IN JEDES HAUS GEHORT DIESES WERK das ist das überzeugende Urteil von Presse und Rundfunk über die große, spannend gesch...
33 downloads
519 Views
489KB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
IN JEDES HAUS GEHORT DIESES WERK das ist das überzeugende Urteil von Presse und Rundfunk über die große, spannend geschriebene Weltgeschichte „Bild der Jahrhunderte" des Münchner Historikers Otto Zierer. Von ungeheurer Dramatik sind die Bände dieses neuartigen, erregenden Geschichtswerkes erfüllt. Hier sind nicht, wie in Lehrbüchern alter A r t , die historischen Ereignisse mit trockener Sachlichkeit aneinandergereiht; die Vergangenheit w i r d vor dem Auge des Lesers in kulturgeschichtlichen Bildern zu neuem Leben erweckt. Menschen wie Du und ich schreiten über die wechselnde Bühne der Geschichte und lassen den Ablauf der Jahrhunderte, das Schauspiel vom Schicksal der Menschheit, ergriffen miterleben. Zierers „Bild der Jahrhunderte" ist ein W e r k für die Menschen unserer Zeit, für die Erwachsenen wie für die Jugend. DER
KAUF
LEICHT
G E M A C H T . . .
„Schüler, deren Eltern das Bild der Jahrhunderte zu Hause haben, sind die besten Geschichtskenner in meinen Klassen", schreibt ein bekannter Erzieher. Der Verlag hat die Beschaffung der Bücherreihe leicht gemacht. Um jeder Familie den Kauf dieses prächtig ausgestatteten Standardwerkes zu ermöglichen, werden günstige Zahlungserleichterungen eingeräumt. Das „ B i l d der Jahrhunderte" kann auf Wunsch bei sofortiger Lieferung ohne Anzahlung gegen zwanzig Monatsraten erworben w e r d e n : DM 10,90 für die RotleinenAusgabe, DM 13,75 für die Lux-Luxus-Ausgabe. Das Werk besteht aus zwanzig Doppelbänden, dem Band 41/44 und dem Historischen Lexikon; es umfaßt rund 8000 Seiten. 189 ausgewählte Kunstdrucktafeln, 500 Lexikonbilder und 124 historische Karten ergänzen den Text. Jeder Band enthält Anmerkungen, ausführliche Begriffserklärungen und Zeittafeln.
SCHREIBEN
SIE
UNS
NOCH
HEUTE
oder wenden Sie sich an Ihre Buchhandlung! Sie erhalten sofort kostenlos einen ausführlichen Prospekt mit den genauen Bezugsbedingungen und Besprechungen der einzelnen Bände.
VERLAG SEBASTIAN
LUX
M U R N A U . M Ö N C H E N . INNSBRUCK . BASEL
K L E I N E
B I B L I O T H E K
DES
W I S S E N S
LUX-LESEBOGEN NATUR-
UND
KULTURKUNDLICHE
NOBERT
HEFTE
JACQUES
Martin Behaim Ritter • Seefahrer Globusmacher
2006 digitalisiert von Manni Hesse
VERLAG SEBASTIAN LUX MURNAU • MÜNCHEN • INNSBRUCK • BASEL
Nürnberg. Marktplatz um 1470
Behaim träumt in die Ferne . Über Martin Behaims Jugend kann man aus Dokumenten recht wenig nacherzählen. Nicht einmal sein Geburtsdatum ist verbürgt. Es soll 1459 gewesen sein. Fest steht, daß er in Nürnberg geboren wurde, und auch sein Vaterhaus ist bekannt und war bis in den letzten Krieg als Nr. 15 auf dem Hauptmarkt erhalten. Am Elternhaus befand sich die „Heiltumskammer". Das war ein kleines Podest, von dem aus einmal jährlich in einem feierlichen Akt dem Volk die Reichskleinodien gezeigt wurden, die Kaiser Sigismund während der Hussitenkriege hatte aus Prag retten und nach Nürnberg bringen lassen. Fest steht auch, daß der junge Martin zum Beruf des Vaters bestimmt worden war, der ein ausgezeichneter Tuchgroßhändler gewesen. Der Knabe kam nach Flandern in die Lehre und wird die fachlichen Kenntnisse des Warenhändlers erworben und das Rechnen mit der Feder und auf der Linie gelernt haben. Als Rechnen mit der Feder bezeichnete man damals ein Rechnen ähnlidi unserem Dezimalsystem, das Rechnen auf der Linie erfolgte mit Hilfe der damals allgemein gebräuchlichen Rechenmaschine, etwa wie mit dem heute noch üblichen Rechenschieber. Doch Martin Behaims späteres Leben zeigt, daß er sich in seinen Jugendjahren noch einen anderen Umstand zunutze gemacht hat,
Jen ihm das Nürnberg der 1470er Jahre bot: das plötzliche Erscheinen und der Aufenthalt des berühmten Mathematikers Johannes Müller, den man nach seinem Geburtsort, dem Frankenstädtchen Königsberg — lateinisch Regiomontum — Regiomontanus nannte. Regiomontanus, der zu den bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit zählte, war in Wien und Italien gewesen, bevor er 1471 nach Nürnberg kam, hatte mit den anerkanntesten Mathematikern, Astronomen und Geographen Umgang gepflogen. Er war dem wissenschaftlichen Betrieb schließlich entflohen, um in Nürnberg die Früchte seiner Studien und Arbeiten ausreifen zu lassen. Hier wurden seine Ephemeriden gedruckt, Tabellen, die den Standort der Himmelskörper für den Zeitpunkt eines Jahres voraus angaben und die noch heute einen unentbehrlichen Behelf für die Schiffahrt bilden. Unter dem Einfluß des Regiomontanus entstand auch eine Werkstatt zur Herstellung wissenschaftlicher Instrumente, die der Gelehrte erfunden hatte und die den mathematischen Kenntnissen und Entdeckungen dienten; Kompasse wurden angefertigt, Himmelsgloben, Amillarsphären zur Beobachtung der Stellung von Gestirnen und viel anderes Gerät. Doch am stärksten drang Regiomontanus dadurch in die Öffentlichkeit der Weit, daß er den Gebrauch des Jakobsstabs in der Schifffahrt lehrte. Der sonderbare Name ist wohl auf die Jakobsleiter zurückzuführen, die nach dem Buch der Genesis Jakob im Traume sah, wie sie Erde und Himmel verband. Dieses Gerät war der Vorgänger des Spiegelsextanten, mit dem man heute Sternhöhe und Standort ermittelt. Bisher gab es nur Instrumente, die von einem festen Punkt aus arbeiteten. Sie konnten also nicht auf einem bewegten Schiff benutzt werden. Der Seefahrer mußte erst irgendwo an Land gehen. Den Jakobsstab aber konnte man freihändig auf dem schwankenden Deck einer Karavelle benutzen. Er diente dem Seefahrer nicht nur dazu, den Punkt festzustellen, an dem er sich befand, sondern ermöglichte auch, etwa die Winkelentfernung von Stern zu Stern zu messen. Der Seefahrer benutzte den Jakobsstab auf folgende Weise: An einem mit Teilstrichen versehenen Stock bewegte sich ein aufrecht stehender Schieber mit zwei gleich langen Armen. Man brachte das Auge an das eine Ende des Stocks und peilte über das untere Ende des Schiebers die Kante des Horizontes an, während man zugleich den Schieber so bewegte, daß sein oberes Ende den Rand der Sonne oder einen Stern faßte. Wo dann der Querstab auf der Gradeinteilung des Hauptstabes stand, konnte der Winkelwert und damit 3
die Tageszeit und beim Anvisieren der Scerne auch die Sternhöhe und der geographische Standort abgelesen werden (s. Abb. S. 27). Regiomontanus weilte bis zum Jahre 1475 in Nürnberg, und Martin Behaim war damals ein Jüngling von 15, 16 Jahren. Reiseberichte hatten einen neuen Sinn in der europäischen Welt geweckt: das Bewußtsein, daß es andere Völker gab, mit absonderlichem Aussehen, merkwürdig interessanten Verschiedenheiten der Sitten und Anschauungen, die kennenzulernen nun zur Bildung des Geistes und des Gemütes gehörte. Der Begriff Geographie war in die Vorstellungswelt des Abendlandes eingedrungen. Länderkundliche Schriften wurden modische Literatur. Fälscher benutzten die Konjunktur und beschrieben erfundene Reisen; der „Bestseller" des Jahrhunderts wurde Sir John Madrevilles Weltreise, die völlig erfunden war. Auch das berühmte „Libro del Conoscimiento" eines Spaniers gehört zu dieser Schwindelliteratur. Daß die Aufzeichnungen überhaupt entstehen konnten, zeugt aber dafür, wie stark die Phantasie jener Zeit sich an die fremden Welten herantastete. Auch das Vorstellungsvermögen eines so ungewöhnlichen Knaben, wie es Martin Behaim war, geriet in die Sphäre der Anziehungskraft der fernen Welten und segelte mit jenen Schriftstellern, mochten siej nun Gesehenes oder Erfundenes berichten, durch die weite Welt.
Regiomontanus mit Astrolabium (zeitgen. Holzschn.)
Und da sah er in dem großen Mitbürger all das, was sein Gemüt erfüllte. Auch Regiomontanus war ein Geograph. Auch er lebte in' den Dingen der unbekannten Welt und der unbekannten Sterne. Da er an der Wißbegier des jungen Nürnbergers seinen Lehreifer befriedigen wollte, weihte er ihn in seine Künste ein, lehrte ihn die Sterntabellen benutzen, eröffnete ihm die Geheimnisse seiner Instrumente, wies ihm in seiner beweglichen Sternwarte den Weg z u r ' Erkenntnis des Planmäßigen im Ganzen der Weltordnung. Aus der Knabenneugier erwuchs das Jünglingsstreben, zu lernen und zu wissen; später, als Behaim zu Lissabon das anwandte, wasj Regiomontanus ihm gezeigt, nannte er sich mit Recht einen Schulen des großen Mannes. 4
Behaim wird Ritter und königlicher Rat Die Portugiesen waren zu Beginn des 15. Jahrhunderts noch so schlechte Seefahrer gewesen, daß sie kaum vermochten, auf kurzer Strecke eine Flotte zusammenzuhalten, weil die seemännischen Fähigkeiten ihrer Kapitäne nicht gegen die Meeresströmungen aufkamen und die Barken sich immer wieder voneinander zu verlieren drohten. Doch dann hatte die Welt im Verlaufe dieses 15. Jahrhunderts erlebt, wie die willensbegabte und von ihren Gedanken besessene Persönlichkeit Heinrichs des Seefahrers, eines Sohnes des portugiesischen Königs Johann I., in wenigen Jahrzehnten das Wesen eines ganzen Volkes umschuf. Die zaghaften kleinen Barkenfischer des Jahrhundertbeginns, die den Schwärmen der Sardinen nachspürten oder Krabben und Schnecken fingen, sich aber nicht aus der Reichweite der Küste wegtrauten, waren am Ende des Jahrhunderts das wagemutigste und kühnste Seefahrervolk der Welt. Alle Mühen wurden an die Besiegung der afrikanischen Westküste gewandt. In langsamem Tasten ging es von Expedition zu Expedition südlicher. Kap Blanco wurde 1441 von Nuno Tristäo erreicht. Die Seefahrer brachten die erste Kenntnis nach Europa, daß es da unten neben den gebräunten Arabern tiefschwarze Menschen gab. Zwei Jahre später fand derselbe Nuno Tristäo die Alcuinbucht, und mit ihr waren die Portugiesen auf einen der Umschlagplätze des arabischen Handels gestoßen. Nochmals zwei Jahre später kam die Entdeckung des Senegalflusses und in demselben Jahre — 1445 — das Wunder: daß nicht ganz Afrika eine versengte und versengende Wüste sei. Das Kap, an dem auf einmal grüne Bäume und grüne Matten, Blumen und Früchte erschienen, wurde deshalb Kap Verde, grünes Vorgebirge, genannt (s. die Globuskarte S. 6). Nach dem Tode Heinrichs des Seefahrers waren die Entdeckungen an der afrikanischen Küste unter König Alfons IV. weitergegangen. Fernäo Gomes, dem der Handel mit Guinea verpachtet worden war, hatte die Verpflichtung übernommen, jedes Jahr 500 Kilometer an der Küste weiter nach Süden vorzudringen. Eine Expedition brachte dann 1472 zum erstenmal europäische Seefahrer über den Äquator, und von all diesen Reisen wurden Elfenbein, Gold und Gewürze mitgebracht. Eine Bulle des Papstes Nikolaus V. sicherte das H a n delsmonopol an der Westküste Afrikas den Schiffen Portugals. Handel und Verkehr bekamen in Lissabon einen Schwung, der bald ein geradezu ungebärdiges Taktmaß annahm, und die Stadt zog aus allen Ländern Menschen an, gute und schlechte, Ehrgeizige und 5
Portugal, Spanien, Nordwestafrika auf Behaims Erdglobus 6
Spieler, kühne Männer und Piraten. Es war ein New York des 15. Jahrhunderts. Unter den Gästen der Stadt weilte auch Kolumbus, der, ein unbekannter Genuese, sich durch seinen Ehrgeiz nach Portugal hatte treiben lassen, wo er für den Gedanken, Indien über den Westweg suchen zu gehen, zehn Jahre lang, von 1474 bis 1484, Gönner und Geldgeber suchte. Aber er machte nichts als Schulden. Selbst Portugal war noch nicht reif für ihn. Noch fuhren die Seefahrer brav und vorsichtig im Anblick der Küste oder auf erfahrener Route zu den Azoren und nach Madeira. Welche Kraft hätte ihnen auf der unausmeßbaren Scheibe des Ozeans, tageweit von jedem Anhaltspunkt entfernt, gezeigt, wo sie hingerieten, wenn Strömungen oder Fehlrechnungen, die nicht überprüfbar und verbesserbar waren, sie abirren ließen! König Alfons betrachtete Seefahrten lediglich von der Seite des Geschäftes und nicht auch als wissenschaftliche Forschung, wie sein Großoheim Heinrich der Seefahrer. Erst Johann IL, der 1481 den Thron bestieg, strebte wieder auf das größere Ziel zu. Er ging gleich bei seinem Regierungsantritt, die Frage in ihrem Kern an und ernannte eine Seefahrtskommission. Diese „Junta dos Mathematicos" hatte alles zu verwalten, zu leiten, zu organisieren, zu kontrollieren, was das Seefahren betraf. Ihre Tätigkeit lag infolgedessen im Bannkreis der politischen und wissenschaftlichen Geheimnisse, etwa wie zu unserer Zeit die Kommissionen, denen die Arbeiten an den Atomgeheimnissen anvertraut sind. Zu dem hauptsächlichsten Arbeitsgebiet der Junta gehörte darum auch das Suchen nach vervollkommneten Geräten und Hilfsmitteln, die endlich den Kapitänen die Möglichkeit schaffen sollten, sich für die Orientierung von den Küsten frei zu machen. Denn noch immer besaß man außer dem Kompaß, der nur die Richtung wies, kein Instrument, das zuverlässige Messungen an Bord einer Karavelle gestattete. In dieser Zeit, wohl um das Jahr 1482, muß Martin Behaim in Geschäften nach Lissabon gekommen sein. Er hatte fünf Jahre in Flandern verbracht. Lissabon hatte außerordentlich rege Beziehungen dorthin, und Behaim, der sich so lange in der Mühle der Warenherstellung und ihres Verschleißes mitgedreht hatte, geriet in die neue Umwelt einer Seefahrerstadt, die ihm im Grunde doch nicht neu war. Denn die Stunden der seemännischen Unterweisung in der Werkstätte des Regiomontanus stiegen jetzt in seiner Erinnerung auf. Was in Lissabon die erregte Welt suchte, hatte sein Lehrer ihm in Nürnberg gezeigt: die Ephemeridentafeln und den Jakobsstab; und 7
so kam es, daß der junge Deutsche nicht mehr nach Flandern zu-j rückkehrte und Mitarbeiter in der Geheimkommission, im nautischen! Generalstab des Königs, wurde. Aus einem wenig beachteten deut-J sehen Geschäftsagenten, wie es in Antwerpen, Gent und Brügge] Dutzende gab, war über Nacht einer der ersten Männer Portugals! geworden. Die Junta bestand nur aus drei Männern. Zwei waren] die jüdischen Leibärzte des Königs, also engste Vertrauensleute de Majestät selber, der dritte war ein Bischof, als Vertreter der Kirche und ihrer Missionsarbeit. Die Sitzungen fanden nicht in einem öffentlichen Gebäude, sondern in der Privatwohnung des einen von ihnen statt. In der Junta liefen die Berichte der Seefahrer zusammen, und von ihr gingen die Befehle zu neuen Unternehmungen aus. Hier wurden vor allem auc die Verhaltungsmaßregeln ausgegeben, durch die eine vorzeitige Kenntnis der portugiesischen Planungen und Leistungen verhindert werden sollten. Denn Portugal war eifersüchtig darauf bedacht, mit der Führer-: schaft zur See auch die Früchte der Seefahrt für sich zu sichern.; Mitten in diesen Auftrieb brachte Behaim den Jakobsstab und seine wertvollen astronomischen Tabellen. Nun besteht die etwas sonderliche Tatsache, daß Behaims Mit-» gliedschaft bei der Junta oder seine Tätigkeit in der Kommission in keinem einzigen öffentlichen Dokument erwähnt ist. Wurde sie verschwiegen wegen der Apparate, die er gebracht und die ihm so rasch das „Sesam" geöffnet hatten? Hatte man Angst, die Spione Spaniens könnten auf die Bedeutung dieses Fremden stoßen und ihn unschädlich machen? Immerhin sind seine Mitwirkung bei der Junta, seine Tätigkeit und sein Ruhm durch so viele eingehende private Mitteilungen festgelegt, daß Zweifel nicht aufzukommen brauchen. Folgender Akt z. B. hat sich erhalten: „1485, 18. Februar: In der Stadt Alcobaca in Sant Salvators Kirche nach der Tagesmesse wurde zum Ritter geschlagen der Nürnberger Martin Behaim, von der Hand des großmächtigen Königs Herrn Johann II. von Portugal . . . und sein Pate dabei war der König selbst, der ihm sein Schwert umgürtete. Der Herzog von Begia war ein anderer Pate, der ihm den rechten Sporn anhefteteJ und der dritte Pate war der greise Christoph de Mello, des Königs Vetter, der ihm den linken Sporn anheftete, und der vierte waa der Graf Fernando Martinez, der dem Ritter den Helm aufsetzteund ihn wappnete, und der König schlug ihn zum Ritter . . ."
Martin Behaim war 26 Jahre alt, als ihm diese höchste Ehre, die der König zu vergeben hatte, zuteil wurde. Es dauerte auch nicht mehr lange, bis Behaim selber tätig in die Seefahrt mit eingesetzt ward. Aber vorher ist etwas anderes zu berichten, das uns den raschen Aufstieg Martin Behaims begreiflicher macht. Zwischen Portugal und Flandern bestanden enge dynastische Beziehungen, die sehr bald zu tatkräftigen wirtschaftlichen Beziehungen erweitert wurden. Der rege Güteraustausch wurde von Handelsabkommen begünstigt. Doch kamen nicht nur Waren aus den Niederlanden, es kamen bald auch Menschen und besiedelten im Jahre 1466 Fayal, eine der Azoreninseln, die dann bis zum 16. Jahrhundert „Flammendische Inseln" genannt wurden. Mit diesen Flamen war ein junger Adliger mitgekommen, Jobst van Hurter, den Isabella, die Tochter des Königs, am Hofe aufnahm. Durch ihre Fürsprache wurde van Hurter Statthalter von Fayal. Es ist anzunehmen, daß zwischen ihm und Behaim von Flandern her Beziehungen bestanden, die jetzt zugunsten des Nürnbergers arbeiteten. Der Flame war der richtige Mittelsmann, dessen Beziehungen einen jungen Menschen, der den Willen zu Plänen hatte, schon an die richtige Stelle und in die Nähe des Königs bringen konnten. Behaim wurde zudem der Gatte Johannas, der Tochter des Herrn van Hurter. Dieser Kreis hatte sich also gerundet. Diese Mitteilungen sind aus dem zeitlichen Zusammenhang heraus erzählt, weil es wichtig war, bei den mangelhaften Quellen den inneren Zusammenhang geschlossen vorzuführen. In Wirklichkeit hatte ein Jahr vorher Martin Behaim die dritte Reise Diego Cäos mitgemacht, auf der dieser an der afrikanischen Küste entlang den Seeweg nach Indien suchen sollte. — Behaim machte die Reise als Sternenrechner mit, führte den Schiffern seinen Jakobsstab vor und lehrte sie, ihn zu handhaben, und befreite sie von dem Zwang, sich an die Küste zu halten. Auf offenem Meer wurde der Äquator übersegelt, das erste europäische Schiff bekam das Kreuz des Südens zu sehen, der Kongo wurde aufgefunden, neue Inseln entdeckt, und Behaim hielt seinen Anteil an dem Erfolg für so bedeutend, daß er einer der Inselgruppen seinen Namen Martin gab. Sie kamen über die Küste des späteren Südwestafrikas hinaus, kehrten aber auf 21 Grad 50 südlicher Breite wieder um und waren nach einer Reise von 19 Monaten eines Tages wieder in Lissabon. Sie hatten die gewaltigste Schiffsleistung hinter sich gebracht, die bisher zu verzeichnen war, hatten in jeder Richtung an die 10 000 Seemeilen zurückgelegt, davon waren je 3000 Neuland. 9
Heimatlos in der Heimat Nach seiner Rückkehr verließ Behaim Lissabon und nahm mit seiner Frau Aufenthalt auf den Besitzungen, die sein Schwiegervater Hurter auf Fayal hatte. Aber schon bald begab er sich plötzlich auf eine Reise nach Deutschland und Nürnberg. Er reiste allein, seine Frau ließ er auf Fayal zurück. Ursache für diese Reise mag die Sehnsucht nach der Heimat gewesen sein; Behaim hatte Nürnberg seit dem Jahre 1483 nicht wiedergesehen. Das waren acht Jahre. Den unmittelbaren Anstoß zu der Fahrt aber gab gewiß der Tod seiner Mutter, die im Jahre 1489 gestorben war. Die Nachricht von ihrem Tode wird den Sohn wohl erst Anfang 1490 erreicht haben. Monate später, im Herbst 1490, hielt vor dem Haus seines Vetters in Nürnberg eine Reisekarosse, aus der ein Mann stieg, der höchstes Befremden erregte. Bei ihnen in Nürnberg waren an den Kleidern Farben in Mode, die sich kaum bis zu dunklem Kastanienbraun \ wagten, und das Zubehör war nur an höchsten Feiertagen gestattet. Dieser Mann aber war in ein resedagrünes Wams gekleidet mit j vielen rot eingefütterten Schlitzen, hatte ein Pelerinchen, das vor j Farbe schrie, über eine Schulter geworfen, und es waren gar an den ] sonnigsten Tagen einige Säumchen eines unbekannten Pelzes am] Kragen. Die gewaltigen Puffärmel zeigten wieder eine andere Farbe. Das einzige Unauffällige war die mausgraue Hose. Was für ein Kirmesmann kommt mir da ins Haus, sagte sich Michael Behaim erschrocken. Auch seine Frau aus dem alten vornehmen Haus der Lochner machte beklommene Augen. Als Tuchkaufmann erkannte Michael jedoch, von welch kostbarer Qualität die Stoffe waren, die sein Vetter an sich trug. Aber man schämte sich Martins. Anscheinend war er in der Welt herumvagabundiert. Von der Karriere, die er in Lissabon gemacht, war wenig Kunde nach Nürnberg gedrungen. Leute, die zur See fuhren, galten als Abenteurer. Womöglich handelte Behaim gar mit Sklaven! Er hatte auch nie geschrieben. Hätte er etwas Wirkliches erreicht, so hätte ihm schon der Stolz den Gänsekiel in die Hand gedrückt. Er hatte eben keinen Stolz, denn nun kam auch eine alte Geschichte wieder zur Sprache, daß er damals Nürnberg mit ungedeckten Schuldscheinen verlassen hatte, um deren Einlösung er sich nie j gekümmert. Diese Tatsache war etwas so Unerhörtes für eine in j 10
Alt-Nürnberg zur Zeit Martin Behaims strengen Gesetzen erzogene Nürnberger Familie, daß sie all die Jahre schwer auf der Familienehre gelastet hatte. Wohl bestand keine Gefahr, daß er hergekommen, um der Tasche zu sitzen, denn das väterliche Erbe war noch geteilt. Aber auch das war wieder ein Gegenstand zur gung. Sie fürchteten Eingriffe, die eigene lang gehegte Familiensinn dienende Pläne zunichte machen konnten.
ihnen auf nicht aufBeunruhiund dem
Und nun begann Martin im Haus des Vetters ein Leben zu führen, das neuen Anstoß erregte. Er führte in dem von so alten Regeln festgelegten Haushalt das Leben in derselben Ungebundenheit fort, an die ihn der Aufenthalt in Portugal und den Kolonien gewöhnt hatte. In der Stadt Lissabon, in der Weltgeschichte gemacht wurde, eine Berühmtheit, war Behaim in seiner Geburtsstadt ein Gegenstand des Ärgers für die Familie und ihre Bekanntschaft, für die Straße eine Schießbuden- und Karussellfigur, hinter deren landesfremdem Aufwand die Gassenjungen johlend herliefen. Martin litt und langweilte sich in Nürnberg. Er fand den Weg zu Verwandten und Mitbürgern nicht mehr zurück und suchte Hilfe in der Vereinsamving. Er nahm seine Studien wieder auf, arbeitete seine geographischen Notizen durch und verbrachte die meiste Zeit des kommenden Sommers in dem großen Garten, den die Familie außerhalb der Stadtmauern besaß. Nun aber traten drei Männer in sein Leben und weckten in ihm den Aufschwung zu einer Tat, die im höchsten Maße der Wissenil
Schaft dienen sollte. Sie trug den Klang des Namens Martin Behaim verstärkt in die Öffentlichkeit jener Jahrhundertwende, die eine der erregendsten und tiefstgreifenden Wendungen in der Geschichte der menschlichen Gesittung und des menschlichen Geistes heraufführte: das Zeitalter der Entdeckung neuer Kontinente und neuer Wege von einem Erdteil zum andern, die Zeit der Aufnahme neuer Völker in die Gemeinschaft der alten. Zwei jener Männer hatte Behaim in einer wenig ruhmvollen Lage kennengelernt. Denn sie waren die Richter gewesen, die ihn dazu verurteilt hatten, endlich seine Schulden zu bezahlen: Paulus Volckmar, durch Heirat ihm verwandt, und Finanzamtmann Groland, die zu den Leitern des Stadtregimentes gehörten. Aber aus den amtlichen Beziehungen entwickelten sich bald interessantere und wertvollere. Sie lernten anscheinend sehr bald, daß in dem wegen Äußerlichkeiten verdächtigten und schlecht beleumundeten Mann nicht nur Schrulligkeit, Verwöhnung, Müßiggang, Unart und fremde Sitte steckten. Über die Akten hinweg waren sie mit ihm in andere Gespräche gekommen. Er hatte vor ihnen die Gestirne des Himmels aufziehen lassen und ihnen vorgeführt, was für wagemutige Berechnungen man zwischen den Sternbildern anstellen könnte. Diese Männer standen im tätigen Beruf. Sie hatten also ein besonderes Organ für die Verwertung wissenschaftlicher Erkenntnisse im praktischen Gebrauch des täglichen Lebens. Behaim hatte sie gelehrt, wie die Wissenschaft um Sonne und Sterne gleichsam als Hand Gottes den Seefahrer durch das Unbekannte zu geleiten vermochte, wenn die richtigen Kenntnisse und Geräte dem Kapitän in die Hand gegeben wären. Sie staunten ihn an als etwas, dem sie noch nie begegnet waren: als einem Sternenrechner. Aber er erzählte ihnen auch von den festen Dingen der Welt: von der Wüste des afrikanischen Nordens, die einer versengten Welthaut glich, und von den anstoßenden Ländern der Wälder. Ungeheure turmhohe Bäume mit Kronen, die den ganzen Hauptmarkt in Nürnberg beschatten könnten, erhoben sich aus ihnen, von den Völkern wilder Bienen mit der Gewalt von Orgeltönen durchbraust, von dem Gesang wunderbar befiederter Vögel erfüllt, gellend vom Gekreisch der Affen, erschüttert vom Gebrüll der Löwen. Zu Füßen der Waldriesen gedieh an den eisenfesten Ruten von Sträuchern der Pfeffer. Hier wuchsen Muskatnuß und Zimtstengel. Aus menschenhohen Blattgebilden hingen die Trauben der Pisangs, der von Zucker und Honigmehl geschwellten Bananen, schwerer als daß sie e i n Mann tragen könnte . . . So über alles Vorstellbare war die Fruchtbarkeit Afrikas südlich der Wüste. In den Wäldern 12
hausten aber auch wilde Tiere in ihrer blutrünstigen Menschenfeindschaft. In Rodungen und Lichtungen oder auf den Bäumen wohnten Menschen von anderer Hautfarbe, schwärzer als der Filz der Ratsherrenhüte und von entgegengesetzten Sitten . . . Menschen, die einander töteten, um den Göttern zu gefallen, und einander aufaßen, um sich die Kräfte des Getöteten einzuverleiben . . . Welche Rätsel! ' Und Behaim brachte alles Gesehene und Erlebte aus eigenem Augenschein unmittelbar in ihr Bewußtsein, in dem die Kenntnisse der fremden Welt bisher nur als unzusammenhängende Bruchstücke herumschwammen. Über solchen Berichten mag die Rede darauf gekommen sein, einmal alles zusammenzuzeichnen und an seinen richtigen O r t zu setzen, was Behaim bisher über die Welt zusammengetragen hatte. Martin Behaim ging auf die Anregung ein. Er legte zunächst eine Karte an, auf die er alles aufzeichnete, was er wußte. Diese Arbeit, durch viele Monate in der Einsamkeit des Gartens betrieben, ließ dann wohl allmählich, vielleicht aber auch wie ein Gnadenstrahl den Gedanken zu dem Werk entstehen, das den Ruhm von Behaims Namen und von seiner Gelehrtheit in einer sichtbar bleibenden Form der Nachwelt weitergab. Wie sehr viel anschaulicher könnte er sein Wissen zur Mitteilung bringen, so überlegte Behaim, wenn er die kugelige Gestalt der Erde nachbilden und alles, was die Kosmographen der Zeit wußten, auf die Wölbung dieses Apfels eintragen würde! So entstand im Jahre 1492 Martin Behaims berühmter Erdglobus.
Ein großer Gedanke: der „Erdapfel" Wohl war es nicht der erste Versuch, die Kugelgestalt der Erde zu wissenschaftlichen Zwecken nachzubilden. Aber die ersten Globen waren nur noch in der Literatur erhalten, und ihr Entstehen lag mehr als zwei Jahrtausende zurück. Der griechische Gelehrte Anaximander soll gegen 580 v. Chr. den ersten Globus hergestellt haben. Dann hatte Ptolemäus in Alexandria im zweiten Jahrhundert n. Chr. wenige Anweisungen aufgezeichnet, wie man Erdgloben baute. Doch das Wissen um die Kugelgestalt der Erde war inzwischen der Menschheit verlorengegangen und erst vor kurzem wiedergewonnen worden, und deshalb hat der Behaimsche Globus in Nürn13
berg als eine völlige Neuschaffung zu gelten. Er entstand aus eigenem Einfall und aus eigenem Temperament, das durch eigenes Erleben von den Dingen der Welt durchdrungen war. Dieses Werk gehört deshalb zu den stärksten Beiträgen, mit denen sich der deutsche Geist an der Geschichte der Menschheit beteiligte. Welche Wirkungen sein Erscheinen auf die Zeit hervorbrachte, die seinem Entstehen folgte, verrät die Tatsache, daß in den kommenden Jahren sehr bald ein Globus nach dem anderen entstand. Der Behaim-Globus besteht aus einem Kern von zusammengelegten Holzreifen, die mit Papiermasse und einer Gipsschieht überdeckt und dann zum Einzeichnen der Karten und Schriften mit Pergament überspannt wurden. Der „Erdapfel", wie Behaim selber seinen Globus bezeichnete, steht in einer eisernen Achse, um die er gedreht werden kann. Ein eiserner Meridian umspannt die Kugel. Das Ganze ruht und bewegt sich auf einem dünnbeinigen eisernen Dreifuß und hat einen Durchmesser von 54 cm, die ganze Höhe beträgt 1,33 m. Die Zeichnung der Karten, der Schriften und der zahlreichen Bildeintragungen sowie ihre Kolorierung sind von einem tüchtigen Mann gemacht worden. Man kennt den Künstler, von dessen Hand sie stammen. Es war der im damaligen Nürnberg bekannte Miniaturenmaler Georg Glockendon. Man weiß auch, daß der Hersteller des Globus Kallenberg hieß und daß er nur drei Gulden für seine Arbeit bekam, doch dazu die Zusage Behaims, daß er ihn in den Lehren der Weltkunde und der Herstellung weiterer „Erdäpfel" unterrichten wolle. Die Malereien auf der Kugel, heute stark nachgedunkelt, sind in einer sanften Buntheit gehalten. Die Meere sind azuren, nur das Rote Meer ist bräunlich-rot. Die Wälder sind grün, die Gebirge braun und, wo sie Schneegipfel haben, weiß, die Umrisse und die Flüsse sind in Preußischblau eingezeichnet. Die zahlreichen Schriften haben deutlich ausgezeichnete Buchstaben, bald blau, bald ziegelrot. Polar- und Wendekreise sind gelb aufgetragen, die Ekliptik, der Ring der Sonnenbahn, hat die gleiche Farbe, und vor ihr sitzen in gleichen Abständen verteilt die rotgemalten Tierkreiszeichen in nachtblauen Scheibchen. Der Äquator zeigt sich als rot-weiß gewürfelte Leiste, in 360 Grade geteilt. Allerdings hat der Globus noch nicht das Gradnetz, ohne das ein Globus neuerer Zeit nicht denkbar wäre. Inseln und Küstenländer sind mit den Wappenfahnen der Länder gezeichnet, denen sie gehören. 14
'
Schauen wir uns das einzigartige Werk in seinen Einzelheiten etwas an! Unter dem namenleeren Polarkreis um den Südpol ist eine reizvolle Malerei angebracht: das geflügelte Nürnberger Wappenweibchen hält mit den Klauen • fünf andere, aneinandergebündelte Wappen fest. In einem erkennen wir das rot-weiß zweigeteilte Feld des Behaimschen Wappens. Die anderen sind die der Nürnberger Amtleute, auf deren Anstoß hin Behaim den Globus herstellte, und wir finden auch in roter Schrift, in der Nähe des südlichen Polarkreises, ihre Namen als die der Anreger festgehalten. Der Inhalt des „Erdapfels" ist für uns Heutige in der Darstellung der Einzelheiten mehr unterhaltsam als belehrend. So finden wir z. B. im weiten Ozean die berüchtigten Magnet-Inseln, durch die die Phantasie lange Zeit in einen bösen Bann gelegt und der Wagemut auf eine harte Probe gestellt worden ist. Behaim schreibt auf dem Globus dazu: „Daselbst mag kein Schiff fahren, das Eisen anhat, um des Magnetismus willen, der da wächst." Behaim zeigt uns Inseln, auf denen Menschen mit Hundeköpfen wohnen. An den Ufern des Finnischen Meerbusens sitzen, der eine an der West-, der andere an der Ostküste, zwei zierlich gemalte Könige auf ihren Thronen. Der westliche ist braun und wird als Mawe, Kaiser von Tataria, bezeichnet. Sein Gegenüber ist grün und von dem Text begleitet: „Dieser Kaiser von Tataria heißt Sobozki, der ist sehr mächtig und bekriegt den Herzog von der Moscha". In diesem Herzog von der Moscha ist Iwan der Große zu erkennen. Die Zahl der Inschriften und Miniaturen, die den Globus bedecken, soll 1100 überschreiten. Es sind reizende Malereien von winzigem Ausmaß. Wir sehen, wie auf dem Berge Ararat die Arche Noahs festsitzt, südlich von ihr erheben sich die Türme Babylons aus dem Flußgeäder Mesopotamiens. Der venetianische Löwe hockt, Wache haltend, neben dem türkischen Halbmond an den Küsten des Mittelmeeres. Zelte, bald smaragdgrün, bald in purpur, ein andermal rot-weiß gestreift, bedeuten Königsresidenzen in den Mohrenländern, und auch die schwarze Haut ihrer Untertanen, die die Lissaboner und Heinrich den Seefahrer so in Staunen brachten, werden in die Länder gesetzt, in denen sie wohnen. Zahlreiche Bildchen unterrichten über die Tierwelt, Strauße stehen hochbeinig in der Wüste, Schlangen und Krokodile kriechen über die Erde, Elefanten erscheinen in Herden, Löwen streichen als Einzelgänger durch die Wüste, im Norden gibt es Eisbären, Riesenfische, und Fabelweibchen lassen sich im Meer schaukeln. Auf Sansibar wird 15
Behaims Erdglobus. Nachbildung des ursprünglichen Zustandes; heute ist der „Erdapfel" gedunkelt wie ein altes Gemälde und in der Zeichnung verwischt uns eine Bekehrung durch einen Missionar vorgeführt, und an der afrikanischen Ostküste sitzt St. Matthäus in einer Heiligennische und schaut auf das Festland, dessen Neger er Christus zugeleitet hat. Das „Mondgebirge" durchzieht den ganzen afrikanischen Erdteil. 16
Karavellen streben mit windgeschwellten Segeln auf die Küsten zu . . . Kurzum ein sehr reichhaltiges und sehr reizvolles Bilderbuch. Für die Darstellung Ostasiens verläßt sich Martin Behaim in der Hauptsache auf die Berichte des Marco Polo, und er meint, den östlichen Meeren 12 700 bewohnte Inseln zubilligen zu können. Wir finden auf seinem Globus ungefähr in ihrer richtigen Lage die Insel Cipangu (Japan) und ihre Nebeninseln, die in jener Zeit eine so große Rolle in der Entdeckungsgeschichte spielten; denn Kolumbus glaubte die japanischen Inseln auf seiner ersten Reise über das Westmeer erreicht zu haben. In den Beschriftungen gerade Ostasiens verrät Behaim seine Mitgliedschaft in der Junta, aber auch, daß er Kaufmann geblieben ist. Denn immer und immer wieder rühmt er den Reichtum der Inseln an Gewürzen und Spezereien. Er wußte aus seinem doppelten Beruf, was für Schwierigkeiten das Beschaffen der Gewürze bot, welche anregende Kraft sie für die Entdeckungsfahrten des Abendlandes bedeuteten, da der Handel bisher von den Arabern, die das östliche Meer beherrschten, nicht aus der Hand gegeben wurde. Aber Behaim befleißigte sich auch, die Stellen anzugeben, an denen die kostbaren Handelshölzer wuchsen, das Sandelholz, das Ebenholz — und auch das Elfenbein erscheint immer wieder; doch Gold und Silber, Perlen und Edelsteine haben es seiner Phantasie besonders angetan und scheinen in diesen Gegenden häufiger zu sein als gewöhnliche Kieselsteine. Allerdings geraten Behaim die rein geographischen Darstellungen in der Entfaltung der asiatischen Südküste etwas durcheinander. Während ihm das Rote Meer und das Arabische Meer mit dem Persischen Meerbusen und zwischen ihnen Arabien recht gut glückten, sehen wir den in eine Landmasse zusammengefaßten spitzen Verlauf Indiens' durch eine Bucht zweigeteilt, in die der Ganges mündet. Indien ist also in zwei mächtige Halbinseln gespalten. Dann wiederum erscheint die dritte Ausbuchtung Asiens zwisdien dem Indischen Ozean und dem Chinesischen Meer, die in Malakka ausläuft, einigermaßen der Wirklichkeit entsprechend. Sicherer ist des Herstellers Hand natürlich in den Weltgebieten, die er aus eigener Anschauung kannte, in der Darstellung des Westens .von Afrika. Hier finden wir den genauen Verlauf der Küste bis zu dem Punkt gezeichnet, an dem 1486 die Schiffe der Expedition Cäos umkehrten, um nach Portugal zurückzukehren. Behaims Globus ist einmal restauriert worden, 1823, und 1937 wurde er gereinigt. Bei seinem heutigen Zustand sieht die Ober17
fläche wie ein zart überrauchtes Gemälde aus, von der Patina des Alters dunkel verwischt, aber es läßt die alte Farbenfreudigkeit erkennen. Man weiß, daß einiges nachträglich darauf gemalt wurde, was nicht von Behaim stammt. Ursprünglich befand sich der Globus im Besitz der Stadt Nürnberg, ging dann auf eine nicht mehr feststellbare Weise ins Haus der Behaim über und wurde nach dem Tod des letzten männlichen Nachkommen, 1937, dort hingebracht, wohin er gehört —• ins Germanische Museum in Nürnberg. Dort ist er noch heute.
In geheimer Mission . . . Als Martin Behaim 1493 von Nürnberg nach Lissabon zurückgekehrt war, hatten die Schiffe des Kolumbus auf der Heimfahrt von der Entdeckung Amerikas einige Tage im Tajo gelegen, bevor sie nach Spanien weiter segelten, von wo sie ausgefahren waren. Behaim fuhr gleich nach Fayal, wurde aber um das Ende des Jahres in die Residenzstadt Lissabon zurückbeordert und im Namen des Königs Johann II. mit einer Geheimmission auf ein Schiff nach Flandern gesetzt. Dort wurde Kaiser Maximilian erwartet, der ein Verwandter des Königs war; Maximilians Mutter entstammte der portugiesischen Königsfamilie. Der Ehe König Johanns mit Isabella war ein Sohn entsprossen, '• der jung gestorben war. Der König hatte aber aus einer anderen Verbindung noch einen zweiten Sohn namens Georg, und Johann bemühte sich, die Königin zu bewegen, dieses Kind an Sohnes statt anzunehmen, damit ihm die Thronfolge gesichert werde. Indessen weigerte sich Isabella, den Wunsch des Königs zu erfüllen. -— Da Behaim aus Deutschland stammte, hielt König Johann ihn für den geeigneten Mann, dem Kaiser sein Anliegen zu überbringen. Das Anliegen bestand in dem Wunsch, der Kaiser möge in der Frage der Thronfolge Georgs zwischen ihm und Isabella vermitteln. Behaims Reise lief nicht unter einem glücklichen Stern; seine ; Karavelle wurde von englischen Seeräubern aufgebracht, die entweder rauben wollten oder im Dienste Isabellas arbeiteten und Behaim hindern sollten, die Bittschrift dem Kaiser zu übergeben. Jedenfalls hielten sie ihn in ihrem Piratennest an der englischen Küste fest. Hier wurde er so krank, daß er, wie er selber erzählte, zweimal die Sterbekerze in die H a n d nahm und sich anschickte, den j Tod würdig zu empfangen.
Da geschah etwas Unerwartetes: nicht der Tod holte ihn, sondern französische Korsaren, und sie ließen ihn gegen ein bescheidenes Lösegeld laufen. Als Behaim dann endlich nach Flandern kam, machte es ihm eine Erkrankung Maximilians unmöglich, sich seiner Mission zu entledigen. Unverrichteterdinge kehrte er auf königlichen Befehl sofort nach Lissabon zurück.
Farmer und Abenteurer auf den Azoren Nach diesem merkwürdigen Zwischenspiel beginnt das Rätsel um die weiteren Lebensjahre unseres Helden. Es steht fest, daß er vor Pfingsten 1494 nach Fayal reiste, um zur Zuckerernte zurechtzukommen und seinem Schwager Hurter dabei zu helfen. Man weiß auch, daß ihm auf Fayal seine Frau zwei Söhne schenkte, von denen der eine starb, der andere aber später nach Deutschland kam und der Familie viel Kummer machte. Die Azoreninseln, die nun der Schauplatz von Behaims Leben sind, haben ihren Namen von der portugiesischen Bezeichnung „Acor", Habicht, der die Inseln in Schwärmen bevölkerte. Sie liegen 1500 km von der Mündung des Tajo in genau westlicher Richtung. Ihre Gruppe umfaßt außer dem Felseneiland Formugas neun Inseln, von denen die erste 630 Kilometer von der letzten entfernt ist. Unter diesen Inseln lagen Fayal und Pico im Interessenkreis van Hurters und seines Schwiegersohnes Behaim. Und hier verlief, seit seiner Rückkehr zu Pfingsten 1494, sein Leben in einem fast völligen Dunkel. Es war wie bei den Tintenfischen, die das Wasser um sich vernebeln. Versuchen wir trotzdem, Martin Behaim in seinem täglichen Leben auf Fayal vor uns erscheinen zu lassen, so sehen wir ihn, wie er im Sattel sitzt und in einem leichten Bastanzug die Schneisen zwischen den weiten Zuckerrohrfeldern durchreitet. Die Pflanzungen sind wirkliche Wälder. In einem fruchtbaren Boden, den verwitterte Lava unerschöpflich düngt, bilden die Rohrgräser Schäfte von ansehnlicher Länge; denn die Pflanzungen bestehen seit 1466 und sind auf der Höhe ihrer Entfaltung. Martin Behaim hat nicht nur das Auspressen und Einkochen des Saftes zu überwachen, als gelernter Kaufmann leitet er auch das Kontor und organisiert den Versand nach Portugal. Er hat die Waren zu bestellen, die man vom Festland kommen lassen muß. Sein Kontorraum ist kühl, trotz der Sonnenglut; denn er liegt in 19
dem Kolonialpalazzo auf der Terrasse über dem Meer, dessen Brise unaufhörlich herüberweht und die Räume durchstreift. Die Mauern haben Meterdicke. Das Dach reicht weit über die Fenster vor und läuft über einem Säulengang rundum. Kein Sonnenstrahl fällt unmittelbar in die Fenster. Tag und Nacht dringt die Melodie des Wellenschlags von der Küste herein. Bis in die Dämmerung umsingen Vogelscharen das Gebäude, nachts lärmen die Zikaden. Hinter dem Haus liegen die Wirtschaftsräume und die Zuckerfabrik. Von den Pflanzungen her ist von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in der Erntezeit der furchtbare Lärm der Karren vernehmbar, die das Zuckerrohr zu den Schiffen ans Ufer fahren. Die zweirädrigen Karren von antikischem Aussehen haben als Räder mächtige, volle Holzscheiben, die fest an der Achse sitzen. Die Achse dreht sich in den kaum geschmierten Holzlagern und verursacht ein Geheul, das oft wie der Entsetzungsschrei der zum Martertor Verurteilten anzuhören ist. Es übertönt das Brausen der Brandung und die Musik der Vögel. Die Wirtschaftsgebäude, Lager, Ställe ordnen sich um einen Hof, nach dessen Innenseite sind sie offen. Die mit Holzziegeln gedeckten Dächer werden von massigen Steinsäulen getragen. Oft "Steht Behaim hier im Schatten, schaut vor sich hin, während er seine Gedanken über das Meer schickt und sich an den großartigen Unternehmen nährt, die in diesem letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts von Lissabon aus ins Unbekannte vorstoßen. Wenn er zur Wirklichkeit zurückerwacht, ruft er Befehle unter die Schar der im Hof und unter den Schuppen Werkenden. Oft aber auch geht Behaim auf die Jagd, nicht nur zur Erholung; die Küchen müssen mit Wildbret versehen werden. Über dem fruchtbaren Landstreifen an der Küste dunkelt der Ring der Wälderregion mit von tiefen Schluchten zerspaltenen Bergwänden. Gegen den Himmel geht er in strauchmäßiges Buschwerk über. Es gibt Hasen, Antilopen, Hirsche zu schießen. Die Falken segeln hoch über dem Jäger in der milden Luft. östlich von Fayal liegt die Insel Pico, die ebenfalls HurterBehaim gehört. Martin segelt jede Woche einmal hinüber, auch dort nach den Geschäften zu sehen. Aber es ist nicht anzunehmen, daß die Arbeit in Pflanzung, Kontor und auf der Jagd Behaims ganzes Dasein ausfüllte, daß es ihm genügte, sich auf dem paradiesischen Eiland in die Jahre oder die Jahrzehnte treiben zu lassen, die ihm noch geschenkt sein mögen. Er befand sich jetzt im kräftigsten .Mannesalter und war 20
35 Jahre alt. Ist es denkbar, daß die letzten von großen Ereignissen hocherfüllten Jahre die Einbildungskraft dieses Mannes nicht mit der Unruhe nach weiteren Leistungen angespornt hätten? Denn das ist die Frage, deren Beantwortung uns die gewünschte Klarheit über diesen Lebensabschnitt geben würde: War Behaim auf Fayal nur ein Pflanzer oder war er nicht auch ein Abenteurer? War er gar schon Legende geworden? In der Tat erzählt von ihm der portugiesische Schriftsteller Caspar Fructuoso, der von 1522 bis 1591 lebte, also fast Behaims Zeitgenosse war, in seiner Historia Insulana: „Er erriet so viele Dinge durch die Beobachtung der Gestirne, und diese Dinge traten nachher so zuverlässig ein, daß das unwissende Volk, anstatt ihn für einen ausgezeichneten Astronomen zu halten, einen Schwarzkünstler in ihm fand. Denn wenn es Leute gibt, die ohne alle Geisterbeschwörung Wasser, das tief im Grund der Erde läuft, und Metalle, im tiefsten Zentrum verborgen, oder auch das, was im menschlichen Körper verborgen liegt, wahrnehmen können, wie sollte es denn nicht auch jemanden geben, der sehen kann, was die Sterne anzeigen! Als dieser Astronom daher nach Fayal gekommen war, sagte er, ehe Indien von den Spaniern entdeckt worden war, daß er südwestlich von Fayal, wo er sich befand, einen Planeten erblickte, der eine Provinz beherrschte, in der die Einwohner sich goldener und silberne Gefäße bedienten, von welchen bald schon Ladungen nach Fayal kämen usw. Und nach wenigen Jahren sah man in Fayal Schiffe, die von Peru kamen, das damals entdeckt worden war; und die Schiffe waren mit Gold und Silber beladen." Diese Mitteilungen Fructuosos scheinen dem deutschen Gelehrten und Reisenden einen geistigen Anteil an der Entdeckung Amerikas zusprechen zu wollen. Doch zugleich zeichnen sie neue Verwirrung in sein Bildnis ein, indem sie dessen Züge nicht auf jene Umrisse beschränkt lassen, die durch Tatsachen beglaubigt sind. Nach Fructuosos Mitteilungen müssen wir annehmen, daß Behaim auf FayaJ seiner Wissenschaft treu blieb und mit Eifer die Beschäftigung mit Natur und Gestirnen pflegte, zugleich auch, daß er bestrebt war, das Unbekannte der Welt weiter zu erforschen. Als Sternenrechner vermochte er das Nahen einer Mond- und Sonnenfinsternis zu erkennen. Er kannte die Nächte der „Tränen des hl. Laurentius", in denen jedes Jahr die Sternschnuppen im Bilde des Perseus in beängstigendem Maße fallen. Aber er wußte auch das Jahr, das sich dreimal im Jahrhundert wiederholte, in dem 21
Martin Behaim (Nach einem Relief im Ehrensaal des Deutschen Museums) die „Leoniden" aus dem Sternbild des Löwen den Himmel drängend durchschwärmen. Er las aus den Wolkenbildungen das Nahen eines der wilden Stürme, die diesem Klima eigen waren. Er fühlte und hörte die Anzeichen, die die Vulkane an die Oberfläche schickten, um ihre Ausbrüche anzukündigen, und warnte vor den Erdbeben, bevor seine Umwelt eine Ahnung von ihnen haben konnte. Vielleicht sagte er Erscheinen und Durchgang eines Kometen voraus. Er fand am Strand fremdartige Hölzer und Pflanzen, Gegenstände und Lebensspuren, deutete aus ihnen, daß weiter westwärts hinter den Horizonten unbekannte Völker lebten, und erkannte, daß diese Völker andere Sitten hatten als die Bewohner der bekannten Küsten und Inseln. Fayal lag ja immerhin dem in seinem geographischen Zusammenhang nach noch nicht erkannten Kontinent von Amerika um ein Drittel näher als Portugal. Statt die Kenntnisse und Erkenntnisse des fremden Ritters auf einem natürlichen Weg als aus seinem Genie und seiner Wissenschaft stammend anzunehmen, erschreckte die Phantasie seiner Umgebung vor dem Dämonischen eines solchen Wesens, und man geheimniste dem Voraussager übermenschliche Fähigkeiten an, die eine Zone der Unheimlichkeit und des Schreckens um ihn legten. Vielleicht vertiefte Behaim durch häufiges Verschwinden die Stimmung, die sich über und gegen ihn gebildet hatte, und segelte aus. Er brauchte als Matrosen keine Einheimischen. Die Inseln waren ja von fremden Abenteurern überlaufen, und mit ihnen als Helfern an Bord suchte er auf eigene Rechnung vielleicht nach der „Siebenstädteinsel", der Insel Antilia, die seit langem die Entdeckerinstinkte beschäftigte. Der Name dieser Insel erschien immer wieder in Zeitdokumenten; bald hielt man sie für ein und dieselbe, bald für zwei getrennte Inseln, die bereits einmal gefunden worden 22
waren, jedoch nicht wieder aufgefunden werden konnten. Glauben an diese Inseln lag eine irgendwoher gekommene, vor Kolumbus gebildete dumpfe Kenntnis vom Vorhandensein noch nicht bekannten Erdgebietes zugrunde, und Behaim wird die merkwürdigen Anschwemmungen in dem Glauben an Existenz bestärkt worden sein.
Dem lange eines durch seine
Was wußte Behaim von der Welt? Zum Verständnis Behaims und dessen, was er in dieser Zeit geplant und unternommen hat, gehört die Frage nach seinem weiteren Verhältnis zum portugiesischen Königshaus, ohne dessen Zustimmung größere seemännische Unternehmungen nicht möglich waren. König Johann II. war im Oktober 1495 gestorben. Der Thron ging, da der König seinen Sohn Georg nicht hatte durchsetzen können, an seinen Neffen Manuel über. Gegen Manuels Thronfolge hatte sich aber die Sendung gerichtet, die Behaim nach den Niederlanden zu Maximilian geführt hatte. Es wäre das Begreiflichste der Welt, wenn der neue König dem Manne, der einmal gegen ihn benutzt worden war, wenig Liebe entgegengebracht hätte. Darüber gibt es nun sich widersprechende Angaben: In Martins Familie scheint in der Tat gleich nach Martin Behaims Tode die Auffassung bestanden zu haben, er sei damals in Ungnade gefallen und seiner Stelle am Hof und seines Soldes verlustig gegangen. Man schloß das aus einer Schuld von 15 Crusados, die er an einen gewissen Nies, einen Deutschen, gehabt hat und die nach seinem Tod noch nicht zurückgezahlt worden war. Doch war das Schuldenmachen in jenen Jahren nichts Ungewöhnliches. Die Zeit, in der Behaim lebte, war von den Entdeckungen und den Männern und Abenteurern, die sie betrieben, in bisher nicht erlebte Zustände gerissen worden. Das öffentliche Leben vollzog sich in einem Trubel von Genußsucht, dessen Wirbel auch die Grundmauern des Familienlebens unterhöhlten. Eine solche Zeit setzt viel Geld um und vermindert dessen Wert, indem sie nach dem Wirtschaftsgesetz von Nachfrage und Angebot eine Steigerung der Preise hervorruft. Was wäre natürlicher, als daß der soviel umhergetriebene Behaim sich bei dem einen oder anderen Aufenthalt in Lissabon, wohin er ja wohl schon im Interesse der Geschäfte der Plantagen reisen mußte, sich dem Rausch eines solchen Lebens nicht entzogen hätte und in Geldnöte geraten wäre. 23
,Er kannte alle Menschen und besonders die Hafenleute, die das Geldaus^eben immer leicht nehmen, weil sie das, was sie in der monatelangen Einsamkeit der Seereisen an Lebensgenüssen versäumt, wieder einholen wollen, sobald sie an Land sind. Ja, vielleicht haben Behaims Reisen viel Geld gekostet und keines zurückgebracht. In einer vorübergehenden Verlegenheit wird er sich von seinem Landsmann die 15 Crusados geliehen und, wir kennen ja bereifs seine Gleichgültigkeit in Gelddingen, vergessen haben, die Sache zu regeln. Man darf aber Behaim wegen einer Schuld von 15 Crusados nicht zu einem Bankerotteur stempeln, der in die Ungnade des Königs gefallen sei, zumal hinter ihm ja der Reichtum und das Ansehen der Familie van Hurter gestanden hat. Es liegt ein Bericht vor, der zu beweisen scheint, daß er im Gegenteil trotz allem die Gunst auch des neuen Königs besaß. Ein Mitarbeiter Magellans, ein angesehener Zeitgenosse namens Pigafetta, teilt mit, Magellan habe im Kabinett des Königs Manuel eine Seekarte hängen sehen, gezeichnet von Martin Behaims Hand. Zwar ist das Vorhandensein eines solchen Dokuments im Kabinett eines Königs nicht ein untrügliches Zeichen des Einvernehmens und der Freundschaft mit dem Zeichner. Aber hier lagen die Verhältnisse auf eine besondere Art: Spanien hatte durch die Erfolge des von Portugal abgewiesenen Kolumbus Portugals Vorherrschaft in der Entdeckungswelle zu überbieten begonnen, und König Manuel war darauf aus, dem Nachbarn den Rang wieder abzulaufen. In solchen Fällen benutzte man ohne Ansehen der Persönlichkeit die Hilfen, wie sie sich boten. Karten waren in jener Zeit Geheimakten allererster Ordnung. Sie bedeuteten nichts mehr und nichts weniger als Generalstabspläne. Insbesondere jene Behaimsche Karte verriet eine Kenntnis noch nicht erforschter Gebiete, die ans Geheimnisvolle zu rühren schien: denn auf ihr war die Meeresstraße an der Südspitze des amerikanischen Kontinents schon eingetragen, die später „Magellanstraße" genannt und offiziell erst 1520 durch Magellan gefunden wurde, und zwar, wie dieser ausdrücklich mitteilte, dank jener Behaimschen Seekarte. Um das zu verstehen, müssen wir in die Darstellung des Lebenslaufes eines so problematischen Mannes wie Martin Behaim auch die Phantastereien mit einbeziehen, die das Entdeckungsfieber des ausgehenden 15. Jahrhunderts hervorbrachte. Auf Behaims Globus sind als die westlichsten Inseln im Süden der Azoren einige Eilande 24
eingemalt, oben die Insula Antilia, die „Siebenstädteinsel", die wir schon genannt haben, unten, fast den Äquator erreichend, „Sant Brandan". Diesen Namen haben wir noch einen weiteren Namen, den der Insel Brasil hinzuzufügen. • Besonders war es der Name der „Siebenstädteinsel", die es der Einbildungskraft angetan hatte. Das ist begreiflich. Die bisher entdeckten Inseln waren oft nichts als dürre Eilande, menschenleer, von der Anlage von Städten ganz zu schweigen. Die besten mußten von Portugal aus bevölkert und in Kultur genommen werden. Und nun enttaucht dem Horizont der Phantasie eine Insel, auf der sieben fertige alte reiche Städte standen. Die Schatzkammern waren mit Gold gefüllt, die Gärten und Wälder wucherten von Gewürzen. Man glaubte, Antilia liege mitten im Ozean, etwa halbwegs zwischen Europa und der Küste Ostasiens und sie sei auf einer Fahrt nach Westen so gut zu erreichen wie über das Mittelmeer und die Türkei. Bereits unter Heinrich dem Seefahrer war die Suche nach ihr so Mode gewesen, daß sich Betrüger die Konjunktur zunutze machten. Allerdings wurden sie rechtzeitig entlarvt und suchten das Weite. Aber das nützte nichts. Viele Expeditionen wurden von den Portugiesen ausgerüstet, die Insel zu finden. Der König hatte die Einkünfte bereits der Infantin Beatrice als Witwengeld verliehen und Günstlinge als Gouverneure der Insel eingesetzt. So wird auch Martin Behaim von Fayal aus auf die Suche nach der „Siebenstädteinsel" gegangen sein. Er war allem Anschein nach einem Deutschen beigesellt, Ferdinand von Ulm, genannt Fernando Dulmo, der als einer der künftigen Gouverneure ausersehen war. In einer Urkunde des Königs, die Dulmo, falls er die Insel entdecke, zum Statthalter ernennt, findet sich ein Absatz, der nur Martin gelten kann. „Und was den deutschen Ritter betrifft, der in Ihrer Gesellschaft an der Reise teilnehmen will, so soll der Deutsche nach freiem Ermessen wählen dürfen, auf welcher Karavelle er fahren will." Für die Inangriffnahme der Expedition Dulmos zeugt der Sohn des Christoph Kolumbus in einer Lebensbeschreibung seines Vaters. Aber nirgends ist mitgeteilt, daß die Expedition etwas erreicht habe. Das gilt aber von den meisten Unternehmen dieser Zeit. Seitdem der Atlantische Ozean seine letzten Geheimnisse entschleiern ließ, kennen wir auch den Grund, warum sich viele Inseln den heißesten 25
Bemühungen und den waghalsigsten Fahrten der Entdecker entzogen. Der Grund war sehr einleuchtend: Die Inseln bestanden nicht! Es gab keine Insel Antilia, keine „Siebenstädteinsel", keine Insel Brasil und keine Insel Sant Brandan, und dennoch hat der Glaube an sie Wunder gewirkt. Denn er war es, der immer wieder den Unternehmungsgeist auffrischte, der die Männer ins offene Meer hinaustrieb, der die Abenteurerlust befruchtete und befeuerte und die Widerstandskraft stählte . . . der nie die Vorstellung versiegen ließ, daß es noch etwas Außergewöhnliches und Wunderbares in dem geheimnisvollen Raum des Westmeeres zu suchen gebe. Auch Kolumbus hatte wie Behaim und viele andere auf Grund vieler Anzeichen an die Insel Antilia geglaubt und vermeint, sie nahe der Insel Ciganpu erreicht zu haben, als er seine Karavellen auf der Reede der Insel Guanahani ankern ließ. Mit Recht wurde dann — und vermutlich ging es von Kolumbus selber aus — der Name Antillen der ganzen neuentdeckten Inselgruppe verliehen. So hatte die Mythe von der „Siebenstädteinsel" und den anderen Sageneilanden ihren Dienst getan. Eine Fata Morgana hat in ihrer Unwirklichkeit ein großartigeres und fruchtbareres Wesen gehabt, als wenn sie Wirklichkeit gewesen wäre. Martin Behaim, der bei der Expedition Dulmos an der Suche nach der „Siebenstädteinsel" mitgewirkt und überhaupt die Ausfahrten der Flotten in den westlichen Ozean durch die Einführung der vervollkommneten nautischen Instrumente erst ermöglicht hat, war gewiß ein geistiger Vorbereiter der Entdeckung Amerikas. Es gab aber Schriftsteller, die versucht haben, auf Martin Behaim das Verdienst zu übertragen, vor Kolumbus Amerika auch gesehen und erreicht zu haben. Vor der wissenschaftlichen Forschung von heute halten diese Behauptungen nicht stand. Wenn es der Fall gewesen wäre, daß Behaim vor Kolumbus nach Amerika gekommen wäre, hätte es sich nur um eine Geheimexpedition handeln können. Sie hätte allerdings von Fayal aus gut möglich gemacht werden können. Zahlreiche Unternehmungen dieser Art sind ja von Abenteurern aller Gattungen versucht, ja sogar von der Krone herausgefordert worden. Doch hätte Behaim gewiß die Gelegenheit der Herstellung seines Globus nicht vorübergehen lassen, ohne seine Entdeckung darauf einzuzeichnen. Er befand sich in Nürnberg, also außerhalb der Zone, in der aus politischen Gründen die Entdeckungsfahrten geheimgehalten werden mußten, ihn hätte also irgendwelche Rücksichtnahme nicht zu stören brauchen. Auf dem Globus finden wir aber 26
Sternhöhenmessung mit dem Jakobsstab nur die Insel Antilia, die „Siebenstädteinsel", und Sant Brandan, also bloß die Symbole der Neuen Welt. Wenn Behaim jedoch auf einer späteren Fahrt, nach seiner Rückkehr von Nürnberg, also nach 1494, Amerika angesegelt hätte, würde doch des Kolumbus erste Reise von 1492 immer noch vor dieser Zeit liegen und das Recht der Erstentdeckung genießen. Die Behauptungen, der wirkliche Entdecker Amerikas sei Behaim gewesen, gehen zudem nur von Männern aus, die wesentlich später gelebt haben, und da es sich fast nur um Deutsche handelt, vielleicht von einem nationalen Stolz. In der Hauptsache handelt es sich um einen Professor an der früheren Nürnberger Universität in Altdorf, Johann Christian Wagenseil, der seine Behauptungen 1682 veröffentlichte; weiter um die Doktorarbeit von Friedrich Stüwen (1714) und um die „Historischen Nachrichten von Nürnberger Mathematicis und Künstlern" von Gabriel Doppelmayr (1730). Von ihnen nun übernahm es wohl das angesehene Universal-Lexikon von Zedier, das 1733 erschien. 1786 schrieb der Deutsch-Amerikaner Otto an den Präsidenten Franklin einen Brief, durch den er ihn und über den Präsidenten die Öffentlichkeit von seiner Auffassung zu überzeugen versuchte, daß Martin Behaim der Entdecker Amerikas sei. Seine Begründung beruhte jedoch auf einer Verwechslung des Behaim-Globus mit dem ebenfalls in Nürnberg entstandenen Globus von Schöner. Der Schöner-Globus stammt aber, wie man heute weiß, aus dem Jahre 1520, in dem die Entdeckung der Neuen Welt längst allgemein bekannt war. Bis ins 19. Jahrhundert wurden noch 27
weitere Stimmen laut, die für Behaim zeugen wollten; ein Amerikaner, Mytton Maury, vertrat noch 1873 in einer geographischen Zeitschrift Behaims Erstrecht an der Entdeckerschaft. Wir müssen jedoch die Illusion gründlich aufgeben, daß der ungewöhnliche deutsche Mann eine der größten Taten in der Geschichte der Erdkunde vollbrachte; doch zeugen diese Stimmen immerhin für die Bedeutung, die man Behaim im Reich der Wissenschaft zuerkannt, sie zeugen auch für das Außergewöhnliche und die Problematik seiner Erscheinung, die die Phantasie nie zur Ruhe kommen ließ. Anders ist es aber mit der Entdeckung der Meerenge, die Feuerland vom südamerikanischen Festland trennt und die nach ihrem Entdecker Magellanstraße genannt wird. Magellan hat, wie wir schon berichteten, selber behauptet, er habe diesen Engpaß auf einer Karte Behaims im Geheimkabinett des Königs von Portugal gesehen, und demnach wäre dem im Jahre 1506 verstorbenen Martin Behaim der Durchlaß bereits bekannt gewesen, den Magellan erst 1520 durchfuhr. Magellans Gehilfe Antonio Pigafetta hat Aufzeichnungen hinterlassen, in denen folgendes notiert ist: „Am 21. Oktober 1520 fanden wir unter dem 51. Grad südlicher Breite ein Vorgebirge, das wir nach den elftausend Jungfrauen nannten, da es der Festtag dieser Heiligen war. Ohne das Wissen des Fernando Magellan hätten wir sicher diese Meeresenge nicht gefunden, da sämtliche Kapitäne der anderen Schiffe gegenteiliger Ansicht und des Glaubens waren, sie sei auf der anderen Seite geschlossen. Aber Magellan hatte Kunde, daß er durch eine seltsam versteckte Enge durchsegeln müsse, die er in den Archiven des Königs von Portugal auf einer von einem ausgezeichneten Mann, Martinus de Bohemia (Martin Behaim), angefertigten Seekarte gesehen hatte." Ähnliches berichtet der Gerichtsschreiber Antonio de Herrera: „Als Magellan am spanischen Hof den Ministern, seinen Plan, um Amerika herumzufahren, vortrug, habe er von einer Meerenge gesprochen, die ihm diese Umfahrung Amerikas möglich mache. Die Meerenge habe er auf einer Seekarte gesehen, die Martin de Bohemia von der Insel Fayal, ein Kosmograph von hohem Ruf, angefertigt hatte, und diese Karte habe ihm über die Meerenge viel Aufklärung verschafft . . ." Woher aber konnte Behaim von dieser Meeresstraße wissen? Papst Alexander VI. hatte 1493 durch eine Bulle bestimmt, welche entdeckten oder noch zu entdeckenden Gebiete zu Spanien und welche zu Portugal kämen. Er zog die „Raya", eine De28
markationslinie, von Pol zu Pol, 50 Kilometer westlich von den Kapverdischen Inseln. Alles Neuentdeckte nach Westen von dieser Linie sollte dem spanischen, alles nach Osten dem portugiesischen König gehören. Diese Bestimmungen wurden auf Einspruch Portugals hin in einem Vertrag geändert, der am 7. Juni 1494 in der spanischen Stadt Tordesillas bei Valladolid unterzeichnet wurde. Die „Raya" wurde 1350 Kilometer weiter nach Westen gerückt, so daß sie jetzt über die äußerste Westinsel der Azoren in den Ozean schnitt. Dieser Vertrag von Tordesillas hatte besondere Auswirkungen. Die beiden Parteien versuchten immer wieder, ihn zu umgehen, besonders aber Portugal. Denn man erwarjete ja die g r o ß e Entdeckung sehr weit im Westen. Doch konnte dies Umgehen der Bestimmungen mit Aussicht auf Erfolg nur durch Ausfahrten versucht werden, die man vor Spanien und der Welt verheimlichte. H a t Behaim von seiner Insel Fayal solche Schwarzfahrten über die Demarkationslinie unternommen? H a t eine ihn bis in jene tiefsüdlichen fernen Gebiete gebracht, wo etwa auf dem 50. Grad südlicher Breite und dem 60. westlicher Länge die Einfahrt in die Magellanstraße liegt? Schon alles, was mit erlaubter Seefahrt zusammenhing, wurde in jener Zeit in ein solches Geheimnis verstrickt, daß z. B. Portugal auf das Außerlandbringen von Land- und Seekarten die Todesstrafe gesetzt hatte. H a t diese Vorsicht sich so weit ausgewirkt, daß sie bis zum Versuch des Verschweigens von Behaims Namen überhaupt führte? Wir tappen im Dunkeln. Klare und unumstößliche Tatsache ist, daß Magellan jenen Ausspruch getan hat, er suche die Straße, die er auf einer Karte Behaims gesehen. Es ist nicht daran zu rütteln. Es ist fast sicher, daß Behaim von Fayal aus weitausgreifende Reisen unternahm, ebenso, daß er Karten zeichnete. Denn beides gehörte zu dem Beruf, dem er sich hingegeben, nachdem er in die Junta aufgenommen worden war. Diese Karte nun, die der sicherste Zeuge sein könnte, ob Martin Behaim als erster die Magellanstraße entdeckt habe, ist verschollen, wie viele Karten dieser Zeit verlorengegangen sind, über deren Bestehen aber im Schrifttum Hinweise vorliegen. Sie mögen von Spionen gestohlen, in Katastrophen zerstört, in einer Zeit, in der sie nicht mehr wichtig waren, außer acht gelassen und abhandengekommen sein oder sich irgendwo in Archiven verbergen. Auch alle anderen Karten Behaims — wir haben zumindest von einer, als einer Unterlage zu seinem Globus, sichere Überlieferung — teilten das Schicksal der Meereskarte, die Magellan erwähnt 29
hat. Vielleicht ist die Karte auch so gut versteckt worden, daß man sie später nicht mehr fand und sie in Vergessenheit geriet. Vielleicht wird sie eines Tages wieder auftauchen und uns endgültig Aufschluß geben. So können wir die Darstellung des Lebens dieses außergewöhnlichen Mannes doch vielleicht mit der Vermutung beschließen, sein Werk habe nicht nur mittelbar auf andere gewirkt, sondern sei auch in einer heimlichen Tat gekrönt worden, die der Größe seines Lebens einen ebenbürtigen Ausdruck gab — auch wenn die Mitwelt ihm diesen Ruhm nicht ließ und er sich allein mit der Genugtuung über die hohe Leistung zufrieden geben mußte.
Im Pestspital von Lissabon Aus dem Nebel, in dem Behaims Leben schließlich auf Fayal steckenblieb, erscheint noch einmal ein festgelegtes Datum: er reiste im Frühjahr 1506 nach Lissabon. Hier herrschte damals die Pest. Auch ihn befiel diese Krankheit. Er wurde in das Deutsche Hospital eingeliefert und starb darin am 29. Juli 1506 im Alter von 47 oder 48 Jahren. Kolumbus, von dem einige Geschichtsschreiber behaupten, er sei innig mit Behaim befreundet gewesen, als sie sich gemeinsam in Lissabon aufhielten, war ihm in Valladolid im Tod um zwei Monate vorausgegangen. Das deutsche Hospital, in dem Behaim starb, war das Bartholomäus-Spital. Johann II. hatte mit Vorliebe deutsche Geschützknechte in Dienst genommen und aus ihnen ein sehr angesehenes und mit Sonderrechten ausgestattetes Korps gebildet. Es unterstand unmittelbar dem König. Dieses Korps hatte das Spital für seine Kranken gegründet, und es wurde dann mit Vorliebe von den Deutschen besucht, die sich in Lissabon nicht nur als Kaufleute, sondern vor allem auch als Drucker zahlreich niedergelassen hatten. Martin Behaim wurde in Lissabon begraben, und zwar in der Dominikanerkirche, zu der ein Kloster dieses Ordens gehörte. Auch sie, wie das Bartholomäus-Spital, war eine deutsche Gründung in der Stadt. Eine ihrer Kapellen wurde von Abgaben erhalten, die die deutschen Kauflaute von ihrem Warenumsatz leisteten. Sie wurde als Begräbniskapelle benutzt.
* Die Tatsache, daß Martin Behaim gerade an dieser Stätte, die Deutschen gehobenen Standes vorbehalten war, seine letzte Ruhe fand, mögen wir ebenfalls als einen Beitrag zu seiner Lebens30
geschichte bewerten; er verrät uns, daß er sein Dasein nicht als ein völlig unter die Räder Geratener beschloß. Em Jahr nach Martin starb, ebenfalls in Lissabon, sein Bruder Wolf. Wolf Behaim hatte sich zwei Jahre zuvor als Handeltreibender in der Stadt niedergelassen; doch ist von ihm bekannt, daß er seinem Bruder nacheiferte und dem Studium der Sternenkunde eifrig obgelegen hat. Die Frage liegt nahe und berührt ja auch unser Thema, ob die beiden in Lissabon Beziehungen zueinander gehabt haben? Allerdings ist das nirgends besonders versichert, aber es ist mehr als wahrscheinlich, daß es der Fall war, ja, daß diese Beziehungen sogar herzlicher Art gewesen sein müssen. Wolf muß die Stellungnahme der Familie gegen den bedeutenden Sohn bedauert und revidiert haben. Dies zu glauben, wird uns durch sein Testament nahegelegt, in dem er Martins Sohn als Erben seines Hausanteils in Nürnberg einsetzte. Überhaupt muß innerhalb der Familie allmählich eine Wandlung gegenüber dem Andenken des merkwürdigen Verwandten vor sich gegangen sein. Es hat sich eine Familienkorrespondenz erhalten, aus der Bedenken hervorgehen, daß man den berühmten Mann so schmucklos und fern der Heimat in Lissabon begraben sein ließ. Man setzte sich mit dem Vertreter des damals berühmten H a n delshauses der Hirschvogel in Beziehung, um zu erfahren, wie teuer ein Grabdenkmal zu stehen käme. Verschiedene Preise wurden mitgeteilt. Aber die Familie scheint dem Gelde gegenüber einen weniger großzügigen Standpunkt eingenommen zu haben als Martin. Man konnte sich nicht entschließen, Geld in dem Andenken des Angehörigen anzulegen, und heute weiß man nicht mehr, wo Martin Behaims Überreste ruhen.
Umschlaggestaltung: Karlheinz Dobsky Bilder S. 6, 16, 22 nach Vorlagen aus dem Deutschen Museum, München
L u x - L e s e b o g e n 125 ( E r d k u n d e ) - H e f t p Natur- und kulturkundliche Hefte - Bestellungen (vtlj. 6 durch jede Buchhandlung und jede Postanstalt - Verlag Murnau (Oberb.), Seidlpark - Druck: Sittler & Federmann 31
r e i s 2 5 Pf. Hefte DM 1.50) Sebastian Lux, KG., lUertissen
LUX
HISTORISCHE
GESCHICHTE
EINMAL
GANZ
REIHE ANDERS
Umfang 64 Seiten, Heftpreis N r . 1-19: 75 Pfg., ab Nr. 2Q-. 90 Pfg.
In fesselnder Darstellung bringt diese Weltgeschichte in spannenden, in sich abgeschlossenen Einzelheften Zeitbilder und Szenen aus dem großen Abenteuer der Menschheitsgeschichte. Menschen, Völker, historische Schauplätze und tandschaften aus allen Zeitaltern der Vergangenheit erstehen in bunter Folge vor dem Auge des Lesers. Geschichte w i r d zur lebendigen Gegenwart. Jedes Heft vermittelt ein abgerundetes Bild des dargeste)}ten Zeitraumes. Die Reihe fesselt den Erwachsenen wie den Jugendlichen, der von der Anschauung zur Erkenntnis der Zusammenhänge in der Geschichte gelangen w i l l . Aus maßgebenden Erzieherkreisen liegen höchst anerkennende Urteile über die HISTORISCHE REIHE vor. Die Hefte entsprechen der Forderung der Schule nach fesselnder, zuverlässiger Lektüre als Ergänzung und zur Unterstützung des Geschichtsunterrichtes. Dem Jugendlichen bietet die Reihe eine Lektüre, die ihn ebenso unterhält wie in seiner Allgemeinbildung vorwärts bringt. Die Titel der ersten Hefte: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Sphtnx am Strom Priester und Magier Götter und Helden D't0 Griechen Die Perserkriege Die Tempel Athens Alexanderzug Pyrrhus - der Abenteurer Hannibal Untergang Karthagos
11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20.
Marius und Sulla Kaiser ohne Krone Das goldene Rom Die ersten Christen Hadrian und Marc Aurel Das geteilte Weltreich Germanenzüge Die Hunnensdll acht Die Mönche von Monte Cassino Der Prophet Allahs
Weitere Hefte folgen Jedes Heft mit f a r b i g e m Umschlag, Illustrationen, Landkarten, A n merkungen und Zeittafeln. Bitte Prospekt a n f o r d e r n !
V E R L A G S E B A S T I A N LUX M U R N A U . M Ö N C H E N . INNSBRUCK . BASEL
Beim Lesen von Zierers abendländischer Geschichte „ B i l d der Jahrhunderte" öffneten sich immer wieder Ausblicke in die Räume lenseits der weitgezogenen Grenzen des Abendlandes und ließen die Ausstrahlungen der abendländischen W e l t auf die Reiche des Orients, Asiens, Afrikas und Amerikas sichtbar werden. Diesen außereuropäischen Großräumen ist
eine neue Buchreihe von Otto Zierer gewidmet, die die Geschichte und Kultur der gelben Rasse, des' Islam, Indiens, A f r i k a s , Ostasiens und des amerikanischen Kontinents f a r b i g und anschaulich schildert. Bisher sind erschienen:
Geschichte Indiens und des Islam 1. Band „Völker aus Steppen und Wüsten" (2500 vor Chr. bis 700 nach Chr.) 2. Band „Kaiser und K a l i f e n " (700 bis 1500) 3. Band „ D i e goldenen Tempel" (1500 bis 1760) 4. Band „Gouverneure und Rebellen" (von 1760 bis zur Gegenwart)
Geschichte Amerikas 1. Band „Der Goldene Gott" (von der Vorzeit bis 1588 nach Chr.) 2. Band „Asyl der Freiheit" (1588 bis 1800) 3. Band „Der Ferne Westen" (1800-1870) 4. Band „ D i e Neue W e l t " (von 1870 bis zvr Gegenwart) Jeder Band enthält Kunstdrucktafeln, historische Karten und im Anhang Anmerkungen, ausführliche Begriffserklärungen, Zeittafeln, Quellen- und Literaturhinweise. Jeder Band in Ganzleinen 9 . - DM (Alle vier Bände in Kassette 36.- DM) in Luxuseinband 10.50 DM (Alle vier Bände in Kassette 4 2 . - DM) In jeder Buchhandlung erhältlich
VERLAG
SEBASTIAN
LUX
M U R N A U . M Ö N C H E N . INNSBRUCK . BASEL