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Wenzel Matiaske, Doris Holtmann: (Hrsg.): Leistungsvergütung im Öffentlichen Dienst ISBN 978-3-86618-123-6, Rainer Hampp Verlag, München u. Mering 2007, 224 S., € 27.80
Im öffentlichen Sektor – dem größten „Arbeitgeber“ in Deutschland – vollzieht sich eine „leise“ Revolution. Die seit den 70er Jahren in verschiedenen Reformvorhaben angeregte Umsetzung des Leistungsprinzips in der Form leistungsbezogener Vergütungen wird nun praktisch implementiert. An die Einführung leistungsbezogener Entgelte im öffentlichen Dienst knüpfen sich hohe Erwartungen: In erster Linie eine höhere Leistungsmotivation der Mitarbeiter und damit eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Dienstleistungsqualität im Interesse des Bürgers. Darüber hinaus wird eine Professionalisierung des Personalmanagements im öffentlichen Dienst erwartet. Dieser Band führt Beiträge von Vertretern der Tarifparteien, Praktikern aus der öffentlichen Verwaltung und Wissenschaftlern zusammen, die Erwartungen, Möglichkeiten der Umsetzung und Folgen leistungsbezogener Bezahlung im öffentlichen Sektor diskutieren. Schlüsselwörter:
Öffentlicher Dienst, leistungsbezogenes Entgelt, Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), Verwaltungsreform
Prof. Dr. Wenzel Matiaske, Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personal und Organisation am Internationalen Institut für Management der Universität Flensburg und Forschungsprofessor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW/SOEP) Berlin. Doris Holtmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personal und Organisation am Internationalen Institut für Management der Universität Flensburg.
Wenzel Matiaske Doris Holtmann (Hrsg.)
Leistungsvergütung im Öffentlichen Dienst
Rainer Hampp Verlag
München und Mering 2007
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN: 978-3-8618-123-6 1. Auflage, 2007 © 2007
Rainer Hampp Verlag Meringerzeller Str. 10
München und Mering D – 86415 Mering
www.Hampp-Verlag.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen, Übersetzungen und die Einspeicherung in elektronische Systeme. ∞
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Inhalt Einleitung .............................................................................................................. 3 Wenzel Matiaske, Doris Holtmann Leistungsbilder .................................................................................................... 11 Albert Martin Monetäre Leistungsanreize im öffentlichen Sektor ............................................. 25 Karin Tondorf Personalbeurteilung auf dem Prüfstand – Kritische Fragen zur erfolgreichen Ausrichtung einer „Schlüsselfunktion“ im Personalmanagement ...................... 41 Rüdiger Klimecki, Markus Gmür Leistungsbeurteilung und -vergütung in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Dienst: Eine vergleichende Betrachtung auf Basis des „Cranfield-Projects“ 1995-2005 .......................................................................... 61 Angelo Giardini, Rüdiger Kabst Leistungsvergütung im öffentlichen Dienst: Erwartungen und erste Erfahrungen. Ergebnisse einer Kommunalbefragung .......................................... 79 Wenzel Matiaske, Doris Holtmann, Ingo Weller Leistungsorientierte Vergütung: Ein Katalysator des Kulturwandels im öffentlichen Dienst ......................................................................................... 87 Kai Litschen Leistungsorientierte Vergütung stärkt Eigenverantwortung und Führungskompetenz ............................................................................................ 93 Helmut Overbeck Leistungsentgelte sollten Verbesserung von Mitarbeiterbeteiligung und Führung anregen ........................................................................................... 97 Kurt Martin Leistungsorientierte Vergütungsmodelle der Stadt Heidelberg – Erfahrungen aus der Praxis ..................................................................................................... 103 Roland Haag Die Implementierung von Leistungsbeurteilungen bei den Technischen Betriebe der Stadt Konstanz (TBK): Kommunikation als Instrument der Personalführung ........................................................................ 115 Herbert Munjak 10 Jahre Erfahrung mit Leistungsbezogenem Entgelt (LEB) ............................ 123 Andrea Klatt, Heiko Titsch
Der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der Bundesagentur für Arbeit: Große Vielfalt an Leistungsbezahlungsinstrumenten – viele zusätzliche Flexibilitätsaspekte in der Personalsteuerung ................................. 133 Karsten Bunk Modernisierungsdefizite und Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin ........................................................................... 147 Michael Schlese, Florian Schramm, Karin Reichel Keine Föderalisierung der Beamtenbesoldung .................................................. 171 Ralf Stegner Folgen wahrgenommener Gerechtigkeit des Anreizsystems für Arbeitseinstellung und Arbeitsverhalten von HochschullehrerInnen: Explorationen in einem allzu bekannten Terrain ............................................... 179 Florian Schramm, Ingrid Zeitlhöfer Implementierung einer leistungsbezogenen Bezahlung in öffentlichen Verwaltungen. Eine Untersuchung auf Grundlage der neo-institutionalistischen Organisationstheorie ................................................. 189 Katharina Jörges-Süß Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Durchbruch zu leistungsorientierter Vergütung? ....................................................................... 207 Walter A. Oechsler Autorinnen und Autoren .................................................................................... 219
Einleitung: Leistungsorientierung und -vergütung in öffentlichen Organisationen Wenzel Matiaske, Doris Holtmann Im öffentlichen Sektor – dem mit rund 4,6 Mio. Beschäftigten größten „Arbeitgeber“ in Deutschland1 – vollzieht sich eine „leise“ Revolution. Die seit den 70er Jahren in verschiedenen Reformvorhaben angeregte Umsetzung des Leistungsprinzips in der Form leistungsbezogener Vergütungen wird nun praktisch implementiert. Nach zögerlichem Gebrauch der Möglichkeiten, die das Dienstrechtsreformgesetz und der Rahmentarifvertrag über Leistungszulagen und -prämien im kommunalen Bereich seit gut zehn Jahren boten, drängt nun der 2005 abgeschlossene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) auf die Einführung von Leistungsentgelten. Mit dem Jahr 2007 sieht das Tarifwerk deren Einführung vor2 und es ist zu erwarten, dass damit der Umsetzungsdruck auch für den Bereich der Beamten steigt. Die mit leistungsbezogenen Entgelten einhergehenden Erwartungen der Protagonisten des Reformprozesses und der Tarifpartner sind hoch. Man erhofft sich nicht nur unmittelbar positive Wirkungen auf die Leistungsmotivation der Beschäftigten, sondern darüber hinaus die Etablierung einer neuen Organisationskultur im öffentlichen Sektor. Die Installation leistungsbezogener Entgeltsysteme soll die Diskussion in den Organisationen über die Bedingungen innerhalb derer Leistungen erbracht werden – bzw. erbracht werden können oder müssen – ebenso fördern wie die Diskussion über die zweckmäßigen Mittel der Zielerreichung. Die Stichworte nach innen lauten Organisations- und Personalentwicklung sowie insbesondere Personalführung; nach außen heißen sie Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Dienstleistungsqualität im Interesse des Bürgers. Nicht zuletzt ist mit Leistungsentgelten eine legitimatorische Funktion verbunden. Dem Steuerzahler wird signalisiert, dass die Leistungen der Mitarbeiter einer wirksamen Kontrolle unterliegen. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes können damit möglicherweise ein stückweit Anerkennung zurückgewinnen, das in der oftmals pauschalen Kritik an den Leistungen ihrer Organisationen in den vergangenen Jahrzehnten verloren gegangen ist. Die skizzierten Erwartungen erhöhen die Auseinandersetzung um Leistungsentgelte zum Kristallisationspunkt des aktuellen Reformprozesses, dessen Aus1 2
Stand 30.6.2005 incl. des mittelbaren öffentlichen Dienstes jedoch ohne Einrichtungen für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, Statistische Bundesamt 2006. Der leistungsbezogene Anteil wurde zunächst auf 1 % der Gehaltssumme des Vorjahres fixiert und soll in den Folgejahren auf 8 % steigen. Die Regelung der Vergabemodalitäten erfolgt auf der betrieblichen Ebene.
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gangpunkt im „Neuen Steuerungsmodell“ der KGSt (1993) verortet werden kann. Dieses Modell adaptiert in privatwirtschaftlichen Organisationen erprobte Instrumente der Organisation und der Personalwirtschaft und stellt sie in den Rahmen verwaltungstechnischer und betriebswirtschaftlicher Überlegungen. Öffentliche Organisationen sollen – kurz und überpointiert – vom Regelvollzug auf Zielerreichung umgestellt werden. Das zentrale Instrument in diesem Reformprozess ist die leistungsorientierte Vergütung der Mitarbeiter. Fraglich ist, ob diese Zielvorstellung und die Adaption von Instrumenten der Privatwirtschaft immer wünschenswert und zweckmäßig sind. Festzuhalten ist allerdings, dass der öffentliche Sektor in Deutschland keinen Sonderweg beschreitet. Die OECD (2005) stellt in einer Zusammenstellung der globalen Reformanstrengungen fest, dass noch vor zwei Dekaden leistungsbezogene Vergütungen im öffentlichen Sektor nahezu unbekannt waren, diese jedoch mittlerweile weite Verbreitung gefunden haben. Die Effekte dieser Umstellung, zumindest auf der individuellen Ebene, bleiben allerdings vage. Die unbefriedigende Befundlage im deutschen Fall ist auch darauf zurückzuführen, dass sich der Reformprozess bislang weitgehend außerhalb der betriebswirtschaftlichen oder, genauer, der personalwirtschaftlichen Forschung vollzogen hat. Dies ist auf den ersten Blick verwunderlich, denn die Adaption betriebswirtschaftlicher Instrumente ruft nach der Kooperation von Betriebswirtschaftlicher und Verwaltungswissenschaften, wobei sich letztere auf Grund ihrer pluralen Verfasstheit als offen für disziplinübergreifende Kooperationen erweisen. Darüber hinaus sollte der öffentliche Sektor allein auf Grund seiner Größe starkes Interesse bei der Personalwirtschaft wecken. Allerdings war Personalarbeit im öffentlichen Sektor bislang vor allem Personalverwaltung. Dies wird sich mit der Einführung leistungsbezogener Vergütungen ändern. Der Bericht der OECD zeigt jedenfalls nicht nur, dass die Wirkung leistungsorientierter Vergütungssysteme für die Motivation der Mitarbeiter nicht eindeutig ist und für die Mehrzahl der Beschäftigten auf Grund materieller Leistungsanreize kaum mehr Motivation zu erwarten ist, sondern auch, dass mit Leistungsvergütungssysteme eine Professionalisierung der Personalarbeit einhergeht. Wenn sich dieser Seiteneffekt der Einführung leistungsbezogener Entgelte etabliert, wird das Interesse der Personalforschung folgen. Dieser Band ein Ergebnis eines dreijährigen Begleitforschungsprojekt zur Einführung von Leistungsvergütungen im öffentlichen Dienst.3 Auf dem Abschlussworkshop des Projektes, der dem Austausch von Praktikern und Wissenschaftlern diente, entstand das Bedürfnis den Dialog zu vertiefen und Berichte aus der Praxis mit weiterführenden Beiträgen von Wissenschaftlern zusammenzuführen. Dieser Band setzt die Idee um und verbindet personalwirtschaftliche Beiträge, Stellung3
Das Teilprojekt 2 „Nachhaltiges Personalmanagement in öffentlichen Organisationen“ wurde im Rahmen des Projektverbundes „Nachhaltigkeit von Arbeit und Rationalisierung“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über einen Zeitraum von drei Jahren (2002-2005) gefördert. Weitere Informationen zum Projekt und Befunde unserer Begleitforschung unter http://www.uni-flensburg.de/nar.
Einleitung
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nahmen der Tarifparteien und Praxisbeispiele. Bedauerlicherweise konnten wir hier jedoch nicht alle avisierten Beiträge veröffentlichen. Dies nicht aus Gründen der Termintreue von Autoren, mit denen Herausgeber von Sammelbänden immer rechnen (müssen). Der Band ist einer tarifpolitisch aktuellen und damit brisanten Problematik gewidmet. Dies impliziert, dass insbesondere Autoren aus der Praxis mit teilweise erheblichen mikropolitischen Problemen zu kämpfen hatten, was nicht nur zu Verzögerungen bei der Drucklegung, sondern bedauerlicherweise auch zum Rückzug von bereits fertiggestellten Beiträgen führte. Die Beiträge des Bandes sind in vier Sektionen gruppiert. Die Beiträge der ersten Gruppe sollen Grundlagen schaffen und informieren über Leistung und Leistungsanreize, Verfahren der Leistungsbeurteilung sowie deren Verbreitung und Akzeptanz in der Praxis öffentlicher aber auch privatwirtschaftlicher Organisationen. In der zweiten Sektion haben wir Stellungnahmen der Tarifparteien zusammengestellt. Die Beiträge in der dritten Gruppe bündeln Praxisbeispiele aus öffentlichen Organisationen, die bereits über Erfahrungen mit Leistungsvergütungen verfügen. Schließlich haben wir eine Reihe von Autoren gewinnen können, die in ihren Beiträgen verschiedene Aspekte des aktuellen Reformprozesses kritisch hinterfragen. Den Ausgangspunkt im ersten Teil bilden zwei Beiträge zum Leistungsprinzip und dessen Umsetzung im neuen Tarifwerk für den öffentlichen Dienst. Albert Martin macht darauf aufmerksam, dass Leistung in Arbeitsbeziehungen kein objektiver Begriff ist, sondern durch Leistungsbilder geprägt wird. Er diskutiert grundlegende theoretische Konzeptionalisierungen von Leistung wie die Zielsetzungs-Theorie und die Vorstellung vom Arbeitnehmer als „gutem (Organisations-)Soldat“. Insbesondere letztere Idee prägt die aktuelle Leitvorstellung der Diskussion im und um den öffentlichen Dienst. Gefordert wird der „engagierte Mitarbeiter“, der sich mit „seiner“ Organisation identifiziert und über das formal festgelegte Aufgabenspektrum hinaus Leistung im Dienste der Organisation zeigt. Diesem Leistungsbild stellt Albert Martin seine Überlegungen zum Arbeitnehmer als Partner gegenüber. Karin Tondorf erläutert anschließend die Forderung nach und Möglichkeiten von monetären Leistungsanreizen im öffentlichen Sektor. Die Autorin erläutert zurückliegende Möglichkeiten der Entgeltdifferenzierung im öffentlichen Dienst und Hemmnisse bei ihrer Umsetzung. Als Schlüsselprobleme identifiziert sie im Resümee einer Reihe empirischer Studien die Finanzierung, Fragen der Verteilung und Schwierigkeiten den Nutzen leistungsorientierter Entgeltfindung zu erkennen bzw. zu vermitteln. Mit dem im TVöD implementierten Umsetzungsdruck stellen sich weitergehende Fragen zum Prozess der Implementierung leistungsbezogener Entgelte. Vor diesem Hintergrund entwickelt Karin Tondorf eine Reihe von Vorschlägen. Eine zentrale Voraussetzung der Implementation von leistungsbezogenen Entgelten sind Personalbeurteilungen. Diese personalwirtschaftlichen Standardinstrumente stellt der Beitrag von Rüdiger Klimecki und Markus Gmür auf den Prüfstand. Die Autoren richten verschiedene, praktisch und theoretisch relevante Fragen an Leistungsbeurteilungssysteme, insbesondere nach der Zielsetzung des Ein-
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Wenzel Matiaske, Doris Holtmann
satzes von Leistungsbeurteilungssystemen. Dabei stellt sich u. a. das Problem des diagnostischen Trilemmas: Sollen die Beurteilungen umfassend, effizient oder treffgenau im Sinne der messtheoretischen Gültigkeit sein? Der Beitrag zeigt auf, dass nicht alle Ziele von Leistungsbeurteilungen gleichzeitig erreicht werden können. D.h. es sind Entscheidungen zu treffen oder, genauer gesagt, Vereinbarungen zu erzielen. Wichtige Entscheidungen bzw. Vereinbarungen betreffen insbesondere auch die Fragen nach dem Gegenstand von Leistungsbeurteilungen oder was beurteilt werden soll – Anstrengung, Ergebnis oder Potential – deren Ausgestaltung oder die Frage nach dem wie der Beurteilung –ganzheitlich oder detailliert – und wer beurteilen soll. Zwei empirische Studien zu Verbreitung und Anwendungsbedingungen von Leistungsbeurteilungen runden den ersten Teil ab. Angelo Giardini und Rüdiger Kabst informieren über die Verbreitung von Leistungsbeurteilungen und -vergütungen in der privaten Wirtschaft und in öffentlichen Organisationen auf Basis des Cranet. Ihre Auswertungen umfassen das Zeitfenster der Dekade von 1995–2005, d.h. sie informieren auch über sektorale Trends. Zeitpunktbezogen sind dagegen die hier berichteten Ergebnisse einer Kommunalbefragung von Wenzel Matiaske, Doris Holtmann und Ingo Weller. Diese Studie fragt nach den Akzeptanzfaktoren von Leistungsvergütungen, den erwarteten bzw. realisierten Funktionen für die Personalarbeit sowie nach der organisationalen Vorbereitung auf die Einführung von Leistungsbeurteilungssystemen. Das zentrale Ergebnis dieser Studie verweist darauf, dass die Einführung von Beurteilungssystemen den Nukleus eines Personalmanagements in öffentlichen Organisationen bilden könnte, welches die bisherige Praxis der Personalverwaltung überwindet. Im zweiten Teil dieses Bandes haben wir Stellungnahmen der Tarifparteien zusammengestellt. Kai Litschen, stellvertretender Geschäftsführer des Kommunalen Arbeitgeberbandes Schleswig-Holstein (KAV-SH) erläutert die Position der Arbeitgeber. Der KAV-SH erweist sich als entschiedener Befürworter einer leistungsdifferenzierten Bezahlung im öffentlichen Dienst. Die Einführung leistungsorientierter Bezahlung, so die weitergehende Erwartung, wird einen Kulturwandel im öffentlichen Dienst auslösen. Die Position der Arbeitnehmervertreter erläutern Helmut Overbeck, Verhandlungsführer bei den Verhandlungen zum Leistungstarifvertrag-Bund und Stellvertretender Vorsitzender der dbb tarifunion, und Kurt Martin, Mitglied des Bundesvorstandes der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und zuständig für die Tarifpolitik im öffentlichen Dienst. Helmut Overbeck sieht in der leistungsorientierten Bezahlung einen modernes und effizientes System, um Leistung monetär anzuerkennen und Leistungsbereitschaft zu fördern. Darüber hinaus erwartet er eine Verbesserung der Führungskultur, weil dieses System Führungskräfte und Mitarbeiter in den Dialog über die Ziele ihrer Organisation bringt. Diesen Wechsel der Führungskultur betont auch Kurt Martin aus der Sicht von ver.di. Er erwartet diesen Wandel jedoch nur in Abhängigkeit von einem bestimmten Instrumentarium: Zielvereinbarungen. Diese eröffnen im Unterschied zu anderen Beurteilungssystemen Chancen für die Beteiligung der Beschäftigten und ermöglichen die Diskussion über Ziele, um letztlich die Wünsche und Bedürf-
Einleitung
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nisse der Bürgerinnen und Bürger besser berücksichtigen zu können. Das Ziel des Leistungsentgeltsystems ist es aber auch, die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten – technische Ausstattung, Personalentwicklung, Kommunikation etc. – so zu gestalten, das diese wünschenswerte Leistungen erbringen können. Eine dritte Gruppe von Beiträgen stellt Fallbeispiele aus Praxis öffentlicher Arbeitgeber vor. Ein Vorreiter in Sachen leistungsorientierter Vergütung war die Stadt Heidelberg. Die Stadt überführte den Bereich Gartenbau in einen Regiebetrieb mit dem Ziel, im Zeitraum von drei Jahren (1996–1999) eine Kostensenkung von 20 % zu realisieren. Mit der Reorganisation, so berichtet Roland Haag, ging eine Stärkung der Eigenverantwortung auf verschiedenen Ebenen einher. So wurden die Arbeitzeiten der Mitarbeiter flexibilisiert und die Betriebsleitung entscheidet seither über Eigenfertigung oder Fremdvergabe. Darüber hinaus wurden die Mitarbeiter am Erfolg der Einsparungen durch monetäre Anreize beteiligt. Die Erfolge des Modells führten zur Übertragung des Modells auf andere gewerbliche Bereiche der Stadt. Die Technischen Betriebe der Stadt Konstanz haben im Jahr 2000 ein Leistungsbeurteilungssystem mit den Zielsetzung eingeführt, die vorherige Praxis der Zulagen abzulösen und Leistungsorientierung im Betrieb zu kommunizieren. Herbert Munjak berichtet über den Einführungsprozess des analytischen Beurteilungsverfahrens und seine Ergebnisse. Andrea Klatt und Heiko Tisch berichten aus der zehnjährigen Erfahrung der Hamburger Stadtentwässerung mit leistungsbezogenem Entgelt. Ausgangspunkt war die Verselbständigung des Betriebes verbunden mit einer aus Personalkosteneinsparungen finanzierten Prämienzahlung. Bereits 1996 wurde ein Tarifvertrag zum leistungsbezogenen Entgeltsystem abgeschlossen, der in der Folge erweitert wurde. Als Leistungsstandard wird im aktuellen Vertrag nicht mehr nur die Leistung in der Vergangenheit, sondern auch der Marktvergleich herangezogen. Ausführlich stellt Karsten Bunk den neuen Tarifvertrag der Bundesagentur für Arbeit vor. Dieser beinhaltet ein ganzes Bündel von Leistungsvergütungselementen. Neben monetären Anreizen auf Individual- und Teamebene sieht der Tarifvertrag auf nicht-monetäre Elemente wie Arbeitszeit- und Freizeitregelungen, Sachleistungen oder Fortbildungsangebote vor. Das Tarifwerk geht auch bei der Gestaltung des Entwicklungsaufstiegs und der Festlegung sogenannter Funktionsstufen über die im TVöD vereinbarten Regelungen hinaus. Der Beitrag von Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel ist dem Fallbeispiel des Botanischen Gartens Berlin gewidmet. Der größte botanische Garten Deutschlands und eine weltweit führende Einrichtung befindet sich nicht zuletzt auf Grund der finanziellen „Notsituation“ des Landes Berlin in prekärer Lage. Das hier berichtete Lösungskonzept der Einrichtung sieht eine charakteristische Kombination von Stellenabbau, Einnahmeerhöhung und Privatisierung von Leistungen vor. Die Autoren berichten über die Umsetzung dieses Maßnahmenbündels aus der Perspektive eines wissenschaftlichen Begleitforschungsprojektes. Über den Fallbericht hinaus reflektieren die Autorinnen die Beschäftigungsstruktur auf der empirischen Basis des Sozio-oekonomischen Panels und diskutieren alternative Strategien vor dem Hintergrund des TVöD.
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Wenzel Matiaske, Doris Holtmann
Damit weist dieser Aufsatz über die Berichterstattung aus der Praxis hinaus und leitet zur letzten Gruppe von Beiträgen über, die der kritischen Diskussion der aktuellen Entwicklungen gewidmet sind. Ralf Stegner, Innenminister des Landes Schleswig-Holstein, unterstreicht in seinem Beitrag zunächst die Notwendigkeit einer Stärkung der Leistungsorientierung in öffentlichen Verwaltungen. Dies impliziert Maßnahmen im Bereich der Beamtenbesoldung, auf welche sich der Autor konzentriert, wie monetäre Leistungsanreize und Personalentwicklungskonzepte. Jedoch argumentiert Ralf Stegner für den Erhalt bundeseinheitlicher Grundstrukturen, um den Wettbewerbsföderalismus um Personal einzugrenzen. Das von Ralf Stegner diskutierte Problem lässt sich vermutlich schon in naher Zukunft im Hochschulbereich empirisch beobachten, der mit der W-Besoldung eine Vorreiterrolle bei der Implementation variabler Leistungsbezüge übernommen hat. Der Binnensicht dieses neuen Entlohnungssystems mit variablen Leistungsbezügen widmet sich der Beitrag von Florian Schramm und Ingrid Zeitlhöfer. Sie berichten aus einem empirischen Forschungsprojekt zur wahrgenommenen Gerechtigkeit der Besoldung von Hochschullehrerinnen und den Folgen. Professorinnen und Professoren mögen angesichts der Zahl der Beschäftigten als „exotischer“ und damit zu vernachlässigender Fall erscheinen. Jedoch verfügen Hochschullehrer – wie vergleichsweise sonst nur Richter – über besondere Wahlfreiheiten in ihrem Arbeitsverhalten, was die besondere Aufmerksamkeit der Personalwirtschaftslehre gegenüber dieser Gruppe von Beschäftigten erklärt. Die Vermutung ist, dass sich bei dieser speziellen Gruppe Reaktionen auf wahrgenommene Ungerechtigkeit beobachten lassen, die bei anderen Beschäftigten nur in Zeiten eines ausgeglichenen Arbeitsmarktes deutlich werden. Über die Möglichkeiten einer leistungsbezogenen Entgeltpolitik im öffentlichen Dienst wird bereits seit den 70er Jahren in verschiedenen Reformvorhaben und in der Öffentlichkeit diskutiert. Damit drängt sich die Frage auf, warum die Umsetzung dieser Überlegungen erst heute auf der Agenda steht. Katharina Jörges-Süß diskutiert diese Fragestellung auf der Folie der neo-institutionalistischen Organisationstheorie. Aus dieser Perspektive liegen die Gründe nicht nur in Akzeptanz- und Legitimationsproblemen einer leistungsorientierten Vergütung, sondern auch in fehlenden Systemen zur Leistungsbeurteilung und den finanziellen Problemen der öffentlichen Haushalte. Die personalwirtschaftliche Reflektion der Implementation der „längst überfälligen Reform“ einer leistungsorientierten Vergütung am Beispiel des TVöD leistet – last but not least – der Beitrag von Walter Oechsler. Der Autor resümiert abschließend die zentralen Elemente des Tarifvertrages und attestiert dem Reformwerk erhebliche Defizite hinsichtlich des verfahrens- und führungsbezogenen „Unterbaus“. Diese Mängel führt Walter Oechsler auf die fehlende Orientierung an personalwirtschaftlichen Grundprinzipien zurück. Die Reformbemühungen sind aus dieser Sicht bemüht, drückende Unzulänglichkeiten der Vergangenheit aufzuarbeiten und weit davon entfernt, ein zukunftsorientiertes Personalmanagement in öffentlichen Organisationen zu implementieren.
Einleitung
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Bleibt zu hoffen, dass entgegen der kritischen Einschätzungen das Prinzip Hoffnung siegt und die Reform hinzu einer leistungsorientierten Vergütung in öffentlichen Organisationen zu einer Professionalisierung von Personalwirtschaft jenseits der Personalverwaltung führt. Darüber hinaus wünschen wir, dass dieser Band den Dialog von Theorie und Praxis zur Personalarbeit im öffentlichen Sektor stärkt. Wir hoffen, dass Praktiker und Wissenschaftler Nutzen aus den hier versammelten Arbeiten ziehen. Wir danken allen Beteiligten für Ihre Beiträge. In erster Linie danken wir den Autoren: Den beteiligten Wissenschaftlern, nicht zuletzt deshalb, weil sie das Anreizsystem ihrer Organisationen verlassen haben und in einer Publikationsform veröffentlichen, die zwar zweckmäßig ist, jedoch nur noch wenig Punkte im eigenen Referenzsystem einbringt. Den Praktikern, die möglicherweise Widerstände überwinden mussten und vor allem, weil sie jenseits des „Tagesgeschäftes“ Zeit für eine Vermittlung ihrer Arbeit aufgebracht haben. Lothar Schneider hat diesen Band durch die Vermittlung einer Reihe von Kontakten unterstützt. Herzlicher Dank gilt aber auch unserem Verleger, Rainer Hampp, für die gewohnt unterstützende Zusammenarbeit und Birgit Schröder für die – wie immer – professionelle Aufbereitung der Beiträge.
Literatur KGSt (1993): Das Neue Steuerungsmodell: Begründung – Konturen – Umsetzung. Arbeitspapier, Nr. 5, Köln: Kommunale Geschäftsstelle für Verwaltungsvereinfachung. OECD (2005): Performance-related pay policies for government employees. Paris: Organisation for Economic Co-operation and Development.
Leistungsbilder Albert Martin
Leistung gilt als zentraler Steuerungsmechanismus zur Erzeugung von Wohlstand und Lebenschancen. Entsprechend hoch ist die Wertschätzung, die „Leistung“ genießt, man kann ohne Übertreibung sagen, das Leistungsdenken ist der ideologische Zement unserer Gesellschaft. Er durchdringt alle Lebenszeiten und alle Lebensbereiche. Primärer Ort zur Entfaltung des Leistungsgedankens ist und bleibt wohl die Arbeitswelt, was nicht verwundert, schließlich ist ihr ausgemachter Zweck ja die Erstellung von Produkten und Leistungen. Nicht minder im Zentrum steht die Leistung in der Schule, in der durch ständiges Abprüfen von Leistungsfortschritten das Leistungsethos eingeübt wird, um es dann, wenn die Kinder herangewachsen sind und in die Arbeitswelt eintreten, abrufen zu können. Leistung zählt aber nicht nur in den ausgewiesenen Leistungsfeldern unserer Gesellschaft. Seine eigentlichen Triumphe feiert das Leistungsdenken oft gerade in der Frei-, Kultur- und Erholungszeit. Man denke nur an den Kampf um körperliche Fitness, an Hobbywahn und Kunstsnobismus oder an die mediale Aufmerksamkeit, die das größte Flugzeug, das schönste Model, das meistverkaufte Buch, die bestgerankte Universität oder eben auch das profitabelste Unternehmen erhalten. Leistung ist in allen gesellschaftlichen Prozessen fest verankert, weshalb die auf- und abschwellenden Diskussionen über Wertewandel, Niedergang oder Renaissance des Leistungsprinzips etwas Aufgesetztes haben (vgl. u.a. Kmieciak 1976, Weber 1981, Opaschowski 2004). Von größerer Bedeutung ist jenseits derartiger Debatten allemal, welche Inhalte sich eigentlich mit dem Leistungsstreben verbinden. Zu dieser Frage bietet die Leistungsliteratur Beliebiges: es gibt kaum ein Verhalten, das nicht unter dem Leistungsaspekt betrachtet wird. Ist der Leistungsbegriff damit schlichtweg leer? Hierauf wird im folgenden Abschnitt eingegangen. Weil der mögliche Erkenntnisgewinn begrifflicher Erörterungen sehr gering ist, wollen wir hierbei nicht verweilen, sondern uns im folgenden Abschnitt mit drei Theorien des Leistungsverhaltens in Organisationen beschäftigen. Damit wird es möglich, zwar etwas mehr Licht auf das Leistungsphänomen zu werfen, die Hoffnung, damit zu einer verbindlichen, wissenschaftlich begründeten Leistungsvorstellung vordringen zu können, muss aber enttäuscht werden. Nicht nur Politiker, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auch Wissenschaftler sprechen oft über sehr verschiedene Dinge, wenn sie über Leistung sprechen.
1.
Leistungsvorstellungen: Begriffe
Die Schwierigkeit mit der Leistung beginnt bereits damit, dass es keinen letztlich verbindlichen Maßstab für Leistungen geben kann, weil Leistungsvorstellungen fest in Wertvorstellungen eingebunden sind, die als solche keine Objektivität beanspruchen können. So wird man nicht jede „Spitzenleistung“ auch als wirkliche Leistung durchgehen lassen (man betrachte nur die Rekorde im einschlägigen Guinness-Buch). Auch wird nicht selten, was den einen als großartige Leistung gilt, von andern als niveaulos und indiskutabel abgetan (die Geschichte der Wissenschaft, der Technik, der Kunst, der Politik liefert hierzu
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Albert Martin
reichlich Anschauungsmaterial). Doch nicht nur die Bestimmung der Leistungsinhalte, auch der Leistungsvergleich ist oft hoch problematisch. Was ist beispielsweise die „enttäuschende Leistung“ eines Weltrekordlers, wenn er bei der Olympiade nur Vierter wird im Vergleich zu der Leistung eines von seiner Anlage her wenig sportlichen Schülers, dem es gelingt bei einem Schulwettbewerb statt wie üblich den letzten Platz zu belegen, einen mittleren Platz zu erobern? Wer liefert die größere Leistung? Und was ist die bessere Leistung: Wenn ein Unternehmen eine Rendite erwirtschaftet, die den langfristigen Kapitalmarktzins um das doppelte übertrifft, dabei aber einige tausend Stellen abbaut oder wenn ein vergleichbares Unternehmen nur eine durchschnittliche Rendite erwirtschaftet, weil sie auf Stelleneinsparungen verzichtet? Die Personalwirtschaftslehre vermeidet inhaltliche Festlegungen auf einen Leistungsbegriff. Oechsler/Steinbach definieren die Arbeitsleistung als „…Summe der quantitativen und qualitativen Ergebnisse von Arbeitskräften (Arbeitsergebnis) unter Berücksichtigung des benötigten Zeitaufwandes (Oechsler/Steinbach 1983, 9). Für Pinder ist Leistung „… the accomplishment of work-related goals regardless of the means of their accomplishment.” (Pinder 1998, 17). Ähnlich definiert Borchert: „Eine Leistung eines Mitarbeiters liegt … dann vor, wenn dieser einen Beitrag zur Erreichung unternehmerischer Ziele liefert.” (Borchert 2004, 1082 f.). Ob Ergebnisse, arbeits- oder unternehmensbezogene Ziele: welche inhaltlichen Ergebnisse bzw. Ziele als Leistung gelten sollen, wird nicht näher ausgeführt.1 Diese Festlegung wird den Entscheidern vor Ort überlassen. Und eine Festlegung erfolgt denn auch, schließlich gilt ja – wie oben angeführt – das Leistungsprinzip und verlangt z.B. die Bezahlung oder Karrierechancen an der erbrachten Leistung auszurichten. Ein wichtiger Schritt um diesbezüglich zu einem Ergebnis zu kommen ist die Untersuchung der „Anforderungen“, die eine bestimmte Aufgabe stellt. Die Anforderungen definieren gewissermaßen die Mindestleistung, die jemand erbringen muss, damit die Aufgabe befriedigend erledigt wird. Höhere Anforderungen rechtfertigen daher (aus dem Blickwinkel des Leistungsprinzips) auch einen höheren Lohn (der Lehrer soll z.B. mehr verdienen als der Hausmeister). Die Erfüllung der Anforderungen ist aber nur ein Teil der möglichen Leistung. Zwei Personen können gleichermaßen die Anforderungen einer Aufgabe erfüllen (zwei Lehrer, die beide tun, was gute Lehrer tun) und sich im Weiteren dann doch in ihrem Leistungsgrad unterscheiden (einer der Lehrer tut noch mehr). Die Leistungsgerechtigkeit verlangt, dass auch dieser Unterschied bei der Entlohnung berücksichtigt wird. Allerdings ist es ein oft schwieriger und konfliktdurchtränkter Prozess, die angemessenen Anforderungen zu finden und den tatsächlichen Leistungsgrad zu ermitteln. Leistungsbestimmung ist eine Bestimmungsleistung. Man muss sich auf einen Maßstab einigen und man muss sich vor allem auch einigen, denn ohne Verbindlichkeit verliert der Leistungsbegriff jeden Gehalt (vgl. auch die Definition von Heckhausen 1974). 1
Die Definitionen beziehen sich auf das Verhaltensergebnis, verschiedentlich wird vorgeschlagen, auch andere Aspekte des Leistungshandelns einzubeziehen, etwa das Verhalten oder das Potential; man unterscheidet Mengen- von Wertleistungen, Effizienz und Effektivität (vgl. u.a. Wagner 1975, Campbell 1990, Schettgen 1996). Derartige Differenzierungen haben häufig einen „pragmatischen“ Sinn (sie sollen Ansatzpunkte für die Festlegung von konkreten Leistungskriterien liefern), sind aber nicht geeignet, die angeführte Grundproblematik zu entschärfen. Im Übrigen nimmt auch die Alltagssprache vielfältige Akzentsetzungen vor; so führt z.B. das Grimmsche Wörterbuch bei der Beschreibung des Leistungsbegriffs Aspekte wie die Erfüllung einer Obliegenheit, die Übernahme einer Verpflichtung oder die Bewährung einer Fähigkeit auf.
Leistungsbilder
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Betrachtet man die jeweilige Motivlage von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, dann scheinen die Chancen für eine einvernehmliche Verständigung eher schlecht. Leistungswillen beziehen Arbeitnehmer primär aus intrinsischen Motivatoren, also aus Spaß an interessanten Aufgaben, aus Selbstbestimmung und Anerkennung (Herzberg/Mausner/ Synderman 1959, Kovach 1987, Deci/Ryan 1985). Umgekehrt wünschen sich Arbeitgeber Fleiß („Einsatzbereitschaft“), Anpassungsbereitschaft und Disziplin (Hunt 1996, DIHK 2004, Krenn/Papouschek/Vogt 2004). Die Vermittlung dieser beiden wenig kompatiblen Wertereihen bedarf einiger Anstrengungen.2 Erschwert wird diese Vermittlung noch durch gegensätzliche Interessen an der Leistung, die in der Natur eines jeden Arbeitsverhältnisses liegen. Schließlich ist Leistungsverhalten ja das primäre Tauschgut, das der Arbeitnehmer in die Arbeitsbeziehung einbringt. Er wird es nicht herschenken, der Arbeitgeber wird es andererseits möglichst günstig erwerben und verwerten wollen. Die Meinungen darüber, wie viel Spielraum für Arbeitnehmer überhaupt besteht, um ihre Leistungsinteressen einzubringen, sind geteilt. Neuberger ist diesbezüglich illusionslos: „Was zählt und sich auszahlt ist Leistung, die marktfähig sein und vorgeschriebenen Standards genügen muss.“ (Neuberger 1985, 215). Zusammengefasst: Leistung ist eine abstrakte Kategorie, die der Konkretisierung bedarf. In diesem Ableitungsprozess treten notwendig Brüche auf, die nicht durch Logik allein, sondern auch durch Entscheidungen überbrückt werden müssen. Über die Leistungskriterien muss man sich außerdem verständigen. Das ist und bleibt ein hochgradig politischer Prozess selbst dann, wenn man ihn methodisch begleitet und ihn damit ein Stück weit „versachlicht“, z.B. durch Entwicklung und Anwendung von Verfahren der Arbeits- und Leistungsbewertung (Bartölke u.a. 1981).
2.
Leistungsvorstellungen: Theorien des Leistungsverhaltens
Die im Folgenden skizzierten theoretischen Ansätze gründen in sehr unterschiedlichen Vorstellungen über die menschliche Natur und deren Antriebe und kommen damit auch zu einem je eigenen Leistungsverständnis. Sie stehen exemplarisch für eine ganze Reihe weiterer Ansätze aus der reichhaltigen Literatur zum Verhalten in Organisationen, auf die an dieser Stelle nur verwiesen werden kann (Pinder 1998, Miner 2003, Martin 2003).
2.1
Der Arbeitnehmer als Hochleistungssportler
Eine der bekanntesten – und nach Auffassung ihrer Protagonisten eine der erfolgreichsten (!) – Theorien des Leistungsverhaltens ist die Zielsetzungs-Theorie von Locke/Latham (1984, 1990, 2002, 2005). 2
Das ist natürlich nur eine vereinfachte Gegenüberstellung, die die möglichen Konfliktlinien bei der Konfrontation von Leistungsangebot und Leistungsanforderung deutlich machen soll. Im Konkreten gibt es zahlreiche weitere Ursachen für das bedingte oder unbedingte Leistungsstreben von Arbeitnehmern, etwa monetäre Wünsche und Bedürfnisse, Freude an der Leistung, Pflichtgefühl, wahre ebenso wie falsche Bedürfnisse (z.B. Arbeitssucht, Ruhmsucht, Herrschsucht) und natürlich auch noch andere Erwartungen von Arbeitgebern (z.B. Kreativität, Innovationsfreude, gemeinschaftsorientiertes Verhalten auf der einen, Loyalität und Gehorsam auf der anderen Seite).
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Albert Martin
Zieleigenschaften
Mediatoren
Moderatoren
Wirkung
Feedback Zielcommitment
Anspruch
Aufmerksamkeit
Präzision
Regulation
Leistung
Ausdauer
Aufgabenkomplexität Situationsbeschränkungen
Fähigkeiten Abbildung 1: Leistungsmodell Hochleistungssportler (Locke/Latham 1990) Die Zielsetzungs-Theorie argumentiert gerade heraus. Ihr Interesse gilt ganz unmittelbar der Frage nach möglichst hoher Leistung. Sie unterscheidet sich damit von anderen Theorien, denen es auf einem allgemeineren Niveau um die Motivationsdynamik geht und in denen Leistungsanstrengungen daher nur den Stellenwert einer spezifischen Verhaltensthematik gewinnen. Dessen ungeachtet fußt auch der Ansatz von Locke/Latham auf allgemeinen Vorstellungen über die menschliche Natur, so etwa in der Annahme, dass das Leistungsstreben ganz vital und zentral in der menschlichen Psyche verankert sei und – nicht weniger wichtig – in der Auffassung, dass Menschen in einer Leistungssituation normalerweise mit hellem Bewusstsein agierten und sich nicht etwa von unbewussten Bestrebungen leiten ließen. Ihre Aussagen gründen Locke/Latham allerdings weniger auf theoretische Überlegungen als vielmehr auf die Ergebnisse zahlreicher empirischer Studien. Ihre zentrale Erkenntnis fassen sie wie folgt zusammen: „The core of goal setting theory asserts that performance goals lead to the highest level of performance when they are both clear (specific) and difficult. Specific, hard goals lead to higher performance than easy or vague goals, such as trying to ‘do your best’“. (Locke/Latham 2005, 129). Zur Erklärung dieses Tatbestands bemühen sie die in Abbildung 1 skizzierten Zusammenhänge. Demnach stimulieren Zielklarheit und Zielanspruch psychische Prozesse, die der Leistungserbringung besonders zuträglich sind. Ein klar definiertes anspruchsvolles Ziel verleiht der damit verknüpften Aufgabe eine besondere Bedeutung und lässt andere Ziele in den Hintergrund treten – ein Vorgang, der die Konzentration auf das Leistungsziel fördert und damit auch zu einer Leistungssteigerung führt. Entsprechendes gilt für die Verhaltensregulation und die Ausrichtung der Anstrengungen auf das in Frage stehende Ziel. Und dass die Ausdauer eher durch klar definierte als durch vage Absichten gestützt wird, ist ebenfalls einigermaßen plausibel. Allerdings ist nicht gewährleistet, dass die angeführten Mechanismen immer zur Entfaltung kommen. Abhängig ist das vom Wirksamwerden der in Abbildung 1
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aufgeführten Moderatorvariablen. Diese definieren gewissermaßen die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Zielspezifikation. Dass es sich hierbei um alles andere als lässliche Voraussetzungen handelt, sieht man beispielhaft an der Variablen „Zielcommitment“: Nur wenn sich eine Person einem Ziel wirklich verpflichtet fühlt, wird sie sich von der Verfolgung eines hohen Leistungsanspruchs nicht abbringen lassen. Mit dieser Überlegung drängt sich wie von selbst die Frage auf, ob eine Größe wie das Zielcommitment für die Leistungserbringung nicht ohnehin wesentlich wichtiger ist als die von Locke/Latham herausgestellten Zieleigenschaften. Ähnliches gilt für weitere Verhaltensdeterminanten, auf die die Autoren in ihren Veröffentlichungen mehr oder weniger ausführlich eingehen (Selbstwirksamkeit, persönliche Ambitionen, Anreizsituation). Doch unabhängig von derartigen Einwänden,3 die Grundargumentation ist durchaus plausibel – allerdings nur für ganz spezielle Leistungskontexte. Immer dann, wenn eine Person ein begehrenswertes und operationalisierbares Leistungsziel vor Augen hat, dem sie sich verpflichtet fühlt, dann ist es sicher auch hilfreich, das Ziel in klar abgegrenzte Teilziele zu zerlegen und in seinem Anspruch nicht nachzulassen. Solche Situationen findet man am ehesten im Leistungssport. Wer sich auf eine Meisterschaft oder einen Rekordversuch vorbereitet, tut gut daran, sich nicht mit Minimalzielen zufrieden zu geben. Auch ist es sicher leistungsförderlich, wenn er seine Zielmargen konkret festlegt, Zwischenziele definiert und regelmäßig prüft, ob er seinem Ziel (etwa einer bestimmten Rekordzeit) näher kommt. Es ist allerdings sehr die Frage, ob sich Leistungssituationen in der Arbeitswelt in ähnlicher Weise darstellen lassen. Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass Locke/Latham die Opfer ihrer eigenen Leistungsideologie geworden sind. Die Vorstellung von leistungsbegeisterten Arbeitnehmern, die vorbehaltlos bereit sind, „alles zu geben“ nur weil sie ein leicht fassliches, anspruchsvolles (begehrenswertes?) Ziel vor Augen haben, erscheint denn doch allzu stilisiert. Das heißt nun andererseits nicht, dass die Mechanismen, die in dem Modell angesprochen sind, keinerlei Bedeutung besitzen. Sie können – und in manchen Situationen mehr als in anderen – durchaus zur Geltung kommen und so auch einen starken Impuls setzen, besondere Leistungen zu erbringen. Man sollte aber nicht glauben, jedwedes Leistungsverhalten ließe sich auf das Schema reduzieren, wie es typischerweise für die Situation im (Spitzen-) Sport angebracht ist. Vielen Aufgaben würde es nicht gut bekommen, würde man sie in das Schema dieser Hochleistungsperspektive stecken. Gerade bei den wichtigeren Aufgaben ist von vornherein eben nicht klar, worin die eigentliche Leistung besteht und was den letztlichen Erfolg ausmacht. Würde man derartige Aufgaben mit operationalen Teilzielen traktieren, dann ginge das oft nicht ohne Bedeutungsund Effizienzverluste ab. Dies gilt insbesondere für „schlecht-definierte“ und komplexere Aufgaben, für Aufgaben, die Teil einer verwickelten Aufgabenstruktur sind und für 3
Diese Frage kann an dieser Stelle leider nicht vertieft werden. Gleiches gilt für das Problem, den Stellenwert der Fähigkeiten zu bestimmen. In Abbildung 1 werden die Fähigkeiten als Mediatoren eingestuft, was nicht recht einleuchten will und von den Autoren auch nicht konsequent so gesehen wird (vgl. z.B. Locke 2000). Im Übrigen ist das Modell (wie andere Motivationsmodelle auch) eigentlich kein Leistungsmodell, sondern ein Modell der Leistungsbereitschaft, die Wirksamkeit der Leistung selbst läuft gemäß der Skizze in Abbildung 1 ja gewissermaßen neben den anderen Prozessen (die sich alle auf die Leistungsbereitschaft beziehen) einher ohne mit ihnen genauer verknüpft zu werden. Vgl. zur Zielsetzungstheorie neben den Veröffentlichungen von Locke/Latham u.a. Kanfer 1990, 126 ff., Pinder 1998, 368 ff.
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Aufgaben, die die Abstimmung wenn nicht gar die Kooperation mit andern Personen erfordern.4 Paradoxerweise sind die gut strukturierbaren Aufgaben, für die sich die Rezepte der Zielsetzungstheorie besonders eignen, Aufgaben, die eben das nicht haben, was die Zielsetzungstheorie voraussetzt, nämlich Begeisterungspotential.
2.2
Der Arbeitnehmer als guter Soldat
Mit der Fixierung auf eine konkret geforderte Leistung wird man dem modernen Arbeitsleben, das den Mitarbeitern Mitdenken, Engagement und Verantwortung abverlangt, kaum gerecht. Die einschlägige Forschung hat daher auch eine ganze Reihe von Konstrukten entwickelt, die dazu dienen, Verhaltensweisen abzubilden, die den engeren, einer bestimmten Stelle eindeutig zugehörigen Aufgabenhorizont verlassen. Am bekanntesten ist das Konzept des „Extra-Rollen-Verhaltens“, mit dem zum Ausdruck gebracht werden soll, dass das Funktionieren und Gedeihen einer Organisation ganz maßgeblich von Extraleistungen abhängt, die nirgendwo (etwa in einem Arbeitsvertrag) endgültig artikuliert und fixiert werden können. Würden sich die Mitglieder einer Organisation, und sei es mit größtem Eifer, darauf beschränken, ihre zum Beispiel in Stellenbeschreibungen aufgeführten je individuellen Pflichten zu erfüllen, dann käme gewissermaßen der gesamte Betrieb zum Stillstand. Organisationen leben nicht nur von einer aufeinander abgestimmten Aufgaben- und Rollenstruktur, sie brauchen auch ExtraRollen-Verhalten. Ähnliche Überlegungen stehen hinter Konstrukten wie „Organisationale Spontaneität“, „Prosoziales Organisationales Verhalten“ und „Prinzipiengeleiteter Organisationaler Dissens“ (vgl. Matiaske/Weller 2003). Am prominentesten und empirisch wahrscheinlich am häufigsten untersucht ist das so genannte „Organizational Citizenship Behavior“ (OCB). Dennis Organ, der Erfinder dieses Konstrukts, definiert OCB als „… individual behavior that is discretionary, not directly or explicitly recognized by the formal reward system, and that in the aggregate promotes the effective functioning of the organization.” (Organ 1988, 4). Es geht also um Verhalten, das unter der Verfügungsgewalt des einzelnen Arbeitnehmers steht, das von einem Dritten formal nicht eingefordert werden kann, das vom Belohnungssystem „nicht wahrgenommen“ wird (das dem Arbeitnehmer also im Zweifel nichts außer Beschwernissen und Unannehmlichkeiten einbringt), das aber letztlich dem Wohle der Organisation dient, auch wenn dies nicht von allen gleich eingesehen wird. Die angeführte Definition ist allerdings nicht unproblematisch und Organ selbst empfindet ihr gegenüber einiges Unbehagen. So spricht nichts prinzipiell dagegen, dass das Verhalten, das mit dem OCB-Konstrukt beschrieben werden soll, durchaus auch belohnt werden kann. Auch muss es nicht im Belieben des Mitarbeiters bleiben, „Zusatzverhalten“ wirklich zurückhalten zu können, weil sich zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern durchaus Erwartungen auf ein besonderes Engagement herausbilden werden, die nicht einfach ignoriert werden können. Organ schwächt seine Begriffsfassung daher ab, OCB unterscheidet sich demnach vom normalen Aufgabenverhalten lediglich durch den Grad, in dem Arbeitsanforderungen eingefordert werden können und im Ausmaß, in dem man sich darauf verlassen kann, dass man das in Frage stehende Verhalten auch belohnt bekommt (Organ 1997, 92). 4
Und bei nicht wenigen Aufgaben stellt sich daher auch häufig erst im Nachhinein heraus, worin eine Leistung denn nun eigentlich bestanden hat und welche Qualität ihr zukommt – von der politischen Dimension, die der Aufgabendefinition und der Interpretation der Ergebnisse oft anhaftet ganz abgesehen.
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Am ehesten erscheint Organ der Begriff Kontextleistung (Motowidlo/van Scotter 1994) das zu treffen, was mit dem OCB-Begriff anvisiert sei. Es geht dabei um Verhalten, das nicht den technischen Kern der Arbeit selbst betrifft, sondern das breitere organisationale, soziale und psychologische Arbeitsumfeld, das gewissermaßen den Nährboden bildet, in dem die technischen Arbeitsverrichtungen ihre Wirkung entfalten. Es geht beim OCB also um Verhaltensweisen der Arbeitnehmer zur Beibehaltung und Stärkung des Aufgabenkontexts. Zur näheren Charakterisierung fächert Organ das OCB weiter auf. Die Begrifflichkeit, die er dabei verwendet, erscheint allerdings etwas überdimensioniert, weshalb es auch nicht angemessen ist, den Begriff OCB ohne weiteres mit „organisationales Bürgerverhalten“ zu übersetzen. Die erste Teildimension des OCB ist beispielsweise der „Altruismus“, ein Begriff, der ja nicht eben anspruchslos ist, sich bei Organ jedoch (realistischerweise) auf so etwas wie allgemeine Hilfsbereitschaft reduziert. Als zweite Teildimension gilt Organ die „Zustimmung“ (generalized compliance), die sich in Verhaltensweisen wie vorbildliche Pünktlichkeit, Respekt für das Eigentum des Unternehmens und vertrauensvolles Befolgen der organisationalen Vorschriften und Regeln niederschlägt. Schließlich unterscheidet Organ noch „Sportliches Verhalten“ (sportsmanship), womit eine gewisse Unempfindlichkeit gegenüber Unbequemlichkeiten und ein Verzicht auf Quengelei gemeint ist und „Zuvorkommenkeit“ (courtesy), die sich im Mit- und Vorausdenken niederschlägt, um Probleme, die auf die Kollegen zukommen könnten, präventiv abzuwehren. Schließlich nennt Organ noch „Bürgertugend“ (civic virtue), ein ebenfalls sehr ambitionierter Begriff, der bei Organ jedoch ebenfalls einigermaßen Bodenhaftung behält, da er sich auf die Beteiligung an den organisationalen Angelegenheiten etwa durch Teilnahme an Sitzungen und Informationsveranstaltungen bezieht, eine Operationalisierung, die angesichts wirklicher Bürgertugenden wie etwa der Zivilcourage, etwas ärmlich wirkt. Die ursprüngliche Motivation bei der Entwicklung des OCB-Konzepts lag – so Organ – in der intuitiven Überzeugung, dass sich die Arbeitszufriedenheit auch im Leistungsverhalten niederschlagen müsse und zwar trotz bzw. entgegen den zahlreichen empirischen Studien, die nur relativ niedrige Korrelationen zwischen diesen Größen erbrachten (zu einer Erklärung dieses Befundes vgl. Martin 1992). Die Argumentation von Organ klingt einleuchtend. Die unmittelbare messbare Arbeitsleistung ist demnach primär von den gegebenen Anreizstrukturen abhängig (wird das Leistungsverhalten auch gezielt und nachvollziehbar belohnt?) und daneben vor allem auch von den jeweils vorliegenden Fähigkeiten der Arbeitnehmer. Der Arbeitszufriedenheit komme im Leistungskontext dagegen nur eine mittelbare, deswegen aber nicht geringere Bedeutung zu. Sie stimuliere zwar nicht das unmittelbare Leistungsverhalten, aber sie definiere den Zugang zu den Verhaltensanforderungen in einem Unternehmen. Zu beachten ist hier das spezielle Verständnis von Arbeitszufriedenheit, es geht dabei nicht etwa um die affektive Gestimmtheit am Arbeitsplatz, sondern um die Beurteilung bzw. Bewertung der Arbeitssituation (vgl. zu dieser wichtigen Differenzierung Martin 2006). Ist man mit der gesamten Arbeitssituation einverstanden, sind die diesbezüglichen Verhältnisse im wörtlichen Sinn „zufriedenstellend“, dann gewinnt man auch einen Blick für den Arbeitskontext, man ist bereit, sich für das Unternehmen zu engagieren oder eben OCBVerhalten zu zeigen. Es ist aus dieser Sicht wenig überraschend, dass sich einigermaßen deutliche empirische Zusammenhänge nicht nur zwischen OCB und Zufriedenheit, sondern auch zwischen OCB und wahrgenommener Fairness und zwischen OCB und affektiver Verbundenheit mit dem Unternehmen nachweisen lassen (Organ/Ryan 1995). Die Argumentation ist in Abbildung 2 nochmals schematisch wiedergegeben. Kausal bedeutsam für das Erbringen der im engeren Sinne aufgabenbezogenen Leistungen sind
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unmittelbare Leistungsanreize und Fähigkeiten. Diese wirken sich zwar auch auf die Kontextleistungen aus (Fähigkeiten sind auch für das Erbringen derartiger Leistungen wichtig), spielen hierfür aber nur eine weniger zentrale Rolle. Entscheidend sind diesbezüglich vor allem Arbeitshaltungen. Als mögliche Moderatoren dieser Beziehung kommen zum Beispiel bestimmte Wertvorstellungen und Faktoren des Arbeitsumfeldes in Frage.
Potentielle Moderatorgrößen
Arbeitseinstellungen, Dispositionen, Persönlichkeitseigenschaften
Kontextbezogene Leistung
(Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten) x (Anreize, vertragliche Belohnungen)
Aufgabenbezogene Leistung
Abbildung 2: Leistungsmodell Guter Soldat (Organ/Ryan 1995) Organ gab seinem Buch „Organization Citizenship Behavior“ den Untertitel: „The Good Soldier Syndrome“. Es gibt kaum eine bessere Charakterisierung des Verhaltens, das Organ beschreibt. Letztlich geht es beim OCB darum, ob ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber Wohlwollen entgegenbringt und ob er Wohlverhalten zeigt. Gute Soldaten denken mit, scheren aber nicht aus, sie dienen (ungefragt) der Sache, sind wachsam und – gehorsam. Organ selbst gibt diese Vereinseitigung durchaus zu: „… OCB became, operationally, things that supervisors like for you to do, even though they can’t make you do it and can’t guarantee any reward for it beyond their appreciation and perhaps an occasional extra kindness or two.“ (Organ 1997, 93). Das Management bekommt mit OCB-Mitarbeitern freie Hand, es muss sich nicht mit Unverständnis oder gar Widerständen plagen, sondern kann sich auf engagierte Unterstützung verlassen. Nun steht zwar außer Frage, dass die Bedeutung der Kontextleistung kaum überschätzt werden kann, es ist aber mehr als zweifelhaft, ob der „brave Soldat“ das Leitbild des modernen Arbeitnehmers abgeben kann. Nicht nur, dass man sich das Bild eines selbstbewussten und emanzipierten (Organisations-) Bürgers anders vorstellt, es ist auch fraglich, ob das OCB hinreicht, um mit den Anforderungen einer dynamischen, komplexen und konfliktreichen Arbeitswelt zurechtzukommen.
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2.3
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Der Arbeitnehmer als Partner
Die Arbeitsbeziehung ist eine soziale Beziehung. Ein wesentliches Fundament dieser Beziehung sind die wechselseitigen „Leistungen“ die die Arbeitspartner erbringen. Sowohl die Zielsetzungstheorie als auch die OCB-Theorie interessieren sich einseitig für die Leistungserbringung der Arbeitnehmer und für Möglichkeiten, diese zu steigern. Die Theorie von Locke/Latham sieht den Arbeitnehmer primär als Leistungsträger und die Aufgabe des Managements darin, das vorhandene Leistungspotential der Arbeitnehmer abzurufen. Die Theorie von Organ stellt die Leistungsbeiträge der Arbeitnehmer in einen anderen und umfassenderen Kontext. Die Aufgabe des Managements besteht innerhalb dieser Argumentation vor allem darin, für die richtige „Moral“ der Arbeitnehmer zu sorgen. Beide Ansätze übersehen, dass sich Leistungsbereitschaft ganz wesentlich aus der Gegenseitigkeit der Beziehung (!) nährt. Man bekommt jedenfalls mittel- bis langfristig nur das zurück, was man dem Partner gibt. Anschauliche Beispiele für diese Tatsache liefern die klassischen Studien von Whyte u.a. (1958) zu den Auseinandersetzungen über Lohn und Leistung im Akkordsystem. Im Akkordsystem werden Leistung und Gegenleistung ganz unmittelbar und konkret gegeneinander aufgerechnet. In den von Whyte u.a. untersuchten Betrieben beschränkte sich jede der Parteien darauf, jeweils für sich, das maximal Mögliche herauszuholen. Die Arbeitgeber waren bestrebt, möglichst enge Leistungsvorgaben durchzusetzen, die Arbeitnehmer unterliefen den Leistungsdruck durch Manipulationen bei der Zeitaufnahme, durch Akkordschieben usw., woraufhin die Arbeitgeber wiederum versuchten, den Arbeitnehmern beim „Schummeln“ auf die Schliche zu kommen, was wiederum Gegenreaktionen der Arbeitnehmer auslöste und so fort. Es entwickelte sich ein Arbeitsverhältnis, das ergiebige Lösungen nicht zuließ. So etwas muss nicht sein, man kann im Akkordsystem auch konstruktive Leistungsregeln finden, die im beiderseitigen Interesse liegen. Gleichwohl ist der Leistungshorizont in einem Akkordsystem begrenzt. So wird man von einem Akkordarbeiter kaum besondere Kontextleistungen erwarten dürfen: Die „Spielregeln“ in Arbeitssystemen, die auf punkt- und zeitgenaue Kontrollen im Leistungstausch beruhen, sehen schlichtweg nur ein sehr enges Spektrum von Verhaltensweisen überhaupt vor. Dies ist anders in Arbeitssystemen, die auf die Identifikation mit den Interessen des Partners bauen. Will man als Arbeitgeber die „völlige Hingabe“ der Arbeitnehmer an die Sache des Unternehmens, dann muss man glaubhaft machen, dass sich auch der Arbeitgeber massiv für seine Arbeitnehmer einsetzt. Wer verlangt, dass man sich für das Unternehmen aufopfert, kann z.B. nicht gleichzeitig damit drohen, die Arbeitsplätze „wegrationalisieren“ zu wollen. Die Wirklichkeit in den Betrieben bewegt sich natürlich selten in der Nähe dieser Extreme. Man findet weder den durch blankes Misstrauen geprägten Fundamentalopportunismus einerseits noch selige Interessenharmonie andererseits. Letztlich wollen zwar beide Parteien auf ihre Kosten kommen, dies funktioniert aber nur wenn man auch ein Mindestmaß an Kooperationswillen aufbringt. Und komplexe und verantwortungsvolle Aufgaben verlangen einen großen Kooperationswillen und zwar sowohl auf der Ebene der Arbeitsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern als auch unmittelbar am Ort des Arbeitsgeschehens in der Zusammenarbeit der Kollegen. Sowohl für Arbeitgeber und Arbeitnehmer als auch für jeden Kollegen und Vorgesetzten stellt sich gleichermaßen die Frage, wie sich tragfähige Kooperationsbeziehungen entwickeln lassen. Bei der Beantwortung dieser Frage setzt man zweckmäßigerweise bei den Einflussgrößen an, die für das Gelingen oder Misslingen von Kooperation verantwortlich sind. In Abbildung 3 sind exemplarisch drei wesentliche Einflussgrößen genannt, die
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stellvertretend für personelle (soziale Rationalität), interaktionelle (Vertrauen) und systemische (Sinn) Voraussetzungen der Kooperation stehen (Martin 2001). (Soziale) Rationalität
Vertrauen
Leistungsbereitschaft
Sinn
Abbildung 3: Leistungsmodell Partnerschaft (Martin 2001) Was ist mit „sozialer Rationalität“ gemeint? Bekanntlich setzt vor allem die ökonomische Theorie auf das Rationalitätskonzept. Rational verhält sich, so das übliche Verständnis, wer danach strebt, seinen individuellen Nutzen zu maximieren. Wenn nun alle Personen diese Verhaltensmaxime ausleben, dann entsteht, wie man sich leicht vorstellen kann, ein erhebliches Gefährdungspotential für die Kooperation. Um dies einzudämmen sind – so die klassische Argumentation – Beziehungen bzw. „Verträge“ so zu gestalten, dass (im Eigeninteresse der Akteure) dem jeweiligen Opportunismus Einhalt geboten wird. Man kann eigensüchtiges Verhalten z.B. unter Strafe stellen. Oder man kann unkooperatives Verhalten aufdecken und den Egoisten damit blamieren oder man kann versuchen, Kooperationsnormen zu etablieren, deren Verletzung dem Selbstsüchtigen Gewissenspein verursacht. Zu solchen Vorschlägen sieht man sich aber eigentlich nur dann gezwungen, wenn man der üblichen ökonomischen Rationalitätskonzeption folgt, die nicht nur das Prinzip der Ergebnismaximierung, sondern auch das Prinzip der Zerlegbarkeit (oder „Separierbarkeit“) einschließt (vgl. McClennen 1992). Nach diesem Prinzip ist der Interaktionspartner kein wirklicher Partner, die Akteure betrachten nicht den sozialen, sondern nur den logischen Aspekt in der Situation oder anders ausgedrückt: der andere wird gar nicht als handelnde Person betrachtet, interessant sind nur seine wahrscheinlichen Handlungen. Es macht daher für den Akteur gar keinen Unterschied ob sein Gegenüber ein Naturereignis oder eine andere Person ist. Wichtig ist nur zu wissen, wie dessen Verhaltenswahrscheinlichkeiten sind. Auf diese stellt man sich ein, die Möglichkeit, „von sich aus“ eine Koordinationsstrategie zu verfolgen, gerät überhaupt nicht ins Blickfeld. Damit beraubt sich der strategisch-rationale Akteur aber einer wichtigen „Ressource“. Soziale Rationalität nimmt einen Perspektivenwechsel vor. Ihr geht es nicht – wie der strategischen Rationalität – um die individuelle Absicherung gegen Übervorteilung, sondern um die Erschließung möglicher Kooperationsgewinne. Das ist nicht einfach, zumal in einer Arbeitswelt, die auf Eigeninteresse und Konkurrenz setzt. Kooperation zu beschaffen erfordert daher nicht unerhebliche „Leistungen“ spezieller Art. So muss man beispielsweise bereit sein, ungesicherte Vorleistungen zu erbringen, man darf sich nicht auf das Spiel einlassen, um geringer Vorteile oder Benachteiligung willen seine Kraft zu vergeuden, man muss um Kooperation werben und man muss vor allem mit gutem Beispiel vorangehen, auch wenn man deswegen von den vermeintlich cleveren Kollegen belächelt und hin und wieder „übervorteilt“ wird.
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Ähnliches gilt für die beiden anderen in Abbildung 3 angeführten Determinanten Vertrauen und Sinn. Vertrauen ist im Unterschied zu Rationalität wesentlich nichtinstrumentell und speist sich daher auch aus anderen Quellen. Wichtig sind vor allem die Qualität der Aufgabe, die es einer Person erlaubt, sich mit ihrem Tun zu identifizieren, eine soziales Umfeld, das Sicherheit und Gemeinschaftsgeist vermittelt und persönliche Zuverlässigkeit (Martin/Bartscher-Finzer 2003). Diese Quellen sprudeln bekanntlich nicht im überreichen Maße, sondern müssen oft erst mühsam erschlossen werden. Und dasselbe gilt für die Befriedigung des Sinnbedürfnisses. Sinn verlangt nach Begründung, nach Herstellung eines Bezugs zwischen Person und Situation (Maehr 1984), einer mental überzeugenden Verknüpfung der Handlungszumutungen an den Einzelnen und der sozialen Organisation der Kooperation. Die Begründungsmuster, die dem Arbeitsverhalten seinen Stellenwert zuweisen, müssen dem einzelnen in seiner konkreten Situation „einleuchten“. Begründungen und Sinnvermittlung müssen den Anschluss an das individuelle Denken finden, mit Anschaulichkeit und Überzeugungskraft ausgestattet werden. Man spricht ja nicht umsonst von Überzeugungsarbeit. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Bemühung um Kooperationsvoraussetzungen (Sinn, Vertrauen, soziale Rationalität) ist keine Angelegenheit die nur (aber auch) im Verhältnis Arbeitgeber-Arbeitnehmer angesiedelt ist. Sie betrifft ebenso jeden einzelnen Mitarbeiter als Kooperationspartner seiner Kollegen und Vorgesetzten. Sofern die Arbeitsaufgaben echte Kooperation erfordern ist die Leistung, diese zu beschaffen und zu sichern ein wesentlicher Bestandteil der Arbeitsleistung. Strategische Rationalität zugunsten sozialer Rationalität zu überwinden, fällt nicht wenigen schwer, wie ja ohnehin Kooperation zwar vielfach gepriesen aber selten gelebt wird. Diejenigen, die sich darum bemühen (durch geduldiges Erarbeiten gemeinsamer Sinnhorizonte, durch Aufbau und Pflege von „Vertrauenskapital“) verdienen daher besondere Anerkennung. Zusammengefasst: Kooperationsarbeit verlangt Kooperationsleistungen. Um diese hervorzurufen genügt es nicht, auf Anreize zu setzen (das wesentliche Element der Zielsetzungstheorie) und eine positive Haltung zu fördern (der tragende Gedanke der OCBTheorie). Menschen wollen, jedenfalls soweit sie in einem belastungsfähigen Sinn kooperieren sollen, als Personen ernst genommen werden, was nur in einer echten Partnerschaft glaubhaft möglich ist. Partnerschaft wiederum erfordert ganz eigene Beziehungsleistungen, die nicht umsonst zu haben sind.
3.
Fazit
Leistung umfasst ein weites Spektrum an Verhaltensweisen. Entsprechend selektiv ist der Blick auf das, was als Leistung gelten kann. Das hat nicht nur Gründe, die im parteiischen Interesse an der Leistung begründet liegen, sondern erklärt sich auch aus der Vielschichtigkeit der Prozesse, die bei der Leistungserbringung zum Zuge kommen. Unvermeidbar ist daher auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Leistungsgeschehen durch „Perspektivität“ gekennzeichnet. Der vorliegende Beitrag schildert die Argumentationsweise von drei theoretischen Ansätzen und kommt zu dem Ergebnis, dass hinter diesen Ansätzen jeweils sehr unterschiedliche Leistungsvorstellungen stecken. Das Leistungsbild des „Leistungssportlers“ versteht den Arbeitnehmer als grundsätzlich sehr leistungsbereit, wenn man ihm denn die Leistungsziele nahe bringt. Das adäquate Vorgehen, um Leistungsverhalten zu stimulieren ist es, gemäß dieser Perspektive, die Parameter der Anreizgestaltung richtig zu setzen. Das Leistungsbild des „Guten Soldaten“ setzt an Arbeitstugenden an, die sich nicht im engen Blick auf die jeweils eigenen
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Aufgaben erschöpfen, sondern auch die organisatorischen und sozialen Bedingungen der Aufgabenerfüllung ins Auge fassen. Die Förderung der damit zum Thema werdenden Kontextleistung setzt nicht auf konkrete Anreize, sondern auf die Einübung der richtigen Haltung. Im Leistungsbild der Partnerschaft geht es um Gegenseitigkeit als Voraussetzung gemeinsamer Leistungserbringung. Der Ansatzpunkt zur Förderung der Bereitschaft die Anstrengungen der Kooperation bzw. sich aktiv um das Gelingen der Kooperation zu bemühen, ist die Gestaltung befriedigender Arbeits- und Sozialbeziehungen.
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Monetäre Leistungsanreize im öffentlichen Sektor Karin Tondorf Die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes haben mit dem ab Oktober 2005 in Kraft getretenen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) eine zweite Initiative zur Einführung von Leistungsentgelten gestartet: Mit Beginn des Jahres 2007 sollen bei Bund und Kommunen Leistungsentgelte eingeführt werden. Bereits vor zehn Jahren wurde der erste Versuch unternommen, Leistungszulagen und –prämien im kommunalen Bereich zu verbreiten. Ein entsprechender Rahmentarifvertrag über Grundsätze für Leistungszulagen und -prämien (TV-L) bot die Möglichkeit dazu. Die Bilanz war jedoch ernüchternd – nur wenige Kommunen führten Leistungsentgelte auf tariflicher Basis ein. Auch für den Bereich der Beamt/innen wurden 1997 die gesetzlichen Grundlagen für die Zahlung von Leistungszulagen-, -prämien und Leistungsstufen geschaffen. Doch auch bei verbeamteten Beschäftigten in Ländern und Kommunen ist es bislang noch nicht zu einem großen Durchbruch monetärer Anreize gekommen. Vor dem Hintergrund erneuter tariflicher Initiativen zur Einführung von Leistungsentgelten stellt sich die Frage, worauf die zögerliche Haltung zurückzuführen ist. Sind die Hemmnisse auf die Rahmenregelungen zurückzuführen oder haben sie mit den spezifischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen „vor Ort“ zu tun? Wo monetäre Anreizsysteme eingeführt wurden, ist es von Interesse zu klären, welches die die förderlichen Faktoren waren, die eine mehrjährige erfolgreiche Anwendung leistungsbezogener Bezahlungselemente ermöglichten. Perspektivisch – auch mit Blick auf die neuen Rahmentarifregelungen im TVöD – ist nach den Schlussfolgerungen zu fragen, die aus den bisherigen Erfahrungen zu ziehen sind. Die Frage nach den Erfahrungen mit monetären Anreizen im öffentlichen Sektor steht demnach im Zentrum dieses Artikels. Zur Beantwortung dieser Frage wird zunächst der Entwicklungsstand in diesem Bereich kurz skizziert. Es wird anschließend analysiert, welche Hemmnisse einer Einführung und erfolgreichen Anwendung von Leistungsentgelten entgegenstanden und welche Faktoren sich günstig auswirkten. Die hier dargestellten Befunde stellen eine Zusammenfassung der Ergebnisse von vier qualitativen Studien dar (Tondorf/Bahnmüller/Klages 2002, Tondorf 2003, Jochmann-Döll/Tondorf 2004, Tondorf/Jochmann-Döll 2005).
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Karin Tondorf
Leistungsvergütungen – Entwicklungsstand im öffentlichen Sektor
Angesichts der Größe des öffentlichen Sektors und der Dauer und Intensität der Diskussion über leistungsorientierte Entgeltkomponenten existieren bislang relativ wenige Regelungen in diesem Bereich. Nach einer bemerkenswerten Aufbruchphase in den neunziger Jahren, in denen zahlreiche Kommunen vor allem in Nordrhein-Westfalen und Hessen betriebliche Pilotprojekte starteten (Tondorf 1995) und die damalige Gewerkschaft ÖTV erste Modell-Tarifverträge für die Stadt Saarbrücken und die AOK feierte, schien sich eine breitere Tarifbewegung anzubahnen. Darauf deutete auch ein Rahmentarifvertrag hin, den die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und die Gewerkschaft ÖTV im Jahre 1996 abschlossen (TV-L). Auf dieser Basis wurde den Landesbezirken die Möglichkeit eröffnet, Tarifverträge zu Leistungsprämien und –zulagen abzuschließen. Kurze Zeit später – im Jahre 1997 – wurde mit der Dienstrechtsreform auch der gesetzliche Rahmen für Leistungselemente in der Beamtenbesoldung geschaffen. Was ist zwischenzeitlich aus diesen Rahmenregelungen geworden? Welche weiteren Tarifregelungen wurden im mittelbaren öffentlichen Dienst vereinbart? Das nachfolgende Kapitel 1.1 informiert über die gesetzlichen Regelungen für Beamtinnen und Beamte und ihre Anwendung. Kapitel 1.2 gibt einen Überblick über den Stand der tariflichen Regelungen, bevor dann in den folgenden Kapiteln Analyseergebnisse diskutiert werden. 1.1
Leistungsvergütung für Beamte und Beamtinnen: keine Erfolgsstory
Das Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) ermöglicht seit 1997 verschiedene leistungsbezogene Vergütungselemente für Beamte und Beamtinnen: (1) Ein Aufsteigen in den Gehaltsstufen soll nicht mehr allein nach dem Dienstalter, sondern auch nach Leistung erfolgen können. Zugleich ist bei unterdurchschnittlicher Leistung eine zeitliche Hemmung und Streckung des Aufstiegs möglich (§ 27 BBesG). (2) Darüber hinaus ist die Vergabe von Leistungsprämien und –zulagen zur Honorierung herausragender Einzelleistungen möglich (§ 42a BBesG). Solche Leistungselemente können allerdings erst wirksam werden, wenn Bundesregierung und Landesregierungen entsprechende Verordnungen erlassen. Ein erster Erfahrungsbericht aus dem Jahr 2001 (Bundesministerium des Innern 2001) offenbarte verschiedene Schwachpunkte und führte im Jahr 2002 zu Korrekturen am Gesetz: So wurde z.B. die Quote der Empfangsberechtigten von 10 % auf 15 % erhöht, Vergabemöglichkeiten für Teams wurden verbessert. Leistungsstufen können seitdem auch schon vor Ablauf der Hälfte der ursprünglich vorgesehenen Zeit vergeben werden. Nach nunmehr fast zehn Jahren zeigt sich, dass die leistungsbezogenen Besoldungselemente nur auf Bundesebene rasch umgesetzt wurden, im Bereich der Länder wurden sie zurückhaltend und selektiv genutzt: Von sechzehn Bundesländern vergeben sieben Leistungsprämien/-Zulagen, eines
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erprobt sie als Modell. Fünf haben entsprechende Verordnungen nicht erlassen, drei haben sie zwischenzeitlich wieder ausgesetzt. Die Vergabe von Leistungsstufen ist in sieben Bundesländern möglich (Jochmann-Döll/Tondorf 2004:103) In Kreisen, Städten und Gemeinden erblickten diese Regelungen nur selten das „Licht“ der Verwaltungswelt: Leistungszulagen wurden lediglich in 63 von 559 Städten eingeführt, 59 Städte vergaben Leistungsprämien, nur 24 Kreise machten von dieser Möglichkeit Gebrauch (BMI 2001: 21). Der Grund für die Nichtanwendung wird hauptsächlich in der fehlenden Kostenneutralität dieses Instrumentes gesehen (BMI 2001: 19, 22). Mit anderen Worten: Die Leistungselemente im Besoldungsrecht sind für viele Länder und Kommunen nicht praktikabel; sie verzichten daher auf die Einführung dieses Anreizinstruments. 1.2
Tarifliche Regelungen: Viele Worte – wenig Taten
Auch für die ArbeiterInnen und Angestellten des öffentlichen Sektors sind leistungsbezogene Entgeltbestandteile bislang eher eine Ausnahmeerscheinung geblieben. Die Bestandsaufnahme weist (unter Einbeziehung des unmittelbaren öffentlichen Sektors) eine begrenzte Zahl von Tarifregelungen für verschiedene Bereiche aus. Neben dem bereits genannten TV-L als Rahmenregelung für die Kommunen und die darauf aufbauenden landesbezirklichen Tarifverträge (NRW, NRW: Stadt Gütersloh, Hessen, Bayern und Bayern: Stadt München, Sachsen-Anhalt) wurden verschiedene Haustarifverträge (Stadt Saarbrücken, AOK und andere Krankenkassen) abgeschlossen. Monetäre Anreize sind weiterhin vorgesehen in Tarifverträgen für die Versorgungsbetriebe von 2000, für die öffentlichen und privaten Banken von 2003 sowie für die Sparkassen 2003. Stellt man zunächst auch hier die Frage nach der Anwendung der Rahmenregelungen und nach der Verbreitung der angewendeten Tarifverträge innerhalb der Belegschaften, ist das Resultat ernüchternd:
1
-
Der TV Saarbrücken ist nach zweijähriger Anwendungszeit gescheitert.
-
Von der Rahmen-Regelung für die Kommunen (TV-L) machten nur wenige Tarif-Bezirke Gebrauch: die Bezirke Sachsen-Anhalt, NRW für die Stadt Gütersloh sowie für NRW landesweit, Bayern für die Stadt München und 1 Hessen . Der TV Sachsen-Anhalt wurde in keiner Kommune betrieblich umgesetzt. Der TV für die Stadt Gütersloh wird nach einem vielversprechenden Start wegen massiver Haushaltsprobleme nicht weiter verbreitet. Die Resonanz der Kommunen in Nordrhein-Westfalen auf den im März 2003 abgeschlossenen bezirklichen Tarifvertrag (TV-L NW) ist sehr gering.
-
Im Bereich der Kommunalen Versorgungsbetriebe ist das Interesse der Unternehmen, auf Basis des seit dem Jahre 2000 geltenden Tarifvertrags
Stand Februar 2004
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(TV-V) monetäre Anreize einzuführen, bislang ebenfalls gering. Dies gilt auch für den Bereich der öffentlichen und privaten Banken aus dem Jahr 2003. Diese Entwicklungen zeigen, dass zwischen dem politischen Willen von Gesetzgeber und Tarifvertragsparteien einerseits und der praktischen Umsetzung von Leistungsvergütungssystemen „vor Ort“ andererseits eine bemerkenswerte Lücke klafft. Auch mit Blick auf § 18 TVöD wird zu fragen sein, inwieweit die unter großem Aufwand erzielten tariflichen Rahmenregelungen den Interessen und Möglichkeiten derer gerecht werden, die diese Regelungen umsetzen sollen.
2.
Hemmnisse und förderliche Faktoren
Die gesetzlichen und tariflichen Regelungen zu monetären Leistungsanreizen wurden unter unterschiedlichen erfolgskritischen Aspekten analysiert. Dabei wurde davon ausgegangen, dass eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um zu einer tragfähigen betrieblichen Lösung zu gelangen: -
Finanzierung: Die finanziellen Lasten einer leistungsbezogenen Vergütung müssen für Politik und Verwaltung tragbar erscheinen. Ein Konsens mit der Arbeitnehmerseite ist erforderlich hinsichtlich der Quelle der Finanzierung (aus Personalkosten, selbstfinanzierend oder aus Haushaltsmitteln allgemein). Ein weiterer Aspekt bezieht sich auf das Finanzvolumen, dessen Höhe die Möglichkeiten des Geldanreizes beeinflusst.
-
Verteilung des Budgets: Die Verteilungsgrundsätze müssen von den Betriebsparteien und von den Beschäftigten akzeptiert sein. Hierzu gehören z.B. Festlegungen hinsichtlich des Kreises der Anspruchsberechtigten sowie die angestrebten Entgeltdifferenzierungen. Prüfkriterium war auch die Akzeptanz der faktischen Verteilung im Hinblick auf Hierarchieebenen, Geschlechterverteilung, Vollzeit- und Teilzeitarbeitskräfte.
-
Nutzen: Monetäre Anreize müssen für die Beteiligten (Management, Führungskräfte, Beschäftigte, Personal/Betriebsräte) einen Nutzen erkennen lassen. Für das Management könnten insbesondere Steigerungen von Effizienz und Effektivität des Verwaltungshandelns als nutzbringend gesehen werden. Führungskräfte könnten sich einen Nutzen in Form erweiterter Entscheidungskompetenzen, ggf. auch in Form von Qualifizierungen versprechen. Aus der Perspektive der Beschäftigten kann ein Leistungsentgeltsystem in materieller Hinsicht (Einkommenssteigerungen) wie auch in immaterieller Hinsicht (Bestätigung, Beteiligung an leistungspolitischen Entscheidungen ..) attraktiv sein. Letztlich muss jedoch der Nutzen größer erscheinen als die Lasten, die mit der Einführung von Leistungsentgelten verbunden werden (Zeitaufwand, Leistungsintensivierung, Belastung des Arbeitsklimas, Konflikte).
Monetäre Leistungsanreize im öffentlichen Sektor -
2.1
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Umsetzungsdruck: Ein starkes Engagement der Führung und/oder eine hoher Druck von Seiten der Tarifvertragsparteien, z.B. in Form von nachteiligen Lösungen bei Nichtumsetzung, können die betriebliche Umsetzung von tariflichen Rahmenregelungen forcieren. Schlüsselfrage „Finanzierung“
Galt es noch vor wenigen Jahren als selbstverständlich, dass Leistungsvergütungen zusätzlich zum Grundgehalt („on-top“) gezahlt werden, so wird heute die Einführung immer häufiger zum Anlass genommen, bisherige Entgeltbestandteile zur Finanzierung heranzuziehen. In den vorliegenden Tarifverträgen und Gesetzen/ Verordnungen gibt es unterschiedliche, auch miteinander kombinierbare Regelungen zu den Finanzierungsquellen: (1) Finanzierung aus Personalkosten: Bei dieser Variante erfolgt die Finanzierung entweder durch a) Nichtbesetzen von freiwerdenden Stellen (z.B. frühere haushaltsrechtliche Vorgabe im Beamtenbereich) oder b) durch Umwidmung bisheriger Vergütungsbestandteile oder erwarteter Erhöhungen in variable Leistungsvergütungen, z.B. beim Grundentgelt oder bei Sonderzahlungen (Beispiel TV öffentliche und private Banken; hier leistet der Arbeitgeber zusätzlich einen Zuschuss) oder c) durch verlängerte zeitliche Intervalle beim Gehaltsaufstieg: Beispiel: BBesG Beamtenbereich. (2) Finanzierung aus Gesamthaushalt/-budget: Als Quelle ist der Gesamthaushalt bzw. das Gesamtbudget benannt, d.h. es ist nicht näher geregelt, woraus die Leistungsvergütungen finanziert werden. Tarifverträge enthalten oftmals die Bestimmung, dass die Mittel im Rahmen des beim Arbeitgeber verfügbaren Finanzvolumens gewährt werden. (3) Selbstfinanzierung aus Leistungssteigerungen: Die Mittel finanzieren sich ausschließlich aus den monetären Effekten der Leistungssteigerungen (TV Gütersloh, TV-L NW). Die Beschäftigten erhielten hier einen bestimmten Prozentsatz des von ihnen erzielten wirtschaftlichen Erfolges (TV Gütersloh: 40 %). Ein weiterer Teil (25 %) floss in einen Fonds, aus dem Leistungsprämien für andere Leistungsziele (kundengerechte Dienstleistungen, bessere Erfüllung des spezifischen Leistungsauftrages) gezahlt werden. Ein dritter Teil des erwirtschafteten Erfolgs (35 %) wurde dem Haushalt zugeführt.
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Das Modell der Selbstfinanzierung aus Leistungssteigerungen ist ein jüngeres Modell, dass speziell auf die Finanzprobleme von Kommunen zugeschnitten scheint (ausführlicher hierzu: Tondorf 2003). Die Leistungsprämien werden hier zwar auch „on-top“ gezahlt, jedoch nur dann, wenn sich die Leistungssteigerung für den Haushalt nachweislich auszahlt. Für Politik und Verwaltung war eine solche Lösung politisch eher vertretbar als eine nicht näher spezifizierte Finanzierung aus dem Gesamthaushalt. Für die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen erschien sie eher akzeptabel als eine explizit aus Personalkosten finanzierte Lösung, weil das bisherige Einkommensniveau gesichert bleibt. 2.2
Verteilung
Für den Bereich der Beamt/innen entschied der Gesetzgeber, dass nicht alle verbeamteten Beschäftigten „berücksichtigungsfähig“ sein sollen. Daher wurde eine Quote geregelt (vormals 10 %, später 15 %). Nach Auffassung der Kommunen erschwert diese Quote einen vernünftigen Einsatz dieser Instrumente (BMI 2001: 22). Eine Umfrage in Bundesverwaltungen ergab, dass von den Beschäftigten die Begrenzung des möglichen Empfängerkreises auf 10 % überwiegend abgelehnt wird (ebd. 24). Für den Tarifbereich ist der bemerkenswerte Befund festzuhalten, dass der Verbreitungsgrad von Leistungsprämien oder –zulagen – auch dort, wo flächendeckende Lösungen geregelt wurden – vielfach niedrig war: In der Stadt Saarbrücken z.B. waren es in den Jahren 1997 und 1998 nur 6 % der Belegschaft, in der Stadt Gütersloh beteiligten sich zwei Teams an der Regelung. Die „Töpfe“ wurden somit nicht aufgebraucht. Die Ursachenanalyse ergab, dass bei freiwillig abzuschließenden Zielvereinbarungen zwar allen Beschäftigten die Möglichkeit eröffnet wird, an der Regelung zu partizipieren, jedoch machen nicht alle von dieser Möglichkeit Gebrauch. Sei es, dass sie keine Spielräume für Leistungssteigerungen sehen oder keine geeigneten Zielkriterien finden. In der Stadt Saarbrücken erstreckte sich die Leistungsbezahlung nur auf einige wenige Pilotbereiche, das Projekt wurde danach beendet. Als akzeptiert gelten weithin Leistungsentgelte, die nach Entgeltgruppen differenziert sind. Nur in wenigen Fällen wurde eine „Solidarquote“ für Beschäftigte ohne Zielvereinbarungen geregelt (z.B. TV BKK Bundesverband und Landesverbände). Daten zur Verteilung von Leistungsentgelten brachten verschiedene, von Beschäftigten und Personal-/Betriebsräten unerwünschte Verteilungseffekte zu Tage. Zu nennen ist hier erstens der sog. Hierarchieeffekt. Nachfolgend eine Illustration aus einem Versorgungsunternehmen (Abbildung 1). Ursprünglich gab es in diesem Unternehmen keine Vorgabe dahingehend, das für die einzelnen Entgeltgruppen errechnete und zur Verfügung gestellte Budget auch innerhalb dieser Entgeltgruppen zu verteilen. Dies führte dazu, dass in den höheren Entgeltgruppen deutlich höhere Leistungsprämiensummen gezahlt wurden als in den niedrigeren Entgeltgruppen. Während in den Entgeltgruppen 1 – 4 nur
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37 % des Budgets ausbezahlt wurden, profitierten die Entgeltgruppen 13 – 15 mit einer Budgetausschöpfung von 169 %. Das heißt: Mittel, die in den unteren Gruppen eingespart wurden, kamen den oberen Gruppen zu Gute. Daraufhin wurden die Bestimmungen auf Initiative des Betriebsrates dahingehend geändert, dass das für die jeweiligen Entgeltgruppen errechnete Budget zwingend an Angehörige dieser Gruppen ausgezahlt werden muss. Der Hierarchieeffekt konnte dadurch zwar verringert werden, blieb aber immer noch deutlich nachweisbar.
Entgeltgruppen
Budgetausschöpfung in % im Jahre 2002
Budgetausschöpfung in % im Jahre 2003
1–4
37
54
5–8
63
85
9 – 10
107
93
11 – 12
140
93
13 – 15
169
95
Abbildung 1: Hierarchieeffekte im Vergleich: bei Nichtbindung (2002) und Bindung (2003) der Budgetausschüttung an die Entgeltgruppen Zweitens zeigen Daten über Ergebnisse von Leistungsbeurteilungen, dass Teilzeitbeschäftigte oftmals durchschnittlich schlechter beurteilt werden als Vollzeitbeschäftigte. Nachfolgend eine Illustration aus einem Unternehmen der Telekommunikationsbranche (Abbildung 2), in dem Teilzeitbeschäftigte knapp ein Drittel der Beschäftigten stellen. Es handelt sich überwiegend um Frauen. Sie schnitten im Vergleich zu Vollzeitkräften bei den Beurteilungen um durchschnittlich einen Punkt schlechter ab. Während nur 27 % der Vollzeitbeschäftigten unter 10 Punkten (von 20 möglichen Punkten) blieben, war dies bei Teilzeitbeschäftigten ein Anteil von 45 %. Kritisch betrachtet werden darüber hinaus Regelungen, die bestimmte Beschäftigte vollständig aus dem betrieblichen System ausgrenzen. Im personellen Geltungsbereich der Regelungen finden sich mitunter Bestimmungen, die Teilzeitbeschäftigte, befristet Beschäftigte sowie geringfügig Beschäftigte von der Regelung ausschließen. Diese auch rechtlich kaum haltbaren Benachteiligungen bestimmter Gruppen (vielfach überwiegend Frauen) werden in den letzten Jahren zunehmend kritisiert, insbesondere von Betriebs- und Personalrätinnen sowie von Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten.
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Anteil der Beschäftigten Mittelwert Mittelwert unter 10 2003 2004 Punkten
Anteil der Beschäftigten zwischen 9 u. 11 Punkten
Punkte
Punkte
VZ/TZ
10,47
10,53
Männlich
VZ
10,69
10,80
Weiblich
VZ
10,36
10,96
Männlich/Weiblich
VZ
10,86
10,88
27 %
47 %
Männlich/Weiblich
TZ
9,61
9,57
45 %
58 %
Geschlecht
Alle
Arbeitszeit
Abbildung 2: Teilzeit-/Vollzeitkräfte: Verteilung von Beurteilungsergebnissen 2003/2004 Auf den gleichstellungspolitischen Prüfstand werden auch die verwendeten Leistungskriterien gestellt. In verschiedenen Untersuchungsbereichen zeigte sich, dass Kriterien verwendet wurden, die nicht geschlechtsneutral sind. Hierzu gehören zum einen Kriterien, die durch Geschlechterstereotype geprägt sind, wie z.B. „Durchsetzungsfähigkeit“, „Belastbarkeit“, zum anderen Kriterien, die von Beschäftigten mit Familienpflichten schwerer zu erfüllen sind, z.B. „zeitliche Flexibilität“ oder „Fortbildungsbereitschaft in der Freizeit“ (Tondorf/Jochmann-Döll 2004). Last but not least wirft auch das Nebeneinander von Tarif- und Beamtenrecht Gleichbehandlungsprobleme auf. In einigen Untersuchungsfällen ließ die restriktive Haltung der zuständigen Landesbehörde die Gleichbehandlung von Beamt/innen und Tarifbeschäftigten nicht zu. In einer untersuchten Kommune wurden die bereits bestehenden Möglichkeiten des Beamtenrechts zwar genutzt, allerdings mit dem Effekt, dass die Beamten bei den Leistungsentgelten höhere Netto-Beträge als die Tarifangestellten erhielten. 2.3
Überwiegt der Nutzen?
Öffentliche Verwaltungen und Betriebe haben die Erwartung, dass sich eine leistungsbezogene Vergütung unterm Strich auszahlen soll. Eine Berechnung des wirtschaftlichen Nutzens eines monetären Anreizsystems wird jedoch überall dort schwierig sein, wo Regelungen angewendet werden (sollen), die nicht auf messbare, zählbare oder anderweitig objektivierbare Leistungs- oder Erfolgskriterien abstellen. Werden Leistungsentgelte nur für den Leistungsinput (Eigenschaften, Potentiale, Verhaltensweisen) gezahlt, bleibt offen, zu welchen konkreten Wirkungen dieser Input geführt hat. Da mögliche positive Effekte schwer bezifferbar sind, wird vielfach nur die Ausgabenseite betrachtet. Neben den Kosten für die Leis-
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tungsentgelte werden auch die Aufwändungen für Qualifizierungen und Beratungen veranschlagt. Größere Klarheit bezüglich der Wirkungen bringen Modelle, die nachweisbare Leistungsergebnisse oder Erfolge honorieren (z.B. TV Gütersloh). Hier ließ sich z.B. darlegen, welche Einsparungen ein Team der Abfallwirtschaft durch getrennte Altholzsammlung erreicht hat. Gleiches trifft auf Effektivitätssteigerungen zu: Wo z.B. die Wartezeit für BürgerInnen verringert oder Bearbeitungszeiten verkürzt werden konnten, ließ sich konkret aufzeigen, zu welchen Effekten die Leistungsvergütung im Hinblick auf Kundenfreundlichkeit geführt hat. Führungskräfte sehen in leistungsorientierten Vergütungen oftmals eher eine Bürde als eine Chance – dies ergaben unsere Interviews mit Führungskräften. Befürchtet wird vielfach der Zeitaufwand, der insbesondere mit der Einführung von zielorientierten Leistungsentgeltsystemen verbunden ist. („Woher soll ich die Zeit für die vielen Gespräche nehmen?“) Darüber hinaus sehen es viele Führungskräfte nicht als angenehme Aufgabe an, Entscheidungen über die Gewährung von Leistungsentgelten treffen. In einer Berliner Bezirksverwaltung gab eine Führungskraft gar die Entscheidung hierüber an die Mitarbeitergruppe weiter. Diese entschied dann nach sozialen Gesichtspunkten. Nur wenige Führungskräfte sehen in den zusätzlichen Aufgaben und dem Zuwachs an Verantwortung eine Chance zur Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten. Lohnt sich Leistung für Beschäftigte? Für sie sind die Wirkungen auf das Einkommen schwer kalkulierbar, wenn Leistungsziele oder –kriterien zu Grunde gelegt werden, die nur begrenzt durch das eigene Arbeitshandeln beeinflussbar sind. Dies ist oftmals bei ökonomischen Erfolgskriterien der Fall (z.B. Kostensenkungen, Einnahmensteigerungen). Wenn kein eindeutiger Wirkungszusammenhang zwischen dem individuellen oder gruppenbezogenen Leistungsaufwand und dem Leistungsergebnis besteht, wird eine Honorierung des Leistungsaufwandes oftmals unsicher. Leistung bekommt dann etwas Zufälliges, Schicksalhaftes und Willkürliches (Neckel 1999). Lohnt sich Leistung im Vergleich zu der erwarteten Leistung? Unsere Untersuchungen zeigen, dass Beschäftigte zwischen Handlungsalternativen abwägen und eine individuelle, keineswegs statische Präferenzordnung ausbilden, in der arbeitsrelevanten intrinsischen Motiven, Normen und Werten (Selbstbestimmung, Erhaltung der Gesundheit, Freizeit usw.) eine relative Bedeutung gegenüber externen Anreizen (hier: Leistungsentgelte) zugemessen wird. Zum Beispiel waren Beschäftigte in der Stadt Saarbrücken nach zwei Jahren nicht mehr bereit, Zielvereinbarungen mit höheren Leistungszielen abzuschließen, da ihnen die Relation von Leistung zu Entgelt nicht mehr angemessen erschien. In anderen Verwaltungen, wo der Abschluss von Zielvereinbarungen freiwillig war, verzichteten Beschäftigte aus ähnlichen Gründen gänzlich auf Leistungsprämien (Stadt Gütersloh).
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2.4
Umsetzungsdruck
Tarifliche und gesetzliche Rahmenregelungen haben vielfach den Charakter von Angeboten, die von den Verwaltungen und Betrieben angenommen werden können, die dies für sinnvoll und praktikabel halten. Es liegt in der Entscheidung der untergeordneten Ebenen (Landesbezirke, Kommunen, Bundesländer, Behörden), entweder nach Leistung zu bezahlen oder alles beim Alten zu belassen. In der Landesverwaltung Brandenburg führte diese Wahlfreiheit dazu, dass nur vier Ministerien von dieser Möglichkeit Gebrauch machten: das Ministerium für Finanzen, das Ministerium für Stadtentwicklung Wohnen und Verkehr, das Ministerium für Wirtschaft sowie das Ministerium für Arbeit und Soziales. Die verteilten Mittel reichten von 207.899 € (Finanzministerium) bis 1.916 € (Arbeitsministerium). Bemerkenswert ist an dieser Strategie, dass die Spitze der Verwaltung darauf verzichtet, einem wichtigen Instrument der entwicklungsorientierten Personalführung und Effizienzsteigerung flächendeckende Geltung zu verschaffen. Dass die Bezahlung nach Leistung im Wesentlichen diesem Zweck folgt, wird immer wieder von Seiten der Politik betont. Jedoch mangelt es nach unseren Befragungsergebnissen an Initiativen, die Chancen dieses Instrumentes nachhaltig deutlich zu machen und die Einführung aktiv zu fördern. In der öffentlichen Verwaltung wird die Anwendung dieses Instruments zwar als nutzbringend propagiert, jedoch nicht als verpflichtend geregelt – ganz im Gegensatz zur Privatwirtschaft.
3.
Prozessgestaltung – ein vernachlässigtes Feld
In unseren Untersuchungen wurde deutlich, dass die Bedeutung der Prozessgestaltung für die Akzeptanz und Anwendung des Leistungsvergütungssystems vielerorts unterschätzt wird. Verbreitet war unter den Betriebsparteien die Meinung, mit den Unterschriften unter die Dienst-/Betriebsvereinbarung sei der größte Teil des Prozesses bereits geschafft. Nur in wenigen Fällen wurde davon ausgegangen, dass insbesondere bei zielorientierten Leistungsentgelten ein kultureller Wandel eingeleitet und durch entsprechende Maßnahmen gefördert werden muss. Selten wurde der Einführungs- und Anwendungsprozess inhaltlich und zeitlich sorgfältig geplant, Führungskräfte qualifiziert und MitarbeiterInnen durch Gespräche motiviert (z.B. in der Stadt Gütersloh). Oftmals beschränkten sich die Initiativen auf Informationen über die in Kraft gesetzte Regelung. Als notwendig erweist sich auch die „Pflege“ eines betrieblichen Anreizsystems, d.h. mit den Einführungsaktivitäten allein ist es nicht getan. In einer untersuchten Kommune, die einen Einstieg über Pilotprojekte wählte, versäumten es die verantwortlichen Führungskräfte, nach und nach weitere Beschäftigtenbereiche für Leistungsprämien auf Basis von Zielvereinbarungen zu gewinnen. Personelle Engpässe und die Wahrnehmung von Aufgaben, die als wichtiger eingeschätzt wurden, trugen zur Beendigung des Projekts bei.
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Zugleich zeigt die Untersuchung der Prozessgestaltung, dass selbst eine sorgfältige Berücksichtigung und Gestaltung der kulturellen Veränderungsprozesse noch keine ‚problemlose’ oder ‚konfliktfreie’ Umsetzung und Anwendung des Leistungsentgeltsystems garantieren kann. Denn kultureller Wandel – und um einen solchen handelt es sich bei Einführung von Leistungsentgelten – wird von vielen Faktoren beeinflusst und folgt komplexen Regeln, die nicht alle einzuplanen sind. Wer einen solchen Wandel begleitet, wird deshalb vor Überraschungen nicht gefeit sein.
4.
Konsequenzen für die Gestaltung von Leistungsentgeltsystemen
Aus den ernüchternden Ergebnissen der Untersuchungen lässt sich einiges lernen. Sollen monetäre Anreize einvernehmlich geregelt und erfolgreich eingeführt werden, können die Erfahrungen in der Vergangenheit nützliche Hinweise und Anregungen liefen. An dieser Stelle ist eine nur stichwortartige Auswahl der wichtigsten Gestaltungsempfehlungen möglich. Die Erfahrungen sprechen ... für eine tragfähige Finanzierung: Eine ausschließliche Finanzierung aus Personalkosten, sei sie offen oder verdeckt, ist im Hinblick auf eine breite Akzeptanz des Systems eine kritische Lösung, und zwar aus folgenden Gründen: -
Für die verbleibenden Beschäftigten bedeutet eine Finanzierung durch Nichtbesetzen von Stellen in der Regel Leistungsintensivierung.
-
Eine Umwidmung bisheriger Einkommensbestandteile zur Finanzierung von Leistungselementen erscheint aus Sicht der Beschäftigten risikoreich. Das Halten des bisherigen Einkommensniveaus ist auch bei erhöhter Leistung nicht unbedingt gewährleistet.
-
Die Erwirtschaftung der Mittel aus dem Nichtbesetzen von Stellen ist arbeitsmarktpolitisch kontraproduktiv und in Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Folgekosten auch nicht sinnvoll.
Die Bewilligung zusätzlicher Haushaltsmittel für Leistungsvergütungen in einer Höhe, die auch einen Leistungsanreiz in einer ausreichenden Größenordnung darstellen, dürfte für viele finanzschwache Bereiche des öffentlichen Sektors zur Zeit politisch schwer vertretbar sein. Es besteht – auch nach den Regelungen des § 18 TVöD – die Möglichkeit der Selbstfinanzierung von Erfolgsprämien. Diese Art der Finanzierung erhält die bisherigen Einkommensbestandteile und beinhaltet ein differenziertes Anreizsystem, das sowohl den Interessen der Kommunen als auch denen der Beschäftigten entgegen kommt (Beispiel Stadt Gütersloh, Tondorf 2003). Beide Parteien können
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bei diesem Modell gewinnen, auch unter Bedingungen einer Haushaltskrise. Es motiviert die Beschäftigten, nicht nur nach Möglichkeiten der Einnahmesteigerung und Ausgabensenkung, sondern auch nach Qualitätsverbesserungen zu suchen. Inwieweit diese Lösung auch in ökonomisch schwierigen Zeiten politisch vertretbar ist, kann allerdings nicht wissenschaftlich, sondern nur politisch beantwortet werden. Wo eine Variabilisierung von Grundentgeltbestandteilen vereinbart ist, sollte gewährleistet sein, dass das Zusatzbudget des Arbeitsgebers nicht zu gering ausfällt und dass eine Auszahlungsgarantie realisiert wird. Positiv ist zu verbuchen, wenn die Beschäftigten wählen können, ob sie – unter der Bedingung des Verzichts auf zukünftige Gehaltserhöhungen – das Risiko des Mehrverdienstes eingehen oder bei der bisherigen Lösung – volles Gehalt ohne Leistungsvergütung – bleiben wollen. ... für eine (geschlechter-)gerechte Verteilung Es ist deutlich geworden, dass Beurteilungssysteme größere Gefahren der Diskriminierung in sich bergen als Zielvereinbarungssysteme, auch wenn diese nicht per se als diskriminierungsfrei gelten können. Sie bieten jedoch mehr Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten, wenn es sich nicht um Zielvorgaben, sondern Zielvereinbarungen handelt. Auszuschließen sind selektive Angebote von Zielvereinbarungen nur an bestimmte Beschäftigte oder Beschäftigtengruppen. ... für transparente Regelungen Eine wichtige Voraussetzung für die Transparenz bildet zunächst einmal ein System, das nicht zu komplex gestaltet und verständlich formuliert ist. Weitere Systemkomponenten müssen in einer Qualität enthalten sein, die es den Beschäftigten erlaubt nachzuvollziehen, wie sich die Höhe der Leistungsprämie oder –zulage ergibt. Eine Mindestvoraussetzung bilden eindeutig definierte Leistungsbegriffe und –kriterien. ... für beeinflussbare Leistungsergebnisse und Prozesse Der Anspruch auf Zahlung einer Leistungsvergütung bei entsprechender Leistung muss verbindlich sein. Rechte und Pflichten der Zielvereinbarungsparteien müssen umfassend geregelt sein und Informationen zum Leistungsstand und ein Zwischenfeedback enthalten. Beeinflussbarkeit und Erreichbarkeit der Ziele sollten als Anforderung explizit erwähnt sein. Bewährt hat sich vielfach die Bildung einer paritätischen Kommission zur Entwicklung, Einführung und Anwendung des Systems.
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... für reformorientierte Regelungen Trotz der Schwierigkeiten, die mit der Methode der Zielvereinbarungen als Basis der Leistungsvergütung verbunden sind, bietet dieses Instrument im Vergleich zu Beurteilungen durch Vorgesetzte größere Modernisierungspotentiale. Zukünftige Regelungen zur Leistungsvergütung sollten daher dieses Instrument unter Beachtung der erforderlichen organisatorischen und kulturellen Voraussetzungen erproben. Bei der Auswahl der Zielkriterien gilt es, die Balance zwischen den Modernisierungszielen der Steigerung von Qualität, Quantität, Wirtschaftlichkeit zu halten.
5.
Ausblick
Mit Blick auf die neuen Rahmenregelungen zum Leistungsentgelt in § 18 TVöD drängt sich die Frage auf, inwieweit die Hindernisse zwischenzeitlich aus dem Weg geräumt sind, so dass nun mit einer weiten Verbreitung von Leistungsentgelten bei Bund und Kommunen zu rechnen ist. Festzuhalten ist hierzu Folgendes: -
Mit § 18 TVöD wurden modifizierte Rahmenbedingungen geschaffen, die den Kommunen die Einführung der Leistungsentgelte erleichtern sollen. Dies trifft insbesondere auf die Finanzierung zu: Die Tarifvertragsparteien verständigten sich darauf, dass sich das Budget für die Leistungsentgelte aus umgewidmeten Entgeltbestandteilen der Beschäftigten speisen soll. Es besteht eine Verpflichtung zur jährlicher Auszahlung des Budgets. Dennoch wird die Einführung von Leistungsentgelten nicht kostenneutral sein, weil Qualifizierungs-, Informations- und Sachkosten (ggf. auch Beratungskosten) anfallen werden.
-
Zugleich wurde eine höhere Verbindlichkeit bei der betrieblichen Umsetzung des tariflichen Rahmenwerks angestrebt. Die Tarifvertragsparteien bekunden in einer Protokollerklärung ausdrücklich ihre Übereinstimmung in der Frage, dass sie die zeitgerechte Einführung der Leistungsentgelte zum 1.1.2007 als sinnvoll und notwendig erachten. Die Betriebsparteien werden aufgefordert, rechtzeitig vor diesem Termin die betrieblichen Systeme zu vereinbaren (vgl. Protokollerklärung zu § 18 Abs. 4). Für den Fall, dass keine betriebliche Vereinbarung zustande kommt, ist eine Alternativlösung einer nicht-leistungs-bezogenen Ausschüttung vorgesehen, die im Vergleich zur leistungsbezogenen Vergütung für die Beschäftigten finanziell ungünstiger gestaltet ist. Insoweit gibt es noch immer die Alternative, kein Leistungsentgelt einzuführen.
-
Auch wenn die Finanzierung des Gesamtvolumens erleichtert und die Umsetzung der Rahmenregelung verbindlicher wird – der Nutzen und die
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Anreizwirkung werden gegenwärtig differenziert eingeschätzt. Einfach wird die Einführung des § 18 TVöD aus der Sicht zahlreicher kommunaler Arbeitgeber und Personalräte nicht sein – dies zumindest ist die vorherrschende Meinung von Führungskräften und Personal- und Betriebsräten, die anlässlich von Informationsveranstaltungen, Seminaren und betrieblichen Workshops zu diesem Thema zu hören ist. Der Qualifizierungsbedarf wird als sehr hoch eingeschätzt, da viele Kommunen in dieser Frage Neuland betreten. Führungskräfte, Personal-/Betriebsräte wie Beschäftigte haben größtenteils entweder keine oder nur geringe Erfahrungen mit zielorientierter Führung und leistungsbezogener Vergütung. Die Instrumente zur Erststellung und Bewertung von Leistungen sind nicht tarifvertraglich ausgestaltet – dies wird vielfach eher als Belastung denn als Chance empfunden. -
Dies gilt auch für die Verteilungsgrundsätze, die zwangsläufig zu neuen Entgeltdifferenzierungen innerhalb der Belegschaften führen werden. Nicht befriedigend lösbar erscheint vielerorts auch die Frage, wie eine Gleichbehandlung von Tarifbeschäftigten und Beamt/innen bei der Leistungsbezahlung erreicht werden kann. Oftmals werden die aktuellen Rahmenbedingungen wie auch der Zeitpunkt der Einführung als ungünstig eingeschätzt: Nach wie vor sind die finanziellen Ressourcen in den meisten Kommunen sehr knapp. Die Einführung der Doppik steht in vielen Kommunen an. Auch auf Seiten der Beschäftigten wird mit Skepsis auf die neue Tarifregelung reagiert. Es wird befürchtet, dass Leistungsentgelte dazu führen werden, die Leistungsschraube weiter anzuziehen und über diesen Weg forciert Personal abzubauen.
Nach dem Wortlaut des Tarifvertrages bezwecken die Tarifvertragsparteien mit der Einführung der Leistungsentgelte in erster Linie eine Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen – so die Zielbestimmung des § 18 TVöD. Des Weiteren soll die Einführung von Leistungsentgelten dazu beitragen, Motivation, Eigenverantwortung und Führungskompetenz zu stärken. Inwieweit dieser ehrgeizige Anspruch der Tarifvertragsparteien eingelöst werden kann, wird maßgeblich von der Ausgestaltung und Anwendung der betrieblichen Vereinbarungen abhängen.
Literatur Bundesminister des Innern (Hrsg.)(2001): Erfahrungsbericht zur Dienstrechtsreform, Berlin, download unter: www.bmi.bund.de Jochmann-Döll, A; Tondorf, K. (2004): Monetäre Leistungsanreize im öffentlichen Sektor, edition Nr. 119 der Hans Böckler Stiftung, Düsseldorf Neckel, S. (1999): Blanker Neid, blinde Wut. Sozialstruktur und kollektive Gefühle, in: Leviathan, Jg. 27, H. 2, 145-165 Tondorf, K. (1995): Leistungszulagen als Reforminstrument. Neue Lohnpolitik zwischen Sparzwang und Modernisierung, Berlin, edition sigma
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Tondorf, K. (1997): Leistung und Entgelt im öffentlichen Dienst, Rechtliche Grundlagen und Handlungsmöglichkeiten, Köln, Bund-Verlag Tondorf, K., Bahnmüller, R., Klages, H. (2002): Steuerung durch Zielvereinbarungen. Anwendungspraxis, Probleme und Gestaltungsüberlegungen, Berlin, edition sigma Tondorf, K. (2003): Einführung leistungsbezogener Vergütung auf Basis von Zielvereinbarungen. Ein Praxisbeispiel, Arbeitspapier Nr. 64 der Hans Böckler Stiftung, Düsseldorf Tondorf, K./Jochmann-Döll, A. (2005): (Geschlechter-)Gerechte Leistungsvergütung? Vom (Durch-)bruch des Leistungsprinzips in der Entlohnung , Hamburg, VSA
Personalbeurteilung auf dem Prüfstand – Kritische Fragen zur erfolgreichen Ausrichtung einer „Schlüsselfunktion“ im Personalmanagement Rüdiger Klimecki, Markus Gmür
Zusammenfassung Personalbeurteilung ist ein wichtiger, weil vielfach verbundener Baustein im Personalmanagement. Er kann strategische Leistungen für die Organisation erbringen und die Führungsziele in Gruppen und Abteilungen maßgeblich fördern. Gleichermaßen sind strategische Ausrichtung und Führungsziele wichtige Rahmenbedingungen für die Ausrichtung von Personalbeurteilungsverfahren. Deren Ergebnisse sind zudem auch für andere Funktionsbereiche des Personalmanagements von Relevanz, z.B. Personalentwicklung, Anreizgestaltung, Einsatz- und Karriereplanung. Anhand „kritischer Fragen“ untersucht der vorliegende Beitrag deshalb Voraussetzungen, Inhalte und Erfolgsgrößen dieses Funktionsbereichs und gibt Hinweise für seine konkrete Ausgestaltung. Die Personalbeurteilung zählt zu den zentralen Elementen des Personalmanagements. Ihre wachsende Verbreitung über die letzten Jahrzehnte hinweg ist Ausdruck einer zunehmenden Rationalisierung betrieblicher Arbeitsbeziehungen: Jeder Beschäftigte muss sich über die Leistungsbeiträge seiner Arbeitstätigkeit gegenüber dem Unternehmen ausweisen, und formalisierte Verfahren machen diese Beiträge sicht- und messbar. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass 80% der deutschen Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern ein formalisiertes Verfahren der Leistungsbeurteilung praktizieren; unter den mittelgroßen Firmen mit 200 bis 1000 Beschäftigten sind es immerhin fast 60%. (Weber et al. 2005). Auch wenn die Verbreitung in kleineren Unternehmen geringer ist und etwa ein Viertel der befragten Personalmanager angibt, solche Verfahren nur für einen Teil der Beschäftigten anzuwenden, kann doch davon ausgegangen werden, dass gegenwärtig etwa die Hälfte aller abhängig Beschäftigten regelmäßig in formalisierter Form eine Rückmeldung über ihre erbrachten Leistungen erhalten. Nimmt die Verbreitung von Praktiken in einem organisationalen Feld (d.h. beispielsweise in einem Land oder einer Branche) so stark zu, dass sie 'normal' – also zu einer Art informeller Norm – werden, besteht eine Tendenz zur Anpassung: Organisationen, welche die Praxis bislang nicht angewandt haben, übernehmen sie nicht mehr, um ein bestehendes Effizienzproblem in der Leistungserstellung zu
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lösen, sondern um der Norm zu genügen und sich damit gegenüber vermeintlich einflussreichen Interessengruppen gegenüber zu legitimieren (Meyer/Rowan 1977): Managementsysteme werden dann eingeführt, weil erfolgreiche Wettbewerber sie auch praktizieren oder weil ein anerkannter Experte die Einführung nahe legt. Die Ausgestaltung eines solchen Systems orientiert sich dann auch nicht mehr in erster Linie an den spezifischen Anforderungen der eigenen Organisation, sondern an der Norm im organisationalen Feld, wie sie Veröffentlichungen in einschlägigen Fachzeitschriften oder Unternehmensberater in ihren Empfehlungen transportieren. In letzter Konsequenz löst ein solches System dann kein bestehendes Problem, sondern erzeugt viel eher ein neues – nämlich dann, wenn seine Umsetzung einen zusätzlichen Aufwand bedeutet und mit den bestehenden Praktiken und Systemen nicht kompatibel ist. Die folgenden Ausführungen zu erfolgskritischen Fragen soll dazu dienen, sich über die Anforderungen an formalisierte Leistungsbeurteilungssysteme klar zu werden und zu vermeiden, dass vermeintliche Normen darüber, wie ein Leistungsbeurteilungssystem in der Praxis auszusehen hat, unkritisch übernommen werden.
1. Worauf kann die Personalbeurteilung einwirken? Eine Leistungsbeurteilung hat zwei grundlegend unterschiedliche Wirkungen auf die Leistungsbereitschaft und Arbeitszufriedenheit der Beurteilten: Als Ausdruck von Anerkennung für eine erbrachte Leistung stärkt sie die bestehende intrinsische (aus der Aufgabenerfüllung selbst entstehende) Motivation und kann damit einen positiven Leistungseffekt entfalten, auch wenn das gegenwärtige Leistungsniveau hoch ist. Über die Anerkennung hinaus wird mit einer Leistungsbeurteilung in mehr oder weniger hohem Maße Kontrolle signalisiert. Die Beurteilten erfahren, wie sie aufgrund eines Kennzahlensystems oder einer persönlichen Einschätzung durch den Vorgesetzten bewertet und durch Leistungskriterien in ihrem Verhalten gesteuert werden. Eine solche Wahrnehmung stärkt die extrinsische Motivation der Beurteilten, indem die Aufmerksamkeit auf die Leistungskriterien und die damit verbundenen Belohnungen und potenziellen Strafen (z.B. Kritik, Verlust variabler Vergütungselemente) gelenkt wird. Wo eine hohe intrinsische Motivation vorliegt, geht sie zurück, wenn das Kontrollsignal das Anerkennungssignal der Leistungsbeurteilung überlagert (Frey/Osterloh 2002). In den meisten Fällen werden Leistungsbeurteilungssysteme eingeführt, wenn man glaubt, damit ein höheres Leistungsniveau in der Organisation erreichen zu können. Damit kommt – gewollt oder ungewollt – ein Misstrauen gegenüber den übrigen Beschäftigten zum Ausdruck: "Da ihr nicht die Leistung bringt, die wir von Euch erwarten, führen wir ein Beurteilungssystem ein, das unsere Leistungsanforderungen transparent macht, so dass ihr euch in eurem Verhalten zukünftig stärker daran ausrichtet!" Ob ein solches verhaltenssteuerndes und damit kontrollierendes Beurteilungssystem den angestrebten Effekt hat, hängt aber nicht nur davon ab, ob die extrinsische Motivationssteigerung größer als der intrinsische Motivationsver-
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lust ist. Es ist auch davon abhängig, ob die Ursachen für die Leistungsdefizite auch wirklich im motivationalen Bereich liegen. Leistungsdefizite können aber verschiedene Ursachen haben. In der Arbeitswissenschaft spricht man hier von Leistungsstörungen. Unter diesen Begriff fallen alle Ursachen, die zu einem vorübergehenden oder andauernden Rückgang der Leistung einer Person führen: -
Ergonomische Beeinträchtigungen: Dazu zählen Mängel in der Gestaltung und Ausstattung des Arbeitsplatzes oder äußere Störeinflüsse (z.B. andauernde Lärmbelästigung oder häufige Unterbrechungen des Arbeitsflusses) oder organisatorische Mängel. Möglicherweise nimmt die betroffene Person diese Störungen gar nicht bewusst wahr, reagiert jedoch unterbewusst mit Stress und Leistungsrückgang.
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Qualifikationsdefizite: Änderungen in den Aufgabenstellungen stellen häufig neuartige Anforderungen an die individuelle Qualifikation. Wenn die Person nicht in der Lage ist, die neuen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben, wird damit die Leistung beeinträchtigt. Ähnlich wie bei den ergonomischen Ursachen müssen diese Defizite der betroffenen Person nicht bewusst sein.
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Soziale Konflikte: Leistungsstörungen können schließlich auch auf Konflikte mit Vorgesetzten oder Kollegen zurückzuführen sein. Wenn eine Person mit ihrer Leistung gegen soziale Normen und Rollenerwartungen verstößt (z.B. Arbeitsnormen oder die Erwartung, sich Vorgesetzten und älteren Kollegen unterzuordnen), wird sie mit Widerstand und Ablehnung konfrontiert, die ihre Leistung beeinträchtigen. Eine Beseitigung der Ursachen für die Leistungsstörungen erfordert einen Beratungsansatz, der alle beteiligten Personen mit einbezieht.
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Motivationale Störungen: Fehlende oder enttäuschte Motive der Person (Demotivation, Frustration) können ebenfalls zu Leistungsstörungen führen. In diesem Fall sind der betreffenden Person die Ursachen bewusst, jedoch ist sie unter Umständen nicht bereit, sich mit deren Beseitigung aktiv auseinander zu setzen.
Leistungsbeurteilungssysteme zielen in aller Regel auf motivationale Ursachen. Der Erfolg solcher Systeme hängt demzufolge davon ab, dass keine anderen Ursachen für Leistungsdefizite vorliegen. Ist erkennbar, dass Leistungsdefizite auf andere als rein motivationale Ursachen zurückgehen, müssen diese begleitend behoben werden, z.B. durch geeignete Maßnahmen der Personalentwicklung. Leistungsbeurteilungssysteme können motivationale Ursachen für Leistungsdefizite beseitigen helfen. In der Regel fördern sie die extrinsische Motivation, können aber gleichzeitig eine bestehende intrinsische Motivation reduzieren. Sie tragen nicht zur Leistungssteigerung bei, wenn die Ursachen für die Defizite qualifikatorischer, organisatorischer oder sozio-kultureller Natur sind.
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2. Welche Ziele können mit der Personalbeurteilung verfolgt werden? Neben diesem unmittelbaren motivationsbezogenen Effekt stellen die Beurteilungsergebnisse aber auch Vorleistungen für andere Funktionsbereiche des Personalmanagements und der Organisation insgesamt. Mit der Personalbeurteilung kann deshalb eine umfangreiche Bandbreite an Zielsetzungen verbunden werden. Gerade weil sie eine solche Schlüsselstellung, sowohl für den Führungsalltag als auch für den strategischen Erfolg einer Organisation besitzt, wird ihre Bedeutung in der Praxis oft unterschätzt. So ist sie aus Sicht der Organisation insgesamt von strategischer Bedeutung: Denn, fasst man ihre Ergebnisse zusammen, dann zeigt sich, über welche Kernkompetenzen eine Organisation verfügt und ob diese mit den strategischen Zielen kompatibel sind. Aus der möglichen Differenz zwischen diesem Soll und Ist ergibt sich ein Handlungsbedarf für die Personalbeschaffung und -entwicklung. Da dieser in aller Regel nicht kurzfristig bewältigt werden kann, sind die - organisationsweit aggregierten – Ergebnisse der Personalbeurteilung zugleich auch immer ein Indikator dafür, was „strategisch möglich ist“ und wo Entwicklungsbedarf besteht, um die angestrebten Kernkompetenzen und die damit – hoffentlich – verbundenen Wettbewerbsvorteile zu erreichen. Aus Sicht der Personalpolitik zeigen sie auch operativ Ansatzpunkte für die Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs auf, geben Informationen zur Bestimmung der leistungsbezogenen Entgeltanteile, unterstützen das Karrieremanagement und bieten Entscheidungshilfe bei der internen Einsatzplanung. Auf der Ebene der Führung bilden sie die Grundlage für laufende Rückmeldungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern und sind deshalb auch ein Instrument zur Förderung der Kommunikation sowie zur Entwicklung der persönlichen Beziehungen und des Verhaltens. Dem Vorgesetzten bieten sie damit auch Ansatzpunkte für eine persönliche Förderung des Mitarbeiters, etwa im Rahmen von CoachingMaßnahmen. Durch die leistungsbezogenen Teile der Beurteilung kann eine Überprüfung des Zielerreichungsgrades und des damit verbundenen Delegationsrahmens vorgenommen und werden. Auf der Gruppen- und Projektebene tragen sie zur Klärung der Zusammenarbeit mit Kollegen bei und können auch zur Analyse der Effekte von Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen eingesetzt werden Aufgrund der Vielfalt möglicher Zielsetzung und des breiten Leistungsspektrums, das die Personalbeurteilung potentiell bietet wird deutlich, dass ein hoher (strategischer) Vorsteuerungsbedarf für die einzusetzenden Beurteilungsverfahren besteht. Komplexeren Zielsetzungen sind mit einem einfach gestrickten Standardverfahren nicht zu erreichen. Vielmehr besteht in der Regel ein Bedarf an ausdifferenzierten Formen, die auch modular aufgebaut sein können. Wichtige Ansatzpunkte für sol-
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che differenzierten Verfahren und mögliche Module werden nachfolgend aufgezeigt.
3. Soll die Beurteilung effizient, umfassend oder treffgenau sein? Eine Leistungsbeurteilung, gleichgültig ob es sich dabei um ein Kennzahlensystem oder ein leitfadengestütztes Beurteilungsgespräch handelt, ist ein diagnostisches Verfahren. Damit es geeignet ist, die angestrebten Ziele zu erreichen, muss es eine Reihe von Anforderungen erfüllen: Gültigkeit, Zuverlässigkeit und Objektivität, Mächtigkeit sowie Effizienz. Diese Anforderungen erzeugen eine Trilemma-Situation für den Entwickler und Anwender eines solchen Verfahrens, wie sie für jedes diagnostische Verfahren typisch. Im Trilemma-Dreieck (vgl. Abbildung 1) lassen sich zwei Anforderungen immer nur zulasten der dritten erfüllen:
maximale Gültigkeit, Zuverlässigkeit und Objektivität
maximale Reichweite und Mächtigkeit
"treffgenau"
"umfassend"
"effizient" minimaler zeitlicher und finanzieller Aufwand
Abbildung 1: Die diagnostische Trilemma-Konstellation Gültigkeit (Validität), Zuverlässigkeit (Reliabilität) und Objektivität sind die wichtigsten Gütekriterien für die diagnostische Qualität, d.h. Treffgenauigkeit eines Beurteilungsverfahrens. Gültigkeit (Validität) setzt voraus, dass ein Verfahren tatsächlich das misst, was es messen soll. Diese Anforderung mag auf den ersten Blick trivial erscheinen, denn von einer Leistungsbeurteilung erwartet man selbstverständlich, dass damit die Leistung eines Mitarbeiters gemessen wird. Dass dies in der Praxis nicht immer der Fall ist, lässt sich leicht an einem Beispiel zeigen: Ein Mitarbeiter in einem Bürgerbüro wird unter anderem danach beurteilt, wie zufrieden die Bürger mit der
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kommunalen Servicestelle sind. Zu diesem Zweck werden am Ausgang periodisch Fragebögen ausgelegt und die ausgefüllten Bögen quartalsweise ausgewertet. Misst ein solches Verfahren gültig die Leistung des einzelnen Mitarbeiters? Allenfalls beschränkt, denn es dürfte schwierig sein, Unmutsäußerungen unzufriedener Bürger eindeutig einer schlechten Mitarbeiterleistung zuzurechnen; ebenso wahrscheinlich rührt die Unzufriedenheit von daher, dass sich die Bürger über die Folgen einer Gesetzesbestimmung oder Verordnung ärgern, auf die der einzelne Mitarbeiter keinen Einfluss hat. Ein Verfahren ist also nur gültig, wenn das Kriterium ausschließlich und eindeutig mit dem Leistungsbemühen des Beurteilten zusammenhängt. Zuverlässigkeit (Reliabilität) besagt, wie stabil die Beurteilungskriterien und die damit gemessenen Leistungen im Zeitverlauf sind. Wenig zuverlässig wäre ein Verfahren, dass Leistungen, die schwanken können, zu einem einzigen Zeitpunkt misst (beispielsweise die Arbeitsqualität eines ganzen Jahres auf Basis von Fehlern, die in den letzten drei Wochen aufgetreten sind). Die Objektivität eines Verfahrens ergibt sich schließlich dadurch, dass die Leistungsbeurteilung unabhängig vom Beurteiler ausfällt. Ein Kennzahlensystem weist in der Regel eine höhere Objektivität auf als ein strukturierter Bewertungsbogen, den der Vorgesetzte als Grundlage für ein Beurteilungsgespräch ausfüllt, und ein strukturierter Bewertungsbogen eine höhere Objektivität als ein leitfadengestütztes freies Beurteilungsgespräch. Treffgenau ist ein Beurteilungsverfahren, wenn es gültig, zuverlässig und objektiv ist. Dabei ist zu beachten, dass ein unzuverlässiges und/oder subjektives Verfahren nie gültig sein kann (da es situationsabhängig häufig nicht das misst, was es messen soll); hingegen lässt sich aus einer hohen Zuverlässigkeit und Objektivität kein Schluss auf die Gültigkeit ziehen. Die zweite wichtige Anforderung an ein Beurteilungsverfahren ist seine Reichweite und Mächtigkeit. Eine Beurteilung soll möglichst viele relevante Bereiche erfassen. Der Beurteiler soll mit Hilfe des angewendeten Verfahrens ein umfassendes Bild über die Leistungen und ihr Zustandekommen erhalten, damit die Bewertung fair und in der Folge auch motivationserhaltend wirkt. Sie sollte dementsprechend möglichst viele Leistungsaspekte abdecken und nicht nur das Leistungsergebnis, sondern auch die Leistungsanstrengung berücksichtigen, und all das nach Möglichkeit über einen langen Zeitraum. Die dritte Anforderung an ein Beurteilungsverfahren ist seine Effizienz. Es soll mit minimalem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sein. Aufwand entsteht beispielsweise dadurch, dass umfangreiche Daten erhoben werden müssen, um festzustellen, ob ein bestimmtes Leistungsziel erreicht wurde. Ein Verfahren, an dem mehrere Beurteiler beteiligt sind, ist ebenfalls aufwändiger als ein einfaches Beurteilungsgespräch mit dem direkten Vorgesetzten. Diese drei Anforderungen stehen, wie bereits einleitend angeführt, in einem Spannungsverhältnis zueinander, indem sich immer nur maximal zwei Bedingungen erfüllen lassen, was allerdings auf Kosten der jeweils dritten Bedingung geht: Valide und zuverlässige Verfahren sind in aller Regel auf wenige ausgewählte Kri-
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terien beschränkt und aufwändiger als qualitativ schwächere Verfahren. Wenn die Beurteilung die Leistung umfassend abbilden soll erfordert dies einen besonderen zeitlichen, organisatorischen und gegebenenfalls auch finanziellen Aufwand. Steht die Effizienz im Vordergrund, wird der Beurteiler Abstriche in der Zahl der Beurteilungskriterien oder in der Qualität der Leistungsmessung hinnehmen müssen. Und schließlich gelingt eine umfassende Beurteilung nur unter Inkaufnahme einer niedrigen Messqualität oder einem besonders hohen Aufwand. Die Entscheidung, welche Anforderungen vorrangig zu erfüllen sind, hängen vor allem von der strategischen und finanziellen Bedeutung der zu beurteilenden Person bzw. ihres Aufgabenbereichs (Maximierung der Treffgenauigkeit), den Erwartungen von Beurteiler und Beurteilten (Maximierung der Mächtigkeit) und den zeitlichen und finanziellen Restriktionen ab (Maximierung der Effizienz). Die grundlegende Trilemma-Situation lässt sich jedoch nicht auflösen. Die konkrete Ausgestaltung eines Leistungsbeurteilungssystems bewegt sich zwischen den Anforderungen der Mächtigkeit, der Treffgenauigkeit und ökonomischen Effizienz. Es ist stets eine bewusste Entscheidung zu treffen, auf welche dieser drei Bedingungen am ehesten verzichtet werden kann.
4. Soll die Beurteilung an der Leistungsanstrengung oder am Leistungsergebnis ansetzen und wie lässt sich das Leistungspotential abschätzen? Eine Leistungsbeurteilung lässt sich an zwei verschiedenen Kriterien messen: an der Leistungsanstrengung (verhaltensbezogene Beurteilung) oder dem Leistungsergebnis (ergebnisbezogene Beurteilung). Ferner ist zu entscheiden, ob neben der vergangenheits- und gegenwartsbezogenen Beurteilung auch eine zukunftsorientierte Einschätzung von Leistungspotentialen vorgenommen werden soll. Die Wahl des Kriteriums hat dabei erhebliche Konsequenzen für die Anreizwirkungen eines Leistungsbeurteilungssystems. Eine ergebnisbezogene Beurteilung misst die Leistung eines Mitarbeiters idealerweise anhand vorher vereinbarter Ziele, etwa im Rahmen eines Management by Objectives. Die Ziele können eine quantitative Leistung definieren (z.B. über die Anzahl bearbeiteter Anträge für einen Verwaltungssachbearbeiter oder die Anzahl eingeschriebener Studierender für einen Studienleiter an einer Hochschule), die Leistungsqualität (z.B. über Fehlerquoten oder Zufriedenheitsscores), Innovationen (z.B. die erfolgreiche Implementierung einer neuen Software) oder auch persönliche Entwicklungsziele (z.B. der Erwerb eines Fremdsprachenzertifikats). Verhaltensbezogene Leistungskriterien stellen die Anstrengungen, welche die Person zur Erreichung bestimmter Leistungsergebnisse unternimmt, in den Mittelpunkt. Beispiele sind eine Leistungszulage für einen Berater, die von der Anzahl der Besuche abhängt, oder eine Zulage für einen Hochschullehrer, die sich an der Anzahl der Diplomarbeiten und mündlichen Prüfungen orientiert.
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Personenbezogene Kriterien beziehen sich auf das Qualifikations- und Motivationspotential der Mitarbeiter. Hierbei stehen nicht die Leistungen an einem Arbeitsplatz, sondern das Leistungsvermögen der Person im Vordergrund. InputBeurteilung
OutputBeurteilung
Person
Verhalten
Leistung
z.B. Fähigkeiten Potentiale
z.B. Flexibilität Pünktlichkeit
z.B. Qualität der Arbeitsergebnisse
Zukunft
Gegenwart
Vergangenheit
Abbildung 2: Ansatzpunkte der Personalbeurteilung Die Übergänge zwischen diesen Beurteilungsformen sind fließend. In der Praxis finden sich in den meisten Fällen Mischformen. Für die Gestaltung eines Leistungsbeurteilungssystems stellt sich die Frage, welches relative Gewicht ergebnis-, verhaltens- und personenbezogene Beurteilungskriterien erhalten sollen und wovon das optimale Mischungsverhältnis im Einzelfall abhängt. Verhaltensbezogene Kriterien sind vor allem dann geeignet, wenn der Mitarbeiter bei der Erreichung der Leistung im Wesentlichen von Entscheidungen anderer Personen abhängig ist, die er selbst nur wenig beeinflussen kann. Ein ergebnisbezogenes Kriterium würde in diesem Fall aufgrund der fehlenden Kontrolle über die eigene Leistung eher demotivierend wirken. Ein weiterer Grund für ein verhaltensbezogenes Kriterium liegt vor, wenn die Leistung nicht oder nur indirekt gemessen werden kann, wie dies etwa bei Servicetätigkeiten der Fall sein kann. Ergebnisbezogene Kriterien berücksichtigen nur die erzielten Erfolge in quantitativer oder qualitativer Hinsicht, unabhängig von dem dafür notwendigen Aufwand. Beispiele sind eine Leistungszulage im Vertrieb, die sich am Gesamtvolumen der Verkaufsabschlüsse orientiert, oder eine Zulage für einen Forscher, welche die eingeworbenen Forschungsgelder und die Zitationshäufigkeit seiner Veröffentlichungen zugrunde legt. Ergebnisbezogene Leistungskriterien wirken vor allem für erfolgsmotivierte Mitarbeiter attraktiv, während Misserfolgsmeider dadurch eher abgeschreckt werden. Geeignet sind sie da, wo die Ergebnisse leicht messbar sind und der Erfolg vor allem von den Fähigkeiten und dem Engagement des Mitarbeiters abhängen. Hauptvorteil ist die leicht objektivierbare Beurteilungsgrundlage, die zu einer hohen Akzeptanz der Beurteilten führt. Die Gefahr besteht darin, dass die kurzfristige Optimierung zuungunsten langfristiger Ziele gefördert wird.
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Da bei personenbezogenen Kriterien das Leistungsvermögen im Vordergrund steht, werden diese meist nur für einen ausgewählten Kreis von besonders wichtigen Mitarbeitern erhoben. In der Regel handelt es sich dabei um Führungs-(nachwuchs-)kräfte und Spezialisten, z.B. in Entwicklungslabors oder Stabsstellen. Auch hier werden letztlich Leistungsanstrengung oder - ergebnis beurteilt. Dies erfolgt allerdings außerhalb der alltäglichen Arbeitsumgebung. Geschehen kann dies etwa im Rahmen einer Job Rotation, durch Übernahme einer Sonderaufgabe oder eines Projektes oder auch im Rahmen eines Assessment-Center-Verfahrens (Kompa 2004). Welcher Ansatz dem betrieblichen Beurteilungssystem zugrunde gelegt wird, hängt also von den Zielen der Beurteilung ab: Soll die Beurteilung primär die kurzfristige ökonomische Optimierung sichern, bietet sich die Leistungsorientierung an, während der Personenansatz die langfristige Dispositionsfähigkeit betont. Steht die Kontinuität eines bestimmten Wunschverhaltens im Vordergrund (z.B. das kooperative Verhalten von Vorgesetzten), eignet sich in erster Linie der verhaltensbezogene Ansatz. Je bedeutsamer die Konsequenzen für die beurteilte Person sind und für den Fall, dass die Ergebnisse der Beurteilung an das Anreizsystem gekoppelt sind (z.B. bei variablen Vergütungsanteilen), ist es für die Akzeptanz der Beurteilung umso wichtiger, dass sie auf nachvollziehbaren und weitgehend objektivierbaren Informationsgrundlagen beruht.
5.
Soll die Beurteilung ganzheitlich oder detailliert erfolgen?
Bei dieser Frage geht es um die Art und Weise, wie die Beurteilungen erfasst werden. So können Beurteilungsverfahren summarisch (ganzheitlich) oder analytisch (nach Einzelkriterien) ausgelegt werden. Eine ganze Reihe von Zwischenschritten ist denkbar und wird auch praktisch angewendet. Da die Praxis hier besonders vielfältig und einfallsreich ist, sollen nur die häufiger verwendeten Verfahren kurz angesprochen werden. Die „Minimalform“ eines formellen Verfahrens ist ein schwach strukturierter Beurteilungsleitfaden, mit dem die wichtigsten Beurteilungsthemen vorgegeben werden (z.B. Leistung, Verhalten und Person). Die Beurteilung kann dabei durch eine einfache Zuordnung von: erfüllt/nicht erfüllt erfolgen, wobei der Beurteiler seine Eindrücke in freier Form begründen kann. In einer langen Reihe von Zwischenformen kann der Strukturierungsgrad dieses Leitfadens erhöht werden, was dann auch zu einer zunehmend differenzierten Beurteilung führt. Konkret bedeutet dies, das die vorgenannten Themen Leistung, Verhalten und Persönliches in zunehmendem Masse untergliedert werden, also z.B. Verhalten gegenüber Kunden, Kollegen Vorgesetzten und (so vorhanden) unterstellten Mitarbeitern. Dabei sind prinzipiell zwei Varianten denkbar: die Strukturierungsvorgaben können als Katalog von Beispielen verstanden werden, aus dem sich
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der Beurteiler die situativ passenden heraussucht und als Begründung für sein Urteil verwendet. Die Vorgaben können aber auch verbindlich sein, so dass der Beurteiler zu allen Stellung nehmen muss. In ähnlicher Weise kann auch das Urteil selbst weiter ausdifferenziert werden (z.B. entspricht den Anforderungen „niedrig – mittel – hoch“. Bei weiterer Ausdifferenzierung entsteht ein Skalenverfahren, das ein Set an strukturierten (kriteriengeleiteten) Beurteilungsthemen beinhaltet, wobei jedes Kriterium mit Hilfe einer Skala (z.B. im Schulnotenverfahren) bewertet wird. So kann z.B. das Verhalten etwa durch 10 Kriterien gemessen werden, wobei die bereits genannten etwa durch Aspekte wie „Verhalten in Konfliktsituationen“, etc. erweitert werden können. Da für jedes Kriterium eine Skala zur Verfügung steht ist es damit möglich, jedes einzelne Kriterium zu messen, aber auch anschließend alle verhaltensbezogenen Kriterien zu einer Gesamtbewertung „Verhalten“ zusammen zu ziehen. Wenn dabei noch ein minimaler Ergebniswert angegeben wird (z.B. von einem Kundenbetreuer erwarten wir hinsichtlich seines Verhaltens in Konfliktsituationen mindestens den Wert 3), kann zudem auch das Urteil selbst konkretisiert werden und die organisationsweite Vergleichbarkeit der Ergebnisse steigt ebenfalls. Es ist offensichtlich, dass die Qualität des Verfahrens mit zunehmendem Differenzierungsgrad steigt, ebenso aber auch der Aufwand der von allen Beteiligten betrieben werden muss. Zur Sicherung der Objektivität, Vergleichbarkeit und Transparenz ist jedoch ein Mindestmaß an Strukturierung erforderlich. In der Praxis haben sich deshalb Skalenverfahren (auch in Kombination mit freien Ergänzungen) weitgehend durchgesetzt. Dabei finden sich durchaus Verfahren, die mit mehr als 100 Kriterien arbeiten – und dies sicher nicht immer zur Freude der Beteiligten. Generell ist die Wahl des Verfahrens von entscheidender Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und Nachvollziehbarkeit der Personalbeurteilung. Zu empfehlen sind deshalb Skalenverfahren, die allerdings Raum dafür bieten sollten, die besonderen persönlichen Eindrücke auch artikulieren zu können – also freie Teile beinhalten.
6. Wer soll die Personalbeurteilung vornehmen? Generell kann jeder Kooperationspartner eines Mitarbeiters auch ein Urteil über diesen abgeben – und wird es im Zweifel auch tun. Dabei kommt es nicht einmal darauf an, ob er Mitglied der Organisation oder ein Externer ist, der mit der Organisation z.B. als Lieferant, Kunde oder Berater verbunden ist. Ob solche Urteile im Rahmen eines „offiziellen Beurteilungssystems“ auch Gehör finden, ist allerdings eine andere Frage. Wie diese beantwortet wird, hängt davon ab, welche Ziele eine Organisation mit der Beurteilung verfolgt, wie bedeutsam die potentiellen Beurteiler für den Organisationserfolg eingeschätzt werden und welche Aufgaben der zu Beurteilende erfüllen hat. In der Beurteilungspraxis traditionell üblich (und auch heute in den meisten Fällen immer noch die einzige Form) ist die Beurteilung durch den direkten Vorge-
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setzten (Schuler 2000). Sie passt insbesondere zu klassischen Hierarchie- und Arbeitsteilungsvorstellungen. Dort, wo man es mit einem hohen Qualifikationsgefälle zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern zu tun hat, wo sich die Aufgabe auf ausführende Tätigkeiten beschränkt, wo zudem durch Ausführungsfehler ein großer Schaden für die Organisation entstehen kann und wo – nicht zuletzt – die Tätigkeit sich auch gut beobachten lässt, ist diese Beschränkung auf nur eine Beurteilung nach wie vor sinnvoll und vielfach wohl auch die einzige Möglichkeit. Allerdings haben sich die Arbeitsformen zwischenzeitlich in vielen Aufgabenfeldern und Organisationstypen sehr grundsätzlich geändert – was für die Auswahl geeigneter Beurteilungsperspektiven erhebliche Konsequenzen nach sich zieht: Zu denken ist hier etwa an die in den letzten Jahren stark zunehmende Arbeit in Teams, die eine Beurteilung nur durch den Vorgesetzten, der möglicherweise nicht einmal Teammitglied ist, als unzureichend erscheinen lässt. Bedeutsam ist aber auch der heute wesentlich dezentralere Organisationsaufbau, der zu größeren Führungsspannen führt, die wiederum zur Folge haben, dass Vorgesetzte kaum mehr in der Lage sind, alle Mitarbeiter mit der gleichen Sorgfalt zu beobachten und zu beurteilen. Ebenfalls alltäglich ist mittlerweile auch, dass Mitarbeiter neben ihrer Linientätigkeit einen immer größeren Anteil ihrer Arbeit und Leistung in abteilungsübergreifenden Projekten erbringen. Dies führt dazu, dass sie mindestens zwei Vorgesetzte haben, die möglicherweise unterschiedliche Interessen verfolgen und – damit verbunden – auch unterschiedliche Beurteilungskriterien oder –gewichtungen anlegen können. Nicht zuletzt sind durch ein steigendes Qualifikationsniveau der Mitarbeiter, durch das Vordringen von Zielvereinbarungssystemen und zunehmend komplexere Aufgabenstellung der Wunsch und der Bedarf an Selbststeuerung deutlich gewachsen. Viele Organisationen haben die Vorteile einer eigenverantwortlichen Aufgabenerfüllung durch kompetente, selbstbewusste und loyale Mitarbeiter längst erkannt und fordern diese sogar offensiv ein, z.B. „unsere Mitarbeiter sind Mit-Unternehmer“. Diese Beispiele zeigen, dass der traditionelle Beurteilerfokus (Vorgesetzter) zwar immer noch dominiert und auch eine hohe Akzeptanz besitzt, aber modernen Arbeitsformen immer weniger gerecht werden kann. Als Folge entsteht in der Organisationspraxis zunehmend ein „Spannungsfeld“ zwischen Akzeptanz und Leistungsfähigkeit von Beurteilungssystemen. Eine Lösungsmöglichkeit bieten Systeme, die unter dem Schlagwort der „360°Beurteilung“ bekannt geworden sind und seit geraumer Zeit Alternativen zu klassischen Beurteilung durch den Vorgesetzten anbieten (Sarges 2000, Runde et al. 2001). Mit ihnen wird die vorgenannte Möglichkeit einer umfassenden Beurteilung, die durch alle möglichen Kooperationspartner erfolgen kann, in ein „offizielles System“ übersetzt.
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Dabei bieten sich folgende Perspektiven: Beurteilung durch den nächsthöheren Vorgesetzten
Beurteilung durch Außenstehende (z.B. Kunden)
Beurteilung durch den direkten Vorgesetzten
Selbstbeurteilung
Beurteilung durch Kollegen
Beurteilung durch die Mitarbeiter
Abbildung 3: Träger der Personalbeurteilung Neben der zuvor genannten Beurteilung durch den direkten Vorgesetzten findet die Beurteilung durch die Mitarbeiter in der Praxis (der Führungskräftebeurteilung) zunehmend Beachtung (Weibler 1996). Sie wird üblicherweise (und etwas missverständlich) als „Vorgesetztenbeurteilung“ bezeichnet und stellt einen Partizipationsansatz dar. Durch sie wird ein „bottom-up“-Blick auf die Führungsfähigkeiten aber auch die wahrgenommene Fachkompetenz aus Sicht der unmittelbar Betroffenen möglich. Von Bedeutung ist sie überall dort, wo der Erfolg von Vorgesetzten insbesondere von ihrem Führungsverhalten abhängig ist, sie aber dennoch mindestens einen Vorsprung an genereller Fachkompetenz benötigen, um bei ihren Mitarbeitern Akzeptanz zu finden. Diese Beurteilungsform ist „sozial sensibel“ und stark von der Organisationskultur abhängig (Stichwort: Vertrauenskultur). Ihre Gefahren liegen in einer möglichen „Tendenz zur Milde“ (aufgrund der Angst vor „Racheaktionen“ des Vorgesetzten) oder in einer „Tendenz zur Strenge“ (den eigenen „Rachegelüsten“ nachgeben). Ihre Einführung sollte deshalb schrittweise erfolgen und im Rahmen von Programmen der Organisationsentwicklung vorbereitet und begleitet werden. Wenn ihre „sozialverträgliche“ Einführung gelingt, bedanken sie sich jedoch mit validen Ergebnissen (Kiefer 2000). Die Kollegenbeurteilung wird meist als Ergänzung zu andern Beurteilungen eingesetzt. Sie bezieht sich vorwiegend auf Merkmale des kooperativen oder prosozialen Verhaltens. Häufig findet sie im Rahmen von Weiterbildungsveranstaltungen statt. Sie kann aber auch Bestandteil der Abschlussbeurteilung von Projekten
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sein. Nicht unproblematisch dabei ist die Akzeptanz durch den Beurteilten und auch die Bereitschaft des Urteilenden, eine solche Einschätzung überhaupt vorzunehmen. Dieser Situation kann begegnet werden, in dem man alle Teilnehmer (eines Seminars, eines Projekts) alle übrigen beurteilen lässt. Die Selbstbeurteilung wird ebenfalls als Ergänzung der Beurteilung durch den direkten Vorgesetzten eingesetzt. Dort sollte sie allerdings obligatorisch sein, da sie entscheidend für die Akzeptanz der Ergebnisse durch den Beurteilten ist. So ist kaum ein sinnvolles Beurteilungs- und Förderungsgespräch vorstellbar, dass nicht auf einer Gegenüberstellung von Fremd- und Selbstbild beruht. Vielfach ist in formellen Beurteilungssystemen eine solche Selbstbeurteilung vorgesehen, z.B. in dem der Mitarbeiter aufgefordert wird, Meinungsabweichungen zu kommentieren. Die Beurteilung durch den nächst höheren Vorgesetzten (Weibler 1994) oder Externe sind in der Praxis noch weniger verbreitet, aber auf dem Vormarsch. Informelle Praxis ist es jedoch durchaus, dass eine Führungskraft die Ergebnisse für ihre wichtigsten Mitarbeiter auch mit ihrem Vorgesetzten bespricht. Dies ist schon deshalb notwendig, weil von diesen Ergebnissen Beförderungs- und Bonusentscheidungen abhängen können. Auch Trainer oder Berater wird man – als erfahrene Experten - nach ihren Eindrücken fragen. Wenn ein solcher Vorgang intransparent verläuft, kann er jedoch zu prekären Situationen führen. Solche Urteile zum offiziellen Bestandteil des Verfahrens zu machen und damit auch ihre Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu erhöhen, ist also als sinnvoll anzusehen. Als eine Sonderform sind die weit verbreiteten Kundenzufriedenheitsbefragungen anzusehen, da sie zumeist anonym erfolgen und nicht dem einzelnen Mitarbeiter zugerechnet werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Mehrfachbeurteilungen („360°Beurteilung“), die Objektivität und Validität des „Gesamtkonstrukts“ der Beurteilung durchaus erhöhen können. Sie erhöhen allerdings auch den Aufwand beträchtlich, weshalb man sie meist nur für ausgewählte Zielgruppen anwendet. In ihrer Wirkung auf die Beteiligten sind sie – wie aufgezeigt - durchaus „ambivalent“: So können sie zwar zu besseren (und gerechteren) Ergebnissen führen, erhöhen aber zugleich immer auch die wahrgenommene Fremdkontrolle und die „Unsicherheitszone“ der Beurteilten.
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Welche Fehler sollten bei der Personalbeurteilung vermieden werden?
In vielen Fällen sind die Beurteiler für ihre Rolle nicht oder nur rudimentär ausgebildet. Umso wichtiger ist es für sie, sich typische Fehler vor Augen zu halten, um zu einer möglichst unverzerrten Informationsaufnahme und –bewertung kommen zu können. Angesichts der hohen Bedeutung, die Fehlurteile für die Beurteilten haben können, aber auch aufgrund der damit verbundenen Leistungsverluste für die gesamte Organisation, besteht hier ein deutlicher Professionalisierungsbedarf, der z.B. durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen abgedeckt werden sollte.
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Grundlage für eine professionelle Beurteilung ist zunächst einmal, den gesamten Vorgang in drei separate Schritte aufzuteilen, die nicht vermischt werden sollten: Beobachtung, Beschreibung und Bewertung. Wichtige Ursachen für die nachfolgend skizzierten Beurteilungsfehler sind darin zu suchen, dass nicht systematisch, präzise und kontinuierlich beobachtet wird, dass keine adäquate und im Zeitverlauf nachvollziehbar bleibende Beschreibung des Beobachteten stattfindet und dass die Grenze zwischen Beschreibung und Bewertung verwischt wird, z.B. in dem das Beobachtete ohne Beschreibung gleich bewertet wird, also keine Überprüfung der Umstände oder möglicher eigener Wahrnehmungsfehler stattfindet. Das Problem kann mit einem kleinen Beispiel schnell verdeutlicht werden: Wenn eine Person bei einer Abteilungssitzung gestenreich ein Statement abgibt und dabei mehrfach aufsteht (Beobachtung), dann ist zunächst genau das und nichts anderes zu beschreiben. Ob daraus z.B. auf Nervosität oder Aggression geschlossen werden kann, wie also die Beobachtung zu bewerten ist, steht auf einem anderen Blatt. Wird das Beobachtete nicht beschrieben, sondern gleich bewertet, können Fehler entstehen. Um zu einer professionellen Bewertung zu kommen, müssten hingegen mehrere ähnliche Situationen beobachtet und (nachvollziehbar) beschreiben werden, der Einfluss des Sitzungsklimas beachtet werden und auch sichergestellt sein, dass die Bewertung nicht einfach entsteht, weil der Beurteiler ein solches Verhalten persönlich nicht schätzt. Typische Fehler, die durch eine solche mangelnde Unterscheidungs- und Trennfähigkeit verursacht oder doch mindestes moderiert werden, sind (vgl. Lattmann 1994 und Rastetter 1999): -
Beziehungsbedingte Fehler: Diese entstehen, wenn sich Beurteiler und zu Beurteilender ähnlich sind oder nahe stehen, oder das Gegenteil der Fall ist. Dies kann zu den nachfolgend noch skizzierten Tendenzen zur Milde oder Härte führen.
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Bezugsgruppenbedingte Fehler entstehen, wenn der zu beurteilende z.B. aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer Gruppe bewertet wird, oder wenn der Beurteiler die Normen seiner eigenen Bezugsgruppe in den Bewertungsvorgang einfließen lässt. Dies kann etwa dazu führen, dass Vorgesetzte tendenziell immer besser bewertet werden als Mitarbeiter (Hierarchieeffekt).
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Serienfehler entstehen, wenn einzelne Beurteilungsereignisse gleich in den Trend der bisherigen Entwicklung des Mitarbeiters eingeordnet werden. Mitarbeiter mit bislang positiver Entwicklung können dann etwa damit rechnen können, dass ein identisches Ereignis bei ihnen positiver bewertet wird als bei Mitarbeitern mit weniger positiver Entwicklungsgeschichte.
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Wahrnehmungsfehler ergeben sich, wenn ein Beurteilungsmerkmal gegenüber den anderen überbetont wird (Halo-Effekt). Ist z.B. ein Mitarbeiter eher „konfliktscheu“ und ist dieses Merkmal für den Beurteiler wichtig, dann „überstrahlt“ dieses Merkmal alle anderen und zieht dies die gesamte Beurteilung nach unten.
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Maßstabsfehler: hierbei weicht der Beurteiler von einer Normalverteilung der zu beurteilenden Merkmale ab. Dies kann z.B. in einer „Tendenz zur Mitte“ zum Ausdruck kommen, die häufig auf Informationsdefizite zurückzuführen ist. Wenn der Beurteiler keine präzisen Einschätzungen vornehmen kann, greift er im Zweifel zu einer mittleren Bewertung – in der Hoffnung, damit keine größeren Fehler zu begehen. Entsprechend kann es auch zur einer „Tendenz zur Milde“ kommen, etwa wenn der Vorgesetzte eine Auseinandersetzung mit seinem Mitarbeiter scheut. Eine „Tendenz zur Härte“ kann durch eine überzogene Anspruchshaltung, aber auch durch Minderwertigkeitsgefühle des Vorgesetzten gegenüber dem Mitarbeiter entstehen.
Beurteilungsfehler entstehen meist durch einen unprofessionellen Umgang mit den drei Teilschritten einer jeden Beurteilung: Beobachtung, Beschreibung und Bewertung. Sie sind auf Informationsdefizite und Wahrnehmungsverzerrungen zurück zu führen, welche zu einer systematischen Verfälschung der Urteile führen. Aufgrund der Bedeutung solcher Fehler für Person und Organisation sollten regelmäßige Schulungen durchgeführt und Maßnahmen zur Förderung der Selbstreflexion der Beurteiler ergriffen werden.
8. Soll eine Beurteilung von Einzelleistungen oder von Teamleistungen erfolgen? Mit zunehmender Verbreitung von Teamkonzepten und Projektorganisationen stellt sich folgerichtig auch die Frage, ob die bislang vorwiegend individuelle Ausrichtung der Personalbeurteilung noch ausreichend ist, oder ob sie in manchen Bereichen nicht sogar dysfunktional wirkt. Wenn Team definiert wird als „Mehr als die Summe der Mitglieder“, dann kann dieses „Mehr“, welches Teamorganisation bieten soll durch eine individualisierte Beurteilung gefährdet oder gar zerstört werden. Denn offensichtlich ist, dass man sich - mindestens auf der Leistungsebene - einen Synergieeffekt verspricht, der also über die Addition der Einzelleistungen hinausgeht. Ebenso wird man aber auch auf ein Verhalten und auch auf persönliche Merkmale Wert legen, die teamdienlich sind, dabei erwarten, dass das Team sich als Einheit präsentiert und somit auch den „Teamplayer“ und nicht den Solisten präferieren. Eine individualisierte Personalbeurteilung würde auf solche Anforderungen einerseits nicht eingehen können, da ihr der Blick für die teambezogenen „Synergien“ fehlt. Andererseits müsste sie notwendigerweise „nicht-teambezogene“ Kriterien und Gewichtungen setzen, da es ihr ja gerade darum geht, den Einzelnen in seiner beurteilungsrelevanten Besonderheit von den anderen (den Teamkollegen) abzuheben. Wann empfiehlt sich also eine teambezogene und wann eine individuelle Beurteilung? Die Frage ist entscheidend von den strategischen Zielen der Organisation abhängig: Wenn, wie es z.B. in der Automobilindustrie im Zuge des „Lean Management“ der Fall war, der Gruppenorganisation das Wort geredet wird, dann sind
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Rüdiger Klimecki, Markus Gmür
auch Gruppenbeurteilungen unausweichlich. Und wenn in öffentlichen Verwaltungen „Kompetenzteams“ gegründet werden, die eine zunehmend prozessorientiert ausgerichtete Organisation fachlich auf dem „rechten Weg“ halten sollen, dann steht auch hier die Gruppenleistung im Vordergrund. Durch diese Beispiele wird deutlich, dass bei der Beantwortung dieser Frage insbesondere das „große Ganze“, die strategische Ausrichtung der Organisation, entscheidend ist. Es geht also darum, welche der eingangs genannten Ziele der Beurteilung im Vordergrund stehen. Wird eine solche Zielsetzung verfolgt, ist es darüber hinaus erforderlich nach Gruppenbedingungen zu suchen, die für eine solche Kollektivbeurteilung sinnvoll sind. Welche Teamkonstellation eine gruppenbezogenen Beurteilung begünstigen, lässt sich etwa aus den Erkenntnissen zur Bedeutung gruppenbasierter Entgeltleistung ableiten, da deren Bestimmung mindestens bezüglich der Leistungsmerkmale eine teambezogene Beurteilung voraussetzt. Hier zeigt sich (Dematteo et al. 1998), dass die Effektivität gruppenbasierter Entgeltleistungen umso größer ist, -
je deutlicher die Gruppenleistung in Abgrenzung zu den individuellen Beiträgen ist und je leichter ein Konsens über ihre Bewertung zu erreichen ist.
-
je stärker innerhalb einer Gruppe die soziale und sicherheitsbezogenen Motive gegenüber Status- und Selbstverwirklichungsmotiven dominieren. Die Motivstruktur kann sowohl in der Landeskultur als auch der Unternehmenskultur begründet sein.
-
je homogener die Fähigkeiten und Beiträge der Teammitglieder sind und je länger die Gruppe bereits besteht
-
je höher die Übereinstimmung der individuellen Ziele und die gegenseitige Abhängigkeit der Beiträge der Teammitglieder sind und
-
je geringer die Möglichkeiten zum 'free-riding' sind, d.h. dass einzelne Mitglieder am Gruppenentgelt teilhaben, auch wenn sie keine eigenen Leistungen erbringen.
Die Verteilung eines Teamentgelts auf die Gruppenmitglieder berührt im Übrigen dann auch die Frage, ob ein solches Entgelt gleichmäßig oder den individuellen Beiträgen entsprechend ungleich verteilt wird. Steht in einem Team das Leistungsziel im Vordergrund, wird eher eine beitragsabhängige Verteilung akzeptiert, während eine gleichmäßige Verteilung eher dort zu erwarten ist, wo das Ziel der Gruppenharmonie vorrangige Bedeutung hat (Dematteo et al. 1998: 157). Als Alternative zu einer ausschließlich gruppenbezogenen Beurteilung bieten sich Zwischenwege an: So kann beispielsweise nur der leistungsbezogene Beurteilungsteil teamorientiert durchgeführt und als Ergänzungsmodul eingesetzt werden. Die verhaltens- und personenbezogenen Elemente würden dann weiterhin individualisiert bewertet. In diesem Fall müssten, wie zuvor angesprochen, die entsprechenden Beurteilungskriterien allerdings auf ihre „Teamverträglichkeit“ überprüft werden. Sollen die Entgelte gruppenintern individuell aufgeteilt werden, empfiehlt es
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sich, zur Sicherung der Akzeptanz eine ergänzende Kollegenbeurteilung durchzuführen, um bei der Verteilung die Gruppenmitsprache sicherzustellen. Als Folge der Verbreitung von Gruppen- und Projektarbeit werden auch teambezogene Beurteilungsverfahren zunehmend bedeutsam. Sie empfehlen sich insbesondere dann, wenn diese Arbeitsform von der Organisation strategisch gewünscht wird. Empfohlen wird die Einführung entsprechender Ergänzungsmodule mindestens für die Leistungsbeurteilung, womit auch eine Anpassung der verhaltens- und personenbezogenen Kriterien an die Bedürfnisse der Teamorganisation verbunden sein dürfte. Je nach Zielsetzung ist dabei darauf zu achten, auch die Entgeltpolitik (z.B. über Gruppenprämien) entsprechend anzupassen.
9. Schlussfolgerung: Unter welchen Voraussetzungen fördert die Personalbeurteilung die Entwicklung der Mitarbeiter? Mit der Einführung von Verfahren der Personalbeurteilung ist stets die Erwartung verbunden, dass sie zu einer Leistungssteigerung, zur Weiterentwicklung des Verhaltens und zu einer besseren Ausschöpfung der persönlichen Potentiale führen. kommt. Dies kann unmittelbar der Fall sein, etwa wenn die Ergebnisse der Beurteilung und ihre Kommunikation einen „Motivationsschub“ in Gang setzen. Vielfach wird es jedoch mittelbar geschehen, z.B. wenn sich die Beurteilung in Weiterbildungsmaßnahmen, in Beförderungen oder im Entgelt niederschlägt, da solche Folgemaßnahmen „Entwicklungsanreize“ darstellen können. Veränderungsimpulse können also prinzipiell von folgen zwei Ereignissen ausgehen: dem Beurteilungsvorgang selbst (Ereignis 1) und den weiteren Folgen dieser Beurteilung (Ereignis 2). Generell wird dabei „Ereignis 1“ immer dann motivieren, wenn die Beurteilung akzeptiert wird, sowie transparent, gerecht und sinnvoll erscheint. „Ereignis 2“ leistet dann einen Beitrag zur Entwicklungsbereitschaft, wenn es für den Mitarbeiter anstrebenswert ist und erreichbar erscheint. Dies unterstreicht noch einmal die eingangs aufgezeigt zentrale Stellung der Personalbeurteilung im Personalmanagement, denn eine solche Wertschätzung und Erreichbarkeit lässt sich nur sicherstellen, wenn die hierfür notwendigen weiteren Bausteine des Personalmanagements mit der Beurteilung sorgsam abgestimmt werden. Ob es dann zur der angestrebten Mitarbeiterentwicklung kommt, hängt letztlich aber davon ab, welche der vorgenannten Motivationseffekte im Einzelfall ausgelöst werden können. Dabei spielen neben der Art der Folgemaßnahmen insbesondere auch der gegenwärtige Reifegrad der Mitarbeiter (ihr aktuelles Qualifikations- und Motivationsniveau) und ihre Anreizsensibilität (wie „anreizend“ wirken die Folgemaßnahmen)eine wichtige Rolle. Was hier zugegebener Maßen etwas abstrakt klingen mag bedeutet konkret, dass der Erfolg von Beurteilungsmaßnahmen eine „Orchesterleistung“ ist, also weniger das einzelne Instrument sondern das Zusammenspiel entscheidet. Um in der Metapher zu bleiben:
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Rüdiger Klimecki, Markus Gmür
-
fehlt der Dirigent (macht die Organisation keine Zielvorgaben für die Beurteilung), dann zerfällt das Spiel (die Beurteilung bleibt beliebig und wird deshalb nur nachlässig durchgeführt).
-
Wird immer nur das gleiche Stück gespielt (gibt es z.B. nur eine jährliche Standarddurchführung), dann wird es bald zur ungeliebten Routine (Beurteilung als Ritual).
-
Dominiert immer nur ein Instrument (z.B. eine hoch strukturierte Beurteilung von Einzelpersonen durch ihre Vorgesetzten), leidet die Klangfülle (man vermisst zunehmend „andere Stimmen“, etwa die der Kollegen oder auch die eigene).
-
Sind viele „schräge Töne“ zu hören (häufen sich die Beurteilungsfehler), dann verliert man die Lust am Zuhören (versagt der Beurteilung die Akzeptanz).
-
Wird immer nur vor „kleinem Publikum“ gespielt (hat die Beurteilung keine Konsequenzen, die über das alltägliche hinaus reichen), fehlt bald der
-
Wird immer nur der Solist hervorgehoben (Einzelbeurteilung), dann verlieren die übrigen Orchestermitglieder (Gruppenbeurteilung) die Lust am Spiel.
-
Wird immer nur „im eigenen Haus“ gespielt (wenige, immer wiederkehrende Beurteilungsanlässe), dann stumpft das Orchester ab (die Beurteilung passt sich nicht den wechselnden aktuellen Anforderungen an).
-
Wird nur die „Einschaltquote“ gewürdigt (leistungsabhängige Vergütung als einzige Beurteilungskonsequenz), dann spielen auch die, denen es nur um die Musik geht (die intrinsisch motivierten) bald nur noch gegen Prämie (Verdrängung intrinsischer Motivation durch extrinsische Anreize).
-
Will man alle Fehlerquellen ausschalten (maximale Reichweite, Mächtigkeit, Validität, Gültigkeit und Objektivität der Beurteilung), dann wird man nie zur Aufführung kommen (die Beurteilung wird ineffizient).
Personalbeurteilung nachhaltig wirksam werden zu lassen bedeutet also, einen Pfad durch den hier aufgezeigten „Dschungel der Möglichkeiten“ zu schlagen: Flexible und anforderungsgerechte Verfahren einzusetzen und ständig zu überprüfen, die Professionalität aller Beteiligten auf den Prüfstand zu stellen und weiter zu entwickeln sowie ein klares und sinnvermittelnd kommuniziertes Bekenntnis der Organisation zu den Zielen und Wegen – das sind die hierzu benötigten Werkzeuge. Ein solcher Weg ist sicher anstrengend und auch aufwändig, unrealistisch ist er – angesichts der vielen uns bekannten exzellenten Orchester – aber sicher nicht.
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Leistungsbeurteilung und -vergütung in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Dienst: Eine vergleichende Betrachtung auf Basis des „CranfieldProjects“ 1995-2005 Angelo Giardini, Rüdiger Kabst
Zusammenfassung Ziel des Beitrages ist es, differenzierte deskriptive Statistiken über Ausprägungen und Verbreitungsgrad von Leistungsbeurteilung und leistungsabhängiger Vergütung in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vorzulegen. Wir nutzen dafür die Befragungsergebnisse des „Cranfield Project on International Strategic Human Resource Management“, die es ermöglichen, Unterschiede zwischen Sektoren und Beschäftigtengruppen darzustellen, sowie Tendenzen über die letzten 10 Jahre nachzuzeichnen. Die Analyse fördert nicht nur Unterschiede sondern auch Gemeinsamkeiten zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst zu Tage.
1. Einleitung In Organisationen, in denen per Arbeitsvertrag ein Austausch zwischen individueller Arbeitskraft und Entlohnung besteht, wird das Leistungsprinzip als zentrales Element des organisationalen Funktionierens angesehen. Es ist daher zunächst nur folgerichtig, wenn gefordert wird, dass ein gewisser Aufwand in die gezielte Messung dieser Leistung investiert werden sollte, und dass die Ergebnisse dieser Messung systematisch in personale und organisationale Entscheidungsprozesse (wie z.B. die Festlegung der Vergütung) einfließen sollten. Spiegeln sich aber diese Überlegungen auch in der organisationalen Praxis wider? Wie groß ist der Verbreitungsgrad von Leistungsbeurteilungen und leistungsabhängigen Vergütungen tatsächlich? Wie werden Leistungsbeurteilungen genutzt? In welcher Form wird leistungsabhängig bezahlt? Wie war die Entwicklung in den letzten Jahren? Gibt es Unterschiede zwischen dem öffentlichen Sektor und der Privatwirtschaft? Empirische Evidenz zu dieser Thematik ist rar, mitunter beruhen entsprechende Zahlen auf mehr oder weniger groben Schätzungen. Der vorliegende Beitrag möchte zur Klärung dieser Fragen beitragen. Dabei greifen wir auf Daten zurück, die wir im Rahmen des „Cranfield-Project on International Strategic Human Resource Management“ (www.cranet.org) über die letzten zehn Jahre gewonnen haben.
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Angelo Giardini, Rüdiger Kabst
Im Folgenden soll zunächst dieses Projekt und die Datenbasis für die Analyse kurz vorgestellt werden. Es folgen dann empirisch-deskriptive Analysen bezüglich Leistungsbeurteilungen und Leistungsvergütungen. Dabei wird, falls möglich, auf Unterschiede -
zwischen Privatwirtschaft (Industrie und Dienstleistungen) und öffentlichem Dienst und
-
zwischen verschiedenen Beschäftigtengruppen
eingegangen. Darüber hinaus ist es bei den meisten Fragen möglich, Trends herauszuarbeiten, da wir Daten von drei Messzeitpunkten – 1995, 2000, 2005 – verwenden.
2. Das „Cranfield-Project on International Strategic Human Resource Management“ Das „Cranfield-Project on International Strategic Human Resource Management“ (im Folgenden kurz das “Cranfield Project” genannt) ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern im Bereich Human Resource Management aus mittlerweile 39 Ländern mit dem Ziel, regelmäßig international angelegte vergleichende Untersuchungen der Unternehmenspraktiken auf dem Gebiet des Personalmanagements vorzunehmen. Im Rahmen dieses Programms sollen grundsätzliche Trends in der Struktur und Politik des Personalmanagements, der Personalbeschaffung, der Personalentwicklung, der Vergütung und der Arbeitsbeziehungen analysiert sowie unternehmensspezifische, sektorale und landesspezifische Unterschiede betrachtet werden. Das Netzwerk konzentrierte sich ursprünglich auf (West-)Europa, wurde aber im Laufe der Jahre sukzessive um Partner in Osteuropa, Asien, Nordafrika, Ozeanien und Nordamerika erweitert. Das „Cranfield Project“ arbeitet mit der Methode der schriftlichen Befragung. Seit 1990 werden in mehrjährigen Abständen standardisierte Fragebögen an privatwirtschaftliche und öffentliche Organisationen gesandt. Adressat ist jeweils der oberste Personalverantwortliche. Der Fragebogen ist bis auf wenige landesspezifische Veränderungen in allen teilnehmenden Ländern identisch, d.h. er wird nur in die jeweilige Sprache übersetzt und ggf. an die landesspezifischen Rahmenbedingungen angepasst. Über die Erhebungsjahre hinweg wurden die Kernelemente des Fragebogens beibehalten, um auch längerfristige Trends, wie sie auch Thema dieses Beitrages sind, abbilden zu können (siehe Brewster et al. 2004; Kabst/Giardini, 2007; Weber/Kabst 2001).
Eine vergleichende Betrachtung auf Basis des „Cranfield-Projects“
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3. Datenbasis Für die folgenden Analysen standen uns Daten aus den drei Erhebungswellen 1995, 2000 und 2005 zur Verfügung. Die Erhebungen 1995 und 2000 wurden an der Universität Paderborn durchgeführt, die Erhebung 2005 an der Universität Gießen, mit Unterstützung der Universität Paderborn. Es wurden nur Daten verwendet, die von Organisationen mit Sitz in Deutschland stammen. Die Organisationen entstammen für alle Erhebungswellen aus der gleichen Datenbank, die lediglich bis auf notwendige Korrekturen (Insolvenzen, Unternehmenszusammenschlüsse u.ä.) im Kern gleich geblieben ist. Die Zusammensetzung der deutschen Stichprobe entspricht grob der sektoralen Verteilung in der Gesamtpopulation von Organisationen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass von vorneherein keine Kleinst- oder Kleinbetriebe angeschrieben wurden, so dass das Gros der Organisationen der Stichprobe mehr als 100 Mitarbeiter aufweisen. Es wurden für die vorliegenden Analysen nur die befragten Organisationen berücksichtigt, die sich eindeutig den Bereichen „Produzierendes Gewerbe“ (Industrie), „Dienstleistungen“ (z.B. Banken, Einzelhandel, private Gesundheitsdienste) und „öffentlicher Dienst“ zuordnen ließen. Organisationen des öffentlichen Dienstes umfassen vor allem Verwaltungen, aber auch Bildungseinrichtungen (z.B. Fachhochschulen) und Einrichtungen des Gesundheitswesens (z.B. Krankenhäuser). Tabelle 1 gibt einen Überblick über die entsprechenden Fallzahlen für die Jahre 1995, 2000 und 2005. Auch wenn für die letzte Erhebungswelle ein deutlicher Rückgang der verwertbaren Rückläufe zu verzeichnen ist, kann festgehalten werden, dass das prozentuale Verhältnis zwischen den drei Sektoren über die Jahre vergleichsweise stabil geblieben ist. Die leichte Verlagerung vom Industriesektor in den Dienstleistungssektor entspricht dabei der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Sektor
1995
2000
2005
Öffentlicher Dienst
104 (20,0%)
109 (19,2%)
57 (19,3%)
Industrie
304 (58,5%)
354 (60,6%)
164 (55,8%)
Dienstleistung
112 (21,5%)
115 (20,2%)
73 (24,8%)
Gesamt
520 (100%)
578 (100%)
314 (100%)
Tabelle 1: Fallzahlen und prozentuale Verteilung über die Sektoren Bei einigen Fragen wird nach verschiedenen Beschäftigtengruppen differenziert. Diese Gruppen sind: Führungskräfte, Technische/Kaufmännische Angestellte (FH/Uni), Technische/Kaufmännische Angestellte (Fachbrief), (Fach-) Arbeiter.
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Angelo Giardini, Rüdiger Kabst
Die Unterscheidung in diese vier Gruppen ist für Deutschland nicht idealtypisch trennscharf. Sie muss aber vor dem Hintergrund der internationalen Ausrichtung des „Cranfield-Projects“ gesehen werden, und hat sich aus dieser Sicht im Laufe der Jahre als zweckmäßig erwiesen.
4. Leistungsbeurteilungssysteme Die Beurteilung und Rückmeldung individueller Leistung gehört zu den am wenigsten beliebten Führungsaufgaben (Marcus/Schuler 2001). Dabei ist die Leistungsbeurteilung ein personalpolitisches Instrument, das durchaus gewinnbringend verschiedene Funktionen erfüllen kann. Es dient u.a. (vgl. Cleveland/Murphy/ Williams 1989) -
der Unterstützung von interpersonalen Entscheidungen (z.B. für Entlohnung, Beförderung)
-
der Unterstützung von intrapersonalen Entscheidungen (z.B. Verhaltenssteuerung durch Rückmeldung)
-
der Unterstützung organisationaler Entscheidungen (z.B. Personalplanung, Arbeitsorganisation).
Typischerweise werden Leistungsbeurteilungen von den direkten Vorgesetzten durchgeführt, allerdings wird die Möglichkeit, zusätzlich Informationen über die Leistungsfähigkeit von anderen Personen einzuholen, die im Kontakt mit dem zu beurteilenden Mitarbeiter stehen, bspw. Kollegen, Unterstellte oder auch externe Personen (z.B. Kunden), zunehmend wissenschaftlich diskutiert. Dieses Vorgehen orientiert sich am Modell des „360-Grad-Feedbacks“ (Gerpott 2000; London/Beatty 1993), das davon ausgeht, dass eine umfassende Beurteilung von Mitarbeitern erst dann möglich ist, wenn verschiedene Perspektiven berücksichtigt und integriert werden. In diesem Abschnitt wollen wir alle drei Aspekte von Leistungsbeurteilungen – Verbreitungsgrad, Beurteilerperspektiven und Funktionen von Leistungsbeurteilungen – behandeln. Wir werden zunächst die Frage beantworten, in welchem Ausmaße in den Sektoren öffentlicher Dienst, Industrie und Dienstleistung Leistungsbeurteilungssysteme überhaupt angewendet werden. In einem nächsten Schritt wird dann überprüft, wer an dem Beurteilungsprozess teilnimmt. Schließlich wird die Frage nach der Zweckbindung von Leistungsbeurteilungssystemen beantwortet.
Eine vergleichende Betrachtung auf Basis des „Cranfield-Projects“
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4.1 Verbreitungsgrad von Leistungsbeurteilungssystemen Die Personalverantwortlichen der Unternehmen und Organisationen wurden zunächst gefragt, ob sie für die einzelnen Beschäftigungskategorien Leistungsbeurteilungssysteme einsetzen. Die Abbildung 1a-d geben einen Überblick über den Nutzungsgrad von Leistungsbeurteilungssystemen in den drei Sektoren, für die Jahre 1995, 2000 und 2005 getrennt nach den vier Beschäftigungsgruppen. Vorhandensein eines Beurteilungssystems für Führungskräfte 80,0 70,0 Prozent
60,0 50,0
Öffentlicher Dienst Industrie Dienstleistungen
40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 1995
2000
2005
Abbildung 1a: Verbreitungsgrad von Leistungsbeurteilungssystemen (Führungskräfte)
Vorhandensein eines Beurteilungssystems für Angestellte (FH/Uni)? 80,0 70,0
Prozent
60,0 50,0
Öffentlicher Dienst
40,0
Industrie Dienstleistungen
30,0 20,0 10,0 0,0 1995
2000
2005
Abbildung 1b: Verbreitungsgrad von Leistungsbeurteilungssystemen (Angestellte Uni/FH)
66
Angelo Giardini, Rüdiger Kabst
Vorhandensein eines Beurteilungssystems Angestellte (Fachbrief)? 80,0 70,0
Prozent
60,0 50,0
Öffentlicher Dienst
40,0
Industrie Dienstleistungen
30,0 20,0 10,0 0,0 1995
2000
2005
Abbildung 1c: Verbreitungsgrad von Leistungsbeurteilungssystemen (Angestellte Fachbrief) Vorhandensein eines Beurteilungssystems für (Fach-) Arbeiter 80,0 70,0
Prozent
60,0 50,0
Öffentlicher Dienst Industrie Dienstleistungen
40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 1995
2000
2005
Abbildung 1d: Verbreitungsgrad von Leistungsbeurteilungssystemen (Facharbeiter) Generell ergibt sich als Stand 2005, dass Leistungsbeurteilungssysteme für Führungskräfte am stärksten verbreitet sind (59% bis 70% Prozent, je nach Sektor), während der Nutzungsgrad für (Fach-) Arbeiter insbesondere im öffentlichen Dienst und im Dienstleistungssektor am kleinsten ist. Insgesamt ist der Nutzungsgrad in allen drei Sektoren vergleichbar groß, mit Ausnahme der deutlich stärkeren Nutzung von Leistungsbeurteilungssystemen für Facharbeiter in der Industrie (vgl. Abbildung 1d), was sicherlich mit der Verbreitung von Akkordarbeit (und damit von entsprechenden Leistungsmeßsystemen) in diesem Sektor zu tun hat.
Eine vergleichende Betrachtung auf Basis des „Cranfield-Projects“
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Im Zeitverlauf betrachtet scheint es im öffentlichen Dienst eher eine Stagnation bzw. einen leichten Rückgang des Nutzungsgrades zu geben, während in den beiden Sektoren Industrie und Dienstleistung tendenziell ein Anstieg zu beobachten ist. 4.2 Beurteilerkreis Der Aspekt des Personenkreises, der den Mitarbeiter beurteilt, wird im Fragebogen des „Cranfield-Projects“ mit der Frage „Falls Sie ein Beurteilungssystem haben, von welchen Personen wird formal erwartet, dass sie sich am Beurteilungsprozess beteiligen?“ berücksichtigt. Folgende Antwortalternativen werden vorgegeben: -
Unmittelbarer Vorgesetzter
-
Vorgesetzter des Vorgesetzten
-
Mitarbeiter selbst (Selbstbeurteilung)
-
Unterstellte
-
Kollegen (Gleichgestelltenbeurteilung)
-
Kunden
Abbildung 2 gibt einen Überblick über die entsprechenden Statistiken für die drei Sektoren im Jahr 2005.
Wer ist am Beurteilungsprozess beteiligt?
100
Öffentlicher Dienst Industrie Dienstleistungen
Prozent
80 60 40 20 0 Unmittelbarer Vorgesetzter Mitarbeiter Vorgesetzter des selbst Vorgesetzten
Unterstellte
Kollegen
Kunden
Abbildung 2: Beteiligte am Beurteilungsprozess Wie der Abbildung zu entnehmen ist, wirkt wie erwartet der direkte Vorgesetzte in beinahe 100 Prozent der Organisationen mit einem Leistungsbeurteilungssystem an der Einschätzung des Mitarbeiters mit. Es zeigt sich des Weiteren, dass
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Angelo Giardini, Rüdiger Kabst
auch andere Informationsquellen herangezogen werden. Insbesondere spielen bei der Mehrheit der Organisationen der Vorgesetzte des Vorgesetzten und der Mitarbeiter selbst eine Rolle bei der Leistungsbeurteilung. Unterstellte, Kollegen und Kunden werden eher selten als Beurteiler herangezogen. Sektorale Unterschiede existieren zunächst bei der Rolle des Vorgesetzten des Vorgesetzten, der im öffentlichen Dienst zu 81 Prozent am Prozess beteiligt ist, während dies in der Industrie (62%) und im Dienstleistungssektor (42%) weit weniger stark der Fall ist. Dafür wird der Mitarbeiter selbst im Industrie- und Dienstleistungssektor mit 62 bzw. 64 Prozent deutlich häufiger am Beurteilungsprozess beteiligt als im öffentlichen Dienst (37%). Ein Vergleich der Daten für die Jahre 1995, 2000 und 2005 macht deutlich, dass die Tendenz, neben dem direkten Vorgesetzten weitere Quellen für die Beurteilung heranzuziehen, in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Die Beteiligung des Vorgesetzten des Vorgesetzten stieg im öffentlichen Dienst im betrachteten Zeitraum von 57 Prozent auf 81 Prozent und in der Industrie von 49 auf 61 Prozent. Nur im Dienstleistungssektor blieb die Zahl mit knapp über 40 Prozent relativ konstant. Für die Selbstbeurteilung des Mitarbeiters ist in allen drei Sektoren ein deutlicher Bedeutungszuwachs zwischen den Jahren 1995 und 2005 zu verzeichnen (öffentlicher Dienst: 10% auf 37%; Industrie: 21% auf 62%; Dienstleistungen: 36% auf 64%). Für den Einbezug von Unterstellten ist ebenfalls eine leicht steigende Tendenz zu beobachten, wobei die Zahlen noch unter der 20% Marke liegen. 4.3 Funktionen der Leistungsbeurteilung Im Fragebogen des „Cranfield-Projects“ wird auch abgefragt, zu welchem Zweck das Beurteilungssystem eingesetzt wird, falls ein solches System vorhanden ist. Diese Antwortalternativen betreffen interpersonale und organisationale Entscheidungen: -
Analyse von Bildungs- und Trainingsbedarf
-
Karriereentwicklung
-
Individuelle Entlohnung
-
Arbeitsorganisation
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Verwendung der Informationen des Beurteilungssystems
100
Öffentlicher Dienst Industrie Dienstleistungen
Prozent
80 60 40 20 0
Bildungs- und Trainingsbedarf
Karriereentwicklung
Individuelle Entlohnung
Arbeitsorganisation
Abbildung 3: Verwendung der Information des Beurteilungssystems Aus Abbildung 3 lässt sich der Stand 2005 bezüglich der Verwendung der Informationen aus der Leistungsbeurteilung ablesen. Auffällig sind die vergleichsweise großen Unterschiede zwischen dem öffentlichen Dienst einerseits und dem Industrie- sowie Dienstleistungssektor andererseits. Zum einen wird im öffentlichen Dienst das Beurteilungssystem deutlich weniger für die Bestimmung des Bildungs- und Trainingsbedarfes (61% vs. 83/86%) genutzt. Noch deutlicher ist der Unterschied bei der Verwendung von Leistungsbeurteilungen für die Festlegung der individuellen Entlohnung, die im öffentlichen Dienst gegenüber der Privatwirtschaft eine vergleichsweise geringe Rolle spielt (37% vs. 82/80%). Dieser Unterschied wird weiter unten bei der Frage nach leistungsbezogener Entlohnung noch einmal aufgegriffen. Bei der Betrachtung des zeitlichen Verlaufs seit 1995 ist für alle Aspekte außer der „Arbeitsorganisation“ eine steigende Tendenz zu erkennen. Dabei ist auffällig, dass vor allem die Bedeutung des Leistungsbeurteilungssystems für die Karriereentwicklung zugenommen hat. Beispielsweise spielte in der Industrie im Jahre 2000 das Leistungsbeurteilungssystem für die Karriereentwicklung nur in rund 35% der Organisationen eine Rolle. Im Jahr 2005 hat sich dieser Wert auf 75% mehr als verdoppelt. Dies mag insgesamt damit zusammenhängen, dass Karriereentwicklung erst in den letzten Jahren für die Breite der Organisationen eine zentrale Aufgabe für das Personalmanagement darstellt.
5. Leistungsabhängige Vergütung Insgesamt betrachtet nimmt in Deutschland der Anteil leistungsabhängiger (und damit variabler) Bestandteile an der Gesamtlohnsumme zu (Hentze 2004). Im außertariflichen Bereich sind teilvariable Entlohnungssysteme weit verbreitet (Becker/Kramarsch 2004), aber auch im tariflichen Bereich ist trotz der Dominanz
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Angelo Giardini, Rüdiger Kabst
des fixen, zumeist anforderungsbezogenen (Grund-) Entgelts in dieser Hinsicht Bewegung zu verzeichnen (Finzer/Kadel 2006; Hentze 2004). Im Zusammenhang mit der Beschreibung variabler Vergütungsmodelle wird in der Literatur bisweilen zwischen leistungsbezogener Vergütung, Erfolgsbeteiligung und Kapitalbeteiligung unterschieden (Ackermann/Eisele 2004). In der Regel basieren aber diese Modelle auf der gleichen Grundüberlegung, nämlich dass die Höhe der Zuweisung mit einem wie auch immer definierten Leistungs- oder Erfolgsmaß variiert. Mindestens so vielfältig wie die Bedeutung der Begriffe „Leistung“ oder „Erfolg“ selbst sind auch die verschiedenen Ausformungen dieser variablen Entlohnungsbestandteile. Variationsmöglichkeiten für die variablen Gehaltsteile betreffen unter anderem (vgl. Schneider 2001, 2004): -
den Zeitrahmen des Systems (z.B. täglich, monatlich, quartalsbezogen, jährlich),
-
die Orientierung an Individuen vs. Gruppen (Abteilungen, Geschäftsbereiche usw.)
-
die Verwendung des variablen Anteils (z.B. Auszahlung oder Investition)
Entsprechend listet Schneider (2004) alleine 18 verschiedene Formen der Leistungs-, Erfolgs- und Kapitalbeteiligung auf, angefangen bei individuellen Zielvereinbarungsprämien über die Umsatzbeteiligung bis hin zu Aktienoptionen. Der Fragebogen des „Cranfield-Projects“, der eher breit angelegt ist, kann naturgemäß nur einen kleinen Teil dieser Vielfalt abdecken. Die Fragen hierzu beziehen sich zunächst darauf, ob für die verschiedenen Mitarbeitergruppen variable Entlohnungsbestandteile bestehen und auf welcher Ebene (Individuum, Gruppe) die Leistung erfasst wird. Des Weiteren wird nach dem Vorhandensein einer kleinen Anzahl von Beteiligungsformen gefragt. 5.1 Verbreitungsgrad und Ebene leistungsabhängiger Vergütungsbestandteile Dieser Fragenkomplex wird mit folgender Frage eingeleitet: „Gibt es in Ihrer Organisation variable (in Zeitintervallen, z.B. jährlich, monatlich oder wöchentlich variierend) Vergütungsbestandteile, die auf folgenden Kriterien beruhen?“ Als Kriterien (Ebenen) wurden angegeben: individuelle Leistung, Team-/Abteilungsleistung, Unternehmensleistung. Antworten sollten für die vier Beschäftigtengruppen separat abgegeben werden. Mehrfachnennungen innerhalb einer Beschäftigtengruppe waren möglich. Abbildung 4a-d geben Aufschluss über den Verbreitungsgrad leistungsabhängiger Vergütungsbestandteile für die vier Beschäftigtengruppen im Jahr 2005 und darüber, auf welcher Ebene sie festgelegt werden. Entsprechende Daten der Jahre 1995 und 2000 stehen leider nicht zur Verfügung.
Eine vergleichende Betrachtung auf Basis des „Cranfield-Projects“
Leistungsabhängige Vergütung Führungskräfte 80,0 70,0
Prozent
60,0 50,0
Öffentlicher Dienst
40,0
Industrie Dienstleistungen
30,0 20,0 10,0 0,0 Basierend auf Teamleistung
Basierend auf individueller Leistung
Basierend auf Unternehmensleistung
Leistungsabhängige Vergütung Angestellte (FH/Uni) 80,0 70,0
Prozent
60,0 50,0
Öffentlicher Dienst
40,0
Industrie Dienstleistungen
30,0 20,0 10,0 0,0 Basierend auf Teamleistung
Basierend auf individueller Leistung
Basierend auf Unternehmensleistung
Leistungsabhängige Vergütung Angestellte (Fachbrief) 80,0 70,0
Prozent
60,0 50,0
Öffentlicher Dienst Industrie Dienstleistungen
40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 Basierend auf Teamleistung
Basierend auf individueller Leistung
Basierend auf Unternehmensleistung
Leistungsabhängige Vergütung (Fach-) Arbeiter 80,0 70,0
Prozent
60,0 50,0
Öffentlicher Dienst
40,0
Industrie Dienstleistungen
30,0 20,0 10,0 0,0 Basierend auf Teamleistung
Basierend auf individueller Leistung
Basierend auf Unternehmensleistung
Abbildung 4a-d: Verbreitungsgrad leistungsabhängiger Vergütungsbestandteile
71
72
Angelo Giardini, Rüdiger Kabst
Generell bestätigen die Ergebnisse die Vermutung, dass bei Beschäftigtengruppen, die eher außerhalb des tariflichen Bereiches liegen, leistungsabhängige Entgeltbestandteile eine stärkere Verbreitung erfahren (vgl. Becker/Kramarsch 2004), mit einem Verbreitungsgrad von bis zu 75 Prozent bei Führungskräften in der Industrie. Auffallend sind auch die großen Unterschiede zwischen Privatwirtschaft und dem öffentlichen Dienst. Insgesamt betrachtet spielen für den öffentlichen Dienst über die Beschäftigtengruppen hinweg variable Entgeltbestandteile kaum eine Rolle. Lediglich die auf Individualleistung beruhende Vergütung erfährt mit Werten zwischen 12 Prozent ((Fach-) Arbeiter) und 23 Prozent (Führungskräfte) eine gewisse Verbreitung. Alle anderen Formen liegen unter 10 Prozent. Gänzlich anders stellt sich das Bild im Industrie- und im Dienstleistungssektor dar. Dort sind insbesondere im Managementbereich Entgeltbestandteile, die auf Unternehmensleistung und - in etwas geringerem Maße - auf Individualleistung beruhen, weit verbreitet (71%/75% bzw. 60%/66%). Variable Entlohnung auf Teambasis spielt nur eine untergeordnete Rolle. Bei den übrigen drei Beschäftigungsgruppen stellt sich die Individualleistung als dominierende Basis für variable Entlohnung dar, wobei der Verbreitungsgrad mit dem Ausbildungsgrad sinkt. Auffällig ist die deutlich stärkere Verbreitung von variablen Bestandteilen bei (Fach-)Arbeiter in der Industrie, die je nach Form zwischen 20 und 30 Prozent liegt. Dies korrespondiert mit den ebenfalls deutlich höheren Werten der Verbreitung von Leistungsbeurteilungssystemen für (Fach-)Arbeiter in der Industrie (siehe oben). 5.2 Formen leistungsabhängiger Entlohnung Wie bereits ausgeführt gibt es zahlreiche spezielle Ausformungen variabler Entlohnung. Der Fragebogen des „Cranfield Projects“ konzentriert sich an dieser Stelle nur auf Oberkategorien. Es wurde gefragt: „Welche der folgenden Leistungsanreize bietet Ihre Organisation?“ Antwortalternativen waren (Mehrfachnennungen möglich): -
Kapitalbeteiligungen
-
Erfolgsbeteiligungen
-
(Aktien)Optionen
Diese Frage ist damit im Wesentlichen an privatwirtschaftliche Unternehmen gerichtet, so dass auch nur die beiden Sektoren Industrie und Dienstleistung in der folgenden Abbildung 5a-d dargestellt sind.
Eine vergleichende Betrachtung auf Basis des „Cranfield-Projects“
73
Leistungsabhängige Vergütung Führungskräfte 90,0 80,0 70,0
Prozent
60,0 50,0
Industrie Dienstleistungen
40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 Kapitalbeteiligungen
Erfolgsbeteiligungen
Optionen
Leistungsabhängige Vergütung Angestellte (FH/Uni) 90,0 80,0 70,0
Prozent
60,0 50,0
Industrie Dienstleistungen
40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 Kapitalbeteiligungen
Erfolgsbeteiligungen
Optionen
Leistungsabhängige Vergütung Angestellte (Fachbrief) 90,0 80,0 70,0 Prozent
60,0 50,0
Industrie
40,0
Dienstleistungen
30,0 20,0 10,0 0,0 Kapitalbeteiligungen
Erfolgsbeteiligungen
Optionen
Leistungsabhängige Vergütung (Fach-) Arbeiter 90,0 80,0 70,0 Prozent
60,0 50,0
Industrie
40,0
Dienstleistungen
30,0 20,0 10,0 0,0 Kapitalbeteiligungen
Erfolgsbeteiligungen
Optionen
Abbildung 5a-d: Formen leistungsabhängiger Entlohnung in Industrie und Dienstleistung
74
Angelo Giardini, Rüdiger Kabst
Über alle vier Beschäftigtengruppen hinweg dominiert die Erfolgsbeteiligung als häufigste Form der variablen Vergütung. Dies gilt insbesondere für Führungskräfte, die in über 70% der Fälle am Erfolg ihres Unternehmens beteiligt sind. Der Verbreitungsgrad dieser Form sinkt mit dem Ausbildungsgrad. Kapitalbeteiligungen und Optionen spielen nur eine relativ kleine Rolle, wobei hinzugefügt werden muss, dass Optionen natürlich nur in Unternehmen mit entsprechender Rechtsform ausgegeben werden können. Im Überblick sind keine deutlichen Unterschiede zwischen den Sektoren erkennbar, mit der Ausnahme der stärkeren Verbreitung von Erfolgsbeteiligung für (Fach-)Arbeiter in der Industrie (33%) gegenüber dem Dienstleistungssektor (16%). In der Fachliteratur wird ein Anstieg der Variabilisierung der Vergütung prognostiziert, insbesondere für außertarifliche Mitarbeiter (Becker/Kramarsch 2004). Uns liegen für Kapital- und Erfolgsbeteiligungen Vergleichsdaten aus den Jahren 1995, 2000 und 2005 vor, die diese Aussage nur eingeschränkt bestätigen, sofern sich der bisherige Trend fortführt. Zunächst kann eine eindeutige steigende Beliebtheit von Erfolgsbeteiligungen festgestellt werden. Abbildung 6 verdeutlicht dies am Beispiel von Erfolgsbeteiligungen in der Gruppe der Führungskräfte, bei denen in der Industrie ein Anstieg des Verbreitungsgrad von 64 auf 80 Prozent und im Dienstleistungssektor von 59 auf 71 Prozent zu verzeichnen ist. Relativ gesehen ähnlich starke Anstiege sind auch für die anderen drei Beschäftigtengruppen erkennbar.
Prozent Zustimmung
Nutzungsgrad von Erfolgsbeteiligungen für Führungskräfte 90,0 80,0 70,0 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 0,0
Industrie Dienstleistungen
1995
1999
2004
Abbildung 6: Nutzungsgrad von Erfolgsbeteiligungen für Führungskräfte 19952005 Für Kapitalbeteiligungen hingegen ist, wie Abbildung 7 zeigt, eher eine Stagnation (Industrie) oder ein Rückgang (Dienstleistungssektor) auf insgesamt niedrigem Niveau zwischen 10 und 20 Prozent zu verzeichnen.
Eine vergleichende Betrachtung auf Basis des „Cranfield-Projects“
75
Nutzungsgrad von Kapitalbeteiligungen für Führungskräfte
Prozent Zustimmung
80,0 70,0 60,0 50,0
Industrie Dienstleistungen
40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 1995
1999
2004
Abbildung 7: Nutzungsgrad von Kapitalbeteiligungen für Führungskräfte 19952005
6. Fazit Ziel des Beitrages war es, verlässliche und differenzierte Statistiken über Ausprägungen und Verbreitungsgrad von Leistungsbeurteilung und leistungsabhängiger Vergütung in Deutschland vorzulegen. Dafür nutzten wir die Befragungsergebnisse des „Cranfield Project on International Strategic Human Resource Management“, die es ermöglichten, Unterschiede zwischen Sektoren und Beschäftigtengruppen darzustellen, wie auch Tendenzen über die letzten 10 Jahre nachzuzeichnen. Folgende grundlegende Ergebnisse lassen sich festhalten: -
Bezüglich der Nutzung von Leistungsbeurteilungssystemen zeigte sich über die Sektoren hinweg ein recht hoher Verbreitungsgrad. Die Werte liegen für die Beschäftigtengruppen Führungskräfte und Angestellte zwischen rund 60 und 70%. Lediglich für (Fach-)Arbeiter liegen die Werte deutlich niedriger.
-
In der Privatwirtschaft nahm die Nutzung von Leistungsbeurteilung in den vergangenen zehn Jahren zu, während im öffentlichen Dienst eher eine Stagnation zu verzeichnen ist.
-
Sektorübergreifend zeigte sich, dass die Idee des 360-Grad-Feedbacks, möglichst viele Informationsquellen zu nutzen, kaum umgesetzt wird.
-
Die Nutzung des Beurteilungssystems fällt je nach Sektor unterschiedlich aus. Auffällig ist dabei, dass die Informationen in der Privatwirtschaft zu ca. 80 Prozent für die Festlegung von leistungsbezogenen Entlohnungsbestandteilen genutzt wird, während der entsprechende Wert im öffentlichen Dienst bei unter 40 Prozent liegt.
76
Angelo Giardini, Rüdiger Kabst
-
Entsprechend liegt der Verbreitungsgrad von leistungsabhängigen Entgeltbestandteilen im öffentlichen Bereich über alle Beschäftigtengruppen hinweg unter 20 Prozent, während sie in der Privatwirtschaft deutlich höher liegen. Allerdings existieren hier auch große Unterschiede zwischen den Beschäftigtengruppen.
-
Wenn leistungsabhängig entlohnt wird, dann wird die Leistung überwiegend auf der Ebene der Individuums oder des Unternehmens festgelegt. Abteilungs- oder gruppenbezogene Leistungen finden nur wenig Beachtung.
-
Das dominierende Modell leistungsabhängiger Entlohnung in der Privatwirtschaft ist das der Erfolgsbeteiligung, während Kapitalbeteiligungen oder Optionen nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Insgesamt ist also für den Vergleich von Sektoren festzuhalten, dass bezüglich des Nutzungsgrades von Leistungsbeurteilungen erwartungsgemäß (und insbesondere über die letzten Jahre) Unterschiede zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Sektor existieren. Diese sind jedoch vom Grundsatz her nicht so gravierend wie teils suggeriert wird. Allerdings besteht weiterhin eine deutliche Kluft bei der Nutzung von leistungsabhängiger Bezahlung. Ob sich diese Kluft zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Sektor in absehbarer Zeit schließen wird, ist noch offen. Die Zeichen im öffentlichen Dienst stehen auf eine stärkere leistungsbezogene Bezahlung, doch die flächendeckende Umsetzung steht noch aus. Der Einstieg in die leistungsorientierte Bezahlung für Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst ist durch den TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst) bekanntermaßen geschafft. Durch diesen ist ein einheitliches Entgeltsystem für die Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst institutionalisiert und es werden Elemente einer leistungsorientierten Bezahlung in Form von Leistungsprämien und Leistungszulagen (graduell) ermöglicht. Eine systematische und weit reichende Umsetzung der leistungsbezogenen Vergütung im öffentlichen Dienst ist jedoch weder einfach noch ad-hoc zufrieden stellend zu realisieren. Während mittlerweile mehr zwei Drittel der OECD-Mitgliedsstaaten angeben, leistungsbezogene Vergütung im öffentlichen Dienst bereits eingeführt zu haben oder sich im Prozess der Umsetzung zu befinden, lassen sich die Länder mit einer umfassenden formalen leistungsbezogenen Vergütungspolitik weiterhin an nahezu einer Hand abzählen (insbesondere Dänemark, Finnland, Schweiz, Großbritannien). Viele Systeme werden den Anforderungen nicht gerecht, teilweise aufgrund von Problemen im Aufbau und in der Umsetzung des Systems, aber auch weil eine Leistungsbewertung im öffentlichen Dienst von Natur aus schwierig ist. Performanz-Kennzahlen (wie bspw. Gewinn oder Produktivität) können naturgemäß nur unzureichend als Ansätze für eine Personalbeurteilung dienen. De facto besteht somit häufig eine Diskrepanz zwischen dem Vorhandensein eines leistungsbezogenen Vergütungssystems und der konkreten Funktionsweise dieses Systems (OECD 2005; Bertelsmann Stiftung 2006). Aber selbst wenn sich eine Umsetzung der leistungsbezogenen Vergütung im öffentlichen Dienst als Herkulesaufgabe darstellt, ist deren Nutzen nicht zu ver-
Eine vergleichende Betrachtung auf Basis des „Cranfield-Projects“
77
kennen. Ein Mentalitätswechsel im öffentlichen Dienst wird hierdurch angeregt. Dies ist sinnvoll und notwendig, um die Effektivität und Effizienz der Leistungserbringung zu optimieren und die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber zu steigern. Die Implementierung von Systemen leistungsorientierter Vergütung hat weitergehendere Wirkungen auf öffentliche Organisationen als „nur“ einen Einstieg in die Variabilisierung des Entgelts. Es stößt einen umfassenderen Change-Management-Prozess an, d.h. es öffnet die Tür zu Veränderungen hinsichtlich Personalführung und Arbeitsorganisation. Beispiele hierfür sind optimierte Zielvereinbarungs- und Mitarbeiterbeurteilungsverfahren, systematische Verfahren des Kompetenzerwerbs, Teamarbeit oder Flexibilisierung in der Leistungserbringung, um nur einige zu nennen (OECD 2005). Vor diesem Hintergrund untermauern die Ergebnisse der Cranfield-Befragung die Notwendigkeit bzw. den Nachholbedarf, den der öffentliche Dienst insbesondere in Bezug auf Systeme der Leistungsbeurteilung hat. Zwar ist der Verbreitungsgrad von Leistungsbeurteilungssystemen ähnlich hoch wie in der Privatwirtschaft, aber sie werden nur in Ausnahmefällen für die Festlegung individueller Entlohnungsbestandteile genutzt. Es ist aber gerade dieser Nutzungszweck, der besonders hohe Anforderungen an die Qualität eines Beurteilungssystems stellt (insbesondere bezüglich der Validität und der Reliabilität). Während in den letzten Jahren Beurteilungssysteme in Industrie und Dienstleistung deutlich professionalisiert wurden, steht eine solche Exzellenz-Initiative für den öffentlichen Dienst noch aus. Hieran ist zu arbeiten, umso mehr, als Kriterien der Leistungsbeurteilung bzw. der leistungsbezogenen Vergütung im öffentlichen Dienst deutlich schwieriger zu bestimmen sind als in der Privatwirtschaft.
Literatur Ackermann K.-F., Eisele D.S. 2004. Entgeltpolitik. In E. Gaugler, W.A. Oechsler, W. Weber (Eds.), Handwörterbuch des Personalwesens (3. Aufl.): 698-711. Schäffer-Poeschel: Stuttgart. Becker F.G., Kramarsch M. 2004. Vergütung außertariflicher Mitarbeiter. In E. Gaugler, W.A. Oechsler, W. Weber (Eds.), Handwörterbuch des Personalwesens (3. Aufl.): 1949-1957. Schäffer-Poeschel: Stuttgart. Bertelsmann Stiftung 2006: EU-Review: Vergütung im öffentlichen Dienst, Hamburg. Brewster C., Mayrhofer W., Morley M. (Eds.). 2004. Human resource management in Europe: Evidence of convergence? Elsevier: Amsterdam. Cleveland J.N., Murphy K., Williams R.E. 1989. Multiple uses of performance appraisal. Journal of Applied Psychology 74: 130-135. Gerpott T.J. 2000. 360-Grad-FeedbackVerfahren als spezielle Variante der Mitarbeiterbefragung. In M. Domsch, D. Ladwig (Eds.), Handbuch Mitarbeiterbefragung: 195-200: Heidelberg.
78
Angelo Giardini, Rüdiger Kabst
Finzer, P., Kadel, P. 2006. Herausforderung Tarifvertrag: Beiträge zur Weiterentwicklung des Entgelttarifvertrages der Chemischen Industrie. Mannheim. Hentze J. 2004. Lohnformen. In E. Gaugler, W.A. Oechsler, W. Weber (Eds.), Handwörterbuch des Personalwesens (3. Aufl.): 1104-1114. Schäffer-Poeschel: Stuttgart. London M., Beatty R.W. 1993. 360-degree feedback as a competitive advantage. Human Resource Management 32: 353-372. Kabst R, Giardini, A, 2007. Personalmanagement im internationalen Vergleich. Deutscher Ergebnisbericht 2005 des "Cranfield Projects on International Strategic Human Resource Management". In Kabst, R/Giardini, A (Hrsg.), International komparatives Personalmanagement: Evidenz, Methodik & Klassiker des “Cranfield Projects on International Human Resource Management”, München/Mering: Hampp. Marcus B., Schuler H. 2001. Leistungsbeurteilung. In H Schuler (Ed.), Lehrbuch der Personalpsychologie: 397-431. Hogrefe: Göttingen. OECD 2005: Performance-related Pay Policies for Government Employees, Paris Schneider H. 2001. Erfolgs- und Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter: Stuttgart. Schneider H. 2004. Erfolgsbeteiligung der Arbeitnehmer. In E. Gaugler, W.A. Oechsler, W. Weber (Eds.), Handwörterbuch des Personalwesens (3. Aufl.): 712-723. Schäffer-Poeschel: Stuttgart. Weber W., Kabst R. 2001. Personalmanagement im internationalen Vergleich. Deutscher Ergebnisbericht 2000 des "Cranfield Projects on International Strategic Human Resource Management". Universität Paderborn: Paderborn.
Leistungsvergütung im öffentlichen Dienst: Erwartungen und erste Erfahrungen Ergebnisse einer Kommunalbefragung Wenzel Matiaske, Doris Holtmann, Ingo Weller
1.
Erfahrungsaustausch durch Umfragen
Mit dem Abschluss des TVöD und den Entwürfen für eine leistungsorientierte Vergütung der Beamten tritt die Reform des öffentlichen Dienstes in Deutschland in eine neue Phase. Was bislang nur in wenigen Bereichen mit Pilotcharakter erprobt wurde, steht zum 1. Januar 2007 flächendeckend, wenn auch mit einer Verzögerung in den Ländern, zur Einführung an: Leistungsvergütungssysteme. Die weit überwiegende Mehrzahl der Personalabteilungen in öffentlichen Organisationen betritt damit Neuland. Es ist daher zweckmäßig, Erwartungen an und Erfahrungen mit Systemen von Leistungsvergütungen zu sammeln und auszutauschen. Im Rahmen eines Begleitforschungsprojektes zur Einführung von Leistungsbeurteilungen und -vergütungen in öffentlichen Organisationen haben wir zu diesem Zweck zwei Umfragen bei Gemeinden, Städten und Kreisen durchgeführt.1 In einer ersten schriftlichen Befragung untersuchten wir die Verbreitung leistungsorientierter Entgeltsysteme noch vor den angesprochenen tariflichen Innovationen (Matiaske, W. et al. 2005). Dabei fragten wir nach den Zeitpunkten der Implementierung, Aspekten des Beurteilungsprozesses und der Einstellung gegenüber leistungsorientierten Entgelten auf verschiedenen Ebenen im Zeitverlauf. Im Mittelpunkt unseres Forschungsprojektes stehen Fragen nach Voraussetzungen, Funktionen und Folgen von Leistungsentgelten im öffentlichen Dienst (Holtmann, D. et al. 2002). Diese Fragen fokussieren wir auch in unserer zweiten Umfrage, deren Ergebnisse wir hier berichten. In dieser ergänzenden Untersuchung fragen wir nach den Akzeptanzfaktoren von Leistungsvergütungen, den erwarteten bzw. realisierten Funktionen für die Personalarbeit und die Organisation sowie nach den organisatorischen Vorbereitungen auf die Einführung von Leistungsbeurteilungssystemen.
1
Diese Umfragen wurden im Rahmen des Verbundprojektes „Nachhaltigkeit von Arbeit und Rationalisierung: Teilprojekt 2: Nachhaltiges Personalmanagement in öffentlichen Organisationen“ durchgeführt, das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde. Weitere Informationen zum Projekt und Befunde unserer Begleitforschung unter http://www.uni-flensburg.de/nar.
80
2.
Wenzel Matiaske, Doris Holtmann, Ingo Weller
Basis der erhobenen Daten
Die Grundgesamtheit unserer Umfragen bilden insgesamt 1.960 Körperschaften, darunter 439 Kreise und 1.521 Städte und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern.2 Von denen im Februar dieses Jahres unpersönlich angeschriebenen Personalstellen schickten uns 285 einen ausgefüllten Bogen zurück. Die realisierte Rücklaufquote von 14,5 % ist für derartige schriftliche Befragungen üblich.3 Tabelle 1 informiert über die Struktur der an der Befragung teilnehmenden Körperschaften. Einwohnerzahl Größenklassen 10.000-20.000 20.000-50.000 50.000-100.000 100.000-200.000 200.000 und mehr Gesamt
Mit Leistungsbeurteilung
Ohne Leistungsbeurteilung
Gesamt
abs.
in %
abs.
in %
abs.
in %
17 23 14 16 4 74
6,2 8,4 5,1 5,9 1,5 27,1
119 59 10 6 5 199
43,6 21,6 3,7 2,2 1,8 72,9
136 82 24 22 9 273
49,8 30,0 8,8 8,1 3,3 100,0
Tabelle 1: Einwohnergrößenklassen und Leistungsbeurteilungen4 Die Tabelle zeigt, dass rund 27 % der befragten Körperschaften bereits systematische Leistungsbeurteilungen durchführen. Ferner wird deutlich, dass die Einführung von Leistungsbeurteilungen und -entgelten mit der Größe der Organisation einhergeht. Je größer die organisatorischen Einheiten und – so unsere Interpretation – der damit einhergehende Professionalisierungsgrad der Personalarbeit, desto wahrscheinlicher ist, dass bereits leistungsorientierte Vergütungssysteme erprobt werden (r = :20; p = :000). Die Tabelle zeigt auch, dass im vorliegenden Sample von 14 % Kreisen und 86 % Kommunen größere Körperschaften leicht unterrepräsentiert sind.5 Entsprechend wird der Anteil derjenigen Körperschaften, die bereits systematische Leistungsbeurteilungen durchführen, etwas unterschätzt. 2 3
4
5
Die Grundgesamtheit bestimmt sich auf Basis des Gemeindeverzeichnis der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder mit Gebietsstand zum 31.12.2002. Allerdings hatten wir auf Grund der außergewöhnlich positiven Resonanz unserer ersten Umfrage (Rücklaufquote 37,6%) eine größere Beteiligung erhofft. Möglicherweise ist die geringere Beteiligung dem Zeitpunkt der Erhebung geschuldet, die mit den Tarifverhandlungen zusammenfiel. Die Differerenz von 12 Fällen resultiert aus fehlenden Angaben zur Einführung von Leistungsbeurteilungen und Einwohnergrößenklasse. Auch in den folgenden Tabellen verzichten wir aus Gründen der Übersichtlichkeit auf die gesonderte Ausweisung von fehlenden Werten. Die prozentuale Verteilung der in Tabelle 1 berichteten Größenklassen in der Grundgesamtheit beträgt 44,3 % (10.000–20.000), 26,4 % (20.000–50.0000), 10,2 % (50.000–
Leistungsvergütung im öffentlichen Dienst: Erwartungen und erste Erfahrungen 81
3.
Leistungsgerechtigkeit als Akzeptanzfaktor
Jedoch steht in dieser Studie nicht der Verbreitungsgrad leistungsorientierter Entgeltsysteme im Mittelpunkt. Vielmehr fokussieren wir, wie eingangs erläutert, Faktoren der situativen Günstigkeit ihrer Einführung. Aus der theoretischen Sicht unseres Forschungsprojektes zählen zu diesen Randbedingungen insbesondere Aspekte der Entgeltgerechtigkeit einerseits und der Transparenz von Leistungsentgeltsystemen andererseits. Um diese Aspekte aus Sicht der Personalstellen zu erfassen, stellten wir Fragen zur Gerechtigkeit von Entgelten und der Akzeptanz von Leistungsbeurteilungen. Tabelle 2 informiert über die Befunde. Frage Gerechtigkeit - Leistung - Bedürfnisse - Gleichheit Akzeptanz - Regelhaftigkeit
Mit Leistungsbeurteilung
Ohne Leistungsbeurteilung
Gesamt
1.55 (1.19) - 0.72 (1.29) - 0.82 (1.70)
1.39 (1.19) - 0.57 (1.44) - 0.96 (1.54)
1.44 (1.18) - 0.61 (1.41) - 0.92 (1.57)
1.11 (1.39) 1.23* (1.39) 1.59 (1.19) 1.78 (1.15)
1.17 (1.38) 1.32 (1.36) 1.66 (1.12) 1.81 (1.18)
1.36 (1.30) * - Partizipation 1.53 (1.28) - Zeitnahe Rückkopplung 1.80 (0.95) - Offene Information 1.90 (1.26) Mittelwerte und Standardabweichungen in Klammern Signifikanzniveaus der Mittelwertdifferenzen *p ≤ 0.10
Tabelle 2: Gerechtigkeits- und Akzeptanzbedingungen von Leistungsentgelten Die Antworten erfolgten auf siebenstufigen Einschätzskalen mit den Endpunkten „völlig unzutreffend“ bis „völlig zutreffend“. Wir codieren das theoretische Mittel dieser Skalen mit Null, d.h. positive Mittelwerte in Tabelle 2 berichten eine zustimmende Tendenz der Personalabteilungen zur Aussage wohingegen negative Werte eine geringes Ausmaß an Zustimmung signalisieren. Die Fragen, ob Entgelte aus Sicht der Personalabteilung von Mitarbeitern als gerecht empfunden werden, thematisierten drei Gesichtspunkte: Die Übereinstimmung mit der individuellen Leistung des Mitarbeiters (Leistung), die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse bei der Entgeltfindung wie familiäre Bedingungen 100.000), 12,5 % (100.000–200.000) und 6,6 % (200.000 und mehr Einwohner), vgl. Matiaske, W. et al. 2005.
82
Wenzel Matiaske, Doris Holtmann, Ingo Weller
oder Alter (Bedürfnisse) und die Egalität des Entgeltes innerhalb einer Arbeitsgruppe (Gleichheit). In gleicher Weise erfassen wir die Akzeptanzbedingungen von leistungsorientierten Vergütungssystemen. Wir fragen danach, ob die Akzeptanz von Leistungsbeurteilungssystemen bei den Beschäftigten von der Einhaltung formaler Regeln abhängig ist (Regelhaftigkeit), durch Beteiligung von Mitarbeitern bei der Entwicklung und Einführung befördert wird (Partizipation) sowie die zeitnahe Rückkopplung von Ergebnissen der Leistungsbeurteilungen (Zeitnahe Rückkopplung) und die Offenheit der Kommunikation über die Ergebnisse (Offene Information) unterstützend wirken. Bemerkenswerterweise unterscheiden sich Personalabteilungen mit und ohne Erfahrung mit Leistungsbeurteilungen in diesen Punkte kaum voneinander. So lassen sich bezüglich der Kriterien wahrgenommener Gerechtigkeit von Entgelten auf Seiten der Mitarbeiter keine bedeutsamen Unterschiede erkennen. Bemerkenswert ist vielmehr, dass der Leistungsgerechtigkeit übereinstimmend eine große Bedeutung für die Gerechtigkeitswahrnehmung der Mitarbeiter eingeräumt wird. Deutlich geringere Bedeutung haben dagegen traditionelle Entgeltbestandteile der Vergütungssysteme des öffentlichen Dienstes. Die Bedeutsamkeit der Orientierung von Entgelten an den Bedürfnissen der Mitarbeiter und dem Kriterium der Gleichheit für die wahrgenommene Gerechtigkeit wird von den Personalstellen durchschnittlich unterhalb des theoretischen Mittelwertes der Schätzskalen eingeordnet. Jedoch wird allen Akzeptanzbedingungen – Regelhaftigkeit, Partizipation, Rückkopplung und Information – von den Personalstellen Wichtigkeit bescheinigt. Lediglich der Partizipation messen Personalabteilungen mit Erfahrungen in Bereich der Leistungsbeurteilung eine signifikant höhere Bedeutung zu.
4.
Funktionen und Folgen von Leistungsvergütungssystemen
In gleicher Weise fragen wir nach den Funktionen von Leistungsbeurteilungen. Dabei interessieren uns einerseits personelle und andererseits organisatorische Gesichtspunkte von leistungsorientierten Entgeltsystemen. Tabelle 3 fasst die Befunde zusammen. Diese Aspekte gliedern wir in zwei Rubriken. Einerseits interessieren uns die auf Grund der Einführung von Leistungsbeurteilungen erwarteten funktionalen Aspekte auf Seiten des Personals. In dieser Rubrik fragen wir, ob Leistungsbeurteilungen zur Verbesserung der individuellen Einkommensgerechtigkeit, zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit oder zur Stärkung der Eigeninitiative beitragen können. Ferner fragen wir danach, inwieweit die Personalstellen der Meinung sind, dass durch Leistungsbeurteilungen ein problemorientiertes Handeln der Beschäftigten gefördert wird und ob Leistungsbeurteilungen generelle Leistungssteigerungen zur Folge haben könnten. Tendenziell schätzen Personalstellen – unabhängig davon ob Leistungsbeurteilungen bereits eingeführt sind oder nicht – die Folgen von leistungsorientierten Entgelten auf dieser Ebene positiv ein.
Leistungsvergütung im öffentlichen Dienst: Erwartungen und erste Erfahrungen 83
Frage Personalseitige Verbesserungen - Einkommensgerechtigkeit - Arbeitszufriedenheit - Eigeninitiative - Problemorientiertes Handeln - Leistungssteigerung Organisatorische Unterstützung - Personalentwicklung - Personalförderung - Führungskompetenzen - Kommunikation von Vorgesetzen - Organisationsdiagnose
Mit Leistungsbeurteilung
Ohne Leistungsbeurteilung
Gesamt
0.66 (1.35) 0.37 (1.20) 1.12 (1.17) 0.70 (1.13) 0.63 (1.37)
0.70 (1.29) 0.36 (1.30) 1.15 (1.05) 0.70 (1.07) 0.50 (1.25)
0.69 (1.30) 0.36 (1.26) 1.15 (1.07) 0.69 (1.08) 0.54 (1.28)
0.89*** (1.24) 1.29 (1.03) 0.72 (1.31) 0.48*** (1.28) 0.40 (1.19)
1.00 (1.20) 1.34 (1.03) 0.79 (1.27) 0.64 (1.32) 0.45 (1.18)
***
1.30 (1.05) 1.46 (0.98) 0.97 (1.17) 1.00*** (1.36) 0.60 (1.14)
Mittelwerte und Standardabweichungen in Klammern Signifikanzniveaus der Mittelwertdifferenzen: ***p ≤ 0.00
Tabelle 3:Unterstützung von Funktionen der Personalarbeit Andererseits interessiert uns die organisatorische Unterstützung, die Leistungsbeurteilungen zur Personalarbeit in öffentlichen Organisationen leisten können. Daher fragten wir die hauptamtlichen Personalstellen, ob sie in der Folge von Leistungsbeurteilungen Verbesserungen bei Maßnahmen der Personalentwicklung oder -förderung, hinsichtlich der Entwicklung von Führungskompetenzen der Vorgesetzten und deren Kommunikation mit den Mitarbeitern oder aber mit Blick auf die Unterstützung bei der Organisationsdiagnose und -entwicklung beobachtet haben bzw. erwarten. Bezüglich dieser Aspekte differenzieren sich die Personalstellen deutlicher. Personalabteilungen, die bereits Erfahrungen mit Leistungsbeurteilungen sammeln konnten, erwarten durchweg positivere organisatorische Effekte als solche Personalstellen, die bislang keinerlei Expertise in Sachen Entgeltdifferenzierung machen konnten. Insbesondere bezüglich der Unterstützung bei Maßnahmen der Personalentwicklung und hinsichtlich der Kommunikation von Vorgesetzten und Mitarbeitern erkennen Personaler des öffentlichen Dienstes, die bereits über Erfahrung im Umgang mit Leistungsbeurteilungen verfügen positive Effekte.
84
Wenzel Matiaske, Doris Holtmann, Ingo Weller
Die Unterstützung der Personalarbeit ist jedoch nur ein sekundärer Effekt der Einführung von leistungsdifferenzierenden Entgelten in öffentlichen Verwaltungen. Primär sind die politischen Entscheidungsträger des Reformprozesses an den direkten Ergebnissen interessiert. Dies betrifft einerseits die Personalkosten öffentlicher Organisationen und andererseits die – im öffentlichen Diskurs bedauerlicherweise allzu häufig vernachlässigten – Nutzen der Reformen. Die Zweckmäßigkeit leistungsorientierter Vergütungen kann je nach Zielsetzung öffentlicher Organisationen in der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit oder der Bürgernähe bzw. -freundlichkeit der Organisation gesehen werden. Diesen Überlegungen folgend fragen wir die Personalstellen auch nach den erwarteten Ergebnissen leistungsorientierter Vergütungen. Tabelle 4 stellt die Befunde zusammen. Bezüglich der Personalkosten erwarten die Personalabteilungen kurzfristig keinen Einspareffekt, im Gegenteil: Fast 34 % erwarten, dass die Personalkosten auf Grund der Einführung von leistungsorientierten Vergütungen ansteigen könnten. Langfristig erwartet zumindest rund ein Viertel der Befragten sinkende Personalkosten. Bezüglich dieser Einschätzungen ist das Urteil von Personalstellen nach der Einführung von Leistungsbeurteilungen interessant. Kurzfristig erwarteten sie seltener steigende Kosten als die übrigen Befragten. Bezüglich der langfristigen Kosten äußern sie sich jedoch skeptischer: Rund 30 % der Personalstellen, die bereits Erfahrung mit leistungsorientierten Entgelten sammeln konnten, meinen, dass die Personalkosten langfristig auf Grund der Leistungsentgelte steigen werden.6 Frage
sinken
kurzfristig langfristig gleich steigen sinken gleich steigen
Personalkosten - Mit Leistungsbeurteilung - Ohne Leistungsbeurteilung
3,8 1,4 4,7
62,8 70,3 59,9
33,5 28,4 35,4
26,4 33,3 23,7
49,5 37,3 54,0
24,2 29,3 22,2
Bürgernähe - Mit Leistungsbeurteilung - Ohne Leistungsbeurteilung
3,0 0,0 4,1
69,1 65,3 70,6
27,9 34,7 25,3
3,3 2,7 3,5
41,5 35,1 43,9
55,1 62,2 52,5
Angaben in Prozent
Tabelle 4: Erwartete Ergebnisse von leistungsorientierten Entgelten Deutlich positiver fallen die Urteile hinsichtlich des Nutzens von Leistungsentgelten aus. Wir fragten nach den Auswirkungen der angestrebten Leistungsorientierung auf die kurz- und langfristige Bürgernähe. Kurzfristig positive Effekte werden von einem Viertel aller Befragten erwartet. Langfristig erwarten deutlich 6
Der zum Zeitpunkt der Erhebung in Verhandlung befindliche TVöD soll ein Ansteigen der Gehaltssumme durch Begrenzung der leistungsbezogenen Entgeltanteile vermeiden. Es wäre von großem Interesse, diese Fragen wiederholt zu stellen, wenn weitergehenden Erfahrungen mit dem TVöD gesammelt worden sind.
Leistungsvergütung im öffentlichen Dienst: Erwartungen und erste Erfahrungen 85
mehr als die Hälfte der Personalstellen eine steigende Bürgerfreundlichkeit. In der Kurz- und langfristigen Einschätzung äußern sich Personalstellen mit Leistungsbeurteilungen noch einmal deutlich optimistischer.
5.
Sind öffentliche vorbereitet?
Organisationen
auf
die
Einführung
Die Frage, ob die Personalabteilungen öffentlicher Organisationen auf die Veränderungen in der tariflichen oder gesetzlichen Regelung von Entgelten vorbereitet sind, stellt sich zum Abschluss unseres Berichtes über die Einführung von Leistungsentgelten. Diese Befunde fasst Tabelle 5 zusammen. Wir fragen die Personalstellen nach ihrer personellen Ausstattung, den methodischen Kenntnissen zu Aspekten wie Auswertung, Datenmanagement oder Arbeitsrecht und zu den gewonnenen Erfahrungswerten. Die Mittelwertvergleiche verdeutlichen, dass Personalstellen, die bislang keine Leistungsbeurteilungen durchführten, sich nicht gut auf die Durchführung von Leistungsbeurteilungen vorbereitet sehen und erhebliche Probleme in personeller und methodischer Hinsicht erwarten. Mit Leistungsbeurteilung
Frage Personelle Ausstattung Methodische Kenntnisse Erfahrungswerte
Ohne Leistungsbeurteilung
Gesamt
- 0.53*** (1.40) - 0.29*** (1.42) - 0.75*** (1.33)
- 0.25 (1.44) - 0.12 (1.37) - 0.49 (1.35)
***
0.55 (1.25) 0.43*** ( 1.05) 0.24*** (1.12)
Mittelwerte und Standardabweichungen in Klammern Signifikanzniveaus der Mittelwertdifferenzen: ***p ≤ 0.00
Tabelle 5: Vorbereitung auf die Durchführung von Leistungsbeurteilungen
6.
Wie weiter im Reformprozess?
Diesen Befunden folgend werden die „neuen“ leistungsdifferenzierenden Entgelte einen größeren Beitrag zur Gerechtigkeitswahrnehmung der Mitarbeiter in öffentlichen Organisationen leisten können, als die „alten“ an den Bedürfnissen der Mitarbeiter oder dem Kriterium der Gleichheit orientierten Entgelte. Die Mitarbeiter sind aus Sicht der befragen Personalabteilungen auf die Einführung von leistungsorientierten Entgelten also gut „vorbereitet“. Damit die Implementation von Leistungsbeurteilungen gelingt, sollten allerdings die angesprochenen Akzeptanzbarrieren und insbesondere die Partizipation
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Wenzel Matiaske, Doris Holtmann, Ingo Weller
der Mitarbeiter im Einführungsprozess Berücksichtigung finden. Dann erwarten die Personalabteilungen positive Effekte leistungsorientierter Vergütungen. Diese werden einerseits auf personale Ebene vermutet: Stärkung der Eigeninitiative und des problemorientierten Handelnswerden ebenso genannt wie eine Verbesserung der Einkommensgerechtigkeit. Hervorzuheben ist vor allem die langfristig erwartete Stärkung der Bürgernähe und -freundlichkeit der Verwaltungen und ihrer Mitarbeiter. Insbesondere erwarten die Personalabteilungen andererseits auch Verbesserungen in ihren eigenen Aufgabenbereich. Die Daten der Personalbeurteilungen stehen auch für die Personalentwicklungsplanung oder die Organisationsdiagnose zur Verfügung. Positive Folgen erwarten die Personalabteilungen auch hinsichtlich des Führungsprozesses: Personalbeurteilungen verlangen eine intensivere Kommunikation von Vorgesetzten und Mitarbeitern und eine Verbesserung der Führungskompetenzen. Allerdings werden diese Effekte nicht automatisch eintreten. Vielmehr wird man Personalfunktion in öffentlichen Organisationen stärken müssen, wenn man die genannten Ziele erreichen will. Es sind Instrumente der Beurteilung auszuwählen und anzupassen, Betriebsvereinbarungen zu schließen, Beurteiler zu schulen usw. Ferner sind die Beurteilungen mit anderen Funktionen der Personalarbeit zu verzahnen. Darauf sind die Personalstellen aus ihrer eigenen Sicht nicht gut vorbereitet. Hier wird viel Entwicklungsarbeit zu leisten und Erfahrungsaustausch zu organisieren sein.
Literatur Holtmann, D./Matiaske, W./Weller, I. (2002): Transparenz und Kommunikation als Erfolgsfaktoren von Leistungsbeurteilungen im öffentlichen Dienst: Vorstellung eines Forschungsprojektes. In: Berichte der Werkstatt für Organisations- und Personalforschung e.V., Bericht Nr. 9, Berlin. Matiaske, W./Holtmann, D./Weller, I. (2005): Leistungsvergütungssysteme in öffentlichen Verwaltungen. In: der städtetag, Nr. 1, S. 27–30.
Leistungsorientierte Vergütung: Ein Katalysator des Kulturwandels im öffentlichen Dienst Kai Litschen Mit welchen generellen Erwartungen wird das Thema leistungsorientierte Entlohnung im öffentlichen Dienst in Ihrer Institution diskutiert? Der Kommunale Arbeitgeberverband Schleswig-Holstein ist ein entschiedener Befürworter der leistungsdifferenzierten Bezahlung im öffentlichen Dienst. Als Teil der Tarifvertragspartei, die die Einführung gefordert und verhandelt hat, unterstützen wir den Prozess bei unseren Mitgliedern nachhaltig. Perspektivisch erwarten wir durch die Einführung der leistungsorientierten Bezahlung einen Kulturwandel im öffentlichen Dienst in vielerlei Hinsicht. In erster Linie soll dadurch die Leistung als Kriterium für die Bezahlung hoffähig gemacht werden. Daneben gilt es, Führung als Aufgabe der Vorgesetzten im öffentlichen Dienst zu etablieren. Für den Erfolg wird es generell darauf ankommen, ob die Ängste und Befürchtungen der Mitarbeiter, die im Zusammenhang mit der Einführung der leistungsorientierten Bezahlung bestehen, ausgeräumt werden können. Diese Ängste und Befürchtungen basieren in der Regel auf Vorurteilen und Unkenntnis. Hier ist es Aufgabe der Führungskräfte, die wesentlichen Elemente der leistungsorientierten Bezahlung zu erläutern und die emotionalen Widerstände aufzulösen. Kurzfristig erwarten wir in der Einführungsphase einen gesteigerten Arbeitsund Schulungsaufwand, um die Mitarbeiter und die Führungskräfte für die Einführung fit zu machen. Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass von einer strukturierten und sorgfältigen Einführung der leistungsorientierten Bezahlung der Erfolg und damit die erwarteten Vorteile für den Arbeitgeber abhängen. Mit der Einführung von Leistungsbeurteilungen im öffentlichen Dienst verbindet sich eine Vielzahl unterschiedlicher Ziele und Funktionen (Leistungssteigerungen, Einkommensgerechtigkeit und Grundlagen für Maßnahmen der Personalentwicklung). Welche Ziele und Funktionen können Ihrer Meinung nach mit dem Instrumentarium der Leistungsbeurteilung erfüllt werden? Nach unserer Überzeugung ist die leistungsorientierte Bezahlung ein mächtiges Instrument zur Umgestaltung der Verwaltung und der gesamten Personalführung im öffentlichen Dienst. Ein gut eingeführtes und gelebtes System ist in der Lage, sich auf alle Bereiche des Personalwesens positiv auszuwirken. Vorrangig im Interesse des Arbeitgebers ist die darüber generierte Leistungssteigerung der Beschäf-
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Kai Litschen
tigten. Hierbei ist Leistungssteigerung nicht im Sinne von Mehrarbeit und Mehrbelastung zu verstehen, sondern im Sinne von Produktivitätssteigerung. Daneben kann durch die leistungsorientierte Bezahlung quasi unbemerkt eine individualisierte Personalentwicklung betrieben werden. Die Beschäftigten werden durch die Leistungsanreize zur Weiterbildung und Qualifikation motiviert. Für die meisten Beobachter unbemerkt, wird sich darüber hinaus eine Vielzahl positiver Effekte aus der leistungsorientierten Bezahlung ergeben (müssen). Dazu zählt insbesondere die Führungskultur, der Einsatz von Führungsinstrumenten, die Identifikation des Beschäftigten mit den Zielen der Verwaltung/des Unternehmens, die Erkenntnis bei den Beschäftigten, dass sich Leistung lohnt, sowie die Förderung der Kommunikation zwischen den Hierarchieebenen. Wie werden sich Leistungsentgelte zukünftig auf die Dienstleistungsqualität, Wettbewerbsfähigkeit und Personalkosten auswirken? Mittel- und langfristig wird sich die geänderte Einstellung der Beschäftigten zu ihrer Aufgabe auch positiv auf das Arbeitsergebnis und auf die Personalkosten auswirken. Dabei ist nicht zu verkennen, dass schon heute im öffentlichen Dienst ein hohes Niveau der Arbeitsqualität und der Wettbewerbsfähigkeit besteht. In diesen Bereichen soll die leistungsorientierte Bezahlung auch dazu beitragen, dieses hohe Niveau weiter aufrechtzuerhalten. Sie kann dazu beitragen, Qualität und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu steigern. Es ist jedoch kein Ziel, Personalkosten durch die leistungsorientierte Bezahlung zu minimieren, indem die Gesamtleistung auf niedrigem Niveau verbleibt und Produktivitätssteigerungen zum Abbau von Personal benutzt werden. Hier muss sich die Erkenntnis durchsetzen, dass die erzielten Produktivitätsgewinne die Chance enthalten, ohne Personalkostensteigerungen z. B. notwendige Qualifizierungsmaßnahmen durchführen zu können, wie es vielleicht bei der derzeitigen Arbeitsverdichtung nicht möglich ist. Personalkosten lassen sich darüber hinaus auch indirekt durch eine geringere Fehlerquote, durch bewusstere Gestaltung des Arbeitsalltages und Vermeidung von Doppelarbeiten erzielen. Durch das Leistungsentgelt wird sich das Niveau der Arbeitsleistung im öffentlichen Dienst insgesamt erhöhen. In der aktuellen Diskussion zur Einführung der leistungsorientierten Vergütung im öffentlichen Dienst dominiert einerseits das Instrumentarium der Zielvereinbarung. Andererseits wird in öffentlichen Verwaltungen in den tariflichen (Neu-) Regelungen freigestellt, welches Instrumentarium zur Leistungsbeurteilung zur Anwendung kommen soll. Welche Verfahren zur Leistungsbeurteilung werden aus Sicht Ihrer Institution präferiert? Der Tarifvertrag bietet zur Leistungsbeurteilung die Methode der Zielvereinbarung und der systematischen Leistungsbewertung an. Die systematische Leistungsbe-
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wertung ist ein im öffentlichen Dienst aus dem Beamtenrecht bekanntes Beurteilungsinstrument. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass sich die Effekte dieser Form der Leistungsbeurteilung sehr schnell egalisieren und die Masse der Beschäftigten auf einem hohen Bewertungsniveau verharren und der Durchschnitt sich ungeachtet der individuellen Leistung tendenziell nach oben bewegt. Dieser Form der Leistungsbeurteilung fehlt es an objektiven Kriterien und der fehlenden Bereitschaft der Vorgesetzten, sich ernsthaft und kritisch mit der Leistung des einzelnen Beschäftigten auseinanderzusetzen. Die Leistungsbewertung über Zielvereinbarung hingegen bietet die objektiv nachvollziehbare Möglichkeit, den Beschäftigten bei der Leistungsbeurteilung zu beteiligen und auch an den vereinbarten Leistungszielen festzuhalten. Damit verbunden ist ein höherer Verwaltungs- und Prüfaufwand. Das Führen über Ziele gehört in der Regel nicht zu den bekannten Instrumenten im öffentlichen Dienst. Um dieses Beurteilungsinstrument anwenden zu können, müssen die Führungskräfte noch entsprechend geschult werden. Insgesamt halten wir die Leistungsmessung über Zielvereinbarung für die bessere Alternative. Um jedoch auch der Tatsache gerecht zu werden, dass die Voraussetzungen für die Einführung vielfach noch nicht gegeben sind, empfehlen wir ein Kombimodell aus systematischer Leistungsbewertung und Zielvereinbarung mit der klaren Ausrichtung, den Anteil der systematischen Leistungsbewertung sukzessive abzubauen. Wie beurteilen Sie die diskutierten Finanzierungsoptionen von leistungsbezogenen Vergütungskomponenten (z. B. Selbsterwirtschaftung aus Leistungssteigerung, Gesamthaushalt oder Umwidmung bzw. Nichtbesetzung von Stellen)? Die Finanzierung der leistungsorientierten Bezahlung im TVöD ist klar gegliedert. Sie erfolgt auf tarifvertraglichem Wege und ist keine Zahlung on top. Das bedeutet, dass der Personalhaushalt des Arbeitgebers durch die leistungsorientierte Bezahlung nicht extra belastet wird. Es handelt sich auch nicht um eine Umwidmung, da die Beschäftigten ihre tarifvertraglichen Ansprüche in voller Höhe behalten. Die Steigerung des Finanzvolumens der leistungsorientierten Bezahlung im öffentlichen Dienst wird dadurch erreicht, dass in zukünftigen Tarifverhandlungen zur Entgelthöhe bestimmte Teile der Entgeltsteigerung nicht in das regelmäßige Tabellenentgelt einfließt, sondern in das Finanzvolumen der leistungsorientierten Bezahlung. Für die Höhe dieses Anteils werden auch die Einsparungen des Arbeitgebers durch die Einführung des TVöD und den Wegfall von Besitzständen aus dem Geltungsbereich des BAT/BMT-G berücksichtigt. Daneben bietet der TVöD die Möglichkeit, eine am Erfolg des Unternehmens/der Verwaltung orientierte leistungsbezogene Komponente auszuschütten. Die Höhe kann einseitig vom Arbeitgeber festgelegt werden. Wie sich dieser Erfolg und damit die Höhe des zusätzlichen Finanzvolumens berechnet, steht jedem Arbeitgeber frei. Insgesamt betrachtet sollte dieses zusätzliche Volumen aus der Leistungssteigerung der Beschäftigten resultieren und nicht dadurch erwirtschaftet werden, dass Personal eingespart wird. Letzteres wäre im Hinblick auf Qualitätssi-
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Kai Litschen
cherung kontraproduktiv, wenn diese Arbeitsleistung nicht offensichtlich überflüssig war. Wie gut sind aus Ihrer Sicht die Personalabteilungen auf die Durchführung von Leistungsbeurteilung vorbereitet (personell und methodisch)? Die verschiedenen Gespräche und Veranstaltungen, die der KAV zur Einführung der leistungsorientierten Bezahlung geführt und angeboten hat, haben ein heterogenes Bild in der Verwaltungen und Unternehmen des öffentlichen Dienstes aufgezeigt. Vielfach waren schon vor Einführung der leistungsorientierten Bezahlung Führungsinstrumente wie etwa die systematische Leistungsbewertung und Zielvereinbarungen bekannt und wurden auch eingesetzt. Zu großen Teilen wurde jedoch bislang darauf verzichtet. Aufgrund der Vielzahl von Neuerungen und Strukturänderungen im öffentlichen Dienst lastet auf den Personalabteilungen ein erheblicher Arbeitsdruck. Obwohl in dieser Situation gerade solche Führungsinstrumente ideal geeignet sind, die Arbeit zu strukturieren, werden sie nicht genutzt. Dies liegt auch häufig an der fehlenden Erfahrung der handelnden Personen. Aufgrund des Interesses und der Nachfrage der Arbeitgeber an Informationen und Schulungsveranstaltungen ist zu erkennen, dass das bislang fehlende Know-How sehr intensiv und zeitnah aufgebaut werden soll, um die tarifvertraglichen Erfordernisse zu erfüllen. Welche Rolle werden die örtlichen Personalräte bei der Einführung von leistungsorientierten Entgelten spielen? Glauben Sie, dass diese auf den neuen Aufgabenkomplex ausreichend vorbereitet sind? Die Einführung der leistungsorientierten Bezahlung im öffentlichen Dienst setzt zwingend eine Dienst-/Betriebsvereinbarung voraus. Ohne eine solche einvernehmliche Regelung zwischen denn Betriebsparteien ist eine leistungsdifferenzierte Ausschüttung der Entgelte nicht möglich. Einigen sich die Betriebsparteien nicht, sieht der Tarifvertrag eine Ausschüttung des Entgeltes nach dem sog. Gießkannen-Prinzip vor, d.h. jeder Beschäftigte erhält einen entsprechenden Anteil ausgezahlt. Diese Situation ist sowohl für Arbeitgeber wie auch für die Personalräte negativ, da bezogen auf den Arbeitgeber keine Leistungsdifferenzierung erfolgt und bezogen auf den Arbeitnehmer die Ausschüttung nach dem GießkannenPrinzip in den Folgejahren halbiert wird. Auch hier zeigt sich in der Praxis ein sehr heterogenes Bild. Während sich einige Personalräte diesem Thema konsequent verweigern oder mit Umverteilungsdiskussionen den Sinn und Zweck der leistungsorientierten Bezahlung konterkarieren, nehmen andere den Gestaltungsauftrag zusammen mit dem Arbeitgeber an und arbeiten produktiv an der Einführung mit. Letztere haben erkannt, dass es für alle Beschäftigten von Vorteil ist, wenn sich Leistung im öffentlichen Dienst auch lohnt. Die Aufgaben der Personalräte in diesem Zusammenhang beschränken sich im Wesentlichen auf die Gestaltung. Hierzu bedarf es rein technisch betrachtet keiner
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tiefgreifenden Vorbereitung. Viel problematischer ist, dass gerade einige gewerkschaftsorientierte Personalräte sich aus dogmatischen Überlegungen völlig verweigern und auch für die guten Argumente nicht zugänglich sind. Hier wäre es wünschenswert, dass die Gewerkschaften als Tarifvertragsparteien, die den TVöD und damit die leistungsorientierte Bezahlung mit abgeschlossen haben, die Einführung auch positiv begleiten. Der Abschluss des Leistungs-TV-Bund hat gezeigt, dass die Gewerkschaften auch bereit und in der Lage sind, die Ausgestaltung im Interesse aller Beschäftigten positiv zu begleiten. Hier sollte es möglich sein, diese Haltung auch auf die örtliche Ebene zu projizieren. Welche Aspekt sind für die Akzeptanz von Leistungsbeurteilung seitens der Mitarbeiter ausschlaggebend? Das Ansehen der leistungsorientierten Bezahlung leidet vor allem an den Vorurteilen, die ihr von den Führungskräften und den Mitarbeitern entgegengebracht werden. Die Betroffenen entwickeln eine unglaubliche Kreativität bei der Begründung, warum leistungsorientierte Bezahlung in ihrem Bereich nicht eingeführt werden kann. Häufig liegt diese Abwehrhaltung allein in der Unkenntnis, was leistungsorientierte Bezahlung bedeutet und wie sie umgesetzt werden soll. Daher ist für die Akzeptanz bei den Mitarbeitern und Führungskräften Transparenz die alles entscheidende Voraussetzung für den Erfolg. Transparenz bei der Einführung, Transparenz bei der Beurteilung und Transparenz bei der Verteilung sind eine absolute Notwendigkeit. Dies gilt für das Verfahren nach dem TVöD um so mehr, als dass aufgrund der tarifvertraglichen Erfordernisse ein Nachvollziehen der Auszahlungsberechnung für den Einzelnen kaum möglich ist. Es ist daher umso wichtiger, den Beschäftigten aufzuzeigen, welche Faktoren sich wie bei der Berechnung auswirken. Mit deutlichem Abstand spielen dann Gesichtspunkte wie Schulung und Information, Unterstützung durch die Leitungsebene und Ausstattung (Ressourcen, Arbeitskraft, IT-Unterstützung) eine Rolle.
Leistungsorientierte Vergütung stärkt Eigenverantwortung und Führungskompetenz Helmut Overbeck Mit der Einführung von Leistungsbeurteilungen im Öffentlichen Dienst verbindet sich eine Vielzahl unterschiedlicher Ziele und Funktionen (Leistungssteigerungen, Einkommensgerechtigkeit oder Grundlagen für Maßnahmen der Personalentwicklung). Welche Ziele und Funktionen können Ihrer Meinung mit dem Instrumentarium der Leistungsbeurteilung erfüllt werden? Die Vergabe einer variablen, leistungsorientierten Bezahlung ist durch die Einführung des zum 01.10.2005 in Kraft getretenen Tarifvertrages des Öffentlichen Dienstes (TVöD) bzw. des zum 01.11.2006 in Kraft tretenden Tarifvertrages des Öffentlichen Dienstes für die Länder (TV-L) ermöglicht worden. Mit diesen neuen Tarifverträgen wurde ein Paradigmenwechsel eingeleitet, der sich weg von ehegatten- bzw. familienbezogenen Entgeltbestandteilen sowie Bewährungs-, Fallgruppen- und Zeitaufstiegen, hin zu einem Tabellenentgelt nach Berufserfahrung und individueller Leistung entwickelt hat. Die leistungsorientierte Bezahlung stellt damit ein modernes und effizientes System dar, Leistung monetär anzuerkennen und Leistungsbereitschaft zu fördern. Damit soll positiv auf die Motivation der Beschäftigten eingewirkt werden. Ferner wird das Leistungsentgelt dazu beitragen, die Effizienz der öffentlichen Verwaltung zu stärken und die öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern. Zugleich sollen Eigenverantwortung und Führungskompetenz weiter honoriert werden. Schließlich wird der Einführung der leistungsorientierten Bezahlung im öffentlichen Sektor eine Verbesserung der Führungskultur einher gehen, da Führungskräfte mit ihren Beschäftigten zwingend Gespräche über die Ziele der öffentlichen Hand zu sprechen haben und die Beschäftigten ihrerseits die Möglichkeit eröffnet wird, ihre Sicht der Dinge mit den Führungskräften zu besprechen. Wie werden sich Leistungsentgelte zukünftig auf die Dienstleistungsqualität, Wettbewerbsfähigkeit und Personalkosten auswirken? Durch die Einführung der leistungsorientierten Bezahlung wird sich zukünftig die Dienstleistungsqualität des Öffentlichen Dienstes verbessern, da durch den monetären Anreiz die einzelnen Beschäftigten sich nicht mehr als „Rädchen im Getriebe“ fühlen, sondern eine höhere Identifikation mit dem Arbeitgeber einhergeht. Zudem besteht die Möglichkeit, Qualitätsziele zwischen den Beschäftigten und
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Helmut Overbeck
dem Arbeitgeber zu vereinbaren, so dass die Beschäftigten hierdurch ein unmittelbares Interesse an der Qualität ihrer Arbeit erlangen. Auch die Wettbewerbsfähigkeit des Öffentlichen Dienstes wird durch die Einführung der leistungsorientierten Bezahlung sichergestellt. Die Ausgestaltung der Leistungsbezahlung muss die besondere Bedeutung des Öffentlichen Dienstes für die Bürger und für die Infrastruktur unseres Landes wiederspiegeln. Durch Motivation der Beschäftigten und Effizienzsteigerungen geht auch eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit einher, die im Laufe der Zeit sogar noch zunehmen wird. Das Instrument der leistungsorientierten Bezahlung soll nicht dazu führen, dass die öffentliche Hand Personalkosten einspart. Da es sich um ein geschlossenes System handelt, in dem (momentan) ein Prozent der ständigen Monatsentgelte des Vorjahres zur Ausschüttung bereitstehen, ergeben sich keine Einsparmöglichkeiten. Vielmehr sind die Effizienzsteigerungen monetär an die Beschäftigten weiterzugeben. Denn der Zweck liegt ja gerade in der Erreichung der mit der Leistungsbezahlung verbundenen Ziele und Vorteile und nicht in einer Kostenersparnis. In der aktuellen Diskussion zur Einführung leistungsorientierter Vergütungen im Öffentlichen Dienst dominiert einerseits das Instrumentarium der Zielvereinbarung. Andererseits wird den öffentlichen Verwaltungen in den tariflichen (Neu-) Regelungen freigestellt, welches Instrumentarium zur Leistungsbeurteilung zur Anwendung kommen soll. Welche Verfahren zur Leistungsbeurteilung werden aus Sicht von dbb Tarifunion präferiert? Grundsätzlich stehen als Leistungsmessungsinstrumente die Zielvereinbarung, die systematische Leistungsbewertung sowie Mischsysteme zur Verfügung. Zielvereinbarungen haben den großen Vorteil der Objektivität, Transparenz und der Zukunftsorientiertheit. Zudem können Ziele des Öffentlichen Dienstes mit persönlichen Zielen der Beschäftigten kombiniert werden. Dies führt zum einen zu einer Zielumsetzung des Arbeitgebers, zum anderen zu einer hohen Motivation für die Beschäftigten. Systematische Leistungsbewertungen haben den Vorteil, dass sie weniger aufwendig und einen Vergleich zwischen den einzelnen Beschäftigten ermöglichen. Aus unserer Sicht verdient keines der Systeme den Vorzug, da beide Instrumente Vor- und Nachteile haben. Wegen der Vielschichtigkeit des Öffentlichen Dienstes kann in manchen Bereichen die Vereinbarung von Zielen, in anderen Zweigen die systematische Leistungsbewertung das besser passende Instrument sein. Wie beurteilen Sie die diskutierten Finanzierungsoptionen von leistungsbezogenen Vergütungskomponenten (z.B. Selbsterwirtschaftung aus Leistungssteigerung, Gesamthaushalt oder Umwidmung bzw. Nichtbesetzung von Stellen)? Im TVöD und im TV-L wurde von den Tarifvertragsparteien normiert, dass (momentan) ein Prozent der ständigen Monatsentgelte des Vorjahres auszuschütten
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sind. Die Tarifvertragsparteien waren sich bewusst, dass die Einführung einer leistungsorientierten Bezahlung bei der angespannten Haushaltslage der öffentlichen Hand mit einer Kostenneutralität einhergehen muss. Aus diesem Grunde wurden bisherige Entgeltbestandteile, so insbesondere Teile der Jahressonderzahlungen, umgewidmet und für die Leistungsbezahlung zur Verfügung gestellt. Wie gut sind, aus Ihrer Sicht, die Personalabteilungen auf die Durchführung von Leistungsbeurteilungen vorbereitet (personelle und methodisch)? Die Einführung der Leistungsbezahlung ist auch davon abhängig, wie die Arbeitgeber die Personalstellen ausstatten und vorbereiten. Aus unserer Sicht ist es notwendig, die notwendigen personellen Ressourcen bereitzustellen sowie die Beschäftigten der Personalabteilung und die Führungskräfte auf ihre neue Aufgabe vorzubereiten und zu schulen. Diese Forderung ist insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass in vielen Bereichen die Beschäftigten erstmalig von ihren Führungskräften bewertet werden. Welche Rolle wird der örtliche Personal- bzw. Personalrat bei der Einführung von leistungsorientierten Entgelten spielen? Glauben Sie, dass diese auf den neuen Aufgabenkomplex ausreichend vorbereitet sind? Den Personal- bzw. Betriebsräten steht bei der Einführung und Ausgestaltung der leistungsorientierten Bezahlung ihre gesetzlich vorgesehenen Mitbestimmungsrechte zu, innerhalb derer sie mitwirken können. Die dbb tarifunion führt in diesem Zusammenhang regelmäßig ausführliche Veranstaltungen, in denen ihren Personalbzw. Betriebsräten die theoretischen Kenntnisse und Ausgestaltungsmöglichkeiten vermittelt werden. Auch mit zahlreichen Publikationen unterstützt die dbb tarifunion die auf die Personal- bzw. Betriebsräte zukommende Aufgabe. Welche Aspekte sind für die Akzeptanz von Leistungsbeurteilungen seitens der Mitarbeiter ausschlaggebend? Voraussetzung ist, dass ein bewertbares Verhalten als Grundlage gegeben ist und ein tatsächlicher Zusammenhang mit der Leistungsabbringung besteht. Ferner müssen die Kriterien für jedermann verständlich, bekannt und transparent sein. Schließlich müssen die Ziele und Merkmale eindeutig voneinander abgrenzbar und in ihrer Anzahl begrenzt sein. Auch darf es zu keinem Normerhöhungsmechanismus kommen. Die Tarifvertragsparteien waren sich bei den Verhandlungen und im Abschluss zum TVöD bzw. TV-L einig, dass die zeitgerechte Einführung des Leistungsentgelts sinnvoll, notwendig und deshalb auch beiderseitig gewollt ist.
Leistungsentgelte sollten Verbesserung von Mitarbeiterbeteiligung und Führung anregen Kurt Martin Mit welchen generellen Erwartungen wird das Thema leistungsorientierte Entlohnung im öffentlichen Dienst in Ihrer Institution diskutiert? Im Paragraph 18 TVöD sind die Ziele für die Einführung von Leistungsentgelten definiert. Es geht zuerst um die Verbesserung öffentlicher Dienstleistungen. Es geht aber auch um Selbstverantwortung der Beschäftigten, um die Motivation und letztendlich um eine veränderte Führungskultur. Wir wollen, dass alle Beschäftigte Zugang zu Leistungsentgelten haben. Das sind unsere Erwartungen als Gewerkschaft ver.di. Mit der Einführung von Leistungsbeurteilungen im öffentlichen Dienst verbindet sich eine Vielzahl unterschiedlicher Ziele und Funktionen (Leistungssteigerungen, Einkommensgerechtigkeit oder Grundlagen für Maßnahmen der Personalentwicklung). Welche Ziele und Funktionen können Ihrer Meinung nach mit dem Instrumentarium der Leistungsbeurteilung erfüllt werden? Um es vorweg zu sagen: Es geht im TVöD nicht um Leistungsbeurteilung. Was die Tarifparteien wollen, ist ein Gespräch über Leistungsinhalte, die in einem bestimmten Zeitraum erbracht werden sollen und können. Für diese Leistungsinhalte ist vorher ein messbarer Sollwert zu vereinbaren, der nach der erbrachten Leistung mit einem tatsächlichen Ist-Wert verglichen wird. Der TVöD fordert diese objektivierbare Leistungsmessung. Eine Leistungsbeurteilung, wie wir sie beispielsweise aus dem Beamtenrecht kennen, hat den Charakter einer subjektiven Bewertung. Sie ist im TVöD nicht nur ausgeschlossen, wir haben gemeinsam mit den Arbeitgebern erklärt, dass wir uns vom Beamtenrecht lösen und keine Regelbeurteilung wollen. Hinsichtlich der Ziele und Funktionen geht es ver.di darum, die Bedingungen für alle Beschäftigten so zu entwickeln, dass sie gut arbeiten können. Dazu gehört die Personalentwicklung, die technische Ausstattung, die Kommunikation etc. Was wir allerdings nicht wollen, das ist ein – ich nenne es einmal so – „Auspressen“ der Arbeitskraft. ver.di möchte Leistungsobergrenzen definieren. Das heißt 100 % Zielerreichung in der tariflichen bzw. bei Teilzeitbeschäftigten in der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit entspricht 100 % Leistungsprämie.
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Kurt Martin
Wie werden sich Leistungsentgelte zukünftig auf die Dienstleistungsqualität, Wettbewerbsfähigkeit und Personalkosten auswirken? Das Leistungsentgelt ist ein Anreiz, um den Abstimmungsprozess zwischen Führungskräften und den Mitarbeitern anzuregen. Keinesfalls sollte das Leistungsentgelt allein im Vordergrund für Leistungsziele stehen. Da es um die Verbesserung der Arbeitsqualität geht, darf das Leistungsentgelt auch nicht als Sanktionsinstrument für unliebsame Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt werden. Bei ver.di legen wir deswegen großen Wert auf das Prinzip Freiwilligkeit. Kommt eine Verständigung zwischen Führungskräften und Mitarbeitern über Leistungsziele nicht zustande, muss auch ein Arbeiten ohne vereinbarte Leistungsziele möglich sein. Da das allerdings bedeutet würde, dass Beschäftigte kein Leistungsentgelt bekommen würden, wollen wir in den Dienstvereinbarungen für das Leistungsentgelt ein effektives Beschwerdesystem und eine Art Zertifizierung für Führungskräfte verankern, die Zielvereinbarungsgespräche führen dürfen. Grundsätzlich bin ich jedoch fest davon überzeugt, dass sowohl Führungskräfte als auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Interesse an einer guten Dienstleistungsqualität haben. Was die Personalkosten betrifft, so sehe ich zunächst keine Effekte. Das Leistungsentgelt nach dem TVöD ist bereits u.a. aus Einkommensbestandteilen der Beschäftigten finanziert. Die Einführung von Leistungsentgelten darf nicht dazu genutzt werden, Arbeitsaufgaben zu verdichten und den Stellenabbau voranzutreiben, statt die Qualität der Arbeit zu verbessern. Das lehnt ver.di strikt ab. In der aktuellen Diskussion zur Einführung leistungsorientierter Vergütungen im öffentlichen Dienst dominiert einerseits das Instrumentarium der Zielvereinbarung. Andererseits wird den öffentlichen Verwaltungen in den tariflichen (Neu-) Regelungen freigestellt welches Instrumentarium zur Leistungsbeurteilung zur Anwendung kommen soll. Welche Verfahren zur Leistungsbeurteilung werden aus Sicht Ihrer Institution präferiert? Der TVöD sieht zum einen Zielvereinbarungen und zum anderen systematische Leistungsbewertungen als Möglichkeiten vor. ver.di präferiert ausdrücklich Zielvereinbarungen. Dies aus mehreren Gründen: Zum einen setzt die Anwendung von Zielvereinbarungen, die ja zwischen den Führungskräften und den Beschäftigten ausgehandelt werden, das Prinzip der Freiwilligkeit voraus. Zum zweiten sehen wir bei Zielvereinbarungen größere Chancen für eine Beschäftigtenbeteiligung. Zum dritten erfordern diese eine veränderte Führungskultur und nicht zuletzt kann viertens in der Diskussion um Ziele somit auch effektiver auf die Wünsche und Bedürfnisse von Bürgerinnen und Bürgern eingegangen werden. Systematische Leistungsbewertungen etwa nach Kennzahlensystemen oder nach der Benotung der Aufgabenbearbeitung setzten am Status Quo der Stellen- bzw. Arbeitsplatzbeschreibung an. Da bei dieser Methode nicht zwangsläufig eine Ver-
Leistungsentgelte regen Verbesserung von Mitarbeiterbeteiligung und Führung an
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änderung der Führungskultur erforderlich ist, sehen wir solche Modelle sehr kritisch. Nicht zuletzt ist bei systematischen Leistungsbewertungen auch die Gefahr eines verschärften Leistungsdrucks zu befürchten. Wie beurteilen Sie die diskutierten Finanzierungsoptionen von leistungsbezogenen Vergütungskomponenten (z.B. Selbsterwirtschaftung aus Leistungssteigerung, Gesamthaushalt oder Umwidmung bzw. Nichtbesetzung von Stellen)? Mit dem TVöD haben wir einen klaren Finanzierungsmodus vereinbart. Ein Prozent der ständigen Monatsvergütungen speisen das Leistungsbudget. In den nächsten Jahren - so ist es mit den Arbeitgebern verabredet - wollen wir zudem über eine Steigerung bis zu 8 Prozent verhandeln. Da jedoch die Finanzierung eben aus Einkommensbestandteilen aller Beschäftigten kommt, haben wir klare Forderungen an die Ausgestaltung des Leistungsbudgets. So ist z.B. nicht gewollt, dass höhere Entgeltgruppen überproportional von dem Leistungsbudget partizipieren oder dass jene bevorzugt werden, die für den oder die Bürgermeister/in die größte Bedeutung haben. Wir wollen Leistungsgerechtigkeit, deshalb soll z.B. das Budget nach Entgeltgruppen aufgeteilt werden. Außerdem sollte es nach jeder Haushaltsperiode einen Controllingbericht an den Personalrat bzw. Betriebsrat geben. In diesem Bericht sollte mindestens die Verteilung nach Entgeltgruppen, nach dem Arbeitzeitstatus, nach dem Geschlecht und nach der Organisationseinheit dargestellt sein; auch Leistungsgeminderte sind dabei zu berücksichtigen. Wie gut sind, aus Ihrer Sicht, die Personalabteilungen auf die Durchführung von Leistungsbeurteilungen vorbereitet (personell und methodisch)? Für die Personalabteilungen im öffentlichen Dienst ist ebenso wie für die Personalund Betriebsräte das Thema „Leistungsentgelt“ Neuland. Wir haben in der Vergangenheit bei den Verwaltungsreformen wegen der sehr schlecht vorbereiteten Einführungsprozesse viel Misstrauen erlebt. Bei der Einführung von Leistungsentgelten sollte aus diesen Erfahrungen gelernt und nicht zu schnell und zu unvorbereitet in den Prozess gegangen werden. Es besteht kein zeitlicher Druck. Wissen und Erfahrung müssen aufgebaut werden. Die Kommunen dürfen auf keinen Fall bei der Qualifizierung sparen. Für den Einführungsprozess empfehlen wir, zunächst in Pilotbereichen, das Instrument zu erproben. Die übrigen Beschäftigten erhalten währenddessen das tarifierte Leistungsentgelt. Das schafft Vertrauen und Zeit, um den Prozess zu planen und vor allem zu reflektieren. Wir halten es außerdem für notwendig, dass die einvernehmlichen Dienstvereinbarungen für das betriebliche Leistungsentgeltsystem zunächst befristet vereinbart werden und dass eine Nachwirkung ausgeschlossen wird. In den Folgejahren muss immer wieder analysiert werden, ob die verabredeten Regelungen die Zustimmung der Beschäftigten finden.
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Welche Rolle werden örtliche Personalräte bei der Einführung von leistungsorientierten Entgelten spielen? Glauben Sie, dass diese auf den neuen Aufgabenkomplex ausreichend vorbereitet sind? Die Bedeutung von Personalräten bei der Mitgestaltung des betrieblichen Systems ist sehr groß. Der Abschluss der Dienstvereinbarungen zum Leistungsentgelt erfordert ja die einvernehmliche Vereinbarung zwischen Dienststellenleitung und Personalrat. Ohne Zustimmung des Personalrats gibt es kein Leistungsentgeltsystem. Allerdings, wie ich zuvor gesagt habe, betreten wir Neuland. Für unsere Personal- und Betriebsräte bieten wir umfangreiche Schulungen an. Es wird aber viele Erfahrungen und einen langen und intensiven Diskussionsprozess brauchen, um das Instrument im Detail auszuarbeiten und praxistauglich zu machen. Gerade weil das Thema Leistungsentgelt so neu und so komplex ist, muss den Betriebs- und Personalräten auch in kleineren Verwaltungen bzw. Betrieben eine ausreichende Freistellung und Qualifizierung ermöglicht werden. Beide Partner – Führung und Personalrat – müssen sich die nötige Kompetenz erarbeiten können. Welche Aspekte sind für die Akzeptanz von Leistungsbeurteilungen seitens der Mitarbeiter ausschlaggebend? „Leistungsbeurteilung“ soll ja gerade nicht stattfinden, um es noch einmal pointiert zu sagen. Die Beschäftigten sollten sich darauf verlassen können, dass das Ziel des Leistungsentgeltsystems die verbesserte Strukturierung ihrer Arbeitsaufgaben und –abläufe ist. Besonders wichtig ist deswegen die Transparenz beim Einführungsprozess. Ein guter Ansatz ist aus meiner Sicht zum Beispiel das Vorgehen im Kreis Soest, wo vor Prozessbeginn eine Befragung der Beschäftigten vorgenommen wurde. Das hilft einerseits, Transparenz bei den Beschäftigten zu schaffen, anderseits können die Antworten der Führung und dem Personalrat Hinweise geben, was die Beschäftigten erwarten. Ergänzend sind eine gut abgestimmte Planung und ein begleitendes Projektmanagement notwendig. In der Planung sollten sowohl die vorgesehenen Qualifizierungen dargestellt sein als auch Zeitpunkte, in denen die Zwischenergebnisse der Anwendung des neuen Systems reflektiert werden. Ein Leistungssystem kann nicht „top down“ den Beschäftigten vorgegeben werden. Das ist nicht tarifkonform und erzeugt berechtigten Widerstand. Bitte skizzieren und diskutieren Sie kurz die Position der Arbeitgeberverbände zum Thema. Derzeit halten wir insbesondere bei den kommunalen Arbeitgebern aber auch bei der KGSt zwei Punkte für problematisch: Zum einen wird dort zunehmend stärker das Instrument systematischer Leistungsbewertungen präferiert. Verabredet war gleichwertig das Instrument Zielvereinbarungen. Hier vermisse ich Anstrengungen, tatsächlich zu einer veränderten Führungskultur und zu verbesserten öffentlichen Dienstleistungen zu kommen. Das Thema Mitarbeiterbeteiligung und auch das Prinzip Freiwilligkeit kommen in den
Leistungsentgelte regen Verbesserung von Mitarbeiterbeteiligung und Führung an 101
ersten praktischen Umsetzungsvorstellungen vieler Arbeitgeber zu kurz. Ich würde mir wünschen, dass im Arbeitgeberlager und vor allem in den Dienststellen und Betrieben mehr und offensiver Zielvereinbarungen als Regelfall diskutiert werden. Was jedoch besonders ärgerlich ist: Beim Tarifabschluss mit den Ärzten hat der kommunale Arbeitgeberverband einen ordnungspolitischen Paradigmenwechsel vorgenommen und die Ärzte ausdrücklich von der Regelung zu Leistungsentgelten ausgenommen. Das kann von ver.di mit Blick auf die Tarifrunde 2008 nicht unbeantwortet bleiben.
Leistungsorientierte Vergütungsmodelle der Stadt Heidelberg – Erfahrungen aus der Praxis Roland Haag
1.
Rahmenbedingungen und Zielsetzungen
Die Stadt Heidelberg ist eine alte Universitätsstadt mit knapp 140.000 Einwohnern und 30.000 Studierenden. Die Stadtverwaltung Heidelberg ist in 4 Dezernate mit 36 Ämtern gegliedert und beschäftigt 2.200 Mitarbeiter/-innen in Voll- und Teilzeit. Wir bilden in 26 unterschiedlichen Berufen derzeit 150 junge Menschen aus. Die Rahmenbedingungen für die Stadtverwaltung Heidelberg haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Insbesondere ein stark minimierter finanzieller Handlungsspielraum stand den in den vergangenen Jahren gestiegenen Ansprüchen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber. Bereits Ende 1990 wurde eine umfassende Reform der Stadtverwaltung eingeleitet. Die Reformansätze orientierten sich an dem Leitgedanken die Stadtverwaltung in ein bürger- und kundenorientiertes effizientes Dienstleistungsunternehmen umzuwandeln. Im Jahr 1994 wurde die Stadt Heidelberg für die Implementierung der Reformansätze im Rahmen des internationalen Speyerer Qualitätswettbewerb ausgezeichnet. Im Zuge des Reformprozesses wurde sowohl dem internen und externen Veränderungsdruck Rechnung getragen. Im Zentrum des Veränderungsprozesses stand, die Stadtverwaltung in ein leistungsfähiges und kostenorientiertes Dienstleistungsunternehmen mit unternehmensähnlichen dezentralen Führungs- und Organisationsstrukturen umzuwandeln. In diesem Zusammenhang wurden zunächst vier Zielebenen der Veränderungen definiert: -
Fachliche Kompetenz,
-
konsequente Kundenorientierung,
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Effizienz und Wirtschaftlichkeit und
-
Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit.
Primäre Auswirkungen auf die Effizienz unserer Verwaltung erhofften wir uns unter anderem durch die Einführung leitungsorientierter Vergütungsmodelle. Darüber hinaus verfolgten wir mit der Einführung der neuen Vergütungsmodelle das Ziel, mittels materieller Anreize, die die individuellen Leistungen honorieren, die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu verbessern. Bereits seit 1996 haben wir unterschiedliche Modelle leistungsorientierter Vergütungen entwickelt und mit Unterstützung der Personalvertretung erprobt. Als wesentliche Voraussetzungen für die
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Roland Haag
erfolgreiche Umsetzung eines gerechten und leistungsorientierten Vergütungssystems gelten bei uns: Partizipation Für den Erfolg der eingeleiteten Veränderungsprozesse war die Information und Einbeziehung der Beschäftigten in unserer Verwaltung eine wichtige Prämisse. So konnten durch das frühzeitige Einbeziehen der Betroffenen die sonst üblichen Widerstände überwunden und Vertrauen aufgebaut werden. Kostentransparenz und Zielvereinbarungen Seit mehreren Jahren ist in der Stadt Heidelberg eine umfassende Kosten- und Leistungsrechnung implementiert. In unserem Haushalt sind für alle Bereiche Wirtschaftspläne, verbunden mit strategischen und operationalen Zielen, formuliert. Basierend auf einer Vielzahl von Finanz- und Leistungskennzahlen können wir die Leistungs- und Kostenstruktur der einzelnen Bereiche unserer Verwaltung analysieren. Diese Transparenz ermöglicht uns, den Erfolg eines Bereiches und die Erfüllung der gesetzten Ziele zu beurteilen. Die individuelle Anerkennung der Leistung der einzelnen Mitarbeiter ist bei unseren Vergütungsmodellen gekoppelt an den Erfolg – den Grad der Zielerfüllung – des jeweiligen Bereichs in dem er tätig ist. Personalentwicklung Die Beschäftigten in unserer Verwaltung werden in dem angestoßenen Veränderungsprozess unterstützt. Bereits vor einigen Jahren haben wir (sukzessive) umfassende Personalentwicklungsmaßnahmen etabliert: -
Entwicklung eines Leitbildes für Führungskräfte,
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Etablierung gezielter Fort- und Weiterbildungen,
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Durchführung jährlicher Personalgespräche in allen Bereichen
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und Einführung von Vorgesetztenbeurteilungen.
Leitbild für Führungskräfte als Baustein der Personalentwicklung Leitbild für Führungskräfte Präambel Die Stadtverwaltung Heidelberg ist dem Gemeinwohl verpflichtet. Sie stellt sich verantwortungsbewußt den neuen Anforderungen der Zeit und ist auf dem Weg zu einem modernen, effizienten Dienstleistungsunternehmen, das sich an den Bedürfnissen seiner Bürgerinnen und Bürger orientiert. Dieses Ziel läßt sich nur er-
Leistungsorientierte Vergütungsmodelle der Stadt Heidelberg 105 reichen, wenn a l l e Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren persönlichen Beitrag leisten. Hierfür ist ein Bewußtsein und ein größeres Maß an Verantwortung für sich selbst und die Aufgaben erforderlich. Die Führungskräfte unterstützen diesen Prozeß. Führungskräfte sind alle, die dauerhaft oder befristet Führungsaufgaben in Form von Personal-, Sach- oder Projektverantwortung wahrnehmen oder künftig wahrnehmen sollen. Für ihr Handeln bietet dieses Leitbild einen Orientierungsrahmen. Es beschreibt Zielvorstellungen unserer Verwaltung und ist Grundlage für künftige Entscheidungen bei der Personalentwicklung und -auswahl. Die Gleichbehandlung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist bindend. Sie werden entsprechend ihrer persönlichen Voraussetzungen, Kenntnisse und Fähigkeiten gefördert. Von unseren Führungskräften erwarten wir - persönliche Kompetenz - fachliche Kompetenz - soziale Kompetenz - methodische Kompetenz Abhängig vom Einsatzbereich kommt einzelnen Kompetenzen eine besondere Bedeutung zu: Persönliche Kompetenz Führungskräfte haben im Rahmen ihrer Aufgaben Verantwortung für Menschen. Um dieser gerecht zu werden, bedarf es in hohem Maße einer persönlichen Kompetenz. Durch offenes, faires Verhalten, mutiges Eintreten für Überzeugungen und Transparentmachen von Entscheidungen entsteht notwendige Glaubwürdigkeit. Dazu gehört auch die Übereinstimmung von Denken, Sprechen und Handeln, um das Vertrauen zu stärken. Ein kontinuierlicher Informationsfluß und die Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse sind Voraussetzungen für gute Arbeitsergebnisse. Gefragt sind Überzeugungskraft, Fähigkeit zur Selbstkritik und die Bereitschaft, sich überzeugen zu lassen. Von der Führungskraft wird Verantwortung sowohl selbst getragen als auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vertrauen auf ihre Fähigkeiten übertragen. Fachliche Kompetenz Verantwortliches Führen setzt fachliche Kompetenz voraus, die durch stetige Fortbildung weiterentwickelt wird. Fachkompetenz beinhaltet das Erkennen von Zusammenhängen, ziel- und ergebnisorientiertes Handeln, Aufgeschlossenheit und Mut für Neues sowie die konsequente Umsetzung von Zielen und Vereinbarungen unserer Verwaltung. Im Rahmen der Personalentwicklung wird die fachliche Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefördert. Sie trägt wesentlich zur Optimierung der Arbeitsergebnisse bei.
106
Roland Haag Soziale Kompetenz Ein gutes Arbeitsklima und Arbeitszufriedenheit wirken sich positiv auf die Arbeitsergebnisse aus. Es erfordert soziale Kompetenz, hierzu einen aktiven Beitrag zu leisten. Die Anerkennung von Leistung ist dabei genauso wichtig wie die Fähigkeit, mit Fehlern, Konflikten und Kritik konstruktiv umzugehen. Unverzichtbar ist die Ermutigung zu selbstverantwortlichem Handeln auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung und vertrauensvoller Zusammenarbeit. Nicht nur die berufliche Situation, sondern auch die persönlichen Lebensumstände sind zu berücksichtigen. Team- und Projektarbeit gewinnen zunehmend an Bedeutung und fördern den Abbau von Hemmnissen, die durch hierarchische Strukturen entstehen können. Erreichbarkeit sowie die Fähigkeit und die Bereitschaft zu einer intensiven Kommunikation sind hierzu unerläßlich und ermöglichen auch, auf Störungen des Arbeitsklimas sensibel zu reagieren. Methodische Kompetenz Die Arbeitsabläufe zu organisieren, zu strukturieren und zu optimieren erfordert methodische Kompetenz. Ziele werden verbindlich vereinbart, konsequent verfolgt und gemeinsam verantwortet. Auf sich ändernde Bedingungen wird mit einer innovativen, flexiblen Arbeitsorganisation reagiert. Die Schaffung und Erhaltung einer konstruktiven, lebendigen Arbeitsatmosphäre fördert die Leistungen.
2.
Leistungsorientierte Vergütungsmodelle der Stadt Heidelberg am Beispiel des Regiebetriebes Gartenbau
Ausgangslage Der Bereich Gartenbau war bis Mitte der 90iger Jahre als eine Abteilung des Landschaftsamtes mit ca. 60 Mitarbeitern zuständig für die Unterhaltung von: -
900 ha Park- und Grünanlagen,
-
850 ha Straßenbegleitgrün,
-
140 Spielplätzen und
-
30.000 Einzelbäumen (in Grünanlagen und an Straßen).
Die damaligen Gesamtkosten für Personal-, Sach- und Betriebsmittel beliefen sich auf rund 8,8 Mio. DM. Als beeinflussbar galten 7,9 Mio. DM. Diskussion Im Zuge der anstehenden Neuorientierung/-strukturierung des Bereichs wurde vor allem die bisherige Effizienz der Einheit erörtert und der Frage gegenübergestellt,
Leistungsorientierte Vergütungsmodelle der Stadt Heidelberg 107
inwieweit ein privatwirtschaftlich arbeitendes Unternehmen die Leistungen der Grünflächenerhaltung effizienter erbringen würde. Grünflächenunterhaltung - Kosten Verwaltungshaushalt – Gesamtkosten 8,8 Mio
Davon beeinflussbar 7,9 Mio
Sonstige Sachkosten 0,8 Mio Instandhaltung/ Vergabe 2,3 Mio
Personalkosten 4,8 Mio
Abbildung 1: Grünflächenunterhaltung Stellungnahme der Beschäftigten Im Rahmen der Diskussion verwehrten sich die Beschäftigen gegen Argumente, die ihre Kompetenz und Motivation in Frage stellten. Vielmehr verwiesen die Beschäftigten auf die bisherigen Rahmenbedingungen, die einschränkender als in der Privatwirtschaft empfunden wurden. Im Einzelnen bezogen sich die Argumente auf: -
Hierarchieabbau und kurze Entscheidungswege,
-
kurzfristige Entscheidungen des Betriebes bezüglich Eigenleistung oder Fremdvergabe,
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Delegation der Ausführungsverantwortung,
108
Roland Haag
-
Flexibilisierung der Arbeitszeit.
-
zeitnahe Kosten- und Leistungsrechung und
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den Aspekt, dass „Leistung sich lohnen müsse“ im Sinne, dass die Beschäftigten am Betrieberfolg beteiligt werden wollten.
Gründung eines Regiebetriebes Den Argumentationen der Beschäftigten Rechnung tragend wurde im Januar 1996 ein Regiebetrieb gegründet. Vereinbart wurde, dass der Großteil der Aufträge seitens genau definierter Standardleistungen vom Landschaftsamt erfolgt. Der Leiter des Landschaftsamtes überwacht als „Fachcontroller“ inwieweit die übertragenden Leistungen auftragsgemäß erfüllt werden. In einem von ihm verfassten Jahresbericht wird dokumentiert wie die festgelegten Pflegestufen und Intervalle eingehalten werden, um zu verhindern, dass das neue Reglement mit Qualitätseinschränkungen verbunden ist. Das neue Reglement fördert bezogen auf den einzelnen Mitarbeiter Eigenverantwortung: beispielsweise wurden die Arbeitszeiten flexibilisiert und nicht mehr zentral vorgegeben. Zudem obliegt es nun dem Betriebsleiter, inwieweit er eine Leistung mit eigenem Personal erbringt oder sie (fremd) vergibt. Dementsprechend sind Personal- und Sachmittel gegenseitig deckungsfähig. Diese Sonderregelung wurde vom Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde ausdrücklich genehmigt. Angestrebtes wirtschaftliches Ziel Angestrebt wurde im Zuge der oben beschriebenen Veränderungen im Zeitraum von 1996 - 1999 (bei qualitativ und quantitativ gleich bleibenden Leistungen) 20 Prozent der Kosten zu senken. Berücksichtigt wurde, dass die in diese Jahre anfallenden Tarifsteigerungen nicht in die Berechung der eingesparten Kosten mit einbezogen werden sollten. Diese Zielvorgabe wurde im geplanten Zeitraum nicht nur erreicht, sondern deutlich überschritten. Insgesamt konnte in den 4 Jahren eine Kostenreduzierung in Höhe von 3,16 Mio. DM (ca. 40 Prozent) realisiert werden.
Leistungsorientierte Vergütungsmodelle der Stadt Heidelberg 109 – Aus 7,945 Mio. beeinflussbaren Kosten –
1996
8%
635.000 DM
1997
5%
397.000 DM
1998
4%
318.000 DM
1999
3%
239.000 DM
Abbildung 2: Einsparungsziele 1996-1999 Erfolgsbeteilung der Mitarbeiter Für die Verteilung der Erfolgsprämien standen dem Betrieb im ersten Jahr 90.000 DM zur Verfügung. Diese speisten sich zum einen aus den „alten“ Finanzmittel der bisherig gezahlten Leistungszulagen (in Höhe von 40.000 DM) und zum anderen aus anteiligen Prozenten des geplanten Einsparungspotentials (im ersten Jahr 50.000 DM). Mit der Personalvertretung wurde vereinbart, dass aus diesem Finanztopf nur Beschäftigte im Folgejahr eine Erfolgsprämie erhalten, die zum Erfolg beigetragen haben. Damit verbunden galt das Prinzip, dass die Verteilung der Prämien sich ausschließlich an den Leistungen der einzelnen Beschäftigten orientiert. Um die individuellen Leistungen der Mitarbeiter zu ermitteln, wird seit 1996 eine jährliche Beurteilung aller Mitarbeiter durchgeführt. Beurteilt werden die Mitarbeiter von ihrem jeweiligen Vorarbeiter und die Gruppe der Vorarbeiter von der Betriebsleitung. Die Beurteilung erfolgt nach einem „einfachen“ Punktesystem anhand der folgenden Beurteilungskriterien: Um innerhalb des Betriebs eine ausgewogenen Bewertung zu erhalten, sollten sich die Vorarbeiter an einem Durchschnittswert von 10 Punkten je Mitarbeiter orientieren, d.h. bei einer Kolonne von 5 Beschäftigen können insgesamt nicht mehr als 50 Punkte verteilt werden, beziehungsweise bei einer Kolonne von 8 Beschäftigten nicht mehr als 80 Punkte. Festgelegt wurde ferner, dass ein einzelner Mitarbeiter nicht mehr als 20 Punkte verteilt über alle Beurteilungskriterien erhalten kann. Dementsprechend kann ein einzelner Mitarbeiter ein Ergebnis zwischen 0 und 20 Punkten erreichen. Mitarbeiter, die mit weniger als 6 Punkten bewertet werden, erhalten in dem betreffenden Jahr keine Erfolgsbeteilung, da sie nicht oder
110
Roland Haag
nur unwesentlich zum Gesamterfolg beitragen. Alle anderen Beschäftigten mit Bewertungsergebnissen zwischen 6 und 20 Punkten erhalten eine Jahresprämie.
Beschäftigte sollen entsprechend ihrer jeweiligen Leistungen am Betriebserfolg beteiligt werden. Beurteilungskriterien 1. 2. 3. 4. 5.
Arbeitsgüte Arbeitsmenge Einsatzbereitschaft Betriebliche Erfahrung Geistige Beanspruchung
Punkteverteilung a) b) c)
Eine Gruppe (z.B. Kolonne) mit 5 Mitarbeitern erhält insgesamt eine Höchstpunktzahl von 50 Punkten (10 Punkte je Mitarbeiter). Bei der Vergabe der Punkte auf Grundlage einer Beurteilung beträgt die Höchstpunktzahl je Mitarbeiter 20 Punkte. Ein Mitarbeiter, der nach seiner Leistungsbeurteilung weniger als 6 Punkte bekommen hat, erhält keine Erfolgsbeteiligung.
Abbildung 3: Erfolgsbeteiligung nach Leistung Die Umrechnung der Punkte in den jahresaktuellen Geldwert erfolgt durch Division des jährlich zur Verfügung stehenden Finanztopfes der Erfolgsbeteilung eines Bereichs durch die Summe der Gesamtpunktzahl (Anzahl der Mitarbeiter x 10 Punkte). Beispielsweise bezifferte sich anfangs der Punktwert des Bereichs Gartenbaus bei 140 DM. In der Folge konnte ein engagierter Mitarbeiter mit 15 Punkten im ersten Jahr eine Erfolgsbeteilung von 2100 DM erzielen. Der jährliche Geldwert eines Punktes wird jedes Jahr in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Finanzmittel und der gesamt zu vergebenen aktuellen Punktzahlen eines Bereichs neu berechnet.
Leistungsorientierte Vergütungsmodelle der Stadt Heidelberg 111
Vorarbeiter
b bbbbb 11
3
18
7
9
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
Tatsächlich vergebene Punkte
48
+ nicht vergebene Punkte
2*
= Höchstpunktzahl
50
* Der darauf entfallene Betrag der Erfolgsbeteiligung verbleibt im Betrieb und steht diesem zur Verfügung
Abbildung 4: Verteilungsbeispiel
Beispiele bezogen auf die Berechnungsbasis 64,25 Stellen Jahr
Angenommene Erfolgsbeteiligung
1996
Jahresbeitrag bei:
DM je Punkt/Jahr
7 Punkte
10 Punkte
15 Punkte
90.000
140
980
1.400
2.100
1997
110.000
171
1.197
1.710
2.565
1998
120.000
187
1.309
1.870
2.805
1999
130.000
202
1.414
2.020
3.030
- in DM -
Abbildung 5: Mögliche Erfolgsbeteiligung je Mitarbeiter
112
Roland Haag
In den ersten 4 Jahren der Erprobung konnten bedingt durch weitere Ausgabenreduzierungen/Einsparungspotentiale im Bereich Gartenbau die Mittel der zu verteilenden Erfolgsprämie erhöht werden. Dies führte seitens der Mitarbeiter zu einem deutlich spürbaren Motivationszuwachs, der uns ermöglichte die Summe der zur Verteilung stehenden Finanztopfes auch in den Folgejahren auf gleich hohem Niveau zu halten. Die Ergebnisse der jährlichen Beurteilungen werden den Mitarbeitern in einem anschließenden Beurteilungsgespräch erläutert. Wird ein einzelnes Ergebnis nicht akzeptiert, findet mit dem Betroffenen ein weiteres Gespräch unter Einbeziehung des Betriebsleiters und dem Dienststellenpersonalrat statt. Erfolgt in diesem Gespräch keine Einigung, obliegt die letzte Entscheidung dem Betriebsleiter. Anzumerken ist, dass die letztgenannte Regelung in den vergangenen Jahren nie erforderlich wurde. Fazit Rückblickend können wir das Fazit ziehen, dass bei allen Schwächen des zugrunde gelegten Instrumentariums der Beurteilung, eine deutliche Effizienzsteigerung des Betriebes durch die Erfolgsbeteilung der Mitarbeiter erreicht werden konnte. Die Einführung der Erfolgsbeteilung wird auch seitens der Beschäftigten des Bereichs Gartenbaus überwiegend positiv beurteilt. Positiv beurteilt wird die Neuregelung der Erfolgsbeteilung der Mitarbeiter zudem auch vom Gemeinderat und der Gemeindeprüfungsanstalt.
3.
Weitere Vergütungsmodelle der Stadt Heidelberg
Aufgrund der deutlich positiven Erfahrungen im Bereich Gartenbau wurde von weiteren gewerblichen Einheiten der Wunsch geäußert, das Modell der Erfolgsbeurteilung zu übernehmen. Dies betraf die Bereiche der Stadtreinigung, der Müllabfuhr und den Bereich Friedhof sowie die Straßenunterhaltung. In diesen Bereichen wurde ebenfalls die Einführung leistungsorientierter Vergütungsmodelle auf Grundlage systematischer Leistungsbeurteilungen, mit dem Ziel einer deutlichen Reduzierung der Ausgaben bei gleichen Leistungen, vereinbart. Die einzelnen Modelle der unterschiedlichen Bereiche differenzierten sich zunächst durch spezifische Beurteilungskriterien. Beispielsweise wurde teilweise der Aspekt von Fehlzeiten mit berücksichtigt, da die Personalvertretung einzelner Bereiche die Auffassung vertrat, dass diese aus Gerechtigkeitsgründen zu einer anteiligen Reduzierung der Erfolgsprämien führen müssten. Diese abweichenden Regelungen hat das Personal- und Organisationsamt bewusst zugelassen. Im Bereich der Straßenunterhaltung galt hingegen ein modifiziertes Ziel: nicht die Ausgabenreduzierung stand im Fokus der angestrebten Veränderung, sondern die Erhöhung des Outputs.
Leistungsorientierte Vergütungsmodelle der Stadt Heidelberg 113
Die Erfahrungen aller gewerblichen Bereiche wurden über einen festgelegten Zeitraum gesammelt sowie ausgewertet und eine einheitliche gesamtstädtische Regelung erarbeitet. Diese wurde anschließend den gemeinderätlichen Gremien vorgestellt und sollten zunächst bis zu den erwarteten neuen tarifvertraglichen Bestimmungen gelten.
4.
Resümee
Die bisherigen und mittlerweile langjährigen Erfahrungen der Anwendung von leitungsorientierten Vergütungsmodellen in der Heidelberger Stadtverwaltung können wir als Fazit unter den folgenden „Schlagwörtern“ zusammenfassen: -
Partizipation und Akzeptanz
-
Vergütungsmodelle brauchen nicht perfekt zu sein, sie müssen aber mit den Betroffenen entwickelt werden und von ihnen akzeptiert sein.
-
Transparenz, Kommunikation und Kontinuität
-
Die Modelle müssen „einfach“ oder besser „leicht verständlich“ sein. Der Bezug zwischen Mehrleistung und zusätzlichem Verdienst muss für jeden Mitarbeiter nachvollziehbar sein.
-
Die jährliche Leistungsbeurteilung muss ausführlich mit den Beurteilten besprochen werden. Beurteilen ist ein kontinuierlicher Vorgang, d.h. der Mitarbeiter braucht ständige Rückmeldungen über seine Arbeitsleistungen.
-
Motivation
-
Eine hohe einmalige Jahreszahlung kann mehr als monatlich gezahlte Raten bewirken, da bei regelmäßig hohen monatlichen Zahlungen ein Gewöhnungseffekt entsteht und die Leistungsprämie nicht mehr als etwas Besonderes empfunden wird.
Gemeinsam mit den Beschäftigten konnten über Jahre nützliche Erfahrungen gesammelt werden. Gerade die Erkenntnisse zum Thema Leistungsbeurteilung sind für die Einführung des Leistungsentgelts nach § 18 TVöD sehr hilfreich. Als Fazit der Einführung von leistungsorientierten Vergütungsmodellen der Stadt Heidelberg könnte das folgende Zitat von John F. Kennedy gelten: „Das Leben ist oft ganz schön ungerecht. Aber denk daran, nicht immer zu deinen Ungunsten“.
Die Implementierung von Leistungsbeurteilungen bei den Technischen Betriebe der Stadt Konstanz (TBK): Kommunikation als Instrument der Personalführung Herbert Munjak
Ausgangslage und Zielsetzungen Die Stadt Konstanz liegt am Bodensee und hat ca. 80.000 Einwohner. Die Technischen Betriebe (TBK) sind seit dem 1.1.1997 Eigenbetrieb der Stadt. Die Technischen Betriebe beschäftigen ca. 130 Mitarbeiter, davon sind ca. 110 Beschäftigte im gewerblichen Bereich tätig. Zu den Aufgabenbereichen der TBK zählen die Pflege des öffentlichen Grüns, die Instandhaltung der Verkehrsflächen und der Verkehrstechnik, die Stadtreinigung und der Winterdienst sowie der Betrieb der städtischen Friedhöfe und der Schreinerei. Die Änderung, die TBK als Eigenbetrieb der Stadt zu führen, war Ausgangspunkt einen innerbetrieblichen Veränderungsprozess anzustoßen. Als ein zentraler Baustein des neuen Betriebsverständnisses gilt das im Jahr 2000 neu eingeführte Leistungsbeurteilungssystem (LBB-SYS). Mit der Einführung des neuen Leistungsbeurteilungssystems sollte die bisherige Praxis der Vergabe von Zulagen abgelöst und die Thematik der Leistungsbereitschaft und Leistungsorientierung im Betrieb neu kommuniziert werden. Da die bisherige Vergabepraxis der Zulagen meist nicht auf einem objektiven Bewertungssystem beruhte, sollte das neue System der Verteilung von Leistungszulagen zu mehr Gerechtigkeit in der Leistungsentlohnung führen. Aber auch die individuelle Förderung der Einzelnen und die Übertragung neuer Aufgaben standen im Fokus des Veränderungsprozess. Vorrangiges Ziel aber war vor allem eine neue Betonung des Leistungsprinzips an sich. Differenziert nach den unterschiedlichen Ebenen des Betriebes lassen sich die verfolgten Zielsetzungen wie folgt darstellen: Nutzen für den Mitarbeiter: -
Vermittlung einer ehrlichen Beurteilung der Leistungseinschätzung, der zur Folge keine falschen Hoffnungen entstehen können, aber auch keine Enttäuschungen,
-
Hinweise auf notwendige Weiterbildungen,
116
Herbert Munjak
-
Verbesserung von Gerechtigkeit im Sinne einer Leistungsentlohnung, gestützt durch individuelle Förderungen und neue Aufgabenübertragungen sowie
-
Verbesserung der Arbeitszufriedenheit am Arbeitsplatz.
Nutzen für den Vorgesetzten: -
Intensive Meinungsbildung über Einsatz und Förderung der Mitarbeiter,
-
Verbesserung von Personalentscheidungen,
-
Stärkung der Führungsverantwortung und
-
Steuerung der Kommunikation bezüglich vorhandener Defizite und Optionen der Veränderung.
Nutzen für den Betrieb: -
Entstehen eines Klimas der Offenheit, verbunden mit einer Verbesserung des Verhältnisses zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter,
-
Sichtbarwerden der Vorgesetztenkompetenz (es können Rückschlüsse aus den Beurteilungen bezüglich der Eignung der Beurteiler als Vorgesetzte gewonnen werden),
-
Analyse von Förderoptionen unter dem Aspekt: „Jeder am richtigen Platz“,
-
Förderung von Eigeninitiative und Verantwortlichkeit und
-
Steigerung der Leistungseffizienz des Betriebes.
Auswahl eines geeigneten Beurteilungsinstrumentariums Um Akzeptanz bezüglich des neuen Leistungsbeurteilungssystems seitens der Belegschaft zu erzielen, wurde insbesondere Wert auf eine breite Beteiligung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei der Vorbereitung, Auswahl und Einführung des neuen Instrumentariums gelegt. Der erarbeitete Anforderungskatalog zur Auswahl eines geeigneten Leistungsbeurteilungsverfahren beinhaltete die folgenden Aspekte: -
Sicherstellung von objektiven Beurteilungskriterien mit einem gerechten Punktesystem zur Ermittlung der Leistungszulagen im Rahmen der tariflichen Optionen,
-
Ausrichtung der Kriterien an die spezifischen Leistungsanforderungen eines modernen, kommunalen Baubetriebshofes,
-
Gewährleistung von Freiräumen für individuelle und aufgabenorientierte Beurteilungen und
Die Implementierung von Leistungsbeurteilungen 117 -
Hinweise zur Gestaltung von Personalentwicklungsmaßnahmen und zur Personalführung im Sinne von Personalförderung.
Auf dieser Grundlage wurde vereinbart, dass neben objektiven Beurteilungen und individuellen Entlohnungen nach Leistungsbeitrag auch die Förderung von Führungskompetenzen sowie das Ausloten von individuellen Fördermöglichkeiten der Mitarbeiter Bestandteil des neu einzusetzenden Verfahrens sein sollten. Im Anschluss an den intensiv geführten Diskussionsprozess innerhalb des Baubetriebshofes und einem anschließenden Erfahrungsaustausch mit anderen Baubetriebshöfen, haben wir uns für die Einführung des von einer Unternehmensberatung entwickelten Leistungsbewertungs- und Beurteilungssystems (LBB-SYS) entschieden. Das Beurteilungssystem wurde hinsichtlich der spezifischen Belange unseres Betriebes modifiziert. Als integraler Bestandteil des neuen Systems wurde die Einführung von regelmäßigen Mitarbeiter- und Förderungsgesprächen vereinbart. Das Leistungsbewertungs- und Beurteilungsverfahren wird im Betrieb TBK seit dem Jahr 2000 im jährlichen Turnus für gewerbliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen durchgeführt.
Aufbau des Leistungsbewertungs- und Beurteilungssystem (LBB-SYS) Das Leistungsbeurteilungssystem ist ein mehrdimensionales analytisches Leistungsbeurteilungssystem. Es stellt ein vergangenheitsbezogenes System der Leistungsbewertung dar. Die im LBB-SYS zu beurteilenden einzelnen Dimensionen der Leistung sind in sechs Bewertungsgruppen untergliedert, denen wiederum sechs Beobachtungskriterien zugeordnet sind anhand derer die Leistung bzw. das Leistungsverhalten der Mitarbeiter beurteilt wird. Die Beobachtungen werden entsprechend der Merkmalserfüllung vorgegebenen Bewertungsstufen zugeordnet. Die Bewertungsgruppen beschreiben in Form von Oberkriterien aufgaben- und verhaltensbezogene Merkmale. Beispielsweise werden mit dem Instrument Aspekte wie „Arbeitseinsatz“, „Leistungsergebnisse“, „Zusammenarbeit“, „Arbeitssystematik“, „Informationsverhaltens“ und „Einsetzbarkeit“ erfasst. Die den Bewertungsgruppen zugeordneten Beobachtungskriterien werden über eine siebenstufige Einteilung beurteilt, den jeweils ein bestimmter Punktwert zugeordnet ist. Die sieben Stufen werden im Beurteilungssystem wie folgt definiert:
118
÷
Ø
A
B
C
D
E
Herbert Munjak
Erfüllt nicht die an ihn gestellten Anforderungen, im Ø des Jahres sind die Leistungen < 80%.
(÷) Leistung und Verhalten entsprechen in den einzelnen Beobachtungskriterien oder der Bewertungsgruppe oder insgesamt nicht den Erwartungen. Der Mitarbeiter erhält gezielte Unterstützung und Hilfestellung zu den festgestellten Defiziten. Wird trotz der Unterstützung keine positive Entwicklung erkennbar, sind geeignete Maßnahmen zur Umsetzung u.a.m. einzuleiten.
bei Kennzeichnung, erfüllt Leistung und Verhalten entsprechen den normalen die gestellten Anforderungen Erwartungen. aus dem Arbeitsvertrag. Übertrifft teilweise die an ihn Leistung und Verhalten erfüllen die Ansprüche der gestellten Anforderungen. Stelle und liegen teilweise über den Erwartungen (durchschnittlich ca. 20% über den Normalanforderungen aus dem Arbeitsvertrag. Übertrifft häufig die an ihn gestellten Anforderungen.
Leistung und Verhalten liegen häufig über den Erwartungen (durchschnittlich ca. 30% über den Normalanforderungen aus dem Arbeitsvertrag).
Übertrifft meistens die an ihn Leistungen und Verhalten liegen meistens über den gestellten Anforderungen. Erwartungen (durchschnittlich ca. 40% über den Normalanforderungen aus dem Arbeitsvertrag). Übertrifft überwiegend die an ihn gestellten Anforderungen.
Leistungen und Verhalten liegen deutlich über den Erwartungen (durchschnittlich ca. 50% über den Normalanforderungen aus dem Arbeitsvertrag).
Übertrifft ständig die an ihn gestellten Anforderungen.
Leistungen und Verhalten liegen dauernd deutlich über den Erwartungen. Auch stellenübergreifende und besonders schwierige Anforderungen werden erfüllt. Der Mitarbeiter ist grundsätzlich unterfordert und erbringt mit ca. 66% über die geforderten durchschnittlichen Normalleistungen seine Arbeitsleistungen.
Abbildung 1: Bewertungsstufen Die Gesamtsumme der Ergebnisse über alle Dimensionen bestimmt die Höhe der Leistungszulage. Da den Bewertungsgruppen wie eingangs erwähnt, eine unterschiedliche Anzahl von Beobachtungskriterien zugeordnet ist, erfolgt eine Normierung der Punktezahl. Damit wird der Grundgedanke berücksichtigt, dass alle Bewertungsgruppen von gleicher Wichtigkeit sind und keine Bevorzugung von Stärken in bestimmten Bereichen erfolgt. Die ermittelte Gesamtpunktzahl wird analog eines Umrechnungssystems als prozentuale Leistungszulage (1 bis 15 Pro-
Die Implementierung von Leistungsbeurteilungen 119
zent) ausgewiesen. Anzumerken ist, dass sich die Leistungsbeurteilung im LBBSYS auf einen durchschnittlichen Jahresarbeitsleistungswert von 80 Prozent bezieht.
Durchführung der Beurteilungen Um das Verfahren zu objektivieren, wird die Leistungsbeurteilung von zwei Beurteilern durchgeführt. Die Systematik des Verfahrens sieht vor, dass jeweils zwei Vorgesetzte (unmittelbarer Vorarbeiter oder Gruppenleiter) sowie der nächst höhere Vorgesetzte (Meister oder Sachgebietsleiter) beurteilen. Das Ergebnis dieser Urteile bestimmt sich als arithmetisches Mittel, wobei Abweichungen eines bestimmten Toleranzwertes zu Nachbewertungen führen. Diese sind mit Begründungen und Aussprachen gegebenenfalls mittels Beteiligung des Personalrates verbunden. Damit wird eine gültige Beurteilung eines Mitarbeiters an eine Übereinstimmung beider Beurteilungsergebnisse gekoppelt. Die Beurteiler sind gehalten, ihre Gründe für die Beurteilung offen zulegen. Zwischenzeitlich gibt es, um den Aufwand der Beurteilungen zu verringern, Modifizierungen des Procedere. Wesentliche Änderung ist, dass die Durchführung der Beurteilung nicht mehr in zwei getrennten Beurteilungen erfolgt. Die Beurteilungen erfolgen aufgrund der Erfahrungen der ersten Beurteilungsrunden im kommunikativen Dialog zwischen den Beurteilern (Beurteilerteam). Erfolgt keine Übereinstimmung der Beurteilung wird im Rahmen einer Moderation durch den nächst höheren Vorgesetzten versucht, eine Klärung herbeizuführen oder ein dritter Beurteiler hinzugezogen.
Einführung des Leistungsbewertungs- und Beurteilungssystem (LBB-SYS) Das Einführungskonzept des neuen Leistungsbeurteilungsinstrumentariums beinhaltete die Bildung einer Projekthierarchie. Vertreten waren sowohl Mitglieder der unterschiedlichen Funktions- und Beschäftigungsgruppen des Betriebes und der Betriebsrat sowie ein externer Berater. Implementiert wurde eine Lenkungs- und Arbeitsgruppe. Die Lenkungsgruppe übernahm alle vorbereitenden und steuernden Aufgaben, die zur Implementierung des Beurteilungssystems erforderlich waren. In der Arbeitsgruppe standen die Durchführung und Analyse der von der Lenkungsgruppe übergebenden Problemstellungen im Vordergrund. Die in den Projektgruppen konkretisierten Schritte zur Einführung des Leistungsbewertungs- und Beurteilungssystem waren wie folgt gegliedert: -
Information der zu beurteilenden Mitarbeiter (z.B. im Rahmen eines Informationstages)
-
Festlegung der Beurteiler
120
Herbert Munjak
-
Schulung und Unterweisung der Beurteiler
-
Durchführung einer Probebeurteilung
-
Erprobung von Moderationsgesprächen und gegebenenfalls Durchführung einer Drittbeurteilung
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Mitteilung und Abstimmung der Beurteilungsergebnisse mit der Projektleitung/Betriebsleitung
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Vorbereitung der Mitarbeitergespräche
-
Führen von Mitarbeitergesprächen
Erste Erfahrungen: Leistungsbeurteilungen setzen ein gemeinsames Leistungsverständnis voraus Die Einführung des neuen Beurteilungssystems wurde im Betrieb durch intensive Diskussionen und Gespräche begleitet. Im Vordergrund standen vor allem Erläuterungen und Hinweise zur Handhabung des Beurteilungsinstrumentariums: der Bewertungskriterien, der Skalierung und der Punkteverteilung. Im Anschluss an den Durchlauf einer ersten Probebewertung zeigte sich ein grundsätzliches Verständnisproblem bezüglich des Begriffs Leistung. Es wurde vor allem deutlich, dass die Beurteiler unterschiedliche Vorstellungen bezüglich der generellen Leistungsanforderungen seitens des Betriebes besaßen. Dies war vermutlich dem Umstand geschuldet, dass die Thematik der Leistung im Betrieb in der Vergangenheit nie oder nur am Rande thematisiert worden war. Notwendigerweise musste vor der ersten „Echtbewertung“ erneut ein Abstimmungsprozess zum allgemeinen Leistungsverständnis im Betrieb der TBK angestoßen werden. Klärungsbedarf bestand insbesondere in der Definition der „normalen“ Arbeitsleistung, die analog der Arbeitsverträge und Stellenbeschreibung seitens des Betriebes erwartet wird und auf der die Beurteilungssystematik des neuen Instrumentariums basiert. Zur Klärung des Leistungsbegriffs und insbesondere des Begriffs Normalleistung wurden beispielhafte Leistungsbeschreibungen aus dem täglichen Arbeitsumfeld gesammelt und zu einem umfassenden Beispielskatalog zusammengestellt. Dieser wurde anschließend in einer Abstimmungsrunde mit den Beurteilern erörtert und abgestimmt. Der erarbeitete Beispielskatalog diente als Grundlage für die erste „Echtbewertung“ im Frühjahr 2001. Das zufrieden stellende Ergebnis der ersten Bewertungsrunde war Anlass, die ausführlichen Diskussionen und Abstimmungen zum Leistungsbegriff unter den beteiligten Beurteilern als festen Bestandteil im Bewertungsprozess zu integrieren.
Die Implementierung von Leistungsbeurteilungen 121
Fazit: Kommunikation als Erfolgsfaktor zur Forderung und Förderung von Leistung im Betrieb Die Erfahrungen der TBK, beruhend auf vier Beurteilungsintervallen, zeigen deutlich die Wichtigkeit des Kommunizierens von Leistungsanforderungen. Unsere ursprüngliche Sorge, die Leistungsbeurteilung würde sich auf die Mitarbeiter demotivierend oder gar kontraproduktiv auswirken, hat sich nicht bestätigt. Vielmehr zeigt sich zunehmend ein neues Leistungsbewusstsein seitens der Mitarbeiter. Das Thema Leistungsorientierung im Betrieb, hat aber auch neben der jährlichen Beurteilung, in Betriebsbereichsbesprechungen sowie in gesonderten Einzelgesprächen seinen Stellenwert gefunden. Darüber hinaus zeichnet sich ab, dass das Leistungsbewertungs- und Beurteilungsverfahren in der TBK zu gezielten Maßnahmen der Personalentwicklung beigetragen hat. Als weitere positive Entwicklungen des sich verändernden Leistungsverständnisses im Betrieb erhoffen wir uns, dass zukünftig die Mitarbeiter mit mehr Eigeninitiative und Verantwortungsbewusstsein agieren. Zu dem möchten wir die durch die jährliche Leistungsbeurteilung angestoßene Diskussion zur Leistungsorientierung nutzen. Wir planen dies in Form von einjährigen Projekten. Das Schwerpunktthema für das erste Jahr lautet: „Bessere Ausnutzung der täglichen Arbeitszeit“.
10 Jahre Erfahrung mit Leistungsbezogenem Entgelt (LEB) Andrea Klatt, Heiko Titsch Die Hamburger Stadtentwässerung AöR hat vor 10 Jahren mit der Implementierung von LEB eine Vorreiterrolle bei der Einführung eines leistungsorientierten Entgelts in einem kommunalen, öffentlichen Unternehmen eingenommen. Inzwischen ist durch den TVöD die leistungsorientierte Bezahlung der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst flächendeckend tariflich verankert worden. Im folgenden Artikel wird das derzeitige System der HSE dargestellt. Sowohl die historische Entwicklung, die Grundsätze von LEB als auch die bisher gemachten Erfahrungen werden erläutert.
Das LEB-System der Hamburger Stadtentwässerung Bei der Hamburger Stadtentwässerung gibt es nun schon seit rund 10 Jahren ein Prämiensystem, bei dem alle Mitarbeiter die Möglichkeit haben, über zusätzliche Leistung max. eine Prämie in Höhe eines Monatsgehalts zu verdienen. Das Beteiligungsinstrument belohnt die Leistung der Mitarbeiter für das Unternehmen und ist nicht direkt an die Unternehmensbilanz gekoppelt. Die durch das Anreizsystem erhöhte Produktivität und das geförderte unternehmerische Denken des Einzelnen tragen zu einem verbesserten Unternehmensergebnis und somit zur Sicherung der Arbeitsplätze bei. Weiteres Ziel der leistungsbezogenen Entgeltbestandteile (LEB) ist die Senkung des Krankenstandes sowie eine Verringerung der Mitarbeiterfluktuation. Rahmenbedingung bei der Erarbeitung des flexiblen Vergütungssystems war, dass bei der HSE als öffentliches, sich aus Gebühren finanzierendes Unternehmen die auszuschüttende Prämie zuvor erwirtschaftet werden muss. Nur so kann die Kostenneutralität gegenüber dem Gebührenzahler gewährleistet werden. Es wurde sogar einen Schritt weiter gegangen: Die durch das LEB-System erzielten Ergebnisverbesserungen kommen zur Hälfte dem Unternehmen und somit dem Gebührenzahler und zur anderen Hälfte den eigenen Mitarbeitern zu Gute. Die Aufdeckung von Optimierungspotential sollte unter Ausnutzung firmeneigenen Know-hows und des Insiderwissens der Mitarbeiter geschehen, anstatt durch den Einsatz externer Unternehmensberater. Die Ergebnisse aus wirtschaftlichem Verhalten und unternehmerischem Denken sollte sich für den einzelnen Mitarbeiter auszahlen und somit als Motivationsfaktor wirken.
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Andrea Klatt, Heiko Titsch
Historie Verselbständigung der Hamburger Stadtentwässerung (HSE) Zum 1. Januar 1995 wurde das ehemalige Amt für Stadtentwässerung der Umweltbehörde Hamburg in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt. Als finanzieller Anreiz, die damit verbundene Leistungsverdichtung zu akzeptieren, wurde den Mitarbeitern im Jahr 1995 eine monatliche Prämie von 150 DM gezahlt. Diese finanzierte sich aus den Personalkosteneinsparungen durch unternehmensweit freigehaltene Funktionen bei gleichbleibender Leistung. Einführung der 2. Stufe LEB Der Wandel zu einem eigenverantwortlich wirtschaftenden Dienstleistungsunternehmen bedeutete einen starken Veränderungsdruck bezüglich der in der Behörde über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen. Um das notwendige Umdenken zu beschleunigen, wurde 1996 ein Tarifvertrag zum leistungsbezogenen Entgeltsystem abgeschlossen. Mit der 2. Stufe des LEB-Systems wurde eine Leistungsbemessung eingeführt, welche als Referenzmaßstab die Leistungen aus dem Jahr 1994 verwendete. Die Mitarbeiter wurden gemäß der Tätigkeitsbereiche Ingenieurleistungen, Klärwerk und Verwaltung zur Prämienerwirtschaftung und -ausschüttung in unternehmensweit drei Gruppen à ca. 300 Mitarbeiter zugeordnet. Die Vorgehensweise bei der Implementierung des LEB-Systems begründet der Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg im ersten Quartal 1998: „[...] Die stufenweise Einführung des Systems ist gerechtfertigt, weil seine Wirksamkeit auch von der Akzeptanz unter den Mitarbeitern abhängt, die darüber hinaus auch durch die Verknüpfung mit finanziellen Anreizen gestärkt wird“. Weiterentwicklung des Systems (3. Stufe) Der LEB-Tarifvertrag für die 3. Stufe wurde am 1. Dezember 1998 zunächst über eine Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen, im Juli 2002 vorzeitig bis Ende 2006 verlängert. Es hat eine weitere Individualisierung der Leistungsbetrachtung stattgefunden. Derzeit gibt es ca. 80 Gruppen von bis zu 30 Personen Stärke. Als Leistungsstandard wird nicht mehr die Vergangenheit herangezogen, sondern auch der Marktvergleich. Die Mitarbeiter messen sich heute z.B. an externen Benchmarks (Maßstäben) oder der HOAI.
Grundsätze Nach diesen in 1998 bzw. 2002 beschlossenen Prinzipien wird die Prämienerwirtschaftung und –bemessung weiterhin durchgeführt.
10 Jahre Erfahrung mit Leistungsbezogenem Entgelt (LEB) 125
Dabei sind folgende Grundsätze wichtige Eckpfeiler der Anreizsystems, die für alle unterschiedlichen, im System entwickelten Berechnungsmodelle gelten. Die obersten beiden Leitsätze, auf denen das System fußt, sind: 1. „Die auszuschüttende Prämie muss zuvor erwirtschaftet worden sein“ LEB ist somit ein selbsterwirtschaftendendes System und unterscheidet sich dadurch von budgetierten Systemen, bei denen die auszuschüttenden Prämien im Wirtschaftsplan fest eingeplant werden. Als gebührenfinanziertes Unternehmen ist die Hamburger Stadtentwässerung verpflichtet, die Abwassergebühren für die Kernaufgabe der Abwasserableitung und Behandlung zu verwenden. Zusätzliche Prämienzahlungen an die Mitarbeiter müssten fundiert begründet werden. Aus diesem Grund wird bei LEB verlangt, dass die Prämienbestandteile zuvor erwirtschaftet worden sein müssen. Gedanklich ist das Grundgehalt aller Mitarbeiter aufgrund der Erledigung der Grundleistung (in Zielvereinbarungen und Jahresarbeitsplänen festgelegt/konkretisiert) gerechtfertigt. Mittels zusätzlicher Leistungen, Einsparung von Kosten, Leistungen für externe Auftraggeber, etc... – unter dem Begriff „Mehrleistung“ zusammengefasst – können Prämienanteile erwirtschaftet werden. 2. „Zum Vorteil des Gebührenzahlers verbleiben von der erwirtschafteten Mehrleistung 50 % im Unternehmen.“ Nur die Hälfte der erwirtschafteten Beträge steht laut Tarifvertrag zur Ausschüttung an die Mitarbeiter zur Verfügung. Weitere Grundsätze: 1. Die Prämienerwirtschaftung erfolgt in Gruppen mit grundsätzlich max. 30 Personen Bei der Einführung von Prämiensystemen ist die Bildung von größeren Leistungsgruppen sinnvoll, um den Aufwand für die Aufstellung eines solchen Systems möglichst gering zuhalten. Für die Prämienerwirtschaftung in einem Gruppensystem sollte die Gruppengröße so gewählt werden, dass der Verwaltungsaufwand aufgrund einer großen Gruppenanzahl bei vielen kleinen Gruppen auf der einen Seite und der Mitläufereffekt (einzelne nicht leistungsbereite Mitarbeiter könnten von der Leistung anderer unbemerkt mitprofitieren) bei einer zu großen Gruppenzahl auf der anderen Seite optimal ausbalanciert werden. Gruppensysteme tragen in der Regel zu einem harmonischeren Betriebsklima bei als Individualsysteme. In dem Gruppensystem kann sich jeder nach seine Fähigkeiten an der Prämienerwirtschaftung beteiligen, das Team- oder Gruppenzusammengehörigkeitsgefühl wird gestärkt. Individualsysteme unterstützen dagegen nur wenige sehr leistungsfähige Mitarbeiter und fördern die Konkurrenz der Mitarbeiter untereinander (diese System gibt es häufig in vertriebsorientierten Unter-
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Andrea Klatt, Heiko Titsch
nehmensbereichen). Für ein kommunales Dienstleistungsunternehmen wie die Hamburger Stadtentwässerung bietet sich das Gruppensystem an, mit dem bisher gute Erfahrungen gemacht wurden. 2. Die Prämienzahlung erfolgt anwesenheitsbezogen Nur in seiner Anwesenheitszeit kann ein Mitarbeiter zusätzliche Leistung – Mehrleistung- erbringen und so Prämienbestandteile erwirtschaften und wird auch dementsprechend beteiligt. Teilzeitbeschäftigung wird entsprechend anteilig berücksichtigt. Zusätzlich wird überdurchschnittliche Anwesenheit über die s.g. Prämie 2 (siehe unten) belohnt. 3. Es gibt eine absolute Prämienobergrenze (Deckel) Die Prämie ist auf ca. 1 Monatsgehalt gedeckelt, auch wenn in einer Gruppe mehr Prämienbestandteile durch Mehrleistung erwirtschaftet worden sind. Dies dient dazu, ein angemessenes Verhältnis von Prämie zu Grundgehalt zu wahren. Die alleinige Prämienmaximierung auf Kosten des Standardgeschäfts wird verhindert. Zusätzlich stellt der Deckel eine Art Schutz der Mitarbeiter vor übertriebener „Mehrleistung“ und damit Gefährdung der Gesundheit dar. Ein weiterer Vorteil des Prämiendeckels ist die Kalkulierbarkeit der auszuzahlenden maximalen Prämienhöhen. 4. Keine Windfall Profits D.h. Einsparungen aufgrund von Preissenkung (z.B. bei Energie oder Mehrwertsteuer) können nicht als Mehrleistung anerkannt werden Zufällige Einsparungen, die nicht auf Leistungen der Mitarbeiter zurückzuführen sind, sind nicht prämienwirksam. Das Prämiensystem wird in Form einer Stabseinheit zentral und unabhängig von den Bereichen betreut. Die s.g. LEB-Qualitätssicherung ist für den Ablauf des Systems verantwortlich, der im Folgenden dargestellt wird:
10 Jahre Erfahrung mit Leistungsbezogenem Entgelt (LEB) 127 1. S trate gisc he Ziele V org abe n de r G esc häftsfüh run g U nter neh m e nss chw erpun kte
7. Präm ien err ech nen un d a nw e sen hei tsbe zog en aus zah len
O ktob er
M ai/J u ni
2. Be reic hs-/ A b teilung s, Te am zie le u nd In dividua lzie le d efin iere n
N ove m b er
6. -P rüfu ng d urc h Q ual itä tssi che run g (C o ntrolling) a) Zie lerreic hun g b) Erw irtsch aftu ngs bet räg e c) B u dge ts - e xte rne Prüfun g d urc h W irts cha ftsp rüfer - V erabs chie dun g d es E rge bnis ses im A ufsichts rat
3. Zie le p rüfe n u nd ve rab sch ied en
D eze mb er
M ärz bis M a i 5. Zie lerr eic hun g erklä ren , E rw irtsc haftung sna chw eis fü hre n / B es tätig ung du rch Vo rge set zte
4. Zie le g em eins am er reiche n, M ehr leis tun g er wir tsc haften
Ja nua r b is D eze m b er
Ja nua r/F ebruar
1. Festlegung der Zielvorgaben der Geschäftsführung 2. Erstellung der Gruppenzielvereinbarungen (hier wird in der Regel die Grundleistung der Gruppen konkret festgelegt), dies ist Aufgabe der Führungskräfte im Dialog mit den Mitarbeitern. Die Vorgaben der Geschäftsführung fließen in die Gruppenzielvereinbarungen mit ein. 3. Qualitätssicherung der Zielvereinbarungen (sind die Vorgaben berücksichtigt, sind die Zielvereinbarungen vollständig, realistisch und messbar) 4. Unterjährige Zielerfüllung durch Erledigung der Grundleistung und Erwirtschaftung von Prämienbestandteilen durch Mehrleistung während des gesamten Jahres 5. Erklärung der Zielerreichung und Lieferung der Erwirtschaftungsnachweise am Anfang des Folgejahres durch die Gruppen 6. Prüfung der Zielereichung durch die Vorgesetzten und die LEB-Qualitätssicherung, Prüfung der angemeldeten Mehrleistung, Prüfung der Budgets, Externe Prüfung durch Wirtschaftsprüfer, Verabschiedung der festgestellten Beträge im Aufsichtsrat 7. Ermittlung der individuellen Prämien und Auszahlung im Sommer des Folgejahres
Abbildung 1: Schematische Darstellung des jährlichen Ablaufs der Prämienerwirtschaftung und -auszahlung
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Andrea Klatt, Heiko Titsch
Abgrenzung von Grund- und Mehrleistung, Ermittlung der Erwirtschaftungsbeträge durch unterschiedliche Berechnungsmodelle Modelle der Leistungsbemessung Um die Effekte und Ergebnisverbesserungen sichtbar und direkt monetär bewertbar zu machen, ist ein Vergleichsmaßstab notwendig. Zur Leistungserfassung und Prämienerwirtschaftung wird zunächst die Grund- bzw. 100 %-Leistung definiert und unter Verwendung qualitativer und quantitativer Messgrößen vereinbart. Eine Leistungsbemessung erfolgt in allen Unternehmensbereichen. Bei der HSE gibt es für die Bereiche Ingenieurbüro, Klärwerksbetrieb, Kanalnetzbetrieb und Dienstleistungen jeweils ein Modell zur Leistungserfassung. Das Prinzip ist dabei immer das gleiche, siehe Abbildung. Durch effizienteres Arbeiten im Bereich der Grundleistung wird Freiraum für die Erledigung von zusätzlichen Aufgaben (Mehrleistung) geschaffen.
100 % Arbeitszeit = Grundleistung
100 % -Leistung Leistungsverdichtung
100 % -Leistung
Zeit f. Mehrleistung
Abbildung 2: Abgrenzung von Grund- und Mehrleistung Dienstleistungsbereiche Im Dienstleistungsbereich wird zur Beschreibung der Grundleistung primär das Instrument der Zielvereinbarungen eingesetzt. Die geplanten Arbeitsleistungen sind in prämienrelevanten Zielvereinbarungen beschrieben und mit ergebnisorientierten qualitativen und quantitativen Messgrößen versehen. Hier steht vor allem die Zufriedenheit der in- und externen Kunden im Vordergrund. In Form von jährlichen Kundenzufriedenheitsabfragen findet ein kontinuierliches Monitoring statt. Die Erfüllung der Basisleistungen ist Zugangsvoraussetzung für eine Prämienzahlung. Bei Nichterfüllung von Teilzielen wird die erwirtschaftete Prämie entsprechend nur anteilig ausgeschüttet. Durch über die Grundleistungen hinausgehende Leistungen können Einsparungen erzielt bzw. Erlöse erwirtschaftet werden, die zu einer Unterschreitung des vereinbarten Budgets einer LEB-Gruppe führen. Dies
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sind LEB-wirksame Erwirtschaftungsbeträge, die z.B. aus intern erbrachten und verrechneten Dienstleistungen herrühren können, ebenso wie aus Tätigkeiten für Dritte, welche vom Markt vergütet werden. Ein Großteil der Einsparungen ergibt sich aus eingesparten Fremdvergaben. Leistungen, die bislang an Externe beauftragt wurden, werden in Eigenleistung erbracht. Weiterhin stellen Personalkosteneinsparungen aus freigehaltenen Funktionen bei vollständiger Zielerfüllung LEBErwirtschaftungsbeträge dar. Modelle nach dem Prinzip eines Profitcenters Die Ingenieursbereiche und das Klärwerkslabor sind wie Profitcenter aufgestellt. Das heißt, dass die eigenen internen Kosten und die bezogenen Leistungen (Personaldienstleistungen, Finanzdienstleistungen, allg. Overhead) ins Verhältnis gesetzt werden zu den Leistungen, die nach Honorarordnungen oder Preislisten quantifiziert werden. Die Erfassung der hausintern erbrachten Ingenieurleistungen beispielweise erfolgt auf Grundlage der bundesweit geltenden Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) als objektiver Fremdmaßstab. Nur ein positiver Saldo führt zur Erwirtschaftung von Prämien. Die in den Zielvereinbarungen festgelegten Qualitätsziele sind ebenfalls einzuhalten. Parametervereinbarungen Im betriebsmittelintensiven Bereich der Abwasserreinigung werden Parametervereinbarungen geschlossen. Es werden frachtspezifische Verbräuche für chemische Betriebsmittel und Energie als Referenzwerte anhand des rollierenden Mittels der zurückliegenden drei Jahre vereinbart, die durch die effiziente und ökonomische Fahrweise der Anlagen unterschritten werden müssen. Sogenannte „windfall-profits“ finden wie schon erwähnt keine Anerkennung. Hierbei handelt es sich um finanzielle Erfolge, die nicht auf den Verdienst der Mitarbeiter zurückzuführen sind, sondern auf Veränderungen von Rahmenbedingungen, z.B. einen Rückgang der Strompreise am Markt. Gewerbliche Bereiche mit Leistungsvereinbarungen über Arbeitspakete Im Kanalnetzbetrieb werden Arbeitspakete geplant, durch welche die in den Teams verfügbare Kapazität zu 100 % ausgelastet wird. Die einzelnen Tätigkeiten sind mit spezifischen Vorgabezeiten versehen. Die monatlichen Arbeitsmengen werden ins Verhältnis zur Anwesenheit der Teammitarbeiter gesetzt, so dass die monatliche Prämie bestimmt werden kann. Grundsätzlich kann eine Prämie durch das Unterschreiten der Vorgabezeiten verdient werden, da in der nun gewonnenen Zeit zusätzliche Arbeiten ausgeführt werden können. Zusätzlich werden Jahresziele hinsichtlich der Qualität der Arbeit, zur Sicherstellung der Arbeitssicherheit und über die Qualifikation der Mitarbeiter abgeschlossen.
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Andrea Klatt, Heiko Titsch
Besonderheit „Prämie 2“ Die „Prämie 2“ ist ein zusätzlicher Bestandteil der LEB-Jahresprämie, mit dem überdurchschnittliche Anwesenheit honoriert wird. Der Topf für diese Prämie wird durch einen festgelegten Anteil der Jahresprämie aller Mitarbeiter gespeist . Alle, die weniger als der Durchschnitt abwesend waren (hier werden die Mitarbeitergruppen „Arbeiter“, und „Angestellte“ getrennt betrachtet), bekommen einen Tagessatz von ca. 20 € für jeden unterdurchschnittlichen Abwesenheitstag aus diesem Topf ausgezahlt. Beispiel A Durchschnittliche Abwesenheitstage
10
Individuelle Abwesenheitstage
5
5 Tage weniger abwesend als der Durchschnitt → 5 x 20 € = 100 € Prämie 2 Beispiel B Durchschnittliche Abwesenheitstage
10
Individuelle Abwesenheitstage
11
1 Tag mehr abwesend als der Durchschnitt → keine Prämie für unterdurchschnittliche Abwesenheit
Die Anwesenheitsquote bei der HSE ist seit der Verselbständigung kontinuierlich gestiegen, wobei ein Teil des Anstiegs mit Sicherheit auch auf die Prämie 2 zurückzuführen ist.
Effekte aus Unternehmersicht Das LEB-System der HSE hat aus Unternehmersicht mehrere gewünschte Effekte erzielt: -
Erhöhung der Produktivität .
-
Durch die Forderung der Leistungsverdichtung für die Erwirtschaftung von Prämienanteilen, steigt automatisch die Produktivität, sobald Prämien erwirtschaftet werden.
-
Ergebnisorientiertes Arbeiten wird gefördert, da jeder Mitarbeiter die Optimierungspotenziale seiner eigenen Tätigkeiten auslotet, um Mehrleistung erwirtschaften zu können. Das Abschließen von Jahreszielvereinbarungen und die konsequente Verfolgung der Zielerreichung unterstützt ebenfalls das ergebnisorientierte Arbeiten.
10 Jahre Erfahrung mit Leistungsbezogenem Entgelt (LEB) 131 -
Die Motivation wird durch den Leistungsanreiz der Prämie gesteigert. Motivation der Mitarbeiter zum wirtschaftlichen Denken und unternehmerischen Handeln.
-
Der Krankenstand wird durch die anwesenheitsbezogene Auszahlung maßgeblich gesenkt.
-
Kosteneinsparungen werden durch den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen erzielt., durch die Einsparung von Fremdleistung und die Erledigung der Arbeiten in Eigenleistung und durch das „nicht Wiederbesetzen“ von freigewordenen Stellen.
-
Die Möglichkeit, bei zusätzlichen Aufträgen für externe Kunden Prämie zu erwirtschaften, bewirkt eine verstärkte Motivation zur Akquisition von externen Projekten.
Effekte aus Mitarbeitersicht -
Es ist bei der HSE möglich, ein zusätzliches Monatseinkommen über die Prämie zu verdienen.
-
Die Motivation steigt durch die Möglichkeit, neue, interessante Aufgaben zu übernehmen.
-
Direkte Rückmeldung über die Arbeitsleistung aufgrund der konsequenten Zielverfolgung und Feedback über Ermittlung der Kundenzufriedenheit steigern die Motivation.
-
Durch die über die Erwirtschaftungsbeträge erzielte Ergebnisverbesserung können ein gutes Gesundheitsmanagement und gute Weiterbildungsmöglichkeiten durch das Unternehmen angeboten und durch die Mitarbeiter genutzt werden.
Nebeneffekte des LEB-Systems Das LEB-System wirkt als Katalysator beim Aufbau und der zielgerichteten Weiterentwicklung eines internen Controllingsystems. Kontinuierlich werden steuerungsrelevante Daten und Informationen aus dem gesamten Unternehmen gewonnen. In vielen Bereichen war LEB der Auslöser für die erstmalige Erfassung von Kennzahlen. Nach 10 Jahren besteht ein hohes Maß an Transparenz. Das Führen von Arbeitsaufzeichnungen ist für alle Mitarbeiter selbstverständlich. Darüber hinaus sind Zielvereinbarungen als Steuerungs- und Führungsinstrument voll etabliert. Die Formulierung von Zielvereinbarungen verknüpft mit dem Festlegen von Zielwerten und der abschließenden Überprüfung der Leistungserfüllung unterstützt
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Andrea Klatt, Heiko Titsch
die Identifikation der Mitarbeiter mit ihren Aufgaben. Es wird ergebnisorientiertes Arbeiten gefördert; eine Aufgabenkritik findet statt. Durch die Transparenz der Leistungen und die Möglichkeit des Vergleichs mit anderen Abteilungen wird bei den Mitarbeitern der Ehrgeiz geweckt, eine gute Leistung zu erbringen. Insgesamt ist durch die Ergebnisbeteiligung eine neue Verantwortung im Umgang mit Ressourcen, sowohl mit Sachmitteln als auch mit der eigenen Arbeitszeit zu beobachten. Es findet eine Sensibilisierung für die Arbeitsabläufe statt, Schwachstellen in der Arbeitsorganisation werden erkannt und im Zuge des Optimierungsprozesses beseitigt. Das in- und externe Kunden-Lieferanten-Verhältnis wird verbessert.
Aufwand für die Betreuung des Systems Das LEB-System benötigt einen kontinuierlichen Betreuungsaufwand. Da es als ein selbsterwirtschaftendes System aufgestellt ist, muss die Abgrenzung von Grund- und Mehrleistung definiert werden. Jede Mehrleistung muss nachgewiesen werden, eine pauschale Betrachtung ist in der Regel nicht möglich. Das ganze System hat systemimmanent immer einen Pflegeaufwand und auch Prüfaufwand zur Folge, der bei insgesamt 1200 Mitarbeitern durch zwei Mitarbeiter im Stabsbereich und durch die Führungskräfte als Teil Ihrer Führungsaufgabe abgedeckt werden. Kontinuierliche Überarbeitung und Renovierung Ebenso wie technische Anlagen eine kontinuierliche Instandhaltung benötigen, so muss auch das Führungs- und Anreizsystem „LEB“ laufend auf den Prüfstand gestellt und überarbeitet werden. Die Berechnungsmodelle müssen kontinuierlich angepasst werden, um die durch die Mehrleistungserwirtschaftung erzielten Effizienzgewinne zu vereinnahmen und um die Modelle geänderten Abläufen oder Randbedingungen anzupassen. Eine dynamische Gestaltung der Berechnungsmodelle ist außerdem wichtig, um Manipulationen zu verhindern. Es darf auch nicht der Eindruck entstehen, dass die Prämie ein fester Gehaltsbestandteil sein könnte, der allen Mitarbeitern grundsätzlich zusteht. Ein Anreizsystem wie das LEB der HSE ist immer ein Führungsinstrument, das so objektiv wie möglich wirken und die Führungskräfte unterstützen soll. Der Erfolg ist immer auch abhängig von den Führungskräften, in wie weit sie ein solches System für die Erreichung ihrer Ziele nutzten.
Der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der Bundesagentur für Arbeit: Große Vielfalt an Leistungsbezahlungsinstrumenten – viele zusätzliche Flexibilitätsaspekte in der Personalsteuerung Karsten Bunk
1.
Modernisierung des Tarifrechts als Element des Umbaus der Bundesagentur für Arbeit
Der bereits seit einigen Jahren laufende umfassende Umbau der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu einer modernen Dienstleistungsagentur auf dem Arbeitsmarkt zeigt zunehmend für Politik und Bürger erfahrbare und für den Bundeshaushalt auch zählbare Verbesserungen. Prägend für die Veränderungen waren sicherlich in erster Linie vielfältige Reorganisationsprozesse und die Einführung eines neuen wirkungsorientierten Steuerungssystems, flankiert durch neue Controllinginstrumente. Bereits in der Ausgangssituation formulierte die BA allerdings auch – im Einvernehmen mit der Politik – ein klares Votum für eine zeitgemäße Modernisierung des Personalrechts. Das beinhaltete die Forderung nach neuen Tarifstrukturen für die rund 75.000 Arbeitnehmer in der BA und eine weitgehende Loslösung vom überkommenen Beamtenrecht des öffentlichen Dienstes im Sinne eines Gleichklangs der Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer und die nach wie vor vorhandenen Beamten der BA. Mit dem zum 1.1.2006 neu geschaffenen Tarifvertragswerk, bestehend aus nur noch 4 vergleichsweise „schlanken“ statt bisher über 50 Einzeltarifverträgen, ist nach intensiven Tarifverhandlungen auch dieser Modernisierungsimpuls aufgegriffen und mit einem für das öffentliche Dienstrecht bemerkenswerten Ergebnis realisiert worden.
2.
Übernahme essentieller Grundstrukturen des TVöD
Das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes in Deutschland, manifestiert im Bundesangestelltentarifvertrag (BAT), den die BA für ihr Tarifpersonal regelmäßig inhaltsgleich in den eigenen Haustarifvertrag umgesetzt hatte, hatte sich (nach Auffassung des Verfassers) in den letzten Jahrzehnten zunehmend zu einem „verkrusteten Quasi-Beamtenrecht“ entwickelt, in dem noch nicht einmal die Ende der neunziger Jahre vollzogenen, ersten Flexibilisierungen des Beamtenrechts (Dienst-
134
Karsten Bunk
rechtsreformgesetz) übertragen worden waren. Auch der zu Beginn des Jahres 2005 in Potsdam für den Bundesbereich vereinbarte neue Tarifvertrag (TVöD) bot nicht das für den Umbau der BA notwendige Maß an zusätzlicher Flexibilität in der Steuerung des Personaleinsatzes. Deshalb beschritt die BA mit ihrem neuen Tarifvertragswerk einen Sonderweg speziell hinsichtlich der Bezahlungsstrukturen, ohne – im Interesse der Einheitlichkeit des öffentlichen Dienstes – elementare Grundstrukturen des neuen Bundestarifrechts (z.B. Arbeitszeit, Entgeltfortzahlung, Kündigungsschutz) aufzugeben. Mit der grundlegend veränderten Aufbauorganisation der BA auf allen Ebenen wurden neue bzw. nachhaltig veränderte Funktionen eingerichtet, die dementsprechend auch vollkommen neu tariflich zu bewerten waren. Allein dies erzeugte für den Arbeitnehmerbereich der BA einen deutlich höheren Tarifierungsdruck als im restlichen öffentlichen Dienst. Da zudem die neue Organisationsphilosophie der BA ein wesentlich höheres Maß an Transparenz, Flexibilität und Veränderbarkeit verlangt, musste dies nicht nur durch eine ebenso flexible und wirkungsorientierte Steuerung aller Ressourcen, sondern auch im Bezahlungssystem für das Personal flankiert werden.
3.
Neues Bezahlungssystem als flexibles Herzstück des Tarifvertrages
Ausgangspunkt der Neugestaltung und gleichsam das Herzstück des neuen Tarifvertragswerks der BA ist das neue Bezahlungssystem. Unter sehr weitgehender Loslösung von herkömmlichen Prinzipien des öffentlichen Dienstrechts unterstützt es nachhaltig die Zielvorstellungen einer -
ausgeprägten Leistungsorientierung,
-
flexiblen und veränderbaren Steuerung des Personaleinsatzes und
-
mitarbeiter- bzw. personalentwicklungsorientierten Durchlässigkeit der Tätigkeitsebenen.
Nach dem neuen Bezahlungssystem der BA setzt sich das Monatsgehalt eines Beschäftigten im Kern aus drei Komponenten zusammen: -
einem der jeweiligen Tätigkeitsebene entsprechenden Festgehalt mit dem Charakter eines Fixums, das über sechs leistungsorientierte Entwicklungsstufen (Steigerungsintervalle: 1 – 2 – 3 – 4 – 5 Jahre) gespreizt ist,
-
ggf. einer der konkreten Funktion bzw. bestimmten Merkmalen entsprechenden reversiblen Funktionsstufe mit dem Charakter einer Stellenzulage in zwei betragsmäßigen Ausprägungen (Funktionsstufe 1 oder 2, mit Kumulationsmöglichkeiten) und
-
einer individuellen Leistungskomponente mit dem Charakter eines Bonus.
Der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der Bundesagentur für Arbeit 135
Dieses Gehalt kann dann im Einzelfall noch durch (aus dem Beamtenbesoldungsrecht abgeleitete) Leistungszulagen oder Leistungsprämien, durch nichtmonetäre Leistungsanreize und erforderlichenfalls auch durch weitere Komponenten für Spezialistenfunktionen (z.B. IT-Fachkräfte, Ärzte usw.), die jeweils explizit tarifvertraglich geregelt sind, ergänzt werden. Das letztgenannte Element ermöglicht es der BA, erforderliche Personalrekrutierungen auf dem Arbeitsmarkt im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern durch ein verbessertes Gehaltsangebot zu unterstützen. Für bestimmte vorhandene Beschäftigtengruppen (z.B. Kraftfahrer, Chefsekretärinnen usw.) gibt es derartige Sonderkomponenten auch zum Ausgleich besonderer Belastungs- oder Verantwortungsaspekte ihres Tätigkeitsspektrums. Grundstruktur des neuen Bezahlungssystems Schnittstelle zum Leistungsmanagement Leistungskomponente
Leistungs- und Entwicklungsdialog
Leistungsdialog (Leistungsbeurteilung)
Entwicklungs-/
Entwicklungsdialog
Karrierepfade
(Potenzial-Beurteilung)
Flexible, reversible Komponente: Funktionsstufe
Die Funktionsstufe bringt die speziellen Anforderungen der jeweiligen Funktion innerhalb der betreffenden Tätigkeitsebene differenziert zum Ausdruck = „Feinjustierung“ (grds. Zusätzlichkeitscharakter)
Gesamtgehalt
Festgehalt („Fixum“)
Das Festgehalt vergütet - gespreizt nach Entwicklungsstufen von 1 - 2 - 3 - 4 - 5 Jahren - die arbeitsvertraglich geschuldete und geleistete Arbeit.
Leistungskomponente + Funktionsstufe + Festgehalt
nach Tätigkeitsebenen I bis VIII
Es ist der vergütungstechnische Spiegel der hierarchischen Organisation. Eingruppierungsbasis: TuK (Tätigkeits – u. Kompetenzprofil)
Abbildung 1: Konzeption des neuen Tarifwerks für die Bundesagentur für Arbeit
3.1 Tätigkeits- und Kompetenzprofile als Grundlage der Tätigkeitsbewertung Konstitutives Element des modernen Personalentwicklungssystems der BA sind die Tätigkeits- und Kompetenzprofile (TuK). In den TuK sind standardisiert die Kernaufgaben, Grundanforderungen und geforderten Kompetenzen aller Einzeltätigkeiten aus dem heterogenen Aufgabenspektrum der BA kurz und gleichwohl hinreichend beschrieben. Die multifunktionalen TuK sind damit die Grundlage für die Personalrekrutierung, die interne Qualifizierung und die gesamte Personalentwicklung, damit u.a. auch für das neue Beurteilungssystem. Im Kontext der zu-
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Karsten Bunk
rückliegenden Tarifverhandlungen waren die TuK zwar nicht Verhandlungsgegenstand (und sind damit auch kein Bestandteil des Tarifvertrages), aber wesentliche Verhandlungsgrundlage für die Zuordnung aller Tätigkeiten zu Festgehaltsebenen und damit für die jetzt erfolgte Tarifierung. Dabei wurde im Zuge der insgesamt nur rund 15-monatigen Tarifverhandlungen von den Tarifparteien die bemerkenswerte Arbeit geleistet, nicht nur das vollständig veränderte Tarifvertragswerk zu vereinbaren, sondern darüber hinaus alle rund 700 und durchaus erheblich unterschiedlichen Einzeltätigkeiten in den verschiedenen Dienststellen der BA, die infolge des organisatorischen Umbaus erhebliche Veränderungen erfahren haben, unmittelbar einer expliziten neuen Bewertung zuzuführen. Dieser aufwändige und durchaus kontrovers zu verhandelnde Prozessschritt muss im restlichen öffentlichen Dienst im Zusammenhang mit der Ablösung des bisherigen BAT durch den neuen TVöD in den kommenden Jahren erst noch bewältigt werden. Mit Blick auf entsprechende selbst gesetzte und auch durch den Gesetzgeber vorgegebene Kostenvorstellungen gestaltete sich dieser Prozess auch deshalb als besonders schwierig, weil erstmals in der Tarifgeschichte der BA neben notwendigen oder geforderten Bewertungsverbesserungen von Einzeltätigkeiten auch konkret sichtbare Bewertungsverschlechterungen bestimmter Einzeltätigkeiten mit vorhandenen Funktionsträgern durchgesetzt werden mussten. 3.2 Bewertung von Kompetenzen, nicht von Arbeitsvorgängen Mit einer solchen Arbeitsgrundlage konnte auf die ansonsten notwendigen, aufwändigen Arbeitsplatzanalysen und Aufgabenbeschreibungen verzichtet werden. Im Sinne eines Paradigmenwechsels im Eingruppierungsrecht erfolgte die Tarifierung der Tätigkeiten damit vorrangig auf der Basis geforderter Kompetenzen anstelle der traditionellen Bewertung von Arbeitsvorgängen. Als Ergebnis dieses Prozesses ist nunmehr jedes TuK einer der acht Tätigkeitsebenen (Festgehaltsebenen) des neuen Tarifvertrages zugeordnet. Für künftige im Rahmen des fortschreitenden Organisationsentwicklungsprozesses entstehende neue Tätigkeiten wurden Orientierungshilfen mit allgemeinen Kompetenzportfolios („Kern-TuK“) fixiert. 3.3 Flexibilität durch Zusammenfassung aller Tätigkeiten auf nur acht Festgehaltsebenen („Entgeltgruppen“) Ein wesentlicher Flexibilitätsfortschritt für die Steuerung des Personaleinsatzes in einer Bundesbehörde mit sehr vielen verschiedenen und sich – z.B. infolge gesetzgeberischer Impulse – ständig ändernden Aufgaben wurde durch die Zusammenfassung aller Einzeltätigkeiten auf nur acht Festgehaltsebenen („Entgeltgruppen“) erzielt. Damit ist es künftig möglich, Beschäftigte in einer viel breiteren Spreizung gleich bewerteter Tätigkeiten auf gleicher Ebene umzusetzen, ohne sich mit dauerhaften Höhergruppierungen hinsichtlich der Einstufung permanent
Der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der Bundesagentur für Arbeit 137
zu binden oder anderenfalls mit Herabgruppierungsproblematiken konfrontiert zu werden. Die zu diesem Gestaltungsaspekt „angebotene“ Entgeltgruppensystematik des TVöD mit 15 verschiedenen Entgeltgruppen hätte diesen Flexibilitätsvorteil nicht ermöglicht. Und in der Tat stellen sich in den letzten Jahren (und sicherlich auch künftig) der Aufgabenwandel und der aufgabengebietsübergreifende Personalwechsel (interne Personalfluktuation) innerhalb der BA zunehmend dynamischer dar. 3.4 Flexible und reversible Funktionsstufe zur Feinjustierung Die Feinjustierung der Neubewertung aller Tätigkeiten in der BA erfolgt über das neue Bezahlungselement der flexiblen und reversiblen Funktionsstufe. An diesem Baustein wird in besonderem Maße die grundlegende Zielsetzung deutlich, eine flexible Steuerung des Personaleinsatzes und ggf. notwendige BA-interne Personalmigration aufgrund des Organisationswandels auch bezahlungsseitig nachhaltig zu flankieren. Nach einem tarifvertraglich festgelegten Katalog zur Abgeltung -
der Wahrnehmung von Zusatzaufgaben
-
von besonderen Schwierigkeitsausprägungen einzelner Aufgaben
-
der durchaus wandelbaren geschäftspolitischen Bedeutung einzelner Aufgaben
sind einzelnen Tätigkeiten als Zulagen zum Festgehalt jeweils betragsmäßig fest gelegte Funktionsstufen zugewiesen. Die Möglichkeit des einzelnen Arbeitnehmers, diese Gehaltsbeträge für sich zu realisieren, ist an die explizite Übertragung entsprechender Tätigkeiten geknüpft. Dabei liegt die Übertragung von Tätigkeiten und auch die Veränderung bestehender Tätigkeitsübertragungen auf der derselben Festgehaltsebene (Umsetzung) ausschließlich im Direktionsrecht des Arbeitgebers. Die Funktionsstufe ist nicht Bestandteil der Eingruppierung, sondern hat den Charakter einer jederzeit durch Tätigkeitswechsel veränderbaren Stellenzulage. Mit jeder neuen Tätigkeitsübertragung fällt eine ggf. mit der bisherigen Funktion verbundene Funktionsstufe ersatzlos weg (Reversibilität) und wächst eine ggf. mit der neuen Tätigkeit verbundene Funktionsstufe dem Arbeitnehmer zu. Jede Umsetzung eines Arbeitnehmers kann für diesen also einen individuellen Gehaltszugewinn, aber auch einen Gehaltsverlust mit sich bringen. Bei der konzeptionellen Gestaltung des im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes bislang einzigartigen Systemelements „reversible Funktionsstufe“ waren zwingend bestimmte Mindeststandards zu berücksichtigen, die das allgemeine Arbeitsrecht (insbesondere BGB und KSchG) und auch die Rechtsprechung des BAG für variable Gehaltsbestandteile formuliert haben. So darf mit der Übertragung einer anderen Tätigkeit und der damit verbundenen Gewährung bzw. dem Entzug einer Funktionsstufe im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers nicht einseitig in
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Karsten Bunk
den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses, wie er durch den Arbeitsvertrag umrissen ist, eingegriffen werden. Deshalb wird auch in der BA weiterhin die Zuordnung zu einer Tätigkeitsebene (Festgehaltsebene) im Arbeitsvertrag fixiert und kann nur einvernehmlich bzw. durch Änderungskündigung verändert werden, wird also durch Veränderungen innerhalb einer Tätigkeitsebene (Umsetzungen) nicht berührt. Des weiteren muss jede Funktionsstufe so beschrieben und fixiert sein, dass sie immer im Zusammenhang mit der Ausübung einer konkret bestimmten und explizit übertragbaren Tätigkeit oder Teilaufgabe steht. Die Funktionsstufen müssen das Merkmal der „Zusätzlichkeit“ oder der „hervorgehobenen geschäftspolitischen Bedeutung“ einer Aufgabe erfüllen. Darüber hinaus müssen die Funktionsstufen für alle Tätigkeiten und ebenso die auch vorgesehenen tätigkeitsunabhängigen Funktionsstufen (das sind z.B. Funktionsstufen für die explizit übertragene Abwesenheitsvertretung des Vorgesetzten oder für Sonderverantwortlichkeiten in der Betreuung von IT-Fachverfahren) spezifiziert festgelegt und für alle Beschäftigten transparent gemacht werden. Dies geschieht durch den Abschluss eines entsprechenden und zu veröffentlichenden Kataloges der Funktionsstufen, dessen Veränderung künftig „betriebsnah“ auf der Basis einer tarifvertraglichen Öffnungsklausel (siehe nachfolgend Nr. 3.5) möglich ist. Die Möglichkeit der Reversibilität, also des Entzuges von Funktionsstufen durch arbeitgeberseitige Neuzuweisung einer anderen Tätigkeit oder einer anderen Teilaufgabe, ist explizit sowohl im Tarifvertrag als auch im Individualarbeitsvertrag festgelegt. Schließlich darf infolge der zum Zeitpunkt der Tarifverhandlungen bekannten Rechtsprechung zu variablen Gehaltsbestandteilen das betragsmäßige Niveau von – ggf. auch kumulierbaren – Funktionsstufen im Einzelfall 30% des Gesamtentgelts, bei dem ja auch die bis zu 10%-ige Individuelle Leistungskomponente zu berücksichtigen ist, nicht überschreiten. Alle diese Voraussetzungen sind im Tarifvertrag der BA erfüllt. Der Arbeitgeber BA bleibt mit diesem Mechanismus in seiner Ressourcensteuerung flexibel und muss nicht auf vermeintliche „Besitzstände“ Rücksicht nehmen. Hierzu ein Beispiel: Diverse Funktionen in den Abteilungen X, Y und Z sind derselben Tätigkeitsebene (TE IV) zugeordnet. Für eine spezielle Tätigkeit z.B. in der Abteilung Z ist zusätzlich die Funktionsstufe 2 (344 EURO) ausgewiesen, für eine spezielle Tätigkeit z.B. in der Abteilung Y die Funktionsstufe 1 (172 EURO) und für eine Tätigkeit in der Abteilung X keine Funktionsstufe. Muss nun eine bisherige Fachkraft der Abteilung Z – z.B. wegen notwendiger Personalreduzierung – in die Abteilung X umgesetzt werden, entfällt für sie „automatisch“ die bisherige Funktionsstufe i.H.v. 344 EURO. Entwickelt sich dieser Mitarbeiter später in Richtung des Anforderungsprofils einer Fachkraft in der Abteilung Y weiter und bewirbt sich erfolgreich auf eine
Der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der Bundesagentur für Arbeit 139
entsprechende Stelle, so kann er in die Abteilung Y umgesetzt werden, mit der Folge, dass ihm die dafür vorgesehene Funktionsstufe i.H.v. 172 EURO zuwächst. Flankiert wird dieser Vorgang im Sinne einer zeitgemäßen Mitarbeiterorientierung durch ein standardisiertes und dokumentiertes Mitarbeitergespräch, in dem die jeweils zuständige Führungskraft rechtzeitig über die Hintergründe der geplanten Personaldisposition informiert und dem Betroffenen Gelegenheit gibt, seine Sichtweise dazu einzubringen bzw. weitergehende Personalentwicklungsperspektiven zu erörtern. Auf ein derartiges Mitarbeitergespräch besteht ein tarifvertraglich garantierter Rechtsanspruch. 3.5 „Betriebsnahe“ und damit flexible Anpassung der Funktionsstufen Die Flexibilität des Funktionsstufensystems zeigt sich auch in seiner Veränderbarkeit. Zwar wurde der Gesamtkatalog aller Funktionsstufen zunächst in dem neuen Tarifvertrag explizit festgelegt. Künftig erforderliche Veränderungen oder Anpassungen (z.B. aufgrund weiterer Organisationsveränderungen oder bei veränderten geschäftspolitischen Schwerpunktsetzungen) können jedoch außerhalb formeller Tarifverhandlungen, schnell und betriebsnah, zwischen der Leitung der BA und entsprechend bevollmächtigten Tarifunterkommissionen der Gewerkschaften vereinbart werden. Ein Beispiel für eine vermutlich eher temporäre geschäftspolitische Akzentuierung von Tätigkeiten eines (neuen) Aufgabenbereichs sind die Funktionsstufen für nahezu alle Einzeltätigkeiten in den neuen regionalen Service Centern („Call Centern“), die für die telefonische Erledigung von Einfach- und Kurzanliegen eingerichtet wurden. Hier galt es, insbesondere in der Aufbauphase der Service Center, für die Wahrnehmung dieser tendenziell belastenden Tätigkeiten und auch für die notwendige Personalmigration von Beschäftigten aus den Arbeitsagenturen an die neuen Standorte bezahlungsmäßige Anreize zu schaffen. Wenn die Aufgabenerledigung in den Service Centern in einigen Jahren keine besondere und „neue“ Herausforderung für die dort beschäftigten Arbeitnehmer mehr darstellt und sich zwischenzeitlich andere neue Aufgabenfelder – womöglich auch an anderen Arbeitsorten – entwickelt haben, ist es sehr gut möglich, dass ein Wegfall der Funktionsstufen für die Tätigkeiten in den Service Centern vereinbart werden könnte. Das Initiativrecht zur Formulierung von Änderungsvorschlägen zum Katalog der Funktionsstufen steht sowohl der Arbeitgeberin BA, die davon regelmäßig insbesondere bei Organisationsveränderungen Gebrauch machen wird, und den Gewerkschaften zu. Bereits im laufenden Jahr wird es zu ersten Gesprächen über die Modifizierung der Funktionsstufenfestlegungen kommen.
4.
Leistungsorientierung diverser Gehaltsbestandteile
Im Sinne einer größeren Flexibilität sieht das Tarifwerk der BA auch in der Leistungsbezahlung einen ganzen Strauß von Leistungsvergütungselementen vor:
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Karsten Bunk
Leistungszulagen, Leistungsprämien, Teamprämien, nichtmonetäre Leistungsanreize (z.B. Arbeitszeit- und Freizeitregelungen, Sachleistungen, Fortbildungsangebote usw.) – und dies noch ergänzt durch eine weiter als im TVöD gehende leistungsorientierte Gestaltung des Entwicklungsstufenaufstiegs im Festgehalt und durch eine leistungsorientierte Anwendungspraxis bei den Funktionsstufen. 4.1 Leistungsorientierter Aufstieg in den Festgehältern (Entwicklungsstufen) Der durch die Struktur der Festgehaltstabelle vorgesehene Aufstieg in den Entwicklungsstufen der Festgehälter nach bestimmten Zeiten der Wahrnehmung einer Tätigkeit erfolgt im Tarifsystem der BA noch etwas früher leistungsorientiert als beispielsweise im TVöD. Bereits ab der dritten Entwicklungsstufe des Festgehalts kann bei herausragenden Einzelleistungen der Aufstieg in die nächsthöhere Entwicklungsstufe vorgezogen oder bei nicht anforderungsgerechter Leistung gehemmt werden. Heraus zu stellen bei dieser Tarifvorschrift im BA-Tarifvertrag ist darüber hinaus, dass zunächst in der Gestaltung der entsprechenden Tarifvorschrift auf ein im öffentlichen Dienst mittlerweile üblich gewordenes Element wie eine „paritätisch besetzte, betriebliche Beschwerdekommission“ zwischen Dienststellenleiter und Personalvertretung zur Entscheidung über Streitfälle beim leistungsorientierten Entwicklungsstufenaufstieg verzichtet werden konnte. 4.2 Leistungsorientierte Übertragungspraxis bei den Funktionsstufen Neben den bereits genannten Ansatzpunkten „Bewertungsdifferenzierung“, „Heraushebung infolge geschäftspolitischer Bedeutung“ oder auch „Unterstützung der Personalmigration“ ist gleichsam der Aspekt der „Leistungsorientierung“ für die Zuweisung von Tätigkeiten bzw. Sonderaufgaben vorgesehen. So liegt z.B. bei einer individuell nicht anforderungsgerechten Leistung eines Beschäftigten in seiner aktuellen Tätigkeit oder einer damit verbundenen Zusatzaufgabe regelmäßig die Übertragung einer anderen Tätigkeit bzw. der Entzug der Zusatzaufgaben und damit der Wegfall der bisherigen Funktionsstufe nahe. Umgekehrt dürften insbesondere leistungsstarke Mitarbeiter mit Sonderaufgaben und besonderen Verantwortlichkeiten betraut werden, die in der Regel auch mit entsprechenden Funktionsstufen versehen sind. 4.3 Individuelle Leistungskomponente als Kernstück der Leistungsbezahlung Kernelement der leistungsorientierten Bezahlung ist aber die – neben Festgehalt und Funktionsstufe – dritte Bezahlungskomponente, die individuelle Leistungskomponente. Bis in Höhe eines Betrages von 10% des jeweiligen Festgehalts können damit (in Form einer Zulage) besondere Leistungen zusätzlich honoriert (und damit motiviert!) werden. Auch hier zeigt sich im Tarifvertrag der BA eine Besonderheit: Tarifvertraglich fixiert wurde nämlich explizit die Verpflichtung des Ar-
Der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der Bundesagentur für Arbeit 141
beitgebers, aber auch der Gewerkschaften, bis zu einem bestimmten Stichtag einen inhaltlich konkreten Gestaltungsvorschlag für dieses Instrument vorzulegen, um damit die Basis für eine Tarifvereinbarung zu schaffen. Diese Verpflichtung dämmt die Gefahr ein, die sich durch die weitere Konstruktion dieser Tarifvorschrift ergibt, nach der nämlich im Falle einer Nichteinigung (und die kann ja auch durch Verhandlungsverweigerung entstehen) das sog. „Gießkannenprinzip“ für die Leistungskomponente anzuwenden ist, d.h. die pauschale Auszahlung eines festgelegten Budgets für Leistungskomponenten an alle Beschäftigten ohne Berücksichtigung der individuellen Leistung. Eine dem öffentlichen Dienst kritisch gegenüberstehende Öffentlichkeit hätte für eine derartige Interpretation des Leistungsbezahlungsgedankens wohl kaum Verständnis. Mit der im TV-BA fixierten Verpflichtung der Gewerkschaften, einen inhaltlich konkretisierenden Vorschlag selbst zu entwickeln und einzubringen, wird es auf jeden Fall zu ebenso konkreten Verhandlungen über diesen Aspekt kommen. 4.4 Unmittelbare tarifvertragliche Geltung gesetzlicher Leistungsbezahlungsvorschriften des Beamtenrechts Im Rahmen der Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der BA ist es des Weiteren gelungen, die bestehenden gesetzlichen Leistungsbezahlungsvorschriften des Beamtenrechts (Leistungszulagen und Leistungsprämien nach § 42 des Bundesbesoldungsgesetzes sowie Leistungszulagen im Bereich der Vermittlung der BA nach § 389 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch) mit einer verweisenden Anwendungsnorm auf eine tarifvertragliche Basis zu stellen. Dies hat nicht nur rechtssystematische Bedeutung, weil es die bisherige Praxis der für den Bundesbereich zugelassenen außertariflichen Anwendung ablöst (die bei Bundesbehörden mit weitaus überwiegendem Arbeitnehmeranteil im Personalkörper zumindest zweifelhaft erschien), sondern erweitert im Sinne größerer „Instrumentenvielfalt“ die Flexibilität in der Gestaltung leistungsorientierter Bezahlung. Demgegenüber war es in den diversen Ergänzungen und Änderungen des alten BAT nie gelungen, diese mit der Dienstrechtsreform in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre eingeführten Beamtenbesoldungsinstrumente auch in der „Tarifwelt“ zu etablieren. 4.5 Nachrichtlich: Weitere leistungsorientierte Aspekte Die mittlerweile im gesamten öffentlichen Dienst etablierten leistungsorientierten Gestaltungsformen „Führung auf Probe“ und „Führung auf Zeit“ sind ebenfalls im Tarifvertrag der BA vorgesehen. Sie werden noch in 2006 in die Praxis umgesetzt. Für die obersten Führungskräfte der BA, die künftig außertariflich bezahlt werden, wurde ein gesondertes Konzept entwickelt, das eine deutlich attraktivere Bezahlung und Altersvorsorge, höheren Risikogehalt, ausgeprägtere Erfolgsorientierung und lediglich einen gesetzlichen Mindestkanon an klassischen Arbeitnehmer-
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Karsten Bunk
rechten (z.B. Urlaub, Entgeltfortzahlung usw.) zu einem Modell verbindet, das nach Auffassung des Verfassers keinen Vergleich zu den Modellen privatwirtschaftlicher Unternehmen zu scheuen braucht.
5.
Weitere Flexibilitätsaspekte im Unterschied zum TVöD
Generell lässt ein Vergleich des neuen Tarifwerks der BA mit dem „Branchenführer“, dem gleichfalls neuen TVöD des Bundes, eine ganze Vielfalt zusätzlicher Flexibilitätsaspekte deutlich werden. 5.1 Zustimmungsfreie Zuweisung zu den ARGEn Mit der seit 1.1.2004 umgesetzten Zusammenlegung der bisherigen Sozialsysteme „Arbeitslosenhilfe“ und „Sozialhilfe“ hat der Gesetzgeber im Rahmen der sog. „Hartz-Gesetzgebung“ als Regelfall der Aufgabenerledigung in Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) zwischen dem jeweiligen kommunalen Träger (Stadt, Landkreis) und der Agentur für Arbeit vorgesehen. Da es sich um eine Kompromissentscheidung der Gesetzgebung gehandelt hatte, wurde zunächst von konkretisierenden Rahmenvorgaben zur Rechtsform, Organisation und zu Kompetenzen dieser neuen Organisationseinheiten abgesehen – mit der Folge, dass bundesweit eine große Vielfalt an Rechtsformen (z.B. auch die privatrechtlichen Gesellschaftsformen GmbH oder GbR) und Organisationsvorstellungen entstanden ist. Die Personalgestellung für die so entstandenen neuen ARGEn erfolgt aus den vorhandenen Personalkörpern der BA bzw. der Kommunen. Sehr bald kristallisierte sich der Bedarf heraus, die Geschäftsführungen der ARGEn insbesondere auch auf dem Gebiet der Personalführung mit größeren Handlungskompetenzen auszustatten, um so auch die Aufgabenerledigung in den ARGEn im Interesse der Bürger zu optimieren. Zwischen dem zuständigen Bundesarbeitsministerium, den kommunalen Spitzenverbänden und der BA wurde deshalb in einer Rahmenvereinbarung festgelegt, die Personalgestellung der jeweiligen Träger so zu gestalten, dass das Personal der Geschäftsführung in vollem Umfang dienstaufsichtlich unterstellt werden kann. Das dafür vorgesehene Instrument ist das der Zuweisung (als Äquivalent zur behördeninternen Abordnung). Traditionell ist die Zuweisung von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes zu Dritten (anderen öffentlichen Arbeitgebern oder auch Privaten) an deren individuelle Zustimmung gebunden (z.B. auch im neuen TVöD). Bei der BA handelt es sich um rund 20.000 Beschäftigte, die in den ARGEn eingesetzt werden und zugewiesen werden mussten. Im Sinne einer verbesserten Handlungsfähigkeit war es deshalb ein Verhandlungsziel, die entsprechende tarifvertragliche Regelung im TV-BA zustimmungsfrei zu gestalten. Dies ist nach intensiven Verhandlungen gelungen, d.h. die BA kann ihr Personal ohne die erforderliche individuelle Zustimmung in die gemeinsamen, zum Teil privatisierten ARGEn zuweisen. Diese Regelung weist die BA in einer schwierigen Situation (in
Der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der Bundesagentur für Arbeit 143
der „heißen Phase“ des Bundestagswahlkampfes 2005, der u.a. mit heftigen Angriffen auf die vermeintlich „reformunfähige BA“ geführt wurde) als flexible und handlungsfähige Partnerin der Kommunen aus. Sie ist für den einzelnen betroffenen Arbeitnehmer in der BA mit der tarifvertraglichen Garantie eines anlassbezogenen, dokumentierten Mitarbeitergesprächs, in dem auch individuelle Personalentwicklungsperspektiven aufgezeigt werden sollen, verbunden. In ihrem Rechtsstatus bleiben die zugewiesenen Arbeitnehmer Beschäftigte der BA und sind deshalb auch bei Personalentwicklungsüberlegungen mit zu berücksichtigen. 5.2 Antrags- und abrechnungsfreie Pauschalierung von Reisekostenvergütungen Im Sinne einer verbesserten Mitarbeiterorientierung, auch als Motivationsaspekt („Vertrauenskultur“), insbesondere aber zur flexiblen Flankierung der Aufgabenerledigung in bestimmten Bereichen und nicht zuletzt zur erheblichen Verringerung des internen Administrationsaufwands wurde in den Tarifvertrag die Vereinbarung aufgenommen, eine Vielzahl reisekostenrechtlich (oder auch trennungsgeldrechtlich) relevanter Sachverhalte durch intensive Nutzung der rahmenrechtlich (Bundesreisekostengesetz) möglichen antrags- und abrechnungsfreien Pauschalierung zu regeln. Dieser Vorstellung entsprechend wurden bestimmte Sachverhalte gleich entsprechend geregelt; so erfolgt zum Beispiel zu Reisekosten- und Trennungsgeldgewährung an die Nachwuchskräfte der BA, die in gestaffelten Zeiträumen insgesamt rund anderthalb Jahre an der Hochschule der BA in Mannheim bzw. in Schwerin ausgebildet werden, komplett und pauschal auf der Basis von Erfahrungswerten ohne detaillierte Einzelabrechnung und unabhängig von der individuellen „Reisegestaltung“, d.h. faktisch in Form einer individuellen Zulage zur Ausbildungsvergütung. Weitere Ansätze, die kurz vor der Realisierung stehen, sind z.B. Dienstreisen am jeweiligen Wohn- bzw. Geschäftsort (einschließlich Zu- und Abgängen bei längeren Dienstreisen) auf der Basis allgemeiner „Stadtpauschalen“ (d.h. unabhängig von der Wahl eines Beförderungsmittels) oder auch häufig wiederkehrende Außendienste in einem abgrenzbaren regionalen Bezirk (z.B. Betriebsbesuche von Arbeitsvermittlern im Außendienst). 5.3 „Fordern und Fördern“ bei der Übernahme von Auszubildenden Traditionell hat das Thema „Übernahmegarantien für Auszubildende“ bei einer Institution wie der BA, die sich qua Aufgabenstellung einer besonderen Verpflichtung als Arbeitgeberin für den Ausbildungsmarkt und den Wechsel ausgelernter Nachwuchskräfte in eine Beschäftigung gegenübersieht, eine tarifpolitisch große Bedeutung. Dies war auch bei der Neugestaltung des „Tarifvertrages zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Nachwuchskräfte der Bundesagentur für Arbeit“ (TVN-BA), der die gesamte Vielfalt bisheriger Nachwuchskräftetarifverträge
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Karsten Bunk
zu einem Tarifvertrag zusammenfasst, die bestehende Ausgangslage. Im Ergebnis der Verhandlungen wurden mit den Gewerkschaften günstigere Übernahmeregelungen für die Auszubildenden der BA vereinbart. Die BA verpflichtet sich, alle Auszubildenden nach Bestehen der Ausbildungsprüfung (mindestens) in ein auf 24 Monate befristetes Voll- oder Teilzeitarbeitsverhältnis zu übernehmen, sofern nicht personen- oder verhaltensbedingte Gründe entgegenstehen (§ 25 Satz 1 TVN-BA). Dieser im Vergleich zum TVAöD des Bundes großzügigeren Regelung gegenüberstehen aber auch explizite Aspekte eines wesentlich stärkeren „Forderns“ der Nachwuchskräfte als bei anderen öffentlichen Arbeitgebern. So wurde die bislang nur bei Beamtenanwärtern geforderte bundesweit uneingeschränkte regionale Mobilität der Auszubildenden zur verpflichtenden Bedingung für eine Übernahme gemacht (§ 25 Satz 2 TVN-BA). Auf die – gerade bei einer kritischen Außensicht auf die Gestaltung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst – nach Auffassung des Verfassers unverständliche Regelung zur Zahlung einer Prämie an Auszubildende bei Bestehen der Abschlussprüfung, wie sie der TVAöD des Bundes vorsieht, wurde im TVN-BA, nach durchaus intensiven Verhandlungen mit den Gewerkschaften, verzichtet. Es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass ein junger Mensch, der sich für eine bestimmte Ausbildung entscheidet und einen der begehrten Ausbildungsplätze im öffentlichen Dienst erhält, dann auch mit vollem persönlichen Einsatz der Ausbildung widmet und die Abschlussprüfung besteht. Naheliegender wäre dann eher eine Leistungsprämie für herausragende Prüfungsabsolventen.
6.
Fazit
Als vorläufiges Fazit lässt sich festhalten, dass der BA mit ihrem neuen Tarifvertragswerk – relativ zügig, „geräuschlos“ und ohne Arbeitskämpfe – so etwas wie ein „benchmark“ im öffentlichen Tarifrecht gelungen sein könnte. Ohne in wesentlichen Elementen (z.B. Wochenarbeitszeit, Entgeltfortzahlung, Kündigungsschutz usw.) den „common sense“ der einheitlichen Linie der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes verlassen zu haben, denn hier hat sich die BA konsequent am TVöD des Bundes orientiert, wurde eine erhebliche und zusätzliche Vielfalt an Leistungselementen, an arbeitgeberfreundlicher Flexibilität und beschäftigtenorientierter Attraktivität etabliert. Dies belegt auch das spürbar zunehmende Interesse anderer großer Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes am neuen Tarifvertrag der BA.
Management Summary Der Umbau der BA zu einer modernen Dienstleistungsagentur wird von einem grundlegenden Systemwechsel im Haustarifvertrag begleitet. Die Organisations-
Der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der Bundesagentur für Arbeit 145
philosophie verlangt ein wesentlich höheres Maß an Flexibilität im Personalmanagement. Die Bezahlung der Beschäftigten ist leistungsbezogener. Im neuen Bezahlungssystem setzt sich das Monatsgehalt eines Beschäftigten aus drei Komponenten zusammen: -
einem der jeweiligen Tätigkeitsebene (nicht der konkreten Funktion!) entsprechenden Festgehalt mit dem Charakter eines Fixums,
-
ggf. einer der konkreten Funktion (auch geschäftspolitischen Setzungen!) entsprechenden Funktionsstufe, die jederzeit reversibel ist, und
-
einer Leistungskomponente mit dem Charakter eines individuellen Bonus.
Das Gehalt kann darüber hinaus durch Leistungszulagen bzw. Leistungsprämien ergänzt werden. Vorgesehen sind außerdem spezielle weitere Bezahlungskomponenten, die erforderliche Personalrekrutierungen von besonders qualifizierten Fachkräften auf dem BA-externen Arbeitsmarkt unterstützen sollen. Im Vergleich mit anderen Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes verfügt die BA nunmehr über ein Tarifvertragswerk, das neben der stark leistungsorientierten Bezahlung ihrer Arbeitnehmer/innen eine Vielzahl zusätzlicher Flexibilitätselemente im Personalmanagement bietet. Der Vorteil für die Beschäftigten liegt in einer deutlich besseren Durchlässigkeit der Tätigkeitsebenen, damit verbesserten Karrierepfaden und in verbindlicheren Personalentwicklungs- bzw. Personalführungsstandards.
Modernisierungsdefizite und Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel
Zusammenfassung In unserem Fallbeispiel – der Botanische Garten in Berlin – wurde auf die Sparbeschlüsse des Landes mit einer Kombination aus Stellenabbau und Privatisierung reagiert. Dieses Modell soll zu einer eigenen Betriebsgesellschaft der Freien Universität, die mit dem Garten einen Gemeinschaftsbetrieb bildet, weiterentwickelt werden. Stellenabbau und Privatisierung werfen eine Reihe von Problemen auf, die zumindest zum Teil vermeidbar wären, wenn die tarifvertraglichen Bedingungen innerhalb des öffentlichen Dienstes näher an den Beschäftigungsbedingungen der Privatwirtschaft liegen würden. Da ein solcher Tarifvertrag aber unrealistisch ist, bleibt – trotz der Probleme – in absehbarer Zeit nur die Weiterentwicklung des gezeigten Modells.
Einleitung Die deutschen Kommunen und Länder sind stark verschuldet - so meldeten sie 2003 eine dramatische Deckungslücke von fast 10 Mrd. Euro (vgl. Deutscher Städte- und Gemeindebund, Pressemeldung Januar 2004) - und müssen dringend sparen. Daher befinden sich viele der Bundes-, Landes- und Kommunalunternehmen in Deutschland seit Jahren in einer Umbruchsituation (vgl. Eichhorn 2003, S. 335). Die klassischen bürokratischen Verfahren des Verwaltungshandelns werden zunehmend durch eine management- und ergebnisorientierte Steuerung ersetzt (bzw. ergänzt), die eine effektive und effiziente Erstellung öffentlicher Dienstleistungen zum Ziel hat (vgl. Budäus 2003, S. 327). Es werden öffentliche Verwaltungen und Vereinigungen angestrebt, die untereinander und gegenüber privaten Leistungsanbietern im Wettbewerb stehen. Mit diesen Reformbestrebungen halten Konzepte Einzug, die bisher vor allem in der Privatwirtschaft angewandt wurden: Kosten- und Leistungsrechnung, Benchmarking, Downsizing, Lean Management, Outsourcing, Insourcing etc.; als neues Schlagwort taucht Public Private Partnership auf (vgl. Eichhorn 2003, S. 335; Budäus 1998, S. 3). Der öffentliche Sektor war mit 4,8 Mio. Beschäftigten Mitte 2002 immer noch der wichtigste Arbeitgeber, hat aber seit 1990/91 fast 2 Mio. Beschäftigte verloren (Statistisches Bundesamt 2003, zitiert nach Ahlers 2004, S. 78). Die notwendigen Transformationsprozesse werden zumeist nicht als von den Betroffenen geplanter
148
Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel
Wandel, sondern als krisenhaftes Geschehen wahrgenommen. So kommt BrunnerSalten (2003) zu dem Schluss, dass die Ausgangssituation für ein Veränderungsmanagement im öffentlichen Sektor „erdumspannend“ den gleichen Nenner zu haben scheint: die Notsituation (Brunner-Salten 2003, S. 42). Das Land Berlin ist in einer besonders angespannten Haushaltslage, insbesondere durch die hohen Schulden, die in den Jahren nach der Wiedervereinigung angehäuft wurden. Dies entspricht durchaus einer „Notsituation“, wobei Hilfen der anderen Länder nach dem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nicht in Aussicht sind. Die notwendige Konsolidierung des Landeshaushaltes hat dazu geführt, dass auch mit den Universitäten Vereinbarungen über eine Verringerung des Landeszuschusses getroffen wurden. Die vereinbarten Absenkungen des Zuschusses wurden innerhalb der Universitäten an die einzelnen Einrichtungen (Fachbereiche, Zentraleinrichtungen, zentrale Verwaltung etc.) weitergereicht. Das betraf auch unseren Fall, den Botanischen Garten in Berlin-Dahlem (vgl. Schramm/Reichel, 2006).
Der Botanische Garten in Berlin-Dahlem Die Zentraleinrichtung Botanischer Garten Botanisches Museum (kurz ZE BGBM) ist Teil der Freien Universität Berlin (kurz FUB). Die ZE BGBM wurde vor einigen Jahren per Gesetz vom Land Berlin in die FUB eingegliedert. Das Grundstück ist Sondereigentum des Landes und wird von der FUB bewirtschaftet; die Bauunterhaltung liegt bei der Senatsbauverwaltung. Die ZE BGBM umfasst neben dem Botanischen Museum, den Herbarien und der Fachbibliothek sowie den Forschungsbereichen (z.B. Labore, Biodiversitätsinformatik) vor allem einen spezialisierten Garten (Freilandfläche und Gewächshäuser), der durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist: -
Multifunktionelle Lebendsammlung mit ca. 22.000 Arten. Weltweit Nr. 2 der botanischen Gärten; ca. 50 % in Gewächshäusern und 50 % im Freiland, der größte Teil ist für die Öffentlichkeit zugänglich.
-
Mit 43 ha flächenmäßig der größte universitäre Botanische Garten in Deutschland.
-
Über 50 Gewächshäuser mit ca. 16.000 m², darunter das Große Tropenhaus, das z.Zt. für 16 Mio. € baulich saniert und technisch modernisiert wird.
-
Über 1.100 unterschiedliche Flächen, denen jeweils definierte Sammlungen mit ca. 180.000 Akzessionen (Herkünfte) zugeordnet sind.
-
Zwischen 25.000 und 35.000 Positionen Materiallieferungen jährlich für die Lehre.
-
Ca. 24.000 Positionen bestdokumentierter und überwiegend seltener Arten im Samenkatalog von 1996 bis heute.
Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin 149 -
Ca. 4.800 Akzessionen nur für den Bereich Erhaltungskulturen gefährdeter Arten und Forschungskulturen.
Neben den wissenschaftlichen Lebendsammlungen (die zum großen Teil auch Schauflächen darstellen) gibt es reine Schaubereiche im Freiland (Schmuckgärten), die zum Großteil entlang des Hauptweges des Gartens angelegt sind. Die ZE BGBM ist ein typischer finanzieller „Sanierungsfall“ des öffentlichen Dienstes, der vor allem durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist: -
Die Einrichtung ist weit überwiegend von einem Zuschuss der öffentlichen Hand abhängig: 87% der Ausgaben der ZE BGBM werden durch den Zuschuss der FUB gedeckt.
-
Personalkosten dominieren die Ausgaben der ZE: Die Personalkosten betrugen 2003 72% der Gesamtkosten.
-
Die Löhne der Mitarbeiter/innen in der ZE sind höher und die Arbeitszeiten niedriger als bei vergleichbaren Beschäftigungen in der Privatwirtschaft, wobei der Vergleich angesichts der divergierenden Tätigkeiten durchaus problematisch ist. Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten in der ZE steigen zudem in den nächsten Jahren aufgrund erwarteter Tariferhöhungen und der Wirkung des Senioritätsprinzips im Tarifvertrag (Altersstufen, Bewährungsaufstiege).
-
Die Altersstruktur der ZE ist durch eine relative Überalterung gegenüber dem Durchschnitt aller Beschäftigten in der Privatwirtschaft gekennzeichnet; dabei sind die Mitarbeiter/innen aber im Schnitt zu jung, als das größere Einsparungen durch natürliche Fluktuation in den nächsten Jahren zu erwarten sind.
-
Aufgrund der tariflichen Gegebenheiten sind keine betriebsbedingten Kündigungen möglich.
-
Zudem existiert in der ZE ein Investitionsrückstau, der in naher Zukunft nur teilweise durch bauliche Maßnahmen (Sanierung des Großen Tropenhauses aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts) reduziert werden kann und zu hohen Energie- und Unterhaltskosten führt. Ca. 11% der Gesamtkosten der ZE stellen Energie (vor allem Fernheizung, Strom) und Wasser dar.
-
Darüber hinaus sind organisatorische Mängel (wie z.B. autoritäre und ineffiziente Führungsstrukturen, starke Ungleichgewichte in der Arbeitsbelastung einzelner Arbeitnehmer/innen, Informationsdefizite, mangelnde Partizipation der Beschäftigten an Entscheidungen, die ihr unmittelbares Arbeitsumfeld betreffen) zu beobachten, die sowohl die Folge der typischen Verwaltungsstruktur öffentlicher Einrichtungen sind, als auch der besonderen Geschichte der Einrichtung.
150 -
Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel
Last but not least gibt es Defizite im Controlling (Kosten- und Leistungsrechnung), als auch hinsichtlich Qualität, Gesundheit und Personal.
Die ZE BGBM befindet sich seit 2004 in einem intensiven Prozess der Umstrukturierung. Ausgangspunkt war die Vereinbarung mit dem Präsidium der FUB, den Zuschuss an die ZE bis zum Jahre 2009 um 1 Mio. € abzusenken. Das entspricht einer Reduzierung um 13,5%. Durch ein extern begleitetes und breit angelegtes Modernisierungsprogramm sollte den genannten Defiziten begegnet werden. Mit Hilfe einer Kombination aus Stellenabbau und Fremdvergabe sowie einer Anpassung der Aufbau- und Ablauforganisation an die veränderten Bedingungen, ging es in der ersten – nun abgeschlossenen – Phase vor allem darum, die Qualität bei sinkenden Kosten zu sichern.
Typische Probleme öffentlicher Einrichtungen Vorbemerkung Wie schon erwähnt, weisen die Merkmale der ZE BGBM Ähnlichkeiten mit typischen Strukturproblemen der öffentlichen Verwaltung auf. Dazu gehören u.a. Altersstruktur, Arbeitszeit, Einkommen und Beendigungsverhalten. Um dies zu verdeutlichen, greifen wir zu einigen Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP), die seit 1984 im Auftrag des DIW erhoben werden. Altersstruktur Die Tabelle 1 zeigt die Altersstruktur der öffentlich Beschäftigten (ÖD) in 2003 im Vergleich zu den übrigen Beschäftigten (PW): Deutlich wird zum einen der höhere Anteil der älteren Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Zum anderen sieht man aber auch, dass der Anteil derjenigen, die kurzfristig altersbedingt ausscheiden, mit 14% nicht sehr hoch ist. Dieser Anteil ist aber höher als in der Privatwirtschaft. Wenn man größere Einsparungen erreichen will und die Kostensteigerungen berücksichtigt, so wird klar, dass mit natürlicher Fluktuation allein diese Einsparungen nicht erreicht werden können. Zudem besteht seit einiger Zeit die Neigung, die Beschäftigten länger zu halten (z.B. Rente mit 67 Jahren, Reduzierung oder Abschaffung von Altersteilzeit bzw. Vorruhestand). In der rechten Spalte der Tabelle 1 sind zudem die Altersgruppen in der ZE BGBM auf der Basis der Beschäftigten in 2004 (133 Mitarbeiter/innen) dargestellt. Deutlich wird die Ähnlichkeit mit der Struktur des ÖD insgesamt. Allerdings ist die älteste Gruppe stärker vertreten. Da sich eine zunehmende Überalterung der
Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin 151
Belegschaft negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirkt1, sind Neubesetzungen notwendig, die aber aus Kostengründen bevorzugt in privatisierten Bereichen (mit jüngeren Belegschaften, höheren Arbeitszeiten und niedrigeren Einkommen) erfolgen werden. Darüber hinaus sind im BGBM zudem starke Einnahmeerhöhungen und Effizienzmaßnahmen beim sächlichen Ressourcenverbrauch nötig, um die vereinbarten Einsparungen zu erreichen. Erwerbstätige 2003 Alter 2003
ohne ÖD (PW)
ÖD
ZE BGBM
17 - 26 27 - 36 37 - 46 47 - 56 57 und älter
15,47% 22,51% 28,85% 21,36% 11,81%
4,94% 18,44% 32,33% 29,99% 14,29%
2% 10% 32% 29% 27%
Gesamt 100,00% 100,00% Quelle: SOEP, eigene Berechnungen, Zahlen der ZE BGBM
100%
Tabelle 1: Alterstruktur im Vergleich Arbeitszeit und Einkommen Die durchschnittlichen Personalkosten (mit AG-Anteil) an der FUB betragen 2006 für eine Arbeitskraft im Garten (Lohngruppe 3) ca. 31 T€ bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 34,65 Stunden, infolge der tarifvertraglich vereinbarten Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohnausgleich. Das Dienstleistungsunternehmen, das zur Zeit für den Gartenservice verantwortlich ist, weist jährliche Personalkosten von 22 T€ (Gärtner) bzw. 15 T€ (Gartenarbeiter) bei einer Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche aus. Wenn man die Arbeitszeiten vergleichbar macht, ergäben sich für die ZE mittlere Personalkosten von 36 T€ zu 15 T€ bzw. 22 T€. Die Einsparung bei den Personalkosten beträgt also ca. 40% ohne Berücksichtigung personenbezogener Sachkosten, Verwaltungskosten und Transaktionskosten. Damit ist klar, dass diese Einsparungen einen sehr starken Anreiz darstellen, weiter zu privatisieren.
1
Das zunehmende Durchschnittsalter der Belegschaft bei gleichzeitiger Verkleinerung derselben ist angesichts der körperlichen Belastung problematisch für die Leistungsfähigkeit. Es ist mit steigenden Krankenständen zu rechnen. Hinzu kommt die Auswirkung einer langen Phase der Reduzierung der Belegschaft auf die psychischen Befindlichkeit der Betroffenen, auf Innovationsbereitschaft und Motivation.
152
Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel
Erwerbstätige 2003 ohne ÖD
ÖD
Erwerbsstatus
Bruttoverdienst letzten Monat
Wochenstunden tatsächlich
Einkommen je Arbeitsstunde im Monat
2.892,86 1.125,73 432,99
44,09 22,90 12,60
15,15 € 11,35 € 7,94 €
Voll erwerbstätig Teilzeitbeschäftigung Geringfügig beschäft. Voll erwerbstätig
2.926,24
42,30
15,98 €
Teilzeitbeschäftigung
1.692,00
27,05
14,44 €
Berufliche Stellung
Erwerbstätige 2003
Ungelernte Arbeiter
ohne ÖD
863,11
22,68
8,79 €
ÖD
951,37
23,17
9,48 €
Angelernte Arbeiter
ohne ÖD
1.613,59
34,20
10,90 €
ÖD
1.642,37
35,04
10,83 €
gelernte und Facharbeiter
ohne ÖD
2.150,29
41,38
12,00 €
ÖD
2.067,57
38,33
12,46 €
Vorarbeiter, Kolonnenführer
ohne ÖD
2.684,34
43,10
14,39 €
ÖD
2.254,71
40,81
12,76 €
ohne ÖD
2.941,07
46,33
14,66 €
Meister, Polier Industrie- und Werkmeister Ang. einfache Tätigkeiten ohne Ausbildungsabschl Ang. einfache Tätigkeiten mit Ausbildungsabschl Angestellte mit qualifizierter Tätigkeit
ÖD
3.115,55
41,01
17,54 €
ohne ÖD
2.336,73
36,19
14,91 €
ÖD
2.629,99
42,93
14,15 €
ohne ÖD
1.018,74
24,49
9,61 €
ÖD
1.423,26
27,29
12,04 €
ohne ÖD
1.435,58
32,44
10,22 €
ÖD
1.900,77
34,29
12,80 €
ohne ÖD
2.225,50
35,91
14,31 €
ÖD
Ang., hochqualif. ohne ÖD Tätigk., Leitungsf. ÖD Angestellte mit ohne ÖD umfassenden Führungsaufgaben ÖD Quelle: SOEP, eigene Berechnungen
2.243,41
36,20
14,31 €
3.931,49
44,13
20,57 €
3.237,30
41,11
18,18 €
5.100,14
49,49
23,80 €
7.108,55
50,16
32,73 €
Tabelle 2: effektive Bruttoeinkommen (ohne Beamte) in der Stunde auf Basis der angegebenen Monatseinkommen und der tatsächlichen Wochenarbeitsstunden (Sonderzahlungen sind nicht berücksichtigt);
Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin 153
Die Tabelle 2 zeigt für das Jahr 2003 die Arbeitszeiten und die Einkommen je Wochenstunde nach Bereichen getrennt. Zunächst sehen wir, dass die tatsächlichen Arbeitszeiten der voll Erwerbstätigen in der Privatwirtschaft höher sind als im öffentlichen Dienst. Das zeigt sich auch im Falle der ZE BGBM. Die Arbeitszeiten der Teilzeitbeschäftigten sind dagegen im öffentlichen Dienst höher. Die Einkommen weisen je nach Beschäftigtengruppe verschiedene Unterschiede zwischen öffentlichem Dienst (ÖD) und Privatwirtschaft (PW, ohne ÖD) aus. Bei den ungelernten Arbeitern, Facharbeitern, einem Teil der Meister sowie bei den einfachen Angestellten und den Angestellten mit umfassenden Führungsaufgaben verdienen die öffentlich Beschäftigten z.T. deutlich besser. Insgesamt sind die Unterschiede im Vergleich zu unserem Fall, der ZE BGBM der FUB, gering. Das liegt vor allem daran, dass das Dienstleistungsunternehmen nicht tarifgebunden ist. Darüber hinaus weisen privatwirtschaftliche Branchen wie der Garten- und Landschaftsbau wie auch Reinigungstätigkeiten etc. ein vergleichsweise niedriges Lohnniveau auf. Beendigungen, Arbeitsplatzunsicherheit und Arbeitsmarktchancen Wie schon vermerkt, sind betriebsbedingte Kündigungen in unserem Fall ausgeschlossen. Wollte man die Beschäftigungsbedingungen auf dem Wege eines Betriebsüberganges gemäß § 613a BGB ändern und die Betroffenen würden diesem widersprechen, so hätte die Dienststelle keine Möglichkeit, die Mitarbeiter/innen mit der Androhung von Kündigungen unter Druck zu setzen. Auch diese Konstellation ist nicht untypisch. Die Tabelle 3 zeigt die Beendigungen von Arbeitsverhältnissen im Jahre 2005 im Vergleich.
Art Beendigung des Beschäftigungs- Verhältnisses Betriebsstilllegung, Auflösung Dienststelle Eigene Kündigung Kündigung Arbeitgeber Auflösungsvertrag Ende Befristung Verrentung / Pensionierung Beurlaubung Geschäftsaufgabe (Selbständige) Gesamt
Öffentlicher Dienst
Privat
Gesamt, alle Befragten, die auf die Frage geantwortet haben (hochgerechnet)
10,2%
12,6%
12,2%
23,2% 8,2% 9,9% 31,4% 12,4% 0,5% 4,3%
29,5% 25,6% 8,9% 15,5% 3,7% 0,8% 3,4%
28,5% 23,0% 9,0% 18,0% 5,0% 0,7% 3,5%
100,0%
100,0%
100,0%
Quelle: SOEP, eigene Berechnungen Tabelle 3: Beendigungen im Vergleich
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Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel
Insbesondere die Kündigung durch den Arbeitsgeber ist im öffentlichen Dienst deutlich schwächer ausgeprägt als in der Privatwirtschaft. Dagegen ist eine Beendigung nach Auslaufen einer Befristung wahrscheinlicher und die Verrentung stellt einen höheren Anteil der Beendigungsgründe dar. Das ist angesichts der Altersstruktur und der tarifrechtlichen Regelungen, die oftmals einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen, insbesondere bei langjährig Beschäftigten vorsehen, nicht verwunderlich. Wie aber nehmen die Beschäftigten ihre Arbeitsplatzsicherheit wahr? Die Tabelle 4 zeigt die Erwartung, den Arbeitsplatz zu verlieren, im Vergleich für das Jahr 2005: Arbeitsplatz verlieren in nächsten 2 Jahren
Öffentlicher Dienst (ÖD)
Privat (PW)
Gesamt, alle Befragten, die auf die Frage geantwortet haben (hochgerechnet)
0 % wahrscheinlich
53,4 %
32,1 %
37,6 %
10 % wahrscheinlich
12,4 %
11,8 %
11,9 %
20 % wahrscheinlich
8,9 %
13,6 %
12,4 %
30 % wahrscheinlich
5,4 %
9,8 %
8,6 %
40 % wahrscheinlich
2,4 %
5,7 %
4,8 %
50 % wahrscheinlich
8,6 %
16,3 %
14,3 %
60 % wahrscheinlich
1,1 %
1,9 %
1,7 %
70 % wahrscheinlich
1,9 %
2,3 %
2,2 %
80 % wahrscheinlich
1,5 %
2,8 %
2,4 %
90 % wahrscheinlich
1,1 %
1,0 %
1,0 %
100 % wahrscheinlich
3,3 %
2,8 %
3,0 %
100,0 %
100,0 %
Gesamt 100,0 % Quelle: SOEP, eigene Berechnungen
Tabelle 4: Wahrscheinlichkeit des Verlustes des Arbeitsplatzes Leicht erkennbar ist, dass die subjektiv wahrgenommene Arbeitsplatzsicherheit im öffentlichen Dienst deutlich höher ist als in der Privatwirtschaft. Das entspricht der unterschiedlichen Struktur der Beendigungen, die wir oben gezeigt haben. Was passiert aber, wenn der Verlust eintritt? Die Tabelle 5 zeigt die subjektiv wahrgenommene Chance, im Falle des Verlustes des Arbeitsplatzes wieder einen vergleichbaren Arbeitsplatz zu finden im Vergleich für das Jahr 2005:
Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin 155
Chancen, gleichwertige Stelle zu finden
Öffentlicher Dienst (ÖD)
Privat (PW)
Gesamt, alle Befragten, die auf die Frage geantwortet haben (hochgerechnet)
Leicht
13,4%
14,6%
14,3%
Schwierig
56,7%
61,7%
60,4%
Praktisch unmöglich
29,8%
23,7%
25,2%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
Quelle: SOEP, eigene Berechnungen
Tabelle 5: Arbeitsmarktchancen Wir sehen, dass die Arbeitsplatzsicherheit im öffentlichen Dienst höher ist, während die subjektiv wahrgenommenen Arbeitsmarktchancen etwas niedriger sind. Fassen wir zusammen: Die Entgelte im öffentlichen Dienst sind z.T. höher, die Arbeitszeiten geringer, die Beschäftigten im Durchschnitt älter (aber auch nicht so alt, dass ein großer Teil kurzfristig ausscheiden würde). D.h., höhere Arbeitsplatzsicherheit und z.T. bessere materielle Beschäftigungsbedingungen mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit, gekündigt zu werden, auf der einen sowie geringere Chancen am Arbeitsmarkt auf der anderen Seite bestimmen das beschäftigungspolitische Umfeld, in denen sich die Restrukturierung des öffentlichen Dienstes mit dem Ziel einer Kostenreduktion vollziehen muss. Folgerichtig dominieren Lösungen, welche die bestehenden Belegschaften weitgehend in ihren vorgefundenen Strukturen belassen und parallel dazu externe Strukturen bemühen, um angesichts eines gleichbleibenden Arbeitsvolumens drohende Leistungsdefizite bei Personalabbau zu vermeiden.
Die Umstrukturierung der ZE BGBM Auch in der ZE BGBM wurden zur Realisierung der vereinbarten Absenkung des Zuschusses der FUB in den letzten zwei Jahren verschiedene Maßnahmen ergriffen, die diesem Lösungskonzept folgen: -
Analyse der Kostenentwicklung und langfristige Planung der Einnahmen und Ausgaben der ZE BGBM. Das daraus entwickelte Konzept sieht eine Kombination von Stellenabbau, Einnahmeerhöhung und Privatisierung von Leistungen vor.
-
Reorganisation der Abteilung I der ZE (Garten und Technik); Aufbau eines Bereiches Gartenwissenschaft, eines Cost Centers Garten und eines Servicebereiches der ZE BGBM sowie Fremdvergabe von Leistungen (Technik,
156
Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel
gärtnerische Pflege ausgewählter Teile des Botanischen Gartens, Veranstaltungsunterstützung, Transportaufgaben)2. -
Wissenschaftliche Begleitung der Reorganisation der Arbeitsorganisation, Personalentwicklungsplanung und Gesundheitsförderung.
-
Verschiedene begleitende Maßnahmen (Kostenrechnung, Budgetierung und Controlling, Entwicklungsplanung für die ZE).
Zwischen 2003 und 2005 erfolgte im gärtnerischen Bereich der ZE BGBM ein Stellenabbau von ca. 100 Stellen auf ca. 55 Stellen (= 45%) - vorwiegend durch Nutzen der natürlichen Fluktuation und das Streichen von Saisonstellen. Um das verbleibende gärtnerische Personal für die wissenschaftlichen Lebendsammlungen flexibler und effizienter einsetzen zu können, wurde die Arbeitsorganisation umstrukturiert und ein Personalentwicklungsplan erarbeitet. Flankierend dazu wurden Leistungen an den Servicebereich fremdvergeben, für welche die zum Großteil fachlich einschlägig qualifizierten Mitarbeiter/innen zu teuer waren.3 Beim Servicebereich handelt es sich um eine eigene Kostenstelle der ZE BGBM. Diese ist der Allgemeinen Verwaltung (AV) der ZE zugeordnet, deren Leiter auch die Dienstaufsicht wahrnimmt. In dieser Kostenstelle sind zum einen die Fremdvergaben konzentriert, zum anderen jene Mitarbeiter/innen zusammengefasst, welche mit Serviceaufgaben für den BGBM betraut wurden. Zur Zeit werden ca. 17 ha der 42 ha des Gartens mit Unterstützung des Servicebereiches gepflegt, der folgende Arbeitsfelder umfasst: -
Besucherservice (Betrieb von Kassen, Pforten / Aufsichten, Veranstaltungsunterstützung)
-
Gartenservice (Pflege von Schmuckgärten, Rasen- und Wiesenmahd, Wegepflege, Winterdienst etc.)
-
Reinigungsservice (Grund-, Unterhalts- und Sonderreinigung)
-
Technikservice (technische Kontrollgänge / Schlosser, Elektriker, Material / Logistik, Koordinierung der Bauunterhaltung etc.)
In 2007 sollen die Arbeitsfelder des Servicebereiches der ZE in eine eigenständige Betriebsgesellschaft (BG BGBM) überführt werden. Es ist eine 100%-igeTochtergesellschaft der FUB in umsatzsteuerlicher Organschaft zur FUB vorgesehen. Die Vorteile einer eigenen Tochtergesellschaft werden von den handelnden Akteuren vor allem in folgenden Punkten gesehen:
2 3
Wachschutz und Reinigung waren bereits fremd vergeben. Das heißt übrigens nicht, dass die Mitarbeiter/innen der Fremdfirma gering qualifiziert sind. Es handelt sich um eine Mischung unterschiedlicher Qualifikationen vom ungelernten Arbeiter bis zum Ingenieur mit jahrzehntelanger Erfahrung, der aber aufgrund des Alters über schlechte Arbeitsmarktchancen verfügt.
Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin 157 -
Managementbedingte Einsparungen bei einer Gründung der BG BGBM gegenüber einer Fremdvergabe am Markt.
-
Die Personalkosten liegen bei höheren Arbeitszeiten und teilweise vergleichbaren Tätigkeiten um 44% niedriger als in der FUB (siehe auch oben).
-
Wegfall der MwSt. infolge einer (vom zuständigen FA bereits festgestellten) umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen der BG BGBM und der FUB.
-
Einsparungen durch Strukturveränderungen in der ZE infolge der Bildung eines Gemeinschaftsbetriebes zwischen ZE BGBM und BG BGBM; zusätzliche Einsparungen durch die gesellschaftsrechtliche Eingliederung der BG BGBM in die FUB.
-
Perspektivische Einsparungen durch Wachstum der BG BGBM als Dienstleistungsunternehmen für die FUB. Diese können durch Insourcing bereits fremd vergebener Leistungen und / oder „internes“ Outsourcing4 von Eigenleistungen der FUB (Gartenbau, Hausmeisterdienste etc.) in die BG BGBM erreicht werden.
Mitarbeiter/innen, die bereits jetzt für den Servicebereich tätig sind, sollen nach einem abgestimmten Organisations- und Personalkonzept in die BG BGBM übernommen werden. So wurden also in einer ersten Phase der Umstrukturierung massiv Stellen abgebaut und Leistungen fremd vergeben. In einer zweiten Phase nun sollen die Fremdvergaben in eine eigene Betriebsgesellschaft (BG BGBM) der FUB überführt werden.
Chancen und Grenzen der aufgezeigten Lösungsstrategie Vorbemerkung Stellenabbau und Privatisierung sind typische Methoden, um Kosten im öffentlichen Dienst zu sparen. Sie sind u.a. eine Reaktion auf die oben referierten Be4
Das Outsourcing ist zunächst identisch mit materieller Privatisierung (Fremdvergabe). Instrumente des (externen) Outsourcings können aber auch verwendet werden, ohne dass es in vollem Umfang zu einer Fremdvergabe kommt. Das ist bspw. bei der formellen Privatisierung der Fall, bei der die Einrichtung durch die Rechtsform ihren Einfluss auf den Prozess der Leistungserstellung behält. In diesem Falle ist auch ein Insourcing bereits fremd vergebener Leistungen möglich und erwünscht. Wir sprechen dann von „ (wirtschaftlichem) Insourcing durch (gesellschaftsrechtliches) Outsourcing“. Daneben gibt es noch die Möglichkeit des internen Outsourcings, wenn innerhalb der Verwaltungsorganisation wirtschaftende Einheiten (z.B. Cost Center) gebildet werden, was in unserem Falle ebenfalls geschah.
158
Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel
schäftigungsbedingungen innerhalb des öffentlichen Sektors. Die formelle Privatisierung in Form einer eigenen Betriebsgesellschaft widerspiegelt einen relativ neuen Trend (der sein Vorbild in Krankenhäusern, Klinika und Wohnungsbaugesellschaften hat), welcher die Vorteile der Privatisierung (flexiblere Strukturen und vor allem andere Beschäftigungsbedingungen) mit einem gesellschaftsrechtlichen Zugriff auf die Unternehmen (der vor allem auch steuerrechtliche Vorteile hat und die Vergabe der Leistungen deutlich erleichtert) koppelt. Das Einbringen öffentlicher und formal-privatrechtlich Beschäftigter in einen gemeinsamen Betrieb (hier durch ZE BGBM und die geplante BG BGBM) stellt dagegen ein Novum dar. Der skizzierte Weg: 1.
massiver Stellenabbau,
2.
materielle Privatisierung (Fremdvergabe),
3.
formelle Privatisierung (eigene Betriebsgesellschaft),
4.
Gemeinschaftsbetrieb (aus öffentlicher Einrichtung und Betriebsgesellschaft),
ist also eine unmittelbare Reaktion auf die Einsparungserfordernisse und die vorgefundenen Beschäftigungsverhältnisse. Jeder der genannten Schritte hat spezifische Vor- und Nachteile. Stellenabbau Vor allem in Studien der so genannten Survivor-Forschung wurden zahlreiche voneinander nicht unabhängige und sich gegenseitig verstärkende – negative Folgewirkungen von Personalabbau in Unternehmen der Privatwirtschaft auf drei Ebenen (Individuum, Gruppe, Organisation) identifiziert (vgl. Marr / Steiner 2003, Baeckmann 1998): -
Individuum: Bereits die Ankündigung von Personalabbauprozessen löst bei den Beschäftigten in der Regel Unsicherheit und Ängste und damit eine erhöhte Stressbelastung aus (vgl. Schramm 1992, S. 162). Das führt u.a. zu (unerwünschter) Fluktuation von Leistungsträgern, Widerstand gegen Veränderungen, einer deutlichen Verschlechterung der Loyalität und Arbeitzufriedenheit, sowie einem Verlust an Vertrauen und Commitment (vgl. Benz 2002). Führungskräfte reagieren auf die Doppelbelastung (Betroffene und Umsetzer zu sein) oft mit autoritärerem und bürokratischerem Führungsverhalten, sowie mit einer Verschlechterung der Informations- und Kommunikationspolitik.
-
Gruppe: Personalabbauprozesse verursachen vermehrt Konfliktverhalten, das sich entweder solidarisch gegen die (vermeintlich) Verantwortlichen richtet oder zu einem vermehrten Wettbewerbsverhalten gegenüber Kollegen und / oder anderen Gruppen führt (Verteilungskämpfe nehmen zu) (vgl.
Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin 159
Schramm 1992, S. 134 ff.). Durch den Ab- und Umbau des Personalbestandes werden zudem formelle und informelle Beziehungsgeflechte und Informationsnetzwerke gestört. -
Organisation: Aufbau- und Ablauforganisation müssen an die veränderten Personalkapazitäten angepasst werden, dadurch ergeben sich sowohl Verbesserungspotenziale (flachere Hierarchien, erweiterte Handlungsspielräume…) als auch vermehrte Belastungen (Arbeitsverdichtung, höhere Beanspruchung…) und Störungen in den eingespielten Betriebsabläufen (z.B. durch schlechtere Informationsflüsse). Das Entscheidungsverhalten wird in Zeiten der Krise oftmals durch den Rückgriff auf - vermeintlich Orientierung und Sicherheit gebendes - autoritäres und formalisiertes Führungsverhalten und die Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Hierarchieebenen beeinflusst.5
Viele der genannten Phänomene treten auch in der Folge von Veränderungsprozessen im öffentlichen Sektor auf, obwohl Ahlers zu dem Schluss kommt: "Nicht Angst vor Arbeitsplatzverlust dominiert das Arbeitsleben der Beschäftigten im öffentlichen Dienst – so wie dies in der Privatwirtschaft der Fall ist -, sondern die Frage, wie das unter den Bedingungen viel zu knapper Haushaltskassen verbleibende Personal die Arbeit fachgerecht und unter humanen Bedingungen ausführen soll." (Ahlers 2004, S. 83) Das ist angesichts der oben dargestellten Beschäftigungsmerkmale hinsichtlich Arbeitszeit, Einkommen, Arbeitsplatzsicherheit und Arbeitsmarktchancen nachvollziehbar und war auch in unserem Fall ein wichtiges Thema. Einen plausiblen Erklärungsansatz für die Vorbehalte der Mitarbeiter/innen im öffentlichen Dienst gegen Veränderungen bietet das Konzept des (mit dem Arbeitsvertrag implizit geschlossenen) psychologischen Vertrags (vgl. Rousseau / Tijoriwala 1998): "Im psychologischen Vertrag werden die gegenseitigen Erwartungen und Ansprüche der Mitglieder und der Organisation geregelt. Als Gegenleistung für finanzielle und psychologische Sicherheit erfüllt das Organisationsmitglied die Erwartungen der Organisation (Abgabe einer Leistung, Gehorsam, Einhaltung von Normen). Der psychologische Vertrag ist nun keineswegs statisch, sondern unterliegt im Zuge der organisatorischen Sozialisationsbemühungen und der individuellen Persönlichkeitsentwicklung vielseitigen Veränderungen. Das zu Beginn des Vertrags ausgeglichene AnreizBeitrags-Gleichgewicht kann gestört werden." (Staehle 1999, S. 574)6 5
6
Eine allzu „straffe“ Führung, die zuweilen autoritäre Züge trägt, gefährdet ohne Zweifel Partizipation sowie Loyalität und schwächt dadurch den Erfolg einer Restrukturierung der Organisation. Jedoch kann sie in akuten Krisensituationen dazu beitragen, dass die notwendigen Abläufe nicht infolge psychologischer, gruppendynamischer und organisationssoziologischer Hemmnisse zum Erliegen kommen (vgl. Schlese / Schramm / Pawlik 2003). Je nachdem, welche spezifischen Knappheiten bzw. Budgetrestriktionen in einer Organisation herrschen, können die reziproken Erwartungen der Akteure und der Orga-
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Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel
Gerade im öffentlichen Sektor ist der Anspruch der Mitarbeiter/innen auf einen sicheren Arbeitsplatz und verlässliche Stukturen als Bestandteil des psychologischen Vertrags in Folge eines Selbstselektionsprozesses höchstwahrscheinlich besonders ausgeprägt. In diesem Fall wird der gesamte Reorganisationsprozess (mit all seinen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten) als einseitige Kündigung des psychologischen Vertrags empfunden. Da die Erwartungen an die Organisation - Sicherheit und Verlässlichkeit zu bieten - von dieser nicht mehr so wie früher erfüllt wird, wirkt sich das negativ auf Leistung und Zufriedenheit der Mitarbeiter/innen aus. Die Reaktionen der Beschäftigten auf Verletzungen des Psychologischen Vertrags können von Initiativen, um die versprochenen Leistungen doch noch zu erhalten, über innerliche Kündigung bis zu wütenden oder gar illegalen Handlungen reichen. Wie reagiert wird, hängt auch davon ab, ob hinter dem Vertragsbruch eine Absicht der Leitung vermutet wird, und von der Größe der Diskrepanz zwischen Erwartungen und tatsächlichem Verhalten (vgl. Benz 2002, S. 11). Obwohl in unserem Falle betriebsbedingte Kündigungen (zumindest bis 2009) ausgeschlossen sind, wird die geplante Gründung der BG BGBM und die Verlagerung von Arbeitsaufgaben oder Arbeitsgruppen in den Servicebereich als große Bedrohung empfunden. Dabei spielen nicht (nur) die objektiven Sachverhalte eine Rolle, sondern vielmehr die subjektive Bewertung, die sich auf unterschiedliche Informationsquellen stützen kann: offizielle Bekanntmachungen und Ankündigungen der Organisation, vom Unternehmen unbeabsichtigte Anhaltspunkte (z.B. Budgetkürzungen, reduzierte Investitionen) und Gerüchte (vgl. Benz 2002). Benz führt weiter aus, dass sich Beschäftigte im Sinne der "antizipierten Trauer" dann gefühlsmäßig von ihrer Arbeitstätigkeit und dem Unternehmen zurückziehen, wenn sie mit einem Verlust des Arbeitsplatzes und / oder seiner wertgeschätzten Merkmale (z.B. selbständige Tätigkeit, befriedigende Sozialbeziehungen mit den Kollegen) rechnen (vgl. Benz 2002, S. 8). Der Verlust des Arbeitsplatzes kommt hier zuerst einmal nicht in Betracht, wohl aber der Verlust der vertrauten Organisation und die Konkurrenz zu einer Teilorganisation, in der deutlich schlechtere Beschäftigungsbedingungen herrschen. Die Frage ist darüber hinaus, was passiert, wenn beide Strukturen in Kontakt zueinander kommen oder gar zusammenwirken sollen, wie in unerem geplanten Gemeischaftsbetrieb ziwschen der “alten” ZE BGBM und der “neuen” Betriebsgesllschaft (BG BGBM). Deshalb wollen wir im Folgenden noch weiter auf die Problematik von Outsourcing und Gemeinschaftsbetrieb eingehen.
nisation variieren. So kann eine privatwirtschaftliche Organisation vorrangig Leistungsbereitschaft und Loyalität erwarten, während für eine öffentliche Einrichtung Gehorsam und Formgerechtigkeit im Handeln wichtig sind. Entsprechend unterschiedlich sind dann die Erwartungen der Mitarbeiter/innen im Rahmen des „psychologischen Vertrages“ mit der Organisation.
Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin 161
Outsourcing Eine im öffentlichen Sektor beliebte Methode zur Kostenreduktion ist – wie wir schon betonten – die Ausgliederung von Tätigkeiten durch Outsourcing. „Argumentiert wird, dass Arbeitstätigkeiten, die strategisch unwichtig sind und keine oder nur wenig betriebsspezifische Qualifikationen verlangen sowie Arbeiten, deren Ergebnis leicht kontrollierbar ist, ausgelagert und über den Markt bezogen werden sollen, während strategisch wichtige Arbeitstätigkeiten im Unternehmen durch "Eigenfertigung" zu erbringen sind (Neuberger 1997; Meckl 1998; kritisch Martin 1998)." (Friedrich / Martin 2004, S. 208). Die andere Möglichkeit zur Senkung der Personalkosten sei die Externalisierung von Arbeitskräften durch den Einsatz von "Fremdpersonal" (Leiharbeitnehmer/innen, Werkvertragsarbeitehmer oder "Ich-AGs") (vgl. Nienhüser & Baumhus 2002, S. 61 f.). Dabei stellt sich die Frage, ob bzw. inwieweit die erhofften Vorteile durch negative personalwirtschaftliche Wirkungen verringert werden. So ist es nahe liegend, dass sich die Beschäftigten aus dem Fremdpersonal und aus der Stammbelegschaft miteinander vergleichen, was zur Folge hat, dass den Einen ihre schlechteren Arbeitsbedingungen bewusst werden und den Anderen die Konkurrenzsituation, in der sie sich befinden. Das führt auf beiden Seiten zu Unzufriedenheit und hat Wissenstransferprobleme, Leistungsrückgang, Qualitätsverschlechterungen und steigenden Kontrollaufwand zur Folge (vgl. Nienhüser / Baumhus 2002, S. 62 f.). Die Entscheidung, den Personalbestand der ZE BGBM auf eine kleine (qualifizierte) Stammbelegschaft zu reduzieren und möglichst alle Serviceaufgaben fremd zu vergeben, hatte neben den intendierten Effekten (niedrigere Personalkosten, höhere Flexibilität etc.) verhaltensrelevante negative Auswirkungen auf die regulären Arbeitskräfte. Unter anderem spielte dabei unserer Meinung nach der von Nienhüser und Baumhus (2002) postulierte "subtile Droheffekt" von Fremdpersonaleinsatz eine Rolle. Da die Größe einer Belegschaft keine fixe, den Arbeitnehmern bekannte Größe ist und einzelne Arbeitstätigkeiten, Arbeitskräfte oder Unternehmensbereiche prinzipiell immer disponibel sind, schwebt die permanente Bedrohung, als nächstes durch Fremdpersonal ersetzt zu werden, über vielen Stammarbeitnehmern (vgl. Nienhüser / Baumhus 2002, S. 83 f.). Dieser Effekt ist in großen Teilen der Abteilung I der ZE BGBM wirksam geworden. Das führte zu einem tiefen Misstrauen gegen den gesamten Reorganisationsprozess und hat sich negativ auf die Kooperationsbereitschaft ausgewirkt. Die Konkurrenzsituation, in die sich zumindest Teile der Stammbelegschaft gedrängt fühlten, führte einerseits tatsächlich zu Spannungen und Kommunikationsstörungen zwischen regulären Arbeitskräften und den Mitarbeitern der Fremdfirma und hatte andererseits (auf beiden Seiten) einen gewissen "Wagenburgeffekt" nach innen. Obwohl das misstrauische Beobachten der "Konkurrenz" auf beiden Seiten eine große Rolle spielte, gab es daneben auch kollegiale Solidarisierungsansätze und positive Beispiele für funktionierende fachliche Zusammenarbeit. Die Frage ist daher weiter, ob durch eine Verbesserung der Kommunikationsstrategien die wechselseitigen Wahrnehmungen beeinflusst werden können und
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Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel
daraus eine gemeinsame Basis entstehen kann. Beide Seiten wissen ja im Grunde um die unterschiedlichen Beschäftigungsbedingungen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Von daher gibt es zumindest theoretisch die Möglichkeit eines ausgleichenden Dialoges, jedenfalls dann, wenn beide Seiten akzeptieren, dass die jeweils andere Seite ihr Mögliches tut, um eine Zusammenarbeit zu ermöglichen auch bei unterschiedlichen und notwendigerweise auch „ungerechten“ Beschäftigungsbedingungen. Immerhin wird das Prinzip „Gleiches Geld für gleiche Arbeit“ systematisch verletzt. Da dieser Kommunikationsaspekt bisher offensichtlich vernachlässigt wurde und viele sich als "Verlierer" fühlen, war und ist zu beobachten, dass bestimmte Akteure, die ihre Position gefährdet sehen, die Unsicherheit ausnutzen, Informationen zurückhalten oder Gerüchte streuen und so – beabsichtigt oder nicht – die Konflikte anheizen. Der Gemeinschaftsbetrieb Eine Besonderheit des Servicebereichs ist die Arbeit mit einer „gemischten Belegschaft“, d.h. fest angestellte Mitarbeiter/innen des BGBM arbeiten unter der Weisungsbefugnis der Fremdfirma direkt zusammen mit den dort angestellten Mitarbeiter/innen. Während sich ein Teil der Mitarbeiter/innen der ZE durch die Zugehörigkeit zum Servicebereich abgeschoben und degradiert fühlte, waren andere eher froh, eine neue Chance und Herausforderung abseits der eingefahrenen Strukturen zu bekommen. Der Servicebereich ist eine Vorstufe der BG BGBM und des Gemeinschaftsbetriebes zwischen der BG und dem Cost Center Garten. Die Betriebsgesellschaft für die ZE BGBM dürfte aus den verschiedenen oben genannten Gründen (Wegfall der MwSt., managementbedingte Einsparungen, geringere Transaktionskosten) wirtschaftlicher als die bis dato erfolgte Fremdvergabe sein. Die Betriebsgesellschaft soll nun in Verbindung mit dem geplanten Gemeinschaftsbetrieb die Voraussetzungen für eine reibungslose Zusammenarbeit aller Beschäftigten schaffen. Der Gemeinschaftsbetrieb wird insbesondere von der Personalvertretung - die ihn vorgeschlagen hat - als die ideale Organisationsform angesehen, um Betriebe oder Betriebsteile verschiedener Unternehmen, die demselben Betriebszweck dienen, zusammenzuführen und als einheitlichen Betrieb zu führen. Hierbei haben die dort Beschäftigten immer einen Arbeitsvertrag mit einem der beteiligten Unternehmen (Vertrags-Arbeitgeber, also FUB und BG BGBM). Im Vorfeld gab es eine Reihe von rechtlichen Fragen (Gefahr der faktischen Eingliederung in die ZE, tarifliche Geltung, Vorgehen bei Kündigungen, Anwendbarkeit von Dienst- oder Betriebsvereinbarungen etc.), sowie Bedenken, die Belegschaften mit unterschiedlichen Beschäftigungsbedingungen in einer Betriebsorganisation zu vereinen.7 Diese Bedenken wurden zugunsten einer Einigung mit der
7
Unter einer von der geplanten Betriebsgesellschaft gestellten Führung sollen sowohl die Mitarbeiter/innen des Cost Centers (der Meisterbereiche) als auch des Servicebereiches (Technik-, Garten-, Besucher- und Reinigungsservice, überwiegend gestellt von der Be-
Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin 163
Personalvertretung über die Gründung der BG BGBM, an der sie laut Berliner Hochschulgesetz zu beteiligen war, zurückgestellt.
Zusammenfassung Fassen wir zusammen: 1.
Der massive Stellenabbau auch ohne Kündigungen führt zu einer Reihe von Problemen, sowohl was die Organisation der Arbeit und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter/innen anbetrifft, als auch hinsichtlich der Leistungsbereitschaft (negative Folgewirkungen auf den Ebenen Individuum, Gruppe, Organisation).
2.
Das Outsourcing zunächst in der Form der Fremdvergabe (materielle Privatisierung) kann Leistungsdefizite kompensieren und Kosten reduzieren helfen. Es erzeugt aber neue Probleme wie die zusätzliche Mehrwertsteuer, teure und unsichere Ausschreibungsverfahren, sowie vergleichsweise hohe Transaktionskosten (z.B. durch Qualitäts- und Koordinationsprobleme), welche zu vermeidbaren Verteuerungen führen können.
3.
Ein Insourcing (formelle Privatisierung) hilft, diese zusätzlichen Probleme zu vermeiden und die Kostenvorteile wirksamer zu nutzen, jedenfalls solange keine Ermüdungstendenzen in der Leistungsoptimierung auftreten, was aber langfristig der Fall sein könnte.
4.
Die Kooperation im Rahmen des Gemeinschaftsbetriebes kann ein Instrument sein, um Transaktionskosten zu minimieren. Die oben genannten sozialpsychologischen Probleme im Umgang der unterschiedlichen VertragsBelegschaften sowie die rechtlichen Risiken bleiben aber zunächst bestehen. Möglicherweise gibt es Gestaltungsspielräume durch eine geeignete(re) Kommunikationsstrategie und eine transparente(re) Führung.
Es fragt sich, was getan werden könnte, um die aufgezeigte Strategie "Stellenabbau-Privatisierung" weniger alternativlos erscheinen zu lassen. Wie wir sahen8, sind es neben organisatorischen Überlegungen vor allem die unterschiedlichen Beschäftigungsbedingungen, welche die Privatisierung attraktiv, aber auch problematisch machen und die Eigenerstellung von Leistungen im öffentlichen Dienst unterminieren (jedenfalls solange es sich nicht um hoheitliche Aufgaben handelt). Ein wichtiger Schlüssel liegt also in den Beschäftigungsbedingungen und damit in den tariflichen Voraussetzungen.
8
triebsgesellschaft) zusammenarbeiten. Die Organigramme beider Teilbereiche werden daher zu einem Organigramm vereint. Das betrifft sowohl unsere zugegebenermaßen einfache Datenanalysen als auch unsere praktischen Erfahrungen.
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Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel
Tarifpolitische Implikationen Eckpunkte eines „alternativen“ Tarifvertrages Neben der Hoffnung auf eine mit der formellen Privatisierung und dem Gemeinschaftsbetrieb bessere Organisation der Arbeitsabläufe, ist die tarifliche Situation der ZE BGBM die wesentliche Triebfeder für die Restrukturierung. Man kann also annehmen, dass eine andere Tarifsituation auch zu anderen Lösungen führen würde. Hierbei sind allerdings die Folgen des öffentlichen Dienstrechtes, die noch über die Tarifgestaltung hinaus gehen, als zusätzliche Motivation für alternative Rechts- und Organisationsformen nicht zu unterschätzen. An der geschilderten Situation ändert auch der TVöD nichts. Dieser wird allgemein als Fortschritt gegenüber dem BAT angesehen. Dagegen sprechen nach unseren praktischen Erfahrungen u.a. folgende Punkte: 1.
Zur Zeit existieren keine Eingruppierungskriterien, so dass nach wie vor die Stellen nach dem BAT bewertet werden müssen.
2.
Durch die Überleitungsregeln ist bei den vorhandenen Beschäftigten eine weitgehende Besitzstandswahrung realisiert. Kosteneinsparungen sind hier nicht möglich.
3.
Durch das erklärte Ziel, jüngere Arbeitnehmer/innen besser zu stellen, sind die Einstiegsentgelte teilweise höher als nach dem alten BAT.
4.
Im Falle einer überalterten und im Besitzstand geschützten Belegschaft und notwendigen Neueinstellungen kann es dazu kommen, dass sich Besitzstandswahrung und Einstiegsentgelte zu einer Verteuerung kombinieren.
5.
Zudem ist nicht erkennbar, wie die leistungsbezogenen Komponenten, die der TvöD vorsieht, in der Praxis umgesetzt werden sollen. Immer wieder wird hier auf rechtliche Probleme hingewiesen.
Die FUB hatte deshalb bis zum 31.12.2006 einen Anwendungstarifvertrag geschlossen, der sich noch am alten BAT orientiert und eine Arbeitszeitreduktion (10% für Vollzeit-Arbeitskräfte) ohne vollen Lohnausgleich vorsah. Damit sind zwei Probleme verbunden: 1.
es reduzierte sich das verfügbare Arbeitspotential deutlich, was insbesondere in den nicht wissenschaftlichen Bereichen zu Problemen führte.
2.
da der Lohnausgleich ungleichmäßig erfolgte, verteuerten sich die Kosten je Arbeitsstunde in den unteren Lohngruppen. Das verstärkt natürlich den Anreiz, nach Privatisierungslösungen zu suchen.
Wir wollen daher – unabhängig von den vorhandenen tariflichen Lösungen – Eckpunkte einer Tarifstrategie skizzieren, welche die oben dargestellten Maßnahmen in unserem betrachteten Fall zumindest zum Teil überflüssig machen würde:
Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin 165
1.
Da die unterschiedlichen Lohnhöhen einen starken Anreiz zur Privatisierung darstellen, müsste die Lohnhöhe niedriger sein als im BAT / TVöD.
2.
Die Arbeitszeiten wären sicher höher.
3.
Im Gegensatz zum BAT und auch zum TVöD würde ein solcher TV keinen oder einen nur geringen Senioritätsaufstieg enthalten.
4.
Im Kern würde eine tätigkeitsorientierte Entgeltgestaltung vorliegen, wobei nur wenige, einfache Kriterien zur Anwendung kommen. Der BAT ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Bestimmungen, welche die Eingruppierung betreffen. Der TVöD wurde vor allem abgeschlossen, um hier Vereinfachungen zu erreichen.
5.
Leistungszulagen könnten sowohl individuell als auch kollektiv Anreize bieten. Hinzu könnten noch Erfolgsbeteiligungen kommen, die sich auch an Einsparungen orientieren, sowie die Möglichkeit von Zielvereinbarungen, die monetäre oder andere Anreize enthalten.
In der ZE BGBM wurden bisher keine leistungsbezogenen Entgeltkomponenten angewandt. Im privatisierten Bereich gibt es nur eine vergleichsweise einfache (fast schon primitive) Entgeltstruktur, die an den Gewerken (Betriebstechnik, Wachschutz, Gartenbau und Grünpflege) orientiert ist und neben den für alle gleichen Zuschlägen (für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit) nur gelegentlich Funktionszuschläge enthält. Diese einfache Entgeltstruktur widerspiegelt nicht die Tarifstruktur der einzelnen Gewerke der Region, sondern ist aus einem Gewerk (Wachschutz) gewissermaßen herausgewachsen. Das ist auch der Grund, warum die Entgelte unter den Tarifen vergleichbarer Branchen (z.B. GALA-Bau, Gebäudereinigung) liegen. Eher sind sie der Höhe und der Struktur nach den Tarifen der Zeitarbeitsfirmen zu vergleichen, die eine Bedrohung für etablierte Branchen wie die Gebäudereinigung darstellen (vgl. Schramm / Schlese, 2005). Es dürfte leicht einsehbar sein, dass ein TV, der keine Anreize zur Privatisierung bieten würde, radikal verschieden wäre von den jetzigen Beschäftigungsbedingungen. Es leuchtet ein, dass ein solcher TV innerhalb des öffentlichen Dienstes in absehbarer Zeit nicht durchzusetzen wäre. Er würde eine starke Erosion der Beschäftigungsbedingungen darstellen. Denn er dürfte – zumindest in unserem Fallbeispiel – nicht über den tariflichen Bedingungen der Branchen bleiben, die in einer Betriebsführungsgesellschaft vertreten sind (Betriebstechnik, Reinigung, Gartenbau und Grünpflege, Wachschutz). Das dürfte die Bereitschaft der Gewerkschaft, einen solchen TV als Alternative zum TVöD abzuschließen, nicht gerade heben. Das Resultat unserer Betrachtung ist also paradox: -
Zum einen führen die genannten tariflich bedingten Beschäftigungsbedingungen unter massivem Kostendruck und vor dem Hintergrund der vorgefundenen organisatorischen Situation (inklusive der Altersstruktur der Beschäf-
166
Michael Schlese, Florian Schramm und Karin Reichel
tigten) zu einem starken Druck in Richtung Stellenabbau und Privatisierung. Dieser Weg erweist sich aber in der Praxis als nicht unkompliziert – zumal dann, wenn die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Belegschaften gefordert ist (wie in unserem Falle). -
Zum anderen würde ein TV, der genau so ist, wie die Bedingungen, die die privatrechtliche (und in unserem Fall momentan auch tariflose) Lösung es erfordert (niedrigere Einkommen, höhere Arbeitszeiten, geringe Differenzierung etc.), einen radikalen Bruch selbst zu den bisherigen Modernisierungsbemühungen im öffentlichen Tarifbereich (TVöD) darstellen. Von daher wäre er innerhalb des Systems kaum durchsetzbar. Höchstens vielleicht als von außen qua formelle Privatisierung an die Verwaltung herangetragene Lösung. Womit wir wieder beim ersten Punkt (Stellenabbau und Privatisierung) sind.
Es scheint also auf den ersten Blick so zu sein, dass das gezeigte Konzept alternativlos ist... Fazit und Ausblick Blicken wir also noch einmal zurück zu den Voraussetzungen, die zu diesem paradoxen Resultat geführt haben: Der wirtschaftliche Druck auf den ÖD führt in der Regel zu der Kombination Stellenabbau und Privatisierung. In unserem Falle (ZE BGBM) ist der Unterschied in den Beschäftigungsbedingungen der Mitarbeiter/innen der ZE BGBM und der Fremdfirma deutlich, hier konkurriert der BAT (mit Arbeitszeitverkürzung) gegen Tariflosigkeit der Fremdfirma. Die daraus resultierenden Einsparungen und Flexibilitätsgewinne schaffen einen starken Sog in Richtung einer weiteren Privatisierung. Dabei ist die Situation nicht untypisch für den ÖD. Der Weg "Stellenabbau und Privatisierung" wirft eine Reihe von Fragen auf: Die Altersstruktur des ÖD setzt der Kombination von Stellenabbau und Fremdvergabe kurzfristig eine Grenze. Die Beschäftigungsbedingungen insgesamt verschlechtern sich im öffentlichen Bereich. Die Zusammenarbeit ist schwierig, aber kaum zu vermeiden wegen der Altersstruktur der Mitarbeiter/innen im ÖD. Der Gemeinschaftsbetrieb, der eine Lösung sein kann, ändert daran per se wohl auch wenig und wirft zudem andere Fragen auf. Würde man einen TV vereinbaren, der den genannten Druck wegnimmt, so wäre dieser in wesentlichen Punkten deutlich schlechter als der TVöD. Ein solcher TV wäre aber nicht durchsetzbar. Daraus ergibt sich das Paradox: negative Folgen der Privatisierung oder TV, der nicht realistisch ist. Wie könnte nun die weitere Entwicklung aussehen? 1.
Weitere Privatisierungen trotz der genannten Probleme sind zu erwarten; der Druck seitens des ÖD bzw. der Sog der preiswerten privatwirtschaftlichen Angebote sind einfach zu groß, zumal gilt das für die formelle Privati-
Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin 167
sierung. Der TVöD gerät damit weiter unter Druck, da er – auf die Kosten bezogen - keine konkurrenzfähige Alternative zur Privatisierung ist. Die Gewerkschaften werden versuchen, tariflose Zonen zu beseitigen. Die Tariflosigkeit ist für unser Fallbeispiel wesentlich. 2.
Zudem wird voraussichtlich weiter mit alternativen Rechtsformen experimentiert werden (z.B. „Insourcing durch Outsourcing“ in einem Gemeinschaftsbetrieb). Die zukünftige Zusammenarbeit und die Resultate möglicher Rechtsstreitigkeiten (über die Beschäftigungsverhältnisse, die Anwendbarkeit von Tarifverträgen und die Zuständigkeit der betrieblichen Interessenvertretungen etc.) werden zeigen, ob der aufgezeigte Weg eine gangbare Lösung – jenseits einer radikalen Reform des TVöD – ist. Da es bisher sehr wenig Erfahrungen mit gemischten Belegschaften gibt, müssen die Auswirkungen in ökonomischer, organisatorischer und sozialer Hinsicht zunächst umfassend untersucht werden, bevor über Erfolg oder Misserfolg des in unserem Fallbeispiel gestarteten "Experiments" entschieden werden kann.
Abschließend sei darauf verwiesen, dass bei den vorgestellten Überlegungen diverse grundsätzliche Aspekte ausgeklammert wurden. Erstens spielt in unserem Fallbeispiel die Frage nach der sozialen Verantwortung des öffentlichen Sektors eine Rolle. Zweitens wird die dargestellte Lage nicht allein durch die Lage des öffentlichen Sektors bestimmt, sondern durch die Tarif- und Lohnbedingungen im privatwirtschaftlichen Bereich. Angesichts der herrschenden Diskussion sind zumindest Mindestlöhne und Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen zu erwähnen. Drittens ist für die skizzierte „Vergleichsrechnung“ die Arbeitsmarktlage relevant, die nicht notwendigerweise auf Dauer und überall in Deutschland die beobachtete Lohnspreizung erzeugen muss. Viertens ist vor der Privatisierung die Frage zu beantworten, welche Aufgaben die öffentliche Hand in Zukunft übernehmen soll und muss. Die genannten Punkte lassen sich aufgrund ihrer gesamtwirtschaftlichen und politischen Komponenten nicht allein auf der einzelwirtschaftlichen Ebene abhandeln.
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Tarifgestaltung am Beispiel des Botanischen Gartens in Berlin 169
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Keine Föderalisierung der Beamtenbesoldung Ralf Stegner
1.
Verfassungsrechtliche Grundlagen
Das Leistungsprinzip ist dem Beamtentum immanent und in Art. 33 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich verbürgt. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der Leistungsgrundsatz zu den die Institution des Berufsbeamtentums seit jeher prägenden Grundsätzen gehört (BVerfG, Beschl. v. 04.02.1981, BVerfGE 56, 146). Die allein auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gestützte Bestenauslese dient zwei Zielen: Zum einen wird damit das Grundrecht der Bewerberinnen und Bewerber auf chancengleichen Zugang zu einem öffentlichen Amt gewährleistet, zum anderen dient die Bestenauslese der möglichst optimalen Besetzung von Dienstposten und damit der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung.
2.
Notwendigkeit der Leistungsorientierung
Die öffentliche Verwaltung muss sich in steigendem Maße vielfachen Anforderungen stellen, z.B.: -
Sicherung eines hohen Versorgungsniveaus der Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleistungen,
-
stärkere Bürger- und Kundenorientierung,
-
Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes,
-
Stärkere Kosten- und Ergebnisorientierung des Verwaltungshandelns,
-
aufgaben- und organisationskritische Prozesse (z.B. Verwaltungsstrukturreform),
-
Auswirkungen internationalen Rechts bzw. der europäischen Integration.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es einer leistungs- und funktionsfähigen öffentlichen Verwaltung. Ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst ist zudem ein wichtiger Standortfaktor im internationalen Wettbewerb. Dem Leistungsprinzip ist nicht nur wegen seiner verfassungsrechtlichen Dimension Geltung zu verschaffen; darüber hinaus bedarf es einer stärkeren Leistungsorientierung zur optimalen Nutzung der personellen Ressourcen. Die dienstrechtlichen Rahmenbedingungen müssen daher die Leistungsfähigkeit und die
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Ralf Stegner
Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärken sowie deren Engagement und Motivation fördern.
3.
Leistungsorientierung und Föderalismusreform
Eine Änderung der Kompetenzverteilung im Grundgesetz ist sinnvoll, soweit damit Überregulierung abgebaut und dem Prinzip der Subsidiarität wieder mehr Geltung verschafft wird. Das gilt vor allem für die Stärkung der vertikalen Gewaltenteilung durch eine klarere Kompetenzverteilung und die Entflechtung der Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern (Verzicht auf die Rahmengesetzgebung des Bundes; Abbau der Zustimmungsrechte des Bundesrates). Das darf aber nicht dazu führen, dass strukturschwächere Länder einem von ihnen nicht zu bestehenden Wettbewerbsföderalismus ausgesetzt werden, so dass die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse innerhalb der Bundesrepublik nicht mehr gewährleistet ist. Bei der vorgesehenen Übertragung der Gesetzgebungskompetenz für das Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrecht der Beamten und Richter auf die Länder sind gerade diese negativen Folgen zu erwarten. Gegen die Überführung des Beamtenrechts in die Länderkompetenz sprechen insbesondere folgende Gründe: -
Die Abkehr vom Grundsatz bundeseinheitlicher Bezahlung führt auch zum Verlust des Flächentarifvertrages. Eine gleichgerichtete, bundesweite Entwicklung der Beschäftigungsbedingungen der verschiedenen Statusgruppen des öffentlichen Dienstes wird damit unmöglich gemacht.
-
Das durch den ungebremsten Wettbewerbsföderalismus zunächst zu erwartende Besoldungsdumping vor allem in strukturschwächeren Ländern gefährdet die gleichmäßige Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen.
-
Mittelfristig droht – wie in den 60er Jahren – die Gefahr eines ruinösen Besoldungswettbewerbs.
-
Die Mobilität der Beamten wird nachhaltig verschlechtert.
-
Die Zersplitterung des Versorgungsrechts steht im Gegensatz zum bundeseinheitlichen Rentenrecht.
-
In den Ländern entstehen durch die Zersplitterung des Dienstrechts mehr Bürokratie und höhere Verwaltungskosten.
Ziel der Föderalismusreform muss dagegen die gleichmäßige Stärkung aller Länder gegenüber dem Bund sein; eine zusätzliche Stärkung ohnehin schon wirtschaftlich stärkerer Länder gegenüber finanzschwächeren Ländern schwächt den Bundesstaat in seiner Gesamtheit. Ein Bundesstaat wird getragen durch Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. In Bezug auf die Bezahlung der im öffentlichen
Keine Föderalisierung der Beamtenbesoldung 173
Dienst Beschäftigten ist im gesamtstaatlichen Interesse und zur Wahrung der bundesstaatlichen Solidarität soviel bundesrechtliche Einheitlichkeit vorzuhalten, wie sie zur Herstellung von Chancengleichheit und fairen Wettbewerbsbedingungen notwendig ist. Andererseits ist die notwendige Vielfalt zu ermöglichen, um dem individuellen Leistungsprofil der Beschäftigten gerecht zu werden. Bereits das geltende Recht eröffnet erhebliche Spielräume für eine stärkere Leistungsorientierung. Maßnahmen der Leistungsorientierung schließen nicht nur monetäre Anreize ein, sondern erstrecken sich z.B. auch auf Maßnahmen der Personalentwicklung. Hierzu bedarf es keiner Verfassungsänderung; im Gegenteil können die vorstehend erwähnten Nachteile der Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder demotivierende und damit sogar leistungshemmende Effekte bei den Beschäftigten erzeugen.
4.
Bisherige Maßnahmen
Das geltende Besoldungsrecht sieht bereits verschiedene Leistungselemente vor, z.B.: -
die Gewährung von monetären Leistungsanreizen nach §§ 27, 42a BBesG (Leistungsstufen, Leistungsprämien, Leistungszulagen). Sie sind in Schleswig-Holstein teilweise eingeführt worden (Leistungsstufenverordnung vom 15. Juli 1999 - GVOBl. Schl.-H. S. 231 -; Leistungsprämienverordnung nur für den kommunalen Bereich vom 08.02.2000 - GVOBl. Schl.-H. S. 163 -). Eine Leistungszulagenverordnung ist nicht erlassen worden.
-
neues Bezahlungssystem mit variablen Leistungsbezügen im Hochschulbereich (§§ 32 ff. BBesG), in Schleswig-Holstein näher ausgestaltet durch §§ 11 ff. des Landesbesoldungsgesetzes und die Hochschul-LeistungsbezügeVerordnung vom 17.01.2005 (GVOBl. Schl.-H. S. 46).
Die damit eröffneten Möglichkeiten sind erste Schritte einer stärkeren Leistungsorientierung innerhalb der Besoldung. Leistungsstufen und Leistungsprämien sind in der Praxis aber nur in Einzelfällen vergeben worden. Insbesondere haushaltsmäßige Gesichtspunkte dürften dazu geführt haben, dass hiervon nur wenig Gebrauch gemacht worden ist. Bereits vor der Einführung der genannten Leistungselemente in der Beamtenbesoldung hatte die Landesregierung Schleswig-Holstein ein Personalentwicklungskonzept gestartet, welches darauf ausgerichtet ist, Ziele, Anforderungen und Bedarf der Verwaltung mit den individuellen Erwartungen, Bedürfnissen und Fähigkeiten der Beschäftigten in Einklang zu bringen. Der erste Baustein dieses Konzepts waren die Beurteilungsrichtlinien vom 04.12.1995, die regelmäßig evaluiert werden. Das Kernstück bilden die Vereinbarungen mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften zum Personalentwicklungskonzept vom 16.12.1998 mit den Bestandteilen:
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Ralf Stegner
-
Grundsätze für Zusammenarbeit und Führung,
-
Mitarbeiter- und Vorgesetztengespräch,
-
Anforderungsprofil für Führungskräfte und
-
Rückmeldung für Führungskräfte.
Das Personalentwicklungskonzept ist fortlaufend um weitere Bausteine ergänzt worden (z.B. Vereinbarung über ein Qualifizierungskonzept für Angestellte vom 05.11.2001, Vereinbarung über die Personalentwicklung für Führungskräfte vom 07.11.2001); es ist für die Landesregierung ein wichtiges Element der Verwaltungsmodernisierung. Diese kann – wie jede Reform des öffentlichen Dienstes – nur mit motivierten und leistungsfähigen Beschäftigten gelingen.
5.
Aktuelle Reformdiskussion
Bei der Diskussion um die Reform des öffentlichen Dienstes spielt die Leistungsorientierung eine erhebliche Rolle. Sie war bereits Gegenstand der von der Innenministerkonferenz im November 2003 beschlossenen „Leitlinien zur Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstrechts“ und der im Januar 2003 vorgelegten Reformvorschläge der damaligen Regierungskommission des Landes NordrheinWestfalen „Zukunft des öffentlichen Dienstes – öffentlicher Dienst der Zukunft“. Im Jahr 2005 hat die Vorgängerregierung der amtierenden Bundesregierung den auf dem sog. Eckpunktepapier „Neue Wege im öffentlichen Dienst“ basierenden Entwurf eines Strukturreformgesetzes (StruktRefG) vorgelegt, nach dem eine grundlegende Umgestaltung der Beamtenbesoldung vorgesehen ist. Kernstück des Gesetzgebungsvorhabens ist die Einführung einer leistungsorientierten Bezahlung, die sich aus dem Basisgehalt und einer zeitlich befristeten Leistungsvariablen (in Höhe von 2 bis 8%) zusammensetzt. Die Festsetzung der Leistungsstufe setzt nach dem Gesetzentwurf eine regelmäßige Leistungsbewertung (mindestens alle zwei Jahre) voraus, wobei die Regelungen über die Leistungsfeststellung durch die Länder getroffen werden sollen. Mit dem Gesetzentwurf ist ein Weg für eine leistungsorientierte Umgestaltung des Besoldungssystems innerhalb der geltenden verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung aufgezeigt worden. Dass das Land Schleswig-Holstein sich der Empfehlung des Bundesrates vom 14.10.2005 angeschlossen hatte, den Gesetzentwurf zu überarbeiten, lag ausschließlich in der nicht geklärten Frage der Gegenfinanzierung und dem zu erwartenden sehr hohen Verwaltungsaufwand zur Leistungsfeststellung begründet. Im Tarifbereich ist der Einstieg in die Leistungsbezogenheit durch die Tarifeinigung vom 09.02.2005 über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vollbracht worden, welcher einen leistungsbezogenen Anteil von 1% (Zielgröße ist 8%) der Entgeltsumme vorsieht. Der TVöD ist jedoch nur zwischen den kommunalen Arbeitgebern sowie dem Bund einerseits und den Gewerkschaften anderer-
Keine Föderalisierung der Beamtenbesoldung 175
seits vereinbart worden. Eine 1:1-Übertragung auf die Länder kommt nicht in Betracht, da die Interessen und die Personalstruktur der Länder in dem Tarifergebnis nicht hinreichend berücksichtigt werden. Dennoch ist auch für die Länder ein Tarifabschluss anzustreben, der gegenüber dem Status quo zu mehr Leistungsorientierung führt.
6.
Ausblick
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen muss eine stärkere Leistungsorientierung der Bezahlung folgende Bedingungen erfüllen: (1) Beachtung der verfassungsrechtlichen Grenzen aus Art. 33 Abs. 5 GG Art. 33 Abs. 5 GG lässt eine leistungsbezogene Ausgestaltung der Beamtenbesoldung zu. Die untere Grenze der amtsangemessenen Alimentation darf jedoch nicht unterschritten werden. Das Verhältnis zwischen fixer Grundbezahlung und variablem Leistungsanteil muss so austariert sein, dass es den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. (2) Einheitlicher Rahmen, aber individuelle und flexible Komponenten Bundeseinheitliche Grundstrukturen müssen erhalten bleiben, um keinen besoldungspolitischen Flickenteppich und die damit verbundenen Nachteile zu erzeugen. Innerhalb dieses einheitlichen Rahmens besteht Raum für Lösungen, die individuellen Leistungen der Beschäftigten honorieren. Die Regelungen sollten so flexibel sein, dass die Leistungshonorierung kurzfristig realisiert, bei Wegfall der Voraussetzungen aber ebenso unproblematisch wieder revidiert werden kann. Da die Anforderungen und Rahmenbedingungen zwischen den Verwaltungszweigen variieren, müssen bereichsspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden. (3) Förderung der Leistungsträgerinnen und Leistungsträger Diejenigen, die mehr leisten, müssen besser bezahlt werden können als diejenigen, die weniger leisten. Voraussetzung ist, dass ein gerechtes und transparentes Verfahren vorgehalten wird, das Leistungsträgerinnen und Leistungsträger identifiziert und ihre besonderen Leistungen honoriert. Damit wäre es nicht vereinbar, Beschäftigte, die keine anforderungsgerechten Leistungen erbringen, an ausgeschütteten Leistungsbezügen teilhaben zu lassen. Ferner darf es keine Umverteilung nach dem „Gießkannenprinzip“ geben, was letztlich zur Nivellierung des Leistungsniveaus führen würde.
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Ralf Stegner
(4) Einfaches Verfahren der Leistungsfeststellung Die Leistungsfeststellung muss ohne großen Verwaltungsmehraufwand möglich sein. Aufwand und Nutzen der Durchführung der Leistungsbezahlung müssen in angemessenem Verhältnis zueinander stehen. Das ist nach dem Entwurf des StruktRefG nicht gewährleistet; vor allem für große Verwaltungszweige, in denen noch kein regelmäßiges Beurteilungsverfahren implementiert ist (Schulbereich), zeichnete sich dadurch ein nicht absehbarer Mehraufwand ab. (5) Keine On-Top-Gewährung Bei der gegenwärtigen Lage der öffentlichen Hauhalte ist es ausgeschlossen, zusätzliche Mittel für die Gewährung leistungsbezogener Bezahlungsbestandteile freizusetzen. Möglichkeiten können nur durch Umschichtungen innerhalb des Systems erschlossen werden. Diesen Weg hat im Grundsatz auch der Entwurf des StruktRefG aufgezeigt, wobei die Frage der Gegenfinanzierung aus Sicht der Länder nicht abschließend geklärt worden ist. Bei der Finanzierung etwaiger Modelle wäre z.B. anstelle linearer Besoldungsanpassungen die gezielte (teilweise) Verwendung der Mittel für leistungsorientierte Bezahlungsbestandteile in die Überlegungen einzubeziehen. (6) Reaktion auf Schlechtleistung Als Gegenstück zur Honorierung besonderer Leistungen muss es auch möglich sein, angemessen auf Schlechtleistung reagieren zu können, z.B. durch Wegfall eines befristet gewährten Gehaltsbestandteils. Die Mindestalimentation darf jedoch aufgrund von Art. 33 Abs. 5 GG auch in diesem Fall nicht entzogen werden. (7) Verknüpfung mit Maßnahmen der Personalentwicklung Idealerweise sollte das System der Leistungsfeststellung und -honorierung mit einem systematischen Personalentwicklungskonzept verknüpft werden, um die Potenziale der Beschäftigten optimal auszuschöpfen. Dabei dürfen aber keine zu hohen Erwartungen in die Möglichkeiten eines leistungsorientierten Bezahlungssystems im öffentlichen Dienst gesetzt werden. Die Aufgabenerledigung der öffentlichen Verwaltung muss dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip genügen. Damit ist eine ausschließlich auf Kostenreduzierung oder Erhöhung der Arbeitsmenge gerichtete Aufgabenerledigung nicht vereinbar, so dass diese Faktoren nicht als alleinige Gradmesser für die Leistungsfeststellung und -honorierung herhalten können. Dadurch wird die Leistungsmessung vielfach schwierig. Das betrifft vor allem jene Aufgaben, wie z.B. der Eingriffsverwaltung, die stark durch externe Faktoren geprägt oder denen Zielkonflikte (Gesetzesvollzug versus Bürgerorientierung) bereits immanent sind. Ferner bringt die vielfältige Aufgabenstellung des öffentlichen Dienstes es mit sich, dass bereichsübergreifende Leistungsvergleiche nur bedingt möglich sind.
Keine Föderalisierung der Beamtenbesoldung 177
Die Vor- und Nachteile jedes leistungsorientierten Bezahlungssystems, das vor einer flächendeckenden Einführung am besten modellhaft erprobt werden sollte, sind somit vor dessen Implementierung sorgfältig gegeneinander abzuwägen.
Folgen wahrgenommener Gerechtigkeit des Anreizsystems für Arbeitseinstellung und Arbeitsverhalten von HochschullehrerInnen: Explorationen in einem allzu bekannten Terrain Florian Schramm, Ingrid Zeitlhöfler
Zusammenfassung „Fühlen Sie sich gerecht besoldet?“ Diese und andere Fragen haben ProfessorInnen des Departments Wirtschaft und Politik (DWP) an der Universität Hamburg im Rahmen von ExpertInneninterviews beantwortet. Neben der Darstellung der subjektiven Wahrnehmung der Gerechtigkeit ihrer Besoldung und den Gerechtigkeitsvorstellungen der ProfessorInnen ist die Identifikation der Folgen subjektiver Ungerechtigkeitsempfindungen Ziel der Befragung. Mit Hilfe der Analyse einer Personengruppe, die über besondere Wahlfreiheiten in ihrem Arbeitsverhalten verfügt, lassen sich fundierte Vermutungen über fairnessbezogene Wirkungen von Anreizsystemen ableiten. Der Beitrag beschreibt den Wandel der ProfessorInnenbesoldung von der C- zur W-Besoldung in Verbindung mit dem Thema Gerechtigkeit und stellt erste empirische Ergebnisse der ProfessorInnenbefragung im DWP zu ihren Reaktionsweisen bei einer ggf. ungerecht empfundenen Besoldung dar.
1.
Einleitung
Die Welle der Einführung betriebswirtschaftlichen Gedankenguts und Instrumente in den öffentlichen Sektor, wie Leitbilder, Zielvereinbarungen oder Leistungsbeurteilungen, hat am 01.01.2005 auch die ProfessorInnen in Form der W-Besoldung erreicht (ProfBesReformG). Diskutiert und kritisiert werden seither nicht nur die Umsetzung der leistungsorientierten Besoldung, sondern auch das von der Bundesregierung verfolgte Ziel der Leistungssteigerung der ProfessorInnen. Auch wenn in zahlreichen Artikeln zur W-Besoldung auf die Gefahr des durch leistungsorientierte Systeme hervorgerufenen Effekts des crowding-out hingewiesen wird (u.a. Eckardstein 2003, Müller-Böling et al. 2004, Hartmer 1996, Derlien 2000), also betont wird, dass materielle Anreize die intrinsische Motivation der Akteure verdrängen oder gar zerstören (vgl. Frey 2002, Deci et al. 1999), ist die Wirkung der neuen Besoldung auf die Leistung bislang nicht bekannt. In diesem Zusammenhang sei auf Matiaske und Weller (2006) verwiesen, die mögliche kontraproduktive Effekte leistungsorientierter Anreizsysteme differenzierter betrachten und dar-
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Florian Schramm, Ingrid Zeitlhöfler
auf hinweisen, dass materielle Anreize nicht in allen Austauschsituationen einen crowding-out Effekt verursachen und die speziellen Handlungsbedingungen beachtet werden müssten. Im Vergleich zum genannten crowding-out Effekt werden u.E. die Folgen subjektiv ungerecht empfundener Verteilungen für das Arbeitsverhalten der Adressaten zu wenig beachtet, obgleich in der einschlägigen Literatur darauf hingewiesen wird, dass der Erfolg von Vergütungssystemen auch davon abhängig ist, ob es von Mitarbeitern gerecht empfunden wird (vgl. Zander/Femppel 2000). Dem SORParadigma folgend wird angenommen, dass die Reaktionen, die Anreizsysteme (Stimuli) beim jeweiligen Adressaten (Organismus) auslösen, neben seiner Motivation, Arbeitszufriedenheit oder seinen individuellen Erfahrungen davon abhängig sind, ob die erhaltenen Verteilungen aus dem Anreizsystem vom Individuum als gerecht empfunden wird.
Folgen (Reaktion)
Un-/Gerechtigkeitsempfinden
Anreizsystem (Stimulus)
Wahrnehmung
abhängig von Gerechtigkeitsvorstellungen
Perspektiven Ergebnis
Prinzip
Arbeitseinstellungen
Arbeitsverhalten
Verfahren/ Interaktion
Organismus
Abbildung: Grundmodell des Un-/Gerechtigkeitsempfindens Wie in der Abbildung: Grundmodell des Un-/Gerechtigkeitsempfindens“ dargestellt, löst Ungerechtigkeitsempfinden nach den Erkenntnissen der empirischen Gerechtigkeitsforschung Reaktionen auf die Arbeitseinstellung und das Arbeitsverhalten des Akteurs aus (vgl. u.a. Cropanzano et al. 2000, Van den Bos et al. 2003). Ob eine Verteilung gerecht empfunden wird, hängt von den subjektiven Gerechtigkeitsvorstellungen zum Verteilungsergebnis, Verteilungsprinzip, Verfahren einer Verteilung und der damit verbundenen interpersonelle Behandlung ab (vgl. u.a. Lengfeld 2004, Liebig 2004). Die Perspektive der Ergebnisgerechtigkeit ist vor allem geprägt durch die Equity-Theorie (vgl. Adams 1963, 1965), die auch in die Motivationsforschung Einzug gehalten hat. Demnach empfinden Akteure eine Verteilung als gerecht, wenn die Relation aus eigenem Input und Outcome dem Vergleich zur Referenzgruppe Stand hält. Bei der Prinzipiengerechtigkeit ist
Folgen wahrgenommener Gerechtigkeit des Anreizsystems 181
davon auszugehen, dass Ungerechtigkeitsempfinden entsteht, wenn das der Verteilung zugrunde gelegte Prinzip nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Zur Analyse der Reaktionsweisen und den der Gerechtigkeitsempfindung zugrunde liegenden Gerechtigkeitsvorstellungen wurden mit Hilfe von ExpertInneninterviews elf ProfessorInnen des Departments Wirtschaft und Politik (DWP) an der Universität Hamburg befragt. Ausgewählt wurde die Gruppe der ProfessorInnen zum einen aufgrund ihres verhältnismäßig großen Verhaltensspielraums, den sie durch die Freiheit von Forschung und Lehre genießen. Zum anderen ermöglicht die aktuelle Einführung der W-Besoldung einen Vergleich der Gerechtigkeitsempfindungen in beiden Besoldungssystemen. Vor allem die neue, leistungsorientierte Besoldung wirft etliche Fragen und Probleme auf, wodurch sich die Anzahl von „Ungerechtigkeitsauslösern“ erhöht. Vor einer Darstellung fairnessbezogener Reaktionen als erste Ergebnisse der empirischen Untersuchung am DWP, werden die Aspekte der W-Besoldung, die Ungerechtigkeitsempfinden auslösen können, in einem Wandel der ProfessorInnenbesoldung beschrieben.
2.
Zum Wandel der ProfessorInnenbesoldung1
Um die ProfessorInnen zu mehr Leistung zu motivieren, wurde für alle neu berufenen ProfessorInnen zum Jahresbeginn 2005 die W-Besoldung eingeführt, die durch ein System aus fixem Grundgehalt (W2 und W3) und variablen, leistungsorientierten Zulagen die C-Besoldung und ihr zugrunde liegendes „Senioritätsprinzip“ ablöst (vgl. Eckardstein et al. 2001). Allen bisherigen C–ProfessorInnen, die die egalitäre Besoldung als unangemessen empfinden, wird ebenfalls die Möglichkeit eröffnet, in die W-Besoldung zu wechseln und sich nach dem „Leistungsprinzip“ besolden zu lassen. Die Zulagen werden allerdings nicht zusätzlich zur bisherigen Vergütung vergeben, sondern durch eine gleichzeitige Absenkung der Grundbesoldung „erwirtschaftet“ (vgl. Berg 2002). Während das Grundgehalt der W-Besoldung per Bundesgesetz vorgegeben ist, stehen für die variablen Leistungsbezüge lediglich Rahmenbedingungen fest. Vergeben werden können die Zulagen für Berufungs- und Bleibeverhandlungen (Berufungszulagen), besondere Leistungen (Leistungszulagen) und die Wahrnehmung von Funktionen (Funktionszulagen) (vgl. §33(1) ProfBesReformG) sowie für Drittmittelforschung (vgl. §35 ProfBesReformG). Durch die Übertragung der Entscheidungskompetenzen auf die Länder und Hochschulen2 treten vermehrt Fragen und Probleme bzgl. der Bestimmung der Verfahren, Verantwortlichkeiten, Festlegung der Kriterien zur Bemessung und Gestaltung der Leistungsbezüge, Fristigkeiten, Ruhegehaltsfähigkeit und Dynamisierung auf (vgl. §§32, 33 ProfBesReformG, Witte et al. 2003: 15). Im 1 2
Eine detaillierte Darstellung der Professorenbesoldungsreform siehe u.a. Müller-Böling 2003. Die Bundesländer entscheiden, welche Kompetenzen zur Autonomiestärkung auf die Hochschulen übertragen werden. Hamburg beispielsweise überträgt diese weitgehend den Hochschulen per Landesgesetz (HmbProfBesG, HmbHLeistBVO).
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Florian Schramm, Ingrid Zeitlhöfler
Gegensatz zur Vergabe der Leistungsbezüge scheint die Vergabe von Funktionsund Bleibezulagen, die für W2 und W3 möglich sind, klar und einfach. MüllerBöling et al. (2004: 243) bezeichnen die Gewährung der Leistungsbezüge und die damit verbundene Leistungsbewertung den „neuralgischen Punkt der Besoldungsreform“, der u.E. Verteilungsfragen und –probleme aufwirft, die ein immenses Potenzial an empfundener Ungerechtigkeit enthalten. Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Leistungsmessung anhand qualitativer oder quantitativer Kriterien, neben Fragen der Bemessung – individuell (ohne Vorgaben) oder nach Stufen (Rahmenvorgaben) – und dem Auslöser eines Verfahrens (Antrags- oder Regelverfahren)3. Quantifizierbare Kriterien würden in einem Kriterienkatalog verbindlich festgelegt und die direkte Zulagenhöhe ließe sich formelbasiert aus „objektiven“ Indikatoren, wie Drittmitteleinwerbung oder der Anzahl betreuter DoktorandInnen ableiten (vgl. Arnhold/Schreiterer 2003). Der Vorteil wird in der Transparenz, der Eindeutigkeit und der leichten Umsetzung gesehen. Umstritten sind dabei die Leistungsindikatoren, denn diese „harten“ Kriterien werden etwa Fächerunterschieden, der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit und der individuellen Leistungsentwicklung einzelner ProfessorInnen kaum gerecht. Raum für die Beurteilung individueller Leistungen würde eher mit Hilfe „weicher“, qualitativer Kriterien geschaffen. Ein derartiges Verfahren fußt nicht auf Berechnungen sondern auf subjektiv gefärbtem Abwägen. Der Vorteil wird in einem flexiblen, angemessenen Umgang mit verschiedenen Leistungsarten, einem größeren Wissenschaftsbezug und damit in einer „…subjektiv stärker empfundene[n] „Gerechtigkeit“ konkurrierender Leistungsbeurteilungen.“ (Arnhold/Schreiterer 2003: 163) gesehen. Da auch ein qualitatives Abwägungsverfahren indikatorengestützt sein sollte, um Willkür zu vermeiden, wird ein Beurteilungssystem stets eine Kombination aus „harten“ und „weichen“ Indikatoren verlangen. In der Literatur wird den Hochschulen empfohlen den Leistungsbegriff auf Grundlage ihres Profils zu definieren und daraus die Kriterien für die Leistungsbewertung abzuleiten, womit die Ausrichtung der Leistung an den Hochschulzielen als wichtige Funktion von Anreizsystemen deutlich wird. Die Hochschulen sollten die Kriterien mit Indikatoren begründen, ohne sich zu einer möglichen „Verregelung“ der Verfahren oder „Evaluationitis“, wie z.B. die Leistungsabbildung der ProfessorInnen mit detailliert definierten quantitativen Kriterien, hinreißen zu lassen (vgl. Müller-Böling et al. 2004: 237, Arnhold/ Schreiterer 2003). Ein wesentliches Kriterium für die Fairness ist das „Wer“ der Leistungsbeurteilung der ProfessorInnen und der Vergabeentscheidung: „In welchem Maße das vorgeschlagene Verfahren dem Kriterium der Fairness genügt bzw. als hinreichend wahrgenommen wird, hängt zudem wesentlich von den an Entscheidungen und Verfahren beteiligten Personen ab.“ (Müller-Böling et al. 2004: 247) 3
In Hamburg enthalten die Kriterienkataloge für Forschung und Lehre qualitative und quantitative Elemente.
Folgen wahrgenommener Gerechtigkeit des Anreizsystems 183
Der Literatur zufolge sollte die letzte Entscheidung aus Gründen der Akzeptanz und Transparenz in der Hand der Hochschulleitung liegen und die Dekane in die Verfahren integriert werden, um eine glaubhafte Kommunikation der Entscheidung gegenüber den Betroffenen zu gewährleisten. Die Vorbereitung der Beurteilungen jedoch sollte von unabhängigen, externen Personen oder einer Personalkommission durchführt werden (vgl. Müller-Böling et al. 2004, Witte/Schreiterer 2002).
3.
Befunde zu fairnessbezogenen Reaktionen
Die Befragung der ProfessorInnen des DWP zeigt, dass die Gerechtigkeitsempfindungen bezogen auf das Ergebnis der C-Besoldung heterogen sind und auf die Besoldungsstufe und die Wahl der Referenzperson oder –gruppe zurückzuführen sind. „Im Vergleich zu direkten Kollegen in der Professorenschaft ist es nicht ganz gerecht.“ (Interview 7) Als Besoldungsprinzip lehnen die Befragten das Senioritätsprinzip ab und sprechen sich tendenziell für das der W-Besoldung zugrunde liegende Leistungsprinzip aus. Ausschlaggebend aber für das Gerechtigkeitsempfinden der ProfessorInnen zur W-Besoldung ist die Leistungsbeurteilung. Damit rückt die Perspektive der Verfahrensgerechtigkeit in den Mittelpunkt für weitere Analysen der Gerechtigkeitsvorstellungen der ProfessorInnen. Betrachtet man die fairnessbezogenen Reaktionen, wie sie im „Grundmodell des Un-/Gerechtigkeitsempfindens“ dargestellt sind, reicht die Bandbreite der (potenziellen)4 Reaktionen von der inneren Emigration, über die Reduktion ihres Engagements „ich würde schauen, dass ich das Engagement runterfahre, wo ich keinen Schaden habe“ (Interview 7), bis zum Versuch, zusätzliches Einkommen zu erhalten: „ich würde […] versuchen, die Entlohnung hoch zu heben, also entweder durch externe Rufe oder […] durch zusätzliches Einkommen aus der Industrie“ (Interview 1)
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Da einige Interviewpartner lediglich spekulative Antworten zu den Reaktionen geben konnten und die Untersuchungen keinen Anspruch auf Repräsentativität erhebt, wird von potenziellen Reaktionen bzw. fundierten Vermutungen gesprochen.
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Eine als ungerecht empfundene Besoldung löst demzufolge Reaktionen auf die Arbeitseinstellung und das Arbeitsverhalten der ProfessorInnen aus. Von den drei Einstellungskomponenten (affektiv, kognitiv, Handlungsprädispositionen) tauchen in erster Linie emotionale Reaktionen, wie Ärger, Frustration, Unzufriedenheit oder Aggression: „dann bin ich erstmal stinkig“ (Interview 1) auf. Kognitive Veränderungen und Hinweise auf Handlungsprädispositionen sind selten. Während sich die Einstellungen zu den KollegInnen ändern, „wenn ich das Gefühl hätte, sie wären Schuld“ (Interview 7), treten Einstellungsänderungen gegenüber der Organisation in Form von sinkendem Commitment oder in Form veränderter Erwartungshaltungen auf: „[…] wenn man dann das Gefühl hat, nicht adäquat materiell entlohnt zu werden, dass man dann immateriell etwas mehr bekommen sollte.“ (Interview 3) Der nähere Blick auf die genannten Folgen für des Arbeitsverhalten zeigt, dass auch ProfessorInnen, wie aus der Equity-Theorie bekannt (vgl. Mikula 1980, Weibel/ Rota 2002), mit ihren Reaktionen auf eine Verbesserung ihrer Input–Outcome–Relation zielen. Einerseits versuchen sie ihren Outcome durch zusätzliches Einkommen aus der Industrie zu steigern, andererseits ihren Input in Form von Arbeitszurückhaltung bzw. weniger Engagement zu reduzieren. Laut Angaben der Befragten wird von der theoretischen Option, ihren Input in Forschung, Lehre und Selbstverwaltung auf die Erfüllung der Lehrverpflichtung zu reduzieren, kein Gebrauch gemacht. Stattdessen konzentrieren sie ihre Arbeitsleistung je nach Berufsverständnis auf Forschung und/oder Lehre und reduzieren das Engagement im Bereich der Selbstverwaltung: „im Forschungsbereich werden sie es mit Sicherheit nicht machen, […], weil es einem Spaß macht und zur Lehre sind sie verpflichtet, da können sie sich gar nicht zurückziehen […]“ (Interview 1) „[…], dass sich das durchaus auch auf die Selbstverwaltung auswirken kann, […] die Selbstverwaltung ist letztendlich was, wo sie als Hochschullehrer draufzahlen, wo sie mehr geben, als raus bekommen, […] von da aus, wäre das der Bereich, wo man sich auch sehr unproblematisch zurückziehen könnte“ (Interview 1) „[…] sie müssen auch zu keiner Sitzung gehen, es kann sie ja keiner zwingen. Sie lenken einfach ihren Fokus auf etwas anderes, dann werbe ich Drittmittel ein. Warum soll ich mich in eine Sitzung setzen wo nichts rauskommt, in der Zeit schreibe ich lieber einen Antrag […] das heißt aber nicht, dass sich der Beitrag zum Gesamten reduziert – also in meinem Fall erhöht er sich für Forschung und Lehre“ (Interview 2)
Folgen wahrgenommener Gerechtigkeit des Anreizsystems 185
Einige ProfessorInnen geben zu erkennen, dass eine ungerecht empfundene Besoldung auch negative Folgen für die Lehre auslösen kann. Ob ein Rückzug auf die Lehrverpflichtung explizit genannt wird, ist fraglich und zeigt eine Grenze der Methode. Aus den ersten Analysen der Empirie liegt die Vermutung nahe, dass ProfessorInnen ihr Arbeitsverhalten auf die eigenen Interessenbereiche fokussieren und sich auf Tätigkeiten „zurückziehen“, die sie auch außerhalb der Hochschule durchführen können: „[…] dann sucht man nach anderen Zusammenhängen, die irgendwie besser funktionieren und wenn der Hochschulwechsel nicht klappt, dann macht man das nebenberuflich […]“ (Interview 8)
4.
Fazit
Aus den ersten empirischen Ergebnissen leiten wir, angelehnt an das „Grundmodell des Un/-Gerechtigkeitsempfindens“ folgende Aussagen zu den Gerechtigkeitsempfindungen und Gerechtigkeitsvorstellungen von ProfessorInnen ab. Die Gerechtigkeitsempfindungen bzgl. der C-Besoldung sind heterogen, das Gerechtigkeitsempfinden in der W-Besoldung ist abhängig von der Gestaltung der Leistungsbeurteilung. Aus der Perspektive der Prinzipiengerechtigkeit wird das Leistungsprinzip tendenziell dem Senioritätsprinzip vorgezogen. Die (potenziellen) Reaktionen von HochschullehrerInnen auf ein ungerecht empfundenes Anreizsystem sind weniger Engagement und die Konzentration der Arbeitsleistung auf ihre subjektiven Interessen – auch außerhalb der Hochschule. Gefährdet wäre damit in erster Linie das Ziel die Arbeitsleistung in Richtung des Hochschulprofils zu steuern und nicht das Regierungsziel der Leistungssteigerung, da die genannten Reaktionen nicht unbedingt weniger Produktivität zur Folge haben könnten. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, was in Hochschulen vorrangig sein sollte: die Steuerung des Arbeitsverhaltens oder die Tatsache, dass die Akteure in ihrem gewählten Fach etwas leisten? Für die Gestaltung von Anreizsystemen zeigen die Ergebnisse, dass nicht nur der Effekt des crowding-out, sondern auch Fairness berücksichtigt werden sollte. Dies wäre den Hochschulen bei der W-Besoldung durch die Nutzung der Gestaltungsspielräume möglich, setzt aber Kenntnisse der Gerechtigkeitsvorstellungen, spezielle Führungsqualitäten und Manpower voraus. Welche Gerechtigkeitsvorstellungen die ProfessorInnen haben und welche Rolle Aspekte, wie Schwerbehinderung spielen, beantworten weitere Analysen der ProfessorInnenbefragung.
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Implementierung einer leistungsbezogenen Bezahlung in öffentlichen Verwaltungen Eine Untersuchung auf Grundlage der neo-institutionalistischen Organisationstheorie Katharina Jörges-Süß
Zusammenfassung Über eine leistungsbezogene Bezahlung in öffentlichen Verwaltungen wird bereits seit mehreren Jahrzehnten diskutiert. Das Dienstrechtsreformgesetz schafft schließlich 1997 die rechtliche Grundlage dafür, besondere Leistungen von Beamten zusätzlich zur festen Besoldung materiell zu honorieren. Für die Angestellten des öffentlichen Dienstes sind entsprechende Regelungen im neuen Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) ab dem Jahr 2007 vorgesehen. Erstaunlicherweise ist eine leistungsbezogene Bezahlung in der Verwaltungspraxis jedoch nur relativ selten vorzufinden. Die Gründe dafür liegen insbesondere in der Finanzkrise der öffentlichen Haushalte, fehlenden Leistungsbeurteilungssystemen sowie in Akzeptanz- und Legitimitätsproblemen dieses Bezahlungssystems.
1.
Langwierige Veränderungsdiskussion im öffentlichen Dienst
Im öffentlichen Dienst sind ungefähr 4,8 Millionen Personen – davon ca. 1,5 Millionen Beamte, Soldaten und Richter – beschäftigt. Um zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltungen beizutragen, wird über einen stärkeren Leistungsbezug ihrer Bezahlung diskutiert. Überlegungen dazu sind allerdings nicht neu, vielmehr werden schon seit Beginn der 1970er Jahre immer wieder entsprechende Konzepte entwickelt sowie Veränderungen gefordert und diskutiert; erst das Dienstrechtsreformgesetz von 1997 schafft jedoch die rechtliche Basis dafür, einem Teil der Beamten zusätzlich zur festen Besoldung eine materielle Belohnung für besondere Leistungen zu gewähren (vgl. Abbildung 1). Bei einer leistungsbezogenen Bezahlung erhalten Beschäftigte zusätzlich zu ihrem fixen Entgelt eine materielle Honorierung, die sich nach der von ihnen erbrachten Leistung richtet. Davon erhofft man sich ein gerechteres Entlohnungssystem und eine (weitere) Steigerung der Leistungsmotivation. Es gibt zwar immer wieder Kritiker, die auf die Gefahr hinweisen, dass dadurch intrinsische Motivation verdrängt wird. Überwiegend herrscht jedoch die Meinung, dass es in erster Linie vorteilhaft ist, wenn sich die Vergütung – zumindest teilweise – an der tatsächlich gezeigten Arbeitsleistung des Mitarbeiters orientiert (vgl. z.B. Staehle 1999: 822;
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Drumm 2000: 555). Die zusätzliche materielle Honorierung kann in Prämien, Zulagen oder Ergebnis- und Vermögensbeteiligung bestehen. In den USA zählen Erfolgs- und Vermögensbeteiligungen sowie insbesondere Stock-Option-Pläne inzwischen zur gängigen Praxis. Auch in Deutschland haben in den letzten Jahren viele Unternehmen leistungsabhängige Entgeltbestandteile implementiert (vgl. Böger 2002). Für öffentliche Verwaltungen wird in einer leistungsorientierten Bezahlung eine geeignete Maßnahme gesehen, um der Kritik, die Leistungsbereitschaft der dort Beschäftigten sei zu niedrig und die Effizienz des Verwaltungshandelns unzureichend, zu begegnen.
• 1973: Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts schlägt Einführung leistungsorientierter Bezahlungselemente für Beamte und öffentliche Arbeitnehmer vor • 1976: Im Aktionsprogramm der Bundesregierung ist eine leistungsorientierte Bezahlung geplant, die kostenneutral verwirklicht werden soll • 1979: Abschied der Bundesregierung vom Begriff der Dienstrechtsreform bedeutet das vorläufige Ende der Pläne für eine große Dienstrechtsreform • 1993: Das Reformkonzept „Neues Steuerungsmodell“ der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) erhöht die Notwendigkeit von dienstrechtlichen Änderungen • 1994: Perspektivbericht der Bundesregierung über die Fortentwicklung des öffentlichen Dienstes sieht die Einführung leistungsbezogener Bezahlungsbestandteile für Beamte vor • seit Mitte der 1990er Jahre: Experimentierklauseln im Kommunal- und Haushaltsrecht ermöglichen ein zeitlich befristetes Erproben von leistungsorientierten Bezahlungselementen (z. B. Prämien und Zulagen für besondere Leistungen) • 1995: Gesetzesentwurf zur Reform des öffentlichen Dienstrechts beinhaltet leistungsbezogene Bezahlungselemente für Beamte in Form von Leistungsstufen, Leistungszulagen und Leistungsprämien • 1997: Gesetz zur Dienstrechtsreform schafft für Beamte die rechtliche Grundlage für eine leistungsorientierte Bezahlung • 2005/2006: Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes sieht die Zahlung von Zulagen und Prämien für Angestellte ab dem Jahre 2007 vor
Abbildung 1: Eckdaten zur leistungsorientierten Bezahlung in öffentlichen Verwaltungen Die Einführung von Leistungszulagen und Leistungsprämien bilden zentrale Elemente der Reformansätze. Im Vergleich zu den Vorschlägen der Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts aus dem Jahr 1973 kennzeichnet die Reformkonzepte seit dem so genannten Aktionsprogramm der Bundesregierung Mitte der 1970er Jahre jedoch, dass die leistungsbezogene Bezahlung nur unter der Prämisse gewährt wird, dass sie kostenneutral erfolgt, d.h., die dafür benötigten finanziellen Mittel müssen an anderer Stelle (in aller Regel im Personalhaushalt) erwirtschaftet bzw. eingespart werden. Kostenneutralität prägt auch die Leistungselemente, die schließlich 1997 in dem Dienstrechtsreformgesetz enthalten sind, das nach Jahrzehnten der Diskussion die Möglichkeit gibt, einem Teil der Beamten (genauer: Beamten der Besoldungsordnung A), zusätzlich zur fixen Besoldung ein leistungsorientiertes Bezahlungselement zu gewähren. Für die An-
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gestellten des Bundes und die Angestellten der Mitglieder der Arbeitgeberverbände, die der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände angehören (VkA), gilt schließlich zum 1. Oktober 2005 ein neuer Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD); für die Angestellten der Länder wird er zum 1. November 2006 in Kraft treten. Der TVöD löst den Bundesangestelltentarifvertrag ab und sieht ab dem Jahr 2007 ebenfalls die Gewährung variabler leistungsbezogener Bezahlungsbestandteile vor (vgl. § 18 TVöD Bund, § 18 TVöD VkA, Punkt IV des akzeptierten Angebots der Tarifgemeinschaft deutscher Länder an die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vom 19.05.2006). Bei der leistungsorientierten Bezahlung in öffentlichen Verwaltungen handelt es sich somit um eine Gestaltungsmaßnahme, die schon sehr frühzeitig diskutiert und grundsätzlich für sinnvoll befunden wurde. Dennoch wurden die (tarif-)rechtlichen Voraussetzungen dafür lange Zeit nicht realisiert, sondern erst 1997 bzw. 2005 und 2006 geschaffen. Zudem nutzen die öffentlichen Verwaltungen die neuen Gestaltungsmöglichkeiten überraschenderweise in viel geringerem Maße als dies angesichts der langjährigen Debatte zu erwarten gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund besteht das Ziel des Beitrags darin, die Langwierigkeit der Diskussion zu erklären sowie Gründe dafür aufzuzeigen, warum eine leistungsbezogene Bezahlung in den öffentlichen Verwaltungen Deutschlands (noch) nicht stärker verbreitet ist. Dazu wird die makro-institutionalistische Organisationstheorie herangezogen.
2.
Makro-institutionalistische Organisationstheorie
2.1 Institutionen, Institutionalisierung, Legitimität Die neo-institutionalistische Organisationstheorie rückt die Beziehung zwischen Organisation und Umwelt in den Vordergrund und analysiert den Wandel von Organisationen sowie die (scheinbare) Überlegenheit bestimmter Strukturen in Organisationen. Dabei wird im Allgemeinen etwas als Institution bezeichnet, wenn es bereits eine lange Zeit besteht und somit Tradition aufweist (z.B. Ehe, Familie, Vertrag). Institutionen werden tradiert und zu unhinterfragten Selbstverständlichkeiten, die das Verhalten regulieren (vgl. Hasse/Krücken 1999: 6): Einerseits ermöglichen sie Handlungen, indem sie (legitime) Möglichkeiten aufzeigen sowie Sicherheit geben, dass bestimmte Strukturen und Handlungen akzeptiert werden. In diesem Fall erhält die Organisation von ihrer Umwelt Legitimität und Ressourcen zugesprochen, die sie für ihre Existenzsicherung benötigt. Andererseits schränken Institutionen die Handlungen und Ziele einer Organisation jedoch ein, da sie regelhaft festlegen, was legitim ist. Davon abweichende Strukturen oder Verhaltensweisen werden von der Umwelt sanktioniert. Die Prozesse, durch die sich bestimmte Aspekte zu Richtlinien für legitimes Verhalten entwickeln, werden unter dem Begriff der Institutionalisierung subsumiert (vgl. Walgenbach 2002b: 323). Wenn die Institution nicht mehr hinterfragt, sondern als objektiv gegeben akzeptiert und
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automatisch oder aus Gewohnheit reproduziert wird, sind diese Prozesse abgeschlossen, und die Institutionalisierung ist zu einem Zustand geworden. Es haben sich zwei Forschungsrichtungen des Neo-Institutionalismus entwickelt: (1) Nach mikro-institutionalistischen Überlegungen werden Organisationen als die zentrale Institution der Gesellschaft verstanden. Sie selbst erzeugen institutionalisierte Strukturen und Regeln und beeinflussen dadurch ihre Umwelt. (2) In der makro-institutionalistischen Perspektive wird die Bedeutung der Umwelt für die Strukturen und Handlungen einer Organisation betont. Demnach ist es für eine Organisation existenziell wichtig, dass sie in ihren Strukturen und Handlungsweisen den Vorstellungen ihrer Umwelt entspricht, um Legitimität und Ressourcen zu erhalten. Eine Organisation adaptiert folglich diejenigen Strukturen, die ihre Umwelt erwartet, um dadurch ihren Fortbestand zu sichern. Die zweite Forschungsrichtung hat eine stärkere Anwendung und Verbreitung erfahren; sie wird im Folgenden näher betrachtet und anschließend zur Erklärung des diskontinuierlichen Diskussionsverlaufs über eine leistungsbezogene Bezahlung in öffentlichen Verwaltungen sowie zur Begründung der tatsächlichen Bezahlungspraxis öffentlicher Verwaltungen herangezogen. 2.2 Umwelteinflüsse, Rationalitätsmythen und Existenzsicherung von Organisationen Grundgedanke des Makro-Institutionalismus ist, dass nicht primär technisch-betriebliche (Effizienz-)Erfordernisse die formalen Strukturen und Handlungen einer Organisation beeinflussen, sondern in erster Linie die Vorstellungen der Umwelt über eine rationale Gestaltung der Organisation prägend sind (vgl. Meyer/Rowan 1977: 341). Die Erwartungen an die Gestalt und das Verhalten von Organisationen verfestigen sich zu unabänderlichen Anforderungen und werden zu Institutionen. Diese spiegeln sich beispielsweise in Gesetzen oder in der öf-fentlichen Meinung wider; sie bestimmen den Nutzen, die Aufgaben und die formalen Strukturen unterschiedlicher Organisationen (vgl. Scott/Meyer 1994: 3). Die Umweltanforderungen und Regeln werden auch als Rationalitätsmythen bezeichnet, da sie nicht objektiv (empirisch) überprüft und bewiesen werden können, jedoch an sie geglaubt wird und sie daher dauerhaft bestehen (vgl. Scott 1992: 14; vgl. auch Abbildung 2). Weichen Organisationen von den Erwartungen ab, wird das nicht akzeptiert und negativ sanktioniert. Wenn Organisationen aber Strukturen und Verhaltenweisen adaptieren, die von der Umwelt als rational, notwendig und angemessen angesehen werden, bekommen sie von der Umwelt Legitimität zugeschrieben. An die Legitimität geknüpft ist der Zugang zu Ressourcen (z.B. Arbeitskraft, finanzielle Mittel, Rohstoffe) (vgl. Abbildung 2).
Implementierung einer leistungsbezogenen Bezahlung in öffentlichen Verwaltungen 193
Entwicklung institutionalisierter Rationalitätsmythen
Organisationale Konformität mit institutionalisierten Mythen
Legitimität und Ressourcen
Überleben der Organisation
Organisationale Effizienz
Abbildung 2: Überleben von Organisationen (in Anlehnung an Meyer/Rowan 1977: 353) Organisationen implementieren die von der Umwelt geforderten Regeln und Strukturen demzufolge unabhängig davon, ob sich diese positiv auf die Leistungserstellung auswirken und die organisationale Effizienz und Effektivität tatsächlich erhöhen (vgl. Meyer/Rowan 1977: 340). In diesem Fall erscheint das organisationale Verhalten unter Umständen unter wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkten zunächst nicht sinnvoll. Die neo-institutionalistische Organisationstheorie besitzt jedoch eine über technische Rationalität und Effizienz hinausgehende Vorstellung von rationalem Verhalten: Eine Organisation handelt demzufolge rational, wenn sie sich gemäß den Vorstellungen der Organisationsumwelt strukturiert und verhält (auch wenn diese Vorstellungen den technischen Anforderungen der Arbeitsabläufe zuwiderlaufen sollten), weil sie auf diese Weise Legitimität und Ressourcen erhält und somit ihren Fortbestand sichert (vgl. Meyer/Rowan 1977: 341ff.). In Extremfällen ist es denkbar, dass eine Organisation völlig unabhängig von der (technischen) Effizienz ihrer Leistung bzw. sogar bei dauerhafter Ineffizienz von ihren Umwelten genügend Legitimität und Ressourcen zum Überleben erhält, weil die Umwelten annehmen, dass die Organisation ihre Leistung effizient erstellt (vgl. Meyer/Rowan 1977: 344). Von Bedeutung ist dabei, dass Organisationen nicht von einer homogenen Umwelt umgeben sind. Vielmehr interagieren sie mit bzw. sind abhängig von verschiedenartigen Umweltsegmenten wie beispielsweise Kunden, Zulieferern, Kapitalgebern, Konkurrenten und Beratern, aber auch von ihren Beschäftigten, die die interne Umwelt der Organisation darstellen. Die Anforderungen verschiedener Umweltsegmente an eine Organisation bzw. an Organisationen verschiedener Branchen oder Gesellschaftsbereiche können sich stark unterscheiden, sich gegenseitig ausschließen oder nicht mit den technisch-wirtschaftlichen Erfordernissen einer effektiven und effizienten Leistungserbringung vereinbar sein. Organisationen übernehmen dann – dem Anschein nach – die erwarteten Strukturen und Verhaltensweisen. Tatsächlich entkoppeln sie jedoch die Arbeitsabläufe von den Institutionen oder die verschiedenen Institutionen untereinander. Die Adaption der Institution besitzt in diesem Fall symbolischen Charakter.
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Katharina Jörges-Süß
Die Orientierung an Institutionen führt jedoch keinen dauerhaften Legitimitätszustand einer Organisation herbei; vielmehr muss sie sich immer wieder an neue oder veränderte Umweltvorstellungen anpassen. Aufgrund dieser Dynamik der Umweltanforderungen in immer mehr Bereichen (z.B. Umweltschutz, Verbraucherschutz, Frauenförderung bzw. Gleichstellungsarbeit; vgl. Walgenbach 2002a: 160) kann Legitimität nur durch eine fortwährende (symbolische) Anpassung erreicht werden. 2.3 Institutioneller Isomorphismus Institutionen beschränken die Handlungsspielräume von Organisationen, indem sie bestimmen, welche Entscheidungen und Handlungen legitim oder illegitim sind. Dies hat zur Folge, dass Strukturen und Entscheidungen von Organisationen, die mit ähnlichen oder identischen Umwelterwartungen konfrontiert sind, einander ähnlicher werden. Dieser Homogenisierungsprozess wird als institutioneller Isomorphismus bezeichnet (vgl. Meyer/Rowan 1977: 355; DiMaggio/Powell 1983: 149). DiMaggio/Powell (vgl. 1983: 150ff.) unterscheiden drei Mechanismen, die eine Strukturgleichheit (Isomorphie) zur Folge haben können: (1) Isomorphismus durch Zwang entsteht für eine Organisation zum einen, wenn andere Organisationen, von denen sie abhängig ist oder mit denen sie konkurriert, (wirtschaftlichen) Druck ausüben. Er resultiert zum anderen aus den Erwartungen und Werthaltungen der Gesellschaft an die Gestalt und Funktion dieser Organisation (vgl. auch Scott/Meyer 1994: 3), die beispielsweise Umweltschutz betreiben, soziale Verantwortung übernehmen und Gesetze beachten soll. Insbesondere der Staat begrenzt durch rechtliche Vorgaben in Form von Gesetzen und Richtlinien die (legitimen) Handlungsmöglichkeiten von Organisationen und engt dadurch die mögliche Verschiedenartigkeit legitimer organisationaler Strukturen und Verhaltensweisen ein (vgl. Hasse/Krücken 1999: 16; Walgenbach 2002b: 334). Zwang ist dabei nicht immer explizit und somit eindeutig erkennbar. Folglich kann der daraus resultierende Handlungsdruck von Organisationen unterschiedlich stark empfunden werden (vgl. DiMaggio/Powell 1983: 150f.). (2) Isomorphismus durch Nachahmung bzw. mimetische Prozesse bedeutet, dass Organisationen andere Organisationen imitieren, wenn diese als erfolgreicher und legitim(er) angesehen werden. Insbesondere bei hoher Unsicherheit (z.B. aufgrund von heterogenen Erwartungen verschiedener Umweltsegmente) ist dies der Fall (vgl. DiMaggio/Powell 1983: 151; vgl. auch Hasse/Krücken 1999: 16); kopiert werden Strukturen oder Verfahren, die als „best practices“ und somit als Erfolg versprechend wahrgenommen werden (vgl. Walgenbach/Beck 2003: 499). Das Benchmarking, bei dem eine Ausrichtung an den (Branchen-) Besten erfolgt, stellt dazu einen Ansatzpunkt dar (vgl. Jörges-Süß/Süß 2004a: 317). Insbesondere Unternehmensberatungen werden hier zu „Diffusionsagenten“ (Hasse/Krücken 1999: 17),
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da sie Imitationsprozesse verstärken und dazu beitragen, dass sich bestimmte Lösungen verbreiten. In Zeiten steigender Globalisierung findet zunehmend auch eine Imitation erfolgreicher Praktiken, Strukturen und Instrumente aus dem Ausland statt. (3) Isomorphismus durch normativen Druck resultiert in erster Linie aus der zunehmenden Professionalisierung von Berufsgruppen. Der normative Druck ergibt sich aus der beruflichen und akademischen Aus- und Weiterbildung von Personal durch Universitäten und durch andere Ausbildungsinstitutionen sowie aus informellen und formalen beruflichen Netzwerken wie Berufs- und Wirtschaftsverbänden (vgl. DiMaggio/Powell 1983: 152). Dadurch werden Denkhaltungen (tendenziell) vereinheitlicht, sodass ähnliche Überzeugungen, Denk- und Verhaltenweisen sowie Methoden durch die Auswahl entsprechend ausgebildeten Personals in die Organisationen gelangen und sich verbreiten (vgl. dazu Hasse/Krücken 1999: 17; Walgenbach 2002b: 335ff.). Obwohl eine Organisation grundsätzlich anstrebt, sich von anderen Organisationen abzuheben (vgl. DiMaggio/Powell 1983: 151f.), existieren somit nur wenige (legitime) Organisationsformen (vgl. Walgenbach 2002b: 335). Folglich verlieren Organisationen ihre Einzigartigkeit und werden einander ähnlich, wenn sie sich den Erwartungen und Vorstellungen der Umwelt entsprechend wandeln, um weiterhin Ressourcen und Legitimität zu erhalten (vgl. Abbildung 3). Isomorphismus-Mechanismen Zwang
Imitation
Normativer Druck
Einfluss auf Organisationsstrukturen und -prozesse Angleichung der Strukturen und Prozesse in Organisationen
Abbildung 3: Angleichungsprozesse von Organisationen (in Anlehnung an JörgesSüß/Süß 2004a: 317) Jeder dieser Isomorphismus-Mechanismen kann eine Organisation (unbewusst) zu Handlungen bewegen; ob diese tatsächlich erfolgreich sind, kann sie jedoch aufgrund ihrer beschränkten Rationalität – auch im Nachhinein – nicht wissen. Hinzu kommt, dass sowohl die Anforderungen und Erwartungen als auch die Anpassung daran irgendwann als selbstverständlich, d.h. als „taken-for-granted“, gelten und überhaupt nicht mehr als solche erkannt und hinterfragt werden.
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Die makro-institutionalistische Theorie ist geeignet, die diskontinuierliche Debatte um eine leistungsbezogene Bezahlung sowie die reale Bezahlungspraxis öffentlicher Verwaltungen zu erklären. Im Folgenden wird zunächst mit Hilfe der Theorie der Diskussionsverlauf begründet.
3.
Gründe für die langwierige Diskussion über eine leistungsbezogene Bezahlung in öffentlichen Verwaltungen
Die Debatte um leistungsorientierte Bezahlungsbestandteile in der öffentlichen Verwaltung wandelte sich im Laufe der Zeit stark. Dies ist insbesondere mit den Isomorphismus-Mechanismen Zwang (ökonomischer Druck und Erwartungen der Umwelten) und Imitation zu erklären. Die umfassenden Reformpläne für den öffentlichen Dienst zu Beginn der 1970er Jahre sind nur möglich gewesen, weil günstige wirtschaftliche Rahmenbedingungen (Hochkonjunktur) herrschten, die die Gelegenheit für Veränderungen boten. Die bestehenden Erwartungshaltungen der Bürger, dass Veränderungen notwendig und sinnvoll sind, waren dabei in dem Bundestagswahlkampf 1969 von den politischen Parteien selbst geweckt worden (z.B. mit dem SPD-Wahlkampfspruch „Mehr Demokratie wagen“). Die Finanz- und Strukturkrise ab Mitte der 1970er Jahre machten hingegen ein Krisenmanagement notwendig, das vor allem auf Kosten- und Wirtschaftlichkeitsaspekte abstellte. Aufgrund dieses ökonomischen Drucks (Isomorphismus-Mechanismus „Zwang“) wurden die bisherigen Reformziele um das der Kostenneutralität und kostensenkenden Wirkung von Änderungsmaßnahmen ergänzt. Das öffentliche Dienstrecht sollte zwar nach wie vor strukturell weiterentwickelt und die Leistungsorientierung erhöht werden, die Reformpläne wurden aber kleinschnittiger und nahmen einen geringeren Umfang ein. Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und des fehlenden Konsenses bei den politischen Parteien sanken die Erwartungen der Umwelten in Hinblick auf strukturelle dienstrechtliche Veränderungen (vgl. Keller 1980: 661f.), sodass kein großer externer Veränderungsdruck bestand. Die geplante Dienstrechtsreform blieb aufgrund dessen trotz der umfassenden Reformpläne letztlich aus. Da das Verwaltungshandeln als effektiv und effizient galt, sich weiterhin ausländische Verwaltungen die Strukturen und Prozesse der öffentlichen Verwaltung Deutschlands zum Beispiel nahmen und sich zudem keine Vorbilder für eine leistungsbezogene Bezahlung aufdrängten, kam die intensive Debatte über eine stärkere Leistungsorientierung zum Stillstand, der bis zum Ende der 1980er bzw. Anfang der 1990er Jahre anhielt. Erst zu diesem Zeitpunkt sorgte vor allem die zunehmend angespannte Finanzlage der öffentlichen Haushalte für ein Umdenken und ein Wiederaufgreifen der Diskussion. Die Finanzkrisen (ökonomischer Druck) haben sich somit in den verschiedenen Jahrzehnten unterschiedlich auf das Reformprojekt „öffentliches Dienstrecht“ ausgewirkt. Während die großen Reformpläne der Bundesregierung in den 1970er Jahren dadurch begraben wurden und die Reform des öffentlichen Dienstrechts daraufhin versandete, ist die
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Finanzkrise in den 1990er Jahren im Gegenteil so-gar der ausschlaggebende Grund dafür gewesen, tiefgreifende Maßnahmen herbeizuführen und kostenneutral umzusetzen, um das Verwaltungshandeln effektiver, effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten. Im Unterschied zu den vorherigen Jahrzehnten herrschte in den 1990er Jahren angesichts der angespannten Situation der öffentlichen Haushalte, einer Wirtschaftskrise und der strukturellen Dysfunktionalitäten der öffentlichen Verwaltung aber nicht nur ein hoher verwaltungsinterner Druck, Reformkonzepte zu entwickeln. Vielmehr kam ein starker verwaltungsexterner Druck hinzu (vgl. auch Seibel 1997: 101ff.), der durch die Deutsche Einheit und der damit einhergehenden Notwendigkeit, die Verwaltungen in den neuen Bundesländern zu reformieren, entstand. Auch das wachsende Medieninteresse sowie die gestiegenen Ansprüche der Bürger und des Personals an die öffentliche Verwaltung spielten hierbei eine wichtige Rolle. Dadurch wurde der Veränderungs- und Handlungsdruck insgesamt so groß, dass sich die öffentliche Verwaltung dem nicht mehr entziehen konnte und erneut Modernisierungspläne entworfen wurden. Anders als in der Vergangenheit verfügte die öffentliche Verwaltung in den 1990er Jahren zudem über eine Vielzahl an potenziellen Vorbildern (Isomorphismus-Mechanismus „Imitation“), deren materielle Anreizgestaltung sie in ihren Reformüberlegungen aufgreifen konnte. Neben privatwirtschaftlichen Organisationen, die zunehmend einen Leistungsbezug bei der Vergütung herstellten, experimentierten Verwaltungen im Ausland mit entsprechenden Maßnahmen. Somit bestand erstmals die Möglichkeit, Strukturen und Prozesse von einer Organisation des gleichen Typs („Verwaltungsbetrieb“) zu imitieren; aufgrund der Europäischen Integration waren dabei für die Verwaltung Deutschlands insbesondere Verwaltungen der anderen EU-Länder von Bedeutung (vgl. Tönjes 2001: 82). Im Laufe der 1990er Jahre kamen jedoch auch deutsche Verwaltungsbetriebe als Imitationsvorbilder für die Reformbestrebungen infrage, da in bestimmten Bereichen (kommunale Versorgungsbetriebe, Deutsche Post, AOK, Sparkassen) Tarifverträge mit leistungsorientierten Bezahlungsregelungen geschlossen (vgl. z.B. Kurz 1989; Tondorf 1994: 511f.; Reichert/Stöbe/Wohlfahrt 1996: 227f.) sowie Sonderregelungen für Beamte erlassen wurden (vgl. Postleistungszulagenverordnung der Deutschen Post von 1989). Die Kommunalverwaltungen waren aufgrund ihrer Modernisierungsbemühungen (Konzept „Neues Steuerungsmodell“) den Ländern und dem Bund ebenfalls ein potenzielles Vorbild. Die Tatsache, dass zahlreiche Organisationen ein leistungsorientiertes Bezahlungselement implementierten und als Vorbild infrage kamen, führte dazu, dass eine Ausrichtung der öf-fentlichen Verwaltung als Ganzes an diesen „modernen“ Managementinstrumenten auch zu-nehmend erwartet wurde und sich somit Druck aufbaute, Konzepte für eine entsprechend gestaltete Personalarbeit innerhalb der öffentlichen Verwaltung zu entwickeln und umzusetzen (vgl. König/Füchtner 2000: 347). Eine Hilfestellung bot sich dabei durch Berater, die in den 1990er Jahren – ausgelöst durch die internationale New-Public-Management-Bewegung und das Neue Steuerungsmodell der deutschen Kommunalverwaltungen – die
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Modernisierung des öffentlichen Sektors als Auftragsmarkt entdeckten. Empirische Untersuchungen zeigen, dass ein Großteil von Verwaltungen bei ihren Reformbemühungen von Beratern begleitet wird (vgl. z.B. Erben/Zeiler 2000: 44). Berater beeinflussen den Reformprozess in der Verwaltungspraxis, indem sie maßgeblich zu einer Diffundierung der Diskussion über leistungsorientierte Bezahlung und der Verbreitung entsprechender Konzepte sowie zu der tatsächlichen Implementierung einer leistungsbezogenen Bezahlung beitragen (vgl. Weiß 2002: 178) – diese Beobachtung stimmt mit dem Argument der neo-institutionalistischen Theorie überein, dass Berater „Diffussionsagenten“ sind (vgl. Hasse/Krücken 1999: 17).
4.
Leistungsbezogene Bezahlung in der öffentlichen Verwaltung: Status quo
4.1 Möglichkeiten einer leistungsbezogenen Bezahlung Mit dem Dienstrechtsreformgesetz von 1997 sind Gestaltungsspielräume für eine leistungsbezogene Bezahlung von Beamten geschaffen worden, da es die Möglichkeit vorsieht, Beamten und Soldaten der Besoldungsordnung A, die eine besondere Gesamtleistung oder eine besondere Einzelleistung gezeigt haben, zusätzlich zur fixen Bezahlung materiell zu belohnen (vgl. Abbildung 4). Das Grundgehalt der Beamten der Besoldungsordnung A wird leistungsorientiert verändert, sodass sich die Höhe der Dienstbezüge neben dem Dienstalter nach der erbrachten Leistung bemisst. Anders als in der Vergangenheit soll kein automatisches Aufrücken in die nächsthöhere Leistungsstufe mehr möglich sein; das Erreichen der nächsten Stufe hängt vielmehr davon ab, wie die fachliche Leistung beurteilt wird (vgl. § 27 Abs. II BBesG). Erbringt ein Beamter oder Soldat dauerhaft eine erheblich über dem Durchschnitt liegende Leistung, besteht die Möglichkeit, dies zu honorieren, indem er schneller als im üblichen Rhythmus in die nächste Leistungsstufe vorrückt; eine unterdurchschnittliche Leistung kann wiederum diesen Rhythmus stören und den Aufstieg verzögern (vgl. § 27 Abs. III BBesG). Von den Beamten und Soldaten, die noch nicht das Endgrundgehalt erhalten, können höchstens 15 % frühzeitig die nächste Leistungsstufe erreichen. Daneben sieht das Dienstrechtsreformgesetz zusätzliche Zahlungen für eine besonders herausragende Einzelleistung vor. Demnach kann eine besondere Arbeitsqualität, -quantität oder ein besonderer wirtschaftlicher Erfolg durch eine Leistungszulage oder eine Leistungsprämie belohnt werden (vgl. § 42a Abs. II BBesG). Eine Leistungszulage beträgt monatlich höchstens 7 % des Anfangsgrundgehalts, innerhalb eines Kalenderjahres darf sie höchstens 15 % der Beamten und Soldaten für die maximale Dauer eines Jahres gewährt werden (vgl. § 42a Abs. II BBesG). Die Leistungsprämie ist eine Einmalzahlung und darf die Höhe eines Anfangsgrundgehalts nicht überschreiten.
Implementierung einer leistungsbezogenen Bezahlung in öffentlichen Verwaltungen 199 Überdauernde Gesamtleistung festgestellt durch aktuelle Leistungseinschätzung (einmal pro Jahr)
Leistungsstufe: (1) Frühzeitiges Vorrücken in Dienstaltersstufen • bei einer dauerhaft erheblich über dem Durchschnitt liegenden Leistung • für maximal 15 % der Beamten und Soldaten in Besoldungsordnung A (2) Hinauszögerung des automatischen Vorrückens bei unterdurchschnittlicher Leistung
Besonders herausragende Einzelleistung
aktuelle Leistungsfeststellung
Leistungszulage: • maximal 7 % des Anfangsgrundgehalts für höchstens ein Jahr • für maximal 15 % der Beamten/Soldaten in Besoldungsordnung A • Widerruf bei Leistungsabfall
Leistungsprämie: • Einmalzahlung bis zur Höhe des Anfangsgrundgehalts • enger zeitlicher Zusammenhang zur Leistung • Begründung der besonderen Leistung unabhängig von der dienstlichen Beurteilung
Abbildung 4: Leistungsorientierte Elemente der Bezahlung im Dienstrechtsreformgesetz (in Anlehnung an Oechsler 1999: 401) Die verschiedenen leistungsbezogenen Zahlungen können nicht gleichzeitig gewährt werden (Kumulationsverbot). Ihre Finanzierung erfolgt zum Teil aus Einsparungen, die aus dem im Zuge der Dienstrechtsreform durchgeführten Umbau der Grundgehaltstabelle resultieren. Für die Angestellten des Bundes, der Länder sowie der Mitglieder der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände wird auf Basis des neuen Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes (TVöD) ebenfalls ein leistungsorientierter Anteil der Bezahlung eingeführt, der ab dem Jahr 2007 zur Anwendung kommt. Auf kommunaler Ebene sollen die leistungsorientierten Bezahlungselemente in Form einer Leistungsprämie, Erfolgsprämie oder Leistungszulage gewährt werden (vgl. § 18 IV TVöD VkA), auch ihre Kombination ist erlaubt. Geplant ist, mit einem Volumen von 1 % der Summe der Monatsentgelte des Vorjahres zu beginnen, angestrebt wird ein Volumen von 8 % der Entgeltsumme der Tarifbeschäftigten des jeweiligen Arbeitgebers auf Bundes-, Länder und Kommunalebene. Die Mittel für die zusätzlichen Zahlungen sollen aus den Absenkungen des Urlaubsund Weihnachtsgeldes gewonnen werden. 4.2 Umsetzung einer leistungsbezogen Bezahlung in der Verwaltungspraxis Für den öffentlichen Dienst wurde die Einführung eines leistungsorientierten Bezahlungsanteils von den beteiligten Interessengruppen (Gewerkschaften, Verwaltungsvertretern, Bundesregierung, Oppositionsparteien) einhellig gewünscht und immer wieder gefordert. Folglich ist zu erwarten, dass die durch das Dienstrechts-
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reformgesetz vorhandenen Möglichkeiten dazu ausgeschöpft werden. Tatsächlich zeigt der Blick in die Verwaltungspraxis jedoch, dass eine leistungsbezogene Bezahlung in überraschend geringem Maße erfolgt (vgl. Abbildung 5). Auf Bundesebene besteht in nahezu allen obersten Bundesbehörden ein Leistungsbezug bei der Bezahlung der Beamten (vgl. BMI 2001: 19). Während der Einsatz von Leistungselementen in den ersten Jahren nach dem Dienstrechtsreformgesetz nur möglich ist, wenn in gleichwertigem Umfang freie Planstellen oder Stellen nicht besetzt werden (Regelung der Haushaltsgesetze von 1997 und 1998), können die für die Leistungselemente aufzubringenden Mittel danach auch an anderer Stelle als im Personalhaushalt erwirtschaftet und gegenfinanziert werden (vgl. BMI 2001: 20). Anwendung einer leistungsbezogenen Bezahlung (vgl. die Studien von Konzendorf/Bräunlein 1998; BMI 2001; Grömig 2001; DGFP 2004; Tondorf/Jochmann-Döll 2004; Matiaske/Holtmann/Weller 2005a) Bund
• •
Einführung eines leistungsorientierten Anteils der Bezahlung von Beamten ist rückwirkend zum 1. Juli 1997 möglich Leistungsbezug der Bezahlung ist in fast allen obersten Behörden eingeführt worden
Länder
Unterschiedlicher Umgang mit den Gestaltungsmöglichkeiten bei der Bezahlung der Beamten: • Es haben noch nicht alle Bundesländer eine Rechtsverordnung zu Leistungsstufen und/oder zu Leistungsprämien bzw. -zulagen erlassen • Einige Länder haben die rechtliche Basis durch erlassene Rechtsverordnungen geschaffen, wenden sie aber nicht an • Die Länder, die eine Verordnung erlassen haben und eine leistungsbezogene Bezahlung anwenden, gewähren vorrangig Leistungsprämien
Kommunen
Kommunen befürworten generell eine leistungsorientierte Bezahlung • 4,9 % von 206 befragten Städten der alten Bundesländer honorieren die Leistung durch eine zusätzliche materielle Belohnung • 11,3 % von 559 befragten Städten, Gemeinden und Kreisen haben Leistungszulagen gewährt; 14,9 % haben eine Leistungsprämie gezahlt • 7,1 % von 736 befragten Kommunalverwaltungen haben auf Basis einer systematischen Leistungsbeurteilung zusätzliche Zahlungen gewährt; 19,6 % planen die Einführung leistungsorientierter Elemente bei der Bezahlung; 73,3 % zeigen (noch) keinen konkreten Willen, sie zu implementieren (vgl. Matiaske/Holtmann/Weller 2005a)
Abbildung 5: Verbreitung und Intensität einer leistungsorientierten Bezahlung in der Verwaltungspraxis Auf Landesebene ist der Umgang mit den neuen Gestaltungsmöglichkeiten unterschiedlich (vgl. Konzendorf/Bräunlein 1998: 112; BMI 2001: 19 und 48; Tondorf/Jochmann-Döll 2004: 429): Die Bundesländer erlassen die landesrechtlichen Verordnungen zu Leistungselementen teilweise erst mit relativ großer Zeitverzögerung zum Dienstrechtsreformgesetz 1997. In den Ländern, in denen auf Basis landesrechtlicher Verordnungen Leistungselemente bei der Bezahlung eingesetzt werden, ist überwiegend – insbesondere bei der Vergabe von Leistungsprämien – von positiven Erfahrungen die Rede (vgl. BMI 2001: 21).
Implementierung einer leistungsbezogenen Bezahlung in öffentlichen Verwaltungen 201
Die Kommunalverwaltungen, die seit Beginn der 1990er Jahre bei Modernisierungsmaßnahmen oft eine Vorreiterrolle einnehmen, bewerten leistungsorientierte Bestandteile der Bezahlung grundsätzlich positiv. Jedoch halten sie sich bei ihrer Einführung am deutlichsten zurück (vgl. Grömig 2001: 11 und 15; BMI 2001: 21; Matiaske/Holtmann/Weller 2005a). Wenn sie eingesetzt werden, dann überwiegend in Form von Leistungsprämien und weniger als Leistungszulagen. Diejenigen Kommunalverwaltungen, die Leistungszulagen vergeben, gewähren sie wiederum nur selten in der maximalen Höhe. Die Gewährung der zusätzlichen leistungsbezogenen Zahlungen ist dabei – anders als in vielen Unternehmen – nicht an eine Regelbeurteilung geknüpft. Durch das Dienstrechtsreformgesetz hat die Leistungsbeurteilung jedoch an Bedeutung gewonnen (vgl. Matiaske/Holtmann/Weller 2005: 28): 4,1 % von 736 befragten Kommunalverwaltungen haben nach dem In-Kraft-Treten des neuen Dienstrechts eine Leistungsbeurteilung implementiert, zudem werden bereits vorhandene Leistungsbeurteilungssysteme verbessert. Allerdings ist der Anteil an Kommunalverwaltungen, in denen eine systematische Leistungsbeurteilung stattfindet, um leistungsorientierte Bestandteile der Bezahlung zu gewähren, mit 7,1 % (noch) sehr gering (vgl. Matiaske/Holtmann/Weller 2005: 28).
5.
Gründe für die geringe Verbreitung einer leistungsbezogenen Bezahlung
Das Verwaltungspersonal misst einer leistungsorientierten Bezahlung große Wichtigkeit bei (vgl. z.B. Kißler et al. 1997), und die öffentlichen Arbeitgeber fordern ebenfalls immer wieder einen stärkeren Leistungsbezug der Bezahlung. Dennoch werden die durch das Dienstrechtsreformgesetz für die Beamten bestehenden Gestaltungsspielräume erstaunlicherweise kaum genutzt. Die Gründe dafür sind vielfältig (vgl. z.B. BMI 2001; Jörges-Süß/Süß 2004b: 46; Tondorf/Jochmann-Döll 2004; Matiaske/Holtmann/Weller 2005 und 20057): (1) Finanzkrise der öffentlichen Haushalte Ein zentrales Problem stellen die starken finanziellen Restriktionen (ökonomischer Druck) dar. Die zusätzlichen Zahlungen müssen aufgrund der angespannten Finanzlage kostenneutral erfolgen (s. o.). Die finanziellen Restriktionen treffen dabei die Kommunalverwaltungen am stärksten, weil sie die Kosten nicht weitergeben können, sie im Gegenteil aber Aufgaben und somit Kosten des Bundes und der Länder übernehmen müssen. Dies erklärt die zunächst widersprüchliche Tatsache, dass auf kommunaler Ebene, auf der insgesamt eine starke Modernisierungsbewegung zu beobachten ist, ein Leistungsbezug bei der Bezahlung am seltensten vorliegt. Die angespannte Haushaltssituation ist auch der Grund für die Begrenzung der Anreizempfänger (Quotierung; vgl. auch Abbildung 4). Aus Motivationsüber-
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legungen ist eine solche Begrenzung des Empfängerkreises zusätzlicher Zahlungen jedoch äußerst problematisch. (2) Fehlende Leistungsbeurteilungssysteme Eine systematische, regelmäßige Leistungsbeurteilung ist zentrale Voraussetzung für eine leistungsorientierte Bezahlung, sie bildet jedoch noch nicht die gängige Praxis in der öffentlichen Verwaltung. Damit bei der Bezahlung ein Leistungsbezug hergestellt werden kann, muss die Leistung aber gemessen, bewertet, beurteilt und verglichen werden können. Dafür ist es zunächst notwendig, einen einheitlichen und objektiven Leistungsbegriff verbindlich festzulegen. Dies ist in der öffentlichen Verwaltung mit relativ viel Aufwand verbunden, weil viele Aufgaben so strukturiert sind, dass Leistungen nicht bzw. nur schwer quantifizierbar und damit nicht individuell zuzurechnen und zu vergleichen sind. (3) Verschiedene Beschäftigtengruppen Die Einteilung des Verwaltungspersonals in zwei unterschiedliche Beschäftigtengruppen (Beamte und öffentliche Arbeitnehmer) führt zu einer hohen Komplexität neuer Bezahlungskonzepte, da die Regelungen für beide Gruppen Gültigkeit haben sollen, sie aber auf unterschiedlichem Wege (für die Beamten per Gesetz, für die öffentlichen Arbeitnehmer per Tarifvertrag bzw. Dienstvereinbarung) implementiert werden müssen. Tarifvertragliche Aushandlungsprozesse sind dabei noch schwieriger zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen als Gesetzesvorhaben (vgl. auch Bull 2001, S. 25; Rieger 2005, S. 239). Dies erschwert eine zeitlich parallele und gleichwertige Einführung von leistungsorientierten Bezahlungsbestandteilen in öffentlichen Verwaltungen. (4) Akzeptanz- und Legitimitätsprobleme Intransparente Leistungsbemessungsgrundlagen, unklare Vergabekriterien der zusätzlichen Zahlungen, die Quotierung des Empfängerkreises und die unterschiedliche Behandlung der Beschäftigtengruppen „Beamte“ und „öffentliche Arbeitnehmer“ können zur Folge haben, dass die zusätzlichen Zahlungen von den Beschäftigten als „Nasenprämie“ und Sympathiefaktor und somit als ungerecht und illegitim wahrgenommen werden und folglich keine Akzeptanz finden. Die erhoffte Motivationswirkung bleibt dann aus. Außerdem hat die öffentliche Verwaltung durch die langwierige Debatte über die Einführung einer leistungsbezogenen Bezahlung – ohne gravierende Änderungen tatsächlich zu implementieren – an Glaubwürdigkeit und Legitimität verloren, sodass die Beschäftigten nicht (mehr) mit Neuerungen in der Praxis rechnen, die ihnen zugute kommen. Vielmehr nehmen sie die Leistungsorientierung in erster Linie als Rationalisierungsmaßnahme wahr, die aufgrund des ökonomischen Drucks ergriffen wird. Negativ fällt dabei auch ins Gewicht, dass der Eindruck
Implementierung einer leistungsbezogenen Bezahlung in öffentlichen Verwaltungen 203
entsteht, das Personal müsse zu einer höheren Leistungsbereitschaft erst motiviert werden und besitze noch große Leistungsreserven, die es nicht freiwillig ausschöpft. (5) Zu geringer Veränderungsdruck Der in der öffentlichen Verwaltung empfundene Veränderungsdruck ist noch nicht stark genug (vgl. DGFP 2004: 22). Anders als in privatwirtschaftlichen Organisationen gefährden die Finanzkrise (ökonomischer Druck) und die strukturellen Defizite nicht grundsätzlich die Existenz der öffentlichen Verwaltungen; obwohl verschiedene Umweltsegmente entsprechende Modernisierungsbemühungen erwarten, können sie keinen hinreichenden Veränderungsdruck ausüben. Daher zeigen die öffentlichen Verwaltungen keine stark ausgeprägte Veränderungsbereitschaft (vgl. DGFP 2004: 22; auch Fiedler 2005: 485f.), zumal sie als dringlicher empfundene Aufgaben und Probleme bewältigen müssen (z.B. Bürokratieabbau, Rechts- und Verwaltungsvereinfachung). (6) Abschreckende Negativbeispiele In der gut dokumentierten (internationalen) Reformbewegung finden sich – neben erfolgreichen Beispielen, die als Vorbild dienen können – negative bzw. umstrittene Beispiele für eine leistungsorientierte Gestaltung der Bezahlung (z.B. Offenbach-Modell; vgl. Tondorf 1994: 511). In diesen Fällen ist eine Motivationswirkung ausgeblieben, wurden keine Kostenvorteile realisiert und/oder das Bezahlungssystem wurde als illegitim bewertet und abgelehnt. Diese Beispiele können eine abschreckende Wirkung erzeugen, insbesondere wenn unklar ist, aus welchen Gründen das leistungsbezogene Bezahlungssystem jeweils gescheitert ist.
6.
Fazit
Eine leistungsbezogene Bezahlung wird als vorteilhaft für den öffentlichen Dienst propagiert. Allerdings zeigt der Blick in die Verwaltungspraxis, dass sie – wenn auch mit steigender Tendenz – bisher noch nicht oft zum Einsatz kommt. In Anbetracht der jahrzehntelangen Debatte stellt dies einen äußerst überraschenden Befund dar. Zentrale Hindernisse bilden in erster Linie finanzielle Restriktionen (ökonomischer Druck), das Fehlen einer systematischen Leistungsbeurteilung und klarer Vergabekriterien sowie Akzeptanz- und Legitimitätsprobleme. Angesichts dieser vielen Umsetzungsschwierigkeiten und Befürchtungen überrascht es nicht, dass die öffentlichen Verwaltungen Versprechungen machen, Änderungen in Aussicht stellen und an der Veränderungsdiskussion aktiv teilnehmen (vgl. auch Matiaske/Holtmann/Weller 2005a: 28). Damit erwecken sie den Anschein, sie würden absehbar eine leistungsbezogene Bezahlung implementieren, und genügen so (weiterhin) den Erwartungen ihrer Umwelten.
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Folglich bleibt abzuwarten, in welchem Umfang die auf Basis des TVöD ab 2007 geplanten Leistungsprämien und Leistungszulagen für öffentliche Arbeitnehmer tatsächlich realisiert werden, ob die gravierenden Hindernisse bei der Implementierung einer leistungsbezogenen Bezahlung bald überwunden werden können und ob es zu weiteren – besser umsetzbaren – Änderungen des Dienstrechts kommt, die auf eine Stärkung des Leistungsprinzips abstellen.
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Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Durchbruch zu leistungsorientierter Vergütung? Walter A. Oechsler Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) stellt eine längst überfällige Reform dar, die sich an der Dienstrechtsreform orientiert und damit tendenziell eine Symmetrie zwischen Beamten und Arbeitern/Angestellten im öffentlichen Dienst schafft. Neben Möglichkeiten der Flexibilisierung der Arbeitszeit wird vor allem das Entgeltsystem neu geregelt. Einen Fortschritt stellt die Lösung vom bisher dominierenden Senioritätsprinzip dar. Auch ist für das Jahr 2007 der Einstieg in leistungsorientierte Entgeltkomponenten geplant. Dies ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch hat man es versäumt, den dafür erforderlichen führungsbezogenen und verfahrenstechnischen Unterbau zu schaffen. Insgesamt gesehen ist die Tarifreform mit Blick auf die Grundentgeltfindung eher an den Unzulänglichkeiten der Vergangenheit orientiert als an den Möglichkeiten der Gegenwart. Der fehlende Unterbau lässt keinen Durchbruch zu leistungsorientierter Entgeltfindung erwarten.
1.
Ausgangssituation: überfällige Reform
Die Reform des auf das Jahr 1961 zurückgehenden Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) war längst überfällig. Dieses Reformwerk stammt aus einer auf Stabilität angelegten (bürokratischen) Industriegesellschaft und hat sich relativ innovationsresistent in die heutige Zeit gerettet. Mit diesem Tarifwerk haben zwar sowohl die Gewerkschaften und die Arbeitnehmervertretungen als auch die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst über die Zeit eine relativ unproblematische Handhabung in der Praxis erreicht, doch ist dieses Tarifwerk zunehmend an Grenzen gestoßen. Verantwortlich dafür waren vor allem die Veränderungen in der Arbeitswelt. Der öffentliche Dienst hat sich zunehmend vom Bürokratiemodell zum New Public Management entwickelt, was durch die Anwendung von auf Flexibilität angelegten Managementinstrumenten gekennzeichnet ist. Weiterhin hatte der BAT einen fast universellen Anwendungsbereich. In der Bundesverwaltung und den Gebietskörperschaften waren neben der Hoheitsverwaltung auch Leistungsverwaltungen von der Finanz- und Arbeitsverwaltung über Straßenreinigung, Krankenhäuser und die Wissenschaft bis zu öffentlich-rechtlichen Sparkassen durch den BAT abgedeckt. Dies hat auch zunehmend zu Spartentarifverträgen geführt, um den Besonderheiten dieser ganz unterschiedlichen Institutionen gerecht werden zu können. Weiter-
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hin führten die vielen Ausnahme-, Sonder- und Zulagenregelungen zu Unübersichtlichkeit und komplizierter Handhabung. Unter Zugzwang kam der BAT auch durch die Reformen des öffentlichen Dienstrechts. Seit 1997 sind durch das Dienstrechtsreformgesetz Leistungszulagen, -prämien und leistungsorientiertes Vorrücken bzw. Hemmen bei Leistungsstufen möglich (Oechsler, 2002). Auch für die Professorenbesoldung wurden leistungsorientierte Entgeltbestandteile eingeführt (v. Eckardstein et al. 2001). Dass neben diesen Regelungen im Beamtenrecht entsprechende Regelungen für die Angestellten und Arbeiter damit überfällig waren, ergibt sich schon aus Aspekten der Gleichbehandlung und Symmetrie im öffentlichen Dienst. Schließlich hat sich die Tariflandschaft insgesamt stärker in Richtung leistungsbezogene variable Entgeltbestandteile entwickelt. Als Beispiele hierfür stehen der Bankentarifvertrag, der leistungsbezogene Zulagen vorsieht oder auch der Bundesentgelttarifvertrag Chemie, der erfolgsabhängige Komponenten bei der jährlichen Sonderzahlung regelt (Oechsler/Mitlacher 2004). In dieser Situation war eine Reform des Bundesangestelltentarifvertrags längst überfällig. Die Kernpunkte der Reform werden im Folgenden unter personalwirtschaftlichen Aspekten analysiert und hinsichtlich ihres Modernisierungsgrads beurteilt. Es geht dabei weniger um Detailregelungen als um die grundsätzliche personalwirtschaftliche Systematik und die methodische Fundierung der Reform.
2.
Kernpunkte der Tarifreform
2.1 Grundentgelt Im Mittelpunkt steht die neue Entgelttabelle, welche die bisherigen Lohn- und Vergütungstabellen ersetzt. Mit dieser neuen Tabelle entfallen künftig neben der allgemeinen Zulage auch Orts- und Sozialzuschläge und werden Arbeiter und Angestellte gleichermaßen erfasst. Die Tabelle enthält 15 Entgeltgruppen. Dies entspricht allerdings auch der bisherigen Differenzierung im BAT. Es wird damit nach wie vor eine Entgelthierarchie über 15 Entgeltgruppen gespannt, die allerdings Ausdruck des Spezialistentums der typischen stabilen Industriegesellschaft ist. Von Seiten der Arbeitgeber wird dabei die Einrichtung der Entgeltgruppe 1 begrüßt, die ca. 300 Euro niedriger angesetzt ist als der bisherige BAT-Betrag. Diese Entgeltgruppe ermöglicht die Fortführung von Aufgaben, die im Wettbewerb mit Anbietern mit günstigeren Tarifbedingungen, wie z.B. Gebäude- und Straßenreinigung gefährdet waren. Diese unterste Tarifgruppe kann durch landesbezirkliche tarifliche Regelungen flexibel genutzt werden. Damit ist zwar eine flexible Handhabung der untersten Entgeltgruppe gegeben, die Frage ist allerdings, ob die obersten Tarifgruppen einen Anreiz darstellen, um am Arbeitsmarkt attraktive Bewerber anzuziehen. Dies gilt vor allem für Tätigkeiten im Rahmen der informationstechnologischen Unterstützung. Der öffentliche Dienst steht zwar unter Kostendruck, weshalb die Tarifgemeinschaft der Länder diesen Tarifvertrag nicht
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übernommen hatten, doch hinken die Entgelthöhen vor allem bei den oberen Tarifgruppen hinter den Entwicklungen in der Privatwirtschaft her. Die Wissenschaft hat hier beispielsweise ihre Wettbewerbsfähigkeit längst verloren, woran auch die neuen Entgeltgruppen nichts ändern werden. Der Streik um die 40-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst hat weiterhin gezeigt, dass die Tendenz eher zu weiteren Einsparungen geht als zur Erhöhung der Attraktivität. 2.2 Entwicklungsstufen Das Grundentgelt wird in zwei Stufen differenziert: Nach der festen Eingangsstufe ist nach einem Jahr ein Aufstieg in die Stufe zwei vorgesehen. Dabei ist es für die Kommunen möglich, die Entgeltgruppen 1 – 4 flexibel zu konfigurieren, um bestimmte öffentliche Aufgabenbereiche, wie z.B. im Servicebereich und Krankenhäusern und in der Entsorgungssparte wettbewerbsfähig zu halten. Sonderregelungen, wie Bewährungs-, Zeit- und Tätigkeitsaufstiege sind abgeschafft. Die Probezeiten können dagegen im Führungsbereich bis auf zwei Jahre verlängert werden. Weiterhin ist für Führungskräfte die Möglichkeit von Zeitverträgen gegeben. Zu den Stufen I und II im Grundentgelt kommen die Stufen III bis VI als Entwicklungsstufen. Im Regelfall ist ein Vorrücken nach Stufe III nach drei Jahren, nach Stufe IV nach sechs Jahren, nach Stufe V nach zehn Jahren und nach Stufe VI nach fünfzehn Jahren möglich. Diese Stufen sind allerdings leistungsabhängig gestaltet, d.h., dass besonders gute Leistungen zu schnelleren Aufstiegen führen und dass bei erheblich unter dem Durchschnitt liegenden Leistungen keine Stufensteigerung und damit Einkommenserhöhung stattfindet. Die leistungsorientierte Steuerung der Entwicklungsstufen ist damit analog dem Modell bei der Dienstrechtsreform ausgestaltet. Dies setzt allerdings die Einführungen von Leistungsbeurteilungen voraus, um über die Vergabe von Entwicklungsstufen entscheiden zu können. 2.3 Leistungsorientierte Bezahlung Als weitere Neuerung sieht der Tarifvertrag den Einstieg in die leistungsorientierte Bezahlung ab dem Jahr 2007 mit 1 % des Entgeltaufkommens vor. Dieser Betrag wird dadurch aufgebracht, dass ab 2007 die dynamische Jahressonderzahlung reduziert wird und zwar auf: 90 % auf die Entgeltgruppen 1 -8 80 % auf die Entgeltgruppen 9 -12 60 % auf die Entgeltgruppen 13 - 15 Damit werden Teile der bisher fixen Jahressonderzahlung variabilisiert und leistungsorientiert vergeben. Mit Blick auf diese leistungsorientierten Entgeltkomponenten ergibt sich die Chance, der Leistungskomponente bei der Entgeltfindung
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mehr Bedeutung zu verschaffen. Allerdings fehlen auch hierfür die erforderlichen Führungssysteme, Leistungsbeurteilungsverfahren und Führungsfähigkeiten. Das Schaffen dieser Voraussetzungen für eine wirksame Umsetzung der leistungsorientierten Entgeltkomponenten ist aber nur über einen gigantischen Organisationsund Personalentwicklungsprozess zu erreichen. Die beiden wesentlichen Neuerungen, nämlich Entwicklungsstufen im Grundgehalt und leistungsorientierte Entgeltkomponenten hängen von organisatorischen, führungspolitischen und verfahrensmäßigen Voraussetzungen ab, die im öffentlichen Dienst bislang nicht geschaffen wurden. 2.4 Arbeitszeitflexibilisierung Schließlich sieht der Tarifvertrag weiter gehende Möglichkeiten der Arbeitszeitflexibilisierung vor. So wurde der Ausgleichszeitraum für die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit, in dem 39 Stunden erreicht werden müssen, auf ein Jahr festgelegt (bisher 26 Wochen). Im Bereich der kommunalen Arbeitgeber kann die wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden verlängert werden, was zu einem Streik und einer Einigung auf 39 Stunden geführt hat. Der neu gefasste Überstundenbegriff ermöglicht ferner den Ausgleich von Mehrarbeit bis zum Ende der nächsten Woche, bevor eine zuschlagspflichtige Überstunde entsteht. Eine betriebliche Flexibilisierung der Arbeitszeit wird ermöglicht, indem im wöchentlichen Arbeitszeitkorridor durch Betriebs- oder Dienstvereinbarungen bis zu 45 Stunden zuschlagsfrei gestellt werden können. Auch kann die Arbeitszeit über die Einführung von Arbeitszeitkonten nach betrieblichen Notwendigkeiten und persönlichen Bedürfnissen der Beschäftigten gestaltet werden. Die Umsetzung dieser „Kann“-Vorschriften bedeutet allerdings in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten, die harte Tarifauseinandersetzungen und Arbeitskämpfe nach sich gezogen haben. Zusammenfassend kann mit Blick auf die Entgeltsystematik festgestellt werden, dass bei der Grundentgeltfindung die bisherige Vorgehensweise leicht modifiziert fortgeführt wird, indem eine Eingruppierung in fünfzehn Entgeltgruppen vorgenommen wird. Der bisher dominierende Senioritätsmechanismus beim Vorrücken in Entgeltgruppen greift nur noch nach dem ersten Jahr. Danach wird das Vorrücken oder das Verbleiben in Stufen durch Beurteilung der Leistung gesteuert. Auch ist ab 2007 eine leistungsorientierte Bezahlung möglich, die zum Einstieg ein Volumen von 1 % der Entgeltsumme ausmacht und aus Kürzungen bei der jährlichen Sonderzahlung gespeist wird. Die hier zum Ausdruck kommende Leistungsorientierung stellt eine wesentliche Änderung gegenüber der bisherigen Senioritätsorientierung des BAT dar. Auch die Regelungen zur Arbeitszeit lassen eine weitergehende betriebliche Flexibilisierung zu. Damit sind ohne Zweifel Fortschritte erreicht worden, die im Folgenden aus personalwirtschaftlicher Sicht vor allem hinsichtlich der fehlenden Voraussetzungen beurteilt werden sollen.
Durchbruch zu leistungsorientierter Vergütung? 211
3.
Die Reformdefizite
3.1 Modernisierungsdefizite bei der Grundentgeltfindung Bei der Grundentgeltfindung hat sich wenig geändert. Herkömmlicherweise erfolgt diese über die Anwendung von Arbeitsbewertungsverfahren. Analytische Verfahren beruhen auf Kriterien wie z.B. Fachkönnen, Beurteilungsfähigkeit und Verantwortung, anhand derer Stellen bewertet und in eine Rangordnung von Stellenwerten gebracht werden. Summarische Verfahren beurteilen die Stelle als Ganzes. Der BAT und der TVöD bestehen aus einer Mischung von summarischer und analytischer Bewertung. Diese Verfahren haben den Nachteil, dass sie z.B. bei arbeitorganisatorischen oder technologischen Änderungen einen großen Neubewertungsaufwand nach sich ziehen. Sie führen zudem zu einer Spezialisten- bzw. Expertenhierarchie, die nicht unbedingt den modernen Formen der Arbeitsorganisation entspricht. In der heutigen Arbeitswelt kommt es vor allem darauf an, einen Leistungsprozess so durchzuführen, dass am Ende dieses Prozesses ein zufriedener Kunde bzw. Leistungsempfänger steht. Dies führt dann zu teamorientierten Produktions- bzw. Organisationsformen, bei denen nicht Arbeitsteilung von Spezialisten, sondern Zusammenarbeit im Team gefordert ist. Damit steht nicht Einzelbeherrschung von bestimmtem Fachkönnen im Vordergrund, sondern die Verfahrensherrschaft über den gesamten Leistungsprozess und Personaleinsatzflexibilität (Oechsler 2006: 403 ff.). Im Zuge der Verwaltungsreform sind solche kunden- und prozessorientierte Modelle an der Tagesordnung. Diesen Entwicklungen nach wie vor eine 15-stufige Entgelthierarchie entgegenzusetzen, bedeutet ein Verharren in der arbeitsteiligen Spezialisierungstendenz des Taylorismus. Die Entwicklungen in der Entgeltfindung gehen weltweit und auch im öffentlichen Dienst weg von differenzierter Arbeitsbewertung und steilen Entgelthierarchien hin zu pauschalierter Grundentgeltfindung. So ist bspw. die Volkswagen AG von differenzierter Arbeitsbewertung abgekommen, da der technologische Wandel einen nicht zu bewältigenden Neubewertungsaufwand der Stellen mit sich brachte. Dort wird inzwischen nach Arbeitssystemen entlohnt, in denen gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Bei diesem Beispiel ist schon eine Tendenz zu erkennen, die sich auch in der Verwaltung zeigt. Die Grundentgeltfindung richtet sich immer weniger nach den Stelleninhalten, sondern nach den Qualifikationen, die für bestimmte Leistungsprozesse benötigt werden. So genannte skill based paySysteme honorieren die für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Qualifikationen und ermöglichen eine große personelle Einsatzflexibilität (Oechsler 2006: 456f.). Realistischerweise kann man nicht erwarten, dass sich die öffentliche Verwaltung in einem reformierten Tarifvertrag an die Spitze der weltweiten Entwicklung setzt. Doch hätte es einer Reform gut angestanden, dass der Übergang von der stabilen, bürokratischen Industriegesellschaft in die flexible Informationsgesellschaft wenigstens in Ansätzen nachvollzogen wird. So hätte sich bspw. angeboten, die Grundentgeltfindung in Bandbreiten zu gestalten, die auf der Grundlage des
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Leistungsprozesses eine flexible Einordnung zwischen dem unteren und oberen Band zulässt. Mit solchen Systemen lassen sich dann auch teamorientierte Organisationsformen besser erfassen und eingruppieren und eine größere Personaleinsatzflexibilität realisieren. 3.2 Instrumentelle Defizite leistungsorientierter Entgeltfindung Ebenso wie bei der Dienstrechtsreform bei den Beamten wird bei der Tarifreform der Fehler gemacht, die instrumentelle Seite leistungsorientierter Entgeltfindung nicht zu thematisieren. Da bislang im Tarifbereich keine Leistungsbeurteilung durchgeführt wurde, fehlt es sowohl an Verfahren zur Leistungsbeurteilung als auch an den erforderlichen Erfahrungen bei Beurteilern und Beurteilten. In dieser Hinsicht besteht die Gefahr, dass wie bei der Dienstrechtsreform nur zögerlich von den neuen Leistungsanreizen Gebrauch gemacht wird. Auch ist aufgrund der mangelnden Professionalität der Personalabteilungen in öffentlichen Verwaltungen zu befürchten, dass die am einfachsten zu handhabenden eigenschaftsorientierten Einstufungsverfahren zum Einsatz kommen werden, die allerdings aus methodischer Sicht die schwächsten sind. Relativ abstrakte Beurteilungskriterien wie Kreativität, Sorgfalt oder Umstellungsfähigkeit geben einen großen Spielraum für inhaltliche Interpretation und sind deshalb sehr anfällig mit Blick auf die Validität von Berteilungen. Ebenso anfällig sind diese Verfahrenstypen für Beurteilungseffekte wie Milde- und Beschönigungseffekte, Ausstrahlungs- und Hierarchieeffekt, etc. (Oechsler 2006: 417 ff.). Die Chance der öffentlichen Verwaltung besteht allerdings darin, mit dem Beurteilungssystem neue Führungssysteme zu etablieren, die insgesamt dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung zu steigern. Dies könnte mit Beurteilungsverfahren erreicht werden, die auf Zielvereinbarungssystemen beruhen und diese mit der Methode der kritischen Ereignisse verbinden. Leistung sollte deshalb beurteilt werden auf der Basis der Vereinbarung erfolgskritischer Ziele im oberen, erfolgskritischer Resultate im mittleren und erfolgskritischer Tätigkeiten im unteren Management (Oechsler 2001: S. 301). Die Vereinbarung erfolgskritischer Ziele, Resultate und Tätigkeiten setzt unmittelbar an den Leistungsprozessen an und kann über quantitative und qualitative Faktoren soweit operationalisiert werden, dass eher valide Beurteilungen zu erwarten sind. Allerdings setzt ein derartiges Beurteilungssystem ein systematisch aufgebautes Zielsystem voraus, das aus einer konsistenten Ableitung von Unteraus Oberzielen besteht. Nur dann lässt sich mit dem Beurteilungssystem ein zeitgemäßes Führungssystem auf der Basis des Management by Objectives verbinden. Dies erfordert weiterhin, dass organisatorische Einheiten geschaffen werden, die für das Erreichen bestimmter Teil- oder Unterziele verantwortlich sind. Damit ließe sich eine Integration von Organisations-, Führungs- und Informationssystem erreichen, die als Voraussetzung für eine funktionierende Leistungsbeurteilung auf der Basis eines Zielvereinbarungssystems gilt.
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Erfolgskritische:
Ziele Resultate Aufgaben/Verhalten
Abbildung 1: Konkretisierung eines Zielvereinbarungssystems Auch in dieser Hinsicht mangelt es in der öffentlichen Verwaltung in aller Regel an organisatorischer und führungsbezogener Praxis. Auch fehlen die dafür erforderlichen kommunikationsbezogenen Mittel wie vor allem Mitarbeitergespräche. Diese sind zwar mancherorts auf freiwilliger Basis eingeführt, müssen aber zu einer festen Größe im Führungsprozess werden. Wenn Vorgesetzte und Untergebene turnusmäßig (mindestens jährlich) erfolgskritische Ziele, Resultate und Arbeitsinhalte miteinander vereinbaren, bedeutet dies eine intensive Auseinandersetzung darüber, was in den Leistungsprozessen nachweislich zu Erfolg und Misserfolg geführt hat. Diese Auseinandersetzung führt zu einer intensiven Analyse der Leistungsprozesse und schafft über die jeweiligen Vereinbarungen Transparenz über Leistungserwartungen. Beurteiler und zu Beurteilende vereinbaren auf diese Weise zusammen Leistungsstandards, die als Sollgrößen im Beurteilungsprozess dienen und Soll-Ist-Vergleiche als Beurteilung zulassen. Derartige Beurteilungssysteme setzen an nachvollziehbaren und diskussionszugänglichen Zielen, Resultaten und Aufgaben der Leistungsprozesse an und sind Kerninhalte des Führungsprozesses. Unabdingliches Führungsmittel sind dabei Mitarbeitergespräche, die der Zielvereinbarung, der Durchführung des Soll-Ist-Vergleichs, der Analyse möglicher Abweichungen und der Festlegung daraus resultierender Konsequenzen dienen. Auch müssen über Mitarbeitergespräche Zielrevisionen durchgeführt werden, wenn die Entwicklung bestimmter Parameter anders erfolgt als erwartet. Die bisherigen Erfahrungen mit derartigen Führungs- und Beurteilungssystemen haben gezeigt, dass es durchaus gelingt, erfolgskritische Ziele, Resultate und Arbeitsinhalte zu vereinbaren. Die im Rahmen der in den USA durchgeführten Civil Service Reform angewandten Leistungsbeurteilungsverfahren auf der Basis von „critical job elements“ haben den Führungsprozess verbessert und Beurteilung als objektiv und transparent erlebbar gemacht (Oechsler 2006: 427f). Dennoch sind dort methodische Probleme aufgetreten, als es darum ging, konkrete Leistungsstandards
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für die Beurteilungsstufen (outstanding, satisfactory, unsatisfactory, etc.) zu definieren. Dies erfordert eingehende Gespräche zwischen Beurteilern und zu Beurteilenden, damit die „Messlatte“ nicht zu hoch oder zu tief gelegt wird. Die nächste Schwierigkeit besteht darin, die für ganz heterogene Leistungsprozesse vereinbarten Leistungsstandards einigermaßen vergleichbar zu machen. Diese Probleme können nur durch intensive Diskussionen in Mitarbeitergesprächen, Durchführung von Leistungsvergleichen (wie z.B. interkommunale Leistungsvergleiche) und professionelle Unterstützung durch die Personalabteilung angegangen werden (Adamaschek/Oechsler, 2001). Beides gehört noch nicht zur Führungs- und Arbeitskultur in der öffentlichen Verwaltung. Diese organisatorischen, führungs- und kommunikationsbezogenen Voraussetzungen von Zielvereinbarungen machen deutlich, dass sinnvolle Leistungsbeurteilung einen Unterbau von organisatorischen Maßnahmen und interpersonellen Fähigkeiten erforderlich macht, der erst eine sinnvolle Umsetzung der tariflichen Regelungen zulässt. Genau diese Versäumnisse haben bei der Dienstrechtsreform dazu geführt, dass die praktische Umsetzung als „Schlag ins Wasser „ bezeichnet werden muss. Die Länder haben die Dienstrechtsreform nicht nur äußerst zögerlich und heterogen umgesetzt, sondern auch völlig die instrumentelle und schulungsmäßige Umsetzung ignoriert. Diese Fehler sollten bei der Umsetzung der Tarifreform nicht wieder gemacht werden. Allerdings bestehen berechtigte Zweifel, ob hier plötzlich die personalwirtschaftliche Professionalität vorhanden sein wird und woher die finanziellen Mittel für den gigantischen Organisations- und Personalentwicklungsprozess kommen sollen. Ein weiterer Kardinalfehler der Dienstrechtsreform wurde zu vermeiden versucht. Dort wurden nämlich keine zusätzlichen Mittel für das leistungsbezogene Anreizsystem zur Verfügung gestellt, weshalb die Anreizwirkung auch gegen Null tendiert. Die vorgesehene Umverteilung aus Teilen der jährlichen Sonderzahlung in leistungsorientierte Entgeltkomponenten in Höhe von 1 % ist allerdings nur als erster kleiner Schritt zu werten. Hier wird es davon abhängen, wie und in welcher Höhe Leistungszulagen verteilt werden. Sollte es zu einem „Gießkanneneffekt“ kommen, werden auch hier die Leistungsanreize gegen Null tendieren. Dies ist allerdings zu erwarten, da ohne Bereitstellung vernünftiger Leistungsbeurteilungsverfahren und entsprechende Schulung kaum ein Beurteiler starke Differenzierungen vornehmen dürfte und sich eher auf „rechtssicheres“ und damit eher undifferenziertes Vorgehen verlegen dürfte. 3.3 Fehlende personalwirtschaftliche Systematik Ein im Rahmen der Verwaltungsreform durchweg zu beobachtendes Defizit besteht darin, dass personalwirtschaftliche Instrumente – in diesem Falle die Entgeltfindung – isoliert gestaltet und reformiert werden. Im Rahmen der leistungsorientierten Entgeltfindung wurde aber deutlich, dass Beurteilungssysteme in engem Zusammenhang zu Organisations-, Führungs- und Informationssystemen stehen.
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Ebenso bestehen Bezüge zu weiteren personalpolitischen Instrumenten. Die öffentliche Verwaltung benötigt wie jede andere Organisation ein systematisches personalwirtschaftliches Konzept. Auch hier hätte es sich angeboten, bspw. auf der Grundlage des strategischen Human Resource Management ein Konzept zu entwickeln, bei dem die Entgeltfindung systematisch ihren Stellenwert erhält (Oechsler/Vaanholt 1998).
Entgeltfindung
Personalauswahl
Leistungsprozesse
Personalbeurteilung
Personalentwicklung
Abbildung 2: Systematik personalpolitischer Instrumente In diesen Konzepten stehen die Leistungsprozesse im Mittelpunkt. Aus den Leistungsprozessen lassen sich nämlich kritische Erfolgsfaktoren identifizieren, die sowohl zur Personalauswahl genutzt werden können als auch zur Leistungsbeurteilung. Die Leistungsbeurteilung, die im Tarifwerk schlicht vorausgesetzt wird, stellt den Dreh- und Angelpunkt des personalwirtschaftlichen Instrumentariums dar. Aus den Beurteilungsergebnissen lassen sich nämlich Entscheidungen über die Entgeltfindung (Leistungsstufen und –zulagen) treffen. Darüber hinaus bilden die Ergebnisse der Leistungsbeurteilung die Grundlage für Personalentwicklungsentscheidungen. Hier wäre es auch wichtig gewesen, Personalentwicklung systematisch einzubauen, um diese auch im Zusammenhang mit Entscheidungen über Entwicklungsstufen zu sehen. Schließlich fehlt eine systematische Verortung kurzfristiger operativer Anreize und langfristiger strategischer Anreize sowie deren Zusammenwirken. Der gesamte Unterbau personalwirtschaftlicher Systeme und Instrumentarien wird im Tarifvertrag als unproblematisch vorausgesetzt. Allein schon für die Leistungsbeurteilung bedeutet dies, dass mit allen Arbeitnehmern Leistungsstandards vereinbart, periodische Beurteilungen durchgeführt und in Mitarbeitergesprächen erörtert werden müssen. Schulung von Beurteilern und zu Beurteilenden und Einführung von Mitarbeitergesprächen stellen langfristige Organisations- und Personalentwicklungsprozesse dar, für die bislang kaum Budgets existieren. Dazu
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kommt das Problem, dass im öffentlichen Dienst in aller Regel die einfach zu handhabenden, aber methodisch schwächsten merkmalsorientierten Einstufungsverfahren zur Beurteilung vorherrschen. Deshalb steht zu befürchten, dass die instrumentelle Umsetzung wegen Schulungsdefiziten, finanzieller Engpässe und methodischer Unzulänglichkeiten an enge Grenzen stoßen wird. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass zwar Möglichkeiten der Flexibilitäts- und Leistungsorientierung ausgeweitet werden, dass aber die Potenziale einer zeitgemäßen Entgeltfindung zumindest mit Blick auf die Grundentgeltfindung nicht genutzt werden. Die Einführung leistungsorientierter Entgeltkomponenten ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch mangelt es an einer systematischen personalwirtschaftlichen Grundlage. Dies kann sich als gravierende Implementierungshürde in der Praxis auswirken. Den bei den bisherigen Dienstrechtsreformen zu beobachtenden Kardinalfehler, dass durchgehend von Kostenneutralität ausgegangen wurde, hat man bei der Tarifreform nicht gemacht. Es sind Regelungen vorgesehen, wie die Mittel für die leistungsorientierte Bezahlung aufgebracht werden. Ob die Höhe der Mittel nennenswerte Motivationseffekte erzeugen kann, bleibt allerdings dahin gestellt.
4.
Orientierung an Unzulänglichkeiten der Vergangenheit und nicht an Chancen der Zukunft
Die Analyse macht deutlich, dass die Tarifreform nicht die große durchgreifende Modernisierung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst darstellt. Sie ist eher daran orientiert, die unübersehbaren und drückenden Unzulänglichkeiten der Vergangenheit aufzuarbeiten, als die Chancen zu nutzen, die sich mit Blick auf den state of the art personalwirtschaftlicher Systeme bieten würden. Reformfortschritte in der öffentlichen Verwaltung im Allgemeinen und speziell bei Verbandstarifverträgen stellen sich in diesem Licht als inkrementale kleine Schritte dar. Bei Verbandstarifverträgen ist zudem festzustellen, dass die Inhalte eher rückwärtsorientiert und innovationsresistent sind. Es wäre an der Zeit, diese durch die Tarifparteien so attraktiv auszugestalten, dass das Problem der Tarifflucht nicht mehr auftritt. Es ist absolut unverständlich, warum man sich bei Entgelttarifverträgen gerade an solchen Arbeitsbewertungsverfahren orientiert, deren Zeit abgelaufen ist. Anstatt über flexible Eingruppierungen in Bandbreiten Möglichkeiten der Personaleinsatzflexibilität zu schaffen, werden wiederum relativ statische Spezialistenhierarchien geschaffen. Mit Blick auf leistungsorientierte Entgeltkomponenten dagegen wird der zweite Schritt vor dem ersten getan. Anstatt zuerst die organisatorischen, führungspolitischen und kommunikationsorientierten Voraussetzungen zu schaffen, soll ab 2007 ohne diese Voraussetzungen Geld verteilt werden. Bei vielen Betriebsvereinbarungen zur Einführung von Zielvereinbarungssystemen wird zunächst eine Pilotanwendung zur Einübung der Beurteilung geregelt, bevor leistungsorientierte Entgelte verteilt werden (Breisig 2004). Hier hätte es sich angeboten, sich zum einen
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auf Zielvereinbarungssysteme zu verständigen, die sich sowohl in der Wirtschaftsals auch in der Verwaltungspraxis bewährt haben, und zum anderen das Jahr 2006 zur Pilotanwendung zu nutzen. Dann hätten nämlich Mitarbeitergespräche durchgeführt werden können, bei denen Zielvereinbarungen und Beurteilungen hätten geübt werden können, die als „training on the job“ kostengünstige Organisationsund Personalentwicklungsprogramme dargestellt hätten. Damit wären die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen worden, um im Folgejahr planmäßig leistungsorientierte Entgeltbestandteile zu vergeben. Diese Chance zu führungspolitischen Innovationen wurde nicht ergriffen. Die Zeit dafür scheint in der öffentlichen Verwaltung auch nicht reif zu sein, denn dort streikt man lieber für „Handfestes“ wie Arbeitszeiten. Ohne die Voraussetzungen des ersten Schrittes ist zu schaffen, ist zu befürchten, dass man sich beim übereilten zweiten Schritt verstolpern wird. Aus den schlechten Erfahrungen mit der Dienstrechtsreform wurde nichts gelernt.
Literatur Adamaschek, B./Oechsler, W.A. (Hrsg.), (2001): Leistungsabhängige Bezahlung im öffentlichen Dienst, Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung Breisig, T. (2004): Personalbeurteilung, Mitarbeitergespräch, Zielvereinbarungen Grundlagen, Gestaltungsmöglichkeiten und Umsetzung in Dienst- und Betriebsvereinbarungen, Frankfurt/M.: Bund-Verlag Oechsler, W.A. (2001): Führen mit Zielvereinbarungen: Organisatorischer und rechtlicher Rahmen von Führungs-, Beurteilungs- und Entgeltsystemen. In: Fischer, H. (Hrsg.) Unternehmensführung im Spannungsfeld zwischen Finanzund Kulturtechnik: Handlungsspielräume und Gestaltungszwänge. Hamburg: Dr. Kovač. Oechsler, W.A. (2002): Leistungsorientierte Führung und Vergütung in der öffentlichen Verwaltung. In: Horváth, P. (Ed.), Performance Controlling – Strategie, Leistung und Anreizsystem effektiv verbinden. Stuttgart: Schäffer/Poeschel: 363-377. Oechsler, W.A. (2006): Personal und Arbeit – Grundlagen des Human Resource Management und der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen. 8. Aufl. München/ Wien: Oldenbourg. Oechsler, W.A./ Mitlacher, L. (2004): Motivations- und Anreizsysteme bei Sparkassen – Strategieorientierte Entgeltsysteme planen und gestalten. Stuttgart: Deutscher Sparkassen Verlag. Oechsler, W.A./ Vaanholt, S. (1998): Human Resource Management - Auswirkungen des New Public Management auf ein zeitgemäßes Personalmanagement in der öffentlichen Verwaltung. In: Budäus, D./ Conrad, P./ Schreyögg, G. (Eds.), Managementforschung 8, New Public Management. Berlin/ New York: Walter de Gruyter: 151-190.
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Walter A. Oechsler
Von Eckhardstein, D./ Oechsler, W.A./ Scholz, C. (2001): Personalmanagement und Dienstrechtsreform an deutschen Hochschulen – eine kritische Analyse. In: Zeitschrift für Personalforschung, 15 (1): 5-17.
Autorinnen und Autoren Karsten Bunk, Leitender Verwaltungsdirektor und Bereichsleiter Personalwirtschaft/Personalrecht in der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Verhandlungsführer des Arbeitgebers in den Tarifverhandlungen zur Neugestaltung des Tarifwerks der BA mit den Gewerkschaften ver.di und dbb tarifunion. Dr. Angelo Giardini, Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für BWL und Personalmanagement an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Prof. Dr. Markus Gmür, Head of chair Human Resource Management, Department of Management & Leadership, European Business School, International University, Schloss Reichartshausen. Roland Haag, Leiter des Personal- und Organisationsamtes der Stadt Heidelberg. Doris Holtmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Internationalen Institut für Management an der Universität Flensburg, Professur für ABWL, insbes. Personal und Organisation. Katharina Jörges-Süß, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personalwirtschaft, Universität Duisburg-Essen (Campus Essen). Prof. Dr. Rüdiger Kabst, Lehrstuhl für BWL und Personalmanagement an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Andrea Klatt, Mitarbeiterin der Hamburger Stadtentwässerung AöR (ein Unternehmen von HAMBURG WASSER). Prof. Dr. Rüdiger Klimecki, Lehrstuhl für Management am Fachbereich Politik und Verwaltungswissenschaften der Universität Konstanz. Dr. Kai Litschen, Stellv. Geschäftsführer des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Schleswig-Holstein (KAV SH), Kiel. Prof. Dr. Albert Martin, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personal und Führung an der Universität Lüneburg. Kurt Martin, Mitglied im Bundesvorstand der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaften ver.di, Berlin. Prof. Dr. Wenzel Matiaske, Professur für ABWL, insbesondere Personal und Organisation am Internationalen Institut für Management an der Universität Flensburg. Herbert Munjak, Betriebsleiter der technischen Betriebe Konstanz (TBK).
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Autoren
Prof. Dr. Walter A. Oechsler, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Personalwesen und Arbeitswissenschaft an der Universität Mannheim. Helmut Overbeck, Stellvertretender Vorsitzende der dbb tarifunion und Verhandlungsführer der dbb tarifunion bei den Verhandlungen zum LeistungsTV-Bund. Karin Reichel, Diplompsychologin und Personal- und Organisationsberaterin. Dr. Michael Schlese, Dipl. Soziologe und geschäftsführender Gesellschafter der Organisationsberatung Schlese & Co. GmbH, Berlin. Prof. Dr. Florian Schramm, Professur für Betriebswirtschaftslehre im Department Wirtschaft und Politik an der Universität Hamburg. Dr. Ralf Stegner, Innenminister des Landes Schleswig-Holstein. Heiko Titsch, Mitarbeiter der Hamburger Stadtentwässerung AöR (ein Unternehmen von HAMBRUG WASSER). Dr. Karin Tondorf, Dipl. Soziologin, freiberufliche Wissenschaftlerin und Beraterin/Leiterin von GEFA Forschung & Beratung. Dr. Ingo Weller, Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Unternehmensführung, insbesondere Wertschöpfungsorientiertes Wissensmanagement an der Freien Universität Berlin. Ingrid Zeitlhöfler, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Department Wirtschaft und Politik an der Universität Hamburg.