Nr. 2577
Christian Montillon
Kosmisches Puzzle Die Fäden laufen zusammen – eine Transformation steht bevor In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das ent spricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Nach über hundert Jahren Frieden ist der Krieg nach Terra zurückgekehrt: Ausgangspunkt sind die sogenannten PolyportHöfe, Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, mit denen sich gigantische Entfernungen überbrücken lassen. An ihnen entzündete sich der Konflikt mit der Frequenz-Monarchie, die aus einem jahrtausendelangen Ruheschlaf erwachte und die Herrschaft über mehrere Galaxien be ansprucht. Die Terraner und ihre Verbündeten wehren sich erbittert – und sie entdecken die Achillesferse
der Vatrox, die als Herren der Frequenz-Mo narchie gelten: Sie rauben den Vatrox ihre Hibernationswelten – und damit die Möglichkeit der »Wiedergeburt« –, ebenso fangen sie die freien Bewusstseine dieses Volkes ein. Allerdings sind damit nicht alle Gefahren beseitigt. Noch immer gibt es Vatrox und mindestens zwei rivalisierende Geisteswesen, die mit dieser fremden Zivilisation zusammenhängen. Während Reginald Bull das Solsystem gegen ein »Feuerauge« verteidigt, sammelt Perry Rhodan in der fernen Galaxis Anthuresta seine Verbündeten im Kampf gegen die Frequenz-Mo narchie. Doch ihn erwartet ein KOSMISCHES PUZZLE ...
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Viel, viel schlimmer. Die gesamte Welt löst sich auf in trübe Schleier. Der Tod nähert sich, er kommt mir vor wie die viel beschworene dunkle Decke, die sich Ich bin Gucky, der Mausbiber, und ich über uns ausbreitet. Bisher dachte ich, sterbe. das sei dummes Geschwätz. So ist das Es ist, als würde mir das Fell vom Leib eben, wenn der Tod keine Gewalt über gefetzt. Mehr noch, als würden tausend jemanden hat, weil er sich im Schutz glühende Klingen in mein Fleisch stoßen eines Zellaktivators vor ihm verbirgt. und es verschmoren. Aber der Tod nimmt alles, was den Un Doch das ist es nicht, was mich um sterblichen mit der Welt verbindet. Soll bringt, sondern etwas viel Schlimmeres. er mich ebenfalls holen! Wir schreiben den 8. Mai 1463 Neuer Beinahe sanft legt sich die dunkle De Galaktischer Zeitrechnung, irgendwann cke auf mich und schenkt mir tröstliches, in den Abendstunden. Ich weiß die Uhr warmes Dunkel. Mit zeit nicht genau, viel ihrer Macht dämpft leicht 20 oder 21 Uhr. sie die körperlichen Was spielt es schon für Die Hauptpersonen des Romans: Schmerzen und will eine Rolle? Es ist ohPerry Rhodan – Der Terraner ist damit beschäftigt, ein zugleich das seelische nehin nur eine Stunde Puzzle zusammenzubauen. Leid zum Erlöschen mehr oder weniger in Gucky – Der Mausbiber weint um seine Vergangen bringen. einem schier ewigen heit. Ich strecke Iltu und Leben. Eritrea Kush – Die Pilotin der Silberkugel muss ver Jumpy meine Hände So vieles habe ich schiedene Aufgaben erfüllen. entgegen, als wären überstanden, aber nun Sichu Dorksteiger – Die Ator muss ihre Weltanschau ung ändern. sie neben mir. Die bin ich am Ende angeFinger zittern. Trauer langt. Mein Inneres und Entsetzen spülen steht in Flammen. Die mich hinweg, jeden Augen sind trüb und Gedanken, jede Erinnerung. Nur Leere müde. Ehe ich sie schließe, will ich sie bleibt zurück, eine umfassende Stille. aufreißen, als könne ich so die beiden Die Decke schlingt sich dichter um mich, noch einmal sehen, die mir mehr bedeu und dennoch – sie vermag die eisige Käl ten als alles andere. te nicht abzuwehren. Iltu. Ich brenne weiterhin – in Flammen Jumpy. wie Eis. Meine geliebte Iltu. Meinen Sohn Jum py. Unseren Sohn. Aus der Schwärze taucht ein Bild auf: Ich glaubte, ich wäre für immer von keine Vergangenheit. Keine jedenfalls, ihnen getrennt worden, habe sie so lange die ich erlebt hätte. gesucht ... bin den beiden nach vielen Aber eine, wie ich sie hätte erleben Jahrhunderten auf absonderliche Weise sollen. im Kessel von DaGlausch begegnet ... Iltu lacht mich an. Sie ist jung, wie ich, Projektionen aus ES heraus ... und habe erst wenige Jahre alt. Wir kennen uns sie erneut verloren. nicht, sind einander fremd. Sie ist eine Ilt Bis ich sie ein weiteres Mal gefunden unter vielen und zugleich so wenigen, die habe. wir retten konnten vor dem Untergang Die Bilder flackern vor meinen Augen, von Tramp. Wir sehen uns zum ersten stoßen aus der Erinnerung immer wieder Mal, und nichts weist darauf hin, dass nach oben. Die Qual der beiden zu erle unsere Begegnung etwas Besonderes ben ist schlimmer als mein eigenes Leid. ist. Prolog: Jetzt
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Zufall, mehr nicht. Ich sehe ihr La chen, der Nagezahn ist keck und ein we nig schief gewachsen. Ich gönne mir den Spaß, telekinetisch dagegenzuklopfen. Sie sieht aus, als wisse sie nicht, ob sie es lustig finden oder zornig werden soll. Eine Sekunde lang schauen wir uns an, dann bin ich schon wieder weiter. Ir gendetwas habe ich zu erledigen, das mir wichtig vorkommt. In der Schwärze des Todes sehe ich diese Szene von außen, wie ein Beobach ter, der über uns beiden schwebt. Es wä re ein Zeichen des Kosmos dafür gewe sen, was wir einander einst bedeuten würden. Immer weiter bedeuten werden, selbst wenn sie in meinen aktiven Ge danken keine Rolle mehr spielt. Sie bleibt in meinem Herzen und in meiner Erinne rung, ohne die ich niemals ich sein könnte, sondern auf Plofre zurück schrumpfen würde. Das habe ich erfah ren. Ohne Iltu wäre ich nie geworden, was ich bin. Ich hätte ihr so viel mehr sein sollen. Als ich Iltu kennenlernte, ahnte ich nicht, dass sie ihr Leben mit mir teilen und mir einen Sohn schenken würde. Wie, wenn unsere Beziehung tatsäch lich bedeutungslos gewesen wäre? Alles nur Zufall? Das war es nicht! Ganz und gar nicht. Und selbst wenn – das Leben gebiert sich aus Zufällen, und jeder Zufall kann höchstes Glück oder tiefstes Leid bedeu ten. Seltsam, welche Gedanken im Ange sicht des Todes nach oben gespült wer den. Jetzt sehe ich, wie Iltu mir nachgese hen haben könnte, mit halb offen stehendem Mund, wie sie lächelte und sogar einen kleinen Teleportersprung in meine Richtung machte. Zu kurz – sie materia lisierte weit hinter mir, ich bemerkte es nicht. Wir haben später so viel voneinan der gelernt und alles aneinander gehabt. Öffnete sie den Mund, um mir etwas
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zuzurufen? Und wenn, wäre ich womög lich bereits zu weit weg gewesen? Hätte ich mich überhaupt umgedreht? Mein Herz schreit: »Ja!« Ja, das hätte ich. Hätte ich getan, tun sollen. Wahrscheinlich drehte ich mich nicht einmal um, erfüllt von meiner eigenen Tapferkeit und meinem eigenen Leid an gesichts des Untergangs von Tramp. Es waren so viele Mausbiber, ein einzelner wäre mir da nicht aufgefallen. Wie es hätte sein sollen ... Nun ist es zu spät. Etwas treibt durch die Schwärze auf mich zu. Ein letzter verhallender Ge danke, der Hauch eines tödlichen Seuf zens: eine Erinnerung. Es ist nicht Iltu. Es ist Jumpy, unser gemeinsamer Sohn. Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Ich ergebe mich der Schwärze, in der kein Funke mehr zündet. * Mein Name lautet Sichu Dorksteiger. Ich bin eine Ator und ich stand als Wissenschaftlerin und Soldatin in den Diensten der Frequenz-Monarchie. Die Weisheit der Vatrox war für mich Zeit meines Lebens allumfassend; nicht zu letzt, weil mein Vater es mich so lehrte und ich ihm nacheiferte. Ich wurde allerdings eines Besseren belehrt. Nun schwebe ich zwischen den Weltanschauungen. Meine Sicht auf den Kosmos und die ihn bestimmenden Mächte ändert sich, und ich ... ... ja, ich weiß nicht, was ich tun soll. Man hat mir das Fundament genom men, das meinem Leben den nötigen Halt gab, hat mir den Anker entzogen, der mich am rechten Platz hielt. Oder an dem, den ich als den Richtigen einschätzte. Es gibt keinen Halt mehr, und das ist unerträglich. Stets sah ich einen Weg vor mir, kannte die Regeln, die es mir er
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laubten, auf ihm zu wandeln und das Ziel nicht zu verfehlen. Und nun? Die Ordnung der Dinge, die klare Struktur von Macht und Gewalt – all das ist zerbrochen. Ich schwebe, treibe, weiß nicht, wohin mich all dies führen wird. Zum ersten Mal muss ich erkennen, dass all mein Wissen, all mein brillanter Forschungsgeist wertlos ist. Ich stehe an der Seite von Leuten, die mir teilweise vor Kurzem völlig fremd waren. Fyrt Byrask, der Ana, der in ru higen Momenten den Sternenhimmel be singt, bleibt an meiner Seite, zum Glück, aber es sind neue Begleiter hinzugekom men: Terraner wie Eritrea Kush und vor allem Perry Rhodan. Perry Rhodan – er bringt mich immer wieder zum Nachdenken. Er schlägt die letzten Stützen meiner Existenz weg, oh ne den Inhalt seiner Worte als Waffe zu nützen; er wirkt, nur weil er anwesend ist, weil er mich ansieht, weil er spricht. Er hat mehr gesehen, als jeder Vatrox dies von sich behaupten kann. Und nun sehe ich vor mir ein kleines pelziges Wesen, das sich in den Qualen des Todes windet. Wenn ich mich nicht völlig täusche, haftet ihm ein verwe hender letzter Lebenshauch an. Ich blicke es an und erkenne alles Leid, das die Frequenz-Monarchie je mals hervorgerufen hat. Es bündelt sich in diesem kleinen, scheinbar unbedeu tenden Leib und in den Augen, die voller Leben sein sollten und die verdreht und trübe ins Leere starren. Eine große Gestalt trägt das Pelzwe sen; Atlan, der Arkonide, von dem ich bereits so viel hörte. Sein Gesicht ist eine ausdruckslose Maske. Ich sehe, wie Eritrea Kush etwas her beischleppt, doch ich kann kaum darauf achten, weil neben mir ein anderes Ge schehen meine Aufmerksamkeit völlig bannt: Perry Rhodan, der Ruhepol und das Zentrum eines kosmischen Puzzles, dessen Bestandteile über viele Sonnen
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systeme hinweg verteilt waren und die er von überall her zieht ... der Terraner schreit. Er wankt. Er streckt seine Hand aus, und sie zit tert. * Ich höre den Schrei, als wäre es nicht mein eigener. Ich wanke. Ich strecke meine Hand aus, und sie zittert. Gucky so zu sehen, zerreißt mir das Herz. Obwohl ich nicht einmal weiß, was dieses so eigentlich bedeutet. Es geht ihm schlecht. Schlimmer als jemals zuvor. Atlan hält den Kleinen auf den Armen, trägt ihn aus der Rampe des Raumschiffs, auf mich zu. Sein Blick weicht dem mei nen aus. Langsam begreife ich, dass Gucky stirbt, und ich, Perry Rhodan, kann nichts dagegen tun. Was habe ich alles getan, welche Kämpfe bestanden – und alles zerbricht an einem einzigen Punkt: dem, an dem eine ganze Superintelligenz im Sterben liegt ... ES, kalt und zur Eis säule erstarrt auf Wanderer. Das ist merkwürdig abstrakt, obwohl ES ein enger Bestandteil meines Lebens ist. Konkret wird alles in diesem Augen blick. Ich verstehe es, wenn ich Gucky ansehe. Der verwehende, sterbende Blick. Das stumpfe Fell. Diese unendliche Qual. Und diese Vielzahl an Erinnerungen, die mich mit dem Kleinen verbinden. Der Retter des Universums und der Überall-Zugleich-Töter, der nie verlegen war, wenn es darum ging, eine Karotte zu erobern. So viel Ernstes, so viel Albernes, so viel ... Leben. Der Mausbiber hockte mitten zwischen eingefrorenen Früchten auf dem breiten Hinterteil, hielt etwas in den geschickten Vorderpfoten und fraß eifrig daran. Da
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bei sah er ab und zu hoch und blinzelte seinen Zuschauern vertraulich zu, so, als wolle er sagen: Es schmeckt mir ausge zeichnet – und vielen Dank auch. Atlan erreicht die Rampe und sieht mir direkt ins Gesicht. Er ist selbst für seine Verhältnisse bleich. Er trägt Gucky, als habe dieser nur das Gewicht einer Feder. Ich bin zu einem bloßen Beobachter degradiert, dem das Zepter des Handelns endgültig aus der Hand genommen wor den ist. Er grinste und zeigte dabei seinen ein zigen Nagezahn. Der Anblick war so ko misch, dass einige der staunenden Män ner laut zu lachen begannen. Bully stürz te sich auf den vergnügten Nager und packte ihn beim Nacken. Mit einem Ruck holte er ihn in die Höhe. Oder kann ich doch etwas tun? Vermag ich wenigstens ein Freund zu sein? Trost und Beistand? Ich schüttle das eigene Entsetzen ab. Es muss mir gelingen. Für Gucky. Für ihn, der so sehr zu meinem Leben und zu mir gehört, dass es ohne ihn gar nicht denkbar ist. Der Mausbiber entwand sich mit eini gen geschickten Bewegungen dem Griff von Bullys Händen und fiel zu Boden. Er hockte auf dem Hinterteil und betrachte te Bully abwägend – und dann begann Bully zu schweben. Er trieb wie ein Luft ballon davon, dicht an dem sprachlosen Chefkoch vorbei und auf die mächtigen Kessel zu. Aus der Nähe sieht Gucky noch schlimmer aus; kraftlos und gezeichnet. Ihm ist alles genommen worden. Nur wenig Blut quillt aus einer Wunde an der Stirn. Ein dünnes Rinnsal, das sich seinen Weg durch das Fell sucht und sich als Tropfen im Winkel des linken, starr geöffneten Auges sammelt; von dort fällt es und landet direkt auf meinen Fuß. Rhodan beugte sich hinab und reichte dem Mausbiber die Hand. »Wir werden
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dich Gucky nennen«, sagte er freundlich und nahm die zierlichen Glieder vorsich tig zwischen die Finger. »Wenn du ver stehst, was ich sagte, nicke mit dem Kopf.« Gucky nickte sofort. Ich strecke die Arme aus. Atlan versteht mich ohne Worte und übergibt mir den reglosen Körper. Ich halte ihn, und einen absonderlichen Mo ment lang kommt es mir so vor, als wiegte ich eines meiner Kinder auf den Armen. Vielleicht ist der Mausbiber auf seine Art mehr mein Kind, als manch andere es tatsächlich waren; der Gedanke schmerzt und gräbt sich tief in mein Herz, denn er zeigt mir, was ich versäumt habe und wie das Leben mich prägte. Wie ich zuließ, dass das Leben mich prägte. Ich lege meine Hand an Guckys Wan ge. Seine Lider blinzeln. Ein letzter Rest Blut verschmiert. Und der Mausbiber öffnet den Mund, um mir etwas zu sagen. Etwas, das all das Grauen bündelt. * Ich bin Eritrea Kush und ich stehe in mitten dreier Legenden. Atlan, Perry Rhodan, Gucky ... wer kennt diese Na men nicht? Sie schienen stets abgeho bene Helden zu sein, Figuren jenseits der Wirklichkeit. Schon vor einiger Zeit bin ich Icho To lot begegnet, dem Haluter, und dank sei ner lernte ich, dass auch die Unsterb lichen Lebewesen sind wie du und ich; nun verstehe ich diese Lektion vollkom men. Doch ich wünschte, es wäre nicht so. Sie kennen das Leid vielleicht besser, als ich es jemals gefühlt habe, trotz allem, was mir widerfahren ist. Ich hatte es nicht einfach, aber dennoch ist meine ei gene Geschichte nichts im Vergleich des sen, was ich soeben ... Egal, unterbreche ich meinen Gedan kenfluss selbst. Es gibt Wichtigeres zu tun.
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Ich muss handeln! Laut rufe ich Sichu Dorksteiger zu, dass sie mir helfen solle. Die drei Un sterblichen – wie unpassend dieser Bei name plötzlich klingt – scheinen es nicht einmal zu bemerken. Und doch darf kei ne weitere Sekunde verloren gehen! Wenn sonst niemand dazu in der Lage ist, dann eben ich! Ich, Eritrea Kush, einst Soldatin im Rang eines Captains der Stardust-Flotte; Kommandantin der Ersten Kompanie des Ersten Raumlandebataillons der Zweiten Raumlandebrigade der Drit ten Stardust-Raumlandedivison; kurz 1.1.2.3. oder Elf-Dreiundzwanzig, wie mich mein verstorbener Mann immer scherzhaft nannte. Rus, denke ich in diesem absolut un passenden Moment. Wie lange war er völlig aus meinen Gedanken verschwun den, seit er mir nicht mehr in den Visi onen meiner psychischen Krankheit er schienen war? Die Ereignisse ... das Le ben ... sie hatten mich so überrollt, dass alles andere in Vergessenheit geriet. Schon die Tatsache, dass ich mich als ehemalige 1.1.2.3. ansah, zeigte über deutlich das eigentliche Problem. Denn ich bekleidete diesen Rang zweifellos immer noch, wenn auch das Lenken ei ner Silberkugel aus dem geheimnisvollen Arsenal in der Stardust-Felsennadel ei nen neuen Abschnitt meines Lebens er öffnet hat. Ich bin so viel mehr als vorher. Sichu Dorksteiger steht plötzlich ne ben mir. Ich weiß nicht, ob ich ihr ver trauen darf, aber ich muss es tun. Mir bleibt keine andere Wahl. Uns allen bleibt keine andere Wahl. Ich bin nicht gerade klein, aber die Ator überragt mich um einiges. Goldene Muster durchziehen ihre smaragdgrüne Haut. Juwelen glänzen in den Ringen ih res silbernen Haars. »Sichu«, sage ich. »Wir müssen ...«
»Ich weiß«, unterbricht sie mich.
Ihre Worte übertönen diejenigen, die
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Gucky im selben Augenblick spricht. Ich verstehe sie nicht, aber ich sehe im Au genwinkel, wie Perry Rhodan unter ihrer Wucht mit dem Mausbiber auf den Ar men in die Knie bricht. Und ich sehe Tränen, die über die Wange des Terraners rollen. 1. Ein Rahmen für das Puzzle.
Zwölf Stunden zuvor
Es fiel ihm schwer, den Schlaf abzu schütteln und die Augen zu öffnen. Doch das stete Piepsen des Signals verriet Per ry Rhodan, dass etwas Wichtiges an stand. Wie immer. Wann war er wohl zuletzt von Un wichtigem gestört worden, das er hatte ignorieren können? Er vermochte sich nicht daran zu erinnern. Ob es wohl jemals wieder eine ruhige Phase in seinem Leben geben würde? Momentan sah es nicht danach aus. Trotz der ständigen Vitalimpulse seines Zell aktivators war der Terraner schlicht und einfach müde. Irgendwann forderte auch sein Körper das Recht auf Schlaf. Mehr Schlaf, als Rhodan sich gönnen konnte. Es half alles nichts. Er drehte sich auf die Seite, schob die leichte Wärmedecke über die Brust, trat sie mit den Füßen gänzlich weg und schwang die Beine aus dem Bett. Der Boden fühlte sich unter den nackten Sohlen kühl an. »Ja doch«, rief er in Richtung des Akustikfeldes. Dieses gab ihm durch ein zusätzliches rotes Blinken in einem Zwei-Sekunden-Intervall zu verstehen, wer darauf wartete, ihm eine Nachricht zu überbringen – JOKER, der Haupt rechner und die Kontrollinstanz der Stardust-Felsennadel. Wahrscheinlich erwartete der Rechner, dass Rhodan als Sofortumschalter und Zellaktivatorträger blitzartig hellwach
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war und auf den Anruf reagierte; doch diesmal nicht. Rhodan streckte den Rü cken durch. »Gespräch annehmen!« Er klang nicht besonders freundlich. Ein Blick auf die Anzeige des Chrono meters, die in Leuchtziffern an die Decke projiziert wurde, zeigte ihm, dass er sich vor gerade einmal 108 Minuten hingelegt hatte – er hatte sich die Uhrzeit genau gemerkt. Geschlafen hatte er weit weni ger lang; düstere Gedanken hatten ihn gequält und verhindert, dass er ein schlief. Alles in allem also eine nicht sonderlich erholsame Ruhepause. JOKERS künstliche Stimme erklang. Unter all der neutralen Distanz glaubte Rhodan verborgene Verwunderung oder auch leichten Ärger darüber zu verneh men, dass etliche Sekunden verloren ge gangen waren. Er störte sich nicht daran. Von einer Maschine und ihren Stimmun gen – sollte sie über solche verfügen – ließ er sich ganz gewiss nicht drängen. »Über der Nebelkuppel von Aveda«, informierte der Rechner, »ist soeben eine der beiden auf Talanis stationierten Sil berkugeln materialisiert.« Diese Nachricht vertrieb in der Tat die letzten Reste von Schlaf und Müdigkeit. Eines der erst vor Kurzem entdeckten Fluggeräte war also von seiner Mission zurückgekehrt – und befand sich in rela tiver Nähe, nur wenige hundert Kilome ter entfernt. Mit etwas Glück bedeutete das eine Menge neuer Erkenntnisse, die dem Wis sensstand über das Geschehen in Aveda, der gesamten Stardust-Galaxis, dem Solsystem, Andromeda ... und überall in den Weiten des Polyport-Netzes hin zugefügt werden konnten. Irgendwann, darauf vertraute Rhodan, würde sich aus den zahllosen Puzzlestü cken ein stimmiges Gesamtbild ergeben – und ein Weg, die zahlreichen Probleme zu lösen, die an allen Ecken und Enden brannten. Momentan schien es fast unmöglich,
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einen Überblick zu gewinnen, obwohl er selbst wieder einmal offenbar als Zen tralfigur fungierte. Es war wohl sein Schicksal, an vielen Orten gleichzeitig präsent sein zu müssen. Ein Puzzle, dachte er. Der Vergleich war passend und es wert, länger darüber nachzudenken. Es ist ein kosmisches Puzzle, und ich bin derjenige, der am Spieltisch sitzt und die Teile zusammen fügt. Nein, mehr noch – ich bin selbst eines der Puzzlestücke, das mit etlichen anderen verbunden ist und dafür zu sor gen hat, dass sie miteinander verknüpft werden. Der Terraner schlüpfte in seine eintei lige Kombination und machte sich be reit, sein kleines Privatquartier in der Felsennadel zu verlassen. Das Material lag angenehm auf der Haut, ein ver trauter, leichter Druck. »Bitte, gib mir weitere Informationen«, forderte er JOKER auf. Er verhedderte sich am Stoff des rechten Beins und stol perte, fing sich nur mit einem gewagten Hüpfer ab, landete auf dem linken und breitete die Arme wie ein Artist aus, um das Gleichgewicht wiederzufinden. Wenn das jemand gesehen hätte, dach te er. Das entsprach sicherlich nicht dem Bild, das man sich gemeinhin von einem Perry Rhodan machte; immerhin genoss er auch im Stardust-System den Status einer Legende ... was ihm nicht unbe dingt gefiel. Er war ein Mensch aus Fleisch und Blut und würde es auch im mer bleiben. »Wer befindet sich an Bord der Silber kugel? Wer steuert sie?« »Es handelt sich um Kugel E«, erklär te JOKER. »Also um die Pilotin ...« »Eritrea Kush!« Der Terraner schloss die Kombination, die sich nun perfekt anpasste. Er spürte sie kaum noch. »Hat sie ihr Fluggefährt schon verlassen?« »Negativ. Aber im Kontrollstand war tet eine Nachricht auf dich.« Rhodan warf keinen Blick mehr zu rück, als er sein Quartier verließ.
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Ruhepausen? Nicht für ihn. Der Zellaktivator pochte vernehm lich. * Er eilte durch den etwa fünf Meter breiten Gang, der vom Bereich der Un terkünfte in den zentralen achteckigen Raum führte, den man per Antigrav schacht in schwindelerregender Höhe über der Halle der 1000 Aufgaben errei chen konnte. Sein Blick ging automatisch zur De cke, wo eine Kreislinie verdeutlichte, dass es oberhalb wohl noch etwas gab und der Schacht an dieser Stelle – in im merhin 710 Meter Höhe im ausgehöhlten Inneren der Stardust-Felsennadel – noch nicht endete. Momentan war und blieb dieser Be reich verschlossen, und bislang hatte niemand eine Möglichkeit gefunden, die sen vermuteten Durchgang zu öffnen. Es würde Rhodan allerdings nicht wundern, wenn ES auch in dieser Hinsicht eine Vorkehrung getroffen hatte, die ... Ein Zuruf riss ihn aus den Gedanken. In der Nähe standen vier Wissenschaftler beisammen. Eine schlanke, hochgewach sene Frau mit aschblondem Haar winkte ihm zu. Er erinnerte sich, am Vortag ei nige Worte mit ihr gewechselt zu haben; wobei er genau genommen angesichts ihres Redeschwalls kaum einen Ge sprächsanteil aktiv bestritten hatte. War sie nicht Hyperphysikerin und hatte ihm eine bizarre Theorie vorgestellt, auf der sie auf recht unangenehme Weise immer wieder insistiert hatte? Rhodan ging rasch an ihr und den an deren vorüber; die drei Männer warfen ihm einen kurzen Blick zu, den er mit einem nichtssagenden Nicken quittierte. Der Hyperphysikerin gönnte er ein knappes Heben der Augenbrauen, das so viel sagte wie: Ich hätte gerne mit dir gesprochen, aber mir bleibt leider keine Zeit.
Am nördlichen Ende des Raumes be trat er einen Korridor, der demjenigen glich, den er eben erst verlassen hatte; er führte in den Kontrollstand der Felsen nadel, wo sich auch JOKERS Hardware befand. Dort fand er den vertrauten Anblick der bildschirmartigen Projektionen vor, die sich an den Wänden entlangzogen. Die meisten zeigten die Maschinenblö cke in den unteren Etagen der Halle. Direkt vor der breiten Außenwand schwebte ein Holo-Globus von sieben Metern Durchmesser. Davor ragte ein Hufeisenschaltpult auf, vor dem wieder um gelblich-transparente Wolken wall ten. Eines dieser Nebelgebilde steuerte Rhodan an und ließ sich darauf nieder; es handelte sich um Formenergie, aus der sich auf seinen Körperkontakt hin ein Sessel bildete, perfekt den Konturen des Terraners angepasst. Als er die Arme hob und ablegte, fand er zwei Lehnen in ex akt der richtigen Höhe vor. Die geneigte Oberfläche des Kontroll pults war eine berührungssensitive Be dienfläche, doch einen solch direkten Zugang zum Rechner benötigte Rhodan derzeit nicht. Ein einfacher akustischer Befehl genügte: »Bitte, schalte eine Ver bindung zu Eritrea Kush in Kugel E.« Selbst das wäre wohl nicht nötig ge wesen, schließlich hatte JOKER ihn nur deshalb in den Kontrollstand gerufen. Ein Teil des Pults formte sich als Dis play eines Bildschirms. Daraus schaute ihm die Pilotin der Silberkugel ernst ent gegen, ehe sie ihm ein knappes Lächeln gönnte. Das kurze dunkelbraune Haar wies eine einzelne längere Strähne auf, die über die Stirn fiel. Die Frau sah müde aus; unter den Augen gruben sich blau schwarze Ringe in die Haut. Ihr Gesicht war schmal wie immer, doch in diesem Moment wirkte es fast hager und ausge zehrt. Das Bild zeigte sie abwärts bis zu den Händen, die auf einer Tischplatte ruhten.
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Direkt daneben stand ein Glas, in dem bläuliche Flüssigkeit perlte und schäum te. »Ein Vitaminshake«, sagte sie, an scheinend Rhodans Blickes gewahr wer dend. »Das Rezept lagert in den Speicher bänken der Silberkugel. Die Grundsub stanz nennt sich Winchester-Beere. Ein teuflisches Zeug im ersten Moment – schmeckt bitter, dass du glaubst, es ätzt dir die Zunge weg. Aber es erfrischt und hält wach. Besser als ... wie heißt dieses Zeug, das einige über die Teletranswei che vom Solsystem mitgebracht haben und das man sündhaft teuer als originale Terra-Ware auf den Schwarzmärkten kaufen kann? Expresso?« Rhodan grinste. »Espresso. Auch das ist Geschmackssache. Er ist erst seit we nigen Jahrzehnten auf der Erde wieder in Mode gekommen.« »Jedenfalls sollte man nach einem Schluck Winchester erst mal eine Stunde mit niemandem sprechen.« »So?« Eritrea schnippte mit Daumen und Zeigefinger gegen das Glas. »Ekelhafter Mundgeruch. Außerdem wird einem schwindlig. Man kommt sich vor wie be sessen. Meine Zunge fühlt sich nach jedem Schluck wie betäubt an.« Sie räus perte sich. »Aber deshalb habe ich dich nicht mitten in der Nacht angefunkt. Entschuldige.« »Entschuldigung wofür? Für ein kurzes Gespräch, das sich einmal nicht um die tausend Probleme dreht, die mich unablässig beschäftigen? Geschenkt.« »Leider«, meinte Eritrea Kush, »wirst du in einer Minute tausendundein Pro blem haben.« Rhodan seufzte. »Wie bezeichnend ist es wohl, dass ich exakt damit gerechnet habe?« Ich werde noch zu einem Pessimisten, dachte er. Und dummerweise scheint der Alltag mir recht zu geben. »Ich spiele dir eine vorbereitete Nach richt ab.«
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Nun wurde es also spannend. »Von wem?« Sie antwortete kurz und knapp: »At lan.« Ihm war sofort klar, was das bedeute te. Dem Arkoniden musste es gelungen sein, die Verbindung nach Talanis zu nutzen. Das Letzte, was der Terraner von dem alten Freund erfahren hatte, war, dass dieser das Solsystem erreicht hatte und mit der ATLANTIS in den Nebel dom eingedrungen war. Danach war der Kontakt abgebrochen, und wegen des hermetisch geschlossenen Kristall schirms gab es für Rhodan seit mehr als einer Woche, exakt seit dem 30. April, keine Neuigkeiten mehr aus der Hei mat. Genau das würde sich nun wohl än dern. Aber laut Eritrea Kushs düsterer Ankündigung warteten leider keine gu ten Nachrichten. Rhodan lehnte sich zurück und harrte der Dinge, die da kamen. Eritreas Gesicht verschwand aus der Wiedergabe, dafür tauchte das von lan gem weißem Haar umrahmte Antlitz des Arkoniden Atlan auf. »Wenn du dies hörst, alter Barbar, hat es Eritrea ge schafft, dich zu erreichen. Ich wusste, dass ich mich auf sie verlassen kann.« * »Ich wusste, dass ich mich auf sie ver lassen kann.« Aha, dachte Eritrea. Dabei war die Be gegnung mit Atlan auf Talanis äußerst kurz gewesen, für den Arkoniden bloß ein Gespräch unter vielen. Er hatte zwar mit Eritrea gesprochen, aber auch mit Flottillenadmiralin Miranda Fishbaugh, der Pilotin von Kugel F, und mit etlichen anderen Stardust-Terranern wie Shanda Sarmotte, Rence Ebion und ... Aber er hat mich ausgewählt, um seine aufgezeichnete Botschaft zu transportie ren. Und damit muss ich wohl jetzt zu rechtkommen. Nur nicht so bescheiden,
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Eritrea. Seit sie im Zuge der Ereignisse um Amethyst-Stadt erstmals Icho Tolot begegnet war – lag das wirklich noch keine vier Monate zurück? –, schien sie die diversen Unsterblichen anzuziehen wie Licht die Malak-Motten. Sie kannte die Nachricht in- und aus wendig, während Rhodan ihr in diesen Momenten zum ersten Mal lauschte und erfuhr, was sich auf Talanis ereignet hat te, wie es um das Feuerauge stand, um das Solsystem und letztlich auch um die Superintelligenz ES. So kam es, dass ihre Gedanken ab schweiften. Wie fasziniert hatte sich At lan gezeigt, als er erfahren hatte, dass ES die Stardust-Terraner keineswegs schutzlos zurückgelassen hatte in ihrer Raumenklave in geradezu endlos weiter Entfernung zur Heimat. Die Felsennadel samt der Halle der 1000 Aufgaben, die Anlagen für den Sextadimschleier, die acht Oldtimer-Sil berkugeln als phantastische Reisemög lichkeiten ... aber ES ging es entsetzlich schlecht. »Auf Wanderer steht im Kuppelbau am Fuß des 1300-Meter-Turms eine Eis säule«, sagte Atlan gerade. »Die vor Käl te erstarrte Superintelligenz – oder ihr Avatar, der uns wohl bildlich machen soll, was auf einer höherdimensionalen Ebene geschieht. ES stirbt, Perry, wenn unsere Rettungsversuche nicht greifen. Wenn du dieses verdammte PARALOXArsenal nicht bald findest oder uns eine Alternative einfällt!« Im Solsystem hatte das Feuerauge den Kristallschirm durchdrungen und stand seitdem mit dem Psi-Sturm und dem Schirm selbst in enger Wechselwirkung; ebenso mit dem psimateriellen Korpus der toten Superintelligenz ARCHETIM in der Sonne. Eine Katastrophe bahnte sich an, die bislang niemand stoppen konnte. ARCHETIMS Psi-Materie verlor zusehends an Stabilität, wodurch auch die für ES angezapfte Energie sich stets verringerte.
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Der Parablock der wiederentstande nen ES-Mutanten wurde deshalb von Stunde zu Stunde schwächer ... und die ersten Teilnehmer starben. Eritrea musterte Perrys Gesicht, als dieser vom endgültigen Tod alter Wegbe gleiter erfuhr. Sie hörte die Namen Ri bald Corello, John Marshall, Balton Wyt, Lord Zwiebus, Tatcher a Hainu und Da laimoc Rorvic. Der Terraner schien ruhig zu bleiben, doch unter der Oberfläche zeigten sich Emotionen – Rhodan war bis ins Mark getroffen. Seine Lippen be wegten sich leicht, ohne dass auch nur ein einziger Laut darüber drang. »Wegen ES’ Zustand sind sie nicht ins Bewusstseinskollektiv der Superintelli genz zurückgekehrt«, sagte Atlan, und obwohl es sich um eine Aufzeichnung handelte, schien er Rhodan direkt in die Augen zu sehen. »Du weißt, was das be deutet.« »Sie sind endgültig vergangen«, mur melte der Terraner, als könne sein alter Freund es hören. Sie glaubte, seinen Schmerz zumin dest ansatzweise zu verstehen. Nach dem tragischen Unfall, der ihren Mann das Leben gekostet hatte, hatte sie sich verzweifelt an ihn geklammert, als würde er leben und könne ihr zur Seite stehen. Er war ihr immer wieder in Träu men erschienen, als Artikulation der Sehnsüchte ihres Unterbewusstseins, so oft, bis sie ihn schließlich fast für real gehalten hatte. Dass sie mit ihm gespro chen, sich sogar mit ihm ausgetauscht hatte, schien ihr im Nachhinein bizarr. Der Vorgang war kaum mit dem Wie dererscheinen der alten Mutanten ver gleichbar – wohl aber die Tatsache, dass ihr Mann ebenso wie diese letztlich ein zweites Mal gestorben war. Ein doppel ter, nachgeschobener, endgültiger Ver lust. Sie wusste, wovon Atlan als Nächstes reden würde, und öffnete eine kleine Schublade an der Seite des antiquiert wirkenden Tisches, an dem sie saß. Sie
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selbst hatte seine Parameter bestimmt und ihn aus der Formenergie entstehen lassen, die die Silberkugel zur Verfügung stellte. Formenergie – ein unerhörter, beinahe unanständiger Luxus für je manden, der sie nie selbst verwendet, sondern höchstens Geschichten über die »gute alte Zeit« gehört hatte, in der Formenergie beinahe selbstverständlich und intergalaktische Reisen bestenfalls kurze Spaziergänge gewesen waren. Ihre Umgebung mit einfachen Befeh len und Steuerimpulsen zu verändern faszinierte Eritrea. Es war zu ungewöhn lich, zu fantastisch, um sich daran zu gewöhnen. Aus der Schublade holte sie eines der fingerlangen metallenen Bauteile hervor und wog es nachdenklich in der Hand. Nichts wies darauf hin, dass es sich um Hochtechnologie handelte, sozusagen di rekt aus der Werkstatt einer Superintel ligenz. Sie legte den schmalen Stift auf der Tischplatte ab; er rollte einige Zentime ter und stieß mit leisem Klirren gegen das Glas, das Eritrea in Gedanken ver sunken hob, an die Lippen setzte und trank. Beißend bitter rann die Flüssigkeit die Kehle hinab. Fast augenblicklich fühlte sie jedoch auch die belebende Wirkung, und das machte alles wieder wett. Sie konnte jedes Aufputschmittel gebrau chen, zumal wenn es, wie der Winches ter-Cocktail, zwar nur begrenzt, aber angeblich völlig ohne Nebenerschei nungen wirkte. Atlan setzte unterdessen seine Bot schaft fort, berichtete, wie er die von Ho munk gelieferten Zusatzaggregate in Empfang nahm, ohne zu erfahren, wie diese eigentlich arbeiteten. Sie optimier ten die ohnehin erstaunliche Flugfunkti on der Oldtimer-Kugeln, das stand fest. »Ich habe dafür gesorgt, dass wir eini ge mehr dieser Geräte erhielten. Es war übrigens das Letzte, was Homunk tat, ehe er selbst in der Eiseskälte erstarrte.
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Ich sah, wie sich seine Augen mit einer Schicht aus Raureif und Eis überzogen. Danach gefror blitzschnell sein kom pletter Leib.« Atlan lachte humorlos. »Der Bote steht damit seinem Dienst herren ES in nichts nach. Aber zurück zu den Zusatzaggregaten: Acht davon ste hen dir zur Verfügung, das neunte und zehnte sind in den Kugeln E und F ein gebaut, die Talanis erreicht haben. Nur deshalb konnte Eritrea überhaupt hier starten und dich erreichen. Vielleicht lassen sich weitere Silberkugeln oder auch andere Schiffe entsprechend aus rüsten.« Genau das würde Eritrea versuchen – im Fall ihres eigenen Fluggefährts hatte sich dies als problemlos erwiesen. Sie hatte sich der Kugel mit dem Aggregat genähert und es einfach losgelassen, woraufhin es sich mit der Hülle vereint hatte. Ein verblüffender Vorgang. Ob es immer so leicht funktionieren würde, stand auf einem anderen Blatt. Zumindest bei herkömmlichen Flugge fährten erwarteten sie wohl ernsthafte Kompatibilitätsprobleme. Während Atlan zum Thema der Krath vira wechselte, jener Technologie der Maahks, in der sie das Vamu gestorbener Vatrox einfingen, bereitete sich Eritrea darauf vor, vom Nebelfeld zum Konti nent Avateg zu fliegen. Dort lag im Sü den die Stardust-Felsennadel. Sie steckte sämtliche von Homunk ge lieferte Zusatzaggregate ein und ließ das Glas verschwinden. Auch dieses hatte Eritrea mithilfe des Masse-EnergiePendlers hergestellt; es war quasi eine Projektion gewesen, die zur Materie ge worden war, genau wie der WinchesterCocktail, dem man diese Herkunft weder angesehen noch geschmeckt hatte. Und er war gehaltvoll, dachte sie. Nahrungsmittel, komplizierte Geräte ... die Technologie der Kugel konnte fast alles herstellen. »Aus Andromeda müssen wir sämt liches Krathvira schnellstens herbei
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schaffen«, sagte Atlan. »Womöglich kann das darin gefangene Vamu ES weiter stärken. Homunk hielt es zumindest nicht für ausgeschlossen, wenn er sich auch nicht sonderlich begeistert von meiner Idee zeigte. Er wirkte ohnehin bereits ... eingerostet, war gedanklich wohl schon halb erstarrt. Es sind ver zweifelte Hoffnungen, viele Ansätze, die verknüpft werden sollen, um hoffentlich ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Und nun, Perry, heißt es erst einmal wieder Abschied nehmen. Allerdings gibt es noch jemanden, der dir etwas sagen will.« Ein lautes Atemgeräusch war zu ver nehmen, es klang wie ein Seufzen. Und sammelte sich da nicht eine Träne in At lans Augenwinkel? Aber das war anders als bei Terranern, erinnerte sich Eritrea, lediglich ein Zeichen innerer Erregung. »Er ist am Ende, alter Barbar ... ich habe ihn noch nie so erlebt.« Das Bild der Projektion erlosch, und statt des Arkoniden erschienen die Ge stalten dreier Mausbiber. Gucky, Iltu und Jumpy sahen abgekämpft aus, zerrissen, nur Schatten ihrer selbst. Eritrea konnte die Aufmerksamkeit nicht von ihnen wenden. Optisch waren die Ilts auf den ersten Blick possierlich, erinnerten an pelzige, aufrecht gehende Nagetiere. Die Erschöpfung und das Leid, das sich in den großen Augen spie gelte, vermochte Eritrea beinahe körper lich zu spüren. Wahrscheinlich hätte sie dazu nicht einmal sonderlich empfindsam sein müs sen; eine Eigenschaft, die bei ihr so stark ausgeprägt war, dass manche sie in die ser Hinsicht sogar als parabegabt ein schätzten. Doch diese Empathie basierte lediglich auf besonders gutem Einfüh lungsvermögen. Gucky hielt Iltu im Arm, Jumpy stand neben seinen Eltern. »Beeil dich, Perry«, bat der Mausbiber mit schwacher Stimme. Tränen schim merten in den Augen. »Ich will nicht,
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dass unsere alten Freunde sterben. Aber das werden sie, sollten wir dieses Feuer auge nicht bald aufhalten oder am bes ten beseitigen können.« Eine kurze Pau se, dann: »Einige sind bereits tot, und es fehlt nicht mehr viel, bis ...« Er brach ab, müde, und schloss die Augen. Die Botschaft endete. Eritrea blickte Rhodans Projektion an, der über die Kommunikationsverbin dung alles mitbekommen hatte. »Ich hät te dir gerne bessere Nachrichten über mittelt.« »Ich weiß«, sagte der Terraner. »Ich weiß ...« * Perry Rhodan unterbrach die Verbin dung zu Eritrea Kush in der Silberku gel E. Er stemmte sich in die Höhe; unter ihm zerfloss der Sessel wieder zu einer wal lenden Wolke aus Formenergie, die auf den nächsten Benutzer wartete. Mit weit ausholenden Schritten näher te er sich dem Ausgang, doch er hatte die Kommandozentrale noch nicht verlassen, als sich JOKER erneut meldete. »Eine weitere Nachricht geht soeben ein.« »Wer ist der Absender?«, fragte der Terraner. »Timber F. Whistler.« »Schalte ihn frei.« »Nicht möglich. Der Administrator hat lediglich sein Kommen angekündigt. Er will dich am oberen Ende des Anti gravschachts treffen.« Rhodan nickte und ging durch den Korridor, in Richtung des Achteckraums. Als er sein Ziel erreichte, verließ Whist ler den Antigravschacht. Der Administrator war eine beeindru ckende Persönlichkeit, auch äußerlich: ein großer und muskulöser Mann, dem man nicht ansah, dass sein Körper voll robotisch war, eine einzige Prothese, die seinem Gehirn eine Heimat bot. Der Blick der blauen Augen suchte Rhodan.
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Die beiden Männer nickten einander knapp zu. »Es gibt Neuigkeiten«, sagte Whistler. »Nicht zum ersten Mal heute.« Der Administrator sah ihn verwundert an, schüttelte leicht den Kopf und fuhr fort. »Stuart Lexa hat sich gemeldet. Er ist zu uns unterwegs, gemeinsam mit ei ner gewissen Sichu Dorksteiger, die vor mals im Dienst der Frequenz-Monarchie stand. Es ist ihnen gelungen, die Historie des Volkes der Vatrox ans Licht zu brin gen.« Rhodan pfiff leise durch die Zähne. »Wissen sie auch etwas über VATROX VAMU?« Whistler lächelte feinsinnig. »Du machst dir Sorgen wegen dieses Überwe sens, nicht wahr?« »Alles andere wäre töricht.« Die bei den Männer gingen zum westlichen Tor im Achteckraum, das – wie Rhodan wusste – in eine große leere Halle führte, in der sie ungestört reden konnten. »Zwar ist es uns gelungen, diese Entität aus dem Stardust-System zu vertreiben, doch es steht fest, dass sie einige Kuckuckseier hinterlassen hat.« »Es ist möglich, dass es sich so ver hält«, schränkte Whistler ein. »Wir wis sen nichts Genaues.« Er streckte die Hand aus, als Rhodan etwas entgegnen wollte. »Wenn auch Jason Moors Erfah rungen dafür sprechen.« Der Zellaktivatorträger erreichte die Halle als Erster; seine Schritte hallten von den mehr als dreißig Meter ausein anderliegenden Wänden wider. »Lass uns nicht über Details oder Spitzfindig keiten streiten. Ich wäre der Letzte, der sich beschwert, sollte es tatsächlich kei ne wie auch immer gearteten Hinterlas senschaften geben.« »Wie könntest du auch?« Sie erreichten das Hologramm an der Außenwand der Halle, das ein großes Pa noramafenster simulierte. Es bot einen Panoramablick auf Stardust City. Die Metropole erstreckte sich über das Asha
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war-Flussdelta. Parks wechselten mit gewaltigen Wohntürmen ab, sterile In dustriebauten mit atemberaubenden Flusslandschaften. »Ich spiele dir Lexas Bericht ab«, kün digte der Administrator an, nach dem unter anderem eine der Hauptverkehrs adern benannt worden war, die sich deutlich sichtbar durch das Stadtgebiet zog. Dort herrschte reger Gleiterverkehr. »Im Anschluss folgen Beobachtungen dieser Sichu Dorksteiger, die ich bereits erwähnte. Sie entstammt dem Volk der Ator.« Während Rhodan nachdenklich auf das Holo starrte, das variabel die jewei lige Außenbeobachtung wiedergab, er fuhr er eine erstaunliche Historie, die über weite Zeiträume reichte; die Ge schichte eines ganzen Volkes und vor allem der einzelnen Vatrox Lucba Ovi chat. Er hörte, wie sich die Kollektivwesen VATROX-VAMU, VATROX-CUUR und VATROX-DAAG bildeten ... wie Vamu aus den Kollektivwesen separiert wer den sollte, was aber außer Kontrolle ge riet. Er erfuhr durch eine Augenzeugin, wie eine neue, mächtige Kind-Entität entstand, die VATROX-VAMU assimi lierte und dessen Namen übernahm ... wie die Flotte der Vatrox erstmals den Anthurianern begegnete ... und wie Luc ba Ovichats Vamu schließlich von einem psimateriellen Artefakt eingefangen wurde. »Dieses Artefakt werden wir mit bringen«, kündigte Stuart Lexa in der Botschaft an. Als die Aufzeichnung endete, blieb es still; Rhodans Gedanken überschlugen sich. Jener tiotronische Hyperimpuls, von dem er soeben gehört und der die Ursache für die Entwicklung der Vatrox gebildet hatte, war ihm nicht unbe kannt. Er müsste sich schon sehr täuschen, wenn es sich um etwas anderes als die Prior-Welle der Soberer handelte, die vor Urzeiten auch die Kelosker und an weit
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entfernter Stelle des Universums die Kaiserin von Therm hervorgebracht hat te, die mittlerweile mit dem ehemaligen Mächtigen Bardioc zur Superintelligenz THERMIOC verschmolzen war. »Es ist ein Puzzle«, murmelte er, kaum für sein Gegenüber bestimmt. »Ein ein ziges großes kosmisches Puzzle. Ein Teil greift ins andere.« Whistler bewies gute Ohren – oder gu te robotische Sensoren. »Du meinst, dass wir unsere gesamten Aktionen koordi nieren müssen, bis sich ein Gesamtbild ergibt?« Rhodan lächelte. »Das auch.« Er woll te seinen Verdacht nicht aussprechen, um nicht für zusätzliche Verwirrung zu sorgen. »Du sagst, Sichu Dorksteiger ist zu uns unterwegs?« »Zusammen mit Lexa und ihrem Be gleiter Fyrt Byrask. Sie müssten bald eintreffen. Um bei deinem Puzzle-Bild zu bleiben: Die Teile sammeln sich. Was das wohl bedeutet?« »Dass ein Finale bevorsteht?«, schlug Rhodan vor. »Dass es uns endlich gelin gen wird, aus vielen Bruchstücken eine gezielte gemeinsame Aktion hervorzu bringen? Die ES rettet, die FrequenzMonarchie zurückdrängt oder zerschlägt, die ...« »Bist du tatsächlich so optimistisch oder gibst du es nur vor?«, unterbrach der Administrator. »Wenn ich es nicht wäre«, antwortete der Terraner, »hätte ich die Menschheit und mich selbst schon vor Jahrhunderten aufgeben müssen.« * Sie saßen auf dem Boden. Rhodan lehnte mit dem Rücken an der Wand, die sich kühl anfühlte, wogegen seine Kombination nicht völlig ab schirmte. Whistler hockte ihm gegenüber, per fekt gerade aufgerichtet; es sah entsetz lich unbequem aus, doch wahrscheinlich
hätte der Administrator ebenso unbe wegt auf einem Bein stehen können, denn sein Körper ermüdete ja nicht. Vielleicht hatte er sich aus Gewohnheit gesetzt oder aus Höflichkeit Rhodan gegenüber. Längst waren sie in eine Diskussion versunken, warfen sich die Brocken ihres Wissensstandes gegenseitig hin und her. Solche Gespräche hatten schon manches Mal für Klarheit gesorgt, auch wenn nie mand neue Informationen einbringen konnte. Oft half es, bereits Bekanntes in einen neuen Bezug zueinander zu setzen oder einfach zu rekapitulieren, was sich alles abspielte. »Wir verfügen also über einige Reise verbindungen«, sagte Whistler. »Über die Transferkamine des Polyport-Netzes. Von NEO-OLYMP aus zum DistributDepot ITHAFOR in der Milchstraße wer den etwa viereinhalb Stunden benö tigt.« »Ein Klacks, wenn man die gewaltige Entfernung bedenkt«, erwiderte Rhodan. Wie weit auch immer es tatsächlich sein mag – wir wissen nach wie vor nicht, wo sich die Stardust-Galaxie befindet. »Au ßerdem besteht eine Transferkamin-Ver bindung zwischen NEO-OLYMP und dem Polyport-Hof DARASTO im Orbit um Gleam in Andro-Beta. Damit ist An dromeda in derselben Zeit zu erreichen. Ich werde Icho Tolot beauftragen, das Krahtvira mit dem gefangenen Vamu von dort zu uns zu bringen. Vielleicht können wir Atlans Idee in die Tat umset zen und mit dieser geistigen Energie tat sächlich ES weiter stabilisieren und den Tod der Superintelligenz verhindern.« »Nicht zu vergessen, dass sich sowohl in NEO-OLYMP als auch in DARASTO verborgene Räume befinden, die offenbar ES einst selbst eingerichtet hat. Ich bin sicher, dass dort einige Überraschungen warten.« »Ein Teil der Vorkehrungen, die die Superintelligenz getroffen hat«, stimmte Rhodan zu. »Wie sie uns auch die Silber
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kugeln zur Verfügung gestellt und die Möglichkeit geschaffen hat, das Star dust-System hinter dem Sextadimschlei er abzuriegeln.« »Weiter«, meinte Whistler, »führt ein Transferkamin zum Polyport-Hof ESH DIM-3, wo sich nicht nur dein Schiff MI KRU-JON befindet, sondern auch daran gekoppelt eine Sonde samt Psi-Materie, die insgesamt eine Menge von ... von wie viel ausmacht?« Rhodan atmete tief aus. »Vier Kilo gramm.« Er fragte sich, was die beiläufig erwähnte Bemerkung seines Gegenübers für ihn bedeutete. War MIKRU-JON tat sächlich sein Schiff? Gewiss, er hatte als Pilot des Obelis kenraumers gedient, hatte ihn gesteuert und erstaunliche Erfahrungen gesam melt, aber ... »Du hast Icho Tolot erwähnt«, riss Whistler ihn aus seinen Überlegungen. »Der Haluter befindet sich mit seinem Jaranoc-Diener – oder was immer er sein mag – Kardo Tarba auf dem PolyportHof KREUZRAD, den wir ins StardustSystem verlegt haben.« Rhodan fühlte sich, als müsse er geis tig mit all diesen Informationen jonglie ren. Dabei hatten sie nicht einmal er wähnt, dass sie in der Galaxis Anthures ta mit den Sha’zor, den Staubreitern, den Essa Nur und den Ja’woor neue Verbün dete gefunden hatten. Dass ES außerdem dafür gesorgt hat te, dass ihnen ein besonderer Controller für das Polyport-Netz zur Verfügung stand. Dass sie TALIN ANTHURESTA, das Wunder von Anthuresta, gefunden hat ten, eine gigantische Dyson-Sphäre, die allerdings so gut abgesichert war, dass sie für gewöhnlich selbst mittels des Po lyport-Netzes unerreichbar blieb. Dass in dieser Sphäre nach wie vor Mondra Diamond und die JULES VER NE samt Julian Tifflor verschollen wa ren. Dass ebenfalls im Auftrag von ES das
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Volk der Elfahder wieder ins Spiel ge kommen war und einen ersten konkreten Hinweis auf das PARALOX-ARSENAL geliefert hatte, jenes Reservoir an PsiMaterie, das die Frequenz-Monarchie verzweifelt suchte und das zugleich das Instrument war, mit dem ES wohl geret tet werden konnte. Dieses PARALOX-ARSENAL wieder um stand eindeutig mit VATROX-VAMU und damit auch jenen Informationen im Zusammenhang, die Whistler soeben über Stuart Lexa und Sichu Dorksteiger geliefert hatte. Denn es hieß, dass VATROX-VAMU auf das ARSENAL hatte zugreifen wol len, weshalb es in Zeitkörner fragmen tiert und versteckt worden war. So lau tete zumindest die Botschaft von ESTAR TU, der sogenannten Schwester von ES ... Rhodan wurde schwindlig, wenn er versuchte, all diese Details in Beziehung zueinander zu setzen. Und doch war es unabdingbar. Er musste die Puzzleteile zu einem Gesamtbild zusammensetzen. All die Aktionen, Möglichkeiten und Hinterlassenschaften mussten gemein sam gebündelt werden. Blieb noch abzuwarten, ob sich die beiden von Lexa beim Planetoiden P-17-25-1463 Geretteten als Hilfe erwei sen würden – die Ator Sichu Dorksteiger und der Ana Fyrt Byrask. Möglicherwei se verfügten sie über Informationen, die wieder neue Verbindungen und Verknüp fungen schufen. Der Blick des Terraners wanderte zu dem Holo, das das Leben in Stardust Ci ty zeigte. In Momenten wie diesen fragte er sich, warum er nicht einfach nur leben konnte, wie so viele andere auch. Seinen Alltag in einer Stadt wie dieser verbrin gen, arbeiten und essen, schlafen und lachen, lieben und leiden. Die Antwort darauf gab er sich selbst. Weil es ihn nicht mehr erfüllen wür de.
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Und weil ihm ohnehin niemals eine Wahl gelassen worden war. * Eritrea schwebte im Antigravschacht der Halle der 1000 Aufgaben hinab. Ihr Ziel war die 875 Meter tiefer gelegene Maschinenhalle, in der unter anderem die Silberkugel H lagerte. In diese wollte Eritrea das Zusatzaggregat einbauen. Sie verließ den Schacht und stand in mitten der gewaltigen Halle. Sie durch maß nicht mehr und nicht weniger als acht Kilometer, wie Eritrea wusste. Al lerdings war im Zentrum – rund um sie – ein Platz von nur 500 Metern Durch messer frei; doch schon dieser vermittelte den Eindruck geradezu unendlicher Wei te. Rund um diesen freien Bereich zogen sich in konzentrischen Ringen und strah lenförmig ausgerichteten Reihen grau aufragende Quader von 100 Metern Län ge und je 30 Metern Breite und Höhe. Die Funktion dieser verkapselten Ag gregate hatte bislang niemand entschlüs seln können. Eritrea kümmerte sich nicht weiter darum, sondern musterte die Old timer-Statuen, die die Eckpunkte eines geometrisch exakten Achtecks bildeten. Die Oldtimer waren ein sehr altes Volk, auf das die Technologie der Silber kugeln zurückging; diese Fluggefährte ähnelten den Lichtzellen, wie sie auch Ritter der Tiefe benutzt hatten. All das wusste Eritrea vom Hörensa gen; dass sie selbst einmal etwas ähnlich Perfektes bedienen würde, hätte sie sich nicht träumen lassen. Insgesamt befanden sich momentan sechs Silberkugeln in der Maschinenhal le; Eritreas Kugel E ruhte außerhalb der Felsennadel; Kugel F, die von Miranda Fishbaugh geführt wurde, weilte noch auf Talanis. Eritrea entschied sich, mit dem Ein bau der Zusatzaggregate bei Silberku gel H zu beginnen, die wie alle anderen
hinter einer der Statuen schwebte, im Ruhemodus auf nur neun Meter Durch messer geschrumpft. Die Oberfläche glänzte wie poliertes Chrom. Als die Stardust-Terranerin näher trat, spiegelte sie sich darin. Sie erschrak, als sie erkannte, wie übermüdet und erschöpft sie aussah. Wenn dies alles vorüber war, musste sie sich dringend etwas Ruhe gönnen. Bei diesem Gedanken lachte sie un willkürlich auf und schaute sich danach um, ob jemand in der Nähe war, der sie hätte hören können. Weit und breit war niemand zu sehen, es schien, als sei sie völlig allein in der Weite der Maschinen halle. Sehr gut ... denn was sollte man von einer Frau halten, die plötzlich schein bar ohne Grund zu lachen begann? Aber was blieb ihr anderes übrig? Wenn dies alles vorüber war. Ob es jemals so weit kam? Würde das Abenteuer, das ihr Le ben gründlich auf den Kopf gestellt hat te, irgendwann enden? Und wie sollte ein solches Ende aus sehen? Sie ahnte, dass sie sich Ruhezeiten ganz bewusst nehmen oder erkämpfen musste, weil sie ihr nicht einfach zufie len. Nicht, seit sie im Dunstkreis der Un sterblichen stand, eine Silberkugel flog, aktiv gegen die Frequenz-Monarchie vorging und an der Rettung der Superin telligenz ES mitarbeitete. Sie entnahm ihrer Tasche eines der Zusatzaggregate und wog es nachdenk lich in der Hand. Ihre Finger zitterten leicht. Im Fall ih rer eigenen Silberkugel hatte sie das neue Bauteil ohne jede Schwierigkeit einfügen können. Es war automatisch mit der glänzenden Hülle verschmolzen. Nun jedoch tat sich nichts, obwohl sie das Aggregat dicht an die Außenhülle der Silberkugel heranführte. »Wäre wohl auch zu einfach«, mur melte sie gedankenverloren. Diese Frei heit gönnte sie sich, da sich ohnehin nie
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mand in der Nähe befand, der sich daran hätte stören können; es half ihr, sich bes ser zu konzentrieren. Mit einem Mal breitete sich ein mul miges Gefühl in ihr aus. Wenn sie zurückdachte, konnte sie nicht leugnen, dass sie während all der Jahre seit dem Tod ihres Ehemannes un ter psychischen Schwierigkeiten gelitten hatte. Im Nachhinein betrachtet musste sie sich eingestehen, krank gewesen zu sein; und das, obwohl es ihr hervorra gend gelungen war, diesen ... Defekt vor jedem anderen geheimzuhalten. Sie hatte diese Probleme allerdings überwunden, mit der Hilfe eines Freundes, des inzwischen ebenfalls ver storbenen Wirts Sandior, und vor allem aufgrund der Umstände, die sie zum ers ten Mal in Kontakt mit Icho Tolot ge bracht hatten. Aber musste sie nicht Vorsicht walten lassen, damit sie auch weiterhin gesund blieb? Überall hörte man, dass Übermü dung und zu viel Arbeit zu einem Rück fall führen konnten. Insofern lebte sie gleich doppelt gefährlich ... Sie schloss die Augen, atmete tief durch und schüttelte die lästigen Gedan ken ab. Sie würde darüber nachdenken, wenn es so weit war. Wenn es tatsächlich akut zu werden drohte. Also wenn es zu spät ist, meldete sich eine leise Stimme in ihr. Die Eritrea wie derum schlicht und einfach ignorierte. An einen gewissen Stressfaktor musste man sich wohl gewöhnen, wenn man an vorderster Front mitspielte. Sie drehte sich um, als sie Schrittge räusche vernahm. Zwei Männer verlie ßen soeben den Antigravschacht und kamen wild gestikulierend näher. Eritrea hatte sie nie zuvor gesehen, was aber kein Wunder war angesichts der gerade zu zahllosen Wissenschaftler, die in der Halle der 1000 Aufgaben arbeiteten. Der dickere der beiden atmete schwer und kaute auf seiner Unterlippe. »PsiMaterie!«, rief er, so laut, dass Eritrea
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es unmöglich überhören konnte. »Ul trahochtechnologie, die irgendwelche Supervölker oder -intelligenzen hinter lassen haben. Immer wieder läuft es dar auf hinaus! Das ist ...« »Das ist was, Janost?« »Unkonkret! Unwissenschaftlich! Ein Türöffner für allerlei Spekulationen und Mutmaßungen, die sich nicht mehr mit tatsächlichen Daten und konkret nach vollziehbaren Untersuchungen unter mauern lassen.« Der zweite Mann lachte, aber es klang alles andere als amüsiert. Seine finger langen Haare standen wirr in alle Rich tungen. Die Spitzen waren rot gefärbt. »Das ist nicht dein Ernst, Kollege!« »Nenn mich nicht so! Für mich bist du kein Wissenschaftler, sondern ein Mysti ker.« Die Gesichtshaut nahm eine Färbung an, die den Haarspitzen in nichts nach stand. »Dann hast du die letzten paar Jahrhunderte verschlafen.« »Gut, gut, ich habe übertrieben. Du weißt doch, dass mir die Nerven durch gehen, wenn ...« Er stockte, offenbar, weil er Eritrea zum ersten Mal bewusst wahr nahm. »Was machst du hier?« »Ich wüsste nicht, dass ich mich vor dir rechtfertigen muss«, antwortete sie, von dem kleinen Wortgefecht amüsiert. »Aber bitte – ich bin Eritrea Kush, Pilo tin der Silberkugel E.« Der andere stockte kurz, streckte dann die Rechte aus. »Janost Jussu.« Sie ergriff die Hand. Der zweite Neuankömmling stellte sich als Sher Pawet vor. »Wenn du die Silberkugel fliegst, erklär meinem ge schätzten Kollegen doch bitte, dass es sich dabei um eine ganz konkrete Tech nologie handelt, die ...« »Das habe ich ja nie angezweifelt«, un terbrach Janost. »Es geht mir nur darum, dass uns die richtigen Maßstäbe und Me thoden fehlen, um psimaterielle Einflüs se und uns fremde technologische Errun genschaften korrekt zu kategorisieren.«
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»Womit du dich täuschst«, sagte Sher. »Das Instrumentarium ist gut ausgear beitet. Allerdings begehen viele densel ben Fehler wie du und nennen das alles Zauberei. Weil sie nicht verstehen, dass es Gesetzmäßigkeiten gibt, die ...« »Entschuldigt mich«, unterbrach Eri trea. »Ich glaube nicht, dass ich zu eurem wissenschaftlichen Grundsatzproblem irgendetwas Erhellendes beitragen kann. Wenn ihr also bitte anderswo weiter streitet ... ich habe eine wichtige Aufgabe zu erledigen.« »Wir streiten nicht«, protestierten die beiden, plötzlich vereint, wie aus einem Mund. »Wir diskutieren«, ergänzte Janost. »Das ist etwas völlig anderes.« Sein Kollege deutete auf das mysteri öse Zusatzaggregat in ihrer Hand. »Was ist das?« »Es verbessert die Flugleistung der Silberkugel«, wich sie aus. Solange sie nicht genau wusste, wie vertrauenswür dig die beiden Wissenschaftler waren, wollte sie nicht konkreter werden. »Siehst du«, sagte Janost triumphie rend. »Das ist exakt das, was ich meine. Wir sind nicht einmal in der Lage, die Technologie der Silberkugeln zu verste hen ... und doch benutzen wir sie nicht nur, sondern maßen uns sogar an, sie zu verbessern. Das kann ungeahnte Folgen nach sich ziehen, die vielleicht das fragi le Gleichgewicht zerstören, das die Sil berkugel am Laufen hält. Wenn nicht noch Schlimmeres geschieht!« Eritrea musste ihm in gewisser Hin sicht sogar recht geben. Ein ähnlicher Gedanke war ihr auch schon gekommen. »Obwohl ich dir nicht widersprechen kann, werde ich das Aggregat einbau en.« »Hast du keine Angst, dass es mehr zerstört als Nutzen bringt?« »Lass es mich so sagen ... es stammt über diverse Umwege von ES, und der Superintelligenz schenke ich mein Ver trauen.«
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Janost wiederholte das letzte Wort mit halb nachdenklichem, halb spöttischem Tonfall und wandte sich Sher Pawet zu. »Da siehst du, was ich meine. Vertrauen wird zu einem Faktor erhoben, der über wissenschaftlicher Exaktheit steht. So weit kommt es, wenn wir zu viel mit sol chen Dingen umgehen, die wir nicht ver stehen.« Pawet seufzte. »Ich denke nicht, dass Eritrea ihren ...« »Ihren Glauben?«, schlug Janost vor. »Dass sie es mit Wissenschaft ver wechselt. Man muss nur wissen, was wann angebracht ist.« Eritrea spürte, dass die Diskussion an grundsätzliche Fragen rührte, die auch ihr nahegingen; und die ihr tägliches Le ben spätestens seit dem Augenblick be stimmten, in dem sie zum ersten Mal eine der Silberkugeln betreten hatte. Sie wusste, dass sie sich mit ihren nächsten Worten vor beiden, so unter schiedliche Positionen sie auch einnah men, disqualifizieren würde. »Notfalls ist mir das Vertrauen wichtiger als die Wis senschaft.« »Und das sagt ausgerechnet diejenige, die hochstehende Fremdtechnologie ver bessern will.« Sher Pawet legte die Fin gerspitzen beider Hände vor der Brust zusammen und dehnte die Finger. »Brauchst du Hilfe?« »Könnte nicht schaden«, meinte Eri trea. »Seid ihr denn bewandert in der Technologie der Silberkugeln?« »Wenn es jemanden gibt, auf den dies zutrifft, dann auf uns beide«, versicherte Janost. »Von zwei unterschiedlichen Standpunkten aus betrachtet, natür lich.« Pawet lachte. »Was sie wohl kaum übersehen haben wird.« »In der Tat.« Eritrea hob das Aggregat an und berührte damit erstmals die Au ßenhülle der Silberkugel direkt. Ein Überschlagblitz zuckte auf, ein beißender Schmerz schoss durch Eritre as Arm und die Schulter bis in den Brust
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korb. Sie schrie auf, wurde von den Fü ßen gerissen und krachte erst drei Meter entfernt wieder auf den Boden. Das Aggregat drehte sich in einem Spannungsfeld aus zuckenden Entla dungen in der Luft. Eritrea schnappte nach Luft. Ihr Herz. Ihr ... Herz ... Es tat so weh, und es ... es schlug nicht mehr. Es ... Es wurde dunkel. * Timber F. Whistler saß noch immer un gerührt, in perfekt aufgerichteter Hal tung auf dem Boden. »Was willst du nun unternehmen?« Rhodan erhob sich. Sein Nacken schmerzte ein wenig. »Du selbst hast MI KRU-JON erwähnt, das ...« Er stockte. »Mein Schiff, der Museumsraumer der Halbspur-Changeure, der mich als sei nen Piloten erwählt hat.« »Das weiß ich«, sagte der Administra tor verwirrt. »Du musst es mir nicht er klären.« Ich hab es nicht dir erklärt, dachte Rhodan. Sondern mir selbst. MIKRU JON ist tatsächlich mein Schiff, daran gibt es nichts zu rütteln. Er sah ein letztes Mal auf die HoloWiedergabe, die perfekt ein Panaroma fenster simulierte, das den Blick auf Stardust City öffnete. Ich bin von Täuschung umgeben. Ein Panoramafenster, das keines ist. Ein Mensch, von dessen Originalkörper le diglich das Gehirn geblieben ist. Was ist überhaupt noch echt? Und wo täusche ich selbst Dinge vor, die nicht der Wahr heit entsprechen? Das war ein nur scheinbar müßiger Gedanke, der auf ein grundsätzliches Problem verwies. Wie offen sollte sich Rhodan zeigen? Inwieweit durfte und musste er seine Pläne und Überlegungen mit Whistler im Detail teilen?
In Stardust war er auf Strukturen ge troffen, die ohne ihn und seinen Einfluss gewachsen waren, und das seit vielen Jahrzehnten. Es gab ein Netz aus Bezie hungen, Politik und Macht, auf das er nur von außen einige kurze Blicke er hascht hatte. Wahrscheinlich lauerten noch etliche Rätsel und Geheimnisse im Dunkeln, de ren Bedeutung er nicht kannte. Es war eine Menschheit, die ohne ihn zurecht kommen musste und dabei erfolgreich war. Wie könnte es auch anders sein? »Ich werde Kontakt zum Konzept Lloyd/Tschubai aufnehmen«, sagte er, »das mit den Soldaten in NEO-OLYMP zurückgeblieben ist. Er soll MIKRU-JON zu sich auf den Polyport-Hof holen, wenn möglich auch den Shazor Murkad, den Staubreiter Gomrakh und einige Ja’woor.« »Du willst mobil machen? Aufrüs ten?« Rhodan lächelte. »Sozusagen. Wir zie hen unsere Kräfte zusammen. Die Zei chen stehen auf Sturm, und ich ... und wir sollten diejenigen sein, die diesen Sturm lenken! Die Untersuchung der Psi-Sonde an MIKRU-JON ist längst überfällig. Womöglich kann sie den ESMutanten und ihrem Parablock zur Ver fügung gestellt werden, um sie zu stär ken. Oder wir können die Psi-Materie im Solsystem zum Einsatz gegen das Feuer auge bringen. Egal wie oder was – wir müssen endlich handeln!« »Was ist mit den Zusatzaggregaten, die Atlan von Homunk erhalten hat?« »Eritrea Kush ist damit bereits an der Arbeit, unten in der Maschinenhalle.« »Sollten wir sie nicht unterstützen?« Der Zellaktivatorträger nickte. »Sie ist zwar versiert genug, aber zumindest mo ralisch können wir ihr Beistand leisten. Zeichen setzen. Ich schlage dir vor, dass du die weitere Koordination übernimmst und ich bei Captain Kush vorbeischaue. Zuvor würde ich mich aber gern von JOKER in der Nutzung der Silberkugeln
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unterweisen lassen. Dann stehe ich vor Eritrea nicht ganz so dumm da ...« Whistler lachte. »Auch Unsterbliche kochen nur mit Wasser, wie?« * Perry Rhodan lag in seinem Privat quartier auf dem Bett, die Hände hinter dem Nacken verschränkt, die Augen ge schlossen, und lauschte der Hypnoschu lung, die seinen Geist mit Informationen tränkte. Gleichzeitig dachte er an viele andere Dinge, die ihn so sehr berührten, dass er sie nicht einfach verdrängen konnte. Die bittere Nachricht über den endgültigen Tod der alten Wegbegleiter. Noch vor Kurzem hätte Rhodan nie für möglich gehalten, noch einmal so intensiv um sie zu trauern; schließlich waren sie schon vor langer Zeit gestorben und ihre Be wusstseine in das Geisteskollektiv der Superintelligenz ES aufgegangen. Deshalb verfolgte ihn auch etwas an deres noch weitaus mehr – die Verzweif lung in Guckys Stimme und Blick, der elende Zustand des Mausbibers und sei ner Familie, die er gerade erst wiederge funden hatte. Denn mit Gucky lebte und kämpfte er seit Jahrhunderten Seite an Seite. Er machte sich Sorgen um den Klei nen, sogar in diesen Momenten, während die Hypnoschulung lief und nahezu jeden anderen Gedanken verdrängte. Mittels einer winzigen Sonde, die an Rhodans Schläfe klebte, lehrte JOKER den Terraner alles, was er über die Sil berkugeln wusste; das Wissen verankerte sich über unbewusste Mechanismen di rekt in Rhodans Gedächtnis. Es ging weitaus schneller als alle be kannten Methoden. Außerdem würde der Terraner auf diese Weise kaum eine In formation vergessen. Der Vorgang dauerte nur kurze Zeit, und Rhodan konnte es kaum erwarten, sein theoretisches Wissen in der Praxis
zu erproben. Dabei kam es ihm umso mehr zugute, dass Captain Eritrea Kush in der Maschinenhalle bereits zugange und in der Lage war, ihm von ihren Er fahrungen als Pilotin einer Silberkugel zu berichten. Etwas selbst zu beobachten oder gar zu tun, schlug jede noch so perfekte Hyp noschulung immer noch um Längen. Rhodan ging kurz in die Hygienezelle, spritzte sich Wasser ins Gesicht, trank einen Schluck und machte sich auf den Weg zum Antigravschacht. Obwohl er schon zahllose Schiffe ge steuert hatte, konnte er eine gewisse Aufregung nicht verhindern. Eine Sil berkugel zu fliegen stellte auch für ihn ein neuartiges Erlebnis dar, etwas, das seinen Horizont erweiterte. Während er im Antigravschacht nach unten schwebte, an der Halle der 1000 Aufgaben vorüber in die Tiefe zur Ma schinenhalle, verschob sein Geist unab lässig die Puzzlestückchen und suchte nach anderen, die womöglich längst da waren, die er aber bisher nicht als solche erkannt hatte. Er dachte an die Oldtimer und ihre Verbindung zu den Gängern des Netzes. Er dachte an die ES-Verwirrung, durch die einige Unsterbliche das Leben verloren hatten, unter anderem Fellmer Lloyd und Ras Tschubai, die nun als Konzept zu ihm zurückgekehrt waren. Was hing womit zusammen, aus wel chen vergangenen Ereignissen ließen sich Lehren für die Zukunft ziehen? Mit Grauen dachte Rhodan an den frierenden Alten zurück, den Avatar der Superintelligenz auf Wanderer, der schließlich völlig erstarrt war. Noch im Schacht bemerkte der Terra ner, dass in der Maschinenhalle, genauer im engeren Zentrum in der Nähe der Sil berkugeln, etwas nicht stimmte. Ein selt sames blaues Flackern lenkte zuerst seine Aufmerksamkeit auf sich, dann ein Schrei. Ein dicklicher Mann stieß ihn aus. Rhodan glaubte, ihn schon einmal ge
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troffen zu haben. War er nicht ein Wis senschaftler, der durch seine fundamen talische Haltung von sich reden machte? An den Namen konnte er sich allerdings nicht mehr erinnern. Der Mann schrie noch immer. Sein rechter Arm war ausgestreckt, wies auf eine der Silberkugeln-Statuen, als wolle er dort etwas greifen. Auf der glänzenden Oberfläche der Silberkugel – nein, kurz davor, mitten in der Luft! – ballten sich irrlichternde blaue Blitze, die eine wa bernde Verbindung zur Hand des Wis senschaftlers schufen. Es wallte und zuckte wie der Tentakel eines sterbenden Meeresungeheuers. Ein energetisches Phänomen, das sich über den Körper des Mannes entlud! Wer wusste, welche ungeheuren Energien in diesen Momenten durch ihn jagten und womöglich sein Blut zum Kochen brach ten. Rhodan verlor keine Sekunde. Als So fortumschalter erfasste er die Notsitua tion augenblicklich. »Notfall! Schnel ler!« Die Automatik des Antigravschachts reagierte sofort. Der Terraner sackte nach unten, sprang dennoch aus andert halb Metern Höhe aus dem Transport strahl, kam federnd auf und rannte los. Nun erst entdeckte er aus dem Augen winkel, dass es nicht nur diesen einen Notfall in der Halle gab. Sein Lauf stock te für einen Moment. Eritrea Kush lag auf dem Boden, die Augen aufgerissen, den Kopf weit in den Nacken verkrampft. Die Arme lagen auf beiden Seiten ausge breitet, die Hände zuckten. Die Uniform über dem rechten Arm bis hinauf zur Schulter schwelte. Kleine Rauchwölk chen stiegen auf. Doch um Eritrea kümmerte sich be reits jemand. Das gab den Ausschlag, dass der Zellaktivatorträger seinem ur sprünglichen, binnen einer einzigen Se kunde gefassten Plan folgte. Er durfte den Wissenschaftler vor der Silberkugel nicht mit bloßer Haut be
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rühren, sonst bestand die Gefahr, dass die Energie auf ihn, Rhodan, überschlug. Aus vollem Lauf rammte er den Mann, stieß ihn beiseite – und taumelte neben ihm weiter. Die Verzweiflungstat trug tatsächlich Früchte: Als die Entfernung wuchs, brach die tentakelartige Energieverbin dung in sich zusammen. Die wabernde Entladung erlosch, zog sich in das sich drehende Etwas dicht vor der Silberku gel zurück. Rhodan glaubte, eine Art Me tallstab im Zentrum der zuckenden Hel ligkeit zu erkennen. Doch zunächst kümmerte er sich um das Opfer, das noch immer auf den Füßen stand, aber soeben in die Knie brach. Rhodan fing ihn ab, legte ihn vorsich tig auf den Boden. »Was ist passiert?« »Aggregat ...« Er quälte sich sichtlich ab, das Wort über die Lippen zu bringen. »Sie hat ...« »Das Zusatzaggregat?«, fragte der Ter raner, während er den verletzten Arm musterte. Die direkten Verbrennungen schienen oberflächlich zu sein, doch der Stoff über den Armen war geschmolzen, was zu einigen Komplikationen führen konnte. Über den Armbandkommunika tor gab Rhodan einen Notruf ab, der so fort einen Medoroboter herbeordern würde. »Es gab Probleme beim Ein bau?« Der Verletzte hustete und nickte. »Ich brauche Hilfe!«, rief der zweite Mann, der sich um Eritrea kümmerte. »Sie ist ... ihr ... ihr Herz schlägt nicht mehr!« * Sie empfand es als angenehm. Der Schmerz zog sich aus ihrem Kör per und Bewusstsein zurück. Eritrea fühlte nur noch eine taube, weite Leere. Wo eben noch die Pein mörderisch ge pocht hatte, war nun ein dunkler See. Sanfte Wellen plätscherten ans Ufer. Es war friedlich. Zwar bedauerte sie
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all das, was sie nun nicht mehr sehen und erleben würde, aber ... »Eeeerrrrrriiii...« Zuerst war es nur ein schriller Laut, der durch ihre Welt schnitt, der die Flu ten des Sees teilte und ein Stück des Le bens sichtbar machte, das sie verlassen wollte. Und mit dem Blick auf dieses Le ben kamen auch die Schmerzen zurück. Nicht, sagte sie – oder plante es zu sa gen. Was immer den Laut bewirkte, es sollte verschwinden! »...iiiitrrrrrrreeeee...« Da erst verstand sie. Es war ihr Na me. Jemand rief ihren Namen. Aber warum so lang gezogen, so brutal laut und ... »...ea! Bleib hier!« Sie würgte. Wer immer sie rief, hatte ganz normal gesprochen. Der Augen blick hatte sich lediglich gedehnt, in ih rem Bewusstsein, ihrem Empfinden. Dann: ein neuerlicher Schmerz, ein Druck auf ihrem Brustkorb. Ein rhyth misches Pressen, das sie zu Boden quetschte und wieder nachließ. Herzmassage, dachte sie. »Gleich wird ein Medoroboter hier sein!« Nun erkannte sie auch die Stimme. Sie hatte sie schon oft gehört, in Aufzeich nungen und auch ... Etwas zündete in ihr, ihr Herz schien zu explodieren, dann schlug es wieder, langsam, und jedes Pochen tat weh. »Er wird dich versorgen!« Das war Perry Rhodan. Wo kam er her? Wie ... wo war sie überhaupt? Was war geschehen? Nur langsam, wie aus weiter Ferne, kam die Erinnerung zurück. Die Maschi nenhalle. Die Silberkugel. Das Aggregat. Sie hatte die glänzende Oberfläche be rührt und ... und ... »Ich sehe ihn schon. Nur noch Sekun den! So ist es gut!« Gut? Was war gut?
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Da erst merkte sie, dass ihre Augen lider flatterten. Verschwommene op tische Eindrücke drangen in ihr Be wusstsein. Ein Gesicht, das wohl nahezu jeder kannte: Perry Rhodan. Er sah ernst aus, aber er lächelte auch. Dann schob sich etwas anderes davor, eine metallene Flä che, und ein Greifarm, an dessen Ende es schimmerte. Die nächste Wahrnehmung war der Lärm eines zischenden Geräusches. Zu erst wurde ihr Arm kalt, danach ihr gan zer Körper. Eritrea verlor das Bewusstsein, nein, sie schlief nur ein, und es war nicht schrecklich, sondern schön, auch wenn sie fror. Zufrieden schloss sie die Augen. * »Du wirst völlig wiederhergestellt werden«, war das Erste, was sie hörte. Ein Medoroboter sprach, wohl dersel be, der ihr zuletzt eine Injektion verab reicht hatte. »Danke!« Sie fragte sich, ob es seltsam war, diese Empfindung einer Maschine gegenüber zu äußern. »Die meisten Probleme sind beseitigt«, fuhr der Robot fort. »Es wurden starke, hochfrequente Energien in deinen Kör per abgeleitet. Ein Unfall. Ich habe das geschädigte Gewebe versorgt sowie ge platzte Adern fixiert. Dein guter Allge meinzustand war mir dabei sehr behilf lich. Bei dem zweiten Patienten kann man das leider nicht behaupten. Für dich jedoch gilt: Einige Stunden Ruhe und du bist wieder voll einsatzfähig.« Sie setzte sich auf. »Ich fühle mich gut.« »Täusch dich nicht. Dein Körper ist stark in Mitleidenschaft gezogen wor den.« Die eigentlich seelenlose Stimme versuchte sich einen Anstrich von Mitge fühl und Weisheit zu verleihen, wie sie nur die Erfahrung verlieh.
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Nach Eritreas Meinung scheiterte der Medorobot dabei kläglich, was man ihm jedoch nicht anlasten konnte, sondern eher seiner grundlegenden Programmie rung. Allerdings kam es darauf nicht an, und seinen eigentlichen Zweck hatte er mustergültig erfüllt. »Noch einmal, ich danke dir für deine Hilfe, aber ...« »Du solltest auf ihn hören«, unter brach Rhodans Stimme. Sie drehte den Kopf zur Seite und blickte den Unsterblichen an. »Hörst du immer auf das, was die Mediker und ihre Hilfstechnologie dir verordnen?« Der Terraner lachte. Sein Gesicht war nur wenig über ihr; nun erst bemerkte Eritrea, dass sie nicht mehr auf dem Bo den, sondern auf einer Medoliege ruhte. »Bisweilen nicht«, gab Rhodan zu. Eritrea stützte sich ab, stemmte sich in eine sitzende Position. Leichter Schwin del überkam sie, doch sie wollte sich nicht die Blöße geben, sich erneut umzu legen. Das unangenehme Gefühl ver schwand rasch wieder. »Wie lange war ich ohne Bewusstsein?« »Etwa eine Viertelstunde. Janost Jussu hat es stärker erwischt als dich. Er stand merklich intensiver mit den austretenden Energien in Kontakt. Du hattest Glück im Unglück und wurdest von der ersten heftigen Entladung weggeschleudert.« »Glück nennst du das?« Sie tastete über ihren schmerzenden Rücken, wo sie aufgeprallt war. Am Hinterkopf fühlte sie einen Verband. »In der Tat.« Sie schloss kurz die Augen. »Ange sichts der Situation muss ich dir wohl recht geben. Wie geht es Janost?« »Die Roboter haben ihn in eine Medo station gebracht, wo sich ein Arzt um ihn kümmert. Mehr kann ich bisher nicht sa gen. Ich habe darum gebeten, dass man mich umgehend informiert, sobald mehr feststeht.« »Was ist da drüben geschehen? Ist das Aggregat ...«
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»Nur langsam«, bat Rhodan. »Fühlst du dich stark genug, um mich zu beglei ten? Es ist offenbar nicht mehr gefähr lich.« Eritrea schob die Beine von der Liege und stand auf. Erneut drohte ihr Kreis lauf zu versagen, doch sie bezwang die Schwäche. »Gehen wir.« Während der ersten Schritte kam sie sich vor, als laufe sie auf Kugeln. Nach und nach verschwand das Gefühl, und sie entdeckte schon von Weitem das rot glühende Etwas an der Seite der Oldti mer-Statue. Als sie direkt davorstand, erkannte sie darin das Zusatzaggregat, das jedoch nicht die übliche metallische Farbe aufwies, sondern rot verfärbt war und extreme Hitze abstrahlte. »Es hat sich auf geradezu unfassbare Temperatur aufgeheizt«, erklärte Rho dan. »Jedes andere bekannte Material, sogar Arkonstahl, wäre geschmolzen. Nun kühlt es nur langsam ab.« »Hat es Schaden genommen?« »Ich kann es nicht sagen, aber vermut lich nicht. Die Oberfläche jedenfalls scheint völlig intakt.« Das Glühen spiegelte sich in der Sil berkugel, in der sich mit einem Mal ein Durchgang öffnete, wo vorher nichts als glatte Wand gewesen war. Sher Pawet trat daraus hervor; ein letzter Hauch der Spiegelung tanzte auf seiner Stirn. Der Wissenschaftler kaute auf einem Holzstab, der aus seinem Mund ragte. Wohl als er Eritreas verwunderten Blick bemerkte, nahm er ihn heraus und ließ ihn in einer Hosentasche verschwinden. »Hilft mir bei der Konzentration«, mur melte er beiläufig. Eritrea dachte daran, wie sie vor Kurzem mit sich selbst gesprochen hatte – was für einen Außenstehenden wahr scheinlich nicht weniger eigentümlich gewesen wäre. »Jeder hat so seine Me thoden.« »Hast du etwas herausgefunden?«, fragte Rhodan. »In der Tat.« Pawet deutete mit ausge
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strecktem Zeigefinger auf das glühende Aggregat. »Die internen Protokolle der Silberkugel bezeichnen den Vorfall als eine Fehlinterpretation und Missdeutung als Angriff. Es hat sich ereignet, weil die Fremdtechnologie ein sehr lange desak tiviertes Sicherheitsprotokoll ansprach, das die Wahrscheinlichkeiten falsch be rechnete.« »Ein Unfall also.« Pawet nickte. »Bedauerlich, aber wahr. Der Zwischenfall hätte Eritrea beinahe das Leben gekostet, und Janost ... weiß man etwas Neues über ihn?« »Noch nicht.« »Es ist ein bizarrer Zufall. Gerade Ja nost hat immer wieder prophezeit, dass es früher oder später zu einem gefähr lichen Zwischenfall kommen muss, wenn wir mit Technologie umgehen, die wir nicht selbst entwickelt haben oder sie zumindest bis ins Letzte verstehen. Nun hat es ihn persönlich getroffen.« Das Glühen des Zusatzaggregats nahm merklich ab, doch als Rhodan seine Hand vorsichtig näherte, schlug ihm noch im mer starke Hitze entgegen. »Falls du einen Einbau für möglich hältst«, sagte Eritrea, »hätte ich noch sieben andere Aggregate anzubieten.« »Ich bin so gut wie sicher, dass es zu keinen Problemen mehr kommen wird.« »So gut wie?«, fragte der Terraner. Ein Achselzucken antwortete ihm. »Ich werde Janosts Theorien nicht mehr kategorisch abschmettern. Wir sollten generell mehr Vorsicht walten lassen.« Trotz seiner Worte streckte er die Hand aus. »Wenn du mir eines der anderen Ag gregate gibst, werde ich es versuchen. Die internen Protokolle, soweit sie mir zugänglich sind, legen nahe, dass es nun einen automatisierten Einbau und eine optimale Verwertung der zusätzlichen Impulse geben wird. Genau wie du es von der Erfahrung mit deiner eigenen Silber kugel her geschildert hast, Eritrea.« »Also hatten wir schlicht und ein fach ... Pech?«, fragte sie.
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»Könnte man wohl so sagen.« Sie nickte. »Ich möchte den Einbau selbst verfolgen.« »Und danach hätte ich eine Bitte an dich«, sagte der Aktivatorträger. Die Worte ließen ihr einen Schauer über den Rücken laufen. Was für ein Tag. Erst sterbe ich fast, und keine Stunde später bittet mich ausgerechnet Perry Rhodan um etwas. »Gern?« Es klang wie eine Frage. »Ich habe mich ein wenig über den Umgang mit den Silberkugeln unterwei sen lassen«, fuhr er fort. »Theoretisch bin ich also einigermaßen auf Vordermann. Aber mir fehlt praktische Erfahrung in der Handhabung dieser ...« »Superschiffe?«, schlug Eritrea vor. Er nickte. Sie wies auf die Kugel, in deren Au ßenhülle der Durchgang noch immer of fen stand. »Nichts lieber als das. Verfol gen wir den Einbau des Aggregats ... und dann zeige ich dir das Wunderland.« * Im zweiten Anlauf verlief der Einbau völlig problemlos; genau wie bei Eritrea Kushs Silberkugel E verschwand das Aggregat vollautomatisch in der Außen hülle. Rhodan und die Pilotin betraten das derart optimierte Fluggefährt. Im Ruhe modus durchmaß es etwa neun Meter und unterschied sich somit deutlich von den ihm bereits bekannten, von den Old timern geschaffenen Silberkugeln, die inaktiv nicht umfangreicher als eine Ter ranerfaust gewesen waren. Im Inneren schaute er sich um. Ein kahler Korridor erstreckte sich vor ihm, von dem insgesamt fünf Türen ab zweigten; zwei auf jeder Seite, eine am Ende des schmalen Gangs. »Dies scheint eine Art Standardform ruhender Silberkugeln zu sein«, sagte Eritrea. »Meine Kugel E sah genauso als, als ich sie betreten habe. Inzwischen ha
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be ich sie umgestaltet, nach nützlichen Aspekten, und ... na ja, nach meinem per sönlichen Geschmack. Zumindest, was meinen privaten Bereich anbelangt. Das Fluggefährt kann einen gewaltigen Um fang annehmen, für eine Hundert- oder Tausendschaft von Passagieren oder für eine große Menge an Transportgut. Das meiste habe ich nie gesehen. Alles ist be liebig formbar und unterliegt dem Willen des Piloten.« Diese Details waren Rhodan dank der Hypnoschulung bekannt. »Masse-Ener gie-Pendler formen festmaterielle Ob jekte auf der Basis von Vorgabeprogram men.« Eritrea lachte leise. »Wie du es sagst, klingt es fast banal. So wie andere über das anstehende Mittagessen plaudern. Für mich ist es immer noch ein Wunder.« Sie stockte. »Ach ja ...« Sie öffnete eine Tür, die in einen kah len Raum führte, gab den Befehl, ein Eingabepult entstehen zu lassen, han tierte dort kurz und kehrte dann zu Rho dan zurück. In ihrer Hand hielt sie ein Glas, in dem blaue Flüssigkeit perlte. »Ein Winchester,« sagte sie lächelnd und reichte es ihm. Er nahm es, roch vorsichtig daran und verzog das Gesicht. »Und das hast du ge trunken?« »Sehr gesund. Außerdem hält es fit. Manche Opfer muss man eben bringen.« Rhodan rief sich in Erinnerung, dass er zweifellos schon Schlimmeres zu sich genommen hatte – er erinnerte sich etwa an das Urkhiitu und Ponaa der Hauri – und trank. Bitter rann es die Kehle hin ab. »Ich komme mir vor wie ein Kind, das von seiner Mutter gezwungen wird, seine Medizin zu nehmen.« »Ich wollte nicht ...« »Medizin kann nützlich sein!« Er leerte das Glas auf einen Zug. »Du wirst sehen, dass es neue Energie freisetzt.« Das brachte ihn zum Lächeln. »Wohl ein perfekter Kreislauf. Die Silberkugel
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verwandelt Energie in Masse ... mein Körper macht das Ganze wieder rück gängig.« Sie tastete nach dem Verband an ih rem Hinterkopf. »Fragt sich, was von beidem erstaunlicher ist.« »Die Anlagen der Kugel«, versicherte der Terraner. »Bist du sicher?« Nach kurzem Nachdenken schüttelte er den Kopf. »Das ist eine Frage des Standpunkts. Oder der Philosophie. Wenn du so willst, ist jedes Lebewesen weitaus erstaunlicher als noch so weit entwickelte Technologie.« Er blickte sich um. »Ich nehme an, technische Gerät schaften sind nirgends zu sehen.« »Nicht, wenn man sie nicht extra frei legt. Was problemlos möglich ist. Den noch bildet die grundlegende Technik das Einzige in der Silberkugel, das einen festen Platz einnimmt, allerdings in der Außenhülle. Alles ist winzig klein, große Bestandteile sind wohl in den Hyper raum ausgelagert. Es gibt drei redun dante Hyperzapfer mit Pufferspeichern und sechs Trafitron-Wandlerblöcke, au ßerdem ...« »Ich weiß.« Er tippte sich gegen die Schläfe. »Hypnoschulung. Mich interes sieren eher deine Erfahrungen als die bekannten Daten.« Eritrea sah nach dieser Aufforderung erfreut aus. »Einmal habe ich die Kugel von der Pilotensphäre aus auf fast maxi malen Durchmesser erweitert.« »1280 Meter?«, fragte Rhodan. Sie verließ den Raum wieder, trat in den Korridor, in dem zur Verblüffung des Terraners plötzlich vor der Tür am Kopf ende eine kleine Kletterpflanze wuchs. Ihre Wurzeln breiteten sich über den Bo den aus, als würden sie von dort Nah rung beziehen können. Die Äste und Blätter ragten etwa kniehoch auf, rank ten sich aber von Sekunde zu Sekunde höher. »Ich wollte das Volumen nicht bis aufs Äußerste ausreizen«, erklärte Eritrea,
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»sodass ich bei 1250 Metern Ausdehnung stoppte.« Gemeinsam erreichten sie das Kopf ende des kleinen Korridors, wo der Ter raner die Tür öffnete, die in die Pilo tensphäre führte. Eritrea blieb davor stehen, bückte sich und rieb mit Daumen und Zeigefinger über ein Blatt der efeu artigen Pflanze. Es knackte leise, als winzige Ästchen brachen. »Was bedeutet sie dir?«, fragte Rho dan. Eritrea zupfte das Blatt ab. »Es riecht gut. Gibt einen erfrischenden Tee, hilf reich für die Verdauung nach schweren Mahlzeiten. Und ...« Sie brach ab, press te die Lippen aufeinander. »Du musst nicht darüber reden.« »Doch. Doch, das muss ich ... Es ist ein Efeu, wie ihn Sandior in Stardust City selbst gezüchtet hat. Er stand immer in der Ecke neben dem Tresen im Sandizel lent. Rus, mein ... mein verstorbener Mann, hat mich dorthin geführt, ehe wir sechzehn wurden. Ich habe die Spezifi kationen in meiner Silberkugel program miert und den Datensatz hierher ge funkt.« Ihre Zunge huschte über die Oberlippe. »Aber du hast wahrscheinlich keine Ahnung, wovon ich rede.« »Ich verstehe genug.« Rhodan wandte sich ebenfalls zu der Pflanze und streck te die Hand aus. »Darf ich?« Sie nickte. Er zupfte ein Blatt ab und roch daran. »Feines Aroma. Besser als das Teufels zeug, das du mir vorhin gegeben hast.« Eritrea betrat die Pilotensphäre, und der Terraner glaubte noch zu sehen, wie sie mehrfach blinzelte. »Danke für dein Verständnis«, flüsterte sie, ehe auch er das Herz der Silberkugel aufsuchte und sie sich vermeintlich wichtigeren Dingen zuwandten. Die zurückliegenden Minuten hatten Rhodan einen Eindruck der Person Eri trea Kush vermittelt, und er war sicher, dass sie eine gute Wahl war, um etwas so Wertvolles wie dieses Hightech-Flug
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gefährt zu führen. Gerade in unruhigen Zeiten wie diesen kam es darauf an zu wissen, wer auf seiner Seite stand und dass man sich auf seine Verbündeten ver lassen konnte. Diese Gewissheit hatte Rhodan nun in Bezug auf Eritrea Kush gewonnen. Alles andere hätte ihn auch gewundert; im merhin waren Icho Tolot und zuletzt auch Atlan zum selben Ergebnis gelangt, ganz zu schweigen von ihrer tadellosen Akte innerhalb des Stardust-Militärs. Der Zellaktivatorträger war über zeugt, dass man noch viel von ihr hören würde. * Sie standen zu zweit in der Pilo tensphäre. Silbrig-grauer Dämmer füllte den Raum mit diffusem Licht. Die ganze Umgebung erweckte einen unwirklichen Eindruck; die Außenwände des Raumes verloren sich im Halbdunkel. »Die Sphäre durchmisst neun Meter«, sagte Eritrea. Ihr Gesicht verschwand halb hinter dem Silbergrau, die schwar ze Strähne über der Stirn tanzte darin als dunkler Schatten, als sie sich be wegte. »Als wir den Raum betraten, ist die Silberkugel automatisch etwas ange wachsen, um den Normalzustand für den Piloten herstellen zu können. Die Größe dieses Steuerzentrums ändert sich nie, wenn die Kugel in Betrieb ist, unabhän gig vom Umfang des Gesamtschiffs.« Rhodan fragte nach einigen Details der Steuermöglichkeiten, die Eritrea ausweichend beantwortete. »Es ist letzt lich eine Mixtur aus optischer Wahrneh mung und gedanklicher Verknüpfung mit dem dezentralisierten Rechnernetz der Silberkugel«, sagte sie schließlich. »Man kann es kaum erklären, wenn man es nicht erlebt hat.« »Ich verstehe, was du meinst. Ähn liches habe ich zuletzt in MIKRU-JON erfahren ... wenn es dort auch nach einem völlig anderen Prinzip verläuft. Nun, ich
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denke, ich werde es mir selbst anschau en.« »Du möchtest eine Silberkugel flie gen?« Auch wenn es nicht notwendig gewe sen wäre, hätte sich Rhodan diese Mög lichkeit auf Dauer nicht entgehen lassen. Es war eine Erfahrung, die er keineswegs missen wollte; nichts anderes als die alte Geschichte des Bergsteigers, der gefragt wurde, warum er den lebensgefährlichen Gipfel erstürmte und der sein Tun mit der einzig logischen Begründung erklär te: weil der Berg existierte. Die Neugierde war von Anfang an eine der entscheidenden Triebfedern der Menschheit gewesen, nicht erst, seit Per ry Rhodan den Weg ins All angetreten hatte und immer wieder auf neue Wun der, Rätsel und Gefahren gestoßen war. Der Ursprung der Bergsteiger-Ge schichte schälte sich plötzlich aus den Erinnerungen des Aktivatorträgers; er musste es vor einer halben Ewigkeit ge hört haben. Hatte nicht ein hochstehen der Geistlicher einen Berg bestiegen, obwohl es ihm von seiner Religion her als schädlich und unnütz verboten und als Hochmut ausgelegt worden war? Auf dem Gipfel hatte dieser Mann schließlich postuliert, dass es sich in diesem Fall um keinen Fehler in den Augen seines Gottes handelte, wenn er der Neugierde nach ging, sondern im Gegenteil dazu diente, sein Werk zu erkunden? Eine einzelne, mutige Tat, die die Run de gemacht und zum Entstehen der neuen Zeit geführt hatte, die von ebendieser Neugierde geprägt war, der die Mensch heit so viel verdankte. »Selbstverständlich werde ich eine Kugel fliegen«, sagte Rhodan. »Einfach, weil sie da ist und sich mir die Möglich keit bietet.« Er hob die Hand, ließ sie durch den silbrig-grauen Dämmer streifen, doch er fühlte nichts. Keine Wärme, keine Kälte, auch keinen Luftzug oder etwas Ver gleichbares. »Warum gibt es keinerlei
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Reaktion auf unsere Gegenwart? Wie kann ich mich als Pilot in das System ... einklinken?« »Die Kugel ist für den Einmann-Be trieb angelegt«, erklärte Eritrea. »Wir sind aber zu zweit. Vielleicht wäre es möglich, dass wir beide als Piloten fun gieren, ich weiß es nicht. Der Zugriff er folgt über gedankliche Kontaktaufnah me. Es ist schwer zu erklären.« Sie lä chelte, das Weiß ihrer Zähne inmitten des allgegenwärtigen Silbergraus wirkte gespenstisch. »Mit deiner Erfahrung wird es dir sicher leicht gelingen.« Rhodan nickte. »Ich werde diese Kugel wählen. An dich habe ich eine Bitte. Oder besser: zwei.« »Nur zu.« »Sorg dafür, dass die übrigen Silber kugeln mit den Zusatzaggregaten ausge rüstet werden. Danach kehre in deine eigene Kugel zurück und flieg damit er neut nach Talanis. Zu den ES-Mutanten. Versuch, Hilfe zu leisten. Lass dir von Timber F. Whistler das beste medizi nische Material aushändigen. Nutz auf Talanis die Möglichkeiten der Silberku gel, um zu helfen.« »Miranda Fishbaugh ist noch dort, mit Kugel F. Sie tut genau das bereits, und auch die Raumlandesoldaten der Ersten und Zweiten Raumlandebrigade bemü hen sich nach Kräften.« Rhodan verließ die Pilotensphäre, sei ne Begleiterin folgte. »Dennoch – unter stütz sie. Und kündige mein Kommen an.« Er dachte an Gucky, an dessen ver zweifelten Blick und das elende Ausse hen der drei Mausbiber in der Botschaft. »Wenn es klappt, will ich heute noch ebenfalls dort sein. Teil das vor allem Gu cky mit. Vorher jedoch muss ich einiges erledigen. An verschiedenen Orten.« »Mithilfe der Silberkugel wird es dir rasch möglich sein.« Eritrea wandte sich zum Gehen, ohne noch Fragen zu stellen. »Eins noch«, bat Rhodan. »Du warst auf Talanis. Welchen Eindruck hast du ganz persönlich gewonnen?«
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Sie zögerte kurz. »Die Kälte und der Schnee breiten sich immer weiter aus. Keine Spur mehr von dem strahlenden Sonnenschein, der dort wohl geherrscht haben muss, als die Stardust-Terraner durch die Nebelkuppel die Insel im Nebel zuerst erreichten. Hunderte der Funken leute, die den Parablock stärken, liegen inzwischen im Koma. Den ES-Mutanten geht es schlecht. Ich friere, wenn ich nur daran denke. Man merkt sofort, dass es sich nicht nur um ein natürliches Phäno men handelt.« Der Terraner dachte an den Winter auf Wanderer, den er selbst miterlebt hatte – das erste Mal, dass er von der Kälte er fahren hatte, die von ES mehr und mehr Besitz ergriff. »Ich weiß. Versuch, Gucky zu treffen«, bat er noch einmal, »und richte ihm aus, dass ich komme, sowie ich die nötigen Vorbereitungen getroffen und die Möglichkeiten der Silberkugel kennengelernt habe.« »Weißt du, wie man das nennt, was du vorhast, ehe du nach Talanis aufbrichst?«, fragte Eritrea. Er hob fragend die rechte Augen braue. »Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.« Sie verließ die Silberkugel endgültig. Rhodan nahm den versprochenen Funkkontakt mit Whistler auf und kün digte ihm an, dass er das Stardust-Sys tem vorübergehend verlassen würde. »Ich habe Icho Tolot bereits erreicht«, meldete der Administrator. »Er kümmert sich um den Transport von MIKRU-JON zum Polyport-Hof NEO-OLYMP.« »Genau dort will ich hin.« »Wenn du ankommst, wird der Muse umsraumer hoffentlich schon auf dich warten.« »Samt der Psi-Materie-Sonde«, mur melte Rhodan. Er wollte einige Wissen schaftler darauf ansetzen. Wenn es mög lich wäre, würde er die Psi-Materie auf Talanis einsetzen, um die Gesamtlage zu stabilisieren und den Parablock zu un
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terstützen. Es würde nicht nur ES helfen, sondern auch und vor allem den Freun den, die dort mit ihren letzten Kräften und unter Einsatz ihres Lebens um den Bestand der Superintelligenz kämpften. Sie beendeten das Funkgespräch. Der Terraner kehrte in die Pilo tensphäre zurück, diesmal mit der klaren Absicht, die Kontrolle über die Silberku gel zu übernehmen. * Der Silberdämmer floss auf ihn zu. Mal schien es ihm wie Nebel, dann wieder wie eine Flüssigkeit. Diesmal spürte er sehr wohl eine Be rührung, und das an tausend Stellen sei nes Körpers gleichzeitig – und keinen Atemzug später auch in seinem Geist. Ich werde paramechanisch von der Steuerung der Silberkugel erfasst, sagte er sich. Nicht mehr. Aber auch nicht viel weniger. Das Prinzip ähnelte dem der terra nischen SERT-Hauben-Technologie, nur im Fall der Silberkugeln weitaus umfas sender und perfekter umgesetzt. Außer dem war es nicht nur auf Emotionauten begrenzt, jene wenigen Wesen, die sich für die Simultane Emotio- und ReflexTransmission als kompatibel erwiesen. Hier wie dort vermochte der Pilot mit hilfe seiner Gedanken das Flugschiff zu steuern. Die mentalen Befehle wurden sofort ohne jeden Zeitverlust umgesetzt; Rückmeldungen der Schiffssensoren ent standen ebenfalls im Bewusstsein des Steuernden. Die silbrige Masse umschloss den Ter raner vollständig. Er fühlte, dass er mit sämtlichen Systemen des Schiffs verbun den war. Ihm war, als krieche er selbst durch jene nebelartigen Schwaden in die Wän de der Pilotensphäre und weit darüber hinaus, in die gesamte Silberkugel und sogar über deren Begrenzung. Auf den Wänden tauchte ein Bild der
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Umgebung auf, als wären sie mit einem Mal transparent. Rhodan erkannte deut lich die Oldtimer-Statuen und die langen Aggregat-Reihen aus insgesamt 8350 verkapselten Blöcken mit unbekannter Funktion – die Zahl baute sich in seinem Verstand mit der nüchternen Analyse ei ner Maschine auf. Die Distanz zwischen den humanoi den Abbildern, die sich im Achteck ge genüberlagen, betrug 300 Meter. Jedes Aggregat war 100 auf 30 auf 30 Meter groß. Die Grundfläche der Maschinenhalle war kreisrund und durchmaß 8000 Me ter. Die Decke befand sich in 50 Metern Höhe. Das Summen der 8350 Aggregate klang völlig gleichförmig. Die Helligkeit der Halle betrug ... Die Daten strömten in Rhodans Geist und formten ein eigenartiges Raster, das er analytischer betrachtete als jemals zu vor in seinem Leben. Er nahm die abso luten und korrekten Werte auf, als blättere er in einem technischen Hand buch. Zugleich gab er den Befehl, dass sie sich in Bewegung setzen sollen. Das Schiff gehorchte. Auf den Wänden sah der Terraner, wie die Oldtimer-Statuen vorüberzogen. Zwei Menschen befanden sich in der Halle und warfen ihm/der Silberkugel Blicke zu: Eritrea Kush und der Wissen schaftler Sher Pawet. Rhodan steuerte die Silberkugel in den Antigravschacht, wo sie nach oben trieb, zuerst an der Halle der 1000 Aufgaben vorbei, dann bis zum Achteckraum ... ... und weiter. Wie selbstverständlich öffnete sich das bisher verschlossene Ende des Schachts. Die Kugel stieg höher, brach schließ lich aus der Spitze der Stardust-Felsen nadel hervor und raste durch die Atmo sphäre, hinauf in die dünneren Schichten, bis sie den Orbit des Planeten verließ.
Christian Montillon
Im freien Raum nahm Rhodan/die Ku gel rasend Geschwindigkeit auf. Sie waren unterwegs. Zwischenspiel:
Jetzt
Ich bin Gucky, der Mausbiber, und ich sterbe. Ich sehe Perry, sein Gesicht bleich, den Mund halb offen. Er verschwimmt wie hinter einem Nebel – ich bin zu schwach, um das Bild, das meine Augen sehen, noch scharf stellen zu können. Was ist schlimmer? Die Schmerzen? Der Kummer? Die Verzweiflung? Ein Krampf schüttelt meinen Körper. Ich huste, würge und schmecke Blut. Es rinnt mir aus dem Mund. Mein Nagezahn schmerzt. Das Zahnfleisch ist eine glü hende, pochende Wunde. »I-Iltu«, krächze ich. Alles dreht sich vor mir. »Jumpy.« Perry hält mich auf seinen Armen, zieht mich enger an sich, als wäre ich sein Kind, das er trösten muss. Ich lasse es zu. Könnte mich ohnehin nicht weh ren, aber es gibt einen Hauch von Gebor genheit. »Es ist gut«, sagt er. Hilflose Worte. Denn nichts ist gut. Gar nichts. Und das weiß er auch. 2. Innenteile des Puzzles.
Einige Stunden vor dem Jetzt
Er raste durchs All und er fühlte es. Das Vakuum, die Schwärze, die Kälte, die Sterne, die Partikel, die Strahlung ... und die unendliche Schönheit dessen, was als Leere verschrien war. Perry Rhodan tastete über die Instru
Clubnachrichten
Vor wor t Werte Leserinnen und Leser, für die Andromeda Nachrichten sucht der Science Fiction Club Deutschland (kurz SFCD) einen Redak teur für die Sparte PERRY RHODAN. Es sollen keine Kurzrezensionen der PERRY RHODAN-Hefte erschei nen, man will eher große Überblicke zu besonderen Aspekten. Michael Haitel, der verantwortliche Redakteur, schreibt: »Ich will coole Artikel zu PERRY RHODAN, die über Pressetexte, Verlagsinfos und nicht Lobhudeleien hinausgehen.« Es dürfen gerne mehr als ein Autor oder zwei Autoren sein, Belege für Nichtmitglieder sind na türlich möglich. Kontakt erhält man über Michael Hai tel (E-Mail
[email protected]). Danke! Ach ja, noch etwas in eigener Sache. Es gibt jetzt eine direkte E-Mail für den Redakteur der Clubnachrichten (hat ja nur etwas über 2500 Hefte gedauert). Zu errei chen bin ich künftig direkt unter cn@perry-rhodan. net. Cool. Per aspera ad astra! Euer Hermann Ritter
Nachrichten Empfehlung des Monats Um die in Deutsch bei Pabel erschienene PhantastikSerie »Doc Savage«, den bronzehäutigen Supermann, und seinen Erschaffer Lester Dent geht es im Eröff nungsartikel der Blätter für Volksliteratur 4/2010. Dazu kommen Artikel wie »Das Pfeilgift Upas bei Karl May und in der Literatur« (großartig) oder »Der Heftroman und die Rechtschreibung« (mein Lieblingsbeispiel ist »Die Unglügsranch«). Viktor Farkas spricht in »Der andere Conan Doyle« über die angeblichen Feen-Fo-
Vierwöchentliche Beilage zur PERRY RHODAN-Serie. Ausgabe 452.
Clubnachrichten
tos, auf die der »Sherlock Holmes«-Erfinder hereinge
fallen ist.
Das Heft ist im Jahresbeitrag von 16 Euro enthalten.
Herausgeber ist der Verein der Freunde der Volks
literatur, Hauptschriftleiter (ja, das steht da wirklich)
ist Dr. Peter Soukup, Mengergasse 51, A-1210
Wien.
Online: Fantasy Ein sehr schönes Fantasy-Fanzine zum Herunterladen ist Anduin 101. Es richtet sich mehr an die Rollenspie ler, die hier (und in der vierseitigen Beilage Anduin 101 – Handouts und Extras) Rollenspiel-Ideen, Hinter grundartikel und ein paar Szenarien finden. Im aktu ellen Heft gefielen mir besonders die Artikel unter dem Oberbegriff »Old School« – Rollenspiel, wie es vor 20 Jahren war. Da sind Monster noch Monster und Ma gier noch Magier. Unterhaltsam (weil es Bereiche berührt, die mir fremd sind) ist der Artikel über »Das schwarze Auge«-Briefbaronienspiel. Eine Anmerkung sei erlaubt: Das Jubelheft Anduin 100 kann noch heruntergeladen werden. Dieses Heft hat das Thema »Reise zu den Sternen« und präsentiert unter anderem »Noch mehr Reisen zu den Sternen« (mit Serien, Filmen und Büchern zum Thema), einen Rückblick auf 100 Hefte und Rezensionen. Finden kann man das Heft unter www.anduin.de.
Die Nummer Fantasia 301e enthält nur Hörbuchrezen sionen von Klaus-Michael Vent. Nicht mein Genre, aber im gebotenen Überblick natürlich unübertroffen. Die Folgenummer Fantasia 302e heißt dann »Gehört und gelesen«; hier – wie so oft beim Fantasia – stellt sich die Frage der Genre-Zugehörigkeit vieler rezen sierter Werke. Manchmal kommt es einem so vor, als wäre das Heft nur das Belegexemplar des Rezen senten für das Rezensionsexemplar des Verlags für die Rezension. Herausgeber ist der EDFV e.V., Postfach 1371, 94033 Passau (im Internet unter www.edfc.de; E-Mails gehen an
[email protected]). Der rührige Peter Emmerich hat mit Sumpfgeblubber 77 wieder ein Fanzine aus dem Umkreis von FOLLOW vorgelegt. Nett finde ich wieder den Verweis auf die Clubnachrichten ... Es gibt wieder Vermischtes aus dem »Reich der Substanz« (jener fiesen, bösen Kultur, deren Leiter auf der Fantasy-Welt Magira Peter Em merich ist), Leserbriefe, einen Artikel über das RobertE.-Howard-Revival im Kino, eine Kurzgeschichte und Neuigkeiten über die Autoren der »Wanderhure« (die, wen mag es wundern, aus dem FOLLOW-Umfeld stammen). Kontakt bekommt man über das Kontaktformular un ter http://substanz.markt-kn.de. Online: Science Fiction
Die Jubelnummer Fantasia 300e ist eigentlich wieder eine reguläre Ausgabe, voll mit Rezensionen von Franz Schröpf. Einige Texte gehören nicht in das phantasti sche Genre, das ist verzeihlich. Für die Jubiläumsnum mer hätte ich mir aber schon ein wenig mehr ge wünscht. Herausgeber Gustav R. Gaisbauer mailte zum Jubilä um: »Zum Jubiläum von Fantasia kann ich euch eine erfreuliche Mitteilung machen: Es ist uns gelungen, einen Storyredakteur für Fantasia zu gewinnen, näm lich Michael Haitel. Er wird in Zukunft die Story-Fan tasia zusammenstellen und herausgeben. Ihr könnt also eure Beiträge ab sofort direkt an ihn senden: mi
[email protected]. Lieber Michael, ich wünsche Dir viel Glück bei dieser Aufgabe und dass Du nicht die Freude daran verlierst.« Dem kann ich mich nur anschließen!
Mit einem Bericht von Buchmesse und Buchmessecon 2010 (samt vielen Fotos) präsentiert sich Capricornus 90; dazu kommt dann einiges über die Science-Ficti on-Seminare in Wolfenbüttel und einer Rezension. Das Fanzine kann man unter http://sfbooks.here.de herunterladen. Wer mal Lust auf englische Fanzines/Magazine hat, dem sei ein Blick in Apex 18 empfohlen. Das »special Arab/Muslim issue« zeigt Autoren, die man sonst nicht zu lesen bekommt. Man kann das Heft für ein paar Euro unter www.rpgnow.com erwerben (die nehmen Zahlungsmöglichkeiten wie Paypal) oder unter www. apexbookcompany.com herunterladen. Terracom 129 übertrifft sich mal wieder selbst. Ein
Clubnachrichten
cooles Cover von Janos Miklos, viele PERRY RHODANNews, aktuelles aus der Science-Fiction-Szene und 114 Seiten Inhalt. Wow! Kontakt:Lothar Bauer, Mondorfer Straße 49, 66663 Merzig (E-Mail:
[email protected]). Herausgeber ist die PROC-Community (www.proc. org). Herunterladen kann man das Heft unter www. terracom-online.net. Abenteuer & Phantastik Aktuell springt die Abenteuer & Phantastik 80 auf den Zug mit Zombies auf. Kann man ihr nicht übel nehmen, macht ja im Moment jeder. Ebenso finden sich aber Artikel über Geister und Voodoo. Sehr lesbar sind der Artikel über Spuk und Gespenster im Film (»Ich sehe tote Menschen«), eine Analyse des aktuellen ZombieFilms (und ein Artikel über Zombie-Comics und -Spiele), ein Artikel über Voodoo. Am besten fand ich aber die sehr selbstironische An zeige für ein Abo; das »Weihnachten naht ... was schenke ich nur ...?« mit den tollen Alternativen zum Abo (so den wundervollen Socken mit Weihnachtsmo tiv) ist toll. Ein schönes Heft, abgerundet durch einen breiten Strauß an Rezensionen aus allen Genres. Das Heft kostet 4,50 Euro. Herausgeber ist der Aben teuer Medien Verlag, Jaffestraße 6, 21109 Ham burg (im Internet unter www.abenteuermedien. de). Buntes Abenteuer Mit dem Reihentitel BunTES Abenteuer erscheinen phantastische Geschichten in netter Aufmachung. Ein wenig sehen die mit einem farbigen Cover versehenen Hefte wie die Oktavhefte meiner Kindheit aus; die Auf machung ist gut, der Inhalt (mit um die 30 Seiten Text) gut zu lesen. BunTES Abenteuer 5 enthält die Grusel geschichte (anders kann ich es nicht nennen) »Die Frau in der Bücherei« von Carsten Meins und Ingo Schar newski, BunTES Abenteuer 4 von Gerd Bedszent ist mit »Dark Hole« eine Science-Fiction-Geschichte. Das »TES« im Titel steht nebenbei für »Tu Es Selbst«, es weist auf die Wurzeln der Reihe aus einem Fanpro jekt hin.
Die Serie erscheint alle zwei Monate mit etwa 24 Sei ten; ein Heft kostet 1,50 Euro. Herausgeber ist GerdMichael Rose, Scharnhorststraße 36, 99099 Erfurt (per E-Mail:
[email protected]; im Inter net unter http://gmrosew.web.officelive.com). Flieger Die wohlverdiente Rente nutzt Dieter Steinseifer ein deutig dazu, erstens Fanzines herauszugeben und zweitens die Wohnung mit Papier vollzuräumen. Ers teres erfährt man aus Fanzines wie dem aktuellen Flieger 61. Letzteres aus dem Front- und Backcover, auf dem offensichtlich Teile seiner mit Büchern ge füllten Wohnung zu sehen sind. Respekt. Die Beiträge sind Texte für die Science-Fiction-Ama teurpressegruppe FAN, oft lustig zu lesen, doch inhalt lich nicht immer ohne Zusammenhang verständlich. Herausgeber ist Dieter Steinseifer, Dr.-GeigerStraße 1, 83022 Rosenheim. Auf Anfrage versendet er gerne kostenfrei ein Fanzine. Future Magic Die farbigen Cover von Franz H. Miklis sind immer ein Hingucker, so auch bei Future Magic 69 des österrei chischen SFC Stardragons. Dieses Mal gab es kein festes Thema für das ganze Heft; man findet wieder Artikel aus der Astronomie, etwas über Filme, ein paar Artikel und dann so eigenartige Sachen wie die Re zension des neuen Films über das »A-Team« oder den sehr rührenden Nachruf eines Mitglieds auf seine Frau, mit der er über 52 Jahre verheiratet war. Kontakterin des Vereins ist Eva Kalvoda, Kundrat straße 20/8/25, A-1100 Wien (E-Mail: kalvoda@ call-and-more.at). Sherlock Holmes Es ist natürlich leichter, wenn man – wie im Falle des Sherlock Holmes Magazin 5 – mit Filmausschnitten auf dem Cover werben kann. Inhaltlich bringt das Heft Besprechungen zu neuen DVDs (wie der kompletten ersten Staffel der Sher lock-Holmes-Verfilmung mit Jeremy Brett), PC-Spie len (mit einer Chronologie der Sherlock-Holmes
Clubnachrichten
Spiele von 1990 bis 1996) und Büchern zum Thema (Letzteres durch eine Rezension und ein Interview zu Karsten Eichners Wiesbadener Holmes-Abenteu ern). An Hintergrundinformationen finden wir den zweiten Teil des Artikels über »Krieg der Geister«, es geht um die Auseinandersetzung zwischen Harry Houdini und Holmes-Autor Doyle über spiritistische Fragen. Katja Spanier erforscht die Welt des Bürgertums zu Holmes’ Zeiten Herausgeber ist J. A. Klingsöhr, Nelkenstraße 20, 30167 Hannover (per E-Mail unter S.H.Magazin@ web.de zu erreichen). Songbook Das Songbook of Terra and Outer Space Vol. Sex hat 300 Seiten, wiegt über ein Kilo und hat neben einem bunten Cover, Backcover und zwei bunten Innenseiten noch unfassbar viele Illustrationen zu bieten. Es sind Reproduktionen von PERRY RHODAN-Covers dabei, eigenartige PERRY RHODAN-Andenken (wie eine be malte Autogrammkarte von Johnny Bruck oder eine mit »Tatcher a Hainu« signierte Karte von H. G. Ewers), aber ebenso viele Schwarz-Weiß-Fotos mit zum Teil sehr lustigen Untertiteln. Die Texte sind Science-Fiction-Versionen von be kannten Liedern; da die Noten oft geschützt sind, sind sie nicht enthalten (aber es ist Platz enthalten, sie einzutragen). Manche Texte sind frivol, manche obs zön, viele sind aber lustig und sehr inspiriert, aber das Buch ist definitiv nicht jugendfrei. Meine Lieblinge sind »Ernst Gellert’s Body« (nach »Glory, glory, hallelujah!«) und »Im schwarzen Raum schiff auf Aralon« (nach »Im schwarzen Walfisch von Askalon«). Ein Lied war sogar mit im Weltraum; hier und an anderer Stelle merkt man die Vorliebe des Her ausgebers für Weltraumphilatelie deutlich.
Irre, lustig, unterhaltsam, seltsam – all das ist wahr. Aber das Buch wird sicher irgendwann ein Sammler stück! Hergestellt wurde es in einer Auflage von 100 Exemp laren. Das Buch kostet 25 Euro, der Versand nach Deutschland kostet weitere 14 Euro (das Gewicht ...). Bestellen kann man es per E-Mail bei Klaus Höss
[email protected] oder per Post (gerne unter Beilage des Geldes) bei Klaus Höss, Scheibenbergstraße 14, A-2185 Rannersdorf an der Zaya. Star Gate Aktuell sind die Doppelbände Star Gate 71/72 und Star Gate 73/74 erschienen. Der erste Band stammt von Tom Cohel (»Der Letzte der Canorer«) und W. Kimball Kinnison (»Sturm auf Xarith«), der zweite Band enthält »Das Heiligtum der Dhuuls« (Wilfried Hary) und »Neergaards Fluch« (W. A. Travers). Herausgeber ist Hary-Production, Candastraße 30, 66482 Zweibrücken (im Internet unter www. HaryPro.de). Ein Heft kostet 7,95 Euro. World of Cosmos Ich mag dieses Heft. World of Cosmos 65 bringt einen Rückblick auf die PERRY RHODAN-Hefte 2546 bis 2559 von Johannes Kreis, einen Rückblick auf ATLAN 605 bis 609, Leser briefe, einen Ausblick auf die Fernsehserie »Futurama in color«, eine Besprechung des Remakes von »V« und einen schönen Conbericht über den BraunschweigCon im August 2010. Kontakt erhält man über Bernd Labusch, JohannG.-Müller-Straße 25, 25524 Itzehoe (E-Mail:
[email protected]). Die Internetseite des her ausgebenden SFC Black Hole Galaxie ist www.sfc bhg.de.tf. Ein Heft kostet 3,50 Euro.
Impressum Die PERRY RHODAN-Clubnachrichten erscheinen alle vier Wochen als Beilage zur PERRY RHODAN-Serie in der 1. Auflage. Anschrift der Redaktion: PERRY RHODAN-Clubnachrichten, Pabel-Moewig Verlag GmbH, Postfach 2352, 76413 Rastatt. E-Mail:
[email protected]. Bei allen Beiträgen und Leserzuschriften behält sich die Redaktion das Recht auf Bearbeitung und gegebenenfalls auch Kürzung vor; es besteht kein Anspruch auf Veröffentlichung. Für unverlangte Einsendungen wird keine Gewähr übernommen.
Kosmisches Puzzle
mente und Sensoren direkt ins All. Um flossen vom silbrigen Schleier der Pilo tensphäre schien er fast unmittelbar mit dem freien Weltraum in Kontakt zu ste hen. Seine Sinne arbeiteten intensiv und scharf, nahmen tausend Details gleich zeitig auf, während er die Silberkugel steuerte. Im Weltall hatte sich die Kugel binnen eines Sekundenbruchteils zu einem Durchmesser von 500 Metern aufgebläht. Rhodan wollte kaum glauben, dass dies erst vor 32 Sekunden der Fall gewesen war, so vieles war seitdem auf ihn einge strömt. Doch die Datenlage war eindeu tig, und die Zahlenwerte entstanden mit absoluter mathematischer Präzision di rekt in seinem Bewusstsein. Materieprojektive Decks und Quar tiere formten sich automatisch; er nahm den Vorgang am Rand seines Verstandes wahr, ohne dass er etwas dazutun muss te. Er hätte die Form dieser Räume steu ern und bewusst verändern können, doch darauf verzichtete er. Welchen Nutzen brächte es? Er beschleunigte mit Standardwerten – was bei der Silberkugel 1230 Kilometer im Sekundenquadrat bedeutete. Das Summen des Trafitron-Sublicht-Trieb werks hallte in ihm wider. Seine Wahr nehmung war schärfer und ... anders als jemals vorher. Die Wände ringsum zeigten ein ex aktes, holorealistisches Abbild seiner Umgebung. Die Illusion war perfekt. Es kostete nur einen Gedanken, und der Blickwinkel auf sein kosmisches Umfeld veränderte sich, als habe er sich ge dreht. Er sah die Sonne des Stardust-Sys tems als einen von vielen leuchtenden Punkten unter sich, merklich größer als die übrigen. Von dort war er gestartet, dorthin würde er bald wieder zurück kehren, schnellstmöglich, wenn alles funktionierte, wie er es sich dachte. Doch zunächst bildete NEO-OLYMP
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sein Ziel, der Polyport-Hof, in dem auch Lloyd/Tschubai auf ihn wartete. Die ers te von zwei Stationen auf seiner ge planten Route. 40 Sekunden seit dem Start. Noch 21 Sekunden bis zum Eintritt in den Überlichtflug. Er vernahm diese Fakten nicht wie ei ne Meldung, die von außen kam und an ihn herangetragen wurde, sondern emp fand sie als eigenen Gedanken. Die Ver schmelzung mit den Systemen der Sil berkugel war perfekt und allumfassend. Ihm half seine jüngste Erfahrung als Pilot von MIKRU-JON, um mit diesen ungewohnten Eindrücken zurechtzu kommen und sie zu verarbeiten. In bei den Schiffen hatten sich Rhodans Sinne erweitert, Sehen verschmolz mit den Ge danken, Hören mit Empfindungen, Ge fühl mit dem Horchen in den Weltraum. Er programmierte NEO-OLYMP als Ziel, indem er an die aktuellen Koordi naten des Polyport-Hofs beim Gasriesen Zeus dachte, was die Silberkugel binnen eines einzigen Augenblicks in einen Kurs umrechnete. Zugleich wusste er, dass er den maxi malen Überlichtfaktor von 235 Millionen ausnutzen konnte, was in der Stunde ei ne Strecke von 26.820 Lichtjahren be trug – also in der Minute 447 Lichtjahre und in der Sekunde 7,45 Lichtjahre oder 70,480725 Billionen Kilometer. Der Überlichtflug nach Zeus würde nur einen Sekundenbruchteil in An spruch nehmen. Noch 14 Sekunden bis Eintritt Über licht. Er genoss die Schönheit des Alls, sah den Hyperdimschleier, mehr noch, emp fand ihn und tastete mit seinen Sensoren nach ihm. Mit den Sensoren der Silberkugel. Doch gab es da einen Unterschied? Rhodan lachte und machte sich be reit. Er atmete tief ein und war erstaunt, dass dies inmitten des umflossenen Zu
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stands überhaupt möglich war. Er hatte nicht darauf geachtet. In MIKRU-JONS Tank war sein Körper auf andere Weise mit Sauerstoff versorgt worden. Während er immer weiter beschleu nigte, dachte er an die bevorstehende Begegnung im Polyport-Hof und legte sich erste Worte zurecht, die er mit Stu art Lexas Stellvertreter, Konteradmiral Harold Thargano, wechseln würde, der dort das Kommando hatte. Überlicht steht bevor. Die Eindrücke wechselten; dies war ein anderes Kontinuum. Völlig unbe kannte Einflüsse, eine bizarre Fremdar tigkeit, die er in Raumschiffen schon ungezählte Male durcheilt hatte, aber noch nie so direkt, als wäre er ohne schützende Hülle unterwegs. Es war seinem Gehirn nicht möglich, dies alles zu verarbeiten, ehe es wieder endete. Die Silberkugel fiel in den Normal raum zurück, und Rhodan schaute auf den Polyport-Hof. Als achteckiger Stern von vier Kilo metern Durchmesser und einer Höhe von 202 Metern glänzte er im All. Den Kern bildete ein Quadrat mit abgerundeten Ecken. Die Farbe war das im PolyportNetz allgegenwärtige Bernstein. An der Oberseite des Sterns wölbte sich eine 1420 Meter durchmessende, transparente Kuppel. Ungerührt steuerte Rhodan die Silber kugel auf diese Sichthaube zu und durch drang sie. Die materieprojektive Struk tur der Kugel war stets bis zu einem ge wissen Grad dem Standarduniversum entrückt, weshalb normale Materie kein Hindernis bildete und durchdrungen werden konnte. So landete er wenig später mitten auf dem Transferdeck des Polyport-Hofs, in dessen Zentrum, auf einem freien Platz von etwa 200 Metern. Etwa ...? Rhodan stellte verblüfft fest, wie sehr er sich in der kurzen Zeit an die exakten
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Daten gewöhnt hatte, die die Sensoren der Silberkugel seinem Verstand über mittelten. Nun reichte ihm wieder eine ungefähre Angabe aus; auf einige Meter mehr oder weniger kam es nicht an. Er hatte sich sofort nach der Landung aus der Verschmelzung mit der silbrigen Flüssigkeit gelöst, wozu ein einziger konzentrierter Gedanke genügt hatte. Sehr zu seiner Erleichterung. Im Falle MIKRU-JONS hatte es zu Anfang ... Missverständnisse gegeben. Er verließ das Fluggefährt und sah sich vier Kampfrobotern gegenüber, die Waffenarme auf ihn richteten. Hinter ih nen leuchtete eine der insgesamt vier bläulich schimmernden Röhren, die sich vom freien Platz aus dicht über den Bo den erstreckten und nach etlichen Me tern verblassten, als führten sie von dort an durch den Hyperraum weiter. »Entschuldige«, ertönte eine leise Stimme. »Die Kampfroboter haben automatisch auf dein Eindringen re agiert.« Rhodan wandte sich um und nickte dem Konteradmiral zu, musterte Harold Tharganos drahtige, hagere Erscheinung. Kurzes weißblondes Haar erweckte fast den Eindruck einer Glatze. Der kantige Kopf und das energische Auftreten run deten das Bild eines typischen Militärs ab. »Wenn ich mich nicht angekündigt hätte«, erwiderte Rhodan, »hätte ich er wartet, dass ich sofort unter Beschuss genommen werde, weil ich ebenso gut ein Eindringling der Frequenz-Monarchie sein könnte.« Thargano lachte leise, wie überhaupt seine Stimme nie eine gewisse Lautstär ke zu übersteigen schien. »Ich vermute, im Fall der Silberkugel hätte das nicht mehr Wirkung gezeigt als eine Steckna del, die ich persönlich in die Hülle pikse.« Rhodan näherte sich ihm, reichte ihm die Hand. »Solange du damit nicht mich triffst.«
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Die beiden Männer tauschten einen festen Händedruck. Der Konteradmiral musterte die Sil berkugel. »Ein erstaunliches ... Arte fakt.« »Du zögerst?« »Artefakt klingt nach etwas, das man unter staubigen Ruinen hervorholt. Den noch fiel mir kein besseres Wort ein. Im merhin handelt es sich um eine alte Tech nologie, die seit Langem auf uns war tet.« Mit einem Ploppen materialisierte das Konzept Lloyd/Tschubai direkt neben ihnen Es hatte die Gestalt des Teleporters Ras Tschubai, dem Afroamerikaner, der Rhodan in zahllosen Einsätzen begleitet hatte. Die Haut war dunkel, das krause Haar schwarz; äußerlich wies nichts dar auf hin, dass er gemeinsam mit Fellmer Lloyd ein Doppelbewusstsein bildete. Die beiden waren aus dem Bewusst seinspool der Superintelligenz freigege ben worden und in einem Funkenregen im Stardust-System materialisiert, um Rhodan zu suchen. Seitdem blieb das Konzept weitgehend an der Seite des Unsterblichen. Rhodan begrüßte Tschubai/Lloyd herzlich. Die Zähne blitzten weiß im dunklen Gesicht, als dieser lächelte. »Eigentlich bin ich gekommen, weil dein Schiff er wartet wird.« »MIKRU-JON?« Der Zellaktivatorträ ger wandte sich den Transferkaminen zu; eines der Gebilde verfärbte sich wie auf ein Stichwort hin von Blau in ein pulsie rendes Rot, was einen Durchgang ankün digte. Kurz darauf befanden sich alle drei Teile des Obeliskenraumers auf dem Transferdeck, und der Kamin nahm wie der das Blau an, das die Ruhestellung signalisierte; kein weiterer Transport stand bevor. MIKRU-JONS Fragmente – die sepa rierte Antriebssektion, der Passagierbe
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reich und das untere Drittel mit den Ma schinenräumen – setzten sich zu der be kannten Obeliskenform zusammen. Die Teilung war nötig gewesen, um die Trans ferkamine passieren zu können. Das Ausgangsschott öffnete sich und entließ eine ganze Prozession ins Freie. Nach Captain Curi Fecen folgte der Sha’zor Murkad, eine gedrungene und kompakte Gestalt mit kurzen und stäm migen Beinen. Die ledrige Haut des klei nen Schädels wirkte seltsam blass; rote Augen blitzten darin. Er trug einen Helm in hellblauer Farbe, der von einem dunk leren Rautenmuster bedeckt war und dessen Verlängerung bis über den Rü cken reichte. Danach folgte Gomrakh, der Staub reiter, eine glitzernde Partikelwolke, kaum größer als Murkads Schädel. Schließlich verließ die wohl beeindru ckendste Gestalt MIKRU-JON: ein Essa Nur, dessen Körper aus kleinen Kristal len bestand, die ein variables Äußeres ermöglichten. Den Kopf bildete eine etwa fünfzehn Zentimeter durchmessende Kristallku gel, deren weiße Oberfläche mit fingerna gelgroßen Facetten übersät war. Auf die se Weise vermochte ein Essa Nur zwar Gesichter nachzubilden, doch im Grund zustand verfügte er über keinerlei dem menschlichen Auge vertrauten Sinnesor gane. Die Ähnlichkeit, die sich schon in der äußeren Erscheinung und im Namen des Volkes mit den Esnur zeigte, konnte kein Zufall sein. Der einzige Rhodan bekann te Esnur war Clun’stal, ein Kristallinge nieur, der über den Handelsstern TALIN ANTHURESTA gewacht hatte, in dem nach wie vor Mondra Diamond und die JULES VERNE verschollen waren. Schon wieder eine Verknüpfung ein zelner Puzzleteile, dachte Rhodan. Und es wird sicher nicht die letzte bleiben. Der im künstlichen Licht des Trans ferdecks blitzenden Kristallgestalt folg ten etliche Ja’woor, die sich in unsicht
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bare Prallfelder hüllten. Ihre Gestalten erinnerten an breite Pfannkuchenfladen, die horizontal dicht über dem Boden schwebten. Am Rand ragten sie nur we nige Zentimeter hoch auf, verdickten sich aber in Richtung Körpermitte auf knapp einen halben Meter. Sinnesorgane im eigentlichen Sinn waren nicht zu er kennen. Der Terraner wusste aus einer vorherigen Begegnung mit einem Ange hörigen dieses Volkes, dass sie über den beutelartigen Aufsatz im Zentrum des Leibes kommunizierten und auch zu sprechen vermochten. »Ich habe einen Konferenzraum vor bereitet«, sagte Konteradmiral Harold Thargano zu Rhodan, ehe er sich den Neuankömmlingen zuwandte und sie willkommen hieß. * Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, dachte der Terraner. So hatte es Eritrea Kush genannt, und angesichts der Erfahrungen während des ersten Fluges mit der Silberkugel konnte er ihr nicht widersprechen. Er freute sich darauf, erneut einen Ab stecher zu unternehmen. Diesmal stand ein anderes Ziel im Kugelsternhaufen Far Away auf dem Programm; die Dis tanz, die Rhodan zurücklegen musste, war zwar weitaus größer, aber auch die ser Flug würde nur sechs Sekunden Überlicht in Anspruch nehmen. Die Entfernungen schmolzen zu einer bedeutungslosen Vorstellung zusammen; vor Kurzem noch weit entfernte oder gar unerreichbare Ziele reduzierten sich auf einen Katzensprung. Nur dank der Sil berkugeln war es möglich, die verschie denen Aktivitäten zu verknüpfen. Ehe der Terraner in seine Silberkugel zurückkehren konnte, galt es allerdings, die Besprechung mit den Neuankömm lingen aus Anthuresta zu beenden, die erst seit wenigen Minuten im Gange war.
Sie saßen in dem vom Konteradmiral erwähnten Konferenzraum rund um ei nen großen nierenförmigen Tisch. Der Essa Nur stand, ein Abgesandter der Ja’woor lag in seiner natürlichen Form, die an einen breiten Fladen erinnerte, auf dem Boden. Rhodan trank einen Schluck Wasser; außer ihm rührte niemand die bereitge stellten Getränke an. »Ich würde diesem Gespräch gern weitaus mehr Raum wid men, aber die Zeit drängt leider, und ich verspreche, in Kürze zurückzukehren.« »Wir sind uns ohnehin einig«, resü mierte Captain Fecen. Er lächelte, was seine Gesichtszüge noch zarter erschei nen ließ; seinem Spitznamen Engelsge sicht machte er wieder einmal alle Ehre. Trotz seiner jungen Jahre war er ein äu ßerst zielstrebiger und effektiv handelnder militärischer Anführer, der der Ers ten Staffel der Zweiten Kompanie des Raumlandebattaillons der JULES VER NE vorstand. Er hatte mehrfach betont, dass er nicht eher ruhen würde, als dass seine Leute das heimische, im Wunder von Anthuresta verschollene Schiff wie der erreichten. »Wir, das heißt auch un sere Gäste samt der Ja’woor, werden die Sonde an MIKRU JON mit aller gebote nen Vorsicht untersuchen.« »Ich bin sicher«, betonte Rhodan, »dass es mit geballtem Wissen gelingen wird, der Sonde ihre Geheimnisse zu ent reißen. Ich weiß sie und das Schiff selbst somit in besten Händen, bis ich zurück kehre.« »Zweifellos«, tönte die Stimme des Es sa Nur. Das weiße Kristallwesen trug einen schwarzen Anzug, was einen be eindruckenden Kontrast zu seinem Kör per bildete. Rhodan erhob sich. »Außerdem kündi ge ich hiermit an, dass es möglicherweise schon bald kompetente Unterstützung für eure Forschungsaufgabe gibt. Dazu muss ich allerdings noch einen anderen Ort aufsuchen.« Die gesichtslose Kristallkugel des
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Kopfes drehte sich ihm zu, als gäbe es unsichtbare Augen, die sich auf sein Ge genüber fixieren mussten. »Und der wä re?« Allzu sehr wollte Rhodan nicht ins De tail gehen. »Der Planet First Found, wo ich jemanden zu treffen gedenke.« Zu seiner Erleichterung hakte niemand nach. »Bis dahin überlasse ich alle der Obhut von Konteradmiral Thargano. Er wird sich um eure Wünsche kümmern und auch dafür sorgen, dass möglichst alles zur Verfügung gestellt wird, was zur Untersuchung der Sonde nötig ist.« * Ein ereignisreicher Tag, dachte Rho dan. Und er war noch lange nicht zu En de. Noch immer schrieb man den 8. Mai 1463 NGZ, gerade einmal 15 Uhr am Nachmittag. Vor einer Minute hatte er die transpa rente Sichtkuppel NEO-OLYMPS mit der Silberkugel durchdrungen; nun be fand er sich in der kurzen Beschleuni gungsphase. Das neue Ziel hatte er men tal bereits programmiert: den Planeten First Found. Für die Distanz von 46,5 Lichtjahren waren nur wenig mehr als sechs Sekun den Überlichtflug notwendig. Im Unterschied zu seinem Trip zum Polyport-Hof hatte er sein Kommen diesmal nicht angekündigt. Er wollte auf diese Weise auch den Tarnmodus der Sil berkugel einem Test unter Realbedin gungen unterziehen. Er würde optisch völlig unsichtbar sein, verbunden mit einer hochgradigen Antiortungswirkung. Sämtliche Eigen emission, die für die Sensoren eines potenziellen Gegners sonst verräterisch gewesen wäre, müsste eigentlich voll ständig absorbiert werden. Den Wechsel in den Hyperraum be kam er diesmal bewusster mit. Den kurzen Aufenthalt im übergeordneten Medium nahm er als düsterrotes Wallen
und Wabern wahr, durch das sich dunkle Schlieren zogen. Vereinzelt zuckten hell rote Blitze, ähnlich einer Gewitterwol kenformation bei Sonnenuntergang. Gerade raste einer dieser Blitze auf ihn zu, als es auch schon wieder vorüber war. Die Außenwände der Pilotensphäre lieferten ihm ein Bild des Planeten First Found aus dem All, der zweiten von drei Welten des Sonnensystems und den ein zigen, auf dem Leben möglich war. Etliche Schiffe der Stardust-Union standen im Orbit, doch keines zeigte eine Reaktion auf Rhodans Ankunft. Der Terraner war zufrieden. Offenbar gelang es den Einheiten nicht, ihn wahr zunehmen. Was einerseits gut war, sprach es doch für die phantastischen Möglich keiten der Silberkugeln, offenbarte an dererseits die gewaltigen Risiken, die ständig bestanden. Ein Feind, der sich in dieser oder einer vergleichbaren Techno logie näherte, würde erst entdeckt wer den, wenn es zu spät war ... wenn er zu schlug. Mit einem Gedankenbefehl schaltete der Zellaktivatorträger den Tarnschirm ab und ließ die Silberkugel gleichzeitig eine Funkverbindung aufbauen, über die er seine Ankunft mitteilte. Zunächst erntete er deftige, erschro ckene Flüche aus den Reihen der Schiffs kapitäne, die unvermutet eine fremde Einheit in unmittelbarer Nähe entdeck ten, dann löste sich alles in Wohlgefallen auf. Und bald wartete Perry Rhodan er neut auf einen Gesprächspartner. Stuart Lexa ließ nicht lange auf sich warten – doch er kam nicht allein. * Das also war er: Perry Rhodan. In den letzten Tagen hatte Sichu Dork steiger viel von ihm gehört. Er war ge wiss ein eindrucksvoller Mann, und seine Verdienste für seine Heimatgalaxis und
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viele weitere Sterneninseln waren wohl gigantisch, auch wenn Sichu nicht alles glauben mochte, was ihr berichtet wor den war. Dennoch hatte sie mehr erwartet. Die Terraner ähnelten den Ator. Was war Besonderes an ihnen? Sie hatten nicht einmal glühende Augen wie die Vatrox und waren so blass. Und Rhodan war einer von ihnen. Stuart Lexa hatte Fyrt Byrask und sie zu Rhodan geführt und ihre Namen ge nannt. Seitdem verhielt er sich still, überließ dem Neuankömmling das Ge spräch. Sie standen am Rand des Raumhafens, der einer einzigen riesigen Baustelle glich. Wenige Schiffe waren auf einer notdürftig platt gewalzten Ebene gelan det, die meisten schwebten im Orbit. Un ablässig dröhnte im Hintergrund der Lärm von Baumaschinen. Fyrt war sofort von dem Terraner an getan, das sah sie ihm an. Mit Fyrt ver band Sichu eine Art Hassliebe, seit sie ihre Ausbildungen unter dem Vatrox Hochalon als hervorragende Absolventen abgeschlossen hatten. In der gemein samen Schulzeit hatte sie zunächst für ihn geschwärmt, während er herablas send auf sie geschaut hatte – für ihn war sie nichts als ein Kind gewesen. Seine für einen Ana typischen, bis auf den Rücken reichenden flammend roten Haare hatten sie fasziniert. Inzwischen hatten sie genug gemein sam erlebt, um den jeweils anderen zu kennen, auch wenn Fyrt kein Ator war. Immerhin gehörte er dem Volk der Ana an, das ebenfalls einen Teil der Tryo nischen Allianz bildete. »Nach allem, was ich mittlerweile er fahren habe«, sagte Fyrt, »ist die Fre quenz-Monarchie für mich der Feind.« Er warf Sichu einen raschen Blick zu. »Frü her waren wir ein Teil dieses Räderwerks, aber diese Zeiten sind vorüber.« Sichu verstand natürlich die Auffor derung, die in diesen Worten steckte,
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aber sie schnappte nicht nach diesem Köder. Wenn Fyrt erwartet hatte, dass sie nun ein ebensolches Bekenntnis ablegte, hatte er sich getäuscht. Gewiss, sie quälte sich mit einer Men ge Fragen – mit der Frequenz-Monarchie schien einiges im Argen zu liegen, mehr noch: Es gab vieles, das sie ganz und gar nicht verstand. Aber Sichu war ihr gan zes Leben lang eine glühende Verfechte rin der Monarchie und der Vatrox gewe sen. »Ich hoffe auf eure Unterstützung«, sagte Rhodan. Seine Stimme klang ange nehm, wie sie zugeben musste, ließ aber etwas Volumen vermissen, was sie bei einem Mann von solch geradezu legen därem Charisma erwartet hätte. Fyrt machte eine Geste der Zustim mung. »Meiner kannst du gewiss sein! Ich bin bereit, alles zu unternehmen, um die Wahrheit über die Frequenz-Monar chie herauszufinden und bekannt zu ma chen. Wenn wir auf diese Weise einen Umsturz herbeiführen, umso besser!« Der Eifer in seiner Stimme ließ Sichu mit gemischten Gefühlen zurück. Einer seits drängte es sie, sich ihm anzuschlie ßen, andererseits konnte sie das ganze Geschehen nicht so radikal beurteilen wie er. Eines musste man Rhodan lassen: Er erkannte sofort, wie es um sie stand, als könne er in ihren Gedanken lesen. »Wie beurteilst du die Lage?«, fragte er. Sein Blick verharrte auf ihrem Ge sicht; den leichten Bewegungen seiner Augäpfel nach verfolgte er die goldenen Linien des Musters auf ihrer hellgrünen Haut. Seine Pupillen weiteten sich dabei etwas. Ihm schien offenbar zu gefallen, was er sah. Allerdings, das musste sich Sichu eingestehen, konnte sie seine Mimik auch völlig missdeuten. »Skeptischer als Fyrt Byrask.« Sie ver suchte, in ihre Stimme leichten Spott zu legen. Zumindest Fyrt würde es bemer ken.
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Der Ana wandte sich ihr zu. »Genügt dir etwa nicht, was wir erlebt haben? Was Stuart Lexa uns berichtet hat?« Sie zögerte. »Es stimmt mich nach denklich. Aber ...« »Lass mich dir eine Geschichte erzäh len«, bat Perry Rhodan. Ein vorbeirasender Ein-PersonenGleiter schnitt ihm das Wort ab; der Pilot flog zu tief und zu schnell. Eine scharfe Bö verdrängter Luft traf sie und riss an ihren Kleidern. Ihre Haare wehten und flatterten, ehe sie zurück auf die Schul tern fielen. »Ich denke, ich habe genug gehört«, wehrte Sichu ab. Nicht etwa, weil sie kein Interesse an erneuten Daten und Tatsachen hätte, sondern weil sie ohne hin kaum noch in der Lage war, die Situ ation zu beurteilen. Sie befürchtete, dass weitere Berichte sie in noch tiefere Ver wirrung stürzen würden. Rhodan lächelte, aber Sichu bezwei felte, dass es freundlich gemeint war; eine spürbare Kälte ging von dem Terra ner aus. Kälter noch als der Fahrtwind des Gleiters, der soeben vorüberge rauscht war. »Das glaube ich nicht. Hast du je vom Volk der Halbspur-Changeure gehört?« »Was haben sie ...«, begann sie, doch der Terraner ließ sie nicht ausreden. »Freundliche Wesen, sehr friedlich und in ständiger Angst vor Entdeckung. Sie bewachten das Polyport-Netz, um es zu beschützen. Sie versteckten es, sozu sagen, und selbst zogen sie sich in ein geheimes Refugium zurück. In die End lose Stadt. Dort lebten sie verborgen vor dem Rest der Galaxis, bis der aktuelle Krieg begann, bis die Offensive der Fre quenz-Monarchie die Darturka-Klonsol daten schließlich in ihre Stadt führte. Die Changeure hatten nie etwas Böses getan oder zugelassen, sie wollten den Frieden und halfen zahllosen Individu en, ja, ganzen Völkern. Die Darturka überrannten sie und besiegten die klei nen Humanoiden nicht einfach nur.« Er
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legte eine kurze Pause ein. »Nein ... sie schlachteten sie ab. Es war ein Gemet zel.« Schweigen breitete sich aus. Sichu versuchte, sich keine Regung ansehen zu lassen. Es überraschte sie nicht, das zu hören, wenn es auch im Innersten schmerzte, von einer weiteren Gräueltat zu erfahren, für die die Frequenz-Mon archie verantwortlich zeichnete. Sie schaute von ihrem erhobenen Standpunkt aus zu, wie in der Ferne, am anderen Ende des Raumhafens, silbrig glänzende Roboter gewaltige Bauteile zu einer Halle zusammensetzten. Das Ge bäude wuchs rasch. Auf Antigravplatt formen schwebten vollautomatisiert weitere Wandteile herbei. Die grelle Hel ligkeit eines Laserschweißers schnitt ei nen glühenden Strahl durch die Luft. »Möchtest du noch mehr hören?«, fragte Rhodan. »Nein!«, behauptete sie, ohne ihn an zusehen. Sie wandte den Blick nicht von der Baustelle ab. »Bist du dir sicher?« Nun hob sie die Hand, legte sie an ihr Kinn und knetete es. »Nein.« »Es gab einmal einen kleinen Stern von Chatria«, begann er. Sie starrte ins Leere. »Eine Sonne, die eine Welt beschien, auf der viele lebten. In der Galaxis An dromeda.« »Ich habe von Andromeda gehört. Ihr nennt sie auch Hathorjan, nicht wahr? Das klingt beinahe ein wenig wie Ator jan, Heimat der Ator, findest du nicht?« »Dort regte sich Widerstand gegen die Frequenz-Monarchie.« Rhodan trat einen Schritt näher, stellte sich so dicht neben Sichu, dass sie seinen Atem hören konn te. »Die Monarchie beschloss, dieses Auf begehren zu beenden, und verwandelte den Stern in eine Supernova. Ein Exem pel. Ich kenne denjenigen, der den Wider stand anführte. Eine Flotte aus ...« »Atlan da Gonozal«, unterbrach Sichu Dorksteiger.
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»Du hast von ihm gehört?« »Ich habe vieles gehört.« »Hundert Millionen Tote«, rief Rho dan. Seine Stimme bebte vor schlecht unterdrückter Erregung. »Hundert Mil lionen! Um eine ganze Galaxis gefügig zu machen und in Angst und Panik zu versetzen!« Sichu schloss die Augen. Ihr wurde übel. Fyrt Byrask setzte sich. Er drehte ei nen Stein zwischen den Fingern. »Die Opfer waren Terraner?« »Tefroder«, sagte Rhodan. »Doch was macht das für einen Unterschied? Es wa ren Intelligenzwesen. Gute und schlech te. Junge und alte. Babys und Greise. Von einem Augenblick auf den anderen ha ben sie aufgehört zu existieren!« »Seid still!«, rief Sichu. »Ich kann nicht schweigen.« Der Ter raner packte sie an der Schulter. Seine Finger drückten eine Spur zu fest, um die Geste als rein freundschaftlich zu be zeichnen. »Wenn ich nicht alles tue, um diesen Wahnsinn zu beenden, mache ich mich mitschuldig am Tod unzähliger In telligenzen in der Vergangenheit und auch in der Zukunft! Das Ende ist längst nicht erreicht! Der Krieg wird auf vielen Ebenen geführt, und ihr beide, Fyrt und Sichu, könnt helfen, eine der Schlachten zu gewinnen!« »Ich werde ...« Die Finger drückten noch fester in ihre Schulter. »Fyrt hat sich entschieden, und du musst es ebenso. Jetzt und hier! Kämpf gegen die Frequenz-Monarchie oder nicht! Es liegt an dir. Wenn du noch mehr Fakten brauchst, berichte ich dir gerne von den Attacken in Diktyon oder von der Beeinflussung des Volkes der Gaids in Andromeda. Von dem Feuerauge in meinem Heimatsystem. Ich kann ...« Ihre Rechte schnellte hoch, packte Rhodan am Handgelenk und stieß ihn von sich. Gleichzeitig schlug sie mit der Linken zu, eine Ohrfeige mitten in sein Gesicht.
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Seine Wange verfärbte sich rot. Er blickte sie unbewegt an. Sichu überkam das sichere Gefühl, dass er die recht hilflose Attacke mit Leichtigkeit hätte abblocken können. »Fass mich nicht mehr an!«, sagte sie kalt. »Und berichte mir von der Schlacht, bei der wir dich unterstützen sollen. Ich werde dir helfen.« * »Ich schäme mich«, sagte Sichu. Inzwischen standen sie vor der glän zenden Sphäre, die Rhodan eine Silber kugel nannte. Sie spiegelte sich in der Oberfläche. Noch immer waren ihre Haare vom Wind über der Baustelle zer zaust. Es war ihr völlig gleichgültig. Die goldenen Punkte in ihrer Gesichtshaut waren intensiver gefärbt als sonst, ein Zeichen ihrer inneren Erregung. Sie hatte das Gefühl, das Muster müsse glü hen. »Ich schäme mich, dass ich so lange unentschieden war und nachgedacht ha be. Vielleicht hätte ich es schon vor Jah ren erkennen können. Wie konnte ich nur so blind sein?« Fyrt stand hoch erhobenen Hauptes neben ihr. »Was geschehen ist, vermögen wir nicht mehr zu ändern. Wohl aber das, was vor uns liegt!« »Er hat recht«, sagte Rhodan. »Wichtig ist nur, dass du jetzt die richtige Ent scheidung getroffen hast, Sichu. Das ist mehr, als die meisten anderen von sich behaupten können.« Sie sah zu, wie sich in der scheinbar völlig glatten Oberfläche ein Eingang öffnete. »Wie viele es wohl gibt, denen man die Augen öffnen könnte? Die nur ein im Grunde willenloser Teil der Ma schinerie sind, von den Vatrox oder sonstwem verführt?« »Eine gute Frage«, stimmte Fyrt zu. »Wir müssen uns darum kümmern.« »Zunächst bitte ich jedoch, dass ihr euer Wissen über Psi-Materie mit uns
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teilt und den Wissenschaftlern auf NEO OLYMP bei der Untersuchung der Sonde an MIKRU-JON helft.« »So haben wir es vereinbart«, sagte Sichu. »Es ist unnötig, es noch einmal zu wiederholen. Allerdings muss ich dich darauf hinweisen, dass meine Erfah rungswerte eingeschränkt sind. Ich habe als Hyperphysikerin damit gearbeitet, genau wie Fyrt ... aber wir kennen beide lediglich die modifizierte und weitge hend stabilisierte Form. In Anthuresta materialisieren große Mengen hochkon zentrierter Psi-Materie mit starken Sextadim-Konzentrationen. Vor allem in der Schneise.« Rhodan wollte gerade das Innere der Silberkugel betreten, als er wie ange wurzelt stehen blieb. »Die Schneise«, wiederholte er. »Ich habe von diesem Ge biet schon gehört. Kannst du mir mehr darüber berichten?« Selbstverständlich konnte sie das. Sie war oft genug darin unterwegs gewesen. Sie gab ihm eine kurze Zusammenfas sung und brachte den Terraner damit auf ihren eigenen Wissensstand – ein erster Vertrauensbeweis, den er hoffentlich zu schätzen wusste. Sie berichtete über den schlauchför migen Raumsektor im Bereich des galak tischen Restkerns, ein etwa 10.000 Licht jahre langes und rund 500 Lichtjahre durchmessendes Gebiet, in dem nur we nige Sonnen existierten, das allerdings eine erhöhte Dichte von interstellarem Staub und Gas aufwies. Es gab Hinweise darauf, dass ein Teil dieser Masse ihren Ursprung in Psi-Ma terie hatte: Extrem langsame Verpuffung setzte Energie frei, die im Standarduni versum als Normalmaterie erschien. Die Frequenz-Monarchie sammelte diese Psi-Materie mit hohem Einsatz ein, und Sichu persönlich hatte dafür ge sorgt, dass diese Bemühungen noch ver stärkt wurden. Ein Fehler? Hatte sie damit der Frequenz-Monar
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chie einen großen Dienst erwiesen, was sich im Nachhinein als äußerst fatal er weisen konnte? »Woher diese Psi-Materie stammt, wissen wir nicht«, beendete Sichu ihre Erklärung. »Ich habe mich lange mit die ser Frage beschäftigt, bin aber einer Ant wort nie nahegekommen.« In Rhodans Gesicht zuckte es, doch der Terraner schwieg. »Weißt du mehr darüber?«, fragte sie. »Es ist kein echtes Wissen. Lediglich einige ... Vermutungen. Lass uns bei Ge legenheit davon sprechen. Momentan würde es dich vielleicht eher verwir ren.« Oder du willst es mir einfach nicht sa gen, dachte die Hyperphysikerin. Was ich dir noch nicht einmal verdenken kann. Ich könnte ebenso gut eine Spionin der Frequenz-Monarchie sein, die dir ein gutes Schauspiel liefert. Sie würde ihm im Laufe der Zeit be weisen, dass dies nicht der Fall war. Denn sie hatte eine Entscheidung ge troffen. Endgültig. * Der Terraner war froh, dass Sichu Dorksteiger nicht weiter nachfragte. Tatsächlich hegte er eine Vermutung über den Ursprung der Psi-Materie, die immer wieder in der Schneise auftauch te. Wahrscheinlich waren die Vorgänge, die er am inneren Rand der gigantischen Hohlwelt TALIN ANTHURESTA beob achtet hatte, schon seit Jahren die Regel. Es handelte sich um eine Fehlfunktion dieses riesigen künstlichen Gebildes, die dafür sorgte, dass die Psi-Materie, die eigentlich dazu dienen sollte, die Hülle der Dyson-Sphäre zu stabilisieren, statt dessen nach Anthuresta abgestrahlt wurde und im Normalraum materiali sierte. »Deine Worte haben mich auf eine Idee
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gebracht«, sagte Perry Rhodan. »Wenn ihr beide einverstanden seid, Sichu und Fyrt, werde ich nicht direkt NEO-OLYMP ansteuern, sondern mit der Silberkugel zunächst ins Gebiet der Schneise flie gen.« »Das ist kein kleiner Umweg!«, gab der Ana zu bedenken. Rhodan winkte ab, eine Geste, deren Bedeutung dem Ana nicht bekannt sein konnte. »Mit der Geschwindigkeit dieses Fluggefährts bedeutet der Weg einen nicht nennenswerten Zeitverlust. Ich möchte mich in der Schneise kurz umse hen, ich plane keinen langen Aufenthalt. Vielleicht kann ich einige Impressionen aufnehmen.« Und die Silberkugel Daten sammeln lassen, die später eine gezielte Rückkehr möglich machen, um allem, was irgendwie auffällig ist, auf den Grund zu gehen, ergänzte er in Gedanken. Ein solcher ers ter Eindruck dieses Raumgebiets konnte nichts schaden, schon gar nicht, wenn ihn zwei Individuen begleiteten, die sich dort auskannten und mit den speziellen Bedingungen vor Ort vertraut waren. Seine beiden Begleiter warfen sich ei nen Blick zu, und zwischen ihnen schien ein stilles Einvernehmen zu herrschen. »Wir haben nichts dagegen einzuwen den«, erklärte die Ator. »Allerdings möchte ich dich noch auf etwas hinwei sen. Auf First Found wurde eine alte Ru inenstadt entdeckt.« Er fragte sich, worauf sie hinauswoll te. »Stuart Lexa hat mir davon berich tet.« »Dann weißt du wohl auch, dass dort ein psimaterielles Artefakt existiert.« »Ein vier Meter durchmessendes Ge bilde, das einem gigantischen Schnee kristall ähnelt.« Rhodan gab zu verste hen, dass er durchaus darüber Bescheid wusste. Auch in den Ruinen der alten Stadt Marirthorn auf Katarakt war man auf ein derartiges Gebilde gestoßen. Sichu bestätigte, und sie wirkte zu frieden. Das goldene Muster in der hell
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grünen Gesichtshaut verzog sich leicht, als sie lächelte. Es hatte Rhodan vom ers ten Augenblick an fasziniert; ein höchst ungewöhnlicher Anblick, der etwas zu tiefst Schönes an sich hatte. »Wir sollten das Artefakt mit uns neh men«, schlug sie vor. »Immerhin besteht es ebenfalls aus Psi-Materie. Ich habe damit unliebsame Erfahrungen gesam melt.« Auch darüber hatte Lexa ihm berich tet; es war der eigentliche Grund, warum er der Ator sein Vertrauen schenkte. In dem Schneekristall saß das Vamu einer Vatrox gefangen. Die Erinnerungen die ser Frau namens Lucba Ovichat hatte Sichu aufgenommen, als das Vamu in ih ren Geist eingedrungen war und sie be setzt hatte. »Es ist eine gute Idee, das Artefakt mitzunehmen«, stimmte Rhodan zu. »Ich werde die Ruinenstadt mit der Silberku gel ansteuern. Dass es sich dabei um ein Sperrgebiet handelt, wird uns nicht hin dern. Erstens wird Lexa uns eine Ein fluggenehmigung erteilen, und zweitens könnte uns in der Silberkugel ohnehin niemand aufhalten. Das Verladen mithil fe eines Traktorstrahls dürfte das ge ringste Problem darstellen.« * Die Stadt schien tatsächlich für Rie sen erbaut worden zu sein – für Anthuri aner, denn diese walähnlichen Wesen erreichten rund sechzig Meter Länge. Der Zellaktivatorträger achtete jedoch kaum auf die Umgebung, widmete seine volle Aufmerksamkeit dem gewaltigen Psi-Gebilde, das an einen Schneekristall erinnerte und sie alle weit überragte. Außer ihm und Sichu befand sich nur noch Fyrt Byrask in der Nähe. Sie hatten gemeinsam die Silberkugel verlassen, damit Rhodan den Kristall mit eigenen Augen sehen konnte. Er wollte sich einen persönlichen Eindruck verschaffen. Fyrt hielt respektvollen Abstand. Auch
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Sichu Dorksteiger betonte, dass sie dem Artefakt keinesfalls zu nahe kommen durften. »Das gefangene Vamu der Vatrox würde ...« Sie stockte. Rhodan drehte sich zu ihr um. »Was ist mit dir?« Die Ator wankte einen Schritt zurück. »Ich spüre das fremde Bewusstsein – und es spürt mich, keinen Zweifel.« »Auf diese Entfernung?« Der Terraner schätzte einen Abstand von wenigstens acht Metern. Er selbst befand sich noch näher, fühlte jedoch nichts. Sichu schloss die Augen, presste die Hände an die Schläfen. »Es ... es gelingt ihr wohl, weil die Vatrox ...« Sie ächzte. »Weil sie mich kennt. Weil wir schon ein mal in Kontakt standen.« Fyrt eilte zu ihr, fasste sie am Arm und zog sie in größere Entfernung zu dem Schneekristall. »Du darfst kein Risiko eingehen!« Sichu schüttelte seinen Griff ab. »Das weiß ich! Wir sollten zurück in die Sil berkugel gehen und das Artefakt so weit wie möglich von uns entfernt im Schiff einlagern. Mithilfe von Traktorstrahlen, damit es zu keinem direkten Kontakt kommt.« »Ehe ich den Strahl einsetze, werde ich der Silberkugel eine entsprechende Größe geben. Einen Kilometer im Durch messer. Der Schneekristall kann also ex trem weit von dir lagern.« Sie nickte, murmelte ein »Gut« und wirbelte plötzlich herum. Ohne dass es ein Anzeichen gegeben hätte, stürmte sie auf das Psi-Artefakt zu. Rhodan verlor keinen Augenblick. Er rannte ebenfalls los, stieß sich ab und prallte im Sprung voll gegen die Ator. Er riss sie von den Füßen; gemeinsam stürz ten sie, schlitterten weiter. Nur eine Armlänge von den äußersten Enden des Schneekristalls blieben sie liegen. Sichu bäumte sich unter ihm auf, streckte die Hand aus. Rhodan ergriff sie, drückte sie brutal zu Boden und zerrte Sichu mit sich, weg vom Psi-Artefakt.
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Fyrt stand bereit und zog die Ator mit sich, auf die Silberkugel zu. »Öffne einen Eingang!«, forderte er den Terraner auf. Die Ator presste die Augen zusammen, drehte den Kopf langsam von einer Schulter zur anderen. Ein gequälter Aus druck lag auf ihrem Gesicht. »Danke! Ich fühlte das Vamu ... das Bewusstsein Luc ba Ovichats. Sie versuchte aus dem Ar tefakt zu entkommen.« »Wie konnte sie dich ohne direkte Be rührung beeinflussen?« »Weil wir schon einmal in Kontakt standen.« »Dennoch ist es nicht möglich, weil es keinerlei Verbindung nach außen geben kann! Das Artefakt ist ...« »Das Schwitzen«, rief Fyrt. Sowohl Rhodan als auch Sichu drehten sich zu ihm um. Beiden stand die Frage wohl im Gesicht geschrieben. »So nennen wir es«, erklärte der Ana. »Der Kristall schwitzt ständig kleinste Mengen an Psi-Materie aus, die aller dings augenblicklich deflagrieren und sich verflüchtigen. Ohne Wirkung, dach ten wir bislang. Ich könnte mir vorstel len, dass ein winziger Bruchteil des Be wusstseins der Vatrox auf diesem Weg aus dem Artefakt gelangte, das ihr Vamu gefangenhält. Sichu kam damit in Be rührung, und weil sie durch die alte Be gegnung perfekt vorbereitet war, war es der Fremden möglich, sie zu beeinflus sen, wenn auch nur oberflächlich. Für eine spontane Aktion genügte es jedoch offensichtlich.« »Eine beachtliche Theorie«, brachte Si chu hervor. »Ich neige dazu, dir recht zu geben, auch wenn wir dafür schwerlich Beweise finden werden. Womöglich gab es völlig differente Gründe.« Sie hustete. Rhodan war etwas anderes wichtiger. »Fühlst du noch einen Einfluss?« Sichu verneinte. »Aber das würde ich auch sagen, wenn ich unter diesem Ein fluss stünde, nicht wahr?« Sie marschierte auf die Silberkugel zu und verschwand darin.
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Die beiden folgten. Der Transport des Schneekristalls mittels eines Traktor strahls erwies sich tatsächlich als pro blemlos. Rhodan lagerte das Psi-Artefakt in einer weiten Halle ein, die der Terra ner speziell zu diesem Zweck ausformte. Er legte einen mehrfach gestaffelten Schutzschirm darüber und fragte sich, ob diese Vorkehrung etwas helfen würde, sollte es hart auf hart kommen. Kurz darauf waren sie wieder unter wegs. Seinem ursprünglichen Plan nach wäre der Terraner nun zurück nach NEO-OLYMP geflogen. So jedoch stand einem Abstecher in die Schneise nichts mehr im Wege. * Das Erste, was Perry Rhodan sah, wa ren Truppen der Frequenz-Monarchie. Inmitten des silbrigen Dämmers der Pilotensphäre, von der Flüssigkeit umge ben, erschauerte der Terraner. Die Orter daten fanden direkten Zugriff in sein Gehirn, als würden sie dort erst entste hen. Ständig kamen neue Ortungen hinzu, doch in dem Teil der Schneise, der von den passiven Sensoren unter der Tar nung der Silberkugel erfasst werden konnte, hielten sich buchstäblich zahl lose Schiffe auf. »Wir sind perfekt getarnt und deshalb bislang nicht entdeckt worden«, infor mierte Rhodan seine beiden Passagiere, die in einem Aufenthaltsraum nahe der Pilotensphäre warteten. »Es besteht kein Grund zur Besorgnis.« In dieser Hinsicht war der Terraner nicht so selbstsicher, wie er sich gab. Er wechselte die Position, zog sich in den Ortungsschatten einer der wenigen Son nen zurück. Erneut war ihm, als schwebe er frei im All, weil die Wände der Pilotensphäre völlig transparent wirkten und der silb rige Dämmer direkt in den freien Welt raum überzugehen schien. Die Sonne
schoss ihm wabernde Protuberanzen entgegen. Das gleißende Licht aus so großer Nä he zu sehen hätte Rhodan normalerweise erblinden lassen; der Silberdämmer milderte die Helligkeit entscheidend. Als ihn kurz darauf ein Schlachtlicht in kurzer Entfernung passierte, sah es einen Moment lang aus, als wolle die fremde Einheit ihn rammen oder ihn ge radewegs zermalmen und die Trümmer in die Sonne stoßen. Doch das Schiff ras te ungebremst vorüber. Wie kam es an dieser Stelle in der Schneise zu einer derartigen Truppen konzentration des Gegners? Ging es um die materialisierende PsiMaterie? Doch das hätte keinen solchen Auf wand gerechtfertigt. Bisher. Was also ging vor sich? Rhodan versuchte die Bewegungen der Schlachtlichter zu verstehen, ein Muster in den Truppenverschiebungen zu erken nen. Doch ihm blieb nicht genug Zeit, und zu viele Daten strömten ungefiltert in ihn ein. Er wollte Abstand gewinnen, legte ein Raster an, das die Messwerte vorab analysierte. Auf diese Weise trennte er sich selbst zu einem gewissen Maß ab und schuf sich Freiraum, eigene Gedan ken walten zu lassen. Gleichzeitig übermittelte er alle Er gebnisse in ein neu geschaffenes Instru mentenpult, das er vor Sichu Dorksteiger entstehen ließ. Einer weiteren Aufforderung bedurfte es nicht; er beobachtete über einen op tischen Sensor, wie die Ator sofort an die Arbeit ging und ebenfalls zu verstehen versuchte, was rund um sie in diesem Raumsektor geschah. Rhodan behielt den Tarnmodus voll ständig bei, verstärkte jedoch die Sen sorleistung, um noch mehr Daten aus einem weiteren Umfeld sammeln zu kön nen.
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Und genau das war sein Fehler. Es dauerte nur Sekunden, bis Dut zende Schlachtlichter ihren Kurs än derten und heranrasten ... exakt auf sei ne Position zu. An einen Zufall zu glauben wäre Nar retei gewesen. Es gab keinen Zweifel, dass er entdeckt worden war. Binnen eines Sekundenbruchteils überschlug er seine Möglichkeiten. Abrupt brach er die Ortung ab, raste im Schutz der Unsichtbarkeit und des Tarnfeldes los. Selbstverständlich konnte die Silber kugel ein ganzes Arsenal an Aktivwaffen aufbieten, doch er sah sich einer himmel weiten Übermacht gegenüber. Welchen Nutzen hätte es, einige Schlachtlichter zu zerstören, vielleicht all jene, die mo mentan heranrasten? Ihnen würden an dere folgen, Hunderte, Tausende sogar. Gegen die schiere Masse musste auch die Silberkugel chancenlos bleiben. Also verzichtete der Aktivatorträger darauf, die vollen Möglichkeiten seines Fluggefährts ins Spiel zu bringen. Die ersten Explosionen detonierten im freien Weltall. Zwar floh er, doch den Schlachtlichtern schien es zu gelingen, seinen Weg zu verfolgen, nachdem sie einmal auf ihn aufmerksam geworden waren. Nicht mit mir!, dachte Rhodan. Er be schleunigte weiter. Bis zum Eintritt in den Überlichtflug blieben fast zwanzig Sekunden; zumin dest, wenn alles glatt lief. Eine Unzahl an Monarchie-Einheiten raste heran, zog einen weitflächigen Ring rund um seine Position, bis er sich in einer gigantischen Kugel seiner Gegner sah. Die Lücken waren zwar ausreichend groß, um zu fliehen, aber sie verhinderten dennoch, dass er mit voller Geschwin digkeit beschleunigte. So gewannen sei ne Feinde Zeit, die ihnen womöglich aus reichen würde, zum Angriff überzu gehen. Vielleicht sogar eine bislang unbekannte Waffe gegen die Silberkugel
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einzusetzen. Es gab tausend Möglich keiten. Unablässig feuerten die Schlacht lichter, sichtlich ohne ein exaktes Ziel vor Augen zu haben. Sie kannten nur die ungefähre Richtung, und sie hofften wohl auf einen zufälligen Treffer, der ihren Gegner aus der Unsichtbarkeit reißen würde. Rhodan entdeckte vor sich einen gro ßen Asteroiden, eine unregelmäßig ge formte tote Felskugel von 6359 Kilome ter größtem Durchmesser. Das sollte genügen. Nur Sekunden später barst der Him melskörper in einer gewaltigen Explosi on, die gleißende Helligkeit aufgehen ließ wie einen neuen Stern. Trümmerstü cke von teilweise mehreren hundert Me tern Durchmesser jagten durchs All. Auf ihrem Weg zerfetzten sie etliche Schlacht lichter. Die Silberkugel raste mitten in das Chaos hinein. Mit äußerster Konzentra tion führte Rhodan abrupte Kurswechsel durch, um den Trümmern auszuweichen. Er hatte den Weg nicht genau planen können, alles war zu schnell gegangen. Eine weitere Einheit der Monarchie verging in einer Explosion, deren glei ßende Feuerflammen im Vakuum des Alls sofort wieder erstickten. Und mit einem Mal war die Silberku gel umringt von Bruchstücken des Schiffs und des Asteroiden – in einem so engen Netz, dass nicht einmal ein extremer Kurswechsel sie noch in Sicherheit brin gen konnte. Die Wände der Pilotensphäre färbten sich dunkel, und ein noch immer glü hendes, ein Dutzend Meter langes Me tallstück raste heran. Dahinter füllte ein kantiger, ausgezackter Gesteinsbrocken das gesamte Bild. Ein Treffer war unausweichlich. * Neben ihr schrie Fyrt Byrask auf.
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Sichu sah, wie er die Hände vor die Augen schlug. Sie konnte ihn gut verste hen, doch sie reagierte anders. Sie stand starr vor Schreck und starrte auf die Wand, die transparent wirkte, als erlaube sie einen Blick nach außen ins freie All. Selbstverständlich befand sich ihr Raum nicht einmal in den Randsektionen der erweiterten Silberkugel. Genau gesehen diente die Wand als ei ne Art Bildschirm oder Projektionsflä che. Perry Rhodan hatte es auf ihre Bitte hin so gestaltet. Nun wünschte sie, sie hätte den Tod nicht sehen müssen, der sich ihnen näherte. Etwas jagte auf sie zu! Nicht nur Trümmerstücke des zer bombten Asteroiden, sondern auch glü hende Fragmente eines explodierten Schlachtlichts. Der Richtungswechsel der Silberkugel erfolgte abrupt und in einem beinahe un möglichen Winkel. Die Navigationsfä higkeiten waren in der Tat erstaunlich. Dennoch konnte auch der beste Pilot dieser Situation nicht mehr entkom men. Sie beobachtete an den Datenkolon nen, wie ihr Schiff blitzartig schrumpfte. Eben noch bei einem Durchmesser von 500 Metern, fiel die Silberkugel geradezu in sich zusammen. Sie umfasste nur noch wenige Decks – 103 Meter, las sie, dann 54 und 21. Sie spürte nichts. Die Absorber arbei teten perfekt. Und doch ... den riesigen Gesteinsbro cken mochten sie auf diese Weise ent kommen sein, aber ein Metallsplitter, viele Mannslängen breit und spitz zulau fend, raste exakt auf sie zu. Auf der Wiedergabe wurde er größer und größer, nahm bald die gesamte Wand ein. Sichu verkrampfte sich, als sie ver stand, was das bedeutete. Bei einem der art geschrumpften Umfang musste dieser Metallspeer nicht nur irgendwo einschla gen und Zerstörungen anrichten ... son
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dern in unmittelbarer Nähe, wahrschein lich sogar genau in diesem Raum. Das Bruchstück des Schlachtlichts war groß genug, ein nur noch zwanzig Meter um fassendes Schiff völlig zu zerschmet tern. Das war ihr letzter Gedanke, ehe es einschlug und die Bildschirmwand vor ihr zerbarst. * Diesmal schrie auch sie. Erst als der Druck um ihre Schultern schmerzhaft wurde, in derselben Sekun de des Einschlags, bemerkte sie, dass Fyrt neben ihr stand und sie umarmte. Nein, mehr noch: Er zog sie an sich, wie um sie zu bergen. Eine hilflose Geste, die sie nicht schüt zen konnte, die ihr aber auf eigenartige Weise Trost spendete im Angesicht des Todes. Seltsam, wie sich dieser letzte Augen blick dehnte. War doch etwas dran an all den Erzäh lungen über die Sekunden vor dem Tod, in denen das gesamte Leben an dem Sterbenden noch einmal vorüberzog? Sichu erinnerte sich an ihre Vergan genheit, an die Schule, die sie gemeinsam mit Fyrt und den anderen Kindern aus den vier Völkern der Tryonischen Allianz besucht hatte. Ator, Ashen, Arki und Ana waren dort unterrichtet worden ... alles unter dem unheilvollen Einfluss der Vatrox und damit der Frequenz-Monar chie. Nur dass sie damals nicht geahnt hatte, was sich wirklich dahinter ver barg. So viele Jahre lang war sie blind und taub gewesen. Taub ... wie auch in diesen Augenbli cken? Oder warum hörte sie nichts? War um explodierte die Welt nicht in Krachen und Donnern? Fyrt ächzte erschrocken. Seine gewei teten Augen irrlichterten dicht vor ihrem Gesicht. Er starrte in Richtung der Au
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ßenwand. Feuerrotes Glühen oder Lo dern spiegelte sich in den Pupillen. Sichu wandte den Blick ebenfalls und wunderte sich, dass ihr überhaupt die Zeit dazu blieb. Es konnten nur Sekunden vergangen sein, seit ihr klargeworden war, dass der Zusammenstoß unvermeidlich war. Dass der Tod heranraste. Nun war es so weit. Das spitze Ende des Metallsplitters durchstieß die Wand und ragte in den Raum. Feuer und Eis dampften darauf. Das konnte nicht sein. Es war unmöglich. Bei einem Hüllenbruch wäre sofort sämtliche Atmosphäre entwichen, der Druck abgefallen, die Silberkugel er schüttert worden, die gesamte Struktur hätte erbeben müssen und ... Der Boden wölbte sich unter ihr und Fyrt in die Höhe. Ein Schutzschirm fla ckerte vor ihnen auf. Sie wurde von den Füßen gerissen, stürzte rückwärts gegen die Wand – die plötzlich verschwand. Die Welt kippte, Sichu und Fyrt fielen haltlos in die Tiefe, wo eben noch Wände und der Boden gewesen waren. Über ihnen durchschnitt das Bruch stück die Silberkugel. Funken stoben davon, regneten als winzige Feuerlohen herab, zogen feurige Spuren. Es fauchte,
als sie auf dem energetischen Vorhang verglühten, erst einige, dann Dutzende, schließlich Tausende. Das Schutzfeld erlosch irisierend. Hitze schlug Sichu entgegen, leckte über ihr Gesicht. Dann krachte sie auf. Und der Metallspeer raste weiter, durchdrang einige Meter über ihr die ge genüberliegende Wand und verschwand. Zurück blieb ... ... nichts. Keine Zerstörungen. Kein Vakuum, das sie in den freien Raum riss. Nur eine völlig intakte Silberkugel. Und unendlich viele Fragen. Sichu rollte sich auf die Seite. Ihr Rü cken schmerzte. Ihr wurde schwindelig. Sie hörte Fyrt wie irrsinnig lachen, dann fiel sie in Ohnmacht. * Als sie die Augen öffnete, schaute sie in Perry Rhodans Gesicht. »Ich bin dir einige Erklärungen schul dig«, sagte der Terraner. Sie setzte sich auf. Sie lag auf einer Medoliege. Sichus Gesichtshaut fühlte sich feucht an. Vorsichtig tastete sie über die Wangen; eine Paste bedeckte sie.
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»Es ist eine Heilsalbe«, informierte Rhodan sie. »Du hast dir ein paar Beulen zugezogen, als du gestürzt bist. Nichts Ernstes. Die Salbe wird bald einziehen, und es bleiben keine Schäden zurück.« »Was ist in der Silberkugel geschehen? Wieso hat dieses Metallstück nicht ...« Sie brach ab, hustete und atmete schwer ein. Ihr Hals fühlte sich ausgetrocknet an und schmerzte bei jedem Schlucken. Wortlos reichte ihr Rhodan ein Glas mit klarer Flüssigkeit. Sie nahm vorsich tig einen Schluck; offenbar handelte es sich um reines Wasser. Es war angenehm kühl, reizte jedoch ihre Kehle, die sich schmerzhaft zusammenzog. »Mir blieb keine Zeit für Erklärungen«, meinte der Terraner. »Ich musste euch vor vollendete Tatsachen stellen. Es war so schon schwer genug. Den Zusammen stoß konnte ich nicht vermeiden – wohl aber dafür sorgen, dass er harmlos ver lief.« »Aber wie?« Wieder hustete sie; etwas Wasser rann zurück in ihren Mund. Ein Tropfen quoll aus ihrem Mundwinkel und floss über das Kinn. »Es hängt mit der Eigenart der Silber kugel zusammen. Die materieprojektive Struktur ist bis zu einem gewissen Grad aus dem Standarduniversum entrückt. Das Gebilde als Ganzes ist asymptotisch Richtung Hyperraum-Niveau verscho ben.« »Eine quantenmechanische Unschär fe ...« »Ganz genau! Deshalb vermag die Ku gel feste Materie zu durchdringen. Die Silberkugel bleibt im Verhältnis zur Au ßenwelt nahezu wechselwirkungsfrei.« »Also hat das Schiffsbruchstück ...« »Exakt«, unterbrach Rhodan. »Es hat zwar eingeschlagen, aber ich habe die Masse der Silberkugel so weit entrückt, dass die Kugel quasi das Metall durch drang, ohne Schaden zu nehmen. Natür lich sah es ... nun, es sah umgekehrt aus.« Sichu schwang die Beine über den Rand der Liege, dehnte probeweise den
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Rücken und stand auf. »Besser das, als zu sterben. Ich entschuldige mich nicht nur, ich danke dir.« Rhodan lächelte, und er hob die Hand, rieb über den linken Nasenflügel. »Gern geschehen. Es war eine riskante Aktion, das kann ich nicht leugnen. Aber auf die se Weise konnten wir entkommen. Die Zerstörung des großen Asteroiden hat für Ablenkung gesorgt. Wenige Sekun den später wechselten wir mit der Sil berkugel in den Hyperraum.« »Wo sind wir nun?« »Im Polyport-Hof.« »Auf NEO-OLYMP, wie ihr ihn nennt?« Er nickte, die Geste der Zustimmung bei seinem Volk, die sie schon bei Stuart Lexa beobachtet hatte. »Fyrt ist bereits bei der Sonde am Werk.« »Ich gehe ebenfalls hin.« »Bist du sicher, dass du nicht noch Schonung benötigst?« Sie warf einen Blick auf die Medoliege und wandte sich dann demonstrativ um. »Lässt die Frequenz-Monarchie uns Zeit, damit wir uns ausruhen?« Er lachte leise. »Keinesfalls.« »Also los!« »Ich werde dir unterwegs erklären, wer sich bereits mit der Problematik be schäftigt hat und welche Ergebnisse er langt wurden. Fyrt ist dort, wie gesagt, allerdings erst seit wenigen Minuten, au ßerdem einige Hyperphysiker meines Volkes und zehn Ja’woor, die ...« * Sichu hörte sich den Bericht des fla denförmigen Wesens an, aus dessen ver dickter Körpermitte ein sackartiger Auf satz ragte, in dem Sprechorgane verbor gen waren. Die Sprache selbst klang rau und blubbernd, doch der Translator übertrug es perfekt. So erfuhr sie, dass es den Ja’woor mit hilfe ihrer Parakräfte gelungen war, auf die Psi-Materie der Sonde zuzugreifen.
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»Wir haben bereits winzige Mengen abgezapft, ohne dass es die Mechanis men bemerkt haben.« »Mechanismen?«, fragte sie. »Es gibt Schutzvorrichtungen im Un tersuchungsobjekt.« Die Ränder des zwei Meter breiten, flachen Körpers flatterten in wellenartiger Bewegung. Ein Bereich von einigen Zentimetern klappte etwas in die Höhe. »Deshalb haben wir nur ex trem geringe Massebestandteile der PsiMaterie entfernt. Wie du siehst, klebte die Sonde nach wie vor an MIKRU-JON. Wir stehen allerdings kurz davor, sie zu lösen.« Sichu warf einen Blick zu dem obelis kenartig aufragenden Raumer, der eher an eine Säule erinnerte als an ein welt raumfähiges Schiff. Fyrt Byrask stand in der Nähe der Sonde, den Kopf leicht schräg gelegt; sei ne Haltung, wenn er intensiv nachdachte. Das rote Haar bildete einen Farbtupfer vor der goldgrauen Hülle MIKRU JONS. Eine offenbar terranische junge Frau hielt sich ebenfalls vor dem Raumer auf, eine grazile Gestalt. Sie sprach mit Perry Rhodan; allerdings zu weit ent fernt, als dass Sichu etwas verstehen konnte. »Ihr greift mit Para-Kräften auf die Psi-Materie zu?«, fragte sie. Sie hatte sich zu lange mit diesem Thema beschäf tigt, als dass sie diese Vorstellung nicht zu faszinieren vermochte. »Wie genau geht ihr dabei vor?« Eine Welle durchlief den gesamten Fladenleib, und er schwebte einige Zen timeter höher als zuvor. Sichu gewann den Eindruck, dass dem Wesen ihr Inter esse an seiner Eigenart gefiel. »Unsere Parafähigkeit äußert sich nicht in den weiter verbreiteten Phäno men wie Telepathie oder Telekinese. Wir vermögen Hyperenergie direkt zu nut zen, wie sie vor allem in Psi-Materie zur Verfügung steht. Wir projizieren damit etwa die energetisch fluktuierende, aber
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stabile Materieprojektion unserer Raum schiffe.« »Energieblasen«, murmelte Sichu. »Laienhaft ausgedrückt, ja«, erwiderte der Ja’woor. »Ich freue mich, dass du ver stehst.« »Sagen wir es so – der Umgang mit Psi-Materie ist mir nicht neu. Zurück zur Sonde. Ihr wollt sie in einem nächsten Schritt also von MIKRU-JON lösen?« »Die Verankerung bereitet uns noch einige Schwierigkeiten.« Der sackartige Aufsatz in der Mitte des Ja’woor neigte sich dem Obeliskenraumer zu. »Ich wäre dankbar, wenn du ebenfalls eine Unter suchung vornimmst.« Sichu ging los, bemerkte, dass das Fla denwesen ihr folgte. »Deshalb bin ich hier.« Sie erreichte jedoch ihr Ziel nicht, weil ein anderer Ja’woor plötzlich schrill auf schrie. Der flache Körper bäumte sich auf, kippte in die Höhe, dass auf der Un terseite ein dunkles Muster erkennbar wurde – dann kreischte er noch lauter, überschlug sich und flog in hohem Bogen zur Seite. »Die Sonde!«, schrie Fyrt. Mehr war nicht nötig. Sichu erkannte es selbst. Die an MIKRU-JON verankerte Sonde war verschwunden. * Der Terraner besprach gerade mit Mi kru, der Verkörperung des Schiffsbe wusstseins MIKRU-JONS, eine Idee, als er den schrillen Schrei des Ja’woor hörte. Ein flacher, rochenförmiger Leib flog wirbelnd an ihm vorüber. Mikru streckte in einer geradezu hilflosen Geste den Arm aus, als wolle sie den Ja’woor ab fangen. »Die Sonde!«, schrie der Ana Fyrt By rask einige Meter entfernt. Während Rhodan noch zu dem Ja’woor rannte, um zu sehen, ob er helfen konnte, bemerkte er im Augenwinkel, wie Sichu
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Dorksteiger mit wehenden Haaren auf den Obeliskenraumer zueilte. Der Ja’woor schlug auf, brachte seinen Leib jedoch sofort in die normale, dicht über dem Boden schwebende horizonta le Lage. »Es geht mir gut«, rief er. »Meine Schutzschirmblase hat mich bewahrt.« Grund genug für Rhodan, sich nun ebenfalls direkt um die Psi-Materie-Son de zu kümmern. Falls das überhaupt noch möglich war. Sie war von ihrem angestammten Platz an MIKRU-JON verschwunden. Sichu Dorksteiger entdeckte sie zu erst. »Dort!«, rief sie. Die Sonde lag scheinbar völlig harm los auf dem Boden, nur wenige Schritte von ihrem ursprünglichen Standort ent fernt. Fyrt Byrask war der Erste, der in ihre Nähe kam. Ihm erging es wie zuvor dem Ja’woor. Schreiend flog er rückwärts, als habe ihn eine gewaltige, unsichtbare Faust gerammt. Sein prachtvolles Haar wirbelte und fiel über das Gesicht, als er gegen einen der terranischen Techniker prallte. Gleichzeitig verschwand die Sonde er neut und tauchte ein Dutzend Meter ne ben Rhodan auf. »Keiner kommt ihr noch zu nahe!«, rief dieser. »Offenbar zeigt sie nun die erwartete Reaktion auf die vorsichtigen Untersu chungen der Ja’woor«, meinte Sichu, die herbeieilte und vor ihm stehen blieb. »Sie transitiert spontan und schmettert jeden zur Seite, der sich ihr nähert.« »Das klingt, als sprächest du ihr ein eigenes Denkvermögen oder gar Be wusstsein zu.« »Es ist wohl eher eine hoch entwickel te Technologie, wobei nichts unmöglich ist, solange wir nicht mehr wissen.« Rhodan dachte nach. Bei dem Artefakt handelte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um ein anthurianisches Erzeugnis – was eine fortschrittliche Technik leicht erklären konnte. Auch Fyrt Byrask trug keine ernsthaf
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ten Verletzungen davon, was zumindest dafür sprach, dass die Sonde nicht gleich mit tödlichen Mitteln reagierte. Die bei den überraschenden Attacken wären sonst völlig anders verlaufen. Da keine direkte Gefahr drohte, solan ge alle Abstand hielten, ordnete Rhodan höchste Vorsicht bei der weiteren Unter suchung an und überließ das mysteriöse Objekt den fähigen Händen der Ja’woor, Sichu Dorksteigers, Fyrt Byrasks und der stardust-terranischen Hypertechni ker. Er ging wieder zu Mikru, um den fan tastischen Gedanken zu verfolgen, der ihm gekommen war, als er seine Erfah rungen als Pilot des Obeliskenraumers und der Silberkugel verglichen hatte. Nun, da die Sonde sich selbst von MI KRU-JON entfernt hatte, stand seiner kühnen Idee ein Hindernis weniger im Weg. Denn was, fragte er sich, wenn es ihm gelänge, die beiden Schiffe mitein ander zu verschmelzen? * »Es erscheint mir immer noch fantas tisch«, sagte Mikru. Sie hatten sich ins Innere des Muse umsraumers zurückgezogen, standen in der Zentrale. Die junge Frau wirkte menschlicher und zerbrechlicher als je zuvor, als habe sie Angst. Mikru war nichts weiter als ein Avatar, eine holografische Verkörpe rung des Schiffs, die terranische Gestalt angenommen hatte, um besser mit ihren Passagieren kommunizieren zu können. Und doch zeigte sie scheinbar immer wieder Gefühle. Der Aktivatorträger vermutete, dass es mit den psionischen Abdrücken zusam menhing, die sämtliche bisherigen Pi loten des Obeliskenraumers hinterlassen hatten. Diese flossen wohl auch in die Ge samtheit der Schiffsverkörperung ein. »Fantastisch, ja«, erwiderte Rhodan. »Aber es könnte gelingen. Ich habe dir
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berichtet, wie die Silberkugel funktio niert und auf welche materieprojektive Art sie arbeitet.« Er blickte in Mikrus zartes Gesicht und vermochte den Ge danken nicht zu verdrängen, dass sogar sie auf gewisse Weise der Kugel glich. »Hier sind weitere technische Spezifika tionen.« Er überreichte ihr einen Daten kristall. Mikru ergriff ihn, tastete mit den Fin gern darüber und erfasste auf diese Art wohl den Inhalt, wozu ein echter Mensch niemals in der Lage gewesen wäre. Ihre Gesichtszüge hellten sich auf. »Es ist tatsächlich möglich! Eine Kombina tion der Silberkugel mit MIKRU-JON stellt für beide Parteien eine klare Ver besserung dar.« Der Datenkristall entfiel ihren Händen und klirrte auf den Boden. Sie schenkte ihm keinerlei Beachtung mehr. »Lass uns nicht länger zögern!« »Aber ...« »Nichts aber!« In Mikrus Stimme lag fordernde Entschlossenheit. »Du bist Pi lot beider Schiffe. Du kennst sie.« Sie zögerte kurz. »Du kennst mich. Also warte nicht mehr!« »Was genau schwebt dir vor?« »Geh in die Silberkugel, und bring sie hierher in die Zentrale.« »Du musst sie ...« Wieder ließ die holografische Projekti on einer jungen Frau ihn nicht ausspre chen. »Ich weiß um die Ruhegröße der Kugel. Neun Meter. Ich schaffe Platz.« Rhodan hörte leise Geräusche, als sich die Wände der Zentrale verschoben und ausdehnten. Das Innere MIKRU-JONS konnte sich den jeweiligen Gegeben heiten und Nöten der Piloten anpassen. »Nun geh!« Rhodan wandte sich dem Ausgang zu. Mit derlei Begeisterung hätte er nicht gerechnet. Er verließ den Obeliskenraumer, sah, dass die Ja’woor und die anderen Wissen schaftler einen etwa zehn Meter durch messenden Kreis rund um die Sonde bil deten, und betrat seine Silberkugel.
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Damit schwebte er zu MIKRU-JON, durchdrang ohne Schwierigkeiten die Außenhülle und landete in der Zentrale, wo Mikru bereits ungeduldig wartete. »Verlass die Kugel!«, bat sie. Rhodan hörte es in der Pilotensphäre über die Außensensoren und folgte der Aufforderung. »Was nun?« »Ich habe alles vorbereitet«, sagte Mi kru. »Ich greife bereits auf die Silberku gel zu. Die Technologie ist perfekt kom patibel.« »Aber wie ...« Weiter kam er nicht. Im nächsten Augenblick schmolz die chromglänzende Oberfläche in sich zu sammen, schien für einen Moment flüssig und rann in dicken Tropfen in ihr eigenes Zentrum. Es dauerte keine fünf Sekunden, dann war die Silberkugel verschwunden. * Es war eine Welt der Wunder, noch weitaus phantastischer als alles, was die Ator bislang erlebt hatte. Sie waren wieder unterwegs, aber diesmal nicht mehr in der Silberkugel. Oder nicht mehr nur darin.
Die Welt des
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Perry Rhodan war mit der Kugel in den Obeliskenraumer eingeflogen, was Sichu nur am Rand mitbekommen hatte, weil sie sich voll auf die Psi-MaterieSonde konzentrierte. Danach hatte es nicht lange gedauert, bis er MIKRU-JON wieder verlassen und ihnen seine wei teren Pläne mitgeteilt hatte. Er wolle die Sonde per Traktorstrahl in den Obeliskenraumer ziehen und mit ihm nach Aveda aufbrechen. Dort war teten alte Freunde, wie er sich ausdrück te. Und diese waren womöglich dringend auf die Psi-Materie angewiesen. Er hatte entschlossener gewirkt, als sie ihn bislang kennengelernt hatte; wohl ein Beweis dafür, wie wenig sie über ihn wusste. Wahrscheinlich hatte sie nicht einmal die Oberfläche seiner Persönlich keit angekratzt. Vor einigen Minuten waren Sichu, Fyrt, die zehn Ja’woor und noch andere an Bord gegangen. Sie hatte nicht alle gesehen, kannte auch viele nicht, wes halb sie sich nicht sicher war, wie viele Individuen in MIKRU-JON reisten. Oder in dem, wozu sich der Raumer verwandelt hatte. Rhodans Worten zu folge war der Raumer mit der Silberku gel verschmolzen. Eine erste Auswirkung davon zeigte sich bereits. MIKRU-JON hatte sich verändert, kaum dass sie den freien Weltraum erreichten; das Schiff bildete nun einen verhältnismäßig win zigen Zapfen in der altbekannten weit aus größeren Struktur der Silberkugel. Wieder konnten Sichu und Fyrt, die für die Dauer der kurzen Reise allein in einem Quartier saßen, auf der Wand die Umgebung beobachten. Schon senkte sich das Schiff einem Planeten entgegen, raste bald wenige Meter über einem Meer dahin und steu erte ein riesiges Nebelfeld an. Die weißlichen Schwaden bildeten ei ne Kuppel von gewaltigem Durchmesser – 2650 Kilometer genau, wie sie entdeck te, als sie einen entsprechenden Orter satz musterte.
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»Ich werde versuchen, in die Nebel kuppel einzufliegen«, kündigte Rhodan über Funk an. »Das ist nur mithilfe eines speziellen Zusatzaggregats möglich, das Teil meiner Silberkugel ist. Zumindest hoffe ich, dass es gelingt. Vor Kurzem sind wir ohne dieses Aggregat kläglich gescheitert.« Die Nebelwand wurde immer umfas sender, nahm bald die gesamte Breitseite des Sichtschirms ein. Nur träge wallte die weiße Ewigkeit. Dann tauchte MIKRU-JON in das Ne belfeld ein. * Rhodan bat alle Passagiere in einen zentralen Raum. Die Ja’woor hatten nur einen Vertreter geschickt, der dicht an der Ausgangstür schwebte. Dennoch herrschte Gedränge. »Wir befinden uns in der Nebelkup pel«, sagte der Terraner, »und damit ... in einem anderen Bereich. Ich habe MI KRU-JON angewiesen, in langsamem Tempo weiterzusteuern. Nun, da es tat sächlich gelungen ist, gebe ich euch wei tere Informationen.« Sichu saß neben einem schwarzhäu tigen Hünen, der sich als Lloyd/Tschubai vorgestellt hatte, ein Bewusstseins-Kon zept, was immer das genau bedeuten mochte. Es klang jedenfalls interessant. In den nächsten Minuten hörte sie von Talanis, von einem Psi-Block und einer in Schnee und Eis erstarrenden Welt, von einer sterbenden Superintelligenz. Als das Schiff langsam auf eine Bucht zuflog, aus deren flachem Wasser eine Kuppelstation aufragte, löste Rhodan die Versammlung auf. Sichu bat den Terraner, noch kurz zu bleiben. »Ich werde dich nicht lange aufhal ten«, versprach sie. »Aber ich habe über das Feuerauge nachgedacht, von dem du mir berichtet hast. Es bedroht deine Hei matwelt.«
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Der Terraner nickte ernst. »Ich habe von solchen Feueraugen ge hört.« Sichu atmete tief durch bei dem Gedanken daran, dass sie mehr als nur davon gehört hatte. Sie hatte mit anse hen müssen, wie ein ganzes Sonnensys tem durch ein Feuerauge vernichtet wor den war. Aber das würde sie in diesem Augenblick nicht zugeben. Nein ... »Ich verbrachte einige Zeit in TZA’HANATH, einem geheimen Forschungszentrum der Frequenz-Monarchie.« Rhodan stutzte. »Ich ... dieser Name ist mir nicht unbekannt. Die Datensätze eines speziellen Controllers des Poly port-Netzes verzeichnen ihn.« »Wenn es ein Mittel gibt, mit dem Feu eraugen bekämpft werden können, wirst du in TZA’HANATH fündig«, versicherte Sichu. »Das Forschungszentrum gilt als eines der größten Geheimnisse der Fre quenz-Monarchie. Ich war lange dort und kann dir weitere Informationen dar über liefern. Aber erwarte nicht zu viele Antworten.« »Ich danke dir.« Er schaute ihr ins Ge
sicht, und sie spürte, wie sich spätestens in diesem Augenblick endgültig Vertrau en aufbaute. »Ich bin es dir schuldig«, sagte sie. »Dir und euch allen.« Rhodan wandte sich ab. »Wir errei chen unser Ziel. Du verstehst, dass ich mich um meine Freunde kümmern muss. Ich hoffe, dass das Artefakt aus der Stadt der Riesen und die Sonde ihnen Stär kung bringen wird. Oder dass wir auf andere Weise ...« »Du musst nicht weiterreden«, versi cherte Sichu. »Ich verstehe dich sehr gut.« * Sie verließen MIKRU-JON. Die proji zierten Decks der Silberkugel hatten sich längst wieder aufgelöst, sodass der Obe liskenraumer nichts weiter als er selbst zu sein schien. Alles rundum war weiß von Schnee. Eiseskälte herrschte, und ein Blizzard fegte über die Landschaft. Eiskristalle
Ein Fanfilm-Wettbewerb zum -WeltCon 2011 Die Fans sind dazu aufgerufen, ihre eigenen Kurzfilme zu entwickeln, die maximal eine Viertelstunde lang sein und etwas mit PERRY RHODAN zu tun haben sollen. Ob die Filmfans einen Real- oder einen Animationsfilm drehen, bleibt ihnen überlassen. Als Jury konnte der Pabel-Moewig Verlag drei prominente Filmschaffende verpflichten. Dabei handelt es sich um Volker Engel (VFX-Supervisor; erhielt 1997 den »Oscar« für die Spezialeffekte von »Independence Day«.), Oliver Scholl (Production Designer; unter anderem für die Filme »Independence Day«, »Godzilla« und »The Time Machine«) und Bruno Eyron (Schauspieler; unter anderem »Balko«, »SOKO Donau«, »Raumstation Unity«). Eine Vorab-Jury, in der unter anderem der PERRY RHODAN-Autor Marc A. Herren und der Filmjournalist Robert Vogel tätig sind, sichtet alle eingehenden Wettbewerbsbeiträge. Die zehn besten Filme werden auf dem PERRY RHODAN-WeltCon im September 2011 gezeigt, die Jury wählt dann die Gewinner aus.
Der Einsendeschluss für den Wettbewerb ist der 1. Juli 2011. Weitere Informationen finden sich auf der WeltCon-Homepage: www.weltcon2011.de
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funkelten als Hagel in der Luft und peitschten gegen Sichu. Sie waren neben zwei Schiffen gelan det, einer Silberkugel, die laut Rhodans Worten von einer gewissen Eritrea Kush gelenkt wurde, und einem Kreuzer, der den Namen ATLANTIS trug. Im Hintergrund ragte ein deformierter Klumpen auf, in dem es flackerte, als wollten sich Teile völlig auflösen. »Dies war einst der Palast der Sechs Himmel«, sagte Rhodan mit dumpfer Stimme neben ihr. »Diese ganze Gegend war vormals erfüllt von einem goldenen Funkengestöber, und Riesenschmetter linge gaukelten durch die Luft.« Sie sah sich in der Eiswüste um. Die ATLANTIS war von einer weißen Schicht bedeckt, große Eiszapfen hingen an der Hülle. Es war nur schwer vorstellbar, dass es jemals anders gewesen sein soll te. Zum Schutz vor den wüsten Bedin gungen waren einige Prallfeldkuppeln errichtet worden. MIKRU-JON entlud das psimaterielle Artefakt aus der Stadt der Riesen auf First Found und schickte es per Traktorstrahl in eine der Kup peln. Dort befanden sich zahllose Ge stalten – es musste sich um diejenigen handeln, die den Psi-Block aufrechter hielten. Sichu stand neben Rhodan dicht vor der Kuppel und sah deutlich, wie sich das Artefakt sofort in nichts auflöste. »Der Parablock hat es sich einver leibt«, ertönte eine Stimme hinter ih nen. Sie wandte sich um. Die ATLANTIS hatte ihre Bodenram pe ausgefahren. Darauf näherte sich eine einsame Gestalt mit langen weißen Haa ren. »Atlan«, rief der Terraner. Der Weißhaarige trug ein pelziges We sen auf den Armen, schwach und zit ternd. Perry Rhodan ächzte. Das Wort war nur ein Hauch: »Gucky.«
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Epilog: Jetzt Mein Name lautet Sichu Dorksteiger. Ich bin eine Ator und ich stand als Wissenschaftlerin und Soldatin in den Diensten der Frequenz-Monarchie. Die Weisheit der Vatrox war für mich zeit meines Lebens allumfassend; nicht zu letzt, weil mein Vater es mich so lehrte und ich ihm nacheiferte. Doch ich wurde eines Besseren be lehrt. Und nun sehe ich dieses kleine Pelz wesen, den Mausbiber, wie er in Perry Rhodans Armen liegt. Ich sehe die Träne, die über die Wange des Terraners rinnt. Ich sehe, wie der Mann, der so uner schütterlich schien und der vor Kurzem noch große Pläne in die Tat umsetzte ... Ich sehe, wie sein Gesicht zu einer ein zigen Maske aus Leid gerinnt. Längst habe ich eine Entscheidung ge troffen, habe mich Fyrt Byrask ange schlossen, der die Frequenz-Monarchie als seine Feinde ansieht. Doch spätestens jetzt weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war. Wie habe ich jemals daran zweifeln können? Wie konnte ich auch nur eine Sekunde lang die Augen verschließen vor den all gegenwärtigen Gräueln? * Ich bin Eritrea Kush, und ich stehe in mitten dreier Legenden. Atlan, Perry Rhodan, Gucky ... Wer kennt diese Na men nicht? Sie schienen stets abgeho bene Helden zu sein, Figuren jenseits der Wirklichkeit. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, seit ich mit meiner Silberkugel Talanis erreicht habe, und doch ist es erst weni ge Stunden her. Administrator Timber F. Whistler hat mir die beste Medo-Tech nologie mitgegeben, die nur denkbar ist.
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Zahllose Medikamente habe ich verteilt, doch weder dem Parablock noch sonst jemandem konnte ich damit echte Hilfe leisten. Stumm verabreiche ich dem zitternden Mausbiber ein Stärkungsmittel, das hoffentlich wenigstens seinen jämmerlichen körperlichen Zustand stabilisieren kann. Doch die Worte, die er spricht, drücken so viel größere Pein aus, sprechen davon, dass er sein eigentliches Leben längst verloren wägt. Ich kann ihn so gut verstehen. Ich
fühle seinen Schmerz in mir, wenn ich mich erinnere. Mir ging es genauso, als Rus damals starb und ich ihn nicht retten konnte. * Ich bin Gucky, der Mausbiber, und ich sterbe. Oder ich bin schon tot. Bin mit ihnen gestorben. »Perry«, quält es sich aus meinem Mund. »Iltu. Sie und Jumpy. Sie sind ... sie sind beide tot.«
ENDE
Wenn es Perry Rhodan nicht bald gelingt, die Superintelligenz ES zu stabi lisieren, werden viele Wesen sterben, selbst bereits Totgeglaubte. In Band 2578 blenden wir um zu Alaska Saedelaere, der seiner eigenen Be stimmung folgt. Seine Fahrt auf der Suche nach Samburi Yura und kosmischen Geheimnissen beschreibt Marc A. Herren in seinem Roman, der in einer Woche überall im Zeitschriftenhandel unter folgendem Titel erscheinen wird: DAS MAHNENDE SCHAUSPIEL
PERRY RHODAN – Erbe des Universums – erscheint wöchentlich in der Pabel-Moewig Verlag GmbH, 76437 Rastatt. Internet:
www.vpm.de. Chefredaktion: Klaus N. Frick, Postfach 2352, 76413 Rastatt. Titelillustration: Swen Papenbrock. Innenillustration:
Swen Papenbrock. Druck: VPM Druck KG, Karlsruher Str. 31, 76437 Rastatt, www.vpm-druck.de. Vertrieb: VU Verlagsunion KG,
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Kommentar
Dramatische Zuspitzung Die zweifellos dramatische Zuspitzung der Lage Ende April/Anfang Mai 1463 NGZ betrifft gleich eine ganze Reihe von Schauplätzen – in den »Fernen Stätten« wie auch der Lokalen Gruppe als gemeinsamer Bereich der Mächtigkeitsballung der Superintelligenz ES. Der teuer erkaufte, wenngleich bemerkenswert schnell errungene Sieg über die Frequenz-Monarchie in Andro meda kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die maßgeblichen Probleme alle noch anstehen. Leider be steht keineswegs in allen Fällen Aussicht auf Erfolg. So ist die Macht der Frequenz-Monarchie zwar ange schlagen, doch mit Blick auf die noch vorhandenen Mög lichkeiten und Strukturen in Anthuresta und anderen Polyport-Galaxien längst nicht gebrochen. Weiterhin ste hen Zehntausende Schlachtlichter zur Verfügung, es gibt die noch nicht von den Alliierten eroberten Polyport-Sta tionen einschließlich einer unbekannten Zahl von Han delssternen. Das Terrormittel Feuerauge bleibt ebenfalls eine mehr als nur bedrohliche Gefahr. Und was das bereits mehrfach erwähnte Depot der Sek torknospen tatsächlich aufzubieten hat, steht derzeit in den Sternen. Es lässt jedoch mit Blick auf die vermutete Beziehung zu den vielleicht aus Sektorknospen hervor gegangenen Kybb-Titanen absolut nichts Gutes erwar ten ... Hinzu kommt, dass mit VATROX-VAMU und seinen Jara noc-Truppen ein weiterer Faktor auf der Bühne erschie nen und bereits in Anthuresta aktiv geworden ist, dessen Einschätzung derzeit schwerfällt. Dass er als Erzfeind der Frequenz-Monarchie gegen diese vorgeht, bedeutet leider noch lange nicht, wie es schon ES Rhodan gegen über auf Wanderer betont hat, dass der Feind meines Feindes ein Freund ist. Die Besetzung des Stardust-Sys tems hat ebenso beklemmend wie eindrucksvoll gezeigt, dass mit diesem Kollektivwesen ganz sicher nicht zu spaßen ist. Leider heißt das ebenso, dass im Falle eines Sieges über die Frequenz-Monarchie damit gerechnet werden muss, in VATROX-VAMU dem nächsten Gegner gegenüberzu stehen. Ein überaus gefahrvolles »Erbe« des sonst erfolgreichen Vorgehens in Andromeda ist das noch von VATROX-CUUR zum Solsystem geschickte Feuerauge, welches leider nicht einmal vom Kristallschirm aufgehalten werden konnte. Direkt verbunden mit dieser weiterhin hochaku ten Bedrohung ist die möglicherweise als gefährlicher
einzustufende Entwicklung rings um die Superintelligenz ES. Atlan musste erfahren, dass der »Winter auf Wande rer« inzwischen zu einer vollständigen Erstarrung geführt hat, verbunden mit der mehr als ernsten Warnung, dass ES stirbt. Laut eigener Aussage von ES kann die eigentliche Hilfe allein durch die gewaltige Menge Psi-Materie des PA RALOX-ARSENALS geleistet werden. Leider ist aber gerade dieses Gebilde nach wie vor verschwunden und unauffindbar – und wird überdies von der Frequenz-Mon archie ebenfalls fieberhaft gesucht. Das Feuerauge im Solsystem – an sich gefährlich genug und längst noch nicht beseitigt! – behindert die als Not versorgung für ES gedachte Zapfverbindung zu ARCHE TIMS psimateriellem Korpus, dem »sechsdimensional funkelnden Juwel« des Solsystems. Funkenleute und ES-Mutanten auf Talanis sowie die Neu-Globisten im Solsystem geraten mit ihrer Unterstützung an die Gren ze ihrer Leistungsfähigkeit – und bezahlen diesen auf opferungsvollen Einsatz, wie wir leidvoll erfahren müs sen, in einigen Fällen mit dem Tod ... Wie dramatisch die Gesamtsituation einzuschätzen ist, lässt sich zweifellos auch daran ablesen, dass ES vor allem im Stardust-System ein »Hilfsmittelpotenzial« be reitgestellt hat, für das es in dieser Ballung kaum ein Beispiel geben dürfte. Sextadimschleier, Felsennadel, Oldtimer-Maschinenhallen, Silberkugeln, die aus dem goldenen Funkenregen hervorgegangenen Funkenleute, Verborgene Räume in den Polyport-Höfen DARASTO, NEO-OLYMP und GALILEO, Rhodans von ES ausgehän digter besonderer Controller, die von Ernst Ellert via Sek torknospe zum Kugelsternhaufen Far Away gebrachten Elfahder samt ihrer auf ESTARTU – Schwester von ES! – zurückgehenden Information, dass das PARALOX-AR SENAL in Zeitkörner fragmentiert sei, zu denen der Zu gang gefunden werden müsse, und nicht zuletzt vielleicht TALIN ANTHURESTA als Welt der 20.000 Welten ... Das ist schon eine überaus beachtliche Menge! Umso eindringlicher allerdings der Hinweis, endlich das PARALOX-ARSENAL zu finden und zu ES zu bringen – wie immer Letzteres vonstatten gehen soll. Vergessen dürfen wir dabei nicht, dass die Frequenz-Monarchie ja ebenfalls dieses – ihr wohlbekannte! – Psi-Materie-Reservoir un bedingt finden will. Nicht auszudenken, sollte das pas sieren ... Rainer Castor
Leserkontaktseite Vorwort Liebe Perry Rhodan-Freunde, gute Nachrichten erreichen uns aus Köln. Im Frühjahr und Frühsommer berichteten wir euch bereits von den Dreharbeiten zur Dokumentation »PERRY RHODAN – unser Mann im All«. Jetzt teilte uns die Produktionsfirma Florianfilm mit, dass der Film fertig ist. Aus Hunderten von Stunden Material und Stoffen, auch aus den Archiven von WDR, ZDF, NASA etc., entstand ein 90-minütiger Kinofilm. Regisseur des Streifens ist André Schäfer, als Cutter wirkte Fritz Busse. Richie Staringer vertonte das Werk und komponierte den Titelsong: »Ein Mann wie Perry Rhodan – der Terraner«. Oliver Scholl – uns allen bekannt als Risszeichner und Titelbildkünstler – schuf für den Film ein besonderes Kleinod. Jonas Niewianda von Florianfilm schreibt: »Ein wunderschönes, magisches Plakat. Wir sehen einen Raumfahrer, der auf der Oberfläche des Mondes einen Kiosk ansteuert, in dessen Zeitschriftenständer natürlich PERRY RHODAN-Hefte aushängen.« Der Verleih hat den Film begeistert aufgenommen und möchte ihn im nächsten Frühjahr, also Ende März oder Anfang April 2011, in die Kinos bringen. Sobald wir weitere Informationen erhalten, könnt ihr sie auf unserer Homepage und natürlich auch hier auf der LKS lesen. Für alle Rätselfreunde ein kleiner Tipp: Am Ende dieser LKS findet ihr die Auflösung des Kreuzworträtsels, das in der LKS 2573 war. Am 7. Januar 1975 erschien das bisher einzige, vom Verlag herausgegebene PERRY RHODAN-Jahrbuch. Geburtstag: 8. Januar Leo Lukas Feedback Alex Preiß,
[email protected] Hallo, liebes PR-Team, ich würde gern ein großes Lob loswerden, und zwar an Michael Marcus Thurner für den Band 2569 »Das Goldene Zeitalter«. Er hat Martens innere Zerrissenheit und seine Depressionen wirklich toll beschrieben. Während jedem »Nicht-Marten-Kapitel« habe ich dem nächsten entgegengefiebert. Einfach toll! Schade, dass wir nichts mehr von Marten lesen werden. Auch sonst war der Roman top, aber Marten hat ihn in meiner Lieblingsromanliste auf Platz eins geschossen, noch vor »Letoxx der Fälscher«. Das Lob haben wir an Michael weitergegeben. Er hat sich riesig gefreut. Michel Wuethrich,
[email protected] Interessant, dass du auf der LKS Beiträge aus dem PR-Forum gebracht hast. Sind dir die Leserbriefe ausgegangen?
Hat die Diskussion vielleicht eine tiefere Bedeutung für die weitere Handlung der Serie? Es war auf jeden Fall interessant, in welche Gefilde langjährige Leser von PERRY RHODAN abdriften, wenn sie ins Fabulieren geraten. Von einigen der angesprochenen Dinge habe ich schon gehört. Die betreffenden Zyklen werde ich mit der Zeit auch nachlesen; aber das braucht noch sehr viele Stunden, bis ich zu Band 2499 aufgeholt habe. Letzte Woche kam bei mir der Gedanke auf, ob der Verlag zum 50. Geburtstag der Rhodan-Serie etwas macht? Zu erwarten ist es. Wann wird eine Serie schon ein halbes Jahrhundert alt! Ich bin gespannt, was sich der Verlag ausgedacht hat. Bei deinen Zeilen zum Fünfzigjährigen habe ich doch gestutzt. Seit Monaten schon berichten wir, wo der WeltCon 2011 stattfinden wird. Es gibt sogar eine eige ne Homepage mit den News dazu: www.weltcon2011. de. Grins, langsam habe ich den Verdacht, die Romane werden in der Schweiz ohne LKS ausgeliefert. Übrigens nicht das erste Mal, dass ich auf der LKS ei nen Thread aus dem Leserforum aufgreife.
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Karl Aigner,
[email protected] Obwohl dieser Zyklus teilweise sehr alte und lieb gewon nene Völker und PR-geschichtsträchtige Stätten wieder aufleben ließ und die Hoffnung weckte, jetzt endlich verborgenes Wissen über die Wahrheit der Meister der Inseln zu lüften, dümpelt die Handlung immer trister vor sich hin. Allmählich schließe ich mich der Meinung an derer an, dass da irgendwie die Luft raus ist. Kritisieren will ich, dass immer mehr Romane »Blabla bla« sind. Obwohl der Schreibstil gut ist, fehlt völlig die Handlung, von Action oder gar gefährlichen Abenteu ern ganz zu schweigen. Von den letzten 20 Romanen haben mir fünf gefallen, die anderen habe ich nur »überblättert« und abgehef tet. Natürlich kann nicht jeder Roman ein Bestseller sein, aber fesselnder sollten die Hefte schon werden. Viel leicht gehe ich aber auch deshalb hart ins Gericht, da ich in letzter Zeit oft völlig anderes Lesefutter verschlin ge. Alte Western- und Indianer-Reprints wie Tom Prox (von Rolf Randall) oder La Salle (von Fritz Steuben, der auch die Tecumseh-Bücher verfasste) lassen einen das Heft erst weglegen, wenn es ausgelesen ist. Atembe raubende Spannung von der ersten bis zur letzten Sei te, wobei auch der Humor nicht zu kurz kommt. Kosmischer Touch kommt jetzt mit der Tryonischen Allianz. Hathor, Motana, Shuwashen, Barkoniden – mal sehen, was uns da erwartet. Aber vielleicht kommen wir in den letzten 30 Bänden einer Hinterlassenschaft der Meister der Insel auf die Spur. Falls sie im Sande verlaufen sollte (ähnlich wie bei den Mikro-Bestien mit der fehlenden Verbindung zu den Halutern, Ulebs, etc.), dann betreibt ihr billigste Effekthascherei. Die erregt zwar Aufmerksamkeit und sichert damit die Bindung an die Serie, ruft letztendlich aber nur Frustration bei den Altlesern hervor. Auf Hinterlassenschaften der Meister der Insel sind in Andromeda sowohl die Galaktiker als auch die Fre quenz-Monarchie gestoßen. Wenn du dich erinnerst, ging es damals um die Multiduplikatoren und darum, dass der Frequenz-Monarchie diese Technik nicht in die Hände fallen darf. Teilweise gelang es bekanntlich, das zu verhindern. Im Sicatemo-System hingegen lief die Produktion von Duplos für eine ganze Armee an. Inzwischen ist die Frequenz-Monarchie in Andromeda
besiegt und zieht ab, Duplos sind also kein Thema mehr. Du wirst ahnen, was jetzt kommt. Dieser Handlungs strang bedeutet nicht, dass die Meister der Insel eine Rolle bei der Lösung der eigentlichen Probleme spielen, als da wären: Frequenz-Monarchie und die sterbende Superintelligenz ES. Mit Effekthascherei hat es nichts zu tun. Wolfgang Jodeleit In Band 2565 ermunterst du die Leser, dir ihre Ansich ten zum viel beschworenen »Sense of Wonder« mitzu teilen. Das nehme ich nach vielen Jahren passiven Genusses mal wieder zum Anlass für einen Brief an dich. Gerade in Bezug auf das angeschnittene Stich wort gibt es da nämlich etwas, das zu verändern, zu verbessern wäre. Ich meine euer aller Umgang mit dem Thema Unsterb lichkeit. In einem der letzten Hefte heißt es an einer Stelle über die – im Dutzend billiger – von ES abgeordneten (Alt-)Mutanten: »... und wie sie alle hießen ...« Mensch, Arndt, das hat mir wehgetan. Nicht, dass etwa die Formulierung an der Stelle unangebracht gewesen wäre. Aber das war mal die »Crème de la Crème« – Fi guren, deren bloßes Auftreten in den Romanen oftmals schon einen Hauch von Mystik verbreitete. Und jetzt werden sie »rausgehauen«, als stünde ein Winter schlussverkauf der Mutanten ins Haus. Und damit legt jene Formulierung ebenso wie der be treffende Band den Finger auf die Wunde. Schon seit Jahren verfolge ich mit stetig größer werdendem Un behagen euren Umgang mit dem Themenkomplex »Tod/Wiedergeburt«. Indem ihr bedeutende Hand lungsträger zuerst sterben lasst, dann aber wieder in die Serie reinschreibt, beraubt ihr uns einer wichtigen Möglichkeit, nämlich mit dem Schicksal einer Person mitzufiebern. Wenn ihr keine einzige Hauptfigur wirk lich (nämlich endgültig) sterben lasst, verwischt sich für mich alles zu einer Art Beliebigkeit. Bereits das Experiment mit Roi Dantons »Wiedergän gertum« scheiterte in gewisser Hinsicht. Zwar habt ihr ihn mit viel Herzblut neuerlich ins Rennen geschickt und mittlerweile zu einer wichtigen Gestalt gemacht – aber als Michael Rhodan. Der Roi Danton der 300er Bände war und blieb, als Kind seiner Zeit, tot.
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Und wie habe ich um Ras Tschubai und Fellmer Lloyd getrauert, soweit das um Phantasie-Gestalten eben möglich war. Nun sehe ich mich sozusagen um dieses Gefühl »betrogen«, und das ist schade, oder? Woraus beziehen Romane wie Nummer 408 »Amok lauf der Mutanten« ihre Dramatik? Doch gerade aus dem gewaltsamen und finalen (und damit übrigens auch realistischen) Countdown so vieler lieb gewon nener Protagonisten. Aber wenn sie dann alle wiederkehren ... Selbst nach der »Neukalibrierung« der Second-Gene sis-Mutanten blieben John Marshall und Iwan Iwano witsch Goratschin ein für alle Male ermordet. Dachte ich wenigstens lange. Wie aber sollen wir Leser noch das Schicksal eines Lebewesens bedauern können, wenn wir im Hinter kopf stets wissen, dass sich sowieso jede(r) in ES’ »Seelen-Sammelsurium« wiederfindet? Wer braucht denn wirklich eine Slapstick-Einlage à la Dalaimoc Rorvic und Tatcher a Hainu bei der Ausbil dung der PSI-Talente? Die beiden sind auf immer Fi guren aus der Feder von H. G. Ewers. Nur er schaffte es, sie erfolgreich auf dem rasiermesserscharfen Grat zwischen Komik und Kitsch tanzen zu lassen – unver gesslich. Nein, ich will im Grunde nicht, dass sie in die Serie zurückkehren. Vielleicht gilt folgende Aussage auch für manch einen anderen Leser, der sich selbst vor macht, es zu wollen: In Wahrheit möchte ich doch einfach noch mal so jung sein wie damals vor 30, 40 Jahren, als die Abenteuer der beiden unendlich frisch rüberkamen. Kalter Kaffee, der aufgewärmt wird, schmeckt nicht unbedingt. Deshalb wünsche ich euch stattdessen, Serienhelden, die in Würde gestorben sind, auch tatsächlich ziehen zu lassen. Klar, mit Hauptfiguren, deren Autor gestor ben ist (die selbst aber nie den Romantod erlitten), dürfte das schwerlich hinzukriegen sein. Ich denke da etwa an Gucky und Alaska Saedelaere. Aber auch das erweckt zwiespältige Gefühle in mir. So lieferte Marc Herren kürzlich einen überaus respektablen Doppel band um den Maskenträger ab, der mich an manchen Stellen durchaus an Willi Voltz erinnerte – und der mir genau dadurch schmerzlich vor Augen führte, dass WiVo eben nicht mehr lebt. Mein Albtraum aber sieht so aus – vor allem nach den
jüngsten Bänden – dass ihr eines Tages womöglich Mirona Thetin wieder in die Serie schreibt. Ich hoffe, dass ihr euch bewusst seid, dadurch den gesamten MdI-Zyklus auf den Kopf zu stellen und ihn sogar – in meinen Augen – nachträglich zu negieren. Gegen ein spukhaftes Intermezzo einer Art von Be wusstseinsinhalt einstiger Geliebten/Ehefrauen wie neulich mit Thora habe ich indes nichts einzuwenden. Das fand auch ich reizvoll. Kurz zusammengefasst meine Meinung zum »Sense of Wonder«: Versucht gar nicht erst, ihn durch mas senhaften Zugriff auf die Handlungsträger von einst zu erzwingen. Zum einen kann das nur schiefgehen, und zum anderen habt ihr genügend »neuzeitliche« Eisen im Feuer. So gefiel mir die Idee prima, eine Zivilisation zu er schaffen, die zyklisch in den Perioden der Hyperde pression aufblüht. Und ein ganz besonderes Lob möchte ich euch dafür aussprechen, dass dieser neue Gegner nicht gar zu übermächtig geschildert wird. Wie wir sehen, kann es nichtsdestotrotz in den Romanen enorm packend zugehen. Ich bin schon mächtig gespannt darauf, wie es etwa mit der sehr ungewöhnlichen Troika aus Sinnafoch, Kruuper und Philip weitergehen mag. Wenn Odysseus »Der Listenreiche« war, so ist jenes Stehaufmännchen von Vatrox für mich »Der Wendungsreiche«. Mit ihm habt ihr ein Wesen geschaffen, an dessen Charakter sehr detailverliebt gefeilt wurde und noch wird. In diesem Sinne alles Gute für Perrys Abenteuer in Richtung Band 3000 – und darüber hinaus! Die Ausgangssituation war doch die: Die Mutanten und Aktivatorträger gehen seit den Anfängen der Serie in ES auf. Jetzt liegt ES im Sterben und schickt sie aus, um der Stardust-Menschheit und damit sich selbst zu hel fen. Das Problem sehe ich darin, dass sie nur kurze Zeit auf Talanis weilen konnten. Danach mussten sie zurück in ES, um die Superintelligenz am Leben zu erhalten. Das ist in der Tat unbefriedigend für den Leser, der ein paar lieb gewonnene Figuren darunter hat. Dramatur gisch aber war es notwendig. Dein Schmerz spiegelt die schier ausweglose Situati on, in der ES sich befindet. Mirona Thetin ist ein negatives Potenzial. Bist du sicher, dass sie in ES aufgegangen ist?
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PR-Kreuzworträtsel-Auflösung In Heft 2573 war das Rätsel abgedruckt. Im Folgenden findet ihr die Auflösung – zum Nachsehen, ob ihr richtig gerätselt habt. 1
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Zu den Sternen!
Euer Arndt Ellmer • Pabel-Moewig Verlag GmbH • Postfach 2352 • 76413 Rastatt •
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Impressum Alle abgedruckten Leserzuschriften erscheinen ebenfalls in der E-Book-Ausgabe des Romans. Die Redaktion behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen oder nur ausschnittsweise zu übernehmen. E-Mail- und Post-Adressen werden, wenn nicht ausdrücklich vom Leser anders gewünscht, mit dem Brief veröffentlicht.
Glossar Gucky Als sich der kleine Ilt im Jahr 1975 n. Chr. an Bord des Raumschiffes STARDUST II schmuggelte, konnte nie mand damit rechnen, dass er einmal zu einem der besten und wichtigsten Freunde der Menschheit wer den sollte. Seine terranischen Freunde bezeichneten ihn wegen seines Aussehens gerne auch als »Maus biber«, dieser Begriff bürgerte sich bald ein. Als Tele path (Gedankenleser), Telekinet (kann per Gedanken kraft Gegenstände bewegen) und Teleporter (kann sich per Gedankenkraft an andere Stellen »teleportie ren«) rettete er Perry Rhodan und seine Freunde nicht nur einmal aus kniffligen Situationen. Aufgrund seines Blickes erhielt der Kleine den Namen »Gucky«. Hauri Hauri sind braunhäutige Humanoide mit einer Körper größe von zwei Metern und extrem dürrer Gestalt, sodass sie wie vertrocknet wirken. Dieser Eindruck wird durch die lederartige Konsistenz ihrer Haut und die tief in den Höhlen liegenden, grünlich leuchtenden Augen noch verstärkt. Eine biochemische Besonder heit der Hauri ist es, dass Wasser sich als für sie giftig erweist. Bei kleinen Mengen wirkt es jedoch nicht tödlich, sondern wie ein starkes, abhängig machendes Stimulans. Hauri reagieren nicht – wie andere Völker – auf uni versale Transfers mit einem Strangeness-Schock; auch in anderer Hinsicht weisen sie eine Besonderheit auf. Ihre Gedanken sind für Telepathen kaum lesbar, da sie über zwei Bewusstseine verfügen: Im vorder gründigen Bewusstsein laufen alltägliche Gedanken ab, während alle wichtigen Informationen und tieferen Gedanken im telepathisch nicht ausspähbaren Hinter grundbewusstsein verborgen bleiben. Die Hauri blicken auf eine weit über 12 Millionen Jah re lange Geschichte zurück; schon damals waren sie ein wichtiges Hilfsvolk von Assoqu, dem damaligen Herrscher Hangays und späteren Fürsten Assu-Letel des Hexameron. Die Hauri galten in Hangay lange als Verkörperung von allem, wogegen sich die Kansaha riyya wendete: als fanatische Diener der Lehre des Hexameron. Das Hexameron unter Leitung des Herrn Heptamer versuchte den Hitzetod Tarkans zu be schleunigen und etablierte sich von daher schnell als machtvoller Gegner des »Projekts Meekorah«.
Nach dem Transfer Hangays, und sowohl durch die Trennung vom Hexameron als auch durch Strange ness-Effekte begründet, entfesselten die Hauri einen Hundertjährigen Krieg in der Lokalen Gruppe. Erst im Verlauf der kommenden Jahrhunderte wuchsen sie langsam in die Völkergemeinschaft hinein. Iltu Iltu sowie 27 andere Ilts wurden von Gucky im Jahr 2045 in letzter Sekunde gerettet, ehe der Rest ihres Volkes mitsamt ihrem Heimatplaneten Tramp unter ging. Im Jahr 2112 n. Chr. heiratete sie Gucky, dem sie 2403 auch den gemeinsamen Sohn Jumpy gebar. Als be gabte Mutantin, die Telepathie, Telekinese und Tele portation beherrschte, begleitete sie Gucky auf etli chen Missionen. Nach ihrem Tod um das Jahr 2600 ging sie in der Superintelligenz ES auf. Seitdem konn te sie sich zumindest einmal aus diesem Kollektiv lö sen, um ihrem Mann Trost zuzusprechen: 1291 NGZ im Kessel von DaGlausch. Im Zuge der Talanis-Krise materialisierte sie ebenso wie viele andere Mutanten und Mausbiber erneut. Jumpy Jumpy wurde als Sohn von Gucky und Iltu im Jahr 2403 n. Chr. geboren, erhielt seinen Namen aber erst 2435, damit dieser auch charakteristisch für ihn sei. Er zeigte eine hohe Begabung in Telekinese und Tele portation, blieb aber nur ein schwacher Telepath. Nach 2436 verliert sich Jumpys Spur in der Geschichte; wie seine Mutter ist auch er nach seinem Tod in ES aufge gangen und kehrte im Zuge der Talanis-Krise zurück, um den Menschen gegen VATROX-VAMU beizuste hen. Plofre Der ursprüngliche Name Guckys, ehe er zu Perry Rho dan stieß. Nachdem Gucky bei einem Einsatz auf dem Planeten Pombar im Reich Tradom schwer verletzt worden war, rettete sich sein Bewusstsein zumindest zeitweise in eine Art Persönlichkeitsspaltung – in den aggressiven Plofre einerseits und den gutmütigen Gu cky andererseits. Erst nach einiger Zeit fanden beide Teile des Mausbibers wieder bewusst zusammen.