E J..EYEL· 3tavrOOV XeT]!J.Il1"OOV !J.ErQov EorLV liv{}Qoo3to; ... )8. Die andere, nicht weniger wahrscheinliche - oder unwahrscheinliche Möglichkeit wäre eine Variation der Eingangstopik durch Protagoras: der Autor hätte dann - entgegen dem anderwärts von ihm befolgten Usus 9 - unmittelbar mit seiner schockierenden These begonnen, d. h. mit der Wahrheitslegitimation, die seine eigenen Ausführungen von den Meinungen früherer Philosophen - speziell der Eleaten1o, wie die
7 Falls sein Berimt wirklim auf Autopsie beruht und nimt auf doxographisme Tradition zurückgeht, die er literarism aussmmückt. 8 Khnlim Diels-Kranz zu VS 80 B 1: "Vor diesem Anfang hat vielleimt der Titel gestanden, wie es damals Sitte war: IIQw'tuyoQlje; Ö 'AßöljQL'tlje; 'taöe Aeye~, we; tlA1)teu ot öoxeL elvu~' :n:av't(J)v X'tA."), unter Hinweis auf B. Lier, Topica Carminum Sepulcralium Latinorum, Diss. Greifswald, Tübingen 1902, S. 31 (IIQ(J)'tuyoQue; 'AßöljQL.lje; :n:eQL 'tOÜ öV'toe;
Fortsetzung Tro" f!Ev OVTWV cOC; fonv, TWV 5E oux. OVTWV cOC; oux fonv andeutet - abhebt. Das hätte zwei Konsequenzen haben können: entweder eine Umstellung der einzelnen Eingangstopoi, so daß Namensund Inhaltssiegel dem Legitimationstopos an zweiter Stelle folgen l l , oder aber eine völlige Ablösung der Autor- und Inhaltsnennung vorn Eingangstext der Abhandlung und ihre ausschließliche Erwähnung in einer vorn Text selbst unabhängigen btLY()(x
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(s. oben S. 64, Anm. 2), S. 116f.; E. Heitsch, Ein Buchtitel des Protagoras, Hermes 97, 1969, S. 292 ff. Daß der Autorenname ganz gefehlt haben sollte, ist aus mehreren Gründen undenkbar: es wäre mit der revolutionär-selbstbewußten Art der Sophisten ebenso unvereinbar wie mit ihrem bildungspolitischen Drang zur Offentlichkeit; außerdem müßte dann, wie die Parallele der erhaltenen anonymen Werke lehrt, in den ersten Satz unbedingt das Themastichwort eingebaut sein und wäre aus diesem Verbund nicht herauszubrechen; das unterstreicht das einzige erhaltene frühe Beispiel, in dem die einleitende Inhaltscharakteristik fehlt, die Epidemienschrifl: - sie ist eine von Hause aus nicht einmal zur Publikation unter den Zunfl:genossen bestimmte Privataufzeichnung, was man von der Abhandlung des Protagoras gewiß nicht wird sagen können. S. 32 ff. S. oben S. 45 f. über den derzeitigen Stand des Datierungsproblems informiert in knapper Form A. Lesky, Geschichte der griechischen Literatur, Bern/München 21963, S. 495. Vgl. K. Praechter, Die Philosophie des Altertums, Darmstadt 1967 (= 12 1926), S. 115. Seine Schrifl:en sollen damals, wie Diogenes Laertios 9,52 berichtet, allgemein konfisziert und öffentlich auf der Athener Agora verbrannt worden sein.
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Jahren - wobei man einmal ohne weitere Begründung annehmen müßte, daß die 'AJ..ir(}ELa unter die allerletzten Arbeiten des Autors zu zählen ist. Daß sich in diesen anderthalb oder zwei Jahrzehnten gewisse buchtechnische Neuerungen angeb~hnt oder eingebürgert haben könnten, erscheint durchaus denkbar; die Vorbedingungen, was Lesepublikum und Verbre{tungsmöglichkeiten betraf, waren jedenfalls zu dieser Zeit erfüllt (vgl. das Eupolis-Fragment über die "Bücherbuden "). Andererseits gibt es nun doch Indizien, die darauf hindeuten, daß die Protagoreische 'AA.1l'(}ELa gerade nicht aus den letzten Lebensjahren des Autors stammt, sondern zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt entstanden ist. Das wichtigste Argument liefert Antiphons ebenfalls unter dem Titel 'AJ..lti}ELa tradierte Schrift: wenn dieses Werk, wofür manche Gründe sprechen10 , tatsächlich vor Beginn des Peloponnesischen Krieges verfaßt ist, also der' Aihlvalwv noJ.rrda vorausliegt, und wenn Antiphon, was bisher gleichfalls noch nicht widerlegt ist, die Schrift des Protagoras bei der Abfassung seiner eigenen 'AJ..lti}ELa vor Augen hatte, dann muß die Protagoreische 'AJ..lti}ELa in einer Zeit entstanden sein, in der nach dem Stand der buchgeschichtlichen Entwicklung die Setzung eines vom Text losgelösten Buchtitels durch den Autor ganz und gar unwahrscheinlich ist17• Natürlich brauchte eine solche Neuerung - falls Protagoras sie doch vollzogen hätte - nimt sogleich für alle Prosa-Autoren verpflichtend geworden und von allen übernommen worden zu sein: aber diese Revolution des Buchwesens hätte sim dieser hypothetischen Annahme zufolge immerhin noch zur Zeit Herodots vollzogen, ganz zu schweigen vom Beginn des Thukydideischen Werkes, dessen Eingang - auch unter Berücksichtigung der fehlenden Datierung, der Andersartigkeit der literarischen Gattung und des unvollendeten Zustandes des Werkes lange Zeit nach Herodot nom genau dieselbe titellose Tradition fortführt. Bedauerlicherweise wird das ganze Problem dadurch noch mehr kompliziert, daß auch der zweite überlieferte Eingang einer Schrift des Protagoras seine Besonderheiten aufweist. Diogenes Laertios (9,51 f.) und Eusebios (Praeparatio evangelica 14, 3, 7) zitieren den Anfang des Werkes Ober die Götter, und zwar ausdrücklich mit Hinweis, daß es sich um den Eingang handle (&Haxou LOUTOV llQ~aTo TOV TQonov' nEQL IlEV {lEWV ... öUl Ta{rt'I'JV T~V &QX~v TOU <11JYYQullllaTOl;, Diogenes Laertios,
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S. W. AIy, a. a. O. (5. oben S. 66, Anm. 10), S. 69 f.; 153 ff. Vgl. auch unten S. 126 f., Anm. 21. In diesem Sinne auch Wilamowitz, Platon, Bd. 1 (s. oben S. 64, Anm. 2), S. 80.
VS 80 A 1 [vgl. Diogenes 9, 54, 't11V clQX'lv] ; 1EYE'tUl yoüv "tOlQöe XEXQ'iiO{lUl eloßo},ii Ev .
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Daß Eusebios das Original so wenig gelesen hat wie Diogenes, ist klar, aber im Gegensatz zu diesem ist er ehrlich genug, dies durch ein "J..EYE"tUL" zu bekennen. Aus welcher doxographischen Quelle seine Kenntnis stammt, ist nicht mehr festzustellen (vgl. K. Mras in der Ausgabe der Praeparatio evangelica, Bd. 1 (Die griechischen christlichen Schriftsteller der .ersten Jahrhunderte 8/1), Berlin 1954, S. LVff. Vgl. oben S. 40ff.; dazu C. W. Müller, Protagoras über die Götter, Hermes 95, 1967, S.140ff., zur Titelfrage besonders S. 144f. Etwa von der Form "II(lw"tuy6(1lJ~ 'AßölJ(lt"tlJ~ "taÖE J..EYEL" (C. W. Müller, a. a. O. [siehe vorige Anm.], S. 145, Anm. 3). Das gilt, wenngleich nicht so stark, auch für den 'AJ..i)itELu-Beginn, weshalb diese Variationsmöglichkeit für jenes Werk gleichfalls ziemlich unwahrscheinlich wird. Zwar sagt Diogenes Laertios 9,54 Jt(lw"to'V öe "tw'V J..6yw'V Euu"toii U'VEY'VW IIE(l1 itEW'V, doch muß (a) i.Oyo~ nicht unbedingt "Rede" heißen, und (b) wäre es für die gesamte Antike eine unerhörte contradictio in adiecto gewesen, eine Rede
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Verfasser hierbei nicht im Einleitungssatz seinen Namen usw. nennen, sondern mitten ins Thema gehen (wie die oben erwähnten Rhapsoden zum Beispiel); die topisch-fonnelhafte E3tLy(?<X
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"abzulesen". Man wird also, sofern die Nachricht überhaupt auf historischen Tatsachen fußt, an eine Art privater Vorlesung im kleinen Kreis denken wie ihn etwa der Platonische Protagoras schildert; die von Diogenes anschließend referi~rten Mutmaßungen über den Ort dieser Vorlesungen dürften reine Spekulation sem. Daß IIEQL itEiiiv und 'AAi)itEI.« eine einzige Schrift waren oder zu derselben Schrift gehört haben könnten, ist aufgrund der mit Sicherheit doppelten Eingänge ausgeschlossen (anders K. von Fritz, Art. Protagoras, RE 23/1, 1957, Sp. 920; vgl. C. W. Müller, a. a. O. [so oben S. 69, Anm. 19], S. 140 f.). Bei den anderen überlieferten Protagoras-Titeln läßt sich das nicht mit solcher Sicherheit sagen, im Gegenteil: schon J. Bernays, Die Ka-raßaAAovTE~ des Protagoras, Rheinisches Museum 7,1850, S. 464ff. (erneut in: Gesammelte Abhandlungen, Hg. H. Usener, Bd. 1, Berlin 1885, S. 117ff.) hat vermutet, daß 'AAi)itELaIKaTaßaAAovTE~ und 'AVTLAOyluL (B 5) identisch sind, ebenso der von Porphyrios erwähnte Myo~ :rtEQL TOÜ ÖVTO~ (B 2); auch der von einem Anonymus tradierte Titel MEYU~ A6yo~ (B 3) soll mit der' AAi)hLU gleichzusetzen sein (Diels zur Stelle). Die Liste mit Spezialtiteln bei Diogenes Laertios 9,55 ist ohnehin suspekt (vgl. Diels-Kranz zu B 7 und B 8/8 h). Die Bernayssche These hat sich aber nicht allgemein durchgesetzt (vgl. z. B. Praechter, a. a. O. [so oben S. 17, Anm. 24], S. 115; O. Gigon, Art. Protagoras, in: Lexikon der Alten Welt, ZürichlStuttgart 1965, Sp. 2457; anders E. Heitsch, a. a. O. [so oben S. 66 f., Anm. 10]), wohl nicht zuletzt deswegen, weil sein einziges gewimtiges Argument die Hypothese vom "innigen Zusammenhang der Protagoreischen Fundamentalsätze" war, derzufolge "im Wesentlichen beide Sdlriften [hätten] dasselbe enthalten müssen" - was für die noch keineswegs sdueibselige Zeit des Protagoras unwahrscheinlich wäre. Vgl. zum Problem auch A. Capizzi [Hg.], Protagora. Le testimonianze e i frammenti, Florenz 1955, S. 89 ff.; K. von Fritz, a. a. 0., Sp. 919 ff.; M. Untersteiner, Sofisti. Testimonianze e frammenti, Bd. 1, Florenz 21961 (Nachdruck 1967), S. 22ff. Vgl. oben S. 66 f., Anm. 10. Vgl. hierzu Verfasser, Antithesis. Zu den Stil- und Denkformen der Vorsokratiker (in Vorbereitung).
Verfasser selbst ausgegangen sein26 (und zwar am ehesten, wie gesagt, in Gestalt eines einleitenden" Titelersatzes"27). Diese Beobachtung könnte nun insofern von Bedeutung werden, als wir ungefähr zur seI ben Zeit noch bei einem anderen "sophistischen" Autor möglicherweise eine ähnlid1e Titelpointe feststellen können: im philosophischen Hauptwerk des Gorgias. Eine der überlieferten Titelversionen dieser Schrift, in der Gorgias stark gegen die Eleaten und insbesondere Melissos polemisiert28 , lautet IIE(lt 'tO'Ü 1-1.11 oV'tO~ 1\ JtE(lt ql1JaEW~, und von Melissos wiederum ist unter anderem der Titel IIE(lt cpuaEw~ 1\ JtE(lL mü o\"to~ überliefert. Angenommen, die überlieferung sei glaubwürdig, so wäre die Folgerung unumstößlich, daß die zugespitzte Formulierung "IIE(lt 'tO'Ü '111 ov'to~ 11 JtE(lt cpuaEw~" von Gorgias stammt, sei sie nun pointierter Titel oder effektvolle Themaangabe im Einlei-
Es kann also nicht so sein, wie zuletzt M. Untersteiner (The Sophists, übersetzung von K. Freeman, Oxford 1954, S. 15; Sofisti. Testimoruanze e frammenti, Florenz 21961 [Nachdruck 1967], S. 72; beides nach E. Zeller, Die Philosophie der Griechen, Bd. 1/2, Hg. Wilhelm Nestle, Leipzig 81920, S. 1354, Anm. 2) meint, daß dieser Titel dem Werk erst von Platon beigelegt worden ist. Wenn Untersteiner dann im selben Zusammenhang, J. Mewaldt (Kulturkampf der Sophisten, Tübingen 1928, S. 14, Anm. 2) folgend, doch davon spricht, der Terminus clATJitWJ. müsse in dem den Platz des Titels einnehmenden Schrifteingang von Protagoras genannt worden sein, so stiftet das ernste Begriffsverwirrung: denn wenn der Autor im »Titelersatz" den Terminus clATJitELa oder XE{lL clAlJitElas verwendet, so ist klar, daß dieser» Titelersatz" sozusagen automatisch zum Titel wird in dem Augenblidt, wo es Titel im Sinne der selbständigen bnY{lmpTJ gibt. Wenn Platon also den Titel als Titel verwendet, so kann er das nur tun, wenn oder weil es Titel bereits gibt, nicht, weil er sie schaffl:. Daß der Titel 'AATJitELa oder IIE{lL &AlJitElas auch für andere Autoren überliefert ist (außer bei Antiphon später bei Antisthenes und Simmias; vgl. unten S. 126 f., Anm. 21), kann in diesem Zusammenhang nicht als Argument herangezogen wer. den: für das buchtechnische Problem der Entwicklung ist es gleichgültig, wer als erster seine Abhandlung als »XE{lL clAlJitEtaS" handelnd charakterisierte und wer dann dieses Beispiel wiederaufnahm. In Frage kommen ohnehin nur Protagoras und Antiphon, und bei beiden zielt die Spitze gegen die Eleaten (Diels, Anm. zu VS 87 BI), so daß hinsichtlich der pointierten Erfindung des Titels oder" Titelersatzes" prinzipiell für Antiphon dasselbe gilt wie für Protagoras. 27 Es ist natürlich nicht rundweg auszuschließen, daß es auch nur in mündlichem Gespräch oder in irgendeiner Form am Ende des Traktats (Beispiel: i:ßoUA'llllJv Y{l(x,paL 'tov J..Oyov 'EAEV11S flEv EYXcOflLOV, EfloV Ile xa[yvLOv, der Schluß des Helena-Enkomions von Gorgias, VS 82 B 11,21) erfolgt sein könnte. Doch das erste ist eine völlig aus der Luft gegriffene Annahme, das zweite erscheint aufgrund der zahlreichen Gegenbeispiele traditionell-topischer Prosaeingänge nicht eben wahrscheinlich (die Helena des Gorgias ist trotz der Formulierung Y{l(l1paL - was hier einfach »verfassen" heißt - als Rede konzipiert, für die besondere Gesetze gelten, s. oben S. 48 ff.). 28 Das hat H.- J. Newiger in seiner noch ungedruckten Habilitationsschrift dargelegt (Untersuchungen über Gorgias' Schrift "über das Nichtseiende", Kiel 1967).
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tungssatz gewesen. Dies kann auch dann gelten, wenn der MelissosTitel erst von der späteren doxographischen Tradition erfunden worden ist -allerdings nur unter der Voraussetzung, daß Gorgias in diesem Fall Vorsokratikertexte unter dem Titel IIE(lL qnJ(}EW~ vorgelegen haben: seine Attacke war dann eben statt speziell gegen Melissos gegen die q),u(}L~-Philosophen generell gerichtet. Doch damit sind wir zunächst wiederum auf unser Hauptproblem zurückverwiesen: die Klärung der Genese des Titels IIE(lL
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7. PHILOSOPHEN-BIBLIOTHEKEN
Auch wenn wir einmal das Unbeweisbare als erwiesen setzen und annehmen, Autoren wie Protagoras hätten selbst ihren Werken Titel im Sinn von EmYQa<pat gegeben, nachdem äußere Verhältnisse wie ein differenziertes Buchhandels- und Bibliothekswesen das geboten erscheinen ließen, so ist damit noch immer nicht das Problem gelöst, wie denn nun die von ihrem Autor nicht mit einem Titel versehenen Prosawerke sowohl früherer Epochen als auch der gleichen Zeit zu ihrem nach der Entstehung von Buchhandel und Bibliotheken erforderlichen Titel kamen. Nur soviel scheint nach den aus Herodot und Aristophanes bekannten unbestreitbaren Beispielen einer Verwendung von Einzeltiteln1 nahezuliegen: auch die Titel der fraglichen Prosawerke müssen in einem Bereich entstanden sein, wo man das Bedürfnis nach differenzierenden Unterscheidungsmöglichkeiten hatte - sei es etwa anläßlich kritischer Auseinandersetzung mit den Werken, sei es aufgrund technischer Zwänge wie eben Buchhandels- und Bibliothekserfordernisse. Es ist also jetzt zu fragen, wann im Falle der vorsokratischen Philosophen vermutlim mit diesem Entwicklungsstadium zu re
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S. oben S. 23 ff.
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Philosophen im engeren Sinn: Anaximander bezieht seine Stellung in der ötxTJ-Diskussion, Heraklit setzt sich mit Anaximander auseinander, Parmenides bekämpft Heraklit, Empedokles korrigiert Parmenides und Heraklit, Anaxagoras greift auf Anaximander und Empedokles zurück usw. Dabei werden die Beziehungen der Repliken und Gegenpositionen um so reicher, je weiter die Entwicklung fortschreitet, bis sich schließlich im Denkansatz der Sophistik der radikale Umbruch von der kosmologisch und ontologisch ausgerichteten Prinzipien-Philosophie zur anthropologisch orientierten "politischen" Philosophie vollzieht. Unter dem Aspekt des Buchwesens ist an dieser Entfaltung des Denkens vor allem von Bedeutung, in welcher Weise die frühen Philosophen ihren Gedanken zur Verbreitung verhalfen. "Jeder Philosoph machte eine einzige, in sich geschlossene Aussage über das Wesen der Dinge überhaupt. Falls er schrieb, verfaßte er ein kurzes Buch, das später, als die Bücher Titel erhielten, den monumentalen Titel ,über die Natur' empfing[2] ... Es scheint, daß diese Bücher in erster Linie nicht zur stillen Lektüre bestimmt waren, sondern sie wurden vorgelesen, und dann Stück für Stück erklärt und durchgesprochen[3]; der reiche Gehalt jener gedrängt knappen Werke konnte nur dann recht verstanden und gewürdigt werden, wenn die zunächst befremdenden Ideen eingehend hin und her mit den Hörern diskutiert wurden. So nimmt Heraklit im Eingang seines Werkes ... auf Gespräche mit anderen über seinen Logos Bezug (freilich mit der charakteristischen Bemerkung, daß für die Hörer die Belehrung fruchtlos geblieben ist). Wenn dem so war, konnten wiederum andererseits dem Verfasser seine Auseinandersetzungen mit seinem Publikum zu einer weiteren Klärung seiner Gedanken und Verbesserung seines Schriftwerkes verhelfen."4 Das Primäre dürfte also die mündliche Darlegung gewesen sein - daß sich dies gerade am Beispiel von Heraklits aphoristisch gefeiltem, durch und durch literarisch-pointiertem Werk zeigen läßt, macht die Beobachtung doppelt wertvoll. Die Niederschrift war sekundär, ihr Zweck war nicht Wo in einem .solchen Fall mehrere Titel überliefert sind, geht dies auf die allgemeine Unsicherheit in der Titelgebung zurück; oder Teile eines Werkes laufen unter Sondertiteln. a Vgl. dazu etwa die unten S.'121, Anm. 6 zitierte Stelle aus PlatonsPhaidon 97 b/c (über Anaxagoras, also aus der Mitte des 5. Jahrhunderts - das zeigt die Konstanz der Sitte). Vgl. über diese Art der "Vorlesung" als ursprüngliche Publikationsform auch R. Harder, Bemerkungen zur griechischen Schriftlichkeit, Die Antike 19, 1943, S. 86ff.; erneut in: Kleine Schriften, Hg. W. Marg, München 1960, S. 57 ff., bes. S. 78 f. 4 S. H. Fränkel, Dichtung und Philosophie des frühen Griechentums, München 21962, S. 294f. mit Anm. 9. 2
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die Verkündigung der neuen philosophischen Gedanken, sondern deren Fixierung, und zwar vermutlich zunächst in erster Linie für den engeren Hörer- und Schülerkreis (der sicherlich recht klein war)5. Diese Beobachtung ist von entscheidender Wichtigkeit im weiteren Rahmen der äußeren Präsentationsform der frühen Prosa schriften überhaupt: denn sie deutet darauf hin, daß diese ersten Prosa-"Schriften" zunächst einmal eine Art {m:oflVl']!-Ul waren, eine Formulierungsund Gedächtnisstütze für den Autor selbst, notwendig aufgrund der neuartigen und schwierigen Gedankenmaterien, die man vortragen wollte. Sie stehen also morphologisch und literargenetisch auf derselben Stufe wie das epische Schrifttum, das man sich seinem Ursprung nach ja gleichfalls lediglich als Hilfsmittel der in ihrem Wesen mündlichen Rhapsodik zu denken hat, oder wie die Platonischen Dialoge nach der Selbsteinschätzung ihres Autors, der im Phaidros zum erstenmal diesen {JJt0flVl']!Hl-Charakter von Schriftwerken reflektiert (iJnoflv~oEW<; CPclQflUxov, 275 a5; Euur0 unoflv1lflU -lhlOU'\JQL~oflEVO<;, 276 d3)6, Vom UnoflVl']flUCharakter der frühen philosophischen Prosawerke aus wird auch der Eingangstopos der individuellen persönlichen Anrede eines Adressaten (beispielsweise Brotinos, Leon und Bathyllos bei Alkmaion; ähnlich Pausanias bei Empedokles, VS 31 Bi) genetisch plausibel: dieser Adressat ist die erste Instanz des Publikums, ihm wird gewissermaßen das "Handexemplar" , anband dessen der primäre mündliche Vortrag erfolgte, übereignet? Später - das ist das Auffällige - fällt diese per5
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Vgl. H. Fränkel, a. a. 0., S. 295: »Wahrscheinlich war zunächst die tragende Schicht der Berufenen nur dünn." Vgl. zu diesem ganzen Problemkomplex den überblick von R. Muth, Randbemerkungen zur griechischen Literaturgeschichte: Zur Bedeutung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit der Wortkunst, Wiener Studien 79, 1966, S. 246 ff. (zu den Philosophen S. 253 L); Muth verweist (im Anschluß an R. Harder, Die Meisterung der Schrift durch die Griechen, in: Das neue Bild der Antike, Bd. 1, Leipzig 1942, S. 91ff., jetzt in: Kleine Schriften, Hg. W.Marg, München, 1960, S. 81ff.) unter anderem darauf, daß der erste Autor, der sein Werk bewußt als »Literatur" im eigentlichen Sinn, d. h. als die Zeiten überdauernde schriftliche Fixierung für ein Lesepublikum, konzipiert hat, Thukydides (EC; fLE'V a.xQonoL'V - X"t'iifLn EC; niet, 1,22,4) gewesen ist (S. 254 f.). Daß dabei eine übernahme des Usus der Briefformalien das Gegebene war, liegt nahe: das würde die Pohlenzsche Vermutung (s. oben S. 38, Anm. 13) stützen, zumindest in der Topos-Kopulierung »Autor-Herkunft-Adressat". Andererseits brauchen Dedikationsformeln generell nicht eo ipso auf Brieftopoi zurückzugehen: Niederschläge persönlicher Beziehungen in Form direkter Apostrophen sind schon in der Lyrik gang und gäbe, man denke an Sappho, Alkaios, Archilochos, Hipponax usw.; ganz markant tritt das - trotz der Gattungsdiskrepanz in der oben, S. 34 f., Anm. 6, zitierten Theognis-Sphragis zutage. Gerade Theognis bekundet aufs anschaulichste, wie schwierig es ist, beim Problem der Herkunft des Prosaeingangs auf einen einzigen Entwicklungskeim rekurrieren zu wollen.
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sönliche Dedikation weg, wie Hekataios zeigt: der übergang vom {m;6f.lVllf.lU zur Publikation ist auch in der äußeren Form vollzogen8• Man wird also in der Annahme nicht fehlgehen, daß ein Philosophenmanuskript anfangs nur in ganz wenigen Abschriften zirkulierte9 • Von Publikation im Sinn einer Verbreitung in der öffentlichkeit kann schwerlich die Rede sein. Damit steht vielleicht auch die eigenartige regionale Begrenztheit der frühen Philosophie in Zusammenhang: die frühesten Philosophen lebten und wirkten alle in einigen wenigen, verhältnismäßig nahe benachbarten Städten des ionischen Kleinasien - Milet (Thales, Anaximander, Anaximenes), Kolophon (Xenophanes), Samos (Pythagoras), Ephesos (Heraklit) -, und ähnlich hat die "zweite Welle" der vorsokratischen Philosophie ihren Schwerpunkt ganz ausgeprägt in der Magna Graecia im Westen - in Süditalien Kroton (Pythagoreerbund, Alkmaion) und Elea (Parmenides), später in Sizilien Akragas (Empedokles). Eine Verbindung der beiden Zentren ergibt sich in Gestalten wie Pythagoras, dessen Weg von Samos nach Kroton führte, und Xenophanes, der von Kleinasien nach Sizilien auswanderte. Doch nicht nur die lokale Schwerpunktbildung, sondern ebenso auch die markante Verlagerung der Zentren vom Osten in den Westen dürfte mit der genannten eigentümlichen "Publikationsform" der frühen philosophischen Werke - die gar keine "Publikation" im wörtlichen Sinn war - zusammenhängen: wenn sich die philosophische Diskussion vornehmlich im Gespräch der kleinen Hörergemeinde vollzog und wenn die Werke der Meister lediglich in einigen wenigen "Schülerabschriften " zirkulierten, so ist in jener frühen Zeit, wo noch weder eine allgemeine literarische Bildung noch ein Buchhandel existierten, eine Verbreitung oder Wanderung des philosophischen Gedankengutes nur auf persönlichem Weg vorstellbar, nämlich so, daß ein Philosoph oder einer seiner Schüler sozusagen als Wanderprediger selbst sein
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Man könnte - unter Annahme dieser Voraussetzung - sogar geneigt sein, eine regelrechte Vorgeschichte des Prosaeingangs zu extrapolieren: zunächst reines U1t(Jl1vTJl1a ohne" Titelersatz"-Einleitung, dann Eingänge mit persönlicher Adresse - Typ Alkmaion oder Empedokles (eventuell unter Beeinflussung durch Brieftopik und lyrische Apostrophe, s. vorige Anm.) -, dann Eingänge ohne Adresse, d. h. an ein allgemeines Publikum gerichtet - Typ Hekataios (eine Mittelstellung in der Adressierung hätte etwa der Beginn der Empedokleischen Katharmoi <1i q>lAOL, ot I1E"{a üo'tU xa,;u ;avitoü ' AXQa."{av'to~ / valE';' .. '. / XalQE';" E"{cO ö' UI1LV {}EO~ üI1ßQo,;o~, miXEn itvTJ,;6~ / m.oAEül1aL, VS 31 B 112, 1 ff.: hier wird anonym der Kreis der ganzen Schüler-Gemeinde als Adressat apostrophiert). Natürlich blieb die "Gattung" un:611VTJl1a auch später erhalten, das zeigen die Platon-Stellen ebenso wie die oben S. 20 zitierten Sätze des Galen. Vgl. H. Erbse, a. a. O. (s. oben S. 9, Anm. 2), S. 217.
Werk an einem anderen Ort bekannt machte und dort wieder schulbildend wirkte. Dieser - auf jeder Ebene - personale Status der philosophischen Diskussion bringt es mit sich, daß die Philosophen bei der Auseinandersetzung mit den Gedanken Früherer ihre Kritik nicht in erster Linie gegen das Werk ihrer philosophischen Vorgänger, sondern gegen diese selbst richteten (vgl. Heraklit B 40: "Vielwisserei lehrt nicht Verstand haben: sonst hätte sie es Hesiod gelehrt und Pythagoras und auch Xenophanes und Hekataios."), was natürlich äußerlich erleichtert wird, wenn sich dessen Denken in einem einzigen Werk niedergeschlagen hat. Anders ausgedrückt: es genügte, zu sagen "Anaximander" oder "Heraklit" oder "Xenophanes" oder "Parmenides" oder "Empedokles", man brauchte nicht hinzuzufügen "in seinem so und so betitelten Werk"; wo es von einem Mann mehr als eine Schrift gab - wie etwa bei Empedokles neben dem philosophischen Gedicht die Katharmoi -, wird in aller Regel der Kontext der Zitierung die Identifikation ermöglicht haben 1o • Das ändert sich erst in dem Moment, wo Philosophen ihre Gedanken nicht mehr in nur einem Werk vortragen, sondern über die verschiedenen Aspekte ihrer Lehre verschiedene Schriften verfassen. Dies aber scheint wiederum eine Eigentümlichkeit zu sein, die in nennenswertem Umfang (man vergleiche Xenophanes oder Empedokles) erst im Lauf des 5. Jahrhunderts, zum al in dessen zweiter Hälfte auftritt: der erste Philosoph mit literarischer "Großproduktion" ist anscheinend Demokrit gewesen (etwa 460-370), dessen Nachlaß angeblichl l Thrasyllos in dreizehn Tetralogien geordnet hat. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß unter diesen 52 Titeln sich diverse Titeldubletten, manches Unechte sowie eine nicht näher bestimmbare Anzahl von Schriften befinden dürften, die ihre Entstehung anderen Mitgliedern der atomistischen Schule verdanken 12 : aber daß Demokrit eine schriftstellerische Schaffenskraft entfaltete wie nach ihm erst wieder Platon und Aristoteles, ist trotzdem nicht zu bestreiten. Zur selben Zeit wie Demokrit haben auch, wie bereits erwähnt, die Sophisten entsprechend der Vielfalt ihrer Interessen eine gewisse Vielfalt ihrer literarischen Wirksamkeit erstrebt; dies dürfte insbesondere für die Rhetoren unter ihnen zutreffen, wie deren Archeget Gorgias dokumentieren kann, von dem neben der ontologisch-erkenntniskritischen Schrift eine ganze Reihe von Reden entwe-
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Vgl. das unten S. 100ff. über die Zitierweise des AristoteIes Gesagte. VgJ. dazu VS 68 A 33 Anm. (Bd. 2, S. 90) mit weiterer Literatur. VS 68 B Vorbemerkung. 77
der erhalten oder fragmentarisch belegt ist. Ebenso ist Protagoras mit mehreren Werken hervorgetreten 1S• Daß der Beginn einer derart ausgedehnten philosophischen Schrift-· . stellerei, wie sie von Demokrit, manchen Sophisten und Platon an in übung kam, gleichfalls mit dem sich wandelnden geistigen Niveau eines auf breiter Basis entstehenden Bildungsbürgertums und den im Verein damit aufblühenden infonnationstechnischen Möglichkeiten in engem Zusammenhang steht, liegt auf der Hand14 • Und es ist auch einsichtig, daß von dieser Zeit an die kritische Auseinandersetzung mit anderen Meinungen ungleich differenzierter und komplizierter werden mußte als zuvor, wo der Autor und sein Werk - d. h. in der Regel: seine Schrift - nahezu synonym waren. Das bedeutet auf der anderen Seite: der Philosoph kann von nun an nicht mehr auf eine ausgedehnte Bibliothek verzichten. Die frühesten Philosophen des 6. Jahrhunderts dürften nur einige wenige Buchrollen besessen haben, darunter jeweils - soweit ihnen erreichbar - das philosophische Werk ihrer Vorgänger und Zeitgenossen; je weiter die Entwicklung der Philosophie voranschritt, desto mehr Schriften mußte der einzelne Denker zur Verfügung haben, um in seinen Erörterungen auf dem Stand der Zeit zu sein. Bei einem Mann wie Heraklit, der immerhin schon an der Schwelle zum 5. Jahrhundert steht, läßt sich der Besitz an Büchern - soweit man ihn aus den Zitaten rekonstruieren kann - noch einigermaßen überschauen: er kennt (vgl. frg. B 38; 39; 40; 42; 56; 57; 80; 81; 105; 106) Homer (das dürfte etwa 24 Buchrollen ausmachen15), Hesiod (vielleicht 4 Rollen), Xenophanes (2 oder 3 Rollen), Hekataios (4 Rollen Genealogien, 2 Rollen Geographie), Pythagoras (eventuell 1-2 Rollen, falls er überhaupt geschrieben hat16) und Thales (1 Rolle, falls es eine Schrift von ihm gab), dazu Anaximander (1 Rolle), vennutlich Anaximenes (1 Rolle), Archilochos (vielleicht 5 Rollen); nimmt man hinzu, daß Heraklit als ein Mann auf der Höhe der Epoche neben Archilochos auch noch andere politische und lyrische Dichter gekannt haben wird, zumindest die kleinasiatischen (vielleicht 10 Rollen), daß er wohl
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Die hippokratische Schule haben wir bereits oben S. 61, Anm. 33 erwähnt. Der Vorgang bleibt keineswegs auf die Philosophie beschränkt, sondern umfaßt vom Beginn des 4. Jahrhunderts an auch andere Zweige der Prosaliteratur: man denke an Xenophon, die Redner, an Historiker wie Ephoros und Theopomp usw. Wenn man etwa 2 Bücher von Ilias und Odyssee auf eine Rolle rechnet. Was aber offenkundig ganz unwahrscheinlich ist, vgl. W. Burkert, Weisheit und Wissenschaft. Studien zu Pythagoras, Philolaos und Platon, Nürnberg 1962, S. 105 ff.; 203 ff.
Werke des Epischen Zyklus oder Rhapsodenhymnen besaß (vielleicht 30 Rollen), dazu eventuell - falls er wirklich eine Zeitlang das Amt des "Priesterkönigs" von Ephesos bekleidete - eine Reihe von kultischen Büchern (vielleicht 5-10 Rollen): so kommen wir, eine rechnerische Toleranz von etwa 10 Prozent hinzugenommen, auf einen Gesamtbestand von rund 100 Buchrollen. Läßt man erzählende Epik sowie kultische und lyrische Literatur außer Betracht und zählt allein philosophisch (und politisch) relevante Werke, so verbleiben kaum mehr als 30 Rollen von ungefähr zehn einschlägigen Autoren - wobei noch zu berücksichtigen ist, daß Heraklit in seiner allseitigen Aufgeschlossenheit (Bias, Archilochos!) den Rahmen eines "Fachphilosophen" auch für damalige Verhältnisse bei weitem sprengt (man vgl. etwa Parmenides): seine "Bibliothek" ist also vermutlich überdurchschnittlich gut bestückt. Dennoch ist sie, wie die Zitate lehren, immer noch so überschaubar, daß Heraklit bei seiner Polemik auf die Nennung von Einzelwerken verzichten kann: entweder er polemisiert indirekt, d. h. ohne Zitatangabe, wie anhand der Anaximander-Replik noch zu beobachten ist (frg. B 80), oder er nennt metonymisch den Autor anstelle seines Werkes (vgl. die oben angeführten Stellen)17. Im Lauf des 5. Jahrhunderts erlebte nun allerdings nicht nur die Philosophie einen weiteren Aufschwung, zumal gegen Ende, als neben dem Eleatismus und der sogenannten jüngeren Naturphilosophie die sophistische RichtWlg auf breiter Basis an Boden gewann, sondern es revolutionierten sich, wie wir sahen, ebenso die äußeren, technischen Kommunikationsbedingungen; zudem begannen sich nun auch Fachwissenschaften, die für die Philosophen von Bedeutung werden konnten - vor allem Medizin und Mathematik -, in bislang nicht bekannten Maßen zu entfalten. Das heißt: die Bibliothek eines Philosophen dürfte hundert Jahre nach Heraklit ein Vielfaches von dessen Bücherbeständen umfaßt haben (sofern der Philosoph Mittel und Möglichkeiten hatte, sich die Texte zu beschaffen)-, und gleichzeitig dürfte auch die Notwendigkeit gewachsen sein, diese Bestände organisatorisch zu ordnen, nach bestimmten Sachgruppen zu gliedern, systematisch zu rubrizieren. Wie das im einzelnen geschehen sein könnte, entzieht sich unserer Kenntnis. Soviel jedoch wird man sagen können: dort, wo sich für einzelne Werke oder Gruppen von Werken bereits feste Titelbezeich-
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Um wieviel differenzierter in diesen Dingen dann bereits Herodot arbeitet, zeigen die oben S. 23 ff. genannten Zitate.
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nungen eingebürgert hatten - und daß dies für zahlreiche Gattungen und Werke der Fall war, bezeugen Herodot und Aristophanes -, dort wird man bei der "systematischen" Ordnung einer solchen Bibliothek auch darauf zurückgegriffen haben. Und weiter wird man annehmen können, daß dort, wo der Einleitungssatz einer Schrift eine kurze Charakteristik des Inhalts, also einen" Titelersatz" enthielt, dieser nach Erfordernis herausgelöst und zu einem Titel verselbständigt wurde, sei es, daß man die Außenseite der Rolle oder das "Regal" oder den Behälter, der die Rolle(n) enthielt, entsprechend beschriftete. Wer aber besaß derartig "umfangreiche" Bibliotheken philosophischer Provenienz? Leider fließen darüber die antiken Nachrichten nur sehr spärlich. So ist, um ein beliebiges Beispiel herauszugreifen, überhaupt nichts davon überliefert, ob der schriftstellerisch so fruchtbare Demokrit in seiner "Schule" - wie man doch vermuten möchte auch einen seiner literarischen Produktion vergleichbaren Besitz an fremden Texten zur Verfügung hatte. Die erste zweifelsfrei nachweisbare philosophische "Großbibliothek" ist die Bibliothek der Platonischen Akademie gewesen 18 ; das geht aus zahlreichen Hinweisen und Erwägungen hervor. In der Akademie trieb man nicht nur die mathematisch orientierten Wissenschaften, die Platon selbst zur Propädeutik im System seiner Dialektik heranzieht- Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie -, sondern auch Fächer wie Geographie, Zoologie, Botanik, Medizin; dazu kamen politologische, historische und philologischliterarkritische Studien im weitesten Umfang, ganz zu schweigen von der Philosophie im eigentlichen Sinn 19 • Das alles setzte die Beschaffung möglichst des gesamten jeweils vorhandenen literarischen Materials zu den einzelnen Themen voraus: "Die Sammlung eines wissenschaftlichen Apparates für diese Fächer stellt sich als Gründung einer Bibliothek dar. "20
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Die Zeugnisse sind jetzt gesammelt von J. Platthy, Sources on the Earliest Greek Libraries, Amsterdam 1968 (zu Platon: S. 121ff.; zu Aristoteles: S. 124 ff.); Platthy beginnt seine Liste der »Privatbibliotheken " mit Platon; Rekonstruktionen aufgrund von Namenszitaten fehlen allerdings. Die Platonherausgeber sparen sidt in der Regel die mühselige Arbeit eines Namensregisters, aus dem man eine Liste der von dem Philosophen zitierten Autoren erstellen könnte. Am leidttesten greifbar sind zur Zeit die Indices in der zehnbändigen Loeb-Ausgabe von H. N. Fowler, W. R. M. Lamb und R. G. Bury, 1914-1929, die immer wieder nadtgedrudu wird. U. v. Wilamowitz-Moellendorff, Antigonos von Karystos, Berlin 1881, S. 285 (Philologische Untersudtungen 4); vgl. H. Usener, Organisation der wissenschaftlichen Arbeit. Bilder aus der Geschidtte der Wissensdtaft [1884], in: Vorträge und Aufsätze, LeipzigIBeriin 1907, S. 82 ff. Zu dem vieldiskutierten, aber in
Welchen Umfang diese Bibliothek gehabt haben dürfte, erhellt sich schon daraus, daß sie mit größter Wahrscheinlichkeit auch die Texte der Lyriker und vor allem der Tragiker und Komiker enthalten hat, soweit sie greifbar waren. Wie zielbewußt Platon bei der Erweiterung seines Bücherschatzes vorgegangen sein muß, wird - an einer ganz nebensächlichen Ecke - durch ein zufällig erhaltenes antikes Zeugnis beleuchtet: Proklos gibt in seinem Timaios-Kommentar (1,21 c) eine Notiz des Platonschülers Herakleides Pontikos wieder, die besagt, Platon habe ihn, Herakleides, dazu überredet, bei Gelegenheit einer Reise ins kleinasiatische Kolophon21 dort die Dichtungen des Antimachos zu "sammeln", d. h. wohl, Abschriften davon ausfindig zu machen und aufzukaufen CHQay.AeLÖTJ; yoüv 0 IIoVTLxo; <jlTJO"LV, ÖTL TWV XOLQLAO'U TOTE Ev8oXLflOUVTWV IIMTwv TU ' A VTLflUX0'U 1lQoVTLfl11OE xaL aVTov E1lW1E 'HQaxAd8TJv d; KOAo<jlwva E1IöOVTa TU :n:OtllflaTa o'UAAE~aL TOÜ av8Qo;). Wie groß der - natürlich von Jahr zu Jahr wachsende
(man denke nur an das Aufblühen der Beredsamkeit) - Bücherbestand der Akademie in einzelnen war, ist schwer abzuschätzen: tausend Rollen dürften aber kaum zu niedrig gegriffen sein. Noch umfassender als die akademische Bibliothek war die vermutlich nach deren Vorbild installierte Bibliothek des Peripatos, wie wiederum ein verhältnismäßig peripher liegendes Beispiel stellvertretend illustrieren kann. Parallel zu den Politika des Aristoteles entstand innerhalb der Schule das supplementäre Sammelwerk der Politien, die umfassende historische und methodische Aufarbeitung der Verfassungen von 158 griechischen Stadtstaaten; dabei wuchs die Bibliothek nicht nur automatisch um die 158 neuentstandenen Bücher (von deren Gestalt uns die 1891 wiedergefundene' A.frl1VaLwv 1l0AmLa einen Eindruck gibt), sondern zugleich noch um ein Mehrfaches durch die Beschaffung
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unserem Zusammenhang peripheren Problem des Verhältnisses der Einzelwissenschaften und der Platonischen »Grundwissenschaft" vgl. H. J. Krämer, Arete bei Platon und Aristoteies, Heidelberg 1959, S. 447ff. Daß Platon nicht eine der modernen Universität vergleichbare enzyklopädische Forschung im Sinn hatte, kann als erwiesen gelten; andererseits muß man aber betonen, daß er offensichtlich alle sein eigenes Philosophieren irgendwie tangierenden Einzeldisziplinen systematisch in Betracht zog. Andere übersetzungsmöglichkeit »er habe ihn dazu überredet, nach Kolophon zu reisen und dort die Dichtungen des Mannes zu sammeln". Wenn man den Satz so versteht, wird der Eindruck noch mehr verstärkt, wie sehr sich Platon um den Ausbau seiner Bibliothek bemühte: nicht nur angesichts des Aufwandes einer solchen Reise, sondern auch der Tatsache, daß eigens ein Mann aus dem engeren Schülerkreis dazu beordert wurde (anstatt daß Platon einen zufällig nach Kleinasien Reisenden um die Gefälligkeit gebeten hätte).
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der für die Abfassung der einzelnen Politien benötigten Quellen an Primär- und Sekundärliteratur (Sammlungen der lokalen Inschriften, Spezialhistoriographien wie Atthidographen usw.). In der Nachwelt gewann diese von Aristoteles an seinen Schüler und Nachfolger Theophrast vererbte Bibliothek - wohl nicht zuletzt aufgrund ihrer legendären Geschicke, die sie schließlich unter Sulla nach Rom gelangen ließ - einen solchen Ruhm, daß Strabon (13, 1, 54, p. 608/609; vgl. Plutarch, Sulla 26, 1/2) irrigerweise sogar davon sprechen kOlUlte, Aristoteles habe als erster, von dem man wisse, Bücher gesammelt (a'Uvayaywv ßLßJ.ta) und die Könige in Kgypten (!) die Aufstellung und Organisation einer Bibliothek (ßLßALO{}~r.'lC; auVta~LV) gelehrt. Im letzteren steckt immerhin ein wahrer Kern: denn seit ungefähr 297 hielt sich der Peripatosschüler Demetrios aus Phaleron am Hof Ptolemai os' I. in Alexandria auf und wirkte an der Errichtung des Museions und seiner Bibliothek mit; daß dabei Erfahrungen des Peripatos Pate standen, ist kaum zu bezweifeln22 • Die Organisationsformen einer Bibliothek samt ihren verzweigten technischen Implikationen dürften also, das ist nach all dem ziemlich sicher zu vermuten, erstmals in den Bibliotheken der Akademie und d('s Lykeions in großem Umfang erprobt und durchgeführt worden sein. Wenn aber dem so ist, dann dürften spätestens bei dieser Gelegenheit die bis dahin noch nicht mit einem Titel, gleich welcher Art, versehenen Schriftwerke eine signifikante, in Form einer Emyea
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Zu Demetrios' Tätigkeit in Alexandria vgl. frg. 63 ff. Wehrli (Die Schule des Aristoteies. Demetrios von Phaleron, Text und Kommentar, Basel!Stuttgart 21968), mit Kommentar, S. 54 f.; dazu E. Bayer, Demetrios Phalereus der Athener, StuttgartiBerlin 1942 (Tübinger Beiträge zur Altertumswissenschaft 36), S. 97 und 107 f. Vgl. auch E. S. Parsons, The Alexandrian Library, Amsterdam/Londonl New York 1952, S. 83 ff. sowie jetzt F. Wehrli, Art. Demetrios von Phaleron, RE Suppl. 11, 1968, Sp. 518. V gl. das oben S. 48 ff. über die Reden und Dialoge Gesagte.
8. DIE FORMEL "I1EPI
cI>Y~EQ~"
Daß die in Akademie und Peripatos verwendete Titulierung für die Werke der vorsokratischen "Naturphilosophen" bereits dezidiert I1f{lL <jlUOEWC; gelautet hat, ist damit freilich nom nicht eo ipso gesagt. Es wird jedoch in hohem Grade wahrscheinlich, wenn man einmal die alten Testimonien für die Formel ,,3tEQL <jlUOEWC;" ins Auge faßt. Bevor man freilich die Stellen betrachtet, wo die Formel erstmals in einem Kontext (wohlgemerkt: nicht als Titel) begegnet, empfiehlt es sich zu bedenken, wo sie - mit einer einzigen, aber umstrittenen Ausnahme1-nicht begegnet: bei den betroffenen "Naturphilosophen" selbst. Das könnte auf einen unglücklichen Zufall der überlieferung zurückzuführen sein; es ist aber ebenso gut möglich, daß die überlieferung hier die historischen Verhältnisse spiegelt, denn angesichts der Häufigkeit, mit der diese pointierte Fonnel später verwendet worden ist, möchte man eigentlich annehmen, daß wenigstens einer der späteren Gewährsmänner den 3tQ<1rtOC; EUQETTjC; genannt hätte - falls er tatsächlich in den Reihen der vorsokratischen "Naturphilosophen" zu suchen gewesen wäre. Letzteres einmal angenommen, so würde das zugleich implizieren, daß diese Philosophen (oder: der betreffende eine von ihnen) exakt den <jluoLc;-Begriff gehabt hätten, der der 3tEQL <jlUO€WC;Formel zugrunde liegt; ob dies denkbar oder der Fall ist, wird noch zu untersuchen sein 2 • Das früheste relativ sicher datierbareS Zeugnis für den Gebrauch von ,,3tEQL <jlUOEWC;" als einer festgeprägten Formel liefert das achte
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Philolaos, vgl. unten S. 8Sf., Anm. 7; 86f., Anm. 8; 119, Anm. 22; 126. Allerdings liegt Philolaos an der Grenze dessen, was man als" Vorsokratik" bezeichnen kann. V gl. unten S. 113 ff. Die unten S. 94 ff. erwähnten Passagen aus der Hippokratikerschrifi IIEQL aQ;r.at,,~ t"-';QL"ij~ sind vermutlich noch früher anzusetzen; das ist jedoch nicht unbestritten, so daß es angesichts der generellen Problematik, von der die Frage der Entstehung der Hippokratikerschrifien gekennzeichnet ist (vgl. oben S. 40 f., Anm. 19), geraten erscheint, die Stelle bei der historisch-genetischen Betrachtung der llEQL ql1jIJEOJ~-Testimonien zunächst außer Betracht zu lassen und sie hernach hauptsächlich unter den typologischen Aspekten heranzuziehen.
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Stück der sogenannten tltereroL AbYOt, einer in der Protagoras-Nachfolge stehenden Schrift, die man sich kurz vor dem Jahr 400 entstanden denkt 4 • "Es gehört meiner Meinung nach zu den Aufgaben ein und desselben Mannes und ein und derselben Kunst, sich in Kürze unterreden und die Wahrheit der Dinge verstehen zu können, in richtiger Weise Recht zu spredlen zu verstehen und vor dem Volk zu reden imstande zu sein, die Kunst der Rede zu verstehen und über die Natur aller Dinge [oder: des Alls] lehren zu können, wie sie beschaffen und wie sie entstanden sind. Denn erstens: wie sollte der, der über die Natur aller Dinge [oder: des Alls] Bescheid weiß, nicht auch in allem richtig handeln können ... ?"5 «('tW UlJl:W) avlIQo~ ')tUL .a~ Ul),(U~ .EXVU~ VOf-ltl;w ')tu.a ßQUXv 'E lIVV(l(1{tUt lItUAEYW{l(lt ML (.uv) aAu{lELuv .Wv nQuYf-lllTWV EnLer.uer{tUt ')tUL lIt')ta~Ev EnLer.uer{tUt oQ{lw~ ')tUL lluf-luyoQELV oI6v .' ~f-lEV ')tuL Abywv .EXVU~ EnLer.uer{tUt ')tuL nE Q L !In) er t 0 ~ • Wv an a v • W v W~ TE EXE t ')tu LW~ EY Ev ETO IltMerxEv. 'X.uL nQw.ov f-lEv /) nE Q L cpver t 0 ~ .Wv an a v. w v d 11 cb ~ nw~ lIuvUOEL'Ut nEQL nav.wv oQ{tw~ ')tuL nQaooEv; VS 90, 8, 1 f.). Als bedeutsam an diesem Zitat ist zunächst einmal zu vermerken, daß der Ausdruck nEQL cpvertO~ nicht absolut gebraucht ist, sondern mit einem verdeutlichenden Attribut versehen wird: nEQL cpvertO~ .Wv anaV'twv. Daß dies auch bei der Wiederaufnahme der Wendung in /) nEQL cpVOtO~ .Wv anaV'twv döch~ geschieht, zeigt, daß der absolute Gebrauch von 3tEQL cpUOtO~ dem Autor offenbar nicht präzis genug gewesen wäre. Außerdem braucht er den Zusatz, um hernach mit den Wörtern "spielen" zu können (nEQL cpuertO~ .Wv anav.wv ... 3tEQL nav.wv oQ{tw~ XUL 3tQaererEv [oder: oQ{tw~ XUL 'tUV 3t6AtV IltMer')tEV nQuererEv]) wobei wir, da es sich um unser frühestes Zitat handelt, die Frage, ob ihm nicht vielleicht ein bereits vorgegebener stereotyper Sprachgebrauch das Wortspiel überhaupt erst ermöglicht hat, hier fürs erste ausklammern müssen. Das zweite, was in dem Zitat festgehalten zu werden verdient, ist der Inhalt dieser Lehre 3tEQL cpvertO~ .Wv anuv~wv; der Verfasser drückt diesen Inhalt in der Wendung w~ 'tE EXEt ')tuL w~ EyEvE'O, "wie es beschaffen und wie es entstanden ist", aus. Die Darlegung der cpuert~ .Wv anav.wv zielt also auf zwei Komponenten der cpveru;: die Erörterung ihres gegenwärtigen Zustandes und die Erklärung ihrer in
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Vgl. H. Gomperz, Sophistik und Rhetorik, Leipzig/Berlin 1912 (Nachdruck Darmstadt 1965), S. 138ff. (dort S. 138: "Bald nach dem Jahre 404 verfaßt"). Oder wahrscheinlicher "eine Stadt richtig zu handeln lehren können", falls man mit Diels aus 8, 6 ergänzt ö(lßiii~ "IIUL (tav noi..LV ÖtÖclO'"IIEV) n(lclO'O'Ev - was sich (gegen Gomperz, a. a. 0., S. 148 m. Anm.) vor allem deshalb empfiehlt, weil die Konstruktion nE(lL nclv'tcov ö(l{liii~ nQo.O'O'Ev recht befremdlich klingt, auch wenn man bei dem Autor einige Eigentümlichkeiten in Rechnung stellt.
die Vergangenheit hineinreichenden Genese. Diese Formulierung des Doppelaspekts der
G
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Der Doppelaspekt liegt, wie man neuerdings gesehen hat, bereits im Begriff ql\JCW; selbst, vgl. D. Mannsperger, Physis bei Platon, Berlin 1969, S. 38ff.: insofern wäre also an der vorliegenden Explikation des ql\JO'Lc;-Begriffes zunächst noch nichts Auffälliges. Bemerkenswert wird diese Tatsache aber durch die offensichtlich daraus sich entwickelnde Topik übereinstimmender Vorstellungen und Formulierungen. übrigens begegnet der eine der beiden Aspekte in wörtlicher Parallelität bereits in einer der frühesten überhaupt noch faßbaren Eußerungen über CPUO'LC;: bei Heraklit frg. B 1 (s. unten S. 114 f.). Das Fragment B 6 des Pythagoreers Philolaos (VS 44), der gegen Ende des 5. Jahrhunderts schrieb (vgl. W. Burkert, Weisheit und Wissenschaft, Nürnberg 1962, S. 218: "um oder kurz vor 400 v. ehr."), muß hier ausgeklammert werden, obwohl die Athetese E. Franks (Plato und die sogenannten Pythagoreer, Halle, S. 1923 [Nachdruck Darmstadt 1962]), der die Bruchstücke insgesamt der Mitte des 4. Jahrhunderts zuweist, inzwischen stark erschüttert worden ist (vgl. z. B. W. Burkert, a. a. 0., S. 203 ff.; 222 ff., bes. 232 ff.; K. v. Fritz, Art. Philolaos im Lexikon der Alten Welt, ZürichJStuttgart 1965, Sp. 2301). Das Fragment beginnt mit einem typischen Eingang vom Typus der Anonyma: "Hinsichtlich ,Natur' und ,Harmonie' verhält es sich so •.. " (:n:El'lllf: cpuO'WC; ?tul o.l'Jl.ovluC; mÖE EXEL ...). Unverkennbar also die stereotypen Topoi" Themaangabe" und "ankündigendes Demonstrativum" (was dafür sprechen würde, Fragment 6 als Fragment 1 zu zählen). Auch was auf diesen Einleitungssatz folgt, steht mit der traditionellen Topik in Verbindung: es ist eine Reflexion über den Grad der Relevanz menschlicher Erkenntnismöglichkeit hinsichtlich der CPUO'LC; 'tiiiv :n:l'uyJl.Cl'tOOV, in der Grundtendenz - Gegenüber-Stellung göttlicher und menschlicher Erkenntnis - der Alkmaionschen Reflexion (s. oben S. 32; vgl. auch den Eingang von Protagoras Schrift 1lEl'litEiiiv", VS 80 B 4, oben S. 68 f.) verwandt (0. Jl.8V ~O''tch 'tiiiv :n:l'UYJl.Il'tOOV alöwc; EO'O'u ?tul ulmx Jl.EV CPUO'LC; ~Eluv yu ?tul o"?t aV~l'oo:n:lvTJv hI:\EXE'tUL yviiiO'w :n:J...Eov yu 1\ lSn o"X oI6v 't' 1tv OM8V 'tiiiv Eöv'toov ?tul YLYVOOO'?tOJl.EVOOV ucp' o.Jl.iiiv yu YEVEO'~Ut Jl.~ uJtUl'XouO'UC; 'tiic; EO''toiic; 'tiiiv :n:l'UYJl.Il'tOOV, EI; mv Q'UVEO''tU /) ?t60'Jl.0C;, ?tul 'tiiiv JtEl'uLV6noov ?tul 'tiiiv cJ.:n:Ell'OOV. e:n:El ÖE ...). Einer Umstellung des Fragments B 6 steht nun freilich das ausdrückliche Zitat des Diogenes Laertios im Weg, der Fragment B 1 - in dem kein einziger der bekannten Topoi auftaucht - expressis verbis als "Anfang" bezeichnet (mv cil'X~ 1\ÖE' 0. cpuO'tC; ... o.l'Jl.6X~TJ EI; ...). Wollte man dieser überlieferung trauen, so gäbe es nur eine Möglichkeit: Fragment B 6 müßte an anderer Stelle des Werkes gestanden haben das könnte aber angesichts der "Massierung" von Eingangstopoi nicht irgendeine beliebige, sondern nur eine durch die Disposition ausgezeichnete Stelle gewesen, also bei einem thematischen Neueinsatz (etwa zu Beginn von Buch 2 oder 3, falls das Werk tatsächlich aus drei Büchern bestand). Viel wahrscheinlicher erscheint indes, daß bei Diogenes ein schlampiges Zitat vorliegt, sei es, weil schon sein Gewährsmann (Demetrios von Magnesia h 'OJl.oovuJl.0tC;) flüchtig arbeitete, sei es, weil er dessen Angaben mißverstanden hat; daß er das Werk des Philolaos selbst gelesen hat, erscheint nach seinem Abriß ganz ausgeschlossen. Burkert geht auf die Frage der Umstellung nicht ein, obwohl er S. 237, Anm. 64 a, auf den parallelen Eingang von IIEl'L tEl'Tic; v60'0u verweist,
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dem Anonymus, der uns die ~tOOOL 'A6yot erhalten hat, zeitlich noch recht nahe; es dürfte etwa in der Mitte der neunziger Jahre des 4. Jahrhunderts zu lokalisieren sein: Protagoras 315 c. Dort erzählt Sokrates, er habe im Haus des Kallias unter den daselbst Hof haltenden Sophisten auch Hippias aus Elis gesehen, der, auf einem Thron sitzend, einer Schar wißbegieriger Zuhörer Fragen beantwortete: "Sie schienen dem Hippias über die ,Natur' und die Himmelserscheinungen verschiedene astronomische Fragen vorzulegen, und er ... ging mit einem jeden das Gefragte durch und zergliederte es." (Ec:patvOVto M 3tEQL C:PVOEWC; tE y.at nllv ~lEtEWQWV UOtQOVOfltKU ana ötEQwtiiv tOV cI3t3ttav, {) ö' Ev {}Q6vql xa{}1]flEvoc; EKUOtOlC; a'Ötwv ÖtE'KQtvEV 'Kat ÖtE~ÜEt 'tu EQw'twflEva). Hier begegnet zum erstenmal die :1tEQt c:puoEwc;-Formel ohne attributiven Zusatz, freilich immerhin mit einem Kontext, der den Umkreis des Begriffes C:PUOtC; in einen Zusammenhang mit der Erklärung von Himmelserscheinungen bringt, also in der Tat in eine in prägnantem Sinn "naturphilosophische" Richtung weist. Bedauerlicherweise läßt aber die Stelle keine eindeutige Schlußfolgerung darüber zu, in welchem Verhältnis C:PUOtC; einerseits und 'tu flE'tEwQa andererseits zueinander stehen: sind beide gleichrangig, d. h. zwei voneinander unabhängige "Disziplinen", oder ist die Erforschung 'tWV flE'tEWQWV als Teil der c:puotc;-Erforschung gedacht? Jedenfalls steht soviel fest, daß auch in einer Erörterung 3tEQL C:PUOEWC; astronomische Fragen zu beantworten sind8 •
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sondern hält an Fragment B 1 als Beginn fest, unter Hinweis auf das auffallende altertümliche ÖE (S. 234 m. Anm. 73) in B 1, das aber, wie er selbst meint, auch an ein roÖE in einem verlorenen Einleitungssatz angeschlossen haben könnte: eine Abwägung der Gründe für oder gegen B 1 oder B 6 als Anfang zeigt jedoch eindeutig das übergewicht für B 6. Von Interesse in unserem Zusammenhang bleibt der Text also auf jeden Fall, zumal auch die Verfechter der Unechtheit den "Philolaos"-Bruchstüdt.en attestieren, sie machten stilistisch einen altertümlichen Eindrudt. (Wilamowitz, Platon, Bd. 2, Berlin 31962, Hg. R. Stark, S. 90; E. Frank, a. a. 0., S. 306): entweder hat ein Autor um 400 v. ehr. im Stil seiner Zeit geschrieben, oder ein Adept aus der Mitte des 4. Jahrhunderts hat sich den Stil einer vergangenen Epoche zu eigen gemacht. Das zweite wäre ein nicht unverächdicher Hinweis dafür, wie stark sich die Eingangstopik der Titelersatzformen als typisch für die buchgeschichdich frühe Epoche dem literarhistorischen Bewußtsein eingeprägt hatte. Das in der vorigen Anmerkung genannte Philolaosfragment (VS 44 B 6) nimmt eine ähnlich eigenartige Zwischenstellung ein: einerseits ist qnjoL'; absolut gebraucht, andererseits steht sie aber doch in so engem Konnex mit d E01:W 1:ÖJV 3tQaYllunov, daß der Gedanke an "synonymische" Xquivalenz, gepaart mit dem Stilphänomen der "Versparung", nicht ungerechtfertigt erscheint; dafür spricht auch die folgende Explikation 1:ii,; E01:oii,; 1:ÖJV 3tQaYIl(J.,;oov, EI; rov 0 Uv E0 1: a o xoollo,;: OUVL01:ao{taL als definitorischer Teilaspekt der !pUOL'; begegnet wieder
Das folgende Testimonium, ein Abschnitt des Lysis-Dialogs, ist chronologisch kaum weit von dem Passus aus dem Protagoras entfernt. Im Verlauf des zweiten Versudles einer q>lAlu-Definition sagt Sokrates: "Hast du nidlt auch schon Sdlriften der weisesten Männer angetroffen, die dasselbe sagen, nämlich daß notwendigerweise immer das Gleiche dem Gleichen befreundet ist? Das sind ungefähr die, die über die ,Natur< und das All reden und schreiben." (ouxoüv XUL 'to'Le; 'tWV ooq>w't(!'tWV o'UYY(la~I~IUoLV Evn:nJxrpme; 'tUÜtu uu'tu AtYO'UOlV, ön 'to Ö~OLOv 'tt7,ov EtvUl' dOLV M :1tOU Oii'tOl 0 t :1t EQL q>v 0 EWe; 'tE ')tUL 'tov ÖAO'U ÖlUAEy6~EVOl XUL YQCtq>OV'tEe;, 214b). Diese Stelle erinnert in zweifacher Hinsicht an den sophistischen Anonymus: einmal, weil sie q>UOle;- und All-Begriff miteinander in Verbindung bringt, zum anderen, weil sie ausdrücklich von auf dieses Gebiet "spezialisierten" Männem spricht (vgl. 0 JtEQL q>UOLOe; 'twv u:1tav"twv dowe;). In beiden Fällen geht aber das in den Sätzen Platons Gesagte über die Angabe des anonymen Autors hinaus. Zum einen ist dort von der "q>VOle; aller Dinge (oder: des Alls)" die Rede, hier dagegen von "q>VOle; und All"; wiederum also, wie schon in der Protagoras-Stelle, ist q>vme; als "absoluter", selbständiger Begriff gebraudlt, der keiner näheren attributiven Erläuterung bedarf, und wiederum ist der Terminus mit einem Komplementärbegriff gekoppelt, wobei wiederum prima vista nicht zu entscheiden ist, wie sich beide Begriffe und Vorstellungen zueinander verhalten. Zum anderen ist hier im Lysis zum erstenmal definitiv bekundet, daß es Prosaschriften (o'UYY(lU~~u'tu) gibt, die sich eben mit diesem Thema :1tEQL q>VOEwe; 'tE Y.UL 'toü öAOU befassen (ot.. . OlUAEY6~EVOl XUL YQUq>OV"tEe;) - beim Anonymus hingegen ist die q>VOle; 'tWV U:1tUOEWe; 'tE XUL "tov öAou ... WUq>OV'tEe; schon implizit ausgedrückt, daß zur Zeit der Abfassung des Lysis Prosaschriften mit dem Titel IIEQL q>UOEWe; im Umlauf waren? Um die Gefahr einer übereilten positiven Antwort zu vermeiden, tut man gut daran, sich an die HerodotStelle zu erinnern.(2, 23), an der vom 0 :1tEQL 'tov 'Qxwvov At~ue; die Rede ist 9 : beide Formulierungen stehen auf derselben Stufe, denn mit
Euripides frg. 910 NauV qllJOEL OUVEO"tOl1:WV, s. unten S. 99; ähnlich lleet UeXULT]<; LT]"teLKij<; 20, »OUVE1tuYT]", S. unten S. 94 f. - es ist der durchgängig festzustellende IJ'lJOL<;Aspekt des nGewordenseins zum Sein". • S. oben S. 30 f.
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Ä€~a~ 1St zweifelsohne ebenfalls schrifHiche Außerung gemeint; und schon bei der Besprechung der Herodot-Stelle war zu bemerken, daß nicht das mindeste darauf hindeutet, daß mit der JtE(lL-Formel der Rahmen einer gewöhnlichen Inhaltsumschreibung gesprengt würde10 • Etwas anderes kommt hinzu: der von Platon möglicherweise zitierte Titel müßte, da es sich um eine ganze Reihe von Autoren handelt, für alle gleichermaßen JtE(l1. qnJOE(J)~ '>tal. TOU OAOU gelautet haben. Das ist aber ganz unwahrscheinlich, da ein solcher Doppeltitel nicht einmal für einen einzigen Autor bezeugt ist - bei dem Reichtum an antiken Titelspekulationen ein geradezu unumstößliches Indiz. Oder aber Platon müßte zwei Titel, einen IIE(lL qnJ(JE(J)~ und einen IIE(lL TOU OAOU im Auge gehabt haben: dagegen spricht erstens, daß IIE(lt TOU OAOU von der antiken doxographischen Tradition überhaupt nur einmal als Titel genannt wird, und das relativ spät und innerhalb der ohnehin suspekten überlieferungs geschichte des Pythagoras (Diogenes Laertios 8, 7 hat die Nachricht von Herakleides Lembos, der unter Ptolemaios VI. Philometor [reg. 181-145] die Philosophiegeschichte des Sotion epitomierte); zweitens spricht dagegen, daß das "TE '>tat" gerade das Gegenteil einer disjunktiven Beziehung, nämlich eine besonders enge Zusammengehörigkeit, auszudrücken pflegt. Eben diese enge Kopulierung VOn tat .OU OM" nicht mit einem Titelzitat, sondern mit einer pleonastisch gefüllten Themaangabe zu tun haben - was sich schließlich unter einem letzten Gesichtspunkt bestätigt, nämlich in der Wendung BtaAeyO!lEVOL '>tal. Y(la
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Man vgl. etwa die ganz parallel strukturierten Xenophon-Stellen Apornnemoneumata 2,1,21 IIQ6I\LxoC; 6 aOqJoc; Ev 't
Begriffe nE(l1.
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Was freilich für alle diese ouyygalllla,;a generell voraussetzen oder postulieren zu wollen unsinnig wäre.
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qr6oQii;) 'tlJV ahtav und /lul 'tt ytYVE'tUL (Kat /lUI 'tt UltOAA:lJ'tUL), und ebenso korrespondiert ,,00; EXEL" mit dem Platonischen /lul 'tt Eanv: beide Male geht es um die Erklärung des gegenwärtigen Zustands der Dinge in Verbindung mit einer Aufdeckung ihrer Genese. Eine ganze Reihe weiterer "ltEQt ql1)aEro;"-Stellen begegnet im Platonischen Spätwerk, also in Dialogen aus der Zeit nach 365. Besonders eng mit den bisher besprochenen Abschnitten verwandt zeigt sich ein Satz aus dem Philebos: "Und wenn einer glaubt, eine Untersuchung über die ,Natur< anzustellen, so weißt du ja, daß er sein Leben lang immer Untersuchungen anstellt über die Verhältnisse in diesem Kosmos hier, wie er geworden ist und wie er etwas erleidet und wie er es bewirkt.« (Et 'tE Kat ltEQt q)'l)aEro; lJYEL'tUt n; tlj'tELV, ota{}' on 'ta ltE(lt 'tOV Koa~lOV 'tOV/lE, o:rcu 'tE I' E1'0 VE v Kat o:rcU :rc!l aXEL n Kat o:rcu Jt 0 LEi:, 'tUii'ta tlj'tEL /lLa ßtOlJ; 59 a). Auch hier wird wiederum die Erforschung der - attributlos absolut verstandenen -
13 Die M!;u ist für Platon der Kardinalantipode der cl1..T)1'tELU, um die er sich bemüht; vgl. Verfasser, Platon. Der Schriftsteller und die Wahrheit, München 1969, passim.
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dieser " Untersuchungen " mit dem Begriff der "cpuoL~-Erforschung" eine nicht von Platon stammende Benennung darstellt14 . Der Terminus "m:QL CPUOE(o~", mit dem im Protagoras der Sophist Hippias, in den Nomoi Männer wie Empedokles (der seiner Kosmologie ja eben die vier von Platon erwähnten Elemente zugrunde legte) definitorisch umschrieben werden, ist demnach bei Platon gewissermaßen immer als in Anführungsstrichen gesagt zu hören. Das unterstreichen auch Sätze wie Philebos 44 b, wo es heißt, es gäbe in Fragen über die ,Natur' angesehene Leute, die die Existenz der Lust leugneten ('KaI. !luÄa ÖELVOU~ ÄEYO!lEVOV~ TU :n: EQ l. cp U0' LV, OL TO 3taQu:n:av lWOVU~ 011 cpaoLV EiVaL); oder Phaidros15 26geff., wo Sokrates ironisch äußert, in allen großen Disziplinen müsse man zwangsläufig immer auch recht hochtrabend von der ,Natur' reden (3tiioaL GaaL !lEYUÄaL TWV TEX,VWV :n:QOOMOVTaL aöoÄEOx.ta~ 'KaI. !lETE(OQoÄoyta~ TWV 'Ao'KÄT}:n:wöwv 8EL TL 3tdtEo{taL, ouM 3tEQl. (1(O!laTO~ aVEv Tyt~ !lE{tOöOV ·taUTT}~ ... - To TotVlJV 3tEQl. cpuOE (0 ~ O'K6:n:EL Tt 3tOTE MYEL 'I3tlto'KQUTT}~ TE 'KaL 0 aÄT}{}-~<; ÄOyo~. aQ' oux. <ME öEL öLavoEla{taL 3tEQl. oTovoilv cpuaE(o~' 3tQWTOV !lEV ... , 270c). Und diese reservierte Haltung gegenüber Diskussionen 3tEQl. CPUOE(o~ ist schließlich auch an den ganz wenigen Stellen noch zu spüren, in denen Platon Aspekte seines eigenen Denkens in den Umkreis der cpuOL~-Philosophie einbezieht: Timaios 57d ("Sie [die Vielfalt der
In diesem Sinn auch D. Mannsperger, a. a. O. (s. oben S. 85, Anm. 6), der die Platonischen ztE(lL qJ1jaEOJ~-Stellen S. 57 ff. bespricht. 16 Daß der Phaidros zum Platonischen Spätwerk gehört, ist heute communis opinio, vgl. Verfasser, Der Umfahrtsmythos des Phaidros, Der altsprachliche Unterricht 9/5, 1966, S. 60ff. (erneut in: Platon. Der Sduiftsteller und die Wahrheit, S. 308 ff.), mit weiterer Literatur. 18 Es ist eine alte Streitfrage, ob hier die "Natur des Alls" oder "das Wesen des Ganzen" gemeint ist: im ersten Fall hätte Hippokrates eine Einbettung der Medizin in die .. Naturphilosophie" postuliert, im zweiten Fall wäre er als Vertreter einer psychosomatischen Ganzheitsmedizin angesprochen (vgl. auch das unten S. 94 ff. vorgeführte Zitat aus IIE(lL Q(lxatT]~ tT]'t(ltxii~). Vgl. zu den gegensätzlichen Positionen etwa W. Kranz, Platon über Hippokrates, Philologus 96, 1944, S. 193 ff. (" Wesenheit des Ganzen"); H. Diller, a. a. O. (s. oben S. 40 f., Anm. 19), S. 275 f. ("das Ganze" umschrieben als "Gegenstand der Behandlung zusammen mit all dem, was zu ihm in einem aktiven oder passiven Wirkungsverhältnis steht"); D. Mannsperger (s oben S. 85, Anm. 6), S. 255 ff. ("Allphysis als Zusammenhang aller Dinge"). Weitere Literatur in der Platonbibliographie von H. Cherniss, Lustrum 4, 1959, S. 139 f. 14
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Grunddreiecke] muß betrachten, wer über die ,Natur< in einer wahrscheinlichen Rede reden wiIr', ~t; ÖTJ ÖEL {}EWQout; ytYVEO{}at mut; /tEJ..'A.ovtat; 1C EQt qn) 0' EW t; El,,,on 'A.oYOJ XQ~O'IlO'{}at, in unüberhörbarer Anlehnung an den vom Charakter der ö6~a geprägten Begriff des El,"Wt; /tii{}ot; aus dem Proimion des Dialogs, 29 cl) und 7.Brief 344 d ("ob ~un Dionysios über die höchsten und ersten Dinge hinsichtlich der ,Natur< etwas geschrieben hat oder ein Geringerer oder Größerer", Eh> oiiv ~LOVUO'LOt; EYQa1jJEv n 1:00V 1CEQt
Nimmt man alles das zusammen, vor allem die Abschnitte aus Lysis, Phaidon, Phaidros, Philebos und Nomoi, so erkennt man: Platon entlehnt nicht nur die Formulierung ,,1CEQt Mavatou "a{}oQoov
"a
1tQOO't~EL,
frg. 910 Nauck). Viererlei erscheint unter unserem Gesichtswinkel an diesen Versen wichtig: erstens der absolute Gebrauch von
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Vgl. A. Lesky, Die tragische Didltung der Hellenen, Göttingen 21964, S. 188 f.; B. Gladigow, Zum Makarismos des Weisen, Hermes 95, 1967, S. 420 f. überliefert ist Ölt'!], was aber angesichts des kurz vorausgehenden lt'ii kaum möglich ist; Meineke konjiziert ÖltOU; Öi}EV - das, wie sich in unserem Zusammenhang zeigt, am besten in die q:,(J(JLS-Topik paßt - wurde von Wilamowitz vorgeschlagen, gebilligt von Wilhe1m Nestle, Euripides. Der Dichter der Aufklärung, Stuttgart 1901, S. 393, Anm. 75 (ohne Hinweis auf topische Parallelen).
CPUcrL~,
zweitens die Verbindung von "CPUcrL~« mit dem Begriff ",'Kocr(man vergleiche die Philebos-Stelle 59a), drittens die Explikation des "absoluten" cpucrL~-Begriffs durch die aitiologisch-genetischen Momente des "Woher" und des "Wie", viertens schließlich - und das ist im Vergleich zu der um mindestens dreißig Jahre jüngeren PhaidonStelle das Bemerkenswerteste - die Charakterisierung dieser CPUcrL~ Betrachtung als einer "Erforschung", eines "wissenschaftlichen" Wissens, einer LcrTo(>ta. Der erste und der dritte Punkt unterstreichen, was die Parallelen von ~LcrcrOL MYOL und Phaidon schon nahelegten: daß die Grundaspekte dieses cpucrL~-Begriffs - nämlich die Erklärung des Seins durch das Werden, der Gegenwart durch die Herkunft aus der Vergangenheit, des Wesens der Dinge aus ihrer ursächlichen Genese - in der Tat topische Elemente der philosophischen Diskussion sind. Der vierte Punkt erweist, daß auch der von Platon als zu seiner Zeit allgemein üblich bezeichnete Ausdruck LcrTo(>La 3tE(>L cpucrEw~ für die "Natur"Erforschung im Phaidon schon auf eine mindestens dreißigjährige Tradition zurückblicken kann 20 : er muß sogar bereits zu Euripides' Zeiten in dieser oder einer ähnlichen Form als stereotype Bezeichnung für Beschäftigung und Thematik der "Naturphilosophen" verwendet worden sein, denn fraglos arbeitet der Tragiker mit Schlagworten21 seiner Epoche (andernfalls wäre die von ihm diskutierte Antithese für das Publikum apokryph geblieben). Eines besagt das Fragment des Euripides für sich genommen freilich noch nicht: daß die Formulierung zu seiner Zeit schon ebenfalls genau "tcrTo(>ta 3tE(>L cpucrEW~" gelautet hat. Seine Worte verraten uns zwar die schlagworthaften Chiffren, aber nicht deren übliche Kombination. Es ist daher nicht richtig zu behaupten, der Titel IIE(>L CPUcrEW~ "finde sich zum erstenmal bei Euripides erwähnt"22, und zwar aus einem doppelten f.tO~"19
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Der Begriff 'X60'flOC; als Umsmreibung für das All smeint sim bei den Sophisten großer Beliebtheit erfreut zu haben (vgl. Xenophon Apomnemoneumata 1, 1, 11 o 'XIXAOUflEVOC; uno -rc:iiv O'O<jllO'1:c:iiV y.60'floc;). Dom geprägt haben sie ihn nimt (vgl. etwa Heraklit B 30 u. a.; s. VS, Bd. 3, Index s. v.). Allerdings sollte man in Remnung stellen, daß vielleicht eine Rückprojektion ins Todesjahr des Sokrates vorliegt: die Stelle würde dann die Situation um die Jahrhundertwende spiegeln. Aum 'XOO'flOC; gehört dazu, wie die oben in Anm. 19 erwähnte Xenophon-Stelle zeigt. Diese Formulierung stammt von W. A. Heidel, llEpt <jlUO'EWC;. A Study in the conception of nature among the Pre-Socratics, Proceedings of ehe American Academy of Ares and Sciences 45,1910, S. 131, der sie fälsmlimerweise J. Burnet (Early Greek Philosophy, London 21908, S. 14; deutsch: Die Anfänge der griemismen Philosophie, LeipziglBerlin 1913, S. 11, Anm. 1) in den Mund legt: Burnet verweist lediglim auf die parallele Diktion von Euripides frg. 910 und Phaidon
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Grund: einmal, weil der Tragiker die Formel ,,3tEQL q)1JOEoo~" gar nicht gebraucht, und zum anderen, weil selbst dann, wenn er sie gebraucht hätte, noch nicht erwiesen wäre, daß er sie aus einem speziellen Buchtitel abgezogen hätte - vorausgesetzt dazuhin, es gab diesen Titel überhaupt bereits. Daß aber zur Zeit des Euripides die Formel "tO'toQtll 3tEQL cpUOEoo~" tatsächlich sehr wohl denkbar ist, lehrt die andere soeben angekündigte Stelle. Sie stammt aus der hippokratischen Schrift Ober die alte Medizin und enthält unter anderem auch den wichtigen Hinweis darauf, daß diese Schlagwörter wie "mQL CPUOEoo~" usw. offenbar besonders in den als "Sophisten" apostrophierten Kreisen beliebt waren: "Es behaupten aber einige Arzte und Sophisten, man könne keine Kenntnis von der Medizin haben, wenn man nicht wisse, was ein Mensch eigentlich ist ... Die Behauptung dieser Männer erstreckt sich auf das Gebiet der Philosophie, wie etwa Empedokles oder andere, die über die ,Natur' von Grund auf geschrieben haben, was ein Mensch eigentlich ist und wie er zum erstenmal entstanden ist und woraus er zusammengesetzt ist. Ich aber meine dies: Was von irgendeinem Sophisten oder Arzt über die ,Natur' gesagt oder geschrieben worden ist, gehört weniger zur Medizin als zur Schriftstellerei. Ich meine, über die ,Natur' etwas Sicheres zu wissen komme nirgendwo anders her als aus der Medizin ... und ich behaupte, von dieser Kunde genaue Kenntnis zu haben, was ein Mensch ist und aus welchem Grund er entsteht und auch das übrige. Daher, so scheint es mir wenigstens, muß ein Arzt notwendigerweise über die ,Natur' dies wissen und sidl von Grund auf zu wissen bemühen ... : was ein Mensch eigentlich ist in Beziehung auf die Nahrung und die Getränke und in Beziehung auf die anderen Gewohnheiten und welchen Einfluß ein jedes von ihnen auf jeden Menschen ausübt ... " (MYOllOL öE nVE~ hp:QOL ?tIlL OOCPLO'tllt, w~ ou?t EL1'] ÖllVIl'tOV L1']'tQL'Y.i)v dMvllL öon~ !Li) OiÖEV ö 'tL Eonv av{lQoo3to~ ••. 'tdVEL M IlU'tOi:~ 0 Myo~ E~ CPLAOOOCPL1']V, ?t1l{hl3tEQ 'E!L3tEÖO?tAfi~ ;1 aA].OL OL 3tEQL CPUOLO~ YEYQclCPIlOLV E~ aQxij~ Ö 't L E0 'tL V av{lQoo3to~ ?tIlL ö 3t 00 ~ Ey Ev E't 0 3tQ
96 a, spricht aber nicht davon, daß Euripides hier einen Titel zitiere. Die frühest bezeugte Verwendung von RE(lt q:ruO'ECJ)'Ö als einem naturphilosophischen Terminus ist, wenn man Philolaos vorsichtshalber ausklammert, nach wie vor ßLO'O'Ot MYOL 8, 1 oder, wie das Folgende zeigt, der Anonymus TIE(lt o.(lXUL1]'Ö L1]'t(lLXii'Ö 20.
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tL €OtLV 'KaL 1h' OLa~ at'tL
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Wie H. Diller, Der griechische Naturbegriff (vgl. oben S. 16, Anm. 18). S. 249, glaubt, der den entscheidenden Unterschied zwischen den attributiv spezifizierten Ausdrücken wie ItEQl ql1j(JLO~ clV{}QOOltOU usw. einerseits und der attributlosen Form ItEQL qru(JE(J}~ andererseits verkennt (s. unten S. 107, Anrn. 44 und S. 113 ff.). Xhnlich schon W. A. HeideI, a. a. O. (s. vorige Anm.), S. 81.
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wie Platon und Euripides, di~ zeitgenössische Diskussion der l<J1:o(lta 3tEQI.
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s. 40f. mit weiterführender Literatur, Anm. 19 (s. besonders H. Diller, a. a. 0., S.284). So von H. Diller, Hippokratische Medizin und attische Philosophie, Hermes 80, 1952, S. 385 ff. Dagegen z. B. D. Mannsperger, a. a. O. (s. oben S. 85, Anm. 6), S.289f. Anders Diller, a. a. O. (s. vorige Anm.), S. 406ff.
Am Anfang der Apomnemoneumata umreißt Xenophon die Besonderheit des Sokratischen Philosophierens aus dem Gegensatz zu den naturphilosophischen Bemühungen; und wiederum erscheint dabei der schon als stereotyp bekannte Katalog charakteristischer Details der qru<Ju;Philosophie: "Er [Sokrates] sprach auch nicht über die ,Natur' des Alls, wie die meisten der anderen, indem er betrachtete, wie der von den Sophisten so genannte Kosmos beschaffen sei und aufgrund welcher Notwendigkeiten die einzelnen Himmelserscheinungen entstehen, sondern er erwies im Gegenteil die, die über solche Dinge grübeln, als Narren." (o'ÖöE YUQ JtE Q L "(1'jc; "( WV :n:a V"((0 V qJu <J EW C;, U:n:EQ "(WV aAAwv OL :n:AEL<J"(OL, I)LEMYE"(O <JXo:rtWV ö:rt WC; 0 x <X A0 Ufl EV 0 C; -u:n:o "(WV <JOqJL<J"(ÖW XO <J flO C; EJe EL x<XL "( ta Lv a va yx<x LC; h,<X<J"(<X YLYV E"(<X L "(WV O'ÖQ<XVlWV, o.''I-],u x<XL "(ovc; qJQOv"(L~Ov"(<XC; "(U "(oL<Xlh<X flWQ<XLVOVWC; a:rtEI)e(xVlJE, 1, 1, 11). Wiederum also die :n:EQL qJuaEwc;-Formel, und zwar in ihrer durch den Allbegriff attributiv erweiterten Form, untermauert durch den Terminus Kosmos, der uns schon bei Euripides und im Philebos im Konnex mit der qJu<JLc;-Erörterung begegnet ist, und wiederum die determinierende Erläuterung des Begriffs qJuaLC; durch Wesen und Werden. An die Memorabilien-Stelle läßt sich sehr gut ein Satz aus der Aristotelischen Metaphysik anreihen, der genau die gleiche Sokratescharakteristik vorträgt: "Sokrates ging es nur um die Ethik, nicht um die ,Natur' des Alls" (~wxQa"(OlJC; I)e :rtEQL flEV "(U i]ihxu :rtQ<XYfl<X"(El!OflEvOlJ, :n:EQL I)E ,;1'jc; öA'l'JC; qJuaEwc; o'Öl)tv, Met. A 6,987 b 1 f.). üb die beiden Passagen in einer wie immer gearteten genetischen Verwandtschaft zueinander stehen - etwa aufgrund einer ausgeformten SokratikerTopik -, sei dahingestellt27 ; wesentlich ist im vorliegenden Zusammenhang allein die gleichlautende Konfrontation von neuer, ethisch geprägter Philosophie einerseits und traditioneller Naturphilosophie andererseits28 • Dabei fehlt in dem Satz des Aristoteles zwar die explikative Auffaltung des qJu<JLc;-Begriffs (sie wird uns an anderen Stellen noch begegnen), doch das Grundattribut der All-Bezogenheit ist erhalten geblieben, wenngleich in einer für die Ausdrucksweise des Aristoteles eigentümlichen sprachlichen Abwandlung: das Genetivattribut erscheint
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W. D. Ross geht in seinem Kommentar zur Stelle (Aristotle's Metaphysics, Bd. 1, Oxford 1924, S. 159) nicht auf die eventuellen Abhängigkeitsverhältnisse der parallelen Aussagen ein. Für Aristoteles jedenfalls gehört diese Aussage zu seiner Sokrates-"Schablone", vgl. auch etwa Metaphysik M3, 1078b 17ff. oder die unten S. 102 zitierte Stelle llEQL ~cl>Olv f.l.0QlOlV 1, 1 = 642 a28, Die Wendung 1tE(lL q>UIJEOl~ 1tQUl'f.l.UTEUEIJi}uL findet sich wieder in der unten S, 99 zitierten Stelle Physik 3, 4 = 202 b35.
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durch das zugehörige Adjektiv ersetzt. Dasselbe findet man auch Metaphysik r 3,1005 a32f. (f.l.OVOL yaQ lbovto :rn:QL tE t1i~ öAl'J~ CP{,(JE(()~ (J%OnELV xaL nEQL to'Ü OVtO~ [sc. trov q)1J(JLxiöv EVLOL]), wo durch die Parallele von nEQL t'ii~ ÖAl'J~ CP{,(JE(()~ und nEQl to'Ü OvtO~ deutlich klar wird, daß mQl tij~ ÖAl'J~ CP{,(JE(()~ im Sinn von nEQl tij~ to'Ü naVto~ CP{,(JE(()~ gemeint ist (vgl. die ganz genau so strukturierte Formulierung nEQl tij~ ~(()LXij~ q>{,(JEW~ im Sinn von nEQl tii~ tiöv ~cPwv q>{,(JEW~, IIEQl ~cPwv f.J.OQLWV 1,5 = 645 a5 f.), einer Wendung, die Aristoteles, ähnlich dem Anonymus der ßL(J(Jol A6YOL und Xenophon, an anderem Ort exakt so gebraucht (nEQl f.J.€V o-ov 'tij~ 't0'Ü :T[avt'o~ {,(JEw~-Formel durchaus verwandt mit diesen Stellen sind zwei Außerungen in der Aristotelischen Physik, die sich aber von den eben zitierten darin unterscheiden, daß die Formel attributlos gebraucht ist: "Zu untersuchen, ob das Seiende eines und unvergänglich ist, gehört nicht zur Untersuchung der ,Natur'" ('to f.J.Ev O-oveLEvxalaxLVl'J'tov'toövoxonELvo-u nEQl q>{,(JEW~ €(JLLoxonELv, 1,2 = 184 b25 ff.); "nachdem sie [die Eleaten] sich zwar nicht über die ,Natur', aber doch zu ,Natur'-Problemen äußern ... " (ou f.J.11V aAA' EnEL/)~ nE Q 1.
298 b 1 ff. (...
Was bei Platon aus dem Mund des Sokrates fast wie abschätzig klingt (1:U{,1:11~ 1:Y)~ ao
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An anderer Stelle (Physik 8, 1 = 250 b 16 ff.) wird das "[V11at~-Problem ausdrück1ich auf die YEvEat~-q)1'1o()(l-Problematik der alten Kosmologen (ol .7tE(>t
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qJlJcrL~-Diskussion
nicht nur die traditionelle 1CEQL q.nJcrEw~-Thematik, sondern auch die traditionelle sprachliche 1CEQL qJlJcrEw~-Motivik weiterwirkt: es handelt sich um eine variable und überaus lebendige Adaption auf breiter Basis. Für unser Problem der 1CEQL 1CEQL "toi) 'QXEavoii M;u~ oder Ausdrücken wie 1CEQL L11"tQLxii~ AEYELV ~ YQu
°
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Die Austauschbarkeit dieser Begriffe dokumentiert sich z. B. auch im Werkkatalog des Antisthenes: Diogenes Laertios 6,17 nennt zwei Bücher II€Ql q>ua€CJl'; (und zwei Bücher 'EQo>1;TJf1a :7t€Ql q>ua€CJl';, was eine Titelvariante sein dürfte), bei Philodem läuft offensichtlich dasselbe Werk als clluaulo\: [sc. ÄOyo,;] (vgl. Antisthenis fragmenta, Hg. F. D. Caizzi, MailandlVarese 1966, Frg. 1 und 39 A-40 D, mit Kommentar S. 82 und 100 f.). Vgl. in den pseudoaristotelischen Problemata 10, 13 = 892 a2S OL :7t€Ql q>ua€CJl\: AEyOV't€\:.
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qlUOWAOYOOV ö6~'Y]c; b21 f. 32 ]; dOL M xaL 1:WV nEQL CPUOLV OL ... , IIEQL 1:(1 ~epa L
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Die weiteren Belege für <jlUO'WAOYOL und <jlUl1LXOL s. im Index Aristotelicus von H. Bonitz, Berlin 1870 (mehrfach nachgedruckt). Zwar enthalten zwei der zitierten späten Platon-Stellen ähnliche substantivierte Präpositionalausdrücke: Phaidros 270 c und Philebos 44 b. An der ersten Stelle ist ,0 :tEQt <jlUIJEOl'; <JXO:tEL ,l :ton AtYEL 'I:t:toxQ,,:t1]'; jedoch offenkundig ganz vom Kontext bestimmt: das ",6" resümiert als Kurzformel die vorangegangenen Ausführungen über die rechte Methode in <jluIJL.;-Fragen - "was sagt Hippokrates in Zusammenhang mit dem erwähnten Problem der <jlU<JLC;". So bleibt als einzige selbständige substantivierte Präpositionalformel bei Platon das singuläre öuvou.; ... ,a :tEQt <jlU<JLV: und gerade hier macht der Kontrast deutlich, daß man bei Platon im Gegensatz zu AristoteIes nicht von salopp komprimierender Verkürzung einer ursprünglich ausführlicheren Wendung sprechen kann, sondern nur
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dung stammt ja aus "akroamatismen Smriften"). Zweitens und vor ~llem aber sprimt dagegen, daß Platon dieser ganzen Art von qnJ<1L~ Philosophie skeptism gegenüberstand, weil sie ihm zu wenig ontologism-prinzipiell ersmien; als Folie einer ständigen Auseinandersetzung kamen für ihn daher die alten Naturphilosophen, mit der einen bezeimnenden Ausnahme des Parmenideismen Eleatismus, viel weniger in Betramt als für Aristoteles, der sim mit Bewußtsein in deren Tradition stellt. Allerdings ist denkbar, daß sim einzelne Mitglieder der Akademie - vielleimt aum Aristoteles selbst - dennom intensiv mit jenen Philosophen besmäftigten: um dies eindeutig negieren oder bejahen zu können, sind aber unsere Kenntnisse vorn Platonismen Smulbetrieb viel zu dürftig. Die Annahme, daß die Kurzformel "oi. :n:EQL q)\J<1EW~" tatsämlim von Aristoteles stammt, wird fast zur Gewißheit, wenn man nun zum Smluß jene Aristoteles-Stellen ins Auge faßt, an denen nimt, wie zuvor, nur die Vertreter der ö E STJ H i: v ,a :n:EQL
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von einer am Sachverhalt orientierten Anwendung einer durch die griechische Sprache gebotenen Möglichkeit: "berühmt in Dingen, die die qJUC1L<; betreffen" läßt sich nun einmal am knappsten und treffendsten durch "ÖELVO<; 'ta :7t1oe1 qJUIJLV" (oder qJua!;ro<;, die beiden Kasus bei :7tEe1 sind ja fast austauschbar, vgl. das Zitat aus Aristoteles IIEe1 l;4Jrov fLoetrov, oben S. 99, mit den Parallelzitaten) ausdrücken. S. oben S. 97 mit Anm. 27. In diesem einen speziellen Punkt findet sich ein Vorläufer der Aristotelischen Ausdrucksweise an der zitierten Stelle Philebos 44 b (s. oben S. 101, Anm. 33 und S. 91; besonders markiert wird die Parallele durch die Wiederaufnahme des
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Die Formel -ra 1[E(>L q),lllJ"EO)e; begegnet wieder an einer ganzen Reihe anderer Stellen, und dort bezeichnet sie nun unzweifelhaft ein schriftlich ausgearbeitetes Werk. "Davon ist in den Büchern über die qJ{J(ne; die Rede" ist eine Floskel, die mehrfach in der Metaphysik auftaucht (-rEÖEW(>l")-rUL /-lEV o;';v Lxuvroe; 1[E(>L u',.rov ll/-liv Sv -roie; 1[E(>L qJUCJ"f,O)e; A 3, 983 a33f.; cDv llflEie; SLo)(>lerUf-lEv Sv -roie; 1[E(>L qJuerEO)e;, A 4,985 al1f.; 1l~0) -rro" Sv -ro ie; 1[E (> 1 qJuerE 0) e; llf.lLv SLo)(>W~lEVO)v,A7, 988 a21f.; E'l(>l")LaL Sv -roie; 1[E(>l qJuerEO)e; 1[E(>L ulhrov, A 8,989 a24; -ra /-lEV Sv LO i e; 1[ E(> LqJ u er E0) e; E'l(>llTaL, M 9, 1086 a23 f.), und zwar immer im Sinn eines Selbstzitates des Aristoteles 36 • Dies sind nun in der Tat die frühesten Testimonien dafür, daß die 1[E(>L qn'l«1EO)e;-Formel verselbständigt als Werkzitat - wenngleich zunächst nur für Werke des Aristoteles verwendet wird. Und wiederum liegt zusätzlich eine Besonderheit darin, daß es sidl um eine Kurzformel handelt (nur gelegentlich wird daneben noch die ausführliche Wendung -r 0 i e; :n: E(> LqJ Uer E0) e; A() Y0 Le;37 gebraucht, A 8,990 a7), die ihre Verwendung, wie man deutlich sehen kann, dem häufigen Gebrauch verdankt. Besagt dies alles zusammengenommen aber nun definitiv, daß auch die naturphilosophischen Werke der Vorsokratiker durch Aristoteles oder in seiner Schule den Titel IIE(>L qJuerEO)e; erhalten haben?
den Terminus 1cn:opta variierenden Begriffes l;1J1:ELV aus Philebos 59 a und Nomoi 891 c), wo allerdings der Begriff charakteristischerweise noch "offener", .summarischer" gedacht erscheint, also generell "die Beschäftigung mit Fragen der IpUC1LI;" bedeutet, nicht pointiert "lpu<1Le;-Kunde" als genau umreißbarer Sektor in der Gesamtheit der Wissenschaften. Auch hier also die Zuspitzung des Terminus durch Aristoteles, die natürlich vor dem Hintergrund des Aristotelischen Wissenschaftssystems zu sehen ist, in das der Stagirit auch sein eigenes lpu<1Le;-Denken einordnet. 38 Die Hinweise zielen nicht etwa nur auf unsere "Physik" des Aristoteles, sondern ebenso auf ITEpt oupavoü und ITEpt YEVE<1EOOe; xat Ipitopiie;, vgl. die Nachweise in den Kommentaren von W. D. Ross (Aristotle's Metaphysics, 2 Bde., Oxford 1924; Aristotle's Physics, Oxford 1932) zu den Stellen, wo auch auf die genau parallele Zitierweise Ev 'tOLe; lpuoLxoie; ELp1J'taL verwiesen wird. In welch viel·fähigen Variationen Aristoteles seine "naturphilosophischen" Schriften zitiert, zeigt der Index Aristotelicus von H. Bonitz, Sp. 98 a 27ff.; vgl. dazu auch E. Nachmanson, a. a. O. (s. oben S. 10, Anm. 3), S. 13 f. - Einen kurzen überblick über die verschiedenen Aristotelischen Zitierformeln gibt E. Lohan, a. a. O. (s. oben S. 10, Anm. 3), S. 34ff. 37 Von dieser ausführlichen Wendung aus betrachtet, könnte man natürlich auch für die Formel Ev 'tOLe; :7tEpt IpUOEOOe; den Nominativ 01 mpl IpUOEOOe; (sc. Ä6YOL) postulieren. Doch ist dies angesichts der durchweg personalen Verwendung der ebenfalls recht häufigen Formel 01 :7tEpt qJUOEOOe; nicht eben wahrscheinlich. Das griechische Ohr wird vermutlich, wenn beide Formeln unmittelbar benachbart waren, bei Ev 'toie; :7tEpl qJUOEOOe; automatisch auf Neutrum "umgeschaltet" haben.
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Lassen wir die besprochenen Zeugnisse noch einmal Revue passieren.Euripides, die Autoren von LlLoooi Mym und IIEQi uQxutf]C; Lf]TQLXllC;, Platon und Xenophon bekunden, daß es gegen Ende des 5. und am Anfang des 4. Jahrhunderts üblich war, den Gegenstand der Naturphilosophie mit der Formel zu umreißen, dieses Denken handle nEQi qJ1JOEWC; oder nEQi
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Vgl. den Bonitzsmen Index unter den einzelnen Namen.
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Empedokles in seinem naturphilosophischen Werk sagt ... " [folgt frg. B 34] (WC1:JtE(l xaL 'Efl:JtEÖOXAii~ .•. Ev -roi:~ v .•• [folgt frg. B 34]). Einmal also Umschreibung durch das Sujet, d. h. durch Angabe des thematischen Vorwurfs (XOC1flO3tOLia), das andere Mal durch die - gleichfalls thematisch orientierte - Einordnung in die Gattung (
Im zweiten Fall sind wir nun in der Tat ganz nahe an dem späteren Standardtitel IIE(lL
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S. den Index von Bonitz, S. 102; 835.
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zung sicherlich gegeben (zudem ist EV "toie; :7tEQL cpUO"EWe; ja summarisch gemeint und zielt auf verschiedene Teile des naturphilosophischen Corpus). Wenn nun die fraglichen Werke der vorsokratischen Naturphilosophen, wie wir sahen, vor der Zeit Platons und Aristoteles' vermutlich noch keine Titel trugen, wenn ferner mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit die präzise Kurzformel OL :7tE(JL qJUO"EWe; / 1:(lrtE(JL qJUO"EWe; erst von Aristoteles oder seinem Kreis geprägt wurde und wenn drittens schließlich, wie im vorigen Abschnitt gezeigt, wohl erst in den Bibliotheken von Akademie und Lykeion aus technischen Gründen das Bedürfnis nach Titeln dieser Werke entstanden ist, dann wird man die Annahme kaum mehr von der Hand weisen können, daß - um es zunächst einmal vorsichtig zu formulieren - der Ursprung der :7tE(JL qJuO"Ewe;-Titel im Raum der Schule des Aristoteles zu suchen ist;4°. Dabei spielt es letztlich keine Rolle, ob man die Formulierung ,,"[(1 :7tEeL qJU<1EWe;" als Themaangabe oder als Titel auffaßt. Es ist im Griechischen wie im Deutschen: ob man "seine Schrift über die Natur" sagt oder "seine Schrift ,über die Natur"', das ergibt eine Nuance, die man akustisch überhaupt nicht wahrnimmt, die also in der mündlichen Diskussion gänzlich irrelevant bleibt und die daher erst in dem Augenblick Sinn hat, wo man sich schriftlich über ein Werk äußert - und in diesem Fall wiederum müßte man als Prämisse die Existenz des Titels als vorgegeben voraussetzen. Doch auch bei schriftlicher Außerung ist die Nuance für den Griechen so gut wie nicht wahrnehmbar, solange nicht durch einen präzisierenden Zusatz wie h nV ... E:7tLYQUqJO!!EvfP Klarheit geschaffen wird: bei scriptura continua und fehlenden Differenzierungsmöglichkeiten durch Groß- und Kleinschreibung gibt es keinerlei Unterschied zwischen den Formeln ,,1:(1 rtEQL qJUO"EWe;" und ,,"tel IIE(JL cpUO"EWe;". Die Konsequenz: ein absolut schlüssiger Beweis dafür, daß der dezidierte Buchtitel IIE(JL qJUO"EWe; von Aristoteles auch erfunden - und nicht nur inauguriert worden ist - läßt sich auf der Grundlage des überlieferten Materials gar nicht führen. Was sich dagegen begründet behaupten läßt, ist dies: (1) Aristoteles ·oder sein Schulzirkel haben mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit die Kurzformein OL :7tEQL qJUO"EWe; und "tel:7tE(JL
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Diesbezügliche Vermutungen findet man in der philosophiegeschichtlichen Literatur ganz vereinzelt: so z. B. bei G. S. Kirk, Heraclitus. The Cosmic Fragments, Cambridge 1954, S. 37, Anm. 1: "ITEQl qruC1Ew<; ... a convenient form invented by Peripatetic historians for any work on natural philosophy by those whom Aristotle called ot
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cpum::w<; als Kennzeichnung der Vertreter, der Disziplin und der Grundthematik der "Naturphilosophie" geschaffen. (2) Aristoteles hat mit der Formel ta :n:EQ1. cpU
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s. 35 ff. VgL die im Index Aristotelicus von Bonitz unter dem Namen der einzelnen Vorsokratiker angegebenen Stellen; ferner E. Lohan, a. a. O. (5. oben S. 10, Anm. 3), S. 34ff. S. oben S. 101 f. Man braucht wohl kaum zu betonen, daß unter das generelle skeptische Verdikt der IIEQl 1j11JCJEOOe;-Titel alle jene Titelformen nicht fallen, in denen nicht die "Allphysis", sondern irgendeine "Individualphysis" apostrophiert wird, also etwa das hippokratische IIEQl
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9. DER üBERGANG DER ITEPI DOXOGRAPHIE
~Y~EQ~-FORMEL
IN DIE
Stimmt die Annahme, daß Aristoteles und sein Kreis als Urheber der Titelsigle ITE(lt
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[Empedokles] habe dem Parmenides nachgeeifert und ihn in seinen Gedichten nachgeahmt; denn auch jener habe seine Abhandlung über die ,Natur' in epischen Versen veröffentlicht.« ('0 ÖE 8EoIJlQao"[o~ IIaQfl.EvLBou VOEc.o~ ausgestatteten naturphilosophischen Werken - offenbar durchweg - zu sagen, sie handelten "nE(lL lJl"OEc.o~", "über die Natur". Das bestätigt die anläßlich der Aristotelischen Formel OL nEQL lJl"OEc.o~ / "[u nEQl. lJl"OEc.o~ aufgestellte Vermutung, daß man in den Kreisen der Schule, wo erforderlich, sicher auch das individuelle naturphilosophische Werk mit einer geeigneten J'tE(lL lJl{,oEc.o~-Wendung bezeichnet hat. Das bestätigt zugleich aber auch, daß die von Theophrast zitierten Werke keinen von ihrem Autor gewählten Titel trugen: denn dann hätte Theophrast statt mit der vermutlich erst im Peripatos geprägten summarischen nEQLIJl"oEc.o~-Formel mit dem Originaltitel zitiert5 •
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4
5
So bei H. S. Long (Diels-Kranz: ltOLTn.UlaL'V). Unriduig also Long, der 'tO'V IIEQt cpuaECll~ schreibt: gerade in dieser buchgeschichtlich immer noch frühen Zeit, wo Thema- und Titelangabe noch kaum differenziert sind, wäre bei beabsichtigtem Titelzitat ein präzisierender Zusatz wie El'tL'YQllcp6f1E'VO'V unerläßlich. Es ist irreführend zu sagen, "Theophrastus says that Parmenides and Empedokles developed 'to'V ltEQt cpuaECll~ M'Yo'V" (Verdenius, a. a. O. [so oben S. 16, Anm. 15], S. 74, Anm. 2; Kursive von mir). Eine solche Aussage des Theophrast wäre nach allem, was wir von der frühgriechischen Philosophie wissen, unrichtig und ist Theophrast gar nicht zuzutrauen. Der NachdrUlk des Satzes liegt vielmehr auf E'V EltEat: die Besonderheit liegt darin, daß Empedokles in der Nachfolge des Parmenides seine l'tEQt cpuaECll~ handelnde Schrift in epischem Versmaß verfaßt
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Ein anderes in unserem Zusammenhang wichtiges Zeugnis hat sich im Physikkommentar des Simplikios (S. 22, 27 ff. Diels) erhalten. Dort wird als .Kußerung Theophrasts referiert, das, was von den Anschauungen des Xenophanes bekannt geblieben sei, liege mehr auf anderem Gebiet als dem der "Naturforschung" (hE(lU~ EiVUL J.liiAAOV 1\ 'tij~ 3tE (l t qll)OECO~ LO'tO(lLU~ 't'~v J.lV~flTJV 'tij~ 'tou'tO'u M~TJ~, VS 21 A31). Auch hier, wie im vorgenannten Fall, zeigt die Art des Referats (indirekte Rede), daß wir es mit einem so gut wie wortgetreuen Zitat zu tun haben. Dasselbe gilt für eine Stelle, wo wiederum von der LO'tO(lLU
die im Simplikianischen Physikkommentar (S. 23, 29ff. Diels) überlieferte, bereits erwähnte6 Passage über Thales gehört in diesen Zusammenhang: "Thales hat, so wird überliefert, bei den Griechen als erster die ,Naturforschung' ans Licht gebracht, wobei er allerdings viele Vorläufer hatte, wie es auch Theophrast scheint" (euÄij~ be 3t(lro'to~ 3tu(luMbo'tUL 'tllV 3tE(l L
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hat - wobei stillschweigend zu ergänzen ist, daß Schrifl:en Regel Prosawerke waren. S. oben S. 13.
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J'tEQt ql1JGEW';
in der
sie doch im Verein mit dem erstgenannten Bruchstück Theophrasts die terminologische Konstanz in der philosophiegeschichtlichen Diskussion und erhärten die Schlußfolgerung, daß wir bei Theophrast auch dort, wo die entsprechende Überlieferung fehlt, prinzipiell mit dem gleichen doxographischen Gedanken- und Formelgut rechnen dürfen wie im Corpus Aristotelicum. Aufgrund dieser Voraussetzung kann man nun sogar - mit aller gebührenden Vorsicht - das die doxographiehistorische Entwicklung umkehrende Argument wagen und folgern, daß eben die Einheitlichkeit, mit der die späteren Doxographen die frühgriechischen Naturphilosophen unter dem Titel I1EQL CPU<1EW~ zitieren, ihrerseits darauf hinweist, das sich diese von Theophrast tradierte Formel im Rahmen des alten Peripatos kristallisiert oder zumindest fixiert hat. Die zweite "Schaltstelle" , die in den Fragen der Buchtitelüberlieferung neben Theophrasts Philosophiegeschichte - wenigstens theoretisch - in Betracht zu ziehen ist, ist die alexandrinische Bibliothek, genauer: der gewaltige literarhistorische Bibliothekskatalog in 120 Büchern, den Kallimachos unter dem Titel" Verzeichnis der berühmten Autoren aller Wissensgebiete sowie ihrer Schrifl:en" (I1LVmtE~ "tmv Ev 1[(1<111 jl:atfiEL't fiUlAUJl'ljJllv"tWV KUL cIw <1UVEYQU'ljJUV) verfaßte. Daß in diesem Werk innerhalb der verschiedenen Abteilungen eine Rubrik auch die Philosophen aufarbeitete, ist aus Fragment 442 Pfeiffer (aus Diogenes Laertios 9, 22f.; VS 28 A 1) mit Sicherheit zu entnehmen7 • Kallimachos entwickelte für diese Katalogisierung anscheinend ein festes Schema von Daten, die zu jedem einzelnen Werk beigebracht wurden: Name des Autors, Titel des Werkes, Anfangsworte, Umfang des Buches (Zeilenzahl). Dazu kamen gegebenenfalls noch einige kurze literarhistorische Angaben, wie etwa über Entstehungszeit und Echtheit. Bemerkenswert ist bei dieser Form der Katalogisierung zum einen die Tatsache, daß dem Bibliothekar Kallimachos die einfache Titelangabe (sei sie nW1 authentisch, von der Tradition vorgegeben oder erst der alexandrinischen Gelehrsamkeit zu danken), nicht genügte, sondern daß er sie durch den jeweiligen Eingang ergänzte: daraus ist zu ersehen,
7
Vgl. R. Pfeiffer (Callimachus, Bd. 1, Oxford 1949) im Anhang zu Fragment 453. Dazu H. Herter, Art. Kallimadlos, RE Suppl. 5, 1931, Sp. 396ft, auf F. Schmidt, Die Pinakes des Kallimachos, Berlin 1922 (Klassisch-Philologische Studien, Hg. F. Jacoby, 1) fußend. Vgl. auch O. Regenbogen, Art. IItvul; (3), RE 20/2, 1950, Sp. 1409ff., besonders 1420ff.; E.A.Parsons, The Alexandrian Library, AmsterdamlLondoniNew York 1952, S. 206ff.
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daß in der hellenistischen Philologie offenbar das historische Bewußtsein lebendig war, daß es sich bei der antiken Titelgebung um einen fluktuierenden Prozeß handelt und daß die überlieferten Titel nicht fixiert, sondern variabel waren8 • Bemerkenswert ist aber noch ein Zweites: daß Kallimachos zur Kennzeichnung der Werke neben dem Titel gerade ihren Eingang heranzog - er hätte ja stattdessen ebensogut zwei, drei Worte über den Inhalt oder über die Hauptgestalten eines Buches sagen können; wenn er das nicht tat, sondern sich lieber an das mechanische Verfahren des Aushebens der ersten Textzeile hielt, so mag man das natürlich auf eine dem Bibliothekswesen schon damals und gleichsam von Natur aus eigentümliche penible Pedanterie zurückführen: es ist indes weitaus wahrscheinlicher, daß Kallimachos sich zu diesem Vorgehen aufgrund philologischer Erkenntnisse entschloß, d. h. weil auch er oder einer seiner gelehrten Vorgänger bereits bemerkt hatte, daß in den Literaturwerken der älteren Zeit (wie oben9 ausgeführt) eben der Bucheingang von den Autoren als "Titelersatz" formuliert worden war10 • In welchem Grad nun freilich Kallimachos tatsächlich für die Durchsetzung des Titels "llEQt
Vgl. oben S. 21 das Porphyrios-Zitat. Die Zitierung des Werkeingangs als Identifikationshilfe blieb also bis in späteste Zeiten üblich; vgl. neben Porphyrios etwa auch Augustins Zitierweise in den Retraktationen. • S. 32ff. 10 üb Kallirnachos im Falle der frühen Prosaschriften bei seiner Katalogisierung als "Anfang" des Werkes jeweils den tatsächlichen Beginn der Darlegungen des Autors setzte und das namentliche "Siegel" zu Beginn wegließ, ist nicht mehr auszumachen, erscheint aber denkbar: denn wenn er ohnehin als erstes den Namen (sicher einschließlich Herkunftsbezeichnung) erwähnte, war es eine unnötige Dublette, dieselben Angaben sofort anschließend im Zitat des Autors zu wiederholen. Falls diese Annahme zutriff\:, könnte man in diesem Vorgehen einen Ansatzpunkt für die verschiedentlich zu bemerkende Ungenauigkeit in der &l'XOf1Evo~-Formel der Doxographen sehen (vgl. oben S. 64ff. und unten S. 120ff.). 11 Vgl. oben S. 82. 8
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10. DER cpY}:I}:-BEGRIFF DER llEPI cpY}:EQ}:-FORMEL
Denken wir von hier aus noch einmal zurück an unseren eingangs 1 aufgestellten Fragenkatalog - wir nannten die Punkte Autor, Publikum, kulturhistorischer Hintergrund, literarhistorische Entwicklung, llE(>L CPUOE(j)~- Testimonien, cpuoL~-Begriff, buchtechnische Gegebenheiten, Gattungsbedingtheiten -, so ergibt sich, daß bisher nach und nach alle Probleme in ihrer historischen Entwicklung und ihrer wechselseitigen Abhängigkeit zur Sprache gekommen sind, mit Ausnahme eines Fragenkomplexes: des cpuoL~-Begriffs, der der 3tE(>L cpuoEw~-Formel im ganzen zugrunde liegt. Nachdem sich gezeigt hat, daß die antiken Autoren von sich aus einen Buchtitel nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zu formulieren brauchten, daß die Prosaschriften bis weit in die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts hinein durchweg statt eines Titels einen "Titelersatz" im Texteingang aufweisen, daß Buchtitel vielfach erst aufgrund literarkritischer Auseinandersetzung und vor allem erst aufgrund technischer Bedingungen erforderlich werden, daß diese Bedingungen teils erst in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts gegeben waren (allgemeiner Bildungsstand, Buchhandel), teils nach gewissen Vorstadien sogar erst im vierten Jahrhundert ("wissenschaftliche" Bibliotheken), kurz: nachdem alles darauf hindeutet, daß der Buchtitel "llE(lL CPUOEW~" ein aus dem Bereich des frühen Peripatos oder allenfalls der Akademie stammendes, auf ein in sophistischer Zeit geprägtes philosophiegeschichtliches Schlagwortarsenal zurückgehendes Phänomen darstellt, kommt der Klärung der Frage, wer denn nun für den hinter der ltE(>L cpuoEw;-Formel stehenden cpuoLt;-Begriff verantwortlich ist, eine entscheidende Bedeutung zu: denn die Antwort auf diese Frage muß erweisen, ob die soeben noch einmal kurz resümierte mutmaßliche Genesis des Titels tatsächlich Anspruch auf Wahrscheinlichkeit hat, ob also die schon erwähnte2 Eigentümlichkeit, daß die Wendung ,,3tE(>L cpUOEWt;" bei den "Naturphilosophen" selbst nicht begegnet, mehr S. 18 f. • S. oben S. 83.
1
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als reiner Zufall ist, oder ob nicht vielleicht doch eine wenn auch nur winzige Möglichkeit besteht, daß das gegen Ende des 5. Jahrhunderts begegnende Schlagwort hrroeLa JtEeL uO'Ecoc;"-Titel heranzieht. 5 Mannsperger, a. a. 0., S. 287. a S. 83 ff. 7 V gl. Mannsperger, a. a. 0., passim, bes. S. 38 ff. 3
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Fragment B 112 - " ... das Wahre zu sagen und handeln nach der q)\)OL~, indem man sie vernimmt" (... &Ä1'J{lEa 'J...EytLV ~at :l1:oLtLV ~ata CPUOLV btatovta~). Daß auch in diesen Fällen nicht gemeint sein kann "das Wesen oder die Natur des Alls, d. h. der kosmisch-globalen Gesamtheit der Dinge", wie es dem lateinischen rerum natura entspräche, sondern das " Wesen", das den Dingen generell jeweils zugrunde liegt, verrät besonders B 112, das man fast als Periphrase von Fragment Blauffassen kann: denn daß und wie die kosmische "Allnatur" zur Norm des menschlichen Handelns werden könnte, ist nach allem, was wir von Heraklit wissen, nicht einzusehen: "Die CPUOll; Heraklits ist ... das in den Dingen selbst liegende Wesen. "8 Andererseits weisen jedoch alle drei genannten Fragmente bereits in die Richtung auf einen solchen allumfassenden cpuoL~-Begriff: indem nämlich die zu durchschauende CPUOt~ des einzelnen in einem die Summe der Einzeldinge umfassenden Zusammenhang steht (vgl. etwa auch die Fragmente B 50/51), wie zumal die Vorstellung des "Zergliederns" (ÖLaLQEWV) bekundet. Von einer solchen die cpuou; der €~((Ota summierenden cpuoL~-Auffassung führt begrifflich eine direkte Linie zu Wendungen wie CPUOL~ tWV amlvtwv, "die cpuaL~ aller Dinge", was dann seinerseits - da der Plural des Neutrums im Griechischen häufig Kollektivbegriffe ersetzt - ohne weiteres in "enharmonischer Verwechslung" als "cpuaL~ des Alls", gleich cpuat~ toü :Jtavt6~ oder toü ÖAOU, verstanden werden kann. Dazu aber bedurfte es noch einiger Zeit9 • Für Parmenides jedenfalls ist CPUOL~ wie für Heraklit immer die CPUOL~ eines Einzel-"Dings", sei es des Aithers (VS 28 B 10, 1), sei es des Mondes (B 10, 4f.)1°, sei es der einzelnen Glieder des Menschen (B 16, 3). Gerade bei diesem Philosophen kommt der Individualcharakter der CPUOL~- Vorstellung noch besonders einprägsam zum Vorschein, einmal deswegen, weil der Begriff CPUOL~ für ihn offenbar nur im zweiten Teil seines Gedichts, der Darstellung der " Werde-Weit", brauchbar istl l , also offensichtlich als Kennzeichnung für den Gesamtentwurf seines Denkens ausgeschlossen
8
Heinimann, a. a. O. (s. oben S. 64, Anm. 2), S. 104.
o Die Distanz zur genuin Herakliteischen Auffassung läßt sich beispielsweise an
10 11
einem Passus wie dem bei Diels-Kranz als Heraklit B 10 abgedruckten Stück aus der pseudoaristotelischen Schrift IIEQL x60'flOU sehr gut ablesen, wo qJUO'L<; nun tatsächlich im Sinn der in den Begriff "Naturphilosophie" apostrophierten "Natur" gebraucht ist (man vgl. die fast personalistische Vorstellung und den Gegensatz zwischen qJUO'L<; und qJuO'L<;-imitierender 1:[;('\''1]). Vgl. Heraklit B 106: qJUO'LV TtflEQu<;. Vgl. Mannsperger, a. a. 0., S. 288.
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bleiben muß, zum anderen, weil er eben die " Werde-Welt" nicht mit dem nach späterer Auffassung so treffenden All-Terminus
12
In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts war es in den entsprechenden Kreisen VOn Gebildeten geradezu ein Modewort - man denke etwa an Herodot (vgl. J. E. Powell, A Lexicon tO Herodotus, Cambridge 1938, s. v.).
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Kontext erhält. Es spricht ja schließlich - eben mangels erläuternder Parallelen zu diesem metaphorischen futa~ AEY"!!EVOV Epicharms nichts dagegen, daß man versucht, den Begriff hier ebenfalls in dem bei anderen Autoren anzutreffenden Sinn - das "gewordene Sein" eines Dings, sein ihm kraft spezifischer Artung angeborenes und innewohnendes "Wesen" oder der Prozeß seines "Werdens" zum individuellen "Sein" - aufzufassen, auch wenn dieser Versuch prima vista nicht so glatt aufgeht wie eine Hypostasierung der uns geläufigen Naturvorstellung. Will man die henneneutische Berechtigung eines solchen Versuchs nicht grundsätzlich ablehnen, so müßte man die der metaphorischen Personalisierung zugrunde liegende Bedeutung des Wortes etwa als das der Entfaltung der einzelnen Dinge (oder hier: Lebewesen) zu ihrer ausgeprägten Individualität innewohnende Lebensprinzip umschreiben, als die nonnative Kraft, die sie das tun läßt (ihnen die "Verständigkeit", TO OOq>"V, gibt), was aufgrund ihrer jeweils besonderen Art zu ihrem eigentlichen Wesen gehört. Daß dies immerhin eine mögliche Deutung ist, wird man zumindest so lange nicht bestreiten können, bis sie durdl die Entdeckung anderer q>{,oL~-Fragmente Epichanns widerlegt ist; zu einer vorschnellen Athetese des Fragments B 4, wie sie Heinimann vornimmt13 , besteht jedenfalls kein Anlaß14. Weder also bei Heraklit und Pannenides noch bei Epichann und Empedokles läßt sich eine "Allphysis" von der des umfassenden rerum natura-Begriffs feststellen. Das heißt: bis zur zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts blieb der Ausdruck q>UOL~ stets an die Diskussion der "Natur" der Einzeldinge gebunden. Machen wir nun zeitlich einen Sprung um ein paar Jahrzehnte und fragen, wo denn dann zum erstenmal die Vorstellung einer die Dinge übergreifenden "Allphysis" begegnet, so stoßen wir auf das merkwürdige Phänomen, daß dies genau in jenem Bereich der Fall ist, in dem auch die frühesten Zeugnisse der J'tE(>L q>{,oEO)~-Formel und des "toTO(>ta J'tE(>L q>{,oEO)~"-Schlagworts zuhause waren 15 • Eine dieser frühen Stellen ist das bereits erörterte Euripidesfragment 910 N.: "Glücklich ... wer die alters lose Ordnung der unsterblichen ,Natur betrachtet" (OAßLO~ ö(Jn~ .. : ldlavuTOU xa{)-o(>wv q>" 0 E0) ~ X"O!!OV ay~(>O)v). Eine zweite verwandte Stelle findet sich in den nur C
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A. a. 0., S. 102 ff. Khnlich skeptisch wie Heinimann auch A. Pickard-Cambridge, Dithyramb, Tragedy and Comedy, Oxford 21962, Hg. T. B. L. Webster (Nachdruck 1966), S. 254f. In diesem Sinne auch Mannsperger, a. a. 0., S. 59, Anm. 43, der allerdings an der Bedeutung nAllphysis" in der Epicharm-Stelle festhält. Vgl. oben S. 83ff., bes. 92ff.
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wenige Jahre vor der Antiope aufgeführten Troades (415 v. Chr.) in einem Gebet der Hekabe: "Zeus, wer du auch bist, ob Naturnotwendigkeit oder Menschengeist" (ö<1ne; :n:o"(' d <1U ••• ZEUe;, Eh' <1 v 6. Y 'X Tl !pU<1EWe; EhE votie; ßQO"(WV, V. 885f.; vgl. VS 64 C 2)16. Eine weitere Stelle, die man anführen kann, stammt aus der nicht datierbaren, aber vermutlich auch dem letzten Viertel des 5., wenn nicht gar erst dem ersten Viertel des 4. Jahrhunderts zugehörenden Palamedes-Rede des Gorgias 17 : "Zum Tod hat die ,Natur' mit ihrem deutlichen Urteil alle Sterblichen verurteilt" (-Mv
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So bleiben als sicher verwertbare Zeugnisse vornehmlich die bei den Euripides-Zitate. Und daß in ihnen trotz des dichterischen Zusammenhangs aktuelles philosophisches Schlagwortmaterial sophistischer Provenienz verarbeitet wird, dürfte keinem Zweifel unterliegen. Dabei ist für unsere Frage gleichgültig, ob die Sophisten diese Vorstellungen und Termini selbst geschaffen oder ob sie lediglich Gedankengut yon Zeitgenossen oder unmittelbaren Vorläufern - wie etwa Anaxagoras20 oder Diogenes aus Apollonia oder den Medizinerschulen - zur gängigen Münze eines Klischeevokabulars um geprägt haben21 • Entscheidend ist für uns vielmehr die unbestreitbare Beobachtung, daß sich die prinzipielle Umstrukturierung des <Jlvotc;-Begriffs erst in der zweiten Hälfte des 5. JahrhundertS (d. h. nach Empedokles) vollzogen hat und daß sie erstmals im letzten Viertel des Jahrhunderts sich als verbreitetes Allgemeingut der philosophischen Diskussion dokumentarisch belegen läßt22 : denn damit bestätigt sich auch von dieser Seite, daß die Wurzeln der ltE(>L <JlvoEC.tl<;-Formel nicht weiter als ins letzte Viertel des 5. Jahrhunderts hineinreichen können.
20
21 22
Heinimann, a. a. 0., S. 106, Anm. 50 hält es für denkbar, daß der "absolute" Physisbegriff sich eventuell von Anaxagoras herleitet. Beweisbar scheint dies aber nicht. Vgl. oben S. 118, Anm.16. Auch der «jJ1JO'Ie;-Begriff der Philolaos-Fragmente B 6 und B 1 (s. oben S. 85 f., Anm. 7), steht auf der Seite der Allphysis (m:et ÖE cpUO'LOe; xat ae!1ovtae; ... ; !1EV EO'1:00 1:öiv n:eaY!1'l1:COV alöLOe; EO'O'a xat ml1:a fJlv a cpUO'Ie; itEtav ya xal oux avfrecon:lVIJv höEXE1:at yvöiO'lv ... ; !1fJ un:aexouO'ae; 1:äe; EO'1:0ÜC; 1:iiiv neaY!1(l1:COV, U; rov auvEO'1:a Ö xOO'!1oe;, xal1:öiv n:EOatVOV1:COV xat 1:öiv MELPOlV, B 6; a CPUO'IC; EV 1:<1> xOO'!1{fl ae!1oxihJ Es a1tEteOlv 1:E xal n:EeaIVOV1:OlV, B '1). Aber es ist doch auffällig, daß seine Herkunft aus dem Bereich "Individualphysis" noch deutlich durchscheint, auch wenn die Position des Begriffs .Individualphysis" jetzt a EO'1:00 (1:iiiv neaY!1(l1:OlV) einnimmt; man braucht nur die offenkundig parallelen Aussagen nebeneinanderzuhalten: 1:äC; EO'1:0ÜC; 1:öiv n:eaY!1(l1:COV, ES rov 0' \I VE 0' 1: a Ö x 0 0'!1 0 C;, x a 1 1: iii v n: E e a 1VOV1:OlV xal1:öiv an:EleOlv a CPUO'IC; EV 1:<1> xOO'!1{fl ae!1oxfrT] ES an:Elecov 1:E xal n:EeaLVOV1:OlV, um die genetische Wurzel dieses "Allphysis"-Begriffs zu erkennen: a CPUO'LC; (= "Allphysis") vertritt die Position der Summe der "Individualphyseis" (a EO'1:W 1:öiv n:eaY!1a1:Olv) im All (xoO'!10C;). (Von dieser Seite aus spricht also nichts gegen eine Datierung der Fragmente ins letzte Viertel des 5. Jahrhunderts - aber keinesfalls früher; vgl. W. Burken, a. a. O. [so oben S. 85 f., Anm. 7], S. 233, Anm.64).
a
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13. VORSOKRATIKER-TITEL
Damit sind wir am Ende unserer Untersuchung angelangt, und es bliebe zum Schluß nur noch übrig, in einem wenigstens kurzen überblid!;: auf die praktischen Konsequenzen der Ergebnisse im Hinblid!;: auf eventuelle Rekonstruktionen von "Titeln" und "Eingängen" vorsokratischer Schriften einzugehen. Dabei sondert sich zunächst die ganz große Gruppe von Prosawerken aus, die zwar von Späteren unter dem stereotypen IIE(lL
1
2
Auch die IJ")IJLs-Schrift des Platon-Zeitgenossen Antisthenes (wenn sie wirklich existierte) wird noch mit smwankenden Titelvarianten zitiert (vgl. oben S. 100, Anm.30). Wilamowitz (Einleitung in die griechisme Tragödie, Berlin 31921, S. 125, Anm. 4) smlug die Ergänzung 'H()(lxAEL'toS 'Eq:>EIJWS ilillE HYEL vor und fand damit weiten Anklang (z. B. 'HQUXAEL'tOS BA6(J(.o'VoS 'Eq:>EIJLOS 'tulIE AEYEL Diels-Kranz VS 22 B 1, Anm.; 'HQUXAEL'tOS BAUIJOO'V0S 'Eq:>EIJWS 'tullE AEYEL E. Kalinka, Die pseudoxenophontische 'A~'Vatoo'V JtoAL'tELa, LeipziglBerlin 1913, S. 86; K. 1. Gelzer, Die Schrift vorn Staate der Athener, Berlin 1937 [Hermes Einzelsmriften
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Zenon aus Elea (Eingang nicht überliefert)3; Anaxagoras (frg. B 1 durch Aetios 1, 3, 5 [vgl. VS 59 A 46] ä(lXELaL M OÜLC.tl~ -, Diogenes Laertios 2, 6 [vgl. VS 59 Al] - a(l~af.lEvO~ oünJl LOU o'\JYY(laf.lf.laLO~ - und Simplikios Physikkommentar S. 155, 26 Diels und 460, 26 Diels - AEYOOV cbt' &(lxij~" OÜLOO~ T\(l~aLO Loii oUYY(laf.lf.laLO~ - als zum Eingang gehörig erwiesen; da die Eingangstopik einschließlich Wahrheitsreflexion fehlt, liegt der Verdachts auf Verlust des Prooimions nahe)6;
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3], S. 102; vgl. G. S. Kirk, Heraclitus. The Cosmic Fragments, Cambridge 1954, S. 7 und 10 f. m. Anm., gegen die oben S. 16 zitierten Ansichten von Verdenius). Bei einem anderen Eleaten, Melissos, smeint es zwar, als sei der Eingang erhalten; dom was Simplikios in seinem Physikkommentar S. 103, 13 ff. Diels der Wendung ITEpt YEvEO'Emo; xat q>ftopüo; äPXE'taL 1:0Ü O'uyypaf.lf.la-r:oo; olhmo; folgen läßt, ist lediglim eine lockere Paraphrase des Originaltextes: ein seltener, unmittelbarer Hinweis darauf, daß man die stereotypen apx6f.lEvoo;-Formeln nimt in allen Fällen unbedingt beim Wort nehmen kann, zumal nimt bei späten Gewährsleuten, bei denen die autoptisme Kenntnis der Originaltexte Zweifeln unterliegt. Zu an' apxijo; vgl. VS 59, B 1 die Anm. zur Stelle. Auf keinen Fall kann man wohl aus der Zitierweise des Diogenes Laertios bündig auf den Originalzustand der Manuskripte smließen, also etwa aufgrund der Tatsame, daß er den Alkmaion-Eingang komplett in der topism vollen Form bringt, folgern, in allen anderen Fällen, wo er mit der o.PX6f.lEvoo;-Formel o. ä. zitiert, müsse er gleimfalls den kompletten ursprünglimen Textbestand wiedergegeben haben (was in der Regel hieße, ohne DNamenssiegel", gelegentlich aum ohne "Wahrheitssiegel"). Diogenes referiert, was er in seinen Quellen vorfindet, und das ist meist durm viele Hände gegangen, aum dann, wenn er so tut, als stammten seine Zitate aus eigener Lektüre. Da Anaxagoras 428 in Lampsakos gestorben ist, wird man ihn - und damit sein(e) Werk(e) - kaum in die unten genannte dritte Gruppe einreihen können. Daß seine Smrift keinen siegelnden Eingang gehabt haben sollte, ist kaum denkbar (es sei denn, man wollte unbeweisbare Spekulationen über eine eventuelle Edition aus dem Namlaß o. ä. anstellen). Daß der Eingang, wenn er vorhanden war, nom remt unsmarf gewesen ist, d. h. nom nicht auf der Stufe der seit der Zeit Herodots üblimen methodologismen oder gar inhaltlichen Kurzcharakteristik stand, könnte man vielleimt mit der vagen Zitierweise in Platons Apologie 26 d untermauern (vorausgesetzt, unter ßLßALa ist wirklich nur eine einzige auf mehrere Bumrollen verteilte Smrift gemeint; vgl. W. Schmid, Gesmimte der griechismen Literatur, Bd. 1/2, S. 712, m. Anm. 5; vgl. auch im Phaidon 97b/c die Wendung axouO'ao; f.lEV non EX ßLßALOU '(Lvi!o; 'Ava!;ay6pou avaYLyvooO'XOV1:00; xat AEYOV1:00; wo; ...). - Daß Anaxagoras, wie Clemens Alexandrinus (VS 59 A 36; vgl. AI, 11) aus einer uns nimt mehr faßbaren Quelle wissen will, als erster ein Buch veröffentlicht hat (vgl. Nammanson, a. a. O. [so oben S. 10, Anm. 3], S. 8,Anm. 2), kann in irgendeiner Form einen historischen Kern haben: worin er freilich besteht, kann man ni mt mehr simer sagen - in der vorliegenden dezidierten Form ist die Behauptung jedenfalls nicht glaubhaft; vielleicht hat er in Athen, wo ja unter Umständen die Wiege des Bumhandels stand (s. oben S. 58 f.), sein Werk als erster Prosaautor in den Handel gebracht (zu dem Clemens-Testimonium
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Diogenes aus Apollonia (frg. B 1 durch Diogenes Laertios 6, 81 [aus dem Homonymenwerk des Cicero-Zeitgenossen Demetrios aus Magnesia; VS 64 A 2] und 9, 57 als zum Eingang gehörig erwiesen: &QX~ llE a,,.rql TOU (J"YYQcl!L!LaTo~ Tjbe; enthält die methodische Reflexion, auffälligerweise gekoppelt mit einer Stil-Reflexion, doch fehlt das namentliche Siegel zu Beginn)1. Allerdings ist bei dieser Gruppe von Schriften, was den "Titelersatz" im Eingang angeht, insofern eine Einschränkung zu machen, als immerhin denkbar ist, daß die allerfrühesten Prosaschriften unter Umständen überhaupt keinen spezifischen Eingang hatten, sondern sofort mit der Diskussion ihres Themas begannen. Denn es läßt sich zwar aus dem vorhandenen Oberlieferungsmaterial, wie sim gezeigt hatB, in der "Siegelungstopik" eine organische geschichtlime Linie vom Homerischen Epos über den Dichter des Apollonhymnos und Hesiod zu den frühesten faßbaren Prosaautoren feststellen; aber es ist weder mehr auszumachen, welcher Autor denn nun den letzten Schritt in dieser Linie getan und das Namens- und Wahrheitssiegel pointiert an den
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vgi. jetzt D. E. Gershenson und D. A. Greenberg, Anaxagoras and the Birth of Physics, New YorkILondon/Toronto 1964, S. 145 Nr. 252 mit Anm. 494; Anassagora. Testimonianze e frammenti, Hg. D. Lanza, Florenz 1966, A 36 m. Anm.) Den Topos" Wahrheitsreflexion" enthielt auch der Eingang der Schrift des Demokriteers und Skeptikers Metrodoros aus Chios (VS 70 B 1), wie Cicero Academica 2 (Lucullus), 23, 73 - "initio libri qui est De natura . " inquit" - und Eusebios Praeparatio evangelica 14, 19,8 - y()(icpm'V YE 'tOL 3tEpt cpuaEmr; daßo~'ii lXPl)aa'to 'toLau'tn - bezugen. - Auch von dem naturphilosophischen Werk des Tragikers Ion aus Chios, das unter den Titeln TpLaY!Lor; oder IIEpL !LE'tEc.Opmv (vgi. die oben S. 86 zitierte Stelle aus dem Platonischen Protagoras) oder Koa!Lo~oYLXOr; bekannt war, ist ein - wenn auch recht verstümmeltes - Stück aus dem Beginn erhalten: apx-I) llE !L0L 'toü AOYOU' mJ.v.a 'tpta xat ... (VS 36 B 1), woraus man (nach C. A. Lobeck, Aglaophamus, Königsberg 1829, S. 385) verschiedentlich in apx-l) ijllE !L0L 'tOÜ AOYOU korrigiert hat (vgi. H. Diels, Herodot und Hekataios, Hermes 22, 1887, S. 436, Anm. 1; A. v. Blumenthai, Ion von Chios. Die Reste seiner Werke, StuttgartlBerlin 1939, S. 18; Jacoby FGH 392 F 24 mit Kommentar und Noten): durch das Demonstrativum wäre eine Parallelität gewonnen zu den oben S. 32 ff. genannten Schrifteingängen, doch sonst fehlt auch in der verbesserten Form jede Beziehung zur traditionellen Topik. Daß ein als "Titelersatz" fungierendes Siegel zu Beginn verlorengegangen ist, wird allgemein angenommen; man ergänzte "Imv Xior; 'tallE ~EYEL (Diels-Kranz B 1; ebenso Wilamowitz, Einleitung in die griechische Tragödie, S. 125, Anm. 4) oder "Imv COpitO!LEVOUr;) Xior; 'tallE HYEL (Jacoby). Daß die Schrift einen regelrechten Originaltitel gehabt haben sollte von der Form "Imvor; xtou TpLaY!LOr;, wie E. Kalinka, a. a. O. (s. oben S. 120, Anm. 2), S. 86, Anm. 1 wahlweise vorschlägt, ist nach allem, was sich bei der vorliegenden Untersuchung ergeben hat, ganz unwahrscheinlich. Oben S. 33 ff.
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Eingang des Werkes gerüdn hat, noch kann man nachweisen, daß der Usus des "Siegelns" bei den Prosaschriften von Anfang an gehandhabt wurde: zwischen den ersten erhaltenen Beispielen topisch geprägter Eingänge und den ältesten philosophischen Prosaschriftstellern liegt immerhin mindestens noch ein halbes Jahrhundert. Man denke nur an das Werk des angeblich ersten Prosaautors (so die Suda), Pherekydes aus Syros, von dem Diogenes Laertios, wie er 1, 119 sagt, "den Anfang" zitiert ((fW~€"t1lL öE TOÜ ~'\JQto'\J TO TE ßtßAlov, 0 (fUveYQIl'ljJEv, o{i " aQX:~ ... ): das Zitierte beginnt sofort mit der Darlegung der ganz hesiodeisch anmutenden Pherekydischen Theogonie; selbst der Wahrheitstopos fehlt. (Letzteres gilt freilich z. B. auch für Anaxagoras, was diese ganze Einschränkung wiederum relativiert9 .) Eine zweite Gruppe bei einem eventuellen Versuch von Titelrekonstruktionen bilden die poetisch stilisierten naturphilosophischen Werke: sie trugen im Original offensichtlich gleichfalls keinen Titel, wie schon aus eben dem Umstand zu folgern ist, daß man nirgends einem individuellen Titel begegnet, sondern daß sie später pauschal unter die Sammelkategorie "IIEQL
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Ein Vorläufer der Themaangabe findet sich zu Beginn des belehrenden Teils des Gedichtes, d. h. am Ende des beschreibenden Teils des Prooimions. Vgl. W. Kranz, Ober Aufbau und Bedeutung des Parmenideischen Gedichtes, Sitzungsberichte der Kg!. Preußischen Akademie der Wissenschaften,Beriin 1916, S. 1158ff., bes. 1169: als ihm die Göttin erklärt; was er alles erfahren müsse (aÄiJ~ELa und ßpo-.:iiiv M!;aL B 1, 29ff.). Die Verwandtschaft zum Theogonie-Prooimion (V. 27f.) Hesiods liegt dabei auf der Hand. K. Deichgräber, Parmenides' Auffahrt zur Göttin des Rechts, Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, geistes- und sozialwissenschaft!. Kl., Berlin 1959/11, verweist S. 710 auf Beziehungen zu Thukydides' erstem Methodenkapitel (1, 22). W. Schmid, Geschichte der griechischen Literatur, Bd. 1/1, München 1929, hält bei Empedokles die Authentizität des Titels immerhin nicht für ausgeschlossen (S. 318, Anm. 5), räumt aber doch ein, daß dies angesichts der Ablehnung des !pu(n~-Begriffs in frg. B 8 wenig Wahrscheinlichkeit für sich hat. 123
Beginn, wie die Alkmaion-Parallele, VS 24 B 112, unterstreicht; dagegen wird der bei Diogenes Laenios 8, 54 und 62 überlieferte Beginn der Katharmoi mit der Anrede an die Freunde in Akragas von Diogenes ausdrücklich als Anfang bezeichnet: hUQXOf.lEVOC; "tOOV Ku{}uQf.loov).
Als eine dritte Gruppe bleiben schließlich diejenigen Werke übrig,die zu einer Zeit entstanden sind, als der mit der Existenz eines breiten Bildungsbürgertums aufblühende Buchhandel eventuell bereits den Autoren selbst die Formulierung von Buchtiteln nahelegte. Dazu wären unter anderem wohl insgesamt die sogenannten "Sophisten«, ebenso Leukipp und Demokrit13 mit ihrer Schule, ferner unter Umständen
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S. oben S. 32; skeptischer J. Bollack, Empedocle, Bd. 3, Paris 1969, S. 3 zur Stelle. Von Demokrit ist ein Kurzzitat erhalten, das bezeugtermaßen von einern Schrifteingang (vielleicht dem MLXQO~ öLaxooflo~) stammt: "tabE nEQL "töiv ;uf1nanwv (Aiyw) (VS 68 B 165; vgl. Diels, Herodot und Hekataios, Hermes 22, 1887, S. 436, Anm. 1). Ob dies aber tatsächlich die ersten Worte des Textes waren oder ob der Kontext eine heute verlorene namentliche Siegelung enthielt, ist nicht mehr auszumachen. Von einer anderen Schrift Demokrits, deren Titel in der überlieferung mit IIEQL EMufll1j~ angegeben wird (VS 68 B 2eff.), kennen wir aus mehreren Quellen den Anfang (ita eoepisse, Seneea De tranquillitate animi 13,1): .ov EuhflELoitaL flEAAona XQY! fL1) noUa nQT)OOELV, ftT)n Ultn flT)n ~uvfi ... Tt yaQ Euoyxl1j QmpaAso"tEQOV .ij~ flEyaAoyxt1j~. Die Struktur des Satzes erinnert an den Eingang mancher anonymer Schriften des Corpus Hippocratieum sowie des Oligarchenflugblattes (vgl. oben S. 40ff.), vor allem in der pointiert vorangestellten Nennung eines thematischen Hauptbegriffs, dem Herausstreichen eines Postulats (XQiJ) mit anschließender Begründung (yaQ). Wieder aber läßt sich daraus nicht ersehen, ob dem Ganzen ein später verlorengegangenes "technisches· Prooirnion mit "Siegel" voranging, oder ob bereits die authentische Setzung eines autonomen Titels angenommen werden darf, der es dem Autor ermöglichte, mit dem Text gleich medias in res zu gehen. Vgl. W. Aly, a. a. O. (s. oben S. 66 f., Anm. 10), S. 55, der den Satz in Zusammenhang bringt mit hippokratischen Eingängen und dem Beginn der Schriften des Anaxagoras (s. oben S. 121), Protagoras (s. oben S. 64ft) Antiphon (s. unten S. 126f., Anm. 21) und des Diogenes aus Apollonia (5. oben S. 122). - Bei dem der überlieferung nach gleichfalls vorn "Beginn" (ciQxoflEVO~) eines Werkes, nämlich den 'YnoitijxuL, stammenden frg. B 119 ist der Text mangels Kontext viel zu vage, als daß man mit auch nur einiger Wahrscheinlichkeit den Topos "Wahrheitsreflexion" herauslesen könnte (wie es P. Friedländer, YII00HKAI, Hermes 48, 1913, S. 604ff. tut); doch unterliegt die Authentizität dieser 'YnoitijxuL zudem so starken Zweifeln, daß selbst unter der Voraussetzung eines echt Demokriteisches Gut kompilierenden späteren Redaktors (vgl. R. Philippson, Demokrits Sittensprüche, Hermes 59, 1924, S. 369 ff.) für die Typologie alter Scbrifteingänge nichts zu gewinnen ist. Viel eher macht frg. B 35 den Eindruck eines archaischen Einganges (YVOlftEWV ftEU ,;öiVÖE Ei: n~ i\natoL ;UV vocp ...), zumal durch das Demonstrativpronomen und die stark an Heraklit frg. B 1 und 2 erinnernde Reflexion auf die Wirkung des vorgelegten Werkes; doch dies definitiv behaupten zu wollen würde eine den
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jüngere Adepten älterer Schulen wie Eleaten und Anaxagoreer usw. zu zählen. Bei all diesen Autoren ist es in der Frage der Buchtitel fürs erste nur möglich, gewisse Grenzen abzustecken: auf der einen Seite wäre die Grenze durch die Tatsache gezogen, daß man mit der prinzipiellen Möglichkeit der Titelsetzung durch den Autor rechnen kann, wie sich am Beispiel des Protagoreischen ' AAijÖElU-Titels gezeigt hatl4 , für dessen Authentizität man immerhin einige Argumente beibringen könnte; die Grenze auf der anderen Seite würde durch die Beobachtung bestimmt, daß erst im Raum der Akademie und besonders des Peripatos die Wendung ,,1tEQL qJUOEW~" jene formelhafte Kürze gewinnt (OL 1tEQL qJUOEW~, -ca 1tEQL qJUOEW~), die sie als Buchtitelschablone für eine ganze Gruppe von Werken geeignet erscheinen läßt, d. h. daß ein generalisierter Buchtitel IIEQt qJUOEW~ eigentlich vor dem 4. Jahrhundert kaum denkbar ist, zumindest der Erwartung zuwiderlaufen würde. Freilich hat auch diese Erwartung wiederum ihre Grenzen: denn wenn im letzten Viertel des 5. Jahrhunderts sowohl die Titelsetzung durch den Autor prinzipiell möglich als auch der der 1tEQL qJUOEW~ Formel zugrunde liegende qJuoL~-Begriff entwickelt ist, kann man nicht mit Sicherheit ausschließen, daß ein Autor nicht doch das Thema einer Schrift mit ,,1tEQL qJUOEW~" umschrieben haben könnte. Dies müßte ja nicht unbedingt in einem Titel geschehen sein, sondern kann auch die Form des bekannten einleitenden "Titelersatzes" gehabt haben: denn die Entwicklung zum inhaltsanzeigenden "Titelersatz" zu Beginn eines Werkes kam, wie Herodot, Antiochos, Thukydides und die Anonyma dokumentieren, gleichfalls im letzten Viertel des 5. Jahrhunderts zum Abschluß15. Wie die erwähnte16 Einleitung der Protagoreischen Schrift über die Götter gleich zu Beginn das thematische Stichwort 1tEQL öEmv oder Demokrit in frg. B 2 cl3 sofort den Kernbegriff EUÖU[U:"iOitUL nennt, so wäre auch ein "1tEQL qJUOEW~" oder - was zunächst noch wahrscheinlicher wäre17 - ,,1tEQL qJUOECIl<; -cmv a1tClv'twv (bzw. bUlo'tou)" - theoretisch durchaus denkbar. Nur würde dies nach allem, was wir über die Entwicklung dieser Formel beobachtet haben l8 , eine
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Rahmen dieser Untersuchung sprengende Entscheidung in der vielumstrittenen Frage der Sammlung der Demokrit-Gnomen voraussetzen (vgl. VS 68 B 35, Anmerkung). S. oben S. 64 ff. Vgl. oben S. 32 ff. Oben S. 68 ff. S. oben S. 104. S. 83 ff.
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eindeutige Ausnahme darstellen: d. h. die Existenz dieses Titels gegen Ende des 5. Jahrhunderts müßte im individuellen Fall als Besonderheit erwiesen, nicht generell postuliert werden. Von einer solchen Besonderheit könnte man nach allem, was wir wissen, einzig und allein im Fall des umstrittenen Philolaos reden: falls seine Schrift tatsächlich, wie die neuere Forschung glaubt19, echt ist und falls der Autor kurz vor oder um 400 v. ehr. schrieb und falls sein Fragment B 6, wie wir meinen, als Fragment 1 zu zählen ist und vom Anfang der Schrift stammt - falls all das der Fall ist, dann haben wir hier ein solches exzeptionelles Beispiel eines :1tE(lL
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W. Burkert, siehe oben S. 85 f., Anm. 7; S. 86 f., Anm. 8. Vorausgegangen sein müßte wohl auf alle Fälle, ähnlich wie bei den frühen Prosaschrifien seit Alkmaion (siehe oben S. 120/f. mit Anm.), ein den Namen-, Herkunfts- und Ankündigungstopos enthaltender Vorspann, etwa in der von Burkert (Weisheit und Wissenschaft, Nürnberg 1962, S. 234, Anm. 73) vorgeschlagenen Fonn cI>LAoAaoc; KQO'tIllVL6:taC; nEQL (jnJOLOC; illÖE AE'YEL oder - falls Philolaos der absolute (jnjoLc;-Begri/f, wie der Text von frg. B 6 nahezulegen scheint, nur bedingt geläufig war, cI>LA6Aaoc; KQo'tlllvLlhac; illÖE AE'YEL. Der parallele Buchtitel Antiphons bringt nicht weniger Probleme mit sich. In einigen Fragmenten wird bei Antiphon noch deutlich ein eleatischer Grundansatz spürbar, so in VS 87 B 4, 5 und 10 (vgl. die Anmerkung von Diels zu B 1 und F. Heinimann [vgl. oben S. 64, Anm. 2], S. 133), woraus sich nach Diels auch der
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IIEQL {JEWV von Protagoras - beleuchten die desolate Situation bei der Masse gänzlich unklarer Fälle nur um so greller22 • Wir werden also auch künftig in aller Regel bei den Titelproblemen dieser dritten Gruppe auf verhältnismäßig "substanzlose" philologische Kombinationen und Mutmaßungen angewiesen bleiben, bei denen als einziger heuristischer Fingerzeig vielleicht die überlegung hilfreich sein kann, daß ein Titel um so eher den Eindruck der Originalität er-
Titel erklärt. über den Eingang der Schrift ist nichts Sicheres mehr ausmachen: Diels schlug vor, den sehr verderbt überlieferten Anfang von frg. B1 so zu heilen: EV .iji My~ ltav· .&.IIE yvour; ... Das ergäbe einen Beginn, der sich mit verschiedenen hippokratischen Eingängen vergleichen ließe (s. oben S. 40 ff. .&.IIE XQf) ltOLEtv u. ä.), worauf schon W. Aly, a. a. O. (s. oben S. 66 f., Anm. 10), S. 55 unter Billigung der Dielsschen Korrektur hingewiesen hat. Freilich übersieht Aly, daß die Eingangstopologie bei anonymen und nicht anonym veröffentlichten Schriften nicht ohne weiteres harmonisierbar ist: wenn also das Antiphontische Werk tatsächlich, wie Aly S. 115 meint, keinen Titel im heutigen Sinn trug, sondern wenn der Titel AÄ.i]-DELU oder IIEQt aÄ.llltELur; "offenbar nach den Eingangsworten " sich sekundär kristallisiert hat, dann ist ein Eingang von der Art vorauszusetzen, wie ihn Diels und Lier (vgl. oben S. 66, Anm. 8) für Protagoras postulierten. Dann verliert aber auch die Dielssche Antiphon-Konjektur ihren Sinn und ihre Notwendigkeit und kann, selbst ihre Richtigkeit angcnom:nen, nicht mehr in unmittelbare Parallele zur Eingangstopik anonymer Schriften gesetzt werden. Wenn Diogenes Laertios den richtigen Sachverhalt wiedergibt, dann gab es auch von Antisthenes eine 'AÄ.i]ih:LU (Diogenes Laertios 6,16) und von Simmias einen Dialog IIEQL &Ä.ll-DELur; (2, 124). Dodt ist uns von deren Eingang nidtts erhalten, so daß man nichts darüber ausmadten kann, ob diese Titel auf den Autor - vermutlich via Eingangstopik - oder auf spätere Philologen(re)konstruktionen (bei Simmias etwa ähnlidt wie die Untertitel der Platonisdten Dialoge) zurü
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weckt, je "origineller", "ausgefallener", profilierter, einem bewußt formulierenden Autor "gemäßer" er sich gibt: eine antieleatische 'AA:fr3EU1, mit mythischen Allusionen werbende 'lQ(lUL, schon im kennzeichnenden Schlagwort prononciert zugespitzte ' AVtLAOYLaL, der ein von Grund auf neu geordnetes Weltbild versprechende MEYu~ ÖUl,)(OO!L0~ und ähnliches dürfen als weniger suspekt gelten als die spätere Allerweltschiffre IIE(lL q),UOEW~, wenngleich auch sie allein aufgrund ihrer pointierten Form ebenfalls noch keineswegs gesichert sind 23 • Andererseits - und damit kommen wir zum Schluß nochmals auf einen Einzelfa1l24 zu sprechen, der aufs nachdrücklichste die Diffizilität eines solchen "bodenlosen" Argurnentierens illustriert - waren ja schon der antiken Doxographie die Individualitäten der alten Philosophen vertraut, und zwar sicher weit besser als uns: und einem als notorischer "Widerspruchsgeist" bekannten Autor einen anti-naturphilosophischen Titel von der Art "IIE(lL 'tO'Ü !Li} oV'to~ ~ rtE(lL
Man denke beispielsweise an die von J. Bernays angeregte Diskussion über die Identität von 'A).,iji}ELa und 'Av.~).,oyla~ (siehe oben S. 70, Anm. 23). 24 V gl. oben S. 71 f. 2" Vgl. oben S. 10f. 23
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REGISTER
A. Antike Eigennamen und Stellen
Aetios 1,3,5: 121 Aischylos 60 f. Prometheus: 27 Alexis, Linos frg. 135 Kode 52, 54 Alkaios 18, 25, 75 Alkmaion 11, 17, 76 A2:11,13 B 1: 32-39,42, 53,75,85, 120f., 124,126 Anakreon 18 Anaxagoras 57-59, 74,119,121-125 A1:118,121 A 1, 11: 121 A 36: 121 f. A 46: 121 B 1: 121 B 1 ff.: 17 Anaximander 11-13, 16 f., 34, 74, 7679, 120 A 2: 12 A 7: 11 Anaximenes 76, 78, 120 Antimachos 81 Antiochos von Syrakus 46 FGH 555 F 2: 37-40,42 f., 125 Antiphon , At,i!ßELa (B 1 ff.): 68, 71, 124, 126 f. B 4: 126 B 5: 126 B 10: 126 B 44, co!. 1, 25ff.: 118 Antisthenes 'At,i!ßELa: 71, 127 IIEQL q"JCJEOOC; (='EQoo'tT]!J.a 1tEQL q?UCJEOOC; = UCJLXOC; [?]): 100, 120 Aponius In Canticum Canticorum 5,96: 12 Archilochos 25 f., 75, 78 f. !rg. 77 D.: 26 Arion 25f. Aristarch 26
Aristeas von Prokonnesos 25, 27, 29 Aristophanes 23, 28, 56,60 f., 73, 80
Aiolosikon: 31 ßQu!J.a.a i\ KEV'tauQoc;: 31 Frösche 52 f.: 28, 58 943: 60 f. 1109 ff.: 28, 58 1408 ff.: 60 f. Ritter: 28 Thesmophoriazusen 770: 28 848 ff.: 28 1010ff.: 28 Wolken 553 f.: 28 961ff.: 56f. Aristophanes von Byzanz 26 Aristoteles 15, 49, 77, 80-82, 96-107, 108,110 f. Analytik: 15 . , Aih\vaLoov 1tot..L"tELa: 81 Metaphysik A 3, 983 a33 f.: 103 A 4, 985 a11 f.: 103 A 6,987 blf.: 97f. A 7,988 a21 f.: 103 A 8, 989 a24: 103 A 8, 990 a7: 103, 109 B 4, 1001 a12 f.: 100, 104 r 3,1005 a32 f.: 98 r4, 1006 a2f.: 100 8, 1050 b24: 100 K6, 1062 b21 f.: 100f. K 6,1062 b25 f.: 100 M 3,1078 b17ff.: 97 M 9,1086 a23f.: 103 Meteorologika 4, 4 = 381 b32 f.: 105 IIEQl aLCJiti!CJEOOC; 1, 436 a17: 100 1,436 a19f.: 100 1, 436 a20 ff.: 102 IIEQL -YEVECJIlOOC; xaL q?itoeiic;: 103 IIEeL tc[loov !J.OQLOOV 1, 1 = 639 al2 ff.: 99, 102
e
135
1, 1 = 641 a29: 101 1,1 = 642 a28: 97 1,1 = 642 al8f.: 102 1,5 = 645 a5f.: 98 [IIepl 1'OO"l1ou]: 115 IIepl oupavoü: 103 1, 1 = 268 alff.: 99 1,2 = 268 b11 ff.: 98 1,4 = 271 a33: 118 3,1 = 298 blff.: 98f. IIepl 1:11 ~ii>a LO"1:0pLaL 3, 5 = 513 a9: 101 Physik: 14, 103 1,1 = 184 a14ff.: 99 1,2 = 185 a17ff.: 98 1,2 = 184 b25 ff.: 98 1,4 = 187 a35: 101 2,2 = 193 b29: 101 2,4 = 196a22: 104 3,4 = 202 b30ff.: 99 3,4= 202 b35: 97 3,4 = 203 a16: 101 8, 1 = 250 b15 f.: 100 8,1 = 250 b16ff.: 99 Poetik 1, 1447 b17: 12 15, 1454 b18: 12 Politien: 81 f., 108 Politika: 81 [Problemata] 10, 13 = 892 a25: 100 21, 22 = 929 b15 f.: 105
Rhetorik: 127 3,5 = 1407 b16: 120 3, 14, 12 = 1415 b33 ff.: 49 3,14,12 = 1416 al ff.: 49 Athenaios 1, 3atb: 55 Augustin
Retraktationen: 112 Bakchylides 26 f.
Pap. Ox. 1091: 52 Kommentar Pap. Ox. 2368: 26 Bias 79 Bion
Adonis 1 f.: 39 Charon von Lampsakos 48 Choirilos 54, 81 Cicero 122 Academica 2 (Lucullus), 23, 73: 122 Clemens Alexandrinus 121 f. Corpus Hippocraticum 23, 40-47, 61, 69,78,83,96, 100f., 124f., 127 'E1tLÖllI1Lat 1: 44
136
1,1: 44, 67 3: 44 IIepl aYl1iiiv 1: 43, 118 IIepl utpwv Uölhwv .01tWV 1: 42f., 45 IIept apxalfl~ tfl.pL1'i')~ 1: 41, 43, 45 20: 83, 87, 91, 94-96,98 f., 104, 110 IIepl yuvaL1'Elflt; tpUO"LO~ 1: 42 IIEpl YUVat1'etwv vouO"wv 1, 1: 42 f. IIEe1 ÖLalTf]~ 1, 1: 4H. IIEpl ÖLaL-tflt; öf;swv 1: 41 IIEpl ÖLaL-tfl~ UYLELvi')~ 1: 42 IIEpl LEpi')t; vOO"OlJ 1, 1: 41-43, 85 2,1: 41 IIEpl tpUO"LOt; uvilpol1tou: 107 1: 42 f., 46 IIpoyvwO'"tL1'OV 1: 42 f. Demetrios Phalereus 82 [IIEpl tPl1flvElat;] 2, 12: 33 Demetrios von Magnesia 14, 85, 122 Demokrit 45, 77 f., 80, 124-126 A 33: 77 B 2c /f. (IIept EUillJI1Lfl~): 124 f. [?] B 4b (Mlyat; ölAi1'oO'I10t;): 128 B 5c/d: 17 B 35 (Gnomen): 41, 124f. B 119 ('Y1toili')xat): 124 B 165 (ML1'POt; ÖLß1'OO'I10t;?): 124 Demosthenes 59
Symmorienrede: 53 Didymos
Demostbeneskommentar: 53 Diogenes Laertios 16 1, 23f.: 12f. 1,116: 12 1, 119: 123 2,6: 121 2,13: 118 2, 124: 127 6,16: 127 6,17: 100 6,81: 122 8,7: 88 8,54: 124 8,55: 108f. 8,60 f.: 123 8,62: 124 8,83: 32 8,85: 14,85 9,22f.: 111 9,51:65 9,51 f.: 68 f. 9,52: 67 9,54: 69f.
9, 55: 70 9,57: 122 Diogenes von Apollonia 14, 119, 122,124 A 2: 122 A 5: 14 B 1: 122 B 1 ff.: 17 Dionysios von Milet 48 ~toooi Myot 8, 1 f.: 84-87, 89 f., 92-94, 96, 98 f., 101, 104 8,6: 84 Empedokles 11, 14, 74, 76 f., 91, 9H., 100, lOH., 109, 116f., 119, 123f. B 1: 75 f. B 1 ff.: 17 B 8,1 ff.: 116, 123 B 34: 105 B 53: 104 B 63: 116 B 110, 5: 116 Katharmoi: 77 B 112 (Katharmoi), 1 ff.: 76,124 Ephoros 78 Epidlarm 54 B 4: 116f. xai 8ut,aooa: 31 'EA1ti~ iJ InoiiTo~: 31 Epigonoi 24 Epikur 15 'Emo-roAT) 1te(li -rmv t1tL-rT)lleul1u-rwv: 15 Eudemos Mathematikgeschichte: 108 Eupolis Marikas: 28 jrg. 304 Kode 58, 68 Euripides 57, 60 f. Andromeda: 28 Antiope (?) frg. 910 Nauck: 56, 86 f., 92-94,96-99,104,110,117-119 Bakd?en 200ff.: 6H. Helena: 28 Herakles: 26 Palamedes: 28 Troades 885 f.: 118 f. Euryphon 42 Eusebios Praeparatio evangelica 14, 3, 7: 68 f. 14,19,8:122
ra
Galen IIe(li -rmv Llllwv ßtßi,LWV 92, 13 ff. Müller: 20 f., 47, 76
IIe(li -rmv xalt' 'I1t1tox(la-rf)v O-rOL"elWV 1,9 = 1,487 Kühn: 11, 13 Gellius 7, 17, 1: 55 Gorgias 11,14,17,62, 77f., 127f. B 1 ff. (IIe(li -roü 111) ov-ro~ 1\ 1te(l1 ql1)oew~): 17,71 f., 127 f. B 7: 48, 127 BIO: 49,127 B 11 (Helena): 127 B 11 (Helena), 21: 71 B l1a (Palamedes), 1: 118, 127 Hekataios 29 f., 32, 77 f. FGH 1 F 1: 32-36, 38-40, 42 f., 48, 66,76,120 Hellanikos von Mytilene 47 Herakleides Lembos 88 Herakleides Pontikos 81 Heraklit 16 f., 36, 46, 59, 74, 76, 78 f., 114--117, 120 B 1: 85, 114 f., 120, 124 B 2: 124 B 10: 115 B 30: 93 B 38: 78 B 39: 78 B 40: 77f. B 42: 78 B 50/51: 115 B 56: 78 B 57: 78 B 80: 78f. B 81: 78 B 105: 78 B 106: 78, 115 BI12:115 B 123:114 Hermesianax Leontion: 31 Herodot 23-31, 32, 37, 40, 47, 52, 54, 68,73,79 f., 116, 121 1, Prooimion: 35 f., 38 f., 42, 48, 125 1,8,2: 30 1,12,2: 25 1,23: 25f. 1,24,7: 30 1,69: 42 1,93,5: 29 2,20,1:30 2,23: 30 f., 32, 87 f., 100 2,32,3: 30 2,34, 1: 30 2, 116, 2: 23
137
2,116,3: 25 2,117: 2H. 2, 135, 6: 25,31 2, 143, 1: 29 3,40: 42 3,40,1: 38 3, 122: 42 4,14,3: 25, 29 4,29: 23 4,32: 24,30 4,33, 1: 30 4,36,2: 29 5,24: 42 5,36,2: 29 5,49,1: 29 5,58,3: 51f. 5,95,2: 25,31 5, 113,2: 25 5,125:29 6,21,2: 27 6,95,2: 29 6, 137, 1: 29-31, 32 7,6,3: 25,27 7,6,4: 30 7, 9ß, 1: 30 7,150:42 7,219,1: 29 7,223,1: 29 7,229,1: 29 8,77,2: 30 8,140: 42 Hesiod 54, 77 f., 123
Theogonie: 73 1 ff.: 33 22 ff.: 33-35, 44, 73, 122f. 27:34 Hippias 86, 91 Hippokrates (s. auch Corpus Hippocraticum) 42, 91, 101 Hipponax 75 Homer 23 f., 27, 30, 34, 54 f., 59,62, 73, 78, 122 !lias: 23 f., 34, 78 1,1: 39 6, 289ff.: 25 Odyssee: 23,78 1,1: 39 8,267: 43 »Homerische" Hymnen 27, 79 2,1: 39 3 (Apollonhymnos), 165 ff.: 34, 40, 122 177:34 4,1: 39 7,1: 43
138
8,1: 39 9,1: 39 10,1: 39 11, 1: 39 12, 1: 39 13, 1: 39 14,1: 39 15, 1: 39 17,1:39 18,1:39 19, 1: 43 20,1: 39 21, 1: 39 22,1: 43 23, 1: 39 24,1: 39 25, 1: 39 27, 1: 39 28, 1: 39 29, 1: 39 30, 1: 39 31,1:39 32,1: 39 33,1:43 Horaz Carmen 1, 1: 39
Inscriptiones Graecae Dittenberger Nr. 22 (= Tod Nr. 10): 42 Dittenberger Nr. 45 (= Tod Nr. 25): 42 Dittenberger Nr. 141: 42 Ion von Chios 46, 122 B 1 = FG H 392 F 24 (TQlaYfLo~ = IIeQl l1e-.:eooQoov = KOal1oAoYlX6~): 122 FGH 392 F 24-26 (Triagmos): 47 Isidor Origines 6,3,3,: 55 Isokrates 9 (Euagoras), 74: 12, 48 8 (IIeQl "tf)~ etQi!"'I]~): 53 5 (Philippos), 11: 12, 48 Kallimachos 21, 111 f. IItvaxe~: 111 f. jrg. 442 Pfeiffer: 111 jrg. 453 Pfeiffer: 111 Kallinos 18 Kratinos Dionysalexandros: 31 Kritias B 32 (IIoAl-.:Eta AaxeÖmI10VLoov): 127
B 42 (IIEQl (jn)OEOle; EQOl'tOe; ~ UQE'tÖlV):
107 Kyklos 23 f., 27, 79 Kyprien 23 Leukipp 124 B 2 (IIEQl voü): 118 Lukian Ikaromenipp 31 IIQoe; 'tov UltaiöEu'toV ... 4: 59 Lukrez 15 Lysias 24, 1: 48 Melissos 11, 13 f., 17, 121 IIEQl (jn)OEOle; 111tEQl 'toü oV"tOC;: 71 f., 128 Menander 31 Samia: 53 Metrodoros von Chios B 1: 17, 122 Menon Medizingeschichte: 108 Mimnermos 26 Musaios 25, 27 Okellos 14 Orpheus 54 Ovid 31 Parmenides 11, 14, 16f., 66, 70, 74, 76f., 79, 102, 109, 114-117, 123 A 1: 111 A 4: 14 A 9: 109 B 1: 123 B 1, 29ff.: 70, 123 B 2,4: 70 B 8, Soff.: 70 B 10,1: 115 B 10, H.: 115 B16,3:115f. B 19: 70 Phanokles Erotes: 31 Pherekydes von Syros 12, 123 A 7: 12 Philodern 100 Philolaos BI: 85 f., 119, 126 f. B 1 ff.: 14, 17 B 6: 45,83,85-87,94, 119, 126 f. Philon De aeternitate mundi 3, 13 Cohn: 14 Photios 59
Phrynichos MLAi)'tOU äAOlOLe;: 27 Pindar 26 Pap. Ox. 1604: 26 Platon 15, 65, 75, 77 f., 8G-82, 85-104, 106[., 110, 120, 127 Apologie 26 d7 ff.: 58 f., 121 7. Brief 344 d: 92 Charmides 153 a: 48 Gorgias 483 e: 118 Ion 530 a: 48 Lysis 214 b: 87-89, 92 Nomoi 891 c: 90-92, 103 Phaidon: 26 95 e-96 a: 13, 89 f., 92-94, 99, 104 97b/c: 74,121 Phaidros 269 e ff.: 91 f. 270 c: 101 275 a5: 7Sf. 276 d3: 75 f. Philebos 44 b: 91 f., 97, 101 f. 59 a: 90,92 f., 97, 103 Politik os 284 b: 49 286 b: 49 Protagoras: 70 315 c: 86 f., 91, 122 Sophistes: 49 Symposion (Pap. Ox. 843): 52 Theaitet 161 c2 ff.: 64-66, 70 f. Timaios 29 d: 92 57 d: 91 f. Plotin 21 Plutarch Sulla 26, 1/2: 82 Pollux 9, 47: 58 Porphyrios 70 Vita Plotini 4,17ff.: 21,47,112 Prodikos 11, 13,62 B 1/2 (Horen): 88,128 B3/.:17 Proklos Timaioskommentar 1,21 c: 81 Protagoras 45,62, 73, 78, 84, 124-128 Al: 65,68 f. B 1 ('AAi){lELa): 64-71, 125-128 B 2 (hoyoe; ItEQl 'toü oV'tOC;): 70 B 3 (Meyac; A6yoc;): 70 B 4 (IIEQl {lEÖlV): 67-71, 85, 125, 127 B 5 ('AV'tLAoylaL): 70, 128 B 7: 70 B 8/8 h: 70 Ptolemaios I. 82 Ptolemaios VI. Philometor 88 Pythagoras 76-78, 88
139
Sappho 18, 25, 26, 75 Seneca De tranquillitate animi 13, 1: 124 Servius Aeneiskommentar 6, 21: 26 Sextus Empiricus 16, 128 Adversus mathematicos 7, 60: 64-66 7,111:123 Simmias 'AAT)ftELU: 71, 127 Simon IIEQL tllEu~ i.rutLxij~ 1: 43, 88 Simos 'O'l'uQ'tuO'lu: 54 Simplikios 128 Kommentar zu IIEQL oUQuvoü 556, 25 Heiberg: 14 557, 10 Heiberg: 14 Physikkommentar 4, 8 ff. Diels: 15 22, 27 ff. Diels: 110 23, 29ff. Diels: 13, 110 25, 1 Diels: 14 26,21 ff. Diels: 110 70, 16 Diels: 14 103, 13 ff. Diels: 121 155,26 Diels: 121 460,26 Diels: 121 1233, 30ff. Diels: 15 Sokrates 58 f., 89, 93, 97 f. Solon 18,25 5,11: 34 Sophokles Oidipus auf Kolonos: 27 f. Sotion Philosophiegeschichte: 88 StesidlOros 27 Strabon 13, 1, 54, p. 608/609: 82 Suda 12, 123 Sulla 82 Terpander 34 Thales 76, 78 Al: 12
Bl:13,110 Theaitetkommentar (anonym) 2,3 DielsSchubart: 65 Themistios or. 36, p. 317: 11 f. Theognis 18 19f.: 36
140
19 fF.: 25, 34, 38, 75 Theokrit 22 (Dioskuren), 1 f.: 39 Theophrast 13, 82
Xanthos von Sardes 48 Xenophanes 76-78, 123 A 31: 110 B 23: 17 Xenophon 78, 96 f. Anabasis 7,5, 14: 60 Apomnemoneumata 1,1,11: 93,9799,104 1,6,13: 62 1,6,14: 51 f. 2,1,21:88 4,2, 1. 8 ff.: 61 f. ['AftT]vutoov l'tOAL'tEtU]: 40, 68, 124 f. 1, 1: 45-47, 66 f., 69 IIEQL i.nnLxij~ 1, 1: 43 f., 88 Symposion 3,5: 60 Zenon von Elea 17, 121
B. Moderne Gelehrte
Aly, W. 34, 66, 68, 124 Arighetti, G. 15 Ausrin, C. 53 Bayer, E. 82 Bender, G. 10 Bergk, Th. 65 Bernays, J. 64, 70, 128 Bethe, E. 10 Bin, Th. 10, 31, 51 f. Blass, F. 26 BlumenthaI, A. von 122 Böckh, A. 59 Bollack, J. 124 Bonitz, H. 49, 101, 103-105, 107 Bornirz, H.-F. 35 Buchheit, V. 49 Burkert, W. 78, 85 f., 119, 126 Burnet, J. 93 f. Bury, R. G. 80 Caizzi, F. D. 100 Capizzi, A. 70 Cardini, M. T. 14 Cherniss, H. 91 Crönert, W. 15 Deichgräber, K. 40, 44, 123 Denniston, J. D. 56 Diels, H. 10, 13 f., 17, 38, 42, 47, 65 f., 70f., 77, 84, 108, 118, 120, 122, 124, 126f. Diller, H. 16, 41, 44, 61,91, 95 f. Dittenberger, W. 42 Dodds, E. R. 64, 118 Dziatzko, K. 10,20,51,54 f. Ehrenberg, V. 9, 57 f. Erbse, H. 9, 35, 76 Fowler, H. N. 80 Frank, E. 85 f. Fraenkel, E. 58 Fränkel, H. 16, 34, 74 f. Fränkel, M. 59 Freeman, K. 71 Friedländer, P. 124 Fritz, K. von 23, 29, 35,37, 70, 85 Frobenius, J. 14
Gaiser, K. 7, 31 Gelzer, K. 1.46,120 Gershenson, D. E. 122 Gigante, M. 14 Gigon, O. 70 Gladigow, B. 92 Göber, W.I0 Gomme, A. W. 38 Gomperz, H. 12, 84 Gould, J. 28, 57, 59 Graf, G. 61 Greenberg, D. A. 122 Gregoire, H. 64 Grensemann, H. 41 Groningen, B. A. van 30, 35 Guthrie, W. K. C. 16 f. Haigh, A. E. 57 Harder, R. 39, 74 f. Harriot, R. 57 Hasler, F. S. 35 Heidel, W. A. 93, 108 Heinimann, F. 64, 66, 115, 117, 119, 126 Heitsch, E. 67, 70 Helm, R. 31 Hemmerdinger, B. 53 Herter, H. 37, 111 Hippenstiel, W. 10, 27 Hommel,H.7 How, W. W.23, 30,35 Hübner, H. G. 14 Hunger, H. 9 f., 55 Immerwahr, H. R. 51 Jacoby, F.33,35,37,47, 111, 122 Jaeger, W. 16 Jens, W. 34 Jones, W. H. J. 41 Kalinka, E. 45-47, 58, 120, 122 Kannicht, R. 7,28 Kasser, R. 53 Kenyon, F. G. 10,26,51 Kirk, G. S. 106, 114, 121 Kirsten, E. 10 Kock, Th. 31 Krämer, H. J. 81 Kranz, W. 10, 13 f., 17, 32, 66, 70, 91, 120, 122f.
141