David Betge Koordination in Advanced Planning and Scheduling-Systemen
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Produktion und Logistik Herausgegeben von Professor Dr. Wolfgang Domschke, Technische Universitat Darmstadt, Professor Dr. Andreas Drexl, Universitat Kiel, Professor Dr. Bernhard Fleischmann, Universitat Augsburg, Professor Dr. Hans-Otto Gunther, Technische Universitat Berlin, Professor Dr. Christoph Haehling von Lanzenauer, Freie Universitat Berlin, Professor Dr. Karl Inderfurth, Universitat Magdeburg, Professor Dr. Klaus Neumann, Universitat Karlsruhe, Professor Dr. Christoph SchneeweiK, Universitat Mannheim (em.). Professor Dr. Hartmut Stadtler, Technische Universitat Darmstadt, Professor Dr. HorstTempelmeier, Universitat zu Koln, Professor Dr. Gerhard Wascher, Universitat Magdeburg Kontakt: Professor Or Hans-Otto Gunther, Technische Universitat Berlin, FGBWL- Produktionsmanagement Wilmersdorfer Str U8, 10585 Berlin
Diese Reihe dient der Veroffentlichung neuer Forschungsergebnisse auf den Gebieten der Produktion und Logistik. Aufgenommen warden vor allem herausragende quantitativ orientierte Dissertationen und Habilitationsschriften. Die Publikationen vermittein innovative Beitrage zur Losung praktischer Anwendungsprobleme der Produktion und Logistik unter Einsatz quantitativer Methoden und moderner Informationstechnologie.
David Betge
Koordination in Advanced Planning and Scheduling-Systemen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Rainer Leisten
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaiiiierte bibliografische Daten sind im Internet uber
abrufbar.
Dissertation Universitat Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 2005
I.Auflage Januar2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Nicole Schweitzer Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronlschen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-8350-0199-X
Geleitwort
V
Geleitwort
Die wirtschaftliche Globalisierung und der daraus resultierende weltweite Wettbewerb haben auch bei den Warenstromen zu umwalzenden Veranderungen gefuhrt. Beschleunigung des Warenaustauschs, Reduktion der Kapitalbindung bei Potentialfaktoren wie bei Repetierfaktoren, Verringerung der Wertschopfungstiefe des einzelnen Untemehmens bei gleichzeitigem Anstieg der Komplexitat von (End-) Produkten sind nur einige Stichworte, welche diese Veranderungen ausdrucken. In Verbindung mit den rasanten Entwickiungen in der Informations-
und Kommunikationstechnologie
werden zur
Erfullung der
genannten
Anforderungen Leistungserstellungssysteme unternehmensintern und unternehmensubergreifend realisierbar, die vor nicht allzu langer Zeit leicht als akademische Sandkastenspiele in das Reich der Utopie verwiesen worden waren bzw. worden sind. Auch im ..klassischen" (Sachguter-) Produktionsbereich und bei der dortigen Planung schlagen sich diese Entwickiungen nieder. Produktionsplanungs- und -steuerungssysteme (PPS-Systeme) sind seit langer Zeit Gegenstand sowohl intensiver wissenschaftlicher Arbeiten als auch von Anwendungen in der produktionswirtschaftlichen Praxis. In der Vergangenheit wurden die Optimierungspotentiale in PPS-Systemen, dokumentiert durch in der wissenschaftlichen Literatur seit langerem und zahlreich vorliegende Optimlerungskonzepte, nur begrenzt berucksichtigt. Der durch den Wettbewerbsdruck erzeugte Zwang zur Verbesserung der Leistungsfahigkeit auch von PPS-Systemen bzw. von unternehmensweiten DV-Systemen (ERP-Systemen) haben in der jungeren Vergangenheit allerdings zur Entwicklung und zum Einsatz so genannter Advanced Planning und Scheduling-Systeme (APS-Systeme) gefuhrt, welche die angesprochenen Optimierungspotentiale zu heben versuchen. Der modulare Aufbau der APS-Systeme ermoglicht zum einen die Integration von modulbezogenen fortgeschrittenen Optimierungsansatzen in PPS-Systeme und daruber hinaus in Systeme, welche die gesamte, vor allem unternehmensinterne Supply Chain im Informationssystem eines Unternehmens abbilden. Zum anderen ist die Koordination zwischen den verschiedenen Modulen eines APS-Systems jedoch im Wesentlichen auf die Definition des Datenaustauschs zwischen diesen Modulen begrenzt. Der Einfluss der Gestaltung der Koordination selbst auf die Optimierung des Gesamtsystems wird fast regelmafiig vernachlassigt, obwohl er von nicht unerheblicher Bedeutung sein kann. Genau hier setzt die von David Betge vorgelegte Dissertation an. Die Arbeit beschreibt zunachst APS-Systeme und weist speziell fur deren produktionsbezogene Module auf die Koordlnationsproblematik in Bezug auf (Un-) Zulassigkeit und/oder (Sub-) Optimalitat erzeugter Losungen in Standardsystemen hin. Dann wird die Hierarchische Produktions-
VI
Geleitwort
planung als theoretischer Bezugsrahmen fur die Modelle von APS-Systemen erortert, und zwar zum einen aus grundsatzlicher Perspektive, wobei der Koordinationsaspekt in den Vordergrund geruckt wird. Zum anderen werden gangige, klassische Modellierungsansatze fur die Hierarchische Produktionsplanung prasentiert und in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand der Arbeit diskutiert. Betge eriautert plausibel, warum er schliefilich den Ansatz von Zapfel und Tobisch zur Hierarchischen Produktionsplanung als Bezugsrahmen fur Koordinationsansatze in APS-Systemen fiir die weiteren Betrachtungen auswahlt. Auf der Basis dieses Ansatzes entwickelt Betge exemplarisch fiir die produktionsbezogenen Module von APS-Systemen einen eigenen Koordinationsansatz. AusfiJhrlich wird die Koordination zwischen den drei Ebenen Master Planning, Production Planning und Scheduling modelliert und diskutiert. Dabei bleibt das Modell zumindest in Beziehung auf reale Produktionsstrukturen relativ allgemein, da Betge auf der Scheduling-Ebene zwar einen einfachen Flowshop in seinen Betrachtungen unterstellt, der (Koordinations-) Ansatz aber so allgemein formuliert ist, dass hier andere Produktionsstrukturen einfach anstelle des Flowshops eingesetzt werden konnen. Anhand von numerlschen Beispielen wird der entwickelte Ansatz verdeutlicht und zum Abschluss der Arbeit bewertet. Der Wert der Arbeit ist in zumindest dreierlei Hinsicht festzustellen: Erstens wird deutllch auf das eigenstandige Potential der Koordination in APS-Systemen im HInblick auf die Realisierung von Optimierungspotentialen hingewiesen. Koordination ist nicht nur Randerscheinung bei der Zusammenfugung von einzelnen optimierenden Modulen, sondern kann selbst die Leistungsfahigkeit des Gesamtsystems in nicht unerheblicher Weise beeinflussen. Zweitens weist David Betge nicht nur auf diese Problematik hin, sondern erortert sie, ordnet sie modelltheoretisch ein und legt exemplarisch einen Gestaltungsvorschlag zur Koordination ausgewahlter Module in APS-Systemen vor. Und drittens ist das exemplarisch zugrunde gelegte Produktionssystem eines Flowshops relativ einfach im Koordinationskontext fur andere Produktionssituationen modifizierbar, wodurch die Ergebnisse der Arbeit einen hohen produktionswirtschaftlichen Verallgemeinerungsgrad aufweisen. Ich wunsche der Arbeit daher eine weite Verbreitung und viele interessierte Leserinnen und Leser.
Prof. Dr. Rainer Leisten
Vorwort
VII
Vorwort
Die vorliegende Dissertationsschrift ist im Rahmen meiner Tatigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Produktionswirtschaft und Industriebetriebslehre an der GerhardMercator-Universitat
Duisburg
begonnen
und
an
der
Universitat
Duisburg-Essen
abgeschlossen worden. Mein erster Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Rainer Leisten, auf dessen fortwahrende fachliche Unterstutzung und seine freundliche Betreuung und Aufgeschlossenheit ich immer zahlen konnte. Es Ist ihm In den fachlichen Diskussionen grundsatzlich gelungen, stimulierende Impulse zu geben, die zur Entstehung dieser Arbeit wesentlich beigetragen haben. Weiterhin gilt mein herzlicher Dank Herrn Prof. Dr. Peter Chamoni fur die Ubernahme des Zweltgutachtens sowie Herrn Prof. Dr. Cassel und Herrn Prof. Dr. Torsten J. Gerpott fur Ihre Mitwirkung in der Prufungskommission. Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Dr. Frank Beekmann, der als Freund und Kollege jederzeit fur intensive fachliche Diskussionen zur Verfugung stand und mich mit seiner konstruktiven Kritik unterstiitzt hat. Herrn Sascha Slunder mochte ich auf diesem Weg herzlich fiir die Unterstutzung bei der Formatierung sowIe fur die gemeinsame Zeit an der Universitat danken. Zudem danke ich fiir das akribische Korrekturlesen Frau Marika Zander und Herrn Dr. Gerhard Trilling sowie fur die famlliare Unterstutzung meinen Eltern und Geschwistern. Schllefilich mochte ich mich bei Vanessa fur die standige Anteilnahme und Aufmunterung bedanken, die ich gerade in der Endphase meiner Arbeit allzu notig gebraucht habe.
David Betge
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
XIII
Abbildungsverzeichnis
XVII
Tabellenverzeichnis
XXI
Symbolverzeichnis I.
II.
XXIII
Einleltung
1
1.
Problemstellung
1
2.
Gang der Untersuchung
2
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
4
1.
Erweiterung von Enterprise Resource Planning-Systemen
4
2.
Anforderungen des Supply Chain Management
3.
Struktur von APS-Systemen
11
3.1
17
3.2
3.3
3.4
Strategische Netzstrukturplanung (Strategic Network Planning)
7
3.1.1
Betriebswirtschaftliche Aufgabe und Losungskonzepte
18
3.1.2
Losungsverfahren des APO-Moduls Network Design
19
3.1.3
Bewertung der Losungsfahigkeit
22
Mittelfristige Produktionsplanung (Master Planning)
23
3.2.1
Betriebswirtschaftliche Aufgabe und Losungskonzepte
24
3.2.2
Losungsverfahren des APO-Moduls Supply Network Planning
25
3.2.3
Bewertung der Losungsfahigkeit
32
Losgroden- und Ablaufplanung (Production Planning and Scheduling) 3.3.1 Betriebswirtschaftliche Aufgabe und Losungskonzepte
34 34
3.3.2
Losungsverfahren des APO-Moduls Production Planning/ Detailed Scheduling
36
3.3.3
Bewertung der Losungsfahigkeit
44
Transportptanung (Distribution Planning, Transport Planning) 3.4.1 Betriebswirtschaftliche Aufgabe und Losungskonzepte
45 46
3.4.2
Losungsverfahren des APO-Moduls Transport Planning/ Vehicle Scheduling
47
3.4.3
Bewertung der Losungsfahigkeit
50
Inhaltsverzeichnis 3.5
4.
III.
UnterstiJtzende Module 3.5.1 Bedarfsplanung (Material Requirements Planning)
51 51
3.5.2
Absatzplanung (Demand Planning)
52
3.5.3
Verfugbarkeitsprijfung (Demand Fulfilment und Available-ToPromise)
59
3.5.4
Supply Chain Monitoring
63
3.5.5
Kollaborative Planung
65
Interdependenzen in der Produktionsplanung
67
4.1
Teilplane der Produktionsplanung und Aufgaben der APS-IVIodule
68
4.2
Interdependenzen zwischen APS-IVIodulen
72
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
76
1.
Konzept der Hierarchlschen Produktionsplanung
76
1.1
Grundlagen der Hierarchlschen Planung 1.1.1 Allgemeine Faktoren der Komplexitat
77 79
1.1.2
81
1.2
Einordnung der Hierarchlschen Produktionsplanung
86
1.3
Koordination in der Hierarchlschen Produktionsplanung
89
1.3.1
1.4
Kopplungen
89
1.3.1.1 Vorgaben
90
1.3.1.2 Ruckkopplungen
91
1.3.2
Koordinationskonzept von Schneeweifl
92
1.3.3
Anwendung des Koordinationskonzeptes auf APS-Systeme
98
Aggregation und Disaggregation in der Hierarchlschen Produktionsplanung 1.4.1 Grundmodell der Aggregation und Disaggregation linearer Entscheidungsmodelle 1.4.2
2.
Modellorientierte Komplexitat In Entscheidungsmodellen
101 102
Aspekte der Aggregation in linearen Entscheidungsmodellen
107
1.4.3
Iterative Aggregation und Disaggregation
113
1.4.4
Aggregation und Disaggregation in APS-Systemen
117
Ansatze der Hierarchlschen Produktionsplanung
121
2.1
Ansatz von Hax/Meal
122
2.1.1
Produktgruppenplanung
126
2.1.2
Produktfamilienplanung
129
2.1.3
Produktteileplanung
2.2
Ansatz von Axsater 2.2.1 Aggregierte Planung
132 134 137
Inhaltsverzeichnis
XI 2.2.2
2.3
3.
IV.
Detaillierte Planung
140
Ansatz von Zapfel/Tobisch
142
2.3.1
Programmplanung
143
2.3.2
Losgroflenplanung
146
2.3.3
Ablaufplanung
150
Bewertung der Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
152
3.1
Koordination der Planungsebenen
152
3.2
Aggregation/Disaggregation von Entscheidungsvariablen
154
3.3
Inhaltliche Obertragbarkeit der Planungsebenen auf APS-SystemStrukturen 155
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
157
1.
Eingrenzung der Betrachtungswelse
157
2.
Grundstruktur des Koordinationsansatzes
159
2.1
Master Planning
162
2.2
Production Planning
168
2.3
Scheduling 2.3.1 Grundlagen der Ablaufplanung
172 173
2.3.2
2.3.3 3.
Entscheidungsmodelle fur Permutation Flow Shop-Problems
175
2.3.2.1 Optimierungsmodell fur Permutation Flow Shop-Problems
175
2.3.2.2 Johnson-Algorithmus
177
2.3.2.3 Einbszishungsvsrfahrsn von Nawaz, Enscors und Ham
178
Anwsndung dss Ansatzss von Nawaz, Enscors und Ham fijr das Modul Schsduling
179
Koordination zwischen ausgewahlten APS-Modulen
179
3.1
Koordination zwischen iVIaster Planning und Production Planning 181
3.2
Koordination zwischen Production Planning und Scheduling
3.3
Koordination zwischen Master Planning und Scheduling
184 185
4.
iterative Aggregation und Disaggregation
187
5.
Beispielrechnung
190
5.1
Modellierung der Entscheidungsmodelle fur die Module Master Planning, Production Planning und Scheduling
190
5.2
Ausgangsdaten
191
5.3
Initialisierung 5.3.1 Bildung der aggregierten Parameter
192 193
XII
InhaltsverzelchnJs 5.3.2
6.
V.
Ergebnisse der Initialisierung
5.4
Kalibrierung
203
5.5
Validierung 5.5.1 Korrektur der aggregierten Parameter
205 206
5.5.2
207
Ergebnisse der Validierung
5.6
Iterationen
215
5.7
Kritische WiJrdigung der Beispielrechnung und Ausblick fur praktische Problemgroften
215
Erweiterungsmogiichkeiten
218
6.1
Modelltheoretische Erweiterungen
218
6.2
Erweiterungen der Koordination zwischen den Planungsebenen
222
6.3
Zusatzliche Aspekte der Aggregation
225
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
Anhang 1.
195
228 235
Entscheidungsmodell der „optimierungsbasierten Planung" des APOIVIoduls Supply Network Planning
235
2.
Beispiel zur Aggregation/Disaggregation
242
3.
Modellierung des LP-Entscheidungsmodells fur das Modul Master Planning
246
Modellierung des MILP-Entscheidungsmodells fur das Modul Production Planning
248
Quellcode des NEH-Ansatzes
250
4.
5.
Literaturverzeichnis
255
AbkiJrzungsverzeichnis
Abkijrzungsverzeichnis agg.
aggregiert
ALB
Anwendungszentrum Logistikorientierte Betriebswirtschaft (Fraunhofer Institut)
AP
Advanced Planning
APO
Advanced Planner and Optimizer
APS
Advanced Planning and Scheduling
ATP
Available-To-Promise
B&B
Branch and Bound
B&C
Branch and Cut
bzw.
beziehungsweise
CLSP
Capacitated Lotsizing Problem
CoTP
Configuration-To-Promise
CPFR
Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment
CTM
Capable-To-Match
CTP
Capable-To-Promise
d. h.
das heiflt
DC
Distribution Center
DDM
Distributed Decision Making
det.
detailliert
DLZ
Durchlaufzeit
DP
Demand Planning
DS
Detailed Scheduling
EDI
Electronic Data Interchange
ELSP
Economic Lot Scheduling Problem
XIII
XIV
Abkurzungsverzeichnis
ERP
Enterprise Resource Planning
et al.
et alii
etc.
et cetera
f.
folgende
ff.
fortfolgende
ggf.
gegebenenfalls
GLSP
General Lotslzing and Scheduling Problem
HPP
Hierarchische Produktionsplanung
i. d. R.
in der Regel
i. e. S.
im engeren Sinne
i. V. m.
in Verbindung mit
inkl.
inklusive
IP
Integer Programmierung
IT
Informationstechnoiogie
JIT
Just in time
KPI
Key Perfomance Indicators
LIT
Linkoping Institute of Technology
LP
Lineare Programmierung
MIT
Massachusetts Institute of Technology
MLCLSP
Multi Level Capacitated Lotsizing Problem
MM
Materials Management
MP
Master Planning
MRP II
Manufacturing Resource Planning
MRP
Material Requirements Planning
ND
Network Design
Abkurzungsverzeichnis NEH
Nawaz, Enscore und Ham
NP
nicht-polynomial
o. S.
ohne Seite
OPL
Optimization Programming Language
PKW
Personenkraftwagen
PP
Production Planning
PPM
Produktionsprozessmodell
PPS
Produktionsplanung und -steuerung
R/3
Release 3
ROI
Return on Investment
S.
Seite
SA
Simulated Annealing
SC
Supply Chain
sec
Supply Chain Cockpit
SCE
Supply Chain Execution
SCM
Supply Chain Management
SCOR
Supply-Chain Operations Reference-Model
SCP
Supply Chain Planning
SD
Sales and Distribution
SNP
Strategic Network Planning (APS-Struktur)
SNP
Supply Network Planning (APO, SAP AG)
TA
Threshold Accepting
TP
Transport Planning
u. a.
unter anderem
u. U.
unter Umstanden
XV
XVI
AbkiJrzungsverzeichnis
vgl.
vergleiche
VS
Vehicle Scheduling
WiSt
Wirtschaftswissenschaftliches Studium
WISU
das Wirtschaftsstudium
z. B.
zum Beispiel
z. T.
zum Teil
ZF
Zielfunktion
ZfB
Zeitschrift fur Betriebswirtschaft
zfbf
Zeitschrift fur betriebswirtschaftliche Forschung
Abbildungsverzeichnis
XVII
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Integrationsarchitektur verschiedener APS-Systeme
10
Abbildung 2:
Supply Chain Planning-Matrix
15
Abbildung 3:
Darstellung einer Supply Chain im Rahmen des Network Design
20
Abbildung 4:
Darstellung der Zuordnung von Kunden zu Verteilzentren auf Basis von Voronoi-Diagrammen
22
Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11 Abbildung 12 Abbildung 13: Abbildung 14:
Ablauf der Mittelfristigen Produktionsplanung (Supply Network Planning)
26
Parametergewichtung im Supply Network Planning
28
Ablauf der Losgroflen- und Ablaufplanung (Production Planning/Detailed Scheduling) Mehrstuflge Zuordnung von Bestellmengen zu Kundenauftragen (Pegging)
39
Ablauf der Transportplanung (Transport Planning/ Vehicle Scheduling)
48
37
Interaktive Optimierung in der Transportplanung (Transport PlanningA/ehicle Scheduling)
50
Prozess der Ablaufplanung
53
Vorgehensweise der Absatzplanung (Demand Planning)
56
Ablauf der Verfugbarkeitsprufung (Global Available-To-Promise) Arten und Fristigkeit der Kollaboration
61 66
Abbildung 15:
Inhaltliche Zuordnung von Teilplanen der Produktionsplanung zu Modulen von APS-Systemen 71
Abbildung 16
Interdependenzen zwischen den Modulen von APS-Systemen
73
Abbildung 17
Faktoren der Komplexitat und Instrumente zu ihrer Handhabung
80
Abbildung 18
Instrumente der modellorientierten Komplexitatsreduktion in der Produktionsplanung
82
Abbildung 19
Dekompositionsverfahren von Entscheidungsmodellen
83
Abbildung 20
Planungsebenen der Hierarchischen Produktionsplanung
87
Abbildung 21
Kopplungen zwischen Ebenen hierarchischer Planungssysteme
93
Abbildung 22
Formaldarstellung hierarchischer Planungssysteme
95
XVIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 23
Hierarchische Beziehung zwischen ausgewahlten APS-Modulen
Abbildung 24
Koordinationsaltemativen fur ausgewahlte APS-Module
100
Abbildung 25
Schema des Aggregations-ZDisaggregations-Prozesses bei Entscheidungsnnodellen unter Berucksichtigung der Komplexitatsveranderung
103
Abbildung 26:
Gewinnmaximales Produktionsprogramm
108
Abbildung 27:
Gewichtungsaltemativen bei der Aggregation von Produkt-
Abbildung 28: Abbildung 29:
98
variablen
109
Aggregation von Restriktionen zu einer Restriktionen-Gruppe
111
Auswirkung der Aggregation von Restriktionen auf den
Abbildung 30:
Zielfunktionswert
112
Abbildung 31:
Relaxierung der Absatzobergrenze von Produkt X2
119
Abbildung 32:
Relaxierung der Mindestmengenbedingung von Produkt Xi
120
Abbildung 33:
Hierarchische Struktur des Hax/Meal-Ansatzes
123
Planungskonzept von hierarchischen ProduktionsplanungsAbbildung 34: Abbildung 35: Abbildung 36 Abbildung 37: Abbildung 38: Abbildung 39: Abbildung 40: Abbildung 41 Abbildung 42: Abbildung 43:
Abbildung 44: Abbildung 45:
systemen nach Hax/Meal
125
Struktur des Produktionssteuerungs-Systenns von Axsater
135
Prozess der Hierarchischen Produktionsplanung von Axsater
136
Planungsebenen der Hierarchischen Produktionsplanung von Zapfel/Tobisch Zusammenhang der Koeffizienten zwischen den Teilmodellen
143
Programmplanung und Losgroflenplanung
149
Hierarchische Produktionsplanung von Zapfel/Tobisch
151
APS-Modulauswahl fur die Entwicklung eines Gesamtkonzeptes
158
Struktur der Koordination im Gesamtkonzept fur APS-Systeme
159
Uberblick uber das Gesamtkonzept produktionsbezogener Module fur APS-Systeme
160
Iterative Koordination
180
Losungsprozess fur MILP-Modellezwischen den Modulen Master Formale Kopplungsbeziehungen Planning, der Production Planning und Scheduling Vergleich 2- und 3-stufigen Koordination
217 181 224
Abbildungsverzeichnis
XIX
Abbildung 46:
Parametergewichtung im Supply Network Planning
237
Abbildung 47:
Beziehung der Strom- und Bestandsvariablen (Supply Network Planning)
240
Tabellenverzeichnis
XXI
Tabellenverzeichnis Tabellel:
Funktionsumfang der APS-Systeme ausgewahlter Anbieter
12
Tabelle 2:
Branchenausrichtung ausgewahlter APS-Systeme
14
Tabelle 3:
APS-Module und Losungsverfahren
16
Tabelle 4:
Zusammenfassung der Bewertungsergebnisse
156
Tabelle 5:
Ausgangsdaten
191
Tabelle 6:
AusgangsriJstmatrJx
192
Tabelle 7:
Bildung der aggregierten Parameter auf Basis der Ausgangsgewichtungsfaktoren
194
Ergebnis der Programmplanung (Initialisierung)
195
Bestimmung der Kapazitatsverteilung (Initialisierung)
196
Rustmatrix (Initialisierung)
197
Bestimmung der Gewichtungsfaktoren (Initialisierung)
198
Bearbeitungsfaktoren fur die Maschinen Ml und M3
199
Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13:
Tabelle 14:
Produktionszeiten auf den Maschinen Ml bis M3 (Teilperiode 1, Initialisierung) 200 Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 1, Initialisierung) 200
Tabelle 15:
Produktionszeiten auf den Maschinen Ml bis M3 (Teilperiode 2, Initialisierung) 201
Tabelle 16:
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 2, Initialisierung)
Tabelle 17:
Produktionszeiten auf den Maschinen Ml bis M3 (Teilperiode 3,
Tabelle 18: Tabelle 19:
201
Initialisierung)
202
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 3, Initialisierung)
202
Produktionszeiten auf den Maschinen Ml bis M3 (Teilperiode 4,
Tabelle 20:
Initialisierung)
203
Tabelle 21:
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 4, Initialisierung)
203
Tabelle 22:
Bestimmung der korrigierten Produktionszeiten
205
Tabelle 23:
Korrigierte Modellparameter (nach der Kalibrierung)
206
Tabelle 24:
Ergebnis der Programmplanung (Validierung)
207
Bestimmung der Kapazitatsverteilung (Validierung)
208
Tabellenverzeichnis
XXII Tabelle 25:
Rustmatrix (Validierung)
209
Tabelle 26:
Bestimmung der Gewichtungsfaktoren (Validierung)
210
Tabelle 27:
Produktionszeiten auf den Maschinen Ml bis M3 (Teilperiode 1, Validierung) 211
Tabelle 28:
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 1, Validierung)
Tabelle 29:
Produktionszeiten auf den Maschinen Ml bis M3 (Teilperiode 2, Validierung) 212
Tabelle 30:
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 2, Validierung)
Tabelle 31:
Produktionszeiten auf den Maschinen Ml bis M3 (Teilperiode 3, Validierung) 213
Tabelle 32:
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 3, Validierung)
Tabelle 33:
Produktionszeiten auf den Maschinen Ml bis M3 (Teilperiode 4,
Tabelle 34: Tabelle 35:
211
212
213
Validierung)
214
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 4, Validierung)
214
Zusammenfassung der Ergebnisse
231
Symbolverzeichnis
XXIII
Symbolverzeichnis Das Symbolverzeichnis enthalt nicht alle verwendeten Indizierungsmoglichkeiten der Symbole. Indizes: A
AbsatzortA=1,..,A
D
Lagerort D = 1,..,D
G
Produktgruppen G = 1,.., G
L
LieferantL= 1,..,L
m
Maschinen/Produktionsstufen m = 1,..,M
p
Produkte^ p = 1,..,P
S
Produktionsstandort S = 1,.., S
t
Teilperioden t = 1,..,T
w
Teile w = 1,..,W
Symbole: Ymt
Transformationskoeffizient von wertmafliger Betrachtung in Kapazitatseinheiten f Kapazitats einheit ^ V Geldeinheit J
ABt"'^'' Maximal-Auftragsbestand ABr"
Mindest-Auftragsbestand
BBwt
Anteil der diesem Zeitraum folgenden Periode, dessen Bedarf ebenfalls abgedeckt sind
boA^
Kapazitat des Transportweges von Lagerort D zum Absatzort A
In der Darstellung von Hax/Meal wurde dieser Index fur Produktfamilien verwendet.
XXIV
Symbolverzeichnis
bD*"
Kapazitat des Lagerortes D
BDwt
Lagerreichweite der Teile w in Periode t (zeitlicher Umfang der gruppen- und periodenspezifischen Bedarfsdeckung)
Bot
Produktionszeit fur Produktgruppe G in Periode t
bmt
Kapazitat der Maschine m in Periode t
bmt''°"^ korrigierte Kapazitat der Maschine m in Periode t bsD^
Kapazitat des Transportweges von Produktionsstandort S z u m Lagerort D
bs^
Kapazitat des Produktionsstandortes S
CDAP^
Transportkosten fur das Produkt p von Lagerort D z u m Absatzort A
Get
variable Produktionskosten fur Produktgruppe G in Periode t (exklusive Arbeitskosten)
Cpt
Produktionskosten von Produkt p in Periode t
CsDp^
Transportkosten fur das Produkt p von Produktionsstandort S z u m Lagerort D
ctom
fiktiver Startauftrag (ctom = 0 fur alle m = 1 ,..,M)
ctio
fiktive Startmaschine (ctjo = 0 fur alle i = 1 ,..,1)
ctim
Fertigstellungszeitpunkt des Auftrags an der i-ten Position auf Maschine m
ctjmt
Fertigstellungszeitpunkt von Operation opjmt
CwL^
Bezugspreis des Teils w vom Lieferanten L
DBwp
Teiledirektbedarfsmatrix der Teile w von Produkt p
dot
Produktionszeit fur Produktgruppe G in Periode t
dmj
Bearbeitungszeit des Auftrags j auf Maschine m
dmpt
Kapazitatsverbrauch pro Produkteinheit p auf Maschine m in Periode t
ec
Stuckerlos von Produktgruppe G
ept
Stuckerlos von Produkt p in Periode t
fpt*""''
korrigierte Rustkosten je Rijstvorgang von Produkt p in Periode t
Symbolverzeichnis
XXV
fmpt
Rustkosten von Produkt p in P e r i o d e t auf M a s c h i n e m
fpP^°P
proportionate Rustkosten von Produktfamilie p
g
Gewichtungsmatrix fiir Variablencluster
go
Gruppenanteil der G r u p p e G
gcp
Gewichtungsfaktor von Produkt p innerhalb der Gruppe G
h
Gewichtungsvektor fur Restriktionencluster
Jpt
Auftrag/Job von Produkt p in Periode t
kbGm
Kapazitatsbedarfskoeffizient fiir Produktnnix G auf Maschine m
Ibc
Absatzuntergrenze der Produktgruppe G bzw. untere Schranke fur die Produktionsm e n g e yo
JDp
Lagerkosten von Produkt p im Lagerort D
IG
Lagerhaltungskosten der Produktgruppe G
lot
Lagerhaltungskosten fiir Produktgruppe G in Periode t
Ict^
variable Lagerkosten fur Endprodukt-Lagermengen d e s Zyklus-Produktmixes G in Periode t
Ict^
variable Lagerkosten fur Z w i s c h e n - L a g e r m e n g e n d e s Zyklus-Produktmixes G in Periode t
Ipt'
Fehlmengenkostensatz von Produkt p in Periode t
Ipt
Lagerhaltungskosten von Produkt p in Periode t
Iwt^
produktgruppen-spezifische Lagerkosten der Teilegruppe w in Periode t
Iwt^
produktgruppen-spezifische Z w i s c h e n - L a g e r k o s t e n d e r T e i l e g r u p p e w in P e r i o d e t
Ibp
A b s a t z u n t e r g r e n z e von Produkt p bzw. untere S c h r a n k e fiir die P r o d u k t i o n s m e n g e yp
Ibw
A b s a t z u n t e r g r e n z e d e s Teils w b z w . untere S c h r a n k e fur die P r o d u k t i o n s m e n g e yw
LGp""^'' M a x i m a l l o s g r o d e von Produkt p LGp""'" Mindestlosgrofie von Produkt p
XXVI
Symbolverzeichnis
Ifp
Lagerraumbedarfskoeffizient von Produkt p
wi
grofie Zahl
NPw
Nettoprimarbedarf des Teils w
Oct
Kosten fur die Nutzung von Zusatzkapazitat von Produktgruppe G in Pehode t
Omt
Zusatzkapazitatskosten auf Maschine m in Pehode t
OoAt^
Zusatzkapazitat des T r a n s p o r t w e g e s von Lagerort D z u m Absatzort A in P e h o d e t
Oot^
Zusatzkapazitat des Lagerortes D in Pehode t
Oct
Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat von Produktgruppe G in Pehode t
Omax.t maximale Zusatzkapazitat in Pehode t OsDt^
Zusatzkapazitat des Transportweges von Produktionsstandort S z u m Lagerort D in Pehode t
Ost^
Zusatzkapazitat des Produktionsstandortes S in P e h o d e t
Ot"^^
Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat in Pehode t (Master Planning)
Oct^^
Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat in Pehode t fur die Produkte p G P Q (Production Planning)
opjmt
Bearbeitungsoperation des Auftrags Jpt auf Maschine m in Pehode t
0Spi
Lagermengenobergrenze von Produktfamilie p in P e h o d e 1
PG
Menge der Produkte in der Produktgruppe G
rjmt
RiJstzeit von Operation opjmt
rrnpt
Rustzeit von Produkt p auf Maschine m in Periode t
Smpt
binare Rustvahable von Produkt p auf Maschine m in P e h o d e t
Spt"
binare Rustubernahmevahable von Produkt p in P e h o d e t
Spt
RiJstintensitat von Produkt p in Pehode t (Anzahl der Rijstvorgange pro Pehode)
sbwv
Sekundarbedarfskoeffizient fur Teilegruppe w a n Teilegruppe v
ssopt
Sicherheitsbestand a m Lagerort D von Produkt p in P e h o d e t
Symbolverzeichnis
XXVII
ssopt'
Unterschreitung des Sicherheitsbestandes am Lagerort D von Produkt p in Periode t
ssct
Sicherheitsbestand fur die Produktgruppe G in Periode t
sSpi
Lagermengenuntergrenze/Sicherheitsbestand von Produktfamilie p in Periode 1
sswi
Lagermengenuntergrenze/Sicheriieitsbestand fur das Produkt/Teil k in Periode 1
stjmt
Startzeit von Operation opjmt
StoA^
Strafkosten fur die Erhohung der Transportkapazitat des Transportweges von Lagerort D zum Absatzort A
StD*"
Strafkosten fur die Erhohung der Lagerkapazitat am Lagerort D
Si/
Strafkosten fur die Fehlmenge von Produkt p
Stp^®
Strafkosten fur die Unterschreitung des Sicherheitsbestandes von Produkt p
StsD^
Strafkosten fur die Erhohung der Transportkapazitat des Transportweges von Produktionsstandort S zum Lagerort D
Sts^
Strafkosten fur die Erhohung der Produktionskapazitat am Standort S
TroApt' nicht gelieferte Transportmenge von Produkt p von Lagerort D z u m Absatzort A TroApt Transportmenge von Produkt p von Lagerort D zum Absatzort A trp
Transportbedarfskoeffizient von Produkt p
ubc
Absatzobergrenze der Produktgruppe G bzw. obere Schranke fur die Produktionsmenge yc
ubp
Absatzobergrenze von Produkt p bzw. obere Schranke fur die Produktionsmenge Vp
ubw
Absatzobergrenze des Teils w bzw. obere Schranke fiir die Produktionsmenge Vw
Vji
binare Zuordnungsvarlable von Auftrag j an Position i
Wp
Menge der Teile w von Produkt p
WwLt
Bezugsmenge des Teils w vom Lieferanten L In Periode t
XApt
Absatzmenge am Absatzort A von Produkt p in Periode t
Xct
Nachfragemenge der Produktgruppe G in Periode t
Xct^
Gesamtprimarbedarf der Periode t fur den Produktmix G aus d e m Endprodukt-Lager
XXVIII
Symbolverzeichnis
XGt^
G e s a m t p r j m a r b e d a r f der P e r i o d e t fur d e n Produktmix G a u s d e m Z w i s c h e n - L a g e r
Xki
N a c h f r a g e m e n g e fur d a s Produkt/Teil w
Xpt
A b s a t z m e n g e von Produkt p in Periode t
Xpt^^
A b s a t z m e n g e von Produkt p in Periode t (Production Planning)
Vet
P r o d u k t i o n s m e n g e der Produktgruppe G in Periode t
Ypt
P r o d u k t i o n s m e n g e von Produkt p In Periode t
VsDpt
gelieferte Produktionsmenge von Produkt p von Standort S z u m Lagerort D in Periode t
Vspt Vwt
P r o d u k t i o n s m e n g e a m Standort S von Produkt p in P e r i o d e t Produktionsmenge von Tell w fur d e n Produktmix G a u s d e r aggregierten P l a n u n g in Periode t
Zopt
L a g e r m e n g e von Produkt p im Lagerort D In Periode t
ZGO
L a g e r m e n g e der Produktgruppe G in Periode 0 ( A n f a n g s l a g e r b e s t a n d )
Zct
L a g e r m e n g e der Produktgruppe G in Periode t
ZGT
L a g e r m e n g e der Produktgruppe G in Periode T ( L a g e r e n d b e s t a n d )
Zct^
L a g e r m e n g e n der Endprodukte d e s Produktmixes G in P e r i o d e t
ZGt^
L a g e r m e n g e n der Z w i s c h e n p r o d u k t e d e s Produktmixes G in P e r i o d e t
Zpo
L a g e r m e n g e von Produkt p in Periode 0 ( A n f a n g s l a g e r b e s t a n d )
Zpo^^
L a g e r m e n g e von Produkt p in Periode t = 0 (Anfangslagerbestand, Production Planning)
Zpi
verfugbarer Lagerbestand von Produktfamilie p in P e r i o d e 1
Zpt'
F e h l m e n g e von Produkt p In Periode t
Zpt
L a g e r m e n g e von Produkt p in Periode t
ZpT
L a g e r m e n g e von Produkt p In Periode T ( L a g e r e n d b e s t a n d )
ZpT^^
L a g e r m e n g e von Produkt p in Periode t = T ( L a g e r e n d b e s t a n d , Production Planning)
ZvGt*
B e s t a n d von Teilegruppe v fur Zwischenprodukte d e s P r o d u k t m i x e s G In Periode t
Symbolverzeichnis ZwGt*
Bestand von Teilegruppe w fur Endprodukte des Produktmixes G in Periode t
Zwi
verfijgbarer Lagerbestand fur das Produkt/Teil w in Periode 1
XXIX
Problemstellung I.
1.
Einleitung
Problemstellung
Gewinnorientierte Untemehmen haben neben kurzfristigen Gewinnabsichten zum Ziel, ihren Wert langfristig zu sichern und zu steigem. Hierzu stellen sie Guter und Dienstleistungen her und bieten sie den Kunden auf dem Absatzmarkt an. Um diese Leistungen anbieten zu konnen, mussen verschiedene Einsatzfaktoren kombiniert und transformiert werden. Zudem befinden sich die Untemehmen in einem Umfeld mit Beschrankungen auf den Absatz- und Beschaffungsmarkten sowie des eigenen Produktionsprozesses, die in der Untemehmensplanung beriicksichtigt werden mussen. Dies fuhrt dazu, dass die Untemehmen den gesamten, meist untemehmensiJbergreifenden Produktionsprozess moglichst optimal planen sowie alle Lieferanten, Kunden und beteiligten Partner zielorientiert aufeinander abstimmen mussen. Die hieraus resultierende Planungsaufgabe wird umso komplexer, je mehr Produkte angeboten werden, die Komplexitat der Produkte und Einsatzfaktoren zunimmt und die Anzahl der beteiligten Partner steigt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Produktionsprozess bei einer Vertellung der Produktion auf mehrere Untemehmen nicht mehr zentral steuerbar ist. Zur Unterstutzung von Planung, Durchfuhrung und Steuerung von Produktionsprozessen wurden Konzepte zur Produktionsplanung und -steuerung (PPS-Systeme) entwickelt. Das i. d. R. mehrstufige Vorgehen beginnt mit einer Prognose fur die Absatzmengen, did uber eine Bedarfsauflosung und die zeitliche sowie kapazitatsmaflige Abstimmung in Fertigungsauftrage umgesetzt werden. Der Bedarf zur Unterstutzung der betrieblichen Planung, speziell der Produktionsplanung, durch geeignete Informationstechnologien hat die Software-Hersteller dazu veranlasst, Produkte zu entwickein, in denen diese Vorgehensweise durch ein einheitliches integriertes System, dem sog. Enterprise Resource Planning (ERP), abgebildet wird. Das wohl bekannteste ERP-System R/3 wurde von der SAP AG entwickelt. ERP-Systeme umfassen jedoch neben der Abbildung der Produktionsplanung auch beispielsweise die Elemente der Kostenrechnung, der Buchhaltung und der Personalplanung, deren Aufgaben im Folgenden der Arbeit jedoch nicht welter vertieft werden. Die grundsatzliche Kritik an dem sukzessiven Vorgehenskonzept der PPS-Systeme, der damit verbundenen Probleme und das unzureichende Angebot an entscheidungsunterstiitzenden Optimierungsverfahren in den ERP-Systemen haben zu einer Entwicklung von sog. Ad-
2
Einleitung
vanced Planning and Scheduling (APS)-Systemen gefuhrt. Diese Systeme, die als Erganzung zu den bestehenden ERP-Systemen gesehen werden, sollen eine „enA/eiterte und fortgeschrittenere" Planung auf den unterschiedlichen Planungsebenen ermoglichen. Die Problematik der unterschiedlichen Aggregationsniveaus auf verschiedenen Ebenen bleibt hierbei meist unberucksichtigt. Auch die Notwendigkeit der Koordination der einzelnen Teilplanungsprobleme sowie die zu berucksichtigenden interdependenten Beziehungen zwischen den Teilergebnissen werden meist nicht oder nur unzureichend beachtet. Die Analyse, inwieweit APS-Systeme aus modelltheoretischer Sicht diesem Anspruch gerecht werden, ist Ziel der vorliegenden Arbeit. DariJber hinaus wird ein Koordinationsansatz vorgestellt, der die Interdependenzen zwischen den Teilplanungsproblemen der APS-Systeme berucksichtigt, um dem Anspruch an der Planung eines fur alle Module zulassigen Produktionsplanes „naher" zu kommen.
2.
Gang der
Untersuchung
In Abschnitt II werden zunachst die Aufgaben und die Struktur von APS-Systemen herausgearbeltet. In diesem Zusammenhang erfolgt eine Abgrenzung zu Enterprise Resource Planning-Systemen sowie eine Einordnung der APS-Systeme in den Kontext des Supply Chain Management. Neben einer Darstellung der Teilprobleme, die in unterschiedlichen Systemmodulen abgebildet werden, werden die Losungsverfahren eines aktuellen APS-Systems vergleichend vorgestellt und analysiert, inwieweit sie geeignet sind, die entsprechenden Teilprobleme zu losen. Abschlleflend werden auf Basis der Interdependenzen in der Produktionsplanung die interdependenten Beziehungen zwischen den APS-Systemmodulen und vor allem die Notwendigkeit der Koordination herausgearbeitet. Zur Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme werden in Abschnitt III zunachst die relevanten Grundlagen der Hierarchischen Produktionsplanung erarbeitet und die theoretischen Ansatze der Koordination zwischen hierarchisch angeordneten Planungsebenen sowie der Aggregation und Disaggregation bei unterschiedlichen Detaillierungslevein aufgegriffen. Auf dieser Grundlage werden verschiedene Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung vorgestellt und nach den drei Kriterien der Koordination, der Aggregation und der Disaggregation sowie -
der inhaltlichen Ubertragbarkeit auf APS-Systeme
Gang der Untersuchung auf die Eignung als formales Grundkonzept fur einen Koordinationsansatz bewertet. Auf Basis des ausgewahlten Ansatzes der Hierarchischen Produktionsplanung wird in Abschnitt IV ein Koordinationsansatz zur Abbildung ausgewahlter APS-Module entwickelt und die Losungsfahigkeit im Rahmen von Beispielrechnungen uberpriift. Abschnitt IV schliefit mit Uberlegungen zu Erweiterungsmoglichkeiten und Abgrenzungen zu ahnlichen Modellformulierungen ab. Die Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Arbeit wird in Abschnitt V vorgenommen. Abschlieftend wird ein Ausblick fCir weitere notwendige Forschungsarbeiten im Bereich der APS-Systeme gegeben.
Advanced Planning and Scheduling-Systeme II.
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
Advanced Planning and Scheduling-Systeme (APS-Systeme)^ bilden eine Gruppe von modular aufgebauter Planungsunterstutzungssoftv\/are, die zum einen eine Erweiterung zu Enterprise Resource Planning-Systemen (ERP-Systemen) bietet.^ Zum anderen erfordern veranderte Anforderungen an die Planung zur Unterstutzung des Supply Chain Management fortgeschrittene Methoden der Planung und Terminierung von unternehmensubergreifenden Produktionsprozessen."^ Das Angebot solcher Software-Systeme zur Unterstutzung unternehmensubergreifender Planungs- und DurchfiJhrungsaufgaben in den Unternehmen hat in den letzten Jahren zugenommen, und der Markt wird als weiter wachsend (jahrlich um 10-20 %) eingeschatzt.^
1.
Erweiterung
von Enterprise Resource
Planning-Systemen
Die ..Erweiterung" der APS-Systeme bezieht sich auf die Bereitstellung zusatzlicher Funktionen und Verfahren fur Anwendungen betrieblicher Standardsoftware, d. h. Enterprise Resource Planning (ERP)-Systeme (z. B. SAP R/3^)/ Unter betrieblicher Standardsoftware werden integrierte Systeme aus mehreren Modulen verstanden, die moglichst alie Funktionen eines Unternehmens (Beschaffung und Produktion, Marketing und Vertrieb, Kostenrechnung und Controlling, Personalwirtschaft etc.)® informationstechnologisch unterstutzen und zusatzlich durch eine unternehmensweit einheitliche Datenverwaltung verbinden.^ Die weitere Betrachtung wird sich lediglich auf die Unterstutzung der Produktionsplanung und
In der Literatur wird synonym auch der Begriff der ..Advanced Planning (AP)-Systeme" verwendet. ..Advanced" kann als ..enA/eitert" oder ..fortgeschritten" ubersetzt werden. Vgl. Prockl (1998), S. 443. Vgl. Corsten/Gossinger (2001), 8. 32, und Fritsche (1999), S. 50. Vgl. Busch et al. (2003), S. 110. Die SAP AG fuhrt seit Marz 2003 das Nachfolgesystem „mySAP ERP" ein, das auf einer offeneren IT-Plattform NetWeaver basiert. Bis zum Jahre 2008 sollen die 20500 R/3-Kunden umgestellt haben. Vgl. Koenen/Nonnast (2004), S. 1 f. Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier (2000). S. 119. Vgl. Brady/Monk/Wagner (2001). S. 2 f. Vgl. Hansen/Neumann (2002). S. 122.
Erweiterung von Enterprise Resource Planning-Systemen -steuerung (PPS) durch ERP-Systeme beschranken.^° Das inhaltlich zugrundeliegende betriebswirtschaftliche Grundgerust ist das PPS-Konzept, auf das im Folgenden naher eingegangen werden muss, urn die Erweiterungsnotwendigkeiten durch APS-Systeme herauszuarbeiten. Bereits seit den 60er Jahren wurden fur die Planung der Materialwirtschaft computergestijtzte Planungssysteme entwickelt (Material Requirements Planning, MRP). MRP ist maflgeblich ein verbrauchsgesteuertes Informationssystem zur Materialdisposition ohne Optimierungsfunktionalitaten.''^ Ausgehend von einem fest vorgegebenen Primarbedarf an Enderzeugnissen werden untergeordnete Baugruppen, Einzelteile und Rohstoffe nach Menge und zeitlichem Bedarf uber die StiJcklisten und Arbeitsplane zu Produktions- und Bestelllosen zusammengefasst.^^ Jahre spater wurden vor- und nachgelagerte Planungsstufen in einem Gesamtsystem mit einer Mengen- und Kostensicht integriert (Manufacturing Resource Planning, MRP 11).''^ Mit der Einbeziehung der vorgelagerten Bedarfsplanung mit Hilfe von Absatzprognosen oder Auftragseingangen bei Einzelfertigung und der nachgelagerten Stufe der Kapazitats- und Zeitplanung entwickelte sich das PPS-Konzept.^"^ Hauptkritikpunkte an diesem Konzept sind, dass das Prinzip der Sukzessivplanung eine ausschlieflliche top-downKoordination verfolgt, mit jeder Planungsstufe der Detaillierungsgrad auf der Produkt-, Restriktionen- und Zeitebene zunimmt und erst in einer spaten Planungsphase knappe Kapazitaten beriicksichtigt werden. Die damit verbundenen Probleme der zielorientierten Koordination zwischen den Planungsstufen^^ und der Aggregation und Disaggregation der Ebenen^^ werden durch ERP-Systeme nicht gelost.^^ Hierzu wird auf das Zitat von Fleischmann (1998) verwiesen:
Die Anwendungen in der Praxis unterstutzen zudem Funktionen des Rechnungswesens, der Finanzbuchhaltung, der Personalplanung etc., die nicht Gegenstand der weiteren Untersuchungen sein werden. Vgl. Hax/Candea (1984), S. 441. Vgl.Orlicky(1975), 8. 45ff. Vgl.Wight(1984), S. 54f. Vgl. Drexletal. (1994), 8. 1030. Vgl.AbschnJttlll.1.3. Vgl. Abschnittlll.1.4. Vgl. Jacobs/Bendoly (2003), 8. 233 ff., und Frank/Neumann/8chwindt (1997), 8. 77.
Advanced Planning and Scheduling-Systeme „Die vorhandenen Kapazitaten werden von den auf dem MRP/MRP2-Konzept basierenden PPS-Systemen erst nach Aufstellen eines Plans berucksichtigt. Die Ubereinstimmung zwischen Produktionsplan und verfugbaren Ressourcen ist daher Gluckssache [...]. Mir sctieint das Wort Planung, das in MRP (Material Resource Planning) oder ERP (Enterprise Resource Planning) enthalten ist, nicht sehr angebracht, da die Systeme diese Fahigkeit nicht bieten."'' APS-Systeme haben daher die Aufgabe, durch zusatzliche und erweiterte Optimierungsverfahren die bestehenden ERP-Systeme auf den einzelnen Stufen zu erganzen und die Schwachen zu beheben.^^ Unter erweiterten (..advanced") Verfahren werden daher sowohl weiterentwickelte mathematische Verfahren (z. B. Branch-and-Cut-Verfahren) als auch reale und branchenspezifisch angepasste Planungsverfahren verstanden, die nicht in dem Umfang der ERP-Systeme enthalten sind. APS-Systeme werden aus diesem Grunde auch als Werkzeuge (..Tool-Kit") bezeichnet, die ..on the Top" auf die zu Transaktionssystemen reduzierten ERP-Systeme aufgesetzt werden.^° Sie ersetzen damit nicht die transaktionsbasierten ERPSysteme. da sie zum einen nicht die Datenstrukturen (Stammdaten, Arbeitsplane, Stucklisten) enthalten und zum anderen die Unternehmen unterschiedliche branchen- und unternehmensspezifische Anforderungen an APS-Methoden stellen.^^ In der vorliegenden Arbeit wird geprijft, inwieweit APS-Systeme die bestehenden ERPAnwendungen im Bereich der Produktionsplanung durch zusatzliche Verfahren erganzen und erweitern, um deren Mangel zu beheben und gute sowie zulassige Produktionsplane zu bestimmen.
Fleischmann(1998), S. 52. Vgl. Layden (1999), S. 68. Optimierung bedeutet im Kontext von APS-Systemen jedoch lediglich, aus mehreren ausfiJhrbaren Planen den „besten" auszuwahlen. Vgl. Goetschalckx/Fleischmann (2005), S. 129 f. Vgl. Prockl (1998), 3.443. Vgl. Fritsche (1999), 3.56.
Anforderungen des Supply Chain Management 2.
Anforderungen
des Supply Chain
Management
Die Hersteller von APS-Systemen stellen des Weiteren ihre Produkte als Anwendungen zur UnterstiJtzung des Supply Chain Management (SCM) vor.^^ In diesem Zusammenhang wird kurz auf die Notwendigkeit des SCM eingegangen, urn daraus die zusatzlichen Anforderungen an Pianungsunterstutzungssoftware abzuleiten. Eine Supply Chain^^ ist eine Versorgungskette ausgeweitet „vom Lieferanten des Lieferanten bis zum Kunden des Kunden"^"* und umfasst alle Beschaffungs-, Produktions-, Lager- und Transportaktivitaten zwischen den Teilnehmern der Lieferkette.^^ Die notwendige Planung, Steuerung und Kontrolle einer solchen Kooperation soil durch das Supply Chain Management erreicht werden und kann wie folgt definiert werden. „Supply Chain Management is the task of integrating organizational units along a supply chain and coordinating materials, information and financial flows in order to fulfil (ultimate) customer demands with the aim of improving competitiveness of a supply chain as a whole.'^^ Es ist daher zu klaren, aus welchen Grunden sich Lieferketten bilden (bzw. neu gebildet haben) und wie sich hieraus neue Planungsprobleme ergeben, die mit der bisherigen Planungssoftware nicht ausreichend gelost werden konnen. Drei wichtige Grunde sollen kurz eriautert werden: -
Komplexitat der Produkte,
-
Kt/ndenorientierung und
Die bestehenden ERP-Systeme werden bislang nicht explizit als Software-Anwendungen zur UnterstiJtzung des SCM bezeichnet, da sie keine unternehmensubergreifenden Planungen ermoglichen, die Gestaltung von Supply Chains in der Regel nicht unterstutzen und keine dafur notwendige offene Systemstruktur aufweisen. Vgl. Hellingrath (1998) und Akkermans et al. (2003), S. 297 ff. Die begriffliche Differenzierung in eine Supply Chain (Interaktion mit Lieferanten) und eine Demand Chain (Interaktion mit Kunden) hat sich nicht durchgesetzt, so dass weiterhin Supply Chain als Oberbegriff verwendet wird. Vgl. Christopher (1998), S. 18, Busch et al. (2003), S. 5. Becker (2002), S. 65. Die Erweiterung der SCM-Betrachtung um Recycling-Prozesse zu einem Closed Loop Supply Chain Management wird zunachst nicht berucksichtigt, da diese Planungsaufgaben nur von wenigen Branchen gelost werden mussen, wie z. B. der Automobilindustrie. Im Unterschied zum klassischen SCM werden die Phasen der Sammlung, der Aufbereitung und der Wiederverarbeitung zusatziich berucksichtigt. Vgl. Dyckhoff/Souren/Keilen (2004), S. 17. Stadtler (2005), S. 11.
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
-
Veranderungen des Marktumfeldes.
Die stetige Weiterentwicklung von bestehenden Produkten fijhrt dazu, dass das Endprodukt, bestehend aus einer Vielzahl von Einzelteilen und Baugruppen, in der Entwicklung und der Herstellung zu komplex wird, urn es komplett eigenstandig herstellen zu konnen.^^ Hinzu kommt das Bestreben, in immer kiirzeren Lebenszyklen Produkte auf dem Markt anzubieten, so dass die Entwicklungs- und Herstellungszeiten drastisch reduziert werden miissen. Diese Problematik versuchen Unternehmen dadurch zu losen, dass die Entwicklung und die Leistungserstellung der Produkte auf mehrere Unternehmen verteilt werden.^® Hieraus folgen Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaufgaben in den Bereichen Beschaffung, Produktion, Distribution Oder Transport, die nunmehr unternehmensubergreifend gelost werden mijssen.^^ Die dem einzelnen Unternehmen verbleibenden wertschopfenden Anteile am gesamten Leistungserstellungsprozess entsprechen haufig den selbst bestimmten Kernkompetenzen. Vor dem Hintergrund des Shareholder-Value-Konzepts konnen auch Renditezlele dazu fijhren, dass ..unrentable", ..nicht zum Kerngeschaft gehorende" oder ,.zu komplexe" Aufgabenbereiche auf andere Unternehmen ausgelagert werden.^° Die Folge ist eine Aufspaltung der Leistungserstellung auf eine Vielzahl von Unternehmen, die eine Lieferkette bilden. Die explizite Fokussierung auf den (End-)Ktyncye/7 und dessen Zufriedenheit im SCM-Konzept begrundet die Notwendigkeit, nicht nur die letzte Stufe zum Kunden, sondern alle Stufen des Leistungserstellungsprozesses in die Planung und Betrachtung mit aufzunehmen. Gemeinsames Ziel ist das Angebot der vom Kunden gewiinschten Leistung in der richtigen Qualitat, in der geforderten Zeit und bei angemessenen Kosten.^^ Das Erreichen dieser Kundenwijnsche ist nur noch gemeinsam und nicht mehr von einem Unternehmen isoliert zu erreichen. Durch die Aufteilung miissen daher samtliche organisatorisch unabhangigen Teilnehmer auch in die Planung einbezogen werden.
Bin- und Auslagerungsbarrieren sind vorrangig Kapital und Know-How. Vgl. Picot (1991), S. 347. Vgl. Mikus (1998). S. 16 ff., sowie Baumgarten/Wiendahl/Zentes (2001). Gleichzeitig ist die Tendenz zur Reintegration von ausgesourceten Unternehmensteilen zu erkennen. Vgl. Doig et al. (2001). S. 25ff. Vgl. Busch et al. (2003). S. 8. Hierzu zahlen beispielsweise Abteilungen fur Datenverarbeitung. Buchhaltung. Logistik (Third Oder Forth Party Logistic Provider) oder Kantinen. Vgl. Min/Zhou (2002). S. 233. Vgl. Kruger/Steven (2002). S. 591.
Anforderungen des Supply Chain Management
Ein weiterer Aspekt ist der weltweite Abbau von Handelsbarrieren, der dazu fuhrt, dass die Produkte auf einem grolieren Markt angeboten, die Ressourcen von zusatzlichen Quellen bezogen werden konnen und eine Verlagerung von Produktions- und Absatzorten ermoglicht wird.^^ Hieraus kann eine Verscharfung der Konkurrenzsituation resultieren, die auf die abzusetzenden Produkte erhohten Kosten-, Zeit- und Qualitatsdruck ausubt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass aus den angefuhrten Grunden Lieferketten entstehen und Marktanforderungen eine unternehnnensubergreifende, und dannit ..fortgeschrittene" Planung, Steuerung und Kontrolle der gesamten Supply Chain erfordern, die blslang nur unternehmensintern erforderlich war.^^ Die unternehmensubergreifende Planung unterscheidet sich von der internen Planung dadurch, dass bei organisatorisch unabhangigen Teilnehmern einer Supply Chain unterschiedliche Zielsetzungen und Restriktionen, zusatzliche Verflechtungen zu anderen Unternehmensnetzwerken und die Verteilungsprobleme von Gewlnnen und Verlusten auf die Lieferkette berucksichtigt werden nnussen. Eine hierfiir ausgerichtete Planungssoftware muss daher die geeigneten Planungsmodule^ und Verfahren fur intra- und interorganisationale Problemstellungen zur Verfijgung stellen.^^ SCM-Software lasst sIch unterscheiden in Supply Chain Execution-Systeme (SCE) und Supply Chain Planning-Systeme (SCP). Unterscheidungskriterium ist der Zeithorizont der unterstutzenden Aktivitaten.^^ SCE-Systeme haben die Aufgabe, auf operativer Ebene die Steuerung und Kontrolle sowie den Uberblick uber eine Lieferkette zu unterstutzen und die Reaktionsfahigkeit in Echtzeit innerhalb eines Unternehmens auf nnarkt- und storungsbedingte Veranderungen zu erreichen.^^ APS-Systeme stellen jedoch SCP-Systeme dar, die uber die Kontrolle einer Supply Chain hinaus konkrete Teilproblenne optimieren, urn die damit ver-
Vgl. Graf (2004), S. 62 f. 33
Diese Betrachtung kann auf Liefernetzwerke, sog. Supply Networks, ausgeweitet werden.
34
Beispielsweise enthalt ein ERP-System kein Modul zur Standortplanung bzw. der Gestaltung von Supply Chains. Akkermans et al. (2003), S. 297.
35
Vgl. Kilger (1998), S. 54, und Akkermans et al. (2003), S. 297.
36
Vgl. Krupp (2001), S. 15.
37
Vgl. Meyr/Wagner/Rohde (2005), S. 114.
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
10
bundenen Ziele etwa der Lagerbestandssenkung, der Reduzierung des Bullwhip-Effektes^® Oder der Verbesserung der unternehnriensubergreifenden Zusammenarbeit (Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment, CPFRf ^ zur Realisierung von strategischen Zeit-, Qualitats-, Kosten- und Flexibilitatsvorteilen zu erreichen/° Die Eignung von APS-Systemen fiir eine Unterstutzung des SCM wird in dieser Arbeit nur kurz diskutiert, da sich der aktuelle Einsatzbereich von SCM-Software zwar auf standortijbergreifende aber noch nicht auf die unternehmensubergreifende Planung erstreckt, wie in der folgenden Abbildung 1 dargestellt wird.
(internet)
Lieferant S - _ ^
Abbildung 1:
Unternehmensverbund
(internet)
V^-^
Kunde
Integrationsarchitektur verschiedener APS-Systeme^^
Es wird aus der Abbildung deutlich, dass bislang APS-Systeme verschiedene ERP-Systeme einbinden und eine Gesamtplanung unternehmensintern ermoglichen. Die Abstimmung ver-
Ansatze zur Messung und Reduzierung des Bullwhip-Effektes durch die Bereitstellung vollstandiger Nachfrageinformationen sind in Chen/Drezner/Ryan/Simchi-Levi (2000), S. 436 ff., entwickelt worden. Einen Uberblick ijber die Ursachen und die Handlungsalternativen geben Takahashi/Myreshka (2004) und Lee/Padmanabhan/Whang (1997a), S. 546 ff., und (1997b), S. 93 ff. 39
Vgl. Seifert (2002) und die darin angegebene Literatur.
40
Vgl. Weber/Dehler/Wertz (2000), S. 266. in Aniehnung an Busch et al. (2003), S. 33.
Struktur von APS-Systemen
11
schiedener APS-Systeme in einer Supply Chain erfolgt lediglich uber ..Coliaboration"Schnittstellen zu Lieferanten und Kunden.
3.
Struktur von
APS-Systemen
Die Entwicklung einer allgemeinen Struktur fur APS-Systeme, die eine Vergleichsgrundlage bildet, ist meist lediglich auf einen groben Modulvergleich der Systeme beschrankt und nicht urn die Analyse der Losungsverfahren erweitert, wie in der folgenden Tabelle 1 dargestellt ist.
Advanced Planning and Scheduling-Systenne
12 CO Q}
-1
Funktionsumfang der APS-Systeme
Q} CD (Q O
(/) O
D Q. •D
Z
1
o 3
D D CQ
o 9r "0
Q) D (Q
2 S Q}
Q)
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9 TJ
5 3
co' CD
Q) 13" (Q
1 Agilisys
•
1 Axxom
•
1 Baan 1 Demand Solutions 1 Descartes 1 DynaSys 1 \2 Technologies
• • •
1 Icon-SCM
• • •
1 Manugistics 1 Mapics 1 Oracle 1 Retek
• •
1 SAP 1 Wassermann Tabellel:
Funkti onsunnfang der A PS-Sy steme ausg ewahl ter An bieter 4 2
Nur acht von 14 Softwar e-Unt€jrnehnlen bie3ten d
Vgl. Busch et al. (2003), S. 73. Auch wenn die Aufgabenbeschreibung der Module abgrenzbar ist, so unterscheiden sie sich erheblich in der Anpassbarkeit (Customizing) an unternehmens- und branchenspezifische Planungsanforderungen. Sie reicht von der reinen Parametrisierung bis zur Anpassung des Quellprogramms. Vgl. Hansen/Neumann (2001), S. 160.
Struktur von APS-Systemen
13
zudem nicht nur auf die Produktionsplanung mit Materialflussen beschrankt. Auch zur Unterstutzung immaterieller GiJterstrome und fur die interorganisationale Planung mussen ERPSysteme in den Planungsverfahren en^/eitert werden. Eine weitere Problematik bei der Strukturierung von APS-Systemen ist die Heterogenitat der Software-Anbieter fiir APS-Systeme.'^'^ Sie setzen sich zum einen aus am Markt etablierten ERP-Anbietern und zum anderen aus groden und kleinen Softwareherstellem, die selbst keine ERP-Systeme anbieten, zusammen. Die erste Gruppe setzt den Schwerpunkt der Software-Losungen auf die umfassende Problemlosung in alien Teilbereichen der Produktionsplanung in Verbindung mit dem proprietaren System. Die Verteilung der Funktionen zwischen ERP und APS kann hierbei unternehmenspolitische Bedeutung erlangen.'*^ Andere Software-Hersteller konnen sich nicht nur auf die Erwelterungen eines Systems beschranken, sondern mussen offene Losungen anbieten, die in moglichst jedes bestehende ERPSystem integriert werden konnen. Spezielle Planungsprobleme von Branchen erfordern zudem Individuallosungen, da Standardsoftware nicht ausreichend an die Gegebenheiten angepasst werden kann, wie in Tabelle 2 dargestellt ist."^^ Kritisch zu hinterfragen ist bei dieser Aufstellung, inwieweit sich Standardlosungen von Branchenlosungen unterscheiden bzw. sogar einen Branchenschwerpunkt haben.
Vgl. Kuhn/Hellingrath (2002), S. 140 f. Mit dem intemetbasierten ERP-System mySAP.com stellt die SAP AG ein schlankes System zur Verfijgung und verlagert Planungsfunktionalitaten von dem Funktionsumfang des ursprijnglichen ERP-Systems R/3 auf das APS-System APO, wobei die Verlagerung der ursprungiichen R/3-Funktionalitaten nicht eine Erweiterung des Gesamtumfangs der Planungsfunktionalitaten durch das APS-System APO bedeutet. Eine Strukturierung von Individuallosungen ist nur anhand von umfassenden Kriterienkatalogen moglich, die in dieser Arbeit nicht vorgenommen wird.
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
14 o
Branchenschwerpunkte von APSAnbietem
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I Branchenschwerpunkt Branchenlosung wird angetx)ten
Tabelle 2:
Branchenausrichtung ausgewahlter APS-Systeme^
Eine weitere Schwierigkeit bei der Strukturierung von APS-Systemen ist die individuelle Namensgebung und Informationsbereitstellung durch die Hersteller selbst. Verwirrende Abkurzungen und unspezifizierte Begrifflichkeiten wecken falsche Erwartungen an die Anwendungen. Zudem wird durch oberflachliche Beschreibungen in den Informationsbroschuren der Hersteller lediglich aufgezahit, welche Probleme die Systeme losen konnen, ohne die Verfahren zu veroffentlichen. Qualitative Studien iiber den Vergleich von SCM-Software der wichtigsten Anbieter sind daher nur sehr schwer Interpretierbar."^^ Als Grundlage zur Darstellung von APS-Strukturen soil der Ansatz von MeyrA/Vagner/Rohde herangezogen werden, der in Abbildung 2 erweitert wurde.
47
Vgl. Busch et al. (2003), S. 75.
48
Vergleichende Studien wurden in Pirron et al. (1998), S. 60 ff., und Pirron et al. (1999), S. 69 ff., vorgenonnmen.
Struktur von APS-Systemen
15
Zeitdimension Strategische Netzstrukturplanung langfristig
(Strategic Network Planning)
Mittelfristige Produktionsplanung mittelfristig
Absatzplanung
(Master Planning)
Bedarfsplanung
kurzfristig
(Material Requirements Planning)
Losgroftenund Ablaufplanung (Production Planning, Scheduling)
Transportplanung (Distribution Planning, Transport Planning)
(Demand Planning)
Verfijgbarkeltsprufung (Available-ToPromise)
Supply Chain Monitoring
Beschaffung
Abbildung 2:
Produktion
Funktionsdimension
Supply Chain Planning-Matrix^^
Die Matrix wird aufgespannt durch die horizontale Funktionsdimension und die vertikale Zeitdimension bezuglich der Fristigkeit der Planung. In diese Dimensionen werden die Module der APS-Systeme eingeordnet. In der weiteren Betrachtung werden zunachst die Hauptmodule untersucht, denen betrlebswirtschaftllche Entscheidungsmodelle der linearen und der gemischt-ganzzahligen Programmierung sowie Metaheuristiken oder Constraint Programming zugrunde liegen.^° Die weiteren Module erfiJIIen unterstutzende Funktionen zu den Hauptmodulen. Tabelle 3 stellt eine Ubersicht dar, welche Losungsverfahren in den unterschiedlichen Modulen eingesetzt werden konnen.
In Aniehnung an Meyr/Wagner/Rhode (2005) S. 109. Hierzu zahlen die Strategische Netzstrukturplanung, die Mittelfristige Produktionsplanung, die Losgrolien- und Ablaufplanung sowie die Transportplanung.
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
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1 Absatzplanung (Demand Planning) 1 Strategische Netzstrukturplanung (Strategic Network Planning) 1 Mittelfristige Produktionsplanung (Master Planning) 1 Losgrolien- und Ablaufplanung (Production Planning & Scheduling) 1 Transportplanung (Distribution & Transport Planning) 1 Bedarfsplanung 1 (Purchasing & Material Requirements Planning) 1 Verfijgbarkeitsprufung 1 (Demand Fulfillment & Available-To-Promise)
Tabelle 3:
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APS-Module und Losungsverfahren^
Der modulare Aufbau dieser Systeme hat zum einen den Grund, dass be! den meisten APSHerstellern die Entwicklung der Systeme sukzessiv erfolgt ist, d. h. partielle Erweiterungen fijr ERP-Systeme nach und nach entwickelt wurden. Einige Hersteller haben jedoch auch Anwendungen von Nischenanbietem aufgekauft und als Modul in ein Gesamtsystem integriert. Zunn anderen hat der modulare Aufbau den Vorteil, dass Unternehmen nur Telle der APS-Systeme kaufen und einsetzen konnen und nicht ein vollstandiges komplexes System anschaffen mijssen, von dessen Funktionalitat nur ein kleiner Anteil eingesetzt wird. Kritisch zu hinterfragen ist bei der angefuhrten Darstellung der Struktur von APS-Systemen, ob die aufgefuhrten Dimensionen der Fristigkeit und der Funktionen ausreichen oder zu erweitern sind^^. Die Funktionsdimension (Beschaffung, Produktion, Distribution, Absatz) beschrankt sich ledlglich auf die isolierte Betrachtung eines Unternehmens und erstreckt sich nicht auf die gesamte Supply Chain. Zudem wird die Fristigkeit nicht abgegrenzt. Eine zusatzliche Unternehmensdimension konnte verdeutlichen, in welche Planungsstufen andere
Vgl. Dudek/Rohde/Surie (2002), S. 6. Zum einen ist die Abgrenzung zwischen lang-, mittel- und kurzfristig unscharf. Zum anderen ist die Einteilung der Funktionsdimension nicht notwendigerweise sinnvoll, wenn divisionale oder prozessorientierte Organisationsformen vorliegen.
Struktur von APS-Systemen
17
Supply Chain-Teilnehmer integriert werden mussen (dreidimensionale Betrachtung). Auch die Entwicklung von Sollstrukturen fur spezielle Branchen oder verschiedene Teilnehmer einer Supply Chain ist denkbar. So ist etwa fur den Lieferanten in einer Supply Chain der Einsatz des Moduls fur die mittelfristige Produktionsplanung (Production Planning) nicht zwingend erforderlich. Bin Ansatz ware daher, iiber die Grofle und Lage der Kastchen zu verdeutlichen, in welchem Umfang die Planungsmodule vom Unternehmen selbst eingesetzt werden oder Vorgaben anderer Supply Chain-Partner in die Planung eingehen. Auch qualitative und quantitative Aspekte bezuglich der von den Hersteilern zur Auswahl stehenden Verfahren werden durch die vorgestellte Strukturdarstellung nicht erfasst. Qualitative Aspekte konnen besser uber gut strukturierte Kriterienkataloge vergllchen werden, wie sie in diversen Studien vorkommen. Hierzu sind jedoch umfassende hersteilerinterne Informationen notwendig, die Externen oft nicht zur Verfugung gestellt werden.^^ Ein weiterer Kritikpunkt an der Darstellung liegt in der fehlenden Betrachtung der interdependenten Beziehungen zwischen den Modulen. Die folgenden Abschnitte zur Beschreibung der Hauptmodule beginnen mit einer Darstellung des betriebswirtschaftlichen Aufgabenbereiches und der Vorstellung von entsprechenden Losungskonzepten. Schliedlich werden anhand des APS-Systems der SAP AG, Advanced Planner and Optimizer (APO), die SAP-spezifischen Losungsverfahren^ vorgestellt und bewertet, urn mit einer Bewertung der Losungsfahigkeit des betriebswirtschaftlichen Problems durch APO zu schliefien. Nach der Darstellung der Hauptmodule werden die unterstijtzenden Module in kurzerer Form vorgestellt.
3.1
Strategische Netzstrukturplanung (Strategic Network Planning)
Eine Supply Chain setzt sich aus verschiedenen Standorten zusammen, die durch Material-, Finanz- und Informatlonsfliisse miteinander verknijpft sind. Im Folgenden soil lediglich unterschieden werden zwischen: -
Beschaffungsorten,
Vgl. empirische Studie in Busch et al. (2003) und Fraunhofer ALB (2000), S. 1 ff. Es wird darauf hingewiesen, dass hierbei SAP-spezifische Ausdrucke verwendet werden, die in der betriebswirtschaftlichen Literatur nicht vorkommen oder unterschiedlich definiert werden. Die VenA/endung anbieterspezifischer Begriffe fuhrt i. d. R. zu Verstandnisschwierigkeiten zwischen Anwendem und anwendungsfemen Fachleuten.
18
Advanced Planning and Scheduling-Systeme -
Produktionsstandorten,
-
LagerortenA/erteilzentren und
-
Bedarfsorten.
Beschaffungsorte stellen die Quelle der Rohstoffe bzw. Vorprodukte der Lieferkette dar. Die Rohstoffe dieser Orte gehen als Input in einen Transformationsprozess der Produktionsstandorte ein. Der Output kann bei mehrstufigen Produktionsprozessen wiederum als Input in weiteren Produktionsstatten weiterverarbeitet werden oder direkt und indirekt uber Verteilzentren an die Bedarfsorte uber verschiedene Transportwege und -nnedien geliefert werden.
3.1.1
Betriebswirtschaftliche Aufgabe und Losungskonzepte
Die Anzahl der Standorte und der unterschiedlichen Transportmoglichkeiten determinieren die Struktur einer Lieferkette, deren Bestimmung und (optimale) Festlegung Aufgabe des Moduls der Strategischen Netzstrukturplanung (Strategic Network Planning) ist.^^ Die langfristige strategische Ausrichtung dieses Planungsmoduls ist darin begrundet, dass die Planung nicht zyklisch, sondern nur bei langfristigen Veranderungen der Struktur der Supply Chain vorgenommen werden muss. Die Umsetzung einer neuen Standortstruktur bindet meist ein grodes Investitionsvolumen fur die Eroffnung oder Schliefiung von Standorten und lasst nur eine bedingte Korrigierbarkeit der Entscheidung zu, so dass es sich unn eine strategisch-langfristige handelt.^^ Strategische Planungen sind neben dem langfristigen Planungshorizont zudem gekennzeichnet durch einen hohen Aggregationsgrad der zugrundeliegenden Planungsdaten. Ziel dieses Moduls ist daher die (optimale) Bestimmung der Beschaffungs-, Produktions-, Lager- und Absatzorte fur die wichtigsten Ressourcen und (Zwischen-) Produkte unter Berucksichtigung dynamischer Veranderungen des Marktes und regionaler Besonderheiten. Langfristig sollten in der Planung einer Supply Chain Ausbau- oder Umstrukturierungsmoglichkeiten berucksichtigt werden, damit eine Supply Chain flexibel an Veranderungen der Umwelt angepasst werden kann.
^^
Vgl. Goetschalckx (2002), S. 105 ff.
^^
Vgl. Hansmann (2001). 8. 24.
Struktur von APS-Systemen
19
Zur Losung von Planungsproblemen aus dem Bereich der Standortplanung existiert eine Vielzahl an exakten Optimierungsverfahren und Heuristiken.^^ Ziele solcher mathematischen Verfahren sind meist monetar (Gewinnmaximierung oder Kostenminimierung) oder von anderen quantitativ messbaren Grofien gepragt (Zeit- und Entfernungsminimierung). Als begrenzende Nebenbedingungen mussen Beschaffungs-, Transport- und Produktionskapazitaten sowie Budgetgrenzen neben der Berucksichtigung der Produktionsprozesse^® in die Planung einfliefien.^^ Da mit der Festlegung der Netzstruktur auch viele qualitative Aspekte wie etwa die Infrastruktur, politische Unterstutzung, Stabiiitat der Landeswahrung, Zugang zu qualifiziertem Personal etc. in der Planung berucksichtigt werden mussen, konnen auch Scoring-Modelle zur Standortplanung eingesetzt werden. Auch das Zlel der Flexibllltat einer Supply Chain ist ledigllch qualitativ zu erfassen.
3.1.2
Losungsverfahren des APO-Moduls Network Design
Das Modul der Strategischen Netzstrukturplanung des APO der SAP AG wird Network Design genannt und stellt je zwei Planungsmethoden fur zwei Aufgabenbereiche, die Lokationszuordnung^° und das strategische Neudesign, zur Verfugung. Ausgangspunkt der Lokatlonszuordnung ist eine bereits bestehende Netzstruktur aus unterschiedlichen Standorttypen, wie aus Abblldung 3 hervorgeht, wahrend im strategischen Neudesign zusatzliche genau definierte Standorte einbezogen oder bereits bestehende aus der Planung herausgenommen werden konnen.^^
Eine Ubersicht uber verschiedene Verfahren und Anwendungsbereiche liefern Drezner/Hamacher (2004) und die darin angegebene Literatur. StiJcklisten, Mehrstufigkeit, konvergente/divergente Strukturen, Lagerbilanzgleichungen etc. Auch eine mit der Kapazitatsbereitstellung verbundene Investitionsplanung ist phnzipiell notwendig. Im APO werden alle Standorttypen (Beschaffungsorte, Produktionsstandorte, LagerorteA/erteilzentren und Bedarfsorte) als Lokationen bezeichnet. Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 217.
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
20 Beschaffungsorte/ Lieferanten
Produktionsstandorte
Lagerorte/ Verteilzentren
Bedarfsorte/ Kunden A,
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Abbildung 3:
Darstellung einer Supply Chain im Rahmen des Network Design
Fur jede von APO angebotene Planungsmethode nnussen allgemeine Rahnnenbedingungen, Bedarfs-, Transport-, Produkt- und Lokationsinfornnationen als Stannmdaten angelegt sein. Zusatzlich warden der Planungszeitraum und das Produktionsprozessmodell (PPM) der in der Planung betrachteten Produkte festgelegt.^^ Mit Hilfe des Produktionsprozessmodells werden Produktionsplane fur ein oder nnehrere Produkte unter Berijcksichtigung der Stuckliste der Produkte und der Arbeitsplandaten generiert. Es legt den Materialfluss zwischen aufeinander folgenden Produktionsstufen und die erforderlichen Kapazitatsbedarfe fest. Fur ein Produkt konnen verschiedene Produktionsprozessmodelle angelegt werden,^^ in denen auch das Aggregationsniveau der Planung festgelegt wird.^ Jede Verbindung zwischen den Standorten, d. h. die alternativen Transportwege, mijssen explizit in dem Modul aktiviert werden, damit sie in die Planung einbezogen werden konnen. Sie werden durch die entsprechenden Daten der Entfernung, der Transportdauer, durch die maximale Transportkapazitat und die Transportstuckkosten beschrieben. Produktinformationen setzen sich aus Lager-^^,
Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 218. Produktionsprozessmodelle fassen Stucklisten und Arbeitsplane (meist aus den vorhandenen ERP-Systemen) zusammen. Vgl. Patig (2004), S. 101. Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier (2000), S. 107. Lagerkosten berechnen sich aus dem Produkt von Lagerstuckkostensatz und einer durchschnittlichen vorgegebenen Lagerdauer.
Struktur von APS-Systemen
21
Handling- und Strafkosten^^ zusammen.^^ Die Spezifikation eines Standortes erfolgt iiber die Zuordnung zu einem Typ (Lieferanten-, Produktions-, Lager-ZDistributions- oder Kunden-/ Absatzort) und das Kostenprofil (Eroffnungs-, Betreibungs-, Schliefiungskosten und pauschale „worst case"- und „best case"-Kostenzuschlage).^® Folgende Planungsmethoden werden in dem APO-IVIodul der SAP AG angeboten: 1
2
Lokationszuordnung 1.1
Geographische Zuordnung ohne neue Lokationen
1.2
Kostenoptimale Zuordnung ohne Standortauswahl
Strategisches Neudesign 2.1
Geographische Zuordnung mit neuen Lokationen
2.2
Kostenoptimale Zuordnung mit Standortauswahl
Die Methoden 1.1 und 2.1 berechnen mit dem Ziel der Entfernungsminimierung die Entfernungen, die der Materialfluss durch das Supply Netz zuriicklegt. Kosten und Kapazitaten der Standorte und der Transportwege werden nicht berucksichtigt. Beim Strategischen Neudesign (2.1) konnen weitere Standorte aktiviert oder deaktiviert werden. Eine Mindest- und Maximalanzahl an Standorten in der Netzstruktur ist zudem festlegbar. Bei der kostenoptimalen Zuordnung 1.2 und 2.2 werden die Entfernungen alternativer Netzstrukturen aus den Ergebnissen der Planungsverfahren 1.1 und 2.1 nach Kostengesichtspunkten bewertet. Ziel ist die Minimierung der Transport-, Handling-, Produktions- und Lagerkosten fur das gesamte Netz. Die Methode 2.2 bezieht zusatzlich die einmaligen Eroffnungs- und Schlieftungskosten fur aktivierte oder zu schliefiende Standorte mit in die Planung em.
Handling- und Strafkosten werden auch vom Planer fest vorgegeben und dienen ais Steuerungsparameter. Die Produktionskosten werden durch das Produktionsprozessmodell festgelegt. Vgl. SAP Online-Dokumentation „Planungsergebnisse im Network Design". Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 217.
22
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
Als Losungsverfahren wird das Verfahren von Voronoi eingesetzt/° Hierbei erfolgt eine geographische Zuteilung der Kunden zu Vertriebszentren, wie in Abbildung 4 dargestellt ist.
Verteilzentrum Kunde
Abbildung 4:
Darstellung der Zuordnung von Kunden zu Verteilzentren auf Basis von Voronoi-Diagrammen^^
Mit Hilfe der bekannten nachgefragten Produktarten an den Lagerorten werden retrograd die dafijr in Frage kommenden Produktionsstandorte den Verteilzentren zugeordnet. Die deflnierten Stiicklisten geben zusatzlich vor, welche Rohstoffe von den entsprechenden Lieferanten an den unterschiedlichen Produktionsstandorten zur Verfugung stehen mussen/^ Hinter alien Methoden verbirgt sich das gleiche Vorgehen, d. h. eine Entfernungsberechnung zwischen den Beschaffungs- und Absatzorten unter Berucksichtigung der Planbedarfsmengen und der Arbeitsplane. In 1.1 und 2.1 werden die Entfernungen berechnet, dagegen in 1.2 und 2.2 zusatzlich mit Transportkosten bewertet. Die vom System empfohlene Netzstruktur ist die Alternative mit der kurzesten Entfernung oder den niedrigsten Gesamtkosten.
3.1.3
Bewertung der Losungsfahigkeit
Eine „Optimierung" der Netzstruktur erfolgt in den beiden Verfahren des APO-Moduls nur LJber die Zuordnung der Kunden zu Vertriebszentren mit Hilfe der Voronoi-Diagramme. Vor-
Vgl. SAP Online-Dokumentation „Planen mit dem Network Design". Die Gebietssektoren werden gebildet durch die Verbindung der Mittelsenkrechten der Verbindungslinien zwischen den Verteilzentren. Fur die formale Darstellung dieses Verfahrens und die Anwendung auf Transportprobleme wird auf die weiterfuhrende Literatur in Aurenhammer/Klein (2000), S. 201 ff. und S. 264 f., sowie Albers et ai. (1996), S. 365 ff., verwiesen. Vgl. Bartsch/Blckenbach (2002), S. 217.
Struktur von APS-Systemen
23
teilhaft ist hierbei neben der Einfachheit dieses geometrischen Verfahrens auch die niedrige Datenanforderung (Koordinaten der Vertriebszentren). Das Verfahren ist jedoch fur die Planung der Supply Chain-Struktur ungeeignet und keine Optimierung, da die Transportkosten nicht proportional zur Entfernung sind und alle Standorte grundsatzlich eine begrenzte Kapazitat aufweisen, die hierbei nicht beriicksichtigt wird. ^^ Zudem eignet sich dieses Verfahren nicht fiJr mehrstufige Vertriebsnetze, so dass fiir dieses Modul andere Verfahren eingesetzt werden mussen. In diesem Modul wird dem Planer lediglich im Rahmen einer Jnteraktiven Planung" die Moglichkeit eingeraumt, intuitive Verbesserungen der Struktur zu finden. Der Planer erhalt keine Entscheidungsunterstutzung, welcher geographische Ort fiir einen neuen Standort aus Entfernungs- Oder Kostengesichtspunkten geeignet ist, wenn er zuvor nicht definiert wurde/"^ Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Scoring-Modelle als Erganzung der rein quantitativ erfassbaren Entscheidungsgrundlage nicht angeboten werden. Leider entsteht bei der Beschreibung der Planungsmethoden des Moduls Network Planning des APO der SAP AG der Eindruck, dass lediglich die graphische Abbildung des gesamten Beschaffungs- und Vertriebsnetzwerkes im Vordergrund steht^^ und nicht die Optimalitat der Ergebnisse unter Einbeziehung weiterer Einflussfaktoren neben der Entfernung zwischen den Standorten. Zusammenfassend stellt das APS-System der SAP AG mit dem APO-Modul Network Design ein einziges Pianungsverfahren zur Auswahl, das zum einen eine Wahl der Berechnung der Entfernungen oder der Berechnung der entsprechenden Kosten zulasst und zum anderen andere Standortstrukturen zulasst. Auch wenn die Planung ijber Voronoi-Diagramme nicht einer Optimierung von Netzstrukturen entspricht, so wird im Ergebnis eine Netzstruktur festgelegt und die betriebswirtschaftliche Planungsaufgabe der Strategischen Netzstrukturplanung, allerdings i. d. R. nur suboptimal, gelost.
3.2
Mittelfristige Produktionspianung (Master Planning)
Ziel der mittelfristigen Produktionspianung von APS-Systemen ist die Abstimmung des Materialflusses uber die gesamte Supply Chain und alle innerbetrieblichen Produktionsstufen un-
Die Kapazitaten der Standorte gehen in die Planung nur als weiche Restriktionen ein und KapazitatsiJberschreitungen werden lediglich durch eine Warnung angezeigt. Vgi. Bartsch/Bickenbach (2002), 8. 217. Hierzu zahit etwa der Steiner-Weber-Ansatz. Vgl. Hansmann (2001), S. 108 ff. Vgi. Buxmann/Konig (2000), S. 102.
24
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
ter Berijcksichtigung der strategisch festgelegten Produktions-, Transport-, Beschaffungsund Lagerkapazitaten/^
3.2.1
Betriebswirtschaftliche Aufgabe und Losungskonzepte
Auf Basis von prognostizierten Bedarfsmengen der Absatzplanung und der festgelegten Supply Chain-Struktur sollen die zur Verfugung stehenden Kapazitaten moglichst gleichmaflig ausgelastet sein, der Lagerbestand moglichst niedrig gehalten werden und die grofitmogliche Befriedigung der Kundennachfrage (qualitativ, quantitativ und zeitlich) erreicht werden. Als Ergebnis dieses Zielkonfliktes werden Produktionsmengen fur die Teilperioden der Planungsperlode der abzusetzenden Produkte ermittelt (Master Production Schedule). Sie bilden die Grundlage der detaillierteren Produktionsplanung (Losgrofienplanung) und der Terminierung. Hierbei werden implizit Entscheidungen uber die Synchronisation/Emanzipation der Produktion und den damit verbundenen Lageraufbau''^ getroffen sowie die Lage von Kapazitatsengpassen bestimmt.^® Bei Vorliegen von Kapazitatsengpassen ist zu entscheiden, ob die Aktivitaten in fruhere Teilperioden vorgezogen, auf andere Standorte verlagert, durch Nichtbeachtung der Nachfragetermine in zukunftige Perioden verschoben werden oder gar nicht der Nachfrage gerecht geworden wird. Die mittelfristige Produktionsplanung (Master Planning) kann verglichen werden mit der Hauptproduktionsprogrammplanung, d. h. der Bestimmung von Art und Menge der zu produzierenden und abzusetzenden Produkte innerhalb eines festgelegten Planungshorizontes. Der Planungshorizont muss so gewahit sein, dass bei Vorliegen von saisonalen Schwankungen die Zyklen vollstandig betrachtet werden, da dies in der detaillierteren Ablaufplanung mit kurzeren Planungszeitraumen nicht erfullt werden kann. Losungsverfahren fur die mittelfristige Produktionsplanung sind hierbei meist Kostenminimierungsmodeile auf Basis der linearen Programmierung. Notwendige Ganzzahligkeitsbedingungen erfordern den Einsatz von gemischt-ganzzahligen Modellen, die durch Branch-andBound- Oder Branch-and-Cut-Verfahren exakte Losungen bestimmen konnen. Wegen der
Vgl. Rohde/Wagner (2005), S. 159. Weitere Grunde fur einen Lageraufbau, wie feste Bestellmengen, Sicherheitsbestande und Spekulationsbestande, werden in der Produktionsprogrammplanung nicht welter berijcksichtigt. WeiterfiJhrende Literatur in Minner (2000) und Hax/Candea (1984), 8. 125 ff. Vgl. Busch et al. (2003), S. 40.
Struktur von APS-Systemen
25
hohen Komplexitat der abzubildenden Produktionsstrukturen werden jedoch haufig relaxierende oder heuristische Verfahren zur Bestimmung des ..optimalen" Produktionsprogramms herangezogen und lediglich eine gute und zulassige Losung angestrebt, deren Optimalitat dann nicht mehr gewahrleistet ist.
3.2.2
Losungsverfahren des APO-Moduls Supply Network Planning
Das APO-Modul der mittelfristigen Produktionsplanung (Supply Network Planning) der SAP AG liefert unter Berucksichtigung der gesamten Supply-Netz-Strukturen und den damit verbundenen Standortbeziehungen Plane fur die Bereiche Beschaffung, Produktion, Distribution und Absatz/^ Der Planungslauf des APO-Moduls Supply Network Planning ist in Abbildung 5 dargestellt und beginnt mit der Festlegung aller relevanten Stammdaten, die fur das Entscheidungsmodell herangezogen werden mussen, und der Wahl des Verfahrens.
Vgl. Buxmann/Konig (2000), S. 105.
26
Advanced Planning and Scheduling-Systeme R/3 Stammdaten Data Warehouse/ Dennand Planning
Zusammenstellung der Stammdaten und der Netzstruktur/Festlegung des Planungsumfangs
C/) c
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Supply Network Planning-Planungslauf • • • •
optimierungsbasierte Planung heuristikbasierte Planung Bedarfs- und Bestandspropagierung Capable-To-Match Planung
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Interaktive Planung/ Sicherheitsbestandsplanung
Production Planning/ Detailed Scheduling
Abblldung 5:
Ablauf der Mittelfristigen Produktionsplanung (Supply Network Plannmg)®°
Zu den Stammdaten zahlen umfangreiche Daten zu Standorten, Produkten, Ressourcen, Transportbeziehungen (Produktionsprozessmodell) und die Festlegung des Planungsumfanges (Detaillierungsgrad, Planungshorizont, Planungsverfahren). Bei der Ubergabe der Ergebnisse der Absatzplanung (Demand Planning) an die Mittelfristige Produktionsplanung muss eine Anpassung der Planungsperioden, der Produkte und der Kapazitatsstrukturen erfolgen. Diese wird lediglich mit festen VerteilungsschliJsseln (fixed-weight Disaggregation) vorgenommen. Unter Verwendung der in der Strateglschen Netzstrukturplanung festgelegten Standortstrukturen fur die gesamte Supply Chain erfolgt die mittelfristige Produktionsplanung.
In Aniehnung an Bartsch/Bickenbach (2002), 8. 142.
Struktur von APS-Systemen
27
Die Planungsmethoden des APO-Moduls zur Mittelfristigen Produktionsplanung (Supply Network Planning) erstrecken sich auf die „optimierungsbasierte Planung" (lineare oder gemischt-ganzzahlige Programmierung), -
die „heuristikbasierte Planung",
-
die „Bedarfs- und Bestandspropagierung" und
-
die "Capable-To-Match (CTM)-Planung".
Der „optimierungsbasierten Planung" liegen die Verfahren der linearen (Simplex-Verfahren) und der gemischt-ganzzahligen Programmierung (Branch-and-Cut-Verfahren®^) zugrunde, je nachdem, ob Ganzzahligkeitsbedingungen berijcksichtigt werden sollen. Ziel der ..optimierungsbasierten Planung" 1st die Gesamtkostenminimierung. Die Gesamtkosten setzen sich folgendermaden zusammen:®^ Variable Produktions-, Beschaffungs-, Lager- und Transportkosten, -
Kosten fur die Erhohung der Produktions-, Lager- und Transportkapazitaten (Strafkosten bei Verletzung der Kapazitatsrestriktionen), Kosten fur die Verletzung des Sicherheitsbestandes und Kosten fur die Fehllieferung (Nichtlieferung oder verspatete Lieferung).
Die Gesamtkosten des optimalen Produktionsprogramms sollen minimal sein unter Berucksichtigung von begrenzten Produktions-, Lager- und Transportkapazitaten, einem festgelegten Sicherheitsbestand, Mindest- und Maximallosgroflen und den StiJcklistenstrukturen.®^ Des Weiteren kann die Bedeutung der Kostenkomponenten (in Abbildung 6 als P1 bis P11 bezeichnet) durch Gewlchtungsfaktoren variiert werden.
Das Branch-and-Cut-Verfahren ist eine Kombination des Branch-and-Bound-Verfahrens mit der Cutting Plane-Methode, d. h. durch Einfuhrung von Schnittebenen im Rahmen eines Preprocessing wird der Losungsraunn, in dem das Branch-and-Bound-Verfahren nach Losungen sucht, grob eingegrenzt. Dieses Vorgehen fuhrt somit schneller zur optimalen Losung, da eine Vielzahl von Verzweigungen des Entscheidungsbaumes ausgeschlossen wird. Vgl. Suhl/Waue (2004), S. 39 f. Vgl. Dickersbach (2004), S. 79. Vgl. Dickersbach (2004), S. 77.
28
Advanced Planning and Scheduling-Systeme 6.21%.97% 6.21% 10.56%
16,15%
8.70%
Abbildung 6:
Parametergewichtung im Supply Network Planning^
Die Zielfunktion in dem optimierungsbasierten Planungslauf setzt sich zusammen aus den Produktionskosten der Produkte an den unterschiedlichen Produktionsstandorten in den Teilperioden und den Beschaffungskosten fur die hierfur benotigten Inputfaktoren. Transportkosten fallen sowohl fur die Produktionsmengen von den Produktions- zu den Lagerorten als auch von den Lager- zu den Absatzorten an. Zudem entstehen Strafkosten fur die Nichtlieferung. Lagerkosten werden auf die entstehenden Lagerbestande an den Lagerorten bezogen. Die ubrigen Kostenkomponenten beschreiben die Strafkosten fur die Verletzung der oben angegebenen begrenzten Kapazitaten und der Sicherheitsbestandsbedingung. Die zu beachtenden Nebenbedingungen sind zunachst die Kapazitatsbedingungen. Im APOModul werden sie standardmaflig „weich" formuliert, d. h. eine Verletzung der Restriktionen ist moglich, geht jedoch mit Strafkosten in die Zielfunktion ein und verschlechtert den Zielfunktionswert. Vorteil dieser Formulierung ist die Garantie einer Losung des Modells, die jedoch u. U. nicht kapazitativ zulassig ist. Die Hohe der Verletzung hangt zudem entscheidend von der Bemessung der Strafkosten ab und ist vom Planer subjektiv steuerbar.
SAP Online-Dokumentation ..Optimierer in der interaktiven Planung ausfuhren".
Struktur von APS-Systemen
29
Durch Lagerbilanzgleichungen werden die Produktions-, Lager- und (tatsachlichen) Absatzmengen miteinander verknupft. An jedem Lagerort muss der Lageranfangsbestand zuzuglich der gelieferten Produktionsmengen abzuglich der abgehenden (tatsachlichen) Absatzmengen dem Lagerendbestand entsprechen. Die Verknupfung der Inputfaktoren mit den Produktionsmengen erfolgt uber StiJcklistenbedingungen. Eine Sicherheitsbestandsbedingung fordert in jeder Teilperiode eine Mindesthohe des Lagerbestandes, die jedoch unterschritten werden darf. In der Zielfunktion geht wiederum die Hohe und nicht das Ereignis der Verletzung in Form von Strafkosten ein. Die „optimierungsbasierte Planung" des APO-Moduls zur Mittelfristlgen Produktionsplanung (Supply Network Planning) berechnet aufierdem Losgroflen, indem fur die Produktionsmengen Mindest- und Hochstgrenzen festgelegt werden. Dieses Vorgehen entspricht jedoch nicht der klassischen Berechnung von Losgroflen durch Minimlerung von Lager- und Rustkosten. Die explizite Betrachtung von Transportkosten erfordert die Einfuhrung von Stromgrofien neben den Bestandsgroden an den jeweiligen Standorten. Eine formale Darstellung des Entscheidungsmodells ist im Anhang A.1 gegeben. Die gemischt-ganzzahlige ..optimierungsbasierte Planung" basiert auf dem gleichen Modell der linearen Programmierung, wobei die Produktionsmengen und die Kapazitatsvariablen als ganzzahlige Integer-Varlablen definiert werden konnen. Die Losung wird mit Hilfe des Branch-and-Cut-Verfahrens berechnet.®^ Bei der heuristikbasierten Planung wird im Gegensatz zur Optimierung keine Zielfunktion zur Bewertung von Produktionsplanen aufgestellt. In dem Heuristiklauf werden die einzelnen zuvor ermittelten Bedarfe fur die freigegebenen Produktions-, Lager- und Absatzorte zu einem Gesamtbedarf fur die Periode zusammengefasst. Anschlieflend werden die gultlgen Bezugsquellen, die bereits in der Netzstrukturplanung des APO-Moduls Network Design festgelegt wurden, und die prognostizierte Menge aus der Absatzplanung (Demand Planning) auf der Basis von vordefinierten Prozentsatzen (Quotierungen) fur jede Bezugsquelle Oder Beschaffungsprioritaten fur Transportbeziehungen ermittelt. Mit Hilfe des Kapazitatsabgleichs kann der Anwender anschliedend den unzulassigen Plan anpassen und einen „durchfuhrbaren" Plan erstellen. Diese Art der Planung ist somit eine restriktionslose Zutei-
Vgl. Fuftnote81.
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Advanced Planning and Scheduling-Systeme
lung der prognostizierten Bedarfsmengen, die keinen Anspruch auf Zulassigkeit der Losung und Optimalitat hat, da kein Zielkriterium definiert wind. Durch die Zusammenfassung der Teiiperiodenbedarfe zu einem Gesamtbedarf kann nicht einnnal eine Beschaftigungsglattung zwischen den Teilperioden durch den Kapazitatsabgleich erreicht werden. Ansonsten kann der Planer nur an jedem Standort einzein einen Abgleich durchfiihren. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass durch die Zusammenfassung auch die Zuordnung zum ursprunglichen Einzelbedarf und eine priorisierte Einplanung von Bedarfen nach einem Kundenwert nicht mehr moglich ist. Die heuristikbasierte Planung wird daher von der SAP AG als „korrekturbasierter Planungsprozess" verstanden.^^ Die „Bedarfs- und Bestandspropagierung", die als weitere Planungsmethode im APO-Modul zur Mittelfristigen Produktionsplanung eingesetzt werden kann, ist Bestandteil der interaktiven Planung.®^ Hierbei werden entweder die Ergebnisse der ..heuristikbasierten" oder die Ergebnisse der ..optimierungsbasierten Planung" analysiert und die Warnungen bei Verletzung von Restriktionen bearbeitet, d. h. interaktiv etwa zusatzliche Produktionsauftrage generiert.^® Die „Capable-To-Match-Planung" beinhaltet die Formulierung einer Suchstrategie zur Zuordnung von Produktmengen zu Bedarfsmengen unter Berucksichtigung von Prioritaten und Restriktionen.®^ Bedarfsmengen werden nach zuvor festgelegten Prioritatskennziffern priorisiert^° und sukzessive unter Berucksichtigung der Nebenbedingungen eingeplant. Sobald nach dieser Reihenfolge Restriktionen voll ausgeschopft sind, kann der Planer diese Bedingungen verandern oder als Losung ubernehmen. Wenn Kapazitaten nicht mehr ausreichen, bleibt der Bedarf ungedeckt. Hierbei werden keine Kosten beriJcksichtigt und die Losung hat keinen Anspruch auf Optimalitat, da kein Zielkriterium definiert wird.^^ Da bei keiner Planungsmethode die Zulassigkeit der Produktionsplane garantiert werden kann, muss nach dem SNP-Planungslauf der Kapazitatsabgleich durch die interaktive Pla-
Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 144. Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 148. SAP Online-Dokumentation „Bedarfs- und Bestandspropagierung". Vgl. Dickersbach (2004). S. 85. Prioritaten konnen sich auf Kundenauftrage (einzein definierte Absatzorte) oder auf Produkte beziehen. Der Umgang mit auftretenden Konflikten zwischen diesen Prioritaten wird nicht weiter beschrieben. Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 154 f.
Struktur von APS-Systemen
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nung und Sicherheitsbestandsplanung vom Planer vorgenommen werden. Urn Oberlastungen von Ressourcen zu beseitigen, kann der Planer zwischen folgenden Alternativen wahlen: Bedarfsmengen werden im Plan zeitlich in vorherige oder nachfolgende Teilperioden verschoben, -
die zur Verfugung stehenden Kapazitaten werden in den Stammdaten ausreichend erhoht (z. B. weitere Maschine einplanen oder aber die Intensitat erhohen), Bedarfsmengen werden von anderen Lokationen bedient, die nicht in der Zuordnung aus dem Network Design vorgesehen waren. Die hierbei notwendigen Umlagerungen werden als Deployment bezeichnet.
Nicht als fester Bestandteil sondern als Zusatzschritt wird die Sicherheitsbestandsplanung gesehen. Hierbei werden zur Berechnung der Hohe und der Lage des Sicherheitsbestandes, welcher Unsicherheiten beziiglich des Angebots (Beschaffungszeiten, Produktionsausfalle) Oder der Nachfrage ausgleichen soil, folgende Methoden zur Auswahl gestellt, entweder die Standardmethode oder die en/veiterte Methode. Bei der Standardmethode wird durch den Planer im Rahmen der interaktiven Planung ohne BeriJcksichtlgung des Prognosefehlers ein Erfahrungswert festgelegt. Der Planer setzt entweder in der Losgrofle einen festen Sicherheitsbestand an, statisch als Zuschlag auf die Losgrofle, oder gibt einen Meldebestand an, bei dessen Unterschreitung eine Warnung erzeugt wird, die der Planer durch einen Bestellauftrag bestatigen kann. Andererseits kann der Planer auch die gewunschte Sicherheitsreichweite festlegen, aus der auf Basis des durchschnittlichen Lagerabgangs in einem festgelegten Zeitraum ebenfalls statisch eine feste Sicherheitsmenge berechnet und auf die Losgrode aufgeschlagen wird. Als dynamisch wird die Sicherheitsreichweite bezeichnet, wenn eine statische Meldezeit vom Planer vorgegeben wird, nach der automatische Warnungen erzeugt werden. Kombinationen dieser Verfahren sind ebenfalls moglich, wobei aus den berelts beschriebenen Methoden hervorgeht, dass pauschale Werte fiir den Sicherheitsbestand festgelegt werden, die stochastische Einflussgrofien und Verteilungen nicht berijcksichtigen. In der erweiterten Sicherheitsbestandsplanung wird der Lieferbereitschaftsgrad als einheitsloser Wert festgelegt und entsprechend des gewahlten a- oder p-Servicegrades interpretiert.
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Advanced Planning and Scheduling-Systeme
Bei fehlmengenereignisorientierter (a-Servicegrad) Planung wird der Wert als x % der Perioden innerhalb eines Zeitraumes ohne Fehlmengen interpretiert, wahrend bei der Fehlmengen-Orientierung (p-Servicegrad) der Wert als x % der befriedigten erwarteten gesamten Kundennachfrage innerhalb eInes Planungszeitraumes interpretiert wird. Festzuhalten ist hierbei, dass Sicherheitsbestande auf Basis von durch den Planer festgelegten Servicelevein berechnet werden konnen.^^ Abschlleflend werden nach der interaktiven Planung und der Sicherheitsbestandsplanung die Ergebnisse der Mittelfristigen Produktionsplanung als Vorgabe der Losgroflen- und Ablaufplanung weitergegeben.
3.2.3
Bewertung der Losungsfahigkeit
Im SNP-Modul des APO wird im Rahmen der „optimierungsbasierten Planung" versucht, ein Gesamtkostenminlmum uber die gesamte Wertschopfungskette zu finden, welches sich hauptsachlich aus Produktions-, Beschaffungs-, Lager- und Transportkosten zusannmensetzt. Deren Beriicksichtigung in einem einzigen Modell erfordert sehr starke Vereinfachungen, damit eine Losung in angemessener Zeit noch berechnet werden kann. Dies wird durch die Betrachtung von Globalkapazitaten auf alien Ebenen der Supply Chain erreicht. Zudem kann nicht mehr von Kosten gesprochen werden, da sowohl die geschatzten Strafkosten fur die Verletzung von Restriktionen als auch die subjektive Kostengewichtung der Kostenkomponenten nicht dem wertmafligen Kostenbegriff entsprechen und somit eher die Funktion von Steuerparametern haben. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Berucksichtigung der Transporte. Die Verbindungen zwischen zwei Standorten werden in der Strategischen Netzstrukturplanung festgelegt und fur die Mittelfristige Produktionsplanung im Rahmen des APO-Moduls Supply Network Planning freigegeben. Eine Transportoptlmierung im eigentlichen Sinne durch Minimierung der Weglange Oder nach kiirzester Lieferzeit findet damit nicht statt, sondern fijhrt lediglich zu einer Aufblahung des Modells durch zusatzliche Stromvariablen neben den Bestandsvariablen. Die hieraus resultierenden hohen Rechenzeiten bei realen Problemen konnen ausgeglichen werden,
Vgl. Gunther/Tempelmeier (2004), S. 251 f.
Struktur von APS-Systemen
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indem eine Zeit-, Produktdekomposition oder die ..Aggregation"^^ vorgeschlagen wird, d. h. nur ein definierter Ausschnitt geplant wird. Die Problematik der Zusammenfuhrung von Teiloptima und die NichtberiJcksichtigung von Verbundeffekten zwischen dekomponierten Teilproblemen wird nicht weiter betrachtet und fijhrt zu suboptimalen Gesamtergebnissen oder unzulassigen Produktionsplanen. Abschliefiend ist festzuhalten, dass durch die ..weiche" Formulierung der Restriktionen unzulassige Produktionsplane mit einer Zielfunktion bewertet und fur die folgenden Planungsstufen, der Losgroflen- und Ablaufplanung sowie der Transportplanung, freigegeben werden konnen. ..Optimaie" Produktionsplane der SNP-Pianung des APO-IVIoduls hangen somit hauptsachlich von Strafkosten und Gewichtungsfaktoren ab, die der Planer subjektiv bestimmen kann. Angeblich soil der Planer eine Priorisierung der Kundenauftrage vornehmen konnen, jedoch geht aus der Problembeschreibung und der Modellformulierung nicht hervor, dass ein Bezug zwischen den Produktions-, Lager- und Absatzmengen sowie dem Kundenauftrag besteht. Die Zuordnung erfolgt daher erst in einem zweiten Schritt und nicht im Rahmen der optimierungsbasierten Planung. Ein weiterer Kritikpunkt an dieser Planungsmethode liegt darin, dass durch die SAPspezifische Benennung von Produktionsmengen-Grenzen als Losgrofien das Verfahren keine Abstimmung der entscheidungsrelevanten gegenlaufigen Lager- und Rustkosten zur Bestimmung optimaler Losgroflen vornimmt. Es werden daher weder ..advanced" noch klassische Verfahren der Losgroflenplanung eingesetzt. Vielmehr wird durch die Bezeichnung von festen Produktionsmengen als Losgroden der falschliche Eindruck der integration der Losgroflenoptimierung in die Mittelfristige Produktionsplanung beim Planer enA/eckt. Die „heuristikbasierte Planung" ist eine restriktionslose Zuteilung der prognostizierten Bedarfsmengen, die keinen Anspruch auf Zulassigkeit der Losung und Optimalitat hat, da kein Zielkriterium definiert wird. Mit der Zusammenfassung von Teilperiodenbedarfen zu einem Gesamtbedarf kann die Beschaftigungsglattung zwischen den Teilperioden nicht geplant Oder nur standortspezifisch durchgefuhrt werden.
Hierbei handelt es sich nicht urn eine Zusammenfassung. sondern nur um eine Planung eines Ausschnitts des gesamten Planungsproblems. Vertikale aggregierte Planung beschrankt sich auf die Planung aller Produkte nur einer Produktgruppe, wahrend die horizontale aggregierte Planung sich auf Standortebene bezieht.
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Advanced Planning and Scheduling-Systenne
Sowohl die „Bedarfs- und Bestandspropagierun^' als auch die „Capable-To-Match-Planung" stellen heuristische Zuordnungsstrategien von Produktions- und Bedarfsmengen dar. Da diese Planungsverfahren, ahnlich wie die interaktive Planung, keine theoretische Grundlage und keinen ..Optimierungsanspruch" haben, werden sie nicht weiter betrachtet. Zusammenfassend stellt das APS-System der SAP AG mit dem APO-Modul Supply Network Planning eine Vielzahl an Planungsverfahren zur Auswahl, wobei lediglich die ..optlmierungsbasierte" und die ..heuristikbasierte Planung" Entscheidungsmodelle darstellen. Auch wenn der Einsatz von linearen und gemischt-ganzzahligen Planungsmodellen einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Planung im Vergleich zu heuristischem Vorgehen darstellt, so lassen sich noch deutliche Schwachen erkennen, die die Entwicklung eines eigenen Ansatzes erfordern. Letztlich wurde durch dieses Modul nur grundsatzlich die betriebswirtschaftliche Planungsaufgabe der mittelfrlstigen Produktionsplanung aufgegriffen und gelost.
3.3
LosgroHen- und Ablaufplanung (Production Planning and Scheduling)
Auf Basis eines Produktionsprogramms (Master Production Schedule) aus der Mittelfrlstigen Produktionsplanung (Master Planning) ist das Ziel der Losgroflen- und Ablaufplanung die Generierung detaillierterer und ablaufplanerisch zulassiger Produktionsplane. In APSSystemen wird hierunter die zeitliche Einplanung von Produktionsauftragen auf die zur Verfugung stehenden Kapazitaten der einzelnen Produktionsstufen verstanden.^
3.3.1
Betriebswirtschaftliche Aufgabe und Losungskonzepte
Die Aufgaben dieser mittel- bis kurzfristigen Planungsstufe lassen sich in das Modul fur die Losgroflenplanung (Production Planning) und in das Modul fur die Ablaufplanung (Scheduling) aufteilen. Aufgabe des APS-Moduls Production Planning ist die Bestimmung von Losgroften. Losgrofien beschranken sich jedoch unter Berucksichtigung der gesamten Supply Chain nicht nur auf Produktionslose sondern auch auf die Frage, wie viele Einheiten eines Gutes als zusammenhangender
Posten (Los) beschafft
(Beschaffungslosgrofie)
bzw. transportiert
(Transportlose) werden sollen. Bei mehrstufigen Produktionsprozessen besonders in der Sorten- und Serienfertigung sind fur jede Stufe Produktionslose zu bestimmen und unterein-
Vgl.Buschetal. (2003), 8.41.
Struktur von APS-Systemen
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ander abzustimmen.^^ Ziel der meisten Losungskonzepte ist die Minimierung von gegenlaufigen Kostenkomponenten (losfixe Auflage-ZBestell- Oder Transportkosten und variable Lagerkosten), bei der weder die einmalige noch die bedarfssynchrone Beschaffung, Lieferung Oder Fertigung von Gutern zur Deckung des auftretenden Bedarfes wirtschaftlich ist.^^ In diesem Zusammenhang sind Probleme der Uberschneidungsfreiheit der Produktionspiane (Lossequenzproblem) sowie reihenfolgeabhangiger Rustkosten zu losen, die im direkten Zusammenhang mit der Ablaufplanung stehen und damit eine vollstandig isolierte Betrachtung der Losgrofienrechnung und der Ablaufplanung nicht zulassen. Planungsverfahren, die diesen Problembereich zu losen versuchen, sind vielfaltig und lassen sich zum einen in statisch-deterministische, dynamische und stochastische Ansatze unterscheiden. Zum anderen konnen die Verfahren in mathematisch-exakte oder heuristische eingeteilt werden, die ein- oder mehrstufige Supply Chain-Strukturen abbilden konnen. Unter der Ablaufplanung ist die Festlegung der Bearbeitungsreihenfolge von Auftragen in den einzelnen Stufen eines mehrstufigen Produktionsprozesses bzw. einer Supply ChainStruktur zu verstehen. Hierdurch werden auf Basis produktspezifischer Arbeitsplane die Bearbeitungstermine der Auftrage in den verschiedenen Stufen und die einzusetzenden Kapazitaten festgelegt. Zudem schliedt die Ablaufplanung auch die Bestimmung der Abfolge der Arbeitsoperationen ein, d. h. ob Vorgange zeitlich parallel oder sequentiell unter Berucksichtigung technischer Vorgaben durchzufuhren sind. Die Losungskonzepte der Ablaufplanung sind vielfaltig und z. T. auch fur reale Problemgro(len nicht losbar. Grundsatzlich steht in der Ablaufplanung die Bestimmung eines kostenminimalen Produktionsablaufes im Vordergrund. Viele Verfahren optimieren Ersatzziele, wie z. B. Minimierung der Durchlaufzeiten der Auftrage, Minimierung ablaufbedingter Maschinenstillstandszeiten, gleichmaflige Auslastung oder Minimierung der Verzugszeiten.
Vgl. Meyr/Wagner/Rohde (2005), S. 110. Vgl. Bogaschewsky (1996), 8. 1142.
36
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
Da zwischen diesen Zielen Zielkonflikte bestehen, existieren im Bereich der Ablaufplanung Kombinationen aus den Verfahren mit multikriteriellen Zielsetzungen.^^
3.3.2
Losungsverfahren des APO-Moduls Production Planning/Detailed Scheduling
In dem APO-System der SAP AG werden die beiden betriebswirtschaftlichen Aufgabenbereiche der Losgroflen- und Ablaufplanung in einem Modul ..Production Planning/Detailed Scheduling" (PP/DS) zusammengefasst.^® Aufgabe des APO-Moduls PP/DS ist die ..sekundengenaue" Bestimmung der Auftragsstart- und Endtermine sowie die werksubergreifende Ressourcenbelegungsplanung^^ im kurzfristigen Planungshorizont auf Basis des lang- bis mittelfristigen aggregierten Produktionsprogramms der Mittelfristigen Produktionsplanung (SNP-Planung).^°° Die Vorgehenswelse der Disaggregation, bzw. die Verteilung der Mengenanteiie eines aggregierten Clusters (Produktfamilien, Maschinengruppen, Zeitintervalle) etwa iJber feste Verteilungsschlussel. ist vor dem Beginn der Planung zu definieren.
Vgl.Adam(1990), S. 695. Vgl. Buxmann/Konig (2000), S. 107. Die SAP AG ubersetzt dieses Modul nnit „Produktionsplanung und Terminierung". Die verwendete Bezeichnung weicht von der Terminologie in der Betriebswirtschaftslehre ab. da in dem APO-System die Losgroftenplanung als Produktionsplanung bezeichnet wird, diese jedoch neben der Terminierung in der PPS-Struktur nur einen Teilplan der Produktionsplanung darstellt. Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier (2000), S. 121. Vgl. Bartsch/Blckenbach (2002), S. 155. Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier (2000), S. 125.
Struktur von APS-Systemen
37
In Abbildung 7 ist der Ablauf der Planung mit dem APO-Modul PP/DS dargestellt:
Bestimmung des Planungsumfangs/ Zusammenstellung der Stammdaten und Ubemahme des mittelfristigen Produktionsprogramms (SNP)
Prijfung des Produktionsprogramms - Pegging - LosgroBenberechnung - Reichweitenberechnung
D
CD
I—»•
o
^.
Q. C
CD" Q.
o"
o PP/DS-Planungsiauf -Optimierung
CD
- l-leuristische Methoden
C _
-
5
Produktionsplanung Feinplanung Serienfertigung Modell-IVIix-Planung, Kombination von - Heuristiken und - Restriktionen
Ubergabe der kurzfristigen Produktionsplane an die Produktionssteuerung des operativen ERP-Systems
Abbildung 7:
Ablauf der Losgroden- und Ablaufplanung (Production Planning/Detailed Scheduling)
Mit der Zusammenstellung der Stammdaten (Planungshorizont, Standorte, Produkte, Arbeitsplane etc.) und der modulspezifischen Einstellungen (Produktionsprozessmodell, Layout der Visualisierung, Regeldefinition fur Ausnahmesituationen etc.) wird der Planungsumfang festgelegt. Aus der Mittelfristigen Produktionsplanung (SNP-Planung) werden Auftrage bzw. die aggregierten Produktionsmengen in die Losgrofien- und Ablaufplanung (PP/DS) ubertra-
38
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
gen.^°^ In dem folgenden Schritt erfolgt eine zeitliche Einplanung aller freigegebenen Auftrage (bei Kundenauftragsfertigung) oder Planauftrage (bei kundenanonymer Fertigung), die mit dem Starttermin in den Planungshorizont fallen. Hierbei fliefien als Stammdaten sog. Grundfunktionen in die Terminierung ein. Hierzu zahlen -
Pegging, Losgrodenberechnung und Reichweitenberechnung.
Unter Pegging wird die „Brutto-Netto-Rechnung" verstanden, d. h. die Bestimmung der Bedarfszeitpunkte vorgelagerter Produktions- und Lagerstufen unter Beriicksichtigung der StiJcklistenstruktur und des ..Brutto- und Nettobedarfes".^°^ Zur Eriauterung liefert die SAP AG die Abbildung 8.
Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 156. Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 157 f. In die Bestimmung des Nettobedarfes kann zudem ein Ausschusskoeffizient als prozentualer Zuschlag einflielien. Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier (2000), S. 127.
Struktur von APS-Systemen
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Nachfrage/ Absatzort
Lagerung/ Lagerort
Produktion/ Produktionsstandort
Bestellung/ Bezugsort
Abbildung 8:
Mehrstufige Zuordnung von Bestellmengen zu Kundenauftragen (Pegging)^"^
In dieser Abbildung werden zum einen nicht Vorlaufverschiebungen abgebildet, da der Periodenbezug fehlt. Es werden somit unendliche Liefer-, Produktions- und Umlagerungsgeschwindigkeiten angenommen. Zum anderen konnen Zustande der Uber- und Unterdeckung nicht ein zulassiges bzw. optimales Ergebnis der Mittelfristigen Produktionsplanung darstellen, es sei denn, Restriktionen wurden verletzt oder heuristische bzw. regelbasierte Verfahren wurden in der SNP-Planung eingesetzt. Das Pegging bietet damit zwar die Moglichkeit der heuristischen Zuordnung von z. B. Lagermengen aus anderen Lagerorten zu nicht gedeckten Absatzorten, zu denen im Rahmen der Strategischen Netzstrukturplanung keine Beziehungen definiert wurden. Die nachtragliche Anderung bestehender Produktions- und Lieferplane fiihrt jedoch i. d. R. zu Anderungen in der gesamten Supply Chain, deren Auswirkungen ein Planer allein nicht ijberschauen kann. Der wesentliche Vorteil des Pegging liegt jedoch in der groben fruhzeitigen Abschatzung von Unzulassigkeiten der Mittelfristigen Produktionsplanung in einenn kurzfristigeren Betrachtungszeitraum. Die Losgroflenberechnung
liefert neben der Festlegung einer festen Losgrofle in den
Stammdaten fur das APO-Modul PP/DS die Moglichkeit der Definition einer exakten Losgrofle Oder Rundungen. Die exakte Losgrofle entspricht in diesem APO-Modul einenn Produkti-
SAP Online-Dokumentation „Pegging-Struktur".
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Advanced Planning and Scheduling-Systeme
onsauftrag bzw. einer Bestellung, die fur einen festgelegten Planungsbereich der Differenz aus Lagerbestand und zu erwartender Unterdeckung entspricht. ^^ Bei der Rundung werden Auftragsmengen entweder bei Unterschreitung eines Schwellenwertes auf eine definierte Mindestmenge aufgerundet Oder auf die nachst kleinere feste Losgrofle abgerundet. Es wird deutlich, dass in diesem Modul keine Uberlegungen zur Berechnung optimaler Losgroflen unter Berucksichtigung von Rust- und Lagerkosten angestellt werden. Problematisch ist hierbei aulierdem, dass bei der Planung Losgroflenheuristiken eingesetzt werden, die nicht konsistent mit den Einstellungen in den Stannmdaten sind und zu Konflikten fijhren konnen. Die Reichweitenberechnung ist eine weitere Grundfunktion, die jedoch lediglich die Funktion hat, bei Unterschreitung einer definierten und in den Stammdaten festgelegten Mindestreichweite einen Warnhlnweis zu erzeugen. Der Planer hat auf Basis dieser Information die Moglichkeit, einen zusatzlichen Auftrag zu generierenJ°^ Fur den PP/DS-Planungslauf werden neben der „Optimierung" verschiedene heuristische Methoden zur Verfugung gestellt. Die „Optimierung" im Rahmen des Moduls PP/DS bezieht sich auf die Bewertung von heuristisch erzeugten Auftragsreihenfolgen und Ressourcenzuordnungen (z. B. durch einen Genetischen Algorithmus) durch eine Zielfunktion.^°^ Das von der SAP AG in denn APO-Modul PP/DS vorgestellte Optimierungsverfahren wird in der Entscheidungstheorie zu den Heuristiken gezahit, da das exakte Optimum des mathematischen Modells nicht berechnet wird. In der SAP-Terminologie werden jedoch alle Methoden, die explizit eine Zielfunktion verwenden, als Optimierungsverfahren bezeichnet und alle anderen als Heuristiken.^°^ Folgende Kriterien werden in die Zielfunktion gewichtet einbezogen: -
Totale Durchlaufzeit, Rijstzeiten, Rijstkosten,
-
Verspatungskosten und Moduskosten.
Vgl. Dickersbach (2004), 8. 149 und 156 f. Vgl. Buxmann/Konig (2000), 8. 107. Vgl. Dickersbach (2004), S. 213. 107
Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier(2000), S. 121.
Struktur von APS-Systemen
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Die Zielfunktion ist damit die Summe aus verschiedenen gewichteten^°® Zeiten und Kosten. Die Wahl der „optimalen" Auftragsreihenfolge und Maschinenbelegung richtet sich nach dem niedrigsten Zielfunktionswert.^°^ Nebenbedingungen sind Arbeitszeiten (d. h. Einplanungen dijrfen nur nach dem Schichtkalender vorgenommen werden) und Fertigstellungstermine, die jedoch uberschritten werden diJrfen, aber mit Strafkosten belegt werden.^^° Mit diesem Verfahren ist es dem Planer z. B. moglich, Rustzeiten und -kosten gleichzeitig zu „minimieren". Die Summe aus Zeitangaben und Geldeinheiten kann gebildet werden, indem Rustzeiten in Sekunden als dimensionsloser Wert zu den entsprechenden Rustkosten ohne IVIafieinheit addiert werden. Somit wurden Rustkosten von 60 der Rustzeit von einer Minute entsprechen. Hieraus geht hervor, dass eine Reihenfolge mit Rustzeiten von einer IVIinute ohne Rustkosten genauso vorteilhaft ist, wie eine Reihenfolge ohne Rustzeit und 60 Einheiten Rustkosten (vorausgesetzt, die anderen Einflussfaktoren gehen nicht mit in die Zielfunktion ein). Die Berijcksichtigung von Verspatungskosten setzt eine subjektive Bewertung der Verspatungsdauer voraus, die schwer durchzufuhren ist und sich nach den definierten Auftragsprioritaten richtet. In die Zielfunktion konnen entweder die Summe der Verspatungskosten Oder die maximalen Verspatungskosten eines einzelnen Auftrages eingehen. Die Moduskosten^"*^ eines Auftrags setzen sich wie folgt zusammen: Moduskosten = fixe Kosten + variable Kosten * Aktivitatsdauer Durch die Umplanung einer Aktivitat eines Auftrags auf eine andere kostengunstigere Ressource konnen abhangig von der sich andernden Bearbeitungsdauer die Moduskosten sinken. Fur Engpassressourcen kann vorab die gleiche ..Optimierung" der Auftragsreihenfolge auf diesem Aggregat vorgenommen werden (Kampagnenoptimierung), die dann fur die Gesamtplanung fixiert wird.
^°®
Hierbei handelt es sich nicht urn die kostenmafiige Bewertung von Zeitkriterien, sondern urn die Gewichtung von ..Optimierungskomponenten". Z. B. konnen Rustzeiten starker als Durchlaufzeiten Oder Rustkosten geringer als Verspatungskosten gewichtet werden.
^°^
Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 160.
^^°
Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 161 f.
^"
Ein Modus ist die explizite Definition der mogiichen Zuordnungen von Auftragen auf Maschinen. Hierbei konnen zusatzlich bei mehreren alternativen Maschinenbelegungsmoglichkeiten Prioritaten festgelegt werden.
42
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
Neben der ..Optimierung" werden weitere heuristische Verfahren zur Losung verschiedener Planungsaufgaben in dem APO-Modul PP/DS angeboten, auf die kurz eingegangen werden soil. HIerzu zahlen Produktionsplanung, Feinplanung, Serienfertigung und Modell-Mix-Planung. Die Produktionsplanung enthalt Losgroflenverfahren, wie den Stuck-Perioden-Ausgleich Oder das Least-Unit-Costing-Verfahren^^^, die als einzlge Heuristiken auf einer Kostenbetrachtung beruhen.^^^ Die Verfahren werden sowohl fur die Bestimmung von Produktionslosen als auch fur die Generierung von Beschaffungsvorschlagen verwendet.^^"* In der Feinplanung werden alle Auftrage ausgehend von dem Wunschstart- oder Endtermin vorwarts bzw. rijckwarts unter BeriJcksichtigung der Ressourcenverfijgbarkeit der zeltlichen (Vorgangsreihenfolge) und der strukturellen (Verfugbarkeit von Inputfaktoren) Anordnungsbeziehungen eingeplant. Verletzungen der Zeit- oder der Kapazitatsrestriktionen werden durch Warnungen angezeigt. Auf Basis der Zuordnung von Auftragen auf die Teilperioden konnen innerhalb dieser Intervalle eine Durchlaufzeitreduzierung oder eine Reihenfolgeplanung durchgefuhrt werden, wobei in der Beschreibung keine HInweise auf die Vorgehensweise gegeben werden. Kritisch anzumerken ist, dass Auftrage nicht schon bei der Elnplanung nach definierten Regeln^^^ auf die Maschinen eingelastet werden. Bei diesem Vorgehen werden grundsatzlich immer die Auftrage sicher eingeplant, deren Wunschstartternnine am Anfang der Teilperiode liegen und erst in einem zweiten Schritt werden Umplanungen der Reihenfolge vorgenommen. Die Heuristiken in der Serienfertigung betrachten nur eine Produktionsstufe (bei mehreren Stufen nur die Letzte), aber mehrere alternative Ressourcen.^^^ Dabei wird entweder diejeni-
Erweiterung des Stuck-Perioden-Ausgleiches urn die Berucksichtigung von mengenabhangigen Rabattstaffeln. Die ijbrigen Heuristiken sind Dispositionsverfahren, wie z. B. das Bestellpunktverfahren (siehe auch ..Heuristiken fur die Produktionsplanung"). 114
Vgl. Bartsch/Blckenbach (2002). S. 164.
115
kurzeste Bearbeitungszeit, frijhester Endtermin etc.
116
Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 169.
Struktur von APS-Systemen
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ge Ressource zunachst mit Auftragen belegt, die bislang noch am wenigsten ausgelastet war Oder eine festgelegte Belegungsreihenfolge der Maschinen vorgegeben. Die Planung mit Primarressourcen startet mit der Ruckwartsplanung, d. h. Uberbelegungen werden zunachst auf die Vorperioden der Primarressource verschoben und erst bei voller Auslastung auf alternative Kapazitaten verteilt.^^^ Die Modell-Mix-Planung ist fur die Planung einer getakteten Fliefifertigung vorgesehen. Fur die zeitliche Einplanung von Auftragen konnen unterschiedliche Heuristiken mit verschiedenen Restriktionen (Mengenrestriktion, Abstandsrestriktion, Blockrestriktion, „K aus M"Restriktion, Positions- und Gleichverteilung) kombinlert fur einzelne Produkte, Kapazitaten Oder Zeltintervalle unabhangig eingesetzt werdenJ^^ Als Heuristiken der Modell-Mix-Planung werden angeboten: Bedarfsplanungsverfatiren (Es werden kelne Restriktionen berijcksichtigt und lediglich kumulierte Planauftragsmengen auf Tag- oder Schichtebene angelegt.), Prozentuale Giattung (Es werden lediglich Auslastungsobergrenzen berucksichtigt. In jeder Periode wird nacheinander die Auslastung gepruft. Bei Uberlastung werden die Auftrage In die Folgeperiode verschoben, bei Unterauslastung aus der unmittelbar folgenden Periode bis zur 100%igen Auslastung vorgezogen.), Priorisierte Gleichverteilung (Haufigkeiten von einzelnen Merkmalen der einzuplanenden Auftrage werden berechnet. Es werden die Auftrage zuerst eingeplant, deren Summe der prozentualen Haufigkeiten ihrer Merkmaie am hochsten ist.), Genetischer Algorithmus (Bei dieser Methode werden ausgehend von einer Startrelhenfolge beliebige weitere Reihenfolgen erzeugt und bezuglich der Verletzung der weichen Restriktionen mit Strafpunkten bewertet. Die Reihenfolge mit der besten Bewertung wird schliefllich fiir die weiteren Mutationen, Crossover und Selektionen herangezogen.).^^^
Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 170 ff. Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 167 f. Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier (2000), S. 130.
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Advanced Planning and Scheduling-Systenne
Die Restriktionen in der Modell-Mix-Planung beziehen sich auf Merkmalskombinationen der Auftrage. Folgende Restriktionen konnen mit den beschriebenen Heuristiken komblniert werden: Mengenrestriktionen (Sie begrenzen die Einplanung der Auftrage durch definierte Mindest- und Maximalmengen.), -
Abstandsrestriktionen (Es werden zeitliche Mindest- bzw. Maximalabstande zwischen zwei Merkmalskombinationen vorgeschrieben.), Blockrestriktionen (Sie fordern das Vorkommen von bestimmten Merkmalskombinationen in zeitlich zusammenhangenden Blocken.),
-
„K aus M"-Restriktionen (Es wird nur eine Mindest- bzw. Maximalmenge innerhalb eines bestimmten Intervalls zugelassen, z. B. drei von funf PKW mussen mit Klimaanlage ausgestattet sein.),^^° Positions- und Gleiciiverteiiungsrestriktionen
(HIerbei werden Bedingungen formu-
liert, die entweder Produktionsauftrage mit einem Merkmal in einer Teilperlode fixieren oder eine Gleichverteilung von Merkmalen in einem Auftragsbundel fordern.). Anzumerken ist hierbel, dass diese Restriktionen grundsatzlich verletzt werden konnen und nur fijr die Berechnung von Strafpunkten und deren Bewertung herangezogen werden. Uberlegungen der kostenoptimalen und durchfuhrbaren Gestaltung des Produktionsprozesses werden in diesen Verfahren nicht aufgegriffen. Abschlieflend werden die Ergebnisse der Losgroflen- und Ablaufplanung des APO-Moduls PP/DS an die Produktionssteuerung in das operative ERP-System weitergegeben.
3.3.3
Bewertung der Losungsfahigkeit
Der Planungsschritt der Prufung des vom SNP-Planungslauf ubergebenen Produktionsplans zeigt, dass Unzulassigkeiten der Vorgaben fur die kurzfristigere Losgrofien- und Ablaufplanung erwartet werden. Zugleich werden jedoch interaktive Losungsalternativen durch die Generierung von z. B. Produktionsauftragen in Form von ..exakten Losgroflen" von dem APO-Modul angeboten, deren Auswirkungen auf die gesamte Planung nicht quantifiziert werden. Das Gleiche gilt fur das Pegging. Die Moglichkeiten des Planers der interaktiven Zuordnung von z. B. Lagermengen aus anderen Lagerorten zu unterdeckten Absatzorten durch die Bildung kurzfristiger Beziehungen zu Lagerorten mit einem Uberschuss, die im
'^°
Vgl. Bartsch/Blckenbach (2002), S. 174.
Struktur von APS-Systemen
45
Rahmen der Strategischen Netzstrukturplanung nicht definiert wurden, sind sinnvoll. Deren Auswirkung auf die Gesamtplanung wird jedoch nicht gemessen und fiihrt zu einer unkontrollierten Anderung einer ..optimaJen Losung", deren Folgen der einzelne Planer nicht uberschauen kann. In dem PP/DS-Planungslauf werden verschiedene Methoden zur Bestimmung von zulassigen Produktionsplanen angeboten. Auch wenn bei der Optimierung unterschiedliche Komponenten, die die Losgroden- und Ablaufplanungsprobleme beschreiben, in einer Zielfunktion insgesamt berucksichtigt werden, so stellt sich die Generierung der zu bewertenden Auftragsreihenfolge als heuristisch dar, so dass keine exakte Optimierung vorgenommen wird. Hinzu kommt, dass zumindest Zeitkomponenten in der Zielfunktion mit einem Zeitkostenwert multipliziert werden sollten, urn eine einheitliche Bewertungseinheit nutzen zu konnen. Unter den heuristischen Verfahren berucksichtigt keines der angebotenen Verfahren Reihenfolgeijberlegungen, selbst die Modell-Mix-Planung nicht. Zudem konnen die zu kombinierenden Restriktionen grundsatzlich verletzt werden. Die Verletzungen dienen der Berechnung von Strafpunkten. Uberiegungen der kostenoptimalen und durchfuhrbaren Gestaltung des Produktionsprozesses werden in diesen Verfahren nicht aufgegriffen. Zusammenfassend werden in dem APO-Modul PP/DS der SAP AG die Aspekte der Losgrofienplanung starker berucksichtigt als die ablaufplanerischen Uberiegungen. Insgesamt wird eine Vielzahl an Methoden angeboten, wobei deren Losungsqualitat durch die Einfachheit nicht befriedigend erscheint. Zudem kann kein Vergleich der Methoden transparent dargestellt werden.
3.4
Transportplanung (Distribution Planning, Transport Planning)
In der Transportplanung von APS-Systemen werden Entscheidungen uber die Frequenz der Lieferungen, die Transportlose und die Wahl des Transporttragers getroffen.
46
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
3.4.1
Betriebswirtschaftliche Aufgabe und Losungskonzepte
In dem APS-Modul Distribution Planning werden Transporte unterschieden in -
Beschaffungstransporte und Liefertransporte.^^^
Die Planungsaufgaben fur die Beschaffungstransporte in der kurzfristigen Planung sind die Abstimmung der Transportmengen und -zeitpunkte mit dem Zulieferer und der Produktion. Die Hohe der Lagermengen bzw. Entscheidungen uber Just-in-Time-Beschaffung werden in der kurzfristigen Beschaffungsplanung nicht getroffen. Die Liefertransporte zum Endkunden konnen sich jedoch weiter in innerbetriebllche Transporte zwischen Produktionsstufen oder Transporte von und zu Zwischenlagerorten sowie Endkunden unterteilen.^^^ Planungsaufgaben der Belieferung zum Endkunden werden bestimmt durch die Art der Produkte^^^, die Lager- Oder Auftragsfertigung und die Touren- bzw. Direktplanung.^^"* In der kurzfristigen Transportplanung, in APS-Systemen auch als Transport Planning bezeichnet, werden die Zeitpunkte der Transporte sowie die tatsachlichen Liefermengen den Transporttragern zugeordnet und fur einen kurzen Zeithorizont festgelegt.^^^ Exakte Optimierungsmodelle zur Berechnung optlmaler Transportlose bzw. optimaler Lieferfrequenz fur die Transportplanung sind meist gemischt-ganzzahlig. Analog zur Losgrodenplanung werden zur Bestimmung der kostenoptimalen Transportlosgrofle transportfixe Kosten und variablen Lagerkosten minimiert. Die kostenoptimalen Transportlosgroflen und damit
Vgl. Fleischmann (2005), S. 229. Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 181. Investitionsguter werden meist nur einmalig auf dem gleichen Transportweg transportiert, Konsumguter hingegen in groBeren Mengen und in regelmaBigen Abstanden. Vgl. Fleischmann (2005), S. 233. Vgl. Busch et al. (2003), S. 42. Das Zuordnungsproblem zahit neben Tourenplanungsproblemen (Rundreiseprobleme) zu der Transportplanung im weiteren Sinne. Vgl. Ellinger/Beuermann/Leisten (2003), S. 75 ff.
Struktur von APS-Systemen
47
die optimale Transportfrequenz mussten jedoch zusatzlich mit den Produktionslosen abgestimmt werden, um unnotige Zwischenlager zu vermeiden.^^^ Optimierungsverfahren, die allgemein der Transportpianung zugerechnet werden konnen, sind vielfaltig und unterscheiden sicii mafigeblich durch die Anwendungsgebiete und die Zielkriterien wie Entfemungsminimierung, Maximierung der Auslastung und Kostenminimierung in Transportnetzwerken.^^^ Eine unternehmensubergreifende Planung ist hierbei entscheidend, da der durchgehende Materiaifluss alle Unternehmen einer Supply Chain verbindet. Aktuell wird jedoch haufig die Transportlogistik an unabhangige Logistikdienstleister (Forth Party Logistic Provider) ubergeben, die an verschiedenen Supply Chains beteiligt sind, so dass die isolierte Planung von Transporttragern einer Lieferkette unvollstandig ist.^^®
3.4.2
Losungsverfahren des APO-Moduls Transport PlanningA/ehicle Scheduling
In dem APO-Modul Transport PlanningA/ehicle Scheduling (TPA/S) der SAP AG wird nicht zwischen unterschiedlichen Planungsaufgaben von Transport Planning und Vehicle Scheduling unterschieden sondern das Ziel der Erstellung von zeitlich zulassigen und kostengunstigen Transportplanen verfolgt. In Abbildung 9 ist der Ablauf der Transportpianung dargestellt.
Vgl. Fleischmann (2005), 8. 233. 127
Einen Uberblick uber aktuelle Verfahren sowie verschiedene Einsatzgebiete iiefern Drezner/Hamacher (2004) und die darin angegebene Literatur. Eine grundsatzliche Aussage uber die Vorteilhaftigkeit der Auslagerung der Logistik lasst sich nicht treffen, da unternehmenspolitische Ziele und Branchenspezifika wesentliche Faktoren einer solchen Entscheidung darstellen. Vgl. Stormer (2002), 3. 371 ff.
48
Advanced Planning and Scheduling-Systeme Ergebnis der Produktionsplanung/ Losgrolien- und Ablaufplanung
^O Zusammenstellung von Netzstruktur, Bestell-, Produktions- und Liefertransporten und der Transporttrager
TPA/S-Planungslauf
< H
^^ CD Q)
CQ CQ
Ubergabe der kurzfristigen Transportplane an das operative ERP-System
Abbildung 9:
Ablauf der Transportplanung (Transport Planning/ Vehicle Scheduling)^^^
Determiniert wird die Transportplanung des APO-Moduls Transport PlanningA/ehicle Scheduling (TPA/S) durch das in der Strategischen Netzstrukturplanung festgelegte Supply Chain-Netz.^^° Hierbel wurden bereits die moglichen Wege und Transporttrager festgelegt. Aus der mittelfristigen Produktionsplanung bzw. aus der Losgroflen- und Ablaufplanung werden die Mengen samtlicher Materialstrome zwischen Produktions-, Lager- und Absatzorten fur die detaillierte^^^ Transportplanung vorgegeben. Diese Vorgaben bilden die Datengrundlage des TP/VS-Planungslaufes. Die Zuordnung der zu transportierenden Mengen auf die einzelnen Transportkapazitaten im Rahnnen des TPA/S-Planungslaufes erfolgt unter BeriJcksichtigung von Kosten-, Zeit-, Entfernungs- und Auslastungsaspekten, die durch folgende Kriterien beschrieben werden:^^^
In Aniehnung an SAP Online-Dokumentation ..Transport Planning/Vehicle Scheduling" und „Vehicle Scheduling". In dieser Planung wird aber nicht die geographische Lage der Bezugsorte berucksichtigt, die maflgeblichen Einfluss auf die Bestellmengengrofle und die Lage des Produktionsstandortes hat. Auf der Ebene der Zeit, der Produkte und der Transporttrager. Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 180.
Struktur von APS-Systemen
49
Verfugbarkeit der Transportkapazitaten, Transportentfernungen, -
Transport-, Be- und Entladezeiten, variable Strafkosten fur VerspatungA/erfruhung und Nichtlieferung und fixe Transportkosten.^^^
Die zu minimierende Zielfunktion setzt sich zusammen aus der Summe der angegebenen Zeiten, Entfernungen und Kosten.^^ Entscheldend ist hierbei, dass die Transportkapazitaten nicht uberschritten werden diJrfen, aber durch eine „weiche" Formulierung der Liefertermine in jedem Fall eine Losung bestimmbar ist. Insgesamt wird jedoch nicht deutlich, warum nicht entweder die Zeiten oder die Entfernungen in der Zielfunktion minimiert oder uber einen Kostenfaktor Entfernungen und Transport-, Be- und Entladezeiten auf eine vergleichbare Mafleinheit angeglichen werden. Stattdessen werden uber Gewichtungsfaktoren die Komponenten (in Abbildung 10 dargestellt durch P1 bis P11) der Zielfunktion unterschiedlich gewichtet und die Kompensation der Zielerreichung eriaubt.
^^^
Vgl. Bartsch/BJckenbach (2002), S. 199.
^^
Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 180.
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
50
6,21<}i.97% 6.21% 10.56%
16.15% 19,25%
6.21% 8.70%
0.8
9.32%
1.7 2.6' 1.0 1.5i;i.4 1^3.1
1.0 .1.0 1.0 1.0 'M '%^C-
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Abbildung 10:
Interaktive Optimierung in der Transportplanung (Transport PlanningA/ehicle Scheduling)^^^
Abschlieflend wird das Ergebnis der Transportplanung an das jeweilige operative ERPSystem ubergeben und umgesetzt.
3.4.3
Bewertung der Losungsfahigkeit
Durch die Formulierung barter Kapazitatsrestriktionen und weicher Terminbedingungen der Auftrage werden grundsatzlich zulassige Transportplane erzeugt, die jedoch zu erheblichen TerminiJberschreitungen fijhren konnen.^^^ Die Abschatzung von entsprechenden Strafkosten ist wegen der unterschiedlichen Bedeutung des Kunden meist nur subjektiv abschatzbar. In Dickersbach (2004)^^^ wird nicht deutlich, nach welchem Verfahren Transporte zeitlich verschoben oder in der Reihenfolge umgestellt werden. Auch die Verfahren der Zuordnung
^^^
Als Faktoren konnen beispielsweise gewichtet werden: verfruhte Lieferung, verspatete Lieferung, Nichtiieferung, Zeitverbrauch, zuruckgelegte Distanz, Anzahl an Zwischenstopps, Transportierte Menge * Entfernung und Fixkosten je Fahrzeugansatz. Vgl. Bartsch/Blckenbach (2002), S. 201. Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 200. Vgl. Dickersbach (2004), S. 127 f.
Struktur von APS-Systemen
51
der Auftrage auf die verschiedenen Transporttrager werden nicht bekannt gegeben. Es ist anzunehmen, dass in diesem Modul Plane durch einen genetischen Algorithmus erzeugt und mit der Zielfunktion bewertet werden oder eine Zuordnung mit Hilfe von selbst definierten Prioritatsregein erfoigt.^^® Zusammenfassend besteht in dem APO-Modul TPA/S nur noch geringes Optimierungspotenzial, da sowohl die Transportwege als auch die Transportmengen von den APO-Modulen Network Design und Supply Network Planning bzw. Production Planning/Detailed Scheduling festgelegt sind. Grundsatzlich werden aber die wichtigsten Entscheidungsgroflen, wie Entfernungen, (Transport-)Zeiten und Transportkosten, in der Planung berucksichtigt.
3.5
Unterstutzende Module
Den unterstutzenden Modulen liegen im Gegensatz zu den Hauptmodulen keine mathematischen Entscheidungsmodelle der linearen oder gemischt-ganzzahiigen Programmierung sowie Metaheuristiken oder Constraint Programming zugrunde. Vielmehr werden In diesen Modulen entweder wichtige Stammdaten verwaltet (Bedarfsplanung) oder Vergangenheitsdaten und aktuelle Daten ausgewertet (Absatzplanung), auf deren Grundlage zeitnahe Informationen abgeleitet (Verfugbarkeitsprijfung und Supply Chain Monitoring) und ggf. mit Ergebnissen von Supply Chain Partnern gegenubergestellt werden konnen (Kollaborative Planung).
3.5.1
Bedarfsplanung (Material Requirements Planning)
Die Bedarfsplanung hat als erste Aufgabe, den Bedarf an selbsterstellten Baugruppen (Produktionsauftrage) sowie an fremd zu bezlehenden Teilen zur Erfiillung des aus der Programmplanung ermittelten Primarbedarfes zu bestimmen.^^^ Anhand von Stucklisten (Bill of Material) wird aus dem Primarbedarf zeitorientiert der zusatzliche Bedarf an Unterteilen (Sekundarbedarf) berechnet.^'^^ Hierbei sind die entsprechenden Vorlaufverschiebungen, die aus den Arbeitsplanen hervorgehen und die Durchlaufzeiten (Bearbeitungs-, Transport-, Lagerund Prijfzeiten) berucksichtigen, einzuplanen.^"^^ Eine weitere Aufgabe der Bedarfsplanung
138
Vgl. Bartsch/Blckenbach (2002), S. 203. Vgl.Stadtler (2005), 8.215.
140
Vgl. Meyr/Wagner/Rohde (2005), S. 110. Vgl. Hansmann (2001), 3.321.
52
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
ist die EntscheidungsunterstiJtzung der Disposition bei fremd zu beziehenden Teilen, d. h. bei der verbrauchsgesteuerten oder der programmgesteuerten BeschaffungJ"^^ In der Regel wird die Wahl der Dispositlonsart auf der Grundlage einer ABC-Analyse getroffen, die sich an prozentualen kumulierten Anteilen am Gesamtverbrauchswert orientiert.^"*^ In APS-Systemen hat die Bedarfsplanung in der oben beschriebenen Funktion nur eine kleine Bedeutung, denn diese Aufgaben werden ebenfalls von den eingesetzten ERP-Systemen ubernommen.^'^ Da APS-Systeme eine Erganzungsfunktion zu ERP-Systemen besitzen und keine fortgeschrittenen Verfahren fiir die Bedarfsauflosung notwendig sind, haben nicht alle Anbieter ein Modul zur Bedarfsplanung entwickelt und greifen auf die im Unternehmen bereits eingesetzten ERP-Systeme Oder Stammdatenbanken zuruck. Die SAP AG stellt die Funktionalitaten der Bedarfsplanung durch das proprietare ERPSystem SAP-R/3 bzw. mySAP ERP zur Verfugung, das neben der Verwaltung von Stucklisten und deren Auflosung auch die meisten ubrlgen Stammdaten fiir samtliche APO-Module enthalt.^"^^ Die einfachen Anbindungsmoglichkeiten des APO an die Schnittstellen eines ERP-Systems der SAP AG haben einen wesentlichen Beitrag geleistet fiir die Stellung der SAP AG auch auf dem Markt der APS-Software.
3.5.2
Absatzplanung (Demand Planning)
Aufgabe der Absatzplanung ist die moglichst gute Abschatzung der Bedarfsmengen zukunftiger Perioden als Vorgabe fiir die nachfolgenden Planungsstufen.^"^^ Moglichst gut bedeutet, dass ein Kompromiss zwischen der Genauigkeit (gemessen an dem Prognosefehler) und dem Aufwand (Datenerfassung, Rechenzeit etc.) der Prognose gefunden werden muss.^"^^ Die Absatzplanung ist ein mehrstufiger Prozess, der in Abbildung 11 dargestellt ist.
Vgl. Gunther/Tempelmeier (2003), 8. 177. Andere Entscheidungskriterien, wie der Grad der Bedarfsschwankungen, werden nicht weiter diskutiert. Vgl. Stadtler (2005), 8.215. Das Modul Materials Management (MM) des R/3-8ystems verwaltet den umfangreichsten Datenbestand. Vgl. Buxmann/Konig (2000), 8. 65 f. Vgl. Busch et al. (2003), 8. 39. Vgl. 8ilver/Pyke/Peterson (1998), 8. 77.
Struktur von APS-Systemen
53
Vergangenheitsdaten
Datenmodellierung und Bestim- ^ mung des Planunc shorizontes
^ ^
O CO
Prognosemodelle ^
T3
> § Durchfuhrung ^ der Prognose
Sondereinflusse ^ 2
prognostizierte Bedarfsmengen
Prognosefehler Bewertung der Prognose durch Vergleich mit Ist-Bedarf
Ubergabe an die Programmpla nung
Abbildung 11: Prozess der Ablaufplanung^^ Grundlage der Absatzplanung sind erfasste Vergangenheitsdaten von Bedarfsmengen. Aus der Vielzahl von Daten muss fur die Prognose zukijnftiger Nachfragemengen je nach Zielsetzung eine Auswahl oder eine Zusammenfassung der Daten vorgenommen werden. Aus Wirtschaftlichkeitsgriinden wird nicht angestrebt, die zukunftigen Bedarfe jedes Produktes exakt zu bestimmen. Die Wahl der zu prognostizierenden Produkte kann beispielsweise durch eine ABC-Analyse unterstutzt werden, bei der die Klassifikation der Produkte jeweils nach ihrem prozentualen Anteil am Gesamt-Verbrauchswert erfolgt. Ein weiteres Auswahlkriterium ist etwa die Schwankung der Nachfragemengen (XYZ-Analyse). Bei Produkten mit einem uber mehrere Perioden konstanten Nachfrageverlauf konnen Vorgabewerte aus der Vergangenheit ubernommen werden und es bedarf keiner neuen Formulierung des Prognosemodells. Haufig werden die Daten fur die Absatzplanung zur Reduzierung der Komplexitat und aus GriJnden der Ubersichtlichkeit aggregiert. Die haufigsten Aggregationsebenen sind die Zeit-, die Produkt-, die Kunden- und die regionale Ebene. Bei einer Absatzplanung fur das nachste Jahr werden in der Regel Monate als Teilperioden gewahit und vorliegende Vergangenheitsdaten von Tagesbedarfen auf Monatsbedarfe aggregiert. Das Gleiche gilt fur die Zusammenfassung von mehreren Produkten zu Produktgruppen und einzelnen Nachfrageorten zu Regionen. Grunde in der Aggregation liegen etwa in der Komplexitatsreduzierung
In Aniehnung an Silver/Pyke/Peterson (1998), S. 75.
54
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
des Datenvolunnens und in der haufig mangelhaften Verfugbarkeit der Daten in den bestehenden Data Warehouses der Unternehmen der gesamten Supply Chain. Die Vorhersage der Absatzmengen wird durch den Einsatz von Prognosemodellen unterstutzt. Vier unterschiedliche Verfahrenstypen sind zu unterscheiden, die durch verschiedene Modelle beschrieben werden konnen:^"^^ -
Qualitative Verfahren, Statistische Verfahren/Zeitreihenanalysen, Kausale Verfahren und What-if-Analysen/Simulationen.
Qualitative Verfahren basieren auf subjektiven Einschatzungen und Meinungen von Experten, die sich beispielsweise auf gemeinsamen Treffen austauschen (Konsensorlentierung) Oder unabhangig voneinander standardisierte Fragebogen ausfullen und auswerten (DelphiMethode). Statistisctie Verfahren basieren auf der Analyse vergangenheitsbezogener Zeitreihen von Bedarfsmengen und versuchen eine Fortschreibung der Entwicklung zukunftiger Absatzmengen fur einen definierten Zeitraum. Zur Abbildung des zeitlichen Verlaufes der Mengen werden verschiedene Modelle eingesetzt, die lineare, saisonale und trendfornnige Entwicklungen und deren Kombinationen abbilden konnen.^^° Wesentliche Voraussetzung ist hierfur, dass die zugrunde liegende Zeitreihe ausreichend lang ist, so dass z. B. Saisonzyklen erfasst und erkannt werden konnen. Kausale Verfahren berucksichtigen hingegen zusatzlich verschiedene qualitative Einflussfaktoren (Regressoren), die in die Vorhersage zukunftiger Bedarfsmengen eingehen (Multiple Regressionsanalyse). Weitere Verfahren fur die Absatzplanung sind What-if-Analysen/Simulationen,
mit denen
verschiedene Szenarien und deren Konsequenzen auf die Planungsergebnisse konstruiert werden, um die Reaktionen auf verschiedene Veranderungen besser abzuschatzen. Die
'^^
Vgl. Chase/Aquilano/Jacobs (1998), S. 501.
^^°
Exponentielle Glattung, Verfahren nach Winters, Box-Jenkins etc.
Struktur von APS-Systemen
55
Wahl des Verfahrens und des speziellen Modells ist wegen der groflen Unterschiede der Ergebnisse und deren Aussagefahigkeit von entscheidender Bedeutung.^^^ Nach der Auswahl des Modells kann die Prognose durchgefuhrt werden. Zu berijcksichtigen sind fijr die Bestimmung der prognostizierten Bedarfsmengen in den Teilperioden Sondereinflusse, die aus der Struktur der Vergangenheitsdaten nicht hervorgehen. Hierzu zahlen beispielsweise
besondere
Promotionaktionen
oder
die
Berucksichtigung
der
Produkt-
Lebenszyklusphasen, die einen grofien Einfluss auf die Nachfrageentwicklung haben und durch den Planer explizit in die Absatzplanung einflieflen konnen. Nach der Planung der Bedarfsmengen konnen Prognosefehler durch den Vergleich der Prognoseergebnisse mit den aktuellen Ist-Bedarfsmengen ermittelt werden. Bei zu groden Prognosefehlern sind entweder die Parameter eines Modells oder sogar das Prognosemodell selbst neu zu wahlen. Parameterveranderungen sollten jedoch nicht zu haufig und zu radikal vorgenommen werden, da sonst das Modell zu „nerv6s" reagiert.^^^ Die Gute der Prognose wird uber Kennzahlen^^^ gemessen.^^ Die Funktionsweise des APO-Moduls der Absatzplanung (Demand Planning) der SAP AG lasst sich, wie in den meisten APS-Systemen, ebenfalls als Prozess darstellen. In Abbildung 12 werden die einzelnen Planungsschritte in der logischen und zeitlichen Reihenfolge aufgefuhrt.^^^
Bine Ubersicht uber die verschiedenen Modelle zu den Verfahren ist in Chase/Aquilano/Jacobs (1998), 8.501, zufinden. 152
Vgl. Wagner (2005), S. 153.
153
Mittlere absolute Abweichung, nnittlerer quadrierter Fehler, mittierer absoluter prozentualer Fehler, Durbin-Watson-Koeffizient, F-Test, t-Test etc. Auch wenn Wagner (2005), S. 140, die Sicherheitsbestandsplanung zu den Aufgaben des Demand Planning zahit, so ist diese dem Modul Master Planning zuzuordnen. Vgl. Bartsch/Blckenbach (2002), S. 119.
56
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
Zusammensteliung verfiigbarer Vergangenheitsdaten
D
0 Auswahl eines Prognosemodells und Erstellen einer Absatzprognose - Zeitreihenanalyse - Kausalanalyse - kombinierte Prognose
3 Q. •V Q)
CO
Modellierung von Sondereinfliissen - Lebenszyklusplanung - Promotion-Planung
Ubergabe der Prognoseergebnisse an die Mittelfristige Produktionsplanung (Supply Network Planning)
Abbildung 12:
Vorgehensweise der Absatzplanung (Demand Planning)^^^
Urn die Planung durchfuhren zu konnen, mussen zunachst die notwendigen Vergangenheitsdaten und Stammdaten der zu planenden Produkte ermittelt und zusammengestellt werden. Hierfur erstellt der Planer in dem APO-Modul eine Planungsmappe, in welcher die Detaillierung der Daten fur die Planung auf den verschiedenen Ebenen (z. B. Regionen, Sparten, Produkte, Kunden, Grofie der Teilperioden) festlegt wird. Die Zusammenfassung der Ebenen erfolgt ijber fixierte Gewichtungsfaktoren (mengenorientiert Oder gleichgewichtet).^^^
In Aniehnung an Bartsch/Bickenbach (2002), S. 120. Vgl. Dickersbach (2004), S. 29.
Struktur von APS-Systemen
57
Fijr die Auswahl und den Entwurf eines Prognosemodells stehen drei Verfahren, die in ihrer Anwendung kombiniert werden konnen,^^® zur Verfugung: Zeitreihenanalyse, -
Kausalanalyse und kombinierte Prognose.
Die Zeitreihenanalyse (univariate Prognose) im APO-IVIodul Demand Planning stellt Modelle zur Verfugung, die konstante, trendformige und saisonale Entwicklungen sowie deren Kombinationen abbilden konnen.^^^ Neben der Auswahl durch den Planer bietet das APO-Modul die Moglichkeit der automatischen Modellauswahl an, bei der das System die Vergangenheitsdaten auf verschiedene Verlaufsformen testet. Auch die Einstellung der Modellparameter (Grundwert, Trendwert und Salsonindex) wird ubernommen und kann vom Planer verandert werden. Schliefilich lassen sich in dem Modul verschiedene Mafie zur Beurteilung der Prognosegenauigkeit berechnen.^^° Im Rahmen der Kausalanalyse wird die multiple lineare Regression als Modell zur Verfugung gestellt. Zur Prufung der Gute der Gewichtungsfaktoren fur die verschiedenen Regressoren konnen wiederum verschiedene Anpassungsmafie bestimmt werden.^^^ Zusatzlich kann die Absatzplanung auch mit einer kombinierten Prognose erfolgen, indem Prognosewerte verschiedener Verfahren (z. B. der trendbasierten Zeitreihenanalyse und der Kausalanalyse) fur gleiche Zeitabschnitte unterschiedlich gewichtet werden und einen neuen prognostizierten Absatzverlauf ergeben. Liegen fur ein Produkt keine Vergangenheitswerte vor, kann der Planer die Prognose auf Basis von Vergangenheitswerten eines Produktes Oder der Kombination mehrerer ahnlicher Produkte vornehmen. Dieses Vorgehen wird als „Like"-Modellierung bezeichnet. Zur Berucksichtigung von Sondereinflussen konnen die Lebenszyklusplanung und die Promotion-Planung einbezogen werden. Ein Lebenszyklus wird in drei Phasen unterteilt, die
158
Vgl. Buxmann/Konig (2000), S. 104.
159
Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 133 ff.
160
Mittlere absolute Abweichung, Fehlersumme, mittlerer absoluter prozentualer Fehler, Quadratwurzel des mittleren quadratischen Fehlers und mittlerer prozentualer Fehler. R-Quadrat, Angepasstes R-Quadrat, Durbin-h, Durbin-Watson, t-Test, F-Test, Mittlere Elastizitat.
58
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
Wachstumsphase (Phase-in), die Sattigungsphase und die Auslaufphase (Phase-out). In dem zu bestlmmenden Phase-in- und Phase-out-Zeitraum werden die zuvor prognostizierten Bedarfsmengen urn vorgegebene Prozentwerte verandert und somit eine steigende bzw. fallende Absatzkurve simuliert. Zwischen diesen Zeitraumen werden die ursprunglichen Prognosewerte nicht korrigiert.^^^ Bei der Promotion-Planung konnen fur einen festgelegten Zeitraum Bedarfsveranderungen durch z. B. Werbeaktionen pauschal Oder prozentual berucksichtigt werden. Auch die Auswirkungen auf andere Produkte (Kannibalisierungseffekte) sind darstellbar.^^^ Die Ergebnisse der Absatzplanung werden an das APO-Modul Supply Network Planning ubergeben. Nach der Mittelfristigen Produktionsplanung werden schliefllich die Vergangenheitsdaten fortgeschrieben und schlieften den Planungsprozess der Absatzplanung ab. Diese Aufgabe zahit jedoch nicht mehr zur Absatzplanung selbst. Die Absatzplanung im APO-Systemen entsphcht weitestgehend dem in Abbildung 11 dargestellten Vorgehen. Die zur Verfugung stehenden Verfahren und Modelle sind sehr allgemein und konnen ausreichend Vorhersagen uber den zukijnftigen Nachfrageverlauf treffen. Im betriebiichen Umfeld treten jedoch Verfahrens- und Anwendungsexperten nicht in einer Person auf. Fur den Anwendungsexperten reichen die einfachen Verfahren mit wenigen einzustellenden Parametern aus. Er wird sogar unterstutzt, indem das APO-Modul Demand Planning Vorschlage bezijglich des Modells und der Parametereinstellungen dem Anwender unterbreitet. Fur den Verfahrensexperten reichen jedoch die Modelle nicht aus, um einen moglichst genauen Funktionsverlauf uber zukiinftige Nachfrageentwicklungen vorherzusagen. Erweiterungen zum SAP-eigenen R/3-Modul Vertrieb (Sales and Distribution, SD) liegen in den Kennzahlen zur Beurteilung der Prognosegute, der Kombinierbarkeit von Prognosemodellen, der Einbeziehung von Kausalfaktoren und der Berucksichtigung sporadischer Bedarfe vor.^^ Der Einsatz der kombinierten Prognose bietet sich an, wenn in einem Unternehmen oder in der Supply Chain mehrere Abteilungen selbststandig Prognosen mit Hilfe dieses APOModuls uber die zukiinftige Nachfrageentwicklung erstellt haben. Mit diesem Verfahren kon-
'^^
Vgl. Dickersbach (2004), 8. 49 f.
^^^
Vgl. Dickersbach (2004), S. 52. Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier (2000), 8. 112.
Struktur von APS-Systemen
59
nen die verschiedenen Ergebnisse gewichtet in eine gemeinsame Prognose eingehen.^^^ Es bleibt offen, ob hierdurch ein Konsens zwischen verschiedenen Abteilungen zu erreichen ist und ob die Prognosegute entscheidend verbessert wird. Die Berucksichtigung von Lebenszyklen in der Absatzplanung ist ein wichtiger Bestandteil der Absatzplanung, jedoch sind die Modellierungsmoglichkeiten im Demand Planning nicht ausreichend. Funktionen, die den Verlauf eines Produktiebenszyklusses abbilden konnten, sind nicht mit den Standardverfahren des APO-Moduls modellierbar. Die Veranderung von Prognoseergebnissen mit einem konstanten Bedarf zu einer wlllkurllchen Bedarfsentwicklung mit zunachst steigendem, dann konstantem und schliefllich fallendem Verlauf ist weder aus der praxisorientierten noch aus der Verfahrenssicht zu rechtfertigen. Bei der PromotionPlanung konnen lediglich absolute Mengenveranderungen auf die Basiswerte der Prognose zu- Oder abgerechnet werden. Spezielle Veranderungen oder Regein zur Berucksichtigung von Werbeaktionen stehen nicht zur Verfijgung.
3.5.3
Verfugbarkeitsprijfung (Demand Fulfilment und Available-To-Promise)
Das APS-Modul Verfijgbarkeitsprufung Ist ein unterstutzendes Modul, mit dem dem Kunden bei Auftragsannahme in kurzer Zeit eine Auftragsbestatigung mit genauem Liefertermin und genauer Liefermenge unter Berucksichtigung der Ressourcen- und Produktverfugbarkeit gegeben werden kann.^^^ Bei Liefer- bzw. Lagerengpassen werden Ersatzmengen von anderen Lagerorten oder Substitute in der Supply Chain ermittelt und dem Kunden zugewiesen.^^^ Die Information fur den Kunden uber Termin und Menge der Lleferung wird als Demand Fulfilment bezeichnet,^^® wahrend die Information ijber die gesamte frei verfugbare Menge an Endprodukten fur den Vertrieb die Avallable-To-Promise (ATP)-Menge darstellt.^^^ Grundlage der Verfijgbarkeitsprufung bildet das in der Mittelfristigen Produktionsplanung festgelegte Produktionsprogramm fur den aktuellen Planungshorizont. Die Bedarfsmengen, die der Programmplanung zugrunde liegen, sind jedoch in der Regel prognostizierte kundenanonyme und nicht die eingegangenen abgeschlossenen Auftrage. Die Aufgabe dieses Mo-
Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier (2000), S. 116 f. Vgl. Buxmann/Konig (2000), 8. 108. Vgl. Fleischmann/Meyr (2004), 8. 309. Vgl. KiJger/Schneeweiss (2005), 8. 179. Vgl. Kilger/Schneeweiss (2005), 8. 180 f.
60
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
duls ist damit die Zuordnung von eingegangenen Auftragen auf die geplanten Produktionsmengen ohne Kundenbezug. ATP-Mengen beziehen sich meist auf Endprodukte Oder ganze Produktgruppen und hangen von der Aggregationsebene der Produktionsprogrammpianung und von dem Fertigungstyp ab. Bel einer auftragsanonymen Fertigung (make-to-stock) beziehen sich die Verfugbarkeitspriifungen auf Endprodukte, wobei sich die Prufungen bei einer Auftragsfertigung (make-toorder) auf die kundenanonyme Komponenten- oder Zwischenproduktebene beziehen.^^° Die zeitliche Entwicklung der verfugbaren Menge dient wiederum als Grundlage fur die Analyse der Prognosegenauigkeit. Haufig werden in dem Zusammenhang von ATP auch die Begriffe CTP (Capable-ToPromise) und CoTP (Configuration-To-Promise) genannt. CTP steht fur die Prufung der Verfijgbarkeit der Kapazitaten und Materialien zur Zusicherung des Liefertermins. Dagegen beInhaltet CoTP zusatzlich die Konfiguratlon der gewunschten Produkte nach den individuellen Kundenwunschen.^^^ Eine weitere Aufgabe dieses APS-Moduls ist die Beriicksichtigung von Kundenpraferenzen bei der Verteilung knapper verfugbarer Mengen, d. h. die Klassifizierung von eingehenden Auftragen durch Kundengruppenbildung. Hierzu werden in der Literatur verschiedene Verteilungsstrategien vorgestellt.^^^ Sind keine frei verfugbaren Mengen vorhanden, wird dem Kunden im Rahmen der Verfugbarkeltsprufung dies rechtzeitig angezeigt. Das APO-Modul Global Available-To-Promise der SAP AG pruft die Verfugbarkelt von Endproduktmengen auf Grundlage eingehender Kundenanfragen und Auftrage. In Abbildung 13 ist der Ablauf dargestellt.
170
Entscheidenden Einfluss auf die ATP-Planung hat damit die Lage des decoupling points, d. h. der Ubergang von einer auftragsanonymen zu einer auftragsbezogenen Produktion. Vgl. Fleischmann/Meyr (2004). S. 318. Vgl. Busch et al. (2003), S. 43. Z. B. Kundengruppenhierarchien, vertragliche Mengen-ZPreisgarantien, feste Verteilungsschlussel. Vgl. Kiiger/Schneeweiss (2005), S. 189 f. Hierzu kann auch auf die Literatur zum Revenue Management verwiesen werden.
Struktur von APS-Systemen
61
Produktionsprogramm auf Grundlage prognostizierter Bedarfsmengen
eingehende Kundenauftrage exklusive eingeplanter Auftrage
Available-To-Promise-Verfiigbarkeitsprufung - Produktverfugbarkeitspriifung (Basismethode) - regelbasierte Verfugbarkeitspriifung
QT
CD Q
S Ubergabe der bestatigten Kundenauftrage an das operative ERP-Systenn
Abbildung 13:
i C/)' CD
Ablauf der Verfugbarkeitspriifung (Global Avallable-To-Promise)^^^
Das Modul ..Global ATP"''^'^ des APO stellt fur die Prufung von moglichen Terminen und Mengen fur die Produktbereitstellung folgende Methoden zur Wahl: Produktverfugbarkeitsprufung (Basismethode) und regelbasierte Verfugbarkeitsprijfung. In der Produktverfugbarkeitsprufung werden unter Beriicksichtigung von festen Beschaffungs- sowie Liefer- und Prufzeiten die Zu- und Abgange der Endprodukte dargestellt. Nach einem Abgleich mit bereits reservierten oder gesperrten Endproduktmengen wird fur jede Teilperiode die noch frei verfugbare (ATP-)Menge bestimmt.^^^ Bei eingehenden Auftragen wird geprijft, in welchen Teilperioden diese Menge dem Kunden von welchem Standort zugeordnet werden kann. Kann in der gewunschten Teilperiode der Kundenwunsch nicht in voliem Umfang erfijllt werden, so wird zunachst In den zukunftigen Perioden eines vordefinierten Prijfhorizontes die Verfugbarkeit gepruft. Konnen dem Kunden innerhalb des Prufhorizontes nicht mehr frei verfugbare Mengen zugesichert werden, wird der Prufhorizont erwei-
In Aniehnung an Kilger/Schneeweiss (2005), S. 182. Global ATP schafft prinzipiell die Moglichkeit, die Verfijgbarkeitsprufung gegen mehrere ERPSysteme gleichzeitig durchfuhren zu lassen. SAP bietet jedoch auch „Local ATP" fur jedes R/3System an. Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier (2000), S. 135. Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 206.
62
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
tert.^^^ Die Suche nach altemativen Produkten wind nur vorgenommen, wenn der Kundenwunsch ausreichend unspezifiziert ist, so dass eine ganze Produktgruppe in die Verfugbarkeitsprijfung eingeschlossen werden kann, d. h. nicht alle Merknnale vom Kunden gefordert werden. Einbeziehungen von Kontingenten, d. h. die Zuordnung von maximal 50 % der ATPMenge an einen Kunden (Kontingentierung), konnen ebenfalls berucksichtlgt werden.^^^ Die regelbasierte Verfugbarkeitsprufung stellt eine Kombination von unterschiedlichen Prufhorlzonten und der Kontingentierung fur verschiedene Kundengruppen dar. Hierunter ist auch zu zahlen, dass bel Nichtverfijgbarkelt die Produktions- und Feinplanung des APOModuls PP/DS aufgerufen werden kann, um bel ausreichender Produktionskapazitat und Materialverfugbarkeit weitere Planauftrage zu generieren (Capable-To-Promise).^^® Problematisch ist hierbei jedoch, dass durch die unterschiedlichen Verantwortungsberelche der APO-Anwender (Produktion - Vertrieb) Eingriffsmoglichkeiten funktionsiibergrelfend moglich sind und ggf. zu Konflikten fuhren. Fur die regelbasierte Verfugbarkeitsprufung konnen zusatzliche Prijfschritte definiert werden. DIese Prufungen beziehen sich entweder auf alternative Standorte (z. B. Lagerorte), alternative Produkte oder alternative Produktionsprozessmodelle (PPM)."*^^ Des Weiteren kann die regelbasierte Zuteilung auf verschiedenen Kundenebenen unterschiedlich eingesetzt werden. Beispielsweise ist die Zuweisung frei verfugbarer Mengen zu 25 % zum amerikanischen und zu 75 % zum europaischen Markt definierbar. Diese Mengen konnen wiederum u. a. mit der first-come-first-serve-Regel oder nach Kundenprioritaten zugeteilt werden. Sind Bedarfsmengen nIcht verfugbar, so besteht die Aufgabe darin, dem Kunden schnellstmoglich einen altemativen Liefertermin zuzusichern und Endprodukte in zukunftigen Perioden zu reservieren. Die Reihenfolge der mehrstufigen Suchstrategien nach verfugbaren Mengen (Zeit, Kunde, Produkt) ist je nach Zielsetzung unterschiedlich.^^° Zusammenfassend bietet dieses Modul dem Unternehmen die Moglichkeit, den aktuellen Bestand an frei verfugbarer Lagermenge zu kontrollieren und uber die gesamte Supply
Eine Ubersicht uber alle moglichen Suchstrategien wird in Dickersbach (2004), S. 271 ff., gegeben. Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 209. 178
Vgl. Dickersbach (2004), S. 277.
179
Vgl. Buxmann/Konig (2000), S. 109. Vgl. Kilger/Schneeweiss (2005), S. 192 ff.
Struktur von APS-Systemen
63
Chain zu steuern. Grundsatzlich sollte jedoch diese Funktionalitat auch in jedem untemehmensijbergreifenden LagervenA/altungssystem angeboten werden, so dass die Einfuhrung eines eigenstandigen APS-Moduls nicht notwendig erscheint.
3.5.4
Supply Chain Monitoring
Die Aufgaben des APS-IVIoduls Supply Chain Monitoring liegen in der UbenA/achung und der Kontrolle der Materialflusse innerhalb der Supply Chain uber alle Unternehmensfunktionen fur einen sehr kurzen Zeithorizont.^®^ Mit Hilfe der schematischen Abbildung der gesamten Netzstruktur einer Supply Chain konnen, durch die Ubersicht uber die interdependenten Zusammenhange und Auswirkungen zwischen den Modulen, rechtzeitig Ausnahmesituationen erkannt und entsprechende Maflnahmen eingeleitet werden.^^^ Das APO-Modul Supply Chain Monitoring der SAP AG setzt sich zusammen aus den drei Bereichen: Alert Monitor, Plan Monitor und Supply Chain Cockpit. Der Alert Monitor ist ein Werkzeug, mit dem der Planer den Status aller Planungen modulubergreifend abfragen und uben/vachen kann. Die Aufgabe besteht in der zeitnahen Generierung automatischer Meldungen bei Verletzungen von Bedingungen in einem Plan, die in der Planung selbst nicht berucksichtigt wurden.^^^ Eine Meldung hat unterschiedliche Abstufungen, wie Information, Warnung und Fehler, und stellt unabhangig von dem Ort des Auftretens automatisch eine systemtechnische Verbindung (Link) zum Fehlerort her."*^ Gleichzeitig werden standardmafiig Losungsalternativen dem Planer vorgeschlagen. Die automatische Generierung von Warnungen setzt jedoch eine eindeutige Regeiformulierung fur die Erstel-
Vgl. Abbildung 2. Neben der reinen Ubersichtsfunktion sollten bei Erkennen von hohen Ausfallwahrscheinlichkeiten auch Planungen zur Berucksichtigung von Instandhaltungsmafinahmen zur Verbesserung der Zuverlassigkeit der Supply Chain moglich sein. Vgl. Reese (2004), S. 373. Vgi. Buxmann/Konig (2000), S. 103. Vgl. Bartsch/Blckenbach (2002), S. 115.
64
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
lung von „Alerts" voraus.^®^ Das APO-Modul stellt hierzu vordefinierte Regein (StandardAlerts) zur Verfijgung, z. B. Sicherheitsbestands-, Zielreichweitenverletzungen, Abweichungen zwischen Absatzprognosen und Ist-Daten sowie Uberauslastungen von Produktions-, Lager- und Transportkapazitaten. Diese Standardeinstellungen miissen jedoch auf die Produkte, Zeithorizonte sowie anwenderspezifische Prioritaten individuell in den verschiedenen Modulen angepasst werden, eine einheitllche Steuerung und Verwaltung der Alert-Regeln wird jedoch nicht von dem Alert Monitor geleistet.^^^ Der Plan Monitor wird eingesetzt, urn die aktuelle Terminierung von Auftragen anzuschauen und verschiedene Versionen und Zeitraume in der Planung zu vergleichen. Der aktuelle Status eines Plans in einem gegebenen Zeitraum kann ijber ausgewahlte Kennzahlenwerte^®^ Oder Formein (verknupfte Kennzahlenwerte) bewertet und schlieftlich n^iit anderen Planen verglichen werden. Im Ergebnis kann der Planer entscheiden, ob der aktuelle Plan freigegeben Oder ein bewahrter Plan aus vergangenen Perioden umgesetzt wird.^^® Das Supply Chain Cockpit (SCC) besteht aus einer graphischen Oberflache zum Verwalten und Kontrollieren der gesamten Logistikkette.^®^ Mit Hilfe des SCC konnen direkt aktuelle Informationen aus dem APO-System durch Abfragen abgerufen und uber Kennzahlen^^° die ..Leistung" der Supply Chain gemessen werden. Somit ist eine flexible Navigation innerhalb des Systems moglich.^^^ Die Kennzahlen erfiillen eine Vergleichs- und EntscheidungsunterstiJtzungsfunktion. Auf Basis des SCOR-Modells^^^ des Supply Chain Councils sind stan-
185
Vgl. Knolmayer/Mertens/Zeier (2000), S. 107.
186
Es wird daher nach Modulen unterschieden zwischen Forecast Alerts (Demand Planning), PP/DS Alerts, Transport Load Builder Alerts (Transport Planning) und ATP Alerts. Vgl. Dickersbach (2004), 8. 296. Kennzahlen beziehen sich auf Ressourcen (z. B. Ressourcenangebotszeit, Ressourcenauslastung, Ressourcenleerzeit etc.), auf Auftragsmengen (z. B. offene Mengen, Ausschussmengen, fertiggestellte Auftragsmenge etc.), auf das Auftrags-Pegging (z. B. Summe der Verspatungen, Summe der Zeitpuffer, maximale Verspatung) und auf Auftragszeiten (z. B. Produktdurchlaufzeit, Auftragsdurchlaufzeit, Warte-, Liege- und Rustzeiten etc.). Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 118.
189
Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 112.
190
Die SAP AG verwendet hierfijr den weit verbreiteten Begriff Key Perfomance Indicator.
191
Vgl. Buxmann/Konig (2000), 8. 102.
192
Supply Chain Operations Reference-Model. Vgl. Supply Chain Council (2004a) und (2004b).
Struktur von APS-Systemen
65
dardmaliig Kennzahlen fur die funf Hauptprozesse Plan^^^, Source^^, Make^^^, Deliver^^^ und Return^^^ definiert. Des Weiteren konnen im Rahmen des SCC eigene Abfragen auf die Stammdaten definiert werden, auf die der Planer regelmafiig zuruckgreifen kann.^^® Kritisch bei der Festlegung von Regein zur Generierung von Warnhinweisen ist die modulspezifische Einstellung der Regein. In dem Alert Monitor werden die Warnungen lediglich gesammelt, archiviert und gewichtet. Die Abhangigkeiten zwischen den Warnungen konnen jedoch nicht abgebildet werden.^^^ Insgesamt wird durch dieses APO-Modul erreicht, dass der Planer den Uberblick uber die Supply Chain behalt und bei Ausnahmesituationen, wie z. B. mangelnder Lieferfahlgkeit zeitnah den Problembereich lokalisieren und die erforderliche Maflnahmen ergreifen kann.
3.5.5
Kollaborative Pianung
Der Abstimmungsprozess von Planungsergebnissen zwischen unterschiedlichen Supply Chains wird allgemein als Kollaborative Pianung (Collaborative Planning) bezeichnet.^°° Diese Pianung unterscheidet sich von der unternehmensinternen standortiJbergreifenden Pianung darin, dass von einander unabhangige Planungsergebnisse mit unterschiedlichen Zielsetzungen fur alle Mitglieder einer Supply Chain bestmoglich aufeinander abgestimmt werden mussen.^°^ In Abbildung 14 werden Aufgaben der Kollaborativen Pianung in den Bereichen Beschaffung und Absatz sowie deren Fristigkeit aufgefuhrt.
Bedarfs- und Versandprognosegenauigkeit, Befolgung von Planen, Umschlagshaufigkeit, Planungszykluszeit. 194 195
Lieferantendurchlaufzeit, Qualitat der Materialien, Materialbestand. Produktionskosten, Produktqualitat, Umstellungsobjekte, Kapazitatsauslastung. Termingerechter Transport, termingerechte Lieferung, Erfullungszeit der Bestellung, Retouren. Terminierung der RiJckfiusse defekter Produkte, Einplanung von Reparatur- und Instandhaitungsmaflnahmen. Vgl. Bartsch/Bickenbach (2002), S. 113.
199
Vgl. Dickersbach (2004), 8. 302.
200
Vgl. Kilger/Reuter (2005), S. 259.
201
Sowohl die Kollaboration als auch die Kooperation werden nach dem Duden als Zusammenarbeit verstanden. In diesem Zusammenhang wird jedoch „zusamnnen arbeiten" als kollaborieren und „zusamnnenarbeiten" als kooperieren verstanden. Der Abstimnnungsprozess (Kollaborative Pianung) schlieftt damit nicht zwingend eine genneinsame Zielsetzung mit einem von beiden Partner gleichfalls praferierten Ergebnis voraus. Vielmehr wird die Kollaboration lediglich als Bereitstellung von Planungsergebnissen fur weitere Partner in einer Supply Chain verstanden.
66
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
Zeitdimension
langfristig
"2. O
•g. S mittelfristig
^?
I?
If
it
^?
kurzfristig
Absatz Lieferant
Abbildung 14:
Beschaffung Untemehmensverbund
Absatz
Beschaffung
Funktionsdimension
Kunde
Arten und Fristigkeit der Kollaboration^^^
Je nach Verhandlungsposition, Produktart, Beschaffungspreisen und Unternehmenskultur werden in der kollaborativen Beschaffungsplanung mittel- bis kurzfristige Vertrage uber die Beschaffungsmengen abgestimmt, die direkten Einfluss auf die Absatzplanung des Lieferanten haben. Die kollaborative Lagerplanung bezieht sich auf kurzfristige Abstimmungen von Lagermengen des Lieferanten und eigenen Lagerbestanden bei drohenden Lieferengpassen. Grundsatzlich kann jedoch auch die Frage uber die Lage von strategischen Sicherheitsbestanden innerhalb einer Supply Chain langfristige Bedeutung erlangen.^°^ Die kollaborative Kapazitatsplanung beinhaltet die lang- bis mittelfristige Abstimmung uber die Nutzung externer Produktions- und Lagerkapazitaten. Hingegen stellt die kollaborative Transportplanung eine mittel- bis kurzfristige gemeinsanne Abstimmung der Transportplane mit den Kunden dar, um die mit den Kunden vereinbarten Liefertermine einhalten zu konnen. Die kollaborative Absatzplanung erfolgt meist fur einen lang- bis mittelfristigen Zeithorizont, da die abgestimmten Absatzplane die Grundlage der Mittelfristigen Produktionsplanung bilden und de-
In Aniehnung an Busch et al. (2003), S. 45. Zur Bedeutung strategischer Sicherheitsbestandsplanung in Supply Chains vgl. Minner (2000) und Graves/Willems (1998), S. 68 ff.
Interdependenzen in der Produktionsplanung
67
taillierte Vergangenheitsdaten von den kollaborierenden Untemehmen entweder nicht zur Verfijgung gestellt werden Oder u. U. nicht vorliegen. Im APO-Modul Collaborative Planning der SAP AG werden zur Unterstutzung des Abstimmungsprozesses unterschiedlicher Unternehmenspiane System-Schnittstellen zur Verfijgung gestellt, die es den Partnern einer Supply Chain ermoglichen, je nach Zugriffsrechten, einen Einblick in die aktuelle Transportplanung, aktuelle Anfragen (ubergreifende Ausschreibungen) und geplante Promotion-Aktionen zu erhalten. Zudem konnen den Partnern Informationen uber geplante Beschaffungsmengen und Absatzprognosen fur deren interne Abstimmung zur Verfijgung gestellt werden. Grundsatzlich stellt das APO-Modul Collaborative Planning eine Informationsplattform und Systemschnittstellen bereit, in denen keine mathematischen Optimierungsverfahren eingesetzt werden. Je nach der Verhandlungsmacht und dem Verhandlungsgeschick der Parteien sind unterschiedliche Zeithorizonte und Ergebnisse dieses Abstimmungsprozesses denkbar. Da die verhandelnden Parteien in der Regel keine unternehmensinternen Daten fijr eine iJbergreifende Planung bereitstellen, werden lediglich wenige Informationen ausgetauscht.^°* Grundsatzlich fijhrt jedoch die Kollaboration etwa zu einer Reduzierung des Bullwhip-Effektes^°^ bzw. zur Verbesserung der unternehmensiibergreifenden Zusammenarbeit zur Realisierung von langfristigen Zeit-, Qualitats-, Kosten- und Flexibilitatsvorteilen.^°®
4.
Interdependenzen
in der
Produktionsplanung
In dem vorangegangenen Abschnitt wurden die Aufgaben und die Inhalte der verschiedenen Module von APS-Systemen herausgearbeitet. Hieraus wurde deutllch, dass klassische Problembereiche bzw. Teilplane der Produktionsplanung speziell von den Hauptmodulen der Strategischen Netzstrukturplanung, der Mittelfristigen Produktionsplanung, der Losgroftenund Ablaufplanung und der Transportplanung gelost werden. Zur Analyse der Interdependenzen innerhalb von APS-Systemen wird daher zunachst auf die Teilplane der klassischen Produktionsplanung eingegangen (Abschnitt 4.1), um auf dieser Basis, nach einer Zuord-
Vgl. Busch et al. (2003), 8. 28. Vgl. Chen/Drezner/Ryan/Simchi-Levi (2000), S. 436 ff., Takahashi/Myreshka (2004), S. 245 ff., und Lee/Padmanabhan/Whang (1997a), S. 546 ff., und (1997b), S. 93 ff. 206
Vgl. Weber/Dehler/Wertz (2000), 8. 266.
68
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
nung von Teilplanen zu APS-Modulen, die Interdependenzen zwischen diesen herauszuarbeiten (Abschnitt 4.2).
4.1
Teilplane der Produktionsplanung und Aufgaben der APS-Module
Die Gliederung der Produktionsplanung in Teilplane kann auf unterschiedlichen Strukturen, u. a. Organisations-, Produktionsprozess-Strukturen oder Fristigkeit der Teilplane basieren. Inhaltlich lasst sich jedoch die Produktionsplanung in bis zu vier Planungsblocke einteilen:^°^ Produktionsprogrammplanung, Produktionsdurchfuhrungsplanung, Bereitstellungsplanung und Demontageplanung.^°^ Die Produktionsprogrammplanung beschaftigt sich in der einfachsten Form mit der Festlegung von Art und Menge der herzustellenden absatzfahigen Produkte bei gegebenen Absatzmoglichkeiten. Ziel dieser Teilplanung ist i. d. R. entweder die Kostenminimierung bei gegebenem Absatzprogramnn oder die Gewinnmaximierung unter Berucksichtigung von Restriktionen der Produktionsfaktoren. Auch die damit verbundene Wahl der Fertigungstiefe kann in der Programmplanung getroffen werden.^°^ Nach Adam (1998) lasst sich die Produktionsdurchfuhrungsplanung wiederum in vier Teilplane unterteilen:^""" Produktionsaufteilungsplanung, innerbetriebliche Auftragsgrofienplanung, zeitliche Verteilung der Produktion und zeitliche Ablaufplanung.
Vgl. Adam (1998), S. 117. Diese Planung ist nur bei Rucknahmeverpflichtung und Recycling vom Produzenten erforderlich. Vgl. Rollberg(2001), S. 63. Vgl. Adam (1998), S. 118.
Interdependenzen in der Produktionsplanung
69
Die Aufgabe der Produktionssaufteilungsplanung ist die optimale Bestimmung der einzusetzenden Produktionsfaktoren, urn eine festgelegte Leistung zu erbringen. Damit verbunden ist die meist kostenoptimale Bestimmung der Einsatzzeiten und Intensitaten der Faktoren aus den unterschiedlichen Kombinationsmogiichkeiten der Produktionsfaktoren.^^^ Das innerbetriebliche Auftragsgrofienproblem tritt bei der Produktion unterschiedlicher Produkte auf einer Aniage auf. Der Wechsel von Produktarten erfordert 1. d. R. eine Umrustung der Aniage, die Rustkosten und Rustzeit verursacht.^^^ Die Vermeidung haufiger Wechsel fiihrt jedoch dazu, dass unter Berucksichtigung der zu deckenden Bedarfsmengen u. U. groflere Produktionslose auf der Aniage gefertigt werden mussen, die steigende Lagerkosten verursachen.^^^ Die Auftragsgroflenplanung kann daher i. e. S. als Losgrofienplanung verstanden werden. Die zeitliche Verteilung der Produktion wird in der Produktionsplanung auch als Entscheidung uber Emanzlpation Oder Synchronisation der Produktion bezeichnet. Hierbei wird der Grad der Harmonisierung zwischen der zeitiichen Verteilung der Produktionsmengen und den Schwankungen der Nachfragemengen geplant. Die Glattung der Produktion kann durch den Wegfall kostenintensiver Kapazitatsanpassungsmadnahmen entweder zu geringeren Oder durch notwendigen Lageraufbau zu hoheren Gesamtkosten fuhren. Gegenstand der zeitiichen Ablaufplanung ist die Festlegung der Reihenfolge der zu erfullenden Produktionsauftrage auf den Aniagen. Bei dem Vorliegen mehrerer Aniagen ist auch die Frage der Maschinenbelegung zu klaren, d. h. wie die Auftrage auf die Maschinen verteiit werden. Die Ziele der Ablaufplanung beziehen sich meistens auf die Minimierung der Durchlaufzeiten, der Stillstandszeiten oder der Maximierung des Durchsatzes. Wegen der Abhangigkeiten der Ziele untereinander wird auch vom Dilemma der Ablaufplanung gesprochen. Die Bereitstellungsplanung befasst sich mit der Planungsaufgabe, die die Verfijgbarkeit der Produktionsfaktoren zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort in der notwendigen Menge moglichst kostenminimal sicherstellt. Ahnlich wie beim Losgroflenproblem senken haufige Bestellungen die Lagerkosten (Just-in-time-Beschaffung) und erhohen i. d. R. die Transport-
Hierbei wird von der Substituierbarkeit der Faktoren ausgegangen. 212
Vgl. Adam (1998), S. 119.
^^^
Vgl. Adam (1998), S. 120.
70
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
und Bestellkosten.^^"^ Das Ziel der Planung besteht somit in der Minimierung der beiden gegenlaufigen Kostenkomponenten in Abhangigkeit von Bestellmenge und -haufigkeit.^^^ 1st ein Unternehmen zur Rucknahme und Verwertung der eigenen Produkte verpflichtet, kommt der Demontageplanung eine hohe Bedeutung zu. Neben den entstehenden Kosten fijr die Zerlegung der Produkte konnen hieraus auch Rohstoffe gewonnen werden, die in die Produktion von neuen Produkten zuruckfliefien konnen. Die gegenlaufigen Einflussfaktoren wie u. a. die Demontage-, Entsorgungskosten und Ruckflusse von wiederverwendbaren Inputfaktoren sind hierbei in die Planung einzubeziehen. Dieser TeilpJan ist jedoch nicht fur alle Unternehmen relevant und bleibt in dieser Arbeit unberucksichtigt. Zusammenfassend lasst sich in Abbildung 15 die Zuordnung von Teilplanen der Produktionsplanung zu den Modulen von APS-Systemen durch die Aufgaben und Inhalte darstellen, die im Folgenden eriautert werden.
^^"^ Vgl. Adam (1998), S. 120. ^^^
Auf weitere Strategien, die auch die Ausfallrisiken betrachten, wird nicht weiter eingegangen.
Interdependenzen in der Produktionsplanung Teilplane der Produktionsplanung
Produktionsprogrammplanung
Produktionsaufteilungsplanung
71 Module von APS-Systemen
Mittelfristige Produktionsplanung (Master Planning)
Losgrolienplanung (Production Planning)
innerbetriebliche Auftragsgrodenplanung Ablaufplanung (Scheduling) zeitliche Verteilung der Produktion Bedarfsplanung (Material Requirements Planning) zeitliche Ablaufplanung
Bereitstellungsplanung
Abbildung 15:
Transportplanung (Distribution Planning, Transport Planning)
Inhaltliche Zuordnung von Teilplanen der Produktionsplanung zu Modulen von APS-Systemen
Die Produktionsprogrammplanung wird vollstandig von den Aufgaben der mittelfristigen Produktionsplanung (Master Planning) aus Abschnitt 3.2.1 abgedeckt. Die Produktionsaufteilungsplanung findet sich in der APS-Struktur nicht explizit wieder. Die Maschinenbelegung wird jedoch hauptsachlich in der Ablaufplanung abgebildet. Die Planung der Anpassungen der Maschinenintensitaten an unterschiedliche Beschaftigungen wird in APS-Systemen meist vollstandig vernachlassigt und es werden konstante Intensitaten angenommen. Die innerbetriebliche Auftragsgrofienplanung steht i. e. S. fur die Losgrofienplanung, deren Planungsaufgabe durch das entsprechende Modul der Losgrofienplanung (Production Planning) gelost wird. Durch die Betrachtung der Losfertigung wird automatisch eine Emanzipation der Produktion hervorgerufen, es sei denn, die Umstellungskosten bei einem Wechsel der Produkte auf einer Maschine fallen nicht an. Ein Fehlen von Rustkosten wurde die kostenoptimale Losgrofie von eins ergeben und eine volistandige Synchronisation der Produktion bedeuten. Die zeitii-
72
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
che Verteilung der Produktion kann zudem in der Mittelfristigen Produktionsplanung berijcksichtigt werden, da durch die Einbeziehung von knappen Kapazitaten Produktionsmengen vorgezogen werden mijssen und eine absatzsynchrone Produktion ablaufplanerisch nicht moglich ist.^^^ Die Planung der zeitlichen Verteilung der Produktion wird somit sowohl in der Programmplanung als auch in der Losgrofienplanung berucksichtigt und nicht durch ein eigenes Modul abgedeckt. Die zeitliche Ablaufplanung entspricht in dem Aufbau der APS-Systeme dem betrlebswirtschaftlichen Aufgabenbereich der Ablaufplanung (Scheduling) und steht in engem Zusammenhang mit der Losgroflenplanung (Production Planning, Abschnitt 3.3.1). Die Bereitstellungsplanung wird in APS-Systemen hingegen sehr differenziert berucksichtigt. Die Auflosung der geplanten Endproduktmengen und deren Zusammenfassung zu Bestellmengen auf Basis von Rahmenvertragen erfolgt in der Bedarfsplanung (Material Requirements Planning). Die Planung des Transportes und der Routen der Lieferungen von Produktionsfaktoren wird hingegen von der Transportplanung (Transport Planning, Vehicle Scheduling) erfullt. Zusamnnenfassend kann festgehalten werden, dass die Teilplane der Produktionsplanung durch die Inhalte der Module der APS-Systeme abgedeckt und gelost werden. Im folgenden Abschnitt sollen schliefilich die Interdependenzen zwischen den Modulen von APSSystemen untersucht werden.
4.2
Interdependenzen zwischen APS-Modulen
Die Interdependenzen in der Produktionsplanung lassen sich ijbertragen auf die inhaltlichen Abhangigkeitsbeziehungen zwischen den Modulen der APS-Systeme, die in Abbildung 16 dargestellt und erlautert werden.
Vgl. Bitran/Tirupati (1993), S. 530.
Interdependenzen in der Produktionsplanung
73
Mittelfristige Produktionsplanung (Master Planning) 2. Ablaufplanung (Scheduling)
Losgrofienplanung (Production Planning)!
Bedarfsplanung (Material Requirements Planning)
Transportplanung (Transport Planning, Vehicle Scheduling) Abbildung 16:
Interdependenzen zwischen den Modulen von APS-Systemen
Da nicht jeder Teilplan durch sin eigenstandiges Modul eines APS-Systems abgebildet wird und gleichzeitig verschiedene unterstutzende Module nicht origlnare Teilprobleme der Produktionsplanung abbilden, z. B. die Verfijgbarkeitsprufung (Available-To-Promise) oder die Absatzplanung (Demand Planning), werden unter den APS-Modulen nur die in Abbildung 16 aufgefuhrten Interdependenzen naher betrachtet. 1. Master Planning und Production Planning Die Berechnung der optimalen Losgroflen erfolgt auf Basis eines zuvor festgelegten Produktionsprogramms. Durch die Losgroflenplanung werden die Anzahl der Umrustungen und die Grofle der Lose festgelegt. Die damit verbundenen Rustzeiten sind jedoch von der insgesamt verfijgbaren Zeit fur die Produktion einer Aniage abzuziehen, die meist in der Programmplanung zugrunde gelegt wurde. Zudem sind die durch die Losbildung ermittelten Rust- und Lagerkosten der Produktionsmengen Bestandteil der variablen Kosten, die in die Programmplanung einbezogen werden.^^^
Vgl. Rollberg (2001), 8.64 f.
74
Advanced Planning and Scheduling-Systeme
2. Master Planning und Material Requirements Planning Die mittelfristige Programmplanung gibt der Bedarfsplanung die Art und Menge der zu produzierenden Endprodukte vor. In der Bedarfsplanung wird jedoch erst geprijft, welche EInzeltelle in den Tellperioden unter Berucksichtigung von Lieferzeiten und Lieferbeschrankungen in der entsprechenden Menge bestellt werden konnen. Es kann daher dazu kommen, dass nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig die gewijnschten Inputfaktoren fur das ..optimale" Produktionsprogramm zur Verfiigung stehen. Zudem werden durch die Bestellpolitik wesentlich die Kosten der Endprodukte beeinflusst, die in der Programmplanung vorgegeben wer-
3. Master Planning und Scheduling In der Ablaufplanung werden auf Basis des Produktionsprogramms durch die Festlegung der Reihenfolge und die Zuordnung der Auftrage auf die Maschinen die tatsachlichen oder ggf. minimalen Durchlaufzeiten der einzelnen Auftrage und Stillstandszeiten der Maschinen bestimmt. Die Bestimmung des optimalen Produktionsprogramms erfolgt jedoch auf der Grundlage von festgelegten Produktionskoefflzienten und Produktionskapazitaten. 4. Production Planning und Material Requirements Planning Aus der Losgroflenplanung werden die fur die Bedarfsplanung aus produktionstechnischer Sicht meist kostenminimalen Produktionsauftrage vorgegeben. Die Berucksichtigung der hieraus resultierenden Beschaffungskosten, und damit verbunden auch der Lagerkosten, sowie der Beschaffungsmengenrestriktionen erfolgt erst in der Bedarfsplanung. Kostenoptimale Produktionslosgroden konnen ggf. nur durch sehr kostenintensive Bestelimengen bedient werden und umgekehrt. 5. Production Planning und Scheduling In der Losgroflenplanung werden i. d. R. Rust- und Lagerkosten minimiert. Die daraus resultierende Auftragsgrofie berucksichtigt jedoch nicht die ablaufplanerisch notwendigen Zwischenlagerkosten bzw. die grundsatzliche ablaufplanerische Zulassigkeit (Lossequenzproblem). Diese Informationen beruhen auf den Ergebnissen der Ablaufplanung, die meist auf Basis der zuvor bestimmten Losgroflen entstanden sind.
Vgl. Rollberg(2001), S. 67f.
Interdependenzen in der Produktionsplanung
75
6. Scheduling und Material Requirements Planning Die Ablaufplanung legt einerseits die endgultigen Bedarfsmengen fur die Bedarfszeitpunkte als Grundlage der Bedarfsplanung fest. Andererseits haben lange Lieferzeiten oder Lieferbeschrankungen Einfluss darauf, ob der zuvor ermittelte Ablaufplan durchsetzbar ist, da ggf. die notwendigen Produktionsfaktoren nicht rechtzeitig verfijgbar sind. 7. Material Requirements Planning und Transport Planning/Vehicle Scheduling In der Bedarfsplanung werden meist kostenminimale Bestellmengen auf der Grundlage von bestellfixen Kosten und Lagerkosten ermittelt. Die Wahl der Transporttrager und der Routen sowie die Berucksichtigung fester Transportlose haben erheblichen Einfluss auf die Kosten und die Lieferzeit der Produktionsfaktoren, die in die Bedarfsplanung einfliefien mussen.
Aus diesen Eriauterungen der Interdependenzen zwischen den Modulen von APS-Systemen wurde deutlich, wie stark die Module inhaltlich vonelnander abhangen. Eine optimale Losung dieser Problematik und des gesamten Planungssystems wurde jedoch nur durch eine slmultane Formulierung der Modelle der APS-Module erreicht werden. Das simultane Vorgehen fuhrt aber i. d. R. zu einer Komplexitat des mathematischen Optimierungsmodells, die mit herkommlichen Optimierungsverfahren nicht mehr losbar ist. Eine sukzessive Planung fuhrt hingegen ohne die Berucksichtigung dieser Interdependenzen i. d. R. zu einer suboptimalen Losung. Letztlich hangt die Grode der Suboptimalitat durch ein Sukzessivplanungskonzept in APS-Systemen von dem Koordinationsansatz fur diese verschiedenen betriebswirtschaftlichen Teilplanungen ab.^^^ Im weiteren Verlauf der Arbeit soil daher gepruft werden, mit welchen Methoden die Teilprobleme der APS-Module koordiniert werden konnen, ohne die Neuentwicklung eines simultanen Totalmodells. In diesem Zusammenhang ist fur sukzessive Planungskonzepte der Hlerarchischen Produktionsplanung zu untersuchen, inwieweit diese Uberlegungen inhaltlich auf APS-Systeme ubertragbar sind, allgemeine Koordinationsmodelle die Interdependenzen zwischen den Modulen der APS-Systeme abbilden konnen und die Problematik unterschiedlicher Detaillierungsniveaus auf den Planungsstufen berucksichtigt wird.
^^^
Vgl. Gelders/van Wassenhove (1982), 8. 27.
76
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
III.
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
APS-Systeme stellen modular aufgebaute Software-Systeme dar, deren Module in interdependenten Beziehungen zueinander stehen. Urn eine abgestimmte Gesamtplanung uber alle Module hinweg zu erreichen, muss somit ein Koordinationsansatz entwickelt werden, der diese Interdependenzen berucksichtigt. Gleichzeitig wurde aus der Darstellung der APSSysteme (Abschnitt II) deutlich, dass die Planungsebenen in den einzelnen Modulen unterschiedllch detailliert sind, d. h. die Aggregation und Disaggregation von Entscheidungsvariablen und/oder Restriktionen erforderlich ist. Zudem wurde in Abschnitt II deutlich, dass nahezu alle Module, die zu APS-Systemen zahlen, Problembereiche der Produktionsplanung abdecken. Aus diesem Grund liegt es nahe, klassische Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung dahingehend zu untersuchen, inwieweit sie sich als formales Grundkonzept fur einen Koordinationsansatz fur APSSysteme eignen. In diesem Abschnitt werden nach einer EInordnung der Hierarchischen Produktionsplanung in die allgemeine Hierarchische Planung (Abschnitt 1.2) drei wesentliche Bewertungskriterien vorgestellt: -
Koordination (Abschnitt 1.3) unterschiedlicher Planungsebenen, Aggregation und Disaggregation (Abschnitt 1.4) von Entscheidungsvariablen und Restriktionen sowie
-
inhaltllche Ubertragbarkeit der Planungsebenen auf APS-System-Strukturen.^^°
Schliefilich werden die wichtigsten Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung eriautert (Abschnitt 2), um einen geeigneten Ansatz mit Hilfe der Bewertungskriterien als Grundkonzept fiJr APS-Systeme auszuwahlen und einen eigenstandigen Koordinationsansatz zu entwickeln.
1.
Konzept der Hierarchischen
Produl^tionsplanung
Die Hierarchische Produktionsplanung ist eine spezielle Form der allgemeinen Hierarchischen Planung, so dass zunachst neben der Definition von Planung auch die Notwendigkeit der Hierarchisierung von Planungsproblemen herausgearbeitet wird (Abschnitt 1.1). In Ab-
Die Strukturen von APS-Systemen wurden in Abschnitt 11.3 herausgearbeitet.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
11
schnitt 1.2 erfolgt schliefllich die Definition der Inhalte der hierarchisch aufgebauten Planungsebenen und damit die Einordnung der Hierarchischen Produktionsplanung in den Kontext der allgemeinen Hierarchischen Planung.
1.1
Grundlagen der Hierarchischen Planung
Der Begriff der Planung kann als gedankliche Vorwegnahme der Entscheidung i. V. m. einem systematisch durchgefijhrten Entscheidungsprozess definiert werden.^^^ Die Planung tritt damit an die Stelle spontaner und irrationaler Entscheidungen.^^^ Hierbei soil die Planung „[...] auf eine moglichst exakte Analyse der Tatbestande und Entwicklungstendenzen gestutzt werden und daQ> der Plan, wenn er betriebliche Wirklichkeit werden soil, jener Interdependenz der betriebllchen Fakten Rechnung tragi, die es in Groflbetrieben mit komplizierter Fertigung so sehr erschwert, wenn nictit sogar ausschliefit, von einem Teilbereich aus das Ganze zu ubersehen."''' Der Planungsbegriff beschrankt sich nicht auf die isolierte Betrachtung einzelner Teilbereiche, sondern ermoglicht eine umfassende und alle Bereiche einschlieflende Gesamtsicht, die nur durch die simultane Planung erreicht werden kann.^^^ Jede Planung steht damit hinsichtlich des Komplexitatsgrades des zu formulierenden Planungsmodells vor einem Konflikt. Zum einen sollen durch ein Planungsmodell alle relevanten Elemente, Wirkungen und Zusammenhange moglichst realitatsnah erfasst und abgebildet werden, zum anderen muss es losbar und auswertbar bleiben, um befriedigende Ergebnisse der Planung zu erzielen.^^^ Die simultane Vorgehensweise fijhrt damit zu folgenden Schwierigkeiten:^^^
Vgl. Diederich(1992), S. 66. 222
Vgl.Adam(1996), S. 3.
223
Gutenberg (1979), S. 149.
224
Vgl.Stadtler(1988), S. 6.
225
Vgl. Adam (1996), S. 4. Vgl. Zapfel/Gfrerer (1984), S. 235.
78
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen Teilentscheidungen werden fur unterschiedliche organisatorische Ebenen getroffen und haben damit auch verschiedene Anspruche an den Detaillierungs- und Determinierungsgrad. Je grofler der Planungshorizont, desto unsicherer sind die relevanten Daten. Die Verfugbarkeit der Daten ist in der Praxis nicht immer fur jedes Detaillierungsniveau gegeben. Die relevanten Informationen liegen in den Planungsebenen nur asymmetrisch vor.^^^ Die Anzahl der Variablen und Nebenbedingungen (in den meisten Fallen auch mit Ganzzahligkeltsbedingungen) in linearen simultanen Optimierungsmodellen nimmt rechentechnisch nicht mehr losbare Groflen an.
Insgesamt stellt sich die simultane Planung im Rahmen eines Totalmodells als zu komplex dar, so dass komplexitatsreduzierende Madnahmen ergriffen werden mussen. Einer der ersten Ansatze zur Beherrschung der Komplexitat von Gesamtplanungsaufgaben orientiert sich an hierarchisch angeordneten Entscheidungsebenen der Aufbauorganisation und damit an der zeitllch abgestimmten Planung, das bedeutet die strategische, taktische und operative Planung.^^^ Damit verbunden ist ein Ubergang von der simultanen Gesamtplanung zur stufenwelsen Sukzessivplanung. Allgemein hat ein System eine hierarchische Struktur, wenn mindestens zwei Teilsysteme durch mindestens einen konkretisierungsbedijrftigen Aspekt^^^ in einem Verhaltnis der Uber- und Unterordnung stehen.^^° Trotz der Hierarchisierung der Planung sollen jedoch die Optimalitatsverluste durch die Reduktion der Komplexitat in Grenzen gehalten werden.^^^ Inhalte der strategischen (Unternehmens-)Planung sind die langfristige Festlegung der generellen Unternehmensphilosophie, -ziele und -strategie und damit der Geschaftsfelder, in denen die Unternehmung tatig sein will. Die taktische Planung befasst sich hingegen mit der
Die unterschiedliche Detaillierung und die Asymmetrie der Information verknupfen die Uberlegungen der Aggregation und Disaggregation mit der Koordination verteilter Entscheidungen (Distributed Decision Making). Vgl. SchneeweiR/Kleindienst (2004), S. 279. Vgl.Anthony(1965), S. 15ff. Diese Aspekte beziehen sich auf die Form der zeitlichen oder der sachlichen Reihenfolge. Vgl. Rieper(1979), S. 3. Vgl. Shapiro (1993), S. 421 f.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
79
Verteilung der der Unternehmung zur Verfugung stehenden Ressourcen zur bestmoglichen ErreJchung der festgelegten Ziele. Die spezielle Steuerung und Ausfiihrung der Entscheidungen aus der taktischen Planung ist Gegenstand der operativen Planung. Die taktische Planung ist damit der strategischen und die operative der taktischen Planung untergeordnet.^^^ Allgemein kann die Hierarchisierung von Planungsaufgaben vertikal oder horizontal vorgenommen werden. Das hierarchische Konzept von Anthony spaltet das Planungsproblem fur die detailliertere Betrachtung nach der Zeitdimension vertikal in zeitlich untergeordnete Planungsstufen auf.^^^ Bei der horizontalen Zerlegung werden parallele^^ Entscheidungsfelder gebildet, die durch unterschiedliche Zielsetzungen und Funktionsbereiche^^^ charakterisiert und uber spezielle Koordinationsmechanismen untereinander abzustimmen sind.^^^ Mischformen (horizontal-vertikalf ^^ dieser beiden Zerlegungsmoglichkeiten sind in APS-Systemen zu finden, da die Teilprobleme, die in den einzelnen Modulen gelost werden, sowohl isoliert nebeneinander und nach unterschiedlichen Zielsetzungen gelost werden sowie gleichzeitig durch unterschiedliche Planungshorizonte hierarchische Strukturen aufweisen. Grundsatzlich wird in Planungsmodellen zwischen allgemeinen Komplexitatsfaktoren (Abschnitt 1.1.1) und modellorientierter Komplexitat in Entscheidungsmodellen (Abschnitt 1.1.2) unterschieden.
1.1.1
Allgemeine Faktoren der Komplexitat
Eine Form der Strukturierung von Komplexitatsfaktoren und deren Handhabungsmoglichkeiten wird in Abbildung 17 dargestellt.
Vgl. Steven (1994), S. 6. Vgl. Adam (1996), S. 375. Parallel bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Interdependenzen zwischen den einzelnen Teilsystemen wechselseitig und in jede Richtung so stark ausgepragt sind, dass keine eindeutige Uber- bzw. Unterordnungsbeziehung besteht. Vgl. Zapfel/Gfrerer (1984), S. 238. In der Praxis ist die horizontale Zerlegung meist durch den organisatorischen Aufbau der Unternehmung gegeben. Vgl. SchneeweiU (1989), S. 565. Vgl. Adam (1996), S. 378. Vgl. Zapfel/Gfrerer (1984), S. 236.
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
80
Chaosaspekt der Komplexitat
Massenaspekt der Komplexitat Komplexitatsfaktor
Instrument
Wirkung
Vielzahl
Vlelfait
Vleldeutigkeit
Veranderlichkeit
Dimensionierung
Differenzierung
Spezifizierung
StabJiisierung
sachliche Nichtfestlegung (T) bzw. Festlegung {i) von Elementen und/oder Relationen
zeitliche Nichtfestlegung (T) bzw. Festlegung (i) von Elementen und/oder Relationen
Erhohung (T) bzw. Verringerung (i) der Anzahl von Elementen und/oder Relationen
r
i
Differenzierung (T) bzw. Angleichung (i) von Elementen und/oder J 1 Relationen J
(T) tendenzielle Erhohung der Komplexitat {i) tendenzielle Verringerung der Komplexitat
Abbiidung 17:
Faktoren der Komplexitat und instrumente zu ihrer Handhabung^^^
Die Komplexitat der Faktoren Vielzahl und Vlelfait auftert sich in umfangreichen und komplizierten Mengengerusten (Produkte, Lieferanten, Kunden, Standorte) und Zeitgeriisten (Durchlauf-, Transport-, Bearbeitungszeiten) und sprechen die traditionellen Massenaspekte an.2^^ Der Komplexitatsfaktor Vielzahl zeichnet sich durch eine unuberschaubare Anzahl an Elementen und Relationen aus. Dieser Faktor kann durch eine Veranderung der Anzahl der Elemente und/oder uber eine Zerlegung/lntegration des Planungsproblems oder durch die Aggregation/Disaggregation von Elementen gesteuert werden.^'^^ Die Vielfalt bringt die Verschiedenartigkeit der Elemente zum Ausdruck. Sie ergibt sich etwa aus der Anzahl der Eigenschaften eines Elementes, jedoch ist die Messung und die Beurteilung der Vielfalt und damit die Handhabung und die Gestaltung der Komplexitat haufig nur subjektiv moglich.
238
Vgl. Reift (1993a), S. 58, und Reili (1993b), S. 134.
239
Vgl. Reifi (1993a), S. 58.
240
Vgl. Leisten (1996), S. 11.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
81
Neben den Massenaspekten konnen zudem die Chaosaspekte die Komplexitat beeinflussen. Hierunter werden die aktive Variation und die reaktive Anpassungsfahigkeit an sich andernde Gegebenheiten verstanden. Die Vieldeutigkeit von Elementen ist meist begrijndet durch Defizite im Wissen ijber deren Systematik und Struktur, so dass z. B. eine sachiiche Gruppenzuordnung von Elementen nicht eindeutig mogllch ist. Dagegen liegen die Grunde fur die Vieldeutigkeit von Relationen in der mangelnden Scharfe und Eindeutigkeit von Abhangigkeitsbeziehungen zwischen den Elementen. Die Reduzierung der Vieldeutigkeit und damit der Komplexitat durch die sachiiche Festlegung von Elementen fijhrt grundsatzlich zu einer weniger mehrdeutigen Formulierung eines Planungsproblems. Es muss jedoch berucksichtigt werden, dass die Flexibilitat des formulierten Problems auf sich andernde Rahmenbedingungen durch diese Maftnahme eingeschrankt wird.^"^^ Unter der Veranderlichkeit wird in diesem Zusammenhang die zeitlich dynamische Entwicklung eines Planungsproblems verstanden. Die zeitliche Einschrankung der Dynamik eines Problembereiches hat zudem Einfluss auf die Vieldeutigkeit von Elementen und/oder Relati-
1.1.2
Modellorientierte Komplexitat in Entscheidungsmodelien
Ausgehend von den in Abschnitt 1.1.1 beschriebenen Komplexitatsfaktoren werden i. d. R. nur Massenaspekte der Komplexitat in Entscheidungsmodelien erfasst und vom Chaosaspekt abstrahiert. Allgemein lassen sich in Entscheidungsmodelien, speziell in der Produktionsplanung, drei unterschiedliche Vorgehensweisen zur Reduzierung der Komplexitat unterscheiden, die in Abbildung 18 dargestellt werden.
Vgl. Reill (1993a), S. 59. Vgl. Leisten(1996), S. 12.
82
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen (modellorientierte) Komplexitatsreduktion in Produktionsplanungssystemen
Abbildung 18:
Instrumente der modellorientierten Komplexitatsreduktion in der Produktionsplanung^^^
Die Modellzerlegung von kompiexen Totalmodellen der Produktionsplanung wird auch als DekompositJon bezeichnet. Durch die Zerlegung entsteht ein aus mehreren Tellplanen bestehendes Produktionsplanungs-System. Ziel dieses Vorgehens ist, durch eine (temporare) Vernachlasslgung von Interdependenzen zwischen den Teilplanen, die aus der Zerlegung entstandenen Teilprobleme deutlich einfacher als das ursprungliche Gesamtproblem losen zu konnen. Eine schwierige Aufgabe besteht jedoch hierbei darin, zunachst eine sinnvolle Trennung des Gesamtproblems zu wahlen, die eine Zusammenfuhrung der Teilergebnisse in Richtung auf das Gesamtoptimum ernnoglicht. Mit anderen Worten mussen durch die Dekomposition in einem zweiten Schritt die Kopplungen zwischen den Teilmodellen berucksichtigt werden, da sonst eine gesamtzielorientierte Zusammenfuhrung nicht mehr erfolgen kann. Abbildung 19 liefert einen Uberblick uber die Vorgehensweise des Dekompositionsverfahrens.
In Aniehnung an Leisten (1996), S. 19.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
83 Ubertragung der Losung der integrierten Teilprobleme auf das Totalmodell
Totalmodell
Komposition/ Integration
Dekomposition
Losung der Teilprobleme
Dekomponiertes Modell
Abbildung 19:
Dekompositionsverfahren von Entscheidungsmodellen^^
Die Zerlegung kann sowohl nach formalen als auch nach organisationalen Gesichtspunkten erfolgen. Bei der formalen Zerlegung dienen als Grundlage spezielle mathematische Strukturen von komplexen Entscheidungsmodellen. So lasst sich ein gemischt-ganzzahliges Entscheidungsmodell z. B. in Teilmodelle mit kontinuierlichen und mit diskreten Variablen zerlegen, wie dies in dem hierarchischen Produktionsplanungsproblem von Graves oder in dem Dekompositionsverfahren von gemlscht-ganzzahligen Modellen nach Benders erfolgt.^"^^ Daneben kann das Dekompositionsverfahren von DantzigAA/olfe^^^ als organisationale Zerlegung interpretiert werden, indem jedes Teilmodell eine Abteilung reprasentiert, die auf eine gemeinsam genutzte Ressource einer zentralen Einheit zugreift.^"^^ Bei der organisationalen Dekomposition verfolgen die einzelnen Teilprobleme, im Gegensatz zur formalen Dekomposition, unterschiedliche Ziele und bilden I. d. R. die Entscheidungsfindung der Organisationsstruktur eines Unternehmens besser ab.^^® APS-Systeme charakterisieren sich uber einen modularen Aufbau, der sich als organisational dekomponiertes Produktionsplanungs-System beschreiben lasst. Ausgang der weiteren
In Aniehnung an Ausborn (2003), S. 7. Vgl. Graves (1982), S. 260 ff., und Benders (1962), S. 238 ff. Vgl. Dantzig/Wolfe (1960) S. 767 ff. Die Koordination der dekomponierten Teilmodelle nach Danzig/Wolfe sollte jedoch nicht nur mit Hilfe von Preisvorgaben, sondern auch mit mengenmaliigen oder aufwandsorientierten Vorgaben erfolgen. Vgl. Kistner (1992), S. 1135. Der Ansatz von DanzigAA/olfe bezieht sich ausschliefilich auf die formale Dekomposition spezieller LP-Modellstrukturen. Vgl. Dantzig/Wolfe (1961), S. 767 ff.
84
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
Untersuchungen ist damit nicht mehr die Suche nach einem geeigneten Dekompositionsverfahren, sondern vielmehr die „naclitragliche" Analyse von Kopplungen zwisclien den dekomponierten IVIodulen der APS-Systeme.^'^^ In der Produktionsplanung konnen als weitere Alternative zur Komplexitatsreduktion entweder nur einzelne oder mehrere Ebenen der Aggregation/Abstraktion unterzogen werden. Die Aggregation versteht sich allgemein als Zusammenfassung mehrerer (Modell-)Komponenten und/oder deren Eigenschaften zu einer oder wenigen Komponenten und/oder Eigenschaften und reduziert insgesamt deren Zahl.^^° In dieser Arbeit sollen drel verschiedene Ebenen unterschieden werden. Die unterschiedliche Detailllerung der Ebenen kann sich entweder separat oder kombiniert beziehen auf: die Zeit (Jahres-ZStundenplanung), die Produktionsstrukturen (Planung eines Standortes/einer Maschine) oder die Produkte (Produktgruppen/Produkte). Die unterschiedlichen Elemente oder Merkmalsauspragungen, hierzu zahlen z. B. Produkte, Maschinen und Teilperioden, werden somit auf wenige Gruppen abgebildet, d. h. auf Produkt- und Maschinengruppen sowie grofiere Teilperioden. Hiermit ist zunachst ein Informationsverlust verbunden.^^^ Die Reduzierung der Anzahl an Elementen oder Auspragungen fijhrt jedoch zu der gewijnschten Komplexitatsreduktion und damit der (leichteren) Losbarkeit des Ausgangsproblems. Wie aus der Supply Chain Planning-Matrix (Abbildung 2) hervorgeht, lassen sich die Teilplanungsaufgaben nicht nur durch die verschiedenen Zielsetzungen voneinander abgrenzen, sondern auch durch die unterschiedlichen Detaillierungsniveaus der Planungen (Zeitdimen-
Wie in Abschnitt 11.1 bereits deutlich wurde, haben die Module haufig Erganzungs- und Unterstijtzungsfunktionen fur ..Module" der bereits eingesetzten ERP-Systeme. Zum anderen lassen sich Module, die von anderen Modulen unabhangig sind, einzein leichter von den SoftwareHerstellern als isoliert einsetzbar vermarkten. denn die Implementation aller Funktionalitaten stellt fiJr die Untemehmen eine zu grolie Investition dar. Hieraus wird deutlich, dass die Struktur aktuelier APS-Systeme einem dekomponierten Produktionsplanungs-System entspricht, bei dem die Kopplungen vernachlassigt werden. Vgl. Leisten(1996), S. 26. Vgl. Leisten(1996), S. 20.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
85
sion).^^^ Die Abstimmung unterschiedlicher Aggregationsebenen stellt sowohl in der Hierarchischen Produktionsplanung als auch in APS-Systemen einen wesentlichen Bestandteil bei der Bestimmung zulassiger Produktionsplane dar. Aus diesem Grund soil in dieser Arbeit speziell auf die Aggregation/Disaggregation fur lineare Planungsprobleme eingegangen werden, urn verschiedene Aspekte herauszuarbeiten, die auch fur APS-Systeme gelten.^^^ Die dritte Moglichkeit der Reduzierung der Modellkomplexitat besteht in der Verringerung des Anspruchsniveaus (bzw. Relaxation). Dabei werden Eigenschaften, die fur die Komplexitat des Planungsmodells verantwortlich sind, vernachlassigt.^^ Beispiele sind die Vereinfachung des Modells durch Vernachlassigung von Restriktionen, lineare Approximationen von nicht-linearen Zusammenhangen oder kontinuierliche Formulierungen ganzzahliger Problemstrukturen. Bevor solche Arten von Maflnahmen jedoch ergriffen werden, wird in dieser Arbeit erst einmal versucht, so detailliert wie moglich einen Modellansatz zu entwickeln. Relaxationen sollen daher in diesem Abschnitt nicht weiter vertieft werden. Alle drei modellorientierten Instrumente (Modellzerlegung, Aggregation/Abstraktion und Verringerung des Anspruchsniveaus) leisten eine Komplexitatsreduktion mit entsprechenden Vor- und Nachteilen. Ziel des Einsatzes dieser Instrumente sollte jedoch nicht lediglich die Reduktion der Komplexitat, sondern vielmehr ein problemorientiertes Zusammenspie! aller Instrumente sein, damit die Nahe zum realen Problem moglichst gut erhalten bleibt, aber das Modell dennoch losbar ist. So kann z. B. eine vermeintlich komplexitatsreduzierende Mafinahme (z. B. Zerlegung des Planungsproblems) komplexitatserhohende Koordinationsnotwendigkeiten zur Folge haben.^^^ Daher sind die Abhangigkeitsmechanismen zwischen den Komplexitatsfaktoren je nach deren Kopplung vor der Ergreifung von Madnahmen zu untersuchen und mit den ubrigen Instrumenten zu vergleichen.^^^
Vgl. Abschnitt 11.3. Neben der Dekomposition des Totalmodells wird somit auch die Aggregation zur Reduzierung der Modellkomplexitat kombiniert. Im Modul Master Planning erfolgt eine Jahresplanung mit Monaten als Teilperioden, im Production Planning eine Monatsplanung mit Wochen Oder Tagen, in dem Modul Scheduling werden Wochen oder Tagesplane mit sekundengenauer Terminierung erstellt. Hierunter wird nicht die Aggregation von Produktionsnetzen verstanden. Hierzu wird verwiesen auf die Arbeiten von Ausborn (2003), Grunow/Gunther/Yang (2004) und Hackman/Leachman (1989), S. 220 ff. Vgl. Schneeweift (2003), S. 86 ff. Vgl. Leisten (1996), S. 9. Vgl. Reift (1993b), S. 132.
86
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
APS-Systeme, wie in Abschnitt II vorgestellt, verfolgen einen sukzessiven Planungsansatz, indem die Module unterschiedllche Zielsetzungen verfolgen und eine dekomponierte Struktur aufweisen. Gleichzeitig erfolgt die Planung in den Modulen auf unterschiedlichen Detaillierungsebenen, so dass auch das zweite Instrument der modellorientierten Komplexitatsreduktlon verwendet wird. Schliefllich lasst sich die Formulierung von ..weichen" Restriktionen zur Sicherung der Zulassigkeit von Losungen der Entscheidungsmodelle als Verringerung des Anspruchsniveaus interpretieren.
1.2
Einordnung der Hierarchischen Produktionsplanung
In der Hierarchischen Produktionsplanung wird zunachst die zeltliche Abstufung der Planungsebenen (strategisch, taktisch, operativ) aus der allgemeinen Hierarchischen Planung ubernommen.^^^ Die inhaltliche und zeitliche Hierarchie der Planungsstufen in der Hierarchischen Produktionsplanung ist in Abbildung 20 dargestellt.
^^^
Vgl. Hax/Golovin (1978), S. 401.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
87
Aggregierte Gesamtplanung/ Standortplanung
strategisch
Kapazitatsorientierte Produktionsplanung und -steuerung ' Kapazitierte Produktions- \ programmplanung
/A
A
A
A^
' \^ ! li^ :\^ \%^ \\^ M
taktisch
L<^sgrdlien- uhd Ressourcen^nsatzplanuiig
Segmentspezifische FeinpJanung/Ablaufpianung
Einzelfertigung
Werkstattfertigung
Produktionszentren
Flielifertigung
operativ
Organisation
Produktionssteuerung vemetzter Produktionssegmente
Abbildung 20:
Planungsebenen der Hierarchischen Produktionsplanung^^^
Eine Entscheidung der strategischen Planung, die einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren umfassen kann, ist etwa die Standortstrukturplanung der Unternehmung. Darin eingeschlossen ist die grobe Planung der Grofle und der geographischen Verteilung von Produktionsund Lagerstandorten und damit der Gestaltung der Supply Chain.^^^ Diese Entscheidungen zeichnen sich durch einen langen Planungshorizont, einen hohen Kapitaleinsatz und eine langfristige strukturelle und finanzielle Bindung von Einsatzfaktoren aus und konnen damit als strategische Entscheidungen bezeichnet werden.^^° Da diese Planung jedoch auf der Basis einer festgelegten Unternehmensstrategie und Produktfeldentscheidung (d. h. einer noch ..strategischeren" Planung) durchgefuhrt wird, sollte diese Art von „strategischer" Ressourcenallokation lediglich als taktisch im Rahmen der allgemeinen Hierarchischen Planung bezeichnet werden.
258
In Anlehnung an Drexl et al. (1994), S. 1030.
259
Vgl. Miller (2002), S. 2. Vgl. Hax/Candea (1984), S. 3.
88
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
Die taktische Planung wird als Jahresplanung (bzw. als Planung eines vollstandigen Saisonzyklusses) verstanden und hat die moglichst effektive Nutzung der in der strategischen Planung festgelegten Infrastruktur zum Ziel. Entscheidungen, die in diese Planungsstufe fallen, sind etwa die Produktionsprogrammplanung und der damit verbundene Auf- oder Abbau saisonal bedingter Lagerbestande, die Planung der Kapazitatsnutzung (auch unter Einsatz von Fremdkapazitaten) oder die Transportplanung.^^^ Die Losgrofien- und Ressourcenplanung kann je nach Detaillierungslevel der Planung entweder der taktischen oder der operativen Ebene zugerechnet werden. Die operative Ebene der hierarchischen Planung ist die dritte Planungsstufe und stellt eine zeitlich, produkt- oder ressourcenbezogene detailliertere Betrachtungsweise dar. Zu den Aufgaben dieser Stufe zahlen etwa die Zuordnung von Produktionslosen und deren zlelorientierte Einplanung auf eine festgelegte Maschinenstruktur fur einen kurzen Zeithorizont. Die Produktionssteuerung zahit nicht mehr zu dem Bereich der kapazitatsorientierten Produktionsplanung sondern zur Steuerung. Wie in Abbildung 20 dargestellt wurde, ist die Art der Steuerung abhangig von der Struktur des Produktionsprozesses und sollte hierauf abgestimmt erfolgen. Die gestrichelten Linien deuten an, dass die Besonderheiten der unterschiedlichen Produktionsstrukturen bereits in den ubergeordneten Planungsebenen berucksichtigt werden sollten. Mit der inhaltlichen Beschreibung der strategischen, der taktischen und der operativen Produktionsplanung zeigt sich, dass die Bereiche der Hierarchischen Produktionsplanung im Vergleich zur allgemeinen Hierarchischen Planung lediglich den Charakter der taktischoperativen Planung haben. Des Weiteren konnen die inhaltlichen Entscheidungen grundsatzlich in jeder Detaillierungsstufe getroffen werden, so dass eine genaue Zuordnung der Probleme in festgelegten Detaillierungsebenen nicht notwendig ist. Vielmehr ist allgemein darauf zu achten, dass die Planungsmodelle auf jeder Planungsebene handhabbar bleiben und den Anforderungen an die Zulassigkeit und Detaillierung der Ergebnisse gerecht werden.^^^ Zugleich sind die interdependenten Beziehungen zwischen den inhaltlich abgegrenzten Planungsschritten der Hierarchischen Produktionsplanung so zu koordinieren, dass nicht planungsebenen-spezifisch, sondern gesamtplanerisch ein Optimum bestimmt werden kann.
^^'
Vgl. Steven (1994), S. 7. Voraussetzung ist jedoch, dass die notwendigen Daten in der entsprechenden Form vorliegen.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung 1.3
89
Koordination in der Hierarchischen Produktionsplanung
In der Hierarchischen Produktionsplanung stellt die Modellzerlegung eines sehr komplexen Totalmodells in unterschiedliche eigenstandige Teilplane eines neben den bereits vorgestellten Instrumenten der modellorientierten Komplexitatsreduktion dar. Hierarchische Produktionsplanungs-Systeme haben jedoch trotz der Zerlegung die Aufgabe, den gesamten Produktionsprozess auf alien unterschiedllchen Planungsebenen moglichst gut abzubilden, was durch die Koordination sichergestellt werden soll.^^^ Die Koordination zwischen den Teilplanen erfolgt durch Kopplungen.^^ Nach der Darstellung der Gestaltungsalternativen von Kopplungen (Abschnitt 1.3.1) wird deren Zusammenwirken In einem geschlossenen Koordinationskonzept vorgestellt (Abschnitt 1.3.2) und schlledlich auf APS-Systeme ubertragen (Abschnitt 1.3.3).
1.3.1
Kopplungen
Kopplungen zwischen interdependent In Beziehung stehenden Einheiten eines Planungssystems konnen zur zielsetzungsgerechten Koordination eines Entscheidungsprozesses fur ein Gesamtsystem eingesetzt werden. Kopplungsgrofien, die von einer ..iJbergeordneten" an eine ..untergeordnete" Planungsstufe als feste Parameter ubergeben werden, stellen Vorgaben dar. Flieften jedoch Reaktionen in Form von Ergebnissen der untergeordneten in die ubergeordnete Ebene zuruck, wird diese Verbindung als Ruckkopplung (Feedback) bezeich-
Vgl. Rieper (1979), S. 244 f. Der Autor unterscheidet Kopplungen von Interdependenzen insofern, dass Interdependenzen Zusammenhange zwischen den Teiiplanen darstellen, deren formale BeriJcksichtigung jedoch durch Kopplungen beschrieben werden. Kopplungen stellen formal abgebildete Interdependenzen dar, wobei nicht alle Interdependenzen durch Kopplungen abgebildet werden. Mit anderen Worten mussten Interdependenzen mit Vorgaben und Ruckkopplungen bzw. der Antizipation, dagegen Dependenzen nur durch Vorgaben formal dargestellt werden. Zur Unterscheidung von Interdependenzen und Dependenzen vgl. Roliberg (2001), S. 15 ff. Vgl. Stadtler(1988), S. 127.
90
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
1.3.1.1
Vorgaben
In den Formalkonzepten Hierarchischer Produktionsplanungs-Systeme lassen sich drei Arten von Vorgaben unterscheiden: -
primale Vorgaben, duale Vorgaben und
-
gemischte Vorgaben.
Primale Vorgaben schranken den Entscheidungsraum der untergeordneten Planungsebene ein und dienen der primalen Koordination. Hierdurch soil die Realisierbarkeit der Ergebnisse der ubergeordneten Planungsstufe sichergestellt werden.^^^ In den meisten Ansatzen werden als primale Vorgaben Produktionsmengen aus der aggregierten Programmplanung festgelegt.^^^ Die primalen Vorgaben konnen sich auch auf zu nutzende Kapazitatseinheiten, Lagerendbestande und einzusetzende Finanzmittel beziehen.^^^ Sie haben unterschiedliche Auswirkungen auf die Entscheidungsraume^^^ der untergeordneten Planungsebene.^^° Primale Vorgaben konnen sich zudem in den Kopplungsbedingungen unterscheiden, die einen maflgeblichen Einfluss auf die Freiheitsgrade der untergeordneten Planungsstufe haben. So wird unterschieden in Vorgaben, die: exakt zu erfullen sind (als Gleichung formullert „="),
Vgl. Trautmann (1981), S. 16. In dieser Arbeit steht die Koordination von Entscheidungen organisatorischer Teilbereiche eines Unternehmens mit Hilfe von Lenkungspreisen und Budgetvorgaben im Vordergrund. Im Abschnitt III.1.4 wird herausgearbeitet, dass bei hierarchisch strukturierten Systemen die Realisierbarkeit der Vorgaben auf den untergeordneten Stufen nicht zwingend erreicht werden kann. Vgl. Stadtler (1988), S. 131 ff. Der Entscheidungsraum der untergeordneten Ebene kann jedoch auch aufgrund der hoheren Genauigkeit und Detaillierung grofler sein als der Entscheidungsraum der ubergeordneten (aggregierten) Ebene. Eine primale (aggregierte) Vorgabe kann daher dazu fuhren, dass das Optimum auf der untergeordneten Ebene nicht mehr bestimmt werden kann. Vgl. Abschnitt III.1.4. „Die Vorgabe von Lagerendbestanden fuhrt zu einer erhohten Stabilitat des Plans der aggregierten Produktionsplanung unter Inkaufnahme von kurzfristigen AnpassungsmaHnahmen des Produktionsprozesses, wahrend die Vorgabe von Produktionsmengen eine entgegengesetzte Wirkung besitzt. Die Fixierung von Produktionsmengen kann hingegen zu Abweichungen vom geplanten Lagerendbestand fuhren, in Extremsituationen sogar zu Fehlmengensituationen.", Stadtler (1988), S. 132.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung -
91
als Mindest- bzw. Hochstanforderung formuliert werden (als Ungleichung formuliert , >, <") Oder Zielvorgaben einzelner Variablen darstellen.^^^
Die exakte Erfullung und die Zielvorgabe stellen die groflten Einschrankungen der Freiheitsgrade dar, jedoch konnen alle Gleichungen und Ungleichungen durch Erweiterungen urn Strafgroden „weich" formuliert werden.^^^ Gleichungen stellen u. a. die (Mengen-)Konsistenz zwischen den Planungsebenen sicher.^^^ Duale Vorgaben in Form von Parametern gehen hingegen in die Zielfunktion der untergeordneten Planungsstufe ein (duale Koordination) und sind Synonyme fur Lenkungs- bzw. Schattenpreise.^^"* Schattenpreise (oder auch Opportunitatskosten) stellen Grenzkosten oder Grenzgewinne der Restriktionen der Planungsebene dar und werden bei der Losung primaler Probleme berechnet. Beispielsweise konnen Schattenpreise zur Verteilung von knapper Kapazitat auf untergeordnete Planungseinheiten eingesetzt werden.^^^ Bel der Kombination von primalen und dualen Vorgaben wird von gemischten Vorgaben gesprochen. Beisplel einer solchen Vorgabe ist die Nutzung von Dualvariablen nachgelagerter Planungsstufen (duale Ruckkopplung) zur Korrektur von primalen Vorgaben.
1.3.1.2
RiJckkopplungen
Ruckkopplungen lassen sich nach dem Zeitpunkt der Ruckgabe von Parametern an die ubergeordnete Planungsebene untergliedern.^''^ Sie konnen vor Beginn der Realisation eines Plans, wahrend des Planintervalls oder
Vgl. Stadtler(1998). S. 134. Vgl. APS-Formulierung des Master Planning Moduls in Abschnitt 11.3.2. Vgl. Stadtler (1988), S. 135, und Abschnitt VI.1.4. Vgl. Graves (1982), S. 265. In diesem Modell werden Lagrange-Multiplikatoren ven/vendet, die auch als duale Vorgaben bezeichnet werden konnen. In dem Modell von Zapfel/Tobisch (1980), Abschnitt III.2.3, werden Schattenpreise fiir die Korrektur der Rustkosten auf der untergeordneten Planungsebene verwendet. Entsprechend der Definition fiir Vorgaben konnen primaie, duale und gemischte Ruckkopplungen zwischen den Planungsebenen eingesetzt werden.
92
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen -
nach Ablauf des Planintervalls der ubergeordneten Ebene erfolgen.^^^
Ruckkopplungen vor der Realisation werden eingesetzt, um die Zulassigkeit der Entscheidungen und Vorgaben der ubergeordneten Planungsebene zu verbessern. Treten jedoch kurzfristig nach dem Beginn des Planintervalls starke Veranderungen ein, welche die Zulassigkeit des Gesamtplans gefahrden und somit eine Plananderung erfordern, ist eine Ruckkopplung zur Aktualisierung und Neuplanung wahrend des Planintervalls notwen6\g}^^ Ruckkopplungen nach Ablauf der Planungsperiode werden in der rollierenden Planung eingesetzt, um mit aktuellen Daten eine Fortschreibung von zukunftigen Entwicklungen der Parameter (Prognosen) zu verbessern. Eine Folge von Vorgaben und Ruckkopplungen und eine darauf aufbauende Neuplanung wird als Iteration bezelchnet.^^^ Es wird dabei angestrebt, dass die Ergebnisse des Gesamtplans bezogen auf ein definiertes Ziel konvergieren und sich mit jeder Iteration verbessern.^®° Aus wirtschaftlichen und zeitlichen Grijnden sind bei mehreren Iterationen Abbruchbedingungen zu formulieren. Allgemein kann festgehalten werden, dass die iterative Planung abgeschlossen ist, wenn die Plane aller Stufen hinreichend zulassig sind und deutliche Verbesserungen nicht mehr zu erreichen sind.^^^
1.3.2
Koordinationskonzept von Schneeweifl
Fur die Hierarchische Planung mit zwei Ebenen hat Schneeweift ein Grundkonzept zur Koordination entwickelt, das auf die hierarchische Produktionsplanung und damit auch auf APS-Systeme ubertragen werden kann. In dem Ansatz von Schneeweifl wird zwischen einer ubergeordneten Ebene (Top-Level) und einer untergeordneten Ebene (Base-Level) unterschieden, deren unterschiedliche Beziehungen in Abbildung 21 dargestellt werden.
Vgl. Stadtler(1988), S. 139. Vgl. Stadtler(1988), S. 143. Vgl. Stadtler (1988), S. 140. 280
Vgl. Trautmann (1981), S. 18.
281
Vgl. Zapfel/Tobisch (1980), S. 7. Eine geringfugige Unzulassigkeit kann akzeptiert werden, da durch die formale Darstellung nicht alle Freiheitsgrade und Anpassungsmoglichkeiten abgebildet werden konnen.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
93
Top-Level antizipierter Base-Level
V
J
Antizipation (feedforward bottom-upEinfluss)(1)
Instruktion (top-downEinfluss)(2)
Reaktion (feedback bottom-upEinfluss) (3)
Base-Level ex post feedback
Implementatic>n
^ Objekt System
Abbildung 21:
Kopplungen zwischen Ebenen hierarchischer Planungssysteme^^^
Im Top-Level der Hierarchischen Produktionsplanung wird neben der Bestimmung von zielsetzungsoptimalen Entscheidungen auch die Zulassigkeit der Losung auf den ubrigen Planungsebenen angestrebt. Da auf den unterschiedlichen Ebenen verschiedene Aspekte und Nebenbedingungen in der Planung betrachtet werden, mussen die relevanten Merkmale der untergeordneten Planung bereits im Top-Level BeriJcksichtigung finden. Die Planungsebene, bei der in der ubergeordneten Stufe bereits relevante Merkmale, Ausschnitte oder aggregierte Strukturen integriert werden, bezelchnet Schneeweifl als „antizipierten Base-Level". Es handelt sich dabei in der Regel nicht um eine detailgetreue Abbildung des Base-Level, sondern nur um relevante Ausschnitte bzw. Aggregationen. Die BeriJcksichtigung von Merkmalen und Strukturen des Base-Level im Top-Level wird somit als Antizipation bezeichnet. Diese VoHA^egnahme der Reaktionen des Base-Level auf die Vorgaben des Top-Level stellt da-
In Aniehnung an Schneeweifl (1995b), S. 6.
94
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
mit nicht den „klassischen" feedback, sondern den sog. feedforward bottom-up-Einfluss (1) dar. Der umgekehrte top-down-Einfluss (2) wird uber die Vorgabe bzw. Instruktion dargestellt. Die Arten von Vorgaben wurden bereits ausfuhrlich in Abschnitt 1.3.1.1 beschrieben. Die dritte Beziehung zwischen den Ebenen ist die Reaktion (3) und unterscheidet sich von der Antizipation darin, dass die Vorgaben der ubergeordneten Ebene festgelegt und bereits beriicksichtigt wurden. Im Gegensatz dazu sind bei der Antizipation die Vorgaben noch nicht festgelegt. Sind die Entscheidungen auf beiden Ebenen zulassig und moglichst optimal bezogen auf die Zielsetzung des Gesamtplans, konnen diese im realen ..Objekt System" umgesetzt werden. Der RiJckfluss der Ergebnisse aus der endgultigen Umsetzung, die einen Vergleich zwischen Modellparametern und Ist-Daten ermoglicht, stellt eine weitere Feedback-Beziehung im Rahmen dieses Koordinationskonzeptes dar.^^^ Erst anhand der Ergebnisse aus der Umsetzung der Planungen (Implementation) des Base-Level kann die Gute der Koordination und der Planungsmodelle untersucht werden.^^ FiJr die genauere Analyse seines Ansatzes stellt Schneeweifl ein formales Modell auf, bei dem der Top-Level differenzierter dargestellt und gleichzeitig auf die Modellierung der Reaktion verzichtet wird. Der Grund liegt darin, dass die Reaktion fur die Bestimmung einer Vorgabe nicht mehr relevant ist. Die Ruckgabe einer Reaktion ist lediglich nach Ablauf der Planungsperiode moglich und wurde in der Vorgabe der kommenden Planungsperiode beriicksichtigt werden, in der ggf. eine andere Planungssituation vorliegt. Diese Zeitverzogerung um eine Planungsperiode fuhrt nach Auffassung von SchneeweiH dazu, dass deren Berucksichtigung die Bestimmung von Vorgaben fijr die kommende Planungsperiode negativ beeinflussen wurde. Der Schwerpunkt der Untersuchungen liegt damit in der Analyse von Vorgaben (Instruktionen) und der Antizipationsbeziehung (Antizipationsfunktion). In Abbildung 22 werden die Erweiterungen des Konzeptes dargestellt.
^^^
Vgl. Schneeweifi (2003), S. 18.
^^
Vgl. Ausbom (2003), S. 12.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
95
Top-Level
Top-Modell MTT (QTT^ ATT.I TT)
AF(IN)
IN(a"^
antizipiertes Base-Modell MBT (CBT ABT i^BT)
Entscheidung
Reaktion RE* Instruktion
IN** final
IN * = IN (a^*)
Base-Level MB(CB.AS.I,B)
Abbildung 22:
Formaldarstellung hierarchischer Planungssysteme^^^
Die Entscheidungsmodelle M der unterschiedlichen Planungsebenen definieren sich uber ein Zielkriterium bzw. eine allgemeine Praferenzstruktur C (criterion) und den Entscheidungsraunn bzw. eine Menge an Handiungsalternativen A (action space). Erganzend dazu wird explizit der Informationsstand It der Periode t angefuhrt, auf dessen Basis eine Entscheidung getroffen wurde. Zur Unterscheidung des Top-Level vom Base-Level werden alle Groflen mit J" bzw. „^" indiziert. Das Modell, das auf ubergeordneter Ebene das untergeordnete Modell antizipiert und abschatzt, d. h. der auf Top-Ebene antizipierte Base-Level, wird doppelt durch „^^" gekennzeichnet. Die Entscheidung a^^ (bzw. a^*) aus dem gesamten Entscheidungsraum A ^ (bzw. A^), die dem antizipierten (bzw. ursprunglichen) Base-Level vorgegeben wird (Instruktion), ist als
In AnIehnung an Schneeweifi (2003), S. 36, und Ausborn (2003), S. 13.
96
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
IN=IN(a^) (bzw. IN*=IN(a^*)) formuliert. Die endgultige optimale Vorgabe, die der Top-Level an den Base-Level ubergibt, wird durch ein „*" gekennzeichnet. Eine formale Darstellung der Antizipationsfunktion hat folgenden Ausdruck: (3.1)AF(IN) = a^'^(IN) = arg opt E{C%^^)I It^"^}
In der Gleichung (3.1) wird beschrieben, dass die Antizipationsfunktion aus den Losungsalternativen des antizipierten Base-Modells A^^ die optimale (von der Instruktion abhangige) Losung in das Top-Modell aufnimmt. Es wird deutlich, dass diese FunktIon ausschliefJIich von den moglichen Auspragungen („arg") der Vorgaben abhangig ist. Es wird jedoch lediglich die abgeschatzte Entscheidung gewahit, die aus der Menge der Alternativen den optimalen erwarteten Zielfunktionswert des antizipierten Base-Modells ergibt, d. h. E{C^^(a^^) I It^^}. Die in dieser Forme! zugrunde gelegte Information It^^ stellt lediglich einen fur den Base-Level abgeschatzten Informationsstand dar. Die Zielfunktion des Top-Level lasst sich in der Gleichung (3.2) wie folgt darstellen: (3.2) C^(a^) = C^[C^(a^), C^"^(AF(IN(a^)))] Das Ziel auf der Top-Ebene setzt sich in Gleichung (3.2) aus dem Ziel des Top-Level ohne Base-Level (C^(a^)) und der Antizipation des Base-Level (C^^(AF(IN(a^))) zusammen, d. h. die antizipierte Vorgabe (Instruktion) des Top-Modells wird auf Top-Ebene berucksichtigt. Die optimale Entscheidung im Sinne des Gesamtsystems auf Top-Ebene wird damit wie folgt formuliert: (3.3)a^*= opt E{C^[C^(a^), C^W(IN(a^)))]irt=o} Die Gleichung (3.3) beschreibt die optimal antizipierte Losung des Top-Level. Es wird hierbei aus alien moglichen Entscheidungsalternativen der Top-Ebene die optimale Alternative ausgewahlt, die auf Basis der Information zum Zeitpunkt t = 0 nach der Zielsetzung C^ den groflten erwarteten Zielfunktionswert liefert. Auf der Ebene des Base-Level kann schliedlich die optimale Entscheidung folgendermaflen beschrieben werden: (3.4)a^* = arg opt E{CV(a^)l l V t = i }
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
97
Diese Entscheidung aus der Gleichung (3.4) beschrankt sich schliefllich auf die ZJelsetzung und die Information des Base-Level auf Basis antizipierter optimaler Vorgaben (IN*) aus dem Top-Level, jedoch auf Basis aktueller Information zum Zeitpunkt t = 1.^®^ Abschlieflend kann festgehalten werden, dass die Gute der Entscheidungen auf alien Ebenen von der Antizipationsfunktion und den Abschatzungen der Reaktionen des Base-Level auf mogliche Vorgaben abhangt. Im speziellen Fall der vollstandigen und symmetrischen Information auf alien Ebenen kann diese Art der Unsicherheit vernachlassigt werden.^®^ Je besser es aber gelingt, vor der Bestimmung einer Vorgabe die Reaktionen abzuschatzen (perfekte Antizipation), desto geringer ist die Differenz zwischen den Entscheidungen eines (zu) komplexen Totalmodells und eines dekomponierten hierarchisch strukturierten Planungsproblems, das ..optimal" koordiniert wird.^®^ Offen bleibt die Frage, wie die bereits beschriebenen Riickkopplungen in dieses Konzept einfliefien konnen. Sie werden bei den Ausfuhrungen von Schneeweifi wegen der beschriebenen verzogernden Probleme des Feedbacks in t = 1 nicht welter betrachtet. Fraglich ist, ob dieses Argument gegen die feedback bottom-up-Koordination haltbar ist, wenn mehrere Iterationen im Zeitpunkt t = 0 im Top-Level zwischen M^ und M^ moglich sind und damit keine Informationsunterschiede auftreten. Ein weiterer Kritikpunkt an der Darstellung von Schneeweifi ist die Beschrankung der Betrachtung auf lediglich zwei Planungsebenen. Schon bei der Betrachtung von drei Ebenen kann eine Hierarchisierung zwischen alien Planen nicht mehr eindeutig dargestellt werden. Dies trifft auf die meisten Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung und gerade auf modular aufgebaute APS-Systeme zu. Unkritisch bleibt jedoch, dass die Antizipation im Gegensatz zu einem einfachen Feedback-Prozess die Gute der Entscheidungen auf alien Ebenen sehr positiv beeinflussen kann und die Koordination zwischen den unterschiedlichen Modellen zielorientiert ermoglicht.
286 287
Vgl. Schneeweifi (2003). S. 37. Vgi. Ausbom (2003). S. 15, mit Verweis auf Jornsten/Leisten (1992), S. 141 ff., und Ari/Axsater (1988), S. 182 ff. Vgl. Schneeweili (2003), S. 42, und Ausbom (2003), S. 14.
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
98 1.3.3
Anwendung des Koordinationskonzeptes auf APS-Systeme
Da in dieser Arbeit ein Formalmodell der Hierarchischen Produktionsplanung zur Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme^®^ die Grundlage darstellt, wird die weitere Betrachtung auf die Koordination zwischen den APS-Modulen Master Planning, Production Planning und Scheduling beschrankt. Die Koordinationsnotwendigkeit zwischen diesen Modulen ergibt sich zum einen durch die Hierarchisierung aufgrund unterschiedlicher Detaillierung der Planung und zum anderen aus der inhaltlich abgegrenzten Zielsetzung der drei betrachteten Planungsbereiche. Die hierarchische Struktur der Planungsebenen ist in Abbildung 23 dargestellt.
Top-Level Mittelfristige Produktionsplanung (Master Planning) IN^ 1 ntermediate-Level Losgrolienplanung (Production Planning) IN' Base-Level
^ Abbildung 23:
Ablaufplanung (Scheduling)
>
Hierarchische Beziehung zwischen ausgewahlten APS-Modulen
Wie in Abschnitt 1.2 zur Hierarchischen Produktionsplanung bereits herausgearbeitet wurde, stellt das Produktionsprogramm der Mittelfristigen Produktionsplanung die Vorgabe fur die
Allgemein beschrankt sich die Koordination aller APS-Module auf die Bereitstellung von Datenschnittstellen zu einer Datenbank mit Stammdaten und Teilergebnissen der eingesetzten APSModule. Unter Koordination in APS-Systemen wird daher lediglich ein koordinierter Datenaustausch und die Bereitstellung der Daten aus Modulen zur Weiterverarbeitung ohne Steuerwirkung verstanden (Vgl. Rohde (2005), S. 245 f.). Dies entspricht nicht der Koordination im Sinne einer aktiven Abstimmung interdependent in Beziehung stehender Teilplane einer Gesamtplanung. Somit ist ein Koordinationsansatz zu entwickeln.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
99
Losgrofienplanung dar (IN^). Anschlieftend werden optimale Losgroflen zur ablaufplanerischen Optimierung an die Ablaufplanung vorgegeben (IN'). Die interdependenten Wechselbeziehungen zwischen den IVIodulen mussen jedoch durch einen Koordinationsansatz Berijcksichtigung finden.^^° Die Gute des Koordinatlonsansatzes wird als Differenz zwischen den Ergebnissen der koordinierten Sukzessivplanung und der optimalen Simultanplanung gemessen.^^^ Sofern keine Losung fur das simultane Planungsmodell aufgrund der Komplexitat berechnet werden kann, steht die Zulassigkeit fur das Gesamtsystem Im Vordergrund. Auf der Grundlage des Ansatzes von Schneewelfi werden in Abbildung 24 zwei alternative Koordinationskonzepte vorgestellt. Die beiden Alternativen der Koordination von drei Planungsebenen/Modulen unterscheiden sich in der Antizipation des Base-Level (Ablaufplanung) in den ubergeordneten Planungsebenen.
Vgi.Abschnltt 11.4.1. Vgl. Gelders/van Wassenhove (1982), S. 27.
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
100 Koordinationsalternative A Mittelfristige Produktionsplanung (Top-Level)
Koordinationsalternative B Detaillierungsgrad
Mittelfristige Produktionsplanung (Top-Level)
\
Modell der Produktionsprogrammplanung
Modell der Produktionsprogrammplanung ANT
/
ANJ
IN
IN
AN
antiziplerte LosgroHenplanung
antiziplerte Losgrollenplanung mit antizipierter Ablaufplanung
IN
antiziplerte Ablaufplanung
Produktgruppen Produkte
Losgroftenplanung (Intermediate-Level)
Modell der Losgrollenplanung
Modell der LosgroBenplanung AN
LosgroBenplanung (I ntermediate-Level)
r~^
IN
AN
antiziplerte Ablaufplanung
IN
antiziplerte Ablaufplanung
ANT Ablaufplanung (Base-Level)
Ablaufplanung (Base-Level)
Modell der Ablaufplanung
Abbildung 24:
AN = Antizipation IN = InstruktionA/orgabe
Modell der Ablaufplanung
Koordinationsalternativen fur ausgewahlte APS-Module
In der Koordinationsalternative A wird die Ablaufplanung (Base-Level) in der Losgrofienplanung (Intermediate-Level) antizipiert. Des Weiteren werden relevante Strukturen der Losgrofienplanung in der Mittelfristigen Programmplanung (Top-Level) berucksichtigt. Hierbei werden in dem Modell der Produktionsprogrammplanung nur die Strukturen der Ablaufplanung antizipiert, die bereits in der LosgroRenplanung berucksichtigt wurden. Relevante Strukturen der Ablaufplanung, die in der Mittelfristigen Programmplanung zu antizipieren sind, konnen dadurch ggf. nicht in die Vorgabe des Top-Level eingehen. Dieses Vorgehen hat zum einen zur Folge, dass die indirekte Antizipation der Ablaufplanung auf der Ebene der Programmplanung die Koordinationswirkung verliert, zumal die zu antizipierenden relevanten Strukturen der Ablaufplanung fur beide ijbergeordneten Stufen unterschiedlich sind.^^^ Zum anderen
Vor dem Hintergrund der Aggregation/Disaggregation, die in Abschnitt III.1.4 naher erlautert wird, wurde im dreistufigen Modell bei unterschiedlichen Detaillierungsebenen eine „doppelte" Aggregation der Variablen und/oder Restriktionen im ersten Vorschlag erfolgen. Jede nichtoptimale Aggregation fiihrt jedoch zu einem Aggregationsfehler, der sich beim ersten Vorschlag verstarken wurde. Aus Sicht der Aggregation ist daher der zweite Vorschlag zu bevorzugen.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
101
sind in der Koordinationsaltemative A die Strukturen der beiden Ebenen (Losgrofienplanung und Ablaufplanung) fijr die Programmplanung nicht mehr eindeutig voneinander zu unterscheiden und deren jeweilige Auswirkung auf die koordinierenden Vorgaben des Top-Level nicht mehr unabhangig und isoliert analysierbar. In der Koordinationsaltemative B wird die Ablaufplanung (Base-Level) sowohl auf der Ebene der Losgrofienplanung als auch auf der Ebene der Mittelfristigen Produktionsplanung (TopLevel) direkt antizipiert. Zum einen konnen hierdurch die fur die Produktionsprogrammplanung und fur die Losgroflenplanung jeweils relevanten Strukturen der Ablaufplanung in die Vorgaben einbezogen werden. Zum anderen bleiben die Ebenen unterhalb des Top-Level in ihrer ursprunglichen Struktur erhalten und erieichtern die isolierte Betrachtung der Antizipationseinflusse auf die Top-Ebene. Da die Losgrofienplanung und die Ablaufplanung getrennt und direkt mit den jeweils relevanten Strukturen In der Produktionsprogrammplanung (TopLevel) antizipiert werden, wird eine gesamtzielorientlerte Koordination ermoglich. Ein weiteres Argument fur die Alternative B liegt in der nicht eindeutigen Hierarchie zwischen der Losgroflenplanung (Intermediate-Level) und der Ablaufplanung (Base-Level). Im Rahmen der Hierarchischen Produktionsplanung konnen die Ablaufplanung und die Losgroflenplanung auch auf derselben Detaillierungsebene gelost werden. Zudem werden in APSSystemen (z. B. SAP APO) die beiden Teilprobleme in einem Modul zusammengefasst und in der Theorie z. T. simultan gelost. Die Detaillierung der Planung wurde in beiden Alternativen nur in der Produktebene unterschieden. Die Koordinationsaltemative B wird wegen der beschriebenen Vorteile fur die weiteren Untersuchungen verfolgt.
1.4
Aggregation und Disaggregation in der Hierarchischen Produktionsplanung
Die Aggregation im Rahmen der Hierarchischen Produktionsplanung stellt, neben den in Abschnitt 1.1.2 vorgestellten Instrumenten, eine Moglichkeit zur Reduzierung der Komplexitat von Planungsmodellen dar. Nach einer allgemeinen Darstellung der Vorgehensweise der formalen Aggregation und der damit verbundenen Disaggregation in linearen Entscheidungsmodellen (Abschnitt 1.4.1) werden allgemeine Probleme der Aggregation von Variablen und Restriktionen (Abschnitt 1.4.2) dargestellt. In diesem Zusammenhang wird ein iteratives Vorgehen der Aggregation/Disaggregation vorgestellt (Abschnitt 1.4.3) und abschliedend die Vorgehensweise in APS-Systemen kritisch analysiert und bewertet (Abschnitt 1.4.4).
102 1.4.1
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen Grundmodelt der Aggregation und Disaggregation linearer Entscheidungsmodelle
In der formalen Aggregation von Entscheidungsmodellen der linearen Programmierung (LP)293 wird von den expliziten Ebenen (Produkte, Zeit, Produktionsstrukturen) und von inhaltlichen Zusammenhangen des Planungsproblems zunachst abstrahiert. Es werden die Variablen und Restriktionen des linearen Entscheidungsmodells betrachtet, mit denen das Realproblem beschrieben wird.^^ Zur Ubersicht wird der gesamte Ablauf der Aggregation und Disaggregation In Abbildung 25 verdeutlicht.
Mathematische (Entscheidungs-)Modelle bilden abstrakte Abhangigkeiten zwischen Objekten durch (Un-)Gleichungen und logischen Beziehungen mit Hilfe von Symbolen ab. Vgl. Ausborn (2003), S. 89.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
103
Realproblem Realproblemausschnitt
Mikroebene
Makroebene
nicht komplexitatsverandemdes (detailliertes) Mikro-Modell
) /
"*"">.^^heuristikbasierte ^ Ansatze
-X-
Aggregation
Disaggregation
aggregiertes MakroModell
aggregierte Losung
Modellf ormulierungs»ebene
Abbildung 25:
detaillierte Losung
realprobiemnahe Ebene
vom Realproblem abstrahierende Ebene
Losungsebene
s
Fijr die Losung eines realen Problems wjrd i. d. R. lediglich nur ein Ausschnitt gewahit, da entweder hierdurch bereits alle wesentlichen entscheidungsrelevanten Aspekte berucksichtigt werden Oder nur ein Teil des Gesamtproblems gelost werden soil. Wahrend heuristikbasierte Ansatze auf realproblemnaher Ebene versuchen, Losungen fur das Realproblem zu finden, abstrahieren LP-Modelle von dem Realproblem. Zudem weisen die Realprobleme meist nicht exakt losbare Problemdimenslonen auf. Aus Abbildung 25 wird deutlich, dass durch die Aggregation des detaillierten, aber nicht losbaren Mikro-Modells ein losbares aggregiertes Makro-Modell entwickelt wird, urn schliefilich durch eine Disaggregation eine Losung fur das detaillierte Entscheidungsproblem abzuleiten und auf das Realproblem zu uber-
In Aniehnung an Leisten (1996), S. 23 und S. 28.
104
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
tragen.^^^ Dieses Vorgehen kann mit anderen Verfahren der Komplexitatsreduzierung (z. B. Dekomposition) weiter kombiniert werden. Als formales detailliertes Mikro-Modell wird fur die weiteren Betrachtungen das nachstehende lineare Optimierungsmodeli (P) verstanden.^^^ Die Variablen und Parameter des MikroIVIodells stellen Vektoren bzw. Matrizen dar. Hierbei ist c = (q) der Zielfunktionskoeffizientenvektor, b = (bj) der Kapazitatsvektor und a = (aij) die Koeffizientenmatrix fur alle i = 1,..,m und j = 1,..,n. X = (Xj) stellt den Vektor der prinnalen, u = (Uj) den Vektor der dualen Variablen dar.2^« (3.5) ex -> opt In der Zielfunktion (3.5) werden die Variablen x mit den Zielfunktionskoeffizienten c bewertet und bezogen auf das Zielkriterium optimiert. (3.6) ax < b Die Ungleichungen (3.6) stellen die Nebenbedingungen und Begrenzungen des Losungsraums des Entscheidungsproblems dar. (3.7) X > 0 Die Nichtnegativitat der Entscheidungsvariablen ist durch die Gleichungen (3.7) gesichert. Die Aggregation der Variablen und Restriktionen erfolgt nun durch eine Zuordnung der zusammenzufassenden Elemente zu Clustern^^^ (Sk, k = 1,..,K fur Variablencluster, sowie T|, I = 1,..,L fur Restriktionencluster)^°°. Die Auswahl der Spalten und Zeilen, die im Rahmen der Aggregation zu Clustern zusammengefasst werden, ist im Fall der Hierarchischen Produktionsplanung durch die Produktgruppen bzw. die zu aggregierenden Perioden vorgegeben. Die Produktionsmengenvariablen von Produktarten einer Produktgruppe werden im detaillierten Modell nebeneinander in einem Cluster angeordnet und deren Parameter zu einem ag-
Vgl. Leisten(1996), S. 28. Als einfuhrende Literatur zum Operations Research und zum Aufbau iinearer Entscheidungsmodelle wird auf Ellinger/Beuermann/Leisten (2003) verwiesen. Vgl. Leisten(1996), S. 55. Cluster werden synonym als Gruppen bezeichnet. Die Teilmengen Sk bzw. T| sollen insgesamt alle Elemente enthalten, aber disjunkt sein, so dass jedes Element nur genau einem entsprechenden Cluster zugeordnet ist.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
105
gregierten Parameter zusammengefasst. Die Wahl der Anzahl der Cluster sowie die Zuordnung der Elemente zu den gebildeten Gruppen (z. B. nach Ahnlichkeitsmaften) ist Gegenstand der Aggregationsanalyse. Die Gewichtung innerhalb der Gruppen wird formal durch den Variablengewichtungsvektor gj, j = 1,..,n und den Restriktionengewichtungsvektor hj, i = 1,..,m dargestellt. Die Gewichte Sj^
sind zudem meist fur jede Gruppe normiert, d.h. 2^gj=\ 7=1
7",
und^/?, = i .^°^ i=\
Das detaillierte Problem (P) wird schliefllich zu dem Problem (P*) aggregiert und kann folgendermafien dargestellt werden. X stellen die aggregierten Entscheidungsvariablen dar und die aggregierten Parameter C, A und B ergeben sich durch C = eg, A = hag und B = hb. (3.8) CX -> opt In der Zielfunktion (3.8) des aggregierten Problems werden nun die aggregierten Entscheidungsvariablen X mit aggregierten Zielfunktionskoeffizienten C = c*g bewertet. (3.9)AX 0 Die Nichtnegativitat fur die aggregierten Variablen X wird durch (3.10) gewahrleistet.
In dem folgenden Beispiel wird das Vorgehen der Aggregation mit zwei Variablen und zwei Restriktionen in jeweils einem zusammengefassten Cluster fur das folgende detaillierte Modell dargestellt. (3.11) CiXi + C2X2 -^ opt (3.12)aiiXi + ai2X2
Die Normierung andert zwar den Losungsraum eines aggregierten LP-Modells, jedoch lasst sich die Losung eines normierten aggregierten LP-Modells in eine nicht-nornnierte Losung uberfuhren. Vgl. Kleindienst (2004), S. 33.
106
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
(3.13) 821X1 + 822X2
(3.14)Xi,X2>0 Das detaillierte Modell lasst sich unter Hinzunahme der Gewichtungsfaktoren fur Variablen (g) und fijr Restriktionen (h) folgendermaden aggregieren. (3.15) (cigi + C2g2)X-> opt (3.16) (hi(aiigi + ai2g2) + h2(a2igi + a22g2))X < hibi + h2b2 (3.17)X>0 Durch die Aggregation wird somit die detaillierte Losung des Problems (P) auf den durch die Gewichte festgelegten Unterraum projiziert^°^ und eine Losung fur das aggregierte Problem Z(X*) berechnet. Gesucht ist jedoch eine zulassige und moglichst gute Losung z(x) fur das detaillierte Problem durch die Ableitung (Disaggregation) von Z(X*).^°^ Bei geelgneten Aggregationsgewlchten entspricht der optimale aggregierte Zielfunktionswert Z(X*) dem optimalen detaillierten Zielfunktionswert z(x), d. h. Z(X*) = z(x). Diese optimalen Aggregationsgewichte benotigen jedoch die optimale detaillierte Losung, die im Voraus nicht bekannt ist, wie in Abblldung 25 dargestellt. Aus diesem Grund wird im Rahmen der LPAggregation grower Wert auf die Abschatzung des Optimalitatsverlustes infolge der Aggregation gelegt.^°^ Die einfachste Form der Disaggregation ist die Auflosung der aggregierten Losung mit der gleichen Gewichtung, die bereits fur die Aggregation verwendet wurde (wie bei der Zusammenfassung, sog. fixed-weight Disaggregation) Xj = gjk* Xk*.^°^ Die Zulassigkeit der disaggregierten Losung ist jedoch bei diesem Verfahren nicht gewahrleistet. Bei Unzulassigkeit Ist eine Anpassung der Gewichtungsfaktoren erforderlich.^°^ Dagegen wird bei der Zulassigkeit
In dem graphischen Beispiel wurde der zweidimensionale Losungsraum auf eine eindimensionale lineare Funktion projiziert, deren Steigung durch die Gewichtung bestimmt wird. Eine optimale Losung fiir das detaillierte Problem aus der aggregierten Losung abzuleiten, ist mit groflem Aufwand verbunden. Von daher wird in der Literatur haufig nur noch der Anspruch der zulassigen Disaggregation gestellt, da das detaillierte Problem direkt nicht losbar ist. Vgl. Zipkin (1980a), S. 403 f., und Zipkin (1980b), S. 903 ff. FiJr das Beispiel entsprechend Xi = gi*X* und X2 = g2*X*. Hier wird unterstellt, dass das detaillierte Problem eine zulassige Losung besitzt.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
107
der disaggregjerten Losung die Aggregation/Disaggregation mit einer Fehleranalyse verbunden, mit dem Ziel, die Differenz z(x*) - z(x)^°^ abzuschatzen.^°® Grundsatzlich kann festgehalten werden, dass durch den Ansatz der Aggregation und der Disaggregation detaillierte Informationen uber das Realmodell, speziell des Produktionsprozesses, zusammengefasst werden und damit gleichzeitig ein Verlust von Informationen einhergeht. Diese ungenauere Betrachtung ermoglicht jedoch auf der anderen Seite die „Losbarkeit" des ..ursprungiichen" detaillierten Problems. Bei einer sinnvollen Zusammenfassung und Gewichtsbestimmung sowie unter besonderen Voraussetzungen, z. B. bei Vorliegen von gleichen Parametern von zu aggregierenden Produkten zu Produktgruppen^°^, 1st der Optimalitatsverlust erfahrungsgemafl gering.^''°
(3.18)3;=^
u !
Die optimale Gewichtung innerhalb sinnvoll gewahlter Cluster in Gleichung (3.18) ist jedoch unter der berelts beschriebenen Problemsituation nicht moglich, da die detaillierten optimalen Produktionsmengen x/ nicht bekannt sind.^^^ Im folgenden Abschnitt wird daher zur Verdeutlichung der Probleme jeweils ein Beispiel fur die ..suboptimale" Abschatzung der Gewichtungsfaktoren fur Variablen und fur Restriktionen gegeben.
1.4.2
Aspekte der Aggregation in linearen Entscheidungsmodellen
In linearen Entscheidungsmodellen konnen Variablen und/oder Restriktionen zur Reduzierung der Modellkomplexitat aggregiert werden. In dem folgenden Beispiel werden die Aggregation von Produktionsmengen-Variablen und die Aggregation von Modell-Restriktionen bzw.
Da z(x) sich aus der Disaggregation von Z(X ) ergibt und z(x ) nicht ohne Weiteres berechenbar ist, mussen Schranken zur Abschatzung bestimmt werden, die den Wertebereich der optimalen detaillierten Losung eingrenzen. Vgl. Leisten (1996), S. 57, und das Zahlenbeispiel im Anhang, Abschnitt A.2. Vgi. Abschnitt III.2.1. Vgl. Leisten (1996), S. 69, und Liesegang (1980), S. 95 ff. In den meisten Ansatzen steht zudem nicht die Minimierung des Optimalitatsverlustes, sondern lediglich die „konslstente" Aggregation im Vordergrund. Konsistenz definiert Axsater als die Eigenschaft eines aggregierten Produktionsplans, disaggregiert zu werden, damit die detaillierten Lagervariablen der Lagerbilanzgleichungen nicht-negative Werte annehmen. Vgl. Leisten (1996), S. 66, und Zipkin (1977), S. 41.
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
108
Produktionsstrukturen getrennt vorgenommen und deren Auswirkungen graphisch aufgezeigt.^^2 FiJr ein lineares Entscheidungsmodell soil das gewinnmaximale Produktionsprogramm (Xiopt, X2opt) von zwei Produkten Xi und X2 in einer Periode unter Berucksichtigung von Absatzoberund -untergrenzen (Maxxi, Maxx2, Minxi, Minx2) sowie Rohstoffrestriktionen (R1, R2) bestimmt werden. In der Zielfunktion (ZF) werden die positiven Deckungsbeitrage der beiden Produkte maximiert. In Abbildung 26 wird die gewinnmaximale Losung (Xiopt, X2opt) dargestellt. Der Losungsraum 1st durch die graue Flache gekennzeichnet.
\Minxi
^^
\
Maxxi
\ \ \ \. \ \ ^\^^ \ \ :•:.;;;:,::;
\
• • \ : : : - , ; : ; , \ ^ \ \
"*;';?*
^N^\^
\ \
R2
\ ^ ZF ^^
1 1 1
\ R1
1
Abbildung 26:
Gewinnmaximales Produktionsprogramm
Bei sehr komplexen Problemen mit mehreren tausend Artikein werden Produkte jedoch zu wenigen Gruppen zusammengefasst, um die Komplexitat durch die Reduzierung vieler Produktvariablen auf wenige Gruppenvariablen zu verringern. In diesem Beispiel werden die Produkte Xi und X2 zu einer Gruppe zusammengefasst. Das entstandene Aggregat ist definiert durch ein festgelegtes Verhaltnis der Mengen der Produkte Xi und X2. Der Entscheldungsraum des Aggregates ist durch eine lineare Funktion durch den Ursprung darstellbar,
FiJr eine Darstellung der Vorgehensweise der Aggregation und Disaggregation anhand eines Zahlenbeispiels wird auf den Anhang im Abschnitt A.2 verwiesen.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
109
auf der alle moglichen Mengenkombinationen der Produktgruppe mit einem festgelegten Mengenverhaltnis liegen, wie in Abbildung 27 dargestellt ist.
Minxi^
(3) Maxy '^2opt
Abbildung 27:
Gewichtungsalternativen bei der Aggregation von Produktvariablen^^^
Die gewichtete Aggregation fuhrt zu einer Projektion des detaillierten (2-dimensionalen) L6sungsraumes auf einen (1-dimensionalen) Unterraum.^^'^ Die Steigung der 1-dimensionalen Gerade ergibt sich aus den Gewichtungsfaktoren bzw. aus den festgelegten Anteilen der Produkte innerhaib der gebildeten Gruppe. Wie aus Abbildung 27 deutlich wird, hat die Wahl der Gewichtung innerhaib der gebildeten Gruppe entscheidenden Einfluss auf die Losung des ursprijnglichen Programmplanungsproblems. In Abbildung 27 sind drei mogllche Gewichtungen (1), (2) und (3) eingezeichnet. Bei der Gewichtung (1) existlert keine Produktionskombination der Produktgruppe (aggregiertes Modell), die fur das detaillierte Problem zulassig ist, wobei Im detaillierten Modell eine optimale Losung (xiopt, X2opt) existiert.
In Aniehnung an Leisten (1998), S. 419. Vgl.Leisten (1998), S. 419.
110
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
Fur die Gewichtung (2) konnen dagegen zulassige Losungen bestimmt werden,^^^ da die Funktion den Losungsraum schneidet. Alle Losungen des aggregierten Modells sind jedoch nur suboptimal. Nur bei der Gewichtung (3) kann die optimale Losung des detaillierten Modells auch in der aggregierten Form ermittelt werden, da die Aggregationsgewichte der Variablen optimal bestimmt wurden. Hierdurch wird deutlich, dass die Wahl der Gewichte fur Variablen innerhalb von aggregierten Gruppierungen (hier Produktgruppen oder -cluster) nicht nur fur die Gute sondern sogar fur die grundsatzliche Zulassigkeit der aggregierten Losung fur das detaillierte Modell entscheidend ist.^^^ Zudem konnen auch die Auswirkungen der Aggregation von Restriktionen bzw. Produktionsstrukturen dargestellt werden. Die Zusammenfassung beispielsweise der Restriktionen Maxx2 und R2 ergibt eine neue Restriktion (R2/Maxx2), deren Stelgung sich durch die Gewichtung der Restriktionen innerhalb der Restriktionen-Gruppe ergibt und durch den ursprunglichen Schnittpunkt von Maxx2 und R2 verlauft. Die aggregierte Restriktion ist in Abbildung 28 dargestellt.
^^^
Der fett markierte Bereich auf der Ursprungsgeraden stellt den Bereich der zulassigen Losungen dar.
^^^
Vgl.Leisten (1998), S. 420.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung s X2
^ -''-^•••*:
s
111 \
\
\
\
\
s
\ \ \
\
\ \
--- Maxx2
" ' ' ' ' ' ' - ^ ^ ^ x ^ ^
•^
\
S \
N
R2/Maxj aggregie
" •- R2 ZF
> Abbildung 28:
Aggregation von Restriktionen zu einer Restriktionen-Gruppe
Infolge der Zusammenfassung der Restriktionen hat sich jedoch der Losungsraum gegenijber der detaillierten Losung urn die dunklen Flachen vergrofiert, wie aus Abbildung 29 zu erkennen ist.
112
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
X,
"••-
^^^^
MiDxi 1
"•-•-
Maxxi
\N \ V"^ \ \N \
\s \
2opt,agg.
«,. R9/Mav ^2opt
V-.,
aggregi
v'^'' ZF \
1 1
^^ \
\
*-' aggregiert
Minx2 ^^detailliert
\RI
1-
Abbildung 29:
>
Auswirkung der Aggregation von Restriktionen auf den Zielfunktionswert
Der Zielfunktionswert steigt von ZFdetainiert auf ZFaggregien- Eine superoptimale Losung (xiopt,agg., X2opt.agg.) wurde durch diese Zusammenfassung der Restriktionen im aggregierten Model! bestimmbar sein, die aber im detaiilierten Modell nicht zulassig ware.^^^ Abschlieflend kann festgehalten werden, dass durch die Anwendung der Aggregation in Entscheidungsmodellen zur Reduzierung der Modellkomplexitat im Rahmen der Produktionsplanung sowohl die Gewichtung innerhalb von Aggregaten als auch die Wahl der Aggregatzusammensetzung entscheidenden Einfluss auf die Losung und die Zulassigkeit fur das detaiilierte Problem haben.^^^ Des Weiteren wird deutlich, dass allein durch die Umgewichtung der suboptimal approximierten Gewichtungsfaktoren eine Verbesserung der Losungen bezogen auf den Zielfunktionswert erreicht werden kann. Auf die Abschatzung der Aggregationsfehler bei der einmaligen Aggregation soil jedoch nicht weiter eingegangen werden. Vielmehr wird in dem folgenden Abschnitt eine allgemeine Vorgehensweise der iterativen Anpassung im Rahmen des Aggregations-ZDisaggregations-
Die Aggregation der Restriktionen zu anderen Gruppen konnte jedoch auch dazu fijhren, dass nur eine suboptimale Losung im Vergleich zur detaiilierten Losung bestimmbar ist. Vgl.Leisten (1998), S. 423.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
113
prozesses naher beschrieben, da hierbei der Versuch unternommen wird, die optimalen Gewichte zu approximieren und den Aggregationsfehler iterativ zu minimieren.^^^
1.4.3
Iterative Aggregation und Disaggregation
In iterativen Aggregations-ZDisaggregations-Ansatzen fur lineare Entscheidungsmodelle bei Variablen-Aggregation wird das Ziel verfolgt, schrittweise eine Verbesserung der Gewichtung zu erreichen, urn die Differenz zwischen aggregierter und detaillierter optimaler Losung zu verringern. Allgemein kann diese Vorgehensweise wie folgt beschrieben werden:^^°
Schritt 0:
Initialisiere den Iterationszahler: v = 1.
Schritt 1:
Bestimme die Anzahl der Cluster Ky.
Schritt 2:
Ordne jede Variable Xj einem Cluster Skv zu, mit kv = 1 ,..,Kv.
Schritt 3:
Gewichte die Variable Xj innerhalb ihres Clusters mit g/.
Schritt 4:
Aggregiere das Problem (P) bzw. die durch die Clusterung entstandenen Teilprobleme zum Problem (A(Kv,Skv.gj'')f ^^ und lose dieses aggregierte Problem.
Schritt 5:
Disaggregiere die Losung des aggregierten Problems (fixed-weight oder optimal).
Schritt 6:
1st ein Stoppkriterium erfullt, beende die iterative Vorgehensweise. Anderenfalls setze den Iterationszahler v = v+1 und gehe zu Schritt 1.
Nach dieser kurzen formalen Darstellung des iterativen Aggregations-ZDisaggregationsprozesses sind fur die Aggregation und Disaggregation folgende Fragen zu klaren: a) Welche VariablenZRestriktionen bzw. Objekte (z. B. Produkte, Maschinen, Perioden) sollen aggregiert werden?
Vgl. Leisten (1996), S. 77, und S. 111. Vgl. Leisten(1996), S. 112. Das aggregierte Problem hangt somit von der Anzahl der Cluster, der Clusterzuordnung sowie der Gewichtung der einem Cluster zugeordneten Variabien ab.
114
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen b) Wie grofi ist die Anzahl der zu bildenden Cluster? c) Nach welchen Kriterien werden Cluster gebildet (Ahnlichkeitsmafie)? d) Welches Element wjrd welchem Cluster zugeordnet (Clusterprozedur)? e) Welche Gewichtung wird innerhalb der Cluster gewahit? f)
Mit welcher Gewichtung erfolgt die Disaggregation?^^^
g) Mit welchem Detaillierungsgrad soil disaggregiert werden?^^^ Ist die Differenz zwischen einem abgeschatzten zulassigen Bereich des detaillierten Problems und der disaggregierten optimalen Losung des aggregierten Modells zu grofl bzw. letztere nicht zulassig, sind die oben angefuhrten Fragestellungen einzein zu hinterfragen.^^"* Ad a): Grundsatzlich sollte die Aggregation von Variablen und Restriktionen so vorgenommen werden, dass das aggregierte Problem im Gegensatz zum detaillierten Modell losbar wird. Gleichzeitig nimmt der Aggregationsfehler i. d. R. zu, je unterschiedlicher die Elemente einer Gruppe sind. Ad b): Die Entscheidung uber die Anzahl der Cluster (Schritt 1) ist nicht genau festlegbar. Bei dem iterativen Vorgehen kann die Anzahl durch eine schrittweise Verfeinerung der Cluster mit jeder Iteration zunehmen, durch Zusammenfassung abnehmen Oder unter Berucksichtigung der Iterationen mit einer veranderten Zusammenstellung gleich bleiben. Die Untergrenze vor dem Hintergrund von Iterativen Umclusterungsmoglichkeiten betragt fijnf. Als (formale) Obergrenze kann die Anzahl der Cluster die Anzahl der Variablen erreichen.^^^ Ad c): In der Praxis werden Cluster meist nach organisatorischen Zustandigkeltsbereichen und Sparten gebildet. Dies entspricht der logischen Clusterprozedur. Grundsatzlich wird im Rahmen der klassischen Hierarchischen Produktionsplanung jedoch die Empfehlung gegeben, diejenigen Elemente zu Produktgruppen zusammenzufassen, die ahnliche Eigenschaf-
Vgl. Leisten(1996), S. 56f. Vgl. Rogers et al. (1991), S. 553 ff. Es kann jedoch auch der Fall eintreten, dass das aggregierte Modell oder das ursprungliche detailiierte Problem keine Losung hat und damit die Aggregation ggf. insgesamt in Frage gestellt werden muss (vgl. Abschnitt III.1.4.2). Die Frage der Konvergenz des Iterationsprozesses bei gleichzeitiger Gewichtsanpassung und Umclusterung wird in Jornsten/Leisten/Storoy (1999) untersucht. Vgl. Leisten (1996), S. 176.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
115
ten aufweisen.^^® Dies ist eine Annahme, die die Aggregationsproblematik wesentlich vereinfacht. Im Rahmen der Produktionsplanung ist diese Annahme jedoch oftmals nicht erfijllt. Teclinische oder organisatorische Vorgaben konnen dazu fuhren, dass Produkte, die verschiedenartige Eigenschaften aufweisen, zu Produktgruppen zusammenzufassen sind.^^'' Schliefllich soil das aggregierte Model! als Entscheidungsunterstutzung dienen und interpretierbar bleiben. Daher wird eine rechentechnisch ungunstigere Gruppierung aus planerischen und organisatorischen GriJnden oft nicht vermeidbar sein.^^® Ad d): Die Zuordnung der Variablen/Restriktionen, die zu Gruppen aggregiert werden sollen, kann logisch oder formal begrundet werden. Eine logische Zusammenfassung wurde sich bei unterschiedlichen Varianten z. B. eines gleichen Fahrzeugtyps in der Automobilbranche ergeben. Formal konnten Maschinenrestriktionen gleicher Maschinentypen aggregiert werden, die jedoch an unterschiedlichen Standorten eingesetzt werden.^^^ Als weitere Ansatze fur die Ahnlichkeit der Variablen fur die Ausgangsclusterung konnen z. B. die lexikographische Zuordnung, die Einteilung nach Zlelfunktionskoeffizienten oder die Sortierung nach der Winkelahnlichkeit^^° herangezogen werden.
Vgl. Hax/Candea (1984), S. 75. Vgl. Kleindienst (2004), S. 6, und Walstra (1999) zur Produktgruppenbildung in der milchverarbeitenden Industrie. Vgl. Liesegang (1980), S. 133. Diese beiden Beispiele sollen nicht zeigen, dass die logische und die formale Aggregation sich gegenseitig ausschliellen bzw. eine der anderen vorzuziehen ist. Prinzipiell steht bei der formalen Aggregation die Reduzierung der Modellkomplexitat im Vordergrund, die jedoch fur den Anwender eines APS-Systems nicht automatisch nachvollziehbar sein muss. Die logische Aggregation hingegen ist fur den Anwender nachvollziehbar, kann aber bei starken logischen Zusammenhangen zwischen Produkten einer aggregierten Produktgruppe ohne formale Ahnlichkeit zu erheblichen Aggregationsfehlern fuhren. Als Beispiel kann hier fur einen Mobelhersteller die logische Gruppierung seiner Produkte in ..Schlafzimmer", „Wohnzimmer" und „Kuche" herangezogen werden. Die produktionstechnische Ahnlichkeit einer Gruppe „Tische" ware grofler als die Zusammenfassung von Betten und Tischen in der Gruppe ..Schlafzimmer" und fuhrt in der Regel zu kleineren Aggregationsfehlern. Liegen zwei Restriktionen relativ ahnlich zueinander im Losungsraum, d. h. sind die Winkeldifferenzen gering, fiihrt die Zusammenfassung nur zu geringen Veranderungen des Losungsraumes. Vgl. Leisten (1996), S. 132. Da jedoch zum einen die Bestimmung der Winkelahnlichkeit von je zwei Restriktionen fur grofle Problemgroflen sehr aufwendig ist und zum anderen der Winkel zwischen Restriktionen und Zielfunktion als maftgeblich fur den Aggregationsfehler angenommen wird. wird die Untersuchung der Winkeldifferenzen der Restriktionen jeweils nur mit der Zielfunktion vorgeschlagen. Vgl. Taylor (1983), S. 30 ff.. und Shetty/Taylor (1987). S. 386 f.
116
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
Ad e): Fur die erstmalige Festlegung der Variablengewichte innerhalb eines Clusters sind die Gleichgewichtung
(gy = |—r),
die
Gewichtung
nach
dem
relativen
(gy^ ="s""^—) o^®*" ^^^^ ^^^ relativen Deckungsbeitrag {gy^ =-^—)
Variablenwert
neben den Gradien-
tenansatzen^^^ geeignet.^^^ Ad f): Die Disaggregation kann schliefilich fixed-weight Oder optimal vorgenommen werden. Bei der fixed-weight Disaggregation erfolgt die Auflosung der aggregierten Losung nach der gleichen Gewichtung, die fur die Bildung der Aggregate verwendet wurde. Bei der optimalen Disaggregation werden aus dem aggregierten Problem (P) K-Teilprobleme (PKCQ)) gelost, die aus der Variablenclusterung resultieren. Die nachtragliche Losung der Teilprobleme fuhrt zu einem erheblich hoheren Rechenaufwand. Die Losung bzw. der Zielfunktionswert des optimal-disaggregierten Modells ist immer mindestens genau so gut, wie die fixed-weight disaggregierte Losung (siehe Zahlenbeisplel im Anhang, Abschnitt A.2).^^^ Ad g): Die Moglichkeit der Umclusterung kann u. a. optimallosungsorientiert, basiszerstorend Oder gemischt genutzt werden. Bei der optimallosungsorientierten Neuzuordnung der Variablen zu Clustern kann z. B. das Kriterium der reduzierten Kosten herangezogen werden. Die Varlablen werden in Gruppen mit positiven, negativen oder von (ungefahr) Null reduzierten Kosten eingeteilt und das neue Problem gelost.^^ In der basiszerstorenden Umclusterung kann der Fall auftreten, dass das umgeclusterte Problem nicht mehr eine Basislosung des aggregierten Problems ist. Hierdurch kann jedoch ein Verbesserungspotenzial von der Zielfunktion des Problems erreicht werden.^^^ Sind die Ergebnisse des Aggregations-/ Disaggregationsvorgehens noch nicht befriedigend, kann durch die gezielte Verfeinerung der
Auf die gewichts- oder variablenorientierten Gradientenansatze soli im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter eingegangen werden. Es sollen lediglich einige einfache Moglichkeiten fur die Ausgangsgewichtung herangezogen werden. Vgl. Leisten(1996), S. 120. Vgl. Leisten(1996), S. 63. Vgl. Leisten (1996), S. 140. Auf dieses Verfahren soli aber im weiteren Verlauf der Arbeit nicht mehr eingegangen werden. Nahere Ausfiihrungen in Leisten (1996), S. 146.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
117
aggregierten Gruppen (Clustersplitting) versucht werden, den Aggregationsfehler zu verklei-
Die Darstellung der Problematik der variablenbezogenen Aggregation bezogen auf die Gruppenbildung
und
Gewichtung
sowie
die
Vorstellung
iterativer
Aggregations-
/Disaggregationsverfahren wird nun im folgenden Abschnitt mit dem Verfahren der Aggregation/Disaggregation in APS-Systemen verglichen.
1.4.4
Aggregation und Disaggregation in APS-Systemen
APS-Systeme sind, wie bereits in Abschnitt II beschrieben, charakterisiert durch eine modulare und dekomponierte Struktur eines Totalmodells der Hierarchischen Produktionsplanung, deren zu losenden Teilprobleme mit unterschiedlichem Detaillierungsniveau zu koordinieren sind. Die in der Literatur weit verbreitete Vorstellung iiber die Detaillierungsebenen produktionsbezogener Teilplanungen (Produkte, Produktionsstrukturen/Restriktionen und Zeit) lasst sich wie folgt auf APS-Systeme ubertragen: Master Planning:
Produktgruppen, Werksebene, Jahresplanung
Production Planning:
Produkte, Werkstattebene, Monatsplanung
Detailed Scheduling:
Varianten/Teile, Maschinenebene, Tagesplanung.
Hieraus ergeben sich verschiedene Implikationen fur den Einsatz eines iterativen Aggregations-/Disaggregationsansatzes in APS-Systemen gemafl den Fragestellungen aus Abschnitt 1.4.3. Ad a): Die Wahl der zu aggregierenden Variablen und Restriktionen ist festgelegt. Es wird keine Moglichkeit der mathematisch begrijndeten Ausgangsclusterung gegeben, d. h. es erfolgt fur das Startcluster lediglich eine pragmatische unternehmensfunktionskonforme Gruppierung.^^^ Ad b): Die Anzahl der Cluster hingegen bleibt in APS-Systemen frei wahlbar. Ad c) und d): Durch die pragmatische Gruppenbildung bleiben parameterorientierte Ahnlichkeitsmafle sowie Zuordnungslogiken unberucksichtigt.
Vgl. Leisten(1996), S. 132. Vgl. Ausbom (2003), S. 89.
118
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
Ad e): Fur die Gewichtung innerhalb der Aggregate wird in den Systemen meist die Gleichgewichtung oder eine manuelle Gewichtung lediglich der Produktionsmengenvariablen eingesetzt. Der Einsatz von variablenorientierter Gewichtung, d. h. auch der Lagermengenund/oder Rustvariablen, und anderer Verfahren ist daher zu prufen, da hierbei Inkonsistenzen bezijglich der Gewichtung unterschiedlicher Variablen (und/oder Restriktionen) des gleichen Aggregationsobjektes auftreten konnen.^^® Ad f): Bezijgiich der Disaggregation wird bspw. in dem APS-System APO ausschliefllich die fixed-weight Disaggregation herangezogen. Die optimale Disaggregation verspricht aber ein mindestens genauso gutes Ergebnis bezogen auf den Zielfunktionswert wie die fixed-weight Disaggregation und sollte in APS-Systeme integriert werden. Ad g): In APS-Systemen wird i. d. R. mit dem gleichen Detaillierungsgrad disaggregiert, mit dem auch die Aggregation vorgenommen wurde. Umclusterungen und Clustersplitting werden in APS-Systemen meist vollstandig als Moglichkeiten der Minimierung von Aggregationsfehlern vernachlassigt, da hierdurch die logische und pragmatische Konsistenz der Grupplerung der Gruppen nicht erhalten bleibt. Die Zulassigkeit der Losungen von Entscheidungsmodellen in APS-Modulen mit ..harten" Restriktionen wurde, wie in dem vorangegangenen Beispiel (Abbildung 27, Gewichtungsalternative (1)) gezeigt, durch eine falsche Gewichtung nicht gewahrleistet sein. Da jedoch der Planer eine Losung fur jede beliebige Gewichtungsalternative der Variablen innerhalb eines Entscheidungsmodells von dem Softwaresystem erwartet, werden die Restriktionen „weich" formuliert, d. h. eine Verletzung der Bedingungen zugelassen und mit Strafkosten in der Zielfunktion berucksichtigt.^^^ In Abbildung 30 wird eine Losung des aggregierten Entscheidungsmodells durch die Relaxierung der Absatzobergrenze fur das Produkt X2 (Maxx2 wird auf Maxx2.rei erhoht) erreicht.
Die beschriebenen Inkonsistenzen resultieren aus der Wahl nur eines Aggregationsgewichtes fijr alle Variablentypen und/oder Restriktionentypen fiir ein Produkt (je Periode). Gerade die unterschiedliche Gewichtung der verschiedenen zeitbezogenen Variablen (eines Produktes) und/oder Restriktionen ermoglicht die Verringerung von Inkonsistenzen und/oder Suboptimalitaten. Vgl. Abschnitt A.1, Modeilierung des Losungsverfahrens des Moduls Supply Network Planning.
Konzept der Hierarchischen Produktionsplanung
119
unzulassig und suboptimal ^ ' relaxiert -
'*'2opt,rel
Abbildung 30:
^^detailliert
-^lopt
Reiaxierung der Absatzobergrenze von Produkt X2
Durch die Relaxation der Absatzbedingung vergrofiert sich der Losungsraum, und es kann die ..Losung" (Xiopt.rei. Xaopt.rei) bestimmt werden, die jedoch weder eine Losung des aggregierten, noch des detaillierten Entscheidungsproblems darstellt. Eine weitere Moglichkeit, die ..ZuJassigkeit" bei gegebener „unzulassiger" Gewichtung dem Anwender von APS-Systemen zu gewahrleisten, ist die Moglichkeit der Verletzung der Mindestmengenbedingung (Minxi auf Minxi.rei = 0) fur Produkt Xi, wie in Abbildung 31 dargestellt ist.
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
120
unzulassig und suboptimal
'^lopt.rel
Abbiidung 31:
'^1opt
Reiaxierung der Mindestmengenbedingung von Produkt Xi
Wiederum ist die neue „L6sung" (xiopt.rei. X2opt.rei) keine zulassige Losung des aggregierten und des detaillierten Entscheidungsproblems. Welche Restriktion (Minxi Oder Maxx2) verletzt wird, hangt letztendlich davon ab, welche der Verletzungen mit hoheren Strafkosten in die Zielfunktion eingeht. Unabhangig davon, welche Mogllchkeit herangezogen wird, bleibt durch eine faische Gewichtung der Elemente einer Gruppe die „zulassige Losung" fur das aggregierte Entscheidungsproblem suboptimal und fur das detaillierte Problem unzulassig.^"^^ Abschliefiend kann allgemein fur APS-Systeme festgehalten werden, dass durch die Anwendung der Aggregation auf Entscheidungsvariablen zur Reduzierung der Modellkomplexitat sowohl die Wahl der Gewichtungsfaktoren innerhalb von Aggregaten, als auch die Wahl der Gruppen entscheidenden Einfluss auf die Losung des aggregierten Problems und die Zulassigkeit fur das detaillierte Problem haben. Es ergeben sich hieraus die vier Handlungsalternativen:^'^'' -
keine Veranderungen vorzunehmen und damit keine Verbesserungen bezuglich der Zulassigkeit und Optimalitat hinzunehmen.
340
Durch zugelassene Kapazitatsausweitungen sind auch superoptimale Losungen bestimmbar.
341
Vgl.Leisten(1998), S. 423.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung -
121
reine Gewichtsanpassungen durchzufiihren, urn zumindest lokale Zulassigkeit oder Optimalitat zu erreichen,
-
ijber reine Umclusterung die Losungsqualitat zu verbessern oder iterative Verfeinerungen ausgewahlter Cluster vorzunehmen.
Da in den meisten APS-Systemen nur eine pragmatische bzw. logische Blldung von Aggregaten moglich oder fur den Anwender nachvollziehbar ist, bietet sich zur iterativen Aggregation/Disaggregation in diesen Systemen lediglich die reine Gewlchtsanpassung an. In APS-Systemen wird bisher keine Form der Gewlchtsanpassung bei der Aggregation von Varlablen und/oder Restriktionen beruckslchtigt, obwohl allein durch die Umgewichtung eine Verbesserung der Losung des Entscheidungsmodells moglich ist. Daher soil in dieser Arbeit bei der Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme neben der Antizlpation von Entscheidungsstrukturen untergeordneter Planungsebenen diese Problematik aufgegriffen und integriert werden. Zudem wird vereinfachend die Produktaggregation mit der Aggregation von Produktionsmengenvariablen gleichgesetzt.^^
2.
Ansatze der Hierarchischen
Produktionsplanung
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung in Form von mathematlschen Formalkonzepten unterscheiden sich untereinander mafigeblich in der inhaltllchen Formulierung der Zielfunktionen und der Nebenbedingungen, in den Kopplungen zwischen den Planungsebenen (Koordinationskonzept dekomponierter Entscheidungsmodelle) und der Berucksichtigung der Aggregation/Disaggregation bei unterschiedlich detaillierten Planungsebenen. Allen gemeinsam ist zum einen die HIerarchisierung unter den Teilplanen und die Notwendigkeit
Vgl. Leisten (1996), S. 40. Eine Aggregation von Produkten entspricht nur eingeschrankt der Aggregation der Varlablen der Produktionsmengen. Werden Produkte aggregiert, so fuhrt das in der Regel zur Aggregation von Produktionsmengenvariablen und/oder Lagermengenvariablen und/oder Rijstvariablen. Gleichzeitig konnen/mijssen Restriktionen aggregiert werden, z. B. die Lagerbilanzen. Eine optimale Aggregation muss dann variablen-, nicht produktspezifisch mengengewichtet sein, und das wird je nach Typ fur ein Produkt (in jeder Periode) durchaus unterschiedliche Gewichte ergeben, namlich fur Produktion und/oder Lagerung und/oder Riistung. Aufterdem mussen die Restriktionen (dual) entsprechend ihren Schattenpreisen gewichtet werden. Es gibt also aus der Sicht der formalen LP-Aggregation keine ..richtigen" Produktgewichte, sondern nur optimale Variablen- und Restriktionengewichte. Das damit verbundene Problem bei der Aggregation ist die okonomische Ubertragbarkeit der allgemeinen Techniken der Aggregation von LP-Modellen, so dass im Folgenden diese Unterscheidung nicht welter verfolgt wird. Vgl. Axsater(1981), 8. 748.
122
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
der Koordination der Planungsstufen im Sinne des Gesamtplanungsziels sowie zum anderen das Ziel der Konsistenz und die Zulassigkeit der Teilplane. Es existiert In der Literatur eine Vielzahl an Konzepten und Modellen fur die hierarchische Planung der Produktion. Zwei ..Schulen" haben in diesem Bereich eine grofie Bedeutung eriangt. Hierzu zahlen der haufig zitierte und weiterentwickelte Ansatz von Hax/Meal des Massachusetts Institute of Technology (MIT) (Abschnitt 2.1) sowie die europaischen Arbeiten von Axsater aus dem Linkoping Institute of Technology (LIT) (Abschnitt 2.2).^^ Diesen belden Ansatzen wird schlielilich der Ansatz von Zapfel/Tobisch, auflerhalb des MIT und des LIT, gegenubergestellt (Abschnitt 2.3). Nach der Analyse der verschiedenen Ansatze werden diese in Abschnitt 3 anhand der relevanten Kriterien Koordination, Aggregation und Disaggregation sowie inhaltliche Ubertragbarkeit auf APS-Systeme bewertet, urn eine Eignung dieser Formalkonzepte als Basis fur die Entwicklung eines eigenen Koordinationsansatzes fur APS-Systeme festzustellen.
2.1
Ansatz von Hax/Meal
Die ersten Veroffentlichungen zur Hierarchischen Produktionsplanung, die eine Formulierung von Planungsproblemen mit mehreren Stufen aber noch heuristischen Losungsprozeduren enthielten, stammen aus dem Jahre 1975 von Hax/Meal (Massachusetts Institute of Technology)-^^ Weiterentwicklungen wurden u. a. durch die Autoren Bitran, Candea, Gabbay, Golovin und Graves bis in das Jahr 1984 vorgenommen. Sie beschaftigen sich u. a. mIt diversen Koordinationsverfahren und Kopplungen zwischen den verschiedenen Planungsebenen bei
^^
Vgl. Winter (1991), S. 122.
^"^
Vgl. Hax/Meal (1975), S. 53 ff.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
123
unterschiedllchen Planungshorizonten und der Zulassigkeit der Disaggregation^^ von aggregierten Produktgruppen auf der detaillierten Teile-Ebene.^^ Der Grundaufbau des hierarchischen Planungssystems von Hax/Meal basiert auf der Teilung des Planungsproblems und der Abstimmung der daraus resultierenden Unterprobleme. In den Arbeiten von Hax und Meal werden drei unterschiedliche Planungslevel (Gruppen, Familien, Telle) deflniert, die einem speziellen Detailllerungsgrad entsprechen und in Abbildung 32 dargestellt werden.^^ Aggregierte Planung fur Produktgruppen (Teilperloden t = 1,..,T)
Disaggregation auf Produktfannille 1 (Teilperlode t = 1)
Disaggregation auf Teil 1
Disaggregation auf Teil 2
Disaggregation auf Teil 3
Abbildung 32:
Disaggregation auf Teil n
Disaggregation auf Produktfamille 2 (Teilperlode t = 1)
Disaggregation auf Teil n + 1
Disaggregation auf Teil n > 2
Disaggregation auf Teil n + 3
Disaggregation auf Teil n + m
Hierarchische Struktur des Hax/Meal-Ansatzes^
Produktgruppen setzen sich aus mehreren Produktfamilien zusammen, deren Mengen im Rahmen einer aggregierten Produktionsprogrammplanung festgelegt werden. Die Zusammenfassung erfolgt nach mogllchst ahnlichen (Produktions-)Kostenstrukturen und Produktionszeiten sowie ahnlichen saisonalen Absatzverlaufen. Produktgruppen entsprechen der hochsten Aggregationsstufe beziiglich der Zeit- und auch der Produktebene. Produktfamilien sind Gruppen von Teilen, die ahnliche^^ produktionstechnische Eigenschaften aufweisen (hier: Rustkosten). Teile entsprechen den einzelnen absatzfahigen Endprodukten. Auf dieser
Spezleii zu Verfahren der Disaggregation auf Basis des Ansatzes von Hax/Meal vgl. Gabbay (1979), S. 95 ff., und Erschler/Fontan/Merce (1986), S. 464 ff., sowie die darin angegebene Literatur. 346
Vgl. Winter (1989a), S. 1.
347
Vgl. Hax/Candea (1984), S. 395, und Bitran/Tirupati (1993), S. 528.
348
Vgl. Erschler/Fontan/Merce (1986), S. 467, und Bitran/Haas/Hax (1981), S. 717 ff.
349
Ahnlichkeit stellt lediglich ein subjektiv definierbares Mali dar.
124
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
Stufe werden die Produkte auch nach den Eigenschaften Grofie, Gewicht, Farbe etc. unterschieden. Sie stellen damit die unterste und detaillierteste Stufe der Planung dar. IVIit dieser Einteilung wird vereinfachend davon ausgegangen, dass sich die herzustellenden Produkte eines Untemehmens in Gruppen von Produkten/Teilen zusammenfassen lassen, die eine ahnliche Kosten- und Kapazitatsbedarfsstruktur sowie ahnliche Absatzverlaufe aufweisen. Zudem wird von einer losweisen Fertigung ausgegangen, bei der Umstellungskosten bei einem Produkt(-familien)weclisel anfallen.^^° Bei fehlender Voraussetzung der Ahnlichkeit von Bearbeitungsstrukturen der Produkte ist die deutliche Reduzierung der Anzahl an Produktfamilien Im Vergleich zu Teilen mit geringen Aggregationsfehlern nur schwer zu erreichen.^^^ Die Beschrankung der Vorgabe von aggregierten Gruppenmengen auf die erste Teilperiode fur die Produktfamilien-Planung entspricht einem rollierenden Planungskonzept, mit dessen Hilfe Unsicherheiten der Planungsgrundlage der aggregierten Planung berijcksichtigt werden sollen. Dazu sind nur die Entscheidungen der ersten Planungsperiode umzusetzen, wahrend die Produktionsentscheidungen der ubrigen Perioden keine faktische Bedeutung besitzen. Demzufolge gibt die Produktgruppen-Ebene an die Produktfamilien-Ebene optimale Entscheidungen ledigiich der ersten Planungsperiode vor.^^^
Innerhalb einer Produktfamliie bleiben die Rustvorgange wegen der Annahme der produktionstechnischen Ahnlichkeit der Telle unberucksichtigt. Vgl.Abschnittlll.1.4. Dadurch, dass der Planungshorizont der aggregierten Planung mit jedem Planungszyklus urn eine Periode verschoben wird, konnen zum einen aktualisierte Informationen in den bisher geplanten Perioden und zum anderen zusatzliche Informationen zum Ende des Planungshorizontes berijcksichtigt werden. Gleichzeitig fuhrt dies jedoch zu einer erheblichen Planungsnervositat und einem Akzeptanzproblem gegenijber den Planungsergebnissen. Vgl. Inderfurth/Jensen (1997), S. 819.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
125
Absatzplanung unter Beriicksichtigung von Lager-, Auftrags- und Sicherheitsbestanden
aggregierte Pianung von Produktgruppen (1)
I
Pianung von Produktfamilien (2) (Disaggregation der Produktgruppenmengen)
Pianung von Teilen/Produkten (3) (Disaggregation von Produktfamilien)
Ubergabe an die operative Produktionssteuerung
Abbildung 33:
Planungskonzept von hierarchischen Produlttionsplanungssystemen nach Hax/IVIeal^^^
Diese Planungsstufen (Gruppenplanung (1), Familienplanung (2), Teileplanung (3)) warden in ein umfassendes computergestutztes Planungskonzept eingebettet, das in Abbildung 33 dargestellt wird.^^ Bevor die eigentliche Produktionsplanung beginnt, werden im Rahmen der Absatzplanung effektive (Netto-)Bedarfe fiir jedes Produkt/Teil unter BeriJcksichtlgung der vergangenheitsorientierten Bedarfsmengen, der Sicherheitsbestande und der Lagerentwicklung ermittelt. Der Schritt (1) in diesem Ansatz beschaftigt sich mit der Allokation der insgesamt zur Verfugung stehenden Produktionskapazitaten auf die aggregierten Produktgruppen. Der Planungshorizont dieser Planungsebene umfasst in der Regel einen vollstandigen Saisonzyklus, der nicht zwingend einem Jahr entsprechen muss.^^^ Hierbei werden somit die Mengen der aggregierten Produktgruppen festgelegt.
Vgl. Bitran/Hax (1977), S. 3 1 , und Bitran/Haas/Hax (1981), S. 719. Vgl. Bitran/Tirupati (1993), S. 529, Hax/Candea (1984), S. 396, und Bitran/Hax (1977), S. 3 1 . In der Ausgangsqueile Hax/Meal (1975) wird eine gemischt-ganzzahlige ProduktfamilienZuweisungsplanung zu Produktionsstandorten (Schritt 0) vorgenommen, die Kapital-, Produktions- und Transportkosten minimiert. Vgl. Hax/Meal (1975), S. 59 f. In dem ursprijnglichen Beispiel von Hax/Meal (1975) umfasst der Planungshorizont 15 Monate. Vgl. Hax/Meal (1975), S. 60.
126
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
Im Schritt (2) mussen die Mengen fur die Produktgruppen auf Produktfamilien-Mengen disaggregiert werden.^^^ Diese Aufteilung erfolgt jedoch nur fur die erste Teilperiode des Planungshorizontes aus Schritt (1). Wichtig ist hierbei die Beachtung der Konsistenz und Zulassigkeit der Disaggregation, auf deren Grundproblematik in Abschnitt 1.4 bereits naher eingegangen wurde. Schliefilich erfolgt im Schritt (3) die Aufteilung der geplanten Mengen der Familien auf die Endprodukte/Teile. Das Ziel besteht wiederum in der Einhaltung der Mengenkonsistenz und der Zulassigkeit bel der Disaggregation der Familien in Endprodukte/Teile. Uber RiJckkopplungen und die Kontrolle der Entwicklung der Planungsergebnisse wird eine Abstimmung des hierarchischen Planungsprozesses uber eine interaktive Planung erreicht. Sofern eine zulassige und konsistente Losung bestimmbar ist, wird das Ergebnis an die operative Produktionssteuerung ubergeben.
2.1.1
Produktgruppenplanung
Im Folgenden wird das formale Entscheidungsmodell der aggregierten Planung der Produktgruppenmengen (Schritt (1)) vorgestellt, das die Vorgaben fiir alle weiteren Planungsstufen festlegt.^^^
Entscheidungsvariablen: Bet
Produktionszeit der Arbeitskraft fur Produktgruppe G In Periode t
Oct
Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat von Produktgruppe G in Periode t
Vet
Produktionsmenge der Produktgruppe G in Periode t
Zct
Lagermenge der Produktgruppe G in Periode t
Kapazitaten werden nicht den Familien zugeteilt. Stattdessen wird iiber die Definition von Lagermengenobergrenzen die Produktionsmenge begrenzt. Vgl. Bitran/Tirupati (1993), S. 530.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
127
Parameter: bt
Normalkapazitat in Periode t
Cot
variable Produktionskosten von Produktgruppe G in Periode t (exklusive Arbeitskosten)
Cct^
variable Arbeitskosten von Produktgruppe G in Periode t
dot
variable Produktionszeit von Produktgruppe G in Periode t
let
Lagerhaltungskosten von Produktgruppe G in Periode t
Oct
Kosten fur die Nutzung von Zusatzkapazitat von Produktgruppe G in Periode t
Omax.t
maximal zur Verfugung stehende Zusatzkapazitat in Periode t
ssct
Sicherheitsbestand von Produktgruppe G in der Periode t
Xct
Nachfragemenge von Produktgruppe G in Periode t
Entscheidungsmodell G G
der Produktgruppenplanung
T T
(Schritt (1)):
G T (
\
(3.19) XZ^^G^^Gf +/Gf^Gf)+X!Zv^GffiGf +OGfOGf) -^ min iGt^Gt)'^ / . / . G=\ t=\
G=\ t=\
In diesem linearen Optimierungsmodell werden in der Zielfunktion (3.19) zum einen die Kosten fur Produktion und Lagerung bezogen auf Produktmengen und zum anderen die Arbeitskosten bezogen auf die Produktionszeit gemeinsam minimiert. Im Ergebnis wird das kostenoptimale Produktionsprogramm unter Berucksichtigung der gegenlaufigen Kostenkomponenten Lagerkosten und Kosten fijr die Inanspruchnahme von Normal- und Zusatzkapazitat bestimmt. (3.20) ZG,_, + 7 ^ , -ZQ, = XQ,
fur alle G = 1,.., G ; t = 1,..,T
In der Lagerbilanzgleichung (3.20) wird die Deckung der Nachfragemenge durch den Lagerbestand oder durch die Produktionsmengen in der Periode t erreicht. G
(3.21) Xcyc^/G^ < 6 , + 0 , 3 , ,
I
G=l
fur alle t = 1....T
128
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
In jeder Periode darf die Normal- und Zusatzkapazitat zur Produktion der Gruppen nicht ijberschritten werden (3.21). G
(3.22) Y^^Gt^bf
furallet= 1,..,T
6=1
(3.23) J O G , < 0,3,,
furallet=1,..,T
G=]
(3.24) detYGt ^BQI + OGI
fur alle G = 1,.., G ; t = 1,..,T
Sowohl die Normalkapazitat als auch die Zusatzkapazitat sind durch die Bedingungen (3.22) und (3.23) begrenzt. Die Wahl der Nutzung von Normal- Oder Zusatzkapazitat hangt von den entsprechenden Nutzungskosten c^ct und Oct ab (3.24).^^® (3.25) ZQ, >SSQ,
furalleG = 1,..,G;t=1...,T
Die Bedingung (3.25) fuhrt zu einer standigen Bereitstellung einer Mindestiagermenge fur jede Periode t und jede Produktgruppe G. (3.26) YGt^^Gt^^Gt^^Gt ^0
fur alle G = 1,..,G; t = 1,..,T
Die Nichtnegativitat der Entscheidungsvariablen wird durch die Bedingungen (3.26) gewahrleistet. Dieses Optimierungsmodell wird auf der aggregierten Ebene der Produktgruppen eingesetzt. Rijstkosten werden in diesem Model! nicht berijcksichtigt, da implizit davon ausgegangen wird, dass diese Kostenkomponente eine sekundare Rolie fur die aggregierte Planung darstellt und damit erst auf einer detaillierteren Planungsstufe (Schritt (2)) berijcksichtigt werden muss.^^^ Die Auflosung der Produktionsmengen nach den Familien wird schliefllich im zweiten Schritt nur fur die erste Teilperiode vorgenommen. Hierdurch bekommt die aggregierte
Die Bedingung (3.21) ergibt sich implizit aus den Bedingungen (3.22) - (3.24), so dass sie in der Modeiformulierung nicht explizit aufgenommen werden muss. Diese Annahme ist kritisch zu hinterfragen, denn gerade zwischen den Produktgruppen (und nicht innerhalb einer Gruppe) treten signifikante Rustkosten und -zeiten auf, da die Gruppenzusammenfassung meist nach dieser Systematik erfolgt.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
129
Planung den Charakter einer rollierenden Planung.^^° Allgemeine Vorteile der aggregierten Planung sind neben der Komplexitatsreduktion des Planungsmodells zum einen die Kosten der Datenbeschaffung, die mit dem abnehmenden Detaillierungsgrad der Planung fallen.^^^ Zum anderen miissen nicht fur jedes Produkt einzelne Prognosen fur einen sehr langen Planungszeitraum erstellt werden.
2.1.2
Produktfamilienplanung
Das formale Konzept fur Schritt (2), d. h. der Disaggregation der aus dem aggregierten Modell festgelegten Produktgruppenmengen der ersten Periode in Familien, ist folgendermaflen formuliert:
Entscheidungsvariablen: Vpi
Produktionsmenge von Familie p in Periode 1
Parameter: fp^'°^
proportlonalisierte Riistkosten von Produktfamilie p^^^
lbpi
untere Schranke fur die Produktionsmenge ypi
0Spi
Lagermengenobergrenze von Produktfamilie p in Periode 1
PG
Menge der Familien p in der Produktgruppe G
sspi
Lagermengenuntergrenze/Sicherheitsbestand von Produktfamilie p in Periode 1
Modifikationen, bei denen die Vorlaufzeit bzw. der Jrozen horizon" berucksichtigt wird, betrachten Hax/Candea (1984), S. 396 f., und Bitran/Tirupati (1993), S. 530. In vielen Fallen sind diese Daten zudem nicht verfugbar. Rijstkosten treten i. d. R. unabhangig von der Produktionsmenge nur vor und/oder nach einem Produktwechsel auf einer Maschine auf. Die Modelllerung und Einbezlehung von mengenunabhangigen Rijstvorgangen in Entscheidungsmodellen ist unter Verwendung von Binarvariablen moglich, die den Wert 1 annehmen, sofern eine Umrustung erfolgt. Die Verwendung von Binarvariablen erhoht jedoch i. d. R. erheblich die Komplexitat, so dass stattdessen hilfsweise mengenabhangige (proportionate) Riistkosten abgeschatzt werden, um das Entscheidungsmodell mit linearen Strukturen einfacher losen zu konnen.
130
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
ubpi
obere Schranke fur die Produktionsmenge ypi
Xpi
prognostizierte Nachfragemenge von Produktfamilie p in Periode 1
Vd
Produktionsmenge von Produktgruppe G in Periode 1 (Vorgabe aus der aggregierten Produktgruppenplanung)
Zpi
verfijgbarer Lagerbestand von Produktfamilie p in Periode 1
Entscheidungsmodell der Produktfamilienplanung (Schritt (2)): (3.27) ^ i — ^
^ min
in der Zielfunktion (3.27) werden proportionale durchschnittliche Rustkosten bezogen auf die Produktfamilie minimiert, um ijber eine Reduzierung der RiJstzeiten ausrelchend Produktionskapazitat zur Produktion der Teilemengen zu sichern.^^^
(3.28) 2]ypi=yG^ p=\
Die Gruppenmengen werden in der Bedingung (3.28) terminiert. Sie sichert die mengenkon-
sistente Verknupfung zwischen den Modellen der Gruppen- und der Famllienplanung.^^ (3.29) Ibp, < Yp, < ubp,
fur alle p € PG
Vgl. Hax/Meal(1975), S. 62. Die exakte Kopplung zwischen den Produktionsnfiengen aus der Gruppen- und der Familienplanung erscheint zunachst schlijssig, bezogen auf die Mengenkonsistenz zwischen den beiden Modellen. Werden jedoch zusatzlich auf Gruppenebene Rijstvorgange betrachtet, die die Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat erfordern, kann es auf der Familienebene durch die exakte Berechnung von Produktionslosen dazu fijhren, dass sich die Losauflagehaufigkeit zwischen den beiden Ebenen andert. Ergibt also die Fannilienplanung eine hohere Riisthaufigkeit der Produktfamilien (gegebenenfalls sogar bedingt durch die begrenzte Lagerkapazitat sswi, kann dies zu einer Verletzung der Kapazitatsrestriktion auf aggregierter Ebene fuhren. Umgedreht sollte auch die Produktionsmenge der Familien die Produktgruppenmenge VGI uberschreiten konnen, da durch die Minimierung der Rustkosten freigesetzte Rustkapazitat fur Produktionszwecke genutzt werden kann.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
131
Die Restriktion (3.29) begrenzt die Schwankungsbreite der Entscheidungsvariablen, d. h. der Produktionsmengen. Es werden damit den einzelnen Produktfamilien implizit Anteile an den Produktionsmengen in definierten Grenzen zugewiesen. (3.30) ubp^ = max{o,os^, - z^,}
fur alle p e PQ
(3.31) Ibp^ = max{o,Xp, - z^, + ss^i}
fur alle p e PQ
Die Ober- und Untergrenzen fiir die Produktionsmengen richten sich nach den familienspezifischen Lagergrenzen und den Sicherheitsbestanden. Maximal darf jede Familie nur bis zur Lagerobergrenze produziert werden (3.30), wohingegen in jeder Periode ein Slcherheitsbestand auf Lager gewahrleistet sein muss (3.31). (3.32) Yp, > 0
fur alle pG PQ
Die Ungleichungen (3.32) stellen die Nichtnegativitatsbedingungen dar. Da keine detaillierten Absatzmengen fur die einzelnen Produktfamilien prognostiziert wurden, erfolgt die Begrenzung der Produktionsmengenvariablen uber eine zugeteilte Lagerkapazltat und nicht iiber Produktionskapazitaten. Die Bestimmung der Lagermengenobergrenzen fur die einzelnen Familien einer Produktgruppe und damit der Anteile der Produktionsmengen ist hierbel kritisch zu hinterfragen, zumal in der aggregierten Planung (Schritt (1)) keine Lagerrestriktionen ijber die gesamte Produktgruppe formuliert sind. Zudem werden Lagerkosten, die einen Hinweis auf die Bestimmung von Lagerobergrenzen geben konnten, auf der Detaillierungsstufe der Produktfamilien nicht mehr betrachtet. Da in diesem Modell keine (Produktions-)Kapazitatsbedingungen formuliert werden, ist nicht gewahrleistet, dass die Produktionsmengen der Produktfamilien auch kapazitativ umsetzbar sind. Bestimmt die Produktgruppen- bzw. Produktfamilien-Ebene keine fur die untergeordneten Ebenen zulassigen Vorgaben, so ist im ursprunglichen Modell ein heuristisches Eingreifen (interaktive Planung, Abbildung 33) vorgesehen, um mogliche Unzulassigkeiten zu beheben, z. B. durch einen intertemporalen Ausglelch des Kapazitatsangebotes und der Kapazitatsnachfrage.
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
132 2.1.3
Produktteileplanung
Das formale Konzept fur Schritt (3) zur Disaggregation der Produktionsmengen der Produktfamilien in Endprodukte fur eine Planungsperiode wird im Folgenden dargestellt.
Entscheidungsvariablen: Vwi
Produktionsmengen von Endprodukt/Teil w in Periode 1
Parameter: Ibw
untere Schranke fur die Produktionsmenge y^i
sswi Lagermengenuntergrenze/Sicherheitsbestand von Produkt/Teil w in Periode 1 ubw obere Schranke fur die Produktionsmenge ywi Wp
Menge der Produkte/Teile w in der Produktfamilie p
Xki
Nachfragemenge von Produkt/Teil w
ypi
Produktionsmenge von Produktfamilie p in Periode 1 (Vorgabe der ProduktfamilienPianung)
Zwi
verfijgbarer Lagerbestand von Produkt/Teil w in Periode 1
Entscheidungsmodell der Produktteileplanung (Schritt (3)):
yp\ + Yjizv,'i-ss^'\ (3.33)
^
iVwl+Z^
Die Zielfunktion (3.33) setzt sich aus den beiden Ausdrucken in den eckigen Klammern zusammen. Der erste Term stellt die durchschnittliche Bedarfsdeckung der verfijgbaren Menge auf der Planungsebene der Familien und der zwelte Term auf der Ebene der Endprodukte fur die Periode 1 dar. Das Ziel der Planung ist somit eine Minimierung der Differenz der Be-
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
133
darfsdeckung auf der Ebene der aggregierten Produktionsmengenvorgaben und der disaggregierten, zu bestimmenden Endproduktmengen. Urn die Differenzen in beide Richtungen einheitlich bewerten zu konnen, wird die quadrierte Differenz minimiert.
(3.34) Xy-.=yp. Durch die Nebenbedingungen (3.34) wird die Mengen-Konsistenz zwischen den Mengen der unterschiedlichen Aggregationslevel sichergestellt. Die Formulierung der exakten Kopplung beschrankt den Losungsraum des detaillierten Planungsmodells, wie in Abschnitt 1.3.1.1 beschrieben wurde. (3.35) Ib^, < y , , < ub^,
fur alle w G Wp
Auch in dieser Planungsstufe werden Ober- und Untergrenzen fur die Produktionsmengen der Produkte/Teile uber Lagerobergrenzen und Sicherheitsbestande analog gebildet (3.35). (3.36) y^, > 0
fur alle w G Wp
Die Ungleichungen (3.36) stellen die Nichtnegativitatsbedingungen dar. Es fallt auf, dass sowohl die Lagerkosten, die in die Produktgruppenplanung einbezogen werden, als auch die Rustkosten, die in der Produktfamilienplanung bestimmt werden, in der Formulierung der untergeordneten Planungsebenen nicht mehr entscheidungsrelevant sind. Durch das Modell wird jedoch gewahrleistet, dass bei der Disaggregation die Produktionsmengen der Familien der Summe aus den Einzelmengen der Endprodukte entsprechen und eine Mengenkonsistenz erreicht wird, die nicht kapazitativ umsetzbar sein muss. Die Steuerung der unterschiedlichen Detaillierungsgrade erfolgt iiber die Formulierung von Ober- und Untergrenzen fur die Produktionsmengen-Variablen, die sich aus teilespezifischen Lagerober- und -untergrenzen ergeben. Gleichzeitig wird die Durchfuhrbarkeit der Losauflagesequenzen durch die Minimierung der Losmengenabweichungen zwischen den beiden Planungsstufen in Schritt (3) angestrebt.
134 2.2
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen Ansatz von Axsater
Ein alternativer Ansatz der Hierarchischen Produktionsplanung, der in Europa in etwa zur gleichen Zeit entwickelt wurde (1972-1982) wie das Grundmodell von Hax/IVIeal, entstand am Linkoping Institute of Technology (LIT), gepragt durch Axsater.^^^ Grundlage fur den LIT-Ansatz bildet ein von Axsater entworfenes (nicht-lineares) dynamisches Produktions-Lagerhaltungs-Modell.^^^ Die erste LP-Formulierung fur die Hierarchische Produktionsplanung wurde 1979 aufgestellt und resultiert aus der Kritik an der Modellierung der aggregierten Produktionsplanung,^®^ die kurz eriautert werden soll:^®® Die bisher in der Hierarchischen Produktionsplanung berechneten Bedarfsmengen beziehen sich lediglich auf Endprodukte, wobei auch Komponenten der Endprodukte in die Planung einbezogen werden miissen. Die Produktionsplanung wird somit nicht mit der Materialbedarfsplanung koordiniert.^®^ Es wird keine Unterscheidung zwischen interner und externer Nachfrage vorgenommen, die aus dem Lager bedient wird. Abbildung 34 verdeutlicht diese Unterscheidung und stent die Beziehung zwischen Produktionsplanungs- und LagerhaltungsModellen dar:
Vgl. Winter (1989b), S. 1. Dieses Model! wurde von 1974 bis 1978 weiterentwickelt und bildet die Grundlage der Arbeiten von Axsater. Vgl. Winter (1989b), S. 1 f. 367
Hiermit ist der Ansatz von Hax/Meal (1975) gemeint. Vgl. Abschnitt III.2.1.
368
Vgl. Axsater (1979), S. 92.
369
Vgl.Winter(1989b), S. 27.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
135
V
aggregierte Planung V V
r [
i
(detailllerte) | Steuerung der ^ Lagerhaltung J
(detail lierte) Planung der Produktion
,,
Produktions^
mengen
^
j
intemer Bedarf
1
Lager
Produktion
Abbildung 34:
Markt externer Bedarf
Struktur des Produktionssteuerungs-Systems von Axsater
Aus Abbildung 34 wird deutlich, dass die Aufgabe der aggregierten Planung in der Integration und Koordination der beiden getrennten Teilplanungen Produktionsplanung und Lagersteuerung liegt, da Produktion und Lagerbestand in einer Interdependenten Beziehung zueinander stehen. Daher ist die Berucksichtigung der work-in-progressLagermengen notwendig, d. h. neben Bestandsgrofien sind auch die Stromgrofien einzubeziehen. Fur die Lagersteuerung ist zudem die Grofie des Auftragsbestandes (size of the order flow) der Produktgruppen relevant, da sonst keine sinnvolle Lagersteuerung moglich ist. Mengenbilanzglelchungen sind nur gerechtfertigt, wenn starke saisonale Schwankungen der Bedarfsmengen vorliegen. Mengenbilanzglelchungen, die.ledigllch die einzelnen Teilperioden verknijpfen, erhohen die Komplexitat des Modells nur unnotig. Aus diesem Grund werden verschiedene (Teil-)Bedarfszyklen auf aggreglerter Planungsebene konstruiert. Alle Produkte mit dem gleichen oder ahnlichen Bedarfszyklus sollten zu einem gemeinsamen Zyklus-Produktmix zusammengefasst bzw. aggregiert werden. Der hierarchische Planungsprozess wird von Axsater lediglich In zwei Planungsstufen und in die operative Produktionssteuerung gegliedert. Dieser Zusamnnenhang ist in Abbildung 35 dargestellt.
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
136
aggregierte Planung aggregierter Plan mit Zyklus-Produktgruppen detaillierte Planung detaillierter Plan mit Produktteilen Produktionssteuerung Abbildung 35:
Prozess der Hierarchischen Produktionsplanung von Axsater^^^
Wahrend in der aggregierten Planung fur Produktgruppen ein integriertes ProduktionsLagerhaltungs-Modell gelost wird, gehen diese Ergebnisse in der detaillierten Planung fur jede Produktgruppe in ein Lagerhaltungsmodell auf Teilebasis ein. Die Ergebnisse der detaillierten Planung werden schliedlich zur operativen Einplanung in die Produktionssteuerung ubergeben. Da die ubergeordnete Ebene die untergeordnete Ebene vollstandig uberdeckt, kann in diesem Ansatz von einer vertikalen Dekomposition gesprochen werden. Hierbei handelt es sich jedoch nur unn eine sachliche und keine zeitliche Uberordnung. Beide Pianungsebenen beziehen sich auf den gleichen Planungshorizont.^^^ Unklar bleibt in dem Grundmodell, ob ein Feedback der Information auch koordinierenden Einfluss auf die aggregierte und detaillierte Planung hat.
^^°
Vgl.Axsater(1986), S. 797.
^^^
Vgl.Winter(1989b). S. 52.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung 2.2.1
137
Aggregierte Planung
Im Folgenden soil die Formulierung des aggregierten Planungsproblems dargestellt werden, in der Produkte mit ahnlichen Absatzverlaufen zu Gruppen bzw. zu einem Zyklus-Produktmix zusammengefasst werden.^^^
Entscheidungsvariablen: Omt
Kapazitatsausweitungskosten auf Maschine m in Periode t
yet
Gesamtproduktion von Produktmix G in Periode t
zct^
Lagermengen der Endprodukte von Produktmix G in Periode t
Zot^
Lagermengen der Zwischenprodukte von Produktmix G in Periode t
Parameter: Ymt
Transformationskoeffizient von wertmafliger Betrachtung in Kapazitatseinheiten f Kapazitatseinheit ^ y Geldeinheit j
ABt"^^'' Maximal-Auftragsbestand ABt"''" Mindest-Auftragsbestand bmt
Gesamtkapazitat der Maschine m in Periode t
kbcm
Kapazitatsbedarfskoeffizient fur Produktmix G auf Maschine m
Ict^
variable Lagerkosten fur Endprodukt-Lagermengen von Produktmix G in Periode t
Ict^
variable Lagerkosten fur Zwischen-Lagermengen von Produktmix G in Periode t
Iwt^
produktgruppen-spezifische Lagerkosten von Teilegruppe w in Periode t
Iwt^
produktgruppen-spezifische Zwischen-Lagerkosten von Teilegruppe w in Periode t
372
Vgl.Axsater(1979), S. 95.
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
138 sbwv
Sekundarbedarfskoeffizient fur Teilegruppe w an Teilegruppe v
xot^
Gesamtprimarbedarf der Periode t von Produktmix G aus d e m Endprodukt-Lager
Xct^
Gesamtprimarbedarf der Periode t von Produktmix G aus d e m Zwischen-Lager
z*vGt
Bestand von Teilegruppe v fur Zwischenprodukte des Produktmixes G in Periode t
z*wGt
Bestand von Teilegruppe w fur Endprodukte des Produktmixes G in Periode t
Entscheidungsmodell
(3.37) X
der aggregierten
Planung:
J^\!Gt4t+lGt4thY.^m
- mm
In der Zielfunktion (3.37) werden die Lagerhaltungskosten und die Kapazitatsausweitungskosten minimlert. Die Kosten der Lagerhaltung sind durch die Lagermengen der End- und Zwischenprodukte bestimmt.
(3.38) let ~Z^^wt\ ^wGt ~ / .^^wv^vGt
furalleG = 1....G
Die variablen Lagerkosten fur Endprodukte bt^ ergeben sich aus den produktgruppenspezifischen Lagerkosten fur die Differenz aus Bestand und dem verbrauchten Sekundarbedarf, summiert uber alle Teilegruppen w (3.38). ^G
.
^ G
(3.39) ^Gt = X Vi^ " ^^ fZj ^^ ^^Gf
fur alle G = 1,..,G
FiJr die Zwischenprodukte werden lediglich die Zwischenlagerkosten auf die Sekundarbedarfsmenge angesetzt (3.39).
(3.40)z^j=z|,_,+yg,-x|,
furalleG = 1,..,G;t = 1,..,T
(^A^)zl,=zl^_,+yQ,-xl,
furalleG = 1,..,G;t=1,..,T
Die Mengenbilanzgleichungen (3.40) und (3.41) verknupfen die Perioden durch die Fortschreibung des Lagerbestandes, indem der produktgruppen-spezifische Lagerbestand aus
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
139
der Vorperiode um die Gesamtproduktion der Periode erhoht und urn den Gesamtprimarbedarf der Periode fur jeden Produktmix G, fur Endprodukt- (3.40) und Zwischenlager (3.41), vermindert wird.^^^ G
(3.42) ^yGtl
+ rmtOmt
fur alle 171 = 1 ,..,M; t = 1 ,...T
G=1
Die Kapazitatsbedingung (3.42) beschreibt, dass die Summe der fur die Gesamtproduktion notwendigen Kapazitatsbedarfe in jeder Periode und fiir die einzelnen Maschinengruppen nicht die verfugbare und erweiterbare Gesanntkapazitat uberschreiten darf. G
(3.43) ABr^Y.yGt^A^r''
furallet= 1,..,T
Des Weiteren darf das gesamte Auftragsvolumen einer Periode nicht die definierten Auftragsbestandsgrenzen uber- bzw. unterschreiten (3.43). (3.44) zl^,z^^,yQ,,o^f > 0
fiJr alie m = 1...,M; G = 1,... G ; t = 1,...T
Die Formulierung des Entscheidungsmodells schlielit mit der Definition der Nichtnegativitatsbedingungen. Diese Formulierung des aggregierten Planungsproblems enthalt wesentliche Merkmale.^^"* Zum einen werden die Zwischenlager durch Zwischenlager-Variablen in der Planung berucksichtigt und der work-in-progress uber Auftragsbestandsgrenzen beschrankt, d. h. eine Lagersteuerung ermoglicht. Zum anderen wird uber die einbezogene Teilestruktur der Produkte die Mehrstufigkeit des Produktionsprozesses und damit die Materlalplanung In der Produktionsplanung berucksichtigt. Zudem erfolgt die Grupplerung nach der Ahnlichkelt der Bedarfs-
In dieser Modellformullerung wird zum einen keine Vorlaufzeit berucksichtigt. Zum anderen wird eine 1:1-durchlaufende Produktion unterstellt. Vgl.Winter(1989b), S. 27.
140
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
zyklen.^^^ Festzuhalten bleibt aufierdem, dass in der aggregierten Planung keine Rustkosten und -zeiten berijcksichtigt werden.
2.2.2
Detaillierte Planung
Das detaillierte Entscheidungsproblem, bei der fur die einzelnen Zyklus-Produktgruppen separat geplant wird, ist wie folgt modelliert.
Entscheidungsvariablen: BBwt BDwt
Anteil der diesem Zeitraum folgenden Periode, dessen Bedarf ebenfalls abgedeckt ist Lagerreichweite der Telle w bis zur Periode t (zeitlicher Umfang der gruppen- und periodenspezifischen Bedarfsdeckung)
Parameter: DBwp Teiledirektbedarfsmatrix der Telle w fur Produkt p NPw
Nettoprimarbedarf des Tells w
ywt
Produktionsmengen der Telle w von Produktmix G aus der aggregierten Planung in Periode t
Entscheidungsmodell der detaillierten Planung: W
T
(3.45) ^ ^ ( 8 D ^ + 8 8 ^ ) - > max
In der Gruppierung der Produkte liegt ein wesentlicher Unterschied zum ersten Ansatz im Jahre 1975 von Hax/Meal. Wahrend im Hax/Meal-Ansatz produktionstechnische Parameter eine Gruppierung begrunden, wird in dem Axsater-Ansatz die Ahnlichkeit von Bedarfszyklen als Gruppierungskriterium herangezogen. Die Produktgruppen-Bildung wurde jedoch am LIT mit weiteren Methoden untersucht. Zunachst erfolgten skalare Gruppierungen, d. h. Zusammenfassungen aller Maschinen zu einer einzigen Maschinengruppe sowie der Telle in eine Eigenfertigungs- und eine Zukaufs-Teilegruppe. Die alternative heuristische Gruppenbildung wurde schlieUlich von Axsater/Nuttie (1986) vorgeschlagen. Vgl. Axsater/Nuttle (1986), S. 109 ff.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
141
Auf dieser detaillierten Planungsebene maximiert die Zielfunktion (3.45) die Lagerreichweiten der einzelnen Teilegruppen. Die Lagerreichweite wird verstanden als Lange der Periode, deren Bedarf durch das Lager gedeckt werden kann. t
BD^
(3.46) X 3^wr = X (^^vvp * Ywr + NP^ * Ywrh r=l T=\
^B^ [DB^P
* Vv^A^BD^ + NP^ * VwMBD^ )
f u r a l l e w = 1,..,W; t = 1,..,T In der Nebenbedingung (3.46) mijssen die bis zu einem Zeitpunkt t aufsummierten Produktionsmengen in jeder Periode den bis zu dieser Periode aufsummierten Nettoprimar- und Sekundarbedarfen entsprechen.^^^ (3.47) 0 < B B ^ < 1
fur alle w = 1 ...,W; t = 1 ,..,T
(3.48) BD^t > 0
ganzzahlig fur alle w = 1 ,..,W; t = 1 ,..,T
Die Ungleichungen (3.47) und (3.48) sichern, dass beide Entscheidungsvariablen nichtnegativ bleiben und zudem der Bedarfsdeckungs-Anteil in einer Periode t nicht grofler als 1 sein kann. Auch in diesem detaillierten Entscheidungsmodell werden keine Rustkosten explizit berucksichtigt. Die Rustkostenminimierung wird jedoch dahingehend Implizit (aber nicht zwingend) erreicht, indem alle Telle einer Teilegruppe durch entsprechende Produktionsmengen angeglichene Lagerreichweiten haben. Allgemein kann gesagt werden, dass ein detaillierter Plan zulassig ist, wenn er positive Lagermengen erzeugt und die Kapazitatsbedingungen eingehalten werden.^^^ Diese Ableitung ist mit diesem Modell moglich.^^^ Die ablaufplanerische Zulassigkeit der Planungsergebnisse wird jedoch nicht geprijft, zumal durch die Einbeziehung der Mehrstufigkeit des Produktionsprozesses mehrstufige Lossequenzprobleme auftreten konnen. Das Entscheidungsmodell bleibt zudem handhabbar, da keine Lagerbilanzgleichungen formuliert werden. Die zeitliche Aggregation sowie die Aggregation von Restriktionen wird nicht
Vgl.Winter(1989b), S. 36. Vgl.Axsater(1986), S. 797. Die praktische Umsetzbarkeit dieses hierarchischen Planungskonzeptes wurde in verschiedenen Produktionsunternehmen verifiziert. Vgl. Axsater/Jonsson (1984), S. 338 ff.
142
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
weiter aufgegriffen.^^^ MJt der Formulierung eines lagerreichweiten-maximierenden Modells bleiben die Urspriinge aus den Produktions-Lagerhaltungs-Modellen erhalten.
2.3
Ansatz von Zapfel/Tobisch
Neben den bereits beschriebenen Ansatzen der hierarchischen Produktionsplanung ist eine Vielzahl an weiteren heterogenen Ansatzen entwickelt worden.^®° Hierzu zahlen alle Planungsansatze, die eine hierarchische Problemstruktur beschreiben (Abschnitt 1), der Koordination zwischen hierarchisch konstruierten Planungsstufen Rechnung tragen (Abschnitt 1.3f^^ und eine damit verbundene Dekompositions-ZAggregationsproblematik
berucksichtigen
(Abschnitt 1.4). Diese Charakterisierung lasst sich weiter eingrenzen,^^^ wobei durch Kombinationsnrioglichkeiten der Bedingungen eine eindeutige Abgrenzung nur schwer moglich ist. Anstelle eines Uberblicks iiber weitere Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung wird stellvertretend fur einen Ansatz aufierhalb des MIT und des LIT der Ansatz von Zapfel/Tobisch aufgefuhrt, der sich deutlich von den bereits beschriebenen Ansatzen unterscheidet. Zunachst wird die Grundstruktur dieses Ansatzes in Abbildung 36 dargestellt.
Vgl.Winter(1989b), S. 50. Deren umfassende und vollstandige Beschreibung und Analyse wiirde den Rahnnen dieser Arbeit uberschreiten. Hierzu wird verwiesen auf Winter (1990) und die darin aufgefiihrte Literatur. Vgl. Winter (1990), S. 1. Als Eingrenzungskriterien konnen Entscheidungsregeln, Zielsetzungen oder Modellstrukturen herangezogen werden.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung Absatzprognosen, Riistzeiten, korr. Kapazitat
143
Programmplanung optimales Produktions- und Absatzprogramm
Datenbasis, Modellkoeffizienten und Prognosewerte
Riistzeiten
LosgrofJenplanung
optimale LosgroRen Ablaufplan, Kapazitatsbedarf
Ablaufplanung
Abbildung 36:
Planungsebenen der Hierarchischen Produktionsplanung von Zapfel/Tobisch^"
Der hierarchische Produktionsplanungsansatz von Zapfel/Tobisch gliedert sich in die drei Teilmodelle Programmplanung, Losgrolienpjanung und Ablaufplanung.^^ Entscheidend ist, dass in diesem Ansatz eine inhaltliche Dekomposition vorgenommen und das Gesamtproblem in drei Teilplanungen mit dem gleichen Detaillierungsgrad zerlegt wird.^®^ Aus der Darstellung wird zudem deutlich, dass nicht nur Vorgaben von ubergeordneten Planungsstufen den Entscheidungsraum der untergeordneten Stufen beeinflussen, sondern iiber eine gemeinsame Datenbasis die Ergebnisse der untergeordneten Planungen als Ruckkopplungen (Feedback) bottom-up zur Koordination eingesetzt werden.^^^ Weiterhin ist inhaltlich die Aniehnung an die Planungsebenen der hierarchischen Systeme zur Produktionsplanung und -steuerung (PPS-Systeme) erkennbar (Abschnitt 1.2, Abbildung 20).
2.3.1
Programmplanung
Auf Basis von prognostizierten Nachfragemengen, einer abgeschatzten Rustintensitat der Produkte und eines zu erwartenden Kapazitatsbedarfes wird in der Programmplanung das
383
In Aniehnung an Zapfel/Tobisch (1980), S. 6.
384
Vgl. Zapfel/Tobisch (1980), S. 5.
385
Nach Auffassung von Zapfel/Tobisch (1980) kann sich jedoch die Periodenaufteilung auf den unterschiedlichen Ebenen unterscheiden. Vgl. Zapfel/Tobisch (1980), S. 7. Vgl.Winter(1990), S. 39.
144
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
optimale Produktions- und Absatzprogramm bestimmt. Die oberste Planungsebene, die Prog r a m m p l a n u n g , wird als llneares Entscheidungsmodell in d e r f o l g e n d e n Form formuiiert.^^^
Entscheidungsvariablen: Xpt
A b s a t z m e n g e von Produkt p in Periode t
Vpt
Produktionsmenge von Produkt p in Periode t
Zpt
Lagermenge von Produkt p in Periode t
Parameter: bmt
Kapazitat der Maschine/Produktionsstufe m in Periode t
Cpt
Produktionskosten (proportional) von Produkt p in Periode t
dmpt
Kapazitatsverbrauch von Produkteinheit p auf Maschine m in Periode t
ept
Stuckerlos von Produkt p in Periode t
fpt
Rustkosten von Produkt p in Periode t
Ipt
Lagerhaltungskosten von Produkt p in Periode t
rmpt
RiJstzeit von Produkt p auf Maschine m in Periode t
Spf
RiJstintensitat von Produkt p in Periode t (Anzahl der Rustvorgange pro Periode)
ubpt
Absatzobergrenze von Produkt p in Periode t
Zpo
Lagermenge von Produkt p in Periode t = 0 (Anfangslagerbestand)
^®^
Vgl. Zapfel/Tobisch (1980). S. 8.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
145
Entscheidungsmodell der Programmplanung:
(3.49) S Z
^pt^pt
^ptYpt
'pt^pt
'pt^pt
^~
P=l t =\
Im Gegensatz zu den meisten Formulierungen von Produktionsplanungsproblemen wird in der Zielfunktion (3.49) der Gesamterfolg maximiert und es werden njcht die Gesamtkosten minimiert. Dieser Gesamterfolg ergibt sich aus dem Erios, von dem Produktions-, Rust- sowie allgemeine und losbedingte Lagerkosten abgezogen werden. p
(3.50) Y,i'^n^ptypt+r^ptSpt)^b^t
^ur alle m = 1,..,M; t = 1,..,T
p=i
Aus der Formulierung der Kapazitatsrestriktion (3.50) wird deutlich, dass die gesannte zur Verfugung stehende Nutzungszeit der iVIaschinen urn die Zeiten der Rustvorgange korrigiert wird. (3.51) Xpt
fur alle p = 1,..,P;t= 1,..,T
Die Absatzmengen diirfen die Absatzobergrenzen fur jedes Produkt und in jeder Periode nicht uberschreiten (3.51). (3.52) Zp, = Zp,_, ^Ypt-^pt (3.53) Xpt,ypt,Zpt >0
^ur alle p = 1,...P; t = 1,..,T fur alle p = 1,..,P;t= 1,..,T
Die Lagerbestande werden in den Gleichungen (3.52) dynamisch fortgeschrieben. Abschlieflend ist die Nichtnegativitat der Entscheldungsvariablen durch die Ungleichungen (3.53) gewahrleistet. Die Aufstellung eines Gewinn-maximierenden Entscheidungsmodells fur die Programmplanung lasst es zu, dass nicht die Absatzobergrenze befriedigt werden muss, um eine Losung des Problems zu erhalten und eine zeitliche Verschiebung von Produktion und Absatz erlaubt ist.^^® Des Weiteren sind in der Zielfunktion bereits Kostenkomponenten der Losgroflenplanung antizipiert, ohne dass sie als Entscheldungsvariablen die Modellkomplexitat er-
^^^
Von einer „weichen" Formulierung der Restriktionen und der Erhebung von Strafkosten be! der Verletzung der Restriktionen wird zunachst abgesehen.
146
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
hohen. In der Zielfunktion werden von den Verkaufserlosen die variablen Produktionskosten sowie die Lagerkosten abgezogen. Die Lagermengen setzen sich wiederum aus den (End-) Lagermengen und den durchschnittlichen Lagerbestanden zusammen, die aus der Losfertlgung resultieren. Der nicht-lineare Kostenanteil lpt*ypt/2Spt geht von den Pramissen aus, dass: Losgroflen eines Produktes immer gleich grofl sind und Lossequenzprobleme nicht auftreten, -
die Produktionsgeschwindigkeit unendllch und der Lagerabgang kontinuierlich ist.
Diese
Uberlegungen
sind
stark
vereinfachend
und
gelten
lediglich
fur
statisch-
deterministische IVIodelle. Wichtig ist jedoch, dass der „nicht-lineare" Charakter der Rustkosten sowie deren Abhangigkeit von der Kapazitat ansatzweise erfasst wird.^®^ Die Anzahl der Rustvorgange Spt stellt eine Vorgabe aus der Losgroflenplanung und keine Variable in der Programmplanung dar, so dass eine llneare Problemformulierung erhalten bleibt.
2.3.2
Losgroflenplanung
Das Losgroflenproblem wird bel Zapfel/Tobisch als gemischt-ganzzahliges Modell zur Berechnung optimaler Produktionslose unter Berucksichtigung der Vorgaben der Programmplanung formuliert. Alle Parameter haben dieselbe inhaltliche Bedeutung wie bei der Programmplanung. Mit f^" sind Vorgaben aus der ubergeordneten Programmplanung gekennzeichnet.
Entscheidungsvariablen: Spt
binare Rustvariable von Produkt p in Periode t
Vpt
Produktionsmenge von Produkt p in Periode t
Zpt
Lagermenge von Produkt p in Periode t
Vgl. Zapfel/Tobisch (1980), S. 10.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
147
Parameter: bml'°"' korrigierte Kapazitat der Maschine m In Periode t Cpt
Produktionskosten (proportional) von Produkt p in Periode t
dmpt
Produktionskoeffizient von Maschine m fur Produkt p in Periode t
fpt''°'^
korrigierte Rustkosten von Produkt p in Periode t (vgl. Abbildung 37, S. 149)
Ipt
Lagerhaltungskosten von Produkt p in Periode t
Xpt^^
Absatzmenge von Produkt p in Periode t
Zpo^*^
Lagermenge von Produkt p in Periode t = 0 (Anfangslagerbestand)
Zp/^
Lagermenge von Produkt p in Periode t = T (Lagerendbestand)
Entscheidungsmodell der LosgroHenplanung: P
T
(3-54) XX(/p,Zp, ^c,,y,, ^f^rspt) -^ min p=l t=\
In der Zielfunktion (3.54) des Losgroflenproblems wird die Summe aus Lagerkosten, variablen proportionalen Produktionskosten und (korrigierten) Rustkosten minimiert.^^
(3.55) j^d^ptYpt ^ ^ r
^ur alle m = 1,...M; t = 1,..,T
p=\
Im Losgrofienmodell wird in den Kapazitatsbedingungen (3.55) nur die urn die Riistzeiten reduzierte Gesamtkapazitat herangezogen, die die tatsachlich fur Produktionszwecke zur Verfijgung stehende Fertigungskapazitat darstelit. (3.56)z^o=
^^
furallep=1...,P
Bel der Formulierung dieses Modells ist zudem zu berucksichtigen, dass die PeriodeneinteiJung sich von der des ubergeordneten Modells unterscheiden kann. Uberlegungen zur Koordination unterschiedlicher Periodeneinteilungen werden in dem Ansatz von Zapfel/Tobisch nicht aufgeg riffen.
148
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
(3.57) Zp, = z^,_, +yp, - x j
fur alle p = 1,..,P; t = 1...,T
Des Weiteren wird der festgelegte Anfangsbestand aus der Programmplanung ubemommen (3.56) und im Rahmen der Lagerbilanzgleichungen dynamisch fortgeschrieben (3.57). (3.58) ZpT =z^^
fur alle p=1,..,P
Zur Erreichung der Mengenkonsistenz zwischen den Lagerendbestanden der Losgroflenund der Programmplanung am Ende der Betrachtungsperiode wird die Bedingung (3.58) formuliert. (3.59) ypt,Zpt > 0 n
fin^ "'
fur alle p = 1,...P;t=1,..,T
- J^' ^^"^ ^^^^ '"°^ ^ ° " Produkt p in Periode t aufgelegt wird [1, falls ein Los von Produkt p in Periode t aufgelegt wird
In den letzten beiden Formein wird die Nichtnegativitat der Entscheidungsvariablen (3.59) und der binare Entscheidungsbereich der Rustvariablen definiert (3.60). Den formalen parametergesteuerten Zusammenhang zwischen der Programmplanung und der Losgroflenplanung fasst Abbildung 37 zusammen.
149
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung Programmplanung
^
Losgrofienplanung
^
^PP _PP _PP V
Entscheidungsvariablen:
Entscheidungsvariablen:
/
M ^pt
^pt' Ypt' ^pt
• '^mpt
Spt. Vpt, Zpt
>
P
Duaivariablen/ Schattenpreise:
i
^
^mt
=^mt~2^''mpt'^pt P=\
r
/ L
Abbildung 37:
=^pt + / ^mt m=\
t=\
< \
)
Zusammenhang der Koeffizienten zwischen den Teilmodellen Programmplanung und Losgroflenplanung^^^
Als direkte Vorgabe der Programmplanung an die Losgroflenplanung werden die optimalen Absatzmengen aus dem optimalen Produktions- und Absatzprogramm sowie Lageranfangsund Lagerendbestand aus Grunden der Mengenkonsistenz ijbergeben. Eine weitere Schnittstelle zwischen diesen Entscheidungsmodellen bilden die Rustkosten. In der Losgrofienplanung werden nicht die ursprunglichen Rustkosten verwendet, sondern diese unter BeriJcksichtigung der dualen Ergebnisse der Programmplanung angepasst. Auf die realen Rustkosten wird ein Zuschlag addiert, der sich aus dem Produkt der Schattenpreise und der Rijstzeiten ergibt, sofern die Kapazitat vollstandig ausgenutzt wird. Diese Jiktive" Erhohung der Rustkosten erfolgt jedoch nur, wenn Kapazitatsengpasse auf der Ebene der Programmplanung auftreten und damit Umt> 0 ist. Diese Jiktive" Erhohung fuhrt dazu, dass in der Losgrodenplanung bei Vorliegen von Kapazitatsengpassen auf der ubergeordneten Ebene der Programmplanung grundsatzlich grofiere Lose berechnet werden und der sinkende Anteil der Rustzelt an dem gesamten Kapazitatsbedarf eine grofiere Produktionsmenge zulasst. Implizit werden in der Losgrofienplanung kostenminimale Lose berechnet, die jedoch gleichzeitig die Engpasskapazitaten fur Produktionszwecke besser auslasten. Hierdurch kann sich u. U. auch der Zielfunktionswert in der Programmplanung erhohen, da der Kapazitatsverbrauch durch Rustvorgange bei Vorliegen von Kapazitatsengpassen reduziert wird.
Vgl. Zapfel/Tobisch (1980), S. 11a.
150
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
In Abbildung 37 wird in der dritten Schnittstelle deutlich, dass in der Programmplanung die abgeschatzten Rustvorgange aus der Losgrofienplanung zur Einplanung des hierfur benotigten Kapazitatsbedarfes berucksichtigt werden und gleichzeitig eine korrigierte Kapazitat als Vorgabe an die Losgrofienplanung weitergegeben wird. In der letzten Beziehung zwischen diesen beiden Planungsebenen wird die Riickkopplung der Ergebnisse der Rustintensitat an die Programmplanung dargestellt. Sofern keine unterschiedliche Einteilung der Teilperioden auf den Ebenen erfolgt, entsprechen sich die Werte der Rustvariablen. Bei einer zeitlich detaillierteren Einteilung auf der Ebene der Losgrofienplanung werden die Werte auf die gleiche Teilperiodenlange angepasst.^^^
2.3.3
Abiaufplanung
FiJr die Abiaufplanung liefern die Autoren Zapfel/Tobisch einen Koordinationsansatz und kein explizites Entscheidungsmodell, da auf dieser Ebene je nach Produktionssegment ein entsprechendes Model! aufgestellt werden sollte (vgl. Abbildung 20). Aufgabe der Abiaufplanung ist lediglich die zeitliche Einplanung der gegebenen Losgroflen auf die Maschinen. Einen Gesamtuberblick iiber die Koordinatlonsbeziehungen und die Einbindung der Abiaufplanung liefert Abbildung 38.
Eine Detaillierung der Teilperioden ist in dem Ansatz von Zapfel/Tobisch (1980) nicht zwingend erforderlich. Zudem wird nicht explizit auf die Problematik der Disaggregation auf der zeitlichen Ebene eingegangen, deren Problematik in Abschnitt III.1.4 naher beschrieben wird.
Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
151
Absatzgrenzen, Kapazitaten, Anfangslagerbestande, Riistintensitat
Programmplanung
^
Produktionsprogramm Absatzprogramm
Schattenpreise Kapazitatskorrektur
ggf. Umrechnung auf Unterperioden
'
Berechnung von Rustkosten
Produktionsprogramm Absatzprogramm
Rijstkosten
Riistintensitat
Riistintensitat modifizierte Kapazitaten
Losgroftenplanung
optimale Produktionslose
modifizierte Kapazitaten
' ^ umgewandelte Lose in terminierte Produktionsauftrage
Abbildung 38:
Hierarchische Produktionsplanung von Zapfei/Tobisch^^^
Im Ergebnis der Ablaufplanung wird die zeitliche und die kapazitative Realisierbarkeit der Umsetzung der berechneten Losgroflen in terminierte Produktionsauftrage gepruft. Wird mit Hilfe der Ablaufplanung keine ablaufplanerische Realisierbarkeit festgestellt, ist eine Produktionsprogrammkorrektur erforderlich. Ablaufbedingte Leerzeiten konnen zusatzlich neben den Rustzeiten aus der Losgroflenplanung eine Kapazitatsberichtigung sowie die ablaufbedingten Produktionszeiten die Anderung der Produktionskoeffizienten in der Programmplanung erfordern.^^ Der Feedback-Prozess zwischen den Teilplanen der Produktionsplanung und der Losgrofienplanung, der zu einer schrittweisen Anpassung der Modellparameter fijhrt, wird so lange wiederholt, bis die ablaufplanerische Zulassigkeit gegeben ist.^^^ Zapfel/Tobisch fuhren hier-
In Aniehnung an Winter (1990), S. 40. Vgl. Zapfel/Tobisch (1980), S. 14 f. Vgl. Winter (1990), S. 41. In dem Ansatz von Zapfel/Tobisch steht die ablaufplanerische Zulassigkeit im Vordergrund. Dies ist ein weiterer Grund dafur, dass fur diese Planungsstufe kein konkretes Modell vorgestellt wurde. Vielmehr wurden die Koordinationsbeziehungen beschrieben, da das Ziel der Zulassigkeit durch unterschiedliche Modelle erreicht werden kann, die die jeweiligen Produktionsstrukturen abbilden.
152
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
bei aber nicht weiter aus, nach welchen Abbruchkriterien der Feedback-Prozess beendet werden kann und wie die Anpassung der unterschiedlichen Periodisierung zwischen den Planen erfolgen soil. Die Problematik der Aggregation/Disaggregation wird vollstandig vernachlassigt.
3.
Bewertung der Ansatze der Hierarchischen
Produktionsplanung
Zusammenfassend wird in diesem Abschnitt nach der Vorstellung der unterschiedlichen Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung eine Bewertung nach den Kriterlen der Koordination, der Aggregation und Disaggregation sowie der inhaltlichen Ubertragbarkeit auf die APS-Systemstruktur vorgenommen.
3.1
Koordination der Planungsebenen
Die Koordination zwischen den Planungsebenen des Ansatzes von Hax/Meal erfolgt lediglich top-down ijber exakt zu erfiJIIende Vorgaben. Diese Vorgaben beziehen sich auf aggregierte Produktionsmengen, die in der untergeordneten Planungsebene uber ein Optimierungsmodell ..heuristisch" disaggregiert werden.^^ Die strenge Beschrankung der nachfolgenden Planungsprobleme uber exakte Mengen-Konsistenz-Vorgaben fijhrt dazu, dass die ermittelten lokalen Optima zu einer Suboptimalitat oder Unzulassigkeit der detaillierten Gesamtplanung fuhren konnen. Die Mengenverteilung wird lediglich uber Lagerkapazitatsgrenzen (Produktfamilienplanung) oder prognostizierte Mengenintervalle (Produkttelleplanung) gesteuert. Kritisch ist hierbei, dass Kapazitatsrestriktionen weder in der Familien-, noch in der Telleplanung formuliert werden, da die Steuerung der disaggregierten Produktionsmengen uber Ober- und Untergrenzen erfolgt, die aus begrenzten Lagerkapazitaten und familienspezifischen Sicherheitsbestanden abgeleitet werden. Die Einhaltung von Lagermengenobergrenzen lasst jedoch keine Aussage uber die kapazitative Zulassigkeit dieser Form der Disaggregation zu, da bei diesem Vorgehen keine Riisthaufigkeit und der damit verbundene Kapazitatsverbrauch berucksichtigt wird. Weder eine bottom-up, noch eine Form der dualen Koordination wird in diesem Grundmodell eingesetzt, auch wenn dadurch erhebliche Suboptimalitat oder Unzulassigkeiten vermieden
Heuristische Disaggregation wird in diesem Zusammenhang verstanden als die Verteilung von Produktionsmengen auf mehrere Untermengen ohne die Verwendung von Gewichtungsfaktoren.
Bewertung der Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
153
werden konnten.^^^ Die ablaufplanerische und kapazitative Zulassigkeit der berechneten Produktteilemengen wird nicht gewahleistet.^^® In dem urspriinglichen Modell von Hax/Meal gibt es kein systematisches Verfahren zur Verbesserung der Vorgaben an die untergeordnete Ebene. Ferner werden diese nur pauschal in der Entscheidung der ijbergeordneten Ebene antizipiert.^^^ Die Koordination im /Axsafer-Ansatz ist durch eine detailliertere Abbildung des Produktionsprozesses als im Hax/IVIeal-Ansatz gekennzeichnet. Die Koordination erstreckt sich auf zwei Stufen, die aggregierte Produktgruppen-Planung und die disaggregierte Planung zur Auflosung der Produktionsmengen in Teilemengen. Die Koordination erfolgt ledigllch uber primale Vorgaben in Form von Produktionsmengen einer aggregierten Produktzyklusmix-Gruppe. Eine Kapazitatsprufung der Ergebnisse der disaggregierten Planung erfolgt nicht. Stattdessen werden Auftragsgroflenbedingungen formuliert, die implizit die Verletzung der Kapazitatsrestriktionen vermeiden sollen. Auch wenn im Gegensatz zu den meisten Ansatzen verstarkt Lagerhaltungsaspekte in diesen Ansatz integriert werden, so erfolgt keine koordinierende Ruckkopplung zwischen den beiden Planungsebenen. Der Ansatz von Zapfel/Tobisch umfasst drei Planungsebenen, die top-down sowohl durch primale Vorgaben in Form von Produktionsmengen als auch in Form von dualen Schattenpreisen zur Anpassung der RiJstkosten koordiniert werden. Des Weiteren werden durch iteratives Vorgehen Feedback-Ruckkoppiungen in die Planungen der ubergeordneten Programmplanung integriert. Sogar die im Ansatz von Schneeweifl formulierte feedforwardRuckkopplung in Form der Antizipation wird durch die Berucksichtigung der Rustkosten und zeiten im Top Level eingesetzt. Bezuglich der Koordination zwischen hierarchisch in Beziehung stehenden Planungsebenen werden im Zapfel/Tobisch-Ansatz sowohl top-down primale und duale Vorgaben als auch bottom-up-Ruckkopplungen in Form von feedback- und feedforward-Ruckkopplungen eingesetzt. Der Ansatz setzt damit mehrere Koordinationsinstrumente im Vergleich zu den anderen beiden Ansatzen ein.
^^^
Vgl. Kistner/Switalski (1989), S. 494.
^^^
Vgl. Winter (1989a), S. 18, S. 31, und S. 66 f.
^^^
Vgl. Kleindienst (2004), S. 23.
154 3.2
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen Aggregation/Disaggregation von Entscheidungsvariabien
Im Hax/Meal-Ansaiz lassen sich beziiglich der Aggregation/Disaggregation zum einen unterschiedliche Planungszeitraume und zum anderen verschiedene Produktaggregate auf den unterschiedlichen Planungsebenen feststellen. Von einer Aggregation der Zeitdimension kann in diesem Ansatz nicht gesprochen werden, da in der Familien- und Teileplanung nur die erste Teilperiode der Gruppenplanung (rollierende Planung) betrachtet, aber nicht weiter in kleinere Zeitintervalle unterteilt wird. Durch die Unterscheidung von Gruppen, Familien und Teilen wird der Aggregation der Produktebene Rechnung getragen.'^^^ Als Aggregationslogik werden fur die Zusammenfassung von Mengen und deren Zuordnung zu Gruppen produktionstechnische Charakteristika'^°^ herangezogen. Des Weiteren werden im Grundmodell von Hax/Meal keine mehrstufigen Produktionsstrukturen betrachtet. Grundsatzlich wird in dem klassischen Hax/Meal-Ansatz jedoch von der unrealistischen Annahme gleicher detaillierter Parameter innerhalb von Produktgruppen ausgegangen, so dass die Aggregation trivial ist.'^^^ Die Zuordnung bzw. Aggregation von Produkten zu aggregierten Gruppen wird In dem Ansatz von Axsater uber die Ahnllchkeit des Bedarfszyklus vorgenommen, da mit ahnllchem Bedarfszyklus und entsprechenden Lagerhaltungspolitiken die Lagerbilanzgleichungen leichter zu aggregieren sind.'^^^ Die Disaggregation wird nicht uber Gewichtungsfaktoren vorgenommen, sondern uber die Bedingung der gleichen Lagerrelchweiten erreicht. Die „Disaggregation" bzw. Auflosung der Produktmengen auf Telleebene wird durch statischdeterministische Teilbedarfsmatrizen erreicht. Da die unterschiedliche Einteilung der Teilperioden auf alien Planungsstufen in dem Ansatz von Zapfel/Tobisch moglich ist, aber keine Aggregations-ZDisaggregationsuberlegungen ausgefiJhrt wurden, ist keine Bewertung der Vorgehensweise zur Aggregation/Disaggregation moglich.
Weiterentwicklungen des Hax/Meal-Ansatzes haben zusatzliche Detaillierungsstufen berijcksichtigt. Vgl. Winter (1989a), S. 60. Hierzu zahlen saisonale Absatzverlaufe, Produktions-, Lager- und Riistkosten. Vgl. Erschler/Fontan/Merce (1986), S. 464. Vgl. Schneeweili/Kleindienst (2004), S. 271. Es wird davon ausgegangen, dass die Lagermengenverhaltnisse der Produkte innerhalb einer Gruppe nahezu gleich bleiben und die Aggregationsgewichte in unterschiedlichen Perioden nicht angepasst werden mijssen.
Bewertung der Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung
155
Aggregations- und Disaggregationsiiberlegungen werden somit nur im MIT- und im LITAnsatz integriert, wobei auch hierbei die in Abschnitt 1.4 aufgeworfenden Fragen nicht vollstandig gelost werden.
3.3
Inhaltliche Ubertragbarkeit der Planungsebenen auf APS-System-Strukturen
Bei inhaltlicher Betrachtung des Hax/Meal-Ansaizes lasst sich die Produktgruppenplanung als Entscheidungsmodell fur das Modul Master Planning ubertragen. Betrachtet man das Modul Production Planning als Planungsberelch der Losgrofienberechnung, so eignet sich das Familienplanungsmodell nur unvollstandig fur diese Aufgabe. Losgrolien werden hierbei nur durch die Minimierung von durchschnittlichen Rustkosten ermittelt. Lagerkosten werden nicht berucksichtigt, die eine wesentliche Komponente im Rahmen der Losgroflenplanung darstellen. Die Teileplanung dient lediglich der Auflosung von Produktfamilienmengen auf Teilemengen. Dieses Entscheidungsmodell lasst sich daher keinem APS-Modul als formale Grundlage zuordnen.'^^^ Das /\xsafer-Modell der aggregierten Planung kann Inhaltlich der Produktionsprogrammplanung bzw. dem Modul Master Planning zugerechnet werden. Die detaillierte Planung hingegen hat inhaltlich die Bestimmung der Teilemengen auf Basis festgelegter Produktionsmengen der Endprodukte zur Aufgabe und kann dem Modul Material Requirement Planning zugeordnet werden. Inhaltlich lassen sich die Planungsstufen des Zapfel/Tobisch-Ansaizes sehr gut auf die APSModule Master Planning (Produktionsprogrammplanung), Production Planning (Losgrofienplanung) und Scheduling (Ablaufplanung) ubertragen, da sich Zapfel/Tobisch bei der Formulierung der Optlmierungsmodelle an den Planungsstufen der Produktionsplanung und -steuerung (PPS-System) orientiert haben. Da APS-Systeme als Erganzung zu den Produktionsmodulen der ERP-Systeme eingesetzt werden, die ebenfalls in Aniehnung an das PPSKonzept entwickelt wurden, ist die inhaltliche Zuordnung der Formalmodelle zu APSModulen gegeben.
Eine direkte Vergleichbarkeit des APS-Aufbaus und Hax/Meal-Ansatzes ist somit nicht gegeben, vgl. Bitran/Tlrupati (1993), S. 548. Die Umsetzung des MIT-Ansatzes im MRP-Kontext wird in der Arbeit von Bitran/Haas/Hax (1982), S. 242 ff., beschrieben. Hierbei wird die Losgrbdenplanung mit dem Silver/Meal-Verfahren durchgefijhrt.
Hierarchische Produktionsplanung als Grundlage von APS-Systemen
156
In Tabelle 4 sind die Ergebnisse der Bewertung der verschiedenen Ansatze der Hierarchischen Produktionsplanung zusammengefasst.
Hax/Meal
Axsater
Zapfel/Toblsch
1
Koordination
+
+
++
1
Aggregation/Disaggregation
+
+
-
inhaltliche Ubertragbarkeit auf APS-Systeme
+
+
++
1 Kriterium
Tabelle 4:
Zusammenfassung der Bewertungsergebnisse
Fur die Ubertragung der Planungsmodelle als Formalkonzept fur ausgewahlte Module von APS-Systemen ist somit der Ansatz von Zapfel/Tobisch gegenuber den vorgestellten Ansatzen des MIT und des LIT eher geeignet. Trotz der Mangel in der fehlenden Spezifizierung der Ablaufplanung und der Anpassung unterschiedlicher Periodisierungen zwischen den Teilplanen der Produktionsplanung bildet die inhaltliche Dekomposition, Koordination und die Formulierung der Teilplane eine gute Grundlage als Formalkonzept fur die Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme in dem folgenden Abschnitt IV.
Eingrenzung der Betrachtungsweise
IV.
157
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
In diesem Abschnitt werden die erarbeiteten Erkenntnisse iJber die Struktur von APSSystemen und liber die Ansatze der Hierarchischen Produktionspianung zusammengefuhrt und integriert. Der zu entwickelnde Koordinationsansatz bildet interdependente Beziehungen ab und koordiniert die Ergebnisse der Planungsebenen. Gleichzeitig werden Aspekte der Aggregation/Disaggregation bei der Planung auf unterschiedlichen Detaillierungsniveaus berucksichtigt.'^°^ Nach der Vorstellung der einzelnen Formalmodelle fur die unterschiedlichen Planungsstufen (Abschnitt 2) werden der Koordinationsprozess eriautert (Abschnitt 3), die Beruckslchtigung der Aggregation/Disaggregation dargestellt (Abschnitt 4) und die Funktionsweise anhand einer Beispielrechnung verdeutlicht (Abschnitt 5). Abschliefiend werden Erwelterungsmoglichkeiten fur den entwickelten Koordinationsansatz fiir APS-Systeme aufgefuhrt (Abschnitt 6).
1.
Eingrenzung
der
Betrachtungsweise
Die Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur alle angebotenen Module und die erhaltlichen Zusatzanwendungen der Hersteller von APS-Systemen wurde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Vielmehr werden hier die wesentlichen Module von APS-Systemen zur UnterstiJtzung der Produktionspianung durch ein mathematisch-formales Entscheidungsmodell abgebildet, wie in Abbildung 39 dargestellt ist.
Die Trennung von inhaltlicher Koordination und dem Aspekt der Aggregation/Disaggregation wird nur zur Verdeutiichung der beiden Problembereiche vorgenommen. Mit der Verwendung unterschiediicher Detaillierungsniveaus sind auch Fragen der asymmetrischen Information zwischen den Planungsebenen angesprochen. Vgl. Schneeweili/Kleindienst (2004), S. 279.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fCir APS-Systeme
158 Zeitdimension
Strategische Netzstrukturplanung langfristig
(Strategic Network Planning)
—
kurzfristig
Absatzplanung
(Master Planning) T3 0) 3 C 3 (O
o
IMittelfristige Produktionsplanung
mittelfristig
Bedarfsplanung (Material Requirements Planning)
Losgroftenund Ablauf planung (Production Planning, Scheduling)
Transportplanung (Distribution Planning, Transport Planning) 1
(Demand Planning)
(D
=>
C
Verfugbarkeitsprijfung (Available-ToI Promise) |
Supply Chain Monitoring
Beschaffung
Abbildung 39:
Funktionsdimension
APS-Modulauswahl fur die Entwicklung eines Gesamtkonzeptes^^^
Zu diesen Modulen zahlen die drei Bereiche Master Planning, Production Planning und Scheduling, welche die wichtigsten produktionsbezogenen Module zur Unterstiitzung der in den Unternehmen eingesetzten ERP-Systeme darstellen. Die in dieser Arbeit betrachteten Module lassen sich, wie bereits in Abschnitt 11.4 beschrieben, in den Kontext der Hierarchischen Produktionsplanung einordnen. Deren einzelne klassische Ansatze wurden in Bezug auf die Koordination, die Aggregation/Disaggregation sowie die Planungsziele in den unterschledlichen Planungsebenen auf Ubertragbarkeit auf APS-Systeme untersucht. Im Ergebnis wird fur die weitere Betrachtung der Ansatz von Zapfel/Tobisch als Grundlage der Entwicklung eines formalen Koordinationsansatzes fur APS-Systeme herangezogen. Die Beschreibung dieses Ansatzes wurde bereits in Abschnitt 111.2.3 vorgenommen, so dass lediglich die koordinations- und modellbezogenen Erweiterungen in diesem Teil der Arbeit entwickelt werden.^°^
In Aniehnung an Meyr/Wagner/Rohde (2005), S. 109. Die Erweiterung des Koordinationsansatzes urn die langfristige Standortplanung (Strategic Network Planning), die inner- und uberbetriebliche Logistikplanung sowie die Absatzplanung und Verfijgbarkeitsprufung, wie sie in Abbildung 39 aufgefuhrt sind, sollte Gegenstand weiterer Forschungsarbeiten werden.
Grundstruktur des Koordinationsansatzes 2.
Grundstruktur
des
159
Koordinationsansatzes
Auf Basis des Ansatzes von Zapfel/Tobisch liegen die wesentlichen Erweiterungen des klassischen Ansatzes in der Erweiterung der Koordination zwischen den drei Planungsstufen sowie in der zusatzlichen Integration von Aspekten der Aggregation/Disaggregation auf der Produktebene. In Abbildung 40 wird der Koordinatlonsansatz in der Darstellungsform von Schneeweifl abgebildet. Mittelfristige Produktionsplanuns (Top-Level)
Detaillierungsgrad
Modell der Produktionsprogrammplanung
ANJ
ANJ
IN
IN
r
antizipierte I-OSgrofienplan j n g
antizipjerlte Ablaufplan Jng
Produktgruppen ANT
/^
1IN
Losgrofienplanung (1 ntermed iate-Level)
N
Produkte
Modell der Losgrodenplanung AN
IN
antizipierte Ablaufplanung
V
ANJ
llN
y
Ablaufplanung (Base-Level)
AN = Antizipation IN = Instruktion/Vorgabe
Modell der Ablaufplanung
^
^
Abbildung 40:
Struktur der Koordination im Gesamtkonzept fur APS-Systeme
Die Koordination zwischen den drei Planungsstufen ist in dem Grundkonzept durch die direkte Antizipation der Losgroflenplanung und der Ablaufplanung in der Programmplanung vorgesehen. Zudenn wird die Ablaufplanung in der Losgroflenplanung antizipiert. In Abbildung 41 Ist ein APS-bezogener inhaltlicher Uberblick uber das Gesamtkonzept dargestellt.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
160
Gruppenebene
.'•
^
Master Planning/ Programmplanung
berechnet: Produktionsprogramm Absatzprogramm Zusatzkapazitaten
korrigierte Gewichtung der Produktionsmengenvariablen Anzahl der Rustvorgange korrigierte Rustkosten
Scheduling/ Ablaufplanung
Production Planning/ Losgroflenplanung Korrektur der Produktionskoeffizienten berechnet: Losgrofien Rustvorgange Zusatzkapazitaten
Losgr6(ien
Produktebene (einer Gruppe) Abbildung 41:
Korrektur der Produktionskoeffizienten
berechnet: ablaufplanerische Zulassigkeit der Losgroflen fur mehrere Produktionsstufen (Maschinenbelegung, Reihenfolgeplanung)
Produktebene (aller Gruppen)
Uberblick uber das Gesamtkonzept produktionsbezogener Module fijr APS-Systeme
Auf Basis prognostizierter Absatzmengen werden in der Programmplanung (stellvertretend fiJr das Modul Master Planning) auf Produktgruppen-Ebene das optimale Produktions- und Absatzprogramm sowie der notwendige Bedarf an Zusatzkapazitaten bestimmt. Wahrend sich auf der Ebene der Programmplanung die Detaillierung auf Produktgruppen bezieht, wird in den untergeordneten Planungsstufen die Planung auf Produktebene vorgenommen. Die Gewichtung der Produktionsmengenvariablen'^°® der Produkte innerhalb einer Gruppe zur Berechnung aller aggregierten Parameter wird zunachst abgeschatzt und in der Losgrofienplanung fur jede Gruppe neu ermittelt.
Implizit erfolgt mit der Variablenaggregation eine Aggregation der Lagerbilanzgleichungen durch die gewichtete Addition der entsprechenden Zeilen des Simplextableaus. Diese Vorgehensweise entspricht nicht der „optimalen" Gewichtung in der formalen LP-Aggregation und induziert damit Optimalitats- und/oder ZulassigkeitsliJcken. Vgl. hierzu auch Fufinote 342.
Grundstruktur des Koordinationsansatzes
161
Fur jede einzelne Gruppe werden optimale Losgrofien berechnet. Jeder Gruppe steht jedoch nur eine begrenzte Kapazitat, die im Rahmen der Programmplanung zugewiesen wird, zur Verfugung. In der Ablaufplanung werden jedoch iiber alle Gruppen hinweg die Losgroflen der Produkte fur jede einzelne Periode unter BeriJckslchtigung weiterer Produktionsstufen auf ihre ablaufplanerische Zulassigkeit hin untersucht. Die Grofie der Tellperioden des Planungshorizontes bleibt auf alien Planungsstufen gleich, wobei die Ablaufplanung fur jede Teilperiode/Zeitscheibe durchgefiihrt wird.'*°^ Beziiglich der Detaillierung von Kapazitaten (Zusammenfassung von Maschinengruppen etc.) werden auf der Ebene der Programmplanung und der Losgrofienplanung keine unterschiedlichen Aggregationsniveaus betrachtet. Lediglich in der Ablaufplanung werden zusatzliche potenzielle Engpass-Kapazitaten beriickslchtlgt. Eine Aggregation bzw. Disaggregation erfolgt auf der Ebene der Kapazitaten hier jedoch nicht. 1st die Zulassigkeit nicht erreicht, erfolgt eine Koordination ijber die Anpassung von Gruppengewichtungsfaktoren, Kapazitatszuweisungen und Produktionskoeffizienten. Der vorgestellte Koordlnationsansatz beruht zudem auf folgenden Pramissen: -
Es wird eine Serienproduktion unterstellt, bei der Rustkosten anfallen. Es werden einteilige Produkte erzeugt, d. h. Stucklistenstrukturen werden vernachlassigt.
-
Die Mehrstufigkeit des Produktionsprozesses wird nur im Rahmen der Ablaufplanung berijcksichtigt. Es wird des Weiteren ein Flow Shop-Produktionsprozess betrachtet.
-
Die Betrachtung ist deterministisch.
In den folgenden Abschnitten (Abschnitte 2.1, 2.2 und 2.3) werden nun die Module bzw. Planungsebenen formal abgebildet.
Die Wahl der Grofie der Teilperioden kann bei langen Rustzeiten im Vergleich zur Periodenlange zu Problemen fuhren. Vgl. Ausborn (2003), S. 57 f. Die Modellierung flexibler Teiiperiodenlangen erhoht jedoch die Modellkomplexitat erheblich, so dass stattdessen Formuiierungen fur die Ubernahme von Rustzustanden Oder ..Kapazitatsbiianzgleichungen" die Nachteile fester Teiiperiodeniangen ausgleichen konnen. Vgl. Abschnitt IV.6.1.
162 2.1
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme Master Planning
Das Modul Master Planning wird im Ansatz von Zapfel/Tobisch durch ein Entscheidungsnnodell der Programmplanung abgebildet. Dieser wurde bereits in Abschnitt III.2.3.1 dargestellt und soil fijr den Koordinationsansatz fur APS-Systeme erweitert werden. Wie in klassischen PPS-Systemen ist auch in APS-Systemen die Detaillierungsstufe bezogen auf die Produkte in der Programmplanung hoher als in den Planungsmodulen Production Planning und Scheduling. Die mathematische Formulierung auf Produktgruppenebene hat zur Folge, dass durch die Betrachtung aggregierter Gruppenvariablen auch die Parameter entsprechend aggregiert werden mussen. Des Weiteren wird auf dieser Ebene im Unterschied zum Ansatz von Zapfel/Tobisch nur eine Produktionsstufe betrachtet.
Entscheidungsvariablen: Oi^^
Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat in Periode t (Master Planning)
xot
Absatzmenge der Produktgruppe G in Periode t
yet
Produktionsmenge der Produktgruppe G in Periode t
Zct
Lagermenge der Produktgruppe G in Periode t
Parameter: bt
Normalkapazitat in Periode t
CG
Produktionskosten (proportional) fur Produktgruppe G
dc
Kapazitatsverbrauch pro Produktgruppeneinheit G
SG
Erios pro Einheit der Produktgruppe G
fp
Rustkosten von Produkt p
gcp
Gewichtungsfaktor von Produkt p innerhalb der Gruppe G mit QQP =
ub^+lbn
£K+/^) furalleG = 1,..,G
Grundstruktur des Koordinationsansatzes
163
Ibc
Absatzuntergrenze der Produktgruppe G
Ibp
Absatzuntergrenze von Produkt p
IG
Lagerhaltungskosten der Produktgruppe G
o
Kosten fur die Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat
Omax
maximale Zusatzkapazitat
rp
Rustzeit von Produkt p
Spt
Rustintensitat von Produkt p in Periode t (Anzahl der RiJstvorgange pro Periode)
ubc
A b s a t z o b e r g r e n z e der Produktgruppe G
ubp
A b s a t z o b e r g r e n z e von Produkt p
ZGO
L a g e r m e n g e der Produktgruppe G in Periode t = 0 (Anfangslagerbestand)
ZGT
Lagermenge der Produktgruppe G in Periode t = T (Lagerendbestand)
Entscheidungsmodell
G
der
Programmplanung:
T
(4.1) I I I G=l
f=l
' max 2. P= \
In der Zielfunktion (4.1) werden gruppenbezogen von den Eriosen die Produktions-, Rust-, allgemeine sowie losbedingte Lagerkosten und die Kosten fur die Inanspruchnahme von Z u satzkapazitat abgezogen. Die Formulierung der Zielfunktion zeigt, dass neben den aggregierten Entscheidungsvariablen auch die meisten P a r a m e t e r in aggregierter Form verwendet werden.'^^^ Die Aggregation der Produkte zu Produktgruppen erfolgt nach der logischen Z u -
^^^
Die Aggregation von Produkten wird in diesem Ansatz als Aggregation von Produktionsmengenvariabien verstanden. Die ermitteiten Gewichtungsfaktoren zur Aggregation der Produktionsmengenvariablen werden schliefiiich auch fiir die Aggregation der Parameter der Lager- und Absatzmengen-Variablen verwendet. Vgl. Abschnitt III. 1.4.
164
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
gehorigkeit."^" Die Gewichtung der Produkte bzw. die Festlegung der Anteile innerhalb einer Gruppe wird zunachst aus den Absatzunter- und -obergrenzen der Produkte innerhalb einer Gruppe durch ubp+lbp 2
9o.-^r7-^--.-^^^''^^ p=\\
^
'-]
•'"p
fara„eG = 1,..,G
+/bj
ermittelt. Inwieweit eine nachtragliche Anpassung der Gewichtung erfolgen kann, wird durch das IVIodell der Losgrofienplanung deutiich."*^^ Im Gegensatz zu alien anderen Parametern in der aggregierten Programmplanung bleiben sowohl die Rustkosten fp als auch die RiJsthaufigkeiten Spt in disaggregierter Form bestehen. Die Anzahl der Riistungen der einzelnen Produkte aller Gruppen ist in der aggregierten Programmplanung keine Entscheidungsvariable und ist in der ersten Iteration des dreistufigen Planungsverfahrens ein vergangenheitsorientierter Durchschnittswert. Der Wert von Spt dient lediglich dazu, bereits in der Programmplanung zum einen die Rustkosten und die losbedingten Lagerkosten in der Zielfunktion zu berucksichtigen und zum andern die Gesamtkapazitat um eine abgeschatzte Rustzeit In der Kapazitatsrestrlktion (4.2) zu korrigieren. Die Aggregation der Parameter fp und rp ist damit auch nicht erforderlich. Eine Aggregation der Rustzeiten und der Rustkosten mit den Gewichtungsfaktoren gcp wurde zudem wegen der Ganzzahligkeit zu schwierig abzuschatzenden aggregierten Parametern fur Rustkosten und -zeiten fuhren, da die Rusthaufigkeit nicht proportional zur Produktionsmenge, sondern in Abhangigkeit von der Hohe der Lager- und Rustkosten sowie dem zeitlichen Bedarfsverlauf stehen."^^^ Die Proportionaiisierung der Rustkosten und -zeiten bezogen auf Produktionsmengen bzw. die Linearisierung ganzzahliger Rustvariablen wird in der Literatur haufig zur Reduzierung der
Vgl. Abschnitt III.1.4 und Leisten (1996), S. 26. Da sich die Aggregation allgemein als Zusammenfassung mehrerer (Modell-)Komponenten und/oder deren Eigenschaften zu einer oder wenigen Komponenten und/oder Eigenschaften versteht, wird einer inhaltlichen Zusammenfassung nicht widersprochen. Vgl. Abschnitt IV.2.2. Grundlegende Uberlegungen und Vorgehensweisen zur Aggregation und Disaggregation in MILP-Modellen werden in Hallefjord/Storoy (1990), S. 619 ff., Hallefjord/Jornsten/Varbrand (1993), S. 103 ff., Kleindienst (2004) gegeben.
Grundstruktur des Koordinationsansatzes
165
Modellkomplexitat vorgenommen, fuhrt aber zu ungenauen Abschatzungen der tatsachlich entstehenden Rustzeiten und -kosten.'^^'^ Die BeriJcksichtigung von Zusatzkapazitaten in der Zielfunktion (4.1) stellt eine Erweiterung der ursprijngjichen Zielfunktion des Ansatzes von Zapfel/Tobisch dar, die aber in der klassischen Programmplanung grundsatzlich Planungsgegenstand sind."^^^ Zum anderen konnen hierdurch bei entsprechender Festlegung der Zusatzkapazitaten auch bei nicht ausreichender Normalkapazitat alle Absatzmengen befriedigt werden."^^^ Die zum ursprunglichen Ansatz modifizierten Nebenbedingungen lassen sich wie folgt darstellen: G
(4.2)
1jj^GyGt+Zj'^p^pf
furallet=1,..,T
p=\
G=l
Die Ungleichungen (4.2) verhindern, dass die fur Produktion und Rustungen benotigte Kapazitat die zur Verfugung stehende Normal- und Zusatzkapazitat ubersteigt. Durch die einstufige Betrachtung in der Programmplanung entfallt in den Ungleichungen (4.2) der Maschinenindex. Zudem entfallt fur die zeitinvarianten Produktions- und Rustkoeffizienten dc und rp der Zeitindex. Des Weiteren bleibt die Riistzeit in disaggregierter Form erhalten. Sie stellt einen abgeschatzten Wert dar, da Spt in diesem Modell keine Entscheidungsvariable ist. Die Zusatzkapazitat Ot"^^ kann uber die Normalkapazitat hinaus in Anspruch genommen werden. (4.3) lbQ<XQt
fur alle G = 1,..,G;t= 1,..,T
Neben der Formuiierung von Absatzobergrenzen fur Produktgruppen werden in den Nebenbedingungen (4.3) auch Untergrenzen formuliert.
Vgl. Liesegang (1988), S. 210. Ziel der Programmplanung ist 1. d. R. die Beschaftigungsgiattung und somit die Minimierung von Lagerkosten und Kosten fur die Inanspruchnahme von Zusatzkapazitaten. In klassischen deckungsbeitragsmaximierenden Programmplanungsmodeilen werden i. d. R. nur Produkte uber Zusatzkapazitaten produziert, wenn trotz der hoheren Kosten fur Fremdressourcen ein positiver Stuckdeckungsbeitrag erreicht wird. Sollte jedoch die Summe der Absatzuntergrenzen (4.3) nicht mit der Normalkapazitat produziert werden konnen, werden auch Produkte mit negativem Stuckdeckungsbeitrag uber die Nutzung von Zusatzkapazitaten mit in das Programm aufgenommen.
166
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
Die Abschatzung von maximalen Absatzmengen einer Produktgruppe wird durch Methoden der Potenzialanalyse und/oder prejspolitische Erklarungsansatze mit Hilfe von Preis-AbsatzFunktionen"^^^ erreicht. Im Rahmen der strategischen Unternehmensplanung, zu der auch eine gruppenbezogene Programmplanung zahit, wird die Potenzialanalyse ursprunglich im Rahmen der Neuproduktplanung elngesetzt/^® kann aber auch auf bestehende Produktgruppen angewendet werden. So lassen sich in die Potenzialanalyse dynamische diffusionstheoretlsche Aussagen, Lebenszyklus-Konzepte von Produktgruppen und/oder Marketingmadnahmen'*^^ in die Betrachtung aufnehmen, die Einfluss auf das Marktvolumen haben.'*^^ Die haufigsten Abschatzungsmethoden fur das unternehmensspezifische Absatzpotenzial"^^^ sind zum einen analytische (Zeitreihenanalyse und okonometrische Prognosemodelle) und strukturierte Schatzverfahren (Segmentierung auf Basis einer unterstellten Strukturierung der marktbezogenen Potenziale) und zum anderen Analogien (Ubertragung von vergangenen Absatzpotenzialschatzungen) oder Expertenbefragungen."*^^ Diese Fragestellungen stehen In dem APS-Modul Demand Planning im Vordergrund. Die Festlegung von Mindestabsatzmengen bedeutet fur formale Optimierungsmodelle im Rahmen der aggregierten Unternehmensplanung eine feste Allokation knapper Kapazitaten auf diese Produktgruppen. Gerade in der strategischen Planung steht die Frage Im Vordergrund, in welchem Umfang ein Unternehmen Kapazitaten in die Produktion einer Produktgruppe bzw. in dieses Marktsegment unabhangig von kurzfristigen Gewinnerzielungsabsichten einsetzen soll."*^^ Entscheidungen uber diese eher marktbezogene Ressourcenallokation basieren u. a. auf dem Portfollo-Ansatz.'*^'* Alle Varianten dieses Ansatzes sind durch ein zweidimensionales Koordinatensystem gekennzeichnet, dessen Achsen sich auf die Markt-
Vgl. Diller (2000), S. 80 f. Vgl. HolzmiJIIer (2002). S. 291. Diese Definition kann urn die Abhangigkeit der Gesamtnachfrage von dem branchenweit eingesetzten Marketingvolumen erweitert werden. Diese Determinante wird in dieser Arbeit zur Abschatzung der maximalen Absatzgrenze nicht welter berucksichtigt. Vgl. Kotler/Bliemel (2001), S. 240. Vgl. Koppelmann (1997), S. 217. Das Absatzpotenzial ist die Absatzmenge einer Produktgruppe, die ein Unternehmen im Rahmen der verfugbaren Moglichkeiten maximal erreichen kann. Vgl. Meffert (2000), S. 171. Vgl. Holzmuller (2002), S. 299 ff. Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 436. In der Regel ergeben sich jedoch die Absatzgrenzen der Produktgruppen aus den aufsummierten Absatzgrenzen der Produkte einer Gruppe.
Grundstruktur des Koordinationsansatzes
167
attraktivitat"^^^ bezogen auf den ROI (return on investment) und die Wettbewerbsposition des Unternehmens beziehen und in das die betrachteten Marktsegmente bzw. Produktgruppen eingetragen werden."*^^ Aus der Bewertung hinsichtlich dieser beiden Dimensionen wird schliefilich die grundsatzliche Tendenz der Ressourcenallokation (Ausbauen, Beibehalten, Reduzieren) festgeiegt."^^^ (4.4) ZQ, = ZG,_, + y G , -XQJ
fur alle G = 1,... G ; t = 1....T
Die Lagerbilanzgleichungen zur dynamischen Fortschreibung der Lagermengen (4.4) unterscheiden sich von der urspriingiichen Formulierung des Ansatzes von Zapfel/Tobisch nur in der Aggregationsebene.'*^® Hierbei werden die aggregierten Gruppenvariablen xct, Vet und Zct logisch verknupft. Die Absatzmenge Xct kann somit in der Periode t entweder durch die Produktionsmenge Oder durch den Lagerbestand gedeckt werden."^^^ (4.5) 0^^,XQf,yQ,,ZQ,
>0
fur alle G = 1,... G ; t = 1,..,T
Die Nichtnegativitatsbedingungen (4.5) unterscheiden sich von den urspriingiichen Nichtnegativitatsbedingungen in der Detaillierungsebene. (4.6) O^^ < 0^3,
fur alle t = 1...,T
Zu den Faktoren der IVIarktattraktivitat konnen neben realem Marktwachstum auch die Zahl der Wettbewerber (Marktkonzentration und Organisation der Kunden und Lieferanten), die durchschnittliche Auftragsgrofle oder die Inflationsrate zahlen. Dagegen stellen neben dem Marktanteil auch die Produktqualitat, -innovationen, Arbeitsproduktivitat und Kapazitatsauslastung auch Faktoren der Wettbewerbsposition dar. Vgl. Buzzell/Gale (1989), S. 40, und S. 47 ff., sowie Hansmann(2001), S. 47. Vgl. Hinterhuber (1996), S. 146 ff. Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 438 ff. Die aggregierten Mengen XQ und ZQ ergeben sich aus der Addition der der Gruppe zugeordneten Produktmengen. Diese Vorgehensweise impliziert die Addition der produktspezifischen zu gruppenspezifischen Mengenbilanzgleichungen. Eine Gewichtung der Restriktionen mit Hilfe eines Restriktionengewichtungsfaktors h erfolgt damit nicht. Vgl. hierzu FuRnote 408 und Abschnitt III.1.4.1. Durch die Bildung von Gruppenlagermengen wird die produktbezogene Bedarfsdeckung vernachlassigt, d. h. wenn beispielsweise eine Produktgruppe aus blauen und roten Produkten besteht, kann durch diese Formulierung nicht gewahrleistet werden, dass der Bedarf an blauen Produkten durch Lagermengen von roten Produkten gedeckt wird. Da aber die koordinierende Vorgabe des Master Planning lediglich eine gruppenbezogene Kapazitatszuweisung darstellt und in der Losgrofienplanung des Moduls Production Planning die Absatzmengen detailliert neu berechnet werden, fuhrt dieses Vorgehen auf der Ebene des Master Planning nicht zu einer unzulassigen Bedarfsdeckung.
168
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
Durch die Erweiterung des Zapfel/Tobisch-Ansatzes urn die M6glichl<eit der inanspruciinahme von endlicher Zusatzkapazitat werden zusatzliche Nebenbedingungen (4.6) formuliert.
2.2
Production Planning
Das dem Modul Production Planning zugrunde liegende Planungsproblem entspricht, wie bereits in Abschnitt 11.3.3 herausgearbeitet, einem dynamischen Losgroflenproblem, das auch in dem hierarchischen Produi^tionspJanungsansatz von Zapfel/Tobisch entsprechend formuliert wurde. Ausgehend von dieser Modellformullerung wird das angepasste Formalmodell fur das Modul Production Planning eines APS-Systems durch Einbeziehung der detaillierteren Betrachtung auf Produktebene fiir jede Produktgruppe, d. h. fur alle p e PQ, separat aufgestellt.
Entscheidungsvariablen: Oct^^
Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat fur die Produkte p G PQ in Periode t (im Rahmen des Production Planning)
Spt
binare Rustvariable von Produkt p In Periode t
Xpt
Absatzmenge des Produktes p in Periode t
ypt
Produktionsmenge von Produkt p in Periode t
Zpt
Lagermenge von Produkt p In Periode t
Parameter: bt
Normalkapazitat In Periode t
Cp
Produktionskosten (proportional) von Produkt p der Gruppe G
dp
Kapazitatsverbrauch von Produkt p
ep
StiJckerlos von Produkt p
fp
Rijstkosten von Produkt p
Grundstruktur des Koordinationsansatzes QG
Gruppenanteil d e r G r u p p e G aus der P r o g r a m m p l a n u n g
Ibp
A b s a t z u n t e r g r e n z e von Produkt p
Ip
Lagerhaltungskosten von Produkt p der Gruppe G
M"
grofie Z a h l
169
o
Kosten fCir die Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat
Ot'^'^
maximale Zusatzkapazitat uber alle Gruppen (Ergebnis des Moduls Master Planning)
rp
Rustzeit von Produkt p
ubp
Absatzobergrenze von Produkt p
Zpo
L a g e r m e n g e von Produkt p in Periode t = 0 (Anfangslagerbestand)
ZpT
L a g e r m e n g e von Produkt p in Periode t = T ( L a g e r e n d b e s t a n d )
Entscheidungsmodell
der
Losgroflenplanung:
(4-7) 2]Z(®p^p' ~^pypf -'p^pf ~ w -oo^r) ^ max p=i
f=i
In der Zielfunktion der Losgroflenplanung zur Abbildung d e s Moduls Production Planning w e r d e n fur alle Produkte einer G r u p p e G die Produktions-, Lager-, Rustkosten und Kosten der I n a n s p r u c h n a h m e der Zusatzkapazitat von d e n Stuckerlosen a b g e z o g e n , d. h. d e r Stuckdeckungsbeitrag maximiert. W i e aus dieser Formulierung deutlich wird, w e r d e n lediglich detaillierte P a r a m e t e r ven/vendet. Auf dieser P l a n u n g s e b e n e sind die A b s a t z - und P r o duktionsmengen innerhalb der Produktgruppe nicht festgelegt und k o n n e n innerhalb von O b e r - und U n t e r g r e n z e n verteilt w e r d e n . A u c h die N u t z u n g der Z u s a t z k a p a z i t a t wird in dieser P l a n u n g s e b e n e erneut ermittelt, da aufgrund der h o h e r e n Detaillierung d e r P l a n u n g d e s Moduls Production Planning die zunachst festgelegte Z u s a t z k a p a z i t a t (aus d e m Modul M a s ter Planning) e n t w e d e r fur die vollstandige Produktion aller P r o d u k t m e n g e n nicht ausreicht Oder nicht in vollem U m f a n g genutzt w e r d e n m u s s . Die K a p a z i t a t s b e d i n g u n g e n sind wie folgt formuliert:
170
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
(4.8) |;(cy,y,,-hr,Sp,)
fur alle t = 1....T
In der Kapazitatsrestriktion (4.8) kann die Inanspruchnahme der Zusatzkapazitat erneut bestimmt werden. Die maximale Zusatzkapazitat fur die Produktgruppe G ergibt sich aus dem Gruppenanteil der in der Programmplanung ermittelten Inanspruchnahme der Zusatzkapazitat fur alle Gruppen.^^° PG
(4-9)
Y,^PO = ZQO p=\
(4.10)f;z,,=ZGr p=\
Zur Verknupfung der Lageranfangs- und -endmengen der Modelle des Master Planning und des Production Planning hinsichtlich der unterschiedllchen Aggregationsebenen dienen die beiden Gleichungen (4.9) und (4.10). (4.11) Zp, =z^,_,+ypj-Xp,
fur alle p e PG;t=1,..,T
In der Gleichung (4.11) wird eine Lagerbilanzgleichung fiir jede Periode und jedes Produkt der Gruppe G aufgestellt, urn die Variablen zu verknupfen und urn den produktspezifischen Lagerbestand fortzuschreiben."*^^ (4.12)/6p<Xp^
fur alle PG PG;t=1,..,T
Die einfachste Alternative zur Aufteilung der gruppenbezogenen Absatzmengen auf die Produkte besteht darin, die fur die Programmplanung zur Aggregation verwendeten Gewlchtungsfaktoren entsprechend fur die Disaggregation zu verwenden. Dieses Vorgehen entspricht der fixed-weight Disaggregation (vgl. Abschnitt III.1.4.1). Da jedoch durch Unkenntnis
In der Praxis ist haufig zu beobachten, dass auf detaillierterer Planungsebene nicht immer die vollstandige Zusatzkapazitat in Anspruch genommen werden muss. Daher wird in diesem Entscheidungsmodell die tatsachlich zu nutzende Zusatzkapazitat fiir jede Gruppe erneut berechnet. Des Weiteren werden oft in aggregierten Entscheidungsmodellen zunachst grosse Zusatzkapazitaten zugelassen, um zusatzliche Spielraume bzw. die grundsatzliche Zulassigkeit der Ergebnisse zu gewahrleisten. Durch die produktbezogene Formulierung wird gewahrieistet, dass bei einer Gruppe mit blauen und roten Produkten auch der Bedarf an roten Produkten durch Produktions- Oder Lagermengen von roten Produkten gedeckt wird. Vgl. hierzu auch Fuftnote 429.
Grundstruktur des Koordinationsansatzes
171
der detaillierten Losung fiir das aggregierte Programmplanungsmodell die Abschatzung der Gewichtungsfaktoren nicht zu einer optimalen oder zulassigen Losung fuhren muss, werden in dieser Planungsstufe auf Produktebene die zusatzlichen Nebenbedingungen (4.12) eingefijhrt. FiJr die Ableitung von Absatzgrenzen auf der Produktebene"*^^ sind ggf. absatzseitige substitutive oder komplementare Interdependenzen zu berucksichtigen.'*^^ Fur die Ableitung von Mindestmengen bzw. Untergrenzen ist entscheidend, ob im Rahmen der Produktliniengestaltung die Strategien der Erweiterung, der Modernisierung, der Aufwertung oder der Eliminierung innerhalb einer Gruppe bzw. Linie verfolgt werden sollen.'*^ Beispielsweise ist die Absatzuntergrenze fur alle Produkte auf Null zu setzen, wenn eine Ellminierung zugelassen werden soil.
(4.13) 2]xpt<XQt
fiir alle t=1,..,T
p=\
Die Erhaltung der Mengenkonsistenz (4.13) zwischen den beiden Planungsstufen mit der Formulierung einer exakten Vorgabe wird bewusst nicht in das Modell aufgenommen. Da es sich bei der Beruckslchtung der Rustzeiten in dem Modul Master Planning nur urn eine Abschatzung handelt, wurden die Rustzeiten entweder zu hoch oder zu niedrig angesetzt. Eine zu hohe Abschatzung des zeitlichen Rustaufwandes fuhrt dazu, dass in dem Modul Master Planning eine geringere Gruppenmenge berechnet wird, als unter Berucksichtigung des tatsachlichen Rustaufwandes moglich ist. Umgekehrt sind bei zu niedriger Abschatzung der Rustzeiten die im Master Planning ermittelten Gruppenmengen nicht in vollem Umfang herstellbar, was zu unzulassigen Losungen fuhrt. Die aggregierten Mengen werden zwar in dem Modul Master Planning berechnet, aber deren endgultige Verteilung auf die Produkte und Menge nicht festgelegt, sondern vielmehr uber Absatzober- und Absatzuntergrenzen gesteuert.^^^
Es wird die Annahme getroffen, dass Produktgruppen nicht in den gleichen Marktsegmenten angeboten werden. Ansonsten wurden diese Interdependenzen auch auf Gruppenebene relevant fiir die Bestimmung der Absatzgrenzen sein. Vgl. Simon (1992), S. 423 f., und Priemer (2003), S. 503 ff., und die darin angegebene Literatur. Vgl. Decker/Bornemeyer (2002), S. 561. Gerade durch solche Formulierungen kann die Bestimmung einer zulassigen und robusten Losung im aggregierten und detaillierten Modell leichter erreicht werden und berucksichtigt gleichzeitig Nachfrageunsicherheiten. Der Nachweis fiir notwendige und hinreichende Bedingungen der Robustheit wird in Lasserre/Merce (1990), S. 79 ff., gegeben.
172
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
(4.14) y^^ < MSpt
fur alle p G PG; t = 1,..,T
Die Bedingung (4.14) fiJhrt zur Aktivierung der Rustvariablen Spt auf den Wert 1, sobald in dieser Periode produziert wird. Sie sichert damit sowohl die Beriicksichtigung der Rustkosten in der Zielfunktion, als auch der Riistzeiten in der Kapazitatsbedingung (4.8). Aus algorithmischen Grunden sollte M so klein wie moglich gewahit werden, also etwa gleich der Summe der Nachfragemengen des restlichen Planungshorizontes. (4.15) 0^^
fur alle t=1,...T
Die obere Begrenzung der Nutzung von Zusatzkapazitaten wird durch die Ungleichung (4.15) beschrieben. Die gruppenanteilige Zusatzkapazitat als Ergebnis des Moduls Master Planning stellt die Obergrenze der fur diese Produktgruppe im Modul Production Planning nutzbaren Kapazitat dar. (4.16) O^^,Spt,Xpf,ypt,Zpt>0
fur alle p G PG;t = 1,..,T
Die Modellformullerung schlieflt mit den Nichtnegativitatsbedingungen (4.16) fur die Entscheidungsvarlablen ab.
2.3
Scheduling
Die dem Modul Scheduling zugrunde liegende Problemstruktur entspricht der Problematik der Ablaufplanung. Sie befasst sich mit der Reihenfolge und der Zuordnung von konkreten Auftragen zu Maschinen unter Beachtung verschiedener Zielsetzungen und Nebenbedingungen."*^^ Die aus der Losgrofienplanung ermittelten Lose stellen im Kontext dieser Arbeit die einzuplanenden Auftrage dar. Da der Ansatz von Zapfel/Tobisch lediglich die Koordinationsnotwendigkeit zwischen der Ablaufplanung mit den vorangegangenen Planungsstufen Losgrofienplanung und Programmplanung darstellt und keinen konkreten Modellansatz liefert, wird im folgenden Abschnitt 2.3.1 zunachst ein kurzer Uberblick uber verschiedene Modellansatze gegeben, um schliefilich einen geeigneten auszuwahlen.
Vgl. Domschke/Scholl/Voss (1997), 8. 279.
Grundstruktur des Koordinationsansatzes 2.3.1
173
Grundlagen der Ablaufplanung
Im Rahmen der hier unterstellten Konstellation in der Ablaufplanung sind n Auftrage (auch als Jobs bezeichnet) auf m Maschinen zu bearbeiten. Jeder Auftrag wird grundsatzlich, neben festgelegten Bearbeitungszeiten der Operationen auf den Maschinen, durch einen Freigabetermin, der den fruhest mogllchen Bearbeltungsbeginn darstellt, und einen Fertigstellungstermin beschrieben. Die zeitliche Reihenfolge, in der die Auftrage auf einer Maschine i zu bearbeiten sind, heidt Auftragsfolge von i."*^^ Die Klassifikation der verschiedenen Ablaufplanungsprobleme wird einheitlich nach ihrer Maschinencharakteristik a, der Auftragscharakteristik p und der Zielsetzung y durch ein Tripel [a|p|Y] vorgenommen.'^^® Die Maschinencharakteristik a beschrelbt Maschinenart, -anordnung und -anzahl. Die erste Differenzlerung richtet sich danach, ob es sich urn eine einzige Oder mehrere parallele Maschinen mit gleichem oder unterschiedlichem Leistungspotenzial handelt."^^^ Die Maschinenanordnung hingegen gibt an, ob alle Auftrage in der gleichen Reihenfolge von den Maschinen bearbeitet werden mussen (Flow Shop), eine fest vorgegebene aber auftragsspezifische Bearbeitungsreihenfolge eingehalten werden muss (Job Shop) oder sowohl die Maschinenals auch die Bearbeitungsreihenfolge variabel sein konnen (Open Shop). Die Maschinenanzahl gibt die Anzahl der zu durchlaufenden Fertigungsstufen an.'^^ In der weiteren Betrachtung werden fur die Auftrage mehrere Produktionsstufen ohne Parallelitat mit festgelegter identischer Bearbeitungsreihenfolge angenommen (Flow Shop). Zu den Auftragscharakteristika p zahlen die Auftragsanzahl, die Unterbrechbarkeit zwischen den Arbeitsgangen (mit oder ohne Unterbrechung der einzelnen Arbeitsgange sowie mogliche Zwischenlagerzeiten zwischen den Arbeitsgangen), zu berijcksichtigende Reihenfolgebeziehungen zwischen den Auftragen, Termin- und Ressourcenbeschrankungen sowie die Berucksichtigung reihenfolgeabhangiger Rustzeiten."^^ Trotz der Vielzahl der moglichen Modellvarianten werden der Einfachhelt halber in dieser Arbeit mehrere Auftrage in Form von
437
Vgl. Domschke/Scholl/Voss (1997), S. 281.
438
Vgl. Graham et al. (1979), S. 287 ff.
439
Vgl. Lawleretal. (1993), S. 451.
440
Vgl. Domschke/Scholl/Voss (1997), S. 284 ff. Vgl. Domschke/SchollA/oss (1997), S. 287 ff.
174
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
Losen einer Periodeneinheit ohne Beschrankungen, Unterbrechbarkeit und Reihenfolgeabhangigkeiten eingeplant. Als Zielsetzungen y lassen sich unterscheiden:'^'*^ -
durchlaufzeitorientierte Ziele (minimaler Fertigstellungszeitpunkt, minimale Warteoder Durchlaufzeiten fur jeden Auftrag), kapazitatsorientierte Ziele (minimale Zyklus- oder Leerzeit fur das gesamte betrachtete AuftragsbiJndel) und
-
terminorientierte Ziele (Minimierung von positiven und negativen Terminabweichungen oder lediglich die Minimierung der Verspatungen).
Da auf der Ebene der Ablaufplanung in dieser Arbeit keine weitere zeitliche Disaggregation erfolgt, werden die detaillierten auftrags-, durchlaufzeit- und terminorientlerten Ziele nicht verfolgt. Die haufig gewunschte gleichzeitige Minimierung der Zykluszeit und der Leerzeiten fuhrt in der Regel zu einem Zielkonflikt, der in der Literatur als Dilemma der Ablaufplanung beschrieben wird."*^^ Die Minimierung der Zykluszeit fuhrt grundsatzlich zu der minimalen Gesamtbearbeitungszeit, wahrend die Minimierung der Leerzeiten zu einer besseren Kapazitatsauslastung beitragt, beide Ziele jedoch gleichzeitig erstrebenswert sind."^ In dieser Arbeit wird jedoch nur die weit verbreitete Zielsetzung der minimalen Zykluszeit herangezogen, also die Zeitspanne, die vom Beginn der Bearbeitung des ersten Auftrages bis zur Fertigstellung des letzten der zu bearbeitenden Auftrage vergeht. Zusammenfassend wird die Ablaufplanung in dieser Arbeit durch ein Permutation Flow Shop-Problem"^^ mit mehreren Produktionsstufen, auf denen jeweils nur eine Maschine zur Verfijgung steht, mit dem Ziel der Minimierung der Gesamtdurchlaufzeit beschrieben. Im folgenden Abschnitt 2.3.2 werden daher fiir diese Problemstruktur verschiedene Ansatze kurz beschrieben. Es muss jedoch ausdrijcklich darauf hingewiesen werden, dass es sich
Vgl. Domschke/Scholl/Voss (1997), S. 291 ff. Einen Uberblick ijber verschiedene Zielsetzungen und Ansatze je nach Maschinencharakteristik liefern Lawler et al. (1993). Vgl. Domschke/SchollA/oss (1997), S. 30. Vgl. Framinan/Leisten/Ruiz-Usano (2002), S. 559. Es hat sich jedoch gezeigt, dass z. B. das Einbeziehungsverfahren von Nawaz/Enscore/Ham (NEH) zur Bestimnnung einer Auftragsreihenfolge, die beide Ziele verfolgt, geeignet ist. Vgl. Framinan/Leisten/Ruiz-Usano (2002), S. 568, und Framinan/Leisten/Rajendran (2003), S. 147. In einem Permutation Flow Shop-Problem diirfen sich die Auftrage nicht gegenseitig iJberholen.
Grundstruktur des Koordinationsansatzes
175
hierbei nicht um eine konzeptionelle Einschrankung der Betrachtung handelt. Vielmehr wird diese vergleichsweise einfache Produktionsstruktur nur beispielhaft verwendet. Fur komplexere Produktionsablaufe sind die entsprechend geeigneten Verfahren der Ablaufplanung zu verwenden.
2.3.2
Entscheidungsmodelle fiir Permutation Flow Shop-Probleme
Problemstrukturen der Ablaufplanung erreichen haufig eine Komplexitat, die die polynomiale Losbarkeit nicht mehr ermoglichen (NP-schwere Probleme'^'^^).'^^ In den folgenden Abschnitten wird zunachst ein mathematisches Optimierungsmodell formuliert (Abschnitt 2.3.2.1), um die Komplexitat darzustellen. Des Weiteren werden auf Basis einfacher Prioritatsregein der Johnson-Algorithmus (Abschnitt 2.3.2.2) und das Einbeziehungsverfahren von Nawaz, Enscore und Ham kurz beschrieben (Abschnitt 2.3.2.3).
2.3.2.1
Optimierungsmodell fur Permutation Flow Shop-Probleme
Grundidee der Formulierung ist die Anwendung eines Zuordnungsmodells, bei dem jeder Auftrag einer eindeutlgen Position in der Auftragsreihenfolge zugeordnet wird.
Entscheidungsvariablen: 1 Auftrag j wird Position i zugeordnet 0 sonst
Parameter: ctim
Fertigstellungszeitpunkt des Auftrags an der i-ten Position auf Maschine m
Die Klasse der polynomial losbaren Probleme enthalt samtliche Probleme, zu deren (exakter) Losung ein entsprechender Algorithmus mit polynomialem Aufwand existiert. Dagegen enthalt die Klasse der NP-schweren Probleme all diejenigen Probleme, fur die bislang kein Algorithmus bekannt ist, der diese garantiert mit einem polynomialen Aufwand optimal lost. Vgl. Lenstra/Rinnooy Kan/Brucker (1977), S. 343 f. Wahrend Flow Shop-Probleme bei der Zielsetzung der Minimierung der Gesamtdurchlaufzeit (Zykluszeit) mit zwei Maschinen noch mit exakten L6sungsverfahren berechnet werden konnen, so werden sie ab drei Maschinen NP-schwer. Vgl. Domschke/Scholl/Voss (1997), S. 361. Vgl. Blazewicz et al. (2001), S. 247.
176
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
ctio
fiktive Startmaschine (ctio = 0 fur alle i = 1 ,..,1)
ctom
fiktiver Startauftrag (ctom = 0 fur alle m = 1 ,..,M)
dmj
Bearbeitungszeit des Auftrags j auf Maschine m
Entscheidungsmodell der Ablaufplanung: (4.17) Z = ctiM - ^ m j n In der Zielfunktion (4.17) wird der Fertigstellungszeitraum des letzten Auftrags auf der letzten Maschine minimiert und damit auch die Zykluszelt. J
(4.18) ^v^y/=i
furallei = 1,..l
y=i
(4.19) ^ v y , = l
furallej = 1,..,J
Die Glelchungen (4.18) und (4.19) sichern die eindeutige Beziehung zwischen Auftrag und Position, d. h. dass jeder Auftrag jeweils nur an einer Position und auf einer Maschine aufgelegt werden kann. J
(4.20) cf,.^_, +^d^^vy,
fur alle i = 1,..,l; m = 1,..,M
7=1
Durch Gleichung (4.20) kann kein Auftrag fertig gestellt werden, wenn nicht die Bearbeitungsschritte an den vorherigen Maschinen bereits abgeschlossen sind. J
(4.21) cf,_,,^ +^d^yi/y,
fur alle i = 1,..,l; m = 1,..,M
7=1
Die Bedingung, dass eine Fertigstellung des Auftrags an der p-ten Stelle erst nach Abschluss des Auftrags an der p-1-ten Stelle moglich ist, d. h. die Maschine wieder frei belegbar ist, wird durch die Gleichung (4.21) beschrieben.'^'^^
^^®
Vgl. Domschke/Scholl/Voss (1997), S. 374 f.
Grundstruktur des Koordinationsansatzes (4.22) Vji e {0,1}
177
furalle j = 1,..,J; i = 1,..,l
Die Auftragszuordnung wird durch eine binare Entscheidungsvariable beschrieben (4.22). Diese ganzzahligen Entscheidungsmodelle werden bereits ab drei Maschinen NP-schwer, so dass zu einfachen Prioritatsregeln und heuristischen Losungsverfahren ijbergegangen werden muss.
2.3.2.2
Johnson-Algorithmus
Einfache Prioritatsregeln bestehen im Allgemeinen aus zwei Schritten: 1. Sortiere die Auftrage J nach einer vorgegebenen Prioritatsregel. 2. Plane die Auftrage J in der Sortierreihenfolge auf die betrachteten Maschinen ein. Ausgewahlte Beispiele fur einfache Prioritatsregeln sind die Sortierung nach monoton wachsenden oder fallenden Bearbeitungszeiten (kurzeste oder langste Operationszeit), nach monoton wachsenden Bereitstellungstermlnen (fruhester Liefertermin) oder nach monoton wachsenden Restbearbeitungszeiten (kurzeste Restbearbeitungszeit)."^^ Als Beispiel fur ein exaktes heuristisches Optimierungsverfahren fur ein Permutation Flow Shop-Problem mit zwei Maschinen durch Kombination von Prioritatsregeln mit dem Ziel der Minimierung der gesamten Bearbeitungszeit iasst sich der Johnson-Algorithmus'*^^ wie folgt beschreiben: 1. Unterteile die Menge J aller Auftrage in zwei disjunkte Teilmengen Ji = { j I dji < dj2} und J2 = { j I dji > djz}. 2. Sortiere die Auftrage aus Ji nach monoton zunehmenden Bearbeitungszeiten auf der Maschine 1 (kurzeste Operationszeit) und sortiere die Auftrage aus J2 nach monoton fallenden Bearbeitungszeiten auf der Maschine 2 (langste Operationszeit). 3. FiJge die beiden Teilplane zusammen.
449
Vgl. Domschke/Scholl/Voss (1997), S. 300.
'^'^
Vgl. Johnson (1954), 3.61 ff.
178
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
Die Erweiterung des Johnson-Algorithmus auf auf drei Maschinen ist bekanntlich nur fur Sonderfalle bei den Bearbeitungszeiten moglich und bietet sich daher im allgemeinen Fall nicht an. Deshalb wird in Abschnitt 2.3.2.3 ein heuristisches Einbeziehungsverfahren vorgestellt, mit dem auch fur grofiere Problemdimensionen Losungen bestimmt werden konnen."^^^
2.3.2.3
Einbeziehungsverfahren von Nawaz, Enscore und Ham
Das Ziel der Heuristik von Nawaz, Enscore und Ham (NEH) ist die Minimierung der Zykluszeit. Grundlegend in diesem Ansatz ist die Annahme, dass Auftrage mit einer grofieren Gesamtbearbeitungszeit eine hohere Prioritat haben sollten als Auftrage mit einer geringeren Gesamtbearbeitungszeit. Zunachst werden die beiden ersten Auftrage mit der hochsten Gesamtbearbeitungszeit ausgewahit, die Zykluszeit fur beide Reihenfolgemoglichkeiten bestimmt und die Reihenfolge mit der geringeren Zykluszeit beibehalten. Als nachstes wird der Auftrag mit der drittgrofiten Bearbeitungszeit hinzugenommen und an jede mogliche Position der beibehaltenen relativen Reihenfolge fur die ersten beiden Auftrage eingesetzt sowie die Zykluszeit fur die drei Reihenfolgealternativen berechnet. Die beste daraus entstandene partielle Reihenfolge wird wiederum beibehalten und der vierte Auftrag wird entsprechend einbezogen bis alle Auftrage eingeplant sind.^^^ Formal lasst sich dieses Vorgehen wie folgt beschreiben: 1. Sortiere die Auftrage J nach monoton fallender Gesamtbearbeitungszeit auf alien Maschinen m. 2. Nehme die ersten beiden Auftrage und bestimme die beste partielle Reihenfolge durch Berechnung der jeweiligen Zykluszeit. Ubernehme die beste Reihenfolge. Setze den Iterationszahler K = 3. 3. Nehme den Auftrag an der K-ten Stelle der in Schritt 1 bestimmten Sortierung und suche die beste Reihenfolge durch Einfijgung des K-ten Auftrags in alle moglichen Positionen der bisherigen partiellen Reihenfolge, ohne die relative Sequenz zu verandern. Die Anzahl der Einsetzungsvorgange ist K.
Vgl.Taillard(1990), S. 69. Vgl. Nawaz/Enscore/Ham (1983), S. 92.
Koordination zwischen ausgewahlten APS-Modulen
179
4. Setze K = K+1 und wiederhole Schritt 3 solange bis K = IJI."*^^ Die NEH-Heuristik lasst sich zudem modifiziert auf das Ziel der Minimierung der Summe der Durchlaufzeiten der einzelnen Auftrage und das Ziel der Minimierung der Leerzeiten anwenden und fiihrt zu guten Ergebnissen im Vergleich zu speziellen Heuristiken, die nur zur Berechnung dieser belden Ziele entworfen wurden."^^
2.3.3
Anwendung des Ansatzes von Nawaz, Enscore und Ham fur das Modul Scheduling
Im Rahmen des Scheduling in APS-Systemen soil zum einen eine detaillierte Losauflagereihenfolge fiir alle Produkte uber alle Gruppen bestimmt werden. Zum anderen ist die ablaufplanerische Durchfiihrbarkeit der in der Losgrofienplanung berechneten Produktionsmengen, d. h. die Zulassigkeit der im Production Planning ermittelten Losung, zu uberprufen. Diese Zulasslgkeit muss nicht gewahrleistet sein, well einerseits in der Losgrofienplanung in den Produktions- und Riistzeiten nicht explizit ablaufplanerische Leerzeiten berijcksichtigt werden konnen, da diese Informationen das Ergebnis der Ablaufplanung sind. Andererseits wird in dieser Planungsstufe zu einer Betrachtung mehrerer Produktionsstufen ubergegangen und es werden weitere potenzielle Engpasskapazitaten in die Ablaufplanung einbezogen. Das Ziel dieser Planung ist somit, die in der aggregierten Programmplanung und der gruppenspezifischen Losgroflenplanung abgeschatzten Produktions- und Riistkoeffizienten unter der Berucksichtigung der ablaufplanerischen Umsetzbarkeit zu korrigieren bzw. korrekt und explizit zu berijcksichtigen. Abschliefiend ist darauf hinzuweisen, dass die Darstellung einer Permutation Flow ShopProduktionsstruktur die einfachste Form von Ablaufplanungsproblemen darstellt. Komplexere Produktionsstrukturen konnen mit entsprechenden Verfahren abgebildet und in den Koordinationsansatz integriert werden.
3.
Koordination zwischen ausgewahlten
APS-Modulen
Die Koordination beschrankt sich in diesem Gesamtkonzept zwischen den drei Modulen eines APS-Systemes nicht nur auf die weit verbreltete top-down-Koordination entsprechend
Vgl. Nawaz/Enscore/Ham (1983), S. 92. Vgl. Framinan/Leisten (2003), S. 316, und Framinan/Leisten/Rajendran (2003), S. 147.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
180
kapazitatsorientierten PPS-Systemen, sondern erstreckt sich auch auf die bottom-upKoordination. Die Abfolge der Planungsschritte auf den unterschiedlichen Planungsebenen erfolgt zunachst top-down (Initialisierung). In einem weiteren Schritt werden die Ergebnisse der untergeordneten Planungsstufen bottom-up in den iibergeordneten Ebenen antizipiert (Kalibrierung), um schliedlich in dem dritten Schritt eine zulassige top-down-Planung zu ermoglichen (Validierung). Das Vorgehen wird in Abbildung 42 verdeutlicht.
1. Initialisierung
2. Kalibrierung
3. Validierung
Master Planning
Master Planning
Master Planning (kalibriert)
Production Planning
Production Planning
Production Planning (kalibriert)
Scheduling
Scheduling
Scheduling
Abbildung 42:
Iterative Koordination
In der Initialisierung werden alle Planungsstufen mit Ausgangsdaten und Parametern des jeweiligen Detaillierungsniveaus nacheinander top-down durchlaufen, wobei das primare Ziel der Planungsebenen die Suche nach zulassigen Losungen fiir die entsprechenden Formalmodelle ist. Im zweiten Schritt Kalibrierung werden die Ergebnisse schliefilich zur Korrektur der abgeschatzten Ausgangsparameter in den Optimierungsmodellen genutzt (bottom-up). Die Validierung unterscheidet sich von der Initialisierung in den Modellparametern, die nun unter Berucksichtigung der Planungsergebnisse der untergeordneten Ebenen angepasst werden. Sofern in der Ablaufplanung nach dem ersten Durchlauf keine zulassige Losung in der Validierung ermittelt werden kann, werden in einer weiteren Iteration die Kalibrierung und die Validierung solange wiederholt, bis die Zulassigkeit auf alien Planungsebenen erreicht wird. Es kann somit vorkommen, dass erst durch mehrere Iterationen bzw. Anpassungsschritte der Modellparameter ubergeordneter Planungsebenen eine Losung der Ablaufpla-
Koordination zwischen ausgewahlten APS-Modulen
181
nung ermittelt wird."^^^ Abbildung 43 stellt die formalen parametergesteuerten Kopplungsbeziehungen dar.
Master Planning/ Programmplanung
korrigierte Produktionskoeffizienten:
Kapazitatsanteil der Gruppe
Produktgewichtungsfaktor der Gruppe G: gcp, gcp.korr
G:gG(bt + OMP)
Rustintensitaten: Spt, Sptkorr
Production Planning/ Losgroflenplanung Zusatzkapazltatskorrigierte Produktionskoeffizienten: dp
Scheduling/ Ablaufplanung
Abbildung 43:
Formale Koppiungsbeziehungen zwischen den Modulen Master Planning, Production Planning und Scheduling
In den folgenden Abschnitten 3.1 bis 3.3 wird die Koordination der einzelnen Parameter Jewells zwischen zwei Planungsebenen sowohl top-down als auch bottom-up eriautert.
3.1
Koordination zwischen Master Planning und Production Planning
Die Koordination zwischen den beiden Planungsebenen Master Planning und Production Planning lasst sich wie erwahnt In die Schritte der Initialisierung (top-down), der Kalibrierung (bottom-up) und der Validierung (top-down) unterscheiden.
Die Anzahl der zu erwartenden moglichen Iterationen wird im Rahmen des Rechenbeispiels ausfuhrlich diskutiert (Abschnitt IV.5).
182
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
Auf der Ebene des Master Planning wird durch ein Formalmodell der Programmplanung auf aggregierter Gruppenebene die gewinnmaximale Absatzmenge fur jede Gruppe bestimmt, wobei eine emanzipierte Produktion den Aufbau von Lagermengen zulasst und die Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat moglich ist. Diese gewinnoptimale aggregierte Absatzmenge (xct) wird jedoch nicht ais einzuhaltende aggregierte Vorgabe fur die detaillierte Losgrofienplanung 2]xpt <XQt auf der Ebene des Production Planning definiert, denn Uber- und p=\
Unterschreitungen der aggregierten Absatzmengen mijssen wegen der Abschatzungen von RCistzeiten und -kosten moglich bleiben. Stattdessen wird zur top-down-Koordination die insgesamt uber alle Gruppen hinweg benotigte Zusatzkapazitat Ot*^^ bestimmt. Es handelt sich in dieser Koordinationsstufe somit nicht um eine Aggregation/Disaggregation, sondern um eine Aggregation-Allokation. Im aggregierten Master Planning werden nicht die aggregierten Mengen disaggregiert, sondern lediglich Produktionskapazitaten den Produktgruppen zugewiesen."^^ Der der Gruppe zustehende Teil dieser Kapazitat wird fur die gruppenspezifische Losgrofienplanung vorgegeben (gcOt"^^). Der Anteil gc wird nach tatsachlich von der Gruppe genutzter Kapazitat bestimmt, d. h. nach Kapazitatsaufwand alloziert, da als top-down-Vorgabe nur Kapazitaten auf die Gruppen verteilt werden.
Yl^GYGt+i^rpSpA QG = -^^, G
^ K
T f
G'=\ /=1 l^
fur alle G = 1,.., G
& p=l
J
Die zu aggregierenden Parameter fur eine Gruppenmengeneinheit sind die Produktionskosten CG, die Produktionszeiten dc, die Stuckerlose BQ und die Lagerkostensatze IQ. Zur Berechnung dieser Parameter, die die top-down-Koordination in der Initialisierung eriauben, ist es jedoch notwendig, die detaillierten Parameter mit Hilfe der Ausgangs-Gewichtungsfaktoren zu aggregieren, mit 9GP = /^P^'^'
fiir alle p G PG; G = 1..., G .
Vgl. Schneeweifl/Kleindienst (2004), S. 270.
Koordination zwischen ausgewahlten APS-Modulen
183
Anfangs- und Endlagerbestande ZGO/ZGT sowie die Absatzober- und -untergrenzen werden lediglich aufsummiert. Hierzu zahit auch die aus der Losgrofienpianung abgeschatzte determinierte RiJsthaufigkeit bzw. die Anzahl der Rustungen Spt in dem betrachteten Planungshorizont. In der Kalibrierung (Abbildung 42) werden schliefilich die Ergebnisse der Losgrofienplanung unter Berucksichtigung der Vorgaben der Programmplanung bottom-up wieder zurijck gegeben,
d. h. die abgeschatzten Gewichtungsfaktoren gcp.korr und die Anzahl der Rustungen
Spt,korr werden exakt bestimmt. T
9Gp.i
fiirallepe PG;G
= 1,...G
p=\ t=\
Mit der Formulierung von Mindest- und Maximalmengen fur die Produkte innerhalb einer Gruppe konkurrieren die Produkte innerhalb einer Gruppe uber die Mindestmengen hinaus urn die knappe Kapazitat mit ihren relativen Deckungsbeitragen. Im Rahmen der Planung des Production Planning werden Kapazitaten den einzelnen Produkten innerhalb einer Gruppe nicht wiederholt zugewiesen. Daher werden die bottom-up-Aggregationsgewichte mengen- und nicht kapaziatsorientiert gebildet."*^^ In der Validierung werden wiederholt unter Berucksichtigung der korrigierten Rustvorgange und der Gewichtungsfaktoren die gewinnoptimalen Gruppenabsatzmengen Xct.korr berechnet. Die hierfur in Anspruch zu nehmende gesamte Zusatzkapazitat Ot'^^ wird uber alle Gruppen bestimmt und der jeweiligen Gruppe als Anteil gGMon*Ot^^ top-down zugewiesen. Durch die Korrektur des Gewichtungsfaktors gop fur die Produkte andern sich damit auch alle aggregierten Gruppenparameter: _
PG
CGMrr
= Y.9Gp,korrCp
fur
alle G = 1...,
G
Dlese Orientierungsweisen werden auch als ..addition approach" (mengenorientiert) und als „work content approach" (kapazitatsorientiert) bezeichnet. Vgl. Schneeweifl/Kleindienst (2004), S. 276 f.
184
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
^G,korr
~ / p=\
,9Gp,koir^p
furalleG = 1,. ..G
^G,korr
~ / p=\
.QGp.korr^D
furalleG = 1,. ..G
PG
^GMorr =
^9Gp,kon^p
furalleG = 1,. .,G
p=\
Die Planung im Rahmen der Validierung erfolgt nun unter Ven^/endung der kalibrierten bzw. korrigierten Parameter, urn ein antizipiertes und ablaufplanerisch „zulassigeres" Produktionsprogramm fur die Losgrofienplanung vorzugeben. Gleichzeitig wird durch die korrigierte Gruppengewichtung die uber alle Gruppen benotigte Zusatzkapazitat genauer abgeschatzt.
3.2
Koordination zwischen Production Planning und Scheduling
In dem Modul Production Planning werden Losgroflen der Produkte einer Gruppe und die damit verbundene Rusthaufigkeit unter Berucksichtigung von knappen Kapazltaten berechnet. Die Produktions- und Rustzeiten der in der Ablaufplanung einzuplanenden Auftrage/Jobs ergeben sich aus der Vorgabe top-down in dem Schritt der Initialisierung von produktspezifischen Produktionsmengen ypt (gewinnmaximale Produktionslose) und werden zur Uberprufung der ablaufplanerischen Zulassigkeit in dem Modul Scheduling herangezogen. Die Zulassigkeit ist dann gegeben, wenn die In der Losgrodenplanung gewinnoptimale Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat OQ^'^ zur Produktion inklusive Rustvorgangen uber alle Gruppen und Produktionsstufen hinweg in einer Teilperiode ausreicht. Es werden in der Ablaufplanung somit die Losgrofien der Produkte uber alle Produktgruppen in jeder Teilperiode auf ihre ablaufplanerische Zulassigkeit untersucht. Die Beschrankung der Betrachtungsweise auf nur eine Teilperiode vernachlassigt zwar die Planung perlodenijbergreifender Rustungen, reduziert jedoch die Modellkomplexitat, so dass die Produkte uber alle Produktgruppen hinweg eingeplant werden konnen. ^^^ Ein weiterer Vorteil der einperiodigen Ablaufplanung uber alle Produkte der Gruppen ist dadurch gegeben, dass in der gruppenspezifischen Losgroflenplanung Mengen berechnet werden, die mit der zugewiesenen Kapazitat produziert wer-
Gerade in Fallen, in denen Teilperioden so klein gewahit wurden, dass diese gerade fur die RiJstung eines Produktes ausreichen, wurden auf der Ebene der Optimierung keine Produktionsmengen eingeplant werden konnen.
Koordination zwischen ausgewahlten APS-Modulen
185
den mussen. Tritt jedoch der Fall ein, dass in einer Periode fur eine Gruppe die Normalkapazitat nicht vollstandig genutzt ist, kann sie zur Produktion anderer Produkte in der Ablaufplanung wieder berucksichtigt und von anderen Produkten genutzt werden. Die ablaufplanerisch bedingt auftretenden Leerzeiten, die trotz einer zlelgerichteten Reihenfolgebestimmung (mit Hilfe des NEH-Ansatzes) nicht zu vermeiden sind, und die hinzugekommene Betrachtung weiterer potenzieller Engpasskapazitaten fiJhren dazu, dass in der Regel die in der Losgrofien- und/oder Programmplanung berechnete und zugewiesene Zusatzkapazitat Oct^^ nicht ausreicht. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, die urspriinglichen Produktionszelten dp in dp^orr zu korrigieren bzw. urn die Uberschreitung der Kapazitaten zu erhohen. Durch diese bottom-up-Koordination zum Production Planning in der Kalibrierung wird erreicht, dass schon in der kapazitativen Prufung der Losgrodenplanung die Ablaufplanung antizipiert wird, indem die Losgroflen mit einer korriglerten Produktionszeit eingeplant werden. Hierdurch erfolgt eine sehr viel genauere Antizipation der Produktions- und Rustzeiten auf der linken Seite der Ungleichungen (4.2) und (4.8) als in der klasslschen Planung, in der iediglich pauschal auf der rechten Seite die Kapazitaten reduziert werden. In der Validierung werden vom Production Planning korrigierte Losgroflen bzw. Vpt.korr berechnet und top-down in die Ablaufplanung wiederholt eingebracht. Die Oberprufung der ablaufplanerischen Zulassigkeit der korriglerten Losgroflen auf alien Produktionsstufen erfolgt jedoch weiterhin mit den tatsachlichen Produktionszelten dp. Sofern die aus der Losgroflenplanung erneut bestimmte Zusatzkapazitat OGt^*^ unter Berijcksichtigung der erhohten Produktionszelten ausreicht, endet der Koordinationsdurchlauf. Sollte jedoch auf einer der betrachteten potenziellen Engpassmaschinen die Normal- und Zusatzkapazitat wiederholt nicht ausreichen, werden die Produktionskoefflzienten in einer weiteren Iteration erneut erhoht, um die ablaufplanerische Zulassigkeit zu gewahrleisten.
3.3
Koordination zwischen Master Planning und Scheduling
Eine direkte top-down-Koordination zwischen diesen beiden Planungsstufen erfolgt in dem Gesamtkonzept fur APS-Systeme nicht. Vielmehr werden indirekt uber die Vorgabe der Zu-
186
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
satzkapazitat Ot"^^ an die Losgroflenplanung die Losgroflen und damit die einzuplanenden ..Auftrage""^^^ Vpt ermittelt. Dagegen besteht in dem in dieser Arbeit entwickelten Koordinationskonzept zwischen dem Master Planning und dem Scheduling eine direkte bottom-up-Beziehung. In der Kalibrierung werden aus der Uberpriifung der ablaufplanerlschen Zulassigkeit der Ergebnisse der Planung Im Modul Production Planning die produktspezifischen Bearbeitungszeiten urn die ablaufplanerisch bedingten Leerzelten uber mehrere Produktionsstufen korrigiert (dp^orr). Entscheidend 1st daher, dass in der Initialisierung im Master Planning die Parameter dG=Zj3Gpdp und In der Validierung die Parameter dQ,,^^ =Yj^GpMorrdp.korr verwendet werp=i
p=\
den, d. h. eine doppelte Korrektur vorgenommen wird. Diese bottom-up-Koordination zum Master Planning ermoglicht eine kapazitative Antizipation der Produktions- und Rustzeiten auf der linken Seite der Ungleichungen (4.2) und (4.8) auch zwischen diesen beiden Planungsstufen. Diese Art der Antizipation ist sehr viel produkt- und problembezogener als in der klassischen Planung, in der lediglich pauschal die Kapazitaten reduziert werden. In der Validierung werden somit im Vergleich zur Initialisierung automatisch entweder mehr Zusatzkapazitat zur Produktion des bisherigen Produktionsprogramms eingeplant oder die Produktionsmengen zielorientiert reduziert. Eine weitere Koordinationsaufgabe besitzt das Modul Scheduling insofern, dass die Erreichung eines ablaufplanerisch zulassigen Produktionsplanes das Abbruchkriterium des Koordinationsablaufes darstellt. Da im Rahmen des Scheduling die Produktionskoeffizienten dpkorr fiir die ubergeordneten Planungsebenen zuruckgegeben werden, aber auch in der Validierung auf der Ebene der Ablaufplanung weiterhin die ablaufplanerische Zulassigkeit mit der tatsachlichen Produktionszeit dp uberpruft wird. Die korriglerte Produktionszeit dpkorr kann sich im Vergleich zur tatsachlichen Produktionszeit dp mit jeder Iteration nur erhohen, solange, bis die Normalkapazitat sowie die zusatzlich eingeplante Zusatzkapazitat auf alien Maschinen fiir die Produktion, die Rijstungen und die ablaufplanerisch bedingten Leerzelten ausreicht (dp.korr ^ dp). Die Anzahl der Iterationen ist damit endlich.
Da in der Ablaufplanung die Einplanung von Auftragen im Vordergrund steht, stellen die optimalen Losgroften (Produktions-)Auftrage dar.
Iterative Aggregation und Disaggregation 4.
Iterative Aggregation
und
187 Disaggregation
Die grundsatzlichen Fragestellungen der Aggregations- und Disaggregationsproblematik (Abschnitt III.1.4.3) in dem entwickelten Koordinationsansatz fur APS-Systeme beschranken sich auf folgende zwel Fragen: a) Welche Ausgangsgewichtung wird zur Aggregation der Produkte innerhalb der Gruppen gewahit? b) Wie werden die Gewichtungsfaktoren korrigiert? Aus der Sicht der formalen Aggregation von linearen Optimierungsnnodellen ist eine Aggregation von Produkten nicht gleich der Aggregation der Variablen der Produktionsmengen. Werden Produkte aggregiert, so fuhrt das in der Regel zur Aggregation von Produktionsmengenvariablen und/oder Lagermengenvariablen und/oder Rustvariablen. Gleichzeitig werden Restriktionen aggregiert, z. B. die Lagerbilanzen. Eine optimale Aggregation muss dann variablen-, nicht produktspezlfisch mengengewichtet sein, und ergibt fur jedes Produkt (In jeder Periode) unterschiedllche Gewlchte fur Produktion und/oder Lagerung und/oder Rustungen. Aufierdem nnussen die Restriktionen (dual) entsprechend ihren Schattenpreisen gewichtet werden. Es gibt also aus der Sicht der formalen LP-Aggregation keine ..richtigen" Produktgewichte, sondern nur optimale Variablen- und Restriktionengewichte. In diesem Koordinationsansatz fur APS-Systeme steht jedoch die Koordination zwischen den Modulen dieser Planungssysteme im Vordergrund. Daher werden vereinfachend lediglich Gewichtungsfaktoren zur Aggregation von Absatzmengen-Variablen bestimmt und fur die Aggregation der Lagermengen- und Produktionsmengen-Variablen entsprechend verwendet.'^^^ Die Wahl der Gewichtung der Produkte innerhalb einer Gruppe wird i. d. R. uber feste Gewichtungen aus der Ableitung von vergangenheitsorientierten Mengenanteilen bestimmt. DIese statische Abschatzung von Produktanteilen innerhalb einer Produktgruppe kann jedoch zu den in Abschnitt III.1.4.2 aufgefijhrten Optlmalitats- und Zulassigkeitsverlusten der Planungsergebnisse fuhren und ist gleichzeitig nicht geeignet, wenn in der Planung neue Produkte in die Gruppe aufgenommen werden. In dem Gesamtkonzept wird daher in der Initialisierung eine Ausgangsgewichtung gewahit, um eine erste Losung des aggregierten Problems zu bestimmen. Auf der untergeordneten Ebene wird jedoch eine Anpassung der
In dieser Arbeit wird somit die Aggregation von Absatzmengen-Variablen mit der Aggregation von Produkten synonym verwendet.
188
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
Anteile auf der Produktebene fur jede Gruppe zugelassen und neu bestimmt. Die Ausgangsgewichtung setzt sich aus den oberen und unteren detaillierten Absatzober- und Mindestmengengrenzen zusammen: Ibp
Absatzuntergrenze des Produktes p
ubp
Absatzobergrenze des Produktes p ubp + Ibp
QGP = P . 2,^
&fubp+lb^
ubp + Ibp
,^ , =83 ^
•-]
'—
fOr alle p G PQ; G = 1.... G
p=i
Der Mittelwert von Ober- und Untergrenze fur die Absatzmenge jedes Produktes wird in Beziehung zu dem Mittelwert der Absatzmengen der gesamten Gruppe gesetzt. Diese Betrachtungsweise hat den Vorteil, dass zunachst eine IVIittelwertbetrachtung eine uberdurclischnittliche Anteilszuweisung einzelner Produkte innerhalb der Gruppe nicht zulasst. Zudem konnen sowohl sehr kleine als auch sehr grofle Abweichungen bei gleichem Mittelwert dargestellt werden, ohne dass sich die Gewlchtungsverhaltnisse andern. WiJrde sich die Ausgangsgewichtung lediglich an den Obergrenzen orientieren, ergabe sich eine zu starke Gewichtung der Produkte mit einer hohen Standardabweichung zum Mittelwert. Die Orientierung an den Untergrenzen hingegen konnte zudem keine Anwendung finden, wenn Ibp = 0 bzw. keine Mindestmenge gefordert ist. Diese Aggregationsgewichte werden zunachst eingesetzt, urn die aggregierten Parameter der Programmplanung zu bilden. In der detaillierten LosgrofJenplanung werden jedoch wieder die ursprunglichen detaillierten Parameter fur jede Gruppe herangezogen und das Gruppenproduktionsprogramm bestimmt. In der Losgrofienplanung auf Produktebene des Production Planning wird also auch festgelegt, welche Produkte uber ihre Mindestmenge hinaus bis zur Obergrenze produziert werden. Als Ergebnis wird damit eine Anderung der Produktabsatzmengen im Vergleich zum Mittelwert zugelassen, so dass sich unter Berucksichtigung der Losgrodenproblematik eine veranderte Produktabsatzmengen-Zusammenstellung innerhalb der Gruppe ergibt. Diese neuen Mengenanteile werden schliedlich in der Kalibrierung fijr die Bestimmung der aggregierten Parameter der Gruppenprogrammplanung auf der Ebene des Master Planning zur Korrektur der zunachst abgeschatzten Produktanteile herangezogen.
Iterative Aggregation und Disaggregation
189
T
_
Zv gGp.korr - ^
fijralle p€ PG; G = 1...,G
p=i t=i
Uber die determinlerten Ober- und Untergrenzen konnen daher nicht nur die Ausgangsgewichte fiJr jedes Produkt innerhalb einer Gruppe ermittelt werden, sondern auch Schwankungsbreiten der Absatzmengen gesteuert werden. Gleichzeitig sind Erweiterungen der Produktgruppe urn weitere Produkte oder eine Umgruppierung jederzeit moglich, da jedem Produkt keine festen Anteile zugewiesen sind, sondern nur Anteile vom Gruppenmittelwert der Absatznfiengen. Es wird damit gleichmafiig von jedem Produkt einem neuen Produkt ein Anteil innerhalb der Gruppe zugewiesen. Bei dieser Form der Disaggregation werden jedoch nicht die fixed-weight Gewichtungsfaktoren der Aggregation eingesetzt. Vielmehr werden die detaillierten Parameter In ihrer ursprunglichen Form verwendet, d. h. eine Form der optlmalen Disaggregation umgesetzt. Auch die aus der Programmplanung vorgegebene aggregierte Absatzmenge wird nicht uber eine feste Gewichtung fur die untergeordnete Losgroflenplanung disaggregiert. Die Absatzmengen der einzelnen Produkte konnen in den Ober- und Untergrenzen variieren, wobei sie nicht der gesamten Produktgruppenmenge aus der aggregierten Programmplanung entsprechen mussen. Vielmehr ist in der Losgroflenplanung des Moduls Production Planning lediglich die der Gruppe zur Verfiigung stehende Kapazitat optimal auszulasten. Uberlegungen zur Abschatzung der Ausgangsgewichtung fiir die Lagermengen-Variablen innerhalb einer Gruppe konnten auch uber die Vorgabe von Lagerobergrenzen und Sicherheitsbestanden bestimmt werden, wie sie bereits im Hierarchischen ProduktionsplanungsAnsatz des MIT gemad Hax/Meal formuliert wurden. Diese konnen ebenfalls periodenorientiert gebildet und schllefilich durch die Ergebnisse der detaillierten Losgrofienplanung korrigiert werden. Die grundsatzlichen Fragestellungen der Gruppenbildung ergeben sich in den meisten Fallen durch die logische Zusammenfassung. So wurden z. B. bei DaimlerChrysler u. a. die Produktgruppen LKW, Busse und PKW gebildet, da eine Gruppenbildung etwa nach produktionstechnischen Merkmalen nicht vermittelbar und sinnvoll erschelnt."^^^ Eine weitere Untertei-
Wie in Abschnitt III.1.4 bereits eriautert wurde, sinkt der Aggregationsfehler mit der zunehmenden Ahnlichkeit der Produkte innerhalb einer Produktgruppe.
190
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
lung dieser Produktgruppen in die einzelnen PKW-Klassen (z. B. A-Klasse, C-Klasse, SKlasse) wijrde ebenso denkbar sein wie die Gruppeneinteilung nach Modelltypen (Limousine, Combi, Cabno), da gegebenenfalls die produktionstechnische (und damit auch parameterbezogene) Ahnlichkeit bezijglich der Modelltypen grower als innerhalb der Klassen ist. Entscheidend bei der Gruppenbildung ist jedoch, dass dabei zum einen die hochst mogliche Detaillierung und Abbildung der realen Produktstrukturen erhalten bleibt, zum anderen jedoch mit Hllfe der Aggregation die Modellkomplexitat des detaillierten Problems so stark reduziert wird, dass die Berechnung einer optimalen Losung des Planungsproblems in angemessener Zeit moglich ist.
5.
Beispielrechnung
In den folgenden Abschnitten werden zum einen die Formulierungen der Entscheidungsmodelle vorgestellt (Abschnitt 5.1) und zum anderen die Funktionsweise des Ansatzes mit Belspieldaten eriautert (Abschnitt 5.2 bis 5.5).
5.1
Modellierung der Entscheidungsmodelle fur die Module Master Planning, Production Planning und Scheduling
Das Entscheidungsmodell fur das Modul Master Planning wird als ein LP-Modell, das Modul Production Planning als ein MILP-Modell und das Modul Scheduling als ein Modell zur Anwendung einer Reihenfolgeplanungs-Heuristik abgebildet. Zur Modellierung des LP- und des MILP-Modells wurde die Software OPL-Studio, Version 3.6, der Firma ILOG ven/vendet. OPL (Optimization Programming Language) ist die Modellierungssprache des OPL-Studios und basiert auf (bzw. erweitert die) Funktionalitaten von AMPL (mathematische Modellierungssprache). Nach der automatischen Compillerung des OPL-Modells wird der Solver CPLEX, Version 8.0, zur Berechnung verwendet. Die Ergebnisse werden wiederum Im OPL-Studio ausgegeben. Das Modell und die Daten werden unabhangig voneinander in unterschiedlichen Dateien beschrieben, so dass das Modell mit unterschiediichen Datenstrukturen getestet werden kann. Fur die Modellierung des LPEntscheidungsmodells fiir das Modul Master Planning und das MILP-Entscheidungsmodell fur das Modul Production Planning, das fiir jede Gruppe einzein gelost wird, wird auf den Anhang (Abschnitte A.3 und A.4) verwiesen. Die NEH-Heuristik wurde in der Sprache C/C++ programmiert und ist im Anhang A.5 vorgestellt.
Beispielrechnung 5.2
191
Ausgangsdaten
In dem folgenden Beispiel werden 10 Produkte zu 4 Gruppen zusammengefasst. Der Planungszeitraum ist in 4 Teilperioden unterteilt. Fur das Beispiel sind folgende Ausgangsdaten in Tabelle 5 gegeben:"^^^
G2
G1
1 Gruppen
P2
PI
1 Produkte
P4
P3
G4
G3 P7
P6
P5
P8
P10 1
P9
80
100
200
100
50
70
150
190
120
140
Stuckkosten det.
40
30
40
60
10
10
50
70
80
60
1 Eriose det.
Lagerkosten det.
0,1
0,2
0,2
0,1
0,05
0,3
0,4
0,4
0,1
0,2
1 Prod.-zeiten det.
2
3
3
4
1
2
5
4
6
2
Absatzuntergrenzen |(t1-t4)
0
200
200
80
80
40
100
100
200
0
1 Teiiperiode 1
0
50
0
20
20
0
50
50
50
0
1 Teiiperiode 2
0
50
100
20
20
0
0
0
50
0
1 Teiiperiode 3
0
50
100
20
20
0
0
0
50
0
0
50
0
20
20
40
50
50
50
0
200
500
500
320
620
460
240
560
600
600
1 Teiiperiode 1
50
125
75
80
130
100
60
200
150
150 150
1 Teiiperiode 4 Absatzobergrenzen (t1-t4)
Teiiperiode 2
50
125
175
80
130
100
10
30
150
1 Teiiperiode 3
50
125
175
80
180
100
10
30
150
150
1 Teiiperiode 4
50
125
75
80
180
160
60
200
150
150
1 RiJstzeiten
20
30
40
50
30
50
20
20
10
40
Riistkosten
30
40
40
60
10
20
30
10
20
20
Tabelle 5:
Ausgangsdaten
Die Daten wurden so gewahit, dass je zwei Produktgruppen aus drei (G1 und G2) bzw. zwei (G3 und G4) Produkten gebildet werden. In der Gruppe G1 unterschelden sich die Produkte PI - P3 in den sehr unterschledlichen Stuckdeckungsbeitragen und in den Schwankungen der periodisierten Absatzgrenzen. Fur das Produkt P3 wird fur die Ober- und Untergrenze ein saisonaler Verlauf dargestellt. Dagegen verlaufen die Grenzen von den Produkten P1 und
Aus Grijnden der Ubersichtlichkeit wurden alle Werte auf ganze Zahlen gerundet.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
192
P2 ohne Schwankungen. Fur das Produkt P1 wird zudem keine Mindestmenge festgelegt, so dass eine Eliminierung dieses Produktes im Rahmen der Produktionsprogrammplanung bei knapper Kapazitat moglich ist. Im Gegensatz dazu sind die Produkte P4 - P6 durch Stuckdeckungsbeitrage und Absatzgrenzen mit geringeren Unterschieden gekennzeichnet. Die Unterschiede ergeben sich in der Gruppe G2 durch die Produktions- und Riistzeiten. Die Gruppen G3 und G4 mit jeweils zwei Produkten unterscheiden sich in der Struktur dahingehend, dass die Gruppe G3 zwei Produkte mit ahnlichen Parametern enthalt und die Gruppe G4 sich aus Produkten mit unterschiedlichen Strukturen bezogen auf Stiickdeckungsbeitrage und Produktions- und Riistzeiten zusammensetzt. Mit der (abgeschatzten) Ausgangsriistmatrix in Tabelle 6 sind alle notwendigen Ausgangsdaten fur die Initialisierung des Koordinationsansatzes gegeben:
1 Gruppen 1 Produkte
G2
G1 P2
P1
P4
P3
P7
P6
P5
"G4
G3
P10
P9
P8
1
Teilperiode 1
0
1
0
1
1
0
1
1
1
1
1 Teilperiode 2
1
1
1
0
0
1
1
0
1
1
Teilperiode 3
0
0
1
0
0
0
1
0
1
0
Teilperiode 4
1
0
1
0
1
0
1
1
1
0
Summe
2
2
3
1
2
1
4
2
4
2
Tabelle 6:
Ausgangsriistmatrix
Exemplarisch geht aus Tabelle 6 hervor, dass das Produkt P4 aus der Gruppe G2 sowohl in der ersten als auch vierten Teilperiode produziert wird bzw. die Maschine zur Produktion von P4 umgerustet wird. Des Weiteren wird kein Anfangslagerbestand vorgegeben.
5.3
Initialisierung
Die Initialisierung setzt sich aus der top-down-Planung im Bereich des Master Planning, Production Planning und Scheduling zusammen. Hierbei werden die jeweiligen Vorgaben der ubergeordneten Ebene an die untergeordnete Ebene zur Einhaltung gegeben. Zunachst ist jedoch die Bildung der aggregierten Parameter zur Losung des Entscheidungsmodells des Master Planning erforderlich.
Beispielrechnung 5.3.1
193
Bildung der aggregierten Parameter
Fur das Entscheidungsmodell des Moduls Master Planning auf der Ebene zusammengefasster Produktgruppen werden in dem ersten Planungsdurchlauf alle Parameter mit dem Ausgangsgewlchtungsfaktor gcp zusammengefasst. Als Gruppengewichte ergeben sich aus den Ober- und Untergrenzen fur die Gruppe 1 folgende Gewichte: ^ 200 + 0 200 _,_.. Gf,, = = = 0,125 , ^^' (0 + 200)+ (200+ 500)+ (200+ 500) 1600
^'^
1600
, , 3 = ^ = 0.4375 '^ 1600
Entsprechend ergeben sich fur die Gruppen 2, 3 und 4 die Gewichte: g , = i 2 ^ = 0,25: g,, = ^ = 0.4375: g,3 = ^ = 0.3125 ^^' 1600 ^^^ 1600 ^^^ 1600 340
^,,
660
g , = 1 2 1 = 0,5714 ; g , , = ^ ^'
1400
^
1400
^,,
= 0,4286
Die Bildung einer Ausgangsgewichtung auf Basis der Ober- und Untergrenzen ermoglicht sowohl die Modellierung einer groflen als auch einer geringen Veranderbarkeit der Gewichtungsfaktoren. Wird die Differenz aus den beiden Grenzen fur alle Produkte sehr grofl gewahlt, konnen grode Anderungen der Gewichtungen innerhalb einer Produktgruppe auftreten. Dagegen kann durch die Gleichsetzung der Ober- und Untergrenze dem betrachteten Produkt ein fester Gewichtungsfaktor und eine teste Kapazitat in dem Modell zugewiesen werden. Vorteilhaft ist hierbei, dass die Schwankungsbreite um den gleichen Mittelwert keinen Einfluss auf die Ausgangsgewichtung hat und damit beide Formulierungsmoglichkeiten innerhalb einer Produktgruppe Anwendung finden konnen. Diese Uberlegung soil an folgendem Beispiel gezeigt werden. In einer Gruppe von zwei Produkten haben belde den Mittelwert aus Ober- und Untergrenze von 200. Dieser kann durch die Grenzen (0;400) oder (150;250) dargestellt werden. Trotz der unterschiedlichen Streuung hat jedes Produkt ein Ausgangsgewicht von 0,5. Auswirkungen der Grenzen ergeben sich
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
194
erst in der Korrektur der Gewichtungsfaktoren. Konnen als Ergebnis der Losgroflenplanung im Extremfall die Mindestmengen bzw. Hochstmengen produziert werden, entsteht eine Gewichtung der Produkte von gi = 0,0 bzw. gi = 400/650 « 0,62 und gleichzeitig von g2 = 1,0 bzw. g2 = 250/650 ~ 0,38. Die Absatzgrenzen determinieren somit den Anpassungsbereich der Gewichtungsfaktoren bei der iterativen Umgewichtung. Hieraus wird deutlich, dass die Wahl der Ober- und Untergrenzen nicht subjektiv, sondern okonomisch nachvollziehbar erfolgen muss, da dies entscheidenden Einfluss auf die Veranderungen der Gewichtungen hat. Zusammenfassend ergeben sich folgende aggregierte Parameter (gerundet), die in Tabelle 7 aufgefuhrt sind:
1 Gruppen 1 Produkte 1 Gewichtung Eriose det.
P2
P3
P4
P5
P6
P7
P8
P9
0,4375
0,4375
0,25
0,4375
0,3125
0,34
0,66
0,5714
0.4286
80
100
200
100
50
70
150
190
120
140
40
60
10
50
70
80
141 40
30
0.1
0,2
0,2
0,1
Prod.-zeiten agg.
3
0,05
0,3
3
4
1
2
2,06
2,88
0,4
0.4
5
0,1
1 0,2 1
0,14
0,4
0,14
1 60 1
72
64
23
0,19 2
10
128
178
69
36
1 Lagerkosten agg. 1 Prod.-zeiten det.
P10 1
PI
1 StiJckkosten agg. Lagerkosten det.
1
0,125
Eriose agg. 1 StiJckkosten det.
G4
G3
G2
GI
4
6
1
21
4,4
4,3
1
Absatzuntergrenzen (t1 -14)
0
200
200
80
80
40
100
100
200
0
Absatzobergrenzen (t1 -14)
200
500
500
320
620
460
240
560
600
600
1 RiJstzeiten
20
30
40
50
30
50
20
20
10
40
RiJstkosten
30
40
40
60
10
20
30
10
20
20
Tabelle 7:
Bildung der aggregierten Parameter auf Basis der Ausgangsgewichtungsfaktoren
Aus Tabelle 7 lassen sich exemplarisch die aggregierten Eriose der Gruppe G1 wie folgt berechnen: Ci = 0,125 * 80 + 0,4375 * 100 + 0,4375 * 200 = 141,25
Beispielrechnung
195
Diese Berechnung erfolgt analog fur die aggregierten Stuck- und Lagerkosten sowie fur die aggregierten Produktionszeiten.
5.3.2
Ergebnisse der Initialisierung
Das Ergebnis des Entscheidungsmodells fur das Modul Master Planning in Form eines optimalen Produktionsprogramms bzw. aggreglerter Produktionsmengen des ersten Durchlaufes ist in Tabelle 8 dargestellt.
1 Gruppen
t2
t1
t4
t3
Summe der Produktionsmengen in ME
Obergrenze in ME
Unter- "1 grenze in ME
G1
250
350
399
201
1.200
1.200
G2
40
190
82,4
80
392,4
1.400
200
G3
181
40
40
260
521
600
200
G4
50
50
100
0
200
1.200
200
Tabelle 8:
400
Ergebnis der Programmplanung (Initialisierung)
Es wird deutlich, dass die Gruppe G1 bis zur Obergrenze von 1.200 Mengeneinheiten und die Gruppe G4 nur zur Untergrenze von 200 Mengeneinheiten produziert wird."^^^ Die ubrigen Gruppen liegen zwischen den Absatzgrenzen. Durch Hinzunahme der Kapazitatsverbrauche ergibt sich in Tabelle 9 folgende Ubersicht.
Die Berechnung von Gruppenmengen in den Grenzen von aufsummierten Absatzgrenzen garantiert auf der Ebene der Programmplanung nicht die produktspezifische BeriJcksichtigung der Bedarfsmengen. Da die Gruppenabsatzmengen jedoch keine koordinierenden Vorgaben darstellen, sondern nur Kapazitatsanteile, wird die optimale produktspezifische Bedarfsdeckung auf der detaillierteren Planungsebene der Losgroftenplanung bestimmt. Vgl. hierzu auch die Fuflnoten 429 und 431.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
196 1 Gruppen Prod.-mengen t1 -14 in ME
Prod.zeit in ZE
Anzahlan Rustungen"*^
Rustzeit inZE
Summe von Produktionsund Rustzeit
Anteil an zugewiesener Kapazitat
G1
1.200
3.450
7
220
3.670
46%
G2
392
809
4
160
969
12%
G3
521
2.240
6
120
2.360
30%
G4
200
880
6
120
1.000
13%
Tabelle 9:
Bestimmung der Kapazitatsverteilung (Initialisierung)
Gemafl Tabelle 9 wird die Gesamtkapazitat von 8.000 Zeiteinheiten (vorletzte Spalte: Summe von Produktions- und Rustzeit) nicht uberschritten. Aus der Berechnung des Kapazitatsverbrauches fur Produktion und Rustung werden schliedlich die gruppenbezogenen Anteile der fijr dieses Produktionsprogramm genutzten Gesamtkapazitat berechnet, die jeder Produktgruppe im Rahmen der gruppenspezifischen Losgrofienplanung zur Verfugung stehen. Mit Hilfe der Losgrofienplanung des Production Planning-Moduls werden jetzt unter Einsatz der zugewiesenen Kapazitaten fur jede Gruppe die optimalen Produktionslose berechnet. Zusammengefasst wurde folgende optimale Riistmatrix im ersten Planungslauf berechnet (Tabelle 10):
Die Anzahl der Rustungen ergibt sich aus der Summe der Rustvorgange der Produkte einer Gruppe liber alle Perioden aus der Tabelle 6.
Beispielrechnung
197
1 Produkte
G2
G1
1 Gruppen
P2
P1
P4
P3
P6
P5
G4
G3 P7
P8
P9
P10
1 Teilperiode 1
1
1
1
1
1
0
1
1
1
1
1 Teilperiode 2
0
1
1
1
0
0
1
1
1
0
1 Teilperiode 3
0
1
1
0
1
0
0
1
0
1
Teilperiode 4
1
1
1
0
0
1
0
1
1
0
Summe der RiJstungen
2
4
4
2
2
1
2
4
3
2
abgeschatzte Rijsthaufigkeit
2
2
3
1
2
1
4
2
4
2
TabellelO:
Riistmatrix (Initialisierung)
Aus Tabelle 10 ist ersichtlich, dass die abgeschatzten Rusthaufigkeiten zum Teil zu hoch (P7) Oder aber zu niedrig (P2) angesetzt wurden. Die detaiilierten Mengen aller Produktionslose des Planungszeitraumes als Ergebnis des Moduls Production Planning sind in Tabelle 11 angegeben.
198
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
P2
P1
1 Produkte 1 Produktionsmengen gesamt (t1 -14)
P3
P4
P5
G4
G3
G2
G1
1 Gruppen
P6
P7
P8
n
P10 1
P9
115
500
500
80
410
95
130
375
200
400
65
125
109
20
140
0
50
115
50
200
1 Teilperiode 2
0
125
158
60
0
0
80
30
100
0
1 Teilperiode 3
0
125
158
0
270
0
0
85
0
200
1 Teilperiode 4
50
125
75
0
0
95
0
145
50
0
Teilperiode 1
1 Summe der Produktionsmengen (Production Planning)
1.115
585
505
600
1 Gruppenmengen (Master Planning)
1.200
392
521
200
1
Gruppenanteil in %
10
45
45
14
70
16
26
74
33
67 1
1 Ausgangsgewichtung in %
12
44
44
25
44
31
30
70
60
40
Tabelle11:
Bestimmung der Gewichtungsfaktoren (Initialisierung)
Aus Tabelle 11 wind deutlich, dass durch die abweichende und Insgesamt geringere Rusthaufigkeit die ursprunglichen Produktionsmengen der Gruppen G1 und G3 die Gruppenmengen zwar geringfijgig reduziert wurden. Hingegen sind die Mengen der Gruppen G2 und G4 erhoht worden, indem Zusatzkapazitat in Anspruch genommen wurde und der reduzierte Rustaufwand fiir Produktionszwecke genutzt wurde. Der Grund liegt zudem in dem hohen Deckungsbeitrag und der relativ geringen Produktionszeit pro Mengeneinheit, so dass sich fijr diese Produkte die Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat lohnt. Die Produkte P4 und P6 werden weiterhin nur in Hohe der Mindestmenge gefertigt. Aus diesem Vergleich der Ergebnisse von Master Planning und Production Planning wird deutlich, dass eine exakte Vorgabe der Gruppenproduktionsmengen den Entscheidungsraum des Production Planning so stark einschranken wurde, dass entweder die Gruppenmengen mit der zugewiesenen Kapazitat nicht produzierbar waren, oder die Inanspruchnahme von Zusatzkapazitat fur einzelne Produkte uber die des Master Planning hinaus nicht moglich ware (hier: Produkte P5 und P10). Gleichzeitig stellt sich mit der detaillierten Berechnung der Produktionslose fiir jede Gruppe heraus, dass sich die Absatzmengenanteile innerhalb einer Gruppe (in diesem Beispiel die Gruppen G2 und G4) sehr stark von der abgeschatzten Gewichtung unterscheiden konnen. Die Veranderungen der Mengenanteile sind in den letzten beiden Zeilen der Tabelle 11 dar-
Beispielrechnung
199
gestellt. Sie werden schliefllich in der Kalibrierung des Koordinationsprozesses zur Korrektur der aggregierten Parameter eingesetzt. Im Rahmen des Scheduling werden nun durch Anwendung des NEH-Ansatzes die Produktionslose/Jobs in eine Reihenfolge gebracht und auf die ablaufplanerische Zulassigkeit geprijft. Hierbei werden beispielhaft je eine vor- und eine nachgelagerte iVIaschine in der Ablaufplanung mit berijcksichtigt. Jedes Produktionslos wurde mit einer Bearbeitungszeit eingeplant, die sich aus Produktions- und Rustzeit zusammensetzt."^^^ Zur Simulation der Bearbeitungszeiten wurden uber produktspezifische Bearbeitungsfaktoren, die in Tabelle 12 aufgefijhrt sind, die Bearbeitungszeiten auf der vor- und nachgelagerten Produktionsstufe ermittelt. Beispielsweise wird bei einer Bearbeitungszeit des Produktes PI von einer Stunde auf der Maschine M2 die Bearbeitungszeit auf der vorgelagerten Maschine Ml 0,8 Stunden und auf der nachgelagerten Maschine M3 1,2 Stunden betragen.
1 Maschine PI
P2
P3
P4
P5
P6
P7
P8
P9
P10 1
Ml
0.80
1,20
0,90
1,10
0,90
1,10
1,00
0,80
1,20
1,10
M2
1,00
1,00
1,00
1.00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1.00
M3
1,20
0,80
1.10
0,90
0,90
1,10
1,00
0,80
1.20
0,90
Tabelle 12:
Bearbeitungsfaktoren fur die Maschlnen M1 und MS
Die Maschine M2 stellt die In den Planungsebenen Master Planning und Production Planning betrachtete Produktionsstufe dar. DIese Maschine stellt I. d. R. die Maschine dar, die entweder wegen hoher Investltlonsausgaben mogllchst optimal ausgelastet werden soil oder In der Vergangenheit als potentlelle Engpassstufe identifiziert wurde. Fur jede Tellperiode wird nun isollert uber samtliche Produkte aller Gruppen die ablaufplanerische Zulassigkeit gepruft, indem zunachst eine gute Reihenfolge mit Hilfe der NEH-Heuristik ermlttelt wird. Fur die erste Periode sInd die Auftrage aus Tabelle 13 einzuplanen.
Durch diese Annnahme ist ausgeschlossen, dass RiJstvorgange bereits in der ablaufplanerisch bedingten Stillstandzeit vorgenommen werden konnen.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
200 Maschine
P1
P2
P4
P3
P5
P7
P6
P9
P8
P10
Summe 1
M1
120
486
328
143
153
0
270
384
372
484
2.740
M2
150
405
365
130
170
0
270
480
310
440
2.720
M3
180
324
401
117
153
0
270
384
372
396
2.597
Tabelle 13:
Produktionszeiten auf den Maschinen M1 bis M3 (Teilperiode 1, Initialisierung)
FiJr diese Produktionslose ergjbt sich eine Belegungsreihenfolge aus dem NEH-Ansatz von P1-P5-P7-P9-P3-P8-P10-P2-P4. Ablaufplanerisch ergeben sich fur die Teilperiode 1 auf den drei IVIaschinen Start- und Endzeitpunkte, die in Tabelle 14 aufgefuhrt sind. Heads und Tails bleiben hierbei fur die Berechnung der Kapazitatsauslastung unberucksichtigt. Es wird deutlich, dass die Kapazitat von 2.700 Zeiteinheiten"^^^ in der ersten Periode wegen ablaufplanerischer Stillstandszeiten nicht ausreicht und urn bis zu 18% auf Maschine M3 uberschritten wird.
Maschine
Beginn
Ende
Durchlaufzeit
Kapazitat (ink!. Zusatzkapazitat)
Uberlast in %
1
Durchlaufzeit Kapazitat
Ml
0
2.740
2.740
2.700
1%
M2
120
3.132
3.012
2.700
12%
M3
270
3.443
3.173
2.700
18%
Tabelle 14:
Ergebnls der Ablaufplanung (Teilperiode 1, Initialisierung)
In der zweiten Teilperiode werden, wie aus Tabelle 15 hervorgeht, nur noch 6 Produkte gefertigt, da der Bedarf dieser Periode fur die ijbrigen Produkte durch die Produktionsmenge aus der Teilperiode 1 gedeckt ist.
Die Normalkapazitat betragt fur jede Teilperiode auf jeder Produktionsstufe 2.000 Zeiteinheiten. Im Rahmen des Master Planning wurde zunachst keine Zusatzkapazitat benotigt. Erst in dem gruppenspezifischen Production Planning wurde ein Bedarf ernnittelt, der nun auch fur die Ablaufplanung als Grundlage zur Prufung der ablaufplanerischen Zulassigkeit herangezogen wird, da diese Berechnung auf detaillierteren Daten beruht.
Beispielrechnung 1 Maschine
201 P2
P1
P3
P4
P5
P7
P6
P8
P9
P10
Summe 1
M1
0
486
463
319
0
0
420
112
732
0
2.532
M2
0
405
515
290
0
0
420
140
610
0
2.380
M3
0
324
566
261
0
0
420
112
732
0
2.415
Tabelle 15:
Produktionszeiten auf den Maschinen M1 bis M3 (Teilperiode 2, Initialisierung)
Die mit Hilfe des NEH-Ansatzes beste Reihenfolge fiir diese Produktionslose ist P8-P7-P3P9-P4-P2, BUS der sich ablaufplanerisch fiir die Maschinen Ml bis M3 folgende Start- und Endzeitpunkte ergeben (Tabelle 16).
1 Maschine
Beginn
Ende
Durchlaufzeit
Kapazitat (inkl. Zusatzkapazitat)
Oberlast in %
1
Durchlaufzeit Kapazitat
0
2.532
2.532
2.400
M2
112
3.032
2.920
2.400
22%
M3
252
3.654
3.402
2.400
42%
Ml
Tabelle 16:
6%
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 2, Initialisierung)
Auch in der zweiten Teilperiode fiihren ablaufplanerisch bedingte Stillstandszeiten zu einenn Kapazitatsbedarf, der uber der ursprunglich in der Programmplanung und der Losgroflenplanung geplanten Gesamtkapazitat liegt. Die Uberlastung von 42 % auf der Maschine M3 in der Teilperiode t2 zeigt deutlich, wie ungenugend sich die Vorgaben aus dem Master Planning im Scheduling umsetzen lassen und welcher Koordinationsbedarf zwischen diesen Planungsstufen besteht, urn zumindest ablaufplanerisch zulassige Produktionsmengen auf der Ebene des Master Planning bestinnmen zu konnen. Fiir die dritte Teilperiode sind fiJnf Produkte einzuplanen, wie aus Tabelle 17 hervorgeht.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
202 Maschine
P2
P1
PS
P4
P5
P7
P6
P8
P9
P10
Summe i
M1
0
486
463
0
270
0
0
288
0
484
1.991
M2
0
405
515
0
300
0
0
360
0
440
2.020
M3
0
324
566
0
270
0
0
288
0
396
1.844
Tabelle 17:
Produktionszeiten auf den Maschinen M1 bis M3 (Teilperiode 3, Initialisierung)
Die fur die dritte Teilperiode ermittelte ..optimale" Durchlaufzeit betragt fur die Reihenfolge P5-P8-P3-P10-P2 gerundet 2.822 Zeiteinheiten. Die ablaufplanerischen Start- und Endzeitpunkte der einzelnen Maschinen werden in Tabelle 18 aufgefuhrt. 1 Maschine
Beginn
Ende
Durchlaufzeit
Kapazitat (inkl. Zusatzkapazitat)
Oberlast in %
1
Durchlaufzeit Kapazitat
Ml
0
1.991
1.991
2.240
-11%
M2
270
2.396
2.126
2.240
-5%
M3
570
2.822
2.252
2.240
1%
Tabelle 18:
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 3, Initialisierung)
Entgegen der Erwartung, dass in jeder Teilperiode eine Oberlast auftritt, reicht in der dritten Teilperiode die bereits eingeplante Gesamtkapazitat auf alien drei Maschinen (fast) aus. Lediglich auf der Maschine M3 wird eine Oberlast von 1 % berechnet. In der letzten betrachteten Teilperiode werden schliefllich noch 6 Produkte auf die Maschinen aufgelegt (Tabelle 19).
Beispielrechnung 1 Maschine P1
203 P2
P3
P4
P5
P7
P6
P8
P9
P10
Summe
M1
96
486
239
0
0
264
0
480
372
0
1.937
M2
120
405
265
0
0
240
0
600
310
0
1.940
144
324
292
0
0
264
0
480
372
0
1.876
M3 Tabelle 19:
Produktionszeiten auf den Maschinen M1 bis M3 (Teilperiode 4, Initialisierung)
Die beste Belegungsreihenfolge fiir die Produktionslose ist P1-P6-P3-P9-P8-P2 und ergibt fur die einzelnen Maschinen folgende Produktionszeitpunkte, die in Tabelle 20 aufgefuhrt sind.
1 Maschine
Ende
Beginn
Durchlaufzeit
Kapazitat (ink!. Zusatzkapazitat)
Uberlastin% Durchlaufzeit Kapazitat
Ml
0
1.937
1.937
2.050
-6%
M2
96
2.456
2.360
2.050
15%
M3
216
2.855
2.639
2.050
29%
Tabelle 20:
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 4, Initialisierung)
Schliefilich lasst sich auch in der letzten Teilperiode eine Uberlast auf den Maschinen M2 und M3 feststellen, die ein Zeichen fiir die ablaufplanerische Unzulassigkeit der berechneten Absatzmengen/Produktionsmengen aus den ijbergeordneten Planungsstufen Ist. Zusammenfassend zelgt der erste Planungslauf, dass die fiir die vier Tellperloden zunachst geplante Gesamtkapazitat nicht ausreicht, urn die ..optimalen" Losgroflen und die gewlnnmaxlmalen Absatzmengen zu produzieren. Aus diesem Grund wird in der Kalibrierung eine Korrektur der Modell-Parameter vorgenommen, urn die Verletzung der Kapazitatsrestrlktionen auf der Ebene des Scheduling zu minimieren.
5.4
Kalibrierung
In der Kalibrierung des Koordinationsprozesses werden zum einen aus dem Modul Production Planning die Gewichtungsfaktoren korrigiert. Zum anderen wird das Vorgehen erlautert, in
204
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
dem die Produktionszeiten um die ablaufplanerisch nur bedingt reduzierbaren Stillstandszeiten korrigiert werden. Aus der Losgroftenplanung des Moduls Production Planning wurden Produktions- und Absatzmengen bestimmt, die wegen der detaillierteren Planungsdaten in der Summe nicht dem Mittelwert aus Absatzober- und -untergrenzen entsprachen. Diese Grenzen wurden jedoch zunachst als Grundlage fur die Berechnung der Gewichtungsfaktoren zur Aggregation sanntlicher Parameter herangezogen. MIt Hilfe der optimierten Produktionsmengen und unter BeriJcksichtigung der RCistprobiematik werden in der Kalibrierung nun die Gewichtungsfaktoren als Anteile der Ergebnisse der Initialisierung berechnet. T
9Gp,i
furallepe P G ; G = 1,..,G
FCir die Beispieldaten dieses Abschnittes ergeben sich nun folgende l
= 0.448; g,3.,^ = ^
= 0,448
^--=ih='''''• ^ - - = Ws='•'"' • ^"^=S=''''
0 . . . = ^ = 0,333; W = i 5 J = 0,667 Der zweite Koordinationsbedarf besteht in der Anpassung der Parameter Produktionszeiten. Im Unterschled zu der klassischen Vorgehensweise, in der pauschal auf der rechten Seite von Kapazitatsrestriktionen Abzuge fur ablaufptenerische Stillstandszeiten vorgenommen werden, werden in diesem Ansatz die Produktionszeiten ijber die Modellparameter erhoht. FiJr den Fall, dass auf der Maschine, die sowohl in der einstufigen Betrachtung des Master Planning und des Production Planning beriicksichtigt wird, keine Verletzungen der Kapazitatsbeschrankungen auftreten, ist die ablaufplanerische Umsetzbarkeit der Produktionsmengen auf alien Produktionsstufen zu gewahrleisten. Die Hohe des Korrekturbedarfes fiir die
Beispielrechnung
205
Produktionszeiten geht damit von der Maschine aus, auf der die maximale Uberlast ermittelt werden konnte, hier auf Maschine IVI3 in Teilperiode t3 in Hohe von 42 %. Dies hat den Vorteil, dass die auf eine IVIaschine M2 beschrankte Betrachtung im Master Planning und im Production Planning urn den tatsachlichen Engpass, hier Maschine M3, erweitert wird. In einem heuristischen Vorgehen wird die Uberlast gleichmafiig proportional auf die Produktionszeiten aller Produkte auf der Maschine M2 zugerechnet. Dies bedeutet eine Erhohung der Modellparameter urn 42 %, d. h. urn den Faktor 1,42, wie in Tabelle 21 dargestellt ist.
02
G1
1 Gruppen
P1
1 Produkte
P2 2
1 Produktionszeit
P4
P3
P5
G4
G3 P6
P7
P10 1
P9
P8
1
3
4
1
2
5
4
6
2
4,26 4,26
5,68
1,42
2,84
7,1
5,68
8,52
2,84
3
(Initialisierung)
2,84
Produktionszeit (Kalibrierung)
Tabelle 21:
Bestimmung der korrigierten Produktionszeiten
Die Erhohung der Produktionszeiten muss nur fur die Maschine M2 vorgenommen werden, da M2 die betrachtete Produktionsstufe auf den Planungsebenen der Programmplanung und der Losgrofienplanung darstellt. Die proportionale Erhohung der Produktionszeiten hat den Vorteil, dass sich die relatlven Deckungsbeitrage im Verhaltnis der Produkte zueinander nicht verandern. Im folgenden Abschnitt 5.5 werden schliefilich im Rahmen der Validierung diese Parameterkorrekturen zur erneuten Berechnung eingesetzt.
5.5
Validierung
Die Validierung stellt sich formal als eine Wiederholung der Initialisierung dar, wobei sowohl die Gewichtungsfaktoren als auch die Produktionszeiten als Grundlage fur die Entscheidungsmodelle der Module Master Planning und Production Planning korrigiert werden.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
206 5.5.1
Korrektur der aggregierten Parameter
Durch die Korrektur der Gewichtungsfaktoren lessen sich die Auswirkungen fiir die Gruppenparameter in Tabeile 22 ablesen.
1 Gewichtung Produkte
0,103
0,448
0,448
0,137
0,701
0,162
0,257
0,743
0,333
P1
P2
P3
P4
P5
P6
P7
P8
P9
100
200
100
190
120
80
Eriose det.
G4
G3
G2
G1
1 Gruppen
50
70
150
P10
Eriose agg. (Validierung)
143
60
180
133
Eriose agg. (Initialisierung)
141
69
178
128
40
StiJckkosten det.
30
40
60
10
10
70
50
36
17
65
67
Stuckkosten agg. (Initialisierung)
36
23
64
72
0.1
0.2
0.2
0,1
0,05
0.3
0,4
0,4
0.1
1 Lagerkosten agg. (Validierung)
0,19
0,1
0.4
0,17
Lagerkosten agg. (Initialisierung)
0,19
0,14
0,4
0,14
1 Produktionszeiten det. (Validierung) 1 Produktionszeiten det. (Initialisierung)
2,84
4.26
4,26
5,68
1,42
2,84
7,1
5,68
8,52
2
3
3
4
1
2
5
4
6
1 Produktionszeiten det. (Validierung) Produktionszeiten det. (Initialisierung)
140
1
60 1
80
1 Stuckkosten agg. (Validierung)
1 Lagerkosten det.
1
0,667 1
4,11
2,23
6,05
4.73
2,88
2,06
4.3
4,4
1
0.2 1 1
2,84 1 2
1
01
1 Absatzuntergrenzen
0
200
200
80
80
40
100
100
200
1 Absatzobergrenzen
200
500
500
320
620
460
240
560
600
600
1 Rijstzeiten
20
30
40
50
30
50
20
20
10
40
1 RiJstkosten
30
40
40
60
10
20
30
10
20
20
Tabeile 22:
Korrlgierte Modellparameter (nach der Kalibrierung)
Mit Ausnahme der Produktionszeiten lassen sich bei den Gruppen G2 und G4 die grofiten Unterschiede zwischen den aggregierten Gruppenparametern aus der Initialisierung und der
Beispielrechnung
207
Validierung feststellen. Dagegen haben sich im Bereich der aggregierten Produktionszeiten die Parameter der Gruppen G1 und G3 starker erhoht, da die Veranderung der Gewichtungsfaktoren der Gruppen G2 und G4 die proportionale Erhohung aller produktbezogenen Produktionszeiten in Teilen ausgeglichen hat.
5.5.2
Ergebnisse der Validierung
Durch die Korrektur der Produktionszeiten und der Gewichtungsfaktoren wird folgendes gewinnmaximales Produktionsprogramm berechnet und in Tabelle 23 dargestellt.
1 Gruppen
t1
t2
t3
t4
Summe in ME (Validierung)
Summe in ME (Initialisierung)
Obergrenze in ME
Untergren- 1 ze in ME
G1
197
350
350
232
1.129
1.200
1.200
400
G2
40
40
40
80
200
392,4
1.400
200
G3
100
0
0
100
200
521
800
200
G4
50
50
50
50
200
200
1.200
200
Tabelle 23:
Ergebnis der Programmptanung (Validierung)
Die Erhohung der Produktionszeiten hat dazu gefuhrt, dass nur noch die Gruppe G1 uber die iVIindestmenge von 400 ME hinaus produziert wird. Alle anderen Gruppen werden auf ein Minimunn der Absatzmengen reduziert. Durch Hinzunahme der Kapazitatsverbrauche ergibt sich die Ubersicht in Tabelle 24.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fijr APS-Systeme
208 Anzahl an Rustungen
Anteil an zugewiesener Kapazitat^^^
1
Prod.zeit in ZE
G1
1.129
3.246
10
320
3.566
58%
02
200
413
5
210
623
10%
12%
G3
200
860
6
120
980
16%
30%
G4
200
880
5
110
990
16%
13%
Tabelle 24:
Rijstzeit inZE
Summe von Produktionsund RiJstzeit
Prod.mengen t1 -14 in ME
Gruppe
Validierung
Initialisierung 1 46%
Bestimmung der Kapazitatsverteilung (Validierung)
Die in Tabelle 24 ausgewiesene Produktionszeit 1st die tatsachliche und nicht die korrigierte Produktionszeit. Inklusive der RiJstzeit wird die Maschine M2 insgesamt fur Produktion und Rustung 6.159 Zeiteinheiten genutzt, und es werden somit 1.841 Zeiteinheiten fur ablaufplanerische Stillstandszeiten vorgehalten."*^® Durch die Veranderung der Kapazitatsnutzung der Produktgruppen verandern sich auch die Anteile der zur Verfugung stehenden Kapazitat fur die gruppenspezifische Losgroflenplanung des Moduls Production Planning. Da die Losgroflenplanung in der Validierung sowohl mit korrigierten Produktionszeiten als auch mit korrigierten Vorgaben des Moduls Master Planning durchgefuhrt wird, verandert sich damit auch die zusammengefasste Rustmatrix, die in Tabelle 25 aufgefuhrt ist.
Die Berechnung der Anteile wurde nicht auf Basis der korrigierten Produktions- und Rustzeiten vorgenommen, da diese nicht den tatsachlichen Kapazitatsbedarf darstellen und von der Annahme ausgehen, dass abiaufplanerisch bedingte Stillstandszeiten in einer proportionalen Beziehung zur Produktionszeit stehen. Die Kapazitat wird in dem Model! vollstandig ausgeschopft. Wurden die Produktionsmengen mit den korrigierten Produktionszeiten multipliziert werden, ergibt sich eine Produktionszeit von gerundet 8.000 Zeiteinheiten.
Beispielrechnung
209
1 Gruppen 1 Produkte
02
G1 P1
P2
P4
P3
P5
Teilperiode 1
0
1
1
1
Teilperiode 2
0
1
1
Teilperiode 3
0
1
1
Teilperiode 4
1
1
Summe (Validierung)
1
1 Summe (Initialisierung)
2
Tabelle 25:
G3 P6
P7
G4
P8
1
0
1
1
1
0
1
0
0
1
0
1
4
4
3
4
4
2
P9
P10
1
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
1
0
3
1
2
3
4
0
2
1
2
4
3
2
Rustmatrix (Validierung)
Wie zu erwarten war, wurde die Anzahl der Rustungen bis auf die Ausnahme von Produkt P1 reduziert, da die Kapazitat durch die fiktive Erhohung der Produktionszeiten fur Rustungen noch knapper als zu Planungsbeginn ist. Die Mengen aller Produktionslose der Validierung als Ergebnis des Moduls Production Planning sind in Tabelle 26 angegeben.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
210 1 Gruppen
G2
G1 P1
1 Produkte 1 Produktionsmengen gesamt (t1 -14) (Validierung)
P2 50
468
P3 500
P4 80
P7
P6
P5 100
P8
40
100
1
"G4
G3
P10 1
P9
184
200
0
1 Teilperiode 1
0
125
131
25
20
0
50
50
50
0
1 Teilperiode 2
0
125
131
20
40
0
0
67
50
0
1 Teilperiode 3
0
93
163
35
0
0
50
0
50
0
1 Teilperiode 4
50
125
75
0
40
40
0
67
50
0
Summe der Produktionsmengen (Production Planning) 1 Gruppenmengen (Master Planning)
1.018
220
284
200
1.129
200
200
200
1
1 Produktionsmengen (Initialisierung)
115
500
500
80
410
95
130
375
200
400 1
1 Gruppenanteil in % (Validierung)
5
46
49
36
46
18
35
65
100
0
Gruppenanteil in % (Initialisierung)
10
45
45
14
70
16
26
74
33
67
Tabelle 26:
Bestimmung der Gewichtungsfaktoren (Validierung)
Aus Tabelle 26 wird deutlich, dass nnit den korrigierten Parametern die Gruppenmengen nur fijr Gruppe G4 exakt eingehalten wurden. In den anderen Gruppen wurden die aggregierten Mengen entweder unter- (G1) Oder uberschritten (G2 und G3). Der Gruppe G4 wurde in der Programmplanung nur so wenig Kapazitat zugewiesen (16 %), dass es lediglich fur die Produktion der Mindestmenge von Produkt P9 ausreicht. Das Produkt P10 ist aus dem Programm eliminiert worden, da eine Mindestmenge von Null festgesetzt wurde. Gleichzeitig stellt sich mit der detaillierten Berechnung der Produktionslose fur jede Gruppe in der Validierung heraus, dass sich die Absatzmengenanteile innerhalb einer Gruppe (Gruppe G2 und G4) wiederum sehr stark von der korrigierten Gewichtung der Initialisierung unterscheiden konnen. Die Veranderungen der Mengenanteile sind in den letzten beiden Zeilen der Tabelle 26 dargestellt. Der Grund In dieser (Ruck-)Verschiebung liegt darin, dass bei geringerer Zuweisung von Kapazitaten und durch die Erhohung der Produktionszeiten in den jeweiligen Gruppen nahezu nur noch Mindestmengen gefertigt werden konnen und die Anteile sich damit an den Anteilen der Mindestmengen orientieren.
Beispielrechnung
211
Im Rahmen des Scheduling werden nun die korrigierten Produktionslose in eine Auftragsreihenfolge gebracht und wiederum auf die ablaufplanerische Zulassigkeit gepriift. Die Produktionslose wurden jedoch mit der tatsachlichen (und nicht mit der urn die Stillstandszeiten korrigierten) Bearbeitungszeit eingeplant, die sich aus Produktions- und Rustzeit zusammensetzt. Fur die erste Periode sind damit die in Tabelle 27 eingetragenen Auftrage einzuplanen:
1 Maschine
PI
P2
P3
P4
P5
486
389
164
M2
0
405
433
149
50
M3
0
324
476
135
45
Tabelle 27:
P7
P6
0
Ml
45
P8
P9
P10
Summe 1
270
177
372
0
1.903
0
270
221
310
0
1.838
0
270
177
372
0
1.799
0
Produktionszeiten auf den Maschlnen M1 bis M3 (Teilperlode 1, Validlerung)
FiJr diese sleben Produktionslose ergibt sich eine neue Belegungsreihenfolge aus dem NEHAnsatz von P5-P8-P7-P9-P3-P2-P4. Ablaufplanerisch ergeben sich fur die Teilperiode t1 auf den drei Maschinen entsprechende Start- und Endzeitpunkte, die in Tabelle 28 zusammengestellt sind.
1 Maschine
Beginn
Ende
Durchlaufzeit
Kapazitat (inkl. Zusatzkapazitat)
Uberlast in %
1
Durchlaufzeit Kapazitat
Ml
0
1.903
1.903
2.526
-25%
M2
45
2.293
2.248
2.526
-11%
M3
95
2.620
2.525
2.526
0%
Tabelle 28:
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 1, Validlerung)
Es ist somit gezeigt worden, dass die Kapazitat von 2.526 Zeiteinheiten, die in der Losgro(ienplanung als notwendig berechnet wurde, in der ersten Periode inklusive ablaufplanerischer Stillstandszeiten auf alien drei Maschinen ausreicht und gleichzeitig die Vorgaben der ubergeordneten Planungsebenen ablaufplanerisch fur diese drei Maschinen umsetzbar sind.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
212
In der zweiten Teilperiode werden, wie aus Tabelle 29 hervorgeht, folgende sechs Produkte gefertigt.
Maschine
P1
P2
PS
M1
0
486
389
M2
0
405
433
M3
0
324
476
Tabelle 29:
P4
P5
143
P7
P6
P8
P9
P10
Summe
63
0
0
230
372
0
130
70
0
0
288
310
0
1.636
117
63
0
0
230
372
0
1.582
1.683
Produktionszelten auf den Maschlnen M1 bis M3 (Teilperiode 2, Valldierung)
Die mit Hilfe des NEH-Ansatzes bests Reihenfolge fur diese Produktionslose ist P8-P5-P9P3-P2-P4 aus der sich ablaufplanerisch fur die Maschinen M1 bis M3 folgende Start- und Endzeitpunkte ergeben (Tabelle 30).
[ Maschine
Beginn
Ende
Durchlaufzeit
Kapazitat (inkl. Zusatzkapazitat)
Dberlast]rr%
1
Durchlaufzeit Kapazitat
Ml
0
1.683
1.683
2.246
-25%
M2
63
2.075
2.012
2.246
-10%
2.404
2.271
2.246
1%
M3
Tabelle 30:
133
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 2, Valldierung)
Auch in der zweiten Teilperiode sind die Vorgaben der Losgroflenplanung nahezu auf alien Maschinen ablaufplanerisch umsetzbar. Lediglich auf Maschine M3 ist eine Uberlast von 1 % zu verzeichnen. Die Reduzierung der Uberlastung fur Maschine M3 von 42 % auf 1 % in der Teilperiode t2 zeigt deutlich, wie gut in dem entwickelten Koordinationsansatz die Antizipation und die nachtragliche Korrektur der Modellparameter die Ergebnisse zwischen den hierarchisch angeordneten Planungsebenen koordiniert und sich die Vorgaben aus dem Master Planning im Scheduling umsetzen lassen.
Beispielrechnung
213
Fur die dritte Teilperiode sind funf Produkte einzuplanen, wie aus Tabelle 31 hervorgeht.
1 Maschine Ml
PI
P2 0
P3
P4
P5
P7
P6
369
477
210
0
0
270
P8
P9
P10
372
0
Summe 1 0
1.698
M2
0
308
530
191
0
0
270
0
310
0
1.609
M3
0
246
583
172
0
0
270
0
372
0
1.643
Tabelle 31:
Produktionszeiten auf den Maschinen M1 bis M3 (Teilperiode 3, Validierung)
Die fur die dritte Teilperiode ermittelte ..optimaie" Durchlaufzeit betragt fur die Reihenfolge P7-P9-P3-P4-P2 gerundet 2.650 Zeiteinheiten. Die ablaufplanerischen Start- und Endzeitpunkte der einzelnen IVIaschinen werden in Tabelle 32 aufgefijhrt.
Maschine
Beginn
Ende
Durchlaufzeit
Kapazitat (inkl. Zusatzkapazitat)
Uberlast \n% Durchlaufzeit Kapazitat
M1
0
1.698
1.698
2.221
-24%
M2
270
2.148
1.878
2.221
-15%
M3
540
2.650
2.110
2.221
-5%
Tabelle 32:
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 3, Validierung)
In der dritten Teilperiode hat die Erhohung der Produktionszeit urn 42 % sogar dazu gefuhrt, dass nicht die komplette Kapazitat (insgesamt 2.000 Zeiteinheiten), inklusive der in der Losgrofienplanung eingeplanten Zusatzkapazitat von 221 Zeiteinheiten, genutzt wird. Es handelt sich in dieser Teilperiode jedoch nicht urn eine Unterauslastung, da eine Gesamtkapazitat von 2.110 Zeiteinheiten benotigt und dennoch Zusatzkapazitat genutzt wird.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fiir APS-Systeme
214
In der vierten Teilperiode werden schliefilich noch sieben Produkte auf den Maschinen aufgelegt, die in Tabelle 33 aufgefuhrt sind.
1 Maschine P1
P2
P3
P4
P5
P8
143
0
230
0
70
130
0
0
63
143
0
96
486
239
0
M2
120
405
265
M3
144
324
292
Tabelle 33:
P7
P6 63
M1
P9
P10
Summe 1
372
0
1.629
288
310
0
1.588
230
372
0
1.568
Produktionszelten auf den Maschinen M1 bis MS (Teilperiode 4, Validierung)
Die beste Belegungsreihenfolge fur die sieben Produl
Maschine
Beginn
Ende
Durchlaufzeit
Kapazitat (inkl. Zusatzkapazitat)
Uberlast in % Durchlaufzeit Kapazitat
M1
0
1.629
1.629
2.218
-27%
M2
63
2.034
1.971
2.218
-11%
M3
133
2.358
2.225
2.218
0%
Tabelle 34:
Ergebnis der Ablaufplanung (Teilperiode 4, Validierung)
Schliefilich lasst sich auch in der letzten Teilperiode keine Uberlast auf den Maschinen M l und M3 feststellen, so dass auch in dieser Periode die ablaufplanerische Zulasslgkeit der berechneten Absatzmengen/Produktionsmengen aus den ubergeordneten Planungsstufen gegeben ist."^^^ Zusammenfassend zeigt bereits der zweite Planungslauf (Validierung) die Umsetzbarkeit der Planungsvorgaben der ubergeordneten Planungsmodule Master Planning und Production
Die Uberlast von 7 Zeiteinheiten von insgesamt 2.225 Zeiteinheiten wurde auf 0 % abgerundet.
Beispielrechnung
215
Planning in der Ablaufplanung.'^^° Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass in diesem Model! zum einen die Periodenabgrenzung nicht scharf vorgenommen wurde und zum anderen keine stochastischen ablaufplanerischen Einflusse mit in die Planung aufgenommen wurden.
5.6
Iterationen
Kleinere Beispiele haben i. d. R. gezeigt, dass auch nach der Validierung die in den ijbergeordneten Planungsebenen bestimmten Kapazitaten unter Berucksichtigung der ablaufplanerischen Stillstandszeiten weiterhin nicht ausreichten und die Zulassigkeit der Produktlonsplane nicht gegeben war. In diesen Fallen wurde die Kalibrierung solange wiederholt und eine Korrektur bzw. eine Erhohung der Produktionszeiten vorgenommen, bis in dem Modul Master Planning und Production Planning ausreichend Zusatzkapazitat eingeplant oder die Produktionsmenge entsprechend reduziert wurde. Dieses Vorgehen kann daher als eine Koordination mit endlicher Anzahl an Iterationen bezeichnet werden, da sich sukzessive die Produktionszeiten nur erhohen konnen, bis die Zulassigkeit gegeben ist.
5.7
Kritische WiJrdigung der Beispielrechnung und Ausblick fur praktische Problemgroden
Mit dem in Abschnitt 5.2 beschriebenen Beispiel wurden die einzelnen Schritte Initialisierung, Kalibrierung und Validierung des Koordinationsansatzes fur ausgewahlte Module von APSSystemen lediglich exemplarisch durchgefijhrt und die Ergebnisse interpretiert. Hierdurch konnten nur die Funktionsweise eriautert und die Gestaltungsmoglichkeiten aufgezeigt werden, wobei in Abschnitt 6 noch auf verschiedene Erweiterungsmoglichkeiten eingegangen wird. Die Ubertragbarkeit des entwickelten Koordinationsansatzes auf praktische Problemgroflen und damit auch die Anwendbarkeit in APS-Systemen hangt zum einen von der verwendeten Optimierungssoftware und der Geschwindigkeit des Rechners und zum anderen von der Modellformulierung ab.
Durch die Einbeziehung von Heads und Tails bei der Berechnung der Kapazitatsauslastung wijrde die Uberlast noch hoher ausfallen. Dies stellt eine zusatzliche Erweiterungsmoglichkeit des vorgestellten Koordinationsansatzes dar.
216
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
In den Jahren 1988-2003 haben sich die Losungstechniken fur mathematische Probleme (maschinenunabhangig) urn den Faktor 2.360 verbessert."^^^ Im gleichen Zug ist die Rechengeschwindigkeit der Prozessoren urn das 800-fache gestiegen."^^^ Einen entscheidenden Einfluss auf die Losungsdauer von LP- und MILP-Modellen hat das Preprocessing. Diese Teciinik umfasst verschiedene Tests und Algorithnnen, die redundante Restriktionen identifizieren und einzelne ganzzahlige Variablen bereits vor der eigentlichen Optimierung fixieren."*^^ In Abbildung 44 ist ein Losungsschema dargestellt.
Im Jahre 1988 wurde die erste Version CPLEX 1.0 auf den Markt gebracht und im Jahre 2002 die Entscheidungsprobleme mit der aktuellen CPLEX-Version und Rechnerleistung gelost und die Rechenzeiten verglichen. Vgl. Bixby (2002), S. 4. Bereits 1965 hat Moore, Ex-lntel-Vorstand, die Faustregel aufgestellt, dass sich die Leistung von Computerchips alle 18-24 Monate verdoppelt. Vgl. Moore (1965), S. 114 ff. Vgl. Meszaros/Suhl (2003), S. 577.
Beispielrechnung
217 LP-Preprocessing
1
. Interior Point
primal/dual Simplex X-over
i --*
- •
Supemode processing
IP-Heuristik
Branch and Bound/Cut Abbildung 44:
«-
«--
Losungsprozess fur MILP-Modelle^^^
Bel diesem Vorgehen wird zunachst das zugehorige LP-Modell (LP-Preprocessing) fur MILPModelle mit dem Simplexverfahren oder der Interlor-Point-Methode gelost. Nach einem IPPreprocessing (hier: Supemode processing) zur genaueren Eingrenzung des Losungsraumes wird vor der Optimierung mit einem Branch-and-Bound/Cut-Verfahren eine zulassige Losung bestimmt (IP-Heuristik). Speziell fur gemischt-ganzzahlige Entscheidungsmodelle hat die Suche nach Schnittebenen und damit die gezielte Eingrenzung des Entscheidungsraums vor der eigentlichen Optimierung zu erheblichen Fortschritten gefuhrt."*^^ Ausgewahlte Ubersichtsartikel uber den Stand der Algorithmen sind Bixby (2002), Johnson/Nemhauser/Savelsbergh (2000) und Padberg (2001).
Vgl. Suhl/Waue (2004), S. 40. In den bekannten Softwaresystemen wird grundsatzlich das Branch-and-Bound bzw. Branchand-Cut-Verfahren zur Losung von MILP-Problemen eingesetzt, bei denen an jedem Knoten des Losungsbaumes das LP-relaxierte Teilproblem gelost wird. Das Branch-and-Cut Verfahren leitet dariJber hinaus noch an ausgewahlten Knoten Schnittebenen ab. Vgl. Suhl/Waue (2004), S. 39.
218
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
Die Losbarkeit von Entscheidungsmodellen mit praxisrelevanten Problemgroden hangt zudem von der Modellformulierung ab. 1st die Losbarkeit des Entscheidungsmodells nur fur kleine Probleme gegeben, so konnen zur Komplexitatsreduzierung die verbreiteten Verfahren der Aggregation, der Dekomposition und der Relaxation herangezogen werden (siehe hierzu auch Abschnitt III.1.1.2). Falls auch nach komplexitatsreduzierenden Maflnahmen die exakten Entscheidungsmodelle nicht in angemessener Zeit losbar sind, sollten heuristische Verfahren eingesetzt werden."^^^ Aus den entscheidenden Fortschritten in den Bereichen der Algorithmen, der Soft- und Hardware kann geschlossen werden, dass die drei Entscheidungsmodelle der Module Master Planning, Production Planning und Scheduling zur Losung von Realproblemen in einer praxisrelevanten Grofte geeignet sind und damit die Ubertragbarkeit des entwickelten Koordinationsansatzes in APS-Systeme gegeben ist.
6.
Erweiterungsmoglichkeiten
In diesem Abschnitt wird unterschieden in die Erweiterungsmoglichkeiten der Modellformulierung auf den unterschledlichen Planungsebenen, in die Erweiterung des Koordinationsansatzes um weitere Modellverknupfungen und in die zusatzlichen Gestaltungsmoglichkeiten bezuglich der Aggregation und Disaggregation. Allgemeine Erweiterungen der Modelle um einen langeren Planungshorizont, mehrere Produktionsstufen und eine groflere Anzahl an einzuplanenden Produkten lassen sich ebenfalls formulieren. In den folgenden Abschnitten werden daruber hinaus zusatzliche Erweiterungen dargestellt.
6.1
Modelltheoretische Erweiterungen
Eine weit verbreitete En/veiterung der Entscheidungsmodelle in der Produktionsplanung ist die Zulassigkeit von „backlogging", d. h. die Moglichkeit der verspateten oder ausbleibenden Befriedigung der Bedarfsmenge."^^^ Hierzu mussen fur die nicht befriedigte Absatzmenge
Das Spektrum von heuristischen Losungsansatzen ist vielfaltig. Vgl. Biackbum/Mlllen (1985), 8. 857 ff. Gerade naturanaloge Verfahren, wie z. B. Genetische Algorithmen werden zunehmend eingesetzt. Vgl. Dellaert/Jeunet (2000), S. 1083 ff. Eine Unterscheidung zwischen ..backlog" (NachfrageriJberhang, Nachhoibedarf) und ..backorder" (Nachiieferung) wird nicht weiter vorgenommen. Haufig werden ,.backlog"-Mengen mit ,.backorder"-Kosten quantifiziert. Vgl. Cheng/Madan/Gupta/So (2001), S. 952 ff.
Erweiterungsmoglichkeiten
219
zum einen in der Zielfunktion Strafkosten fur die Verspatung und zum anderen die Nebenbedingung (4.23) formuliert werden."^^^ (4.23) Xp, - x^r < Yp, < Xp,
fur alle p € PG; t = 1 ,...T
Der Vorteil dieser Formulierung liegt darin, dass eine zulassige Losung berechenbar ist, auch wenn mit der zur Verfugung stehenden Kapazitat die geforderten Absatzmengen nicht hergestellt werden konnen.'*^^ Die Untergrenze der Bedarfsbefriedigung wird jedoch durch die maximale Nichtbefriedigung (Xpt"'^'') begrenzt. In dem entwickelten Koordinationsansatz ist jedoch das Entscheidungsmodell des Master Planning und des Production Planning gewinnmaximierend formuliert, so dass entgegen der Alternative der Kostenminimierung der Zielfunktion keine Mengen exakt zu erfiillen sind. Weiterhin besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Formulierung von Absatzober-Z-untergrenzen und backlogging-Mengen. Grundsatzllch besteht das Problem jedoch weniger in der mathematischen Formulierung und BeriJcksichtigung im Entscheidungsmodell, sondern In der Bewertung der backlog-Kosten. Diese hangen von der Beziehung zum Kunden und zu seinem Produktionsprozess sowie der physlkalischen Beschaffenheit des Produktes ob.^^^ Eine zusatzllche En/veiterung besteht in der Formulierung von Kapazitatsbilanzgleichungen, die eine Ubertragung von nicht genutzter Kapazitat aus der Vorperiode in die aktuelle Periode modelltheoretisch ermogllchen. Die Ubertragung von nicht genutzter Produktionszeit erscheint nicht realltatsnah. Ist jedoch im Extremfall die Grode der Teilperiode im Rahmen des Master Planning oder des Production Planning so klein gewahit, dass von einem Produkt die Rijstzeit die Teilperiodenlange uberschreitet, wurde das Entscheidungsmodell die Auflage dieses Produktes nicht zulassen. Wenn jedoch ausreichend Zeit der Vorperiode nicht genutzt wurde, fuhrt die Ubertragung der Kapazitat zu einer Produktauflage. In solchen Fallen ist das Vorziehen des Rustvorgangs in die Vorperiode zu ermogllchen."^®^
Vgl. Dillenberger et al. (1994), S. 279. Die maximale Nicht-Befriedigung wird haufig begrenzt (Xpt"^^''). Vgl. Millar/Yang (1994), S. 2 f. In anderen Koordinationsansatzen und Modellformulierungen wird eine Uber- und Unterschreitung der Kapazitat ermoglicht, die jedoch nicht periodeniibergreifend ijbertragen, sondern uber Grenzen beschrankt wird. Vgl. Schneeweid/Kleindienst (2004), S. 274.
220
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
(4.24) 2 ] [dpYpt + rpSpt)< Qob, + O ^ + gG^-i + O^H - f ] K/pf-i + ^-pSpf-i) p=i
furallet=1...,T'^2 In den Ungleichungen (4.24) kann zur ProduktJon in der Periode t nicht nur die Normalkapazitat gcbt und die Zusatzkapazitat Oct^^ der Periode t, sondern zusatziicli die in der Vorperiode t-1 nicht vollstandig in Anspruch genommene Kapazitat, genutzt werden (Ausdruck in Klammern auf der rechten Seite der Ungleichung). Die Formuiierung der Ubernahmemogiichkeit von Rustzustanden stellt eine zusatzliche modelltheoretische Erweiterung dar. Bei Auftreten von RiJstvorgangen in zwei aufeinander folgenden Teilperioden kann unter der Annahme der Zusammenlegung der Produktionslose eine nachtragliche Reduzierung der RiJstzeit wie folgt erganzt werden.^®^
(4-25) XZl^P^Pf -^pypt -'p^pt -fpkt -s~pt)-oOr) -^ max p=i f=i
(4.26) X{dpypt^rp{sp,-s-J
fur alle t = 1....T
(4.27) 2s;, -Sp, -Sp,_, +s;,_, < O
fur alle p G G; t = 1,...T
(4.28) 2l^~pt^^
fur alle t=1,..,T
(4.29) Spt,s-t G {0;l}
fur alle p G G; t = 1,..,T
Wahrend in der Zielfunktion (4.25) RiJstkosten im Fall der Ubernahme von Rustzustanden reduziert werden, erfolgt eine entsprechende Korrektur ebenfalls in den Kapazitatsbedingungen (4.26). Die Ungleichungen (4.27) ermoglichen, dass fur den Fall zweier aufeinander folgender Perioden das Produkt aufgelegt wird, also Spt = SpM = 1, die Variable Spt" den Wert 1 annehmen kann. In dieser Bedingung kann Spt' nur den Wert 1 annehmen, wenn nicht bereits
^^^ Eine entsprechende Formuiierung einer Kapazitatsbilanzgleichung ist auch fur das Modul Master Planning moglich, jedoch wegen der ungenauen Abschatzung von Rustkapazitatsbedarf nicht vorrangig. "^^^ Vgl. Haase(1998), S. 131.
Erweiterungsmoglichkeiten
221
in der Vorperiode der Rustzustand ubemommen wurde, d. h. wenn Spu' = 0. Hierdurch kann der Rustzustand nicht iiber drei, sondern nur uber zwei aufeinander folgende Perioden ubernommen werden. Die Gleichung (4.28) sichert, dass nur bei einem Produkt in der jeweiligen Periode die Ubemahme des Rustzustandes aus der Vorperiode moglich ist."*^ Ein weiterer zu berucksichtigender Aspekt im Rahmen des Koordinationsansatzes fur die mehrstufige Produktionsplanung ist die Integration der Sicherheitsbestandsplanung, denn selbst wenn von der Unsicherheit im Bereich der Durchlaufzeiten und der Produktionsergebnisse abgesehen werden kann, so ist die Absicherung gegen Nachfragerisiken unabdingbar."*®^ Auch die Aufnahme von Zukaufsmoglichkeiten von Zwischenprodukten bei mehrstufigen Produktionsstrukturen stellt eine sinnvolle Erganzung fur die Formulierung exakter Optimierungsnnodelle dar."^®^ Hierbei werden meist nur Mengengrenzen bestimmt, wobei Budgetrestriktionen haufig eine entscheidendere Bedeutung eriangen und somit die Aufnahme in die IVIodellformulierung eine zusatzliche EnA/eiterung darstellt.'^®^ Bezuglich der Rustungen konnen weiterhin verschiedene Annahmen getroffen werden, z. B. dass die Rustproblematik innerhalb einer Gruppe nicht signifikant ist und lediglich Rustungen zwischen den Gruppen betrachtet werden mussen."*®® Diese Betrachtung fijhrt notwendigerweise dazu, die Rustproblematik bereits in die Programmplanung einzubeziehen und deshalb in der gruppenspezifischen Planung nicht zu betrachten. Die Aggregation zu Gruppenrustkosten kann somit vernachlassigt werden.'*®^ Die Berucksichtigung von reihenfolgeabhangigen Rustkosten und Rustzeiten wurde dagegen die Komplexitat exakter Optimierungsmodelle sehr erhohen und erfordert heuristische Ansatze.'*^^ Im Bereich der Ablaufplanung ist eine Reihe von Erweiterungen denkbar. Neben der Verwendung anderer Heuristiken konnen auch weitere Oder andere Ziele in der Planung berucksichtigt werden. So haben Framinan/Leisten/Ruiz-Usano (2002) gezeigt, dass auf Basis des
Vgl. Sox/Gao(1999), S. 174. 485
Vgl. Inderfurth (1992), S. 20, und Hopp/Spearman (2001), S. 583 ff.
486
Vgl. Kistner/Switalski (1989). S. 486.
487
Vgl. Banerjee/Pyreddy/KIm (1996), S. 321 ff.
488
Rustzeiten konnen auch mit Opportunitatskosten bewertet werden. Diese Opportunitatskosten sind jedoch abhangig von der Kapazitatsauslastung und erweitern das CLSP-Modell um eine auslastungsorientierte Rustkostenbestimmung. Vgl. Anderson/Cheah (1993), S. 137 ff. Siehe hierzu auch Dillenberger et al. (1994), S. 275 ff. Vgl. Haase/Kimms (2000), S. 159 ff., und Fleischmann (1994), S. 395 ff.
222
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
NEH-Ansatzes eine Heuristik mit gleichzeitiger Betrachtung der makespan und der flowtime effiziente Losungen bestimmt werden konnten."^^^ Eine Erweiterung stellt zudem die Betrachtung von Job-Shop Problemen im Rahmen der Ablaufpianung zur besseren Abbildung des unternehmensspezifischen Produktionsprozesses dar."*^^
6.2
Erweiterungen der Koordination zwischen den Planungsebenen
Erweiterungen zu dem entwickelten Koordinationsansatz sind vielfaltig, so dass in diesem Abschnitt lediglich exemplarisch einige Moglichkeiten und aktuelle Ansatze erwahnt werden sollen. Verschiedene Modellansatze integrieren bereits zwei der drei unterschiedlichen Planungsstufen Programmplanung, Losgroflenplanung und Ablaufpianung. Die Antizipation der Losgroflenproblematik in der Programmplanung (und umgekehrt)"^^^ wurde in der Literatur kontinuierlich weiterentwickelt. Die Zielsetzung der integrierten Programm- und Losgroftenplanung von Stadtler"*^ besteht in der Minimierung"^^^ der Lager-, Rust- und Zusatzkapazitatskosten fur mehrere Produkte und mehrere Produktionsstufen. Zudem existieren auch integrierte Modelle zur Losgroflenplanung, die die Ablaufpianung ansatzweise antizipieren."^^ In der Literatur finden sich nur wenlge exakte Optimlerungsansatze, die die Losgroflen- und Ablaufpianung simultan in einem gemeinsamen Modellansatz verknupfen, da bereits Probleme der Ablaufpianung ohne eine BeriJcksichtigung der Losgroflenbestimmung nur fur kleine Beispiele exakt (oft enumerativ) in angemessener Zeit losbar sind.'^^'^ Dennoch wurde versucht, „optimale" Ablaufpiane fur Loszyklen zu bestimmen."^^® Bekannte Ansatze der Betrachtung der Losproblematik in der Ablaufpianung sind das ELSP (economic lot scheduling prob-
Vgl. Framinan/Leisten/Ruiz-Usano (2002), S. 568. Vgl. Dauzere-Peres/Lasserre (1993), S. 923 ff., und die dariii angegebene Literatur. Hierzu zahit das CLSP (capacitated lotsizing problem) als Erweiterung des dynamischen Einprodukt-Losgroflenproblems um mehrere Produkte und knappe Ressourcen. Vgl. Tempelmeier (2003), S. 165 ff., und die darin angegebene Literatur. 494
Vgl. Stadtler(1988), S. 66.
495
Auch die Maximierung des Deckungsbeitrags stellt eine mogliche Zielgrofie dar. Grundsatzlich wird in diesem Abschnitt nicht das vollstandige Spektrum der FormuJierungsaltemativen vorgestellt. Vgl. Dauzere-Peres/Lasserre (1994), S. 416 f. Vgl. Lenstra/Rinnooy Kan (1984), S. 257. Einen Uberblick uber diese Ansatze liefern Carstensen (2002) und Elmaghraby (1978), S. 587 ff.
Erweiterungsmoglichkeiten
223
lemf^^ und das Lossplitting bei parallelen Maschinen (lot streaming),^°° die unterschiedlich erweitert wurden.^°^ Neben den exakten Optimierungsverfahren wurden jedoch auch diverse Heuristiken entwickelt.^°^ Einen umfassenden Uberblick uber die verschiedenen Modellierungsmoglichkeiten dieser Heuristiken geben Potts/van Wassenhove (1992).^°^ In Abbildung 45 wird gegenubergestellt, wie sich durch den Einsatz integrierter Modellansatze die Koordinationsbeziehungen verandern.^""^
Vgl. Zipkin(1991), S. 56ff. Vgl. Potts/Baker (1989), S. 303. Einen Uberblick uber Ansatze zur simultanen Losung der Losgrofienplanung und der Ablaufplanung geben Drexi/Klmms (1997), S. 221 ff., Kuik/Salomon/van Wassenhove (1994), S. 243 ff., Afentakis (1985), S. 327 ff., sowie Lasserre (1992), S. 1203 f., Stammen-Hegener (2002) und Quadt (2004). Beispiele fur Heuristiken fur die simultane Losgrofien- und Ablaufplanung geben Moon/Silver/Choi (2002), S. 809 ff., mit Genetischen Algorithmen, Anwar/Nagi (1997), S. 1447 ff., Meyr (2000), S. 311 ff., und Meyr (2002), S. 277 ff., durch Kombination von Threshold Accepting (TA) und Simulated Annealing (SA) sowie Gopalakrishnan et al. (2001), S. 851 ff., durch den Einsatz von Tabu Search-Verfahren. Vgl. Potts/van Wassenhove (1992), S. 395 ff., und Brijggemann/Jahnke (2000), S. 511 ff. Diese Darstellung soil nicht abschlieflend alle Koordinationsansatze darstellen. Z. B. fiir die Prozessindustrie sind diese drei Stufen nicht direkt auf die Kampagnenplanung ubertragbar, so dass hierfijr auch integrierte Modelle des Supply Network Planning (Programmplanung/ Kampagnenplanung) und des Production Scheduling (Ablaufplanung) entwickelt wurden. Vgl. Grunow/GiJnther/Yang (2004), o. S.
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
224
3-stufiger Koordinationsansatz
/
Programmplanung i
\
/
2-stufiger Koordinationsansatz
Integrierte Programmplanung und 1^ Losgrof^enplanung J
Losgrofienplanung
..
V
Ablaufplanung
Abbiidung 45:
J
Integrierte Losgrofienplanung und Ablaufplanung
Vergleich der 2- und 3-stufigen Koordination
In dem 3-stufigen Koordinationsansatz wird die Losgroflenplanung als eigenstandige Planungsebene mit den entsprechenden Koordinationsbeziehungen betrachtet. Dagegen wird die Losgrodenplanung in dem 2-stufigen Ansatz in der vor- und in der nachgelagerten Planungsebene integriert berucksichtigt. Grundsatzlich ist die Koordination zwischen zwei Modellebenen einfacher als die Koordination dreier Ebenen, da mit der Anzahl an zu koordinierenden Planungsstufen die Anzahl der Schnittstellen (theoretisch) steigt. Es setzt jedoch voraus, dass die Modellkomplexitat der integrierten Planungsprobleme noch darstellbar und die Modelle losbar bleiben.^°^ Neben der Gestaltung von zu koordinierenden Planungsebenen kann auch die Art der Kopplungen erweitert werden. Zwischen hierarchisch angeordneten mathematisch-formalen Entscheidungsmodellen konnen duale Kopplungen, wie z. B. Schattenpreise zur Korrektur von Parametern eingesetzt werden. Beispielsweise konnten bei der mehrstufigen Betrachtung im Master Planning oder Production Planning stufenspezifische Schattenpreise zur Korrektur der Kapazitaten venA/endet werden.^°^ Problematisch wird zudem die Bestimmung von
Vgl. Dixon/Silver (1981), S. 28. Sie zeigen, dass das Modell CLSP NP-schwer ist und schlagen zur Losung des Problems verschiedene heuristische Modelle vor. Ansatze der LagrangeDekomposition und -Relaxation wurden von Millar/Yang (1994) entwickelt. Vgl. Millar/Yang (1994), S. 1 ff., und die darin angegebene Literatur. Vgl. Zapfel/Tobisch (1980), S. 11. Die „fiktive" Erhohung der Kapazitatskosten urn Schattenpreise fijhrt zwar zu einer Reduzierung der Rusthaufigkeit, leistet jedoch nur einen indirekten Beitrag zur Verbesserung der ablaufplanerischen Zulassigkeit der Planungsvorgaben.
Erweiterungsmoglichkeiten
225
Schattenpreisen in gemischt-ganzzahligen Entscheidungsmodellen im Production Planning.^"' Die Komplexitat der Koordination kann zudem reduziert werden, wenn untergeordnete Planungsebenen einen kijrzeren Planungszeitraum im Rahmen einer rollierenden Planung umfassen.^°® Hierbei steht nicht nur die Komplexitatsfrage, sondern auch die groflere Genauigkeit und die hohere Sicherheit aktuelier Daten im Vordergrund.^°^ Neben der Koordination auf Basis mathematisch-formaler Entscheidungsmodelle wird auch zunehmend die Koordination uber Vertrage diskutiert. Gerade vor dem Hintergrund verteilter dezentraler Entscheidungen von unabhangigen Entscheidungstragern konnen zur Koordination zwischen Modulen von APS-Systemen Anreizsysteme bzw. Principal-Agent-Ansatze Anwendung finden, die sich sowohl unternehmensintern^^° als auch unternehmensubergreifend einsetzen lassen.^^^ Auch Verhandlungen auf Basis von Auktionen als Koordinationsansatz sind Gegenstand von aktuellen Untersuchungen.^^^ Weitere Koordinationsansatze, die hauptsachlich auf den Abstimmungsprozess von Informationen und MaterialfliJssen zur Reduzierung des Bullwhip-Effektes abstellen, nutzen u. a. Modellierungstechniken des System Dynamics.^^^
6.3
Zusatzliche Aspekte der Aggregation
Der Koordinationsansatz konnte aus Aggregationsuberlegungen zusatzlich um die Zusammenfassung von Produktionsstrukturen erweitert werden. Die Aggregation von vielen unterschiedlichen Kapazitaten zu wenigen „Maschinengruppen"-Kapazitaten fiihrt jedoch zum
Bin Ansatz zur Berechnung von Schattenpreisen in gemischt-ganzzahligen Entscheidungsmodellen ist die Betrachtung durchschnittlicher Rijstzeiten und -kosten. Eine Alternative dazu ist ein zweistufiges Vorgehen, indem zunachst gruppenspezifische (lokal) optimale Losungen berechnet werden und durch die Fixierung der binaren Rustvariablen fur das verbleibende Jineare Entscheidungsmodell Schattenpreise bestimmt werden. Vgl. Schneeweifi/Kleindienst (2004), S. 283. 508
Vgl. Clark/Clark (2000), 8. 2287 ff.
509
Vgl. de Matta/Guignard (1995), S. 564 ff., und Silver/Pyke/Peterson (1998), S. 564.
510
Vgl. Tuma/Friedl/Franke (2004), S. 183 f.
511
Vgl. Dudek(2004), S.40f.
512
Vgl. Ertogral/Wu (2000), S. 936.
513
Vgl. Forrester (1973), Sterman (1989), S. 321 ff., Haehling von Lanzenauer/Pilz-Glombik (2000), S. 101 ff., und die darin angegebene Literatur.
226
Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme
einen zu der klassischen Aggregationsproblematik der Gruppenbildung und der Gewichtung im Rahmen der Aggregation und Disaggregation. Zum anderen wurde die Abbildung von mehreren parallelen Maschinengruppen, u. a. durch die Vielzahl an Binarvariablen fur die Auftragszuweisung, die Losungsfahigkeit des Entscheidungsmodells sehr einschranken.^^"* Die Betrachtung unterschiedlicher Zeitdetaillierung auf den verschiedenen Planungsebenen wurde ebenfalls in diesem Koordinationsansatz nicht betrachtet. In der Regel werden in APS-Systemen die Teilperioden der iibergeordneten Planungsebene sukzessiv disaggregiert und im Rahmen der rollierenden Planung umgesetzt. Hierbei stehen u. a. die Grofle der Teilperioden und die Verteilung der Produktionsmengen innerhalb der Teilperiode im Vordergrund.^'^ In Abschnitt III.1.4.1 wurde bereits dargestellt, dass eine Aggregation von Produkten nicht gleich der Aggregation der Variablen der Produktionsmengen ist und somit eine optimale Aggregation variablen-, nicht produktspezifisch mengengewichtet sein muss. Daher konnte die parallele Bestimmung von Lagermengen-Gewichtungsfaktoren Gegenstand weiterer Forschungsarbeiten sein. Hierbei konnten Lagermengenober- und -untergrenzen, wie im Ansatz von Hax/Meal, zur Bestimmung einer Ausgangsgewichtung im Rahmen eines iterativen Aggregationsansatzes zur Korrektur der Gewichtungsfaktoren formuliert werden. Ein weiterer Aspekt, der im Rahmen des Aggregations- und Disaggregationsvorgehens des entwickelten Koordinationsansatzes nicht berucksichtigt wurde und als sinnvolle Erweiterung gepruft werden muss, ist die Bestimmung zeitspezifischer Varlablengewichtungen. Gerade vor dem Hintergrund starker Schwankungen der Absatzmengen durch saisonbedingte Nachfragezyklen liefert die Bestimmung zeitbezogener Absatzober- und -untergrenzen und der darauf basierenden mengenorientierten Variablengewichtungsfaktoren eine exaktere Abbildung des Realproblems und stellt eine wesentliche Erweiterung und Komplexitatszunahme des Koordinationsansatzes dar. Grundsatzlich sollten fur weitere Forschungsarbeiten unterschiedliche Verfahren der Gruppenbildung analysiert werden. Hierbei konnten parametergestutzte Ahnlichkeitsmafle fur die Aggregation aber auch Umclusterungsverfahren bei iterativen Aggregations- und Disaggregationskonzepten auf die Anwendbarkeit in dem entwickelten Koordinationsansatz unter-
Vgl. Dillenberger et al. (1994), S. 278. Vgl. Ausborn(2003), S. 57f.
Erweiterungsmoglichkeiten
227
sucht werden.^^^ Diese Uberlegungen sollten gerade dann in den Ansatz einbezogen werden, wenn die Produktgruppen so grofl werden, dass die gruppenspezifische Losgroflenplanung fur den entsprechenden Planungshorizont nicht mehr effizient losbar ist.
Vgl. Leisten(1996), S. 119 ff.
228 V.
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
Ausgehend von dem zunehmenden Einsatz von APS-Systemen in der Praxis wurden im ersten Abschnitt zunachst die GriJnde fur deren Einsatz herausgearbeitet. Zum einen erfijllen die bislang eingesetzten betriebswirtschaftlichen Planungssysteme (ERP-Systeme) nicht alle Erwartungen der Unternehmen an eine umfassende Planungsfunktionalitat, speziell in dem Bereich der Produktionsplanung. Zum anderen stehen die Unternehmen zunehmend unter Druck, unternehmensubergreifend Produktionsplanungen mit Zulieferern und Kunden abzustimmen und damit den Anforderungen, die ein effektives Supply Chain IVIanagement an Unternehmen stellt, gerecht zu werden. Die Uberprufung, ob APS-Systeme diese Anforderungen erfiiilen, erfolgt durch eine Analyse der allgemeinen Struktur der verschiedenen Module bezuglich der Losungsfahigkeit eingesetzter Planungsverfahren. Dies setzt die Einsichtnahme in die Modellierung und in die eingesetzten Verfahren voraus. Aus Wettbewerbsgrunden wird jedoch von keinem Anbieter wirkliche Einsichtnahme angeboten. Eine Analyse von APS-Systemen auf Basis von Unternehmensinformationen ist daher nahezu unmoglich.^^^ Hinzu kommt, dass trotz der Abgrenzbarkeit der Aufgaben der Module die Unterschiede in der Anpassbarkeit (Customizing) an unternehmens- und branchenspezifische Planungsanforderungen (von der reinen Parametrisierung bis zur Anpassung des Quellprogrammsf ^® derart erheblich ausfallen, dass eine einheitliche Struktur aller Anbieter nur schwer erkennbar ist. Schliefllich konnten im Rahmen der Strukturanalyse Schwachen herausgearbeitet werden, die sich zum einen auf APS-Systeme im Allgemeinen und auf die eingesetzten Planungsverfahren im Besonderen beziehen. Grundsatzlich sind APS-Systeme in der Lage, MaterialfliJsse innerhalb von Unternehmungen zwischen Rohstoff- und Zwischenlager uber Produktions- und Kundenstandorte zu verfolgen, zu planen und zu steuern. Eine ubergreifende Planung der verschiedenen Produktionsstufen, uber die Produktionsstufen der Kunden und der Zulieferer hinweg, wird bislang nicht unterstiJtzt. Vielmehr werden Software-Schnittstellen angeboten, die den Datentransport von und zu Fremdsystemen ermoglichen. Zusammenfassend leisten APS-Systeme i. d. R. somit
Zudem vermittein die Anbieter uber veroffentlichte Informationsquellen den unzutreffenden Eindruck, alle Planungsprobleme der Unternehmen konnten erschopfend und wissenschaftlich fundiert von APS-Systemen gelost werden. ^^®
Vgl. Hansen/Neumann (2001), S. 160.
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
229
nur eine standortubergreifende, aber keine unternehmensubergreifende Planung, wie sie fur die Unterstutzung des Supply Chain Management notwendig ist. In der wissenschaftlichen Literatur zu APS-Systemen wird vielfach unzutreffenderweise berelts die rein unternehmensinterne Logistik als Supply Chain bezeichnet.^^^ Daher muss von jedem Mitglied der Supply Chain ein APS-System eingefuhrt werden, wohingegen das Ziel sein sollte, ein System zu installieren, mit dem nicht nur eine unternehmensubergreifende Planung, sondern auch die Koordination der verschiedenen Module und ein einheitliches Supply Chain Controlling moglich werden.^^° Weiterhin kann als Ursache fur die meist nur eingeschrankte Nutzung von SCM-Software festgestellt werden, dass das Supply Chain Management in den Unternehmen nicht ausreichend organisatorisch umgesetzt Ist.^^^ Gerade im Berelch der eingesetzten Planungsverfahren hat die Analyse der allgemeinen Struktur und im Speziellen des APS-Systems der SAP AG (Advanced Planner and Optimizer) ergeben, dass zum einen die eingesetzten Modelle dem Anspruch der in der Theorie verwendeten ..advanced" Modellansatze nicht gerecht werden.^^^ Zum anderen werden die interdependent in Beziehung stehenden Planungsergebnisse der APS-Module nicht zu einer global zulassigen Losung koordiniert, sondern lediglich Daten aus dem bestehenden ERPSystem in das entsprechende APS-Modul importiert. mit z. T. einfachen Verfahren geplant und schliefllich zuruck in das ERP-System exportiert.^^^ Der Schwerpunkt der APS-Systeme liegt damit nicht in der Koordination der Teilplanungen. Diese mangelnde Koordination zwischen den Modulen von APS-Systemen fuhrte damit zum Ausgangspunkt dieser Arbeit, die interdependenten Beziehungen zwischen den Modulen von APS-Systemen zu analysieren und einen Koordinationsansatz fur APS-Systeme zu entwickeln. Hierzu wurden zunachst die allgemeinen Interdependenzen der Produktionsplanung auf APS-Systemstrukturen ubertragen. Abschlieflend konnte im ersten Abschnitt die Koordi-
Vgl.Fritsche (1999). 3.55. Hierzu konnen Roll Out-Strategien fur betriebswirtschaftliche Standardsoftware an mehreren Standorten herangezogen werden. Vgl. Betge (2000), S. 109. Vgl. Kanakamedala/Ramsdell/Srivatsan (2003), S. 1 ff. Selbst die von Fleischmann (1988). S. 347 ff.. aufgefuhrten Entscheidungsmodelle und -verfahren werden bislang in aktuellen APS-Systemen nicht eingesetzt. Hierbei wurden die Operations-Research-Modelle und -Verfahren von 1975-1986 vorgestellt. Kritisch anzumerken ist hierbei. dass sich entweder die unterschiedlichen Planungsverfahren innerhalb eines Moduls nur problemspezifisch einsetzen lassen und nicht vergjeichbar sind Oder keine multikriterielie Unterstutzung und Bewertung der Wahl des Verfahrens angeboten werden.
230
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
nationsnotwendigkeit zwischen ausgewahlten Modulen von APS-Systemen herausgearbejtet werden. Der zweite Abschnitt beschaftigt sich mit der Priifung von bereits bestehenden Ansatzen zur Hierarchischen Produktionsplanung als Grundlage fur die Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme. Zur Bewertung der Eignung dieser Ansatze als Grundlage wurden sie anhand von drei wesentlichen Kriterien bewertet: der Koordination hierarchisch aufgebauter Planungsebenen, der Aggregation/Dlsaggregation von unterschiedlich detaillierten Entscheidungsebenen und der inhaltlichen Ubertragbarkeit auf APS-Systeme. In der Zusammenfassung des zweiten Abschnittes konnte gezeigt werden, dass der Ansatz von Zapfel/Tobisch im Vergleich zu den Ansatzen von Hax/Meal und Axsater unter Berucksichtigung der Kriterien als Grundlage fiir die Entwicklung eines Koordinationsansatzes fur APS-Systeme deutlich geeigneter erscheint. Im dritten Abschnitt werden die betrachteten Module Jewells durch ein mathematischformales Entscheidungsmodell abgebildet. Hierbei werden sowohl die Grundlagen der Koordination als auch die Aspekte der Aggregation/Disaggregation bei der Formulierung der Modelle berijcksichtigt. Neben der Darsteilung der einzelnen Koordinationsbeziehungen zwischen den jeweiligen Modulen von APS-Systemen Im Rahmen des entwickelten Koordinationsansatzes wird ein umfassendes Koordlnatlonskonzept entwickelt, bei dem iterativ die Planungsergebnisse abgestimmt und auf alien Planungsebenen zulassige Produktionsplane ermittelt werden konnen. Um das Vorgehen zu verdeutlichen, wurden die Entscheidungsmodelle programmiert und mIt Beispieldaten getestet. Durch den beschriebenen Koordlnationsansatz wird erreicht, dass auf der Ebene des Master Planning Abschatzungen von Gewichtungsfaktoren fiir die Bildung von aggregierten Produktgruppen iterativ korrigiert werden. Zudem verbessern sich die Planungsergebnisse bereits nach wenigen Iterationen in Bezug auf die ablaufplanerische Umsetzung der Produktionsplane durch die frijhzeitige Antizipation nachfolgender Entscheidungsmodelle, wie in Tabelle 35 zusammengefasst wird.
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
Maschine
231
Teilperiode 1
Teilperiode 2
Teilperiode 3
Teilperiode 4
Uberlast
Uberlast
Uberlast
Uberlast
(Ini.)
(Val.)
(Ini.)
(Val.)
(Ini.)
(Val.)
(Ini.)
(Val.)
M1
1 %
-25 %
6%
-25 %
-11 %
-24 %
-6%
-31 %
M2
12%
-11 %
22%
-10%
-5%
-15%
15%
-15%
M3
18%
0%
42%
1 %
1 %
-5%
29%
-4 %
Tabelle 35:
Zusammenfassung der Ergebnisse
In Tabelle 35 ist fur die in der Beispielrechnung beschriebenen Probleminstanz zum einen dargestellt, wie hoch die Uberlast auf den Maschinen Ml - M3 ohne Koordination der Planungsergebnisse (Initialisierung, abgekurzt: Ini.) der betrachteten Module und ohne die Berucksichtigung von Aspekten der Aggregation/Disaggregation ausfallt (bis zu 42 % In Teilperiode 2 auf Maschine M3). Es wird zunn anderen deutlich, dass ohne ein solches Koordinationsverfahren die Zulassigkeit der Ergebnisse ubergeordneter Planungsebenen bei der Ubergabe an untergeordnete Planungsebenen nicht garantiert werden kann. Durch die Anwendung des Koordinationsansatzes kann die Uberlast bereits in der ersten Validierungsphase (abgekurzt: Val.) weitestgehend reduziert werden, d. h. es konnen nach nur wenigen Iterationen zulassige Produktionsplane auf alien Stufen bestimmt werden. Die Antizipation nnuss jedoch, wie In diesem Ansatz gezeigt, nicht dazu fuhren, dass die Planungsmodelle auf alien Ebenen eine Komplexitat erreichen, die die Losungsfahigkeit einschrankt. DIeser Ansatz kann daher auf reale Problemgroflen angewendet und in APS-Systeme integriert werden. Abschlieflend werden in dem dritten Abschnitt zusatzliche Erweiterungsmoglichkeiten des entwickelten Koordinationsansatzes zur Modellierung einzelner Entscheidungsmodelle, zur Koordination zwischen den Planungsebenen und zur Aggregation/Disaggregation diskutiert.
Das Ziel zukijnftiger Untersuchungen der Koordination in APS-Systemen sollte sein, weitere Module von APS-Systemen in einen umfassenden Koordinationsansatz zu integrieren. Gleichzeitig sind die zu koordinierenden Entscheidungsmodelle auf die verschiedenen Produktions- und Logistikstrukturen der Unternehmen anzupassen und abzustinnmen. Dabei sollte auch untersucht werden, wie die zunehmende Berijcksichtigung der MaterialruckfliJsse
232
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
(Reverse Logistics) in APS-Systemen abgebildet und ein ..Closed Loop Supply Chain Management"^^'^ mit mathematischen Optimierungsverfahren unterstijtzt werden kann. Ein weiteres Planungsmodul. das gerade in Supply Chains erheblich an Bedeutung gewonnen hat und in APS-Systemen integriert werden sollte, ist ein mathematisches Verfahren, das makeor-buy-Uberlegungen quantitativ abbilden kann und eine solche Entscheidung unterstutzt.^^^ Diese Uberlegungen erfordern zudem eine strategische Sicherheitsbestandsplanung bzw. die strategische Bereitstellung von Lagerkapazitaten im Rahmen einer Supply ChainOptimierung.^^^ Die Ubertragung des Koordinationsansatzes von Schneeweifi auf unternehmensijbergreifende Supply Chains ist hierfur weiterhin moglich.^^^ Neben der Koordination der Module tragen weitere grundsatzliche Problembereiche zu einer noch nicht ausreichenden Planungsgute von APS-Systemen bei. Hierzu zahlen etwa allgemeine Dateninkonsistenzen und die unzureichend detaillierten Stammdaten als Ergebnis der historisch bedingt uneinheitlichen Abbildung/Modellierung des Unternehmens, die fur die Verwendung fortgeschrittener Optimierungsverfahren nIcht geeignet sind. Ohne eine Erweiterung des vorhandenen ERP-Systems, das die Stammdaten liefert, ist die Verbesserung der Planung durch APS-Systeme mit einem integrierten Koordinationsansatz regelmafiig nicht erreichbar. so dass auch in diesem Bereich erheblicher Entwicklungsbedarf besteht.^^® Fur die Kunden von APS-Systemen stehen zudem den Lizenz-, Beratungs- und Systemkosten (Hardware und Schnittstellenprogrammierung) nur schwer zu quantifizierende Kostenvorteile gegeniJber.^^^ Hinzu kommt der Wunsch der Anwender an eine Abbildung aller Besonderheiten des Unternehmens in APS-Systemen, was Standardsoftware in dieser Komplexitat jedoch nicht leisten kann.^^° Hierzu ist festzustellen, dass APS-Systeme meist nur in einem
524 525
Vgl. Dyckhoff/Souren/Keilen (2004), S. 32. Formulierungsansatze auf der Ebene einzelner Planungsebenen, wie z. B. der Ablaufplanung existieren bereits. Vgl. Lee/Jeong/Moon (2002), S. 355 f. Zur Bedeutung strategischer Sicherheitsbestandsplanung in Supply Chains vgl. Minner (2000) und Graves/Willems (1998), S. 68 ff. Vgl. Zimmer (2001) und Schneeweifl/Zimmer (2004), 8. 701 ff.
528
Vgl. Patig (2004), S. 98.
529
Vgl. Kahl (1999), 8.59 ff.
530
Vgl. Buschet al. (2003), 8.49 f.
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
233
sehr kleinen Umfang bzw. nicht fur alle Planungsbereiche in der Praxis eingesetzt werden. Urn eine weite Verbreitung und breitere Nutzung sowie Akzeptanz von APS-Systemen zu erreichen, sollten daher die Hersteller von APS-Software gerade die in dieser Arbeit untersuchten Fragestellungen aufgreifen und in ihre Produkte integrieren.
Anhang
235
Anhang
7.
Entscheidungsmodell der „optimierungsbasierten Moduls Supply Network Planning
Planung"
des
APO-
Das Entscheidungsmodell des Supply Network Planning lasst sich folgendermaflen darstellen:
Entscheidungsvariablen: OoAt^ Zusatzkapazitat des Transportweges von Lagerort D zum Absatzort A In Periode t Oot''
Zusatzkapazitat des Lagerortes D in Periode t
OSD/
Zusatzkapazitat des Transportweges von Produktionsstandort S zum Lagerort D in Periode t
Ost^
Zusatzkapazitat des Produktionsstandortes S in Periode t
ssopt'
Unterschreitung des Sicherheitsbestandes am Lagerort D von Produkt p in Periode t
TroApt" nicht gelieferte Transportmenge des Produktes p von Lagerort D zum Absatzort A TroApt Transportmenge des Produktes p von Lagerort D zum Absatzort A WwLt
Bezugsmenge des Teils w von Lieferant L in Periode t
VsDpt
gelieferte Produktionsmenge des Produktes p von Standort S zum Lagerort D in Periode t
yspt
Produktionsmenge am Standort S von Produkt p in Periode t
Zopt
Lagermenge des Produktes p im Lagerort D in Periode t
Parameter: boA^
Kapazitat des Transportweges von Lagerort D zum Absatzort A
bo*"
Kapazitat des Lagerortes D
236
Anhang
bsD^
Kapazitat des Transportweges von Produktionsstandort S z u m Lagerort D
bs^
Kapazitat des Produktionsstandortes S
CDAP^
Transportkosten fur das Produkt p von Lagerort D z u m Absatzort A
Cp
Produktionskosten (proportional) fur Produkt p
CsDp^
Transportkosten fur das Produkt p von Produktionsstandort S z u m Lagerort D
CwL^
Bezugspreis des Teiis w vom Lieferanten L
DBwp
Direktbedarfskoeffizient des Tells w fur Produkt p
dp
Kapazitatsverbrauch/Produktionszeit fiir Produkt p
g
Kostengewichtungsfaktor
IDP
Lagerkosten fiir Produkt p im Lagerort D
LGp""^"" Maximallosgrofle des Produktes p LGp""" Mindestlosgrofle des Produktes p Irp
Lagerraumbedarfskoeffizient fiir Produkt p
ssopt
Sicherheitsbestand a m Lagerort D von Produkt p in Periode t
StoA^ Strafkosten fiir die Erhohung der Transportkapazitat des Transportweges von Lagerort D z u m Absatzort A StD""
Strafkosten fiir die Erhohung der Lagerkapazitat a m Lagerort D
Stp""
Strafkosten fiir die Fehlmenge fiir Produkt p
Stp^^
Strafkosten fiir die Unterschreitung des Sicherheitsbestandes fiir Produkt p
StsD^
Strafkosten fiir die Erhohung der Transportkapazitat des Transportweges von Produktionsstandort S z u m Lagerort D
Sts^
Strafkosten fur die Erhohung der Produktionskapazitat a m Standort S
trp
Transportbedarfskoeffizient fiir Produkt p
XApt
Absatzmenge a m Absatzort A von Produkt p in Periode t
Anhang
237
Entscheidungsmodell: S
P
T
W
L
T
S
D
P
T
Z Z Z s * yspt+ZZZ^^^ * y^f-t+YEZL'^SDP * ysopt S=\^=U=\ D
A
w^\L=\t=l
P
T
0=1 /\=1 p=l t=\
(A.1)
_
_
D
A
S=lD=lp=lf=l
P
0=1 /A=l p=l f=1
DPT
T
0=1 p=l f=l
t=\
f=l
T
f=l
T _
-^min
t=\
0=lp=lf=l
Die Zielfunktion (A.1) setzt sich zusammen aus den Produktionskosten der Produkte p an den unterschiedlichen Produktionsstandorten in den Teilperioden und den Lager-, Transportsowie Strafkosten aus der Verletzung der Restriktionen. Zur Ubersichtlichkeit werden zusatzlich Maschinenindizes vernachlassigt. Fur die Produktionsmengen fallen sowohl Transports' o p r kosten von den Produktions- zu den Lagerorten ^^^^clop*ysopt S=10=lp=l
a's auch von den
t=\
Lager- zu den Absatzorten an. Da eine Nichtlieferung der Bedarfsmengen im APO zugelassen wird, muss lediglich die tatsachliche Bedarfsdeckungsmenge transportiert werden ('^''oApt '^'^'^DApt = ^Apt)- ^®' voller Befriedigung der Bedarfsmengen fallen die Transportkosten fur die gesamte Menge an. Entscheidungsrelevant sind jedoch nur die ersparten Kosten durch die Nichtlieferung. D
A
P
Sie werden
daher
von den
Gesamtkosten
abgezogen
T
^^^^^DAp^Ti^DApt • Hierbei ist darauf zu achten, dass die Strafkosten fur die NichtliefeD = M = 1 p=l f=l D
A
P
T
rung T ] V Y V Sfp *rro^pf hoher als die Produktions-, Lager- und Transportkosten angeD=M=lp=l
t=\
setzt werden. Lagerkosten werden auf die entstehenden Lagerbestande an den Lagerorten D P T
bezogen ^^^lop*^opt D=lp=l
• '^i® ubrigen Kostenkomponenten beschreiben die Strafkosten fur
t=\
die Verletzung der oben angegebenen begrenzten Kapazitaten und der Sicherheitsbestandsbedingung.
Anhang
238
Durch die Gewichtung der Kostenkomponenten durch Gewichtungsfaktoren^^^ kann nicht mehr von einer Kostenminimierung gesprochen werden. Des Weiteren werden Strafkosten fur die Restriktionsverletzungen durch die schwierige Quantifizierbarkeit lediglich geschatzt. Sie haben somit eher die Funktion von Steuerparametern (Abbildung 46).
6,21^.97% 5,21% _ 10,56%
16,15%
\^0 ly^
Abbildung 46:
Parametergewichtung im Supply Network Planning^^^
Die zu beachtenden Nebenbedingungen sind zunachst die Kapazitatsbedingungen. Die Restriktion der Produktionskapazitat (A.2), der Lagerkapazitat (A.3) und der Transportkapazitaten (A.4) und (A.5) werden wie folgt formuliert.
(A.2)
Y,dp'yspt^bs+0,
furaileS = 1,..,S;t = 1,...T
Aus Grunden der Ubersichtlichkeit wurden die Gewichtungsfaktoren nicht in der Zieifunktion aufgefijhrt. SAP Online-Dokumentation ..Optimierer in der interaktiven Planung ausfijhren".
Anhang
239
p
(A.3) Y,'^p''ZDpt
fur alle D = 1,.., D ; t = 1,..,T
p=i
_
p
(A.4) Y,^rp*ysDpt ^ bio+ 01^1
fur alle S = 1,..,S; t = 1,..,T (Produktion - Lager)
p=\
p
—
(A.5) ^trp *Tr^Apt ^ b^A + Ol^t
fur alle A = 1,.., A ; t = 1 ,..,T (Lager - Absatz)
Im SNP werden die Kapazitatsbedingungen standardmaftig „weich" formuliert, d. h. eine Verletzung der Restriktionen ist moglich, geht jedoch mit Strafkosten in die Zielfunktion ein und verschlechtert den Zielfunktionswert. Vorteil dieser Formulierung ist die Garantie einer L6sung des Modells, die jedoch u. U. nicht kapazitativ zulassig ist. Die Hohe der Verletzung hangt zudem entscheidend von der Bemessung der Strafkosten ab und ist vom Planer subjektiv steuerbar. Durch die Formulierung in den Bedingungen (A.2) - (A.5) wird die Hohe der Verletzung in der Zielfunktion bestraft und nicht das Ereignis. Somit nnussen keine zusatzlichen Blnarvariablen eingefiihrt werden. In dieser Darstellung wird auflerdenn davon ausgegangen, dass die Hohe der zu beriicksichtigenden Kapazitaten uber den gesamten Planungshorizont festgelegt wurde. Somit entfallt eine Indizierung mit einem Teilperiodenindex. Kritisch anzumerken ist bei der optimierungsbasierten Planung, dass Globalkapazitaten an den Standorten betrachtet und damit unterschiedliche Maschinentypen durch eine Gesamtkapazitat zusammengefasst werden. S
A
(A.6) zopt.,+ ^ysopf -Yj'DApt s=i
=ZDpt
fur alle D = 1,.., D ; p = 1,..,P; t = 1,..,T
>^=i
Durch die Lagerbilanzgleichungen (A.6) werden die Produktions-, Lager- und (tatsachlichen) Absatzmengen miteinander verknupft. An jedem Lagerort D muss der Lageranfangsbestand zuzijglich der gelieferten Produktionsmengen abzuglich der abgehenden (tatsachlichen) Absatzmengen dem Lagerendbestand entsprechen. Diese Bedingung kann wie folgt formuliert werden und muss fur alle Produkte, Lagerorte und Teilperioden erfullt sein.
(A.7) Jw^,,
>Y^XsprDB^p
fur alle w = 1,..,W; p = 1....P
240
Anhang
Die Verknijpfung der Inputfaktoren mit den Produktionsmengen erfolgt ijber die Stiicklistenbedingung (A.7). Die Zuordnung der Inputfaktoren zu den Produkten wird durch die doppelte Indizierung des Bedarfskoeffizienten erreicht und muss nicht mehr in der Indizierung des Inputfaktors selbst vorgenommen werden. (A.8) Zop, > sSopt -ssopt
fur alle D = 1.... D ; p = 1,..,P; t = 1...,T
Die Sicherheitsbestandsbedingung (A.8) fordert in jeder Teilperiode eine Mindesthohe des Lagerbestandes, die jedoch unterschritten werden darf. In der Zielfunktion geht wiederum die Hohe und nicht das Ereignis der Verletzung in Form von Strafkosten ein. (A.9) Yspt > LG'^''' (A.10) yspt
fur alle S = 1,.., S ; p = 1,..,P; t = 1,..,T furalleS = 1,..,S; p = 1,..,P;t= 1,..,T
Die optimierungsbasierte Planung des Moduls Supply Network Planning berucksichtigt aufJerdem Losgrofien. Uberlegungen zur Bestimmung optimaler Losgroflen durch die Abstimmung der entscheidungsrelevanten gegenlaufigen Lager- und Riistkosten werden jedoch nicht angestellt. Stattdessen konnen fur die Produktionsmengen Mindest- (A.9) und Hochstgrenzen (A.10) festgelegt werden. Diese Art der Berucksichtigung der Losgroflenproblematik entspricht nicht der Losgroflenberechnung, die in der Theorie empfohlen wird, und erhoht nicht den Aussagegehalt der Losung. Es werden daher weder advanced noch klassische Verfahren der Losgrofienplanung eingesetzt. Vielmehr wird durch die Bezeichnung von festen Auftragsmengen als Losgroflen der Eindruck der Integration der Losgroflenrechnung beim Planer geweckt. Die explizite Betrachtung von Transportkosten erfordert die Einfuhrung von Stromgroflen neben den Bestandsgrofien an den jeweiligen Standorten. Deren Beziehung soil durch Abbildung 47 verdeutlicht werden:
241
Anhang
w,wLt>
Produktionsstandort S
Yspt Abbildung 47:
ysDp
Lagerort D/ DistributionsZentrum (DC)
-Dpt
'^Apt
Beziehung der Strom- und Bestandsvariablen (Supply Network Planning)
Diese Unterscheidung erfordert zusatzlich Verknupfungsbedingungen zwischen den Stromund Bestandsgrofien.
(A. 11) Y,ysDpt=yspt
furalleS = 1,..,S;p = 1,..,P;t = 1,..,T
{A^2)Y,{TroApt+TrSApt) = XAp,
fur alle A = 1..., A ; p = 1,..,P: t = 1,..,T
Die Verknupfungen von Produktionsmengen und Absatzmengen ist in (A.11) bzw. (A. 12) dargestellt. Die prognostizierten Absatzmengen XApt setzen sich zusammen aus der tatsachlich gelieferten Menge TrpApt und der Nichtlieferung TrpApt'(A.13) Yspt.ysDppl^.Lf.2opp 7-r^;,pp Tro^ppSSop, > 0 fur alle S = 1,..,S; D = 1...,D ; A = 1..., A ; L = 1,..,L ; w = 1,..,W; p = 1,..,P; t = 1,...T Alle Entscheidungsvariablen mussen in der Bedingung (A.13) schliefllich nichtnegativ formuliert werden.
242
Anhang
2.
Beispiel zur
Aggregation/Disaggregation
Gegeben sei folgendes detailliertes LP-Problem:^^^ (A. 14) 2,5xi + 3x2 + 4x3 + 6x4 -> max unter den Nebenbedingungen: (A. 15) 4xi + 5X2 + 7x3 + 10x4 < 54 (A.16) 1xi + 2x2 + 1x3 + 2x4 < 10 (A.17)Xi,X2,X3,X4, > 0
Das Ergebnis des detaillierten LP-Problems lautet: Xi* = 5,333;
X2* = 0;x3* = 4,666;
Ui* = 0,5;
U2* = 0,5;
X4* = 0;
z* = 32
Mit vorgegebener Gewichtungsmatrix g fur die Variablencluster Si(xi,X2) und S2(X3,X4) sowie mit der Gewichtung h fur das Restriktionencluster Ti(Ri,R2):
^0,5 0 "l 0,5 0 und h = (0.1 0,9) g= 0 0,75 0 0,25j Aus der Variablenaggregation ergibt sich somit das LP-Problem: (A. 18) 2,75X1 + 4,75X2 -^ max
^^^
Vgl. Leisten(1996), S. BOff.
Anhang
243
unter den Nebenbedingungen: (A.19)4,5Xi +7,75X2 < 54 (A.20) 1.5X1 +1,25X2 < 10 (A.21)Xi,X2>0
Das Ergebnis des Variablen-aggregierten LP-Problems lautet: Xi*(g)= 1,666;
X2*(g) = 6;
Ui*(g) = 0,49; U2*(g) = 0,365; Z*(g) = 32
Durch weitere Restriktionenaggregation ergibt sich: (A.22)2.75X, 4.75X2 -^max unter den Nebenbedingungen: (A.23)1,8X, +1,9X2 <14,4 (A.24) X,, X2 > 0
Das Ergebnis des Variablen- und Restriktionen-aggregierten LP-Problems lautet: x ; (g,h) = 0; ^ ( g . h ) = 2,5; Z; (g,h) = 36
Xl (g.h) = 7,58;
244
Anhang
Bei der fixed-weight Disaggregation werden die zur Aggregation verwendeten Gewichtungsmatrizen wieder verwendet, so dass sich folgende Losung ergibt: x/(g,h) = 0,5 x ; (g,h) = 0;
X2'(g.h) = 0,5 X,* (g,h) = 0;
X3^(g,h) = 0,75 X\ (g,h) = 5,685;
x/(g,h) = 0,25 X\ (g.h) = 1,895;
u/(g,h) = 0,1 U;(g,h) = 0,25; U2'(g,h) = 0,9U;(g,h) = 2,25; z^(g.h) = Z ; (g.h) = 36 Diese Losung ist primal unzulassig, aber dual zulassig, d. h. nicht optimal.
Fur ausschliefiliche Variablenaggregation ergibt sich als fixed-weight disaggregierte Losung: x/(g,h) = 0,5Xi*(g,h) = 0,833;
X2^(g,h) = 0,5 Xi*(g,h) = 0,833;
X3'(g,h) = 0,75X2*(g,h) = 4,5; x;(g,h) = 0,25X2*(g,h) = 1.5; u/(g,h) = 0,1Ui*(g.h) = 0,49; U2^(g,h) = 0,9Ui*(g,h) = 3,65; z^(g,h) = Zi*(g,h) = 30,08
Bei der optimalen Disaggregation werden fur die Cluster Si und S2 folgende Teilprobleme gelost (ausschlieflliche Variablenaggregation): (A.25) 2,5xi + 3X2 -^ max unter den Nebenbedingungen: (A.26) 4xi + 5X2 < 4,5Xi*(g) = 7,5 (A.27)1Xi + 2x2<1,5X2*(g) = 2,5 (A.28)xi,X2>0 und (A.29) 4x3 + 5x4 -^ max
Anhang
245
unter den Nebenbedingungen: (A.30) 7X3 + 10x4 < 7,75X2*(g) = 46.5 (A.31) 1x3 + 2x4 < 1.25X2*(g) = 7,5 (A.32) X3,X4 > 0
mit der Losung: xi°(g) = 1.875;x2°(g) = 0; ui°-\g) = 0,625;
X3°(g) = 6,643; X4°(g) = 0;
U2°\g) = 0;
Ui°'2(g) = o,571;
U2°'(g) = 0;
z°(g) = z°'\g) + z°-2(g) = 4,688 + 26,572 = 31,26 Die optimale Disaggregation ist damit mindestens so gut wie die fixed-weight Disaggregati-
246
Anhang
Modellierung Planning
des LP-Entscheidungsmodells
fur das Modul
Problem statement
enum Gruppe ...; int nbPeriode = ...; range Periode 0..nbPeriode; float+ erloes[Gruppe] = ...; float+ produktionskosten[Gruppe] = ...; float+ lagerkosten[Gruppe] = ...; float+ produktionszeit[Gruppe] = ...; float+ gesamtkapazitaet[1.. nbPeriode] = ...; float+ zusatzkapmax[1..nbPeriode] = ...; float+ untergrenzen[Gruppe, 1..nbPeriode] = ...; float+ obergrenzen[Gruppe, 1..nbPeriode] = ...; float+ ruestkosten[1.. nbPeriode] = ...; float+ ruestzeit[1.. nbPeriode] = ...; int ruestungen[1..nbPeriode] = ...; float+ zusatzkapkosten = 10; varfloat+ varfloat+ varfloat+ var float+ varfloat+
absatzmenge[Gruppe, 1..nbPeriode]; produktionsmenge[Gruppe, 1..nbPeriode]; lagermenge[Gruppe, 0..nbPeriode]; zusatzkapazitaet[1 ..nbPeriode]; kapverbrauch[Gruppe, 1..nbPeriode];
maximize //Zlelfunktion sum(g in Gruppe) sum(t in 1..nbPeriode) (erloes[g]*absatzmenge[g, t] - produktionskosten[g]*produktionsmenge[g, t] - lagerkosten[g]*lagermenge[g, t] - ruestkosten[t] -zusatzkapkosten*zusatzkapazltaet[t] - lagerkosten[g]*produktionsmenge[g, t]/(2*ruestungen[t])) subject to { //Kapazltatsbedingung forall(tin 1..nbPeriode) sum(g In Gruppe) produktionszeit[g]*produktionsmenge[g, t] + ruestzelt[t] <= gesamtkapazltaet[t]+zusatzkapazitaet[t]; //Absatzobergrenze forall(g in Gruppe) forall(t in 1..nbPeriode)
Master
Anhang absatzmenge[g, t] <= obergrenzen[g, t]; //Absatzuntergrenze forall(g in Gruppe) forall(t in 1..nbPeriode) absatzmenge[g, t] >= untergrenzen[g, t]; //Lageranfangsbestand forall(g in Gruppe) lagernrjenge[g, 0] = 0; //Lagerbilanzgleichung forall(g in Gruppe) forail(t in 1..nbPeriode) lagermenge[g, t] = lagermenge[g, t-1] + produktionsmenge[g, t] absatzmenge[g, t]; //Zusatzkapaziatsbedingung forall(t in 1..nbPeriode) zusatzkapazitaet[t] <= zusatzkapmax[t]; //Gruppenanteil fur die gruppenspezifische LG-Planung forall(g in Gruppe) forall(t in L.nbPeriode) kapverbrauch[g,t] = produktionsmenge[g,t] * produktionszeit[g]; }:
247
248
4.
Anhang
Modellierung des MILP-Entscheidungsmodells on Planning
Problem statement
enum Produkte ...; int nbPeriode = ...; range Periode 0..nbPeriode; float+ erloese[Produkte] = ...; float+ produktionskosten[Produkte] = ...; float+ lagerkosten[Produkte] = ...; float+ ruestkosten[Produkte] = ...; int zusatzkapkosten = 10; float+ gruppenanteil = ...; float+ produktionszeit[Produkte] = ...; float+ ruestzeit[Produkte] = ...; float+gesamtkapazitaet[1.. nbPeriode] = ...; float+zusatzkapmax[1.. nbPeriode] = ...; float+ untergrenzen[Produkte, 1..nbPeriode] = ...; float+ obergrenzen[Produkte, 1..nbPeriode] = ...; varfioat+ absatzmenge[Produkte, 1.. nbPeriode]; varfloat+ produktionsmenge[Produkte, 1..nbPeriode]; var int ruestvariable[Produkte, 1..nbPeriode] in 0..1; varfIoat+ lagermenge[Produkte, 0..nbPeriode]; var float+ zusatzkapazitaet[1 ..nbPeriode]; var float+ normalkap[1..nbPeriode];
maximize //Zielfunktion sum(p in Produkte) sum(t in 1..nbPeriode) (erloese[p]*absatzmenge[p,t] - lagerkosten[p]*lagermenge[p, t] - produktionskosten[p]*produktionsmenge[p, t] - ruestkosten[p]*ruestvariable[p, t] -zusatzkapkosten*zusatzkapazitaet[t]) subject to { //Kapazitatsbedingung forail(t in 1..nbPeriode) sum(p in Produkte)
fur das Modul
Producti-
Anhang (produktionszeit[p]*produktionsmenge[p, t] + ruestzeit[p]*ruestvariable[p, t]) <= gruppenanteil * gesamtkapazitaet[t] + zusatzkapazitaet[t]; //Riistbedingung forall(t in 1..nbPeriode) forall(p in Produkte) produktionsmenge[p, t] <= 10000*ruestvariable[p, t]; //Lageranfangsbestand forall(p in Produkte) lagermenge[p, 0] = 0; //Absatzobergrenze forall(p in Produkte) forall(t in L.nbPeriode) absatzmenge[p, t] <= obergrenzen[p, t]; //Absatzuntergrenze forall(p in Produkte) forall(t in L.nbPeriode) absatzmenge[p, t] >= untergrenzen[p, t]; //Lagerbilanzgleichung forail(t in L.nbPeriode) forall(p in Produkte) lagermenge[p, t] = lagermenge[p, t-1] + produktionsmenge[p, t] absatzmenge[p, t]; //Zusatzkapazitatsmax forall(t in L.nbPeriode) zusatzkapazitaet[t] <= gruppenanteirzusatzkapmax[t] ; };
249
250
Anhang
Quellcode des
r
NEH-Ansatzes
©function: NEH (Standard) ©author: Lehrstuhl Professor Leisten
*/ void copyArray(long int* src, long int* dest, int n); long int insert(long int* seq, long int length, long int pos, long int eimn); long int Cmax(long int** pt, long int m, long int n, long int *seq, long int n_seq); int sort_compare( const void *elmn1, const void *elmn2 ); long int* sort2d(long int* seq, int n);
#include <stdio.h> #include <stdlib.h> #include "neh.h" #include "sort2d.h" #define MAX(x,y) ((x)>(y)?(x):(y))
long int_stdcall neh(long int*_pt, long int m, long int n, long int *schedule) { long int** pt = new long int* [m]; int i,j; long int bestcmax; long int bestindex; long int cmax; //char buffer[20]; //char string[300]; for(i=0;i<m;i++) { pt[i] = new long int[n]; for(j=0;j
Anhang
251 for(i=0;i<m;i++) sum_ptD]+=pt[i]D]; long int *startOrder = sort2d(sum_pt,n); delete[](sum_pt);
long int *tmp_seq = new long int[n]; for(i=0;i
schedule[0]=startOrder[0]; for(i=1;i
252
Anhang long int* tmp_seq = new long int[length+1]; for(int i=0;i<pos;i++) tmp_seq[i]=seq[i]; tmp_seq[pos]=elmn; for(i=pos+1 ;i
long int Cmax(long int** pt, long int m, long int n, long int *seq, long int n_seq) { int i j ; //printf("Cmax\n"); long int **T = new long int*[m]; for(i=0;i<m;i++) T[i] = new long int[n_seq]; T[0][0]=pt[0][seq[0]]; for(i=1;i<m;i++) T[i][0]=T[i-1][0]+pt[i][seq[0]l; for(i=1;i
Anhang
253 delete[](T); return ret;
/*
©function: Quicksort 2D ©author: Lehrstuhl Professor Leisten
*/ #include <stdio.h> #include <stdlib.h> #include "sort2d.h"
struct indArray { int value; int index; }; int sort_compare( const void *elmn1, const void *elmn2 ) { //printf("Compare: %d, %d\n",((indArray*) elmn1)->value,((indArray*) elmn2)->value); if(((ind Array*) elmn1)->value<((indArray*) elmn2)->value) return 1; if(((indArray*) elmn1)->value==((indArray*) elmn2)->value) return 0; return - 1 ; } long int* sort2d(long int* seq, int n) { ind Array* sortArray = new indArray[n]; for(int i=0;i
254
Anhang for(i=0;i
Literaturverzeichnis
255
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