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Ilse Frapan – Akunian
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Ilse Frapan – Akunian
Als Vorlag...
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Ilse Frapan – Akunian
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Ilse Frapan – Akunian
Als Vorlage diente Ilse Frapan, Pfaffenhütchen, aus: Schönwettermärchen, Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, 908, S. 45–54 aus Milalis’ Bibliothek.
© eBOOK-Bibliothek 2005 für diese Ausgabe
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littera scripta manet
Vor alter Zeit lebte in heidnischen Landen ein eifriger und streitbarer Apostel des Christengottes; Aldobrand war sein Name. Durch sein kräftiges Wort und seine gewaltige Faust hatte er manch dunkelhäutigen Heiden den heimischen Göttern abtrünnig gemacht, und ließ die von ihm Bekehrten und Beherrschten ein mühseliges Leben führen, damit sie durch Singen, Knierutschen und Selbstkasteien dereinst den Himmel gewännen, allwo sie, wie er hoffte, das Lob ihres Bekehrers mit Posaunenton verkündigen und ihm in Abrahams Schoß ein warmes Plätzchen bereiten würden. Und freilich bedurfte er gar sehr dieser Fürsprecher, denn er wandelte mitnichten die Wege, die er andre wies. Manch fetter Lachs, den er den guten Heiden wegnahm, um sie die Tugend der Mäßigkeit zu lehren, fand seinen Weg in den Topf des Priesters. Mit den kostbarsten
Seidengewändern, die er den Ungläubigen durch Gewalt oder List abgewann, um sie von der Eitelkeit der Welt zu befreien, bekleidete er seinen eigenen geweihten Leib, und kreischend floh manch schwarzäugige Heidin beiseite, wenn die Augen des gewalttätigen Priesters sich auf sie richteten wie die Blicke des Tigers auf das schlanke Reh. Ja, auch seine Demut vor dem selbstgebauten Altar aus Feldsteinen war nichts als verkappte Herrschgier, und er stand zu seinem Gotte, wie ein schlauer Kaufmann zu seinem Sozius, der nur für den andern wirkt, weil er seinen Gewinn zu teilen hofft. Er befand sich übrigens sehr wohl unter den Heiden und Heidenchristen. Durch seine Klugheit war er allen überlegen, durch seine geheimnisvollen Gesänge übte er einen sonderbaren Bann über die Menge; es gab niemand, der ihn durchschaute. In manch bekümmertes Heidenherz zog eine festliche Freude, wenn Aldobrand sang: »Schön sind die Felder! schön sind die Wälder Zu der brennenden Sommerzeit! Jesus ist schöner, Jesus ist milder, Welcher das dürstende Herz erfreut!«
Und eine unbestimmte Sehnsucht überkam die Seelen, wenn Aldobrand fortfuhr: »Schön leucht’ die Sonne, schöner der Mond, Schön sind der Sterne unendliche Zahl; Jesus ist schöner, Jesus leucht’ heller, Als die Lichter im Himmelssaal.«
So duldeten es denn die Heiden, daß um den Altar aus Feldsteinen allmählich von den Neubekehrten ein Mauerwerk erbaut ward, das höher und höher emporstieg, um mit seinem Kreuz, das die Spitze krönte, aufwärts zu zeigen nach jenem, der heller leuchtet als Sonne, Mond und Sterne. Die alten Götter hatten so viele Gebete unerhört gelassen! Geliebte Kinder waren gestorben trotz aller Bitten, Siechtum verzehrte das Leben der Starken, der Sturm verwüstete die Felder trotz Gebet und Opfer, Feuer brach aus den Bergen, und die Erde verschlang die Menschen mit ihren Wohnungen. – Vielleicht würde der neue Gott, den Aldobrand verkündigte, stärker und mitleidiger sein? Sie horchten und hofften, und Aldobrand herrschte. Unter den Christen, die sich zu ihm hielten, waren auch zwei junge Kinder, ein trotz aller Jugend füreinander bestimmtes Paar. Schon früh waren sie dem neuen Gotte gewonnen, dem sie jedoch nicht in gleichem Maße anhingen. Denn wie die krausköpfige Li allmählich heranwuchs, wuchs auch in ihr ein unbegreiflicher Widerwille gegen ihren Lehrer. Seine harten blauen Augen lähmten die Bewegungen ihrer Glieder, wenn sie sich auf ihre Hände, ihre Füße richteten. Sein Atem war ihr abscheulich, seit er ihr einige Bruderküsse aufgedrückt hatte. Und unmöglich war es ihr, dem Gotte zu vertrauen, den dieser verhaßte Mann ihr verkündigt hatte. Aber sie schämte sich ihres Widerwillens und bedachte nur heimlich bei sich, wie sie ihren Verlobten Han bereden könne, mit ihr
nach der Hochzeit dieses Land zu verlassen und sich dem verabscheuten Aldobrand zu entziehen. Das war nun freilich kein leicht erreichbares Ziel, denn Hans arglose Seele hing mit Inbrunst an dem Priester, den er seinen Vater nannte, und dessen geduldig-gehorsames Werkzeug er war. Auch hütete Aldobrand sich wohl, Han zu Bösem zu gebrauchen und so vielleicht auf einmal sein blindes Vertrauen selber zu vernichten. Dagegen begann er ihn fest und fester an seine Person zu ketten, und besonders suchte er ihm die Herrlichkeit und Hoheit des Priesterstandes täglich in helleren Farben vorzumalen und dieselben so zu preisen, daß auch Han unwillkürlich in dieser Würde das höchste Ziel erblicken lernte und sich fast des Lebens zu schämen begann, das seine Eltern und Gefährten lebten, als fleißige Bauern auf ihren Reisfeldern. Aldobrand aber frohlockte über diese Regungen des Knaben, denn aller Abneigung des Mädchens Li zum Trotz, hing sein begehrlicher Sinn an ihrer Schönheit, und mit oder gegen ihren Willen hoffte er sie von dem jungen Verlobten trennen und für sich zu gewinnen. Als ihn daher Han eines Tages fragte, wann der Tag seiner Vermählung mit Li sein sollte, begann Aldobrand mit finstrer Miene und warnender Stimme von dem Unheil der Frauenliebe zu reden und von dem Übel, das dem wirklich Gläubigen aus einer Verbindung mit dem gebrechlichen Weibe erwachse. Der Jüngling, zum ersten Male nicht überzeugt, aber gehorsam, versprach, seine
Gedanken von der Braut abzuwenden und sich ganz dem neuen Gott zu widmen, wenn Aldobrand es gebiete. Und je mehr Mühe und Herzeleid es ihn kostete, Li zu vergessen, die ihm, wo sie ihm begegnete, mit bangen, vorwurfsvollen, tränenfeuchten Augen nachschaute, um so höher stieg Han in seiner eigenen Schätzung und in der Schätzung dessen, was er für den Himmelherrn und dessen Boten Aldobrand auszuführen gedachte. Wo Han so willig war zu verlieren, da hoffte Aldobrand leicht zu gewinnen, und da er des Mädchens Li ansichtig ward, wie sie mit einer Handvoll Blumen vom Felde kam, in der Abenddämmerung, überfiel er sie mit bösen Anträgen und heftigen Bedrängungen, so daß sie sich seiner kaum erwehrte. Da sie aber den Namen ihres Verlobten im Zorn hinausschrie, entdeckte ihr Aldobrand mit befehlenden Worten, daß sie auf Han zu verzichten habe, denn ein Höherer als sie habe den Jüngling in seinen Dienst genommen und werde ihn festzuhalten wissen. Fliehend drohte ihm Li, alles zu verraten, wenn er einen zweiten Versuch wage. Darauf wanderte sie mit ihren Blumen zu einem alten Steingotte zwischen den Felsen, zu dem ihre Eltern ehemals gebetet hatten und flehte dort vor ihm um Rache an Aldobrand und um Heilung für Han, den sie durch Zauberei erkrankt glaubte. Aldobrand aber beschloß, ohne Umwege auf sein Ziel loszugehen. Als er am folgenden Tage in der neuerbauten Kirche die Messe gelesen, sprach er also zu seiner Gemeinde:
»Teure Brüder! Hiermit tue ich euch kund, daß der Himmelsherr, der bis jetzt noch keinen unter euch für würdig befunden hat, sein Kleid zu tragen, nunmehr deutlich mit seinem Finger auf Han gewiesen hat, meinen Zögling und teuren Sohn. Und freudig, wie es einem guten Christen geziemt, hat Han den Gottesruf vernommen. Ich werde ihn weihen zum Priester! Mit mir vereint wird er die Greuel der Götzendienerei bekämpfen! Wem aber fällt nun die freigewordene Verlobte zu? Ist der Bräutigam Gottes geworden, so ist auch sie eine Gottesbraut und entsage wie Han dem ehelichen Leben. Ich will sie zu mir nehmen, damit sie von Grund aus Demut, Gehorsam und Ergebung lerne, woran es ihr noch sehr gebricht, und wenn sie dessen würdig geworden, soll sie in das Kloster eintreten, das ein frommer Wohltäter dem guten Hirten auf der Insel im großen Flusse erbaut hat. Frohlockt denn mit mir, ihr Gläubigen und jauchzet dem Herrn, der zwei Glieder dieser Gemeinde mit so hoher Gnade begnaden will.« Aber kein Frohlocken und kein Jauchzen erhob sich auf diese Worte, sondern ein unwilliges Gemurmel, zumal aus der Sippschaft der beiden Erwählten, denn Han und Li waren die Stärksten und Schönsten in der ganzen Landschaft. »Mag der Christengott die Krummen und Lahmen nehmen,« brummten sie, »die zu nichts besserem taugen!« Und als Han, wider seinen Wunsch und Willen, seinem Lehrer beistehen wollte, entstand ein Lärmen gegen
Aldobrand, daß er die Jugend verderbe, und eine Unruhe erfüllte die Kirche; man sah drohende Augen und zukkende Hände, und Aldobrand fühlte, daß er seinen ganzen Mut aufbieten müsse, um hier Sieger zu bleiben. Und er begann mit den harten blauen Augen Stahlblitze zu schleudern, und seine Gestalt wuchs, und er donnerte so hoheitsvoll er konnte: »Ihr Kargen und Undankbaren! zeigt ihr so eure Anhänglichkeit an den Himmelsherrn, der euch mit einem Hauche vernichten könnte, und der euch doch gnädig verschont hat, trotz all eurer Sünden? Geht in euch, gebt ihm willig, was er verlangt, so wird er euch wiedergeben, wonach euer Herz trachtet, denn er ist reich und mildtätig. Seht,« rief er und streckte die Hand nach einem schlanken Stämmchen aus, das ins Kirchenfenster hereinlugte, »seht das unnütze Holz da draußen! Gott kann dies unnütze Holz durch einen einzigen Wink in einen edeln Fruchtbaum verwandeln, und ihr wollt dem Himmelsherrn den Dank versagen, den ihr ihm schuldet?« »Kann er das,« rief eine trotzige Stimme, »so wollen wir den Knaben und das Mädchen opfern; zeige uns, Priester, daß er so mächtig ist!« »Der Baum ist so unnütz nicht,« schrie boshaft ein andrer, »neulich sah ich ihn tragen, – er trug ein rotes Priesterkäppchen wie das deine!« Da merkte Aldobrand, daß er belauscht worden, als er das Mädchen Li verfolgt hatte, und er ballte seine Hände und halb in Wut, halb im Gebet, schrie er: »Erhöre deinen Knecht, o Herr des
Himmels! Das unnütze Holz hier – laß es Früchte tragen, dir zur Ehre und mir zur Rechtfertigung; und wenn ich wieder die Messe halte, dann laß das Wunder geschehen sein.« So sprach der schlimme Priester, und selbst im Gebet ließ der Geist der Falschheit und der Herrschsucht nicht von ihm. Ungläubig die einen, erwartungsvoll die andern, so zerstreute sich die Menge. Und ein Wunder geschah. Als die zweifelnde, aufgeregte Gemeinde sich wieder zur Messe einfand, da ging ein einziger Schrei des Staunens durch die Menge, denn an dem leergewesenen Bäumchen, das zum Kirchenfenster hereinwuchs, hingen zahllose rote Früchte. Zwar waren sie nur klein, aber gar bunt und zierlich, wie gedrechselt, und sie glichen dem Birate auf Aldobrands Haupt. Aldobrand selbst aber geriet vor Freude völlig außer sich. In seinem geschwellten Hochmut erblickte er in der Form der erflehten Früchte nicht eine Geißelung seiner pfäffischen Überhebung, sondern gerade das Gegenteil: diese Form war ihm die Anerkennung, die Belohnung des Himmelsherrn! Mit beiden Händen zog er die Zweige des Bäumchens in das Kirchenfenster, riß die seltsamen Früchtchen herab, und indem er sie nach allen Seiten ausstreute, rief er: »Esset, esset! Das ist die köstliche, gnadenbringende Himmelsfrucht, die Wunderfrucht, die euch gewährt worden, auf daß ihr die Gewalt und Kraft des Himmelsherrn erkennet, und du, Mädchen, zögernde Li,
zögere nicht länger, in die Arme des Höchsten zu flüchten!« Ein lauter Schreckensruf unterbrach den Priester. Er kam von Han, der erst wie verklärt dagestanden, sich aber nun plötzlich mit verzerrtem Gesichte über seine kleinen Brüder hinbog. Die Kinder waren zu Boden gestürzt und wanden sich mit verbranntem Munde in Krämpfen. »Gift! Gift!« schrie Han, auf einmal verwandelt, »die Früchte sind Gift! rührt sie nicht an! Da stürzt wieder ein Kind! Und wieder eins! Er will uns alle ermorden! Ein Falscher ist er, ein Lügner! ein Bote des Dämons!« Und unter den Flüchen und Schmerzensrufen der Menge riß Han dem Nächststehenden einen Dolch aus der Hand und durchbohrte den Priester. Seine blutunterlaufenen Augen sahen noch, wie Li und Han sich die Hände reichten, sahen noch, wie der Baum, das lebende Zeugnis des Betrugs, in tausend Splitter zerhauen ward. Aber sie sahen auch, wie viele Früchte der Baum getragen, und im Sterben verzerrte ein gräßlicher Hohn seinen Mund. »Hütet euch!« ächzte er, »vor denen, die nach mir kommen werden. Zahlreich werden sie sein, wie diese Früchte, und je mehr ihr ausrottet, um so mehr werden nachwachsen! Und für jedes Haupt der Unsrigen, das ihr antastet« – – – Der Tod zerbrach die Worte auf seinen Lippen. Aber über dem toten Antlitz blieb etwas stehen wie ein ge-
spanntes Lauschen. Durch die endlosen Gewölbe der Jahrhunderte hörte er den eisernen Schritt derer, die marschierten und marschierten, hörte er das Donnern der Geschütze und das Brechen der Mauern und das Sausen der Flammen. Er war gerächt.