Cora Banek, Georg Banek
Making of ...
Kulturbilder Wie fotografische Werke entstehen
Inhaltsverzeichnis Vorwort
Seite 4
Einführung
Seite 6
Autorenprofil
Seite 284
Bilderindex
Seite 286
Impressum
Seite 288
1. Kapitel Architektur & Innenräume Seite 10 – 79
lightlines Yellow Submachine cloudy gloriole abgelegt Tristesse in Farbe Zeitsprung Star Wars rays of light ordentlich aufgereiht Bitte kein HDR! Warten basil Kimme und Korn Rotlichtecke Summertime Gipfeltreffen Prächtige Kulisse Atrium ... vereinzelt etwas Niederschlag weißer Turm auf E8 Wo ist Walter? The only way is up Auge in Auge filigran bitter orange A tribute to M. C. Escher Underworld Backside Royal Green Viva la Mexico Rouge doublé Almost Venice Turbine 17 F läuft an My Vienna
2. Kapitel Komisches & Absurdes Seite 80 – 123
Anal Pleasure Vier Oldtimer very cute statt Knöllchen hanging loose moose Walk of Fame Sonnenbad Such mich! Trio Infernale echt wahr? Streetball Mülltrennung smiling man Tod in der Badewanne Area 51 non fiction Café oje Relax! Pet-Shop-Toys Alkoholtest für Fortgeschrittene *schluck*
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Inhaltsverzeichnis
3. Kapitel Straßen & Plätze Seite 124 – 181
yellow mini town Windstärke 10 Fiaker Mignon Durch diese hohle Gasse muss er kommen ... opposite corners blue world Damals ... Anpfiff ist morgen Saubere Linienführung almost Paris Folgen Sie dieser Spur ... Rushhour Bonjour Tristesse Freiheit, grenzenlos Tunnelblick down on the streets High Noon! Get up and - go! When in Rome Line Part in Fine Art 2 PS warten auf ... 90-60-90 oder: Perfekte Kurven Linkskurve Hard Work shadow bird no risk, no fun
4. Kapitel Objekte & Situationen Seite 182 – 239
roof snake Perrier Those were the days, my friend human wheel Roaarr! davonschleichen southern soap feral power Solitary standing Empfangskomitee scent of sex city groove Schülerlotse She’s coming fright night flight Float muscles Lightbeam girls, girls, girls long way home Lavande Engelsflügel Rohr eins: Feuer! ab aufs Handtuch Deutsche Gemütlichkeit Just walking by R.I.P. out of contact
5. Kapitel Symbole & Abstraktes Seite 240 – 283
Herzlich willkommen white cube grün und lodernd Kreuzweg Venice red lines behind Schlosskirche unerreichbar neben der Spur where peaceful waters flow A liebt F sicher verpackt Sollbruchstelle Speedboat endlich Urlaub! blue line geschlossene Gesellschaft Fluchtgedanken stairway to heaven flying high Freiheit
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Vorwort
Liebe Leserin und lieber Leser! „Wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören“, ist ein weit verbreiteter und gut gemeinter Rat, „Aller guten Dinge sind drei“ ein anderer. Ganz in diesem Sinne sind wir beim dritten und letzten Band unserer „Making of ...“-Serie angekommen und wir gestehen ganz offenherzig: Dieser Band hat uns am meisten Spaß gemacht! Das lag zum einen daran, dass wir diesmal nicht nur ein einzelnes, sehr fest umrissenes Genre beschreiben. Die große Abwechslung in den Aufnahmesituationen, die schönen Erinnerungen an die Fototouren und die vielen lebendigen, amüsanten, schönen und dramatischen Bilder haben uns das Texten zu einem echten Vergnügen gemacht. Viel schwieriger waren dieses Mal hingegen die Bildauswahl und die Struktur. Welche Themen kommen ins Buch? Wie passen sie zusammen? Ist dieses Bild auch wirklich gut genug? Und warum dürfen die vielen anderen tollen Fotos nicht mit rein? Im Laufe der Diskussionen stellten wir fest, dass an einigen der Bilder deutlich mehr Herzblut hängt, als es bei den anderen beiden Themen der Fall war. Das ist eigentlich erstaunlich für zwei Fotografen, die ihren Schwerpunkt in der Porträtfotografie sehen und leidenschaftlich gern Pflanzen fotografieren. Vielleicht liegt es daran, dass wir hier Bilder zeigen, mit denen wir Erinnerungen an besondere Plätze oder Situationen verknüpfen und die uns teilweise schon viele Jahre wie lieb gewordene Freunde begleiten. Insofern ist das dritte Buch sehr viel persönlicher. Es finden sich Aufnahmen in diesem Buch, die auf dem Weg zur Arbeit entstanden sind, andere unterwegs oder im Urlaub und wieder andere im Alltag zu Hause. Immer
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Vergessen Sie nicht, sich auch mal beim Fotografieren fotografieren zu lassen!
Vorwort
dort, wo Menschen etwas erschaffen haben, wo sie etwas hinterlassen, etwas verändern und ihre Kultur leben. „Kultur“ im weitesten Sinne umfasst alles das, was der Mensch gestaltet – im Gegensatz zu der ursprünglichen, unveränderten Natur. Es sind also alles „Kulturbilder“ in diesem Buch, auch wenn sie verschiedene Genres berühren. Und im Mittelpunkt steht bei jedem einzelnen das gut gesehene Motiv.
Macht man das nämlich besonders originell, dann sind auch mal alle im Bild. :)
Denn diese Buchreihe haben wir auch als Sehschule konzipiert. Zum einen darf jedes einzelne Bild Ihnen als Anregung und Inspiration für Ihre eigene Motivsuche dienen, zum anderen wollen wir Ihnen das Suchen und Finden von ungewöhnlichen Sichtweisen näherbringen. Und nicht zuletzt möchten wir Ihren Blick bei der Bewertung von Fotos schärfen, indem wir Ihnen mit Hilfe der Punkte anzeigen, wie stark dieser Aspekt, diese Ebene die Wirkung des gesamten Bildes beeinflusst. Bei der kritischen Analyse eigener oder fremder Bilder strukturiert vorzugehen, hilft Ihnen dabei, nichts Wichtiges zu übersehen. Und nichts trainiert das eigene fotografische Auge mehr und hilft Ihnen bei der Entwicklung Ihrer eigenen Fotografie besser, als das Beispiel spannender, aufregender und faszinierender Bilder. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen genau so viel Freude beim Betrachten, Lesen und Lernen, wie wir es beim Fotografieren und Schreiben dieses Buches hatten.
Cora und Georg Banek
Bei dem Begriff „Fotograf“ verzichten wir auf eine weibliche Form, meinen aber natürlich auch die Frauen hinter der Kamera. Alle Brennweitenangaben sind kleinbildäquivalent zu verstehen!
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Einführung
Wie ist dieses Buch aufgebaut?
Wir haben dieses Buch sehr strukturiert aufgebaut, damit Sie beim Querlesen schnell das finden, was Sie besonders interessiert. Aber auch wenn Sie sich mit jedem Bild einzeln intensiv auseinandersetzen, hilft Ihnen die Struktur dabei, die verschiedenen Ebenen eines Bildes differenziert zu betrachten. Das trainiert Ihre Fähigkeit zur gezielten Bildbetrachtung und -analyse. Das Buch selbst haben wir in fünf Themenbereiche unterteilt, die von Architektur über besondere Situationen bis zu abstrakten Bildern verschiedene von Menschenhand erschaffene Motivbereiche umfassen – auch wenn das keine vollständige und abschließende Aufzählung sein kann: – Architektur & Innenräume – Komisches & Absurdes – Straßen & Plätze – Objekte & Situationen – Symbole & Abstraktes Darüber hinaus haben wir zu jedem Bild die folgenden Informationen und Einschätzungen auf einer Doppelseite zusammengestellt – mal stellvertretend für eine bestimmte Form von Bildern, mal konkret auf ein Einzelbild bezogen: Titel: Der Titel eines Bildes ist eine ganz persönliche Angelegenheit jedes Fotografen. Mit ihm kann er seine eigene Assoziation zu dem Werk deutlich machen, aber auch die Gedanken des Betrachters ganz gezielt in eine bestimmte Richtung lenken. Nicht immer fiel es uns leicht, die Essenz des Bildes in ein paar Worte zu fassen. Anteil an der Bildwirkung: Nicht jeder der fünf dargestellten Aspekte eines Bildes (Motiv, Bildgestaltung, Technik, Licht und Nachbearbeitung) trägt zu dessen Gesamtwir-
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Einführung
kung in gleichem Maße bei. Einige Bilder wirken beispielsweise sehr stark über das abgebildete Objekt, bei anderen macht eine tolle Lichtstimmung das Bild zu etwas Besonderem und wieder andere werden durch eine aufwändige Nachbearbeitung erst zu Hinguckern. Um Ihnen das Training von Bildanalyse und -bewertung zu erleichtern, haben wir für jeden Aspekt einzeln bewertet, wie stark dieser die Wirkung des Bildes beeinflusst: Dieser Aspekt ist für die Gesamtwirkung des Bildes nahezu unerheblich.
Dieser Aspekt des Bildes beeinflusst die Gesamtwirkung, allerdings nur sekundär.
Dieser Aspekt ist deutlich für die Gesamtwirkung des Bildes mitverantwortlich.
Dieser Aspekt dominiert die Gesamtwirkung des Bildes, er lässt die anderen Aspekte – jedenfalls auf den ersten Blick – zurücktreten.
Motiv: In diesem Abschnitt beschreiben wir, was für uns die Idee der Aufnahme ist, die Intention, die Geschichte hinter dem jeweiligen Motiv. Also die Aspekte des Bildinhalts, die für uns als Fotografen besonders wichtig waren. Wir gehen aber auch auf die Besonderheiten der jeweiligen Aufnahmesituation ein und erzählen kleine Anekdoten, die bei der Entstehung des Bildes eine Rolle gespielt haben. Bildgestaltung: Unabhängig von dem, was als Motiv inhaltlich auf dem Bild zu sehen ist, gibt es die Anordnung der Bildelemente, das Spiel mit Farben, Formen, Linien, (Un-)Schärfe, Bewegung und mehr – eben die Gestaltung des gesamten Bildes. Hier beschreiben wir, was wir bereits beim Blick durch den Sucher so gesehen und bewusst geplant haben, und analysieren, welche Wirkung das auf den Betrachter des Bildes hat – und wie es den Bildinhalt, das Motiv, unterstützt. Aber wir geben auch zu, was uns manchmal erst nachher aufgefallen ist und wo sich auch einmal eine Unstimmigkeit eingeschlichen hat oder wo noch Platz für Verbesserungen ist – und warum das Bild trotz dieser „Fehler“ mit ins Buch durfte. Technik: Natürlich ist die Technik ein wichtiger Bestandteil der Fotografie, denn durch ihren gezielten Einsatz steuert der Fotograf die Bildgestaltung, um damit das Motiv zu
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unterstützen. Welches technische Detail wichtig ist, hängt ganz von der jeweiligen Situation ab und ist von Bild zu Bild verschieden. Deswegen zeigen wir Ihnen für jedes unserer Bilder, welche Technik wir wie eingesetzt haben, aber auch, worauf Sie generell bei solchen Aufnahmesituationen achten sollten. Lichtskizze: Den Lichtaufbau verdeutlichen wir der Anschaulichkeit halber mit einer Skizze zur Aufnahmesituation. Dabei stehen folgende Symbole für:
Tageslicht (ohne Wolken)
Kamera
Tageslicht (einzelne Wolken)
Kamera (auf Stativ)
Tageslicht (geschlossene Wolkendecke)
Person
Tageslicht (Regenwolken)
Neonlicht
Tageslicht (Gewitterwolken)
Kunstlicht
Tageslicht (Schnee)
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Nebel
Einführung
Licht: Zur Erläuterung der Lichtskizze und da das Licht der wichtigste Aspekt der technischen und gestalterischen Ebene der Fotografie ist, haben wir es in einem separaten Block herausgelöst. Wir beschreiben darin die eingesetzten Lichtquellen, die Lichtführung und deren Wirkung. Persönlicher Kommentar: Fotografie ist eine sehr private Sache, bei der ein Fotograf immer auch sehr viel über sich selbst und seine Sicht auf das Motiv preisgibt. In dieser persönlichen Anmerkung kommentieren wir jeweils einen Aspekt des Bildes, der uns besonders wichtig ist. Nachbearbeitung: Mit ein paar Worten erzählen wir Ihnen hier, was wir an dem Bild durch digitale Nachbearbeitung verändert haben. Dabei geht es vor allem um die Bearbeitungsschritte, welche die Bildwirkung stark beeinflussen. Stärke der Nachbearbeitung: Einige Bearbeitungstechniken kommen bei unserer Bearbeitung immer wieder zum Einsatz, andere sehr selten. Für die Bewertung der Bilder ist es wichtig, welche Aspekte des Bildes wie stark verändert worden sind. Das fünfstufige Punktesystem ermöglicht Ihnen eine schnelle und einfache Orientierung bei den eingesetzten Bearbeitungstechniken:
Dieser Aspekt wurde nicht verändert.
Dieser Aspekt wurde minimal verändert. Der Effekt ist kaum erkennbar.
Dieser Aspekt wurde leicht verändert. Der Effekt unterstützt das Bild, verändert die Grundtendenz des Originalbildes jedoch nicht.
Dieser Aspekt wurde mittelstark verändert. Der Effekt ist deutlich erkennbar und verändert die Aussage des Originalbildes.
Dieser Aspekt wurde stark verändert. Der Effekt beherrscht das Bild.
Aufnahmedaten: Wir geben zu jedem Bild die Aufnahmedaten möglichst vollständig an, damit Sie die Entstehung des jeweiligen Fotos einfach nachvollziehen können. Dazu gehören neben den genauen technischen Daten auch Angaben zu Tages- und Jahreszeit sowie zum Aufnahmeort.
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1. Kapitel
Architektur & Innenräume
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Die Architektur ist ein steinernes Bekenntnis seiner Erbauer über den Wert des Wohnens, der bleibende Ausdruck einer Generation – künstlerisch oder trist, modern oder zweckmäßig und manchmal auch unwirklich schön. Genauso aufregend unterschiedlich ist auch die Architekturfotografie, die diese Monumente einfängt, neu arrangiert und ganz subjektiv in Szene setzt. Wie bei allen unseren Bildern sind wir vor allem auf der Suche nach dem Schönen und dem Ungewöhnlichen – auch wenn wir Häuser und Sehenswürdigkeiten vor unsere Kameras bitten. Natürlich haben die alten Bauten da deutlich die Nase vorn mit ihren geschwungenen Verzierungen und der faszinierenden Patina des Vergangenen. Aber auch in den neuen Gebäuden steckt immer wieder die aufregende Fantasie eines visionären Architekten, die es einzufangen und neu zu interpretieren gilt. Aber es muss nicht immer das ganze Haus sein, manchmal reicht auch ein Detail, um ein Bild entstehen zu lassen – fast immer lohnt sich dafür der Blick nach oben. Und auch im Inneren dieser Bauwerke lassen sich aufregende Fotos machen: der sehnsuchtsvolle Blick von drinnen nach draußen und die Geschichte, die in jedem Stück Interieur steckt. In den letzten Jahren haben wir auf unseren Reisen, aber auch zu Hause viele solcher Stein gewordenen Geschichten betrachtet und erzählen unsere Ideen davon in so manchen Bildern weiter.
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lightlines
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Architektur & Innenräume
Motiv Das riesige Einkaufszentrum MyZeil in Frankfurt lockt nicht nur den einkaufsfreudigen Kunden, sondern auch jeden Fotografen in sein riesiges Netz aus Glasflächen, Ebenen, Rolltreppen und Freiflächen – beziehungsweise aus Perspektiven, Lichtern, Formen und Flächen. Ein wahres Eldorado für jeden Fotobegeisterten, der von der großen Übersicht bis zum kleinen Detail in diesem erstaunlichen architektonischen Kunstwerk garantiert fündig wird. An jenem Aprilsamstag fuhren wir ganz früh morgens nach Frankfurt, um dort fotografieren zu können, noch bevor die Läden geöffnet hatten. So konnten wir reine Architekturaufnahmen machen mit wenigen oder sogar keinen Personen im Bild. Wir erkundeten die verschiedenen Ebenen des Gebäudes mit unseren Kameras. Die überlange frei schwebende Rolltreppe war dabei ein besonderer Hingucker, den ich unbedingt einfangen wollte, führt sie doch vom Erdgeschoss auf die oberste Ebene diagonal durch den gesamten Raum. Bildgestaltung
Licht Das Gebäude ist durch das riesige Glasdach, die beleuchteten Konturen der Ebenendurchbrüche, die vielen Lichtschleifen und die beleuchteten Ladengeschäfte insgesamt sehr hell. Die Lichtqualität ist aber ideal diffus für schattenfreie Aufnahmen.
Ein so komplexes Motiv führt zwangsläufig zu vielen unterschiedlichen Flächen und Formen im Bild, zu unzähligen Linien, die sich kreuzen und in verschiedene Richtungen führen. Um hier etwas formale Ordnung ins Bild zu bekommen, entschied ich mich für eine klare Gewichtung des Motivs, also die Hervorhebung eines Hauptmotivs “Meine Bildsprache ist in der Regel – die verschachtelten organischen Formen –, und für eine sehr aufgeräumt, da bildet dieses starke Entsättigung der Farben. ‘Wimmelbild’ mal die eine Ausnahme, Dadurch verschwinden farbige Signalpunkte im Hinterwelche die Regel bestätigt.” grund, die die Aufmerksamkeit sonst stark anziehen würden, die emotionale Wirkung des Bildes wird reduziert und die Grafik betont. Einen interessanten Kontrast zu den geschwungenen und durch ihre Helligkeit sehr dominanten Linien des Gebäudes bilden die langen Geraden der Rolltreppe, die auch durch ihre fluchtpunktartige Verjüngung ein Geländer für die Augen bilden. Abgelenkt wird der Blick jedoch auf jedem Stockwerk von den hellen Bändern. Technik Weitwinkelobjektive sind in der Architekturfotografie sehr gut geeignet, um große Gebäude abbilden zu können. Gleichzeitig führen die Verzeichnungen dieser Brennweiten automatisch zu einer Betonung des Vordergrunds, weshalb es in Fällen wie hier wichtig ist, dort das Hauptmotiv oder einen interessanten Teil des Motivs zu platzieren.
© Cora Banek • April 2009 • ca. 10:15 Uhr • Einkaufszentrum MyZeil, Frankfurt • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 5,6 • 1/125 Sekunde • ISO 400 • Kunstlicht und Tageslicht
Nachbearbeitung Bei so unruhigen Aufnahmen plane ich gern schon bei der Aufnahme ein ausführliches nachträgliches „Aufräumen“ ein. So wurden kleine Lämpchen in den Deckenflächen sowie sehr helle Lichtpunkte und störende Reflexionen im Hintergrund entfernt, um das Bild ruhiger werden zu lassen. Alle Farben bis auf die Blautöne wurden anschließend beinahe vollständig entsättigt und der Gesamtkontrast des Bildes deutlich angehoben, ohne das Weiß ausbrechen zu lassen. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Yellow Submachine
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Architektur & Innenräume
Motiv Reihungen, also Wiederholungen identischer Gegenstände, sind ausgesprochen gern fotografierte Motive, die wir ebenso gern auf Bildern sehen. Ob es sich dabei um die Rundbögen von Arkaden, Pfeiler oder Säulen handelt, ist eigentlich gleichgültig – uns fasziniert die Tiefenwirkung, die durch solche Bildelmente entsteht. Aus diesem Grund griff ich auch sofort zur Kamera, als ich die U-Bahn-Station Brandenburger Tor in Berlin betrat. Der 2009 neu eröffnete Bahnhof wird durch zwei lange Reihen dicker Säulen und ein großes Oberlicht in der Mitte zu einem architektonischen Hingucker. Bildgestaltung Die eindrucksvolle Tiefenwirkung entsteht durch die vielen Fluchtlinien, die sich in einem dynamischen Schwung an einem Punkt nahe der Bildmitte treffen. Dadurch entsteht ein Sog, der den Betrachter an diesen Punkt folgen lässt. Die dominante Säule und die Fläche des Bodens im Vordergrund und das helle Oberlicht sorgen dafür, dass der Blick jedoch auch immer wieder zurück in den Vordergrund gleitet, bevor er erneut den Linien folgt. Dass die Fluchtlinien geschwungen verlaufen, ist auf eine leichte Kurve des Bahnsteigs zurückzuführen, was eine hohe Dynamik ins Bild bringt. Die Reihungen und die Platzierung des Fluchtpunkts auf der Bildfläche wirken dagegen stabilisierend. Die Sauberkeit und die warmen Farben geben dem Bild eine Heimeligkeit, die eher untypisch für U-Bahnhöfe ist und sowohl inhaltlich als auch formal einen spannenden Kontrast zu der Funktion des Raumes und seiner durchkomponierten, klaren, eher kühlen Architektur bildet. Technik
Licht Da das Oberlicht zwar gleichmäßig diffuses, aber nicht sonderlich viel Licht abgab, musste ich meine Ausrüstung ausreizen: ISO 400 als größtmöglichen ISO-Wert ohne allzuviel störendes Rauschen, vollständig geöffnete Blende (2,8) und die längste Verschlusszeit, die ich noch problemlos verwacklungsfrei halten konnte (1/100).
“Hier bestand die eigentliche Kunst darin, genau den Augenblick abzupassen, in dem kein Passant zu sehen war, sondern alle hinter den Säulen versteckt waren ...”
Die große Errungenschaft der digitalen Fotografie, der Weißabgleich, hat nicht nur den Vorteil, im Grunde genommen jede Lichtsituation berücksichtigen zu können, sondern auch, dies ganz gezielt nicht zu tun. Denn genauso, wie durch den (manuellen) Weißabgleich Farbverschiebungen ausgeglichen und die Farben des Motivs naturgetreu wiedergegeben werden können, ist es auch möglich, ganz bewusst einen falschen Weißabgleich zu wählen und der Aufnahme dadurch eine deutliche Färbung zu geben. Hier beließ ich die Einstellung, nachdem ich vorher draußen bei „Tageslicht“ fotografiert hatte, was in der Kunstlichtsituation auf dem Bahnsteig zu einer deutlichen Verschiebung der Farben ins Rot-Gelbe führte.
© Georg Banek • März 2010 • ca. 13:00 Uhr • U-Bahnhof Brandenburger Tor (U55), Berlin • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 2,8 • 1/100 Sekunde • ISO 400 • Kunstlicht
Nachbearbeitung Der Weißabgleich wurde im RAW-Konverter nicht korrigiert, sondern ganz bewusst so gelassen und die warme Farbwirkung durch ein Anheben der Farbsättigung und des Gesamtkontrasts noch verstärkt. Außerdem wurde ein kleines Schild auf einer der Säulen retuschiert und der Schnitt links minimal optimiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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cloudy gloriole
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Architektur & Innenräume
Motiv Das Gelände des Schlosses Schönbrunn in Wien ist atemberaubend – die beeindruckenden Gebäude, die akurat angelegten Parkanlagen, die sorgfältig bepflanzten Blumenrabatten wie auch die schiere Größe der Anlage lösen bei mir jedes Mal Bewunderung für die Architekten aus. Von der Terrasse des Schlosses aus erblickt man am Horizont die mehrere hundert Meter entfernte und auf einem Hügel liegende Gloriette. Dieser Aussichtspunkt hat es mir besonders angetan und so entstanden schon die unterschiedlichsten Bilder des Säulengebäudes. Bei dieser Aufnahme ging es mir darum, die Entfernung zwischen Gloriette und Schloss zu zeigen, weshalb ich dem Hauptmotiv wenig Fläche im Bild einräumte. Dadurch erscheint das Gebäude von allein weit weg, denn entfernte Dinge sind kleiner als näher liegende. Ich selbst stehe hier auf der Terrasse des Schlosses und blicke über die Anlage hinweg. Bildgestaltung
Licht Die Nachmittagssonne schien direkt und
Ein kleines Bildelement nah an den Rand der Bildfläche zu setzen, ist eine hart auf das Gelände und durch die Hitze des Tages flimmerte die Luft. Das führte zu sehr einfache Methode, einen spannungsreichen und auch ungewöhnlieiner leichten Unschärfe des Gebäudes. Da chen Bildaufbau zu erzielen. Denn der sich daraus ergebende Punkt-Flädas Licht von rechts hinten kam, überstrahlchen-Kontrast erhöht den Aufmerksamkeitswert des Bildes – insbesonte der helle Stein nicht und die Bäume bedere dann, wenn die übrige Bildfläche eher wenig Details bietet. Denn kamen Struktur und Tiefe. wichtig ist, dass das kleine Hauptelement es optisch mit dem Rest aufnehmen kann, anstatt von diesem regelrecht “Was mich an diesem Bild fasziniert, geschluckt zu werden. ist die Kraft und Würde der Hier wird die schmale Waldlinie eher als homogene FläGloriette, die hier trotz ihre geringen che und nicht die einzelnen Bäume wahrgenommen, aber Grösse spürbar bleibt. Und die sie bleibt aufgelockert genug, um nicht langweilig zu wirken. schmale Wolke, die über dem Gebäude Die große Fläche des Himmels hingegen hätte im Grunde genommen leicht die Möglichkeit, das Bild so stark zu domischwebt, mag ich sehr ...” nieren, dass die Gloriette in den Hintergrund treten würde, doch aus zwei Gründen ist das hier nicht der Fall: Erstens durchbricht die Wolkenformation die einheitliche Fläche und zweitens bildet sie einen Nachbearbeitung Bogen, der den Blick zu dem Gebäude leitet. Um die grafische Wirkung des Bildes zu verTechnik Ideal wäre hier ein 50-mm-Objektiv gewesen, da dieses einen ähnlichen Blickwinkel wie das menschliche Auge hat und so die Entfernung realistisch gezeigt hätte, doch dieses Objektiv hatte ich nicht dabei. Stattdessen wählte ich einen größeren Bildwinkel, der den Effekt der empfundenen Entfernung noch einmal verstärkt.
© Cora Banek • September 2006 • ca. 15:30 Uhr • Schloss Schönbrunn, Wien • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 8 • 1/400 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
stärken, wurde es nach der Entwicklung aus dem RAW mittels Kanalmixer in Graustufen umgewandelt und dann in einem leichten Sepiaton gefärbt. Des Weiteren wurden die Helligkeit sowie der Gesamtkontrast des Bildes leicht angehoben. Kleinere Sensorflecken wurden entfernt. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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abgelegt
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Architektur & Innenräume
Motiv Wenige Augenblicke nach dem Bild auf der vorherigen Seite ist diese Aufnahme desselben Motivs aus derselben Perspektive entstanden. Das heißt, auch ich befand mich bei der Aufnahme auf der Terrasse des Schlosses Schönbrunn und fotografierte über die Parkanlage hinweg die Gloriette auf dem entfernten Hügel. Das Ergebnis jedoch ist ein gänzlich anderes Bild mit einer völlig anderen Wirkung. Denn hier wurde nicht das Gebäude allein zum Hauptmotiv, sondern dieses originell und ungewöhnlich mit der Brüstung im Vordergrund in Beziehung gesetzt: Es wirkt, als stünde die Gloriette auf dem Geländer und die schmiedeeisernen Ornamente kommen durch ihren Schattenwurf auf dem hellen Boden doppelt schön zur Geltung. Bildgestaltung Diese Bildidee basiert auf einem komplett anderen Bildausschnitt als Coras Aufnahme. Hier ist viel mehr Dramatik im Spiel, die Gloriette tritt in den Hintergrund und wird zu einem spielerischen Ornament degradiert. Das Bild strahlt außerdem wesentlich mehr Unruhe aus, denn das Gitter, die Blumenflächen und Wege dahinter sowie die Schatten im Vordergrund bilden eine ganze Reihe an Linien und Mustern, die in verschiedenste Richtungen führen. Ein Gegengewicht dazu bilden die dominanten waagerechten Linien der Brüstung, die mittige Platzierung der Gloriette, der gleichmäßige Himmel, auf den auch hier durch die Wolke der Blick gelenkt wird, der Verzicht auf Farben und nicht zuletzt das quadratische Bildformat. All diese Aspekte geben einer Aufnahme mehr Statik und Ruhe und wirken den vielen Details des Motivs entgegen.
Licht Das seitliche Gegenlicht der direkten Mittagssonne warf einen klar erkennbaren Schatten des Geländers auf den Boden und definierte gleichzeitig das Geländer selbst durch leichte seitliche Reflexionen.
“Ich finde es immer wieder interessant, wie unterschiedliche Fotografen dieselbe Situation im Bild umsetzen, wie verschieden sie Motive, Gegebenheiten und gestalterische Möglichkeiten interpretieren.”
Technik Bei solchen Bildern, die ein exaktes Ausrichten einzelner Bildelemente zueinander fordern, sind die Möglichkeiten bei der Wahl des Bildwinkels und des Kamerastandpunkts beschränkt. Ich entschied mich hier für ein Normalobjektiv und eine Position der Kamera, die neben der Gloriette auf der Brüstung auch den Schatten im Vordergrund einfangen würde, ohne diesen vollständig zu zeigen. Ich stand also etwa einen Meter von der Brüstung entfernt. Für wirklich gerade Linien im Bild sind Sucher mit (einblendbaren) Gitternetzlinien ideal, wenn man sich nicht allein auf das eigene Augenmaß verlassen möchte.
© Georg Banek • September 2006 • ca. 15:45 Uhr • Schloss Schönbrunn, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 50 mm/1,4 • Blende 8 • 1/250 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak BW400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Das Bild wurde kontrastarm vom Negativ gescannt und dann für die hellen und dunklen Bildbereiche separat in seinen Kontrasten angepasst. Anschließend wurde es aufwändig von Staub und kleinen Kratzern befreit, von rechts und links auf ein quadratisches Format beschnitten und insgesamt leicht in einem hellen Braunton gefärbt. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Tristesse in Farbe
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Architektur & Innenräume
Motiv In älteren Gebäuden kommt es manchmal vor, dass man einen Raum betritt und sich urplötzlich in eine frühere Zeit versetzt fühlt. Mir ging es so, als ich das Männerklo der Halle 400 in Kiel betrat: Alles wirkte verstaubt, unmodern, altmodisch. Die dadurch entstehende Atmosphäre war regelrecht greifbar und wie es so meine Art ist, greife ich angesichts solcher Szenerien gern zur Kamera. Das Motiv war für mich hier die Grafik des Raumes, der in kleinen Details offenbarte, dass er nicht neu, sondern vor einigen Jahrzehnten entstanden ist. Diesem besonderen Reiz des Unmodernen setzte ich die subtile, sanfte Farbigkeit und die offenbar wesentlich buntere Welt außerhalb des Raumes entgegen. So bewahrte ich die Aufnahme davor, langweilig, fad und trist zu wirken. Bildgestaltung Die Kontraste fallen hier diffus und die Farbigkeit dezent aus, wobei Letztere in Kombination mit dem vielen Grau noch an Leuchtkraft gewinnt. So erscheint der Rot-Gelb-Verlauf hinter der Scheibe durch den Bunt-Unbunt-Kontrast noch einmal satter, ohne zu aufdringlich zu werden.
Licht Das Tageslicht fiel durch die Glasbausteine von links in den Raum und durch große helle Fenster in den Flur jenseits der Tür. Dadurch wurden die gelb gestrichene Wand sowie der rote Fußboden des Flurs etwas heller und die Farben außerhalb des Raumes satter. Im Waschraum selbst herrschte wesentlich weniger Licht.
Die großen Flächen der Wände symbolisieren die Weite und Leere des Raumes, der auch in der Realität erstaunlich geräumig ausfiel. Dreidimensionalität erhält die Aufnahme durch die schrägen Linien der linken Wand. Die gerade Ausrichtung der Tür verhindert dabei aber, dass das Bild zu dynamisch wird, und bildet so einen ruhigen Ankerpunkt für die Augen. Der Blick des Betrachters wird durch die “Hier hatte ich das erste Mal Kontakt Diagonalen zur Tür geleitet, wandert aber wegen der hellen mit einer digitalen Bridgekamera und Fläche der Glasbausteine auch immer wieder zurück nach war damals ganz angetan von ihrer links oben. Dass der Blick dort nicht aus dem Bild fällt, liegt erstens an der Leserichtung, die dem entgegenwirkt; zweiBedienung sowie der Qualität der tens an der schmalen vertikalen Linie am linken Bildrand, die Ergebnisse - trotz der schlechteren den Blick auffängt; und drittens an der bunten Tür, die eine Lichtverhältnisse.” Eyecatcher-Funktion bekommt und den Blick stark anzieht. Technik
Nachbearbeitung
Ich verließ mich bei der Aufnahme auf die Programmautomatik der mir unbekannten Testkamera, die sich angesichts der Lichtsituation für nicht nachvollziehbare Einstellungen entschied. Eine Lichtempfindlichkeit von ISO 80 wäre nicht notwendig gewesen, da dadurch eine sehr lange Verschlusszeit von 1/8 Sekunde zustande kam. Dass ich die nicht verwackelt habe, war wohl pures Glück.
Die Aufnahme wurde etwas entzerrt und an allen vier Seiten im Ausschnitt angepasst. Außerdem wurde die Farbsättigung erhöht, um die dezente Buntheit doch noch etwas deutlicher hervortreten zu lassen.
© Georg Banek • September 2004 • ca. 16:45 Uhr • Halle 400, Kiel • Kodak DX7590 mit 38 – 380 mm (KB)/2,8 – 8 • 38 mm • Blende 2,8 • 1/8 Sekunde • ISO 80 • Tageslicht
Dia-Scan Digitales JPEG Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Zeitsprung
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Architektur & Innenräume
Motiv Die Hermesvilla liegt etwas außerhalb von Wiens Stadtzentrum, deswegen ist sie als Sehenswürdigkeit längst nicht so bekannt und beliebt wie Prater oder Belvedere, ganz zu schweigen vom Stephansdom oder Schloss Schönbrunn. Jedem aber, der mehrere Tage in Wien ist, möchte ich dieses architektonische wie fotografische Kleinod ans Herz legen. Von außen ist die Fassade aus dem Jahr 1886 ein echter Augenschmaus und im restaurierten Inneren findet man schöne Details, auch wenn die Russen nach dem Zweiten Weltkrieg das Haus ziemlich ruiniert haben. Außerdem liegt die Villa der Kaiserin Sissi im großen Lainzer Tiergarten und das Grün ist nach einigen Tagen Stadt nicht nur fotografisch eine willkommene Erholung. Dieser malerische Säulengang verläuft das Haupthaus entlang bis zu einem Stallgebäude, das sich hinter mir befindet. Die fein verzierten Details der Säulen und Geländer beschwören in ihrer Schönheit eine vergangene Zeit herauf. Dieses Gefühl, in eine andere Zeit versetzt zu sein, hatte ich bei der Aufnahme – und jedes Mal, wenn ich sie mir ansehe. Bildgestaltung Die vielen geraden Linien der Säulen geben dem Bild gleichermaßen Ruhe wie einen stark flächigen Eindruck. Durch die geschwungenen Linien unten und oben sowie die leichten Fluchtlinien am Haus erhält das Bild – allerdings nur sehr wenig – Räumlichkeit. Zusammen entsteht aus diesem Gegensatz eine leichte Irritation, die im Unterbewussten verbleibt, den Betrachter dadurch aber umso stärker fesselt.
Licht Obwohl das harte Sonnenlicht von ein paar Wolken spürbar aufgeweicht wurde, entstand wegen seiner Helligkeit ein sehr starker Kontrast zwischen Himmel und Haupthaus einerseits und den Schatten von Bäumen und Dach andererseits. Die Belichtung maß ich mit der Spotcharakteristik auf dem Fußboden, weil mir die Details in den dunklen Bereichen wichtiger waren als die Struktur im Himmel. Dafür platzierte ich die beiden Säulen so im ausgefressenen Bereich, dass sie diesen unterteilten und die störende Wirkung der reinweißen Fläche minderten.
Solche optischen Stolpersteine und Anziehungskräfte, die man sich nicht erklären kann, sind in vielen faszinierenden Bildern enthalten. Die beiden äußeren Säulen wirken wie ein Rah“Je grösser das Format ist, in dem men und zusammen mit den dunklen Flächen von Dach und Weg halten sie den Blick des Betrachters dauerhaft im Bild. man sich dieses Bild ansieht, desto stärker kommen die vielen kleinen Details zur Wirkung. Aber erst durch Technik sie wird aus dem Foto ein Bild.” Diese Aufnahme ist ein gutes Beispiel dafür, dass man auch ein starkes Weitwinkelobjektiv in der Architekturfotografie einsetzen kann, ohne sofort mit deutlich störenden, stürzenNachbearbeitung den Linien bestraft zu werden. Der Knackpunkt dabei ist, das Objektiv Dieses Bild wurde sehr sorgfältig entfleckt möglichst parallel zu den dominanten Längs- oder Querlinien zu halten. und dann in einem milden Petrolton geWer genau hinsieht, entdeckt, dass ich das hier jedoch auch nicht hunfärbt. Der Kontrast wurde angehoben. dertprozentig einhalten konnte – mir war der Bildausschnitt wichtiger als Negativ-Scan Aufhellen ein leichtes Stürzen der Pfeiler. RAW-Entwicklung Abdunkeln
© Georg Banek • September 2006 • ca. 18:15 Uhr • Hermesvilla, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 50 mm/1,4 • Blende 8 • 1/60 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak BW400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Star Wars
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Architektur & Innenräume
Motiv Dies ist eine Originalkulisse aus Star Wars IV und zeigt Abschnitt B4 aus dem Anflug Luke Skywalkers auf die alles entscheidende Schwachstelle des Todessterns, den Lüftungsschacht ... Stimmt natürlich nicht, dieses Hochhaus steht im Frankfurter Bankenviertel. Aber es ist schon erstaunlich, wie stark sich einige Filmszenen in das kollektive Bewusstsein einbrennen, denn ich wette, dass kaum ein Leser Schwierigkeiten hat, diese Assoziation nachzuvollziehen – vorausgesetzt, er hat den Film gesehen. Die meist glatten Fassaden der Frankfurter Hochhäuser haben schon viele Fotografen fasziniert, da machen auch wir keine Ausnahme. Aber dieses ist mit seinem U-förmigen Anbau etwas Besonderes, weil es nicht nur die Formen, sondern durch die Spiegelung in sich selbst auch die Farben wiederholt. Bildgestaltung Die stürzenden Fluchtlinien eines Hochhauses von unten nach oben fotografiert sind immer wieder ein sehr stark dreidimensional und dynamisch wirkendes Gestaltungsmittel. Hier ist das Besondere, dass sie nicht nur aus einer Richtung auf den Fluchtpunkt zusteuern, sondern durch die U-Form des Gebäudes einen sich nach hinten verjüngenden Tunnel bilden. Das verstärkt die räumliche Wirkung noch einmal und reißt den Blick mit sich nach oben. Die Lampe mit ihrer sehr dominanten kreisrunden Form ist das Detail, das optisch ein sehr starkes Gegengewicht zum Fluchtpunkt bildet und dafür sorgt, dass der Betrachter auch wieder zurück zu den unteren Stockwerken des Hochhauses findet. Die reduzierten Farben betonen zusätzlich die Grafik des Bildes, lediglich die Spiegelung und die fast schon organisch anmutenden sanften Farbverläufe lockern die plakative Strenge angenehm auf.
Licht Wenn Sie die feinen Farbverläufe und alle Details eines Hochhauses einfangen wollen, gibt es nichts Besseres als extrem weiches Licht und eine vollständig geschlossene Wolkendecke. Oder andersherum: An bewölkten, trüben Tagen wie hier müssen Sie auf Bildideen mit dramatischeren Lichteffekten verzichten.
“Das Bessere ist der Feind des Guten - so sind leider viele andere wirklich gute und wunderschöne Bilder dieses Fotoausflugs ins Frankfurter Bankenviertel im Vergleich zu diesem aussortiert worden ...”
Technik Perspektiven wie diese können mit keinem Objektiv der Welt gerade abgebildet werden. Selbst ein Shift-Objektiv muss bei solchermaßen verkanteten Linien die Segel streichen. Deswegen betone ich sie sogar lieber noch extra, um Dynamik ins Bild zu bringen. An solchen Aufnahmen wird die Wichtigkeit des Suchers deutlich – ohne einen 100 %-Sucher ist eine genaue Positionierung der Linien nicht möglich. Denn in solchen Fällen lasse ich dominante Linien direkt in die Ecken laufen, um dem Bild etwas mehr Ruhe und Stabilität zu geben.
© Cora Banek • April 2009 • ca. 15:00 Uhr • English Theater, Gallusanlage, Frankfurt • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 3,5 • 1/1250 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Für die ungewöhnliche Farbwirkung mussten lediglich der Kontrast des Bildes angehoben und die Farbsättigung verstärkt werden. Unabhängig davon wurden einzelne Lichtreflexionen in Form sehr kleiner heller Punkte für mehr Ruhe retuschiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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rays of light
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Architektur & Innenräume
Motiv Bei einer Wanderung in Portugal flüchteten wir vor starkem Regen auf dem Monte da Franqueira in das kleine Kirchenbüro neben einer Kapelle. Im angrenzenden Festsaal durften wir warten, bis das Wetter wieder besser sein würde. Noch während wir dort saßen und uns unterhielten, änderte sich schlagartig das Wetter, die Wolkendecke öffnete sich und die kräftige Mittagssonne brach hervor. Wir sahen durchs Fenster, wie sie den nassen Boden zum Dampfen brachte, als das Licht plötzlich in gleißend hellen Strahlen ins Zimmer fiel. Die roten Vorhänge begannen regelrecht zu glühen und kleine Staubteilchen in der Luft wurden sichtbar. Ich griff sofort zur Kamera – denn bereits wenige Augenblicke später war dieses großartige Licht auch schon wieder verschwunden, als sich neue, dünnere Wolken vor die Sonne schoben. Also packten wir unsere sieben Sachen und machten uns wieder auf den Weg. Licht
Bildgestaltung
Die Sonne fiel von rechts durchs Fenster und durch die Staubteilchen in der Luft sind ihre Strahlen erkennbar. Der Vorhang mindert den Kontrast zwischen hellem Licht und dunklem Innenraum, doch unterhalb des Stoffes brechen die Lichter zeichnungsfrei aus – der Kontrast ist zu hoch für den Sensor der Kamera gewesen.
Diese Aufnahme wurde unaufgeregt und simpel gestaltet, sie wirkt neben dem leuchtenden Rot hauptsächlich über ihre Flächengestaltung: Die beiden roten Flächen der Vorhänge werden durch die senkrechte Raumecke geteilt und zugunsten der rechten Seite gewichtet, ohne dass diese Linie das Bild zerteilt. Das stabil wirkende Dreieck des Bodens trägt als dritte wichtige Fläche das Bild. Rein formal betont sie die weiße Wandecke ebenso wie die hellen Bereiche unterhalb der Vorhänge und auf inhaltlicher Ebene ist der Boden notwendig, um das “Für mich ist dieses Bild eine feine Motiv verstehen und einordnen zu können. Das Gitternetz Erinnerungsstütze für diesen grossund die Details im Hintergrund des Vorhangs lockern die Fläartigen Moment dort oben auf dem chen auf und geben dem Bild mehr Tiefe. Berg, als aus starkem Regenfall plötzlich ein Sonnentag wurde.” Technik Bei Motiven, die sich unerwartet ergeben und zeitkritisch sind, ist es wichtig, eine Kamera zu haben, die nach dem Einschalten schnell betriebs- und auslösebereit ist. Bei kleinen Kompaktkameras sind da Objektive, die sich selbst beim Ausschalten verschließen bzw. beim Einschalten öffnen, ideal, das spart Zeit. Auch speicherbare Voreinstellungen, verschiedene Belichtungsprogramme und eine automatische Blitzzuschaltung sind sinnvoll, wenn es einmal schnell gehen soll. Wenn die Kamera dann noch eine manuelle Belichtungssteuerung bietet für Aufnahme, bei denen man mehr Zeit hat, und außerdem klein und leicht ist, wird sie zum idealen Reisebegleiter.
© Cora Banek • Mai 2008 • ca. 11:45 Uhr • Monte da Franqueira, Nähe Barcelos, Portugal • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 60 mm • Blende 3,2 • 1/40 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Da helle Bereiche am Bildrand den Blick sehr stark anziehen, wurde links eine Vorhangfalte weggenommen, die extrem hell leuchtete. Das Ergebnis war ein Bild im 3:4-Format, das ich nicht weiter beschneiden wollte. Darüber hinaus wurde die Aufnahme entfleckt. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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ordentlich aufgereiht
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Architektur & Innenräume
Motiv Ein langer Flur liegt leblos da – ohne Menschen, ohne Hinweis, wo er hinführt oder was sich hinter den vielen Türen verbirgt. Der erste Eindruck lässt einen erschaudern, alles wirkt ausgestorben, traurig, trostlos und kahl, wie in einem erbärmlichen Krankenhausflur, wie in einem gefühllosen Verwaltungstrakt ... Tatsächlich befindet sich dieser Flur – wenn ich mich heute noch richtig erinnere – im öffentlich zugänglichen Bereich des Wiener Rathauses. Beim Schlendern durch den 1. Bezirk betraten wir das Gebäude und dort faszinierte mich sofort die triviale Architektur und der Eindruck, mit dem Blick in diesen Flur auch in eine längst vergangene, heute unmoderne Zeit zu blicken. Das inspirierte mich zu diesem Bild. Bildgestaltung Das beklemmende Motiv geht mit einer sehr ausgefeilten Bildgestaltung einher: Die grünlichen Farben wirken kränklich, die dunklen Ecken schmuddelig und die Wand im Hintergrund sowie die dunklen Schatten einengend. Der gerade und exakt symmetrische Blick in den Flur, die Bündelung aller schrägen Linien in einem Fluchtpunkt, der vertikal im Goldenen Schnitt und horizontal genau in der Mitte liegt, die Wiederholungen der Lampen, der Bilder, der Türen, der Fenster – all das ordnet und sortiert die Bildelemente in einer schon fast pedantisch und gefühllos wirkenden Exaktheit. Dem gegenüber steht die Kleinteiligkeit der Aufnahme: Die vielen Details und Strukturen im Boden, in den unterschiedlichen Farben der Lampen, in der Unregelmäßigkeit der Tür- und Fensteröffnungen, in den Bildern und den offenen Türblättern verhindern, dass das Bild langweilig und fad wirkt. Und auch das Spiel aus Licht und Schatten, dass sich auf dem Boden und an der bogenförmigen Decke abzeichnet, gibt dem Bild eine formale Lebendigkeit, die einen spannenden Widerspruch zu dem trostlosen, beinahe schon toten Motiv bildet.
Licht Die Kugellampen an der Decke waren alle bis auf eine ausgeschaltet, und deren Kunstlicht tauchte den Raum in ein diffuses, nicht sehr helles Licht. Durch die Fenster, die sich an der rechten Seite in den Nischen hintereinanderreihen, schien die Sonne sehr viel heller in den Flur. Diese Kombination ergab einen sichtbaren Farbstich in den Bereichen ohne Tageslicht.
“Auf den ersten Blick wirkt dieses Bild langweilig - doch schon beim zweiten Blick lässt es mich einfach nicht mehr los ...”
Technik Die Mischung aus Tageslicht und Kunstlicht war zu analogen Zeiten eine nicht einzuschätzende Mixtur – wie genau sich Farbstiche äußern würden, war vorher unklar. Deswegen gehört ein solcher Farbstich für mich viel stärker zu einem analogen Bild als zu einem digitalen Bild, da ich solche Farben nicht durch Nachbearbeitung erzeugen würde.
© Georg Banek • Dezember 2004 • ca. 11:45 Uhr • Rathaus, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 2,8 • 1/60 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Kunstlicht und Tageslicht
Nachbearbeitung Um die Symmetrie stärker zu perfektionieren, wurde das Bild entzerrt und links etwas beschnitten. Etwas mehr Kontrast ließ das Licht-Schatten-Spiel stärker hervortreten und eine minimale Retusche ließ kleine Kratzer und Staub verschwinden. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Bitte kein HDR!
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Architektur & Innenräume
Motiv Das, was einen als Betrachter unwillkürlich an diesem Bild fasziniert, ist eine Irritation der eigenen Sehgewohnheiten, die einen stutzen lässt und die man sich auf den ersten Blick nicht erklären kann – genau wie bei einem HDR-Foto. Irgendwie wirkt das ganze Bild sehr künstlich. Dabei ist es ohne irgendeine „Schummelei“ so aus der Kamera gekommen. Der unbewusste Gedankengang unseres Bildempfindens läuft so ab: Der Himmel sowie die klaren Schatten zeigen mir deutlich, dass es sich um direkte Sonne handelt. Meine Erfahrung sagt mir, dass bei so direktem und hartem Licht der Schatten nahezu zeichnungsfrei schwarz sein müsste – oder die Sonnenseite der Oper vollständig ausgefressen weiß. Also wurde der Schatten aufgehellt, das ist aber bei einem so großen Haus nicht mit einem Aufheller machbar. Ist es also ein kleiner MakroNachbau? Oder eine Montage? Oder wie geht das ...? Und genau auf diese Fragen sucht man Antworten – und sieht sich das Bild länger an. Licht
Bildgestaltung Das Bild ist am Brunnen ausgerichtet und lässt die restlichen Linien bewusst stürzen, um Leben und Verwirrung ins Bild zu bringen. Die Platzierung des Brunnens im Goldenen Schnitt wirkt ausgleichend als harmonischer Ruhepol. Die reduzierte Farbigkeit verleiht der Aufnahme etwas Leichtes, Zartes, das gut zum Himmel und den vielen kleinen Details in der Fassade und den Figuren am Brunnen passt. Technik
Dass der Sensor den Kontrastumfang darstellen kann, liegt an der besonderen Lichtsituation: Da es sich um Seitenlicht handelt, ist der Himmel schön blau mit deutlicher Zeichnung. Die Belichtung war darauf ausgerichtet, dass das Seitenschiff links nicht ausfrisst. Der eigentliche Clou ist aber die extrem starke Aufhellung des Schattenbereichs – sie kommt durch viele reflektierende Flächen zustande: Fenster und Wände der Oper selbst und der umstehenden Häuser, Autos, das Wasser im Brunnen, der graue Asphalt, sogar das grüne Licht der Rasenfläche ist im Bild noch zu sehen. Nur die oberste Figur ist wirklich hell.
Es ist schon fast eine Kunst, mit einem Weitwinkelobjektiv eine so flächig wirkende Aufnahme hinzubekommen. Neben der für einen Sonnentag recht gleichmäßigen Ausleuchtung und den nicht sehr steil verlaufenden Fluchtlinien sind es vor allem die Größenverhältnisse, die dies bewirken. “Meine Gefühle zu diesem Bild sind Hier kommen gleich mehrere Dinge zusammen: Mit ambivalent - mal ist es mir zu unruhig 28 mm ist das Weitwinkel nicht extrem ausgeprägt, der Abund mal voller interessanter Details.” stand zwischen Brunnen und Gebäude beträgt nur wenige Meter und die Oper ist im Vergleich zum Brunnen so groß, dass sie die optische Verkleinerung des Hintergrunds durch das Objektiv Nachbearbeitung locker kompensiert. Bei einem normalen Haus würde man das sehen, die Der Bildausschnitt wurde an allen vier SeiOper hat aber sehr hohe Stockwerke und übergroße Fenster, weswegen ten optimiert und die Sättigung sowie die die Proportionen natürlich wirken. Die beiden Motivteile erscheinen daBildhelligkeit angehoben. her optisch nicht voneinander getrennt, sondern zusammengerückt, als Dia-Scan Aufhellen seien sie durch ein Tele aufgenommen.
© Cora Banek • September 2006 • ca. 12:15 Uhr • Wiener Staatsoper, Wien • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 3,5 • 1/1000 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Warten
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Architektur & Innenräume
Motiv Wer bei dieser Aufnahme nicht das Bedürfnis bekommt, sofort einen Urlaub in ein warmes Land zu buchen und es sich in einem Wintergarten mit Meerblick oder auf einer Sonnenterrasse gut gehen zu lassen, ist wahrscheinlich bereits im Urlaub ... Die Atmosphäre dieses Raumes ist so ansprechend sonnig und beinahe fühlbar warm, dass mich jedes Mal sofort das maritime Fernweh packt. Während meines Sizilienurlaubs aufgenommen, wird das Bild zu mehr als einem Bild unseres Hotels – es wird zum Sinnbild eines sonnigen Tags in einem südlichen Land. Und damit erfüllt es für den Betrachter eine der möglichen Aufgaben einer Fotografie: Ihm gelingt es scheinbar mühelos, Emotionen zu wecken und eine ganze Reihe an positiven Assoziationen auszulösen. Als ich nach einem längeren Ausflug nachmittags wieder auf unser Zimmer gehen wollte, kam ich am verwaisten Frühstücksraum vorbei. Dass mich dieser atemberaubende Anblick auf der Stelle in seinen Bann zog, brauche ich nicht weiter zu erwähnen. Gerade Lichtstimmungen lassen sich nicht planen und kommen selten wieder, weswegen Sie Ihre Kamera im Urlaub immer dabei haben sollten. Bildgestaltung Die Wirkung dieser Aufnahme wird in allererster Linie durch das vorhandende Licht transportiert – beziehungsweise durch Licht und Schatten: Der Raum ist insgesamt sehr hell und die langen Lichtzungen und Schattenlinien im Raum lassen die Atmosphäre lebendig und warm wirken. Diese Wirkung wird durch die kräftig-warme Tonung des Schwarzweißbildes klar unterstrichen – der stark emotionalen Farbe kann man sich nicht entziehen.
Licht Die helle Nachmittagssonne stand schon tief am Himmel und die Schatten waren dementsprechend lang. Das Gegenlicht wird durch die Scheiben etwas gestreut, betont aber die Transparenz der Vorhänge sowie die Konturen der Gegenstände.
“Viele meiner alten Schwarzweissbilder existieren auch noch als selbstbelichtete Abzüge. Wenn es damals einfacher gewesen wäre, sie zu tonen, hätte ich das schon damals sehr gerne gemacht.”
Um die formale Unruhe der verschiedenen Bildelemente und Linien zu beruhigen, war es wichtig, nah an den Bildrändern rechts und links dominante senkrechte Linien zu platzieren und die Fensterlinien beziehungsweise ihre Verlängerung in die oberen Ecken laufen zu lassen. Technik Die RTS I wies nur eine mittenbetonte Integralmessung auf. Wegen des hohen Motivkontrasts drehte ich die Kamera nach links unten und ermittelte dort die Belichtungswerte. Aber selbst dort führten die hellen Scheiben und Tischdecken noch zu einer leichten Überbelichtung, die der hohe Kontrastumfang des Films jedoch ausglich.
© Georg Banek • September 1996 • ca. 15:15 Uhr • Hotel Bel Soggiorno, Taormina, Sizilien, Italien • Contax RTS I • Carl Zeiss 40 – 80 mm/3,5 • 40 mm • Blende 8 • 1/60 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach dem Scannen wurde die Aufnahme aufwändig entfleckt, da bei der Wässerung des Films Flecken auf den Negativen entstanden sind, die alle sorgfältig retuschiert werden mussten. Außerdem wurde der Kopf einer Person draußen auf der Terrasse weggestempelt. Anschließend wurde der Kontrast etwas erhöht und eine Sepiatonung über das Bild gelegt. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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basil
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Architektur & Innenräume
Motiv Das Spannende an der Fotografie ist, dass die Motive nahezu überall lauern können, auch dort, wo man eigentlich gar keine vermutet. Und genauso verrät auch nicht jedes Bild sofort, wo es entstanden ist. Das Ausblenden des Drumherum ist nicht umsonst ein sehr prägendes Merkmal der Fotografie. Nehmen Sie einmal dieses Bild: Der untere Teil mit den Pflanzen und den Lampen erinnert an ein Gewächshaus und auch das Glasdach darüber scheint diese These zu bestätigen. Zwei Dinge passen jedoch so gar nicht zu diesem Eindruck, nämlich die hochwertigen Holzregale und das mindestens fünfstöckige Haus hinter dem Glasdach. Eigentlich widersetzen sich diese beiden Bildelemente einer sinnvollen gemeinsamen Deutung. Dass sie dennoch auf einem Bild zu finden sind, macht es inhaltlich rätselhaft und dadurch spannend. Um es aufzulösen: Das Regal beherbergt auf ästhetisch ansprechende Weise den Vorrat an frischem Basilikum, den das Restaurant „Vapiano“ in Wien für seine geschmackvollen Nudelgerichte benötigt. Man sollte also auch zum Essen immer eine Kamera dabei haben ... Bildgestaltung
Licht Draußen ließ der Regen nur gedämpftes und vergleichsweise wenig Licht durch das Glasdach in den Raum direkt darunter. Dadurch wurde dieser Bereich bei der relativ starken Belichtung auch nicht überstrahlt. Das Kunstlicht der indirekten Leuchtstoffröhren hinter den Plastikscheiben wirkt bei dem auf Tageslicht eingestellten Weißabgleich stark gelb.
Die Farbkontraste spielen in diesem Bild eine große Rolle, den natürlichen und warmen Farben Gelb und Braun steht das dunkle Grün entgegen. Gemeinsam kontrastieren sie mit dem eher kalten und deutlich helleren Grau des Hintergrunds. Der sehr starke Bildwinkel des 20-mm-Objektivs macht aus der zwar nicht winzigen, “Als ich diesen ‘Basilikumschrank’ sah, aber doch übersichtlichen Anlage ein riesiges Gewächshaus, hatte ich sofort ein Bild im Kopf. Ich vergrößert das Motiv also optisch. Den gleichen Effekt hat setzte die Kamera knapp über dem der Blickwinkel von unten: Da der Mensch gewohnt ist, aus Augenhöhe zu sehen, wird die Kamera instinktiv dort verorBoden an und löste ein paar Mal ohne tet und das Regal in Gedanken nach unten bis auf den verdurch den Sucher zu sehen, aus. Wobei meintlich weiter entfernten Boden fortgesetzt. es galt: Je schräger, desto besser!” Technik Wir waren eine Woche in Wien und hatten uns eine ganz spannende Restriktion auferlegt: Wir hatten ausschließlich die 20-mm-Festbrennweite dabei. Was auf den ersten Blick absurd klingt, ist mehr als nur eine Spielerei. Durch solch eine Einschränkung lernt man seine Brennweite sehr genau kennen und besser einzuschätzen. Das Spannende dabei ist, dass wir schnell nur noch Weitwinkel-Motive gesehen und die anderen Brennweiten eigentlich auch nicht vermisst haben.
© Cora Banek • Juni 2010 • ca. 18:00 Uhr • Vapiano, Theobaldgasse, Wien • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 4 • 1/160 Sekunde • ISO 320 • Kunstlicht und Tageslicht
Nachbearbeitung Nach der kontrastreichen Entwicklung aus dem RAW benötigte dieses Bild so gut wie keine Bearbeitung mehr. Dem Glasdach wurde dennoch separat zum übrigen Teil des Bildes etwas Blau zugefügt. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Kimme und Korn
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Architektur & Innenräume
Motiv Stark grafisch aufgebaute Bilder erschöpfen sich schnell, wenn die Flächen zu groß und zu eintönig sind. Dann stellt sich meist folgender Effekt ein: Der Betrachter blickt auf das Bild, erfasst es und stellt fest, dass es sich nicht lohnt, länger im Bild zu verweilen, weil es keine weiteren Bildinformationen mehr bereithält. Ganz extrem ist dieser Effekt bei Scherenschnitten – solche Bilder erhalten nur eine ultrakurze Aufmerksamkeitsspanne und sind nur zur schnellen Orientierung geeignet – denken Sie nur an Piktogramme und Verkehrsschilder. Diese Aufnahme an der Wiener Hofburg erzielt ihre lang anhaltende Faszination einerseits durch die vielen kleinen Details und die Farbverläufe, die das Alter der Steine deutlich widerspiegeln. Der Clou des Bildes sind aber die kleinen Unterschiede, die auf den ersten Blick gar nicht auffallen: die versetzten Kettenhalter, die eckigen und runden Säulenabschlüsse, die quer- und längsgestreiften Säulenrillen, aber auch die Unterschiede durch die Schatten und Flecken auf dem Asphalt. Bildgestaltung
Licht Das Hauptlicht ist ausschließlich bewölktes Tageslicht und kommt eindeutig von links. Allerdings ist die Lichtsituation in diesem Torbogen auch durch leichtes Licht von rechts und durch Reflexionen so komplex und weich, dass keine starken und störenden Schatten entstehen, sondern sich ein sehr gleichmäßiger Kontrast bildet.
Auf den ersten Blick erscheint das Bild, als sei es exakt mittig gespiegelt – beinahe ein Garant für Langeweile. Allerdings wirkt es ganz und gar nicht so streng und erst auf den zweiten Blick wird deutlich warum: So sind die beiden Kettenhalter eben nicht genau in der Mitte und direkt übereinander angeordnet, was die starre Bildgrafik aufbricht. Und auch die vielen kleinteiligen Flächen bringen Lebendigkeit, Dynamik und einen schnellen Rhythmus in das ansonsten recht statische “Dass ich manche meiner Bilder mag Bild. Selbst bei dem Fenster im Fluchtpunkt wechselt das und andere, ganz ähnliche gar nicht, Auge schnell wie bei einem Vexierbild zwischen den dunklen Glasscheiben und dem dicken Kreuz dazwischen hin und her. entscheide ich oft genug aus dem Bauch heraus. Für mich reicht das als Begründung, nicht aber für andere.” Technik Für solche Bilder sind die manuellen Einstellungen der Kamera ideal. Mit der Matrix- oder mittenbetonten Integralmessung ermitteln Sie leicht die richtigen Belichtungswerte und stellen sie manuell ein, ebenso wie die Fokussierung. Halten Sie dann die Kamera etwas vom Auge entfernt und sehen Sie aus den Augenwinkeln nach links und rechts. Dadurch sehen Sie, wann vielleicht ein fotogener Fußgänger oder Fiaker die Szene betritt – oder alle Passanten verschwunden sind. Denn bei unbelebten Motiven an stark frequentierten Orten kann selbst eine kleine Verzögerung im falschen Moment das Bild zunichte machen – denn dann sind schon wieder die nächsten Passanten da.
© Georg Banek • Dezember 2004 • ca. 16:00 Uhr • Hofburg, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 50 mm/1,4 • Blende 5,6 • 1/125 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Normalerweise würde ich hier die Flecken im Asphalt sowie die Unebenheiten in den Steinen retuschieren und eine saubere und künstliche Atmosphäre schaffen. Hier verzichtete ich im Sinne der Bildwirkung darauf und beschränke mich auf ein Anheben der Helligkeit und ein Entsättigen der Farben. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Rotlichtecke
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Architektur & Innenräume
Motiv In der Architekturfotografie gibt es im Grunde genommen zwei verschiedene Wege, Bilder zu machen, die sich von der Masse abheben: entweder durch eine ungewöhnliche Aufnahmetechnik beziehungsweise Bildgestaltung oder durch ein Motiv, das für sich genommen ungewöhnlich ist. Das heißt, ein „normales“ Haus erfordert den einen oder anderen Kniff in der Gestaltung des Bildes, während ein architektonischer Hingucker auch bei einer eher klassisch gewohnten Komposition ohne Weiteres die Aufmerksamkeit des Betrachters wecken – und fesseln – kann. Das Haas-Haus in Wien ist – nicht nur durch seine Lage am Stockim-Eisen-Platz – eine der touristischen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Entsprechend gern und häufig wird es von seiner modern gestalteten Vorderseite mit dem Erker, in dem sich der Stephansdom spiegelt, fotografiert. In einer der Nebenstraßen eröffnete sich mir eine ebenso spannende Fassade dieses Gebäudes, die durch ihren Detailreichtum und ihre architektonischen Raffinessen auffällt. Das rechts davon liegende Gebäude passt stilistisch hervorragend und ergänzt diese Aufnahme zu einem stimmigen Ganzen. Bildgestaltung
Licht Am frühen Abend nahm die Lichtmenge zwischen den hohen Häusern bereits merklich ab und es wirkte im Vergleich zu dem hellen Licht des Tages beinahe dämmrig. Die Schatten wurden trotz des durch die Wolken weich gestreuten Lichts dunkler und traten stärker hervor. Dennoch war noch mehr als genug Licht zum Fotografieren vorhanden.
Da das Motiv für sich interessante Elemente bietet, fällt die Gestaltung hier eher klassisch aus: Ich wählte eine Perspektive von unten und setzte ein Weitwinkelobjektivs ein, was zu deutlich stürzenden Linien führt. Die beiden Gebäude werden nahezu gleichberechtigt aufgenommen und ihre Platzierung ist so mittig, dass sich die “Ohne das leuchtende Rot würde stürzenden Linien in einem Fluchtpunkt oberhalb des Bildes mich dieses Bild langweilen - so aber treffen. Die Umgebung – Straßen, Menschen und so weiter – bekommt es eine starke und sehr wird ausgeblendet und stattdessen bildet der Himmel einen lebendige Wirkung; das mag ich.” einheitlichen Hintergrund für die Gebäude. Die unaufgeregte Gestaltung durchbrechen die Laterne, welche die Aufmerksamkeit auf sich zieht und die große Himmelfläche auflockert, sowie die rote Hausecke rechts unten, die durch ihre Signalwirkung die etwas kleinere Fläche des rechten Gebäudes gegenüber dem Haas-Haus aufwiegt. Technik Das 20-mm-Objektiv zähle ich noch nicht lange zu meiner Ausrüstung, habe es aber wegen seines großen Bildwinkels sehr lieb gewonnen. Bei manchen Fototouren trainiere ich mein Sehen in diesem Winkel, indem ich ausschließlich mit diesem Objektiv arbeite.
© Cora Banek • Juni 2010 • ca. 18:45 Uhr • Goldschmiedgasse (Haas-Haus), Wien • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 2,8 • 1/1000 Sekunde • ISO 250 • Tageslicht
Nachbearbeitung Zuallererst wurde der Ausschnitt von unten leicht optimiert und kleinere Ungereimtheiten retuschiert. Dann wurden eine Korrektur der Tonwerte durchgeführt und Helligkeit und Kontrast soweit angepasst, dass alle Linien gut zur Geltung kommen. Im letzten Schritt wurde die Farbsättigung für ein sattes Rot angehoben. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Summertime
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Architektur & Innenräume
Motiv Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig Dinge auf einem Foto abgebildet sein müssen, um ein interessantes Bild zu ergeben, Assoziationen auszulösen und eine Geschichte zu erzählen. Selbst bei sehr starker Differenzierung umfasst dieses Bild nicht mehr als einen Vorhang samt Kordel, ein Fenster samt Fensterbrett, ein paar Palmenwedel und das Meer. Es ist die Zusammenstellung und es sind die Details der einzelnen Bildelemente, die gemeinsam ihre Wirkung entfalten. Die feine Spitze, der alte Leinenstoff und die Kordel werten das Ensemble ebenso auf wie das runde Schmuckornament im Fenster, das mehr zu erahnen als zu sehen ist. Die Knitterfalten im Stoff, die unebene Fensterbank und die Farbnasen zeugen jedoch eher von Vernachlässigung. Die Palme und das Meer verorten die Situation in südliche Gefilde – vielleicht am Mittelmeer, vielleicht in der Karibik, auf jeden Fall aber mit einem Flair von ... Zusammengenommen erzählen diese wenigen Details eine Geschichte aus einer anderen Zeit. Ein Haus, eine Hazienda, vielleicht sogar eine Festung, die in früheren Tagen durch Schifffahrt, Handel oder Piraterie enormen Wohlstand gesehen hat. Vermutlich spanisch, vielleicht auch italienisch, ganz sicher aber nicht französisch. Nicht modernisiert, blieb diese Schönheit des alten Hauses erhalten und wird auch heute noch belebt, sauber gehalten und fortgeführt, wenn auch mit begrenzten Mitteln. Der gelebte Charme alter, aber längst noch nicht vergangener Schönheit.
Licht Das zarte Streiflicht des Nachmittags kam durch ein großes Fenster auf der rechten Seite. Leichte Wolken und die alten, welligen Glasscheiben streuten es etwas, so dass die Schatten nicht zu hart wurden und das Licht den Stoff des Vorhangs sanft modellierte. Natürlich sorgte das vom Meer reflektierende Licht zusätzlich noch für eine hohe Grundhelligkeit.
Bildgestaltung Das Bild ist gestalterisch recht einfach und wirkt trotz seiner vier Ebenen eher flächig. Die in diesem engen Bildausschnitt sehr auffälligen Linien dominieren das Bild, konturieren es und rahmen es ein. Da merkt man dem Bild sein Alter an, denn heute würde ich das Fenster stärker anschneiden und die Kamera tiefer halten. Die sanften Tonwerte unterstützen die träumerische Wirkung.
“Die eigentliche Kunst des Fotografierens ist es, mit einem Bild Geschichten zu erzählen, Assoziationen zu wecken und Gefühle zu erzeugen und nicht nur, ein richtig belichtetes Foto zu machen.”
Technik Leider habe ich beim Wässern und Trocknen meiner ganz alten Schwarzweißfilme in meinen Anfängen noch nicht die Sorgfalt an den Tag gelegt, wie ich es heute machen würde. Deswegen sind auf den Negativen teils noch extrem starke und große Wasserflecken zu sehen, die aufwändig wegretuschiert werden mussten. Erst später lernte ich, dass etwas Spülmittel im letzten Wässerungsbad diese verhindert.
© Georg Banek • September 1996 • ca. 15:30 Uhr • Hotel Bel Soggiorno, Taormina, Sizilien, Italien • Contax RTS I • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 4 • 1/500 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Das Bild wurde nach dem Scannen aufwändig entfleckt und dann leicht entzerrt und am rechten sowie am unteren Bildrand beschnitten. Eine kräftige Gelbtonung rundet die Bearbeitung ab. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Gipfeltreffen
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Architektur & Innenräume
Motiv Eine Fototour durch eine Stadt ist für mich ein langer Spaziergang, auf dem ich kaum etwas anderes mache, als fotogene Motive zu suchen. Das können Sehenswürdigkeiten, Straßenzüge, Menschengruppen, Situationen, Schaufensterauslagen oder -dekorationen sein. Wichtig ist mir dabei immer mein persönlicher Anspruch, Perspektiven und Blickwinkel zu zeigen, die möglichst weit ab des Mainstream liegen. Also habe ich es mir ganz automatisch zur Gewohnheit gemacht, auch tatsächlich meine Blickwinkel zu verändern und nicht nur auf Augenhöhe zu sehen – ich drehe mich um, hocke mich hin, sehe nach oben und unten. Dabei entdecke ich manchmal Motive, an denen ich sonst einfach vorbeigelaufen wäre – wie hier beim „Blick in den Himmel“. Das Hauptmotiv der Hausfassaden, das sich in Wien ganz zwangsläufig aufdrängt, konnte ich mit der Straßenbeleuchtung in Beziehung setzen und so eine ungewöhnliche Architekturaufnahme einfangen. Licht
Bildgestaltung
Das Tageslicht war schön diffus, was zu milden Kontrasten im Bild führte. Im Grunde genommen war es so ideal, da die Details in den Fassaden wichtig für das Bild sind, damit der Betrachter nicht gelangweilt wird.
Das führende Bildgestaltungsmittel ist hier sicherlich die extreme Untersicht auf die Gebäude, doch genauso entscheidend für die Bildwirkung ist der Ausschnitt: Durch den großen Bildwinkel konnten drei sich gegenüberstehende Gebäude gemeinsam abgebildet werden, der knappe Anschnitt dieser drei Fassaden lässt sie aber nicht zu “Während der Aufnahme stand ich konkret werden und stellt stattdessen eine abstrakte Grafik mitten auf der Strasse - das ist je in den Vordergrund. nach Verkehr nicht ganz ungefährlich. Die klaren Linien der Häuser und deren Wiederholung in Am besten hat man jemanden dabei, der Lampenverkabelung sorgen ebenfalls für eine sehr grader einen vorwarnt, wenn das nächste fische, fast schon abstrakte Gesamtwirkung. Und auch die Auto kommt.” reduzierten, unbunten Farben verstärken diesen Eindruck. Die mittige Anordnung der Lampe genau auf dem Fluchtpunkt der stürzenden Gebäudelinien gibt dem Bild eine unbedingt notwendige Stabilität. Die Lampe wird so zum Ankerpunkt für die Augen, um die losgelösten, dynamisch angeordneten Gebäude zu erden. Technik Auch wenn mit der Festbrennweite und meiner Körpergröße die Abstände vorgegeben waren, hatte ich noch einige Einflussmöglichkeiten auf die Bildgestaltung durch die Veränderung meines Standpunktes. Ich drehte mich mehrmals im Kreis und nahm unterschiedliche Positionen ein, bevor ich mich dafür entschied, direkt unter der Laterne stehen zu bleiben und die drei Häuser genau so anzuordnen.
© Cora Banek • Juni 2010 • ca. 18:00 Uhr • Nähe Wollzeile, Wien • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 2,8 • 1/800 Sekunde • ISO 250 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um die Helligkeit und den Kontrast der drei Fassaden optisch anzupassen, bearbeitete ich sie separat voneinander, indem ich für jede eine eigene Ebene anlegte. Darüber hinaus wurde die Farbsättigung erhöht, um das Bild zwar nach wie vor unbunt, aber doch leicht farbig wirken zu lassen. Im Himmel wurden einzelne Sensorflecken retuschiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Prächtige Kulisse
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Architektur & Innenräume
Motiv Es gibt Orte, die rauben einem buchstäblich den Atem. Das Teatro Greco in Taormina auf Sizilien ist solch ein Ort. Als ich es mir während eines Urlaubs ansah, wusste ich nicht, was mich mehr beeindruckte: die Größe des Theaters, der recht gut erhaltene Zustand, die unglaubliche Bauweise des Altertums oder die Möglichkeit, sich alles ungestört aus der Nähe ansehen zu können. Was mich aber absolut sprachlos machte, war der Blick auf das Meer, die Landschaft und den Ätna durch eine Lücke in der Mauer hinter der Bühne. Bei diesem Bild ging es mir offensichtlich um den architektonischen Aspekt des Theaters – die steilen Treppen, die riesigen Flächen, die alten Ziegel, der tiefe Theatergraben und die fantastischen Bauten hinter der Bühne. Die Schwierigkeit an so einem fotogenen Ort liegt in der Intention, in einer Übersicht alles gleichzeitig zeigen zu wollen, darin, den altertümlichen Charme nicht einzubüßen und das Bild nicht nur auf Linien und Flächen zu reduzieren. Bildgestaltung
Licht Ohne das durch eine Wolkendecke weich gezeichnete Licht des frühen Nachmittags können solche Fotos nicht funktionieren. Denn zu harte Schatten würden die Bildgrafik unschön betonen und die vielen feinen Strukturen unterdrücken. Denn schon so ist der Kontrast so hoch, dass das Meer im Hintergrund nicht mehr zu erkennen ist, was aber in diesem Fall nicht weiter schlimm ist.
Die Treppe in der Mitte reißt den Blick des Betrachters förmlich von der Stelle, an der die Kamera sich befindet, in die Arena hinein. Dort trifft er auf eine Person, die zu klein ist, um den Blick zu halten, ihre Bewegung gibt jedoch die Richtung vor, in der man unwillkürlich weiter dem Geländer folgt. Über die Säulen erschließt sich dann als Nächstes die Ruine und der tiefe Graben. Die beiden Personen auf dem Bild habe ich übrigens als Größenvergleich mit ins Bild genommen. “Rückwirkend erstaunt es mich am Waagerechte oder senkrechte Linien sind in dieser Aufmeisten, wie wenig Bilder an diesem nahme kaum zu finden, stattdessen scheinen die Linien sich beeindruckenden Ort entstanden sind hinter dem dunklen runden Tor links oben zu treffen. Durch die verschiedenen Ebenen und die Einfassung am Bildrand - nämlich 13 an der Zahl. Heute, mit wirkt die Linienführung jedoch nicht ungeordnet oder digitaler Technik und mehr Objektiven, durcheinander. Die geringen Kontraste lassen die vielen Dehätte ich wahrscheinlich hunderte Auftails gut zur Geltung kommen. nahmen mit nach Hause gebracht.” Technik Den Fokus legte ich ganz bewusst auf die Bühne, damit ich für die Details dort das Maximum an Schärfe erreichen würde. Obwohl das sonst nicht meine Art ist, wählte ich den Schärfentiefebereich für dieses Bild möglichst groß, da das Auge überall genügend Bildinformationen finden sollte, um möglichst lange in diesem Foto zu verweilen. Mehr Weitwinkel als die 40 mm meines Zoomobjektivs hatte ich damals leider nicht dabei.
© Georg Banek • September 1996 • ca. 14:45 Uhr • Teatro Greco, Taormina, Sizilien, Italien • Contax RTS I • Carl Zeiss 40 – 80 mm/3,5 • 40 mm • Blende 16 • 1/125 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach dem Scannen achtete ich darauf, den Kontrast nicht zu verstärken, sondern das Bild eher flau zu bearbeiten. Eine leichte Tonung verstärkt die Konturen genügend. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Atrium 46
Architektur & Innenräume
Motiv Es gibt Kameratechniken, die faszinieren und die man unbedingt einmal ausprobieren möchte. Mir ging es schon seit Langem mit den kreativen Möglichkeiten eines Tilt-Shift-Objektivs so und als wir dann die Möglichkeit bekamen, ein solches ohne kostspielige Investition ausführlich testen zu können, war das natürlich besonders großartig. Ich hatte nie zuvor mit einem solchen Objektiv gearbeitet und bevor es an den gezielten Einsatz ging, hieß es daher, mich mit der Bedienungsweise wirklich vertraut zu machen. In diesem Hinterhof irgendwo im ersten Bezirk Wiens entstanden die ersten Aufnahmen mit einer verschobenen optischen Achse, einer gekippten Schärfeebene und der Kombination aus beidem. Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten reichen von hundertprozentig ausgerichteter Architektur über die bekannte Miniaturwirkung bis hin zu völlig absurden Darstellungen. Meine Empfehlung für den Anfang war, sich erst einmal auf eine der beiden Funktionen zu konzentrieren, und ich entschied mich bei diesem Bild für das Verschwenken der optischen Achse, um die Schärfeebene nicht mehr parallel zur Filmebene, sondern in den Raum zu legen.
Licht Die Wolkendecke war geschlossen und das Tageslicht entsprechend diffus gestreut. In den Innenhof fiel jedoch nicht sonderlich viel, aber ausreichend Licht.
Bildgestaltung Die Schärfeverteilung in diesem Bild entspricht demnach nicht unserem gewohnten Empfinden, was den Aufmerksamkeitswert stark erhöht, denn die Aufnahme lässt den Betrachter stutzen, „irgendwas stimmt hier nicht“ – die Schärfe verläuft von den Blättern im Vordergrund diagonal durch den Raum zu den Fenstern rechts. Die umgebende Unschärfe taucht den Innenhof in eine surreale Wolke.
“Ich mag die weiche Wirkung des Bildes sehr und dass trotz der vielen Details im Motiv der Blick von diesen abgelenkt wird, do dass eher eine diffus emotionale denn eine konkrete Wirkung vermittelt wird.”
Technik Bei Spezialausrüstung wie einem Tilt-Shift-Objektiv lohnt es sich immer, vor dem Kauf auszuprobieren, ob einem die Arbeitsweise wirklich zusagt – ebenso wie die Ergebnisse. Denn was hilft es, einen tollen Effekt erzielen zu können, das aber im Grunde genommen in den eigenen Bildern gar nicht dauerhaft zu wollen. Mancher Reiz erschöpft sich schneller, als einem lieb ist, und das erst nach dem Kauf festzustellen, ist nicht so glücklich. Deshalb wenden Sie sich ruhig an Ihren Händler vor Ort oder nutzen Sie den Leihservice der Kamerahersteller oder großer Händlerketten, um in Ruhe und in unterschiedlichen Aufnahmesituationen das Objektiv zu testen. Das ist zwar oft – je nach Wert des gewünschten Artikels – nicht ganz billig, lohnt sich aber in jedem Fall.
© Cora Banek • Juni 2010 • ca. 11:45 Uhr • Nähe Windmühlengasse, Wien • Canon EOS 5D • Canon Tilt-Shift E 24 mm/3,5• Blende 3,5 • 1/200 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht • Manfrotto Carbon Einbeinstativ
Nachbearbeitung Um den leicht surrealen, aber sehr gefälligen Eindruck der Aufnahme zu verstärken, verschob ich die Farben im Bild in die warme Palette. Dafür wurden den Tiefen Rot, den Mitteltönen Rot und Gelb und den Lichtern (wenig) Gelb zugefügt. Anschließend wurde der Kontrast erhöht, die Gesamthelligkeit aber etwas reduziert. Es folgte eine Retusche und eine leichte Ausschnittkorrektur links und unten. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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... vereinzelt etwas Niederschlag
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Architektur & Innenräume
Motiv Wenn das Wetter irgendetwas Extremes veranstaltet, reizt es mich, sofort die Kamera rauszuholen und den Gegebenheiten ein Bild abzuluchsen. Als in Mainz tatsächlich einmal Schnee fiel, war ich glücklicherweise gerade im Studio. Draußen war kaum noch Licht und die Luft war so weiß, als wäre der Nebel aus London zu Besuch. Um Details aus der Umgebung zu lösen, schnallte ich das 120-400-mm-Objektiv von Sigma auf das Einbeinstativ und ging von Fenster zu Fenster auf der Suche nach Motiven. Der Blick über den Osteiner Hof auf den Glockenturm der St.-Stephanskirche hat mich schon immer gereizt, dementsprechend gibt es viele Bilder und einige Varianten. Aber bisher hat mich noch kein einziges Foto überzeugt, immer waren zu viele Dachflächen im Weg. Wenn etwas immer wieder nicht klappt, sollte man etwas anders machen: Diesmal waren Objektiv, Fenster und Wetter anders als sonst. Bildgestaltung Das eigentliche Motiv, auf dem die Schärfe – soweit man bei diesem Schneefall von Schärfe sprechen kann – liegt, ist der Glockenturm. Der Kamin im Vordergrund gehört zu einem anderen Haus. Dadurch ergeben sich zwei Ebenen, zwischen denen der Blick des Betrachters immer wieder wechselt. Der extrem geringe Kontrast dämpft die Bildstimmung. Die leichte Vignettierung verhindert, dass der Blick aus dem Bild gleitet, die gedeckten, unbunten Farben und die gleichmäßige Struktur des Bildes transportieren ein starkes Wintergefühl.
Licht Mitte Dezember um Viertel nach fünf kann man eigentlich schon nicht mehr von „Licht“ sprechen. Die Sonne ist quasi schon untergegangen und außerdem hinter dicken Wolken versteckt. Die leichte Schneeschicht auf allen Dächern, Plätzen, Straßen und Bäumen reflektiert jedoch extrem stark das letzte Restlicht – aus welcher Quelle es auch immer kommt. So war es doch möglich, ein Bild zu machen – auch wenn ich dafür an die technischen Grenzen des Systems gehen musste.
Technik “Kann ich erklären, warum dieses unDas Objektiv hat zwar einen optischen Stabilisator, um damit scharfe Etwas für mich ein Bild ist und auch lange Verschlusszeiten aus der Hand zu halten. Da das Objektiv aber recht schwer ist, traute ich meinen Händen es nicht im Papierkorb landete? Nein, nicht genügend und montierte es auf ein sehr stabiles Einfür mich ist es pure Emotion. Vielleicht beinstativ. Den Bildstabilisator schaltete ich dann natürlich liebe ich es deswegen so sehr.” aus, denn beides auf einmal ist nicht sinnvoll: Die Bildstabilisator-Technik gleicht kontinuierlich die Bewegungen des Objektivs durch den Fotografen mittels entsprechenden GegenbewegunNachbearbeitung gen aus. Wenn auf dem Stativ die Bewegungen fehlen, kann das System Die beiden Bildebenen wurden separat bearbeitet, um sowohl Kirche als auch Kamin durcheinander kommen, überkompensieren und dabei selber Bewegung herauszuarbeiten. Die Sättigung der Rottöund damit Unschärfe erzeugen. Bei dem wenigen Licht, dem starken Schneefall und dem entfernten Motiv war der Autofokus meiner Kamera übrigens vollkommen überfordert, weswegen ich manuell fokussieren musste.
© Georg Banek • Dezember 2009 • ca. 17:15 Uhr • Stephanskirche, Mainz • Canon EOS 5D • Sigma DG OS HSM 120 – 400 mm/4,5 – 5,6 • 320 mm • Blende 5,6 • 1/25 Sekunde • ISO 320 • Tageslicht • Manfrotto Carbon Einbeinstativ
ne wurde angehoben und die Vignettierung durch partielle Nachbelichtung verstärkt.
Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
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weißer Turm auf E8
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Architektur & Innenräume
Motiv Immer wenn ich mit der Kamera unterwegs bin, intensiviert sich meine Sichtweise. Ich nehme noch mehr um mich herum wahr als sonst. Das geschieht ganz automatisch, weil ich dann auf der Jagd nach dem Schönen, dem Besonderen, dem Lustigen, dem Absurden, kurz: nach Fotomotiven bin. Ganz bewusst und aus einer sehr großen Neugierde heraus mache ich allerdings noch etwas anderes. Ich erweitere meinen Suchradius, indem ich durch Tore gehe, Hinterhöfe besichtige und sehr gerne kleine Gassen und Seitenstraßen benutze. Dort treffe ich immer wieder auf das Alltägliche, das nicht so Prominente und das Unbekannte, genau die Dinge, aus denen die ungewohnten Bilder entstehen können. Bei einem solchen Spaziergang abseits der Strandpromenade entdeckte ich dieses Grundstück direkt am Meer. Überflüssig zu sagen, dass ich angesichts der Lage, der Größe und dieses verspielten Turmes sofort dort einziehen wollte ... Licht
Bildgestaltung Der Turm ist natürlich das inhaltliche Hauptelement des Bildes, jedoch würde er allein bei solch einem Bildausschnitt zu klein und zu schief wirken. Fast schon ein zweites Haupt-, zumindest jedoch ein sehr starkes Nebenelement ist hier der Busch auf der rechten Seite. Er gibt dem Bild Halt und zieht den Blick nach rechts unten auf den Kanal, in dem ich bei der Aufnahme auf einem großen Stein stehe. Die Diagonale des Bordsteins bringt den Blick wieder nach vorne zurück. Die beiden großen Flächen, der Gehweg und der Himmel, bilden zwar zusammen die Bühne für Strauch und Turm, halten sie aber auch voneinander fern. Gleichzeitig kommt dadurch enorm viel Ruhe ins Bild. Sowohl die Blätter links oben als auch der Anschnitt des Strauches verhindern, dass die glatte Himmelsfläche optisch zu dominant wird.
Die Schatten der langen Gräser auf dem Gehweg zeigen sehr deutlich sowohl die Lichtsituation als auch die ungefähre Uhrzeit: Eine geschlossene Wolkendecke machte den Himmel zu einer riesigen Softbox und das Licht zu einem weichen feinen Nebel. Solches Licht und Schwarzweißbilder widerlegen die alte Mär, dass man um die Mittagszeit nicht fotografieren darf.
“Natürlich lassen sich die schiefen stürzenden Linien des Turms heute problemlos in Photoshop entzerren. Doch kaum war es soweit, verlor das Bild dadurch augenblicklich jeden Reiz.”
Technik Das schon recht betagte Zoomobjektiv habe ich damals zusammen mit der Kamera gebraucht gekauft. Nie vor- oder nachher habe ich von so einer ungewöhnlichen Brennweitenspanne gehört. Zum Üben und Lernen war es sehr gut geeignet, denn da ich beim Fotografieren immer wieder an seine unteren Grenzen kam, wusste ich sicher, dass ein stärkeres Weitwinkelobjektiv meine nächste Investition werden würde. Starten Sie lieber erst mit einem einzelnen Objektiv und kaufen Sie gezielt weitere Brennweiten, wenn Sie wissen, welche Sie tatsächlich brauchen.
© Georg Banek • September 1996 • ca. 13:15 Uhr • Capo Taormina, Sizilien, Italien • Contax RTS I • Carl Zeiss 40 – 80 mm/3,5 • 40 mm • Blende 11 • 1/250 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Da ein Ausrichten der stürzenden Linien dem Bild nicht guttat, beschränkte sich die Nachbearbeitung dann nur noch auf die Standards: eine minimale Retusche, eine leichte Kontrastanpassung und eine leichte Tonung in einem Braunton. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Wo ist Walter?
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Architektur & Innenräume
Motiv Bei einem Besuch in Mailand führt kein Weg an dem atemberaubenden Dom vorbei: Als eine der größten Kirchen der Welt ist der gotische Bau über und über mit liebevollen Steinmetzarbeiten, mehreren Tausend Statuen und den unterschiedlichsten Reliefen geschmückt. Fotogen ist das allemal und so besuchten wir während unserer Mailandreise zuallererst dieses Meisterwerk. Doch leider hatten wir das große Pech, dass zu der Zeit die Fassade restauriert wurde und diese komplett verhüllt war. In solchen – durchaus frustrierenden – Situationen lohnt es sich, Motive abseits der schon unzählig oft entstandenen Standardbilder zu suchen. Also konzentrierte ich mich auf die atemberaubende Dachkonstruktion, die für Touristen betretbar und eine unübersichtliche Welt aus Ebenen, Säulen, Bögen, Statuen, Treppen und schmalen Wegen ist. Und genau dort, knapp 45 Meter über dem Boden, fand ich mein ungewöhnliches Motiv: ein „Wimmelbild“, das von mir viel Geduld verlangte, den richtigen Bildausschnitt zu finden und den perfekten Moment, in dem sich Personen direkt unter den Bögen befanden, deren Kleidung nicht zu bunt war, um nicht alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Bildgestaltung Durch die vielen Ebenen entsteht eine große Unruhe, die es zu ordnen gilt. Ich gestaltete die Aufnahme daher sehr gezielt: Vor allem anderen wählte ich den Bildausschnitt so, dass die Säulen am linken und am rechten Bildrand eine durchgehende vertikale Linie bilden. Dadurch wird der Blick des Betrachters im Bild gehalten. Weiter gab ich der Aufnahme dadurch optischen Halt, dass die diagonale helle Linie links unten in die Ecke und die imaginäre Linie der Statuenköpfe in die rechte obere Ecke laufen. Der Anschnitt der Säulen von oben und damit das Ausblenden der Himmelsfläche konzentriert die Aufmerksamkeit auf das Bauwerk und gibt dem Bild die größtmögliche Flächigkeit.
Die Sonne stand links von mir relativ hoch. Dennoch entstanden durch das hohe Dach des Domes deutliche Schatten auf der lichtabgewandten Seite. Die Figuren auf den Säulen standen hingegen vollständig in praller Sonne.
“Ohne die beruhigende Fläche der in ein Gerüst gehüllten Front des Domes würde dieses Bild nicht wirken das Hauptgebäude selbst wäre dort zu unruhig und ein zu heller, einheitlicher Himmel dahinter würde den Blick an dieser Stelle zu stark anziehen.”
Technik Um den flächigen Eindruck auch durch die Schärfe im Bild noch zu verstärken, wählte ich eine Blende von 11 und damit genügend Schärfentiefe. Fokussiert habe ich dennoch relativ weit vorne auf die zweite Diagonale, um dem Betrachter möglichst viele, klar erkennbare und scharf durchgezeichnete Details zu bieten.
© Georg Banek • Mai 2004 • ca. 13:45 Uhr • Duomo di Santa Maria Nascente, Mailand, Italien • Contax RTS III • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 11 • 1/125 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Licht
Nachbearbeitung Zu dem flächigen Gesamteindruck passen unbunte, subtil wirkende, nicht nennenswert nachbearbeitete Farben. Deshalb wurde die Sättigung etwas gemindert, bevor der Kontrast des Bildes erhöht wurde. Denn durch mehr Kontrast verstärkt sich die Farbwirkung. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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The only way is up
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Architektur & Innenräume
Motiv Wer Wien besucht, wird fasziniert sein von den gigantischen Stadthäusern, den edlen Fassaden, den breit und hoch gebauten Häusern, die jedoch wegen der überwiegend einheitlichen Höhe von ca. 5 bis 7 Stockwerken nicht metropolisch wirken, sondern als wäre man in eine andere Zeit, in eine andere architektonische Epoche des Städtebaus versetzt. Die Häuser sind in der Regel blockartig um einen Innenhof herum gebaut und sobald ich vor einem solchen U-förmig angelegten Gebäude stehe, fühle ich mich angesichts der majestätischen Bauweise klein. Die Fassaden sind für mich das Sinnbild eleganter Stabilität und immer wieder juckt es mich im Auslösefinger. Bildgestaltung Das, was dieses Bild interessant macht, ist nicht seine Symmetrie, sondern die Tatsache, dass das Bild eben genau nicht hundertprozentig symmetrisch ist. Die kleinen Details, die sich unterscheiden, locken den Blick des Betrachters an und halten ihn im Bild. So wandert die Aufmerksamkeit ganz automatisch in die rechte obere Ecke, wo sich in der Fassade ein Vorsprung befindet, wird dann wieder angezogen von der leicht schiefen Dachkante in der Mitte des Bildes und wechselt immer wieder von rechts nach links, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Anordnung der Fenster zu entdecken. Das Zentrum des Bildes ist natürlich das runde Giebelfenster, das nicht nur durch die Platzierung, sondern auch durch Linienführung und Lichtverlauf immer wieder den Blick anzieht: Alle Linien führen auf die hintere Fassade, und die Helligkeit, die von unten nach oben zunimmt, führt den Blick weiter bis zu dem kleinen Kreuz im Fenster.
Zum Zeitpunkt der Aufnahme riss der wolkenverhangene Himmel langsam auf und die Wolkendecke wurde direkt über dem Gebäude dünner. Das Ergebnis war genügend Licht für dieses Bild. Der Innenhof selbst bekam relativ wenig Tageslicht ab, weshalb es zu den Helligkeitsverläufen kam.
“Der Bildwinkel und die Verzeichnung des 20ers sind schlicht genial. Es macht richtig Spass, einfach hindurchzusehen und alltägliche Motive so komplett anders einfangen zu können.”
Die unaufdringlichen Farben betonen die Grafik des Bildes, die Blautonung verstärkt aber den Effekt der emotionalen Kühle. Zusammen mit dem Gefühl, das Gebäude würde den Betrachter umschließen, und durch die Dunkelheit im unteren Bildbereich – dort, wo der Betrachter selbst sich befindet – löst das Bild eine beklemmende Wirkung aus. Technik Um dem Gebäude so viel Raum wie irgendmöglich im Bild zu geben, entschied ich mich für die kürzeste Brennweite, die ich dabei hatte: 20 mm. Die Verzeichnung fällt sehr stark aus und durch meinen Standpunkt werden die Hauswände optisch länger und länger.
© Cora Banek • Juni 2010 • ca. 11:30 Uhr • Nähe Neubaugasse, Wien • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 3,5 • 1/3200 Sekunde • ISO 160 • Tageslicht
Licht
Nachbearbeitung Das Bild wurde deutlich aufgehellt und in seiner Farbgebung verändert, indem den Mitteltönen und Tiefen Cyan und Rot zugefügt und die Gradation angehoben wurde. Darüber hinaus mussten einzelne Sensorflecken im Himmel entfernt und der Ausschnitt auf der linken Seite minimal korrigiert werden. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Auge in Auge
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Architektur & Innenräume
Motiv Bei unserer Tour durch die südfranzösische Provence entdeckten wir in der Nähe von Avignon das Fort Saint-André. Die kleine mittelalterliche Festung ist wirklich einen Abstecher wert, darf man sie doch komplett besichtigen und auf den Wehrgängen spazieren gehen, während man einen atemberaubenden Blick auf das Rhône-Tal genießen kann. Wir waren unter der Woche und damit beinahe alleine dort, sahen kaum einen anderen Touristen und nahmen uns daher viel Zeit für die Besichtigung und zum Fotografieren. Die Burg selbst konnte ich leider mit meiner damaligen Ausrüstung nicht fotografieren, dafür hätte ich ein noch stärkeres Weitwinkelobjektiv gebraucht. Also konzentrierte ich mich auf genau jenen wunderbaren Blick auf Avignon und den Papstpalast, den ich vom Wehr aus am Horizont sehen konnte. Dafür war mein Teleobjektiv genau richtig. Bildgestaltung Trotz der optischen Stauchung, die mit dem Einsatz eines Teleobjektivs einhergeht, entsteht viel Tiefe im Bild. Dies ist auf verschiedene Aspekte zurückzuführen: auf die verschiedenen Bildebenen Wehrturm, Flusstal, Gebäude des Papstpalastes, Hügel im Hintergrund und Himmel; auf die Verblassung der Farben im Hintergrund; auf die Überlappung der hinteren Bildebenen durch den Wehrturm im Vordergrund.
Licht Helle, gleißende Mittagssonne ist nicht unbedingt das ideale Licht zum Fotografieren, da die Schatten hart und die Kontraste groß ausfallen. Steht die Sonne aber – wie hier – sehr hoch am Himmel, fallen die Schatten direkt nach unten und werden weniger deutlich wahrgenommen. Die Lichtsituation wirkt im Hintergrund wie Mitlicht und der hohe Motivkontrast wird trotz der Menge an Licht nicht störend sichtbar.
Die Blickführung wird durch verschiedene Punkte im Bild angezogen, und zwar von der Kirchturmspitze, dem Dach des Wehrturms, den hellen Reflexionen des Wassers. Zwischen diesen Punkten wandert der Betrachter hin und her und gleitet so über das gesamte “Die starke Trennung zwischen Burg Bild ohne es zu verlassen. Die unbunten Farben geben der und Hintergrund kommt nur durch das Aufnahme einen historischen Touch und lassen sie auf subtiLicht zustande - und wirkt schon auf le Art ihre unwirkliche Wirkung entfalten. dem Dia wie zusammenmontiert.” Technik Für dieses Motiv war die mittenbetonte Integralmessung ideal, da sie im Querformat ein liegendes, nach unten verschobenes Oval berücksichtigt, das – auf Landschaftsbilder ausgelegt – den in der Regel hart kontrastierenden, hellen Himmel außen vor lässt. Bei Hochformaten und Nicht-Landschaftsaufnahmen ist die Messmethode häufig dementsprechend ungenau. Hier wurde aber ein guter Mittelwert aus den unteren Bildteilen berechnet, den ich zusätzlich manuell etwas korrigierte: Eine Unterbelichtung um anderthalb Blendenstufen sorgte für ein bisschen kräftigere Farben im Bild.
© Georg Banek • Oktober 2001 • ca. 12:15 Uhr • Fort Saint-André, Villeneuve les Avignon, Provence, Frankreich • Contax RTS III • Carl Zeiss 180 mm/2,8 • Blende 8 • 1/1000 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um im Hintergrund das Grün herauszuarbeiten und den Vordergrund möglichst grau wirken zu lassen, wurden die beiden Bildteile getrennt voneinander bearbeitet. Der Kontrast wurde leicht erhöht und die Helligkeit reduziert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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filigran
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Architektur & Innenräume
Motiv Das symmetrisch angelegte, zweiflügelige Gewächshaus auf dem Gelände des Schlosses Schönbrunn in Wien ist für mich jedes Mal, wenn ich dort bin, wieder beeindruckend und in dem Sinne auch eine fotografische Herausforderung. Denn so beeindruckend ich die grüne Stahl-GlasKonstruktion auch finde, ein Bild dieser Architektur, das mir auch wirklich gefällt, ist mir erst bei meinem letzten Wienbesuch mithilfe eines Tiltund Shift-Objektivs gelungen. Denn die Freiheiten im Verschieben der optischen Achse und im Setzen der Schärfeebene eröffnete mir die Möglichkeit, eine Aufnahme zu gestalten, die mir auch im Nachhinein nicht zu gewöhnlich und langweilig erscheinen wird. Bildgestaltung Natürlich wirkt ein Bild mit einer solchen Schärfeverteilung und ohne stürzende Linien in allererster Linie künstlich, es erregt Aufmerksamkeit und unsere gewohnten Wahrnehmungsmuster lassen das große Gebäude optisch schrumpfen – mit dem Ergebnis, dass es wie eine Miniatur wirkt. Als wäre nicht wirklich das tatsächliche Palmenhaus, sondern ein Modell des Gebäudes fotografiert worden. Um das Surreale der Aufnahme weiter zu erhöhen, achtete ich bei dem Bildausschnitt darauf, die Umgebung nahezu auszublenden und auch keine Personen ins Bild zu integrieren. Die ansonsten eher unspektakuläre Bildgestaltung mit einer nahezu mittigen Platzierung des Gebäudes auf der Bildfläche und der natürlichen Farbgebung wurde dem auffälligen technischen Effekt entgegengesetzt.
Licht An diesem Tag ließ der Regen zwischenzeitlich immer mal wieder nach, wobei der Himmel nach wie vor dicht bewölkt blieb. Entsprechend weniger, aber dafür sehr diffuses Licht fiel auf das Gebäude.
“Diese aufwändige Stahlkonstruktion des Palmenhauses gehört für mich zu den schönsten Gebäuden der Welt. Und kein Besuch in Wien geht vorüber, ohne dass ich nicht mindestens einmal dort gewesen bin.”
Technik Spezielle Tilt-Shift-Objektive sind die komfortable Alternative zu einem Balgengerät, um die optische Achse zu verschieben oder zu verschwenken. Je präziser und ruhiger Sie arbeiten wollen, desto eher empfiehlt sich zusätzlich die Verwendung eines Stativs. Um dabei aber nicht jede Flexibilität einzubüßen, ist schon ein Einbeinstativ eine große Hilfe und – gerade auf Reisen – ein Gorillapod ideal, also ein ganz kleines, beliebig verformbares Stativ. Außerdem müssen Sie bei der Arbeit mit einem solchen Objektiv einplanen, dass Sie sowohl den Fokus als auch die Belichtung manuell steuern müssen und dass das Sucherbild dunkler und weniger klar wird.
© Georg Banek • Juni 2010 • ca. 12:00 Uhr • Palmenhaus, Schloss Schönbrunn, Wien • Canon EOS 5D • Canon Tilt-Shift E 24 mm/3,5• Blende 4 • 1/400 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Die Bearbeitung beschränkte sich nach der Entwicklung aus dem RAW hier auf ein sorgfältiges Entflecken des Bodens und das Entfernen von kleineren Sensorflecken im Himmel sowie auf eine Anhebung des Gesamtkontrasts. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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bitter orange
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Architektur & Innenräume
Motiv Die Interieurfotografie ist ein interessantes und sehr ästhetisches Genre der Fotografie, da es hier hauptsächlich darum geht, die Einrichtung, das Licht und die Farben eines Innenraumes in einem Bild stimmig zu komponieren. Je weniger dabei das Interieur für die Aufnahme gezielt verändert, neu zusammengestellt oder gar vollständig inszeniert wird, desto herausfordernder ist diese Form der Fotografie. Die Ausstattung eines Raumes unverändert, also genau so wie sie vorgefunden wird, einzufangen, ist nicht ganz einfach. Denn die Möglichkeiten sind begrenzt, wenn allein der Bildausschnitt das Werkzeug ist, mit dem die Zusammenstellung im Bild beeinflusst wird. Andererseits ist die Interieurfotografie dadurch auch ein hervorragendes Übungsfeld, um den gezielten Bildausschnitt zu trainieren. Ideale Locations für solche Bilder sind sorgfältig eingerichtete Hotels und Cafés oder Restaurants. Sich hier – natürlich nur mit Erlaubnis des Besitzers – einmal vorzunehmen, einzelne Einrichtungsdetails spannend und ungewöhnlich in Szene zu setzen, schult das Auge ungemein. Bildgestaltung
Licht Die helle Mittagssonne fiel zum Glück nicht direkt ins Zimmer, sondern wurde durch einen dünnen, fast transparenten beigen Vorhang gestreut. Dadurch wurde der Motivkontrast zumindest etwas gemindert. Das hell eingerichtete Zimmer reflektierte darüber hinaus genügend Licht, um die vom Fenster abgewandten Bereiche nicht zu dunkel werden zu lassen.
Für diese sehr grafische, fast schon abstrakte Aufnahme wählte ich dementsprechend einen so nahen Bildausschnitt, dass die einzelnen Bildelemente auf ruhige Flächen reduziert und unwichtige, andersfarbige oder ablenkende, da zu detailreiche Teile des Raumes ausgeblendet werden. Das Ergebnis ist sehr reduziert auf wenige warme Farben, gerade Linien, exakt ausgerichtete Flächen und als besonde“Als ich das Hotel das erste Mal res i-Tüpfelchen die schrägen Lichtlinien der durch das Rollo betrat, war ich hingerissen von der am Fenster einfallenden Sonne. kreativen Einrichtung, den aufeinander Ist natürliches Licht wie hier ein wichtiger Teil des Moabgestimmten Farben und den tivs, so bleibt für die Aufnahme nicht viel Zeit, denn die Sonne wandert schnell und die Anordnung von Licht und attraktiven Details. Bilder drängen Schatten verändert sich entsprechend. Also galt es, das Licht sich da auf ...” genau zu beobachten und den exakt richtigen Moment abzupassen, in dem die Linien sich in die Szene eingliederten. Nachbearbeitung
Technik Der Kontrast eines solchen Motivs ist schnell sehr hoch und um diesen gut einzufangen, ermittelte ich mit der Spotmessung die Lichtwerte der hellen Lichtstrahlen vor der hellen Tapete, der dunklen Stangen und der mittleren Töne im Schatten der Lampe. Anschließend entschied ich mich für einen Mittelwert.
© Cora Banek • März 2007 • ca. 14:15 Uhr • Gastwerk Hotel, Hamburg • Canon EOS 5D • Sigma EX 105 mm Makro/2,8 • Blende 3,2 • 1/320 Sekunde • ISO 125 • Tageslicht
Der Bildausschnitt wurde an allen vier Seiten minimal korrigiert, da meine Kamera nicht über einen 100 %-Sucher verfügt. Anschließend wurden die Farben entsättigt und der Kontrast minimal angehoben, wobei die Gesamthelligkeit geringer wurde. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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A tribute to M. C. Escher
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Architektur & Innenräume
Motiv Bei einem Spaziergang durch den Giardino Pubblico in Taormina entdeckte ich die Villa Comunale – ein wunderschönes Gebäude zwischen Palmen, Kakteen, Büschen und Bäumen. Als ich es sah, erinnerte es mich aus dieser Perspektive sofort an die unmöglichen Figuren des Zeichners M. C. Escher, insbesondere an seine berühmten Lithografien „Waterfall“ und „Belvedere“. Da seine Zeichnungen schon immer eine große Faszination auf mich ausgeübt haben und ich so gar nicht zeichnen kann, war es mir ein Bedürfnis, mit dieser Aufnahme eine Hommage an diesen großen Künstler zu schaffen. Bildgestaltung Die Assoziation an eine Lithografie wird natürlich zuallererst durch die Graustufen und deren Tonwertreichtum ausgelöst. Doch auch die klassische Bildgestaltung mit der Platzierung des Hauptmotivs im Goldenen Schnitt, der Normalperspektive und dem verzeichnungsfreien Bildwinkel des Zoomobjektivs bei 45 mm verhilft der Aufnahme zu ihrer harmonischen, vertrauten Anmutung, die an ein naturalistisches Gemälde, eine Zeichnung oder an eine frühe Fotografie erinnert. Hätte ich an dieser Stelle eine modernere Bildsprache gewählt, also zum Beispiel einen spannungsreichen Anschnitt, eine randnahe Positionierung des Motivs, eine ungewöhnliche Perspektive oder stürzende, schräge Linien, so hätte die Aufnahme zu viel Dynamik bekommen und hätte niemanden mehr an ein Werk von Escher erinnert. Es ist also wichtig, auch bei der Bildgestaltung sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Technik
Licht Am Nachmittag stand die Sonne schon deutlich tiefer. Dementsprechend schräg verlaufen die Schatten und betonen die Westseite des Gebäudes. Jeder einzelne Stein tritt klar erkennbar hervor.
“Sollte ich jemals noch einmal nach Taormina kommen, werde ich ganz sicher wieder im botanischen Garten spazieren gehen. Ein so aufregendes und beeindruckendes Bauwerk sieht man nämlich selten. Es wirkt von allein und braucht kein fotografisches Drama drumherum ...”
Die Aufnahmen dieser Sizilienreise habe ich damals noch selbst in der Dunkelkammer entwickelt und die einzelnen Abzüge mit viel Geduld ausgearbeitet, bis ich wirklich zufrieden war. Bei diesem Bild habe ich dafür die Büsche im Vordergrund abgewedelt und den Himmel leicht nachbelichtet, um den Kontrastumfang anzupassen. Was damals viel Aufwand bedeutete, übernimmt heute das „digitale Labor“, wobei es mir wichtig ist, dass meine analogen Schätze mit dem bestmöglichen Negativscanner digitalisiert und anschließend nicht wesentlich stärker bearbeitet werden, als das damals in der Dunkelkammer möglich war.
© Georg Banek • September 1996 • ca. 16:15 Uhr • Giardino Pubblico, Taormina, Sizilien, Italien • Contax RTS I • Carl Zeiss 40 – 80 mm/3,5 • 45 mm • Blende 11 • 1/60 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach dem Scannen wurden Staub und Kratzer entfernt und die Kontraste so angepasst, dass sie dem analogen Original gerecht wurden. Eine ganz leichte, kaum wahrnehmbare Blautonung verstärkt den Schwarzweißeffekt und wirkt im Druck besser. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Underworld
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Architektur & Innenräume
Motiv Nach der ersten Begeisterung für das grandiose Bauwerk MyZeil, während der ich große, berauschende Übersichten des Gebäudes aufgenommen habe, nahm ich mir irgendwann die Zeit, ruhigere Motive zu suchen. Dieser Teil des Gebäudes im obersten Stockwerk mit dem in den Boden eintauchenden Dach lag verlassen da und ich entdeckte das faszinierende Mischlicht. Wo die Architektur an und für sich schon ungewöhnlich genug ist, bekam die Szene plötzlich eine zusätzliche emotionale Komponente, die ich unbedingt in einem Bild festhalten wollte: Das warme Licht dringt in die kühle Umgebung und weckt ganz automatisch die Neugierde des Betrachters auf das „Unten“. Bildgestaltung Das wichtigste Bildgestaltungsmittel ist dementsprechend hier das Licht, dessen Farbgebung den besonderen Reiz des Bildes ausmacht: Die durch natürliches Tageslicht bläulich gefärbte Umgebung wird durchbrochen von dem warmen Lichtschein des künstlichen Lichts aus dem Untergeschoss. In Kombination entsteht ein Warm-Kalt-Kontrast zwischen den Farben, der ihre jeweilige emotionale Wirkung verstärkt. Das heißt, das Blau wirkt noch einmal kühler und das Gelb wärmer, als jedes für sich allein genommen wirken würde. Das zweite wichtige Gestaltungsmittel sind die Linien, die das Dach bildet und die den Blick in das Loch im Boden ziehen. Dieser Sog wird dadurch verstärkt, dass die Linien in Leserichtung, also von links oben nach rechts unten verlaufen. Und auch der hellste Bereich im Bild sowie die geometrische Form des Ovals ziehen den Blick an. Sowohl Helligkeit als auch geometrische Formen ziehen den Blick automatisch an. Die vielen Dreiecke der Dachfläche werden hingegen weniger als einzelne Formen, sondern stattdessen als Muster wahrgenommen.
Licht Hier treffen das durch das Glasdach einfallende Tageslicht und die künstliche Innenbeleuchtung des Gebäudes aufeinander. Ersteres war die wenige Sonne eines wolkenverhangenen Vormittags und Letzteres eine Mischung aus Neon- und Halogenlicht sowie farbigen Strahlern.
“Gerade bei viel besuchten Sehenswürdigkeiten gilt ganz allgemein: Je früher man dort ist, desto weniger Passanten laufen einem durchs Bild. Wenn man dann noch genügend Geduld hat, den einen Moment ganz ohne Menschen abzupassen, lenkt nichts mehr von der Architektur ab.”
Technik In Mischlichtsituationen braucht der Weißabgleich der Kamera immer ein bisschen Hilfe beziehungsweise eine Entscheidung von Seiten des Fotografen, welche Lichtquelle er als die führende interpretieren will. Hier fiel meine Wahl auf das gelbe Kunstlicht, da dieses weniger Fläche im Bild einnimmt. Die Folge davon war, dass das Kunstlicht blauer abgebildet wird, als es bei einem auf Tageslicht geeichten Weißabgleich der Fall gewesen wäre.
© Cora Banek • April 2009 • ca. 10:45 Uhr • Einkaufszentrum MyZeil, Frankfurt • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 5,6 • 1/125 Sekunde • ISO 400 • Kunstlicht und Tageslicht
Nachbearbeitung Um den Farbeffekt zu verstärken, wurde die Sättigung der Farben erhöht und der Kontrast sowie die Helligkeit gleichzeitig deutlich angehoben. Außerdem wurde der Boden im Vordergrund per Retusche „gesäubert“. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Backside
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Architektur & Innenräume
Motiv Bei Sehenswürdigkeiten werden von vielen Fotografen immer wieder nahezu dieselben Fotos gemacht, die schon in unzähligen anderen Kameras entstanden sind. Das liegt auch daran, dass es immer bestimmte Punkte gibt, von denen aus das Bauwerk besonders gut zur Geltung kommt – oft genug haben die Bauherren das auch genau so beabsichtigt. Und wenn man an diesen Punkten steht, die beeindruckende Wirkung spürt, greift man unwillkürlich zur Kamera, macht sein Bild – und dann drängelt schon wieder jemand und es geht weiter. Um dieser fotografischen Falle zu entgehen, braucht es Zeit und einen neugierigen, wachen Blick. Vom oberen Belvedere in Wien habe ich natürlich auch die klassische Ansicht fotografiert – mit dem Weitwinkelobjektiv von der Seite weiter unten und mit einem großen Teil der Gärten im Vordergrund. Dies würde ich aber nie in einem solchen Kontext veröffentlichen, weil es ein Foto ist, das mich langweilt. Bei dieser Aufnahme hier wird hingegen ein Teil der Sphinx-Statue zur Rückansicht des Schlosses in Bezug gesetzt. Der Schnitt gibt dem Bild etwas Besonderes, Ungewöhnliches, Absurdes. Bildgestaltung
Licht Der Himmel zeigt deutlich die geschlossene Wolkendecke und erklärt dadurch das wunderbar weiche Licht, das alle Details zeigt und störende Schatten verhindert. Für leuchtend kräftige Farben sind solche Lichtsituationen pures Gift, aber da ich auf Schwarzweißfilm fotografierte, konzentrierte ich mich sowieso fast ausschließlich auf die Bildgrafik. Damit bestätigt sich wieder mal, dass es kein schlechtes Licht gibt, sondern nur unpassende Motive.
Viele Gestaltungsmittel tragen dazu bei, den steinernen Hintern aufzuwerten, so dass er nahezu dasselbe optische Gewicht bekommt, wie das gesamte Schloss im Hintergrund: Die recht große helle Fläche ohne allzu viel Details zieht den Blick direkt an, die sich wiederholenden Bögen der Treppe und die dunkle Linie führen ihn ebenfalls dorthin. Der enge Anschnitt der Statue an ihrer vorderen Seite verhindert, dass ihr Gesicht den Blick auf sich zieht und reduziert das optische Gewicht “Dieser Sphinx-Hintern ist und bleibt der steinernen Flügel. mein Lieblingsbild vom Wiener BelDie dunklen Fenster ziehen in diesem eher hellen Bild vedere - eben weil es einen Bildden Blick auf die Schlossfront, wo sich durch die vielen Details reichlich Bildinformationen finden. Auf der rechten Seiausschnitt zeigt, den sicherlich nur te hält die zweite Sphinx den Blick auf, der dann über die wenige Fotografen als Aufhänger für Treppe entlang der Hecke wieder nach vorne gelangt. dieses Schloss wählen würden - und weil ich absurde Bilder mag.” Technik Die eingesetzte Brennweite zählt schon lange zu meinen Lieblingen. Mit ihr lassen sich die Motive im Vordergrund betonen und der Hintergrund reduzieren. Auch dieser gleichzeitige Vergrößerungs- und Verkleinerungseffekt trägt hier dazu bei, die Balance zwischen Hintern und Gebäude zu erhalten. Die leichte Verwinklung der Linien nahm ich hier gern in Kauf, weil sie das Bild weniger statisch erscheinen lässt.
© Georg Banek • September 2006 • ca. 12:45 Uhr • Oberes Belvedere, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 8 • 1/125 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak BW400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach dem Scan brauchte dieses Bild kaum Bearbeitung, außer einer leichten Retusche und einer dezenten Färbung. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Royal Green
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Architektur & Innenräume
Motiv Bei diesem kleinen, aber feinen Gebäude hoch über dem Main in Aschaffenburg beeindruckte mich im Vorbeigehen das ungewöhnliche Spiel aus Licht, Schatten und Spiegelungen, das die verschiedenen Ebenen zu einem rätselhaften Ganzen vereinte. Es reizte mich sogar zu einer ganzen Reihe an Fotos, für die ich den kleinen Pavillon einmal umrundete. In diesem Bild ist es mir meiner Meinung nach gelungen, diesen Effekt am besten einzufangen – mit dem Ziel eines besonders hohen Aufmerksamkeitswertes. Denn Bilder, die man als Betrachter nicht sofort versteht, lassen einen stutzen und einen zweiten Blick riskieren. Verstehen wir allerdings ein Bild auch bei näherer Beschäftigung nicht, verlieren wir schnell das Interesse. Lösbare „Rätsel“ wie hier, bei denen sich das Motiv irgendwann einordnen lässt, bescheren hingegen Erfolgserlebnisse und werden deshalb von Grund auf positiv aufgenommen. Licht
Bildgestaltung Hier wirken vor allem die verschiedenen Bildebenen, die sich aus einem Vordergrund (Fensterrahmen, unscharf), einem Mittelgrund (Türrahmen, innenliegend) und einem Hintergrund (Raum mit Fenstern) zusammensetzen. Zusätzlich wird sie um die Spiegelung des Gebäudes und der Außenanlage im Fenster, des Raumes im Spiegel sowie um die Spiegelung der Fenster in der Tür ergänzt. Diese zusätzlichen Ebenen im Bild verwirren und machen zugleich den Reiz der Aufnahme aus. Ordnung erhält das Bild durch die häufige Wiederholung senkrechter Linien und durch die harmonische Farbgestaltung, die zwar nicht stark von der Bildgrafik ablenkt, aber doch farbig genug ist, um der Aufnahme eine emotionale Richtung zu geben. Technik
Bei der Aufnahme herrschte starkes Gegenlicht, das durch die hinteren Scheiben in den Raum fiel und diesen weitestgehend ausleuchtete. Der Kontrast war zwar hoch, aber in einem akzeptablen Rahmen, so dass nach einer Belichtungsmessung auf den dunklen Vordergrund lediglich die hellen Scheiben ins zeichnungsfreie Weiße ausgebrochen sind.
“Warum ich dieses Bild mag, kann ich nicht sagen - und Georg auch nicht. Er fand es fad, ich aufregend, märchenhaft, besonders. So teilen sich die Meinungen und das ist auch gut so, es schützt uns vor Einheitsbrei.”
Wichtig war hier die Schärfeverteilung, die ich durch eine möglichst geringe Schärfentiefe erzielte, und dass ich damit eine klare Gewichtung zwischen scharfen und unscharfen Bereichen im Bild erreichte. Also wählte ich eine fast vollständig geöffnete Blende. Der passende Bildwinkel, also die eingesetzte Brennweite, ergab sich für mich durch Ausprobieren: Erst versuchte ich – ebenfalls wegen der möglichst geringen Schärfentiefe – ein leichtes Teleobjektiv, dann ein Normalobjektiv, entschied mich schließlich aber für ein Weitwinkelobjektiv, da ich nur damit die größtmögliche Anzahl an verschiedenen Ebenen ins Bild integrieren konnte.
© Cora Banek • Mai 2009 • ca. 13:30 Uhr • Pavillon Nähe Pompejanum und Schloss Johannisburg, Aschaffenburg • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 3,5 • 1/320 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um die Farben in ihrer Wirkung zu verstärken, wurde ihre Sättigung etwas angehoben. Außerdem wurden Helligkeit und Kontrast so angepasst, dass sich das ausbrechende Weiß in Grenzen hielt. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Viva la Mexico
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Architektur & Innenräume
Motiv Dieses Bild entstand vor beinahe 15 Jahren während eines Urlaubs auf Sizilien in Taormina. Wo genau dort und was für ein Gebäude das genau war, weiß ich leider nicht mehr. Das ist zum einen meinem schlechten Gedächtnis geschuldet und zum anderen war es eine relativ gewöhnliche Einrichtung, die dieses Gebäude damals beherbergte. Ich stieß zufällig auf diese fotogene Rückseite, die mich gerade wegen der geteilten Schießscharten, die das Schießen in zwei Richtungen ermöglichten, faszinierte. Bildgestaltung Schwarzweißaufnahmen haben von sich aus einen besonderen Reiz, denn das Weglassen von Farbe verleiht jedem Motiv eine edle und hochwertige Anmutung. Dies liegt zum einen darin begründet, dass die Klassiker der Fotografie schwarzweiß sind, und zum anderen darin, dass es nicht unserer normalen Wahrnehmung der Welt entspricht. Weiter wird die emotionale Wirkung eines Bildes ohne Farbe reduziert und die grafische betont. Dadurch wirken Formen, Flächen, Linien und Details stärker auf den Betrachter, der nicht durch farbige Eyecatcher oder die Wirkung von Farben abgelenkt wird.
Licht Trotz der dünnen, kaum sichtbaren Wolkendecke fiel das Tageslicht hart auf das Gebäude – jedoch fast frontal von vorne. Dieses Mitlicht sorgte für eine überwiegend schattenfreie, aber auch relativ flächige Ausleuchtung. Bei einer so zweidimensionalen Lichtsituation ist es wichtig, durch den Kamerastandpunkt eine gewisse Tiefe ins Bild zu bringen, was hier durch die schrägen Linien gelungen ist.
Für dieses Bild war außerdem die Wahl des Bildausschnitts entscheidend für das Ergebnis: Denn die städtische Umgebung mit Straßen, anderen Gebäuden, Passanten und Autos wird vollständig ausgeblendet. Der Betrachter erhält den Eindruck, dieses ungewöhnliche Gebäude würde verlassen und ruhig an einsamer Stelle stehen. Dass dem nicht so ist, kann er nicht erkennen – und das macht die “Dieses Bild habe ich einmal in der Macht des Schnitts sehr deutlich. Der Fotograf entscheidet, Dunkelkammer auf 30 x 40 cm vergröswas der Betrachter zu sehen bekommt, welchen Ausschnitt aus der Realität und welchen nicht. sert - das Ergebnis war noch einmal beeindruckender als der Scan.” Technik Zu analogen Zeiten achtete ich besonders darauf, je nach Gegebenheiten den passenden und idealen Film einzusetzen. Bei größeren Reisen in südliche Länder, wo ich mit viel Sonnenschein und dementsprechend hohen Kontrasten rechnen konnte, wählte ich besonders feinkörnige Filme. Auch wegen der seltenen Motive in fremden Ländern fiel meine Wahl damals häufig auf den Kodak T-Max 100, den feinkörnigsten Schwarzweißfilm mit ISO 100, den es gab. Seine großartigenAuflösung und das kaum sichtbare Korn ermöglichen Bilder mit einem besonders schönen Detailreichtum.
© Georg Banek • September 1996 • ca. 13:30 Uhr • Taormina, Sizilien, Italien • Contax RTS I • Carl Zeiss 40 – 80 mm/3,5 • 40 mm • Blende 8 • 1/250 Sekunde • SWNegativfilm Kodak T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach dem Scan vom Negativ wurden kleine Kratzer retuschiert und die Kontraste minimal angepasst, ohne dass die Tiefen oder die Lichter ins Zeichnungsfreie ausbrechen. Anschließend wurde das ganze Bild in einem tiefen Orangebraun gefärbt. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Rouge doublé
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Architektur & Innenräume
Motiv Städtereisen bei Regen sind für Fotografen eine ziemlich frustrierende Angelegenheit – außer man flüchtet in ein Restaurant und findet dort ganz unverhofft wirklich großartige Motive. Wie bei diesem Italiener in Wien, der so kreativ und originell eingerichtet ist, dass während unseres Mittagessens ein paar besonders schöne Aufnahmen entstanden sind. Dieses verspiegelte, von hinten beleuchtete, raumhohe Glasregal, in dem sich mit roter Flüssigkeit gefüllte Fläschchen aneinanderreihten, befand sich direkt hinter unserem Sitzplatz an der Wand und war zwischen den dunkelrot gestrichenen Wänden eine sehr effektvolle Dekoration. Bildgestaltung Vor allem wirken hier die leuchtenden Farben in warmen Rot-, Orangeund Gelbtönen, die an Hitze, Flammen und gleißende Wärme erinnern. Die häufige Wiederholung der Flaschenform durch die bloße Anzahl sowie die Verspiegelung des Hintergrunds verstärken diese Assoziation und geben dem Bild eine hohe Dreidimensionalität. Weiter wirkt die Perspektive von unten sehr stark, die dadurch entstanden ist, dass mir die Wand, die mir schon beim Reinkommen als besonders fotogen aufgefallen war, von meinem Sitzplatz aus noch einmal besser gefiel. Die deutliche Untersicht lässt die Flaschen edler und hochwertiger erscheinen, indem sie geradezu glorifiziert werden. Dabei spielt natürlich auch die Beleuchtung eine wichtige Rolle, die indirekt ohne sichtbare Schatten alles regelrecht zum Glühen bringt.
Licht Indirekte Lichtquellen befanden sich hier seitlich der Flaschen in die Nische eingelassen und oberhalb der Wand an der Decke hinter der roten Verkleidung. Außerdem gab es auf der gegenüberliegenden Seite noch einige künstliche Lichtquellen, die die Theke und den Gastraum ausleuchteten. Insgesamt fiel die Lichtmenge jedoch eher mäßig aus, was mich aber wegen des großen Effekts dieser Beleuchtung nicht davon abhielt, dennoch zu fotografieren.
Technik
“Ich liebe edles, kräftiges Rot und origiIn geschlossenen Räumen mit indirekter Beleuchtung reicht nelle Inneneinrichtungen - also liebe ich das Licht für gewöhnlich nicht aus, um kurze Belichtungszeiauch dieses Bild, das genau das, was mir ten bei einer akzeptablen ISO-Einstellung wählen zu können. dort gefiel, wunderbar widerspiegelt.” Was die Lichtempfindlichkeit meiner Kamera angeht beziehungsweise ihr Rauschverhalten bei höheren ISO-Werten, müsste meine Ausrüstung dringend auf einen besseren Stand gebracht Nachbearbeitung werden, weshalb ich möglichst versuche, ISO-Werte von maximal 400 zu Das Bild wurde um etwa 1,5 Grad nach verwenden, in diesem Fall 320. Das führte zu einer Verschlusszeit von rechts gedreht, damit die rote Fläche an der Decke in die linke obere Ecke läuft, und 1/80 Sekunde, von der ich weiß, dass ich sie schnell verwackle. Um das zu vermeiden, setzte ich die Kamera für dieses Bild auf ein Wandbord auf, richtete sie schräg nach oben und aktivierte vor dem Auslösen den Zeitauslöser. So konnte ich den Ausschnitt wählen und verwackelte diesen nicht beim Betätigen des Auslöseknopfes. Die Kamera blieb fixiert und das Ergebnis ist eine scharf fokussierte Aufnahme.
© Cora Banek • Juni 2010 • ca. 18:00 Uhr • Vapiano, Theobaldgasse, Wien • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 2,8 • 1/80 Sekunde • ISO 320 • Kunstlicht
dann rundherum entsprechend beschnitten. Anschließend wurde die Farbsättigung reduziert, um den Kontrast anheben zu können, ohne dass das Rot ausbricht.
Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Almost Venice
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Architektur & Innenräume
Motiv Wer Potsdam besucht, schlendert sicherlich gern durch die Parkanlagen des Schlosses Sanssouci und sollte dabei das Geländer der nahegelegenen Orangerie nicht verpassen. Denn das beeindruckende, wunderschöne Gebäude mit übergroßen Fenstern, Säulengängen und schönen Fassaden inmitten eines weitläufigen Parks mit Blumenrabatten, Brunnen und Treppen bietet unzählige großartige Motive. Sieht man auf den Eingang der Orangerie und wendet sich dann nach links, so erblickt man durch die Torbögen des Seitenflügels hindurch das Belvedere auf dem Klausberg – ebenfalls ein architektonischer und ausgesprochen fotogener Leckerbissen. Dieser Blick faszinierte und beeindruckte mich, so dass dieses Bild entstand. Meinen Standort wählte ich so, dass im Vordergrund die beiden kleinen Säulen mit auf das Bild kamen, und wartete, bis andere Besucher genau unter den Torbögen waren. Das erfordert manchmal regelrechte Ausdauer, bis die richtigen Personen an der richtigen Stelle im Bild sind und gleichzeitig keine weiteren störend den Bildausschnitt betreten. Doch die Geduld wird belohnt, da Menschen im Bild die einfachste Methode sind, um einen Eindruck der Größenverhältnisse zu vermitteln. Bildgestaltung Diese Aufnahme kombiniert Flächigkeit und Räumlichkeit zu einem interessanten Ganzen: Das Gebäude selbst wirkt zum einen durch den Bildausschnitt, zum anderen erscheint es durch die verwendete Brennweite sehr zweidimensional und gestaucht. Der Blick durch das Tor auf das zweite Gebäude und die kleinen Säulen unterteilen das Bild jedoch ganz deutlich in einen Vorder-, einen Mittel- und einen Hintergrund und sorgen für einen dreidimensionalen Eindruck.
Licht Der bewölkte Himmel sorgte für stark gestreutes Tageslicht und einen kleinen Motivkontrast. Nur dadurch war es möglich, das Orangeriegebäude und das Belvedere zwar unterschiedlich hell, aber gleichermaßen richtig belichtet abzubilden.
“Potsdam ist definitiv eine Reise wert. Die Stadt bietet unzählige atmosphärische Motive und hat ein ganz besonderes Flair.”
Die Position des Torbogens im Goldenen Schnitt verstärkt den Eindruck der Stille und Harmonie, den das Bild – auch durch die fehlenden Farben, die anonymen Personen, die gerade Perspektive und das alte Gebäude – ausstrahlt. Die hellsten Stellen im Bild – kleine Säulen, Belvedere und Himmel – sorgen für eine sanfte Blickführung zwischen dem Hinterund dem Vordergrund. Technik Teleobjektive verzeichnen umso stärker kissenförmig, je schlechter korrigiert die Brennweite ist. Bei einem Spitzen-Tele fällt die Verzeichnung kaum auf und die Linien sind gerade – bei Architekturaufnahmen ideal.
© Georg Banek • März 2005 • ca. 16:30 Uhr • Orangerie im Park Sanssouci, Potsdam • Contax RTS III • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 5,6 • 1/125 Sekunde • SW-Negativfilm T400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um die Flächigkeit des Gebäudes zu unterstreichen, wurde es durch Drehen des Bildes gerade ausgerichtet und der Ausschnitt an allen vier Seiten und insbesondere von oben korrigiert. Das Bild wurde aufgehellt und anschließend in einem Braunton eingefärbt. Darüber hinaus entfleckte ich den Weg und die Wiese im Vordergrund, um zu auffällige Bildpunkte für eine ruhigere Wirkung zu enfernen. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Turbine 17 F läuft an
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Architektur & Innenräume
Motiv Das Sony Center in Berlin ist nicht umsonst eine Sehenswürdigkeit, ist es doch ein echter Augenschmaus. Dementsprechend wurde es unzählige Male fotografiert und als ich das endlich in der Realität sah, hatte ich wahrscheinlich schon genauso viele Bilder im Kopf. In solchen Situationen wird mein Ehrgeiz geweckt und ich möchte eine neue, andere, ungewöhnliche, noch nicht gesehene Sichtweise einfangen. Das Ergebnis ist dieses dynamische Bild, das die spektakuläre Dachkonstruktion des Gebäudekomplexes wie einen leichtgängigen Propeller losgelöst von allem anderen, beinahe schon schwerelos inszeniert. Als würde sie aufsteigen in den blauen Sommerhimmel. Bildgestaltung Die Aufnahme wird dominiert von den deutlich sichtbaren Drehbewegungen, die dem Bild eine sehr starke und ungewöhnliche Dynamik geben. Das scharfe Zentrum des Drehens liegt genau zwischen dem dunklen Stern und dem hellen Kreis, so dass sich zwischen diesen beiden Punkten ein reger Blickwechsel ergibt.
Licht Die Mittagssonne fiel von rechts durch die Segel und erzeugte ein klares Licht-Schatten-Spiel, das mir hier sehr gelegen kam, da es dem Bild zusätzliches Leben und Dynamik verleiht. Der dadurch auch höhere Kontrast war zum Glück noch klein genug, um durch den Kamerasensor erfasst zu werden – die Lichter brechen nicht aus.
Die Positionierung der beiden Punkte – einmal unten nahe dem Goldenen Schnitt und oben spannungsreich Richtung Bildrand verschoben – versinnbildlichen die ambivalente Gestaltung des Bildes, die jeden Moment zwischen Ordnung und Unordnung, zwischen Harmonie und Disharmonie wechselt. Die Farben und die gleichmäßige Anordnung der Segel beruhigen dabei die Aufnahme zusätzlich, “Hier kam ich an die Grenzen der während die vielen Linien, die Bewegung und Unschärfe für kleinen Kamera - weniger als Blende einen eher unruhigen, spannungsreichen Eindruck sorgen. 8 und IS0 80 ist nicht einstellbar, obwohl es selbst dafür eigentlich noch Technik zu hell war.” Für gedrehte Bilder dieser Art ist es entweder möglich mit langen Belichtungszeiten von mindestens 1/30 Sekunde zu arbeiten oder die Drehbewegung muss bei kürzeren Verschlusszeiten entsprechend schneller vollzogen werden. Da ich mittlerweile schon seit über vier Jahren das Drehen der Kamera während der Belichtung immer wieder gern anwende, konnte ich die Bewegung aus dem Handgelenk soweit perfektionieren, dass solche Aufnahmen sogar schon bei einer kurzen Verschlusszeit wie 1/100 Sekunde gelingen. Wichtig ist in beiden Fällen, eine kurze, knappe Bewegung mit der Kamera in möglichst nur eine einzige Richtung zu machen und diese am besten schon vor dem Auslösen zu beginnen und darüber hinaus fortzuführen. Das verhindert Verwacklungen.
© Georg Banek • März 2010 • ca. 12:30 Uhr • Sony Center, Potsdamer Platz, Berlin • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 8 • 1/100 Sekunde • ISO 80 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um Überbelichtungen im Bild zu vermeiden, wurde es sehr kontrastarm und eher dunkel aus dem RAW entwickelt. Anschließend konnte der Kontrast dann ganz präzise angehoben werden, ohne dass Lichter ausbrechen. Eine leichte Entsättigung der Farben bewahren diese vor dem Kippen. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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My Vienna
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Architektur & Innenräume
Motiv Im Zweiten Weltkrieg ist in der Wiener Innenstadt im Vergleich zu anderen Städten glücklicherweise verhältnismäßig wenig zerstört worden, so dass noch viele alte Häuser gut erhalten sind. Für die Stadt bedeutet das allerdings, dass zu viele Gebäude unter Denkmalschutz setehen. als dass man sie alle in angemessener Zeit restaurieren könnte. So gibt es viele Häuser im Originalzustand. Für mich sind das die wahren Schönheiten und Kleinode dieser an Sehenswürdigkeiten wirklich nicht armen Stadt. Nur ein paar Schritte abseits der klassischen Sehenswürdigkeiten tun sich für den Fotografen wahre Schatzkammern auf: Wenn Sie in die Häuser hineingehen, entdecken Sie vielleicht traumhafte Treppenhäuser mit reich verzierten Stuckdecken, fein gearbeitete Metallgeländer, Wände in Marmordekor, mit Reliefverzierungen oder alten Kacheln, kunstvoll verzierte Fenster oder einen Aufzug mit einer Innenausstattung aus geätztem Glas, alten Spiegeln, edlem Holz und verschlissenem Polster. Natürlich gehört es sich, rücksichtsvoll und leise zu sein, um die Bewohner nicht zu stören, wenn Sie diese Hausflure betreten. Sie würden es ja auch nicht wollen, dass Touristen und Fotografen immer wieder Lärm vor Ihrer Türe veranstalten. Bildgestaltung
Licht Die Lichtsituation war ziemlich schwierig, weil sehr wenig Licht vorhanden war. Es fiel nur durch die Fenster auf die Stufen. Der Himmel war bedeckt und damit war die Helligkeit bereits draußen reduziert. Der Vorteil daran war, dass der Kontrast zwischen den Scheiben und den Details drinnen nicht größer war als der Kontrastumfang des Filmes. Der Nachteil lag in den langen Verschlusszeiten und der Gefahr, die Bilder zu verwackeln.
Dieses Bild lebt vom feingliedrigen Zusammenspiel aus Licht und Schatten und von den feinen Tonwerten, die selbst in den dunklen Bereichen noch viele Details zeigen. Wäre das Geländer jedoch weniger kleinteilig gearbeitet, würde das Bild ohne das filigrane Muster längst nicht so stark wirken. Denn die Ornamente, die Blumen und die Treppenstufen lockern die grafische Strenge des Treppenhauses auf “Dieses Bild fasst besser als alle und verleihen dem Bild erst seine zarte und nostalgische Note. Die dunklen, fast schwarzen Ecken wirken dabei wie anderen das zusammen, was für mich ein altertümliches Passepartout, wie eine künstlich erzeugte das Wesen von Wien ausmacht - die Vignettierung. Mischung aus Tradition und Moderne, aus Schönheit und Verfall.” Technik Den 400er-Film belichtete ich in der Regel wie einen 100er, weshalb mir auch bei diesem dunklen Motiv eine niedrige Lichtempfindlichkeit vorgegeben war. Also reizte ich die maximale Lichtstärke des Objektivs aus, was mich aber nicht vor einer zu langen Verschlusszeit von 1/30 Sekunde bewahrte. Ich fotografierte ohne Stativ und auf gut Glück, hoffte aber, durch Anlehnen meines Körpers und Aktivierung des Selbstauslösers eine scharfe, nicht verwackelte Aufnahme zu bekommen.
© Georg Banek • Dezember 2004 • ca. 11:00 Uhr • Nähe Rathaus, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 2,8 • 1/30 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Dieses Bild erhielt eine SW-Fine-Art-Bearbeitung, bei der möglichst viele fein abgestufte Tonwerte erhalten bleiben sollten. Außerdem wurde das Bild retuschiert. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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2. Kapitel
Komisches & Absurdes
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Die schönsten Momente zum Schmunzeln und Lächeln ergeben sich immer spontan aus der Situation heraus – und selten sind sie als etwas Komisches geplant oder gedacht. Das ist nicht nur im Leben so, sondern auch in der Fotografie. Alleine für sich genommen sind die meisten Motive von komischen Bildern oft nichtssagend und banal. Erst wenn der Zufall, die Zeit oder ein Mensch etwas hinzufügen, wird daraus ein humoristisches Fundstück. Solche Momente – denn nach kurzer Zeit sind sie meist schon wieder verschwunden – gibt es sehr viele, aber nur ein kleiner Teil davon wird überhaupt bemerkt. Es braucht sehr wache Augen und eine ganz spezielle Offenheit oder Aufmerksamkeit, um die Komik in einer Situation wahrzunehmen, am besten wird dies im Film „Die wunderbare Welt der Amelie“ beschrieben. Ähnlich ist das mit den Absurditäten des Alltags, auch die sind nicht für jeden sichtbar. Sie entstehen dadurch, dass mindestens zwei Dinge, die gemeinsam keinen Sinn ergeben, zusammengebracht werden. Es ist die Aufgabe des Fotografen, durch Perspektive und Bildausschnitt genau diese Verbindung herzustellen. Auch in solchen Motiven liegt oft etwas Humoriges. Wenn man über solche besonderen Momente stolpert, hat man nur selten in auch eine richtige Kamera dabei, da muss dann vielleicht das Handy herhalten – oder das Bild wird zu einem Stück Erinnerung.
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Anal Pleasure
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Komisches & Absurdes
Motiv Okay, ich geb's zu, dieses Bild ist ein kleines bisschen makaber – aber doch auch mindestens genauso lustig, oder? Ich glaube, keines meiner Bilder hat bisher so viel herzhaftes Gelächter hervorgerufen wie diese Aufnahme – ganz besonders dann, wenn ich es zusammen mit seinem Titel präsentiert habe. Denn Titel „machen“ Bilder, sie beeinflussen sehr stark, wie ein Bild wahrgenommen wird. Manch ein Fotograf verzichtet deshalb liebend gern darauf, seine Bilder zu betiteln, und auch mir fällt es manchmal schwer, einen passenden Titel zu finden. Doch immer mal wieder weiß ich den Titel sofort, er springt mich an, er drängt sich auf – und gibt einer an sich schon guten Aufnahme plötzlich das gewisse Etwas, den Mehrwert, die Tiefe, die den Betrachter anspricht. Wie in diesem Fall, wo ich durch den Titel die Komik des Bildes verstärken und damit auch seinen Aufmerksamkeitswert steigern kann. Licht
Bildgestaltung
Die helle Sonne stand in meinem Rücken ziemlich hoch am Himmel, wodurch ihr Licht frontal auf den kleinen Bären fiel. Der hart umrissene Schatten fällt so direkt nach unten und stört das Bild nicht. Der Nachteil dieses Mitlichtes ist jedoch eine relativ flächige Ausleuchtung des Gesichts, wohingegen die Farben durch die Härte des Sonnenlichtes satt und bunt leuchten.
Formal gesehen sind hier zwei Dinge wichtig: erstens die Farben und zweitens der Bildausschnitt. Denn das satte Blau des Himmels gibt dem Bild Lebendigkeit und Frische. Es bildet außerdem eine recht gleichmäßige, aber nicht eintönige Fläche, von dem sich das Weiß des Zauns und ganz besonders das leuchtende Pink hervorragend abhebt. Der Farbkontrast zwischen Blau und Pink wirkt hier sehr stark, wodurch der kleine Bär es rein optisch mit der großen Fläche des restlichen Bildes aufnehmen kann. Dies liegt ebenfalls daran, dass der Bär selbst die meisten Details bietet und durch sein Gesicht von sich aus bereits “Die Kommentare zu dem Bild waren einen erhöhten Aufmerksamkeitswert hat. mitfühlend, nicht immer ganz jugendfrei Durch den Schnitt wird die Umgebung zwar deutlich reund durch die Bank ultra-lustig. duziert und nahezu ausgeblendet, er ist aber nicht so eng Der Titel setzte eine Menge Komikgesetzt, dass das Motiv nicht mehr zu erkennen ist. Denn für das Verständnis des Bildes ist es ungemein wichtig, den Potenzial bei den Betrachtern frei ... :)” Zaun als solchen begreifen zu können. Und auch der breite Zaunpfahl rechts sowie die durchgehende Linie unten sind wichtig, um den vom Bär ausgehenden durch das Bild streiNachbearbeitung fenden Blick zu begrenzen. Technik Stürzende Linien entstehen übrigens nicht nur bei Weitwinkelobjektiven – auch bei Teleobjektiven kommen sie mitunter vor, sind dann aber in der Regel nicht so auffällig.
© Georg Banek • Oktober 2001 • ca. 15:15 Uhr • Vaison-la-Romaine, Provence, Südfrankreich • Contax RTS III • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 4 • 1/500 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Abgesehen von etwas mehr Farbsättigung wurde die Aufnahme nicht weiter bearbeitet. Ein Entzerren des Zauns wurde ausprobiert, schadete aber dem Bild nachhaltig, weshalb alles so schief blieb, wie es war.
Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Vier Oldtimer
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Komisches & Absurdes
Motiv Nach dem Zieleinlauf einer Oldtimer-Rallye sammelten sich die Autos auf dem Lüneburger Marktplatz und boten einen tollen Anblick. Mir hatte es vor allem dieser winzige Sportwagen angetan, weshalb ich ihn aus allen möglichen Perspektiven fotografierte. Plötzlich schob sich ein Hund ins Bild, der fast genauso hoch war wie der Oldtimer. Das Pärchen an der anderen Seite der Leine sah meine Kamera und wollte ihn wegzerren, aber ich bat sie ganz im Gegenteil, den Hund ruhig weiter schnüffeln zu lassen und nach einem kurzen Gespräch auch, ihn gezielt vor das Auto zu platzieren. Viel Zeit hatte ich für die Bilder nicht, denn der noch junge Bobtail war zwar gut erzogen, aber auch sehr lebhaft. Ich machte drei Bilder von den beiden und hatte nur noch ein einziges, letztes Bild auf dem Film übrig, als die beiden Herren im Hintergrund auftauchten, um sich den Wagen genauer anzusehen. In dem Moment wusste ich, dass sie das Bild perfekt abrunden würden. Der alte Wagen, der Zottelbart des Hundes, das Ambiente der Lüneburger Schmuckgiebel, das Kopfsteinpflaster und die beiden älteren Herren geben dem Foto eine altertümliche Anmutung, lassen es wie ein Bild aus einer anderen Zeit wirken. Gleichzeitig bewirkt die Zusammenstellung der Bildelemente und deren Größenverhältnisse dem Bild eine leicht absurde, unwirkliche und dadurch interessante Note. Bildgestaltung Durch das 28-mm-Weitwinkelobjektiv wollte ich zwei Effekte erreichen: Zum einen sollten alle wichtigen Bildelemente mit auf das Bild (Auto, Hund, Passanten, Häuserreihe, Kopfsteinpflaster). Zum anderen wollte ich durch die besonderen Abbildungseigenschaften des Weitwinkelobjektivs den näher dran sitzenden Bobtail größer erscheinen lassen als die etwas weiter entfernte Karosserie des Autos. Der niedrige Kamerastandpunkt betont den Hund und die SW-Optik die altertümliche Anmutung des Bildes.
Licht Das Bild entstand am frühen Abend. Der Himmel war von einer dünnen Wolkenschicht bedeckt und es regnete leicht. Das Wasser brachte die Pflastersteine zum Glänzen. Es war trotz der Wolken sehr hell und das Licht war wundervoll weich, was den Detailreichtum des Bildes unterstützte.
“Dieses Bild erinnert mich immer wieder daran, was ich an den analogen Zeiten mochte - die Neugierde beim Entwickeln, die Zeit in der Dunkelkammer und den Stolz über jeden fertigen Abzug, der aus dem Trockner kam ...”
Technik Zu der Zeit war ich noch mit meiner ersten eigenen Spiegelreflexkamera unterwegs, einer Ricoh XR-X und einem optisch leider nicht sonderlich guten 28–105er-Zoom. Den SW-Film habe ich in „Rodinal“ selber entwickelt und mir dabei mit einer leicht abweichenden Temperatur ein etwas zu deutliches Korn eingehandelt.
© Georg Banek • Juli 1996 • ca. 18:45 Uhr • Marktplatz, Lüneburg • Ricoh XR-X • Vivitar Series 1 28 – 105mm/2,8 • 28 mm • Blende 5,6 • 1/250 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Die Bearbeitungsschritte entsprachen den Möglichkeiten der Dunkelkammer – minimaler Beschnitt, gezielte Nachbelichtung in den hellen Stellen, Abwedeln der dunklen Bereiche sowie eine Erhöhung der Gradation. Anschließend wurde das Bild in einem hellen Braun getont. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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very cute
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Komisches & Absurdes
Motiv Es gibt Bilder, deren Wirkung kann man sich als Betrachter nicht entziehen, insbesondere, wenn es sich um komische Motive handelt. Bei diesem Bild schwankt die Reaktion in den allermeisten Fällen irgendwo zwischen dem Ausruf „oh, ist das süß“, einem verhaltenen Schmunzeln und einem spontanen Lacher. Es gibt einige Motive, die bei jedem freudige Assoziationen auslösen – Stofftiere gehören dazu. Aber erst das Aufhängen der Tiere an ihren Ohren und Mützen führt zu dieser Situationskomik, der das Bild seine universelle Wirkung verdankt. Entstanden ist das Bild in einer Seitenstraße in der Nähe des Domes in Straßburg. Wir waren bereits auf dem Weg zurück zum Auto, als mir dieser Anblick aus dem Schaufenster eines kleinen Spielwarenladens entgegensprang. Die Schaufensterscheibe lag glücklicherweise im Schatten, spiegelte kaum und stellte somit keine Schwierigkeit dar. Das Licht schwand schon und ich wollte eigentlich nur ein Bild zur Erinnerung machen, weswegen ich – entgegen meiner sonstigen Gewohnheit – ohne groß nachzudenken und ein einziges Mal auslöste. Im Nachhinein habe ich das seither aus technischer wie gestalterischer Sicht schon oft bereut. Bildgestaltung
Licht Die Gasse lag beinahe vollständig im Schatten der umliegenden Häuser, weshalb ich die längstmögliche Verschlusszeit wählte, die ich ohne Verwackeln auslösen konnte. Leider habe ich die Kamera dann in der schnellen Aufnahmesituation doch bewegt. Wegen des kontrastreichen, kleinteiligen Motivs wählte ich die mittenbetonte Integralmessung, um die richtige Belichtung zu ermitteln.
Weil ich das Motiv ursprünglich nicht als Bild ernst genommen habe, achtete ich bei seiner Gestaltung leider nicht genügend auf den Bildausschnitt. So passierte vor dreizehn Jahren etwas, was mir heute nicht mehr passieren würde: Ich fokussierte in der Mitte und drückte ab, ohne den Bildausschnitt vorher noch zu verändern. Das Ergebnis ist ein Bild, bei dem über den Bären noch eine Menge unnüt“Diesem Bild verzeiht man wegen seizer Raum vorhanden ist, während ich die darunter sitzenden ner inhaltlichen Stärken die technischen Tiere halbiert habe. Sinnvoller wäre gewesen, den BildausSchwächen. Die lustige Plüschtierleine schnitt deutlich tiefer zu wählen. genügt, um das Bild zu tragen.” Technik An dem Tag waren wir nicht zum Fotografieren in Straßburg unterwegs, weswegen ich nur meine kleine Ricoh KR-10X dabei hatte, die mit ihrem 50-mm-Objektiv so kompakt war, dass sie ohne Probleme in eine Jackentasche passte. Das Billigobjektiv ist zwar mit 1,7 recht lichtstark, aber von seinen optischen Abbildungseigenschaften etwas, was man umgangssprachlich eine „Scherbe“ nennt ... Man sieht dies im Original deutlich am Randabfall der Schärfe und der Helligkeit. Ein wenig Verwacklungsunschärfe durch die 1/60 Sekunde tut ihr Übriges. Technisch gesehen ist dies deshalb sicher kein Bild der Extraklasse ...
© Georg Banek • August 1997 • ca. 18:45 Uhr • Altstadt Straßburg, Frankreich • Ricoh KR-10X mit Rikenon 50 mm/2,0 • Blende 4 • 1/60 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um das Bild stärker auf das Motiv zu konzentrieren, wurde es von oben zu einem Panoramaformat geschnitten. Störende Details im Hintergrund und ein paar Hasenohren, die von unten ins Bild ragten, wurden retuschiert. Das Bild wurde deutlich nachgeschärft und in seiner Helligkeit sowie dem Kontrast angepasst. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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statt Knöllchen
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Komisches & Absurdes
Motiv Mein morgendlicher Weg durch die Mainzer Innenstadt in unsere Studioräume war in jenem Januar ein großer fotografischer Genuss: Die Temperaturen waren klirrend kalt, selbst in unserer warmen Stadt bekamen wir mehrmals Schnee zu sehen und einige Male war alles von einer dicken Schicht Eis und Pulverschnee überzogen. Also verließ ich das Haus nicht ohne eine kleine Kamera in der Jackentasche und brauchte mitunter dreimal so lang für den Weg ins Büro. Dicht an dicht standen die vereisten Wagen auf den Parkplätzen am Straßenrand und ich empfand eines schöner als das andere – bis ich diesen kleinen Ford entdeckte, an dessen Scheibenwischer ein kleiner Strauß gelber Blumen steckte. Die Kombination war absurd und komisch. Und ganz nebenbei hatte ich hier wieder eine dieser Alltagskleinigkeiten entdeckt, die so zauberhaft sind, dass sie unweigerlich die Laune heben. Von der Neugierde, die diese Aufnahme weckt, ganz zu schweigen: Wer die Blümchen wohl dort hinterlassen hat? Für wen? Und warum? Bildgestaltung
Licht Am frühen Vormittag war der Himmel stark bewölkt, das Wetter trüb und die Helligkeit draußen zwar eher mäßig, aber wenigstens schön gleichmäßig diffus. Die notwendigen Belichtungswerte führten mich an den Rand der Möglichkeiten, mit einer gerade noch akzeptablen Zeit, einer vollständig geöffneten Blende und einem ISO-Wert, der gerade noch ein rauschfreies Ergebnis liefern würde.
Durch die leuchtende Farbe der Blüten war es hier nicht notwendig, sie größer abzubilden, denn sie heben sich durch den Punkt-Flächen-Kontrast und ihre Signalfarbe in Form eines Eyecatchers vom Rest des Bildes ab und ziehen den Blick an. Das Auto selbst wird durch die gerade Perspektive und die Anschnitte an allen vier Seiten zu einem sehr flächigen Objekt, dessen beinahe exakt symmetrische Abbildung dem Bild viel formale Ruhe gibt. Die Blüten leicht außerhalb des Goldenen Schnittes bringen Spannung in die ruhige Bildaufteilung, was “An dieser Stelle sei all den Menschen gut zu dem hohen Aufmerksamkeitswert des Motivs passt. gedankt, die mich und meine Kamera Das dezente Türkis wirkt subtil auf den Betrachter und lässt die „Temperatur“ des Bildes sinken – es wirkt kälter, immer wieder mit solchen wunderbaren was gut zu Eis und Schnee passt. Dem gegenüber steht das Fundstücken versorgen ...” kräftige Gelb in Form eines Kalt-Warm- und eines Komplementärkontrasts. Dadurch wird die Kraft der beiden Farben verstärkt, wobei wegen der Größenverhältnisse das Türkis Nachbearbeitung stärker das Gelb begünstigt als andersherum. Technik Wegen des relativ wenigen Lichtes öffnete ich die Blende vollständig, was die chromatische Aberration verstärkte – so werden an den Übergängen von hellen zu dunklen Bildbereichen rötliche und grünliche Farbränder sichtbar, die zum Glück leicht und nicht allzu störend ausfallen.
© Georg Banek • Januar 2010 • ca. 09:45 Uhr • Holzstraße, Mainz • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 40 mm • Blende 2,8 • 1/80 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht
Um kräftigere Farben zu erhalten, wurden der Kontrast und die Sättigung der Cyantöne verstärkt. Außerdem wurde der Schnitt links und oben optimiert und in der linken oberen Ecke eine helle Stelle im Hintergrund wegretuschiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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hanging loose moose
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Komisches & Absurdes
Motiv Ich mag schwarzen Humor, wenn er gut gemacht ist. Natürlich ist bei mir auch irgendwann eine Grenze erreicht, doch wenn er sich rund um harmlose Protagonisten dreht, kann ich wirklich darüber lachen. Wie bei dem erhängten Elch, der mich auf diesem Bild immer wieder amüsiert. Denn in Wahrheit liegt dem kleinen Holztier die Schlinge gar nicht um den Hals, sondern dieser Eindruck entsteht durch die Gestaltung des Bildes – und in unserer Fantasie. Das – und die Tatsache, dass es sich um ein Holzspielzeug handelt – entschärft die Geschichte und hebt sie auf eine naive Ebene. Entdeckt habe ich das kleine hölzerne Baumeltier während eines Fotografentreffens vor einem Spielwarenladen in der Fußgängerzone von Uelzen. Ich stand damals noch ganz am Anfang mit meiner Fotografie und hatte noch so manches Mal Schwierigkeiten, Motive zu finden, die sich wirklich überzeugend in den zwei Ebenen eines Bildes umsetzen lassen. Dieses Schattenspiel war da ein echter Glückstreffer, der gerade in den reduzierten Dimensionen wirkt. Bildgestaltung
Licht Für einen klar umrissenen Schatten braucht es eine helle Lichtquelle von harter Qualität. Denn je gestreuter das Licht auf das Objekt fallen würde, desto unschärfer würde auch dessen Schatten. Daher war der wolkenlose Himmel genauso ideal wie der geringe Abstand zwischen Elch und Hauswand, um einen deutlichen Schatten entstehen zu lassen.
Die Flächigkeit des Schattens führt bei diesem Bild dazu, dass der Eindruck entsteht, die Schnur läge dem Elch um den Hals. Dieser Eindruck wird kombiniert mit und verstärkt durch das uns sehr bekannte Bild der baumelnden Füße. Diesen starken Anschnitt kennen wir aus Film und Fernsehen, wo dadurch angedeutet wird, dass jemand erhängt worden ist, ohne es wirklich zu zeigen. “Manche Bilder wachsen einem trotz Die Graustufen verstärken den flächigen Effekt des technischer Mängel einfach ans Herz. Bildes und betonen den Schatten. Diesen unten leicht anUnd mal ehrlich: Wenn das Motiv zuschneiden, reduziert ihn wiederum so weit in seiner optistimmt, ist die Technik nicht mehr schen Dominanz, dass der Betrachter wieder zu den Füßen so wichtig!” zurückkehrt. Hervorgehoben werden diese in Relation zur Bildfläche eher kleinen Bildelemente auch durch die Helligkeits- und Schärfeverteilung. Nachbearbeitung
Technik Unabhängig von dem Motiv ist diese Aufnahme ein guter Hinweis auf die Qualität meiner Ausrüstung – die Tonwerte sind verwaschen und die Schärfe nicht knackig. Auch meine „Belichtungskünste“ führten leider dazu, dass ich nicht mit der Spotmessung auf die hellen Kordelbeine gemessen habe, sondern mich auf das Ergebnis der mittenbetonten Integralmessung verließ. Und so sind sie etwas überbelichtet worden.
© Cora Banek • Februar 2004 • ca. 11:30 Uhr • Innenstadt, Uelzen • Canon EOS 300 • Vivitar Series 100 mm Makro/3,5 • Blende 3,5 • 1/500 Sekunde • Film Kodak T400CN • ISO 400 • Tageslicht
Um das Bild ruhiger zu gestalten, wurde im Nachhinein ein heller Strich, der zwischen Spielzeug und Schatten das Bild vertikal teilte, entfernt. Außerdem brachte der Beschnitt auf ein quadratisches Format noch einmal mehr Ruhe ins Bild. Darüber hinaus wurden Helligkeit und Kontrast angepasst. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Walk of Fame
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Komisches & Absurdes
Motiv Wartezeiten sind Fotozeiten. Wenn Sie in der Stadt auf jemanden warten, gehen Sie auf Motivsuche: Details, Linien, Flächen, Formen, Bewegungen, Situationen, Passendes und Unpassendes. Solche kleinen Fingerübungen trainieren Ihren fotografischen Blick ungemein und das Beste ist, Sie brauchen eigentlich nicht einmal wirklich eine Kamera dazu. Doch zugegeben: Mit einer Edelkompakten in der Tasche macht es mehr Spaß, weil man die „Beute“ mit nach Hause nehmen kann, insbesondere, wenn doch einmal ein richtig gutes Bild darunter ist. Dieses Foto entstand mitten in Wien, als ich zusammen mit unserem Sohn vor einem Supermarkt in der Innenstadt auf Cora wartete. Einer der Kunden hatte einen 5-Kilo-Eimer Marillen gekauft und beim Weg zum Auto ein paar davon verloren. Obwohl er es bemerkte, ließ er sie liegen – ein „gefundenes Fressen“ für meine Kamera. Übrigens lässt sich an diesem Bild besonders gut die irritierende Wirkung von Bildelementen zeigen, die nicht in die Umgebung gehören. Die Straße wird durch den Asphalt, die Beine und den Hintergrund deutlich genug charakterisiert, auch die beiden Marillen sind durch Farbe und Form schnell identifiziert. Aber dass die beiden auf dem nassen Gehweg ganz frisch und trocken sind wie alle anderen Passanten, verwirrt den Betrachter und lässt ihn mit einer rätselhaften Geschichte zurück. Bildgestaltung Die beiden Marillen fungieren hier als Eyecatcher und führen den Blick in das Bild hinein. Zusammen mit den hellen Beinen als dritten Punkt bilden sie ein auf der Spitze stehendes Dreieck, das eine eher instabile Dynamik vermittelt. Der kleinteilige Hintergrund wird durch die Unschärfe abgeschwächt, bildet aber dennoch einen auffälligen Kontrast zur großen, detailreichen Fläche des Gehwegs.
Licht Leider fiel dieser Wien-Urlaub größtenteils ins Wasser, dementsprechend war auch der Himmel bis zum vorletzten Tag fast ausschließlich „hamburgisch“ bedeckt und grau. Hier machte der Regen gerade einmal eine Pause, aber der nasse Asphalt reflektierte das Licht relativ stark. Durch die hohen Häuser begrenzt, war die Lichtsituation nicht allzu hell, dafür aber extrem weich.
“Ich weiss nicht, warum, aber es fällt meinen aufmerksamen und umherschweifenden Augen sehr leicht, solche Situationen zu sehen und als Motive zu erkennen. Die Umsetzung ins Bild erfolgt dann meist intuitiv.”
Technik Bei meiner Kompaktkamera ist mir die Naheinstellgrenze besonders wichtig – genau wegen solcher Fotos wie diesem. Da sich das Autofokusmessfeld bei diesen Kameras meist nur in der Mitte befindet, muss ich beim Fokussieren aufpassen und habe mir eine besondere Technik angewöhnt: Ich richte die Bildmitte auf einen Punkt unmittelbar vor meinem Motiv. Dann kippe ich die Kamera nach oben, um den richtigen Ausschnitt zu wählen. Durch das Kippen der Kamera verschiebt sich die fokussierte Ebene nach hinten, was ich so bereits vorher ausgleiche.
© Georg Banek • Juni 2010 • ca. 20:00 Uhr • Singerstraße, Wien • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 4 • 1/100 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht
Nachbearbeitung Der Asphalt eines Gehwegs hat meistens viele (helle) Flecken, die den Blick bei einem solchen Bild stark anziehen würden – diese wurden entfernt. Der Ausschnitt wurde von oben etwas korrigiert und die Helligkeit deutlich angehoben. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Sonnenbad
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Komisches & Absurdes
Motiv Manchmal ergeben sich rein zufällig Szenerien, die einem erst auf den zweiten Blick ihre komische Seite zeigen: Als ich den Kuschelhund Joe nach dem Duschen zum Trocknen über die Badewanne hängte, bemerkte ich es noch nicht; erst als ich das nächste Mal ins Bad kam, erwartete mich genau dieser Anblick und ich musste schmunzeln. Der kleine Hund wirkt entspannt, erschöpft und dabei ganz unfreiwillig komisch. Und da Georg gerade dienstlich nicht in der Stadt war, griff ich zur Kamera, um ihn an dem Anblick teilhaben zu lassen. Bildgestaltung Die Aufnahme wirkt künstlich und inszeniert, was neben dem Motiv rein formal hauptsächlich auf die Farbgebung zurückzuführen ist: Die Mischlichtsituation ist sofort erkennbar, da der Vordergrund in einen warmen, orangefarbenen Schein getaucht ist und der Hintergrund in einen kühlen Blauton. Ersteres entsteht wegen einer Kunstlichtlampe, Letzteres wegen des durchs Fenster einfallenden Tageslichtes. Dass die warmen Farben überwiegen, gibt dem Bild eine heimelige Atmosphäre, die schön mit der Badezimmeratmosphäre kontrastiert – als wäre es bei dem Plüschhund kuschelig warm, im gekachelten Bad aber eher kühl. Die Vignettierung in den Ecken lenkt den Blick auf das Hauptmotiv, das auch durch die Perspektive und die Abbildungseigenschaften des Weitwinkelobjektivs prominent in Szene gesetzt wird. Der Raum im Hintergrund wirkt eher klein und bildet die Kulisse für das Kuscheltier. Technik Die Kombination aus Tageslicht und Mischlicht im Bild ist gar nicht so selten – immer, wenn Sie in beleuchteten Innenräumen fotografieren und gleichzeitig Sonnenlicht durchs Fenster scheint, ist genau das gegeben. Doch nicht jedes Mal werden die unterschiedlich gefärbten Lichtquellen im Bild sichtbar, manchmal erscheint die zweite Lichtquelle bloß als leichter, kaum wahrnehmbarer, andersfarbiger Schimmer.
Licht Die frühe Sonne, die an dem Morgen durchs Fenster schien, fiel durch eine dünne Wolkendecke gestreut in den Raum. Die Deckenlampe war ebenfalls eingeschaltet und gab ihr rotes Licht ab. Der rundum weiß gekachelte Raum, reflektierte das Licht zwar, dennoch war eine relativ lange Belichtungszeit notwendig. Den ISO-Wert wollte ich nämlich nicht erhöhen, um kein unschönes Rauschen zu verursachen.
“Jedes Mal wieder muss ich schmunzeln und freue mich über diese Aufnahme - sie zählt nicht umsonst zu meinen liebsten. Ich mag die Farben, das ‘Modell’ und die Situationskomik.”
Dafür sollten Sie den Weißabgleich am besten für die Lichtquelle wählen, die heller ist. Sind jedoch beide Lichtquellen ähnlich stark, wird es bestimmt zu deutlichen Farbstichen kommen. Hier empfiehlt sich die Wahl eines Weißabgleichs für Tageslicht, da Verfärbungen durch künstliche Lichtquellen eher akzeptiert werden, als ein allzu blaues, unnatürliches Tageslicht. Verlassen Sie sich in solchen Fällen auf den automatischen Weißabgleich, so ist das Ergebnis – wie hier – ziemlich zufällig.
© Cora Banek • April 2007 • ca. 08:15 Uhr • Privatwohnung, Lüneburg • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 2,8 • 1/30 Sekunde • ISO 160 • Tageslicht und Kunstlicht
Nachbearbeitung Da die Farbgebung von sich aus schon so schön abgestimmt war, erhöhte ich lediglich den Kontrast etwas, um die Töne noch satter werden zu lassen. Außerdem retuschierte ich eine sehr störende Reflexion in der Badewanne. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Such mich!
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Komisches & Absurdes
Motiv Dieses Bild weist gleich drei komische Elemente auf, die dazu führen, dass man sich kaum eines Lächelns und des Gedankens „oh wie niedlich“ oder „süüüüß“ erwehren kann: Zum einen ist da der Tonhase selbst, der als süß entworfen wurde und mit seinen langen Löffeln und der comicartigen Schnauze einfach nur knuddelig und liebenswert wirkt. Mit einem anderen, realistischer wirkenden Hasen wäre dieses Bild nicht so unmittelbar komisch. Dann kommt die Situation hinzu, dass der Hase nichts sehen kann, weil ihm der Schnee die Sicht verdeckt. Bereits darin liegt etwas Ungewohntes, weil der Hase als Sinnbild der Schnelligkeit lange stillhalten muss, damit sich diese Menge an Schnee ansammelt. Dazu passt, dass der Ausdruck um den Mund so gedeutet werden kann, als wäre der Hase etwas verstimmt über das, was ihm da passiert ist. Als Drittes ergibt sich aus den beiden Motiven Schnee und Hase auf einer Metaebene sofort die Assoziation an Weihnachten und Ostern – der Osterhase hat verschlafen oder übernimmt die Urlaubsvertretung für den Weihnachtsmann. Insofern hat das Bild gleich drei Möglichkeiten, dem Betrachter ein freudiges Lächeln zu entlocken und wirkt dementsprechend stark. Bildgestaltung
Licht E ist immer dann besonders schwer, Schnee richtig zu belichten, wenn die Sonne scheint. Denn durch die extrem starke Reflexion erhöht sich der Motivkontrast sehr schnell auf einen Wert, der weit jenseits der Abbildungsfähigkeiten jedes Sensors und jedes Films liegt. In diesem Fall war der Himmel aber bewölkt, weswegen mithilfe der Spotmessung alle Details des Bildes erhalten blieben.
Auf dem gleichmäßigen Hintergrund sind hier nur zwei Bildelemente angeordnet, zum einen der Hase als alleiniges Hauptmotiv und dann der schneebedeckte Stein im Hintergrund. Letzterer fungiert “Als ich zu fotografieren begann, hatte lediglich als optische Auflockerung der Fläche und verleiht ich meine Kamera immer dabei und dem Bild räumliche Tiefe. Die Positionierung des Hauptelements erfolgt etwas außerhalb des Goldenen Schnittes und suchte ständig Motive - den Schneeverleiht dem Bild dadurch eine leichte Spannung. hasen entdeckte ich bei einem Winterspaziergang in meinem Heimatort.” Technik Bei hellen Motiven wie diesem können die Belichtungsmesser jeder Kamera nur Fehler in der Messung produzieren, da sie alle auf Neutralgrau geeicht sind. Durch das viele Weiß, das deutlich mehr Licht reflektiert als die genormten 18 Prozent, denkt das Messmodul, dass viel mehr Licht vorhanden ist, als dies tatsächlich der Fall ist. Dementsprechend belichtet die Kamera viel zu knapp, das Bild wird dunkel. In solchen Situationen müssen Sie als Fotograf bewusst gegensteuern: Entweder mit einer Ersatzmessung auf etwas Graues oder indem Sie manuell in die Belichtungssteuerung eingreifen und gezielt überbelichten.
© Cora Banek • Februar 2004 • ca. 11:45 Uhr • Hübelshecker Weg, Vettelschoß • Canon EOS 30 • Vivitar 100 mm Makro/3,5 • Blende 3,5 • 1/250 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T400CN • ISO 400 gepullt auf 200 • Tageslicht
Nachbearbeitung Der Hintergrund wurde hier nach dem Scannen des Negativs sorgfältig entfleckt, da überall dunkle Punkte im Schnee den Blick anzogen. Anschließend wurden Helligkeit und Kontrast noch einmal angehoben und eine sehr leichte Tonung in Braun den Tiefen beigemischt. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Trio Infernale
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Komisches & Absurdes
Motiv Drei gute Kumpels lungern an einer Straßenecke herum und blicken bei einem Fläschchen Bier in die Ferne. Der eine von ihnen trägt eine schiefe Baskenmütze, die anderen beiden sind ohne Kopfbedeckung gekommen. Sie reden nicht viel, sondern schauen einfach unbewegt und ziemlich entspannt geradeaus ... Ich kann mich nicht gegen diese Assoziationen wehren, denn für mich drängen sie sich geradezu auf – schon als ich die drei Flaschen dort am Fuß der Treppe stehen sah, in Reih' und Glied, die eine mit dem schief aufgesetzten Kronkorken. Irgendwie muss ich an südliche Länder denken, wo ältere Herren beinahe stundenlang auf einem Klappstuhl vor ihrem Haus sitzen und kaum reden, nur gucken – und bei denen ich mich immer wieder frage, was es wohl zu sehen gibt.
Bildgestaltung Die drei waagerechten Bereiche aus Stufe, gepflastertem Boden und Wiese im Hintergrund geben der Aufnahme eine sehr flächige, gerade Wirkung. Dreidimensionalität entsteht nur durch den Fokus auf den Flaschen und die relativ geringe Schärfentiefe sowie durch die Überlappung der Flaschen. So wird klar, dass diese sich eine Stufe unterhalb des Kamerastandpunktes befinden, während der Hintergrund aus Boden und Wiese auf derselben Ebene zu liegen scheinen. Die unbunten, reduzierten Farben unterstützen die ruhige Atmosphäre des Bildes. Die Position der Flaschen nahe dem rechten und unteren Bildrand gibt dem Bild formale Spannung. Die diagonalen Linien der Pflastersteine führen den Betrachter in „Blickrichtung“ der Flaschen in den hinteren Teil der Aufnahme, der auch durch die vielen Details der Wiese und deren Helligkeit einen Ankerpunkt für die Augen bildet. Wegen der Unschärfe bleibt man aber nicht lange dort, sondern kehrt recht schnell zu den Flaschen zurück.
Licht Im Schatten eines Vordachs war das Licht diffus gestreut und es entstanden keine störenden Schatten. Die helle Sonne fällt weiter hinten auf der Wiese wieder direkt auf den Boden. Durch das Ausblenden des direkten Sonnenlichtes wird der Motivkontrast reduziert und die Zeichnung in den dunkelbraunen Flaschen bleibt gut erkennbar.
“Die drei Flaschen habe ich genau so vorgefunden und nicht verändert - was ja auch eigentlich Ehrensache ist, oder? Und ich vermute mal, nicht viele Fotografen hätten hier ein Motiv gesehen und ihre Kamera gezückt.”
Technik Der flächige Eindruck entsteht sehr stark durch den Einsatz eines leichten Teleobjektivs bei relativ weit geöffneter Blende. Denn längere Brennweiten an und für sich verkleinern bereits den Schärfentiefebereich und eine offene Blende bewirkt noch einmal dasselbe. Darüber hinaus stauchen Teleobjektive die Dimensionen der Wirklichkeit, indem Entfernungen zwischen hintereinander liegenden Objekten verkürzt dargestellt werden. Der Eindruck von räumlicher Tiefe wird so minimiert.
© Georg Banek • Juli 2006 • ca. 18:30 Uhr • Fachhochschule Volgershall, Lüneburg • Canon EOS 5D • Canon EF 85 mm/1,8 • Blende 4 • 1/250 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Manche Bilder benötigen keine Nachbearbeitung und selbst eine Retusche störender Bildpunkte würde das Ergebnis zu sauber und künstlich wirken lassen. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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echt wahr?
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Komisches & Absurdes
Motiv Ein großer Vogel fliegt durch das Bild, in dessen Hintergrund sich ein Zeppelin über die Hausdächer bewegt ... – die Zusammenstellung ist ungewohnt, selten, beinahe absurd. Wobei die Absurdität hier nicht in einer Sinnlosigkeit besteht, sondern in der Ungewöhnlichkeit, denn Zeppeline sieht man selten. Ich habe in meinem Leben vielleicht vier-, fünfmal ein Luftschiff majestätisch über meinem Kopf dahingleiten gesehen. Die Gefährte bewegen sich schnell, fliegen tief und man kann den Lärm des Motors am Boden hören. Als an jenem Montagabend plötzlich ein Werbebanner in Form eines Zeppelins über unserem Haus hinwegrauschte, war ich dementsprechend froh, meine Kamera zufällig sofort griffbereit zu haben. Es entstanden gerade mal drei Bilder, in denen ich den am oberen Balkon baumelnden Kunststoff-Vogel ins Bild integrierte – denn die Szene war genauso schnell vorüber, wie sie entstanden war. Licht
Bildgestaltung Die inhaltliche Ungewöhnlichkeit liegt im Motiv begründet, auf formaler Ebene bewirkt die Schärfeverteilung und die große dominante Fläche des Vogels, die mit dem Hintergrund kontrastiert, die Besonderheit des Bildes. Denn auch wenn der Schattenriss etwa die Hälfte der Bildfläche einnimmt, können die anderen, detailreichen und scharf fokussierten Bildelemente es optisch mit ihm aufnehmen. So entsteht eine interessante Blickführung zwischen dem Vogel, der problemlos als solcher erkennbar ist, dem Zeppelin und den Hausdächern. Technik Ergeben sich Motive spontan und verändern sich zu allem Überfluss auch noch schnell, ist es wichtig, die eigene Kamera zu beherrschen. In solchen Momenten hätte ich mich früher auf die Belichtungsautomatiken meiner Kamera verlassen, wobei ich bis auf wenige Ausnahmen die Zeitautomatik wählte – die Blende also manuell einstellte und die Verschlusszeit automatisch zugeführt wurde.
“Man kann nie wissen, wann und wo einem die Motive begegnen - manchmal sogar während eines Feierabendcocktails auf dem eigenen Balkon ...”
Heute arbeite ich hingegen ausschließlich – also auch bei bewegten Motiven, bei denen es schnell gehen muss – manuell, wähle für jede Aufnahme erneut Blende und Verschlusszeit. Mir dieses Vorgehen ganz gezielt anzugewöhnen, hat mir geholfen, Fehlerquellen zu minimieren und bewusster fotografieren zu lernen. Irgendwann ging es mir so in Fleisch und Blut über, dass ich es heute nicht mehr als zeitverzögernd empfinde.
© Cora Banek • Juni 2006 • ca. 21:46 Uhr • Privatwohnung, Mainz • Canon EOS 5D • Sigma EX DG 105 mm Makro/2,8 • Blende 6,5 • 1/250 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht
Die Sonne ging bereits langsam unter und färbte den Himmel und die Gebäude in einen diffusen Rotton. Der Himmel war dünn bewölkt und die Kontraste so relativ gering. Dennoch ging die korrekte Belichtung des Zeppelins mit einer Unterbelichtung des Vogels einher, der dadurch zu einem strukturlosen Schattenriss wurde. Wichtig war dabei, dass seine Form erkennbar bleibt, um nicht als inhaltlich rätselhafte Fläche das Bild zu stören.
Nachbearbeitung Nach der Entwicklung aus dem RAW, bei der die Belichtungseinstellungen der Aufnahme übernommen wurden, musste hier lediglich der Kontrast noch etwas erhöht werden. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Streetball
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Komisches & Absurdes
Motiv Als ich dieses Bild das erste Mal veröffentlichte, bekam ich gleich mehrfach den Kommentar zu hören, hier sei eine schöne Photoshop-Spielerei gelungen umgesetzt worden ... Mich hat das sehr überrascht, denn nicht im Traum würde es mir einfallen, ein solches Bild allein am Rechner zu gestalten. Nein, stattdessen sehe ich solche Motive entweder genau so auf der Straße – oder verzichte auf das Bild. Und sei die Geschichte, die es erzählt, auch noch so gut. Doch warum denken nicht wenige bei so einem Motiv daran, dass es manipuliert sei? Weil es ungewöhnlich ist? Weil es ein gutes Auge, Glück und Zufall benötigt, um so ein Motiv zu entdecken? Weil einem nicht alle Tage so etwas ins Auge springt? – Ich weiß es nicht, aber auf jeden Fall kann ich Ihnen versichern, dass sich häufiger solche amüsanten Motive finden lassen, als Sie vielleicht glauben wollen. Dieses malträtierte Auto entdeckte ich an einem heißen Sommertag in einer der staubigen Straßen der Mainzer Altstadt. Bildgestaltung Den tiefen Kamerastandpunkt wählte ich einerseits, um die Perspektive spielender Kinder nachzuempfinden. Andererseits wird so das Auto selbst reduziert und der vordere Abdruck dominanter. Und auch die Spiegelungen der Häuser in der Autotür, die dem Bild sowohl formal als auch inhaltlich mehr Tiefe geben, kamen so am besten zur Geltung. Technik Dieses Bild ist ein gutes Beispiel dafür, welche Nachteile das JPEG als Aufnahmeformat gegenüber dem RAW-Format mit sich bringt: Denn beim RAW-Format werden alle während der Aufnahme vorhandenen Licht- und Farbinformationen gespeichert, die der Kamerasensor erfassen kann, beim JPEG hingegen wesentlich weniger.
Licht Die Mittagssonne stand hoch am Himmel und ihr Licht fiel unbarmherzig hart auf die kleine Kreuzung. Ein Teil des Autos stand im Schatten eines Hauses, was den Kontrastumfang extrem erhöhte. Damit der vordere Abdruck gut sichtbar ist, musste ich also in Kauf nehmen, dass der hintere sowie der helle Hintergrund des Bildes hoffnungslos überstrahlen würden.
“Trotz der Überbelichtung mag ich das Bild unheimlich gern, denn das Auto tut einem einfach leid. Gleichzeitig empfinde ich die Zusammenstellung aus gedeckten Farben und dem amüsanten Detail der klar erkennbaren Abdrücke auch als durchaus ästhetisch.”
Aus diesem Grund ist hier ein beträchtlicher Teil des Bildes überbelichtet und auch in der Nachbearbeitung habe ich keine Möglichkeit, die Zeichnung in diesen Bereichen zu erhöhen. Um mehr Bildinformationen als die vorhandenen zur Verfügung zu haben, hätte ich eine Belichtungsreihe anfertigen müssen und diese im Bildbearbeitungsprogramm miteinander verrechnen müssen.
Wäre die Aufnahme im RAW-Format entstanden, könnte ich den größtmöglichen Kontrastumfang ausnutzen und in den hellen Stellen bereits im RAW-Konverter mehr Zeichnung bekommen.
© Cora Banek • April 2007 • ca. 13:15 Uhr • Altstadt, Nähe Rochusstraße, Mainz • Casio Exilim Z-750 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 2,8 • 1/100 Sekunde • ISO 50 • Tageslicht
Nachbearbeitung Den Kontrast konnte ich im Nachhinein nicht abmildern, also beschränkte sich die Bearbeitung auf eine Entsättigung des Rottons und ein leichtes Abwedeln der Abdrücke, damit er noch klarer hervortritt. Dia-Scan Digitales JPEG Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
103
Mülltrennung
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Komisches & Absurdes
Motiv Um die Absurditäten des Alltags einzufangen, braucht man als Fotograf die üblichen Dinge: eine Kamera, ein sehr waches Auge für die zufälligen Arrangements, an denen andere achtlos vorbeigehen, und meist auch eine schnelle Reaktionszeit. Für Bilder wie dieses braucht es darüber hinaus noch eine ordentliche Portion Selbstüberzeugung, Mut oder Sorglosigkeit. Denn als Erstes muss man die innere Stimme zum Schweigen bringen, die einen mehr oder minder freundlich darauf aufmerksam macht, dass man da gerade Abfall fotografiert – und das durchaus im doppelten Sinne. Noch heftiger wird es, wenn man solche Fotos jemand anderem zeigt oder sie öffentlich präsentiert. Man muss damit rechnen, zumindest auf Unverständnis zu treffen, vermutlich sogar auf offen geäußerte Abwertung. Das ist legitim, schließlich muss nicht jeder Betrachter mit den inhaltlich absurden und stark auf formaler Ebene wirkenden Bildern etwas anfangen können. Bildgestaltung Das Bild zerfällt in drei Bereiche: die vordere und die hintere Pfütze sowie die regelmäßig gemusterte Fläche mit den Pflastersteinen. Dieses Muster bewahrt das Bild davor auseinanderzufallen und verbindet die beiden Hauptbildbereiche, die durch ihre Helligkeit und die organisch-runden Formen stark hervorgehoben werden. Der Betrachter pendelt zwischen ihnen hin und her, zumal beide mit Schaumstoff und Apfelgrieben jeweils noch einen besonderen Akzent setzen. Die Verpackung im Vordergrund weist durch die Größe, die Spiegelung und die Schärfe dasselbe optische Gewicht auf wie der einzige leuchtende und stark gesättigte Punkt – der Apfel in der kleinen Pfütze weiter hinten. Technik
Licht In der vorderen Pfütze spiegelt sich deutlich der teilweise blaue, teilweise bewölkte Himmel, die Schatten zeigen klar, dass die nachmittägliche Sonne als starkes Gegenlicht in die Kamera fiel. Ohne diese Lichtsituation würde der Apfel nicht so sehr leuchten, das Bild würde an Lebendigkeit verlieren und längst nicht mehr so stark – wenn überhaupt – wirken.
“Ich schiebe es eher auf mein spielerisches Gemüt als auf meine Selbstüberzeugung oder meinen fotografischen Mut, dass ich mich traue, auch inhaltlich absurde Bilder wie dieses hier zu veröffentlichen.”
Die kleine Kompaktkamera habe ich anfangs nur als Spielzeug angesehen und sie deswegen im Automatikmodus belassen – für Schnappschüsse im Lomo-Stil. Heute ärgere ich mich sehr darüber, denn dabei sind einige Fotos entstanden, die ich gerne in besserer technischer Qualität hätte.
Bei diesem Foto entspricht die Schärfentiefe zufällig der, die ich auch selbst gewählt hätte. Den Fokus habe ich bewusst auf den welligen Schaumstoff gelegt und hatte Glück, dass er richtig lag, denn der Autofokus der kleinen Kamera arbeitet nicht immer exakt.
© Georg Banek • Februar 2007 • ca. 15:30 Uhr • Rheinpromenade Adenauer-Ufer, Mainz • Casio Exilim Z-750 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 80 mm • Blende 4,5 • 1/125 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht
Nachbearbeitung Da dieses Bild nicht als RAW vorliegt, konnten die Kontraste nur bedingt nachbearbeitet werden, ohne dass die Lichter ausbrechen. Deshalb wurde hauptsächlich die Farbsättigung verstärkt. Dia-Scan Digitales JPEG Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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smiling man
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Komisches & Absurdes
Motiv Georg und ich fotografieren sehr oft gemeinsam – an denselben Orten, dieselben Motive. Und manchmal kommt es dabei verblüffenderweise vor, dass wir unabhängig voneinander exakt dasselbe Bild machen, was wir dann später am Rechner amüsanterweise feststellen können (so zum Beispiel die Aufnahme auf Seite 170). Doch bei jeder Aufnahme ist trotzdem klar, wer es gemacht hat und wessen Idee es ist. Dieses Bild ist da die Ausnahme, denn wir wissen nicht, wer eigentlich mehr zu dem Bild beigetragen hat: Ich war zwar die Fotografin im technischen Sinne, hatte also die Kamera in der Hand, habe durch den Sucher den Bildausschnitt etc. festgelegt und ausgelöst, doch die Idee hatte Georg allein. Wir saßen auf der Dachterrasse der Gloriette auf einer Bank in der Sonne, als Georg die Maserung im Holzboden entdeckte, die ihn aus dieser Perspektive anlächelte. Er setzte sich so, dass sein Schatten zu Kopf und Körper für das Gesicht wurden – und bat mich, ein Bild davon zu machen. So gesehen, war es wohl ein gemeinsames Werk. Bildgestaltung
Licht Je härter das Licht, desto klar umrissener die Schatten. Zum Glück fiel das Licht an jenem späten Vormittag hell auf die Gloriette. Die Sonne stand direkt in unserem Rücken und warf unsere Schatten direkt vor uns auf den Boden.
Bilder mit so viel Inhalt brauchen keine plakative oder reißerische Bildgestaltung. Manchmal genügt es, das Motiv an sich „einfach“ abzubilden, wenn dieses stark genug ist, das Foto zu tragen. “Dieses Bild macht gute Laune! Man Um dieses Hauptmotiv wirkungsstark zu inszenieren, wählte fühlt sich so frech angegrinst, dass ich einen Ausschnitt, der die Umgebung ausblendete. man unweigerlich zurückgrinsen möchDen Schatten und das Gesicht platzierte ich so auf der te - und das hebt die Stimmung auf Bildfläche, dass es wirkt, als würde die Person aus einer der Stelle. Wir mögen das Bild auch Bewegung heraus in die Kamera blicken, wie zufällig. Diese hohe Dynamik wird durch die diagonalen Linien der Holzwegen seiner Originalität, so dass es bretter noch verstärkt. Einen Gegenpol dazu bildet die harin diesem Jahr in unseren Kalender monische Platzierung des Gesichts im Goldenen Schnitt. Einzug erhielt - und mir zufälligerweise gerade, während ich das hier schreibe, Technik von dort aus entgegen grinst. :)” Mit der Spotmessung wird das Licht an einem kleinen Punkt gemessen, der zwei bis fünf Prozent der Sucherfläche einNachbearbeitung nimmt. Bei Motiven, die sehr kontrastreich sind beziehungsweise bei Um den Schatten und die Struktur der Holzdenen das Hauptmotiv im Vergleich zur übrigen Bildfläche sehr hell oder planken stärker hervorzuheben, wurde die sehr dunkel ist, wird diese Belichtungsmessung zur idealen Methode. Helligkeit des gesamten Bildes gesenkt und Auch hier wurde der Lichtwert für das Gesicht als wichtigstem Bildbedas Gesicht leicht abgewedelt. reich mit der Spotmessung ermittelt und die Belichtung entsprechend Dia-Scan Aufhellen gewählt, um einen durchgezeichneten Schatten zu erhalten. RAW-Entwicklung Abdunkeln
© Cora und Georg Banek • September 2006 • ca. 11:15 Uhr • Besucherterrasse Gloriette, Wien • Canon EOS 5D • Sigma EX 105 mm Makro/2,8 • Blende 7 • 1/125 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Tod in der Badewanne
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Komisches & Absurdes
Motiv Situationskomik entsteht zufällig, ungeplant und eher nebenbei – leise und unbemerkt. Erst wenn jemand das komische Moment in der Situation entdeckt, wird daraus ein einsamer Schmunzler, ein kollektiver Lacher oder eine Geschichte, die auch Jahre danach noch erzählt wird. Als Fotograf haben wir die Chance, mit unserem Bild diesen Moment festzuhalten und sie anderen unmittelbar zu zeigen. Der Mainzer Rheinstrand (www.mainzstrand.de) ist besonders edel ausgestattet mit Holzstegen, Palmen, Liegestühlen, Hängematten und einem Wasserbassin. Bei meinem morgendlichen Weg zur Arbeit kam ich fast täglich dort vorbei, noch bevor die Anlage geöffnet wurde. Eines Tages sah ich den Plastikflamingo, der normalerweise neben dem kleinen Springbrunnen in diesem Bassin befestigt war, im Wasser treiben. Dieses Detail, das den meisten anderen vermutlich entgangen wäre, regte sofort meine Fantasie an: Der Flamingo wirkte so trostlos, allein und verloren wie eine Leiche in einem Krimi ... Bildgestaltung Vor allem der hohe Kontrast bei gleichzeitig stark entsättigten Farben in Erdtönen geben dem Bild eine unwirklich künstliche Anmutung und eine dramatische Wirkung, die gut zu einem Mord-Tatort passen. Der enge Ausschnitt und das Hochformat erhöhen die Spannung zusätzlich. Aufgrund der geringen Größe des Tiers und der Kleinteiligkeit des Bildes fällt der Flamingo nicht sofort ins Auge, die Umgebung erhält so eine große Wichtigkeit für das Bild und wird zum Teil der Geschichte. Technik
Licht Recht früh morgens war bereits genügend Licht vorhanden, um selbst bei voll ausgefahrenem Zoom noch eine schnelle Verschlusszeit zu realisieren. Das trotz einiger leichter Wolken sehr gerichtete Licht erzeugte sichtbare Schatten, die gut zu dem dramatischen Thema passen; gleiches gilt für die Gegenlichtsituation.
“Für mich ist die Assoziation zu einem Krimi so stark, dass ich intuitiv die Absperrbänder der Polizei auf dem Bild vermisse. Aber vielleicht funktioniert das auch nur in meiner Fantasie ...”
Problematisch war bei diesem Bild der große Abstand zum Motiv, denn da das Gelände eingezäunt und um diese Uhrzeit noch verschlossen war, konnte ich nicht näher heran. Auch wenn die Perspektive passte, reichte der optische Zoom meiner kleinen Kompakten leider nicht aus, den Plastikvogel größer ins Bild zu setzen oder gar formatfüllend abzubilden. Also entschied ich mich, die Umgebung mit einzubeziehen, denn auf den digitalen Zoom wollte ich wegen der damit einhergehenden deutlich schlechteren Qualität dann doch nicht ausweichen.
Kompaktkameras mit einem starken optischen Tele würde ich übrigens nur noch mit eingebautem Bildstabilisator kaufen, da man diese Leichtgewichte besonders schnell verwackelt.
© Georg Banek • April 2007 • ca. 08:15 Uhr • Rheinpromenade Adenauer-Ufer, Mainz • Casio Exilim Z-750 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 210 mm • Blende 5 • 1/320 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Die Bearbeitung sollte den dramatischen Touch eines Tatorts im Krimi widerspiegeln. Deswegen wurde die Sättigung der Farben stark reduziert und der Kontrast dann deutlich angehoben. Eine leichte Verschiebung der Farben ins Rote und Gelbe ergab den bräunlichen Touch. Die Tonwerte des Flamingos wurden separat ausgearbeitet. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Area 51
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Komisches & Absurdes
Motiv Eine unglaublich starke inhaltliche Einflussgröße in der Fotografie ist der Bildausschnitt. Dabei ist die Tatsache, dass etwas nicht gezeigt wird, oft durchaus genauso wichtig wie das Gezeigte. Denn durch das Weggelassene wird das Motiv seines Kontexts beraubt und der Betrachter verliert die Möglichkeit, das Gezeigte einzuordnen oder zu verstehen. Ganz deutlich wird das bei dieser vollkommen absurden Zusammenstellung Tiger, Teddy, Gorilla und Aliens. Losgelöst aus der Umgebung fragen sich sicherlich die meisten Betrachter, welcher Mensch so – sagen wir mal freundlich – seltsam drauf ist, diesen inhomogenen Haufen nicht zueinander passender Gestalten zu einem solchen Gruppenfoto zu versammeln. Und genau in dieser scheinbar willkürlichen und absurden Zusammenstellung liegt das eigentliche Motiv dieses Bildes. Wenn man erstmal weiß, dass die drei Stofftiere vorn die Preise auf dem Tresen einer Ringwurfbude im Wiener Prater sind, löst sich diese Sinnlosigkeit durch das Wissen auf der Metaebene allerdings auf und wird verständlich. Der Reiz des Absurden bleibt dennoch. Bildgestaltung
Licht Die fast wolkenlose Sonne brannte recht unbarmherzig auf den Wiener Prater herunter. Die Jahrmarktbude hatte ein vorspringendes Dach, das den Raum lichttechnisch zweiteilte. Während sich der Tresen direkt in der gleißenden Sonne befand, lag die empfindliche Alienhaut geschützt im Schatten. Gemessen habe ich mit der Spotmessung auf dem Gesicht des Tigers und nur der sehr hohe Kontrastumfang des Schwarzweißfilmes rettete mir ausreichend Zeichnung.
Durch den Anschnitt von Tiger und Teddy unten und links werden die Stofftiere im Vordergrund etwas in ihrer optischen Dominanz reduziert. Dadurch werden automatisch die Aliens wichtiger und bilden so einen gleichwertigen Gegenpol zu den drei Hauptpersonen. Gleichzeitig kann sich die dunkle Fläche des Tresens nicht über das ganze Bild erstrecken und dadurch zu auffällig beziehungsweise zu einem eigenständigen Bildelement werden. Die Reduktion der Farben auf ein klares, grafisches Schwarzweiß verstärkt die unrealistische, unwirk“Seit über acht Jahren liebe ich dieliche Wirkung der Szene. Der Tiger, als wichtigstes Element ses Bild ungebrochen und zähle es im Goldenen Schnitt platziert, bringt zum Ausgleich etwas zum allerengsten Kreis meines foRuhe ins kleinteilig-dynamische Bild. tografischen Olymps. Fragen Sie mich aber bloss nicht, warum ... :)” Technik Bei solchen Bildern wird klar, warum ein Sucher immer das volle Bild zeigen sollte. Der schon bei der Aufnahme ganz exakt so gewählte Bildausschnitt müsste sonst am Rechner nachgearbeitet werden – aber wie leicht übersieht man die kleinen Details am Rand in der Hektik der Bildbearbeitung. Die sehr lichtstarke Festbrennweite ermöglichte es mir, das Trio im Vordergrund sehr deutlich von der Gruppe im Hintergrund zu trennen und gleichzeitig ein fein ausbalanciertes Gleichgewicht zwischen beiden herzustellen.
© Georg Banek • Mai 2002 • ca. 14:00 Uhr • Prater, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 2,8 • 1/500 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach dem Scannen wurde die Aufnahme von Staub und Kratzern sowie kleinen Reflexionen im Hintergrund befreit, der Kontrast angehoben und die Tiefen in einem kaum sichtbaren Dunkelgrün gefärbt. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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non fiction
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Komisches & Absurdes
Motiv Auf den ersten Blick fragt man sich, was hier überhaupt das Motiv ist beziehungsweise was daran besonders sein soll. Bis der umherschweifende Blick an der leeren Dose Warsteiner hängen bleibt, stutzt – und man unweigerlich grinsen muss. Eindeutig ein Männerbad!? Richtig! Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: ein Männerbad in einer Männer-WG. Nirgends sonst habe ich so absurde Dinge im Bad gefunden und noch absurderen Dialogen zwischen jungen Männern gelauscht, wie während meiner Stippvisite als verheirateter Mann Ende 30 in einer Studenten-WG in der Mainzer Neustadt. Die wenigen Monate vor unserem gemeinsamen Umzug von Lüneburg nach Mainz habe ich dort vorübergehend gewohnt, während meine Frau uns in Ruhe eine neue Bleibe suchen konnte. Und nirgends sonst war es so oft so sinnvoll, eine Kamera mit ins Bad zu nehmen … Licht
Bildgestaltung Neben einer eher unauffälligen Bildgestaltung ist hier in erster Linie die Wirkung der Farben zu erwähnen: Deren enorme Leuchtkraft gibt dem Bild eine frische, junge und lebendige Wirkung, die gut zum Motiv und zum Thema des Bildes passt. Unterstrichen wird diese Wirkung noch durch die leicht schräge Perspektive und die spannungsreiche, randnahe Position der Bierdose. Trotz Fokus auf der Bierdose und deren Platzierung auf Augenhöhe wirken die anderen Badutensilien wegen ihres Bekanntheitsgrades schneller – die Bierdose wird erst später, auf den zweiten Blick wahrgenommen. Technik
“Was ich hier so mag, ist dass das Bild seine Wirkung erst auf den zweiten oder sogar dritten Blick entfaltet. Ein trotz der grellen Farben also eher leises Bild mit hintergründigem Humor.”
Unter extremen Aufnahmebedingungen werden die qualitativen Schwächen der Ausrüstung offensichtlich: Durch die ISO 400 beginnt die Kamera selbst in den hellen Bildbereichen massiv zu rauschen. Die vollständig geöffnete Blende verursacht Farbsäume. Und wie ich es geschafft habe, die 1/8 Sekunde nicht hoffnungslos zu verwackeln, ist mir bis heute ein Rätsel. Sicher, ich habe mich auf den Klodeckel gesetzt, den linken Arm auf dem Knie und den rechten auf einem Heizkörper aufgestützt – doch eigentlich verwackele ich gerade so kleine Kameras mangels Eigengewicht sehr schnell. Ein guter Tipp bei so langen Verschlusszeiten ist die Aktivierung des Zeitauslösers, da die Kamera dann nicht durch das Betätigen des Auslösers verwackelt wird.
© Georg Banek • April 2007 • ca. 23:30 Uhr • Privatwohnung, Mainz • Casio Exilim Z-750 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 40 mm • Blende 2,8 • 1/8 Sekunde • ISO 400 • Kunstlicht
Der kleine Raum wurde nur durch eine Neonröhre über dem Badezimmerspiegel erhellt, die nicht sonderlich viel Licht abgab. Auch die hellen Fliesen genügten nicht, die Lichtausbeute merklich zu erhöhen.
Nachbearbeitung Für leuchtende Farben und starke Kontraste wurde die Helligkeit des Bildes massiv angehoben und gleichzeitig auch die Farbsättigung erhöht. Eine Optimierung des Ausschnitts links und unten war mir wichtig, um das Bild auf das gefälligere 3:2-Format zu bringen. Dia-Scan Digitales JPEG Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Café oje
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Komisches & Absurdes
Motiv Die Macht absurder Fotos liegt darin, den Betrachter stutzen zu lassen. Der erste Blick erfasst die einzelnen Bildbestandteile und das Hirn versucht, sie zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzusetzen, um die Geschichte dahinter zu erfassen. Wenn das – wie bei diesem Bild – nicht gelingt, bleibt dem Betrachter nur ein ungläubiges Kopfschütteln verbunden mit einem verständnislosen „Was?“ als erste Reaktion. Dann aber versucht man instinktiv mit neu geweckter Wachsamkeit und aller Konzentration, dem Bild eine sinnvolle Deutung abzuringen, und damit hat der Fotograf den Betrachter genau da, wo er ihn haben will – in einer intensiven, gefesselten Auseinandersetzung mit dem Bild. Die ungewöhnliche Zusammenstellung aus halbiertem Schwan, Pappbecher, Brot und zwei Schatten wird noch dadurch erhöht, dass man bei der Perspektive eigentlich intuitiv erwartet, auch den Schatten des Fotografen samt den der Kamera im Bild zu sehen ... Bildgestaltung
Licht Das harte Licht des frühen Nachmittags fiel gerichtet von links hinter mir auf meinen Rücken und auf den Asphalt etwa zwei Meter unter mir. Dadurch erscheint mein Schatten im Bild deutlich nach rechts versetzt. Auch für den Schwan war dieses Licht gut, weil er dadurch keinen ablenkenden Schatten ins Bild warf.
Die Anordnung der drei Hauptelemente bildet – obwohl sie gar nicht zusammengehören und unterschiedlicher kaum sein könnten – optisch ein stabiles Dreieck. Schwan und Becher sind zwar beide hell, aber unterschiedlich in der Größe. Dafür sind Schwan und Schatten zwar ähnlich dominant durch ihre Größe, aber eben hell und dunkel. Becher und Schatten unterscheiden sich hingegen in beiden Aspekten, werden aber dadurch verbunden, dass der Schatten durch das Geländer bis zum Becher reicht und ihn berührt. So ergibt sich eine “Ich gebe zu, ich mag meine absurwechselnde Koalition von jeweils Zweien gegen den Dritten. den Bilder. Sie faszinieren mich und Die feinen Details der Federn halten den Blick im Bild, so sprechen mich emotional sehr an, auch dass trotz einer hellen Fläche am Bildrand eine geschlossene wenn sie nicht einmal für mich einen Blickführung Schwan – Becher – Schatten – Schwan entsteht. inhaltlichen Sinn ergeben.” Technik Dieses Bild ist mit einer kleinen digitalen Kompaktkamera entstanden, deren optischen Sucher ich nie wirklich benutzt habe. Stattdessen habe ich den Bildausschnitt auf dem rückseitigen Monitor beurteilt. Daher konnte ich bei diesem Foto die Kamera mit aufgestützten Armen vor meine Brust halten und den Ausschnitt ganz exakt wählen, ohne dass mein Schatten die typische, sofort erkennbare Pose mit der Kamera am Auge offenbarte. Denn das hätte meinen Schatten als den des Fotografen entlarvt. Dass das nicht geschieht, diese kleine zusätzliche Irritation ist wichtig für das Bild.
© Georg Banek • Juli 2007 • ca. 14:15 Uhr • Rheinpromenade Adenauer-Ufer, Mainz • Casio Exilim Z-750 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 140 mm • Blende 15 • 1/160 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um den Schatten stärker zu betonen, wurde die Helligkeit des Bildes herabgesetzt. Kleinere Unebenheiten im Asphalt konnten retuschiert werden und eine minimale Optimierung des Schnitts oben und unten rundete die Nachbearbeitung für dieses Bild ab. Dia-Scan Digitales JPEG Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Relax!
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Komisches & Absurdes
Motiv Absurde Fotos entstehen oft dadurch, dass man Gegenstände findet, die sich zufällig – oder in selteneren Fällen auch absichtlich – neben anderen oder in einer Umgebung befinden, die in ihrer Kombination keinen Sinn ergeben. Trotzdem werden sie durch den Fotografen im Bild zusammengeführt, indem er die Elemente durch Perspektive und Bildausschnitt verbindet. Dafür kann man wochenlang bewusst auf Fotopirsch gehen, jedoch meist ohne Erfolg zu haben, denn Situationskomik lässt sich nicht erzwingen. Wenn man aber auf solche Situationen trifft, braucht es ein waches Auge, sie zu bemerken – womit neben dem Zufall sehr oft auch die eigene Stimmung mitspielen muss. Je ausgelassener und entspannter ich bin, desto eher bin ich bereit, mich auf solche sinnfreien, aber sehr schönen und amüsanten Foto-Spielereien einzulassen. An diesem Tag ging ich früh nach Hause und bummelte am Mainzer Rheinufer entlang. Hinter, links und rechts von mir war wie mehrmals im Jahr ein farbenfroher Jahrmarkt mit Buden und Fahrgeschäften aufgebaut. Plötzlich stand da direkt an der Wasserkante dieses rote Kanapee vollkommen allein und ohne erkennbaren Sinn, Besitzer und/oder Nutzen herum. Um die Absurdität dieses Anblicks noch zu steigern und um der Szenerie einen zusätzlichen Farbklecks zu verleihen, stellte ich mein grünes Getränk kurzerhand auf die Lehne. Zwei Schritte zurück, drei, vier Bilder und dann zurück zum Jahrmarkt. Bildgestaltung Die starken und kontrastreichen Farben im Vordergrund dominieren das Bild und ziehen den Blick sofort an. Eine leichte Korrespondenz zu dem Getränk bilden die hellgrünen Bäume am anderen Ufer. Das Bild zerfällt sehr deutlich in zwei Ebenen, das dunkle, scharfe und bunte vordere Ufer sowie die helle, unscharfe und unbunte Fläche aus Wasser, Wald und Himmel. Dieser Kontrast unterstützt auch das Motiv, bei dem der Hintergrund zwar unwichtiger, aber notwendig ist, um das Sofa zu verorten. Technik Dieses Bild war letztlich ausschlaggebend dafür, dass ich mir eine kleine „Immer-dabei-Kamera“ wünschte, die im RAW-Format fotografieren kann. Denn der Kontrast zwischen schattigem Vordergrund und sonnigem Hintergrund war für das Dateiformat JPEG zu viel – das hessische Rheinufer frisst teilweise sehr deutlich aus. Mir waren die Details im Vordergrund jedoch so wichtig, dass ich das in Kauf nahm.
© Georg Banek • April 2007 • ca. 18:00 Uhr • Rheinpromenade Stresemann-Ufer, Mainz • Casio Exilim Z-750 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 2,8 • 1/160 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht
Licht Mitte April schien die Sonne schon recht lange, so dass es gegen sechs Uhr abends noch sehr hell war. Allerdings lag die Rheinpromenade auf dieser Seite bereits im Schatten der Häuser, während die andere Seite noch voll der harten Sonne des wolkenlosen Himmels ausgesetzt war. Fotografisch war dieser Kontrast zwar zu hart, aber der Abend war trotzdem schön – denn es war extrem warm.
“Ich gebe zu, dass ich den Becher der Szene selbst hinzugefügt und dadurch das Bild ‘manipuliert’ habe. Und? Für das Ergebnis war dieser Becher sehr wichtig ...”
Nachbearbeitung Um das Rot und das Grün stärker zum Leuchten zu bringen, habe ich die Sättigung dieser Farben erhöht und den Kontrast in der unteren Bildhälfte angehoben. Im oberen Teil versuchte ich, die Helligkeit herabzusetzen, was jedoch nur bedingt gelang. Dia-Scan Digitales JPEG Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Pet-Shop-Toys
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Komisches & Absurdes
Motiv Durch die Straßen einer schönen Stadt zu streunen, die Kamera im Anschlag und auf Motivsuche, ist für mich ein großes Vergnügen und pure Erholung. Der Kopf ist abgeschaltet, nichts anderes spielt mehr eine Rolle und meine ganze Konzentration gilt ungewöhnlichen Motiven, originellen Bildausschnitten, besonderen Perspektiven ... Bei Regen macht das nicht ganz so viel Freude, weshalb unser letzter Wienbesuch eher weniger fotolastig ausfiel. Doch auf dem Weg zurück in unsere Unterkunft – es war bereits nach Ladenschluss – widmeten wir uns ausführlich einem sehr fotogenen Straßenzug mit verstaubten Auslagen, kreativen Dekorationen, schönen Häusern, tollen Autos und spannenden Toreinfahrten. Unter anderem begegnete ich diesen vier Dackeln, die ihre Schnauzen an die Scheiben drückten, um das bunte Treiben draußen im Regen zu beobachten. Wahrscheinlich hielten sie Ausschau nach ihren neuen Besitzern und freuten sich darüber, dass sie dabei trocken blieben. Bildgestaltung Der Bildaufbau ist spannungsreich und durch die Fluchtlinien erhält er eine hohe Tiefenwirkung. Der Fluchtpunkt sitzt spannungsreich nahe der linken oberen Ecke, der wichtigste Hund in der rechten unteren – dadurch entsteht eine schnelle Blickführung zwischen diesen beiden Punkten, die wegen der vielen Details den Betrachter problemlos im Bild hält.
Licht Am Abend nahm das Licht spürbar ab und die Häuserwände sowie der Regen schluckten zusätzlich Helligkeit. Ich ermittelte die Belichtungswerte durch eine Spotmessung auf den vordersten Hund und belichtete dann zwei Drittelstufen unter, da ich wusste, diese Unterbelichtung würde dem Kontrastumfang gut tun und dem Bildergebnis nicht schaden.
Technik
“Für meine Verhältnisse ist dieses Um bei wenig Licht fotografieren zu können, muss die AusrüsBild ziemlich bunt und unruhig, doch tung ausgereizt und die Belichtungssteuerung entsprechend das passt gut zu der Szenerie, die so angepasst werden. Vorgehen sollte man dabei in folgender lebendig wirkt, als würde man jeden Reihenfolge: Erstens den ISO-Wert so weit erhöhen, bis das Augenblick ein Bellen hören können.” Bildergebnis vom Rauschverhalten gerade noch akzeptabel bleibt – bei meiner Kamera ist dieses Stadium bei dunkleren Motiven bereits bei ISO 400 erreicht. Zweitens die Blende so Nachbearbeitung weit es geht öffnen – bei meinem Objektiv mit Anfangsblende 1,8 wird Um den Kontrast des Bildes etwas abzumilda schon einiges an fehlender Helligkeit abgefangen. Und drittens die dern, wurden die Hunde im Fenster und das Verschlusszeit so wählen, dass die Aufnahme richtig belichtet wird. Bei übrige Bild separat voneinander bearbeitet, wobei Erstere heller und Letzteres etwas längeren Zeiten entsteht die Gefahr des Verwackelns, weshalb ich mich dunkler wurde. Anschließend wurde die an die Hauswand lehnte, um die Kamera ruhiger halten zu können. Wird die Verschlusszeit inakzeptabel lang, ist es empfehlenswert, die Lichtempfindlichkeit noch weiter zu erhöhen und das damit einhergehende Rauschen zu akzeptieren.
© Cora Banek • Juni 2010 • ca. 20:45 Uhr • Burggasse, Wien • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 2,8 • 1/40 Sekunde • ISO 320 • Tageslicht
Farbsättigung erhöht, um die Lebendigkeit des Bildes zu unterstreichen.
Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Alkoholtest für Fortgeschrittene
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Komisches & Absurdes
Motiv Eigentlich bin ich niemand, der ständig eine Kamera mit sich herumträgt, denn ich brauche Ruhe und Muße zum Fotografieren. Daher passiert es mir häufiger, dass ich eine amüsante Situation sehe und sie nicht fotografiere als andersherum. Und habe ich tatsächlich mal eine Kamera bei mir, so bin ich meistens nicht allein, sondern zusammen mit Georg unterwegs. Da wir häufig dieselben Motive sehen, kommt es auch immer wieder vor, dass ich mich zurückhalte, denn Georg liebt es noch einmal mehr, absurde Situationen im Bild festzuhalten. Doch kurz vor meiner Berlinreise hatte ich mir eine neue Kamera gekauft und nutzte den Aufenthalt dort, um sie kennen zu lernen. Und als ich während eines Spaziergangs durch die Hauptstadt an einer Ampel plötzlich diese auf die schiefe Bahn geratenen Markierungen sah, hatte ich tatsächlich auch mal eine Kamera griffbereit. Bildgestaltung
Licht Es regnete und die dicken Wolken schluck-
Da das Motiv selbst so grafisch ist, wählte ich ganz bewusst eine mögten einiges an Tageslicht. Doch zum Glück war es ausreichend hell, dass die Kameralichst minimalistische Bildgestaltung: Außer Asphalt, einer Bordsteinkanautomatik 1/80 Sekunde als Verschlusszeit te zur inhaltlichen Verortung des Motivs und den Markierungen selbst wählte, die ich verwacklungsfrei einsetzen blendete ich alles aus. Die große Fläche gibt dem Bild dabei viel formale konnte. Ich hatte nämlich nur die Zeit für Ruhe und auch die sauber in die Ecke laufende Bordsteinkante lässt es dieses eine Bild. geordnet und komponiert wirken. Beides ist ein wichtiges Gegengewicht für die unruhige Linie aus weißen Rechtecken, “Georg bringt ein absurdes oder kodie den von links kommenden Blick auffangen und halten. misches Bild nach dem anderen nach Dadurch, dass diese Linie so rätselhaft ist, bleibt der BeHause, denn er entdeckt diese Motive trachter unweigerlich an ihr hängen, folgt ihr in den hinteren - ich eher nicht. Gelingt es mir doch Teil des Bildes und wird durch Schärfe und Bordsteinkante einmal, die Augen für diese Schmunwieder zurück in den Vordergrund geholt. zeleien des Alltags offen genug zu Die wenigen Farben entsprechen den natürlichen Gegebenheiten und helfen so ebenfalls, das Bild zu erklären. halten, freut mich das einfach. :)” Technik
Nachbearbeitung
Eine viel befahrene Straße, in wenigen Sekunden wird es Grün und eine große Gruppe Menschen wird über den Fußgängerüberweg strömen – hier brauchte ich eine Kamera, die vor allem eins ist: schnell! Vom Einschalten bis zum Auslösen darf es nicht lange dauern, weshalb kompakte Kameras mit schnellen Betriebszeiten und einem sich selbst öffnenden Objektivdeckel ideal sind. Damals kannte ich die Kamera noch nicht und hätte sie nicht schnell genug manuell bedienen können. Also wählte ich auf die Schnelle die automatische Belichtungssteuerung und löste aus.
Um die Aufnahme noch ruhiger wirken zu lassen, retuschierte ich kleine, helle Flecken im Asphalt, bis dieser eine gleichmäßige Fläche ergab, auf der nichts ablenkte. Außerdem hob ich die Gesamthelligkeit des Bildes etwas an, um das Weiß der Markierungen wirklich Weiß zu haben.
© Cora Banek • Januar 2008 • ca. 14:30 Uhr • Nähe Potsdamer Platz, Berlin • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 40 mm • Blende 4,5 • 1/80 Sekunde • ISO 400 • Tageslicht
Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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*schluck*
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Komisches & Absurdes
Motiv Wenn ich mich für ein einziges Objektiv entscheiden müsste und nur noch dieses verwenden dürfte, wäre es wahrscheinlich ein Weitwinkelobjektiv. Denn nur damit gelingt es auf einfache Weise, Dinge zueinander in Beziehung zu setzen, die in Wahrheit nichts miteinander zu tun haben – wie dieses Krokodil, das am Fuße eines Wolkenkratzers mit bangem Blick nach oben sieht. Was es wohl denkt? Ich entdeckte die dekorative Fahrradklingel an einem Rad im Fahrradständer vor dem Haus, der einige Meter vom Eingang entfernt stand. Die Klingel selbst war nur wenige Zentimeter hoch, wird hier aber durch die Brennweite und den geringen Abstand zwischen Kamera und Krokodil übergroß. Kombiniert mit dem Haus im Hintergrund wird dem Bild eine absurde Note gegeben, die für den einen vielleicht inhaltliche Fragen aufwirft, andere wahrscheinlich neugierig macht und wieder andere sicherlich einfach nur sinnfrei finden. Ich mag so etwas. Licht
Bildgestaltung Das Krokodil wird durch die Bildgestaltung hier eindeutig als Hauptmotiv inszeniert – durch den Schärfepunkt und die Farbgebung. Letztere ist ein typischer Bunt-Unbunt-Kontrast, der besagt, dass satte Farben sich von einem Umfeld entsättigter Farben stärker abheben und an Leuchtkraft gewinnen. Am extremsten fällt dieser Kontrast aus, wenn es sich bei den unbunten Farben um Grautöne handelt – wie es hier der Fall ist. Das Plastikreptil zieht also den Blick des Betrachters an und bietet erst einmal einige Details, um ihn zu fesseln. Dann folgt das Auge dem Blick des Krokodils (und seiner Nase) nach rechts (oben) und wird dort sehr schnell von den vielen Fensterlinien des Hochhauses abgefangen. Denen folgt es in den oberen Bildteil, wo nicht so viele Details geboten werden, weshalb es schnell zum Krokodil zurückkehrt.
Die Schönwetterwolken am Himmel führten an diesem Tag zu sich ununterbrochen sehr schnell ändernden Lichtsituationen. Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme war die Sonne gerade hinter einer dünnen Wolke versteckt, die ihr Licht streute. Dadurch hielten sich die Kontraste im Bild in Grenzen und sowohl die hellen als auch die dunklen Stellen sind schön durchgezeichnet.
“Das Fahrrad war so niedrig, dass ich die Bilder machte, ohne durch den Sucher zu schauen. Ich gehe da gern auf Nummer sicher und so entstanden eine ganze Reihe ähnlicher Bilder dieses ist das Beste!”
Technik Ein 20-mm-Objektiv ist eine echte Bereicherung in der Kameratasche, denn die Verzeichnung ist stark genug, dass sich sehr ungewöhnliche Bildwinkel ergeben, aber auch nicht zu stark, wodurch die Ergebnisse nicht gänzlich unrealistisch wirken. Zu jemanden, der Weitwinkelobjektive mag – und da gehöre ich dazu –, passt es auf jeden Fall hervorragend. Denn die typische Eigenschaft dieser Brennweiten, nahe Objekte vergrößert und entfernte Objekte verkleinert abzubilden, fällt bei dieser Brennweite sehr deutlich sichtbar aus und ermöglicht Bilder wie dieses.
© Georg Banek • Juli 2010 • ca. 14:00 Uhr • Westend, Frankfurt • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 16 • 1/125 Sekunde • ISO 400 • Tageslicht
Nachbearbeitung Da das Krokodil deutlich hervorstechen sollte, wurde die Sättigung der Grüntöne etwas verstärkt und die Helligkeit der Mitteltöne und Tiefen leicht angehoben. Unabhängig davon mussten kleinere Sensorflecken im Himmel retuschiert werden. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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3. Kapitel
Straßen & Plätze
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Städte sind Orte des Lebens, stets in Bewegung, stets neu. Straßen sind die Verbindungen zwischen und in den Städten, sind die Pfade, auf denen wir unterwegs sind. Dabei ist „unterwegs sein“ nicht nur eine lästige Tätigkeit, um uns an unser Ziel zu bringen. Für viele ist es auch eine Einstellung dem Leben gegenüber. Denn wenn wir unterwegs sind, bewegen wir uns, verlassen – körperlich und mental – die gewohnte Umgebung und stellen uns darauf ein, der Unsicherheit zu begegnen, die in allem Neuen steckt. Als Fotograf sind wir immer dann mental unterwegs, wenn wir unser fotografisches Auge auf unsere Umgebung richten und nach Motiven suchen. Dabei ist es egal, ob wir durch die Straßen bei uns um die Ecke oder in fremden Ländern gehen, wobei es in der eigenen Heimat oft schwerer fällt, etwas Neues zu entdecken. Dennoch, die eigene Kamera einzupacken und bewusst Städte zu erforschen, macht viel Freude und erweitert den Horizont. Denn in den Straßen und auf den Plätzen einer Stadt kommt alles zusammen und verändert sich mit jedem Augenblick. Die Kunst des Fotografierens besteht darin, genau hinzusehen und in der stetigen Veränderung das eine besondere Motiv zu sehen – oder die ungewöhnlichen Plätze auch außerhalb der Städte zu finden.
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yellow mini town
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Straßen & Plätze
Motiv Es gibt Orte, in die verliebt man sich auf der Stelle. Mir ging es so, als ich die kleine südfranzösische Stadt Roussillon besuchte, die hauptsächlich durch die von Ocker rot gefärbte Erde bekannt ist. Doch nicht die Ockerfelsen außerorts hatten es mir angetan, sondern die kleinen Gässchen, die verwunschenen Mauern, die schiefen Häuschen, die schmalen Treppen und zauberhaften Plätze in dieser beschaulichen Stadt. Und dabei ganz besonders die Farben: Alles war in warmen Tönen gehalten, die Steine waren gelblich, orange oder sogar kräftig rot. Alles wirkte warm und einladend – und die sommerlichen Temperaturen an diesem Tag passten so gut dazu, dass ich gar nicht wieder fahren wollte. In einer der schmalen Straßen gegenüber der gelben Dorfkirche entdeckte ich einen gelben Mini, der sich wunderbar in die Szene eingliederte – wegen seines Farbtons, wie auch wegen seines Images: Dieser Wagen ist klein, stimmig und ein echtes Liebhaberstück. Er strahlt dieselbe lebendige Gemütlichkeit aus, die ich zwischen den Häusern dort empfunden habe. Und so ergab sich die perfekte Zusammenstellung für ein Bild. Bildgestaltung Neben den sommerlichen Farben, welche die Aufnahme warm und freundlich wirken lassen, erhält sie ihren Reiz vor allem aufgrund der Perspektive: Der niedrige Kamerastandpunkt überhöht und glorifiziert den Wagen und lässt den Betrachter kleiner werden. Jedoch fühlt er sich nicht klein gemacht oder bedroht im Sinne einer Distanziertheit, denn dafür ist die übrige Bildgestaltung zu positiv und einladend. Allem voran ist es die Positionierung des Autos auf der Bildfläche mit dem dominanten Scheinwerfer im Goldenen Schnitt sehr harmonisch.
Licht Die Sonne schien hell und von steil oben in die Gasse. Die harten Schlagschatten des Autos und der Gebäude fielen so direkt nach unten und sind auf dem Bild nicht störend zu sehen.
“Das hier ist eines meiner liebsten Bilder - die Farben versprechen warme Sommertage in einem südlichen Land und der Wagen wirkt freundlich. Alles in allem strahlt die Aufnahme so viel Charme aus, dass ich mich jedes Mal wieder freue, wenn ich sie sehe.”
Technik
Nachbearbeitung
Das wahrscheinlich Interessanteste sind hier die Aufnahmebedingungen, denn ich machte dieses Bild, ohne durch den Sucher zu sehen, und löste nur ein einziges Mal aus. Was nach einem Zufallstreffer klingt, hat natürlich auch einiges damit zu tun – doch nicht nur: Jedes Mal, wenn ich so fotografiere, überlege ich mir vorher genau, wo die richtige Position für die Kamera ist. Ich fokussiere manuell und wähle auch die Belichtungseinstellungen von Hand. Und wo ich heute vielleicht einen Blick auf das Ergebnis im Monitor riskiere und entsprechend noch einmal nachbessere, gab es diese Kontrollmöglichkeit zu analogen Zeiten nicht.
Neben dem aufwändigen Scan vom Negativ, der damit in der Regel immer einhergehenden Retusche sowie Helligkeits- und Kontrastanpassung, war der hier wichtigste Bearbeitungsschritt die Veränderung der Spiegelung im Auto. Denn durch das Licht spiegelten sich im glatten Lack nicht nur die gegenüberliegenden Häuser, sondern auch ich selbst – und das störte mich sehr.
© Cora Banek • Juli 2005 • ca. 11:45 Uhr • Roussillon (Vaucluse), Provence, Südfrankreich • Canon EOS 30 • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 4 • 1/2000 Sekunde • Farbnegativfilm Kodak Kodacolor VR 200 Plus • ISO 200 • Tageslicht
Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Windstärke 10
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Straßen & Plätze
Motiv Wenn man mit dem Auto in landschaftlich reizvollen Gegenden unterwegs ist, denkt man nicht selten nach jeder Kurve „Wow! Davon jetzt ein Bild ...!“ Doch Fahren und Fotografieren lässt sich nun wirklich nicht miteinander vereinbaren – außer, man hat das Glück, gerade der Beifahrer sein zu dürfen. Aus dem fahrenden Auto heraus zu fotografieren macht ehrlich Spaß. Okay, man muss schnell reagieren, hat kaum Einfluss auf Perspektive und Bildausschnitt, aber dafür eröffnen sich einem Motive, an die man sonst nur mit großem Aufwand gekommen wäre. Wie diese atemberaubende Brücke über die Rhône, von der ich gerade mal zwei so effektvolle Aufnahmen machen konnte, bevor wir auch schon am anderen Ufer angekommen waren. Denn ich wollte beide Brückenpfeiler im Bild haben, und sobald wir unter dem ersten hindurch gefahren waren, wirkte das Motiv schnell langweilig. Licht
Bildgestaltung Die Aufnahme wirkt unglaublich dynamisch, was vor allem auf die vielen schrägen Linien zurückzuführen ist: die Stahlseile der Hängebrücke, die sternförmig auseinander laufen, die Fluchtlinien der Straße, die in das Bild hineinführen, die Schatten der Stahlseile, die sich auf dem Asphalt abzeichnen und nicht zuletzt die schrägen Brückenpfeiler. Trotz dieser vielen, auch durchaus sehr dominanten Linien wirkt das Bild nicht chaotisch, sondern aufgeräumt. Das liegt daran, dass die auffälligsten Linien sich nicht kreuzen, sondern jede für sich in eine klare Richtung verläuft, und die Straße durch die Bildecken gehalten wird. Weiter bildet die gleichmäßige Fläche des Himmels einen ruhigen Hintergrund für das Motiv.
Vor allem die direkte Sonne, die hoch am Himmel stand, trägt hier zur Besonderheit des Bildes bei. Denn die unterschiedlich hellen Stahlseile und ihre harten Schlagschatten sind unbedingt notwendig, um das Bild nicht einfach nur flächig wirken zu lassen.
“Dieses Bild wirkt umso besser, je grösser es ist - warum davon also noch kein grossformatiger Abzug irgendwo bei mir hängt, ist eine berechtigte Frage ...”
Die Wiederholung des Brückenpfeilers weiter hinten verstärkt dessen Wichtigkeit im Bild und gibt der Aufnahme mehr Tiefe, da der Blick ganz automatisch zwischen den beiden Pfeilern hin- und herwandert. Er folgt dabei dem Straßenverlauf. Die Schattenlinien nehmen der Straße selbst die Dominanz, indem ihre Fläche durchbrochen wird. Der Verzicht auf Farbe unterstreicht die grafische Wirkung des Bildes. Technik Kameras mit Monitor lassen sich gut aus dem Fenster halten und das Bild kann gut beurteilt werden. Bei meiner SLR musste ich mich hingegen darauf verlassen, die Kamera – ohne durchzusehen – richtig zu halten.
© Cora Banek • Juli 2005 • ca. 13:15 Uhr • Rhônebrücke (D90), Nähe Beaucaire und Tarascon, Südfrankreich • Canon EOS 30 • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 6,5 • 1/1000 Sekunde • Film Kodak T400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach dem Scan vom Negativ wurden Staub und Kratzer entfernt und die Helligkeit sowie der Kontrast des Bildes so verstärkt, dass es dem analogen Abzug möglichst nahe kam. Eine Tonung in Braun und ein anschließendes Zufügen von wenig Rot in den Mitteltönen und etwas Grün in den Tiefen verstärkt die dreidimensionale Wirkung der Aufnahme. Rechts wurde der Ausschitt um wenige Millimeter verkleinert. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Fiaker
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Straßen & Plätze
Motiv Ganz ehrlich: So ein Tilt-Shift-Objektiv ist eine ganz nette Spielerei. Eines davon mit meiner Lieblingsbrennweite 24 mm ein paar Wochen ausprobieren zu können, hat wirklich Spaß gemacht – allerdings ganz anders als geplant. Die eigentliche Aufgabe der Shift-Funktion, stürzende Linien wieder zu begradigen, ließ ich nämlich nach einigen Probebildern vollständig links liegen. Denn das Ergebnis waren einfach nur grottenlangweilige und fürchterlich flächige Bilder. Stattdessen hat mich die Tilt-Funktion mit ihrer frei setzbaren Schärfeebene schnell in ihren Bann gezogen und ich begann, sie nicht nur bei Häusern einzusetzen. In Wien lagen natürlich traditionelle Motive nahe ... Bildgestaltung Bei Bildern, die aus der Hüfte aufgenommen werden, kann die Bildgestaltung nur zum geringeren Teil auf der Basis der eigenen Erfahrung geplant Licht werden, die Details werden letztlich vom Zufall bestimmt. So auch bei In der Stadt ist das Licht nie gleichmäßig, diesem Bild. Für die tiefe Aufnahmehöhe kniete ich mich hin und hielt Straßen, Häuser und Fensterscheiben schaffen immer Lichtflecken und Schattenzonen. die Kamera zusätzlich noch ein wenig tiefer, so dass ich nicht durch den Hier ist der Hintergrund sehr hell und die Sucher sehen konnte. Die tiefe Perspektive war mir wichtiger als die LiPferde kommen gerade in einen der dunklenien, die ich andernfalls sicherlich alle in die Ecken hätte laufen lassen. ren Bereiche. Durch die geschlossene WolAuch wenn sie jetzt wunderbar auf das helle Quadrat des Hauses zufühkendecke und die Reflexionen innerhalb der ren, von dem sich der Kutscher als dunkle Silhouette abhebt. Die starke Straße ist das Licht sehr weich, kommt aber deutlich von oben und hinten. Räumlichkeit kommt durch die diagonalen Fluchtlinien zustande, wird aber auch durch die ungewohnte Schärfeebene massiv unterstützt. Die Pferdehufe hätte ich gerne ganz auf dem Bild gehabt, so jedoch fühlt sich der Betrachter näher dran und “Jeder Pferdefotograf würde mich für mitten im Geschehen. die Beinstellung der Tiere vermutlich verhauen - und das zu Recht. Dieses Technik Manko nehme ich allerdings in Kauf, weil ich das Motiv insgesamt stark und Ich legte die Schärfeebene so schräg in den Raum, dass sie unten entlang der Pferde und der Kutsche verlief. Nach ein, gelungen finde.” zwei Probebildern hatte ich die Einstellung so weit, dass sie sowohl die Personen in der Kutsche als auch den HinterNachbearbeitung grund wunderbar in der Unschärfe verschwimmen ließen. Für eine Farbstimmung, die ein wenig wie Natürlich sollte man, um den Effekt vollständig kontrollieren zu können, für das Tilt-Shift-Objektivs ein Stativ benutzen. Aber erstens macht mir das keinen Spaß und zweitens ist man aus der Hand deutlich schneller und flexibler, was gerade bei bewegten Motiven den Ausschlag gibt. Dafür handelt man sich etwas Unplanbarkeit im Schärfeverlauf ein, da es schwierig ist, diesen im Sucher tatsächlich genau zu erkennen.
© Georg Banek • Juni 2010 • ca. 14:45 Uhr • Freyung, Wien • Canon EOS 5D • Canon Tilt-Shift E 24 mm/3,5• Blende 4,5 • 1/200 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
aus einer anderen Epoche wirkt, wurde den Mitteltönen Rot und Gelb sowie den Tiefen Grün zugemischt. Eine deutliche Kontrastverstärkung mit gleichzeitiger Farbentsättigung unterstreicht die Bildstimmung. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Mignon
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Straßen & Plätze
Motiv Ein kleiner Platz umschmiegt einen noch kleineren Brunnen und schafft dadurch einen Ort, der geradewegs einer romantischen Szene des 19. Jahrhunderts entsprungen sein könnte. Die verwitterten Steine zeigen deutlich das Alter des Dorfes, nur die beiden Haustüren und Regenrinnen sind neueren Datums. Alles vermittelt eine Mischung aus mediterraner Stimmung und kleinem Bergdörfchen – tatsächlich ist das Bild auch in den Bergen Südfrankreichs aufgenommen worden. Es ist übrigens eines meiner wenigen Bilder, auf denen ich einen Ort einfach nur im Überblick beschreibe, ohne einzelne Bildelemente herauszulösen und klar als Hauptmotiv zu zeigen. Aber hier waren es nicht der Brunnen oder die Treppe oder die Bäume oder die Häuser allein, es war die gesamte Szenerie, die mich – zusammen mit dem Licht und den Farben – in ihren Bann gezogen hat. Und genau diese Stimmung wollte ich einfangen, für mich konservieren und für andere erfahrbar machen. Licht
Bildgestaltung
Die hohen Mauern der tiefen Straßen in diesem Städtchen tauchten den kleinen Platz vollständig in ihren Schatten, erst auf den oberen Stockwerken der Häuser überfordert das Licht den Dynamikumfang des Diafilms ein wenig. Das Licht unten wird so sehr weich. Durch den Torbogen hinten rechts fällt wolkenloses Sonnenlicht und setzt dadurch einen lebendigen Akzent.
Das Licht bringt hier das ganze Bild zum Leuchten. Gleich einer sanften Welle spült es durch den malerischen Platz und lässt die Farben erstrahlen. Der vorherrschende Farbton ist das helle, warme Gelb der Mauern, das zusammen mit dem leuchtenden Grün der Blätter und ein wenig Rot von Laub und Tür dem Bild eine heimelige, warme und positive Grundstimmung gibt. Nur das strahlend türkise Wasser bringt einen irritierenden Kontrapunkt hinein und erhöht so die Aufmerksamkeit für das Bild. Die Linienführung ist schwach ausgeprägt, ver“Weil meine Mutter dieses Gedicht hindert aber, dass der Blick aus dem kleinteiligen Bild fällt. von Goethe sehr gern mag, habe ich es ihr in der Schule auf ein grosses Technik Pergament gemalt. Dieses Bild ist für Die vier Einflussfaktoren auf die Schärfentiefe sind Blende, mich die Verkörperung des Landes, Brennweite, Fokussierentfernung und Sensorgröße. Mit ei‘wo die Zitronen blühn’.” nem so starken Weitwinkelobjektiv Unschärfe zu erreichen, geht allein über die Blende kaum, denn bei einer so kleinen Brennweite ist der Schärfentiefebereich extrem groß. Nur bei Nachbearbeitung einer noch lichtstärkeren Festbrennweite stehen einem Blendenwerte Der Vordergrund links wurde deutlich abvon 1,4 oder 2 zur Verfügung, deren Auswirkung auf das Bild auch sichtgedunkelt, um ihm etwas von seiner Dominanz zu nehmen. Die Sättigung der Farben bar wäre. Eine geringe Entfernung zum jeweiligen Bildelement schafft wurde reduziert und den Mitteltönen – aber selbst beim Weitwinkelobjektiv deutlich erkennbare Unschärfen. außer dem Türkis – Gelb zugefügt, um das Wenn Sie auf etwas Nahes fokussieren, wird der Hintergrund unscharf. Licht noch wärmer wirken zu lassen. Fokussieren Sie hingegen weit, wird der Vordergrund – wie hier die Brüs Aufhellen Dia-Scan tung und die Pflanze – durch Unschärfe in seiner Wichtigkeit reduziert.
© Georg Banek • Oktober 2001 • ca. 14:45 Uhr • Vaison la Romaine, Provence, Südfrankreich • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 5,6 • 1/125 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Durch diese hohle Gasse muss er kommen ...
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Straßen & Plätze
Motiv Für eine Pilgerin auf dem portugiesischen Jakobsweg beginnt der Tag schon vor Sonnenaufgang mit Sachenpacken, Schuheschnüren und den ersten Schritten in die frühe Morgenluft. Die Atmosphäre ist einfach unbeschreiblich in dieser kurzen Zeitspanne, wenn die Dämmerung zwischen den Häusern hindurchzieht und alles in ein trübes, diffuses und kühl-bläuliches Licht getaucht wird. Die engen Straßen der kleinen Grenzstadt Tui verlaufen unterhalb der Kirche verwinkelt und als ich zu der nachtschlafenden Zeit um eine Ecke bog, wirkte die Szenerie wie in einer Geisterstadt – ausgestorben, düster, still. Um diesen Effekt noch zu verstärken, wollte ich eine gezielte Unschärfe mit im Bild haben. Bildgestaltung Die Wahl des Hochformats und dass die Wischspuren der gezielten Verwacklung senkrecht durch das Bild verlaufen, betont die vertikale Ausrichtung des Bildes. Dadurch wirkt die Gasse noch einmal enger, als sie in Wahrheit war. Und auch die eher flächige Verzeichnung der Telebrennweite sorgt für die Hervorhebung der bedrückenden Enge. Tiefenwirkung entsteht aber dennoch durch die schrägen Linien des Straßenverlaufs, die sich in einem Fluchtpunkt treffen, und die Helligkeit im hinteren Teil des Bildes, die den Blick anzieht. Die Details in den Hausfassaden führen aber dazu, dass man wieder in den Vordergrund zurückkehrt. Die mystische Gesamtwirkung ist zum einen den Geisterbildern, also der schemenhaften Wiederholung der Bildelemente, geschuldet. Zum anderen wirken die unbunten, bräunlich-bläulichen, trüben Farben für eine kühle, düstere Emotion im Bild. Technik
Wie kurz nach Sonnenuntergang färbt sich auch in der so genannten „Blauen Stunde“ kurz vor Sonnenaufgang das Tageslicht blau. Diese Lichtsituation ist sehr diffus und wegen ihrer Färbung ausgesprochen faszinierend – gerade für die Fotografie –, geht aber mit mangelnder Helligkeit einher.
“Eigentlich bin ich gar nicht unbedingt ein Freund solcher technischer Spielereien, weil die irgendwie nicht zu meinen Bildern passen. Da ich aber Georgs ‘Bewegungsexperimente’ sehr mag, lasse ich mich immer mal wieder dazu hinreissen - und manchmal passt es hervorragend zum Motiv.”
Um möglichst kein störendes Rauschen ins Bild zu bekommen, setzte ich die Lichtempfindlichkeit trotz der Dunkelheit nur auf ISO 200. Die Blende öffnete ich, so weit es bei vollständig ausgefahrenem Zoom möglich war. Die Folge war eine extrem lange Verschlusszeit von 3 Sekunden. So lange Belichtungszeiten gezielt zu verwackeln, ist ein spannendes Gestaltungsmittel, wobei es wichtig ist, die Kamera nach Möglichkeit nur in eine einzige Richtung zu bewegen. Nur dann wirkt der Effekt gewollt, anstatt wie ein verwackeltes Durcheinander. Ich rückte die Kamera während des Auslösens deshalb in einer möglichst gleichmäßigen Bewegung von oben nach unten.
© Cora Banek • Mai 2008 • ca. 06:30 Uhr • Rúa de San Telmo, Tui, Spanien • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 4,5 • 3 Sekunden • ISO 200 • Tageslicht
Licht
Nachbearbeitung Das Bild wurde im Grunde genommen gar nicht bearbeitet, sondern nur identisch mit den Aufnahmewerten aus dem RAW entwickelt und rechts leicht geschnitten. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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opposite corners
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Straßen & Plätze
Motiv Es ist schon erstaunlich, dass ein wenig Auto, eine Menge Asphalt und etwas weiße Farbe als Motiv für ein aufregendes Foto vollkommen ausreichen, wenn sie im richtigen Verhältnis zueinander stehen. Bei einem unserer vielen Fotospaziergänge durch Wien kamen wir an dieser riesigen Kreuzung nahe des Rathauses vorbei. Sowohl Cora als auch ich sahen in dieser stark grafischen Umgebung sofort ein ideales Motiv, auch wenn wir – mal wieder – sehr unterschiedliche Bilder daraus machten. Bildgestaltung Dieses Foto ist Bildgestaltung pur. Das wichtigste Gestaltungsmittel ist dabei natürlich die Linienführung, da auch alle Bildelemente fast ausschließlich Linien sind. Diese laufen überwiegend auf die linke obere Ecke zu. Dort befindet sich der Bereich mit den meisten Details und als inhaltlicher wie auch formaler Eyecatcher und Blickstopper das Auto. Dieses steht zur restlichen Fläche in einem hohen Punkt-FlächenKontrast, auch wenn der Rest des Bildes gar keine einheitliche Fläche bildet, sondern nur gleichermaßen weniger Details aufweist. Dieser Kontrast bringt ebenso wie die extreme Positionierung in der Bildecke und der enge Beschnitt des Autos eine sehr hohe Spannung ins Bild, die durch den sehr grafischen Aufbau und die direkt in die Ecke laufenden Linien nur ein wenig wieder eingefangen und beruhigt wird. Fast wirkt das Bild schwarzweiß und damit grafisch nüchtern. Die leichten Farbtöne bringen jedoch ein wenig unterkühlte Emotion mit ins Spiel. Technik Obwohl sehr viel graue Fläche auf dem Bild vorhanden ist, irritieren die vielen weißen Streifen sowohl die mittenbetonte Integralmessung als auch die Matrix-Belichtungsmessung, zumal die Zebrastreifen sehr stark reflektieren. Bei solchen Motiven heißt es als Fotograf aufgepasst und durch eine Ersatzmessung auf das Grau oder durch eine manuelle Überbelichtung gegenzusteuern.
Licht Am vorletzten Tag unseres verregneten Wien-Urlaubs klarte es endlich auf. Sonne und Wolken gaben sich immer wieder die Klinke in die Hand. Die Straßen waren glücklicherweise feucht, aber nicht nass, so dass das Grau kontrastreich dunkel war, aber kein Wasser das Licht reflektierte. Da es diffus durch die Wolken gestreut wurde, blieben alle Details der Straße erhalten.
“Wien ist einfach unglaublich fotogen. Und wer Coras Interpretation dieser Kreuzung sehen möchte, sollte sich die Cover all unserer Bücher einmal ganz genau ansehen ...”
In derartigen Belichtungssituationen habe ich eine technische Eigenschaft der G9 schätzen gelernt: Sie zeigt auf dem rückwärtigen Monitor das Bild als Vorschau an und variiert die manuellen Einstellungen von Blende und Zeit sofort mit. So kann ich die Auswirkung meiner manuellen Belichtungssteuerung direkt einschätzen, auch wenn das immer nur ein erster Anhaltswert ist und eine Betrachtung mit eingeblendetem Histogramm nicht ersetzen kann.
© Georg Banek • Juni 2010 • ca. 12:00 Uhr • Kreuzung Rathausplatz/Stadiongasse, Wien • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 8 • 1/125 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Wegen der chromatischen Aberration, die sich an den Kanten der Zebrastreifen bildete, wurden die Magentatöne vollständig entsättigt. Für das ganze Bild wurden Helligkeit und Kontrast angehoben sowie kleine Flecken im Asphalt retuschiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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blue world
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Straßen & Plätze
Motiv Motive wie dieses finde ich großartig: Wie für eine gezielte Inszenierung sind die Farben des Wagens und der Hausfassade aufeinander abgestimmt, das kleine Gefährt bringt eine Spur Ungewöhnlichkeit ins Bild und ansonsten stört nichts die ordentliche Szenerie. Ästhetische Perfektion ist eigentlich das, was ich am liebsten in meinen Bildern einfange, und ich weiß, der dahinterstehende Anspruch ist manchmal zu hoch. So kommt es immer wieder vor, dass ich unterwegs gar nicht fotografiere oder die Ergebnisse frustrierend finde. Doch ein Kleinod wie dieses kleine dreirädrige Auto, das ich in der schönen Stadt Erlangen entdeckt habe, entschädigt da für so manches – wird es doch meinem Anspruch gerecht. Bildgestaltung Bei so durchgestylten Motiven ist der Grad zur Langweiligkeit im Bild manchmal sehr schmal, weshalb hier die Bearbeitung so deutlich ausfiel, dass das Bild an Wirkung gewann: Die entzerrte Hausfassade gibt der Aufnahme etwas Flächiges und sehr Künstliches, das gut zu dem ersten Eindruck der Inszeniertheit der Szenerie passt. Der deutliche Lichtabfall zu den Ecken hin wirkt dem effektvoll entgegen – erscheint das Bild doch allein dadurch gewölbt und dreidimensionaler. Der erhöhte Kontrast lässt das Blau stärker leuchten, von dem sich die kleinen gelben Details in einem interessanten Warm-Kalt- sowie in einem Komplementärkontrast abheben und kleine Eycatcher für die Augen bilden.
Licht Die harte Mittagssonne verursacht die klar umrissenen Schlagschatten auf der Straße und den Markisen. Beides wirkt gerade gut, da dadurch Assoziationen an den Hochsommer ausgelöst werden.
“Was soll ich sagen? Ich mag das Bild einfach, es wirkt so italienisch und riecht verdammt gut nach Sommerurlaub ...”
Die Positionierung des Wagens nahe des Bildrands mit viel Platz dahinter macht die Aufnahme spannender, weckt Neugierde, was links des Bildes wohl passiert, und gibt dem Schlagschatten des Wagens genügend Raum, um den dreidimensionalen Eindruck noch zu verstärken. Der Gegensatz zwischen dem eher flächigen Motiv und dem sehr tiefenwirksamen Licht bestimmt die Bildwirkung. Technik Der Einsatz eines Weitwinkelobjektivs ermöglicht zwar große Bildausschnitte, verursacht aber bei Motiven, die wesentlich höher sind als man selbst, zwangsläufig stürzende Linien. Auch hier war das der Fall, doch manchmal ist es sinnvoll, schon bei der Aufnahme ein nachträgliches Entzerren einzuplanen. Ob das für manchen Betrachter zu weit gehen mag, sei dahingestellt. In meinen Augen muss jeder seine eigene Grenze ziehen und es zählt letztlich doch in erster Linie das Bildergebnis.
© Cora Banek • August 2006 • ca. 12:45 Uhr • Altstadt, Nähe Botanischer Garten, Erlangen • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 3,5 • 1/500 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach der Entwicklung aus dem RAW wurde das Bild so entzerrt, dass keine stürzenden Linien mehr sichtbar waren, und im Anschluss daran der Bildausschnitt an allen vier Seiten angepasst. Die Farben wurden entsättigt und gleichzeitig durch das deutliche Anheben des Kontrasts wieder zum Leuchten gebracht. Das Gelb wurde verstärkt und eine Vignettierung durch Abdunkeln der Ecken zugefügt. Störende Flecken auf Asphalt und Hauswand sowie eine Flagge, die aus einem Fenster hing, wurden wegretuschiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Damals ...
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Straßen & Plätze
Motiv Eine alte, bereits vergilbte Postkarte eröffnet uns den Blick auf eine Stadt. Wir erwarten, auf der Rückseite ihren Namen zu finden und ein Datum irgendwann aus der Mitte des 20. Jahrhunderts ... Stadtansichten in dieser Form sind klassisch, traditionell, unmodern. Mein Besuch in Prag war ein bisschen wie eine Reise in eine andere Zeit und so erschien es mir stimmig, genau dieses Gefühl im Bild einzufangen. Bildgestaltung Die Perspektive von oben hilft dem Betrachter, einen Überblick zu bekommen, und ganz unbewusst beginnt er sofort, sich in dem Gewimmel der Häuser orientieren zu wollen – insbesondere, wenn er die Stadt kennt. Doch die Entfernungen sind verkürzt und die Häuser liegen gestaucht hintereinander, was das Vorhaben erschwert. Die dunklen Ecken durchbrechen die Flächigkeit des Motivs und „wölben“ das Bild nach vorne. Diese Form des dreidimensionalen Eindrucks erinnert an einen Blick durchs Schlüsselloch, was wiederum die Spannung im Bild erhöht.
Licht Die Sonne schien von rechts hinten auf die Stadt und brachte die hellen Fassaden zum Leuchten, während sich gleichzeitig deutliche, schräge Schatten bildeten. Das Seitenlicht betont die Strukturen und die Dreidimensionalität des Motivs. Nur Mitlicht hätte alles flächig wirken und Gegenlicht die Kontraste zu stark werden lassen.
Die Wahl des Bildausschnitts ist bei so einem Motiv besonders wichtig, um dem Betrachter Ankerpunkte für die Augen zu bieten. Ohne diese würde er in dem Gewimmel der Hausdächer verloren gehen. Hier sind diese Ankerpunkte die beiden Kirchen und der Fluss. Die Platzierung dieser Elemente gibt dem Bild Ruhe und bewahrt es gleichermaßen vor einem langweiligen Eindruck: Der Fluss teilt das “Bei diesem Bild bin ich hin- und Bild horizontal genau im Goldenen Schnitt und gewichtet so hergerissen. Nie war ich mir sicher, ob die beiden Stadtteile auf eine harmonische Art und Weise. es mir wirklich gefällt oder ob ich es Die dunkle Kirche sitzt exakt in der Bildmitte, was das Bild nicht langweilig finde. Erst die deutlioptisch aufhängt und stabilisiert. Die elegante weiße Kirche che Bearbeitung hat mich überzeugt.” im Vordergrund unterbricht die Harmonie durch ihre randnahe Platzierung, und es entsteht eine leichte Spannung. Nachbearbeitung
Technik Ein Lichtabfall zu den Bildecken hin entsteht durch einen Abbildungsfehler weniger guter Linsen. Objektive erreichen ihre höchste optische Qualität immer in der Bildmitte und je besser sie sind, desto weniger stark nimmt die Qualität nach außen ab. Die absichtlich per Nachbearbeitung herbeigeführte Vignettierung vermittelt also den Eindruck, hier wäre ein minderwertiges Objektiv zum Einsatz gekommen. In Kombination mit dem Motiv und der Brauntonung assoziieren wir dadurch sofort eine alte Kamera, einen alten Rollfilm, eine längst vergangene Zeit.
© Georg Banek • Juli 1996 • ca. 14:15 Uhr • Prager Burg, Prag • Contax RTS I • Carl Zeiss 40 – 80 mm/3,5 • 80 mm • Blende 4 • 1/250 Sekunde • SW-Negativfilm T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nach dem Scannen war es mir am wichtigsten, die Aufnahme in einem tiefen Braun zu tonen und die Ecken so stark abzudunkeln, dass es wie eine starke Vignettierung wirkte. Unabhängig davon wurde der Ausschnitt an allen vier Seiten optimiert und zu helle Punkte, die sich direkt am Bildrand befanden weggestempelt. Der Kontrast wurde angehoben. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Anpfiff ist morgen
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Straßen & Plätze
Motiv Schon zum zweiten Mal fand eine meiner Fotoschulungen für einen großen Energiekonzern in der VW-Arena des VFL Wolfsburg statt. Bevor die Kunden kamen, hatte ich noch etwas Zeit und fotografierte ein wenig im Innenraum herum. Die abgedeckten Stühle und Bänke auf der gegenüberliegenden Seite amüsierten und inspirierten mich sofort. Mit dem 150er-Makro konnte ich den Bildausschnitt weitestgehend auf die beiden Dreiergruppen und den Rasen davor beschränken. Gerade dieser minimalistische Bildinhalt gefiel mir sehr gut, weil er das Motiv nicht sofort zu erkennen gibt und der Betrachter dadurch neugierig auf die Auflösung wird. Der entscheidende Hinweis liegt im Bild selbst – ohne die Mittellinie und den Abstoßkreis fiele es deutlich schwerer, die Szenerie einem Fußballstadion zuzuordnen. Bildgestaltung
Licht
Das Bild ist nicht als klassischer Punkt-Flächen-Kontrast aufgebaut, überVormittags war das wolkige Tageslicht nur nimmt aber einiges an Wirkung davon. Die drei Stühle wirken zwar bei vereinzelt direkt auf der gegenüberliegenden Seite zu sehen, der Rest des Stadions näherer Betrachtung als drei einzelne Punkte, bezogen auf das ganze Bild lag im Schatten der enormen Dachkonsjedoch – ebenso wie die drei Bänke – eher als eine Fläche. Das extrem untruktion. Solange kein Himmel mit im Bild gleiche Verhältnis dieser Bereiche zur großen Fläche des Rasens erzeugt war, hielt sich der Kontrastumfang jedoch in eine sehr hohe Spannung im Bild, ebenso wie die Platzierung der BildeleGrenzen und alle Details konnten ohne Ausmente direkt am Bildrand. Der Blick des Betrachters wird zwar durch das fressen abgebildet werden. leuchtende Grün angezogen, die offene Blende erzeugt aber eine Unschärfe im vorderen Bildbereich, die verhindert, dass “Lustigerweise habe ich beide Male der Blick unten aus dem Bild wandert. vergessen, ein echtes Weitwinkel mitzunehmen, mit dem ich das ganze Technik Stadiondach auf ein Bild bekomme. Der Bildwinkel des 150ers hat nicht ganz gereicht, um diesen Jetzt hoffe ich auf eine dritte Ausschnitt zu realisieren, ich musste das Bild anschließend Gelegenheit.” noch etwas beschneiden. Mit einem Telezoom hätte ich dies bereits bei der Aufnahme ganz genau wählen können. Gerade bei Situationen, in denen Sie Ihren Standort nicht verändern können, spielen Zoomobjektive ihren entscheidenden Vorteil aus. Nachbearbeitung Doch wenn Sie wie ich das Gewicht, die mangelnde Lichtstärke und die meist mindere optische Qualität von Zoomobjektiven scheuen, holen Sie einfach die volle technische Abbildungsqualität aus der Festbrennweite heraus und verzichten auf die Bildinformationen am Rand. Aber so ist das in der Fotografie immer: Jeden Vorteil erkaufen Sie mit mindestens einem Nachteil und es ist an Ihnen als Fotograf zu entscheiden, welche Technik am besten zu Ihnen und zu Ihrer Fotografie passt.
© Georg Banek • März 2010 • ca. 09:45 Uhr • Volkswagen-Arena, Wolfsburg • Canon EOS 5D • Sigma DG HSM 150 mm Makro/2,8 • Blende 2,8 • 1/500 Sekunde • ISO 320 • Tageslicht
Der Bildausschnitt wurde von oben nachgebessert, um eine störende Linie oberhalb der dunklen Folie zu entfernen. Darüber hinaus wurden Helligkeit und Kontrast etwas verstärkt und wenige dunkle Flecken in der Rasenfläche retuschiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Saubere Linienführung
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Straßen & Plätze
Motiv Keine dreißig Meter von unserer Wohnung entfernt stand dieser BMW über Nacht draußen. Morgens war er – wie auch alles andere drum herum – mit einer feinen Schicht Puderzuckerschnee bedeckt, die etwas ganz Besonderes mit dem dunklen Auto anstellte: Sie reduzierte die Flächen des Autos auf ein Minimum und stellte dessen elegant geschwungene Linien in den Vordergrund. Die Wirkung war schon mit bloßem Auge sehr präsent, also zückte ich die Kamera. Die schwierigste Aufgabe war es dabei, möglichst wenig Umgebung mit ins Bild zu bekommen, um die ruhige Wirkung nicht zu stören. Also ging ich um das Auto rum und probierte mehrere Perspektiven aus, bis mir dieser reduzierte Bildausschnitt gefiel. Das Wichtigste beim Fotografieren ist das Sehenlernen und da hilft Üben ungemein. Die physische Bewegung erleichtert einem dabei auch eine geistige Flexibilität, die ihrerseits wieder die Lernfähigkeit erhöht. Licht
Bildgestaltung
Die Wolkendecke war dermaßen dick und dicht, dass die Sonne dahinter nicht einmal mehr zu ahnen war. Dementsprechend schien das wenige vorhandene Licht von überall zu kommen – nur Nebel schafft das noch gleichmäßiger. Der Schnee auf dem Boden reflektierte es zusätzlich und verringerte dadurch den Motivkontrast.
Das Besondere an diesem Bild sind – neben dem offensichtlich sehr hochwertigen Auto – die Perspektive und der Bildausschnitt, beides betont die grafischen Elemente des Wagens. Die Perspektive zeigt die vielen Details der Wagenseite sehr deutlich und die runden Bildelemente ziehen den Blick daran entlang. Größer im Bild und durch die Helligkeit auch stärker betont ist die Motorhaube, die jedoch wenig Bildinformation aufweist. Diese beiden Flächen liegen so in “Eigentlich lohnt es sich bei jedem einem ausgewogenen Widerstreit um die Aufmerksamkeit Motiv, sich die Zeit für die Suche des Betrachters und halten den Blick im Bild. nach dem richtigen Bildausschnitt zu Der Schnitt hingegen anonymisiert das Auto ein wenig, nehmen - auch dann, wenn man schon indem sehr detailreiche Bereiche wie die Frontpartie und glaubt, den richtigen gefunden zu unwichtige Flächen wie das Dach ausgeblendet werden. So steht bei diesem Bild weniger die Marke als das schöne Dehaben. Es gilt, das Motiv genau zu sign und die kraftvoll-dynamisch geschwungenen Konturen prüfen, wie sich die Wirkung je nach des Autos im Mittelpunkt. Die feinen Tonwerte und die leicht Blickwinkel verändert.” violette Tonung verleihen dem Bild etwas Edles. Technik
Nachbearbeitung
Kompaktkameras sind wegen ihres geringen Gewichts sehr viel anfälliger für Verwacklungen als Spiegelreflexkameras. Wenn Sie keinen eingebauten Stabilisator haben, umfassen Sie bei langen Verschlusszeiten die Gehäuseunterseite am besten vollständig mit der Hand. Halten Sie den Arm am Körper und nutzen Sie die andere Hand nur zum Auslösen.
Nach der Umwandlung in Graustufen wurden die Mitteltöne und Tiefen in einem dunklen Violett getont. Störende Flecken wurden retuschiert.
© Georg Banek • Januar 2010 • ca. 09:45 Uhr • Parkplatz am Holzturm, Holzstraße, Mainz • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 2,8 • 1/80 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht
Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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almost Paris
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Straßen & Plätze
Motiv Bei immer stärker werdendem Regen liefen wir durch die Straßen des ersten Bezirks in Wien. Ganz in der Nähe des Museumsquartiers entdeckten wir diesen Blick auf die Rahlgasse, die ein ganzes Stück tiefer liegt. Die Perspektive war inspirierend und so wartete ich entsprechend lang, bis eine passende Person die Treppe heraufkam und so dem Bild das i-Tüpfelchen verpassen würde. Meine Geduld wurde belohnt. Bildgestaltung Bei einem so kleinteiligen, detailverliebten Motiv darf die Bildgestaltung als Gegenpol klassisch und gewohnt ausfallen: Die Fluchtpunktperspektive ist hier in ihrer elegantesten Form eingesetzt worden, denn alle Linien treffen sich an einem Punkt genau in der Mitte des Bildes. Das stabilisert die Unruhe des Motivs und den starken Sogeffekt beziehungsweise die große Dynamik, die durch die vielen, sternförmig das Bild füllenden Linien entstehen. Auch die große Fläche des Himmels und die etwas detailärmeren Bildflächen unten im Bild bilden ein Gegengewicht zu den Fassaden rechts und links. Diese bieten den Augen so viel zu sehen, dass sie immer wieder die Fensterreihen und Stockwerke entlang wandern. Doch auch zu den ruhigen Flächen oben und unten kehren sie immer mal wieder zurück, was der Gestaltung eine hohe Balance gibt. Der Himmel zieht allein durch seine Helligkeit den Blick an und die dunkle Person an der unteren Bildkante wird zum Eyecatcher – und das sowohl auf formaler als auch auf inhaltlicher Ebene. Trotz der eigentlich nicht besonders ungewöhnlichen Bildgestaltung erscheint die Aufnahme in gewisser Hinsicht surreal und künstlich, was auf die Exaktheit und die Perspektive zurückzuführen ist: Damit ist die Tatsache gemeint, dass sich der Fluchtpunkt quasi auf Augenhöhe mit dem Betrachter befindet. Auch die geraden Linien der Fassaden tragen dazu bei, da sie nicht stürzen, was wir bei einem so großen Bildwinkel erwarten würden. Doch diese Aspekte wirken unbewusst, werden erst auf den zweiten Blick wahrgenommen.
Licht Die dichten Regenwolken schluckten einiges an Helligkeit, führten aber auch zu einem gleichmäßigen, sehr diffusen Licht und niedrigen Kontrasten. Eine mittenbetonte Integralmessung ermittelte die Belichtungswerte zuverlässig. Der Regen auf dem Asphalt verleiht diesem einen leichten Schimmer und damit etwas mehr Lebendigkeit als wir ansonsten von einer trockenen Straße gewohnt sind.
“Ohne die dunkel gekleidete Frau mit Schirm wäre dieses Bild sehr viel langweiliger, denn das Auge würde schnell darüber hinwegschweifen. Doch so wird ihm ein Punkt geboten und gleichzeitig eine Geschichte, weil der Regen sichtbar wird.”
Technik Die hohe Perspektive entsteht dadurch, dass ich auf einer Art Balkon stehe, der sich oberhalb der Treppen auf der Straßenebene darüber befindet. Der sehr große Bildwinkel des 20-mm-Objektivs führt dazu, dass ein so großer Teil der Häuser rechts und links mit ins Bild kommt.
© Cora Banek • Juni 2010 • ca. 19:45 Uhr • Mariahilfer Straße, Blick auf Rahlgasse, Wien • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 3,5 • 1/250 Sekunde • ISO 320 • Tageslicht
Nachbearbeitung Das Bild wurde kontrastreich aus dem RAW entwickelt und dann getont – die Mitteltöne in einem rötlichen und die Tiefen in einem grünlichen Braun. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Straßen & Plätze
Motiv Geduld und Voraussicht sind zwei Tugenden, die jedem Fotografen gute Dienste erweisen können. Bei Bildern, die unterwegs entstehen, sind sie jedoch fast schon Pflicht. Denn beim Fotospaziergang trifft man immer wieder auf besondere Situationen oder ungewöhnliche Dinge, die geradezu nach einem Foto schreien. Allerdings fehlt meist noch ein kleines Detail, um die Szene zu erklären, anzureichern oder einfach nur optisch aufzupeppen. Dann schlägt die große Stunde der Passanten, Autos, Flugzeuge oder Vögel. Denn oft genug sind es die beweglichen Bildelemente, die einer Fläche den auflockernden Punkt oder dem unbeweglichen Hauptmotiv einen lebendigen Kontrapunkt verpassen. Wenn Sie solch ein Motiv gefunden haben, stellen Sie sich bildlich vor, welches Bildelement in der Szenerie noch fehlt. Und wenn die Situation es möglich oder sogar wahrscheinlich erscheinen lässt, dass beispielsweise ein Jogger vorbeikommt, warten Sie so lange, wie Ihre Geduld, Ihr Zeitplan und Ihr Begleiter es zulassen. Bildgestaltung Die wirren Spuren weißer Farbe auf dunklem Asphalt geben einen sehr schönen Kontrast ab und verlangen geradezu nach einem stark grafisch aufgebauten Bild. Dass die Linienführung extrem chaotisch verläuft, ist zwar einerseits genau das Motiv, andererseits muss das Durcheinander durch andere Gestaltungsmittel eingefangen und geordnet werden, wenn das Bild nicht zu unruhig werden soll. Mittels einer großen Blendenöffnung und der daraus resultierenden sehr eng gesetzten Schärfentiefe wird unten und oben eine beruhigend auslaufende Unschärfe erzeugt, der Blick bleibt so trotz der wegführenden Linien im Bild. Die vier unscharfen Joggerfüße links oben in der Ecke bilden den nötigen Gegenpol zu den scharfen Fußabdrücken und machen die Spuren gleichzeitig leichter verständlich.
Licht Der noch relativ frisch geteerte Weg verlief entlang einer Reihe hoher, dicker Bäume, die Spuren lagen also in einem unregelmäßigen Schatten. Rechts befanden sich Wiesen, weshalb von dort mehr Licht auf den Asphalt fiel. Der bewölkte Himmel streute das Sonnenlicht und schluckte einiges an Helligkeit, wobei dennoch ausreichend Licht beim Motiv ankam.
“Wenn ich auf eine Person warte, die ich als zusätzliches Bildelement brauche, verfolge ich sie aus den Augenwinkeln, bis sie das Sucherbild betritt. So werde ich nicht überrascht und kann kontrolliert den richtigen Moment mit einer schönen Beinstellung erwischen.”
Technik Für Bilder, auf die Sie warten müssen, empfehle ich immer gerne die manuellen Einstellungen. Wenn ich die Zeit habe, mir das Bild in aller Ruhe zu überlegen und zu gestalten, stelle ich sogar den Autofokus ab. Denn nichts ist ärgerlicher, als im entscheidenden Moment den Bildausschnitt korrigieren zu müssen, falls sich das gewählte AF-Messfeld ungewollt auf einen ungünstigen Punkt verschoben hat. Denn eine Fehlfokussierung verzeihen die allerwenigsten Motive.
© Georg Banek • September 2006 • ca. 17:00 Uhr • Lainzer Tiergarten, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 50 mm/1,4 • Blende 2,8 • 1/125 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak BW400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Der deutlichste Bearbeitungsschritt war neben der dunklen Grünfärbung das Verkleinern des linken ausgefressenen Strumpfs der linken Person. Vorher zog dieser einfach viel zu viel Aufmerksamkeit auf sich. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Rushhour
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Straßen & Plätze
Motiv Nachts sind alle Katzen grau – und die Lichter bunt. Das Besondere an der Fotografie bei Dunkelheit ist das Kunstlicht, das plötzlich überall in allen Farbtönen zutage tritt. So sind Bilder von Bauwerken und Gebäuden, die sonst immer nur bei Tageslicht fotografiert werden, in einer ganz anderen Farbstimmung möglich. Denn während Sonnenlicht im Tagesverlauf rötlich bis bläulich ist, gibt es künstliche Lichtquellen in so gut wie allen Farben, zum Beispiel in gelb oder rot (Glühlampen), blau (Halogenlampen) oder grün (Neonröhren). Während einer langen Fototour durch London brach die Dämmerung zu dem Zeitpunkt über mich herein, als ich den Tower erreichte. Das wenige Tageslicht gab allem eine blaue Grundstimmung, von der sich die beleuchteten Fenster des Towers und die Autoscheinwerfer farbig leuchtend abheben konnten. In meinen Augen mal ein ganz anderes Motiv der viel gesehenen Sehenswürdigkeit. Licht
Bildgestaltung Bei wenig Tageslicht werden die Farben entsättigter, trüber und die Bildstimmung wird düster – der helle Himmel wirkt hier als Gegenpol. Trotz der unterschiedlichen Farben wirkt die Zusammenstellung harmonisch. Dem flächigen und statischen Abbild des Gebäudes wird die hohe Dynamik der anfahrenden Autos entgegengesetzt. Das Hochformat ist hier wichtig für die Spannung im Bild, denn der Betrachter führt sowohl die Straße als auch das Gebäude rechts und links ins Unendliche fort. Technik
“Die ‘Blaue Stunde’ ist zwar ohne Stativ nicht leicht zu fotografieren, bringt aber aufregende Ergebnisse. Experimentieren lohnt sich hier auf jeden Fall!”
Je früher am Abend man die Bilder macht, desto eher kann man noch von dem Resttageslicht profitieren, das eine Grundhelligkeit ins Bild bringt. Das verhindert allzu lange Belichtungszeiten, die, sobald es richtig dunkel ist, schnell mehrere Sekunden lang sein müssen, um eine Aufnahme richtig zu belichten, wobei dann ein Fotografieren ohne Stativ nicht mehr möglich ist. Hier konnte ich gerade noch darauf verzichten.
Ich öffnete die Blende vollständig und hatte bei ISO 100 (durch den Diafilm vorgegeben) eine Verschlusszeit von 1/15 Sekunde, die ich nicht mehr verwacklungsfrei halten konnte. Um die Verwacklung aber in einem akzeptablen Rahmen zu halten, stütze ich mich auf und wählte die Spiegelvorauslösung. Diese Funktion meiner Contax klappt den Spiegel bereits vor dem Auslösen hoch, um die Erschütterung des Hochklappens zu Beginn der Belichtung zu unterdrücken.
© Georg Banek • Oktober 1999 • ca. 17:45 Uhr • Tower Hill Terrace, London • Contax RTS I • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 1,4 • 1/15 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
In der „Blauen Stunde“ ist die Sonne bereits untergegangen, die Helligkeit aber noch nicht verschwunden. Die Atmosphäre ist dadurch sehr besonders und zum Fotografieren ist dieses Restlicht ideal – denn auch ohne völlige Dunkelheit treten die Kunstlichter schon sehr deutlich zutage, die notwendigen Belichtungszeiten bleiben aber noch akzeptabel kurz.
Nachbearbeitung Beim Scannen des Dias war es sehr wichtig, möglichst viel Zeichnung in den dunklen Bildteilen zu sichern. Später wurden die Mitteltöne noch einmal gezielt aufgehellt und die Sättigung der Farben angehoben. Störende Reflexionen wurden retuschiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Bonjour Tristesse
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Straßen & Plätze
Motiv Tordurchfahrten, Seitengassen und Hinterhöfe sind für mich neugierigen Menschen immer gleichbedeutend mit der Möglichkeit, an besondere Motive zu gelangen. Denn abseits der schönen Fassade finden sich die ungeschönten, farblosen Ansichten, so wie der Mensch die Orte im Alltag sieht und benutzt. Dort ergeben sich echte Bilder mit der manchmal erschreckenden, manchmal faszinierenden Patina von Normalität, Verfall oder Tristesse. Gerade in Wien finden sich zwar überweigend reich verzierte architektonische Kleinode, doch abseits der Innenstadt, in den vom Krieg zerstörten Stadtvierteln ist es gar nicht so selten, auf solche Bausünden der Fünfziger- oder Sechziger-Jahre zu stoßen. Bei diesem Hinterhof war ich dennoch sehr überrascht, einen so kahlen, geraden und freudlosen Häuserblock aus schnörkellos grauem Beton vorzufinden. Vor allem die vollständige Abwesenheit jeglichen Grüns berührte mich fröstelnd und ließ mich zur Kamera greifen. Bildgestaltung Das Grau in Grau des Bildes unterstreicht den trostlosen Bildinhalt sehr offensichtlich. Dabei gibt es auch ausreichend kleinteilige Kontraste, um das Bild nicht langweilig werden zu lassen, das Auge findet überall etwas zu tun. Die generelle Verteilung der Tonwerte, unten die dunklen und oben die hellen, wirkt vertraut und stabil und lässt einen winzigen Hoffnungsschimmer auf Sonne über den Dächern entstehen. Auch dass die Trennlinie zwischen Parkplatz und Häuserfront vertikal im Goldenen Schnitt verläuft, vermittelt ein wenig irritierende Harmonie. Im Fluchtpunkt sitzt das einzige belebte und bewegte Bildelement, auch wenn kein Fahrer und keine Bewegungsunschärfe zu sehen ist. Aber die zu allen anderen Autos unterschiedliche, nicht ausgerichtete Positionierung lässt uns den Wagen sofort als fahrend erkennen.
Licht Der enge Innenhof limitierte das Licht natürlich ganz extrem. Direktes Licht fiel von oben nur auf die Autos links, die rechten standen im Schatten und mussten mit dem Licht auskommen, das die grauen Hauswände reflektierten. Glücklicherweise herrschte kein hartes Sonnenlicht, sondern der Himmel war bewölkt, denn direkte Sonne hätte zu sehr starken Reflexionen und hellen Spitzlichtern auf Fensterscheiben und Autos geführt.
“Eigentlich zeigen alle meine Bilder die Schönheit in den Menschen, Orten und Dingen, die mir begegnen. Selbst bei solchen Orten kann ich nicht umhin, sie schön und aufregend zu gestalten.”
Technik Mit Festbrennweiten zu arbeiten, ist für viele Fotografen zu umständlich. Das Gewicht kann man zwar durch die Konzentration auf zwei oder drei Objektive reduzieren, aber das Ummontieren der Linsen braucht Zeit – immer wieder mal genau die entscheidenden Sekunden. Doch durch Erfahrung und den Blick für Bildwinkel und Perspektiven in den jeweiligen Aufnahmesituationen ist es durchaus möglich, das Objektiv schon gewechselt zu haben, bevor das eigentliche Motiv entsteht.
© Georg Banek • Mai 2002 • ca. 11:00 Uhr • 2. Bezirk, Leopoldstadt, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 4 • 1/60 Sekunde • SW-Negativfilm T400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach dem Scannen wurde der Ausschnitt etwas angepasst und der Kontrast stark angehoben. Die Färbung entsteht durch den Scan des chromogenen SchwarzweißNegativfilms als Farbdatei. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Freiheit, grenzenlos
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Straßen & Plätze
Motiv Nie zuvor und danach war ich je an einem Ort, der so viel Ruhe, so einen Zauber ausstrahlte wie dort oben auf dem Roque de Los Muchachos während des Sonnenuntergangs – die Wolkendecke lag unter uns, es wurde langsam kühl und man hörte keinen Laut ... Bildgestaltung Die Bildaufteilung ist hier ausgesprochen elegant: Den unteren Bereich nehmen beinahe vollständig die Straße und die Landschaft ein, die in einer sanften Linie von links nach rechts ansteigt und der Aufnahme dadurch eine positive Grundstimmung gibt. Darüber folgt eine Schicht Wolken, welche die Straße „auffängt“ und den Eindruck vermittelt, die Straße versinke in dieser weichen Schicht. Die obere Bildhälfte besteht aus Himmel, der jedoch nicht eine eintönige Fläche bildet, sondern in einem Farbverlauf von oben nach unten heller wird. Die besondere Wirkung machen in diesem Foto hauptsächlich die Farben aus, denn warme Orange-Gelb-Töne wechseln sich immer wieder mit kühlen Blautönen ab. Dieser nicht grell-bunte, sondern zarte KaltWarm-Kontrast steigert die Emotionalität des Bildes, die zwischen einer heimeligen, warmen Atmosphäre und dem kühlen, weiten Gefühl von Freiheit schwankt. Als böte die Erde Schutz und der Himmel wäre das Ziel eines Fernwehs, das uns ganz hinten am Horizont erneut Schutz und Wärme verspricht. Die dunkle Straße führt den Betrachter aus der kühlen Gegenwart in eine ferne Zukunft – der Blick folgt den Linien, die sich in den Wolken, im Ungewissen, verlieren. Der Punkt, an dem das geschieht, liegt horizontal genau im Goldenen Schnitt, was dem Bild Ruhe verleiht. In der vertikalen Achse ist er jedoch etwas nach unten verschoben, was die Gestaltung etwas spannungsreicher macht – ein Zeichen für das Ungewisse, das dort wartet. Um der Losgelöstheit im Bild, die durch die Wolken und den weiten Himmel symbolisiert wird, optischen Halt zu geben, laufen die weißen Begrenzungslinien der Straße in die unteren Bildecken.
Licht Die Sonne versank links von mir langsam in den Wolken und das bläuliche Licht, welches das Abendrot ablöste, begann schon sich langsam auszubreiten. Die Schatten waren deutlich sichtbar und sehr lang, gaben den Steinen und Gräsern aber Dreidimensionalität und Kontur. Außerdem brachte das rote Licht die Erde zum Leuchten.
“Reinhard Mey sang von der grenzenlosen Freiheit über den Wolken und als ich auf dieser faszinierenden Insel einer Strasse durch die Wolkendecke folgte, erfasste mich dasselbe Gefühl. Diese Aufnahme fängt es ein und macht es für mich sichtbar.”
Technik
Nachbearbeitung
Da mir etwas mehr Schärfentiefe bei dieser Aufnahme wichtig war, reagierte ich mit einer etwas längeren Verschlusszeit auf die langsam schwindende Helligkeit – 1/100 Sekunde kann ich bei einem Weitwinkelobjektiv noch problemlos verwacklungsfrei auslösen.
Abgesehen von der Retusche einzelner dunkler Sensorflecken im Himmel wurde diese Aufnahme nicht weiter bearbeitet.
© Cora Banek • September 2007 • ca. 21:15 Uhr • LP-4, Roque de Los Muchachos, La Palma, Spanien • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 5,6 • 1/100 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Tunnelblick
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Straßen & Plätze
Motiv Im Winter sind Parkanlagen meist ein recht trauriger Anblick, insbesondere, wenn der gesamte Park sehr stark auf das Grün der Pflanzen ausgelegt ist. So ging es uns auch, als wir das Schloss Sanssouci im März besuchten. Die wenige Farbe und die nackten Stämme und Äste der Bäume boten sich eigentlich kaum als Motive an. Dieser künstlich angelegte Tunnel aus Bäumen allerdings gab auch bei dieser Jahreszeit ein sehr grafisches Motiv ab. Bildgestaltung Die Linien dieses Bildes sind eigentlich sehr deutlich ausgeprägt, werden aber immer wieder durch kleinere, organisch verwinkelte Linien und Formen unterbrochen, verdeckt und damit aufgelockert. Das wirkt dem extremen Sog und der starken räumlichen Wirkung der sich in einem zentralen Punkt treffenden Fluchtlinien massiv entgegen. Es funktioniert so gut, dass der helle Spot am Ende des Tunnels sogar notwendig ist, um den Blick noch bis dorthin zu ziehen. Dort gibt es auch genügend Details, um den Blick eine Weile zu beschäftigen, ehe er über die recht dicke vertikale Linie wieder nach oben geleitet wird. Die ganz leicht blaue Tonung verstärkt unbewusst die bedrohliche, unwirtliche Anmutung des Motivs und lässt das Bild edel wirken.
Licht Das gleichmäßige Licht des wolkenverhangenen Himmels ist zwar grundsätzlich eine gute Sache für so detailreiche Motive, hier gab es jedoch zwei Probleme: Das Licht kam von oben und von vorn. Beide führten zu tiefen Schatten auf der mir zugewandten Seite der Bäume. Dem musste ich durch eine sehr helle Belichtung begegnen.
Technik Die Schwierigkeit bei diesem Motiv lag darin, dass ich möglichst viel Zeichnung in den Stämmen erhalten musste, denn ein reiner Scherenschnitt wäre mir zu fad gewesen. Also richtete ich die Spotmessung auf die unteren Bildteile, um den Belichtungsmesser durch möglichst wenig hellen Himmel zu verwirren. Dass der Himmel dann zeichnungslos ausfressen würde, war für mich angesichts des grafischen Motivs nur folgerichtig – ein Wolkenhimmel hätte hier nur abgelenkt.
“Bei diesem Bild mag ich neben der nahezu symmetrischen Regelmässigkeit vor allem die bedrohliche Wirkung der kahlen, fast toten Äste, die in einem optimistischen ‘Licht am Ende des Tunnels’ auslaufen.”
Angesichts des trüben Wintertags war wenig Licht vorhanden, ich habe den Film damals tatsächlich wie ISO 400 belichtet und entwickeln lassen. Das war durchaus ungewöhnlich, denn wir hatten uns angewöhnt, den chromogenen Film immer wie ISO 100 zu belichten und ihn einer entsprechenden Spezialentwicklung unterziehen zu lassen. Das Ergebnis war ein sehr feinkörniger Schwarzweißfilm mit einem sehr hohen Kontrastumfang, der jedoch wie ein Farbnegativfilm behandelt wurde. Dadurch konnten wir ihn ganz normal im Großlabor entwickeln lassen, was die Kosten merklich reduzierte.
© Cora Banek • März 2005 • ca. 11:30 Uhr • Schlossgarten, Schloss Sanssouci, Potsdam • Canon EOS 30 • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 4,6 • 1/250 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak BW400CN • ISO 400 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um die knorrigen Äste so stark wie möglich zu beruhigen, betrieb ich sehr viel Aufwand bei der Retusche kleinerer Zweige und störender heller Flecken. Anschließend hellte ich den Fluchtpunkt auf und färbte das ganze Bild in einem entsättigten Blau. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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down on the streets
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Straßen & Plätze
Motiv Wenn sich alles im Fluss und in Bewegung befindet, ist es eher ein Produkt des Gefühls und der Erfahrung als der bewussten Entscheidung, den richtigen Augenblick abzupassen und im Bild einzufangen. Dieses unbewusste Bauchgefühl sollte jedoch auf der bewussten Analyse eigener Fotos basieren. So verfestigt sich die Bildsprache zu flexiblen Mustern, die man als Fotograf schnell und instinktiv abrufen kann – wie hier, wo ich den Sekundenbruchteil der sich nähernden Straßenbahn ausnutzte. Bildgestaltung Der sehr große Bildwinkel und die extreme Unschärfe sind ein besonderer Hingucker in diesem Bild. Im überwiegenden Teil der Bildfläche wird der Detailreichtum auf grobe Strukturen reduziert, was verhindert, dass sich der Blick dort festsetzt. Die Schärfe im Vordergrund zwingt den Blick immer wieder auf die nasse, detailreiche Straße, auf der die Fahrbahnmarkierungen bereits malerisch aufreißen und abblättern. Die vorherrschenden schmutzig grau-blau-düsteren Farben werden nur durch vereinzelte rote Flächen unterbrochen, die damit optische Ankerpunkte setzen. Gerade die entsättigten Farben tragen viel zu der regnerischen Atmosphäre bei, die insgesamt zwischen müde-trist und dramatisch-gefährlich fein ausbalanciert ist.
Licht Die Lichtstimmung war – am Abend und mitten in der Stadt – am Boden bereits vergleichsweise düster. Die dichte Wolkendecke vor dem regenverhangenen Himmel schluckte viel Licht. Die mittenbetonte Integralmessung berücksichtigte jedoch einen Großteil des noch hellen Himmels, was ich manuell anpassen konnte.
Technik Auch in der Aufnahmetechnik ist die Erfahrung das sicherste Standbein für aufregende Bilder. Denn nur, wenn Sie Ihre Fototechnik blind beherrschen, haben Sie im kritischen Moment die Ruhe und die Übersicht, nicht nur keine Fehler zu machen, sondern sogar trotz der stressigen Situation noch kreativ gestaltend einzugreifen.
“Nicht jedes Motiv muss vollständig durchgeplant werden. Oft reicht es auch, eine Szene als Ganzes wahrzunehmen und intuitiv zu spüren, dass sich daraus ein spannendes Foto machen lässt.”
Bei mir geht die Vertrautheit mit meiner Kamera und dieser Brennweite sogar so weit, dass ich sehr gezielt mein Bild gestalten kann, ohne überhaupt durch den Sucher zu sehen. Zuerst halte ich die Kamera dorthin, wo ich sie haben will – in diesem Fall nur wenige Zentimeter über den Boden. Dann drehe ich die Kamera so, dass das mittlere AF-Messfeld auf den Bereich zeigt, den ich scharf haben will und drücke den Auslöser halb durch, um die Fokussierung zu speichern. Die Schärfentiefe habe ich vorher manuell festgelegt. Dann schätze ich den Bildwinkel ab, halte die Kamera entsprechend und warte, bis das Motiv sich genau dorthin bewegt hat, wo ich es vor meinem inneren Auge haben wollte. Schließlich löse ich aus.
© Cora Banek • Juni 2010 • ca. 19:45 Uhr • Kreuzung Museumsstraße/Burggasse, Wien • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 3,5 • 1/500 Sekunde • ISO 320 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um die roten Bereiche im Bild noch deutlicher hervorzuheben, entsättigte ich alle Farben bis auf die Rottöne. Anschließend verschob ich die Farben leicht ins BläulichKühle und erhöhte den Kontrast merklich. Kleine helle Flecken im scharf fokussierten Asphalt wurden wegretuschiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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High Noon!
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Straßen & Plätze
Motiv Der Stock-im-Eisen-Platz bildet das Zentrum der Wiener Fußgängerzone mit dem Stephansdom und dem Haas-Haus. Hier zu fotografieren lohnt sich sehr, da die Häuser eine beeindruckende Höhe mit reich verzierten Fassaden haben und die Kirche für sich genommen ein ganz besonderes Prunkstück ist. An Plätzen wie diesem mit so offensichtlichen Sehenswürdigkeiten möchte ich immer einen neuen Blickwinkel finden, der noch nicht so bekannt ist und vielleicht sogar eine Geschichte über die Sehenswürdigkeit hinaus erzählen kann. Hier ist mir das durch die Gegenüberstellung des traditionellen Gebäudes der Neuen Wiener Porzellanmanufaktur auf der einen und dem modernen Bau des Haas-Hauses auf der anderen Seite gelungen. So bilden die beiden Fassaden einen extremen Kontrast, der den sehr umstrittenen Neubau des Haas-Hauses widerspiegelt – durchbricht die blanke Fassade doch das Stadtbild. Wien als Stadt der Traditionen wird zwar auf den ersten Blick eher mit den alten Häusern verbunden, doch hat es das Haas-Haus mit seiner beinahe schon futuristischen Architektur in die Reihen der Sehenswürdigkeiten geschafft. Bildgestaltung
Licht Das Licht kam von links und ließ das rechte Gebäude aufleuchten, wodurch es noch einmal heller wirkt. Das linke Gebäude hingegen liegt im Schatten und wird dadurch noch dunkler. Das Licht verstärkt hier also den großen Kontrast zwischen den beiden Bildteilen. Da die Sonne direkt frontal auf das Gebäude scheint, entstehen keine störenden Schatten.
Der inhaltliche Kontrast zwischen Alt und Neu, zwischen Tradition und Moderne, zwischen Stein und Glas, zwischen kleinteiliger Verzierung und großflächiger Glätte wird auch auf formaler Ebene aufgenommen: Erstens kontrastiert das linke dunkle Gebäude mit dem hellen rechten Gebäude, zweitens heben sich die Gebäude selbst “Die Tradition spiegelt sich in der deutlich von ihrem jeweils entgegengesetzten Hintergrund Moderne wider, die Vergangenheit in ab, was der interessante Helligkeitsverlauf im Hintergrund der Gegenwart ... - dieses Bild lässt möglich macht. Der Kontrast zwischen Schwarz und Weiß Raum für Interpretationen und bekommt beziehungsweise zwischen Hell und Dunkel ist der größtdadurch eine grossartige Tiefe.” mögliche Kontrast, was an dieser Stelle die Unterschiede der beiden Fassaden ganz besonders hervorhebt. Die harten Anschnitte und das schräge Ins-Bild-Ragen der Gebäude verleihen der Aufnahme eine hohe Spannung und Dynamik. Dass die beiden Häuser etwa gleich viel Raum bekommen, inszeniert sie als gleichberechtigt und der symmetrische Aufbau setzt sie wie Spiegelbilder einander gegenüber. Technik Hier wäre ein noch größerer Bildwinkel ideal gewesen, da mir aber nur das 28er zur Verfügung stand, plante ich eine passende Bearbeitung ein.
© Cora Banek • September 2006 • ca. 14:15 Uhr • Stock-im-Eisen-Platz, Wien • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 3,5 • 1/1600 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Der wichtigste Bearbeitungsschritt ist hier die Änderung des Bildformats von einem Querformat in ein Quadrat – nicht durch einen Schnitt von außen, sondern durch ein Herausnehmen eines Stücks aus der Mitte. Anschließend wurde die Schnittkante retuschiert, der Kontrast etwas verstärkt und eine leichte Brauntonung angewandt. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Get up and - go!
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Straßen & Plätze
Motiv Dass ich buchstäblich im Vorbeigehen ein Coverbild schießen würde, hätte ich mir an diesem Tag auch nicht träumen lassen. Ausgangspunkt für dieses Bild war ein Besuch in Berlin und der Gedanke, wenigstens noch ein Erinnerungsbild an die niedlichen ostdeutschen Ampelmännchen zu machen, bevor sie in einigen Jahren ganz vom Erdboden verschwinden werden. Während ich an der Kreuzung vor dem Sony Center wartete, nahm ich die Kamera aus der Tasche, maß die Belichtung auf dem grauen Asphalt und stellte die Werte manuell ein. Als ich dann die Kreuzung überquerte, hielt ich die Kamera über den Kopf in Richtung Ampel und machte, ohne auf den Monitor zu sehen, drei Bilder ... Noch während ich weiterging sah ich mir die Ergebnisse an. Dieses hier gefiel mir auf der Stelle und ich machte keine weiteren Bilder mehr von anderen Ampeln. Die anderen beiden Aufnahmen haben das Aussortieren nicht überlebt. Licht
Bildgestaltung Eine Gestaltung ist in jedem Bild vorhanden, mal besser gelungen, mal schlechter. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie zufällig entstanden ist oder exakt geplant wurde. Es lässt sich trotzdem immer analysieren, welche Bildgestaltungsmittel wie wirken.
Die Aufnahmedaten zeigen schon deutlich, dass trotz Mittagszeit die Sonne nicht allzu viel Kraft besaß und es – ganz typisch für den März – vergleichsweise nicht allzu hell war. Die weiche Wolkendecke hüllte die Glasfassade in ein ebensolches Licht, wodurch alle Details mit viel Zeichnung erhalten blieben. Lediglich der Himmel wurde weitestgehend zeichnungsfrei.
Die beiden Ampellichter bilden die einzigen kräftigen Farben im Bild, der Rest wirkt eher unbunt und grau. Dadurch erhalten sie sehr viel Aufmerksamkeit, das Grün durch seine Größe und die symbolische Form noch mehr als die Signal- und Warnfarbe Rot. Allerdings ziehen die sehr dominanten Linien den Blick in Richtung Flucht“War bei diesem Bild eine enorme punkt, der ohne wirkliches Bildelement am linken oberen Menge Glück im Spiel? Natürlich! Bildrand sitzt. Die dunkle Linie führt den Blick wieder zum Männchen und das Rot eröffnet dem Blick einen Schlenker Dennoch würde ich mich vehement über die detailreiche Glasfront. Insgesamt wirkt dieses Bild gegen die Behauptung wehren, es sei sehr dynamisch und räumlich, ohne wegen seiner starken zufällig oder ungeplant entstanden!” Grafik Bildinformationen zu verlieren. Technik
Nachbearbeitung
Die G9 hat leider eine extrem lange Auslöseverzögerung, so dass zwischen zwei Aufnahmen im RAW-Format unangenehm viel Zeit vergeht. Das wusste ich und ging deswegen langsamer, als ich mich im passenden Bereich der Kreuzung befand. Und selbst in dieser kurzen Zeit richtete ich die Kamera erst mittig auf die Ampel, arretierte den Fokus durch einen Druck auf den Auslöser, um dann intuitiv den Bildausschnitt zu wählen.
Neben der Verstärkung des Bildkontrasts und der Farbsättigung war der wichtigste Bearbeitungsschritt das Entfernen einer Antenne auf dem Hausdach, die zu viel Aufmerksamkeit auf sich zog.
© Georg Banek • März 2010 • ca. 11:30 Uhr • Kreuzung Potsdamer Straße/ Ben-Gurion-Straße, Berlin • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 4 • 1/250 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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When in Rome
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Straßen & Plätze
Motiv Egal wie oft ich den Weg von unserer Wohnung zu unserem Studio auch gehe, ich höre nie auf, immer wieder nach Motiven zu suchen. Und tatsächlich finde ich auch nach wie vor kleine fotografisch wertvolle Details des urbanen Lebens. Bei diesem Motiv musste ich allerdings nicht groß suchen – die Rose mit den abgerissenen Blütenblättern lag mitten auf der Straße. Schon während ich aus der Richtung, die auf dem Bild zu sehen ist, kam, spürte ich die Sonne im Rücken. Und als ich bereits von weitem die Rose sah, entstand das fertige Bild sofort vor meinem inneren Auge – sobald ich bei der zerrupften Blüte angekommen war, musste ich es also nur noch machen. Natürlich steckt in der weggeworfenen Blüte eine starke Symbolik, die Trennung, Verlust und eine dramatische Auseinandersetzung zwischen einem Liebespaar widerspiegelt. Aber viel stärker wirkt das Bild durch die Gefühle, die beim Betrachter hervorgerufen werden, als durch das konkrete Motiv – es ist pure Emotion. Bildgestaltung Was an dem Bild als Erstes auffällt, sind zum einen der hohe Kontrast und zum anderen die besondere Farbigkeit, die in einem ungewohnt faszinierenden Widerspruch zueinander stehen. Während der Helligkeitskontrast eine enorme Dramatik und – zusammen mit der schiefen Horizontlinie – auch eine starke Dynamik und Unsicherheit hervorruft, wirken die Farben fast schon sanft. Abgesehen von dem Rot der Blütenblätter sind ausschließlich warme und düstere Erdtöne vorhanden. Diese Farbfamilie wirkt eher natürlich, melancholisch oder antik – jedoch nicht unbedingt dramatisch oder dynamisch. Zusammen ergeben diese unterschiedlichen Gestaltungsmittel eine schöne Mischung, die ein breites Feld an Emotionen vermittelt. Die tiefe Aufnahmehöhe und das Weitwinkelobjektiv unterstützen zusätzlich die räumliche Wirkung der in einem Fluchtpunkt zusammenlaufenden Linien.
Licht Extremer kann eine Lichtsituation kaum sein: Das harte Gegenlicht der noch tief stehenden Morgensonne fällt direkt in die schmale Gasse und spiegelt sich auf den teilweise noch nassen Pflastersteinen. Solch ein Kontrast ist zu hoch für den Dynamikumfang jeder Kamera und auch ich musste mich entscheiden – in diesem Fall für genügend Zeichnung in den dunklen Bildbereichen und damit einhergehend für eine ausgefressene Stelle im hinteren Teil des Bildes.
“Was mich bis heute beschäftigt, wenn ich das Bild ansehe, ist die Frage, welche Geschichte sich dahinter verbirgt. Wer hat die Rose dort halb zerrupft zurückgelassen - und warum?”
Technik Gerade bei Motiven, die sich nur wenige Zentimeter vom Sensor entfernt befinden, wirkt es sich sehr stark aus, wenn nach dem Fokussieren die Kamera verschwenkt wird. Denn schnell wird hier auch die Fokusebene verschoben, was sich auch mit größter Mühe nie ganz vermeiden lässt. Deshalb mache ich sicherheitshalber immer mehrere Bilder, da der Fokus bei einem guten Anteil falsch liegt.
© Georg Banek • Februar 2010 • ca. 11:00 Uhr • Augustinerstraße, Mainz • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 5,6 • 1/500 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Das Bild kommt im Grunde so aus der Kamera. Eine kleinere Verringerung des Kontrasts ermöglichte aber etwas mehr Zeichnung in den helleren Stellen. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Line Part in Fine Art
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Straßen & Plätze
Motiv Auf diesem Flügel der Gloriette haben Georg und ich einen wunderschön entspannten Vormittag verbracht, mit nichts außer Sonne, Lesen, ein paar wundervollen Fotos und einem atemberaubenden Ausblick. Solche Mußestunden werten einen ansonsten doch manchmal recht anstrengenden Großstadturlaub enorm auf. Als wir schließlich bereits im Aufbruch begriffen waren, blickte ich noch einmal um mich und sah diese malerische Wolkenformation. Wenn Sie einem bekannten Bauwerk oder einer schon oft fotografierten Sehenswürdigkeit eine neue Seite abgewinnen wollen, ist eine mögliche Vorgehensweise, sie in eine ungewohnte Beziehung zu ihrem Umfeld zu setzen. Der übliche Blick von der Gloriette geht hinunter auf das dazugehörige Schloss Schönbrunn. Hier habe ich hingegen nicht nur eine ganz andere Blickrichtung auf die Bäume und die Berge gewählt, sondern auch ein ungewöhnliches Teilstück des Bauwerks herausgelöst. Solche Bilder lösen bekannte Wahrnehmungsmuster auf. Bildgestaltung
Licht Ganz offensichtlich kam das Sonnenlicht an diesem leicht wolkigen Tag von links. Glücklicherweise wurde die Sonne in diesem Moment allerdings von einer Wolke verdeckt, so dass das leichte Gegenlicht zwar klar gerichtet, aber durchaus diffus auf die Szenerie traf. Dadurch waren die Schatten weich aufgelöst und die feinen Details blieben erhalten.
Das Bild wirkt gleich durch drei Punkte sehr majestätisch und faszinierend: Erstens durch die edle Schwarzweißbearbeitung – der große Tonwertumfang bei voller Detaildurchzeichnung wirkt unwirklich und künstlerisch. Zweitens bieten diese Details dem Auge viel zu entdecken und entkräften gleichzeitig die starke Grafik des Bildes. Die Linien werden weniger dominant. Und drittens ermöglicht die ungewohnt hohe Aufnahmehöhe dem Betrachter einen unverstellten “Wir waren erstaunt, wie wenig andere Blick über die Baumwipfel bis hin zum Horizont. Allein dieser Ausblick deutet die enorme Höhe des Bauwerks an und hebt Touristen uns in dieser Zeit auf dem das Bild aus dem Normalen heraus. hinteren Dach der Gloriette störten. Die beiden annähernden Symmetrien der linken und Insofern geben wir Ihnen diese wunderrechten Terrassenseite sowie der Flächen von Himmel und volle Möglichkeit einer seelischen AusErde geben dem Bild eine ausgleichende, ruhige Stabilität zeit als Insider-Tipp für Ihren nächsten ohne dabei vollständig statisch zu wirken. Wien-Urlaub gerne weiter.” Technik Um eine Fine-Art-Bearbeitung zu ermöglichen, müssen schon bei der Aufnahme möglichst alle Tonwerte erhalten bleiben. In den dunklen Tönen ist dies eher der Fall, außerdem stören reinweiß ausgefressene Stellen die feinen Tonwerte eher, weil sie den Blick auf sich ziehen. Deswegen habe ich der Halbautomatik hier über die Belichtungskorrektur eine Unterbelichtung von 1 1/3 Blendenstufen manuell vorgegeben.
© Cora Banek • September 2006 • ca. 13:45 Uhr • Gloriette, Schloss Schönbrunn, Wien • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 7 • 1/160 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um die Tonwerte in allen Bildbereichen auszureizen, bearbeitete ich Himmel und Erde separat voneinander. Zusätzlich mussten einzelne Sensorflecken entfernt werden. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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2 PS
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Straßen & Plätze
Motiv Die Stärke dieses Bildes ist, dass es mit den Erwartungen des Betrachters spielt und ihn zu irritieren vermag: Die Perspektive direkt von oben auf ein Auto wirkt unrealistisch und gleichzeitig interessant („Wie war das möglich?“). Der Betrachter dreht das Fahrzeug im Kopf und stellt es sich so vor, wie er es normalerweise sehen würde – ein LKW entsteht vor seinem inneren Auge. Jetzt irritieren plötzlich die kleinen Außenspiegel und die Ausmaße der Pferdedecke, die bei näherem Hinsehen als ganz normale Wolldecke erkannt werden kann. Die Größenverhältnisse können nicht stimmen („Ist das überhaupt ein LKW?“). Bei noch genauerem Hinsehen erkennt der Betrachter den Lenker im Inneren des Wagens, der an einen Roller erinnert. Jetzt erst ist eine Verortung möglich: Es handelt sich um ein kleines dreirädriges Fahrzeug, das nicht viel länger ist als etwa zweieinhalb oder drei Meter. Wenn es mit einem Bild gelingt, den Betrachter so zu beschäftigen, dann ist schon einiges der Intention des Fotografen geschafft. Dieser will nämlich, dass man seine Bilder wahrnimmt und das tut man umso ausführlicher, je stärker es zu fesseln vermag. Wenn dann auch noch ein kleines Schmunzeln durch die Pferde entsteht, kann ich mir als Fotograf kaum mehr wünschen, denn der Betrachter ist während seiner Auseinandersetzung mit dem Bild sogar positiv gestimmt. Bildgestaltung Eine so starke Aufsicht ist von sich aus ungewöhnlich, katapultiert den Betrachter aber in die Position des Überblickenden, des Mächtigen und gibt ihm eine Größe, die das Motiv selbst kleiner werden lässt, als es in Wahrheit vielleicht ist.
Eigentlich schien die Sonne an diesem Tag unmittelbar von einem wolkenlosen Himmel. Doch stand sie schräg hinter mir und die Mauer warf einen großen Schatten auf den kleinen Platz, auf dem das Gefährt stand. Dieses stand also vollständig im Schatten und die Sonne wird ausgeblendet. Das führt zu den sanften Kontrasten im Bild.
“Ohne die inhaltliche Doppelung der Pferdestärken, wäre das Motiv kein Foto wert gewesen - erst die Decke macht das Bild.”
Die unbunten Farben der Decke und der Pflastersteine bieten ein ruhiges Umfeld, aus dem das satte Rot effektvoll heraussticht. Diese Signalfarbe hat an sich einen der höchstmöglichen Aufmerksamkeitswerte, wodurch das Auge schnell am Dach des Wagens hängen bleibt. Dieses wirkt durch die Lichtspiegelung nicht langweilig, sondern interessant genug, um von dort die Betrachtung des Bildes zu starten. Technik
Genauso wenig wie man solche Motive planen kann, ist es möglich, eine solche Aufnahmesituation vorauszusehen: Der Blick über die Brüstung einer Besucherterrasse auf die Straße darunter eröffnete mir genau dieses Bild. Ich musste nicht viel mehr tun, als auszulösen.
© Georg Banek • August 2003 • ca. 11:30 Uhr • Nähe Domplatte, Köln • Contax RTS III • Carl Zeiss 50 mm/1,4 • Blende 5,6 • 1/125 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Licht
Nachbearbeitung Nach dem Scannen wurde der gepflasterte Boden aufwändig entfleckt, um die Fläche ruhiger zu gestalten und ablenkende Bildpunkte zu entfernen. Auch ein kleiner Schriftzug auf dem Karton unten wurde retuschiert, da er den Blick zu stark angezogen hätte. Der Kontrast und die Helligkeit wurden erhöht und die Sättigung des Rottons ebenfalls angehoben. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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warten auf ...
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Straßen & Plätze
Motiv Am frühen Morgen, wenn der Tag irgendwie noch gar nicht richtig begonnen hat, herrscht eine tolle Atmosphäre zum Fotografieren – und manches Bild, was zu dieser Zeit entsteht, schleicht sich in das Herz des Fotografen. So geht es mir mit diesem Bild, weil es die Stille, die Unberührtheit, die Melancholie des frühen Morgens auf eine so vollkommene, authentische Weise einfängt. Und gleichzeitig scheint die Szenerie vor Spannung auf das, was kommen mag, regelrecht zu vibrieren. Als käme jeden Moment Bewegung ins Spiel, als würde etwas passieren. Wie eine leere Bühne, die gleich jemand betreten wird. Der Zuschauer wartet gespannt, ist neugierig – und er genießt gleichermaßen diesen Moment der Ruhe. Kurz vor Sonnenaufgang machten wir uns auf den Weg und schlenderten den Ostseestrand entlang, über die Seebrücke, an Strandkörben vorbei bis zu den Dünen – die Kamera im Anschlag und auf der Suche nach schönen Motiven. Dieses hier entdeckten wir beide unabhängig voneinander, wie wir im Nachhinein verblüfft feststellten. Als hätten wir uns abgesprochen: dasselbe Motiv, derselbe Schnitt und dieselbe Perspektive – nur seitenverkehrt. Manche Bilder drängen sich wohl auf ... Bildgestaltung Die Farben im Bild sind blass und dezent, wobei das sanfte Blau des Meeres sehr gut mit dem hellen Braun harmoniert und das weiße Geländer sich nicht zu deutlich vom Hintergrund abhebt. Alles in allem erscheint die Farbwelt aufeinander abgestimmt, ohne aufdringlich zu wirken. Der Schärfeverlauf betont die Bank als Hauptmotiv, die jedoch sowohl durch den harten Anschnitt als auch durch den hellen Hintergrund, der den Blick stärker anzieht, in ihrer Dominanz reduziert wird. Die schrägen Linien bringen eine gewisse Dynamik ins Bild, die gut mit dem Motiv kontrastiert. Verliefen die Diagonalen in die andere Richtung, wäre ihr optisches „Tempo“ zu schnell und sie würden den Blick aus dem Bild katapultieren.
Licht Das frühe Morgenlicht hatte an diesem Tag einen ganz besonderen Zauber. Es wurde durch die dünnen Wolken gestreut und tauchte alles in ein weiches, kühles Licht. Ideal für Aufnahmen ohne dominante Schatten und eine gut erkennbare Maserung im Holz des Bodens. Durch die große braune Fläche genügte eine mittenbetonte Intergralmessung für stimmige Belichtungseinstellungen.
“Nicht oft, aber trotzdem schon das eine oder andere Mal sind in Georgs und meiner Kamera identische Bilder entstanden - was unweigerlich die Frage aufwirft: ‘Ist das jetzt meins?’”
Nachbearbeitung
Technik Wenn ich mein 105-mm-Makroobjektiv auf der Kamera habe, fühlt es sich an, als würde ich direkt mit meinen eigenen Augen fotografieren. Ich kenne den Bildwinkel nämlich mittlerweile so gut, dass ich einfach weiß, wie die Motive durch dieses Objektiv wirken. Entsprechend häufig und gern setze ich es ein.
© Cora Banek • Oktober 2006 • ca. 07:45 Uhr • Seebrücke Heringsdorf, Usedom • Canon EOS 5D • Sigma EX 105 mm Makro/2,8 • Blende 3,2 • 1/125 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Das Bild wurde deutlich heller aus dem RAW entwickelt, um die Farben sanfter werden zu lassen. Kleinere Punkte und Sensorflecken wurden retuschiert. Ansonsten erfolgte keine Bearbeitung. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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90-60-90 oder: Perfekte Kurven
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Straßen & Plätze
Motiv Es ist schwer, den Zauber dieses Felsmassivs zu beschreiben, hoch, karg und leer zieht sich der Mont Ventoux über eine enorme Fläche hin. Wir waren bereits auf dem Gipfel, der mitsamt der Funkstation im Hintergrund zu sehen ist, und fuhren wieder zu unserem Feriendomizil zurück. Ich wollte unbedingt noch Aufnahmen von dieser Seite aus machen, also suchten wir uns eine Parkbucht und ich ging – auf der anderen Seite der Leitplanken – eine ganz ordentliche Strecke des Weges zurück, bis der Bildausschnitt passte. Dann wartete ich eine gute Viertelstunde und fotografierte alle Autos und Motorräder, die die Straße herunterkamen – diese beiden waren die fotogensten. Die gelb-schwarzen Stangen im Hintergrund sind übrigens die Fahrbahnmarkierungen für den Winter. Denn hier liegt der Schnee so hoch, dass manchmal nur noch die obersten beiden Abschnitte herausgucken. Licht
Bildgestaltung Das Teleobjektiv verdichtet die ganze Szenerie zu einem plakativ-flächigen und etwas künstlich wirkenden Arrangement, wobei die sehr hohe Schärfentiefe dies noch unterstützt. Selbst den durch Licht und Schatten deutlich abgesetzten und einander überlappenden Felsvorsprüngen gelingt es nur ansatzweise, etwas Räumlichkeit ins Bild zu bringen. Die hohen Kontraste, sowohl in der Helligkeit als auch in den Farben, passen gut zu dem dramatischen und lebendigen Thema. Die Linien der Straße, des Berges und der Stangen führen den Blick des Betrachters kreuz und quer durch die Bildfläche. Technik Mit der Spotmessung auf dem Asphalt ermittelte ich die passende Belichtung. Schwarzer Asphalt ist für eine Ersatzmessung in der Regel weniger geeignet, weil er zu dunkel ist, aber bei diesem starken Streiflicht passte die Messung gut.
“Solche Fotoeskapaden im Urlaub sind nur mit jemandem möglich, der selber fotografiert. Sonst hört das Verständnis schnell auf, wenn Sie zum xten Mal für ein Bild anhalten wollen.”
In solchen Situationen, wo die Bewegungen Ihres Motivs klar vorhersehbar sind und es auf Bruchteile von Sekunden ankommt, fokussiere ich lieber manuell vor. Ich lege den Fokus auf die Stelle, an der ich das erste Mal auslösen möchte und probiere von dort aus mehrmals das Nachführen des Fokus aus, um mir Drehrichtung und -stärke einzuprägen. So bin ich für den kurzen Moment vorbereitet und kann mich auf das Motiv konzentrieren. Damals blieb mir mit meiner Kamera ohne Autofokus auch gar nichts anderes übrig, aber selbst heute bin ich mit dieser Methode besser dran als mit dem Autofokus meiner Kamera.
© Georg Banek • Oktober 2001 • ca. 16:45 Uhr • Mont Ventoux, Provence, Südfrankreich • Contax RTS III • Carl Zeiss 180 mm/2,8 • Blende 8 • 1/1000 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Der größte Teil des Tages lag bereits hinter uns und die nachmittägliche Sonne warf die Schatten der Wolken und der Motorradfahrer bereits lang auf den Boden. Bei starkem Wind zogen die Wolken in einer Geschwindigkeit, dass ich die Belichtung ständig zwischen hell und dunkel anpassen musste. In diesem Moment hatte ich mit der Sonne Glück, auch wenn das Licht etwas zu stark und zu hart von der Seite kommt.
Nachbearbeitung Da die Kleidung der Motorradfahrer schon auf dem Dia sehr dunkel ist, sparte ich diese bei der Anhebung des Bildkontrasts aus. Etwas mehr Farbsättigung gab insbesondere dem Blau des Himmels mehr Leuchtkraft. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Linkskurve
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Straßen & Plätze
Motiv Dieses Bild ist ein gutes Beispiel dafür, dass ein Motiv nicht vollständig gezeigt werden muss, um erkennbar zu sein – hier genügen die Steine und ihre Anordnung auf dem Boden sowie dessen Beschaffenheit, um den Münchner Stachus zu erkennen. Dies setzt jedoch voraus, dass der Betrachter diesen Vekehrsknotenpunkt und berühmten Platz schon einmal gesehen hat. Ist das nicht der Fall, wird er in dem Bild lediglich irgendwelche Steine auf irgendeiner Straße sehen. Den Münchenkennern unter den Bildbetrachtern gibt allein die Tatsache, dass sie das Rätsel lösen können, ein gutes Gefühl und diese (wenn auch nur unbewusste) positive Emotion überträgt sich auf die Aufnahme beziehungsweise färbt die Wahrnehmung positiv. Diesen Effekt kann sich ein Fotograf zunutze machen und gezielt Rätsel in seine Bilder integrieren, die deren Spannung erhöhen und gleichzeitig lösbar bleiben, um dem Betrachter ein Erfolgserlebnis zu bescheren. Licht
Bildgestaltung
Der Tag war verregnet und trüb. Das wenige Licht wurde von den nassen Pflastersteinen reflektiert und war so ausreichend für eine Belichtung ohne zu lange Verschlusszeiten. Die Werte ermittelte ich durch eine mittenbetonte Integralmessung.
Die Aufnahme wirkt sehr dreidimensional, was zum einen auf die geschwungenen Linien und die nach hinten kleiner werdenden Steine zurückzuführen ist und zum anderen auf die Spiegelungen der Steine sowie des Gebäudes in der großen Pfütze. Der Betrachter springt immer wieder zwischen den wichtigen Elementen Steine, Gebäude, Hintergrund und Vordergrund hin und her. Dabei folgt er den Linien in den hinteren Teil des Bildes und wird durch die Größe, die “Eines meiner ersten Bilder, damals Schärfe und die mittige Platzierung des vordersten Steins noch mit meiner ersten Kamera, der immer wieder nach vorn gezogen. Diese Blickführung deckt das Lesemuster eines Bildes, in das der Betrachter oben links EOS 300 entstanden - manche Bilder einsteigt und das er nach rechts unten liest. Die ruhige Posistehlen sich klammheimlich unter die tionierung des vorderen Steins vertikal im Goldenen Schnitt persönlichen Favoriten und sind auch und horizontal genau in der Mitte wirkt dieser hohen DynaJahre später irgendwie daraus nicht mik und dem eher kleinteiligen Hintergrund entgegen. mehr wegzudenken.” Technik Hier ein Weitwinkelobjektiv einzusetzen, ist ideal, um mehrere Steine mit ins Bild zu bekommen, diese aber optisch zu gewichten und so der Aufnahme mehr Tiefe zu geben. Die leicht erhöhte Perspektive unterstützt diesen Effekt und entsteht dadurch, dass ich beim Auslösen auf einem der Steine stehe. Um auch bei schlechtem Wetter und an einem trüben Tag problemlos fotografieren zu können, sollte das Objektiv – unabhängig von der Brennweite – möglichst lichtstark sein.
© Cora Banek • Oktober 2003 • ca. 12:30 Uhr • Stachus, München • Canon EOS 300 • Vivitar Series 100 mm Makro/3,5 • Blende 3,5 • 1/125 Sekunde • Film Kodak T400CN • ISO 400 • Tageslicht
Nachbearbeitung Die Bildbearbeitung nach dem Negativscan umfasste hauptsächlich ein sehr sorgfältiges und aufwändiges Entflecken der Aufnahme, um Staub und Kratzer zu entfernen sowie den Boden zu „putzen“. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Hard Work
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Straßen & Plätze
Motiv Während wir im Park des Schlosses Schönbrunn an einem Brunnen saßen, kam dieser Fiaker angefahren und hielt nur wenige Schritte von uns entfernt. Die Tiere und das Schloss im Hintergrund ergaben in meinem Kopf sofort ein stimmiges Bild, das zwei der Wahrzeichen Wiens miteinander vereint. Während die Kutsche wartete, konnte ich in aller Ruhe hingehen, den Bildausschnitt planen und entsprechend vorfokussieren. In dem Moment, als die Pferde wieder anzogen, löste ich aus – dadurch kommt die deutlich sichtbare, starke Anspannung der Pferdemuskeln zustande. Bildgestaltung Die lange Vorlaufzeit ließ mir genügend Spielraum, das Bild genau durchzukomponieren. Mit einer großen Blendenöffnung trennte ich die scharfen Pferde im Vordergrund optisch sehr deutlich von den vielen Details im Hintergrund. Diese sind zwar immer noch sehr gut zu erkennen, gleichzeitig aber auch von einem Hauch Unschärfe überzogen und bilden so ein optisch reduziertes, aber ausreichend starkes Gegengewicht zum Hauptmotiv.
Licht Bei hartem, gerichtetem Tageslicht ist es für die Bildwirkung elementar wichtig, wohin die Schatten fallen. Wenn Sie Ihr Motiv dirigieren können, haben Sie wenigstens eine Einflussmöglichkeit, bei vielen Motiven müssen Sie das Ergebnis jedoch hinnehmen. Hier waren mir die tief stehende Nachmittagssonne und das Glück hold und das leicht seitliche Mitlicht arbeitete die Strukturen des Fells optimal heraus.
Zwei Flächen hätten hier das Potenzial gehabt, das Bild nachhaltig zu stören, indem sie den Blick weg von den Details und auf informationslos einfarbige Flächen ziehen: Der helle Weg im Vordergrund wird durch die Schatten unterbrochen und seine Fläche dadurch weniger dominant. Und auch der blaue Himmel könnte die Details optisch erdrücken, wenn er in einem Stück über den Pferden und dem Schloss thronen würde. Durch den leichten Anschnitt der Ohren wird die “Bei diesem Bild schwanke ich immer große Himmelsfläche jedoch in zwei einzelne unterteilt, die wieder zwischen der farbigen und jede für sich nicht mehr die Kraft haben, das Bild zu stören. schwarzweissen Variante. Beides hat seinen ganz eigenen Reiz und schadet Technik der starken Wirkung nicht. Hier gibt es Um die Unschärfe so genau steuern zu können, braucht man jetzt die bunte, die ist fröhlicher :)” eine Abblendtaste und bei solchen Lichtverhältnissen ist die Verwendung dieser Taste besonders leicht. Beim Betätigen wird die Blende nämlich auf den aktuell eingestellten Wert geschlossen, Nachbearbeitung um es dem Fotografen zu ermöglichen, die Schärfentiefewirkung mit eiDas Wichtigste war hier eine vorsichtige genem Auge zu beurteilen. In düsteren Lichtsituationen führt das allerdings oft dazu, dass sich das Sucherbild so abdunkelt, dass eine aussagekräftige Einschätzung der Bildwirkung kaum mehr möglich ist. Das grelle Licht hier ergab aber selbst bei großen Blendenwerten noch ein ausreichend helles Sucherbild.
© Cora Banek • September 2006 • ca. 16:30 Uhr • Schloss Schönbrunn, Wien • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 3,5 • 1/1000 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Retusche einzelner zu dunkler Punkte im Schotter. Ansonsten wurde lediglich die Farbsättigung minimal erhöht. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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shadow bird
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Straßen & Plätze
Motiv Schatten stehen stellvertretend für den eigentlichen Gegenstand, charakterisieren ihn einerseits durch ihren Umriss, nivellieren ihn andererseits jedoch sofort wieder. Denn das Individuelle verschwindet, der Schatten wird in gewisser Hinsicht austauschbar. Nur selten hat man ein so besonderes Objekt vor der Kamera, dass sogar der Schatten etwas absolut Unverwechselbares bekommt. Diese Voliere im Schönbrunner Schlosspark ist solch ein Motiv. Ihr Umriss wird durch die Sonne fein nachgezeichnet und ist – zumal zusammen mit dem Hintergrund – für den Eingeweihten durchaus erkennbar. Das Bild allein hat jedoch etwas Statisches, der Zweck und die Größe des Baus lassen sich allein aus dem Bild nicht herauslesen. Deswegen wollte ich unbedingt den Schatten eines Vogels gut erkennbar mit auf dem Bild haben. Dementsprechend habe ich recht lange ausgeharrt und gewartet, bis ich hoffte, ein solches Bild auf dem Film zu haben. Mit digitaler Technik hätte ich das gleich überprüfen können und mir so zwei Wochen unsichere Aufregung erspart ... Bildgestaltung Trotz starkem Weitwinkel und Fluchtlinien wirkt das Bild aufgrund des scherenschnittartigen Kontrasts und der fehlenden Farbe sehr grafisch und flächig. Im hinteren Bildbereich werden die Kontraste zu hart und das Bild bietet zu wenig Details, weswegen der Blick immer wieder nach vorne zurückkehrt. Der Anschnitt vorne betont die Wuchtigkeit des Baus. Technik Sehr oft ist die normale Augenhöhe nicht der richtige Ort für Ihre Kamera, wenn Sie neue Sichtweisen vermitteln wollen. Insofern gehört es zu Ihrer Aufgabe als Fotograf dazu, auch einmal andere Aufnahmehöhen auszuprobieren – gehen Sie in die Hocke und steigen Sie auf alles, was sich dafür anbietet!
Hartes Licht gibt harte Schatten und je weiter die Lichtquelle entfernt ist, desto härter werden sie. Keine Lichtquelle ist weiter weg als die Sonne und wenn wie hier keine Wolken sie stört, zeichnet direktes Sonnenlicht selbst die feinsten Strukturen hart und detailliert, als wäre der Schatten gezeichnet. Dass der Schatten hier so perfekt auf dem Weg lag, war für mich und meine Kamera ein großes Geschenk.
“Ich liebe dieses Bild. Es erfüllt mich immer wieder mit Freude, Dankbarkeit, Begeisterung, Erinnerung und Stolz. Und ich glaube, ich würde es auch mögen, wenn es jemand anders gemacht hätte.”
Bei diesem Bild balancierte ich mit einer Fußspitze auf einem kleinen Vorsprung an der Voliere. Die Wange hatte ich an das Gebäude gepresst, um die Kamera möglichst weit nach hinten zu bekommen, gleichzeitig musste ich darauf achten, dass mein Schatten nicht im Bild zu sehen war, den Bildausschnitt wählen, auf einen erkennbaren Vogelschatten warten und ganz ruhig mit der Hand auslösen, die über mehrere Minuten das Gewicht der Kamera vor meinem Auge hielt. Für manche Bilder braucht es einfach den vollen (Körper-)Einsatz, um den richtigen Bildausschnitt und die perfekte Perspektive möglich zu machen.
© Georg Banek • September 2006 • ca. 14:15 Uhr • Schloss Schönbrunn, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 4 • 1/500 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak BW400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Licht
Nachbearbeitung Nach dem Scannen wurden zu helle Steine in den dunklen Bildbereichen retuschiert, der Kontrast angehoben und der Schatten des Vogels nachbelichtet, um ihn stärker hervorzuheben. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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no risk, no fun
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Straßen & Plätze
Motiv Als Fotograf legen Sie die Blickhöhe und -richtung des Betrachters Ihrer Bilder diktatorisch und unwiderruflich fest. Selbst mit viel Fantasie bleibt er immer an Ihre Perspektive gebunden. Deswegen ist es auch so einfach, in Ihren Bildern einmal etwas ganz anderes, etwas Neues zu zeigen. Bringen Sie Ihre Kamera einfach an einen Ort, an dem sich kein normaler Mensch aufhalten würde – direkt über der Wasseroberfläche eines Springbrunnens beispielsweise. Eigentlich wollte ich den Teilnehmern eines Kurses nur zeigen, wie man mit einem starken Weitwinkelobjektiv aus der Hüfte lomografieren kann. Als ich dann aber das Bild auf dem Kameramonitor sah, packte mich der Ehrgeiz – bis ich mit diesem Bild wirklich zufrieden war. Bildgestaltung Das extreme Weitwinkelobjektiv betont den Vordergrund und vergrößert die durch das Wasser bereits vergrößerte, orangefarbene Rhombe noch einmal stärker. Der deutlich größere innere Brunnen wird durch die Brennweite optisch so weit verkleinert, dass er auch aus nächster Nähe aufgenommen noch vollständig auf das Bild passt. Durch die völlig geöffnete Blende macht sich die Vignettierung in den Bildecken sehr deutlich bemerkbar, was dem Bild jedoch zu etwas Ruhe verhilft und verhindert, dass der Blick hinausgleitet. Die Schärfe und die leuchtenden Farben im Vordergrund liefern sich ein optisches Tauziehen mit den vielen kleinen, aber unscharfen Details im Hintergrund. Technik
Licht Trotz blauen Himmels war die Helligkeit nicht sonderlich stark. Eine einzelne große dunkle Regenwolke blieb hartnäckig vor der Sonne und dimmte – trotz ansonsten größtenteils strahlend blauen Himmels und weißer Wattewölkchen – das Licht spürbar herunter. Die richtige Belichtung ermittelte ich wegen des so unterschiedlichen Motivs durch eine mittenbetonte Integralmessung.
“Ein kleiner Tipp: Vergessen Sie nicht, nach so einer Aufnahme die Wasserflecken von der Frontlinse zu wischen. Sonst haben Sie auf allen folgenden Bildern sichtbare Spuren. Ich spreche da aus Erfahrung ... ;)”
Nicht jeder Fotograf würde seine teure Ausrüstung an der ausgestreckten Hand direkt über eine Wasseroberfläche und nah an ein plätscherndes Rinnsal halten, nur um ein gutes Foto zu bekommen. Für mich sind Kamera und Objektive jedoch keine Wertgegenstände, sondern Werkzeuge. Dementsprechend versuche ich sie zwar möglichst vorsichtig zu behandeln, aber im Eifer des Gefechts hat das Bild immer den Vorrang vor der Technik. So müssen meine Kamera Spritzwasser und meine Objektive ein schnelles Versenken in der Fototasche immer wieder mal aushalten. Also investiere ich grundsätzlich eher in hochwertiges Equipment, weil ich von meiner Ausrüstung einfach verlange, dass sie das aushält. Wasserflecken auf der Frontlinse sind bei solch einem Einsatz natürlich nicht zu vermeiden, dafür wirken sie aber auch sehr schön lebendig, authentisch und natürlich.
© Georg Banek • Juli 2010 Jahr • ca. 16:00 Uhr • Wohnanlage Kupferbergterrassen/ Kästrich, Mainz • Canon EOS 5D • Sigma EX DG 12 – 24/4,5 – 5,6 • 12 mm • Blende 5 • 1/200 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht
Nachbearbeitung Da ein Teilnehmer gerade auf der anderen Brunnenseite fotografierte, ich aber keine Personen im Bild haben wollte, fiel seine unscharfe Silhouette dem Stempelwerkzeug zum Opfer. Ansonsten wurde die Farbsättigung etwas erhöht. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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4. Kapitel
Objekte & Situationen
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Wo wir auch gerade sind, unser fotografisches Auge können wir eigentlich nie abschalten. So fallen uns immer wieder ungewöhnliche Details auf – egal, ob wir eine Kamera dabeihaben oder nicht. Wenn wir gemeinsam unterwegs sind, wechseln wir dann ohne ein Wort einen ganz bestimmten Blick und wissen beide, das wäre jetzt ein Motiv. Manchmal sind es besondere Objekte, die uns solch einen Blick entlocken: etwas Altes, etwas Schönes, etwas Elegantes, etwas Kunstvolles oder etwas Edles – Dinge also, die schon in ihrer Beschaffenheit den Hang zum „Sieh mich an“, „Nimm mich in die Hand“ oder „Mach ein Foto von mir“ tragen. Dann ist es an uns, mit der Kunst des richtigen Ausschnitts, ein wenig Licht und ganz viel Bildgestaltung dieses an und für sich normale Objekt als einen außergewöhnlichen Hingucker zu inszenieren. Manchmal sind es aber auch flüchtige Konstellationen, die uns ins Auge fallen. Sie ergeben mal kurze, mal längere Momente, in denen sich alle Bildelemente so zueinander verhalten, dass sie gemeinsam eine Einheit, einen übergeordneten Sinn ergeben. Solche Situationen gilt es zu entdecken und schon im Kopf zu einem stimmigen Bild zu formen. Dann heißt es schnell sein, bevor der Zauber des Moments verfliegt oder von jemandem aufgeräumt, zerstört oder zu sehr verändert wird und nichts zurückbleibt, als Normalität und Alltag.
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roof snake
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Objekte & Situationen
Motiv Wie eine orangefarbene Schlange windet sich der Schlauch über das Dach, kommt direkt auf den Betrachter zu – und setzt einen originellen und sehr ungewöhnlichen Akzent auf dem steinernen Untergrund. Die Platten sind Teil des Dachess des Mailänder Domes. Dieses ist für Touristen betretbar und zwischen den hohen Wänden und Stützbögen finden sich überall kleine Bereiche mit leicht schrägen Dachflächen wie hier. Wir verbrachten Stunden auf dem weitläufigen Dach und vergaßen zwischenzeitlich, dass wir uns einige Meter über dem Boden befanden, während wir große Übersichten, kleine Details, die anderen Besucher, merkwürdige, fotogene Szenen zwischen ihnen und vor allem die atemberaubende Architektur fotografierten. Irgendwann kam ich in einem Gang an diesem – nicht zugänglichen – Dach vorbei und konnte über die Absperrung hinweg den dort vom Saubermachen zurückgebliebenen Wasserschlauch aufnehmen. Bildgestaltung Interessant wird das Bild hauptsächlich durch seinen Form- und Farbkontrast, wenn sich die organisch geschwungene Linie des Schlauches von den geraden Betonplatten und das leuchtende Orange von den blassen Grautönen abheben.
Licht Im Schatten der Domkuppel war es relativ dunkel – im Vergleich zu der hellen Mittagssonne, die an diesem Tag schien. Das Ergebnis ist ein sehr schön diffuses Licht, das die Strukturen des Steins nicht verschluckt, sondern zur Geltung bringt. Die Lichtsituation ist hier also weniger ungewöhnlich, doch bei einem so seltenen Motiv ist das auch gar nicht notwendig.
Doch auch die Blickführung ist ziemlich ausgeklügelt, obwohl ich keinen Einfluss auf die Lage des Schlauches hatte. Dafür konnte ich aber den Bildausschnitt und die Perspektive so einsetzen, dass das Auge im Kreis durchs Bild geführt wird: Den Einstieg bil“Dieses Bild war der Aufmacher det der Eycatcher des orangefarbenen Schlauchknäuls; von unseres allerersten Artikels in einer dort folgt man dem Schlauch in den Vordergrund; die geraFotozeitschrift über Mailand. Einen den Fluchtlinien der Ablaufrinne führen nach hinten links, wo eine relativ informationslose Fläche den Blick nicht lange dementsprechend hohen ideellen halten kann; das Fenster bietet da weit mehr Details, wobei Wert hat es für mich.” der Blick schnell wieder durch das Orange angezogen wird. Der eher ruhig gestaltete Vordergrund bildet ein optisches Gegengewicht zu dem kleinteiligeren Hintergrund. Das Bild ist also sehr ausbalanciert gestaltet worden. Technik Auch hier sind es wieder einmal der große Bildwinkel der kurzen Brennweite und der niedrige Kamerastandpunkt, die dem Bild eine besondere Spannung verleihen. Das Schlauchende vorne erscheint größer, während das Knäuel hinten zusammengestaucht wird.
© Georg Banek • Mai 2004 • ca. 12:30 Uhr • Duomo di Santa Maria Nascente, Mailand, Italien • Olympus C 8080 WZ mit 28 –140 mm (KB)/2,4 – 3,5 • 28 mm • Blende 8 • 1/100 Sekunde • ISO 400 • Tageslicht
Nachbearbeitung Ganz zu Anfang wurde die Aufnahme sehr aufwändig entfleckt, um Staub und Kratzer sowie Flecken und dunkle Stellen auf dem Stein zu retuschieren. Dadurch wird das Ergebnis aufgeräumter und ruhiger und es musste nur noch der Kontrast etwas angehoben werden. Dia-Scan Digitales JPEG Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Perrier
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Objekte & Situationen
Motiv Ein Urlaub in der wunderschönen Provence bescherte mir dieses Bild. Unser Apartment mit Ateliercharakter war an den Hang gebaut und an zwei Seiten voll verglast, von oben jedoch mit einem lichtundurchlässigen Dach abgedeckt. Am späten Vormittag stand die Sonne noch so tief, dass sie von der schmalen Seite direkt, hart und ungebremst in den Küchenbereich schien. So ein strahlendes Licht inspiriert jeden Fotografen irgendwann einmal, etwas Transparentes hineinzustellen, um Licht und Schatten zum Motiv zu machen. Ich schnappte mir also alles, was irgendwie fotografierbar aussah und vergnügte mich eine gute Stunde mit einer spontan improvisierten Fotosession. Die dunkelgrüne Perrierflasche mit dem zitronengelben Etikett war sofort meine erste Wahl, weil sie zwei Farben ins Bild brachte. Ich setzte sie sehr formal um, wodurch die Flasche selbst eher in den Hintergrund trat. Es reizt mich nämlich immer wieder sehr, ganz alltägliche Gegenstände nur durch die Wahl besonderer Bildgestaltungsmittel aufregend, spannungsreich und ungewöhnlich darzustellen. Bildgestaltung Ich liebe es, mit extrem selektiver Schärfe zu spielen, weil ich damit einzelne Ebenen des Bildes ganz gezielt hervorheben und die anderen Bildelemente in den Hintergrund drängen kann. Hier ist die scharfe Bildfläche extrem punktuell. Daraus ergibt sich ein sehr starker Kontrast zwischen der winzigen scharfen und der sehr großen unscharfen Bildfläche – das zentrale Gestaltungsmittel des Bildes. Dadurch wird eine sehr hohe formale Spannung erzeugt, der Blick wird immer wieder gezwungen auf Wanderschaft zu gehen – von dem scharfen Deckel zu den farbigen Schatten und zurück.
Licht Die Lichtsituation war denkbar einfach, denn das Bild ist ausschließlich mit natürlichem Licht ohne Aufheller entstanden. Der direkt auf die Flasche fallende Sonnenstrahl erzeugte als Hauptlicht den Schatten, die recht hohe Grundhelligkeit in dem sehr weiß gestrichenen Raum sorgte für einen relativ geringen Kontrastumfang im Bild.
“Einfache Fotos müssen nicht langweilig sein - auch mit ganz wenig Zutaten lassen sich spannende Bilder gestalten.”
Technik Die Flasche stand auf einem Tisch und ich saß auf der Küchentheke, um direkt von oben fotografieren zu können. Mit dem 85-mm-Objektiv kam ich wegen seiner Einstellgrenze nicht nah genug heran, weshalb ich einen Zwischenring einsetzte. Dadurch wurde ein größerer Abbildungsmaßstab möglich und gleichzeitig auch die Ausdehnung der Schärfentiefe deutlich geringer, was gut zu dem geplanten Bildergebnis passte. Mittels Abblendtaste konnte ich die Wirkung der Unschärfe sehr genau steuern. Die Fokussierung erfolgte grob manuell und detailliert durch minimale Bewegungen der Kamera.
© Georg Banek • Mai 1999 • ca. 10:45 Uhr • Luberon, Provence, Südfrankreich • Contax RTS I • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Zwischenring 13 mm • Blende 2 • 1/1000 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach dem Scan des Dias musste das Bild kaum noch bearbeitet werden – abgesehen von der aufwändigen Retusche einiger Kratzer und Flecken. Bildausschnitt, Kontrast und Schärfe entsprechen dem Original, lediglich eine etwas zu gelbe Lichtfarbe haben wir in den hellen Stellen korrigiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Those were the days, my friend
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Objekte & Situationen
Motiv Der eigentliche Auslöser für dieses Bild war, dass wir bei einem unserer Wien-Besuche eine Apotheke aufsuchen mussten. Wir sahen uns also nach der nächstgelegenen um und entdeckten kurz darauf eine, die schon von außen wunderbar altertümlich aussah: verzierte Schaufensterrahmen, ein eisernes Ziehharmonika-Schutzgitter vor der Eingangstür und auch innen ging es mit alten Holzregalen, mundgeblasenen Flaschen und Sütterlinschrift auf Emailleschildern weiter. Der Höhepunkt war diese alte Telefon- oder Pförtnerloge mit einem kleinen Tresen, links und rechts durch eine Glasscheibe vom übrigen Raum abgetrennt. Darauf standen nur ein Strauß frischer Schnittblumen und ein uraltes Wählscheibentelefon. Während Cora bedient wurde, wechselte ich schnell auf das 25er und machte zwei Bilder. Die Mitarbeiter der Apotheke lächelten nur, vermutlich kannten sie das schon. Licht
Bildgestaltung Sehr passend zum Motiv ist hier sowohl die Reduzierung auf Schwarzweiß als auch die nostalgisch anmutende, dezente Sepiatonung der Aufnahme. Der sehr helle Bereich der Tischplatte zieht den Blick an und lenkt ihn zum Einstieg in das Bild auf das Telefon oder die Vase. Die stürzenden Linien geben dem Bild etwas Zufällig-Dynamisches, als wäre es im Vorbeigehen entstanden, ganz ähnlich wirkt hier auch die Perspektive von oben. Die hohen Kontraste lassen die Szene zusätzlich lebendig wirken. Durch den engen Anschnitt wird das Telefon eindeutig als Hauptmotiv inszeniert. Technik
Das harte Licht wolkenloser Sonne fällt durch ein großes Schaufenster in den Innenraum und wird durch meine Aufnahmeposition zum Gegenlicht. Andere Fenster und einige künstliche Lichtquellen sind im Rest des Raumes verteilt und liefern eine diffuse Grundhelligkeit, welche die Schatten ein wenig aufhellt. Dieser Lichtmix ist wegen des gewählten Schwarzweißfilms unproblematisch.
“Dieses Bild spricht mich einfach nur emotional an - ich mag daran besonders, dass alle Details zueinanderpassen und dieselbe interessante Geschichte aus einer anderen Zeit erzählen.”
Um Festbrennweiten schnell wechseln zu können, empfiehlt sich eine große Kameratasche, in der die Objektive etwas Platz haben und nicht erst mühsam herausgepfriemelt werden müssen. Auch ein breiter Eingriff hilft, ebenso ein freies Fach in der Tasche. Dann müssen Sie nämlich nicht beide Objektive, den Objektivdeckel und die Kamera gleichzeitig in den Händen halten. Ich nehme als Erstes das Objektiv von der Kamera und packe es mit dem Rückteil nach oben in das leere Fach, lege dann den rückwärtigen Objektivdeckel vom neuen Objektiv nur locker auf das alte und schraube anschließend die neue Linse auf die Kamera. Wenn es schnell gehen muss, bin ich dadurch sofort wieder schussbereit, wenn ich genügend Zeit habe, verschließe ich zuerst das alte Objektiv wieder staubdicht und mache die Kameratasche zu.
© Georg Banek • September 2006 • ca. 14:00 Uhr • Apotheke zum heiligen Geist, Operngasse, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 4 • 1/125 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak BW400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Der Scan wurde entfleckt und im Kontrast an das analoge Original angepasst. Die Tonung erfolgte in einem dunklen Rotbraun in den Tiefen und einem grünlichen Ton in den Mitteltönen. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
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human wheel
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Objekte & Situationen
Motiv Das Rheinufer in Mainz ist wirklich schön angelegt, mit viel Grün, Sonnenterrassen, Alleen, weiten Freiflächen – und viel Platz für Fahrgeschäfte. Denn mehrmals im Jahr wird die Rheinpromenade zum Jahrmarkt und die vielen Besucher lassen sich in Karussell oder Riesenrad hoch über den Fluss wirbeln. Jahrmärkte bieten mit ihrem bunten Treiben reizvolle Motive, die von kleinen Details bis zu großen Übersichten reichen können. Auf dem Heimweg am Rheinufer entlang – es war bereits dunkel geworden – hatten es mir besonders die bunt beleuchteten Fahrgeschäfte angetan. Kombiniert mit langen Belichtungszeiten waren so Bilder möglich, welche die Geräusche und die Geschwindigkeit der Attraktionen sowie die gute Laune der vielen Rummel-Besucher fantastisch einfangen. Bildgestaltung Die hohe Dynamik des Kettenkarussells wird in den verwischten Spuren der Personen und dem oberen Teil des Gefährts sichtbar. Um das Tempo weiter zu erhöhen, wählte ich eine schräge Ausrichtung und eine Position links im Bild. Mit genügend Raum nach rechts für die fliegenden Sitze. Die Nähe zum Rand und der Anschnitt steigern die Spannung. Die leuchtenden Farben und der hohe Kalt-Warm-Kontrast zwischen Fahrgeschäft und Himmel geben dem Bild einen hohen Aufmerksamkeitswert, denn das Kettenkarussell wirkt, als würde es in der Bewegung regelrecht zu glühen beginnen. Technik
Licht Neben der Beleuchtung des Karussells erhellten auch andere Buden und Fahrgeschäfte sowie das Restlicht des Tages die Szenerie stark genug, so dass noch eine akzeptable Belichtungszeit möglich war. Ich ermittelte die Werte durch Messung auf dem Karussell, wodurch die dunklen Personen etwas zu dunkel wurden – in diesem Fall stört das jedoch ganz und gar nicht.
“So knallige Farben entsprechen meinem fotografischen Stil. Auch wenn das nicht zu allen meinen Motiven passt, zu meinem Geschmack passt es immer. :).”
Bei Aufnahmen, die eine Bewegung mit großem Tempo zeigen sollen, sind lange Verschlusszeiten ein Muss – idealerweise kombiniert mit einem scharfen Punkt im Bild, der als Gegenpol für die Dynamik fungiert. Doch je länger die Belichtungszeiten, desto schwieriger wird es, diese nicht zu verwackeln. Die Arbeit mit Stativ empfiehlt sich hier. Hat man keines dabei, gilt wieder einmal: Körper stabilisieren, Kamera möglichst fest halten und den Selbstauslöser aktivieren, um durch das Betätigen des Auslösers die Kamera nicht zu erschüttern. Die künstlichen Farben sind eine Herausforderung für den Weißabgleich, weshalb es bei Außenaufnahmen wie dieser sinnvoll ist, diesen auf Tageslicht einzustellen. So wird das Blau des Himmels richtig gefärbt und die Kunstlichter brechen farbstichig aus, was im Endeffekt natürlicher wirkt als ein verfärbter Himmel.
© Georg Banek • April 2007 • ca. 19:45 Uhr • Rheinpromenade Adenauer-Ufer, Mainz • Casio Exilim Z-750 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 2,8 • 1/25 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht
Nachbearbeitung Das Bild kommt exakt so aus der Kamera, weder an Helligkeit noch an Kontrast wurde etwas verändert. Einzig zwei kleine, dunkle Flecken auf der Himmelsfläche wurden wegretuschiert. Dia-Scan Digitales JPEG Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
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Roaarr!
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Objekte & Situationen
Motiv Das aufmerksame Auge eines Fotografen sieht eigentlich überall Motive und Bilder. Je nach Anspruch bleiben diese manchmal reine Theorie und manchmal geht das Sehen ohne Kamera schon so weit, dass Bildausschnitt und Perspektive überlegt werden. Mir geht das sehr oft so und gerade auf Strecken, die ich häufig gehe, gibt es das eine oder andere Motiv, das toll aussieht, aber irgendwie nicht wirklich im Bild umzusetzen ist – zum Beispiel weil der Hintergrund zu sehr ablenkt oder ich nicht die richtige Perspektive einnehmen kann. Die steinerne Raubkatze am Rheinufer ist ein solches Objekt, das großartig wirkt, aber sich irgendwie jedes Mal als ausgesprochen unfotogen herausstellte – bis zu jenem Wintermorgen, als eine dicke Schicht Raureif die Statue bedeckte. Kombiniert mit dem leichten Nebel war plötzlich eine Aufnahme möglich, welche die majestätische Ausstrahlung des steinernen Tieres perfekt inszeniert. Licht
Bildgestaltung
Der Morgennebel hing noch über dem Fluss und schluckte einiges an Helligkeit. Doch der Schnee reflektierte gleichzeitig das vorhandene Tageslicht, wodurch es hell genug war für gute Belichtungswerte. Die mittenbetonte Integralmessung lieferte mir hier zuverlässige Werte, die ich manuell nach oben korrigierte, denn eine leichte Überbelichtung war hier ideal.
Drei Aspekte sind hier für die Wirkung des Bildes ausschlaggebend: Erstens die Perspektive von unten, die die Raubkatze überhöht und größer zeigt, während der Betrachter zwangsläufig in eine niedrige, unterwürfige und auch – bezogen auf das Motiv – ohnmächtige Position kommt. Zweitens die Schärfeverteilung mit knackiger Schärfe auf Reißzähnen und Krallen, die deren Bedeutung betont, die Gefährlichkeit des Tieres also hervorhebt, und gleichzeitig den Hintergrund merklich reduziert. Und drittens die Farben des Bildes, deren kühles “Raubkatzen sind meine liebsten Tiere, Blau Assoziationen an klirrende Kälte und Ungemütlichkeit auslösen – mit dem Ergebnis, dass das Unwohlsein des Beich finde sie bei allem, was sie tun, trachters angesichts des gefährlichen Tieres erhöht wird. faszinierend. Selbst in Stein gemeisDie gerade und mittige Platzierung der Raubkatze setzt selt wirkt ein solches Tier edel und sie stabil und unverrückbar in Szene, während die Kommunistark, es strahlt eine Anmut, Kraft kation zwischen Betrachter und Tier noch unmittelbarer und und Gefährlichkeit aus, die wirklich damit auch wirkungsvoller wird. ihresgleichen sucht.” Technik Je kälter die Temperaturen, desto mehr Energie verbraucht die Kamera. Akkulaufzeiten verkürzen sich also merklich. Aus diesem Grund sollte man bei längeren Winterspaziergängen unbedingt Ersatzakkus dabei haben und diese nah am Körper tragen. Genauso sollte man die Kamera immer wieder ausschalten und in die Jackentasche stecken – nicht unter die Jacke, denn dann bildet sich schnell Feuchtigkeit in der Kamera.
© Georg Banek • Januar 2009 • ca. 11:00 Uhr • Rheinpromenade Adenauer-Ufer, Mainz • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 4 • 1/100 Sekunde • ISO 80 • Tageslicht
Nachbearbeitung Der Ausschnitt wurde seitlich minimal und am unteren Bildrand etwas stärker optimiert. Außerdem wurde das Bild in einem blassen Blauton gefärbt. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
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davonschleichen
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Objekte & Situationen
Motiv Auch ich mag Raubkatzen sehr und finde das steinerne Tier an „unserem Rheinufer“ wirklich großartig. Fotografiert habe auch ich es nie, weil der Hintergrund aus jeder Perspektive zu kleinteilig ist, und auch bei mir brachte erst ungewöhnliches Wetter das perfekte Motiv: Starkes Hochwasser ließ den Rhein so stark ansteigen, dass Weg und Böschung unterhalb des Geländers nicht mehr zu sehen waren. Das gegenüberliegende Rheinufer verschwand im dichten Nebel mit Sicht unter 50 Metern. Damit war eine extrem aufgeräumte und ruhige Kulisse für den Panther aus Stein gegeben, der in streifender Pose in ein unendliches Nichts zu schreiten scheint. Bildgestaltung Die große Fläche des Himmels, der in die Wasserfläche übergeht, wirkt in diesem Bild sehr stark – und bildet ein interessantes Gegengewicht zum Hauptmotiv Raubkatze. Dieses ist spannungsreich in die untere Ecke platziert und durch die leicht diagonale Anordnung wirkt es, als würde das Tier von rechts kommend in das Bild hineinlaufen. Die große Dynamik, die das Foto dadurch bekommt, passt hervorragend zum Motiv.
Licht Nebel bringt immer eine außergwöhnliche, da seltene, Lichtstimmung – besonders in der Stadt. Das Sonnenlicht wird stark gestreut, die Kontraste sind niedrig und beides zusammen ermöglicht eine sanfte, schattenfreie Stimmung im Bild, in der selbst kleinste Details erkennbar werden.
Die blassen Farben, die Tatsache, dass im Hintergrund kaum etwas zu erkennen ist, und die Größe der Freifläche spiegeln etwas Ungewisses, Unbekanntes und auch irgendwie Gefährliches wider. Als würde die Raubkatze in der Savanne lauern und ihr nächstes Opfer wüsste noch nicht, dass sie auf dem Weg ist. Weiter weckt “Für die wackelige Aufnahmeposition das Nicht-Erkennen die Neugierde beim Betrachter, der zu auf einer glitschig-nassen Parkbank entschlüsseln versucht, was hinter dem Raubtier kommt, finde ich das Ergebnis ziemlich gelunwas es vielleicht schon sieht, wohin es unterwegs ist. gen. Ich mag die Weite, die das Bild Der Zaun, der auf derselben Höhe wie der Sockel abausstrahlt, obwohl der Nebel eigentlich schließt, bildet eine Begrenzung für das Bild, erdet es und die Sicht begrenzt.” verhindert so, dass der Betrachter aus dem Bild fliegt. So wechselt das Auge immer zwischen Freifläche, Raubkatze und Zaun. Es findet also Halt im unteren Bildteil, von wo aus es dem Helligkeitsverlauf immer wieder nach oben folgt, dort aber wegen zu weniger Bildinformationen nicht lange verweilen möchte. Technik Dieses Bild ist ein gutes Beispiel für eine der Grundregeln der Fotografie: Erst fokussieren, dann den Ausschnitt wählen und erst im dritten Schritt auslösen! Denn nur so wird das Bild bewusst gestaltet und das Hauptmotiv landet an anderen Stellen als direkt unter den AF-Messfeldern.
© Cora Banek • Januar 2011 • ca. 10:00 Uhr • Rheinpromenade Adenauer-Ufer, Mainz • Panasonic Lumix DMC-LX5 Powershot G9 mit 24 – 90 mm (KB)/2,0 – 3,3 • 24 mm • Blende 3,5 • 1/250 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Hier wurde hauptsächlich der Schnitt unten und rechts nachgebessert und zwar, nachdem eine leichte Verzeichnung im Zaun entzerrt worden ist. Nach dem Entflecken wurde der Kontrast angehoben und den Mitteltönen etwas Blau und Magenta zugemischt, um die subtile Farbigkeit kräftiger wirken zu lassen. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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southern soap
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Objekte & Situationen
Motiv In südlichen Ländern gehört der Besuch eines regionalen Marktes sicherlich zu den reizvollen Sehenswürdigkeiten, die jede Stadt und jeder etwas größere Ort bietet. Bei schönem Wetter zwischen den Ständen entlangzuschlendern und die ausgestellten Waren zu bestaunen, macht einfach Freude, denn die vielen andersartigen Produkte, Geschmacksrichtungen und Aromen zeigen einem die andere Kultur auf eine sehr atmosphärische Weise. Nebenbei bietet ein solcher Wochenmarkt eine ganze Reihe an Motiven, die es nur einzufangen gilt. Wobei es wichtig ist, das bunte Treiben klar zu gewichten. Denn Aufnahmen so kleinteiliger Szenerien werden schnell unruhig, chaotisch und konfus. Aus diesem Grund konzentrierte ich mich bei diesem Seifenstand ausschließlich auf die Waren selbst – umliegende Stände, Verkäufer und Kunden blendete ich vollständig aus. Das Ergebnis ist ein Wimmelbild, das zwar viele Details bietet, aber in seinem Thema geschlossenen bleibt. Bildgestaltung
Licht Ein Blätterdach oberhalb des Standes filtert das Licht der hoch am Himmel stehenden Sonne. Dadurch fällt nur auf einen Teil der Seifen direktes Licht, während der andere Teil im Schatten liegt. Durch die grünen Blätter wird das eigentlich zu dieser Uhrzeit weiße Tageslicht grün eingefärbt – mit dem Ergebnis einer Grünfärbung des ganzen Bildes, die im Nachhinein korrigiert wurde.
Durch den Ausschnitt wird das Motiv aus seiner Umgebung herausgelöst und durch die Abbildungseigenschaften des verwendeten Objektivs noch einmal gewichtet: Die Seifen im Vordergrund werden größer, während die kleineren im Hintergrund eine Art Kulisse bilden. Zusätzliche Tiefe entsteht durch die Linien der Schachteln, die sich links oben, außerhalb des Bildes treffen und den Blick durch das Bild führen. Dieser wird angezogen durch besagten Fluchtpunkt und auf der “Ich finde es unglaublich, dass ein anderen Seite durch die Schärfe im Vordergrund. Bild in der Lage ist, die französische Die sanfte, harmonische Farbwelt und die geordneten Sonne auf der Haut spürbar zu machen Reihen im Hintergrund bringen Ruhe ins Bild, das Licht-undSchatten-Spiel eher Unruhe. Letzteres verortet den Seifenund den Duft der Seifen in die Nase stand an ein warmes, sonniges Fleckchen Erde. zu zaubern.” Technik Für Farbfotos nutzte ich damals ausschließlich Diafilme, da deren Farbechtheit und -brillanz einfach mit nichts zu vergleichen ist. Leider geht mit der Verwendung eines Diafilms einher, dass sie exakt richtig belichtet werden müssen, da ihr Dynamikumfang im Vergleich zu Negativfilmen und digitalen Sensoren wesentlich kleiner ist. Um bei kontrastreichen und eher schwierig zu belichtenden Motiven auf Nummer sicher zu gehen, gewöhnte ich mir damals an, Belichtungsreihen anzufertigen – also dasselbe Bild unterschiedlich hell zu belichten.
© Georg Banek • Mai 1999 • ca. 10:45 Uhr • Luberon, Provence, Südfrankreich • Contax RTS I • Carl Zeiss 40 – 80 mm/3,5 • 40 mm • Blende 4 • 1/125 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach dem Scannen wurde die Aufnahme entfleckt und mithilfe der Farbbalance konnte der leichte Grünstich durch Zufügen von Magenta und ein wenig Rot ausgeglichen werden. Das Foto wurde im Ganzen aufgehellt und der Bildausschnitt von rechts sowie von oben optimiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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feral power
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Objekte & Situationen
Motiv Ein Porschetreffen auf dem Lüneburger Marktplatz ist eigentlich für jeden Fotografen der Gegend eine Pflichtveranstaltung – und wir wohnten nur anderthalb Straßen weiter. Nach dem Einkaufen am Samstagmorgen sahen wir, wie sich der Platz langsam mit Sportwagen aus den letzten Jahrzehnten füllte und gingen natürlich sofort nach Hause, um die Kameras zu holen. Das Schwierigste an solch einer Veranstaltung ist der Hintergrund. So schön die Autos einzeln sind, wenn sie alle wild durcheinander auf einem Platz mit Fachwerkhäusern stehen und rundherum Scharen von Menschen laufen, macht es kaum Sinn, ein Auto ganz ins Bild zu nehmen. Also waren Detailaufnahmen die Möglichkeit, an gute Bilder zu kommen. Für dieses Bild hing ich halb über einem der neusten Wagen, die ein Autohaus dort zu Werbezwecken geparkt hatte. Ein echter Porschefan wird trotz des engen Ausschnitts keinerlei Schwierigkeiten damit haben, das entsprechende Modell zu identifizieren. Bildgestaltung
Licht Glänzende, spiegelnde und reflektierende Oberflächen und strahlender Sonnenschein vertragen sich auf einem Bild nicht miteinander, insbesondere, wenn es sich um runde oder gebogene Oberflächen handelt. Anders aber bei mittlerer Bewölkung wie in diesem Fall, das weiche Licht verschafft so allen Details ausreichend Zeichnung und keine Schatten stören den Blick.
Der enge Bildausschnitt hatte zwei Funktionen: Zum einen blendete ich so die störende Umgebung aus. Zum anderen konzentriere ich den Blick auf nur zwei Teilbereiche des Autos und abstrahiere so das Gesamtmotiv auf etwas Technisches; auch der Schwarzweißfilm trägt dazu bei. Die leicht rote Tonung vermittelt Aufregung und Spannung. Der großen unterbrochenen Fläche des Hecks wollte ich etwas entgegensetzen und legte deswegen die Schärfe ganz bewusst auf “Ich gestehe, mich interessieren Autos den Schaltknüppel, der durch das Rückfenster sichtbar ist. nur als mal mehr, mal weniger ästhetische Fotomotive, deswegen habe ich Technik auch keine Ahnung, welches PorscheDie hervorstechendste Eigenschaft eines Weitwinkelobjekmodell das war ...” tivs ist die Art, wie es Dinge abbildet, die unterschiedlich weit von der Kamera entfernt sind. Die Bildelemente, die näher an der Sensorebene liegen, werden überproportional groß abgeNachbearbeitung bildet, während selbst riesige Bildelemente so verkleinert werden, dass Um die Symmetrie perfekt zu machen, wursie nur einen winzigen Anteil an der Bildfläche einnehmen, wenn sie nur de der Ausschnitt von rechts angepasst. Kontrast und Helligkeit wurden so stark anetwas weiter weg sind. Deutlich zu erkennen ist das hier an der durchgehenden Motorabdeckung: Während die Sechsecke vorne einzeln und groß erkennbar sind, werden sie hinten zu kleinen Punkten. Der Effekt wurde hier dadurch gemindert, dass ich die Kamera schräg über das Auto gehalten habe, die Schärfeebene verläuft also fast entlang der Abdeckung.
© Georg Banek • Oktober 2005 • ca. 15:15 Uhr • Marktplatz, Lüneburg • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 5,6 • 1/250 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak BW400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
gehoben, bis sie dem analogen Abzug entsprachen. Anschließend wurden die Tiefen und Mitteltöne in einem blassen Dunkelrot eingefärbt.
Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Solitary standing
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Objekte & Situationen
Motiv Bildgestalterisch ist klar, was in dem Bild das Hauptmotiv ist und was der Hintergrund. Inhaltlich würde jedoch das eine ohne das andere nicht funktionieren beziehungsweise zu jeweils recht langweiligen Bildern führen. Erst die Kombination macht das fotografische Werk aus. Die steinerne Vase ist eigentlich ein massiver, dekorativer Sockel auf der Dachbrüstung der Schönbrunner Gloriette. Ich habe bewusst die Stadt und das Schloss nicht mit auf das Bild genommen, um die Vase aus ihrem Umfeld zu isolieren und ihre verwitterte Schönheit in den Mittelpunkt zu stellen. Bildgestaltung Das Hauptmotiv mittig zu platzieren, ist bei vielen Fotografen verpönt, weil „man das nicht macht“. Dabei ist das eine gestalterische Entscheidung, die genauso legitim ist wie jede andere, es muss nur zum jeweiliLicht gen Motiv, zur jeweils gewünschten Bildaussage sowie zur intendierten Direkte Sonne ist nicht unbedingt einfach Bildwirkung passen. In diesem Bild erfüllt die Positionierung des Steineinzufangen, bringt aber immer einen sehr hohen Motivkontrast und damit eine drasockels gleich zwei Aufgaben: Zum einen wird er dadurch in dem an ähnmatische Bildwirkung mit ins Spiel. Hier lich großen und detailreichen Bildelementen nicht armen Bild sofort und kam das Mitlicht etwas von rechts oben unzweifelhaft zum Hauptmotiv erklärt. Zum anderen gleicht die dadurch und erzeugt so zwar deutliche, aber nicht entstehende statische Ruhe die unruhige Dynamik des restlichen Bildes zu große Schatten. aus, so dass das Gesamtergebnis ausgewogener erscheint und dem Betrachter nicht „um die Augen fliegt“. “Der Gegensatz zwischen Ruhe und Auch der Ausschnitt unterstreicht dies, da mehrere unDynamik versieht das Bild mit einer ruhige Bildelemente spannungsreich am Bildrand auf einer unterschwelligen Spannung, die wirkt, ansonsten völlig gleichmäßigen Fläche angeordnet sind. Die als ob man in einem Auto bei angezoSchärfeverteilung lenkt den Blick sofort auf den Stein im Vordergrund und trennt ihn deutlich und fast schon unwirklich gener Handbremse Vollgas gibt: Innervom Hintergrund. lich drängt die Unruhe, aber man wird von aussen zurückgehalten.” Technik In analogen Zeiten war die Spotmessung mein bester Freund, geschätzte 90 Prozent meiner Bilder habe ich damit eingemessen. Der Vorteil dieser Messcharakteristik ist, dass Sie als Fotograf ganz genau wissen, was Sie messen, weil der Messbereich im Sucher angezeigt wird. Allerdings müssen Sie auch ein für das ganze Bild charakteristisches Element heraussuchen. Das ist natürlich für den ungeübten Fotografen etwas fehleranfälliger, hat aber mit Abstand den höchsten Lerneffekt. Mittlerweile kann ich die korrekten Belichtungsdaten größtenteils schon ohne Messung richtig einschätzen.
© Georg Banek • September 2006 • ca. 13:00 Uhr • Gloriette, Schloss Schönbrunn, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 4 • 1/500 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak BW400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um die Kontraste zwar zu erhalten, aber den Tiefen mehr Raum zu geben, wurde die Helligkeit etwas gesenkt. Eine kräftige Tonung in einem dunklen, grünlichen Braun unterstreicht die altertümliche Wirkung des Motivs. Außerdem wurden nach dem Scan Staubflecken retuschiert. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Empfangskomitee
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Objekte & Situationen
Motiv Da wir zeitweise so viel arbeiten, dass das vergnügliche Fotografieren auf der Strecke bleibt, machen wir ganz gezielt Fototouren, Ausflüge in Städte oder an fotogene Orte, die ganz im Zeichen des Motive-Suchens stehen. Ein solcher Tagesausflug führte uns auch nach Aschaffenburg, in die schöne Stadt über dem Main. Wir schlenderten durch die Gassen, über den Wochenmarkt, zum Schloss Johannisburg und hinauf zu dem Pompejanum. Diese Nachbildung eines römischen Wohnhauses wurde Mitte des 19. Jahrhunderts dort errichtet und es lohnt sich ein Blick ins Innere: hohe Säulen rund um das Atrium, Mosaikböden, Wandmalereien, Ausstellungsstücke aus dem römischen Alltag ... Wir gingen nur in den Eingangsbereich, der durch ein dickes Seil abgetrennt war. Hier erwartete den Besucher ein lateinisches „Sei gegrüßt!“ auf dem Boden, das ich in einem sehr grafischen Bild umsetzte. Das lateinische Wort hat dabei einen sehr hohen Aufmerksamkeitswert, da wir Schrift grundsätzlich sehr schnell und sehr nachhaltig in einem Bild wahrnehmen. Ist sie das Hauptmotiv wie hier, ist das in Ordnung – im Hintergrund oder als eher unwichtiges Nebenelement kann Schrift jedoch die Balance eines Bildes durcheinanderbringen, wenn sie mehr Aufmerksamkeit bekommt als eigentlich gewollt. Bildgestaltung Die monochrome und sehr minimalistische Gestaltung des Bildes entsteht durch die nur sehr dezent vorhandenen Farben und die parallel ausgerichteten Linien. Das „Salve“ habe ich als wichtiges Element plakativ im Bild angeordnet, wodurch es die untere Bildhälfte dominiert.
Von allen Seiten fällt hier helles, aber indirektes Tageslicht ins Bild: durch das Glasdach über dem Atrium und durch die offene Tür in meinem Rücken.
“Als ehemalige Lateinschülerin mochte ich den mosaikenen Willkommensgruss genauso wie ich das klare, ruhige und so aufgeräumte Bildergebnis mag.”
Zwei andere Bildelemente sind wichtig, um die Aufnahme nicht langweilig und eindimensional wirken zu lassen: Erstens ist das die angeschnittene Person in der oberen Bildecke, die als organische Form mit den Linien kontrastiert, und zweitens der Knoten im Seil, auf dem der Fokus liegt. Von Letzterem wird der Blick angezogen und dann von den dunklen Beinen gehalten – gemeinsam bilden beide Punkte ein Gegengewicht zu dem Schriftzug. Auch die kleine dunkle Ecke oben rechts ist unbedingt notwendig für die Balance, da die helle Fläche begrenzt wird. Technik Der Kamerastandpunkt macht in vielerlei Hinsicht das Bild – nicht nur auf Augenhöhe zu fotografieren, halte ich für einen wichtigen Tipp für ungewöhnliche Bilder. Hier befindet sich die Kamera recht nah am Boden.
© Cora Banek • Mai 2009 • ca. 13:00 Uhr • Pompejanum, Aschaffenburg • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 7 • 1/13 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Licht
Nachbearbeitung Da meine Kamera nicht über einen 100%-Sucher verfügt, musste ich den Ausschnitt im Nachhinein minimal nachbessern, denn die dunkle Linie sollte unten rechts direkt in die Ecke laufen. Die Farben wurden etwas stärker gesättigt, um das Bild nicht zu sehr wie eine Graustufenaufnahme wirken zu lassen. Der Kontrast wurde angehoben, die Helligkeit im Zuge dessen etwas gesenkt und kleine dunklere Flecken im Boden retuschiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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scent of sex
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Objekte & Situationen
Motiv Manche Bilder entstehen sozusagen nebenbei, denn man muss nicht weit gehen, um schöne Motive zu finden. Wenn es draußen hell ist und so genügend Tageslicht durch die Fenster fällt, lohnt es sich durchaus mal, mit der Kamera in den eigenen vier Wänden auf Bilderjagd zu gehen. Blumensträuße, Zimmerpflanzen, Küchenutensilien, Badezimmereinrichtungen, geschwungene Möbel, abstrakte Schatten, Formen und Flächen – es gibt unzählige Motive, die sich daheim finden lassen. Und durch das Tageslicht brauchen Sie dann gar nicht mehr als Ihre Kamera, um sie im Bild umzusetzen. Als die Morgensonne ins Badezimmer schien, fiel mein Blick auf die hübsch aufgereihten Parfumflakons unter dem Spiegel. Diese Flaschen sind nicht selten Meisterwerke des Produktdesigns und strahlen von sich aus Eleganz, Wertigkeit und Raffinesse aus. Sie sind deshalb sehr fotogene Motive, die man durchaus auch mal ganz gezielt zu einem Fotoshooting einladen und auf ungewöhnliche Weise inszenieren kann. Mir gefiel das Spiel aus Glasflächen, Licht und Schatten hier ganz spontan und ich änderte für die Aufnahme nichts an der Anordnung der Flakons vor dem Spiegel. Bildgestaltung
Licht Das Tageslicht fiel sehr hell in den langen, schmalen und weiß gefliesten Raum. Das viele Weiß reflektierte das Licht und sorgte für viel Helligkeit. Durch den großen Abstand zum Fenster fiel kein Licht direkt auf die Flakons und der Motivkontrast blieb klein genug für den Film.
Von den unscharfen Flächen und Formen hebt sich der gerade geformte Allure-Flakon dominant genug ab, um ihn als “Ich liebe diesen Duft. Hauptmotiv zu erkennen. Die Schärfe liegt auf dem glänzenUnd ich liebe dieses Bild.” den Verschluss und damit auch auf den letzten Buchstaben des Schriftzuges. Schrift lenkt sehr stark die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich und wurde hier durch Unschärfe Nachbearbeitung und Dunkelheit daran gehindert, das Bild komplett zu dominieren. Manchmal – nicht oft – bearbeite ich meiIhre glorifizierende, gleichzeitig zerbrechliche und auch betörende Wirkung erhält die Aufnahme sehr stark durch ihre Farben: die warmen Farben wirken weiblich, das tiefe Braun ein bisschen verrucht, das leichte Gelb sanft und zart. Natürlich sind diese Assoziationen nicht nur den Farben, sondern auch dem Motiv geschuldet – was verdeutlicht, wie wichtig eine passende Bildgestaltung für die Wirkung eines Fotos ist. Technik Für einen so diffizilen Schärfeverlauf sind lichtstarke Objektive ideal, denn je weiter die Blende geöffnet werden kann, desto größer ist der Spielraum auch für eine geringe Schärfentiefe. Bei eher unruhigen Motiven wie hier lässt sich das Bild durch viel Unschärfe klarer gewichten.
© Georg Banek • März 2005 • ca. 10:15 Uhr • Privatwohnung, Lüneburg • Contax RTS III • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 5,6 • Zwischenring 13 mm • 1/60 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak BW400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
ne Bilder aufwändiger als gewöhnlich: Hier empfand ich den Hintergrund als zu unruhig und ablenkend, weshalb ich ihn unabhängig von der linken Parfumflasche bearbeitete. Ich wandte einen Weichzeichnungsfilter an, der eine leichte Bewegungsunschärfe über die Bildelemente legte. Mit dem Ergebnis, dass sich das Hauptmotiv deutlicher abhebt. Anschließend wurde das gesamte Bild kontrastreicher bearbeitet und in einem dunklen Rotton gefärbt. Für eine facettenreichere Farbstimmung fügte ich den Lichtern mehr Gelb und den Tiefen mehr Rot zu. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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city groove
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Objekte & Situationen
Motiv Manchmal wüsste man als Fotograf zu gern, wie ein Motiv eigentlich entstanden ist, was also an Ort und Stelle geschehen ist, bevor man mit der Kamera zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort aufgetaucht ist und sein Bild entdeckt hat. Das trifft für mich auf sonderbare Fundstücke genauso zu wie zum Beispiel auf diese Fußabdrücke mitten auf dem Gehweg an einer der stark befahrenen Straßen der Wiener Innenstadt. Ich hätte wirklich gern einen Blick auf den Menschen geworfen, der bei ungemütlichen Temperaturen im Regen barfuß durch die Stadt läuft – und warum? Aus der Not heraus? Oder aus purer Lebensfreude? Zum Spaß? Oder um etwas zu beweisen? An jenem Tag wechselten sich kräftige Regenschauer mit aufklarendem Himmel und etwas Sonnenschein immer wieder ab. In dem Augenblick, als ich vor mir auf der Straße die Fußtapser sah, fing es gerade wieder an zu regnen. Die auf dem Asphalt sichtbaren Tropfen sind für das Bild genauso wichtig wie die Passanten im Hintergrund: Erstere lassen den Betrachter etwas über das Wetter erfahren, Letztere über die Temperaturen. Denn die Personen im Hintergrund tragen lange Sachen und feste Schuhe. In leichter Sommerkleidung auf sonnigem, trockenem Asphalt würde der Fußabdruck vielleicht immer noch ganz nett wirken, doch nicht einmal halb so viele Fragen aufwerfen wie hier. Bildgestaltung Die schräge Bildanordnung ist eines der tragenden Gestaltungsmittel, das der Aufnahme Dynamik und eine ungeplante, voyeuristische Perspektive verleiht. Als wäre unbemerkt ausgelöst und das Motiv nur durch Zufall eingefangen worden. Die hohen Kontraste betonen den Fußabdruck und die Passanten als wichtige Bildelemente, wobei der Abdruck durch die Schärfe dominanter wird.
Licht Der schnelle Wechsel zwischen Sonne und Regen sorgte für relativ viel Tageslicht, obwohl die Wolkendecke zum Zeitpunkt der Aufnahme geschlossen war. Das Licht wurde entsprechend gleichmäßig gestreut.
“Weitwinkelobjekive mit einer möglichst geringen Naheinstellgrenze sind ein grossartiges Spielzeug. Ich gehe damit gerne sehr nah an das Motiv heran und löse zwar gezielt, aber ohne durch den Sucher zu sehen, aus. Die Kombination aus geplantem Zufall und Glück gefällt mir in meinen Bildern nämlich ausgesprochen gut.”
Technik Die so genannte Lomografie bezeichnet eine Stilrichtung der Schnappschussfotografie, bei der mit eigenwilligen und sehr puristischen Kameras Bilder gemacht werden, die traditionell eine große Zufallskomponente haben. „Richtig“ funktioniert das nur mit einer LOMO-Kamera, übertragen geht es aber im Grunde mit jeder Ausrüstung, wenn man aus der Hüfte schießt und die Ergebnisse etwas Zufälliges, Ungeplantes haben. Auch Farbverschiebungen, ungewohnte Schärfeverteilungen, starke Vignettierung und künstlerische Perspektiven wecken Lomo-Assoziationen.
© Cora Banek • Juni 2010 • ca. 15:45 Uhr • Linke Wienzeile, Wien • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 3,5 • 1/250 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht
Nachbearbeitung Der Gesamtkontrast und die Helligkeit wurden sehr stark angehoben. Die Farben wurden ins Unnatürliche verschoben, indem den Tiefen Rot, den Mitteltönen Cyan und den Lichtern Gelb beigemischt wurde. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Schülerlotse
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Objekte & Situationen
Motiv Die visuelle Kraft mancher Situationen sieht man als Fotograf sofort vor dem inneren Auge und manche andere erst im Nachhinein auf dem fertigen Bild. Bei einem Besuch im öffentlichen Garten der Stadt Taormina kam ich an dieser Szene vorbei und natürlich faszinierte mich sofort die unmittelbare Nähe der eher gelangweilt dreinschauenden Katze und der sorglos herumstolzierenden Tauben. Auch die altertümliche Umgebung mit dem gepflasterten Boden, der Säule und der Mauer im Hintergrund nahm ich bewusst wahr, während ich mein Bild machte. Doch erst in der Dunkelkammer sah ich auf dem vergrößerten Abzug, dass die hellen und dunklen Steine im Boden in ihrer Regelmäßigkeit wie ein Zebrastreifen wirken. Und dass alle Tauben die „Straße“ entweder von links nach rechts oder entgegengesetzt „überqueren“, während die Katze wie ein Schülerlotse geduldig wartet und den Verkehr anhält. Diese zufällig eingefangene Situation in ihrer Zusammenstellung macht die absurd-komische Wirkung der Aufnahme aus. Bildgestaltung
Licht Die eigentliche Szenerie liegt im Schatten mehrerer hoher Bäume, weswegen die Kontraste sehr gering ausfallen und indirekt gestreutes Licht vorherrscht. Im HIntergrund herrscht starkes Gegenlicht durch harte, direkte Sonnenstrahlen, was an den ausgefressenen Löchern in der Mauer auch zu sehen ist.
Die vielen Bildelemente führen zu weniger Übersicht, bereichern das Bild aber um kleine inhaltliche Facetten. Der Betrachter bekommt viel zu sehen und zu entdecken: Nahezu mittig platziert und kontrastreich zum Boden beherrscht die Katze das Bild, die ebenfalls dunklen Tauben ziehen immer wieder den Blick auf sich. Die Linien führen den Betrachter zu den Atmosphäre schaffenden Details im “Der Detailreichtum und die Menge Hintergrund, dessen Unschärfe lässt einen aber erneut nach vorne zurückkehren. Das edle Schwarzweiß verleiht dem an unterschiedlichen Bildelementen Bild zusammen mit dem sichtbaren Korn die zeitlose Anmusind für meine Art zu fotografieren tung alter Meister. ungewöhnlich hoch. Dennoch würde ich das Bild nicht noch weiter beschneiTechnik den, für mich ist es so perfekt.” Immer wieder wird das Rauschen bei Digitalkameras fälschlicherweise als körnig bezeichnet, obwohl Korn die Struktur des analogen Films bezeichnet. Beides sind strukturelle Störungen eines Nachbearbeitung Fotos, insofern liegt die Verwechslung nahe. Allerdings ist das Rauschen Der Ausschnitt wurde an allen vier Seiten immer waage- oder senkrecht ausgerichtet und dadurch extrem regelverändert, um den Blick stärker auf die Szene zu konzentrieren. Ein Anheben der mäßig und entsprechend störender. Beim analogen Korn hingegen ist die Struktur nicht nur ungeordnet über das ganze Bild verteilt, seine Formen sind auch unregelmäßig und eher organisch. Deswegen hat das Korn seinen ganz eigenen Charme, den manche Fotografen sogar digital zu imitieren versuchen.
© Georg Banek • September 1996 • ca. 16:45 Uhr • Giardino Pubblico, Taormina, Sizilien, Italien • Contax RTS I • Carl Zeiss 40 – 80 mm/3,5 • 80 mm • Blende 5,6 • 1/125 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Helligkeit und etwas mehr Kontrast in den Mitteltönen folgte der Tonung in einem sehr dunklen, stark entsättigten Violettton. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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She’s coming
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Objekte & Situationen
Motiv Als Fotograf sollte man immer gut ausgerüstet sein, deswegen gehören in die Fototasche neben der Fotoausrüstung immer auch nützliche Dinge wie Taschentücher, Stifte, Klebeband oder etwas Werkzeug. Das wichtigste Utensil ist aber ein universeller Türöffner. Wer jetzt an einen Dietrich denkt, ist auf dem Holzweg – ich meine ein freundliches, ehrliches Wesen und den Mut, Menschen einfach anzusprechen. Es ist erstaunlich, was man durch einfaches Fragen alles erreichen kann. In diesem Fall waren wir mit einer ganzen Gruppe Fotografen an einem Sonntag in Lauenburg auf Fototour und kamen am Geländer der Hitzler-Werft vorbei. Da ein Tor offen und einige Personen unterwegs waren, ging ich einfach hin und fragte. Wir hatten Glück, ich konnte den Verantwortlichen von unseren lauteren Absichten überzeugen und er ließ uns auf dem Gelände fotografieren. Der auf Schienen bewegliche Kran für die Be- und Entladung der Schiffe hat mich besonders beeindruckt. Licht
Bildgestaltung
Die leichten Wolken am Himmel störten die Sonne nicht wirklich. Dafür störte die Sonne uns beim Fotografieren nicht unerheblich. Denn bei Motiven aus teils glänzendem Metall ist hartes Sonnenlicht nicht gerade ideal. Bei diesem Bild verstärken die deutlichen Schatten die Dramatik des Bildes jedoch recht stimmig.
Die allesamt schräg verlaufenden Linien des Bildes weisen sehr deutlich auf einen Fluchtpunkt in der rechten Bildhälfte hin. Da das Hauptmotiv diesen Punkt aber verdeckt, wird der Blick des Betrachters hier regelrecht abgefangen. Die starken Kontraste erhöhen die Spannung im Bild, wobei es sich sowohl um Helligkeits-, Farb- als auch Größenkontraste handelt. Insgesamt ist das ganze Bild in seiner Gestaltung auf die Wirkung Gefahr, Unsicherheit und Aufregung ausgelegt, kein Gestaltungsmittel wirkt dieser Dynamik mildernd entgegen. “Um den Bildausschnitt ganz gezielt zu Insofern unterstützt die Bildgestaltung den inhaltlichen Anwählen, lege ich mich schon mal ganz satz sehr passend. gern platt auf den Boden. Ein gutes Bild ist meiner Meinung nach etwas Technik schmutzige Kleidung und einen kalten Mit einem Weitwinkelobjektiv können Sie ein einzelnes BildBauch allemal wert.” element aus seiner Umgebung herauslösen, es groß und auffällig in den Vordergrund bringen, ohne deswegen auf die Umgebung als erklärende Verortung und zusätzliche Informationsquelle verzichten zu müssen. Nachbearbeitung Dieses Element kann sich auch direkt am Boden befinden, dann wird dieser allerdings sehr groß abgebildet. Es sollten sich dort genügend interessante Details befinden, welche die große Fläche auflockern. Je nach persönlicher Vorliebe gibt es verschiedene Strategien, in Bodennähe zu fotografieren: sich hinlegen, ein schwenkbarer Monitor, ein Winkelsucheraufsatz oder fotografieren, ohne durch den Sucher zu sehen.
© Georg Banek • Juni 2003 • ca. 11:45 Uhr • Hitzler-Werft, Lauenburg • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 4 • 1/250 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Da der Kontrast schon hoch genug ist, wurde lediglich die Farbsättigung deutlich angehoben, um die Farbwirkung zu verstärken. Ein bisschen Retusche hier und da eliminierte störende Punkte am Boden. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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fright night flight
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Objekte & Situationen
Motiv Dass so viele Bilder dieses Buches aus Wien stammen, liegt nicht etwa daran, dass wir nur einen Urlaub und den nach Wien gemacht hätten, auch nicht daran, dass wir sonst nicht oder keine guten Bilder fotografieren würden. Die Gründe dafür sind viel einfacher: Meine Familie kommt aus Wien und so bin ich in den letzten Jahrzehnten oft sehr lange dort gewesen. Außerdem ist Wien sowohl für Cora als auch für mich die schönste Großstadt der Welt, wir fühlen uns wohl, wir lieben das Flair dieser Metropole und deren unendliche fotografische Vielfalt. Die wahren fotografischen Schätze Wiens aber sind seine inneren Werte – gut verborgen in den Treppenhäusern der Innenstadt. Deswegen gehe ich immer wieder in die Hausflure hinein, wenn es möglich ist, um dort kunstvoll verzierte Geländer, Aufzüge und Fensterrahmen zu finden. Bisher hatte ich aber nur dieses eine Mal das Glück, dass ein Bewohner etwas Leben mit ins Bild brachte. Licht
Bildgestaltung Das Bild strahlt eine beklemmende, düstere und gefährliche Atmosphäre aus, die direkt aus einem Horrorfilm stammen könnte, was vor allem dem hohen Kontrast, den dunklen Flächen und der unnatürlich-kränklichen Farbe zu verdanken ist. Die Unschärfe signalisiert eine diffuse Aktion, gleichzeitig sind die Linien und Flächen chaotisch angeordnet. Die Vignettierung zu den Bildrändern hin hält den Blick im Bild. Technik
“Düstere Bilder sind normalerweise nicht mein Stil. Wenn aber doch mal etwas so Stimmungsvolles dabei herauskommt, freue ich mich umso mehr. Hier mag ich besonders das sichtbare Korn, das durch die ISO 400 entsteht”
Der T400CN ist ein chromogener Film, das heißt, er ist ein Farbnegativfilm, der die Helligkeit statt in drei Farbschichten lediglich in einer einzigen belichtet. Dadurch konnte man ihn günstig im Standardlabor auf Farbpapier entwickeln lassen und dennoch Schwarzweißfotos erhalten. Soweit jedenfalls die Theorie. Denn in der Realität erlebten wir viel häufiger, dass die Entwicklungsmaschinen mit dem Film überfordert waren und die Bilder monochrom einfärbten – und zwar in allen nur denkbaren Farben. Diese Bilder kamen tatsächlich mit einem Grünstich aus der Filmtüte, den wir mit dieser Bearbeitung nachempfunden haben. Um die lange Verschlusszeit trotzdem noch verwacklungsfrei auslösen zu können, zog ich alle Register: Die Kamera legte ich auf dem Geländer auf, fokussierte manuell vor, klappte den Spiegel hoch und stellte den Selbstauslöser auf zwei Sekunden. Die Position der Person schätzte ich anhand ihrer Geschwindigkeit ab.
© Georg Banek • Dezember 2004 • ca. 11:00 Uhr • Privathaus, 1. Bezirk, Wien • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 2,8 • 1/30 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak BW400CN • ISO 400 • Tageslicht
Bei diesem Bild war die Lichtsituation so schlecht, dass ich bei voller Blendenöffnung und hoher ISO-Zahl eine viel zu lange Verschlusszeit hatte und das Bild dennoch unterbelichtet wurde. Das einzige Licht kam pro Stockwerk durch je ein großes Fenster, die sich an der Wand hinter mir befanden.
Nachbearbeitung Die Tonung war hier sehr wichtig, sie sollte auf jeden Fall grünlich, aber nicht zu eindimensional werden. Also wurde der Scan in einem dunklen Grün gefärbt und dann jeder Tonwertbereich separat nachbearbeitet: Die Lichter bekamen etwas Blau, die Mitteltöne Gelb und die Tiefen Rot beigemischt. Außerdem wurde Staub entfernt. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Float
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Objekte & Situationen
Motiv Hochwasser im Fluss um die Ecke? Polder werden geflutet? Ein Osterfeuer brennt? Ein Waldbrand wurde gelöscht? Der Schnee liegt dick auf den Feldern? Nebel verhindert jegliche Sicht? Die Kirschblüte setzt ein? Eine Gartenschau eröffnet in der nächsten Stadt? Wenn in Ihrer Nähe etwas Besonderes passiert, schnappen Sie sich die Kamera und gehen Sie raus! Keine Widerrede, kein „Ja, aber ...“, kein „Später vielleicht ...“ – sofort! Denn eine Stunde, einen Tag oder eine Woche später ist das Ereignis schon vorbei. Natürlich geht es nicht um Katastrophentourismus, aber wenn Sie ein seltenes Naturphänomen vor die Linse bekommen, sollten Sie nicht zögern. Denn ungewöhnliche Motive tragen auch das Potenzial für außergewöhnliche Bilder in sich. Wohlgemerkt ist das nur eine Chance, ein gutes Bild müssen Sie dann immer noch selbst sehen und machen. Aber ein ungewohntes Motiv ist das A und O spannender Fotos. Licht
Bildgestaltung Der geringe Kontrast und die sanfte, zurückhaltende Farbigkeit bestimmen das Bild und vermitteln eine sehr ruhige und ausgeglichene Atmosphäre. Die grünlich-braune Farbpalette wirkt schmutzig, alt und unnatürlich wie aus einer anderen Welt. Es wird dadurch schwieriger, das Motiv einzuordnen.
Eigentlich verdient die Sonne bei dichtem Nebel den Namen Lichtquelle gar nicht, denn das Licht scheint von überall und nirgends zu kommen, aber ganz sicher nicht aus einem Punkt. Gleichzeitig wird aber auch so viel Licht durch den feinen Tröpfchennebel geschluckt, dass ich über das lichtstarke Objektiv unserer neuen Kompakten glücklich war.
Deutlich wird an diesem Bild, dass die bei der Bildgestaltung immer wieder propagierte „Regel“, das Hauptmotiv nie in die Bildmitte zu setzen, eben nicht immer gilt. Die horizontal mittige Positionierung ist in ihrer Wirkung sehr statisch und beruhigend, “Hochwasser und Nebel gleichzeitig? wohingegen die Platzierung in der vertikalen Mitte das Bild Hin da! Dass Cora und ich dort eher unentschieden und langweilig wirken ließe. Der Einsatz fotografierten, verzögerte unseren dieser beiden auffälligen Gestaltungsmittel hängt also imWeg ins Studio lediglich um dreissig mer von der intendierten Gesamtwirkung des Bildes und der Minuten. Dafür gab es aber viele Wechselwirkung mit den anderen Bildgestaltungsmitteln ab. atemberaubende Bilder.” Technik Nebelbilder haben meist einen dermaßen geringen Motivkontrast, dass alle Bildinformationen nur einen geringen Bruchteil des Dynamikumfangs des Kamerasensors ausnutzen. Dementsprechend haben Sie sehr viel Gestaltungsspielraum, um über die Belichtungseinstellungen die Bildgestaltung zu beeinflussen, ohne durch eine Fehlbelichtung Bildinformationen zu verlieren. Je dunkler die Belichtung ausfällt, desto satter, und je heller, desto zarter und entsättigter werden die Farben.
© Georg Banek • Januar 2011 • ca. 09:45 Uhr • Rheinpromenade Adenauer-Ufer, Mainz • Panasonic Lumix DMC-LX5 Powershot G9 mit 24 – 90 mm (KB)/2,0 – 3,3 • 35 mm • Blende 2,8 • 1/250 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Für eine noch stärkere Symmetrie und Mittigkeit des Motivs wurde das Bild leicht nach rechts gedreht und erneut auf Format gebracht. Etwas mehr Kontrast und Farbsättigung sollten außerdem genügen. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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muscles
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Objekte & Situationen
Motiv Dieses Bild ist für mich die pure Eleganz und Ästhetik und bringt so die sportive Limousine von Volvo mit der typisch geschwungenen Hecklinie auf den Punkt. Auch wenn ich eigentlich kein großer Auto-Fan bin, so fotografiere ich doch gern die Sahnestücke der Automobilindustrie, die mir auf meinen Streifzügen mit der Kamera begegnen. Dabei mache ich selten Bilder des Wagens im Ganzen, sondern konzentriere mich auf Details, die entweder vollkommen abstrakt zu anonymen Formen und Flächen werden oder – wie hier – das Auto sehr wohl noch repräsentieren können. Ich betrachte dafür den Wagen aus allen möglichen Perspektiven und wähle die verschiedensten Bildausschnitte – je nachdem, wie selten das Fahrzeug ist und wie selten man es auf der Straße sieht, desto länger kann das dauern. Meine Frau wartet da manchmal schon ungeduldig, während ich damit beschäftigt bin, ein noch besseres, noch ungewöhnlicheres Bild zu finden. Bei ganz besonders fotogenen Autos, wie aufwändig in Stand gesetzten Oldtimern, seltenen Sportwagen oder ungewöhnlichen Liebhaberstücken, habe ich auch schon das eine oder andere Mal eine Visitenkarte hinterlassen, um dem Besitzer die Bilder zukommen lassen zu können oder das Auto vielleicht für ein größeres Shooting zu gewinnen. Bildgestaltung Das Spiel mit einer sehr geringen Schärfentiefe gehört zu meinen Markenzeichen und hier erschien es mir sehr passend, das Bild durch eine saubere Unschärfe zu gewichten. Während der Fokus im Vordergrund die Kontur des Hecks betont, löst sie sich mit dem Schwung des Kotflügels in Unschärfe auf. Um dort einen Ankerpunkt für die Augen zu setzen, musste der Rückspiegel mit ins Bild, denn durch seine charakteristische Form, seinen Kontrast zur Umgebung und der damit einhergehenden guten Erkennbarkeit bleibt der Blick an ihm hängen und fließt nicht aus dem Bild.
Bei Autos ist das Licht selten ideal, irgendetwas reflektiert immer. Licht und Schatten sollen die Konturen herausarbeiten, doch draußen ist das nicht kontrollierbar. Hier stand das Auto im Schatten eines hellen Gebäudes, was zu einer weichen Ausleuchtung führte.
“Ich mag das klare, kantige Design der Volvos sehr, die Ende der 90er gebaut wurden - mit zu rund gelutschten Formen kann ich hingegen gar nichts anfangen. Entdecke ich auf der Strasse einen Wagen, der mir gefällt, landet er vor meiner Kamera.”
Das Schwarzweiß und die hohen Kontraste betonen die Linien und Formen. Die Aufnahme wird dadurch kühler, glatter, weniger emotional und es wird klar, dass hier weniger ein lieb gewonnener Wagen als sein Design, seine Form das Hauptmotiv ist. Technik Schärfeverläufe wie diesen hier kontrolliere ich grundsätzlich mit der Abblendtaste. Der Spiegel sollte erkennbar, aber nicht zu scharf werden.
© Georg Banek • Mai 2004 • ca. 13:30 Uhr • Altstadt, Nähe Kran, Lüneburg • Contax RTS III • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 4 • 1/250 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Licht
Nachbearbeitung Das Scannen eines Negativs geht immer mit einem gewissen Kontrastverlust einher und offenbart leider auch die kleinen Kratzer im Film. Letztere wurden retuschiert und der Kontrast angehoben. Eine sehr dezente Tonung in einem dunklen Blau lässt die Schwärzen im Druck kräftiger werden. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Lightbeam
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Objekte & Situationen
Motiv Wenn ich mit meiner Kamera in einem Museum, einer Burg oder einem Schloss unterwegs bin, stecke ich meine Nase in jeden Nebenraum, jeden Winkel und durch jede Tür, die nicht verschlossen oder verboten ist. Ein Antrieb dafür ist sicherlich die Suche nach Fotomotiven, die nicht jeder Tourist von dort mitnimmt. Der andere Antrieb jedoch ist eine unglaublich große Neugierde im positiven Sinne. Es interessiert mich einfach, wie etwas hinter den Kulissen aussieht, wie Sachen zusammenhängen. In diesem Fall war es ein Treppenhaus, das ich auf diese Art entdeckte. Das durch das Fenster einfallende Licht malte Muster auf den Steinfußboden. Als ich diesen Schatten sah, war er noch mittig im Licht, aber bis ich alle Kameraeinstellungen vorgenommen hatte, war die Sonne schon etwas weitergewandert. Bildgestaltung Nahezu alles an dem Bild wirkt grafisch, fast schon wie eine detailreiche Bleistiftzeichnung. Das edle Schwarzweiß unterstützt diese Wirkung ebenso wie die sternförmig angeordneten Strahlen der Treppenstufen und die Formwiederholung in den unteren Stockwerken. Die angeschnittenen Rundungen links oben und auf der rechten Seite nehmen die runde Form auf und sorgen gleichzeitig für einen Abschluss oder Rahmen des Bildes, der verhindert, dass der Blick den Linien folgt und aus dem Bild fällt. Die Wiederholung des Halbkreises schafft eine enorme Tiefenwirkung, wobei das Licht zwei Stockwerke darunter auch elementar ist, um dem Bild genügend Leben einzuhauchen. Technik Mit dem 85-mm-Objektiv hatte ich grundsätzlich zwar noch eine Reserve für diese schlechte Lichtsituation, wollte sie aber aus gestalterischen Gründen nicht vollständig ausreizen. Deswegen brauchte ich eine 1/8 Sekunde, die mit meiner Contax RTS I nicht unbedingt einfach zu halten war. Denn sowohl deren Segeltuchverschluss als auch deren Spiegel haben einen Rückschlag wie ein Donnerhall und bringen die Kamera schon mal ganz von allein zum Vibrieren.
Es sieht auf diesem Bild zwar anders aus, aber das Treppenhaus war immer wieder extrem dunkel, da sich draußen regelmäßig dicke Wolken vor die Sonne schoben. So hatte ich nur ganz wenig Zeit, dieses Ornament zu fotografieren, ehe es schon wieder im Schatten verschwunden war. Im Moment der Aufnahme fiel einiges an Licht durch die Fenster und wurde weich von den Wänden reflektiert.
“Die nie versiegende, offene Neugierde meiner Augen auf Neues hilft mir, immer wieder Motive zu sehen, die andere nicht bemerken würden. Schwierigkeiten vor Ort habe ich deswegen noch nie bekommen.”
Die Kamera hatte ich so an das Geländer gepresst, dass sie zwischen Kameraboden und Objektiv sehr sicher auflag. So gelang zusammen mit dem Zeitauslöser trotzdem ein knackescharfes Foto – auch weil mir unter diesen Umständen der extrem helle Sucher ein genaues Fokussieren überhaupt erst ermöglichte.
© Georg Banek • Juli 1996 • ca. 14:15 Uhr • Nähe Uno-City, Wien • Contax RTS I • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 2,8 • 1/8 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Licht
Nachbearbeitung Nach dem Scannen mussten hier einige Kratzer und Staubflecken retuschiert werden. Mit etwas mehr Kontrast, weniger Helligkeit und gezieltem Nachbelichten des Ornaments wurden die Tonwerte optimiert. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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girls, girls, girls
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Objekte & Situationen
Motiv Als recht typischer Klischeemann gehört ein Schaufensterbummel nicht unbedingt zu den beliebtesten meiner Tätigkeiten. Ganz anders wird das aber, wenn ich die Kamera in der Hand habe und bei Dunkelheit fotografisch zum Thema „Lichter der Stadt“ unterwegs bin. Dann weckt eine solche Zusammenstellung, an der ich tagsüber vermutlich kopfschüttelnd vorbeigegangen wäre, sofort mein fotografisches Interesse. Es ist die kitschige Zusammenstellung, die hier – konzentriert durch den engen Bildausschnitt – ihren Reiz ausspielt. Die modischen Accessoires balancieren geschmacklich zwischen kindlicher Verkleidung, weiblicher Raffinesse und türkischem Pomp, zwischen Fernost, bad taste und billig. Und genau diese nicht schöne, aber stimmige Mischung macht den faszinierenden Reiz des Bildes aus. Bildgestaltung Die selektive Schärfe lenkt den Blick sofort auf das Gesicht der Schaufensterpuppe, das Auge ist eine Form, der wir immer besonders viel Aufmerksamkeit schenken. Von dort aus geht der Blick auf die paillettenbesetzten Pantoffeln, um anschließend über die rosa Schuhe durch die Fluchtlinien in den hinteren Raum gezogen zu werden. Die Unschärfe relativiert und beruhigt den Hintergrund, ohne ihm Leben und räumliche Tiefe zu nehmen. Das gelbe Licht verleiht der Situation etwas Künstliches, die schrägen Linien etwas Dynamisches und der enge Ausschnitt etwas Intim-Dramatisches. Technik
Licht Draußen lag die „Blaue Stunde“ schon in ihren letzten Zügen, viel natürliches Licht gab es also nicht mehr. Dieses Schaufenster wurde allerdings künstlich beleuchtet, der Laden dahinter ebenfalls. Den Weißabgleich beließ ich allerdings weiter auf Tageslicht, weil ich genau diesen gelb-warmen Ton haben wollte, der den Blick ins Schaufenster verdeutlicht.
“Dieses Bild ist bei einem Kurs der Artepictura-Akademie eigentlich nur als Anschauungsmaterial entstanden. Aber dann fand ich es so spannend, dass es mit ins dieses Buch durfte ...”
Wer im Winter abends noch aus der Hand fotografieren will, braucht entweder eine sehr helle Lichtquelle oder ein sehr hochwertiges Equipment – ich hatte von beidem jeweils ein wenig, das reichte aus. Die Schaufensterbeleuchtung war ausreichend, wenn auch nicht üppig; die Kamera eigentlich nicht ideal, da sie bereits ab ISO 400 ein deutlich störendes Rauschen aufweist. Was mich in diesem Moment gerettet hat, war das sehr lichtstarke Weitwinkelobjektiv. Bei voller Blendenöffnung eingesetzt, konnte ich noch genügend Licht auf den Sensor bringen.
Denn eines darf man nicht vergessen: Jede volle Blendenstufe entspricht einer Verdoppelung oder Halbierung der Lichtmenge, die pro Zeiteinheit auf den Sensor trifft. Der Unterschied zwischen Blende 1,4 und Blende 4 beträgt also nicht nur drei Stufen, sondern den Multiplikationsfaktor acht.
© Georg Banek • Dezember 2010 • ca. 18:00 Uhr • Spielwarenladen, Schillerstraße, Mainz • Canon EOS 5D • Sigma EX 24 mm/1,8 • Blende 1,8 • 1/125 Sekunde • ISO 320 • Resttageslicht und Kunstlicht
Nachbearbeitung Die Aufnahme wurde bei der Entwicklung aus dem RAW deutlich aufgehellt und im Weißabgleich leicht zugunsten einer wärmeren Lichtstimmung korrigiert. Anschließend wurde der Kontrast noch erhöht und zwei Reflexionen am unteren Bildrand wegretuschiert. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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long way home
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Objekte & Situationen
Motiv Eine Allee; in Reihe stehende Bäume, die sich im dichten Nebel beinahe auflösen; ein schneebedeckter Weg; eine einsame Person, die diesen Weg zwischen den Bäumen entlanggeht und gerade noch schemenhaft zu erkennen ist; Kälte, die spürbar wird ... – aus dieser Mischung ergibt sich ein beliebtes Motiv, das wir kennen. Denn Bilder dieser Art tragen wir in unserem kollektiven Bewusstsein, in unserem gesellschaftlichen Bilderwissen. Und Motive wie dieses mögen wir. Vielleicht genau wegen dieses Bilderwissens? Für wahrscheinlicher halte ich die Faszination des Nebels, die viele Menschen empfinden, wenn die Wolken den Boden berühren und alles verschlucken. Die damit einhergehende Stille ist besonders und Bilder dieses Naturschauspiels mögen wir gerade deshalb. Kombiniert mit dem schönsten Niederschlag sind die Zutaten für eine Aufnahme, die erst einmal gefällt, eigentlich alle beisammen. Licht
Bildgestaltung
Trotz des dichten Nebels war es relativ hell, da der Schnee das Tageslicht reflektierte. Das Licht wurde dadurch sehr gleichmäßig und auch bei Motivvarianten musste ich die Belichtungswerte nicht neu messen.
Dem bekannten und sehr ruhigen Motiv begegnete ich hier mit einer spannungsreichen Bildgestaltung, was zu einem interessanten Wechselspiel zwischen Bildinhalt und -form führt. Allem voran bringt die schräge Ausrichtung viel Dynamik ins Bild, was die Fluchtpunktperspektive noch stärker wirken lässt. Die Linien der Mauer“Ich weiss nicht, wie, aber mir ist in kante, der Baumstämme und -kronen sowie der Spuren im der Tasche irgendwie die Einstellung Schnee treffen sich alle an einem Punkt, der relativ randnah verrutscht, weshalb alle Bilder dieliegt. Daraus entsteht ein Sog, dem der Blick in den hinteren ses Tages nur als JPEGs vorliegen, Teil des Bildes folgt, wo sich die Bäume im Nebel auflösen anstatt als RAW-Dateien. Ein ärgerund die dunkle Person sich kontrastreich abhebt. liches Missgeschick, denn ich möchte Die Schärfe liegt jedoch im Vordergrund, weshalb das Auge immer wieder zurückkommt – es wandert die Allee eigentlich auch bei spontanen Bildern hin- und her. Die beiden dominanten Baumstämme begrendie grösstmögliche Qualität für die zen dabei die Aufnahme nach rechts und links, um den Blick Bearbeitung haben.” davor zu bewahren, aus dem Bild zu gleiten. Technik Hier verwendete ich die Spotmessung und ermittelte den Lichtwert einmal für die dunklen Bäume und einmal für den hellen Fluchtpunkt. Den sich daraus ergebenen Mittelwert korrigierte ich manuell noch einmal etwas, nachdem ich einen Blick auf das Histogramm geworfen hatte. Eine leichte Überbelichtung verhinderte, dass die Bäume zu dunkel und damit zeichnungsfrei werden.
© Georg Banek • Januar 2009 • ca. 10:30 Uhr • Rheinpromenade Adenauer-Ufer, Mainz • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 4 • 1/200 Sekunde • ISO 80 • Tageslicht
Nachbearbeitung Zu Anfang wurden einige dunkle Flecken im Vordergrund, die wegen ihrer Schärfe störten, wegretuschiert. Anschließend wurde die Helligkeit noch einmal angehoben und der Kontrast verstärkt, bevor der Bildausschnitt an allen vier Seiten optimiert wurde. Dia-Scan Digitales JPEG Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Lavande
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Objekte & Situationen
Motiv Durch Zufall stießen wir beim Schlendern durch Potsdam auf das Krongut Bornstedt, ein ehemaliges Mustergut, das heute ein reizvoller Veranstaltungsort ist. In der sehr schönen und äußerst fotogenen Hofanlage macht es einfach Spaß, nach Bildern zu suchen. Fündig wird man auf jeden Fall in der Hofbrauerei oder -bäckerei, in der Schmuckwerkstatt, der Glasbläserei oder der Pelzwerkstatt, im schön angelegten Park oder in einem der Cafés. Ich entdeckte im Vorbeigehen in einem der Gebäude dieses mit viel Liebe zum Detail eingeräumte Regal voller Kosmetika. Ich blieb stehen, hob die Kamera, löste aus und ging weiter. Bildgestaltung Das kleinteilige Motiv mit seinen vielen Details ist eher unruhig, weshalb es wichtig war, die rein formale Gestaltung sehr aufgeräumt zu halten. Deshalb wählte ich eine exakt frontale, gerade Perspektive und einen symmetrischen Aufbau. Die dominanten Linien der Regalbretter verlaufen parallel zu den Bildrändern und teilen die Aufnahme in gleichmäßige Felder ein, die man nacheinander betrachtet. Durch den Anschnitt des Regals an allen vier Seiten wirkt es unendlich groß, da der Betrachter es ganz unbewusst in jede Richtung verlängert. Um dem Auge aber innerhalb des Bildes einen gewissen Halt zu geben, sind die dunklen Bildbereiche wichtig: Nach oben und unten begrenzen die leichten Schatten die Aufnahme und nach rechts wird der Blick durch die dunkleren Päckchen und Flakons abgefangen. Technik
Die Mittagssonne schien grell auf den Innenhof des Gutes, wodurch es auch in den Gebäuden sehr hell wurde. Durch das offene Tor fiel genügend Licht in das kleine Ladengeschäft. Indirektes Licht dieser Art ist sehr diffus und es entstehen keine störenden Schatten. Wegen des gleichmäßigen Motivs wählte ich die mittenbetonte Integralmessung, um die Helligkeit zu messen.
“Was ich an diesem Bild so mag, kann ich schwer beschreiben; wahrscheinlich ist es diese Exaktheit, dieser Perfektionismus und gleichzeitig die vielen Details zum ‘spazierengucken’ ...”
Einer der großen Vorteile des analogen Films gegenüber einem digitalen Kamerasensor ist der Kontrastumfang, der insbesondere in den Lichtern mehr Spielraum bietet. Das heißt, ist bei einem digitalen Bild der Motivkontrast größer als der Dynamikumfang des Sensors, so brechen die hellen Stellen sehr schnell ins Reinweiße aus. Bei einem analogen Film ist in derselben Situation hingegen noch Zeichnung vorhanden, die mithilfe gezielter Nachbelichtung herausgearbeitet werden kann.
Aus diesem Grund ist es in der digitalen Fotografie empfehlenswert, kontrastreiche Motive im Fall des Falles eher leicht unter- als überzubelichten. Im Analogen wäre mein Tipp ein Film mit einem besonders großen Belichtungsspielraum, wie es die echten Schwarzweißfilme sind, die gegenüber einem chromogenen Film (wie hier der T400CN) einen größeren Dynamikumfang haben.
© Cora Banek • März 2005 • ca. 13:45 Uhr • Krongut Bornstedt, Potsdam • Canon EOS 30 • Canon EF 105 mm Makro/2,8 • Blende 4 • 1/500 Sekunde • SW-Negativfim Kodak T400CN • ISO 400 gepullt auf 200 • Tageslicht
Licht
Nachbearbeitung Da oberhalb des Regals ein kleiner Vorsprung war, der die Flächigkeit des Bildes störte, wurde die Aufnahme von oben her geschnitten. Dann wurde sie aufgehellt und kontrastreicher bearbeitet, bevor eine Tonung in einem hellen Orange erfolgte. Kleinere Flecken durch Staub und Kratzer auf dem Negativ wurden weggestempelt. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Engelsflügel
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Objekte & Situationen
Motiv Die stärkste Macht der Fotografie besteht darin, den Blick des Betrachters ganz gezielt zu führen. Mit dem Bildausschnitt lösen wir etwas aus seinem Umfeld und konzentrieren die Aufmerksamkeit darauf. Mit der Möglichkeit, etwas zu vergrößern, können wir sogar kleine Details hervorheben, die im normalen Alltag entweder gar nicht oder nur als kleines Anhängsel zu etwas Größerem wahrgenommen werden. Gerade in den winzigen Motiven liegen viele Überraschungen für denjenigen verborgen, der nicht mit den Entdeckeraugen eines neugierigen Kindes durch die Gegend läuft. Was an dieser Laterne im Wiener Museumsviertel ursprünglich angeklebt war, weiß ich nicht. Vermutlich war es einer der Klassiker: Werbung, Wohnungssuche oder Tier entlaufen. Nachdem jedoch irgendjemand diesen Zettel achtlos abgerissen hatte, blieben nur noch zwei kleine Papierschnipsel übrig, die an dem gestreiften Metal hingen. In meinen Augen wirken sie wie Flügel, die ein Engel dort vergessen hat. Bildgestaltung
Licht Regen verdunkelte den frühen Sommerabendhimmel massiv, so dass ich an die Grenzen der technischen Möglichkeiten meiner Kamera gehen musste, um noch eine verwacklungsfreie Verschlusszeit zu erreichen. Die gleichmäßige und fast schon düstere Lichtsituation trug zu der farblosen und schwarzweiß anmutenden Bildstimmung bei.
Die starke Untersicht macht die winzigen Papierfetzen viel größer, als sie sind, auch weil jegliche Möglichkeit zum Größenvergleich mit anderen, bekannten Bildelementen fehlt. Die dominanten Linien würden den Blick sofort zu einem Fluchtpunkt außerhalb des Bildes führen, wenn nicht die starke Unschärfe den Blick zurückhalten und wieder auf die Schärfeebene vorne führen würde. Das angedeutete Dreieck aus Papier-Schraube-Papier nimmt die Dreiecksform der Later“Für mich strahlt das Bild eine fast ne wieder auf, die dadurch entsteht, dass das menschliche Gehirn die angeschnittenen Linien unbewusst weiterführt. schon meditative Ruhe aus. Ohne sagen zu können, was genau mich daran so Technik fasziniert, mag ich es unheimlich gerne und die Assoziation an Engelsflügel Bei Kompaktkameras und einigen Zoomobjektiven ist die Makrofunktion konstruktionsbedingt in der Regel bei der war von Anfang an und sofort da.” stärksten Weitwinkel-Brennweite angesiedelt. Das ermöglicht eine extrem geringe Nahgrenze, Sie kommen also nah an Ihr Motiv heran und können es immer noch scharf fokussieren. Das Weitwinkel bildet Ihr Motiv gleichzeitig besonders groß und inmitten eines weiten Umfelds ab. Dafür müssen Sie in Kauf nehmen, dass die Proportionen verzerrt dargestellt werden und dass das Fokussieren außerhalb der Bildmitte extrem schwierig wird. Wenigstens bei den Edelkompakten wünsche ich mir für die Zukunft eine Fokussierung durch Antippen über einen Touch-Screen auf der Kamerarückseite.
© Georg Banek • Juni 2010 • ca. 19:00 Uhr • Museumsquartier, Wien • Canon Powershot G9 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 35 mm • Blende 2,8 • 1/320 Sekunde • ISO 400 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um das störende Rauschen und die Farbsäume zu reduzieren, wurde die Sättgung der Farben reduziert, bevor Helligkeit und Kontrast angehoben werden konnten. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Rohr eins: Feuer!
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Objekte & Situationen
Motiv Bei diesem Bild war mir das Glück hold, dass genau in dem Moment, in dem ich auslöste, von links eine Möwe ins Bild flog. So etwas kann man nicht planen – besonders nicht bei diesen unruhigen Tieren, die ununterbrochen die Flugrichtung wechseln. Bildgestaltung Zwei Flächen, drei Punkte, ein Dreieck, gewichtende Schärfe und ein harmonisches Blau-in-Blau. So lässt sich die Gestaltung – und auch der Reiz – des Bildes in wenige Worte fassen. Denn die Aufnahme lebt von einem raffinierten Minimalismus, einer Aufgeräumtheit und gleichzeitig von spannenden Punkt-Flächen-Kontrasten. Den Hintergrund bilden der Himmel und das Meer, die das Bild in zwei beinahe gleich große Flächen einteilen. Die Horizontlinie liegt jedoch nicht in der Bildmitte, sondern etwas nach oben verschoben, was die Flächen gewichtet, ohne die Ruhe und Harmonie der beiden blauen Flächen zu stören. Aufgelockert werden die beiden Bereiche oben durch die Wolken und unten durch die Wellen, die den Blautönen Struktur und etwas Dreidimensionalität verleihen.
Licht Das durch die Wolken sanft gestreute Nachmittagslicht sorgt für weiche Kontraste im Bild. Dadurch bleiben die Details in der Wasseroberfläche, den Wolken und selbst in Schiff und Vogel erhalten. Die mittenbetonte Integralmessung ist bei so gleichmäßiger Helligkeit das richtige Werkzeug zur Ermittlung der Belichtungswerte.
Auf dem Blau finden sich drei Ankerpunkte für die Augen: die Möwe nah am Horizont, das Schiff auf gleicher Höhe und das Fernrohr exakt horizontal darunter. Der Blick wandert immer wieder zwischen diesen Punkten im Dreieck, denn alle drei üben eine große Anzie“Der Zufall ist zwar nicht planbar, hungskraft aus: Die Möwe am linken Bildrand fliegt nah an dem Punkt, wo man ein Bild zu betrachten beginnt (oben aber doch erkennbar. Für einen links), und ist wegen der Bewegungsunschärfe und der LeFotografen macht ein schnelles bendigkeit interessant. Das Schiff zieht den Blick trotz seiner Erkennen der Situation und eine geringen Größe an, weil es der hellste und gleichzeitig der schnelle Reaktion oft den entscheischärfste Punkt im Bild ist. Das Fernrohr lockt allein wegen denden Unterschied.” seiner Größe, seiner kreisrunden Form und des großen Kontrasts zum umliegenden Blau. Halten kann den Blick jedoch kaum eines der Elemente, weshalb er sehr dynamisch immer wieder umherwandert. Der Betrachter stellt eine Beziehung zwischen den Dingen her und bleibt im Bild. Technik Der Fokus muss nicht immer naheliegend gesetzt werden im Sinne von nah dran, am nächsten, in der Nähe. Manchmal macht das gezielte Verlegen der Schärfeebene in den Hintergrund erst den besonderen Reiz eines Bildes aus beziehungsweise erregt Aufmerksamkeit.
© Georg Banek • Oktober 2006 • ca. 16:45 Uhr • Seebrücke Heringsdorf, Usedom • Canon EOS 5D • Canon EF 85 mm/1,4 • Blende 5,6 • 1/400 Sekunde • ISO 400 • Tageslicht
Nachbearbeitung Bei der Entwicklung aus dem RAW war es mir wichtig, den Kontrast nicht nennenswert zu erhöhen und einen natürlichen Blauton zu erzielen. Anschließend wurde das Bild lediglich von kleineren Sensorflecken befreit. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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ab aufs Handtuch
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Objekte & Situationen
Motiv Während eines Fotoshootings oder einer Fototour habe ich zwar in der Regel ein Thema, auf das ich mich konzentriere, versuche aber gleichermaßen, mich anderen Sujets der Fotografie nicht zu verschließen. Auf Reisen und unterwegs lege ich meinen Schwerpunkt gern auf technische Einschränkungen, die mich herausfordern, den Blick für ein bestimmtes Objektiv, eine Perspektive, eine Schärfentiefe oder Ähnliches zu schärfen. Fotografiere ich einen Menschen, so steht der natürlich auch im Mittelpunkt. Doch immer mal wieder entstehen Aufnahmen am Rande eines eigentlich anders ausgerichteten Fotoshootings – so zum Beispiel dieses Bild, das während eines Mode- und Lifestyleshootings entstanden ist. Das Schwimmbad hatte an diesem Sonntagmorgen noch nicht für die Besucher geöffnet, als ich dort fotografieren durfte. Alles war leer und still. Nach den ersten Wasserbildern kletterte das Modell aus dem Wasser, tapste über den warmen, trockenen Holzsteg und hinterließ eine dekorative Spur nasser Fußabdrücke.
Licht
Diese Abdrücke ohne Personen in Szene zu setzen und auch das Schwimmbad lediglich anzudeuten, ergeben ein Bild, das den Sommer auf eine Weise symbolisiert, die uns an Schwimmen nach der Schule, an Sommerferien im Freibad und unbeschwerte Lebensfreude erinnert.
Die Sonne schien unmittelbar von links auf den Steg, hinterließ aber keine sichtbaren Schatten, da das Motiv zweidimensional ist. Lediglich die Ritzen zwischen den Brettern wurden sehr dunkel.
Bildgestaltung
“Wäre das Modell schnurstracks in einer geraden Linie über den Steg gelaufen, hätte das Bild viel von seiner Lebendigkeit eingebüsst. So bekommt es gerade durch die Schlangenlinie eine Spur Lebensfreude extra!”
Das Bild besteht aus drei Teilen, die wichtig für die Blickführung sind: Erstens das obere Achtel, in dem der Betrachter in das Bild einsteigt. Hier beginnt die Spur, der das Auge folgt, und hier genügen auch die angeschnittenen Leitern, um das Motiv einordnen zu können. Zweitens der mittlere Teil, der sehr ruhig und harmonisch gestaltet ist und ein gutes Gegengewicht zu dem dritten Teil bildet, dem unteren Drittel der Bildfläche. Dieses hebt sich zum einen durch die plötzlich senkrecht verlaufenden Holzbretter ab und zum anderen durch die Schärfe. Der fokussierte Bereich zieht den Blick an, liefert mehr Details und führt dazu, dass sich der Betrachter die Abdrücke hier genauer ansieht, ehe er der Spur wieder zurück in den hinteren Teil des Bildes folgt. Technik
Bei Bildern, die durch Schärfe und Unschärfe gewichtet werden, ist es immer wichtig, wo der Fokus platziert wird. Empfehlenswert kann es da durchaus sein, verschiedene Varianten aufzunehmen und dann im Nachhinein zu entscheiden.
© Cora Banek • August 2009 • ca. 09:15 Uhr • Naturerlebnisbad Bingen-Bingerbrück • Canon EOS 5D • Sigma EX DG 105 mm Makro/2,8 • Blende 5 • 1/2000 Sekunde • ISO 160 • Tageslicht
Nachbearbeitung Der Ausschnitt wurde hier im Nachhinein deutlich verändert: An allen vier Seiten wurde geschnitten, um das Motiv zu intensivieren und ablenkende Elemente auszuschließen. Störende Flecken auf dem Holz wurden retuschiert, der Kontrast angehoben und die Helligkeit verstärkt. Für einen Tick mehr Wärme im Bild wurden der Gelbund der Rotanteil in den Mitteltönen verstärkt und die Sättigung leicht angehoben. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Deutsche Gemütlichkeit
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Objekte & Situationen
Motiv In einem ganz hervorragenden, gut bürgerlichen Hotel fiel mein Blick im Vorraum der Herrentoilette als Erstes auf diese beiden liebevoll drapierten Klopapierrollen. Eigentlich ist der Anblick nichts allzu Besonderes, ein Stück triste deutsche Normalität. Doch die Doppelung der Klopapierrolle jeweils im linken unteren Eck des Fensters, die braunen Siebziger-JahreKacheln, die gespiegelten Fenster mit konservativ gescheitelten Vorhängen vor geriffelten Scheiben würzen die Szenerie mit einer Prise Humor, etwas Situationskomik und einem Hauch unwirklicher Absurdität. Bildgestaltung Was das Bild zu einem Hingucker macht, ist sicherlich der starke Gegensatz aus gewohnter Normalität und unheilvollem Drama. Auf der einen Seite bildet das Normalobjektiv das Motiv in bekannter Manier ab, ebenso wie die Perspektive aus Augenhöhe keine ungewohnte Sichtweise vermittelt. Die gedämpften Farben halten sich im Hintergrund, wobei das Braun die motivliche Assoziation ans deutsche Spießbürgertum trefflich unterstützt. Die beiden Quadrate der Fensteröffnungen bringen eine fast schon pedantische Ruhe ins Bild und auch die Linien der Kacheln verlaufen wunderbar parallel zu den Bildkanten. Eigentlich ein Anwärter auf den Preis „Das langweiligste Bild der Welt“.
Licht Das sichtbar von außen in den Raum fallende Tageslicht war tatsächlich die einzige Lichtquelle. Es wurde im Raum durch Spiegel und weiße Türen ausreichend reflektiert. Glücklicherweise war es draußen nicht allzu hell und einheitlich trüb bedeckt, so dass der Motivkontrast vom Sensor noch eingefangen werden konnte.
Einige bildgestalterische Störenfriede bringen jedoch lautes Leben in die Bude und mischen den Laden auf: Ganz vorneweg natürlich das Gegenlicht – immer für ein Drama gut. Es betont die schrägen Gardinen und erweckt die beiden Klopapierrollen zum Leben. Gleich“Da es nicht das erste Mal war, dass zeitig sorgt es für einen spannungsreichen hohen Kontrast. Und auch die dynamische Wirkung der kurzen schrägen ich meine Motive in so einer Umgebung Linien in den Fenstern sollte bei einem ansonsten sehr ruhig fand, kehrte ich sofort um und holte aufgebauten Bild nicht unterschätzt werden. meine Kamera. Für das wache Auge lauern gute Bilder eben überall ... :)” Technik Das 50-mm-Objektiv wird im Vollformat immer als Normalobjektiv bezeichnet, allerdings aus zwei völlig unterschiedlichen Gründen. Für die einen ist das Normalobjektiv immer das, dessen Bildwinkel dem des menschlichen Auges möglichst nahekommt, für die anderen ist es das, dessen Brennweite der jeweiligen Sensordiagonalen entspricht. Beides sind sinnvolle Definitionen, die beim Voll- oder Kleinbildformat im 50er zusammenfallen. Bei Kameras mit Cropformat-Sensoren kommt man mit diesen beiden Definitionen hingegen zu unterschiedlichen Brennweiten, was die Kommunikation nicht gerade erleichtert.
© Georg Banek • Juni 2008 • ca. 13:00 Uhr • Waldhütte-Heide Hotel, Telgte, Nähe Münster • Canon EOS 5D • Canon EF 50 mm Makro/1,8 • Blende 5 • 1/80 Sekunde • ISO 400 • Tageslicht
Nachbearbeitung Der Ausschnitt wurde hier ordentlich verändert, denn links verliefen die Fliesen nicht im gleichen Abstand zum Bildrand wie rechts, und oben und unten sollte genau keine Fuge mehr zu sehen sein. Darüber hinaus wurde das Bild heller gemacht. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Just walking by
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Objekte & Situationen
Motiv Mein Weg aus dem Studio nach Hause führt mich täglich am Mainzer Staatstheater vorbei, dessen schöne Fassade stets schön beleuchtet ist. An jenem Abend wartete es jedoch mit einem roten Teppich und einer atemberaubenden Beleuchtung auf. Eine Limousine stand samt Chauffeur auf dem Vorplatz und gleich mehrere Personen kontrollierten den Einlass. Im Hauptsaal des Theaters sollte der Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung die Carl-Zuckmayer-Medaille für seine Verdienste um die deutsche Sprache überreicht bekommen. Leider hatte ich an diesem Abend eine wichtige Regel für Fotografen nicht befolgt, nämlich: „Habe immer eine Kamera dabei!“ Meine SLR lag im Studio, die Kompakte zu Hause. So hatte ich für die großartige Illumination, die sich in den Pfützen und auf dem nassen Asphalt spiegelte, einzig mein Handy als Kameraersatz dabei. Frei nach dem Motto „besser als nichts“ und weil Handyfotos ja schwer in Mode sind, suchte ich mir die beste Spiegelung aus, wartete auf die nächsten Passanten für die Bildecke und gleich der erste Schuss saß. Bildgestaltung Von gezielter Bildgestaltung kann bei einem iPhone-Bild natürlich nur sehr eingeschränkt gesprochen werden. Die Gestaltung beschränkt sich dabei auf Bildausschnitt und -komposition sowie – wenn auch nur eingeschränkt – die Wahl des richtigen Augenblicks. Die starken Farben in Verbindung mit den dunklen Flächen, die erkennbare Unschärfe, die hohen Kontraste, die diagonalen Linien und nicht zuletzt die Schräglage des gesamten Bildes: Alles vermittelt eine sehr hohe Dynamik und eine starke Dramatik. Die beiden Personen in der Ecke wirken als Ruhepol für die Augen und bilden als Punkte gleichzeitig einen Kontrast zum Rest der Fläche.
Licht Zu dieser späten Stunde im Januar war natürlich nur noch künstliches Licht vorhanden. Große Scheinwerfer mit stark farbigen Folien davor waren auf das Gebäude gerichtet und schafften vereinzelt sehr unterschiedliche Farbflächen. Die Innenbeleuchtung des Hauses drang durch die großen Fenster und bewirkt die gelbe Färbung.
“Natürlich ist die Auflösung für diese hochwertige Veröffentlichung eigentlich nicht geeignet und wir mussten digital etwas nachhelfen. Wegen der Ausdrucksstärke des Bildes haben wir uns aber doch dafür entschieden.”
Technik Auch die technischen Einflussmöglichkeiten des Fotografen beschränken sich bei Handykameras auf ein Minimum, alle Einstellungen werden von einer Automatik übernommen. Dennoch haben Handys und Kompakte mit Live-View einen Vorteil: Sie zeigen den vollständigen Bildausschnitt an. Dafür ist es etwas schwieriger, das Handy ruhig zu halten, und auch die Auslöser sind alles andere als verwacklungssicher. Last but not least lässt natürlich auch die geringe Auflösung von gerade mal drei Megapixeln drucktechnisch keine großen Spielräume zu.
© Georg Banek • Januar 2011 • ca. 18:45 Uhr • Staatstheater Mainz, Ludwigsstraße, Mainz • iPhone 3GS mit 3,9 mm (nicht KB) • Blende 2,8 • 1/10 Sekunde • ISO 1000 • Kunstlicht
Nachbearbeitung Die 1536 x 2048 Pixel kleine Datei musste von 72 auf 300 ppi vergrößert werden. Etwas Nachschärfen brachte aber ein akzeptables Ergebnis. Ansonsten wurden nur die Farbsättigung und die Helligkeit ein bisschen angehoben. Dia-Scan Digitales JPEG Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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R.I.P.
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Objekte & Situationen
Motiv Andere Mütter haben einen netten kleinen Garten mit etwas Wiese, Blumen und einem Gewürzbeet. Meine Mutter hat ein Stück Land, 80 mal 200 Meter groß, ein wunderschöner Flecken Erde. Natürlich liebe ich diesen stolzen Besitz meiner Eltern sehr und sehe ihn mir so oft wie möglich an, wenn ich im Norden bin – auch wenn sie ganz Mütter-typisch glaubt, dem wäre gar nicht so ... Das Land ist voll mit frischen Möhren, Kürbissen, Kartoffeln, Himbeeren, Äpfeln, Pflaumen und noch vielem, vielem mehr. Ach ja, ein paar Blumen gibt es auch, dafür aber keine Wiese. Insgesamt stehen dort fünf kleine Schuppen für das Werkzeug und mehrere Wassertanks – einer in Form einer alten, emaillierten Badewanne, die schon dort stand, als sie das Land gekauft haben. Bei einem meiner Besuche im Frühling entstand eher nebenbei dieses Bild. Cora spielte anschließend in Photoshop damit herum und zauberte dieses düster-gefährliche Endzeit-Drama. Licht
Bildgestaltung
Anfang April war das Wetter noch nicht so schön, dichte Wolken vermengten sich mit wenig, ziemlich schwachem Sonnenschein. Während dieser Aufnahme softete jedoch ein kräftiger Wolkenschleier das wenige vorhandene Licht noch weiter ab. Der geringen Helligkeit entsprechend fielen die Belichtungswerte aus.
Die tonwertreiche Bearbeitung in Schwarzweiß betont die Grafik, lässt die drei Ebenen wie eine wirken und überhöht das Motiv unnatürlichkünstlerisch. Der Anschnitt der Wanne reduziert die dominante Form so weit, dass die Spiegelung im Wasser ausreichend Aufmerksamkeit bekommt. Durch die Platzierung der Wanne nah am Bildrand wird ebenso wie durch die sehr hohen Kontraste eine starke Spannung aufgebaut. Die ausdifferenzierten Grauwerte mildern dies “Dieses Bild hat meiner Mutter doch ab und lassen die Aufnahme edler wirken. tatsächlich mal gefallen, was extrem selten vorkommt - dementsprechend Technik gern habe ich es. Danke!” Bei allen meinen wichtigen Bildern, die es nur in JPEG gibt, ärgere ich mich jedes Mal darüber, wenn ich sie ansehe – selbst wenn es wie hier beispielsweise keinen richtigen, Nachbearbeitung technisch bedingten Grund dafür gibt. Mit RAW hätte ich zwar noch viel Nach der Umwandlung in Graustufen durch mehr Bildinformationen gehabt, für die Veröffentlichung im Internet und den Kanalmixer wurde der Kontrast deutdie Ansicht am Monitor macht das jedoch nicht bei allen Bildern einen lich angehoben und das ganze Bild in einem Unterschied. sehr dunklen, entsättigten Grün gefärbt. In Spätestens aber beim Druck wird die genauere Farb- und Helligkeitsdifferenzierung der einzelnen Pixel zu einer riesigen Reserve an Bildinformationen, die einem eine feinere und genauere Bearbeitung ermöglicht. Deswegen sollte man auch die nebenbei gemachten Fotos technisch wie die echten, großen behandeln, weil man nie weiß, ob dabei nicht – ganz ungeplant – eines der Lieblingsbilder entsteht.
© Georg Banek • April 2007 • ca. 13:00 Uhr • Privatgrundstück, Am Mühlenbach, Buxtehude • Casio Exilim Z-750 mit 35 – 210 mm (KB)/2,8 – 4,8 • 40 mm • Blende 2,8 • 1/160 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
den Mitteltönen wurde dann etwas mehr Gelb zugemischt, was hauptsächlich im Wasser sichtbar wird. Störende Punkte auf der Wasseroberfläche und im Gras wurden anschließend noch retuschiert. Dia-Scan Digitales JPEG Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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out of contact
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Objekte & Situationen
Motiv Aus dem Fenster meiner damaligen Studentenbude sah ich die Katze allein auf dem nahezu leeren Parkplatz sitzen und schnappte mir sofort meine Kamera. Weil ich auch damals eigentlich dauernd fotografierte, hatte ich immer einen Film und Batterien drin, war also jederzeit schussbereit. Kamera holen, Fenster auf, Schiebezoom ausfahren, fokussieren, Bildausschnitt wählen, auslösen – das alles dauerte keine 30 Sekunden. Und das war auch gut so, denn natürlich setzte sich die Katze kurz darauf wieder in Bewegung und die Situation war dahin. Übrigens ist im Original direkt neben den Autoreifen noch ein kleiner Streifen grünes Gras zu sehen. Cora hat mir dieses sehr störende Detail bereits vor Jahren weggestempelt, weil sie das schon damals besser konnte als ich. Das war die erste größere Manipulation an einem meiner Bilder und ich erinnere mich noch gut, dass wir damals tagelang darüber diskutierten, ob wir das mit unserem fotografischen Gewissen vereinbaren können. Mittlerweile sehe ich das etwas lockerer, auch wenn wir Manipulationen am Rechner immer noch extrem selten einsetzen. Bildgestaltung
Licht Das Wetter war trotz Sommer typisch norddeutsch, nämlich etwas wolkenverhangen. Ein Großteil des Himmels war mit dünnen Wolkenschleiern bedeckt, nur vereinzelt blitzte der blaue Himmel durch. Für das Bild war das ein Glück, da hartes Sonnenlicht die feinen Details des Pflasters ruiniert und die Schatten bei Katze und Auto störend verstärkt hätte.
Nur drei Bildelemente sind auf diesem Foto – zum Teil sogar recht klein – zu sehen und dennoch wird es dem Blick des Betrachters nicht langweilig. Die Katze und das Auto allein stehen jeweils in einem spannungsreichen Punkt-Flächen-Kontrast zum Parkplatz. Dass dieser nicht asphaltiert ist oder aus Sand besteht, rettet das Bild. Denn so ist der Untergrund hell genug, dass sich die beiden anderen Bildelemen“Dieses Bild ist einer meiner absolute klar und erkennbar davon abheben. Gleichzeitig weist er aber eine hinreichend abwechslungsreiche Struktur auf, so ten Klassiker. Ein Ausschnitt mit der dass er nicht langweilig und leer wirkt. Die feinen Strukturen kleinen Katze ist auch heute noch füllen die Fläche auf und verbinden gleichzeitig die beiden mein privater Avatar bei Anwendungen Protagonisten miteinander. wie ICQ oder Ähnlichem.” Technik Immer wieder ärgere ich mich bei den Bildern aus meiner Anfangszeit über die technische Qualität meiner ersten Objektive. Die beiden VarioObjektive waren zwar mit jeweils durchgängigen 2,8 für Zooms sehr lichtstark, boten optisch aber das, was ich heute nur noch als „Scherben“ bezeichnen würde – Objektive mit sichtbar schlechter Abbildungsqualität. Ihre mangelnde Schärfe und Auflösung waren dann auch der Auslöser, mich bei der Kaufentscheidung für die nächste Kamera vor allem von der Qualität der Objektive leiten zu lassen.
© Georg Banek • Juni 1996 • ca. 10:30 Uhr • Studentenwohnheim, Mittelfeld, Lüneburg • Ricoh-XR-X • Vivitar Series 1 70 – 210 mm/2,8 – 4 • 170 mm • Blende 8 • 1/250 Sekunde • Farbnegativfilm Kodak Gold 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um das Bild ruhiger zu gestalten, wurde ein kleiner, ausgesprochen dominanter Streifen grünes Gras wegretuschiert. Die Sättigung der Farbe Rot wurde unabhängig vom Rest des Bildes verstärkt, alle anderen wurden hingegen entsättigt. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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5. Kapitel
Symbole & Abstraktes
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Das Symbol ist eine konkrete Form, die stellvertretend für ein abstraktes Gefühl oder für einen komplexen Zusammenhang steht. Bei kaum einem anderen Thema kommt die – im weiten Sinne verstandene – Kultur des Menschen als allumfassende Äußerung seines Lebensstils deutlicher zum Ausdruck als in seinen Symbolen. Denn nicht nur die Bedeutung der Symbole, auch ihre Form und ihr Kontext verraten mehr über die Menschen, die sie verwenden, als man auf den ersten Blick denkt. Als Fotografen erzählen wir mit einem Bild oft einen ganzen Film oder Roman und bedienen uns dabei gern der Symbole als Motiv, weil sie einfach und kompakt ein ganzes Kapitel unserer Geschichte bilden. Wo das Symbol noch einen direkten Bezug zu seinem konkreten Gegenpart in der Realität aufweist, bleibt die abstrakte Fotografie dies schuldig. Mit teilweise schon künstlerischem Anspruch werden Motive so aus dem Kontext gelöst und/oder technisch verfremdet, dass sie zumindest auf den ersten Blick nicht eingeordnet werden können. Manchmal ergibt sich daraus ein Bilderrätsel, das im Betrachter den Wunsch weckt, das ursprüngliche Motiv dahinter zu entschlüsseln. Bei nicht mehr erkennbaren Bildern bleibt hingegen nur noch die hochemotionale Wirkung von Farbe und Form, von Licht und Dunkel, der sich kein Betrachter entziehen kann – unabhängig davon, ob das Bild selbst einem gefällt oder nicht.
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Herzlich willkommen
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Symbole & Abstraktes
Motiv Wenn es darum geht, Ausschau nach Symbolen zu halten und diese in Bildern einzufangen, gehört das Herz sicherlich zu den naheliegendsten. Es ist bekannt, es ist relativ konkret in seiner Bedeutung, ohne so eindimensional wie beispielsweise Verkehrsschilder zu sein. Damit meine ich, dass auf der einen Seite ein Symbol, das unser gesellschaftliches Miteinander regelt, weniger Interpretationsraum bietet, es aber auf der anderen Seite auch Symbole gibt, die erst auf den zweiten oder dritten Blick ihren Bedeutungsgehalt offenbaren. Das Herz ist das Zeichen für Liebe, vielleicht auch für Freundschaft – auf jeden Fall für emotionale Nähe. Es meint eine Verbindung zwischen Menschen und stimmt uns positiv. Es ist in dieser Hinsicht plakativ und einfach zu erkennen, was sicherlich einer der Gründe ist, warum Cora und ich mittlerweile schon eine ganze Reihe an „Herz-Bildern“ zusammengetragen haben. Egal, wo wir gerade mit den Kameras unterwegs sind – einer von uns beiden entdeckt jedes Herz am Wegesrand: ob in eine vereiste Scheibe gekratzt, aus Schnee geformt, in Form eines Graffitis oder auch in einen Baum geschnitzt (siehe Seite 262). Diese herzförmigen Türgriffe laden ein in eine edle Boutique in Mailand. Ich machte das Bild zum einen natürlich wegen des Symbols, zum anderen wegen der raffinierten Spiegelungen, die das Motiv ein kleines bisschen rätselhaft werden lassen.
Licht In einer schmalen Straße fiel die Sonne nicht bis auf den Boden, sondern beleuchtete nur den oberen Teil der hinter mir liegenden Häuserzeile. Das Motiv selbst lag also im Schatten. Und trotzdem ist durch die Spiegelung der gesamte Kontrast zwischen dunklem Vordergrund und den hellen Häusern im Bild zu sehen. Das führte zu sehr hellen Bereichen im oberen Teil.
Bildgestaltung Hier wird das Spiel mit den Ebenen zu einem besonderen Hingucker, denn Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund verschwimmen miteinander. Das, was sich eigentlich hinter mir befindet, ist vor mir zu sehen und kaum von dem Ladeninneren zu unterscheiden. Ganz besonders raffiniert wird es dadurch, dass das Herz selbst nichts reflektiert und so zum eindeutigen, ruhigen Hauptelement im Bild wird. Das Umfeld ist sehr viel unruhiger, wobei die entsättigten Farben ein harmonisches, unaufdringliches Ganzes bilden.
“Jedes Mal, wenn ich dieses Foto sehe, erinnert es mich an ein Bild von M. C. Escher, in dem er drei verschiedene Ebenen ineinanderlaufen lässt - dasselbe passiert hier.”
Technik Das Fotografieren auf der Straße ist für mich untrennbar mit einem Weitwinkelobjektiv verknüpft, weil der große Bildwinkel ohne viel Aufhebens Bildelemente gewichtet und neue Sichtweisen schafft. Wobei es für mich wichtig ist, den Abstand zum Hauptmotiv möglichst klein zu halten, weshalb die Naheinstellgrenze des Objektivs besonders kurz sein muss.
© Georg Banek • Mai 2004 • ca. 16:15 Uhr • Nähe Piazza 25 Aprile, Mailand, Italien • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 5,6 • 1/125 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Die Aufnahme kommt im Grunde genommen so aus der Kamera. Das Dia wurde gescannt und kleinere Unreinheiten retuschiert. Der Kontrast wurde in den Mitteltönen etwas angehoben und den Farben wurde ein kleines bisschen Gelb und Rot zugefügt, um sie wärmer wirken zu lassen. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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white cube
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Symbole & Abstraktes
Motiv Wenn man sich ein abstraktes Foto vorstellen soll, denkt man wahrscheinlich sehr schnell an farbige Flächen oder Bilder, auf denen nichts mehr zu erkennen ist. Doch Abstraktion schließt nicht aus, dass das Motiv verstanden und eingeordnet werden kann. Abstraktion bedeutet vielmehr, dass ein Bild vor allem auf formaler Ebene wirkt und das inhaltliche Motiv weit in den Hintergrund tritt. Natürlich versucht jeder Betrachter eines abstrakten Bildes ganz bewusst oder unbewusst dennoch, das Motiv zu entschlüsseln. Doch für die Wirkung ist die Antwort auf die Frage, was das ist, nicht entscheidend. Dementsprechend ist es eigentlich zweitrangig, dass ich dieses schwarzweiße Arrangement in einem hochwertig eingerichteten Hotelzimmer entdeckt und dort Stunden damit verbrachte habe, das Interieur zu fotografieren. Für diese Aufnahme gefiel mir gerade das Darstellen abstrakter Formen, die ihres Inhalts beraubt werden. Dass die Vase erkennbar bleibt, aber erstmal nur als ovale Form wirkt, macht dabei das Sahnehäubchen des Bildes aus. Bildgestaltung Geometrische Formen und Flächen haben einen hohen Aufmerksamkeitswert und durch ihre Bekanntheit werden sie auch dann vervollständigt, wenn sie nur teilweise zu sehen sind. Durch den größtmöglichen Hell-Dunkel-Kontrast heben sich die beiden schwarzen Rechtecke sowie das schwarze Oval von der großen weißen Fläche ab. Bilder wie dieses, die nicht durch starke Farben eine emotionale Komponente bekommen, können sehr schnell sehr langweilig werden. Hier wird dem durch die feine Tiefenwirkung innerhalb des Schwarz und des Weiß entgegengesteuert: Das schwarze Oval wird irgendwann als Vase erkannt; auf der weißen Fläche findet sich eine horizontale Linie und das weiße Regalbrett wird erkennbar. Plötzlich zeigt sich also mehr Inhalt, welcher der Zweidimensionalität eines solchen Motivs entgegenwirkt.
In der leichten Reflexion auf der Vase und deren Schatten an der Wand wird die Qualität und Richtung des Lichtes sichtbar: Hinter mir befanden sich große Fenster, durch die das Tageslicht ins Zimmer fiel. Ein halbtransparenter Vorhang streute das Licht und minderte den Kontrast. Auch der Abstand zwischen Motiv und Fenster sorgte für weniger Licht und damit weniger Kontrast.
“Ein so minimalistisches, aufgeräumtes Interieur bietet wunderbare Motive - ob man in so einem Umfeld dauerhaft wohnen möchte, ist eine andere Frage. Mir wäre es zu klinisch ...”
Technik Ein so hoher Motivkontrast im Bild wie hier durch das Schwarz und Weiß verlangt nach einem großen Dynamikumfang des Kamerasensors, der diesen vollständig abbilden kann. Denn das Bild würde sehr viel seiner Wirkung einbüßen, wären die Tiefen reines Schwarz und/oder die Lichter nur noch ein zeichnungsfreies Weiß.
© Cora Banek • März 2007 • ca. 12:00 Uhr • Gastwerk Hotel, Hamburg • Canon EOS 5D • Sigma EX 105 mm Makro/2,8 • Blende 2,8 • 1/100 Sekunde • ISO 250 • Tageslicht
Licht
Nachbearbeitung Bei der Entwicklung aus dem RAW war es wichtig, den Kontrast eher zu senken als zu verstärken, um überall im Bild Zeichnung zu haben. Anschließend wurde das Bild lediglich entfleckt und den Tiefen etwas Rot zugefügt, um sie voller wirken zu lassen. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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grün und lodernd
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Symbole & Abstraktes
Motiv Abstrakte Bilder, die so weit gehen, dass das Motiv als solches gar nicht mehr erkennbar ist, wirken sehr stark über Farben. Deswegen wäre dasselbe Bild in Graustufen auch kaum einen Blick geschweige denn ein Auslösen wert gewesen. Doch die Farben geben dieser Aufnahme nicht nur ihre Kraft, sondern helfen dem Betrachter auch, das abstrakte Gebilde inhaltlich einordnen zu können. Denn unsere Erfahrung setzt Grün mit Natur und Pflanzen gleich, während das Grau im Hintergrund uns an Beton, Häuser etc. erinnert. Wir würden also dieses Bild sehr schnell in einen Vorgarten, einen Grünstreifen vor einem Gebäude oder an einen ähnlichen Platz verorten – und haben recht damit: Die Aufnahme ist im Frankfurter Bankenviertel entstanden, direkt vor einem der großen Hochhäuser. Bildgestaltung Das leuchtende Grün mit seinen verschiedenen Abstufungen und die hohe Dynamik der Wischspuren geben dem Bild eine Frische und Lebendigkeit, die viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die Verwischungen sehen aus, als würden sie oben und unten breiter in der Mitte des Bildes zusammenlaufen, was den Blick immer wieder in die Bildmitte zurückbringt. Darüber hinaus bietet das Bild genügend kleinere Details im Hintergrund und innerhalb der Grünfläche, dass das Auge immer mal wieder hin- und herwandert – und nicht sofort über das Bild hinweggeht. Denn die Gefahr besteht bei solchen technischen Spielereien sehr schnell. Technik
Licht Für solche Bilder ist strahlender Sonnenschein oder sogar grelles Gegenlicht ideal. Es bringt Transparentes zum Leuchten und erhöht den Kontrast, was sich auf die Dynamik und die Erkennbarkeit des Motivs positiv auswirkt.
“Wählen Sie die Richtung der Wischbewegung passend zu einer im Motiv vorhandenen dominanten Linie. Dann bleibt diese sichtbar und gibt der Aufnahme Struktur.”
Bilder dieser Art, für die ich eine lange Belichtungszeit wähle und bei denen ich die Kamera während des Auslösens bewege, gehören mittlerweile zu meinem Standardrepertoire. Ich mag es sehr, diese Technik immer wieder, bei den unterschiedlichsten Motiven anzuwenden und sie zu perfektionieren. Nach vielen, vielen Aufnahmen für den Müll haben sich folgende Tipps herauskristallisiert: eine Verschlusszeit von 1/15 bis 1/30 Sekunde, eine kurze, ruckartige Bewegung aus dem Handgelenk, die schon vor dem Auslösen beginnt und auch nach Zuklappen des Verschlusses noch etwas fortgeführt wird. Wichtig ist eine – abgesehen von der Bewegung – ruhige Hand, denn ein Verwackeln der Kamera in verschiedene Richtungen wirkt nicht mehr gewollt. Wer diese ruhige Hand nicht hat, kann auf ein Stativ ausweichen, auf dem die Kamera in alle Richtungen bis auf eine fixiert werden kann.
© Georg Banek • Juli 2010 • ca. 14:45 Uhr • Bockenheimer Landstraße, Frankfurt • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 16 • 1/20 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Der Kontrast und die Farbsättigung wurden hier, um noch deutlich mehr Leuchtkraft zu erhalten, sehr stark angehoben. Darüber hinaus mussten im Vordergrund zwei kleine weiße Reflexionen retuschiert und der Ausschnitt von der linken Seite her leicht optimiert werden. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Kreuzweg
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Symbole & Abstraktes
Motiv In meinen Studentenjahren habe ich mir oft ein Tramper-Monats-Ticket gekauft und bin damit quer durch ganz Deutschland gereist. Während einer dieser Touren habe ich Deutschland verlassen und mir neben Wien auch Prag und Budapest angesehen. Noch lag die Öffnung der Grenzen nicht allzu weit zurück und diese beiden Städte berauschten mich mit ihrem Charme aus anderswo längst vergangenen Zeiten. Von einem erhöhten Weg in der Prager Burg sah ich herunter auf diese Kreuzung zweier Gartenwege. Die Symbolik des Kreuzes, der Kreuzung als Scheide-, Entscheidungs- und Trennungspunkt sprang mir sofort ins Auge und keine Minute später hatte ich schon die richtigen „Zutaten“, um diesen Punkt mit Leben zu erfüllen: Es musste ein Pärchen sein, da ein einzelner Mensch sich nicht trennen kann. Ich wartete genau den Zeitpunkt ab, an dem es sich an einer Stelle befand, wo ein Abschied der beiden an dieser Kreuzung noch möglich erscheint. Auf diese Weise erhält das Bild eine tragische Dramatik als zweite symbolische Ebene. Bildgestaltung
Licht Sehr hell, aber diffus durch eine dichte Wolkendecke gestreut floss das Licht fast vollständig schattenlos durch das ganze Bild. Solche Lichtsituationen sind grandios für grafische Bilder, da man sich als Fotograf um Belichtung, Details und Zeichnung keinerlei Sorgen machen muss. Für kräftige Farbbilder oder dramatische Szenerien taugt solches Licht jedoch kaum.
Das Kreuz beherrscht das Bild sehr, aber eben nicht zu stark. Das ist den vielen kleinen Besonderheiten geschuldet, die von dem Kreuz ablenken und es weniger dominant machen: Die leichte Schräge ist kaum wahrnehmbar und bringt doch Leben ins Bild. Die beiden hellen Parkbänke ziehen den Blick aus der Bildmitte, jedoch nicht aus dem Bild. Auch die Baumkrone auf der rechten Seite und die zufällige Abschat“Ich frage mich immer wieder, ob das tung des oberen Weges verhindern, dass der Blick aus dem Bild kippt. Nicht zuletzt lockern Büsche, Bäume, Blätter, der Bild nicht zu plakativ und zu einfach Mülleimer und das Pärchen die jeweiligen Flächen dezent gestrickt ist. Aber weil hier - wohl auf, durchbrechen die Grafik des Bildes und verleihen dem auch durch Zufall - einfach alles Ganzen so eine Plastizität. stimmt, überzeugt es mich dennoch jedes Mal erneut.” Technik Es lag nahe, diese Städte mit echten Schwarzweißfilmen zu fotografieren und so diesem Charme ein technisch passendes Äquivalent zu geben. Man kann sagen, was man will, aber der handgefertigte Dunkelkammerabzug eines Schwarzweißfilms vermittelt auch heute noch ein so anderes Gefühl, als es jemals der Ausdruck einer digitalen Datei auszulösen vermag. Um in schwarzweiß zu fotografieren, muss man als Fotograf auch ohne Farbe sehen und denken können. Ich hatte damals tatsächlich noch einen sehr großen Schwarzweißfernseher, mit dem ich meine Augen diesbezüglich trefflich schulte.
© Georg Banek • Juli 1996 • ca. 16:30 Uhr • Prager Burg, Prag • Contax RTS I • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 8 • 1/250 Sekunde • SW-Negativfilm T-Max 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um die unverfälschte Optik des analogen Materials nicht zu verändern, erfolgte keine Bearbeitung bis auf eine dezente Tonung, durch die der Druck besser wirkt. Der Scan vom Negativ wurde aber auch schon entsprechend aufwändig mit abgestimmten Tonwerten und Kontrasten durchgeführt. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Venice
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Symbole & Abstraktes
Motiv Es gibt Fotografen, die schwören auf dieses kleine Objektiv, mit dem man sofort eine ganze Menge mehr Kreativität gepachtet hat – das Lensbaby. Der besondere Clou dieser Linse ist die frei im Raum verschwenkbare Schärfeebene, die normalerweise parallel zur Filmebene liegt. Wobei hier im Gegensatz zu Objektiven mit Tilt-Funktion (eine präzisere Möglichkeit, die Schärfeebene zu verschwenken) die Schärfe nicht gerade, sondern sternförmig von einem Punkt aus verläuft, der wiederum frei gesetzt werden kann. Die Folge sind unscharfe Linien, die ein bisschen an einen radialen Weichzeichner erinnern. Kaum hatten wir die kleine Linse, haben wir uns erstmal richtig damit ausgetobt – bei einem Kurztrip an den Ammersee hatte ich nur diese Linse dabei, um dieses so ganz andere Sehen zu trainieren. Bildgestaltung Obwohl das Motiv erkennbar bleibt, bekommt die Aufnahme durch die Unschärfespuren eine verfremdete, beinahe schon abstrakte Note. Dass der scharfe Punkt und mit ihm die rechte Laterne ganz nah am Bildrand liegt, gibt dem Bild eine enorme Spannung; die zweite Laterne, die ebenfalls den Rand beinahe berührt, erhöht diese Spannung noch. Der Helligkeitsabfall nach unten gibt dem Bild Dreidimensionalität, welche die durch den Schärfeverlauf verursachte Tiefenwirkung verstärkt – vor allem in ihrem Eindruck, welche Elemente näher am Betrachter und welche entfernter wirken. Die Farben Blau und Gelb bilden einen KaltWarm-Kontrast, was sie jeweils intensiviert – und damit auch die emotionale Kraft des gesamten Bildes. Technik Lensbabys haben eine feste Brennweite und ihr Balgen ist frei arretierbar – entweder in Form einer Ziehharmonika (Muse, Control Freak) oder über ein Kugelgelenk (Composer). Ich verwendete hier einen Composer, der nicht fixiert wird, sondern von allein im gewählten Winkel bleibt und damit ein noch flexibleres Arbeiten ermöglicht.
Licht Die Sonne war gerade am gegenüberliegenden Seeufer untergegangen und kurz bevor die Dunkelheit einsetzte, wurde alles in das Licht der „Blauen Stunde“ getaucht. Zu dieser Zeit färbt sich alles in ein kühles, diffuses Blau und bekommt eine leicht geisterhafte Anmutung. Ich liebe dieses Licht, es ist zwar nicht besonders hell, aber dafür ausgesprochen fotogen.
“Ich kann dieses Bild nicht ansehen, ohne an Venedig zu denken - auch wenn der Platz an dem es in Wahrheit entstanden ist, so ganz anders war. Zum Glück sind den Assoziationen ja keine Grenzen gesetzt! :)”
Der Fokus selbst lässt sich durch Drehen des Objektivrings festlegen und die Blende wird durch kleine Scheiben mit unterschiedlich großen Löchern gewählt, die in das Objektiv gelegt werden. Hier wählte ich wegen der abnehmenden Helligkeit eine recht große Öffnung, die einer Blende von 2,8 entspricht. Dadurch war der Sweet Spot, der tatsächlich scharfe Punkt im Bild, sehr klein und nicht ganz einfach zu positionieren.
© Georg Banek • September 2009 • ca. 19:30 Uhr • Stegen am Ammersee • Canon EOS 5D • Lensbaby Composer 50 mm/2,8 • Blende 2,8 • 1/250 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht
Nachbearbeitung Nach der etwas kontrastreicheren Entwicklung aus dem RAW wurde die Aufnahme nicht weiter nachbearbeitet. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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red lines behind
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Symbole & Abstraktes
Motiv Die Krux an der Fotografie ist, eine dreidimensionale Wirklichkeit auf zwei Dimensionen zu reduzieren – in den meisten Fällen mit dem Ziel, die räumliche Wirkung zu erhalten. Dafür bedient sich der Fotograf verschiedener gestalterischer Mittel beziehunsgweise wendet der Betrachter beim Lesen eines Bildes gelernte Wahrnehmungsmuster an. So weiß er, dass sich überlappende Gegenstände nicht abgeschnitten sind, sondern in Wahrheit hintereinander liegen oder dass entfernte Dinge trotz gleicher Größe kleiner erscheinen und nicht tatsächlich kleiner sind – um mal zwei plakative Beispiele zu nennen. In der abstrakten Fotografie verzichtet man auf das Vorhaben, eine Aufnahme räumlich erscheinen zu lassen, sondern setzt sich stattdessen das Ziel, genau das nicht zu tun. Wer das Einkaufszentrum MyZeil in Frankfurt kennt, weiß, wie dreidimensional es dort zugeht: Wohin man auch sieht, erkennt man jederzeit unzählige Ebenen übereinander. Es ist eine Kunst, diese wirkungsvoll einzufangen. Mit dieser Aufnahme hier mache ich es dem Betrachter beinahe unmöglich zu erkennen, was sich in Wahrheit wie weit voneinander entfernt befindet. Damit Sie einen Eindruck bekommen, wie viel Räumlichkeit hier sehr flächig abgebildet wurde, verrate ich es Ihnen: Die Kamera befand sich im Erdgeschoss, die roten Linien schmücken die Wand hoch über der Decke des vierten Obergeschosses.
Licht Die Beleuchtung vor Ort setzt sich aus unzähligen verschiedenen Kunstlichtquellen zusammen und wird noch ergänzt durch Tageslicht, das durch das gigantische Glasdach fällt. Dieses Mischlicht führt zu den unterschiedlichen Farben im Bild – das leichte Gelb der hellen Flächen, die kühle Färbung des Geländers. Die roten Linien sind sogar farbige Neonröhren.
Bildgestaltung Die verschiedenen Ebenen des Gebäudes werden zu geraden Flächen und geometrischen Formen zusammengeschoben. Durch ihre schräge Anordnung im Bild wirkt dieses sehr dynamisch. Und durch die relativ vielen Details des Geländers und durch die Spiegelung der Linien bietet es einiges fürs Auge. Dass es nicht unruhig wirkt, liegt an den großen hellen Flächen und an der parallelen Ausrichtung jeder Linie zu mindestens einer anderen. Den Eyecatcher bildet die rote Farbe, ohne die das Bild nicht funktionieren würde.
“Als wir zum Fotografieren das Gebäude betraten, sah ich nach oben, hob die Kamera und löste einmal aus. Da war diese Aufnahme schon gleich als Erstes im Kasten. Sowas mag ich. :)”
Technik Bei Aufnahmen, die flächig erscheinen sollen, darf man die räumliche Wirkung eines Schärfe-Unschärfe-Verlaufs nicht unterschätzen. Aus diesem Grund fokussierte ich hier auf ein weiter entferntes Objekt, auf das Geländer. Dadurch wurde die Schärfentiefe erhöht und auch die schwarzen Linien davor sowie der rote Bereich dahinter erscheinen scharf.
© Cora Banek • April 2009 • ca. 10:00 Uhr • Einkaufszentrum MyZeil, Frankfurt • Canon EOS 5D • Sigma EX 105 mm Makro/2,8 • Blende 5,6 • 1/30 Sekunde • ISO 160 • Kunstlicht und Tageslicht
Nachbearbeitung Die Aufnahme brauchte im Grunde kaum Nachbearbeitung. Kleine Flecken auf dem Weiß wurden retuschiert, der Kontrast etwas verstärkt und von oben wurde der Ausschnitt etwas enger gewählt, um die Ecke leicht anzuschneiden. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Schlosskirche
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Symbole & Abstraktes
Motiv Auf dem Weg zu unserer Unterkunft kamen wir zufällig an dieser kleinen Kirche vorbei, die einsam auf einem Hügel neben der Straße stand. Wir hielten an und gingen zu Fuß die Zufahrtsstraße hinauf, als mir auf halber Strecke die Kette mit dem Schloss auffiel. Ihrer Aufgabe, die Straße abzusperren, wurde sie offensichtlich nicht gerecht. Und trotzdem gefiel mir der Gedanke, die symbolische Bedeutung eines Schlosses als Hürde, als ohne Schlüssel unüberwindbare Hürde, als Rätsel, als Geheimnis in Beziehung zu der verlassenen Kirche zu setzen. Bildgestaltung Die beiden Elemente im Bild können es optisch problemlos miteinander aufnehmen: Die Kirche ist groß, hell und unscharf, das Schloss wesentlich kleiner und dunkler, dafür aber scharf fokussiert. Der Blick des Betrachters wandert also immer wieder zwischen diesen beiden Punkten hin und her. Eine leichte Gewichtung findet dennoch zugunsten des Schlosses statt, denn während die Kirche harmonisch im Goldenen Schnitt sitzt, platzierte ich dieses spannungsreich nah am unteren Bildrand. Auch die Fokussierung erhebt das Schloss zum Haupt- und degradiert die Kirche zum Nebenelement. Die Farbgebung ist sehr harmonisch, den einzigen „Farbklecks“ bildet die Tür der Kirche, die dadurch zum Eyecatcher wird und auch inhaltlich mehr Gewicht bekommt. Als wäre diese Tür auch verschlossen, als stünde das Vorhängeschloss im Vordergrund für diese Tür – oder so ähnlich, Interpretationen sind in diverse Richtungen denkbar.
Licht Da die Wolken, die sich immer mal wieder vor die Sonne schoben, sehr dünn waren, entstanden zwar sichtbare, aber nicht störende Schatten. Denn ihre Konturen sind nicht hart, sondern laufen weich aus.
“Ich fotografiere gern schnell, intuitiv und aus der Hüfte. Doch immer mal wieder stelle ich fest, wie sehr es sich lohnen kann, ein Bild ganz ruhig, ohne Hast und Druck zu gestalten.”
Technik Für manche Bilder lohnt es sich, sich in den Dreck zu werfen – was ich trotzdem selten tue, es ist schade um die Kleidung. Doch hier lag ich tatsächlich mal bäuchlings auf dem Weg, die Kamera nur knapp über dem Boden. Für die Fokussierung wählte ich das untere Autofokus-Messfeld und mithilfe der Abblendtaste überprüfte ich die Schärfentiefe im Bild. Ich wollte, dass die Kirche im Hintergrund eindeutig unscharf, aber noch gut erkennbar ist, weil nur so eine gewichtende Beziehung zwischen den beiden Bildelementen möglich wird. Für ein scharf durchgezeichnetes Schloss und wegen der großen Entfernung zur Kirche schloss ich die Blende auf den Wert 10 – eigentlich ungewöhnlich viel Schärfentiefe für meine Verhältnisse.
© Cora Banek • September 2007 • ca. 19:45 Uhr • Centra General de Las Castellanas (LP-1), Nähe Jedey • Canon EOS 5D • Sigma EX 105 mm Makro/2,8 • Blende 10 • 1/125 Sekunde • ISO 500 • Tageslicht
Nachbearbeitung Die beiden Bildebenen dunkler Vordergrund und heller Hintergrund bearbeitete ich separat voneinander, um den größtmöglichen Tonwertumfang zu erhalten. Kleine störende Flecken auf dem Asphalt wurden retuschiert und den Farben etwas Rot und Gelb in den Mitteltönen und Tiefen beigemischt, um sie wärmer und heimeliger wirken zu lassen. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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unerreichbar
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Symbole & Abstraktes
Motiv Bei einem Spaziergang geriet ich an diesen malerisch zerbeulten und zerrissenen Geflechtzaun, der mit Stacheldraht durchzogen war. Sofort waren die Assoziationen Einsperren, Freiheit und Ausbrechen in meinem Kopf. Eine einzelne kleine Wolke am Himmel lieferte mir das passende Symbol für die Freiheit, die einem durch den Zaun genommen wird. Also setzte ich mich auf den Boden und verrenkte mich extrem, um die Wolke genau hinter dem Loch zu platzieren. Eigentlich sollte das bereits alles sein, als plötzlich eine Biene heranflog und sich kurz im Zaun verfing. Das passte so gut zu meiner Idee, dass ich schnell abdrückte – kurz darauf war die Biene schon wieder weg. Dafür hatte ich ein weiteres Element im Bild, das seine Symbolik unterstützte. Bildgestaltung Der Zaun zieht sich über das ganze Bild und umfängt dadurch auch den Betrachter, hält ihn mitten im Geschehen und gibt ihm keinen Ausweg. Dementsprechend stark fällt die beklemmende Wirkung aus. Das unregelmäßige und kleinteilige Muster des kaputten Geflechts schafft Abwechslung und lässt die Silhouette nicht langweilig erscheinen. Auch die einfarbige Himmelsfläche wird dadurch aufgelockert. Technik
Licht Bei der Lichtrichtung hatte ich einfach nur unglaubliches Glück. Denn da es nur eine Wolke gab und dieses Stück Zaun das spannendste gewesen ist, war meine Blickrichtung ohne Einflussmöglichkeit vorgegeben. Wäre die Sonne aus dieser Perspektive noch weiter von vorne gekommen, hätte das zu einem weiß ausgefressenen Himmel geführt und das Bild hätte einen Großteil seiner emotionalen Spannung verloren.
Die wirklich ungewöhnlichen Bilder müssen im Kopf des Fotografen entstehen und nicht vor seinen Augen. Denn viele aufregende Motive können Sie aus Ihrer normalen Perspektive gar nicht sehen, weil sie erst aus einer anderen besonders werden. Hier war der Zaun beispielsweise nur hüfthoch und aus meiner (Auf-)Sicht gab es “Die Löcher fand ich besonders inkeine Verbindung zwischen Zaun und Himmel, denn hinter spirierend, weil sie dem eigentlichen ihm lag eine Wiese. Zweck eines Zauns, jemanden oder Doch ich stellte eine gedankliche Verbindung zwischen etwas auszusperren, entgegenliefen.” diesen beiden Bildelementen her und fing dann erst an, nach einem passenden Standort für eine entsprechende Perspektive zu suchen. Für neue Blickwinkel müssen Sie also lernen, das fertige Bild oder zumindest das Thema oder die Aussage des Fotos zuerst inhaltlich im Kopf zu gestalten. Dann erst gehen Sie mit Ihren Augen auf die Suche nach dem dazu passenden Bildausschnitt. Um diese Fähigkeit zu üben, stellen Sie sich ohne Kamera vor ein Motiv und versuchen Sie sich das Bild aus einer anderen Perspektive vorzustellen, ohne Ihren Standort zu verändern. Gehen Sie anschließend hin und überprüfen die tatsächliche Perspektive.
© Georg Banek • August 1996 • ca. 14:30 Uhr • Naturschutzgebiet Wilschenbruch, Lüneburg • Ricoh-XR-X • Vivitar Series 1 28 – 105 mm/2,8 • 50 mm • Blende 11 • 1/125 Sekunde • Farbnegativfilm Kodak Gold 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Im Grunde erfolgte hier keine Bearbeitung, nachdem das Negativ gescannt worden war, denn das Entfernen von zwei dunklen Punkten ist ja beinahe schon so wenig Retusche, dass man sie hier vernachlässigen kann. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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neben der Spur
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Symbole & Abstraktes
Motiv Es gibt Orte, die haben eine grafische Wirkung geradezu eingebaut. Dazu gehören natürlich insbesondere künstlich angelegte Gärten, die vom Menschen ja genau wegen der spannenden Kombination aus urwüchsigorganischen Pflanzen und künstlich-geometrischem Muster so entworfen werden. Dort kommt es nur auf den richtigen Bildausschnitt an, um zu einem abstrakten Bild zu kommen. Allerdings sollten Sie nicht einfach die vorgegebenen Muster abfotografieren, suchen Sie sich lieber Ausschnitte, die eine eigene, neue Form ergeben. Hier wurden zwei eigene Figuren jeweils nur zum Teil gezeigt und zu einem neuen Ganzen kombiniert. Denn sowohl die Treppe hätte zu einem eigenständigen grafischen Bild werden können als auch die mit kleinen Bäumchen eingefasste Rasenfläche. Bildgestaltung Der Blick des Betrachters springt und läuft auf dem Bild hin und her, von den Spuren im Sand zu den Bäumchen, die Treppe rauf und wieder runter, der geschwungenen Doppellinie eines Kinderwagens hinterher, die urplötzlich aufhört und wieder zurück zum Schatten der Mauer. Dennoch bleibt er dauerhaft im Bild, an keiner Stelle springt er raus. Der Betrachter sucht nach einem Ruhepunkt für seine Augen, die ihm ausreichend Bildinformationen bietet, ohne einen solchen Punkt zu finden. Gerade diese rastlose Suche irritiert und verbreitet ein leichtes Unwohlsein, eine Unruhe und eine Wachsamkeit. Das unemotionale Schwarzweiß mit der leblos-kühlen Cyan-Tonung verstärkt dieses faszinierend gefährliche und getriebene Gefühl nur noch, ebenso das angedeutete auf der Spitze stehende Dreieck und das Hochformat. Nur die klaren Linien schaffen eine aufgeräumte Grafik, in der sich nichts Böses verstecken kann, und bewirken so einen formalen Kontrast, der eine fast unerklärliche Faszination verleiht.
Licht Die Schatten zeigen die Lichtrichtung klar an. Im Gegenlicht werfen die Spuren im Sand kleine Schatten, die dem Bild eine stark dreidimensionale Wirkung verleihen. So wird die große Fläche aufgelockert und ein eigenes Bildelement entsteht. Im Mitlicht oder bei dicht bewölktem Himmel hätte das Motiv nicht als Bild funktioniert.
“Gemeinsam schaffen die Bildelemente etwas, das ganz vage an eine Teufelsfratze erinnert, wobei das Gesicht fehlt. Dafür erzählen die Spuren im Sand rätselhafte Geschichten.” Nachbearbeitung
Technik Wenn Sie mit starken Weitwinkelobjektiven von oben auf etwas herunter fotografieren, geraten oft die Füße mit ins Bild, wenn man die Kamera einfach nur nach unten kippt. Kippen Sie dann nicht einfach nur die Kamera wieder zurück, bis die Füße verschwinden, denn dann erhalten Sie eben nicht den gewünschten Bildausschnitt. Treten Sie lieber einen Schritt zurück, beugen Sie den Oberkörper nach vorne und halten Sie die Kamera möglichst weit vor den Körper.
© Georg Banek • März 2005 • ca. 12:15 Uhr • Park Sanssouci, Potsdam • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 5,6 • 1/125 Sekunde • SW-Negativfilm T400CN • ISO 400 gepullt auf 100 • Tageslicht
Bei einer so unruhigen Fläche lohnt es sich, sehr kontrastreiche Punkte – insbesondere nah am Bildrand – zu retuschieren. Darüber hinaus wurde der Kontrast erhöht, indem die Tiefen im Sand gezielt nachbelichtet wurden und die Lichter abgewedelt. Eine Tonung in einem dunklen Grün und Cyan rundete die Bearbeitung ab. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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where peaceful waters flow
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Symbole & Abstraktes
Motiv Abstrakte Bilder sind Rätselbilder. Ihre Inhalte sollen sich nicht auf den ersten Blick und manchmal sogar gar nicht erschließen. Es gehört dazu, dass der Betrachter einen Moment braucht, um zu erkennen, worum es sich handelt. Passende Motive finden sich im Grunde überall, aber oft ebenfalls erst auf den zweiten Blick. Ganz besonders da, wo man im Eifer des Gefechts schnell an dem vielleicht interessanteren Bild vorbeisieht, weil sich ein anderes geradezu aufdrängt – so zum Beispiel bei diesem Bild eines kleinen Bootes in Irland: Das Boot zu fotografieren liegt ziemlich nahe; seine Spiegelung auf der bewegungslosen Wasseroberfläche zu entdecken, erfordert hingegen ein Auge, das fern des Mainstreams sehen kann und auch sehen will. Bildgestaltung Die Aufnahme lebt in erster Linie von ihrer – beinahe hundertprozentig exakten – Symmetrie. So gleichmäßige Strukturen faszinieren uns nämlich von Grund auf und haben deshalb einen hohen Aufmerksamkeitswert, der aber nur von sehr kurzer Dauer ist. Das heißt, dem Betrachter muss über die Symmetrie hinaus etwas geboten werden, das ihn fesselt.
Licht Wegen der relativ geringen Helligkeit („Blaue Stunde“) nutzte ich die mittenbetonte Integralmessung zur Ermittlung des vorhandenen Lichtes. Doch ein Blick auf das Histogramm meiner Kamera ließ mich die Werte leicht nach oben korrigieren, da die Zeichnung in der dunklen Spieglung auf keinen Fall verloren gehen durfte.
Hier sind das neben dem rätselhaften Motiv auf formaler Ebene die interessanten Formen und Linien sowie der schöne Helligkeitsverlauf. Die mehrfache Wiederholung der V-förmig zusammenlaufenden Linien weisen in Richtung Spitze. Die Blickführung verläuft also sehr stark von oben nach unten. Und das Bild bekommt durch die “Der besondere Reiz dieses Bildes Betonung der Spitze eine bedrohliche und instabile Wirkliegt für mich in den kleinen Unebene, die durch die Schatten und den Helligkeitsabfall nach exaktheiten, darin, dass es eben nicht unten noch unterstrichen wird. genau symmetrisch ist. Wäre das der Die dunkle Basis hält das Auge im Bild und das Blau der beiden Fender fungiert als wichtiger Eyecatcher, der den Fall, so wäre es für meinen Geschmack Blick immer wieder zurück nach oben zieht. wahrscheinlich zu langweilig.” Technik Kurz vor Einbruch der Dunkelheit war ich froh, ein so lichtstarkes Objektiv dabei gehabt zu haben, denn so konnte ich es um eine Blendenstufe abblenden, ohne dass die sich daraus ergebende Belichtungszeit viel zu lang wurde. Ein Objektiv ein bis zwei Blendenstufen abzublenden, erhöht immer dessen optische Qualität, weshalb ich mir das, wenn es irgendwie geht, zur Gewohnheit gemacht habe. Und aus demselben Grund können meine Objektive nicht lichtstark genug sein.
© Georg Banek • Oktober 2006 • ca. 19:45 Uhr • Shannon-River nördlich von Carrick-on-Shannon, Irland • Canon EOS 5D • Canon EF 50 mm/1,8 • Blende 2,8 • 1/80 Sekunde • ISO 200 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um die Symmetrie noch stärker in den Vordergrund zu stellen, wurde das Bild oben und an den Seiten beschnitten. Eine Kontrastverstärkung und ein Aufhellen der dunklen Spiegelung optimierte die Tonwerte. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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A liebt F
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Symbole & Abstraktes
Motiv Ein verliebtes Pärchen schnitzt die eigenen Initialen, umschlossen von einem Herz, in die Rinde eines Baumes. Dieses Zeichen wird für die beiden ein Symbol ihrer Liebe, das in der Rinde Jahrzehnte überleben wird – vielleicht sogar sie selbst. Gleichzeitig ist es auch ein Symbol für jeden, der diese Schnitzerei entdeckt: Der fragt sich sofort, wer die beiden wohl waren? Wann sie ihr Zeichen hinterlassen haben? Ob sie sich heute noch lieben? Was aus ihnen geworden ist? Dieses Herz mit Initialen steht für eine Liebeskultur, die so gut wie jeder kennt – meist aus jungen Jahren, in denen man dem ersten Freund/ der ersten Freundin ewige Liebe und Treue schwört. In denen man die Liebe geheim halten und gleichzeitig jedem davon erzählen will. Die Welt soll es erfahren! Das aber nicht zu offensichtlich ... Bei einem Spaziergang auf den Kalkberg in Lüneburg entdeckte ich dieses Herz, das einst „A“ und „F“ für sich selbst und jeden sichtbar dort hinterlassen haben. Geheimnisumwittert und gleichzeitig plakativ sprang mir dieses schöne Symbol ins Auge. Bildgestaltung
Licht Der Frühling hatte noch nicht begonnen, die Bäume waren noch frei von knospenden Blättern und die Sonne stand tief. Sie wurde hier durch eine dünne Wolkenschicht gestreut. So blieben einerseits auch die feinen Details der Rinde sichtbar und andererseits war der Kontrast hoch genug, um die dünneren Äste mit dem Himmel verschmelzen zu lassen.
Als dieses Herz entstand, glaubten zwei Menschen an ihre grenzenlose, nie endende, alles überdauernde Liebe – deshalb war es mir wichtig, in diesem Bild den Baum (als Symbol für natürliche Kraft und Stärke) mit einzubeziehen und durch die gewählte Perspektive seine Größe zu zeigen. Er ragt in den Himmel und seine Zweige verschwimmen regelrecht mit dem Licht im Hintergrund. “Diese Aufnahme zählte lange zu Die Position des Herzens ist vertikal im Goldenen Schnitt meinen absoluten Lieblingsbildern, es und horizontal leicht nach rechts verschoben. Das gibt der hing bei mir an der Wand und wurde Aufnahme einerseits Ruhe und andererseits auch eine leichmehrfach veröffentlicht. Dadurch habe te, sehr subtil wirkende Spannung. ich mich leider irgendwann satt geseDadurch, dass das Hauptmotiv durch die Schärfeverteihen. Wenn das passiert: Einfach mal lung alle Blicke auf sich zieht, dabei aber rechts positioniert wird, bleibt das über das Bild wandernde Auge unweigerlich ein bisschen Zeit vergehen lassen und immer wieder dort hängen. plötzlich mag man es wieder. :)” Technik Damals, ganz zu Anfang meiner Fotografie, hatte ich mit Technik noch nicht viel am Hut, das muss ich offen gestehen. Ich wählte zwar die Blende grundsätzlich manuell, überließ den Rest aber der Halbautomatik meiner Kamera. Denn dass ich bei der Vollautomatik gar nicht mitentscheide, wie das Bild gestaltet wird, war mir von Anfang an bewusst.
© Cora Banek • März 2004 • ca. 14:15 Uhr • Naturschutzgebiet Kalkberg, Lüneburg • Canon EOS 300 • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 2,8 • 1/250 Sekunde • SW-Negativfilm Kodak T400CN • ISO 400 • Tageslicht
Nachbearbeitung Das Bild wurde in einem warmen Braunton gefärbt und der Kontrast verstärkt. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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sicher verpackt
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Symbole & Abstraktes
Motiv Bei abstrakten Fotos gibt es Bilder, bei denen ein Betrachter aus dem Gezeigten nicht erkennen kann, was da konkret abgebildet ist. Sie sind im engen Sinne abstrakt: Durch Ausschnitt, Kameratechnik oder Nachbearbeitung bleiben lediglich Strukturen, Farben oder Linien und Flächen übrig. Wenn man den Abstraktionsbegriff jedoch weiter fasst, fallen auch Bilder unter dieses Genre, bei denen die einzelnen Bildelemente verständlich und erkennbar, sie gemeinsam aber nicht einzuordnen sind und keinen übergeordneten Sinn ergeben. Gerade diese Bezugs-losigkeit innerhalb des Motivs lässt die Elemente unverbunden nebeneinanderstehen und reduziert sie auf ihre Form, ihre Farbe, die Flächen und Linien. Und damit erfährt das Bild eine inhaltliche Abstraktion, eine Loslösung des Sinns und eine Reduktion auf seine Form. Entstanden ist dieses Bild in einer Toreinfahrt in der Lüneburger Altstadt. Das Grundstück erhielt gerade einen neuen Zaun, wobei die Pfeiler frisch gemauert waren. Warum sie mit einer Plastikplane umwickelt waren, war aus der Situation nicht erkennbar, aber ein Stück frischer Mauer lugte keck hervor. Bildgestaltung
Licht Sonnenlicht in der Stadt ergibt immer wieder ein lebendiges Muster, denn Bäume, Dächer und Spiegelungen auf Fenstern verteilen das Licht und die Schatten zu einem spannend-abwechslungsreichen Potpourri. So auch bei diesem Bild: Der Sonnenschein fällt nur auf vereinzelte Teile des Bildes und bringt dadurch eine sehr starke Dynamik und Lebendigkeit ins Spiel.
Das stärkste Element des Bildes ist der farbliche Gegensatz zwischen den beiden Hauptelementen: Rot und Blau, warm und kalt. Da sich das Ganze in einem ansonsten eher farblosen Umfeld abspielt, fallen die Farben umso stärker auf. Das Bild ist in viele kleine Flächen aufgeteilt, die wie unverbunden aneinandergrenzen und auch die “Ich sehe solche Motive immer wieder Linien bilden kein übergeordnetes Muster. Einzig die Kante der Plane formt eine geschwungen ansteigende Linie. und überall, egal wo ich gehe. Ich mag das Spiel mit der Bildgestaltung, auch wenn das Motiv nicht immer für jeden Technik sinnvoll und erkennbar ist.” Bei solchen Situationen kommt es darauf an, genau den richtigen Moment der Bewegung zu erwischen, denn etwas davor oder danach wäre die Beinstellung nicht mehr optimal und würde das Bild vollständig zerstören. Eine Alternative wäre, mit der Serienbildfunktion im Dauerfeuer auszulösen und nachher einfach das beste Bild auszuwählen. Ich plädiere aber dafür, den perfekten Moment kommen zu sehen. Aus dem Augenwinkel sah ich eine junge Frau in Blue Jeans mit einer Aldi-Plastiktüte und wartete mit dem Auge am Sucher und dem Finger auf dem Auslöser einfach nur ab. Da ich mir schon vorher das fertige Ergebnis visualisiert hatte, war ich genau auf den richtigen Augenblick vorbereitet.
© Georg Banek • März 2004 • ca. 10:45 Uhr • Auf der Altstadt, Lüneburg • Contax RTS III • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 4 • 1/125 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Je stärker ein solches Bild bearbeitet wird, desto weniger echt und authentisch wirkt es – und desto leichter fällt der Gedanke an eine künstliche Manipulation. Also beschränkte sich hier alles auf ein bisschen mehr Kontrast. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Sollbruchstelle
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Symbole & Abstraktes
Motiv Mein erstes Usertreffen einer Online-Fotocommunity fand 2002 am Hamburger Hafen statt. Eine kleine Truppe Fotografen traf sich am Baumwall und ging von dort Richtung Speicherstadt. Direkt hinter der Niederbaumbrücke stand zwar schon das Hanseatic Trade Center, aber ein paar Schritte weiter fing eine einzige große Baustelle an. Begeistert verlor ich mich in den vielen, vielen Details und bemerkte gar nicht, dass ich schon lange alleine war. Als ich endlich zur alten Speicherstadt kam – die ich nebenbei bemerkt für fotografisch eher langweilig halte –, warteten dort schon alle und fragten mich, was es dort denn zu fotografieren gab. Es stellte sich nämlich heraus, dass alle an dem für mich interessanten Baustellenbereich vorbei und direkt zur Speicherstadt gegangen waren, um dort die Standardbilder zu machen. Ich sagte, sie sollten in ein paar Tagen in die Fotocommunity gucken, dann würde ich es ihnen zeigen – und tatsächlich erhielt ich zu meinen Bildern ein sehr lobendes Feedback. Bildgestaltung
Licht Es war recht kalt an diesem Tag, das Wetter verschlechterte sich kontinuierlich und der Himmel zog sich zu. Dieses Bild ist noch ganz am Anfang entstanden, als die Sonne nur durch ein paar dünne Wolken verdeckt war. Dementsprechend hell und weich war das Licht und die Kontraste hielten sich im Rahmen.
Bei diesem Bild sind es gleich drei Gestaltungsmerkmale, die sich sehr laut in den Vordergrund spielen und um die Aufmerksamkeit des Betrachters buhlen: Am auffälligsten ist natürlich die sehr helle Zick-Zack-Linie des Geländers. Der Blick steigt an der hellsten Stelle hinten ein und folgt der breiten Linie bis nach vorne in die Schärfe. Als Nächstes fällt die Dreifarbigkeit des Hintergrunds auf. Bedingt durch die Sonne leuchten die Farben und treten so in Konkurrenz zu “Der verschwommene Hintergrund ist dem eher farblosen Vordergrund. Und nicht zuletzt zwingt übrigens das alte Lagerhaus, auf dem die extrem geringe Schärfentiefe den Blick immer wieder auf zurzeit die Elbphilharmonie Hamburg als die Holzmaserung im Vordergrund. Das Bild hat so drei Ebeeines der wohl aufregendsten Gebäude nen, die alle dominant und reduziert zugleich sind. der Stadt entsteht.” Technik Zu jener Zeit habe ich noch auf Diafilm fotografiert. Das bedeutete, erst den Film zur Entwicklung zu geben, nach drei bis vier Tagen die ungerahmten Bilder abzuholen, sie dann mühsam zu schneiden, zu rahmen und zu beschriften, um sie anschließend auf dem Leuchtpult oder mit dem Projektor an der Leinwand auszusortieren. Die besten Dias habe ich dann noch mit einer Durchlichteinheit auf meinem Flachbettscanner digitalisiert, um sie in die Fotocommunity zu stellen. Es war damals durchaus üblich, erst eine Woche nach einem Event die Bilder online zu haben.
© Georg Banek • März 2002 • ca. 15:45 Uhr • Speicherstadt, Hamburg • Contax RTS III • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 2 • 1/250 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Mittlerweile achte ich schon beim Scannen eines Dias oder Negativs darauf, dass die Tonwerte, Kontraste und Farben stimmen, weshalb ich das grundsätzlich nur an einem kalibrierten Monitor mache. Gut gescannt ist nämlich halb bearbeitet – oder sogar ganz, wie bei diesem Bild hier. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Speedboat
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Symbole & Abstraktes
Motiv Eine sehr effektive Methode der Abstrahierung eines Motivs ist das Verwischen, denn dabei werden die Details unkenntlich und die groben Strukturen geraten in den Vordergrund. Allerdings ist nicht jedes Motiv gleichermaßen für solche Wischtechniken geeignet. Gegenstände, die vor allem aus sehr feinen Linien bestehen, werden durch das Verwischen völlig unkenntlich und bei Elementen, die aus einer großen, einfarbigen Fläche bestehen, wird der Effekt nur an den Rändern erkennbar. Am besten sind Motive mit klaren und kräftigen Konturen bei gleichzeitig sehr hohen Helligkeits- und Farbkontrasten innerhalb der Kontur und zur Umgebung. Dadurch verwischen die hellen in die dunklen Stellen des Bildes und umgekehrt. Dieser alte Holzkahn ist Teil der Lebensrettungsmaßnahmen bei Wasserunfällen und liegt ganz ruhig und beschaulich am Ufer des Wiener Donaukanals. Erst durch die starke Technik erhält das Bild eine enorme Beschleunigung und wird zum rasenden Speedboat. Dabei verliert es seine individuelle Besonderheit und wird eigentlich nur noch zum emotional erzeugten Synonym für dramatisch hohe Geschwindigkeit. Bildgestaltung Alle Linien dieses Bildes zeigen – nicht nur bedingt durch die Wischrichtung – optimistisch nach rechts oben. Diese ansteigende Linienführung unterstützt die starke Dynamik des Bildes ebenso wie die starken Kontraste in Farbe und Helligkeit. Aus den eher unbunten Grün-Blau-BraunTönen sticht das rot-weiße Paddel in Form eines Eyecatchers hervor. Technik Damit solche Bilder geplant und nicht fehlerhaft wirken, muss die Kamera während der Belichtung in nur eine Richtung gezogen werden. Um verwackelt aussehende Ausschläge nach oben und unten zu vermeiden, fangen Sie schon vor dem Auslösen mit der Bewegung an und lösen dann am besten mittendrin aus.
Licht Direkt nach einem Regenschauer war die Luft klar, die Farben sehr intensiv und der Boden nass. Ohne diesen Regenguss wären insbesondere die Farben im Boot und am Ufer noch heller und entsättigter geworden, was dem Bild nicht gut getan hätte. Das weiche wolkengefilterte Licht und die Schatten der Bäume über mir sorgten für geringe Kontraste und verhinderten sehr helle und damit störende Reflexionen auf der Wasseroberfläche.
“Dieses Bild entstand in einem kleinen Fotoduell, das meiner mutigen These folgte, ich würde mit links ein besseres Bild von dem Boot machen als Georg. Tja, naja, hier ist das Ergebnis!”
Die jeweils richtige Verschlusszeit für einen starken Verwischeffekt hängt – neben der Beschaffenheit des Motivs – vorrangig von der Geschwindigkeit Ihrer Bewegung ab. Hier ist die Zeit mit 1/50 Sekunde beispielsweise relativ kurz, aber dennoch wirkt das Bild sehr stark verschwommen, was nur durch ein sehr schnelles Ziehen erreicht wird. Langsame Bewegungen sind zwar einfacher zu kontrollieren und zu formen als schnelle, führen aber eher zu Verwacklungen.
© Cora Banek • September 2006 • ca. 18:15 Uhr • Donaukanal (Untere Donaustraße), Nähe City Beach, Wien • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 4 • 1/50 Sekunde • ISO 400 • Tageslicht
Nachbearbeitung Für noch mehr Dramatik im Bild wurde die Helligkeit gesenkt und der Kontrast angehoben, ohne dass die Tiefen oder die Lichter ausfraßen. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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endlich Urlaub!
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Symbole & Abstraktes
Motiv Das Symbolhafte in Bildern beschränkt sich nicht nur auf die Abbildung einzelner Zeichen, die für sich genommen bereits für einen komplexen Sachverhalt stehen – beispielsweise das Herz für die Liebe oder der Totenkopf für den Tod. Auch in ganz konkreten Gegenständen kann etwas sehr Symbolisches liegen, wenn diese vor allem in einer bestimmten Situation verwendet werden. Aber auch in der Kombination von Dingen liegt eine Symbolkraft, wenn diese Zusammenstellung nur unter ganz bestimmten Umständen auftritt. So könnten die lustig gestreiften Flip-Flops für sich genommen auch im Kinderzimmer eines kleinen Mädchens oder im Kleiderschrank einer Frau mit jugendlichem Modegeschmack liegen. Allein oder in einem anderen Kontext lässt ein und dasselbe Motiv also durchaus unterschiedliche Interpretationen zu. Hier liegen die pinkfarbenen Badeschlappen aber kontrastreich auf einem Sandstrand und im Hintergrund sind Palmen und ein Sonnenschirm zu erkennen. In dieser Kombination werden sie zu den perfekten Bedeutungsträgern für das wohlig-warme Gefühl von Sonne auf der Haut, für Wasser, das an den Strand plätschert, für die leichte Brise, die in den Seiten des spannenden Krimis raschelt – kurz: für das sehnsuchtsvolle Gefühl von Urlaub. Bildgestaltung Die extrem selektive Schärfe und das schräg gekippte Bild sind die auffälligsten Gestaltungsmittel. Beide vermitteln eine sehr hohe Spannung und lassen das Bild modern und dynamisch aussehen. In die gleiche Richtung wirkt der Anschnitt und die leicht entsättigten Farben – langweilig erscheint das Bild jedenfalls nicht.
Licht Das harte Sonnenlicht von der rechten Seite passt zwar sehr gut zum Thema des Bildes, verleiht der Aufnahme viel Plastizität und setzt Blickanker im Hintergrund, machte aber die Belichtung sehr problematisch. Der zu hohe Motivkontrast überstieg den Dynamikumfang des Sensors bei Weitem, weswegen ich mich gegen die Zeichnung in den Wolken entschied.
“Wer seine Badelatschen einfach so mutterseelenallein im Sand liegen lässt, muss auch damit rechnen, dass sie fotografiert werden. :)”
Technik Für die Belichtungsmessung und -steuerung einer Kamera sind solche Motive ein wahrer Albtraum. Die hell reflektierenden Sandalen verwirren den Belichtungsmesser ebenso wie der schwarze Strand und der sehr helle Himmel oder die vielen Reflexionen im Hintergrund. Wenn Sie sich in schwierigen Lichtsituationen nicht sicher sind, machen Sie ruhig ein Testbild und sehen sich anschließend das Histogramm an. Achten Sie darauf, dass die Tonwertkurve bis an den Rand führt, aber nicht darüber hinaus. Wenn das nicht möglich ist, müssen Sie sich entscheiden, wo Sie bei diesem Motiv am ehesten auf Zeichnung verzichten können.
© Cora Banek • September 2007 • ca. 13:45 Uhr • Puerto Naos, La Palma, Spanien • Canon EOS 5D • Canon EF 28 mm/2,8 • Blende 3,5 • 1/1000 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Auch kontrastreiche Motive brauchen mitunter noch ein bisschen mehr davon, wobei man sich dann auf die Bearbeitung der Mitteltöne beschränken sollte, um die Tiefen und Lichter nicht noch heller beziehungsweise dunkler werden zu lassen. Außerdem wurden die Farben leicht entsättigt. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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blue line
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Symbole & Abstraktes
Motiv Es gibt Fotografen, die sich der Technik verschreiben, anderen geht es ausschließlich um das Motiv, wieder andere lieben die Kreativität der Nachbearbeitung und eine weitere Gruppe ist die der Bildgestalter. Ich zähle mich größtenteils zu Letzeren, da ich es wirklich sehr mag, die formalen Möglichkeiten, die mir die Fotografie bietet, auszuschöpfen. In der Regel versuche ich deshalb alltägliche Motive auf bildgestalterischer Ebene besonders ungewöhnlich einzufangen. Viel seltener, aber genauso gern, suche ich Bilder, die sogar ausschließlich formal wirken und bei denen das Motiv nicht mehr wichtig für die Bildwirkung ist. Die Architekturfotografie ist meiner Meinung nach ein gutes Genre für grafische Bilder dieser Art. Bei einem Spaziergang durch Tampere fiel mir diese Konstellation ins Auge, die nur aus Linien und Flächen zu bestehen scheint und in ihrer ruhigen Abstraktion dennoch eine leichte Räumlichkeit behält. Bildgestaltung Vor allem wirken hier die Linien, denn die Richtung einer Linie ist in der Lage, eine emotionale Wirkung zu transportieren. Ausgegangen wird dabei von der Leserichtung – zumindest in unserer westlichen Welt verläuft die Richtung der Linie immer von links nach rechts. Dabei schräg nach unten verlaufende Linien verleihen einem Bild eine negative Schwingung, aufwärts gerichtete hingegen eine positive Grundstimmung. Die vielen hellen Linien im Hintergrund verlaufen also nach unten, die breite dunkelblaue jedoch eindeutig nach oben. Ihre Wirkung dominiert das Bild, färbt es positiv und die gegenläufigen Linien im Hintergrund bilden dazu einen reizvollen Kontrast, der das Positive jedoch nicht schmälert. Außerdem entfaltet die Farbe Blau ihre emotionale Wirkung auf den Betrachter, denn diese Farbe steht für Freiheit und Weite; sie lädt zum Träumen ein, ist leicht und elegant; je heller, desto klarer steht die Farbe für Leichtigkeit; dunklere Töne wirken kraftvoll und autoritär. Das Bild bekommt also durch sein minimalistisches Motiv eine verstärkte Farbwirkung, der sich der Betrachter kaum entziehen kann.
Licht Ein wolkenloser Himmel verursacht direktes Sonnenlicht und hohe Kontraste im Bild – außer das Motiv befindet sich im Schatten. Die Sonne stand links oben am Himmel und tauchte diese Seite des hellen Gebäudes nicht in pralle Sonne. Die deutlich sichtbaren Schatten in dem dunklen Querbalken waren hingegen ideal, um diesen dreidimensionaler wirken zu lassen.
“Für mich sind solche Motive, die nur formal wirken, allemal eine Aufnahme wert. Denn entdecken muss man auch diese Bilder - unterwegs und im Eifer des Gefechts.”
Technik Die Auflösung eines Objektivs wird mit Linien pro Millimeter gemessen – je mehr, desto besser. Die vielen schwarz-weißen Linien erinnern an ein solches Auflösungs-Testmuster.
© Georg Banek • September 2005 • ca. 14:00 Uhr • Nähe Technische Universität Tampere, Hervanta, Finnland • Contax RTS III • Carl Zeiss 85 mm/1,4 • Blende 11 • 1/250 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Kleinere Staubkörner und Kratzer wurden retuschiert und die Farbsättigung sowie die Gesamthelligkeit angehoben. Außerdem wurde der Schnitt optimiert, um den Balken in die Ecken laufen zu lassen. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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geschlossene Gesellschaft
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Symbole & Abstraktes
Motiv Manchmal bekommen Bilder durch die symbolische Kraft des Motivs oder eines Teils des Motivs eine geradezu absurde Note. Denn hier wurde das Schloss nicht in Beziehung zu dem gesetzt, was es verschließt, sondern zu einem anderen Element – dem Restaurant im Hintergrund. Das führt mich zu einem wichtigen Aspekt der Fotografie: Der Fotograf steuert die Wahrnehmung des Betrachters im Sinne eines angeleiteten Sehens. Das, was er in seinem Bild zeigt, wird auch der Betrachter als verbunden erkennen – beziehungsweise sich ganz unbewusst anstrengen, eine Verbindung herzustellen. Die Tatsache, dass ich das Schloss also so in dieser Form aufgenommen habe, verschweigt einen Teil der tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort und schafft neue (siehe auch Seite 254). Der Betrachter kombiniert Schloss und Restaurant, stellt eine Beziehung der beiden Elemente zueinander her – und bleibt etwas ratlos zurück. Denn wirklich erschließen tut sich der Zusammenhang nicht. Und damit habe ich ein großes Ziel der Fotografie erreicht: Der Betrachter setzt sich mit der Aufnahme auseinander, entdeckt in ihr ein Rätsel, das es zu lösen gilt. Bildgestaltung
Licht Möchte man eine Aufnahme mit vielen Details und gleichmäßigen Kontrasten, kann man sich nur wünschen, dass eine dichte Wolkendecke die direkte Sonne versteckt. Je dünner diese Wolkenschicht, desto mehr Helligkeit ist trotzdem vorhanden. Hier kam beides ideal zusammen, also wenige, aber dichte Wolken ermöglichten ein sanftes, diffuses Licht.
Zwei Bildelemente und Bildbereiche buhlen hier rein formal um Aufmerksamkeit: Erstens das Schloss im Vordergrund, das dominant, scharf und groß abgebildet ist. Zweitens die Schirme und Sitzgruppen im Hintergrund, die zwar unscharf und wesentlich kleiner sind, aber allein durch ihre Farbe extrem wichtig für das Bild werden. “Solche Spielereien entstehen bei mir Die Aufnahme ist also ein gutes Beispiel für die Wirkschon fast automatisch - doch nicht kraft leuchtender, satter und dominanter Signalfarben. Denn jedes Ergebnis ist dann auch wirklich nur dadurch, dass die Schirme Aufmerksamkeit auf sich zieein Bild. Viele, viele wandern in den hen, bekommt das Bild eine zusätzliche inhaltliche Ebene, mehr Tiefe und mehr Wirkung. Exakt dasselbe Foto in Graudigitalen Papierkorb.” stufen wird zu einer zwar grafisch interessanten, aber inhaltlich eindimensionalen Abbildung eines Vorhängeschlosses, da nur noch dieses alleiniges Hauptmotiv wäre. Nachbearbeitung
Technik Der deutliche Schärfeverlauf von einem scharf fokussierten Vordergrund zu einem sehr unscharfen Hintergrund lässt in diesem Bild das Bokeh des Objektivs gut erkennbar werden. Dieses beschreibt die Form der Streukreise und deren (subjektive!) Wirkung. Die leicht geneigten Ovale des 20-mm-Objektivs finde ich hier sanft, weich und sehr gefällig.
© Georg Banek • Juli 2010 • ca. 14:30 Uhr • Bockenheimer Landstraße, Frankfurt • Canon EOS 5D • Sigma EX 20 mm/1,8 • Blende 4 • 1/200 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Etwas mehr Kontrast und ein leichtes Verschieben der Farben in die Richtung eines kühlen Blaus genügten, um die Wirkung des Bildes zu optimieren. Retuschiert wurden wenige sehr störende helle Reflexionen an den Rändern im Hintergrund. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Fluchtgedanken
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Symbole & Abstraktes
Motiv Einige Bilder sind von so starker Symbolkraft, dass deren Bedeutung für den Betrachter sehr offensichtlich und leicht zu entziffern ist. Das muss nicht unbedingt bedeuten, dass das Bild schlecht wäre oder nur platt wirkt – oft ist sogar das Gegenteil der Fall. Es bedeutet nur, dass das Symbol sehr eingängig ist und es wenig andere Assoziationen zu der gezeigten Situation gibt. Dieses Bild stellt zwei Bildelemente gegenüber, die jedes für sich eine klare Bedeutung haben: Der Heißluftballon steht für die Freiheit und Beweglichkeit über lange Distanzen und selbst über große Hindernisse hinweg. Die stacheldrahtbewehrte Mauer wird wohl jeder als Erstes mit einem Gefängnis assoziieren, zumal es durch den Bildausschnitt so aussieht, als würde sich der Betrachter innerhalb der Mauern befinden. Miteinander kombiniert kommt sofort der Gedanke an eine Flucht aus dem Gefängnis auf, dramatisch inszeniert, als Gaunerstück oder Filmidee. Das Bild entstand, als wir eine gute Freundin besuchten, die direkt neben einem Gefängnis wohnte. Auch wenn es anders aussieht, standen wir außerhalb der Gefängnismauern, die an dieser Stelle ein nach außen gewölbtes „U“ bilden. Und mit dem Ballon hatte ich einfach nur Glück. Bildgestaltung
Licht Das Licht kam von links und ist neben dem Punkt-Flächen-Kontrast das einzige Gestaltungsmittel, das ein wenig Spannung in das ansonsten ruhige Bild bringt. Andererseits stören die Schatten nicht allzu sehr, sondern reduzieren die wenig spannende Fläche vorne und verleihen dem Stacheldraht durch die Doppelung noch mehr Volumen.
Die Gestaltung des Bildes ist klassisch und unaufgeregt gehalten, um dem Bildinhalt die Chance zu geben, allein zu wirken. Die hintere Mauer wirkt sehr ruhig und befindet sich im untereb Drittel des Bildes, die diagonale Linie des Stacheldrahts läuft stabil in die Ecke. “Meine Gefühle zu diesem Bild sind Beide Bildteile haben in etwa die gleiche Fläche, sind also insehr ambivalent, denn so viel Inhalt haltlich gleichberechtigt, auch wenn das nicht sofort auffällt. und so wenig Gestaltung entspriDie zarten Farben erzeugen nur einen geringen Kontrast. chen nicht meinem Stil. Also würde ich sagen: Gut gesehen, aber kommt da Technik noch was?” Lange Jahre benutzte ich den Kodacolor VR 200 Plus als meinen Standard-Farbnegativfilm. Auch wenn es zu dieser Zeit schon bessere Filme gab, kam der günstige Preis meinem Studenten-budget doch freundlich entgegen. Da der VR 200 damals ein vergleichsweise alter Film gewesen ist, wies er sogar schon bei ISO 200 ein deutlich – zu deutlich – erkennbares, grobes Korn auf. Allerdings war das auf den Papierabzügen nicht in dem Maße zu sehen, da diese unempfindlicher sind als ein Scanner. Denn jetzt bei der Digitalisierung wird das Korn so deutlich, dass ich mich manchmal darüber ärgere, nicht tiefer in die Tasche gegriffen zu haben.
© Cora Banek • August 2004 • ca. 16:15 Uhr • Justizvollzugsanstalt Diez, Diez an der Lahn • Canon EOS 300 • Vivitar 100 mm Makro/3,5 • Blende 3,5 • 1/650 Sekunde • Farbnegativfilm Kodak Kodacolor VR 200 Plus • ISO 200 • Tageslicht
Nachbearbeitung Um das Korn nicht noch zu verstärken, verzichtete ich auf ein Nachschärfen des Bildes. Ansonsten wurde der Kontrast etwas angehoben, Staubflecken retuschiert und die Sättigung der Farben – insbesondere des Heißluftballons – verstärkt. Negativ-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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stairway to heaven
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Symbole & Abstraktes
Motiv Besonders befruchtend für die Fotografie finde ich an der digitalen Nachbearbeitung, dass man aus einem Bild verschiedene Ergebnisse herausarbeiten und sie vergleichend nebeneinander stellen kann. Das gilt nicht nur für den Bildausschnitt, den man nachträglich verändern kann, auch Lichter, Kontraste oder Farben lassen sich am Rechner simulieren. Solche Vergleiche trainieren das eigene fotografische Sehen ebenso wie das Verständnis für die Wirkung dieser gestalterischen Mittel. Die erste Bearbeitung dieses Bildes übernahm die feinen und fast identischen Tonwerte von Motiv und Hintergrund unverändert und betonte sie sogar noch. Diese Bearbeitung ist viel dramatischer und beseitigt das, was mir bisher an dem Bild nicht gefallen hat: Es wirkte auf mich zu langweilig. Bildgestaltung
Licht
Die stürzenden Linien zeigen sehr steil nach oben und wirken dadurch Auf Hochglanz polierte Metalloberflächen optimistisch, aber auch stabil. Der Blick möchte den Linien eigentlich bis sind der Albtraum eines jeden Fotografen. Sie spiegeln nicht nur jede Lichtquelle, zum Fluchtpunkt außerhalb des Bildes folgen, wird aber durch die deutsondern auch das gesamte Umfeld wilich erkennbare Unschärfe und den Abschluss des Kunstwerkes davon der. Glücklicherweise war das Sonnenlicht abgehalten, das Bild zu verlassen. Stattdessen ziehen die Schärfe und der durch einen leichten Wolkenschleier etwas stärkere Detailreichtum ihn wieder in den unteren Bildbereich. Durch die gedämpft. Durch die gewählte Perspektive unterschiedlichen Strukturen ergibt sich ein starker Natur-Kunst-Kontrast schloss ich die störenden Spiegelungen jedoch aus. zwischen den organisch wirkenden Wolken und den streng geometrischen Linien des Kunstwerkes. Insgesamt vermittelt das Bild eine sehr ausgewogene Spannung. “Dieses Bild eines Kunstwerkes ist in Finnland entstanden und sieht auf Technik dem Originaldia deutlich anders aus: Mit der Fokussierung entscheiden Sie, welches das wichtigsDie Farbe des Metalls ist ein ebenso te Element im Bild ist. Und kaum etwas erweckt beim Besanftes Hellblau wie das des Himmels.” trachter so schnell das Gefühl von technischem Unvermögen wie ein falsch gesetzter Fokus. Wählen Sie deshalb sehr sorgfältig die richtige Schärfeebene und gehen Sie behutsam mit zu viel Schärfentiefe um. Dementsprechend sollte Ihr technisches Instrumentarium dafür so hochwertig sein wie nur möglich: Achten Sie bereits beim Kauf darauf, dass die Kamera über mehrere besonders genau arbeitende Kreuzsensoren verfügt. Lassen Sie Ihren Autofokus mit dem am meisten benutzten Objektiv kalibrieren, wenn Sie dauernd Ärger mit falsch gesetzter Schärfe haben. Und achten Sie auf einen hellen Sucher und breite, schwergängige Fokussierringe am Objektiv, wenn Sie manuell fokussieren wollen.
© Georg Banek • September 2005 • ca. 14:30 Uhr • Nähe Technische Universität Tampere, Hervanta, Finnland • Contax RTS III • Carl Zeiss 50 mm/1,4 • Blende 8 • 1/250 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
Nachbearbeitung Hier wurden in allererster Linie die Kontraste des Bildes sehr stark bearbeitet: dunklere Tiefen und dunklere Mitteltöne bei gleichbleibenden Lichtern. Zusätzlich brachte mehr Sättigung das Blau zum Leuchten und die Zugabe von etwas Cyan in den Mitteltönen machte es kräftiger. Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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flying high
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Symbole & Abstraktes
Motiv Mohnblumen gehören zu meinen liebsten Pflanzen und ein sauber bepflanztes Getreidefeld, an dessen Rand sich die zarten Blüten im Wind bewegen, ist mir ein willkommener Anlass, zur Kamera zu greifen. Alle konkreten Motive lassen sich durch technische Spielereien abstrahieren, so dass sie stärker auf formaler denn auf inhaltlicher Ebene wirken. Hier habe ich das mit zwei Mohnblüten gemacht, die am Rand eines Feldes wuchsen – mit dem Ergebnis eines Bildes, das sich erst auf den zweiten Blick erschließt. Die Details werden reduziert und sind nicht mehr erkennbar. In den Vordergrund treten stattdessen die plakativ wirkenden Farben und Formen. Bildgestaltung Durch die vertikalen Wischspuren in Wuchsrichtung der Pflanzen wirken diese höher gewachsen und schmaler. Jeder einzelne Halm bekommt eine Eleganz und Leichtigkeit, die auf der einen Seite durch die „Geisterbilder“ entsteht, also die mehrfache Wiederholung der Konturen in unscharfer Form. Auf der anderen Seite unterstützt die helle, sanfte Bearbeitung diese Bildwirkung.
Licht Um kurz nach acht wurde das Licht wegen der geschlossenen Wolkendecke schon merklich weniger, doch für eine technische Spielerei mit langen Belichtungszeiten war es noch mehr als genug. Wichtig war mir hier die hohe Lichtempfindlichkeit von ISO 100, um auf keinen Fall Rauschartefakte im Bild zu haben.
Die beiden Farben Grün und Rot sind komplementär, stehen also in einem sehr großen Kontrast zueinander, wodurch sie an emotionaler Kraft gewinnen. Dadurch heben sich die Blüten deutlich vom umliegenden Grün ab und gleichzeitig bleibt das Motiv erkennbar: nicht konkret diese Mohnblumen, aber die Gattung an sich. “Wir haben lange diskutiert, ob das Bild Sie werden also anonymisiert und erhalten eine Allgemeinetwas in diesem Buch (statt in ‘Making gültigkeit. Ihre emotionale Wirkung lebendiger Leichtigkeit of ... Naturbilder’) verloren hat - und uns wird zum Motiv. letztlich dafür entschieden. Denn es geht gar nicht mehr um die Darstellung Technik einer Pflanze, sondern um das Zeigen Da ich nicht so häufig Motive absichtlich verwische, fehlt es einer hochemotionalen Abstraktion.” mir an handfesten Erfahrungswerten, welche Belichtungszeit bei welchen Motiven ideal ist. Also habe ich es einfach ausprobiert und die Ergebnisse auf dem Kameramonitor beurteilt. Nachbearbeitung 1/60 Sekunde war hier genau richtig, um genügend Bewegungsunschärfe Die Helligkeit wurde hier sehr deutlich angehoben und mit ihr auch der Kontrast, um ins Bild zu bekommen, es aber auch nicht bis zur vollständigen Unkenntdie Farben deutlich hervorzuheben und die lichkeit zu verwischen. Die Bewegung selbst führte ich aus der freien Hand durch ein ruckartiges Verschwenken der Kamera von unten nach oben aus. Das genügte vollkommen. Wobei ich nicht nach dem Auslösen mit der Bewegung begann, sondern bereits etwas davor.
© Cora Banek • Juni 2008 • ca. 20:00 Uhr • Bockhorner Heide, Telgte, Nähe Münster • Canon EOS 5D • Canon EF 105 mm Makro/2,8 • Blende 3,5 • 1/60 Sekunde • ISO 100 • Tageslicht
Leichtigkeit des Motivs zu betonen. Etwas weniger Sättigung lässt die Farbtöne subtiler wirken.
Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Freiheit˙
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Symbole & Abstraktes
Motiv Ich gestehe ganz ehrlich: Ich weiß nicht, ob irgendjemand meine Assoziation zu diesem Bild teilt oder ob ich mit der Deutung ganz allein auf weiter Flur stehe. Doch mir vermittelt dieses Bild wie kein anderes ein Gefühl von Freiheitswillen, Individualität und Nonkonformität. Natürlich steht die Taube als Symbol eigentlich für den Frieden, allerdings gilt das vor allem für die weißen Vertreter dieser Gattung. Auf diesem Bild ist nicht die Taube das Symbol, sondern eher der Vogel im Allgemeinen. Und bei diesem auch eher das Fliegen, die nach oben gerichtete Flugbahn, das mühsame Aufsteigen, das ängstliche Flattern und der harte Kampf, aus dieser angedeuteten Schlucht herauszukommen. Obwohl die beiden Häuser auf der linken Seite nur ganz klein im Bild sind, scheinen aller drei zusammen den Vogel in einer Umklammerung zu halten. Der Vogel als lebendiges Element im Bild kämpft hier verzweifelt, aber nicht hoffnungslos gegen eine erdrückende Übermacht. Licht
Bildgestaltung
Eigentlich war wieder die Stunde, zu der man laut „Fotoregeln“ die Kamera stecken lassen sollte. Aber wenn das eigentliche Motiv im Schatten liegt, ist es egal, wie hoch am Himmel die Sonne steht. In diesem Fall trug die Mittagssonne sogar sehr passend dazu bei, den Himmel ins Weiße ausfressen zu lassen und dem Rest des Motivs durch die bläuliche Lichtfarbe zu zarten, entsättigten Farben zu verhelfen.
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirken mag, den Bildausschnitt habe ich ganz genau gewählt. Ohne das Stückchen Dach links oben und ohne den Anschnitt des Hauses rechts oben würde der Himmel zu einer ganzen, sehr großen und viel zu dominanten Fläche und hätte alle anderen Bildelemente erdrückt. So aber wird er eingefasst und zu einer bloßen Bühne degradiert, auf der die eigentlichen Stars agieren dürfen. Die große, gerade und massige Fläche des Hauses steht in starkem Gegensatz zu der kleinen organischen Form des Tieres. Auch der hohe Kontrast bringt Dynamik ins Bild, welche die “Ich liebe dieses Bild so sehr, dass ich unbunten Farben nur ein wenig schmälern. mich aus emotionalen Gründen weigere, andere nach ihrer Meinung zu fragen Technik ich will es mir lieber nicht kaputtreden Stürzende Linien sind ein Produkt der perspektivischen lassen. Auch so was kommt vor ...” Abbildungseigenschaften von Weitwinkelobjektiven. Durch das Kippen der Kamera ist das Dach eines Gebäudes deutlich weiter vom Sensor entfernt als der erste Stock. Da WeitwinNachbearbeitung kelobjektive nahe Motive übergroß und weiter entfernte stark verkleiDie Farben auf dem Dia sind blasser und die nert erscheinen lassen, wird dieselbe Häuserbreite unten sehr breit und Tonwerte weniger kontrastreich. Für mehr Dramatik wurde beides nach dem Scannen oben sehr schmal wiedergegeben. So entsteht aus einem Rechteck ein entsprechend verändert. Außerdem wurde Parallelogramm, dessen Seitenkanten beide zwar weiterhin gerade, aber eine helle Reflexion an der braunen Hausnach innen gekippt sind – die berühmt-berüchtigten stürzenden Linien. Man sollte sie allerdings nicht verteufeln, denn richtig eingesetzt verleihen sie einer Aufnahme sehr viel Leben und Dynamik.
© Georg Banek • Mai 2004 • ca. 13:15 Uhr • Nähe Piazzale Cimitero Monumentale, Mailand, Italien • Contax RTS III • Carl Zeiss 25 mm/2,8 • Blende 8 • 1/125 Sekunde • Diafilm Kodak Elite 100 • ISO 100 • Tageslicht
wand retuschiert.
Dia-Scan RAW-Entwicklung Retusche Ausschnitt Helligkeit Kontrast Drehen Entzerren
Aufhellen Abdunkeln Sättigung Schärfe Filter Composing Farben Tonung
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Autorenprofil
Cora Banek – geboren 1981, fotografiert seit 2002. Das Besondere an ihrer Art zu fotografieren ist, dass sie fast immer schon das fertig bearbeitete Bild vor Augen hat, wenn sie eher selten, doch dafür sehr überlegt auslöst. Coras Aufnahmen haben einen sehr aufgeräumten Stil, sind häufig hell gestaltet und haben mehrfach Preise gewonnen oder sind bei (internationalen) Wettbewerben angenommen und ausgestellt worden. Ihre fotografischen Interessen erstrecken sich auf die Bereiche Porträt, Beauty, Fashion, Akt, Erotik sowie auf die künstlerische Blumenfotografie. Mit Photoshop ist sie per Du, dezente und aufwändige Nachbearbeitungen gehören gleichermaßen zu ihrem täglichen Handwerk. Beruflich gestaltet die studierte Kulturwissenschaftlerin anspruchsvolle Fotopublikationen, wie zum Beispiel dieses Buch, das Sie gerade in den Händen halten. Gemeinsam mit Georg arbeitet sie als Autorin für Zeitschriften- und Buchverlage und konzipiert Fotolehrbücher. In der Auftragsfotografie liegt ihr Schwerpunkt auf Produkt- und Porträtaufnahmen – ausführlichere Informationen finden Sie unter www.artepictura-atelier.de Georg Banek – geboren 1969, fotografiert seit 1984. Sein fotografischer Stil ist: nah ran ans Motiv, mit Schärfe und Unschärfe spielen, gerne auch schräg, laut und bunt. Der Blick für das Detail verbindet seine Bilder aus den Genres Porträt, Lifestyle, Erotik, Akt, Reise und Street. Er ist – zusammen mit Cora – seit nunmehr sechs Jahren als Fachautor für Fotolehrbücher und Fotozeitschriften aktiv. Als Unternehmensberater verknüpft der studierte Wirtschaftswissenschaftler und Sozialpädagoge sein fotografisches Wissen mit langjährigen Erfahrungen aus Projekt- und Produktmanagement sowie Vertrieb, wenn er Firmenkunden in Themen der visuellen Außendarstellung und der professionellen Bildkonzeption unterstützt. Die Artepictura®-Akademie ist neben dem Fotobereich an der Hochschule RheinMain sowie einer freien Fotoschule an der Universität Lüneburg bereits die dritte strukturierte Ausbildung für Fotografie, die er konzipiert und eigenständig aufgebaut hat. In Wiesbaden nimmt er einen Lehrauftrag im Studiengang Media Management wahr. Das aktuelle Kursprogramm unserer Foto-Akademie finden Sie unter www.artepictura-akademie.de
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Autorenprofil
Wir danken allen voran unserer Lektorin Kristine Kamm für ihre Begeisterungsfähigkeit, ihr Engagement und die großartige Zusammenarbeit. Wir danken unserer Grafikerin Darja Dewies für ihren akkuraten und schnellen Strich mit dem Ergebnis wirklich schöner Lichtskizzen.
Herzlichen Dank!
Wir danken Anna Reußwig und Marco Hahn von SIGMA und Thomas Hedler von der Hedler Systemlicht GmbH für ihre Unterstützung. Wir danken Thomas Dralle, der nicht nur dieses, sondern auch die beiden anderen Making-of-Titel aufmerksam gelesen und fachlich lektoriert hat. So mancher Fehler wurde dadurch rechtzeitig entdeckt. Wir danken last but not least den Lesern unserer Bücher und Betrachtern unserer Bilder. Vielen Dank für jedes Feedback und jede kritische Auseinandersetzung!
Der Kontakt zu unseren Lesern liegt uns sehr am Herzen – scheuen Sie sich also nicht, uns unter
[email protected] zu schreiben, wenn Sie etwas freut oder stört. Oder besuchen Sie uns im Internet unter www.artepictura-akademie.de.
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Bilderindex
Dieses Buch ist auf das gut gesehene und gestaltete Bild ausgerichtet, weswegen wir für Sie die einzelnen Aufnahmen indiziert haben und nicht den Text. Dabei geben wir Ihnen immer die Seitenzahlen an, auf denen Sie die Bilder finden, bei denen das jeweilige Stichwort zutrifft beziehungsweise die jeweilige Technik eine wichtige Rolle spielt.
Gegenlicht 20, 24, 26, 32, 34, 56, 64, 68, 72, 78, 102, 150, 156, 164, 166, 188, 196, 208, 220, 232, 234, 236, 246, 250, 260, 282
Eingesetzte Lichtquelle
Eingesetztes Objektiv
Tageslicht – Sonne 16, 18, 30, 32, 40, 52, 56, 60, 62, 68, 76, 78, 82, 90, 102, 106, 114, 126, 128, 138, 140, 154, 160, 164, 166, 172, 176, 178, 186, 188, 196, 200, 210, 218, 224, 230, 246, 256, 264, 270, 272, 276 Tageslicht – Wolken 22, 24, 38, 42, 44, 46, 46, 50, 54, 58, 64, 66, 70, 74, 84, 88, 96, 104, 108, 122, 130, 136, 142, 144, 152, 156, 162, 166, 170, 180, 184, 192, 194, 198, 214, 222, 228, 236, 238, 248, 254, 258, 262, 266, 268, 278, 280, 282 Tageslicht – Niederschlag 48, 92, 118, 120, 146, 158, 174, 206, 226, 234 Tageslicht – Schatten 22, 36, 46, 86, 98, 100, 102, 110, 116, 132, 134, 142, 148, 168, 196, 208, 216, 242, 274 Tageslicht – Dämmerung/Nacht 150, 190, 220, 234, 250, 260 Tageslicht – Indoor 12, 20, 26, 28, 32, 34, 60, 68, 78, 94, 186, 188, 202, 204, 212, 218, 224, 232, 244, 252
Diffuses Licht 12, 14, 20, 22, 24, 34, 36, 38, 42, 44, 46, 48, 50, 54, 58, 64, 66, 68, 74, 84, 86, 88, 92, 94, 96, 98, 104, 118, 120, 122, 130, 132, 134, 136, 142, 144, 146, 148, 152, 156, 158, 162, 168, 170, 174, 180, 184, 192, 194, 198, 202, 204, 206, 208, 214, 216, 218, 222, 224, 226, 228, 236, 238, 242, 244, 248, 250, 252, 254, 258, 260, 262, 266, 268, 274, 280
Weitwinkel (8 – 35 mm) 12, 14, 16, 20, 24, 28, 30, 34, 38, 42, 46, 54, 58, 64, 66, 68, 72, 76, 78, 84, 92, 94, 102, 116, 118, 122, 126, 128, 130, 132, 134, 136, 138, 144, 146, 152, 154, 156, 158, 160, 162, 164, 166, 176, 178, 180, 184, 188, 190, 192, 194, 198, 200, 202, 206, 210, 212, 214, 220, 222, 226, 234, 242, 246, 258, 262, 268, 270, 274, 282 Normal (40 – 60 mm) 18, 22, 26, 32, 36, 44, 50, 62, 70, 86, 88, 112, 120, 148, 168, 196, 232, 236, 250, 256, 260, 278 Tele (70 – 500 mm) 40, 48, 52, 56, 60, 74, 82, 90, 96, 98, 100, 104, 106, 108, 110, 114, 140, 142, 150, 170, 172, 174, 186, 204, 208, 216, 218, 224, 228, 230, 238, 244, 248, 252, 254, 264, 266, 272, 276, 280 Makro (100/105 mm) 60, 90, 96, 100, 106, 170, 174, 224, 230, 244, 252, 254, 276, 280 Tilt-Shift/Lensbaby 46, 58, 130, 250 Zwischenringe 186, 204
Kunstlicht 14, 34, 64, 72, 94, 112, 150, 190, 220, 234, 250, 252 Mischlicht 12, 28, 34, 64, 72, 94, 150, 190, 220, 250, 252
Eingesetzte Lichtrichtung Mitlicht 56, 82, 104, 106, 112, 114, 116, 178, 200, 212, 218, 220, 224, 278 Seitenlicht 16, 18, 28, 30, 40, 52, 60, 62, 70, 76, 90, 94, 100, 108, 110, 126, 128, 138, 140, 152, 154, 160, 172, 176, 186, 200, 202, 204, 210, 216, 230, 256, 264, 270, 272, 276
286
Aufnahmeort Gehweg/Straße 24, 30, 36, 38, 42, 46, 54, 68, 82, 86, 88, 90, 92, 96, 102, 104, 108, 114, 116, 118, 120, 122, 126, 128, 130, 134, 136, 138, 144, 146, 148, 150, 152, 154, 158, 162, 164, 168, 172, 190, 192, 194, 206, 214, 216, 220, 222, 234, 242, 246, 254, 256, 264, 280, 282 Natürliche Umgebung 236, 262 Nicht-öffentliche Orte 20, 26, 32, 34, 40, 48, 60, 72, 78, 94,
Bilderindex
100, 112, 142, 186, 188, 204, 210, 212, 218, 230, 232, 236, 244, 250 Öffentliche Gebäude 12, 28, 64, 98, 252 Öffentliche Plätze 14, 38, 50, 58, 62, 68, 76, 84, 110, 132, 148, 160, 170, 174, 180, 196, 198, 208, 226, 228, 234, 266, 268, 270, 272, 274, 278
Graustufenbilder – schwarzweiß 18, 22, 62, 78, 84, 90, 96, 110, 148, 156, 160, 166, 174, 178, 208, 216, 218, 248 Graustufenbilder – getont 16, 32, 40, 44, 50, 66, 70, 74, 128, 140, 144, 146, 152, 188, 198, 200, 204, 212, 224, 236, 258, 262
Parkplätze 70, 238, 260, 276
Motive
Sehenswürdigkeiten 16, 18, 22, 30, 36, 38, 44, 52, 56, 58, 66, 74, 106, 110, 140, 156, 166, 176, 178, 184, 200, 202, 224, 248, 258
Abstraktes 20, 24, 26, 68, 76, 104, 136, 142, 156, 186, 198, 226, 228, 230, 232, 234, 238, 244, 246, 250, 252, 256, 258, 260, 264, 266, 272, 278, 280
Toiletten/Badezimmer 20, 94, 112, 204, 232
Bauwerke/Gebäude 12, 14, 16, 18, 24, 30, 36, 38, 42, 44, 46, 48, 50, 52, 54, 56, 58, 62, 64, 66, 68, 70, 74, 122, 128, 134, 140, 142, 150, 152, 160, 162, 166, 180, 234, 254, 282
Treppenhäuser 78, 212, 218 Innenräume 26, 32, 34, 40, 48, 60, 72, 94, 100, 142, 186, 188, 244 Aufnahmeland Deutschland 12, 14, 20, 24, 48, 60, 64, 68, 74, 76, 84, 88, 90, 94, 96, 98, 100, 102, 104, 108, 112, 114, 116, 120, 122, 138, 142, 144, 156, 162, 164, 168, 170, 174, 180, 190, 192, 194, 198, 202, 204, 210, 214, 216, 220, 222, 224, 228, 230, 232, 234, 236, 238, 244, 246, 250, 252, 256, 258, 262, 264, 266, 274, 276, 280
Details am Bau 20, 22, 34, 48, 52, 64, 66, 68, 76, 78, 184, 200, 202, 212, 218, 242, 252, 266, 272, 276 Fahrzeuge 84, 88, 100, 102, 126, 128, 130, 136, 138, 144, 150, 152, 158, 168, 172, 176, 198, 210, 216, 260, 268, 276 Fundstücke 82, 86, 88, 90, 92, 94, 96, 98, 104, 108, 110, 112, 114, 116, 118, 120, 122, 164, 168, 184, 204, 206, 220, 226, 236, 254, 262, 270 Geschäfte/Läden 12, 64, 86, 90, 138, 188, 190, 224, 242, 252
Finnland 272, 278
Innenräume 20, 26, 32, 34, 40, 60, 68, 72, 94, 188, 202, 224, 244
Frankreich 56, 82, 86, 126, 128, 132, 172, 186, 196
Kunstwerke 12, 66, 72, 76, 96, 180, 192, 194, 202, 278
Großbritannien 150
Öffentliche Plätze 46, 50, 54, 132, 140, 146, 158, 170, 174, 180, 274
Irland 260 Italien 32, 40, 44, 50, 52, 62, 70, 184, 208, 242, 282 Österreich 16, 18, 22, 28, 30, 34, 36, 38, 42, 46, 54, 58, 66, 72, 78, 92, 106, 110, 118, 130, 136, 146, 148, 152, 158, 160, 166, 176, 178, 188, 200, 206, 212, 218, 226, 268 Spanien 26, 134, 154, 254, 270 Tschechische Republik 140, 248
Bildstil und Farbwirkung Farbbilder – monochrom 14, 26, 28, 36, 52, 54, 58, 60, 72, 102, 106, 114, 120, 126, 134, 136, 164, 170, 192, 194, 202, 214, 222, 226, 230, 244, 256, 272, 278 Farbbilder – bunt 24, 30, 34, 60, 64, 72, 82, 86, 88, 92, 94, 98, 112, 116, 118, 126, 132, 138, 142, 150, 154, 162, 164, 168, 172, 176, 180, 186, 190, 206, 210, 220, 228, 234, 238, 246, 250, 252, 260, 264, 270, 274, 276, 280 Farbbilder – unbunt 12, 20, 38, 46, 48, 52, 54, 56, 58, 68, 76, 100, 104, 108, 114, 120, 122, 130, 134, 136, 158, 170, 184, 192, 194, 196, 202, 214, 222, 226, 230, 232, 242, 244, 254, 256, 266, 268, 282
Produkte 90, 92, 110, 118, 186, 196, 198, 204, 216, 220, 224 Schatten/Spiegelungen 18, 60, 68, 90, 106, 114, 174, 178, 186, 212, 218, 222, 234, 236, 260 Schaufenster 86, 90, 118, 220 Sehenswürdigkeiten 16, 18, 22, 30, 36, 38, 44, 48, 52, 56, 58, 66, 74, 76, 130, 140, 150, 160, 166, 172, 174, 176, 178, 184, 200, 202, 258 Situationen 52, 74, 84, 92, 100, 106, 114, 116, 122, 146, 176, 178, 190, 202, 208, 212, 214, 222, 228, 234, 238, 248, 256, 264, 274, 276, 282 Spuren 102, 148, 206, 226, 230, 258 Straßenszenen 84, 92, 118, 126, 128, 130, 134, 136, 146, 148, 150, 154, 158, 162, 164, 172, 176, 206, 222, 234, 238 Symbole 90, 162, 164, 192, 194, 202, 242, 248, 254, 256, 262, 270, 274, 276, 282 Toiletten/Badezimmer 20, 94, 112, 232 Flure/Treppen 12, 28, 78, 212, 218 Verwischtes 134, 190, 212, 246, 250, 268, 280
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Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnd.d-nb.de/ abrufbar.
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10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 13 12 11
ISBN 978-3-8273-2883-0
© der deutschen Ausgabe 2011 Addison-Wesley Verlag, ein Imprint der PEARSON EDUCATION DEUTSCHLAND GmbH, Martin-Kollar-Str. 10-12, 81829 München/Germany Alle Rechte vorbehalten. Lektorat: Kristine Kamm,
[email protected]; Dorothea Krist,
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