Fall die Teilstrome vektoriell zum Gesamtstrom (Zeigerdiagramm in Bild 4-127). Das Ohmsche Gesetz fiir den Strom im Wechselstromkreis lautet dann

Daraus ergeben sich fiir die jeweilige Schaltung spezifische komplexe Leitwerte G=\/Z sowie Verlustwinkel. - Bei der Parallelschaltung aller drei Bauelemente R, L und C tritt eine Stromresonanz des Parallelkreises auf Die Thomson-Gleichung fur die Resonanzfrequenz ist fur die Reihenschaltung und fiir die Parallelschaltung gleich. Die RLC-Resonanzschaltungen eignen sich zum Bau von Siebelementen oder Sperrkreisen, zum Unterdriikken von Storfrequenzen und als Filter zur Frequenzwahl. 4.5.2.5. Leistung im Wechselstromkreis Der zeitliche Verlauf von Strom. /(/) und Spannung u{t) eines Wechselstromkreises ist in Bild 4-128 dargestellt. Die Momentanleistung errechnet sich nach p{t) = u{t)i{t)

(4-310)

und zeigt je nach Richtung und GroBe der Wechselspannung bzw. des Wechselstromes positive oder negative Energiefliisse. Die mittlere Leistung oder Wirkleistung ergibt sich aus der Differenz der positiven und negativen Flachen der u /-Kurve und der Zeitachse in Bild 4-129 und errechnet sich zu 1 ^

P=

-;\u{t)i{t)dt.

(4-311)

^ 0

4.5.2.4. Parallelschaltung von Bauelementen im Wechselstromkreis Bild 4-127 zeigt die Verhaltnisse bei der Parallelschaltung der Bauelemente Widerstand (R), Spule (L) und Kondensator (C). Wie im Fall der Reihenschaltung (Abschn. 4.5.2.3) werden die Falle RL-, RC- und RLC-Glied betrachtet. Bei der Parallelschaltung bleibt die ange-

Bei harmonischem Spannungs- und Stromverlauf ist die Wirkleistung P = \ui cos (p= UI cos (p.

(4-312)

Hierbei ist der Winkel (p die Phasenverschiebung zwischen Wechselspannung und Wechselstrom (Gl. (4-282)).

324

4. Elektrizitat und Magnetismus o

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4.5. Instationare Felder

325

Durch Anwendung des Additionstheorems 2 cos^ CO / = cos (2 w 0 + 1 ergibt sich j 9 ( 0 = C//cos(/)+ (4-315) H- UIcos (2cDt -\- (p^-\- (p^). 3n (ot p

=ui

Bild 4-128. Zeitlicher Verlaufvon Strom, Spannung und Leistung im Wechselstromkreis.

Fur einen harmonischen Spannungs- und Stromverlauf gilt nach Gl. (4-280), (4-281) und (4-282)

(Der Winkel cp ist in Ubereinstimmung mit Gl. (4-282) gegeben durch cp = cp^ — cp^.) Wie Bild 4-129 a zeigt, schwingt die Momentanleistung mit der doppelten Frequenz der Wechselspannung um den Durchschnittswert, der nach Gl. (4-312) der Wirkleistung P entspricht. Bild4-129b zeigt, wie die Scheinleistung S aus Anteilen der Wirkleistung P und der Blindleistung Q besteht. Es gilt S=UI, 5 = yp2^g2

(4-316) (4-317)

U COS (CD t + ^u)

U(t)=

= uYlcos{(ot-\-

(p^),

/(/) = / cos(a> t-\- (pi) = I yi COS (cot -\- (pi).

(4-313)

und fiir den

(4-314)

Phasenverschiebungswinkel

Q

(4-318)

tan c? = — . ^ P Daraus errechnet sich der zeitliche Verlauf der Leistung: pit) =

u(t)i{t)

Ferner ist P= UI cos(p= S cos(p

(4-319)

= 2U I cos {CJO t + ^u) cos {co t-\- (pi). und der

Leistungsfaktor

(4-320)

cos (p = •

Er gibt an, wieviel der gesamten Leistung S als Wirkleistung zur Verfiigung steht. Er sollte moglichst nahe bei 1 liegen. Die Blindleistung Q betragt 37C COf

2 = U Ism(p=

Ssin(p.

(4-321)

Der Blindfaktor sin (p errechnet sich dann als Q sin (J9 = — .

P Realteil Bild 4-129. Momentan-, Schein-, Wirk-und Blindleistung im Wechselstromkreis.

(4-322)

Die durch elektrische Zuleitungen und durch elektrische Gerate flieBende Stromstarke kann tatsachlich groBer sein als der Wirkstrom ^wirk? der wirklich nutzbar ist. Es ist deshalb

326

4. Elektrizitat und Magnetismus

wichtig, den Blindfaktor sin cp moglichst klein Oder den Leistungsfaktor cos cp nahe bei 1 zu halten. Zur Kompensation des Blindstromanteils konnen Phasenschieberkondensatoren (Abschn. 4.3.7, Bild4-74) verwendet werden, deren kapazitiver Blindwiderstand so groB wie der induktive Blindwiderstand ist. Fur die Blindleistung Q gilt Q=Uh

leistung, wie groB ist die Stromstarke / sowie der Wirk- und Blindstrom? Losung: Aus Gl. (4-320) ergibt sich fiir die Scheinleistung P 45 kW S= = = 52,94 kW. cos (p 0,85 Die Blindleistung betragt nach Gl. (4-321)

Blind

Q = Ssm(p = 52,94 kW • 0,5267 = 27,88 kW.

mit

Fiir die Stromstarke / ergibt sich nach Gl. (4-316) U = UcoC. f Blind '• S 52,94 lO^VA Xc /= =— = 139,3 A. U 380 V Damit ergibt sich Q = U'^ co C. Die zur Fiir den Wirkstrom gilt /^irk = I cos(p= 118,4 A Blindstromkompensation notwendige Kapaund fiir den Blindstrom iBUnd = / sin ^ = zitat errechnet sich daraus zu 73,38 A. C

(4-323)

WCD

Tabelle4-14 zeigt die Formelzeichen sowie die Bezeichnungen nach DIN 40 110 fiir die Wirk-, Blind- und Scheinanteile von Widerstand und Leitwert. Tabelle4-14. Gleichungen fiir Wechselstromwiderstande und -leitwerte. Widerstand Wirkanteil

Leitwert P

P

(4-325)

(4-324) Resistanz

Konduktanz B-

Blindanteil (4-326)

ScheingroBe

4.5.2.6. Drehstrom Im offentlichen Stromnetz fliefit ein sogenannter Dreiphasenstrom oder Drehstrom. Ursache sind drei Wechselspannungen Wj, ^2 und W3, die um jeweils 120 ° (2 7r/3) phasenverschoben sind, wie Bild 4-130 zeigt. Die drei Wechselspannungen werden durch drei voneinander unabhangige Spulenwicklungen im Generator erzeugt (Abschn. 4.5.2.8). Dann ergeben sich sechs Spulenendpunkte. Durch eine geeignete

^ (4-327)

Reaktanz

Suszeptanz

U Z =— I

/ Y =— U (4-329)

(4-328) Impedanz

Admittanz

Beispiel 4.5-4: Ein Elektromotor hat die Leistung P = 45 kW und wird mit einer Klemmenspannung von U = 380 V betrieben. Der Leistungsfaktor ist cos (p = 0,85. Wie groB ist die Schein- und Blind-

W3 = M s m I o) / + ——

Bild 4-130. Verlauf der drei Wechselspannungen beim Drehstromnetz.

4.5. Instationare Felder

Bild 4-131. Dreieck-Stern-Schaltung. Schaltung als Dreiecksschaltung bzw. als Sternschaltung gemaB Bild 4-131 konnen die notwendigen AnschluBstellen auf drei (R, S, T) bzw. vier (R, S. T, 0) verringert werden. In Tabelle 4-15 sind die Zusammenhange zwischen dem Leiterstrom und der Leiterspannung fiir die Dreieck- bzw. Sternschaltung zusammengestellt. Durch die Spule flieBende Strome bzw. an den Spulen abfallende Spannungen werden als Strangstrome bzw. Strangspannungen bezeichnet, zu den Punkten flieBende Strome bzw. zwischen den Punkten auftretende Spannungsabfalle als Leiterstrome bzw. Leiterspannungen.

327

4.5.2.7. Transformation von Wechselstromen Werden um einen gemeinsamen Eisenkern an zwei gegenliberliegenden Seiten (Primar- bzw. Sekundarseite) Spulenwicklungen angebracht, dann entstehen zwei induktiv gekoppelte Spulen. Da mit solchen Bauelementen Spannungen transformiert werden kdnnen, werden sie Transformatoren genannt. Bild 4-132 zeigt das Schema eines Transformators (a) und das Symbol (b). Liegt an der Primarseite eine Wechselspannung Wi, so wird nach dem Induktionsgesetz ein magnetischer FluB verandert: d0i dt

a)

Sekundarseite

Primarseite

N2

\U2

Bild 4-132. Schema des Transformators. Tabelle 4-15. Leiterstrom und Leiterspannung in der Dreieck-Stern-Schaltung.

DreieckSchaltung

Leiterstrom

Leiterspannung

]/3 • Strangstrom (4-330)

= Strangspannung

Stern^R = h = h schaltung = Strangstrom (4-332) (Mittelpunktstrom = null)

(4-331) ^RS = ^RT =

^ST

= 1/3 • Strangspannung (4-333)

Wegen der induktiven Kopplung wird die magnetische FluBanderung an die Sekundarseite weitertransportiert, so daB dort die Spannung U2 =

d02 -N2—-

at induziert wird. Werden beide Gleichungen durcheinander dividiert, so gilt fur den idealen, verlustlosen Transformator {(p^ = 0j)

Strangspannung ^RO = ^ 8 0 ~

^TO

Im offentlichen Stromnetz ist die Sternschaltung anzutreffen. Die Strangspannung (^RO = ^so = ^To) betragt 220 V, weshalb die Leiterspannung nach Gl. (4-333) ^ R S = ^ R T = ^ S T = 1/3 • 220 V = 380 V betragt. Gl. (4-332) gilt nur, wenn alle drei Strange gleichmaBig belastet sind.

Dies bedeutet, daB eine Spannungstransformation im Verhaltnis der Windungszahlen {Ubersetzungsverhdltnis u) stattfindet. — Diese Gleichung gilt nur fur den unbelasteten Fall. Meist konnen die Leistungsverluste beim Transport des magnetischen Flusses 0 von der Primar- und Sekundarseite vernachlassigt werden. Dann gilt Pi = P2, und mit P = U Icos(p ergibt sich U^ I^ = U212 oder

328

4. Elektrizitat und Magnetismus

Gl. (4-335) zeigt, daB sich die Stromstarken umgekehrt zu den Windungszahlen bzw. Spannungen verhalten. Transformatoren spielen bei der Stromversorgung eine wichtige Rolle, da durch die Hochspannungstransformation die Stromstarken fiir den Transport verringert werden konnen und somit nach P = PR geringere Verlustleistungen auftreten. Zu diesem Zweck werden die von Generatoren erzeugten Spannungen von 10 kV bis 20 kV auf l l O k V bis 380 kV herauftransformiert und fiir den Verbraucher auf 220 V bzw. 380 V herabgesetzt. Hohe Spannungs- bzw. Stromwerte konnen iiber MeBwandler gemessen werden, wenn das Ubersetzungsverhaltnis genau bekannt ist und die Leistungen nicht hoch sind. Eine weitere Anwendung ist die Widerstandstransformation iiber einen Transformator, z. B. zur Spannungsversorgung eines niederohmigen Lautsprechers. Bild 4-133 zeigt das Prinzip. Kann der induktive Widerstand der Transformatorspule vernachlassigt werden, dann gilt, wenn die Leistung an der Primarund Sekundarseite gleich ist, p, =

f/i

R'r.

R^

Ri,

y.

Ra

t/,

Bild 4-133. Widerstandstransformation. 4.5.2.8. Elektrische Maschinen

In den meisten elektrischen Maschinen findet eine Umwandlung von mechanischer und elektrischer Energie statt. Dabei wird zur Erzeugung eines Drehmomentes die Kraftwirkung zwischen einem stromdurchflossenen Leiter und einem Magnetfeld (Gl. (4-204)) ausgenutzt. Je nach

Umwandlungsrichtung gibt es zwei Arten von elektrischen Maschinen: — Generatoren (Dynamomaschine) Mechanische Energie (kinetische Energie der Rotation) wird in elektrische Energie umgewandelt, indem durch eine Drehbewegung der magnetische FluB eine Anderung erfahrt. Dadurch tritt nach dem Induktionsgesetz (Gl. (4-249)) eine elektrische Spannung auf. — Elektromotoren Elektrische Antriebsenergie wird in mechanische Energie (kinetische Energie der Rotation) umgewandelt. Anliegende elektrische Spannungen verursachen Str5me, deren Magnetfelder auf das vorhandene Magnetsystem Krafte bzw. Drehmomente ausuben, die die mechanische Rotation der Antriebsachse verursachen (Ausnahme: DrehstromAsynchronmotor, da kein Magnetsystem vorhanden). Da die elektrischen Maschinen eine groBe Typenvielfalt aufweisen, konnen nur wenige wichtige beschrieben werden. Sie sind in Bild 4-134 zusammengestellt. Generatoren und Elektromotoren sind prinzipiell gleich aufgebaut. Sie bestehen aus einem Magnet- und einem Spulensystem mit (in einigen Fallen) zwei Schleijkontakten. Das Magnetsystem besteht entweder aus Elektro- oder aus Dauermagneten. Das Spulensystem, in dem die Spannung induziert wird, wird Anker genannt. Ein Teil des Magnet- bzw. Spulensystems ist feststehend (Stator), der andere Teil rotierend (Rotor Oder Ldufer). Befindet sich das MaWechselstrom

G e n e r a t o r e n

Synchron

Gleichstrom

Asynchron

Drehstrom

KurzschluSLaufer

1

1

h

M 0 t 0 r e n

_J

~L: Lage des Magnetsystems 1

1 Innenpol

1 1

AuSenpol

Schaltung der Wicklungen 1

1

n

HauptschluS 1 NebenschluB

Bild 4-134. Elektrische Maschinen.

4.5. Instationare Felder

a)

RM

IZD

329

Maschine

1 ()

h

il b)

Maschine

TL ki

^ZJr

Bild 4-136. Haupt- und NebenschluBmaschine.

wahrend bei einer NebenschluBmaschine nur ein Teil des Stroms durch den Magneten flieBt (Widerstande des Magnetfelds und der Ankerwicklung sind parallel geschaltet, Bild 4-136 b). In diesem Fall wirkt in der Anlaufphase nur der remanente Magnetismus. Generatoren

Bild 4-135. Stator und Rotor einer Innenpolmaschine. Werkphotos: Emod

gnetsystem als Stator auBen, so liegt eine AuBenpolmaschine vor; bewegt es sich dagegen als Rotor im Innern, so handelt es sich um eine Innenpolmaschine. Bild 4-135 zeigt den Stator (a) und den Rotor (b) einer Innenpolmaschine. Diese Bauart wird haufig bei Generatoren hoher Drehzahl vorgefunden, weil die Schleifringe entfallen. Bei den meisten elektrischen Maschinen dient die im Spulensystem induzierte Spannung zur Erregung des magnetischen Feldes {Siemenssches Dynamoprinzip). Bei den elektrischen Maschinen unterscheidet man zwischen einer Haupt- und einer NebenschluBmaschine, wie Bild 4-136 zeigt. Bei einer HauptschluBmaschine flieBt der gesamte Strom durch den Elektromagneten (Widerstande des Magnetfeldes M und Ankerwicklung A sind in Reihe geschaltet, Bild 4-136 a),

Wie Bild 4-134 zeigt, gibt es Generatoren zur Erzeugung von Gleich-, Wechsel- und Drehstrom. Der einfachste Wechselstromgenerator besteht aus einer drehbaren Spule im Magnetfeld (Bild 4-118, Fall e). Wird die Anordnung umgekehrt, so daB die Magnetpole innen liegen und die Induktionsspule auBen ist, so liegt ein Innenpolgenerator vor. Bei diesem kann der erzeugte Wechselstrom ohne Schleifringe direkt von den Spulenwicklungen abgegriffen werden. Dies ist bei hoher Drehzahl besonders giinstig. Beim Drehstromgenerator als Innenpolmaschine besitzt der Anker drei voneinander unabhangige, um 120° verschobene Spulensysteme, die als Dreieck oder als Stern geschaltet werden konnen und Drehstrom erzeugen. AuBenpolgeneratoren werden wegen der zusatzlich benotigten Schleifringe heute praktisch kaum noch gebaut. Gleichstrom wird dadurch erzeugt, daB die untere Halbwelle des Wechselstroms durch einen Polwender oder Kommutator nach oben geklappt wird. Diese pulsierende Gleichspannung kann geglattet werden, wenn viele Spulen und entsprechend viele Polwender eingebaut werden. Dieses Polwendersystem wird dann Kollektor genannt, weil es alle Spannungen zur Gleichspannung aufsammelt.

330

4. Elektrizitat und Magnetismus

Elektromotoren Entsprechend Bild 4-134 ist die Umkehrung eines (Einphasen-)Wechselstromgenerators (der praktisch ohne Bedeutung ist), ein (Einphasen-) Wechselstrommotor; die Umkehrung eines Gleichstromgenerators ist der Gleichstrommotor; die Umkehrung des Drehstromgenerators ist der Drehstrommotor. Ein Wechselstrommotor kann sowohl als Synchronmotor als auch als Asynchronmotor Anwendung finden. Als Synchronmotor ist er deshalb die Umkehrung des Wechselstromgenerators, weil die Frequenz der Wechselspannung proportional zur Drehzahl des Laufers ist (Bild 4-118, Fall e). Die Synchronmaschine lauft gleichsam synchron mit dem durch die Wechselspannung erzeugten Magnetfeld. Allerdings miissen diese Motoren durch einen Gleichstrom in eine Anfangsdrehung kommen, ehe sie durch entsprechende An- und AbstoBung der Magnetfelder in Drehung versetzt werden konnen. Die Synchronmotoren finden vor allem Anwendung bei gleichbleibenden Drehzahlen. Die Leistungen ausgefuhrter Maschinen reichen in den Megawattbereich. Der Asynchronmotor wird mit Wechselstrom betrieben. Deshalb muB die Stromanderung im Drehfeld und im Anker gleichzeitig erfolgen. Dann ist die Drehzahl auch frequenzunabhangig, und der Motor lauft asynchron zur Frequenz der Wechselspannung. Der Asynchronmotor ist der am haufigsten eingesetzte Elektromotor. Er fmdet vielseitige Anwendung in der Technik, so. z. B. - fiir Riihrgerate und Pumpen in der chemischen Industrie, - fur Datendrucker und Antriebe fiir Diskettenlaufwerke., - in Bohr-, Schleif- und Kunststoffspritzmaschinen, - in Inkubatoren oder Pumpen von EKG-Apparaten in der Medizin, - als Spiegelantriebe fiir elektrooptische Gerate und - in Musikautomaten, Plattenspielern und Tonband- sowie Kassettengeraten. Drehstrommotoren sind meist so aufgebaut wie ein Drehstromgenerator als Innenpolmaschine. Durch die zeitlich gegeneinander verschobenen Spannungen des Drehstromnetzes

Bild4-137. Schneckengetriebemotor mit DrehzahlMomenten-Kennlinien. Werkphoto: Bauer

entsteht ein Drehfeld. Der Laufer benotigt keine Wicklung. Er ist ein KurzschluBldufer, der als Kdfiganker gebaut wird. Bild 4-137 zeigt einen universell einsetzbaren Schneckengetriebe-Motor (a) und dessen Drehzahl-Momenten-Kennlinie (b) fiir einen KafiglauferMotor der Nennleistung 75 kW (Linie I), fiir einen Kafiglaufer-Motor der Nennleistung 0,37 kW (II) sowie fiir einen SchlupflauferMotor (III). Das Diagramm zeigt, daB die Drehzahl eines Asynchronmotors mit zunehmender Belastung abnimmt. Die Drehzahl des Laufers «L ist stets kleiner als die Drehzahl des Feldes Wp. Dieser Schlupf s wird definiert als

,^^lLZZ!k.iooo/,.

(4-337)

Der Schlupf von Drehstromasynchronmotoren betragt fiir kleine Motoren (ca. 0,11 kW) etwa 12% und fiir groBe Motoren (ca. 75 kW) etwa 2%. AUe Gleichstrommotoren kdnnen - wie die

4.5. Instationare Felder

Generatoren - als Haupt- oder NebenschluCmaschinen betrieben werden. Fiir Gleichstrommotoren als HauptschluBmotor liegen Feldmagnet und Anker in Reihe (Bild 4-136). Dies bedeutet, daB bei starkem StromfluB das Magnetfeld groB ist, so daB ein starkes Anzugsmoment spurbar wird. Die Drehzahl dieses Motors ist belastungsabhangig und findet wegen seines starken Anzugsmomentes vor allem Einsatz bei elektrischen Antrieben (z. B. Fahrzeugantriebe). Beim NebenschluBmotor dagegen liegen Feldmagnet und Anker parallel. Die Drehzahl dieses Motors ist nahezu belastungsunabhangig. Ein solcher Antrieb ist beispielsweise fur Werkzeugmaschinen erforderlich. Weil die gesamte Spannung am Anker liegt, muB der Motor mit einem Anlasser gestartet werden. 4.5.3. Ein- und Ausschaltvorgange in Stromkreisen Dieser Abschnitt beschreibt den Strom- bzw. Spannungsverlauf beim Ein- und Ausschalten von Stromkreisen, in denen sich ein Kondensator oder eine Spule befindet. 4.5.3.1. Ein- und Ausschalten mit einem Kondensator In Bild 4-138 sind die Schaltung, die entsprechende Differentialgleichung mit ihren Losungen fiir den zeitlichen Verlauf der Ladung q, der Spannung u und der Stromstarke / sowie die Graphik des zeitlichen Verlaufes von Spannung und Strom dargestellt. Beim SchlieBen des Stromkreises gilt nach der Maschenregel (Abschn. 4.1.6, Gl. (4-25)), daB die Summe aller Spannungen null ist:

331

Die zugehorige Losung lautet qc

= Cf/o(l-e"^^l

(4-340)

Wegen u = q/C wird der zeitliche Verlauf der Spannung am Kondensator beschrieben gemaB Wc=^o(l-e"^^').

(4-341)

Da dq/dt = i ist, folgt aus Gl. (4-340) nach Differentiation nach der Zeit (4-342)

R

Der Faktor RC hat die Dimension Zeit: Q AsA^ = V As/(A V) = s. Er wird kapazitive Zeitkonstante r genannt, weil er angibt, wie schnell sich die Spannung UQ dem Endwert UQ nahert. Bei Stromkreisen mit hoher Kapazitat ist die Zeitkonstante groB, da es lange dauert, bis der Kondensator aufgeladen ist. Beim Ausschalten der Spannungsquelle UQ entladt sich der Kondensator uber den Widerstand R. Es wird in der Differentialgleichung (4-339) Uo = 0. Damit gih

Diese Form der Differentialgleichung laBt sich durch Trennung der Variablen direkt integrieren: 1

(4-344) Mit / = dq/dt gih

Nach entsprechender Umformung ergibt sich Uc=UoQ

Nach Division durch R und einer Umstellung erhalt man die Differentialgleichung

&t RC^

R

(4-339)

1 ^^

(4-345)

und wegen / = dq/dt

R

(4-346)

Ausschaltvorgang

Einschaltvorgang

^\

1 -1

f=0

Schaltung

1*1-

r

C—

t=0

\

^1

Uo\-

T "

R

R

' Differentialgleichung

1

1

'

iS._L,_^=„

Uc=Uo

U

i= -^e H

Uc'

^

^—r^"n

c=i 1

—-^ + — (7 = 0 dit RC^

(4-342)

j

(4-389)

qc = Qoe RC

(4-343)

1 Aj

(4-340)

Uc= L/QB

(4-341)

i = - - ^ e

fl-e"RC^

"• t

RC

1 f RC

(4-344)

RC

(4-345)

"c4

i ^

•

y ^

Verlauf der Spannung

L

i i UoVerlauf der Stromstarke

(

,4-338,

qc = CUo (l-e~RC^

Losungen

1

R

^

— •

-i A

_^] /?

Bild 4-138. Ein- und Ausschaltvorgdnge im Stromkreis mit einem Kondensator.

4.5.3.2. Ein- und Ausschalten mit einer Induktivitat Wird in einem Stromkreis mit einem Widerstand R und einer Spule der Induktivitat L eine Spannung U ein- bzw. ausgeschaltet, so ergeben sich verzogerte Anpassungen

der Stromstarke an diese Situationen. Bild 4-139 zeigt die zugehorige Schaltung, die entsprechende Differentialgleichung mit ihrer Losung sowie die Strom-Zeit-Diagramme. Die Differentialgleichungen sind analog zum Stromkreis mit einer Kapazitat. Wahrend in

4.5. Instationare Felder Ausschaltvorgang

Einschaltvorgang t=0

f=0

1

^

d-

Schaltung Uo\- ~

L R \

Differentialgleichung

Losung

1

r

f *f'-¥=° - ^

R Verlauf der Stromstarke

333

R '

(4-348)

d/

1 • H .

1 1 ^

(4-351)

(4-352)

(4-349)

( - " • )

11 — ' 1

/i

1 '-"^'./X

f

t

L R

1

Bild 4-139. Ein- und Ausschaltv orgauge im Stromkreis mit einer Induktivitdt.

einem T^C-Kreis die Differentialgleichungen fiir die Ladungen gelten, sind sie in diesem Fall fiir die Strome giiltig. Wird der RLStromkreis geschlossen, so gilt nach der Maschenregel (Abschn. 4.1.6, Gl. (4-25)), daB die Summe aller Spannungen null sein muB: Uo-Ri-L--

di = Q. at

(4-347)

Die Spannung UQ fallt an zwei Bauteilen ab: - erstes am Widerstand R; dies entspricht einer konstanten Stromstarke / = UQ/R (gestrichelte Linie in Bild 4-139); - zweitens wird in der Spule ein Magnetfeld aufgebaut, das zur stetigen Zunahme des Stromes entsprechend / = {UJQt fiihrt (punktierte Linie).

Das Zusammenwirken dieser beiden Teile erzeugt zunachst eine linear zunehmende Stromstarke, die in den konstanten Endwert IQ = UQ/R einbiegt. Dieser Kurvenverlauf laBt sich analytisch aus der Losung der Differentialgleichung (4-347) herleiten. Nach Division durch L ergibt sich die Differentialgleichung fiir die Stromstarke: &i R dt L

Uo L

(4-348)

Die zugehorige Losung lautet

i^d-e-f).

(4-349)

334

4. Elektrizitat und Magnetismus

Der Faktor L/R hat die Dimension Zeit: H/Q = V s A/(A V) = s. Er wird induktive Zeitkonstante T genannt, weil er angibt, wie schnell sich die Stromstarke / dem Endwert IQ = UQ/R nahert. Bei Stromkreisen mit hoher Induktivitat ist die Zeitkonstante groB, so daB der Endwert sehr spat erreicht wird. Die Zeitkonstante r kann graphisch ermittelt werden als Schnittpunkt der beiden Kurven i = {UJL)t (punktierte Linie in Bild 4-139) und IQ = UJR (gestrichelte Linie). Dann gilt — r=— L R L

«1s #
Oder

a) (4-350)

Beim Ausschalten wird die Spannung UQ = 0, so daB sich die Differentialgleichung vereinfacht:

Diese Gleichung laBt sich analog zur Differentialgleichung (4-343) durch Trennung der Variablen direkt losen. Es gilt

Beim Ausschalten ist eine Parallelschaltung von Widerstand und Spule empfehlenswerter als die Reihenschaltung (Bild 4-139), weil dann sofort ein Teil des Stromes iiber den Widerstand abflieBen kann. Fiir den Fall einer Reihenschaltung wiirde besonders fiir hohe Induktivitaten die gesamte Induktionsspannung -L(d//dO lange Zeit zwischen den Schaltkontakten liegen. Dadurch konnten die Schaltkontakte oder die Bauelemente zerstort werden. Bild 4-140 a zeigt das Ein- und Ausschaltverhalten (Spannungs-Zeit-Verlauf nach Gl. (4341)) far eine Batteriespannung von L^o "= 24 V und Kapazitaten von C = 50nF, 100 nF und 150 nF. Mit groBeren Werten der Kapazitat C vergroBem sich also die Ein- und Ausschaltzeiten. (Die Zeitwerte fur 1/^^= 13Y sind an der gestrichelten horizontalen Linie abzule-

b) Bild 4-140. Ein- und Ausschaltverhalten von a) Kapazitaten; b) Induktivitaten (Rechnerausdruck).

sen.) Bild4-140b zeigt das Ein- und Ausschaltverhalten nach Gl. (4-349) fiir eine Batteriespannung von UQ = 24 V, einen Widerstand von R = 2Q. und Induktivitaten von L = 50mH, 150mH und 250 mH. Auch hier erkennt man, daB sich die Ein- und Ausschaltzeiten fiir hohere Werte fiir L vergroBem (vgl. die gestrichelte Linie fiir / = 8 A). 4.5.4. MeBgerate Elektrische MeBgerate dominieren in der physikalischen MeBtechnik; fiir die meisten physikalischen GroBen, wie z.B. Temperatur oder Kraft, gibt es elektrische MeBwertaufnehmer, so daB die MeBwerte als elektrische Signale zur Verfiigung stehen. Diese elektrischen Signale konnen als Daten sofort weiterverarbeitet oder als Steuer- bzw. RegelgroBen verwendet werden. Ublicherweise unterscheidet man zwischen analogen und digitalen MeBgeraten, ferner zwischen solchen, die nur

4.5. Instationare Felder MeBgerat

Symbol

335

Anwendungsfelder

DrehspulmeBwerk

(H

Gleichstrom, -spannung, Wechselstromfrequenz, -leistung, cos (p, Temperaturmessung, Vielfachinstrument

DrehspulmeBwerk mit eingebautem Gleichrichter

^

Wechselstrom, -spannung, Effektivwerte bei sinusf. Wechselstrom, Zeigerfrequenzmesser(1,1 kHz; 15 kHz)

DrehspulmeBwerk mit eingebautem Thermoumformer

^

Wechselstrom, -spannung (unabhSngig von der Kurvenform)

Widerstandsmessung, Temperaturmessung

DrehspulquotientenmeBwerk DrehmagnetmeBwerk

- ^

Gleichstrom (leicht und erschutterungsfest)

DreheisenmeBwerk

Effektivwert unabhangig von der Kurvenform (robuste Gerate, keine hohen Frequenzen, hoher Leistungsbedarf)

elektrodynamisches MeBwerk, eisenlos

Leistungsmesser bis zu hohen Frequenzen (kHz-Bereich; fremdfeldempfindlich)

elektrodynamisches MeBwerk, eisengeschlossen

Leistungsmesser, niedriger Frequenzbereich (50 Hz; nicht fremdfeldempfindlich)

elektrodynamisches QuotientenmeBwerk, eisenlos

Leistungsfaktor cos cp

elektrodynamisches QuotientenmeBwerk, eisengeschlossen

Leistungsfaktor cos cp

HitzdrahtmeBwerk

Widerstand, Temperatur bei hGchsten Frequenzen, Effektivwerte von Strom und Spannung

Y

BimetallmeBwerk

HGchstwertmesser fur Wechselstrom, Uberwachung derthermischen Belastung von Kabein und Transformatoren

elektrostatisches MeBwerk

Gleich- und Wechselspannungen, HF-Spannungen (Effektivwerte), elektrische Felder

InduktionsmeBwerk VibrationsmeBwerk

0 \1/

Energiemesser (kWh-Zahler) Frequenzmessung (ca. 50 Hz), Zungenfrequenzmesser

digitales MeBgerat

Momentan- und Effektivwerte aller Gleich- und Wechselstrome (leistungsschwach)

Elektronenstrahl-Oszilloskop

zeitlicher Verlauf von elektrischen GrOBen

Bild 4-141. Einteilung der MeBgerdte.

336

4. Elektrizitat und Magnetismus

gemittelte Werte (z. B. Effektivwerte) messen und solchen, die es gestatten, den zeitlichen Verlauf der MeBgroBen darzustellen. In Bild 4-141 sind die MeBgerate, ihre Symbole nach VDE0410 sowie ihre Hauptanwendungsgebiete beschrieben. Drehspulmeftwerk Ein DrehspulmeBwerk besteht aus einem drehbaren zylindrischen Spulenkorper, der sich in einem ringformigen Spalt eines Dauermagneten bewegen kann. Auf der Achse der Drehspule befinden sich zwei Spiralfedern, die als Stromzufiihrungen fiir die Spule dienen, sowie ein Zeiger. Im Luftspalt zwischen dem Dauermagneten und dem Spulenkorper herrscht ein radiales Magnetfeld. Wenn durch den Spulenkorper ein Gleichstrom flieBt, dann tritt ein Drehmoment auf, das proportional der Stromstarke ist und von dem Gegendrehmoment der Spiralfeder im Gleichgewicht gehalten wird. Der Ausschlagwinkel des Zeigers ist demnach proportional zur Stromstarke {(p ^ I). Kleinere Bauformen werden dadurch erreicht, daB sich der Dauermagnet als feststehender Zylinder im Zentrum des MeBwerkes befindet. Die Spule ist drehend um ihn gelagert, und der Luftspalt wird durch einen Hohlzylinder aus Weicheisen abgeschlossen (Drehspul-Kernmagnet-MeBwerk). DrehspulmeBwerke werden zur Messung von Gleichstromen und Gleichspannungen verwendet. Sie gehoren zu den empfindlichsten elektrischen MeBwerken (minimale Stromstarke 10"^ A). Wird ein Gleichrichter vorgeschaltet, so konnen auch Effektivwerte von Wechselstromen- und -spannungen bei sinusformigem Kurvenverlauf gemessen werden. Ebenso kann man sie als Widerstandsmesser einsetzen, wenn sie als Briicke in Zusammenhang mit einer konstanten Spannungsquelle geschaltet werden (Wheatstonesche Briicke, Abschn. 4.1.9). Durch Vorschalten eines Thermoumformers, bei dem mit Hilfe eines Thermoelements die Temperaturerhohung an einem kleinen Lastwiderstand gemessen und iiber einen Kalibrierfaktor auf den anliegenden Wechselstrom zuruckgeschlossen wird, lassen sich die Effektivwerte von Wechselstromen und -spannungen beliebiger Welligkeit messen. Die vielfaltigen Einsatzmoglichkeiten von DrehspulmeBgeraten

sind der Grund fiir die kompakte Bauform von VielfachmeBinstrumenten. Ein wichtiger Spezialfall ist das DrehspulquotientenmeBwerk (oder Kreuzspulinstrument). Hierbei bewegen sich zwei um 30° versetzte Spulen im Dauermagnetfeld. Werden die beiden Spulen von unterschiedlichen Stromstarken i\ und ii durchflossen, ist der Zeigerausschlag (p proportional zum Quotienten der beiden Stromstarken i\/i2- Eine Spule kann man als Amperemeter und die andere als Voltmeter schalten. Dann miBt der Quotient direkt den Widerstand (unabhangig von einer Batteriespannung). Eine Hauptanwendung dieses MeBwerkes ist die Temperaturmessung mit Hilfe von Widerstandsthermometern. DreheisenmeBwerk Das DreheisenmeBwerk besteht aus einer Spule, die vom MeBstrom durchflossen wird. Im Zentrum dieser Spule befinden sich zwei Weicheisenplattchen, von denen eines an der Spule und das andere an der Zeigerachse befestigt ist. Beim StromfluB durch die Spule werden beide Plattchen gleichnamig magnetisiert. Dadurch stoBen sie sich ab. Der Zeigerausschlag ist proportional zum Effektivwert der MeBgroBe, und zwar unabhangig von der Kurvenform. Dreheiseninstrumente sind sehr robuste Gerate, haben allerdings einen hohen Leistungsverbrauch und sind wegen der Wirbelstromverluste nicht bei Frequenzen iiber 1 kHz einsetzbar. Elektrodynamisches MeBwerk Beim elektrodynamischen MeBwerk wird der Permanentmagnet des DrehspulmeBwerks durch einen Elektromagneten ersetzt. Wird der Strom durch beide Spulen geleitet, so ist der Ausschlag proportional zum Quadrat der Stromstarke. Aus diesem Grund konnen sowohl Gleich- als auch WechselgroBen gemessen werden. Sehr wichtig ist auch die Moglichkeit, das Produkt UI, d. h. die elektrische Leistung zu messen. Dazu dient eine Spule als Strompfad, die andere mit einem Vorschaltwiderstand als Spannungspfad. Die Phasenverschiebung cos cp ist annahernd null, wenn der Widerstand im Spannungsfeld sehr hoch ist. Die Blindleistung laBt sich dadurch messen, daB eine Spule (Phasenverschiebung um 90°) den Widerstand ersetzt.

4.5. Instationare Felder Ein eisenloses MeBwerk ist sehr empfindlich fiir fremde Magnetfelder. Haufig wird deshalb ein eisengeschlossenes MeBwerk gebaut. Dies hat aber den Nachteil, daI3 man nur bei geringen Frequenzen (um 50 Hz) richtig messen kann. Mit einem elektrodynamischen QuotientenmeBwerk kann der Leistungsfaktor cos cp ermittelt werden.

337

fachanordnung erhoht sich die Einstellkraft des MeBwerkes, so daB bereits Spannungen ab 100 V gemessen werden konnen. Der Einsatz elektrostatischer MeBwerke ist auf Spezialanwendungen beschrankt (z.B. Messung von sehr groBen Widerstanden R> 10^ Q Oder als Rdntgendosimeter). InduktionsmeBwerk

HitzdrahtmeBwerk Das klassische Hitzdrahtinstrument, bei dem die Ausdehnung eines Drahtes durch die beim StromfluB entstehende Warme zu MeBzwecken ausgenutzt wird, ist heute kaum noch im Einsatz. Statt dessen werden warmeempfindliche Bauelemente (z.B. PTC-Widerstande, Abschn. 4.1.4 und Bild 4-6) oder Thermoelemente (Abschn. 9.3.2.2) eingebaut. Auf diese Weise ist es moglich, Effektivwerte von Stromen und Spannungen bei hochsten Frequenzen zu messen. BimetallmeBwerk Werden Bimetallspiralen von Strom durchflossen, so biegen sie sich aufgrund der Erwarmung auf. Das hierbei auf die Zeigerachse libertragene Moment ist so groB, daB auch ein Schleppzeiger mitgefiihrt werden kann. Auf diese Weise konnen Maximalwerte angezeigt werden. BimetallmeBwerke finden vorzugsweise Anwendung bei der Uberwachung thermischer Belastungen von Kabeln und Transformatoren. Elektrostatisches MeBwerk Im elektrostatischen MeBwerk dient die Coulombsche Kraft (Abschn. 4.3.8, Gl. (4-179)) zwischen zwei Flatten als MeBgroBe. Um Durchschlage zu verhindem, wird bei Gleichstrom ein sehr hochohmiger Widerstand {R> X^^^Q) und bei Wechselstrom ein Kondensator vorgeschaltet. Wegen der geringen elektrostatischen Kraft konnen zwei Flatten erst ab Spannungen groBer als 1 kV zu MeBzwecken eingesetzt werden. Ordnet man eine Vielzahl von Metallplatten vertikal stapelartig iibereinander, so liegt ein Multizellular-MeBwerk vor. Leichte Metallnadeln, die an der vertikal aufgehangten Achse befestigt sind, konnen sich nach Art des Drehkondensators zwischen den Flatten drehen. Durch die Viel-

In einem InduktionsmeBwerk bewegt sich eine nicht ferromagnetische Scheibe (meist aus Aluminium) zwischen zwei um 90° versetzten Elektromagneten. Der Elektromagnet zwischen der drehbaren Scheibe erzeugt beim StromfluB ein Magnetfeld, das Wirbelstrome in der Scheibe induziert. Der in der Ebene der Scheibe befindliche zweite Elektromagnet erzeugt ein Magnetfeld, das auf die Wirbelstrome einwirkt und die Scheibe in Drehung versetzt. Wenn in dem zwischen der Scheibe befindlichen Magneten eine Spannung geschaltet wird (Spannungsjoch) und im senkrecht dazu stehenden Magneten ein Strom flieBt, dann ist die Drehfrequenz proportional zur Wirkleistung UI cos cp. Wird die Anzahl der Umdrehungen gezahlt, handelt es sich um einen Energiezahler (kWh-Zahler). Die Scheibe wird durch einen Fermanentmagneten gebremst. Das so beschriebene InduktionsmeBwerk ist als elektrische Maschine ein gebremster Asynchronmotor (Abschn. 4.5.2.8). VibrationsmeBwerk Ein VibrationsmeBwerk besteht aus einem auf die Schwingungsfrequenz abgestimmten Satz federnder Zungen (13 bis 21 Stiick), die bei Resonanz ihre Amplitude vergroBern. VibrationsmeBwerke dienen zur Bestimmung der Wechselstromfrequenz und werden als Zungenfrequenzmesser zur Frequenziiberwachung von 50 Hz bzw. 60 Hz eingesetzt. Digitales elektronisches MeBwerk Durch Analog-Digitalwandler, teilweise mikroprozessorgesteuert, konnen die meisten analogen MeBwerke zu digitalen MeBgeraten ausgebaut werden. Bild 4-142 gibt einen schematischen Einblick in den Aufbau digitaler MeBwerke. Die digitalen Vielfachinstrumente ersetzen in zunehmendem MaB die analogen Multimeter. Digi-

338

4. Elektrizitat und Magnetismus

strahl-Oszilloskope. Das MeBprinzip basiert auf der Ablenkung von Elektronen im elektrischen und magnetischen Feld in einer Braunschen Rohre (Abschn. 4.3.5.5). Die Verwendungsart der beschriebenen MeBgerate sowie die Gerateeigenschaften miissen nach VDE0410 auf den Geraten angegeben werden. Bild 4-143 zeigt eine Zusammenstellung dieser Symbole. So bedeutet z. B. 0 Q - 1 - i,5Q^'^.—^ik

Bild 4-142. Digit ales MeBwerk, schematisch. Werkphoto: Gossen

tale Multimeter messen nicht nur die gewiinschten elektrischen GrundgroBen (Spannung, Stromstarke und Widerstand fiir Gleichund Wechselstrom), sondern nehmen auch nach eigenen Programmen MeBauswertungen vor. Elektronenstrahl-Oszilloskop

Um den zeitlichen Verlauf von MefigroBen verfolgen zu konnen, benutzt man ElektronenSymbol

Verwendungszweck Gleichstrom

4.5.5. Zusammenhang elektrischer und magnetischer GroBen 4.5.5.1. Vergleich elektrischer und magnetischer GroBen In Tabelle 4-16 sind die magnetischen GroBen den entsprechenden elektrischen gegeniibergestellt. Wahrend die Ursache eines elektriSymbol

4

Verwendungszweck Hochspannung am Zubehor und/oder Instrument

Wechselstrom

Instrument, das mit senkrechter Skale zu benutzen ist

Gleich- und Wechselstrom

Instrument, das mit waagrechter Skale zu benutzen ist

Drehstrom (allg. Sinnbild)

^

Klassenzelchen (z.B. 1,5), wenn der Bezugswert der Skalenlange entspricht

Drehstrom mit unsymmetrischer Belastung (allg. Sinnbild)

©

Klassenzelchen (z.B. 1,5), wenn der Bezugswert dem richtigen Wert entspricht

Drehstrom (3 Leiter), unsymmetrisch belastet, gemessen mit 2 MeBwerken

ti

DrehspulmeBgerat fiir Gleichstrom (Giiteklasse 1), fiir Wechselstrom (Giiteklasse 1,5) und Widerstandsmessung (Giiteklasse 1,5), in der Gebrauchslage waagrecht mit der Prufspannung 3 kV.

o

Prufspannung 500 V

elektrische Schirmung

Prufspannung uber 500 V (z.B. 2 kV)

a St

Symbol fur ein Instrument, das keiner Spannungsprufung unterzogen wird

A

Bild 4-143. Gerateeigenschaften nach VDE0410.

magnetische Schirmung

astatisches MeBwerk Achtung! Gebrauchsanweisung beachten!

4.5. Instationare Felder

Tabelle 4-16. Formale Analogic elektrischer und magnetischer GroBen. elektrisches Feld

Einheit

magnetisches Feld

V

magnetische Urspannung (Durchflutung)

elektrische Urspannung Uo

dt/ £ = -

V

magnetische Feldstarke

m

d/ H = —N d/ magnetische Spannung

elektrische Spannung

U=

-lE{s)ds

V

0 =

elektrische Stromstarke dQ 7= -^ dt elektrische Ladung (VerschiebungsfluB)

Q=

ll{t)dt

Verschiebungsdichte D = eE elektrische Feldkonstante 2

e =

d0 — d^

U = -N

As m^

0 = BA

-

-

V

Vs

B = ju H

Vs

^

magnetische Feldkonstante Vs

1 Mo =

2

Am

Permeabihtatszahl ju^ As Vm

Q

X A

elektrische Stromstarke

/ = ^

A

magnetische FluBdichte (Induktion)

Vm

1 / ^.1 =

m

magnetischer FluB As

Permeabilitat Vs

SQC^

elektrischer Widerstand eines homogenen Drahtes

A

induzierte Spannung

Dielektrizitatszahl e^ Permittivitat (Dielektrizitatskonstante)

^H(l)dl

A

As

1 ^0=

A

0 = NI

elektrische Feldstarke

Einheit

A

fl =

/XQ^^

magnetischer Widerstand eines homogenen Magnetkerns 1 / ^m = - ju A

A Wb

magnetischer FluB 0 Vs

* = ^

K,

Am

elektrischer Spannungsabfall U^

RI

V

magnetischer Spannungsabfall 0 = 0]^^ = HI

A

Kapazitat

c=e u

Induktivitat F

Kapazitat eines Plattenkondensators A C = sd elektrische Kraft ^el = EQ

U dl/dt

H

Induktivitat einer Ringspule F

L=

AN^ fi—j-

H

magnetische Kraft N

F^ =

QvxB

N

339

340

4. Elektrizitat und Magnetismus

Tabelle4-16. (Fortsetzung) elektrisches Feld elektrisches Dipolmoment M E

Einheit

magnetisches Feld magnetisches Dipolmoment M m = — = 01 H

Asm

elektrische Energie des Kondensators W^ = \CU^ elektrische Energiedichte

Einheit

Vsm

magnetische Energie einer Spule

W^ = \LP

Ws = J Ws

J

m^

m^

schen Ladungsflusses (Stromstarke /) eine elektrische Spannung U ist, ist die Ursache fiir das Zustandekommen eines Magnetflusses wiederum ein LadungsfluB (Stromstarke / ) . Daraus lassen sich zwei wichtige Tatsachen ableiten: — In vielen Fallen ergibt sich aus der elektrischen GroBe die magnetische, indem statt der Spannung ^ in V die Stromstarke / in A gesetzt wird. Beispielsweise miBt man die elektrische Feldkonstante SQ in As/(Vm); im Vergleich dazu die magnetische Feldkonstanten//o in Vs/(Am). - Beide Felder, das elektrische und das magnetische, sind stark miteinander verkniipft, da sie einander bedingen (Abschn. 4.5.5.2).

magnetische Energiedichte

Ws = J Ws

J

m^

m^

Jedes zeitlich sich andernde elektrische Feld erzeugt ein magnetisches Wirbelfeld. Die Zuordnung erfolgt in einem Rechtssystem, wie aus Bild 4-144 hervorgeht. Die zweite Maxwellsche Gleichung ist eine Verallgemeinerung des Induktionsgesetzes Wind = - d 0 / d / . Durch Umschreiben der Spannung in ein Linienintegral der Feldstarke Uind = §Eds und des magnetischen Flusses in ^ = ^BdA ergibt sich

fEds = - — ^BdA 4.5.5.2. Maxwellsche Gleichungen Die Maxwellschen Gleichungen wurden von J. C. MAXWELL (1831 bis 1879) formuliert. Sie beschreiben die analytische Verkntipfung von elektrischem und magnetischem Feld und umgekehrt. In Bild 4-144 findet sich eine vergleichende Gegeniiberstellung. Die erste Maxwellsche Gleichung ist die allgemeine Formulierung des Durchflutungsgesetzes (Abschn. 4.4.2, Gl. (4-181)). Sie besagt, daB zur Erzeugung eines Magnetfeldes kein StromfluB (d. h. Ladungstransport) notwendig ist, sondern sich lediglich die elektrische Verschiebung D dndern muB. Die zugehorige Interpretation lautet:

dt

(4-249)

Jedes zeitlich sich andernde magnetische Feld erzeugt ein elektrisches Wirbelfeld. Dies ist unabhangig davon, ob ein Leiter vorhanden ist oder nicht. Die Zuordnung erfolgt wegen des negativen Vorzeichens in einem Linkssystem. Die beiden Maxwellschen Gleichungen zeigen, wie sich elektrische und magnetische Felder gegenseitig erzeugen k5nnen. Es ist noch darauf hinzuweisen, daB nur bei gleichmdBiger Anderung des Magnetfeldes ein konstantes elektrisches Feld induziert wird. Ist die Magnetfeldanderung dB/dt nicht konstant, so wird ein sich anderndes elektrisches Feld er-

4.5. Instationare Felder elektrisches Feld magnetisches Feld

magnetisches Feld elektrisches Feld

1. Maxwell-Gleichung (Durchflutungsgesetz)

2. Maxwell-Gleichung (Induktionsgesetz)

^„a../(,>f)a.

^^^s =

341

-^fB6A

^(4-181)

(4-249)

Im Vakuum ist/=0

(4-181) Maxwellsche Gleichungen

6D 1

1

i\

I 1

i

1

i,

i

/

' t df - -

V ^ -

Jedes zeitlich sich Sndernde elektrische Feld erzeugt ein magnetisches Wirbelfeld.

Jedes zeitlich sich Sndernde magnetische Feld erzeugt ein elektrisches Wirbelfeld.

Quellen

<^D6A = Q

ed4=0

(4-200)

Einflusse des Materials

D = eoE+P

(4-163)

a = |JoH + J

(4-230)

/ = xE

(4-217)

P=eoXeE

(4-166)

(4-231)

1

F:=Q{E + vXB)

(4-226)

1

Materialgleichungen

(4-134)

Krafte

Bild 4-144. Maxwellsche Gleichungen fur das elektrische und magnetische Feld.

zeugt, das wiederum ein sekundares Magnetfeld induziert, wie Bild 4-145 zeigt. Trotz der Ahnlichkeit der beiden Maxwellschen Gleichungen besteht zwischen bei6B dt

* konstant

x<':t ^ ; Bild 4-145. Wechselseitig induziert es elektrisches und magnetisches Feld.

den Feldern der wichtige Unterschied, daB die elektrischen Feldlinien an Quellen, d.h. an Einzelladungen enden (^ DdA = Q), wahrend die magnetischen Feldlinien aufgrund des Fehlens magnetischer Einzelpole in sich geschlossen sind, d.h. keine Quellen aufweisen (§ B dA =0). In Bild 4-144 sind auBerdem die Einflusse des Materials auf die elektrischen bzw. magnetischen Felder und die zugehorigen einfachen Materialgleichungen vergleichend gegeniibergestellt. Die in den Stoffen stattfindenden Bewegungen haben ihre Ursachen in den wirkenden elektromagnetischen Kraften.

342

4. Elektrizitat und Magnetismus

Mit den Maxwellschen Gleichungen ist eine vollstandige Beschreibung elektromagnetischer Vorgange moglich. Tabelle4-17 zeigt die vier denkbaren Spezialfalle: 1.) Elektrostatik und Magnetostatik Fliefit weder ein Strom (/ = 0) noch andert sich das magnetische Feld (dB/dt = 0) sowie die elektrische Verschiebungsdichte (dZ>/d/ = 0), dann existieren elektrostatische und magnetostatische Felder vollkommen unabhangig voneinander. 2.) Elektrodynamik stationarer Strome FlieBt lediglich ein Strom (j #= 0), ist jedoch keine Anderung des magnetischen Feldes (dB/dt = 0) und der elektrischen Verschiebungsdichte (dZ>/d/ = 0) vorhanden, so ist wegen des Durchflutungsgesetzes (Bild 4-85, Gl. (4-181)) bereits eine magnetische Wirkung spiirbar. Ferner gilt das Ohmsche Gesetz in der F o r m u l i e r u n g / = x E (Gl. (4-217)). 3.) Elektrodynamik quasistationarer Strome FlieBt ein Strom (/ =1= 0) und andert sich das Magnetfeld {dB/dt =t= 0), wobei der Verschiebungsstrom gegenuber dem Leitungsstrom vernachlassigt werden kann (nahezu stationar: dZ>/d/ ^ 0), dann gelten das Durchflutungsgesetz und das Induktionsgesetz (die erste und die zweite Maxwellsche Gleichung). Sie sind die Grundlagen der in Abschn. 4.5 beschriebenen Phanomene zeitlich sich andernder elektrischer und magnetischer Felder. Tabelle4-17. Gebiete der und des Magnetismus.

dt

Elektrizitatslehre

dt

Die geniale Voraussage von Maxwell bestand darin, daB er seine Gleichungen als Formulierungen fur elektromagnetische Wellen interpretieren konnte fiir den Fall, daB kein StromfluB vorhanden war (/ = 0), aber sich sowohl das magnetische Feld {dB/dt =# 0) als auch die elektrische Verschiebungsdichte {dD/dt =1= 0) veranderte. Diese elektromagnetischen Wellen wurden spater von H. HERTZ (1857 bis 1894) experimentell nachgewiesen (Abschn. 5.2.2). Da das Licht als elektromagnetische Welle verstanden werden kann, ist auBerdem eine enge Beziehung zwischen Elektrodynamik und Wellenoptik vorhanden (Abschn. 6.1). Zur Ubung U 4.5-1: Eine eisenlose Flachspule hat 200 Windungen und umschlieBt eine Flache von 150 cm^. Sie rotiert mit einer Drehzahl von 800 min"^ in einem homogenen Magnetfeld. (Die Feldlinien stehen senkrecht zur Drehachse.) Bei welcher magnetischen Induktion B wird die Scheitelspannung von « = 48 V induziert? U 4.5-2: Fiir die Schaltung in Bild 4-146 sollen die Stromstarke, der Verlustwinkel (p und die Wirkleistung im Wechselstromnetz (f/= 220 V , / = 50 Hz) berechnet werden. 10/uF 5/iF

U= 2 2 0 V

1H

2H

/ = 5 0 Hz

Bild 4-146. ZuU 4.5-2.

7=0

7+ 0

Elektrostatik und Magnetostatik

Elektrodynamik stationarer Strome

elektromagnetische Wellen

Elektrodynamik quasistationarer Strome

dt

dt

4.) Elektromagnetische Wellen

(,.,f.o)

U 4.5-3: Bei einem Magnetsystem betragt die Lange des Eisenkems 75 cm und die Breite des Luftspaltes 1 mm. Die Permeabilitatszahl des Eisens ist /^r = 750. Um den wievielten Teil nimmt die magnetische Feldstarke im Luftspalt ab, wenn die Breite des Luftspaltes verdoppelt wird? U 4.5-4: Eine Leuchtstoffrohre benotigt C/=50V und eine Stromstarke von 7 = 0,12 A. Welche Induktivitat L muB eine in Reihe geschaltete Spule haben, damit die Leuchtstoffrohre an die Netzspannung (220 V, 50 Hz) angeschlossen werden kann? (Der ohmsche Anteil der Spule sei vernachlassigbar klein.)

5.1. Schwingungen

5. Schwingungen und Wellen

343

5.1. Schwingungen In vielen Bereichen des taglichen Lebens, der Physik und der Biologic spielen periodische Vorgange eine bedeutende Rolle. Erwahnt seien als Beispiele fur den Bereich des taglichen Lebens Ebbe und Flut, Tag und Nacht, fiir die Physik das Uhrenpendel, der Schwingquarz, der elektromagnetische Schwingkreis, die Atom- und Gitterschwingungen und fiir die Medizin der Pulsschlag.

Bei Schwingungen und Wellen finden periodische Zustandsanderungen statt, die mechanische Systeme (im festen, flussigen und gasformigen Zustand) und elektromagnetische Systeme erfassen konnen. Im allgemeinen Fall wird Energie zwischen Energiereservoirs periodisch hin- und herbewegt. Systeme, die zu einem solchen periodischen Energieaustausch fahig sind, werden Oszillatoren genannt. Bei mechanischen Schwingungen eines Feder-Mas- 5.1.1. Physikalische Grundlagen schwingungsfahiger Systeme se-Systems (Federpendel oder mechanischer Schwingungen werden mfreie und erzwungeOszillator) betrifft dies die potentielle Energie ne sowie in ungeddmpfte und geddmpfte der Feder und die kinetische Energie der Masse und beim elektromagnetischen Schwing- Schwingungen eingeteilt. Bild 5-2 zeigt die Zusammenhange am Beispiel eines Korpers, der kreis die elektrische Energie des Kondensamit einer Feder verbunden ist und in horizontors und die magnetische Energie der Spule. taler Richtung schwingen kann. Die Periodizitat des Energieaustausches wird beschrieben durch die Schwingungsdauer T Bei dtr freien Schwingung wird dem Oszillafiir einen Energieaustauschzyklus bzw. durch tor einmalig zu einem bestimmten Zeitpunkt die Frequenz/, d.h. die Anzahl der Zyklen je Energie durch StoB oder durch die AuslenZeiteinheit. Es gilt der Zusammenhang kung des Oszillators zugefiihrt. AnschlieBend wird das System sich selbst iiberlassen, der Oszillator schwingt dann mit einer systemtypischen konstanten Eigenfrequenz /Q. Wird dem Schwingungssystem im weiteren zeitlichen Verlauf keine Energie zugefiihrt oder entzogen, so schwankt die Auslenkung des Aus Bild 5-1 geht der Unterschied zwischen Oszillators periodisch mit der Eigenfrequenz Schwingungen und Wellen hervor. Erfassen /o zwischen zwei konstanten Maximalwerten die periodischen Energieschwankungen nur (Scheitelwert oder Amplitude y). Der Scheiteleinzelne schwingungsfahige Elemente, dann wert der Schwingung, die als ungeddmpfte freie sind dies Schwingungen; werden dagegen von Schwingung bezeichnet wird, ist konstant und den Energieschwankungen eine Vielzahl ela- abhangig vom Energiebetrag, mit dem die freie stisch Oder quasielastisch aneinander gekop- Schwingung erregt wurde. Wirken dagegen pelter Elemente erfaBt, so treten Wellen auf, auBere Krafte, z. B. die Reibung oder Energiebei denen sich die Energiezustande periodisch verluste des Oszillators, so nimmt der Scheitelwert der freien Schwingung im zeitlichen Verim Raum fortpflanzen. lauf ab. Dies kennzeichnet die geddmpfte freie Schwingung. Ferner ist die Frequenz J^ der geperiod ische dampften freien Schwingung wegen des stattZustandsanderung (Energieverschiebung) fmdenden Energieverlustes kleiner als die Eigenfrequenz f^ der ungedampften freien Schwingung. sch wi ngu ngsf ah iges Einzelelement (Oszillator)

Vielzahl gekoppelter sch wi ngu ngsf ah iger Elemente

Schwingung

Welle

Bild 5-1. Zusammenhang zwischen Schwingung und Welle.

Ein Resonator ist ein Oszillator, dem von auBen eine periodische Erregung mit der Erregerfrequenz / E aufgezwungen werden kann. Unter dem EinfluB des Erregers fuhrt der Resonator erzwungene Schwingungen mit der Erregerfrequenz/E aus. Wenn die Erreger-

344

5. Schwingungen und Wellen freie Schwingung

erzwungene Schwingung

Model I

Model I

Erreger

^///////. periodische Erregung von auBen

einmalige Auslenkung

y \

7 '1 180° 90°

-

0° zeitlich konstanter Scheitelwert: y^ =92 = 9^ = 9A

/3

\ J / 4

zeitlich abnehmender Scheitelwert: y^ >92>9z>

9^

Bild 5-2. Harmonische Schwingungen.

frequenz/E gleich oder annahernd gleich der Resonanzfrequenz / R ist, tritt Resonanz ein. Bei Resonanz wachst im ungedampften Fall (ohne Energieverluste) die Amplitude unendlich an (Resonanzkatastrophe), im gedampften Fall steigt dagegen die Amplitude bei Resonanz lediglich bis auf einen endlichen Maximalwert der Auslenkung an, bei dem der Energieverlust je Schwingungsperiode gerade gleich der zugefiihrten Erregerenergie ist. Ist die Erregerfrequenz/E niedriger als die Resonanzfrequenz / R , SO schwingen Erreger und Resonator gleichphasig, die Phasenverschiebung y zwischen den beiden Schwingungen ist null. Ist/E>/R, dann schwingen Erreger und Resonator gegenphasig, die Phasenverschiebung betragt in diesem Fall y = 180°. Ohne Dampfung kommt es bei Resonanz zu einem Phasensprung von Ay = 180°. Mit Dampfung verlauft die Phasenverschiebung mit zunehmender Erregerfrequenz stetig. Die wichtigste Eigenschaft aller schwingungsfahigen Systeme ist die Periodizitdt. Bei der Periodizitat werden bestimmte Muster in konstanten Zeitintervallen (Periode T) wiederholt.

Wird das periodisch wiederkehrende Muster als Auslenkung y aufgefaBt, so kann der periodische Vorgang mathematisch formuliert werden: y{t)=y{t+T).

(5-2)

Die Auslenkung y zu einer Zeit t ist gleich groB wie die Auslenkung y zur Zeit t + T\ hierbei ist r d i e Schwingungsdauer (Periode) des Systems. Im allgemeinen ist die mathematische Beschreibung periodischer Auslenkungen, wie z. B. regelmaBig wiederkehrender Spitzen, sehr schwierig (s. Abschn. 5.1.4.3, Fourieranalyse). In der Praxis gibt es jedoch viele Schwingungen, deren Auslenkungs-Zeit-Gesetz durch eine mathematische Cosinus- bzw. Sinus-Funktion beschrieben werden kann. Solche Schwingungen werden harmonische Schwingungen genannt. Die harmonische Schwingung laBt sich durch den Vergleich mit der Parallelprojektion einer gleichformigen Kreisbewegung anschaulich beschreiben. Bild 5-3 zeigt den Zusammenhang zwischen der Kreisbewegung eines Zeigers mit konstanter Umlaufdauer TQ bzw. Winkelgeschwindigkeit COQ = 2 nfo = 2 TI/TQ (G1.

5.1. Schwingungen

(5-1)) und der Auslenkung y(t). (Der Index null bedeutet, daB es sich um GroBen der ungedampften Schwingung handelt.) Startet der Zeiger seine Bewegung im Nullpunkt und wird die Auslenkung y (t) als Projektion des Zeigers auf die Waagrechte verstanden (Bild5-3a), so ergibt sich eine Cosinusfunktion:

j^(0=J>cos(coo^ + ^o)

Wird dagegen die Auslenkung als Projektion des Zeigers auf die Senkrechte verstanden (Bild 5-3 b), so ergibt sich eine Sinusfunktion: y{t)=ysm{coQt).

(5-4)

1st der Zeiger um einen Winkel ^o vom Nullpunkt verschoben (Nullphasenwinkel) und wird er auf die Waagrechte projiziert, dann ergibt sich QinQ phasenverschobene Cosinusfunktion:

(5-5)

Gl. (5-3) bis (5-5) beschreiben das Weg-ZeitGesetz der harmonischen Schwingung. Sie zeigen, daB harmonische Schwingungen beschrieben werden durch — eine fiir das schwingungsfahige System typische Kreisfrequenz COQ = 2 TT/Q = 2 TL/TQ und durch - die zwei Konstanten y und cp^, die von den Anfangsbedingungen abhangen.

(5-3)

j(0=j^cos(cooO-

345

Bild 5-3 d zeigt die Analogic zwischen einer Kreisbewegung von Zeigern und der Darstellung komplexer Zahlen nach der Eulerschen Formel Werden in der waagrechten Achse (x-Achse) die Realteile und in der senkrechten Achse (j-Achse) die Imaginarteile (J) aufgezeichnet, dann kann ein komplexer Zeiger J. Qj{o3t+(po) jj^ seinen Realteil rcos(a)/+^o) ^^^

a)

d)

K(r) = pcos(oj)Qf) b)

W c)

w^t

y{t) = ysm{ojQt)

•n

T

'o

1

|K(f+7-,)

/(f) \ 1

1 1 1

1

\-nl2

/ 1 TT y''

Eulersche Formel:

1 37r/2

2^

o.,t Realteil

y(t) =

Imaginarteil

ycos{ojQt+ifQ)

Bild 5-3. Zusammenhang zwischen der Kreisbewegung und den harmonischen Schwingungen (a) bis c)) sowie rotierende Zeiger in der komplexen Ebene (d)).

346

5. Schwingungen und Wellen

seinen Imaginarteil r s i n ( a ; / + ^o) zerlegt werden. Wegen dieses Zusammenhangs zwischen den trigonometrischen Funktionen im Bereich der komplexen Zahlen mit der Exponentialfunktion wird das Verhalten von Schwingungen haufig mit komplexen Zahlen in der komplexen Ebene beschrieben.

Die wichtigsten KenngroBen harmonischer Schwingungen sind in Tabelle 5-1 zusammengestellt und in Bild 5-4 veranschaulicht. Die genormten Definitionen sind in DIN 1311 zu finden.

Beispiel 5.7-7; Eine harmonische Schwingung hat die Frequenz /o = 0,2 Hz, die Amplitude j> = 2 cm und die Anfangsauslenkung j^ (0) = 1 cm. Das Maximum der Schwingung kommt spater. Es sind TQ, COQ, (po und y (/) zur Zeit / = 11 s zu berechnen. Losung: ^0 = l//o = 5 s; coo = 2 nfo = 0,4 TT s~^ Fiir den NuUphasenwinkel (pQ gilt nach Gl. (5-6) in Tabelle 5-1 cos (po =y(0)/y; (pQ = -60° (da Maximum spater); (pQ = ~l,05. y{t) = 2 cm cos (0,4 n t/s - 1,05), >^(11 s) = 2 cm cos(0,4 TT 11 - 1,05) = 1,96 cm.

Tabelle 5-1. Charakteristische GroBen ungedampfter harmonischer Schwingungen. KenngroBe

Bedeutung Periodizitat

Schwingungsdauer T (Periode)

kleinste Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden, gleichen Schwingungszustanden (z. B. zeitlicher Abstand zwischen zwei Maxima oder Minima)

Frequenz/

Anzahl der Schwingungen je Zeit 1 in Hz / = — = N/tj^

Kreisfrequenz co

2n CO = 2nf= — T

(N: Anzahl der Schwingungen; t^: Zeit fiir A^' Schwingungen)

in s

Auslenkungen bzw. Momentanwerte Momentanwert y (t)

momentane Auslenkung zur Zeit / (errechenbar aus Gl. (5-3) bis (5-5))

Scheitelwert y (Amplitude)

maximaler Wert der Auslenkung (fiir sin (co t + cpo) oder cos (co t -\- (po) = \)

Phasenwinkel NuUphasenwinkel (po (Anfangsphase)

Anfangslage des schwingenden Systems zur Zeit / = 0. Es folgt aus Gl. (5-5) ^0 = arc cos—;—

(5-6)

^0 > 0: voreilend (PQ<0: nacheilend

allgemeiner Phasenwinkel (Momentanphase) (p

(p = CO t -\-

(PQ

Summe der Phasenlage eines Punktes zur Zeit / (cot) und des Nullphasenwinkels (po Phase

Phase

augenblicklicher Zustand einer Schwingung (bestimmt durch zwei SchwingungsgroBen, z. B. Weg und Zeit)

5.1. Schwingungen

347

Gesetz (Abschn. 2.3.4) als riicktreibende Kraft proportional und entgegengesetzt zur Auslenkung y ist {F^ ^ - >'). Es gilt

K(f)=KCOs(co_f)

F^ =

-cy.

(5-7)

Die Proportionalitatskonstante c wird Federkonstante genannt. Damit ist aus dem Newtonschen Gesetz abzuleiten b)

— c y = m a.

y(t) = ycos(<x>Qt+i^Q)

Fiir die Beschleunigung in Auslenkungsrichtung J gilt a = d-^y/dt^, somit ist ~ cy = m —^ Oder ^ dr d^y m —^ + c V = 0 Oder

dr

d^y

,,2^r,yc = o. m

(5-8)

Diese Gleichung ist die Differentialgleichung (DGL) des linearen Feder-Masse-Systems mit folgenden Eigenschaften: Sie ist Bild5-4. Charakteristische KenngroBen harmonischer Schwingungen.

5.1.2. Freie Schwingung 5.1.2.1. Differentialgleichung des ungedampften Feder-Masse-Systems Fiir das eindimensionale Feder-Masse-System in Bild 5-5 gilt die Newtonsche Bewegungsgleichung Fs^ = ma mit der von auBen wirksamen Kraft F^ gleich der Federkraft F^, die nach dem Hookeschen

1^vv\

Die Losung der Differentialgleichung (5-8) entsprechend Gl. (5-5) wird durch folgenden Ansatz erreicht: y{t)=yQos{ojQt

ma

s

F c

{\r-

,,m

,^^^^^^^^^^^^^^^^^'^^ ^>^-iSiii$S
— linear, d.h., die Variable oder ihre Ableitungen treten nicht als Produkte oder Potenzen auf; — eine Gleichung zweiter Ordnung, d.h., die hochste Ableitung ist die zweite Ableitung; — homogen, d.h., die Differentialgleichung wird null, wenn die Werte der Variablen und deren Ableitungen null werden, und sie hat — konstante Koeffizienten, d.h., die Faktoren vor den Variablen und deren Ableitungen sind konstant.

+ (PQ),

Weg-Zeit-Gleichung dy — = v {t) = -y (DQ sin(a;o Z + ^^'O) , (5-9) Geschwindigkeit-Zeit-Gleichung d'^y , —=a(t) = -ycotcos(coot-\-(Po).

p

Bild 5-5. Eindimensionales Feder-Masse-System.

(5-5)

Beschleunigung-Zeit-Gleichung

(5-10)

348

5. Schwingungen und Wellen

Werden die Weg-Zeit-Gleichung (5-5) und -col + - = 0, die Beschleunigung-Zeit-Gleichung (5-10) in m die Differentialgleichung (5-8) eingesetzt, so ergibt sich c (5-11) (DIc - j)a;5cos(a)o^ + ^o) "• 9 cos(coo/ + ^o)=0. m m Der Term y cos (COQ / 4- (po) kiirzt sich heraus, Das Quadrat der Kreisfrequenz w^ hangt somit nur ab von den charakteristischen Konso daB gilt

K=0, b)

3,v,y i

a(t) =-pcjQCOs(cOpf)

Bild 5-6. Bewegungsverhalten des Feder-Masse-Systems.

5.1. Schwingungen

stanten Masse und Federkonstante (RichtgroBe) des Feder-Masse-Systems. Aus (5-11) errechnet sich

349

Energie des Korpers und nach (p^ln wieder in potentielle Energie der Feder verwandelt. Am Beispiel des Feder-Masse-Systems wird deutlich, daB bei Schwingungen Energie zwischen Energiezustanden periodisch hin- und hergeschoben wird. 5.1.2.2. AUgemeine DifTerentialgleichung der freien, ungedampften haimonischen Schwingung Die Differentialgleichung des Feder-MasseSystems (Gl. (5-8)) kann so verallgemeinert werden, daB sie fiir alle freien, ungedampften harmonischen Schwingungen giiltig ist. In dieser allgemeinen Form lautet sie

Bild 5-6 a zeigt den Weg-Zeit-Verlauf des FederMasse-Systems. Bei der Momentanphase (p = 0 ist der Korper bis zur Amplitude y ausgelenkt. Er lauft bei (p = n/2 durch den Nullpunkt, driickt bei (p = n die Feder um die negative Amplitude zusammen, schwingt bei (p = 3 nil wieder durch den Nullpunkt und ist bei (p = 2n wieder maximal ausgelenkt. In Bild 5-6b sind die periodischen Ablaufe der drei Bewegungsgleichungen dargestellt: Sie hat die Losung - d a s Weg-Zeit-Gesetz y{t) (Gl. (5-5)) mit durchgezogener Linie, Variable = Variablemax * cos {o^^ t + cp^ - das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz v (t) (Gl. mit 0)0 = Konstante. (5-18), (5-19) (5-9)), gestrichelt, und — das Beschleunigung-Zeit-Gesetz a{t) (Gl. (5-10)), strichpunktiert. Daraus errechnet sich Fiir die Maximalwerte von Weg y, Geschwin(5-20) 60o = y Konstante, digkeit v und Beschleunigung a gilt Jmax=j>,

(5-14)

fmax=J«0,

(5-15) (5-16)

«max=J«0-

Die Bew^egungsablaufe zeigen, daB in der Ausgangslage ^ = 0 die Auslenkung maximal, die Geschwindigkeit des Korpers gleich null und die Beschleunigung in negativer Richtung maximal ist. Dies bedeutet, die gesamte Energie des Systems ist in der potentiellen Energie der Feder gespeichert. Beim Winkel (p = nil schwingt der Korper durch den Nullpunkt. In diesem Fall ist die Auslenkung gleich null (und damit die Beschleunigung) und die Geschwindigkeit des Korpers maximal. Es ist die gesamte potentielle Energie der Feder in kinetische Energie des Korpers verwandelt worden, die sich nach (p=n wieder in potentielle Energie der Feder, nach ^ = 3 nil wieder beim Nulldurchgang in kinetische

^

271 Wo

^ 1/ 1 r Konstante

(5-21)

Bild 5-7 zeigt, wie die allgemeine Struktur der Differentialgleichung nach Gl. (5-17) hergeleitet werden kann. Um die hier auftretenden Drehwinkel vom Phasenwinkel (p unterscheiden zu konnen, sind sie mit P bezeichnet. Als Voraussetzung zur Giiltigkeit der Differentialgleichung muB sichergestellt sein, daB die Bewegungsursache proportional und entgegengesetzt zur Variablen ist. Da die Bewegungsursache fur die Translation Krafte und fur die Rotation Drehmomente sind, miissen Krafte und Drehmoment diesen Forderungen geniigen. Als allgemeine Proportionalitatskonstanten werden fiir die Translation konstj und fiir die Rotation konstR gesetzt. Aus dem Newtonschen Gesetz fur die Bewegung F= m a bzw. M=J(x ergibt sich durch Umstellen und Ordnen der Glieder nach fallenden Ableitun-

350

5. Schwingungen und Wellen

werden die sonstigen mechanischen Pendel beschrieben.

aiigemeine Voraussetzung Ursache ist proportional - (Variable) 1 Translation Variable: Auslenkung y

Rotation Variable: Drehwinkel /?

1

1

F = -konst-p-/

/l^ = -konstp,-/3

Newtonsches Gesetz I F = ma F =m

M = Ja M = Jdf-^

clf2

dV

-konst^'y=m—T ^ df2

-konst„

. d ^ J=7 df2

Mathematisches Pendel Das mathematische Pendel (Bild 5-8) besteht aus einer punktformigen Masse, die an einem unelastischen Faden mit der Lange / aufgehangt ist. (Die Masse des Fadens ist gegeniiber der punktformigen Masse vernachlassigbar klein.) Wird das mathematische Pendel um den Drehwinkel fi bis zum Punkt B ausgelenkt, so gilt nach dem Energieerhaltungssatz

EU^)

^p'ot(A).

Die kinetische Energie im Punkt A betragt

EM0) = ^m{l^y

Differentialgleichung

und die potentielle Energie am Punkt B df2

' konst^ I ——-^l-K=0

I

/=/COS(cOQf +(/?Q)

E^oi{l^) = dr

I

7

I

i3 = gcos(cOof+^o)

konst^

/ kkonsto on

m

Bild 5-7. Struktur der Differentialgleichung einer freien, ungeddmpften harmonischen Schwingung.

gen die entsprechende Differentialgleichung fur die Translation bzw. fiir die Rotation mit ihren Losungen fur y bzw. p und OJQ . Die Differentialgleichung (5-17) kann auch aus dem Energieerhaltungssatz hergeleitet werden. (Ein Punkt bzw. zwei Punkte uber y bedeuten die erste bzw. zweite Ableitung nach der Zeit.) Es gilt

mgl(l-cos^).

Da nach Gl. (5-22) die Energieanderung gleich null sein mul3, gilt d^ = ml^j^0-\-mg lsinfi0=O dt Daraus ergibt sich die Differentialgleichung

A + ysinA=0.

(5-23)

Diese beschreibt keine harmonische Schwingung. Die nach Gl. (5-17) geforderte Differentialgleichung entsteht dadurch, daB siny^^y^ gesetzt wird (Abbruch der Reihenentwicklung A^ A^ y^^ siny^ = ) ^ - — H-—-- — + - . . . nach dem ersten Glied). Damit ergibt sich

^ges = ^kin {y) + ^pot iy) = konstant

)^' + yA = 0.

Oder

dt

(5-22)

(s. a. Herleitung der Differentialgleichung eines mathematischen Pendels). 5.1.2.3. Differentialgleichungen und Losungen spezieller mechanischer Schwingungssysteme Zur Aufstellung der Differentialgleichung des Feder-Masse-Systems und ihrer Losung sei auf Abschn. 5.1.2.1 verwiesen. Im folgenden

(5-24)

y///////,

/cosjS

Bild 5-8. MathematischesPendel.

5.1. Schwingungen 351 7//////////

Die Losung lautet

TA

p(t)=pcos{coQt-\-(PQ)

(5-25)

mit (Oo=y —

(5-26)

Bild5-9. und To = 2 71 1/ — . r g

(5-27)

Die exakte Losung der Schwingungsdauer TQ nach der Differentialgleichung (5-23) lafit sich als Reihenentwicklung darstellen:

r.=2.]/T( '•^'2) 1 -3-5 2-4-6

1 -3

«^2-4

«^+...

fl^-h

Torsionsschwinger.

um die Aufhangungsachse AA Drehschwingungen, so handelt es sich um ein Torsionsschwinger. Es gilt dabei das Newtonsche Gesetz der Rotation: M^ = 7 a . Das auBere Moment M^ ist ein Riickstellmoment, das proportional und entgegengesetzt zum Drehwinkel P wirkt: M^ = — c* fi. Die Proportionalitatskonstante c* wird als WinkelrichtgroBe bezeichnet. Das Massentragheitsmoment / ist langs der Achse AA wirksam (JA). Mit a = d^fi/dt^ = fi ergibt sich

(5-28)

mit « = sin (y^/2) im groBen Klammer-Ausdruck, der als Korrekturfaktor anzusehen ist. Tabelle 5-2 enthalt Korrekturfaktoren fur zunehmende Winkelausschlage p. So betragt die Abweichung fiir y§= 10 ° beispielsweise l,9%o. Dies bedeutet, daB fiir kleine Ausschlage y§ die Schwingungsdauer recht genau mit Gl. (5-27) berechnet werden kann.

Umgeformt ergibt sich die Differentialgleichung

0^ — fi=O

(5-29)

mit der Losung

Tabelle 5-2. Korrekturfaktor fur groBere Auslenkungswinkel. Winkel

Korrekturfaktor

1° 5° 10° 30° 45°

1,00002 1,00048 1,00191 1,01741 1,03997

Wie Gl. (5-27) zeigt, hangt die Schwingungsdauer To nicht von der Masse des angehangten Korpers ab. Mit diesem Pendel gelang es L. FouCAULT (1819 bis 1868), die Erdbeschleunigung experimentell sehr genau zu bestimmen. Torsionsschwinger Wird ein Korper an einem Torsionsfaden gemaB Bild 5-9 aufgehangt und vollfiihrt er

Der Torsionsschwinger erlaubt, Massentragheitsmomente aus der Messung der Schwingungsdauer experimentell zu ermitteln. Es gilt J^ =

4n^

(5-33)

Falls die Aufhangeachse nicht durch den Schwerpunkt geht, muB der Steinersche Satz (Abschn. 2.9.5) berucksichtigt werden, wie in Bild 5-10 verdeutlicht. Beispiel 5.1-2: Zur Bestimmung des Massentragheitsmomentes werden geometrisch unregelmafiig geformte

352

5. Schwingungen und Wellen

S/

'

Bild5-1L Physikalisches Pendel.

'J^-Js^rnJ^

Bild5-10. Steinerscher Satz zur Berechnung von Trdgheitsmomenten. Korper als Torsionsschwinger aufgehangt. Die Eichung der Aufhangung geschieht mit einem Korper, dessen Tragheitsmoment bekannt ist. Es ist ein Stahlzylinder mit dem Durchmesser ^ = 80 mm und der Lange / = 150 mm, der fiir 10 Schwingungen eine Zeit von 67,8 s braucht. Der zu messende Korper benotigt fiir 10 Schwingungen 107,5 s. Wie groB ist das Massentragheitsmoment dieses Korpers? (Aufhangung immer in der Schwereachse.)

Ma = — Fed, und da der Hebelarm d= ist, laBt sich schreiben

-FQr^mp

= J^p.

U m zur allgemeinen Struktur der Differentialgleichung (5-17) zu gelangen, muB siiiy^ durch den Winkel ^ ersetzt werden (siehe Naherungsformel fiir mathematisches Pendel). Dann gilt - FQTp

Losung:

rsinfi

= J^P

Oder

Fiir den Eichkorper gilt nach Gl. (5-32)

r.'^'f-^.

4 7rVo

fiir den Mefikorper gilt analog . 4 7rV

Die Losung lautet (5-36)

Durch Gleichsetzen ergibt sich fiir das Massentragheitsmoment des MeBkorpers

^1 rng r

(5-37)

2_ 7^0

(5-38) mgr

Das Massentragheitsmoment des Eichkorpers ist /o = —'-^ = 4,7-10-3kgm2. Damit ergibt sich gemafi Gl. (5-34) mit den gemessenen Schwingungsdauem TQ^ 6,78 s und TQ= 10,75 S / ' = 11,83-lO-^kgm^.

Physisches Pendel Ein physisches Pendel ist ein starrer Korper, der entsprechend Bild 5-11 um den Aufhangepunkt A schwingen kann. Es gilt das Newtonsche Bewegungsgesetz fiir die Rotation: Ma = JA'^ = JAP\ hierbei ist das auBere Drehmoment Ma das riicktreibende Moment aufgrund der Gewichtskraft FQ. Somit gilt

Mit Hilfe eines physischen Pendels konnen — wie mit einem Torsionspendel — Massentragheitsmomente gemessen werden. Auch hierbei muB zur Berechnung von J^ der Steinersche Satz (Bild 5-10) berucksichtigt werden. Es gilt nach Gl. (5-38) J^ =

4n

^mgr.

(5-39)

Haufig wird in der Technik die Schwingungsdauer eines physischen Pendels auf die entsprechende Lange eines mathematischen Pendels gleicher Schwingungsdauer zuriickgefiihrt. Diese Pendellange wird reduzierte Pendelldnge l^^^ genannt und ist fiir spezielle Korper in Handbiichern der Technik tabelliert.

5.1. Schwingungen D a die Schwingungsdauer gleich groB sein soil, gilt T-'phys ^0 ~

2 n

beider

353

Pendel

T-'math ^0 5

V mg mgr r

r

g

Daraus ergibt sich Bild5-13. Flussigkeitspendel im U-Rohr.

/

-—^

(5-40)

mr

niveaus von 2y vorhanden. Das Gewicht der iiberstehenden Fliissigkeitsmasse Wpi (gekennzeichneter Bereich) bewirkt eine riicktreibende Kraft. Nach dem Newtonschen Gesetz gilt

Beispiel

5.1-3: Ein Rad gemafi Bild5-12 mit der Masse m = 1 kg und den Abmessungen d^ = 96 mm und d^= 125 mm pendelt an einer Schneide A. Die Periodendauer betragt TQ = 0,65 s. Ermittelt werden sollen das Massentragheitsmoment um den Schwerpunkt und die reduzierte Pendellange. Die Masse der iiberstehenden Fliissigkeitsmenge kann errechnet werden aus f^F\=VF\Q¥\ =

A2yQ.

Daraus ergibt sich -2AQgy

= mg^y

Die Differentialgleichung des Fliissigkeitspendels lautet dann Bild 5-12. Zu Beispiel 5.1-3. (5-41)

Losung:

m ges

Nach dem Steinerschen Satz ist J^ = Jf^ — mr\\ hierbei errechnet sich J^ aus Gl. (5-39) mit r = r^. Allgemein gilt Somit ist J^ = m r\-^g~

'•ij = 2,74 • IQ-^kgm^.

(5-42)

y{t)=ycos{coQt-\-(PQ), lAqg

Fiir die reduzierte Pendellange gilt nach Gl. (5-40) und Gl. (5-39) IrpA — "

An-

(5-43)

c^o = 1 /

-5f = 0,105 m.

*ges

lAqg

(5-44)

Flussigkeitspendel im U-Rohr Wird in ein U-Rohr mit konstantem Querschnitt A eine Fliissigkeit der Dichte Q eingefiillt, so stellt sich im Gleichgewicht eine Uformige Fliissigkeitssaule der Lange / ein. Wird der Gleichgewichtshorizont — die gestrichelte Linie in Bild 5-13 - um y verschoben, dann ist eine Differenz der Fliissigkeits-

Fiir die gesamte Masse gilt m^^ = AlQ, so daB sich die Differentialgleichung (5-41) zu

(5-45) vereinfacht. Die Losung ist

354

5. Schwingungen und Wellen

y{t)=ycos{ojot

(5-42)

+ (po),

In Bild 5-14 sind die Differentialgleichungen und deren Losungen fur die hier beschriebenen mechanischen Pendel zusammengestellt.

(5-46) Beispiel

To =

2n

-irr

= 2n U -— . Wo V 2g

(5-47)

Aus Gl. (5-47) geht hervor, daB die Schwingungsdauer des Fliissigkeitspendels nicht von der Dichte Q der Flussigkeit oder dem Querschnitt des U-Rohres abhangt. Ferner entspricht die Schwingungsdauer des Fliissigkeitspendels der des mathematischen Pendels mit der halben Lange der Fliissigkeitssaule.

Schwlngungssystem

Kraftansatz Differentialgleichung

Bild 5-15. Zu Beispiel 5.1-4.

Feder - Masse -System F = ma —cy = my

Losung:

y +- y =0

mathematisches Pendel

5.1-4: In einem U-Rohr mit einem lichten Durchmesser von d^= \ cm schwingt eine Quecksilbersaule nach einer einmaligen Auslenkung um 3 cm. Die Masse des Quecksilbers betragt 0,5 kg. Berechnet warden sollen TQ, COQ und/o. Wie andem sich diese GroBen, wenn das U-Rohr, wie in Bild 5-15 dargestellt, um 50° zur Waagrechten geneigt ist?

Nach GL (5-44) ist T^ = 0,974 s,/o = \ITQ = 1,027 Hz, (DQ = 2nfQ — 6,45 s~^ Bei einer Schenkelneigung von y = 50° wirkt die riick—lAggsinyy. treibende Kraft F^^^y. = — Wp,gsiny= Diese Kraft beschleunigt die Gesamtmasse m^^^ = Igsiny AQI. Die Differentialgleichung y H y=0 12 a sin y j - ^ = 5,65 s" S /o = 0,90 Hz, fiihrt zu co^ = /

F = ma

-mgfi = m/j3

^+y/3 = 0 Torsionsschwinger

..

c*

5.1.2.4. Gesamtenergie der freien, ungedampften Schwingung physikalisches Pendel

Fiir das Feder-Masse-System soil die Gesamtenergie berechnet werden. Es gilt

-mgr3 = j j mar

^ges(0 = ^pot(0 + ^kin(0 ' Flussigkeitspendel

F = ma -2Apgy = m^^^y

2Api

Die potentielle Energie errechnet sich gemaB

E^,{t) =

^ges K+

/ =0

(5-48)

\cy{tY

mit >'(0=j^cos(cOo^ + (^o)' dann ist

Bild 5-14. Mechanische Schwingungssysteme mit ihren Differentialgleichungen und Eigenkreisfrequenzen COQ.

^pot {t) = ^cf

cos^ {(Do t + cpo).

(5-49)

5.1. Schwingungen

zu jedem Zeitpunkt t gleich dem Wert der gesamten Energie E^^^^t) ist. AuBerdem erkennt man, daB sich die potentielle und kinetische Energie mit der doppelten Systemfrequenz periodisch hin- und herbewegen. Dieser periodische Energieaustausch ist — wie bereits in der Einfiihrung zu diesem Hauptabschnitt erwahnt - die Grundeigenschaft von Schwingungen.

Fiir die kinetische Energie gilt

mit sin (cOo t + cpo),

^{t)=-y^o dann ist

^ki„(0 = i ^ r c o ^ s i n ^ ( c ^ o ^ + ^ o ) . (5-50) Nach Gl. (5-11) ist m atl^ c, so da6 fiir die kinetische Energie auch geschrieben werden kann E^^{t) = ^cfsm\w^t

+ cp^).

5.1.2.5. Elektromagnetische Schwingung Ein elektromagnetischer Schwingkreis besteht aus einem Kondensator der Kapazitat C und einer Spule der Induktivitat L gemaB Bild 5-17 (s.a. Abschn. 4.5.2.2). Fiir den Stromkreis gilt, daB die Summe aller Spannungen gleich null ist:

(5-51)

Werden Gl. (5-49) und (5-50) in die Gleichung fiir den Energieerhaltungssatz (5-48) eingesetzt, dann ergibt sich

WL + " c = 0 .

(5-54)

Bild 5-18 zeigt die Differentialgleichungen und deren Losungen fur die Schwingung der Ladung q, der Stromstarke / und der Spannung am Kondensator UQ. Alle Schwingungen haben dieselbe Kreisfrequenz COQ bzw. Periodendauer TQ:

(5-52)

+ sin^(cOo^ +
355

Mit cos^(a;oO + sin^(a>oO = 1? z3 = a>oJ und c = m COQ gelten die Beziehungen ^ges

= \mv'^ = konstant.

(5-53) a)o=-

Somit ist bestatigt, dafi die gesamte Schwingungsenergie der freien, ungedampften Schwingung zu jeder Zeit konstant ist. Die Gesamtenergie ist proportional zum Quadrat der Schwingungsamplitude j>^ bzw. der Maximalgeschwindigkeit v^. In Bild 5-16 ist der zeitliche Verlauf der potentiellen Energie Epo^(t), der kinetischen Energie £"1^11 ( 0 ^^^ ^^r Gesamtenergie E^Q^ (t) eingezeichnet. Es wird deutlich, daB die Summe von potentieller und kinetischer Energie

yrc' 27IYLC.

\

/

X

/ \

/"\

\

^ \

\

/ \

\

/

/ \

\

/ \ /

(5-62)

Beispiel 5.7-5.' Die Kapazitat des Schwingkreises (Bild 5-17) wird in Schalterstellung 0-2 durch eine angelegte Gleichspannung UQ aufgeladen, und durch Umschalten auf Stellung 1-2 wird die Schwingung er-

\ /,

X /X X/ \

/ \

(5-61)

(s. Thomson-Gl. (4-302)).

/ ^ « " ) = fpo,(') + f.,„W

Ei

lc?=

TO =

1

/ ^kinW = o'^)'Sin2(cOof)

y^po,

Bild 5-16. Energieerhaltung bei Schwingungsvorgdngen.

356

5. Schwingungen und Wellen

Bild 5-19 zeigt die Analogic mechanischer (am Beispiel des Feder-Masse-Systems) und elektromagnetischer Schwingungen (am Beispiel des Schwingkreises Kondensator-Spulc). Wahrend beim mcchanischen System die Auslenkung periodisch schwingt und cin periodischer Austausch zwischen potentieller und kinetischer Energie stattfindet, schwingt ^ im elektromagnetischen System die Ladung >> 0 1 zwischen Kapazitat und Spule hin und her, Bild 5-17. Ungeddmpfter elektromagnetischer Schwing- und es findet ein periodischer Austausch zwikreis. schen elektrischer und magnetischer Energie statt. Der Masse im mechanischen System regt. Es ist (/Q = 2 V, L = 10 mH und C = 1 \i¥. Zu entspricht die Spule im elektromagnetischen berechnen sind Schwingkreis, die sich als trages Element der Stromanderung widersetzt. Die riicktreibende a) Amplitude q und Nullphasenwinkel ^oq <^er LaKraft ist im mechanischen System propordung, b) Amplitude / und Nullphasenwinkel ^oi der tional zur Federkonstanten c und im elektroStromstarke sowie magnetischen Schwingkreis um so groBer, je c) die Eigenfrequenz/o. kleiner die Kapazitat ist. Im Ausgangszustand (Bild 5-19, (^ = 0) ist im mechanischen System die Auslenkung maxiLosung: mal und deshalb die potentielle Energie a) Es gilt q = CuQ mit UQ=UQ. Also ist 4=2-10"^C; maximal und die kinetische Energie null. Im fur den Nullphasenwinkel gilt ^oq = ^ou = 0. elektromagnetischen Schwingkreis ist die Konb) Es ist densatorspannung und somit die elektrische dq_ Energie maximal; dagegen fliefit kein Strom i = —^ = - q COQ sin (COQ t) = q COQ COS (COQ t — y ) ; durch die Spule, so daB die magnetische dt Energie null ist. Nach einem Winkel von n/1 die Amplitude betragt durchlauft die Masse mit maximaler Ge1 schwindigkeit die Nullage. Die potentielle ^ - = 20mA; i = qcDQ = qEnergie ist null und die kinetische Energie der Phasenwinkel ist ^oi = ~ f • maximal. Entsprechend ist im elektromagnetic) Fiir die Frequenz gilt schen Schwingkreis die Spannung am Kondensator und damit die elektrische Energie /o = —^ = = = r = 1,59- lO^sgleich null, wahrend der Spulenstrom und die ^' 27r ln^|LC

d/

d2/

q

dqr

1

+ df2

(5-55 ) q(t)=qcos(ojQt + ^^^)

(5-56 ) i(t) = rcos(coQf + (p^,)

(5-58 )

(5-59

—u=0 /LC^'c

1 (5-57)

U^{t)=U^COS{GJQt-^^j\ (5-60)

/T ^0-

vrs (5-61)

Bild 5-18. Differentialgleichungen und ihre Losungen im ungeddmpften elektromagnetischen Schwingkreis.

5.1. Schwingungen mechanisches Feder -Masse -System

elektromagnetischer Schwingkreis

-h

-^.axETZl ^=0

y = ym, v=0 Ep^ = max;E^„ = 0

/=/

(^ = 7r/2

y=o-

^pc,t=0''^kln="^aX £ , = 0; £ „„= max el

^ = 1 T

magn

- = ^.a.[XD

J^=ym.

+

\/=0

Ep^^=max;E„„=0

E . = max; F^,„„= 0 el

'

magn

/=/

(/? =

3IT/2

y=a-

^pot=0;^kin=max = max

E.= 0;E el

'

magn

-^ma. n P T J (P = 27r

y=ymj v=0 ^pot = max;E^„ = 0 E= max; E^^ = 0 el

'

magn

Bild 5-19. Analogic mechanischer und elektromagnetischer Schwingungen.

357

358

5. Schwingungen und Wellen

magnetische Energie maximal sind. Im mechanischen bzw. elektromagnetischen Schwingungssystem wiederholen sich diese Zustande periodisch. 5.1.2.6. Freie gedampfte Schwingung Wird eine freie Schwingung durch Wirken von Reibungskraften gedampft, so kommt die Schwingung im Laufe der Zeit zur Ruhe. Energetisch betrachtet wird ein Teil der Schwingungsenergie in thermische Energie verwandelt, und zwar so lange, bis keine Schwingungsenergie mehr vorhanden ist. Tabelle 5-3 zeigt ubersichtUch drei unterschiedUche Reibungskrafte bei freien, gedampften Schwingungen: - die geschwindigkeitsunabhangige Gleit- oder Rollreibungskraft (5-63)

^ R = y" ^ N ,

die geschwindigkeitsabhangige Reibungskraft, die proportional zur Geschwindigkeit ist (Newtonsches Reibungsgesetz der viskosen Reibung), Fr,=

(5-64)

bv,

die geschwindigkeitsabhangige Reibungskraft, die proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit ist (z. B. Luftreibung),

FR

= dv^.

(5-65)

Auch die Differentialgleichungen des FederMasse-Systems sind fiir diese drei Falle in Tabelle 5-3 zusammengestellt. Die Losungen werden (bis auf die vom Quadrat der Geschwindigkeit abhangige Reibungskraft) im folgenden naher erlautert. Geschwindigkeitsunabhangige Reibungskraft Je nachdem, ob sich der Korper nach oben (v in Richtung y) oder nach unten (v in Richtung -y) bewegt, wirkt die Reibungskraft in negativer oder positiver j^-Richtung. Deshalb miissen diese Bewegungsablaufe getrennt betrachtet werden. Bild 5-20 zeigt eine Ubersicht. Fur die Aufwartsbewegung gilt die Bewegungsgleichung my + ILiF'^ + cy = 0.

(5-66)

Die Konstante ju F^ kann gleich c yo gesetzt und als konstante Vorspannung aufgefaBt werden. Wird weiter y + yo = s gesetzt, dann ergibt sich fiir s die Differentialgleichung der ungedampften harmonischen Schwingung (Abschn. 5.1.2.2, Gl. (5-17)) (5-67)

m

Tabelle 5-3. Unterschiedliche Reibungskrafte und die entsprechenden Differentialgleichungen bei gedampften Schwingungen. Reibungskraft

geschwindigkeitsunabhangige Reibungskraft

geschwindigkeitsabhangige viskose Reibungskraft F^= -bv

geschwindigkeitsabhangige Luftreibungskraft F^ = dv'

my±fiF^-^cy

my-\-by-\-cy

my ± dy^ -\- cy = 0

=0

=0

Substitution: Differentialgleichung des Feder-MasseSystems

s

c =y±yo

s =y s +—5 = 0 m

b c y + —y-\- — y = 0 m m

d ^

c

m

m

5.1. Schwingungen

359

Abwa rtsbewegu ng

Au fwa rtsbe weg u ng y %

y \

'•"11. -cy-^iF^

=ma

I mK + )uF^ + c / = 0

-cy + ixF^ = ma my-nF^

(5-66)

Substitutionen:

my + c(y+y^)

(5-71)

Substitutionen:

=0

my + ciy-y^)

mitK+KQ=s und

+ cy=0

=0

m i t / - K ^0 n=^

y "=8

und

s+—s=0

y=s

j"+—s = 0 (5-67)

(5-67)

Losung:

Losung:

y= W-^YQ) coslcoof + ^Q)-yQ

(5-70)

K=(P-Ko)cos(cOof + v?o) + KQ

(5-72)

yk 'yoL

^r

Bild5-20. Bewegungsabldufe beim Wirken einer geschwindigkeitsunabhdngigen Reibungskraft.

mit der Losung S

COQ-

= SQ COS (COQ t -\r (Po) ,

(5-68) (5-69)

Durch Ersetzen von s durch y + yo gilt fur den zeitlichen Verlauf der Auslenkung y

y={y-^ yo) cos (coo ^ + 9^0) - yo • (5-70)

Beginnt die Bewegung beim negativen Maximalwert A ((PQ = 0 am Punkt A) nach oben, so findet eine vollig ungeddmpfte Cosinus-Schwingung statt, allerdings um die um —y^ verschobene t-Achse. Nach der halben Periodendauer TQ/2 ist die Schwingung am hochsten Punkt B angelangt. Dort beginnt die Abwartsbewegung, bei der die Reibungskraft das Vorzeichen umkehrt (Bild 5-20), so daB eine ungeddmpfte Schwingung um die um + yo verschobene t-Achse stattfindet. Da die Kurve stetig verlaufen muB (unteres Teilbild in Bild

360

5. Schwingungen und Wellen

5-20), ist nach jeder halben Periodendauer die Amplitude um 2yQ kleiner, d.h. nach einer ganzen Periodendauer T um 4jo =

(5-75)

^•

Die Amplituden werden aus diesem Grund Der doppelte Wert wird Verlustfaktor d geimmer um denselben Betrag kleiner, so daB nannt. Sein Kehrwert ist die Giite Q: ihre Zahlenwerte einer arithmetischen Reihe entsprechen. Dieser Reibungsvorgang hat zur b b d =2D = (5-76) Folge, daB das System nicht genau bei >^ = 0 m COQ yw c' zur Ruhe kommt, sondern auBerhalb (in diem cof) ]/w c sem Fall bei — Jo)- Dies kann bei MeBsyste(5-77) ^ 2D b b ' men zu Nullpunktsabweichungen fuhren, die bei der Auswertung von MeBdaten beriicksichtigt werden miissen. Mit dem charakteristischen Parameter D lautet die Differentialgleichung eines freien, Geschwindigkeitsproportionale(yiskose) gedampften Systems Reibung Die Reibungskraft ist in diesem Fall proportional zur Geschwindigkeit (Newtonsches Reibungsgesetz): F^=-bv.

(5-64)

Die Proportionalitatskonstante b heiBt Dampfungskoeffizient. Die zugehorige Differentialgleichung (Tabelle 5-3) lautet

y -\- 2 D cjQy -\- (oly = ^.

Bild 5-21 zeigt die drei moglichen Losungsfalle dieser Differentialgleichung. a) Schwingfall fm (JOQ> d{D < 1) Die Losung lautet y (0 = h e"^' cos (cOd t-V(pQ).

y + —y + —>^ = 0. m m

(5-73)

(5-11)

Der Faktor b/{2 m) wird als Abklingkoeffizient ^(ins~^) definiert:

2m

(5-74)

Wie Gl. (5-79) verdeutlicht, beschreibt er die exponentielle Amplitudenabnahme der freien, gedampften harmonischen Schwingung nach Gl. (5-73). Das Verhaltnis von Abklingkoeffizient d und Kreisfrequenz COQ ergibt den dimensionslosen Ddmpfungsgrad D der gedampften Schwingung:

(5-79)

Die Frequenz der gedampften Schwingung co^ betragt

Der Faktor j/c/m ist die Kreisfrequenz der ungedampften Schwingung:

<^o = 1f / — m •

(5-78)

=

l/c

b'

f m

4m^ (5-80) bis (5-82)

(OQ]/\-D\

Dies bedeutet, daB die Kreisfrequenz des gedampften Schwingers coj kleiner als die Kreisfrequenz des ungedampften Schwingers COQ ist. (Entsprechend groBer ist die Periodendauer der gedampften Schwingung r^ im Vergleich zur ungedampften Schwingung TQ.) Wie aus Gl. (5-79) weiter hervorgeht, nehmen die Amplituden entsprechend der Exponentialfunktion e"*^' ab. Dies heiBt, daB die Amplitudenverhaltnisse konstant sind. Fiir den zeitlichen Verlauf der mittleren Schwingungsenergie E^^^^ gilt deshalb ^sch(0=^sch(0)e

-2dt

(5-83)

5.1. Schwingungen Schwingfall

Kriechfall

aperiodischer Grenzfall

D <1

D >1

D= 1

y{t) = y^e ^^cos(oj,f + ^,) , ^^_^^^

/(f) = (K, + C2r)e-^^

361

(5-90)

y{t) = {y^ + C^t)e "°

^o/l^^'

(5-80) bis (5-82) CO

Bild5-21.

= 0

Losungen der drei Fdlle bei geddmpften Systemen.

Der Abklingkoeffizient d kann sowohl analytisch als auch graphisch ermittelt werden. Nach Gl. (5-79) gilt fiir die Amplituden zweier aufeinanderfolgender Schwingungen

Daraus errechnet sich der Abklingkoeffizient

j),>i=j),e"'^^d Oder

= t'^^ = k.

(5-84)

d. h., das Amplitudenverhaltnis zweier aufeinanderfolgender Schwingungen ist konstant. Es wird Dampfungsverhaltnis k genannt. Fur die «-te Amplitude gilt entsprechend yt

k\

Bei der graphischen Bestimmung von d geht man ebenfalls von Gl. (5-79) aus:

J>(0=Ae-^'. Diese Gleichung wird durch Logarithmieren auf eine Geradengleichung zuriickgefiihrt:

(5-85)

Zur Bestimmung des Abklingkoeffizienten d wird Gl. (5-84) logarithmiert. Der Logarithmus zweier aufeinanderfolgenden Amplituden wird logarithmisches Dekrement A genannt:

y = mx + h.

(5-88)

Daraus ist ersichtlich, daB der Abklingkoeffizient d der Steigung m der Geraden entspricht. In einer Graphik wird zweckmafiigerweise auf halblogarithmischem Papier der Logarithmus der Amplituden j , aufeinanderfolgender Schwingungen als Funktion der Zeit aufgetragen und aus der Steigung der Abklingkoeffizient d bestimmt.

362

5. Schwingungen und Wellen K(f)=pQe ^^cos{u>^t +^Q) mit (^^ =arc tan ( - — £ = ' \ und p „ = - - - ^

Schwingfall

^\ 6

aperiodischer Grenzfall

^0=5

y(t) =

">• 8

\ 10

\ 12

1 14

• 16

» 1 18 20

1 22

1 24

1 26

» 28

1 30

y^(^+^t)e-^'

aperiodischer Grenzfall mit D = 1

_i

2

Kriechfall

1^

t

I

1

1

1

1

4

6

8

10

12

14

16

/(f)

I

1

18 20

1

I

1

1

22

24

26

28

1

30

=v-[^»^H-^)-i

Fur y(0) yiO) -0 y'

1.2

2X

'^2 Voy

2X ;

Kriechfall mit D = 3

1 .8 .6 .4 .2 0 -.2 -.4

2

4

6

8

10

12

14

16

18 20

22

24

26

28

30

Bild5-22. Schwingfall, aperiodischer Grenzfall und Kriechfall eines geddmpften Systems mit den Anfangsbedingungen y(0) = 1 undy (0) = 0.

5.1. Schwingungen Beispiel 5.1-6: Die Amplitude eines gedampften FederMasse-Systems betragt zu Beginn der Schwingung j>o = 10 cm. Sie ist nach 20 Schwingungen noch halb so groB. Wie groB ist bei einer Schwingungsdauer r^i = 2 s das Dampfungsverhaltnis k, das logarithmische Dekrement A, der Abklingkoeffizient S und die Frequenz des ungedampften Systems? Wie lautet die Bewegungsgleichung y{t) des gedampften Systems? Losung: Nach Gl. (5-85) gilt ^ = k^^ oder k=^]/2= 1,0352. Das heiBt, jede nachfolgende Amplitude ist um 3,4% kleiner als die vorausgegangene. Fur das logarithmische Dekrement gilt nach Gl. (5-86) ^ = In (A:) = 0,03466.

363

tritt gerade eben keine Schwingung mehr auf. Er spielt fur viele MeBgerate eine wichtige RoUe, wenn Schwingungen vermieden und trotzdem die MeBwerte moglichst schnell eingestellt werden miissen. Bild 5-22 zeigt den EinfluB des Dampfungsgrades D auf den Schwingungsverlauf. 5.1.2.7. Gedampfte elektromagnetische Schwingung Bin gedampfter elektromagnetischer Schwingkreis besteht entsprechend Bild 5-23 aus einer Spule L, einem Kondensator C und einem ohmschen Widerstand R (s. auch Abschn. 4.5.2.2).

Nach Gl. (5-87) errechnet sich der Abklingkoeffizient 3 zu ^ = —=1,733-10-2 s - ^ T Nach Gl. (5-81) (Bild 5-21) errechnet sich COQ ZU

Bild 5-23. Gedampfter elektromagnetischer Schwingkreis.

coo = f w f T ^ = 3,14160 s- ^ Aus der Forderung, daB die Summe aller Die Kreisfrequenz des ungedampften Systems COQ Spannungen in einer Masche eines Stromist im Vergleich zur Kreisfrequenz des gedampften kreises gleich null sein muB (WL + WC + WR = 0), Systems w^ nur geringfiigig groBer (1/10 Promille). kann die Differentialgleichung fiir den geDies ist in der Praxis haufig der Fall. dampften elektromagnetischen Schwingkreis Da y (0) = j>o ist, ist der NuUphasenwinkel (po ^ 0. hergeleitet werden. Im folgenden wird die Aus den zuvor errechneten Werten ergibt sich Differentialgleichung aber iiber den Energiegemafi Gl. (5-79) folgende Bewegungsgleichung: satz aufgestellt. D a bei einer freien, gedampften harmonischen Schwingung die Energieverlustrate pro Zeiteinheit konstant ist, gilt

>^(0 = 10cm-e-i''^3-*^''^"''cos(7is-^0. b) Kriechfall fiir COQ < ^ ( ^ > 1) Die Losung ist in Bild 5-21 durch Gl. (5-89) angegeben. In diesem Fall tritt keine Schwingung mehr auf, die Amplitude nimmt ganz langsam ab. Durch die Angabe der Anfangsbedingungen y(0) und ^^(0) werden die beiden Integrationskonstanten yi und y2 bestimmt. c) Aperiodischer Grenzfall fiir COQ = S(D • 1)

dE, ges__ = dt

'2

(5-91)

i^R.

Die Verlustleistung i^ R kann auch noch luste, wie z. B. Wirbelstromverluste oder magnetisierungsverluste, enthalten. Mit Energieinhalt fiir Spule und Kapazitat s t e h t a u s G l . (5-91)

Die Losung lautet fiir diesen Fall d?\2 y(t) = {y, + C2t)Q-

2 C

(5-90) —dt

-Li Die beiden Integrationskonstanten y^ und ^2 werden wieder durch die Anfangsbedingungen ermittelt. Beim aperiodischen Grenzfall

d'i ^dt'

C

i = i^R di C'dt^-

-

und:/,

VerUmdem ent-

364

5. Schwingungen und Wellen

Daraus ergibt sich

dh

R di

1

= 0.

+ L dt + LC d/2

(5-92)

Diese Differentialgleichung hat dieselbe Struktur wie die eines freien, gedampften mechanischen Systems (Gl. (5-73)). In Tabelle 5-4 sind die mechanischen und elektrischen GroBen von gedampften schwingungsfahigen Systemen sowie die Gleichungen fiir die Kreisfrequenz COQ, den Abklingkoeffizienten ^,*den Dampfungsgrad D und die Giite Q gegeniibergestellt. Tabelle 5.4. Charakteristische KenngroBen mechanischer und elektromagnetischer Schwingkreise mit Dampfung. mechanisch

elektromagnetisch

Masse w Dampfungskonstante b Federkonstante c

Induktivitat der Spule L Widerstand R Kehrwert der j Kapazitat —

f

' = TL (5-93)

-1^

Dampfungsgrad D

D^ — = -l/ 2

— D= f

mc

-^-(5-94) COQ

2

f

^~YD~

Ymc b

^

2D

U 5.1-3: Ein Schwingkreis mit einer Spule (L = 10 mH) hat einen Drehkondensator mit veranderlicher Kapazitat C. Bei einer Anderung des Drehwinkels um y = 180 ° wird ein Frequenzbereich von 1 kHz bis 3 kHz iiberstrichen. Berechnet werden soil die Abhangigkeit der Eigenkreisfrequenz COQ von dem Drehwinkel y des Drehkondensators bei linearer Abhangigkeit der Kapazitat C vom Drehwinkel y.

L

Gute Q

1

a) Es soil nachgewiesen werden, da6 bei Vemachlassigung der Fliissigkeitsreibung eine harmonische Schwingung in vertikaler Richtung vorliegt;

"°=Vi^

m

Abklingkoefnzient S

COQ

U 5.1-2: Ein Reagenzglas mit dem Durchmesser t/ = 1,2 cm, in dem sich Blei befindet, schwimmt aufrecht im Wasser. Die Gesamtmasse (Reagenzglas + Blei) betragt m = 30 g. Wird das Glas kurzzeitig ins Wasser gedruckt, dann fiihrt es Schwingungen aus.

femer sollen berechnet werden b) die „Federkonstante" c, die Schwingungsdauer TQ und die Eigenkreisfrequenz COQ des Systems, c) die Abhangigkeit der Eigenkreisfrequenz COQ vom Durchmesser d des Reagenzglases sowie d) die potentielle und kinetische Energie zur Zeit / = 1,2 s bei einer Amplitude von y= I cm und Nullphasen-Winkel ^o = 0-

Kreisfrequenz COQ coo=\/ —

Berechnet werden sollen a) die Eigenkreisfrequenz COQ, die Schwingungsdauer TQ, der Nullphasenwinkel (po und die Amplitude y, b) die momentane Auslenkung y (t), die momentane Geschwindigkeit v(i) und die momentane Beschleunigung a (/) fiir die Zeit / = 1,2 s, c) die maximale Geschwindigkeit i^^ax und die maximale Beschleunigung ^^ax sowie d) die potentielle und die kinetische Energie eines schwingenden Korpers der Masse m = 0,1 kg bei der Auslenkung >'(/) = 0,10 m.

R Y C ^

^

Zur tJbung U 5.1-1: Bin Korper fiihrt eine ungedampfte, harmonische Schwingung mit folgender Weg-ZeitGleichung aus: y (t) = 0,25 m • cos (4 TT s" ^ r + f ) .

U 5.1-4: Bei einer gedampften Schwingung betragt die Amplitude der ersten Schwingung 20 cm. Nach 15 Schwingungen nimmt sie um die Halfte ab. Berechnet werden sollen a) das Dampfungsverhaltnis k bzw. das logarithmische Dekrement A, b) der Abklingkoeffizient 3 bzw. die Kreisfrequenz der gedampften Schwingung co^ bei einer Schwingungsdauer von Td = 3,5 s sowie c) die Schwingungsgleichung y(t) des gedampften Systems (Nullphasenwinkel (Po = 0).

5.1. Schwingungen

5.1.3. Erzwungene Schwingung 5.1.3.1. Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung Wird einem mechanischen (oder elektrischen) schwingungsfahigen System (Resonator) von einem auBeren Erreger eine periodische Kraft (oder Spannung) aufgezwungen, dann ergibt sich eine erzwungene Schwingung. Nach einer ausreichend langen Zeit (Einschwingdauer) wird das schwingungsfahige System mit der vom Erreger erzwungenen Kreisfrequenz cog schwingen. Fur die folgenden Uberlegungen wird das in Bild 5-24 dargestellte mechanische System betrachtet. Hierbei gilt das Newtonsche Bewegungsgesetz: • Fed

+

FR

(5-96)

+ Fp = w (2.

5.1.3.2. Losung der Differentialgleichung der erzwungenen gedampften Schwingung Die Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung (5-98) ist im Gegensatz zu der Differentialgleichung fiir die freie Schwingung inhomogen. Die allgemeine Losung einer linearen, inhomogenen Differentialgleichung ist (5-99)

ymh. — Jhom + >'part ?

d.h. die Summe aus der allgemeinen Losung der homogenen Differentialgleichung jhom und irgendeiner, die inhomogene Differentialgleichung befriedigenden partikularen Losung Jpartj wie aus Bild 5-25 hervorgeht. Die Losung der homogenen Differentialgleichung ist bereits bestimmt: Es ist die Bewegungsgleichung des Schwingfalles (Gl. (5-79)) der freien, gedampften Schwingung (oberer Kurvenverlauf in Bild 5-25). Infolge der Dampfung V^hom^Ko^

'

(vij = 2cm;

^'C0S(C0/)

3

1|

Ruhelage ^

Bild 5-24. Erzwungene Schwingung des Feder-Masse-Systems.

-3

Fiir die periodisch erregende Kraft F^ gelte (5-97)

[1 0

Hierbei ist F^ der Maximalwert der erregendy den Kraft. Mit F^^^ = —cy und FR = — Z> dt gilt dy d^y • cy~b-—— + Fpcos(WFt) = m- ^.

=— m

COS(COEO-

(5-98)

1

20 1 Zeit t

25

I

1 1

'

'

30 j

1 (/= 1 cm; 11 cOg=0,87rs-'')

\AAAAAA/ VVVV'VVV VivVVV 5

10

15

20

25

30

1

Zeit t

3

'^inh

'horn

11

'^part

2

1

1

^ A A /A A/ i \ / \ /i

1 0 111llM'll A11' 1V // 1 5 -1 I'y <

\ /l\ / \ /i\ i \ / i \ / \ \/'\/ \ 1 \1

V5

10

15

v i v \j \j \J 20

25

30

Zeit t

-2 -3

—~;:+2D(Oo^--^my dt^ dt

r w=^c°^<^E^)

-3

?

1

1 1

2

! 3 -1

Durch geeignete Umstellung und unter Beriicksichtigung des Dampfungsgrades D ergibt sich die Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung:

.

-2

3

FE=FECOS(COEO-

mAAAA.'v-f--

0

ll "^j F r - ' i o 15 <

!

! «= -s-'; 1 10 • 1 'o„=2,rs-n

2

y////////Y7.

365

_

f..

,

.

stationarer Zustand

Bild 5-25. Einschwingvorgang und stationarer Zustand bei einer erzwungenen Schwingung.

366

5. Schwingungen und Wellen

nimmt der Beitrag der homogenen Losung mit der Zeit ab. Fur Zeiten t> \/6 bestimmt allein der Beitrag der partikularen Losung (in diesem Fall die Schwingung mit der erregenden Kreisfrequenz co^ das Schwingungsverhalten. Da das System nach einer Einschwingzeit der Erregerschwingung (Gl. (5-97)) folgt, ist als Ansatz fur die partikulare Losung — lO pJCwEf-y) Jpart(0=j^e

Eingesetzt in die Differentialgleichung (5-98) ergibtmitFE = /'EeJ^^' Fx:

m Durch Division mit eJ^^^'~^^ resultiert -y(ol'\-]

(5-100)

2D cooy COE + coly = ej^ m Der komplexe Ausdruck auf der linken Gleichungsseite wird nach Real- und Imaginarteil getrennt:

zu wahlen. Der Winkel y beschreibt die Phasenverschiebung zwischen der Erregerund der Resonatorschwingung. Bild 5-26 zeigt diesen Zusammenhang in der komplexen Ebey{col -coi)-\-j2Dcoo COE j> = eJ^ ne. Hierbei ist die erregende Kraft F^ ein , , . , m komplexer Zeiger F^ Q^'^^^ der mit der erreImaginarteil Realteil (5-103) genden Kreisfrequenz CD^ rotiert. Die Auslenkung des Schwingers y c^^^^^-y^ rotiert als Zeiger mit derselben Frequenz, jedoch um Nach der Eulerschen Formel fiir den rechten die Phasenverschiebung y verzogert. Wie groB Teil der Gleichung gilt diese Phasenverschiebung ist, hangt von der F F Erregerfrequenz (D^, der Eigenfrequenz COQ -^Qiy = -^ (cos 7 -h j sin y). (5-104) m m und der Dampfung ab.

Somit kann der komplexe Zeiger pE/m in Bild 5-27 in seinen Realteil

Imaginar i

^(Real)=j)(co§-coi) m

(5-105)

und in seinen Imaginarteil • (Imaginar) = 2D (OQCo^y (5-106) m zerlegt werden. Der^ Winkel zwischen dem komplexen Zeiger pE/m und der Realteilachse ist die Phasenverschiebung y. Bild 5-26. Erreger- und Resonatorschwingung in der komplexen Ebene.

Imaginarteil ] i

Als Ableitungen von Gl. (5-100) errechnen sich

at -Z=_j)^2gj(a,E/-y),

dt

(5-101) Realteil

(5-102)

Bild 5-27. Real- und Imaginarteil des komplexen Zeigers einer erzwungenen Schwingung.

5.1. Schwingungen

Aus der Lage des komplexen Zeigers laBt sich der Amplitudenverlauf in Abhangigkeit von der Erregerfrequenz cog (Amplitudenresonanzfunktion) und der Verlauf der Phasenverschiebung y zwischen Resonator und Erreger ebenfalls als Funktion der Erregerfrequenz (Phasenresonanzfunktion) bestimmen.

Y4-^=O,2 \\,0,3 VA\/0,4

Die Amplituden- und die Phasenresonanzfunktion sind in Abhangigkeit des Kreisfrequenzverhaltnisses rj = CD^/COQ in Bild 5-28 bzw. 5-30 dargestellt. Es sind drei wichtige Falle in den Frequenzverhaltnissen zu unterscheiden: — die quasistatische Anregung rj ^1, — die Resonanz rj ^ 1 und — die hochfrequente Anregung ;; ^ 1. Fiir jeden dieser Falle kann es je nach Dampfungsgrad D (keine Dampfung, geringe oder iiberkritische Dampfung) Unterschiede im Amplituden- und Phasenverhalten geben. Sie werden im folgenden ausfiihrlicher erlautert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5-5 zusammengefaBt.

367

8^ ^I^ f^

"^ ^ = d

1 2 Kreisfrequenzverhaltnis 77

Bild 5-28. Amplitudenresonanzfunktion.

5.1.3.3. Amplitudenresonanzfunktion Fiir den Betrag des Zeigers in Bild 5-27 gilt nach Pythagoras —) ^yHco^o-coiy^ilDcooco^yy. m Daraus ergibt sich fiir den Amplitudenverlauf

Tabelle 5-5. Amplituden- und Phasenverlauf einer erzwungenen Schwingung fiir verschiedene Dampfungsgrade und unterschiedliche Kreisfrequenzverhaltnisse. ^ \ ^ Dampfung D ohne Dampfung Z) = 0

geringe Dampfung /)^0,1

iiberkritische Dampfung

Kreisfrequenz^\^ verhaltnis;/ ^ quasistatische Anregung r\<\ (WE < coo)

Amplitude y = c mit // > 0 abnehmend

bis /7 « 1 zunehmend Phasenverschiebung y = 0

Resonanz rj« 1

Amplitude

Amplitude

Amplitude

j ) - ^ 00

y -^ Maximum

y<

Phasenverschiebung 7 = f hochfrequente Anregung rj > 1

Amplitude j) -> 0 Phasenverschiebung y=n

Phasenverschiebung y ^ n (abhangig von D)

— c

368

5. Schwingungen und Wellen

m]/{cDl-a)lY-^{2D(DQ (o^Y (5-107)

- Vermeidung periodischer Kraftwirkungen, - Einbau von Dampfungsgliedem oder - groBe Differenzen zwischen der Eigenkreisfrequenz COQ und der erregenden Kreisfrequenz a;E(^^ !)•

3.) Resonanzfall (rj^ I) mit Dampfung D Ist eine Dampfung vorhanden, so wird der Nenner in der Formel fiir die Amplitudenresonanzfunktion (Gl. (5-109)) nicht mehr null. Es kann das Kreisfrequenzverhaltnis ^Res bzw. die Resonanzfrequenz CORCS ermittelt werden, fiir die die Amplitude maximal wird. Dies ist der Fall, wenn der Radikand R der Wurzel im Ohne Dampfung gilt: Wenn co^ = COQ ist, wird Nenner von Gl. (5-109) ein Minimum wird: ;/ = 1, und es tritt der fiir die erzwungene Minimum. R=(\-rj'r^{2Dri) Schwingung charakteristische Resonanzfall ein. Fiir ri <\ ist der Resonanzfall noch nicht er- Wird die erste Ableitung nach rj gleich null reicht {co^ < COQ), und fur // > 1 ist der Reso- gesetzt, so ergibt sich nanzfall bereits iiberschritten {(o^ > WQ). (5-110) VRes=yi-2Z>2 Unter Beriicksichtigung des Parameters rj und m = c/(jol gilt fiir die Amplitudenresonanzfunktion allgemein Oder die Resonanzkreisfrequenz ZweckmaBigerweise wird das Verhaltnis der Kreisfrequenz der erzwungenen Schwingung COE und der ungedampften freien Schwingung (DQ eingefiihrt:

y-

^' cy(l-;/2)2-h(2Z)/;)2

(5-109)

Bild 5-28 zeigt den Verlauf der Amplitudenresonanzfunktion in Abhangigkeit von rj fiir einige Dampfungsgrade D. In der Amplitudenresonanzfunktion treten folgende Spezialfalleauf(Tabelle5-5). 1.) Sehr langsame, quasistatische Auslenkung Es wird j) = - ^ = j(stat). c Dies ist die statische Auslenkung aufgrund der Federkraft. 2.) Resonanzfall (// = 1) ohne Dampfung (Z) = 0) In diesem Fall wird der Nenner null, d. h. die Amplitude wird unendlich groB (Bild 5-28): y (Res) -^ 00. Der Erreger pumpt bei jeder Schwingung phasengerecht Energie in den Resonator, so daB dessen Amplitude standig zunimmt. Es kommt zur Resonanzkatastrophe. Sie kann durch bestimmte MaBnahmen verhindert werden:

«Res = « o V l - 2 £ ) 2 .

(5-111)

Dies bedeutet, daB bei einer Dampfung das Maximum der Amplitudenresonanzfunktion bei einer Resonanzfrequenz liegt, die stets kleiner als die Eigenkreisfrequenz COQ (bzw. a>d) ist. Werden die Beziehungen fiir //Res (Gl. (5-110)) bzw. coRes (Gl. (5-111)) in die Amplitudenresonanzfunktion (Gl. (5-109)) eingesetzt, so ergibt sich fiir die GroBe der Amplitude im Resonanzfall y (Res) =

cinyi

-D^

(5-112)

Aus den Gleichungen fiir die Resonanzfrequenz (Gl. (5-110) bzw. (5-111)) und der Resonanzamplitude (Gl. (5-112)) geht hervor, daB mit steigendem Dampfungsgrad D die Resonanzfrequenzen immer kleiner werden und die Amplituden ebenfalls abnehmen (Bild 5-28). Die Amplitudeniiberhohung findet nur bis zu einer Grenzddmpfung DQ^ statt, fur die die Wurzel in Gl. (5-110) noch reell ist. Diese Grenze liegt bei

5.1. Schwingungen

369

Wird Gl. (5-115) mit Gl. (5-116) multipliziert, so ist das Ergebnis 1. Dies bedeutet, daB fiir geringe Dampfungsgrade (Z) ^ 0,1) gilt Bei Uberschreiten dieses Grenzdampfungsgrades DQJ. fallen die Amplituden mit zunehmenden Kreisfrequenzverhaltnissen rj standig ab (uberkritische Ddmpfung). Das Verhaltnis von Resonanzamplitude y(Res) und der statischen Auslenkung j)(stat) wird Resonanzuberhohung genannt:

Fiir einen geringen Dampfungsgrad D gilt J (Res) ^ 1 Dies beschreibt nach Gl. y(stat) ^ ID (5-77) die Gute eines Schwingkreises, so dafi naherungsweise gilt j)(Res) ^. 1 _ ^ j)(stat) ^ 2D

(5-115)

Die Giite eines Schwingkreises nimmt also mit steigender Resonanzuberhohung zu. Die Halbwertsbreite der Resonanzkurve bei schwacher Dampfung ist die Breite A;/ an der j)(Res) verdeutlicht in Bild 5-29. Stelle

y2

Hohe ^ 7 ^ ^ X Breite A f/ = 1. (5-117) j)(stat)

Ein wichtiges Anwendungsgebiet sind die mechanischen Frequenzfilter in der Nachrichtentechnik. Hat ein solches Filter bei einer Resonanzfrequenz von /RCS = 50 kHz eine Giite von 2 = 1 5 000, so betragt die Bandbreite Aes^SOOOO Hz = 34 Hz. A/= Q 15 000 4.) Hochfrequente Anregung (;/ > 1) Fur hohe Erregerfrequenzen geht unabhangig vom Dampfungsgrad D die Amplitude der erzwungenen Schwingung gegen null. In der Praxis wird dieser Grenzfall verwendet, um die Ubertragung von Eigenschwingungen zu vermeiden, so z. B. in der Akustik die Schalldammung zu erhohen; die Eigenkreisfrequenz COQ des erregten Bauteils muB durch eine entsprechende Wahl des Verhaltnisses Federkonstante zu Masse weit unterhalb der Erregerkreisfrequenz OJ^ liegen. 5.1.3.4. Phasenresonanzfunktion Fiir den Winkel des Zeigers in Bild 5-27 gilt tany =

Sie betragt

'

2D CO^CDQ

(col - OJE) 2Dri (1 - rj') '

(5-118) (5-119)

Bild 5-30 zeigt die Phasenresonanzfunktion als Funktion von ?/ fiir einige Dampfungsgrade D. Auch hierbei unterscheidet man Spezialfalle: 1.) Quasistatische Anregung (rj <^1) Die erregende Kraft andert sich so langsam, dafi der Schwinger folgen kann. Deshalb gibt es keine Phasenverschiebung zwischen Erreger und Resonator.

I—AT? J

'n

Bild 5-29. Resonanzuberhohung und Giite eines Schwingkreises.

2.) Resonanzfall (^ = 1) ohne Dampfung (D = 0) Fiir diesen Fall ergibt Gl. (5-119) eine unbestimmten Ausdruck. Wie Bild 5-30 zeigt, ist

370

5. Schwingungen und Wellen 5.1.4. Uberlagerung von Schwingungen

D

I3i

0, 0,4-

U 77 =

^//(i 5-30. Phasenresonanzfunktion. im Resonanzfall ein Sprung im Phasenwinkel von 0 auf n vorhanden. 3.) Resonanzfall {rj^ \) mit Dampfung D Es ist tan 7 = 00, d.h. 7 = f. Fiir jeden D a m p fungsgrad ist im Resonanzfall die Phasenverschiebung 7 = f. Deshalb wird auch fiir D = 0 der Schwingung dieser Phasenwinkel zugeordnet.

Solange die Auslenkungen den elastischen Bereich nicht iibersteigen, konnen fiir die Uberlagerung von Schwingungen die unterschiedlichen momentanen Auslenkungen der Einzelschwingungen zeitpunktgerecht zur momentanen Gesamtauslenkung addiert werden (Superpositionsprinzip). Hierbei gelten die Additionstheoreme der Trigonometric. Bei der Uberlagerung von Schwingungen kommt es darauf an, ob die Schwingungsrichtungen parallel sind oder senkrecht aufeinanderstehen. Jede Schwingung kann sich von der zu iiberlagernden in ihrer Phase, Amplitude oder Frequenz unterscheiden. Tabelle 5-6 zeigt die wichtigsten Phanomene, die sich ergeben, wenn Bewegungsrichtungen und Frequenzen gleichbleiben oder sich andern. Tabelle 5-6. Resultierende Schwingungsiiberlagerung. Frequenz- Bewegungsart richtungen parallel

Schwingung

bei

Bewegungsrichtungen senkrecht

4.) Hochfrequente Anregung {rj> \) Der Erreger und der Resonator schwingen annahernd gegenphasig (fiir rj -^ 00 ist y = n), und zwar um so genauer, je geringer die Dampfung D ist (Bild 5-30). Zur Ubung U 5.1-5: Eine Maschine der Masse m = l,5t steht auf sechs gleichen Fedem der Federkonstante c = 3 ' IC^N/m. Dampfungselemente bewirken eine Dampfung mit dem Dampfungsgrad D = 0,\5. Wenn die Maschine mit der Drehzahl rii = 500 min~^ lauft, treten infolge einer Erregerkraft Schwingungen mit der Amplitude jpj = 1 mm auf Wie groB muB die Drehzahl «2 gewahlt werden, damit die Amplitude auf JP2 = 0,1 mm abnimmt? U 5.1-6: In einen elektrischen Schwingkreis mit der Induktivitat L = 20mH und der Kapazitat C = 2\i¥ wird ein Widerstand R eingebaut Berechnet werden soUen a) die Eigenfrequenz/o bzw. die Eigenkreisfrequenz COQ des ungedampften Systems, b) der Wert des Widerstandes R, wenn sich die Eigenfrequenz um 3%o andern soil, c) die Resonanzuberhohung und die Breite der Resonanzkurve des Schwingkreises.

verschiedene Ellipsen je nach Amplitude und Phasenlage

gleiche Frequenzen

Schwingung gleicher Frequenz, verschiedener Amplitude und/ oder Phase

unterschiedliche Frequenzen

Schwebungen ganzzahlige FreFourier-Synthese quenzverhaltnisse Lissajous-Figuren

5.1.4.1. Uberlagerung harmonischer Schwingungen gleicher Raumrichtung und gleicher Frequenz Folgende zwei harmonische Schwingungen sollen sich iiberlagern: J l ( 0 = J l C O S {co t + ^ 0 1 ) ,

(5-120)

J2(0=J2COS (CDt + (Poi)-

(5-121)

Sie ergeben die neue harmonische Schwingung Jneu(0=J>neu cos(co ^ +
(5-122)

5.1. Schwingungen

Bild5-31 zeigt die Amplituden als Zeiger in der GauBschen Zahlenehene. Die Amplituden j>i bzw. yi sind um die Nullphasenwinkel ^oi bzw. ^02 verschoben und rotieren mit der gleichbleibenden Kreisfrequenz at. Die Phasenverschiebung zwischen den beiden Zeigem betragt A(p = ^01 - m •

Im i

yneu=/yneueJ("''^%.-»o)

(5-123)

In einem solchen Zeigerdiagramm kann man die neue Schwingung >^neu durch Vektoraddition der Zeiger y^ und y2 graphisch ermitteln. Bei der Rechnung mussen Additionstheoreme beriicksichtigt werden, die zu folgenden Ergebnissen fur die neue Amplitude j>neu und den neuen Nullphasenwinkel ^oneu fiihren: J>neu = Vj> 1 + 2 j)i j)2 COS (^oi " (POl) + H

tan^oneu =

371

,

J)isin(^oi+J)2sin^02 yi cos (poi + y2 cos ^02 (5-124), (5-125)

Bild 5-31. Uberlagerung gleichfrequenter Schwingungen gleicher Raumrichtung.

bungen, dann ergibt sich eine neue harmonische Schwingung mit derselben Kreisfrequenz CO (bzw. Periodendauer T). Die neue Amplitude und die neue Phase mussen in diesem Fall nach Gl. (5-124) und (5.125) berechnet werden (Bild 5-32c). a) maximale Verstarkung

Bild 5-32 zeigt Spezialfalle: Maximale Verstarkung (A^=0 bzw. A(p=n2n; «=1,2,3,...)

V

Wenn keine Phasenverschiebung zwischen den sich iiberlagemden Schwingungen vorhanden ist, wird j)neu maximal (Bild 5-32a):

t

b) Ausloschung

Aeu = l / ^ f + 2 7 i 7 ^ + ^ = J i + J2. (5-126)

\ Sind die beiden Amplituden gleich groB (yi=y2 = y)^ dann ist die resultierende Amplitude doppelt so groB:

,^\

\/ \/ -^

/""\,

/\

Z^-,

V \/) ^

y

\ •

^

Kl

J^n

••2y.

(5-127)

Ausloschung (yi=y2',A(p = (2n — l)7i)

c) beliebige Oberlagerung

yi

Sind beide Amplituden gleich groB und die Phasenverschiebung A(p^n oder ein ungeradzahliges Vielfaches davon, dann wird die Schwingung ausgeloscht (Bild 5-32 b): J>neu=0.

(5-128)

Haben die sich uberlagemden Schwingungen beliebige Amplituden und Phasenverschie-

Bild 5-32. Verstarkung und Ausloschung bei der Uberlagerung gleichfrequenter Schwingungen gleicher Raumrichtung.

372

5. Schwingungen und Wellen

5.1.4.2. tJberlagerung harmonischer Schwingungen gleicher Raumrichtung mit geringen Frequenzunterschieden(Schwebung) Unterscheiden sich die Frequenzen von zwei zu iiberlagernden Schwingungen nur geringfiigig, dann treten Schwebungen auf: Die Amplituden der resultierenden Schwingung schwellen langsam an und wieder ab. Als Voraussetzung fur eine reine Schwebung miissen die beiden Schwingungen dieselbe Amplitude haben. Bei gleicher Phase (p^x =

und fiir die Periodendauer der Schwebung T^

T - 1 Tx-T^' h

(5-135)

Fiir die Frequenz der neuen Schwingung gilt nach Gl. (5-131) unter Beriicksichtigung von Gl. (5-132) /1+/2 /ne

(5-136)

(P02 = 0 gilt

Fiir die Schwingungsdauer errechnet sich (5-129) (5-130)

yx(t)=ycos(a)it), yiit) =y cos (co2t).

T

=

2Tx T2

(5-137)

-* neu

Unter Anwendung des

Additionstheorems

cosa-.cosA=2cos(^cos(—j

ent-

steht bei der Addition von Gl. (5-129) und (5-130) yncuit)=yi{t)+y2(t) : 2 >^ cos I

z

1 Icos

0)2)

( ^ (5-131)

Bei geringen Frequenzunterschieden gilt naherungsweise co^ ^a)2> Man erhalt <^neu =

^

^(D^^CD2.

Die Amplitude der neuen Schwingung ist doppelt so groB wie die der Ausgangsschwingungen: Jneu = 2j>.

(5-138)

Sind die Amplituden der sich iiberlagernden Schwingungen nicht gleich groB, dann tritt eine unreine Schwebung auf. Hierbei wird die Amplitude nie null, sondern lediglich periodisch minimal. Da Schwebungserscheinungen sehr genaue Frequenzvergleiche ermoglichen, dienen sie u. a. in der Akustik zum „sauberen" (namlich schwebungsfreien) Abgleich von Tonfrequenzen. In der Musik wird dies zum Stimmen von Instrument en verwendet.

(5-132) Beispiel

Die resultierende Schwingung nach Gl. (5131) ist harmonisch mit der neuen Kreisfrequenz CD^Q^ und einer sich andernden Amplitude mit der Schwebungsfrequenz/s. Es resultiert

5.1-7: Es soil ein Programm zur Uberlagerung zweier Schwingungen unterschiedlicher Frequenzen entwickelt werden, das die Ausgangsschwingungen und die resultierende Schwingung zeichnet, Im ersten Fall sollen die Frequenzen nahe beieinander liegen (Schwebungsfall) und im zweiten Fall einen groBen Unterschied aufweisen.

JneuW = 2j)cos(7r;^0cos((»„„0-

(5-133)

1. Fall: nahe beeinander liegende Frequenzen (Schwebungsfall)

Es gilt fiir die Schwebungsfrequenz/s / s = / 2 - -/•

Losung:

(5-134)

Bild 5-33 a zeigt die beiden Ausgangsschwingungen, Bild 5-33 b die resultierende Schwebung. Die beiden Ausgangsamplituden betragen y\=y2—^^^ cm,

5.1. Schwingungen

Bild5-33. Schwebungen. die Periodendauer der ersten Schwingung T, = 1 s und die der zweiten Schwingung Tj = 0,90 s. Die zweite Periodendauer ist also um 10% kleiner als die erste. Das Verhaltnis der Periodendauer betragt T2/Ti = 9/\0. Wie Bild5-33b verdeutlicht, hat die Amplitude der Schwebung den doppelten Wert der Ausgangsschwingung (2j) = 3cm), und die Schwebungsdauer T^ (von Maximum zu Maximum) betragt 9 s (auch nach Gl. (5-135)). Die Schwingungsdauer der Schwebung T^^u ist nach Gl. (5-137) T'neu = 0,947 s und wird in Bild 5-33 b bestatigt. 2. Fall: groBe Unterschiede der Frequenzen Die Ausgangsamplituden betragen wieder j>i = j>2 = 1,5 cm. Die Periodendauer der ersten Schwingung betragt Ti = 1 s und die der zweiten T2= 12 s. Das Verhaltnis der Periodendauer betragt T2/Ti = 12/1 Oder das Frequenzverhaltnis / i : / 2 = l:12. Bild 5-34 a zeigt die Ausgangsschwingungen und Bild 5-34 b die resultierende Schwingung. Die neue Amplitude ist ebenfalls doppelt so groB wie die Ausgangsamplitude. Wie Bild 5-34 b zeigt, tritt keine Schwebung und keine harmonische Schwingung mehr auf. Die schnellere Schwingung (kleinere Periodendauer, d.h. groBere Frequenz; hier die erste Schwingung mit Tj = 1 s) schwingt um die

373

Bild 5-34. Schwingungsuberlagerung bei groBen Frequenzunterschieden. periodische Achse, die durch die langsamere Schwingung gegeben ist (groBere Periodendauer, d.h. kleinere Frequenz; hier die zweite Schwingung mitr2=12s). 5.1.4.3. Uberlagerung harmonischer Schwingungen gleicher Raumrichtung mit ganzzahligen Frequenzverhaltnissen (Fourier-Analyse) Besteht zwischen den sich iiberlagemden Schwingungen ein groBer Frequenzunterschied und stehen die Schwingungsfrequenzen im Verhaltnis ganzer Zahlen, so entstehen wieder periodisch schwingende Muster. Bild 5-35 zeigt die Uberlagerung zweier Schwingungen (Amplitude y = 1 cm) mit einfacher und dreifacher Frequenz. Die Periodendauer der ersten Schwingung betragt r, = 7,5s(/i = ^ H z ) und die der zweiten Schwingung 7^2 = 2,5 s (/2 = 0,4 Hz) gemaB Bild5-35a. Bild 5-35b zeigt die resul-

374

5. Schwingungen und Wellen

Bild 5-36 b zeigt die resultierende Schwingung ;^R(0: J'RW =

4v

[sin(cc) t) + j s i n ( 3 w 0 +

-h J sin (5 (Dt)].

(5-139)

Sie zeigt in erster Naherung eine Rechteckschwingung. In Bild 5-36 c ist das Amplitudenspektrum dargestellt. Durch Uberlagern von Schwingungen mit geeignet gewahlten Amplituden und Frequenzen kann praktisch jede gewxinschte periodische Funktion generiert werden (Fourier-Synthese). Der umgekehrte Vorgang, die Zerlegung eines periodischen Musters in seine Elementar-

Bild 5-35. Uberlagerung harmonischer Schwingungen mit ganzzahligen Frequenzverhdltnissen und Amplitudenspektrum nach der Fourier-Analyse.

tierende Schwingungsdauer TR (im vorliegenden Fall ist T^^Tx) und die resultierende Amplitude J^R = j>i + j)2 = 2 cm. Werden in einem Diagramm die Amplituden gegen die Kreisfrequenzen aufgetragen, so ergibt sich eine spektrale Darstellung der Amplituden (Amplitudenspektrum). Dieses Spektrum zeigt, welche Frequenzen mit welchen Amplituden am Zustandekommen der resultierenden Schwingung beteiligt sind (Bild 5-35 c), enthalt aber keine Information iiber die Phasenlage der Ausgangsschwingungen. Bild 5-36 zeigt die Uberlagerung von drei Schwingungen (a; = ^ s~^ j> = 2,2 cm) der Form yi (t) = j),- sin (co/1). 4v yx(t)^ sin(a;0, n 4v j>2(0 = l — s i n ( 3 a ; 0 , J 71 4v j)3 (0 = - ^ sm (5 (o t) (Bild 5-36 a). 5n

b^ar

c)

1co

3co

So)

Bild 5-36. Uberlagerung dreier Schwingungen und Amplitudenspektrum nach der Fourier-Analyse.

5.1. Schwingungen

375

schwingungen, wird Fourier-Analyse (J. B. J. FOURIER,

1768

bis

1830)

genannt. FOURIER

zeigte, da6 sich jedes periodische Muster eindeutig in eine Reihe von elementaren Cosinus- und Sinusschwingungen zerlegen laBt. Die auftretenden Kreisfrequenzen sind dabei ganzzahlige Vielfache der das periodische Muster beschreibenden Grundkreisfrequenz. Somit gilt nach FOURIER .yR(0 = - T + E ^

(a^cos(kcot)-\-

Bild 5-3 7. Rechteckfunktion.

k=i

+ b^sm(kcot)).

(5-140)

k ist eine ganze Zahl, die folgende Bedeutung hat: k= \: Grundschwingung (erste Harmonische), k = 2: erste Oberschwingung (zweite Harmonische), k = 3'. zweite Oberschwingung (dritte Har: : monische), k = n\ ( « - l ) - t e Oberschwingung («-te Harmonische). Die Fourier-Koeffizienten a^ und by^ geben an, wie stark die einzelnen Anteile vertreten sind. Sie berechnen sich aus

und

«k = -:^ljR(Ocos(/cco/)d/ (/r = 0 , l , 2 . . . . ) ^0

und werden dazu periodisch stoBartig umgeladen. (In diesem Fall betragt die Umladezeit 300 jis und bei der Grundfrequenz 200 Hz die Teilspannung 3200 V.) Aus Bild 5-38 b und 5-38 c geht das Amplitudenspeka)

( 1 1

„J

Mill

J

-L

JR

(0 =

(5-141)

Die Summe der ersten drei Glieder des Klammerausdrucks zeigt Bild 5-36 b (s. auch Gl. (5-139)). Bild 5-38 zeigt ein Beispiel fiir eine FourierAnalyse in der Elektrotechnik. In Bild 5-38 a ist das Oszillogramm der Spannung eines Kommutierungskondensators dargestellt. Diese Kondensatoren dienen zur Loschung des leitenden Zustandes eines Halbleiterbauelementes

1ms

Umladezeit 300 /its b) 2000 V

(5-143)

L

1

Grundfrequenz 200 Hz

u,.^.-= 1540 V

lllll

. (sin (co 0 + T sin (3 CD t)

n + jsin(5 a; 0 + . . . ) .

III

Spitzenspannung 3200 V

^k = — j j R ( O s i n ( / : a ; O d r . (5-142) ^ 0 (A:=l,2,3....) Beispielsweise lautet die Fourier-Reihe einer Rechteckkurve gemaB Bild 5-37 mit der Periodendauer T=2n/co Ay

f

20 30 40 10 Nummer /cder Harmonischen

50

10 20 30 40 Nummer /cder Harmonischen

50

125A

Bild 5-38. Fourier-Analyse des Spannungsverlaufs bei einem Kommutierungskondensator.

376

5. Schwingungen und Wellen

trum der Spannung bzw. der Stromstarke hervor. Aufgrund der starken Abweichung des trapezformigen Spannungsimpulses von der reinen Sinusform wirken auch noch hoherfrequente Anteile von Spannungen und Stromstarken auf den Kondensator. Beispielsweise zeigt das Amplitudenspektrum der Stromstarke, daB trotz niedriger Grundfrequenz von 200 Hz (Stromamplitude / = 125 A) auch noch die 15. Oberschwingung (15-200 Hz = 3000 Hz) mit einer Stromamplitude von i^ = 50 A auf den Kondensator einwirkt. Die Fourier-Analyse laBt erkennen, in welchen Frequenzen und bei welchen Strom- und Spannungsamplituden diese Kondensatoren einwandfrei arbeiten miissen. FOURIER zeigte ferner, daB auch jede nichtperiodische Funktion (stiickweise stetig) eindeutig als Integral uber harmonische Anteile darstellbar ist (Fourier-Integral).

torumdrehungen aufgezeichnet (Kurbelwinkel KW von 720°). Bild 5-39 zeigt den Verlauf der Tangentialkraft (dicke Linie) und eine Fourier-Analyse bis zu 15 Harmonischen sowie die Koeffizienten a und b. Es sind die ersten fiinf harmonischen Schwingungen eingezeichnet (dunne Linien). Die Summenkurve uber alle 15 Harmonischen liegt knapp unter dem ersten Maximum und schmiegt sich verhaltnismaBig gut der Originalkurve an.

5.1.4.4. Uberlagerung harmonischer Schwingungen mit ganzzahligem Frequenzverhaltnis, die senkrecht zueinander schwingen (Lissajous-Figuren)

Bei der Uberlagerung zweier senkrecht zueinander verlaufender Schwingungen mit ganzzahligen Frequenzverhaltnissen ergeben sich Lissajous-Figuren (J. LISSAJOUS, 1822 bis 1880). Beispiel Zunachst werden zwei senkrecht verlaufende 5.1-8: Der Verlauf der tangentialen Komponente Schwingungen gleicher Kreisfrequenz (mit der Pleuelkraft eines Kolbens wird iiber zwei Mo- einer Phasenverschiebung) betrachtet. Es gilt

^ I U|= 27U.M M 11 = 4 4 5 . 0 A | 21 = 2 2 4 . 1 '^l 31 = 4 5 . 5 M 41 = - e . 1 . 3 h[ 5 1 - - 7 5 . G M b l - -7 2. M M 71 = - : s 7 . 3 A I » 1 - -'*3.2 A[ 'Jl = - i 4 . 2 ^(101= -r,7.o A ( l l l = -70.4 A [12 1 = -1.2..) A(131= -5b.;^ ^ [ 1 4 ] = - 4 7. \i A(151= - 4 4 . 7

fourieranalyse:

>^.X^^

\ K3

l i | 11 = r:| 2 1 •''[ 31 = i-M 4 1 L!( 5 1 U( h i iM 7 1 = ::f a i = .^( y l = ti{101 = Bflll= B[12]= B{131= B(141= Bfl51=

4 2 7.5 6 3 3 . ^J tj 4 2 . 1 4 15.3 3h7. 2 241.4 20 5 . 3 1 4 IJ . 2 0 2.U 70.r. 5 2.0 34.0 20.3 15.3 10.1

V 5X

/ . . .

•

Fourier-Analyse der tangentialen Komponente der Pleuelkraft eines Kolbens nach Beispiel 5.1-8.

5.1. Schwingungen

x(t) = X sin ((JO t)

(5-144)

a)

377

yi

und y{t)=y sin {(Dt + (p).

(5-145)

/K(0)

p/ X

Nach dem Additionstheorem sin (a -\- P) = sin a cos y^ + cos a sin P ergibt Gl. (5-145) y{t)=y sin (co t) cos ^ + j) cos {co t) sin (p. (5-146)

b)

c)

yi / /

i

AusGl. (5-144) folgt

y

1 y

/

X

y )

sin {(Dt)=~^ und cos {(o t) •• Damit wird aus Gl. (5-146) > ' ( 0 = J —cos^-hj) 1 / 1 - l - J sin^

"d)

y,

A

^X

X

X

"^)

Oder

\

y X l/ / xV - - —- cos c? = 1/ 1 - —- sin 0. >^ X ¥ \xl Quadriert ergibt sich die allgemeine Gleichung der Ellipse: y^ x'^ 2yx ^ T^ + T^ nr~ cos w = sin^^ ©. (5-147) y^ x"^ yx Bei gleichen Schwingungsfrequenzen ergibt sich im allgemeinen eine Ellipse nach Bild5-40a, aus deren Achslage sich die Phasenverschiebung bestimmen laBt: y(0)

_x(0)

y

X

sin ^ = •

(5-148)

Dabei ist y (0) die Auslenkung fiir x = 0 und X (0) die Auslenkung fur j = 0. Fiir die Phasenverschiebungen ^ = 0, ^ = f und (p = n treten folgende Spezialfalle auf (Gl. (5-147), Bild 5-40b bis 5-40e): - Gerade mit positiver Steigung {cp = 0) Es wird y x^ y^ x^

2yx = 0 yx

y

1

y /V

X

*1 ^ / ^

/

1

I

\

A\

y X

—X

\ Bild 5-40. Senkrechte Uberlagerung gleichfrequenter Schwingungen (Lissajous-Figuren).

daraus ergibt sich (Bild 5-40 b) y y = — x-

(5-149)

X

- Ellipse mit der Hauptachse parallel zur ;^-Achse {(p = f, Bild 5-40 c): / y

x^ ^

(5-150)

Kreis mit Mittelpunkt im Koordinatenursprung (^ = | ; j> = x; Bild 5-40d) Bei gleichen Amplituden y = x wird aus der Ellipse ein Kreis: j^^ + x^ = j)^ = konst.

(5-151)

Oder \2

y

^

= 0;

^X

Gerade mit negativer Steigung {cp = n\ Bild 5-40 e):

378

5. Schwingungen und Wellen

5.1.5. Schwingungen mit mehreren Freiheitsgraden (gekoppeltes Schwingungssystem) Werden fiir den allgemeinen Fall ungleicher ganzzahliger Frequenzen die resultierenden Auslenkungen ermittelt, so entstehen komplizierte Bahnkurven. Aus der Anzahl der Maxima auf der waagrechten oder senkrechten Achse konnen die Frequenzverhaltnisse abgelesen werden. Es gilt

Die hierfiir wichtigen Begriffe sind in DIN 1311, Blatt 3, definiert. Unter Freiheitsgrad wird analog zur Mechanik (Abschn. 2.9.1) die Mindestanzahl der Koordinaten verstanden, die zur Beschreibung des Systems notwendig sind.

Zum besseren Verstandnis gekoppelter Vorgange seien zwei gleiche Feder-Masse-Pendel betrachtet, die durch eine Kopplungsfeder Hierbei sind co^ und cOy bzw. fx und fy die verbunden sind, wie es Bild 5-42 zeigt. Das Frequenzen der x- und j^-Schwingung, k die gekoppelte Schwingungssystem hat zwei FreiAnzahl der senkrechten und / die Anzahl der heitsgrade der Auslenkung yx und yi, zwei gleiche Massen m, gleiche Federkonstanten c waagrechten Maxima. sowie eine Kopplungsfeder mit der Federkonstanten Cx2. Es besteht also aus zwei gleich Beispiel 5.1-9: Nach Eingabe der beiden Frequenzverhalt- groBen Energiespeichern, zwischen denen nisse sollen mittels eines Rechner-Programms die durch die Kopplungsfeder ein periodischer Lissajous-Figuren fur unterschiedliche Phasenlagen Energieaustausch stattfinden kann. Wird z. B. der erste K5rper in Bild 5-42 a ausgelenkt, gezeichnet werden. dann gibt das erste Pendel seine Energie Losung: allmahlich an das zweite Pendel ab, bis dieses Bild 5-41 zeigt das Ergebnis jeweils fur ein Frequenz- die gesamte Energie besitzt und der Vorgang verhaltnis von 1:1, 1:2, 1:3 und 2:3. Der Phasen- wieder in die andere Richtung ablauft. Es winkel betragt in alien Fallen ^ = 0 ° bis(p= 360 °. gibt lediglich zwei Schwingungszustande, bei co^:a)y=f^:fy=k:l.

I GRflD

8 GRflD

45 GRRO

45 GRflD

(5-153)

9e GRRO

135 GRflD

98 GRflD

135 GRflO

98 GRflD

9 8 GRflD

225 GRflO

278 GRflD

315 GRflD

368 GRflD

180 GRflD

225 GRflD

278 GRflD

315 GRflD

368 GRflD

135 GRflD

188 GRflD

225 GRflD

278 I

315 GRflD

368 GRflD

135 GRflD

180 GRflD

225 GRflO

278 GRflO

315 GRflD

368 GRflD

Bild 5-41. Lissajous-Figuren unterschiedlicher Phasenlage jur die Frequenzverhaltnisse 1:1,1:2,1:3 und 2:3.

5.1. Schwingungen

^ i - A A / v V H ? pVvV\Ai in h W \ A A - | 1

^^^^^^^N^^^^^^^^fe^^^^^^^

379

Schwinger aufgestellt (Bild5-42b). Beim ersten Schwinger ist die Kopplungsfeder um yi - yi zusammengedriickt, so daB das Newtonsche Gesetz der Bewegung lautet -cyx-cx2{y\-y2)

= max.

Daraus ergibt sich die Differentialgleichung fiir den ersten Schwinger: d^Vi

c

Ci9

-TTT + - J ' l + — (>'• -yi) = 0.(5-156) Bild5-42. Elastisch gekoppelte Feder-Masse-Schwinger. Beim zweiten Schwinger ist die Kopplungsfedenen keine Energieiibertragung stattfindet. der um y^— yi zusammengedriickt, so daB das Sie werden Fundamentalschwingungen genannt. Newtonsche Gesetz heiBt

- c yi- cn{y2- y\) = ^ ci2.

- Gleichphasige Schwingung Das Kopplungsglied ist in diesem Fall nicht wirksam, well die Kopplungsfeder immer entspannt bleibt. Deshalb schwingen die Massen mit der Frequenz der ungedampften harmonischen Schwingung:

/i

2n y m

In diesem Fall bleibt aus Symmetriegrunden die Mitte der Kopplungsfeder in Ruhe. Jedem Korper (System) kann somit die Federkonstante der eigenen Feder c und die Federkonstante der halben Kopplungsfeder 2 Cx2 zugerechnet werden. Daraus ergibt sich die Frequenz der zweiten Fundamentalschwingung:

m

(5-154)

In alien anderen Fallen findet eine Uberlagerung der Fundamentalschwingungen so statt, dal3 eine Schwebung entsteht mit der Schwebungsfrequenz / s =/2 -f\

d^7o

c

Ci2

—f+—J2+—(yi-yi)d/^ m m

0. (5-157)

(5-12)

— Gegenphasige Schwingung

In y

Daraus bildet man die Differentialgleichung fiir den zweiten Schwinger:

(5-155)

(s. Abschn. 5.1.4.2). Um die Vorgange genauer zu analysieren, werden im folgenden die Differentialgleichungen fiir die beiden

Werden beide Differentialgleichungen addiert, so ergibt sich folgende gekoppelte Differentialgleichung fiirj^i +>^2'

A'2(y\-^y2) dt

c {y\-^y2) = o. +— m (5-158)

Werden beide Differentialgleichungen subtrahiert, dann entsteht eine andere Differentialgleichung fur y\—y2''

dt ^

m (5-159)

Gl. (5-158) und (5-159) beschreiben ungedampfte harmonische Schwingungen. Die Losungen sind die Frequenzen bzw. die Schwingungsdauem der bereits oben genannten Fundamentalschwingungen. Aus Gl. (5-158) folgt

380

5. Schwingungen und Wellen

(5-11)

Durch Addition von Gl. (5-164) und Gl. (5-165) ergibtsich y >'l = y

(5-12)

2n 1 m

(5-13)

(cos (COI 0 + COS (0^2 0 ) -

Wird das Additionstheorem

H)

cos a + cos )^ = 2 cos I — i — | cos angewendet, dann gilt

AusGl. (5-159) folgt <^l + <^2 \

C02= ] /

,

r

T 12-

(5-160)

27r r

m

-A!y

"^

^n

+ -;;,=0.

(5-154)

(5-161)

(5-162)

^ m Es findet eine Schwingung mit der ersten Fundamentalfrequenz/i =/o (Gl. (5-11)) statt. Bei einer gegenphasigen Schwingung {yx^-y^) verschwindet die Differentialgleichung (5-158), und es bleibt fiir Gl. (5-159) stehen d^j^i ,

dr

•+ -

(5-166)

m

Fiir eine gleichphasige Schwingung (>'i = y^) verschwindet die Differentialgleichung (5-159), und es bleibt fiir Gl. (5-158) stehen

df

I CO\ — 0)2

y\= y cos 1 — z — n cos ( — i — t

c-h2ci2 >^i = 0 .

(5-163)

m

Diese Schwingung hat die zweite Fundamentalfrequenz/2 (Gl. (5-154)). Fiir den allgemeinen Fall wird folgende Anfangsbedingung erfullt: Bei Beginn der Schwingung {t = 0) ist der erste Schwinger maximal ausgelenkt {y\ (0) = j)) und der zweite Schwinger in Ruhe (j^2(0) = 0). Damit wird Die beiden Fundamentalschwingungen gehorchen folgenden Ansatzen:

y \ +>^2 = j^cos(coi i), J l - > ^ 2 = J>COS(W20-

(5-164) (5-165)

Wird Gl. (5-165) von Gl. (5-164) subtrahiert, dann ergibt sich y 3^2 = y (cos(coi 0 - cos (0^2 0) • Wird das Additionstheorem cos a — cos p = 2 sm I — i — | sm angewendet, dann gilt

(

COi-\- CJO2 \

2

/ ^^^\

I COi — CO2

2

^) ' (5-167)

Gl. (5-166) und Gl. (5-167) beschreiben nach Abschn. 5.1.4.2 Schwebungen. Dies bedeutet, daB der erste und der zweite Schwinger Schwebungen ausfiihren, die gemaB Bild 5-43 um ~ verschoben sind. Als Kopplungsgrad k der beiden Schwinger gilt fiir gleiche Massen und gleiche Amplituden cn

Oder

(5-168)

C-hCi

n-n n^n

fi-R

fi'+fr

(5-169)

mit 0 < /c < 1. Bei loser Kopplung ist A: <^ 1 und /i 7^^. ^Q\ fester Kopplung ist A: '^ 1 und/^ ^^^. Mit zunehmender Kopplung werden die beiden Fundamentalfrequenzen/i und/2 deutlich verschieden.

5.1. Schwingungen

'A

IAAAAA-

"" ^ \ A A A A -

^ -AWVM

381

Bild 5-44 b zeigt die prinzipielle Resonanzkurve (Spannung in Abhangigkeit von der Frequenz).

y/////////////////////////////////^^^^^^

5.1.6. Nichtlineare Schwinger

Bild 5-43. Schwebungen zweier gekoppelter FederMasse-Sch winger.

Im allgemeinen Fall sind n Schwinger miteinander gekoppelt. Dieses System besitzt dann n Fundamentalschwingungen (Eigenschwingungen). Solche Systeme sind in der Molekiilund Festkorperphysik von Bedeutung (Abschn. 8.6,9.2.1). Bild 5-44 zeigt die induktive Kopplung elektromagnedscher Schwingkreise. Das Schema des MeBaufbaus verdeutlicht Bild 5-44 a, und

Oszilloskop generator *r-

I

II

Spannung proportional zur Frequenz

Bild 5-44. Induktive Kopplung elektromagnetischer Schwingkreise: a) MeBanordnung, b) Resonanzkurve zweier Schwingkreise.

In den vorhergehenden Abschnitten sind harmonische Schwingungen beschrieben, denen ein lineares Kraftgesetz (z.B. das Hookesche Gesetz fiir die Federkraft) zugrunde lag (Abschn. 5.1.2.2, Bild 5-7). Bereits beim mathematischen und physischen Pendel (Abschn. 5.1.2.3) war eine Naherung fur kleine Winkel notwendig, um diese Linearitat zu erhalten. Die Krafte im elektrischen und magnetischen Feld (Abschn. 4.1.1 und 4.4.3.2) sind beispielsweise nicht linear, sondern proportional zu 1/r^ {Coulombsches Gesetz, Gl. (4-2)). Dies hat zur Folge, daB der Schwingungszustand durch eine nichtlineare Differentialgleichung beschrieben werden mu6, deren Losungen keine harmonischen Funktionen (Sinus- bzw. Cosinusfunktion) mehr sind. Diese Schwingungssysteme werden daher als nichtlinear bezeichnet. Ebenfalls nichdineare Differentialgleichungen treten auf, wenn die Koeffizienten vor den Variablen oder deren Ableitungen nicht konstant sind, sondern von den Variablen selbst bzw. deren Ableitungen abhangig sind. Aus diesen Griinden ist eine Vielzahl nichtlinearer Schwinger denkbar, deren zeidiche Zustandsanderungen komplizierte Verlaufe zeigen. Auf eine ausfuhrliche Darstellung kann aus gutem Grund deshalb verzichtet werden, weil nach FOURIER jede beliebige Schwingungsform in harmonische Anteile zerlegt werden kann (Abschn. 5.1.4.3). Besondere Bedeutung haben die Kippschwingungen. Bei ihnen wird einer der Energiespeicher des Schwingungssystems kontinuierlich gefiillt. Dieser entleert sich schlagartig nach bestimmten Zeiten, wenn ein charakteristischer Schwellenwert iiberschritten wird.

Bild 5-45.

Sdgezahnspannung.

382

5. Schwingungen und Wellen

Auf diese Weise entsteht eine Sdgezahnspannung, etwa entsprechend Bild 5-45. Elektrische Kippschwingungen werden beispielsweise in Fernsehbildrohren eingesetzt, um den Elektronenstrahl iiber die Zeile zu leiten und am Zeilenende schlagartig zuriickzusetzen. Meist werden hierzu Kondensatoren aufgeladen, die nach Erreichen der Ziindspannung u^ iiber eine Glimmlampe entladen werden. 5.1.7. Parametrisch erregte Schwingungen Im Gegensatz zu den nichtlinearen Schwingungen, bei denen die Schwingungsparameter von der momentanen Auslenkung abhangig sind, hangen bei den parametrischen Schwingungen die Systemparameter von der Zeit ab (z.B. eine periodische Langenanderung des Fadens beim mathematischen Pendel oder eine periodische Kapazitatsanderung beim elektrischen Schwingkreis). Um die Unterscheidung zwischen nichtlinearen oder parametrischen Schwingern besser trefen zu konnen, wird nach DIN 1311, Blatt 2, vorgeschlagen, die parametrischen Schwingungen durch die Vorsilbe rheo zu kennzeichnen. Tabelle 5-7 zeigt die Bezeichnungen der orts- und zeitabhangigen Schwingungen. Mit Hilfe parametrisch angeregter Schwingungen kann dem Schwingungssystem zusatzlich Energie zugefiihrt werden. Dazu muB das Schwingungssystem bereits schwingen und die parametrische Erregung (Pumpfrequenz) die doppelte Eigenfrequenz haben. In der Mechanik sind parametrische Schwingungen bei Pendel mit periodisch bewegten Aufhangepunkten oder Pendellangen zu beobachten (z.B. periodische Anderung der

Pendellange durch die Kniebewegungen in einer Schiffschaukel). Parametrische Verstarker dienen in der Elektrotechnik zur rauscharmen Verstarkung kleinster elektrischer Signale (z.B. aus dem Weltraum). Zur tJbung U 5.1-7: Es iiberlagem sich die folgenden parallelen, ungedampften Schwingungen: ji (0 = 0,05 m cos (4 71 s~ W + f) und yi(0 = 0,08 m cos(4TT s-i / + f). Bestimmt werden sollen die Amplitude y und der Nullphasenwinkel (pQ der resultierenden Schwingung y{t)=y cos {co t-\-cpo). U 5.1-8: Zwei gleiche Feder-Masse-Systeme schwingen in X- bzw. }^-Richtung. Das Maximum in xRichtung und das Minimum in >^-Richtung werden gleichzeitig erreicht. Die Amplitude der x-Schwingung ist dreimal so groB im Vergleich zur >^-Schwingung. Wie groB ist der Phasenunterschied (p der beiden Schwingungen?

5.2. Wellen 5.2.1. Physikalische Grundlagen der Wellenausbreitung Eine Wellenausbreitung wird beobachtet, wenn schwingungsfahige Systeme raumlich miteinander gekoppelt sind. Durch die Kopplung kann sich die Schwingung eines Systems auf die Nachbarn iibertragen, was zu einer raumlichen Ausbreitung des Schwingungszustandes fiihrt. Dieser Sachverhalt, der in Bild 5-1 schematisch dargestellt ist, soil hier noch einmal veranschaulicht werden.

Tabelle 5-7. Orts- und zeitabhangige Schwingungen. ^ ^ ^ zeit^^^bhangig orts^ ^ ^ abhangig ^^^^^^

sklero- (nicht parametrisch)

linear

— ^coly = 0

nichtlinear

d^y

rheo- (parametrisch)

dh -^-^col(y,t)y

=0

5.2. Wellen

Bild5-46a zeigt eine Reihe von Fadenpendeln, die iiber Schraubenfedern miteinander verbunden sind. Regt man das erste Pendel zu harmonischen Schwingungen in j-Richtung an, so wird die erste Feder periodisch gedehnt und gestaucht, so dafi sie das zweite Pendel ebenfalls zu Schwingungen in j'-Richtung anregt. Das zweite Pendel regt nun seinerseits das dritte zu Schwingungen an, dann wird das vierte erregt und so fort, bis die ganze Reihe schwingt. In der zeitlichen Abfolge entsteht jeweils zwischen zwei Pendeln eine Verzogerung im Schwingungszustand, da die Wechselwirkungskraft erst wirksam wird, wenn die Kopplungsfeder gespannt wird. Der Schwingungszustand breitet sich also nicht sofort iiber die ganze Reihe aus, vielmehr wird die Schwingung mit einer charakteristischen Fortpflanzungsgeschwindigkeit langs der x-Achse weitergetragen.

383

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schwingzustandes und die Entstehung einer Welle iiberhaupt hangen als ganz wesentlich von der Kopplung der einzelnen Oszillatoren ab. Bild 5-46 b zeigt in einer Momentaufnahme den „eingefrorenen" Schwingungszustand der ganzen Pendelreihe. Schwingen die Pendel gemaB Bild 5-46 b senkrecht zur Ausbreitungsrichtung, spricht man von einer Transversal- oder Querwelle. Wenn die einzelnen Schwinger ihre Schwingungsrichtung (hier die j-Richtung) wahrend der Ausbreitung beibehalten, nennt man die Welle linear polarisiert. Da die Polarisation von Wellen besonders in der Optik eine Rolle spielt, wird in Abschn. 6.4 naher darauf eingegangen. Eine Longitudinal- oder Ldngswelle entsteht, wenn das erste Pendel, wie in Bild 5-46 c angedeutet, in x-Richtung bewegt wird. Auch dieser Schwingungszustand breitet sich mit einer typischen Verzogerung von Pendel zu Pendel aus, so daB man eine laufende Welle erhalt, bei der Ausbreitungs- und Schwingungsrichtung parallel sind. Die Longitudinalwelle ist eine Folge von Verdichtungen und Verdiinnungen, die sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit ausbreiten. Betrachtet man eine laufende Welle, etwa eine Welle auf einer Wasseroberflache, so erscheint es, als wiirde Wasser in Laufrichtung der Welle transportiert. Tatsachlich wird aber lediglich ein Schwingungszustand ubertragen, wie man deutlich bei der Betrachtung der schwingenden Pendelreihe erkennt. Die einzelnen Pendel schwingen ortsfest mit einer bestimmten Amplitude und Frequenz, lediglich die Information des Schwingens wird iibertragen. Bei einer Wellenbewegung wird keine Materie transportiert, dafiir aber Energie.

Bild 5-46. Fortschreitende Welle zwischen gekoppelten Pendeln: a) Pendel mit Kopplungsfedern, b) Zustand einer Transversalwelle, c) Zustand einer Longitudinalwelle.

Diese Energieubertragung ist notwendig, um die einzelnen Oszillatoren zu Schwingungen anzuregen. Die Auslenkungen der einzelnen Oszillatoren hangen sowohl vom Ort als auch von der Zeit ab. Eine Moglichkeit der graphischen Darstellung dieses Zusammenhangs ist in Bild 5-47 gezeigt. Jedes Teilbild stellt eine Momentaufnahme einer Welle dar; hierbei schreitet die Zeit von oben nach unten in gleichmaBi-

384

5. Schwingungen und Wellen

innerhalb der Periodendauer T gerade den Weg k zuriickgelegt hat, ergibt sich eine einfache Beziehung fur die Fortpflanzungsgeschwindigkeit c der Welle: (5-170)

Mit der Frequenz / = \/T der Oszillatoren erhalt man c = Xf.

(5-171)

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit c einer Welle ist das Produkt aus Wellenlange l und Frequenz/ In Bild 5-48 ist eine Serie von Momentaufnahmen einer laufenden Longitudinalwelle dargestellt. Die Wellenlange X gibt wieder an, um welchen Weg ein bestimmter Zustand, in diesem Fall z.B. die durch den Pfeil gekennzeichnete Verdiinnung, innerhalb der Periodendauer T fortschreitet. Das Zeichnen einer Longitudinalwelle ist sehr umstandlich, weshalb in der Praxis meist auch die Longitudinalwelle wie eine Transversalwelle gezeichnet wird. Die tatsachliche Auslenkung der Teilchen wird dabei um 90° gedreht aufgezeichnet, wie Bild 5-49 zeigt. Bisher sind Wellen nur in diskret angeordneten Oszillatoren betrachtet worden. Wellen sind aber auch in den Kontinua ausbreitungsfahig. (Im Grunde hat man es immer noch

Bild 5-47. Zustdnde einer laufenden Transversalwelle.

gen Intervallen fort. Die gesamte Zeitspanne zwischen der ersten und der letzten Darstellung ist identisch mit der Schwingungsdauer T der beteiligten Oszillatoren. Nach Ablauf der Zeit T hat sich das Wellenbild reproduziert, allerdings ist eine bestimmte Stelle, z.B. der durch einen Pfeil markierte Wellenberg, um die Strecke k vorgeruckt. Dieser Abstand zweier gleichartiger Zustande im Wellenbild wird Wellenldnge X genannt. Da die Welle f - 0-

i

IT-

A

A

A A A A A

A

A

A

A

A A A A A

A

A

A A A

A

A

» X A A

S'^

2^ 8^

3.r

A

A A

A W

s'^ 4_

i

5-r 8^ 6,. 8 7^.

V .

t

^T-

A

A

A W

A

A W

l A A

A W

A

i

T

A

w

w

A W

A A A A A V V W V A

A A A A A

X

A

A

A W

A W

A

^ • • • ^

A A

w

A A A A A V V V V V

A • W A

A

A W

A A A A A A W

A W

A

A W

A A A A A

A

w

A A A A A w ^ W ^ ^

8

A

A

w w ^ ^

A

A A A A A V V V V V

A

A A A A

A W

A A A

A W A

A A A A V V V V A

A A A

1

f '

Bild 5-48. Zustdnde einer Longitudinalwelle. Der Pfeil markiertjeweils den Ort groBter Verdiinnung.

5.2. Wellen

385

Bild 5-49. Longitudinalwelle, dargestellt als Transversalwelle.

mit einzelnen Oszillatoren zu tun, deren Gro6e aber auf die MaBe von Atomen verringert ist.) In Gasen und Fliissigkeiten ohne innere Reibung sind lediglich Longitudinalwellen ausbreitungsfahig. Andere Wellentypen existieren nicht, well benachbarte Volumelemente einer seitlichen Verschiebung keinen Widerstand entgegensetzen. (Die Medien haben keinen Schubmodul.) An der Grenzflache von Fliissigkeiten und Gasen kann es jedoch zu transversalen Oberflachenwellen kommen, wie etwa bei den Wasserwellen. In Festkorpern sind alle Wellentypen ausbreitungsfahig: AuBer den Longitudinalwellen gibt es verschiedene Transversalwellen: Biegewellen und Scherungswellen. Die wichtigste Transversalwelle in Staben ist die Torsionswelle. Es findet auch Wellenumformung von einem Typ in einen anderen statt. So lost z.B. eine Longitudinalwelle bei einem Stab mit einem exzentrisch aufgesetzten Korper eine sekundare Biegewelle aus.

Eine besondere Form der Transversalwellen sind die elektromagnetischen Wellen. Bei ihnen schwingt entsprechend Bild 5-50 ein elektrischer und ein magnetischer Feldstarkevektor senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Die elektromagnetischen Wellen benotigen im Gegensatz zu den oben behandelten elastischen Wellen kein Ubertragungsmedium. Sie konnen sich sowohl im Vakuum als auch (in bestimmten Grenzen) in Materie ausbreiten. Verbindet man benachbarte Punkte mit gleichartigem Schwingungszustand (z. B. Wellenberge) einer Welle miteinander, so erhalt man eine geometrische Flache, die Wellenfldche oder Wellenfront. Die Form der Wellenflache hangt vom erregenden Zentrum sowie von den Eigenschaften des Ubertragungsmediums ab. Von besonderer Bedeutung sind die in Bild 5-51 dargestellten Kugelwellen und ebenen Wellen. Kugelwellen entstehen, wenn ein punktformiger Erreger Wellen aussendet. Beispielsweise breitet sich nach der Zundung eines kleinen Knallkorpers eine kugelformige Verdichtungswelle in der Luft aus. Ebene Wellen entstehen, wenn ein ausgedehnter ebener Strahler Wellen aussendet. Ein Lautsprecher mit einer groBen Membran gibt naherungsweise ebene Wellen ab. Ein Ausschnitt einer Kugelwelle kann in groBem Ab-

Bild5'50. Momentaufnahme einer elektromagnetischen Welle: a) Feldverteilung, b) Energiedichte.

Bild 5-51. Wellenfldchen einer Kugelwelle und einer ebenen Welle.

386

5. Schwingungen und Wellen

stand vom Erregerzentrum als ebene Welle angesehen werden. Die Begriffsbestimmungen zur Beschreibung schwingender Kontinua und Wellen sind in DIN 1311, Blatt 4, definiert. 5.2.2. Harmonische Wellen 5.2.2.1. Mathematische Beschreibung hamionischer Wellen Der mathematische Zusammenhang zwischen Auslenkung y, Ort x und Zeit t bei einer Welle hangt von der Art der Anregung ab. Von besonderer Bedeutung ist die harmonische Anregung. Wird z. B. in Bild 5-46 das erste Pendel bei x = 0 harmonisch, d. h. gemaB y = ycos((ot-\- (p^) angeregt, so bildet sich eine harmonische Welle oder Sinuswelle aus. Ein Oszillator an einem beliebigen Ort x wird ebenfalls harmonisch schwingen, allerdings zeitlich verspatet gegeniiber dem ersten.

Durch die Gl. (5.172) und (5-174) wird auch mathematisch noch einmal zum Ausdruck gebracht, daB die Auslenkungen bei einer Welle vom Ort und von der Zeit abhangen. Ist wie in diesem Fall die Ortsabhangigkeit nur die Funktion einer Ortskoordinate, dann nennt man die Welle einfach. Im Rahmen dieses Buches werden nur einfache Wellen betrachtet. Halt man die Raumkoordinate x fest, so wird aus Gl. (5-172) y{t)^y co^{cot—cpi), also eine harmonische Schwingung. Dieser Fall tritt beispielsweise auf, wenn eine Schallwelle an das Ohr gelangt und dort am festen Ort x das Trommelfell zu erzwungenen Schwingungen mit der Frequenz / erregt. Zu einer bestimmten Zeit t wird aus Gl. (5-172) y{x)=y cos {kx^- ^2), also das Momentbild einer harmonischen Welle, wie es z.B. in Bild 5-47 gezeigt ist.

Die zeitliche Verschiebung betragt tsX = xlc. 5.2.2.2. Energietransport Damit ist die Auslenkung des Oszillators am In Abschn. 5.2.1 ist bereits darauf hingewieOrt X gegeben durch sen worden, daB eine laufende Welle Energie von einem Ort zum andem transportiert. >' = j> cos [ft) (r - A/) -h ^o] Solange die Wellenbewegung anhalt, enthalt jedes Volumenelement des Ubertragungsmex-\- (f)^ = y cos (ft>/ diums einen bestimmten Energiebetrag. Die Energie je Volumeinheit nennt man EnergieUnter Beriicksichtigung von Gl. (5-170) und dichte. (5-171) ergibt sich Bei mechanischen Wellen hat ein Volumenelement d V mit der Masse dm = 9 d F nach 7 = j> cos ^ ^ l y - y l + iy^o Gl. (5-53) die Schwingungsenergie (kinetische plus potentielle Energie) oder y{x, t)==ycos{cot -- k

X-\-(PQ).

(5-172)

Die Konstante k wird Wellenzahl genannt und ist definiert als 2n

(5-173)

dE = 'jQdVv^^ {qdVf

Die Energiedichte w mechanischer Wellen ist proportional dem Quadrat der Amplitude y und dem Quadrat der Kreisfrequenz ft;: ^E

Gl. (5-172) beschreibt eine Welle, die nach rechts lauft, d.h. in Richtung zunehmender x-Werte. Entgegengesetzte Laufrichtung erhalt man durch Vertauschen eines Vorzeichens in der Klammer: y{x, t) = y cos{co t -\- kX ^- (p^). (5-174)

(D^.

1

.2

2

(5-175)

Die Energie, die je Zeiteinheit eine Flache d4 senkrecht durchsetzt, also der Quotient aus Leistung und Flache, nennt man Intensitdt oder Energiestromdichte. Die Intensitat S laBt sich wie jede Stromdichte als Produkt von Dichte (hier: Energiedichte) und Stromungs-

5.2. Wellen

387

geschwindigkeit (hier: Ausbreitungsgeschwindigkeit) schreiben: S=wc.

(5-176)

Mit der Energiedichte nach Gl. (5-175) ergibt sich fiir die Intensitat mechanischer Wellen

S=

\cQfco^.

(5-177)

Die Energiedichte elektromagnetischer Wellen setzt sich aus elektrischer und magnetischer Energiedichte (Abschn. 4.5.5) zusammen: dE 1

= y (£r£0^^ + y"r/"0^^)•

Die elektrische und magnetische Energiedichte sind gleich, so daB auch gilt ^=8,8QE'^

=

(5-178)

^^(IQH^.

Die Energiedichte elektromagnetischer Wellen ist proportional zum Quadrat des elektrischen bzw. magnetischen Feldstarkevektors. Die Energiedichte variiert langs der Ausbreitungsrichtung, wie es in Bild 5-50 dargestellt ist. Die einzelnen Maxima verschieben sich mit Lichtgeschwindigkeit auf der x-Achse. Am festen Ort x schwankt die Energiedichte gemaB W = £r ^0 E^ COS^ {(O t -\- (po) .

Die Intensitat S einer elektromagnetischen Welle ist nach Gl. (5-176) S = Sj

SQ

E'^ c ==

JUY

fiQ H^

c.

(5-179)

Sie schwankt wie die Energiedichte raumlich und zeitlich. Der Mittelwert der Intensitat ist gegeben durch S^je^eoE'^c^jjUrjUo oder, mit c =

1/^

^OMTMO

H^ c (Abschn. 5.2.2.3)

Ein Detektor, der z. B. die Intensitat von Licht miBt, wird infolge der hohen Frequenz des Lichtes immer nur den Mittelwert S anzeigen. Die Intensitat laBt sich auch sehr einfach als Vektorprodukt der elektrischen und magnetischen Feldstarke darstellen: S=

ExH,

(5-181)

Der Vektor S weist in Ausbreitungsrichtung der Welle und wird Poyntingscher Vektor (J. H. POYNTING, 1852 bis 1914) der Energiestromdichte genannt. Bei den ebenen Wellen ist die Energiedichte und somit auch die Amplitude langs der Ausbreitungsrichtung konstant, da sich die Wellenflachen, durch die die Energie hindurchtritt, nicht andern (Bild 5-51 rechts). Dies bedeutet, daB Gl. (5-172) und (5-174) fiir ebene Wellen gelten. Bei Kugelwellen hingegen muB mit zunehmendem Abstand von der Quelle der Energieinhalt auf immer groBer werdende Flachen verteilt werden. Weil die Kugelflachen mit dem Radius r quadratisch zunehmen, muB die Energiedichte mit 1/r^ abnehmen. Die Gleichung fiir eine Kugelwelle (Bild 5-51 links) lautet also fiir r>0: y{r^ t) = — cos(cot-kr-]-(po). r

(5-182)

5.2.2.3. Phasengeschwindigkeit Die Geschwindigkeit einer Welle in einem bestimmten Medium wird bestimmt mit Hilfe der Wellengleichung, die zuerst von Euler (L. EuLER, 1707 bis 1783) angegeben wurde. Das Aufstellen und die Losung dieser Differentialgleichung seien am Beispiel der Wellenausbreitung auf einer gespannten Saite demonstriert. Bild 5-52 zeigt einen Ausschnitt aus einer gespannten Saite, die mit der Kraft F gespannt ist. (Die Einspannstellen liegen auBerhalb des

388

5. Schwingungen und Wellen

-dx

—

QAAX

6/2

Oder F

Bild 5-52.

x + dx Teilstuck einer gespannten Saite.

Diagramms.) Die Kraft F, die beidseitig des gekennzeichneten Volumelements angreift, wird in ihre x- und >^-Komponente zerlegt. Die riicktreibende Kraft, die das Volumelement in die Ruhelage y^O zuriicktreibt, ist

Die allgemeine Losung dieser Wellengleichung ist nach d'Alembert eine Funktion vom Typ y (x, t) =f(x ±ct). Insbesondere ist die harmonische Welle nach Gl. (5-172) und (5-174) eine Losung. Zur KontroUe bildet man die zweiten Ableitungen der Funktion y(x, t)=y cos (cot—kx-\-(p): d^y , — r = — y co^ cos (co t — k X -\- w), d^y 5x2

^riick = - (^y (^) -Fy{x-^ dx)) = F sin (a + da) — F sin a . Fiir kleine Auslenkungen gilt sin a ^ a ^ tan a = und

^ ' ) 9x

Ba ^^y da = - — d x = — ^ d x . ox ox^

(5-183)

— y k^ cos {(JO t — k X + (p)

und setzt sie in die Wellengleichung (5-183) ein: — y cn^ cos {co t — k x -\- (p)

f =

y k^ cos {cD t — k X + (p). AQ

Daraus ergibt sich

Damit betragt die Riickstellkraft

oj' k^

{Inff {Inlkf

F Aq

Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit einer Welle auf einer Saite betragt demnach

-yi

Die Riickstellkraft beschleunigt das Massenelement der Masse dm nach dem Newtonschen Grundgesetz:

^^y

Beim Vergleich mit der Wellengleichung (5-138) stellt man fest, dafi der erste Faktor auf der rechten Seite von Gl. (5-183) mit dem Quadrat der Wellengeschwindigkeit identisch ist. Die Wellengleichung lautet deshalb allge-

dt'

mem

^^y ^riick = dm fl = dm • dt' Oder d^y

(5-184)

• dm-

Mit der Querschnittsflache A der Saite gilt fiir die Masse dm = QA dx. Damit erhalt man die Differentialgleichung ^) Bei der partiellen Differentiation dy/dx wird yix,t) nur nach x differenziert, die Variable / wird konstant gehalten. Der Differentialquotient dy/dt wird durch Differenzieren nach / gebildet; hierbei bleibt x konstant.

62j

, 8V

6/2

" 6x2 •

(5-185)

Die Wellengleichung heiBt gewohnliche Wellengleichung, wenn sie — wie in diesem Fall — hinsichtlich des Ortes nur die zweite Ableitung enthalt.

5.2. Wellen Nach dieser Methode kann man in alien Systemen, in denen eine Wellenausbreitung moglich ist, die Wellengleichung aufstellen und somit einen Ausdruck fiir die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer Welle erhalten. Ohne Herleitung sind in Tabelle 5-8 Gleichungen zur Bestimmung der Wellengeschwindigkeit in verschiedenen Systemen angegeben. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer Welle wird im engeren Sinne als Phasengeschwindigkeit c bezeichnet, die streng zu unterscheiden ist von der spater noch zu definierenden Gruppengeschwindigkeit Cgr (Abschn. 5.2.4.4): Die Phasengeschwindigkeit gibt an, wie schnell sich ein Schwingungszustand konstanter Phase (z.B. Wellenberg, Wellental, Nulldurchgang), also eine Wellenflache, fortbewegt. Tabelle 5-8. Ausbreitungsgeschwindigkeit verschiedener Wellentypen in verschiedenen Medien. Wellentyp

Ausbreitungsgeschwindigkeit

Longitudinal well en in Gasen

(5-186)

Longitudinalwellen in Fliissigkeiten

(5-187)

Longitudinalwellen in diinnen Staben

(5-188)

Torsionswellen in diinnen Rundstaben

(5-189)

Elektromagnetische Wellen im Vakuum

(5-190)

Elektromagnetische Wellen in Materie

(5-191) ye,£oy"ry"o

K Isentropenexponent Q Dichte p Druck K Kompressionsmodul E Elastizitatsmodul G Schubmodul So elektrische Feldkonstante IXQ magnetische Feldkonstante fir relative Dielektrizitatszahl //r relative Permeabilitat.

dunn bedeutet, da6 die Querdimensionen klein gegen die Wellenlange sind

389

In der Gleichung einer ebenen Welle y = y co^{cD t - k X -\- (po) wird ein Zustand konstanter Phase festgelegt durch co t — k x + (po = konst. Orte konstanter Phase sind cot^cpo- konst ^ . _, , . ,. x = ; . Die Phasengeschwindigk keit, definiert als c = dx/dt, betragt dann

Dieser Ausdruck ist identisch mit der in Gl. (5-171) definiertenPortpflanzungsgeschwindigkeit c = Xf. Zur tJbung V 5.2-1: Schallwellen, die vom menschlichen Ohr wahrgenommen werden, haben Frequenzen im Bereich 16 Hz ^ / ^ 20 kHz. Welche Wellenlangen haben diese Schallwellen, wenn die Schallgeschwindigkeit in Luft c = 340 m/s betragt? U 5.2-2: Eine ebene Schallwelle wird durch die Gleichung j = 5- 10-'^m-sin(1980s-^ • / - 6 m - ^ - x) beschrieben. Berechnen Sie a) die Frequenz /, b) die Wellenlange X, c) die Phasengeschwindigkeit c und d) die Geschwindigkeitsamplitude v eines Teilchens. U 5.2-3: Auf einem langen Seil wird eine Transversalwelle erzeugt, indem ein Seilende sinusformig mit der Frequenz / = 5 Hz und der Amplitude j) = 20 cm hin- und herbewegt wird. Die Spannkraft des Sells betragt F= 100 N, der Seildurchmesser ist d= \0 mm, die Dichte betragt Q = 1,5 kg/dm^. a) Wie groB ist die Phasengeschwindigkeit c der Welle? b) Welche Wellenlange /I tritt auf? c) Wie lautet die Gleichung der Welle, wenn zur Zeit / = 0 am Ort x = 0 die Auslenkung y = 0 und die Geschwindigkeit v <0 ist? U 5.2-4: Das menschliche Ohr kann Schallintensitaten ab etwa S= 10~'^W/m^ wahmehmen. Berechnen Sie fiir die Frequenz / = 1000 Hz und die Schallgeschwindigkeit c = 340 m/s die Schwingungsamplitude y der schwingenden Partikeln. Vergleichen Sie das Ergebnis mit der MolekiilgroBe der Partikeln. if 5.2-5: Berechnen Sie die Amplitude der elektrischen und magnetischen Feldstarke der Lichtwelle eines Lasers, der im Pulsbetrieb die Leistung P = 1 GW an die Flache^ = 0,01 mm^ abgibt.

390

5. Schwingungen und Wellen

if 5.2-6: Ein Radiosender mit der Leistung P= lOOkW strahle Kugelwellen in den isotropen Raum. Welche Intensitat hat die elektromagnetische Welle im Abstand 100 km vom Sender? (Verluste seien vemachlassigt.)

Abstand, in dem zwei aufeinanderfolgende Verdichtungen beim Beobachter ankommen, betragt T^=—^—. Damit ist die Frequenz, die der Beobachter wahrnimmt, /B =

C + Z^B

Mit der Beziehung c = A/Q ergibt sich

5.2.3. Doppler-Effekt Bewegen sich eine Quelle, die eine Welle aussendet, und ein Beobachter relativ zueinander, so registriert der Beobachter die Frequenz / B , die verschieden ist von der Frequenz/q, mit der die Quelle schwingt. Diese Frequenzverschiebung kann haufig im StraBenverkehr beobachtet werden: Bei einem hupenden Auto, das am Beobachter voriiberfahrt, erniedrigt sich wahrend des Vorbeifahrens die Tonhohe (Frequenz) des Signaltons. Bei Schallwellen wurde dieser Effekt erstmals

/B=/Q|1+^

.

(5-193)

Entfemt sich der Beobachter von der Quelle, so gilt

im Jahr 1842 beschrieben. Fiir die Berechnung der Frequenzverschiebung sind folgende Falle zu unterscheiden: Bewegung des Beobachters, Bewegung der Quelle und beiderseitige Bewegung. „Bewegung" bedeutet in diesem Fall, daB sich die Quelle bzw. der Beobachter relativ zum Ubertragungsmedium (Luft), in dem sich die Welle ausbreitet, bewegt.

Die beiden Endformeln gelten nur fiir den Fall, daB sich der Beobachter radial auf die Quelle zu bzw. von ihr weg bewegt. Erfolgt die Bewegung auf einem um die Quelle konzentrischen Kreis, so beobachtet man keine Doppler-Verschiebung. Fiir beliebige Bewegungen muB man in Gl. (5-193) und (5-194) die Radialkomponente der Beobachtergeschwindigkeit einsetzen, um die richtige Frequenz zu erhalten.

a) Beobachter bewegt sich. Quelle ruht

b) Beobachter ruht. Quelle bewegt sich

Die Schwingungen einer Schallquelle breiten sich in Form von Kugelwellen in der Luft aus, wie Bild5-53a zeigt. Bewegt sich ein Beobachter mit der Geschwindigkeit v^ auf die Quelle zu, so kommen die Verdichtungen und Verdiinnungen der Luft in rascherer Folge an sein Ohr als beim Stillstand. Der zeitliche

Bild 5-53 b zeigt das Wellenfeld einer nach rechts laufenden Schallquelle. Da die Quelle ihren eigenen Wellenziigen nacheilt, ist der Abstand zwischen den Wellenflachen auf der Vorderseite gestaucht, auf der Riickseite gedehnt. Fiir einen Beobachter, auf den die Welle zulauft, ist die wirksame Wellenlange

von

CHRISTIAN

DOPPLER

(1803

bis

1853)

Bild 5-53. Wellenfelder zum Doppler-Effekt: a) ruhende Quelle, bewegter Beobachter, b) bewegte Quelle, ruhender Beobachter und c) Machscher Kegel beim Uberschallflug.

5.2.Wellen 1^ =), — VQTQ

verkiirzt

und

c X / B = — erhoht. Mit c — Xf(^ —

/B =

/Q

die

Frequenz

ergibt sich

Tabelle 5-9. Doppler-Effekt: Die verschiedenen Bewegungsmoglichkeiten von Quelle und Beobachter sind durch Pfeile angedeutet. D i e Geschwindigkeiten v^, VQ und c sind betragsmaBig in die Gleichungen einzusetzen.

(5-195)

1 ~v^/c

Quelle

Entfemt sich die Quelle vom Beobachter, so gilt

/B =

391

/Q

beobachtete Frequenz

- •

/B=/Q(l+y)

Gl. (5-193)

/B=/Q(I-7)

Gl. (5-194)

h=^^— 1 - ^ c

Gl. (5-195)

h=^^— 1+ ^ c

Gl. (5-196)

• -

(5-196)

1 -\-Vq/c '

Beobachter

•^ Gl. (5.195) und (5-196) unterscheiden sich von Gl. (5-193) und (5-194). Bei kleinen G e schwindigkeiten gehen die entsprechenden Ausdriicke ineinander iiber. Bei groBen G e schwindigkeiten, besonders nahe der Schallgeschwindigkeit c, ergeben sich erhebliche Abweichungen.

^^

• -

4—0

C -\- Vji

/B=/Q

Gl. (5-197) C-

<—%

0—>

VQ

/ B = / Q ^ ^

Gl. (5-198)

/B=/e-^^

Gl. (5-199)

c) Beobachter und Quelle bewegen sich Falls sich sowohl der Beobachter als auch die Quelle relativ zur Luft bewegen, gibt es je nach Bewegungsrichtung mehrere Moglichkeiten der Frequenzverschiebung. In Tabelle 5-9 sind alle Falle schematisch dargestellt.

<<—0

• -

- • 0—>

C+VQ

/ B = / Q ^ ^ ^

Gl. (5-200)

Daraus folgt l/I-l V = c -4 = 34,35 m/s = 123,6 km/h.

}f+l

Beispiel 5.2-1: Zwei Zuge fahren auf parallelen Gleisen mit der gleichen Geschwindigkeit v einander entgegen. Bin Zug gibt ein Pfeifsignal ab, das ein Reisender im anderen Zug hort. Der Reisende ist musikalisch und behauptet, beim Vorbeifahren eine Tonhohenanderung von einer Quinte (Frequenzverhaltnis 3:2) gehort zu haben. Wie schnell fahren die Zuge? Die Schallgeschwindigkeit betragt c = 340 m/s. Losung: Nach Gl. (5-197) in Tabelle 5-8 ist die Frequenz, die der Beobachter bei Annaherung hort, c -\-v /BI=/Q

Die bisher angegebenen Formeln sind nicht anwendbar beim Doppler-Effekt des Lichts. Wie Michelson und Morley 1887 zeigten, bedarf es keines Ubertragungsmediums (Ather) fiir die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen. Fiir die Doppler-Verschiebung ist nicht die Geschwindigkeit relativ zu einem ruhenden Koordinatensystem, sondern nur die Relativgeschwindigkeit v von Quelle und Beobachter zueinander maBgebend. Es ergibt sich bei Annaherung (Abschn. 10.5.2)

c—V .

bei

Entfemung

c-v Das Frequenzenverhaltnis betragt /BI

c+y

/B2

c—v

\2

/B2=/Q-

c-\-v

Entfemen sich Quelle und Beobachter voneinander, werden bei dem Bruch in Gl. (5-201) Zahler und Nenner vertauscht.

392

5. Schwingungen und Wellen

d) Quelle bewegt sich mit Uberschallgeschwindigkeit Bild 5-53 b zeigt das Wellenfeld, das um eine bewegte Quelle entsteht. Mit zunehmender Geschwindigkeit der Quelle nahem sich die Wellenflachen auf der Vorderseite immer mehr, bis sie schlieBlich fiir VQ = c alle durch einen Punkt gehen und die Einhullende wie eine ebene Wand aussieht. DurchstoBt die Quelle diese „Schallmauer" und fliegt mit Uberschallgeschwindigkeit, dann stellt sich ein Wellenfeld gemaB Bild 5-53 c ein. An der Spitze des Kegels befindet sich das auslosende Objekt. Dieses muB von sich aus gar keine Schallwellen aussenden. Bei seiner Bewegung drangt es die Luftmolekiile zur Seite, erzeugt also vor sich eine Druckerhohung, hinter sich eine Druckemiedrigung. Die Druckwellen breiten sich vom jeweiligen Entstehungspunkt kugelformig im Raum aus. Im stationaren Zustand ergibt die Uberlagerung aller Kugelwellen als Einhullende einen Kegel, den Machschen Kegel (ERNST M A C H , 1838

bis 1916). Die kegelformige Wellenfront nennt man eine Kopfwelle. Weil sich auf dem Kegelmantel die Druckerhohungen addieren, hort ein Beobachter, iiber den diese StoBfront hinwegrast, einen explosionsartigen Knall. Der Uberschallknall tritt auf bei schnellen Geschossen und Uberschallflugzeugen. Der halbe Offnungswinkel a des Machschen Kegels ergibt sich nach Bild 5-53 c aus folgender Uberlegung: Eine zur Zeit t = 0 am Punkt A erzeugte Druckwelle ist in der Zeit / mit der Schallgeschwindigkeit c von A nach B gelaufen, hat also den Weg AB, d. h. ct zuriickgelegt. In der gleichen Zeit flog die Quelle von A nach Q, legte also den Weg AQ, d. h. VQ t zuriick. Der Sinus des Machschen Winkels (X ist damit 1 c sm a = — = VQ Ma Ma nennt man die Machsche (2-271)).

(5-202) Zahl (s. a. Gl.

Zur IJbung U 5.2-7: Eine Blaskapelle macht Musik im Freien. Wie schnell muB ein Autofahrer auf die Musiker zufahren, damit er das Musikstiick einen Halbton (Frequenzverhaltnis 1/2:1) hoher hort?

U 5.2-8: Ein Lokfiihrer, der mit der Geschwindigkeit V = 90 km/h auf einen Tunnel zufahrt, lafit ein Pfeifsignal der Frequenz/= 500 Hz ertonen. a) Welche Frequenz /B hort ein ruhender Beobachter, an dem der Zug bereits vorbeigefahren ist? b) Am Tunneleingang wird das Signal reflektiert. Welche Frequenz/j hort der Beobachter? c) Wie groB ist die Frequenz / L des reflektierten Signals fiir den Lokfiihrer? U 5.2-9: Beim Verkehrsradar wird ein Radarstrahl an der Riickseite eines Kraftfahrzeugs reflektiert. Ein Detektor, der neben dem Sender steht, miBt die Frequenzverschiebung des reflektierten Strahls gegeniiber der Sendefrequenz. a) Zeigen Sie, daB die relative Frequenzanderung in guter Naherung A/7/= 2 v/c betragt. v ist die Geschwindigkeit des Autos, c die Lichtgeschwindigkeit. b) Wie groB ist die Frequenzanderung, wenn V = 60 km/h u n d / = 9 GHz ist? c) Mit welcher Genauigkeit mu6 A/ gemessen werden, wenn die Geschwindigkeit r = 60 km/h auf 10%genauseinsoll? U 5.2-10: Ein Flugzeug fliegt mit der Machzahl Ma =1,5. a) Wie groB ist der halbe Offungswinkel des Machschen Kegels? b) Das Flugzeug befinde sich zur Zeit / = 0 genau senkrecht iiber einem Beobachter in einer Hohe von h = 5000 m. Nach welcher Zeit hort der Beobachter den Uberschallknall?

5.2.4. Interferenz 5.2.4.1. Uberlagerung von Wellen gleicher Frequenz Laufen mehrere Wellen durch ein gemeinsames Ubertragungsmedium, so kann es an bestimmten Stellen des Raumes zu Uberlagerungen der einzelnen Wellen kommen. Es zeigt sich, daB im allgemeinen das Prinzip der ungestorten Superposition anwendbar ist. Dabei geht man davon aus, daB sich jede Welle so ausbreitet, als ob die anderen Wellen nicht da waren; man iiberlagert sie dann additiv. Erscheinungen, die an einer bestimmten Stelle des Raumes durch Uberlagerung von Wellen hervorgerufen werden, nennt man Interferenz. Zunachst soil untersucht werden, wie sich zwei in der selben Richtung laufende ebene

5.2. Wellen

Wellen gleicher Amplitude iiberlagern. Die erste Welle sei gegeben durch yi=ycos((jj

t-

kx).

Die zweite Welle weise gegeniiber der ersten die Phasenverschiebung (p bzw. den Gangunterschied A =

A auf: In y2 = y cos(co t — k X -\- (p) = y cosi CO t — k X -\- 2 7

Die resultierende Welle, die durch Addition der beiden Teilwellen entsteht, ist wieder eine ebene Welle mit der gleichen Frequenz und Wellenlange, aber anderer Amplitude und Phasenlage: y = 2y cos

2

Oder

y^2y

COS

('

cos icot \

T)

- kx-\-

1)

cosI cot-k

b) Gangunterschied A=yl/2; Phasenverschiebung (p= n. Die beiden Ausgangswellen schwingen an jedem Ort gegenphasig und loschen sich uberall aus. c) Gangunterschied A=A/4; Phasenverschiebung (p = n/2. Die Amplitude der resultierenden Welle ist l/2-mal groBer als die der Ausgangswellen. Die Nulldurchgange liegen zwischen denen der Wellen j j und ;^2Die Ergebnisse sind in Tabelle 5-10 wiedergegeben. Konstruktive Interferenz, d.h. Verstarkung der beiden Wellen, ergibt sich, wenn der Gangunterschied ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlange ist. Destruktive Interferenz — also Ausloschung - tritt ein, wenn der Gangunterschied der beiden Teilwellen ein ungeradzahliges Vielfaches der halben Wellenlange betragt. Tabelle 5-10. Interferenzbedingungen fiir konstruktive und destruktive Interferenz, Ordnungszahl m = 0, 1,2,3 ... . Bedingung fur

(5-203)

In Bild 5-54 sind einige Sonderfalle dargestellt: a) Gangunterschied A = 0; Phasenverschiebung (p = 0. Die Amplitude der resultierenden Welle ist doppelt so groB wie die der Ausgangswellen. Die Nulldurchgange liegen am selben Ort wie bei den Ausgangswellen.

393

konstruktive Interferenz

destruktive Interferenz

Gangunterschied

A= mA

A = (2m+1)^

Phasenverschiebung

(p = mln

(p =(2 m-\- \) n

Beispiel 5.2-2: Zwei Lautsprecherboxen Bi und B2 sind im Abstand d=Am aufgestellt. Ein Horer sitzt so, da6 er von der Box Bi die Entfemung ^i = 4,2 m, von B2

Bild 5-54. Uberlagerung ehener Wellen mit Zustdnden fur / = 0.

394

5. Schwingungen und Wellen

den Abstand ^2 = 3,2 m hat Fiir welche Frequenzen konnen sich die Schallwellen am Ort des Horers ausldschen? (Reflexionen, z.B. an den Wanden, seien vemachlassigt.)

schen P und Si bzw. S2 kommt es zur Interferenz mit verschiedenen Gangunterschieden. Sind die Spiegel so justiert, da6 der Empfanger E ein maximales Signal registriert, so liegt konstruktive Interferenz vor, d. h., der GangLosung: unterschied der beiden Teilwellen betragt Bedingung fiir Ausloschung ist nach Tabelle 5-10 A = m A. Verschiebt man jetzt z. B. den Spiegel der Gangunterschied A = ^2 — ^i =(2 m + 1) 2^. Dar- Si um 2/4, so verandert sich der Weg im 2(52-5i) betreffenden Arm des Spektrometers um • MitA, aus folgt AIT erhalt man 2w+l '^'" 4 . k/2\ dies fiihrt zur Ausloschung der interferierenden Wellen. fiir die sich weginterferierenden Frequenzen Bei kontinuierlicher Verschiebung eines Spie2m-\-\ gels variiert daher das Empfangersignal peri2(52-5i) odisch. Ist X die Verschiebung eines Spiegels Mit der Schallgeschwindigkeit c = 340 m/s folgt zwischen zwei Empfangermaxima, so betragt A =170 H z - ( 2 ^ + 1 ) . die Wellenlange der ebenen Welle k = 2x. Man erhalt die Zahlenwerte /Q = 170 Hz, /i = 510 Hz, Auf diese Weise laBt sich beispielsweise die /2 = 850 Hz,/3 = 1190 Hz und so fort. Wellenlange der untersuchten Welle bestimmen. Nimmt man als Welle eine Lichtwelle, so kann man wegen der kleinen Wellenlange Im Interferometer nach Michelson kann die von nur einigen hundert Nanometern ungeUberlagerung von zwei ebenen Wellen mit wohnlich prazise Langenmessungen vornehbeliebigem Gangunterschied beobachtet wermen (Abschn. 6.4). Bereits 1889 haben Michelden. Das Prinzip geht aus Bild 5-55 hervor. son und Morley darauf hingewiesen, daB die Fine ebene Welle (Lichtwelle, elektromagneLangeneinheit „Meter'' als Vielfaches einer tische Mikrowelle, Ultraschallwelle), die der bestimmten Lichtwellenlange definiert werSender S ausstrahlt, wird von der halbdurchden konnte. Diese Definition wurde auch lassigen Platte P in zwei Teilwellen zerlegt, realisiert und war bis 1983 gultig. die nach der Reflexion an den Spiegeln Si Bei Lichtwellen gelingen Interferenzexperiund S2 im unteren Arm des Spektrometers mente nur dann, wenn die beiden interferieiiberlagert werden. Je nach Weglange zwirenden Wellen kohdrent sind. Einzelheiten hieriiber findet man in Abschn. 6.4. 5.2.4.2. Stehende Wellen Bringt man zwei ebene Wellen gleicher Amplitude und Frequenz, aber entgegengesetzter Laufrichtung zur Interferenz, so entsteht eine stehende Welle. Praktisch geschieht dies z.B. bei der Reflexion einer Welle an einer Wand. Mathematisch werden die beiden entgegengesetzt laufenden Wellen beschrieben durch y^ =ycos((jot — kx) und y2=ycos((o

t-\-k

x-\-(p).

Die resultierende Welle ergibt sich durch Addition der beiden Teilwellen:

Bild 5-55. Michelson-Interferometer, schematisch. S, Sender; P, halbdurchldssige Platte; S^ und $2, Spiegel; E, Empfdnger.

y(x,t)

= 2ycos

co^+l

cos I kx-\- (P 2^ (5-204)

5.2. Wellen

395

Bild 5-56. Zustdnde einer stehenden Welle.

In Bild 5-56 sind verschiedene Zustande der durch Gl. (5-204) beschriebenen stehenden Welle dargestellt. In regelmaBigen Abstanden A/2 entstehen Schwingungsknoten bzw. Schwingungsbduche. Es ist zu beachten, daB diese Knoten und Bauche ortsfest sind und sich nicht wie bei der laufenden Welle langs der xAchse weiterbewegen. Bei jeder Reflexion einer Welle tritt ein stehendes Wellenfeld auf. Ob sich an der Reflexionsstelle ein Schwingungsknoten oder ein Schwingungsbauch ausbildet, hangt davon ab, ob die Reflexion an einem festen oder losen Ende erfolgt. Hangt man einen mit Sand gefiillten flexiblen Schlauch an der Decke auf und versetzt ihm einen Schlag, so lauft die Ausbuchtung nach oben und nach der Reflexion am fest eingespannten Ende auf der anderen Seite wieder herunter, wie Bild 5-57 a zeigt. Die Welle erfahrt also einen Phasensprung um cp = n. Ist hingegen das obere Ende des Schlauches an einem diinnen Bindfaden gemaB Bild 5-57 b befestigt, so er-

^

p^F

> \

\ <

folgt bei der Reflexion am losen Ende kein Phasensprung, d.h., die Auslenkung kommt auf derselben Seite zuriick, auf der sie begann. Regt man nun den Schlauch mit geeigneter Frequenz zu Schwingungen an, so bildet sich eine stehende Welle aus, die bei fester Einspannung einen Knoten, bei loser Halterung einen Bauch am Schlauchende hat. Stehende Wellen treten in vielen Gebieten der Physik auf. Im folgenden werden einige Beispiele beschrieben. Transversalwellen auf Saiten Spannt man eine Saite an beiden Enden ein, so bildet sich bei geeigneter Anregung eine stehende Welle aus. (In Bild 5-58 wird eine Einspannstelle zu transversalen Schwingungen mit kleiner Amplitude angeregt.) Je nach Erregerfrequenz bilden sich verschiedene stehende Wellen mit verschiedenen Knoten aus. Da an den Einspannstellen stets ein Knoten sein muB, hat die Grundschwingung einen

2^Y^////y.

p

c1

'1

Bild 5-57. Reflexion einer Transversalwelle am festen (a) und losen Ende (b).

Bild 5-58. Stehende Wellen auf einer Saite.

396

5. Schwingungen und Wellen

Bauch in der Saitenmitte. Die Lange / der Saite muB demnach mit der halben Wellenlange ubereinstimmen: / = X/1. Mit c= Xf ergibt sich fur die Frequenz des Grundtons

Die Phasengeschwindigkeit der Welle betragt dabei

a)

D b)

Bild 5-59. Stehende Schallwellen im Kundtschen Rohr: a) Prinzip der Anregung und b) Knoten und Bduche (Photographie).

Luftsaule im Innern eines Glasrohrs wird z. B. mit Hilfe eines Lautsprechers in Langsschwingungen versetzt. Die Lange der schwingenden Die erste Oberschwingung hat in der Saiten- Luftsaule laBt sich mit dem verschiebbaren mitte einen Knoten, die zweite Oberschwin- Stempel am linken Ende verandern. Bei pasgung hat zwei Knoten und so fort. Die «-te sender Lange bildet sich ein stehendes WelOberschwingung hat n Knoten und die Fre- lenfeld mit groBen Schwingungsamplituden aus. Im Rohrinnern befindet sich Korkmehl, quenz das an den Schwingungsbauchen aufgewirbelt wird und an den Knoten liegen bleibt. Der (5-206) /n=(^+l)/0. Abstand zweier benachbarter Knoten betragt auch in diesem Fall A/2. Beispiel Stehende Longitudinalwellen spielen auch 5.2-3: Bild 5-58 zeigt Photographien stehender Wel- eine groBe Rolle bei den Blasinstrumenten. len auf einer Gummischnur. Die Anregung ge- Als Beispiel seien die Eigenschwingungen der schieht mit einem Klingeltrafo variabler Frequenz. Orgelpfeifen naher untersucht. Bei OrgelpfeiDie Dichte der Saite betragt Q = 0,95 kg/dm^ die fen wird die Luft am vorderen Ende iiber eine Spannkraft i^ = 1 N, die Saitenlange / = 2 m, der Schneide eingeblasen und durch die entsteDurchmesser der Saite d = I mm. henden Wirbel die Luftsaule zu Schwinguna) Mit welcher Frequenz/o mu6 die Saite angeregt gen angeregt. Bei offenen Pfeifen ist das hinwerden, damit sich die Grundschwingung ein- tere Ende der Pfeife offen. Dort wird die stellt? Schallwelle reflektiert und lauft zuruck. Es b) Wieviel Knoten lassen sich beobachten, wenn die bildet sich eine stehende Welle aus, die an maximal einstellbare Frequenz f^^^ = 50 Hz beden Enden des Rohres einen Schwingungstragt? bauch (Druckknoten) aufweist (Reflexion am losen Ende). Bild 5-60 zeigt einige SchwinLosung: gungsformen einer offenen Pfeife. Die Longia) Nach Gl. (5-205) ist die Frequenz des Grundtons tudinalwellen werden als Transversalwellen dargestellt. Die Grundschwingung hat in der /o=^.Mit Mitte einen Knoten. Die Lange / der Pfeife ' IN entspricht also einer halben Wellenlange der Schallwelle. Mit der Schallgeschwindigkeit c 7,85 10-'^m2-950(kg/m^) ergibt sich die Frequenz des Grundtons wie = 36,6 m/s bei den Saitenschwingungen zu /o = c/(2 /) ist die Grundfrequenz/o = 9,15 Hz. (Gl. (5-205)). Die n-te Oberschwingung hat b) Fine Schwingung mit n Knoten hat die Frequenz n-\-\ Knoten und die Frequenz/„ = (« + l ) / o /„ = (« + l)/o. Mit der Bedingung/n^/max folgt (Gl. (5-206)). « = 4. Bei „gedackten" Pfeifen ist ein Ende der Longitudinalwellen in Gasen Pfeife verschlossen. Am geschlossenen Ende Longitudinale stehende Wellen in einer Luft- entsteht ein Schwingungknoten, am offenen saule konnen im Kundtschen Rohr sichtbar ein Schwingungsbauch. Die verschiedenen gemacht werden, wie es Bild 5-59 zeigt. Die Eigenschwingungsformen sind in Bild 5-61 ge-

-1^

(5-184)

5.2. Wellen

397

Eine gedackte Pfeife klingt also bei gleicher Lange um eine Oktave tiefer als eine offene Pfeife. Die Frequenz der «-ten Oberschwingung betragt /n=(2«+l)/o.

(5-208)

Bei der gedackten Pfeife kommen im Obertonspektrum nur ungeradzahlige Vielfache der Grundfrequenz vor. Bei den Musikinstrumenten schwingen auBer der Grundschwingung immer mehrere Oberschwingungen mit. Der typische individuelle Klang eines Instrumentes wird durch sein Obertonspektrum bestimmt (Abschn. 7.2.2, Bild7-17).

Bild5-60. Eigenschwingungen offener Orgelpfeifen (Verlauf der Auslenkung bzw. Geschwindigkeit): a) Grundschwingung, b) erste Oberschwingung und c) zweite Oberschwingung.

zeigt. Bei der Grundschwingung ist die Lange / der Pfeife mit A/4 identisch. Die Frequenz des Grundtones ist deshalb

5.2.4.3. Beugung Eine Welle, die auf ein Hindemis trifft, wird an dessen Randern gebeugt. Sie erfahrt eine Richtungsanderung und pflanzt sich auch in Richtungen fort, die innerhalb der geometrischen Schattengrenzen liegen. Die Richtungsanderung und die Ausbildung der neuen Wellenfront hinter dem Hindernis konnen nach dem Prinzip von Huygens (C. HUYGENS, 1629 bis 1695) ermittelt werden: Alle Punkte einer Wellenflache schwingen mit gleicher Phase. Sie haben dieselbe Frequenz wie der Wellenerreger und unterscheiden sich demnach nicht grundsatzlich von diesem. Nach Huygens kann nun jeder Punkt einer Wellenflache als Ausgangspunkt einer sog. Elementarwelle (Kugelwelle) gedacht werden. Werden zu einem bestimmten Zeitpunkt von alien Punkten einer Wellenflache Elementarwellen ausgesandt, so ergibt sich die Wellenflache zu einem spatealte Wellenfront

Bild5-6L Eigenschwingungen gedackter Orgelpfeineue neue Wellenfront fen (Verlauf der Auslenkung bzw. Geschwindigkeit): Wellenfront a) Grundschwingung, b) erste Oberschwingung und c) Bild 5-62. Beispiele zum Huygensschen Prinzip. zweite Oberschwingung.

398

5. Schwingungen und Wellen

ren Zeitpunkt als Einhiillende aller Elementarwellen, Bild 5-62 zeigt Beispiele fiir die Anwendung des Huygensschen Prinzips. Das Huygenssche Prinzip der Elementarwellen wurde von A. J. FRESNEL (1788 bis 1827) erweitert. Er zeigte, daB die Schwingung eines beliebigen Punktes im Wellenfeld dadurch zustande kommt, daB samtliche Elementarwellen, die von einer Wellenflache ausgehen, in dem betreffenden Punkt uberlagert werden. Das Huygens-Fresnelsche Prinzip erwies sich als auBerordentlich fruchtbar, denn man ist in der Lage, hiermit alle Beugungserscheinungen zu erklaren. Die Existenz der Elementarwellen kann man durch folgenden Versuch sichtbar machen: LaBt man — wie in Bild 5-63 gezeigt — ebene Wasserwellen auf eine Wand mit einer kleinen Offnung zulaufen, so bildet sich hinter der Offung eine kreisformige Elementarw^elle aus. Hat die Wand zwei oder mehr Offnungen, so ergibt sich das Wellenfeld hinter den Hindernissen durch Interferenz der Elementarwellen.

Bild 5-64. Beugung am Doppelspalt.

Symbolisieren die konzentrischen Kreise die Wellenberge der Elementarwellen, so erhalt man Verstarkung immer am Schnittpunkt zweier Kreise, weil dort der Gangunterschied ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlange ist. Die Verbindungslinien aller dieser Orte mit konstruktiver Interferenz ergeben als Interferenzmuster eine Schar konfokaler Hyperbeln, die der Hyperbelgleichung (xVa^) - (yVZ?^) = 1 geniigen, mit a = m {k/2) und b'^ =

(d/2y-a\ Die Ordnungszahl m gibt den Gangunterschied der interferierenden Kugelwellen in Vielfachen der Wellenlange A an. Die Intensitatsmaxima nullter Ordnung (m = 0) liegen auf der j-Achse. Aus geometrischen Griinden ist die Ordnungszahl beschrankt auf Werte m ^ d/X (in Bild 5-64 auf m = 0 bis m = 3). Rechts sind die Asymptoten eingezeichnet, an die sich die Hyperbeln in groBem Abstand von den Spalten (Fernfeld) anschmiegen. Die Winkel der Asymptoten zur j^-Achse betragen Bild 5-63. Elementarwelle hinter einer spaltformigen Offnung.

Die Beugung an einem Doppelspalt soil mit Hilfe von Bild 5-64 genauer untersucht werden. Von unten her bewege sich eine ebene Welle auf ein Hindernis zu, das im Abstand d zwei spaltf5rmige Offnungen hat. Von diesen Offnungen aus werden Elementarwellen in den Raum hinter dem Hindernis abgestrahlt.

A sm OL^ = m-

(5-209)

Bei den bisherigen Betrachtungen war die Spaltoffnung sehr viel kleiner als die Wellenlange. Der Fall, daB die Wellenlange kleiner ist als die Offnung, ist vor allem in der Optik haufig anzutreffen (Abschn. 6.4).

5.2. Wellen

5.2.4.4. Uberlagerung von Wellen unterschiedlicher Frequenz Die ebene Welle y = y cos (co t — k x) ist sowohl raumlich als auch zeitlich unendlich ausgedehnt, d. h., sie hat weder Anfang noch Ende. Reale physikalische Wellen sind begrenzt. Beispielsweise laufen bei der digitalen Nachrichtentechnik Wellenziige endlicher Lange auf elektrischen Leitungen. Ein solches Wellenpaket ist schematisch in Bild 5-65 wiedergegeben. Ein Wellenpaket kann mathematisch nicht durch die genannte Gleichung beschrieben, sondern es muB nach dem Satz von FOURIER als Summe bzw. Integral iiber unendlich viele /:-Werte (Wellenzahlen) dargestellt werden. Die wesentlichen Eigenschaften eines Wellenpakets konnen am Beispiel der Schwebungsgruppe diskutiert werden, die entsteht, wenn zwei ebene Wellen mit leicht unterschiedlicher Frequenz und Wellenlange uberlagert werden: j i = j)cos((^i t y2=y

399

wellen identisch sind. Die Phasengeschwindigkeit dieser Welle betragt CO

CO\-\- CO2

k

k\-^ k2

Der zweite Faktor ist verantwortlich fiir eine langwellige Modulation der Amplitude mit der Ausbildung von Wellengruppen. Bild 5-66 zeigt zwei Momentbilder der Funktion von Gl. (5-210) mit von oben nach linten fortschreitender Zeit. Das Maximum der Wellengruppe, durch einen Pfeil gekennzeichnet, bewegt sich mit der Gruppengeschwindigkeit Cgr, die man auf folgende Weise berechnen kann:

k^x),

cos (CD2 t — k2X) .

Bild 5-65. Wellenpaket endlicher Ldnge.

Bild 5-66. Zustdnde einer Wellengruppe. Der Pfeil kennzeichnet das Maximum der Gruppe, der kleine Kreis einen Zustand konstanter Phase.

Die Addition der beiden Teilwellen ergibt y = 2y cos (co t — k x) cos (Ao; t — Ak x) (5-210) nut C0\ + CO2

CO = k

=

A/: =

2 kx — k2

y = 2y cos (Aw t — A/c x).

Ein Zustand konstanter Phase dieser Funktion wird beschrieben durch Aco t — Ak x = konst. Orte konstanter Phase sind als der mittleren Kreisfrequenz, Aco t — konst. Ak als der mittleren Wellenzahl,

CD\ — CO2

Ao; =

Die Einhiillende der Gruppe entspricht dem langwelligen Anteil von Gl. (5-210):

sowie

Der erste Faktor in Gl. (5-210) stellt eine laufende Welle dar, deren Frequenz und Wellenzahl praktisch mit den Werten der Ausgangs-

Damit ergibt sich die Geschwindigkeit der Gruppe: dx Aco cox — C02 ^^'^~d^^~Ak^ kx-k2 ' Fiir beliebige Wellenpakete, die durch FourierSynthese erzeugt werden, ist die Gruppengeschwindigkeit

400

5. Schwingungen und Wellen

dco (5-211) ^gr~dk Die Gruppengeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, mit der sich die Hullkurve einer Wellengruppe weiterbewegt und somit auch die Geschwindigkeit, mit der die Energie transportiert wird. Die Gruppengeschwindigkeit ist von groBer praktischer Bedeutung. Wie man leicht zeigen kann, hangt die Gruppengeschwindigkeit Cgr mit der Phasengeschwindigkeit c iiber die Beziehung

zusammen. Aus dieser Gleichung erkennt man, daB Gruppen- und Phasengeschwindigkeit nur dann gleich sind, wenn die Phasengeschwindigkeit c nicht von der Wellenlange A abhangt, d.h. wenn dc/dA = 0 ist. Bei sehr vielen praktischen Anwendungen hangt jedoch die Phasengeschwindigkeit von der Wellenlange ab. Dies nennt man Dispersion. Sie bewirkt, dafi ein Wellenpaket im Laufe der Zeit seine Form verandert - es zerlauft. Man unterscheidet hierbei drei Falle: dc_ > 0, Cgr < c, normale Dispersion; dA dc_ < 0, Cgj. > c, anomale Dispersion; d/l dc_ = 0, Cgr = c, keine Dispersion. dl Die in Bild 5-66 dargestellte Welle zeigt normale Dispersion: Ein Zustand konstanter Phase, durch einen kleinen Kreis gekennzeichnet, bewegt sich rascher als das Maximum der Wellengruppe. In der Optik wird die Lichtgeschwindigkeit c in einem Medium iiber den Brechungsindex n ausgedriickt (Abschn. 6.2.3.1):

Dieser Brechungsindex zeigt iiblicherweise Dispersion, d.h. er hangt von der Lichtwellenlange ab: n = n (A). Wird fur die Gruppengeschwindigkeit von Lichtwellen ein Gruppenindex definiert gemafi

dann besteht fur diese beiden Brechungsindizes folgender Zusammenhang dn n — A—. dA

Bei der optischen Nachrichtentechnik laufen modulierte Lichtsignale auf Glasfasern. Die fiir die Signaliibertragung maBgebliche Geschwindigkeit ist die Gruppengeschwindigkeit, die mit Hilfe des Gruppenindex bestimmt wird. Beispiel 5.2-4: In der Nachrichtentechnik werden elektromagnetische Wellen haufig auf Hohlleitem iibertragen. Schwingt nach Bild 5-67 der elektrische Feldvektor E in z-Richtung und lauft die Welle in >'-Richtung, dann gilt folgende Dispersionsrelation: co(k)-

CQ ist die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum.

MfI

1

1

z 1—^

I 2 \

^

Phasenjreschwindigk eit dc^

O B 1 / 01

c =-

(5-213)

0

Grupperigeschwindi£rkeit Cgj/co

i

1 2 3 4 normierte Frequenz flf^ Bild 5-67. Phasen- und Gruppengeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle in einem Hohlleiter.

5.2. Wellen

401

Fiir Wellen dieser Art ist die Phasen- und Gruppengeschwindigkeit zu bestimmen.

2n 72 = 2 • 10 "*m • cos [co t — kx-\-

Losung:

Ermitteln Sie zeichnerisch und rechnerisch a) die resultierende Amplitude j>, b) die Phasenverschiebung der resultierenden Welle gegenuber ^i.

Aus der Dispersionsrelation folgt fur die Phasengeschwindigkeit CO

2ar Eine Wellenausbreitung ist ofFensichtlich nur moglich, wenn die Frequenz/grofier ist als eine Grenzfrequenz^gr: />/gr

=

U 5.2-12: Ein Stahlstab mit der Dichte ^ = 7,83 kg/dm^ und der Lange / = 1 m ist in der Mitte fest eingespannt. Durch Reiben erzeugt man eine Longitudinalschwingung mit der Grundfrequenz /o = 2527 Hz. a) Wie groB ist die Schallgeschwindigkeit im Stab? b) Bestimmen Sie den Elastizitatsmodul des Stahls. c) Welche Frequenzen haben die moglichen Obertone?

2a'

U 5.2-13: Zwei ebene ungedampfte Wellen laufen in Zudem ist die Phasengeschwindigkeit c stets groBer als die Vakuumlichtgeschwindigkeit CQ (Bild 5-67). gleicher Richtung und uberlagern sich. Die FreDies ist kein Widerspruch zur Relativitatstheorie, quenzen sind /i = 30 Hz und /2 = 33 Hz. Die Ausnach der weder materielle Korper schneller sein breitungsgeschwindigkeit ist fur beide Ci = C2= 330 konnen als die Vakuumlichtgeschwindigkeit, noch m/s. Energie mit einer groBeren Geschwindigkeit iiber- a) Welchen raumlichen Abstand haben zwei auftragen werden kann. Tatsachlich werden Signale einanderfolgende Wellengruppen? (Energie) auf dem Hohlleiter mit der Gruppenge- b) Wie groB ist die Schwebungsfrequenz am festen schwindigkeit iibertragen, die stets kleiner ist als die Ort eines Detektors? Vakuumlichtgeschwindigkeit. Aus der Dispersions- c) Wie groB ist die Gruppengeschwindigkeit einer relation folgt fur die Gruppengeschwindigkeit Schwebungsgruppe? dco ""^^ dk Fiir das Produkt der beiden Geschwindigkeiten gilt: C„-C

=

C(^.

beiAi = 800nm: «, = 1,4534, bei^2 = 900nm: «2= 1,4518.

Zur tJbung

U 5.2-11: Zwei Wellen gleicher Frequenz, Schwingungsrichtung und Laufrichtung uberlagern sich. Sie werden beschrieben durch j i = 3 • 10 ^m- cos\co t — k X -\

U 5.2-14: Der Brechungsindex von Quarzglas zeigt normale Dispersion. Es werden folgende Werte gemessen:

1 und

Bestimmen Sie naherungsweise, mit welcher Geschwindigkeit (Gruppengeschwindigkeit) sich der Schwerpunkt eines kurzen Lichtpulses auf einer Glasfaser ausbreitet. Der Lichtblitz stammt von einem GaAlAs-Laser, der bei der Wellenlange A = 850 nm emittiert.

402

6. Optik

6. Optik 6.1. Einfiihrung Die Optik ist die Lehre vom Licht und befaBt sich mit den Erscheinungen, die durch unser Sinnesorgan Auge wahrgenommen werden. Die Gliederung der Optik in ihre historisch gewachsenen Teilgebiete ist in Bild6-1 schematisch dargestellt. Die Auffassung iiber das Wesen des Lichtes anderte sich mehrmals im Lauf der Zeit. Von Newton wurde 1672 eine Korpuskulartheorie entwickelt. Ihr zufolge sendet eine Lichtquelle kleine Korpuskeln aus, die sich mit groBer Geschwindigkeit geradlinig fortbewegen, bis sie entweder direkt oder nach der Reflexion an Gegenstanden ins Auge gelangen und dort Sinnesreize auslosen. Mit seiner Korpuskulartheorie war Newton in der Lage, die Reflexion und Brechung von Licht zu erklaren. Die Phanomene der Beugung und Interferenz des Lichtes konnten nur mit der zuerst von Huygens (1678) entwickelten Wellentheorie des Lichtes erklart werden, die spater durch die Arbeiten von Young (1802) erhartet wurde. War man zunachst noch der Meinung, daB es sich um elastische Longitudinalwellen in einem das Weltall erfullenden „Ather" handelte, so wurde nach der Entdeckung der Polarisation des Lichtes durch Mains (1808) von Fresnel (1815) der SchluB gezogen, daB das Licht eine transversale Welle darstellt.

Die Natur der Lichtwellen als elektromagnetische Transversalwellen wurde schlieBlich von Maxwell (1865) erkannt. Die Maxwellschen Gleichungen haben elektromagnetische Wellen als Losung, die sich mit Lichtgeschwindigkeit im Vakuum ausbreiten. Es gelang, alle Gesetze der Optik aus den Grundgleichungen der Elektrodynamik herzuleiten, so daB die Optik zu einem Teilgebiet der Elektrodynamik wurde. Bild 6-2 zeigt die Einordnung des sichtbaren Lichtes in das Gesamtspektrum der elektromagnetischen Wellen. Das sichtbare Spektrum liegt im Wellenlangenbereich X = 380 nm bis X = 780 nm. Die Wellenlange X ist mit der Frequenz / und der Lichtgeschwindigkeit c durch c = i/verkniipft (Abschn. 5.2.1). Mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit CQ = 299 792,458 km/s ergeben sich Frequenzen des sichtbaren Lichts im Bereich f= 3,84 • 10^^ Hz bis 7,89 • 10^"^ Hz. Unser Auge ist demnach in einem Frequenzintervall von einer Oktave empfindlich. Nachdem Ende des 19. Jahrhunderts die Wellentheorie des Lichtes etabliert war, wurden um die Jahrhundertwende Experimente bekannt, die mit der Wellentheorie nicht interpretierbar waren. Diese Schwierigkeiten treten immer dann auf, wenn Licht und Materie in Wechselwirkung treten, z. B. bei der Absorption und Emission von Licht. Einen Ausweg fand Einstein (1905) mit der Einfiihrung seiner Lichtquantenhypothese. Danach soil Licht aus einzelnen Lichtquanten bestehen.

Physikalische Optik Quantenelektrodynamik

klassische Optik

Quantenoptik

Welleneigenschaften

Korpuskulareigenschaften

geometrische Optik Gegenstande > Wellenlange

Gegenstande ^ Wellenlange

elektromagnetische Transversalwellen

Brechung

Bild 6-1. Strukturhild physikalische Optik.

Beugung

Dualismus Welle-Teilchen

Emission Absorption

Lichtquanten

Streuung /Compton\ \ Raman /

Spektrallinien

6.2. Geometrische Optik A in m

U 10"

frnHz —

10"

-

10^

Langwellen

-

10'

Mittelwellen

-

10^

Kurzwellen

-

io«

Ultrakurzwellen

-

10'

-

10^°

-

10^^

-

10^2

-

10^^

-

10^"

I— 10^

U 10^ U 10^ I- 10°

U 10-^ U 10-2 ^

Mikrowellen

10"^

U 10-" ^

> 1

10"'

1-

Infra rot

1

h- ^o-^

'

-

10^^

1 Ultraviolett

10-^ -

10^'

-

10^'

1 cirhtharoc 1 i/^ht

I

1

1

— 10~^ —

10-'

-

10-^°

-

10-^^

-

10-^2

1

1 Rontgenstrahlung

-

io^«

-

10^'

-

10'°

403

Korpuskulartheorie, wo der Weg einer Korpuskel durch einen geraden Strahl beschrieben wird. Auch in der Wellentheorie hat der Lichtstrahl eine sinnvolle Bedeutung; er entspricht der Normalen auf einer Wellenflache. Bild 6-3 a zeigt eine punktformige Lichtquelle mit konzentrischen kugelformigen Wellenflachen. Die eingezeichneten Strahlen, die von der Lichtquelle ausgehen, stehen senkrecht auf den Wellenflachen. Die Gesamtheit aller Strahlen, die von der Blende begrenzt werden, nennt man ein Strahlenbundel. Wenn die Strahlen — wie in diesem Fall — von einem Punkt ausgehen bzw. sich in einem Punkt schneiden, ist das Biindel homozentrisch. Bei ebenen Wellen, die z. B. von Lasern ausgesandt werden oder in groBer Entfernung von Lichtquellen vorliegen, sind die Strahlen parallel (Bild 6-3 b). Der Pfeilrichtung an den Strahlen kommt keine besondere Bedeutung zu, denn der Lichtweg ist grundsatzlich umkehrbar. Lichtstrahlen, die sich durchkreuzen, beeinflussen sich gegenseitig nicht. Ein Strahl verlauft also immer so, als ob keine anderen Strahlen vorhanden waren. Die geometrische Optik ist brauchbar, solange die Dimension der Gegenstande, Lin-

y-Strahlung

'

Bild 6-2. Wellenldngen X und Frequenzen f im Spektrum der elektromagnetischen Wellen.

die Energie in ganzen Paketen, d. h. quantenhaft, mit Materie austauschen. Je nach Experiment wurde deshalb Licht entweder als Teilchenstrom oder als elektromagnetische Welle interpretiert. Diese Zweigleisigkeit der Beschreibung wurde mit dem Begriff Welle-Teilchen-Dualismus belegt. Erst in der Quantenoptik bzw. Quantenelektrodynamik wurde eine theoretische Beschreibung gefunden, die beide Aspekte vereinigt.

62. Geometrische Optik 6.2.1. Lichtstrahlen Die geometrische Optik oder Strahlenoptik fuBt auf der Pramisse: Lichtstrahlen breiten sich im homogenen Medium geradlinig aus. Der Begriff der Strahlen stammt aus der

Bild 6-3. Strahlen- und Wellenflachen: a) Homozentrisches Strahlenbundel und Kugelwellen, b) paralleles Strahlenbundel und ebene Wellen.

404

6. Optik

sen, Spiegel, Blenden usw. groB sind gegeniiber der Wellenlange des Lichtes. Sind dagegen die Abmessungen in der GroBenordnung der Wellenlange, dann werden Beugungseffekte wirksam, die mit der Wellenoptik erklart werden miissen (Bild 6-1). 6.2.2. Reflexion des Lichtes 6.2.2.1. Reflexion an ebenen Flachen Fallt ein Lichtstrahl nach Bild 6-4 auf eine spiegelnde Flache, so wird der Strahl reflektiert. Die Normale zur Flache durch den Auftreffpunkt wird als Einfallslot bezeichnet. Es gilt das Reflexionsgesetz: Einfallender Strahl, reflektierter Strahl und Einfallslot liegen in einer Ebene; der Einfallswinkel s und der Reflexionswinkel ^r sindgleich: £^ = -£

Bild 6-5. Strahlengang im Winkelspiegel (zu Beispiel 6.2-1). Lichtstrahl, der senkrecht zur gemeinsamen Kante verlauft, wird durch beide Spiegel reflektiert. Wie groB ist der Ablenkungswinkel 61 Was ergibt sich speziell fur 7 = 45 ° und y = 90 ° ? Losung: Die Winkelsumme im Dreieck ABC betragt (90°-a) + (90°-A)+y=180°. (1) Im Dreieck ABD gilt 2a + 2y9 + (180°-(5)=180°. (2) Aus (1) und (2) folgt d = 2y. Fiir y = 45° ist der Ablenkwinkel (5=90°. Ein solcher Winkelspiegel wird in der Geodasie benutzt, um senkrechte Richtungen zu bestimmen. Fiir y = 90 ° wird der Ablenkungswinkel (5= 180°, d.h., der einfallende und der reflektierte Strahl sind parallel.

Spiegel Aus einem 90°-Winkelspiegel wird ein TripelBild 6-4. Reflexionsgesetz: Der Einfallswinkel e istspiegel, wenn man noch eine dritte spiegelnde gleich dem Reflexionswinkel s^. Flache senkrecht zu den beiden vorhandenen aufbringt. (Die Flachen stoBen aneinander Das Reflexionsgesetz, das von Euklid 300 wie bei einer Wiirfelecke.) Ein Lichtstrahl, V. Chr. gefunden wurde, ist theoretisch leicht der in einen Tripelspiegel fallt, wird stets so erklarbar. In Newtons Korpuskulartheorie reflektiert, daB der reflektierte Strahl parallel folgt diese GesetzmaBigkeit aus dem elasti- zum einfallenden verlauft. AuBer als Riickschen StoB eines leichten Teilchens an einer strahler an Fahrzeugen wird der Tripelspiegel schweren Wand. Im Wellenbild ergibt sich bei der optischen Entfernungsmessung eingedas Reflexionsgesetz zwanglos aus der Konsetzt. Dabei wird ein Lichtpuls von einem struktion Huygensscher Elementarwellen an Sender ausgestrahlt, an einem Tripelspiegel der Auftreffstelle (Abschn. 5.2.4.3). reflektiert und mit einem Detektor, der unmittelbar beim Sender steht, nachgewiesen. Beispiel Die Entfernung zwischen Sender und Tripel6.2-1: Zwei ebene Spiegel bilden nach Bild 6-5 spiegel ergibt sich aus der Laufzeit des Lichteinen Winkelspiegel mit dem Offnungswinkel y. Ein pulses und der Lichtgeschwindigkeit.

6.2. Geometrische Optik

405

Bildentstehung beim Spiegel

6.2.2.2. Reflexion an gekriimmten Flaehen

Befindet sich ein Gegenstand vor einem Spiegel, so kann ein Beobachter, der in den Spiegel blickt, ein Bild des Gegenstandes sehen. In Bild 6-6 fallt das Licht einer punktformigen Lichtquelle L auf einen ebenen Spiegel. Jeder Lichtstrahl wird nach dem Reflexionsgesetz reflektiert. Die gestrichelten Verlangerungen der Strahlen treffen sich hinter dem Spiegel im Punkt U. Fur einen Beobachter scheinen alle Strahlen vom Punkt U herzukommen. U ist daher das Bild der Lichtquelle L.

Wenn ein Lichtstrahl auf eine gekrummte spiegelnde Flache fallt, so ist nach dem Reflexionsgesetz der Einfallswinkel gleich dem Ausfallswinkel. Die gekrummte Flache wird im Auftreffpunkt des Lichtstrahls durch ihre Tangential ebene ersetzt, das Einfallslot ist die Normale durch den Beriihrpunkt. Fallt Licht gemaB Bild 6-7 parallel zur optischen Achse (Rotationssymmetrieachse) auf einen Parabolspiegel, so schneiden sich alle Strahlen in einem Punkt, dem Brennpunkt F. Sitzt dagegen im Brennpunkt eine punktformige Lichtquelle, so verlassen wegen der Umkehrbarkeit des Strahlengangs alle Strahlen als paralleles Lichtbiindel den Parabolspiegel. Parabolspiegel werden bei Scheinwerfem benutzt, um eine moglichst gute Biindelung des Lichtes zu erhalten. Selbst bei geometrisch idealer Paraboloidform sind bei einem Scheinwerfer nicht alle Strahlen parallel, weil die Lichtquelle (Lampenwendel) nicht punktformig ist, sondern eine endliche Ausdehnung hat.

Gegenstandspunkt L und Bildpunkt V liegen auf einer Normalen zur Spiegelflache und haben den gleichen Abstand vom Spiegel.

L'<^^^^

Auge

Bild 6-6. Spiegelbild einer punktformigen Lichtquelle L in einem Spiegel. Es handelt sich in diesem Fall um ein virtuelles Oder scheinbares Bild, weil sich nicht die Strahlen selbst, sondern nur ihre Verlangerungen schneiden. Ein virtuelles Bild kann im Gegensatz zu einem reellen Bild, bei dem sich die Strahlen wirklich schneiden, nicht auf einem Schirm sichtbar gemacht werden. Zur tJbung

Bild 6-7. Strahlengang bei einem Parabolspiegel mit Brennpunkt F.

U 6.2-1: Leiten Sie das Reflexionsgesetz her mit Hilfe der Huygensschen Elementarwellen (Abschn. 5.2.4.3). Hinweis: Wenn eine ebene Welle auf einen Spiegel fallt, werden an den Schnittpunkten der Wellenflachen mit der Spiegelebene Kugelwellen ausgesandt, deren Einhullende die neue Wellenfront bildet. U 6.2-2: Ein Winkelspiegel hat den Offungswinkel y=ll°. Konstruieren Sie samtliche Bilder einer punktformigen Lichtquelle, die innerhalb des Spiegels steht. Wie viele Bilder ergeben sich?

Fur die Praxis sind sphdrische Hohl- oder KonkavSpiegel von groBerer Bedeutung als die Parabolspiegel. Ein spharischer Hohlspiegel ist eine innen verspiegelte Kugelkalotte. Fallt entsprechend Bild 6-8 a ein Lichtbiindel parallel zu optischen Achse CS auf den Hohlspiegel, so konnen sich infolge der anderen Kriimmungsverhaltnisse nicht alle Strahlen in einem Punkt treffen wie beim Parabolspiegel.

406

6. Optik

Die Reflexion eines achsenparallel einfallenden Strahls erkennt man in der oberen Halfte von Bild6-8a. Das Einfallslot ist die Verbindung zwischen Auftreffpunkt A und Kreismittelpunkt C. In der unteren Halfte von Bild 6-8 a fallt ein achsenparalleles Lichtbiindel auf den Spiegel. Die Einhiillende aller reflektierten Strahlen ist eine geschlossene Kurve, die Katakaustik. In Bild 6-8 b ist das Photo einer Katakaustik wiedergegeben. Hierbei wurde ein innen verspiegelter Ring mit parallelem Licht beleuchtet.

Bei der Betrachtung von Bild 6-8 a fallt auf, daB diejenigen Strahlen, die nahe der optischen Achse verlaufen, in einem Punkt F ' gesammelt werden. Diese achsennahen Strahlen werden als Paraxialstrahlen bezeichnet. Die Reflexion eines Strahls, der parallel zur optischen Achse CS auf einen Hohlspiegel mit dem Krummungsradius r fallt, ist noch einmal in Bild 6-9 ausfiihrlich dargestellt.

L-

r

/-•

Bild 6-9. Reflexion eines paraxialen Strahls parallel zur optischen Achse CS am Hohlspiegel. Der Abstand/' des Breimpunktes F' vom Scheitel S betragt f = r - CF Die Strecke CF' im gleichschenkligen Dreieck CF'A ist CF' = r/(2 cos e). Damit ergibt sich fur die Brennweite f des Hohlspiegels/' = r(\ - 1/(2cos £)). Bei paraxialen Strahlen ist der Winkel e sehr klein und cos£?^l. Im Rahmen dieser Vereinfachung gilt - unabhangig vom Abstand, den der Strahl von der optischen Achse hat -

Bildentstehung beim Hohlspiegel In Bild 6-10 befindet sich ein Objekt O auf der optischen Achse CS. Der Lichtpunkt sendet in alle Raumrichtungen Lichtstrahlen aus. Diejenigen Strahlen, die auf den Hohlspiegel treffen, werden dort reflektiert und vereinigen sich alle wieder im Punkt O'. Diesen Punkt O' bezeichnet man als Bild des Gegenstandes O.

Bild 6-8. Katakaustik beim Hohlspiegel: a) Entstehung, b) Photographie.

Um die Lage des Bildpunktes zu finden, genligt es, zwei ausgewahlte Strahlen, die von O ausgehen, zu verfolgen. Der Schnittpunkt dieser beiden Strahlen ist der Bildpunkt. Ein solcher Strahl verlauft in Bild 6-10 auf der optischen Achse. Er wird am Scheitel S reflektiert und lauft auf der optischen

6.2. Geometrische Optik

Bild 6-10. Abbildung eines Punktes O auf der optischen Achse CS eines Hohlspiegels (r < 0). Achse wieder zuriick. Der zweite Strahl wird am Punkt A reflektiert und schneidet die optische Achse in O'. Der Zusammenhang zwischen der Gegenstandsweite a und der Bildweite a' ergibt sich aus einer kleinen Rechnung: Fiir die beiden Dreiecke OCA und CO'A gilt nach dem Sinussatz sin e OC CO' sin e O'A' sin(180°-(??) sin^ OA Dabei kann geschrieben werden

OC = a-r = a-2f' und Oa = r-a' = 2r-a\ Fur paraxiale Strahlen gilt naherungsweise OA und O'A ^ a'. Damit ergibt sich a-2/' 2r-a' Nach kurzer Umformung erhalt man die Abbildungsgleichung des Hohlspiegels: 1 1 1 == — —H a' a /'

407

Bild 6-11. Abbildung eines ausgedehnten Gegenstandes durch einen Hohlspiegel mit Paraxialstrahlen. achsenparallel. Am Schnittpunkt der beiden reflektierten Strahlen liegt der Bildpunkt P'. Der Zusammenhang zwischen GegenstandsgroBe y und BildgroBe / ist anhand von Bild 6-11 zu erkennen. Im z, j^-Koordinatensystem erhalten alle GroBen ein Vorzeichen. Die positive 7-Richtung weist nach oben, die positive z-Richtung nach rechts. (Weitere Hinweise auf die in der technischen Optik ubliche Vorzeichenkonvention s. Abschn. 6.2.3.3.) In den Dreiecken A B F und F O T ' gilt naherungsweise fur paraxiale Strahlen y

-/

tan cr =

-r r

Mit Hilfe der Abbildungsgleichung (6-2) folgt unmittelbar fur den AbbildungsmaBstab oder die LateralvergroBerung (6-3) y

(6-2)

Liegt ein Gegenstandspunkt P nicht auf der optischen Achse, so liegt auch sein Bildpunkt P' auBerhalb. Allerdings gilt fiir den Zusammenhang von Gegenstandsweite a und Bildweite a' auch in diesem Fall die Abbildungsgleichung (6-2), falls nur paraxiale Strahlen an der Abbildung beteiligt sind. Die Lage des Bildpunktes laBt sich nach Bild 6-11 sehr einfach zeichnerisch konstruieren. Ein von P ausgehender Strahl, der parallel zur optischen Achse verlauft, geht nach der Reflexion durch den Brennpunkt F'. Ein zweiter Strahl, der von P aus durch F ' geht, wird nach er Reflexion

a

Durch Umformung von Gl. (6-2) ergibt sich die Beziehung

1 ' ''^' a =

(6-4)

.

Setzt man Gl. (6-4) in (6-3) ein, so folgt fiir den AbbildungsmaBstab /'

(6-5)

Es ergeben sich fur \a\ > | / ' | reelle, umgekehrte Bilder. Fiir |a | < | / ' | gilt a' > 0; dies

408

6. Optik

bedeutet, daB das Bild rechts hinter dem Spiegel liegt. Das Bild ist virtuell, aufrecht und stets groBer als der Gegenstand.

Kraftfahrzeugen benutzt. Er gibt zwar ein verkleinertes Bild der Umwelt wieder, erzeugt aber ein groBes Gesichtsfeld.

Beispiel

Beispiel

6.2-2: Vor einem Hohlspiegel m i t / ' = - 5 cm steht im Abstand a = -2,5 cm Qmy= 1 cm groBer Gegenstand. Wo liegt das Bild, und wie groB ist es?

6.2-3: Vor einem Konvexspiegel mit der Brennweite/' = 5 cm steht im Abstand a = -\0 cm ein y = 2 cm groBer Gegenstand. Wo liegt das Bild, und wie groB ist es?

Losung: Nach Gl. (6-4) ist die Bildweite (-2,5) • (-5) , af cm = 5 cm. -2,5 + 5 Der AbbildungsmaBstab ist 5 cm a -=2. P'- 21 y a 2,5 cm Also ist die BildgroBe / = 2 cm; das Bild steht aufrecht hinter dem Spiegel, es ist virtuell. - Eine zeichnerische Losung ist in Bild 6-12 wiedergegeben. Bei genauem Abmessen stellt man fest, daB das zeichnerische Ergebnis vom rechnerischen etwas abweicht. Dies liegt an den rechnerischen Vereinfachungen fiir paraxiale Strahlen. Die Abbildungsgleichung gilt um so besser, je kleiner die GegenstandsgroBe j^ im Vergleich zur Brennweite/ist.

-r

Losung: Nach Gl. (6-4) ist die Bildweite af -10-5 a' = — = —--— cm = 3,33 cm. a-f -15 Der AbbildungsmaBstab betragt y

fl

10

= 0,333.

Also ist die BildgroBe y' = 0,666 cm. Eine zeichnerische Losung zeigt Bild 6-13.

p

pr^J'—l

i

- - - r

0'

0

«

\r

\

a

'

—

>'

F't

^

•

Bild 6-13. Bildkonstruktion beim Wolbspiegel (zu Beispiel 6.2-3). Zur tJbung Bild 6-12. Abbildung eines Gegenstandes innerhalb der Brennweite beim Hohlspiegel (zu Beispiel 6.2-2). Beim spharischen Wolb- oder Konvexspiegel ist die AuBenseite einer Kugelkalotte verspiegelt. Die flir den Hohlspiegel abgeleiteten Gleichungen (6-2) bis (6-5) gelten unverandert auch flir den W51bspiegel, lediglich die Brennweite andert das Vorzeichen: / ' = —, 2

mitr>0.

(6-6)

Dies bedeutet, daB der Brennpunkt auf der dem Gegenstand abgewandten Seite des Spiegels liegt. Das Bild ist beim Wolbspiegel immer virtuell, aufrecht und verkleinert. Der Wolbspiegel wird gem als Riickspiegel bei

U 6.2-3: Auf einen Hohl- bzw. Wolbspiegel gegebener Brennweite fallt schief zur optischen Achse ein paraxialer Strahl. Konstruieren Sie seinen Weg nach der Reflexion. U 6.2-4: Konstruieren Sie den Bildpunkt eines parallelen Lichtbiindels, das schief zur optischen Achse auf einen Hohl- bzw. Wolbspiegel gegebener Brennweite fallt. U 6.2-5: Auf der optischen Achse eines Hohlspiegel s befindet sich im Abstand a = 5 / ' ( j / ' ) vom Scheitel eine punktformige Lichtquelle. Welchen Abstand / hat das Bild von der Lichtquelle? U 6.2-6: Der Mond erscheint von der Erde aus unter einem Winkel von 3L. Wie groB ist der Durchmesser seines Bildes, das vom 200-Zoll-Spiegel der MtPalomar-Stemwarte (Kalifornien) entworfen wird? Wo entsteht das Bild? Die Brennweite des Spiegels betragt/' =-16,8 m.

6.2. Geometrische Optik tj 62-7: Bezeichnet man beim Hohlspiegel den Abstand des Gegenstandes vom Brennpunkt mit z und den des Bildes mit z\ so gilt stets z z' = / ' ^ . Beweisen Sie diese Abbildungsgleichung nach Newton. 6.2.3. Brechung des Lichtes 6.2.3.1. Brechung an ebenen Grenzflachen Fallt ein Lichtstrahl schrag auf eine Grenzflache zwischen zwei verschiedenen Werkstoffen, so wird die Richtung des Strahls an der Grenzflache geandert, der Strahl wird gebrochen. Bild 6-14 2;eigt eine Prinzipskizze dieses Vorgangs sowie ein Photo der Lichtbrechung eines Laserstrahls an der Grenzflache Luft Plexiglas. Zunachst gibt es an jeder Grenzflache auch einen mehr oder weniger intensiven reflektierten Strahl, wobei nach dem Reflexionsgesetz Einfallswinkel s und Refle-

409

xionswinkel s^. gleich sind. Der gebrochene Strahl liegt in einer Ebene mit den beiden anderen Strahlen und dem Lot auf der Grenzflache. Der Brechungswinkel E' ist kleiner als der Einfallswinkel e, wenn die Brechung vom optisch dunneren ins optisch dichtere Medium erfolgt. Nach dem Satz von der Umkehrbarkeit des Lichtwegs erfolgt die Brechung beim Ubergang vom optisch dichteren ins optisch diinnere Medium so, daB der Strahl vom Lot weg gebrochen wird. Der Zusammenhang zwischen Einfallswinkel e und Brechungswinkel s' wurde von dem hollandischen Mathematiker Snellius (W. SNELL VON RAYEN, 1591

bis 1626) im Jahr 1620 gefunden. Nach Snellius ist das Verhaltnis zwischen dem Sinus des Einfallswinkels e und dem Sinus des Brechungswinkels e! eine Konstante, die von der Natur der beiden Stoffe abhangt: sm e

= konstant.

(6-7)

sin e'

Eine Erklarung des Brechungsgesetzes mit Hilfe von Newtons Korpuskulartheorie verlangt, daB die Korpuskeln, wenn sie z. B. von Luft in Glas eindringen, eine Geschwindigkeitssteigerung erfahren, da nur dann die Brechung zum Lot hin erfolgt. Die Korpuskulartheorie kam spatestens dann zu Fall, als man gelemt hatte, Lichtgeschwindigkeiten zu messen. Es ergab sich dabei, daB die Lichtgeschwindigkeit in Materie stets kleiner ist als die Lichtgeschwindigkeit Co = 299 729,458 km/s im Vakuum; sie ist in Glas kleiner als in Luft.

Bild 6-14. Brechung eines Lichtstrahls an einer ebenen Grenzflache. a) Prinzipskizze, b) Brechung an der Grenzflache Luft - Plexiglas.

Die Brechung des Lichtes an Grenzflachen ist zwanglos erklarbar mit der Wellentheorie von Huygens. Bild 6-15 zeigt eine ebene Welle, die auf eine Grenzflache zulauft. Die Phasengeschwindigkeit im oberen Medium betragt c, im unteren c' mit c' < c. Die Schnittpunkte der ebenen Wellenflachen mit der Grenzflache sind Zentren Huygensscher Elementarwellen, deren Einhullende die neue Wellenfront und damit die neue Laufrichtung ergibt. Rechts sind die wesentlichen Punkte und Strecken ohne die Wellenflachen noch einmal gezeichnet. Trifft eine Wellenfront im Punkt C auf die Grenzflache, so vergeht noch die Zeit t = AB/c, bis auch das rechte Ende der Wellenfront am Punkt B die Grenzflache trifft. Inzwischen hat die Kugelwelle, die von

410

6. Optik

Das Brechungsgesetz kann auch umgeformt werden zu « sin £ = n' sin s' = konstant.

(6-11)

Das Produkt aus Brechungsindex und Sinus des Winkels zwischen Lichtstrahl und Lot bleibt bei einer Brechung konstant. Diese Invariante der Brechung heiBt nach E. ABBE (1840

bis

1905)

die numerische

Apertur. Sie lautet Bild6-15. Brechung einer ebenen Welle an einer Grenzfldche.

C ausging, den Weg CD = c' t zuriickgelegt. Fiir die Dreiecke ABC und BCD gilt A B _ /c und sin 8-CB~CB sin E

CD CB

c' t CB

c

Das Brechungsgesetz kann also auch so formuliert werden: Bei der Brechung eines Lichtstrahls bleibt seine numerische Apertur konstant. In Tabelle6-1 sind die Brechzahlen einiger Stoffe zusammengestellt.

Damit ergibt sich sin 8

(6-12)

nsme.

(6-8)

Tabelle6-1. Brechzahl n einiger Stoffe fiir gelbes Na-Licht (Wellenlange A = 589 nm) bei der Temperatur .9 = 20°C und dem Druck /?= 1013 mbar.

sin 8

Das Verhaltnis der Sinus-Werte von Einfalls- und Brechungswinkel ist gleich dem Verhaltnis der Lichtgeschwindigkeiten in den benachbarten Gebieten. Der Quotient zwischen der Lichtgeschwindigkeit Co im Vakuum und der Lichtgeschwindigkeit c in Materie wird liblicherweise als Brechzahl oder Brechungsindex n des betreffenden Materials bezeichnet:

Mit Hilfe des Brechungsindex nimmt Gl. (6-8) die Form des Snelliusschen Brechungsgesetzes an: sine sm 8

•• — = konstant. n

(6-10)

Festkorper

n

Fliissigkeiten und Case

n

Eis FluBspat Quarzglas BorkronBKl Flintglas F 3 Caesiumiodid Bariumoxid Diamant

1,310 1,434 1,459 1,510 1,613 1,790 1,980 2,417

Luft Kohlendioxid Wasser Ethylalkohol Benzol Schwefelkohlenstoff Methyleniodid

1,0003 1,0045 1,333 1,362 1,501 1,628 1,742

Besonders haufig ist der Fall, daB ein Lichtstrahl an der Grenzflache zwischen Luft und einem dichteren Medium gebrochen wird. Mit guter Naherung kann der Brechungsindex von Luft n = 1 gesetzt werden. Dann gilt das vereinfachte Brechungsgesetz

6.2. Geometrische Optik

411

Beispiel 6.2-4: Das Photo Bild 6-14b zeigt die Brechung eines roten Laserstrahls der Wellenlange A = 633 nm an der Grenzflache Luft - Plexiglas. Wie groB ist der Brechungsindex von Plexiglas? L5sung: sin E sin E'

sin 40° = 1,49. sin 25,5 °

Der Brechungsindex ist keine Konstante, sondern hangt von der Wellenlange (Farbe) des Lichts ab. Im Fall normaler Dispersion (Abschn. 5.2.4.4) nimmt mit steigender Wellenlange der Brechungsindex ab. Bisher wurde vorausgesetzt, dafi ein Lichtstrahl vom optisch diinneren ins optisch dichtere Medium eindringt. Bei umgekehrtem Strahlengang, wie er in Bild 6-16 gezeigt ist, gehort zum Strahl 1 mit dem Einfallswinkel s\ der reflektierte Strahl Ir und der gebrochene r mit dem Brechungswinkel ej, wobei ej > sx ist. Mit zunehmendem Winkel 8 steigt e' verstarkt an, bis fur den Strahl 2 beim Einfallswinkel £g der Brechungswinkel £2 = 90 ° wird. Man nennt e^ den Grenzwinkel der Totalreflexion. Flir £ > fig (Strahl 3) gibt es keinen gebrochenen Strahl mehr, sondern nur noch den reflektierten Strahl 3r. Die ganze Strahlungsleistung des einfallenden Strahls ist im reflektierten Strahl vorhanden; das Licht wird total reflektiert. Bild 6-16 b zeigt einen gebrochenen, Bild 6-16 c einen total reflektierten Laserstrahl an der Grenzflache Plexiglas-Luft. Flir den Grenzwinkel der Totalreflexion gilt n' sin 90 ° = « sin e,^ oder

Hierbei ist n der Brechungsindex des optisch dichteren, n' der des diinneren Mediums. Ist das diinnere Medium Luft (mit n' '^ 1), so gilt

Beispiel 6.2-5: Im Halbleiter GaP (Ausgangsmaterial fur Leuchtdioden) ist der Brechungsindex n = 3,3. Wie groB ist der Grenzwinkel der Totalreflexion?

Bild 6-16. Totalreflexion. a) Prinzip, b) gebrochener (E < Eg) und c) total reflektierter Laserstrahl (E > Eg).

412

6. Optik

Losung: sin £g = l/« = 1/3,3 = 0,3 liefert £g= 17,6°. Von den Lichtstrahlen, die im Innern des Kristalls erzeugt werden, konnen also nur diejenigen den Kristall verlassen, die innerhalb eines schlanken Kegels von £g=17,6° Offnungswinkel auf die Kristalloberflache auftreffen. Alle anderen werden total reflektiert. Ein Beispiel fiir die technische Ausnutzung der Totalreflexion in der heutigen Zeit ist die Ubertragung von Daten auf Lichtwellenleitern (optische Nachrichtentechnik). Bild 6-17 zeigt das Prinzip einer Stufenindexfaser. Der Brechungsindex nimmt von n\ im Kern stufenformig ab auf «2 i^i Mantel und n=\ in der umgebenden Luft. Typische Abmessungen einer solchen Glasfaser sind: 50 fam Kerndurchmesser, 125 }im Manteldurchmesser. Ein Licht-

strahl, der unter dem Winkel i9o auf die Stirnflache der Faser fallt, wird zum Lot bin gebrochen und trifft schlieBlich unter dem Winkel s = 90° - Si auf die Grenzflache zwischen Kern und Mantel. Er kann dort nur total reflektiert werden, wenn e > fig ist mit sin£g = «2/^i- Der Eintrittswinkel So des Lichtstrahls kann also nicht beliebig groB werden, sonst ist im Innern die Totalreflexion nicht mehr gegeben (gestrichelt gezeichneter Strahl in Bild 6-17). Der maximale Aufnahmewinkel »9o,max? unter dem Licht in die Faser eingekoppelt werden kann, bestimmt sich aus der Beziehung sin .90,max

= f^

ni

Die GroBe ^ N ist die numerische Apertur der Faser (Gl. (6-12)). Fiir eine typische Nachrichtenfaser aus Quarzglas, bei der der Kern mit 13,5% Ge02 dotiert ist, gelten bei A = 850 nm die Werte Ux = 1,474 und «2= 1,453. Mit diesen ergeben sich die numerische Apertur A^ = 0,248 und der maximale Einkoppelwinkel »9o,max= 14,4°. Eine solche Glasfaser kann also nur Strahlen weiterleiten, die unter diesem verhaltnismaBig „schlanken" Winkel auf die Stirnflache fallen. Andert sich der Brechungsindex nicht sprunghaft, sondern kontinuierlich, so ergeben sich gekriimmte Lichtstrahlen. Bild 6-18 zeigt als Beispiel hierfiir einen Laserstrahl in einer Kuvette mit Salzwasser. Die Salzkonzentration und damit auch der Brechungsindex nehmen kontinuierlich von unten nach oben ab. Gekriimmte Lichtstrahlen treten auch auf, wenn infolge von Temperatur- und Dichtegradienten in der Luft der Brechungsindex

b) /72

/7=1

Bild 6-17. Prinzip eines Lichtwellenleiters (StufeninBild 6-18. Gekriimmter Lichtstrahl bei kontinuierdexfaser). a) Aufbau, b) Verlaufder Brechzahl n iiber lich variierendem Brechungsindex. dem Radius r.

6.2. Geometrische Optik sich stetig andert (Luftspiegelung, Fata Morgana). Ein spezieller Lichtwellenleiter ist die Gradientenfaser, die schematisch in Bild 6-19 dargestellt ist. Bei ihr andert sich der Brechungsindex kontinuierlich von Ux in der Mitte auf «2 im Mantel. Die Gradientenfaser hat gegenuber der Stufenindexfaser den Vorteil, daB Lichtpulse, die unter verschiedenen Winkeln i9o in die Faser eingekoppelt werden, nahezu dieselbe Laufzeit haben, bis sie am anderen Ende der Faser ankommen. So hat beispielsweise der in Bild 6-19 gezeichnete Strahl einen groBeren Weg zuriickzulegen als ein Strahl, der exakt auf der Symmetrieachse lauft. Er befindet sich aber haufig in Gebieten mit kleinerem Brechungsindex, lauft dort also

413

schneller und kompensiert so seinen Umweg. Da Laufzeitdifferenzen verschiedener Modem die Ubertragungskapazitat beschranken, kann auf der Gradientenfaser eine hohere Datenrate iibertragen werden als auf der Stufenindexfaser. Zur Ubung U 6.2-8: Ein Lichtstrahl fallt auf einen Glaswiirfel mit dem Brechungsindex « = 1,5. Der Strahl trifft genau die Mitte einer Wiirfelflache unter dem Einfallswinkel 60°. Die Einfallsebene ist parallel zu einer Wiirfelflache. Berechnen und zeichnen Sie den weiteren Weg des Lichtstrahls. U 6.2-9: Durchquert ein Lichtstrahl eine planparallele Platte, so ist der durchgehende Strahl parallel zum einfallenden, jedoch seidich versetzt. Wie groB ist der Strahlversatz x in Abhangigkeit von der Plattendicke d, dem Brechungsindex n' und dem Einfallswinkel el U 6.2-10: Wie groB ist der Grenzwinkel der Totalreflexion fiir Plexiglas an Luft? Der Brechungsindex kann aus Bild 6-16 b entnommen werden. 6.2.3.2. Brechung an einem Prisma In der Optik versteht man unter einem Prisma meist einen dreikantigen Glaskorper gemaB Bild 6-20. Zwei ebene polierte Flachen sind um den brechenden Winkel a gegeneinander geneigt, sie schneiden sich in der brechenden Kante K. Im folgenden wird stets vorausgesetzt, daB Lichtstrahlen im Hauptschnitt verlaufen, d. h. in einer Ebene, die senkrecht zur brechenden Kante steht. Das Prisma mit dem Brechungsindex n sei umgeben von einem Medium mit dem Brechungsindex n\ In Bild 6-20 fallt ein Strahl unter dem Ein-

b)

1

Bild6-19. Lichtwellenleiter mit kontinuierlich verdnderlichem Brechungsindex n (Gradientenfaser). a) Aufbau, b) Verlaufder Brechzahl n Uber dem Radius r.

Bild 6-20. Strahlenverlaufin einem Prisma.

414

6. Optik

fallswinkel ej auf die linke Prismenflache und verlaBt nach zweimaliger Brechung die rechte Prismenflache unter dem Ausfallswinkel £2Der Ablenkungswinkel d laBt sich aus elementaren geometrischen Satzen bestimmen: d= 8[ + ^2 ~ f^- Mit Hilfe des Brechungsgesetzes n' sin e\ = n sin e\ und n' sin 82 = n sin 82 sowie der Beziehung 8x^- 82 = OL laBt sich der Ablenkungswinkel 6 fiir beliebige Einfallswinkel 8\ berechnen: 6=

8[-

CL +

+ arc sin sin a 1/ I —I - sin^ 8\ -

-r 30

60

Grad

90

Einfallswinkel e\

cos CL sin 81

(6-16)

Beispiel 6.2-6: Fur ein Prisma mit dem Brechungsindex « = 1,5 und dem brechenden Wink el a = 60° sollen der Austrittswinkel £2 und der Ablenkungswinkel d als Funktion des Einfallswinkels e\ dargestellt werden. Die Umgebung sei Luft mit n' =\.

Bild 6-21. Ablenkwinkel S und Austrittwinkel E'2 in Abhdngigkeit vom Einfallswinkel s] bei der Brechung eines Lichtstrahls an einem Prisma; Brechungsindex n^ 1,5, Prismenwinkel a = 60°. beobachtet wird, weil an der zweiten brechenden Flache Totalreflexion auftritt. Aus der Bedingung sin £2,g = ^'/'^ folgt fiir den Grenzwinkel an der Eintrittsflache

£i,g = arc sin

Losung: Gl. (6-16) sollte am besten mit einem programmierbaren Rechner ausgewertet werden. Bild6-21 zeigt das Ergebnis. Der Ablenkwinkel d zeigt ein Minimum beim Einfallswinkel £i,min = 48,6°. Der zugehorige Ausfallswinkel betragt ebenfalls e2,min = 48,6°. Der Strahl durchlauft das Prisma also symmetrisch. Dieses Ergebnis kann allgemein mit Hilfe der Differentialrechnung bewiesen werden:

\n . / — - s i n (X n \

-

arcsm — nj (6-18)

Fiir Beispiel 6.2-6 ergibt sich in Ubereinstimmung mit Bild 6-21 8\^^ = 27,9°. Bei einem Prisma mit kleinem brechendem Winkel a und symmetrischem Strahlendurchgang gilt fur den minimalen Ablenkwinkel naherungsweise

Bei einem Prisma ist die Strahlablenkung minimal, wenn Eintritts- und Austrittswinkel gleich sind. Fiir symmetrischen Durchgang gelten 8[ = 82 = \{d+ CL) und 8\ = 82 = \oL. Mit Hilfe des Brechungsgesetzes ergibt sich sofort der minimale Ablenkwinkel

^min "=

a\ i^ n 2 arc sin \n' sin T) — a.

(6-17)

Fiir Beispiel 6.2-6 erhalt man d^i^ = 37,2 °. Aus Bild6-21 folgt femer, daB fiir Eintrittswinkel £ i < 2 7 , 9 ° kein austretender Strahl

Da der Ablenkwinkel d vom Brechungsindex abhangt, wird kurzwelliges Licht bei normaler Dispersion starker gebrochen als langwelliges Licht. Ein Prisma bietet daher die Moglichkeit, Lichtstrahlen verschiedener Wellenlange raumlich zu trennen, also spektral zu zerlegen. Diese Eigenschaft wird ausgenutzt beim Prismenspektrometer (Abschn. 6.4.1.7). Prismen haben in der Optik vielfaltige Anwendungen. Meist werden sie anstelle von Spiegeln benutzt, um Lichtstrahlen umzulenken, wobei die Totalreflexion an einer Pris-

6.2. Geometrische Optik

Bild 6-22. Rechtwinkliges Umlenkprisma. menflache oder an mehreren ausgenutzt wird. Bild 6-22 zeigt ein gleichschenklig-rechtwinkliges Prisma als Umlenkprisma. Der einfallende Lichtstrahl wird an der Hypothenusenflache total reflektiert. (Der Grenzwinkel der Totalreflexion betragt eg = 41,5° bei BorkronGlas mit n = 1,51.) Fallt nach Bild 6-23 Licht senkrecht auf die Hypothenusenflache eines Prismas, so wird es, nach zweimaliger Reflexion an den Katheten um 180° umgelenkt, das Prisma parallel verlassen. Zugleich wird das Bild eines Gegenstandes (Pfeil) um 180° gedreht. also z.B. oben mit unten vertauscht. Schickt man den austretenden Strahl noch durch ein zweites

Bild 6-23. Rechtwinkliges Umkehrprisma.

415

Prisma, das gegeniiber dem ersten um 90 ° gedreht ist, so wird auch noch links und rechts vertauscht; man erhalt also eine vollkommene Bildumkehr. Ein solches Umkehrprisma nach Porro (1848) findet im Prismenfeldstecher Verwendung. Das Umkehr- oder Wendeprisma nach G. B. AMICI (1786 bis 1863) entsprechend Bild 6-24 vertauscht ebenfalls oben und unten, hat aber einen geradsichtigen Stahlengang. Eine vollstandige Bildumkehr erhalt man, wenn zwei dieser Prismen um 90° verdreht hintereinander gestellt werden. Bild 6-25 zeigt das Pentagonalprisma nach Goullier (1865). Nach zweimaliger Reflexion des einfallenden Lichtstrahls ist der Ablenkwinkel ^ = 2 a, er ist unabhangig vom Einfallswinkel. Das Pentagonalprisma ist im Prinzip ein mit Glas gefullter Winkelspiegel (Bild 6-5). Auch in diesem Fall mussen die Seitenflachen verspiegelt sein, weil die Lichtstrahlen so steil auf die Grenzflache fallen, daB eine Totalreflexion nicht mehr moglich ist.

Bild 6-25. Pentagonalprisma fur konstante Ablenkungd=-90°. Zur Ubung

Bild 6-24. Geradsichtiges Wendeprisma.

ij 6.2-11: Ein Prisma mit brechendem Winkel a = 45° und der Brechzahl n=l,5\ wird nach Bild 6-20 durchstrahlt. Zeichnen Sie ein Diagramm analog Bild 6-21. Wie groB ist der minimale Ablenkwinkel S^^^^ und der zugehorige Eintritts- und Austrittswinkel £i,min undfii,!!!!!!*^Bei welchem Grenzwinkel ej g tritt an der rechten Flache Totalreflexion auf?

416

6. Optik

U 6.2-12: Fiir ein Prisma mit brechendem Winkel a = 60° wird experimentell der minimale Ablenkwinkel ^niin = 47,2° ermittelt. Wie groB ist der Brechungsindex n des Glases? 6.2.3.3. Brechung an Kugelflachen Vorzeichenkonvention Zwei Medien mit den Brechzahlen n und n' seien nach Bild 6-26 durch eine Kugelflache voneinander getrennt. Im folgenden werden fiir alle Strecken und Winkel Vorzeichen verwendet, wie sie in der technischen Optik gebrauchlich und durch DIN 1335 festgelegt sind.

Bild 6-27. Brechung eines Strahls an einer konvexen Kugelflache. chungsv^inkel e' sind mit den beiden anderen Winkeln folgendermaBen verkniipft: cp

a- £

Abbildung eines Punktes

Bild 6-26. Vorzeichenkonvention an Kugelflachen. Die Achse durch den Kugelmittelpunkt C ist die optische Achse, zugleich z-Achse des Koordinatensystems. Die positive z-Richtung wird durch die Laufrichtung des Lichts bestimmt und geht im allgemeinen von links nach rechts. Die >^-Achse steht senkrecht auf der z-Achse und weist von unten nach oben. Der DurchstoBpunkt der optischen Achse durch die Kugelflache ist der Scheitel S. Der Radius der Kugel ist positiv, wenn der Mittelpunkt C rechts vom Scheitel S liegt und negativ, falls C links von S Uegt. Samtliche Strecken, die vom Bezugspunkt S aus nach links gemessen werden, also entgegen der zRichtung, erhalten ein negatives Vorzeichen. Strecken, die nach rechts gemessen werden, sind positiv. Die Vorzeichen der Winkel sind gemaB Bild 6-27 definiert: Die Richtungen des Lichtstrahls (a und a ' ) und des Lotes ((p) werden von der optischen Achse aus angegeben. Bei Drehung im Gegenuhrzeigersinn (mathematisch positiv) erhalt der Winkel ein positives Vorzeichen. Der Einfallsw^inkel e und der Bre-

In Bild 6-27 geht von einem punktformigen Objekt O auf der optischen Achse ein Lichtstrahl aus, der die Kugelflache in A trifft. Fur n' > n wird der Strahl zum Einfallslot hin gebrochen und schneidet die optische Achse in O'; O' ist das Bild des Gegenstandes O. Mittels trigonometrischer Formeln laBt sich eine Beziehung aufstellen zwischen den Schnittweiten s und s'. Der Sinus-Satz liefert fiir das Dreieck OCA sine OC sin(180°-£) -s + r Oder OA -sin (p -I -sin (p ebenso gilt fiir das Dreieck CO'A CO' sin e' sin £ Oder AO' sin(180° +
Aus diesen Beziehungen folgt s— r s' — r " / "" /' •

(6-20)

Wird diese Gleichung nach s' aufgelost, so erhalt man den Ort des Bildpunktes O'. Wie man leicht erkennt, hangt dieser nicht nur von s und r, sondern auch von der Strecke / bzw. dem Winkel a ab. Ein Objektpunkt wird demnach nicht als Punkt abgebildet, sondern als Bildlinie auf der optischen Achse. Beschrankt

6.2. Geometrische Optik man sich jedoch auf paraxiale Strahlen, dann gel ten die Naherungen l^ s und /' ^ s\ Aus Gl. (6-20) wird dann

417

s' ist positiv, das Bild liegt hinter der brechenden Flache und ist reell. b) Wie groB r = + 80mm?

ist s'

fiir

5 = - 1 0 0 mm und

Losung: s' = ~ 400 mm. Diese Beziehung ist eine Invariante der Brechung; sie wird auch als Abbesche Invariante bezeichnet. — Die Beschrankung auf achsennahe Strahlen ist Merkmal der GauBschen Optik, benannt nach C. F. GAUSS (1777 bis 1855), der 1840 die entsprechenden mathematischen Grundlagen schuf. Beispiel 6.2-7: Bild 6-28 zeigt die Abbildung eines punktformigen Objekts O durch eine Kugelflache. Es sei n = 1 und « ' = 1,5. a) Fiir r = + 80 mm und s = — 500 mm ist s' zu berechnen. Losung: Nach Gl. (6-21) gilt n'r

1,5-80 mm = 353 mm.

c <

"

Das negative Vorzeichen des Wertes bedeutet, dal3 der Bildort links vom Scheitel liegt, das Bild ist virtuell. c) Der Objektort liege im Unendlichen, d.h. ^ = - 00. Wo liegt der Bildpunkt bei einer konkav gekriimmten Kugelflache mit r = — 80 mm? Losung: Aus Gl. (6-21) folgt fur 5 = - 00 n'r -1,5-80 - = - 240 mm. n' -n 0,5 Das Bild liegt vor der Kugelflache, es ist virtuell. Abbildung eines ausgedehnten Gegenstandes Bild 6-29 zeigt die Abbildung eines Punktes O auf der optischen Achse mittels paraxialer Strahlen in den Bildpunkt O'. Ein Punkt P, der gemeinsam mit O auf einem Kreis urn C Uegt, wird in P' abgebildet. Gegenstandsweite und Bildweite sind fiir P und P' identisch mit den Werten fiir O und O'. Liegen verschiedene Objektpunkte auf einer Kugelschale um C, so entstehen ihre Bildpunkte auch auf einer Kugelschale um C. Gegenstand und Bild sind einander ahnlich. Beschrankt man sich auf paraxiale Strahlen, d. h. auf Gegenstande und Bilder kleiner Ausdehnung, dann kann man die Kugelflachen in den Punkten O und O' durch die Tangentialebenen T und T' annahern:

r s h* s'

' y

Bild 6-28. Strahlengang durch eine Kugelflache (zu Beispiel 6.2-7).

Bild 6-29. Abbildung eines ausgedehnten Objekts durch eine brechende Kugelflache.

418

6. Optik

Ein kleiner, achsennaher und senkrecht zur optischen Achse stehender Gegenstand wird mit Hilfe von Paraxialstrahlen ahnlich abgebildet.

^ - ^ _ _ _ _

O'l

Der AbbildungsmaBstab ist nach Bild 6-29 S^ = ^ = - ^' ~^ = ^' ~^ y r~ s s—r Unter Beriicksichtigung von Gl. (6-21) ergibt sich fiir den AbbildungsmaBstab

Von J. DE LAGRANGE (1736 bis 1813) wurde

1803 eine wichtige Beziehung zwischen den Neigungswinkeln der Strahlen zur optischen Achse und der Gegenstands- bzw. BildgroBe gefunden. In Bild 6-27 verlaufen zwei Strahlen unter den beiden spitzen Winkeln a und a' zu optischen Achse. Fiir das Winkelverhaltnis / gilt bei kleinen Winkeln (tan tr ^ sin cr ^ cr) / = o'/o = s/s\ Mit Hilfe von Gl. (6-22) folgt daraus nya^n'/o'.

(6-23)

Das Produkt aus Brechungsindex, GegenstandsgroBe und Strahlneigung ist eine optische Invariants Da die Gultigkeit von Gl. (6-23) von H. von HELMHOLTZ (1821 bis

1894) auch

fur

Bild 6-30. Abbildung eines Punktes auf der optischen Achse durch eine Sammellinse. zeigt eine solche Linse und die Abbildung eines Lichtpunktes O auf der optischen Achse. Der Brechungsindex der Linse sei « L , der der angrenzenden Gebiete n bzw. n\ Die Kriimmungsradien der Kugelflachen sind r^ und ^2. Ein Lichtstrahl, der von O ausgehend die Linse in A trifft, wiirde nach OJ gebrochen, falls nur die linke Kugelflache allein vorhanden ware. Das Bild OJ befande sich dann im Medium mit dem Brechungsindex «L ii^ Abstand s\ von der linken Flache. Die Schnittweiten s^ und s\ sind durch die Abbesche Invariante (Gl. (6-21)) verkniipft: 1

1

(1)

Tatsachlich wird der Strahl im Punkt B an der rechten Grenzflache noch einmal gebrochen, so da6 das Bild im Punkt O' entsteht. Gl. (6-21) ergibt, auf die rechte Kugelflache angewandt (OJ spielt die Rolle eines virtuellen Gegenstandes),

ein

System von mehreren brechenden Flachen bewiesen wurde, nennt man sie HelmholtzLagrangesche Gleichung.

fl

S2

1

1

\^2

S'2

Zur Ubung

Die Strecke S2 hangt mit der Linsendicke d und s[ zusammen iiber die Beziehung ^2 ^ '^i - ^' Setzt man diese in die obige Gleichung ein, so ergibt sich

U 6.2-13: Wie tief erscheint ein 1,5 m tiefes Wasserbecken einem Betrachter, der von oben ins Wasser schaut?

'^LI \f2

6.2.4. Abbildung durch Linsen 6.2.4.1. DUnne Linsen Die Linse grenzt an verschiedene Medien In den meisten optischen Systemen tritt Lichtbrechung an Glasern auf, die von zwei kugelformigen Flachen begrenzt werden. Bild 6-30

1

1 7—

1

(2)

Si -

Aus den Gleichungen (1) und (2) laBt sich s\ eliminieren und eine Beziehung zwischen den Schnittweiten ^1 und ^2 herstellen: ^L^^^l

nri-\-{ni^— n)si

^L^lSl

n' r2 + (ni^—n')s2

d. (6-24)

6.2. Geometrische Optik Die Schnittweitengleichung (6-24) verkniipft die Schnittweiten ^i und S2 fiir ein beliebiges Flachenpaar im Abstand d. Eine wesentliche Vereinfachung der etwas unhandlichen Gleichung ist moglich, wenn die Linsendicke d vernachlassigbar ist. Fiir die unendlich diinne Linse (d = 0) geht die objektseitige Schnittweite ^i in die Objektweite a und die bildseitige Schnittweite S2 in die Bildweite a' liber (Bild 6-30). Aus Gl. (6-24) wird dann

n a'

n a

=

«L~

n

« L - «'

ri

r\

419

1^—\—*•

F

^

—

*

XTT

L

f

*•

1

Bild 6-31. Strahlenbundel durch die Brennpunkte einer Sammellinse.

(6-25)

Bei bekannten Linsendaten laBt sich aus Gl. (6-25) zu jedem Gegenstandsort der zugehdrige Bildort berechnen. Der AbbildungsmaBstab kann aus der Helmholtz-Lagrangeschen Gleichung (6-23) berechnet werden:

schneiden. Dieser Punkt ist der bildseitige Brennpunkt ¥' dieser Sammellinse. Die bildseitige Brennweite f laBt sich einfach aus Gl. (6-27) berechnen. Wenn die Gegenstandsweite a = — CO gesetzt wird, folgt fiir die Bildweite, d. h. fiir die bildseitige Brennweite

(6-29) y

n a

Fiir das Verhaltnis der beiden Winkel gilt bei paraxialen Strahlen nach Bild 6-30 olo' = d/a. Somit erhalt man fur den AbbildungsmaBstab

Die Linse ist beiderseits von Luft umgeben Eine weitere wesentliche Vereinfachung ergibt sich fur den Fall, daB die diinne Linse beidseitig von Luft mit n = n' =\ umgeben ist. Aus Gl. (6-25) folgt dann

1

1

a'

a

f1

j

= («!,--1)

In

1 - - • ri]

(6-27)

Die GroBe D' = \/f' nennt man die Brechkraft einer Linse. Die MaBeinheit fiir die Brechkraft ist die Dioptrie: 1 dpt = 1 m ~ ^ Wie Bild 6-31 ebenfalls zeigt, verlaufen alle Strahlen, die durch den gegenstandseitigen Brennpunkt F gehen, hinter der Linse achsenparallel, d.h., der Bildort ist a' = oo. Nach Gl. (6-27) sind die gegenstandseitige Brennweite f und die bildseitige Brennweite f betragsmaBig gleich, es gilt

/=-/'.

(6-30)

Die Abbildungsgleichung (6-27) erhalt eine besonders einfache Gestalt, wenn die durch Gl. (6-29) definierte Brennweite eingefuhrt wird:

Der AbbildungsmaBstab ist in diesem Fall

Beispiel Bild 6-31 zeigt, daB sich alle Strahlen eines Lichtbiindels, das parallel zur optischen Achse auf eine bikonvexe Linse fallt, in einem Punkt

6.2-8: Im Abstand « = — 50 cm von einer Sammellinse mit der Brennweite / ' = 20 cm steht ein Gegenstand. Wie groB ist die Bildweite a' und der AbbildungsmaBstab P'l

420

6. Optik

Losung: Die Abbildungsgleichung (6-31) liefert fur den Bildort (6-32)

a =

und fiir den Abbildungsmafistab

'^

(6-33)

a+f

Fiir dieses Beispiel ergibt sich also - 50 cm • 20 cm = 33,3 cm und — 50 cm + 20 cm 20 cm

- = -0,667. - 50 cm + 20 cm

Die Eigenschaften der Brennpunktsstrahlen machen auch eine sehr einfache zeichnerische Konstruktion der Abbildung moglich, die anhand von Bild 6-32 erlautert werden soil. Die vom Punkt P ausgesandten Strahlen 1, 2 und 3 treffen sich wieder im Punkt P'; also ist P' das Bild des Gegenstandes P. Strahl 1 verlauft parallel zur optischen Achse bis zur Mitte der im Idealfall unendlich diinnen Linse; von dort wird er zum bildseitigen Brennpunkt F' gebrochen. Strahl 3 geht durch den objektseitigen Brennpunkt F und lauft hinter der Linse parallel zur optischen Achse. Strahl 2 geht durch den Mittelpunkt der Linse und erfahrt keine Ablenkung (planparallele Platte der Dicke d - 0).

:=!tL^ Bild 6-32. Abbildung eines Gegenstandes mit Hilfe von Brennpunktsstrahlen und Mittelpunktsstrahl.

Die Diskussion der Abbildungsgleichung (6-31) sowie der daraus resultierenden Beziehungen (6-32) und (6-33) zeigt, dafi reelle Bilder nur entstehen fiir |^| > |/|. Fiir « = / l i e g t das Bild im Unendlichen, fiir |fl| < | / | ist a' < 0; d.h. das Bild liegt im Gegenstandsraum und

Bild 6-33. Zuordnung von Gegenstand und Bild bei einer Sammellinse.

ist virtuell. Bild 6-33 zeigt die Verkniipfung von Gegenstand und Bild fiir verschiedene Gegenstandsweiten a. Fiir manche Zwecke ist es sinnvoll, die Objekt- bzw. Bildweite von den jeweiligen Brennpunkten aus zu messen. Bezeichnet man nach Bild 6-32 den Abstand vom objektseitigen Brennpunkt F zum Objekt O mit z und die entsprechende Lange im Bildraum mit z\ so gilt zz' = -f /2

(6-34)

Diese besonders einfache Beziehung zwischen Objekt- und Bildort wird Newtonsche Abbildungsgleichung genannt. Linsentypen

Die bisher behandelte Sammellinse hat ihren Namen von der Fahigkeit, parallel einfallende Strahlen in der Brennebene zu sammeln. Die Brennweite f hangt nach Gl. (6-29) von den Radien der beiden Kugelflachen ab. Wird die Brennweite / ' negativ, dann liegt der bildseitige.Brennpunkt F' im Gegenstandsraum, der objektseitige im Bildraum. Mit einer solchen Zerstreuungslinse konnen Lichtstrahlen nicht gebiindelt werden, es sind lediglich virtuelle Bilder erzeugbar. Bild 6-34 zeigt eine Ubersicht gebrauchlicher Linsenformen. Die Bedeutung der Brennpunkte bei einer Zerstreuungslinse wird in Bild 6-35 erlautert. Fallen Strahlen parallel zur optischen Achse auf die Linse, so scheinen sie nach der Brechung aus F' zu kommen. Diese Eigenschaft der Brennpunktsstrahlen gestattet wieder eine einfache zeichnerische Konstruktion der Abbildung.

6.2. Geometrische Optik

421

Linsenform

Bezeichnung

Radien Brennweite im optisch dunneren Medium

bikonvex

plankonvex

/•i > 0

r2<0

r2< O

f'>0

f>0

konkavkonvex /"i < /•2 < 0

f>0

bikonkav

plankonkav

/•i < 0

f <0

konvexkonkav A2 < Ti < 0

f'<0

f<0

Bild 6-34. Linsenformen und deren Eigenschaften. nicht abgelenkten Mittelpunktsstrahls 3. Das Bild ist aufrecht, verkleinert und virtuell. Ein virtuelles Bild kann nicht auf einer Mattscheibe sichtbar gemacht werden; trotzdem kann es ein Beobachter wahrnehmen. Die von P' ausgehenden Strahlen konnen von der Augenlinse wieder auf die Netzhaut fokussiert werden. Die Rechnung ergibt mit Gl. (6-32) und (6-33) fiir die Bildweite a' = - 20 cm und fiir den AbbildungsmaBstab p' = 1/3. Zur Ubung

Bild6-35. Verlaufvon achsenparallelen Strahlen bei einer Zerstreuungslinse mit den Brennpunkten F und F\ Beispiel 6.2-9: Vor einer Zerstreuungslinse mit der Brennweite / ' = - 30 cm steht im Abstand « = — 60 cm ein Gegenstand. Wo entsteht das Bild, und wie groB ist der AbbildungsmaBstab yS'? Losung: Bild 6-36 zeigt die zeichnerische Konstruktion mit Hilfe der Brennpunktsstrahlen 1 und 2 sowie des

Bild 6-36. Abbildung eines Gegenstandes mit einer Zerstreuungslinse (zu Beispiel 6.2-9).

U 6.2-14: Konstruieren Sie den weiteren Weg eines Lichtstrahls, der unter einem beliebigen Winkel schief auf eine Sammellinse (Zerstreuungslinse) fallt. U 6.2-15: Eine plankonvexe Linse mit dem Brechungsindex ^L = 1,51 hat an Luft die Brennweite / ' = 10 cm. Sie beruhrt mit der ebenen Flache die Glaswand eines Aquariums, das mit Wasser gefiillt ist. a) Sonnenlicht fallt parallel zur optischen Achse auf die Linse. Wo liegt der Fokus F' im Wasser? b) In welcher Entfemung von der Linse entsteht das Bild eines Fisches, der 20 cm von der Linse entfemt im Wasser schwimmt? Wie groB ist der AbbildungsmaBstab? Losen Sie die Aufgabe zeichnerisch und rechnerisch. U 6.2-16: Von F. W. BESSEL (1784 bis 1846) stammt folgende Methode zur experimentellen Bestimmung der Brennweite einer Sammellinse: Ein leuchtender Gegenstand und eine Mattscheibe werden in festem Abstand / (/ > 4 / ' ) aufgestellt. Bildet man den Gegenstand mit einer Linse auf die Mattscheibe ab, so gibt es zwei Linsenstellungen, bei denen eine Abbildung moglich ist. Berechnen Sie aus dem Abstand / der beiden Linsenorte die Brennweite der Linse. U 6.2-17: Eine plankonvexe Linse mit dem Krummungsradius r^ = 20 cm bildet einen Gegenstand mit der Gegenstandsweite « = — 70 cm im Abstand a' = 93,5 cm ab. Wie groB ist die Brechkraft D' und der Brechungsindex «L der Linse?

422

6. Optik

6.2.4.2. Dicke Linsen 1st die Linsendicke d nicht mehr vernachlassigbar klein, so miissen die vorgenannten Abbildungsgleichungen etwas modifiziert werden. Fallt ein Lichtstrahl entsprechend Bild 6-37 parallel zur optischen Achse auf eine dicke Sammellinse, so wird er nach zweimaliger Brechung an den beiden Kugelflachen im bildseitigen Brennpunkt F ' die optische Achse schneiden. Der Strahlenverlauf im Innern der Linse ist fiir die optische Abbildung vollig unwichtig. Der Strahlenverlauf im bildseitigen AuI3enraum sieht jedenfalls so aus, als ob der Strahl vom Punkt Q' herkame. Dieser Schnittpunkt der gestrichelten Strahlverlangerung definiert die Lage der bildseitigen Hauptebene W. Wie spater noch gezeigt wird, kann die Lage der Hauptebenen berechnet werden. Dadurch ist eine sehr einfache Konstruktion der Strahlen im AuBenraum der Linse moglich. Beispielsweise wird ein Strahl, der durch den gegenstandseitigen Brennpunkt F geht, ungeachtet seines tatsachlichen Verlaufs bis zur gegenstandsseitigen Hauptebene H verlangert und verlauft von dort parallel zur optischen Achse. Der Abstand des bildseitigen Brennpunktes F ' vom Linsenscheitel S', d.h. die Strecke ^ p , ergibt sich unmittelbar aus der Schnittweitengleichung (6-24) fiir einen unendlich weit

entfernten Gegenstand, also fiir Sx = — co. Ebenso ist der Ort des objektseitigen Brennpunktes, d.h. die Strecke s^, aus Gl. (6-24) zu ermitteln, indem die Bildweite S2= oo gesetzt wird. Im folgenden werden nur Gleichungen angegeben fiir den Fall, daB die Linse beidseitig von Luft umgeben ist. Fiir diesen Spezialfall liefert die Schnittweitengleichung (6-24) ^)d

^LH - ( « L -

\)[nL{r2-r,)

+

{n^-\)d]

«L''2+(«L- 1)^ («L-

1 ) [ « L ( 0 - 0 ) + («L-

(6-35) Die Brennweiten f und /, die gemaB Bild 6-37 von' den Hauptebenen zu den entsprechenden Brennpunkten gerechnet werden, konnen aus folgender Uberlegung gewonnen werden: Fiir den Tangens des Winkels 02 gilt bei paraxialen Strahlen tan a'l = lY/sp = h/f; also ist

,/-^4.. Ebenso gilt tan a / = •

Bild 6-37. Lage der Hauptebenen bei einer die ken Sammellinse.

(1)

6.2. Geometrische Optik Wird (2) in (1) eingesetzt, so gilt fiir die Brennweite s\ — a Der Abstand s\ folgt unmittelbar aus der Abbeschen Invarianten (6-21) zu "^1=

-r\-

Damit erhalt man folgenden Ausdruck fiir die Brennweite:

Hierin ist das erste d i e d die Brennweite der diinnen Linse, wie sie bereits in Gl. (6-29) angegeben wurde. Das zweite Glied wirkt gleichsam als Korrekturglied und erfaBt den EinfluB der Linsendicke d. Es ist immer dann vernachlassigbar, wenn die Linsendicke klein ist gegeniiber der Differenz der Radien, d.h. wenn gilt d < k2 ~ ^i I •

423

Den Abstand der Hauptebenen von den Scheiteln erhalt man nach Bild 6-37 durch einfache Differenzbildung zweier Strecken, namlich ^H' = ' ^ F ' ~ / ' und ^ H ^ ^ ^ F " /

Dabei

ergibt sich S'YI' =

-/'

=

-r

SH

d d

(6-39)

Wird nach Bild 6-38 die Gegenstandsweite a als Entfernung des Gegenstandes von der Hauptebene H definiert und entsprechend die Bildweite a' als Abstand zwischen Hauptebene H ' und Bild, so gilt auch bei dicken Linsen die von den dunnen Linsen her bereits bekannte Abbildungsgleichung (6-31): \/a' — \/a= \/f'. Ebenso wird der AbbildungsmaBstab nach der bereits bekannten Gleichung (6-28) berechnet: p' = a'/a. H H'

Gl. (6-36) laBt sich auch direkt nach der Brennweite auflosen:

/'

«L «L-1

r\ ri « L ( ' ' 2 - ' - I ) + ( « L -- 1 ) ^

• (6-37)

Die gegenstandseitige Brennweite / wird analog zur eben gezeigten Methode berechnet. Wie schon bei der diinnen Linse sind auch bei der dicken Linse die Betrage der Brennweiten gleich. Es gilt nach Gl. ( 6 - 3 0 ) / = - / ' . Falls die Brennweite einer Linse bekannt ist, laBt sich das Gleichungspaar (6-35) fur die Abstande der Brennpunkte von den Scheiteln sehr viel einfacher ausdriicken. Aus dem Vergleich von Gl. (6-35) und (6-37) folgt

Bild 6-28. Abbildung eines Gegenstandes durch eine dicke Sammellinse (zu Beispiel 6.2-10). Beispiel 6.2-10: Gegeben sei eine Linse mit r^ = 5 cm. r2 = - 5 cm, d = 3 cm, «L ^ 1?7. Ein Gegenstand ist .^o = — 8 cm vom linken Scheitel entfernt (Bild 6-38). In welchem Abstand SQ' vom rechten Scheitel entsteht das Bild? Wie groB ist P'7 Losung: Die Brechkraft der Linse betragt nach Gl. (6-36) 0 72 3 D' = 0,7 • (I + 1 ) cm" 1 - — cm- ^ ^^ ^^ 1,7 25 = 0,245 cm-^ = 24,5 dpt. Die Brennweite ist f = 4,07 cm. Fiir die Abstande der Hauptebenen von den Scheiteln gilt nach Gl. (6-39) 0,7 3 - Sii' = % = 4,07 cm — = 1,01 cm. 1, /

J

424

6. Optik

Bild 6-38 zeigt die Lage der beiden Hauptebenen. Fiir die weitere Rechnung benotigt man zunachst die Gegenstandsweite

fiihrt also letztlich das System ersatzweise auf eine dicke Linse zuriick.

a = So — sii = - S cm - 1,01 cm = - 9,01 cm.

Beispiel

Die Bildweite a' folgt aus der Abbildungsgleichung (6-32): af ^ - 9,01 • 4,07 ^.j^ ^ J A 2 c m . ^/ ^ a-\-f -9,01+4,07 Der Abstand von der rechten Linsenflache ist

6.2-11: Zwei diinne Sammellinsen Li und Lj gemaB Bild 6-39 sind im Abstand e = 25 cm angebracht. Die Brennweiten betragen f{ = 60 cm und /{ = 50 cm. Wie groB ist die Gesamtbrennweite / ' , und wo liegen die Hauptebenen des Systems?

SQ'

L

= a' -\- sii' = 7,42 cm - 1,01 cm = 6,41 cm.

H' H Lo

Der AbbildungsmaBstab wird nach Gl. (6-28) berechnet: a' 7,42 cm P' = — = = - 0,82. a 9,01 cm Die graphische Losung ist in Bild 6-38 wiedergegeben. Das Bild ist reell, kopfstehend und verkleinert. Zur Ubung U 6.2-18: Gegeben sei eine plankonvexe Linse mit den Daten r^ = oa, ^^ = - 4 cm, J = 2 cm und /7L=1,7. a) Wie groB ist die Brennweite/' der Linse? b) Wo befinden sich die Hauptebenen H und H' relativ zu den Linsenscheiteln S und S'? c) Im Abstand so = — 12 cm von der ebenen Flache befindet sich ein Objekt. In welcher Entfemung SQ' von der Kugelflache entsteht das Bild? d) Wie groB ist der AbbildungsmaBstab P'l

Bild 6-39. Lage der Hauptebenen bei einem System aus zwei Sammellinsen (zu Beispiel 6.2-11). Losung:

Sehr einfach laBt sich das Problem zeichnerisch losen. In Bild 6-39 fallt von links her ein achsenU 6.2-19: Eine Glaskugel mit dem Radius r und der paralleler Strahl auf die Linse L] und wird auf ¥\ Brechzahl «L wird als Linse verwendet. Wie groB ist zu gebrochen. Hinter der Linse L2 verlauft der die Brennweite/', und wo befmden sich die HauptStrahl parallel zur Geraden AB (s. U 6.2-14), so dafi ebenen? er schlieBlich die optische Achse im Brennpunkt F' schneidet. Der Schnittpunkt der Strahlverlangerung U 6.2-20: Wie hangt bei einer Plankonvex-(Plankon- defmiert die Lage der bildseitigen Hauptebene H'. kav-) Linse die Brennweite / ' von der Linsendicke Nach obigem Muster wird der Weg eines von rechts ab? parallel zur optischen Achse einfallenden Strahls konstruiert. Brennpunkt F und Hauptebene H sind t) 6.2-21: Wie groB ist die Brennweite / ' einer somit bestimmt. Meniskuslinse mit r^ = r2 = r und der Dicke dl Wo liegen die Hauptebenen? Zeichnen Sie maBstablich Durch Anwendung der Abbildungsgleichung die Brechung eines von links kommenden achsen(6-31) erhalt man fiir die Abstande der Brennparallelen Strahls fur r = 5 cm, J = 3 cm und punkte von den Linsen

6.2.43. Linsensysteme Viele optische Systeme bestehen aus mehreren Linsen mit gemeinsamer optischer Achse. Der fiir eine optische Abbildung relevante Strahlenverlauf kann konstruiert werden, wenn die Gesamtbrennweite sowie die Lage der zwei Hauptebenen des Systems bekannt sind. Man

_2_- = 4' \_ 5F

1

1

— + •

fi ' 1 f{

f\-e 1 fi-e

und (6-40)

Fiir Beispiel 6.2-11 ergibt sich 5p- = 20,6 cm und ip = — 17,6 cm.

6.2. Geometrische Optik Die Brennweite des Systems, als Abstand zwischen Brennpunkt und zugeordneter Hauptebene definiert, laBt sich durch elementare geometrische Uberlegungen, auf deren Wiedergabe hier verzichtet wird, berechnen. Das Ergebnis ist

/'=-/=

/1/2

(6-41)

f{+fi-e.

425

der Hauptebenen von b). d) In welch em Abstand SQ' von der Zerstreuungslinse wird ein Objekt abgebildet, das ^Q = — 65 cm vor der Sammellinse steht? Wie groB ist der AbbildungsmaBstab ^'? U 6.2-23: Ein Laserstrahl soil von 2 mm Durchmesser auf 10 mm aufgeweitet werden. Zur Verfugung steht eine Zerstreuungslinse m i t / / = - 10 cm. Welche Brennweite /{ braucht die noch erforderliche Sammellinse? Wie groB ist der Abstnd e der zwei Linsen?

Fiir Beispiel 6.2-11 ergibt sich / ' = 35.3 cm.

6.2.5. Blenden im Strahlengang

Die Brechkraft des Systems ist

D' = ^ = U^. r

f{

D' = D\^-D'2-e

fi

e

fifi

D\D'2.

oder (6-42)

Besonders einfache Verhaltnisse liegen vor, wenn der Abstand e der Linsen gegeniiber den Brennweiten vernachlassigbar ist. Dies ist praktisch der Fall, wenn sich zwei Linsen beriihren. Aus Gl. (6-42) resultiert dann D' = D\^D'j^.

(6-43)

Bei eng zusammenstehenden Linsen ist die Brechkraft des Systems gleich der Summe der Brechkrafte der einzelnen Linsen. Um die Brennweite einer Zerstreuungslinse zu messen, kombiniert man diese mit einer Sammellinse groBerer Brechkraft, so daB das System insgesamt sammelnd wirkt. Fur dieses System bestimmt man dann durch Ausmessen einer reellen Abbildung die Gesamtbrennweite (U 6.2-16). Die Brennweite der Zerstreuungslinse lafit sich dann aus Gl. (6-43) berechnen. Zur tlbung

In jedem optischen System sind Blenden vorhanden, die den Querschnitt der zur Abbildung verwendeten Lichtstrahlen begrenzen. Bild 6-40 zeigt die Abbildung des Gegenstandes Pi P2 durch eine Sammellinse ins reelle Bild ? ! P2. Innerhalb des schraffierten Kegels laufen alle Strahlen, die vom Punkt P2 ausgehen und in P2 gesammelt werden. Das Strahlenbiindel ist begrenzt durch eine materielle Blende oder Pupille. Die Linse entwirft von der Blende ein reelles Bild, die Austrittspupille AP, durch die wieder alle Strahlen gehen miissen. Vom Gegenstandspunkt O, der auf der optischen Achse liegt, gelangen alle Strahlen, die innerhalb des strichpunktierten Kegels liegen, zur Abbildung. Der Offnungswinkel a wird objektseitiger Aperturwinkel genannt, der konjugierte Winkel a' ist der bildseitige Aperturwinkel. Allgemein wird o durch die Eintrittspupille EP begrenzt, G' durch die Austrittspupille AP. In Bild 6-40 spielt also die reale Blende zugleich die Rolle der Eintrittspupille. LaBt man den Durchmesser der Eintrittspupille gegen null gehen, so werden die zur Abbildung gelangenden Lichtkegel immer schlanker, bis schlieBlich nur noch die rot gestrichelten Hauptstrahlen iibrig bleiben. Es ist offensichtlich, daB die Lichtmenge, die vom Gegenstand zum Bild gelangt, von der

U 6.2-22: Line dunne plankonvexe Linse hat den Krummungsradius r^ = 20 cm und den Brechungsindex «LI = 1J5. Eine plankonkave Linse mit dem Brechungsindex « L 2 = 1»52 wird so neben die erste Linse gestellt, daB sich die beiden ebenen Elachen beriihren. Das System hat dann die Gesamtbrennweite / ' = 60 cm. a) Wie groB ist der Krummungsradius r2 der Zerstreuungslinse? b) Welch en Abstand e miissen die beiden Linsen haben, damit die [Blende Gesamtbrennweite auf/' = 30 cm abnimmt? c) Bestimmen sie zeichnerisch und rechnerisch die Lage Bild 6-40. Strahlbegrenzung durch eine Blende.

426

6. Optik

GroBe der Eintrittspupille abhangt. Die Blende steuert damit die Helligkeit des Bildes. Eine weitere Funktion einer Blende ist die Begrenzung des Gesichtsfelds. Diese Blendenwirkung ist in Bild 6-41 verdeutlicht, wo der Gegenstandsraum von Bild 6-40 noch einmal dargestellt ist. Fiir diejenigen Gegenstandspunkte, die sich innerhalb der Grenzen P} und P2 befinden, gelangen alle Strahlen, die die Eintrittspupille passiert haben, auch auf das Bild. Fiir Gegenstandspunkte zwischen P] und P3 bzw. P2 und P4 wirkt die Linsenfassung als Blende, so daB nur ein Teil der Strahlen auf das Bild gelangt. Gegenstandspunke schlieBlich, die auBerhalb von P3 und P4 sitzen, werden durch die vorliegende Anordnung iiberhaupt nicht mehr abgebildet. Das Gesichtsfeld ist hier nicht scharf begrenzt, sondern es wird nach auBen hin allmahlich dunkler. Diesen Effekt bezeichnet man als Vignettierung oder Abschattung. Soil das Gesichtsfeld scharf begrenzt sein, so muB in der Bildebene eine Gesichtsfeldblende angebracht werden. Anstelle einer korperlichen Blende kann auch das Bild einer Blende, eine Luke, das Gesichtsfeld begrenzen.

genstandsweite und >^ = 1 cm GroBe. c) Wie groB muB der Linsendurchmesser mindestens sein, damit auch die Randpartien ohne Abschattung abgebildet werden?

6.2.6. Abbildungsfehler Bei der bisherigen Beschreibung optischer Abbildungen ist idealisierend vorausgesetzt, daB nur achsennahe Strahlen an der Abbildung beteiligt sind. Sobald Strahlen in groBem Abstand von der optischen Achse bzw. unter groBen Winkeln gegen diese verlaufen, ist die Abbildung mit Fehlem behaftet. Tabelle 6-2 zeigt eine knappe Zusammenstellung der wichtigsten Abbildungsfehler. Zur Behebung der Abbildungsfehler sind immer mehr oder weniger komplizierte Linsensysteme erforderlich. Dabei wird ausgenutzt, daB bestimmte Fehler in verschiedenen Linsentypen gegenlaufig sind, so daB sie sich bei der Kombination ganz oder teilweise aufheben. Eine vollkommene Korrektur aller Abbildungsfehler ist nicht moglich. 6.2.7. Optische Instrumente 6.2.7.1. Das menschliche Auge In Bild 6-42 sind die wichtigsten Telle des menschlichen Auges dargestellt. Das Auge wird eingehiillt von der stabilen Lederhaut Le. Darunter liegt die fiir den Stoffwechsel wichtige Aderhaut A, die mit der lichtempfindlichen Netzhaut N ausgekleidet ist. Die lichtdurchlassigen Telle des Auges sind die Hornhaut H, die mit Kammerwasser gefiillte vordere Augenkammer K, die Linse Li sowie der gallertartige Glaskorper G.

Das normalsichtige Auge ist im Ruhezustand so eingestellt, daB paralleles Licht unendlich ferner Gegenstande auf die Netzhaut fokusBild 6-41. Begrenzung des Gesichtsfelds bei einem siert wird, wie es Bild 6-43 zeigt. Dabei regelt ausgedehnten Gegenstand. die Iris I (Regenbogenhaut) als Eintrittspupille die Lichtmenge, die ins Auge fallt. Die Brechung des Lichts findet vorwiegend an der Zur Ubung gekriimmten Hornhaut statt. Die Linse sorgt U 6.2-24: In 30 cm Abstand vor einer Sammellinse lediglich dafiir, daB Gegenstande in verschiesteht eine Blende mit 12 mm Durchmesser. Ihr Bild denen Entfernungen scharf gesehen werden. (AP) entsteht 60 cm hinter der Linse. a) Welchen Zu diesem Zweck wird die Kriimmung der Durchmesser hat die Austrittspupille? b) KonAugenlinse mit Hilfe des Ziliarmuskels Z struieren Sie mit Hilfe der Pupillenstellungen die verandert (Akkommodation). Der nachstgeleAbbildung eines Gegenstandes mit « = - 50 cm Ge-

6.2. Geometrische Optik

427

Tabelle 6-2. Abbildungsfehler. Bezeichnung

Ursache und Auswirkung

Beseitigung

spharische Aberration (Offnungsfehler)

Bin Objektpunkt auf der optischen Achse wird, falls nur achsennahe Strahlen an der Abbildung beteiligt sind, waiter von einer Sammellinse entfemt abgebildet, als bei der ausschliefilichen Verwendung achsenfemer Strahlen. Daher wird ein Punkt durch weit geoffnete Strahlenbiindel nicht als Punkt, sondern als Zerstreuungsscheibchen abgebildet.

Kombination mehrerer Linsen verschiedener Brennweite (z. B. Sammellinse und Zerstreuungslinse); Variation der Linsenform. Ein korrigiertes System wird als Aplanat bezeichnet.

Astigmatismus und Bildfeldwolbung

Ausgedehnte ebene Objekte werden nicht in einer Ebene, sondem auf zwei gekriimmten Bildschalen, die sich auf der optischen Achse beriihren, abgebildet. Deshalb entsteht bei der Abbildung eines Punktes, der auBerhalb der optischen Achse liegt, auch bei der Verwendung schlanker Strahlenbiindel kein Bildpunkt, sondem zwei zueinander senkrecht verlaufende Bildstriche auf den beiden Bildschalen in verschiedenen Abstanden von der Linse.

Kombination mehrerer Linsen aus geeigneten Glasem; Veranderung der Blendenlage. Ein korrigiertes System ist ein Anastigmat.

Koma

Strahlenbiindel groBer Offnung bilden einen Punkt, der auiJerhalb der optischen Achse liegt, nicht als Punkt, sondem als ovale Figur mit kometenhaftem Schweif ab.

Abblenden; Fehler ist stark abhangig von der Blendenlage.

Verzeichnung

Bei falscher Blendenlage sind Bild und Objekt nicht geometrisch ahnlich. Liegt die Blende zu weit im Gegenstandsraum, wird ein Quadrat tonnenformig verzeichnet, liegt sie zu weit im Bildraum, resultiert eine kissenfbrmige Verzeichnung.

Blende bzw. Pupille sollte in der Linsenebene liegen. Verwirklicht im orthoskopischen Objektiv.

chromatische Aberration

Farbfehler, der aufgrund der Dispersion des Linsenmaterials entsteht, wenn zur Abbildung kein monochromatisches Licht verwendet wird. Das Bild wird unscharf und erhalt farbige Rander.

Kombination von Sammellinse aus Kronglas und Zerstreuungslinse aus Flintglas; korrigiertes Objektiv ist ein Achromat.

gene Punkt, den man eben noch scharf sehen kann, wird Nahpunkt genannt. Er liegt bei Jugendlichen bei etwa 10 cm und nimmt mit zunehmendem Alter zu. Als Bezugssehweite Oder deutliche Sehweite wurde der Abstand a^ = — 25 cm festgelegt, in dem der normalsichtige Mensch ohne Anstrengung Gegenstande betrachten kann. Der Fernpunkt liegt beim normalsichtigen Auge im Unendlichen. Beim kurzsichtigen Auge ist die Brechkraft des Systems so groB, daB parallel einfallende Bild 6-42. Querschnitt durch das menschliche Auge.Strahlen schon vor der Netzhaut vereinigt

428 a)

b)

c)

6. Optik

Fleck B in Bild 6-42). Die groBte Dichte der Zapfen besteht in der Netzhautgruppe NO; nach auBen hin nimmt die Anzahl der Zapfen ab, gleichzeitig nimmt die Anzahl der Stabchen zu. Das Auflosungsvermogen des Auges ist eng mit der Struktur der Netzhaut verknupft. So konnen zwei Punkte nicht mehr getrennt wahrgenommen werden, wenn ihre Bildpunkte so aneinander Uegen, daB nur ein einziger Zapfen angeregt wird. Der physiologische Grenzwinkel, unter dem Gegenstande noch getrennt wahrgenommen werden konnen, betragt etwa eine Winkelminute fiir Bilder in der Netzhautgrube NG (Bild 6-42). In der Bezugssehweite 25 cm miissen demnach zwei Punkte 0,07 mm weit auseinander sein, damit man sie noch als getrennt wahrnimmt. Funktion der optischen Instrumente

Nach Bild 6-44 entwerfen die brechenden Bild 6-43. Menschliches Auge: a) normalsichtig, Teile des Auges auf der Netzhaut ein umgeb) kurzsichtig, c) uhersichtig (weitsichtig). kehrtes reelles Bild eines Gegenstandes. Die GroBe des Netzhautbildes ist direkt proporwerden (Bild 6-43 b). Der Kurzsichtige kann tional zum Sehwinkel a, unter dem das Obunendlich entfernte Gegenstande nicht scharf jekt erscheint. Will man von einem Gegensehen, sein Fernpunkt liegt im Endlichen. Zur stand mehr Details erkennen, muB er naher Korrektur wird eine Brille mit Zerstreuungs- ans Auge gebracht werden. Dadurch nimmt linsen verwandt. der Sehwinkel bzw. die scheinbare GroBe des Beim ubersichtigen (weitsichtigen) Auge ist die Gegenstandes zu. Bei Unterschreiten des NahBrechkraft so gering, daB der Brennpunkt punktes wird das Netzhautbild wegen manhinter der Netzhaut liegt (Bild 6-43 c). Der gelnder Akkommodationsfahigkeit unscharf. Ubersichtige kann durch Akkommodation Eine weitere VergroBerung ist nur moglich, diesen Fehler zum Teil ausgleichen. Die stan- wenn optische Instrumente (Lupe, Mikroskop, dige Anspannung des Augenmuskels wirkt Fernrohr) zu Hilfe genommen werden. Die aber ermiidend. Zur Korrektur tragt der Aufgabe der optischen Instrumente besteht darin, den Sehwinkel zu vergroBern. Da das Ubersichtige eine Sammellinse. Hat das Auge in zwei zueinander senkrechten Netzhautbild dem Tangens des Sehwinkels Richtungen verschiedene Brennweiten, so liegt proportional ist, definiert man sinnvollerAugenastigmatismus vor. Zur Korrektur muB weise als VergroBerung (AngularvergroBerung) das Brillenglas in verschiedenen Richtungen eines Instruments unterschiedlich gekrummt sein. Die eigentlich lichtempfindlichen Sinneszellen des Auges sind die in der Netzhaut eingebetteten Stdbchen und Zapfen. Die Zapfen konnen verschiedene Farben (rot, griin, blau) unterscheiden, wahrend die wesentlich empfindlicheren Stabchen farbuntiichtig sind. Die Lichtempfindung wird iiber Nervenfasern dem Sehzentrum des Gehirns zugeleitet. An der Stelle, wo die Sehnerven das Auge verlassen, ist die Netzhaut unempfindlich {blinder Bild 6-44. Definition des Sehwinkels a.

6.2. Geometrische Optik

429

des ausgehen, verlaufen hinter der Linse unter demselben Winkel a' zur optischen Achse. AUerdings ist das Gesichtsfeld am groBten, wenn sich das Auge moglichst nahe an der Zur Ubung Linse befindet. Welches Strahlenbixndel zur a 6.2-25: Der Nahpunkt eines iibersichtigen Auges Abbildung herangezogen wird, legt die Augensei «N = — 50 cm. Welche Brechkraft mu6 eine Bril- pupille fest. Die Augenlinse vereinigt die Parallelstrahlen zu einem Punkt auf der Netzle haben, damit der Nahpunkt des Auges in die Behaut. zugssehweite a^ = -l'5 cm riickt? (Der Abstand e' zwischen Brillenglas und Augenlinse sei vemachlasNach Bild 6-45 gilt fiir den Winkel cf die Besigbar.) ziehung tan & =ylf=-yirZur Bestimmung der VergroBerung vergleicht man diesen Wintj 6.2-26: Bei einem kurzsichtigen Menschen liegt kel mit jenem, unter dem das Objekt fiir das der Fernpunkt % = ~ 50 cm vor dem Auge. Welche unbewaffnete Auge erscheint, wenn es im Brechkraft braucht seine Brille, damit er wieder bis Abstand a^ = — l'S cm (Bezugssehweite) angeunendhch sehen kann? ordnet ist: tan o = yla^. Somit gilt fur die Normalvergrofierung der Lupe 6.2.7.2. Lupe Dabei ist o' der Sehwinkel mit, o derjenige ohne Instrument. Meist kann man den Tangens durch den Winkel selbst ersetzen.

Die Lupe ist eine Sammellinse kurzer Brennweite. Ihre VergroBerung ist um so hoher, je starker die Brechkraft der Linse ist. Nach DIN 58 383 versteht man unter Lupen im engeren Sinne solche, die eine mindestens dreifache VergroBerung haben. Bei geringeren VergroBerungen spricht man von Lesegldsern. Die VergroBerung hangt nicht nur von der Lupe selbst ab, sondern auch ganz wesentlich vom Abstand zwischen Gegenstand und Lupe bzw. Auge. Da es praktisch unmoglich ist, fur alle vorkommenden Abstande mit einfachen Formeln eine VergroBerung zu berechnen, gibt man in der Regel die NormalvergroBerung der Lupe an. Dazu wird festgelegt, daB der Gegenstand in der Brennebene der Linse steht und das Auge auf Unendlich akkommodiert ist. Bild 6-45 zeigt den Strahlengang fur diesen Fall. Es ist im Prinzip gleichgiiltig fur die VergroBerung, wo das Auge steht; denn alle Strahlen, die von einem Punkt des Gegenstan-

Bild 6-45. Strahlengang bei der Lupe.

Die VergroBerung ist positiv, weil a^ ein negatives Vorzeichen hat. Eine Lupe bewirkt also gegeniiber der Betrachtung mit unbewaffnetem Auge keine Bildumkehr. Soil die VergroBerung gesteigert werden, so wird der Abstand zwischen Lupe und Objekt vermindert. Dadurch entsteht ein virtuelles vergroBertes Bild in endlichem Abstand vom Auge. Bringt man die Linse nach Bild 6-46 in eine solche Position, daB das virtuelle Bild im Abstand der Bezugssehweite a^ von der Linse entsteht, dann gilt fiir den Winkel o\ unter dem der Hauptstrahl die Linse durchsetzt, t ' y y' tan o = — = — . a a^ Unter der Voraussetzung, daB sich das Auge dicht an der Lupe befindet, durchsetzt der

Bild 6-46. Gegenstand innerhalb der Brennweite einer Lupe.

430

6. Optik

Hauptstrahl die Augenlinse unter demselben Winkel. Das Verhaltnis der Sehwinkel mit und ohne Instrument ist dann tanV^/^^, tan G y In diesem Fall ist also die AngularvergroBerung identisch mit der LateralvergroBerung (AbbildungsmaBstab). Mit a' = a^ ergibt sich aus der Abbildungsgleichung (6-31) sofort die LupenvergroBerung bei Akkommodation:

6.2.7.3. Mikroskop Fiir sehr starke VergroBerungen ware nach Gl. (6-45) eine Lupe mit extrem kleiner Brennweite erforderlich, was technisch schwer zu realisieren ist. Eine kleine Brennweite laBt sich aber auch erzielen, wenn man anstatt einer Linse ein Linsensystem mit zwei Linsen nimmt. Obwohl die beiden Linsen selbst verhaltnismaBig groBe Brennweiten haben konnen, ist nach Gl. (6-41) bei geeignetem Abstand die Gesamtbrennweite des Systems klein. Der Strahlengang im Mikroskop ist in Bild 6-47 dargestellt. Das Objektiv Ob entwirft von dem Gegenstand G ein vergroBertes reelles Zwischenbild ZB. Dieses Zwischenbild wird mit Hilfe des Okulars Ok betrachtet. Das Okular hat die Funktion einer Lupe und dient der weiteren VergroBerung des Zwischenbildes. Die parallelen Strahlen, die in Bild 6-47 das Okular verlassen, werden durch die Augenlinse auf die Netzhaut des Betrachters fokussiert. Die Abbildung geschieht im Mikroskop in zwei Stufen. Dementsprechend laBt sich die

Ob F/

Bild 6-47. Strahlengang beim Mikroskop.

MikroskopvergroBerung T^ aus dem AbbildungsmaBstab y^ob des Objektives und der LupenvergroBerung FQ^ des Okulars berechnen: ^M — Aob ^6k •

(6-47)

Der AbbildungsmaBstab y^ob wird mit Hilfe der elementaren Gleichungen (6-28) und (631) berechnet. Er ist besonders einfach darstellbar mit Hilfe der optischen Tubusldnge t des Mikroskops: A6b = ~^//6b- Somit ist die GesamtvergroBerung des Mikroskops

In der Praxis kann man die GesamtvergroBerung eines Mikroskops sofort aus den Zahlen bestimmen, die auf Objektiv und Okular eingraviert sind. Steht beispielsweise auf einem Objektiv 40/0,65, so betragt der AbbildungsmaBstab I y^' I = 40, und die numerische Apertur ist A^ = 0,65. Ist z.B. auf dem Okular 10 x eingraviert, dann ergibt sich die MikroskopvergroBerung I TM I = 400. Die mechanise he Tubusldnge moderner Mikroskope ist in der Regel t= 160 mm. Normwerte fiir Objektivund OkularvergroBerungen sind in DIN 58 886 festgelegt. Die Offnung der abbildenden Strahlenbundel wird in Bild 6-47 durch den Durchmesser des Objektivs begrenzt. Das Objektiv ist demnach die Eintrittspupille EP des Systems. Die Austrittspupille AP ist das vom Okular entworfene Bild der Eintrittspupille. An der Stelle der Austrittspupille sollte sich die Pupille des beobachtenden Auges befinden. Sowohl das Objektiv als auch das Okular eines Mikroskops besteht zur Korrektur der Abbildungsfehler immer aus mehreren Linsen. Bild 6-48 a zeigt Ansicht und Schnitt eines modernen Planapochromaten (100/1,30 Oil), der besonders gegen spharische und chromatische Aberration sowie Bildfeldwolbung korrigiert ist. In Bild 6-48 b sind Aufbau und Strahlengang eines Durchlichtmikroskops wiedergegeben. Bestimmte Mikroskope erlauben die Photographic des Bildes mittels einer eingebauten Kamera. Mit Hilfe einer aufgesetzten Fernsehkamera kann das Bild

6.2. Geometrische Optik

431

U 6.2-28: Ein Mikroskop kann ersatzweise wie eine Lupe mit extrem kleiner Brennweite behandelt werden. Berechnen Sie fiir das Mikroskop von U 6.2-27 die Gesamtbrennweite / ' und die LupenvergroBerung TL. Wieso ist die Gesamtbrennweite negativ?

6.2.7.4. Fernrohr Das Fernrohr hat die Aufgabe, den Sehwinkel, unter dem weit entfernte Gegenstande erscheinen, zu vergroBern. Das Bild soil mit entspanntem Auge betrachtet werden. Dies bedeutet, daB ein ins Fernrohr eintretendes paralleles Strahlenbiindel auch wieder als paralleles Bundel austreten muB. Diese Bedingung wird von einem afokalen System mit zwei Linsen erfullt. Dabei fallt der bildseitige Brennpunkt der ersten Linse mit dem gegenstandseitigen der zweiten zusammen.

Bild6-48. Technische Ausfuhrung eines Mikroskops: a) Objektiv, Planapochromat (100/1,30 Oil), b) Durchlichtmikroskop mit Funffach-Objektivrevolver. Werkbilder: Carl Zeiss, Oberkochen

Bild 6-49 zeigt die beiden Grundtypen des Fernrohrs. Das Keplersche (1611) oder astronomische Fernrohr hat zwei Sammellinsen, das Galileische (1609) oder holldndische Fernrohr eine Sammel- und eine Zerstreuungslinse. Beim Keplerschen Fernrohr entwirft das Objektiv in seiner bildseitigen Brennebene ein reelles Zwischenbild ZB eines unendlich entfernten Gegenstandes, das dann mit dem als Lupe wirkenden Okular betrachtet wird. Be-

auch auf einen Fernsehbildschirm iibertragen werden. — Das Auflosungsvermogen des Mikroskops ist in Abschn. 6.4.1.5 beschrieben. Zur Ubung t) 6.2-27: Bei einem Mikroskop ist die Objektivbrennweite /ob = 4 mm, die Okularbrennweite ^ok = 25 mm und die Tubuslange / = 160 mm. a) Wie groB ist die MikroskopvergroBerung 7^? b) In welchem Abstand ZQb vom vorderen Ojektivbrennpunkt mufi sich das Objekt befinden, wemi es von einem auf unendlich eingestellten Auge scharf gesehen werden soil? c) Das Okular wird um Azok nach hinten verschoben und entwirft dadurch ein reelles Bild. In welchem Abstand (^ok vom Okular muB man einen Schirm aufstellen, um das Bild aufzufangen, und wie groB ist der gesamte AbbildungsmaBstab p'l Zeichnen Sie ein Diagramm fiir 1 mm ^ Az ^ 25 mm. Was ergibt sich speziell fur Az = 1 mm?

Bild 6-49. Grundtypen des Fernrohrs: a) Keplersches Fernrohr, b) Galileisches Fernrohr.

432

6. Optik

findet sich das Objekt in endlicher Entfernung, so entsteht das Zwischenbild hinter der bildseitigen Brennebene. Eine Scharfeinstellung geschieht am einfachsten dadurch, daB der Abstand zwischen Objektiv und Okular verlangert wird. Beim Galileischen Femrohr kommt es nicht zur Ausbildung eines reellen Zwischenbildes, denn die konvergierenden Strahlen treffen auf die Zerstreuungslinse, bevor sie sich in einem Punkt vereinigen konnen. Die VergroBerung des Fernrohrs laBt sich anhand von Bild 6-49 folgendermaBen bestimmen: Der Winkel a, unter dem ein Strahlenbundel von einem weit entfernten Gegenstand ins Objektiv fallt, ist derselbe Winkel, unter dem man den Gegenstand mit unbewaffnetem Auge sehen wiirde. Der Sehwinkel G\ unter dem die Strahlen ins Auge gelangen, ist offensichtlich groBer als o. Nach Bild 6-49 gilt fiir die Winkelfunktionen (Vorzeichen der Winkel s. Abschn. 6.2.3.3 und DIN 1335) tan & = -y'lfo^ und tan o = y/foy,. Damit ergibt sich fur die VergroBerung des Fernrohrs

Setzt man die Brennweiten vorzeichenrichtig in Gl. (6-49) ein, wird die VergroBerung des Keplerschen Fernrohrs negativ, die des Galileischen Fernrohrs positiv. Dieser Sachverhalt laBt sich auch leicht anhand von Bild 6-49 erkennen: Die prinzipielle Richtung eines Lichtbiindels beim Galileischen Fernrohr wird beibehalten, wahrend sie sich beim Keplerschen umkehrt. Das kopfstehende Bild stort in der Astronomic nicht, fiir irdische Beobachtungen jedoch muB das Bild aufgerichtet werden. Im terrestrischen Fernrohr wird nach Bild 6-50 a mit der Umkehrlinse U das reelle Zwischenbild kopfstehend abgebildet und dann durch das Okular betrachtet. Wie Bild 6-50 b am Beispiel eines Zielfernrohrs zeigt, sind solche Fernrohre sehr lang. Die Bildumkehr ist auch mit Hilfe von Umkehrprismen moglich. Bild 6-50 c zeigt einen Prismenfeldstecher, bei dem mit einem Porroschen Prismensatz (Abschn. 6.2.3.2) das Bild aufgerichtet wird. Die-

a)

Ob

U

Ok

Bild 6-50. Bildumkehr beim terrestrischen Fernrohr. a) Prinzip, b) technische Ausjuhrung in einem Zielfernrohr, c) Prismenfeldstecher mit Porroschem Umkehrprismensatz. Werkbilder: Carl Zeiss, Oberkochen

ses Fernrohr ist sehr kurz. Zusatzlich wird durch die Strahlumlenkung an den Prismen der gegenseitige Abstand der beiden Objektive wesentlich groBer als der Augenabstand. Dieser Effekt unterstiitzt das stereoskopische Sehen.

EP

I AP

Bild 6-51. Pupillenlage beim Fernrohr; Abbildung eines achsenparallelen Lichtbiindels beim a) Keplerschen und b) Galileischen Fernrohr.

6.2. Geometrische Optik

Bild 6-51 zeigt die Abbildung eines Lichtbiindels, das parallel zur optischen Achse ins Objektiv fallt. Die Objektivoffnung definiert die Eintrittspupille EP des Systems. Ihr Bild, die Austrittspupille AP, erscheint in der Gegend des Brennpunktes F2 des Okulars. Beim Keplerschen Femrohr erscheint die Austrittspupille als reelles Bild der Eintrittspupille. An der Stelle der Austrittspupille sollte sich das Auge des Beobachters befinden. Halt man z.B. einen Feldstecher gegen den Himmel und blickt von weitem auf das Okular, so sieht man deutlich die Austrittspupille als hellen Fleck von einigen mm Durchmesser. Beim Galileischen Femrohr erscheint die Austrittspupille als virtuelles Bild zwischen den beiden Linsen. Da man das Auge nicht unmittelbar an die Stelle der Austrittspupille bringen kann, erscheint das Gesichtsfeld nicht scharf begrenzt. Es ist auBerdem verbaltnismaBig klein, vergleichbar mit einem Blick durch ein Schliisselloch. Der Vorteil des Galileischen Fernrohrs ist seine kurze Baulange. In Bild 6-51 sind zwei Fernrohre gleicher VergroBerung gezeichnet, dabei ist das Galileische etwa halb so lang wie das Keplersche Fernrohr. Das Galileische Fernrohr wird am meisten als Opernglas verwendet. Wie man Bild 6-51 entnimmt, verhalten sich die Strahldurchmesser von Ein- und Austrittspupille wie die Brennweiten von Objektiv und Okular. Es gilt also

Nach DIN 58 386 wird mit Hilfe von Gl. (6-50) die VergroBerung eines Fernrohrs gemessen. Das Gesichtsfeld des Keplerschen Fernrohrs kann wesentlich erweitert werden, wenn man an der Stelle des reellen Zwischenbildes eine Feldlinse FL oder Kollektivlinse gemaB Bild 6-52 anbringt. Diese Feldlinse andert zwar nicht die VergroBerung, bricht die Strahlen aber so, daB sie die Okularlinse verhaltnismaBig zentral durchsetzen. Dadurch konnen die Strahlen unter einem groBeren Winkel ins Objektiv einfallen und treffen trotzdem noch auf die Okularlinse. Die Austrittspupille riickt durch diese MaBnahmen naher ans Okular.

433

Bild 6-52. Wirkung einer Feldlinse beim Keplerschen Fernrohr.

Bei Fernrohren werden in der Kegel als wichtigste KenngroBen die VergroBerung und der Durchmesser der Eintrittspupille angegeben. Steht beispielsweise auf einem Feldstecher 8 X 30, so sind Tp = 8 und D^^ = 30 mm. Als MaB fiir die Leistungsfahigkeit bei Dammerung kann nach DIN 58 386 vom Hersteller die Ddmmerun^szahl Z angegeben werden:

z = Y\r^\D^.

(6-51)

/)EP ist der Durchmesser der Eintrittspupille in mm. Mit /^EP =" I^FI ^AP gilt auch Z = Fiir den Feldstecher 8 x 30 ergibt sich Z = f 2 4 0 " = 15,5. Ist bei einem Fernrohr die Austrittspupille groBer als 8 mm, dann ist /)AP = 8 mm zu setzen. Dieser Grenzwert ist der maximale Durchmesser der menschlichen Augenpupille. SchlieBlich sei noch die Frage untersucht, ob die Helligkeit eines betrachteten Gegenstandes gesteigert wird, wenn man ihn mit einem Fernrohr betrachtet. Die Helligkeit — das ist der Lichtstrom, der auf einen Zapfen des Auges fallt - sei bei freier Beobachtung HQ . Benutzt man ein Fernrohr, so wird wegen der groBen Objektivoffnung zwar mehr Licht eingefangen als vom unbewaffneten Auge; dieser groBe Lichtstrom wird aber auf ein groBeres Netzhautbild verteilt, so daB im Endeffekt die Helligkeit H mit Instrument gleich der Helligkeit HQ ohne Instrument ist. (Tatsachlich erscheint das Bild mit Instrument sogar dunkler wegen der unvermeidlichen Absorptions- und Reflexionsverluste an den Linsen.) Andere Verhaltnisse ergeben sich bei der Betrachtung punktformiger Objekte. In diesen Fallen ist das Bild wieder nur ein Punkt, und zwar sowohl bei Betrachtung mit unbewaffne-

434

6. Optik

tern Auge als auch bei der Betrachtung durch ein Fernrohr. Dies bedeutet, daB der eingefangene Lichtstrom vollstandig, z . B . auf einen Zapfen der Netzhaut gelenkt wird. Der Lichtstrom wird durch das Instrument im VerhaUnis der Flachen von Eintrittspupille und Augenpupille gesteigert. 1st die Augenpupille so groB wie die Austrittspupille des Instruments, nimmt die Helligkeit mit dem Quadrat der FernrohrvergroBerung zu:

H = r^'Ho.

(6-52)

Bei der Betrachtung von Fixstemen werden selbst mit den groBten astronomischen Fernrohren die Sterne nur punktformig wiedergegeben. Der Sinn der Femrohre in der Astronomic besteht deshalb nicht in einer VergroBerung der Objekte, sondern in einer Steigerung der Helligkeit. So kann man mit dem Fernrohr Sterne sehen, die mit dem bloBen Auge nicht wahrnehmbar sind. - Das Auflosungsvermogen des Fernrohrs ist in Abschn. 6.4.1.5 beschrieben. Zur fjbung U 6.2-29: Bei einem Feldstecher 8 x 30 betragt der Abstand zwischen Objektiv und Okular / = 200 mm bei Einstellung auf Unendlich. a) Wie groB ist die Brennweite von Objektiv und Okular? b) Zur Einstellung auf nahe Objekte laBt sich das Okular um A/ = 5 mm herausdrehen. Welches ist der kiirzeste Abstand vom Objektiv, in dem Gegenstande noch scharf gesehen werden, wenn das Auge auf unendlich akkommodiert ist?

6.2.7.5. Photoapparat Der Photoapparat ist das optische Instrument, das dem menschlichen Auge am meisten ahnelt. Anstelle der Augenlinse steht ein Objektiv, das zur Korrektur von Abbildungsfehlern immer aus mehreren Einzellinsen zusammengesetzt ist. Das Objektiv entwirft das Bild eines Gegenstandes nach Bild 6-53 in der Filmebene FE. Dort befindet sich statt der Netzhaut ein lichtempfindlicher Film. Das Objektiv kann nicht wie das Auge auf unterschiedliche Objektabstande akkommodieren. Deshalb muB fiir verschiedene Entfemungen der Abstand zwischen Objektiv und Film gemaB der Abbildungsgleichung variiert werden. EP

FE

Bild 6-53. ,Unendliche" Einstellung beim Photoapparat.

Wie beim Auge kann der Lichtstrom, der auf den Film fallt, mit Hilfe einer Irisblende geregelt werden. Ein MaB fiir die einfallende Lichtmenge ist nach DIN 4521 die relative Offnung D^^/f. Diese wichtige KenngroBe ist meist auf dem Kameraobjektiv angegeben. Steht beispielsweise auf einer Kamera 1:2,8; U 6.2-30: Zeigen Sie, daB der Einbau einer Feld- / = 45 mm, dann betragt die maximale relalinse gemaB Bild 6-52 die VergroBerung eines Ferntive Offnung 1/2,8 und die Brennweite rohrs nicht beeinfluBt. (Hinweis: Berechnen Sie die f = 45 mm. Der Objektivdurchmesser ist bei Brennweite des Systems Feldlinse-Okular.) dieser Kamera Dgp = 16 mm. Von groBerer praktischer Bedeutung ist der U 6.2-31: Ein Fixstem wird mit einem astronomi- Kehrwert der relativen Offnung, die Blendenschen Fernrohr betrachtet. Die Objektivbrennweite zahl k. Es gilt ist /6b = 2,4 m, die Okularbrennweite /6k = 4 cm, der Objektivdurchmesser DEP = 32 cm. a) Wie groB ist die FernrohrvergroBerung? b) Welchen Durchmesser hat die Austrittspupille? c) Berechnen Sie die Dammerungszahl Z. d) Wie groB ist die Helligkeitssteigerung gegeniiber der Beobachtung mit bloDie Blendenzahl kann an der Kamera eingeBem Auge, falls Augenpupille und Austrittspupille stellt werden. Die Werte sind so abgestuft, gleich groB sind? e) Wie groB ist die HelligkeitsdaB sich die Flache und damit der Lichtstrom steigerung, wenn sich die Augenpupille auf 8 mm von einem Wert auf den andern um den vergroBert hat?

6.3. Radio- und Photometrie Faktor 2 andern. Dies bedeutet, dafi sich aufeinanderfolgende Blendenzahlen um l/2 andern miissen. Die in DIN 4522 genormte Hauptreihe der Blendenzahlen lautet ausschnittsweise

435

verwendeten Filmformat ab. Als Faustformel kann verwendet werden Formatdiagonale

w=

1000

(6-56)

1; 1,4; 2; 2,8; 4; 5,6; 8; 11; 16; 22. Eine absolut scharfe Abbildung auf einem ebenen Film ist theoretisch nur moglich, wenn das Objekt auch eben ist; hierbei steht die Objektebene OE in Bild 6-54 senkrecht zur optischen Achse. Objektpunkte, die vor oder hinter der idealen Objektebene OE liegen, werden in der Filmebene FE als kleine Unschdrfekreise abgebildet. D a sowohl das Auge als auch das Filmmaterial infolge seiner Kornung ein begrenztes Auflosungsvermogen haben, kann man stets eine bestimmte Unscharfe auf dem Film tolerieren. Gibt man einen akzeptablen Durchmesser u' des Unscharfekreises an, so liegt der Objektbereich, der „scharr' abgebildet wird, zwischen den Grenzen a^j und ^h- Dabei liegt a^ vor, a^ hinter der theoretisch en Objektebene OE. Durch elementare Rechnung erhalt man fiir die Grenzwerte

af'^ a/'2 """ / ' 2 + M ' A : ( « + / ' ) •

Beispiel 6.2-12: Mit einer Kleinbildkamera (Format 24 mm X 36 mm) mit / ' = 45 mm Brennweite soil bei Blende 8 ein Objekt photographiert werden, das sich in a = — 3m Entfemung befindet. Innerhalb welcher Gegenstandsweiten a^ und «h wird die Abbildung scharf? Wie groB ist die Scharfentiefe? Losung: Zulassiger Unscharfekreis nach Gl. (6-56): Formatdiagonale 43,3 mm = 0,0433 mm; 1000 1000 nach GI. (6-54) ist ay, =-1,99 m, «h = -6,07 m und die Scharfentiefe Aa = a, «h = 4,08 m. Zur Dbung U 6.2-32: Berechnen Sie die Scharfentiefe fiir die in Beispiel 6.2-12 angegebenen Zahlenwerte, jedoch mit Blende 2,8.

(6-54)

t) 6.2-33: Mit einer Kleinbildkamera ( / ' = 45 mm) soil mit Blende 8 photographiert werden. Welche Entfernung a muB eingestellt werden, wenn die hintere Grenzentfernung a^ = -oo sein soil? Wie groB ist dann die vordere Grenzentfernung a^?

(6-55)

6.3. Radio- und Photometrie

Die Schdrfentiefe betragt dann A « = fly — «h •

6.3.1. Einfiihrung Die Scharfentiefe wird mit zunehmender Blendenzahl k immer groBer. Die GroBe des zulassigen Unscharfekreises hangt von dem EP

Bild 6-54. Schdrfentiefe beim Photoapparat.

In der geometrischen Optik des letzten Abschnitts werden oft Begriffe, wie z.B. Lichtintensitat und Helligkeit, verwendet, ohne daB diese im einzelnen definiert sind. Die Strahlungs- oder Lichtmessung beschaftigt sich mit der Messung dieser GroBen. Hierbei interessiert z.B. die Messung der Strahlungsleistung sowie deren raumliche und spektrale Verteilung. Bei der objektiven Radiometrie wird die Strahlungsleistung mit einem „unbestechlichen" MeBinstrument gemessen. Je nach Empfangertyp ist der Wellenbereich nicht auf das sichtbare Spektrum beschrankt. Zur Kennzeichnung solcher strahlungsphysikalischer Gro-

436

6. Optik

Ben werden die Formelzeichen mit dem Index „e" (fiir energetisch) versehen. Wird die Strahlung mit dem Auge bewertet, spricht man von subjektiver Photometrie. Die so erhaltenen lichttechnischen GroBen werden durch den Index „v" (fiir visuell) bei den physikalischen GroBen gekennzeichnet. Es versteht sich von selbst, daB lichttechnische GroBen nur fiir den sichtbaren Spektralbereich definiert sind. Ebenso versteht man unter „Licht" im engeren Sinn elektromagnetische Strahlung im Bild 6-55. Zur Definition des Raumwinkels. Wellenlangenbereich k = 380 nm bis A = 780 nm. — Die in der Photometrie verwendeten dieser Empfanger die gleiche StrahlungsleiBegriffe, Formelzeichen und MaBeinheiten stung nachweisen wiirde. Was alien drei Empfangern gemeinsam ist, ist der Raumwinkel Q, sind in DIN 5031 festgelegt. unter dem sie vom Sender aus gesehen werden. Zur Definition des Raumwinkels: Um einen 6.3.2. Strahlungsphysikalische GroBen leuchtenden Punkt wird eine Kugel mit RaFallt elektromagnetische Strahlung auf einen dius r beschrieben. Beleuchtet die Strahlung geeigneten Empfanger, so kann man die in eine Figur der Flache A auf der Kugel, dann einer bestimmten Zeit zugefiihrte Strahlungssagt man, daB die Strahlung im Raumwinkel energie messen. Zur Messung bieten sich verQ=A/r^ auftritt. Die SI-MaBeinheit des schiedene physikalische Effekte an. BeispielsRaumwinkels ist der Steradiant: 1 sr = 1 mVm^. weise wird beim Bolometer die Erwarmung Der Ubersichtlichkeit wegen schreibt man eines geschwarzten Platinbleches iiber die Angern derung des elektrischen Widerstands gemessen. Beim Thermoelement flieBt ein Thermo_ A strom, wenn es bei Bestrahlung erwarmt wird. (6-58) Bestimmte Halbleiter andern bei Bestrahlung ihren elektrischen Widerstand (innerer Photoeffekt). Bei Photodioden flieBt wahrend der mit ^0 = 1 sr. Der groBte Raumwinkel betragt Bestrahlung ein Photostrom. 4 71 sr, wenn die Strahlung den ganzen Raum Die Strahlungsleistung 0Q (auch Strahlungs- erfiillt. Strahlt ein Strahler nur in den Halbraum, betragt der Raumwinkel 2 n sr. Falls fluB), die auf einen Detektor trifft, hangt mit die bestrahlte Flache nicht zu groB ist, macht der Strahlungsenergie QQ folgendermaBen zuman keinen nennenswerten Fehler, wenn die sammen: Empfangerflache eben anstatt kugelformig ist. Diese Naherung ist gut erfiillt, wenn der Abstand zwischen Sender und Empfanger groBer ist als die in DIN 5032 definierte photometrische Grenzentfernung. Diese soil minDie Strahlungsleistung wird im SI-MaBsy- destens das Zehnfache der groBten Querdistem in Watt, die Strahlungsenergie in Joule mension von Empfanger bzw. Sender betragen. gemessen: 1 W = 1 J/s. Im folgenden wird vereinfacht nur ein Fall Die Strahlungsleistung, die auf einen Empfanger fallt, hangt auBer von seiner Flache betrachtet: Der Abstand zwischen Sender und auch von seinem Abstand zum Sender ab. Empfanger ist groBer als die photometrische Bild 6-55 zeigt drei verschiedene Empfanger Grenzentfernung. Es handelt sich also um in den Entfernungen ri, ^2 und r^ von einem kleine Sender und Empfanger, die raumlich Sender. Die Abmessungen sind so gewahlt, weit auseinander liegen. daB alle Empfanger auf einem gemeinsamen Bild 6-56 zeigt einen Sender mit der Flache Kegel liegen. Es ist einleuchtend, daB jeder Ax, der Licht aussendet, das vom Empfanger

6.3. Radio- und Photometrie

437

Die Strahlstarke /g als Funktion des Abstrahlungswinkels £1 (Bild 6-56) kann experimentell bestimmt werden und wird haufig in den Datenblattern von Emittern angegeben. Bild 6-57 zeigt das Abstrahlverhalten von zwei verschiedenen Strahlungsquellen. Das Diagramm Bild 6-57 a zeigt die Abstrahlcharakteristik eines Lambert-Strahlers (J. W. LAMBERT, 1728 bis 1777). Bei ihm ist die Strahldichte L^ konstant, die Strahlstarke /g befolgt das Lambertsche Cosinusgesetz /g(£l)=/g(0)cOS£i.

(6-62)

BiId 6-56. Strahlenkegely der vom Sender auf den Empfanger fdllt.

Alle Korper mit rauhen, diffus reflektierenden Flachen, wie z. B. Gipswande, Pappe und Papier, verhalten sich in guter Naherung wie .mit der Flache A2 nachgewiesen wird. Der Lambertsche Strahler. Sie erscheinen aus alien wirksame Raumwinkel betragt Richtungen gleich hell. Betrachtet man sie von der Seite, dann nimmt zwar die Strahlstarke mit dem Cosinus des Winkels ab, im gleichen Verhaltnis erscheint aber auch die Senderflache vermindert. Die Flache erscheint deshalb dem Auge gleich hell. Aus der TatEr enthalt die Projektion der Flache A2 auf die Verbindungsgerade von Sender und Emp- sache, daB Sonne und Mond uber die ganze fanger. Die Strahlungsleistung, die auf den Oberflache gleichmaBig hell leuchten, folgt, daB auch diese Korper Lambertsche Strahler Empfanger fallt, ist proportional zum Raumsind. winkel. Es gilt Bild 6-57 b zeigt das Abstrahlungsdiagramm einer Leuchtdiode (LED). Bei ihr ist die (6-60) 0, = hQ Strahldichte Lg nicht konstant, sondern hangt vom Winkel EX ab. Die gezeigte LED hat eine mit der Strahlstdrke I^ als Proportionalitats- schlanke Strahlungskeule in Vorwartsrichtung, konstanten. Die MaBeinheit der Strahlstarke wie sie vorzugsweise bei Lichtschranken einist 1 W/sr. gesetzt wird. Die Strahlstarke /g und damit der Strahlungs- Mit den bisher definierten Begriffen gilt fiir fluB (pQ, der in einen bestimmten Raumwin- die Strahlungsleistung ^g, die auf einen Empkel Q ausgesandt wird, ist proportional zur fanger trifft (Bild 6-56), Senderflache Ax. Beobachtet man die Sender0Q = LQAX COS £X Q . flache unter dem Winkel sx (Bild 6-56) von der Seite, dann wird von der Senderflache nur a) b) die Projektion Ax cos sx wirksam. Die Strahl30° 15° 0° starke kann demnach geschrieben werden als 100%

TT

/ e ( £ i ) = L e ^ l COS£i.

(6-61)

80% 60%

Die GroBe Lg nennt man die Strahldichte. Ihre MaBeinheit ist 1 W/{m^ sr). Die Strahldichte ist abhangig von den Sendereigenschaften, beispielsweise von dem Werkstoff, der Oberflachenbeschaffenheit oder der Temperatur.

40%

20% Bild 6-57. Strahlstdrke Ig in Abhdngigkeit vom Abstrahlwinkel e^ im Polardiagramm a) beim Lambertschen Strahler, b) bei der Leuchtdiode.

438

6. Optik Den gesamten StrahlungsfluB erhalt man durch Integration vom Winkel £] = 0 bis £1 = (p\ zu

Mit dem Raumwinkel A2 cos £2

0Q = LQAX2%QQ\

ergibt sich eine Beziehung, die vollig symmetrisch Sender- und EmpfangergroBen enthalt, namlich das photometrische Grundgesetz: A\ cos s\ Ai cos £7 0e = ^ e ^ V -^0-

(6-63)

Eine weitere GroBe, die den Sender charakterisiert, ist die spezifische Ausstrahlung Mg. Darunter versteht man das Verhaltnis von insgesamt abgegebener Strahlungsleistung 0^ zur Senderflachey4i:

Me =

^c

~A

= ^ e COS ^1 Q.

(6-64)

Die spezifische Ausstrahlung wird in W/m^ gemessen. Fiir einen Lambert-Strahler sei ein Zusammenhang zwischen der spezifischen Ausstrahlung und der Strahldichte hergeleitet. Der Sender schickt die Strahlung in einen Kegel mit dem halben Offnungswinkel cp^, wie es Bild 6-58 zeigt. In den roten Raumbereich, der von den Kegeln mit den Offnungswinkeln e^ und s^ + de^ begrenzt wird, fliefit der StrahlungsfluB d
COS e\ sin e^ d^i 0

= Le^i 7t sin^ (pi QQ. Fur die spezifische Ausstrahlung folgt unmittelbar Me = LQK sin^ ^1 ^ 0 •

(6-65)

Von besonderem Interesse ist es, wenn der Strahler in den kompletten Halbraum emittiert. Der Offnungswinkel des Kegels betragt dann (pi = n/2, und aus Gl. (6-65) folgt fiir die spezifische Ausstrahlung des Lambertschen Strahlers MQ=

LQK

QQ.

(6-66)

Auf der Empfangerseite interessiert auBer dem auftreffenden StrahlungsfluB 0^ auch die Bestrahlungsstdrke E^, d.h. der auf die Empfangerflache bezogene StrahlungsfluB E.=

0e

(6-67)

Die MaBeinheit der Bestrahlungsstarke ist 1 W / m l Fiir die Bestrahlungsstarke folgt mit (6-59) und (6-60) das photometrische Entfernungsgesetz LQ

=

z— COS £2 i2o.

(6-68)

Wird ein Empfanger eine bestimmte Zeitspanne At bestrahlt, dann ergibt das Produkt aus Bestrahlungsstarke und Zeit die Bestrahlung HQ, namlich die auftreffende Energie je Flacheneinheit: H^ = EQ At, gemessen in Ws/m^ = J/m^. AUgemein gilt

H, =

iE,(t)dt.

(6-69)

Beispiel

Bild 6-58. Zur Berechnung der spezifischen Ausstrahlung.

6.3-1: Ein Flachenelement der Erde, das senkrecht zur Sonne ausgerichtet ist, empfangt die Bestrahlungsstarke EQ= 1,35 kW/m^ (auBerhalb der Atmosphare). Diese GroBe heiBt Solarkonstante. Die

6.3. Radio- und Photometric

439

Sonne erscheint unter dem halben Offnungswinkel (p2 = 16'. Wie groB ist die spezifische Ausstrahlung Mg der Sonne? Losung: Bild 6-59 zeigt schematisch die kugelformige Sonne mit Radius r sowie einen Empfanger auf der Erde im Abstand R (R> r). Die Kugelschicht auf der Sonne, begrenzt durch die Winkel €i und e^ + d^i, Bild6-60. Strahlungsverhdltnisse bei der optischen hat die Flache d^, = 2 TT r^ sin €i dsi. Von ihr fallt Abbildung. der StrahlungsfluB linse. Das Bild hat die Flache A2. Der Strahlungsd^i cos (£i -H £2) A2 cos 62 ^ fluB, der von der Linse aufgenommen wird, ist nach Ci^e = ^ e ^^2 ^0 Gl. (6-65) auf den Empfanger. Infolge des groBen Abstands 0e = ^l^e,l^sin2(^ir2o(1) von Erde und Sonne gilt in guter Naherung Lg 1 ist die Strahldichte des Gegenstands. Werden cos (^1 + £2) = cos £1 und cos £2=1- Damit sind Verluste an der Linse vernachlassigt, so gelangt der gesamte StrahlungsfluB ins Bild, und wegen der d 0 e ^ ^ ^ 2 cos £1 d^i QQ Symmetric gilt eine analoge Beziehung: und (2) 0e = ^2 ^e,2 71 Sin^ (p2 QQ . d^e ^e Fiir schlanke Strahlenbiischel gilt sin (p^ cp, so daB d£'e = —— = -TT COS £1 dAiQo. A-) K ausGl. (l)und(2)folgt ^e,l^l ^? = ^e,2^2^2. Nun ist aber nach der Helmholtz-Lagrangeschen Gleichung (6-23) yx cpx = y2 (P2 oder ^i (p\ = A2(p2.

Bild 6-59. Zur Ableitung der spezifischen Ausstrahlung der Sonne (zu Beispiel 6.3-1). Die gesamte Bestrahlungsstarke erhak man durch Integration iiber alle Winkel £1 von 0 bis n/2: \2

. = ^e7l(—I ^0-

Daraus ergibt sich, daB die Strahldichte fiir Gegenstand und Bild gleich groB ist, d.h. LQI = LQ2- Selbstverstandlich kann sich die Bestrahlungsstarke EQ andern. Falls der StrahlungsfluB vom Objekt verlustlos zum Bild gelangt, hangt die Bestrahlungsstarke des Bildes vom AbbildungsmaBstab /]' ab. Ist etwa /3' = 2, dann ist die Bildflache viermal so groB wie die Objektflache, und die Bestrahlungsstarke wurde auf ein Viertel vermindert.

Fiir das Verhaltnis der Langen gilt r/R ^ (p2. Nach Gl. (6-66) ist Me = Le 7c r^o; damit folgt E^ = M^(pi. Die spezifische Ausstrahlung der Sonne ist somit £e l,35-10^W/m2 : 62,4 MW/m2 M, - (pi (4,65 • 10-3)2 Jeder Quadratmeter der Sonnenoberflache strahlt also 62,4 MW aus.

Dieser Satz gilt auch fiir weit geoffnete Strahlenbiischel, wenn die Abbildung aberrationsfrei ist.

Optische Abbildung

Spektrale GroBen

Es soil untersucht werden, wie sich die photometrischen GroBen bei einer optischen Abbildung verhalten.

Wenn die Strahlung iiber einen groBeren Wellenlangenbereich verteilt ist, werden zur Charakterisierung der Wellenlangenabhangigkeit spektrale strahlungsphysikalische GroBen erforderlich. Zu jeder GroBe X^ wird die spektrale GroBe X^^x definiert als

Bild 6-60 zeigt eine einfache Abbildung eines Gegenstands mit der Flache A^ durch eine Sammel-

Bei der optischen Abbildung bleibt die Strahldichte Lg iiberall konstant; die Bestrahlungsstarke EQ kann sich andern.

440

6. Optik Heizwicklung Thermoelement zur Temperaturmessung

= dLe/dA, gemessen in W/(m^ sr nm). Die spektralen strahlungsphysikalischen GroBen XQ^X werden mit einem Spektrometer experimentell bestimmt. Die jeweilige GroBe X^ erhalt man bei bekanntem X^^x durch Integration: X,=

\X,^,{X)dk.

(6-71)

Der spektrale StrahlungsfluB einer roten LED ist in Bild6-61 wiedergegeben. Die Breite solcher LED-Spektren ist typischerweise AA ^ 40 nm. 100%

e

c o 50%

B ild 6-62. Hoh Iraumstrah ler.

erfiillt diese Bedingung nur unvollkommen, sehr gut dagegen ein kleines Loch in der Wand eines Hohlraums. Bild 6-62 zeigt die technische Ausfiihrung eines solchen Hohlraumstrahlers. Lichtstrahlen, die durch das Loch ins Innere gelangen, werden vielfach reflektiert und gestreut, bis sie schlieBlich absorbiert werden. Es besteht nur eine geringe Wahrscheinlichkeit dafiir, daB ein Strahl wieder durch das Loch nach auBen gelangt. Dieses erscheint daher absolut schwarz. Heizt man die Wande des Hohlraums, tritt aus der Offnung Strahlung, die bei hoherer Temperatur sichtbar wird. (Das Loch ist dann selbstverstandlich nicht mehr schwarz.) Eine giiltige theoretische Beschreibung des Spektrums der Warmestrahlung (s. auch Abschn. 6.5.3) gelang 1900 M. PLANCK (1858 bis 1947). Danach giU fiir die spektrale Strahldichte / (7 T\ ^eaU^)

Ci

1

^5 e^3/Ar_,

1

^^ •

(6-72)

Die Konstanten Cj und Ci in der Planckschen Strahlungsgleichung sind 750

600 700 650 n Wellenlange A Bild6-6L Spektrale Strahlungsleistung einer roten Leuchtdiode.

Von groBer praktischer Bedeutung ist das Spektrum der Temperaturstrahler. Jeder Korper sendet in Abhangigkeit von seiner Temperatur elektromagnetische Strahlung aus. Diese Strahlung wird sichtbar, wenn die Temperatur etwa 600 °C erreicht (Rotglut). Mit steigender Temperatur verschiebt sich die Gluhfarbe liber hellrot (850 °C), gelb (1000 °C) nach weiB (1300 °C). Der spektrale Verlauf der ausgesandten Strahlung ist fiir einen schwarzen Korper theoretisch berechenbar. Ein schwarzer Korper zeichnet sich dadurch aus, daB er alle auftreffende Strahlung absorbiert; sein Reflexionsvermogen ist null. Ein schwarz gestrichener oder beruBter Korper

c, = 2/7c2= 1,191 • 10-'^Wm2 c^ = hc/k= 1,439- 10-2 m K .

und

Dabei ist c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und k die Boltzmann-Konstante. Die Konstante h nennt man das Plancksche Wirkungsquantum; sie hat den Wert /2 = 6,626-10-^^Js. Der Verlauf der spektralen Strahldichte L^x uber der Wellenlange X ist in Bild 6-63 dargestellt. Hat der Strahler eine Temperatur nahe der Raumtemperatur, liegt die maximale Emission bei A ^ 10 iim. Mit zunehmender Temperatur verschiebt sich das Maximum ins sichtbare Gebiet. Bei r = 6 0 0 0 K , etwa der Temperatur an der Sonnenoberflache entsprechend, liegt das Maximum mitten im sichtbaren Spektralbereich 0,38 \ym < I < 0,78 |im.

6.3. Radio- und Photometrie —^

Detektor im Abstand r = 0,5 m um die LED gefiihrt. Als Funktion des Winkels Cj registriert man folgende Strahlungsleistungen (^2 = 0):

-

»w»

h-V^ \

CO

E c

12$ •S o 03 7 ^C O -

\

/t

11

\

\

Q.

\

CO

^ •*-•

OD

CO/

I

I I

CO ^

o/

1

2 "

0) IT)

-^ J^ 0) O -

a ^ CO

/ /

I

rv

j o \ 1

/ /

/

J [ 100

10-1

T

101

^m

102

Wellenlange A Bild6-63, Spektrale Strahldichte eines schwarzen Strahlers. Die gestrichelte Hyperbel (in der doppeltlogarithmischen Darstellung eine Gerade) in Bild 6-63 verbindet die Maxima der Strahlungsisothermen. Die Verschiebung des Maximums mit der Temperatur wird durch das Wiensche Verschiebungsgesetz beschrieben (W. WiEN, 1864 bis 1928): ; T = konstant = 2898 ^im K.

(6-73)

Die gesamte Strahldichte L^ eines schwarzen Korpers erhalt man nach Gl. (6-71) durch Integration aus der spektralen Strahldichte L^x gemaB Lg = j L^x d>^Mit Hilfe von thermodynamischen Uberlegungen fanden 1879 bzw. 1884 J. STEFAN (1835

bis 1893)

bzw.

L. BOLTZMANN (1844

=

GT'

(6-74)

mit der Konstanten (7 =

ISh^c3

^2

0

30

45

60

80

90

0Q in nW

62,0

53,3

43,8

31,7

10,8

0.

U 6.3-2: Ein Hohhaumstrahler wird bei der Temperatur r = 1 8 0 0 K betrieben. Die Strahlung wird durch einen Monochromator geschickt, der lediglich im Wellenlangenbereich 640 nm ^ >i ^ 680 nm durchlassig ist. a) Wie groB ist die Strahldichte Lg der durchgelassenen Strahlung unter der Annahme, daB der Monochromator verlustlos arbeitet? (Um die numerische Integration LQ= ^L^ ^^^ zu umgehen, kann naherungsweise gesetzt werden Lg» Lg^ (660 nm) • 40 nm.) b) Berechnen Sie zum Vergleich die Strahldichte Lg einer roten LED, die bei A = 660 nm mit einer Halbwertsbreite von A^ = 40 nm strahlt. Die Strahlstarke betragt /g = 5 • lO""^ W/sr, die Flache A = 0,5 mm^. U 6.3-3: Mit einer Sammellinse (Brennglas) der Brennweite / ' = 100 mm und dem Durchmesser di = 40 mm wird die Sonne auf ein Papier abgebildet. Der Sonnendurchmesser erscheint von der Erde aus unter dem Winkel 32'. a) Welchen Durchmesser di hat das Sonnenbild? b) Wie groB ist die Bestrahlungsstarke EQ2 auf dem Papier, wenn die Bestrahlungsstarke am Ort der Linse E^ i = 750 W/m^ betragt?

bis

1906), dafi die abgestrahlte Leistung proportional zur vierten Potenz der Temperatur ist: Lg ^ T^. Dieses Stefan-Bo Itzmannsc he Gesetz wird iiblicherweise fiir die spezifische Ausstrahlung Mg geschrieben: M,(T)

£i in °

Sender- und Empfangerflache sind Ai = A2= 1 mm^. a) Berechnen Sie die Strahlstarke /g fiir die angegebenen Winkel. b) Priifen Sie nach, ob sich die LED wie ein Lambert-Strahler verhalt, und zeichnen Sie ein Strahlungsdiagramm analog Bild 6-57. c) Wie groB ist die Strahldichte Lg? d) Welche spezifische Ausstrahlung hat die LED? e) Wie groB ist die maximale Bestrahlungsstarke E^ des Empfangers?

^ \

0)

x:

441

= 5,670- 10-«W/(m^K^).

Zur iJbung U 6.3-1: Um die Strahlungseigenschaften einer Leuchtdiode zu messen, wird gemaB Bild 6-56 ein

6.3.3. Lichttechnische GroBen Die in Abschn. 6.3.2 definierten strahlungsphysikalischen GroBen lassen sich mit einem geeichten Empfanger objektiv messen. Dient als Empfanger das Auge, so bewertet dieses die auftreffende Strahlung nach einer bestimmten Charakteristik. Betrachtet man beispielsweise eine rote (A = 660 nm) und eine griine Leuchtdiode (X = 560 nm), die beide dieselbe Strahlungsleistung abgeben, dann erscheint im Vergleich die griine LED etwa 16mal heller als die rote. Die Augenempfindlichkeit hangt also offensichtlich stark von der Wellenlange des Lichtes ab. D a die Hellig-

442

6. Optik

keitsempfindung von einem zum anderen Beobachter schwankt, wurden mit einer groBen Anzahl von Testpersonen Vergleiche durchgefiihrt. So entstand der Hellempfindlichkeitsgrad des Standard-Beobachters, der von der Commission Internationale de VEclairage (CIE) festgelegt v^oirde. Bild 6-64 zeigt den spektralen Verlauf des Hellempfindlichkeitsgrads. Bei Tageslicht (Zapfensehen, photopische Anpassung) ist der Hellempfindlichkeitsgrad V{X). Bei Nacht (Stabchensehen, skotopische Anpassung) wird der Hellempfindlichkeitsgrad durch die Kurve V {X) beschrieben. Beide Kurven sind auf 1 normiert. Offensichtlich spricht das Auge bei Nacht auf Blautone starker an als am Tage {Purkinje-Effekt). Die Zahlenwerte fiir V{X) und V {X) sind in DIN 5031 tabelliert.

Die Konstante K^ wird als Maximalwert des photometrischen Strahlungsdquivalents bei Tagessehen bezeichnet. Sie ist eng verkniipft mit der weiter unten eingefiihrten MaBeinheit fiir die Lichtstdrke, der Candela, und betragt Kr^ = 683 Im/W (Lumen/Watt). Beispiel 6.3-2: Eine rote LED emittiert Licht der Wellenlange A = 660 nm. Die Strahlungsleistung betragt 0^ = 46 [iW. Wie groB ist der Lichtstrom 0^? Losung: Bei A = 660 nm ist der Hellempfindlichkeitsgrad K(i) = 6,l • 10"-^. Damit errechnet sich der Lichtstrom zu 0^ = 683 Im/W • 46 •10-6 W-6,1 10= 1,9- 10-^ Im. Bei skotopischer Anpassung gilt fur die Berechnung des Lichtstroms die Beziehung

0', =

K'^0,V'{X).

(6-76)

Der Maximalwert des photometrischen Strahlungsaquivalents bei Nachtsehen betragt K'^ = 1699 Im/W. Im folgenden sind nur noch die Gleichungen fiir das Tagessehen angegeben. Die Beziehungen fiir das Nachtsehen entsprechen den vorgenannten Darlegungen.

400

500 600 700 nm 800 Wellenlange A Bild 6-64. Hellempfindlichkeitsgrad des StandardBeobachters. V (X): Tagessehen, photopische Anpassung V (k): Nachtsehen, skotopische Anpassung Die Helligkeitsempfindung des Auges hangt also ab von der Strahlungsleistung 0^, die ins Auge gelangt, und vom Hellempfindlichkeitsgrad V{X). Der Lichtstrom 0^ (Index v fiir visuell) ist ein MaB fiir den Helligkeitseindruck. Fur monochromatische Lichtquellen gilt bei photopischer Anpassung 0, =

K^0,V{k).

(6-75)

Ist die Strahlung nicht monochromatisch sondern spektral breitbandig, dann muB fiir die Berechnung des Lichtstroms uber das sichtbare Spektrum integriert werden: 780 nm

^v=^m I 0,A^)V(A)dX.

(6-77)

380 nm

So wie die Strahlungsleistung nach der Bewertung durch das Auge in den Lichtstrom umgewandelt wird, kann fiir jede andere strahlungsphysikalische GroBe X^ eine entsprechende lichttechnische GroBe X^ angegeben werden. Die Berechnung erfolgt nach 780 nm

(6-78) 380 nm

6.3. Radio- und Photometrie

443

Tabelle 6-3. Photometrische GroBen. lichttechnische GroBen

Strahlungsphysikalische GroBen Benennung

Zeichen

Strahlungsenergie Strahlungsleistung spezifische Ausstrahlung Strahlstarke Strahldichte Bestrahlungsstarke Bestrahlung

h

MaBeinheit

Benennung

Ws W W/m2

Lichtmenge Lichtstrom spezifische Lichtausstrahlung Lichtstarke Leuchtdichte Beleuchtungsstarke Belichtung

W/sr W/Cm^sr) W/m2

Ws/m^

Die Bezeichnungen dieser neuen lichttechnischen GroBen sind zusammen mit ihren MaBeinheiten in Tabelle 6-3 den entsprechenden strahlungsphysikalischen GroBen gegenubergestellt. Die lichttechnischen GroBen haben MaBeinheiten, die mit der SI-Basiseinheit fur die Lichtstarke 1 cd (Candela) verkniipft sind. Die Candela ist die Lichtstarke einer Strahlungsquelle, die monochromatische Strahlung der Frequenz 540- 10^^ Hz in eine bestimmte Richtung aussendet, und deren Strahlstarke in dieser Richtung 1^= 1/683 W/sr betragt (Abschn. 1.3). Licht mit der Frequenz/= 540 THz hat die Wellenlange A = 555 nm. Der Hellempfindlichkeitsgrad ist in diesem Fall K(555nm)=l. Somit gilt fiir die Lichtstarke 1 Candela I, = \cd = K^I, = K^

1

W

"68117

Hieraus folgt sofort fur den Umrechnungsfaktor A:^ der bereits genannte Wert K^ = 683 (cd sr)/W = 683 Im/W. Als abgeleitete Einheiten sind fiir den Lichtstrom das Lumen (1 Im = 1 cd sr) und fiir die Beleuchtungsstarke das Lux (1 lx= 1 Im/m^) eingefiihrt.

Zeichen

MaBeinheit Im s Im

E.

Im/m^ cd = Im/sr cd/m^ Ix = Im/m^ Ix s

In Tabelle 6-4 sind einige in der Praxis vorkommende Werte fiir den Lichtstrom zusammengestellt. Daten zur Beleuchtungsstarke zeigt Tabelle 6-5. Die Anforderungen an die Beleuchtungsstarke in Innenraumen sind in DIN 5035 niedergelegt. Beleuchtungsstarken fiir StraBenbeleuchtung findet man in DIN 5044. Die lichttechnischen Anwendungen sind in Abschn. 4.2.2.2, Bild4-41 und 4-42 dargestellt. Tabelle 6-5. Daten zur Beleuchtungsstarke. Beleuchtung

Beleuchtungsstarke

Sonne, Sommer Sonne, Winter Tageslicht, bedeckter Himmel

70 000 Ix 5 500 Ix 1 000 bis 2 000 Ix 0,25 Ix 10-Mx 31x

Vollmond Sterne ohne Mond, klare Nacht Grenze der Farbwahmehmung Arbeitsplatzbeleuchtung, hohe Anspruche Wohnzimmerbeleuchtung StraB enbel euchung

1 000 Ix 120 Ix 1 Ixbis 16 Ix

Tabelle 6-4. Lichtstrom einiger Lichtquellen. Lichtquelle Leuchtdiode Gliihlampe 220 V, 60 W Gliihlampe 220 V, 100 W Leuchtstoffrohre 220 V, 40 W Quecksilberdampflampe 220 V, 125 W Quecksilberdampflampe 220 V, 2000 W

Lichtstrom 10-2 ijn

7301m 1 380 Im 2 300 Im 5 400Im 125 0001m

Zur Ubung U 6.3-4: Welche Lichtstarke I^ muB eine Lichtquelle haben, damit an einem r = l , 5 m entfemten Arbeitsplatz bei senkrechter Beleuchtung die Beleuchtungsstarke Eyj — 500 Ix betragt? U 6.3-5: Eine rote LED emittiert Licht bei X = 680 nm. Die Emissionsflache betragt ^i = 0,5 mm2. Die Abstrahlungscharakteristik gehorcht dem Lambertschen Cosinus-Gesetz. Im Abstand r = 1 m unter dem Winkel £i = 30 ° zur Sendemormalen (Bild

444

6. Optik

6-56) befindet sich ein Empfanger (^2 = 0) mit der Flache A2 = 20 mm^. Die auf den Empfanger fallende Strahlungsleistung betragt 0^ = ^,7 • 10"'^ W. a) Wie groB ist der Lichtstrom 0^, der auf den Detektor trifft? (Die Augenempfindlichkeit ist K(680nm)= 1,7- IQ-^) b) Berechnen Sie die Beleuchtungsstarke am Ort des Empfangers. c) Unter welchem Raumwinkel Q erscheint der Detektor vom Sender aus? d) Wie groB ist die Lichtstarke /v(0) der LED senkrecht zur strahlenden Flache? e) Wie groB ist die Leuchtdichte L^ der LED? (Die LED kann als monochromatische Lichtquelle angesehen werden.)

a)

b)

c)

Medium mit Brechungs ndex n

6.4. Wellenoptik 6.4.1. Interferenz und Beugung 6.4.1.1. Koharenz

Die grundlegenden GesetzmaBigkeiten der Wellenausbreitung gehen aus Abschn. 5.2 hervor. Der vorliegende Abschnitt soil spezielle Eigenschaften der Lichtwellen vertiefen. In Abschn. 5.2.4 ist gezeigt, daB sich zwei Wellen derselben Frequenz ausloschen, wenn der Gangunterschied A der beiden Wellen ein ungeradzahliges Vielfaches der halben Wellenlange betragt: zf = ( 2 m + 1)

m = 0, 1,2,....

Umgekehrt verstarken sich die Wellen beim Gangunterschied A = m A (Tabelle 5-10). DaB solche Interferenzeffekte auch bei Licht beobachtet werden konnen, wurde erstmals von T. YOUNG 1801 gezeigt. Der Youngsche Interferenzversuch am Doppelspalt (Abschn. 6.4. L6) beweist eindeutig die Wellennatur des Lichtes. Im Gegensatz zur Interferenz mechanischer Wellen ist die Interferenz von Licht nicht ganz einfach zu beobachten. Fine wesentliche Bedingung fiir die Beobachtung stationarer Interferenzmuster ist die Koharenz der wechselwirkenden Wellen. Zwei Wellen werden kohdrent genannt, wenn die gegenseitige Phasendifferenz wahrend der Beobachtungszeit konstant bleibt. Gibt es zwischen zwei Wellen keine feste Phasenbeziehung, spricht man von inkohdrenten Wellen. Das spontan emittierte Licht eines heiBen Korpers stammt von einzelnen voneinander unabhangigen Atomen. Aus diesem Grund konnen Wellen, die von

Bild6-65. Erzeugung kohdrenter Wellenziige durch Reflexion: a) konstruktive Interferenz, b) keine Interferenz, zu groBe geometrische Wegdifferenz, c) keine Interferenz, zu groBe optische Wegdifferenz.

zwei verschiedenen Lichtquellen ausgesandt werden, nicht miteinander interferieren. Es ist praktisch ausgeschlossen, daB zwischen den unabhangig ausgestrahlten Wellenziigen eine feste Phasenbeziehung besteht. Zur Interferenz des Lichtes miissen deshalb die interferierenden Lichtwellen von demselben Punkt einer Lichtquelle stammen. Experimentell ist dies moglich durch Aufspalten eines Lichtstrahls mit Hilfe von z. B. teildurchlassigen Platten und Spiegeln. Bild 6-65 zeigt die Uberlagerung von zwei Wellenziigen, die jeweils aus derselben Lichtquelle stammen. Die elektromagnetischen Wellen, die von Temperaturstrahlern ausgesandt werden, sind nicht beliebig lang, sondern sie sind Wellenziige endlicher Lange (Bild 5-65). Die Bedeutung dieser Tatsache fiir die Interferenz geht aus Bild 6-65 klar hervor. Wahrend in Bild 6-65 a die beiden Wellenziige miteinander interferieren, kommt es in Bild 6-65 b und c nicht zur Interferenz. Der Grund ist offensichtlich: In Bild 6-65 b ist die Wegdifferenz s zwischen den beiden Teilwellen groBer als die Lange der beiden Wellenziige. Sie treffen deshalb nacheinander am Interferenzort ein und konnen nicht miteinander interferieren. In Bild 6-65 c sind zwar die geometrischen Wege gleich, das rechte Wellenpaket lauft aber eine bestimmte Strecke durch ein Medium (Brechungsindex n) und kommt infolge

6.4. Wellenoptik der verminderten Ausbreitungsgeschwindigkeit verspatet am Interferenzort an. Entscheidend fur die Beobachtung der Interferenz ist daher, daB die optische Wegdifferenz n s nicht groBer wird als die mittlere Lange der Wellenziige. Verschiebt man, ausgehend von Bild 6-65 a, den linken Spiegel nach oben, bis schlieBlich die Stellung von Bild 6-65 b erreicht ist, so wird das urspriinglich stark ausgepragte Interferenzbild immer kontrastarmer, bis es schlieBlich ganz verschwindet. Der groBte Gangunterschied der beiden Wellen, bei dem gerade noch Interferenz beobachtet werden kann, ist die Kohdrenzldnge l. Diese entspricht der mittleren Lange der interferierenden Wellenziige und ist verkniipft mit der mittleren Zeitdauer i des Emissionsaktes nach der Beziehung (6-79)

/ = c•

mit c als der Lichtgeschwindigkeit. Die Zeit T, wahrend der ein Wellenzug ausgesandt wird, betragt bei isolierten Atomen typischerweise T% 10"^ S. Dies ergibt Wellenziige mit der Lange / ^ 3 m. Bei hoher Temperatur und groBer Atomdichte wird die Koharenzlange erheblich vermindert, wie aus Tabelle 6-6 hervorgeht. Ein Wellenzug der Lange / wird nach Fourier beschrieben als Integral uber Sinuswellen verschiedener Frequenzen und Wellenlangen. Tabelle 6-6. Koharenzeigenschaften verschiedener Lichtquellen. Lichtquelle

Frequenzbandbreite A/

Koharenzlange /

weiBes Licht

^200THz

^ 1,5 ^im

Spektrallampe, Raumtemperatur

1,5 GHz

20 cm

Kr-Spektrallampe, aufr=77Kgekuhlt

375 MHz

80 cm

Halbleiterlaser GaAlAs

2 MHz

150 m

HeNe-Laser, frequenzstabilisiert

150 kHz

2 km

445

Dabei mussen Frequenzen innerhalb der Bandbreite

iiberlagert werden. Auch auf der Wellenlangenskala ist ein Wellenzug endlicher Lange nicht beliebig scharf, sondern er hat eine Linienbreite

Bei einer Spektrallampe ist der Frequenzbereich A/im allgemeinen nicht durch Gl. (6-80) bestimmt. In Wirklichkeit sind die Spektrallinien durch den Doppler-Effekt und StoBe verbreitert. Ein typischer Wert fiir die Breite des Frequenzbandes einer Cd-Spektrallampe ist A/= 1500 MHz. Dies entspricht bei A = 509 nm einer Linienbreite von AA=1,310~^^m und einer Koharenzlange von / = 20 cm. Selbst bei geniigend groBer Koharenzlange kann ein Interferenzversuch mit Licht miBlingen, wenn die strahlende Flache oder die Offnung der Lichtbiindel zu groB ist. Hat die Lichtquelle die GroBe b und ist der halbe Offnungswinkel cr, dann wird Interferenz nur beobachtet, wenn die Kohdrenzbedingung 2 /? sin cr <^

(6-82)

erfiillt ist. Die kurze Koharenzlange von Licht normaler Lampen riihrt daher, daB die Emissionsakte der einzelnen Atome nicht miteinander korreliert sind. Der Laser (Abschn. 6.5.4) ist eine Lichtquelle, bei der die einzelnen Atome bei der Lichtaussendung miteinander kooperieren und ihr Licht jeweils phasengerecht aussenden. Dadurch entsteht ein fast monochromatischer Wellenzug mit mehreren Kilometern Koharenzlange. In der Praxis vorkommende Koharenzlangen sind in Tabelle 6-6 zusammengestellt. Die Interferenz von Licht aus zwei koharenten Lichtquellen wurde 1821 von A. J. FRESNEL (1788 bis 1827) demonstriert. Im klassischen Fresnelschen Spiegelversuch wird nach Bild

446

6. Optik und L2. Die Hyperbeln entsprechen der Gleichung

a"

b^

(6-83)

m\\a = m (A/2) und b^=(d/2y - a^\ d ist der Abstand der beiden virtuellen Lichtquellen. In groBem Abstand von den Lichtquellen schmiegen sich die Hyperbeln an ihre Asymptoten an. Dies sind Geraden, die aus dem Koordinatenursprung kommen und mit der j-Achse die Winkel a^ einschlieBen. Fiir die Asymptotenwinkel gilt

mwn

/7? = +1

m = 0

m = -^

Bild 6-66. Fresnelscher Spiegelversuch. 6-66 das Licht einer Lichtquelle L mit Hilfe eines Winkelspiegels so reflektiert, daB die Wellen aus den virtuellen Bildern Li und L2 herzukommen scheinen. Die beiden virtuellen Lichtquellen Li und L2 senden koharente Wellen aus, die im Uberlappungsgebiet zur Interferenz gebracht werden. Die konzentrischen Kreise in Bild 6-66 sollen Wellenberge darstellen. Dann ist an jedem Schnittpunkt der Kreise die Bedingung fiir konstruktive Interferenz erfiillt. Langs der eingezeichneten Punkte verstarken sich also die Wellen, dazwischen loschen sie sich aus. Auf einer Wand, die von den Lichtbiindeln getroffen wird, entsteht das untenstehende stationare Interferenzbild. Die Ordnungszahl m gibt den Gangunterschied der interferierenden Wellen in Vielfachen der Wellenlange an: A = m L Wie bereits in Abschn. 5.2.4.3 erwahnt, liegen die Punkte konstruktiver Interferenz auf konfokalen Hyperbeln mit den Brennpunkten Li

Der Abstand zwischen zwei Interferenzstreifen an der Wand ist proportional zur verwendeten Wellenlange. Nimmt man WeiBlicht anstelle von monochromatischem Licht, ist die konstruktive Interferenzbedingung nur fiir die Interferenzlinie nullter Ordnung (m = 0) zu erfiillen. Es erscheint ein weiBer Interferenzstreifen nullter Ordnung, der von schwarzen Streifen begrenzt ist. Die Interferenzstreifen hoherer Ordnung bekommen farbige Rander. Zur tJbung U 6.4-1: Die theoretische Grenze der Frequenzbandbreite eines Lasers ist A / ^ 1 Hz. Berechnen Sie die theoretische Linienbreite fur X = 600 nm und die Koharenzlange /. U 6.4-2: Bei einem Experiment mit dem Fresnelschen Winkelspiegel betragt der Abstand der beiden virtuellen Lichtquellen (Bild 6-66) J =0,6 mm. Im Abstand D = 2m von den Lichtquellen befindet sich eine Wand, auf der die Interferenzstreifen beobachtet werden. Wie groB ist der Abstand Ax zwischen zwei Interferenzstreifen in der Nahe der Symmetrieachse, wenn als Lichtquelle eine Natriumdampflampe mit X = 589 nm verwendet wird?

6.4.1.2. Interferenzen an diinnen Schichten Interferenzen gleicher Neigung Interferenzen zwischen koharenten Lichtwellen entstehen durch Reflexion von Lichtwellen an planparallelen Schichten. In Bild 6-67 fallt ein Lichtstrahl von der Lichtquelle L auf

6.4. Wellenoptik

447

Dies ist noch nicht der vollstandige Gangunterschied. Wie bereits in Abschn. 5.2.4.2 erlautert, erfahrt der am dichteren Medium reflektierte Strahl r einen Phasensprung um n, was einem zusatzlichen Gangunterschied von X/2 entspricht. Der Strahl 2' erleidet bei der Reflexion in B keinen Phasensprung. Somit betragt der Gangunterschied der beiden Strahlen T und 2' A =2 d]ln'^ — sin^£ — -

(6-85)

Die Wellen verstarken sich bei A = m X, sie loschen sich aus fiir J = (2 m + 1) (A/2).

Die Bedingung fiir Helligkeit lautet somit 2c/]/n2-sin2 £ = (m + 1 ) A

(6-86)

mit m = 0, 1,2,... . Dunkelheit herrscht bei

Id'^n^-sin'

e = {m+\)X.

(6-87)

Bild 6-67. Interferenzen an planparalleler Platte. eine durchlassige Platte mit dem Brechungsindex n. Im Auftreffpunkt A wird der Strahl teilweise reflektiert und gebrochen. Der gebrochene Strahl wird in B wieder teilweise reflektiert und gebrochen, ebenfalls in C, D und so fort. Zunachst sei die Uberlagerung der beiden Strahlen V und T betrachtet (die weiteren Strahlen 3', 4' und so fort haben vernachlassigbare Intensitaten). Die beiden Parallelstrahlen werden im Brennpunkt F ' einer Linse vereinigt. (Bei Betrachtung mit dem Auge ist dies die Augenlinse.) Ob am Punkt F ' Helligkeit oder Dunkelheit herrscht, hangt vom Gangunterschied der beiden interferierenden Lichtwellen V und T ab. Die geometrische Wegdifferenz der Strahlen V und T ist nach Bild 6-67 AB + EC - AP. Die optische Wegdifferenz betragt «(AB + BC)-AP. Fiir die Wegdifferenzen gilt AB + BC = 2

; AP = 2 ^tan £' sin £. cos e' Mit Hilfe des Brechungsgesetzes sin £/sin a' = n ergibt sich daraus die Gangdifferenz 5 = 2 d]/n'^- sin^ s .

Die Bedingungen (6-86) und (6-87) sind bei vorgegebener Plattendicke d und Wellenlange k nur fiir ganz bestimmte Winkel s einzuhalten. Alle Strahlen, die mit dem gleichen Winkel e auf die Platte treffen, erzeugen in der Brennebene der Linse (oder auf der Netzhaut des Auges) eine Interferenzlinie. Verschiedene Winkel £, die Gl. (6-86) und (6-87) befriedigen, erzeugen Interferenzlinien gleicher Neigung, die wegen der Symmetric kreisformig sind und als Haidingersche Ringe bezeichnet werden. Die durchgelassenen Strahlen V und 2'' in Bild 6-67 werden im Brennpunkt F'' iiberlagert. Fiir sie betragt der Gangunterschied A =2 d ]/«2 _ sin2 £. Der in Gl. (6-85) zusatzlich eingebrachte Gangunterschied von k/2 fiir die Reflexion am dichteren Medium taucht hier nicht auf Daraus folgt, da6 sich die Interferenzen in F'' komplementar zu jenen in F' verhalten, d.h., die Bedingungen fiir Helligkeit und Dunkelheit sind genau vertauscht. Die Interferenzen des durchgelassenen Lichtes sind nicht so gut sichtbar wie die des reflektierten Lichtes, weil die Intensitaten der Strahlen V und 2" sehr unterschiedlich sind (z.B. 10:1), wahrend V und T nahezu dieselbe Intensitat haben.

448

6. Optik

Farben diinner Blattchen Diinne Schichten, wie z. B. Seifenlamellen, Olfilme auf Wasser, Aufdampfschichten und Oxidschichten, zeigen bei Beleuchtung mit weiBem Licht oft herrliche Interferenzfarben. Diese entstehen, wenn nach Gl. (6-86) und (6-87) je nach Dicke, Brechungsindex und Einfallswinkel aus dem angebotenen weiBen Spektrum eine Farbe oder mehrere Farben reflektiert, andere dagegen ausgeloscht warden. Aus der Farbe kann man bei einiger Ubung die Schichtdicke recht genau bestimmen. Beispiel 6.4-1: Eine Seifenlamelle mit der Dicke d= 350 nm wird mit weiBem Licht senkrecht beleuchtet. Welche Farbe hat das von der Seifenhaut reflektierte Licht, wenn der Brechungsindex n= 1,33 betragt? Losung: Nach Gl. (6-86) wird Licht der Wellenlange reflektiert, die der Bedingung _2dn _ 931 nm m m + -2 '" + ^ -2 genugt. Folgende Wellenlangen erfullen diese Voraussetzung: m = 0: ^0= 1862 nm, m= \: Xi= 621 nm, m = 2: ^2= 372 nm, m = 3: A3 = 266 nm usw. Da nur die Wellenlange Ai =621 nm im sichtbaren Spektralbereich liegt, erscheint die Seifenblase rot.

Bdd 6-68. Reflexvermindernde Schicht. schen. Nach dem Energieerhaltungssatz hat dann der durchgehende Strahl d die ganze Strahlungsleistung des einfallenden Strahls. 1st n2> n2> ni, dann entsteht sowohl ri als auch r2 durch Reflexion am optisch dichteren Medium. Beide Strahlen erfahren also den Phasensprung n. Bei senkrechtem Einfall ist deshalb die Gangdifferenz der beiden Strahlen A = 2 «2 ^• Die Bedingung fur Ausloschung ist A = ( 2 m + l ) ( / / 2 ) Oder (2 m-h l)(A/2) = 2 «2^. Fiir w = 0 erhalt man die kleinste Schichtdicke. Sie betragt ein Viertel der Lichtwellenlange in der Schicht:

Eine vollstandige Ausloschung der reflektierten Wellen erreicht man nur, wenn deren Amplituden gleich sind. Dies ist dann der Fall, wenn der Brechungsindex «2 des Vergiitungsmaterials der Bedingung «2 = l/«i «3 geniigt. Als Beschichtungssubstanzen haben sich z.B. Kryolith (Na3AlF6) mit n= 1,33 und Magnesiumfluorid (MgF2) mit « = 1 , 3 8 bewahrt.

Reflexvermindernde Schichten Interferenzen an diinnen Schichten werden benutzt, um Reflexe an Glasoberflachen zu beseitigen. In der Regel werden Linsen fiir optische Gerate vergutet, d.h. mit einer reflexmindernden Schicht uberzogen. Die Wirkungsweise einer Vergiitungsschicht geht aus Bild 6-68 hervor. Auf ein Glas mit dem Brechungsindex n^ sei eine diinne Schicht (Dicke d) mit dem Brechungsindex «2 aufgebracht Dariiber sei Luft mit dem Brechungsindex ni = I. Der einfallende Strahl e wird an zwei Grenzflachen reflektiert und liefert die Strahlen ri und r2. Schichtdicke d und Brechungsindex «2 sind nun so zu wahlen, daB sich die beiden reflektierten Strahlen auslo-

Beispiel 6.4-2: Wie dick muB eine Entspiegelungsschicht aus MgF2 sein, um die Reflexe fiir sichtbares Licht {X = 550 nm) zu verringern? Losung: Nach Gl. (6-8 \) ist die erforderliche Mindestdicke 550 nm d= = 100 nm. 4-1,38 Grundsatzlich gelingt die Beseitigung der Reflexe nur fur eine diskrete Wellenlange, z.B. fiir die Mitte des sichtbaren Spektrums mit /I = 550 nm. Der Effekt ist aber nicht sehr selektiv, so daB man fiir das ganze sichtbare

6.4. Wellenoptik

449

Spektrum eine merkliche Entspiegelung erhalt. Das rotliche oder violette Aussehen vergiiteter Linsen kommt daher, daB bevorzugt die Wellenlangen von den Enden des sichtbaren Spektrums reflektiert werden. Interferenzen gleicher Dicke Fallen nach Bild 6-69 zwei koharente Strahlen auf einen Keil, so daB sie sich im Punkt P wieder vereinigen, dann herrscht in P Helligkeit oder Dunkelheit je nach Gangunterschied der beiden Strahlen. Die beiden Strahlen r und T konnen entweder mit einer Linse auf einem Schirm oder mit der Augenlinse auf der Netzhaut vereinigt werden. Der Gangunterschied der beiden Teilwellen bestimmt sich bei kleinem Keilwinkel a nach Gl. (6-85) zu A = Id'^n^ - sin^ ^ ~ V

Bild6-70. Newtonsche Ringe: a) Versuchsaufhau nach Hooke, b) Ringsystem bei Beleuchtung mit monochromatischem Licht. Bild 6-69. Interferenzen an einem Keil.

Da mit groBer werdendem Abstand von der Keilkante die Dicke d zunimmt, erhalt man in regelmaBigen Abstanden helle und dunkle Interferenzstreifen, sogenannte Fizeau-Streifen (H. FiZEAU, 1819 bis 1896). Diese Interferenzstreifen gleicher Dicke verlaufen parallel zur Keilkante. An der Keilkante selbst ist (i = 0 und somit der Gangunterschied infolge des Phasensprungs von Strahl 1 eine halbe Wellenlange. Die Strahlen loschen sich also an der Keilkante aus, so daB man dort immer einen dunklen Streifen sieht. Wie schon bei den Interferenzen gleicher Neigung beschrieben, treten auch beim durchgehenden Licht Interferenzstreifen auf, die sich komplementar zu jenen des reflektierten Lichts verbal ten. Streifen gleicher Dicke sind auch die als Newtonsche Ringe bekannten Interferenzkur-

ven, die an flachen Luftkeilen entstehen. Sie treten z. B. auf, wenn ein hinter Glas gerahmtes Diapositiv ungleichmaBig am Glas anliegt. Die Newtonschen Ringe lassen sich sehr schon beobachten mit einer Anordnung, die 1665 zuerst von Hooke und 1676 von Newton benutzt wurde. Nach Bild 6-70 wird auf eine ebene Glasplatte eine plankonvexe Linse mit groBem Kriimmungsradius aufgesetzt. Wird die Anordnung von oben mit parallelem Licht beleuchtet, dann entstehen Interferenzstreifen gleicher Dicke am Luftkeil, die in diesem Fall wegen der Symmetric Kreise um den Beriihrpunkt sind. Da der Keilwinkel bei diesem Luftkeil nicht konstant ist, nimmt der Abstand der Ringe nach auBen ab. Bei der Berechnung des Gangunterschieds von zwei interferierenden Wellen muB wieder beachtet werden, daB zusatzlich zur geometrischen Wegdifferenz 2 d eine halbe Wellen-

450

6. Optik

lange addiert oder subtrahiert werden muB, well ein Strahl am optisch dichteren Medium (Planplatte) reflektiert wird. An einer Stelle mit der Keildicke d betragt demnach der Gangunterschied A =2 d— A/2. Die Radien der hell en Interferenzringe konnen leicht anhand von Bild 6-70 berechnet werden. Helligkeit tritt auf, wenn der Gangunterschied der interferierenden Wellen ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlange betragt. Dies ist der Fall fur die Dicken d^ des Luftkeils
(1)

Die Dicke d^ ist mit dem Radius r^ und dem Kriimmungsradius R der Linse verknupft durch d^ = R- yR^ - r]^. Fiir r^< R gilt naherungsweise " ^

(2)

2 /?

Durch Kombination von (1) und (2) folgt fiir die Radien der hellen Kreise /m ==

l/(m + r)A/? -

(6-89)

mit m =^0, 1,2,. ... Dunkle Ringe haben die Rad ien /'m =-]lmkR

(6-90)

An der Beriihrungsstelle der beiden Glaser ist immer ein dunkler Fleck. Bei bekannter Lichtwellenlange kann z.B. durch Ausmessen der Interferenzringe der Kriimmungsradius R des gekriimmten Glases berechnet werden.

Bruchteilen der Lichtwellenlange vermessen werden. Verschiedene Interferenzmuster, die bei der Oberflachenpriifung von Optikteilen entstehen, sind in DIN 3140, Teil 5, zusammengestellt. Mit Hilfe der Fizeau-Streifen werden PaBfehler von Optikbauteilen klassifiziert. Zur Ubung U 6.4-3: Zur Bestimmung der Wellenlange von monochromatischem Licht werden Newtonsche Ringe nach Bild 6-70 ausgemessen. Die Plankonvexlinse hat die Brennweite / ' = 5 m und den Brechungsindex n=\,5. Der zehnte dunkle Ring hat den Radius r^^ = 4 mm. Wie groB ist die Wellenlange des Lichtes? U 6.4-4: Fine dicke Glasplatte mit Brechungsindex nQ= 1,5 ist mit einem diinnen Film mit « F = 1,3 iiberzogen. Fine monochromatische ebene Welle variabler Wellenlange fallt senkrecht auf die Platte. Licht der Wellenlange A = 693,3 nm wird stark, Licht der Wellenlange k = 594,3 nm wird nicht reflektiert. Wie dick ist der Film? U6.4-5: Fine Glasplatte {nQ=\,5) ist mit MgF2 {n= 1,33) uberzogen. a) Wie dick muB die Antireflexschicht sein, damit Licht mit der Wellenlange X = 633 nm bei senkrechtem Einfall nicht reflektiert wird? b) Fur welche Wellenlange wird die Reflexion minimal, wenn Licht unter £ = 45 ° zur Oberflache einfallt? 6.4.1.3. Interferometer

Oberflachenpriifung

Interferometer sind optische Gerate, bei denen mit Hilfe von Lichtinterferenzen physikalische GroBen, wie z.B. Lange, Brechzahl, Winkel und Wellenlange, gemessen werden. Der wichtigste Interferometer-Grundtyp ist

Beobachtet man UnregelmaBigkeiten im System der Newtonschen Kreisringe, so weist dies darauf hin, daB bei der gekriimmten Flache Abweichungen von der idealen Kugelform vorliegen. (Die Ebenheit der Planplatte ist selbstverstandlich Voraussetzung.) Allgemein kann man aus UnregelmaBigkeiten im System der Fizeau-Streifen an Luftkeilen auf Oberflachenfehler der Flatten schlieBen. D a der Abstand zw^ischen zwei benachbarten Interferenzstreifen gleicher Dicke immer einer Dickenanderung des Keils von einer halben Wellenlange entspricht, konnen aus Verschiebungen der Interferenzstreifen Oberflachenfehler (z.B. Rauhigkeiten) im Bereich von

SON, 1852 bis 1931). Aufbau und Arbeitsweise des Michelson-Interferometers sind schematisch in Bild 6-71 dargestellt. Von der Lichtquelle L fallt Licht unter 45° auf den teilverspiegelten Strahlteiler T. Dabei entstehen zwei unter 90° verlaufende Teilstrahlen 1 und 2, die nach der Reflexion an den Spiegeln Si und S2 in sich selbst zuruckgeworfen werden. Die reflektierten Strahlen werden erneut durch den Strahlteiler geteilt, so daB schlieBlich die Uberlagerung der Strahlen 1' und 2' mit Hilfe der Fernrohrs F betrachtet werden kann. Die auftretenden Interferenzerscheinungen konnen

das Michelson-ITiterferometer

(A. A. MICHEL-

6.4. Wellenoptik

L $1

S2'

J.U Bild6-7L meters.

Wirkungsweise des Michelson-Interfero-

auch mit dem bloBen Auge betrachtet bzw. mittels einer Linse auf einen Schirm projiziert werden. Die Kompensationsplatte K sorgt fiir gleiche Glaswege der interferierenden Teilstrahlen. Wenn die beiden Spiegel Si und S2 gleich weit vom Punkt P entfernt sind, treffen die Strahlen V und T ohne Gangunterschied beim Fernrohr ein und verstarken sich. Verstarkung tritt ebenfalls ein, wenn einer der beiden Spiegel urn ein Vielfaches der halben Wellenlange verschoben wird. Verschiebt man dagegen um ein ungeradzahliges Vielfaches einer Viertelwellenlange, dann loschen sich die Strahlen V und 2' aus. VoUige Dunkelheit Oder Helligkeit wird nur beobachtet, wenn ebene Wellen, z. B. von einem Laser, interferieren. Eine Lichtquelle, die Kugelwellen aussendet, erzeugt als Interferenzmuster Haidingersche Ringe, die so zustande kommen: In Bild 6-71 ist mit S2 das virtuelle Bild des Spiegels S2 eingezeichnet. Die Interferenzlinien, die beobachtet werden, sind die Interferenzen gleicher Neigung an einer planparallelen Platte der Dicke d. Kippt man einen der beiden Spiegel ganz leicht, dann beobachtet man die Fizeau-Streifen am Luftkeil. Bei Verwendung von weiBem Licht und gleichen Abstanden der Spiegel vom Punkt P ist der Streifen nullter Ordnung leicht zu identifizieren als einziger achromatischer Streifen. Bei der Verschiebung eines Spiegels verschiebt sich das System der Interferenzstreifen, so daB man durch Auszahlen der durchlaufenden

451

Streifen die Verschiebung eines Spiegels in Vielfachen von X/2 messen kann. Auf diese Art wurde von Michelson u. a. die Ldnge des Meter-Prototyps in Vielfachen der Lichtwellenlange einer bestimmten Spektrallampe ausgemessen und so eine neue Meterdefinition eingefuhrt, die bis 1983 Giiltigkeit hatte (Abschn. 1.3). In der optischen MeBtechnik miBt man die Lange von EndmaBen und PrazisionsmaBstaben mit Hilfe des MichelsonInterferometers. Bei der Oberflachenprufung mit Hilfe des Interferenzmikroskops nach Bild 6-72 a wird das vergroBerte Bild eines Priiflings P mit Interferenzstreifen iiberlagert. Zwei identische Mikroskopobjektive Obi und Ob2 bilden sowohl den Priifling als auch eine Vergleichsplatte V hoher optischer Giite mit Hilfe des Okulars Ok ab. Alle Unebenheiten auf der Oberflache des Pruflings spiegeln sich im System der Fizeau-Streifen wider. Bild 6-72 b zeigt das entstehende Interferenzmuster, wenn die Oberflache des Pruflings eine Stufe aufweist. Der Abstand zweier Streifen entspricht einer halben Wellenlange. Unter der Annahme, daB eine Versetzung von 1/10 der Streifenbreite noch meBbar ist, kann man mit dem Interferenzmikroskop Hohenunterschiede auf der Objektoberflache vom Betrag i'=/i/20 bestimmen. Bei Verwendung von griinem Licht mit / = 540 nm betragt die meBbare Hohenauflosung also s = 21 nm. a)

i '

b) r<<\c

Bild 6-72. Interferenzmikroskop: a) Aufbau, b) Interferenzstreifen an einer Stufe der Hohe s.

452

6. Optik

6.4.1.4. Beugung am Spalt Eine fundamentale Pramisse der geometrischen Optik ist die geradlinige Ausbreitung des Lichtes. Tatsachlich wird dies auch beobachtet, wenn sich Lichtstrahlen ungestort im homogenen Raum ausbreiten. Sobald aber Hindernisse die freie Ausbreitung storen, stellt man fest, daB Lichtstrahlen ihre Richtung andern. Sie werden an den Randern der Hindernisse gebeugt. Wie im folgenden verdeutHcht, ist die Abweichung von der geradlinigen Ausbreitung des Lichtes um so starker, je kleiner die Dimensionen der Offnungen und Hindernisse sind, an denen das Licht gebeugt wird. Bei der Untersuchung der Beugungserscheinungen unterscheidet man zwei Falle der experimentellen Ausfiihrung, die in Bild 6-73 dargestellt sind. Bild 6-73 a zeigt die Beugung nach Fresnel Lichtquelle L und Beobach-

tungspunkt P auf dem Schirm liegen in endlichem Abstand von der Offnung. Bei der Fraunhoferschen Beugung (J. FRAUNHOFER, 1787 bis 1826) liegt sowohl die Lichtquelle als auch der Beobachtungsschirm im Unendlichen (Bild 6-73 b). Praktisch kann dies nach Bild 6-73 c realisiert werden, indem Lichtquelle und Schirm jeweils im Brennpunkt einer Linse stehen. Alle folgenden Ableitungen beziehen sich auf die Fraunhofersche Betrachtungsweise; die Beugung nach Fresnel ist in Abschn. 6.4.1.9 beschrieben. Bei der Fraunhoferschen Beugung am Spalt entsteht auf einem Schirm die in Bild 6-74 gezeigte Helligkeitsverteilung. Bin zentraler heller Streifen ist symmetrisch von dunklen und hellen Streifen umgeben. Der Abstand der Beugungsstreifen vergroBert sich mit abnehmender Spaltbreite und zunehmender Wellenlange.

Beugungsbild eines Spaltes.

b)

c)

a

Bild 6-73. Beugung an einer Offnung: a) Fresnelsche Betrachtung, b) und c) Fraunhofersche Betrachtung.

Zur Ableitung der Beugungsverhaltnisse am Spalt sei nach Bild 6-75 ein Spalt mit der Breite /?, der senkrecht zur Zeichenebene nicht begrenzt sein soil, von links mit parallelem Licht beleuchtet. Es treffen also ebene Wellen auf den Spalt. Die Lichtintensitat in einem beliebigen Punkt hinter dem Spalt kann mit Hilfe des Prinzips von Huygens und Fresnel (Abschn. 5.2.4.3) bestimmt werden. Danach sendet jeder Punkt auf einer Wellenflache Kugelwellen aus, die im betrachteten Aufpunkt iiberlagert werden. In Bild 6-75 sind innerhalb des Spalts acht diskrete Sender solcher Elementarwellen im Abstand s angeordnet. Allgemein seien es p Sender mit p -^ CO. Die Intensitat, die in groBer Entfernung vom Spalt in Richtung des Winkels a zur Spaltnormalen auftritt, ergibt sich aus den nachfolgenden Uberlegungen. Alle acht (/?) elektromagnetischen Wellen haben in groBem Abstand dieselbe Amplitude E der elektrischen Feldstarke. Lediglich die Phasenlagen der ankommenden Wellen sind verschieden, denn zwi-

6.4. Wellenoptik

453

Mit (p « E/r ergibt sich ^ ^ E . pq) Setzt man fiir den Phasenwinkel _ 6 sin a pA

ein, dann ist . (nh . sm I —T- sm a

^^ ^ ^^ Fb~r

•

—psma

Bild6-75. Beugung am Spalt; Uberlagerung von Elementarwellen. schen jeweils zwei benachbarten Wellen besteht nach Bild 6-75 der Gangunterschied J = 5 sin a = b sin ca/p. Die Phasendifferenz zwischen zwei benachbarten Kugelwellen ist am Aufpunkt ^ A Z> sin a (P=2K — = 2K . A p ?. Die resultierende Feldstarke ist demnach E^ = E cos (o) t)-\- E cos {co t -\- (p)-\-\-Ecos((jot -\-2(p)-\-... -\-Ecos[(i)t

Der Vorfaktor EQ= pE ist die Amplitude der Feldstarke, die aus der Uberlagerung von p Wellen ohne Phasenverschiebung resultiert, die also in Geradeausrichtung (a = 0) beobachtet wird. Beachtet man, daB die Intensitat proportional zum Quadrat der Feldstarke ist (Abschn. 5.2.2.2), dann ergibt sich fiir die Intensitat I^ der in Richtung a abgebeugten Strahlung

•^(p-\)(p].

Diese Summe kann sehr einfach bestimmt werden, wenn die Wellen komplex geschrieben und in der komplexen Ebene addiert werden:

Bild 6-77 zeigt die Intensitatsverhaltnisse bei der Beugung am Spalt. Aufgetragen ist die

E^ = EQJ'^'(Q^-\- e^>+ eJ^'^-\-... -\-QJ(P-'^)'P)

Bild 6-76 zeigt die Addition der acht Zeiger, die jeweils um den Phasenwinkel (p gegeneinander verdreht sind. Fiir die Lange des resultierenden Zeigers liest man ab E^ = 2rsin(^/2)

mit

0 =p(p .

E Eo=pE Bild 6-76. Addition von p Elementarwellen.

Bild 6-77. Intensitdtsverteilung bei der Beugung am Spalt.

454

6. Optik

mathematische Funktion /a//o = sin^ x/x^ mit X = (TT hlX) sin a. Die Funktion hat Nullstellen (physikalisch: Dunkelheit) fiir x = ± TI, ± 2 71, ± 3 Ti und so fort. Daraus folgt, daB sich die Teilwellen vollig ausloschen in den Richtungen mit den Winkeln oCm, die gegeben sind durch die Beziehung k sin a^ = ± m -

(6-92)

mit der Ordnungszahl m = 1, 2, 3 , . . . . Es ist bemerkenswert, daB immer dann Dunkelheit herrscht, wenn die Wellen, die von den Randern des Spalts ausgehen, einen Gangunterschied von einem Vielfachen der Wellenlange aufweisen. AuBer dem zentralen Hauptmaximum nullter Ordnung gibt es Nebenmaxima hoherer Ordnung, die naherungsweise in der Mitte zwischen den Nullstellen liegen. Fiir die Lage der Nebenmaxima gih sman

±(m + ''i ) b-

Bin praktisch wichtiger Fall ist die Beugung an einer Lochblende mit dem Durchmesser d. Aus Symmetriegrunden ist klar, daB das Beugungsbild rotationssymmetrisch sein muB. Bild 6-78 zeigt ein Beugungsbild hinter einer Lochblende. Das zentrale Airysche Beugungsscheibchen ist von dunklen und hellen Ringen umgeben. Die mathematische Berechnung der Intensitatsverteilung fiihrt auf Bessel-Funktionen und wurde erstmals 1835 von G. B. AIRY (1801 bis 1892) gelost. Der Winkel, unter dem der erste dunkle Ring auftritt, ist gegeben durch sin (Xx = 1,22 — . a

(6-94)

Weitere Minima treten auf fur sin (X2 = 2,232 (k/d), sin (X2 = 3,238 (k/d) und so fort.

(6-93)

m i t m = 1, 2, 3 , . . . . Beispiel 6.4-3: Bin Spalt wird mit monochromatischem Licht eines HeNe-Lasers (A = 633 nm) beleuchtet. Man betrachtet das Beugungsbild auf einer / = 8 m entfernten Wand. Der Abstand zwischen den beiden Minima erster Ordnung betragt 5 = 30 cm. Wie groB ist die Spaltbreite bl Losung: Nach Gl. (6-92) gilt fur die Winkel des ersten Minimums sin aj = ± k/b. Der Abstand der beiden Minima ist deshalb s = 21 tan a^ « 2 / sin a^ = 2 / (k/b). Die Spaltbreite betragt 271 _ 2-8m-633nm :33,8^m. b=~V ~ 0,3 m Bei der bisherigen Betrachtung war der Spalt in einer Richtung unendlich ausgedehnt. Begrenzt man den Spalt auch in der Hohe, so findet auch in dieser Richtung Beugung statt; hier sind die Winkel, unter denen dunkle Streifen auftreten, wieder durch Gl. (6-92) gegeben.

Bild 6-78. Beugungsbild hinter einer Lochblende. Vertauscht man in Bild 6-73 c den Spalt mit einem Draht gleicher Dicke, so stellt man fest, daB auBerhalb der geometrisch optischen Abbildung die gleiche Beugungsfigur auftritt wie beim Spalt. Bild 6-79 zeigt das Beugungsbild eines Drahtes. (Fiir die Aufnahme wurde das Zentralbild wegen seiner groBen Helligkeit ausgeblendet; die Beugungsfiguren sind in der Senkrechten begrenzt, weil der Laser, mit dem der Draht beleuchtet wurde, ein Lichtbiindel von nur wenigen Millimetern Durchmesser aussendet.) Die Tatsache, daB komplementare Hindemisse (z.B. Spalt und

6.4. Wellenoptik

Bild6-79. Beugungsbild eines Drahtes: a) Durchmesser 0,2 mm, b) Durchmesser 0,05 mm.

455

man zwei benachbarte Fixsterne betrachtet, erhalt man zwei Beugungsscheibchen, die selbstverstandlich nur dann getrennt wahrgenommen werden, wenn sie einen bestimmten Mindestabstand voneinander haben. Ist der Abstand der beiden Beugungsscheibchen zu klein, dann verschwimmen beide zu einem hellen Fleck, und dies bedeutet, daB die beiden Sterne dem Beobachter wie ein Stern erscheinen.

Die Frage, welchen Abstand die Beugungsscheibchen fiir eine sichere Auflosung haben von J. BABINET (1794 bis 1872) entdeckt und miissen, ist nicht eindeutig zu beantworten. wird als Babinetsches Theorem bezeichnet. Haufig wird das Rayleighsche Kriterium zugrunde gelegt. Nach LORD RAYLEIGH (1842 Zur Ubung bis 1919) sind zwei Objekte dann sicher zu U 6.4-6: Die in Bild 6-78 gezeigte Beugungsfigur trennen, wenn das Maximum nullter Ordnung entstand durch Beleuchtung einer Lochblende mit der Beugungsfigur des ersten Objekts und das einem HeNe-Laser mit X = 633 nm. Der Schirm, erste Minimum des zweiten Objekts aufeinauf dem das Bild entstand, war s= 1,45 m von der ander fallen. Dieser Zustand ist in Bild 6-80 Lochblende entfernt, der Durchmesser des dritten dargestellt. Die ausgezogene Gesamtintensitat schwarzen Rings war dj, = 30 mm. Welchen Durchals Summe der beiden gestrichelten Beumesserfifhat die Lochblende? gungsfiguren zeigt eine deutliche Einsattelung. Mit Hilfe von Gl. (6-94) folgt, daB zwei U 6.4-1: Wie groB ist das Intensitatsverhaltnis der Objektpunkte, die unter dem Winkel 6 erNebenmaxima zum Hauptmaximum bei der Beuscheinen, dann aufgelost werden, wenn die gung am Spalt? Bestimmen Sie mit Hilfe eines Beziehung Rechners die Zahlenwerte fiir die ersten drei MiDraht) dieselbe Beugungsfigur liefern, wurde

U 6.4-8: Stellen Sie ein Programm auf zur Berechnung der Halbwertsbreite der Beugungsfigur von Bild 6-77. Wie groB ist der Winkel a 1/2, fiir den die Intensitat auf/o/2 zuriickgeht? 6.4.1.5. Auflosungsvermogen optischer Instrumente Alle optischen Instrumente, wie z.B. Fernrohr, Mikroskop und auch das menschliche Auge, haben ein begrenztes Auflosungsvermogen. Dies bedeutet, daB sehr eng benachbarte Punkte eines Objektes nicht mehr getrennt abgebildet werden. Ursache fur das endliche Auflosungsvermogen ist die Beugung des Lichts beispielsweise an Blenden oder Linsenfassungen. Betrachtet man etwa mit einem Fernrohr einen Fixstem, dann wird nach den Gesetzen der geometrischen Optik als Bild ein Lichtpunkt erwartet. Tatsachlich erhalt man aber infolge der Beugung an der Objektivoffnung ein Airysches Beugungsscheibchen mit endlichem Durchmesser, umgeben von schwacheren Ringen (Bild 6-78). Wenn

erfiillt ist. Hier ist d der Objektiv- bzw. Blendendurchmesser. Da es sich stets um kleine Winkel handelt, ist der Sinus durch den Winkel selbst im BogenmaB ersetzt. Aus Gl. (6-95) folgt:

r

1

Bildebene -

i

r^^

?^^^

\ (_

_ "^

^_,---—*•—•*-----JCL

i

—^

X--^-^^^""^'^^^'^^^^^^^ ?

Bild 6-80. Intensitdtsverteilung der Beugungsbilder zweier punktformiger Objekte in der Bildebene einer Linse.

456

6. Optik

Das Auflosungsvermogen eines optischen Instruments ist um so besser, je groBer der Objektivdurchmesser und je kleiner die Wellenlange des Lichtes ist. Das Auflosungsvermogen groBer astronomischer Spiegelteleskope ist nicht beugungsbegrenzt, sondern durch atmospharische Storungen eingeschrankt. Diese werden vermieden bei Teleskopen, die im Weltraum stationiert sind.

diesem Fall das Auflosungsvermogen gemaB y = XIA^ berechnet wird. Dieser Ausdruck stimmt bis auf den Faktor 0,61 mit Gl. (6-97) iiberein (s. auch Abschn. 6.4.1.6). Aus den vorgenannten Uberlegungen folgt: Mit einem Mikroskop sind Objektstrukturen in der GroBenordnung der Lichtwellenlange auflosbar.

Beispiel

Beispiel

6.4-4: Welche Auflosung hat das seit 1990 im Weltraum stationierte Hubble-Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von d = 2,4 m?

6.4-5: Welch en kleinsten Abstand zweier Objektpunkte kann man mit einem Lichtmikroskop noch auflosen?

Losung:

Losung:

Fiir die Wellenlange X = 550 nm folgt aus Gl. (6-95) fiir den Grenzwinkel

Mikroskope mit Olimmersion haben eine maximale numerische Apertur von etwa ^ ^ = 1 , 3 5 . Nach Gl. (6-96) gilt dann y ^ 0,45 L Dies bedeutet also praktisch, daB zwei Teilchen dann getrennt werden, wenn ihr Abstand eine halbe Wellenlange betragt. Beleuchtet man das Objekt mit blauem Licht der Wellenlange k = 450 nm, dann ist y ^ 200 nm.

^ = 2 , 8 - 1 0 - ' r a d = 0,058". (Wegen eines technischen Fehlers nicht erreicht). Gl. (6-95) gibt auch das Auflosungsvermogen des Auges an. Der Grenzwinkel des Auflosungsvermogens infolge der Beugung an der Pupille stimmt etwa iiberein mit dem physiologischen Grenzwinkel von einer Winkelminute (Abschn. 6.2.7.1). Beim Mikroskop gelten dieselben vorgenannten Uberlegungen. Der Grenzwinkel nach Gl. (6-95) laBt sich umrechnen in einen Mindestabstand y, den zwei Objektpunkte haben miissen, damit sie getrennt werden:

Zur iJbung U 6.4-9: Welchen Grenzwinkel konnen zwei Objektpunkte haben, damit sie mit dem Auge aufgelost werden? Der Pupillendurchmesser sei d=l mm. Der Glaskorper des Auges hat den Brechungsindex n = 1,34. Die Berechnung soil fur griines Licht der Wellenlange X = 550 nm durchgefiihrt werden. Vergleichen Sie das Ergebnis mit dem physiologischen Grenzwinkel. U 6.4-10: Ab welcher GroBe kann man Objekte auf dem Monde mit dem bloBen Auge unterscheiden, wenn die Augenpupille d= A mm Durchmesser hat?

Hierbei ist ^ ^ = n sin a die numerische Apertur des Objektivs; a ist der halbe Offnungswinkel, unter dem das Objektiv vom Objekt aus erscheint, n ist der Brechungsindex des Mediums, das sich zwischen Objekt und Objektiv befindet. Gl. (6-96) setzt voraus, daB man selbstleuchtende Objekte betrachtet. Ein Objekt das von einer Lampe beleuchtet wird und das Licht diflus ins Objektiv streut, kann wie ein Selbstleuchter angesehen werden. Beleuchtet man ein Objekt mit koharentem Licht, dann konnen an feinen Strukturen der Objektoberflache Beugungserscheinungen aufl:reten, die das Auflosungsvermogen bestimmen. Abbe zeigte, daB in

U 6.4-11: Ein Wanderer betrachtet eine s= 15 km weit entfernte Burg. An einer Burgwand befmdet sich eine Fensterfront mit Fenstern im Abstand j^ = 1 m. a) Kann er mit Hilfe eines Fernrohres 8 x 30 die Fensterreihe auflosen? b) Welches Auflosungsvermogen hat sein Auge bei einer PupillengroBe von d=\,5 mm? 6.4.1.6. Beugung am Gitter Mehrere Spalte, die nach dem Muster gemaB Bild6-81 in regelmaBigen Abstanden angeordnet sind, bezeichnet man als Beugungsgitter. Ein solches Gitter kann z. B. so hergestellt werden, daB in eine durchsichtige Glasplatte

6.4. Wellenoptik

457

Die gesamte Gitterbeugungsfunktion lautet

• 2^1' /a ^0

•

\

sin^l—-Sin a

Inb

Y

^—sina)

sin^l/7——-sin a 2 • 2 / -^—sina ^ ^ • \* p^sm^

(6-97)

Bild 6-81. Beugung am Gitter. Striche eingeritzt werden, die lichtundurchlassig sind. Die Breite eines Spaltes sei b, der Abstand zweier Spalte ist die Gitterkonstante g. Senkrecht zur Zeichenebene seien die Spalte unbegrenzt. Bei Fraunhoferscher Beobachtung fallt von links her ein paralleles Lichtbiindel (ebene Wellen) auf das Gitter. Beobachtet wird die in Richtung des Winkels a abgebeugte Intensitat /« in unendlich groBer Entfernung (Bild 6-73 b).

Die Gitterbeugungsfunktion ist ein Produkt aus zwei Faktoren; hierbei beschreibt der erste Faktor /i die Beugungsfunktion des Einzelspaltes, der zweite Faktor I2 die Interferenzfunktion des Gitters. Zunachst sei der historisch bedeutsame Fall des Doppelspalts (p = 2) angefiihrt. Mit Hilfe eines Doppelspalts wurde 1802 von Young erstmals ein Interferenzversuch mit Licht erfolga)

Zur Berechnung der abgebeugten Intensitat /« bei insgesamt p Spalten werden entsprechend Bild 6-75 die Feldstarken von p interferierenden Wellen addiert. Zwei benachbarte Wellen haben den Gangunterschied A = ^ sin a; die Phasenwinkel unterscheiden sich um (p = (2 n/X) g sin a. Die Addition der p Wellen ergibt eine resultierende Feldstarke . p(p ^ sin-—^ 2_ E =^ P . (p 2

p

• I'^g . sin I —7— sm a

Fiir die Intensitat erhalt man . 2 /\p sin^ \

/n

sin^

^ ^ sin • A

a

sin a

Die Intensitatsverteilung infolge der Beugung an jedem einzelnen Spalt wird durch Gl. (6-91) beriicksichtigt.

Bild 6-82. Beugung am Doppelspalt; Spalt breite b —106 jum, Spaltabstand g — 609 fim a) theoretische Intensitatsverteilung, b) Photographie des Beugungsbildes.

458

6. Optik

reich durchgefiihrt und die Wellennatur des Lichtes bewiesen. Young bestimmte damit als erster die Wellenlange des Lichtes. Bild 682 zeigt die Intensitatsverteilung bei der Beugung am Doppelspalt. Man sieht deutlich die langsam variierende Einhiillende der Spaltfunktion, die die rasch variierende Interferenzfunktion moduliert. Fiir die allgemeine Untersuchung des Auftretens von Maxima und Minima w^ird zunachst die Interferenzfiinktion sin^ {p z)

mit

ng

•sm a

betrachtet. Wie Bild 6-83 zeigt, hat diese Funktion Hauptmaxima bei den Stellen z = 0, ±71, ± 2 71... . Hauptmaxima treten also

a) p - 8

b)p =

c)p=2

Bild 6-83. Interferenzfunktion bei p — 2, 4 und 8 Spalten.

auf unter den Winkeln a^, die die Gleichung

mit m = 0 , 1 , 2 , . . . erfullen. Bei diesen Winkeln betragt der Gangunterschied benachbarter Wellen ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlange. Das Ergebnis stimmt mit Gl. (5209) und (6-84) iiberein, die die konstruktive Interferenz beim Doppelspalt beschreiben. Zwischen den Hauptmaxima liegen p — 2 Nebenmaxima, deren H5hen im Vergleich zu den Hauptmaxima mit steigender Strichzahl p immer schwacher werden. Bei den iiblicherweise verwendeten groBen Linienzahlen der optischen Gitter ist die Intensitat der Nebenmaxima praktisch vernachlassigbar. Die Hauptmaxima werden mit steigender Strichanzahl p immer scharfer. Die zunehmende Scharfe der Linien mit steigender Strichanzahl ist typisch fur die Vielstrahlinterferenz. Je mehr Teilw^ellen an der Interferenz beteiligt sind, um so scharfer w^erden die Bedingungen fur konstruktive Interferenz. Typische Gitter kommerzieller Spektrometer haben 1000 und mehr Striche pro mm. Bei einer Breite von 5 0 . . . 100 m m kann man also mit /? =^ 100 000 Spalten rechnen. Die gesamte theoretische Beugungsfunktion (6-97) ist in Bild 6-84 fiir den Fall /? = 40 und g = \^b dargestellt. Die Winkel der Hauptmaxima entsprechen Gl. (6-98). Ihre Intensitat nimmt nach auBen geringfugig ab. Alle Linien befinden sich noch im Hauptmaximum der Spaltfunktion. Bild 6-85 zeigt Photos der Beugungsbilder, die in groBem Abstand hinter zwei verschiedenen Gittern entstanden. In Bild 6-85 b erkennt man besonders deutlich die abnehmende Intensitat mit zunehmender Ordnungszahl der Beugungsmaxima. Der Abstand der Maxima vergroBert sich, wenn das Gitter gedreht wird. Das einfallende Licht trifft dann nicht mehr senkrecht auf das Gitter, sondern nach Bild 6-86 unter dem Einfallswinkel p. Wie man sich leicht klarmacht, betragt der Gangunterschied zwischen zwei interferierenden Wellen A = g (sin a - sin P). Beugungsmaxima treten auf unter den Winkeln oCm, die der Beziehung

6.4. Wellenoptik

-10

A

JL

JL

10

Z = —— sin a A

Bild 6-84. Beugungsfunktion eines Gitters mitp = 40 Spalten

459

daher mit Hilfe von Gittern sehr prazise Wellenlangenmessungen vomehmen. Dieser Aspekt ist in Abschn. 6.4.1.7 ausfiihrlich erlautert. Wird ein Objekt unter dem Mikroskop beleuchtet, dann konnen an feinen Strukturen Beugungserscheinungen ahnlich jenen beim Gitter auftreten. Abbe konnte zeigen, daB ein Bild der betrachteten Struktur nur dann beobachtet werden kann, wenn auBer dem Strahl nullter Ordnung mindestens auch die Beugungsmaxima erster Ordnung ins Objektiv eintreten konnen. Die Details werden um so deutlicher, je mehr Beugungsmaxima vom Objektiv aufgenommen werden. Aufgrund dieser Tatsache gelangte Abbe zu einer Beziehung fiir das Aufldsungsvermogen eines Mikroskops, die nahezu identisch ist mit Gl. (6-96) des vorstehenden Abschnitts. Nach Abbe sind zwei Objektpunkte dann auflosbar, wenn ihr Abstand y die Beziehung

erfiillt; A^ Objektivs.

ist die numerische Apertur des

Zur Ubung

Bild 6-85. Beugungsbild eines Strichgitters mit dem Spaltabstandg= 0,04 mm (a) undg — 0,1 mm (b).

U 6.4-12: Bei einem Gitter ist die Gitterkonstante doppelt so groB wie die Spaltbreite: g = 2b. Welche Beugungsordnungen m werden im Beugungsbild beobachtet? U 6.4-13: Welche Beugungsordnungen treten auf, wenn ein Gitter mit 1200 Strichen/mm mit griinem Licht der Wellenlange X = 550 nm durchstrahlt wird?

Bild 6-86 Beugungsgitter bei schiefer Durchstrahlung. g (sin a^ — sin y^) = ± m /I

(6-99)

mit m = 0, 1,2,... geniigen. Die vorstehenden Betrachtungen zur Beugung am Gitter zeigen, daB die Richtungen, unter denen Beugungsmaxima auftreten, von der Wellenlange des Lichtes abhangen. Man kann

U 6.4-14: Ein Strichgitter mit 1000 Strichen/mm wird mit gelbem Natriumlicht der Wellenlange A = 589 nm durchstrahlt. a) Unter welchem Winkel CLx zur Gitternormalen liegen die Beugungsmaxima erster Ordnung? b) Das Gitter wird um p= 10° gedreht. Welche Winkel ai ergeben sich jetzt fiir die erste Ordnung? 6.4.1.7. Spektralapparate Zur Messung von Lichtwellenlangen wurden verschiedene Spektralapparate entwickelt, die je nach Verwendungszweck etwas anders gebaut sind. In Tabelle 6-7 sind einige Gerate angefiihrt. Das Herz aller Spektralapparate ist entweder ein Prisma oder ein Gitter, mit deren Hilfe das Spektrum der verschiedenen

460

6. Optik

Tabelle 6-7. Spektralapparate. Spektroskop

Beob^chtung eines Spektrums mit dem Auge. Haufig als Tascheninstrument in der analytischen Chemie eingesetzt.

Spektrograph

Komplettes Spektrum wird auf Photoplatte registriert. Vergleich mit Eichspektrum bekannter Spektrallinien liefert die Wellenlange. Schwarzung ist Mal3 fiir die Lichtintensitat.

Spektrometer

Wellenlangenbestimmung einzelner Spektrallinien anhand einer geeichten Wellenlangenskala iiber Winkelmessung.

Monochromator Ausblenden eines schmalbandigen Wellenlangenbereichs aus einem angebotenen Spektrum. Spektralphotometer

Kombination von Monochromator und photoelektrischem Empfanger {Photomultiplier) zur Bestimmung spektraler Stoffdaten, wie z. B. Absorptionsgrad und Transmissionsgrad.

Lichtwellenlangen raumlich auseinandergezogen wird. Bild 6-87 zeigt den schematischen Aufbau eines Spektrometers bzw. Monochromators nach Czerny-Tumer. Das durch den Eintrittsspalt E eintretende Licht wird mit Hilfe des Hohlspiegels Si als paralleles Lichtbundel auf

das Reflexionsgitter G geworfen. Das abgebeugte Lichtbundel wird durch den Hohlspiegel S2 auf den Austrittsspalt A fokussiert. Welche Wellenlange durchgelassen wird, hangt von der Winkelstellung des Gitters ab. Das Gitter wird mit einem geeigneten Getriebe langsam gedreht, so daB die durchgelassene Wellenlange proportional zur Zeit t anwachst. Stellt man hinter den Austrittsspalt eine Photodiode mit nachgeschaltetem Verstarker, dann kann auf einem x, /-Schreiber ein Spektrum aufgezeichnet werden. Auf diese Weise entstand z.B. das Spektrum der LED von Bild 6-61. Reflexionsgitter modemer Spektrometer sind fast immer als Echelette-Gitter (frz. echelette: kleiner MaBstab) ausgefiihrt. In eine Glasoberflache wird mit einem Diamanten ein sagezahnahnliches Profil eingeritzt, wie es in Bild 6-88 gezeigt ist. (Bei den holographischen Gittem wird das Profil auf photochemischem Weg geatzt.) Beim Einfallswinkel f] ist der Beugungswinkel a^ fiir die m-te Ordnung wieder durch Gl. (6-99) gegeben. Will man nun in eine bestimmte Ordnung m besonders viel Licht bekommen, dann muB der BlazeWinkel d (engl. to blaze: flammen) so gewahlt werden, daB die Beugungsrichtung der natiirlichen Reflexionsrichtung entspricht. Dies ist der Fall fiir den Blaze-Winkel () = l ( / ? - a ) .

(6-101)

Bild 6-88. Echelette-Gitter.

Bild 6-87. Gittermonochromator, schematisch.

Wahrend bei einem normalen Transmissionsgitter das gebeugte Licht in viele Ordnungen mehr oder weniger gleichmaBig verteilt wird (Bild 6-85), kann bei einem Echelette-Gitter praktisch das gesamte gebeugte Licht in eine bestimmte Beugungsordnung gelenkt werden. Das spektrale Auflosungsvermogen eines Spektralapparats hangt von seinem Gitter, der

6.4. Wellenoptik

461

Beispiel

m = 0 = 1 m=2 Bild6-89. Zum Auflosungsvermogen eines Gitters. Die Beugungsfunktion fur die Wellenldnge X ist schwarz.

verwendeten Beugungsordnung u n d d e r Spaltbreite ab. Bei unendlich schmalen Spalten ist das Auflosungsvermogen beschrankt durch die Eigenschaften des Gitters. Bild 6-89 zeigt eine vereinfachte Darstellung der Beugungsfunktion, wie sie z.B. an der rechten Wand des Monochromators von Bild 6-87 entsteht. Die Hauptmaxima von zwei dicht benachbarten Wellenlangen X und k-\- dk werden in der m-ten Ordnung dann getrennt, wenn das Intensitatsmaximum von i -I- dA auf das erste Minimum von X fallt (Rayleighsches Kriterium). Da der Raum zwischen zwei Hauptmaxima von p — 1 Minima durchsetzt ist, muB gelten m (/ -h dX) — m X

(m-\- \) X — m X

Hieraus folgt sofort fiir das Auflosungsvermogen eines Gitters

6.4-6: Mit einem Gitter mit der Strichanzahl /7 = 120 000 bei 1200 Strichen/mm sollen die beiden Natrium-D-Linien getrennt werden. Ist dies moglich? Wie groB ist der nutzbare Wellenlangenbereich A XI Die Wellenlangen betragen X^ = 589,5930 nm und X2 = 588,9963 nm. Losung: Mit dem genannten Gitter kann nur in der ersten Ordnung gemessen werden, da fiir m> \ nach Gl. (6-98) der Sinus des Beugungswinkels groBer als 1 ware. Das Auflosungsvermogen betragt somit X/dX= 1,2- 10^ Erforderlich ist zur Trennung der D-Linien X 589 nm - = 987. dT 0,5967 nm Das genannte Gitter kann also mehr als hundert mal feinere Wellenlangendifferenzen auflosen. Der nutzbare Wellenlangenbereich isiAX = X = 589 nm. Ist ein Spektrum mit einem groBen Wellenlangenbereich zu untersuchen, muB eine Vorzerlegung des Spektrum beispielsweise mit Hilfe eines Prismenmonochromators durchgefiihrt werden, der in Bild 6-90 schematisch dargestellt ist. Die Trennung benachbarter Wellenlangen (ausgezogene und gestrichelte Strahlen) hangt ab von der Basislange B des Prismas sowie von der Dispersion dn/dX des Glases. Das Auflosungsvermogen eines Prismas betragt (ohne Beweisfiihrung an dieser Stelle)

Das Auflosungsvermogen ist also um so groBer, je mehr Striche das Gitter hat und je hoher die Beugungsordnung ist, mit der man arbeitet. Wie Bild 6-89 zeigt, ist der nutzbare Wellenlangenbereich A X beschrankt. Wird A X z\x groB, dann verschmilzt z. B. die Linie X + A X erster Ordnung mit der Linie X zweiter Ordnung. Auf dieselbe Weise wie oben macht man sich klar, daB der nutzbare Wellenlangenbereich - das ist der Bereich, in dem das Gitterspektrometer eine eindeutige Wellenlangenmessung erlaubt — beschrankt ist auf

Im allgemeinen haben Gitterspektrometer ein hoheres Auflosungsvermogen als Prismenspek-

Bild 6-90. Schema eines Prismenmonochromators.

462

6. Optik

trometer. Letztere haben aber keine Begrenzung im nutzbaren Wellenlangenbereich. Zur Ubung U 6.4-15: Auf ein Echelette-Gitter mit 450 Strichen/ mm fallt das Licht eines HeNe-Lasers mit yl = 633nm unter dem Einfallswinkel y^=50°. a) Wie grol3 ist der Beugungswinkel cnx fur die erste Ordnung? b) Wie groB muB der Blaze-Winkel 6 sein, damit maximale Intensitat in der ersten Ordnung auftritt? U 6.4-16: Die beiden Natrium-D-Linien mit Ai = 589,5930 nm und /I2 = 588,9963 nm sollen mit einem Gitter getrennt werden, das 50 Striche/mm hat. a) Wie breit muB das Gitter mindestens sein, wenn in der ersten Ordnung gemessen werden soil? b) Welches Auflosungsvermogen hat dieses Gitter, wenn es in der dritten Ordnung benutzt wird?

Bildschirm

U 6.4-17: Welche Basisbreite muB ein Prisma mindestens haben, damit man mit ihm die beiden Na-D-Linien auflosen kann? Das Prisma aus Flintglas F3 hat bei A = 589 nm die Dispersion dn/dX = 8,5- lO^m-^

6.4.1.8. Rontgenbeugung an Kristallgittern Die Rontgenbeugung an Raumgittern ist von besonderer Wichtigkeit bei der Untersuchung der Kristallstruktur fester Korper. Zur Herleitung der wesentlichen Beziehungen sei als erstes die Beugung einer Lichtwelle an einer linearen Punktreihe nach Bild6-91a betrachtet. Parallele Strahlen sollen unter dem Glanzwinkel CCQ gegen die x-Achse auf die Punktreihe fallen. Die an den einzelnen Punkten gestreuten Lichtwellen interferieren konstruktiv miteinander, wenn der Gangunterschied zwischen zwei benachbarten Strahlen ein ganzes Vielfaches der Wellenlange betragt. Aus Bild 6-91 a folgt sofort, daB Interferenzmaxima auftreten fiir die Winkel a gegen die x-Achse, fiir die gilt a (cos a — cos

(XQ) =

hX

(6-105)

mit der Ordnungszahl /i = 0, 1, 2 , . . . . Diese Gleichung ist physikalisch gleichwertig mit Gl. (6-99). Wegen der Symmetric liegen die Intensitatsmaxima der verschiedenen Ordnungen h auf Kegeln um die x-Achse mit halbem Offnungswinkel a (Bild 6-91 b). Bei Fraunhoferscher Betrachtung wird das gebeugte Licht auf einem Bildschirm in groBer Entfer-

-2

Bild 6-91. Beugung an einer Punktreihe. a) Zur Ableitung der Bedingung fur konstruktive Interferenz, b) Beugungskegel. nung aufgefangen. Als Schnittkurven der Kegel mit dem Schirm ergibt sich cine Hyperbelschar. Bei kleiner Ordnungszahl h gehen die Interferenzlinien in eine Schar nahezu paralleler Geraden iiber, so daB man das vom ebenen Gitter her bekannte Interferenzbild erhalt (Bild 6-85). Die lineare Punktreihe wird nun nach Bild 6-92 a zu einem ebenen Punktgitter erweitert. Lichtstrahlen, die unter den Winkeln ao und PQ relativ zur x- bzw. >^-Achse auftreffen, interferieren konstruktiv, wenn die unter den Winkeln a und y^ gestreuten Strahlen auBer Gl. (6-105) noch dem Ausdruck b (cos p — cos

PQ) =

kX

mit der Ordnungszahl /: = 0, 1,2,... entsprechen. Das Interferenzmuster, das jetzt auf einem Schirm entsteht, ist ein System von Punkten, die an den Schnittpunkten von zwei gekreuzten Hyperbelscharen liegen. Bei kleinen Ordnungszahlen h und k entsteht ein rechteckiges Punktmuster gemaB dem Photo

6.4. Wellenoptik a)

463

mit ganzzahligen Ordnungszahlen h, k, I entsprechen. Fur eine beliebige, aber feste Wellenlange sind diese Laue-Gleichungen im allgemeinen nicht zu erfiillen. Bestrahlt man das Raumgitter aber mit weiBem Licht, dann konnen mit verschiedenen Wellenlangen die Laue-Gleichungen fur einige Winkel OL, P und y erfiillt werden. Ideale dreidimensionale Gitter sind die Kristallgitter der Festkorper. Nach einem Vor-

"^ \

schlag von M. v. LAUE (1879 bis 1960) zeig-

ten Friedrich und Knipping 1912, dafi Beugung von Rontgenstrahlung an Kristallgittern moglich ist. (Sichtbares Licht wird an Kristallen nicht gebeugt, weil die Wellenlange viel zu groB ist im Vergleich zur Gitterkonstanten.) Zur Herstellung einer Laue-Aufnahme wird auf einen Kristall „weiBe" Rontgenstrahlung gerichtet. Eine Photoplatte, die hinter dem Kristall angebracht ist, wird an den Stellen geschwarzt, an denen Beugungsmaxima auftreffen. Bild 6-93 zeigt ein solches Laue-Diagramm. Das Punktmuster spiegelt die Symmetric des Kristallgitters in bezug auf die Durchstrahlungsrichtung wider. Mit Hilfe von Laue-Aufnahmen werden Kristalle orientiert, wenn sie z. B. in bestimmten Richtungen geschnitten werden sollen. Bild6-92. Beugung am Fldchengitter: a) Punktgitter, b) Beugungsbild hinter einem Kreuzgitter mit a = 0,04 mm, b = 0,l mm.

Historisch ist die Laue-Beugung deshalb so bedeutend, weil damit zugleich die Wellennatur der Rontgenstrahlen sowie die Raum-

Bild 6-92 b. Tatsachlich ist dies das Beugungsbild eines Kreuzgitters (zwei gekreuzte Strichgitter). Nach dem Theorem von Babinet ergibt sich dabei aber dasselbe Interferenzmuster (Abschn. 6.4.1.4). Aus dem Flachengitter nach Bild 6-92 a wird ein Raumgitter, wenn gleichartige Flachengitter in der dritten Dimension iibereinander gestapelt werden. Der Abstand gleichartiger Netzebenen in der z-Richtung sei c. Lichtstrahlen sollen unter den Winkeln ao, y^o ^^^ 7o gegen die x-, y- bzw. z-Achse auftreffen. Interferenzmaxima werden beobachtet unter den Winkeln OL, P und y gegen die Achsen, die dem Gleichungssystem a (cos a — cos ao) = /z A, b(cos P — cosfio)= k A, c (cos y — cos yo) = I ^

(6-106)

Bild6-93. Laue-Aufnahme eines Kupfer-Einkristalls in (lOO)-Orientierung. Die vierzdhlige Symmetrie des kubisches Kristalls spiegeh sich im Beugungsbild wider. Photo: Max-Planck-Institut jur Metallforschung, Stuttgart

464

6. Optik

gitterstruktur der Kristalle bewiesen werden konnten. Eine einfachere Erklarung der Beugung von Rontgenstrahlen an Kristallgittem stammt von W. H. BRAGG (1862 bis 1942) und Sohn

W. L. BRAGG. Danach kann die Rontgenbeugung an Kristallen auf die Reflexion von Rontgenstrahlen an den verschiedenen Netzebenen eines Kristalls zuruckgefuhrt werden. Jeder Kristall ist von einer groBen Anzahl von Netzebenen durchzogen, auf denen die einzelnen Atome angeordnet sind, wie Bild 6-94 zeigt. Der Abstand benachbarter Netzebenen ist fiir verschiedene Netzebenenscharen unterschiedlich. Fallt nach Bild 6-95 ein paralleles Strahlenbiindel auf einen Kristall, dann werden die einzelnen Rontgenstrahlen an verschiedenen Netzebenen reflektiert. Konstruktive Interferenz liegt vor, wenn der Gangunterschied benachbarter reflektierter Strahlen ein ganzes Vielfaches der Wellenlange betragt, d. h. wenn die Braggsche Bedingung IdsinO

= m 2,

(6-106) aquivalent. N u r wenn weiBes Licht auf einen Kristall fallt, konnen die Reflexe an den verschiedenen Netzebenenscharen zugleich beobachtet werden. Trifft monochromatische Rontgenstrahlung auf einen Kristall, dann werden nach der Braggschen Bedingung Reflexe nur beobachtet, wenn der Glanzwinkel 0 ganz bestimmte Werte annimmt. Beim Drehkristall-Spektrometer nach Bragg entsprechend Bild 6-96 fallt Rontgenstrahlung durch einen Spalt S auf einen Einkristall K, der langsam gedreht wird. Ein Rontgendetektor D dreht sich mit doppelter Winkelgeschwindigkeit mit. Registriert der Detektor beim Winkel 0 einen Rontgenreflex, dann kann bei bekanntem Netzebenenabstand d die Wellenlange der Rontgenstrahlung bestimmt werden.

(6-107)

mit der Ordnungszahl m = 0, 1,2,... erfiillt ist; d ist der Abstand benachbarter Netzebenen, 0 der Glanzwinkel. Die Braggsche Bedingung ist den Laueschen Gleichungen

Is Bild 6-96. Schema ters.

' K eines Drehkristall-Spektrome-

Beispiel 6.4-7: Die Strahlung einer Rontgenrohre mit Molybdananode fallt auf einen LiF-Kristall mit 2d = 4,027- 10"^^ m. Wie groB ist die Wellenlange der Rontgenstrahlung, wenn der Reflex erster Ordnung unter dem Glanzwinkel 0 = 10,15° auftriU? Losung: Nach 01.(6-108) gilt X = 2dsm0

Bild 6-94. Netzebenen eines Kristalls.

Bild 6-95. Reflexion von Rontgenstrahlen an einer Netzebenenschar.

= 4,027 • 10"'^ m • sin 10,15° = 7,1 lO-i^m.

Eine fiir die Praxis sehr wichtige Methode zur Bestimmung von Netzebenenabstanden und damit zur Strukturanalyse ist das Pulververfahren nach Debye-Scherrer. Hierbei werden keine groBen Einkristalle benotigt, sondem viele kleine Kristallite. Dazu wird das Material meist pulverisiert und zu einem kleinen Stabchen gepreBt. Fallt ein monochromatischer Rontgenstrahl R nach Bild 6-97 a auf das Stabchen P, wird die Rontgenstrahlung an den willkiirlich orientierten Netzebenen der regellos verteilten Kristallchen gebeugt. G e -

6.4. Wellenoptik

465

Bild6-97. Pulvermethode nach Debye-Scherrer: a) Debye-Scherrer-Kamera (schematisch), b) DebyeScherrer-Aufnahme einer Palladium-Silicium-Legierung (photographisches Positiv). Photo: Max-Planck-Institut fur Metallforschung, Stuttgart

niigend viele Netzebenen schlieBen mit dem Primarstrahl einen Winkel Q ein, der die Braggsche Bedingung (Gl. (6-107)) befriedigt. Die abgebeugten Rontgenstrahlen liegen auf Kegelmanteln um den Primarstrahl und schwarzen einen Film F, der konzentrisch um das Stabchen gelegt ist. Aus der Lage der Linien auf dem Film (Bild 6-97 b) lassen sich die Netzebenenabstande und damit die Kristallstruktur bestimmen. Zur Ubung U 6.4-18: Ein kubischer Kristall mit a = b = c = 0,3 nm wird in z-Richtung mit Rontgenstrahlen bestrahlt. a) Welche Wellenlange muB die Strahlung haben, damit ein (1, 1, 1 )-Reflex, d. h. h = k = 1= 1, auftritt? b) In welchen Richtungen sind Beugungsmaxima beobachtbar?

6.4.1.9. Holographie Die Holographie ist eine Methode, mit der man raumliche Bilder von Gegenstanden erzeugen kann. Der Raumeindruck ist so echt wie bei der Betrachtung des Gegenstands selbst. Steht z.B. im Vordergrund des Bildes ein Hindernis, so kann man durch Bewegen des Kopfes um das Hindernis herum schauen wie beim realen Objekt. Die Holographie wurde von D. G A B O R 1948 entwickelt, ist aber praktisch erst nutzbar, seit mit dem Laser eine intensive koharente Lichtquelle zur Verfligung steht.

Wird ein Gegenstand mit einer koharenten Lichtquelle beleuchtet, dann sendet jeder bestrahlte Punkt des Objekts Huygenssche Elementarwellen aus, deren Gesamtheit die vom Objekt abgestrahlte Welle ergibt. Die Wellenfront dieser Welle enthalt alle Informationen U 6.4-19: Der Abstand benachbarter (100)-Netzebe- iiber das Objekt, so daB es nach Gabor nen in NaCl betragt d = 0,28 nm. Unter welchen moglich sein sollte, ruckwarts aus der Form Glanzwinkeln treten die ersten drei Beugungsordder Wellenfront die Form des Objekts zu renungen auf, wenn Rontgenstrahlung der Wellenkonstruieren. Zum besseren Verstandnis diene lange /I = 7,1 • 10~^^ m auf einen Einkristall fallt? folgendes Gedankenexperiment: Wirft man eine Handvoll Steine ins Wasser, so hangt die U 6.4-20: Der Abstand zwischen (lOO)-Ebenen des sich ausbreitende Wellenfront von den AmpliEisens betragt
466

6. Optik

Bild6-98. Prinzip der Holographie. a) Uberlagerung einer Kugelwelle des Punktes P mit einer ebenen Referenzwelle, b) Hologramm (Fresnelsches Zonensystem), c) Wiedergabe des Bildes.

Bei der gewohnlichen Photographic geht der raumliche Eindruck verloren, well die Schwarzung des Film nur von der Intensitat (Amplitudenquadrat) der Lichtwelle abhangt, nicht aber von ihrer Phase. Die Information, die in der Phasenlage steckt, geht verloren. Bei der Holographie wird diese Information dadurch konserviert, daB die Welle, die vom Objekt ausgeht, mit einer sog. Referenzwelle zur Interferenz gebracht wird. Das auf einer Photoplatte registrierte Interferenzmuster enthalt dann Informationen iiber Amplitude und Phase der Wellen. Das Prinzip sei zunachst anhand von Bild 6-98 demonstriert. In Bild 6-98 a ist eine kugelformige Objektwelle, die von einem Objektpunkt P ausgeht, mit einer ebenen Referenzwelle gleicher Wellenlange zur Interferenz gebracht. Orte gleicher Phase (Verstarkung) der Wellen sind als ausgezogene Linien gezeichnet, Orte mit entgegengesetzer Phase (Ausloschung) sind gestrichelt dargestellt. Ein Film F wird an den Stellen maximaler Amplitude geschwarzt; es entstcht das Fresnelsche Zonensystem gemaB Bild 6-98 b als Interferenzmuster. Zur Wiedergabe des Bildes wird nach Bild 6-98 c das entwickelte Hologramm H nur noch mit der Referenzwelle beleuchtet. Das Hologramm wirkt wie ein Strichgitter, an dem die Referenzwelle gebeugt wird. (Die abrupten Ubergange zwischen undurchsichtigen und transparenten Stellen sind in Wirklichkeit stetig.) Ein Teil der gebeugten Strah-

V A Bild 6-99. Holographie-Apparatur, schematisch: a) Aufnahme, b) Wiedergabe.

6.4. Wellenoptik len trifft sich im reellen Bildpunkt Pr, der andere Teil divergiert und scheint aus dem virtuellen Bildpunkt PC zu kommen. Damit wurde ein Bild des Gegenstands entworfen. Erwahnenswert ist, daB eine Zonenplatte parallele Lichtstrahlen bundelt wie eine Sammellinse; man nennt sie deshalb auch Zonenlinse. Bei der Aufnahme eines Hologramms von einem ausgedehnten Objekt O wird nach Bild 6-99 a ein Laserstrahl L in zwei Teilstrahlen zerlegt, von denen einer das Objekt beleuchtet, der andere (rot) als Referenzstrahl verwendet wird. Die einzelnen Objektpunkte senden Kugelwellen aus, so daB auf der Photoplatte F ein kompliziertes Interferenzmuster entsteht. Nach der Entwicklung hat das Hologramm etwa das Aussehen eines Gewirrs von Fingerabdriicken. Von der Form des Objekts ist nichts zu erkennen. Zur Bildwiedergabe stellt man das Hologramm H nach Bild 6-99 b an seine alte Stelle und beleuchtet es mit der Referenzwelle. Fiir das Auge A entsteht dann ein dreidimensionales Bild B an der Stelle, wo vorher das Objekt stand.

467

Fiir die Wiedergabe des Bildes ist in der Regel derselbe Laser wie bei der Aufnahme erforderlich. Ein WeiBlichthologmmm kann dagegen auch mit weiBem Licht betrachtet werden. Bei der Aufnahme eines WeiBlichthologramms fallt die Gegenstandswelle z.B. von vorn, die Referenzwelle von hinten auf die Photoplatte. Dadurch bilden sich stehende Wellen aus, die gemaB Bild 6-100 im Abstand X/2 die Photoplatte schwarzen. Bei dicker Emulsion erhalt man damit mehrere praktisch parallel ubereinanderliegende Hologramme. Die Betrachtung des Hologramms erfolgt in Reflexion. WeiBes Licht fallt auf die verschiedenen einzelnen Hologramme und wird an ihnen reflektiert wie an den Netzebenen eines Kristalls. Nach der Braggschen Gleichung (6-107) wird nur einfarbiges Licht reflektiert. Je nach Blickrichtung erscheint das Bild in einer anderen Farbe. Verwendet man bei der Aufnahme drei Laser mit den Farben rot, griin und blau, so werden in verschiedenen Tiefen der Emulsion Hologramme fiir rotes, griines bzw. blaues Licht erzeugt. Bei Betrachtung dieses Farbhologramms mit weiBem Licht entsteht durch additive Farbmischung ein farbiges Bild des Gegenstands. Anwendungen Einen Uberblick iiber die wichtigsten technischen Anwendungen der Holographic zeigt Tabelle 6-8.

Fiir die Speicherung von Informationen sind HoloBild 6-100. Reflexion von weiBem Licht an den gramme besonders gut geeignet, weil in jedem Schwdrzungsebenen eines WeiBlichthologramms. Punkt des Hologramms die Information vom ganTabelle 6-8. Technische Anwendungen der Holographic. Speicherung von Informationen

holographische Korrelation

Interfer enzholographi e

Herstellung optischer Bauteile

Archivierung von - dreidimensionalen Bildern, Z.B. Werkstucke, Modelle, Kunstwerke, - zweidimensionalen Bildern, wie Atzmasken fiir Halbleiterfertigung, digitale optische Datenspeicher.

Vergleich eines Werkstuckes mit einem holographisch fixierten Muster, automatische Formerkennung, Erkennung von Formfehlem an Werkstiicken und Werkzeugen.

Zerstorungsfreie Werkstoffpriifung, Vermessen von Bewegungen und Verformungen aufgrund mechanischer oder thermischer Belastung, Schwingungsanalyse

Ersatz von lichtbrechenden optischen Bauteilen wie Linsen, Spiegel, Prismen, Strahlteiler durch Hologramme. Holographische Herstellung von Beugungsgittern.

468

6. Optik

zen Objekt steckt. Dies bedeutet praktisch, daB selbst ein Teilstuck eines zerbrochenen Hologramms bei der Rekonstruktion wieder das gesamte dreidimensionale Bild liefert (allerdings konstrastarmer als das Bild eines vollstandigen Hologramms). Ein Hologramm ist daher ein gegen Informationsverlust geschiitzter Speicher. Hat man digitate Daten in Form von ebenen Punktmustern vorliegen, dann kann man auf einem Hologramm mehrere hundert Vorlagen abspeichern. Dazu wird nach jeder Aufnahme das Hologramm um einen definierten Winkel gedreht (Winkelkodierung). Bei der Wiedergabe kann je nach Winkel zwischen Hologramm und Referenzwelle ein bestimmtes Teilbild ausgelesen werden. Man rechnet mit einer Speicherkapazitat von 10^^ bis 10^^ bit auf einem Hologramm. Bei der holographischen Korrelation wird zunachst von einem Muster ein Hologramm aufgenommen. Bei der Wiedergabe sitzt ein Bauteil, das mit dem Muster verglichen werden soil, an der Stelle des Objekts. Beleuchtet man das Hologramm nur noch mit der Objektwelle (Referenzwelle ausgeschaltet), dann wird durch Beugung der Objektwelle am Hologramm die Referenzwelle rekonstruiert, die auf einen Photodetektor fokussiert werden kann. Dies gelingt ideal, wenn die beiden zu vergleichenden Bauteile formgleich sind. Weicht die Form des Priiflings vom Muster ab, so wird ein abweichender Photostrom registriert, dessen Abweichung vom Sollwert ein MaB fiir den Formfehler des Objektes ist. Dieses Priifverfahren ist kaum zeitaufwendig und kann automatisiert werden. Die Interferenzholographie ist eine wichtige Methode in der zerstorungsfreien Werkstoffpriifung, der Verformungs- und Schwingungsanalyse von Bauteilen. Bewegungen oder Verformungen aufgrund mechanischer oder thermischer Belastungen werden durch Interferenzstreifen sichtbar. Es sind mehrere Methoden in der Praxis gebrauchlich. Beim Doppelbelichtungsverfahren werden hintereinander zwei Hologramme des Objekts auf einer Photoplatte aufgenommen. Hat sich der Gegenstand zwischen den beiden Aufnahmen verformt, dann ist sein Bild mit Interferenzlinien iiberzogen, aus denen der Grad der Verformung abgelesen werden kann. Beim Echtzeitverfahren wird nur ein Hologramm eines Objektes aufgenommen. Bei der Betrachtung wird das Objekt selbst nicht entfemt. Dadurch kommt es zur Interferenz zwischen dem Bild des Hologramms und dem Objekt selbst. Man kann nun das Objekt z. B. durch mechanische Belastung deformieren und die Formanderung in Echtzeit beobachten. Die Zeitmittelholographie ist eine Methode zur Schwingungsanalyse. Hierbei wahlt man zur Belichtung des Hologramms eine Zeit, die groB ist gegen die Schwingungsdauer. Dadurch entstehen helle Knotenlinien und dunkle Schwingungsbauche. Bild 6-101 zeigt eine Doppelbelich-

B ild 6-101. Interferenz holograph ische Aufnahme der Bremsklappe eines Flugzeugs. Die Interferenzlinien zeigen die Verformung des aus CFK bestehenden Bauteils bei Erwdrmung. Werkphoto: Dornier GmbH, Friedrichshafen tungsaufnahme eines Bauteils, das sich infolge Erwarmung verformt hat. Mit Hilfe von Hologrammen konnen optische Bauteile ersetzt werden, die zum Teil sehr arbeitsintensiv aus Glas gefertigt werden. Ein Beispiel ist die fokussierende Wirkung der Zonenplatte in Bild 6-98 c. Zur tJbung U 6.4-21: Welche Radien haben die Kreisringe maximaler Schwarzung der Fresnelschen Zonenplatte nach Bild 6-98 b, wenn die Entfernung des Punktes P vom Film 5 = 50 cm und die Wellenlange des Lasers A = 633 nm betragt? U 6.4-22: Die Zonenplatte von U 6.4-21 wird mit einem Kr-Laser der Wellenlange A'= 647,1 nm beleuchtet. In welchem Abstand von der Zonenplatte entsteht das Bild? 6.4.2. Polarisation des Lichtes 6.4.2.1. Einfiihrung Durch die Experimente der Beugung und Interferenz wird die Wellennatur des Lichtes bewiesen. Die Vater der Wellenlehre, die Forscher Huygens, Fresnel und Young, dachten dabei an eine longitudinale Welle, bei der sich ein bestimmter Zustand in einem „Ather" ausbreitet, analog zu den Schallwellen in Ga-

6.4. Wellenoptik

sen. Durch einen Zufall fand E. L. MALUS (1775 bis 1812) im Jahr 1808, daB Licht eine „Seitlichkeit" aufweist. Er blickte durch ein Kalkspatprisma auf ein Fenster, in dem sich das Sonnenlicht spiegelte. Durch Drehen des Prismas veranderte sich die Helligkeit; unter einem bestimmten Blickwinkel wurde gar kein Licht vom Prisma durchgelassen. Malus zog daraus den SchluB, daB das Licht bei der Reflexion am Fensterglas seinen natiirlichen Charakter verlor, es wurde polarisiert. Seit Maxwell weiB man, daB Licht eine transversale elektromagnetische Welle ist, bei der sich ein elektrisches und magnetisches Feld, charakterisiert durch die elektrische und magnetische Feldstarke E und //, mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. Bild 5-50 zeigt ein Momentbild einer ebenen elektromagnetischen Welle. Die Feldvektoren E und H stehen senkrecht aufeinander und schwingen gleichphasig. Natiirliches Licht besteht aus kurzen Wellenziigen, die vollig regellos mit willkurlichen Schwingungsrichtungen ausgestrahlt werden (Abschn. 6.4.1.1). Da im zeitlichen Mittel jede Schwingungsrichtung vorkommt, ist senkrecht zur Ausbreitungsrichtung keine Richtung ausgezeichnet. Natiirliches Licht kann mit Hilfe eines Polarisators (Abschn. 6.4.2.2) polarisiert werden. Bild 6-102 zeigt eine solche linear polarisierte Welle. Der ^-Vektor des Lichts schwingt in der Schwingungsebene, die durch den Polarisator P vorgegeben wird. Senkrecht zu dieser Ebene schwingt der //-Vektor (nicht gezeich-

B ild 6-102. Linear polarisiert es Licht.

469

net) in der Polarisationsebene. Um nachzuweisen, daB das natiirliche Licht durch den Polarisator linear polarisiert wurde, schickt man das Licht durch einen Analysator A, der wie der Polarisator aufgebaut ist. Ist die Analysatorrichtung um den Winkel (p gegeniiber der Schwingungsrichtung verdreht, dann wird vom elektrischen Feldvektor E nur die Projektion E cos (p vom Analysator durchgelassen. (Hinter dem Analysator schwingt das Licht in Richtung der Analysatorachse). Das Gesetz von Malus beschreibt den Zusammenhang zwischen den Intensitaten IQ und / vor und hinter dem Analysator sowie dem Winkel (p\ 1= In COS^ (p.

(6-108)

Stehen Polarisator und Analysator gekreuzt {(p = 90°), dann laBt der Analysator kein Licht durch. Bild 6-103 zeigt zwei Lichtwellen, bei denen die elektrischen Feldvektoren E in zwei zueinander senkrechten Ebenen schwingen. Sind die Amplituden E gleich groB und betragt der Gangunterschied der Wellen A/4 (Phasendifferenz n/2), dann lauft der resultierende Feldvektor auf einer Schraubenlinie um die z-Achse. Licht dieser Art nennt man zirkular polarisiert. In Bild 6-103 handelt es sich um eine rechts zirkulare Polarisation; hierbei lauft der f'-Vektor auf einer Rechtsschraube. Trifft diese rechts zirkular polarisierte Welle auf einen Analysator A, dann lauft der £'-Vektor, wenn man der Welle entgegenblickt, im Uhrzeigersinn auf einem Kreis. Dies bedeu-

Bild 6-103. Zirkular polarisiertes Licht.

470

6. Optik

tet, daB im zeitlichen Mittel zirkular polarisiertes Licht durch einen einfachen Analysator nicht ausgeloscht werden kann. Dazu muB erst mit Hilfe eines k/A-Pldttchens der Gangunterschied zwischen den beiden Teilwellen ruckgangig gemacht werden, so daB man wieder linear polarisiertes Licht erhalt, das durch einen querstehenden Analysator ausgeloscht werden kann. Sind bei der Uberlagerung von zwei senkrecht zueinander schwingenden Teilwellen entweder die Amplituden nicht gleich oder ist der Gangunterschied von A/A verschieden, dann lauft der resultierende Feldvektor auf einer elliptischen Schraube; das Licht ist elliptisch polarisiert. Durch Interferenzversuche stellt man fest, daB senkrecht zueinander polarisierte Wellen nicht miteinander interferieren; die Intensitaten addieren sich einfach. 6.4.2.2. Erzeugung von polarisiertem Licht Reflexion und Brechung Natiirliches Licht, das auf eine Glasoberflache fallt, ist nach der Reflexion teilweise polarisiert, und zwar so, daB £'-Vektoren, die senkrecht zur Einfallsebene schwingen, dominieren. Das reflektierte Licht ist vollstandig polarisiert, wenn der Einfallswinkel so gewahlt wird, daB der reflektierte und der gebrochene Strahl aufeinander senkrecht stehen. Die Schwingungsrichtung ist dabei senkrecht zur Einfallsebene. Nach Bild 6-104 ist der erforderliche Einfallswinkel £p, der als Polarisationswinkel oder Brewsterscher Winkel bezeichnet wird, aus dem Brechungsgesetz ableitbar: sin 8^ = n sin (90 ° — e^) = n cos Cp oder a)

b)

tan Cn = «

(6-109)

mit n als dem Brechungsindex. Dieses Brewstersche Gesetz (D. BREWSTER, 1781 bis 1868) liefert fur Kronglas mit der Brechzahl n= 1,51 den Polarisationswinkel £p = 56,5 °. Zur Erklarung des Brewsterschen Gesetzes wird in Bild 6-104 ein beliebiger £'-Vektor des einfallenden natiirlichen Lichtes in zwei Komponenten zerlegt, wobei E^, senkrecht zur Einfallsebene, E\\ parallel zur Einfallsebene schwingt. Die ins Glas eindringende elektromagnetische Welle regt die Elektronen des Glases zu erzwungenen Schwingungen an, die dann ihrerseits nach den Maxwellschen Gleichungen elektromagnetische Wellen abstrahlen. Die Abstrahlcharakteristik ist wie bei einer linearen Antenne so geartet, daB in der Schwingungsrichtung nichts abgestrahlt wird (Bild 6-104 b), wahrend senkrecht zur Schwingungsrichtung die Abstrahlung maximal ist (Bild 6-104a). Der gebrochene Strahl enthalt vorwiegend Feldvektoren, die in der Einfallsebene schwingen. LaBt man einen Lichtstrahl unter dem Brewsterschen Winkel auf einen Stapel von Glasplatten fallen, dann ist das durchgehende Licht praktisch vollstandig parallel zur Einfallsebene polarisiert. Doppelbrechung Blickt man durch einen islandischen Kalkspat (CaCOs) auf ein beschriebenes Papier, dann erscheint die Schrift doppelt, wie Bild 6-105 zeigt. Dieser Effekt der Doppelbrechung ist auf die anisotropen optischen Eigenschaften

^eite Halbkuge^^^ensieren, so (^ daher musp^ .I^^^^dien und die tnt sein.

Dop, *l«S8bHM^-PolJ Bild 6-104. Zum Brewsterschen Gesetz: a) Schwingungsrichtung senkrecht zur Einfallsebene, b) Schwingungsrichtung in der Einfallsebene.

b i g e Verb" ^^^^^ *^^^ Kalksi zu deuten y ^ j c h t e , a n H a d lind die Stratilen Dhotographi^ B ild 6-105. Doppelbrechender Kalkspat.

6.4. Wellenoptik

471

Die Geschwindigkeit, mit der sich ordentliche Strahlen ausbreiten, ist in jeder Raumoptische richtung gleich. Wellenflachen von ElemenAchse tarwellen sind daher Kugeln. Bei auBerordentlichen Strahlen ist die LichtgeschwindigBild 6-106. keit richtungsabhangig. Wellenflachen sind in Optische Achse eines Kalkspats. diesem Fall Rotationsellipsoide, wie sie in Bild 6-108 dargestellt sind. In Richtung der optischen Achse ist die Ausbreitungsgeschwindes Kristalls zuruckzufiihren. (Anisotropic digkeit fur beide Polarisationsrichtungen bedeutet, daB physikalische Eigenschaften von gleich. Senkrecht dazu ergeben sich die gr5BS toffen, besonders von Kristallen, richtungs- ten Abweichungen. In negativen Kristallen ist abhangig sind.) Der Kalkspat laBt sich leicht die Lichtgeschwindigkeit des auBerordentlispalten; hierbei nehmen seine Spaltflachen chen Strahls groBer, in positiven kleiner als die Form eines Rhomboeders an. Das in die des ordentlichen Strahls. Quantitativ wird Bild 6-106 gezeichnete regelmaBige Rhombo- dies beschrieben durch zwei verschiedene eder hat als Spaltflachen sechs Rhomben Brechungsindizes; Tabelle 6-9 enthalt einige (Rauten), bei denen jeweils zwei gegeniiber- Zahfenwerte. liegende Winkel 102° bzw. 78° betragen. Die b) strichpunktierte Achse geht durch zwei ge- a) o.A. o.A. geniiberliegende Ecken, an denen drei 102°Winkel zusammenstoBen. Sic wird kristallographische Hauptachse oder optische Achse genannt. Sic ist cine dreizahlige Symmetrieachse des Kristalls. In Bild 6-107 fallt ein Strahl senkrecht auf eine Spaltflache eines Kalkspats. Die gezeichnete Ebene, die sowohl den Lichtstrahl als Bild 6-108. Wellenflachen in einachsigen Kristallen. auch die optische Achse enthalt, wird Haupt- a) negativer Kristall (z. B. Kalkspat, b) positiver Krischnitt genannt. Es zeigt sich, daB der Licht- stall (z. B. Quarz). strahl in zwei Teilstrahlen aufspaltet. Der ordentliche Strahl o geht ungebrochen durch Tabelle 6-9. Brechzahlen einachsiger Kristaldie Grenzflache, wie man es von den Glasern le fiir gelbes Natrium-Licht (Wellenlange gewohnt ist. Der auBerordentliche Strahl e 2, = 589 nm). (extraordinar) wird seitlich abgelenkt. Eine Untersuchung mit Hilfe eines Analysators Substanz « 0 Bezeich«e «e-«o zeigt, daB die beiden Strahlen senkrecht zunung einander polarisiert sind. Beim ordentlichen Kalkspat 1,6584 1,4864 -0,1720 negativ Strahl liegt die Schwingungsrichtung senkTurmalin 1,6425 1,6220 - 0,0205 recht zum Hauptschnitt, beim auBerordentlichen liegt sie im Hauptschnitt. Quarz Rutil

optische Achse

1,5442 1,5533 + 0,0091 positiv 2,6158 2,9029 + 0,2871

Bild 6-109 zeigt das Zustandekommen der verschiedenen Laufrichtungen im Kristall. An den Auftreffstellen der einfallenden Strahlen werden Huygenssche Elementarwellen ausgesandt (Abschn. 5.2.4.3). Als Einhiillende der Kugeln bzw. EUipsoide ergeben sich zwei verschiedene Wellenfronten und damit ein AusBild 6-107. Strahlenverlauf im Hauptschnitt eineseinanderlaufen der ordentlichen und auBerordentlichen Strahlen. Kalkspats.

472

6. Optik

chen Strahl. An der geschwarzten Seitenwand des Prismas wird der ordentliche Strahl absorbiert, wahrend der auBerordentliche das Prisma verlaBt. Bei einem Kalkspat, in den das Licht senkrecht zur optischen Achse eintritt (wie beim Glan-Thompson-Prisma), findet keine Aufspaltung der beiden Teilstrahlen statt, wie man sich leicht anhand von Bild 6-111 uberzeugt. Da aber die auBerordentliche Wellenfront e schneller fortschreitet als die ordentliche o, besteht nach Verlassen des Kristalls zwischen den beiden senkrecht zueinander polarisierten Teilwellen ein Gangunterschied A = d(no— HQ). Dieser Effekt wird ausgenutzt zur Herstellung von elliptisch oder zirkular polarisiertem Licht. Dazu laBt man linear polarisiertes Licht, dessen Schwingungsrichtung unter 45° zur optischen Achse geneigt ist, auf den Kristall fallen. Der £'-Vektor wird dann im Kristall in zwei gleich groBe, aufeinBild 6-109. Aufspaltung von Strahlen, die schrdg zur ander senkrecht stehende Anteile zerlegt. Die optischen Achse aufeinen Kalkspat fallen. Zusammensetzung der Teilwellen hinter dem Die Tatsache, daB natiirliches Licht in einem Kristall ergibt zirkular polarisiertes Licht, doppelbrechenden Kristall in zwei zueinander falls der Gangunterschied ein ungeradzahliges senkrecht polarisierte Teilstrahlen zerlegt wird, Vielfaches von A/4 betragt, d.h. wenn die Bekann man nutzen, um Polarisatoren herzustel- ziehung len. Durch eine geeignete Anordnung ist dafiir zu sorgen, daB ordentlicher und auBerd{no-n^) = {2k+ \) — (6-110) ordentlicher Strahl voneinander getrennt warden. Es wurden verschiedene Polarisationsprismen konstruiert, die diese Aufgabe erfiillen. W. NicOL (1768 bis 1851) entwickelte 1828 das erste brauchbare Prisma. Am haufigsten wird heute das in Bild 6-110 gezeigte optische Achse \

Prisma von P. GLAN (1877) und S. P. THOMP-

SON (1883) benutzt. Bei diesem Kalkspatprisma steht die optische Achse senkrecht zur Zeichenebene. Das Prisma wird diagonal durchgeschnitten und anschlieBend wieder z.B. mit Kanadabalsam verkittet. Treffen die einfallenden Strahlen an die verkittete Grenzflache, dann wird der ordentliche Strahl total reflektiert, denn der Brechungsindex n = 1,542 von Kanadabalsam ist kleiner als der Brechungsindex von Kalkspat fiir den ordentli-

Bild 6-110. Glan-Thompson-Prisma.

Bild 6-111. Senkrechter Lichteinfall auf einen Kalkspat, der parallel zur optischen Achse geschnitten ist.

6.4. Wellenoptik

473

mit /c = 0, 1,2,... erfiillt ist. Betragt der Gangunterschied A = A/2, dann ergibt sich wieder linear polarisiertes Licht, allerdings hat sich die Schwingungsebene um 90 ° gedreht. In der Praxis benutzt man gern Gips- oder Glimmerplattchen, die sich diinn spalten lassen. Obwohl bei diesen zweiachsigen Kristallen die Verhaltnisse etwas komplizierter sind, gilt das oben Gesagte sinngemaB.

6.4.2.3. Technische Anwendungen der Doppelbrechung Substanzen, die von Natur aus nicht doppelbrechend sind, konnen unter der Wirkung auBerer Felder (mechanische Spannungen, elektrische und magnetische Felder) akzidentelle Doppelbrechung zeigen.

Dichroismus

Glaser und Kunststoffe werden infolge mechanischer Spannungen doppelbrechend. So vergroBert sich z.B. in einem auf Zug beanspruchten Glasstab der Abstand der Atome in Langsrichtung, wodurch sich der Brechungsindex vermindert. Quer zur Zugrichtung wird infolge der Querkontraktion der Atomabstand reduziert und dementsprechend der Brechungsindex vergroBert. Der Stab wird also doppelbrechend wie ein positiv einachsiger Kristall mit der optischen Achse in der Beanspruchungsrichtung. Zur experimentellen Untersuchung des ebenen Spannungszustands in mechanisch belasteten Bauteilen stellt man ein Modell des Bauteils aus Kunststoff her. Bringt man dieses Modell zwischen gekreuzte Polarisationsfolien, dann wird das an sich schwarze Gesichtsfeld infolge der Spannungsdoppelbrechung aufgehellt. (Das Licht wird elliptisch polarisiert.) Dabei schwingen ordentlicher und auBerordendicher Strahl in den Hauptspannungsrichtungen. Nach Durchlaufen des Modells besteht ein Gangunterschied zwischen den Teilstrahlen, der proportional ist zur Dif-

Einige doppelbrechende Kristalle absorbieren sichtbares Licht (sie sind farbig) in der Weise, daB das Absorptionsmaximum fiir den ordentlichen Strahl bei einer anderen Wellenlange liegt als jenes fiir den auBerordentlichen. Beleuchtet man sie mit linear polarisiertem Licht, so erscheinen sie je nach Schwingungsrichtung in verschiedenen Farben (Dichroismus). Ein klassischer Vertreter dieser Gruppe ist der grune Turmalin. Bestrahlt man eine etwa 1 mm dicke Turmalinplatte mit natiirlichem Licht, dann wird der ordentliche Strahl praktisch vollstandig absorbiert, und nur der auBerordentliche verlaBt (geschwacht) den Kristall. Moderne Polarisationsfolien bestehen aus Kunststoffen, die mit dichroitischen Farbstoffen eingefarbt sind. Eine einheitliche Ausrichtung der Farbstoffmolekiile wird erreicht durch mechanische Reckung der Kunststoffe Oder durch Ausrichtung in elektrischen oder magnetischen Feldern. Solche Polaroid-Filter sind sehr groBflachig herstellbar. Bild6-112 zeigt die Wirkungsweise von zwei Polarisationsfolien. Der erreichbare Polarisationsgrad liegt meist unter 99%. Fur exakte Messungen verwendet man deshalb auch heute noch Polarisationsprismen.

b i t vei^hkdener Geschwindigkei p a s tNicolsche Prissaa mit schr^ bhen besteht aus e i a o a ia der D bchnittenen imd mit K^jxadabalsd jdLtteten Kalkspatkristsfll. Da der K kleineren Brechnugsindex als der sitzt, wird der ordeatliche Strahl a pektiert und an der Prismesoberse

T^m t l ^ i o j l ^ e Prisma mit schA <S^ fe^e^^t aus em€xri in der O sdimtteii^ai und mit Kajmdabalsd kltteten Ks^OkspatkristalL Da der H fckineien Brechnn^index ais dei^ sitzt, wird der ordentliche Strahl a flektiert uad an der Prismenobers^

Spannungsdoppelbrechung

Bild6-113. Isochromaten an einem Modell eines glasfaserverstdrkten Kunststoffs, das senkrecht zu den Faserachsen auf Zug beansprucht wird. a) Bohrungen ohne Einlagerungen, b) Einlagerungen mit guter Haf Bild6-112. Betrachtung einer Buchseite durch zwei Polarisationsfolien. a) Polarisationsrichtungen paral- tung zur Matrix. Photos: S. Roth, G. Griininger, DFVLR Stuttgart lel, b) Polarisationsrichtungen gekreuzt.

474

6. Optik

ferenz der Hauptspannungen: A ^ cji- G2. Alle Orte, bei denen die Hauptspannungsrichtungen mit den Schwingungsrichtungen von Polarisator und Analysator iibereinstimmen, erscheinen schwarz, da hier kein elliptisches Licht entsteht. Auf diese Weise entstehen im Bild dunkle Linien, die Isoklinen, die Punkte gleicher Hauptspannungsrichtung verbinden. Bei Verwendung von weiBem Licht entstehen als Isochromaten bezeichnete farbige Linien. Sie kennzeichnen Orte mit gleicher Hauptspannungsdifferenz GX — 02 oder Hauptschubspannung imax- Bild 6-113 zeigt Isochromaten, die an einem Modell aus einem Verbundwerkstoff (GFK, glasfaserverstarkter Kunststoff) aufgenommen wurden. Rasch abgekiihlte Glaser stehen unter permanenten inneren Spannungen, die man span-

nungsoptisch sichtbar machen kann. Linsen und Prismen mussen absolut spannungsfrei sein. (Der Brechungsindex darf nicht von der Richtung abhangen.) Sie diirfen daher zwischen gekreuzten Polarisatoren keine Aufhellung bewirken. Elektromagnetische Lichtschalter Elektrische und magnetische Felder konnen in isotropen Substanzen Doppelbrechung hervorrufen. Tabelle6-10 zeigt eine Zusammenstellung der wichtigsten Effekte. Lichtmodulatoren oder Lichtschalter, die einen dieser Effekte ausnutzen, haben im Prinzip den Aufbau, der in Bild 6-114 fiir eine Pockels-Zelle (W. POCKELS, 1865 bis 1913) dargestellt ist. Zwischen gekreuzten Polarisatoren P und A

Tabelle 6-10. Elektrooptische und magnetooptische Effekte. Kerr-Effekt (J. KERR,

1875)

Pockels-Effekt (F. C. PocKELS, 1893)

Cotton-Mouton-Effekt (A. COTTON, H . M O U T O N ,

1907) Erklarung

Optisch isotropes Material wird im transvcrsalen elektrischen Feld doppelbrechend.

Piezoelektrische Kristalle ohne Symmetriezentrum werden im elektrischen Feld doppelbrechend.

Fliissigkeiten mit anisotropen Molekiilen werden im transvcrsalen Magnetfeld doppelbrechend.

Feldabhangigkeit

l«o-«el~^^

\n^-n^\^E

\n,-n,\^H^

Gangunterschied nach Durchlaufen der Lange /

A=llKE^\K¥.QXv-Kons t a n t e z . B . / i : = 2 , 4 8 - 10" ^^ mV~-^ fiir Nitrobenzol bei X = 589 nm

A = lnlr^7,E fur longitudinale Zelle; ^53 elektrooptische Konstante, Z.B. r63 = 24- l O - ' ^ m V - i , « o = 1,5 fiir KD*P

A =/l/C//2;CCottonMoutonsche Konstante, Z.B. C = 3,81 • 10-1^mA-2 fiir Nitrobenzol bei X = 589 nm

Geometric

Elektrisches Feld senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des Lichtes

Feld meist in longitudinaler Richtung, auch transversal moglich

Magnetfeld senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des Lichtes

Materi alien

Nitrobenzol, Nitrotoluol, Schwefelkohlenstoff, Benzol; in Festkorpem um eine Zehnerpotenz, in Gasen um drei Zehnerpotenzen kleinerer Effekt

ADP (Ammoniumdihydrogenphosphat), KDP (Kaliumdihydrogenphosphat) KD*P (deuteriertes KDP), Lithiumniobat

Benzol, Toluol, Nitrobenzol

typische Feldstarke fur Gangunterschied

E^

Halbwellenspannung bei longitudinaler Zelle mit KD*P, f / ^ 4 k V

H ^ 10^ A / m

modulierbar iiber 1 GHz

langsam

lO^V/m

A=),/2 Modulationsfrequenz

modulierbar bis etwa 200 MHz

6.4. Wellenoptik

Bild 6-114. Lichtmodulation

mit

einer Pockels-

Zelle. ist ein Kristall K angebracht, bei dem z.B. die Stirnseiten mit einem transparenten Metallfilm iiberzogen sind. Legt man eine Spannung U und damit ein elektrisches Feld in longitudinaler Richtung an, dann wird der Kristall doppelbrechend. Die ordentliche und auBerordentliche Welle, deren Schwingungsrichtung senkrecht aufeinander stehen, laufen mit verschiedenen Geschwindigkeiten durch den Kristall, so daB an dessen Ende zwei Wellen mit einem Gangunterschied A ankommen. Die Uberlagerung ergibt elliptisch polarisiertes Licht, das vom Analysator nicht zuriickgehalten werden kann. Besteht zwischen der ordentlichen und der auBerordentlichen Welle ein Gangunterschied von einer halben Wellenlange, dann ergibt die Uberlagerung wieder linear polarisiertes Licht, das aber gegenuber der Polarisationsrichtung um 90° gedreht ist und somit durch den Analysator nicht geschwacht wird. Mit elektrooptischen Zellen laBt sich Licht praktisch tragheitslos schalten. Sie finden Verwendung bei der Hochgeschwindigkeitsphotographie, Lichtmodulation beim Tonfilm und Bildfunk, zur Lichtgeschwindigkeitsmessung und als Giiteschalter (Q-switch) in Riesenimpulslasern. Die magnetooptische Doppelbrechung ist von geringem praktischen Interesse, da der Effekt verhaltnismaBig schwach ausgepragt ist. 6.4.2.4. Optische Aktivitat Schneidet man eine Quarzplatte senkrecht zur optischen Achse und strahlt linear polarisier-

475

tes Licht parallel zur optischen Achse ein, so entsteht keine Doppelbrechung (ordentlicher und auBerordentlicher Strahl sind gleich schnell), jedoch dreht sich die Schwingungsrichtung des polarisierten Lichtes um einen bestimmten Winkel. Substanzen, die in der Lage sind, die Schwingungsebene von polarisiertem Licht zu drehen, nennt man opdsch aktiv. AuBer Quarz zeigen noch andere Kristalle, wie z. B. Zinnober, Natriumchlorat und Kaliumbromat, eine optische Aktivitat. Der Effekt hangt mit der Kristallstruktur zusammen, denn beim Schmelzen verschwindet er. Tatsachlich sind die Siliciumatome des Quarzes schraubenformig angeordnet. Hierbei gibt es rechts- und linksgangige Schrauben, die eine Links- bzw. Rechtsdrehung bewirken. (Beim Rechtsquarz wird die Schwingungsebene im Uhrzeigersinn gedreht, wenn der Beobachter dem Lichtstrahl entgegenblickt.) Der Drehwinkel a ist proportional zur Kristalldicke d: a = [a] (i;

(6-111)

[a] ist das langenbezogene Drehvermogen. Es hangt stark von der Wellenlange ab (Rotationsdispersion) und betragt fiir Quarz bei X = 589,3 nm und ^ = 20 °C [a] = 21,724 Vmm. Die Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht wird auch in verschiedenen Fliissigkeiten gedreht, wie z.B. in waBrigen Losungen von Rohrzucker, Traubenzucker, Weinsaure und Buttersaure. Auch hier beobachtet man sowohl Rechts- als auch Linksdrehung. Die Drehung wird verursacht durch asymmetrisch aufgebaute Molekiile. Am haufigsten tritt die optische Aktivitat auf bei organischen Verbindungen mit asymmetrischen Koh1 ens toffatom en. Dies sind Kohlenstoffatome, deren vier Valenzen durch vier verschiedene Atome Oder Atomgruppen abgesattigt sind. Bei Losungen optisch aktiver Substanzen in inaktiven Losungsmitteln (z.B. Wasser) ist der Drehwinkel proportional zur Konzentration der Losung. Uber den gemessenen Drehwinkel kann man demnach die Konzentration einer Losung bestimmen. So wird mit einem Saccharimeter beispielsweise die Zuckerkonzentration im Harn bestimmt. Auch der Zuckergehalt des Traubenmostes (Ochslegrade)

476

6. Optik

wird uber die Drehung der Polarisationsebene gemessen. Flussigkristallanzeigen (Liquid Crystal Displays, LCD) beruhen auf dem Prinzip der Drehung der Schwingungsebene von polarisiertem Licht. Flussigkristalle sind organische Substanzen, die keine Eigengestalt haben, sondern sich wie Flussigkeiten einer vorgegebenen GefaBform anpassen. Sie bestehen aus langen, stabchenformigen Molekiilen mit starker Nahordnung. So richten sich z.B. in nematischen Flussigkristallen die zigarrenahnlichen Molekiile im Mittel parallel aus (Abschn. 9.1.6, Bild 9-28). Bei einer Flussigkristall-Drehzelle nach SchadtHelfrich befindet sich in einem 5 |im bis 15 |im breiten Raum zwischen zwei Glasplatten ein nematischer Fliissigkristall. Die Glasplatten sind mit einer transparenten Elekrodenschicht iiberzogen, die durch eine besondere Behandlung (Schragbedampfen, Reiben) so prapariert ist, daB sich die Molekule in einer Vorzugsrichtung anlagern. Sind die Vorzugsrichtungen der beiden Flatten um 90 ^ gegeneinander verdreht, dann ordnen sich die Molekule schraubenformig an, wie Bild 6-115 a zeigt. Strahlt man linear polarisiertes Licht, dessen Schwingungsrichtung parallel zu einer Vorzugsrichtung liegt, auf eine solche verdrillte nematische Phase, dann dreht sich die Schwingungsrichtung entsprechend der Verdrillung der Molekule, so daB nach Verlassen der Zelle die Polarisationsrichtung um 90° verdreht ist. Die Schwingungsebene wird nicht gedreht, wenn zwischen den Elektroden ein elektrisches Feld liegt (Spannung U= 1,5 V bis 5 V). Dann richten sich namlich die Molekiile im Innern der Zelle parallel zum elektrischen Feld aus; lediglich unmittelbar an den Elektroden bleibt die Vorzugsrichtung erhalten (Bild 6-115 b). b)

a)

Bild 6-116. Aufbau einer Reflexions-Drehzelle. Bild 6-116 zeigt den Aufbau einer Reflexionsanzeige. Umgebungslicht fallt von vorn rechts auf die Zelle und erhalt durch den Polarisator Pi eine waagrechte Schwingungsrichtung. Die beiden Glasplatten G sind mit transparenten Elektroden versehen, wobei die Elektroden der hinteren Zelle aus sieben einzeln ansteuerbaren Elementen bestehen. Zwischen den beiden Glasplatten befindet sich die verdrillte nematische Phase, in der die Schwingungsrichtung des Lichts um 90 ° gedreht wird. Das Licht durchsetzt den Polarisator P2, dessen DurchlaBrichtung gegeniiber Pj um 90° verdreht ist. Nach der Reflexion am Reflektor R dreht sich der Lichtweg um, und das reflektierte Licht tritt wieder vorn rechts aus der Zelle aus. Aktiviert man jetzt beispielsweise die Elektroden 1, 3, 5, 6 und 7, so erscheint die dunkle Ziffer 3 auf hellgrauem Hintergrund. Nach ahnlichem Prinzip lassen sich auch Transmissionsanzeigen konstruieren. Der besondere Vorteil der LCD-Anzeigen ist der geringe Leistungsbedarf von nur etwa 5 ^iW/cm^. Bringt man durchsichtige isotrope Korper in ein Magnetfeld und durchstrahlt sie in Richtung der Feldlinien, dann wird auch in diesem Fall die Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht gedreht. Diese Magnetorotation ist als Faraday-Effekt bekannt und wurde 1846 von M. FARADAY (1791 bis

/

// °


CP

<==) €=3

^/

<= r

J;j2_ _^ L-iy^ 6>
/ <^ / ^

^ ^

ip

(2 0

~^v

Bild 6-115. Prinzip einer FlUssigkristall-Drehzelle, a) spannungslos, b) mit angelegter Spannung U.

1867)

entdeckt. Der Drehwinkel a hangt auBer von der Dicke d der Substanz auch von der Magnetfeldstarke H und einer Materialkonstanten Kab: (x=

VdH.

(6-112)

6.5. Quantenoptik V nennt man die Verdetsche Konstante. Auch mit Hilfe des Faraday-Effekts laBt sich Licht schnell modulieren. Es gibt Modulatoren fiir Frequenzen von mehr als 200 MHz. Als aktive Materialien verwendet man ferromagnetische Granate seltener Erden, beispielsweise Ga-dotiertes Yttrium-Eisen-Granat (YIG). Der Drehwinkel hangt nicht linear vom Magnetfeld ab, sondern zeigt wie die Magnetisierung selbst eine starke Feldabhangigkeit mit Sattigungsverhalten. Im Bereich der Sattigung ist der Drehwinkel typisch 100°/cm bis 200°/cm; er zeigt starke Dispersion. YIG ist im sichtbaren Spektralbereich undurchsichtig, jedoch zwischen /I = 1,2 jim und k = 5 jim vollig transparent.

477

6.5. Quantenoptik 6.5.1. Lichtquanten 6.5.1.1. Lichtelektrischer Effekt Beleuchtet man eine negativ geladene Metallplatte mit kurzwelligem Licht, so entladt sie sich. Dieser lichtelektrische Effekt oder auBere Photoeffekt wurde 1887 erstmals von W. HALLWACHS (1859 bis 1922) studiert. Genauere Untersuchungen von P. LENARD (1862 bis 1947)

zeigten, daB infolge der Bestrahlung Elektronen aus dem Metall herausgeschlagen werden. Die kinetische Energie der wegfliegenden Elektronen kann mit einer Vorrichtung gemaB Bild6-117a gemessen werden. In einer Vakuumphotozelle befindet sich eine Photokathode K gegeniiber einer Anode A. Die vom Licht ausgelosten Photoelektronen werden von der Anode abgesaugt, wenn diese auf posiZur tJbung tivem Potential gegeniiber der Kathode liegt. U 6.4-23: Natiirliches Licht fallt mit der Intensitat /Q Der Photostrom kann am Amperemeter abgeauf einen Polarisator. Wie groB ist die Intensitat / lesen werden. Er verringert sich, wenn die des linear polarisierten Lichtes hinter dem PolariSpannung umgepolt wird, d. h., wenn eine sator, wenn Absorptionsverluste vernachlassigt werBremsspannung zwischen Anode und Kathoden? de anliegt. Bild 6-117 b und c zeigen den Zusammenhang zwischen Photostrom und BremsU 6.4-24: Natiirliches Licht fallt mit der Intensitat /Q spannung. Der Photostrom verschwindet, wenn auf drei hintereinander stehende Polarisatoren, die die Bremsspannung den Grenzwert U^^ erjeweils um 30° gegeneinander verdreht sind. Wie reicht hat, der mit der kinetischen Energie der groB ist das Verhaltnis I^.IQ, wenn 12, die Intensitat Elektronen gemaB hinter dem dritten Polarisator ist? ^kin ' ^mv^ = e Ugj. zusammenhangt. Hierbei ist m die Masse und V die Geschwindigkeit der Elektronen sowie e die Elementarladung. Die kinetische Energie der emittierten Photoelektronen ist also proportional zur Grenzspannung U^^. U 6.4-26: Zeigen Sie, daB bei einer longitudinal en Bild 6-117b bis d sagen aus: Pockels-Zelle die Halbwellenspannung unabhangig — Die kinetische Energie der Photoelektronen ist von der Lange der Zelle. Wie groB ist sie fur hangt nicht von der Intensitat, sondern nur X = 589,3 nm, wenn KD*P verwendet wird? von der Frequenz des eingestrahlten Lichtes ab (Bild 6-117 d). Die Photoemission kommt zum Erliegen, wenn die Frequenz U 6.4-27: Das langenbezogene Drehvermogen [a] einen unteren Grenzwert/gr erreicht. von Quarz hangt von der Wellenlange ab. Folgende MeBwerte liegen vor: — Erhoht man die Intensitat des Lichtes, dann nimmt auch der Strom der emittierten PhoX = 656,3 nm: [a] = 17,314°/mm, toelektronen zu, nicht aber deren kinetische X = 486,1 nm: [a] = 32,766°/mm. Energie. Nach Biot laBt sich die Rotationsdispersion durch Diese Ergebnisse stehen im Widerspruch zu die Gleichung [a] = K/k^ + B/A"* beschreiben. Beden Erwartungen, die man aufgrund der Welstimmen Sie die Konstanten A und B. Wie groB ist lentheorie des Lichtes an ein solches Expedas Drehvermogen fiir X = 589,3 nm?

a 6.4-25: Welche elektrische Feldstarke ist erforderlich, damit in einer mit Nitrobenzol gefiillten / = 4 cm langen Kerr-Zelle die zwei Teilstrahlen einen Gangunterschied von A = X/2 erhalten?

478

6. Optik

a)

E 2 to O

o SI QL

.^ ly b)

U Bremsspannung

U^^y, U^^i

d)

Bremsspannung

Bild6-117. Lichtelektrischer Effekt. a) Vakuumphotozelle, b) Photostrom in Abhdngigkeit von der Bremsspannung fur monochromatisches Licht verschiedener Intensitdt (I^ > IJ, c) Photostrom in Abhdngigkeit von der Bremsspannung fiir verschiedene Wellenldngen (X^ > XJ und d) kinetische Energie Ef,i„ der Photoelektronen in Abhdngigkeit von der Lichtfrequenz f.

Die Schwierigkeiten bei der Interpretation des lichtelektrischen Effekts wurden durch A. EINSTEIN (1879 bis 1955) uberwunden, der 1905 seine revolutionare Lichtquantenhypothese formulierte. Nach Einstein wird die Energie einer Lichtquelle in einzelnen Paketen {Lichtquanten oder Photonen) transportiert. Jedes emittierte Elektron wird durch ein Photon ausgelost, das seine Energie dabei an das Elektron abgibt. Die Energie eines Lichtquants kann aus Bild 6-117 d abgelesen werden. Die Abhangigkeit der kinetischen Energie der Photoelektronen von der Lichtfre— Die kinetische Energie der Elektronen sollte quenz hat die mathematische Form einer mit steigender Lichtintensitat (^ E^) an- Geradengleichung: wachsen. Evin=hf-Wj,', — Die Photoemission sollte bei jeder Frequenz stattfinden, vorausgesetzt, die Licht- h ist die Geradensteigung, - Wp^ die Nullintensitat ist ausreichend. punktverschiebung. Physikalisch konnen die

riment stellt In Anwesenheit eines oszillierenden elektrischen Feldes der Form £" = E cos (D t erwartet man, daB die Elektronen des Metalls zu erzwungenen Schwingungen angeregt werden, und zwar mit der Amplitude eE m{(ol— co^) Elektronen, die an der Metalloberflache sitzen, sollten daher das Metall verlassen, wenn ihre Amplitude y einen bestimmten kritischen Wert iiberschreitet. Daraus folgt:

6.5. Quantenoptik Glieder auf der rechten Seite mit Hilfe des Energiesatzes interpretiert werden: Die Energie des Photons betragt Ep^ = hf.

(6-113)

Um ein Elektron vom Metall abzulosen, ist eine Austrittsarbeit W^ aufzubringen, so daB fiir das Elektron als kinetische Energie die Differenz von Photonenenergie und Austrittsarbeit zur Verfiigung steht: Ev\r^ = Enh ph-— ^A

.

Damit ist auch die Existenz einer Grenzfrequenz f^j. verstandlich. Der AusloseprozeB kann uberhaupt nur ablaufen, wenn die Photonenenergie groBer ist als die erforderliche Austrittsarbeit. Im Grenzfall gilt hf^j. = Wp,. Die Konstante h ist das bereits von Planck im Jahr 1900 eingefuhrte und nach ihm benannte Plancksche Wirkungsquantum. Planck nahm bei der Ableitung des Strahlungsgesetzes der Warmestrahler (Gl. (6-72)) an, daB die Strahlung von einzelnen Oszillatoren ausgeht, deren Energie gemaB E^ = nhf von der Frequenz abhangt. Die Plancksche Konstante betragt h = 6,626- 10-3'*Js = 4,136- 10-^^eVs. Sie kann als Geradensteigung aus Bild 6-117 d experimentell bestimmt werden. (Dies gelang Millikan im Jahr 1916.) Da die Photonenenergie £ph der Frequenz / des Lichtes proportional ist, muB sie der Wellenlange k umgekehrt proportional sein:

Fiir den praktischen Gebrauch kann man die beiden Naturkonstanten h und c sofort in diese Gleichung einsetzen und erhalt damit

mit h' = hc= 1,24 eVjim. Beispiel 6.5-1: Bei der Untersuchung des lichtelektrischen Effekts an Natrium stellt man fest, daB fiir Wellen-

479

langen A > Agr = 451 nm keine Photoelektronen ausgelost werden. Wie groB ist die Austrittsarbeit von Natrium? Losung: Photoelektronen werden emittiert, wenn die Photonenenergie groBer ist als die Austrittsarbeit. Im Grenzfall gilt W;^- £'ph,gr. Mit Gl. (6-115) ergibt sich 1,24 ^ m e V _ 1,24 nmeV = 2,75 eV. WA /Igr 0,451 nm Die Werte fiir die Austrittsarbeit der Elektronen in Metallen betragen einige Elektronenvolt. Besonders niedrige Werte haben die Alkalimetalle, bei denen das Valenzelektron offenbar verhaltnismaBig schwach gebunden ist.

6.5.1.2. Compton-Effekt

Eine besondere Unterstiitzung der Einsteinschen Lichtquantenhypothese wurde von A. H. COMPTON (1892 bis 1962) geliefert, der 1923 die Streuung von Rontgenstrahlen an freien und schwach gebundenen Elektronen untersuchte. Compton lieB nach Bild 6-118 a einen Rontgenstrahl der Wellenlange i auf einen Graphitblock S fallen. Mit Hilfe eines Rontgendetektors D maB er die Intensitat und Wellenlange k' der gestreuten Rontgenstrahlung in Abhangigkeit vom Streuwinkel .9. Die Ergebnisse sind in Bild 6-118 b qualitativ dargestellt. Compton beobachtete, daB die gestreute Rontgenstrahlung zusatzlich zur primaren Wellenlange k eine spektral verschobene Komponente enthalt, deren Wellenlange / ' vom Winkel S abhangt. Im Rahmen der Wellenlehre ist Comptons Ergebnis nicht interpretierbar, denn man erwartet, daB die Elektronen des Streukorpers von der elektromagnetischen Welle zu erzwungenen Schwingungen angeregt werden. Die schwingenden Elektronen konnen dann ihrerseits elektromagnetische Wellen aussenden, die aber dieselbe Frequenz haben wie die einfallende Welle. Eine Frequenz- bzw. Wellenlangenverschiebung ist nicht moglich. Compton und unabhangig von ihm Debye erklarten den Streuvorgang als elastischen StoB eines Photons mit einem ruhenden Elektron entsprechend Bild 6-119.

480

6. Optik Der Energieerhaltungssatz lautet fur diesen Vorgang hf+ Wo c^ = hf + m c^.

(1)

/ ist die Lichtfrequenz vor, / ' die nach dem StoB; MQC^ ist die Ruheenergie des Elektrons (Abschn. 10), und mc^ ist die Energie des bewegten Elektrons. Es gilt hierbei mo l/l-i'2/c2

b)

Der Impuls eines Photons ist das Produkt aus seiner Masse und seiner Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit des Photons ist die Lichtgeschwindigkeit c. Ein Photon hat keine Ruhemasse (es gibt kein ruhendes Photon), man kann ihm aber nach Einsteins Aquivalenzprinzip von Masse und Energie (E = m c^) eine Masse zuordnen, namlich

&=0°

i^=60°

hf ' ^ p h = —T = -

o O)

Damit ist der Impuls eines Photons p = mph c Oder


hf

h

(6-116)

Der Gesamtimpuls muB beim StoB erhalten bleiben. Es gelten in x-Richtung

<^=180°

hf

hf

cos S -\- mv cos (p c c und in jF-Richtung =

A

A' Wellenlange

Bild6-118. Compton-Streuung: a) MeBanordnung, b) Intensitdt der gestreuten Rontgenstrahlung in Abhdngigkeit von der Wellenlange fur verschiedene Streuwinkel 3.

a)

b)

y•

tV =

0

sin .9 — m v sin cp.

X

Bild6-119. Compton-Streuung eines Photons an einem Elektron a) vor und b) nach dem StoB.

(3)

c Aus den Gleichungen (1), (2) und (3) folgt fiir die Verschiebung der Wellenlange A/l = A ' - / =

V

/77o

OAy-

hf 0=

(2)

rriQC

(1-cos^).

(6-117)

Ac = h/(mQ c) nennt man die Compton-WellenIdnge; sie betragt Ac = 2,426- 10"^^ m. In bester Ubereinstimmung mit dem Experiment hangt die Wellenlangenverschiebung AA nicht vom Streumaterial und der Primarwellenlange / ab.

6.5. Quantenoptik

6.5.2. Dualismus Teilchen-Welle Die in Abschn. 6.4 beschriebenen Interferenzund Beugungsexperimente zeigen, daB Licht Welleneigenschaften hat. Den lichtelektrischen Effekt und den Compton-Effekt kann man dagegen nur verstehen, wenn man annimmt, daB Licht mit Materie seine Energie in ganzen Quanten des Betrags £'ph = hf austauscht und daB diese Lichtquanten den Impuls/7 = /z/>l haben. Licht hat demnach sowohl Teilchenals auch Welleneigenschaften. Je nach Experiment kommt der Wellen- oder Teilchencharakter zum Vorschein (Bild6-1). Line Theorie, die beide Aspekte vereinigt, ist die Quantenelektwdynamik, die in diesem Buch nicht beschrieben werden soil. Zur Klarung des Zusammenhangs zwischen Wellen- und Teilchenbild sei das in Bild 6120 skizzierte Experiment betrachtet: Paralc) -..fv -i^f: •>=>: ,/.. Vr- >>:'; C-. . /

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b)

481

leles Licht fallt von unten auf einen Doppelspalt. Ist jeweils entweder nur der rechte oder der linke Spalt geoffnet, so ergeben sich die nicht unterbrochenen schwarzen Intensitatsverteilungen (Bild 6-120 a). Sind beide Spalte geoffnet, dann erwartet man — falls sich die Photonen wie klassische Teilchen (z. B. Schrot aus einer Schrotflinte) verhalten — als resultierende Beugungsfigur die rote Kurve. Dabei wird argumentiert, daB ein Teilchen entweder durch den einen oder durch den anderen Spalt fliegt. Die gesamte Verteilungsfunktion muB daher die Summe der Einzelverteilungen sein. Tatsachlich beobachtet man aber bei Licht die in Bild 6-120 b gezeigte Lichtintensitat. Daraus folgt, daB die Photonen nicht wie makroskopische Teilchen anzusehen sind. Line Untersuchung bei schwachen Lichtstromen zeigt, daB eine hinter dem Doppelspalt angebrachte Photoplatte (Bild 6-120 c) an einzelnen lokalisierbaren Stellen von den auftreffenden Photonen geschwarzt wird. Es wurden solche Versuche auch mit Photomultipliern gemacht, die in der Lage sind, einzelne Photonen nachzuweisen. Dabei hat sich gezeigt, daB jedes hinter dem Doppelspalt registrierte Photon als Ganzes ankommt, also die Energie £'ph = /z/hat. Das Experiment verlauft mithin nicht so, daB sich ein Photon vor den Spalten teilt und mit sich selbst interferiert {Prinzip der Unteilbarkeit).

a)

Lichteinfall Bild 6-120. Beugung am Doppelspalt: a) Beugungsflguren der Einzelspalte, b) Beugungsfigur des Doppelspalts, c) Photonendichte aufeiner Photoplatte.

Die zunachst widerspriichlichen Aussagen von Wellen- und Teilchenbild lassen sich durch eine statistische Betrachtungsweise vereinen: Bei Experimenten, wie z. B. bei der Beugung am Doppelspalt, werden nach Bild 6-120 c die Photonen an diskreten Stellen des Raumes nachgewiesen. Der Ort, an dem ein bestimmtes Photon ankommt, kann nicht vorhergesagt werden. Es laBt sich lediglich eine Auftreffwahrscheinlichkeit angeben. Hierbei ist die Wahrscheinlichkeitsfunktion identisch mit dem Quadrat der Wellenamplitude, die der wellentheoretischen Betrachtung entspricht. also der klassisch berechneten Beugungsfunktion. Hat man es mit groBen Photonenstromen zu tun, so beschreibt die wellentheoretische Beugungsfunktion praktisch exakt die tatsachlich vorliegende Photonendichte.

482

6. Optik

6.5.3. Warmestrahlung

E i

Die Berechnung der spektralen Strahlungsdichte eines schwarzen Strahlers nach Gl. (6-72) gelang Planck im Jahr 1900 mit Hilfe der klassischen Elektrodynamik unter der einschrankenden Voraussetzung, daB schwingende Oszillatoren nur Energien vom Betrag £•„= ^ ^^/annehmen k5nnen. Einstein leitete 1917 die Plancksche Strahlungsgleichung aus der Lichtquantenhypothese ab. Wie in Abschn. 8.1 beschrieben, nehmen Elektronen in Atomen diskrete Energiestufen ein. -Bild 6-121 zeigt einen Ausschnitt aus einer solchen Energieleiter mit nur zwei moglichen Energiezustanden Ex und Ei. Nach Einstein existieren drei mogliche Wechselwirkungsmechanismen zwischen dem Atom und der elektromagnetischen Strahlung: — Absorption: Ein Photon wird absorbiert (es verschwindet aus dem Strahlungsfeld) und hebt ein Elektron vom Energiezustand Ex auf E2, wenn seine Energie der Bedingung ^ph = hf= E2 - Ex genugt. — Spontane Emission: Nach einer mittleren Lebensdauer r im oberen Energieniveau E2 geht ein Elektron in das untere Energieniveau El iiber; hierbei wird ein Photon der Energie E^^ = h f^ E2 — Ex ausgesandt. — Induzierte Emission: Ein Photon der Energie ^ph = hf= E2 — Ex stimuliert ein Elektron zu einem Ubergang von E2 nach Ex- Das dabei emittierte Photon verstarkt das primare. Ei Eo +

-

,

J

1

»

1

hf £11 Absor ption

hf

hf

2hf

sporitane induii'\erte Emission

Bild 6-121. Wechselwirkungen zwischen Photonen und Elektronen in einem Atom. Bei einem System von A^ Atomen befinden sich nach Bild 6-122 N^ Atome im unteren, Ni im oberen Energiezustand. Die Besetzungszahlen andem sich bei Wechselwirkung mit Photonen und durch die spontane Emission. Die Absorptionsrate, d.h. die Anzahl der Ubergange je Zeiteinheit von Ex nach Ei ist proportional zur Anzahl Nx der

hi

f2

#V2

A ^12

^21

'

fl

^21

t

N,

^ N Bild 6-122. Besetzungszahlen von zwei Energieniveaus. Atome im tiefen Energiezustand und zur Energiedichte Uf (/) (Energie je Volumeneinheit und Frequenzintervall) des Strahlungsfeldes: ••B,,u,(f)N,.

Die Proportionalitatskonstante B^2 heiBt EinsteinKoeffizient und ist ein MaB fur die Wahrscheinlichkeit eines Absorptionsaktes. Die Rate der spontanen Emission ist proportional zur Anzahl N2 der Atome im angeregten Energieniveau Ej: =

A,,N,

^Vsp.Em

Der Einstein-Koeffizient A 21 ist ein MaB fiir die Wahrscheinlichkeit eines spontanen tJbergangs eines Elektrons vom Energieniveau Ej zum Energieniveau E^. Die induzierte Emission hangt sowohl von der Besetzungszahl N2 als auch von der spektralen Energiedichte Uf (/) des Strahlungsfeldes ab: B2,u,(f)N2 ^^/ind.Em.

Der Einstein-Koeffizient ^21 ist analog zu B^2 definiert. Im thermodynamischen Gleichgewicht miissen die Ubergangsraten in beiden Richtungen gleich sein:

(f

dN ^Vsp.Em

d7 ' ind. Em.

Dies( Bedingung liefert fur die Besetzungszahlen Diese

^ = N,

^12

"f(/)

^21+^2l"f(/)'

Im thermodynamischen Gleichgewicht kann das Verhaltnis der Besetzungszahlen aber auch aus der Boltzmann-Verteilung berechnet werden (Gl. (3-31) in Abschn. 3.2.3):

y^= 1,38-10~2^J/K ist die Boltzmann-Konstante.

6.5. Quantenoptik Ein Vergleich liefert mit

hf=E2-Ei

Oder, wenn man die Frequenz / durch die Wellenlange X ersetzt, die bereits aus Abschn. 6.3.1 bekannte Form

Die Einstein-Koeffizienten konnen durch folgende Betrachtung bestimmt werden: Im Grenzfall T ^ co muB die spektrale Energiedichte Wf(/) ebenfalls gegen unendlich gehen. Diese Bedingung wird nur erfuUt, wenn ^12 = ^21 ist. Somit betragt die spektrale Energiedichte des Strahlungsfelds ^21

u,(f)--

483

BS'^-V Fur den Grenzfall kleiner Frequenzen hf
Le,,(^r)dA =

^ ^

1 he QkkT -

dA. 1

(6-123) Bild 6-123 zeigt Strahlungsisothermen der Planckschen Strahlungsformel (s. dazu auch Bild 6-63). Die gestrichelte Kurve gibt das Wiensche Verschiebungsgesetz (Gl. (6-73)) wieder. ^ 140 120

u,{f) =

^np kT.

(6-119)

Mit der Reihenentwicklung Q^f/^'^= i -\- hf/kT-\-. giltnach Einstein fur hf ^k T A2,kT

100

13

Ein Vergleich mit Gl. (6-119) fiihrt zu ^2,

8nhp

B72

C ^

(6-120)

Demnach betragt die spektrale Energiedichte des Strahlungsfelds

% ( y ; r ) = ^ hf c'

(6-121)

'~hf

1

471 ^ a

Damit ergibt sich die Plancksche Strahlungsgleichung

L,

tif,T)df=

2hf\

1

2 3 Wellenlange A

jum

Bild 6-123. Spektrale Strahldichte L^x eines schwarzen Strahlersjur verschiedene Temperaturen T. 6.5.4. L a s e r

1

Aus der spektralen Energiedichte Uf (f, T) laBt sich die spektrale Strahldichte L^jif, T) eines Hohlraumstrahlers berechnen: ^e,f

0

1 QkT_

1 (6-122)

Der Laser ist eine neuzeitliche Lichtquelle mit faszinierenden Eigenschaften. Das Wort LASER ist eine Abkiirzung fiir Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation und bedeutet etwa: Lichtverstarkung durch stimulierte Emission von Strahlung. Bei dieser Lichtart spielt die von Einstein 1917 postulierte induzierte oder stimulierte Emission von Licht eine wesentliche RoUe. Wie Bild 6-121 zeigt, kann ein Lichtquant der Energie ^ph = ^2 — Ex ein Elektron zu einem Ubergang von einem hohen Energieniveau E2 auf ein tieferes Energieniveau E^ stimulieren. Die ijbergangsrate ist nach den Erlauterungen im vorhergehenden Abschnitt durch dt)

= ind. Em.

B,,Uf(f)N2

484

6. Optik

gegeben. Ein Photon der betreffenden Energie kann aber auch absorbiert werden und damit ein Elektron vom tieferen Energiezustand Ei auf den hoheren E2 heben (Bild 6-121). Diese Ubergangsrate ist

W A b

^ ^''"'^^^^' ^ ^ ' ' "'^^^^' •

Da im thermodynamischen Gleichgewicht nach Gl. (6-118) stets A^^i > N2 ist, iiberwiegt die Absorptionsrate stets die stimulierte Emissionsrate. Um eine kraftige stimulierte Emission zu erhalten, muB eine Besetzungsinversion, d. h. A^2 > ^1 vorliegen. Ein solcher Zustand ist in der Natur nirgends verwirklicht, sondern muB kiinstlich herbeigefiihrt werden. Bei den Festkorpedasern (Rubin, Nd-YAG) wird die Besetzungsinversion durch optisches Pumpen, d. h. mit Hilfe einer starken Lampe erzwungen. (Der Rubin-Laser war iibrigens der erste funktionierende Laser; er wurde 1960 von T. H. Maiman gebaut.) Bei Gaslasem lauft der Pumpmechanismus iiber StoBe in einer Gasentladungsrohre. Obwohl der eigentliche ProzeB der stimulierten Emission nur zwischen zwei Energieniveaus ablauft, sind am ganzen LaserprozeB mindestens drei Oder besser vier Energieniveaus beteiligt. Bild 6-124 zeigt die Ubergange in einem Dreibzw. Vier-Niveau-System. Damit sich eine Besetzungsinversion aufbauen kann, miissen die Lebensdauern r der Elektronen in den einzelnen Niveaus die angegebenen Ungleichungen erfullen. Die gestrichelten Bereiche bezeichnen Ubergange, die meist strahlungslos sind. Die Funktion des Lasers beruht auf folgendem Prinzip: Hat man beispielsweise durch a)

b)

7Y

4-

einen Lichtblitz im aktiven Material eine Besetzungsinversion erreicht, dann werden zunachst durch spontane Emission Photonen der Energie hf= E2 — E^ erzeugt. Durch Wechselwirkung eines Photons mit einem angeregten Atom kann dessen Elektron zu einem Ubergang stimuliert werden. Das dabei ausgesandte Photon verstarkt dabei die primare Welle phasengerecht. Die verstarkte Welle stimuliert weitere Elektronen zu Ubergangen, so daB sich eine Photonenlawine ausbildet. Diese Lawine kommt zum Erliegen, wenn die Besetzungsinversion abgebaut ist. Wird durch den Pumpvorgang standig Energie nachgeliefert, kann sich ein stationarer Zustand einstellen. Im Gegensatz zum Gliihlicht, bei dem die Photonen bzw. die einzelnen Wellenziige vollig unkorreliert ausgestrahlt werden, hat man es beim Laser mit einem kollektiven Phanomen zu tun: Alle Photonen koppeln phasengerecht an die vorhandene Welle an, so daB eine Lichtwelle mit sehr groBer Koharenzlange entsteht (Abschn. 6.4.1.1 und Tabelle 6-6). Nach Bild 6-125 wird das aktive Material in einen Resonator, bestehend aus den Spiegeln Si und S2, eingesetzt. Zwischen den Spiegeln baut sich eine stehende Welle auf. In der Teilchenvorstellung: Photonen, die sich in longitudinaler Richtung bewegen, durchqueren immer wieder das aktive Material und werden verstarkt, wahrend solche, die den Weg schrag zur Langsachse nehmen, sehr schnell das aktive Material verlassen und nicht weiter verstarkt werden. Der Spiegel Si hat eine Reflexion von 100%, wahrend der Auskoppelspiegel S2 eine geringe Transmission aufweist. Dadurch wird standig ein Bruchteil der nach rechts laufenden Photonen ausgekoppelt. aktives Material

A ^^

Lannpe 1

Grundzustand

1-

Grundzustand

" 3 ^ "2

Bild 6-124. Beteiligung verschiedener Energieniveaus am LaserprozeB. a) Drei-Niveau-System (z.B. Rubin-Laser), b) Vier-Niveau-System (z.B. Nd-YAGLaser, Gaslaser).

Bild 6-125. Aujbau eines optisch gepumpten Lasers.

Es gibt Laser, z.B. Rubin, die praktisch nur im Pulsbetrieb arbeiten, um die groBe Warmeleistung abfuhren zu konnen. Viele Laser lassen sich auch fortdauernd betreiben. Fiir viele praktische Anwendungen muB das La-

6.5. Quantenoptik serlicht gepulst werden. Dies wird durch das Q-switching bewirkt, erlautert in Bild 6-126: Wahrend des Pumpvorgangs wird die Resonatorgiite Q kiinstlich niedrig gehalten, so dafi der Laser nicht anschwingt und eine hohe Besetzungsinversion aufgebaut wird. Erhoht man nun zu einem bestimmten Zeitpunkt die Giite, so entladt sich die ganze im Resonator gespeicherte Energie in einem kurzen, leistungsstarken Lichtpuls. Mit Guteschaltem lassen sich Pulsdauern von etwa 1 ns und Leistungen von 10^^ W erzielen. Als Q-switch konnen beispielsweise die in Abschn. 6.4.2.3 und 6.4.3.4 beschriebenen elektro- und magnetooptischen Zellen in den Resonator eingebaut werden. a)

485

Die hervorstechendsten Eigenschaften des Laserlichts sind die hohe Monochromasie und die damit zusammenhangende rdumliche und zeitliche Kohdrenz. Von der Vielzahl der Anwendungen des Lasers zeigt Tabelle 6-11 eine Auswahl. Ein nahezu paralleler Laserstrahl laBt sich mit einer Sammellinse ideal fokussieren und kann so der Materialbearbeitung dienen. Aufgrund der Beugung an der Linse erzeugt man allerdings keinen punktformigen Fokus, sondem der Strahl mit dem Durchmesser D schniirt sich zu einem minimalen Durchmesser d ein und wird dann wieder breiter. Fiir einen Strahl mit gauBformiger Intensitatsverteilung gilt fiir den Taillendurchmesser in guter Naherung

Q h

Bei guter Fokussierung und groBer Strahlungsleistung wird die Bestrahlungsstarke so groB, daB alle absorbierenden Materialien verdampfen und auf diese Weise abgetragen werden. ZeWt b)

c)

/V2-/V1 A

Zeitf

^. k

Beispiel 6.5-2: Wie groB ist die Bestrahlungsstarke in der Taille eines C02-Lasers mit einem Strahldurchmesser von D = 5 mm, der mit einer Linse der Brennw e i t e / ' = 5 mm fokussiert wird? Der Laser emittiert die Strahlungsleistung 0^ = 1 kW bei der Wellenlange A = 10,59 ^m. Losung:

Zeitf

Der Taillendurchmesser ist nach GL (6-124) , 4-10,59-10-6m5-lO-^m d= = 1,35 • lO-^m. 7r-5-10-3m

Bild 6-126. Wirkungsweise des Giiteschalters: a) Gii- Damit ist die Flache der Taille A = 1,43 • 10"'^ m^ te, b) Besetzungsinversion, c) Ausgangsleistung. und die Bestrahlungsstarke Tabelle 6-11. Anwendungen des Lasers. Optische MeBtechnik

Materialbearbeitung

Nachrichtentechnik

Medizin und Biologic

Interferometrie, Holographic, Spektroskopie, Entfemungsmessung iiber Laufzeit von Laserpulsen, Laser-Radar, Leitstrahl beim Tunnel-, StraBen- und Briickenbau.

Bohren, SchweiBen, Schneiden, Aufdampfen; Auswuchten und Abgleichen von rotierenden und schwingenden Teilen; Trimmen von Widerstanden.

optische Nachrichteniibertragung durch modulierte Lichtpulse. Signale von Halbleiterlasern werden in Glasfasem gefiihrt. — Optische Datenspeicherung und -wiedergabe, Beispiel: Tonwiedergabe von digitaler Schallplatte, Compact-Disc.

Anheften der Netzhaut bei Ablosung; Durchbohren verschlossener BlutgefaBe; Zerstorung von Krebszellen; Schneiden von Gewebe; Zahnbehandlung.

486

6. Optik W

108

w

A Bestrahlungsstarken dieser Intensitat sind weit groBer, als man sie mit konventionellen Lichtquellen erzeugen kann (U6.3-3). Bei Riesenimpulslasern (Festkorperlaser oder C02-Laser mit Q-switch) lassen sich im Puis Leistungen von 100 MW und Bestrahlungsstarken von 10^^ W/cm^ erzielen. Bei kontinuierlich arbeitenden C02-Lasem erreicht man Leistungen von iiber 10 kW und Bestrahlungsstarken von mehr als 5 GW/cm^.

Diese „klassische" Rechnung muB bei groBen Beschleunigungsspannungen durch eine „relativistische" ersetzt werden, die dem Massenzuwachs bei groBen Geschwindigkeiten Rechnung tragt (Abschn. 4.3.5.1, Bild 4-53, und Abschn. 10). Beschleunigungsspannungen um 1 kV rufen Wellenlangen hervor, die in der GroBenordnung von Rontgenwellenlangen liegen. Falls die Elektronen wirklich Welleneigenschaften haben, sollte daher ein Elektronenstrahl, der auf ein Kristallgitter gerich-

Von groBer Bedeutung fiir die optische Nachrichtentechnik sind die kleinen und rasch modulierbaren Halbleiterlaser (Abschn. 9.4).

6.5.5. Materiewellen 6.5.5.1. De-Broglie-Beziehung Stimuliert durch die Erfolge der Einsteinschen Lichtquantenhypothese, in der den klassischen elektromagnetischen Wellen Teilcheneigenschaften zugeschrieben wurde, postulierte 1924 der franzosische Physiker L. DE BROGUE (1892 bis 1987), daB die bisher als Teilchen interpretierten Elektronen auch Welleneigenschaften aufweisen sollten. Die Wellenlange k dieser Materiewellen sollte nach de Broglie mit dem Impuls p der Teilchen nach Gl. (6-116) zusammenhangen: (6-125) P Schnelle Elektronen mit groBem Impuls haben demnach eine kleine Wellenlange. Beschleunigt man ein Elektron in einem elektrischen Feld mit der Beschleunigungsspannung U, dann laBt sich seine Endgeschwindigkeit aus der Zunahme der kinetischen Energie berechnen: jinv'^ = e U,

v=

Y

leU

Der Impuls des Elektrons betragt p = mv = 1/2 e Um. Somit ist die Materiewellenlange Bild 6-127. Elektronenbeugung. a) Feinbereichsbeugung an einkristallinem Zirkonoxid ZrO^ (Photo: Max-Planck-Institut fur Metallforschung, Stuttgart) b) Beugung an einer polykristallinen Zn-Cd-Schicht.

6.5. Quantenoptik

tet ist, dieselben Beugungserscheinungen zeigen wie ein Rontgenstrahl. Der erste Nachweis der Elektwnenbeugung gelang 1927 C. DAVISSON und L. GERMER an Nickel-Einkristallen. Mittlerweile wurden samtliche mit Licht bzw. Rontgenstrahlung moglichen Beugungsexperimene (z.B. Beugung am Doppelspalt, an einer Kante und am Fresnelschen Biprisma) auch mit Elektronenstrahlen nachvoUzogen. Bild 6-127 zeigt Beugungserscheinungen, die mit Elektronenstrahlen aufgenommen wurden. Nicht nur mit Elektronen, sondern auch mit Protonen und Neutronen, sogar mit ganzen Atomen konnen Beugungsexperimente durchgefiihrt werden. Daraus folgt:

487

Beim Elektronenmikroskop werden zur Abbildung schnelle Elektronen benutzt, die mit magnetischen Linsen gebiindelt werden. Im Transmissionselektronenmikroskop wird ein Praparat mit Elektronen durchstrahlt, die dann auf einem Leuchtschirm ein stark vergroBertes Bild des Objekts erzeugen. Mit einem solchen Gerat lassen sich Strukturen in der GroBenordnung von Atomen sichtbar machen, wie Bild 6-128 zeigt.

Alle Mikroteilchen tragen sowohl Teilchen- als auch Wellencharakter in sich. Die Interpretation des Wellencharakters schlieBt sich eng an die Erlauterungen in Abschn. 6.5.2 iiber Photonen an. Bei der Beugung am Doppelspalt nach Bild 6-120 werden die einzelnen Teilchen als Ganzes an diskreten Orten nachgewiesen. Die klassisch berechnete Intensitatsverteilung gibt lediglich die Wahrscheinlichkeit an, ein Teilchen an einem bestimmten Ort anzutreffen. Die Materiewellen werden durch eine Wellenfunktion ^{x,y, z, t) mit einer Wellenlange X beschrieben, die durch die De-Broglie-Beziehung (Gl. (6-125)) gegeben ist. Nach M. BORN (1882 bis 1970) ist die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen am Ort (x, y, z) anzutreffen, gegeben durch I W{x, y, z) |^. Die Wellennatur der Elektronen wird besonders eindrucksvoll beim Elektronenmikroskop demonstriert. Nach Gl. (6-100) in Abschn. 6.4.1.6 ist das Auflosungsvermogen eines Mikroskops eng mit der Lichtwellenlange verkniipft. In. der Praxis bedeutet dies, daB Strukturen von der GroBenordnung der Lichtwellenlange gerade noch aufgelost werden. Das Auflosungsvermogen kann also gesteigert werden, wenn man mit kiirzeren Wellenlangen arbeitet. Ein Mikroskop mit Rontgenstrahlen hatte zwar theoretisch ein hervorragendes Aufldsungsvermogen, es laBt sich aber in der Praxis nicht realisieren, da es keine brechenden Linsen fiir Rontgenstrahlen gibt.

Bild 6-128: Hochauflosende-Transmissions-Elektronenmikroskopische Aufnahme einer Z3 (111) Korngrenze in Strontiumtitanat. Das eingesetzte Strukturmodell zeigt die Positionen von Atomsdulen in der Korngrenze, die mittels quantitativer Bildauswertung bestimmt wurden. (O. Kienzle, MPI fiir Metallforschung, Stuttgart)

Beim Rasterelektronenmikroskop — Bild 6-129 zeigt die Anlage und eine REM-Aufnahme — wird eine Oberflache mit einem scharf fokussierten Elektronenstrahl zeilenformig abgerastert. Bei diesem Vorgang werden aus dem Objekt Elektronen ausgelost, die man mit einem Auffanger sammelt. Der Elektronenstrom dieser Sekundarelektronen steuert die Intensitat des Elektronenstrahls eines Fernsehmonitors, so daB auf dem Monitor ein vergroBertes Abbild der Oberflache entsteht. REM-Bilder zeichnen sich durch besondere Tiefenscharfe und Plastizitat a*us. Der Elektronenstrahl des Gerates lost aus der Oberflache nicht nur Elektronen, sondern auch Rontgenstrahlung aus. Mit Hilfe der Rontgenfluoreszenzanalyse kann man eine Materialbestimmung des untersuchten Objekts durchfiihren.

488

6. Optik 6.5.5.2. Heisenbergsche Unscharferelation

"*EJ3h „ : „ .

4a^:—1

BIP—

^-^

Bei der in Abschn. 6.4.1.4 beschriebenen Beugung des Lichtes am Spalt wurde gezeigt, daB die Beugungsfigur eines Spaltes u m so breiter wird, je enger der Spalt ist. Dieser gegenlaufige Effekt ist von grundlegender Bedeutung fiir die Quantenmechanik; er sei anhand der in Bild 6-130 skizzierten Beugung eines Elektronenstrahls an einem Spalt erlautert. Schickt man einen parallelen Elektronenstrahl durch einen Spalt, so entsteht auf einem Schirm eine Verteilung der gebeugten Elektronen, die durch das Punktmuster angedeutet ist. Die Auftreffwahrscheinlichkeit \W\^ der Elektronen entspricht der klassischen Beugungsfunktion Gl. (6-91). Ein Teilchen, das unter dem Winkel a zur primaren Strahlrichtung austritt, muB zusatzlich zu seinem Impuls in Strahlrichtung auch eine Impulskomponente A/7x senkrecht dazu haben. Diese seitliche Impulskomponente muB das Teilchen beim Beugungsvorgang am Spalt erhalten haben. Da bei enger werdendem Spalt immer groBere Winkel a auftreten, sind damit auch Bild 6-129. Rasterelektronenmikroskopie. a) REM- immer groBere Impulse A/?x in x-Richtung Anlage der Fachhochschule fur Technik Esslingen, b) verkniipft. Alle Elektronen, die am BeugungsAragonit- und Calcit-Kristalle (Modifikationen von vorgang beteiligt sind miissen durch den Spalt CaCOJ, Punktabstand 3 ^m. hindurchgetreten sein. Die Spaltbreite Ax Photos: H. Brennenstuhl, FHT Esslingen gibt also die Genauigkeit an, mit der der Ort der Elektronen in der Spaltebene angegeben werden kann.

^-" ; , --

I „ „J

Beschrankt man sich auf die erste Beugungsordnung, dann ist der maximal mogliche Winkel a, unter dem die Elektronen auftreten, nach Gl. (6-92) sin a = /I/Ax. Andererseits ist nach Bild 6-130 sin a = A/?x//? und damit /^pjp = A/Ax. Die Elektronen haben eine Materiewellenlange A, die nach der De-Broglie-Beziehung Gl. (6-125) mit dem Impuls p verknupft ist: 1 = hip. Setzt man dies in die obige Gleichung ein, so ergibt sich Oder Ax A/J^ = h. p p Ax Da fiir die hoheren Beugungsordnungen noch groBere Winkel a und damit groBere Impulskomponenten Ap^ auftreten, gilt allgemein Ax A/7x = h . Bild 6-130. Zur Ableitung der Heisenbergschen Unscharferelation: Beugung von Elektronen an einem Spalt.

Dies ist die Heisenbergsche

(6-127) Unscharferelation,

die von W. HEISENBERG 1927 gefunden wurde.

Sie verknupft die MeBfehler von Orts- und

6.5. Quantenoptik Impulsbestimmung 8.2.3):

miteinander

(Abschn.

Je genauer der Ort eines Teilchens festgelegt wird, um so ungenauer laBt sich sein Impuls bestimmen und umgekehrt. In der makroskopischen Physik tritt die Unscharferelation nicht in Erscheinung, weil der Zahlenwert der Planckschen Konstanten h sehr klein ist. Zur ilbung U 6.5-1: UV-Licht einer Quecksilberdampf-Lampe mit der Wellenlange k = 253,7 nm fallt auf eine Casium-Oberflache ()^A = 2,14 eV). a) Welche kinetische Energie haben die emittierten Photoelektronen? b) Wie groB ist ihre Geschwindigkeit?

489

U 6.5-4: Sichtbares Licht hat die Wellenlangen 380 nm ^ A ^ 780 nm. In welchem Bereich liegen die Energien der sichtbaren Photonen? U 6.5-5: Die Nachweisgrenze des menschlichen Auges liegt fiir gelbes Licht mit der Wellenlange /l = 590nm bei der Strahlungsleistung 0^=1,110~^^W. Wie viele Lichtquanten N miissen demnach je Sekunde auf die Netzhaut fallen, damit ein Nervenreiz ausgelost wird? U 6.5-6: Ein He-Ne-Laser mit der Wellenlange A = 633 nm und dem Strahldurchmesser D = 2 mm wird mit einer Linse mit der Brennweite / ' = 150 mm fokussiert. Berechnen Sie die Bestrahlungsstarke E^ in der Taille, wenn die Laserleistung 0^ = 0,6 mW ist.

ii 6.5-7: Ein GeschoB mit der Masse w = 40 g fliegt mit der Geschwindigkeit v = 1000 m/s. Wie groB ist U 6.5-2: Ein Laserstrahl mit der Wellenlange A = die zugehorige Materiewellenlange? Wieso beob647 nm hat die Strahlungsleistung 0e=lOOmW. achtet man keine Beugungseffekte? Wieviel Photonen N je Sekunde werden transportiert? U 6.5-8: Thermische Neutronen haben die Energie U 6.5-3: Rontgenstrahlen mit der Wellenlange X = £• = 25 meV. Wie groB ist die De-Broglie-Wellen70,94 • 10"^^ m werden an Elektronen gestreut. Wie lange? Die Neutronenmasse ist Wn= 1,675 • 10"-^^ kg. groB ist der maximale Energieverlust der RontgenVergleichen Sie das Ergebnis mit typischen Gitterquanten? konstanten von Kristallen.

490

7. Akustik

7. Akustik 7.1. Einfiihrung Die Akustik beschaftigt sich mit der Ausbreitung von Longitudinalwellen in Gasen, Fliissigkeiten und Festkorpern. Bild 7-1 zeigt eine Ubersicht iiber das Fachgebiet Akustik. Von besonderer Bedeutung sind die Ausbreitung von Schall in Luft und die beim Menschen ausgeloste Schallempfindung. Je nach Frequenzverlauf und Amplitude wird Schall in Ton (eine Schallfrequenz, sinusformiger AmplitudenverlauO, Gerdusch (breitbandiges Frequenzspektrum, stark schwankender Amplitudenverlauf) oder Knall (sehr breitbandiges Frequenzspektrum mit nahezu konstantem Amplitudenverlauf) eingeteilt. Bei der Schallausbreitung unterscheidet man die geometrische Akustik mit geradlinigen Schallwegen im Raum und den Schallreflexionen an den raumumschlieBenden Flachen, die Schallabsorption, die die Raumakustik und den empfangenen Schallpegel bestimmt, sowie die Schallddmmung als Schallschutz zwischen benachbarten Raumen. Die Schallwechseldriicke erstrecken sich iiber mehr als sechs, die Schallfrequenzen iiber mehr als zehn Zehnerpotenzen. Je nach Schall-

druckbelastung, Schallfrequenzbereich und Wirkungsgrad werden elektroakustische Wandler nach dem elektrostatischen, elektrodynamischen, elektromagnetischen, piezoelektrischen oder piezoresistiven Prinzip verwendet. Von besonderer Bedeutung ist als biologischer akustischer Wandler das menschliche Gehor sowie dessen Lautstarke- und Schallfrequenzempfindung.

7.2. Schallwellen 7.2.1. Schallausbreitung Schall ist die Ausbreitung lokaler Druckschwankungen in Medien. Der Zusammenhang zwischen den raumlichen und zeitlichen Druckzustanden bei der Schallausbreitung wird im folgenden fur den mathematisch einfacheren Fall der Ausbreitung einer eindimensionalen ebenen Kompressionsstorung wiedergegeben. In dem in Bild 7-2 dargestellten saulenformigen Volumenelement AF mit der Querschnittsflache S andert sich raumlich der Druck in Ausbreitungsrichtung x langs der Saulenachse. Das Zusammenschieben der Molekiile mit der Auslenkungsgeschwindigkeit v, der Schnelle, bewirkt eine rucktreibende Kraft /'ruck 5 die vom Druckunterschied an den Be-

Akustik

Gerausch

Ton

Knall

Schallausbreitung

1

X Schallreflexion

Schallabsorption

Schalldammung

T Schallwandler

elektrostatisch

elektrodynannisch

Bild 7-1. Strukturbild Akustik.

elektronnagnetisch

piezoelektrisch

piezoresistiv

Gehor

LautstarkeEmpfindung

musikalische Empfindung

7.2. Schallwellen

^1

dV

K[/i + d / ] - F [ / i ]

dt ~

dt 5'[Ax + ( i ' 2 - t ' i ) d / ] -- SAx

,s Ft

FR

Pi

dt

P2=Pl+-^lA^I SAx +

Ax

5z7J 7-2. Ausbreitung einer ebenen Schallwelle.

S\v^+-—Ax--vA dtdx

\

Wegen der Beschleunigung a infolge der Druckstorung erfahrt bei einer Dichte q im Volumen V die Masse m = qV die Trdgheitskraft Fi=-ma

= -q

dv dt

=0

dV

dv

dt

dx

(7-4)

Die Volumenanderung eines komprimierbaren Mediums ist liber den Kompressionsmodul K mit der Druckanderung im Medium verkniipft; nach Abschn. 2.11.2.2 gilt fiir ein Volumen V dV V -— = - — dp K

Oder

(7-2)

V——. at

Aus dem dynamischen Kraftegleichgewicht Ft + Friick = 0 folgt der Zusammenhang zwischen der Beschleunigung a = dv/dt eines Volumens V= SAx und dem Druckgradienten dp/dx einer raumlichen Druckstorung, das hydrodynamische Grundgesetz: dp - S-^Ax-qV-dx ^

SAx

dt

und somit grenzungsflachen des Volumenelements herriihrt:

491

Durch Gleichsetzung von Gl. (7-4) und Gl. (7-5) erhalt man fur den Zusammenhang zwischen einem raumlichen Geschwindigkeitsgefalle und der dadurch hervorgerufenen zeitlichen Druckanderung

Oder Durch Differentiation von Gl. (7-3) nach x und Gl. (7-6) nach / lassen sich die beiden Beziehungen verkniipfen: 1 d^p

Gl. (7-3) geht aus den zeitabhangigen NavierStokesschen Gleichungen der Hydromechanik (Gl. 3-165) hervor, wenn man in diesen Differ e n t algleichungen die nichtlinearen Glieder vernachlassigt. Bei der Schallausbreitung sind die Geschwindigkeiten und Dichteanderungen so klein, daB diese Naherung zulassig ist. Die Druckstorung verursacht im Volumen V= SAx einen raumlichen Geschwindigkeitsgradienten dt'/dx und damit verbunden eine zeitliche Volumenanderung dV/dt. Mit der Kontinuitatsbedingung folgt aus Bild 7-2

Q dx^

dt^~

dtdx

Q dx^ '

=

1 d'p —^ K 8/2

, bzw.

(7-7)

Gl. (7-7) hat die Form der d'Alembertschen Wellengleichung (5-185) (Abschn. 5.2.2.3). Wie dort gezeigt, erfullen alle Druckfunktionen der Form p{x,t)=p{x±c t) diese partielle Differentialgleichung zweiter Ordnung. c ist dabei die konstante Phasengeschwindigkeit, mit der sich die Storung im kompressiblen

492

7. Akustik

Medium ausbreitet. Im Fall der Ausbreitung von Druckstorungen wird die Phasengeschwinbezeichnet. digkeit c als Schallgeschwindigkeit Der Vergleich von Gl. (7-7) mit Gl. (5-185) ergibt, daB die Schallgeschwindigkeit c durch die Dichte Q und den Kompressionsmodul K bestimmt ist:

und in Gl. (7-8) eingesetzt, so ergibt sich die Schallgeschwindigkeit in Gasen zu

CG^

; = l/^7:R7r = ] / - ^ r .

(7-i1)

Hierin sind Cp und cy die spezifischen Warmekapazitaten bei konstantem Druck bzw. konstantem Volumen und R^ die spezifische (massebezogene) Gaskonstante. Werden - wie bei StoBwellenexperimenten sehr groBe Dichtegradienten und Geschwindigkeitsanderungen erzeugt, sind die Naherungen des hydrodynamischen Grundgesetzes nicht mehr erfiillt. Die Druckausbreitung wird dann nicht durch die Differentialgleichung (7-7) beschrieben; insbesondere ist die Schallgeschwindigkeit nicht mehr konstant. Sind die Querabmessungen bei Festkorpern klein gegen die Wellenlange (z.B. diinner Stab), so tritt auch eine Querdehnung oder Kontraktion des Korpers ein. Dann muB anstelle des Kompressionsmoduls K der Elastizitatsmodul E gesetzt werden, so daB gilt:

''diinner Stab

-f^

(7-9)

Beispiel 7.2-7.- Es soil eine Naherungsgleichung fiir die Temperaturabhangigkeit der Schallgeschwindigkeit CL in Luft abgeleitet werden. Losung: Werden die Werte Cp= 1,005 J/(g K), Cv = 0,717 J/(gK) und i?i = 287 J/(kg K) von Luft in Gl. (7-11) eingesetzt, so ergibt sich

CL^331

Die Druckanderung bei der Schallausbreitung in Gasen erfolgt im Vergleich zur Warmeleitung so schnell, daB die Zustandsanderung isentrop ohne Warmeiibertragung verlauft. Durch Differentiation-folgt aus Gl. (3-66) /7 F^ = konstant fiir isentrope Zustandsanderungen dK

V

dp"

xp

und durch Vergleich mit Gl. (7-5) fur den isentropen Kompressionsmodul K idealer Gase

X ist der Isentropenexponent nach Gl. (3-60) (Abschn. 3.3.3), der vom Verhaltnis der spezifischen Warmekapazitaten der Gase abhangt. Wird Gl. (7-10) mit Hilfe der Zustandsgleiumgeformt chung idealer Gase p = QRiT

Y

S 273,15 °C Im metereologischen Temperaturbereich von etwa - 20 °C < 5 < -h 40 °C ist 5/273,15 °C < 1, so daB die Wurzel durch eine Reihenentwicklung genahert werden kann: CL = 331,5-

1-h-

1

s

• ' 7 ( 1 +-2 273,15 °C

= 1331,5 + 0 , 6 - ) - . Die Abweichungen der Werte der Naherungsgleichung sind im obigen Temperaturbereich kleiner als 0,2%. Die Schallgeschwindigkeit einiger Festkorper, Fliissigkeiten und Gase enthalt Tabelle 7-1. Die Losungsfunktion der Wellengleichung (7-7) hangt entscheidend von den Rand- und Anfangsbedingungen ab. Im einfachsten Fall der sinusformigen Erregung durch einen eindimensionalen harmonischen Schallgeber mit der Erregerfrequenz / lautet die Losung der Wellengleichung

p(x,t)=po+p^ =PQ+PCOS

Inflt-

--)]• '^/i (7-12)

7.2. Schallwellen

493

Tabelle7-1. Dichte, Schallgeschwindigkeit und Schallkennimpedanz einiger Stoffe beim Normdruck/7n= 1013 hPa. Dichte Q . kg in—r m^ Luft-20°Ctrocken LuftO°Ctrocken Luft20°Ctrocken LuftlOO°Ctrocken WasserstoffO°C Wasserdampf 130°C WasserO°C 20 °C Glyzerin Eis Holz Glas Beton Stahl

1,396 1,293 1,21 0,947 0,090 0,54 1000 998 1260 920 600 2500 2100 7700

Hierin ist PQ der statische Gasdruck und p die Amplitude des Schallwechseldrucks p^. Die Schnelleverteilung der Schallausbreitung ergibt sich aus der Differentiation von Gl. (7-12) nach X und Integration von Gl. (7-3) nach t zu

Schallgeschwindigkeit c m in — s

Schallkennimpedanz ZQ . kg in^rm^s 445 427 416 366 113 243 1,40 10^ 1,48 10^ 2,46 1 0 ^ 2,94 10^ 2,70 10^ 13,0 10^ 8,4 10^ 39 •10^

319 331 344 387 1260 450 1400 1480 1950 3200 4500 5300 4000 5050

j

1

die Beschleunigung a der von der Schallwelle verursachten longitudinalen Molekiilschwingung:

^('-f)l

J(^. 0 = :r~? J^ sin 2 71 Inf QC I V (x, t) =

p cos {2 7c Z' u QC I \

und

c/J (7-13)

Die Schnelleamplitude

(7-16)

[ . a{x,t)

=—

v betragt also ^ s i n \2nf

Die Schallschnelle v {x, t) ist iiber den Wellenwiderstand oder die Schallkennimpedanz Z=

QC

(7-17)

2nf-

-f)l-

Schallaufnehmer zeigen den iiber die Integrationszeit T gebildeten Effektivwert p^ff des Schallwechseldrucks an:

(7-15) Pcfr-

eindeutig mit dem Schallwechseldruck/7vv(-^. 0 verkniipft. Z ist iiber die Dichte und die Schallgeschwindigkeit von dem statischen Druck PQ und der Temperatur T des Gases abhangig. Anhand einer Schnellemessung kann also der Schallwechseldruckverlauf analysiert werden. Werte fiir die Schallkennimpedanz einiger Stoffe sind in Tabelle7-1 aufgefiihrt. Durch Integration oder Differentiation von Gl. (7-13) ergeben sich die Elongation y und

t

m

piix,t)dt.

(7-18)

Fiir sinusformige Schallwellen gilt analog den Effektivwerten elektrischer Wechselstrome

Solange die Schallwechselamplituden im Yergleich zum statischen Gasdruck klein sind

494

7. Akustik

(Schalldruckpegel L < 130 dB, Abschn. 7.2.2), iiberlagern sich an einem Ort des Schallfeldes die Schalldriicke additiv (Superpositionsprinzip): Der am Ort XQ gemessene resultierende Effektivwert ist dann

r

-Y

T 0

1 ^

In Bild 7-3 sind die Beziehungen fiir die drei Grundgeometrien der ebenen, linien- und punktformigen Schallquellen zusammengestellt.

(Pi-^Pifdt 1^

2 ^

- j / 7 ? d / + — j/7id/ + —j/7i/72d/. To T^ 0 '^0

Fiir nichtkohdrente Schallwellen verschwindet im zeitlichen Mittel das Produkt der Schallwechselamplituden, und in diesem haufigen Fall gilt /^eff= V;^?,eff + / ^ 2 , e f f + - - -

(7-20)

Mit den Beziehungen (7-14) und (7-16) ist die Energiedichte w = dE/d V einer Schallwelle _ 1 P'

^/,2_. W=^Q{2Kfyf2 r , 2 _ = 1\QV

• (7-21)

Nach Gl. (5-176) ist die Schallintensitdt 1 d^ I =,^—-=w c = ^QCv^ Oder S dt J 1. . /^eff / = 2 l ' / ? = l'eff/?eff = — •

eine konstante Schallintensitat haben, gibt es naherungsweise nur im Nahfeld ausgedehnter ebener Schallquellen oder in vergleichsweise kleinen Schallfeldbereichen weit entfemt von lokalisierten Schallquellen. Bei punkt- oder kugelformigen Schallquellen ist die Schallintensitat raumlich nicht konstant; bei Verdopplung des Abstands zum Kugelmittelpunkt sinkt die Schallintensitat auf ein Viertel.

Erfolgt die Schallwellenausbreitung uber groBere Entfernungen, beispielsweise in Luft iiber mehr als 100 m, dann machen sich Schallenergieverluste durch Schallabsorption bemerkbar. Die Schallenergie wird dabei zum einen durch innere Reibung und durch nicht vollstandige isentrope Kompression direkt in Warme umgewandelt {Dissipation)', zum anderen regt die Schallwelle translatorische, rotatorische und andere Freiheitsgrade der Molekule des Schalliibertragungsmediums an {Relaxation), so daB die der Schallwelle entzogenen Anregungsenergie nach einer charakteristischen Zeitkonstante {Relaxationszeit) ebenfalls der inneren Energie des Mediums zugefiihrt wird. Diese Schallausbreitungsddmpfung fiihrt zu einer exponentiellen Abnahme der Schallintensitat. Zusatzlich zu einer eventuell durch die Schallquellengeometrie verursachten Intensitatsabnahme bewirkt diese Absorptionsddmpfung einen Schallintensitatsabfall an einem Ort r, bezogen auf die Intensitat an einem Ort r^, von

(7-22) /(r) = /(ro)e-^('-''«^

(7-28)

Die Schalleistung P einer Schallquelle ergibt sich, wenn die Schallintensitat auf einer Oberflache um die Schallquelle, z.B. einer Kugeloberflache, aufsummiert wird, aus

Der Ddmpfungskoeffizient a (MaBeinheit m"^) ist abhangig von der Schallfrequenz und von den Schallabsorptionseigenschaften des Mediums. Der Luftddmpfungskoeffizient hangt beispielsweise von der Luftfeuchtigkeit ab; P = \ldS. (7-23) bei normalen klimatischen Verhaltnissen ist s die Luftabsorption bei tiefen Schallfrequenzen gering, erst oberhalb / = 1000 Hz betragt der Luftdampfungskoeffizient aL> 10"-^m~^ Die geometrische Form einer Schallquelle bestimmt die Losung der Wellengleichung (7-7), die raumli- entsprechend einer Intensitatsabnahme von che Ausbreitung des Schallwechseldrucks und da- etwa 4 dB/km. mit die Schallintensitat an jedem Ort im Schallfeld der Schallquelle. Eindimensionale Schallfelder, wie sie Gl. (7-12) beschreibt, und die nach Gl. (7-22)

Einen besonders hohen Dampfungskoeffizienten weisen Schallabsorbermaterialien auf. Die

7.2. Schallwellen punktformige, kugelformige Schallqueile

linienformige Schallqueile

ebene Schallqueile

495

Geomethe

Schallwechseldruckamplitude

spezifische Schalleistung

P=

P = Po

PA

W in - ^ m

P, in

Pir,)J-,

W

P\n\N

Schallintensitat /=PA

Inr

(7-24)

/=-4 7rr^

(7-25)

(7-26)

Z.1 - Z . 2 = 2 0 l g —

(7-27)

Schallpegeldifferenz L,

Schallpegeldifferenz fur /2 = 2r|

-Z.2=0

AZ. = 0

Z-i - Z . 2 = 10 I g —

A/. = 3 d B

AZ. = 6 d B

Bild 7-3. Schallquellengeometrien. groBe innere Reibungsflache der faserartigen Oder porosen Stoffe, wie z.B. Mineralfasern, Steinwolle und Filze, erhoht die Dissipation. 7.2.2. Schallwandler Die Wechseldrucke von Schallwellen uberspannen in der Technik einen Wertebereich von mehr als sechs Zehnerpotenzen. Schallwandler miissen also in diesem groBen Bereich den Schallwechseldruck oder die nach Gl. (7-3) damit verknupfte Schallschnelle iiber ein mechanisches Schwingungssystem {Membran) in eine elektrische Spannung umwandeln konnen. Schallempfanger oder Mikrophone wandeln den Schalldruck in elektrische Spannung, Schallgeber oder Lautsprecher elektrische Leistung in Schalleistung. Die verschiedenen elektroakustischen Wandler unterscheiden sich im Absolutwert und in der Frequenzabhangigkeit des Wandlerwirkungsgrades, aber auch in ihrer mechanischen Empfindlichkeit und ihrer Schalldruckbelastbarkeit.

In Bild 7-4 sind die gebrauchlichen elektroakustischen Wandlerprinzipien einander gegeniibergestellt: — Beim elektrostatischen Wandler bildet die Schallwandlermembran zusammen mit einer Gegenelektrode einen Kondensator, dessen Kapazitat und damit elektrische Spannung sich mit der Membranauslenkung andert. — Beim elektrodynamischen Wandler bewegt die Membran eine Spule in einem Topfmagneten, so daB zur Schallschnelle proportionale elektrische Spannungen in der Schwingspule induziert werden. — Beim elektromagnetischen Wandler verandert die Bewegung der magnetischen Membran den Luftspalt eines Magneten; hierdurch wird der magnetische FluB im Magnetjoch moduliert und in einer Wicklung eine elektrische Spannung induziert. — Beim piezoelektrischen Wandler bewirkt die Deformation des Kristalls durch den Schalldruck eine Verschiebung der Ladungsstruktur und piezoelektrisch erzeugte Oberflachenladungen, deren elektrische Spannung zum Schalldruck proportional ist. — Beim piezoresistiven Wandler werden durch den Schalldruck die Komer von KohlegrieB unter-

496

7. Akustik

Elektroakustische Wandler

technische Ausfijhrungen

Anwendungsbereich

elektrostatisch

Kondensatormikrophon (mit auBerer Polarisationsspannung an der Mikrophonkapsel)

Schallpegelmesser Studionnikrophon Anstecknnikrophon Tieftonmikrophon Handnnikrophon Umhangemikrophon

3-lsolation

Leitende Mem bran

•j-Gegenelektrode

Elektretmikrophon (permanente elektrische Polarisation an der Mikrophonmembran)

elektrodynannisch (Schwingspule)

- Topfmagnet

Speziallautsprecher

extrem breitbandige Kopfhorer

Tauchspulennnikrophon

Studiorichtmikrophon Handmikrophon Umhangemikrophon

Lautsprecher

Normschallquellen Beschaliungsanlagen Kopfhorer

Bandchenmikrophon

Studiomikrophon fiir hochste Lautstarkepegel Vokalmikrophon Blechblasermikrophon

Lautsprecher

Telephonhorer Horgerate

Kristallmikrophon

Korperschallmikrophon Wasserschallmikrophon Beschleunigungsaufnehmer

- Schwingspule mit Membran

elektrodynamisch (Bandchen)

•|—Magnet

•",%:

IC''-

elektromagnetisch

extrem breitbandige Kopfhorer

JU piezoelektrisch

. .1 . .

m

I"

Keramikmikrophon PiezopolymerMikrophon

• *i • *

plezoresistiv

/KohlegrieB

Kohlemikrophon

Fernsprechapparat

ni#-

5-

Bild 7-4. Elektroakustische Wandler. schiedlich gepreBt, so dal3 sich der elektrische Widerstand des KohlegrieBes andert und der dadurch modulierte elektrische Strom an einem Lastwiderstand eine in erster Naherung zum Schalldruck proportionale Spannung erzeugt. Schalldruckmefigerate bilden iiber Gleichrichter die Effektivwerte der Ausgangsspannungen elektroakustischer Wandler und korri-

gieren durch spezielle Verstarkerkennlinien den Frequenzgang des Ubertragungsmafies. Die MeBanzeige muB mit Eichschallquellen kalibriert werden. Handliche Zahlenwerte fiir die Schallwechseldruck-Effektivwerte ergeben sich, wenn diese in einem relativen logarithmischen MaBstab, dem Schalldruckpegel Lp, angegeben werden:

7.2. Schallwellen

497

Tabelle 7-2. Schallpegel. Definition

Schallpegel

Beziehungen

BezugsgroBe

Schalldruckpegel

/7efr,o = 2-10-5Pa PefT,0

/7eff=Z[;eff

o rn

Schallschnellepegel

s Z

Schallintensitatspegel

Li = 101g —dB

m

^0

z Schalleistungspegel

^w = 1 0 1 g ^ d B

dB = 20 Ig

/^p=101g

dB. PtffA

Aff,0;

(7-29) Der Bezugsschalldruck /7eff,o li^gt an der unteren Horgrenze und ist nach DIN 45 630 auf /^eff,o = 2 • 10"^ Pa festgelegt. Wie in der Elektrotechnik wird das Zehnfache des logarithmischen RelativmaBes des Schallpegels mit der Einheit Dezibel gekennzeichnet. AuBer dem Schalldruckpegel gibt es weitere Schallpegel; sie sind in Tabelle 7-2 zusammengestellt. N u r bei einer Schallkennimpedanz Z = 400 kg/(m^ s) des Ausbreitungsmediums, wie sie etwa Luft bei «9 = 2 0 ° C aufweist, und bei gleichen Bezugsflachen S = SQ fiir den Schalleistungspegel ergeben sich gleiche Pegelwerte. Die Addition von Schallpegeln ist nicht algebraisch; so ist beispielsweise 0 d B + 0 d B = 3 d B . Addiert werden konnen nur die Schallintensitaten oder entsprechend Gl. (7-22) die Quadrate der Schalldruckeffektivwerte. Die Summe relativer Schallintensitaten L\ Ll I /i I2 IQlOdB + IQlOdBH- _^

— = —-h — + . ^0

^0

ergibt den

-^ges

^0

=10-12^

In der Praxis fuhrt man die Pegeladdition sukzessive fiir jeweils zwei Pegel aus, indem man die Schallpegel-Additionstabelle 7-3 benutzt. Zum groBeren Pegel L^ addiert man einen Pegelzuschlag L^, der entsprechend der Pegeldifferenz ts.L = L\ — L^ Tabelle 7-3 entnommen wird. Tabelle 7-3. Schallpegel-Additionstabelle (AL Pegeldifferenz, L^ Pegelzuschlag). AL dB

dB

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5

3,0 2,8 2,5 2,3 2,1 1,9 1,8 1,6

^z

AL dB

L. dB

4,0 4,5 5,0

1,5 1,3 1,2 1,1 1,0 0,9 0,8 0,7

16,0^'^ 6,5 7,0 7,5

AL dB 8,0 9,0 10,0 12,0 14,0 16,0 ^20

^z

dB 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0

Beispiel 7.2-2: Wie groB ist der Gesamtschallpegel von drei Schallquellen mit den Schallpegeln Li = 70 dB, L2 = 73 dB, L3 = 74 dB? Losung:

Gesamtschallpegel

Nach Gl. (7-30) ermittelt man 1 n

ao

PQ

dB == 101g I 10 'o-® dB. •'0

(7-30)

Lges= 10 l g ( 1 0 0 ' l - 7 0 + IQO'l-73+ 100,1-74)^6

= 10 Ig (5,507 • 10^) dB = 77,4 dB. Dieser Wert ergibt sich auch anhand von Tabelle 7-3:

498

7. Akustik

AL32 = L3 - L2 = 1 d B ,

L2,32 = 2,5 dB;

L4 = L3 + L2 32 = 76,5dB; AL41 = L4 - Li = 6,5 dB, -ges -

L^,4i = 0,9 dB;

A + ^z,4i = 77,4dB.

Zur Charakterisierung von Schallgebern, zur Analyse von Schallquellen und zur Messung des Koinzidenzeffekts bei Trennwanden (Abschn. 7.4.3) ist die Bestimmung der Frequenzabhangigkeit des Schallpegels erforderlich, das Schallfrequenzspektrum. Dazu wird das Spannungssignal des elektroakustischen Schallwandlers durch Bandfilter, im einfachsten Fall durch elektrische Resonanzkreise ent-

sprechend Abschn. 4.5.2.4 mit variabler Resonanzfrequenz, nur in einem Frequenzintervall verstarkt und damit der Schallpegel in Abhangigkeit von der Resonanzfrequenz des Bandfilters gemessen. Akustische Bandfilter werden durch das Verhaltnis /o//u der oberen zur unteren Grenzfrequenz sowie der Bandmittenfrequenz / ^ = Yfofn charakterisiert. Je schmaler das Frequenzintervall / o - / u ist, desto hdher ist die Auflosung des Schallfrequenzspektrums. Fiir Schall- und Larmschutzanalysen ist das Grenzfrequenzverhaltnis /o//u = 1/2 des Terzfilters ausreichend; es entspricht etwa der Auflosung des menschlichen Ohres.

Tabelle7-4. Terz und Oktavfilter (/u,/o untere bzw. obere Frequenzgrenze, Al pegelabschwachung bei A-Bewertung).

Schall-

Terz

Oktave /u

/o

/m

AX

/u

/o

/m

AX

Hz

Hz

Hz

dB

Hz

Hz

Hz

dB

11

22

16

-56,7

22

44

31,5

-39,4

44

88

63

-26,2

88

177

125

-16,1

177

355

250

-8,6

355

710

500

-3,2

710

1420

1000

0

1420

2 840

2 000

+ 1,2

2 840

5 680

4 000

+ 1,0

5 680

11360

8 000

-1,1

11360

22 720

16 000

-6,6

14,1 17,8 22,4 28,2 35,5 44,7 56,2 70,7 89,1

112 141 178 224 282 355 447 562 708 891 1 122 1413 1778 2239 2818 3 548 4467 5 623 7 079 8 913 11220 14 130 17 780

17,8 22,4 28,2 35,5 44,7 56,2 70,7 89,1

16 20 25 31,5

112 141 178 224 282 355 447 562 708 891

40 50 63 80 100 125 160 200 250 315 400 500 630 800

1 122 1413 1778 2 239 2 818 3 548 4 467 5 623 7 079 8 913 11220 14 130 17 780 22 390

1000 1250 1600 2 000 2 500 3 150 4 000 5 000 6 300 8 000 10 000 12 500 16 000 20 000

-56,7 -50,5 -44,7 -39,4 -34,6 -30,2 -26,2 -22,5 -19,1 -16,1 -13,4 -10,9 -8,6 -6,6 -4,8 -3,2 -1,9 -0,8

0 + 0,6

+ 1,0 + 1,2 + 1,3 + 1,2 + 1,0 + 0,5 -0,1 - 1,1 -2,5 -4,3 -6,6 -9,3

7.2. Schallwellen Fiir Grobanalysen werden Oktavfilter mit dem Grenzfrequenzverhaltnis /o//u = 2 eingesetzt. In Tabelle 7-4 sind die Bandmittenfrequenzen und Grenzfrequenzen der Terz- und Oktavfilter zusammengestellt.

Wird im Medium II die transmittierte Schallenergie absorbiert und in Warme umgewandelt (Dissipation), dann ist der Schallabsorptionsgrad as = IJh des absorbierenden Mediums nach Gl. (7-31) (7-32)

as= 1 -ft-

Beispiel

499

Der Energieerhaltungssatz I^ = I, +1, fur senk-

7.2-3: Wie groB ist der Oktavpegel, wenn bei den rechten Einfall lautet mit Hilfe von Gl. (7-22) Mittenfrequenzen/m folgende Terzpegel Lj gemessen werden: /m

LT

400 Hz 500 Hz 630 Hz

55 dB 59 dB 58 dB.

1 pi(0) 2 Zi

_ 1 2

1 2

PKO)

Zi

PKO)

.

(7-33)

Diese Gleichung laBt sich umschreiben in

Z2(pK0)-p}m

Losung:

= Z,p}(0)

und

Z2 (A(0) - A(0)) (PM + A(0)) = z, A^(0).

NachO . (7-30) ist -^Oktav ~ 101g(10^'^^^««+ 100'1^5OO+ 100'1^630)dB

= 62,4 dB.

7.2.3. Schallwellen an Grenzflachen

Nun gilt als Folge des Kraftegleichgewichts fur die Amplituden der Schallwechseldriicke

A(0)+ A(0)= A(0).

(7-34)

An der Grenzflache zweier Medien mit unter- Dividiert man die vorige Gleichung durch Gl. (7-34), so entsteht schiedlicher Schallkennimpedanz Z = QC wird die Schallwelle teilweise reflektiert, wie Bild Z2(^e(0)-A(0)) = Z,A(0) 7-5 zeigt. Bei senkrechtem Einfall ist nach Z,(PXO)+PXO))dem Energieerhaltungssatz die Summe der = reflektierten Schallintensitat I, und der trans- Hieraus folgt fur den Reflexionsfaktor r einer mittierten Schallintensitat /^ gleich der einfal- Grenzflache lenden Schallintensitat I^. A(0) Aff.rCO) Z 2 - Z , Damit gilt fiir den Zusammenhang zwischen (7-35) '• A(0) Peff,e(0) Z^ + Z,dem Schall-Reflexionsgrad QS = Ir/h und dem Schall-Transmissionsgrad is = I^/IQ einer GrenzFiir den Schall-Reflexionsgrad gilt flache (x - 0) gs + TS = 1 •

Medium I

(7-31)

^' IM

[z, + zj-

SchlieBlich ergibt sich nach Gl. (7-32) fur den Schall-Absorptionsgrad einer Grenzflache 4Z1Z2

«s = 1 - (^s = iz,

Bild 7.5. Schall an einer Grenzflache.

(7-36)

+ z,y '

(7-31)

An schallharten Grenzflachen Z2 > Zi, beispielsweise beim Ubergang von Luft in Wasser oder Beton, wird die Schallwelle nahezu total reflektiert. Eine ebenfalls sehr groBe Schallreflexion tritt bei schallweichen Grenzflachen Zi < Zx auf. In beiden Fallen kommt

500

7. Akustik

es durch die Uberlagerung von einfallender und reflektierter Schallwelle zu Schallinterfeyenzen (Abschn. 5.2.4) und zu stehenden Schallwellen mit Intensitdtsknoten und -bduchen gemaB Bild 7-6. Im Kundtschen Rohr (Bild 5-59) wird iiber stehende Wellen die Schallwellenlange A bestimmt. — In realen Schallfeldern ist die raumliche Verteilung der Schallinterferenzen kompliziert. Im Nahfeld vor Wanden erhoht sich beispielsweise der Schallpegel durch die Reflexion urn AL = 3 dB, in Ecken durch dreidimensionale Reflexionen sogar um AL = 6 dB. Schallreflexionen an Grenzflachen von Medien mit unterschiedlicher Schallkennimpedanz werden in der Ultraschalldiagnostik (Abschn. 7.4.5) zur Lokalisierung von Materialfehlern benutzt sowie bei der Korperschallisolierung (Abschn. 7.4.3) zur Verhinderung der Schalleinleitung angewandt. Schallabsorber erreichen nur dann einen hohen Schallabsorptionsgrad ocg, wenn die Schallkennimpedanz des Absorbermaterials in etwa derjenigen von Luft entspricht und somit die Schallwelle eindringen kann. Wird die Schallenergie nur in einem schmalen Schallfrequenzbereich absorbiert, so handelt es sich um Resonanzabsorber nach dem Prinzip der erzwungenen Schwingung eines Feder-MasseSystems (Abschn. 5.1.3). Im Bereich der Resonanzfrequenz /o nehmen diese Systeme groBe Schallenergien auf und wandeln diese als Stromungs- und Reibungsverlust in Warme um. Porose Schallabsorber wirken schallabsorbierend, wenn die Schallwellenlange As = c/f kiirzer als die vierfache Absorberdicke ist. Werden porose AbsorPhasensprung: Ji

ber vor schallharten Grenzflachen befestigt, so ist der Schallabsorptionsgrad as maximal, wenn der Abstand einem Viertel der Wellenlange der stehenden Schallwelle entspricht, die nach Bild 7-6 durch die Interferenz zwischen der einlaufenden und reflektierten Schallwelle zustande kommt. Einen Uberblick uber Aufbau und Eigenschaften technischer Schallabsorber gibt Bild 7-7. Die Schalltransmission durch Trennwande laBt sich berechnen, wenn folgende Naherungen gemacht werden: — Die Grenzfldche ist biegeweich, die Schallschnelle V2 und der Schallwechseldruck p2 der auf der Wandriickseite abgestrahlten Schallwelle sind so groB wie die Schallschnelle i\ und der Schalldruck p^ der durch die vordere Grenzflache durchgehenden Schallwelle. — Die Schallenergieverluste in der Trennwand durch Dissipation sind v e mac h Idssigh ar, es gilt also Is = 1 - g s — Nur die Massentrdgheit der Trennwand bestimmt das Resonanzverhalten; der EinfluB der Elastizitat und anderer nichtlinearer Oder frequenzabhangiger Effekte wird nicht beriicksichtigt. Bei sehr biegeweichen Stoffen, wie z. B. bei Gummi- oder Bleimatten, sind diese Naherungen erfullt, bei Wanden und Decken dagegen nur bei sehr tiefen Anregungsfrequenzen (Abschn. 7.4.2). Trifft, wie in Bild 7-8 skizziert, auf die Grenzflache unter dem Einfallswinkel 6 eine einfallende Schallwelle mit dem Schallwechseldruck /7e und der Schallschnelle v^ auf, dann gilt flir den Druck px auf der Einfallsebene Xx mit Gl. (7-34) fur Zj = Z2

P\{^\)=PA^\)+Pv{y^\) = 2p,{xi)-p^(xx) Phasensprung:0 A

(7-41)

und flir die Schallwechseldruckdifferenz iiber dem Wandquerschnitt, vernachlassigbare Schallabsorption in der Wand und damit A (-^2) = A ( - ^ I ) vorausgesetzt,

^ • • x

P\ ( ^ 1 ) - -P2{^2)

=

(2/?e(-^l)- -p,{x 1 ) ) -

Bild 7-6. Schallreflexion.

= 2(;7e(xO--Pt(x 1)).

Afe) (7-42)

7.2. Schallwellen Plattenschwinger

Helmholtz-Resonator

Prinzip des Masse-FederSystems

v/^////////^ m' ohne

poroser Schallabsorber

'^M

d

>4H^^/eff

mit

ohne

Zusatzdampfung RichtgroBe der „Feder" schwingende „l\/lasse"

501

selbsttragendes Dampfungsmaterial

mit

Zusatzdampfung

Befestigung + Luftschicht d

Hohlraumvolumen V

Luftschicht (Z+Abhangung

Flachenmasse m'

Halsvolumen/In/eff Q\_

Abdeckung (vernachlassigbar)

Dissipation der Schallenergie

innere Reibung in Platte nicht adiabatische Komund Luftschicht, pression des HohlraumauBere Reibung an volumens, Befestigung, Reibungsverluste im viskose Stromungsverluste Resonatorhals, in Zusatzdampfungsmaterial viskose Stromungsverluste in Zusatzdampfungsmaterial

viskose Stromungsverluste durch auSere Reibung an Dampfungsmaterial, Energieverlust durch innere Reibung bei Faserdeformation

Resonatorcharakteristik

schmalbandiger Resonanzabsorber

breitbandlger Absorber

charakteristische Absorberfrequenz

Einsatzbereiche

1

besonders schmalbandiger Resonanzabsorber

(7-38)

Tiefenschlucker in Raumakustik, Luftschalldammung (leichte Vorsatzschale)

fo =

(7-39) 2 7r

selektive Schallabsorption (Maschinenlarm, Raumakustik), Schalldammung von Fugen (TiJr, Fenster)

^d

(7-40)

Schallpegelminderung, Anderung der Nachhallzeit

Bild 7-7. Schallabsorber.

Diese Druckdifferenz P\—p2 bewirkt nach der hydrodynamischen Grundgleichung (7-3)

eine Beschleunigung der Trennwand in xRichtung: dt

Xi — X2

Oder mit der Wanddicke s = X2 — xi und der flachenbezogenen Masse m' = gs -Pi

- X

dt

Bild 7-8. Schalldurchgang durch eine dUnne Wand.

-P\-P2-

(7-43)

Die Beschleunigung wird durch die zeitliche Anderung der Schnelle v^ der transmittierten Welle bewirkt. Deren x-Komponente ist bei einem Ausfallwinkel d

502

7. Akustik ^'x(-^i) = t\x(x\) = vt(xi) cos S.

(7-44)

Schallfrequenz ist. Fur Schallschutztrennwande gilt meistens nm'f/Z> \, so daB fiir ()<90°G1. (7-46)in

In komplexer Schreibweise gelten fur die Schallwellen an der Grenzflache x = Xi mit der Kreisfrequenz cjo = 2nf /?e(^i)=Ae^"^

und

V,(XI) = V,QJ''^

sowie Pt(xi)=PtQJ'''

und i't(-^i) = ^'te^'^'.

Damit ergibt sich aus Gl. (7-43), wenn Gl. (7-44) und Gl. (7-42) eingesetzt werden,

iibergeht. Vielfachreflexionen bewirken in Raumen, daB die Schalleinstrahlung gleichmaBig iiber alle Einfallswinkel d, d.h. diffus verteilt ist. Wegen cos^ d = 0,5 ist daher der Transmissionsgrad is (S) einer Trennwand im diffusen Schallfeld

di't

m' cos S-— = m' cos dijco) i\ e^^^ TsiS) = = 2(A-^)e^•^^ Wird die Schnelle v, nach Gl. (7-14) mit Hilfe der Schallkennimpedanz Z = Q c der Luft in den Wechseldruck p^ umgewandelt, ergibt sich

\TC

Als SchallddmmaB R der Trennwand wird /?=101g

1

A(-^I) _

m' CO cos S

(7-45)

dB

definiert. Fiir ein diffuses Schallfeld ist also das SchalldammaB einer biegeweichen Trennwand 71 f tfl'

/? = 20 Ig —— dB - 3 dB. Der Transmissionsgrad T^{6) hat dann die Winkelabhangigkeit

Fiir senkrechten Schalleinfall d = 0 ergibt sich TS(0°) =

1

Inm'fY '

(7-50)

TS(^1

j (D m' cos d— e^^^= 2 (^^e - A) e^^' Oder

(7-49)

m'fj

(7-47)

•nV)

In diesem Fall ist also der Transmissionsgrad einer Trennwand um so groBer, je kleiner die flachenbezogene Masse und je niedriger die

(7-51)

Dies ist das Massengesetz fiir das theoretische SchalldammaB einer Wand. - In der Praxis findet man bei Flatten und Wanden mehr Oder weniger groBe Abweichungen der gemessenen SchalldammaBe gegenuber Gl. (7-51), wie Bild 7-9 zeigt. Bei schragem Schalleinfall gemaB Bild 7-10 kommt es wegen der bei der Herleitung von Gl. (7-51) vernachlassigten Biegesteifigkeit des Wandmaterials zu transversalen Biegewellen, die die Platte passieren, auf der Plattenriickseite Schall abstrahlen und somit die Schalldammung vermindern. Biegewellen auf Flatten haben eine anomale Dispersion (Abschn. 5.2.4.4). Die Ausbreitungsgeschwindigkeit c^ ist frequenzabhangig und wird vom Quotienten aus Biegesteifigkeit B und flachenbezogener Masse m' bestimmt:

CB

r m

(7-52)

7.2. Schallwellen 70 n dB

h-

t^ 60-

Gl. (7-52) (Biegesteifigkeit

(0

£ T3 — 40O CO +-<

/=

X

Mel^l<curve nach DIN 5 2 210

f

1 10-

62,5

125

250

(7-53)

Bei einem Einfallswinkel 6 tritt also Spuranpassung bei folgender Schallfrequenz ein:

^50

_I

-.=^yi-

503

500

1000

2000

4000 8000 Hz

Schallfrequenz f

Bild 7-9. Luftschallddmrri'MaB R einer 70 mm dikken Gipsplattenwand, beidseitig verspachtelt (m' = 80kg/m^, E= 6-10^N/m^, fg = Grenzfrequenz der Spuranpassung nach Gl. (7-57)).

Ch As sin (5

cl -j / m' 2 71 sin^ d \ B

(7-54)

Nach Gl. (7-54) ergibt sich die tiefste Schallfrequenz, bei der noch eine Biegewelle erregt wird, bei streifendem Schalleinfall ^ = 90°. Die untere Grenzfrequenz /g der Spuranpassung betragt also

Im diffusen Schallfeld 0 ° ^ ( 5 ^ 90° setzt bei Schallfrequenzen / > / g die erhohte, durch den Koinzidenzeffekt verursachte Schalltransmission ein, und das SchalldammaB weicht vom theoretischen Massengesetz nach Gl. (7-51) ab (Bild 7-9). Homogene Flatten mit der Dichte Q und der Dicke s sowie dem Elastizitatsmodul E und der Querkontraktions- oder Poissonzahl fi haben die Biegesteifigkeit B = Es^/[\2{\ - p^)\ Die Grenzfrequenz /g,hom homogener Flatten ist demnach

/ g , horn

_ cl - | / l 2 ( l - / i ^ ) g 1 s In y E

(7-56)

Wird der EinfluB von // (0 ^ // ^ 0,5) vernachlassigt, so betragt bei Luftschall (CL = 340 m/s) die Luftschall-Grenzfrequenz /gL homogener Flatten Bild 7-10. Biegewellen durch Spuranpassung.

Die Biegewellen werden von einer auftreffenden Schallwelle der Wellenlange >IL resonant erregt, wenn die Wellenlangenkomponente der Schallwelle parallel zur Plattenebene, also deren Spurwellenldnge As = ^L/sin S mit der Wellenlange AB = c^/fdQT Biegewelle iibereinstimmt {Koinzidenzeffekt oder Spuranpassung):

Trennwande wirken schalldammend, wenn ihre flachenbezogene Masse m' groB ist und ihre Grenzfrequenz/g oberhalb des Frequenzbereiches liegt, in dem die Trennwand als Schallschutz wirken soil. Bei iiblichen homogenen Trennwandmaterialien sind flachenbezogene Masse und Biegesteifigkeit

504

7. Akustik

bzw. Dicke, Dichte und Elastizitatsmodul so verkniipft, daB man eine materialunabhangige Kurve fur den Zusammenhang zwischen SchalldammaB R und flachenbezogener Masse m' angeben kann (Abschn. 7.4.2).

und Amplitudenabhangigkeit des Schalls mehr, sondem er empfindet nur noch Schmerz (akustische Schmerzgrenze). Einen Uberblick iiber die Abgrenzung des Horbereichs von den ubrigen Schallfrequenzbereichen gibt Tabelle 7-5.

13. Schallempfindung

Das menschliche Gehororgan besteht, wie Bild 7-11 schematisch wiedergibt, aus drei Bereichen, dem duBeren Ohr, dem Mittelohr und dem Innenohr. Der auBere Gehorgang wirkt als offene Pfeife (Abschn. 5.2.4.2), die Eigenfrequenz der Luftsaule bewirkt im Bereich 2 k H z < / < 4 k H z eine Resonanzverstarkung der Schallamplituden. Hammer, AmboB und Steigbiigel wirken als mechanische Ubersetzung; sie iibertragen und verstarken die Auslenkungen des Trommelfells auf das ovale Fenster.

7.3.1. Physiologische Akustik Das menschliche Ohr ist nach statistischen Reihenuntersuchungen erst dann in der Lage, Schallwellen zu registrieren und eine Schallempfindung im BewuBtsein auszulosen, wenn die Schallfrequenz im Bereich / = 16 Hz bis 20 kHz und der Effektivwert des Schallwechseldrucks iiber ca. /?eff = 2 • 10"^ Pa liegt. Die obere Frequenzgrenze des Horbereichs verringert sich mit zunehmendem Alter erheblich. Bei Schalldriicken oberhalb /? = 20 Pa Oder Schallpegeln hoher als L= 120 dB registriert der Mensch nahezu keine Frequenz-

Das Innenohr ist sehr kompliziert aufgebaut. Grob vereinfachend besteht es aus zwei miteinander verbundenen Raumen (Skale vestibuli und tympani) und ist mit einer natriumionenreichen Flussigkeit (Perilymphe) gefiillt. Beim ovalen und runden Fenster ist das Fliissigkeitsvolumen jeweils durch be-

Tabelle 7-5. Schallbereiche. Schallbereich

Infraschall

Horbereich

Ultraschall

Hyperschall

Frequenzbereich

GHz bis 15 Hz

16 Hz bis 20 kHz

20 kHz bis 10 GHz

10 GHz bis 10 THz

Schallgeber

mechanische Riittler (Shaker)

mechanisch: Pfeifen, Sirenen, Musikinstrumente; elektroakustisch: elektrodynamische und elektromagnetische Lautsprecher

mechanisch: Pfeifen, Sirenen, Pneumatik; elektroakustisch: elektrostriktive. piezoelektrische. elektrostatische Lautsprecher

Josephson-Kontakte, piezoelektrisch gekoppelte Mikrowellen-Resonatoren

Schallaufnehmer

piezoelektrische Aufnehmer, DehnungsmeBstreifen

Kondensatormikrophon, elektrodynamische, piezoelektrische, piezoresistive Mikrophone

Kondensatormikrophon, piezolektrische Mikrophone

Josephson-Kontakte, piezoelektrisch gekoppelte Mikrowellen-Resonatoren

Anwendungspraxis

Lagerschwingungen, Korperschall, Bauwerksschwingungsanalyse, Erdbebenwellen

Phonotechnik, Schall- und Larmschutz, Raumakustik, Schwingungsisolierung

Reinigung, Entgasen, Dispergieren, Emulgieren, Polymerisationssteuerung. Ultraschallbearbeitung (Bohren, Schneiden), Werkstoffpriifung, Ultraschalldiagnostik, Modellakustik

Grundlagenphysik, Phononenspektroskopie, Molekularkinetik

7.3. Schallempfindung Hammer AmboB Steigbiigel

Schneckenspindel

\rundes Fenster

Ohrtrompete

auSeres Ohr (Luft)

Mittelohr (Luft)

Innenohr (FliJssigkeit)

Bild 7-11. Menschliches Gehororgan, schematisch. wegliche Membranen abgeschlossen, so daB die vom Schall verursachte SteigbiigelfuBbewegung in eine Schwingung der inkompressiblen Perilymphfliissigkeit umgewandelt wird. Diese Fliissigkeitsschwingung erzeugt mechanische Deformationen der Basilarmembran der Schneckenspindel, die die beiden Perilymphteilraume trennt. Die Schneckenspindel ist mit kaliumionenreicher Fliissigkeit {Endolymphe) gefiillt, zwischen Endo- und Perilymphe besteht also ein elektrisches Gleichspannungspotential. Die Haarzellen des Cortischen Organs auf der Basilarmembran erleiden durch die Basilarmembranbewegung elektrische Potentialanderungen, und die dadurch im Hornerv erzeugten Reizstrome losen im Gehirn die Schallempfindung Gleiche Schallpegel unterschiedlicher Frequenz fiihren zu einer unterschiedlichen Schallempfindung. In Bild 7-12 ist als untere Schmerzgrenze

Grenzkurve in Abhangigkeit von der Schallfrequenz der Schalldruckpegel Lp eingezeichnet, der eben noch einen Horeindruck hervorruft, die Horschwelle. Der MaBstab fiir das Lautheitsempfinden des Gehdrorgans ist die Lautstdrke L^. Er ist so gewahlt, daB bei einer Schallfrequenz / = 1000 Hz der Wert der Lautstarke gleich dem Wert des Schalldruckpegels ist: Ls(lkHz)

Lp(lkHz)

phon

dB

125 250 500 1 2 Hz Schallfrequenz f

4

Bild 7-12. Kurven gleicher Lautstdrke L^.

8

16 kHz

(7-58)

Die Lautstarke wird in der MaBeinheit phon gemessen. Der Verlauf der Lautstarkepegel in Bild 7-12 gibt an, welcher Schalldruckpegel Lp{f) einer Schallwelle die gleiche Schallempfindung auslost wie der Schalldruckpegel Lp (1000 Hz) einer 1 kHz-Schallwelle. Anhand von Bild 7-12 kann fiir Schall mit einem schmalbandigen Frequenzspektrum von maximal Terzbreite durch eine Schallpegel- und Mittenfrequenzmessung die Lautstarke bestimmt werden. Das menschliche Gehor nimmt Lautstarkeunterschiede von ALs = 1 phon gerade noch wahr. Bei Ls = 120 phon liegt die Schmerzgrenze des Gehors. Die Horschwelle entspricht nicht dem Lautstarkepegel von Ls = 0 phon, sondern dem von Ls = 4 phon. Der Grund dafiir ist, daB international als Bezugsschalldruck der runde Wert /7eff,o = 2 • 10~^ Pa vereinbart ist, die tatsachliche Horschwelle aber bei einem etwas hoherem Schalldruck liegt. Bei der Angabe als Lautstarke Ls entspricht eine Verdopplung der Schallempfindung einer Zunahme der Lautstarke um 10 phon. Ein proportional zur Schallempfindung steigendes MaB ist die Lautheit

^=2^'H?h^

16 31,5 63

505

sone.

(7-59)

Die Zahlenwerte der Lautheit ^S werden durch den Zusatz sone gekennzeichnet. Nach Gl. (7-59) entspricht die Lautstarke Ls = 40 phon der Lautheit 5" = 1 sone. AuBer den wegen der Resonanzeigenschaften des Gehororgans komplizierten Lautstarkekurven in Bild 7-12 weist die Schallempfindung einen Verdeckungseffekt auf. Treffen gleichzeitig zwei frequenzbenachbarte Schall-

506

7. Akustik

spektren auf das Gehor, so wird durch das iibersprechen benachbarter Sensoren im Cortischen Organ das Schallspektrum mit dem niedrigeren Schallpegel verdeckt, und im wesentlichen ruft nur der hohere Schallpegel eine Schallempfindung hervor. In der SchallmeBpraxis wird dieser komplexe Zusammenhang zwischen der Schallempfindung und dem meBbaren Schallpegelspektrum durch Bewertungskurven beriicksichtigt, die sich in den Schallpegelmessern durch eine elektronisch einfache frequenzabhangige Verstarkung verwirklichen lassen. Von den in der DIN EN 60651 festgelegten oder vorgeschlagenen Bewertungskurven A, B, C wird in der MeBpraxis die A-Bewertung am weitaus haufigsten benutzt; sie nahert den Verlauf der Schallempfindung fiir Lautstarken unter L^ = 90 phon. Die Schallpegel von gehorschadigendem Larm iiber Ls= 100 phon wird mit der C-Kurve bewertet. Die zwischen der A- und C-Kurve liegende B-Bewertung benutzt man nicht mehr in der Praxis. Die bewerteten Schallpegel werden berechnet, indem zu den terz- oder oktavweise gemessenen Schallpegeln L^ ein frequenzabhdngiger Bewertungsfaktor A* addiert wird. So ist der A-bewertete Schallpegel L^ eines Schallspektrums

I 10 '»<» dB(A).

^A=101g

(7-60)

1=1

L

10 * dB < 5. A^

0

c....-

\ y

C

A

^

0 GQ

II53S.

-20-

-30101

/

B

// /

/

/

/

-"^^

4

Der dquivalente Dauerschallpegel {Mittelungspegel) ist ein MaB fiir die Schallbelastung des Gehors. Er wird durch Aufsummieren der Abewerteten Schallpegel LA,! in den n Zeitintervallen t^ des Bezugszeitraums t^, beispielsweise /B = 8 h, gebildet: 1

JQlOdB^

dB(A). (7-61)

/ A/

6 8102

2

4

6 SlO^

2

Nach der VDI-Richtlinie 2058 liegt der Grenzwert der Gehorbelastbarkeit bei einem aquivalenten Dauerschallpegel von £ ^ = 8 5 dB(A), bezogen auf einen achtstiindigen Arbeitstag; er fiihrt bei 5% der Betroffenen nach zehn Jahren zu einer Larmschwerhorigkeit. Wird der auf einen achtstiindigen Arbeitstag bezogene, aquivalente Dauerschallpegel von L^ = 90 dB(A) iiberschritten, dann sind Gehorschutzmittel (Stopselgehorschiitzer, Kapselgehorschutzer, Gehorschutzkappen) zu tragen.

B uri d C

1 2

Hohe Schalldruckamplituden fiihren nur in Extremfallen, beispielsweise bei StoBwellen von Explosionen, zur Schadigung des Trommelfells; sie fiihren in der Kegel zu einer sofortigen Vertdubung, bei der durch Stoffwechselstorungen die Haarzellenempfindlichkeit vermindert wird. Diese Anhebung der Horschwelle bildet sich wieder vollkommen zuruck, wenn die hohe Schallexposition durch Erholungspausen unterbrochen wird und nur kurzfristig ist. Jahrelange Schallbelastung verursacht eine beschleunigte Degeneration der Haarzellen und einen irreversiblen Horverlust, die Ldrmschwerhorigkeit.

J

Die Bewertungsfaktoren kann man Bild7-13 entnehmen; die Zahlenwerte der A-Bewertungsfaktoren AX sind in der Tabelle 7-4 auf-

5 in.

Mit zunehmendem Lebensalter wird durch die Schallbelastung und GefaBveranderung im Innenohr der Stoffwechsel der Horzellen vermindert. Die Frequenzabhangigkeit und der Absolutwert der Horschwelle verandern sich; es stellt sich die Altersschwerhorigkeit ein.

^n.= 101g

i i + A")

f n

gefiihrt. Die bewerteten Schallpegel werden in dB(A), dB(B) oder dB(C) angegeben.

4 6

lO^Hz

Frequenz f Bild 7-13. Bewertungskurven A, B, C nach DIN EN 60651.

Die berufsbedingte Schwerhorigkeit beginnt meistens mit einer Anhebung der Horschwelle im Frequenzbereich von / = 2 kHz bis / = 6 kHz, weil dort viele Larmquellen das Schallpegelmaximum haben. Die iiber die Schallempfindung vegetativ gesteuerte Innenohr-Stoffwechselanderung kann auch auf andere Korperfunktionen ubergreifen und zu Kreislauf-, Herz- und Gleichgewichtsstorungen fiihren.

7.3. Schallempfindung

7.3.2. Musikalische Akustik Die Schallempfindung des Menschen unterscheidet den horbaren Schall nicht nur nach dessen Lautheit, sondern auch nach dem Horeindruck des Schallereignisses. Die Unterscheidung des Horeindrucks in Ton, Klang, Gerdusch und Knall wird durch den Verlauf des Intensitatsspektrums des Schalls bestimmt. Die Schallwelle eines Tons ist rein sinusformig und monofrequent. Klange sind eine Uberlagerung mehrerer Schallwellen unterschiedlicher Amplitude und Frequenz, wobei die Frequenzen in ganzzahligen Verhaltnissen zueinander stehen. LaBt sich das Frequenzverhaltnis durch ganze Zahlen nicht groBer als acht ausdriicken, so ist die abendlandische Schallempfindung ein Wohlklang (Konsonanz), im anderen Fall ein MiBklang {Dissonanz). Das Intensitatsspektrum eines Gerausches ist nicht mehr linienformig, sondern breitbandig und hat einen stark schwankenden Amplitudenverlauf. Bei einem Knall schlieBlich ist der Intensitatsverlauf iiber einen groBen Frequenzbereich nahezu konstant. In Bild 7-14 sind die charakteristischen Schallspektren der verschiedenen Horeindrucke und Horeindruck

Ton (a')

Klang (a' cis"e" Dreiklang)

Gerausch (Wasserauslauf)

Schnelleverlauf

Schallintensitatsspektrunn

n

KAT^k

PdV' ^k

Knall (Handklatschen)

Bild 7-14. Horeindruck, charakteristische Spektren und Schallschnelleverlauf (v Schallschnelle, t Zeit, I Intensitdt,/ Frequenz).

507

der jeweilige zeitliche Verlauf der Schnelle, den die zu diesen Horeindriicken fiihrenden Schallwellen an Mikrofonmembranen oder dem Trommelfell des Gehororgans hervorrufen, einander gegeniibergestellt. Bild 7-15 gibt diese Schallspektren als graphische Aufzeichnungen am Bildschirm wieder. Der Schnelleverlauf einer Schallwelle ist mit deren Intensitatsspektrum eindeutig verkniipft. Durch eine Fouriertransformation (Abschn. 5.1.4.3) ergibt sich aus dem Intensitatsspektrum der Zeitverlauf der Schnelle und umgekehrt. Fast-Fourier-Transform-Analysatoren errechnen aus der zeitlichen Anderung der elektrischen Spannung der elektroakustischen Wandler das Frequenzspektrum; Echtzeitanalysatoren geben das Spannungssignal gleichzeitig auf eine Reihe schmalbandiger Filter und messen parallel die Spannungsamplituden der einzelnen Bandfilter. Die niedrigste Frequenz im Schallspektrum bestimmt die Tonhohe des Grundtons. Klangerzeugende Instrumente unterscheiden sich durch das Verhaltnis der Amplituden der hoherfrequenten Schwingungen, der Obertone, zur Grundschwingung, dem Grundton. Fiir einige Musikinstrumente unterschiedlicher Klangfarbe sind in Bild 7-16 die gemessenen Frequenzspektren dargestellt. Die Einstufung der Tonhohen durch das Gehor ist weitgehend proportional zur Schallfrequenz. Nur fiir Tone mit Schallpegeln iiber L = 60 dB treten im Gehororgan nichtlineare Ubertragungseffekte auf; Tone unter / = 500 Hz werden hoher und Tone iiber / = 4 kHz tiefer empfunden. Die Wahrnehmbarkeitsschwelle von relativen Tonhohenschwankungen ist frequenz- und intensitatsabhangig; sie betragt bei mittleren Schallpegeln etwa 0,3% der Tonfrequenz. Zur Skalierung der Tonhohenempfindung wird der Frequenzbereich der Schallempfindung logarithmisch in Oktaven unterteilt; die Verdopplung der Tonfrequenz ergibt einen Oktavschritt. Bild 7-17 gibt die Einteilung in Oktaven wieder. Zur Orientierung sind der Tonumfang einiger Musikinstrumente und die Gesangs-Stimmlagen aufgefiihrt. Die Oktave wird in zwolf Tonintervalle mit ganzzahligen Frequenzverhaltnissen unterteilt; der Tonhohenunterschied benachbarter Ton-

508

7. Akustik

Bild 7-15. Charakteristische Schallspektren: Schnelleverlauf (Abszisse: t. Ordinate: v): a) Ton a', b) Klang a'-cis"-e", c) Gerdusch (Wasserauslauf), d) Knall (Handklatschen). Frequenzspektrum (Abszisse: f. Ordinate: I): e) Ton a'', f) Dreiklang a'-cis"-e", g) Gerdusch (Wassereinlauf in Becken), h) Knall (Handklatschen).

7.3. Schallempfindung

509

Bild 7-16. Lautstdrkespektren von Musikinstrumenten im Vergleich, Kammerton a'= 440 Hz (Aufnahme mit Fast-Fourier-Transform-Analysator): a) Violine (Originalton Hering), b) Trompete (Originalton Martin), c) Akkordeon (Originalton Stohrer).

intervalle betragt einen Halbtonschritt. Die Tonintervalle sind in Tabelle 7-6 zusammengestellt und durch ihre Klangempfindung charakterisiert. Die stufenweise Anordnung der Tone innerhalb der Oktave ergibt die Tonleiter. Basis der abendlandischen Musik ist die diatonische C-Dur Tonleiter mit der Grundtonbezeich-

L,

J_ BaB — Bariton Tenor • Sopran Pfeifenorgel

Tabelle 7-6. Tonintervalle. Intervall

Frequenz- Halb- KlangVerhaltnis tonum- empfindung fang

Prime kleine Sekunde groBe Sekunde kleine Terz groBe Terz Quarte Quinte kleine Sexte groBe Sexte kleine Septime groBe Septime Oktave

1:1 16:15 9:8;10:9 6:5 5:4 4:3 3:2 8:5 5:3 9:5,16:9 15:8 2:1

0 1 2 3 4 5 7 8 9 10 11 12

Konsonanz Dissonanz Dissonanz Konsonanz Konsonanz Konsonanz Konsonanz Konsonanz Konsonanz Dissonanz Dissonanz Konsonanz

- Klavier Tenor-Saxophon BaB-Tuba | — Trompete - KontrabaB - Cello •|Geige 15 20 30

50

100

—r-

200

500 Hz 1000 1 Frequenz f

2

3

nung c. Die Frequenzverhaltnisse/:/c'der sieben Tone zum Grundton sind in Tabelle 7-7 aufgefiihrt; fiir die i n t e r n a t i o n a l Stimmung des Normstimmtons 2i' (Kammerton) auf/a' = 440 Hz sind die Frequenzen der Tone der eingestrichenen Oktave angegeben.

5 kHz 10

Die diatonische Tonleiter, die mit ganzzahligen Bild 7-17. Frequenzbereiche der Oktaven, der Stimm- Frequenzverhaltnissen gebildet wird, ist in sich lagen und der Grundtone einiger Musikinstrumente. nicht widerspruchsfrei, wie folgendes Beispiel zeigt:

510

T.Akustik

Tabelle 7-7. Tonleitern. diatonisch rein

chromatisch wohltemperiert

Ton /:/c'

/ i n Hz

Ton

f'fc

/ i n Hz

264

c' cis' = des' d' dis' = es' e'

20/12

261,6 277,2 293,7 311,1 329,6 349,2 370,0 392,0 415,3 440,0 466,2 493,9 523,3

c'

1

d'

9/8

297

e' f

5/4 4/3

330 352

g'

3/2

396

a'

5/3

440

h' c"

15/8 2

495 528

rfis' = ges' g' gis' = as' a' ais' = b' h' c"

21/12 22/12 23/12 24/12 25/12 26/12 27/12 28/12 29/12 210/12 211/12 212/12

Ausgehend von der Frequenz/' des Tons c' kommt man durch einen groBen Sext- und einen Quartschritt auf den Ton d" mit der Frequenz /d" = / c ' y Y = / c ' - ^ . Geht man von d" wieder zwei Quinten zuriick, so sollte wieder der Ton c' entstehen. Tatsachlich aber weicht die sich dann ergebende Frequenz / = / ' ^ y y = / ' I f von der Tonfrequenz / ' um den Faktor 80/81 ab. Beim Spielen einer Melodie mit den reinen Intervallspriingen gemafi Tabelle 7-6 bewegt man sich zwangslaufig immer weiter von einer festen Tonleiter weg. Diese diatonischen Unstimmigkeiten wirken sich besonders beim Ubergang auf die anderen Tonleitern der Dur- und Moll-Tonarten aus, wenn durch chromatische Erhohung oder Erniedrigung die benotigten Halbtonintervalle festgelegt werden. Zur Zeit J. S. Bachs wurde die chromatisch wohhemperierte Stimmung eingefiihrt, bei der die Oktave in zwolf gleiche Halbtonschritte unterteilt ist (Tabelle 7-7). Das Frequenzverhaltnis zweier aufeinander folgender Halb12^

tone betragt dabei yl. Mit dieser chromatischen Tonleiter wurden die diatonischen Probleme gelost, nach ihr sind die Instrumente mit fester Stimmung (z.B. Klavier) gestimmt.

7.4. Technische Akustik 7.4.1. Raumakustik Bei der Schallausbreitung in Raumen, beispielsweise in Wohnraumen, Biiros, Veranstaltungssalen und Hallen wird die Schallempfindung und die Horsamkeit im Raum

von den Intensitats- und Laufzeitverhaltnissen zwischen dem gradlinig einfallenden Schall, dem Direktschall, und dem iiber Reflexionen an den Wanden und Flachen im Raum an den Empfangsort gestreuten Schall, dem indirekten Schall, bestimmt. Ist die Laufzeitdifferenz zwischen dem direkten und dem indirekten Schall, besonders dem Anteil mit nur einem einzigen Riickwurf, kleiner als die absolute Wahrnehmbarkeitsschwelle von etwa 0,05 s, dann sind die Reflexionen unschadlich fiir die Horsamkeit und wirken sich vorteilhaft auf die Verstandlichkeit und die Klangfarbung, besonders bei Musik, aus. Die niitzlichen Ruckwiirfe kompensieren die geometrisch bedingte Schallpegelabnahme des Direktschalls bei wachsendem Abstand zwischen Schallgeber- und -empfanger. GroBere Laufzeitunterschiede sind schadlich, besonders wenn periodische Riickwurffolgen, sogenannte Flatterechos, auftreten. Diese entstehen durch Schallriickwiirfe zwischen parallelen, gut reflektierten RaumumschlieBungsflachen. Sie lassen sich durch konstruktive MaBnahmen wie schiefwinklige Flachenanordnungen, im Extremfall in einer Fiinfeckgeometrie, Oder durch schallabsorbierende Wand- und Deckenverkleidungen unterdriicken. Haufige Reflexionen bewirken, daB der indirekte Schall am Empfangsort gleichmaBig aus alien Ausbreitungsrichtungen einfallt und die Schallenergiedichte w iiberall im Raum gleich groB ist. Ein solches Schallfeld wird als diffuses Schallfeld bezeichnet. Fine Wandflache Si mit dem Schallabsorptionsgrad ai — schematisch in Bild7-18 wiedergegeben — absorbiert unter dem Einfallswinkel S aus einem Raumwinkelbereich dQ die Schalleistung dPs=(Xil3(SiCOSd)dQ.

(7-62)

Is ist die Schallintensitat der unter dem Winkel S einfallenden Schallwelle. Im diffusen Schallfeld ist diese unabhangig vom Einfallswinkel und /^ = /diffus- Mit dem Raumwinkelbereich (In r sin S)(r dS) ^ dQ = I sin d dd Anr^ ergibt sich die gesamte von der Flache »Si absorbierte Schalleistung

7.4. Technische Akustik

^diffus = ^ w - 1 0 1 g - - d B . 4^0

Bild 7-18. Schalleinfall auf eine Schallabsorptionsfldche. Till

A = i ^diffus *^i J ^\ COS b sin b d^. (7-63) 0

Im allgemeinen hangt der Schallabsorptionsgrad ai einer schallabsorbierenden Flache vom Schalleinfallswinkel 6 ab; deshalb definiert man einen mittleren Absorptionsgrad n/l

OL

j ai cos 6 sin 6 dd _o

1 ""

7C/2

j COS 6 sin d dd

511

(7-67)

L^ ist der Schalleistungspegel der Schallquelle, SQ = 1 m^ die Bezugsflache. Die aquivalente Absorptionsflache A eines Raumes bestimmt also den Schallpegel des diffusen Schallfeldes und dariiber hinaus den akustischen Raumeindruck. Ist A groB, hat der Raum eine geringe Halligkeit, seine Akustik wird als trockene Akustik gekennzeichnet. Sehr hallige Raume dagegen haben eine geringe aquivalente Absorptionsflache. Diese fur den raumakustischen Eindruck charakteristische GroBe A kann meBtechnisch einfach durch eine Nachhallmessung bestimmt werden. Dazu wird entsprechend Bild 7-19 der zeitliche Abfall des Schallpegels L^iffus im diffusen Schallfeld untersucht, wenn die Schallquelle abgeschaltet wird. Die im Zeitintervall dt dem Raumvolumen V durch Absorption verlorengehende Schallenergie - d £ ' / d / ist gleich der absorbierten Schalleistung Pges nach Gl. (7-65). Die Schallintensitat des diffusen Schallfeldes ist /diffus = w c und hangt damit von der Schallenergiedichte w = E/V ab; es gilt die Bestimmungsgleichung

0 71/2

= 2 J ajcos d s i n ^ d d .

(7-64)

0

Durch Summation der von alien Raumflachen S\ absorbierten Schalleistung Pi ergibt sich die gesamte Schallabsorptionsleistung ^ges ~ 2^ P\~

J ^diffus 2 J *^i ^ i

4 ^diffus ^ •

Die Integration von Gl. (7-68) ergibt, daB die Schallenergie in einem Raum exponentiell abnimmt, wenn die Schallquelle ausgeschaltet wird: i

(7-65)

LA^-^T-VVVV

/ Fiir die Absorptionseigenschaften eines Raumes charakteristisch ist die dquivalente Absorptionsfldche

A = lS,a,.

-30dB

(7-66) j

Wird Gl. (7-65) durch den Schalleistungsgrenzwert PQ = IQ SQ der Horschwelle dividiert, so ergibt sich mit den Gleichungen in Tabelle 7-2 der Schalleistungspegel des diffusen Schallfelds:

'* * ^ 0,55 s V

Zeit t

Bild 7-19. Bestimmung der Nachhallzeit aus dem Schallpegelabfall eines diffusen Schallfeldes. Nachhallzeit T/2 = 0,55 s Oder T= 1,1 s.

512

T.Akustik

£•(0 = ^ ( 0 ) 6

cA 4V

(7-69)

Als charakteristische Zeitkonstante fiir den Abfall der Schallenergie ist die Nachhallzeit T festgelegt. Es ist die Zeitspanne, in der die Schallenergie diuf E{T) = 10-^E(0) oder der Schallpegel Ldiffus des diffusen Schallfelds um AL = 60 dB abgenommen hat. Aus Gl. (7-69) ergibt sich T=

24 In 10 V

(7-70)

Fur Luftschall mit einer mittleren Schallgeschwindigkeit von CL = 340 m/s geht Gl. (7-70) iiber in die Sabinesche Formel: 0,163 V m/s A

(7-71)

Die Nachhallzeit T hangt vom Raumvolumen und - iiber den Zusammenhang mit der aquivalenten Absorptionsflache A - wie der Schallabsorptionsgrad as (Bild 7-7) von der Schallfrequenz ab. Um eine optimale Horsamkeit in Vortragsraumen, einen vollen Klangeindruck in Musiksalen oder eine ausreichende Schallpegelreduktion in Sporthallen zu erreichen, sind frequenz- und raumvolumenabhangige Anforderungen an die Nachhallzeit festgelegt. So sollen nach DIN 18 032 in Sporthallen die Nachhallzeiten moglichst kurz oder oberhalb / = 500 Hz im unbesetzten Zustand nicht groBer als T = 1,8 s sein. Eine optimale Sprachverstandlichkeit vs^ird nach DIN 18041 erreicht, v^enn im Frequenzbereich 500 Hz < / < 1000 Hz die Nachhallzeit T = 1,0 s bis r = l,2sbetragt. Eine raumakustische Optimierung erstreckt sich nicht nur auf die Anpassung der aquivalenten Absorptionsflache an die zur Nutzung erforderlichen Nachhallzeiten. Bin weiterer wesentlicher Planungsteil befaBt sich mit der geometrischen Ausbreitung des Direktschalls und der niitzlichen ersten Schallriickwiirfe. Mit Reflektoren, speziellen Deckenformen, ausgekliigelten Schallabsorberanordnungen sowie akustisch wirksamen Verkleidungen von Wanden und Decke wird im konkreten Fall der Raum nach den akustischen Erfordernissen optimiert.

7.4.2. Luftschalldammung Trifft der durch Sprechen, Musik oder Arbeitstatigkeit erzeugte Luftschall (Schallpegel Li) auf die Wande und Decken eines Raumes, so werden diese zu erzwungenen Biegeschwingungen angeregt. Die periodisch auftretenden iiber- und Unterdriicke der Schallwellen an der Trennwand oder Trenndecke lenken die Bauteile senkrecht zur Wandflache aus, wie in Bild 7-20 dargestellt. Diese Biegeschwingungen erregen die Luftteilchen im Nachbarraum, die sich vor der Trennw^and S befinden, zu Schwingungen und erzeugen dadurch im Nachbarraum Schallwellen (Schallpegel L2). Bei erzwungenen Schwingungen (Abschn. 5.1.3) ist die Schwingungsamplitude — und damit die in den Nachbarraum abgestrahlte Schalleistung — abhangig von der Lage der Anregungsfrequenzen beziiglich der Eigenfrequenzen der Biegeschwingungen der Trennwand und von deren Dampfung. Wegen der Einspannbedingungen ist die Luftschall transmission kompliziert und muB meBtechnisch erfaBt werden.

\ \ 1 vr^ l(U| I f I i n 11 I I II I l i Bild 7-20. Luftschallanregung und -abstrahlung einer Trennwand (S schallabstrahlende Oberfldche im Empfangsraum mit der aquivalenten Schallabsorptionsfldche A). Die Luftschalldammung wird durch ein logarithmisches MaB fur den Luftschalltransmissionsgrad is, das SchallddmmaB R, gekennzeichnet(Gl. (7-50)): i ? = 1 0 1 g = ^ d B = 1 0 1 g — d B . (7-72) Ts (S) Pi Die GroBe Pi ist die auf die Trennwand auftreffende, P2 die auf die Riickseite in den

7.4. Technische Akustik Empfangsraum abgestrahlte Schalleistung. Die gesamte, auf die Trennwandflache S auftreffende Schalleistung ist nach Gl. (7-63) fiir ai=l

Die transmittierte Schalleistung P2 = TS P\ wird im Empfangsraum von der aquivalenten Absorptionsflache A absorbiert und fuhrt zu einem diffUsen Schallfeld im Empfangsraum, dessen Schallintensitat nach Gl. (7-65) 4P.

, 1 ^

(7-74)

ist. Werden die Schalleistungen der diffusen Schallfelder im Sende- und Empfangsraum auf die Bezugsintensitdt IQ= 10~'^W/m^ bezogen und wird Gl. (7-74) logarithmiert, so ergibt sich fiir die Schallpegeldifferenz zwischen Sende- und Empfangsraum L, -L2=R-lO\g-dB.

S A

(7-75)

AuBer vom SchalldammaB R hangt also die von den Bewohnern empfundene Schalldammung Li — L2 vom Verhaltnis der Trennwandflache S zur aquivalenten Absorptionsflache A des Empfangsraums ab. Gl. (7-75) wird in der Praxis dazu verwendet, das SchalldammaB einer Konstruktion zu bestimmen:

R=L^-L2 +

lO\g-dB. A

(7-76)

Zu diesem Zweck werden der diffuse Schallpegel Li der Lautsprecher im Senderaum, der diffuse Schallpegel L2 im Empfangsraum und die Trennw^andflache S gemessen sov^ie nach Gl. (7-71) iiber eine Nachhallzeitanalyse im Empfangsraum die aquivalente Absorptionsflache A ermittelt. R ist von der Schallfrequenz abhangig und muB nach DIN 52210 terzweise im Bereich 100 Hz < / < 3200 Hz bestimmt werden.

513

Der Schallschutz hangt nicht nur von der Schalldammung der Trennflache S zw^ischen den Raumen ab, sondern in hohem MaB auch von der Schalldngsleitung entlang der flankierenden Bauteile. Die Luftschalldammung der Trennwand oder Trenndecke wird durch diese Schallangsleitung begrenzt.

7.4.3. Korperschalldammung Korperschall ist die Ausbreitung von Schall in einem festen Medium oder an der Oberflache eines Festkorpers mit Schallfrequenzen im Horbereich oberhalb / = 15 Hz. Schallwellen mit kleineren Frequenzen werden als Schwingungen oder Erschutterungen bezeichnet. Die Erregung von Korperschall in festen Bauteilen durch direkt einwirkende mechanische Krafte ist viel wirksamer als die Luftschallanregung. Besonders wirksam sind stoBartige Korperschallerregungen. Das Frequenzspektrum dieser Schlaggerdusche ist so breit, daB eine Vielzahl der moglichen Korperschall well enformen, wie beispielsweise Longitudinal-, Transversaloder Rayleigh-Oberfldchenwellen, angeregt werden. Ziel der Korperschalldammung ist es, die Einleitung von Korperschall in ein Bauteil sowie die Ausbreitung und die Abstrahlung als Luftschall moglichst niedrig zu halten. Die Moglichkeiten hierzu sind — die Korperschalldammung durch Reflexion des Korperschalls an Grenzflachen mit hohen Schallkennimpedanzunterschieden (Luftzwischenschichten in zweischaligen Trennwanden, Sperrmassen) oder abgestimmter elastischer Zwischenschichten (Federelemente, Gummiplatten); — die geometrische Kdrperschallddmmung durch Verminderung der Korperschalldichte, indem die Entfernung von der Quelle vergroBert wird und die abstrahlenden Flachen verkleinert werden; — die Korperschalldammung durch Dissipation der Korperschallenergie in zwischengeschalteten Materialien mit hoher innerer Reibung (Hochpolymere, Sand, Entdrohnmaterialien) und iiber Reibungsverluste an Kontaktflachen (Nagelverbindungen, StoBstellen-Dammung an Bauteilubergangen);

514

T.Akustik

— die Verminderung des Abstrahlgrads der korperschallabstrahlenden Flache, indem durch konstruktive MaBnahmen (kleinflachige Unterteilung, Aussteifungen, Lochungen) die Abstrahlflache moglichst klein gemacht (charakteristische Durchmesser kleiner als die Luftschallwellenlange) und in nebeneinanderliegende Gebiete mit entgegengesetzter Phasenlage (SchallinterferenzAusloschung) zerlegt wird. In der Praxis werden die verschiedenen Moglichkeiten miteinander kombiniert Eine besonders wirkungsvolle Korperschallisolation ist die elastische Lagerung des Schallgebers, wie in Bild 7-21 dargestellt. Hierbei steht der Erreger mit seiner Fundamentplatte auf einer federnden Zwischenschicht gemaB Bild 7-22 (z.B. Metall- oder Gummifederkorper, weiche Gummi-, Kork- oder Schaumstoffplatten, Fasermatten) und bildet so ein schwingungsfahiges Masse-Feder-System.

V777777777777777777777X^77777777A77777777/,

Bild 7-21. Kdrperschallddmmende elastische Maschinenlagerung.

Liegt die erregende Korperschallfrequenz / weit oberhalb der Resonanz- oder Abstimmfrequenz des Masse-Feder-Systems

mit m als der schwingenden Masse und c als der Federkonstante der Federschicht, dann ist nach der Theorie der erzwungenen Schwingungen (Abschn. 5.1.3) die Schwingungsamplitude des Bauteils, in das der Korperschall eingeleitet wird, kleiner als die Erregeramplitude. Die Einleitung des Korperschalls, beispielsweise eines Ventilators in die Rohdecke, wird dadurch vermindert. Auch die Korperschallisolierung hochempfindlicher Empfangsraume, beispielsweise von Aufnahmestudios, kann man uber die elastische Lagerung des Raumes auf Federisolatoren erreichen. Die Verminderung der Krafteinleitung und damit der Korperschallanregung wird durch den Isolierwirkungsgrad rj beschrieben:

Die GroBe F L ist die Amplitude der eingeleiteten, F^ der erregenden Kraft. — Haufig dominiert die Kraftkomponente der Erregung senkrecht zum Fundament; diese eindimensionale Schwingung kann mit Hilfe der Losungen fiir die gedampfte erzwungene Schwingung in Abschn. 5.1.3 beschrieben werden. Die eingeleitete Kraft in Bild 7-23, die Lagerkraft F L , ist Fi^ = ex + bx. Ihre Amplitude / L ist

Gummi

Metallschicht Gummi

Bild 7-22. Elastische Lagerungen: a) Stahlfederband, b) gelochte Gummiplatte, c) Gummimetallelement.

Dampfer

Bild 7-23. Visko-elastisches Einmassensystem.

7.4. Technische Akustik

515

Wirkung wird erst erreicht, wenn die Erregerfrequenz oberhalb des J/z-fachen der Eigenfrequenz liegt. Isolierwirkungsgrade von rj > 93% werden bei D = 0 nur erreicht, wenn das Erreger- zu Eigenfrequenzverhaltnis den Wert CO/OJQ = 4 iibersteigt. Beim Einmassensystem fallt die Amplitude cD = 2Kf ist die Erreger-Kreisfrequenz, COQ = der eingeleiteten Kraft FL nach Gl. (7-79) fiir 2 7r/o die Eigenfrequenz des Schwingungssy- (o> COQ proportional zu 1/co^. Einen steileren stems mit der Masse m und der RichtgroBe c Abfall (^ l/co"^) und damit einen hoheren und D der Dampfungsgrad. Im Fall eines Ein- Isolierwirkungsgrad erreicht eine elastische massensystems ist der Isolierwirkungsgrad rj Lagerung nach dem Prinzip eines schwingungsgekoppelten Zweimassensystems, verder elastischen Lagerung demnach deutlicht in Bild 7-25. Durch eine doppeltelastische Maschinenaufstellung kann man mit verhaltnismaBig einfachen Mitteln bereits einen Isolierwirkungsgrad erreichen, der in der Praxis durch ein Einmassensystem nicht realisierbar ist.

Ist die Dampfung vemachlassigbar, also D^O, dann folgt aus Gl. (7-80)

FE = Fgcoslcof+
(7-81)

rj = -

\«o/ In Bild 7-24 ist der Verlauf des Verhaltnisses aus iibertragener zu erregender Kraft in Abhangigkeit vom Verhaltnis zwischen Erregerund Eigenfrequenz fur verschiedene Dampfungskonstanten aufgetragen und der sich nach Gl. (7-80) ergebende Isolierungswirkungsgrad rj eingezeichnet. Eine schalldammende

3,0 1

L*^ l—Dampfung D = 0


//

\V-D = 0,2

I 1.5 JC

S1.0

^


^0,5 T

1

0,5

1

L,

12505 ^S ,

,

1

1

1,0 1,5 2.0 2,5 3,0 3,5 Kreisfrequenzverhaltnis CO/COQ

1

100%

4,0

Bild 7-24. Resonanzkurve eines Einmassensystems mit Verlauf des Isolierwirkungsgrads rj.

Bild 7-25. Doppeltelastische Maschinenaufstellung (F^, Fi Erreger- bzw. Lagerkraft, m Masse^ c Federkonstante).

Der Trittschall ist ein bauphysikalischer Sonderfall der Korperschallanregung. Er wird durch das Begehen und das um etwa AL = 20 dB (A) starkere Gerausch der Hiipfens und des Stiihleverriickens auf harten Gehbelagen verursacht und iiber die Decke direkt in den darunterliegenden Raum iibertragen. Uber StoBstellen der Decke an flankierende Bauteile breitet sich das Trittschallgerausch in umliegende Raume aus. Die Trittschalliibertragung wird nach DIN 52210 gemessen, indem nach Bild 7-26 ein Norm-Hammerwerk mit einer Schlagfrequenz von 10 Schlagen je Sekunde auf die Decke aufgestellt und im Empfangsraum der Trittschallpegel Lgem terzweise aufgenommen wird. Der EinfluB der Schallabsorption des Empfangsraumes auf den gemessenen diffusen Schallpegel wird durch ein Korrekturglied berucksichtigt, das vom logarithmischen Ver-

516

T.Akustik

a)

Schallpegel-

zeichnete Bodenaufbau besteht aus einer lastverteilenden Platte aus Zementmortel (Zementestrich), Asphalt (GuBasphaltestrich) oder Spanplatten (Trokkenestrich) auf einer weichen, 6 mm bis 30 mm dicken Trennschicht. Bild 7-27 zeigt einen solchen Aufbau. Eine gute Trittschalldammung laBt sich allerdings nur erreichen, wenn die Estrichplatte keine Schallbriicken aufweist, also keine Mortelbriicken oder feste Verbindungen iiber ungeniigend abgedeckte Versorgungsleitungen zur Rohdecke oder zur Wand hat.

Wand Innenputz Sockelleiste DammstoffRandstreifen Bodenbelag Estrich Abdichtung TrittschallDammschicht Massivdecke

Bild 7-2 7. Sch wimmender Estrich. Bild 7-26. Norm-Messung des Trittschallschutzes von Decken: a) MeBanordnung, schematisch, b) NormlAA. Stromungsgerausche Hammerwerk. Stromungsgerdusche entstehen, wenn in Maschinen und Geraten Stromungsenergie in haltnis der aquivalenten SchallabsorptionsSchallenergie im Horfrequenzbereich umgeflache A^ des Empfangsraumes zu einer wandelt wird. Zu zeitlichen Schwankungen Normabsorptionsflache AQ=\Om'^ abhangt. der Gas- oder Fliissigkeitsstromung kommt es Der Norm-Trittschallpegel L^ der Deckenkonvor allem beim Umstromen von Hindernissen struktion ist also sowie an Stromungskrummungen und Ausstromoffnungen. Beispielsweise werden beim Z„ = I^,„ + 101g — d B . (7-82) Umstromen eines Zylinders mit abstromseiti^ 0 ger Wirbelbildung gemaB Bild 7-28 Kraftund Druckschwankungen erzeugt, die ein A^ wird durch eine Nachhallzeitmessung nach breitbandiges Stromungsrauschen verursachen. Gl. (7-71)bestimmt. Ist die Wirbelabldsung an den umstromten Korpem asymmetrisch, oder wird — wie bei Bei massiven, einschaligen Rohdecken bestimmt die Propellern - der Wirbelbildung eine Periodiflachenbezogene Masse m' = m/A der Decke, wie zitat aufgepragt, so entstehen schmalbandige niedrig der Norm-Trittschallpegel ist. Jedoch lassen Stromungsgerausche, die Hiebtone. Uber die sich selbst mit sehr schweren Decken von m'» 600 Rohr- oder Behalterwandungen werden die kg/m^ keine solch niedrigen Trittschallpegel erreiDruckschwankungen des Fluids in Luftschall chen, dafi der Mindest-Trittschallschutz nach DESf 4109 Schallschutz im Hochbau erfiillt ist. Der Trittumgewandelt. schallschutz wird verbessert, wenn durch weichfeWechselkrafte durch Wirbelablosung entstedernde Gehbelage die Korperschalleinleitung verhen auch durch Reibungsvorgange in der mindert oder der FuBboden durch eine weichfeMischzone zwischen dem hochbeschleunigten dernde Dammschicht von der Rohdecke abgekopFreistrahl von Diisenoffnungen und dem rupelt wird. Dieser als schwimmender Estrich be-

7.4. Technische Akustik Stromungsgeschwindigkeit y

Kraft I F| \

'^-^

t

Bild 7-28. Erzeugung einer Wechselkraft durch wechselseitige Wirbelablosung an einem angestromten Zylinder.

^---:c:ce'^ (0 :=c':cS__G_^ Bild 7-29. Wechseldruckerzeugende Wirbel um turbulenten Freistrahl einer Diise. henden Gas, in das der Freistrahl einstromt, wie Bild 7-29 zeigt. Das Freistrahlgerdusch hat eine ausgepragte Richtcharakteristik in Ausstromrichtung, sein Schallfrequenzspektrum ist sehr breitbandig. Wenn an Regelventildurchlassen die Schallgeschwindigkeit des gasformigen Stromungsmediums uberschritten wird und sich dadurch StoBwellen ausbilden, kommt es ebenfalls zu horbaren Stromungsgerauschen. Aber auch von Ventilkegel und Resonanzschwingungen Ventilspindel konnen zu Armaturengerauschen fuhren.

517

Tritt in stromenden Fliissigkeiten Kavitation auf, dann entsteht noch ein weiteres Stromungsgerausch. Die Kavitation wird dadurch verursacht, daB die Stromungsgeschwindigkeit V an umstromten Profilen oder Stromungskanten sehr hoch wird. Nach der BernoulliGleichung (Abschn. 2.11.3.2) vermindert sich der statische Druck p=Pg^ — qllv^\ er kann niedriger als der Sattigungsdampfdruck p^ der Fliissigkeit sein. An kleinen Luftblaschen als Keimen entstehen dann dampfgefiillte Hohlraume, wie in Bild 7-30 skizziert. Diese Dampfblasen kondensieren schlagartig mit Schallgeschwindigkeit, wenn der statische Druck wieder iiber den Sattigungsdampfdruck ansteigt. Bei dieser Implosion entstehen sehr hohe Druckspitzen bis zu /? = 10^ bar, die zu Materialschaden {Kavitationskorwsion, Abschn. 2.11.3.4) fuhren und ein prasselndes, breitbandiges Gerausch {Kavitationsgerdusch) verursachen. Kavitation und Wirbelablosung in Armaturen mit groBen Querschnittsverengungen bewirken die Gerausche bei der Wasserentnahme und beim AbwasserabfluB. Uber die Rohrleitungen und die Wassersaule werden diese Druckschwankungen weitergeleitet und als Luftschall abgestrahlt. Durch Wasserschallddmpfer (Querschnittserweiterungen mit Gummikorper) in den Leitungen, eine Ummantelung der Steigrohre mit losem Sand oder eine Unterbrechung der Leitung durch zwischengeschaltete, korperschalldammende Gummielemente kann man die Weiterleitung von Installationsgerauschen unterdriicken. Besonders wirkungsvoll wird das Armaturengerausch vermindert, wenn die Stromungsgeschwindigkeit durch zwei hintereinandergeschaltete Lochbleche am AusfluB (Luftsprudler) vermindert und die Wirbelablosung durch weite, kantenfreie Ventilsitze verhindert wird. Mit diesen MaBnahmen erreicht man einen ArmaturengerauschpegelLAG^20dB(A).

QPsH

Weg X

7.4.5. Ultraschall

y/////////////////////////////////////////////^^^^

' ^ ^ " ^

j///

Dampfblasen Stromungsprofil

Bild 7-30. Entstehung und Implosion von Kavitationsblasen (v Stromungsgeschwindigkeit).

Schall mit Frequenzen oberhalb des Horbereichs von e t w a / = 20 kHz bis 10 G H z bezeichnet man als Ultraschall. Mechanische Ultraschallgeber, wie z.B. Pfeifen {GaltonPfeife) und Sirenen, erzeugen Ultraschallfrequenzen bis e t w a / = 200 kHz. Hohere Schallfrequenzen und groBere Ultraschalleistungen

518

7.Akustik

erreichen elektroakustische Schallgeber. Im mittleren Ultraschall-Frequenzbereich wird die Magnetostriktion, also die Langenanderung eines ferromagnetischen Stabes aus Nickel Oder Weicheisen im Magnetfeld einer Hochfrequenzspule, zur Ultraschallerzeugung verwendet (Abschn. 4.4.4.2). Hohere Frequenzbereiche und besonders hohe Ultraschallintensitaten von iiber / = 100 W/cm^ lassen sich durch die Elektrostriktion, also den umgekehrten piezoelektrischen Effekt, von Quarzoder Bariumtitanatplatten erreichen (Abschn. 9.3.3). Die Wellenlange des Ultraschalls ist kurz; in Luft ist sie kleiner als etwa / l = 1,5 cm. Beugungen sind deshalb bei iiblichen Dimensionen vernachlassigbar, so daB die Ultraschallausbreitung mit den Gesetzen der geometrischen Optik beschrieben werden kann. Ultraschall kann zu Ultraschall-Richtstrahlen gebiindelt werden, deren Reflexion man z.B. zur Ortung von Unstetigkeiten verwendet. Reflexionen treten an Grenzschichten mit sprunghafter Anderung der Schallkennimpedanz auf, beispielsweise beim Schall-Ubergang von Festkorpern auf Luftschichten in Rissen von Schmiedeteilen, Lunkem von GuBeisen oder an Aufdopplungen von Blechen. Aus dem Zeitunterschied zwischen dem Aussenden und dem Empfang des reflektierten Ultraschalls, dem Ultraschallecho, lafit sich bei bekannter Schallgeschwindigkeit der Abstand der Reflexionsstelle berechnen (Echolotverfahren). Diskontinuitaten kann man bei der Zur Ubung t) 7-1: Bei einer ebenen sinusformigen Schallwelle in Luft wird bei 20 °C eine Schalldruckamplitude von 0,2 Pa gemessen. a) Wie groB sind Amplitude und Effektivwert der Schallschnelle? b) Wie groB ist die Intensitat und der Pegel der Welle? c) Wie andert sich die Intensitat bei Ubergang von Luft in Argon?

Ultraschall- Werkstoffprufung zerstorungsfrei bis auf 0,1 m m genau lokalisieren. Zu den altesten Anwendungen des Ultraschalls gehoren die Verfahren zur Ortung von Unterseebooten nach dem Sonar-Prinzip (sound navigation and ranging), zur Tiefenbestimmung mit dem Echolot und zur Kommunikation unter Wasser. Eine weitere Anwendung des Ultraschalls ist die bildgebende Ultraschalldiagnostik in der Medizin. An der Trennflache von Muskelgewebe und Gewebefliissigkeit wird etwa 0,1% der Ultraschallenergie reflektiert. Um einerseits eine hohe raumUche Auflosung durch kurze Wellenlangen zu erlangen, andererseits aber trotz der Ultraschalldampfung ausreichend tief ins Korperinnere eindringen zu konnen, verwendet man Ultraschallfrequenzen im Bereich von 3 MHz bis 15 MHz. Mittels Ultraschalldiagnostik kann der Mediziner ohne Strahlenbelastung Organveranderungen analysieren und Schwangerschaftsentwicklungen verfolgen. Bei Ultraschallfrequenzen von etwa / = 20 kHz bis / = 40 kHz lassen sich so hohe Schallintensitaten und Schallschnellen erreichen, daB an festen Grenzflachen Kavitation auftritt. Durch die Implosion der Kavitationsblasen konnen z.B. Emulsionsvorgange eingeleitet, Metallschmelzen und Fliissigkeiten entgast sowie Schmutzteilchen von Oberflachen losgerissen werden (Ultraschall-Reinigung). Die groBe Ultraschallenergie wird auch zum Ultraschallbohren eingesetzt. In harten und sproden Materialien, wie z.B. Glas und Quarz, lassen sich bei geeigneter Schleifmittelzugabe durch resonantes mechanisches Absprengen feinste Profilformen herstellen. baude, wenn alle drei Quellen gleichzeitig einwirken? c) An welcher der drei Schallquellen ist eine LarmminderungsmaBnahme am sinnvollsten, um den Gesamtpegel zu senken? Um wie viell muss der Pegel der Quelle mindestens gesenkt werden, damit der Gesamtpegel am Gebaude hochstens 60 dB betragt? U 7-3: An einem Arbeitsplatz werden folgende Oktavpege gemessen:

U 7-2: Auf einem Betriebsgelande befinden sich drei Schallquellen, die als Punktquellen betrachtet werden /m/Hz 16 31,5 63 125 250 500 1000 2000 konnen. Neben dem Betriebsgelande befindet sich ein L/dB 43 48 49 60 52 53 50 38 Wohngebaude; ftir dieses soil die Wirkung der Schallimmission bestimmt werden. In jeweils 2 m Abstand a) Welcher Gesamt-Schallpegel wird gemessen? b) von den Quellen werden folgende Schallpegel gemes- Welchen A-bewerteten Schallpegel hat das gemessene sen: Zi 2 m = 93 dB, ^2,2 m = 97 dB und L3 2 m = 98 dB.Frequenzspektrum? c) Wie hoch ist der aquivalente Die Abstande zum Wohnhaus sind r^ = 160 m, ^2 = Dauerschallpegel an diesem Arbeitsplatz, wenn wegen 100 m und r^ = 252 m. a) Wie groB ist der Schallpegel eines zusatzlichen Maschinengerausches wahrend jeder einzelnen Quelle am Immissionsort? b) Wie groB eines lO-stiindigen Arbeitstages zwei Stunden lang der ist der resultierende Gesamt-Schallpegel am Wohnge- Oktavpegel bei 250 Hz auf 80 dB ansteigt?

519

8. Atom- und Kernphysik Aus der Ubersicht Bild8-1 geht hervor, daB die Quantentheorie die Grundlage der quantitativen Beschreibung der Eigenschaften der Materie vom Festkorper bis zum Quark ist. Bis zum atomaren Bereich ist die SchrodingerGleichung (Abschn. 8.2.2), fiir den subatomaren Bereich die Dirac-Gleichung (Abschn. 8.9) giiltig. Wie Bild8-1 auBerdem zeigt, sind Informationen iiber den Aufbau von Molekiilen, A Abstand in m

Festkorper

eV, m///////, — — — — 7//////////

Leitungsband Donatorniveaus Akzeptorniveaus Valenzband

10-^

Atomen und subatomaren Bausteinen nur iiber die Wechselwirkungsprozesse zwischen Teilchen (bzw. Wellen) und dem zu untersuchenden Objekt zu erhalten. Solche Wechselwirkungen sind die Absorption Oder Emission von elektromagnetischer Strahlung Oder die Streuung von Teilchen (z. B. von Elektronen am Atomkern zur Ermittlung der Ladungsverteilung). U m die Strukturen des MeBobjekts zu erkennen, muB die Wellenlange der Strahlung kleiner als die aufzulosende Struktur sein. Bild 8-1 zeigt die GroBenbereiche von Festkorper, Molekul, Atom, Kern und Elementarteilchen mit den fiir sie typischen Energiediagrammen. Durch die genannten Wechselwirkungsprozesse finden Ubergange zwischen den einzelnen Energieniveaus (Energiezustanden) statt, deren Energiedifferenzen in Wellenlangen umgerechnet {E = h {C/A))

MolekCil

10" QMJE

4I = -^ ~ ^g —

Atom

3D. optisches Spektrum

10-^^

y-Spektrum

10'

in der GroBenordnung des un-

tersuchten Objekts liegen. Dies hat zur Folge, daB mit kleiner werdenden Strukturen immer h5here Energien erforderlich sind. Wie aus Bild 8-1 hervorgeht, reicht bei Molekiilen fiir Ubergange zwischen Schwingungszustanden Infrarotstrahlung aus, wahrend fiir Kerniibergange y-Strahlung benotigt wird. Das Wort Atom kommt aus dem Griechischen und bedeutet das Unzerschneidbare. Es wurde im fiinften und vierten Jahrhundert v. Chr. von den Naturphilosophen DEMOKRIT (460 bis 370), PLATON (429 bis 348) und ARISTOTELES

Quarks

10-^

2,3| 1,9 j ^ 1,5 j 1,1] — — r = 3/2 0 S= 0 -1

— z i Baryonenzustande 1 -1

Bild 8-1. Atombau und Spektren.

(384 bis 322) zur Erklarung von Stoffeigenschaften eingefiihrt. D e r moderne Atombegriff bezeichnet den kleinsten Bestandteil eines chemischen Elements, der noch die Eigenschaften des Elements hat. Eine Zerlegung des Atoms in seine Bestandteile Pro-

Atomistik der Materie ProutDalton (1801,1807)

Gay-Lussac (1808)

Atomistik der Elektrizitat

Atomistik der Energie

Faraday (1833)

Planck (1900)

2 • 14g Stickstoff + 16g Sauerstoff - ^ 44g NjO 14g Stickstoff + 16g Sauerstoff - * • 30g NO 14g Stickstoff + 2 • 16g Sauerstoff - ^ 46g NO2 Atommassen N : O = 14 : 16

2 Vol. N2 +1 Vol. O2 - ^ 2 Vol. N2O 1 Vol. N2 + 1 Vol. O2 - ^ 2 Vol. NO 1 Vol. N2+ 2 Vol. O2 - ^ 2 Vol. NO2

1 F scheidet 107,9 g Ag ab 2Fscheiden2-107,9g Agab 31,75g Cuab 1 F scheidet I F = 96487,0 C/mol

Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen

Avogadro(1811): Gleiche Volumina verschiedener Gase enthalten gleich viele Atome bzw. Molekule(p,r konstant).

Die elektrolytisch abgeschiedene Substanzmenge ist der Ladungsmenge proportional.

Bild 8-2. Atomistik.

E

, t /\f= = hf

Strahlungsgesetz fur die Hohlraumstrahiung, Austausch der Energie in Portionen (Quanten)

520

8. Atom- und Kemphysik

tonen, Neutronen und Elektronen hat den Verlust der Elementeigenschaften (z.B. Spektrum) zur Folge. Der atomare Aufbau der Materie (Bild 8-2) zeigt sich u. a. darin, daB es bestimmte ganzzahlige Massenverhaltnisse gibt, in denen die Elemente chemische Reaktionen eingehen {Daltonsches Gesetz), Fiir Gase stellte Gay-Lussac fest, daB sie nur in bestimmten ganzzahligen Volumenverhaltnissen miteinander reagieren. Avogadro zog daraus den SchluB, daB gleiche Volumina gleich viele Teilchen enthalten (Avogadro-Konstante 7VA = 6,022 • 10^^ mol-', Abschn. 3.1.5). Die Atomistik der Elektrizitat zeigen die Faradayschen Gesetze (Abschn. 4.2.1.2), da die abgeschiedene Stoffmenge proportional zur Ladungsmenge ist. Das Auftreten von Energie in unteilbaren Portionen {Quanten) wurde von Planck zur Erklarung des Energieaustausches zwischen Materie und Strahlung {Plancksches Strahlungsgesetz, Abschn. 6.5.3) eingefiihrt. Dies ist der Ausgangspunkt der Quantentheorie, ohne die eine quantitative Beschreibung molekularer, atomarer und subatomarer Vorgange nicht moglich ware.

8.1. Bohrsches Atommodell J. J. THOMSON (1856 bis 1940) entwickelte 1904 folgende Atomvorstellung: Die Elektronen befinden sich in einer homogen positiv geladenen Kugel mit einem Durchmesser der GroBenordnung von 10"^^ m. Fiihren die Elektronen in der homogenen positiven Ladungsverteilung Schwingungen aus, so findet eine Emission von elektromagnetischer Strahlung statt {Hertzscher Dipol). Die nach diesem Modell errechneten Schwingungsfrequenzen konnten experimentell nicht bestatigt werden. Streuexperimente von E. RUTHERFORD (1871

bis 1937) mit a-Teilchen an Atomen fiihrten zu folgendem Atommodell: Die positive Ladung und fast die gesamte Masse des Atoms ist in einem Atomkern (Durchmesser etwa lO'^'^m) konzentriert, der von einer Elektronenhulle umgeben ist (Durchmesser etwa 10"^^ m). Auch mit diesem Atommodell konnten die diskreten Frequenzen der emittierten elektromagnetischen Strahlung nicht berechnet werden.

8.1.1. Optisches Spektrum des Wasserstoffatoms Unter einem Spektrum versteht man in der Optik die Abhangigkeit der Strahlungsintensitat von der Frequenz bzw. der Wellenlange der Strahlung. Die Auswertung und die Interpretation von Spektren geschieht in der Spektroskopie. Zur Messung von Spektren, beispielsweise von Festkorpern, Molekiilen und Atomen, werden die in Bild 8-3 zusammengestellten Spektroskopie-Verfahren eingesetzt. Bei der Emissionsspektroskopie wird die Probe beispielsweise durch Hochfrequenzfelder ionisiert und zur Lichtemission angeregt. Nach der spektralen Zerlegung des Lichts durch einen Monochromator (Prisma, Gitter, s. Abschn. 6.4.1.7) kann man aus den Wellenlangen der Emissionslinien auf das Element und aus der Intensitat der Linien auf die Konzentration des Elements in der Probe schlieBen (Bild 8-3, Ausschnitt des Spektrums von Eisen). Bei der Absorptionsspektroskopie werden beispielsweise die in die Gasphase iiberfiihrten Atome oder Molekiile mit Licht bestimmter Wellenlange bestrahlt. Durch Absorption wird die eingestrahlte Intensitat proportional der Teilchenkonzentration in der Probe geschwacht (Bild 8-3, Spektrum von Schwefeldioxid). Bei der Resonanzspektroskopie wird im Gegensatz zur Emissions- und Absorptionsspektroskopie die Probe mit einer konstanten Frequenz bestrahlt und eine auBere GroBe (z. B. Magnetfeld, Druck oder Temperatur) verandert. Bei bestimmten Werten wird die eingestrahlte Strahlung absorbiert. Zur Messung kann die von der Probe aufgenommene Intensitat (durchgezogene Linie in Bild 8-3) oder die abgestrahlte Intensitat (gestrichelte Linie) gemessen werden (Protonenresonanzspektrum von Dichlorbenzol in Bild 8-3). Die Spektroskopie ist ein unentbehrliches Hilfsmittel in der analytischen Chemie, beispielsweise zur Bestimmung der Elemente (z.B. Cadmium, Blei, Quecksilber, Selen) in einer Probe (z.B. des Bodens, der Luft, des Wassers oder eines Nahrungsmittels). Mit Spektroskopieverfahren ist es heute moglich, Elementmengen in der GroBenordnung von 10"^^ g (1 pg) zu bestimmen. Solche MeBmethoden dienen der Kontrolle der Umwelt beziiglich Kontamination durch Schwermetalle.

8.1. Bohrsches Atommodell Emissions - Spektroskopie prinzipielle MeBanordnung

Probe

J

Absorptions - Spektroskopie

' . bnergi©

MonoDetektor chromator

Probe

Datenaufbereitung

Intensitat

oct>n<(W A

kxzhO

Probe

U Probe

Z.B.

Veranderung von z. B. MagnetfeM . (NMR,ESR), Druck, Temperatur

Sn

Daten- Mikrowellenaufbe- S e n d e r ( E S R ) , reitung U H F - S e n d e r (NMR) Detektor Detektor

Datenaufbereitung

®
intenshSt

EmissionslJnie

• Absorptionslinie

JV_ Frequenz, Wellenlange

Anwendungsbeispiel

Strahlenqueile, konstante Frequeriz

Detektor

Lrchtquelle: Linienstrahler (Laser), Kontinuumsstrahler (Gluhlampe)

Anregung der Probe durch Funkenentladung, Bogen, Hochfrequenz - Plasma, thermisch

IVIeBergebnis (Spektrum)

Resonanz- Spektroskopie

.

•<0>[AJ<«^C>-[]

521

Bogen - Spektrum von Fe (Ausschnitt)

Magnetfeld, Druck, Temperatur

Frequenz, Wellenlange

NMR - Spektrum von Dichlortjenzol

Infrarot - Spektrum von Schwefeldloxid

8. 260,0 nm

iil'llMyii::!

^TY

256,0 nm

_jiyi

^ytffwiiniil 1822.2 1466.7

1111.1 755.55 400.00

Wellenzahl (cm"'')

Bild 8-3. Spektroskopie- Verfahren. Infrarot

sichtbar

Ultraviolett Lyman Serie

Bracket - Serie (1922)

Paschen-Serie (1908)

Balmer-Serie

(1906)

(1885)

2500 cm-'

1

Wellenzahl

1

4000 nm

1

X Wellenlange

1

1

5000 cm"^

lOOOOcm'^

2000nm

1000 nm

r-

50000 cm

T—r—T

3000 nm

5

" - ^

200 nm

6

7 8910

n

Balmer - Serie Hg T

700 nm

r-

n

\ r600 nm A7 =

500 nm 3

4

400 nm

5

6

7

H,

8

berechnet: 15233,00

20564.55

23032,29

24372.80

25181,08

25705.68

gemessen: 15233,21

20564.77

23032.54

24373.07

25181.33

25705,84

0.33 cm'^ Bild 8-4. Spektrum des Wasserstoffatoms.

522

8. Atom- und Kernphysik

Im folgenden sei das optische Emissionsspektrum des einfachsten Atoms, des Wasserstoffs, betrachtet. In Bild 8-4 ist ein Teil des Emissionsspektrums (4050 nm bis 50 nm) dargestellt. Da die Wellenlange umgekehrt proportional zur Strahlungsenergie ist (E = hf = h{c/A)), wird meist nicht die Wellenlange, sondern die der Energie proportionale Wellenzahl v=\/A^E/{hc) angegeben. Das Spektrum setzt sich aus mehreren Serien von Linien zusammen, deren Abstand bis zur Seriengrenze immer kleiner wird. Die Balmerserie (J. J. BALMER, 1825 bis 1898) ist in Bild 8-4 vergroBert wiedergegeben. Die Serie beginnt im sichtbaren Bereich mit der H^-Linie (A = 656,460 nm, v= 15 233,21 c m ' ^ und endet mit der Seriengrenze HQO (A = 364,71 nm, v= 27419,4 cm~^). Balmer stellte eine empirische Beziehung zur Berechnung der gemessenen Wellenlangen auf:

Hierin ist G eine Proportionalitatskonstante und n eine ganze Zahl (« = 3,4,...). Diese Beziehung kann auch ausgedriickt werden als n' < n

A

\«

« /

(8-2)

Es bedeuten: n' V / Rii

= 2, Wellenzahl der Spektrallinie, Frequenz der Spektrallinie, Rydberg-Konstante (Ru = 4/G = 109 677,5810 c m - \ c7?H= 3,28805166- 10^^ s ' ^ .

Die nach dieser Gleichung berechneten Wellenlangen sind in Bild 8-4 den gemessenen Werten gegeniibergestellt und ergeben eine ausgezeichnete Ubereinstimmung. Die weiteren Serien des Emissionsspektrums des Wasserstoffatoms konnen ebenfalls durch Gl. (8-2) beschrieben werden: « ' = ! (Lyman), n' = 2 {Balmer), n' = 3 (Paschen), n' = 4 (Bracket), n' = 5{Pfund).

Die Untersuchung der Spektrallinien bei groBerer Auflosung ergibt, daB diese aus mehreren Linien, den Multipletts, bestehen. Bild 8-4 zeigt die Ha^-Linie der Balmerserie bei groBerer Auflosung.

8.1.2. Bohrsche Postulate Das vorstehend beschriebene Spektrum des Wasserstoffatoms konnte mit dem Rutherfordschen Atommodell nicht erklart werden. Dieses steht aus folgenden Griinden im Widerspruch mit der klassischen Mechanik und Elektrodynamik: — Die Bewegung der Elektronen um den Atomkern kann klassisch in unendlich vielen Bahnen ablaufen (Kreise, Ellipsen). Dann muBten die Atome einer Atomsorte unterschiedlich in ihrer raumlichen Ausdehnung sein; dies widerspricht alien experimentellen Ergebnissen. — Die um den Atomkern umlaufenden Elektronen stellen eine beschleunigte Ladung dar, die nach der Elektrodynamik elektromagnetische Energie abstrahlen miiBte (Hertzscher Dipol). Durch diesen standigen Energieverlust wurde sich das Elektron spiralformig dem Kern nahern, bis es in den Kern stiirzen wiirde. Nach der klassischen Theorie waren Atome deshalb instabil. Zur Aufliebung dieser Widerspriiche stellte 1913 N. BOHR (1885 bis 1962) drei Postulate auf. Bild 8-5 zeigt die Bohrschen Postulate, ihre mathematische Formulierung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Demnach sind von der Vielzahl der klassisch moglichen Bahnen nur solche Bahnen erlaubt, fur die der Bahndrehimpuls ein ganzzahliges Vielfaches einer kleinsten WirkungsgroBe ist (ft = h/ln; h: Plancksches Wirkungsquantum). Die Quantisierungsvorschrift des Drehimpulses nach Bohr ist in seinen Konsequenzen vergleichbar mit der Quantisierung der Energie nach Planck. Die Bohrschen Postulate fiihren ebenfalls zu diskreten Zustdnden (Bahnen) mit der Energie E^. Der Energieabstand zwischen den Zustanden wird bis zur lonisationsgrenze des Atoms immer geringer (Bild 8-5). Nach Gl. (8-3) in Bild 8-5 ergibt sich fiir das Wasserstoffatom (Z = 1) die Energie Ex = — 13,59 eV (entspricht der lonisierungsenergie) und

8.1. Bohrsches Atommodell

523

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524

8. Atom- und Kernphysik

der Radius ri = 52,9 pm (Bohrscher Radius GQ). Fiir n= 100 ergibt sich der Radius des Wasserstoffatoms zu /'loo = 5 • 10"^ m; dies entspricht der GroBe eines Virus. Derartige Riesenatome werden als Rydberg-Atome bezeichnet und haben eine Lebensdauer in der GroBenordnung von Millisekunden. Die Absorption von Licht erfolgt durch den Ubergang des Elektrons von einem Zustand niedriger Energie in einen Zustand hoherer Energie (z. B. « = 1 nach ri = 2). Die Energie E = hf der absorbierten Strahlung muB der Energiedifferenz der Zustande entsprechen. Bei der Emission findet der umgekehrte Vorgang statt. Die Wellenzahl der dabei emittierten Strahlung berechnet sich nach Gl. (8-4) in Bild 8-5. Sie ist identisch mit der BalmerFormel (Gl. 8-2). Die Rydberg-Konstante ist damit auf die elementaren GroBen Elektronenladung e, Ruhemasse des Elektrons m^ und das Plancksche Wirkungsquantum h zuriickgefiihrt. Der Vergleich von R^ aus Gl. (8-4) mit i^H aus Gl. (8-2) ergibt einen Unterschied von etwa 60 cm"'. Dieser Unterschied ist auf die Mitbewegung des Kerns zuriickzufiihren, dessen Masse bisher unendlich groB angenommen wurde. Die Bohrschen Postulate gestatten die Berechnung des Wasserstoffspektrums und der wasserstoffahnlichen Spektren (Systeme mit einem Z-fach geladenen Kern und einem einzigen Hiillenelektron, z.B. He+, Li^^). Mit hoher auflosenden Spektralapparaten wird eine Aufspaltung der Spektrallinien beobachtet. So erscheint beispielsweise die H^-Linie als Dublett (Aufspaltung in zwei Linien) mit einem Wellenzahlabstand von 0,33 cm~'. Da diese Aufspaltung durch die Bohrschen Postulate nicht erklarbar ist, muBten sie korrigiert werden. Dies gelang A. SOMMERFELD (1868 bis 1951). 8.1.3. Quantenbedingungen nach Bohr/Sommerfeld Bild 8-5 zeigt die Erweiterung durch Sommerfeld. In Analogic zu den Planetenbahnen (Abschn. 2.10) sind auBer den Bohrschen Kreisbahnen auch Ellipsenbahnen mit gleicher Energie moglich. Die groBe Halbachse der Ellipse a^ bestimmt die Energie und wird durch die Hauptquantenzahl n beschrieben. Zur

Charakterisierung der kleinen Halbachse Z?n,k wird analog zu n eine neue Quantenzahl, die Nebenquantenzahl k, eingefiihrt. Fur sie gilt \ ^ k ^ n. Das Verhaltnis der beiden Halbachsen wird durch ^n,k/^n = k/n bestimmt. Dies bedeutet, daB zu einer Energie £"„« Energiezustande gleicher Energie gehoren (n-fache Entartung), die sich durch die Nebenquantenzahl {k = 1 bis n) unterscheiden (Bild 8-5). So ist beispielsweise der Energiezustand fur n = 3 dreifach entartet, d.h., es handelt sich um drei Energiezustande gleicher Energie mit k= 1, 2, 3. Bei einer klassischen Betrachtungsweise der Bewegung des Elektrons auf einer Ellipsenbahn muB sich infolge des Drehimpulserhaltungssatzes (Flachensatz, Abschn. 2.10) das Elektron in Kernnahe schneller bewegen als in groBer Entfernung. Nach der Relativitdtstheorie nimmt die Masse des Elektrons mit zunehmender Geschwindigkeit zu (Abschn. 10.2), so daB das Elektron in Kernnahe schwerer ist. Wegen £"„ ^ ^o kommt es zu einer Energieabsenkung des Zustandes, die um so groBer ist, je kleiner die Halbachse b^^^ ^^^ damit die Nebenquantenzahl k ist. Das rechnerische Ergebnis von Sommerfeld ist in Bild 8-5 angegeben (Gl. (8-6)). Die relativistische Energieanderung ist abhangig von dem Quadrat einer Konstanten a, die Sommerfeldsche Feinstrukturkonstante genannt wird:

a=

Geschwindigkeit des Elektrons auf der 1. Bohr-Bahn • Lichtgeschwindigkeit

undbetragt a^ii^c^e^llh =7,297352533 • IQ-^. Eine genaue Bestimmung von a kann durch den

von

K. VON KLITZING (geb. 1943)

ent-

deckten Quanten-Hall-Effekt vorgenommen werden (Abschn. 8.2.5). Infolge der relativistischen Massenanderung des Elektrons wird die Entartung aufgehoben und fiihrt zu einer Aufspaltung der Spektrallinien (Bild 8-5). Trotz dieser groBen Erfolge der Bohr-Sommerfeldschen Theorie zur Deutung der Spektren von Einelektronensystemen ergaben sich uniiberwindliche Schwierigkeiten bei der Berechnung der Spektren von Mehrelektronensystemen.

8.2. Quantentheorie

8.2. Quantentheorie Die klassische Physik umfaBt die Mechanik (Newton) und die Elektrodynamik (Maxwell). Eine Konsequenz der Maxwellgleichungen ist das Auftreten elektromagnetischer Wellen. Das klassische Weltbild umfaBt somit

525

1927 eindrucksvoll durch die Experimente von C. J. DAVISSON (1881 bis 1958) und L. H. GERMER (1896 bis 1971) bestatigt. Die aus

dem Interferenzmuster der Beugung von Elektronen an einer Kristalloberflache ermittelte Wellenlange der Elektronen entspricht der De-Broglie-Wellenlange (Gl. 8-7). — Materie: punktformige Teilchen mit der Anhand der in Bild 8-6 zusammengestellten Masse m und der Ladung Q, Experimente wird deutlich, daB Materie und — Strahlung: elektromagnetische Wellen, Strahlung eine Doppelnatur aufweisen, in dem — Krdfte: Gravitationskraft und Lorentz-Kraft. sie sich je nach Experiment einmal als Welle, (Die Lorentz-Kraft ist das Kopplungsglied ein anderesmal als Teilchen verhalten (Dualismus Welle-Teilchen). Es ist offensichtlich, zwischen Mechanik und Elektrodynamik.) daB Materie nicht gleichzeitig aus Wellen Mit der klassischen Physik konnten aber nicht und Partikeln bestehen kann. Dieser Dualisalle experimentellen Befunde erklart und bemus ist somit nichts anderes als der Ausdruck rechnet werden. In Bild 8-6 sind einige grundunserer Unzulanglichkeit, das Verhalten der legende Experimente zusammengestellt, deren uns umgebenden Objekte widerspruchsfrei zu Ergebnisse einen Widerspruch zur klassischen beschreiben. Die Beschreibung von VorganPhysik darstellen. gen und die Begriffsbildung stammen aus Plancks Einfiihrung der Quantenhypothese unserer Erfahrung des taglichen Lebens. Bezur Beschreibung der schwarzen Strahlung griffe wie Ort, Impuls oder Energie verbinden (Hohlraumstmhlung, Abschn. 6.5.3) fiihrte zu wir mit Korpern, die sich fiir uns sichtbar einer volligen Revision des physikalischen bewegen; die Begriffe Wellenlange und FreWeltbildes. Hierbei geht es um die Beschrei- quenz bringen wir in Zusammenhang mit bung des Energieaustausches zwischen Mate- Wasserwellen oder der Farbe des Lichts. Obrie und Strahlung, die nach der klassischen jekte unserer Anschauung bestehen aus vielen Theorie kontinuierlich erfolgt, so daB die Teilchen (Molekiile, Atome). Betrachten wir Energie im Lauf der Zeit vollstandig aus der dagegen einzelne Atome oder atomare ProMaterie in die Strahlung ubergeht. Dies ist zesse, so sind diese unserer Anschauung nicht dann nicht mehr moglich, wenn die Energie in direkt zuganglich, so daB eine Beschreibung bestimmten Portionen (Quanten) beieinander mit makroskopisch gewonnenen Begriffen wibleibt. Die Strahlung ist somit ein Teilchen- derspriichlich sein muB. Durch die mathestrom aus Energie-Quanten {Photonen) mit matische Beschreibung in der Quantentheorie der Energie E = hf= fi co (Plancksches Wir- wird der Widerspruch beseitigt, und der Duakungsquantum /?, oj = 2nf) und dem Impuls lismus tritt nicht auf, da man sich von der p = hi A = fik (Wellenzahi k = 2 n/X). Dieser Anschauung lost. Die Grenze der AnwendbarTeilchencharakter der Strahlung zeigt sich keit des Partikel- oder Wellenbildes ergibt deutlich bei der Beschreibung des lichtelektri- sich aus der Unscharferelation und damit schen Effekts und der Compton-Streuung durch die GroBe des Planckschen Wirkungs(Bild 8-6, s. Abschn. 6.5.1.1 und Abschn. quantums (vgl. Bild 1-2 in Abschn. 1.2). 6.5.1.2). De Broglie stellte 1925 die Hypothese auf, daB jedem freien Teilchen eine Welle zuge- 8.2.1. Hamilton-Operator Extremalprinzipien (d. h., bestimmte physikaordnet werden kann, dessen Wellenlange durch lische GroBen werden zu Extremwerten) spielen in der Physik eine bedeutende Rolle zur A = h/p; (8-7) Erklarung von Zustandsanderungen bzw. Bep = mv (Impuls des Teilchens) wegungsablaufen. In der Thermodynamik laufen beispielsweise Prozesse so ab, daB die gegeben ist (Abschn. 6.5.5). Diese Umkehrung Gesamtentropie ein Maximum annimmt. In der Planckschen Vorstellung, daB die Teil- der Optik muB nach dem Fermatschen Prinzip chen ebenso Wellencharakter haben, wurde (Abschn. 6.1) der optische Weg (Produkt aus

526

8. Atom- und Kemphysik

^ ^ ^ | m ^ ^ Hohlraumstrahlung

Strahlung

Beugung von Elektronen, Davison und Germer 1927

Wilson - Aufnahmen NebelKammer ijbersdttigter Wasserdampf

Beugung von Rontgenstraiilung

Rontgenrohre

Spektrometer Temperatur 7

a - Strahler (emittiert Heliumkerne mit einer Energie - 5 MeV)

/////////////////////

y////////////////////////-

Kristalloberflache (Einkristall)

Einkristall

A Intensltdt

I intensitdtder Hohlraumstrahlung /\^r=2000K

Wellenldnge

Der intensitatsverlauf der Hohlraumstrahlung kann nur durch einen diskreten Energieaustausch zwischen Strahlung und Materie beschrieben werden. -*- Energiequanten (Photonen)

Intensltat

A7U

Spuren der a-Teilchen

Die Spur von Wassertropfchen stellt direkt die Bahnkurve eines einzelnen a - Teilchens dar. Der Versuch zeigt den diskreten Charakter der Materiestrahlung. Dies eriaubt die Vorstellung von schnell fliegenden kleinen Teilchen.

Das Auftreten von Beugungserscheinungen erfordert, den Materiestrahlen Welleneigenschaften zuzuschreiben.

Dieser Versuch zeigt die Welleneigenschaften der elektromagnetischen Strahlung.

A = -^ \ P =mv (de Broglie)

Bild 8-6. Grundlegende Experimente zur Quantentheorie.

Brechungsindex und geometrischem Weg) einen Extremwert annehmen (i. a. ein Minimum). Fiir Bewegungen der Mechanik existiert ebenfalls ein Extremalprinzip, das Hamiltonsche Prinzip (W. R. HAMILTON, 1805 bis 1865), nach dem die Wirkung (Energie mal Zeit) extremal wird. Ein mechanisches System wird durch den zeitlichen Verlauf der Ortskoordinaten der Systembestandteile (Bewegungsgleichung) beschrieben. Fiir die Bewegung eines Teilchens kann dies beispielsweise durch die Bewegungsgleichungen x{t),y{t) und z{t) erfolgen. In vielen Fallen sind die Bewegungsmoglichkeiten der Systembestandteile durch Zwangsbedingungen oder Bindungen eingeschrankt. Wenn beispielsweise die Bewegung eines Teilchens nur in einer Ebene stattfmdet, ist z konstant, so daB z {t) entfallt. Durch derartige Bindungen wird die Anzahl der Freiheitsgrade

des Systems verringert. Fiir ein System aus n Teilchen ergibt sich die Anzahl der Freiheitsgrade zu / = 3 n — r mit r als der Anzahl der Bindungen. Fiir jedes dieser n Teilchen gilt die Newtonsche Bewegungsgleichung, beispielsweise fur das /-te Teilchen in x-Richtung F^^ = rrii Xi. Die r Bindungen verkniipfen die Koordinaten der n Teilchen untereinander. Deshalb sind die Newtonschen Bewegungsgleichungen der einzelnen Teilchen voneinander abhangig (gekoppelt). Die Losungen solcher gekoppelter Bewegungsgleichungen sind, wenn uberhaupt, nur mit sehr groBem mathematischem Aufwand zu finden. Um dieses Problem generell und einfacher zu losen, werden fur ein System mit / Freiheitsgraden / voneinander unabhangige (generalisierte) Koordinaten q^ = ^^ (0 (/c= 1, 2 , . . . / ) gesucht. Solche generalisierte Koordinaten mussen nicht nur Raumkoordi-

8.2. Quantentheorie lichtelektrischer Effekt

Compton - Streuung

527

Franck - Hertz - Versuch

Y-Strahlung

gestreute ^ - N £y', f y-Strahlung

Elektronenenergie

_JV J\. yyi

( = 0° 1^ = 90°

^ = 180° Uo 2Uo 3Uo 4Uo

Klassisch muR die Energie der Photoelektronen proportional der Intensitat der Welle sein, unabhangig von der Frequenz. Teilcheninterpretation durch Einstein (1904); Photonen der Energie hf ubertragen ihre Energie an das Elektron. hf-W^ = ^mv^ W^: Austrittsarbeit Aus der Geradenstelgung kann h bestimmtwerden.

Klassisch werden die Elektronen durch die einfallende Strahlung zu erzwungenen Schwingungen angeregt => /Q = f'. Teilcheninterpretation des Lichts bedingt den StoB zwischen einem Photon und dem Elektron unter Anwendung der mechanischen Stof3gesetze fur Massepunkte: E = hf; p = hlK. -^ korpuskulare Natur der elektromagnetischen Strahlung

naten, sondern konnen auch zusammengesetzte GroBen sein. Zur Beschreibung des Zustands eines Teilchensystems geniigt nicht allein die Kenntnis der Lagen JCJ der Teilchen, sondern es mussen auch deren Geschwindigkeiten x^ bekannt sein. Dies ergibt sich aus der Newtonschen Formulierung der Mechanik (F= m x). 1st die Kraft F als Funktion der Zeit bekannt, so kann die Zukunft des Systems (Entwicklung) nur berechnet werden, wenn die zur Losung der Differentialgleichung zweiter Ordnung notwendigen zwei Integrationskonstanten (jCi,jCi) zu einem bestimmten Zeitpunkt t bekannt sind. Fiir eine Beschreibung des Systems durch generalisierte Koordinaten muB entsprechend q^ und q\i=dq^/dt{k=\,2,...f) zu einem bestimmten Zeitpunkt bekannt sein. Fiir ein System mit einem Freiheitsgrad ( / = 1) kann der Zustand eines Systems zu

UQ

Die aus dem Heizdraht emittierten Elektronen werden beschleunigt und laufen nach dem Gitter gegen eine Bremsspannung UB an. Bel geringer Beschleunigungsspannung UQ finden nur elastische Sto3e mit den Gasatomen (z.B.Hg) statt. Ab einer Beschleunigungsspannung UQ konnen auch inelastische Sto(3e stattfinden, wodurch die Elektronen Energie verlieren und UQ nicht ijberwinden konnen. -*- Das Atom kann Energie nur in Portionen aufnehmen; diskrete Energiezustande.

einem bestimmten Zeitpunkt t als Punkt in einem Koordinatensystem mit den Koordinaten q und q dargestellt werden {Phasenraum). In Bild 8-7 sind die Zustande des Systems zum Zeitpunkt t^ (qi, qi) und t2(q2, qi) dargestellt. Die zeitliche Entwicklung des Systems von ti nach ti kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Aus der Vielzahl moglicher Wege bestimmt das Hamiltonsche Prinzip den Weg, fiir den gilt: Die Wirkung W (gleich Energie mal Zeit) entlang des Wegs im Phasenraum muB einen Extremwert annehmen. h

lV=i ''

L{qi,..,,qf,qi,...,qf,t)dt -^ Extremwert. (8-8)

Die Funktion L wird Lagrange-Funktion bezeichnet. Sie ist eine Energie, fiir die gilt

528

8. Atom- und Kemphysik Beispiel 8.2-1: Man bestimme die Bewegungsgleichung eines mathematischen Pendels (Abschn. 5.1.2.3, Bild 5-7) mit Hilfe des Hamiltonschen Prinzips. Losung: Die Anzahl der Freiheitsgrade einer Masse m ist 3. Bindungen: Bewegung nur in der Ebene (z = 0), Abstand der Masse m zum Aufhangepunkt ist konstant: f=3-r

L=Ey^^-V=\m{x^

L = E^in-V. (K ist die potentielle Energie.) Eine andere Formulierung von Gl. (8-8) mit Hilfe der Variationsrechnung ergibt

d?8^k

?)L dqk

= 0; k == 1,2,.

• - . / •

Durch Einfiihrung des genemlisierten

dL{q,,.

(8-9) Impulses

. . , ^f, ^ 1 , . . . , ^f, /)

Pk-

3-2=\.

Das System hat einen Freiheitsgrad und kann durch eine generalisierte Koordinate q = P{t) beschrieben werden. Fur die Lagrange-Funktion ergibt sich

Bild8-7. Phasenraum.

d 8L

=

9^k

k=\,2,...J

(8-10)

+f +

Mit den Bindungen z = 0, x = / sin yS, >' = /(I - cos yff) lautet die Lagrange-Funktion L = \m P^^-

mg l{\ - cosP).

Nach Gl. (8-10) berechnet sich der zu p gehorige Impuls pp zu pp = dL/dp = mP- p. Damit ergibt sich die Hamilton-Funktion zu H{q^,P)d = E^^+V=Y,Pk^k-L

dpp

^

ml^'

dp'

-pp=mg

Isinp.

Daraus ergibt sich

/ / / = ^kin+K.

= H{P,pp);

H =\ - ^ + mgl{\-cosP). 2 m r Fiir die Bewegungsgleichung ergibt sich nach Gl. (8-13)

^ = P=-P^- Mergibt sich aus der Lagrange-Funktion (Gl. 8-8) eine neue Funktion, die Hamilton-Funktion H {p^, q^, t). Sie stellt i.a. die Gesamtenergie des Systems dar:

z^)-mgy.

-siny^=0.

(8-11)

Fur ein Teilchen in einem Potential V{x) ergibt sich die Hamilton-Funktion fiir den eindimensionalen Fall zu -^V{x) = E.gesamt • H =2m

(8-12)

8.2.2. Schrodinger-Gleichung Nach de Broglie kann dem Teilchen eine Welle W mit dem Wellenvektor k = p/h und der Kreisfrequenz w zugeordnet werden: -{p^x~Et)

Durch Ableitung der Hamilton-Funktion nach den generalisierten Impulsen 77^ und den generalisierten Koordinaten ^^ ergeben sich die Bewegungsgleichungen

dH

dH ^Pk

--(Ik,

8ft

-Pk-, k =-1,2,

(8-13)

{E = hw,p,

= hk,'J=}pj).

(8-14)

Die Bestrahlung eines Spalts beispielsweise mit Elektronen fiihrt zu einem Beugungsbild, das zum einen im Wellenbild und zum andem im Teilchenbild erklart werden kann, wie Bild 8-8 verdeutlicht. Im Wellenbild ergibt sich

8.2. Quantentheorie WellenbJId

Teilchenbild

Uix)

l/iU)

^^/ \r\

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Teilchendetektor

Leuchtschirm Ax TZZZZZZZZZZZZZm

VZZZZZZZZZZZZZm Spalt

Ax Spalt YZZZZZZZZZZZZm mzzzzzzzzzzzzzz,

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"VM

111 T T T

T

Wellenfront

Bild 8-8.

529

aO'kir-iait)

(j) (t (l) T r T T T T T T T (bid) P,E

Beugung am Spalt.

fiir die Intensitdtsverteilung I{x) = \^{x, t)\^ (Abschn. 6.4.1.4). Im Teilchenbild ist die Intensitatsverteilung durch die Haufigkeitsverteilung h {x) (Anzahl der Elektronen je Wegelement) gegeben. Da beide Bilder ein und dasselbe Experiment beschreiben, muB gelten

I(x)

h(x). Wellenbild

(8-15)

Teilchenbild

Die Haufigkeit h{x) dividiert durch die G e samtanzahl der gemessenen Teilchen (z.B. Anzahl der Elektronen) ergibt die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron am Ort x anzutreffen. Wie aus Gl. (8-15) hervorgeht, kann \W{x,t)\^ somit als Wahrscheinlichkeit (genauer als Wahrscheinlichkeitsdichte) interpretiert werden. Fiir die Aufenthaltswahrscheinlichkeit w eines Elektrons in einem Volumenelement d F = d x dy dz gilt

\^{x,y,z,t)\^dV.

kurve r{t) beschrieben, in der Quantentheorie dagegen nur durch seine Aufenthaltswahrscheinlichkeit \W\^dV. Die Fundamentalgleichung der Quantentheorie, die die Bestimmung von ^ ermoglicht, ist die Schrodinger-Gleichung

(E. SCHRODINGER,

1887 bis 1961). Sie ist vergleichbar mit der Newtonschen Bewegungsgleichung, aus der die Bahnkurve r{t) bestimmt wird. Die zeitabhangige Schrodingergleichung lautet

\ / ^'' A + V{r)\ •^(1-, t) = \-T\ 2m 1

,a '

•

^

'

^

dt

•f (r, 0 (8-17)

mit den GroBen m Masse des Teilchens, V(r) Potentielle Energie; r = (x, y, z), A Laplace-Operator:

(8-16)

Damit ist ein wichtiger Unterschied zur klassischen Physik aufgezeigt. In der klassischen Physik wird das Teilchen durch seine Bahn-

"^^ dx'^dy'^dz'~\dx'

dy'

dzj

Die Wellenfunktion W(r, t) kann in einen ortsund zeitabhangigen Anteil getrennt werden:

530

8. Atom- und Kemphysik

W(r, t) = Q-'^'^^^ y/(r). Durch Einsetzen in die zeitabhangige Schrodinger-Gleichung (Gl. (8-17)) ergibt sich die zeitunabhdngige Schrodinger-Gleichung:

^ cS

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^

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II

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Wird in die zeitabhangige Schrodinger-GleiII

-^{pr-Ei)

chung die ebene Welle W{r,t) = ae" fiir ein freies Teilchen (V(r) = 0) eingesetzt, so erhalt man (unter Beriicksichtigung von P^ = P\^-^ Pyy -^ Pz^) als Losung

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03

Aus Gl. (8-19) und (8-20) ergibt sich, daB der klassische Impuls p in der Quantentheorie durch den Impulsoperator p = (h/i)V ersetzt wird. Tabelle8-1 zeigt eine Gegeniiberstellung der klassischen und quantenmechanischen Beschreibung von Systemen. Daraus ist ersichdich, daB die mathematische Abbildung des Systems im klassischen Fall durch Skalare und Vektoren geschieht, die in der Quantenmechanik durch Operatoren ersetzt werden. Operatoren sind Rechenvorschriften (z.B. Differentiation, Multiplikation), die auf eine Wellenfunktion ij/ anzuwenden sind. Zur

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Dies ist die kinetische Energie eines freien Teilchens in der klassischen Physik. Wird die Operation —h'^A=-h^V^ auf die Wellenfunktion eines freien Teilchens angewandt, so erhalt man mit 2w£' (s. Gl. (8-19)) das Quadrat des Teilchenimpulses. Zieht man die Quadratwurzel aus der Operation — tfV^,

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8.2. Quantentheorie

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531

532

8. Atom- und Kemphysik

Unterscheidung zwischen klassischer GroBe und Operator versieht man die physikalische GroBe mit dem Zeichen ". Aus dem Quadrat des Impulses p^ = pi-^ pj-\-pi ergibt sich fiir den entsprechenden Operator

Wird dieser Ausdruck in die SchrodingerGleichung (8-18) eingesetzt, so ergibt sich

2m

+ V(x,y,z)] H

y/(x,y,z) " = Ey/(x,y,z). (8-22)

Der Operator H ist die quantenmechanische Ubersetzung der Hamilton-Funktion H = — ^gesamt? ^^ ^er die klassischen GroBen durch die Operatoren ersetzt word en sind {Korrespondenz-Prinzip). In Tabelle 8-1 ist die raumliche und zeitliche Entwicklung des Systems im klassischen und quantenmechanischen Fall beschrieben. Die Beschreibung eines quantenmechanischen Systems erfolgt durch eine Wellenfunktion, die alle verfiigbaren Informationen iiber das System enthalt. Die MeBgroBen werden dabei durch Operatoren dargestellt. Die moglichen MeBwerte des Operators A sind die Eigenwerte a des Operators. Man erhalt diese durch Anwendung des Operators auf die zu diesem Eigenwert gehorige Wellenfunktion, die Eigenfunktion genannt wird. Es ergibt sich die Eigen wertgleichung Operator • Eigenfunktion

A

•

y/r,(r)

=

Eigenwert • Eigenfunktion

a

•

y/^(r) . (8-23)

Diese reellen Eigenwerte a konnen diskret («„,«= 1, 2, 3 , . . . , /:) Oder kontinuierlich sein. Befindet sich das quantenmechanische System nicht in einem Eigenzustand y/^ sondem in einem allgemeinen Zustand, so ergibt sich fur den Operator A ein schwankender MeBwert mit Mittelwert a (Erwartungswert):

^ = J,/^*(r)ii/^(r)dK.

(8-24)

y/* ist die konjugiert komplexe Funktion zu y/{r). Ein solcher allgemeiner Zustand [//(r) ergibt sich durch lineare Uberlagerung (Superposition) der Eigenzustande v^n('*) entsprechend ¥(r) = T.Cn¥n(r)

(8-25)

mit Cn als Faktor, der auch komplex sein kann. Voraussetzung ist stets, daB die Wellenfunktion normiert ist, so daB gilt jil/*(r)il/(r)dV=l.

(8-26)

Dies bedeutet, daB die Wahrscheinlichkeit eins ist, das Teilchen irgendwo im Raum anzutreffen. Deshalb muB die Wellenfunktion fiir r ->> ± 00 schnell gegen null gehen oder periodisch sein. Im folgenden soil die Losung der Schrodinger-Gleichung fiir einige konkrete Probleme, den Potentiaitopf, den harmonischen Oszillator und die Potentialschwelle genauer betrachtet werden. In Bild 8-9 ist die Schrodinger-Gleichung fiir diese Potentiale mit den Randbedingungen und den Losungen angegeben. Aus diesen Beispielen ist ersichtlich, daB zur Losung der Differentialgleichung bei den vorgegebehen Randbedingungen ein erheblicher mathematischer Aufwand erforderlich ist. Betrachtet man das quantenmechanische Ergebnis des Rechteckpotentials und des harmonischen Oszillators, so zeigt sich als fundamentaler Unterschied zum klassischen Ergebnis, daB nur diskrete Energiezustande E^ erlaubt sind. Die Aufeinanderfolge der Energieniveaus wird durch eine ganze Zahl n bestimmt, die als Quantenzahl bezeichnet wird. Beim Rechteckpotential (£"„ ^ «^) nimmt der Abstand A^" zwischen benachbarten Energieniveaus mit der Quantenzahl n zu (A^* ^ n). Beim harmonischen Oszillator ist E^ ^ n, d. h., der Abstand zwischen benachbarten Energieniveaus ist konstant. Ein weiterer Unterschied zum klassischen Ergebnis besteht darin, daB der quantenmechanisch niedrigste Energiezu-

8.2. Quantentheorie

533

stand von null verschieden ist, so dafi dem Teilchen auch am absoluten Nullpunkt eine Energie {Nullpunktsenergie) zukommt. Weil das Plancksche Wirkungsquantum h sehr klein ist (/z = 6,6261 • IQ-^'^Js), wird die Energiequantelung erst bei atomaren Dimensionen und Teilchen geringer Masse (z. B. Elektronen) erkennbar. Fur makroskopische Systeme liegt die Energiequantelung weit unterhalb jeder MeBgenauigkeit.

ihren Operator) identisch mit den MeBwerten sind. Wendet man dieses Postulat auf ein freies Teilchen an, das durch eine ebene Welle beschrieben wird, so ergibt sich

Fiir einen Potentialtopfmii der Lange /=1 cm und ein Teilchen mit der Masse m = 1 g ergibt sich fiir die Energieniveaus

Der Ausdruck e'^^^ ist die Eigenfunktion zum Impulsoperator p^^ (analog y und z). Als MeBwert erhalt man den Eigenwert p^ = fik^. Ein entsprechendes Experiment wiirde als Resultat einer Impulsmessung p^ ergeben. Befindet sich das Teilchen in einem allgemeinen Zustand, so kann dieser durch die Superposition von ebenen Wellen (Gl. (8-28)) innerhalb eines Bereichs AA: umd k^ (Wellenpaket) dargestellt werden (Bild 8-10):

E^ =

^^e'^^^ = /7xe'^^'^, e'^'^^ = ^7A:xe'^^^; hk^ = p^. — / 9x (8-27)

^«2^3,4-10-^«2ey Imr Fur den harmonischen Oszillator mit der Energie E (klassisch z.B. eine an einer Feder schwingende Masse m) bewegt sich klassisch das Teilchen zwischen den Umkehrpunkten XQ, wie Bild 8-9 zeigt. Das quantenmechanische Ergebnis zeigt, daB sich y/n{x) iiber ko+Ak diese Umkehrpunkte hinaus erstreckt. Da y/(x)= j c(^)e'^-^dx. (8-28) I ¥n (^) 1^ dK die Aufenthaltswahrscheinlichkeit ko-Ak angibt, bedeutet dies, daB sich das Teilchen auch auBerhalb der klassischen Umkehrpunkte Fiihrt man eine Impulsmessung an einem aufhalten kann. Teilchen, dargestellt durch ein Wellenpaket, Der Widerspruch zum klassischen Verhalten durch, so erhalt man einen beliebigen MeBeines Teilchens wird noch deutlicher beim wert /?„//? im Bereich ko — Ak < pjh < ko Anlaufen eines Teilchens gegen eine Poten- + Ak. Die Wiederholung der Impulsmessung tialschwelle. Bei einer Energie E des Teil- in einem neu praparierten Wellenpaket y/{x) chens kleiner als die Potentialschwelle kann liefert einen anderen MeBwert fur /?„• Eii^^ das Teilchen klassisch die Schwelle nicht mehrmalige Wiederholung der Messung an iiberwinden, so daB es vollstandig reflektiert jeweils neu praparierten Wellenpaketen ergibt wird (Bild 8-9). In der Quantenmechanik be- eine Verteilung der MeBwerte mit dem Ersteht dagegen eine Wahrscheinlichkeit, das wartungswert p als Mittelwert (Gl. (8-24)). Der Teilchen hinter der Potentialschwelle anzu- erhaltene MeBwert /?„ ist der Eigenwert der treffen. Diese Wahrscheinlichkeit wird durch Eigenfunktion e'^'^^ kn = pJ^'^\ hierdurch beden Transmissionskoeffizienten T ausgedruckt. findet sich das Teilchen nach der Messung im Je diinner die Potentialschwelle ist, um so Eigenzustand zum entsprechenden MeBwert. groBer wird T. Dieses Durchdringen einer Die Messung verandert damit den Zustand y/ Potentialschwelle, obwohl es klassisch nicht des Systems: moglich ware, wird Tunneleffekt genannt und MefiprozeB spielt beispielsweise beim a-Zerfall (Abschn. \l/{x) Anwendung 8.8.1.2) und dem Tunnelmikroskop (Abschn. Eigenfunktion MeBwert allgemeiner Eigenwert Zustand 8.2.6) eine entscheidende Rolle. des Systems (8-29) 8.2.3. Unscharferelation Wie in Abschn. 8.2.2 ausgefiihrt, ist es ein Befindet sich das System in einem EigenzuGrundpostulat der Quantentheorie, daB die stand zum Operator A, so bleibt dieser EigenEigenwerte der MeBgroBe (dargestellt durch zustand nach einer Messung erhalten:

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536

8. Atom- und Kemphysik

MeBergebnis unabhangig von der Reihenfolge der Messung [A,B] = iC\ =N0 MeBergebnis von der Reihenfolge abhangig (8-32)

Bild8-10.

Wellenpaket.

MeBprozeB , . «n Anwendung r .^ ^ J Eigenfunktion MeBwert Eigenzustand ^^^j^ Eigenwert

(8-30)

Wird nach einer Messung (z.B. Impulsmessung) eine weitere Messung (z.B. Ortsmessung) durchgefuhrt, so bedeutet dies die Anwendung des entsprechenden Operators auf den Zustand des Systems ^n i^ach der ersten Messung. Dies hat zur Folge, daB fiir die Messung zweier MeBgroBen an einem quantenmechanischen System das jeweilige Me6ergebnis von der Reihenfolge der Messung abhangen kann. Betrachtet seien die Operatoren A und B sowie die zu beiden Operatoren gehorige Eigenfunktion y/. Wird zuerst die Messung von A vorgenommen, so ergibt sich Ay/ = ay/ (a ist Eigenwert zu A). Eine anschlieBende Messung von B liefert B (A y/) = b a y/ (b ist Eigenwert zu B). Werden beide Messungen umgekehrt durchgefuhrt, so folgt A{B y/) = aby/. Die Differenz der beiden Gleichungen Uefert (AB — BA) y/=(ab—ba)y/. Wenn man fordert, dafi die MeBergebnisse von der Reihenfolge unabhangig sind, so mu6 (ab — b a) y/=0 sein. Dies mu6 fiir jede gemeinsame Eigenfunktion von A und B gel ten: (AB - BA) y/=0, (AB-BA)

kurz

= [A,B] = 0.

(8-31)

Wenn eine solche Operatorengleichung auftritt, muB man sich stets hinter dem Operator eine Wellenfunktion vorstellen. Der Ausdruck in Gl. (8-32) wird als Vertauschungsrelation Oder Kommutator bezeichnet:

Wenn die Messung zweier MeBgroBen (Observablen) von der Reihenfolge der Messung abhangig ist, konnen beide MeBgroBen gleichzeitig nicht beliebig genau gemessen werden, da die erste Messung den Zustand des Systems unkontrolliert verandert (es befindet sich nach der Messung in einem beliebigen Eigenzustand). Dies ist genau die Aussage der Heisenbergschen Unschdrferelation (Abschn. 6.5.5.2). Durch den Formalismus der Quantentheorie kann die Giiltigkeit folgender Relation gezeigt werden: {^aY • {^bY

n\2 {^ay = {a-a)

—- allgemeine Heisen^ bergsche Unscharferelation mittleres Schwan kungsquadrat (8-33) (analog b)

Mit dem Ort und Impulsoperator ergibt sich fiir den Kommutator und damit fiir die Unscharferelation

{^p,Y'

{^x)

•; analog y, z (8-34)

Oder weniger exakt A/7x Ax ^

analog y, z.

(8-35)

Fiir den Drehimpulsoperator (Tabelle 8-1) ergeben sich folgende Kommutatoren: [P, /J = 0, [4, 4] = i^ly (^j Jj ^ zyklisch vertauschbar][. Es ist P mit jeweils nur einer Komponente ^» ly Oder 4 gleichzeitig mefibar. Die Unscharferelationen beziehen sich auf den Genauigkeitsgrad der gegenwartigen (gleichzeitigen) Kenntnis der verschiedenen

8.2. Quantentheorie

537

GroBen. Diese Relationen beschranken nicht die Genauigkeit beispielsweise einer Ortsmessung allein oder einer Geschwindigkeitsmessung allein, sondern lediglich die Kenntnis beispielsweise der Geschwindigkeit bei einer Ortsmessung. mit / = mred r^ als dem Massentragheitsmoment und 1 = J o als dem Bahndrehimpuls. Durch Vergleich der Gl. (8-36) mit (8-37) ergibt sich fiir den Bahndrehimpuls

8.2.4. Quantenmechanik des Wasserstoffatoms Mit den quantentheoretischen Grundlagen von Abschn. 8.2.1 bis 8.2.3 kann das Wasserstoffatom quantenmechanisch berechnet werden. Weil der mathematische Aufwand erheblich ist, sei darauf verzichtet. Der grundlegende Weg und die Ergebnisse sind in Bild8-ll dargestellt. Es ist zweckmaBig, das kugelsymmetrische Problem in Kugelkoordinaten zu rechnen. Aufgrund der in Abschn. 8.2.3 durchgefiihrten Uberlegungen gilt fiir den Drehimgulsoperator I, daB seine Komponenten 4, /y, 4 nicht gleichzeitig scharf meBbar sind, dagegen 4 und A Ferner gilt die gleichzeitige MeBbarkeit auch fiir den Hamilton-Operator H und 4 bzw. P. Dies ermoglicht eine Trennung der Schrodinger-Gleichung in einen Radialanteil R(r), der nur von r abhangig ist, und einen Drehimpulsanteil F{S, (p), der nur von den Winkeln S und (p abhangt (Bild 8-11). Die Losung der Drehimpulseigenwertgleichung sind die Kugelflachenfunktionen Fi„^(S,(p). Die Eigenwerte zu P und 4 sind diskret (gequantelt). Durch Einsetzen des Eigenwerts /z^ /(/ + 1) von P in den Radialanteil der Wellenfunktion ergibt sich fur die effektive potentielle Energie V^ff der Ausdruck nff=-

1 4 K SQ

Z e \ ft^/(/ + l) r

Coulomb-Energie

• +

(8-36)

Rotationsenergie

Der zweite Term der Gl. (8-36) ist die Rotationsenergie eines auf der Kreisbahn mit Radius r umlaufenden Teilchens mit der reduzierten Masse m^.n:

mit der Bahndrehimpulsquantenzahl / = 0,1, 2 , . . . . Fiir die z-Komponente des Bahndrehimpulses ergeben sich aus der Eigenwertgleichung diskrete Werte l2 = hm (mit der magnetischen Quantenzahl m = 0, 1, 2,..., /) (Bild 8-11). Die Projektion des Bahndrehimpulsvektors / auf die z-Richtung (4) kann damit nur ein ganzzahliges Vielfaches von h sein. Dies wird durch das Vektordiagramm in Bild 8-12 veranschaulicht. Zu jedem /-Wert gibt es 2 / + 1 verschiedene m-Werte, d.h., die dem Bahndrehimpulsvektor / entsprechende Energie ist (2/ + l)-fach entartet. Aus dem Vektordiagramm (Bild 8-12 a) wird deutlich, daB sich der Bahndrehimpuls / quantenmechanisch nie parallel zur z-Richtung einstellen kann. Dies hat folgende Konsequenzen: — Der Bahndrehimpuls / hat stets eine Komponente in x- und j^-Richtung. — Die Berechnung der Erwartungswerte 4 und Ty der Operatoren 4 und /y ergeben null. Im Mittel verschwinden fur einen Eigenzustand F\^^{S, (p) die Drehimpulskomponenten in x- und j-Richtung. Um diese beiden Aussagen zu erfiillen, muB angenommen werden, daB der Bahndrehimpulsvektor / um die z-Achse prazediert. Dies ist in Bild 8-12 b veranschaulicht. ^Der Bahndrehimpulsvektor / verandert zeitlich seine Richtung, obwohl kein auBeres Drehmoment vorhanden ist. Die Prazession ist letzten Endes eine alleinige Folge der Unscharferelation (nicht gleichzeitige MeBbarkeit von 4 ^ 4 ' ^z)Als Losung des Radialanteils der Wellenfunktion (Bild 8-11) ergibt sich i?n,i(^), der

538

8. Atom- und Kemphysik

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8.2. Quantentheorie


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539

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540

8. Atom- und Kemphysik

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d-Orbitale Bild 8-13. Drehimpulsanteil der Wellenfunktionen des Wasserstoffatoms.

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(/ = 0, 1, 2 , . . . , « - 1; -I < m
Bild 8-12.

Vektordiagramm des Bahndrehimpulses.

nur von den beiden Quantenzahlen n (Hauptquantenzahl) und / (Bahndrehimpulsquantenzahl, Nebenquantenzahl) abhangig ist. Die gesamten Losungen der Schrodinger-Gleichung des Wasserstoffprobleiris werden als Atomorbitale bezeichnet. In Bild 8-13 ist lediglich der Drehimpulsanteil dargestellt. Fur das Wasserstoffatom sind die Energieeigenwerte E^ nur von der Hauptquantenzahl n abhangig (Bild 8-11). Zu jedem Energiezustand E^ gibt es «^ Zustande gleicher Energie

— Die Entartung beziiglich der Nebenquantenzahl / wird aufgehoben (die Energie der Zustande fur unterschiedliche /-Werte bei gleichem «-Wert wird verschieden), wenn das Potential kugelsymmetrisch ist, aber nicht mehr proportional zu 1/r ist. Dies ist bei alien Mehrelektronensystemen der Fall. Die Entartung beziiglich der Nebenquantenzahl / wird auch bei relativistischer Rechnung aufgehoben (Bohr-Sommerfeldsche Quantenzahl k= I-\-l). — Die Entartung beziiglich m wird aufgehoben, wenn dem Coulomb-Potential eine nicht kugelsymmetrische Stdrung (z. B. elektrisches Oder magnetisches Feld) iiberlagert wird (Abschn. 8.3). Zur Ermittlung des Absorptionsspektrums eines Atoms wird dieses mit Licht unterschiedlicher Frequenz bestrahlt. Stimmt die Photonenenergie h co mit einer Energiedifferenz von Zustanden (£"„,!,m — ^nM',m') iiber-

8.2. Quantentheorie

ein, so wird dieses Photon absorbiert, und ein Elektron geht vom Zustand n, I, m in den Zustand n\ i, m' iiber. Ein derartiger Ubergang kann nicht zwischen beliebigen Zustanden erfolgen. Es gibt bestimmte Auswahlregeln, nach denen eine Zustandsanderung von n, I, m nach n\ l\ m' moglich ist. Diese Auswahlregeln ergeben sich durch die Symmetrie der Wellenfunktionen der Zustande, zwischen denen der Elektronenubergang stattfinden soil, und der Wechselwirkung mit der Lichtwelle.

Eine wichtige Auswahlregel iJbergange ist A/= ± 1.

A = (0,Bz x,0)

optische

8.2.5. Quanten-Hall-Effekt 8.2.5.1. Freies Elektron im Magnetfeld (quantenmechanisch) Im folgenden sei der EinfluB eines Magnetfeldes auf ein freies Elektron quantenmechanisch beschrieben. Zur Vereinfachung des

klassische Beschreibung Vektorpotential

fiir

541

quantenmechanische Beschreibung

B= rot A = {0,0,Bz)

H =--— [p + eA)^ 2 m

Hamilton Funktion H = -— (Px + (Py + mojc^)^); 2m

^c = m

Substitution:

Losung

qr=(x-Xo)= ^H r—

,

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H= zm

dH Px = -

(Py +

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mOJcX)C0c

Hamilton-Operator: dH

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= Py = 0;

Py = konst. =fi ky

2m

32 1 —X + —

bx^

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Schrodinger-Gleichung:

Bewegungsgleichungen m'x = — mcoi X +

H=--—

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my = mojcX i//U, K) = e'^v*' -ip(x -Xo) X=

ky +a cos (jjc t mojc

y = Vo + a s i n c j c f ;

3: Kreisradius

Energie

Bild 8-14.

ebene Welle in /-Richtung

Losung des harmonischen Oszillators

'={•"1.

Klassische und quantenmechanische

Beschreibung desfreien Elektrons

in einem

ffCjOc

Magnetfeld.

542

8. Atom- und Kernphysik

Problems soil sich das Elektron nur in der X, j^-Ebene senkrecht zum magnetischen Feldvektor B bewegen konnen. Bild 8-14 vermittelt eine Ubersicht. Die elektrische Feldstarke E ergibt sich durch Ableitung des elektrischen Potentials (p (x, y, z) nach den Ortskoordinaten x, y und z:

a 3x

E = — grad (p =

a aj

a az

= -V Analog kann die magnetische Induktion B aus dem Vektorpotential A durch Rotationsbildung erhalten werden: ^ = rot^ =

Qy

'f^ky^yo). Der Impuls des Elektrons in j^-Richtung py = /? ky ist eine Konstante der Bewegung {py = 0). Die Gesamtenergie H des Systems wird durch das Magnetfeld nicht verandert, da die Lorentz-Kraft stets senkrecht zur Bewegungsrichtung des Elektrons wirkt. Die quantenmechanische Losung liefert die Energiewerte des harmonischen Oszillators Ey = (v-\- 1 /2) h co^ mit dem konstanten Energieabstand h co^. {co^ ist die Zyklotronfrequenz.) Die Energiewerte E^^ sind unabhangig von der Wellenzahl ky (Elektronenspin nicht beriicksichtigt). Die Wellenfunktion yj{x,y) des Elektrons setzt sich aus einer ebenen Welle in j-Richtung und den Wellenfunktionen des harmonischen Oszillators (Bild 8-9) um die Ruhelage

A.XQ

OX ox oy Damit lautet die Hamilton-Funkdon H eines Elektrons mit der Ladung - e H=

2m

{p-{-e)AY

+ {-e)(p. (8-39)

Die Bewegungsgleichung des Elektrons ergibt sich mit den Hamiltonschen Gleichungen X = ^H/^p^ und Px = - dH/Qx (analog y\ Abschn. 8.2.1) zu mr = (- e)E -\-{elektrische Kraft

e)(vxB).

(8-40)

Lorentz-Kraft

Zur Aufstellung der Hamilton-Funktion muB das entsprechende Vektorpotential eingesetzt werden. Fiir das hier zu losende Problem soil die magnetische Induktion B nur eine z-Komponente B^ aufweisen. Ein Vektorpotential A, das ein Magnetfeld B = YOt A = (0, 0, B^) erzeugt, ist gegeben durch A =(0, ^zX, 0). Mit diesem Vektorpotential ergibt sich die in Bild 8-14 angegebene Hamilton-Funktion H fiir die Elektronenbewegung in der x, j^-Ebene senkrecht zur Magnetfeldrichtung B^. In Bild 8-14 ist dieses Problem klassisch und quantenmechanisch gelost. Klassisch ergibt sich als Bahnkurve des Elektrons eine Kreisbahn um den Mittelpunkt (XQ = — 1 /(m coc)

=

^

eB,

zusammen. Im Gegensatz zur klassischen Losung sind nur diskrete Kreisbahnen erlaubt. Wird senkrecht zu B zusatzlich ein elektrisches Feld E angelegt, so lautet die klassische Bewegungsgleichung (Gl. (8-40)) mit £ = (£x, 0, 0), ^ =(0, 0, B^) und r = (x, y, z) mx = {-e)E^ + {-e)B^y, my = —{—e)B^x. Eine Losung dieser gekoppelten Differentialgleichungen ist x = XQ-\- a cos cOc ^ ? ^x y = y^^ a^mcoct — — B. t; CD^

eB m (8-41)

Sie driickt eine Kreisbewegung aus mit dem Radius a. Ihr Mittelpunkt bewegt sich senkrecht zu E und B mit der konstanten Geschwindigkeit y = Vy = - (E^/B^) in j^-Richtung. Bei der quantenmechanischen Losung muB zur Hamilton-Funktion H noch die potentielle Energie eEx addiert werden. Infolge der schnellen Kreisbewegung der Elektronen im Magnetfeld (groBes B) addiert sich zu Ey lediglich die potentielle Energie des Kreismittelpunktes XQ mit

8.2. Quantentheorie eEx = eEj^xo = — eE^

ky =

-hky.

mcoc B2 Damit ergibt sich fiir die Energie in einem zusatzlichen elektrischen Feld ^ v = (v + j)ftcOc + (--"YJf^ky.

(8-42)

Die Geschwindigkeit Vy-= dEy/dpy = dEy/dfiky errechnet sich somit zu Vy=-(E,/B,).

(8-43)

Dies ist identisch mit dem klassischen Ergebnis. 8.2.5.2. Quanten-Hall-Effekt KLAUS VON KLITZING (geb. 1943) entdeckte

im Februar 1980 am Hochfeld-Magnetlaboratorium des Max-Planck-Instituts fiir Festkorperforschung in Grenoble den Quanten-HallEffekt und wurde dafiir 1985 mit dem Nobelpreis fiir Physik ausgezeichnet. Der klassische Hall-Effekt ist in Abschn. 4.4.3.2 beschrieben. Durch Anlegen einer Spannung U an den Leiter (dreidimensionales Elektronengas) fliefit ein Strom / in x-Richtung, wie Bild 4-100 zeigt. Durch das Magnetfeld in z-Richtung entsteht senkrecht zu B und / eine Spannung Uu = Bill (Hall-Spannung). Bu wird (analog zum Ohmschen Gesetz U = BI) als Hall-Wi-

543

derstand bezeichnet, fiir den sich klassisch i?H ^ BJ(nde) ergibt, d: Dicke des Leiters. Von Klitzing verwendete zur Untersuchung des Hall-Effekts nicht ein dreidimensionales sondem ein zweidimensionales Elektronengas (Bewegung der Elektronen im Leitungsband nur in x- und >^-Richtung moglich). Ein zweidimensionales Elektronengas (2DEG) kann in einem MOS-FET (Silicium-Metalloxid-Oberflachen-Feldeffekttransistor, Abschn. 9.2.3.4) realisiert werden (Bild 8-15). An der Oberflache des p-Si-Materials unterhalb der Si02Isolatorschicht bildet sich beim Anlegen einer positiven Spannung UQ (Gate-Spannung) eine 5 nm bis 10 nm dicke n-Inversionsschicht. Diese kann in sehr guter Naherung als 2DEG betrachtet werden. Die flachenbezogene Ladungstragerkonzentration n^ kann durch die Gate-Spannung UQ iiber mehrere GroBenordnungen variiert werden:

Die GroBe Q ist die flachenbezogene Kapazitat der Si02-Schicht, und U^ ist die Einsatzspannung zur Ausbildung des 2DEG. Durch Anlegen einer Spannung U zwischen Quelle {Source) und Senke {Drain) flieBt ein Strom / in der n-Inversionsschicht. Es gilt das Ohmsche Gesetz U = BI, solange / einen kritischen Wert nicht iiberschreitet. Fiir ein 2DEG ist der Widerstand in jc-Richtung B = UII= g{LJLy), mit Q als Resistivitat. Die auftretende Hall-Spannung inj^-Richtung wird SiOanalog zum klassischen Hall-Effekt berechnet (Abschn. 4.4.3.2) und betragt t/n = BJ{n,e)I = Source lH Drain B^I. Der Hall-Widerstand i^H = ^H = BJn.e ist n-lnversionsschicht • 5. |p-Si im 2DEG unabhangig von den Abmessungen L^ und Ly der Probe. Die Hall-Spannung wird Gate damit bei konstantem Langsstrom / und FluB^H dichte B^ umgekehrt proportional zur flachenSource Drain bezogenen Tragerdichte n^: U^'^ \/n^. Bild 8-16 zeigt MeBkurven der Hall-Spannung und der Langsspannung, wie sie v. KLITZING •- / bei tiefer Temperatur und hoher FluBdichte erhielt. Bild 8-17 zeigt ^ und g in Abhangigkeit von der Magnetfeldstarke B. Im Verlauf der HallSpannung (7H treten im Gegensatz zum erwarteten Verlauf {U^^ l/n^ Plateaus auf, an Bild 8-15. Zweidimensionales Elektronengas in einem denen die Spannung U extrem gering wird MOS-FET.

n^

1

544

8. Atom- und Kemphysik

0

5

10

15

20

25

UG (in Volt) ~ n^

Bild 8-16. Abhdngigkeit der Hall-Spannung U^ und der Ldngs-Spannung U von der Gatespannung UG(B = 18T,I= 1 fiA,T= 1,5K).

(praktisch null). Der spezifische Hall-Widerstand OH ii^
0

und a,^ = rise B. Umgekehrt ist mit dem Widerstandstensor a =

0

D

0 Q =

Q 0=1,2,...). (8-45)

e^ I

und Q^y = -^,E

0

\Qyx

25 813

R

Dieses quantenartige Verhalten des Hall-Widerstands wird als Quanten-Hall-Effekt (VonKlitzing-Effekt) bezeichnet. Bereits die klassische Betrachtung zeigt, daB ein ideales (reibungsfreies) zweidimensionales Elektronengas in gekreuzten elektrischen und magnetischen Feldem auBergewohnliche Eigenschaften besitzt. InAbschn. 8.2.5.1 wurde gezeigt, daB unter dem EinfluB eines elektrischen Feldes in x-Richtung und eines Magnetfeldes in ;;-Richtung die Elektronen sich auf Zykloidenbahnen in j;-Richtung bewegen mit der Geschwindigkeit Vy = -EJB^. Das bedeutet, daB ein Strom in >^-Richtung flieBt mit der Stromdichte7y = -en^Vy = en^ EJB^. Fiir Stromdichte j und elektrische Feldstarke E besteht damit folgender Zusammenhang: j= ax E, mit demLeitfdhigkeitstensor

=

gxj.

Ferner gilt _

^z

_

(8-46)

12-

Das bedeutet, daB der spezifische Widerstand Pxx ill Langsrichtung verschwindet, zugleich mit der Leitfahigkeit o^^. In realen Systemen sorgt die Streuung der Elektronen am Gitter und an Verunreinigungen dafar, daB ^^x ^^^ ^xx nicht null werden. Quantenmechanisch werden die Elektronenwellenfunktionen beschrieben durch eine ebene Welle in j;-Richtung und eine Oszillatorwelle in x-Richtung um den Punkt XQ = {fileB^ky (Abschn. 8.2.5.1). Energetisch tritt eine Quantelung der Energieniveaus in die LandauNiveaus ein, deren Energie gegeben ist durch

7"=8mK Klassischer 1 Hall-Widerstand^^

10•o

/^/=3

8-

Vi

fX4

6-

4-

^6

A

yf^

2-

Oj

(

J

21-

E, = {v+ \)fi(D,, v = 0 , 1, 2 ...

^^1 , JU• J — t J

00

2

^ 4

1i ^ T

1-11 6

Magnetfeldstarke B

Bild 8-17. Abhdngigkeit der Widerstdnde QU und Q von der Magnetfeldstarke.

(8-47)

Jedes Landau-Niveau kann nur eine begrenzte Zahl von Elektronen aufnehmen. Dieser sogen. Entartungsgrad kann folgendermaBen bestimmt w^erden: Werden fur die Wellenfunktionen in j^-Richtung periodische Randbedingungen vorausge-

8.2. Quantentheorie setzt, ip(x,y + Ly) = ip(x, y) (Abschn. 9.2.2), dann sind mogliche ^y-Werte ganzzahlige Vielfache von In/Ly. Die maximale Wellenzahl ky rnax ^Igt aus dcF Fordcrung, daB XQ maximal so groB sein kann wie L^. Damit wird ky ^^ = (eBJfi)L^ und die maximale Zahl voii Zustanden auf einem Landau-Niveau A^^ h In Der Entartungsgrad D

545

(8-49) Eine weitere Betrachtungsweise ergibt sich, wenn der magnetische FluB ^ durch die Probe berechnet wird: 0 = BA = BL^Ly. Der magnetische FluB ist quantisiert in Vielfachen des FluBquants (Abschn. 9.2.4)

NmJL. L^ ist somit Damit ist die Zahl der FluBquanten, welche die Probe durchdringen N^=

Wenn nun die Dichte n^ der Elektronen erhoht wird, dann wird zuerst das tiefste LandauNiveau mit D Elektronen gefiillt, dann das nachsthohere und so fort. In realen Systemen entsteht der Widerstand infolge von Streuung der Elektronen. Dabei muB ein Elektron von seinem Ausgangszustand in einen freien Endzustand gestreut wer- Ganzzahlige Fiillfaktoren / = 1, 2, 3 ... bedeuten, den. Sind nun alle Landau-Niveaus voll belegt, daB die Landau-Niveaus v = 0, 1, 2 ... vollstandig dann liegt der nachste freie Zustand um fico^ besetzt sind, was zu den Plateaus im Hallwiderstand hoher. Bei tiefen Temperaturen und hohen und zum Verschwinden des Langswiderstands fiihrt. Magnetfeldern ist diese Energie so groB, daB Nach der Entdeckung des Quanten-Hall-Efsie nicht aufgebracht werden kann. Mit ande- fektes durch K. v. Klitzing 1980 wurden 1982 ren Worten: der StreuprozeB kann nicht statt- von H. Stormer und D. Tsui an hochreinen finden. Also flihrt eine komplette Besetzung AlGaAs/GaAs-Heterostrukturen zweidimender Landau-Niveuas zu einem Verschwinden sionale Elektronengase untersucht. Bei tiefer Temperatur (einige mK) und hohen FluBdichdes Widerstandes ^^x • ten fanden sie Strukturen wie in Bild 8-17, Fiir das Verschwinden des Widerstandes ist jedoch zusatzlich solche bei gebrochen ratiosomit erforderlich, daB die Elektronendichte nalen Quantenzahlen / = 1/3, 2/5, 2/3 ... (Bild ein ganzzahliges Vielfaches des Entartungs8-18). Fiir die Entdeckung diQses fmktionalen grades ist: n^ = iD. Mit Gl. (8-46) ergibt sich Quanten-Hall-Effekts wurden H. L. STORMER damit fur den Hall-Widerstand 7?H ^ ^J^s ^ ^ (geb. 1949) und D. C. Tsui (geb. 1939) zusamBJiDe und mit Gl. (8-48) men

mit R.B.

LAUGHLIN (geb.

1950)

fur

die

theoretische Interpretation im Jahre 1998 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

10 20 magn. FluBdichte in T

Bild 8-18. Hall-Effekt mit gebrochenen Quantenzahlen an AlGaAs/GaAs.

Bild 8-19. Zusammengesetzte TeilchenfUr den Fiillfaktor i = 7/5, bei dem drei Fluflquanten mit einem Elektron verbunden sind.

546

8. Atom- und Kernphysik

1 Metrologie

theoretische Physik

1 Feinstrukturkonstante

Widerstandsnormal

Magnetotransporttheorie,

Eichung von Widerstanden

1

Weiterentwicklunq der MeRg(3nauig keit

Lokalisierung von Zustanden,

Kopplungskonstante zwischen Atomtheorie und Theorie des Lichts

^

^

Vielteilcheneffekte

^ •

^

Bild 8-20. Bedeutung des Quanten-Hall-Effekts.

Nach der Theorie von Laughlin wird das Elektronengas bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt und hohen Magnetfeldem in eine neue Form von Quantenfliissigkeit gezwungen. Fiir Elektronen ist wegen des Pauli-Prinzips (Abschn. 8.4.2) die Kondensation in einen gemeinsamen Grundzustand verboten. Deshalb bilden die Elektronen mit den FluBquanten zusammengesetzte Teilchen (Bild 8-19). Diese so entstandenen Bosonen konnen in einen gemeinsamen Grundzustand kondensieren analog zum Mechanismus der Supraleitung (Abschn. 9.2.4). Der Quanten-Hall-Effekt (QHE) hat nicht nur die Theorie der Festkorperphysik befruchtet (Bild 8-20), sondem hat auch weitreichende Auswirkungen auf dem Gebiet der Metrologie. So ist die Genauigkeit der Widerstandsmessung durch den QHE um den Faktor 1000 gesteigert worden. Seit 1990 wird von der PTB das Widerstandsnormal auf der Grundlage der international festgelegten von-Klitzing-Konstante R^ = 25812,807 Q. mit einer relativen Unsicherheit von 4,5 • 10"^ weitergegeben. 8.2.6. Tunnelmikroskop In Abschn. 8.2.2 ist gezeigt, daB Elektronen eine Potentialschwelle V (Bild 8-9) „uberwinden" konnen, obwohl klassisch ihre Energie (^Eiektron) dafur nicht ausreicht (£'Eiektron < ^o;

Tunneleffekt). Der Tunneleffekt ermoglicht, Oberflachen in ihrer atomaren Struktur sichtbar zu machen. Werden zwei unterschiedliche Metalle nahe genug zusammengebracht (keine Beriihrung), so ergibt sich das in Bild 8-21 dargestellte Energiediagramm. Durch den Tunneleffekt konnen Elektronen vom Metall 1 in das Metall 2 durch die Potentialbarriere durchtunneln. Voraussetzung ist, da6 die den Potentialwall durchdringenden Elektronen ein freies (unbesetztes) Energieniveau im Metall 2 antreffen. Deshalb konnen nur Elektronen aus dem Bereich E^^x) bis £'F(I) — U in den Be-

reich E^ii) bis £'F(2) + ^ durchtunneln. Ohne auBere Beeinflussung wiirden sich die beiden Fermi-Energieniveaus ausgleichen, so daB kein

*1

^2

iiililiiilli^

*

U ^F{2)

d

Bild 8-21. Energiediagramm zweier Metalle mit sehr geringem Ahstand d.

8.2. Quantentheorie

ElektronenfluB durch die Potentialschwelle stattfindet (Gleichgewichtszustand). Durch Anlegen einer Spannung zwischen den Metallen wird die Differenz der Fermi-Energieniveaus aufrechterhalten. Der durch die Potentialschwelle flieBende Elektronenstrom (Tunnelstrom) kann nach Gl. (8-52) berechnet werden:

a)

547

LU,

Xo 'Tunnel

2x„ = 10,25|/^(eV)nm-^

(8-52)

Hierin ist d die Dicke der Potentialschwelle in nm, U die angelegte Spannung in V und 0 die Austrittsarbeit in eV. Es gilt

0 = {0i-\-02)/2. Zur Abbildung einer Oberflache bringt man eine Metallspitze, die so diinn ist, daB sie an der Spitze praktisch nur ein Atom tragt, in die Nahe der zu untersuchenden Oberflache. Sie befindet sich auf einem Positioniersystem, bestehend aus drei Piezokristallen (x, y, z), die es erlauben, durch Anlegen einer Spannung die Spitze iiber die Oberflache zu bewegen, wie Bild8-22a zeigt. Es miissen Anstrenguhgen unternommen werden, um das System erschutterungsfrei zu lagem, da der Abstand Spitze —Probenoberflache im Bereich von nm hegt(Bild8-22b). Zwischen der Metallspitze und der Probe flieBt ein Tunnelstrom /xunnei ii^ ^^"^ GroBenordnung von nA. Beim Bewegen der Spitze iiber die Oberflache halt man diesen Strom konstant. Dies geschieht durch die Steuerung des Abstandes der Spitze von der Oberflache liber den z-Piezokristall. Die Spannung U^ zur Steuerung dieses Abstandes gibt somit eine Abbildung der Topographic der Probenoberflache entlang der Bewegungsrichtung wieder. Bild8-23 zeigt die (100)-Oberflache eines Goldkristalls, aufgenommen bei einem konstanten Tunnelstrom von 1 nA. Die Achsenteilstriche entsprechen 0,5 nm. Man erkennt die terrassenformigen atomaren Monolagen. Der wellenartige Verlauf der einzelnen Spuren entspricht einzelnen Atomreihen. — Fiir die Entwicklung des Tunnelmikroskops wur-

MikroI Prozessor

'^)

iz=r

/j

Spitze

Positioniersystem Probe y- Piezo ^^gvi^l A ^ ^| A SchwingungsX - P i e z o \ ^ v / ^ 5 ^ ^ - S _ _ J 5 ' ^ — v dampfer

Bild8-22. Tunnelmikwskop: a) MeBprinzip, b) Aufbau. Werkbilder: IBM, Zurich

den

H. ROHRER (geb.

1933)

und

G. BINNIG

(geb. 1947) im Jahr 1986 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

Bild8-23. Gold-(100)-Oberfldche, aufgenommen mit dem Tunnelmikwskop. Der Abstand der Achsenmarkierungen entspricht 0,5 nm. Werkphoto: IBM, ZUrich

548

8. Atom- und Kemphysik

83. Bahn- und Spinmagnetismus Ein elektrischer Kreisstrom / erzeugt ein magnetisches Dipolfeld (Abschn. 4.4.2). Fiir das magnetische Dipolmoment /i gilt fi = IA

(8-53)

mit A als dem Vektor senkrecht auf der vom Kreisstrom aufgespannten Flache (A = \A |). In einem homogenen Magnetfeld mit der magnetischen Induktion B erfahrt der magnetische Dipol ein Drehmoment M= fixB, vergleichbar mit einem elektrischen Dipol p = qr in einem elektrischen Feld. Das Drehmoment ist null, wenn ^ parallel zu B ausgerichtet ist, d.h., wenn der Kreisstrom senkrecht zu B flieBt. Eine Verdrehung des Dipolmoments um den Winkel a gegen B erfordert den Energieaufwand a

F

= \ Mda'= -/^ B cos a = -,iB, K/2 (8-54)

Bild 8-24 zeigt die Analogic zwischen Bahn-, Spin- und Kernmagnetismus. Das um den Kern mit der Geschwindigkeit v und dem Radius r kreisende Elektron kann als kreisformiger elektrischer Strom / betrachtet werden. Die Stromstarke / ergibt sich als Quotient aus der Ladung des Elektrons und der Zeit fiir einen Umlauf T\

Fiir das magnetische Dipolmoment ergibt sich daraus 6

u = IA = — -— conr^ ^ In

6

2

co r^. (8-56)

Das Minuszeichen gilt fur das negativ geladene Elektron, e ist der Betrag der Elementarladung. - Durch Einsetzen des Betrages des Bahndrehimpulses |/| = \rxp\ = mvr=mojr^ ergibt sich fiir das magnetische Dipolmoment Px Gl. (8-57) in Bild 8-24. Aufgrund spektro-

skopischer Daten und der Ergebnisse der Quantentheorie mul3 dem Elektron unabhangig von seiner Bahnbewegung ein magnetisches Dipolmoment zugeschrieben werden. Analog zum magnetischen Dipolmoment der Bahnbewegung /i,, das proportional dem Bahndrehimpuls / ist, kann dieses magnetische Dipolmoment des Elektrons p^ proportional zum Eigendrehimpuls (Spin) s angenommen werden (Gl. (8-58) in Bild 8-24). Der Spin des Elektrons ergibt sich aus der Losung der relativistischen Schrodinger-Gleichung (Dirac-Gleichung). Die Quantenmechanik des Bahndrehimpulses ist in Abschn. 8.2.4 (Wasserstoffproblem) beschrieben. Der Bahndrehimpuls / kann nur diskrete Werte annehmen (Bild 8-11). Fiir den Spin (Eigendrehimpuls) des Elektrons gelten analoge Beziehungen wie fiir den Bahndrehimpuls. Im Gegensatz zur Bahndrehimpulsquantenzahl I, die nur ganzzahlig auftritt, kann die Spinquantenzahl s des Elektrons nur den Wert 1/2 annehmen. Deshalb sind nur zwei Spineinstellungen beziiglich der z-Richtung moglich (Bild 8-24). Aus Gl. (8-58) ergibt sich fiir die erste Bohrsche Bahn {\l\ = h) ein magnetisches Moment //B {Bohrsches Magneton): /^B=

2 m,

fi = 9,2740- 10-24 A m2. (8-59)

Es ist zweckmaBig, das magnetische Dipolmoment von Elektronen als Vielfaches (Einheiten) von fi^ anzugeben. — In Abschn. 8.2.4 ist gezeigt, daB der Bahndrehimpuls um die z-Achse prdzediert. Dies gilt auch fur den Spin des Elektrons. Da mit dem Drehimpuls ein magnetisches Dipolmoment n\ bzw. n^ verbunden ist, prazediert auch dieses um die z-Achse und ist wie / bzw. s gequantelt. Experimentell kann somit nur die Komponente von fi in z-Richtung gemessen werden. Befindet sich das magnetische Dipolmoment in einem Magnetfeld mit der magnetischen Induktion 5z, so ist damit eine Vorzugsrichtung festgelegt. Das magnetische Dipolmoment kann sich zu B^ nur in bestimmten Werten einstellen, die durch ii\^^ bzw. /is,z (Gl. (8-60) und (8-61) in Bild 8-24) gegebeii sind. Mit Gl. (8-54) ergibt sich damit fiir die Ener-

8.3. Bahn- und Spinmagnetismus gie des magnetischen Dipolmoments in einem Magnetfeld der magnetischen Induktion B^ ^mag

-^zBz

=

IntifiBBz [2,0023 m^/UBB,' (8-62)

Es sind somit nur diskrete Energiezustdnde moglich. Das Verhaltnis von magnetischem Dipolmoment // und dem entsprechenden Drehimpuls / bzw. s wird als gyromagnetisches Verhaltnis y bezeichnet und kann makroskopisch gemessen werden. Zwischen magnetischem Dipolmoment n\ bzw. n^ und dem Drehimpuls / bzw. s tritt ein Proportionalitatsfaktor (g-Faktor) auf. Dieser ^-Faktor ist mit dem gyromagnetischen Verhaltnis verkniipft (Bild 8-24). Er betragt fiir den Bahnmagnetismus g\ = I und fiir den Spinmagnetismus ^s = 2,0023 (Ermittlung durch quantenmechanische Berechnung).

549

Ubergange mit Amj = 0 heiBen n-Ubergdnge, die mit Amj = ± 1 heiBen o-Ubergdnge. Die a und TT-Strahlung ist unterschiedlich polarisiert. Wird das Atom in ein elektrisches Feld E gebracht, so wird ein elektrisches Dipolmoment p induziert, das proportional zu E ist (p = (xE) (Abschn. 4.3.7). a wird Polarisierbarkeit bezeichnet. Die Energie Egi eines elektrischen Dipols p im elektrischen Feld E betragt EQX = \PE = \(XE'^. Die GroBe des induzierten elektrischen Dipolmoments hangt von der Elektronenverteilung (gegeben durch n, I, m) ab. Dadurch erfahren die Atomorbitale im elektrischen Feld unterschiedliche Energieanderungen, die zu einer Aufspaltung der Spektrallinien fiihren. {Stark-Effekt \ J. STARK, 1874 bis 1957).

8.3.2. Elektronen- und Kernspinresonanz In Bild 8-24 ist dem Bahn- und Spinmagnetismus der Kernmagnetismus gegeniibergestellt. Der Atomkern hat einen Eigendrehimpuls /, der gequantelt ist und deshalb nur diskrete 8.3.1. Zeeman- und Stark-Effekt Werte annehmen kann. Die KernspinquantenAus Bild 8-24 geht hervor, daB sich in einem zahl / hat je nach Atomkern Werte zwischen 0 auBeren Magnetfeld ^o in z-Richtung das und 15/2. Das magnetische Moment des magnetische Dipolmoment des Spins |is bzw. Kerns /ij ist iiber den ^pFaktor mit dem das magnetische Dipolmoment der Bahn /ij Drehimpuls / verkniipft. Analog dem Bohrnur diskret einstellen kann: //s,z = — ds^s J^B schen Magneton (//B) der Elektronenhiille bzw. yWi z = - g\m\jUB. {m ist die magnetische fiihrt man das Kernmagneton //K = /^B/1836 Quantenzahl.) Fiir ein Mehrelektronensystem = e h/{2 mp) ein. Je nach Kern ist der g\addieren sich die Drehimpulse / und s zu Faktor groBer oder kleiner als null und somit einem Gesamtdrehimpuls /. Da die magneti- das magnetische Moment /ij parallel oder schen Dipolmomente mit den entsprechenden antiparallel dem Eigendrehimpuls /. Bild 8-25 Drehimpulsen gekoppelt sind, addieren sich zeigt die Niveauaufspaltung fiir ein Elektron die magnetischen Dipolmomente zu einem und ein Proton in einem auBeren Magnetfeld Gesamtdipolmoment /ij. Die Komponente ^0- Wird senkrecht zum ^o-Feld ein Wechvon /ij in z-Richtung (/ij,z) kann die Werte selfeld ^ 1 mit der Resonanzfrequenz / = mj h (mj = J,J— 1,..., — / ) annehmen. Die QSI^BBQ/H bzv^. f= gijUi^Bo/h eingestrahlt, so Energie des magnetischen Dipols in einem wird ein Ubergang zwischen den Niveaus erMagnetfeld BQ in z-Richtung ergibt sich nach folgen (Umklappen des magnetischen MoGl. (8-54) zu £'mag = ~/^j,z^o- Fui"
550

8. Atom- und Kernphysik

Bahnmagnetismus Modellvorstellung

Elektron bewegt sich auf einer Kreisbahn Bahndrehimpuls /

r Bahnradius

CB

Elektron mit der Ladung e

Quantenmechanik des Drehimpulses

(2€ + 1) Werte 0

/z = rrifh

-1

(/z)max = € ^

m^ = 0, ±1, ±2, ..., ±€ m^

€ Bahndrehimpulsquantenzahl

magnetische Quantenzahl (des Bahndrehimpulses)

Nur solche Einstellungen von / sind eriaubt, fur die die Projektion in z-Riciitung ein ganzzahliges Vielfaches von h betragt.

nfiagnetisches Moment /x

tii=-9e

2A77O

l\

9e=^

I Bahndrehimpuls Qe g-Faktor

eh

me\ = -9€

2/r7oe

^

h/liJ+Vi;

2m

Bohrsches Magneton Ar?op Ruhemasse des Elektrons

\ti€\ =

magnetisches Moment im Magnetfeld Bz

(8-57)

-9e^Bi^(J+^

B.

m^h-

\i\ = n4I{l^)

CSZZ

MiX> == -9efiB^

= -meHB

(mitgf^=1) (8-60)

gyromagnetisches Verhaltnis y

re = ^^=^7;r-= 2 /77oe

Bild 8-24.

Bahn-, Spin- und

Kernmagnetismus.

9^=9e^

=^ "

(mitg,=1) n

8.3. Bahn- und Spinmagnetismus

Spinmagnetismus

Kernmagnetismus

Elektron dreht sich urn seine eigene Achse

Atomkern dreht sich urn seine eigene Achse

Elektron

Eigendrehimpuls Spindrehimpuls (kurz Spin)

( .ii

A77s

mj{21+ 1) Werte

( 2 s + 1)Werte

2

\s\ = n^s{s+i)

Eigendrehimpuls Spindrehimpuls (kurz Kemspin)

fc.:^

Atomkern

0

I^ = mjh

\I\ = -hy/T(rTT)

L 1/) 0 -ID

:in

-2n

\s\ = n^ A77s s s

551

magnetische Quantenzahl (des Spins)

Spinquantenzahl kann sich nicht parallel zur z-Richtung einstellen und prazediert wie / um die z-Achse.

2A77n

-s;

gfs = 2 , 0 0 2 3

s Eigendrehimpuls, Qs g-Faktor

I = -L 2

/ Kernspinquantenzahl / kann ganz- und halbzahlige Werte annehmen.

tii=-9i / Qi

-n4s{s

+ l);

Ifii

2A77O

mj=-I, ^

2m

e 2mo

^s-^

-gsJ^B^]s{s+^)

magnetische Quantenzahl des Kernspins

gjCH) = +5,58 g , (40K) = - 0 , 3 2

niKj+~i)

\ti,\ = g, i^K^Hi + ^)

\^J•s\ =

rrij

1=2

op

Eigendrehimpuls g-Faktor

=9i

-7 + 1,... + /

(8-58)

JilK-

I^B _ eh 1836 ~ 2 ATI on

(Kernmagneton)

C=X 9i IHK -f = ^i^

fii =9i I^K

rrij h = IQs^sl^B ^s,z=±^9s^B

\l\ = h4W^) (8-61)

fii,z=9imi

JUK

71='

7s=-r-T

7s = 1 , 0 0 1 1 6 - ^ = 5-8 ^ A77oe

= 2,0023^^ n

h

n

2mo,

552

8. Atom- und Kernphysik

e=-R.So

Elektron

M2

z - Komponente des magnetischen Moments

£jj

magnetische Induktion in z - Richtung

2-5'SMB^O

£=-(-^5^31^^

a = 2.0023

1 •^2

AE=hL

^iB = 2m,

He =9,2741-10'^'^Jf^

/Q = 2,8026-lO^^-^Bo -^5's^%So

Proton

2S'i^^K^

^=-(5'I^I^K)^O

5'i = 5,58

e/7 ^*^

AE=hL

2mD

1 ^2 ^IK = 5,0508-10"^ J T^

fo = 4,2577-10

7

H7

IliSo

-gfi'i^^K^

5//^^ 5-25. Energieaufspaltung von Elektronen und Protonen im Magnetfeld.

zeugt die erforderliche Resonanzfrequenz. Zur Aufnahme eines Resonanzspektrums wird entweder die Frequenz oder das Magnetfeld variiert. Bild 8-27 zeigt das Protonenresonanzspektrum einer Probe mit Ethanol

phasenempfindlicher

Magnetnetzgerat Magnet

Bild 8-26. Aufbau (schematisch). Werkbild: Siemens

Resonanzspektrometers

CH3-CH2-OH, Methylenchlorid CH2CI2 und Chloroform CHCI3. Es ist zu erkennen, daB die Lage der Resonanzsignale von der chemischen Umgebung des Protons abhangig ist (Abschirmungseffekte u.a.). Ferner konnen benachbarte Protonen miteinander wechselwirken, so daB es zu einer typischen Signalaufspaltung kommt (Wechselwirkung von CH3-Protonen und CH2-Protonen). Fiir die Strukturaufklarung organischer Verbindungen ist die Kernspinresonanz-Spektroskopie ein wichtiges Hilfsmittel. Die Protonenresonanz wird in abgewandelter Form in der Medizin eingesetzt {Kernspintomographie). Dabei befindet sich der Patient in einem homogenen Magnetfeld, das durch ein Gradientenfeld iiberlagert wird (Bild 8-26, rote Linien). Dieser Feldgradient ermoglicht eine Zuordnung des Resonanzsignals zum Entstehungsort. Bild 8-28 zeigt das Schnittbild eines Kopfes, aufgenommen mit einem Kernspintomographen.

8.4. Systematik des Atombaus

553

acht Elemente, die vierte und fiinfte 18 Elemente. Zur Aufrechterhaltung der chemischen /o = 90MHz, ^0 = 2,1138T Verwandtschaft der Elemente innerhalb einer Gruppe miissen den Perioden sechs und sieUrl2>-'l2 ben nach Lanthan und Actinium jeweils 14 weitere Elemente eingeordnet werden (LanCH3-CH20H thanoiden, Actinoiden). CH3-CH20H Die chemische Verwandschaft innerhalb einer CHCIo Gruppe und das periodische Auftreten bestimmter chemischer Eigenschaften zeigen sich beispielsweise durch das Saure-Base-Verhalten. In dem diesem Buch beigefiigten Periodensystem (Faltblatt im Anhang) ist basisches Verhalten mit blauer und saures Verhalten mit roter Farbe gekennzeichnet. Innerhalb BQ - 15,37 nJ Bo - 11,20 /^T BQ - 7,82 //T BQ - 2,58 /iT B einer Periode wechselt die Farbe von dunkelblau iiber hellblau, hellrot nach dunkelrot, f /i) + 654Hz /o+ 477 Hz /b + 333H2 /b + IIOHz wahrend innerhalb einer Gruppe nur graduelle Unterschiede auftreten. Das periodische Bild8-27. Protonenresonanzspektrum von Chloroform (CHCI3), Methylenchlorid (CH2CI2) und Ethanol Verhalten zeigt sich besonders in der ersten (CH3CH2OH). lonisierungsenergie. Dies ist die zur Loslosung des auBersten Elektrons (Valenzelektrons) vom Atom erforderliche Energie. Fur die Elemente der ersten Gruppe (Alkalimetalle Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium, Casium) ist diese Energie gering, verglichen mit der 18. Gruppe der Edelgase (Helium, Neon, Argon, Krypton, Xenon, Radon). In dem vorliegenden Periodensystem sind zu jedem Element noch weitere physikalische und chemische Daten angegeben. Die Position des Elements im Periodensystem wird durch die Ordnungszahl Z beschrieben. Sie entspricht der Anzahl der Elektronen in der Elektronenhiille bzw. der KernladungsBild8-28. Kernspintomogramm eines menschlichen zahl (Anzahl der positiven Ladungen im Schddels. Atomkern). Da die chemischen und physikaWerkphoto: Siemens lischen Eigenschaften der Elemente durch die Elektronen bestimmt werden (z. B. loni8.4. Systematik des Atombaus sierungspotential, Wertigkeit), muB sich die Periodizitat in der Elektronenanordnung der 8.4.1. Periodensystem der Elemente Elektronenhiille widerspiegeln. Das Periodensystem der Elemente wurde gleichCH3-CH2-OH

Li

zeitig von J. L. MEYER (1830 bis 1895) und D. MENDELEJEW (1834 bis 1907) aufgestellt.

Sie ordneten die Elemente nach den Atommassen und Elemente gleicher chemischer Eigenschaften untereinander an. Die Anordnung der Elemente erfolgt im Periodensystem in 7 waagrechten Perioden und 18 senkrechten Gruppen. Die erste Periode enthalt nur zwei Elemente (Wasserstoff und Helium). Die zweite und dritte Periode enthalten jeweils

8.4.2. Aufbau der Elektronenhiille In Abschn. 8.2.4 ist die quantenmechanische Losung fiir das Wasserstoffatom beschrieben. Fur Mehrelektronensysteme kann die Losung der Schrodinger-Gleichung nur noch naherungsweise erfolgen. Die Losung fixr das Wasserstoffproblem ergibt fiir das Elektron drei Quantenzahlen:

554

8. Atom- und Kernphysik

— Hauptquantenzahl n, — Bahndrehimpulsquantenzahl

/=0, 1,2,...,«-!, — magnetische Quantenzahl mi = 0, 1, 2,..., /. Zu diesen Quantenzahlen mu6 die magnetische Quantenzahl des Elektronenspins hinzugefiigt werden: m^=± 1/2. s /= 0 7s

r"

1

Elektronenanzahl je Schale

7p

6d ..

5f

6p

5d

4f

5p

.. 4d

6s^

-32 -32

5s

18

4s

18

3s

3p

Beim Mehrelektronensystem wird durch die zusatzliche elektrostatische Wechselwirkung zwischen den Elektronen die Entartung der Energiezustande (Abschn. 8.2.4) beziiglich des Bahndrehimpulses / aufgehoben. Es ergibt sich das in Bild 8-29 dargestellte Energiediagramm. Dieses gilt nur, wenn die Zustande mit Elektronen besetzt sind. Die Auffiillung der Energiezustande mit Elektronen erfolgt nach dem Pauli-Prinzip, das besagt, daB in einem Atom keine Elektronen in alien vier Quantenzahlen {n, /, m\, m^) iibereinstimmen diirfen. Aus dem Energiediagramm Bild 8-29 folgt, daB sich nach AbschluB von Zustanden mit gleichem n, I (Teilschalen) besonders stabile Elektronenanordnungen ergeben. Fur abgeschlossene Teilschalen addieren sich die Bahndrehimpulse /j zu L = ^ /j = 0 bzw. die Spins 5i ZU 5 = ^ 5i = 0 und haben damit auch

2p

kein magnetisches Dipolmoment. Die Elektronenanordnung (Elektronenkonfiguration) im Atom wird durch die Symbolik

2s

(Hauptquantenzahl) (Bahndrehimpuls)(Anzahl der Elektronen)

Is

Bild8-29. bitale.

Energiediagramm

der besetzten

Atomor-

vorgenommen. In Tabelle 8-2 ist die maximale Anzahl der Elektronen zur Hauptquantenzahl n mit der Kurzschreibweise zusammengestellt. Da die Entartung im Wasserstoffatom n^ ist, konnen 2n^ Elektronen mit der Hauptquantenzahl n im Atom auftreten.

Tabelle 8-2. Elektronenkonfiguration. n

/

1

0

2

0 1

3

0 1 2

4

0 1 2 3

m,

0 0 1,0,-1 0 1,0,-1 2,1,0,-1,-2 0 1,0,-1 2,1,0,-1,-2 3,2,1,0,-1,-2,-3

^s

Bezeichnung

±1/2

ls2

±1/2 ± 1/2

2s2 2p6

±1/2 ± 1/2 ±1/2 ± 1/2 ±1/2 ±1/2 ± 1/2

Anzahl Elektronen 2

2

2 6

8 ^

3s2 3p6 3dio

2 6 10

18

4s2 4p6 4dio 4fl4

2 10 14

^^

8.5. Rontgenstrahlung Zur Vereinfachung kurzt man die Elektronenkonfiguration des jeweils letzten Edelgases ab (beispielsweise [Ar]) und gibt nur die auBersten Elektronen an.

charakteristische Strahlung

Bremsstrahlung

f^

Atomkern

"A

M

*

Elektron

In Abschn. 8.3 sind die Energiezustande der auBeren Elektronen {Valenzelektronen) und deren Aufspaltung beschrieben. Der folgende Abschnitt hat die Energiezustande der inneren Elektronen zum Inhalt. 8.5.1. Bremsstrahlung und charakteristische Strahlung Die Rontgenstrahlung (Strahlungsenergie im Bereich keV) wird in vielen technischen und medizinischen Bereichen eingesetzt, z.B. im Rontgentomograph und bei Materialuntersuchungen. Bild 8-30 zeigt den schematischen Aufbau einer Rontgenrohre. Elektronen werden aus einer beheizten Kathode emittiert und durch Anlegen einer Spannung UQ von etwa 20 kV bis 250 kV auf die Anode {Antikathode) beschleunigt. Die in das Material eindringenden Elektronen werden durch das elektrische Feld der positiv geladenen Atomkerne abgelenkt und abgebremst. Dieser Vorgang ist in Bild 8-31 veranschaulicht. Die Abbremsung des Elektrons ist eine negative Beschleunigung der Ladung, die nach der Elektrodynamik zur Aussendung elektromagnetischer Strahlung fiihrt. Die so erzeugte Strahlung bezeichnet man als Rontgenbremsstrahlung. Das Spektrum der Bremsstrahlung ist ein kontinuierliches Spektrum, da es sich Wasserkuhiung

Anode

Fenster (Be) Beschleunigungsspannung

Gluhkathode (WolframFaden) mil Schirm

Bild 8-30. Aufbau einer Rontgenrohre (schematisch).

K

kontinuierliches Spektrum

LaLpLy

^

KaKpKy

Linienspektrum |Ka

i ^01 > Ua Ky

I' 1

\A1Wellenlange L

^01

T

Ma ^ 1

L

8.5. Rontgenstrahlung

555

^02Wellenlange

J A.—..

^

7i\

^ Wellenlange Bild 8-31. Entstehung des Rontgenspektrums einer Rontgenrohre.

um freie Elektronen handelt, deren Energie nicht gequantelt ist (Abschn. 8.2..). Die kurzwellige Grenze des Bremsstrahlspektrums ergibt sich aus der vollstandigen Abbremsung des Elektrons mit der Energie e UQ in einem Vorgang (/lo = h c/(e UQ)). Die auf das Antikathodenmaterial auftreffenden Elektronen konnen Elektronen aus den inneren Schalen entfernen, so dafi eine lonisation des Atoms stattfmdet. In Tabelle 8-3 sind die lonisierungsenergien fur das Elektron der Kund L-Schale Ey^ und E^ fur einige Elemente angegeben. Elektroneniibergange aus den hoheren Schalen fiillen die entstandene Elektronenliicke unter Aussendung charakteristischer Rontgenstrahlung (Linienspektrum, Bild 8-31) auf. Die Bezeichnung der Strahlung erfolgt durch zwei GroBen. Die erste gibt die Schalenbezeichnung des Endzustands des Elektrons an (K, L, M,...), die zweite als Index (a.^.y,...) die Schalenherkunft des Elektrons. Das Auftreten des charakteristischen Rontgenspektrums ist abhangig von der Beschleunigungsspan-

556

8. Atom- und Kemphysik

Tabelle 8-3. lonisierungsenergien innerer Elektronen. Element

Ordnungs- £'k in keV ^Liii in keV zahl

Aluminium 13 29 Kupfer 47 Silber 74 Wolfram 79 Gold

1,560 8,979 25,514 69,525 80,725

0,073 0,931 3,351 10,207 11,919

JH

8.5.2. Absorption von Rontgenstrahlung, Computertomographie Die Schwachung von Rontgenstrahlung beim Durchgang durch Materie der Dicke x erfolgt durch lonisation (Photoeffekt) und Streuprozesse (Abschn. 8.10) und wird mathematisch beschrieben durch (8-64)

a > N

5= 0)

^(0

c o O k_

o CO

^<

Absorptionskanten

LI

\

\

Liii

K

\

\\ \ \ \ \\ \\ \\ \ 1 \\ 1

/^i

f^2

f^3

/^4

A*5

/o

^^^ \o

'K°

\

V

\X

•u^

-i^Vr -Mr-f^r\

•

"|-3-

I

^11

l^2

« .

i \'i'^

In4 f <^.

/o

1 , /i2 — —In—!-^ = /"l2 +/'22 +^^32 I- //ii bis ^33 mit den entsprechenden Gleichungen fur die - — l n - ^ = / " l 3 + / / 2 3 + / " 3 3 J weiteren MeSserien

Computertomographie.

1. Messung

I

K

LIT

,

X5

d /o Bild 8-34. Prinzip der

Aufspaitu ng d«3r L-Schale

\\ \

X4

1. MeSserie

d

Hierin ist / die Strahlungsintensitat nach dem Materiedurchgang, /Q diejenige vor dem Ma-

•*->c

X3

Bild 8-33. Schwachung der Rontgenstrahlung beim Durchgang durch Materie unterschiedlicher Zusammensetzung.

^ 1 "

::.

xz

Durchstrahlrichtung

nung UQ der Elektronen und dem Antikathodenmaterial. Bei geringen Elektronenenergien e UQ reicht die Energie nur zur lonisation beispielsweise der L-Schale aus. Es konnen somit nur die L-Linien (L-Serie) entstehen. Bei groBerer Elektronenenergie ist eine lonisation der K-Schale moglich. Es entstehen die K-Linien (K-Serie). — Das kontinuierliche Bremsstrahlspektrum wird vom diskreten Linienspektrum des Antikathodenmaterials iiberlagert.

/ = /oe-

x^

2. Messung

e

I

vorlaufiges Bild

x

X

1

^LIII ^ L I I ^ L I

1

m^

Strahlungsenergie E = hf

Bild 8-32. Absorption in Abhdngigkeit gie der Rontgenstrahlung.

von der Ener-

Objektbild Bild 8-35. Kombination der vorldufigen Bilder Objektbild.

zum

8.5. Rontgenstrahlung teriedurchgang und ji der Schwdchungskoeffizient. Dieser setzt sich aus dem Streuanteil y^streu uiid Absorptiofisanteil //abs zusammen. Fiir/Zabsgilt y^abs

3
(8-65)

Der Absorptionskoeffizient nimmt mit zunehmender Energies" der Strahlung ab. Bei bestimmten Energien treten groBe Spriinge im

557

Absorptionskoeffizienten auf, wie Bild 8-32 zeigt. Die Energie dieser Absorptionskanten entspricht der lonisationsenergie des zugehorigen Elektrons. Eine wichtige Anwendung der Absorption von Rontgenstrahlung ist die Rontgendiagnostik in der Medizin. Der Korper wird mit Rontgenstrahlung bestrahlt und der nicht absorbierte Strahlungsanteil ermittelt (Rontgenfilm). Bereiche groBer Schwarzung stellen Korperteile mit geringem Absorptionskoeffizienten (z.B. Gewebe), Bereiche geringer

Bild 8-36. Schnittbilder eines Kopfes, aufgenommen mit einem Rontgencomputertomographen. (Krankenhaus Aalen)

558

8. Atom- und Kemphysik

Schwarzung Korperteile mit groBem Absorptionskoeffizienten (z.B. Knochen) dar. Da die verschiedenen Absorptionskoeffizienten der entsprechenden Bereiche gemaB Bild 8-33 entlang der Durchstrahlrichtung aufsummiert werden, handelt es sich um ein integrales Abbildungsverfahren. Eine entscheidende Verbesserung der Abbildung gelingt durch die Rontgencomputertomogmphie. Hiermit ist es moglich, entlang der Durchstrahlrichtung Strukturen (Bereiche unterschiedlicher Absorptionskoeffizienten) aufzulosen. Man erhalt somit Schnittbilder des Korpers. Das Prinzip der Computertomographie zeigt Bild 8-34 am Beispiel einer aus neun gleich groBen Bereichen bestehenden Probe. Das mittlere Feld soil sich durch einen verhaltnismafiig groBen Absorptionskoeffizienten iiiii) von der Umgebung unterscheiden. In drei MeBserien wird die Probe durchstrahlt und die Intensitat / ermittelt. Aus den so erhaltenen neun Gleichungen konnen yUn bis ^-^-^ berechnet werden. Wird dem Absorptionskoeffizienten ein Grauwert oder eine Farbe zugeordnet, so entsteht eine Abbildung des inneren Aufbaus der Probe, also z.B. eines Korperteils. Will man Einzelheiten in der GroBenordnung Millimeter auflosen, so muB das 3x3-Raster auf 200 X 200 erweitert werden. Dies erfordert die L6sung eines Gleichungssystems mit 200 x 200 = 40 000 Unbekannten. Hierfiir ist eine sehr lange Rechenzeit erforderlich. Um aus den MeBergebnissen trotzdem ein Bild des Korperinneren zu gewinnen, wird entlang der Durchstrahlrichtung ein konstanter mittlerer integraler Absorptionskoeffizient angenommen. Dies fiihrt zu den in Bild 8-35 dargestellten vorlaufigen Bildern, deren Uberlagerung (Aufsummierung) ein ungefahres Bild des Probeninnem ergibt. Bei dieser Bildrekonstruktion fmdet eine Verschmierung des mittleren Teils statt. Dies kann

durch eine Kontrastverstarkung (hervorgerufen durch die mathematische Operation der Faltung an der MeBkurve) verbessert werden. In Bild 8-36 sind Aufnahmen eines Kopfes bei unterschiedlichen Schnittstellen dargestellt. Bild 8-37 zeigt schematisch den Aufbau eines Computertomographen. Hierbei wird lediglich die Rontgenrohre bewegt, wahrend die Detektoren in einem Kreis fest angeordnet sind. Die Bestrahlungszeit betragt nur einige Sekunden.

8.6. Molekiilspektren Atome kommen in den seltensten Fallen isoliert vor. Sie gehen chemische Bindungen ein. AuBer der ionischen und metallischen Bindung, die die Wechselwirkung vieler Atome beinhaltet, gibt es noch die kovalente Bindung zwischen zwei Atomen zu einem Molekiil, Z.B. N2, HCl, CO (Abschn. 9.1). 8.6.1. Potentialkurve Wird der Abstand r zwischen zwei Atomen A und B (z.B. Wasserstoff und Chlor) immer mehr verringert, dann tritt eine Kraftwirkung ^AB(^) zwischen ihnen auf. Diese kann abstoBend oder anziehend wirken und somit zu einer Energieerhohung bzw. Energieabsenkung von AB fiihren. (Das Potential V{r) r

= j ^AB d r nimmt mit r zu oder ab.) Die Ur00

sache der Potentialanderung besteht in der Wechselwirkung der nicht vollstandig besetzRontgenrohre und ten Atomorbitale von A und B miteinander Detektorsystem (Coulomb-Wechselwirkung). Dabei bilden sich Analog-Digital-WandMolekUlorbitale aus. Sie entsprechen analog lung, Datenaufbereizu den Atomorbitalen den Aufenthaltswahrtung und Kalibrierung scheinlichkeiten von Elektronen. Erstrecken sie sich iiber beide Atomkerne A und B, so fiihrt dies zu einer Anziehung {bindendes Momathematische Faltung zur lekUlorbital). Ist das Molekulorbital lediglich Kontrastverstarkung auf ein Atom A bzw. B beschrankt, so findet keine Bindung statt {nichtbindendes Molekiilorbital). Fiir das einfachste Molekul H J ist Bildrekonstruktion Rontgenrohre Detektoren dies in Bild 8-38 mit den entsprechenden Potentialkurven veranschaulicht. \ elektronische und Findet eine chemische Bindung zwischen A Bilddarstellung mechanische und B statt, so zeigt die Potentialkurve beim Steuerung Gleichgewichtsabstand r^ ein Minimum. Eine Bild 8-37. Aufbau eines Computertomographen (sche- weitere Annaherung der Atomkerne fiihrt zu einer schnell anwachsenden abstoBenden Coumatisch).

8.6. Molekulspektren bindendes Molekulorbital: Bindung

nicht bindendes Molekulorbital: keine Bindung Elektronendichte des Ho^-Molekijls

Ki(rl

F(r)i

559

Bild 8-39 zeigt die Schwingungsmoglichkeiten eines dreiatomigen Molekiils. — In einem Molekiil konnen wie beim Atom Elektronen in ein energetisch hdheres Orbital angeregt werden. Dies fiihrt zu einer Erhohung der Potentialkurve um die Anregungsenergie ^Anreg- Infolgc dcr vcrandcrtcn Elektronenverteilung und der damit verbundenen Anderung der Coulomb-Wechselwirkungsenergie kann eine elektronische Anregung des Molekiils zu einer Verschiebung des Gleichgewichtsabstands r^ im angeregten Zustand fiihren, wie Bild 8-40 verdeutlicht. Eine Anregung in einen nichtbindenden Zustand fiihrt zur Dissoziation des Molekuls. lineares Molekul CO2 (Kohlendioxid)

Bild 8-38. Potentialkurve eines bindenden und nicht-4chw = bindenden Molekulorbitals.

3 - 3 - 5 = 4

nichtlineares Molel

lomb-Kraft. In Bild 8-38 ist rot das harmonische Potential (V(r) ^^ (r- r^)^) und die dazu gehorige, von r linear abhangige Kraft eingezeichnet. Das harmonische Potential ist fiir die Umgebung des Gleichgewichtsabstandes Tg eine gute Naherung. Das klassische Modell eines zweiatomigen / \ Molekiils kann durch zwei Massen WA und m^ • ' & ^ ^ beschrieben werden, die im Abstand r^ durch eine Feder verbunden sind. Eine Auslenkung aus der Gleichgewichtslage r^ fiihrt zu einer 8-39. Schwingungen eines dreiatomigen Molerucktreibenden Kraft, so daB die beiden Bild kiils. Kerne gegeneinander schwingen konnen. Die zur Auslenkung erforderliche Energie wirkt Veiir) , A + B, nicht bindender Zustand als Potential V{r) fiir die Schwingung des I (AB)', bindender, angeregter Zustand Molekiils um die Gleichgewichtslage r^. Ein «-atomiges Molekiil hat folgende voneinander unabhangige Bewegungsmoglichkeiten (f. Anzahl der Freiheitsgrade):

0-0-0

— Schwingung der Kerne gegeneinander (Schwerpunkt des Molekiils bewegt sich nicht) (3 « — 5 lineares Molekiil [3 « — 6 nichtlineares Molekiil — Rotation um den Schwerpunkt (2 lineares Molekul /r. ' = ! ; [ 3 nichtlineares Molekul - Translation des Schwerpunktes /trans ^^ ^ •

Bild 8-40. Verschiebung der Potentialkurve bei MolekUlanregung.

560

8. Atom- und Kernphysik

8.6.2. Rotations-Schwingungs-Spektrum Die Schwingungs- und TRotationszustande sind gequantelt, d. h. das Molekul kann nicht mit jeder Frequenz schwingen bzw. jeder Kreisfrequenz rotieren. Zur Berechnung der Energiewerte £'schw (Eigenwerte) und der zugehorigen Wellenfunktionen der Schwingungszustande ^schw ('' ~ ''e) "^^6 die Schrodinger-Gleichung gelost werden:

2m

+ ^ e l ( ' ' - ' ' e ) l V'^Schw(''-''e) = ^Schw ^Schw {r - ft) •

(8-66)

Als Potentialverlauf Fgi {r) mufi die in Bild 8-38 fur den bindenden Zustand angegebene Funktion eingesetzt werden. Fur nicht zu groBe Auslenkungen aus der Ruhelage kann dieses Potential durch das harmonische Potential V{r - r^) = \D{r~ r^Y ersetzt werden. Die Losung der Schrodinger-Gleichung fiir dieses Potential ist in Bild 8-9 angegeben (Abschn. 8.2.2). In Bild 8-41 sind die Energieniveaus £'schw = h (jo{\-\- v) mit den Energien und den Aufenthalts-

wahrscheinlichkeiten | ^schw(^ ~ ''e) P eingezeichnet. {v ist die Schwingungsquantenzahl.) Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit, die Atomkerne in einem Abstand (r - r^) und (r - rg + dr) anzutreffen (I V^SchwC''~ fc)?'^f)^ ist fiir die angeregten Zustande am Parabelrand am groBten. Lediglich im Grundzustand {v = 0) mit der Nullpunktsenergie y {h w) liegt das Maximum der Aufenthaltswahrscheinlichkeit in der Mitte der Parabel. Durch Absorption Oder Emission eines Photons der Energie h co findet ein Ubergang zwischen benachbarten Energiezustanden statt (Grundschwingung). Andert sich die Schwingungsquantenzahl v um ± 2, ± 3 , . . . , so treten im Spektrum Oberschwingungen bei 2 h co, 3 h CO,... auf. Fiir groBe Schwingungsamplituden gilt die Naherung durch das harmonische Potential nicht mehr. Die Energiezustande riicken bis zur Dissoziation des Molekiils immer dichter zusammen (Bild 8-41). Gleichzeitig verschiebt sich der Gleichgewichtsabstand Tg zu groBeren Werten {Unsymmethe des Potentials). Zur Berechnung der Energiewerte E^^^ (Eigenwerte) und der zugehorigen Wellenfunktionen der Rotationszustande y/^oti^^ (p) benotigt man die Schrodinger-Gleichung

T(r)

V{r)i

V(r)i

harmonischer Oszillator anharmonischer Oszillator Bild 8-41. Harmonischer Oszillator mit den Wellenfunktionen if/(r) und den Aufenthaltswahrscheinlichkeiten I \i/(r) p im Vergleich zum anharmonischen Oszillator.

8.6. Molekulspektren

561

/= 0

-ZJ ¥Toi i^, (P) = ^rot ¥TOt ('9, (p) .

(8-67)

Dabei ist der Abstand r^ zwischen den Atomen A und B konstant (K(r) = konst = 0, starrer Rotator). Die Rotationsenergie ist durch £"^1 = y / co^ = 1^/(2 J) gegeben ( / = m^^^ r], reduzierte Masse m^^^, Drehimpuls l = Jco). Die Losung dieser Schrodinger-Gleichung ist in Bild8-ll angegeben. Sie besteht aus den Drehimpuls-Eigenfunktionen ^^ot ^ ^^mC'^'^) n^it den Eigenwerten des Drehimpulsquadrats. Fur die Eigenwerte des starren Rotators ergibt sich damit

(3

irl~l/n.m(i».(p)i =iVrot(%)r

mit / als Rotationsquantenzahl. Der Abstand zwischen zwei benachbarten Energieniveaus betragt F2.±i {{^m

und nimmt mit / stark zu. - Das Quadrat der Eigenfunktionen des Drehimpulses einer rotierenden Hantel |F,m(^, ^)|^ ist in Bild 8-42 als Polardiagramm fiir einige Quantenzahlen / dargestellt (Abschn. 8.2.4). Der Radiusvektor r in ,9-Richtung gibt die Wahrscheinlichkeit an, dafi die Molekiilachse in dieser Richtung liegt. Mit zunehmender Rotationsenergie werden die Fliehkrafte groBer und fiihren zu einer VergroBerung des Abstands und damit des Tragheitsmoments J (unstarrer Rotator). Dies fuhrt zu einer Absenkung der Rotationsenergie (Gl. (8-68)). Wird ein Molekiil, beispielsweise HCl, mit Infrarotstrahlung bestrahlt, so fmden Schwingungs- und Rotationsubergange gleichzeitig statt {Rotationsschwingungsspektrum). Bild 8-43 zeigt die beiden Schwingungsniveaus i' = 0 und v' =\ mit den zu jedem Schwingungszustand gehorenden Rotationszustanden / bzw. l\ Mit den Auswahlregeln Ai' = 0, ± 1, ± 2,... und A/ = ± 1 ergeben sich zwei Zweige im Absorptionsspektrum, ein R-Zweig mit A/ = + 1 und ein P-Zweig mit A/ = - 1 . Der Ubergang mit A/ = 0 ist in einem zweiatomigen Molekiil nicht erlaubt und erscheint als Liicke im Spektrum. Bei mehratomigen Molekiilen gelten die Auswahlregeln nicht in voller Strenge, und der Ubergang mit A/ = 0 tritt auf. Die Starke der Absorption hangt von der Anzahl der Molekiile ab, die sich im Energiezustand (v, l) befinden. Ist dieser Energiezustand von vielen Molekulen besetzt, so kann mehr Strahlung absorbiert werden, als wenn sich nur wenige Molekiile in

. {^,9)

F2,Q {t?,
Bild 8-42. Polardiagramm zur Verdeutlichung der Lage der Molekulachse bei der Rotation. diesem Zustand befinden. Die Besetzung der Zustande wird durch die Temperatur T bestimmt und durch die Boltzmann-Verteilung beschrieben (Abschn. 3.2.3). o oin

""^s

r^ .

A ^

nnn n

\\

1^ir>

o

—\\\

">

1 1 c

1 1

1 Oi'

^.

1 1 1

1

,v=0 b 3125 3065 3005 2945 2885 2825 2765 2705 2645 2585 2525 Wellenzahl

^

Bild 8-43. Infrarot-Gasspektrum von Chlorwasserstoff (HCl) mit den entsprechenden Ubergdngen im Energieniveauschema (Nicolet 5DX FT-IR-Spektrometer).

562

8. Atom- und Kernphysik

Die Rotationsstruktur im Absorptionsspektrum tritt nur bei Gasen unter geringem Druck auf. Bei Druckerhohung finden zunehmend mehr StoBe zwischen den Molekiilen statt, die eine Linienverbreiterung zur Folge haben (Druckverbreiterung). Bei Fliissigkeiten ist die Rotation sehr stark behindert. Infolgedessen beobachtet man keine einzelnen Rotationslinien mehr, sondern eine verhaltnismaBig breite unstrukturierte Absorptionsbande. Im festen Zustand ist die Rotationsbewegung nahezu vollig unterdriickt, so daB die Absorptionsbanden schmaler werden. Bild 8-44 zeigt das Infrarot-Absorptionsspektrum einer Kunststoffolie aus Polystyrol. Ein solches Infrarotspektrum zeigt deutliche Absorptionen bei bestimmten Wellenzahlen (Energien), denen bestimmte Schwingungen im Molekiil zugeordnet werden konnen. So weisen beispielsweise die Absorptionslinien zwischen 3000 und 3100 cm"' auf einen Aromaten (Benzolring) hin. Anhand eines solchen Spektrums konnen Kunststoffe identifiziert oder Motorenole auf Verunreinigungen untersucht werden.

Durch Messung des gestreuten Lichts (RamanEffekt; C. V. RAMAN, 1888 bis 1970) konnen auch die nicht IR-aktiven Schwingungen bestimmt werden. Die feste oder fliissige Probe wird mit intensivem monochromatischen Licht (z. B. He-Ne-Laser, Kr-Laser) bestrahlt. Die eingestrahlte Energie h COL (<^L ist die Laserkreisfrequenz) darf von der Substanz nicht absorbiert werden. Man miBt die von der Probe gestreute Strahlung. Infolge der intensiven Bestrahlung wird ein Elektron auf ein virtuelles Niveau (kein Eigenzustand des Molekiils) angeregt und geht sofort wieder in einen Energiezustand des Molekiils iiber. Dabei sind die in Bild 8-45 dargestellten Falle moglich: — Rayleigh-Streuung: Das Molekiil geht in seinen Ausgangszustand zuriick {co = COL); — Raman-Streuung: Das Molekiil geht in einen angeregten Zustand iiber (co < COL, StokesUbergang)\ das Molekiil geht in einen abgeregten Zustand iiber (co > COL AntistokesUbergang). Damit ist der Streustrahlung mit der Grundfrequenz co]^ das Schwingungs- und Rotationsspektrum iiberlagert. Durch die Anregung iiber den virtuellen Zustand gelten nicht die Auswahlregeln fiir Dipolstrahlung.

CO

COL

COL

CO

COL

CO

virtuelles Zwischenniveau /=2

4000 3640 3280 2920 2560 2200 1840 1480 1120 760 Wellenzahl

400

/= 1

cm

Bild 8-44. Infrarotspektrum einer Polysty rolfolie (Nicolet 5DX FT-IR-Spektrometer).

t

1=0 v= 1

zustand

8.6.3. Raman-Effekt In einem Molekiil konnen nur solche Schwingungen elektromagnetische Strahlung absorbieren, bei denen sich wahrend der Schwingung das Dipolmoment andert. In einem unpolaren Molekiil, beispielsweise im N2- oder 02-Molekul, andert sich bei der Schwingung der Atome kein Dipolmoment, und es findet somit auch keine Strahlungsabsorption statt (IR-inaktiv). Die in Abschn. 8.6.2 genannten Auswahlregeln (Av = 0, ± 1 , . . . , A/ = ± 1) gelten nur fiir Dipolstrahlung.

/=2 zustand y

/= 1 •1=0 'v = 0

CO <

COL

Stokeslinie

CO =

COL

CO >

COL

Rayleigh- Antistokeslinie linie

Bild 8-45. Quantenmechanische Darstellung des Raman-Effekts.

8.7. Aufbau der Atomkerne

8.7. Aufbau der Atomkerne 8.7.1. Grofie und Ladungsverteilung Die ersten Erkenntnisse iiber einen Atomkern ergaben Untersuchungen uber die Streuung von a-Teilchen (Heliumkeme) an diinnen Metallfolien durch E. RUTHERFORD (1871 bis 1937) im Jahr 1911. In Bild 8-46 ist die Rutherford-Streuung anderen elastischen Streuprozessen gegeniibergestellt. Die quantitative Beschreibung von Streuprozessen erfolgt durch den differentieHen Wirkungsquerschnitt dcr/d^. Dieser gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein auf das Streuobjekt auftreffendes Teilchen (Quant) unter dem Winkel 0 in den Raumwinkel A^ gestreut wird. Die theoretische Beschreibung der Ergebnisse der Rutherford-Streuung an unterschiedlichen Streumaterialien kann mit folgenden Voraussetzungen durchgefiihrt werden:

563

mit hat ein positiv geladenes Teilchen den in Bild 8-47 dargestellten Potentialverlauf, bestehend aus dem Coulomb-Potential und dem Kernpotential. Als Kernradius R kann man den Abstand definieren, bei dem sich beide Krafte etwa das Gleichgewicht halten. Als Ergebnis einer GroBzahl von Messungen ergibt sich fiir den so definierten Kernradius R = RoA'(1/3 {Ro= 1,2-10"^^ m)

(8-71)

mit der Massenzahl A = N + Z. Fiir die Dichte der Kernmaterie gilt (Kern als Kugel angenommen) Am,, ^Kem —

471

T

{R,A'^'?

2- 10^^ — ^ = konstant. (8-72) cm"^ — Das Atom besteht aus einem Kern, der fast die gesamte Masse des Atoms vereinigt. Die Wechselwirkung der a-Teilchen mit Mit Teilchenstrahlen, deren Wellenlange groden Elektronen fiihrt zu keiner merklichen Ber als das zu untersuchende Objekt ist, konWinkelablenkung. nen keine Informationen iiber die innere — Der Kern hat eine positive Ladung der Struktur des Kerns, beispielsweise iiber die Gro6e Z e. (Z ist die Ordnungszahl.) Ladungsverteilung, erhalten werden. Hierfiir — Der positiv geladene Atomkern erzeugt miissen Teilchen- oder Quantenstrahlen mit ein elektrisches Feld (Coulombfeld einer einer Wellenlange, die kleiner als der AtomPunktladung mit der Feldstarke E = kernradius ist, verwendet werden. (1/4 71 eo)(Z^/r3)r). . Zur Untersuchung der Ladungsverteilung im — In der Streufolie soil keine Mehrfachstreu- Kern werden hochenergetische Elektronen ung der a-Teilchen auftreten. (£'^300MeV) auf die Streufolie {Target) Der Abstand b (StoBparameter), mit dem das geschossen, und wie bei der RutherfordStreuung (Bild 8-46) wird der Anteil elastisch a-Teilchen am punktformigen Streuzentrum gestreuter Elektronen in Abhangigkeit vom (Kern) vorbeifliegt, ist durch Winkel vermessen. Der experimentelle Aufwand ist um ein Vielfaches groBer als bei der ZZ' e^ Rutherford-Streuung. Ein Spektrometer ist cot ({6)) (8-70) IE erforderlich, um elastisch gestreute Elektronen von inelastisch gestreuten zu trennen. gegeben mit E als der Energie und Z ' als der Berechnet man den differentiellen Wirkungsquerschnitt fiir die Coulomb-Streuung von Ladung des Teilchens. Bei einem konstanten Streuwinkel 0 muB ein hochenergetischen und damit hochrelativistia-Teilchen mit hoherer Energie naher am schen Elektronen (E > m^Q c^) an einer punktStreuzentrum vorbeifliegen als ein a-Teilchen formigen Ladung Z e, so unterscheidet sich mit geringerer Energie. Das Auftreten von der Wert von der Rutherford-Streuung durch Abweichungen (anomale Rutherford-Streuung), den Faktor 4cos^(6)/2). Dieser Faktor riihrt vom inneren Drehimpuls (Eigendrehimpuls, beispielsweise bei Aluminium unterhalb b ^ 6- 10"^^ m (6 fm), weist auf eine kurzreich- Spin) des Elektrons her, der mit einem maweitige anziehende Kraft hin (Kernkraft). So- gnetischen Moment verbunden ist (Abschn.

564

8. Atom- und Kernphysik

experimenteller Aufbau (schematisch)

Streuung von Rontgen-Quanten

Streuung von Elektronen

Streuung von a - Teilchen

Magnet zur Energiefilterung

Streufolie

Rontgenrohre

O

o Blende

Probe

Streuung von Neutrinos an Protonenl Film

H^

Blende

Detektor

Proton

Quelle: radioaktiver a-Strahler Detektor

P

E = 5 MeV a

Eg = 2 0 0 M e V

X = 6,4 fm

^ = 6,1 fm

E = 70 keV Y

bis 8 0 0 M e V

A. = 18 pm Spektrometer Streufolie (Target)

Beschreibung der Streuung

d^

AQNQ{NJ/F=^)

infomriationen ijber das Streuzentrum

Streuwinkel

Eo ='Ea, elastische Streuung

Flache Detektorflache A/Q

differentieller Wirkungsquersciinitt

Mott - Streuung

Rutiierford - Streuung

do

da

ZZe^2

1

dn"

4Eo

sin^(|)

dQ SchwerpunktSystem

{ZafE' da 6Q. ~ Ap""

a : Feinstrukturkonstante

experimentelles Ergebnis

Target ohne Spin liochrelativistische Elektronen da ( Z a f E ' 2,0, — = -^—-r- 4 cos (—) dQ Ap" ^l'

(da/dQ)exp

(da/dQ)exp

(dcj/d^)theo

(dcj/d")Mott

intensitat (A/p) Infolge von Reaktionen entstehen BiJndel von Teilchen.

10'

10'

Folgerungen

anomale Rutherford - Streuung

0

1

2

3 4 Ap

5 fm"'

Ladungsverteilung im Kern (ohne Modellannahmen)

Kern radius r=ro/A To = 1,2 fm

Bild 8-46.

sine Verteilung der Elektronendichte im Kristrall

Nachweis von drei Streuzentren im Proton /Neutron

Struktur des Festkorpers

Quarks

Ladungsverteilung

Streuung von CL-Teilchen, Elektronen, Rontgen-Quanten

und Neutrinos.

8.7. Aufbau der Atomkerne

Rontgen-Quanten an einem Kristall, bei der ebenfalls Interferenzen auftreten. Sie sind bedingt durch die Struktur der Elektronenverteilung im Festkorper. Das Streuzentrum ist fur die hochenergetischen Elektronen nicht mehr punktformig, sondern stellt eine Ladungsverteilung Q{r) dar, wobei an unterschiedlichen Stellen der Ladungsverteilung gestreute Wellen interferieren.

-Coulomb-Potential

"Kernpotential (genauer Verlauf nicht bekannt)

Bild 8-4 7. Potentiaherlauf.

8.3). Aus der Sicht des Elektrons bedeutet das vorbeifliegende geladene Streuzentrum einen Strom mit einem Magnetfeld, mit dem das magnetische Moment des Elektrons in Wechselwirkung tritt. Das experimentelle Ergebnis (Bild 8-46) zeigt eine Art Interferenzstruktur. Es ist prinzipiell vergleichbar mit der elastischen Streuung von A

FermiVerteilung

\

0,5

0,1

K

\

58 Ni

1 + e(r-fll/2)/t t

^

t:i=.^—^

:^ 0,06\

1 0,04-

\

2 0 8 pb

> 0,02-

1

^S»-

,

^

8 fm

Bild 8-48. Ladungsverteilung im Atomkern.

^

8.7.2. Kernmodelle Nach der Entdeckung des Neutrons 1932 durch J. CHADWICK (1891 bis 1974) ergab sich folgendes Kernmodell: Der Atomkern, der den Hauptanteil der Masse vereinigt, besteht aus Protonen und Neutronen (Nukleonen), die durch die kurzreichweitigen Kernkrafte zusammengehalten werden. Mit Hilfe eines Massenspektrometers kann die Masse eines Atoms sehr genau bestimmt werden. Bild 8-49 a zeigt den Aufbau und die Arbeitsweise eines modernen Massenspektrometers. In der lonenquelle wird die Probe ionisiert, dann werden die entstandenen lonen beschleunigt und in einem elektrischen und magnetischen Feld getrennt. Das Auflosungsvermogen eines solchen Massenspektrometers verdeutlicht Bild 8-49 b.

modeilunabhangig ermittelte Ladungsverteilung

0,08fm-3

1

In erster Naherung kann die Ladungsverteilung durch eine Fermi-Verteilung gemafi Bild 8-48 beschrieben werden. Die modeilunabhangig ermittelten Ladungsverteilungen zeigen keine GesetzmaBigkeiten mit der Massenzahl. Die auftretenden Oszillationen in der Ladungsverteilung sind darauf zuriickzufuhren, daB der Kern aus einzelnen Teilchen aufgebaut ist und das streuende Elektron den Impulsunterschied /ip=p^ — PQ nur an ein Proton iibertragt, von dem es auf den gesamten Kern iibertragen wird. Eine geringe Erhohung der Ladungsverteilung vor dem Abfall der Ladungsdichte wird durch die Coulomb-AbstoBung der Protonen verursacht, die dadurch starker an den Rand des Kerns gedriickt werden.

1 Q{r) =• ^ 0

0,9

0-

565

-

Als Einheit verwendet man die atomare Masseneinheit u (Atommassenkonstante). Diese ist definiert als ein Zwolftel der Masse des Kohlenstoffisotops ^^C:

566

8. Atom- und Kemphysik

a)

gegeben. Hierin ist

magnetisches, Sektorfeld

'^a^ '^a(^X) Atommasse (des Nuklids ^X), '^m? ^m(Ax By) Molekulmasse (des Molekiils Ax By). Die Masse von 1 mol eines Atoms oder Molekiils ergibt die Molmasse M\ Eingangsspalt

M-

lonenquelle

b)

[A^Np^niyj, =A^'\ g/mol, \M^Nf^m^ = M^' 1 g/mol.

In der Kernphysik und besonders in der Elementarteilchenphysik ist es iiblich, die Masse eines Teilchens in der dquivalenten Energie iiber die Beziehung m = E/c^ anzugeben. Es ergibt sich m„ = 1 u = 931,4943 MeV/c^ (Haufig entfallt cl) In Tabelle 8-4 sind fiir einige Teilchen und Atomkerne die Massen zusammengestellt.

100-,

Tabelle 8-4. Teilchen- und Nuklidmassen. Teilchen bzw. Nuklid

Masse in u

Elektron Proton Neutron 'H

5,48580 - 10-4 1,00727647 1,008664904 1,007825037 2,014101787 4,00260325 9,0121825 12,00000000 14,003074008 16,9991306 26,9815413 29,9737717 29,9783098 163,929183 164,931712

2H 224,07926 I Massenverhaltnis

^

224,08373 Lm = 0,0045 m^

Bild8-49. Massenspektrometer: a) Aufbau, schematisch, b) Ausschnitt aus einem Massenspektrum. Werkbild: Finnigan Mat, Bremen.

1

„

m^= 1 u = —Wa('^C) 1 12-10-^kg/mol ~ 12 = 1,66054- 10-2^ kg

(8-73)

A^A = 6,02214-10^^ mol-' ist die AvogadroKonstante, d.h. die Anzahl der Teilchen je mol. Die relative Atommasse A^ (Molekulmasse Mr) ist durch

^He 9Be 12C 14N 1^0 27A1 30Si 30p I64Dy »65Dy

Die genauen Atommassen von instabilen Kernen oder Teilchen kann man aus Kernreaktionen oder Zerfallsprozessen (a-, y^-Zerfall) durch Messung der Zerfallsenergien ermitteln. Ein Beispiel hierfiir ist die Bestimmung der Masse des Neutrons aus der Reaktion der Spaltung des Deuteriums durch y-Quanten: fH + 7- i n + l H + A^". Der Betrag A^" = - 2,226 MeV ergibt sich aus der Energie der y-Quanten, die zur Spaltung von fH erforderlich ist {endoergische Reaktion). Aufgrund der Energieerhaltung gilt ma(^H) c^ = m^{n) c^ + m^CW) c^ + ^E.

8.7. Aufbau der Atomkerne Mit den Tabellenwerten fiir ma(^H) und m^CH) ergibt sich fiir ma(n) = 939,573MeV/c^. In analoger Weise kann anhand der genau bestimmten Atommassen der AE-Wert der allgemeinen Reaktion A^in + Z J H - ^ ^ + i K + A^ berechnet werden. Der A£'-Wert dieser Reaktion ergibt die Bindungsenergie EQ des Kerns:

E^ =

(Nm,(n)^Zm,C'^)-m,C^^K))c\ (8-75)

Hierin ist m^(n) die Masse des Neutrons, ma(^H) die des neutralen Wasserstoffatoms und m^(^'^^K) die des Kerns. Die GroBe EQ/C-^ = Am wird auch als Massendefekt bezeichnet. Die Beriicksichtigung der Bindungsenergie der Elektronen EQ kann durch die Naherung

567

— Kernfusion Die Verschmelzung leichter Kerne, beispielsweise Wasserstoff zu Helium, fiihrt zu einem Energiegewinn von etwa 24 MeV. Naherungsweise ist die Bindungsenergie je Nukleon (7,5 MeV bis 8,8 MeV) konstant. Dies hat zur Folge, da6 ein Nukleon nicht mit jedem anderen Nukleon eine Wechselwirkung durch Kernkrafte eingeht. In einem solchen Fall muBten A (A— l)/2 „Bindungen" gebildet werden, so daB E^/A proportional A ware. Die Kernkrafte haben somit „Sattigungscharakter" wie die kovalente Bindung zwischen zwei Wasserstoffatomen.

8.7.2.1. Tropfchenmodell Bei diesem Kernmodell betrachtet man die Nukleonen als Molekiile eines inkompressiblen geladenen FlUssigkeitstrdpfchens. Zwischen den Fliissigkeitsmolekiilen im Tropfchen wirkt eine anziehende Kraft kurzer Reichweite. Die (8-76) £e= 15,73 Z^/^eV Bindungsenergie des Tropfchens ist dann derjenige Energiebetrag, der bei der Kondensain eV erfolgen. In Bild 8-50 ist der Verlauf der tion freier Molekiile zu einem Tropfchen frei Bindungsenergie je Nukleon EQ/A in Abhan- wird. Diese Energie hangt von der Anzahl der gigkeit von der Massenzahl fiir die stabilen kondensierten Molekiile, der Oberflache des Kerne dargestellt. Die Bindungsenergie je Tropfchens, der Coulomb-Energie und von Nukleon ist negativ abgetragen. Das Mini- der Form des Tropfchens ab {Weizsdckermum der Kurve befindet sich im Bereich der Formel Gl. (8-77)). Die Abhangigkeit der einMassenzahl A = 60. zelnen Terme von der Massenzahl A ist in Es sind grundsatzlich zwei Kemprozesse denk- Tabelle 8-5 zusammengestellt. Zur VeranschauHchung der Beziehung zwischen der Binbar, durch die Energie erzeugt werden kann: dungsenergie je Nukleon, der Massenzahl — Kernspaltung A = N ^- Z und der Ordnungszahl Z bzw. der Durch Spaltung eines Kerns mit der Mas- Neutronenzahl A^ sind in Bild 8-51 Linien senzahl 235 {^\\\], E^/A = 7,6 MeV) in zwei konstanter Werte E^/A in Abhangigkeit von gleichgroBe Bruchstiicke (EB/A = 8,5 MeV) A^ und Z dargestellt. Man erhalt ein Tal, wird eine Energie von etwa 200 MeV frei. das bei kleinen A^, Z-Werten sehr stark abfallt und eng ist, sich aber zu groBeren A^, Z-Werten offnet. In dieses Diagramm sind die stabilen Atomkerne (Nuklide) mit eingezeichnet. Rechts unten ist die Schnittkurve entlang einer Geraden mit A = konstant {Isobaren) dargestellt. Hierbei handelt es sich um eine Parabel. Wird der Paarungsterm mit beriicksichtigt, so ergibt sich fiir gerade AWerte eine Doppelparabel. Der stabile Kern befindet sich in der Nahe des Parabelmi20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 nimums. Die im linken Parabelast liegenMassenzahl A den Nuklide wandeln sich durch y^~-Zerfall Bild 8-50. Bindungsenergie je Nukleon in Abhdn(n -> p + e), die rechts liegenden durch p^gigkeit von der Massenzahl.

568

8. Atom- und Kemphysik

Tabelle 8-5. Tropfchenmodell des Atomkerns. Name

Abhangigkeit von der Massenzahl

Kondensationsenergie Volumenenergie

EY = —

Oberflachenenergie

Coulomb-Energie

Konstante in MeV

Bemerkungen

av= 15,85

Volumenenergie, da ^ dem Kernvolumen proportional; entspricht der Konstanz der Bindungsenergie je Nukleon.

Eo = + aoA^^^

«o= 18,34

Die Nukleonen an der Oberflache haben weniger Bindungspartner, so daB die Bindungsenergie proportional zu r^ = A'^^^ verringert wird.

Ec = + acZ^A-^^^

ac= 0,71

gegenseitige Abstofiung der Protonen; Energie einer homogen geladenen Kugel mit der Ladung Z e.

a^A

Asymmetrie-Energie

.

Symmetrie-Energie

^s = + «s

(-T/

«A = 92,86

A

(A-2Z)' ;;; A

as =23,22 «A

as= Paarungsenergie

Beriicksichtigt den NeutronenuberschuB, der zu einer Verminderung von E^ fiihrt gegeniiber einem symmetrischen Kern; Symmetrie der Kemkrafte zwischen Neutron und Proton.

— Durch das Tropfchenmodell nicht erklarbar.

l-SiA,Z)(g,g) Es=<0 (g,u)(u,g) Kerne l+^(^, Z)(u,u) , 33

iz-±J ^

Ain

\ ^

y2

A-l/3

\ ^

^

^ '

iz-±J

\

p

Weizsacker-Formel

(8-77)

= — ay/-\- a A

Zerfall (p ^ n + e"^) in Richtung auf das stabile Nuklid um. Deshalb wird das Tal auch Tal der pStabilitdt bezeichnet. Es gilt fiir dieses Tal

az

= 0. A=konst.

Dies liefert (ohne Paarungsterm) die Linie der y^-Stabilitat ^ Z=1,98 +0,015 v42/3 • Mit Hilfe der Bindungsenergieformel (Gl. 8-77) kann auch die Stabilitat der Kerne ge-

8.7. Aufbau der Atomkerne ±3. i

569

Schnittkurve Stabilitatslinie

Neutronenzahl N

Bild 8-51. Linien konstanter Bindungsenergie je Nukleon nach der Weizsdcker-Formel ohne Paarungsterm (stabile Nuklide eingezeichnet).

geniiber a-Zerfall und Spontanspaltung (f: fission) angegeben werden. Eine solche Zerfallsreaktion kann dann ablaufen, wenn diese mit einem Energiegewinn verbunden ist: 0,

^f = K ( ^ ^ | K ) - 2 m , (

N/2-\-Z/2

K)] c^ ^ 0.

In Bild 8-51 sind Linien fiir £'a = 0 und £'f = 0 eingezeichnet. Rechts von diesen Linien ist der a-Zerfall oder die Kernspaltung mit einem Energiegewinn verbunden. Man erkennt daraus, daB a-Strahler nur bei Ordnungszahlen groBer als 60 zu erwarten sind. Alle Nuklide mit Z > 84 sind instabil. Sie haben zum Teil groBe Halbwertszeiten (^9oTh: 1,4 • 10^^ a) und kommen deshalb noch natiirlich auf unserer Erde vor. Durch Kernreaktionen sind Elemente bis Z = 109 hergestellt worden. Betrachtet man die stabilen Nuklide im Z-A^Diagramm genauer, so stellt man fest, daB bei den Neutronen- bzw. Protonenzahlen 2, 8, 20, 50, 82, 126 {magische Zahlen) besonders viele stabile Isotope (Nuklide mit gleicher Proto-

nenzahl) bzw Isotone (Nuklide mit gleicher Neutronenzahl) auftreten. Von den 267 bekannten stabilen Nukliden sind 158 g, g-Kerne 53 g, u-Kerne 50 u, g-Kerne 6 u, u-Kerne

P gerade P gerade P ungerade P ungerade

A^ gerade, A^ ungerade, A^ gerade, A^ ungerade.

Die Betrachtung der Separationsenergie fiir Neutronen E^ bzw. Protonen E^ liefert E,{Z, N) = K ( ^ K ) - ma(^-iK) - m,(n)]c\ E^ (Z, N) = [m, (iK) - m, (t-1K) - m^ (p)] c\ Dies fuhrt zu einem ahnlichen Verlauf wie das lonisierungspotential der Elektronenhulle. Bei bestimmten Werten von A^ oder Z (den magischen Zahlen) treten Extremwerte von E^ und Ep auf (Abschn. 8.7.2, Bild 8-53). Die Differenz der Separationsenergien E^ Ep von benachbarten Isotopen bzw. Isotonen

S, = Sp =

E,(Z,N)-E,(Z,N-l), Ep(Z,N)-Ep(Z-hN)

weist darauf hin, daB bei geraden A^- bzw.

570

8. Atom- und Kemphysik

Z-Werten stets eine groBere Separationsenergie erforderlich ist. Zwei Nukleonen (Protonen oder Neutronen) bilden ein energetisch giinstiges Paar. Deshalb bezeichnet man ^n bzw. <5p als Paarungsenergie ( ^ 2 MeV). Auch im Verlauf der Paarungsenergie treten bei den magischen Zahlen Extremwerte auf. Diese Effekte weisen auf eine Schalenstruktur des Kerns hin. 8.7.2.2. Schalenmodell Im Tropfchenmodell werden die Nukleonen wie die Molekiile eines Tropfens behandelt. Beim Schalenmodell geht man davon aus, daB ein Nukleon in einem mittleren Kempotential, hervorgerufen durch die andern Nukleonen, einen bestimmten Eigenzustand einnimmt,

der durch die Eigenwerte Energie und Bahndrehimpuls charakterisiert ist. Im Grundzustand des Kerns werden die Zustande nacheinander nach dem Pauli-Prinzip mit der entsprechenden Anzahl Nukleonen besetzt. Trotz der starken Wechselwirkung zwischen den Nukleonen gibt es keine Moglichkeit fiir ein Teilchen, seinen Zustand, d.h. seine Quantenzahlen ohne eine auBere Energiezufuhr zu andern. Sie verhalten sich deshalb wie wechselwirkungsfreie Teilchen. Aus diesem Grund konnen die Nukleonen des Kerns wie die Leitungselektronen des Metalls beschrieben werden. Dies ist in Bild 8-52 dargestellt. Alle Teilchen mit dem Spin 1/2 (Elektronen, Protonen, Neutronen) befinden sich in einem rechteckigen Potentialtopf unterschiedlicher Hohe mit der Kantenlange a. Die Losung der Nukleonen im Kern

Elektronen im Leiter Potential V{x,y,z)

kV

£•= E^ + £^ + E,= - L (i^)= (X\ + X\ + 4 )

x,y,z Kastenpotentla! a ^2 Zustandsdichte

6n

E Energiediagramm

Schrodinger Gleichung

- — A ^ = (E-V/o)^ = E'^

2m E'

i=v

1 /12m 2m \2 1 \2 ^J.

- 1

n = Nf^ ^ ^ 8-10^cm"^ — • Ep = 7 eV

n = >\ — • Ep = 30 MeV

V ^^nr^A

Austrittsarbeit E A ~ 4 e V

Separationsenergie E^^p~8MeV it 11eV 7eV

1

T

*

1 Protonen, Neutronen ;iv

1 A --/

Berijcksichtigung der Coulomb - Kraft

^^P = ^Fn ^Fp

— 0 0

AE.i

' 2 IN .7\ lA

^llJ _

Bild 8-52.

Elektronen

in einem Metall im Vergleich zu Nukleonen

MeV

30 MeV CO

Elektronen

iJt E 38

,

>t

im Kern.

—0 —0

8.7. Aufbau der Atomkeme

571

Schrodinger-Gleichung, die fiir jede KoordiT=0). Anhand der bekannten Teilchenanzahlnate getrennt durchgefuhrt werden kann, er- dichte n = N/Vkemn mit der Beziehung gibt die Energieniveaus mit den Quantenzah^J dn len k{. In einem Koordinatensystem mit den n= i 2—-dE h dE Achsen 2x, Ay, >lz stellen die Gitterpunkte die erlaubten Zustande dar. In 1/8 der Kugel- die Fermi-Energie berechnet werden. schale mit dem Radius Q = ]/Xl -\- ^,y-\- 2.1 befinden sich dann dN= y n g^ dg Zustande. Mit Bei der bisherigen Betrachtung des Kerns Q = ap/{nti) und p^ dp = ]/2m^E dE ergibt nach dem Fermi-Gas-Modell wurde die Lasich die angegebene Zustandsdichte als Funk- dung der Protonen und damit die Coulombtion der Energie. Da in diesem Potentialtopf AbstoBung nicht beriicksichtigt, so daB sich A^ Teilchen untergebracht werden soil en, und fiir Protonen und Neutronen der gleiche Ponach dem Pauli-Prinzip bei Spin 1/2 Teilchen tentialtopf mit den gleichen Eigenzustanden 2 Teilchen je Zustand Platz haben, muB der ergibt. Durch die Beriicksichtigung der CouTopf bis zu einer bestimmten Energie £'F lomb-AbstoBung verschiebt sich der Poten(Fermi-Energie) liickenlos aufgefullt werden. tialtopf der Protonen zu geringeren BindungsDer Kern oder das Elektronensystem befindet energien. Die Folge ist, daB die Fermi-Enersich dann im Grundzustand {thermodynamisch gien ^Fp des Protonentopfes hoher liegt als Atomkem

Elektronenhijlle Schaleneffekte

Ordnungszahl Z

Neutronenzahl N

Losung der Schrodinger-Gleichung fiir ein Teilchen im mittleren, von den anderen Teilchen erzeugten Potential t2 g2 g2 g2

Berechnung der Energie-

• 2 m ^—2-^—2 + —2)M/('^.y.^)+ V^(x.y,z)vi/(x,y,z) = E,n\|/(x.y,z) ax ay az Potential V{r)

V{r)

V{r)

Woods-Saxon-Potential

V{r) = -VQi^- — )'

V(0 = - V o ( 1 + e ^ )

Energiediagramm (Ausschnitt)

2 P 18

^

2P If

6 14

^

2s 1d

2 10

^

1p

6

19 3d

4

0,1,2,3

32

3

0,1,2

18^,^=:::=^•

^ ^ ^

4s

0,1

8^^^-^

2 1

3p3^

2p 2

1 4

2s

1 3 2 0 1 2 1 1

1

2

0 / (0

n-1)

Elektronenzahl

Bild 8-53. Elektronenhulle und Atomkem.

Is

^^^ " ^^ ' --"" -'''

1 0

Is

n 1

n

2 I

EIektronenzahl

0 k /c=2(n-1)+/

572

8. Atom- und Kemphysik

die des Neutronentopfes jE^pn- E)ies ist vergleichbar mit dem Kontakt zweier Metalle mit unterschiedlicher Fermi-Energie, bei denen es im Gleichgewicht durch ElektronenfluB zum Ausglich der beiden Fermi-Energien kommt. Es entsteht ein Kontaktpotential (s. auch Bild9-68 in Abschn. 9.3.2.2). Der gleiche Vorgang erfolgt auch im Kern. Es wandeln sich Protonen in Neutronen um, so daB £'Fp = £'Fn ist. Die Energieverschiebung ^E des Protonentopfes gegenuber dem Neutronentopf laBt sich aus der Differenz der Gesamtenergie

kugelsymmetrischen Rechteckpotential und dem Potential des harmonischen Oszillators zusammengesetzt werden (Bild 8-53). Fiir diese Potentiale laBt sich die SchrodingerGleichung explizit losen, wenn der Potentialverlauf nicht bei r = R abgeschnitten wird. Auf die Lage der tieferliegenden Energieniveaus hat dies keinen merklichen EinfluB. Die Losungen fiir das so angenaherte WoodsSaxon-Potential ergeben sich durch Interpolation beider oben genannter Potentialverlaufe.

Die Bezeichnung der Energiezustande erfolgt in gleicher Weise wie bei der Elektronenhiille. ^F dn 3 In Bild 8-53 sind die Energiezustande mit den E^=\E~-dE=C^ El'^ = -NE^ maximal besetzbaren Teilchenzahlen angege0 uii J ben. Man erkennt, daB dieses Modell die fur eine gleichmaBige Verteilung {N = Z) Schalenabschliisse bei 2 und 8 erklart, nicht und eine Verteilung Z, N abschatzen. Dieser aber die hoheren. Der Grund liegt in der Energieunterschied IS.E ^ {\/A){N - Z^/A ist Wechselwirkung des Spinmoments mit dem proportional dem NeutronenuberschuB und Bahnmoment {Spin-Bahn-Kopplung)\ hierbei entspricht dem Asymmetric- bzw. Symmetric- kommt es zu einer Aufspaltung der Energieterm der Weizsdcker-Gleichung. Mit Hilfc des Fcrmi-Gas-Modells hat man ungefahre Daten uber die Ticfc des Potentials und die Begrundung des Neutroneniiberschusses, nicht aber iiber den Verlauf der 5*^- 6 h(ii\ -i 11/2(12) parationsenergien. Aus der Physik der Elektronenhiille ist bekannt, daB Extremwerte, bei'P 1/2(2) spielsweise des lonisierungspotentials, durch ::-p3/2(4) I—^C>j13/2(14) SchalenabschluB zustande kommen. Im Kern f_( ^ f 5/2(6) liegen die Schalenabschliisse bei den magi- 5hai \ \ f 7/2(8) •h 9/2(10) schen Zahlen. Bild 8-53 zeigt den Verglcich der Schalenstruktur von Elektronenhulle und Ph ^ - 1 / 2 ( 2 ) Kern. Es gilt, die Eigenzustande in einem ^ ^ d 3/2(4) — h11/2(12) mittleren Kernpotential durch Losung der — d 5/2 (6) Schrodinger-Gleichung zu ermitteln. Fiir das AfKol g 7/2 (8) Elektron im Wasserstoffatom ist dieses Poteng 9/2(10) \Sn tial das Coulomb-Potential (Bild 8-11). r^ p 1/2 (2) 5/2(6) Der Verlauf des Kernpotentials laBt sich nicht 3 ^co p 3/2 (4) auf ein einfaches Potential zuruckfiihren, son7/2 (8) dern kann nur empirisch ermittelt werden. / ^ — d 3/2(4) . Aufgrund der kurzen Reichweite der Kerni^=C—--S 1/2(2) =4zzi. 2tl(ii\ ^s \ .d5/2(6) krafte muB man annehmen, daB das Kernpotential sehr schnell abfallt und im Kemmittelpunkt konstant ist, da dort das Nukleon P 1/2(2) 1p1 tlGi • p 3/2 (4) allseitig von Nukleonen umgeben ist und keine resultierende Kraft erfahrt. Ein Potential, das den Anforderungen geniigt, ist 0 hdi 1s- He - s 1/2 (2) 1/2 das Woods-Saxon-Potential (Bild 8-53). Die Protonen Neutronen Losung der Schrodinger-Gleichung mit diesem Potential ist nur numerisch moglich. Dieses Bild 8-54. Energiediagramm der Protonen und NeuPotential kann naherungsweise aus einem tronen im Kern mit Spin-Bahn-Kopplung.

{

8.8. Kemumwandlung

573

niveaus, wie Bild 8-54 zeigt. Man erkennt deutlich die Schalenabschliisse bei den magischen Zahlen sowohl fiir die Neutronen als auch fur die Protonen.

elektromagnetische Strahlung vergleichbar der Rontgenstrahlung, jedoch mit groBerer Energie (> 100 keV). Da die y-Strahlung in vielen Wechselwirkungsprozessen Teilchencharakter hat, spricht man auch von y-Quanten.

8.8. Kemumwandlung

P^-Strahlung

Es gibt grundsatzlich zwei Typen von Kemumwandlungen, den radioaktiven Zerfall und die Kernreaktionen. Wahrend beim radioaktiven Zerfall die Prozesse ohne auBere Beeinflussung ablaufen, miissen sie bei Kernreaktionen von auBen in Gang gesetzt werden (z. B. durch BeschuB des Atomkerns mit Teilchen).

Hierbei handelt es sich um positiv geladene Elektronen (Positronen). Bei Kernreaktionen entstehen instabile Kerne (radioaktive Nuklide), die Positronen aussenden {kUnstliche Radioaktivitdt).

8.8.1. Radioaktiver Zerfall Der franzosische Physiker H. A. BECQUEREL (1852 bis 1908) entdeckte 1896, daB von Uransalzen eine Strahlung ausgeht, die eine lichtdicht verpackte Photoplatte schwarzt. Das Ehepaar M. und P. CURIE (1867 bis 1934 bzw.

1859 bis 1906) isolierten 1898 aus dem Uranmineral Pechblende (UsOg) die Elemente Polonium und Radium, die wesentlich starker als Uran strahlen. 8.8.1.1. Strahlenarten Die von den naturlich vorkommenden Substanzen emittierte Strahlung {natiirliche Radioaktivitdt) laBt sich in einem Magnetfeld in drei Komponenten zerlegen. OL-Strahlung

8.8.1.2. Zerfallsreaktionen Die bei der Kemumwandlung ablaufende Kernreaktion kann fur den radioaktiven Zerfall allgemein geschrieben werden ^ K ^ f ' K ' + ^ll'X + A^. Bei dem von selbst ablaufendem radioaktiven Zerfall ist A£ stets positiv (exoergische Reaktion) und berechnet sich aus den Massendifferenzen (Abschn. 8.7.2): l^E = [mN (K) — m^ (K') — m^ {x)] c^. Hierbei ist WN die Masse des Atomkerns. Mit der Atommasse m^ (^K) = ^ N (ZK^) + Z m^ ergibt sich A£ = [ma ( K ) - ma (K') - ma (x)] c^. Die Energie ^E verteilt sich auf das emittierte Teilchen x, auf den Kern K' als RuckstoBenergie (Impulserhaltung) und auf moglicherweise freiwerdende y-Quanten. — Nach dem

a-Strahlen werden nur wenig abgelenkt und sind aufgrund der Ablenkungsrichtung positiv geladen. Es handelt sich hierbei um Heliumkerne (bestehend aus 2 Protonen und 2 Neutronen).

8,05 d MeV 0,7229 0,6370

P~-Strahlung

0,5030

y^~-Teilchen werden im Magnetfeld starker als a-Teilchen abgelenkt und haben eine negative Ladung. Es handelt sich hierbei um Elektronen mit sehr hoher Geschwindigkeit (etwa 99% der Lichtgeschwindigkeit c).

0,36447 t--0,17723 0,6%-

0,16398 J0,08016

y-Strahlung Diese Strahlung wird durch ein Magnetfeld nicht abgelenkt. Es handelt sich um eine

Bild 8-55. Energiediagramm des radioaktiven Zerfalls von ^^^I.

574

8. Atom- und Kernphysik

AE-Wert Zerfallsschema

Zerfallsgleichung

t^-t--z-t^' 210 D

4

A£

- = /77a(K) -/77a (a) - / T ^ g l K ' !

^ 2 0 6 p.

210 Po

r»138.4d N

Energieverteilung

diskontinuierlich &N 6E

A

^

^t{5,305 MeV) 100% 206

Z

K—

_y-^/^,K'^V,

(V

c = o
O

N a.

^ K - ° r + ^ l l K' + I^e

JL

AE

- = m3(K)-m3{K')

AE

Dieser Zerfall tritt nur bei Ordnungszahlen groSer als 80 auf.

Pb

+ 1 P + »^e

0""^-1

Bemerkungen

= ma(K)-A77a{K')-2/77e

7= 70,6 s 14 0

]p^?r^in-^e

kontinuierlich dW dE

kontinuierlich 6E

Nukllde mit relativem NeutroneniJberschuB (unterhalb der Linie derjS-Stabilitat).

Dieser ProzeS kommt natijriich aufgrund der kurzen Halbwertszeit nicht vor (oberhalb der Linie der/3-Stabilitat).

14o^0^.,14^,,^ MeV A

A - ^ = A77a(K)-ma(K')

^ P(Kern) + _ • ! e

40^

-*^ ^ n + I ^ e

EC i .46 MeV

HiJIle K-Schale

A = ^

137 55^

LU

JUL El

40 ^ 40 . ^ 19'^^18^'^"« A

Der Zerfall tritt charakteristische immer auf bei Rontgenstrahlung m a ( K ) > m a ( K ' ) . vonK'

1^ dE

0, -1 '

(K*)-A77a(K)

6N dE

137,

137 56^

Begleiterscheinung der anderen Zerfailsarten.

Ai Ei

/Am K*^>4 ^ 133m

^=2.19d ^e _ o . 2 3 3

M —

diskontinuierlich

0,233 MeV

CO

%

E

3

Bild 8-56. Radioaktive Zerfallsreaktionen.

133

Xe

E2 Ea

djy dE

1

verzogerte Abgabe von 7-Quanten.

8.8. Kemumwandlung

KemumwandlungsprozeB befinden sich die Nukleonen (Protonen, Neutronen) nicht immer im Grundzustand, sondern in einem angeregten Zustand. Beim Ubergang von diesem in den Grundzustand (oder einen anderen angeregten Zustand) werden y-Quanten emittiert. Analog zu den angeregten Zustanden der Elektronenhiille (Abschn. 8.2.4) kann man die Anregungszustande des Kerns in einem Energiediagramm darstellen. Bild 8-55 zeigt das Energiediagramm von lod (^^^I). Die einzelnen Energiezustande werden durch die Kernspinquantenzahl I (analog / der Elektronenhiille) und die Paritdt (Abschn. 8.9.2) charakterisiert. In Bild 8-56 sind die Zerfallsmoglichkeiten von instabilen Kernen mit der allgemeinen Zerfallsgleichung, dem A£'-Wert, dem Energiediagramm und der Energieverteilung (Spektrum) der emittierten Strahlung zusammengestellt. (X-Zerfall

Die von den Radionukliden emittierten aTeilchen haben eine Energie zwischen £« = 4 MeV und 9 MeV. Der Potentialverlauf fur die Wechselwirkung eines a-Teilchens mit dem Kern ist vereinfacht in Bild 8-57 gezeigt. Damit ein a-Teilchen in das anziehende Kernpotential gelangt, muB es die Coulomb-AbstoBung iiberwinden (z. B. > 9 MeV fiir ^ilU). Ein vom Kern emittiertes a-Teilchen miiBte klassisch eine kinetische Energie besitzen, die V{rl 2Ze2

Durchtunnein des Potential walls

gebundene Zustande

Vo

Bild 8-57. Energieverhdltnisse beim BeschuB eines Kerns mit CL-Teilchen.

575

groBer als die Potentialschwelle ist. Die aTeilchen, die beispielsweise den Uran-238Kern verlassen, haben jedoch lediglich eine Energie von 4,20 MeV. Sie miissen somit die Potentialschwelle durchtunnein. In Abschn. 8.2.2 ist fiir ein Rechteckpotential gezeigt, daB quantenmechanisch ein solcher Vorgang moglich ist. P-Zerfall

Im Gegensatz zum a-Spektrum weist das y^Spektrum eine kontinuierliche Energieverteilung auf. Die Ursache fur diese Energieverteilung liegt in der Emission zweier Teilchen, dem Elektron P~ und dem Antineutrino Vg bzw. dem Positron y^"^ und dem Neutrino Vg. Die Maximalenergie der y^-Teilchen verteilt sich dabei statistisch auf diese beiden Teilchen: E^-\- Ey= Ejnax- Das Neutrino ist ein Teilchen ohne Ladung und mit der Ruhemasse my=0. Es wird nicht von einem elektromagnetischen Feld umgeben (im Gegensatz zum Elektron) und hat den Spin 1/2. Aufgrund dieser Eigenschaften ist der Nachweis des Neutrinos sehr schwierig. Er gelang 1956 durch die Reaktion oVe + l p ^ o n + ?e. In einem Experiment wurden Protonen (Wasser) mit Antineutrinos aus einem Kernreaktor bestrahlt. Der Nachweis der Positronen erfolgte iiber ihre Vernichtungsstrahlung (?e + _?e -^ 2y) und der Nachweis des Neutrons iiber die bei einer (n, 7)-Reaktion mit Cadmium (Abschn. 8.8.2) auftretende y-Strahlung. Der Wirkungsquerschnitt dieser Antineutrinoreaktion ist sehr gering und betragt 10"^^ cm^. Der y^~-Zerfall fiihrt zu einem Abbau eines Neutroneniiberschusses im Kern; hierbei wird ein Elektron aus dem Kern emittiert. Es entsteht ein Nuklid mit gleicher Massenzahl, aber mit einer um eins groBeren Ordnungszahl. y^~-Strahler liegen deshalb unterhalb der Linie der y^-Stabilitat (Bild 8-51). Der y^'^-Zerfall fiihrt zu einem Abbau eines Protonenuberschusses im Kern. Es entsteht ein Nuklid mit gleicher Massenzahl, aber mit einer um eins geringeren Ordnungszahl (deshalb Zerfallsrichtung im Energiediagramm nach links). /?'^-Strahler liegen oberhalb der Linie der y^-Stabilitat (Bild 8-51).

576

8. Atom- und Kernphysik

Elektwneneinfang Beim Elektroneneinfang wird vom Kern ein Hlillenelektron (meist K-Elektron) eingefangen. Betrachtet man die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des K-Elektrons, so besteht eine Wahrscheinlichkeit, dieses Elektron auch im Kern anzutreffen. Beim y^'^-Zerfall treten im Gegensatz zum /?"-Zerfall im A£'-Wert zwei Elektronenmassen auf. Dies bedeutet, daB die Atommasse von K um mindestens zwei Elektronenmassen groBer sein muB als die Atommasse von K'. Der Elektroneneinfang kann dagegen immer stattfinden, wenn m^ (K) > m^ (K') ist; er tritt somit bevorzugt bei geringen A^-Werten auf. Bei hoheren A^-Werten tritt dagegen der y^^-Zerfall in den Vordergrund. Es gibt viele Nuklide, die sowohl y^'^-Zerfall als auch den Elektroneneinfang ausfiihren. Durch Auffiillung der Elektronenliicke in der K-Schale wird charakteristische Rontgenstrahlung frei. y-Emission Nach einer Kernumwandlung (a-, y^~-, 1^^Zerfall) befindet sich der Kern K' haufig in einem angeregten Zustand (Lebensdauer 10"'^s bis 10~'-^s). Beim Ubergang zwischen Energieniveaus des Kerns wird y-Strahlung frei. Das diskontinuierliche y-Spektrum ist fiir jedes Radionuklid charakteristisch. Fur die Ubergange zwischen den Niveaus gelten die Auswahlregeln analog zur Elektronenhiille. Das emittierte y-Quant nimmt einen DrehimI^\\ I^ ist die puls L h mit {I^^-1^^ L^\I^Kernspinquantenzahl des Ausgangszustandes, /g die des Endzustandes). 2^ bezeichnet die Ordnung der Strahlung ( 2 ' = 2: Dipolstrahlung; 2^ = 4: Quadrupolstrahlung; 2^ = 8: Oktupolstrahlung). Je hoher die Ordnung der Strahlung, desto geringer ist die Ubergangswahrscheinlichkeit zwischen den entsprechenden Kemniveaus. AuBer der Drehimpulserhaltung muB noch die Erhaltung der Paritdt (Abschn. 8.9) beriicksichtigt werden. Ist der Unterschied im Kernspin zwischen Ausgangszustand I^ und Endzustand /g (Grundzustand) besonders groB, so ist die Ubergangswahrscheinlichkeit sehr gering (Lebensdauer besonders groB). In diesem Fall spricht man von einem mesomeren Zustand, der mit dem Zusatz m bezeichnet wird (z. B. ^^^"^Ba).

Das y-Quant (Photon) hat einen Eigendrehimpuls mit der Spinquantenzahl ^ = 1 . Ubergange zwischen 4 = 0 und /g = 0 konnen deshalb nicht unter Aussendung eines y-Quants erfolgen. Wenn sich bei einem solchen Ubergang die Paritat nicht andert, so kann ein Konversionselektron ausgesandt werden oder bei genugend hoher Zerfallsenergie {E > 1,02 MeV) ein Elektron-Positron-Paar. Bei der inneren Konversion gibt der Kern seine Anregungsenergie nicht in Form von y-Quanten, sondern durch direkte Wechselwirkung mit der Elektronenhiille (meist 1 sElektron) an das Hlillenelektron ab. Dabei entstehen monoenergetische Elektronen. Die Elektronenliicke wird unter Aussendung charakteristischer Rontgenstrahlung aufgefiillt. p-Emission, n-Emission Befindet sich nach einem Kernzerfall der Folgekern in einem hoch angeregten Zustand, so ist ein Zerfall unter Aussendung eines Protons oder Neutrons moglich (verzogerte Protonen, verzogerte Neutronen). Die Emission verzogerter Neutronen spielt bei der Regelung eines Kernreaktors eine entscheidende Rolle. Spontanspaltung Im Jahre 1940 entdeckte man die Spontanspaltung (ohne auBere Beeinflussung) von Uran238-Kernen. Die zugehorige Halbwertszeit (Abschn. 8.8.1.3) betragt 9 • 10'^ a (Halbwertszeit fiir a-Zerfall 4,47-10^ a). Die Spontanspaltung iiberwiegt bei schweren, neutronenreichen Kernen. Cf-254 spaltet sich mit einer Halbwertszeit von 60 d unter Aussendung von durchschnittlich 3,88 Neutronen und eignet sich deshalb gut als Laborneutronenquelle.

8.8.1.3. Radioaktives Zerfallsgesetz Zu welchem Zeitpunkt ein bestimmter instabiler Kern zerfallt, laBt sich nicht vorhersagen. Es sind nur Aussagen iiber die Wahrscheinlichkeit des Zerfalls moglich. Diese Zerfallswahrscheinlichkeit X ergibt sich aus dem Verhaltnis von im Moment zerfallenden Kernen (- dN/dt) zur Gesamtanzahl vorhandener instabiler Kerne N:

8.8. Kemumwandlung A

^QAi

- dN/dt X=N

(8-78)

1

Ao • Ao-

Die Zerfallswahrscheinlichkeit k ist fiir jeden radioaktiven Zerfall eine charakteristische GroBe und wird Zerfallskonstante genannt. Die Dimension von A ist eine reziproke Zeit (1/s). Die Anzahl der Zerfalle je Zeiteinheit (— dN/dt) wird als Aktivitdt A bezeichnet.

V\

(8-80)

N = NoQ-

Die GroBe A^ ist die Anzahl der noch vorhandenen und A^o die zum Zeitpunkt t = 0 vorhandene Anzahl zerfallsfahiger Kerne. In der Praxis wird die weniger anschauliche GroBe 2 durch die Halbwertszeit T ersetzt. Sie gibt an, in welcher Zeit eine urspriinglich vorhandene Anzahl Kerne A^o durch Zerfall auf die Halfte NQ/2 abgenommen hat. Aus Gl. (8-80) ergibt sich damit fiir die Halbwertszeit

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Ao

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Ao 10

Die Einheit der Aktivitat ist das Becquerel (Bq). 1 Bq entspricht einem Zerfall je Sekunde. Aus Gl. (8-78) ergibt sich durch Integration das Zerfallsgesetz:

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1

Gegenstand

Radionuklid

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238U 40K

40K

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t T

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(8-82) Hierbei ist A die Aktivitat zum Zeitpunkt t und AQ die zum Zeitpunkt / = 0. Bild 8-58 zeigt den zeitlichen Verlauf der Aktivitat.

1

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1

1

-

Tabelle 8-6. Natiirliche Radioaktivitat.

Trinkwasser

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1

A = AQ'

Wird der Logarithmus der Aktivitat aufgetragen, so entsteht ein Gerade. In Tabelle 8-6 sind Angaben iiber die natiirliche Radioaktivitat von Wasser und einigen Nahrungsmitteln zusammengestellt.

238U

A^ = Nof -kt

\ /

T Zeit t Bild 8-58. Zeitlicher Verlauf der Aktivitdt.

Oberflachengewasser

Ist die Zerfallswahrscheinlichkeit X groB, so werden in kiirzerer Zeit T die Halfte der Kerne zerfallen als bei kleiner Zerfallswahrscheinlichkeit. Mit Gl. (8-81) kann das Zerfallsgesetz fur die Kernanzahl N bzw. Aktivitat A geschrieben werden als

577

238U

Milch Rindfleisch Hering

40K

Konzentration in mBq/1 40 bis 400 4 bis 400 Ibis 200 20 bis 100 40 bis 2000 bis zu 40 20 bis 70 200 0,4 46 Bq/kg 116Bq/kg 136 Bq/kg

Die Beziehung zwischen Aktivitat A und Teilchenzahl N(A = XN) ist die Grundlage vieler Anwendungen radioaktiver Stoffe in der Chemie und Technik (z. B. klinische Chemie, Korrosionsuntersuchungen). Wird N durch die Masse der Substanz ersetzt, so gilt A = XN = X-

(8-83)

578

8. Atom- und Kemphysik

mit m als der Masse des Radionuklids oder dessen Verbindung, M als Molmasse des Radionuklids Oder dessen Verbindung und der Avogadro-Konstante A^A = 6,022 • 10^^ mol'^ Die Aktivitat ist direkt proportional der Masse des entsprechenden Radionuklids. Somit kann aus der Aktivitatsmessung die Menge der Substanz ermittelt werden, z. B. Ig238u (7=4,51 • 10^ a): ^ = 1 , 2 3 - 10^ Bq (Gl. (8-83) und (8-81), 37 Bq ^^^I ( r = 8,05 d): m = 8,1 • lO'^^ g (Gl. (8-83) und (8-81)). In Tabelle 8-7 sind fiir einige Radionuklide die Massen angegeben, die einer Aktivitat von 37 Bq (meBtechnisch gut zu ermitteln) entsprechen. — Liegen mehrere unterschiedliche Radionuklide vor, so muB man zwischen abhangigem (genetisch verknupftem) und unabhangigem {nicht genetisch verknupftem) Zerfall unterscheiden. In Bild 8-59 sind diese beiden Falle gegeniibergestellt. Bei Radionukliden, die nicht genetisch verkniipft sind, zerfallt jedes unabhangig vom anderen in ein stabiles Nuklid. Die Gesamtaktivitat ergibt sich aus der Summe der Einzelaktivitaten (Gl. (8-84)). Bei genetisch verkniipften Radionukliden ist der Folgekern ebenfalls instabil. Die in der Natur vorkommenden Zerfallsreihen, ausgehend von ^^sy, ^^^\] und ^^^Th entsprechend Bild 8-60, sind Beispiele von genetisch verkniipften Radionukliden. Diese natiirlichen Zerfallsreihen enden bei unterschiedlichen Bleiisotopen. Tabelle 8-7. Masse von jeweils 37 Bq entsprechendem reinem Radionuklid. Nuklid 14^

85Kr 122Sb 18p

Halbwertszeit T

Masse in g

5730 a 10,72 a 2,74 d llOmin

0,22 • 10-9 2,5-10-12 2,5-10-15 1,0-10-1^

Fiir zwei miteinander genetisch verkniipfte Radionuklide (Mutter-Tochter-System) ergibt sich die Aktivitat der Tochter A\y aus ihrem Zerall (— At, ^b) ^^^ aus ihrer Bildung durch Zerfall der Mutter (+4A^a) (Gl. (8-85)). Die Losung dieser Differentialgleichung fuhrt zur

Gl. (8-86) (zu Beginn keine Tochter vorhanden). Ist die Halbwertszeit T\y groBer als T^, so ist die Zerfallsgeschwindigkeit von a groBer als von b. Es findet somit eine Anhaufung von b statt. Wenn a zerfallen ist, wird die Aktivitat nur von b bestimmt, die dann mit der Halbwertszeit von b abnimmt (Bild 8-59). Wenn T^ > T^ ist, so laBt sich aus Gl. (8-86) ersehen, daB nach einer bestimmten Zeit der Faktor e"'^^^ gegeniiber e''^*' vemachlassigt werden kann. Dies fiihrt zu Gl. (8-87). Das Verhaltnis der Aktivitaten von a und b ist nach einer bestimmten Zeit konstant. Es stellt sich ein Gleichgewichtszustand ein (radioaktives Gleichgewicht). Die GroBe des Aktivitatsverhaltnisses wird durch die Halbwertszeiten bestimmt. Fiir den haufigen Fall, daB die Halbwertszeit von a wesentlich groBer als die von b ist, sind die beiden Aktivitaten im Gleichgewicht gleich (^a = ^b)- Wird aus einem radioaktiven Geichgewicht b entfernt, so bildet sich b durch Zerfall von a wieder nach (Bild 8-59). Nach zehn Halbwertszeiten von b (Gl. (8-88)) hat sich b bis auf 0,1% nachgebildet. Fiir Uran-238, das von seinen Folgeprodukten abgetrennt wurde, sind nach zehn Halbwertszeiten von Thorium-234 folgende Radionuklide im Gleichgewicht: ^38^, 234jj^^ 234mp^. ^^^^^ = ^Th-234 = ^Pa-234m- Aufgruud dcs radioaktiven Gleichgewichts kommen kurzlebige Radionuklide noch natiirlich vor. 8.8.1.4. Messung ionisierender Strahlung lonisierende Strahlung (a, P, y-Strahlung) kann nur iiber ihre Wechselwirkungsprozesse mit Materie nachgewiesen werden (Abschn. 8.10, Bild 8-88). Zur Messung der Aktivitat oder Energie der Strahlung eines radioaktiven Praparats wird hauptsachlich die lonisation und die Anregung von Materie ausgenutzt. Die entsprechenden Strahlungsdetektoren werden als lonisationsdetektoren bzw. Anregungsdetektoren bezeichnet. Sie sind in Bild 8-61 mit ihrem Aufbau und ihren Eigenschaften zusammengestellt. Bei den lonisationsdetektoren wird die durch die Strahlung im Zahlgas oder Halbleiterkristall erzeugte Ladung {Primdrionisation) gemessen. Die im

8.8. Kemumwandlung

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580

8. Atom- und Kemphysik Ordnungszahl 81

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85

86

87

88

89

90

91

92 U-238 4.5E9a a

146 145 ^Radionuklid r

144

X

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P" 143

Pa-234/m 6.7m/1.2m

^ Z e r f c illsart

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141

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140 a

Th-230 8E4a a/IC

P-

Pa-231 3.4E4a a

Ac-228 6.1 h

139

P" 138

Ac-227

Ra-226 1620a a

13/

136

Rn-222 3.8d a

Th-228 1.9a a Th-227 18.2d a

Ra-224 3.6d a

ililBi iitiffliii'

135

'WmWmM

Po-218 3.1m a

134 133 Pb-214 26.8m

132

Bi-214 19.9m

131

P" 130

Pb-212 10.6h

129

Pb-211 36m

128

Pb-210 22a P7IC

127

TI-208 3.1m

126

TI-207

3-

125

124

r

Bi-212 60.6m P7a BJ-211 2.2m a/IC Bi-210 5d

Po-212 0.3f.s

Uran-Radium >^ = 4 n + 2

III1III

s :Sekunden

Actinium >A = 4 n + 3

m: Minuten d:Tage

P~ Pb-208 stabil

Rn-220 55.6s a Rn-219 3.9s a/IC

Po-216 8.2s a Po-216 1.8E-3S a Po-214 1.6E-4S a

Po-210 138.4d a

Pb-207 stabli Pb-206 stabil

Bild 8-60. Naturliche Zerfallsreihen.

a :Jahre

i

I C : Internal conversion

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Thorium A=4n

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Th-232 1.4El0a a th-231 26.6h

-

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8.8. Kemumwandlung Gasraum durch Primarionisation des Zahlgases (Edelgase He, Ne, Ar) erzeugten Elektronen und lonen wandem infolge des angelegten elektrischen Feldes zu den Elektroden. Dies ist der lonisationskammerbereich. Die Anzahl der gebildeten lonen hangt von der Strahlungsart und -energie ab. a-Teilchen erzeugen langs ihres Wegs mehr lonen als )^-Teilchen (Abschn. 8.10). Deshalb liegt die Kurve fiir a-Teilchen in Bild 8-61 hoher als die fiir yff-Teilchen. Durch Erhohung der angelegten Spannung werden die primar erzeugten Elektronen zwischen zwei StoBen mit Gasatomen so stark beschleunigt, daB sie ihrerseits ionisieren konnen {Sekunddrionisation). Die sekundar erzeugten Elektronen konnen wieder Gasatome oder Gasmolekiile ionisieren. Dieser ProzeB wird noch durch das zur Anode zunehmende elektrische Feld (Zylinderkondensator) begunstigt. Es entstehen ortlich begrenzte Elektronenlawinen (Bereich 1 mm). Aus einem primar erzeugten Elektron entstehen somit y4g-Elektronen (Gasverstarkungsfaktor A^. Die von angeregten Atomen oder Molekiilen (durch StoBprozesse) ausgesandten Photonen konnen aus dem Wandmaterial und Fiillgas zusatzliche Elektronen erzeugen (Photoeffeki). Im Proportionalbereich (Bild 8-61) liegt die Gasverstarkung A^ zwischen 10^ und 10^. Der Stromimpuls, den ein geladenes Teilchen im Proportionalzdhlrohr auslost, ist proportional der primar erzeugten Elektronenanzahl. Deshalb ist eine Teilchenunterscheidung bzw. Energiemessung moglich. Bei weiterer Erhohung der Spannung vergoBert sich die Gasverstarkung A^ auf 10^ bis 10^. Die einzelnen Elektronenlawinen iiberlagem sich, und die Anzahl der durch Photoeffekt erzeugten Elektronen erhoht sich. Da die Elektronen wesentlich beweglicher sind als die lonen (geringere Masse), wandern sie schneller zur Anode als die lonen zur Kathode. Dadurch bildet sich eine positive Raumladung aus, die die Feldstarke so weit herabsetzt, daB das Entstehen einer neuen Elektronenlawine nicht mehr moglich ist. Das Zahlrohr kann eine bestimmte Zeit (Totzeit) keine Strahlung registrieren. Nach 10~'^s wandern die positiven lonen zur Kathode und erzeugen bei ihrer Neutralisation aus der Kathode oder durch Photoeffekt weitere Elektronen, die eine erneute Lawine auslosen. Der Vorgang muB deshalb durch Zusatz eines Loschgases (Methan, Ethanol, Brom, Chlor) geloscht werden. Das Loschgas mindert zum einen das Entstehen von Photoelektronen (durch Absorption der Photonen), zum andern iibergeben die lonen durch StoB ihre Ladung an das Loschgas. Beim Entladen der Loschgasmolekule an der Kathode dissoziieren diese ohne Aussendung von Sekundarelektronen. Da die Erzeugung eines lonenpaars zur Auslosung einer Elektronenlawine und damit eines Impulses ausreicht, bezeichnet man diese Zahlrohre als Auslosezdhlrohre {Geiger-Muller-Zdhlrohr).

581

Bei den Halbleiterdetektoren wird das empfindliche Volumen durch die Raumladungszone eines pnUbergangs gebildet (Bild 8-61). An ihr fallt fast die gesamte, von auBen angelegte Spannung U ab. Erzeugt ein geladenes Teilchen oder ein y-Quant entlang des Weges durch lonisation Elektron-LochPaare, so fuhrt dies zu einem Spannungsimpuls am Widerstand R. AuBer den in unterschiedlichen Bauformen eingesetzten Oberflachensperrschichtdetektoren werden zur Energiemessung von y-Quanten Ge(Li)-Detektoren wegen ihrer groBen Energieauflosung eingesetzt (Si (Li) fur Rontgenstrahlung). Zur VergroBerung der Raumladungszone wird Li bei 400 °C in einen p-leitenden Si- oder Ge-Einkristall eindiffundiert. Da die auf Zwischengitterplatzen abgelagerten Li-Atome als Donatoren wirken (bei Raumtemperatur bereits ionisiert), bildet sich ein pn-Ubergang aus. Unter dem EinfluB einer in Sperrichtung angelegten Spannung laBt man bei 100°C die Li-Ionen von der n-Seite in das p-Gebiet driften. Auf diese Weise entsteht zwischen dem n- und dem p-Gebiet eine hochohmige, eigenleitende Zone {i-Schicht, Abschn. 9.2.3). Diese i-Zone stellt das empfindliche Detektorvolumen dar. Um das Herausdiffundieren der Li-Atome zu verhindern, muB der Ge- oder Si-Kristall mit fliissigem Stickstoff (77 K) gekiihlt werden. Durch Herstellung von extrem reinen GermaniumEinkristallen ist die Dotierung mit Li-Atomen nicht mehr erforderlich. Derartige Detektoren werden als Reinstgermaniumdetektoren bezeichnet. Bei den Anregungsdetektoren fiihrt die Strahlung zu einer Lichtemission in einem Szintillator. Der Aufbau eines Szintillationsdetektors ist in Bild 8-61 dargestellt. Der Lichtblitz wird mit einem Photosekundarelektronenvervielfacher (PSEV) in ein elektrisches Signal umgewandelt und verstarkt (Abschn. 4.2.2.1). Als Szintillatoren werden anorganische oder organische Kristalle sowie Fliissigkeiten bzw. feste Losungen (Plastszintillatoren) eingesetzt. Anorganische Stoffe lumineszieren im Gegensatz zu organischen Stoffen nur im kristallinen Zustand. Die meisten Kristalle mussen durch Einbau von Fremdatomen (Aktivatoren) lumineszenzfahig gemacht werden. Organische Verbindungen konnen sowohl in Losung als auch im kristallinen Zustand eingesetzt werden.

8.8.1.5. Anwendung radioaktiver Stoffe Beim Einsatz radioaktiver Stoffe unterscheidet man gemaB Tabelle 8-8 zwischen offenen und umschlossenen radioaktiven Strahlenquellen. In umschlossenen radioaktiven Strahlenquellen sind die radioaktiven Stoffe in einer allseitig dichten, festen, inaktiven Hiille oder in einem festen, inaktiven Stoff eingebettet.

582

8. Atom- und Kemphysik

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8.8. Kernumwandlung

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585

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586

8. Atom- und Kernphysik

Unter betriebsmaBiger Beanspruchung wird ein Austria radioaktiver Stoffe mit Sicherheit verhindert. Offene radioaktive Strahlenquellen sind beispielsweise radioaktive Losungen. Tabelle 8-8 gibt einen Uberblick der Einsatzgebiete radioaktiver Stoffe. Wichtige Bereiche sind die Medizin und Chemie. AuBer der Funktions- und Lokalisationsdiagnostik werTabelle 8-8. Anwendung radioaktiver Nuklide. Bereiche

Anwendungsfelder

umschlossene Strahlungsquellen Strahlentherapie Sterilisierung medizinischer Produkte (z. B. Einwegspritzen); Konservierung von Nahrungsmitteln; Abwasserbehandlung chemische Rontgenfluoreszenz-Analyse; Elektroneneinfangdetektor Analytik zum Spurennachweis halogenierter Kohlenwasserstoffe MeBtechnik Durchstrahl- und RuckstrahlVerfahren mit fi- und y-Quellen (z. B. Messung der Fiillhohe, der Dichte und der Dicke) Umwandlung der Zerfallsenergie Energieumwandlung in Warme; weitere Umwandlung der Warme (Seebeck-Effekt) in elektrische Energie; Radionuklid-Batterien Medizin Strahlenchemie

offene Strahlungsquellen Medizin

chemische Analytik Okotoxikologie

ProzeBanalyse Verschleifimessungen

Organ-Funktionsdiagnostik (Leber- und Nierendiagnostik); Lokalisationsdiagnostik (Anreicherung im Gewebe); Szintigraphen Bestimmung des Schilddrusenhormons Bestimmung der Anreicherung von Umweltchemikalien in Organen und Geweben von Tieren durch radioaktive Markierung quantitative Verfolgung des StoffTransports in verfahrenstechnischen Anlagen durch Zusatz radioaktiver Indikatoren Abriebmessung bis 10~^ ^im bis 10-4 ^im

den radioktive Stoffe zur Bestimmung beispielsweise des Schilddriisenhormons Triiodthyronin (T3) im Konzentrationsbereich ng/ml (10~^g/ml) routinemaBig eingesetzt Ein immer wichtigeres Gebiet ist die Untersuchung des Verhaltens von Chemikalien in der Umwelt (Okotoxikologie). Bild 8-62 zeigt einige wichtige Einsatzgebiete umschlossener radioaktiver Strahlenquellen. Bei den Dwxhstrahlverfahren wird die Schwachung bzw. Absorption der Strahlung im MeBobjekt zur Messung herangezogen. Die durchdringende Strahlungsintensitat ist abhangig von der Dicke oder Fullhohe des Objekts. Die RUckstreuverfahren nlitzen den Riickstreueffekt aus. Der Strahlendetektor ist im Gegensatz zu dem DurchstrahlmeBverfahren nicht gegeniiber dem radioaktiven Strahler, sondern auf der gleichen Seite angeordnet. Von diesen beiden Verfahren unterscheiden sich die Radiographieverfahren, bei denen das Untersuchungsobjekt durch fi-, y- oder n-Strahlen abgebildet wird. Radioaktive Strahlung (meist a-Teilchen) ionisiert die Luft, deren lonen die elektrische Aufladung neutralisiert. Dies erfolgt durch fest eingebaute Flachenstrahler (Statikeliminatoren) oder durch Luftgeblase mit einem radioaktiven Praparat in der Diise (Bild 8-62). Fine Beseitigung statischer Elektrizitat ist bei folgenden Problemen erforderlich: - Klebeverhalten unterschiedlich geladener Warenbahnen (Papier, Folien aller Art), - Anziehen unerwiinschter Teilchen aus der Luft (z. B. Staubteilchen bei Lackierungsarbeiten), - Funkenbildung (Gefahr bzw. Belastigung fiir Bedienungspersonal, eventuell Explosions- und Brandherde).

8.8.2. Kernreaktionen Die erste kiinstliche Kernumwandlung wurde von Rutherford 1919 beschrieben. Er beschoB in einer Nebelkammer Stickstoffkerne mit a-Teilchen des ^'"^Po und konnte das Auftreten von Protonen nachweisen: ^^N-h^a -^ ^^0 + jp + AE. Nach der Entdeckung des Neutrons fiihrten 1934 F. JOLIOT (1900 bis 1958) und L CURIE

8.8. Kernumwandlung

Kernladung iiberwinden. Fiir die (n, 7)-Reaktion ^^^Dy (n, y) ^^^Dy ergibt sich ein A£'-Wert von 5,63 MeV. Die bei der exoergischen Reaktion freiwerdende Energie verteilt sich auf den Produktkern B und das Produktteilchen b unter Berucksichtigung des Impulserhaltungssatzes. Fiir die (n, 7)-Reaktion ergibt sich, daB nahezu der gesamte Energiebetrag AE als 7-Quant(en) ausgesendet wird.

(1887 bis 1956) die erste Kernreaktion durch, bei der ein kiinstliches radioaktives Nuklid entstand: 3QT:

587

J2Si + ?e + A ^ .

Zur Vereinfachung der Reaktionsgleichung wird folgende Kurzschreibweise eingefuhrt: IBQ + U -^ ^lC + ln-\-AE |Be (a, n) ^IC.

Eine endoergische Reaktion (A^" < 0) kann nur ablaufen, wenn das Projektil a eine minimale Energie E^ mitbringt. Diese Schwellenenergie ist infolge der Impulserhaltung groBer als A^":

Diese (a, n)-Reaktion dient zur Herstellung von Neutronen im Labor. 8.8.2.1. Energetik Die Kernreaktion kann allgemein geschrieben werden als A - h a = Target

Projektil

B + Produktkern

b

-\-AE

Produktteilchen

A(a,b)B. Die bei der Kernreaktion freiwerdende oder benotigte Energie AE (exoergische bzw. endoergische Reaktion) berechnet sich aus der Massendifferenz des Ausgangszustands (A + a) und des Endzustandes (B + b):

Fur die Reaktion f^Al(a, n)^§P mit AE = - 2,65 MeV ergibt sich E^ zu 3,04 MeV. Beim Ablauf der Kernreaktion mit geladenen Teilchen muB die AbstoBungsenergie zwischen gleichnamig geladenen Teilchen beriicksichtigt werden {Coulomb-Wall VQ). ES gilt

AE = [(ma (A) + ma (a)) - (ma (B) -h m^ (b))] c^. In Tabelle 8-9 sind einige stabile und instabile Nuklide jeweils mit der Nuklidmasse, Halbwertszeit, Haufigkeit und dem Wirkungsquerschnitt zusammengestellt. Anhand dieser Werte errechnet sich der AjE'-Wert fur die Reaktion |Be(a, n) ^IC zu 5,7 MeV. Diese Reaktion ist exoergisch, und das a-Teilchen muB lediglich die elektrische AbstoBung durch die positive

Vc= 1,44-

2^a ^ A

(8-90)

Hierin ist VQ die Hohe des Coulomb-Walls in MeV, Z^ die Ladung des Projektils und ZA die Ladung des Targetkerns jeweils in Vielfachen der Elementarladung sowie R die Summe der Radien von A und a in fm {R =

Ro{Ai''^Al!'),Ro=\,2fm).

Tabelle 8-9. Daten einiger Nuklide. Nuklid

4He

^Be lOg iiR

12c

Haufigkeit in %

Nuklidmasse in u

Halbwertszeit T

100 100 20 80 98,89

4,00260325 9,0121825 10,0129380 11,0093053 12,00000000 17,008449 21,011715 112,9044013 114,905429

— -

17N 21 M g ii^Cd

"^Cd

12,26

Wirkungsquerschnitt fiir thermische Neutronen 0,0092 barn 0,5 bam 0,005 barn 0,0034 barn

4,61s 122,5 ms 20 000 barn

53,45 h

588

8. Atom- und Kemphysik

Fiir die Reaktion 466 (a, n) ^IC ergibt sich ein Coulomb-Wall von Fc = 3,16 MeV. Aufgrund dieses Ergebnisses diirfte die Kemreaktion klassisch nur mit a-Teilchen mit einer Energie > 3,16 MeV ablaufen. Durch den Tunneleffekt (Abschn. 8.2.2) ist die (a, n)-Reaktion auch mit a-Teilchen geringerer Energie moglich. Wie beim radioaktiven Zerfall konnen auch die Kemreaktionen in einem Energiediagramm dargestellt werden. Bild 8-63 zeigt ein allgemeines Energiediagramm. Aus dem Target und dem Projektil (A + a) bildet sich ein Zwischenkem {Compoundkern C) mit einer Lebensdauer < 10"^^ s. Der Grundzustand des Zwischenkerns liegt im allgemeinen tiefer als der Ausgangszustand (A + a) aufgrund der Bindungsenergie E^^^ des Projektils im Compoundkern. Fiir Protonen und Neutronen betragt diese Energie im Mittel 8 MeV. Je nach Energie des Projektils E^ wird ein angeregter Zustand des Compoundkerns erreicht, von dem aus verschiedene Zerfallsreaktionen ablaufen konnen. Bei (n, y)-Reaktionen (1) geht der angeregte Compoundkern unter Aussendung von y-Quanten in den Grundzustand iiber. Viele der so entstandenen Reaktionsprodukte sind infolge des Neutroneniiberschusses y^~-Strahler. Der Compoundkern kann auch iiber den Weg 2 oder 3 in B + b bzw. B' + b ' zerfallen. In Tabelle8-10 sind einige Kemreaktionen zusammengestellt. Welche der moglichen Kemreaktionen ablaufen, wird durch die Energie und Art des Projektils bestimmt.

B' + b' radioaktiver Zerfaii des Compoundkerns

Bild 8-63. Darstellung der Kemreaktion iiber einen Compoundkern im Energiediagramm.

Tabelle8-10. Kemreaktionen. Bezeichnung Beschreibung Austauschreaktion

Ein Teilchen gelangt in den Kern, ein anderes wird dafur emittiert. (p,n);(d,p); (a,p)

Einfangreaktion

Das einfallende Teilchen verbleibt im Kern. Die Anregungsenergie wird durch Emission von y-Quanten frei. (n, 7).

elastische Streuung

Das einfallende Teilchen wird, ohne den Kern anzuregen, wieder emittiert. (n,n) Das Teilchen gibt einen Teil seiner Energie als Anregungsenergie an den Kern. (n,nO

inelastische Streuung

inelastische StoBe

Teilchen werden aus dem Kern durch energiereiche Teilchen herausgeschlagen. (n,2n);(d,2n)

Kemspaltung Der Kern zerfallt beim BeschuB in zwei oder mehrere Bruchstiicke.

(n,0;(7,0

8.8.2.2. Wirkungsquerschnitt Der Wirkungsquerschnitt a gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der eine Kemreaktion stattfindet. Stellt man sich die Atomkerne als kleine Zielscheiben bestimmter Flache vor, die mit Projektilen a beschossen werden, so wird immer dann eine Kemreaktion (a, b) ablaufen, wenn ein Projektil die Zielscheibe trifft, wie in Bild 8-64 verdeutlicht. Damit ergibt sich die Trefferanzahl je Flache und Zeit zu Trefferzahl Zeit

Projektilteilchen a Flache • Zeit

Wahrscheinlichkeit des Treffers

dN/dt

0

N^G.

0 ist die ProjektilfluBdichte in m ' - ^ s ' ^ N^ die Anzahl der Kerne A im Target und a der Wirkungsquerschnitt (Flache der Zielscheibe je Atom in m^).

8.8. Kemumwandlung Teilchen a (Projektil)

589

Target

Flache

Oo

„ C7

|> o,o1^

TeilchenfluS Flache der Zielscheibe je Atom (keine gegenseitige Uberlappung)

Bild 8-64. Zum Begriff Wirkungsquerschnitt.

Die Einheit des Wirkungsquerschnitts ist das bam ( l b = 10"-^^m^) und entspricht etwa der Kemquerschnittsflache. Der Wirkungsquerschnitt ist abhangig von dem Reaktionstyp, der Energie des Projektils und dem Zielkern (Target). Er kann ein Vielfaches der Kemquerschnittsflache betragen. Dies ist nur quantenmechanisch durch die Welleneigenschaften zu erklaren. Jedem Reaktionstyp eines bestimmten Kerns A mit dem Projektil, beispielsweise Neutronen n, mu6 ein Wirkungsquerschnitt zugeordnet werden (z. B. c^dn), (^M' ^A,P)' • • •' Partielle Wirkungsquerschnitte). Der totale Querschnitt oder Gesamtwirkungsquerschnitt GX" ergibt sich durch Addition dQT partiellen Wirkungsquerschnitte:

;-

>

-1—11—^

0,01

0,1

^A

_i

—A

I

(8-91)

HM

gl02

1J

'^(n,?)

??Al + in

c

j 1

$

10-22410-^

f^Al +7

^^^?lMg+!p > (flAl)Compoundkern

"^"-'"\ ffAl + 2 i n . Die Abhangigkeit des Wirkungsquerschnitts von der Projektilenergie wird als Anregungsfunktion bezeichnet. Bild 8-65 zeigt die Anregungsfunktionen des 13AI fur die unterschiedlichen Reaktionen. Der Wirkungsquerschnitt kann sich dabei um GroBenordnungen andem und weist u.U. bei bestimmten Energien ein Maximum auf. Dies wird besonders beim

10

15

20MeV25

Verlauf des totalen Wirkungsquerschnitts fiir Neutronen mit Cd in Bild 8-66 deutlich. Bei bestimmten Neutronenenergien treten Maxima des Wirkungsquerschnitts (Resonanzen) auf, wenn die Energie des Teilchens einem Wert entspricht, der genau zu einem Energieniveau des Zwischenkems fuhrt (Bild 8-63). Analoge Resonanzen treten in der Elektronenhiille auf, wenn die Strahlungsenergie einer Energiedifferenz der Elektronenniveaus entspricht.

0)

Durch Bestrahlung von ^Al mit Neutronen konnen folgende Kemreaktionen ablaufen:

5

Neutronenenergie £„ Bild 8-65. Wirkungsquerschnitt von ^^Al fur verschiedene Kemreaktionen in Abhangigkeit von der Neutronenenergie.

i

_A

1,0

,

i iJ ^^iJUUlW^

1

IQi

102

—

K_.

^Q3 ^QA ^Q5 io6eV10^

Neutronenenergie £„

Bild 8-66. Wirkungsquerschnitt von Cadmium in Abhangigkeit von der Neutronenenergie.

In den meisten Fallen ist der durch die Kernreaktion X (x, y) Y gebildete Kern Y radioaktiv und zerfallt mit der Zerfallskonstanten Ay (Ay = In 2/Ty). Fiir die Anderungsrate dA^ /dt der Kerne Y gilt dA^Y Bildung —^— = 0 N^a-] dt dATy

Zerfall

dNY

"dT

= -Ay7V.

dt

'=Nj^0a—2,YNY

(8-92)

Die Losung dieser Differentialgleichung ergibt fiir NY in Abhangigkeit von der Zeit

590

8. Atom- und Kernphysik

a0 Nx A^Y =

Tabelle 8-11. Wirkungsquerschnitt cr(n, f). (1 - e-^^^«).

(8-93)

Diese Gleichung ist in Bild 8-67 fiir zwei unterschiedliche Halbwertszeiten dargestellt. Nach der Bestrahlungszeit t^ zerfallt das Radionuklid mit der Halbwertszeit Ty.

Nuklid

Kerntyp

o^^^ f) in barn Neutronenzahl V

"7Th 229-ph 232Th 230jh

(g,u) (g,u) (g,g) (g,g) (g,u) (g,u) (g,g) (g,u) (u,u) (u,g) (u,u)

^200 31 0,00004 ^0,0012

233U 235U 238U 239U 239Np 237Np 238Np 239pu 240pu 241pu

Ze\tt

Bild 8-67. Darstellung der Aktivierungsgleichung.

8.8.3. Kernspaltung und Kernreaktoren 8.8.3.1. Kernspaltung Durch Bestrahlung schwerer Atomkerne mit geeigneten Teilchen a (z.B. n, p, d, a) kann eine Kernspaltung ausgelost werden. Eine solche Spaltung wird im Gegensatz zur Spontanspaltung als kunstliche Spaltung (kurz Kernspaltung) bezeichnet. Die erste kiinstliche Kernspaltung wurde von O. HAHN (1879 bis 1968)

und F. STRASSMANN (1902 bis

1980)

1938 bei dem Versuch der Herstellung von Transuranelementen entdeckt. Die wichtigste Spaltreaktion ist die (n, f)Reaktion. Die Spaltung wird dabei durch thermische Neutronen (£'^10~'^eV) ausgelost:

(g,u) (g,g) (g,u)

531 582 < 0,0005 ^ 14

2,08 ± 0,02 3,13 + 0,06 2,43 ± 0,07

2500 0,019 2070 743 ^0,03 1009

2,874 ±0,138 2,884 + 0,007 2,969 + 0,023

Wirkungsquerschnitt besonders gro6, verglichen mit (g, g)-Kernen (z.B. ^^su, ^'^^Pu und ^^^Th). Dies ist darauf zuriickzufiihren, daB die Bindungsenergie eines zusatzlichen Neutrons fiir (g, u)-Kerne besonders groB ist, so daB die Energieschwelle fiir die Kernspaltung leichter iiberschritten werden kann. Dies fiihrt zu einem groBen Wirkungsquerschnitt cr(n,f). Bild 8-68 zeigt die Energieabhangigkeit des Spaltungsquerschnitts Oi^^^ fiir ^^^U, ^^^U und ^^^Pu. Das Resonanzgebiet zwischen 1 eV und 1 keV ist nur angedeutet. Der Ablauf der Kernspaltung durch thermische Neutronen ist fiir den wichtigen Spaltstoff ^^^U in Bild 8-69 gezeigt. Durch Neutroneneinfang bildet sich aus ^^^U der Com-

A + n - ^ (C) -^ B + D + vn + Aj^. Compoundkem

Aus dem schweren Kern A bildet sich durch Neutroneneinfang der Compoundkem C. Dieser zerfallt in zwei mittelschwere Kerne B und D unter Aussendung mehrerer Neutronen. In Tabelle 8-11 sind fur einige Kerne die Wir10-2 10-1 1 10 102 103 10* 10^ lO^eVIO^ kungsquerschnitte o-(n,f) und die NeutronenNeutronenenergie £„ zahl V fiir die Kernspaltung mit thermischen Bild 8-68. Abhdngigkeit des Spaltungsquerschnitts Neutronen zusammengestellt. Fiir (g, u)-Ker- von der Neutronenenergie. (Das Resonanzgebiet ist ne (Z.B. 2^^U, 235U^ 239p^ ^^^ 241p^) -^^ ^^^ nur angedeutet.)

8.8. Kemumwandlung

II

1

-O-O-0-8-8 235 11

236

(thermisch)

U

591

- • 9 n (prompt)

Compoundkern (Deformationsschwingungen)

139 T

/

Bild 8-69. Zeitlicher Verlaufbei der Kernspaltung.

poundkern ^^^U. Dabei wird die Bindungsenergie des Neutrons in Hohe von etwa 6 MeV frei. Der angeregte Kern fiihrt Deformationsschwingungen aus (vergleichbar mit einem schwingenden Wassertropfen). Bei groBen Deformationen des Kerns ist die langreichweitige Coulomb-AbstoBung der Protonen groBer als die kurzreichweitige Kemkraft, so daB der Kern instabil wird und in zwei 235 , , 92 U +

1 o"

-^^

Ba

36 Kr

32,3 s

20s

La

Rb 2,2 m

Sr

14m

^Ce 28,6 a

33 h

64,1 h

13,6d

Zr

Bild 8-70. Spaltkette von ^^^U.

^Nd

stabil

Af = 10-^^s

^ *

" (verzogert)

Af = 0,2s bis Lt = 54s

Bruchstiicke zerfallt. Von der Neutronenabsorption bis zur kritischen Deformation dauert es etwa 10~'^s. Die entstandenen Spaltprodukte liegen in hochangeregten Zustanden vor und zerfallen innerhalb von 10" ^"^s unter Aussendung von y-Strahlung und Abdampfen von Neutronen (prompte Neutronen) in den Grundzustand. Diese sogenannten primaren Spaltprodukte zerfallen durch y^~-Zerfall und Aussenden von y-Quanten liber mehrere Nuklide {sekunddre Spaltprodukte) in stabile Kerne. Zwei dieser Spaltketten sind in Bild 8-70 gezeigt. In einer Zeit von 0,2 s bis 54 s nach der Spaltung treten durch Neutronenzerfall von Spaltprodukten sogenannte verzogerte Neutronen auf. Der Bruchteil dieser verzogerten Neutronen betragt bei der Spaltung des ^^^U 0,0026, bei ^^^u 0,0065 und bei 239pu 0,0021. Die Haufigkeit der Spaltprodukte von ^^^U bei der Spaltung durch thermische Neutronen ist in Bild 8-71 in Abhangigkeit von der Massenzahl gezeigt. Es tritt bevorzugt eine asymmetrische Spaltung auf. Die Maxima der Kurve liegen im Bereich der Massenzahlen 90 bis 100 und 133 bis 143 mit einer Spaltausbeute von etwa 6%. Fiir die symmetrische Spaltung {A = 236/2) betragt die Spaltausbeute lediglich 10~^%. Die Haufigkeitsverteilung der Spaltprodukte sieht fiir ^^^U und ^-^^Pu ahnlich aus. Der bei der Spaltung freiwerdende Energiebetrag ^E kann aus der Bindungsenergiekurve

592

8. Atom- und Kemphysik 8.8.3.2. Kernreaktoren Die kinetische Energie der Spaltprodukte und die Energie des y^-Zerfalls werden in unmittelbarer Nahe des Zerfallsorts in Warme umgewandelt. Die Energie der Neutronen und der y-Strahlung steht nur dann als Warme zur Verfugung, wenn diese im betreffenden Medium absorbiert wird. Die Energie der Neutrinos geht infolge der geringen Wechselwirkung verloren. Durch Neutroneneinfang erhoht sich die Energie je Spaltung um den Wert der Bindungsenergie der Neutronen. Im Mittel wird je Kernspaltung des ^^^U eine nutzbare Energie von 200 MeV frei.

Fur die Berechnung der Energie, die aus 1 kg spaltbaren Materials ^^^U in einem Kernreaktor gewonnen werden kann, muB berucksichBild8-7L Massenverteilungskurve bei der Spaltungtigt werden, da6 ein Teil des spaltbaren Mavon ^^W mit thermischen Neutronen. terials durch (n, 7)-Reaktion in weniger leicht spaltbares Material umgewandelt wird. Dieser (Bild 8-50) abgeschatzt werden. Fiir ^^^U erAnteil ergibt sich aus dem Verhaltnis der gibt sich ein Energiegewinn von 0,86 MeV je Wirkungsquerschnitte fiir Spaltung und AbNukleon oder 200 MeV je Spaltung. Diese sorption (a(n,f)/^(n,7) = 0,839): Energie verteilt sich zu 85% auf die Spaltprodukte als kinetische Energie. Bild 8-72 £ = 200 • 10^ eV • 0,839 • ^^^^^ • 6,022 • lO^^^— zeigt die Energieverteilung auf die Reaktions235g/mol mol ' produkte. Durch Umwandlung dieser SpaltE = 6,89 • lO^^ Ws = 6,89 • 10*^ kJ = 797 MWd. energie in Warme kann mittels einer Dampfturbine elektrische Energie erzeugt werden {Kernreaktoren). 70

80

90 100 110 120 130 140 150 160 170 Massenzahl A

t- Sfrahlung (prompt) 5 MeV

Bild 8-72. Verteilung der Spaltenergie auf die Spaltprodukte.

IS

8.8. Kemumwandlung

Zum Vergleich: Bei der Verbrennung von 1 kg Kohlenstoff wird eine Energie von 34-10^ kJ frei (5 • lO^mal v^eniger als fur 1 kg Voraussetzung fiir die Energiegewinnung durch Kernspaltung ist das Freiwerden von 2 bis 3 Neutronen je Spaltung, um eine Kettenreaktion zu ermoglichen. Die Spaltung eines ^^^U-Kerns fiihrt zu 2 Neutronen, die ihrerseits eine Spaltung induzieren und somit 2 • 2 Neutronen freisetzen. Diese 4 Neutronen erzeugen durch Kernspaltung 2 • 4 Neutronen und so fort. Fiir diese Kettenreaktion ist der Multiplikationsfaktor A: = 2, da je Neutron 2 Neutronen erzeugt werden. Um eine kontrollierte Kettenreaktion zur Energiegewinnung aufrecht zu erhalten, muB k = 1 sein. In Bild 8-73 ist die Neutronenbilanz fiir einen idealisierten (unendlich ausgedehnten) Reaktor dargestellt. Ein Neutron erzeugt durch die Kernspaltung v schnelle Neutronen (v = 2,43 fur ^^^U). Infolge der Spaltung von ^^^U mit schnellen Neutronen werden s - 1 zusatzliche schnelle Neutronen erzeugt. Damit diese

593

schnellen Neutronen (Energie einige MeV) weitere ^^^U-Kerne spalten konnen, miissen sie durch Streuprozesse auf thermische Energie abgebremst werden. Dies erfolgt in einem Moderator, der aus leichten Atomen mit geringen Einfangsquerschnitten, beispielsweise Wasser oder Graphit, besteht. Zur Thermalisierung von Spaltneutronen sind im Mittel 18 StoBe mit Wassermolekiilen, dagegen 2170 mit Uranatomen notwendig (Ausgangsenergie E^= 1,75 MeV; Endenergie £"„ = 0,025 eV). Bei der Thermalisierung der Neutronen entstehen Verluste durch Neutroneneinfang des ^^^U im Resonanzgebiet (/?). Damit eine Spaltung auftritt, muB das thermische Neutron vom Spaltstoff absorbiert werden ( / ) . Diese Absorption fiihrt mit der Wahrscheinlichkeit /?* zu einer Spaltung. Diese Spaltwahrscheinlichkeit /?* ergibt sich aus dem Verbaltnis des Spaltquerschnitts zum Gesamtabsorptionsquerschnitt. Der Multiplikationsfaktor k^ fiir einen idealen Reaktor ist kao = vepfp*

= rjepf.

(8-94)

Neutronenspektrum

Maxwell-Verteilung

Bild 8-73. Neutronenbilanz bei der Thermalisierung schneller Spaltneutronen.

594

8. Atom- und Kernphysik

vitdt S = /Cgff — 1 erforderlich. Diese wird durch Kontrollstabe aus stark neutronenabsorbierendem Material (z.B. Cadmium, Bor) gesteuert. Das Auftreten verzogerter Neutronen spielt bei der Regelung des Reaktors eine wichtige Rolle, da durch sie eine Verlangerung der Regelzeit hervorgerufen wird.

II

8.8.3.3. Reaktortypen Die Einteilung der Reaktoren kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen, beispielsweise nach dem

102

10^

Neutronenenergie £„

Bild8-74. Vermehrungsfaktor in Abhdngigkeit von der Neutronenenergie fur verschiedene Spaltstoffe.

Der Vermehrungsfaktor rj=vp* gibt die Anzahl der schnellen Neutronen an, die flir jedes im Spaltstoff absorbierte Neutron emittiert werden. Bild 8-74 zeigt rj flir verschiedene Spaltstoffe in Abhangigkeit von der Neutronenenergie. Flir ^^^U ergibt sich flir thermische Neutronen (^n^lO'^eV) mit v=2,43 der Wert tj = 2,07. Es sind also nur 2,07 Neutronen weiterhin nutzbar, der Rest geht durch die (n, 7)-Reaktion mit ^^^U verloren. Beim realen Reaktor muB der Neutronenverlust durch die endliche Ausdehnung des Reaktorkerns berucksichtigt werden. Der effektive Multiplikationsfaktor ist krf) LI .

(8-95)

L ist die Leakage, d. h. die Wahrscheinlichkeit, daB ein Spaltneutron im Reaktor verbleibt. Je nach GroBe von /ceff unterscheidet mandrei Falle: — /Cgff < 1 • Das System ist unterkritisch, die Kettenreaktion kann nicht ablaufen. — /Cgff = 1: Das System ist kritisch, die Kettenreaktion ist moglich. — keff > 1: Das System ist iiberkritisch. Durch den Verbrauch an Kernbrennstoff und das Entstehen neutronenabsorbierender Spaltprodukte ist eine bestimmte UberschuBreakti-

- Brennstoff (z.B. Uranoxid, Uran-Plutoniumoxid (MOX)), - Moderator (z.B. leichtes Wasser, schweres Wasser (D2O), Graphit), - Kuhlmittel (z. B. gasgekuhlte, wassergekuhlte, natriumgekiihlte Reaktoren). In Bild 8-75 bis 8-77 sind einige Reaktortypen mit ihren charakteristischen Daten beschrieben. Fiir den Betrieb eines Druckwasserreaktors (Bild 8-75) mit ^^^U als Spaltstoff muB dieser etwa auf 57o angereichert werden (natiirlicher 2-''^U-Gehalt 0,72%). Die abgebrannten Brennstoffelemente enthalten noch etwa 0,8% ^^^U. Die gewonnene Energie stammt dabei zur Halfte aus der Spaltung von ^^^Pu, das durch Neutroneneinfang aus ^^^U gebildet wird. Das Verhaltnis neu gebildeter spaltbarer Atome zur Anzahl der gespaltenen Atome wird als Konversionsfaktor bzw. Brutrate bezeichnet. Ist die Brutrate groBer als 1, so erzeugt der Reaktor mehr spaltbares Material als er verbraucht (Brutreaktor s. Bild 8-77). Folgende Kombinationen von Spalt- und Brutstoff sind sinnvoll: 238

u

232'

(n,y) , 2 3 9 u 23,5 min

TJ, "l^

"^ . 2,36d

1 "9pu

(n,7) 233'

Th Brutstoff

Th

233U 22,3 min

27.0 d L

Spaltstoff Zur Beurteilung der Moglichkeit eines Brutreaktors ist der Vermehrungsfaktor rj wichtig. Aus Bild 8-74 ist zu erkennen, daB ^^^Pu als Spaltstoff mit thermischen Neutronen (^n^lO-^eV) lediglich den Wert 2,1 hat. Dieser Wert ist zur Aufrechterhaltung einer Kettenreaktion zu gering. Flir schnelle Neutronen (£"„ ~ MeV) steigt der //-Wert auf 2,93

8.8. Kernumwandlung

595

a)

1 Reaktordruckbehalter 2 Dampferzeuger 3 Absetzbehalter fur Druckbehaltereinbauten

4 Brennelementlagerbecken 5 Lagerraum 6 Brennelement-Wechselmaschine 7Kran 8 Sicherheitsbehalter

9 Materialschleuse 10 Krangerust 11 Notkuhlaggregat 12 Borwasserkijhlbehalter

Hohe 12.00 m Durchmesser 5.75 m 8761 (einschl. Einbauten Gewicht und Brennelemente) —Steuerelementantriebe Druckbehalterdeckel Deckelschrauben Steuerelementfuhrungseinsatz

Tragpratzen Oberes Kerngerijst Primarkijhlmittel — Gitterplatte Brennelemente Kernumfassung Kernbehalter Reaktordruckbehalter

Unterer Rost Siebtonne (Stromungsverteiler)

Reaktortyp: Brennstoff:

Druckwasserreaktor UO2 (angereichert auf 2,3% bis 3.2%)

Moderator: Kuhlmittel: Betriebsdruck: Leistung:

H2O

H20(317°C) 158 bar 3588MWthermisch, 1300MWeiektrisch (Biblis B)

Bild 8-75. a) Reaktorgebdude, b) Reaktordruckbehalter und c) Brennstoffelement eines Druckwasserreaktors. Werkbilder: Kraftwerk-Union

596

8. Atom- und Kemphysik

Betriebsdruck: Leistung:

Hochtemperaturreaktor UO2 (auf 98% angereichert) und ThOg Graph it He(750°C) 40 bar 750 MWthermisch, 308 MW elektrisch (Hamm-Uentrop)

Bild 8-76. Reaktorgebdude, Reaktorkern und Brennelement eines Hochtemperaturreaktors. Werkphoto: Hochtemperatur-Reaktorbau GmbH

an. Deshalb ist ein Brutreaktor auf der Basis Uran-238/Plutonium-239 nur mit schnellen Neutronen durchfiihrbar {schneller Brutreaktor). Fiir ^^^U als Spaltstoff betragt der rj-W^rt fiir thermische Neutronen 2,3, und damit ist ein thermischer Briiter m5glich. Im ThoriumHochtemperaturreaktor (Bild 8-76) wird ein Konversionsfaktor nahe bei 1 erreicht. 8.8.4. Kernfusion 8.8.4.1. Fusionsreaktion Aus Bild 8-50 ist ersichtlich, daB eine Verschmelzung (Fusion) leichter Kerne, z. B. Was-

serstoff zu Helium, zu einem Energiegewinn fiihrt. Solche Fusionsreaktionen laufen standig in der Sonne und in Fixsternen ab. Man unterscheidet hierbei zwischen dem Deuterium-Zyklus und dem Kohlenstoff-StickstoffZyklus. Deuterium-Zyklus -^Ip + Ip -^ ^D -h e"^ + Ve (langsam) ?D + l p ^He+7 (rasch) ^He + ^He ^He + 2 Ip (rasch) {p-^^He + 2e+ + 2ve + A^

8.8. Kemumwandlung

a)

•^^rennetenHHrt

1 1 2 3 4 5 6 7 8

Reaktortank Reaktorkern Abschaltsiab Drehdeckel Kerntragplatte Doppeltank Abschirmung Ta chk hie des Notk hi ystems

Bruteleinent

597

Langes Reflektorelement mit Doppelkaskade

i"

Bnitstoffzone

1 T 1 1 3700 1

BrennstoHzone 950

1

1

1

Brutstoffzone

1 1

1 1

Brutstoffzone 1750

1 1

1'

1 Spaltgasraum

1

Spaltgasraum

I

,1

#'h

#v=

Reaktortyp: Brennstoff: Moderator: Kuhlmittel: Betriebsdruck:

Reflektorzone 1950

4650 1

3700 1

i

,1 '

schneller Brutreaktor UO2 und PUO2

Na(560°C) 1 bar

Bild 8-77. Reaktortank undBrennelemente eines schnellen Brutreaktors. Werkphoto: Schnell-Bruter-Kernkraftwerksgesellschaft

Energie von etwa 0,5 MeV notig. Dies entspricht nach Gl. (8-96) einer Temperatur von '|c + lp ^ '^N ^ 'ic + e+ + Ve r = 5 , 8 10^K. Die Temperatur im Son'|c + !P ^ 'JN + r neninnern betragt etwa 1,5 • 10^ K. Da fur den Kohlenstoff-Stickstoff-Zyklus eine etwa vier'|N + ,'p ^ 'io ^ '?N + e+ + Ve mal hohere Temperatur erforderlich ist als '^N + lp ^ 'ic + ^He fiir den Deuterium-Zyklus, lauft dieser bevorBruttoreaktion 4 {p -> ^He + 2 e"^ + 2 Vg + AJ? zugt auf Sternen ab, deren Innentemperatur groBer ist als die der Sonne. Die Bruttoreaktion ist fur beide Zyklen gleich. Bei der Explosion einer Wasserstoffbombe finAus der Massendifferenz errechnet sich det eine Kernfusion statt. Die fur die Fusion ^E = (4 ma (H) - ma (^He) - 4 ^e) c^ zu 24,69 benotigten hohen Temperaturen werden hierMeV. Zur Uberwindung der Coulomb-Absto- bei durch eine Kernspaltung erzeugt. Bung zwischen den gleichnamig geladenen Fiir die Durchfiihrung der Kernfusion zur Kernen mussen die Kerne eine ausreichende Energiegewinnung kann man folgende Fukinetische Energie £"1^111 haben. Aus der kineti- sionsreaktionen in Betracht ziehen: schen Gastheorie ergibt sich fur die wahrscheinlichste kinetische Energie (Maximum fD + fT lHe + i n + 17,61 MeV der Maxwellschen Geschwindigkeitsverteilung ^He + i n + 3,27 MeV ?D + fD 2/3 (r^), Abschn. 3.2.3) fD + fD ^ ^T + { p + 4,03 MeV ^He + {p+ 18,35 MeV ?D + |He 3lHe + 8,7 MeV. Kohlenstoff-Zyklus

k ist die Boltzmann-Konstante. Zur Uberwindung der Proton-Proton-AbstoBung ist eine

Aus diesen Reaktionsgleichungen ist ersichtlich, daB die Bildung des stabilen 2He groBe

598

8. Atom- und Kernphysik

(Natlirliches Lithium enthalt 92,6% "^Li und 7,4% ^Li.) Deuterium steht praktisch in unbegrenzter Menge in den Weltmeeren zur Verfiigung, Lithium findet sich in Lithium-LagerD-T-Reaktion statten, mineralhaltigen Quellen und im Meerwasser. Bei den gegenwartigen Experimenten wird auf das radioaktive Tritium verzichtet und durch Wasserstoff oder Deuterium ersetzt. 2 10-^ Aus Bild 8-78 ist ersichtlich, daB fiir den Ablauf der Fusion aufgrund des Wirkungsquerschnitts eine Teilchenenergie von mehr als 100 keV notig ist (entspricht einer Tem10-H peratur von 10^ K). Bei dieser Temperatur sind die Atome vollstandig ionisiert. Ein solches Gas aus lonen und Elektronen nennt D-D-Reaktion man Plasma. Wegen der freien Ladungstrager und des meist hohen Energieinhalts weichen 10die Eigenschaften des Plasmas von den sonstigen Zustandsformen der Materie ab. Plasmen weisen ein besonderes Verhalten in elektrischen und magnetischen Feldern auf und 10zeigen charakteristische Transporteigenschaf1 100 keV 1000 ten (Warmeleitung, Viskositat, Diffusion und Deuteronenenergie £o elektrische Leitfahigkeit). Sie konnen StrahBiId8-78. Abhdngigkeit des Wirkungsquerschnitts von lung vom Hochfrequenz- bis zum Rontgender Deuteronenenergie fur die Kernfusion. bereich emittieren. 10

Energiebetrage freisetzt. Bild 8-78 zeigt den Wirkungsquerschnitt G der Fusionsreaktion D-T und D-D in Abhangigkeit von der Deuteronenenergie. Die Deuterium-Tritium-Reciktion hat den groBten Wirkungsquerschnitt und erfordert gleichzeitig die geringsten Ausgangsenergien der StoBpartner. Dies fiihrt bei der Anwendung in einem Fusionsreaktor zur grof5lm6glichen Leistungsdichte und geringsten l:iicnntemperatur. Die freigesetzte Energie verteilt sich mit 14 MeV auf das Neutron und mit 3,5 MeV auf den Heliumkern. Wahrend der HeHumkern im Reaktorraum bleibt und zur Aufrechterhaltung der Brenntemperatur beitragt, verlaBt das Neutron den Reaktorraum und erzeugt (erbriitet) den Brennstoff Tritium. Tritium ist im Gegensatz zu Deuterium instabil (y^-Zerfall, 7 = 12,3 a) und kommt deshalb in der Natur praktisch nicht vor. In einer den Reaktorraum umschlieBenden Lithiumwand, dem „Blanket'% wird das Tritium durch folgende Reaktionen gebildet: ]Li + ^n 3L1 + in

^He + fT + in - 2,47MeV ^He + ^T + 4,78 MeV

Zur Zlindung des Plasmas muB dieses zuerst durch auBere Energiezufuhr auf eine Temperatur aufgeheizt werden, bei der genligend Fusionsreaktionen ablaufen, so daB die freiwerdende Fusionsenergie die Temperatur ohne auBere Heizung aufrechterhalt. Dies bedeutet ein Gleichgewicht zwischen der Heizung durch die Fusions-Heliumkerne (DeuteriumTritium-Plasma) und den Energieverlusten durch Abstrahlung und Warmeleitung. Die das Plasma verlassenden Neutronen werden im Blanket abgebremst, ihre Energie wird als thermische Energie frei und kann in einem Fusionsreaktor iiber Dampferzeuger, Turbine und Generator in elektrische Energie umgewandelt werden. AuBer der Temperatur ist fiir die Ziindung eines Plasmas die Teilchendichte n (Teilchen/cm^) und die EnergieeinschluBzeit T wichtig. Je besser die Warmeisolierung des Plasmas ist — je geringer also die Energieverluste sind —, desto groBer ist die EnergieeinschluBzeit. Bereits 1957 wurden von J. D. LAWSON Minimalwerte fiir die Temperatur T und den EinschluBparameter

8.8. Kernumwandlung

10^

10^

108

Temperatur T

Bild8-79. Lawson-Diagramm. (Produkt aus Teilchendichte n und EnergieeinschluBzeit r) aufgestellt (Lawson-Kriterium), ab der ein Fusionsreaktor mit positiver Energiebilanz moglich ist. Fiir die DeuteriumTritium-Reaktion ergibt sich eine Temperatur von 10^ K und ein EinschluBparameter von etwa lO^'^s/cm^ Bild 8-79 zeigt den genauen Verlauf des EinschluBparameters mit der Temperatur fiir die Deuterium-Tritium-Reaktion {Lawson-Diagramm). In dieses Diagramm sind die bisher in Fusionsexperimenten erreichten EinschluBparameter als graue Punkte eingezeichnet. Die rot schraffierten Gebiete geben den erwarteten Bereich der laufenden Experimente an. 8.8.4.2. Experimente zur kontrollierten Kernfusion Zur Erfiillung des Lawson-Kriteriums muB das Plasma bei geeigneter Ziindtemperatur (10^ K) hinreichend lange ohne Wandkontakt zusammengehalten werden. Die dafiir notwendige EinschluBzeit T ist umso kleiner, je groBer die Plasmadichte n ist. Im Prinzip gibt es zwei voneinander unabhangige Wege, diese Bedingungen zu erfiillen: den Trdg-

599

heitseinschluB und die Anwendung von Magnetfeldern, wie Bild 8-80 zeigt. Beim TrdgheitseinschluB werden kleine Mengen aus festem Deuterium und Tritium {Pellets) durch Hochleistungslaser (oder auch mit Elektronen- oder lonenstrahlen) aufgeheizt. Das entstehende Plasma wird infolge seiner eigenen Massentragheit (ohne Magnetfelder) fur eine bestimmte Zeit zusammenbleiben, die ausreichen sollte, um durch Fusionsreaktionen einen EnergieiiberschuB zu erreichen. Durch Anlegen von Magnetfeldern werden beim magnetischen EinschluB die geladenen Teilchen auf Spiralbahnen um die Magnetfeldlinien gezwungen. Dadurch kann der gaskinetische Druck des Plasmas durch ein auBeres Magnetfeld aufgefangen werden. Der Druck des Magnetfelds ist durch das Quadrat der Feldstarke bestimmt, der Druck des Plasmas durch die Dichte und Temperatur. Bei den Ziindbedingungen herrscht ein Plasmadruck von etwa 1 bar, der Magnetfelder in der GroBenordnung 5 T bis 10 T erfordert. Bei einer linearen Anordnung treten Teilchenverluste an den Enden auf, da das Plasma langs der Feldlinien ungehindert ausstromen kann. Diese Verluste konnen durch „magnetische Spiegel" mit stark erhohter Magnetfeldstarke an den Enden vermindert werden. Das Ausstromen des Plasmas wird durch Ausbildung von toroidalen Anordnungen verhindert. Hierbei sind die Magnetfeldlinien zu Ringen geschlossen und bilden einen magnetischen Torus. Die Magnetfeldstarke nimmt mit kleiner werdendem Radius zu, so daB der magnetische Druck auf der Innenseite des Torus groBer ist als auf der AuBenseite. Dadurch wiirde das Plasma innerhalb kurzer Zeit gegen die AuBenwand gedriickt. Durch geeignete Zusatzfelder muB dies verhindert werden. Das resultierende Feld muB so beschaffen sein, daB die Feldlinien schraubenformig um die Torusachse verlaufen und geschlossene magnetische FluBflachen aufspannen. In Bild 8-80 sind zwei Anordnungen zum Erreichen dieser Verdrillung gezeigt. Beim Tokamak bildet das Plasma die Sekundarwicklung eines Transformators. Es entsteht ein Plasmastrom, der ein ringformiges Magnetfeld erzeugt {poloidales Feld). Die Uberlagerung von poloidalem und toroidalem Feld fiihrt zu der notwendigen Verdrillung der Feldlinien. Mit dem Tokamak ASDEX (Axial Symmetrisches Divertor Experiment) will das Max-PlanckInstitut fur Plasmaphysik unter reaktorahnlichen Bedingungen vor allem die Plasmareinhaltung mit einem magnetischen Divertor studieren. Divertoren sind Nebenkammem, die durch besondere Fiihrung des Magnetfeldes ober- und unterhalb des Plasmaschlauches entstehen. Das Transformatorprinzip funktioniert nur wahrend der Einschaltphase der zentralen Transformatorspule (zentrale OH-Spule in Bild 8-80). Nur dann

600

8. Atom- und Kernphysik PlasmaeinschluB-Verfahren

J:

1

TragheitseinschluB

magnetischer EinschluB

linear

toroidal

Tokamak

Stellarator

StOtzgerflst--.^^ ^ j i l P V i ^ ^ ^ ^ ^PololdalfeMspulM

f^^^^^ 1

/ .^^^^fcC^^^R

Injektor

i/fdaf^^^^T^.

Nl-Sonderspule ^ 3 - « ! l ! M B W ^ Pfasma- ' \

^ ~ TF-Zu$at2spuleii J

SteHaratorfeidspulen

^VakuurageHO

nn WBiuMsteinVK-AS

Bild 8-80. PlasmaeinschluB- Verfahren zur Kernfusion. Photos: Max-Planck-Institut fur Plasmaphysik, Garching

wird ein Plasmastrom induziert, der das poloidale Feld zur Plasmastabilisierung erzeugt. Im Tokamak ist daher nur Pulsbetrieb moglich. Im Gegensatz zu den Tokamaks arbeiten die Stellaratoren nur mit extemen Magnetfeldem und konnen daher kontinuierlich betrieben werden. Zur Erzeugung der schraubenformigen Feldlinien sollen beim Stellarator-Experiment Wendelstein VII-AS am Max-Planck-Institut fiir Plasmaphysik 45 unterschiedlich geformte Einzelspulen eingesetzt werden. Folgende Problemkreise sind besonders kritisch: Plasmaverunreinigungen Im Plasma fmdet eine Vielzahl von Stolen der Teilchen untereinander statt, durch die die Teilchen aus dem Plasmainnem an den Plasmarand und von dort an die Wand des PlasmagefaBes gestreut werden konnen. Beim Auftreffen der Elektronen, lonen, Neutralteilchen und Neutronen auf die GefaBwand Oder durch Strahleneinwirkung konnen Atome von der Wand geldst werden und das Plasma verunreinigen. Besonders problematisch sind Schwermetalle, da sie bei den Fusionstemperaturen erst teilweise ionisiert sind und deshalb intensive Linienund Rekombinationsstrahlung aussenden, die zu einem Energieverlust des Plasmas fuhrt Ein Wolf-

ramatom unter 10 000 Plasmateilchen wiirde die thermonukleare Ziindung verhindem. Der aus dem Plasma an der GefaBwand angelagerte Wasserstoff wird durch die Bestrahlung freigesetzt und wieder zuriickgefuhrt. Der RuckfluB von kalteren, vorwiegend neutralen Wasserstoffatomen von der GefaBwand in das Plasma spielt bei der Teilchen- und Energiebilanz des Plasmas eine wichtige Rolle. Plasmainstabilitdten Eine stromdurchflossene Plasmasaule ist von einem zylindrischen Magnetfeld umgeben. Schnurt sich der Plasmaschlauch zufallig an einer Stelle leicht ein, so vergroBert sich das Magnetfeld und damit der Druck des Magnetfeldes auf das Plasma. Dieser Druck verstarkt die Einschniirung der Plasmasaule, bis es u. U. zur Stromunterbrechung kommt. Ein zufalliger Knick in der Plasmasaule fiihrt auf der Seite mit dem kleineren Radius zu einer MagnetfeldvergroBerung und damit zu einer Druckerhohung in Knickrichtung. Die Instabilitat nimmt von selbst zu. Plasmaheizung Damit die Kernfusion mit Energiegewinn ablauft, muB das Plasma auf 10^ K aufgeheizt werden. Die

8.9. Elementarteilchen Heizung des Plasmas kann durch ohmsche Heizung, Neutralteilcheninjektionsheizung oder Hochfrequenzheizung erfolgen. — Die ohmsche Heizung geschieht durch einen Plasmastrom (vgl. Tokamak). Durch den Plasmawiderstand wird dem Plasma Energie (Warme) zugefiihrt. Da der Widerstand des Plasmas mit zunehmender Temperatur abrtimmt, ist diese Methode nur zur Anfangsheizung geeignet. Bei der Neutralteilcheninjektionsheizung werden geladene Teilchen beschleunigt und vor EinschuB in das Plasma neutralisiert. (Geladene Teilchen konnen das Magnetfeld nicht durchdringen.) Die kinetische Energie der eingeschossenen Neutralteilchen liegt weit iiber der der Plasmaionen und wird durch StoBe an sie iibertragen. Die lonen und Elektronen eines Plasmas fiihren verschiedenartige Eigenschwingungen aus, die durch Einstrahlung einer elektromagnetischen Welle zur Resonanz angeregt werden konnen. Die spiralformige Bewegung der geladenen Teilchen um die Magnetfeldlinien erfolgt mit einer bestimmten Kreisfrequenz {Zyklotronfrequenz). Diese liegt bei lonen und den iiblichen Magnetfeldstarken zwischen 10 MHz und 100 MHz, fur Elektronen zwischen 60 GHz und 150 GHz. Durch Einstrahlung mit der entsprechenden Frequenz nehmen die Teilchen aus dem elektromagnetichen Feld Energie auf und geben sie durch StoBe an das Plasma ab. Kernspaltung und Kernfusion unterscheiden sich in folgenden wichtigen Punkten: Die Energiegewin-

nung aus 1 kg Deuterium durch Fusion entspricht der Verbrennung von 8 • 10^ kg Kohle, die aus 1 kg Uran-235 durch Kernspaltung der von 2-10^ kg Kohle. Die Kernspaltung kann leicht mit thermischen Neutronen in Gang gesetzt werden. Fiir die Kernfusion miissen erst ungewohnlich hohe Temperaturen (10^ K) erzeugt werden. Bei der Kernspaltung entstehen groBe Mengen an hochradioaktivem Abfall, im Gegensatz zur Fusionsreaktion, bei dem das radioaktive Tritium im Kreislauf gefiihrt wird; lediglich durch Neutronenaktivierung der Materialien entstehen radioaktive Stoffe.

8.9. Elementarteilchen Das Ziel der Elementarteilchenphysik ist die Aufdeckung und Beschreibung der fundamentalen Gesetze der Wechselwirkung von Materie. Unter Wechselwirkung wird dabei ganz allgemein jede Kraft oder jeder EinfluB auf Materie verstanden, der zu einer Zustandsanderung fiihrt. Die Frage nach den Elementarteilchen ist grundlegend mit der Frage nach dem Zusammenhalt der Atomkerne (Kernkraft) verbunden. Um eine Auflosung Ax zu erreichen, ist nach der Unschdrferelation Ap Ax ^ h/2 ein

Tabelle 8-12. Bauelemente moderner Beschleunigeranlagen. Bauteil

Funktion

lonenquelle

Sie liefert die erforderlichen Teilchen (z. B. Elektronen, Protonen).

Beschleunigungsstrecken

Resonatoren (Resonatorfrequenz 30 MHz bis 1000 MHz), in denen die Teilchenpakete je Resonatorlange SpannungsstdBe bis 10^ V/m erhalten. Durch Hintereinanderschalten vieler Resonatoren konnen Teilchen zu sehr hoher Energie beschleunigt werden.

Hochfrequenzsender

Die Resonatoren werden von Hochfrequenzsenderohren (Klystron) gespeist mit einer Dauerleistung von mehr als 1 MW.

Vakuumsystem

Die zu beschleunigenden Teilchen miissen in einer Rohre mit Ultrahochvakuum (10~^ mbar) zur Vermeidung von StoBen gefuhrt werden. Dabei mussen, um die Abgabe von Gasen zu vermeiden, SchweiBstellen, Flansche und die Oberflache des Materials besonders behandelt werden.

Strahlfiihrungssysteme Quadrupolmagnete Sextupolmagnete Ablenkmagnete

Zusatzeinrichtungen

601

Sie dienen zur Biindelung des Teilchenstrahls. Stabilisierung des Teilchenstrahls. Sie sind bei Ringen erforderlich, um die Teilchen auf die Kreisbahn zu zwingen (Energieverlust durch Synchrotronstrahlung); bei Linearbeschleunigern nicht erforderlich. Vorbeschleuniger, EinschuBsystem, Korrekturelemente, StrahlmeB- und Kontrolleinrichtungen.

602

8. Atom- und Kernphysik

1 Eisenjoch 2 Driftkammer 3 Flugzeitzahler

4 Spule 5 Fluss. Argon-Zahler 6 Vorwarts-Detektor

7 Mini-Beta-Quadrupole 8 Vakuum Pumpe 9 Proportionalkammer

Bild 8-81. a) Detektor TASSO am DESY, b) Querschnitt des Detektors Photo: Deutsches Elektronen-Synchrotron, Hamburg

10 Myon-Kammer 11 Ring Quadrupole 12Strahlrohr TASSO.

8.9. Elementarteilchen

Impuls p^h/{2 Ax) erforderlich. Nach der Relativitdtstheorie kann gemafi E^ = p^ c^ + mlc^ (Gl. (10-19)) die entsprechende Energie berechnet warden. Zur Ermittlung der inneren Struktur des Protons (Ax ;^ 10"^^ m) sind Energien in der GroBenordnung GeV erforderlich. Experimente in der Elementarteilchenphysik sind deshalb nur mit auBerst leistungsstarken Beschleunigeranlagen moglich. Tabelle8-12 zeigt die Bauelemente von modernen Beschleunigeranlagen. Seit den siebziger Jahren sind Kollisionsexperimente (Speicherringexperimente) iiblich, bei denen die zusammenstoBenden Teilchen (z.B. e~, e"^, p, p~) einen entgegengesetzten Impuls haben. Deshalb bleibt der Schwerpunkt des gesamten Systems in Ruhe, so daB die doppelte Teilchenenergie (z. B. fiir Protonen 2 ^p = 2 • 270 GeV = 540 GeV) zur Erzeugung neuer Teilchen zur Verfiigung steht. Um den gleichen Energiebetrag (540 GeV) beim BeschuB eines ruhenden Protons zur Verfiigung zu haben, muB das bewegte Proton eine Energie von 155 TeV (10^2 eY) haben. Zum Nachweis der Reaktionsprodukte sind aufwendige Detektoren erforderlich, die nicht nur Art und Energie der Teilchen, sondern auch ihre Richtung genau bestimmen. Bild 8-81 a zeigt den Detektor TASSO (Two Arm Spektrometer Solenoid) und Bild 8-81 b den

TASSO Ecm = 35GeV

Querschnitt schematisch. Die vom Computer rekonstruierten Teilchenbahnen (z.B. TT"^, K"*", K") fur eine Energie von 35 GeV (e", e"^) sind in Bild 8-82 dargestellt.

8.9.1. Einteilung Die ersten Elementarteilchen, die Pionen TT"^, 71°, n~, Myonen //, Kaonen und Positronen, wurden in der Hohenstrahlung durch Bestrahlung photographischer Emulsionen oder durch Nebelkammeraufnahmennachgewiesen. In Bild 8-83 oben sind einige Teilchen mit ihren charakteristischen GroBen (Quantenzahlen) aufgefiihrt. Die Masse der Teilchen ist durch die Beziehung m = E/c'^ in der Einheit MeV/c^ angegeben. Zu jedem Teilchen existiert ein Antiteilchen mit entgegengesetzter Ladung und entgegengesetzten Werten aller ladungsartigen Quantenzahlen (z.B. B, S, C, I2). Alle anderen Eigenschaften, beispielsweise Masse und Lebensdauer, stimmen bei Teilchen und Antiteilchen iiberein. In Bild 8-83 sind nur fiir die Leptonen und Quarks die Antiteilchen mit angegeben (rot). Die grau unterlegten Teilchen sind aus heutiger Sicht stabil. Dies gilt auch fiir die entsprechenden Antiteilchen (sofern sie nicht mit anderen Teilchen zusammenkommen). Das Neutron ist nur im gebundenen Zustand (z.B. im Atomkern) stabil. Man unterscheidet zwischen Teilchen mit leichter {Leptonen) und Teilchen mit starker Wechselwirkung, den Hadronen. Die Hadronen bestehen aus den Baryonen (Spin J halbzahlig) und den Mesonen (Spin / ganzzahlig). Baryonen zerfallen stets direkt oder uber einen Umweg in Nukleonen (Protonen oder Neutronen): n

-^ p

+ e~ +

-^ p

+7r°

^

Ve

(r=918s) ( 7 = 0 , 8 - 10-^^ s)

n +71"^

Z7°

( r = 3 - 10"^^ s) -^ p

+ n~

A"' (1232) -^ n

+71^

A°

Bild 8-82. Vom Computer rekonstruierte Teilchenbahnen aufgrund der Daten von TASSO.

603

(T=6'

10-"^ s).

Baryonen konnen im Gegensatz zu Mesonen weder einzeln erzeugt werden, noch durch Zerfall verschwinden. Die Mesonen zerfallen in Photonen, Elektronen und Neutrinos:

604

8. Atom- und Kemphysik

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8.9. Elementarteilchen

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605

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606

8. Atom- und Kernphysik // + + ^M

( r = 2 , 6 - 10"^ s)

-^ ju~ + ^M 4-7 71° ^ y

( 7 = 2 , 6 - 10"^ s)

71^ ^

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-^ y CO

^

71'^

( r = 0 , 8 3 - 10-^S)

+ e + + e~ +

71--^71°

( r = 10-23 s)

U 71° + y ju^ + ^M + 71°

( r = l , 2 4 - 10-^ s)

^

7C+

D+ ^

K°

(T=7-

K+ ^

+ 71^

10-^3 s).

Die gebildeten Myonen (Leptonen) zerfallen nach folgendem Schema: v^ + e"^ + Ve Viele der neu entdeckten Hadronen konnten als angeregte Zustande anderer Teilchen interpretiert werden. Diese angeregten Zustande sind in der Atomphysik mit dem angeregten Wasserstoffatom vergleichbar. Wahrend dieses beim Ubergang in den Grundzustand ein Oder mehrere Photonen emittiert, emittieren die angeregten Hadronenteilchen Pionen. Dies weist auf eine innere Struktur der Teilchen hin; diese konnen deshalb nicht als elementar betrachtet werden. In Bild 8-83 unten sind die nach heutiger Sicht elementaren Bausteine {Quarks und Antiquarks) mit ihren Quantenzahlen zusammengestellt. Die Mesonen lassen sich durch ein Quark-Antiquarkpaar und die Baryonen durch eine Dreier-Quarkkombination aufbauen. Nach dem Pauli-Prinzip mussen sich in einem System die Teilchen mit Spin ^ = 1 / 2 (Fermionen) in einer Quantenzahl unterscheiden. Dies erfordert die Einfiihrung einer zusatzlichen Quantenzahl der Farbladung (rot, griin, blau), die weder mit einer Farbe noch mit einer elektrischen Ladung vergleichbar ist. Die Quark-Antiquark-Systeme (Mesonen) kann man mit einem Positronium vergleichen.

Dieses ist eine wasserstoffahnliche Verbindung aus einem Positron und einem Elektron. Analog werden die Quark-Antiquark-Systeme als Quarkonia (z. B. Charmonium cc oder Bottonium bb) bezeichnet. Die Quantenzahlen der Teilchen ergeben sich durch entsprechende Addition aus den Quantenzahlen der Quarks gemaB Tabelle 8-13. Die Kombination zweier Quarks kann somit nur Teilchen mit ganzzahligem Spin (Mesonen), die von drei Quarks nur Teilchen mit halbzahligem Spin (Baryonen) liefem. Hohere Spins als / = 1 ergeben sich durch einen zusatzlichen Bahndrehimpuls der Quarks, vergleichbar dem Wasserstoffatom. In Bild 8-84 ist dies fur das ccSystem dargestellt. Die Ubergange zwischen einzelnen Zustanden erfolgen unter Aussendung von y-Quanten. Streuexperimente mit Elektronen bzw. Neutrinos (Bild 8-46) zur Untersuchung der inne-

4500

V[4415]

V[4160] y[4030]

r|-c[3590]

V[3770] \|/[3685] \ ^

y ^ 0 [C^10>^ [3.

^^^

J/W^ _^^fSfbo] 3000 J / S

0 0 0

1 0 1

OXD

0 1 1

©©

Bild 8-84. Quarkoniumzustdnde.

Tabelle 8-13. Quantenzahlen von Proton und Neutron.

Quarkkombination Ladung Q Baryonenzahl B Isospin IT,

J^2 t^55]

t^l -

Proton p

Neutron n

u +u +d 2/3 + 2 / 3 - 1 / 3 = + 1 1/3+1/3 + 1 / 3 = + 1 1/2+1/2-1/2= 1/2

u +d +d 2/3-1/3-1/3= 0 1/3 + 1/3+1/3= 1 1/2-1/2-1/2 = -1/2

1 1 1

2 1 1

8.9. Elementarteilchen ren Struktur des Protons ergaben die Existenz von drei Streuzentren (Quarks) in den Nukleonen. Zwischen Neutrino und Quark treten schwache Wechselwirkungskrafte auf, die nur eine Reichweite von etwa einem tausendstel Protonendurchmesser haben (10~^^m). Der Zwischenraum zwischen den Quarks muB ein elektrisch neutrales Fullmaterial enthalten, mit dem das Neutrino kaum wechselwirkt. Dieses Fullmaterial wird im wesentlichen mit Tragern der Quarkkrdfte {Gluonen) identifiziert.

8.9.2. Erhaltungssatze Elektrische Ladung Q Die elektrische Ladung eines abgeschlossenen Systems bleibt erhalten: Q: -\= -1+0 • Das Pion und das Muon miissen deshalb exakt dieselbe Ladung haben. Neutrinos sind elektrisch neutral und konnen deshalb groBe Materiemengen ohne Energieverlust durch lonisationsprozesse durchdringen. Entsprechend der Erhaltung elektrischer Ladung ergibt sich fiir das leichteste geladene Teilchen, das Elektron, daB dieses stabil sein muB. Leptonenzahl L Es gibt sechs Leptonen mit ihren Antiteilchen (Bild 8-83). Sie haben den Spin 1/2 und nur elektromagnetische schwache Wechselwirkung. Den Leptonen wird die Leptonenzahl L = 1 (Antiteilchen L = — \) zugeordnet. Diese bleibt bei einer Reaktion erhalten: //+ ^

L: -\=

e+

+v^

+Ve

(-l) + (-l)+(+l)*

Baryonenzahl B Baryonen (Spin 1/2) zerfallen direkt oder indirekt stets in ein Proton (Neutron zerfallt in ein Proton). Baryonen konnen sich nur ineinander verwandeln aber sie konnen nicht verschwinden. Demzufolge bleibt die Baryonenzahl B erhalten (Baryonen B = \\ Antibaryonen B = - 1; alle anderen Teilchen 5 = 0, auch die Photonen): e^ + e" • V+P 1 + ( - 1)' 5: 0 + 0 Die Erhaltung der Baryonenzahl fiihrt zur Stabilitat des leichtesten Baryons, dem Proton (analog dem Elektron bei Ladungserhaltung), und gilt fur alle Wechselwirkungen.

607

Seltsamkeit S Diese Quantenzahl leitet sich von den „seltsamen Teilchen", z.B. A und K°, ab. Solche Teilchen soilten theoretisch eine Lebensdauer von 10~^^ s haben. Seltsamerweise ist ihre tatsachliche Lebensdauer aber lO^^mal langer. Diese Seltsamkeit bleibt bei Reaktionen mit starker und elektromagnetischer Wechselwirkung erhalten, nicht aber bei der schwachen Wechselwirkung. Charme C, Bottom B* AuBer der Seltsamkeit S konnen noch weitere Quantenzahlen, wie z.B. Charme C und Bottom B*, eingefiihrt werden, die bei elektromagnetischer und starker Wechselwirkung erhalten bleiben. Diese Quantenzahlen sind mit den c- bzw. /^-Quarks verkniipft. Isospin I Das Proton und das Neutron (Bild 8-83) konnen als zwei verschiedene Zustande ein und desselben Teilchens aufgefaBt werden. Der jeweilige Zustand des Teilchens wird durch den Isospin / mit der Multiplizitat ( 2 / + 1) gekennzeichnet. Der Isospin ist ein Vektor mit drei Komponenten im abstrakten Isospinraum. Die dritte Komponente des Isospins IT, (/Z) liefert eine Aussage iiber die Ladung. Fiir ein Proton ist 1^, = -\- 1/2, fiir ein Neutron I^ = - 1/2. Bei der starken Wechselwirkung bleibt der Isospin erhalten (A/ = 0), wahrend bei der elektromagnetischen Wechselwirkung nur die dritte Komponente erhalten bleibt (A/ = 0,1; A/3 = 0). Spin J, Paritdt P Der Spin eines Teilchens ergibt sich durch Kombination der Quarkspins und des Bahndrehimpulses. Die Teilchen lassen sich durch das Produkt aus einer Wellenfunktion i//(x, y, z) und einer Spinfunktion (p{s) beschreiben. Die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen an einem bestimmten Ort mit einem bestimmten Spin anzutreffen, ist durch das Quadrat der Wellenfunktion |(//(x, 7, z)p gegeben. Dieses Betragsquadrat ist prinzipiell unabhangig von einer Spiegelung der Koordinaten an einer Ebene (Ubergang eines rechtsdrehenden in ein linksdrehendes Koordinatensystem). Diese Spiegelung an einer Ebene ist identisch mit einer Inversion (Spiegelung — z, s), am Koordinatenursprung x,y,z,s^—x,—y, verbunden mit einer Drehung. Die Invarianz der Wellenfunktion gegenUber der Drehung ist durch die Drehimpulserhaltung gegeben. Bei der Inversion darf die Wellenfunktion somit nur ihr Vorzeichen andern:

\lj{-x,-y,-z)=

y/{x,y,z) P = 1 (gerade Pari tat),

¥(- •^, -y,-z)

= -y/{x, y, z) P = — \ (ungerade Paritat).

608

8. Atom- und Kernphysik

Die Paritat kann sich bei der schwachen Wechselwirkung andern. Anschaulich bedeutet dies, daB eine Reaktion in ihrer raumlich gespiegelten Form nicht genau in derselben Weise (mit derselben Haufigkeit) ablauft. Es tritt bei der schwachen Wechselwirkung eine grundlegende Rechts-linksUnsymmetrie auf.

Die elektromagnetische Wechselwirkung wirkt zwischen geladenen Teilchen und wird in der nichtrelativistischen Quantenmechanik durch die Schrddinger-Gleichung mit dem elektrischen Potential cp und dem Vektorpotential A beschrieben. Durch Einfiihrung des Spins und des magnetichen Moments ist damit eine BeNiederschreibung aller elektromagnetischen energie-Phdnomene, wie z. B. Atombau, Spektren, molekulare Bindung, Makromolekule und Festkorper, moglich. Gravitation, Kern- und Elementarteilchenphysik konnen damit nicht beschrieben werden. Die relativistische Beschreibung von Teilchen erfolgt durch die Wellengleichung von P. A. M. DiRAC (1902). Diese stellt die Verknlipfung von Relativitatstheorie und und Quantenmechanik dar (Bild 1-3). Die

8.9.3. Fundamentale Wechselwirkungen Man unterscheidet vier fundamentale Wechselwirkungen, die Gravitation, die elektromagnetische, die starke und die schwache Wechselwirkung. Aufgrund neuer Erkenntnisse konnen die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung zur elektwschwachen Wechselwirkung zusammengefaBt werden. In Bild 8-85 sind die Wechselwirkungen mit ihren wichtigen Merkmalen zusammengestellt. Gravitation

elektromagnetische Wechselwirkung

Starke Wechselwirkung

oo

oo

10 m bis 10 m

«10 m

Krafte zwischen Himmelskorpern

Krafte zwischen Ladungen, z.B. Atom

Zusammenhalt der Atomkerne

Betazerfali der Atomkerne

.--15

Reichweite Beispiel Starke (relative)

10"

1 betroffene Teilchen FeynmanDiaaramm

\ :

i

3

.--16

1

10" geladene Teilchen

alle

. .

schwache Wechselwirkung

10" Hadronen und Leptonen

Hadronen

>

/

\

p

p

e'

e"

^P

r>

4

X

Austauschtellchen Masse

Graviton

Photon

Hadronen Gluon

intermedldre Vektorbosonen

0

0

0,14°2V c

mw = 82GeV/c2 mz=93GeV/c2

71^ %', n°

W", W", Z°

Erhaltung Ladung

Q

+

+

Baryonenzahl

B

+

Leptonenzahl

L

+

Spin

J

+

Seltsamkeit

S

sospin

/

k

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

-

+

+

-

+

-

-

+

+

-

Bild 8-85. Fundamentale Wechselwirkungen.

1

8.9. Elementarteilchen

609

Tabelle 8-14. Gegeniiberstellung der nicht relativistischen und der relativistischen Wellengleichung. Schrodinger-Gleichung EnergieImpulsGleichung

Klein-Gordon-Gleichung

pi E=

(nichtrelativistisch) '^^

E^ = p^ CQ-{- ml c^ (relativistisch)

h hid 8 S \ . ,8 p = — V = — h ^ , ^ ^ , - ^ — ; £ = in —

Operatoren Wellengleichungdes freienTeilchens

dW h^ 1 d^ 6^ i^^- + ^;-\-r-j-^^j-^ ^^ 2m\dx^ dy^

Losung

y/= y/QQ

eM ^"^=0 dz^l

"

(stationar)

d^'P

J d^

1 r

82

.

1 h TQ ^ — = k mc

82 \

mlct

mc n Reichweite der Wellenfunktion

MeV m i t r o ^ 10-^^m => m ^ 200—r—

Losung dieser Gleichung enthalt den Eigendrehimpuls und das magnetische Moment der Teilchen, weshalb diese GroBen nicht extra eingefiihrt werden miissen. AuBerdem enthalt die Dirac-Gleichung als Losung die Antiteilchen. Die Starke Wechselwirkung beschreibt den Zusammenhalt der Atomkeme durch die kurzreichweitige Kemkraft (Reichweite etwa 10"^^ m). Mit Hilfe der relativistischen Energiebeziehung ergibt sich analog zur SchrodingerGleichung die Klein-Gordon-Gleichung, wiedergegeben in Tabelle 8-14. Aus der Reichweite ro = 1//: der Wellenfunktion y/ errechnet sich die Masse m zu etwa einem fiinftel der Protonenmasse. Diese Losung kann als Teilchen interpretiert werden (Austauschteilchen), das standig zwischen den Nukleonen ausgetauscht wird und so die Kernkraft verursacht. Dieses Austauschteilchen ist das Pion (TT"^, 71" 7r°):

p

-^ n-\- n'^

n

^

p + 7r"

n ^ p + 7r°

n + 7r°

P+ 7l~ n + TT^

p n p.

Dementsprechend kann die elektromagnetische Wechselwirkung ebenfalls durch den Austausch von Teilchen (Photonen) verstanden werden. Da die Reichweite der elektromagnetischen Wechselwirkung unendlich ist, muB das Photon die Masse null haben. — Die anschauliche Beschreibung der Umwandlungsprozesse von Teilchen erfolgt in einem ZeitOrt-Koordinatensystem {Feynman-Diagramm, R. P. FEYNMAN, 1918). Bild8-86 zeigt den Neutronenzerfall in einem Feynman-Diagramm. In Bild 8-85 sind die Feynman-Diagramme fiir die fundamentalen Wechselwirkungen eingezeichnet. Leptonen zeigen keine starke Wechselwirkung. Dies wird deutlich bei der Elektron-ElektronStreuung, bei der Abstande von ungefahr 10"^^ m auftreten, und bei den 1-s-Elektronen in schweren Atomen, deren Wellenfunktion zum erheblichen Anteil im Kerninnern liegen. Beim /?-Zerfall werden Elektronen aus einem Kern emittiert: n -> p + e~ + Vg. Dies ist eine Wechselwirkung zwischen vier Teilchen mit dem Spin 1/2, die als schwache

610

8. Atom-und Kernphysik

Zeit

Ort

Zeit A

^^

u d d

Ort

Bild 8-86. Neutronenzerfall im Feynman-Diagramm.

Wechselwirkung bezeichnet wird. Die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung sind die Weakonen W^, W~ und Z° (Bild 8-86).

8.10. Strahlenschutz In vielen wissenschaftlichen und technischen Bereichen (z.B. Rontgendiagnostik, Strahlentherapie, Kerntechnik. Wiederaufarbeitung von Brennelementen aus Kernreaktoren, Teilchenbeschleuniger, Radiochemie, Plasmaforschung) wird mil Substanzen oder Apparaturen gearbeitet, die direkt oder indirekt ionisierende Strahlung emittieren. Die Grundlage des Strahlenschutzes — Bild 8-87 zeigt die Zusammenhange — ist die Wechselwirkung der verschiedenen Strahlenarten (z.B. a, p, d, n, y, y^) unterschiedlichster Energie und FluB-

dichte mit der Materie. Durch diese Wechselwirkungsprozesse sind die MefigroBen und MeBprinzipien vorgegeben. Die Wechselwirkungsprozesse der Strahlung mit dem lebenden Organismus und der daraus resultierenden biologischen Wirkung ermoglicht die Beurteilung beziiglich der Qualitat der Strahlung. Ferner fiihrt die Wechselwirkung der Strahlung mit der Materie liber die Sekundarstrahlung zur Beeinflussung des primaren Strahlungsfeldes und somit der Strahlenbelastung (Bild 8-87). Die - in der Regel schadliche - biologische Wirkung der Strahlung erfordert StrahlenschutzmaBnahmen zur Minderung der Strahlenbelastung auf ein nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaften fur vertretbar angesehenes MaB. Die gesetzlichen Regelungen enthalt die Strahlenschutzverordnung. In dieser ist in § 28 die Aufgabe des Strahlenschutzes formuliert: 1. jede unnotige Strahlenexposition oder Kontamination von Personen, Sachgiitern oder der Umwelt ist zu vermeiden. 2. Jede Strahlenexposition oder Kontamination von Personen, Sachgiitern oder der Umwelt ist unter Beachtung des Standes von Wissenschaft und Technik und unter Beriicksichtigung aller Umstande des Einzelfalles auch unterhalb der festgesetzten Grenzwerte so gering wie moglich zu halten. Unter Kontamination versteht man eine unerwiinschte Verunreinigung durch radioaktive Stoffe, beispielsweise von Arbeitsflachen, Geraten, Raumen, Wasser, Luft. Es muB nicht nur die duBere Strahlenbelastung des Menschen begrenzt werden, sondern auch die innere Strahlenbelastung, die durch Aufnahme radioaktiver Substanzen iiber Kontamination der Umwelt (Luft, Wasser) direkt oder indirekt (liber die Nahrungskette) in den K5rper gelangen {Inkorporation).

8.10.1. Wechselwirkung der Strahlung mit Materie Die wichtigsten Wechselwirkungsprozesse der verschiedenen Strahlenarten mit der Materie sind in Bild 8-88 zusammengestellt. Durch die Wechselwirkungsprozesse mit dem Absorbermaterial wird die FluBdichte der Strahlung

8.10. Strahlenschutz Me3gr63e Dosis D

\

Wec^selwlfkur^ <SBr Slrahking mit Maters

MeBgerate, Dosimeter

^^--^^^^

f

biologische Bewertung, Bewertungsfaktor q

611

gesetzliche Regelung, Strahlenschutzverordnung

f

Strahlungsfeld, Strahlenbelastung

'' StrahlenschutzmaRnahmen, Minderung der Strahlenbelastung

'

innere Strahlenbelastung

f

Umwelt

Mensch auRere Strahlenbelastung

B ild 8-8 7. Strah lensch utz.

und deren Energie durch Energieabgabe an das Absorbermaterial oder durch Streuprozesse gemindert. Die Abhangigkeit der FluBdichte von der Schichtdicke oder Flachenmasse des Absorbermaterials wird Absorptionskurve genannt. Diese ist in Bild 8-88 mit eingezeichnet und wird durch die Wahrscheinlichkeit (Wirkungsquerschnitt) der einzelnen Wechselwirkungsprozesse bestimmt. In vielen Fallen ist es zweckmaBig, den verwendeten Absorber nicht durch seine Schichtdicke x, sondern durch das Produkt aus Schichtdicke und Dichte des Absorbermaterials, d. h. durch die Fldchendichte d, zu charakterisieren. Direktionisierende Strahlen Zu dieser Gruppe gehoren alle geladenen Teilchen, beispielsweise a-Teilchen, Elektronen bzw. Positronen aus radioaktiven Zerfallen {P~, P^), Elektronen aus Beschleunigern (e), Protonen (p) oder Deuteronen (d). Der HauptabsorptionsprozeB ist die Anregung und lonisation der Absorberatome bzw. Molekule. Dabei tritt das geladene Teilchen uber sein elektromagnetisches Feld mit den Elektronen der Hulle in Wechselwirkung; hierbei bestimmen Energie, Ladung und Masse des Teilchens den differentiellen Energieverlust — dE/dx = S (Bremsvermogen) und das differentielle lonisationsvermogen (lonenpaare je Flugstrecke dN/dx, auch spezifische lonisation genannt) in einem Absorbermaterial.

Vergleicht man Protonen und Elektronen gleicher Energie, so ist die Geschwindigkeit des Protons infolge seiner 1836mal groBeren Masse etwa 43mal geringer als die des Elektrons. Dies fiihrt zu einer groBeren Wechselwirkungszeit des Protons mit dem Absorberatom und daher zu einem groBeren differentiellen lonisationsvermogen (Bild 8-88). Der differentielle Energieverlust kann flir schwere geladene Teilchen (z. B. a, p, d) mit einer Energie E <^ m^c^ (nichtrelativistische Teilchen) naherungsweise durch die BetheBloch-Gleichung (H. A. BETHE, 1906 und F. BLOCK,

1905 bis 1983) beschrieben werden:

S= -

dE dx

Z z^ Q^ n / 2 nioQ v\ •In 4 71 elnioQ v\

Zz^e^'N^mj 8 7l£§moe^kinMA

-In

4 /iloe ^kin I Mi

(8-97) S Bremsvermogen in MeV/cm, Z Ordnungszahl des Absorbermaterials, z Ladung des Teilchens i, Mi Masse des Teilchens i, Vi Geschwindigkeit des Teilchens i, ^kin kinetische Energie des Teilchens i, n Teilchendichte des Absorbermaterials incm"^.

612

8. Atom- und Kemphysik Energiebilanz

Wechselwirkungsprozesse

Strahlenart a.

EQ : Bindungsenergie des Elektrons

lonisation, Anregung Atom

1^

Absorptionskurve

e f

f

a - Teilchen

1

A

o

1 "= •

\ v ^ ^ ^

Ea = Eo - EQ - EB

^ E „

(__^

0,5

1 ^

0-

Schichtdicke X

^m^ex

Sekundarstrahlung

Es = EM - EN

^Ix T3I-D C .g CO CO

"c

•g o

Schichtdicke x Protonen P o> c x: 2

mittlere Reichweite extrapolierte Reichweite lonisation, Anregung

Atom

/^—XXZ-^-

M Protonen

*•>

^ \ ^ ^ ^ /

Q>

^Ep

Ep = EQ - EQ -EQ

•o

C Qi .2 "Jo 'E .2

^

Sekundarstrahlung ^

o

A

1 1 0.5

Es

9?

1

2

oJ

1 ^ ^

^

Schichtdicke x Elektronen e

Anregung

Atom

-^VV

Ep Vi c

=

EO-(EK-EM)

1/(cm2s)

Sekundarstrahlung

10^-

lonisation

\

L Atom

/ ^ ^ ^ ^ ^ \ ^

^

p- Strahler

^®

5 UL

Ep = EQ - EB - EQ £s

> y ^ Bremsstrahlung ca 10'

Sekundarstrahlung

3

100

200

3 0 0 mg/cm^

Rachenmasse cfAi

Bremsstrahlung = Atomkem

/

%

/lassenabsorptionskoeffizient Mtn = U^P in cm^mg

^0

^'^'^^

EB^,

Ep =

E Q - EBrems

d : FlSchenmasse in mg/cm^ d =xp

Vernichtungsstrahlung ^

.7 .

p : Dichte Ey

=meC^

Bild 8-88. Wechselwirkungsprozesse von Strahlung mit Materie.

1

8.10. Strahlenschutz Strahlenart

Energiebilanz

Wechselwirkungsprozesse

613

Absorptionskurve

Photoeffekt EQ = Ey - EQ

Atom

Es-

EK-EL

Sekund^rstrahlung 0

0.5

1.0

1,5

2,0 cm 2,5

Schichtdicke x

Comptoneffekt EQ-

Cy- Cy

E E' = "^— Y 1 +E Q y 1 - COS ( q =-

Paarbildungseffekt

EQ=Ey-

Zm^c^

-1

rMeV Photonen-Energie E

Rayleigh-Streuung Atom

O =
^ROntgen Neutronen

elastische Streuung (n, n) c

:R JA^ RUCF ^R RuckstoBkem

O

En=Eo-E^

Potentialstreuung

E R = EnCOS'cp fur Protonen

inelastische Streuung (n, n)

1/(cm2s)| c 2Neutronenquelle schnelle Neutronen

e g 10' ^ ^ is ®

5-

CD = 3 O

210^ 4

8

12

16 cm 20

Schichtdicke Xparatfln

Neutronenquelle schnelle Neutronen Absorption {n.H E O

_ ^ . ^ Kern 0

4

8

12

16 cm20

Schichtdicke Xparaffin

weitere Reaktionen (n.p); (n,a) (n, 2n);(n, np)

614

8. Atom-und Kernphysik Energie- und Materialabhangigkeit der Wechselwirkungsprozesse

Strahlenart a

10^Luft

10^-

^yy

/A/

//A

10^-

Q:

•lO^'cm'^ Luft

6

_2

1

10.

^

5-

/

j ^ y

2-

^^^^

•j Q~^

10'^

.

10'^

1 2

5 10 MeV 10^

x

/

^

0

2

Teilchenenergie E

Protonen P

y P/W/

100i

y

/

/

S

2- • / ^ l'J^T^. ^

/

/

/

8MeV10

/ y

y

/

/

\ ^

^

X 2

5

10

Teilchenenergie E

UsN

1-—-

VJ

20

1

^' \

p/c^\«^^^^

""^^

\\ ^ w

1^

11 \..^^

IW^

g

.10^ cm"'

^^^^^ ^^*'"^*--..^

si ^°' in.

^

1

1

200..r.

^"]>^ a/C s^^

E 100% 50-

.1

0,5

f 500

/

1

I

1

> 2000i 1000-

y

yy^omy Ay^ yaJC

1 5- r

SI

6

a - Energie Ea

I

"-

/

/^'y

50-

20ct 0) 10-

c

4

-

"E

f 200-

O)

^

0.5

I

•

1

2

p/W^-v,„^\^ ^^s^ ^s_ I

1

5

10

2-,

T^

20

WT

1

1

1

1

0

2

4

6

8MeV10

Teilchenenergie E MeV

1 "

1

p - Energie Ep

CO 0) T3 C

a>

0)

!s2 _o •M

Elektronen e

^

r,p"

E

^

p-Strahler 0,05 MeV < E^ax < 5 MeV

cm

10^g/cm^ . 10^

^ y ^

y ^ y ^

1

[

X

10005

\

\

Luft

1 10^^max = 1 . 9 2 7 ^ +0.22 f ^ -

^ 10"^-

A

l

^

^^.^^uft 10"^ 10"' 10"' 1

10

10'

10^

lO^keVIO^

Elektronenenergie Ee

Emax: P - MaximalEnergie in MeV

10^ J »^^ (S/p)|onisation

Energieverlust durch Bremsstrahlung

•§c^

10 5-

S

2-

1 p= 0.33-1 d^ZE^ax p: Anteil der p - Energie, der in Bremsstrahlung umgewandelt wird

(s/pkir^g^^^

E

10"^-

E 0)

1

„——

( S /p)strahlung

^'

^"^"^

io-3:[ . 10"'

^max in MeV

y^

Phyy

(S/p)strahlung^^^^^

10'-

CO

^

^^\/^'^'

^^^y^

10'^

1 ^

10"^ ^10"'

^10"'

^1

^10M|V^0^ 1

Elektronenenergie Eg

MeV cmS'g - ( l | ) 3 , = KZ2(E-./T73c2)

^

2"

•

flniax^ maximale Reichweite in g/cm^

^^^

"^ 1005

^

^ 10 MeV 10'

Elektronenenergie Eg

8.10. Strahlenschutz Strahlenart

615

Energie- und Materialabhangigkeit der Wechselwirkungsprozesse

M-Photo

M-C = M-C Absorption ^C Streuung

10'"

10

1 MeV 10

Photonenenergie E ^tPaar-p^lnEy

1 cm"

Eisen Paarbildungseffekt

fJ-Rayleigh

im Bereich <10keV wichtig Neutronen n

10

10

1 MeV 10

0,01 0,02 0,05 0,1 0,2 0,5

Photonenenergie E

Photonenenergie E

barnf «J(n, n)

_

64

10^

1 10^ lO'^eVIO^ Neutronenenergie En

1

/ ( n . 2n)

10^barn

(n.p)

/

/(n.a) ^

10^0

Al

r*^ 5 10 15 20MeV25 Neutronenenergie Ep * 1

—1

1—

10'

10

' ""1

10 eV lO'^

Neutronenenergie E

Bild 8-88. (Fortsetzung)

N^ Avogadro-Konstante in mol"-1 MA Molmasse des Absorbers in g •mol / mittlere lonisierungsenergie.

ser GroBe kann durch Gewichtung mit dem Masseanteil der entsprechenden Komponente das Massenbremsvermogen von Mischungen und Verbindungen ermittelt werden. Aus Gl. Die mittlere lonisierungsenergie ist in Tabelle (8-97) wird ersichtlich, daB mit zunehmender 8-15 fiir einige Elemente zusammengestellt. Energie des Teilchens das Bremsvermogen Dividiert man das Bremsvermogen S durch abnimmt (Bild 8-88) und bei gleicher Ladung die Dichte g des Absorbermaterials, so erhalt und Energie des Teilchens (z.B. p und d) das man das Massenbremsvermogen. Mit Hilfe die- schwerere Teilchen starker im Material ge-

616

8. Atom-und Kernphysik

Tabelle8-15 Mittlere lonisierungsenergie. Ordnungszahl Z

Element bzw. Stoff mittlere lonisierungsenergie /ineV

1 6 13 79 82

Wasserstoff Graphit Aluminium Gold Blei Luft Wasser

18,7 78 163 797 826 86,8 65,1

Betrachtet man das differentielie lonisationsvermogen dN/dx, so ist dies fiir Protonen, verglichen mit a-Teilchen, um den Faktor 10 geringer (Bild 8-88). a-Teilchen zeigen im differentiellen lonisationsvermogen in Luft ein Maximum bei ungefahr 1 MeV, das zu einem Maximum der lonendichte am Ende der Teilchenbahn fiihrt. Der Energieverbrauch zur Erzeugung eines lonenpaars ist fiir a- und ^Teilchen in Tabelle 8-16 mit der lonisierungsenerge zusammengestellt. Die fur a-Teilchen angegebenen Daten gelten auch in guter Naherung fiir Protonen und Deuteronen, da der Energieverlust unabhangig von der Teilchenart ist. Aus diesen Daten ist ersichtlich, daB der Energieverbrauch etwa doppelt so groB ist wie die lonisierungsenergie. Die Halfte der Energie wird somit zur Anregung von Atomen oder Molekulen verbraucht.

bremst wird. Die Reichweite (Eindringtiefe) von a-Teilchen mit einer Energie von 10 MeV in Kohlenstoff betragt nur 0,07 mm. Bei Teilchenenergien im Bereich der Ruheenergie — dies entspricht bei Protonen ungefahr 10^ MeV — zeigt das Bremsvermogen infolge relativistischer Effekte ein Minimum. Die Reich- Tabelle 8-16. Mittlerer Energieverbrauch E weite R(Eo) der Teilchen mit der Anfangs- zur Bildung eines lonenpaars. energie EQ gibt die notwendige Schichtdicke Oder Flachenmasse an, die das Teilchen bei Gas ^ineV El in eV senkrechtem Auftreffen nicht mehr zu durchdringen vermag. Eleka-Teillonisierungstronen, chen Bei schweren geladenen Teilchen fmdet kaum energie ^-TeilStreuung statt, so daB die Bahnkurve nahezu chen eine Gerade ist. Die Reichweite ergibt sich aus dem Bremsvermogen zu Helium 41,4 44,4 24,6

RiEo)--

1

\

E^ dE/dx Eo

1

Argon Wasserstoff Stickstoff Luft

dE

= 01 dE/dx dE.

26,1 36,3 34,7 34,0

26,4 36,7 36,5 35,1

15,8 15,4 15,6 —

(8-98)

Fiir Elektronen, die sehr stark gestreut werden, liefert diese Beziehung die Bahnldnge, d.h. den Weg unter Beriicksichtigung der Umwege infolge Streuung im Absorber, die groBer als die Reichweite ist. Die Reichweite, die sich aus der Absorptionskurve ergibt, Bild 8-88, schwankt statistisch fur die einzelnen Teilchen infolge der diskontinuierlichen Energieabgabe an das Absorbermaterial. Man gibt deshalb in der Praxis die mittlere Reichweite (gegeben durch die Schichtdicke, die zu einer FluBdichte-Halbierung fiihrt) oder die extrapolierte Reichweite (Schnittpunkt der Wendetangente mit der Schichtdickenachse) an.

Fur Elektronen muB das Bremsvermogen relativistisch berechnet werden, da die Ruheenergie des Elektrons E = nioQ c^ = 0,511 MeV betragt. Das Bremsvermogen fiir Elektronen ergibt sich damit zu

s=

dE dx

Ze^n 8 71 fio ^ o e ^^

(8-99)

mit f(fi) als Funktion, die fi = vie enthalt. Das Bremsvermogen fiir Luft in Abhangigkeit von der Elektronenenergie (Bild 8-88) zeigt den Anstieg von S iiber 1 MeV, der durch den

8.10. Strahlenschutz logarithmischen Term in Gl. (8-99) verursacht wird. Das differentielle lonisationsvermogen von Elektronen ist um den Faktor 1000 kleiner als bei a-Teilchen. Gl. (8-99) beriicksichtigt lediglich den Energieverlust durch lonisation und Anregung, nicht dagegen den Energieverlust durch Bremsstrahlung. Der Energieverlust durch Bremsstrahlung wird erst oberhalb der Ruheenergie des Teilchens merklich, z.B. fur Protonen oberhalb einer Ruheenergie von etwa 10^ MeV; hierbei laufen dann zum groBen Teil Kernreaktionen ab. Bei Elektronen steigt das Massenbremsvermogen infolge der Bremsstrahlung (5'/^)strahiung oberhalb 1 MeV stark an (Bild 8-88). Die Elektronenbahn im Absorbermaterial ist im Gegensatz zu den schweren geladenen Teilchen nicht geradlinig, weil infolge der wesentlich geringeren Masse des Elektrons Streuungen auftreten. Die Integration iiber das reziproke Bremsvermogen {dE/dx)~^ (Summe der Energieverluste durch lonisation und Bremsstrahlung) analog den schweren geladenen Teilchen ergibt die mittlere Bahnldnge, Infolge der Vielfachstreuung haben die Elektronen keine einheitliche Reichweite nach Gl. (8-98), sondern nur eine maximale Reichweite. Hierunter versteht man die zur vollstandigen Absorption der Elektronenstrahlung erforderliche Absorberdicke oder Flachenmasse. Das exponentielle Absorptionsverhalten von y^-Teilchen fiir radioaktive Strahlung (Bild 8-88) ist rein zufallig und durch die MeBgeometrie (Anordnung von Strahlenquelle-Absorber-Detektor) beeinfluBbar. Da bei der Absorption — besonders bei hohen Elektronenenergien und groBer Ordnungszahl des Absorbermaterials - Bremsstrahlung auftritt, fiihrt dies in der Absorptionskurve zu einer Konstanten, von der Flachenmasse unabhangigen FluBdichte {Bremsstrahluntergrund). Aus der maximalen Reichweite kann auf die Energie bzw. die Maximalenergie der y^-Teilchen geschlossen werden. Das Auftreten von Vielfachstreuung im Absorber wird besonders durch die RUckstreuung deutlich. Bei der Riickstreuung verlassen die Elektronen entgegen der Auftreffrichtung den Absorber. y^'^-Teilchen verhalten sich analog y^"-Teilchen. Nachdem das y^"^-Teilchen durch Wechselwirkungsprozesse seine kinetische Energie an das Absorbermaterial abgegeben

617

hat, zerstrahlt {annihiliert) es mit einem Elektron zu zwei y-Quanten der Energie 0,511 MeV •• nine

C\

Indirekt ionisierende Strahlen Die Schwachung von Rontgen- und y-Strahlung (Bild 8-88) kann beschrieben werden durch 0 (x) = 00 e"^"^ = ^0 e-^^''^^^.

(8-100)

0 {x) PhotonenfluBdichte nach dem Absorber, 00 PhotonenfluBdichte vor dem Absorber, X Schichtdicke des Absorber, IJL linearer Schwachungskoeffizient, d Flachenmasse d= x g, ju/g Massenschwachungskoeffizient. Der lineare Schwachungskoeffizient bzw. Masseuse hwdchungskoeffizient ist eine Funktion der Photonenenergie und der Ordnungszahl des Absorbers. Der Unterschied zu den direkt ionisierenden Teilchen besteht darin, daB das Rontgen- bzw. y-Quant lange Wege zwischen zwei Wechselwirkungsprozessen zuriicklegt und die das Absorbermaterial durchdringenden Quanten die Ausgangsenergie haben (abgesehen von inelastisch gestreuten Quanten). Eine vollstandige Absorption der Strahlung ist im Gegensatz zu den geladenen Teilchen nicht moglich. Der Massenschwachungskoeffizient fiir Gemische oder Verbindungen kann aus den Massenanteilen p der Komponenten ermittelt werden: (/^/9)Mischung= Z A ( / ^ / e ) i ; Z A = 1 . ' ' (8-101)

Die Wechselwirkungsprozesse der y-Strahlung mit Materie sind der Photoeffekt, ComptonEffekt und Paarbildungseffekt. Wahrend beim Photoeffekt Elektronen aus inneren Schalen entfernt werden und den GroBteil der y-Energie als kinetische Energie erhalten, tritt beim Compton-Effekt die Wechselwirkung mit auBeren Elektronen (geringe Bindungsenergie, quasi-freie Elektronen) ein (Abschn. 6.5.1.2). Beim Paarbildungseffekt muB aus Energieund Impulserhaltungsgriinden ein Teilchen (z.B. Atomkern) zur Erzeugung eines Positron-El ektron-Paars vorhanden sein.

618

8. Atom- und Kemphysik

Der Gesamtschwachungs- bzw. Gesamtmassenschwachungskoeffizient setzt sich aus den Koeffizienten der einzelnen Wechselwirkungsprozesse zusammen. Die Schwachungskoeffizienten konnen als Wahrscheinlichkeiten interpretiert werden, mit der der Wechselwirkungsprozefi stattfindet. Somit ist der lineare Schwachungskoeffizient //j proportional einem Wirkungsquerschnitt a-^ fiir den ProzeB i. Vom Gesamtschwdchungskoeffizienten ist der stets kleinere Energieabsorptionskoeffizient JUQ zu unterscheiden. Der Energieabsorptionskoeffizient //g ist stets kleiner als der Gesamtschwachungskoeffizient, da der Streuanteil des Compton-Effektes (jUc,streu) unberiicksichtigt bleibt: /^ — /^Photo + /^c,Abs + /^cStreu + /^Paar -> Me = /^Photo + Z^cAbs + /^Paar •

(8-102)

Aus Bild 8-88 ist zu erkennen, daB im niederenergetischen Bereich der Photoeffekt, im hochenergetischen Bereich der Paarbildungseffekt und im Zwischenbereich der ComptonEffekt iiberwiegt. Wie bei den Wechselwirkungsprozessen geladener Teilchen werden durch die y-Quanten Elektronen aus inneren Schalen der Absorberatome entfernt. Beim Auffiillen der Elektronenliicke durch Elektronen aus hoheren Schalen entsteht Sekunddrstrahlung (RontgenFluoreszenzstmhlung) geringen Durchdringungsvermogens. Im Gegensatz zu den y-Quanten konnen Neutronen nur mit dem Atomkern wechselwirken. Die Wahrscheinlichkeit fiir das Eintreten einer bestimmten Reaktion wird durch den Wirkungsquerschnitt (j(n,x) beschrieben, der eine groBe Abhangigkeit von der Neutronenenergie und dem Absorbermaterial aufweist. Die wichtigsten Wechselwirkungsprozesse sind in Bild 8-88 zusammengestellt. Schnelle Neutronen verlieren durch inelastische (n, n') und elastische Streuprozesse (n, n) ihre Energie; hierbei ist der Energieverlust durch inelastische Streuung infolge Kernanregung groBer und allgemein bei leichten Kernen am groBten. Deshalb werden zum Abbremsen von Neutronen leichte Stoffe, wie z.B. Wasser bzw. schweres Wasser (D2O), Paraffin oder Graphit eingesetzt. Bereits wah-

rend des Bremsvorgangs konnen die Neutronen von Kernen eingefangen werden ((n, 7)Reaktion). Mit kleiner werdender Neutronenenergie nimmt die Wahrscheinlichkeit (7(ny) des Neutroneneinfangs zu. Beim Neutroneneinfang werden ein oder mehrere y-Quanten frei, deren Gesamtenergie der Bindungsenergie des Neutrons (etwa 8 MeV) entspricht. Beim Strahlenschutz ist zu beachten, daB die durch Neutroneneinfang oder andere Kernreaktionen entstandenen Nuklide haufig radioaktiv sind. 8.10.2. DosisgroBen Bild 8-89 zeigt die DosisgroBen, deren Einteilung und Zusammenhange. Die fundamentale physikalische DosisgroBe ist die Energiedosis D, wahrend die lonendosis J aus meBtechnischem Grund und die Aquivalentdosis H wegen des Strahlenschutzes eingefiihrt wurde. Die Energiedosis D gibt die in einem Masseelement dm = qdV absorbierte Energie d^" an. Diese Gr5Be ist unabhangig von der Art der Wechselwirkung der Strahlung und dem Absorbermaterial. Zur Kennzeichnung eines Strahlenfeldes oder einer Strahlenwirkung durch die Energiedosis ist die Angabe des bestrahlten Materials notwendig, da die Wahrscheinlichkeit der Wechselwirkungsprozesse vom Material abhangig sind. Eine far den Menschen todliche Energiedosis von 10 Gy = 10 J/kg (1000 rd) fuhrt in Wasser lediglich zu einer Temperaturerhohung von 2 • 10"^ K. Aus diesem Grund ist die direkte Messung der Energiedosis mit einem Kalorimeter nur bei verhaltnismaBig hohen Dosen moglich und sehr aufwendig. MeBtechnisch lassen sich verhaltnismaBig einfach und genau Ladungen erfassen. Deshalb betrachtet man nicht die Summe aller Wechselwirkungsprozesse, die zu einer Energieabgabe an das Masseelement dm fiihren, sondern nur die lonisation und definiert die lonendosis J als erzeugte Ladung eines Vorzeichens dQ je dm. Bei gleichem Strahlungsfeld ergeben sich fiir unterschiedliche Gase unterschiedliche lonendosen, da die zur Erzeugung eines lonenpaares erforderliche Energie vom Material abhangig ist. AuBer der SI-Einheit C/kg findet man noch die altere Einheit Rontgen '(R). 1 R ist diejenige lonendosis einer ionisierenden Strahlung, bei der in 0,001293 g Luft

8.10. Strahlenschutz

619

DosisgroBen

\

J

1

6Q

6Q

6m

g6V

zeitunabhangig

zeitabhangig - j -

lonendosis /

lonendosisleistung /

6t

C/kg 1 R (Rontgen) = 2,580 • 10^C/kg

Ckg's'

Ckg-'h-' j

Rs-^

Rh-^

i Me/P Materialeigenschaften

1

^ '-

11 D = ^dm =g6V^

D •-

1J/kg = 1 G y { G r a y )

Energiedosis D

Energiedosislelstung D

0,01J/kg = 1 rd (Rad) Xadation absorbed dose

6D

^ elf Gys"^

Gyh'^

rds"^

rdh"'

ko ^

L L

biologische Wirkung

keV/|im Strahlenverteilung N

q = ON

H = Dq IJ/kg = 1 Sv (Slevert)

AquivalentdosJs H

0,01J/kg = 1 rem (Rem)

Aquivalentdosisleistung H

rontgen equivalent man

H =

dH 6t

Svs'

Sva'^

rems"^

rema'^

Bild 8-89. Verwendete DosisgroBen.

(1 cm^ Luft unter Normalbedingungen) bei Elektronengleichgewicht mit der Umgebung eine lonisation von einer elektrostatischen Ladungseinheit (3,33 • 10~^^ C) jedes Vorzeichens erzeugt wird. Fiir Luft benotigt man zur Erzeugung eines lonenpaars 34 eV. Somit entspricht 1 R einer Energiedosis von 0,877- 10-2j/kg(inLuft). Die lonendosis und lonendosisleistung sind fiir alle ionisierenden Strahlen mit Ausnahme der Neutronen giiltig. Fiir die Umrechnung der lonendosis in Luft in die Energiedosis eines Materials gilt fiir Rontgen- und y-Strahlung j^ ^

(//g/g) Material (/^e/^)Luft

j

(8-103)

Bei Verwendung der Einheiten R und rd fiir die lonendosis / (in Luft) bzw. Energiedosis D ist der Faktor / = 0,877 rd/R, bei den SIEinheiten C/kg bzw. J/kg gilt/= 34,0 J/C. In Bild 8-90 ist die Energieabhangigkeit von ^IQ/Q fiir verschiedene Materialien dargestellt. Fur Weichteilgewebe (entspricht etwa Wasser) e r g i b t Sich m i t (//e/g)Gewebe/(/^e/^)Luft == 1,1),

1 R (in Luft) = 0,877 • 10'^ J/kg (in Luft) ^ 0,877 -1,1 J/kg (in Gewebe) = 0,97 Gy (in Gewebe). In der Strahlenschutzpraxis gilt 1 C/kg (in Luft) ^ 37,6 Gy (in Weichteilgewebe), (1 R (in Luft) ^ 1 rd (in Weichteilgewebe)).

620

8. Atom- und Kemphysik

lung Oder ^^Co y-Strahlung. Fiir eine bestimmte biologische Wirkung gilt /RBW

—

Do (Vergleichsstrahlung) Di (zu bewertende Strahlung) (8-104)

Der Faktor /RBW ist von der betrachteten Strahlenwirkung abhangig. Man fiihrt deshalb zur Beurteilung der biologischen Wirkung den dimensionslosen Bewertungsfaktor q ein. Das Produkt aus Energiedosis und Bewertungsfaktor wird als Aquivalentdosis H bezeichnet: H = Dq.

(8-105)

Im Gegensatz zum Faktor/RBW? der gemessen werden kann, wird q unter Beriicksichtigung der biologischen Erkenntnisse festgesetzt. H 4-101 Wa sser ist somit prinzipiell nicht mefibar. va -lent 3-10denr Kor pergewebe)1 Die biologische Wirkung einer Strahlung ist eng verkniipft mit der linearen Energieiiber210tragung L. Dieser Wert entspricht dem Bremsvermogen S und wird im allgemeinen in keV//im fur Wasser angegeben. Man ordnet 10den L-Werten einen Qualitdtsfaktor Q von 1 bis 20 entsprechend Bild 8-91 zu. Fiir die Beurteilung von y-Strahlung und n-Strahlung 510werden die L-Werte der Sekundarteilchen 410(RiickstoBkeme, Compton-Elektronen, Photo3-10Lu ft elektronen) zugrunde gelegt. Die lineare Energieubertragung L ist abhangig von der Ener210gie der Strahlung und nimmt fiir geladene Teilchen normalerweise mit zunehmender 0.1 2 0,4 0,60,81 4 6 Energie £y MeV Energie ab. Dies fuhrt am Ende der Teilchenbahn zu einem groBeren Energieverlust je Bild8'90. Energieabsorptionskoeffizient in Abhdngigkeit von der Photonenenergie jur verschiedene Stoffe. Wegstrecke als zu Beginn der Teilchenbahn. Damit gelten entlang der Teilchenbahn unterZur Beurteilung der biologischen Wirkung schiedliche Q-Werte. Fur eine bestimmte Ander Strahlung ist die Energiedosis ungeeignet, fangsenergie kann ein durchschnittlicher Lda gleiche Dosen verschiedener Strahlungs- Wert und damit ein effektiver Qualitdtsfaktor arten unterschiedliche Schadigungen in Art Q angegeben werden. und Starke zeigen. In der Strahlenbiologie Die biologische Wirkung ist nicht nur von der wurde deshalb der Faktor der relativen biolo- linearen Energieubertragung, sondem auch gischen Wirksamkeit /RBW eingefiihrt. Dieser von der raumlichen und zeitlichen Verteilung ergibt sich durch den Vergleich der fur eine der Strahlung abhangig. Dies wird durch den bestimmte biologische Wirkung erforderli- Faktor N beriicksichtigt: chen Energiedosis Dj der zu beurteilenden Strahlung mit der Energiedosis DQ einer Ver(8-106) q=QN bzw. q=QN. gleichsstrahlung, z.B. 250 kV Rontgenstrah-

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8.10. Strahlenschutz

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Bild 8-91. Abhdngigkeit des Qualitdtsfaktors von der linearen Energieubertragung.

621

622

8. Atom- und Kemphysik

Bei auBerer Strahlenexposition wird N = 1 gesetzt. Bei innerer Strahlenexposition beispielsweise durch in den Korper eingebrachte radioaktive Stoffe (Inkorporation) ist iV =1= 1, da je nach Art des inkorporierten Radionuklids dieses in bestimmten Organen angereichert wird (z.B. lod in der Schilddriise). Durch Bewertung der Energiedosis mit q sind Strahlenbelastungen unterschiedHcher Art und Energie beziiglich ihrer biologischen Wirkung miteinander vergleichbar und damit addierbar. Die Gesamtstrahlenbelastung eines Menschen wird deshalb als Aquiyalentdosis angegeben.

Knoctien 100H

IVIeV

Photonen-Energie

200

8.10.3. Biologische Wirkung der Strahlung In Bild 8-91 sind die Wechselwirkungen der unterschiedlichen Strahlen in Materie (z.B. Gewebe) mit dem Verlauf des Qualitatsfaktors zusammengestellt. Rontgenstrahlen, yQuanten und y^-Teilchen haben eine geringe lineare Energieiibertragung und damit 2 = 1 . Mit zunehmender Energie der Quanten oder Elektronen verschiebt sich die maximale relative Tiefendosis in das Gewebeinnere, wie Bild 8-92 zeigt. Fiir y^-Teilchen aus einem radioaktiven Zerfall nimmt die Tiefendosis rasch mit der Gewebetiefe ab. Die mittleren Qualitatsfaktoren Q fiir Neutronen sind stark von der Neutronenenergie abhangig. Thermische Neutronen (£"„ = 2,5 • 10"^ MeV) haben ein Q = 2,3, Neutronen mit einer Energie zwischen 10"^ und lO'^^MeV haben g_= 2; bis zu einer Energie von 0,5 MeV steigt Q auf 11 an und nimmt bis zu einer Energie von 3 • 10^ MeV auf Q = 2,5 ab. Neutronen haben wie y-Quanten ein groBes Durchdringungsvermogen. a-Teilchen dagegen dringen kaum in das Gewebe ein, haben einen groBen L-Wert und damit einen groBen Qualitatsfaktor (bis 20). Inkorporierte a-Strahler, die sich in bestimmten Organen anreichern (z. B. in Knochenmark), haben deshalb eine besonders groBe schadigende Wirkung. Durch lonisation und Anregung konnen sich chemisch sehr reaktive Molekulbruchstiicke, sogenannte Radikale (Molektile oder Molekulbruchstiicke mit ungepaartem Elektron), bilden, die die komplizierten chemischen Reaktionen in der Zelle beeinflussen. Besonders schwerwiegend wirken sich Veranderungen

Id R 10

Energiedosis D J/kg lonendosis / C/kg

5 IVIeV-Elektronen

8 •D

100Rontgenstralilung 45 kV

03

i3 P

'°?Ru(Emax = 0,039 MeV) -^^P(Hmax = 1.71 MeV)

0

2

4

6 8 10 12 14mm Gewebetiefe Bild 8-92. Relative Tiefendosis und Dosisverhdltnis.

der Erbanlagen der Zellen aus, insbesondere bei Keimzellen oder wahrend des friihen Wachstums eines Organismus. Die Zellen sind in der Phase der Zellteilung besonders strahlenempfindlich. Deshalb erweisen sich Gewebe mit hohen Zellteilungsraten, wie z. B. Knochenmark und Haut, starker gefahrdet als Zellen, die sich weniger haufig teilen (Nerven, Bindegewebe, Muskel). Man unterscheidet hinsichtlich der Wirkung zwischen Schaden in Korperzellen (somatische Strahlenschdden), die am bestrahlten Organismus in Erscheinung treten, und Schaden in Keimzellen (genetische Schaden), die sich nur in der Nachkommenschaft auswirken. Fiir genetische und somatische Spatschaden (Krebs) durch Strahleneinwirkung gibt es keine untere Dosisgrenze, unterhalb derer eine schadigende Wirkung mit Sicherheit nicht auftritt. Eine Dauerbelastung mit geringer Dosis iiber viele Jahre bewirkt infolge der natiirlichen Regenerationsfahigkeit eine wesent-

8.10. Strahlenschutz

Tabelle 8-17. 7-Strahlung.

623

Somatische Strahlenwirkungen bei kurzzeitiger Ganzkorperbestrahlung mit

Dosis

1. Woche

2. Woche

Schwellendosis 0,25 Sv (25 rem)

keine subjektiven Symptome, Absinken der Anzahl von Lymphozyten im Verlauf von zwei Tagen

Blutbild wird rasch wieder normal.

subletale Dosis 1 Sv (100 rem)

Blutbild wird rasch wieder normal.

keine deutlichen subjektiven Symptome.

mittlere letale Dosis 4Sv (400 rem)

keine deutlichen am ersten Tag ErSymptome brechen und tJbelkeit, Absinken der Anzahl der Lymphozyten auf 1000/mm^ innerhalb von zwei Tagen

letale Dosis 7Sv (700 rem)

nach 1 bis 2 h Erbrechen und tJbelkeit. Nach zwei Tagen keine Lymphozyten mehr.

3. Woche

4. Woche

Unwohlsein, Mattigkeit, Appetitmangel; Haarausfall, wunder Rachen.

Spermienproduktion laBt voriibergehend nach. Krafteverfall, Erholung wahrscheinlich.

Unwohlsein, Mattigkeit, Appetitlosigkeit; Haarausfall, Entziindungen im Rachenraum und Diinndarm

langere bis lebenslange Sterilitat bei Mannern; Krafteverfall, 50% Todesfalle

Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Entziindungen im Mund- und Rachenraum, innere Blutungen, hohes Fieber.

lich geringere Schadigung als die gleiche Dosis in kurzer Zeit. in Tabelle 8-17 sind somatische Strahlenwirkungen fur unterschiedliche Aquivalentdosen bei kurzzeitiger Ganzkorperbestrahlung zusammengestellt. Durch die natiirliche Radioaktivitat und die Hohenstrahlung ist der Mensch standig einer Strahlenbelastung ausgesetzt. Hinzu kommt die Strahlenbelastung in der Medizin (Rontgendiagnostik) und bei technischen Anw^endungen (Kerntechnik). In Bild 8-93 ist die mittlere genetisch signifikante Strahlenbelastung der Bevolkerung der Bundesrepublik Deutschland zusammengestellt. Die individuelle Strahlenbelastung kann deutlich von der mittleren Strahlenbelastung abweichen. Ein dauernder Aufenthalt in 1000 m Hohe iiber dem Meerespiegel erhoht die Strahlenbelastung durch kosmische Strahlung bereits um 0,15 mSv/a.

Bild 8-94 zeigt die Haufigkeitsverteilung der terrestrischen Komponente der naturlichen Strahlenbelastung fiir die Bevolkerung der Bundesrepublik Deutschland. Ein Langstrekkenflugzeug in einer H5he von 10 km bis 20 km kann fiir den Flugreisenden eine Erhohung der Strahlenbelastung durch die kosmische Strahlung bis 0,005 mSv je Flugstunde bedeuten. Auch Kohlekraftwerke emittieren natiirliche radioaktive Stoffe, die in der Kohle enthalten sind, beispielsweise ^^^V, ^^"^U, 232Th, ^26^^ und 2^^Po. Ein 320-MW-Kohlekraftwerk emittiert jahrlich etwa 4-lO^Bq. Die Gesamtjahresabgaben radioaktiver Stoffe in der Abluft und im Abwasser aus kerntechnischen Anlagen der Bundesrepublik Deutschland liegen in der GroBenordnung von 5 • 10^"^ Bq von Edelgasen und 3-lO^Bq von ^^^L Anhand der Emissionswerte berechnet sich die Strahlen-

624

8. Atom- und Kemphysik

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8.10. Strahlenschutz 14-

%

12 108^ 64-

1,3 2,6 lonendosisleistung

Bild8-94.

Terrestrische

3,9 nC 5,2 > 5,2 kgh

Strahleneinwirkung.

exposition in der Umgebung von Kernkraftwerken zu den in Tabelle8-18 angegebenen Werten. Diese liegen deudich unterhalb des in der Strahlenschutzverordnung angegebenen Grenzwertes von 300 |iSv/a. 8.10.4. Dosismessung Zur Dosismessung muB ein durch die Strahlung in Materie verursachter, dosisproportionaler meBbarer Effekt ausgenutzt werden, wie z. B. lonisation, Lichterzeugung in einem Szintillator, Verdnderungen in Festkorpern,

625

chemische Reaktionen oder Wdrmeerzeugung. In Bild 8-95 sind einige MeBverfahren mit der Energieabhangigkeit der Anzeige und dem MeBbereich zusammengestellt. Bei der in der Praxis wichtigen Messung der lonendosis unterscheidet man je nach MeBbedingungen zwischen der Standard-Gleichgewichts-Ionendosis und der Hohlraum-Ionendosis. Die Standard-Gleichgewichts-Ionendosis ist die lonendosis, die von einer Photonenstrahlung an einem Punkt bei Sekundarelektronengleichgewicht frei in Luft erzeugt wird. Man wahlt ein entsprechend groBes Luftvolumen und miBt die in einem allseitig von Luft umgebenen Teilvolumen erzeugte Ladung. Dadurch wird erreicht, daB die Summe der Elektronenenergien, die in das MeBvolumen gelangen, gleich der Energie der austretenden Elektronen ist (Sekundarelektronengleichgewicht). Dies kann nur bis zu einer Energie von 500 keV verwirklicht werden. Wird das MeBvolumen mit einer Wand umgeben, fiir die gilt Kammerwand

(//e/^)Luft

(8-107)

mit S als dem Bremsvermogen der Sekundarelektronen, so spricht man von luftdquivalen-

Tabelle 8-18. Strahlenexposition in der Umgebung von Kernkraftwerken. Kernkraftwerk

Kahl Gundremmingen Lingen Obrigheim Stade Wiirgassen Biblis A und B Neckarwestheim Brunsbiittel Isar Unterweser Philippsburg Grafenrheinfeld

oberer Wert der Strahlenexposition in //Sv/a (m rem/a) des Ganzkorpers Erwachsener iiber samtliche entscheidende Expositionspfade

der Schilddriise eines Kleinkindes aus gesamter Inhalation und Ingestion

1 (0,1) <0,1 (0,01) < 0,1 (0,01) 2 (0,2) 0,1 (0,01) 2 (0,2) 0,3 (0,03) 0,1 (0,01) 0,4 (0,04) 0,1 (0,01) 0,1 (0,01) 0,3 (0,03) <0,1 (0,01)

0,7 (0,07) <0,1 (0,01) 0,1 (0,01) 2 (0,2) 0,2 (0,02) 50 (5) 1 (0,1) 1 (0,1) 6 (0,6) 0,1 (0,01) 0,1 (0,01) 0,5 (0,05) <0,1 (0,01)

Mittelwert der Strahlenexposition in//Sv/a (m rem/a) c es Ganzkorpers Erwachsener fiir die Bevolkerung im Umkreis von

0 bis 3 km 0,03 <0,01 <0,01 0,1 0,02 0,2 0,06 0,02 0,02 0,01 <0,01 0,02 <0,01

(0,003) (0,001) (0,001) (0,01) (0,002) (0,02) (0,006) (0,002) (0,002) (0,001) (0,001) (0,002) (0,001)

0 bis 20 km <0,01 <0,01 <0,01 0,01 <0,01 0,02 <0,01 <0,01 <0,01 <0,01 <0,01 <0,01 <0,01

(0,001) (0,001) (0,001) (0,001) (0,001) (0,002) (0,001) (0,001) (0,001) (0,001) (0,001) (0,001) (0,001)

626

8. Atom- und Kernphysik

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8.10. Strahlenschutz

Okularlinse Ansteckclip Skala

Objektiv lonisationskammer Quarzfadenelektrometer

Kondensator

Federbalg Ladestift Schutzkappe

Bild 8-96. Aufbau eines Fullhalterdosimeters.

tern Wandmaterial. Solche Dosimeter sind bis 3 MeV einsetzbar. In Bild 8-96 ist ein Stabdosimeter schematisch dargestellt. Die in die lonisationskammer eindringende Strahlung erzeugt durch primare lonisationsprozesse Ladungen, die zu einer Entladung des Kondensators fiihren. Die Ladung des Kondensators wird durch das Quarzfadenelektrometer angezeigt und kann durch das Mikroskop (Okularlinse — Objektiv) abgelesen werden. Die Aufladung des Kondensators erfolgt mit einem Ladegerat iiber den Ladestift. Diese Stabdosimeter sind vorzugsweise zur Ermittlung der Personendosis bestimmt und werden hierzu am Korper getragen. AuBerdem konnen sie auch als Ortsdosimeter verwendet werden. Bei hdheren Energien und anderen Strahlenarten wird die lonendosis in einem kleinen gasgefullten Hohlraum mit „gewebeaquivalenten" Wanden gemessen {Hohlraum-Ionendosis). Die Messung der Neutronen-Ortsdosisleistung ist infolge der unterschiedlichen Neutronenenergien (0,025 eV bis MeV) problematisch. Dies zeigen die Absorptionskurven fiir schnelle Neutronen (Bild 8-88), jeweils gemessen mit einem Detektor, der nur schnelle Neutronen bzw. thermische Neutronen nachweist. Die Zunahme des Flusses thermischer Neutronen erfolgt durch die Abbremsung der schnellen Neutronen im Absorbermaterial. Zur Messung der Neutronen-Ortsdosisleistung dient

627

ein Lil-Szintillationsdetektor, dessen Kristall (10 mm 0 x 2 mm) auf einem Plexiglaslichtleiter montiert ist und sich im Mittelpunkt eines kugelformigen Polyethylenmoderators befindet. Durch den kombinierten Effekt von Moderierung, Streuung und Absorption in der Kugel wird erreicht, daB der im Mittelpunkt herrschende FluB thermischer Neutronen weitgehend der Aquivalentdosisleistung an der Oberflache der Kugel, unabhangig vom Neutronenspektrum, entspricht.

8.10.5. StrahlenschutzmaOnahmen Im Strahlenschutz unterscheidet man zwischen beruflich strahlenexponierten und nicht beruflich strahlenexponierten Personen. Jede Person, die beruflich mit Rongtenstrahlung, radioaktiver Strahlung oder anderen ionisierenden Strahlen zu tun hat, wird als beruflich strahlenexponierte Person bezeichnet und unterliegt gesetzlichen Regelungen, die in der Strahlenschutzverordnung festgelegt sind. Die Strahlenschutzverordnung gilt fiir den Umgang mit radioaktiven Stoffen, ihre Beforderung, Einfuhr und Ausfuhr sowie die Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von radioaktiven Mineralien, den Umgang mit Kembrennstoffen und die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlen mit einer Energie oberhalb von 5 keV (§ 1 der Strahlenschutzverordnung). In der Strahlenschutzverordnung sind unter Beriicksichtigung genetischer Schaden Dosisgrenzwerte gemaB Tabelle8-19 festgelegt, die kontrolliert und eingehalten werden mussen. AuBer den in Bild 8-89 dargestellten DosisgroBen sind im Strahlenschutz noch weitere Dosisbegriffe, wie z. B. Personendosis, Korperdosis und Ortsdosis, wichtig. Unter Personendosis versteht man die Dosis, die von einem Dosimeter an einer fiir die Strahlenexposition reprasentativen Stelle der Korperoberflache (Brust -^ Ganzkorper, Finger -» Hande) angezeigt wird, angegeben als Aquivalentdosis H (Weichteilgewebe). Die Korperdosis ist der Mittelwert von H uber bestimmte Korperteile unter Beriicksichtigung der Bestrahlungsbedingungen. Die Ganzkorperdosis umfaBt Kopf, Rumpf, Oberarme und Oberschenkel bei gleichmaBiger Bestrahlung des ganzen Korpers. Die Teilkorperdosis ist der

628

8. Atom- und Kemphysik

Tabelle 8-19. Strahlendosisgrenzwerte. Strahlenschutzbereiche, Dosisgrenzwerte an den Bereichsgrenzen

allgemeines Staatsgebiet, natiirliche Strahlenbelastung

auBerbetrieblicher Uberwachungsbereich

2,2 mSv/a

0,3 mSv/a

5 mSv/a

15mSv/a

Hande, Unterarme, FiiBe, Knochel

3,6 mSv/a

60 mSv/a

180mSv/a

Haut, Knochen, Schilddriise

l,8mSv/a

30 mSv/a

90 mSv/a

andere Organe

0,9 mSv/a

15mSv/a

45 mSv/a

Korperbereich

Ganzkorper, Knochenmark, Gonaden, Uterus

Kontrollbereich 1 Sperrbereich betrieblicher Uberwachungs- (Aufenthalt 40 h/Woche) bereich 3 mSv/h

UberwachungsmaBnahmen gemafi Strahlenschutzverordnung

•

•

•

•

•

•

arztliche Uberwachung

•

•

Messung der Korperdosis bzw. Personendosis

•

•

Messung der Ortsdosis und Ortsdosisleistung

•

Kontaminationsiiberwachung

Grenzwerte der Korperdosen fiir beruflich strahlenexponierte Personen Korperbereich

Ganzkorper, Knochenmark, Gonaden, Uterus

beruflich strahlenexponierte Personen der Kategorie A mSv/a

beruflich strahlenexponierte Personen der Kategorie B mSv/a

50

15

Hande, Unterarme, FiiBe, Unterschenkel, Knochel

600

200

Knochen, Schilddriise

300

100

andere Organe

150

50

8.10. Strahlenschutz Mittelwert von H iiber bestimmte Korperabschnitte oder Organe. Die Ortsdosis (Ortsdosisleistung) gibt die Aquivalentdosis fiir Weichteilgewebe an einem bestimmen Ort des Strahlungsfeldes in einem bestimmten Zeitintervall an. Durch die unterschiedliche Ortsdosisleistung werden verschiedene Bereiche des Strahlungsfeldes abgetrennt. Wie aus Tabelle8-19 hervorgeht, unterscheidet man zwischen Sperrbereich, Kontrollbereich, betrieblicher und auBerbetrieblicher Uberwachungsbereich. In diesen Bereichen sind unterschiedliche UberwachungsmaBnahmen vorgeschrieben. Der Zugang zum Sperrbereich ist nur in Ausnahmefallen beruflich strahlenexponierten Personen der Kategorie A und B gestattet. Im Kontrollbereich diirfen nur Personen der Kategorie A und B tatig sein. In Ausnahmefallen ist auch fiir nicht beruflich strahlenexponierte Personen, beispielsweise fiir Ausbildungszwecke, der Zugang zum Kontrollbereich gestattet. Man unterscheidet zwischen duBerer (Strahlenquellen auBerhalb des Kdrpers) und innerer (Strahlenquellen innerhalb des Korpers) Strahlenbelastung. Die Gefahr einer inneren Strahlenbelastung ist bei Arbeiten mit offenen radioaktiven Stoffen durch Inkorporation besonders groB. Schutz vor auBerer Strahlenbelastung Mit folgenden MaBnahmen schiitzt man sich vor auBerer Strahlenbelastung: — Strahlenquellen mit moglichst kleiner Quellstarke verwenden, soweit dies technisch einzurichten ist, — Minimierung der Aufenthaltsdauer im Strahlungsfeld. Dies ist eine einfache, aber wirkungsvolle MaBnahme, da sich die Dosis proportional zur Zeit verhalt:

629

trachteten Umgebung), die in alle Richtungen gleichmaBig abstrahlt (isotrop), erzeugt an einem Punkt im Abstand r von der Quelle eine FluBdichte, die proportional der Quellstarke (Anzahl der Teilchen oder Quanten je Zeiteinheit) und umgekehrt proportional dem Quadrat des Abstandes ist. Dies ist dadurch bedingt, daB die Oberflache einer Kugel um die Strahlenquelle mit r^ zunimmt. Je groBer die FluBdichte, desto groBer ist bei konstantem Energieabsorptionskoeffizienten //g die je Zeiteinheit absorbierte Energie im Material. Somit ist die FluBdichte proportional zur Dosisleistung. Fiir Photonenstrahlung gilt d at

A r^

(8-109)

Hierin ist H die Aquivalentdosisleistung in Sv/h, A die Aktivitat der Quelle in Bq, r der Abstand von der Quelle und TH die Aquivalent-Dosisleistungskonstante in Sv h"^ m^ Bq"'. Die Aquivalent-Dosisleistungskonstante F^ ist abhangig vom Energiespektrum der Quelle und dem Energieabsorptionskoeffizienten //g fiir Weichteilgewebe {q = 1 fiir Rontgen- und y-Strahlung). In Tabelle 8-20 sind fur einige Radionuklide die Konstanten angegeben. Fiir y^-Strahlung kann im Prinzip eine ahnliche Beziehung aufgestellt werden; hierbei wird allerdings die Aquivalent-Dosisleistungskonstante zur Dosisleistungs-Funktion, da die PTeilchen entlang ihres Weges Energie verlieren. AuBerdem werden die y^-Teilchen bereits im radioaktiven Praparat absorbiert (Selbstabsorption), so daB die Berechnung der Aquivalentdosis von y^-Strahlung sehr schwierig ist. Aus Gl. (8-109) entnimmt man, daB sich die Dosisleistung mit dem Quadrat des Abstandes vermindert. Deshalb sollten auch schwach Tabelle 8-20. Gammastrahlendosiskonstante T^H einiger Radionuklide.

7/ = 7//(7/konstant); (8-108) 0

— Einhaltung moglichst groBer Abstande von der Strahlenquelle, sowie — Verwendung von Abschirmungen. Eine punktformige Strahlenquelle (Dimensionen der Quelle klein im Verhaltnis zur be-

Radionuklid

Dosiskonstante F^ inSvm^h-iBq-i

24Na 60Co 1311 137CS 226Ra

4,72- 10-13 3,36- 10-13 5,45- 10-14 7,70-10-14 2,14-10-13

630

8. Atom- und Kernphysik

Tabelle 8-21. Zahlenbeispiel zur Strahlenbelastung. Radioaktives Praparat: ^^^Cs Dosiskonstante: 0,077 juSv h"^ m^ MBq"' Aktivital: lOMBq

Abstand r in m

direktes Greifen des radioaktiven Praparats, Armlange 0,5 m

0,01 0,5

Verwendung einer Zange zum Greifen (0,25 m)

0,25 0,75

Abschirmung 5 cm Blei

radioaktive Praparate niemals mit den Handen angefaBt werden, wie das Rechenbeispiel Tabelle 8-21 belegt. Man erkennt, welchen EinfluB auf die Dosis der Abstand des Objekts zu einem Strahler hat. ^ \\\

301 . cm 20"

V

\^ \

I '\ \ \ \v 8,0"

in n.

6,0^ 3.5,0c 4,0-

gj2,0-

w V0

\

\

\ \

v\ \

o |1.0o

V\ \

\

^ \

^ \\ \ \ \ >j|


\

v

N

i-

Uran

S - -as -—^ Wo fram

B\ei

0,5-

Aquivalentdosisleistung

7,7- 10^ Finger 3,1 Korper 12,3 Finger 1,4 Korper

1,00

0,77

1,00

0,004 // = l,2cm-^

B=2

Fine weitere Moglichkeit, die Dosisleistung zu senken, ist die Verwendung von Abschirmungen. a-Teilchen lassen sich bereits durch ein Stiick Papier vollstandig absorbieren. Mit millimeterdickem Aluminium erreicht man eine vollstandige Absorption von y^-Teilchen. Hierbei ist allerdings das Auftreten von Sekundarstrahlung groBerer Reichweite (Bremsstrahlung, R5ntgenstrahlung) zu beriicksichtigen. Im Gegensatz zur a- und y^-Strahlung kann die y-Strahlung nicht vollstandig absorbiert, sondern nur geschwacht werden. Fs gilt das exponentielle Absorptionsgesetz (Bild 8-88) mit dem linearen Schwachungskoeffizienten //. In Bild 8-97 ist diese GroBe fiir einige Materialien in Abhangigkeit von der Fnergie dargestellt. Da infolge des Comptoneffekts im Absorbermaterial auch Streuung von y-Strahlung auftritt, kann dies zu einer Frhohung der Dosisleistung fiihren. Dies wird durch den Dosisaufbaufaktor B, der eine Funktion der Fnergie, Absorberdicke und des Absorbermaterials ist, berlicksichtigt. In Bild 8-98 sind die 5-Werte fiir Blei und Fisen in Abhangigkeit von ju X dargestellt. Damit ergibt sich fiir die Aquivalentdosisleistung hinter einer Abschirmung

U,4~

•Zirm

0,3-

Eisen 0,21 —

0,1

0,2

1—I- —rr11

0,4 0,6

1,0

Energie £y

1—

— | — •

2

—1—

4

6 8 10

(8-110) i_

_JL_

_l l_

Dosis Schwa- Aufbauohne Chungs- faktor Abschir- faktor mung

MeV

Bild8-97. Energieabhdngigkeit des linearen Schwd- Zur Berechnung der Dosisleistung hinter einer chungskoeffizienten einiger Metalle. Abschirmung entnimmt man aus Bild 8-97

8.10. Strahlenschutz 10 GammaEnergie in MeV

m

10

8,0 10,0 6,0 5,11 4,0 3,0 2,0

.(^10

o 1,0

0,5

^

8

12

16

20

24

Relaxationslange \ix

Bild8-98. Energieabhdngigkeit des Dosisaufbaufaktors.

und 8-98 die Werte fur /i und B. Flir '^^Cs (£'y= 0,662 MeV) entnimmt man die in Tabelle8-21 angegebenen Werte und kann damit die Dosisleistung hinter einer 5 cm dicken Bleiwand ermitteln.

631

Schutz vor innerer Strahlenbelastung Man unterscheidet zwischen offenen und umschlossenen radioaktiven Stoffen. Umschlossene radioaktive Stoffe sind standig von einer allseitig dichten, festen, inaktiven Hiille umschlossen oder in festen inaktiven Stoffen standig so eingebettet, daB bei iiblicher betriebsmaBiger Beanspruchung ein Austritt radioaktiver Stoffe mit Sicherheit verhindert wird. Beim Arbeiten mit offenen radioaktiven Stoffen (z.B. Losungen, Feststoffe, Gase) besteht die Gefahr einer Aufnahme in den Korper (Inkorporation), Dies muB durch entsprechende Laboreinrichtungen und umsichtiges Arbeiten verhindert werden, denn eine innere Strahlenbelastung ist bedeutend gefahrlicher als eine auBere Strahleneinwirkung. Die inkorporierten Radionuklide konnen sich im Korper in bestimmten Organen anreichern und diese bis zu ihrem vollstandigen Zerfall direkt schadigen. Zur Beurteilung der Radiotoxizitdt ist deshalb auBer der physikalischen die biologische Halbwertszeit wichtig. Diese gibt die Zeit an, in der eine im Korper vorhandene Aktivitat durch Ausscheidung auf die Halfte vermindert wurde. Aufgrund dieser Erkenntnisse hat man eine Einteilung in Radiotoxizitdtsklassen von 1 bis 4 gemaB Tabelle 8-22 vorgenom-

Tabelle 8-22. Toxizitat von Radionukliden. Radiotoxizitatsklasse

Nuklid

1 Freigrenze 3,7 kBq

90Sr 210pb 210po 233U

2 Freigrenze 37 kBq

22Na

3 Freigrenze 370 kBq

4 Freigrenze 3,7 MBq

Halbwertszeit r^ioi

kritisches Organ

28,1a 22 a 138 d 1,63-105 a

11 a 730 d 40d 300 d

Knochen Knochen Milz Knochen

i44Ce 131J

2,58 a 26,6 a 285 d 8,0 d

19d 100 d 330 d 180 d

gesamter Korper Muskel Knochen Schilddriise

14c 24Na '05Rh 109Cd

5570 a 15h 1,54 d 1,3 a

35 a 19d 28 d 100 d

Fett gesamter Korper Nieren Leber

19 d 11 a 300 d

gesamter Korper Knochen Nieren

«^Sr 238U

Halbwertszeit Tp^ys

12,6 a 70 min 4,5 • 10^ a

632

8. Atom- und Kemphysik

men. Nach der Gefahrenklasse werden die Freigrenze und die Grenzwerte fiir Luft, Wasser und Nahrungsmittel festgelegt. Unter Freigrenze versteht man die Aktivitat, mit der man ohne Genehmigung oder Anzeige umgehen kann. Der Umgang mit Aktivitaten oberhalb der Freigrenze erfordert eine Umgangsgenehmigung (des Gewerbeaufsichtsamts), die bestimmte Laboreinrichtungen und die Fachkenntnis des Personals voraussetzt. Als kritisches Organ wird das Organ bezeichnet, das nach einer Inkorporation die empfindlichsten Reaktionen des Korpers erwarten laBt. In einem Labor, in dem mit offenen radioaktiven Stoffen oberhalb der Freigrenze gearbeitet wird (Isotopenlabor), mussen Uberwachungseinrichtungen auf Kontamination vorhanden sein, um ein ungewolltes Verschleppen der radioaktiven Stoffe in die angrenzenden Raume zu vermeiden. Hierfiir werden haufig Xenon-GroBfldchen-Zdhlrohre eingesetzt. Es handelt sich um Proportionalzdhlrohre mit einer effektiven Fensterflache bis 900 cm^ und Zahlwirkungsgrade je nach Ra-

dionukhd bis zu 35%. Diese Detektoren sind auch in den Personen-Kontaminationsmonitoren eingebaut. Beim Verlassen des Isotopenlabors muB jede Person diesen Monitor betreten. Es erfolgt eine Messung der Oberflachenaktivitat (Bq cm~^) von Handen und Schuhen bzw. Kleidung (mit beweglichem Detektor). Bei Uberschreitung eines Schwellenwertes sind DekontaminationsmaBnahmen erforderiich. Zur Uberpriifung von Kontaminationen am Arbeitsplatz eignen sich besonders Kontaminationsmonitore, die fiir ein Radionuklid direkt die Aktivitat je Flache angeben. Zum Schutz von Wasser und Luft mussen in einem Isotopenlabor besondere Kontrolleinrichtungen installiert sein. Die Messung der Aktivitat erfolgt durch Tauchzdhlrohre, die in das Abwasser eintauchen. N u r wenn entsprechende Grenzwerte unterschritten werden, darf das Abwasser in die offentliche Kanalisation abgeleitet werden, andemfalls ist eine ordnungsgemaBe Beseitigung des radioaktiven Wassers erforderiich.

Hinweis: In organischen Substanzen befindet sich stets ein geringer Anteil an radioaktivem '"^C, das entU 8-1: Welche Photonenenergien und welche Wel- sprechend seine Halbwertszeit zerfallt. In einem lenlangen werden bei der Balmer-SQUQ des Wasser- lebendigen Organismus ist das Verhaltnis von '"^C zu '^C etwa 1,3 • 10"^^. Damit ist die spezifische Aktivitat stoffatoms emittiert? Welche dieser Spektrallinien 0,25 Bq/g. Da nach dem Absterben des Organismus liegen im sichtbaren Spektralbereich? kein Kohlenstoff mehr eingebaut wird, kann aus der t) 8-2: Characteristische Rontgenstrahlung entsteht heute noch messbaren Aktivitat an ^'^C-Zerfallen in beim Ubergang von Elektronen aus Schalen hoherer einem solchen Objekt auf sein Alter geschlossen werin solche niedrigerer Energie, insbesondere in innere den. Schalen mit kleiner Hauptquantenzahl n. a) Berechnen Sie die Quantenenergie und Wellenlange der U 8-4: Natiirliches Silicium enthalt die Isotope ^^Si, Kupfer-K„-Strahlung, die entsteht, wenn Elektronen ^^Si und ^^Si. Beim Transmutation Doping wird es mit von der L-Schale auf die K-Schale fallen. Benutzen Neutronen bestrahlt. Dabei wandeln sich Kerne in Sie dazu naherungsweise das Bohrsche Atommodell. 29Si, 3^Si und ^^Si um. ^^Si ist instabil und geht durch b) Das Bohrsche Atommodell ist natiirlich fiir ein einen jS-Zerfall mit einer Halbwertszeit von 2,6 h in Mehrelektronenproblem nicht anwendbar. Berechnen den stabilen Kern ^^P iiber. Damit ist Silicium mit Sie mit Hilfe der Tabelle 8-3 die exakte Wellenlange Phosphor dotiert. b) Ein Siliciumkristall der Masse der R6ntgen-K„i-Strahlung, die entsteht, wenn Elek1 kg soil mit einer Phosphor-Konzentration von n^ = tronen aus der L„i- in die K-Schale iibergehen. 10'^ cm"^ dotiert werden. Wie groB ist dann die Zahl der benotigten ^^ Si-Kerne? b) Wie groB ist die AktiU 8-3: Berechnen Sie mit Hilfe der Radiokarbonme- vitat des Kristalls? c) Wie lange muB man warten, bis thode das Alter eines in einer archaologischen Fund- die Aktivitat auf 1 Bq abgenommen hat? statte ausgegrabenen Knochens, der 80 g Kohlenstoff enthalt. Die I'^C-Zerfallsrate betragt 6,4 Bq. Zur Ubung

633

9. Festkorperphysik Die Festkorperphysik hat sich in den letzten zehn Jahren von der reinen Grundlagenforschung zu dem wichtigsten anwendungsorientierten Gebiet entwickelt. Bild 9-1 zeigt, daB die Festkorperphysik ohne die Atom- und Quantenphysik nicht verstanden werden kann, so daB des ofteren auf die entsprechenden Abschnitte verwiesen werden muB. Grundlagen zum Verstandnis

Anwendungsgebiete Mechanik

Atomphysik Quantenphysik

Warmelehre 7 _l

Festkorperphysik

\ 1

Elektrizitat und Magnetism us Optik

Bild 9-1. Strukturbild Festkorperphysik.

Wie Bild 9-1 weiterhin zeigt, spielt die Festkorperphysik praktisch in jedem Bereich eine Rolle, da sie die mechanischen, thermischen, elektrischen, magnetischen und optischen Eigenschaften fester Korper beschreibt. So betrachtet haben alle Abschnitte dieses Buches zu ihr einen Bezug. Um die groBe Bedeutung der Festkorperphysik zu zeigen, sei beispielsweise auf die Anwendungen in der Mikroelektronik (vom Computerchip bis zur Fliissigkristallanzeige), in der Werkstofftechnik (z.B. metallische, magnetische, amorphe und keramische Werkstoffe) und in der Halbleitertechnik verwiesen.

9,1. Struktur fester Korper 9.1.1. Kristallbindungsarten Zwischen den Atomen bzw. Molekiilen fester Korper wirken ausschlieBlich elektrostatische Krafte der Anziehung oder AbstoBung. Magnetische Kraftwirkungen konnen demgegeniiber vollig vernachlassigt werden. Je nach Wirkungsweise der Krafte unterscheidet man vier Bindungstypen:

— van-der-Waalssche Bindung, — kovalente (homoopolare) Bindung, - lonenbindung (heteropolare Bindung) und - metallische Bindung. Bild 9-2 zeigt fiir die jeweilige Bindungsart die Kraftwirkungen, die Bindungsenergie, Beispiele und die typischen Werkstoffeigenschaften. 9.1.1.1. Van-der-Waalssche Bindung Auch Atome und Molekiile, die keine Elektronen austauschen konnen, weil ihre Elektronenschalen abgeschlossen sind, iiben aufeinander schwache elektrische Bindungskrafte aus und kristallisieren; so befinden sich auch Edelgase bei entsprechend tiefen Temperaturen im festen Aggregatzustand, bis auf ^He, das bei diesen Temperaturen superfluid wird. Fallt aufgrund der Molekiilstruktur oder der Beweglichkeit der Atomelektronen der Schwerpunkt der positiven Ladung nicht mit dem der negativen zusammen, so entsteht ein permanentes bzw. induziertes elektrisches Dipolmoment (Abschn. 4.3.7). Dieses influenziert im Nachbaratom oder benachbarten Molekiil ein entgegengesetztes Dipolmoment, so daB eine schwach wirkende Anziehungskraft auftritt. Sie wird nach ihrem Entdecker Van-der- WaalsKraft genannt (J. D. VAN DER WAALS, 1837 bis

1923). Je mehr benachbarte Atome vorhanden sind und je dichter diese beieinander liegen, um so fester ist die Bindung. Deshalb kristallisieren die Edelgase in der kubisch-dichtesten Kugelpackung. Die Bindungsenergie der Van-derWacds-Bindung ist Konstante

(9-1)

Die Konstante liegt in der GroBenordnung von 10"^^ J m^ Wie Gl. (9-1) zeigt, nimmt die Bindungsenergie E^ sehr schnell mit zunehmendem Abstand ab (Nahwirkung) und ist zudem ziemHch schwach (etwa 0,02 bis 0,1 eV/Atom). Van-der-Waals-Krafte treten bei jeder Bindung auf, doch sind sie im Vergleich zu den bei anderen Bindungsarten wirkenden Bindungskraften so klein, daB sie vernachlassigt werden konnen.

634

9. Festkorperphysik

Bindungsart

Kraftwirkungen

van der Waals

Zwischen zwei isolierten Atomen mit permanentem Oder induziertem Dipolmoment

kovalent (homoopolar)

Bindungsenergie eV/Atom

>V

^

F

1

Elektronenpaarbindung

"(§) (§) ($) (§)"1 bis 7 zwischen zwei verschieden geladenen lonen

( metallisch

CI" jTua-^

Edelgaskristalle,

Isolator, leicht konnprimierbar, niedriger Schmelzpunkt, durchlassig fur Licht im fernen UV

H2, O2,

MolekiJIkristalle, Polymere

viele organische Stoffe, Elemente der Vierergruppe, C, Si, InSb

Isolator Oder Halbleiter, sehr schwer verformbar, hoher Schmelzpunkt

Saize (NaCI, KCI) BaFg

Isolator bei niedrigen Temperaturen, lonenleitung bei hohenTemperaturen, plastisch verformbar

Metalle, Legierungen

elektrischer Leiter, guter Warmeleiter, plastisch verformbar, reflektiert im IR, reflektiert Licht (durchlassig im UV)

6 bis 20

zwischen fasten Atonnrumpfen und frei beweglichen Elektronen

"0 " 0 " ©"© ~0 " 0 0 0 0 0 0 0 _ 0 _ 0 ^ 0 ^0 _ 0 ^ 0

Eigenscliaften

10''bis 10''

-(c)—(c)—(c)—(cy lonen (heteropolar)

Beispiele

1 bis 5

Bild 9-2. Bindungsarten. 9.1.1.2. Kovalente (homoopolare) Bindung Fiir die homoopolare oder kovalente Bindung sind die Elektronenstrukturen der Elemente der dritten bis fiinften Hauptgruppe des Peri odensystems (Abschn. 8.5.1) besonders geeignet. Beispielsweise haben alle Elemente der vierten Gruppe vier Valenzelektronen in der auBersten Elektronenschale. Mit Hilfe je eines Elektrons von vier nachsten Nachbarn kann sich jedes Atom eine edelgasahnliche Elektronenkonfiguration schaffen, die energetisch sehr giinstig ist. Jeweils zwei benachbarte Atome teilen sich ein Elektronenpaar, wobei der Elektronenaustausch dann zu einer anziehenden Kraft fiihrt, wenn die beteiligten

Elektronen entgegengesetzte Spinrichtungen haben. Die Orbitale der Elektronen (Abschn. 8.2.4) gehen eine Hybridisierung ein, und dies bewirkt eine stark gerichtete Bindung. So schlieBen beispielsweise die sp^-Hybridorbitale des Kohlenstoffs einen Winkel von 109,5° ein, so daB sich die in Bild 9-3 skizzierte tetraedrische Struktur des Diamantgitters ergibt. Die kovalente Bindung herrscht in Stoffen, die Isolatoren oder Halbleiter sind. Sie sind auBerordentlich hart und schwer verformbar und weisen einen hohen Schmelzpunkt auf. 9.1.1.3. lonenbindung Diese Bindung beruht auf der Coulomb-Kraft (Gl. (4-2)) zweier lonen, d.h. unterschiedlich geladener Atome oder Molekiile. Das Anion ist negativ, das Kation positiv geladen. Die Bindungsenergie zweier lonen betragt E^ =

1 4 71 £0 '^

Bild 9-3. Tetraederstruktur des Diamantgitters.

Im Gegensatz zur van-der-Waalsschen Bindungsenergie, die proportional zu \/r^ abnimmt, verringert sich die Bindungsenergie

9.1. Struktur fester Korper

© 0 0 0 © 2r 3r 4/-

Bild9-4. EinfluB der Nachbarionen auf die Bindungsenergie bei einer lonenbindung. der lonenbindung nur mit 1/r. Die lonenbindung hat daher eine groBe Reichweite und macht die Einbeziehung auch der weiter entfernten Nachbarn erforderlich. Bild 9-4 zeigt am Beispiel einer linearen Kette, wie dies bei der Errechnung der Bindungsenergie beriicksichtigt wird. Fiir die Bindungsenergie gilt

mit

a / 1 —=2 r \ r

1 2r 1

+

1

1

3r

4r

-h...

1

Der Faktor 2 vor der Klammer beriicksichtigt, daB die lonenkette nach beiden Seiten verlauft; r ist der Abstand benachbarter lonen im Kristall. Daraus ergibt sich

Im dreidimensionalen Fall ist die Berechnung komplizierter. Der konstante Faktor a wird als Madelung-Konstante bezeichnet (E. M A DELUNG) und betragt fur das dreidimensionale Kochsalzgitter (NaCl) a = 1,75. Die lonenbindung ist typisch fur Salze. Diese Substanzen sind bei niedrigen Temperaturen Isolatoren, weisen aber bei hoheren Temperaturen aufgrund der Dissoziation der lonen eine elektrolytische lonenleitung auf. Diese Werkstoffe sind in der Regel hart und nur plastisch verformbar. Beispiel 9.1-1: Fiir NaCl soil die Bindungsenergie E^ fiir einen Atomabstand von 2,8 10 ^^m berechnet werden.

635

Losung: Nach Gl. (9-2) ergibt sich E^ = (a e^)/(4 n EQ r) = 1,44 • 10-^8 J/Ion Oder 8,99 eV/Ion: Experimentell wird ein Wert von 7,99 eV/Ion gefunden. Dies bedeutet, daB eine abstoBende Energie von etwa 10% der Bindungsenergie beriicksichtigt werden muB.

9.1.1.4. Metallische Bindung Bei der metallischen Bindung kommt die bindende Wirkung dadurch zustande, daB die von den Atomen abgegebenen auBeren Valenzelektronen energetisch mit alien positiven Atomriimpfen des BCristalls wechselwirken und dadurch eine metallische Bindungskraft hervorrufen. Diese Bindung kettet die Bindungspartner nicht starr aneinander, die Bindungselektronen sind nicht lokalisiert und haben eine groBe Beweglichkeit {Elektwnengas). Deshalb haben Kristalle mit metallischen Bindungen eine gute elektrische Leitfahigkeit und Warmeleitung. Die Bindungskrafte sind nicht so stark wie bei der lonenbindung, sondern eher mit der kovalenten Bindung vergleichbar. Da die Bindungskrafte gleichmaBig im Raum wirken, werden dichteste Kugelpackungen bevorzugt. Atome mit zur metallischen Bindung geeigneter Elektronenstruktur, d. h. Metalle, kommen im wesentlichen in der ersten, zweiten und dritten Hauptgruppe sowie in den Nebengruppen des periodischen Systems vor. Weil bei der metallischen Bindung die positiven Atomrumpfe nicht stark aneinander gebunden sind, ist es auch leicht moglich, andere Atome einzuschmelzen und Legierungen herzustellen. Die Deformationsenergie des Kristallgitters darf jedoch nicht groBer als die Bindungsenergie der metallischen Bindung sein, weil sich sonst die Legierungspartner entmischen. Besonders legierungsgeeignete Atome sind aus diesem Grund Atome aus den benachbarten Gruppen. Im allgemeinen brauchen Legierungen jedoch kein festes stochiometrisches Atomverhaltnis aufzuweisen, um stabil zu sein. Wegen der raumlichen Isotropic der metallischen Bindung ist eine leichte Verschiebbarkeit der Atomrumpfe innerhalb der Kristallstruktur vorhanden. Metalle und Legierungen sind deshalb in der Regel leicht verformbar.

636

9. Festkorperphysik

9.1.2. Kristalline Strukturen Viele Festkorper haben eine in drei Raumrichtungen regelmdBige (periodische) Atomstruktur, die kristalline Struktur genannt wird. Manche Kristalle lassen diese Symmetrien mit bloBem Auge erkennen. Festkorper ohne regelmdBige Atomanordnung werden amorph genannt. Zu dieser Stoffgruppe gehoren beispielsweise die Glaser, die keramischen Werkstoffe und viele organische Materialien (Kunststoffe). Bei kristallinen Strukturen sind die physikalischen GroBen (z.B. Resistivitat oder Zugfestigkeit) von der Kristallrichtung abhangig {anisotropes Verhalten), wahrend sie bei homogenen amorphen Strukturen in alien Richtungen gleich groB sind (isotropes Verhalten).

9.1.2.1. Kristallsysteme Bei einem Kristall befinden sich die Atome in jeder Raumrichtung in gleichmaBigen Abstanden an den Kreuzungspunkten eines raumlichen Gitters. Das Kristallgitter kann somit durch ein raumliches Koordinatensystem beschrieben werden, dessen kleinstes Element die Elementarzelle ist. Wie Bild 9-6 verdeutlicht, wird die Elementarzelle beschrieben durch — die Atomabstande entlang der Koordinatenachsen (z. B. Gitterkonstante 3. in x-Richtung, b in >^-Richtung und c in z-Richtung) sowie — die Winkel a, /] und y zwischen den Kristallachsen. 2

Die meisten Festkorper kristallisieren aus ihren Schmelzen polykristallin, die kristallinen Strukturen erstrecken sich nur uber eine GroBe von einigen Mikrometem. Die makroskopischen Eigenschaften dieser Festkorper sind isotrop. Durch Kristallziehverfahren gelingt es heute, meterlange Einkristalle mit einheitlicher Gitterstruktur herzustellen, wie Bild 9-5 zeigt. Sie werden bevorzugt in der Halbleiterfertigung benotigt.

^b 2b 3b 45

W

/

/

/

5b

/

/—r—T—-^

/ /

/

^-/-/-/-y—A X

lb

2b

3b

4b

1a

/ / 3a

5b

Bild 9-6. Beschreibung einer Elementarzelle durch Gitterkonstanten in den drei Raumrichtungen.

Man unterscheidet sieben Kristallsysteme nach folgenden Kriterien:

Bild 9-5. Einkristalline Reinst-Silicium-Stdbe einem Durchmesser von 150 mm. Werkphoto: Wacker-Chemitronic.

mit

— die Gitterkonstanten sind gleich oder ungleich, und — die Winkel zwischen den Achsen sind 90° oder haben einen anderen Betrag. Innerhalb dieser Kristallsysteme sind je nach Belegung mit Atomen noch vier Varianten unterscheidbar: — primitive Gitter Es sind nur die Eckpunkte der Elementarzelle mit Atomen belegt; — flgchenzentrierte Gitter Zusatzlich sind die Gitterflachen mit Atomen belegt; — basiszentrierte Gitter Zusatzlich sind zwei gegeniiberliegende Flachen mit Atomen belegt;

9.1. Struktur fester Korper — raumzentrierte Gitter Zusatzlich befindet sich noch ein Atom im Innern der Zelle. Die sieben Kristallsysteme mil ihren Varianten ergeben die 14 Bravais-Gitter (A. BRAVAIS, 1811 bis 1863). Sie sind in Bild 9-7 nach zunehmender Teilchendichte geordnet zusammengestellt.

primitiv

raumzentriert

basiszentriert

flachenzentriert

kubisch a =b =c a = p = Y=90°

tetragonal a =b *c a = p = Y=90°

orthorhombisch a *b *c a = p = Y=90°

w

Die Kristallstrukturen ergeben sich durch die Verschiebung (Translation) der Elementarzellen um die Gitterkonstanten in alien drei Achsenrichtungen. Diese Gitter nennt man deshalb auch Translationsgitter. Die Kristallstrukturen konnen durch Rontgen-, Elektronen- und Neutronenbeugung genau bestimmt werden (Rontgenanalyse s. Abschn. 6.4.1.8). Bei den Metallen spielen wegen der isotropen Bindungswirkung (Abschn. 9.1.1.4) nur drei Gittertypen eine wesentliche Rolle: — die kubisch-fldchenzentrierte Struktur (Kfz-Oder A1-Struktur), — die kubisch-raumzentrierte Struktur (Krz- Oder A2-Struktur) und — die hexagonal dichteste Kugelpackung (HdP- Oder A3-Struktur).

fffl

hexagonal a =b i^ c a = p = 90° Y=120°

637

w

X' IX

In Tabelle9-1 sind fiir einige Metalle mit kubisch-flachenzentrierter oder kubisch-raumzentrierter Kristallstruktur die Dichte, die Gitterkonstante und der Abstand zweier nachster Nachbarn angegeben. 9.1.2.2. Dichteste Kugelpackungen Die Atome, idealisiert dargestellt als Kugeln, liegen besonders dicht beeinander, wenn aufeinanderfolgende Kugelebenen die Liicken der Ausgangsebene besetzen. Es gibt zwei Moglichkeiten, diese dichteste Kugelpackung zu verwirklichen:

rhomboedrisch a =b = c a =. p = Y * 90° monoklin a * b* c a = Y=90° p#90° triklin a *b ^ c a*p*Y * 90°; =^120°

— Folge ABAB ... iiber den Kugelliicken der Ausgangslage A liegt die Kugelebene B, und die nachste

Bild 9- 7. Bravais-Gitter.

Tabelle9-1. Atomare Konstanten einiger Metalle mit kubisch-flachenzentrierter und kubischraumzentrierter Struktur. Kubischflachenzentriert

Dichte Q in g/cm^

Gitterkonstante a in 10-10 m

Abstand zweier nachster Nachbarn in 10" 10 m

Kubischraumzentriert

Dichte Q in g/cm^

GiUerkonstante a in 10-10 m

Abstand zweier nachster Nachbarn in 10-10 m

Ce Pb Ag Au Al Ft Cu Ni

6,9 11,34 10,49 19,32 2,7 21,45 8,96 8,90

5,16 4,94 4,08 4,07 4,04 3,92 3,61 3,52

3,64 3,49 2,88 2,88 2,86 2,77 2,55 2,49

Cs K Ba Na Zr Li W Fe

1,9 0,86 3,5 0,97 6,5 0,53 19,3 7,87

6,08 5,33 5,01 4,28 3,61 3,50 3,16 2,86

5,24 4,62 4,34 3,71 3,16 3,03 2,73 2,48

638

9. Festkorperphysik

Kugelebene liegt wieder iiber der Ausgangslage A. Dies ist typisch fiir die hexagonal dichteste Kugelpackung (HdP-, A3-Struktur); - Folge ABCABC... liber den Kugellucken der Ausgangslage A liegt die Kugelebene B, darauf folgt iiber den entstandenen Kugellucken die Kugelebene C, bis sich die Kugelschichtung wiederholt Dies ist typisch fiir die kubischflachenzentrierte Struktur (Kfz-, Al-Struktur). In beiden Fallen betragt das Kugelvolumen 74% des Volumens der Elementarzelle. Fiir das kubisch-raumzentrierte Gitter (Krz, A2) ergibt sich noch eine Packungsdichte von 68%. In Bild 9-8 sind die Eigenschaften der drei Gittertypen dichtester Kugelpackungen gegeniibergestellt. Gittertypen Eigenschaften

Elementarzelle

kubischflachenzentriert

hexagonal dichteste Kugelpackung

kubischraumzentriert

4^

4^71

74%

68%

Kugelmodell

Packungsdichte

sprechende Berechnungen ergeben fiir die HdP- bzw. Krz-Struktur 2 Atome je Elementarzelle. Die Koordinationszahl gibt die Anzahl der nachsten Nachbarn an. Sie betragt bei der Kfz- und der HdP-Struktur 12 und bei der Krz-Struktur 8. 9.1.2.3. Richtungen und Ebenen im Kristallgitter Weil viele physikalische Eigenschaften in Kristallen richtungsabhangig sind, miissen Kristallrichtungen und atombesetzte Ebenen (Netzebenen) gekennzeichnet werden. Dies geschieht durch Millersche Indizes (W. H. MILLER, 1801 bis 1880).

Fiir die Indizierung wird ein Koordinatensystem gewahlt, dessen Achsen parallel zu den Kanten der Elementarzelle des Gitters sind. Die Koordinatensysteme sind deshalb fiir kubische, tetragonale, orthorhombische und hexagonale Kristallsysteme rechtwinklig. Weil die Kristallebenen die Kristallachsen immer im Verhdltnis ganzer Zahlen (bezogen auf die Gitterkonstanten) schneiden, kann eine Ebene in einem dreiachsigen Koordinatensystem durch ein Zahlentripel h, k und I indiziert werden. Die Ebenenkennzeichnung wird in runde Klammern gesetzt (/i, k, I). Als BezugsgroBen dienen also die Gitterkonstanten in jc-, V- und z-Richtung {a, b und c). Bild 9-9 zeigt die Vorgehensweise. Die Ebene durch die Punkte A, B und C hat folgende Achsenabschnitte: x = all, y = b und z = c/3. Die reziproken Werte sind h = 2, k= \ und / = 3. Dies

Atomanzahl je Zelle Koordinationszahl dichtest gepackte Richtung

12 Rachendiagonale

Sechseckseite

Raumdiagonale

Kristallrichtung

Bild 9-8. Gittertypen dichtester Kugelpackung. Um die Atomanzahl je Elementarzelle feststellen zu konnen, muB bedacht werden, daB bei einer kubischen Elementarzelle die Eckatome zu 8 Zellen, die flachenzentrierten Atome zu 2 Zellen und die raumzentrierten Atome zu 1 Zelle gehoren. Es befinden sich also in der kubisch-flachenzentrierten Elementarzelle 8 • 1/8 + 6 • 1/2 = 4 Atome. Ent-

Bild 9-9. Indizierung von Kristallrichtungen und Kristallebenen.

9.1. Struktur fester Korper

sind die Millerschen Indizes der Ebene (213). Alle dazu parallelen Ebenen sind kristallographisch gleichwertig, z. B. (213) und (426). Die Kristallrichtung steht immer senkrecht zur Kristallebene. Die Indizierung der Richtung setzt man in eckige Klammem, also [213]. Das Wertetripel ist die Gruppe kleinster ganzer Zahlen, die sich untereinander verhalten wie die Komponenten des Richtungsvektors (Bild 9-9). Bild 9-10 zeigt die Indizierung der wichtigsten Ebenen und Richtungen in kubischen Kristallen. EbenenBezeichnung

Ebene und Richtung

EbenenBezeichnung

(100)

I

— Leerstellen Es fehlen Atome auf den Gitterplatzen {Schottky-Fehlordnung);

U-

— Zwischengitteratome Es befinden sich zusatzliche Atome im Gitter zwischen den Atomen (Anti-SchottkyFehlordnung)\

[1T0T

[010]

(010)

(111)

J

^-

zi

1001]

y^\ y^\ (001)

(020)

y--

11 :l 1I 1 1

y

(110)

(222)

[010]

y

[111]

X— X

festigkeit oder ein bestimmter Verformungsgrad Oder elektrische Eigenschaften (Halbleiter). Bild 9-11 zeigt die Einteilung der Gitterfehler. Die Modellvorstellungen von Kristallgitterfehlern werden durch elektronenmikroskopische Beobachtungen analoger Fehler bei FluBliniengittern in Supraleitern bestatigt (Abschn. 9.2.4). Die Photos stammen von einer Pb/6,3%In-Folie der Dicke 1 )im bei r = 2 , l K und 5 a = 7 1 0 - ^ T . AuBerdem zeigt eine elektronenmikroskopische Aufnahme Versetzungslinien in Kupfer-Einkristallen. 9.1.3.1. Punktfehler Man unterscheidet folgende Punktfehler:

Ebene und Richtung

(110)

[10G]L/X

639

[110]

Bild 9-10. Millersche Indizes fur Ebenen und Richtungen in kubischen Kristallen.

9.1.3. Gitterfehler Der periodisch regelmaBige Kristallaufbau kann Fehler aufweisen {Gitterfehler), die zu veranderten Materialeigenschaften fiihren konnen. Durch den Einbau von Gitterfehlern konnen deshalb gezielt Werkstoffeigenschaften eingestellt werden, z.B. eine hohe Zug-

— Frenkel-Paare Es fehlen Atome auf den Gitterplatzen (Leerstellen), und es befinden sich zusatzliche Atome auf Zwischengitterplatzen; — Fremdstorstellen Fremde Atome befinden sich im Atomgitter entweder an einem regularen Atomplatz {Substitutionsatome) oder zwischen den Gitterplatzen {Einlagerungsatome oder interstitielle Atome). Punktfehler wirken sich auf die spezifische Warmekapazitat und die elektrischen Eigenschaften aus. Von besonderer Bedeutung sind bei Halbleitern die Fremdstorstellen der Dotierung. 9.1.3.2. Linienfehler Die Linienfehler werden Versetzungen genannt. Bei Stufenversetzungen end en Gitterebenen wie Keile im Kristall. Die Gleitrichtung ist senkrecht zur Versetzungslinie (Symbol _L). Bei Schraubenversetzungen ist das Kristallgitter parallel zur Versetzungslinie um eine Netzebene (Abstand des Burgers-Vektor b) versetzt. Schraubenversetzungen lassen sich modellhaft so vorstellen, daB das Kristallgitter zur Halfte aufgeschnitten wird und die Schnittkanten z.B. um eine Gitterkonstante

640

9. Festkorperphysik

1^

5 -^ Cd

CD

CD

C/) >

c CD

c _J

3 J^ CD

•»-

CO

w

CO

O

•4=

CD

< D5

^>hi

^Z^

9.1. Struktur fester Korper verschoben werden. Im realen Kristall liegen die Versetzungen sowohl als Stufen- als auch als Schraubenversetzungen vor {gemischte Versetzungen). Die Versetzungsdichte wird in Lange je Volumen (cm/cm•^) angegeben. Sie liegt fur weichgegliihte Metalle beispielsweise zwischen lO^cm"^ und lO^cm"^ und kann durch Schmieden auf 10*^ cm~^ bis lO^^cm"^ gesteigert werden. Durch Versetzungen konnen Kristallebenen leichter gegeneinander verschoben werden. Dies wird deuthch, wenn eine Stufenversetzung mit einer FaUe im Teppich verglichen wird. Durch die Wanderung der Teppichfalte (der Stufenversetzung) wird der Teppich verschoben (der Kristall verformt). Diese Verschiebung des Teppichs (plastische Verformung des Kristalls) durch Wanderung der Falte (der Versetzung) ist mit viel geringerem Kraftaufwand moglich als die Verschiebung des ganzen Teppichs (der ganzen Netzebene). Die auBere Spannung, die zur Verschiebung einer Versetzung notwendig ist, liegt zwischen 0,lN/m2und 1 N / m l 9.1.3.3. Flachenfehler Hierbei handelt es sich um Fehler in den Grenzflachen der Kristallbereiche. Stapelfehler treten bei den dichtesten Kugelpackungen (Abschn. 9.1.2.2) auf, wenn entweder zusatzliche Stapelebenen eingefiigt oder entfernt werden. Komgrenzen sind die Grenzflachen zwischen Kristalliten, d.h. verschieden orientierten Kristallbereichen. Sie sind etwa 10}xm bis 100 |am groB und vor allem bei Vielkristallen (Polykristallen) gut zu erkennen. 9.1.4. Amorphe Werkstoffe Im Gegensatz zu kristallinen Festkorpern sind in amorphen Festkorpern die einzelnen Atome weitgehend unregelmaBig angeordnet. Daraus ergeben sich eine Vielzahl spezieller Werkstoffeigenschaften. Im folgenden ist die technisch bedeutsame Werkstoffgruppe der amorphen Legierungen beschrieben. Kiihlt man eine Legierung mit einer Abkiihlgeschwindigkeit von mehr als lO^K/s ab, friert die weitgehend ungeordnete amorphe Struktur der fliissigen Phase ein, und die Kristallisation unterbleibt. Dies wird durch das Schmelzspinnverfahren erreicht, bei dem die

641

fliissige Schmelze auf eine schnell rotierende (Umfangsgeschwindigkeit 10 m/s bis 50 m/s), sehr gut warmeleitende Trommel gespritzt wird und dort zu einem diinnen Band erstarrt. Dieses Verfahren erlaubt die kontinuierliche Herstellung von Bandern mit einer Dicke von 20 )im bis 50 |am und Bandbreiten von 1 mm bis 50 mm. Die amorphen Legierungen werden auch metallische Gldser genannt. Sie haben namlich einerseits die Eigenschaften von Metallen (z.B. elastisch bei hoher mechanischer Spannung, magnetisch weich, gut warme- und stromleitend) und andererseits die Eigenschaften von Glasern (z.B. mechanisch hart und sehr korrosionsbestandig). Wahrend Metalle eine kubische oder hexagonale Elementarzelle aufweisen, ist bei Glasern das in der Zellmitte befindliche Atomvolumen etwas kleiner als bei der hexagonalen Anordnung, so daB eine fiinfzahlige Symmetric entsteht, die auch bei metallischen Glasern beobachtet wird. Dadurch ist die fur Metalle typische dichteste Raumausfiillung nicht moglich. In Tabelle 9-2 sind einige amorphe Legierungen und ihre Eigenschaften wiedergegeben. Tabelle 9-2. Amorphe Werkstoffe und ihre Eigenschaften. Zusammensetzung (Atomprozent)

Eigenschaften

Eisen-Legierungen Fe(80) mit C, Si, B(20) z.B. Feg2Bi8

hohe Permeabilitatszahl

Eisen-Nickel-Legierungen Fe(40) und Ni(40) mit Si Oder B(20) Z.B. Fe4oNi4oB2o

kleine Koerzitivfeldstarke //c ^ 1 A/m

Kobalt-Nickel-EisenLegierungen Co, Ni, Fe(75) mit Si Oder B(25) Z.B. Co5oNi2oFe6Sii2Bi2 Fe32Ni36Cri4Pi2B6

sehr hart und korrosionsbestandig

Ti5oBe4oZrio

hohe Festigkeit bei geringer Dichte (4,13g/cm3)

642

9. Festkorperphysik

Amorphe Legierungen zeigen eine einzigartige Kombination von Festigkeit und Verformbarkeit. Es gibt metallische Glaser, deren Bruchgrenze dreimal groBer ist als diejenige von rostfreiem Stahl; hierbei ist die Ermiidungsfestigkeit vergleichbar mit hochwertigen Stahlen. Wegen der amorphen Struktur ist eine Verformbarkeit des Materials durch Wanderung von Versetzungen nicht moglich. Bei Zugbeanspruchung bricht die Probe so, daB die Bruchflache unter 45° zur Zugrichtung verlauft. In der Bruchebene sind Risse erkennbar, die, wie Bild 9-12 zeigt, unter dem Elektronenmikroskop erhaben wie BlutgefaBe aussehen und dem Bruchverhalten von Fetten ahnlich sind.

C, P und Si in der GroBenordnung von 15 bis 25 Atomprozent wird der amorphe Zustand erreicht (Tabelle 9-2). Die amorphen Legierungen zeigen eine extrem hohe Permeabilitatszahl (//r> 500000), eine kleine Koerzitivfeldstarke {H^ < 1 A/m) und sehr geringe Ummagnetisierungsverluste (z. B. 10 W/kg bei 0,2 T und 20 kHz). Somit gehoren sie zu den besten weichmagnetischen Materialien (Bild 4-104) und werden verwendet als - Transformatorenbleche, - magnetische Abschirmungen, - hartes Tonkopfmaterial, das zugleich schnell ummagnetisierbar ist, - magnetische Speicher aufgrund der schnellen und verlustfreien Ummagnetisierung und als - Fedem und Spannbander zwecks Verstarkung von Kunststoff und Gummi (z.B. Autoreifen).

9.1.5. Makromolekulare Festkorper

Bild9-12. Bruchfldchen von amorphem Band (VergroBerung 1800:1). Werkphoto: VAC. Die amorphen Legierungen sind wie die Glaser extrem korrosionsbestandig. Dennoch ist eine Behandlung der Oberflache durch galvanische Uberziige Oder durch Elektropolieren wie bei Metallen moglich. Die elektrischen und magnetischen Eigenschaften sind ebenfalls bemerkenswert. Die Resistivitat metallischer Glaser auf Fe-Ni oder Co-Ni-Fe-Basis liegt zwischen 1,2 (Q mm^)/m und l,5(Qmm^)/m und ist vergleichbar mit Edelstahl (1,12 (Q mm^)/m). In der Regel ist die Resistivitat zwei- bis dreimal groBer als bei vergleichbaren kristallinen Metallen. Der Temperaturkoeffizient der Resistivitat ist sehr klein und liegt im Bereich von -100-10~^K-^ bis 500-10~^K~l Es sind amorphe Legierungen mit einem Temperaturkoeffizienten von ungefahr null herstellbar. Ausgangsmetalle fiir magnetische Anwendungen sind die klassischen magnetischen Metalle Fe, Co und Ni. Durch kristallisationshemmende Zusatze von Al, B,

Aus sehr langen Molekiilen aufgebaute Festkorper sind makromolekulare Festkorper. Die einzelnen Bausteine werden durch die kovalente oder homoopolare Elektronenpaarbindung zusammengehalten (Abschn. 9.1.1.2). Wie Bild 9-13 zeigt, sind makromolekulare Festkorper Riesenmolekiile aus vielen Einzelatomen (z.B. Diamant) oder sie sind aus vielen einzelnen Molekiilen (Monomeren) zusammengesetzt. Der makromolekulare Festkorper kann amorph, teilkristallin oder kristallin sein. Es treten Faden-, Schicht- und Raumnetzstrukturen auf. Kristalline Fadenstrukturen sind bei den Elementen Schwefel (S), Selen (Se) und Tellur (Te) zu finden. Kristalline Schichtstrukturen sind typisch fiir die EleMakromolekularer Festkorper

I Riesenmolekijl aus einzelnen Atomen (z.B. Diamant)

Fadenstrukturen

/ieie kleine Molekule (Monomere)

1 1 Schicht-

1 1

Strukturen

RaumnetzStrukturen

unvernetzt (Thermoplaste)

1 organische Makromolekule (Kunststoff e)

1

amorph

—

-

Plexiglas

teilkristallin

—

-

Polyethylen (PE)

kristallin

S, Se, Te, PolyethylenEinkristalle

P, As, Sb, Bi, C als Graphit,

Bornitrid, 0 als Diamant, Ge, Si,Sn

Bild 9-13. Makromolekulare Festkorper.

weitmaschig vernetzt (Elastomere) engmaschig vernetzt (Duromere)

9.1. Struktur fester Korper

mente der Flinfergruppe des periodischen Systems, wie z. B. Phosphor (P), Arsen (As), Antimon (Sb) und Wismut (Bi) sowie Kohlenstoff (C) in der Graphitstruktur. Die wichtigste Werkstoffgruppe sind die hochpolymeren organischen Werkstoffe, die als Polymerwerkstoffe Oder Kunststoffe bekannt sind. 9.1.5.1. Struktur und Eigenschaften der Polymerwerkstoffe Die Polymerwerkstoffe entstehen durch chemische Reaktion {Polymerisieren) der Monomeren zu Makromolekulen. Bild9-14 zeigt dies am Beispiel von Polyethylen (PE). Durch Offnen der Kohlenstoff-Doppelbindungen des Monomers C2H4 kommt es zur Polymerisation: Es entsteht das Makromolekiil (CH2)nSolche Makromolekiile konnen linear oder kettenformig, verzweigt oder vernetzt sein (weitmaschig oder engmaschig); ihre Ordnung kann statistisch {Knduelstruktur) oder parakristallin gerichtet sein. Chemische Struktur

Kalotten - Modell

Ethylen (C2H4)

p^^^"^-""'"^ ,^,iiii|

H H I I

H H I I

H H I I

1 H

1 1 H H

1 1 H H

c=c 1 H

c=c

c=c

^iM;,, Polyethylen (CH2)n H H H H H H 1 1 1 1 1 1

-c-c-c-c-c-c1 1 1 1 1 1 H H H H H H

Bild9-14. Polymerisation von Polyethylen.

Die Lange der Makromolekule liegt zwischen 10~^mm und 10~^mm, und die Kettendicke betragt etwa 2 • 10"^ mm bis 3 • 10~^ mm. Da die Lange eines Makromolekiils nicht direkt zuganglich ist, wird als ErsatzgroBe die mittlere relative Molekiilmasse (Mj. = m^/u) verwendet. Sic betragt bei den Polymerwerkstoffen einige Tausend bis zu 7 Millionen. Die mittlere Molekiilmasse ist ein MaB fiir die Viskositdt des Werkstoffs. Eine groBe Molekiilmasse bedingt eine groBe Viskositat und umgekehrt.

643

Fiir das Werkstoffverhalten ist auch die Streubreite der Molekiilmasse (MolekUlmassenverteilung) maBgebend. Besteht beispielsweise ein Polymerwerkstoff nur aus Makromolekulen gleicher Lange, so zeigt er bei einer bestimmten Temperatur ein plotzliches Aufschmelzverhalten; besteht er dagegen aus unterschiedlich langen Makromolekiilen, dann zeigt er einen weiten Erweichungsbereich. Tabelle 9-3 zeigt die Einteilung der Polymerwerkstoffe in Thermoplaste, Elastomere und Duromere {Duroplaste) sowie die wichtigsten Eigenschaften. Thermoplaste sind schmelzbar, quellbar, loslich, schon mit geringem Energieeinsatz (ab 200 °C) wiederverwendbar und deshalb umweltfreundlich. Thermoplaste sind die gebrauchlichsten Polymerwerkstoffe. Unter den vielen Sorten bestreiten drei Werkstoffe zwei Drittel der Produktion aller Polymerwerkstoffe: die Massenkunststoffe Polyethylen (PE), Polyvinylchlorid (PVC) und Polystyrol (PS). Unter den Thermoplasten befmden sich auch Kunststoff-Fasem, die z.B. unter den Markennamen Nylon, Trevira und Dralon bekannt sind. Zu den Elastomeren werden nicht schmelzbare, nicht losliche, aber quellbare Polymerwerkstoffe gerechnet. Sie sind weitmaschig vernetzt und zeigen elastisches Verhalten. Die Vernetzung wird „Vulkanisieren'' genannt. Sie geschieht nach oder wahrend der Formgebung. Zu den Elastomeren zahlen die kiinstlichen Gummiwerkstoffe (Kunstkautschuk, z.B. Buna, Neopren) und Polyurethan (z.B. Bay flex, E las to Ian). Die Duromere sind im Gegensatz zu den Elastomeren hart, nicht schmelzbar, nicht quellbar, unloslich und wie die Elastomere nicht umweltfreundlich, da sie nicht wiederverwendbar sind. Man kann sie jedoch iiber die Verschwelung (Pyrolyse) zur Energieerzeugung heranziehen. Zu ihnen zahlen beispielsweise die Bakelite, Formaldehydharze und Expoxidharze (EP). Epoxidharze werden auch faserverstarkt als spezielle Hochleistungswerkstoffe, z.B. zur Herstellung der Rotorblatter fiir Hubschrauber und von ahnlich hochbeanspruchten Teilen, eingesetzt.

644

9. Festkorperphysik

Tabelle 9-3. Kunststoffe (Polymerwerkstoffe). ^^^^olymerwerkstoff Thermoplaste

Elastomere

Duromere

Charak- ^ ^ ^ ^ teristik ^"^--.^^ Schmelzverhalten

schmelzbar

nicht schmelzbar

nicht schmelzbar

Quellverhalten

quellbar

quellbar

nicht quellbar

Loslichkeit

loslich

nicht loslich

nicht loslich

Struktur

Molekulknauel, unvernetzt, amorph, teilkristallin

weitmaschig vernetzt, amorph, teilkristallin

engmaschig vernetzt

Umweltfreundlichkeit

wiederverwendbar (200 °C)

nicht wiederverwendbar (pyrolisierbar)

Verarbeitung

alle Verfahren

alle Verfahren, Formgebung vor oder wahrend der Vemetzung („Vulkanisieren'*)

Beispiele

Polyethylen (PE), Buna, Kautschuk, Polyvinylchlorid (PVC), Silicon Rubber (SIR), Polystyrol (PS), Polychloropren (CR), Poly amid (Nylon, Perlon), Neopren Polyester (Trevira), Polyacrylnitril (Dralon), Polycarbonat (Macrolon)

9.1.5.2. Spezielle Eigenschaften der Polymerwerkstoffe Die Eigenschaften der Polymerwerkstoffe sind sehr stark abhangig von der Temperatur, der Zeit, der Hohe und der Art der Beanspruchung. Zudem werden diese Werkstoffe von der Umgebung, z.B. von Losungsmitteln und der UV-Strahlung, beeinfluBt. Aus der Vielzahl der Eigenschaften sei im folgenden das mechanische Verformungsverhalten ausgewahlt. Bild9-15a zeigt SpannungsDehnungs-Kurven von Polystyrol in Abhangigkeit von der Beanspruchungsgeschwindigkeit und Bild9-15b in Abhangigkeit von der Temperatur. Bei hoher Belastungsgeschwindigkeit (500 mm/s) und tiefer Temperatur ( - 4 0 ° C ) zeigt Polystyrol ein relativ sprodes Verhalten, weil die Umlagerung der Makromolekule verhindert wird. Bei geringer Belastungsgeschwindigkeit (0,1 mm/s) und hoher Temperatur (80 °C) sind Umlagerungen moglich, so dafi zdhes Verhalten auftritt. Bild

Pressen, SpritzgieBen, Formgebung wahrend der Vernetzung („Hartung") Phenolformaldehyd, Melaminformaldehyd, Hamstofformaldehyd, (ungesattigter Polyester) (UP), Epoxidharz (EP)

9-15 soil verdeutlichen, daft fiir Polymerwerkstoffe die alleinige Angabe von Werkstoffkennwerten (z.B. Zugfestigkeit) nicht ausreicht. Es ist vielmehr notwendig, die entsprechende Temperatur und die Belastungsgeschwindigkeit mit anzugeben. Die Werkstoffkennwerte von Kunststoffen (z.B. Zugfestigkeit) bleiben nicht konstant, sondern andem sich mit der Belastungsdauer (Kriechverhalten). Deshalb ist die Kenntnis des Zeitstandsverhaltens von Polymerwerkstoffen wichtig. Bild 9-16 zeigt fur einige Polymerwerkstoffe die Zugfestigkeit in Abhangigkeit von der Temperatur: Die Zugfestigkeit nimmt mit steigender Temperatur betrachtlich ab. Eine weitere Besonderheit von Polymerwerkstoffen ist der Abbau der Zugfestigkeit bei UV-Einstrahlung. Nur Polytetrafluorethylen (PTFE) weist keine UV-Abhangigkeit der Zugfestigkeit auf. Alle anderen Kunststoffe

9.1. Struktur fester Korper a)

645

b) 70T-

Polystyrol 4 7 5 K | kschlagfestes Polystyrol)

N/mm 6050

70 N/mm1^ 60 Pruftemperatur - 4 0 °C 1 1 50

V-^' -20

Dehngeschwindigkeit - 5 0 0 mm/min

140-

1

130

Polystyrol 475 K | (schlagfestes Polystyrol)

°C ^+20°

: - + 4 0 °C

1

20 10-

^+60°

|K--

: + ^ °c

010

15

20 25 30 Dehnung

35

40

10

45%50

20

30

4 0 50 6 0 Dehnung

70

80

90%100

Bild9-15. Spannungs-Dehnungs-Diagramme von Polystyrol: a) bei verschiedenen Dehngeschwindigkeiten und b) bei verschiedenen Priiftemperaturen. 80T

N/mm'

(9-4) Hierin ist e^x der elastische Dehnungsanteil, EQ der Elastizitatsmodul fiir den elastischen Bereich und TJQ die statische Viskositat. DemModell

Verhalten

•eel

-60-40-20

0

20

40

60 80

100 120°C

Temperatur ABS GF-PA PC PE PMMA PP PUR

Feder: Elastisches Verhalten (Hooke)

r d T i o — Ev

Acrylnitril -Butadlen-Styrol-Polymerisat Polyamid, glasfaserverstarkt Polycarbonat Polyethylen PoJyacrylat Polypropylen Polyurethan

eei

Maxwell-Modell: Elastisch-viskoses (piastisches) Verhalten

JTIO-

Bild9-16. EinfluB der Temperatur auf die Zugfestigkeit einiger Kunststoffe.

konnen durch Zusatz von Stabilisatoren weitgehend UV-bestandig gemacht werden. Das Verformungsverhalten kann durch eine Kombination des elastischen Verhaltens (Feder nach Hooke) mit einem viskosen Verhalten (Dampfungsglied nach Newton) modellhaft erklart werden (Rheologie). Bild9-17 zeigt die unterschiedHchen Modelle und das zugehorige Dehnungsverhalten. Das MaxwellModel! beschreibt das elastisch-viskose Verhalten:

Dampfungsglied: Viskoses Oder piastisches Verhalten (Newton)

a+^ = Ee

"Wri,-

E,<

Voigt-Kelvin-Modell: Viskoelastisches Verhalten (relaxierendes Verhalten)

1 {^-e")o.u

it)

Burger-Modell: ^Tl,—

Er:

?

%-

I e = (^ + l+l(1-e"))aoiy(0

Bild 9-17. Verformungsverhalten von Kunststoffen.

646

9. Festkorperphysik

nach steigt die Zugspannung cTges mit zunehmender Belastungsgeschwindigkeit v = de/dt an (Bild9-15a). Das visko-elastische Verhalten {relaxierendes Verhalten) wird durch das Voigt-Kelvin-Modell erklart. So werden die Gummielastizitdt von Kautschuk und Relaxationsvorgange (z. B. Kriechen) verstandlich.

T = rjjE^ ist die Relaxationszeit, wobei E^ der Elastizitatsmodul, rj^ die dynamische Viskositat im Relaxationszustand und u(t) eine Sprungfunktion ist.

Das Vier-Parameter-Modell von H. BURGER

9.1.6.1. Verbundwerkstoffe Werden verschiedene Werkstoffe zu einem Verbundwerkstoff vereinigt, dann lassen sich die unterschiedlichen Eigenschaften der beteiligten Werkstoffe kombinieren. Beispielsweise zeigt stahlfaserverstarktes Kupfer sowohl eine hohe Festigkeit (Stahl) als auch eine gute elektrische Leitfahigkeit (Kupfer). Haufig werden folgende Werkstoffgruppen zu Verbundwerkstoff en kombiniert:

9.1.6. Ausgewahlte Werkstoffe

gestattet die Beschreibung des Verformungsverhaltens eines Polymerwerkstoffs. Die Gesamtdehnung «?ges ist die Summe aus der elastischen Dehnung £eb der Relaxationsdehnung e^ und der viskosen Dehnung e^. Mit den entsprechenden Ausdriicken ergibt sich die zeitabhangige Dehnung:

Vs(0 =

_EQ

no

-')]

E\

— Metalle und Polymere, — Metalle und Keramik sowie — Polymere und Keramik.

(9-5)

V e r b u nd w e r k s t o f f e 1

1 Schichtverbund

Einteilung und Anwendung

l " ^ ]

Teilchenverbund

1

M VerschleiBschutzschichten 1 M fiochwarmfester Verbund n (Basis Ni. Co) M Korrosionsschutzschichten

j

M Thermobimetalle

1 M elektrische Kontakte

II (Fe Ni/Fe Ni)

| ll (Ag/CdO)

h Kontaktbimetalle II (Edelmetall/Cu. Ni)

| M hartmagnetischer Verbund j | ll (Fe Co in Pb / Sb-Matrizen) |

H Doubl6

M Kunststoff-Metall-Verbund 1 (Graphit in Elastonneren)

|

N

Hartmetalle

|_|

elektrische Kontakte

1 [j U

(W/Cu,WC/Ag) Elektrodenwerkstoffe

| j

H sonstige - Leiterwerkstoffe (Cu/AI) - Federwerkstoffe (Cu/Zinnbronze) - Manteldrahte (Ni-Mantel/Cu-Kern)

PreBschweiBen, Walzplattieren, VerbundgieBen, Schmeiztauchen, galvanisches Beschichten, Bejschiciiten durch Aufdampfen

Faserverbund

M ll 11 M II M M M

iMtlll

Leichtbau-Verbund (Basis Mg, Al, Ti)

j 1 j |

warmfester Verbund (Basis Al, Ti)

11

hochwarmfester Verbund 11 (Basis Ni, Co)

M

Kontaktwerkstoffe

n

(Ag.cu)

1

11 11

Magnetwerkstoffe (Fe, Ni, Co)

1 1

M

Leiterwerkstoffe

n

(Ag. Cu)

Pulvermetallurgische Verfahren, DIffusionsreaktionen (innere Oxidation), schmelzmetallurgische Sonderverfahren, elektrolytische Verfahren

Sintertrank-Verfahren Tauchtranken Auflagetranken Unterlagetranken

M

Halbleiter

|

(Ge. Si)

1

Fasern vorgefertigt

| |

|

- Infiltrationstechnik - Strangpressen - Folienplattieren - Plasmaspritzen - ExplosivschweiBen 1 Fasern im HerstellungsprozeB 1 - Ziehverfahren (Verformung von Manteldrahten) - gerichtete Erstarrung eutektischer Legierungen - Whiskereinlagerung

Bild9-18. Einteilung der Verbundwerkstoffe.

1

n

j j Supraleiter 1 (NbTi, NbZr, NbgSn)

- lotplattierte Werkstoffe

Herstellungsverfahren

1

Durchdringungsverbund pEfA

('.'. '''ll

9.1. Struktur fester Korper

Kombinationen aus gleichartigen Werkstoffgruppen bezeichnet man als Stoffverbunde (z. B. kohlenstoffaserverstarkter Kohlenstoff, SiC-Faser in SiC). Bild9-18 vermittelt einen Uberblick liber die Verbundwerkstoffe, ihre Einteilung und Anwendungsbereiche sowie ihre Herstellungsverfahren. Nach der raumlichen Anordnung der Komponenten lassen sich die Verbundwerkstoffe in vier Gruppen einteilen: — Schichtverbundwerkstoffe (schichtformiger Aufbau der Komponenten), — Teilchenverbundwerkstoffe (in einer Matrix eingebettete kleine Teilchen), — Durchdringungsverbundwerkstoffe (zusammenhangende Geruste der beteiligten Komponenten, z.B. Tranklegierungen), — Faserverbundwerkstoffe (in einer homogenen Grundmasse eingebettete Fasern).

647

erfiillt. Vielfach sind die Kontaktwerkstoffe selbst wiederum Verbundwerkstoffe (Teilchen-, Durchdringungs- oder Faserverbundwerkstoffe), so Z.B. Ag/CdO. Bild9-19 zeigt das Gefuge des dreifachen Kontaktverbundwerkstoffes Silber/Cadmiumoxid (AgCdlO) in der Folge AgCdlO/AgCd/Cu.

Schichtverbundwerkstoffe Aus der Vielzahl der Schichtverbundwerkstoffe seien nur einige wichtige Anwendungsfalle genannt. Fiir Schichtverbundwerkstoffe in der Elektro- bzw. Warmetechnik ist die elektrische Leitfdhigkeit bzw. die Wdrmeleitfdhigkeit von Bedeutung. Die elektrische Leitfahigkeit ist stark richtungsabhangig. Senk- Bild 9-19. KontaktverbundwerkstoffAgCdOlO/AgCd/ recht zu den Schichten sind die Widerstande Cu (VergroBerung 126:1). der Einzelschichten in Reihe und parallel zu Werkphoto: RAU. den Schichten parallel geschaltet. Analoges gilt fur die Warmeleitfahigkeit. Kontaktbimetalle bestehen aus einem KonThermobimetalle bestehen aus zwei Werkstoftakttrager aus einem Unedelmetall (z.B. Cu) fen unterschiedlicher Warmeausdehnung. Die und einem an geeigneter Stelle aufgebrachten Komponente mit der kleineren WarmeausKontaktwerkstoff aus Edelmetall (z.B. Ag, dehnung (a ^ 5 • 10"^ K"') wird passive KomAu). Der Kontakttrdgerwerkstoff soW eine gute ponente, die mit der groBeren Warmeausdehelektrische und thermische Leitfahigkeit, gute nung (a ^ 15 • 10"^ K"^) aktive Komponente Festigkeits- und Federeigenschaften, hohe Er- genannt. Thermobimetalle finden in folgenweichungs- und Dauerverwendungstempera- den Gebieten Anwendung: turen sowie gute Verarbeitungseigenschaften aufweisen. Die wichtigsten Tragerwerkstoffe — MeBtechnik (z.B. als Thermometer oder Temperatursind Kupferlegierungen (z.B. Messing und schreiber), Zinnbronze). Der Kontaktwerkstoff soil einen niedrigen, vor allem aber konstanten Uber- — Elektrotechnik gangswiderstand aufweisen. Diese Forderung (z.B. als Schutzschalter oder als Regler im wird nur von Werkstoffen auf Edelmetallbasis Biigeleisen),

648

9. Festkorperphysik

— Energietechnik (z.B. als Temperaturregler im Warmwassermischer), — Automobilbau (z. B. als Kiihlwasser- oder Lichtmaschinenregler). Teilchenverbundwerkstoffe Bei den Teilchenverbundwerkstoffen werden unlosliche metallische oder nichtmetallische Teilchen in eine metallische oder nichtmetallische Matrix eingebettet. Sind es harte Teilchen (z.B. Carbide, Oxide oder Silicide) in einer weichen Matrix, so tritt wegen der Behinderung von Versetzungswanderungen eine Festigkeitszunahme ein {Dispersionshdrtung). Fiir elektrische Kontakte benutzt man einen Silber-Cadmium-Verbundwerkstoff. Bild 9-20 zeigt das Schliffbild des Teilchenverbundwerkstoffs AgCdOlO, hergestellt durch innere Oxidation.

Bild9-2L Metallische Kugeln in einer Kunststoffmatrix (Kugeldurchmesser etwa 50 jum). Werkphoto: RAU. lenstoff- oder Silberkugeln (etwa 50 [im Durchmesser) in Silikonkautschuk, Polyurethan oder Neopren. Bild 9-21 zeigt einen vergroBerten Ausschnitt. Sehr wichtige Anwendungen sind Druckfiihler und Bauelemente mit lokaler Leitfahigkeit gemaB Bild 9-22a, z.B. fiir Folientastaturen. Wird der Druck auf einen solchen Verbundwerkstoff groBer, dann vergroBern sich auch die metallischen Beriihrungsflachen. Bild 9-23 zeigt die Druckabhangigkeit des elektrischen Widerstands. Bei der lokalisierten Leitfahigkeit (Bild 9-22 b) erzeugt man nur an der Stelle des Drucks eine Leitfahigkeit des Materials. Zur Zeit ist es moglich, auf einer Flache von 1 cm^ etwa 50 unabhangige Schalter unterzubringen. a)

Druck

^y^

40 V max-

Bild 9-20. Inneroxidierter MehrschichtverbundwerkstoffAgCdOlO (VergroBerung 120:1). Werkphoto: RAU.

'

Lastwiderstand (1A max)

^^^ ^ leitende Flatten ^ Isolator ^ leitender Kunststoff

b)

Wegen der guten Hochtemperatureigenschaften finden disperionsgehartete Legierungen Anwendung beim Herstellen von Turbinenschaufeln oder bei Geraten in der Glasherstellung. Mit Kunststoff-Metall-Verbundwerkstoffen konnen leitende Elastomere hergestellt werden: Man bettet metallisch leitende Koh-

^^^x^l,-^

'£

^

{££^ K l_c l_l^

(9/f\\ {^/

L I^ 1

/

Bild 9-22. a) Druckfiihler mit leitfdhigem Kunststoff, schematisch, und b) lokalisierte Leitfahigkeit in leitfdhigem Kunststoff (nach RAU).

9.1. Struktur fester Korper

649

mechanisch durch Strecken von Teilchen beim Strangpressen). Die festigkeitssteigernde Wirkung der Faserverbundwerkstoffe beruht nur bedingt auf der Behinderung von Versetzungsbewegungen. In groBerem MaB wird die Fahigkeit der hochfesten Fasern, einen Teil der Krafte bzw. Spannungen zu ubernehmen, ausgenutzt. Bei paralleler Einlagerung der Fasern und ausreichender Bindung zwischen Faser und Matrix gilt, daB die Dehnung der Faser und der Matrix gleich ist. Dann ist die Gesamtspannung des Verbundwerkstoffes gleich der Summe aus den Spannungen der Matrix und der Faser:

Druck

10^ Pa

Bild9-23. Druckabhdngigkeit des elektrischen Widerstandes eines leitfdhigen Kunststoffes.

Durchdringungsverbundwerkstoffe Diese Werkstoffgruppe wird bei Hochleistungskontakten eingesetzt. Die hochschmelzende Komponente ist beispielsweise ein Wolframgeriist, das mit Kupfer oder Silber getrankt ist. Die Verdampfung des niedrig schmelzenden Kupfers kiihlt das hoher schmelzende Wolframgeriist, so daB dieser Durchdringungsverbundwerkstoff sogar abbrandfester ist als reines Wolfram. Als Schweifielektrode findet Wolfram getrankt mit Thoriumoxid oder anderen Oxiden Einsatz. Fiir wartungsfreie Gleitlager verwendet man porose Sinterwerkstoffe (z.B. PbSnlO), die mit Ol oder einem anderen Gleitmittel getrankt sind. Sind die Geschwindigkeiten nicht allzu groB, so reicht das in den Poren befindliche Gleitmittel zur Schmierung aus.

Die GroBe G^ bzw. Of ist die Spannung der Matrix bzw. der Faser und V^ bzw. Ff der Volumenanteil der Matrix bzw. der Faser. Auf diese Weise ist es moglich, die Spannungs-Dehnungs-Kurve des Faserverbundwerkstoffes aus den entsprechenden Kurven

Faserverbundwerkstoffe Dies sind Werkstoffe, bei denen kontinuierliche (Endlosfasern) oder diskontinuierliche (Kurzfasern) metallische oder nichtmetallische Fasern in eine metallische oder nichtmetallische Matrix eingebettet sind. Die faserverstarkten Polymerwerkstoffe sind in Abschn. 9.1.5 und die Filament-Supraleiter in Abschn. 9.2.4 beschrieben. Die Fasern konnen vorgefertigt sein oder wahrend der Herstellung des Verbundwerkstoffs entstehen (z.B. thermisch durch gerichtete eutektische Erstarrung oder

Bild 9-24. Saphir (AI2O3)- Whiskers. Werkphoto: RAU.

650

9. Festkorperphysik

des Faser- bzw. des Matrixmaterials zusammenzusetzen. Analog gilt fiir den Elastizitatsmodul ^ges •

E^V^ + E.Vr.

Die hochsten Zugfestigkeitswerte (etwa 30 000 N/mm^) werden von einkristallinen Fasern (Whiskers) erreicht. Bild 9-24 zeigt SaphirWhiskers vergroBert. Ein wichtiges Einsatzfeld von Faserverbundwerkstoffen ist der Leichtbau in Fahr- und Flugzeugen, wo eine groBe Festigkeit und Steifigkeit bei geringem Gewicht gefordert werden. Zur Anwendung

kommen z.B. Aluminiumlegierungen mit Bor-, SiC- Oder C-Fasern. Ein kostengiinstiger Faserverbundwerkstoff fiir elektrische Kontakte ist der Silber-Nickelbzw. der Silber-Kohlenstoff-Faserverbundwerkstoff, dargestellt in Bild 9-25. Dieser Werkstoff wird durch Biindeln von Manteldrahten hergestellt. Durch die Anzahl der Manteldrahte und die Biindelungsvorgange konnen die erforderlichen Faserdurchmesser eingestellt werden (zwischen 5 • 10"^ m und lO'^^m). Aus solchen Verbundwerkstoffen stellt man Kontaktteile nach konventionellen Herstellungsverfahren, z.B. durch Pressen, Walzen und Loten, her. 9.1.6.2. Formgedachtnis-Legierungen Formgedachtnis-Legierungen (Memory-Legierungen) zeigen eine temperaturabhangige Formanderung. Dieser Formgedachtnis-Effekt beruht auf einer martensitischen Phasenumwandlung zwischen den geordneten Gitterstrukturen der Hochtemperaturphase {Austenit) und der Niedertemperaturphase (Martensit). Wegen der geringen inneren Spannungen ist diese Phasenumwandlung nahezu vollstandig reversibel. Memory-Legierungen zeigen auBer dem Formgedachtnis-Effekt noch weitere Sondereigenschaften, wie z.B. hohes Dampfungsvermogen und superelastisches Verhalten. In

Bild 9-25. Kontaktniet aus Faserverbundwerkstoff Ag-Ni20. Werkphoto: RAU. Einwegeffekt

Zweiwegeffekt

All-Round-Effekt

Verformung

reversible Verformung

Starke Verformung mit irreversiblem Anteil

Starke Verformung und Alterung

Temperaturanderung

Enwarmen (Austenit)

Erwarmen (Austenit)

Abkuhlen (Martensit)

Ausgangslage Martensit

o

^ ^

Abkuhlen (Martensit)

Bild 9-26. Formgedachtnis-Legierungen.

---^^

n

Abkuhlen (Martensit)

o o

Erwarmen (Austenit)

9.1. Struktur fester Korper

Bild 9-26 sind die drei moglichen Arten des Formgedachtnis-Effekteszusammengestellt:

Aufheizen

— Einwegeffekt Martensitisches Ausgangsmaterial wird reversibel verformt, z.B. durch Verschieben von Zwillingsgrenzen. Nach der Erwarmung iiber die austenitische Umwandlungstemperatur stellt sich die unverformte Ausgangslage wieder ein. Eine weitere Formanderung nach der Abkuhlung ist nicht moglich. — Zweiwegeffekt Martensitisches Ausgangsmaterial wird iiber den reversiblen Anteil hinaus zusatzlich durch Versetzungsbewegung, d.h. irreversibel, verformt. Bei Erwarmung iiber die austenitische Umwandlungstemperatur hinaus entsteht eine bestimmte Hochtemperaturform und bei Abkiihlung eine entsprechende Niedertemperaturform. Diese Umwandlung kann nahezu beliebig oft wiederholt werden. — All-Round-Effekt Diese Erscheinung tritt nur bei speziellen NiTi-Legierungen auf. Martensitisches Ausgangsmaterial wird verformt und bei 400 °C bis 500 °C getempert. Die Abkuhlung und die anschlieBende Erwarmung haben eine vollige Formumkehr zur Folge. Diese Umwandlung kann nahezu beliebig oft wiederholt werden.

AbkiJhlen

I "cy^y^-

I

20mm

Bild 9-27 zeigt eine Druckfeder und einen Biegestreifen mit Zweiwegeffekt aus einer Cu-Zn-Al-Legierung. In Tabelle 9-4 sind die Werkstoffeigenschaften der drei heute technisch anwendbaren Memory-Legierungen NiTi, Cu-Zn-Al und Cu-Al-Ni zusammengestellt. Sie weisen folgende Besonderheiten auf: — groBes Arbeitsvermogen je Volumeneinheit; — vollstandige Formanderung innerhalb eines kleinen Temperaturbereichs; — unterschiedliche Bewegungsarten moglich, z. B. Driicken, Ziehen, Biegen, Drehen; — Formanderung kann auf bestimmte Bereiche des Bauelements beschrankt werden.

^^ ~~~-----.-____^^ Legierung Eigenschaft ~~~~^~~~~~-~-~-~ ____^

NiTi

Cu-Zn-Al

Cu-Al-Ni

Dichte in g/cm^

6,4 bis 6,5

7,8 bis 8,0

7,1 bis 7,2

elektrische Leitfahigkeit in 10^ S/m

1 bis 1,5

8 bis 13

7 bis 9

maximale As-Temperatur in °C

120

120

170

maximaler Einwegeffekt in %

8

4

5

maximaler Zweiwegeffekt in %

5

1

1,2

tJberhitzbarkeit in °C

bis 400

bis 160

bis 300

Zugfestigkeit in N/mm^

800 bis 1000

400 bis 700

700 bis 800

40 bis

1

Bild9-27. Druckfeder und Biegestreifen mit Zweiwegeffekt aus einer Cu-Zn-Al-Legierung. Werkphoto: RAU.

Tabelle 9-4. Eigenschaften von Memory-Legierungen.

Bruchdehnung in %

651

50

10 bis 15

5 bis

6

652

9. Festkorperphysik

Einsatzmoglichkeiten gibt es in der Elektrotechnik zum Anzeigen, Messen und Regeln, in der Warme- und Installationstechnik sowie im Apparate-, Maschinen- und Automobilbau. Eine bemerkenswerte Anwendung ist eine Warmekraftmaschine, bei der die Formanderung der Memory-Legierungen iiber eine Kurbelwelle in eine Drehbewegung umgesetzt wird. Auch in der Medizintechnik sind Einsatzmoglichkeiten gegeben, z.B. Zusammenfiigen von gebrochenen Knochen durch spreizbare Nagel oder Heilung von Riickgratverkriimmungen durch einen Stab aus einer Memory-Legierung, der sich bei einer Abkiihlungsbehandlung streckt. 9.1.7. Flussigkristalle 9.1.7.1. Aufbau und Struktur Flussigkristalle werden von langgestreckten Molekiilen meist aromatischer Verbindungen gebildet. Sie befinden sich in einem Zwischenzustand {Mesophase) zwischen dem festen, kristallinen, anisotropen Zustand eines Festkorperkristalls und dem beweglichen, fliissigen, isotropen Zustand einer Fliissigkeit. In Flussigkristallen sind zwei unterschiedliche Ordnungsstrukturen moglich: einerseits die Bezeichnung

nematische Flussigkristalle (fadenformig)

von Festkorpern her iibliche regelmaBige Anordnung der Massenmittelpunkte (in diesem Fall Molekiilschwerpunkte) und andererseits die Ordnungsmoglichkeiten in bezug auf die Achse der Molekiile. Je nach Ordnungsstruktur unterscheidet man nematische (fadenformige), cholesterinische (von Cholesterin abstammend) und smektische {seifenartige) Flussigkristalle. Bild 9-28 zeigt die Ordnungsstruktur, die chemische Zusammensetzung und die Anwendungsbereiche ausgewahlter Flussigkristalle. Bei den nematischen Flussigkristallen sind die Molekiilschwerpunkte keiner Ordnung unterworfen, nur die langgestreckten Achsen der organischen Molekiile sind parallel ausgerichtet. Die cholesterinischen Fliissigkristalle weisen verdrillte nematische Strukturen auf, d.h., die Vorzugsrichtung der langgestreckten Molekulachsen andert sich von Ebene zu Ebene schraubenf5rmig. Es entsteht eine Helix mit konstanter Ganghohe (teilweise in der GroBenordnung der Wellenlange des sichtbaren Lichts). Smektische Fliissigkristalle zeigen noch einen Teil der Ordnung der Molekulschwerpunkte. Diese sind in bestimmten Ebenen angeordnet; die Molekiilachsen sind in der Regel parallel.

cholesterische Flussigkristalle (von Cholesterin)

smektische Flussigkristalle (seifenartig)

Ordnung

ii !i I I I

III iiiiii II Hill ill Hill

/\\\\\\\\\\\\y

nil HHllI Langsachsen parallel Substanzen

CH30-0-CH = N-Q-C4H9

(4 - Methoxybenzyliden 4'- butylanilin; MBBA) C2H5O-O-CH = N - O - c s N

Helix konstanter Ganghohe CH3 CH3 CHo I I CH—CH2~ CH2~CH2~CH

-ccS^-

(Cholesterylchlorid; CC)

(p - Ethoxybenzyliden 4'- aminobenzonitril; PEAB) (p-Azoxyanisol; PAA) Anwendungen

Bild 9-28.

Molekulspektroskopie, Anzeigetechnik

Flussigkristalle.

Temperaturanzeige, Thermotopographie, Farbanzeige

Molekulschichten (Langsachsen parallel)

C 2 H 5 - O O C - O - N = N-O-0OOC2H5

CH3

(4,4'- Dicarbethoxyazobenzol)

9.1. Struktur fester Korper 9.1.7.2. Eigenschaften Die Fliissigkristalle weisen ein besonderes Verhalten in ihren mechanischen, optischen und insbesondere elektrooptischen Eigenschaften auf. Mechanische Eigenschaften Fliissigkristalle haben eine von der Substanz und der Temperatur abhangige Viskositdt, die wegen der Orientierung der Molekiilachsen stark anisotrop ist; bei Stromung in Orientierungsrichtung ist sie gering und senkrecht dazu sehr groB. Eine weitere Besonderheit ist die Orientierungselastizitdt. Durch eine auBere Storung (z. B. durch ein elektrisches Feld) konnen die Molekiilachsen verschoben werden; nach dem Aufheben dieser Storung stellt sich der friihere Zustand wieder ein. Optische Eigenschaften Besonders cholesterinische Fliissigkristalle zeigen eine Doppelbrechung, die bis lOOmal groBer ist als die von Quarz. Eine weitere Eigenschaft ist die Moglichkeit der selektiven Totalreflexion, wenn die Ganghohe der Helix in der GroBenordnung der Wellenlange von Licht liegt. Fiir die reflektierte Wellenlange gilt ?.^ = p n miip als Ganghohe der Helix und n als mittlerer Brechungsindex des Fliissigkristalls. Die Ganghohe ist abhangig von Druckund Temperaturanderungen sowie beeinfluBbar durch elektrische und magnetische Felder. Somit ist eine elektrisch gesteuerte Farbumschaltung moglich. Elektrooptische Eigenschaften Besonders wichtige elektrooptische Effekte sind auBer den erwahnten Farbeffekten die Streu- und Orientierungseffekte. Ohne elektrisches Feld sind die Fliissigkristalle nicht streuend und transparent; beim Anlegen eines elektrischen Feldes tritt Streuung auf und der Fliissigkristall wird milchig triib. Die Orientierungseffekte beschreiben die Vorgange bei der Umorientierung homogener Schichten. Eine WerkstoffkenngroBe ist hierbei die Permittivitdtszahi Ist diese in Molekiilachsenrichtungen groBer als in senkrechter Richtung, dann liegt eine positive Anisotropie vor, im umgekehrten Fall eine negative. Im ersten Fall richten sich die Molekiilachsen parallel

653

zum elektrischen Feld aus, im zweiten Fall senkrecht zum elektrischen Feld. Durch Einund Ausschalten eines elektrischen (bzw. magnetischen) Feldes konnen die Molekiile um 90° gedreht werden, so daB sich ihre optischen Eigenschaften andern {Schadt-HelfrichDrehzelle,BM6-\\5).

9.1.7.3. Anwendungsbereiche Wie Bild 9-28 zeigt, finden vor allem nematische und cholesterinische Flussigkristalle Anwendung. Aus der Vielzahl der Anwendungsbereiche seien die Thermotopographie, die MolekiAlspektwskopie und das groBe Gebiet der Anzeigetechnik angefiihrt. Thermotopographie Wenn die Ganghohe der Helix eines cholesterinischen Fliissigkristalls temperaturabhangig ist, wechselt der Fliissigkristall in bestimmten Temperaturbereichen die Farbe. Dadurch wird eine Temperaturmessung auf Oberflachen mdglich. Es kommen Fliissigkristallschichten zum Einsatz, die 20 |im dick sind. Zur Ausschaltung der Reflexion an der Oberflache sind sie mit einem schwarzen Lack (oder einer schwarzen Folie) iiberzogen. Auf diese Weise konnen Temperaturunterschiede von bis zu 0,007 K (meist bis 0,1 K) gemessen werden, und die Ansprechzeiten 1/30 s gestatten eine dynamische Beobachtung. Solche Warmebilder finden Einsatz in der zerstorungsfreien Werkstoffpriifung. Beispielsweise konnen dadurch Materialeinschliisse, Klebe- und SchweiBfehler sowie Werkstoffermiidungen festgestellt und der Temperaturverlauf in elektronischen Bauelementen verfolgt werden. In der Medizin erlaubt die Thermotopographie Riickschliisse auf Durchblutungsverlaufe sowie die Diagnose von Tumoren. In der Optik konnen die Schwingungsanteile von Infrarotlasem sichtbar gemacht werden. Molekiilspektroskopie Da die Fliissigkristalle ihre eigene Orientierungsrichtung anderen Molekiilen aufzwingen, kann in der Molekiilspektroskopie eine hohe Auflosung erzielt werden. Die Molekiile werden ausgerichtet, die statistische, raumlich isotrope Bewegung unterdriickt und damit die Linienbreiten der Molekiilspektren vermindert. Fliissigkristalle werden deshalb in fast alien spektroskopischen Untersuchungsverlahren eingesetzt, z.B. in der Fluoreszenz (UV)-, Infrarot (IR)-, Kemresonanz (NMR)-, Elektronenspinresonanz (ESR)- und MoBbauer-Spektroskopie sowie bei der Gaschromatographie.

654

9. Festkorperphysik

Anzeigetechnik

ublicherweise eine Einteilung der Stoffe nach Bild 9-29 in

Dieser Bereich ist das zur Zeit bedeutendste technische Anwendungsfeld fur Fliissigkristalle (prinzipieller Aufbau, s. Abschn. 6.4.2.4, Bild6-115 und Bild6-116). Die Flussigkristallanzeige (LCD, Liquid Crystal Display) hat folgende Vorzuge:

- Letter mit Q< 10"^ Q m, - Halbleiter mit 10"^ Q m < ^ < 10'^ Q m und - Isolatoren mit Q> 10^ Q m.

- geringer Stromleistungsbedarf (2 nW/cm^ bis 100 |aW/cm^, Batteriebetrieb moglich); - kleine Betriebsspannungen (3 V bis 100 V; kombinierbar mit integrierten Schaltungen); - sehr kleine Stromdichte (10~^A/mm^ je Bildpunkt; groBflachige Anzeigen moglich); - mehrfarbige Anzeigen; - Speicherung von Informationen durch Mischung geeigneter Fliissigkristalle sowie - grofier Helligkeitsbereich und groBer Kontrast, da kein Eigenlicht abgestrahlt wird.

Der spezifische Widerstand einzelner Werkstoffe zeigt eine ausgepragte Abhangigkeit von der Temperatur (Bild 4-7), dem Druck und anderen Parametern. Beispielsweise wird die Resistivitat von reinem Germanium von 45 Q cm auf etwa 10"^ Q cm vermindert, wenn nur ein Fremdatom einer Million Germaniumatome zugefiigt wird. Die Deutung dieser Eigenschaften erfordert eine genauere Kenntnis der elektronischen Struktur der Festkorper.

Nachteilig ist, daB die Anzeige als nicht selbstleuchtende Anzeige im Dunkeln mit Fremdlicht betrieben werden muB.

9.2.1. Energiebander-Modell Modell gebundener Elektronen In Abschn. 8.1.2 ist dargelegt, daB sich Elektronen, die an isolierte Atome gebunden sind, nur auf diskreten Energieniveaus aufhalten konnen. Bild 9-30 zeigt ein sehr vereinfachtes Schema der Energiezustdnde. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen um die Kerne wird durch das Quadrat der Wellen-

9.2, Elektronen in Festkorpern Der spezifische Widerstand oder Resistivitat Q von Festkorpern variiert von 10"^ Q m bis 10^^ Q m um 25 Zehnerpotenzen und ist daher die physikalische GroBe mit dem groBten Wertebereich. Anhand der Resistivitat erfolgt

Spezifischer Widerstand Q

10-^

10-"

10^

io-«

du M Ag Fe Bi Au I I

II InSbGaAs I I

Leiter

10-^

10°

10'

10*

_j

Se

Ge

CdS

lO^^^mlO^^ 10^' —I 1—,— |Diamant| Quarzglas NiO JKunststoff Bernstein j

10^°

10"

1C

Glas

Halbleiter

10^2 I,

Isolatoren

iff LB

kBiff hVZ —

I jVB

Leiter erster Art

Leiter zweiter Art

WB

Halbleiter

^VB

Isolatoren

Bild 9-29. Spezifischer elektrischer Widerstand und Bandstrukturen der Festkorper. Die mit Elektronen besetzten Energiezustdnde sind rot gekennzeichnet. VB: Valenzband, LB: Leitungsband, VZ: Verbotene Zone.

9.2. Elektronen in Festkorpern

= Einzelatom

^ ^

^

=

zweidreiatomiges atomiges MolekiJI

xWWWWV /VAtome (Festkorper)

Bild 9-30. Erlaubte Energiezustdnde der Elektronen im Atom, Molekiil und Festkorper.

funktion \^?- beschrieben. Die Losung der Schrodinger-Gleichung liefert fiir ^ raumliche stehende Wellen. Bilden zwei Atome ein Molekiil, dann iiberlappen sich die Wellenfunktionen der beiden Atome. Die Wechselwirkung der beteiligten Elektronen fiihrt dazu, daB urspriinglich gleichartige Energieniveaus der Einzelatome in jeweils zwei eng benachbarte Energieniveaus aufspalten. Dieser Vorgang ist analog zur Entstehung der zwei Eigenfrequenzen bei der Kopplung von zwei gleichartigen schwingenden Systemen. Bild 9-30 verdeutlicht die Aufspaltung der Energieniveaus in zwei, drei (bei drei wechselwirkenden Systemen) und N (bei N Atomen im Festkorper) eng benachbarte Energieniveaus. Im Festkorper liegen die N Energiezustande so eng beieinander, daB sie nicht getrennt werden konnen, sondern zu einem breiten Energieband verschmelzen. Diese erlaubten Energiebander sind in Bild 9-30 schraffiert gezeichnet.

655

bander breiter als die tief liegenden. Diese Verbreiterung der Energiebander kann so weit fuhren, daB sie sich iiberlappen (Leiter zweiter Art, Bild 9-29). Die Frage, ob ein Festkorper ein Leiter oder Nichtleiter ist, hangt von der Besetzung der Bander mit Elektronen ab. Ist beispielsweise ein Band vollstandig gefiillt, konnen die Elektronen dieses Bandes nicht am Stromtransport teilnehmen. Ein flieBender Strom bedeutet namlich, daB die Elektronen bei der Bewegung durch den Festkorper kinetische Energie aufnehmen, also energetisch auf eine hohere Stufe gehoben werden. In einem vollbesetzten Band, in dem keine hoheren Energieniveaus frei sind, ist dies aber nicht moglich. Daraus folgt: Elektrische Leiter sind solche Festkorper, bei denen ein Energieband nur teilweise besetzt ist. Das oberste vollstandig gefiillte Band heiBt Valenzband. Das dariiber liegende entweder teilweise gefiillte oder auch leere Band wird als Leitungsband bezeichnet. Bei den klassischen Leitern erster Art (Elemente der Gruppe 1 (I A) und 11 (IB) des Periodensystems) ist nach Bild 9-29 das Leitungsband halb gefullt. Dies ist verstandlich bei Betrachtung der Elektronenkonfiguration im Einzelatom. Bild 9-31 zeigt die Anordnung bei einem Kupferatom, bei dem das oberste 4 s-Energieniveau, das nach dem Pauli-Prinzip zwei ElekEi 4s 3d 3p 3s

Elektronen halten sich in Festkorpern innerhalb erlaubter Energiebander auf, die durch verbotene Zonen voneinander getrennt sind.

2p 2s

Elektronen hoch liegender Energieniveaus haben einen groBen mittleren Abstand vom Kern. Infolge der intensiven Wechselwirkung mit den Nachbarelektronen spalten die oberen Energieniveaus starker auf als die unteren. Dadurch werden die hoch liegenden Energie-

Is

-•-•-

Bild 9-31. Anordnung der Elektronen im Kupferatom.

656

9. Festkorperphysik

tronen mit entgegengesetzter Spinrichtung aufnehmen konnte, von nur einem Elektron besetzt ist. Bei der Vereinigung der Kupferatome zum Festkorper bleibt das zugehorige 4s-Band halb besetzt. Andere Metalle (z.B. die Erdalkalimetalle) haben zwar ein voll besetztes oberstes Energieband, durch Uberlappung mit einem dariiberliegenden leeren Leitungsband entsteht aber letztlich wieder ein breites teilweise gefiilltes Band (Leiter zweiter Art, Bild 9-29). Bei den Halbleitern und Isolatoren ist das leere Leitungsband vom gefiillten Valenzband durch eine mehr oder weniger breite verbotene Zone (VZ) getrennt. Die Breite Eg dieses Energiegaps ist maBgebend fiir die elektrische Leitfahigkeit. Substanzen mit £"2 ;$ 3 eV werden nach Bild 9-29 zu den Halbleitern, solche mit £'g S; 3 eV zu den Isolatoren gerechnet. Modell freier Elektronen Die Entstehung der Bandstruktur kann man auch verstehen, wenn die Elektronen naherungsweise als frei bewegliche Teilchen betrachtet werden. Nach der Quantentheorie wird die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen im Kristall durch das Quadrat der Wellenfunktion \^\^ beschrieben. Hierbei hangt die Wellenlange }. dieser Materiewelle durch die De-Broglie-Beziehung nach Gl. (6-125) mit dem Impuls p der Elektronen zusammen: l = h/p. h ist die Plancksche Konstante. Mit der Wellenzahl k = l nil und h = h/{2n) ergibt sich

Diese Gleichung vermittelt zwischen GroBe p des Teilchenbildes und A bzw. k Wellenbildes. Die kinetische Energie Elektronen hangt mit dem Impuls p bzw. Wellenzahl k zusammen:

der des der der

a)

b)

rsi

o

3

mi =

\ g

.-til
I

E(k) g

m

Vol « c I -g 2

1^01

'/KEnergieliJcke "^

I^^I - ^

-2L

—^^ ^

n k

k

Bild 9-32. Energiebandstruktur a) im erweiterten und b) reduzierten Zonenschema. zeichnet durch ein Wertepaar E und k) auf der Parabel einnehmen kann, ergeben sich fiir Elektronen in Kristallen bestimmte Energiebereiche auf der Parabel, die verboten sind. Breitet sich eine Elektronenwelle langs einer Atomkette mit der Gitterkonstanten a aus, dann wird die Welle an den Atomen reflektiert, sobald die Wellenlange k der Materiewelle die Braggsche Reflexionsbedingung (Gl. 6-107)) erfullt: la n

mit « = 1, 2, 3 , . . . .

Diesen Wellenlangen entsprechen die Wellenzahlen

2n

K= K

n a n.

(9-8)

Durch Uberlagerung der laufenden mit den reflektierten Wellen entstehen stehende Elektronenwellen mit ortsfesten Knoten und Bauchen. Bild 9-33 zeigt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit \W\'^ fur zwei Elektronenwellen mit jeweils derselben Wellenlange Ai = 2 «:

Wx- - COS kxx = cos — X, a x^"~\

V^

\^\]-<^1 ^ ^ ^ 2

N /^^N,^/'

^^/ ^ ^ \^ ^ "*•, '^

Die GroBe E iiber k aufgetragen ergibt also eine Parabel, wie sie in Bild 9-32 a dargestellt ist. Wahrend ein wirklich freies Elektron praktisch jeden beliebigen Zustand (gekenn-

^

2L

. - .

/ - X

^—^

^^y ^^^^ \ ^ ^ ^^y x X

Biid9-33. Aufenthaltswahrscheinlichkeit \W\^ stehender Elektronenwellen mit X = 2 a und potentielle Energie Ep^t der Elektronen im Feld der AtomrUmpfe.

9.2. Elektronen in Festkorpem

^2 ^ sin /ti j^ = sin — x. a Bei der Welle ^i besteht eine groBe Wahrscheinlichkeit dafiir, daB die Elektronen nahe den Atomriimpfen sind und durch die niedrige potentielle Energie eine Absenkung der Gesamtenergie im Vergleich zu freien Elektronen erfahren. Die Elektronen, die durch die Welle ^2 beschrieben werden, halten sich vorwiegend zwischen den Atomrumpfen auf und haben daher eine hohere Energie. Daraus folgt: Elektronen mit der Wellenzahl kx = ± n/a haben nicht die Energie E^ = h^ kx/{2m) der freien Elektronen, sondern je nach Art der Wellenfunktion eine groBere oder kleinere Energie. Die £"(/:)-Parabel in Bild9-32a bekommt daher an der Stelle k\ = ± n/a eine Unstetigkeitsstelle, an der fiir einen /c-Wert zwei Energiewerte existieren, die durch eine verbotene Zone oder Energieliicke voneinander getrennt sind. Weitere Energielticken ergeben sich fiir die stehenden Wellen der hoheren Wellenzahlen nach Gl. (9-8): k^ = ± {n/a) n. Das £'(/:)-Diagramm wird gemaB Bild9-32a in Brillouin-Zonen (L. BRILLOUIN, 1889 bis

1969) eingeteilt. Wegen der Periodizitat im /:-Raum konnen die Brillouin-Zonen hoherer Ordnung des erweiterten Zonenschemas nach dem Muster von Bild9-32b in die erste Zone geklappt werden. Bei diesem reduzierten Zonenschema liegen alle £'(/c)-Kurven in der ersten Brillouin-Zone.

9.2.2. Metalle Die meisten Eigenschaften der Metalle lassen sich anhand des Modells des freien Elektronengases verstehen. Dieses wurde von A. SOMMERFELD (1868 bis 1951) vorgeschlagen und

657

der Schrodinger-Gleichung (Gl. (8-18)) folgt. Fur freie Elektronen lautet die zeitunabhangige Schrodinger-Gleichung Ey^V

dy^ 2m \ dx Losungen dieser Differentialgleichung sind ebene Wellen der Form :^ikr

"Pv

Hierbei gibt die Richtung des Wellenzahlenvektors k die Laufrichtung der Welle an. ZweckmaBigerweise wird verlangt, daB die Wellenfunktionen in x-, y- und z-Richtung periodische Randbedingungen erfullen, d.h., es soil gelten W{x^- L, y, z) = W{x, y, z) und entsprechendes fiir die y- und z-Richtung. Diese Randbedingungen werden erfiillt, wenn die Komponenten des /:-Vektors den Bedingungen In An ^x = 0,

±

geniigen. Entsprechendes gilt fur ky und k^. Der Impuls des Elektrons hangt nach Gl. (9-6) mit dem Wellenzahlenvektor gemaB p = hk zusammen. Die Energie der Teilchen ist nach Gl. (9-7) Ev =

k^ = {kl^-kl^ kl). 2m 2m Die Energie ist gequantelt, da die Komponenten des Wellenzahlvektors diskrete Werte annehmen. Im /:-Raum, der nach Bild 9-34 von den Komponenten ky^, ky und k^ aufgespannt wird, ist eine Flache konstanter Energie eine Kugel. Da die Komponenten des Wellenzahlvektors in ganzzahligen Vielfachen von 2 n/L gequan-

von E. FERMI (1901 bis 1954) erweitert. Es be-

schreibt die Leitungselektronen der Metalle sowie die frei bew^eglichen Molekiile eines Gases, vernachlassigt also die Wechselwirkung der Elektronen mit den ortsfesten Atomkernen und damit auch das Auftreten von Energieliicken. Befinden sich die Elektronen in einem Wiirfel der Kantenlange L, dann ist ihre Aufenthaltswahrscheinlichkeit durch das Quadrat der Wellenfunktion W gegeben, die als Losung aus

2 Elektronen - im Volumen (271//. )3

Bild 9-34. Fermi-Kugel im k-Raum; Kristall im Ortsraum.

658

9. Festkorperphysik

telt sind, ist in jedem Volumenelement des kRaums von der GroBe {2n/L)^ Platz fur jeweils zwei Elektronenzustande. Die Zahl Zwei riihrt vom Pauli-Prinzip, das zulaBt, daB ein Zustand, der in alien Quantenzahlen k^, ky und k^ ubereinstimmt, von zwei Elektronen mit entgegengesetzten Spinrichtungen besetzt werden kann. Befinden sich N Elektronen im Kristall mit dem Volumen V= L^, dann werden alle moglichen Energiezustande von unten herauf besetzt, bis alle A^ Teilchen untergebracht sind. Das hochste besetzte Energieniveau wird Fermi-Niveau genannt. Die zugehorige Energieflache der Fermi-Energie E^ im /c-Raum von Bild 9-34 ist eine Kugel mit dem Radius k^. Wenn das Elementarvolumen (2 7r)VFim /:-Raum fiir zwei Teilchen Platz bietet, dann gilt fur das Volumen 4/3 {n k^) der Fermi-Kugel von A^ Teilchen 4 TV {In)' — nki = . 3 ^ 2 F Daraus folgt flir die Wellenzahl an der Oberflache der Fermi-Kugel (9-9)

*. = ( 3 . ' ^ ) " '

h

I . /v\1/3

m ('

-v)

.

Fermi- FermiEnergie Geschwin£F digkeit in eV i^F i n

lO^cm/s Li Na K

4,6 2,5 1,34

1,1 0,90 0,73

4,7 3,1 2,1

1,3 1,1 0,85

Cu Ag Au

8,50 5,76 5,90

1,35 1,19 1,20

7,0 5,5 5,5

1,56 1,38 1,39

gieintervall zwischen E und E + dE wichtig. Im /:-Raum liegen diese Zustande innerhalb einer Kugelschale mit dem Radius k und der Dicke d/c. Die Anzahl der moglichen Zustande ist ^^=2

Ank^dk (2.)3/K-

Mit k = 1/2 m E/fi und dE

resultiert (9-10)

Diejenigen Elektronen, deren Zustande an der Oberflache der Fermi-Kugel liegen, haben die maximale Geschwindigkeit I'p. Mit PY = m I'F = h /cp ergibt sich l'F =

Ele- ElektroWellenzahl k^ ment nenkonzentration in n in 10^ cm-' 10^2 cm-^

2E

Die Fermi-Energie ist nach Gl. (9-7)

^-i^(-'F)"

Tabelle 9-5. Parameter des Fermi-Niveaus verschiedener Metalle.

(9-11)

Alle Parameter des Fermi-Niveaus hangen von der Konzentration n = N/V der freien Elektronen ab. Tabelle 9-5 zeigt die nach Gl. (9-9) bis (9-11) berechneten Werte fiir einige Metalle. Die Elektronenzahldichten werden experimentell mit Hilfe des Hall-Effekts bestimmt (Abschn. 4.4.3.2). Fiir bestimmte Fragestellungen ist die Kenntnis der Anzahl dA^ von Zustanden im Ener-

V 2m yi E'^^dE. dN = 2n^ 1^ Die Zustandsdichte D{E), d.h. die Anzahl der Zustande je Volumeneinheit und Energieintervall, ist D (E) = (dN/dE) (\/V) oder

Die bisherigen Erlauterungen gelten streng genommen nur fiir T=0. Nur am absoluten Nullpunkt besetzen die Elektronen alle Energieniveaus von null bis E^. Bei endlicher Temperatur nimmt die kinetische Energie des Elektronengases zu, so daB einige Energieniveaus oberhalb der Fermi-Kante besetzt werden und eine gleiche Anzahl unterhalb leer bleibt. Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmter Energiezustand E mit Elektronen besetzt ist, wird beschrieben durch die Ferm i-D irac- Verteilu ngsfunktion

9.2. Elektronen in Festkorpern

f{E) =

1 g(£-£F)/(A:r)+ J

659

(9-13)

Die Fermi-Dirac-Statistik ist anwendbar auf Teilchen mit halbzahligem Spin, zu denen die Elektronen gehoren. Bild 9-35 zeigt die Wahrscheinlichkeitsfunktion fur zwei verschiedene Temperaturen. Bei 7 = 0 sind alle Zustande unterhalb der Fermi-Energie £'F besetzt, oberhalb E^ leer: f{E) = \ fiir 0 ^ £ ' < £ ' F , f{E) = 0 fur £• > £'F. Bei endlicher Temperatur sind entsprechend den schraffierten Flachen Zustande unterhalb der Fermi-Energie leer und oberhalb besetzt. Die Besetzungswahrscheinlichkeit nimmt von 90% auf 10% ab innerhalb eines Energiebereiches von

AE^AAkT.

(9-14)

Die bei tiefen Temperaturen scharfe FermiKante weicht also mit zunehmender Temperatur immer mehr auf

2

3

4 5 6 7eV8 Energie E Bild 9-36. Dichte der besetzten Energiezustande in Kupfer bei T= 1200 K. lungsfunktion D (E) 'f(E). Bild 9-36 zeigt den Verlauf in Abhangigkeit von der Energie fiir Kupfer bei der verhaltnismaBig hohen Temperatur 7 = 1200 K (^ T/E^ ^ 1/70). Molare Warmekapazitat des Elektronengases

Nach dem Gleichverteilungssatz der Thermodynamik (Abschn. 3.2.2) sollten die freien Elektronen einen merklichen Beitrag zur spezifischen Warmekapazitat der Metalle liefern. 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 _E_ Jedes frei bewegliche Elektron hat drei Freiheitsgrade und somit die mittlere thermische Bild 9-35. Fermi-Dirac- Verteilungsfunktion (k: Boltz- Energie £'kin = 3 / 2 ( / c r ) . Da jedes Atom praktisch ein freies Elektron mitbringt, sollte nach mann-Konstante). den Erlauterungen in Abschn. 3.3.3 der BeiBeispiel trag des Elektronengases zur molaren Warmekapazitat Cm,ei = 3/2(/?in) bctragcn. Tatsach9.2-1: Wie breit ist der Energiebereich, in dem die lich ist aber der Beitrag der Elektronen bei Fermi-Dirac-Verteilung von Natrium bei Raumtemperatur (300 K) von 90% auf 10% abnimmt? Zimmertemperatur lediglich ungefahr 1/100 des erwarteten Wertes. Losung: Die Erklarung dieser Beobachtung ist mit Nach Tabelle 9-5 ist ^p = 3,1 eV. Mit k = 8,62 • 10"^ Hilfe der Fermi-Dirac-Statistik moglich. Wird eV/K ist ^ r = 0,0259 eV und nach Gl. (9-14) das Elektronengas von T=0 aus erwarmt, dann AE^4,4 kT =0,114 eV. Bezogen auf E^ ist die renehmen nach Bild 9-35 und 9-36 nicht alle lative Breite der Ubergangszone AE/EY = 3,7%. Elektronen thermische Energie auf, wie dies Der Ubergang ist also auch bei Raumtemperatur klassisch erwartet v^ird, sondem nur die Eleknoch verhaltnismaBig abrupt. tronen, die innerhalb des schmalen Streifens von einigen k T Breite bei E = E^ angesiedelt Die Dichte der besetzten Energiezustande ist sind. Von der Gesamtzahl A^^ der Elektronen das Produkt aus Zustandsdichte und Vertei-

660

9. Festkorperphysik

kann also nur ein Bruchteil der GroBenordnung AN/N ^ kT/EY= T/T^ zur Warmekapazitat beitragen. (9-15)

T^ = -

ist die

(bei konstanter Feldstarke). Die Elektronen werden vorwiegend durch Gitterschwingungen (Phononen, Abschn. 9.3.1) und an Storungen des Gitters (z.B. Gitterbaufehler, Verunreinigungen, Korngrenzen) gestreut. Die mittlere Beschleunigung betragt

Fermi-Temperatur.

Die innere Energie dieser AN Elektronen ist mithin naherungsweise 3 3 7 U =jj^. jcT^ — N kT. '* 2 2 Tp Der Beitrag zur molaren Warmekapazitat ist nach Gl. (3-55) C^^d^ ^J^m(T/Tp). Eine exakte Analyse liefert den Ausdruck 1

Cm, el — "•n'R.

T

(9-16)

Der Beitrag der Elektronen zur molaren Warmekapazitat der Metalle hangt linear von der Temperatur ab.

Das Glied — e E/m beschreibt die Geschwindigkeitszunahme durch das angelegte elektrische Feld; das Glied — Vf^/r beriicksichtigt die Reibungsvorgange im Gitter. Dabei geht man wie bei der inneren Reibung laminar stromender Fliissigkeiten davon aus, daB die Reibungskraft proportional zur Stromungsgeschwindigkeit ist. Die Zeitkonstante T heiBt Relaxationszeit. Im zeitlich konstanten Feld (Gleichstromverhalten) E = EQ ergibt die Integration von Gl. (9-17) ^d = ^d,o(l-e-^/^),

Diese Aussage stimmt mit den experimentellen Befunden iiberein. Da bei tiefen Temperaturen der Beitrag der Gitterschwingungen zur Warmekapazitat nach dem Debyeschen Gesetz C^ oitter = AT^ (Abschn. 9.3.1.2) abfallt, iiberwiegt bei geniigend tiefen Temperaturen der Beitrag der Elektronen zur spezifischen bzw. molaren Warmekapazitat. Elektrische Leitung

Die Elektronen eines Metalls bewegen sich infolge der Warmebewegung statistisch verteilt in alle Raumrichtungen, so daB ihr mittlerer Geschwindigkeitsvektor null ist: 1 ^ \ h ^ N i=x N m i=i In einem elektrischen Feld der Feldstarke E wirkt auf jedes Elektron die Kraft —eE, so daB alle Elektronen beschleunigt werden. Der regellosen Bewegung wird jetzt eine gemeinsame Driftbewegung mit der (mittleren) Driftgeschwindigkeit v^ iiberlagert. Ohne Reibungseffekte wiirden die Elektronen immer schneller werden. Tatsachlich finden aber im Kristall StoBprozesse statt, die dafiir sorgen, daB sich nach einer bestimmten Zeit eine konstante Driftgeschwindigkeit einstellt

(9-18)

dargestellt in Bild 9-37. Im stationaren Zustand (/-^ 00, dt'd/dr = 0) nimmt die Driftgeschwindigkeit den konstanten Wert ^d,o =

T£'O = - / ^ ^ O

(9-19)

m an. Die stationare Driftgeschwindigkeit ist proportional zur Feldstarke £"0. Die Proportionalitatskonstante e JU= —

m

T

(9-20)

Zeit t Bild 9-37. Abhdngigkeit der Driftgeschwindigkeit von der Zeit im Fall des Gleichstroms.

9.2. Elektronen in Festkorpern ist die Beweglichkeit. Die Driftgeschwindigkeit [;d,o hangt mit der elektrischen Stromdichte j zusammen gemaB e n «^d,o

(9-21)

mit n = N/V als der Konzentration der freien Elektronen. Mit Gl. (9-19) resultiert hieraus (9-22)

m

Dies ist das Ohmsche Gesetz (Abschn. 4.1.5), das besagt, daB die Stromdichte proportional zur elektrischen Feldstarke ist; die Proportionalitatskonstante x ist die elektrische Leitfdhigkeit. Fiir einen Leiter mit konstantem Querschnitt ergibt sich hieraus die bekannte F o r m / = U/R. Aus Gl. (9-20) und (9-22) folgt die fiir die Praxis wichtige Verknupfung zwischen elektrischer Leitfahigkeit x und Beweglichkeit//: x= e n ju .

(9-23)

Beispiel 9.2-2: Wie groB ist die BewegUchkeit ju von Kupfer bei Raumtemperatur? Losung: Die elektrische Leitfahigkeit von reinem Kupfer ist %= 5,9 • 10^ Q.'^ cm~^ Die Konzentration der freien Elektronen ist nach Tabelle 9-5 « ^ 8,5 • 10^^ cm"l Somit ist nach Gl. (9-23) die Beweglichkeit M=-

M3-

Vs

Die Relaxationszeit T kann aus Gl. (9-22) bestimmt werden:

Da an den Streuprozessen nur die Elektronen teilnehmen, die an der Oberflache der FermiKugel sitzen, ist deren Geschwindigkeit etwa die Fermi-Geschwindigkeit v^ (Gl. (9-11)). Innerhalb der Relaxationszeit T legen die Elektronen die mittlere freie Wegldnge I zuriick: 1=VYT.

(9-25)

661

Beispiel 9.2-3: Wie groB ist die mittlere freie Weglange der Elektronen in Kupfer bei Raumtemperatur? Losung: Mit x=5,9-lO^Q-^cm"' und « ^ 8,5 • 10^2 cm-^ ist die Relaxationszeit nach Gl. (9-24) T = 2,5 • 10" ^"^ s. Die Fermi-Geschwindigkeit ist nach Gl. (9-11) bzw. Tabelle 9-5 i^p = 1^56 • 10^ m/s. Demnach betragt die mittlere freie Weglange I = v^ r = 3,9 • 10~^ m. Im Vergleich hierzu ist der Abstand zwischen nachsten Nachbam im Kupfergitter nach Tabelle 9-1 2,55-10-10 j ^ . Das Beispiel zeigt, daB die Elektronen in Metallen zwischen zwei ZusammenstoBen im Mittel einen Weg von etwa hundert Atomabstanden zuriicklegen. Mit abnehmender Temperatur steigt i.a. die Leitfahigkeit von Metallen, well die Streuung der Elektronen am schwingenden Gitter zuriickgeht. Bei sehr tiefen Temperaturen dominiert die temperaturunabhangige Streuung an Gitterfehlern (Verunreinigungen). Fiir den spezifischen Widerstand gilt die Matthiessensche Kegel (F. MATTHIESSEN, 1830 bis 1906): Q{T)=QK

+

QG{T).

(9-26)

Hierbei ist ^ R der temperaturunabhangige Restwiderstand, der sich fiir T ^ 0 einstellt, und QG(T) der temperaturabhangige Anteil der Gitterschwingungen. Bild 9-38 zeigt den typischen Verlauf des spezifischen Widerstandes in Abhangigkeit von der Temperatur. Ein MaB fur die Reinheit einer Substanz ist das Wider St andsverhdltnis ^._g(4,2K) 0(293 K ) ' das typischerweise in der GroBenordnung von 10"^ bis 10"^ liegt. Es kann durch Legieren sowie mechanische Verformung stark beeinfluBt und bis in die GroBenordnung von eins gebracht werden. Der ohmsche Widerstand solcher Werkstoffe hangt kaum von der Temperatur ab. Sie sind deshalb zur Herstellung von Normalwiderstdnden geeignet. Wie eingangs erwahnt, wird beim Modell des freien Elektronengases das Auftreten von Energiebandern mit verbotenen Zonen nicht beriicksichtigt. Die Kontur der Fermi-Fldche

662

9. Festkorperphysik

9.2.3. Halbleiter

^ ^ c m1

10-

15a

^

-F. 10-

1 10- J

2

3e-II ^' ""^ 3c I 1 4

10

1

1

1

1—'

20 40 100 200K400 Temperatur T Bild9-38. Temperaturabhdngigkeit des spezifischen Widerstands von Kupfer-Einkristallen unterschiedlicher Reinheit (nach Saeger).

realer Metalle weicht mehr oder weniger von der in Bild 9-34 dargestellten idealen Kugelgestalt ab. Bei Na und K sind die Abweichungen kleiner als 0,15%, bei anderen Metallen dagegen zum Teil erheblich groBer. Bild 9-39 zeigt als Beispiel die experimentell bestimmte Fermi-Flache von Zinn. Ihre Form bestimmt die elektronischen Eigenschaften der Festkorper, da nur diejenigen Elektronen durch auBere Felder beeinfluBt werden konnen, die sich nahe der Fermi-Flache bewegen. a)

Halbleiter haben einen spezifischen elektrischen Widerstand im Bereich lO'^Qcm bis lO^Qcm. Die Werte liegen also zwischen denjenigen der Metalle und der Isolatoren (Bild 9-29). Der spezifische elektrische Widerstand von Halbleitern ist im Unterschied zu Leitern und Isolatoren stark von der Dotierung mit Fremdatomen, der Temperatur sowie dem Lichteinfall abhangig. Die Elementhalbleiter aus der IV. Gruppe des Periodensystems kristallisieren in der Diamantstruktur, bei der jedes Atom vier nachste Nachbarn hat, die an den Ecken eines regelmaBigen Tetraders angeordnet sind. Weitere Halbleiter mit tetraedrischem Gitter ergeben sich nach dem Schema in Tabelle 9-6, indem Verbindungen zwischen Elementen aus verschiedenen Gruppen des Periodensystems hergestellt werden, so daB die mittlere Anzahl der Valenzelektronen (vier) erhalten bleibt. Von besonderer Bedeutung fiir die Optoelektronik sind Mischkristalle auf der Basis der III-V-Halbleiter, bei denen die Breite der verbotenen Zone in bestimmten Grenzen beliebig einstellbar ist. Beispiele hierfiir sind — ternare Mischkristalle Ga;tAli_;^As und — quaternare Mischkristalle In^Gai As^P X-y Tabelle 9-6. Halbleitende Verbindungen. Gruppen des Periodensystems zur Kombination der Elemente

Beispiele

IV IV-IV III-V II-VI

Si, Ge, Sn (grau) SiC GaAs, InSb ZnTe, CdSe, HgS

b)

Bild 9-39. Fermi-Fldche von Zinn (nach Hering und LUck): a) Fldche in der dritten Brillouin-Zone des erweiterten Zonenschemas, b) reduziertes Zonenschema.

9.2. Elektronen in Festkorpern

Wird an den Kristall eine Spannung angelegt, dann fliefien die freien Elektronen zur Anode. Gebundene Elektronen in der Nachbarschaft von Lochern konnen durch Platzwechsel in ein Loch springen (hopping-conductivity); hierbei wandert das Loch in Richtung Kathode. Der Gesamtstrom in einem Halbleiter laBt sich daher als Summe aus einem Elektronenstrom und einem Locherstrom bilden. Fiir die elektrische Leitfahigkeit eines Halbleiters gilt in Erweiterung von Gl. (9-23)

9.2.3.1. Eigenleitung Die Elementhalbleiter der IV. Gruppe haben jeweils vier Valenzelektronen, die mit Elektronen der Nachbaratome Elektronenpaarbindungen eingehen. Am absoluten NuUpunkt ist keine elektrische Leitung moglich, da keine freien Ladungstrager zur Verfugung stehen. Im Banderschema von Bild 9-29 ist das oberste Valenzband vollstandig besetzt, das daruberliegende Leitungsband ist leer. Durch Energiezufuhr, z.B. durch Temperaturerhohung oder Lichteinfall, konnen einzelne Bindungen gelost werden. Dies hat zur Folge, daB freie Elektronen im Kristall zur Verfugung stehen. Im Bandermodell von Bild 9-40 entspricht diesem Vorgang das Anheben von Elektronen aus dem Valenzband (VB) ins Leitungsband (LB). Die fehlenden Elektronen im Valenzband werden Defektelektronen oder Locher genannt. Sie verhalten sich im See der negativen Elektronen wie positive Teilchen. Da freie Elektronen und Locher immer nur paarweise erzeugt werden konnen, gilt fiir die Dichten der Elektronen n und der Locher/?

K=

fi(T)

(9-28)

=

fio(T/T,)

-3/2

(9-29)

Die Berechnung der Ladungstragerdichten n und p geschieht mit Hilfe der Fermi-DiracStatistik (Abschn. 9.2.2). Bild 9-41 zeigt die Zustandsdichte im Leitungs- und Valenzband, die Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion S t o r s t e l l e n l e i t u n g

Eigenleitung Elemente

e(nju,,-\-pjUp).

Die Beweglichkeiten von Elektronen ^^ und Lochern //p technisch wichtiger Halbleiter sind in Tabelle 9-7 angegeben. Sie zeigen bei reinen Halbleitern eine geringe Temperaturabhangigkeit:

(9-27)

n =/7.

663

n-dotiert (Elektronenieitung)

p-dotiert (Locherleitung)

Gruppe IV vier Valenzelektronen: C, Si, Ge, Sn

Gruppe V fijnf Valenzelektronen: N, P, As, Sb (Donatoren)

Gruppe III drei Valenzelektronen: B, Al, Ga, In (Akzeptoren)

•@)» •(§])• • © ) •

•©• •©• •(!!)•

•(Si)» •fei)»

•(!)• •©• •(!!)•

• © • • © • •(§!)•

•(ID* •(§)• •(§)•

• • • •(ID* •(§)• •(!])•

Kristallgitter

•(§)• \(^* •dD* •(sn* • © ) • • © ) • BanderModell

i

1

• •

• •

•

•

•

if

,

;

1

ift

1ft

t

1

'

-

uT

, 1 | V B

pi 11

Leitungsmechanismen in Halbleitern.

•

o

•

LB.

LB 11

1

Bild 9-40.

• •

•

LB

•

neutrale ionisierte Storstellen

Storstellen neutrale ionisierte

E.10-0-

-»•-•-

664

9. Festkorperphysik

Tabelle 9-7. Eigenschaften der Halbleiter Ge, Si und GaAs. (Die Zahlenwerte gelten fiir r=300K.)

Kristallstruktur

Ge

Si

GaAs

Diamant

Diamant

Zinkblende

Gitterkonstante «in 10 '^m

5,65771

5,43043

5,65325

linearer Ausdehnungskoeffizient a inlO-^K-i

5,90

2,56

6,86

spezifische Warmekapazitat c in kJ/(kg K)

0,31

0,70

0,35

64

145

46

937

1415

1238

Warmeleitfahigkeit k in W/(m K) Schmelzpunkt i9s in °C Atomdichte N/V'm W^ cm"^

4,42

5,0

5326,7

Dichte Q in kg/m^ Molmasse Min g/mol

2328

72,60 0,660

Bandgap E^ in eV

4,42 5320

28,09

144,63

1,11

1,43

intrinsische Tragerdichte n^ in cm~^

2,33-10^3

1,02-10'^

2,00 10^

Effektive Zustandsdichte im Leitungsband A^L ^^ cm~^ im Valenzband Ny in cm~^

1,24- 10^'' 5,35- 10^"

2,85- 10^^ 1,62- lO^''

4,55-10'" 9,32-lO'^

relative Dielektrizitatszahl

16

11,8

12,9

Beweglichkeit //„ in cmV(V s) //p in cm^/(V s)

3900 1900

1350 480

8500 435

und die Dichte der Ladungstrager, die sich als Produkt aus Zustandsdichte und Besetzungswahrscheinlichkeit ergibt:

n{E) = D,{E)f{E), D^(E)(\-f(E)). p{E) = Das F|EfmT|Niveau liegt bei tiefen Temperaturen etwSrp- der Mitte der verbotenen Zone. Fiir die Dicht^-dexjElektronen im Leitungsband gilt 00

n= \

D,(E)f(E)dE.

EL

D{E)

0,5

1 f{E)

n,p

Bild9-4L Zustandsdichte D(E), Besetzungswahrscheinlichkeit f(E) und Tragerdichte n(E) sowie p (E) eines reinen Halbleiters.

Die Zustandsdichte D^(E) wird nach Gl. (9-12) berechnet; hierbei muB aber anstatt der Masse des frei^TT-Etektrons eine effektive Zustandsdichtemasse Tng-leingesetzt werden. Die Fermi-Dirac-Funktion nacflLGl/(9-13) betragt imE- E^> kT E — EY

f(E) = t

^^.

9.2. Elektronen in Festkorpern Damit laBt sich obiges Integral geschlossen losen:

665

Bei T2 = 200 K ist die Tragerdichte

£L-fF

«i(7i) = n,o 7|/' e ^'^^^ = 2,15 • lO^^cm"^ Die GroBe A^L=2

und die Beweglichkeit nach Gl. (9-29)

Inm^kTV'^ ^l(T,) = n{T,)(^

ist die effektive Zustandsdichte im Leitungsband. Sie ist in Tabelle 9-7 angegeben. Die gleiche Rechnung ergibt fiir die Locherdichte im Valenzband p{T) = Ny^

EF-E\r kT

mit Ny als der effektiven Zustandsdichte des Valenzbandes. Die Dichte der freien Elektronen und Locher in reinen Halbleitern wird auch als intrinsische Trdgerdichte n^ bezeichnet. Es gilt n[ = n= p und mit obigen Beziehungen

Die mit Hilfe der Gl. (9-30) bestimmten Tragerdichten sind fiir die Halbleiter Ge, Si und GaAs in Tabelle 9-7 zusammengestellt. Aus diesen Daten folgt fiir den temperaturunabhangigen Faktor n-^^ in Gl. (9-30) fiir - Germanium ^^0 = 1.^7 • lO^^cm"^ K~^/^, - Silicium «io = 4,14-lO^^cm"^ K"^/^ - Galliumarsenid «io = 3,95 • lO^^cm"^ K"^/^ Das Produkt von freier Elektronen- und Locherdichte ist bei gegebener Temperatur eine Konstante, unabhangig von der Dotierung. Es gilt

np = n\{T) = nl,T'<

kT

(9-31)

Beispiel 9.2-4: Wie groB ist der spezifische Widerstand von reinem Germanium bei T^ = 300 K und T2 = 200 K? Losung: Nach Gl. (9-28) gilt

Bei 7; = 300 K ist nach Tabelle 9-7 n^ = 2,33 • 10'^ cm~^ und ii^ + 11^ = 5800 cm^/Vs. Damit ergibt sich ^(300K) = 4 6 a c m .

' =10655 cm^'Vs.

Somit betragt der spezifische Widerstand Q (200 K) = 2,72 10'^Qcm. Bei dieser Rechnung wurde vereinfachend vorausgesetzt, daB die Breite der verbotenen Zone konstant ist. Tatsachlich hangt E^ von der Temperatur ab. Die groBe Temperaturabhangigkeit des elektrischen Widerstandes von Halbleitern liegt in der exponentiellen Abhangigkeit der Tragerdichte von der Temperatur begrundet. Mit Hilfe von Gl. (9-28) bis (9-30) folgt

Der Widerstand steigt mit abnehmender Temperatur an. Aus diesem Grund sind Halbleiterwiderstande besonders gut geeignet als Temperatursensoren zur Messung tiefer Temperaturen (NTC-Widerstand, Bild 4-6). 9.2.3.2. Storstellenleitung Der spezifische Widerstand von Halbleitern kann erheblich verandert werden durch den Einbau von Fremdatomen. Wird beispielsweise Silicium mit Atomen aus der V. Gruppe des Periodensystems dotiert, dann bringt nach Bild 9-40 jedes Storatom ein Elektron mit, das keine Bindung mit nachsten Nachbarn eingeht und durch geringe Energiezufuhr von seinem Atom abgetrennt werden kann. Im Banderschema sind diese Elektronen energetisch dicht unter der Leitungsbandkante angesiedelt. Die lonisierungsenergien Ej:, einiger Donatoren {Elektronenspender) sind in Tabelle 9-8 fiir die Halbleiter Silicium und Germanium zusammengestellt. Aus den Zahlenwerten ist ersichtlich, daB bereits bei Raumtemperatur praktisch alle Storstellen ionisiert sind. In diesem Fall beruht die elektrische Leitung vorwiegend auf dem Transport der negativen Elektronen {Majoritdtstrdger). Der Halbleiter wird deshalb als n-leitend oder als n-Typ bezeichnet.

666

9. Festkorperphysik

Tabelle 9-8. lonisationsenergie Ej^ von Donatoren und Ej^ von Akzeptoren in Silicium und Germanium. Storstelle

lonisierungsenergie Ej^, bzw. E/^ inmeV Silicium

Germanium

Donatoren P As Sb

44 49 39

12,76 14,04 10,19

Akzeptoren B Al Ga In

45 57 65 160

10,4 10,2 10,8 11

1

Dotiert man mit Elementen aus der III. Gruppe, so fehlt an jedem Storatom ein Elektron zur Bindung. Bereits durch geringe Energiezufuhr kann dieses lokalisierte Loch von einem Elektron eines Nachbaratoms ausgefiillt werden. Dadurch wandert das Loch ins Valenzband und kann als freies Loch am Ladungstransport teilnehmen. Die elektrische Leitung beruht also vorwiegend auf der Wanderung der positiven Locher, man spricht deshalb von /7-Leitung und von /7-ry/7-Halbleitern. Da die Storstellen aus der III. Gruppe Elektronen aus dem Valenzband aufnehmen, werden sie als Akzeptoren bezeichnet. Die lonisationsenergie £'A der wichtigsten Akzeptoren sind in Tabelle 9-8 zusammengestellt. Am absoluten Nullpunkt sind alle Storstellen neutral. Der spezifische Widerstand des Halbleiters ist wie bei der Eigenleitung unendlich E FL ^

#f

E,"

L^

p -Typ

E

n- T y p

•

*1

1

groB. Mit steigender Temperatur werden die Storstellen ionisiert, und die Dichte der freien Ladungstrager nimmt rasch zu. Solange erst ein Teil der Storstellen ionisiert ist, spricht man von Storstellenreserve. Die Tragerdichte wird wie bei der Eigenleitung mit Hilfe der Fermi-Dirac-Statistik berechnet. Bild 9-42 zeigt die Verteilungsfunktion der Elektronen bei tiefen Temperaturen. Die Fermi-Energie ^F liegt dabei in der Mitte zwischen den Storstellenniveaus und den benachbarten Bandkanten. Ist bei n-Dotierung die Konzentration der Donatoratome ^D^ dann ergibt sich fur die Konzentration der freien Elektronen

Der Ausdruck ist analog zu Gl. (9-30) fiir die Eigenleitung. £"0 spielt in diesem Fall die Rolle der Bandliicke (Bandgap). Bei pTyp-Halbleitern gilt entsprechend mit der Akzeptoren-Konzentration «A

Bild 9-43 zeigt den Verlauf der Tragerdichte bei n-Typ-Silicium in Abhangigkeit von der Temperatur. Mit steigender Temperatur nimmt die Dichte der freien Ladungstrager rasch zu und geht schlieBlich in ein waagrechtes Plateau liber, wenn im Zustand der Storstellenerschopfung alle Storstellen ionisiert sind. Ein weiterer Temperaturanstieg verursacht eine emeute Zunahme der Tragerdichte, wenn die Eigenleitungsdichte n^{T) groBer wird als die Storstellenkonzentration. Im Bereich der Storstellenerschopfung gilt bei n-Dotierung

'-\.

^'

y///A W/A

4

W/A

0,5

1 AE\

fpiv

^

-e--#-

2

A

2

+ ni

und bei p-Dotierung

W/A

t

0,5

1 f{E)

m

t f

P =-

Bild9-42. Fermi-Dirac-Verteilung in n- und p-Halbleitern bei tiefen Temperaturen. Die schraffierten Gebiete entsprechen den besetzten Elektronenzustdnden.

+ ni

Bereits bei maBiger Dotierung gilt i. a. «D ^ "i und ^A^'^i- Demnach ist die Majoritdtstrdgerdichte n bzw. p gleich der Dotierungs-Kon-

9.2. Elektronen in Festkorpern Temperatur T 300100 50

K

10

20

10^® 1 cm"^-^

^oA

aneinanderstoBen. Bild 44 b zeigt den Dotierungsverlauf eines unsymmetrischen abrupten pn-Ubergangs in Silicium mit der Akzeptora)

^^Storstellenerschopfung

10^^ J c: •5

\

Storstellenreserve

10^2 J

0) :(0

\steigung-^ \ 2^

H

0) IQIOJ *"

1

ION

Eigenleitung Steigung

\

22^

\ Ny

10^ j

10* L 0,02

0,04

0,06

0,08 K'^ 0,10

reziproke Temperatur 1/7"

Bild9-43. Ladungstrdgerdichte in n-Typ-Silicium in Abhdngigkeit von der Temperatur. Dotierung: Phosphor, nD= 10^^ cm~^.

Tabelle 9-9. Halbleitereigenschaften im Zustand der St5rstellenerschopfung (bei Raumtemperatur; n^ > n^ bzw. «A ^ «i). n-Typ

p-Typ

Majoritatstragerdichte

n = nj^

P = nA

Minoritatstragerdichte

p = n\/nY^

n = n\/np^

elektrische Leitfahigkeit

x = efi^n^

K^efi^n^

zentration. Die Minoritatstragerdichte folgt unmittelbar aus Gl. (9-31). Tabelle 9-9 gibt die Beziehungen fur n, p und K wieder. Die Beweglichkeit nimmt mit steigender Dotierung etwas ab und wird temperaturunabhangig9.2.3.3. pn-Ubergang Das Grundelement der meisten Halbleiterbauelemente ist der pn-Ubergang, in dem nach Bild 9-44 a p- und n-leitendes Material

667

-4-10«

B ild 9-44. pn- Ubergang: a) p- und n-leitendes Silicium in Kontakt, b) Storstellenkonzentration, c) Dichteverlauf der beweglichen Ladungstrdger, d) Raumladungsgebiete, e) Potentialverlauf (Ud Diffusionsspannung), f) elektrische Feldstdrke.

668

9. Festkorperphysik

konzentration n/^= \ - 10^^cm"^ im p-Gebiet und der Donatorkonzentration «D = 2 10^^ cm~^ im n-Gebiet. Die Ladungstragerkonzentrationen sind in Bild 9-44 c dargestellt. Weit weg vom Ubergang sind die Majoritatsdichten identisch mit den Storstellenkonzentrationen. Die Minoritatsdichten sind nach Gl. (9-31) berechnet. Infolge des groBen Konzentrationsunterschieds diffundieren Elektronen aus dem n- ins p-Gebiet und Locher vom p- ins n-Gebiet. Die Ubergangszone verarmt an beweglichen Ladungstragern. Die minimale Ladungstragerkonzentration in Silicium ist {n -\-p)^i^ = 2«i = 2,04 • 10^^ c m ^ ^ Durch den Abzug der Locher aus dem p-Gebiet entsteht an dessen Rand durch die ionisierten Akzeptoren, die nicht mehr durch die entsprechende Anzahl von Lochem kompensiert werden, eine negative Raumladungszone. Ebenso entsteht im n-Gebiet durch die positiven Donatorriimpfe eine positive Raumladungszone. Bild 9-44 d zeigt den Verlauf der Raumladungsdichte q. Aufgrund der Ladungsneutralitat gilt fiir die Breiten d^ und d^

Daraus folgt fiir die Diffusionsspannung

u,-=

kT HAnu In z— . e n\

(9-36)

Die GroBe k Tie = f/j wird oft als Temperaturspannung bezeichnet. Bei Raumtemperatur (300 K) betragt sie Uj = 25,9mM. Eine genaue Analyse des Potentialverlaufs ergibt fiir die Breite der Raumladungszone

Beispiel 9.2-5: Fiir einen pn-Ubergang in Silicium mit «D = 2 • 10'^cm"^ und n^= \ • W^cm"^ sollen die Diffusionsspannung U^ und die Breite der Raumladungszone berechnet werden. Losung: Nach Gl. (9-36) ist

dn nD = ^p «A •

(9-35)

Wegen der positiven und negativen Raumladungszone entstehen ahnlich wie beim Plattenkondensator ein Potentialgefalle und ein elektrisches Feld zwischen dem n- und p-Gebiet. Bild 9-44 e zeigt den Potentialverlauf, der mit Hilfe der Poisson-Gleichung berechnet werden kann und parabolisch vom Ort abhangt. Die Potentialdifferenz U^ zwischen nund p-Gebiet wird Diffusionsspannung genannt, weil sie infolge der Diffusion der beweglichen Ladungstrager entsteht. Bild 9-44 f zeigt den Verlauf der elektrischen Feldstarke, die dem Gradienten des Potentials (p entspricht (Abschn. 4.3.4: E= - g r a d (p). Der Betrag der Diffusionsspannung kann aus thermodynamischen Uberlegungen berechnet werden. Nach Abschn. 3.2.3 ist das Verhaltnis der Elektronendichte im p-Gebiet zu der im n-Gebiet gegeben durch den Boltzmann-Faktor (Boltzmann-Naherung der Fermi-DiracVerteilung)

«n

np^ «D

V,

25,9 mV • In

2- lO^^cm"^ 1,04- 10^^ cm"

: 0,73 V.

Die Breite der Raumladungszone ist nach Gl. (9-37) mit £^=11^8 (i=0,38[im. Auf die beiden Teilgebiete entfallen nach Gl. (9-35) d^ = 0,25 fxm und d^ = 0,13 |xm. Bild 9-45 a zeigt links anschaulich die Verteilung der Ladungstrager in einem pn-Ubergang. Die Kreise stellen die ortsfesten ionisierten Akzeptoren und Donatoren dar. Der graue Bereich symbolisiert das Gebiet der beweglichen Elektronen, der rote das der Locher. Die Banderdarstellung rechts zeichnet sich dadurch aus, daB im thermodynamischen Gleichgewicht ohne auBere Spannung das Fermi-Niveau in alien Bereichen auf gleicher Hohe liegt. Die Bandkanten verschieben sich zwischen dem n- und p-Gebiet um den Energiebetrag e U^. Legt man nach Bild 9-45 b eine Sperrspannung an ( ^ < 0 ) , dann werden die beweglichen Elektronen zum Pluspol und die Locher zum Minuspol gezogen. Dadurch verbreitert sich die Raumladungszone (in Gl. (9-37) wird U^ ersetzt durch U^ + | ^ | ) . Es flieBt nur noch ein geringer Sperrstrom, der darauf beruht, daB

9.2. Elektronen in Festkorpern a) p-Gebiet n-Gebiet

Ei 1

00000©©0©© 000000©©©© 00000©©©©© 00000©©©©© 00000©©©©©

E,

beweglichen Ladungstrager reichern sich in der Verarmungszone an und dringen ins benachbarte Gebiet ein, wo sie mit den dortigen Majoritaten rekombinieren. Der flieBende Strom nimmt mit wachsender Spannung stark

n-Gebiet

p-Gebiet

669

eUj

zu. Nach W. SHOCKLEY (1910 bis 1989) gilt fur

die Abhangigkeit des Stroms von der Spannung

X

E

b)

I

> 000©0©©®©© 0000O©©®©© 0 ©©00©©©®©© © ©©0©©©©®©© 0©0©0©©®©©

e(U^-U)\

\

N

N

^ -^_1 1 X

Ei I

c) 00©©©©©©©© 00000©©©©© © 000©©©©©©© 0 0000©©©©©© 0000©©©©©©

^^v_

Bild 9-46 zeigt typische Kennlinien fur G e und Si-Dioden. Der Sperrsattigungsstrom / s ist bei Raumtemperatur in der GroBenordnung von 1 nA fur Si und 1 |aA fiir Ge. Er ist sehr stark temperaturabhangig gemaB

—;j]' /s^e

^->

Bild9-45. Verteilung der Ladungstrdger und Bdndermodell beim pn-Ubergang a) ohne duBere Spannung, b) Spannung in Sperrichtung (U < 0) und c) Spannung in FluBrichtung (U > 0). Minoritaten an den Ubergang diffundieren und dort von dem starken elektrischen Feld auf die andere Seite befordert werden. Bei groBen Sperrspannungen sattigt der Strom und geht in den Sperrsattigungsstrom I^ iiber. Bild45c zeigt die Verhaltnisse im pn-Ubergang unter der Wirkung einer Spannung in FluBrichtung {U > 0). Die angelegte Spannung baut die Diffusionsspannung ab, so daB die Bandverbiegung kleiner wird. Die Breite der Raumladungszone wird verringert (in Gl. (9-37) wird U^ ersetzt durch U^-U)\ die

^^

In Sperrichtung kann es zu einem Durchbruch kommen. Dies beruht zum einen auf dem

Zener-Effekt

(C. M. ZENER, geb.

1905). Hierbei werden nach Bild 9-47 a infolge der groBen Feldstarke im Innern des Ubergangs Elektronen aus dem Valenzband des p-Materials waagrecht iiber die verbotene Zone ins Leitungsband des n-Materials gezogen {tunneln). Der Zener-Effekt tritt bevora) Ek

DurchlaBstrom mA 106H Sperrspannung V-120 -100 - 8 0 •

-60 -40 -20 •

^

1

-100-1

0,5

1V

b)

Germanium -300-1

-500^ Sperrstrom /iA' Bild9-46. Diodenkennlinien von Silicium und Germanium. Silicium

Bild 9-47. Durchbruch des pn-Ubergangs: a) ZenerEffekt, b) Lawinenmultiplikation.

670

9. Festkorperphysik

lilill

c f1 CD UJ (rt _ l 0)

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O

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^

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to - L C j = CO 03

If) ui (/)

n

9.2. Elektronen in Festkorpern

zugt bei stark dotierten Dioden auf und kann dort schon bei wenigen Volt Sperrspannung einsetzen. Der zweite Mechanismus, der zum Durchbruch fiihrt, ist in Bild 9-47 b angedeutet. Ein Elektron bewegt sich bei groBer elektrischer Feldstarke so schnell, daB es bei einem ZusammenstoB mit dem Gitter einen Teil seiner Energie abgeben und ein neues freies Elektron-Loch-Paar erzeugen kann. Diese Ladungstrager werden in gleicher Weise beschleunigt und konnen ihrerseits neue freie Paare schaffen, so daB der Strom lawinenartig anwachst. Beide Effekte weisen eine gegenlaufige Temperaturabhangigkeit der Durchbruchspannung Uz (Z-Spannung) auf. Bei Si-Dioden mit Uz = 5,6 V laBt sich die beste Temperaturkonstanz der Durchbruchspannung erzielen. In Bild 9-48 sind die in der Technik wichtigsten Diodentypen (Aufbau, Kennlinien, Funktionsweise und Anwendungen) zusammengestellt. 9.2.3.4. Transistor Transistoren gehoren zu den wichtigsten elektronischen Bauelementen. Sie werden zum Verstarken und Schalten elektrischer Signale

671

verwendet. Man unterscheidet bipolare und unipolare Transistoren. Letztere werden auch Feldeffekttransistoren genannt, die wiederum in Sperrschicht- bzw. MOS-Feldeffekttransistoren unterteilt werden. Eine Ubersicht iiber den Aufbau, die Kennlinien und die Anwendungsbereiche vermittelt Bild 9-49. Der bipolare Transistor arbeitet im Unterschied zum Feldeffekttransistor mit Ladungstragern beider Polaritaten (Elektronen und Locher). Er besteht aus zwei hintereinander geschalteten pn-Ubergangen. Je nach Dotierung werden npn- und pnp-Transistoren unterschieden. Bild 9-50 a zeigt die SchaltzeU chen der Transistoren, Bild 9-50 b die drei Zonen unterschiedlicher Dotierung, Bild 9-50 c die Wirkungsweise eines npn-Transistors und Bild 9-50 d die Basis-Schaltung eines npnTransistors. Die Beschaltung des pnp-Transistors ist im Prinzip gleich, lediglich die Polaritaten sind vertauscht. Fiir den bipolaren Transistor sind je nach Zuordnung von Basis, Emitter und Kollektor zum Eingang oder zum Ausgang drei Schaltungsarten moglich. Der Schaltungstyp tragt den Namen des Transistorteils, der sowohl am Eingang als auch

Transistoren

unipolar (Feldeffekt, FET)

bipolar

MOS-FET (IVIetal Oxide Semiconductor)

Sperrschicht (Junction-FET)

Senke (Drain) O-

Aufbau

Kennlinien

i mA UQS

= OV

^^Anwendungen

Verstarkung analoger und digitaler Signale

Verstarkung analoger Signale

Bild 9-49. Aufbau und Eigenschaften von Transistoren.

Verstarkung analoger und digitaler Signale; GroBintegration

672

9. Festkorperphysik

a) Emitter E ^_^ Kollektor C

Emitter E

Kollektor C pnp

npn Basis B b)

Basis B

Emitter E

Basis B

n

P (n)

(P)

"^f

Emitter (E)

Kollektor C n (P)

Kollektor (C)

Basis (B) 1

n

P

[• * • * • • 1

N

1 1 1 1

+

^EB'

n

1

+

t^CB

Bild 9-50. Wirkungsweise des Transistors.

am Ausgang liegt. Aus diesem Grund unterscheidet man zwischen Basis-, Emitter- und Kollcktorschaltung. Bei der Basisschaltung (Bild 9-50 c und d) wird an den Emitter-Basis-Ubergang eine Spannung ^EB (kleiner 1 V) in DurchlaBrichtung gelegt, am Basis-Kollektor-Ubergang liegt die Sperrspannung UQ^. Die Elektronen flieBen vom Emitter zur Basis. Dort teilt sich der Strom in einen geringen Basisstrom I^ und einen hohen Kollektorstrom IQ auf. Die Basiszone ist sehr diinn, so daB der Kollektorstrom beinahe so groB ist wie der Emitterstrom. Der Stromverstdrkungsfaktor (9-39)

A= /E

der Basisschaltung ist annahernd eins, genauer 0,95 bis 0,995. Der Verstarkungseffekt beruht darauf, daB praktisch derselbe Strom am Eingang bei einem niedrigen Eingangswiderstand (DurchlaBrichtung) eine kleine Spannung t/EB, am Ausgang wegen des hohen Ausgangs-

widerstands (Sperrichtung) eine groBe Spannung UcB hervorruft. Der Transistor dient in diesem Fall zur Spannungsverstdrkung (100 bis lOOOfach) und zur Leistungsverstdrkung (20 dB bis 30 dB). Die Transistorkennlinien in Bild 9-51 zeigen fiir die Basisschaltung die Kollektorstromstarke IQ in Abhangigkeit von der Kollektor-Basis-Spannung UQB fiir unterschiedliche Emitterstrome I^. Der Verstarkungseffekt wird daraus ersichtlich. Bild 9-51 zeigt auch die Kennlinien, gleichungsmaBigen Zusammenhange und Anwendungsgebiete der anderen Transistorschaltungen. Die Kennlinien beschreiben die Abhangigkeiten der wichtigsten KenngroBen eines Transistors. Sie werden meist in vier Quadranten dargestellt. Der erste Quadrant beschreibt die Ausgangskennlinie (— UCQ fiir die Basis-, — (7cE fiir die Emitter- und — U^c fiir die Kollcktorschaltung). Der zweite Quadrant zeigt den Verlauf der Stromverstarkungskennlinie und der dritte Quadrant die Eingangskennlinien. Im vierten Quadranten kann der Verlauf der Spannungs-Riickwirkungskennlinien dargestellt werden. Da diese jedoch aus den Kurven der iibrigen Kennlinien ermittelt werden konnen, werden sie meist nicht gesondert aufgefiihrt. Am haufigsten wird die Emitterschaltung eingesetzt. Die Stromverstarkung in der Emitterschaltung ist das Verhaltnis von Kollektorstrom zu Basisstrom: B = \IQ/I^\. Mit 1^ = /E - /c und Gl. (9-42) folgt

Fiir die genannten ^-Werte von 0,95 bis 0,995 ergeben sich ^-Werte von 20 bis 200. Die Emitterschaltung liefert also sowohl eine Spannungs- als auch eine Stromverstarkung und damit auch eine Leistungsverstarkung. Sie ist also eine universell einsetzbare Schaltung zum Verstarken von Spannungen, Stromen und Leistungen. Die Kollektorschaltung hat einen hohen Einund einen niedrigen Ausgangswiderstand. Sie wird vor allem als Impedanzwandlerstufe sowie in Gegentaktendstufen eingesetzt. Sie erzeugt keine Spannungsverstarkung, jedoch eine Stromverstarkung wie die Emitterschaltung.

9.2. Elektronen in Festkorpern Kollektorschaltung

Emitterschaltung

Basisschaltung

673

Schaltung

Kennlinien

/c

1 v^\

^

j 0 UcB

'E

Formein

/c=e/B

(>\ = 0,95 ... = 0,995)

Bemerkungen

Spannungsverstarkung, Leistungsverstarkung, niedriger Eingangswiderstand, hoher Ausgangswiderstand, Hochfrequenzverstarker

B =

t = (S+1)/B

A 1 -A

Spannungs- und Stromverstarkung, Leistungsverstarkung, mittlerer Eingangswiderstand, mittlerer Ausgangswiderstand

Stromverstarkung, Leistungsverstarkung, hoher Eingangswiderstand, niedriger Ausgangswiderstand, geringe Verzerrung

Bild 9-51. Grundschaltungen und Kennlinien von Transistoren. Ausgangsmaterial: n* -Si-Einkristall-Scheibe, hochdotiert, 0 50 bis 75 mm, Dicke 0,3 mm.

Im Unterschied zum bipolaren Transistor sind beim Feldeffekt-Transistor (PET) nur Ladungstrager einer Sorte, also Elektronen oder Locher, beteiligt. Beim Sperrschicht-FET (Bild 9-49) liegt an einem n-leitenden Bereich eine Gleichspannung, so daB die Elektronen von der Quelle {source) zur Senke {drain) flieBen. Die Breite des Kanals wird von zwei seitlichen p-Zonen und der anliegenden sperrenden Steuerspannung {Gate-Spannung) gesteuert Wird die Steuerspannung erhoht, dann werden die Raumladungszonen, gekennzeichnet durch gestrichelte Linien in Bild 9-49, breiter und verengen die Strombahn. Dies bedeutet, daB die Spannung am Gate durch die Anderung des elektrischen Feldes im pnUbergang die Stromstarke zwischen Source und Drain steuert. Ein besonders wichtiger Transistor ist der MOS-FET (metal oxide semiconductor-FET). Die Steuerspannung beeinfluBt die Leitfahigkeit einer dunnen Oberflachenschicht im Halbleiterkristall (Bild 9-49). Beim Anreicherungstyp flieBt ohne Steuerspannung kein Strom zwischen Quelle und Senke. Eine negative Steuerspannung verdrangt die Elektronen in das Kristallinnere, so daB eine oberflachen-

Epitaxie: Aufwachsen einer n-dotierten Si-Schicht von etwa 10 nm Dicke (Kollektor-Schicht). 1. Oxidation: Erzeugung einer SiOg-Schicht von etwa 2 \x.m Dicke.

3

Atzvorgang: Atzen von Fenstern in die Oxidschicht mit Hilfe von Masken (Photolithographie). •Diffusion: Boratome diffundieren durch die Oxidfenster in den Kristall und erzeugen die ieitende Basis-Zone. 2. Oxidation/Atzvorgang: Oberflachen wieder zuoxidieren und FensterfiJrdie Emitter-Diffusion atzen.

Phosphor I I I Phosphor

^

^

Emitter-Diffusion: Phosphoratome diffundieren durch die Oxidlocher und erzeugen die n-leitende Emitter-Zone. 3. Oxidation/Atzung/Metallbelegung: Oberflache wieder zuoxidieren und Locher fur die Metallkontakte atzen. Ganzflachige Bedampfung mit Metall (z.B. Aluminium). Leitbahnatzung/Ruckseitenschliff: Entfernen des Metallbelags bis auf die Emitter (E)- und Basis (B)-Anschlusse. Abschleifen der Ruckseite bis auf 0,1 mm Kristalldicke. Trennung der Systeme: Ritzen der Kristallscheibe und Brechen in die einzelnenTransistorsysteme. Kontaktieren und Einbau in das Gehause.

Bild 9-52. Herstellungsgang fur zwei nebeneinanderliegende Planar-Transistor-SySterne.

674

9. Festkorperphysik

nahe schmale p-leitende Schicht entsteht. Je nach Anwendungsfall gibt es p-MOS oder ^-MOiS-Feldeffekttransistoren mit einem Aluminium- bzw. Silicium-Gate. In der C MOSTechnik (komplementare MOS-Technik) wirken sowohl p-MOS- als auch n-MOS-Transistoren zusammen. Eine Vielzahl von Transistoren oder andere Bauelemente konnen in einem einzigen FertigungsprozeB auf einem einkristallinen Siliciumplattchen {Chip) hergestellt werden. Bild 9-52 zeigt die einzelnen Fertigungsschritte dieser Planartechnik zur Herstellung zweier Transistoren. In integrierten Schaltkreisen (IC, Integrated Circuit) sind eine groBe Anzahl von Halbleiterbauelementen gleichzeitig herstellbar. Bild 9-53 zeigt eine integrierte Schaltung mit einem Kondensator, einem Transistor und einem Widerstand. Durch GroBintegration (LSI, Large Scale Integration) kann man bis zu 15 000 Bauelemente auf einem Chip unterbringen. Auf diese Weise lassen sich die Herstellungskosten je Element betrachtlich senken und eine hohe Zuverlassigkeit bei gleichzeitig geringem Leistungsverbrauch garantieren.

schaft: •Aus dem Innern eines Supraleiters wird immer ein Magnetfeld verdrangt, d. h., ein Supraleiter ist auch ein idealer Diamagnet (5i = 0, /m = —1). Dieser zweite Effekt wird nach ihren Entdeckern MeiBner-Ochsenfeld-Effekt genannt (F. W. MEISSNER, 1882 bis 1974, R. OCHSENFELD). Modcllhaft wird angenommen, daB in einer diinnen Oberflachenschicht des Supraleiters sehr groBe Oberflachenstrome, sogenannte Suprastrome zirkulieren, die ein auBeres Magnetfeld abschirmen. Der supraleitende Zustand wird oberhalb einer kritischen magnetischen Flufidichte B^ zerstort. Diese hangt mit der Sprungtemperatur T^ zusammen und zeigt eine parabolische Temperaturabhangigkeit. In guter Naherung kann der Zusammenhang durch

beschrieben werden. Hierin ist T^ die materialspezifische Sprungtemperatur und ^o die kritische FluBdichte fiir 7 = 0 . Bild 9-54 zeigt die Abhangigkeit der kritischen FluBdichte von der Temperatur fur einige Metalle. Bei den Supraleitern erster Art tritt der Wechsel

ic^h 2 11

iH

H±

Kondensator

5

?ttS Transistor

4

;

T -SiOo

:EU Widerstand

u,uo-

-Y"P-Si

\^BIei

Bild 9-53. Integrierte Schaltung von Transistor, Kondensator und Widerstand.

9.2.4. Supraleitung Als 1908 dem hollandischen Physiker H. KAMERLINGH-ONNES (1853 bis 1926) die Verfliis-

sigung des Heliums bei 4,2 K gelang, machte er die uberraschende Entdeckung, daB der Widerstand von Quecksilber bei dieser Temperatur unmeBbar klein wird. Er nannte diese Erscheinung Supraleitfdhigkeit. Seitdem stellte man bei sehr vielen Metallen und Legierungen sowie Halbleitern unterhalb einer jeweils charakteristischen Sprungtemperatur T^ Supraleitung fest. Ein Supraleiter hat auBer 4er Erscheinung des verschwindend geringen Widerstandes {R = 0) eine zweite wichtige Eigen-

QQ

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£ 0,06u C2 -a 0)

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Zinn

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2

4

_j^

K 8

Tennperatur T

Bild 9-54. Abhangigkeit der kritischen Flufidichte von der Temperatur fiir einige supraleitende Metalle.

9.2. Elektronen in Festkorpern a) Supraleiter erster Art (weiche Supraleiter)

• Jfc

i Magnetisierung M

40m:

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675

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Supraleiter zweiter Art (harte Supraleiter)

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5//^ P-55. FluBliniengitter einer Folie aus Pb3,6%In bei T= 1,2 K und B = 0,007 T (nach EBmann und Trduble).

Bild9-55. Magnetisierungsverlauf in Supraleitern.

Versetzungen von Metallgittem (Abschn. 9.1.3, Bild 9-11). Bild 9-57 zeigt den allmahlichen Ubergang vom supraleitenden in den normalleitenden Zustand bei einer 0,1 mm dicken Bleifolie. In Bild 9-57 a betragt die auBere magnetische

von der supraleitenden in die normalleitende Phase sprunghaft ein, wie Bild9-55a erkennen laBt, wahrend bei den Supraleitern zweiter Art ein kontinuierlicher Ubergang vom supraleitenden in den normalleitenden Zustand stattfindet, verdeutlicht in Bild 9-55 b. Oberhalb einer kritischen magnetischen FluBdichte ^ci beginnt ein Eindringen des magnetischen Flusses, jedoch bei nach wie vor unmeBbar kleinem Widerstand. Dies geschieht quantisiert in Form von normalleitenden magnetischen FluBschlauchen, die eine regelmaBige Struktur bilden. Der Wert eines solchen magnetischen FluBquants betragt ^n = -

2e

2- 10-^^Vs.

(9-42)

Die GroBe h ist das Plancksche Wirkungsquantum und e die Elementarladung. Die normalleitenden FluBschlauche bilden auf der Oberflache des Supraleiters regelmaBige Gittermuster, die 1966 erstmals durch RTRAUBLE (1932

bis 1976)

und U. ESSMANN (geb.

1937)

sichtbar gemacht wurden. Bild 9-56 zeigt eine solche Struktur. Die Anordnungs- und Gitterfehler dieser FluBschlauche entsprechen den

Bild9-57. Ubergang vom supraleitenden in den normalleitenden Zustand bei Blei (weiB: supraleitend, schwarz: normalleitend) bei a) 2,5 -10~^ T und b) 7,5 • 10~^ T (nach EBmann und Trduble).

676

9. Festkorperphysik

FluBdichte ^a = 2,5 • lO'^T, es sind zylinderformige magnetische Bereiche sichtbar, die etwa 50 FluBquanten umfassen. Mit zunehmender magnetischer FluBdichte gehen sie bei B^ = 7,5 • lO'^ T (Bild 9-57b) in maanderformige magnetische Bereiche iiber. Nach dem Uberschreiten der oberen kritischen magnetischen FluBdichte Bc2 ist der Werkstoff vollstandig normalleitend geworden. Technisch bedeutsam ist, daB die Werte von Bc2 oft um mehrere Zehnerpotenzen hoher liegen als die von ^ci • In Tabelle9-10 sind die wichtigsten supraleitenden Elemente und Verbindungen mit ihren Sprungtemperaturen T^ und ihren kritischen magnetischen FluBdichten B^ bzw. Bc2 aufgefiihrt. Es wurde empirisch ermittelt, daB nur Metalle mit einer Valenzelektronenanzahl zwischen 2 und 8 supraleitend werden; hierbei weisen die Elemente mit 3, 5 und 7 Valenzelektronen die hochsten Sprungtemperaturen auf. In Tabelle9-10 hat die Verbindung NbaGe die hochste kritische Temperatur von Tc = 23 K und die Verbindung PbMogSg die hochste kritische magnetische FluBdichte 5c2 = 45 T.

Die angegebenen Grenzwerte werden weit iibertroffen durch keramische Werkstoffe, die erstmals 1986 von J. G. BEDNORZ und K. A.

MiJLLER beschrieben wurden. Es handelt sich hierbei um Keramiken mit Perowskit-Struktur auf der Basis von Kupferoxid in Verbindung mit Erdalkalimetallen und Seltenen Erden wie beispielsweise La-Ba-Cu-O, La-Sr-Cu-O und Y-Ba-Cu-O. Es wurden Sprungtemperaturen Tc von weit uber 100 K gemessen und kritische FluBdichten (bei T = 4,2 K) von Be > 350 T. Diese Hochtempemtur-Supraleiter benotigen zur Herbeifiihrung des supraleitenden Zustands nicht mehr das teuere fliissige Helium, sondern sie werden bereits bei der Siedetemperatur des flussigen Stickstoffs (T=11K) supraleitend. Somit versprechen diese neuen Werkstoffe sensationelle technische Anwendungen. Die physikalische Deutung der Supraleitung gelang J. BARDEEN (geb. 1908), L. N. COOPER (geb.

1930)

und

J. R. SHRIEFFER (geb.

1931)

erstmals im Jahr 1957. Die nach ihnen benannte BCS-Theorie geht da von aus, daB jeweils zwei Elektronen mit entgegengesetztem Eigendrehimpuls (Spin) und Impuls ein soge-

Tabelle 9-10. Kritische Temperatur T^ und kritische FluBdichte B^ supraleitender Elemente und Verbindungen. Supraleiter erster Art Stoffe Al Hg In Pb Sn Th Tl

r.inK

^0 in T

1,19 4,15 3,4 7,2 3,72 1,37 2,39

0,0099 0,0412 0,0293 0,0803 0,0309 0,0162 0,0171

Supraleiter zweiter Art Stoffe Nb Ta V Zn BisBa Bi3Sr MogRe NbsAu NbSn2

r.inK

5,2 in T

9,2 4,39 5,3 0,9

0,27 0,18 0,34 0,0053

5,69 5,62 9,8 11 2,6

0,074 0,053 0,053 0,062

Supraleiter zweiter Art 1 Stoffe

r, inK 12,6 18 23 18 10,6 10,8 15 14,5 17

MoRe Nb3Al Nb3Ge NbjSn NbTi NbZr PbMo^Sg V3Ga V3Si

5,2 in T 32 30 20 11,8 11 45 21 21

Hochtemperatur-Supraleiter 1 Stoffe YBa2Cu307 Bi2Sr2CaCu208 Bi2Sr2Ca2Cu30io Te2Ca2Ba2Cu30x

r.inK

5,2 in T

93 85 110 135

30 bis 30 bis 100 bis 100 bis

60 60 200 200

9.2. Elektronen in Festkorpern

nanntes Cooper-Paar bilden. Die Kopplung der beiden, das Cooper-Paar bildenden Leitungselektronen erfolgt uber die Deformation des Atomgitters. Durch die elektrische Wechselwirkung verzerrt ein Elektron das lokale Atomgitter. 1st diese Deformationsenergie groBer als die thermischen oder magnetischen Einfliisse auf das Gitter, so wirkt sich diese Deformation bindend auf ein zweites Elektron aus, das damit an das erste Elektron gekoppelt ist und einen gemeinsamen Energiezustand einnimmt. Bei Cooper-Paaren ist der Gesamtspin bzw. -impuls null. Aus diesem Grund sind sie nicht dem Pauli-Prinzip unterworfen, so daB alle Cooper-Paare den tiefstmoglichen quantenmechanischen Energiezustand einnehmen konnen. Die Cooper-Paare unterliegen nicht mehr der Fermi-Dirac Statistik (Abschn. 9.2.1), sondern der Bose-Einstein-Statistik wechselwirkungsfreier Teilchen. Die Cooper-Paare treten nicht mehr mit dem Atomgitter in storende Wechselwirkung, weshalb sie sich auch widerstandslos durch den Supraleiter bewegen konnen. Die Existenz von Cooper-Paaren konnte bei der Bestimmung des Wertes eines FluBquantes bestatigt werden. Nach Gl. (9-42) wird das FluBquant durch Teilchen mit doppelter Elementarladung gebildet. Fine wichtige technische Bedeutung haben die Supraleiter zweiter und dritter Art (Hochfeldsupraleiter) sowie kiinftig die keramischen Supraleiter mit den kritischen GroBen — kritische Temperatur T^ — kritische magnetische FluBdichte B^i und — kritische Stromdichtey'cDiese GroBen sind voneinander abhangig und beschreiben in Bild 9-58 einen Bereich, innerhalb dessen Silpraleitung moglich ist. FlieBt durch einen Supraleiter zweiter Art ein Transportstrom / j , dann iibt dieser auf die FluBschlauche eine Lorentz-Kraft IjB aus, die zu einer Wanderung der Schlauche und damit verbunden zu einer Warmeentwicklung fiihrt, so daB die Supraleitfahigkeit verloren geht. Durch Anheften (Pinnen) dieser FluBschlauche in ihrer gegenwartigen Lage konnen supraleitende Materialien verhaltnismaBig hohe Stromdichten tragen (fiir NbTi zwischen 2 • 10^ A/cm^ und 6 • 10^ A/cm^). Versetzungen, Ausscheidungen und Komgrenzen wirken in Supraleitem 2. Art (harte Supralei-

677

I Stromdichte Jc

kritische FluBdichte

Sprungtemperatur To

Bild 9-58. Verlauf der kritischen GroBen Sprungtemperatur, kritische FluBdichte und Stromdichte (schematisch).

ter) als Pinning-Zentren fiir die FluBschlauche. Fiir keramische Hochtemperatur-Supraleiter wurden bei T=11K. ebenfalls kritische Stromdichten von iiber 10^ A/cm^ gemessen. Die Supraleitung kann in unterschiedlicher Weise technisch genutzt werden. Widerstandslose supraleitende Kabel dienen zur verlustfreien Stromleitung hoher Leistung {P > 2 GW). Das bedeutendste technische Einsatzfeld liegt heute im Bau supraleitender Magnete hoher magnetischer FluBdichten (^ > 10 T). Sie werden in der Festkorper-, Hochenergieund Plasmaphysik eingesetzt. Ferner dienen sie zum Trennen und Abscheiden magnetischer Substanzen. Die Verdrangung des magnetischen Feldes in einem Supraleiter wird bei elektrodynamischen Schwebeverfahren ausgenutzt. Diese Schwebetechnik ermoglicht die Entwicklung von reibungsfreien magnetischen Lagem (z.B. fiir Kompasse oder Zentrifugen). Der Bau von Synchrongeneratoren mit einer supraleitenden Erregerwicklung ist bereits verwirklicht worden. In jungster Zeit werden supraleitende Magnete in der Medizintechnik bei der Kemspin-Tomographie verwendet. Als supraleitende Werkstoffe werden vor allem NbTi und NbsSn eingesetzt. NbTi hat eine Sprungtemperatur von 9 K und ist (bei 4,2 K) bis 5 c 2 = l l , 5 T supraleitend. Durch wiederholtes Kaltverformen und anschlieBende Warmebehandlung werden als PinningZentren Ausscheidungen mit einem Durchmesser in der GroBe der FluBschlauche (etwa 10"^ m) erzeugt, und zwar in einer Dichte von

678

9. Festkorperphysik

etwa 10^^cm"^ Wird der Strom oder das Magnetfeld im Supraleiter geandert, dann kann es zur Wanderung der FluBschlauche kommen, so daB die supraleitenden Drahte teilweise normalleitend werden. Die auftretende Warme muB schnell abgegeben werden konnen, um zu verhindern, daB die Drahte vollstandig normalleitend werden. Aus diesem Grund werden dunne Filamente mit einem Durchmesser von 5 ^im bis 50 jim in eine Kupfermatrix eingebettet. Bild 9-59 zeigt den Querschliff eines NbTi-Filament-Verbundleiters mit etwa 10 000 Filamenten. Die maximale Stromstarke dieses Verbundleiters betragt bei 4,2 K 1400 A bei 9 T bzw. 5200 A bei 5 T.

tenen Zone (Eigenleitung). b) Das Fermi-Niveau befinde sich AE = 20 meV unterhalb der Leitungsbandkante (n-Halbleiter). c) Wie groB ist die Wahrscheinlichkeit beim Halbleiter nach b), an der Valenzbandkante Locher zu finden? U 9.2-6: Wie groB ist der spezifische Widerstand von eigenleitendem Germanium bei T = 600 K? U9.2-7: An einer Si-Probe der Lange / = 2 cm und des Querschnitts A = 1 cm^ mit der Dotierungskonzentration «D = 10^^ cm~^ (Sb) wird der Widerstand R= lOQ gemessen. Wie groB ist die Beweglichkeit der Majoritatstrager? U 9.2-8: Ein mit P dotierter Si-Kristall soli als Temperaturfuhler eingesetzt werden. Bei Ti = 77 K betragt der elektrische Widerstand des Bauelements i^i = 1 kQ. a) Wie groB ist der Widerstand R2 bei der Temperatur T2 = 50 K, wenn die Beweglichkeit als konstant angesehen werden kann? b) Wie groB ist der Temperaturkoeffizient dR/dTdes ohmschen Widerstands bei T^ = 11 K?

U 9.2-9: Zur Herstellung einer Ge-Diode wird eine schwach p-dotierte Scheibe mit dem spezifischen Widerstand ^ = 5 Q cm als Ausgangsmaterial beBild 9-59. Schliffhild eines NbTi-Multifilamendeiters nutzt. In diesem Kristall wird durch Eindiffusion mit etwa 10 000 Filamenten zuje 25 jum Durchmesser von Phosphor eine n-Zone erzeugt. a) Wie groB und Cu/CuNi-Mischmatrix (1400 A bei 9 T). muB die Donatorenkonzentration «D sein, damit die Werkphoto: VAC. Diffusionsspannung U^ = 0,3 V ist? b) Wieviel g Phosphor sind in 1 cm^ der n-Schicht verteilt? Zur tJbung U 9.2-10: Wie breit ist die Raumladungszone eines tj 9.2-1: Die Dichte von Eisen betragt 7850 kg/ml pn-Ubergangs in Silicium mit A2D= lO'^cm"^ und Wie groB ist die Fermi-Energie ^p unter der Vor«A=10'^cm~^ a) in spannungslosem Zustand, b) aussetzung, daB jedes Eisenatom ein freies Elektron mit einer Sperrspannung U^ = - \0W, c) mit einer im Kristall zur Verfiigung stellt? FluBspannung von C/p = 0,5 V? U 9.2-2: Die Fermi-Energie von Na ist nach Tabelle 9-5 £F = 3'leV- Wie groB sind die Wahrscheinlichkeiten, daB die Energieniveaus E^ = 3,05 eV und ^2 = 3,15eV besetzt sind bei den Temperaturen ri = 300Kundr2 = 600K?

9.3. Thermodynamik fester Korper 9.3.1. Gitterschwingungen

ii 9.2-3: Wie groB ist der Beitrag der Elektronen C^ ei zur molaren Warmekapazitat C^ = 28 J/(mol K) von Natrium bei 20 °C?

9.3.1.1. Schwingende Gitterbausteine und Phononen Im Kristallgitter eines Festkorpers befinden U 9.2-4: Wie groB ist die mittlere freie Weglange sich regelmaBig angeordnete Gitterbausteine, der Elektronen in Eisen bei Raumtemperatur, wenn die elastisch miteinander gekoppelt sind. Dieder spezifische Widerstand Q= 10~^Qcm betragt? se fiihren thermische Schwingungen um ihre (weitereDaten.s. U 9.2-1). Ruhelagen aus. Wird ein Gitterbaustein von auBen angeregt, beispielsweise durch StoB U 9.2-5: Wie groB ist die Wahrscheinlichkeit, an der eines Gasmolekiils, Wechselwirkung mit elekLeitungsbandkante des Halbleiters Silicium bei tromagnetischer Strahlung (PhotonenstoB) Raumtemperatur (300 K) Elektronen zu finden? oder Neutronenbestrahlung, dann wird sich Folgende Falle sollen untersucht werden: a) Das die damit verknupfte Auslenkung liber die Fermi-Niveau befinde sich in der Mitte der verbo-

9.3. Thermodynamik fester Korper

fc

m*^^

r\\

V \

(^ r

{S

Sr /

^

4

A

A

1

/

r

rS \ rk / Sr V V y

i-a-

7 T"^

"*

A

A

^ N ^

/^k \

) Y v v /

^in

V

679

Als einfaches Beispiel sei nach Bild 9-61 eine lineare Kette aus gleichartigen Atomen der Masse m betrachtet, in der eine Longitudinalwelle lauft. Der aquidistante Abstand (Gitterkonstante) zwischen den Atomen sei a, die Federkonstante, die das lineare Kraftgesetz der Wechselwirkungskraft nachster Nachbarn beschreibt, c. Dieses gekoppelte Schwingungssystem (Abschn. 5.1.5) zeigt folgende Abhangigkeit der Kreisfrequenz von den obigen Parametern:

^

Bild 9-60. Transversale Gitterwellen.

elastische Kopplung auf die Nachbarn iibertragen und als Welle durch das Kristallgitter laufen. Bild 9-60 zeigt die Auslenkung der Teilchen bei einer transversalen Gitterwelle. Durch viele Experimente, z.B. durch Rontgen- und Neutronenstreuung an Kristallen, wurde festgestellt, daB die Energie in einer Gitterschwingung gequantelt ist. Analog zum Photon, dem Energiequant der elektromagnetischen Wellen, werden die Quanten der Gitterwellen als Phononen bezeichnet. Die Energie eines Phonons ist nach Gl. (6-114) ^ Phonon =

hf=

h CO

(9-43)

m i t / u n d co als Frequenz bzw. Kreisfrequenz der Schwingung, h als der Planckschen Konstanten und h = h/{2 7i). Die Phononen haben wie die Photonen einen Impuls, der nach der De-Broglie-Beziehung (Abschn. 6.5.5) mit der Wellenlange i bzw. der Wellenzahl k zusammenhangt. Es gilt Bild 9-62. Gitterwellen einer linearen Atomkette: a) Dispersionsrelation der Phononen, b) Schallgeschwindigkeit.

Gitterschwingungen konnen also als Teilchen aufgefaBt werden, die sich mit der Schallgeschwindigkeit c^ durch den Kristall bewegen, dabei untereinander sowie mit anderen Teilchen (z.B. Elektronen, Neutronen, Photonen) zusammenstoBen und Energie und Impuls austauschen. c

Bild 9-61. Lineare Atomkette.

Es ergibt sich kein bestimmter Wert fiir die Frequenz sondern ein Phononspektrum, in dem die Frequenz von der Wellenlange k bzw. der Wellenzahl k abhangt. Der Zusammenhang zwischen CD und k wird als Dispersionsrelation bezeichnet und ist in Bild 9-62 a dargestellt. Alle praktisch vorkommenden Wellenzahlen liegen innerhalb der ersten BrillouinZone (Abschn. 9.2A): n , n ^ A:^ + —.

680

9. Festkorperphysik

Die Vorzeichen der /:-Vektoren geben die Laufrichtung der Welle an. Die maximale Wellenzahl

n a

k

(9-46)

Ist A a die Auslenkung eines Teilchens aus der Gleichgewichtslage, dann ist e = Aa/a die Dehnung, die nach Abschn. 2.3.1.1 bei Giiltigkeit des Hookeschen Gesetzes mit der Spannung a und dem Elastizitatsmodul E verkniipft hV. G = E e. Fiir die Spannung gilt

entspricht der minimalen Wellenlange } . -= •^min

F ~A

(9-47)

2 <3,

die sich nach Bild 9-60 dadurch auszeichnet, daB benachbarte Atome gegenphasig schwingen. — Die Geschwindigkeit der Phononen entspricht der Gruppengeschwindigkeit der Gitterwelle. Nach Gl. (5-211) ist diese c^^ = dco/(d/c). Mit a;(A:) aus Gl. (9-45) folgt sin ka

^- = ^l/i^ 2m ^ \-coska

(9-48)

'

Aa = —. = E-

Die Kraft F, die auf ein Teilchen wirkt, ist nach Hooke der Verschiebung A a proportional: F= c Aa. Daraus folgt eine Beziehung zwischen Federkonstante c und ^ - M o d u l E: (9-52)

c = a E.

Wird Gl. (9-52) in (9-50) eingesetzt, dann ergibt sich fiir den Grenzfall langer Wellen (tiefe Frequenzen) die maximale Schallgeschwindigkeit Cs^max der Longitudinalwellen

Die Phasengeschwindigkeit der Welle betragt nach Gl. (5-171) c^^ = Xf=(D/k und mit Gl. (9-45)

1/2^ f l — cos k a

(9-49)

Die Funktionen (9-48) und (9-49) sind in Bild 9-62 b dargestellt. Bei A: = 0 ist die Phasengeschwindigkeit gleich der Gruppengeschwindigkeit

Diese Gleichung ist identisch mit Gl. (5-188) aus der Kontinuumstheorie. Die groBte Eigenfrequenz ist nach Gl. (9-45) fiir k = n/a COrr

f m

Mit Gl. (9-52) resultiert Cph(^ = 0) = Cgr(/: = 0) =

r

m

(9-50)

Fur sehr lange Wellen (A > a) gibt es also keine Dispersion. Am Rand der BrillouinZone ist

\

a I

71 f

c , ( . = | ) = 0.

m

(9-51)

Die verschwindende Gruppengeschwindigkeit ist ein Ausdruck dafiir, daB die Wellen mit k=± n/a stehende Wellen sind (Abschn. 9.2.1).

Beispiel 9.3-1: Wie groB ist die maximale Schallgeschwindigkeit und die maximale Eigenfrequenz von Eisenatomen in einem Eisenstab, der zu Longitudinalschwingungen angeregt wird? (Elastizitatsmodul E = 2-\0^^ N/m2, Gitterkonstante a = 2,9- 10"^^ m, Molmasse M = 55,85 kg/kmol, Dichte Q = 7850 kg/m^). Losung: Nach Gl. (9-53) ist die maximale Schallgeschwindigkeit Cs^j^ax = I/E/Q = 5048 m/s. Die maximale Eigenfrequenz ist nach Gl. (9-54)

9.3. Thermodynamik fester Korper

/mi

n f m Mit m = M/N^ = 9,27 • lO'^^ kg ergibt sich f^^^ = 7,96 GHz.

Befinden sich zwei oder mehr Atome in der Elementarzelle, dann ergeben sich je nach Schwingungstyp verschiedene Dispersionsrelationen, wie sie in Bild 9-63 a fur Germanium dargestellt sind. Man unterscheidet akustische und optische Phononen, die jeweils noch in longitudinale und transversale unterteilt sind. Folgende Abkiirzungen sind iiblich: — — — —

TA: transversal akustisch, LA: longitudinal akustisch, LO: longitudinal optisch, TO: transversal optisch.

681

effektiv durch elektromagnetische Wellen (Licht) angeregt werden. Bild 9-63 a verdeutlicht, daB zwischen den akustischen und optischen Phononenasten eine FrequenzlUcke (schraffiert) existiert. Der Kristall hat in diesem Frequenzintervall keine Eigenschwingungen. Wellen mit solchen Frequenzen (fiir Ge 6,65 bis 7,33 • 10^^ Hz) werden stark gedampft. Wahrend bei Germanium in anderen Raumrichtungen, wie z.B. [100]), die Frequenzliicke nicht auftritt, ist sie bei Kristallen, die zwei Atome unterschiedlicher Masse in der Elementarzelle haben, immer vorhanden. Beispiel

r

9.3-2: Die Gitterschwingungen mit k = — I 1 I hahaben in Germanium die Frequenzen /JA = 1,90 THz,

/LA = 6 , 6 5 T H Z ,

A O = 7,33 THZ,

/TO =

8,68

THz. a) Wie groB sind die zugehorigen Phononenenergien? b) Wie groB sind die Impulse der Phononen, wenn die Gitterkonstante in Ge a = 5,65- 10"'^ m betragt? c) Welchen Impuls hat ein Photon mit der gleichen Energie wie das LAPhonon? 10-io^m-^ Wellenvektor k in [111]-Richtung

b)

c)

Losung: a) Fiir die Phononenenergien gilt nach Gl. (9-43) -fi^Phonon = hf. Man errechnet £'TA = 7,85 meV, ^LA = 27,5 meV, £LO = 30,3 meV und £"70 = 35,9 meV. b) Der Impuls ist nach Gl. (9-44) /^phonon = ^k. Mit |/t|=(7r/fl!)]/3erhaltman/7LA= 1.02- lO'^^Ns. c) Der Impuls eines Photons ist nach Gl. (6-117) /'Photon = {hf)/c. Mit /z/= ^'LA = 27,5 meV ergibt Sichpphoton = 1,47 • 10-29 NS <^ /7phonon-

Praktisch kann der Photonenimpuls im Vergleich zum Phononenimpuls immer vernachlassigt werden. Bild 9-63. Phononen in Kristallen mit zwei Atomen in der Elementarzelle: a) Dispersionsrelation von Germanium, b) akustische und c) optische Phononen. Bei den akustischen Phononen schwingen nach Bild 9-63 b die beiden verschiedenen Teilchensorten gleichphasig, bei den optischen Phononen nach Bild 9-63 c gegenphasig. Falls die beiden Atome unterschiedliche Ladung tragen (z.B. NaCl), erfahrt der Kristall durch die optischen Phononen eine starke Polarisation. Dieser Schwingungstyp kann daher sehr

9.3.1.2. Molare und spezifische Warmekapazitat Jeder schwingungsfahige Gitterbaustein eines Festkorpers hat drei Freiheitsgrade. D a sich die Schwingungsenergie gleichmaBig auf die kinetische und potentielle Energie verteilt, hat jedes Atom im Festkorper die mittlere Energie E=2(3/2) kT= 3kT. Die innere Energie eines Systems aus N Teilchen ist also U = 3NkT und die molare Warmekapazitat nach der Dulong-Petitschen Kegel (Abschn. 3.3.3)

682

9. Festkorperphysik

_ 1 dU _ n dT Die tatsachlich gemessene molare Warmekapazitat weicht indessen von diesem Wert stark ab und zwar um so mehr, je fester die Gitterbindung, je leichter die Gitterbausteine und je tiefer die Temperatur ist. Einstein schlug deshalb 1907 vor, daB die Schwingungsenergie der Gitterbausteine in ganzzahligen Vielfachen von /^/gequantelt sein muB. Unter der Annahme, dafi A^-Oszillatoren mit drei Freiheitsgraden unabhangig voneinander mit derselben Frequenz schwingen, ergibt sich fiir die Gesamtenergie unter Beriicksichtigung der Boltzmannschen Verteilungsfunktion (Abschn. 3.2.3)

pern haben ergeben, dafi die Einsteinsche Formel zu geringe Warmekapazitaten voraussagt, weil sie auf der Annahme beruht, dafi es nur eine einzige Frequenz der Gitterschwingungen (die eines Gitterbausteins) gibt. Ein Gitter hat aber genau so viele Schwingungszustande wie Gitterbausteine (Abschn. 5.1.5). Nach R DEBYE (1884 bis 1966) ist der Energiegehalt eines Festkorpers in den stehenden Wellen der A^ Gitterschwingungen gespeichert. Er berechnete die Gesamtenergie bei drei Freiheitsgraden zu rp3

u== 9NkT—^

^D

^3 dz f — 1 0 G

ZD

mit z = (hf)/{kT) und die Debye-Temperatur: Tu

Fiir hohe Temperaturen (kT> hf) die innere Energie

U^3NkT=3nRmT.

(9-56)

Die molare Warmekapazitat befolgt damit die Dulong-Petitsche Regel. Fiir niedrige Temperaturen {kT
kT

k

betragt

(9-57)

und fiir die molare Warmekapazitat

Die Grenze fiir den Ubergang von Gl. (9-56) in (9-57) liegt bei der Einstein-Temperatur

TD

ist

(9-61)

'

Die GroBe /gr ist die Debyesche Grenzfrequenz, die in der Nahe der Maximalfrequenz (Gl. 9-54) der elastischen Schwingungen des Kristalls liegt. Tabelle9-ll zeigt die DebyeTemperaturen einiger Festkorper. Tabelle9-ll. Debye-Temperatur T^ einiger Stoffe. Stoff

T'D

Pb Na Ag NaCl Cu

88 172 226 281 345

Stoff

ToinK

Mg Al LiF Diamant

405 428 740 1860

in K

Fiir den Fall T ^ T D ergibt Gl. (9-60) wieder U^ 3NkT und fiir die molare Warmekapazitat Cja = 3Rjn (Dulong-Petit). Bei T
Genaue Messungen des Temperaturverlaufs der spezifischen Warmekapazitat in Festkor-

ZD =-To/T

(9-60)

Cm = -

T^ n'^NkT—:r Ti

12 r3

und

(9-62) (9-63)

9.3. Thermpdynamik fester Korper

nen untereinander und mit Verunreinigungen zusammenstoBen und ihre Richtungen dauernd andem. Ihnen wird, ahnlich wie den Gasmolekiilen und Elektronen, eine mittlere freie Phononenwegldnge /ph zugeordnet. Bild 9-65 zeigt schematisch den Querschnitt eines Festkorpers, an dem eine konstante Temperaturdifferenz AT=Tx— Ti anliegt. Die je Flachen- und Zeiteinheit transportierte Warme, die Wdrmestromdichte jq betragt

Dulong-Petit

0

0,2

0,4

683

0,6

0,8 T/T^ 1,0

Bild9-64. Molare Wdrmekapazitdt der Festkorper nach den Theorien von Einstein, Debye und DulongPetit.

Fur r -^ 0 geht die molare bzw. spezifische Warmekapazitat mit T^ gegen null. Die Debyesche Beschreibung ist wesentlich genauer als die Einsteinsche. Noch vorhandene Unterschiede zum Experiment riihren von der bei Debye nicht beriicksichtigten Dispersion der Gitterwellen her. Bild 9-64 zeigt die molare Warmekapazitat in Abhangigkeit von der Temperatur nach dem Einsteinschen bzw. dem Debyeschen Ansatz. 9.3.1.3. Warmeleitfahigkeit Isolatoren Zwar breiten sich die Phononen im Festkorper mit Schallgeschwindigkeit aus, jedoch ist der durch sie bewirkte Warmetransport deutlich langsamer. Dies ruhrt daher, daB die Phono-

Hierbei ist A die Warmleitfahigkeit in W/(m K). Der Zusammenhang zwischen der Warmeleitfahigkeit und der Phononenbewegung lal3t sich berechnen. Wenn in der Mitte des Festkorpers die Temperatur T herrscht, dann liegt links und rechts im Abstand ± /ph ein Bereich, in dem kein PhononenzusammenstoB stattfindet. Die von links kommenden Phononen haben die Energie AT klT+l ph >T1 Ax und die von rechts kommenden :T2-

k\T-l

ph

AT Ax

Ist die Dichte der Phononen «ph = A/^ph/Fund ihre Geschwindigkeit c^, dann ist die mittlere Phononenstromdichte in positiver bzw. negativer x-Richtung 1/6 («ph Cs). Fiir die Energiestromdichte im Mittelpunkt gilt bei der Temperatur T: Energiestromdichte von links: 1

r+A T-ir

^ph<^s-

k\T-\-l

ph

AT Ax

Energiestromdichte von rechts:

Die Differenz der Energiestromdichten ist gleich der Warmestromdichte Bild 9-65. Temperaturverteilung in einem Festkorper.

AT 1 A = y«ph/ccs/p.—

(9-65)

684

9. Festkorperphysik

Durch Vergleich mit Gl. (9-64) folgt fiir die Warmeleitfahigkeit A = ^nph^c,/ph.

(9-66)

Da bei drei Freiheitsgraden die innere Energie U=3kTnpy^Vbetragt, folgt fiir die spezifische Warmekapazitat (Abschn. 3.3.3)

Cei

(9-67)

Hieraus ergibt sich die Warmeleitfahigkeit A = j g c Cs /ph.

In Metallen kann Warme nicht nur durch Phononen, sondem auch durch die freien Elektronen ubertragen werden. Die Warmeleitfahigkeit aufgrund des Energietransports der Elektronen wird durch Gl. (9-68) beschrieben; hierbei wird fiir c die spezifische Warmekapazitat der Elektronen aus Gl. (9-16) eingesetzt. Mit der Molmasse M gilt C,m,el

m dT Q mit der Dichte Q = m/ Foder 1 CQ

Metalle

= -

T M

M

Anstelle der Schallgeschwindigkeit c^ steht die Fermi-Geschwindigkeit rp und anstatt der mittleren freien Weglange der Phononen die entsprechende GroBe I^V^T nach Gl. (9-25) fur die Elektronen. Folglich resultiert fiir die Warmeleitfahigkeit der Elektronen

(9-68) >^el = T " ^ ^ ^ F -

Mit dieser Gleichung ist es moglich, durch Messen von 2. die mittlere freie Weglange /ph zu berechnen. — Bei tiefen Temperaturen (T < Tjy) ist die mittlere freie Weglange der Phononen /p^ so groB, daB sie in der GroBenordnung der Kristalldimensionen liegt und demnach konstant ist. Da entsprechend den vorgenannten Ausfiihrungen in diesem Bereich die spezifische Warmekapazitat c proportional zu T^ ist, gilt auch fur die Warmeleitfahigkeit A ^ T^. Bei hohen Temperaturen (T>Tj)) ist die spezifische Warmekapazitat c konstant. Die Warmeleitfahigkeit fallt mit steigender Temperatur wegen der zunehmenden Phononen-StoBwahrscheinlichkeit gemaB A - \/T.

Mit EY = \mvl M

V

M

= kT^ und nk

ergibt sich

Die GroBe n = N/V ist die Elektronenzahldichte. - In reinen Metallen ist die Warmeleitfahigkeit durch die Elektronen stets ein bis zwei GroBenordnungen groBer als durch Gitterschwingungen. Es gilt daher fiir die Warmeleitfahigkeit des Festkorpers A»2ei. Fiir die elektrische Leitfahigkeit gilt nach Beispiel Gl. (9-24) x = ne'^ x/m. Somit ist das Ver9.3-3: Wie groB ist die mittlere freie Weglange /ph bal tnis von Warme- zu elektrischer Leitfader Phononen in Porzellan bei Raumtemperatur? higkeit Folgende Oaten sind bekannt: Dichte ^ = 2,4-10^ kg/m^, spezifische Warmekapazitat c=840J/(kgK), Schallgeschwindigkeit c^ = 4880 m/s, WarmeleitfaX 3 \e higkeit 2 = 1 W/(mK).

Losung: Nach Gl. (9-68) gilt fiir die mittlere freie Weglange /ph = 3 X/(Q C CS). Mit obigen Werten ergibt sich /ph = 3,05 • 10"^^m. Diese Strecke entspricht etwa dem Wert einer Gitterkonstanten.

Bei konstanter Temperatur ist fiir alle Metalle die Warmeleitfahigkeit 1 proportional zur elektrischen Leitfahigkeit x: k = LTx.

(9-70)

9.3. Thermodynamik fester Korper Dies ist das Wiedemann-Franzsche H.

WIEDEMANN,

1826

bis

1899;

Gesetz (G. R.

FRANZ,

1827 bis 1902). Die Konstante

wird Lorenzsche Zahl (L. LORENZ, 1829 bis 1891) genannt und betragt L = 2,45-10"^ V V K ^ . AUS der Proportionalitat von ?i und x folgt, daB gute elektrische Leiter auch gute Warmeleiter und umgekehrt schlechte elektrische Leiter auch schlechte Warmeleiter sind. Beispiel 9.3-4: Die spezifische elektrische Leitfahigkeit von Kupfer ist bei Raumtemperatur x=5,9-WQr^m~^, die Warmeleitfahigkeit A = 384W/(mK). a) Wie groB ist die Lorenz-Zahl L in Kupfer? b) Wie groB ist die mittlere freie Weglange / der Elektronen? Losung: a) Nach Gl. (9-70) ist die Lorenz-Zahl L = X/{TK) = 2,22- 10~^VVK^ in guter Ubereinstimmung mit dem theoretischen Wert von Gl. (9-71). b) Nach Gl. (9-69) ist die Relaxationszeit 3) Xm n^nk^T' Mit « ;^ 8,5 • 10^8 m"^ ergibt sich T = 2,2 • 10"^^ s. Die mittlere freie Weglange ist nach Gl. (9-25) / = Tp T = 3,4 • 10~^ m. Dieses Ergebnis stimmt sehr gut mit dem Resultat von Beispiel 9.2-3 iiberein.

9.3.2. Effekte im Zusammenhang mit Warmeflufi und elektrischem Strom Im Zusammenhang mit einem Warmestrom 0, einem elektrischen Strom / und einem Magnetfeld H konnen drei unterschiedliche Effekte auftreten. Bei den thermoelektrischen Effekten bedingt ein Warmestrom 0 eine Potentialdifferenz A(p oder umgekehrt eine Potentialdifferenz A (p einen Warmestrom 0. Bei den thermomagnetischen Erscheinungen erzeugen ein WarmefluB und ein Magnetfeld H entweder eine Potential- oder eine Temperaturdifferenz, und bei den gahanomagnetischen Effekten erzeugen ein elektrischer Strom und ein Magnetfeld eine Potential- oder eine Temperaturdifferenz.

685

9.3.2.1. Galvanomagnetische und thermomagnetische Effekte In Bild 9-66 sind die galvano- und thermomagnetischen Effekte zusammengestellt. Galvanomagnetische Effekte sind alle Erscheinungen, die bei einem stromdurchflossenen Leiter auftreten kdnnen, der sich in einem Magnetfeld befindet. In der vorliegenden Betrachtung stehen Strom / und Magnetfeld H senkrecht aufeinander. Das Auftreten einer Potentialdifferenz A(p senkrecht zur Strom- und Magnetfeldrichtung wird als Hall-Effekt bezeichnet (Abschn. 4.4.3.2). Zusatzlich zur Hall-Spannung liegt eine transversale TemperaturdiffeEttingshausen-Effekt renz A T vor; dies ist der (A. V. ETTINGSHAUSEN, 1850 bis 1932). Diese Erscheinung kann wie auch der Hall-Effekt durch die Wirkung der Lorentz-Kraft (Abschn. 4.4.3.2) erklart werden. Aus diesem Grund ist die Temperaturdifferenz A T proportional zur Stromstarke / und zum Magnetfeld H. Das Auftreten einer longitudinalen Temperaturdifferenz A T wird als Nernst-Effekt bezeichnet (W. H. NERNST, 1864 bis 1941). Infolge der Ablenkung der Strombahnen im Magnetfeld beobachtet man eine Widerstandszunahme und damit eine Potentialdifferenz in longitudinaler Richtung. Dies ist der ThomsonEffekt ( W THOMSON, 1824 bis 1907). Bei den thermomagnetischen Effekten fliefit ein Warmestrom 0, und es wirkt ein homogenes Magnetfeld (im Bild transversal). Unter diesen Bedingungen kann entweder eine Potentialdifferenz A(p oder eine Temperaturdifferenz AT gemessen werden. Der Ettingsist die Umkehrung des hausen-Nernst-Effekt Ettingshausen-Effekts. FlieBt ein Warmestrom 0 senkrecht zum Magnetfeld i / , dann wird eine transversale Potentialdifferenz A(p gemessen. Diese Erscheinung ist das thermische Analogon zum Hall-Effekt. Wird eine longitudinale Potentialdifferenz entlang des Warmeso ist dies stromes gemessen (Thermokraft), Bei der zweite Ettingshausen-Nernst-Effekt. einem WarmefluB 0 und einem transversalen homogenen Magnetfeld H tritt eine senkrecht zu beiden GroBen stehende Temperaturdifferenz auf; dabei handelt es sich um den Righi-Leduc-Effekt

(A. R I G H I , 1850 bis

1920; S. A. LEDUC, 1856 bis 1937). Liegt die beobachtete Differenz in Richtung des Warmestroms, so wird diese Erscheinung zweiter Righi-Leduc- oder Maggi-Righi-Effekt genannt.

686

9. Festkorperphysik thermomagnetische Effekte

galvanomagnetische Effekte

elektrischer Strom /

Ursache

Magnetfeld H

Warmestrom
Magnetfeld H

Potentialdifferenz A(p

Temperaturdifferenz AT

'' t

t Temperaturdifferenz AT

Potentialdifferenz A(p

Wirkung

Zk

zk

(Ja^

Ckaid A(p transversaler Effekt

kl H


y

Q

<^^^

zk

kl

^ C ^ EttingshausenNemst-Effekt

EttingsiiausenEffekt

Hall-Effekt

Rigfii-LeducEffekt

zk

P

kk

k^i_ H y

longitudinaler Effekt

AT

AT

^Acp

y^^ar$) ThomsonEffekt

Nemst-Effekt

2. EttingshausenNemst-Effekt


H

y

2. Righi-LeducEffekt

Bild 9-66. Galvanomagnetische und thermomagnetische Effekte.

9.3.2.2. Thermoelektrische Effekte FlieBt durch einen Festkorper ein Warmestrom 0, so kann eine Potentialdifferenz in Stromrichtung auftreten. Diese Erscheinung nennt man Seebeck-Effekt (T. J. SEEBECK, 1770 bis 1831). Den umgekehrten Effekt, bei dem durch Anlegen einer Potentialdifferenz Warmestrom o

' Potentialdifferenz A(p Seebeck-Effekt

z (^y—z\
Peltier-Effekt

z,

i

^

^ -

X

y^

^

n^h +

X

Temperaturmessung

Kuhleiement

Bild 9-67. Thermoelektrische Effekte.

y

A (p ein Temperaturunterschied A T gemessen wird, nennt man Peltier-Effekt (J. C. A. PELTIER, 1785 bis 1845). Bild 9-67 verdeutlicht die Vorgange. Wenn sich zwei Metalle mit unterschiedlichen Fermi-Grenzen gemaB Bild 9-68 a beriihren, erfolgt durch einen Diffusionsstrom ein Ausgleich dieser Niveaus. Das eine Metall (z.B. Zn) mit dem hoheren Fermi-Niveau E^i (geringere Austrittsarbeit F^A2) gibt Elektronen an das andere Metall (z. B. Cu) mit niedrigerem Fermi-Niveau E^x ab (hohere Austrittsarbeit Wp^x). Der dabei flieBende Diffusionsstrom baut eine entgegengesetzt wirkende Kontaktspannung L^K ^uf, so dafi der Diffusionsstrom aussetzt, wenn die Fermi-Niveaus in beiden Bereichen auf gleicher Hohe liegen (Bild 9-68 b). Werden verschiedene Metalle an beiden Enden fest verbunden, z.B. durch Loten oder SchweiBen, und diese Enden unterschiedlichen Temperaturen T\ < T2 ausgesetzt, dann wird eine Thermospannung (/th mefibar, die proportional zum Temperaturunterschied AT

9.3. Thermodynamik fester Korper a)

E 0 £pir

b)

Kupfer

Zink

E\

1 \-eUy, £

^^8

Bild 9-68. Entstehung eines Kontaktpotentials.

687

ist. Die Ursache ist, daB mit einer Temperaturanderung stets eine Umverteilung der Elektronen auf die verschiedenen Energieniveaus erfolgt (Abschn. 9.2.2), so daB die Fermi-Energie verschoben wird. MeBglieder, die diesen Effekt ausnutzen, werden Thermoelemente genannt. Sie sind zur Temperaturmessung besonders gut geeignet, weil sie eine geringe Warmekapazitat bei einer hohen Empfindlichkeit haben und die Temperaturwerte in Form von elektrischen Signalen direkt zu Steuer- und Regelzwecken weiterverarbeitet werden konnen. Die Anderung der Thermospannung mit der Temperatur wird Thermokraft genannt; diese liegt im Bereich IQ-^V/K. Tabelle9-12 zeigt die thermoelektrische Spannungsreihe. Das links stehende Metall ist an der kalteren Lotstelle gegeniiber

Tabelle 9-12. Werkstoffe fiir Thermopaare und ihre Eigenschaften nach DESf lEC 584/1. ^"^^^.^^^ Thermo^'"^-v^^^ paar Eigenschaften^^

NiCr-Ni

Eisen - Konstantan (100Fe-45Ni55Cu)

Kupfer- Konstantan (100Cu-45Ni55Cu)

Platin/RhodiumPlatin (90PtlORh-100Pt)

spezifischer Widerstand Q bei 20°CinnmmVm

0,72 bis 0,27

0,49 bis 0,11

0,49 bis 0,017

0,062 bis 0,034

Temperatur in °C

Thermospann ungen in mV

-200 -100

-5,89 -3,55

-8,15 -4,75

-5,70 -3,40

0 100 200 1 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700

0 4,10 8,14 12,21 16,40 20,64 24,90 29,13 33,28 37,33 41,27 45,11 48,83 52,40

0 5,37 10,95 16,56 22,16 27,85 33,67 39,72 46,22 53,14

0 4,25 9,20 14,90 21,00 27,41 34,31

0 0,645 1,44 2,32 3,26 4,23 5,24 6,27 7,35 8,45 9,59 10,75 11,95 13,16 14,37 15,58 16,77 17,94

688

9. Festkorperphysik

einem rechts stehenden thermoelektrisch positiv. In der Technik werden vor allem die Thermopaare NiCr-Ni (bis 1000 °C), Eisen-Konstantan (bis 700 °C), Kupfer-Konstantan (bis 400 °C) und Platin/Rhodium-Platin (bis 1300 °C) verwendet. Die Thermospannungen und die Toleranzen sind fiir diese Thermopaare nach DIN 43 710 genormt (Tabelle 9-12). Fiir Temperaturen bis 2000 °C werden Thermopaare aus Iridium/Rhenium-Iridium eingesetzt. Auch Halbleiterwerkstoffe (z.B. Zinkantimonid-Bleitellurid) finden wegen ihrer groBen Thermokrafte (» 200 |iV/K) Verwendung(bis600°C). Die Umkehrung des Seebeck-Effektes ist der Peltier-Effekt (Bild 9-67). Wird ein Strom durch die Thermopaare geschickt, kiihlt sich eine Lotstelle ab und die andere erwarmt sich. Peltier-Elemente (z.B. Wismuttellurid) werden in der Technik in Kiihlschranken oder Warmepumpen eingesetzt oder dienen zur Kiihlung von integrierten Schaltkreisen. Das derzeit kleinste Peltier-Element (0,6 mm x 0,6 mm) verwendet man als Kuhlelement auf elektronischen Schaltkarten. Peltier-Kaskaden finden in Kiihlsystemen mit Warmeiibertragern Anwendung.

9.3.3. Piezoelektrizitat Bestimmte Materialien erzeugen bei einer auBeren Krafteinwirkung eine elektrische Spannung. Dieser Effekt wird piezoelektrischer Effekt (Piezoeffekt) genannt (gr. piezo: ich driicke). Er wurde 1880 von den Briidem Curie bei einigen Kristallen entdeckt. Die Eigenschaft wird z.B. an Seignettesalz, Quarz, Weinsaure, Turmalin und Zinkblende festgestellt. Auch der inverse piezoelektrische Effekt, d.h. die Geometrieanderung eines Kristalls bei Anlegen einer auBeren Spannung, ist bekannt. Bild 9-69 zeigt fur den direkten und den inversen piezoelektrischen Effekt die drei technisch nutzbaren Vorgange. — Ldngs-Effekt: Die Krafteinwirkung F erzeugt eine Polarisation P und damit eine Spannung U in gleicher Richtung.

direkter Piezoeffekt (Krafteinwirkung)

inverser Piezoeffekt (Spannungseinwirkung)

Langseffekt

Schereffekt

Bild 9-69. Piezoelektrizitat.

— Quer-Effekt: Die Krafteinwirkung F erzeugt eine transversale Polarisation P und damit eine Querspannung U. - Scher-Effekt: Die Krafteinwirkung F erzeugt eine diagonal wirkende Polarisation P und damit eine Querspannung U. Der piezoelektrische Effekt tritt in Werkstoffen auf, die eine Perowskit-Struktur gemaB Bild 9-70 aufweisen. Die chemische Zusammensetzung ist ein zweiwertiges Element A^"^ (z.B. Barium oder Blei), ein vierwertiges Element B'*"^ (z. B. Titan, Zirkon oder Zinn) und Sauerstoff O]'. Diese Verbindungen sind oberhalb der ferroelektrischen Curie-Tempera-

OA'*

• B"

0|'

Bild 9-70. Perowskit-Struktur piezoelektrischer Verbindungen.

9.3. Thermodynamik fester Korper tur (Abschn. 4.4.4.2) kubisch. Unterhalb dieser Temperatur verzerrt sich die Elementarzelle zu einer tetragonalen Struktur. Hierbei verschieben sich auch die Abstande zwischen den positiven und den negativen Ladungen, so daB ein elektrisches Dipolmoment entsteht. Die benachbarten Elementarzellen ordnen sich entsprechend um, es tritt eine spontane Polarisation P auf. Die gebrauchlichsten Materiahen sind Bariumtitanat und Bleizirkontitanat, die als Sinterkorper hergestellt werden. Die vermischten und vermahlenen Rohstoffe werden einem Kalzinierungsbrand unterzogen, das Granulat preBt man zu Rohkorpern und sintert bei 1200 °C. AnschlieBend werden die Oberflachen sehr genau geschliffen, die Metallelektroden aufgebracht und eine remanente Polarisation in der gewiinschten Vorzugsrichtung erzeugt. Piezo-Sinterkorper haben folgende Vorteile: — Beliebige Formgebung durch die Sintertechnologie, — beliebige Wahl der Polarisationsrichtung, — groBe Permittivitatszahl (^r ^ 1000), — groBer Energiewandlungsfaktor (25% bis 50%) sowie — gute Korrosionsbestandigkeit. Bei Bariumtitanat-Sinterkorpern liegt die Curie-Temperatur und damit die Grenze fiir den piezoelektrischen Einsatz bereits bei TQ = 120 °C. Fur hohere Temperaturen ist Bleizirkonattitanat, ein Zweistoffsystem mit der Zusammensetzung Pb[Tii_;^Zr;t]03 (x ^ 0,5)

689

geeignet. Durch Wahl des Mischungsverhaltnisses Titan zu Zirkon lassen sich die physikalischen Eigenschaften variieren. Piezokeramische Bauteile werden in vielen Bereichen eingesetzt. Eine Ubersicht vermitteltBild9-71. Zur tJbung U 9.3-1: Die Ausbreitungsgeschwindigkeit von langwelligen Longitudinalwellen in einem Eisenstab ist Cs = 5048 m/s. a) Wie groB ist der Elastizitatsmodul von Eisen, wenn die Dichte ^ = 7850 kg/m^ betragt? b) Wie groB ist die Federkonstante c im Eisengitter? U 9.3-2: In Silizium haben Phononen mit dem Wellenvektor k-

die Energien EJQ --

58,2 meV und £'TA= 18,2 meV. Wie groB sind a) die Frequenzen der Gitterschwingungen, b) die Phononenimpulse? U 9.3-3: Wie groB ist die spezifische Warmekapazitat von Diamant bei 20 °C nach der Debyeschen Theorie? Wie groB ist die relative Abweichung zum gemessenen Wert c = 0,502 kJ/(kg K)? U 9.3-4: Wie groB ist die mitdere freie Weglange von Phononen in Quarzglas? {Q = 2,2 kg/dm^, Warmeleitfahigkeit /I = 1,36 W/(Km), Schallgeschwindigkeit c^ = 5400 m/s, spezifische Warmekapazitat c=170J/(kgK).) U 9.3-5: Der spezifische elektrische Widerstand von Silber bei 20 °C ist ^ = 1,6 • 10"^ Q m. Wie groB ist naherungsweise die Warmeleitfahigkeit 11 Piezoelektrischer Effekt

Korperschall/ Hydroakustik

Reinigung

Materialprijfung

Werkstoffbearbeitung FliJssigkeitszerstaubung KunststoffschweiBen

Bild9-71.

Hochspannungserzeugung

Sondergebiete

Bildabnehmer

Zundung von Gasen und Feststoffen

A Tastaturen

Verzogerungsleitung

Piezo-Transformatoren

mechanischelektrische Wandler

Schallwandler

Luftschall/ Elektroakustik

H

Mikrophone

H

Kraftmesser

UnterwassermeBsysteme

Lautsprecher

H

Druckmesser

medizinische Diagnostik

Ultraschallfernsteuerung

Beschleunigungsmesser

Tonabnehmer

mechanlische Sensoren

Anwendungen des piezoelektrischen Effektes.

H

H

Filter

-\

Drucker

•A Piezo-Relais

690

9. Festkorperphysik

9A. Optoelektronische HalbleiterBauelemente Die Optoelektronik ist ein Teilgebiet der Elektronik, das sich mit Erscheinungen befaBt, die bei der Umwandlung von elektrischer Energie in optische und umgekehrt auftreten. Das wichtigste Bauelement ist der Halbleiter-pn-Ubergang, der als Lichtsender und auch als -empfanger eingesetzt werden kann. Optoelektronische Bauteile werden u. a. in der Anzeigetechnik, MeBtechnik, Elektronik, Datenverarbeitung sowie Energietechnik eingesetzt. 9.4.1. Strahlungsquellen 9.4.1.1. Lumineszenzdioden Alle Lumineszenz- oder Leuchtdioden (Light Emitting Diode, LED) bestehen aus einem pn-Ubergang (Abschn. 9.2.3.3). Bild9-72 zeigt die Bandstruktur eines pn-Ubergangs, der in FluBrichtung betrieben wird. Bei der FluBspannung t/p wird die Diffusionsspannung so weit abgebaut, daB die Elektronen des n-Gebietes iiber die kleine Barriere leicht ins pGebiet diffundieren konnen; umgekehrt flieBen Locher aus dem p- ins n-Gebiet. In der Nahe des Ubergangs rekombinieren die Elektronen mit den Lochern und geben dabei Energie von der GroBenordnung E^ ab. Bei der strahlenden Rekombination wird diese Energie in Form von Photonen der Energie hf^ Eg ausgesandt. Dies bedeutet, daB eine LED naherungsweise monochromatisches Licht aussendet, dessen Wellenlange Ag nach Gl. (6-115) und (6-116) von der Breite der verbotenen Zone E^ abhangt: he

1,24 [xm eV

(9-72)

1000 950

900 700

Bild9-73. oden.

600 nm 550 500

Spektren verschiedener Lumineszenzdi-

Bild 9-73 zeigt Spektren verschieden farbiger Leuchtdioden. Die Linienbreite liegt in der GroBenordnung von zf>l^40nm. Sie hangt im wesentlichen von der Temperatur ab und nimmt mit steigender thermischer Energie der Ladungstrager zu. Die Farbe der LED ist nach Gl. (9-72) direkt von der Breite der verbotenen Zone Eg abhangig. Sie kann also durch die Wahl des Halbleiters bestimmt werden. Besonders zu erwahnen sind Mischkristalle auf der Basis von GaAs und GaP in der Zusammensetzung GaAs^Pj-Y. Je nach Mischungsverhaltnis kann das Bandgap zwischen 2,24 eV {x = 0) und 1,43 QW {x = 1) und damit die Farbe zwischen griin und IR eingestellt werden. Tabelle9-13 zeigt eine Zusammenstellung der Daten gebrauchlicher Leuchtdioden. Tabelle9-13. Materialien fiir Lumineszenzdioden. Material: Dotierstoff

Farbe

Wellenlange ^ in nm

GaAs: Si GaP:Zn,0 GaAso,6Po,4

IR rot rot orange gelb grun blau blau

930 690 650 630 590 570 470 440

GaASo^35Po,65'

GaAso,i5Po,85:N N GaP:N SiC:Al,N GaNiZn

Bild9-72. Leuchtdiode, in FluBrichtung betrieben (schematisch).

650

Wellenlange A

Da jedes Elektron, das vom externen AnschluB ins n-Gebiet stromt, irgendwann einmal mit einem Loch rekombinieren muB, ist die Anzahl der generierten Photonen so groB wie die Anzahl der injizierten Elektronen

9.4. Optoelektronische Halbleiter-Bauelemente

(falls keine strahlungslosen Ubergange stattfinden). Daraus folgt, daB die abgegebene Strahlungsleistung im Idealfall proportional zum FluBstrom sein muB. Der Aufbau einer GaAsP-LED ist schematisch in Bild 9-74 gezeigt. Auf einem einkristallinen Substrat wird der Mischkristall durch Flussig- Oder Gasphasenepitaxie abgeschieden. Nach riickwarts ausgesandte Photonen werden nur im GaAs-Substrat absorbiert, da nur dort die Energie der Lichtquanten ausreicht, um ein Elektron vom Valenz- ins Leitungsband zu heben (Abschn. 9.4.2). Je nach Anwendungszweck setzt man die Chips in verschiedene Gehauseformen; Bild 9-75 zeigt einige Beispiele.

-Oxid

691

9.4.1.2. Halbleiterlaser Die Laserdiode ist ein pn-Ubergang mit sehr groBer Dotierungskonzentration, d. h. «D bzw. «A betragt etwa lO^^cm"^ Derart hoch dotierte Halbleiter nennt man entartet. Das Banderschema von Bild 9-76 zeigt, daB die Elektronen im n-Material das Leitungsband, die Locher im p-Material das Valenzband auffiillen. Wird die Diode in FluBrichtung betrieben, so stellt sich bei einer bestimmten FluBspannung das Banderschema so ein, wie es in Bild 9-76 gezeigt ist. Im Ubergangsbereich zwischen p- und n-Halbleiter, der aktiven Zone, sind energetisch hoch liegende Zustande im Leitungsband mit Elektronen besetzt, tief liegende im Valenzband sind leer. Es liegt also eine Besetzungsinversion vor, die nach den Ausfiihrungen in Abschn. 6.5.4 die Grundvoraussetzung fiir die stimulierte Emission des Lasers ist. E i

^^////////////^

GaAs-Substrat n

T

^Metallisierung^

Bild 9-74. Aufbau einer GaAsP-LED auf a) absorbierendem GaAs-Substrat, b) transparentem GaPSubstrat. a)

b)

c)

aktive Zone

dUb Bild9-75. Bauformen von Lumineszenzdioden: a) Chip in Kunststoffgehduse vergossen, b) Reflektorwanne mit transparentem Kunststoff (Diode erhdlt Starke Richtcharakteristik), c) Reflektorwanne mit diffus streuendem Kunststoff (Diode strahlt breit ab; fur Displays geeignet).

Lumineszenzdioden sind sehr zuverlassig. Im normalen Betrieb sind Lebensdauern von etwa 10^ h zu erwarten. Die Lebensdauer ist dabei so definiert, daB bis zum Ende die Strahlungsleistung der LED auf die Halfte des Neuwerts abgenommen hat.

Bild 9-76. Banderschema einer Laserdiode bei Betrieb in FluBrichtung. Die schraffierten Gebiete sind mit Elektronen besetzt.

Die zweite Laserbedingung, die Riickkopplung der Lichtwellen an Resonatorspiegeln, wird bei den Laserdioden folgendermaBen erfiillt: Nach Bild 9-77 bildet man den Laser-

aktive Zone

n-Gebiet

Bild 9-77. Aufbau einer Laserdiode.

692

9. Festkorperphysik

kristall als Quader aus (Lange etwa 200 |im bis 500 |im, Breite etwa 100 |im bis 250 |im). Die spiegelnden Endflachen sind Spaltfldchen des Kristalls, die voUig eben und planparallel sind. Infolge der groBen Brechungszahl von Halbleitern ist die Reflexion so stark, daB keine externen Spiegel erforderlich sind. Mit zunehmendem Strom steigt nach Bild 9-78 die Ausgangsleistung wie bei einer LED an. In diesem Bereich der spontanen Emission ist die Strahlungsleistung verhaltnismaBig a)

spontane Emission /th Stromstarke /p b) mW

I-. CD

D) C C LU

_

: .

Fiir die charakteristische Temperatur TQ hat man empirisch folgende Werte gefunden: - GaAlAs-Laser: 120 K bis 230 K, — InGaAsP-Laser: 60 K bis 80 K. Die Wellenlange der Laserstrahlung hangt wie bei der LED vom Bandgap Eg des Halbleiters ab. Tabelle9-14 zeigt eine Zusammenstellung haufig verwendeter Lasermaterialien. Mit den quaternaren Halbleitern laBt sich der fur die optische Nachrichtentechnik wichtige Spektralbereich von 1,3 ^m bis 1,6 jam erfassen, in dem die Glasfasern die besten Ubertragungseigenschaften haben.

Material

Wellenlangenbereich in |im

Anwendungen

ternare Mischkristalle Ga;fAli_;tAs

0,69 bis 0,87

optische Datenspeicher, optische Nachrichtentechnik, Materialbearbeitung

/

III

1 / / 11 / 11 /

zu u oU

U

40 °C 1 / I— -50 °C

1

0,92 bis quatemare 1,65 Mischkristalle In;,Gai_;,As^Pi_^ Bleisalze, z. B. Pb;,Sni_;,Se

j 111111111

50

(9-73)

/

\ \ \

I-

Ah = /o eT/To

Tabelle 9-14. Materialien fur Halbleiter-Laser.

/ / /

6

.

niedrig. Wenn der optische Gewinn (gain) die Verluste iibertrifft, setzt bei einem bestimmten Schwellstrom /th (threshold) der Laserbetrieb ein. Im Bereich der stimulierten Emission nimmt die Strahlungsleistung extrem zu. Der Schwellstrom ist temperaturabhangig; er nimmt mit steigender Temperatur zu gemaB

1 1 1 1 ! r 11 1 I

100

mA 150

Stromstarke /p Bild 9-78. Kennlinie eines Halhleiterlasers: a) Prinzip, b) MeBkurven fur einen InGaAsP-Laser mit X = 1,3 jum.

4 bis 40

optische Nachrichtentechnik UmweltmeBtechnik, Absorptionsmessungen im mittleren IR

Bild 9-79 zeigt das Emissionsspektrum eines InGaAsP-Lasers bei A =1,3 jam. Die Breite der gestrichelten Einhiillenden ist typischerweise AX^ 4 nm, also etwa zehnmal schmaler als typische LED-Linienbreiten. Das Spektrum besteht aus mehreren sehr scharfen Linien, den longitudinalen Schwingungsmoden des La-

9.4. Optoelektronische Halbleiter-Bauelemente

r\ / c

/ /

w 0)

\ \

CO

\ \

. .^ / A A A A,ii 11 11 1 1290

1295

^ !L1 I J l J l T A. A ^ 1300 nm 1305

Wellenlange A Bild9-79.

Emissionsspektrum eines InGoAsP-Lasers.

sers. Im Laser konnen sich nur seiche stehenden Wellen aufbauen, bei denen die Lange L des Lasers ein ganzzahliges Vielfaches der halben Wellenlange ist (Abschn. 5.2.4.2): n L = m~-,

w = l,2, 3 , . . . .

(9-74)

fi ist der Brechungsindex des Kristalls. Durch geeignete Dimensionierung des Lasers kann erreicht werden, daB nur eine Longitudinalmode schwingt. Ein solcher Monomode-Laser ist extrem schmalbandig (Tabelle 6-6). Aus Bild 9-80 geht der Aufbau eines Lasermoduls mit einem InGaAsP-Laser fiir die optische Nachrichtentechnik hervor. Der Laser sitzt auf einem Peltier-Kuhler. Die Strahlung wird in eine Glasfaser eingekoppelt, die direkt vor einer Spiegelflache montiert ist. Die Strahlung, die die hintere Spiegelflache verlaBt, fallt auf eine Monitor-Photodiode, uber die der FluBstrom des Lasers so geregelt Monitordiode

Laser

werden kann, daB eine konstante Ausgangsleistung zur Verfiigung steht. Ausgereifte Laserstrukturen lassen Lebensdauem von 10^ h bis 10^ h erwarten und kommen damit annahernd an die Lebensdauern von LED heran.

\

/l

C/)

^ AA = 3,8 nm

W

^/ /, ^

D) (/) C

693

9.4.2. Empfanger 9.4.2.1. Absorption elektromagnetischer Strahlung Aus der Vielzahl von Detektoren fur elektromagnetische Strahlung zeigt Tabelle 9-15 eine Zusammenstellung der Detektoren, die auf dem Photoeffekt beruhen. Beim duBeren Photoeffekt wird ein Elektron durch ein auftreffendes Photon vollstandig aus dem Festkorper entfernt. Das Photon muB als Mindestenergie die Austrittsarbeit des betreffenden Materials haben (Abschn. 6.5.1.1). Im folgenden sind ausschlieBlich Detektoren beschrieben, die auf dem inneren Photoeffekt von Halbleitern beruhen. Hierbei wird durch ein auftreffendes Photon ein Elektron aus seiner Bindung gerissen und im Kristall beweglich, den es aber nicht verlaBt. Im Banderschema wird bei der Absorption eines Photons ein Elektron vom Valenz- ins Leitungsband gehoben, also ein freies Elektron-Loch-Paar erzeugt. Damit dieser Vorgang ablaufen kann, muB die Photonenenergie £'ph = hf mindestens so groB sein wie die Breite der verbotenen Zone: ^ph

(9-75)

Tabelle 9-15. Detektoren auf der Grundlage des Photoeffekts.

Glasfaser

AuBerer Photoeffekt

innerer Photoeffekt

nicht verstarkend Photokatode (Vakuum-Photozelle)

Photowiderstand, Photodiode, Photoelement

verstarkend

Bild 9-80. Laser-Modul fur die optische tenUbertragung. Werkphoto: SEL.

Nachrich-

Photomultiplier (PM), (Sekundarelektronenvervielfacher, SEV), Bildverstarkerrohre (Bildwandler)

Photolawinendiode, (Avalanche-PhotoDiode, APD), Phototransistor, Photothyristor

694

9. Festkorperphysik

Fiir die Wellenlange gilt mit Gl. (9-72) he

k^

1,24 um eV = —— .

^g

(9-76)

^g

Diese Schwellenbedingung zeigt sich im Verlauf des Absorptionskoeffizienten OL, der fiir einige Halbleiter in Bild9-81 dargestellt ist. Der Absorptionskoeffizient (Absorptionskonstante) a ist folgendermaBen definiert: Fallt auf einen Kristall der Dicke d Strahlung der Leistung 0Q, dann ist die durchgelassene Strahlungsleistung 0 gegeben durch 0 =

(9-77)

0QQ~ Wellenlange A

fim 5 3

10^-.

•—'

2

'

1,5 1,2 1 0,90,8 0,7 0,6

'

'

0,5 0,45

^

1

2

eV

Photonenenergie £ph

Bild9-8l. Absorptionskoeffizienten Halbleiter.

verschiedener

Beispiel 9.4-1: Wie dick muB ein Siliciumkristall mindestens sein, damit er Licht der Wellenlange A = 700 nm so absorbiert, dafi nur noch 1/1000 der auffallenden Strahlungsleistung durchgelassen wird?

Leitfahigkeit zu bzw. vermindert sich der Widerstand. Die Widerstandsanderung kann in einer elektrischen Schaltung in eine Spannungsanderung verwandelt und nachgewiesen werden. Fiir verschiedene Wellenlangenbereiche wurden unterschiedliche Detektoren entwickelt, deren Detektivitdt / ) * in Bild 9-82 dargestellt ist. Die Detektivitat ist eine GroBe, die gestattet, die Leistungsfahigkeit verschiedener Detektoren miteinander zu vergleichen:

In dieser Definitionsgleichung ist Us/U^ das Verhaltnis von Signal- zu Rauschspannung (Signal/Noise), 0Q die eingestrahlte Leistung, A die Detektoroberflache und Af die Bandbreite der Nachweiselektronik. Im sichtbaren Bereich ist CdS das wichtigste Material, im nahen IR die Halbleiter PbS, InAs und InSb. Der wichtigste Storstellenphotoleiter ist Germanium mit verschiedenen Dotierstoffen. Beispielsweise ist Ge:Zn bis etwa 40 jim Wellenlange verwendbar. Aufgrund ihres einfachen Aufbaus und der einfachen Nachweiselektronik werden Photoleiter haufig eingesetzt. Sie sind meist nicht sehr schnell. So hat beispielsweise PbS, das fur die Wellenlangen der optischen Nachrichtentechnik 1,3 iim bis 1,6 |im bestens geeignet ware, eine Zeitkonstante von etwa 500 jis und ist daher viel zu langsam, um schnell modulierte Signale nachweisen zu konnen.

Losung: Nach Bild9-81 ist der Absorptionskoeffizient a = 2,5-10^cm~l Die erforderliche Schichtdicke ist nach Gl. (9-77) d=l/(x\n 0^/0 = 21,6 \im. 9.4.2.2. Photowiderstand Beim Photowiderstand oder Photoleiter wird die Tatsache genutzt, daB der ohmsche Widerstand des Bauteils von der Bestrahlung abhangt. Nach Gl. (9-28) gilt fiir die elektrische Leitfahigkeit K = e(njUj^-\-pjUp). Werden zusatzlich zu den bereits im Material vorhandenen Ladungstragern durch absorbierte Photonen weitere geschaffen, dann nimmt die

—1

0

1

1

1

1

1

1

1

2

3

4

5

6

7

\

1 —

8 /im

10

Wellenlange A

Bild 9-82. Detektivitdt verschiedener Photoleiter.

9.4. Optoelektronische Halbleiter-Bauelemente

9.4.2.3. Photodioden Wird ein pn-Ubergang (Abschn. 9.2.3.3) dem Licht ausgesetzt, dann werden die in der Raumladungszone erzeugten freien ElektronLoch-Paare nach Bild 9-83 sofort getrennt durch das eingebaute elektrische Feld (Diffusionsspannung U^). Die Elektronen bewegen sich zur n-, die Locher zur p-Seite des Ubergangs. Diese Ladungstrennung geht vonstatten ohne auBere Spannung, sie kann aber durch Anlegen einer Spannung beeinfluBt werden.

695

In der Praxis gelangen nicht alle erzeugten Ladungstrager an den Ubergang. Somit tragen nicht alle zum Photostrom bei; die wellenlangenabhangige Quantenausbeute ist kleiner als eins: rj{X)<\. Der Photostrom ist daher

Bild 9-84 zeigt den linearen Zusammenhang zwischen Photostrom (KurzschluBstrom) und Beleuchtungsstarke einer Silicium-Photodiode. 600-

120

j'soo-

100^

80 I 1 300-

i2oa / / Bild 9-83. Bdnderschema einer Photodiode ohne duBere Spannung.

Wird die Diode mit offenen Enden betrieben bzw. mit einem sehr hochohmigen Lastwiderstand, dann ladt sich die p-Seite positiv, die n-Seite negativ auf. Die Diffusionsspannung wird abgebaut, und an den Enden ist die Leerlaufphotospannung U]^ abgreifbar. Die maximale Leerlaufspannung ist zwangslaufig immer kleiner als die Diffusionsspannung, so daB gilt ^L < ^d bzw. (7L < E^/e. Dioden mit groBem Bandabstand E^ liefern eine groBe Leerlaufspannung Ui^. Werden die Enden der Diode kurzgeschlossen, dann flieBt im auBeren Stromkreis der Photostrom (KurzschluBstrom) /p^, der die Richtung eines Sperrstroms hat. Zum Photostrom tragen nicht nur die Ladungstrager bei, die innerhalb der Raumladungszone erzeugt werden. Auch Ladungstrager, die als Minoritaten auBerhalb entstehen und im Lauf ihrer Lebensdauer an den Ubergang diffundieren, werden durch das elektrische Feld auf die andere Seite gezogen und tragen zum Photostrom bei. Der Photostrom hangt linear von der absorbierten Strahlungsleistung 0^ ab. Falls jedes absorbierte Photon ein ElektronLoch-Paar erzeugt, das zum Photostrom beitragt, ist die Quantenausbeute rj=\, und der Photostrom betragt /ph = (c^e e)/{hf).

0

Ui

*^^

•60 c2

^ 20 3

400

800

1200

1600 Ix

2000

Beleuchtungsstarke E^

Bild 9-84. Leerlaufspannung und KurzschluBstrom einer Silicium-Photodiode (Photoelement).

Die Empfindlichkeit S (Sensitivity) einer Photodiode ist definiert als Verhaltnis von Photostrom /ph zu absorbierter Strahlungsleistung 0e: 5 = /ph/0e. Mit Gl. (9-79) betragt die Empfindlichkeit

Oder mit Gl. (6-115) und (6-116) k 5(2) = — A ^(A): rjiX). hc 1,24 nm W (9-80) Bild 9-85 zeigt die Empfindlichkeit einer SiPhotodiode in Abhangigkeit von der Wellenlange. Gestrichelt eingezeichnet ist der Verlauf der Empfindlichkeit einer idealen Diode mit der Quantenausbeute rj= 100%. Die gemessene Kurve liegt generell tiefer, verlauft aber bei kurzen Wellenlangen etwa parallel zur theoretischen Kurve. Der steile Abfall auf der langwelligen Seite kommt daher, daB die

696

9. Festkorperphysik

Bild 9-86 zeigt eine Kennlinienschar mit der Bestrahlungsstarke als Parameter. Im Leerlauf (/ = 0) ist an den Enden die Leerlaufspannung L^L abgreifbar, fiir die aus Gl. (9-81) folgt

400

600

8 0 0 nm 1000

Wellenlange A

BiId 9-85. Spektrale Empfindlichkeit einer Si-Photodiode (gestrichelt die theoretische Empfindlichkeit bei rj = 100% Quantenausbeute). Photonen nicht mehr geniigend Energie haben, um Elektronen iiber die verbotene Zone zu heben. Die Forderung der grundlegenden Gl. (9-76) kann somit nicht mehr erfiillt werden. Beispiel 9.4-2: Wie groB ist die Quantenausbeute // der Photodiode von Bild9-85 bei der Wellenlange X = 800 nm?

/s ist der Sperrsdttigungsstrom (Dunkelstrom). Da der Photostrom linear von der Beleuchtungsstarke abhangt, nimmt die Leerlaufspannung, wie Bild 9-84 zeigt, logarithmisch zu. Im KurzschluBbetrieb ((7 = 0) fliefit der KurzschluBstrom / K , der nach Gl. (9-81) mit dem Photostrom identisch ist: / K = ~ >^ph • Je nach auBerer Schaltung unterscheidet man die Betriebszustande Elementbetrieb und Diodenbetrieb. Im Elementbetrieb wird die Diode ohne auBere Spannungsquelle direkt an einen Lastwiderstand /?L (Verbraucher) angeschlossen. Die Diode arbeitet als Stromgenerator im vierten Quadranten der Kennlinie von Bild 9-86 und wird als Photoelement bzw. Solarzelle bezeichnet. Beide sind im Prinzip gleich; die Solarzelle ist aber fur groBe Leistungen ausgelegt und speziell fur das Sonnenspektrum optimiert. Der Arbeitspunkt A in Bild 9-86 ist der Schnittpunkt der Widerstandsgeraden / = - U/Ri^ und der Diodenkennlinie. Die Leistung, die der Zelle entnom-

Losung: Nach Gl. (9-80) ist die Quantenausbeute ^^^ 5(A) 1,24 ^m W

'^^'^=—I—XAus Bild9-85 ermittelt man 5 (800 nm) = 0,47 AAV. Demnach betragt die Quantenausbeute ;;(800nm) = 73%. Von jeweils 100 absorbierten Photonen tragen also 73 Elektron-Loch-Paare zum Photostrom bei. Die Kennlinie einer Photodiode geht aus der bekannten Diodenkennlinie nach Gl. (9-38) hervor, indem man vom Gesamtstrom den lichtinduzierten Photostrom abzieht:

U^ Dunkelkennlinie zunehmende Bestrahlungsstarke

6/L

Bild 9-86. Kennlinien einer Photodiode.

U

9.4. Optoelektronische Halbleiter-Bauelemente men werden kann, ist P(A)= U(A) \I(A)\ und hangt von der Lage des Arbeitspunktes A ab. Durch Variation von 7?L kann die abgegebene Leistung optimiert werden. Silicium-Solarzellen wandeln die auftreffende Strahlungsleistung mit einem Wirkungsgrad von etwa 10% in elektrische Leistung um. Beim Diodenbetrieb wird die Diode (Photodiode im engeren Sinn) mit einem Lastwiderstand 7?L ii^ Reihe an eine Batterie angeschlossen, wobei die Batteriespannung U^ in Sperrichtung anliegt. Der Arbeitspunkt B in Bild9-86 ist der Schnittpunkt der Widerstandsgeraden I = (U^— U)/Ri^ mit der Kennlinie. Bei Anderung der Beleuchtungsstarke andert sich nach Gl. (9-79) und (9-81) der Strom (Bild 9-83), so daB am Lastwiderstand eine Spannung IRj^ abgreifbar ist, die der Beleuchtungsstarke proportional ist. Infolge der linearen Abhangigkeit der Ausgangsspannung von der Strahlungsleistung ist die Photodiode ein hervorragendes Instrument zur Messung von Strahlungsleistungen. Photodioden reagieren schneller als Photoleiter und sind deshalb geeignet, schnell modulierte Signale, wie sie etwa in der optischen Nachrichtentechnik vorkommen, zu detektieren. Die Grenzfrequenz hangt im wesentlichen davon ab, wie schnell Ladungstrager, die auBerhalb der Raumladungszone erzeugt werden, an dieselbe herandiffundieren. Die Schaltzeiten handelsiiblicher Silicium-Photodioden betragen einige Mikrosekunden. Fiir Photodioden im sichtbaren Spektralbereich und fiir das nahe IR verwendet man Silicium. Die Empfmdlichkeitskurve von Bild 9-85 zeigt, daB die Si-Photodiode sehr gut geeignet ist, die Strahlung von GaAs-Emittern nachzuweisen. Fiir die Wellenlangen 1,3 jam bis 1,6 |im (optische Nachrichtentechnik) sind Ge-Photodioden geeignet. Vorteilhafter sind Dioden aus ternaren Halbleitern, wie beispielsweise InGaAs. Fiir das femere IR werden InAs, InSb und dotiertes Germanium verwendet (Bild 9-82). Pin-Photodiode Pin-Dioden haben zwischen p- und n-Zone eine verhaltnismaBig dicke (im Bereich von etwa 1 |xm bis etwa 300 |im) eigenleitende {intrinsic) Schicht, die sehr hochohmig ist. Die angelegte Sperrspannung fallt praktisch iiber der i-Zone ab, so daB in

697

der i-Zone eine groBe Feldstarke vorliegt. Die Photonen werden vorwiegend in der dicken i-Schicht absorbiert, erzeugen also dort Elektron-Loch-Paare, die sofort durch das elektrische Feld getrennt werden. Dadurch fallen die langsamen Diffusionsprozesse der einfachen pn-Dioden weg. Pin-Dioden reagieren schnell und konnen bis in den GHzBereich eingesetzt werden. Durch das groBe Sammelvolumen wird ihre Empfindlichkeit gegeniiber normalen pn-Ubergangen weiter ins IR ausgedehnt. Bild 9-87 zeigt einen Baustein mit einem Pin-FETEmpfanger fiir die optische Nachrichteniibertragung. Das optische Signal fallt von der Glasfaser auf eine pin-Diode und wird im nachgeschalteten Verstarker mit einem FET am Eingang verstarkt. Sehr groBflachige Pin-Dioden mit i-Zonen von einigen Millimetern Dicke werden als Detektoren fiir Rontgenstrahlung (Si) und Gammastrahlung (Ge) verwendet.

Bild 9-87. Pin-FET-Modul fur die optische Nachrichtentechnik. Werkphoto: SEL. Lawinen-Photodiode Lawinen-Photodioden (Avalanche Photo Diode, APD) werden mit einer Sperrspannung knapp unterhalb der Durchbruchspannung betrieben. Infolge der groBen Feldstarke werden freie Ladungstrager so schnell, daB sie durch StoBionisation weitere Elektron-Loch-Paare erzeugen konnen und ein lawinenartiger Anstieg der Anzahl der Ladungstrager eintritt (Bild 9-47 b). Die innere Verstdrkung wird durch einen Multiplikationsfoktor M beschrieben. Typische Werte sind fiir - Si-APD: M= 100 bis maximal 10^ -Ge-APD: M= 40 bis maximal 200. Ein groBer Verstarkungsfaktor bedeutet, daB durch ein Photon eine groBe Ladungstragerlawine ausgelost wird. Je groBer die Lawine ist, um so langer dauer es aber, bis alle Ladungstrager den Ubergang iiberquert haben. GroBe Verstarkung und hohe Grenzfrequenz lassen sich daher nicht gleichzeitig

698

9. Festkorperphysik

realisieren. In der Praxis wird ein VerstarkungsBandbreite-Produkt angegeben, das typischerweise folgende Werte aufweist: - Si-APD: M A / ^ 200 GHz, - Ge-APD: MAf^lO GHz. Hat beispielsweise eine APD ein VerstarkungsBandbreite-Produkt von 160 GHz, dann ist bei einer Bandbreite von A/= 2 GHz der Multiplikationsfaktor M = 80. Bei hohen Frequenzen wird die APD der Pin-Diode haufig vorgezogen wegen der internen Verstarkung. 9.4.2.4. Phototransistor Der Phototransistor ist wie die APD ein Detektor mit innerer Verstarkung. Bild 9-88 a zeigt den Aufbau eines Bipolartransistors. Der Basis-Kollektor-Ubergang ist groBflachig ausgefiihrt und in Sperrichtung gepolt. Durch Photonenabsorption erzeugte Elektron-LochPaare werden getrennt. Die Locher flieBen durch die Basis zum Emitter, die Elektronen zum Kollektor. Die Spannung am fluBgepolten Emitter-Basis-tJbergang nimmt leicht zu und somit der Emitter- bzw. Kollektorstrom. Der Kollektorstrom betragt naherungsweise a)

Emitter

Basis

/ c = ( l + 5 ) / ,p h 9

(9-83)

ist also um den Stromverstarkungsfaktor B in Emitterschaltung groBer als der Photostrom /ph. Typische Werte fiir die Stromverstarkung liegen bei B = 100 bis B = 1000. Das Ausgangskennlinienfeld von Bild 9-88 b unterscheidet sich nicht grundlegend von dem eines normalen Transistors. Lediglich ist anstelle des Basisstroms als Parameter die Beleuchtungsstarke E^ aufgetragen. Am BasisanschluB kann die Verstarkung eingestellt werden. Meist ist er aber gar nicht herausgefuhrt. Phototransistoren reagieren erheblich langsamer als Photodioden und werden deshalb nur bis zu Frequenzen von etwa 100 kHz verwendet. Phototransistoren verwendet man in Lichtschranken, Lochkartenlesern, Optokopplern und Photometern. AuBer den bipolaren Transistoren gibt es auch Photo-Feldeffekttransistoren.

Kollektor

Zur IJbung U 9.4-1: Bei einem GaAlAs-Laser ist der Schwellstrom bei 0°C V o = 38,6 mA und bei 70 °C Ah,70 "= 60,8 mA. a) Wie groB ist die charakteristische Temperatur TQ? b) Wie groB ist der Schwellstrom/th,2obei20°C? U 9.4-2: Wie groB ist der Modenabstand longitudinaler Moden bei einem InGaAsP-Laser der Wellenlange A = 1,3 um, wenn der Laserresonator L = 500 jam lang ist? Der Brechungsindex ist « = 3,31; die Dispersion sei vernachlassigt.

b)

U 9.4-3: Ab welcher Wellenlange X^ wird InSb (Bandgap E^ = 0,18 eV) transparent? U 9.4-4: Eine InGaAs-Photodiode hat bei A= 1,3 \ivci die Empfindlichkeit S = 0,6 A/W. a) Wie groB ist ihre Quantenausbeute rjl b) Von einem 1,3 |imLaser trifft die Strahlungsleistung 0^ = 0,5 mW auf die Diode. Wie groB ist der KurzschluBstrom 7^?

10

20

30

40

V

50

Kollektor-Emitter-Spannung UQ^

Bild 9-88. Bipolarer Phototransistor: a) Aufbau, b) Kennlinien.

U9.4-5: Eine Si-Photodiode hat den Sperrsattigungsstrom / s = 1 0 p A . Ihre Empfindlichkeit S{X) wird durch Bild 9-85 beschrieben. Wie groB ist die Leerlaufspannung, wenn die Strahlungsleistung 0Q = 5 fiW eines HeNe-Lasers (/I = 633 nm) auf die Diode fallt?

699

10. Spezielle Relativitatstheorie Die Relativitatstheorie, von A. EINSTEIN (1879 bis 1955) entwickelt, besteht aus der Speziellen Relativitatstheorie (1905 veroffentlicht) und der Allgemeinen Relativitatstheorie (1916 veroffentlicht). Die Spezielle Relativitatstheorie befaBt sich mit Fragen der Definition von Raum und Zeit in Systemen, die sich gegeneinander mit konstanter Geschwindigkeit bewegen. In der Allgemeinen Relativitatstheorie werden relativ zueinander beschleunigte Systeme sowie der EinfluB von Gravitationsfeldern auf MaBstabe und Uhren untersucht. So betrachtet ist die Spezielle Relativitatstheorie ein Spezialfall der Allgemeinen Relativitatstheorie. Weil die Spezielle Relativitatstheorie mathematisch einfacher und ihre Ergebnisse fiir die ingenieurmaBigen Anwendungen wichtiger sind, wird auf eine ausfiihrliche Erorterung der Allgemeinen Relativitatstheorie verzichtet. Relativistische Effekte treten nur bei Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit auf Da man es im taglichen Umgang mit physikalischen Systemen nicht mit solchen sehr schnell ablaufenden Vorgangen zu tun hat, sind die relativistischen Korrekturen an der klassischen Physik kaum wahrnehmbar. Dies hat auch zur Folge, daB die relativistischen Effekte den alltaglichen Erfahrungen zu widersprechen scheinen. In der Elementarteilchenphysik (Abschn. 8.10 und 8.11) aber kann wegen der sehr schnellen Ablaufe nur relativistische Mechanik und relativistische Elektrodynamik betrieben werden. Dies hat beispielsweise auch fiir den Ingenieur beim Bau von Beschleunigem Konsequenzen. Wichtig ist festzustellen, daB die Relativitatstheorie in alien Bereichen der Physik giiltig ist, so daB relativistische Effekte von den Elementarteilchen bis zum Universum nachweisbar sind.

Krafteinwirkung entweder in Ruhe befinden Oder geradlinig gleichformig bewegen.) Die Galilei-Transformation erlaubt die Umrechnung der Bewegungsgleichungen von einem Inertialsystem S in ein anderes Inertialsystem S', das sich relativ zu S mit einer konstanten Geschwindigkeit v bewegt. Daraus resultiert das Relativitdtsprinzip der klassischen Mechanik: Die Gesetze der klassischen Mechanik gelten unverandert in Inertialsystemen, die sich relativ zueinander mit konstanter Geschwindigkeit bewegen. Es gibt kein bevorzugtes Bezugssystem und keine Moglichkeit, eine Geschwindigkeit absolut zu messen. Die Galilei-Transformation fordert bei einer Geschwindigkeitsiiberlagerung die Addition bzw. Subtraktion von Relativgeschwindigkeiten. Dies sei anhand von Bild 10-1 erlautert. In Bild 10-1 a befindet sich ein Geschiitz auf einem Wagen. Bewegt sich der Wagen mit einer Geschwindigkeit v = 50 km/h relativ zur ruhenden Wand und wird auf die Wand ein GeschoB mit der Geschwindigkeit w = 100 km/h abgefeuert, so betragt die GeschoBgeschwindigkeit relativ zur Wand iVei = w + ^' = 150 km/h. Bewegt sich der Wagen mit einer Relativgeschwindigkeit i' = - 50 km/h von der Wand weg, dann trifft das GeschoB an der Wand mit der Relativgeschwindigkeit iVei = w — I' = 50 km/h auf. Die Addition bzw. Subtraktion der Geschwindigkeiten nach der Galilei-Transformation gelten fiir Bewegungen mit Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit c nicht mehr. Sendet ein Stern 1 Licht aus gemaB a) nicht relativistisch

^

:© 10.1. Relativitat des Bezugssystems In Abschn. 2.4.1 sind die als Galilei-Transformation bezeichneten Gleichungen (Bild 2-21) fiir Inertialsysteme beschrieben. (Inertialsysteme sind Bezugssysteme, in denen das Tragheitsgesetz gilt, nach dem sich Korper ohne

l*f

&-.

Bild 10-1. Geschwindigkeitsiiberlagerung.

700

10. Spezielle Relativitatstheorie

Bild 10-1 b und bewegt sich ein Gestirn 2 mit v= lOOOOOkm/s auf diesen Stern 1 zu oder mit derselben Geschwindigkeit vom Stem 1 weg, dann betragt in beiden Fallen die Geschwindigkeit des Lichts relativ zum zweiten Stem iVei = ^- Dieser experimentelle Refund ist ein Grundprinzip der Relativitatstheorie: Licht breitet sich unabhangig von der Relativbewegung zwischen Lichtquelle und Beobachter in alien Systemen mit der konstanten Vakuumlichtgeschwindigkeit c = 2,99792458 • lO^m/saus. Dieses Postulat der Speziellen Relativitatstheorie beruht auf 1887 durchgefiihrten Messungen von A. A. MICHELSON (1852 bis 1931) und R W. MORLEY (1838 bis 1923), die mit Hilfe des Michelson-Interferometers (Abschn. 6.4.1.3, Bild 6-71) experimentell nachwiesen.

daB die Lichtgeschwindigkeit unabhangig von der Relativbewegung ist. Wie in Bild 10-2 dargestellt, fiihrt die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zu einem Widerspruch zur Galilei-Transformation. Um ihn aufzulosen, miissen die Raum-Zeit-MaBstabe neu berechnet werden. Dies besorgt die Lorentz-Transformation. Die entsprechenden Gleichungen wurden bereits 1899 von H. A. LORENTZ (1853 bis 1928) aufgestellt, allerdings lediglich bezogen auf die Maxwellschen Gleichungen in elektromagnetischen Feldern (Abschn. 4.5.5) und falschlicherweise unter der Annahme abgeleitet, daB sie aus der Wechselwirkung eines im Raum absolut ruhenden Athers mit elektrischen und magnetischen Feldern herriihrt. Einstein zog aus der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit den SchluB, daB der Ather als tJbertragungsmedium fiir elektromagnetische Wellen nicht existiert.

Konstante Relativgeschwindigkeit zweier Systeme

Konstanz der Vakuumlichtgeschwindigkeit c

Invarianz der mechanischen Gesetze in Inertialsystemen

I

Konstanz der elektrischen und magnetischen Feldkonstanten EQ, ^O

Umrechnung von Raumkoordinaten Galilei -Transformation H H

^

Invarianz aller physikalischen Gesetze in Inertialsystemen

=x-vt

7=

V ^

t'=t Umrechnung von Raumund Zeitkoordinaten

x'=y{x

-vt)

Lorentz -Transformation

H

X

I

Langenkontraktion

Y

r=Y(^-rx)

Zeitdilatation

relativistische Masse

Aquivalenz von Masse und Energie

elektromagnetische Kraft (Lorentz-Kraft)

Doppler-Effekt

At'=yAt

m = ymo

E= mc^

Fe\=yF, magn

"-VS

Additionstheorem fur Geschwindigkeiten

1--5

Bild 10-2. Postulate der speziellen Relativitatstheorie und Folgerungen.

10.2. Lorentz-Transformation Dies bedeutet, dafi alle Bewegungen relativ zu irgendeinem System stattfinden (daher der Name Relativitdtstheorie). Die Lorentz-Transformation sollte nicht nur elektrodynamische Vorgange betreffen, sondern alle materiebehafteten Systeme. Folgende Folgerungen lassen sich der Lorentz-Transformation entnehmen(BildlO-2): — Ldngenkontraktion Bin relativ zu einem Beobachter sich bewegender Korper erscheint verkurzt. — Zeitdilatation Die Zeit verlauft in einem System, das relativ zu einem Beobachter bewegt wird, langsamer. — Additionstheorem der Geschwindigkeiten Hiermit wird sichergestellt, daB bei Geschwindigkeitsuberlagerungen die Relativgeschwindigkeit die Lichtgeschwindigkeit nicht iibersteigt. — Massenzunahme Die Masse eines Korpers nimmt mit seiner Geschwindigkeit zu. — A quivalenz von Masse und Energie Mit dieser Aquivalenzbeziehung werden die Erhaltungssatze fiir die Materie einerseits und fiir die Energie andererseits zu einem einzigen Erhaltungsprinzip zusammengefuhrt. Zu den bekannten Energieformen kommt die zusatzliche Energie der Ruhemasse. — Elektromagnetische Kraft Durch die Relativbewegung von Ladungen entsteht eine mit der elektrostatischen Kraft verbundene magnetische Kraft (LorentzKraft). — Doppler-Effekt Die Relativbewegung von Quelle und Beobachter fuhrt zu einem relativistischen Doppler-Effekt.

10.2. Lorentz-Transformation Bewegt sich ein System S' {x', y\ z\ f) mit der konstanten Geschwindigkeit v in x-Richtung relativ zum System S {x, y, z, t), dann lautet die Lorentz-Transformation, die die Koordinaten der Systeme S und S' ineinander

701

umrechnet (unter Berucksichtigung der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit c), X = y{x' -\- V t')

y=y' z=z'

bzw. x' = y{x — v t) (10-1) (10-2) bzw. / =y bzw. z' =z

. = y ( . ' + ^ x ' ) bzw. /' = yit

(10-3) 2-^ • (10-4)

Hierbei ist y der relativistische Faktor:

Beim Vergleich mit der Galilei-Transformation (Bild 2-21) kann man feststellen, daB die Ortskoordinaten x, y, z bzw. x\ y\ z' durch den relativistischen Faktor y korrigiert werden. Fiir den Fall c ^ oo wird 7 = 1 , und die Lorentz-Transformation geht in die GalileiTransformation liber. Relativistische Effekte treten deshalb auf, weil die Lichtgeschwindigkeit endlich ist, so daB sich Signale nicht unendlich rasch ausbreiten konnen. Der relativistische Faktor y stellt sicher, daB die Lichtgeschwindigkeit die hochste Teilchengeschwindigkeit darstellt, da fiir v> c der relativistische Faktor y imaginar wird. Wie aus Gl. (10-4) ersichtlich, ist die Zeit fiir jeden Beobachter verschieden. Die Zeit /' des Beobachters in S' hangt von der Zeit t des Beobachters in S, von dessen Koordinate x und der Relativgeschwindigkeit der Systeme ab. Die Lorentz-Transformation kann man durch Minkowski-Diagramme (H. MINKOWSKI, 1864

bis 1909) graphisch veranschaulichen. Dabei beschrankt man sich auf eindimensionale Bewegungen (z. B. in x-Richtung), so daB sich ein Intertialsystem S durch ein zweidimensionales Koordinatensystem darstellen laBt. Die Zeit / wird als Ordinate und die x-Koordinate als Abszisse gezeichnet, wie es Bild 10-3 zeigt. Ublicherweise wird die x-Achse in der Einheit Lichtsekunde (Ls) unterteilt, d.h. in Strecken, die vom Licht in einer Sekunde durchlaufen werden (1 Lichtsekun-

702

10. Spezielle Relativitatstheorie

Lichtlinie x = ct

kowski-Diagramm, b) die MaBstabe fiir die x'- und /'-Achse, c) die Lorentz-Transformation. d) Gegeben sind folgende Ereignisse: in S':F(2;0;0;0) und Q'(2;0;0;l) am gleichen Ort, in S: R ( - l ; 0 ; 0 ; 2 ) und T ( l ; 0 ; 0 ; 2 ) zur selben Zeit. Die Ereignisse in den jeweils anderen Bezugssystemen sollen errechnet und in das MinkowskiDiagramm eingezeichnet werden. Losung:

4 Ls(3-10Sm) X

Bild 10-3. Graphische Darstellung der LorentzTransformation im Minkowski-Diagramm. de = 3 10^m). Die Bahnkurve eines Lichtstrahls {Lichtlinie) ist in diesem Diagramm die Winkelhalbierende x = c t. Ein Punkt P mit den Koordinaten x und /(>^ = konst., z = konst.) wird Weltpunkt des Ereignisses Oder Ereignis genannt. Die Bewegungen von Teilchen sind als Linien darstellbar, die man als Weltlinien des bewegten Teilchens bezeichnet.

a) Fiir die /'-Achse gilt x = v t = 0,75 c t und fiir die x'-Achse x = {c'^/v) t = 4/3 (c t). Da im MinkowskiDiagramm c = 1 gesetzt wird, gilt fiir die ^'-Achse X = 0,75 / und fur die x'-Achse x = 4/3 (/) gemaB Bild 10-4. b) Der MaBstabsfaktor fiir die x'- und die /'-Achse ist der relativistische Faktor y. Er errechnet sich nachGl. (10-5)zu 1

lA

1 = 1,51. 1/1-(0,75)2

Dies bedeutet, daB die Koordinate x' = 1 bei x = y liegt und entsprechend t' = \ bei t = y. Demnach sind die Einheiten auf der x'- und /'-Achse um das 1,51-fache groBer als auf der x- und /-Achse.

Fiir ein zweites Inertialsystem S', das sich mit der Geschwindigkeit v {v < c) entlang der A'-Achse bewegt und denselben Ursprung hat, kann die r'-Achse (x' = 0) folgendermaBen berechnet werden: Aus der Lorentz-Transformation (Gl. (10-1)) resultiert fiir x' = 0 der Ausdruck x = v t. Die Gleichung fiir die x'Achse lautet (/' = 0 fiir Gl. (10-4)) x = {c^/v)t. In Bild 10-3 ist das Koordinatensystem fiir x' und t' eingezeichnet. Der MaBstabsfaktor fiir die x'-Achse ist wegen x = y x' der relativistische Faktor y und fiir die ^'-Achse wegen t = yt' ebenfalls. Die Winkel zwischen x- und x'-Achse sowie zwischen t'- und ^Achse sind ebenfalls gleich (a). Beispiel 10-1: Zwei Inertialsysteme S und S' bewegen sich mit der Geschwindigkeit v = 0,75 c relativ zueinander. Bestimmt werden sollen a) die Gleichung fiir die x'- und /'-Achse und ihre Darstellung im Min-

P (3,02;0;0;2,27) Q (4,15;0;0;3,78)

R' (-3,78;0;0;4,15) r (-0,75;0;0;1,9)

Bild 10-4. Minkowski-Diagramm Jur Beispiel 10-1.

10.3. Relativistische Effekte c) Die Lorentz-Transformation lautet nach Gl. (10-1) bis (10-4) jc= 1,51 (jc'+0,75 c O bzw. x'= 1,51 (;c - 0,75 c 0 , y = y' bzw. y' = y, z = z' bzw. z' = z, / = 1,51 (/' + 0,75 x'lc) bzw. /' = 1,51 (/ - 0,75 xlc). d) Nach der Lorentz-Transformation werden die Ereignisse umgerechnet: F(2;0;0;0): Nach Gl. (10-1) resultiert x = 1,51 x' = 1,51 • 2 Ls = 3,02 Ls. Nach Gl. (10-4) ergibt sich / = y 0,75 x'lc = 1,51 • 0,75 -28 = 2,27 s. Das Ergebnisist also P(3,02;0;0; 2,27).

r

= T'=f a'-

703

(10-6)

Fiir alle Korper, die sich mit einer konstanten Geschwindigkeit v relativ zueinander bewegen, verkiirzen sich die Langen des anderen Korpers in dieser Richtung um den Faktor

F

Senkrecht zur

Bewegungsrichtung liegende Strecken erscheinen nicht verkiirzt. Dieser Effekt heiBt Langenkontraktion.

Fiir Q' (2; 0; 0; 1) ermittelt man x= 1,51 (jc' +0,75 c O = 1,51(2 + 0,75- l)Ls =:4,15Ls; /= 1,51 (1 + 0,75 • 2) s = 3,78 s. Das Ergebnis lautet demnach Q(4,15; 0; 0; 3,78). Die beiden Ereignisse P' und Q', die in S' am gleichen Ort eintreten, finden in S an verschiedenen Orten statt. FurR(-l;0;0;2)gilt x' = 1,51 (- 1 - 0,75 • 2) Ls = - 3,775 Ls; t' = 1,51 (2-0,75 • ( - l))s = 4,15 s. Damit ist R ' ( - 3,78; 0; 0; 4,15). FurT(l;0;0;2)wird x' = 1,51 (1 - 0,75 • 2) Ls = - 0,755 Ls; t' =1,51(2-0,75- l ) s = 1,89 s.

Die Langenkontraktion ist unabhangig von der Zeit t'. Sie ist auch aus dem MinkowskiDiagramm Bild 10-5 ersichtlich. Fiir die Zahlenwerte von Beispiel 10-1 erscheint eine Strecke, die im System S die Lange x = 3 Ls = 3 • 3 • 10^ m hat, im System S' auf ungefahr x' = 2 Ls = 2 • 3 • 10^ m verkiirzt. Umgekehrt wird auch die Strecke x ' = 3 Ls in S' auf x = 2 Ls in S verkiirzt.

10.3.2. Zeitdilatation Nach der Lorentz-Transformation gilt fiir die Zeitdifferenz in relativ zueinander bewegten Systemen nach Gl. (10-4)

Damit ist T ' ( - 0,755; 0; 0; 1,89). Die beiden Ereignisse R und T, die in S gleichzeitig stattfinden, treten in S' zu verschiedenen Zeiten auf Bild 10-4 zeigt das Minkowski-Diagramm fiir dieses Beispiel.

V X2\

I

V Xi

Daraus folgt

10.3. Relativistische Effekte 10.3.1. Langenkontraktion Im System S ist der Abstand zweier Punkte, die auf einer zur j^-Achse parallelen Strecke liegen, l = X2 — Xi. Im System S', das sich langs der x-Achse mit der Geschwindigkeit v bewegt, wird der Abstand l' = X2 — x\ gemessen. Die Abstande transformieren sich nach der Lorentz-Transformation (Gl. (10-1)) gemafi 1= X2 — x\ = y(x2 + V f) — y{x\-\- v f), I = yX2-\- y V f — yx\ — yV f, l=y{x2

—x[) = y V

Oder

Wenn fiir einen ruhenden Beobachter in S die Ereignisse gleichzeitig stattfinden, so ist zf / = 0. Nach Gl. (10-7) sind fur den bewegten Beobachter in S' die Ereignisse nicht gleichzeitig. Welches der beiden Ereignisse der Beobachter fruher oder spater sieht, hangt vom Wert der Koordinaten X2 und Xj ab, da die Differenz X2 — x\ das Vorzeichen bestimmt. Finden zwei Ereignisse am gleichen Ort statt {x2=^ X\, d.h. X2-Xx = 0), dann gilt fiir Gl. (10-7)

704

10. Spezielle Relativitatstheorie

A 3 / x'

J Zeitdilatation

.1

yj j ^

/ ' S LLs

y/^

T

r/

y

Langejnkon

1 /x^" 1

-r-

r'

1—

2

3

4Ls

X

BildlO-5. Ldngenkontraktion und Zeitdilatation im Minkowski-Diagramm.

At' = yAt =

At

(10-8)

1^

Bewegen sich zwei Beobachter mit einer konstanten Geschwindigkeit v relativ zueinander, dann erscheint das Zeitintervall At' des Systems S' vom System S aus betrachtet groBer zu sein und umgekehrt. Dieser Effekt wird Zeitdilatation genannt. Die Zeitdilatation ist ebenfalls im MinkowskiDiagramm (Bild 10-5) zu erkennen. Liegt beispielsweise im System S' zwischen zwei Ereignissen die Zeitspanne zlr' = 2 s , so erscheint diese einem Beobachter in S als zl / = 3 s und umgekehrt. Die Zeitdilatation hat zur Folge, daB fur zwei gegeneinander bewegte Beobachter jeder feststellt, daB die Uhr des anderen nachgeht {Uhrenparadoxon). Dies wurde beim deutschen Spacelab-Flug D-1 im Experiment Navex bestatigt. Es stellte sich heraus, daB die Borduhr im Raumschiff, das sich mit etwa 28 000 k m / h um die Erde bewegte, je Tag um etwa 25,5 fis langsamer lief als die Vergleichsuhr der Bodenstation. Wenn nach der Zeitdilatation die Uhren im System S' langsamer als im System S laufen, ist es denkbar, daB bei Zwillingen, von denen einer sich bei einem Raumflug sehr schnell relativ zur Erde bewegt, er seinen Bruder bei der Riickkehr um Jahre gealtert vorfindet (Zwillingsparadoxon). Die Langenkontraktion und die Zeitdilatation wurden durch Experimente mit Elementarteil-

chen bestatigt. In etwa 30 km Hohe entstehen //-Mesonen, die eine Zerfallsdauer von etwa tz = 2' 10"^ s aufweisen. Sie haben eine Geschwindigkeit in der GroBenordnung der Lichtgeschwindigkeit (v ^ c). Ohne relativistische Effekte konnen die //-Mesonen nur den Weg c ^z = 3 • 10^ • 2 • 10"^ m = 600 m zuriicklegen. Dennoch werden die //-Mesonen auf der Erdoberflache nachgewiesen (30 km entfemt). Dies kann sowohl durch die Langenkontraktion, als auch durch die Zeitdilatation erklart werden. Wegen der Mesonengeschwindigkeit von v = 0,9998 CQ betragt der relativistische Faktor 7 = 50. Aufgrund der Langenkontraktion erscheint dem bewegten /i-Meson der Weg von 30 km tatsachlich auf /' = 30 • 10^ • 0,02 m = 600 m verkiirzt. Verwendet man Gl. (10-8) fiir die Zeitdilatation, so erscheint die Zerfallszeit von der Erde aus auf zf/ = 2 - 1 0 - V 0 , 0 2 s = lO-'^s gedehnt, so daB die /i-Mesonen im Koordinatensystem der Erde den Weg c J r = 3 • 10^ • l O ' ^ k m = 30 km zuriicklegen konnen. Beispiel 10-2: Ein Raumfahrer besteigt im Alter von dreiBig Jahren ein sehr schnelles Raumschiff Wahrend er nach seiner Zeitmessung fiinf Jahre spater wieder heimkehrt, ist sein ZwilUngsbruder bereits sechzig Jahre alt. Wie schnell muB der Raumfahrer fliegen, um diesen Zeitunterschied zu erzeugen? Wie groB ist die Zeitdilatation bei der Geschwindigkeit V = 3000 m/s? Losung: Fur die Zeitdilatation gilt nach Gl. (10-8) At' = y At. Fiir zf/' = 30 Jahre und J / = 5 Jahre gilt: 30 a = y • 5 a oder y = 30/5 = 6. Daraus folgt 1

1A4 und somit v/c = 1/25/36 ^ 0,986 oder i) ^ 0,986 c. Fiir V = 3000 m/s ist 1, 3-W \3-10^ so daB dieser Effekt nicht beobachtet wird. Das Zwillingsparadoxon ist nicht umkehrbar. Es konnte argumentiert werden, daB aus Symmetriegriinden vom Standpunkt des fahrenden Astronauten aus der zuruckbleibende Bruder jiinger sein sollte. Dieser SchluB ist nicht zulassig, weil das y-

y

10.4. Relativistische Dynamik Problem an sich nicht symmetrisch ist. Wahrend der Zwilling auf der Erde in einem Inertialsystem bleibt, steigt der Astronaut von einem System, das sich von der Erde wegbewegt auf ein System um, das sich auf die Erde zubew^egt. Wegen dieses Wechsels des Bezugssystems kann der fahrende Astronaut nicht so argumentieren w^ie sein ruhender Zw^illing.

u'y-\- V

1 -—«x

y\\+^K

y\ 1 - — " x

w;=-

In einem System S', das sich mit der Geschwindigkeit v in x-Richtung relativ zum System S bewegt, laufe ein Punkt mit der Geschwindigkeit

Seine Geschwindigkeit u im System S ergibt sich aus der Lorentz-Transformation (Gl. (10-1) bis (10-4)). Demnach ist dx = ydx' + yv dz = d z ' , V

+

y^:dx\

ydx'-\-yvdt'

dt

V

ydt' -\-

y^dx' dx'

dx' + V dt' V

,

dt'-i-^dx' c^ Mit Wx = dx'/dt'

dt'

•-\-v

V

dx'

l+-r-— c^ dt'

ergibt sich

w^H- V Wx =

. V

1+ —w; Auf dieselbe Weise ergibt sich fiir die yKomponente dy u'y dt

i+^w;

7li-^"x (10-9)

Fiir kleine Systemgeschwindigkeiten {v <^ c) gehen Gl. (10-9) in die klassische Form der Galilei-Transformation von Bild2-21 in Abschn. 2.4.1 uber. Beispiel

Losung:

Fiir die Geschwindigkeitskomponente Wx gilt dx

7

10-3: Im System S bewegen sich zwei Teilchen langs der x-Achse mit den Geschwindigkeiten Wix = 0,9 c und W2x = ~ 0,9 c aufeinander zu. Wie groB ist die Geschwindigkeit des Teilchens 1 relativ zum Teilchen 2?

dt',

dy=d/,

dt =ydf

u.-v

1+^wi

10.3.3. Relativistische Addition der Geschwindigkeiten

705

y 1 + - 2 w;

und Entsprechendes fur die z-Komponente der Geschwindigkeit u. Der komplette Satz der Transformationsformeln lautet

Das Teilchen 2 ruhe im System S'(w2x = 0), das sich seinerseits mit v = — 0,9 c langs der x-Achse des Systems S bewegt. Die Geschwindigkeit u{^ des Teilchens 1 im System S' und damit relativ zu Teilchen 2 ist nach Gl. (10-9) Mix-r 0,9 c +0,9 c wix = ^ 0,9 c 1 +•0,9 c 1 - —"ix c^ 1,80

c = 0,9945 c.

Nach der klassischen Galilei-Transformation ware die Relativgeschwindigkeit die 1,8-fache Lichtgeschwindigkeit. Tatsachlich ist nach Gl. (10-9) durch Geschwindigkeitsaddition keine Geschwindigkeit groBer als die Lichtgeschwindigkeit erhaltlich, solange u < c und v < c ist.

10.4. Relativistische Dynamik Der StoB zweier Korper in einem abgeschlossenen System verlauft unter Erhaltung des Gesamtimpulses. D a in diesem Fall nur wechselseitige Einfliisse und keine Einwirkung von dritten Korpern oder Koordinatensystemen

706

10. Spezielle Relativitatstheorie

auftreten, gilt der Impulserhaltungssatz auch in relativistischen Systemen. Wie sich sofort zeigt, ist dies allerdings nur moglich, wenn die Masse eines Korpers nicht konstant ist, sondern von seiner Geschwindigkeit abhangt. Im folgenden sei zur Berechnung der relativistischen Masse ein unelastischer StoB zweier Korper mit Kopplung betrachtet (Abschn. 2.7.3). Die Massen m der Korper seien gleich groB, ein Korper ruhe vor dem StoB. Es wird zwischen der Masse des ruhenden Korpers m (0) und der des bewegten Korpers m {v) unterschieden. Zunachst wird der StoB im Koordinatensystem S beschrieben, in dem der Korper 1 die Geschwindigkeit Ux = v (in xRichtung) hat, der Korper 2 ist in Ruhe (w2 = 0). Dann lautet der Impulserhaltungssatz

ab. Die gemeinsame Endgeschwindigkeit ist in diesem Fall - u. Die beiden Endgeschwindigkeiten sind durch Gl. (10-9) miteinander verkniipft. Mit u^=u und u\ = — u resultiert ausGl. (10-9) — u-\-v 1-

(2)

U V

^2

Gl. (2) liefert fiir den klassischen Grenzfall V
lA^

Die Masse m (0) = mo wird als Ruhemasse des Korpers bezeichnet. Damit gilt fur die Masse (1) m {v) V = [m {v) + m {())] u. eines Korpers mit der Geschwindigkeit v u ist die gemeinsame Endgeschwindigkeit der Korper. Der gleiche Vorgang kann auch im mo (10-10) yrriQ. m {v) = System S' beschrieben werden, das sich relativ zu S mit der Geschwindigkeit v langs der 1- x-Achse bewegt. In diesem System sind die Geschwindigkeiten wi = 0 und U2 = ~v. Der Ein Korper mit der Ruhemasse mo, der StoB lauft vollig gleichartig wie im System S sich mit der Geschwindigkeit v relativ zu einem Inertialsystem bewegt, erfahrt einen 4 T relativistischen Massenzuwachs.

M

Bild 10-6 zeigt den Massenzuwachs und die Langenkontraktion in Abhangigkeit von v/c. Es ist ersichdich, daB ein Korper mit der Masse mo niemals Lichtgeschwindigkeit erreichen kann, weil er damit eine unendlich groBe Masse bekame und zu seiner Beschleunigung eine unendlich groBe Beschleunigungsarbeit erforderlich ware. Nach Gl. (10-10) gilt fiir den relativistischen Impuls

Massenzunahme m/mo

/

p = m{v) v =

mo

V'

•V =

yniQV

(10-11)

Fiir die relativistische Kraft F ergibt sich wegen 7^= dp/dt (Gl. (2-24) in Abschn. 2.3.2)

Bild 10-6. Ldngenabnahme und Massenzunahme nach der Lorentz-Transformation in Abhdngigkeit des Geschwindigkeitsverhdltnisses vie (Rechnerausdruck).

10.4. Relativistische Dynamik Findet eine Relativbewegung mit der konstanten Geschwindigkeit v in x-Richtung statt, dann ergibt sich aus Gl. (10-12) fur die Kraftkomponente in x-Richtung

Die GroBe a^^ ist die Beschleunigungskomponente in x-Richtung. Fiir die Kraftkomponenten in y- und z-Richtung bleibt der Faktor ]/\-(v/cy in Gl. (10-12) konstant, so daB gilt Fy =

F.=

.

F

;

=moyay,

Woflz

Y

• = mo7«z-

(10-14)

(10-15)

707

a) Der relativistische Faktor ist y= I fur v = 0. Damit ist nach 01.(10-13) bis (10-15) a^ = F^/rriQ = 1,759 • 10^6m/s^ und ay= 1,759 • lO^^mM Der Beschleunigungsvektor lautet

mit «o = 1J59 -10^^ m/s^, er ist parallel zum Kraftvektor. b) Der relativistische Faktor ist 1 = 1,155. y=-

]R

Die Beschleunigungskomponenten sind daher a^ = ^x/(^o / ) = «oV = «o/l »54;fly= Fy/(mo y) = V l J 55. Damit betragt der Beschleunigungsvektor

(

0,650 \ 0,866 I ,

er ist also nicht parallel zum Kraftvektor.

1-1^

Aus Gl. (10-13) bis (10-15) folgt, daB die Beschleunigung, die eine bestimmte Kraft hervorruft, davon abhangt, ob sie parallel oder senkrecht zur momentanen Geschwindigkeit wirkt. Insbesondere ist i.a. die Beschleunigung nicht parallel zur Kraft. Beispiel

Wird ein Korper im System S in x-Richtung beschleunigt, dann muB folgende Beschleunigungsarbeit geleistet werden: Fur die Verschiebung langs des Weges dx ist die Arbeit dW=F^dx erforderlich. Mit Gl. (10-13) ergibt sich . - di'x d W^ = mo 7 «x d-^ = '^o y ~^~ dt ^'x d^ = mo7^t'xdi'x.

10-4: Ein Elektron der Ruhemasse Wo = 9,109 • 10"^' Der Index „x" wird im folgenden weggelaskg wird durch ein elektrisches Feld sen, da ohnehin nur x-Komponenten betrachtet werden. Die Gesamtarbeit bei der Beschleunigung von der Geschwindigkeit v = 0 auf V betragt niQV

mit EQ= 10^ V/m beschleunigt. Wie lautet der Vektor a der Beschleunigung, wenn das Teilchen im betrachteten Zeitpunkt a) ruht und b) die Geschwindigkeit

0

3/2

Losung:

dt'.

1

Nach Ausfiihrung der Integration ergibt sich W =

hat?

mo

F

2

2

Dieser Ausdruck wird wie in der klassischen Mechanik als kinetische Energie des Korpers interpretiert:

Die Kraft betragt immer /' = -£e=l,602-10-^4N

0

1

^kin = mc^ — m^c^

(10-16)

708

10. Spezielle Relativitatstheorie

Fiir kleine Geschwindigkeiten v
l \ rriQC^

\ + —- — - \\ rriQ c^ =

^mQv\

Gl. (10-16) zeigt, daI3 die von einer auBeren Kraft an einem Massenpunkt geleistete Arbeit zu einer Massenanderung fiihrt. Allgemein laBt sich zeigen, daB fiir alle Energieformen gilt: Jede Energiezufuhr ist mit einem Massenanstieg verkniipft. Die einzelnen Glieder in Gl. (10-16) konnen folgendermaBen definiert werden: = m c^

(10-17)

ist die Gesamtenergie des Korpers, £"0 = mo c'^

Zwischen Energie und Impuls eines Teilchens folgt durch Kombination von Gl. (10-11) und (10-17)

(10-18)

ist die Ruheenergie. Die kinetische Energie ist die Differenz aus Gesamtenergie E und Ruheenergie £0^ ^kin = E — EQ. Diese Ergebnisse wurden von Einstein zum Prinzip der Aquivalenz von Masse und Energie verallgemeinert: Jeder Korper mit der Masse m hat die Energie E = m c^. Demzufolge stellt Materie eine Energieform dar; Energie ist in Materie und Materie ist in Energie umwandelbar. Diese Prozesse werden beispielsweise durch die Paarerzeugung (Elektron und Positron) und die Annihilation (Zerstrahlung von Materie und Antimaterie) eindrucksvoll bestatigt. Die Elementarteilchenphysik zeigt die vollige Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie (Abschn. 8.9). In Abschn. 4.3.5.1 ist beschrieben, wie sich die Geschwindigkeit v geladener Teilchen beim Durchlaufen einer Potentialdifferenz bei Anwendung der relativistischen Beziehungen andert.

Fur das Photon mit der Ruhemasse mo = 0 ergibt sich hieraus p = E/c, oder, mit E = hf n a c h G l . (6-114),j[7 = /z//c. Beispiel 10-5: Bei der Annihilation eines Elektrons (— e) und eines Positrons (+ e) verschwinden die beiden Teilchen, und es entsteht y-Strahlung. Aufgrund des Impulserhaltungssatzes entstehen zwei Photonen, die in entgegengesetzter Richtung ausgesandt werden. Zu berechnen sind die Energie und die Wellenlange eines Photons. Losung: Der Impulserhaltungssatz lautet: p^ = pi oder hfx/c = hf2/c und schlieBlich f\ =/2 = / Der Energieerhaltungssatz lautet IVTIQC^ = 2hf. Dies bedeutet, daB jedes Photon die Ruheenergie WQ C^ des Elektrons bzw. Positrons hat, also hf= 0,51 MeV. Die Wellenlange betragt A =///(woc) = 2,4- 10" ^^j^ Falls das Elektron-Positron-Paar bereits kinetische Energie hat, ist die Photonenenergie groBer als 0,51 MeV und die Wellenlange kleiner als 2,4 pm.

10.5. Spezielle Relativitatstheorie in der Elektrodynamik 10.5.1. Elektrodynamische Kraft Die elektrostatische Kraft zwischen ruhenden Ladungen und die magnetische Kraft zwischen bewegten Ladungen erhalten eine Verkniipfung durch die Relativitatstheorie. Es laBt sich zeigen, daB ein rein elektrisches Feld in einem System S von einem Beobachter in S', das sich relativ zu S bewegt, als elektrisches und magnetisches Feld gesehen wird. Ebenso erhalt ein rein magnetisches Feld durch Wechsel in ein bewegtes Koordinatensystem zusatzlich ein elektrisches Feld. Elektrische und magnetische Krafte sind damit nur verschiedene Spielformen desselben physikalischen Phanomens, der elektromagnetischen Wechselwirkung. Je nach Wahl des Koordinatensystems ist die Wechselwirkung rein elektrisch, rein magnetisch oder gemischt.

10.5. Spezielle Relativitatstheorie in der Elektrodynamik System S'

System S (Laborsystem) Geometrie

/e

t

ortsfest li; = 0 © ^ ®

©

G

e

e-^e

©-j^ © © 0 0 8 © 1 iy' = 0 ortsfest

u

•—^

+0

+0 Ladungsdichte im Leiter

/© 8

, = Pp^ = p^ Y > p^, p_ — < p_ 2

P = P++P_= 0

P'=P' +P' = P ^ 7 - ^

elektrisch neutral Feld und Kraft auf Ladung Q

<

[

709

keiten (v
J^ol 2n r

•Q^AQ

c^ln s^r

Mit I = Q+uA ergibt sich ein Zusammenhang zwischen den elektrischen und magnetischen Feldkonstanten und der Lichtgeschwindigkeit:

positiv geladen

2nr ^

2m

r 0

\

F, F

=Qu>^B

Lorentz-Kraft

F' = QE' elektrostatische Kraft ,

F 2K

r

t/^p^yAOy

Die rein magnetische Kraft (Lorentz-Kraft) magn im System S ist mit der rein elektrischen Kraft FQI im System S' verkniipft durch

c^ 2KE^r

Bild 10-7. Elektwmagnetische Kraft. Zur Illustration soil nach Bild 10-7 die Kraft zwischen der Ladung Q und einem Leiter berechnet werden. Im System S ruht der Draht, die Elektronen fliefien mit der Geschwindigkeit u nach rechts, die konventionelle Stromrichtung geht nach links. Die Ladung Q bewege sich mit der Geschwindigkeit u ebenfalls nach rechts. Der Draht ist insgesamt elektrisch neutral. Aufgrund der Lorentz-Kraft wird die Ladung Q durch das Magnetfeld des Stroms vom Draht abgestoBen. Das System S' soil sich mit der Geschwindigkeit v = u langs des Leiters nach rechts bewegen. In S' ruhen die Ladung Q und die Elektronen des Leiters. Die positiven lonen laufen dafiir nach links mit der Geschwindigkeit u' = — u. Im Gegensatz zum System S ist in S' der Draht aber elektrisch nicht neutral. Infolge der Langenkontraktion ist namlich der Abstand zwischen den positiven lonen kleiner, der Abstand zwischen den negativen Elektronen groBer als im System S. Dadurch wird die Ladungsdichte Q!^> QL, der Draht ist positiv geladen. Zusatzlich zum Magnetfeld entsteht ein radial nach auBen gerichtetes elektrisches Feld, das die ruhende Ladung Q abstoBt. Vom Standpunkt der Relativitatstheorie ist klar, daB zumindest bei kleinen Geschwindig-

F'ci = yF,magn-

(10-22)

10.5.2. Doppler-Effekt des Lichtes Beim Doppler-Effekt des Schalls (Abschn. 5.2.3) miissen mehrere Falle unterschieden werden: Die Frequenzverschiebung ist jeweils anders fur den Fall, daB der Beobachter im Ubertragungsmedium Luft ruht und die Quelle bewegt wird, oder daB die Quelle ruht und sich der Beobachter bewegt. Einstein folgerte aus dem Experiment von Michelson und Morley, daB fiir Licht kein Ubertragungsmedium (Ather) existiert. Dies bedeutet, daB man beim Doppler-Effekt des Lichts nicht die oben erwahnten Falle unterscheiden muB. Die Frequenzanderung hangt lediglich von der Relativgeschwindigkeit zwischen Quelle und Beobachter ab. Fine einfache Ableitung der Doppler-Formel ist moglich mit der Lichtquantenvorstellung. Im System S werden Photonen der Energie E = /i/emittiert. Im System S', das sich mit der Geschwindigkeit v vom System S entfernt, sitzt ein Beobachter, der die Energie E' = hf der Photonen registriert. Werden die Photonen zunachst als materielle Teilchen angesehen, dann ist ihre Energie bzw. ihr Impuls in S: E =m (u) c^, p = m (u) u, in S': E' = m (u') c^, p' = m (u') u'.

710

10. Spezielle Relativitatstheorie

Die Geschwindigkeiten transformieren n a c h G l . (10-9):

sich

1 +Aus diesen Gleichungen folgt nach einigen Wird jetzt Umformungen E = (E' -\- vp')y. speziell fiir Photonen E=hf, E' = hf' und /?' = E'/c eingesetzt, dann ergibt sich hf= hf'{\ + v/c) 7, Oder fiir die Frequenz im System S'

Wenn sich der Beobachter der Quelle nahert, gilt

Galaxie-Abstanden im Kosmos laBt sich schlieBen, daB eine plotzliche Explosion (Urknall) vor etwa 10 bis 20 Milliarden Jahren stattgefunden haben konnte. Gl. (10-23) und (10-24) beschreiben die Frequenzverschiebung beim longitudinalen Doppler-Effekt, bei dem der Beobachter sich langs der Lichtstrahlen bewegt. Bewegt sich der Beobachter mit der Geschwindigkeit v senkkrecht zu einem Lichtstrahl, dann wird der tmnsversale Doppler-Effekt beobachtet. In diesem Fall betragt die beobachtete Frequenz

Dieser Ausdruck entspricht der Zeitdilatation von Gl. (10-8), nach der bewegte Uhren langsamer laufen. In der klassischen Wellenlehre gibt es keinen transversalen Doppler-Effekt. Zur Ubung

Beispiel 10-6: Ein Flugzeug fliegt mit der Geschwindigkeit V = 300 m/s auf einen Radarsender der Frequenz / = 9 GHz zu. Wie groB ist die Frequenzanderung, die im Flugzeug gemessen wird? Losung: Da i
U10-1: Eine Ingenieurstudentin hat diesen Abschnitt des Ruches studiert und fmdet die LorentzKontraktion fiir eine Schlankheitskur geeignet. Wie groB miiBte ihre Geschwindigkeit sein, damit sie ruhenden Betrachtem nur noch drei Viertel so dick erscheint? Kann sie sich, was den Massenzuwachs betrifft, dariiber freuen? U10-2: Ein Proton der Ruhemasse m^Q und der Geschwindigkeit V = 0,75 c stoBt mit einem ruhenden Proton zusammen. Nach einem vollkommen unelastischen StoB entsteht ein neues Teilchen der Ruhemasse mo. Wie groB ist mo, und welche Geschwindigkeit u hat das neue Teilchen (keine Energieabgabe nach auBen)? U10-3: Ein Einstein-Zug der Lange I'= 2- 10^ km und der Geschwindigkeit v = 240 000 km/s hat Tiiren im ersten und letzten Wagen, die sich bei Lichteinfall automatisch offnen. In der Mitte des Zuges befmdet sich ein Fahrgast A. Sobald die Zugmitte den am Bahnsteig stehenden Beobachter B passiert, wird im Zuginnem von A ein Lichtsignal ausgesandt. In welchen zeitlichen Abstanden offnen sich fiir A und B die Zugturen? Wie weit von A entfernt miiBte eine weitere lichtgesteuerte Zugtiir angebracht werden, damit der Beobachter B am Bahnsteig ein gleichzeitiges Offnen beider Tiiren feststellt? U10-4: Einige Spektrallinien des Lichts von anderen Galaxien erscheinen um durchschnittlich

10.5. Spezielle Relativitatstheorie in der Elektrodynamik 0,167% nach Rot verschoben. Wie groB ist die Geschwindigkeit dieser Galaxien? Bewegen sie sich von der Erde fort oder auf die Erde zu? ti 10-5: Urn wieviel verringert sich die Masse eines Kernreaktors in einem Jahr, wenn ohne Unterbre-

711

chung die konstante Leistung P = 5 0 0 M W abgegebenwird? U10-6: Wie groB ist die Masse eines Elektrons, das auf die kinetische Energie £'kin = 30 GeV beschleunigt wird, und wie groB ist seine Geschwindigkeit?

712

11. Anhang l l . l , Losungen der Ubungsaufgaben 1. Einfiihrung U 1.3-1: a) f = 1,2116 s;b)5T = 0,0172 s ; c ) A f = U 1.3-4: 0,0034 s; d) u^ ^s% = 0,0072 s mit ^95% (24) = 2,084. P = P {^jK\xS>tn\xsd Ergebnis: r = (1,2116 ± 0,007) s. (Die GauBsche Verteilungskurve nach Gl. (1-3), die = 84,07 kW a) sich mit den genannten Schatzwerten als Erwar= -3,20kW/°C tungswert und Varianz ergibt, ist in Bild 1-5 wieb) r = 0,45 dergegeben.) (kein Zusammenhang zwischen HeizU 1.3-2: a) /i = 0,575 W/(m K); b) s^ = 0,0122 W/ leistung und AuBen(mK);c)zlA/A = 0,0445. lufttemperatur) c) •^a =5,52 kW U 1.3-3: «i = (3,919 ± 0.0017) lO-^mVrC; a^^ (3,338 ± 0,018) • 10~5mV/°C^. Graphische Losung: ^m =l,63kW/°C a^ = (3,93 ± 0,01) • lO-^mVfC; d) M^a = 139kW a^ = (3,36 ± 0,26) • 10-^mV/°C^

P = P{hcd = 82,68 kW :-5,79kW/°C r = 0,93 (enger Zusammenhang zwischen Heizleistung und aquivalenter AuBentemperatur) 5a =l,48kW s^ =0,61 kW/°C , = 0,37 kW „=0,15kW/°C a

2. Mechanik U2.2-1: b) ^^max = 2 m/s; c) i; (5 s) = 0; ^ (5 s) = 7 m. U2.2-2: b) «(/,) = 2,1 m/s^; c) s (t^) = 8,2 m. U2.2-3: i;o=l,02m/s. U 2.2-4: a) a = - 34,2 rad/s^; b) /f = 4,29 s. U2.2-5: a)At = 66,46 s; b) a^^^ = 0,293 m/s^ c) a = 1,46 • lO"'^ rad/s^ d) a^^ ^ = 0,0347 m/s^, a^^ 2 = 0,386 m/s^ U 2.2-6: a) COE = 7,292 • 10"^ rad/s; b) parallel zur Erdachse von Siiden nach Norden; c) v = 307 m/s, d) a^p = 0,0339 m/s^ bzw. 0,0224 m/sl C/ 2.i-7;

a) a = g (m2 - m{)/{mi + m2); b) Fs =

2 m i m2g/(W] + W2).

U 2.3-2: b) Haftreibungskraft; c) « ] ^ 9 5 m i n - ^ ; d ) 0 ^ r 2 ^ 9 , l cm. U2.3-3: a) F^, = 120N; b) i^n,2 = 120N; c) F^^^ 132 N. t/25-^.- ^3 = " ^ N I ^3 = 5'39 N, a = 248^ C/25-5; a) ^ = 0,723 m/s^; b) FQ = 682 N; c) F^ = mM(^ + a/i/5) = 4800N. U 2.3-6:flmax= 2,45 m/s^. C/2^-i.- f'^f = w i?E cos £ cyi = 0,218 N; / ; : = 2 i)' G;E sin 140 ° /w = 0,0937 N in Richtung Osten. ii 2.4-2: Langs Meridian: ac = 2v' co^ sin 50 °; langs Breitenkreis: ac = 2v' co^.

U 2.4-3: a) Lot zeigt in Richtung ^gff^ die Abweichung von der Richtung der Gravitationskraft ist 0,0975°; b) Fallzeit / ^ 3,19 s, Ablenkung JC ;^ gcoECOset^/3 = 5 mm nach Osten. U 2.4-4: F = F^^ R/d = 574 N. U 2.5-1: 2i) v = 0,25 m/s, p = 0,5 Ns; b) a = 50 m/s^. U 2.5-2: Ap = P2-Px; Ap^^f3 mv = 2A'\^^ Ns, 150° gegen die urspriingliche Fahrtrichtung. £(25-i.-i?s=^EM/(l+'^E/'WM)=4617km=0,725/?EU 2.5-4: t^xh ="" ('^a/^Th) ^oL' ^Th = 2,4 • 10^ m/s. U2.5-5: mT = mieer(e^'"^^'«^^''^'-l); Start im Weltraum: ^ = 0, mx = 12,9t. Start an Erdoberflache: WT=19,6t. U2.6-1: a) t ; o = l / 2 ^ / i ; b) v^^Y^VQ\ C) zlp = -l,95wt^o,d)/=10%. ^2(5-2.-/? = 2,87 m. ^2(5-i.- a) c = ^i^/zl/= 150 N/m, Al=^\3y, b) £",1,,, = 21,33 J. t/2(5-^.- £',i„ = (^1/2) x^ + (/c2/4)x' , X — 1,6 cm. U2.7-1: E,^,^ = mv^ 12. tj2.7-2: a) v' = 2,45 m/s, ^^-^^j^ = -7,85 kJ; b) v\ = 1,91 m/s, t;^ = 3,11 m/s; c) i;' = 0,82 m/s, J£'ki„ = -125,7 kJ, v{ = -1,36 m/s, t;^ = 3,44 m/s. ^ 2 7-J.- a) v{ = vi- (m/mi) Vp = 100 m/s; b) nein, J £ = -298J.

ll.Anhang U2.7-4: a) v^^-- 3,58 m/s, ; ^ = 3 6 , 4 ° ; b) ^£'kin = - 0 , 9 6 1 J. = rxp = t) 2.8-1: 2i)M = rxF={rxg)m\h)L (rxg) m t\ c) dL/dt ={rxg) m = M. U2.8-2: a) Jj^ = 2mb^; b) J^ = Amb\ c) yc = w /72. d) 7 D = 2 m ZJI t / 2 P - 7 ; F A = 388,4 N, FQ = 192,8 N. U2.9-2: a) y = 1 kg m^; b) 7 = 1,042 kg m l C/29-5; a) fl = 0,5m/s2; ^^ i^^ = 10,31 N, ^2 = 13,97 N ; c ) y = 0,659 kg m l U2.9-4: M=2mr^ oP-sinS cos ,9, Maximum bei ^ = 45°. U 2.9-5: E^^^ = EZ. U2.9-6: a) a = (3/2)/(^//) = 8,18 r a d / s ^ as = (3/4)^ = 7,36 m / s ^ b) F = (1/4) m ^ = 3,43 N, c) a; = | / 3 ^ = 4,04 rad/s. t/2.9-7; a) mg r sin^ = Jp(a/r), J^ = Jp — mr^ = 0,601 kg m^; b) /^H ^ « ^s/C'*^ ^ 6^ cos ^5) = tan jS a/^cosi9 = 0,115. L/2P-^.- a) Vf=2nr «o/(l + 'w r^/Js) = 17,6 m / s ; D) / = vr/(g ju) = 8,97 s. U2.9-9: Das Drehmoment M= mg IsinS (I ist der \bstand zwischen Aufhangepunkt und Schwer)unkt) wirkt auf die Horizontalkomponente des ••M/LsinS = mgl/L. 3rehimpulses L sin ,9. U 2.9-10: A = 1,37 ° nach Westen.

713

U2.10-1: H = 2,56-lO^m. U2.10-2:ro= 54 R^. U 2.10-3: a) [; = 7,34 k m / s ; b) r=6,33-103s; Q) w = (1/2) 1)2 + y^ rriE {I/RE - 1 / ( ^ E + h)) = 3,53 • 10^J/kg,d)/=76%. U2.10-4: a) ?;(i?sE) = 42,2 k m / s ; b) V(0,5RSE) = 59,6 km/s; c) i; (Rs) = 619 km/s. t/27(?-5.-Wj= 1,88-10^7 kg. C/277-7.-A7 = 2156min-i. U2.11-2: Ar/r = - 3 • 1 0 - ^ a^ = - 800 N / m m ^ a , = 18,8N/mml (/277-3.-e = 0 , 8 k g / d m l U 2.11-4: Der Wasserspiegel sinkt in beiden Fallen. U 2.11-5: Fi = 11,32 kN, 7^2 = 4,85 kN. U 2.11-6: Die Oberflachenenergie erhoht sich um das lO'^fache. U2.11-7: zl/? = 70Pa. C/277-5.-/72 = 2,63 bar. U2.11-9: a) K = 10 m V h ; b) F = 8 m V h ; c) V= 25 m ^ h . U 2.11-10: a) i; = 8,84 m/s; b) i; = 32,5 m/s; c) /z = 55 m. 1/277-77.^; = 190 km/h. 6^277-72; ;7p = 6,0 bar. 6^277-73.-A/oi = 0 , 3 I N s / m l U 2.11-14: FA = 2 k N , 7^w = 2 8 1 N , Cw = 0,09, c^ = 0,64. U 2.11-15: V = 1,93 m/s, /?v = 0,187 m, /?ges = 2,336 m

$. Thermodynamik i/3.7-7.- /,oo,Gias//ioo,Ms = 0,9987, Ablesung: I2 = )98,7 mm. L/3.7-2.zf^%^2ajr=1900mml y 3.1-3: e = Al/l= 4,44 • 1 0 " ^ G = Ee= 88,8 N / nml 7 3.7-4.-^2 = 38,7°C. U 3.1-5: R;=pv/T=A51 J/(kg K). U 3.1-6: m=p V/(R^ T) = 2,4 kg. U 3.1-7: v = / 7 K / ( 7 ? ^ r ) = 120mol. 712-7.- a) v^ = 1305 m / s ; b) £"1,10,868 = 152 J. 7 i.2-2.-/2//1 = C2/C, = f z y r T = 0,974, 2 = 428,6 Hz. 1100 m/s

7 3.2-3:

j

/ ( i ; ) dt; = 7,03 • 10"^;

Naherungs-

1000 m/s

osung: f{v) Av = / ( 1 0 5 0 m/s) -100 m/s = 6,79 0 " ^ Zahl der Molekiile: A^ = 2,45 • 10^2; davon beinden sich 1,72 • 10^^ im gegebenen Geschwindigceitsintervall. U3.2-4: X (300) = 3,98-10-^^ x(1500) = 5,ll •

o-^l

t/3.3-2.-c = 2 , 4 8 k J / ( k g K ) . U 3.3-3: Cp = 0,998 kJ/(kg K), (molK). U3.3-4:

C^

Q2,=mic(T)dT=^(Tt-T}) T2

= 29,9 J/

= 4

- 2 6 , 9 J. U 3.3-5: a) ^2 = '721°C; b) /72 = 63 bar; c) ^ , 2 = 330 J. ij3.3-6: a) v = 3 5 8 m o l , m = 716g; K2 = 2 6 , l m 3 ; c) T2 = 175 K; d) T^ = 336 K; e) 623 = 1^66 MJ. U 3.3-7: a) 772 = 4 bar; b) ^2 = 3 1 7 ° C ; c) Wi2 = 100J;d)ei2=150J. U3.3-8: a) V = 0,0821 mol; b) ^2 = 606 ° C ; c) ^^12 = - 1 5 0 J; d) J ^ = 1000 J; e) 612 = 1150 J. U3.3-9: a) Tj = 301 K, r2 = 401K, 7^3 = 601 K; b) ^ = - 1 2 5 J; c) e,u = 2370J; d) //th = 5,27%; e)^th,c = 50%. U 3.3-10: a) P = 5 kW, b) PQ = 2,36 kW. U 3.3-11: a) £ K = 0,345; b) ezu = 4,08kW; c) P = l l , 8 k W ; d ) | e a b l = 15,9kW. U3.3-12: AQ = 5,S' 10^^ J;At^ 14000 a. i/ 3.3-13: a) zf 5 = 0,785 J/K; b) zf S = 0,561 J/K.

714

ll.Anhang

U 3.3-14: T = konst • e^^^" ^™^) (Exponentialfunktion). U 3.3-15: a) AS- mc (In (T^/T,)^\n{T^/T2)) 11/ / n / --3,251 . 2 5 - 110^= 022 0,448 J/K; b) W^/W2 =^-AS/k Q J Q - 1 , 4 - 1022

U3.5-1: Q^ = \2S W. U 3.5-2:^ G L = 22 W, Q^ = 34 W, Q,, „ _ , , = .normal

a^ges, b e d a m p f t / Z x ^ g e s , normal

: 37%.

U3.5-3: k = 0,57 W/m^ K; AT =9,5 K. C/i.5-^; ^oKi = 22,8°C;7q = 51 W/m^.

4. Elektrizitat und Magnetismus U4.1-1: /?ges = 5,084Q, /IM=1,286A, - 0,058 A, /3 M = -1,228 A, Pges = 19,67 W. U 4J.2: Q = 0,259 Q m m V m . t / ^ . 7 - i ; e = l,52 1 0 - ^ C

/2M =

U4.4-1: v = 2A' 10^ m/s, i^L = 9,6 • 10"'^ N. U4.4-2: E^=Un/b=j,B,/{ne); j\= xE, = E,/Q; En/E, = B,/{neQ). U 4.4-3: mg rsina = BlNl 2 r sin (x\ I = 0,144 A. U 4.4-4: H = 1/(2 n r), B^ = fi^ I/n • 2 d/(d^ - 4 x^).

U 4.2-1: R^ = 2,8 m^^, P^en = ^,33 MW. U 4.2-2: At = Q d/(Aj) = 15,9 h. U 4.3-1: C = 4 4 , 5 p F ; £ = 2500V/m; 10-10 C ; / ) = 2,2-10-8 A s / m l U 4.3-2: U=36Sy. U 4.3-3: Cg,, = ^,96 liF. U4.3-4: Cges(a) = (£ri+£r2) £ o ^ / 2 ^ ; ^rl e r 2 / f e l + £r2) '

6 = 4,45-

Cges(b) =

SQ^^^.

U4.5-1: B = 0,\9T. U 4.5-2:1= U/Z =\,06A;(p= -71,30°;/? = 74,62 W. U 4.5-3: H^ = Nl/(b + ///x), (//, (b) - / / , (2 b))/ HAb) = 2l3. U 4.5-4: i?L = 1,42 kQ, L = 4,51 H.

5. Schwingungen und Wellen U 5.1-1: a) COQ = 4KS'\ TQ = 0,5 S, (pQ=n/5 rad, j) = 0,25 m; b) j ' ( t ) = - 0,25 m, ^;(t) = 0, «(t) = 39,5 m/s^; c) r^ax = 3,14 m/s, ^max = 39,5 m/s^; d) £pot = 0,0790 J, £kin = 0,414 J. U 5.1-2: a) ^riick ="~ ^ 9 ^ J ' lineares Kraftgesetz; b) c = 1,109 N / m , a>o = 6,08 s - ' , r o = 1,03 s; c) WQ

^ 1 Tigg V Am 4 m

d\ d) £pot(t) = 1,555-10-5 J, £kin(t)

= 3,990 10-5 J. U5.1-3: 7i = 0 ° , / , = l k H z liefert Ci = 2,533//F; 7 2 = 1 8 0 ° , /2 = 3 k H z liefert C2 = 281,4nP; Wo =

(75.2-7.-z'B = ( } ^ - l ) c = 72,8 k m / h 7 5.2-8: a) a ) / B = 465,7 Hz; b) fj = 539,7 Hz; c) / L = t/5.2-8: 579,4 579,4 Hz. U5.2-9:

1/

^ ' ^ ^ ^ ^ ^

^ ^ 2 - ;

6/5.7-4.- a) A: = ( 2 ) ' / ' 5 = 1,047, /f = 0,04621; b) (5 = 0,0132 s - ' , Wd= 1,795 s - ' ; c) j;(t) = 2 0 c m e-o,oi32s-^-/. cos(1,795 s - ' - O U 5.1-5: Wo = 10,95 s - ' , //, = 4,78, ;/.2=14,8, «2 = 1550 m i n - ' . C/5.7-^.- a) a;o = 5000 s - ' , /o = 795,8 Hz; b) i ) = 0,0774, R = 15,48 Q; c) j) (Res)/j) (stat) = 6,46, zJ;/ = 0,155, zf/= 123 Hz. U 5.1-7:y^^^ = 0,127 m; (po neu = 0,789 rad = 45,2°. U 5.1-8: (p = n. C/5.2-7.-17mm^ A ^ 2 1 m . t/5.2-2.- a) / = 3 1 5 H z ; b) 330 m/s; d) r = 0,99 m/s.

^ 5.2-J; a) c = 29,1 m / s ; b) /i = 5,83 m; c) y (JC, 0 = - 2 0 c m sin (31,4 s-^ • ^ - 1,08 m - ^ • x). \^'^^m. U 5.2-4: y = \S)1 U5.2-5: 5 = 1 0 ' ' ^ W / m 2 , | £ | = 8,68 • 10^ V/m, | H | =2,3-10^A/m. U 5.2-6: S = P/(4 n r^) = 7,97 • 10"^ W/m^.

A = 1,05 m;

c)

c-

1/c — v l / c — v a) / E = / S V —— V —— r c -\- V r c + V

c— V =fs——, c -\- V

b) Af= 1 kHz, z ( / / / = 1,11 -10-^; c) Af

auf 100 Hz genau, z / / / / a u f 1,11 -10-^ genau. U 5.2-10: a) a = 41,8 °; b) ^ = /z/(tan a Ma c) = 11 s. U5.2-11: a) y=My^ + yi =3,61 - 1 0 - ^ m ; b) (^ = 0,588. U 5.2-12: a) c = 5054 m / s ; b) £ = 2 - 1 0 " N / m 2 ; c ) / n = / o (2^2 + 1). U 5.2-13: a) ^ = 110m; b) /s = 3 Hz; c) Cgr = c = 330 m/s. «2>^2~ ^1 >^1

= 0,682 Co = 2,0445 U 5.2-14: Cg, = Co «1 « 2 ( ^ 2 - ^ l ) 10 ^ / s .

ll.Anhang

715

6. Optik t) 6.2-1: Siehe Hinweis. U 6.2-2: Funf Bilder. t) 6.2-3: Man zeichnet einen Parallelstrahl durch F ' ; der reflektierte Strahl r S ist parallel zur optischen Achse. Dann bestimmt man den Schnittpunkt S zwischen Brennebene und r S. Der gesuchte Strahl geht nach Reflexion am Spiegel durch S U62-4:SiQhe U 62-3.

U6.2-5: l = -^4r

bzw.

-^f\

4 20 15,15 cm; das Bild entsteht in der

U 6.2-6: d' Brennebene. U 6.2-7: \la + \/a' = 1//'; a = z + / ' , a' = z' +f\ U 6.2-8: Der Strahl verlaBt die gegeniiberliegende Grenzflache unter 60 °; der Ablenkungswinkel betragt 120°. i} 6.2-9: -sm e

f

U 6.2-10: n = sin 48,5 % i n 30 ° = 1,5; £g = 41,9 °. U 6.2-11: (5min = 25,6°, £i,min = ^Imin = 35,3°, £(,g = 5,33°. U 6.2-12: n = \MU 6.2-13: s' = s/n = -\,Um. U 6.2-14: Man bestimmt den Schnittpunkt S zwischen Strahl und gegenstandseitiger Brennebene und zeichnet die Gerade SM vom Schnittpunkt 5 zum Linsenmittelpunkt M. Der gesuchte Strahl verlaBt die Linse parallel zu SM. U 6.2-15: a) / ' = rj («wasser/«L) = 13,3 cm; b) a'= 29,9 cm, y^' = - 1 , 9 9 . U6.2-16: f' = {l^-t^)/Al. U 6.2-17: D' = 2,5 dpt, «L = 1,50. U62-18: a ) / ' = 5,71 cm; b) ^ H ' = 0, ^ H = U 1 8 c m ; c) 5^. = 10,1 cm;d)y5' = - 0 , 7 7 . U 6.2-19: f = nj{ni^ - 1) • {rlT)\ die Hauptebenen liegen in der Linsenmitte. ij 6.2-20: f ist unabhangig von der Linsendicke. a 6.2-21: f = 28,9 cm; s^ = ^H' = " 7,14 cm. U 6.2-22: a) ^2 = 25 cm; b) e' = 21,3 cm; c) ^H = - 1 3 , 4 cm, 5^. = - 2 3 , 9 5 cm; d) 5^. = 47,7 cm, ^'= -1,39. U 6.2-23: fi= 50 cm, e' = 40 cm. U6.2-24: a) DAP = 24 mm; b) a ' = 33,3 cm; c) J^in = 45 mm. U 6.2-25: \/fi =\/a^-\/a^ = 2 dpt. U62-26:D^ = -2d^X. U 6.2-27: a) r]Ci = - 4 0 0 ; b) zob = - 0 , l mm; c) ^ok = 650mm,y^i4= 1000. U 6.2-28: f = - 0,625 mm, r £ = - 400. U 62-29: a) /6b = 177,8 mm, /6k = 22,22 mm; b) fl = - 6,5 m. U 62-30:r =/FY6k/(/F +/6k - / 6 k ) =./6k. U 62-31: a) Tf = - 60; b) DAP = 5,33mm; c) Z = 139; d)H

= 3600 HQ\Q)H=

1598 HQ.

U 6.2-32: a^ = - 2,55 m, ^h = " 3,64 m, zl« = 1,09 m. U 6.2-33: « = - / ' V ( w ' A : ) - / ' = - 5,89 m, a^ = a/2 = - 2,95 m. U63-1: a) 1, = 0,/Q mit Q = 4 - IQ-^ sr; b) die LED hat die Lambertsche Charakteristik; c) LQ = 15,5kW/(m2sr); d) Me = 48,7 kW/m^; e) £'emax = 62 m W / m l U63-2: a) Le = 209 W/(m2 sr); b) L,= \kW/ (m^ sr) . U63-3: a) dj = 0,931 mm; b) £e 2 = ^e i (^i/tia)^ = 92,3kW/m2. U 63-4:1, = E, r^/Qc, = 1125 cd. U 6.3-5: a) 0 , = 1.01 • 10 Mm; b) E^ = 5,05 • 1 0 ' ^ Ix; c) Q = l^- 10"^ sr; d) /, (0) = 0,583 mcd; e) L, = 1,17- lO^cd/m^ U 6.4-1: AX= 1,2- l O ' ^ ^ m , / = 3 - lO^m. ^ 6.4-2: Ax = D (//^) = 1,96 mm. C/6.^-3.-/ = 640 nm. (7 5.^.4.-^/= 800 nm. t / d ^ - 5 ; a) d = {>J4n) {2m + \), z.B. ^ = 1 1 9 n m ; b) ;. = 4 J / ( 2 / ; / + 1) • l / / / - - s i n 2 ^ , fiir m = 0 gilt /Q = 536 nm. U 6.4-6: d^ 198 Mm. t/6.^-7.- /,//,) = 0.0472. / . / / o = 0,0165, /3//0 = 0,00834. U 6.4-8: v = sin-.v/.v^ = 0,5 hat die Losung x = ±1,3915.' Hieraus folgt sin a = ± {x/n) (X/b) = ± 0 , 4 4 2 9 (;.//)). {]6.4-9:5= 1,22 }J{n d) = 0,86'. t; 6.^-70.'v = 48 km. U 6.4-11: a) v = 0,34 m, die Fenster werden aufgelost; b) V = 5 m, die Fenster werden nicht aufgelost. U 6.4-12: m = 0, 1, 3, 5, ..., also ungeradzahlige Ordnungen. ^ 6 . ^ - / / . - / ; / = 0, ± 1 . V 6.4-14: a) a, = ± 3 6 , 1 ° ; b) a i = 4 9 , 7 ° , a_i = -24,5°. U 6.4-15: a) a, = 28,8 °; b) ^ = 10,6 °. U 6.4-16: a) Die erforderliche Strichzahl betragt /? = 987 und die Gitterbreite 20 m m ; b) l/dX = 3 • 987 ^ 3000. mm. U 6.4-17: B=\\fi 0 6.4-18: a) Aus a cos cc = ?i, a cos fi= 2., a (cos 7 - 1 ) = / und cos^ a + cos^y^ + cos^ y = 1 folgt >^ = (2/3) a = 0,2nm; b) a = 48,2°, - 1 3 1 , 8 ° , P entspricht a, 7=70,5°. U 6.4-19: 0 , = 7,28 °, 02 = 14,69 °, 6)3 = 22,36 °. U 6.4-20: a) 26>i = 31,92°, 2 0 2 = 66,73°; b) m = 3 mit 03 = 55,59°. C/6.4-21: r^ ^ flsTk = 0,796 m m • j/fc = 0 mm, 0,8 mm; 1,13 mm; 1,38 m m ; 1,59 m m und so fort. U 6.4-22:f ^ r^/(2 k r) = 49 cm. U 6.4-23: 1 = 1Q/2. U 6.4-24: I^/IQ = 9/32 = 0,281.

716

ll.Anhang

V 6.4-25: E = X25'\0^^V/m. U 6.4-26: U = II{1 n\ ^53) = 3,64 kV.

U6.5-2:N=

3,26

XO^'^s-K

( n m ) ^ [a] (589,3 nm) = 21,715 — ^ . mm

U 65-3: J ^ = 1119 eV, AE/E = 6,4%. U 6.5-4:1,59 eV ^ E^^ ^ 3,26 eV. U65-5:N=5s-K U 6.5-6: d= 6,04 • IQ-^ cm, E^ = O^/A = 20,9 W / cm^. U6.5-7: X = h/p= 1,66 • IQ-^^ m.

a 6.5-1: a) E^^ = 2,75 eV; b) v = 9,83 • 10^ m/s.

C/(5.5-5; A = 1,81-lO-^^^m.

ij 6.4-27: v4 = 7,112 • 1 0 6 — ^ ( n m ) 2 , 5 = 1 , 4 9 ^ — mm mm

7. Akustik / = 4,8 • 10-5 W/m2, L = 76,8 dB; c) Zj,, = 549 kg/(m2s), Ts = 0 , 9 8 1 , 4 r = 4,71 • 10-5 W/m2, Lj,, = 16 J dB. t7 7-2:

a) Z^, Haus = 54,9 d B , L^, Haus ^ 63 d B , L3, Haus=

56 dB; b) L^^^ = 64,3 dB; c) LarmminderungsmaBnahmen an Quelle 2, AL2 2 ^ "= -8,4 dB. U 7-3: a) L^, = 62,1 dB; b) L^ = 54 dB(A); c) L^^urm = 71,5 dB(A), L„ = 64,8 dB(A).

8. Atom- und Kernphysik U8-1: ^ph - hf= 13,6 eV ( | - ^ ] . ^^,,3 = 1,89 ey £'ph 4 = 2,55 eV, £"115 = 2,86 eV usw. A„ = —

mit

he = 1,24 |Lim eV, A3 = 656 nm (H J , A4 - 486 nm (H^), A5 = 434 nm (H ) usw. bis A,, 380 nm. t/5-2.- a ) £ , = - 2 9 2 • 13,6 eV -292 • 13,6 eV 8,579 keV, A - • A = 154 pm.

11,438 keV, £2

- = -2,859 keV E^ = E, 145 pm.

E,

U8-3: Ao = 0,25 — • m = 20 Bq. ^ = In [ ^ T.nlnl = 9400 a. ^ ^^ U 8-4: a) Kristallvolumen F = — = 429 cm-^ Zahl der3iSi-Keme:7Vo F«p = 4,29 • 10^^ b) AnfangsaktiIn 2 vitat AQ = -r- A^o = 3,18- lO'^Bq. c) t = \n 2^1/2/ l n 2 = 1 5 4 h = 5,6d.

b) £'K„I = 8,048 keV.

9. Festkorperphysik 1)9.2-1: n = 8,46 • 10^^ m - ^ ^ p = 7,02 eV. U 9.2-2: Ti = 300 K: f{E^) = 0,874, /(£'2) = 0,126; T2 = 600 K: / ( £ i ) = 0,724, / ( £ 2 ) = 0,276. U 9.2-3: C^ ^j = 0,334 J/(mol K), C^ JC^ ^ 1,2%. U9.2-4: Vp=\,51 -lO^m/s, i = 4,19 • 10/= 6,6- 10"^ m. U9.2-5: a) / • ( £ J = 4,74 • 10"^^; b) / ( J ? J = 0,316; c)A(^v) = l - / ( ^ y ) = 4,88-10-^^ U9.2-6: n. = 3,90- 1 0 ^ ^ c m " ^ /x-2050 cm^/CVs), ^ = 7,80- 1 0 " 2 Q c m . t/9.2-7; A(„=1248cm2/(Vs). U9.2-8: a) /^^ = 5,99 kQ; b) dR/dT=-REJ (2 kT^)= - 43 Q/K. C/9.2-9.a) «^ = 6 , 5 7 - 1 0 ' ^ c m - ^ w^ = 9,06 • 10^^ c m - ^ ; b) mlV = Mn^lN^ = A,66- 10"^ g/ cm^.

U9.2-10:

C/d = 0,713 V, ^ = 1,148 |xm

'U,±U

'd)d= 0,969 |im; h) d= 3,76 |im; c) d= 0,530 ^m. U9.3-1: a) £ = ^ ^ 2 = 2 • 10'^ N/m^; b) c = aE = 58 N / m . ^9.J-2.- a) /TO = 1 4 , 1 T H Z , /rA = 4,4THz; b) /? = 1-10-24 Ns. U 9.3-3: Mit TQ = 1860 K: C^ = 7,6 J/(mol K), c = 0,633 kJ/(kg K); relative Abweichung 26%. U 9.3-4: /ph = 3 2,/(Q CC,) = 2' 10"^ m. U 9.3-5: A = LTK = 449 W / ( m K ) . U 9.4-1: a) TQ = 154 K; b) /th 20 = 44 mA. ^ 9 . ^ . 2 / ^ ^ = 0,51 nm. U 9.4-3: Ag = 6,89^im. (i 9.4-4: 2i)rj= 57%; b) / K = 3 • l O ' ^ A. tj9.4-5: /ph = 1,72 • 10"^ A, U^ = 0,312 V.

10. Spezielle Relativitatstheorie U10-1: r = 0,661 c = 1,98-10^ m/s; m = ymo = (4/3)^0(/ 70-2.- mo = 2,24 mpo; w = 0,451 c. U10-3: Fiir A offnen sich die Tiiren gleichzeitig, d.h. At' = Q. Fiir B offnet sich die hintere Tiir nach 1,11 s, die vordere Tiir nach 10 s: Zeitdifferenz At = 8,89s. Allgemein gilt At = yl'v/c^. Die dritte Tiir

muBte 0,37 Ls = 1,11 • 10^ m von A entfernt in Richtung Zuganfang angebracht sein. U10-4: Die Galaxie entfernt sich mit y = l,6710-3 c = 5,01 • 10^ m/s von der Erde. C/70-5.-Jm = 0,175 kg. U10-6: m = E/c^ ^ E^J^ = 58 700 rriQ; r = (1-1,45-10-^0) c ^ ^

ll.Anhang

717

11.2, Nobelpreistrager der Physik Jahr

Land

Name des Preistragers

Grund der Auszeichnung

1901

D

Entdeckung der Rontgenstrahlen

1902

NL

Rontgen, Wilhelm Conrad (1845 bis 1923) Lorentz, Hendrik Anton (1853 bis 1928) Zeeman, Pieter (1865 bis 1943)

NL

1903

F F

1904

GB

1905

D

1906

GB

1907

USA

1908

F

1909

I D

1910

NL

1911

D

1912

S

1913

NL

1914

D

1915

GB

1917

GB

1918

D

Becquerel, Henri Antoine (1832 bis 1908) Curie, Pierre (1859 bis 1906) Curie, Marie (1867 bis 1934) Rayleigh, Lord {Strutt, John William) (1842 bis 1919) Lenard, Philipp (1862 bis 1947) Thomson, Joseph John (1856 bis 1940) Michelson, Albert Abraham (1852 bis 1931)

Beschreibung des Ubergangs vom ruhenden zum gleichformig bewegten System (Lorentz-Transformation in der speziellen Relativitatstheorie); Erklarung der Aufspaltung der Spektrallinien im Magnetfeld (Zeeman-Effekt) Entdeckung der spontanen radioaktiven Strahlung von Uran; Erforschung der Radioaktivitat und Entdeckung der radioaktiven Elemente Polonium und Radium

Erforschung der Dichte von Gasen und Entdeckung des Edelgases Argon Durchgang von Kathodenstrahlen durch Materie und Elektronentheorie Elektrische Leitung in Gasen Spektroskopische Prazisionsmessungen (Interferometer), mit denen die Unabhangigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Erdbewegung nachgewiesen wurde Interferenzfarben-Photographie

Lippmann, Gabriel (1845 bis 1921) Marconi, Guglielmo Drahtlose Telegraphie (1874 bis 1937) Braun, Ferdinand (1850 bis 1918) van der Waals, Johannes Diderick Zustandsgleichung der realen Gase (1837 bis 1923) Gesetze der Warmestrahlung Wien, Wilhelm (1864 bis 1928) Acetylenakkumulator zur Beleuchtung von LeuchtDalen, Gustaf (1869 bis 1937) tiirmen und Bojen (Sonnenscheinventile) Kamerlingh-Onnes, Heike Verflussigung von Wasserstoff und Helium, Entdeckung der Supraleitung (1853 bis 1926) Rontgenstrahlinterferenzen in Kristallen von Laue, Max (1879 bis 1960) Bragg, William Henry Erforschung von Kristallstrukturen durch Rontgen(1862 bis 1942) strahlen Bragg, William Lawrence (1890 bis 1971) Barkla, Charles Glover Entdeckung der charakteristischen Rontgenstrahlen (1877 bis 1944) der Elemente Entdeckung der Energiequanten und des Planck, Max (1858 bis 1947) Wirkungsquantums

718

ll.Anhang

Jahr

Land

Name des Preistragers

Grund der Auszeichnung

1919

D

Stark, Johannes (1874 bis 1957)

1920

F

1921

D

1922

DK

1923

USA

1924

S

1925

D

1926

F

1927

USA

Guillaume, Charles Edouard (1861 bis 1938) Einstein, Albert (1879 bis 1955) Bohr, Niels (1885 bis 1962) Millikan, Robert Andrews (1868 bis 1953) Siegbahn, Karl Manne Georg (1886 bis 1978) Franck, James (1882 bis 1964) Hertz, Gustav (1887 bis 1975) Perrin, Jean (1870 bis 1942) Compton, Arthur Holly (1892 bis 1962) Wilson, Charles Thomson (1869 bis 1959) Richardson, Owen Williams (1879 bis 1959) de Broglie, Louis Victor (1892 bis 1987) Raman, Chandrasekhara Venkata (1888 bis 1970) Heisenberg, Werner (1901 bis 1976) Schrodinger, Erwin (1887 bis 1961) Dirac, Paul Adrien Maurice (1902 bis 1984) Chadwick, James (1891 bis 1974) Hess, Viktor Franz (1883 bis 1964) Anderson, Carl David (1905 bis 1991) Davisson, Clinton Joseph (1881 bis 1958) Thomson, George Paget (1892 bis 1975) Fermi, Enrico (1901 bis 1954) Lawrence, Ernest Orlando (1901 bis 1958)

Entdeckung des Doppler-Effektes an Kanalstrahlen und der Aufspaltung der Spektrallinien im elektrischen Feld Entdeckung der Anomalien der Nickel-Stahl-Legierungen (Invar-Effekt: geringe Warmeausdehnung) Deutung des photoelektrischen Effektes

GB 1928

USA

1929

F

1930

IND

1932

D

1933

A GB

1935

GB

1936

A USA

1937

USA GB

1938

I

1939

USA

Quantenphysikalisches Atommodell Messung der elektrischen Elementarladung und des Planckschen Wirkungsquantums Rontgenspektroskopie Quantenspriinge durch Elektronenstol3e

Diskontinuierliche Struktur der Materie; Entdeckung des Sedimentationsgleichgewichtes von Kolloiden i Sto3 zwischen Rontgenquant und Elektron; Sichtbarmachung atomarer Teilchen in der Nebelkammer Elektronenaustritt aus gliihenden Korpern Wellentheorie der Materie Streuung des Lichts an Molekulen (Molekiilspektroskopie) Begrundung der Quantenphysik Wellenmechanik und Anwendung auf das Elektron

Entdeckung des Neutrons Entdeckung der Kosmischen Strahlung; Entdeckung des Positrons Experimenteller Nachweis der Elektronenwellen (Beugung von Elektronen in Kristallen)

Atomreaktionen mit Neutronen Erfindung und Entwicklung des Zyklotrons zur Erzeugung kiinstlicher radioaktiver Elemente

ll.Anhang

719

Jahr

Land

Name des Preistragers

Grund der Auszeichnung

1943

D

Stem, Otto (1888 bis 1969)

Richtungsquantelung des Elektronenspins, Entdeckung des magnetischen Moments des Protons

1944

USA

Rabi, Isidor Isaak (1898 bis 1988)

Bestimmung des magnetischen Moments von Atomkemen

1945

A

Pauli, Wolfgang (1900 bis 1958)

Entdeckung des AusschluBprinzips

1946

USA

Bridgman, Percy Williams (1882 bis 1961)

Erfindung eines Apparates zur Erzeugung von hochsten Driicken

1947

GB

Appleton, Edward Victor (1892 bis 1965)

lonospharenforschung

1948

GB

Blackett, Patrick Maynard Stuart (1897 bis 1974)

Weiterentwicklung der Wilsonschen Nebelkammer und die damit verbundenen Entdeckungen auf den Gebieten der Kernphysik und der kosmischen Strahlung

1949

J

Yukawa, Hideki (1907 bis 1981)

Vorhersage der Existenz eines Mesons

1950

GB

Powell, Cecil Frank (1903 bis 1969)

Entdeckung des Mesons

1951

GB

Cockcroft, John Douglas (1897 bis 1967) Walton, Ernest Thomas Sinton (1903 bis 1995)

Atomkernumwandlung durch kiinstlich beschleunigte Protonen

IRL 1952

USA

Bloch, Felix (1905 bis 1983) Purcell, Edward Mills (1912 bis 1997)

Prazisionsmessung magnetischer Atomkemmomente

1953

NL

Zernicke, Frederik (1888 bis 1966)

Entwicklung des Phasenkontrastmikroskops

1954

D

Born, Max (1882 bis 1970) Bothe, Walter (1891 bis 1957)

Statistische Deutung der Quantenmechanik Zahlung atomarer Teilchen durch die GeigerzahlerKoinzidenzmethode

1955

USA

Lamb, Edward William (*1913); Kusch, Polykarp (1911 bis 1993)

Entdeckung der Feinstruktur des Wasserstoffspektrums; Prazisionsbestimmung des magnetischen Moments des Elektrons

1956

USA

Bardeen, John (1908 bis 1991) Brattain, Walter Houser (1902 bis 1987) Shockley, William Bradford (1910 bis 1989)

Entwicklung des Transistors

1957

USA

Lee, Tsung Dao (*1926) Yang, Chen Ning (*1922)

Untersuchung der Paritatsgesetze und die dadurch bedingten neuen Entdeckungen des Verhaltens von Elementarteilchen

720

U.Anhang

Jahr

Land

Name des Preistragers

Grund der Auszeichnung

1958

SU

Tscherenkow, Pawel (1904 bis 1990) Frank, Ilja (1908 bis 1990) Tamm, Igor (1895 bis 1971)

Erforschung und Deutung von Lichtstrahlung beim Durchdringen eines energiereichen Elektrons durch Materie (Tscherenkow-Effekt)

1959

USA

Chamberlain, Owen (*1920) Segre, Emilio (1905 bis 1989)

Nachweis des Antiprotons

1960

USA

Glaser, Donald (*1926)

Erfindung der Blasenkammer zur Beobachtung von Elemfentarteilcheh

1961

USA

Hofstadten Robert (1915 bis 1990) Mossbauer, Rudolf (*1929)

Elektronenstreuung an Atomkernen Resonanzabsorption von Gammastrahlen (Mossbauer-Effekt)

D 1962

SU

Landau, Lew Davidowitsch (1908 bis 1968)

Erforschung des superfluiden Heliumzustandes bei Tiefsttemperaturen

1963

USA

Goeppert-Mayer, Maria (1906 bis 1972) Jensen, Hans Daniel (1907 bis 1973) Wigner, Eugene (1902 bis 1995)

Schalenmodell des Atomkems; gruppentheoretische Quantenphysik

D USA 1964

SU

USA 1965

USA

J 1966

F

1967

USA

1968

USA

1969

USA

1970

S F

Entdeckung und Anwendung fundamentaler Symmetrieprinzipien bei Atomkern und Elementarteilchen

Basow, Nikolai (1922 bis 2001) Prochorow, Alexander (1916 bis 2002) Townes, Charles (*1915)

Entdeckung des Maser- und Laser-Prinzips

Feynman, Richard (1918 bis 1988) Schwinger, Julian (1918 bis 1994) Tomonaga, Sin-Itiro (1906 bis 1979) Kastler, Alfred (1902 bis 1984) Bethe, Hans (*1906) Alvarez, Louis (1911 bis 1988) Gell-Mann, Murray (*1929) Alfven, Hannes (1908 bis 1995) Neel, Louis (1904 bis 2000)

Entwicklung der Quanten-Elektrodynamik

Untersuchungen liber das „optische Pumpen" zur Klarung des energetischen Aufbaus der Atome Aufklarung der Energieproduktion der Sonne durch Atomkemverschmelzung Entdeckung von Elementarteilchen-Resonanzzustanden mit der Blasenkammer-Technik Grundlegende Theorie der Elementarteilchen (Quarks) Beitrage zur Plasmaphysik, insbesondere der Magnetohydrodynamik Entdeckungen im Antiferromagnetismus und Ferrimagnetismus fur FestkorperphysikAnwendungen

U.Anhang Jahr

Land

Name des Preistragers

Grund der Auszeichnung

1971

H

Erfindung der Holographie

1972

USA

1973

N

Gabor, Dennis (1900 bis 1979) Bardeen, John (1908 bis 1991) Cooper, Leon (*1930) Schrieffer, John (*1931) Giaever, Ivar (*1929) Esaki, Leo (*1925) Josephson, Brian (*1940) Ryle, Martin (*1918 bis 1984) Hewish, Antony (*1924) Bohr, Aage Niels (*1922) Mottelson, Benjamin (*1926) Rainwater, James (1917 bis 1986) Richter, Burton (*1931) Ting, Samuel (*1936) Anderson, Philip (*1923) Mott, Nevill (1905 bis 1996) van Vleck, John (1899 bis 1980)

J GB 1974

GB

1975

USA

1976

USA

1977

USA

1978

SU USA

1979

USA

GB 1980

USA

721

Quantenmechanische Theorie der Supraleitung (BCS-Theorie)

Erforschung des Tunneleffektes in Halbleitern und Supraleitern (Josephson-Effekt)

Verbesserung der Radioteleskope (Apertursynthese) Entdeckung der Pulsare Berechnung der Energiezustande von Atomkernen

Entdeckung neuer Elementarteilchen (Psi-Teilchen) mit der neuen Qualitat „Charm"

Theorie der elektronischen Struktur magnetischer und ungeordneter Systeme

Kapitza, Peter (1894-1984) Penzias, Arno (*1933) Wilson, Robert (*1936)

Grundlegende Erfindungen und Entdeckungen auf dem Gebiet der Tieftemperaturphysik; Entdeckung einer isotropen Strahlung (Mikrowellen) im Weltall (Urknall-Hypothese)

Glashow, Sheldon (*1932) Weinberg, Steven (*1933) Salam, Abdus (1926 bis 1996)

Theorie der vereinheitUchten schwachen und elektromagnetischen Wechselwirkung zwischen Elementarteilchen; Vorhersage des schwachen neutralen Stroms

Cronin, James (*1931) Fitch, Val (*1923)

Entdeckung der Verletzung grundlegender Symmetrieprinzipien beim Zerfall neutraler K-Mesonen

722

11. Anhang

Jahr

Land

N a m e des Preistragers

Grund der Auszeichnung

1981

USA

Bloembergen, Nicolaas (*1920) Schawlow, Arthur (1921 bis 1999) Siegbahn, Kai (*1918)

Entwicklung hochpraziser MeBmethoden durch Laserspektroskopie

S

Entwicklung der hochauflosenden ElektronenSpektroskopie

1982

USA

Wilson, Kenneth (*1936)

Beitrage zur Theorie der Phaseniibergange und kritischen Phanomene

1983

USA

Chandrasekhar, Subrahmanyan (1910 bis 1995) Fowler, William (1911 bis 1995)

Theoretische Studien der physikalischen Prozesse, die fiir die Struktur und Entwicklung von Sternen von Bedeutung sind; Kettenreaktionen, die fiir die Bildung chemischer Elemente im Weltall von Bedeutung sind

1984

I

Rubbia, <Jarlo (*1934)' van der Meer, Simon (*1925)

Entdeckung der Feldpartikel W und Z (Vermittler der schwachen Wechselwirkung) Stochastische Kiihlung Quanten-Hall-Effekt

NL 1985

D

von Klitzing, (*1943)

1986

D

Ruska, Ernst (1906 bis 1988) Binnig, Gerd (*1947) Rohrer, Heinrich (*1933)

Entwicklung des Elektronenmikroskops

Bednorz, Georg (*1950) Mil Her, Karl Alexander (*1927)

Supraleitung in keramischen Materialien

Lederman, Leon M. (*1922)

Entdeckung der Verschiedenheit von ElektronNeutrino und Myon-Neutrino und Begriindung der Paarstruktur der Leptonen (QVQ,JUV^, T V J ; erstmalige kiinstliche Erzeugung eines Neutrinostrahls in einem Teilchenbeschleuniger (NeutrinoKanone)

D CH 1987

D CH

1988

USA

Schwartz, (*1932)

1989

USA

D

USA

Melvin

Steinberger, Jack (*1921) Ramsey, Norman (*1915) Paul, Wolfgang (1913 bis 1993) Dehmelt, (*1922)

1990

Klaus

Friedman, (*1930)

Resonanzmethode voneinander getrennt oszillierender Felder (Casium-Atomuhr als Normalzeit-Standard), Wasserstoff- Maser Entwicklung der lonenkafig-Technik zum langzeitigen Studium einzelner Elektronen und lonen

Hans Jerome

Kendall, Henry (1926 bis 1999)

1991

Konstruktion des Rastertunnelmikroskops

CDN

Taylor, Richard (*1929)

F

de Gennes, Pierre-Gilles (*1932)

Experimentelle Bestatigung des Quarkmodells der Hadronen durch tief inelastische Elektron-Nukleon-Streuung

Methode zur Beschreibung der Ordnung komplizierter Formen der Materie, insbesondere von Fliissigkristallen und Polymeren (Skalengesetze)

ll.Anhang

Jahr

Land

Name des Preistragers

Grund der Auszeichnung

1992

F

1993

USA

Entwicklung von Teilchendetektoren (Vieldraht-Proportionalkammer) Entdeckung eines neuen Typs von Pulsar

1994

CDN

Charpak, Georges (*1924) Hulse, Russell A. (*1950) Taylor, Joseph H. Jr. (*1941) Brockhouse, Bertramin N. (*1918) Shull, Clifford G. (1915 bis 2001) Perl, Martin L. (*1927) Reines, Frederick (1918 bis 1998) Lee, David M. (*1931) Osheroff, Douglas M. (*1945) Richardson, Robert C. (*1937) Chu, S. (*1948) Cohen-Tannoudji, C. (*1933) Phillips, WD. (*1948)

USA 1995

USA

1996

USA

1997

USA F USA

1998

USA D USA

Technik der Neutronenstreuung zur Untersuchung fester Korper (Neutronenspektroskopie und Neutronenbeugung) Experimentelle Beitrage zur Leptonenphysik (Entdeckung des Tau-Leptons und des Neutrinos)

Entdeckung der Suprafluiditat in Helium-3

Entwicklung von Methoden zur Abkiihlung und zum Einfangen von Atomen mit Laserlicht

Laughlin,R.B. (*1950) Stormer, H. L. (*1949) Tsui, D. C. (*1939)

Entdeckung einer neuen Form von Quantenfliissigkeit mit gebrochen geladenen Anregungen

1999

NL

HHooft, Gerardus (*1946) Veltman, Martinus J. G. (*1931)

Beitrage zur Theorie der elektroschwachen Wechselw^irkung

2000

RUS

Alferov, Zhores (*1930) Kromer, Herbert (*1928) Kilby, Jack (*1923)

Entwicklung von Halbleiter-Heterostrukturen fiir die Hochgeschwindigkeitselektronik und Optoelektronik

Cornell, Eric A. (*1961) Ketterle, Wolfgang (*1957) Wieman, Carl E. (*1951)

Erzeugung der Bose-Einstein-Kondensation in verdiinnten Gasen aus Alkaliatomen und friihe grundsatzliche Studien iiber die Eigenschaften der Kondensate

USA USA 2001

USA D USA

723

Beitrage zur Entwicklung des integrierten Schaltkreises

724

ILAnhang

Jahr

Land

Name des Preistragers

Grund der Auszeichnung

2002

USA

Davis, Raymond (*1914) Koshiba, Masatoshi (*1926) Giacconi, Riccardo (*1931)

Nachweis kosmischer Neutrinos

Abrikosov, Alexei, A. (*1928) Ginzburg, Vitaly, L. (*1916) Leggett, Anthony, J. (*1938)

Bahnbrechende Beitrage zur Theorie der Supraleiter und Suprafliissigkeiten

J USA 2003

RU, USA RU GB, USA

Entdeckung kosmischer Rontgenquellen

12. Sachwortverzeichnis

725

12. Sachwortverzeichnis Abbesche Invariante 417 Abbildung, optische 439 Abbildungsfehler 426, 427 Abbildungsgleichung 419 - des Hohlspiegels 407 - , Newtonsche 420 AbbildungsmaBstab 407, 418 Aberration, chromatische und spharische 427 abgeschlossenes System 43, 140 abhangiger Zerfall 579 Abklingkoeffizient 360, 361, 364 Ablenkung, Teilchen im elektrischen Feld 267 Ablenkungswinkel am Prisma 414 Ablenkwinkel, minimaler 414 Abnahme der Raketenmasse 46 Abschattung 426 absolute Luftfeuchtigkeit 201 absoluter GroBtfehler 13 absoluter Nullpunkt 148 Absorber, Schall- 501 Absorberfrequenz, charakteristische 501 Absorption 482 ~ eines Photons 482 - elektromagnetischer Strahlung 693 - von Rontgenstrahlung 556 - , WechselwirkungsprozeB 613 Absorptionsanteil 557 Absorptionsflache 511 - , aquivalente, Akustik 511 Absorptionsgrad 214 - , Schall-499, 511 Absorptionskoeffizient 694 Absorptionskurve 612 Absorptionsspektroskopie 520 Abstimmungsfrequenz, Masse-FederSystem 514 Abweichungen, statistische 10 - , systematische 10 Achse, freie 73, 471 Addition von Kraften 33 Adhasionskraft 104, 209 Adiabatengleichung 168 adiabates System 140, 167 Admittanz 326 Aerodynamik 107 Aerostatik 96 Aggregatzustand, vierter 256 Aggregatzustande 193 Ahnlichkeit, geometrische und hydromechanische 126, 210 Ahnlichkeitsgesetze 126 Airysche Beugungsscheibchen 454 Akkumulator 245 Aktionsgesetz 32 Aktivitat 577 - , optische 475 - , radioaktive 577 - , zeitlicher Verlauf 577

Aktivitatsgleichung 579 Akustik 490 - , musikalische 507 - , physiologische 504 - , technische 510 akustische Schmerzgrenze 504 Akzeptor 666 Akzeptoren, lonisationsenergie 666 Akzeptoren-Konzentration 666 Alcator 599 All-Round-Effekt 651 allgemeine Heisenbergsche Unscharferelation 536 allgemeine Zustandsgleichung idealer Gase 149 allseitige Kompression 86, 88 Alpha-Strahlung 573 Alpha-Teilchen, Streuung 564 Alpha-Zerfall 574, 575 amorphe Werkstoffe 641 Ampere 7 Amperemeter 232 Amperesches Gesetz 288 Amperesches magnetisches Moment 295 AmpHtude 319, 343, 344, 346, 367 AmpHtudenresonanzfunktion 367, 368 Amplitudenspektrum, Fourier-Analyse 374 Analogic Translation und Rotation 62 Analysator 469 Analyse, Korrelations- 16 Anderung des Drehimpulses, zeitliche 59 Anderung einer ZustandsgroBe 142 Aneroid-Barometer 98 Angriffspunkt 65 Anhangskraft 104 anharmonischer Oszillator 560 Anion 240 anisotrope Polarisation, elektrische 283 anisotropes Verhalten 636 Anisotropic 471 Anker 329 AnlagcnkcnnHnic 135 anodische Oxidation 241 Anomalie des Wassers 148, 198 anormale Rutherford-Streuung 564 Anpassungsfehler 16 Anrcgungsdetcktor 578, 582 Anrcgungsfunktion 589 Anti-Schottky-Fchlordnung 640 Antiferromagnctismus 305 Antistokcslinic 562 Antitcilchen 603, 604 Anwendung der Bernoulli-Glcichung 112 - der Kontinuitatsgleichung 112 - des Reibungsgesctzcs 121 Anzeigetechnik 654 aperiodischer Grcnzfall 361, 363

Apertur, numerische 410, 412 Apcrturwinkel 425 Aquipartionsprinzip 154 Aquipotcntialflachc 84, 262 Aquipotcntiallinic 264 Aquivalcnt-Dosislcistung hinter einer Abschirmung 630 Aquivalcnt-Dosislcistungskonstantc 629 Aquivalentdosis 618, 619, 620 Aquivalcntdosisleistung 619, 629 aquivalente Schallabsorptionsflache 511 aquivalcnter Dauerschallpegel 506 Araomcter 103 Arbeit 8, 47 - , allgemein 47 - auf schiefer Ebene 48 - bei der Drehbewegung 60 - bei Rotation 62 bei Translation 62 - , Beschleunigungs- 48 - eines Spannungs-Dchnungs-Zyklus 92 - , elektrische 238, 259 - , Hub- 48, 49, 83 - , mechanische 47 - ortsabhangiger Krafte 48 , Reibungs- 48 - , Verformungs- 49 - , Volumenanderungs- 161 Arbeitspunkt 309 Archimedisches Prinzip 102 arithmetischer Mittelwert 11 Asdex 599 Aspirationspsychrometer 201 Astigmatismus 427 Astronomia nova 79 Asymmetrie-Energic 568 asymmetrische Spaltung 591 Asynchronmotor 330 Aszension, kapillare 106 Ather 700 atomare Konstanten einiger Metalle 637 atomare Masseneinheit 566 Atombau 519 - , Systematik 553 Atombegriff 519 Atomistik 519 Atomkern, Ladungsverteilung 565 - , Aufbau 563 - , GroBe 563 Atommasse 565 - , relative 566 Atommassenkonstante 566 Atommodell, Bohrsches 520 Atomorbital 540 - , Energiediagramm 554 Atomphysik 519 Atomuhr 6 Aufbau der Elektroncnhulle 553 Aufenthaltsw^ahrschcinlichkeit 529

726

12. Sachwortverzeichnis

Auflosungsvermogen 455 - eines Gitters 461 - eines Mikroskops 459 - eines Prismas 461 - optischer Instrumente 455 Auftrieb 102 Auftrieb an umstromten Korpern 130 -, dynamischer 130 Auftriebsbeiwert 130 Auftriebskraft 102 Auftriebspumpen 134 Auge, menschliches 426 Augenastigmatismus 428 Ausbreitungsgeschwindigkeit 387 -, Biegewelle 502 - in verschiedenen Medien 389 -, Wellen 384 Ausdehnung, thermische 147 Ausdehnungskoeffizient, Langen- 147 -, Raum- 99, 147 -, thermischer 210 AusflieBen von Fliissigkeiten aus GefaBen 113 AusfluBgeschwindigkeit 114 AusfluBgesetz, Torricellisches 114 AusfluBmassenstrom 114 AusfluBzahl 114 Ausgleichsgerade 15 Auslenkung 346 Ausloschung bei Schwingungsiiberiagerung 371 Ausschaltvorgange in Stromkreisen 331 AuBenpolmaschine 329 iiuBere Reibung 36 auBere Strahlenbelastung, Schutz 629 Ausstrahlung, spezifische 214, 438, 443 Ausstromgesetz nach Bunsen 115 Austauschreaktion 588 Austauschteilchen 609 Austrittsarbeit 479 Auswahlregel 541 Avogadro-Konstante 9, 150 Axiome, Newtonsche 10, 31 B Babinetsches Theorem 463 Bahndrehimpuls 523, 537 -, Vektordiagramm 540 Bahndrehimpulsquantenzahl 538, 550, 554 Bahnkurve 25 Bahnlange 617 Bahnlinien 107 Bahnmagnetismus 548, 550 Bahnmoment 303 Bahnscheitel, Rakete 47 Balmer-Serie 521, 522 Bandgap 666 Bandmittenfrequenz 498 bar 98 barn 589 barometrische Hohenformel 101, 154 Baryon 603, 604

Baryonenzahl 607 BasisgroBen 7 Basisschaltung 671 -, Transistor 673 basiszentrierte Gitter 636 Batterie 244 Bauelement, elektrisches 320 - im Wechselstromkreis 321 -, Reihenschaltung 322 -, Parallelschaltung 324 Becquerel 577 Belastungsfall, elementarer 89, 90 Beleuchtungsstarke 8, 443 Belichtung 443 Benetzung 105, 106 Berechnung der Warmekapazitat 162 - von Dauermagnetsystemen 308 Bereiche der physikalischen Erkenntnis 3 Bernoulli-Gleichung 111, 132 ", Anwendung 112 - bei Newtonscher Reibung 123 - fur kompressible Medien 132 -, verallgemeinerte 132 beriihrungslose Thermometer 146 Beriihrungsthermometer, elektri sche und mechanische 145 Beschleunigeranlagen 601 Beschleunigung 8, 22, 81 -, CorioHs- 40 -, Fall- 81 , gleichmaBige 23 -, mittlere 22 -, momentane 22 -, Rakete 46 -, Tangential- 28 -, Teilchen im elektrischen Feld 264 -, Winkel- 28, 60, 62 Beschleunigung-Zeit-Diagramm 22 Beschleunigung, Zentrifugal- 40 -, Zentripetal- 28 Beschleunigungsarbeit 48 Beschleunigungsvektor 26 BeschuB eines Kerns mit Alpha-Teilchen 575 Besetzungsinversion 484, 691 Besetzungszahl 482 Bessel-Funktion 454 Bestrahlung 438, 443 Bestrahlungsstarke 438, 443 Beta-StabiHtat 568 , Strahlung 573 -, Zerfall 574, 575 Bethe-Bloch-Gleichung 611 Betriebspunkt, Pumpe 135 Beugung 397, 402, 444, 452 - am Doppelspalt 398, 481 - am Gitter 456 - am Spalt 452, 529 -, Fraunhofersche 452 -, Intensitatsverteilung 453 - nach Fresnel 452 - von Elektronen (Davison und Germer) 526 - von Rontgenstrahlung 526

Beugungsbild eines Drahtes 455 Beugungsfunktion 458, 461 Beugungsscheibchen, Airische 454 Beweglichkeit 660, 661 bewegte Bezugssysteme 37 Bewegung, Nutations- 75 -, relative 37 -, Translations- 23 -, Dreh- 58, 60 -, Kreis- 28 Bewegungsgleichung des Elektrons 542 BewegungsgroBe der Drehbewegung 59 Bewegungsverhalten, Feder-MasseSystem 348 bewertete Schallpegel 506 Bewertungsfaktor 506,620 Bewertungskurve 506 Bezugsintensitat 513 Bezugsschalldruck 497 Bezugssystem 699 -, bewegtes 37 -, gleichformig rotierendes 39 Biegesteifigkeit 503 biegeweiche Grenzflache 500 Biegewelle 385, 502 Biegewellen durch Spuranpassung 503 Biegung 90 Bild, reelles und virtuelles 405 Bildentstehung beim Spiegel 405 - beim Hohlspiegel 406 BildgroBe, -weite 407 Bimetall 646 BimetallmeBwerk 337 Bindung, lonen- 634 -, kovalente 634 -, metallische 635 , van-der-Waalssche 633 Bindungsarten 634 Bindungsenergie der Van-der-WaalsBindung 633 Bindungsenergie des Kerns 567 Bindungsenergie zweier lonen 634 Binnendruck 190 biologische Halbwertszeit 631 biologische Wirkung der Strahlung 622 Biot-Savartsches Gesetz 290 bipolarer Transistor 671 Blasinstrument 396 Blaze-Winkel 460 Blende 113,425 Blendenzahl 434 BUndanteil 320, 326 Bhndfaktor 325 Blindleistung 325 Blindwiderstand, induktiver und kapazitiver 321 Bloch-Wand 304 Bogenentladung 252, 253 Bohrsche Postulate 522, 523 Bohrsche Quantenbedingungen 524 Bohrscher Radius 524, 539 Bohrsches Atommodell 520

12. Sachwortverzeichnis Bohrsches Magneton 296, 548 Bolometer 436 Boltzmann-Faktor 154 Boltzmann-Konstante 9, 150, 482 - , Verteilung 482, 682 Bose-Einstein-Statistik 677 Bottom 607 Bottonium 606 Boyle-Mariotte-Gesetz 149 Bracket-Serie 521 Braggsche Bedingung 464, 656 Braunsche Rohre 267, 268 Bravais-Gitter 637 Brechkraft, Linse 419 Brechung an einem Prisma 413 - an Kugelflachen 416 - von Licht 409, 470 Brechungsgesetz, Snelliussches 410 Brechungsindex 410 Brechungswinkel 409 Brechzahl 410, 471 Brechzahlen einiger Stoffe 410 - von Kristallen 471 breitbandige Absorber 501 Bremsstrahlung 555, 612 Bremsvermogen 606, 611 - fur Elektronen 616 Brennpunkt 405, 419 Brennstoff 594 Brennweite 419, 425 - beim Hohlspiegel 406 ~ beim Wolbspiegel 408 - , dicke Linse 422 Brewstersches Gesetz 470 Brillouin-Zonen 657, 679 Brinell-Verfahren 94, 95 Bruchdehnung 93 Brutrate 594 Brutreaktor 596 Bunsensches Ausstromgesetz 115 Burger-Modell 645

Candela 7, 442, 443 Carnot-Prozefi, Leistungszahl 176 Carnotscher KreisprozeB 172, 197 Cavendishsche Gravitationsdrehwaage 81 Celsius, Grad 144 charakteristisches Schallspektrum 508 charakteristische Strahlung 555 Charlessches Gesetz 151, 166 Charme 607 Charmonium 606 cholesterische Fliissigkristalle 652 Clausius-Clapeyronsche Gleichung 197 Clausius-Rankine-ProzeB 177, 179 Compoundkern 588 Compton-Effekt 479, 525, 613 Compton-Streuung 527 Computertomographie 556 Cooper-Paar 676, 677

Coriolis-Beschleunigung 40 - , Kraft 39, 41 Cotton-Mouton-Effekt 473, 474 Coulomb-Energie, Atomkern 568 Coulomb-Kraft 222, 523 - , Gravitationskraft, Unterschiede 222 Coulomb-Potential 523 - , Wall 587 Coulombmeter 242 Coulombsches Gesetz 222 Coulombsches magnetisches Moment 295 Crash-Test 53 Curie-Gesetz 303, 305 Curie-Temperatur 303, 304, 689 Curie-WeiBsches Gesetz 303

d-Funktionen 539 d-Orbitale 540 D-D-Reaktion 598 D-T-Reaktion 598 d'Alembertsche Wellengleichung 387, 491 d'Alembertsches Prinzip 38 Daltonsches Gesetz 200 Dammerungszahl 433 Dampf, NaB- 191 Dampf, trockener, gesattigter 191 - , iiberhitzter 191 Dampfdruckkurve 197 Dampfungsfrequenz 360 Diimpfungsgrad 360, 364, 367 Dampfungskoeffizient 360, 493, 494 Dauermagnetsystem 308 Dauermagnetwerkstoffe 307 Dauerschallpegel 506 Davison- und Germer-Beugung 526 De-Broglie-Beziehung 486, 656 De-Broglie-Wellenlange 525 Debye-Scherrer-Verfahren 464 Debye-Temperatur 682 Debyesches Gesetz 188, 660 Defektelektron 663 deformierbarer Korper, Mechanik 84 Dehnung 85, 86, 90 - , zeitabhanige 646 Deklination 287 Dekrement, logarithmisches 361 Depression, kapillare 106 destruktive Interferenz 393 Desublimieren 193 Detektivitat 694 Detektor, Anregungs- 578 - , lonisations- 578 Detektoren 603 Deuterium-Zyklus 596 Diamagnetismus 301, 302, 303 Diamantgitter 634 Dichroismus 473 Dichte der feuchten Luft 202 - der Kernmaterie 563 - einer Fliissigkeit 103

727

- fester Korper 103 - von Gasgemischen 189 dichteste Kugelpackung 637, 638 dicke Linsen 422 Dielektrikum 276 Dielektrizitatskonstante 222 Dielektrizitatszahl 277, 339 Diesel-ProzeB 176, 177 Differentialgleichung, allgemeine, (Schwingungen) 349 - , elektromagnetischer Schwingkreis 356 - , erzwungene Schwingung 365 - des Feder-Masse-Systems 347 - , gekoppeltes Schwingungssystem 379 - , Struktur, Schwingungen 350 differentieller Energieverlust 611 differentieller Wirkungsquerschnitt 563, 564 differentielles lonisationsvermogen 611 diffuses Schallfeld 510, 511 Diffusionsspannung 668 digitales elektronisches MeBwerk 337 Diode 670 Dioptric 419 Dipolmoment 223 - , elektrisches 283, 340, 689 - , magnetisches 340, 548 Dirac-Gleichung 608, 609 direktionisierende Strahlen 611, 612 Direktschall 510 Dispersion 400, 502 Dissipation 493, 494 dissipative Kraft 52 Dissonanz 507 Dissoziation 240 Donator 665 - , lonisationsenergie 666 Doppelbrechung 470 - , Anwendung 473 Doppelspalt 444, 457 - , Beugung 398, 481 Doppler-Effekt 390, 445, 701, 709 Dosisaufbaufaktor 631 Dosisgrenzwert 628 DosisgroBe 618 Dosismessung 625 DosisineBverfahren 626 Drehbewegung 58, 59, 60 - von Systemen materieller Punkte 61 DreheisenmeBwerk 336 Drehfrequenz 28 Drehimpuls, 58, 62 - , Definition 59 - , Eigenfunktionen 538 - , Gesamt- 61 - , innerer 563 - , mechanischer 117 - , quantenmechanischer 537 - , zeitliche Anderung 59 Drehimpulserhaltung 61, 82 Drehimpulsoperator 530 - , Kommutatoren 536

728

12. Sachwortverzeichnis

Drehimpulssatz von Systemen materieller Punkte 61 Drehimpulsvektor 530 Drehkristall-Spektrometer 464 Drehmoment 58, 62, 66 - der Stromung 117 - eines Kraftepaars 65 - , Gesamt- 61 - , Turbine, Pumpe 118, 119 DrehmomentstoB 60 DrehspulmeBwerk 336 Drehstrom 326 Drehstrommotor 330 Drehwinkel 28 Drehzahl 28 - , spezifische 138 Drei-Niveau-System 484 Dreieck-Stem-Schaltung 232, 327 Dreiecksschaltung 327 Dreiphasenstrom 326 Driftgeschwindigkeit 660, 661 dritter Hauptsatz der Thermodynamik 140, 188 drittes Keplersches Gesetz, Herleitung 82 Drosselgerat 113 Druck 90, 96, 152 - , Betriebs- 111 - , Bezugsschall- 497 , Binnen- 190 - der feuchten Luft 200 - , dynamischer 111 , G a s - 151, 152 - , geodatischer 111 - , Gesamt- 196 - , hydrostatischer 100 - , kritischer 191 - , Norm- 149 - , Oberflachen- 105 - , Sattigungsdampf-, Wasser 196 - , Schallwechsel- 495 - , Schwere- 100, 101 - , statischer 111 - , Stau- 112, 113 - , W i r k - 113 Druckabfall im Rohr 122 Druckanderung, Akustik 491 Druckenergie 111 Druckerhaltung 111 Druckfiihler 648 Druckmessung 97, 112 Druckmittelpunktsabstand 101 Druckpunkt 131 Drucksonde 112 Druckverlust bei Newtonscher Reibung 123 Druckwandlung 99 Druckwasserreaktor 594 Druckwiderstandsbeiwert 125 Druckwiderstandskraft 124 Dualismus Welle - Teilchen 481, 525 Dulong-Petitsches Gesetz 165, 681 Dunkelstrom 696 diinne Kugelschale, Massentragheitsmoment 71 diinne Linse 418

diinne Scheibe, Massentragheitsmoment 71 diinne Schicht, Interferenzen 446 diinne Blattchen, Farben 448 diinner Ring, Massentragheitsmoment 71 diinner Stab, Massentragheitsmoment 71 - , Schallgeschwindigkeit 492 dunnwandiger Hohlzylinder, Massentragheitsmoment 71 Durchdringungsverbundwerkstoffe 649 DurchfluBgleichung 110 DurchfluBzahl 113 Durchflutungsgesetz 287 durchschnittliche Geschwindigkeit 156 Durchstrahlverfahren 584, 586 Duromer 642, 644 Dynamik 19, 31 - in bewegten Bezugssystemen 37 - , klassische 31 - , relativistische 705 dynamische Viskositat 121 dynamischer Auftrieb 130 - Druck 111 dynamisches Grundgesetz der Rotation 59

ebene Schallquelle 495 ebene Wellen 385 Ebenen in Kristallgitter 638 Echelette-Gitter 460 Echtzeitanalysator 507 Echtzeitverfahren 468 Effekt, Ail-Round- 651 ,Compton- 479, 613 - , Cotton-Mouton- 473 - , Doppler- 390, 709 - , Einweg- 651 - , elektrooptischer und magnetooptischer 474 - , Ettinghausen- 685 - , Faraday- 476 - , galvonomagnetischer 685 - , Hall- 296, 685 - , Joule-Thomson- 192 - , Kerr- 473 - , Koinzidenz- 503 - , lichtelektrischer 477, 527 - , Maggi-Righi- 685 - , magnetokalorischer 192 - , Magnus- 115 - , MeiBner-Ochsenfeld- 674 - , Nernst- 685 - , Paarbildungs- 613 - , Peltier- 686 - , Photo-477, 613 - , piezoelektrischer 688 - , Pockels- 473 - , Purkinje- 442 - , Quanten-Hall- 541, 543

-, -, -, -, -, -,

Raman- 562 Righi-Leduc- 685 Saugeffekt von Stromungen 114 Seebeck- 145, 686 Stark- 549 thermoelektrischer und thermomagnetischer 685 - , Thomson- 685 - , Tunnel- 533, 534 - , Von-KHtzing- 541, 543, 544 - , Zeeman- 549 - , Zener- 669 - , Zweiweg- 651 Effekte, Grenzflachen- 104 - , relativistische 703 - , thermomagnetische 686 effektive potentielle Energie, Wasserstoffatom 537 effektiver Multiplikationsfaktor 594 Effektivwert 319 - der Wechselspannung 319 - , Schallwechseldruck 493 - , Wechselstrom 319 Eichschallquelle 496 Eigenfrequenz 343, 346 Eigenfunktion 533 - , Impulsoperator 533 - , Wellenfunktion 532 Eigenleitung 663 Eigenschaft von Kreisprozessen 172 Eigenschwingung 396 Eigenwert 532, 533 - , starrer Rotator 561 Eigenwertgleichung 532 einfache Welle 386 Einfangreaktion 588 Einfuhrung, Mechanik 19 Einheit, physikalische 5 Einlagerung 640 Einlaufdiise 113 Einschaltvorgiinge in Stromkreisen 331 EinschluBparameter 598 Einschwingvorgang 365 Einstein-Koeffizient 482 Einstein-Temperatur 682 Einstrahlzahl 215 Einwegeffekt 651 elastisch-viskoses Verhalten 645 elastische Energie 51, 92 - Lagerung 514 - Streuung 588, 613 - Verformung 85 elastischer StoB 53, 56 - , Energieerhaltungssatz 57 Elastizitatsmodul 86, 87 Elastomer 643, 644 elekrische Verschiebungsarbeit 261 elektrisches Feld 257 elektrische Arbeit 238 - Beruhrungsthermometer 145 - Doppelschicht 243 - Energiedichte 285, 340 - Feldenergiedichte 340 - Feldkonstante 8, 9, 222, 339 - Feldlinie 258

12. Sachwortverzeichnis - Feldstarke 8, 259, 260, 269, 284, 339 - an Grenzflachen 284 — , verschiedene Geometrien 273 - Influenz 269 - Kapazitat, Kugelkondensator 274 — , Plattenkondensator 274 - Kapazitaten, Schaltung 275 — , verschiedene Geometrien 275 - Kraft 259, 339 - Ladung 8, 339, 607 - Leistung 238 — , Gleichungen 238 - Leiter 655 - Leitfahigkeit 220, 225, 661 - Leitung 660 - Maschinen 328 - MeBgerate 334 - Polarisation 276, 277 — , anisotrope 283 - -, Arten 283 — , atomistische Deutung 283 - Spannung 8, 224, 339 - Stromdichte 223 - Stromstarke 7, 339 - Suszeptibilitat 277 - und magnetische GroBen, Vergleich 339 - Urspannung 339 - Verschiebungsdichte 220, 269, 339 - Verschiebungsdichte an Grenzflachen 284 - Widerstande, Bauarten, Einteilung 226 elektrischer Dipol 548 - Flu6 271 - Spannungsabfall 339 " Stromkreis, magnetischer Kreis, Analogic 310, 311 - Widerstand 8, 339 — , spezifischer 227 elektrisches Dipolmoment 283, 340, 689 - Feld, Beschreibung 258 — , Bewegung geladener Teilchen 264 — , Energieinhalt 285 - -, Kugel 272 — , Parallelbewegung eines Teilchens 267 - -, Punktladung 272 — , Querbewegung eines Teilchens 266 — , Teilchen in Fliissigkeit 268 - und Leiter 269 - und Materie 269 - - und Nichtleiter 276 - und Gravitationsfeld, Vergleich 263 Elektrisierung 277 Elektrizitat 220 -, Strukturbild 220 elektroakustische Wandler 496 elektrochemische Daten 242 - Spannungsquelle 243 - Spannungsreihe 243

- Spannungsreihe der Metalle 243 elektrochemisches Aquivalent 242 Elektrodynamik 220, 342 Elektrodynamik, relativistische 708 -, spezielle Relativitatstheorie 708 - stationarer Strome 342 elektrodynamische Kraft 708 elektrodynamischer Wandler 496 elektrodynamisches MeBwerk 336 Elektroerosion 241 Elektrokinese 248 elektrokinetische Vorgange 248 Elektrolyse 240 Elektrolytischer Trog 109 elektrolytisches Polieren 241 elektromagnetische Induktion 312 - Kraft 220 - Lichtstrahler 473 - Schwingung 355 Schwingung, gedampfte 363 - Strahlung, Absorption 693 - Wechselwirkung 608 - Wellen 220,342 elektromagnetischer Schwingkreis, Differentialgleichungen 356 Elektromotor 328, 330 Elektromotorische Kraft 224 Elektron 604 -, Bewegungsgleichung 542 -, freies 654 -, Hamilton-Funktion 542 - im homogenen elektrischen Querfeld, Flugbahn 266 -, Ruhemasse 9 Elektronen, Bremsvermogen 616 -, Energieaufspaltung im Magnetfeld 552 -, gebundene 654 in Festkorpern 654 , Streuung 564 -, Warmeleitfahigkeit 684 Elektronenbeugung 486, 487 Elektroneneinfang 576 Elektroneneinfangdetektor 585 Elektronenemission 250 Elektronengas 635, 659 -, molare Warmekapazitat 659 -, zweidimensionales 543 Elektronengeschwindigkeit 265 Elektronenhiille 553 Elektronenkonfiguration 554 Elektronenmikroskop 486, 487 Elektronenstrahl-Oszilloskop 267, 338 Elektronenvolt 265 Elektronresonator 549 elektrooptische Eigenschaften, Fliissigkristalle 653 elektrooptischer Effekt 474 Elektroosmose 248, 250 Elektrophorese 248 Elektrostatik 220, 342 elektrostatisches MeBwerk 337 - Potential 260 elementare Belastungsfalle 89, 90 Elementarladung 9, 221, 265, 269

729

Elementarteilchen 601, 604 -, Erhaltungssatze 607 Elementarwelle 397, 398 Elemente, Periodensystem 553, 735 elliptisch polarisiertes Licht 470 Eloxalverfahren 241 Emission 482 -, spontane 692 -, spontane, induzierte 482 -, stimulierte 691 -, thermische 250 Emissionsgrad 214 Emissionsspektroskopie 520 Emitter 671 Emitter-Schaltung 672 Emitterschaltung, Transistor 673 Empfangsraum, Schallintensitat 513 Empfmdlichkeit 695 -, Diode 695 endoergische Reaktion 587 Energetik 587 Energie 8, 51 -, Bindungsenergie des Kerns 567 -, Coulomb-Energie, Atomkern 568 -, Druck- 111 -, effektive potentielle, Wasserstoffatom 537 - eines Phonons 679 -, elastische 51, 92 -, elektrische 285 ~, freie 187 -, Gesamtenergie 51 -, Gesamtenergie, Schwingung 354 -, inhomogenes magnetisches Feld 318 -, innere 159, 141, 160 -, lonisierungsenergie innerer Elektronen 556 -, kinetische, bei Rotation und Translation 62 -, kinetische, Elektronen 523 -, kinetische starrer Korper 68 -, kinetische, Teilchen im elektrischen Feld 265 ~, Kondensationsenergie, Atomkern 568 -, Lageenergie 51 -, magnetische 309 -, magnetisches Dipolmoment 549 -, magnetisches Feld 317 -, mittlere thermische 154 -, Oberflachenenergie 104 -, Oberflachenenergie, Atomkern 568 -, Photon 479 -, potentielle 83 -, potentielle starrer Korper 67 -, Rotationsenergie 60, 69 -, Rotationsenergie eines Teilchens 537 -, Strahlungsenergie 443 -, thermische 153 -, Translationsenergie starrer Korper 69 Energieabsorptionskoeffizient 618, 620

730

12. Sachwortverzeichnis

Energieaufspaltung von Elektronen im Magnetfeld 552 - von Protonen im Magnetfeld 552 Energieband 654 Energiebandstruktur 656 Energiedichte 386, 494 - bei Wellen 386 -, elektrische 285, 340 -, magnetische 340 -, magnetisches Feld 318 -, Schallwelle 493 -, Verlustenergiedichte 92 Energiedosis 619 EnergieeinschluBzeit 598 Energieerhaltungssatz 51 - bei Rotation 63 - beim elastischen StoB 57 EnergiefluBdiagramm 174,175 Energieinhalt des elektrischen Feldes 285 Energiesatz, Mechanik 51, 52 Energiestromdichte 386 -, Wellen 387 Energietransport bei Wellen 386 Energieiibertragung, lineare 620 Energieveranderung durch Magnetfeld 545 Energieverbrauch fur lonenpaare 616 Energieverlust, differenzieller 611 Entartung 524 Entfernungsgesetz, photometrisches 438 Enthalpie 141, 161 -, freie 188 -, spezifische 202 Entladungslampe 253, 255 Entmagnetisierungsfaktor 309 Entropie 140, 182 - eines Systems 188 -, statistische Deutung 185 Epitaxie 691 Erde, Magnetfeld 287 Erdmasse 81 Erdradius 81 Erhaltungssatz, Drehimpuls 61 -, Energie 51, 52 -, Impuls 45 Erhaltungssatze bei Elementarteilchen 607 Ericsson-ProzeB 177, 179 ErkenntnisprozeB, physikalischer 1 Erreger 366 Erstarren 193 erste Brillouin-Zone 679 erster Hauptsatz der Thermodynamik 140, 159 Erwartungswert 10, 532 erzwungene Konvektion 208, 212 erzwungene Schwingungen 344, 365 erzwungene Stromung 212 Estrich, schwimmender 516 Ettinghausen-Effekt 685 Ettinghausen-Nernst-Effekt 685 Eulersche Formel 320, 345 Eulersche Gleichung, Turbine, Pumpe 118, 119

Eulersche Turbinengleichung 118 exoergische Reaktion 573, 587 Expansion, isobare 167 Expansionszahl 113 Experimente zur Quantentheorie 526 exponentielle Regression 15 Extremalprinzipien 525

Faktor, relativistischer 701 Fall, freier 24 Fallbeschleunigung 81 Fallzeit 25 Faraday-Effekt 476 Faraday-Konstante 9, 242 Faradaysches Gesetz 241 Farben diinner Blattchen 448 Farbladung, Quantenzahl 606 Faserkreisel, optische 78 Faserverbund 646 Faserverbundwerkstoffe 649 Fast-Fourier-Transformation 507 Fata Morgana 413 Feder-Masse-System, Differentialgleichung 347 Federkonstante 35 Federn, Parallelschaltung 35 -, Serienschaltung 35 Fehler, Anpassungs 16 Fehlerfortpflanzung 13 Fehlerrechnung 9 -, Kennwerte 11 Fehlersumme 11, 14 Feinstrukturkonstante, Sommerfeldsche 9, 524 Feld, allgemein 257 -, elektrisches 220, 257 -, magnetisches 220, 257, 286 -, Schallfeld, diffuses 510 -, Stromungsfeld 107 Feldeffektransistor 543 Feldelektronenmikroskop 251 Feldemission 250, 251 Feldenergiedichte 340 Felder, instationare, elektromagnetische 312 -, Vergleich: Hydrodynamik, Warme, Elektrizitat 108 Feldkonstante, elektrische 9, 222, 271, 339 -, magnetische 9, 293, 339 Feldhnien 271 FeldHnse 433 Feldstarke, allgemein 109 -, elektrische 8, 220, 259, 260, 269, 273, 284, 339 -, Gravitationsfeldstarke 84 -, magnetische 8, 287, 288, 339 -, Transportfeldstarke 108 Fermatsches Prinzip 525 Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion 658, 659, 663 Fermi-Energie 658 Fermi-Flache 661 Fermi-Gas 571

Fermi-Kugel 658 Fermi-Niveaus verschiedener Metalle 658 Fermi-Temperatur 660 Fermi-Verteilung 565 Fermionen 606 Fernpunkt 427 Fernrohr 431 Ferrimagnetismus 305 Ferromagnetismus 301, 302, 303, 305 feste Korper, Dichte 103 -, Harte 94 -, Struktur 633 -, Thermodynamik 678 festes Ende, Wellenreflexion 395 Festigkeit von Werkstoffen 87 Festkorper, Ausdehnung 147 -, Elektronen 654 -, makromolekularer 642 Festkorperlaser 484 Festkorperphysik 633 feuchte Luft, Dichte 202 -, Druck 200 -, spezifische Enthalpie 202 Feuchtegrad 201 Feynman-Diagramm 608, 609 Figurenachse 74 Fizeau-Streifen 449, 450 Flache 8 Flachenfehler 640, 641 Flachenladungsdichte 269 Flachentragheitsmoment 101 flachenzentrierte Gitter 636 Flatterecho 510 Fluiditat 121 FluB, elektrischer 271 -, magnetischer 8, 292, 339 FluBdichte, kritische magnetische 674 -, magnetische 292, 339 -, elektrische 220, 269 Fliissigkeit 96 -, Dichte 103 -, Ausdehnung 148 -, AusflieBen aus GefaBen 113 -, stromende 107 Fliissigkeitspendel 353 Flussigkeitsreibung 114 Fliissigkristall 476, 652, 652 FluBquant 675 Forderhohe 133 -, Pumpe 118, 135 Forderstrom, Pumpe 135 Formgedachtnis-Legierung 650 Foucaultsches Pendel 41 Fourier-Analyse 344, 373 Fourier-Differentialgleichung, konvektiver Warmeiibergang 209 -, Warmeleitung 204 Fourier-Grundgleichung 207 Fourier-Koeffizienten 375 Fourier-Reihe 375 Fourier-Synthese 370, 374, 399 Fourier-Zahl 211 Francisturbine 137, 139 Franck-Hertz-Versuch 527 Frankelpaar 640

12. Sachwortverzeichnis Fraunhofersche Beugung 452 freie Achsen 73 freie Elektronen, Konzentration 666 -, Modell 656 freie Energie 187 freie Enthalpie 188 freie gedampfte Schwingung 358 freie harmonische Schwingung 347 freie Konvektion 208, 212 freie Schwingungen 344 freier Fall 24 freies Elektron im Magnetfeld 541 freies Ende, Wellenreflexion 395 freies Teilchen, Impuls 530 Freiheitsgrad 20, 64, 163, 199, 526 -, n-atomiges Molekiil 559 Fremdatom 665 Fremdstorstelle 639, 640 Frenkel-Paar 639 Frequenz 8, 346, 349 -, Drehfrequenz 28 Frequenzbereich, Musikinstrumente 508 Frequenzliicke 681 Fresnel, Beugung 452 Fresnelscher Spiegelversuch 445, 446 Fresnelsches Zonensystem 466 Froudezahl 129, 211 Fiillhalterdosimeter 627 fundamentale Wechselwirkungen 608 Fundamentalschwingung 379 Funkenentladung 253 Fusionsreaktion 596, 597

g-Faktor 549 Galilei-Transformation 38 Galileisches Fernrohr 431 galvanische Zelle 244 Galvanisieren 241 galvanomagnetische Effekte 685 Gamma-Emission 576 Gamma-Strahlung 573, 617 Gamma-Zerfall 574 Gammmastrahlen-Dosisleistungskonstante 629 Gangunterschied 393, 447, 450 Gas, ideales 148, 151 -, reales 189 Gasdruck 151, 152 Gase, Ausdehnung 148 -, ideale, Kompressionsmodul 492 -, ruhende 96 -, Schallgeschwindigkeit 492 -, Schweredruck 101 -, stromende 107 Gasentladung, selbstandige 252 -, unselbstandige 251 Gasgemische, Dichte 189 Gaskonstante, individuelle 149 -, universelle 9, 150 Gasmolekule, 154 Gastheorie, kinetische 151 Gasthermometer, Prinzip 143 Gasturbine, offene 178

Gasverflussigung 192 GauBscher Satz 271 GauBsche Zahlenebene 320 Gay-Lussacsches Gesetz 148 Gebiete der Physik 4 gebundene Elektronen 654 gedampfte elektromagnetische Schwingung 363 gedampfte Schwingungen 361 gefesselter Kreisel 77 Gegenstandsweite 407 Gehororgan, schematisch 505 Geiger-Muller-Zahlrohr 581, 582, 584 gekoppeltes Schwingungssystem 378,379 geladene Teilchen im elektrischen Feld 264 generalisierte Koordinaten 527 generalisierter Impuls 528 Generator 314, 329 Generatorprinzip 313 genetisch verkniipfte Radionuklide 578 genetische Schaden 622 geodatischer Druck HI Geometrien von Schallquellen 495 geometrische Ahnlichkeit 126 - Optik 403 - Warmebriicken 208 Gerateeigenschaften 338 Gerausch 490, 507 Germer- und Davison-Beugung 526 Gesamtaktivitat 579 Gesamtdrehimpuls 61 Gesamtdrehmoment 61 Gesamtdruck 196 Gesamtenergie 51 -, Schwingung 354 Gesamtimpuls 45 - eines Systems 44 Gesamtschallpegel 497 Gesamtschwachungskoeffizient 618 Gesamtselbstinduktivitat 317 Gesamtspannung des Verbundwerkstoffs 649 GesamtvergroBerung 430 Gesamtwirkungsgrad 50 geschlossenes System 140 Geschwindigkeit 8, 19, 62 -, durchschnittliche 156 -, gleichmaBige 23 -, kritische 138 -, Licht 7 -, mittlere 20, 152 -, mittlere, Gasmolekule 152 -, Momentan- 21, 26 - nach dem StoB 54 -, Rakete 46 -, Strahl 45 -, Teilchen im elektrischen Feld 265 -, Umfangsgeschwindigkeit 29 -, wahrscheinlichste 155 -, Winkel 28, 62 Geschwindigkeiten, relativistische Addition 705

731

Geschwindigkeitsgefalle, Akustik 491 Geschwindigkeitspotential, Gradient 108 Geschwindigkeitsvektor 25 Geschwindigkeitsverteilung 154, 155, 196 Geschwindigkeitsziffer 114 Gesetz, Aktionsgesetz 32 -, Biot-Savartsches 290 -, Boyle-Mariottesches 149 -, Brewstersches 470 -, Bunsensches Ausstromgesetz 115 -, Coulombsches 222 -, Curiesches 303, 305 -, Curie-WeiBsches 303 -, Debyesches 188 -, Durchflutungsgesetz 287 -, Faradaysches 241 -, Fouriersches 204 -, Gay-Lussacsches 148 -, Gravitationsgesetz, Newtonsches 81 -, Grundgestz, Newtonsches 32 -, Hagen-Poiseuillesches 122 -, Hookesches 35, 86, 88 , hydrodynamisches Grundgesetz 491 , Induktionsgesetz 220, 312 -, Keplersches zweites 82 -, Kirchhoffsches Strahlungsgesetz 214 -, Lambertsches Cosinusgesetz- 437 -, Malussches 469 -, Newtonsches Reibungsgesetz 121 -, Ohmsches 220, 228 -, photometrisches Entfernungsgesetz 438 -, radioaktives Zerfallsgesetz 576 -, Rayleigh-Jeans- 483 -, Reflexionsgesetz 404 -, Rohrwiderstandsgesetz 123 -, Snelliussches Brechungsgesetz 410 ", Stefan-Boltzmann- 215, 441 -, Stokessches Reibungsgesetz 122 -, Toricellisches AusfluBgesetz 114 , Tragheitsgesetz 32 -, Wechselwirkungsgesetz 32 -, Wiedemann-Franzsches 204, 685 -, Wiensches Verschiebungsgesetz 441 -, Zerfallsgesetz 577 Gesetze, Keplersche 79 -, Kirchhoffsche 228 Gesichtsfeld 426 gewohnliche Wellengleichung 387 Gibbssche Phasenregel 199 Gibbssches Potential 188 Gitter, Auflosungsvermogen 461 Gitter, Beugung 456 -, Echelette- 460 Gitter, holographisches 460 Gitterbeugung, Hauptmaxima 458 Gitterbeugungsfunktion 457 Gitterfehler 639, 640 Gitterkonstante 457, 637 Gitterschwingungen 678

732

12. Sachwortverzeichnis

Gittertypen, dichteste Kugelpackung 638 Gitterwelle, Gruppengeschwindigkeit 680 Glan-Thompson-Prisma 472 Glas, metallisches 641 gleichformig rotierende Bezugssysteme 39 Gleichgewicht 68 - , thermodynamisches 195 - zwischen fester und flussiger Phase 198 - zwischen flussiger und gasformiger Phase 196 Gleichgewichtsbedingungen 195 - der Statik 66 Gleichgewichtszustand 142 gleichmaBig beschleunigte Kreisbewegung 29 gleichmaBige Beschleunigung 23 - Geschwindigkeit 23 - Kreisbewegung 29 gleichsinniger Parallelismus 76 Gleichungen, Poissonsche 168 Gleichverteilungssatz 154, 164 Gleitreibungskraft 358 Gleitreibungszahl 36 Gleitzahl 131 GHmmentladung 252 Glimmlampe 255 Gliihemission 250 Gluhlampe 253, 254 Gluon 607, 608 Grad Celsius 144 Gradient, Geschwindigkeitspotential 108 Grashofzahl211 grauer Korper 214 Gravitation 79, 81, 608 Gravitations- und elektrisches Feld, Vergleich 263 Gravitationsdrehwaage, Cavendishsche 81 Gravitationsfeld 263 Gravitationsfeldstarke 84 Gravitationsgesetz, Newtonsches 81 Gravitationskonstante 9, 81 Gravitationskraft 33, 81, 84, 222 Gravitationskraft, Coulomb-Kraft, Unterschiede 222 Gravitationspotential 84 Gray-Energiedosisleistung 619 Grenzdampfung 36, 368 Grenzentfernung, photometrische 436 Grenzfall, aperiodischer 361 Grenzflache, biegeweiche 500 - , Reflexionsfaktor 499 Grenzflachen, elektrische Feldstarke, Verschiebungsdichte 284 - , schallharte, -weiche 499 - , Schallwellen 499 Grenzflacheneffekte 104 Grenzfrequenz der Spuranpassung 503 Grenzgerade 16

Grenzschicht 125, 209 Grenzschichtbildung, laminare und turbulente 126 Grenzwinkel der Totalreflexion 411 Grenzwinkel, physiologischer 428, 456 GroBe, extensive und intensive 142 - , molare und spezifische 142 - , physikalische 5, 8 GroBtfehler 13 Grundgesetz, hydrodynamisches 491 - , Newtonsches 32 - , photometrisches 438 Grundgleichung der kinetischen Gastheorie 152 - idealer Stromungen 109 - reibungsfreier Stromungen 109 Grundschwingung 395 - , Frequenz 396 Gruppengeschwindigkeit 388, 399, 400, 680 Gruppenschaltung 237 Gunn-Diode 670 Giite 364, 369 Guteschalter 485 gyromagnetisches Verhaltnis 549, 550

H Hadron 603, 604, 608 Haftreibung 36 Haftreibungszahlen 36 Hagen-Poiseuillesches Gesetz 121, 122 Haidingersche Ringe 447 Halbleiter 227, 436, 654, 662 Halbleiter, Eigenschaften 664 - , Leitfahigkeit 663 - , Leitungsmechanismen 664 Halbleiterlaser 691, 692 Halbwertszeit 577 - , biologische 631 , physikalische 577, 631 Hall-Effekt 296, 297, 658, 685 Hall-Generator 298 Hall-Koeffizient 298 - einiger Werkstoffe 298 Hall-Spannung 298, 543, 544 Hall-Widerstand 543, 544, 545 Halogenlampe 256 Hamilton-Funktion 528, 531 Hamilton-Funktion eines Elektrons 542 Hamilton-Operator 525 - , kartesische Koordinaten 538 - , Kugel-Koordinaten 538 Hamiltonsches Prinzip 526 Hangabtriebskraft 34 Harmonices mundi 79 harmonische Schwingungen 344 - und Kreisbewegung, Zusammenhang 345 harmonische Wellen 386 harmonischer Oszillator 534, 560 Harte fester Korper 94

Hartepriifverfahren 95 Hartmagnet 306 Haufigkeit, relative 10 Haufigkeitsverteilung 10 Hauptachse, kristallographische 471 Hauptebene 422 Hauptmaxima, Gitterbeugung 458 Hauptquantenzahl 523, 524, 539, 554 Hauptsatz, dritter 140, 188 Hauptsatz, erster 140, 159 Hauptsatz, nullter 143 Hauptsatz, zweiter 140, 180 Hauptsatze der Thermodynamik 156 Hauptschnitt 471 Hauptspannung 89 Hauptstrahl 425 Haupttragheitsachse 73 Haupttragheitsmoment 73 Hebung, kapillare 105 Heidingersche Ringe 447 Heisenbergsche Unscharferelation 488, 533, 536, 601 HeiBleiter 225 Hellempfindlichkeitsgrad 442 HeUigkeit 434 Helmholtz-Lagrange-Gleichung 418, 419, 439 Helmholtz-Resonator 501 Henry 316 heteropolare Bindung 634 Histogramm 10 HitzdrahtmeBwerk 337 Hochdrucklampe 255 Hochstdrucklampe 255 Hochtemperatur-Reaktor 596 Hohenformel, barometrische 101 ^, Internationale 102 Hohlraumionendosis 627 Hohlraumstrahler 440 Hohlspiegel 406 Hohlzylinder, Massentragheitsmomente 71 Hollraumstrahlung 526 Hologramm 466 Holographic 465 holographische Korrelation 468 holographisches Gitter 460 homoopolare Bindung 634 Hookesches Gesetz 35, 86, 88, 347 - bei Scherung 88 Hoppler-Kugelfallviskosimeter 123 Horbereich, Schallfrequenz 504 Horeindruck 507 Horschwelle 504, 505, 513 Hubarbeit 48, 49, 83 Huygens-Fresnelsches Prinzip 398, 452 Huygenssches Prinzip 397 /z,x-Diagramm 202 Hydratisierung 240 - von lonen 240 Hydraulik 98 hydraulische Presse 99 Hydrodynamik 107 - , Impulssatz 116 hydrodynamische, Ahnlichkeit 126

12. Sachwortverzeichnis hydrodynamisches Grundgesetz 491 - Paradoxon 115 Hydrostatik 96 hydrostatischer Druck 100 hydrostatisches Paradoxon 100 Hyperschall 504 Hysterese, magnetische 304 Hysterese, mechanische 92 Hysteresekurve 92, 304

I ideale Gase, allgemeine Zustandsgleichungen 149 - , Kompressionsmodul 492 - , spezielle Zustandsanderungen 165, 170 ideale Stromungen, Grundgleichung 109 ideales Gas 148, 151 Impatt-Diode 670 Impedanz 326 Impuls 42, 62 - , Drehimpuls 59, 62 - eines materiellen Punktes 42 - eines Phonons 679 - eines Photons 480 - eines Systems 43 - , freies Teilchen 530 - , generalisierter 528 , relativistischer 706 Impulsanderung 43 - , zeitliche, bei Stromung 116 Impulserhaltungssatz 45 Tmpulsoperator 530 - , Eigenfunktion 533 Impulssatz 44 - in der Hydrodynamik 116 Impulsvektor 530 indifferentes Gleichgewicht 68 indirekt ionisierende Strahlung 613, 617 indirekter Schall 510 Induktionsgesetz 220, 312 InduktionsmeBwerk 337 Induktionsvorgang 313, 314 induktive Zeitkonstante 334 induktiver Blindwiderstand 321 Induktivitat 316, 339 induzierte Emission 482 - Spannung 339 inelastische Streuung 588, 613 inelastischer StoB 55, 57, 588 Inertialsystem 31, 699 Influenz 169 - , elektrische 269 Infrarotspektrum 562 Infraschall 504 innere Energie 159 - Reibung 36, 120 - Strahlenbelastung, Schutz 631 - Krafte 44 innerer Widerstand 235 instationare Felder, elektromagnetische 312

Instrumente, optische 426 Intensitat von Wellen 387 Intensitatsverteilung am Spalt 529 - bei der Beugung 453 Interferenz 392, 402, 444, 446 - , destruktive und konstruktive 393 Interferenzen an diinnen Schichten 446 - gleicher Dicke 449 Interferenzfarbe 448 Interferenzfunktion 458 Interferenzholographie 468 Interferenzlinie 447 Interferenzmikroskop 451 Interferometer 394, 450 intermediare Vektorbosonen 608 international Hohenformel 102 intrinsische Tragheitsdichte 665 Invariante, Abbesche 417 inverser piezoelektrischer Effekt 688 Inversionstemperatur 192 lonenbindung 634 lonen, Hydratisierung 240 lonendosis 619 Tonendosisleistung 619 lonenpaare, Energieverbrauch 616 lonisation 612 - , spezifische 611 lonisationsdetektor 578, 582 lonisationsvermogen 611, 616 ionisierende Strahlung, direkte 612 -, indirekte 613, 617 , Messung 578 lonisierungsenergie 614, 616 lonisierungsenergien innerer Elektronen 556 lonisierungskoeffizient 252 irreversibler ProzeB 180, 183 isentrope Zustandsanderung 167, 170 Isentropenexponent 132, 162, 163, 168 isobare molare Warmekapazitat 162 - Zustandsanderung 167, 170 Isobare 167, 169 Isochore 169 isochore molare Warmekapazitat 162 - Zustandsanderung 166, 170 Isochromate 474 Isokhne 474 Isolator 654, 683 - , elektrischer 654 - , Warme 683 Isolierwirkungsgrad 514, 515 Isospin 604, 607 Isotherme 165, 169, 198 isotherme Kompression 166 - Zustandsanderung 165, 170 isotropes Verhalten 636

Jet 599 Joule-ProzeB 177, 178 Joule-Thomson-Effekt 192

733

Kafiganker 330 Kalkspat 472 Kalorimetrie 158 kalorische ZustandsgroBen 141 Kaltemaschine 175 Kaltleiter 225 Kanalstrahlen 253 Kapazitat 272, 339 Kapazitat, Kugelkondensator 274 - , Plattenkondensator 274 - , Warmekapazitat 8 Kapazitats-Diode 670 kapazitive Zeitkonstante 331 kapazitiver Blindwiderstand 321 Kapillaraszension 106 Kapillardepression 106 Kapillaritat 105 Kaplanturbine 137, 139 Katakaustik 406 Kataphorese 249 Kathodenstrahl 253 Kation 240 Kavitation 138, 517 Kavitationsgerausch 517 Kegel, Machscher 392 Kelvin 7, 144 KenngroBen der konvektiven Warmeubertragung 211 Kennwerte der Fehlerrechnung 11 Keplersche Gesetze 79 Keplersches Fernrohr 431 Keplersches Gesetz, drittes 82 Keplersches Gesetz, zweites 82 Kern, Bindungsenergie 567 Kernfusion 567, 596 - , Experimente 599 Kernmagnetismus 548,550 Kernmagneton 549 Kernmaterie, Dichte 563 Kernmodell 565 Kernphysik 519 Kernradius 563 Kernreaktion 586, 588 Kernreaktor 592 Kernspaltung 567, 588, 590, 591 Kernspin, magnetische Quantenzahl 550 Kernspinresonanz 549 Kernspintomographie 552 Kernumwandlung 573 Kerr-Effekt 473,474 Kilogramm 7 Kinematik 19, 31 - starrer Korper 64 kinematische Zahigkeit 121 Kinetik 19 kinetische Energie 523, 707 - bei Rotation 62 - bei Translation 62 - starrer Korper 68 - , Teilchen im elektrischen Feld 265 kinetische Gastheorie 151 - , Grundgleichung 152 Kippschwingung 381

734

12. Sachwortverzeichnis

Kippspannung 268 Kirchhoffsche Gesetze 228 Kirchhoffsches Strahlungsgesetz 214 Klang 507 Klassifikation der StoBprozesse 54 klassische Dynamik 31 - Mechanik 31 - Physik 3 Klein-Gordon-Gleichung 609 Kleinwinkel-Korngrenze 640 Klemmspannung 235, 236 Klimatechnik 199 Knall 490, 507 Knotenregel 228 Koeffizient, Abkling- 360, 361, 364 - , Absorptions- 694 - , Dampfungs- 360, 493 - , Einstein- 482 - , Energieabsorptions- 618, 620 - , Gesamtschwachungs- 618 - , Hall- 298 - , lonisierungs- 252 - , Korrelations- 16 - , Langenausdehnungs- 147 - , Luftdampfungs- 493 - , Luftreibungs- 36 - , Massenschwachungs- 617 - , Raumausdehnungs- 147 - , Schwachungs- 557 - , Strahlungsaustausch- 216 - , Volumenausdehnungs- 99 - , Warmedurchgangs- 217 - , WarmedurchlaB- 206 - , Warmeiibergangs- 209, 211 - , Warmeiibertragungs-, Strahlung 217 - , Zahigkeits- 36 Koeffizienten, Fourier- 375 Koerzitivfeldstarke 304 Koexistenz 198 Koharenz 394, 444 Koharenzbedingung 445 Koharenzeigenschaften einiger Lichtquellen 445 Koharenzlange 445 Kohasionskraft 104 Kohlenstoff-Zyklus 597 Koinzidenzeffekt 503 Kolbenmaschinen 177 Kolbenpumpe 134 Kollektor 671 Kollektor-Schaltung 672 - , Transistor 673 Kollektorstrom 698 Koma 427 Kommutator 329, 536 Kompensationsmethode 235 Kompensationsmethode nach Poggendorf 235 komplexer Widerstand 321 Kompressibilitat 88, 98 kompressible Medien, Bernoulli-Gleichung 132 Kompression, allseitige 88 - , isotherme 166 Kompressionsarbeit 166

Kompressionsmodul 86, 88, 491 - idealer Gase 492 Kondensationsenergie, Atomkern 568 Kondensator 272, 321 - , Ein- und Ausschaltvorgange im Stromkreis 331, 332 - , Kraft zwischen zwei Flatten 286 Kondensatoren als Baulelemente 278 - , Einteilung 280 - , Reihen- und Parallelschaltung 276 Kondensieren 193 Konditionierung 199 Konduktanz 326 Konkavspiegel 405 konservative Kraft 52 Konsonanz 507 Konstante, Aquivalent-Dosisleistungs- 629 - , atomare von Metallen 637 - , Atommassen- 566 - , Avogadro- 9,150 - , Boltzmann- 9, 150, 482 - , Dielektrizitats- 222 - , Faraday- 9,242 ~, Feder- 35 - , Feinstruktur-, Sommerfeldsche 9, 524 - , Feld-, elektrische 9, 222, 271 - , Feld-, magnetische 9, 293 - , Gammmastrahlen-Dosisleistungs629 - , Gas- 9, 149 - , Gitter- 457, 637 - , Gravitations- 9, 81 - , Kraft- 62 - , Madelung- 635 - , Natur- 9 - , Rydberg- 522 , Solar- 438 , Stefan-Boltzmann- 9 - , Verdetsche 477 , Zeit-, induktive 334 - , Zeit-, kapazitive 331 - , Zerfalls- 577 - , van-der-Waalssche 191 konstruktive Interferenz 393 Kontaktbimetalle 647 Kontaktpotential 572 Kontaktspannung 686 Kontamination 610 Kontinuitatsgleichung 108, 109, 110 - , Anwendung 112 - , Elektrizitatslehre 108 Kontinuitatsgleichung, Hydrodynamik 108 - , Warmelehre 108 Kontraktionszahl 114 Konvektion 203, 208 - , KenngroBen 211 - Modellfalle 212 - , Navier-Stokes-Gleichung 210 konvektiver Warmeiibergang, Fourier-Differentialgleichung 209 konvektiver Warmeiibergang, Temperaturprofil 209 Konversationsfaktor 594

Konversion 576 Konvexspiegel 408 Koordinaten, generalisierte 527 - , Schwerpunkt 67 Koordinatensystem, rotierendes 39 Koordinationzahl 638 Kopplungsgrad 380 Korngrenze 640 Korper, starrer 19, 63 Korperdosis 627 Korperschall 513 Korperschalldammung 513 Korpuskulartheorie 402 Korrelation, holographische 468 Korrelationsanalyse 16, 17 Korrelationskoeffizient 16 Korrespondenz-Prinzip 532 kovalente Bindung 634 Kovolumen 190 Kraft 8, 31, 33, 62 - , Addition 33 - auf bewegte Ladungstrager im Magnetfeld 296 - , Auftriebs-, dynamische 130 - , Auftriebs-, Zirkulation 131 - , Auftriebs- 102 - , Brech-, Linse 419 , Coriolis- 41 - , Coulomb- 222, 523 - , dissipative 52 - , Druckwiderstands- 124 - , elastische 34 - , elektrische 259, 339 - , elektrodynamische 708 - , elektromagnetische 220 - , elektromotorische 224 , Gleitreibungs- 358 - , Gravitations- 81, 84, 222 - , Hangabtriebs- 34 - , innere 44 - , konservative 52 - , Lager- 515 - , Linienfliichtigkeit 65 - , Lorentz- 296 , magnetische 339 - , Normal- 34 - , Reibungs- 36, 120, 122, 358 - , Reibungswiderstands- 124 - , relativistische 706 - , resultierende 65 - , Rollreibungs- 358 - , riicktreibende, Akustik 491 - , Schein- 38 - , Schub- 46 - , Schwer- 34 - , Seitendruck- 101 - , Stiitz- 67 - , Tragheits-, Akustik 491 - , Tragheits- 38 - , Wirkungslinie 65 - , Zentrifugal- 41 - , Zentripetal- 34 - , Zerlegung 33 - , Zusammenhangs- 104 - zwischen zwei Kondensatorplatten 286

12. Sachwortverzeichnis - zwischen zwei parallelen elektrischen Leitern 296 Krafte am starren Korper 65 - auf Punkte im System 44 - auf schiefer Ebene 34 - im Rohrkriimmer 117 Krafteaddition 33 kraftefreier Kreisel 74 Kraftegleichgewicht, statisches 34 Kraftepaar, Drehmoment 65 Krafteparallelogramm 33 Kraftezerlegung 33 Kraftkonstante 62 Kraftmessung, Methoden 35 KraftstoB 42 Kraftwirkungen auf frei bewegliche Ladungstrager 299 - im elektrischen und magnetischen Feld 300 - im Magnetfeld 292, 293 Kreisbewegung 28, 29 - , gleichmaBig beschleunigte 29 Kreisel 74 - , gefesselter 77 -, kraftefreier 74 Kreiselhorizont 77 KreiselkompaB 77 Kreiselmoment 76 Kreiselpendel 77 Kreiselpumpe 134 Kreisfrequenz 346, 349 -, Gitterwellen 679 Kreiskolbenpumpe 134 KreisprozeB, allgemein 171 , Carnotscher 172, 182, 197 , irreversibler 183 , linkslaufiger 175 , rechtsliiufiger 172 Kreisprozesse 171 -, Eigenschaften 172 -, technische 176, 177 Kriechfall 361, 363 Kristall, negativer und positiver 471 Kristallbindung 633 Kristalle, Brechzahlen 471 Kristallgitter, Richtungen und Ebenen 638 -, Rontgenbeugung 462 kristalline Strukturen 636 kristallographische Hauptachse 471 Kristallsysteme 636 Kriterium, Rayleighsches 455 kritische Geschwindigkeit 138 - Isotherme 198 - magnetische FluBdichte 674 - Reynoldszahl 127, 210 - Temperatur 190, 191 - Temperatur, Supraleitung 676 kritischer Druck 191 - P u n k t 1 9 1 , 192 kritisches Volumen 191 Kugel, elektrisches Feld 272 - , Massentragheitsmomente 71 Kugelflachen, Lichtbrechung 416 Kugelkondensator, Kapazitat 274 Kugelpackung, dichteste 637

Kugelwelle 385 Kiihlmittel 594 Kundtsches Rohr 396, 500 kiinstliche Spaltung 590 Kunststoffe 644, 645 Kurskreisel 75 Kurvenanpassung 13 -, graphische 16 KurzschluBlaufer 330

labiles Gleichgewicht 68 Ladung 220, 221 - , elektrische 8, 339 , elementare 9 -, spezifische 299 Ladungstragerkonzentration 543 Ladungstransport 240, 250 - in Fliissigkeiten 240 - in Gasen 240, 250, 251 -, stationarer 223 Ladungsverteilung 563 - im Atomkern 565 Lageenergie 51 Lagerkraft 515 Lagerung, elastische 514 Lagrange-Funktion 527 Lambert-Strahler 437 Lambertsches Cosinusgesetz 437 laminare Grenzschichtbildung 126 laminare Rohrstromung 121 laminare Stromung 120 laminare Umstromung 122 Landau-Effekt 544 Landau-Niveaus 544 Landau-Quantisierung 544 Liingenausdehnuneskoeffizient 147 Langenkontraktion 700, 703 Liingswelle 383 Laplace-Gleichung 109, 206 Larmschwerhorigkeit 506 Laser 483, 485, 693 Laserdiode 691 Laserdosis 691 Laserkreisel 78 latente Warme 193 LateralvergroBerung 407 Laue-Diagramm 463 Laue-Gleichungen 463 Laufradleistung, Turbine 119 Lautheit 505 Lautsprecher 495 Lautstarke 505 Lawinen-Photodiode 697 Lawson-Diagramm 599 Leckage 594 Leerlaufspannung, Photodiode 696 Leerstellen 639, 640 Leistung 8, 50 - bei Rotation 62 - , Drehbewegung 60 - , elektrische 238 - gegen turbulente Stromung 125 - im Wechselstromkreis 323 - , mittlere 50

735

- , Momentan- 50, 60 - , Nenn- 50 - , Torsions- 60 - , Translation 62 - , Turbine 118 Leistungszahl 175 - fur Carnot-ProzeB 176 Leiter, elektrischer 655 - erster Art 654 - im elektrischen Feld 269 - im Magnetfeld 293 - zweiter Art 654 Leiterspannung 327 Leiterstrom 327 Leitfahigkeit eines Halbleiters 310, 663 Leitfahigkeit, elektrische 220, 225, 661 - , elektrische und magnetische 311 Leitrad 117 Leitungsband 655 Leitungsmechanismen in Halbleitern 663 Leitwert 225 Leptonen 603, 604, 609 Leptonenzahl 607 Leuchtdichte 443 Leuchtdiode 437, 443, 690 Licht, Brechung 409 - , elliptisch polarisiertes 470 - , Polarisation 468 - , zirkular polarisiertes 469 Lichtbrechung an einem Prisma 413 an Kugelflachen 416 lichtelektrischer Effekt 477, 527 Lichtgeschwindigkeit 7, 9, 709 Lichtmenge 443 Lichtmessung 435 Lichtquanten 477 Lichtquantenhypothese 402, 478 Lichtreflexion 404 - an gekriimmten Flachen 405 Lichtsekunde 701 Lichtstarke 7, 444 Lichtstrahlen 403 Lichtstrahler, elektromagnetische 473 Lichtstrom 442, 443 Lichttechnik 441 lichttechnische GroBen 441 Lichtwellenleiter 412 lineare Energieiibertragung 620 lineare Regression 15 Linienfehler 639, 640 Linienfliichtigkeit der Kraft 65 linienformige Schallquelle 495 linkslaufiger KreisprozeB 175 Linse 418 - , Brechkraft419 - , Brennweite 419 , dicke 422 - , diinne 418 Linsensysteme 424 Linsentypen 420 Lissajous-Figuren 370, 376, 378 Lochblende 454 Locher 663

736

12. Sachwortverzeichnis

logarithmische Regression 15 logarithmisches Dekrement 361 longitudinale Molekiilschwingung 493 longitudinaler Doppler-Effekt 710 Longitudinalwelle 383, 490 Longitudinalwellen in Gasen 396 Lorentz-Kraft 296, 297, 677, 685 Lorentz-Transforraation 700, 701 Lorenzsche Zahl 204 Losungsfunktion der Wellengleichung 492 Luft, feuchte, Druck 200 Luft, warmtechnische Stoffwerte 213 luftaquivalentes Wandmaterial 625 Luftdampfungskoeffizient 493 Luftfeuchtigkeit 199, 201 Luftreibungskoeffizient 36 Luftschalldammung 512 Lumineszenz-Diode 670, 690 Lupe 429 Lux 443 Lyman-Serie 521

M Machscher Kegel 392 Machscher Winkel 392 Machzahl 132, 392 Madelung-Konstante 635 Maggi-Righi-Effekt 685 magische Zahl 569, 572 Magnetfeld der Erde 287 -, Kraftwirkungen 293 - und elektrischer Leiter 293 - und Kraftwirkungen 292 - und Materie 300 magnetische Energie 309 - Energiedichte 340 Feldkonstante 9, 293, 339 - Feldstiirke 8, 287, 339 Feldstarke, geradliniger Leiter 288 - Feldstarke, Leiter beliebiger Geometrie 290 - Feldstarke, Ringspule 289 - Feldstarke, Zylinderspule 289 - FluBdiehte 292, 339 - FluBdiehte, kritische 674 - Induktion 8, 220, 293 - Kraft 339 - Leitfahigkeit 310 - Polarisation 300 - Quantenzahl des Kernspins 550 - Saize 192 ~ Spannung 339 - Suszeptibilitiit 301 - und elektrische GroBen, Vergleich 339 - Werkstoffe 306 magnetischer EinschluB 599 - FluB 8, 292, 312 - Kreis, elektrischer Stromkreis, Analogie310, 311 - Werkstoff 306 - Widerstand 310, 339

magnetisches Dipolmoment 340, 548, 549 ^ Feld 286, 317 - Feld, Energiedichte 318 - Moment 295, 550 Magnetisierung 301 Magnetismus 220, 286 -, Bahn- 548 -, Kern- 548 ••••; Spin- 548 -, Strukturbild 220 magnetokalorischer Effekt 192 Magneton,Bohrsches 296, 548 Magnetorotation 476 Magnetostatik 220, 342 Magnetostriktion 305, 518 Magnetschwebebahn 307 Magnus-Effekt 115 Majoritatstriiger 665 makromolekulare Festkorper 642 Makrophysik 2 Malus-Gesetz 469 Mammutpumpe 134 Manometer 97 Maschenregel 229 Maschinen, elektrische 328 Masse 7, 32, 62 Masse eines Korpers 706 Masse-Feder-System, Resonanzfrequenz 514 -, Resonanzkurve 515 Masse, schwere, trage 33 MaBeinheiten 5 , Potenzen 6 Massenanziehung 81 Massenbremsvermogen 615 Massendefekt 567 Masseneinheit, atomare 566 Massenmittelpunkt 44 Massenschwachungskoeffizient 617 Massenspektrograph 300 Massenspektrometer 565, 566 Massenstrom 46, 110 - beim AusfluB 114 im Rohr 122 Massentragheitsmoment 59, 62, 69, 70, 351 Massenverteilungskurve 592 Mafistabsfaktor 210 Materialgleichung 220 Materie im elektrischen Feld 269 im Magnetgfeld 300 , Strahlung, Wechselwirkung 610 materielles Teilchen, Drehimpuls 58 Materiewellen 486 mathematisches Pendel 350 Matthiessensche Regel 661 maximale Wellenzahl, Gitterwellen 680 Maxwell-Modell 645 Maxwellsche Gleichungen 42, 220, 271, 340, 469, 700 Maxwellsche Verteilungskurve 154, 155, 196 Mechanik deformierbarer Korper 84 -, Einfuhrung 19

-, Energiesatz 52 -, klassische 31 , Newtonsche 19 -, relativistische 19 - starrer Korper 63 -, Strukturbild 20 mechanische Arbeit 47 - Beruhrungsthermometer 145 - Eigenschaften, Fliissigkristalle 653 - Hysterese 92 ~- Schwingungssysteme 354 mehrschichtige Trennwand, Temperaturverlauf 207, 208 MeiBner-Ochsenfeld-Effekt 674 Memory-Legierungen, Eigenschaften 651 menschliches Auge 426 menschliches Gehororgan 505 mesomerer Zustand 576 Meson 603, 604 MeBbereichserweiterung 232 MeBgenauigkeit 9 MeBgerat, elektrisches 334 MeBgerate, Einteilung 335 MeBunsicherheit 11 MeBverfahren, Standardabweichung 13 MeBwerk, digitales 337 -, elektrodynamisches 336 -, elektrostatisches 337 MeBwertabweichung 10 MeBwerte, Schwerpunkt 15 Metall 655, 657, 684 -, Warmekapazitat 684 Metalle, elektrochemische Spannungsreihe 243 metallische Bindung 634, 635 metallisches Glas 641 Meter 7 Methoden der Kraftmessung 35 Metrologie 5, 546 Michelson-Interferometer 394, 450 Mikrophon 495 Mikrophysik 2 Mikroskop 430, 459 Millersche Indizes 639 Minkowski-Diagramm 701, 702 Mischkristall 662 Mittelungspegel 506 Mittelwert, arithmetischer 11 mittlere Bahnlange 617 - Beschleunigung 22 - Geschwindigkeit 20 - Geschwindigkeit, Gasmolekiile 152 - lonisierungsenergie 616 - Leistung 50 - thermische Energie 154 mittlerer Absorptionsgrad, Akustik 511 Moderator 593, 594 Mohrscher Spannungskreis 89, 91 Mol 7 molare GroBen 142 molare Warmekapazitat 157, 163, 681, 682 - Warmekapazitat, Elektronengas 659

12. Sachwortverzeichnis Molekiilachse bei der Rotation 561 Molekiilorbital 558 Molekiilschwingung, longitudinale 493 Molekiilspektren 558 Molekulspektroskopie 653 Mollier-Diagramm 202 Molmasse 143, 242 Molvolumen 149 Moment, Dipol-, elektrisches 223, 283, 340 -, Dipol-, magnetisches 340, 548 -, Drehmoment der Stromung 117 -, Drehmoment eines Kraftepaars 65 -, Dreh-, Turbine 118 -, Dreh- 58, 62, 66 -, Gesamtdreh- 61 -, Kreisel- 76 -, magnetisches 292, 295, 550 -, Richt- 60 -, statisches 100 -, Torsions- 60 Momentanbeschleunigung 22 Momentangeschwindigkeit 21, 26 Momentanleistung 50 Momentenbeiwert 131 Monochromator 460 Mott-Streuung 564 multihneare Regression 15 Multiplett 522 MultipHkationsfaktor 593, 594 musikahsche Akustik 507 Musikinstrumente, Frequenzbereiche 508 Mutter-Tochter-System 579 Myon 603, 604 N n-Emission 576 Nachhall 511 Nachhallzeit 512 Nahpunkt 427 NaBdampf 191 Naturkonstanten 9 natiirliche Radioaktivitat 577 - Zerfallsreihen 580 Navier-Stokes-Gleichung 209, 210 Nebenquantenzahl 523, 524 Neel-Temperatur 305 negativer Kristall 471 nematische Fliissigkristalle 476, 652 Nennleistung 50 Nernst-Effekt 685 Nernst-Warmesatz 188 Netzebene 463 Neutrino 604 Neutron 604 Neutroneneinfang 590, 592 Newtonsche Abbildungsgleichung 420 Newtonsche Axiome 31 Newtonsche Ringe 449 Newtonsches Aktionsgesetz der Drehbewegung 58

Newtonsches Gravitationsgesetz 81 Newtonsches Grundgesetz 32 Newtonsches Reibungsgesetz 121 Nichtleiter im elektrischen Feld 276 nichtlineare Schwingungen 381 nichtnewtonsche Substanzen 121 Niederdrucklampen 255 Norm-Hammerwerk 515, 516 Norm-Trittschallpegel 516 Normalkomponente 26 Normalkraft 34 Normalspannung 85, 90 NormalvergroBerung 429 Normalverteilung 10 Normatmosphare 101 Normdruck 149 normierte Wellenfunktion 532 Normstimmton 508 Normtemperatur 149 Normzustand, Gas 149 Nukleon 565 NukUde, Daten 567, 587 Nukhdmassen 566 Nullphasenwinkel 319, 345, 346 Nullpunkt, absoluter 143, 148 nullter Hauptsatz der Thermodynamik 143 numerische Apertur 410, 412 NuBeltzahl211, 212 Nutation 74 Nutationsbewegung 75 O

Oberflachendruck 105 Oberflachenenergie 104 -, Atomkern 568 Oberflachenspannung 104 Oberflachensperrschichtdetektor 582 Oberflachentemperaturen 219 Oberschwingung 396 Objektiv 430 offene Gasturbine 178 offene Strahlungsquellen 586 offenes System 140 Ohmscher Widerstand 321 Ohmsches Gesetz 220, 228, 661 -, elektrischer und magnetischer Stromkreis 311 Ohr 504, 505 Oktave 507 OktavfiUer 498 Okular 430 Operatoren 530 Operatorenalgebra 531 Optik, allgemein 402 -, geometrische 402, 403 -, Quanten- 402, 403, 477 -, Wellen- 402, 444 optische Abbildung 439 optische Achse 471 optische Aktivitat 475 - Eigenschaften, Flussigkristalle 653 - Faserkreisel 78 - Instrumente 426, 428, 455 - Wegdifferenz 445

737

optisches Spektrum, Wasserstoffatom 520 Optoelektronik 690 optoelektronische Halbleiter-Bauelemente 690 Orbital, Atom- 540 -, Molekiil- 558 Ordnungszahl 398, 553 Ortsdosis 629 Ortsoperator 530 Ortsvektor 25, 530 Oszillator 343, 382, 532 -, anharmonischer 560 -, harmonischer 534, 560 Otto-ProzeB 176, 177

p-Emission 576 p-Funktion 539 p-Orbital 540 p-Typ-Halbleiter 666 Paarbildungseffekt 613 Paarungsenergie 568, 569, 570 Parabolspiegel 405 Paradoxon, hydrodynamisches 115 -, hydrostatisches 100 Paraelektrizitat 283 Parallelismus, gleichsinniger 76 Parallelogramm fiir Krafte 33 ParallelschaUung 35, 230, 236, 276, 322 - der Bauelemente im Wechselstromkreis 324 -, Kondensatoren 276 -, Spannungsquellen 236 - von Federn 35 -, Widerstande 230 Paramagnetismus 301, 302, 303 parametrisch erregte Schwingungen 382 Paritat 607 Partialdruck 196 Partikelbild 3 Pascal 98 Paschen-Serie 521 PaBfehler 450 Pauli-Prinzip 554 Pecletzahl211 Pegeldifferenz 497 Pegelzuschlag 497 Peltier-Effekt 686 Peltonturbinen 137, 139 Pendel, ballistisches 56 -, Fliissigkeits- 353 -, Foucaultsches 41 -, mathematisches 350 -, physikaUsches 352 -, Torsions- 351 Pentagonalprisma 415 Periodendauer 28, 346, 384 - der Schwebung 372 Periodensystem der Elemente 553, 745 periodische Felder 318 Periodizitat 344,346

738

12. Sachwortverzeichnis

Permeabilitatszahl 300, 339 Permittivitat 339 Permittivitatszahl 276, 277 - , Temperatur- und Frequenzabhangigkeit 284 Perowskit-Stmktur 688 Perpetuum mobile erster Art 52, 159, 160 - zweiter Art 181 Personendosis 627 Phase 346, 367 Phasengeschwindigkeit 387, 400, 680 - , Gitterwellen 680 Phasenraum 527 Phasenregel, Gibbsche 199 Phasenresonanzfunktion 367, 369 Phasensprung 393 Phaseniibergang 193 Phasenumwandlung 193 Phasenwinkel 346 phon 505 Phononen 678 Phononen-Dispersion 679 Phononenweglange 683 Photoapparat 434, 435 Photodiode 436, 670, 695 Photoeffekt 477, 513, 613, 693 Photoemission 250 Photoleiter 694 Photometric 435 photometrische GroBen 443 photometrisches Entfernungsgesetz 438 - Grundgesetz 438 - Strahlungsaquivalent 442 Photon 478, 608 Photon, Absorption 482 Photon, Energie 479 Photon, Impuls 480 photopischc Anpassung 442 Photostrom 695 Phototransistor 698 Photowiderstand 226, 694 Physik, Gebiete 4 - , klassische 3 - , Quanten- 3, 519 physikalische Erkenntnis, Bereiche 3 physikaHsche GroBen 5, 8 physikalischer ErkenntnisprozeB 1 physikahsches Pendel 352 physiologische Akustik 504 physiologischer Grenzwinkel 428 piezoelektrischer Effekt 688, 689 - Wandler 496 piezoresistiver Wandler 496 Pin-Photodiode 697 Pion 603, 609 Pitot-Rohr 112 Planartechnik 674 Plancksche Strahlungsformel 440, 483 Plancksches Wirkungsquantum 2, 9, 440, 479 Planeten des Sonnensystems, Daten 2,80 Plasma 598

PlasmaeinschluB 599, 600 Plasmaheizung 600 Plasmastabilitaten 600 Plasmastrom 256 Plasmaverunreinigungen 600 plastische Verformung 92 Plattenkondensator, Kapazitat 274 Plattenschwinger 501 pn-Ubergang 667 Pneumatik 99 Pockels-Effekt 473, 474 Poggendorf, Kompensationsmethode 235 Poisson-Zahl 86, 87 Poissonsche Gleichung 168, 206 Polarisation 220, 269, 276, 283, 383, 689 - des Lichtes 468 - , elektrische 276, 277, 283 - , magnetische 300 - , optische 468, 681 Polarisationsfohe 473 Polarisationsprisma 472 Polarisationswinkel 470 Polarisator 469 Polaroid-Filter 473 Polymerwerkstoff 643 polynome Regression 15 polytrope Zustandsanderung 169, 170 Polytropenexponent 169 porose Schallabsorber 500, 501 Porrosche Prismen 432 positiver Kristall 471 Positron 573, 604 Positronium 606 Postulate, Bohrsche 522, 523 der speziellen Relativitatstheorie 700 Potential, Coulomb- 523 , elektrostatisches 260 , Geschwindigkeits-, Gradient 108 ,Gibbsches 188 - , Gravitations- 84 - , Rechteck- 534 - , thermodynamisches 140, 187 - , Woods-Saxon- 571 Potentialdifferenz 224 Potentiale, Schrodinger-Gleichung 535 - , thermodynamische 187 Potentialkurve bei Molekiilanregung 558, 559 Potentialschwelle, Tunneleffekt 534 Potentialtheorie 109 Potentialtopf 532 potentielle Energie 83 - starrer Korper 67 - , Wasserstoffatom 537 Potentiometer 226 Potentiometerschaltung 234 Potenzen von MaBeinheiten 6 Poyntingscher Vektor 387 Prandtlsches Staurohr 112 Prandtlzahl211 Prazession 75, 76

Presse, hydrauHsche 99 Primarbatterien 247 Primarelement 244, 246 Primarionisation 578 primitive Gitter 636 Prinzip von d'Alembert 38 Prisma 413 - , Ablenkungswinkel 414 - , Auflosungsvermogen 461 ~, Glan-Thompson- 472 - , Lichtbrechung 413 Prismenspektrometer 414 Proton 604 - , Ruhemasse 9 Protonen, Energieaufspaltung im Magnetfeld 552 Protonenresonanzspektrum 553 ProzeB, irreversibler 140, 157, 180 - , reversibler 140, 180 Prozesse, StoB- 51 ProzeBgroBen 141 Prufverfahren, Harte 95 Pulververfahren 464 Pumpe 119, 133 - , Betriebspunkt 135 - , Drehmoment, Eulersche Gleichung 119 - , Forderhohe 118, 135 - , Forderstrom 135 Pumpen, Bauformen 134 Pumpenanlagen, charakteristische GroBen 133 Pumpcnkcnnlinic 134, 135 Punkt, kritischer 191, 192 Punktfchlcr 639, 640 punktformige Schallquclle 495 Punktladung, clcktrischcs Feld 272 Pupillc 425 Purkinje-Effekt 442 p,V-Diagramm 170, 178

Q-switching 485 Quader, Masscntragheitsmomente 71 Quahtatsfaktor 620, 621 Quanten-Hall-Effekt 225, 298, 524, 541, 543, 546 Quantcnausbeute 695 Quantenbedingungen nach BohrSommerfeld 523, 524 Quantenmechanik des Wasserstoffatoms 537 Quantenoptik 477 Quantenphysik 3 Quantentheorie 519, 525 - , Experimente 526 Quantenzahl der Farbladung 606 - , magnetische 554 Quantenzahlen von Protonen und Neutronen 606 Quark-Antiquark-System 606 Quarkonia 606 Quarkoniumzustande 606 Quarks 605

12. Sachwortverzeichnis quasistationare Strome, Elektrodynamik 342 Quelle 107, 110, 673 - , Stromungs- 107 Quellenfreiheit 110 Querdehnung 86 Querdehnungszahl 86, 87 Querschnittsveranderung, Unter- und Uberschallstromung 133 Querwelle 383

Radialanteil der Wellenfunktion 538 Radikale 622 radioaktive Nuklide, Anwendung 586 - Stoffe, Anwendung 581 - Strahlenquellen 584 - Zerfallsreaktionen 574 radioaktiver Zerfall 573, 576 radioaktives Gleichgewicht 579 radioaktives Zerfallsgesetz 576 Radiographic 586 Radiographieverfahren 585 Radiotoxitat 631 Radius, Bohrscher 524, 539 Rakete, Bahnscheitel 47 - , Beschleunigung 46 - , Geschwindigkeit 46 - , Steighohe 46 Raketengleichung 45 Raketenmasse, Abnahme 46 Raman-Effekt 562 Rasterelektronenmikroskop 487 Raumakustik 510 Raumausdehnungskoeffizient 99, 147, 148 Raumladungszone 668 riiumliche Spannungszustiinde 89 Raumwinkel 8, 436 raumzentrierte Gitter 637 Rayleigh-Jeans-Gesetz 483 Rayleigh-Streuung 562, 613 Rayleighsches Kriterium 455 Reaktanz 326 Reaktortypen 594 reale Fliissigkeiten, Stromungen 120 reale Gase, Stromungen 120 - , Zustandsanderungen 189 Realgasfaktor 189 Rechteckpotential 534 rechtslaufiger KreisprozeB 172 Redoxreaktion 241 Referenzwelle 466 Reflexion an gekriimmten Flachen 405 Reflexion von Licht 404, 470 Reflexion von Wellen, fi^eies und festes Ende 395 Reflexionsfaktor einer Grenzflache 499 Reflexionsgesetz, Optik 404 Reflexionsgrad 215 - , Schall- 499 reflexvermindernde Schichten 448

Regression, exponentielle 15 - , lineare 15 - , logarithmische 15 - , multilineare 15 - , polynome 15 Regressionsgerade 14 Reibung, auBere 36 - , Festkorper- 36 - , Flussigkeits- 36 - , innere 36, 120 - , Luft- 36 - , Newtonsche 121 - , turbulente 36 Reibungsarbeit 48 reibungsfreie Stromungen, Grundgleichung 109 Reibungsgesetz, Anwendung 121 ~, Newtonsches 121 ~, Stokessches 122 Reibungskraft im Rohr 122 - , Stokessche 269, 360 Reibungskrafte 36 ~ bei Schwingungen 358 Reibungspumpen 134 Reibungswiderstandskraft 124 Reibungszahl 36 Reichweite 616, 617 Reihenschaltung 230, 236, 276, 321 '- der Bauelemente im Wechselstromkreis 322 - , Kondensatoren 276 - , Spannungsquellen 236 - , Widerstande 230 Rekombination 251, 690 Relativbewegung 37 relative Atommasse 566 - biologische Wirksamkeit 620 - Dielektrizitatszahl 277 - Haufigkeit 10 Luftfeuchtigkeit 201 - Tiefendosis 622 relativistische Addition der Geschwindigkeiten 705 - Dymanik 705 - Effekte 703 - Kraft 706 ~ Wellengleichung 609 relativistischer Faktor 701 - Impuls 706 Relativitiit des Bezugssystems 699 Relativitatstheorie, spezielle 699 Relaxationszeit 493, 646, 660, 661 relaxierendes Verhalten 646 Relativitatsprinzip 699 rem 619 Remanenz 304 Resistanz 326 Resonanz 322, 324, 344, 367, 515 Resonanzabsorber 500 Resonanzfall, Amplitude 368 Resonanzfrequenz, Masse-FederSystem 514 Resonanzkreisfi-equenz 368 Resonanzkurve, Masse-Feder-System 515 Resonanzspektrometer, Aufl^au 552

739

Resonanzspektroskopie 520 Resonanzuberhohung 368, 369 Resonator 343, 344, 366 Restdehnung 92 resultierende Kraft 65 reversible Prozesse 180 Reynoldszahl 127, 210, 211 Rheologie 645 Richardson-Gleichung 250 RichtgroBe 35 - , Winkel- 62 Richtmoment 60 Richtungen in Kristallgitter 638 richtungsabhangige Polarisation, elektrische 283 Righi-Leduc-Effekt 685 Ringe, Haidingersche 447 - , Newtonsche 449 Ringspule, magnetische Feldstarke 289 Rockwell-Verfahren 95, 96 Rohr, Druckabfall 122 - , Massenstrom 122 - , Reibungskraft 122 - , Volumenstrom 122 Rohrreibungszahl 123, 129 Rohrreibungszahl-Reynoldszahl-Diagramm 128 Rohrstromung, laminare 121 Rohrturbine 137, 139 Rohrwiderstandsgesetz 123 Rollreibung 36 Rollreibungskraft 358 Rontgen 618, 619 Rontgenquanten, Streuung 564 Rontgenbeugung 462, 526 Rontgenbremsstrahlung 555 Rontgenfluoreszenzanalyse 487 Rontgenrohre, Aufbau 555 Rontgenspektrum 555 Rontgenstrahlung 555 , Schwachung 617 Rotation 58, 64 Rotation, dynamisches Grundgesetz 59 Rotation und Translation, Analogic 62 Rotations-Schwingungs-Spektrum 560 Rotations-Spannarbeit 62 Rotationscnergie 60 - eines Teilchens 537 - , Encrgiccrhaltungssatz 63 - starrer Korper 69 Rotationslcistung 62 roticrendes Koordinatensystem 39 Rotor 316, 329 Ruckstreuung 617 Riickstreuvcrfahren 584, 586 riicktreibende Kraft, Akustik 491 Ruheenergie 708 Ruhemasse des Elektrons 9 - des Protons 9 ruhende Flussigkeiten 96 - Gase 96 Rutherford-Streuung 563, 564 Rydberg-Atome 524 Rydberg-Konstante 522, 524

740

12. Sachwortverzeichnis

s-Funktion 539 s-Orbital 540 S-Turbine 137, 139 Sabinesche Formel 512 Saccharimeter 475 Sagnac-Effekt 78 Sammellinse 419 Sattigungsdampfdruck von Wasser 196 Satz von Steiner 72 Saugeffekt von Stromungen 114 Schaden, genetische 622 Schadt-Helfrich-Zelle 476 Schalenmodell 570 Schall-Absorptionsgrad 499 Schall, allgemein 490 - , indirekter 510 Schall-Reflexionsgrad 499 Schall-Transmissionsgrad 499 Schallabsorber 500, 501 Schallabsorption 490, 494, 511 Schallausbreitung 490 - , Schnelleverteilung 493 Schallbereich 504 SchalldammaB 502, 512, 513 Schalldammung 490 - , Korper- 513 -, Luft- 512 Schalldruck, Horschwelle 504 Schalldruckpegel 496, 497 Schalleistung 493, 494 auf die Trennwandflache 513 , diffuses Schallfeld 511 im Raumwinkel 510 -, spezifische 495 , transmittierte 513 Schalleistungspegel 497, 511 Schallempfindung 504 Schallfeld, diffuses 510 Schallfrequenz, Horbereich 504 Schallfrequenzspektrum 498 Schallgeschwindigkeit 492 - einiger Stoffe 493 - , maximale 680 schallharte Grenzflachen 499 Schallintensitat 493, 494, 495, 513 Schallintensitatsabfall 493 Schallintensitatspegel 497 Schallinterferenz 500 Schallkennimpedanz 493, 499 Schallmauer 392 Schallpegel-Additionstabelle 497 Schallpegel, bewerteter 506 Schallpegeldifferenz 495 Schallquellengeometrie 495 Schallschnellepegel 497 Schallspektren, charakteristische 508 Schalltransmissionsgrad 499 Schallwandler 495 Schallwechseldruck 493, 495 schallweiche Grenzflachen 499 Schallwelle, Energiedichte 493 Schallwellen 490 - an Grenzflachen 499

Schaltung von Kapazitaten 275 - von Spannungsquellen 236 - von Widerstanden 230 Scharfentiefe beim Photoapparat 435 ScheingroBe 320, 326 Scheinkraft 38 Scheinleistung 325 Scherung 86, 88, 90 Scherungsgerade 309 Schichtverbundwerkstoff 646, 647 Schiebung 85, 90 schiefe Ebene 34, 48, 72 schiefer, zentraler StoB 56 Schlupf, Drehstromasynchronmotoren 330 schmalbandige Absorber 501 Schmelzdruckkurve 198 Schmelzen 193 Schmelzenthalpie 194 Schmelztemperatur 194 Schmerzgrenze, akustische 504 Schneckenpumpe 134 Schnelle, Schall- 490 Schnelleamplitude 493 Schnelleverteilung der Schallausbreitung 493 Schnittweitengleichung 419, 422 Schottky-Diode 670 Schottky-Fehlordnung 640 Schraubenversetzung 640 Schrodinger-Gleichung 528, 535, 609, 657 - , harmonischer Oszillator 560 - , Nukleonen 570 - , Quanten-Hall-Effekt 541 - , zeitabhangige 529 - , zeitunabhangige 530 Schubkraft 46 Schubmodul 86, 88 Schubspannung 85, 89, 90, 120 Schutz, Strahlenbelastung 85, 631 schwache Wechselwirkung 608 Schwachungsfaktor 630 Schwachungskoeffizient 557 schwarzer Korper 214, 440 Schwebung 372 Schwebungsfrequenz 372, 379 Schwebungsgruppe 399 Schwellenenergie 587 Schwellstrom 692 Schwere 33 Schweredruck in Fliissigkeiten 100 - in Gasen 101 Schwerkraft 34 - , Hubweg 83 Schwerpunkt 44, 67 Schwerpunkt der MeBwerte 15 - , starrer Korper 67 Schwerpunktsatz 44, 45 Schwerpunktskoordinaten 67 schwimmende Korper, Stabilitat 103 schwimmender Estrich 516 schwingende Gitterbausteine 678 Schwingfall 360, 361 Schwingkreis, charakteristische KenngroBen 364

- , Giite 369 Schwingung, allgemein 343 - , elektromagnetische 343, 355, 363 - , erzwungene 343, 344, 347, 365 - , freie 343, 344, 347 - , freie gedampfte 343, 344, 358, 361 - , fundamentale 379 - , gedampfte 361 - , gekoppelte 378 - , Gesamtenergie 354 - , mechanische 343 - , nichtlineare 381 - , parametrisch erregte 382 - , tJberlagerung 370 - , ungedampfte 343, 344, 347 Schwingungen, charakteristische GroBen 346 - , elektromagnetische und mechanische. Analogic 357 - mit mehreren Freiheitsgraden 378 - , Reibungskrafte 358 - und Wellen, Zusammenhang 343 Schwingungsdauer 346, 384 schwingungsfahige Systeme, Grundlagen 343 Schwingungssystem, gekoppeltes 378 Schwingungssysteme, mechanische 354 Schwingungsiiberlagerung, Ausloschung 371 - , parallele 370 , senkrechte 376 , Verstarkung 371 Seebeck-Effekt 145, 686 Sehwinkel 428 Seiliger-ProzeB 176, 177 Seitendruck 100 Seitendruckkraft 101 Seitenkanalpumpe 134 Sekundiirbatterien 248 Sekundarelektronenemission 250, 251 Sekundarelement 244, 248 Sekundarionisation 581 Sekunde 7 selbstandige Gasentladung 252 Selbstinduktion 316, 317 Seltsamkeit 604, 607 Senke 110, 673 , Stromungs- 107 senkrechter Wurf 24 Senkung, kapillare 105 Senkwaage 103 Separation 538 Separationsenergie 569, 570 Serienschaltung von Federn 35 SI-Einheiten 5, 7 Sicherheit, statistische 12 Sieden 193 Sievert 619 Skineffekt 315 skotopische Anpassung 442 smektische Flussigkristalle 652 Snelliussches Brechungsgesetz 410 Solarkonstante 438 Solarzelle 696 Solenoid 289

12. Sachwortverzeichnis somatische Strahlenschaden 622, 623 Sommerfeldsche Erweiterung 523 - Feinstrukturkonstante 9, 524 - Quantenbedingungen 524 Sonar-Prinzip 518 sone 505 Sonnensystem, Planetendaten 80 Spalt, Beugung 452, 529 Spaltprodukt 591 Spaltungsquerschnitt 590 Spaltwahrscheinlichkeit 593 Spannarbeit 62 Spannung 224 -, Diffusions- 668 -, elektrische 8, 224, 339 -, Hall- 298, 543, 544 -, induzierte 339 -, Klemm- 235, 236 -, magnetische 339 -, Normal- 85, 90 -, Oberflachen- 104 -, Schub- 85, 89, 90, 120 -, Temperatur- 668 -, Wechsel-, Effektivwert 319 Spannungen, elastische Verformung 85 Spannungs-Dehnungs-Diagramm 93 Spannungsabfall, elektrischer 339 -, magnetischer 339 Spannungsdoppelbrechung 473 Spannungsfaktor 309 Spannungsgradient 108 Spannungskreise, Mohrsche 91 Spannungsmesser 233 Spannungsquellen, Arten 224 -, elektrochemische 243 -, Schaltung 236 Spannungsreihe, elektrochemische, Metalle 243 -, thermoelektrische 687 SpannungsstoB 292 Spannungszustand 85 -, dreiachsiger 85 Spannungszustande, raumliche 89 Speicher-Varaktoren 670 Spektralapparat 459 spektrale GroBen, Strahlenphysik 439 spektrale Strahldichte 440 Spektrallampe 255 Spektralphotometer 460 Spektrograph 460 Spektrometer 460 -, Drehkristall 464 Spektroskop 460 Spektroskopie, Absorptions- 520 -, Emissions- 520 -, Resonanz- 520 Spektroskopie-Verfahren 521 Spektrum 519 - des Wasserstoffatoms 520, 521 Sperrsattigungsstrom 669 Sperrspannung 668 spezielle Gaskonstanten 149 spezielle Relativitatstheorie 699 - der Elektrodynamik 708

-, Postulate 700 spezielle Zustandsanderungen idealer Gase 165, 170 spezifische Ausstrahlung 214, 215, 438, 443 - Drehzahll38 - Enthalpie feuchter Luft 202 - GroBen 142 - lonisation 611 - Ladung 299 - Lichtausstrahlung 443 - Schalleistung 495 - Warmekapazitat 157,+ 681, 684 spezifischer elektrischer Widerstand 227 spharischer Spiegel 405 Spiegel, Bildentstehung 405 -, Konvex- 406 Spiegelversuch, Fresnelscher 446 Spin 607 Spin-Bahn-Kopplung 572 Spinmagnetismus 548, 550 Spinmoment, magnetisches 303 Spinquantenzahl 550 spontane Emission 482 Spontanspaltung 569, 576 Sprungtemperatur 674 Spule 321 -, Ein- und Ausschaltvorgange im Stromkreis 333 Spuranpassung 503 Spurwellenlange 503 stabiles Gleichgewicht 68 Stabilitat schwimmender Korper 103 Stabilitatsprobleme 103 Standard-Gleichgewichts-Ionendosis 625 Standardabweichung 11 - des MeBverfahrens 13 Standardwasserstoffelektrode 243 Stapelfehler 640 Stark-Effekt 549 Starke Wechselwirkung 608 Starke, Beleuchtungs- 8,443 -, Bestrahlungs- 438,443 -, Feld-, elektrische 8, 259 -, Feld-, magnetische 8, 287 -, Gravitationsfeld- 84 -, Koerzitivfeld- 304 -, Laut- 505 -, Licht- 7, 443 -, Strahl- 437, 443 -, Strom-, elektrische 7, 223 -, Transportfeld- 108 starrer Korper 19 -, Kinematik 64 -, kinetische Energie 68 -, Massentragheitsmoment 69, 70 -, Mechanik 63 -, potentielle Energie 67 -, Rotationsenergie 69 -, Schwerpunkt 67 -, Translationsenergie 69 starrer Rotator, Eigenwerte 561 Statik 19 -, Eliminatoren 585

741

-, Gleichgewichtsbedingungen 66 stationare Strome, Elektrodynamik 342 - Stromung 110 stationarer Ladungstransport 223 - Warmetransport 205, 207 statischer Druck 111 statisches Kraftegleichgewicht 34 - Moment 100 statistische Abweichungen 10 - Deutung der Entropie 185 - Sicherheit 12 statistisches Gewicht 154 Stator 316, 329 Staudruck 112, 113 Staurohr, Prandtlsches 112 Stefan-Boltzmann-Gesetz 215, 441 Stefan-Boltzmann-Konstante 9 stehende Wellen 394 Steighohe 106 -, Rakete 46 Steinerscher Satz 72, 352 Stellarator 600 Steradiant 436 Stem-Dreieck-Schaltung 232, 327 Sternschaltung 327 Steuerspannung 673 Stirling-ProzeB 177, 178 Stoffmagnetismus, Arten 302 Stoffmenge 7 StokesHnie 562 Stokessches Reibungsgesetz 122 Storstellen 666 Storstellenleitung 663, 665 StoB, Drehmoment 60 -, elastischer 53, 56 -, inelastischer 55, 57 -, schiefer, zentraler 56 StoBgesetze, elastische 54 -, inelastische 55 StoBparameter 563 StoBprozesse 51 -, Klassifikation 54 Strahldichte215, 437, 443 -, spektrale 440 Strahlen, direktionisierende 611 Strahlenarten 573 Strahlenbelastung 610, 624 - des Menschen 624 -, Schutz 629 Strahlenbiindel 403 Strahlendosisgrenzwerte 628 Strahleneinwirkung, terrestrische 625 Strahlenquelle, radioaktive 584 Strahlenschaden 623, 662 Strahlenschutz 610, 624 StrahlenschutzmaBnahmen 627 Strahlenschwachung 617 Strahlenwirkung, biologische 622 Strahler, Lambertsche 437 -, schwarzer 440 Strahlgeschwindigkeit 45 Strahlpumpen 134 Strahlstarke 437, 443 Strahlung, biologische Wirkung 622 -, charakteristische 555

742

12. Sachwortverzeichnis

-, ionisierende 578 -, Materie, Wechselwirkung 610 -, Warmestrom 215 Strahlungsaquivalent, photometrisches 442 Strahlungsaustauschkoeffizient 215, 216 Strahlungsdetektoren 582 Strahlungsdichte 215 Strahlungsenergie 436, 443 Strahlungsgesetz, Kirchhoffsches 214 Strahlungsgleichung, Plancksche 440, 483 Strahlungsintensitat 556 Strahlungsisothermen 483 Strahlungsleistung 214, 215, 436, 443 -, durchgelassene 694 Strahlungsphysik 436 strahlungsphysikalische GroBen 436 Strahlungsquellen 690 Strangspannung 327 Strangstrom 327 Streckgrenze 93 Streuanteil 557 Streuung von Alpha-Teilchen 564 - von Elektronen 564 - von Neutrinos an Protonen 564 - von Rontgen-Quanten 564 Stromdichte 220, 223 -, elektrische 223 stromende Fliissigkeiten 107 stromende Gase 107 Stromkreis, Ein- und Ausschaltvorgange 331 Stromlinien 107 Stromlinienform 125 Strommesser 232 Stromresonanz 323 Stromrichtung, technische 224 Stromstarke 223 -, elektrische 7, 339 Stromung, Drehmoment 117 -, instationare 123 -, laminare 120,123 -, Saugeffekt 114 -, turbulente 123 -, Widerstande 124 Stromungen, laminare 120 - realer Fliissigkeiten 120 - realer Gase 120 Stromungsdrehimpuls 117 -, mechanischer 117 Stromungsfeld 107 Stromungsgerausche 516 Stromungsgeschwindigkeit an der Drosselstelle 113 Stromungsimpuls 115, 116 Stromungsmaschinen 119, 177 Stromungsmechanik 107 -, spezielle Probleme 130 Stromungspumpen 134 Stromungsverhaltnisse in Pumpen 119 - in Turbinen 119 Stromungswiderstand 124 Stromverstarkungsfaktor 672

Struktur fester Korper 633 Strukturbild Akustik 490 - der Mechanik 20 - der Thermodynamik 141 - Elektrizitat und Magnetismus 220 - Festkorperphysik 633 - physikalische Optik 402 - Strahlenschutz 611 Strukturen, kristalline 636 Student-t-Verteilung 12 Stufenversetzung 640 Stutzkraft 67 Sublimieren 193, 198 Substanzen, nichtnewtonsche 121 Substitution, Gitterfehler 640 Supraleiter 227, 675 Supraleitung 674 Suszeptanz 326 Suszeptibilitat, elektrische 277 -, magnetische 301 Symmetrie-Energie 568 symmetrische Spaltung 591 Synchronmotor 330 Synchrotron 299, 300, 602 Synergetik 186 System, abgeschlossenes 43, 140 -, adiabates 140, 142, 167, 184 -, Entropie 188 -, Gesamtimpuls 44 -, geschlossenes 140, 142 -, Impuls 43 -, Krafte auf Punkte 44 -, offenes 140, 142 systematische Abweichungen 10 Systeme materieller Punkte, Drehbewegung 61 Systeme, thermodynamische 142 Szintillationsdetektor 584 Szintillator 581

Taillendurchmesser 485 Tangentialbeschleunigung 28 Tangentialeinheitsvektor 26 technische Akustik 510 - Kreisprozesse 176, 177 - Stromrichtung 224 Teilchen, Welle 528 Teilchen - Welle - Dualismus 481 Teilchenmassen 566 Teilchenverbundwerkstoffe 648 Teilchenzahldichte 571 Temperatur 7, 143, 153 -, charakteristische 692 -, kritische 191 -, kritische, Supraleitung 676 -, thermodynamische 174 Temperaturabhangigkeit der Warmekapazitat, Festkorper 165 -, Wasserstoff 164 Temperaturgradient 108 Temperaturleitfahigkeit 208 Temperaturmessung 144 Temperaturprofil 207 -, konvektiver Warmeiibergang 209

Temperaturspannung 668 Temperaturstrahler 440 Temperaturverlauf, mehrschichtige Trennwand 208 terrestrische Strahleneinwirkung 625 Terzfilter 498 Tesla 293 TFTR 599 thermische Ausdehnung 147 - Emission 250 - Energie 153, 154 - ZustandsgroBen 141, 170 thermischer Ausdehnungskoeffizient 210 - Wirkungsgrad 174, 177 Thermobimetalle 647 Thermodynamik 140 -, dritter Hauptsatz 188 -, Einfuhrung 140 -, erster Hauptsatz 159 - fester Korper 678 -, Hauptsatze 140, 155, 156 -, nullter Hauptsatz 143 -, Strukturbild 141 -, zweiter Hauptsatz 180 thermodynamische Temperatur 174 thermodynamisches Gleichgewicht 195 - Potential 187 - System 142 thermodynamisches Wahrscheinlichkeitsverhaltnis 185 thermoelektrische Spannungsreihe 687 thermoelektrischer und thermomagnetischer Effekt 685, 686 Thermoelement 436, 687 Thermokraft 687 Thermometer 145, 146 Thermoplaste 643, 644 Thermospannung 686 Thermotopographie 653 Thomson-Effekt 685 Thomson-Gleichung 323 Tiefendosis, relative 622 Tokamak 599 Ton 490,507 Tonintervall 509 Tonleiter 509, 510 Toroid 289 Torricellisches AusfluBgesetz 114 Torsion 90 Torsionsleistung 60 Torsionsmoment 60 Torsionspendel 351 Torsionswelle 385 Totalreflexion 411 Toxizitat von Radionukliden 631 Tragheitsdichte, intrinsische 665 TragheitseinschluB 599 Tragheitsgesetz 32 Tragheitskraft 38 -, Akustik 491 Tragheitsmoment, Flachen- 101 -, Haupt- 73 -, Massen-59, 62, 70, 71,351

12. Sachwortverzeichnis Tragheitsmomente, Massen-, starre Korper 69, 70 Transformation, Galilei 37, 38, 699 - von Wechselstromen 327 Transformator 314, 327 Transformatorprinzip 313 Transistor 671 -, Feldeffekt- 543 Transistoren, Grundschaltungen 673 Transistorkennlinie 672 Translation 64 - und Rotation, Analogic 62 Translations-Spannarbeit 62 Translationsbewegung 23 Translationsenergie, starrer Korper 69 Translationsgitter 637 Translationsleistung 62 Transmissionsgrad 215 -, Akustik 499, 502 Transmissionskoeffizient 533 transmittierte Schalleistung 513 Transportfeldstarke 108 Transrapid 308 transversaler Doppler-Effekt 710 Transversalwelle 383, 395 Tripelpunkt 144, 198 - von Wasser 143 Trittschall 515 trocker gesattigter Dampf 191 Tropfchenmodell 567 Tubuslange 430 Tunnel-Diode 670 Tunneleffekt 533, 534, 547 Tunnelmikroskop 533, 546, 547 Tunnelstrom 547 Turbine 118, 119, 137 Turbinengleichung, Eulersche 118 Turbinenleitrad 118 turbulente Grenzschichtbildung 126 turbulente Reibung 36 U iiberhitzter Dampf 191 tJberlagerung von Schwingungen, parallele 370 -, senkrechte 376 Uberlagerung von Wellen 392, 399 Uberschallbereich 132 Uberschallstromung bei Querschnittsveranderungen 133 UberschuBreaktivitat 594 tJbersetzungsverhaltnis 327 Uhrenparadoxon 704 Ultraschall 500, 504, 517 -, Reinigung 518 Umkehrlinse 432 Umkehrprisma 415 Umlaufzeit der Planeten im Sonnensystem 82 umschlossene Strahlungsquellen 586 Umstromen von Korpern 123 umstromte Korper, Auftrieb 130 Umstromung, laminare 122 - von zylindrischen Korpern 124

unabhangiger Zerfall 579 unelastischer StoB 55, 56 unipolarer Transistor 671 universelle Gaskonstante 9, 150 Unscharferelation, Heisenbergsche 488, 533, 536 unselbstandige Gasentladung 251 Unterschallbereich 132 Unterschallstromung bei Querschnittsveranderungen 133 unvollkommene Benetzung 105 Urspannung 243 -, elektrische 339 -, magnetische 339

Vakuum-Lichtgeschwindigkeit 9, 700 Vakuumlampe 256 Vakuumphotozelle 478 Valenzband 655 Valenzelektronen 555 Van-der-Waals-Kraft 190 van-der-Waalssches Kovolumen 190 van-der-Waalssche Zustandsgleichung 190 van-der-Waalssche Bindung 633 van-der-Waalssche Konstanten 191 Variable, makroskopische 140 Varianz 11 Varistor 226 Vektor, Poyntingscher 387 Vektordiagramm des Bahndrehimpulses 540 Venturi-Diise 113 verallgemeinerte Bernoulli-Gleichung 132 Verbrennungsmotor 176 Verbundwerkstoffe 646, 649 Verdampfungstemperatur 194 Verdeckungseffekt, Akustik 505 Verdetsche Konstante 477 Verdrangungspumpen 134 Verdunstung 198 Verfliissigung 190 Verformung 84, 85 Verformung, elastische 85 -, plastische 92 Verformungsarbeit 49 - beim unelastischen StoB 56 Verformungsarten 86 Verformungsverhalten von Kunststoffen 645 Vergleich elektrischer und magnetischer GroBen 339 VergroBerung 428, 430 Verhaltnis, gyromagnetisches 549, 550 Verlustenergiedichte 92 Verlustfaktor 325, 360 Verlusthohe 123 Verlustwinkel 322, 324 Vermehrungsfaktor 594 Vernichtungsstrahlung 575, 612 Verschiebungsarbeit, elektrische 261

743

Verschiebungsdichte, elektrische 220, 269, 339 - an Grenzflachen 284 Verschiebungsgesetz, Wiensches 441 Versetzung 639 Versetzungsdichte 641 Verstarkung bei Schwingungsuberlagerung 371 Vertaubung 506 Vertauschungsrelation 536 Verteilung der Spaltenergie 592 -, Haufigkeits- 10 -, Normal- 10 Verteilungsfunktion, Maxwellsche 155 Vertrauensbereich 12 Vertrauensgrenze 15 Verzeichnung 427 verzweigter Stromkreis 228 VibrationsmeBwerk 337 Vickers-Verfahren 94, 95 Vielstrahlinterferenz 458 Vier-Niveau-System 484 Vier-Parameter-Modell 646 vierter Aggregatzustand 256 Vignettierung 426 Viskosimeter 123 Viskositat, dynamische 121 -, kinematische 210 Voigt-Kelvin-Modell 645 vollkommene Benetzung 105 VollzyHnder, Massentragheitsmomente 71 Volt 224 Voltameter 242 Voltmeter 233 Volumen, kritisches 191 Volumenanderungsarbeit 161, 170 -, isentrope 168 Volumenausdehnungskoeffizient 99 Volumenenergie, Atomkern 568 Volumenstrom an der Drosselstelle 113 - im Rohr 122 Volumenstrommessung 112 Von-KHtzing-Effekt 541, 543, 544 W

Wahrscheinlichkeit 185 -, Aufenthalts- 529 -, Spalt- 593 -, Zerfalls- 577 Wahrscheinlichkeitsfunktion 481 Wahrscheinlichkeitsverhaltnis, thermodynamisches 185 Walze auf schiefer Ebene 72 Wandler, biologischer 490 -, elektroakustischer 496 -, elektrodynamischer 496 -, elektrostatischer 490 -, piezoelektrischer 496 -, piezoresistiver 496 Warme 8, 155, 170 - Begriff 156 -, latente 193

744

12. Sachwortverzeichnis

Warmeaquivalent, mechanisches 159 Warmedammstoff 204 Warmedurchgang 217, 218, 219 WarmedurchlaBkoeffizient 206, 217 WarmedurchlaBwiderstand 206 Warmeisolatoren 683 Warmekapazitat 8, 157, 681 -, allgemein 157, 162 -, Bestimmung 158 -, isobare 158 -, isobare molare 162 -, isochore molare 162 -, molare 157, 681 -, molare, Elektronengas 659 -, spezifische 157, 681 -, Temperaturabhangigkeit 164, 165 Warmekapazitaten, Berechnung 162 Warmeleitfahigkeit 204, 683, 684 Warmeleitfahigkeit der Elektronen 684 Warmeleitung 203, 204 -, Hohlkugel 207 -, planparallele Platte 207 -, stationarer Fall 205 -, stationarer Warmetransport 207 -, zylindrisches Rohr 207 Warmepumpe 175 Warmeschutz 204 Warmestrahlung 203, 214, 482 -, Warmeubertragungskoeffizient 217 Warmestrom 206 -, Strahlung 215 Warmestromdichte 683 Warmestromdichten, mehrschichtige Trennwand 218 Warmestrome durch ein Volumenelement 206 warmetechnische Stoffwerte 205 Warmetransport, stationarer, Warmeleitung 207 Warmeubergangskoeffizient 209, 211, 217 Warmeiibertragung 203 -, konvektive, Modellfalle 212 Warmeubertragungskoeffizient fur Warmestrahlung 217 Warmewiderstand 206 warmtechnische Stoffwerte von trokkener Luft 213 Wasser, Anomalie 148, 198 -, Sattigungsdampfdruck 196 -, Tripelpunkt 143 -, warmetechnische Stoffwerte 213 Wasserstoff-Spektrum 520, 537 Wasserstoffatom, Losung 539 -, optisches Spektrum 520 -, Quantenmechanik 537 Wasserstrahlpumpe 115 Wasserturbine 137, 139 Weakonen 610 Weber 292 Wechselspannung, Effektivwert 319 Wechselstrom, Effektivwert 319 -, Transformation 327 Wechselstromkreis 318, 319 -, Bauelemente 321 -, Leistung 323

-, Reihenschaltung der Bauelemente 322, 324 Wechselwirkung der Strahlung mit Materie 610 Wechselwirkungen, fundamental 608 Wechselwirkungsgesetz 32 Wechselwirkungsprozesse von Strahlung und Materie 612 Weg 62 Weg-Zeit-Diagramm 21 Wegdifferenz, optische 445 Weglange, mittlere freie 661 Weichmagnet 306 WeiBsche Bezirke 303 Weizsacker-Formel 567, 568 Welle eines Teilchens 528 -, einfache 386 -, elektromagnetische 220, 342, 403 -, Materie- 486 -, stehende 394 Welle-Teilchen, DuaHsmus 525 Wellen 343, 382 -, Ausbreitungsgeschwindigkeit 384 -, Energietran sport 386 -, harmonische 386 -, Intensitat 387 -, stehende 394 Wellenausbreitung, Grundlagen 382 Wellenbild 3 Wellenflache 385 Wellenfront 385 Wellenfunktion 529 -, normierte 532 -, Radialanteil 538 Wellengleichung 608 -, d'Alembertsche 387, 491 -, Diracsche 608 -, gewohnliche 387 -, Losungsfunktion 492 -, relativistische 609 -, Schrodingersche 528, 609, 657 Wellenlange 384 -, Balmerserie 522 -, Material- 525 Wellenlangenverschiebung, ComptonEffekt 480 Wellenoptik 444 Wellenpaket 399, 533, 536 Wellenreflexion, freies und festes Ende 395 Wellenuberlagerung 392, 399 Wellenwiderstand 493 Wellenzahl 386 Wellenzahlvektor 657 Welthnie 702 Weltpunkt 702 Wendekreisel 78 Wendeprisma 415 Werkstoff, amorpher 641 Werkstoffe 646 -, magnetische 306 Wertigkeit 242 Wheatstonesche Briicke 234 Widerstand 225 -, Abhangigkeit von der Magnetfeldstarke 544

-, elektrischer 8, 225, 226, 339 -, elektrischer und magnetischer 311 -, innerer 235 -, komplexer 321 -, magnetischer 310, 339 -, spezifischer 225 Widerstande bei Stromungen 124 , elektrische, Bauarten, Einteilung 226 -, Schaltung 230 Widerstandsbeiwerte 125,129 Widerstandstransformation 328 Widerstandsverhaltnis 661 Wiedemann-Franzsches-Gesetz 204, 685 Wiensches Verschiebungsgesetz 441 Wilson-Aufnahmen 526 Windkanal 125 Winkel 8, 62 -, Dreh- 28 -, Machscher 392 -, Raum- 8 Winkelbeschleunigung 28, 60, 62 Winkelgeschwindigkeit 28, 62 - der Prazession 76 WinkelrichtgroBe 62, 351 Wirbelbildung 123 Wirbelstrom 315 Wirkanteil 320, 326 Wirkdruck 113 Wirkleistung 323, 325 Wirksamkeit, relative biologische 620 Wirkung 527 Wirkungsgrad 50 -, Gesamt- 50 -, thermischer 174, 177 Wirkungslinie der Kraft 65 Wirkungsquantum, Plancksches 9, 440, 479 Wirkungsquerschnitt 563, 588, 590 Wirkwiderstand 321 wohltemperierte Stimmung 510 Wolbspiegel, Brennweite 408 Woods-Saxon-Potential 571, 572 Wurf, senkrechter 24 Wurfparabel 27

Zahigkeit, dynamische 121 -, kinematische 121 Zahigkeitskoeffizient 36 Zahl, Machsche 392 Zahlrohr 632 Zahnradpumpe 134 Zeeman-Effekt 549 Zeiger, komplexer 320, 345 Zeigerdiagramm 321 Zeit 7 zeitabhangige Dehnung 646 - Schrodinger-Gleichung 529 Zeitdilatation 700, 703 Zeitkonstante, induktive 334 -, kapazitive 331 zeitliche Impulsanderung bei Stromung 116

12. SachwortTverzeichnis Zeitmittelholographie 468 Zeitnormal 6 Zeitstandsverhalten 644 zeitunabhangige Schrodinger-Gleichung 530 Zelle, galvanische 244 Zener-Diode 670 Zener-Effekt 669 Zentrifugalbeschleunigung 40 Zentrifugalkraft 39, 41 Zentripetalbeschleunigung 28 Zentripetalkraft 34 Zerfall, radioaktiver 573 Zerfallsenergie 566 Zerfallsgesetz 577 Zerfallsgleichungen 574 Zerfallskonstante 577 Zerfallskurven 579

Zerfallsreaktionen 573 Zerfallsschemen 574 Zerfallswahrscheinlichkeit 576, 577 Zerlegung von Kraften 33 Zerstauber 114 zirkular polarisiertes Licht 469 Zirkulation 130, 131 Zonenintervalle 508 Zonenlinse 466, 467 Zonenplatte 467 Zonensystem, Fresnelsches 466 Zug90 Zugfestigkeit 93 Zustandanderungen, spezielle, ideale Gase 170 Zustandsanderung, isentrope 167,170 -,isobare 166, 167, 170 -, isochore 166, 170

745

-, isotherme 165, 170 -, polytrope 169, 170 Zustandsanderungen realer Gase 189 Zustandsdiagramm 199 Zustandsdichte 544, 570, 658, 664 -, Veranderung durch Magnetfeld 545 Zustandsflachen idealer Gase 150 Zustandsgleichung 142, 149 ZustandsgroBe, allgemein 160 ZustandsgroBen, kalorische 141 -, thermische 141, 170 zweidimensionales Elektronengas 543 zweiter Hauptsatz der Thermodynamik 140, 180, 181 zweiter Righi-Leduc-Effekt 685 Zyklotron 299